1. Jahrbuch (1913)

Geleitswort für den I. Jahrgang der „Gegenseitigen Handreichung aus dem Wort Gottes“.

Als der HErr uns vor noch nicht ganz einem Jahr durch eigentümliche Führung dies Werk anvertraute, da sahen wir, Herausgeber wie Verleger, nur mit Zagen in die Zukunft und doch voll Vertrauen gegen Den, auf dessen Wort wir diesen Dienst begannen. Und Er hat uns nicht zuschanden werden lassen. Nicht nur hat Er uns in diesem einen Jahr schon eine soweit genügende Anzahl von Abonnenten geschenkt, daß wir hoffen dürfen, das Blatt werde sich in Zukunft tragen, sondern wir erhielten auch fortgesetzt eine solche Fülle von ermutigenden Zuschriften von Lesern, die gesegnet waren, wurden so freundlich von treuen, freiwilligen Mitarbeitern unterstützt, wurden selbst innerlich so reich gesegnet, daß wir mit innigem Dank und frohem Mut „hinschauend auf Jesum“ vorwärts gehen und den anvertrauten Dienst weiter tun können.

Was will die „Gegenseitige Handreichung“? Dies sagen am besten ein paar Abschnitte aus dem Prospekt zu Nr. 1, aus dem „Werbeheft“, sowie aus den auf dem Umschlag von Nr. 10/11 befindlichen „Persönlichen Worten an die Leser“:

„Unser Blatt soll sich von den anderen Blättern dadurch unterscheiden, daß es nur biblische Fragen und Antworten bringt, und zwar in der Weise, daß aus dem Leserkreis selbst sowohl die Fragen wie die Antworten gestellt und gegeben werden, und somit ein reger Austausch der Gedanken unter den Lesern erstrebt wird und erreicht werden kann.“

„Wir fragen die an uns Schreibenden sowie die Einsender von Fragen und sogar Antworten nicht: woher, aus welcher Denomination, aus welcher christlichen Gemeinschaft und aus welcher Nation kommst du? was ist dein Stand oder Beruf? u. dgl. m. Vielmehr soll das allein Entscheidende für uns und alle jeweiligen Mitarbeiter das Wort Gottes sein, dessen Autorität wir uns unterordnen und das zu erforschen unsere Aufgabe ist.“

„Die ‚Gegenseitige Handreichung‘ will nicht dazu mithelfen, daß der traurigen Trennungen unter Gottes Volk noch mehr werden; sie will diese oder jene Denomination (kirchliche Benennung) weder befürworten noch auch sie bekämpfen; sie ist keineswegs gegründet, um diesem oder jenem christlichen Blatte Konkurrenz zu machen ... Wir haben Größeres im Auge. Wir wollen die Wahrheit verkünden, die ‚Wahrheit der Liebe‘. Wir wollen, soviel der HErr uns Gnade schenkt, Sein Wort Auslegen, ohne Furcht vor falscher Beurteilung, wie ohne ängstliches Fragen nach den Folgen unserer Stellung im Gehorsam zum ganzen Wort. Wir suchen keine Fragen, die auf schwierige Gebiete führen und deren BeAntwortung unsere Leser vor schwere innere Entscheidungen stellen, aber wir fürchten sie auch nicht, denn ‚wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit‘ (2. Kor. 13,8). Aber nicht in starrer Dogmenform wollen wir - uns freilich vor Irrlehre und Schriftverfälschung ängstlich hütend - die Schriftwahrheit verkünden, sondern ein jeder der freiwilligen Mitarbeiter nach dem, was ihm in seiner treuen Forschungsarbeit vom Geist Gottes klar gemacht werden konnte; und unseren Lesern wollen wir dann überlassen, so oder so Stellung zu nehmen zu den nach bestem Wissen und Gewissen des einzelnen Schreibers gebotenen Antworten und ihren Konsequenzen (Folgen) fürs praktische Leben. Auf diese Weise hoffen und erstreben wir,

einen Dienst der Liebe zu tun an den Lesern der ‚Handreichung‘.“

So lassen wir den Jahrgang 1913 auch in Buchform hinausgehen mit dem herzlichen Wunsch, daß der HErr dieses Buch segnen wolle, indem jedem Leser desselben das Wort kostbarer werde, auf daß er mehr und mehr ein „Täter des Wortes“ (Jak. 1,22) werden möchte.

Seien sie alle gegrüßt mit 2. Petr. 3,18

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche b. Dresden,

im Dezember. 1913.

Gruß an den Leser:

Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit“. Hebr. 13,8.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

1. Ich bitte um Hilfe für das Verständnis des Wortes des Herrn: „Viele sind berufen, aber wenige sind auserwählt.“ (Matth. 20,16; 22,14.)

2. Warum soll es siebenfältig gerächt werden, wenn Kain erschlagen wird? (1. Mose 4,15.)

3. Wie können wir „unsere Berufung und Erwählung fest machen“? (2. Petri 1.)

4. Ist Elias in der Person des Johannes gekommen (vergl. Matth. 11,14; 17,12 u. a. m.) oder kommt er noch?

5. Was ist der Sinn der Stelle Matth. 16,19; was sind des Himmelreichs Schlüssel?

6. Was begreift „üble Nachrede“ in sich? (1. Petr. 2,1.)

7. Was meint Paulus, wenn er sagt „mein Evangelium“? (z. B. Röm. 16,25.)

8. Von welchem Zeitpunkt spricht die Schrift in Hebr. 1,5-6: „Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeugt“?

9. Wie konnte der Herr den ungerechten Haushalter loben, und wie kann man in die ewigen Hütten aufgenommen werden durch den Mammon? (Luk. 16,1-12.)

Antworten.

Antworten.

Frage 1

Wie ist Matth. 6,22.23 zu erklären, daß das Auge des Leibes Lampe ist, und was meint der Herr mit dem Ausruf „wie groß die Finsternis!“?

Antwort A

Der Herr braucht dieses Bild, um zu zeigen, wie gefährlich es ist, sein Herz an die vergänglichen Güter zu hängen und Schätze auf der Erde zu sammeln. Wem die Güter dieser Welt ein Schatz, also wertvoll sind, der hängt sein Herz daran, schenkt ihnen seine Liebe, sein Vertrauen und seine Hoffnung. Das Herz aber ist dasselbe für Seele und Geist des Menschen, was das Auge für den Leib. Wie das Auge das Sonnenlicht aufnimmt, und, wenn es gesund ist, für unsern Leib eine Lampe ist, welche alles um uns her ins Licht stellt, so ist unser Herz fähig, das Sonnenlicht der göttlichen Wahrheit aufzunehmen. Geschieht dies, so erkennen wir alles, Welt, Zeit und Ewigkeit im Lichte der göttlichen Wahrheit und sind imstande, die rechte Entscheidung zu treffen. Ist nun unser Auge krank, so nützt das Sonnenlicht ihm nichts, es ist doch alles finster um uns her. Ebenso geht's in unserm innern Leben. Wenn unser inneres Auge, unser Herz, einfältig, d. h. für Gott allein geöffnet ist, dann gibt uns Gott

die rechte Klarheit über alles: Über das Ewige und seinen Wert und über das Zeitliche und seine Nichtigkeit; wir sehen dann, wie herrlich Christus ist und unser Erbe in Ihm (Eph. 3,14-19). Wenn wir aber ein geteiltes Herz haben, wenn es böse, von Gott abgewandt ist, dann gewinnt das Böse, die Welt, die Finsternis Macht über uns; wir werden blind für die göttlichen Dinge; wir fallen der Finsternis des Unglaubens anheim (vgl. Joh. 3,19-21).

Chr. K.

Antwort B

Das Auge ist die Lampe, nicht das Licht. Das Auge ist nicht in sich selbst Licht. Das Wort, Christus, ist das Licht. Auge und Herz (Vers 21) sind nahe verbunden. Paulus bittet, daß die Augen des Herzens (Eph. 1,18) erleuchtet seien. Das Auge nimmt das Licht des Wortes auf, und der Leib wird Licht. Das Wort wird in unserm Leibe dargestellt (Phil. 2,16), wenn das Auge einfältig ist. Ein einfältiges Auge hat nicht zwei Dinge im Blick, sondern sieht einfach, ungeteilt. Es ist das ungeteilte Herz, daß Christus vor sich hat. Ein einfältiges Auge bewirkt, daß der ganze Leib Licht ist. Wenn Christus nicht in unserm ganzen Leibe zum Ausdruck kommt, so ist unser Auge nicht einfältig. Es ist eine scharfe, aber heilsame Prüfung.

Das böse Auge ist, im Gegensatz zum einfältigen Auge, doppelsichtig. Es ist das Herz, das zwei Herren lieben, das Gott und dem Mammon dienen will (Vers 24 und 25); der Leib ist finster. Ein moralischer Mensch mag gesehen werden, aber nicht Christus. Dann zeigt der Herr noch eine Stufe abwärts in Verbindung mit dem bösen Auge. Wenn das Doppelherz die zwei Herren vereinigen will, dann wird das Licht in uns zur Finsternis. Laßt uns menschliche Weisheit mit der göttlichen Weisheit paaren: Philosophie und Christus, Evangelium und Gesetz zusammenfügen, und das uns gewordene

Licht wird zur Finsternis werden. Das Licht an sich bleibt Licht, aber in uns wird das göttliche Licht zu einem Irrlicht verwandelt, es wird zur finstern Nacht. Wie furchtbar ist die Finsternis, wenn das Licht in uns, durch das böse Auge zersetzt, zur wirksamen Kraft des Irrtums, zur Lüge wird. Denken wir an die Irrlehren der katholischen Kirche und an gar manche Leiber und Körperschaften unserer Zeit, deren Licht Finsternis ist. „O Timotheus, bewahre das anvertraute Gut, indem du dich von den ungöttlichen eitlen Reden und Widersprüchen des fälschlich so genannten Wissens wegwendest, zu welcher etliche sich bekennend vom Glauben abgeirrt sind. Die Gnade sei mit dir!“ (1. Tim. 6,20.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben in diesen Worten Jesu ein Gleichnis mit Anwendung. Das Gleichnis umfaßt Vers 22-23a, die Anwendung Vers 23b. Das Gleichnis besagt folgendes: Durch das leibliche Auge wird dem ganzen Leib die Lampe, das notwendige Licht, gegeben, sowohl dazu, daß er sich bewegen kann, ohne zu fallen, als dazu, die Dinge um sich herum richtig zu erkennen und sich demgemäß zu verhalten. Mit einfältigen - in der Schrift ist dies Wort nur im guten Sinne gemeint! - Augen sieht man die Dinge auch einfältig und der Leib ist im doppelten Sinne licht: er selbst verhält sich richtig zu den Dingen, und auf andere macht er einen guten, normalen Eindruck. Wenn das Auge schlecht ist, so ist die Folge ein unsicheres, wie durch Dunkelheit hervorgerufenes Verhalten des Körpers, und der Eindruck ist der, und zwar je länger je mehr, daß der Leib selbst sich in Finsternis befindet. Das ist m. E. die Bedeutung des Gleichnisses, das auch wohl aufs geistliche Leben bezogen werden kann. Davon ausgehend macht der Herr eine tiefere Anwendung, und zwar nur nach ihrer negativen (verneinenden) Seite hin, wozu Er sich veranla ßt sieht durch Seine Worte (Vers 19-20). Das Licht in uns ist das Herz - als der Sitz der Erkenntnis Christi sowie der Liebe zu Ihm, woraus das praktische Leben folgt. Wenn das Herz verfinstert ist, d. h. die Erkenntnis Christi verdunkelt ist und die Liebe zu Ihm fehlt (statt dessen die Welt das Herz ausfüllt), dann wird das ganze Leben verfehlt sein. Wenn die Beweggründe zum Leben unrein sind, so ist das Leben unrein, gemein. Wenn die Lebenstriebe aus einer andern Quelle fließen als aus dem Worte Christi, des wahren Lichtes, dann wird das Leben Sünde und Schande, Widerspruch gegen Gottes Willen, Heuchelei, Selbstsucht, Unglaube usw. sein. Wie nötig ist es für uns, Christus und Sein Wort in unserm Herzen regieren zu lassen. Wie wichtig ist es, Sein Wort recht unser Herz durchleuchten zu lassen, damit nicht fremde Einflüsse unser Herz trüben und unser Leben schädigen! Das Licht in uns muß rein erhalten werden. Wird das, was eigentlich das Licht sein sollte für das Leben, Finsternis -, wie groß wird dann die Finsternis sein! Wenn das Herz finster ist und das Leben finster ist und der Sünde dient, so ist der Gesamteindruck, den ein solcher Mensch auf Christus macht, der einer einzigen großen Finsternis! Prüfen wir uns, ob wir im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist! (1. Joh. 1.)

Frage 2

Was bedeutet die Stelle „Wer nicht haßt Vater oder Mutter, der ist mein nicht wert“? Luk. 14,26.

Antwort A

Luk. 14,26: „Wenn jemand zu Mir kommt und haßt nicht seinen Vater und seine Mutter und sein Weib und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er

und seine Kinder und seine Brüder und Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht Mein Jünger sein.“

Wie dieses „hassen“ gemeint ist, zeigt die Parallelstelle (Matth. 10,37): „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig.“ Jesus will die natürliche Liebe nicht aufheben (Matth. 15,4), aber sie muß der Liebe zu Jesu untergeordnet sein. Er fordert das ganze Herz. Er will unsre „erste Liebe“

sein. Oft stehen die „natürliche Liebe“ und die Liebe zu Jesu im Widerstreit, und es bleibt dem Gläubigen nichts anderes übrig, als zu wählen: Entweder Jesus oder Vater, Mutter usw. Wenn nämlich ein Mensch sich bekehrt, so wird er anders als die Welt; er denkt, redet und wandelt anders; damit verurteilt er die Welt, und das nimmt sie übel. Die eignen Hausgenossen werden Feinde des Gläubigen, und daraus folgen für ihn tiefe und bittere Leiden, besonders auch das, daß man ihn als den Urheber der Entfremdung und Zwietracht beschuldigt wie Ahab den Elias. Wer nun in der Absicht, die Feindschaft seiner ungläubigen Verwandten zu vermeiden, Jesum aufgibt und also jene mehr liebt als Jesum, der ist Seiner und Seiner Gnade nicht würdig (vgl. auch Apg. 13,46).

Chr. K.

Anmerkung des Herausgebers

Sollen die Christen ihre Eltern und nächsten Verwandten nicht mehr lieben? Gewiß, vielmehr: Sie sollen sie umso mehr lieben, je mehr sie selbst von Christo geliebt werden! Aber in dieser Stelle handelt es sich um die Nachfolge Jesu (vgl. Vers 25a!). Hier kommt es dem Herrn darauf an, zu zeigen, was für ein ernstes Ding es um die Nachfolge Jesu ist. Er denkt ja nicht an solche Verwandte, die mit dem Ihm Nachfolgenden eines Sinnes sind, sondern an solche, die irgendwie den Nachfolger Jesu durch die engen und so tiefen Bande des Fleisches abziehen wollen von dessen praktischer Liebesbetätigung zu Jesus. Daß der Herr solche Leute meint, zeigt der letzte Ausdruck in Vers 26: „Dazu auch sein eigenes Leben (Seele).“ Das natürliche, fleischliche Leben befindet sich beständig im Gegensatz gegen Gott. Dieses Leben muß man einmal gründlich kennen lernen, dann versteht man den scharfen Ausdruck Jesu: „Hassen!“ Wer sich selbst kennt, der lernt sich hassen, sobald er dem Herrn nachfolgen und dem Worte Gottes gehorchen will. Dasselbe gegensätzliche Leben aber, das wir von Natur haben, haben auch die Unsern. Da sie nun die wirksamsten Mittel haben zu unserer Lebens-Beeinflussung, so ist es für einen Nachfolger Jesu nötig, sie zu hassen, wie er sich selbst, sein eigenes natürliches Wesen, haßt. Die Liebe zu Christus und zu Seinem Wort verträgt keine fleischliche Kreaturenliebe; und einen Mittelweg gibt es im Christentum nirgends! Andererseits wollen wir nie vergessen, daß Gott uns mit den Unsern zusammentat, damit wir sie lieben mit der Liebe, mit der wir geliebt werden von Ihm, mit der Liebe Gottes, die ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Geist (Röm. 5,5)! So soll denn Liebe und Haß zu gleicher Zeit und gegen dieselben Personen im Herzen des Christen sein? Ja! Und nun: Fragen wir uns alle einmal, ob wir willig sind, wenn es sich um die Nachfolge Jesu handelt, den Weg der Verleugnung aller natürlichen Bande der Pietät zu gehen und darin zu beharren - (wie oft werden wir in der Schrift zum Ausharren ermahnt!). Wenn nicht, so hören wir des Herrn Wort: „Der kann nicht Mein Jünger sein,“ oder „der ist Meiner nicht wert!“

Frage 3

Was ist der Unterschied zwischen gesalbt und versiegelt mit dem Heiligen Geist, und was ist „das Pfand des Geistes“? 2. Kor. 1,21.22.

Antwort A

„Salbung“ bezieht sich auf den Dienst, „Versiegelung“ auf Bestätigung. Im Alten Bunde wurden Priester und Könige gesalbt; das Salböl war das Symbol des Heiligen Geistes. Jenes war der Schatten, wir haben in Christo die Erfüllung. Wir sind durch Ihn „gemacht zu einem Königtum, zu Priestern seinem Gott und Vater“. Die Salbung mit dem Heiligen Geiste ist also die Ausrüstung zum Dienst (vgl. 1. Joh. 2,20.27).

Die Versiegelung ist zunächst Bestätigung, Legitimation. So wurde Jesus bestätigt bei Seiner Taufe als Gottes Sohn (Joh. 1,33.34; 6,27); ebenso die Gläubigen (Eph. 1,13.14). Durch die Mitteilung des Heiligen Geistes hat Gott sein ewig gültiges Siegel gedrückt auf alle, die an Jesum glauben. Sie empfangen aber dadurch nicht nur völlige Gewißheit über das, was sie glauben und in Christo haben, sondern auch ein Unterpfand für das, was sie noch zu erwarten haben: die Erlösung des Leibes, die Auferstehung, die Entrückung, die Empfangnahme des Erbes (Eph. 4,30; 2. Kor. 5,5; Röm. 8,11).

Chr. K.

Antwort B

Salbung, Siegel und Unterpfand des Geistes drückt keine Verschiedenheit des Geistes aus, auch findet die Salbung, Versiegelung usw. an uns nicht zu verschiedener Zeit statt.

In der Stunde, da wir an den Herrn gläubig werden, empfangen wir als Antwort Gottes auf den Glauben den Heiligen Geist, und mit dem Empfangen des Heiligen Geistes sind wir gesalbt, versiegelt und haben wir das Unterpfand (Apg. 19,2; Eph. 1,13). Die Fülle des Segens mit dem Empfangen des Geistes ist so groß, daß sie uns hier in drei Segensgedanken gezeigt wird. Jeder, der den Heiligen Geist hat, hat diese Segnungen, obgleich mancher sich derselben nicht bewußt ist oder nicht erfreuen mag.

Es sind drei Wahrheiten voll Segen, die mit dem Empfangen des Heiligen Geistes verbunden sind:

Gesalbt. Aaron, als Vorbild von Christus, wurde allein ohne Verbindung mit dem Blute gesalbt. Die Söhne Aarons (wir) konnten erst nach der Blutbesprengung und in Verbindung mit Aaron gesalbt werden. Der Heilige Geist kann nur in einem heiligen Gefäße wohnen. Christus allein war der in sich selbst Heilige, in dem der Heilige Geist wohnen konnte. - Wir sind in Verbindung mit Ihm die Geheiligten in Christo Jesu (1. Kor. 1,2). - Christus allein konnte mit Heiligem Geiste gesalbt werden (Matth. 3,16.17; Apg. 10,38), in dem Werte Seiner eigenen Vollkommenheit. Wir erst nach der vollendeten Erlösung und durch die Reinigung Seines Blutes. Von Ihm, dem Haupte, fließt das kostbare Salböl herab bis auf den Saum Seines Kleides (Psalm 133,2), und so, in Verbindung mit Ihm, werden Seine Genossen gesalbt (Hebr. 1).

Der Segen, der mit der Salbung verbunden ist, ist Kraft (Apg. 10,38) und Erkenntnis der Dinge Gottes, um Ihm dienen zu können (1. Kor. 2,12; 1. Joh. 2,20.27). Die Salbung (der Heilige Geist) zeigt uns die wahre Gestalt (das wirkliche Wesen) aller Dinge, sie belehrt uns über alles. Wir wissen,

beurteilen alles, nicht nach den Gedanken der Welt, sondern wie die Dinge in Verbindung mit Christo aussehen, was sie in dem Lichte Gottes sind. Die Salbung soll jeden kennzeichnen. Es ist eine ernste Frage, ob wir als Gesalbte gekannt sind, als solche, die der Geist Christi kennzeichnet. Der kostbare Name „Christ“, den Gott den Gläubigen zu tragen erlaubt hat, bedeutet Gesalbter. Christen sind gesalbte Menschen!

Versiegelt. Gott versiegelt jeden Gläubigen, der die Vergebung seiner Sünden empfangen hat. Er empfängt das Siegel, daß er Christo angehört (Röm. 8,9). Es ist das Eigentumssiegel Gottes bis auf den Tag der Erlösung (Eph. 4,30). Inmitten einer großen Schafherde sehen wir zuweilen einzelne mit einem Brandsiegel auf dem Rücken; das Siegel zeigt das Eigentumsrecht eines andern an diesen Schafen an, obgleich sie inmitten der großen Herde sind. So sind die Schafe Christi in der Menschenwelt durch den Heiligen Geist als Gottes Eigentum versiegelt und bestätigt. Der Beamte des Gerichtes legt sein Siegel an, und der Gegenstand ist für jeden andern unantastbar. Der Heilige Geist als Siegel drückt das Eigentumsrecht Gottes auf uns aus, daß wir Sein unverletzliches und unverbrüchliches Eigentum sind - bis auf den Tag der Erlösung, wo Er uns zu Sich ins Vaterhaus nimmt. „Meine Schafe gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand reißen. Mein Vater, der sie Mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben“ (Joh. 10,28.29).

Unterpfand. Was das Siegel auf Gottes Seite ist, das ist das Unterpfand auf unserer Seite. Der Heilige Geist ist für uns das Unterpfand, Angeld und Garantie des Erbes, des Besitzes und der Sicherheit und Einlösung aller Verheißungen Gottes, wie z. B. der Erlösung unseres Leibes usw. (2. Kor. 5,5).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie köstlich sind diese drei Beziehungen, die unser Gott und Vater zwischen uns, die wir Christi Geist haben und Sein sind (Röm. 8,9), und der Person des Geistes, und damit Sich Selbst, in Ewigkeit geknüpft hat! Unverbrüchlich Sein Eigentum und überschüttet mit Segnungen sind Gottes Kinder. Aber auch wie sehr sollten wir den Ernst des Wortes beachten: „Betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes, durch welchen ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung“ (Eph. 4,30). Gott hat Sein Siegel auf uns gedrückt, Sein Anerkennungszeichen, indem Er uns den Geist gab. Sobald wir den Heiligen Geist betrüben durch unsere Verfehlungen, so verunreinigen wir gewissermaßen das Siegel, das Gott auf uns gedrückt hat. Dennoch bleibt dieses Siegel in Gottes Augen unverletzt, und an dem Tage der Erlösung werden nur die erlöst, die dies Siegel tragen. Ihnen ist es zugleich ein Pfand, eine Bürgschaft ihrer ewigen Bestimmung für Gott, und es macht sie auf der Erde zu Gekennzeichneten Gottes, die vermöge der Salbung alles im göttlichen Lichte betrachten im Wandel und Dienst.

Frage 4

Wie kann die Liebe Sünden bedecken? 1.Petri 4,8.

Antwort A

Zur Erklärung muß man Spr. 10,12 hinzunehmen. Danach handelt es sich hier um vergebende Liebe

gegenüber Ungerechtigkeiten, Beleidigungen usw., die uns persönlich widerfahren. Der Apostel will nicht sagen, wir sollten den Mantel der Liebe über alles decken, was wir Böses am Bruder sehen, aber wenn wir persönlich beleidigt werden, so lehrt uns die Liebe tragen, schweigen und vergeben. Die Liebe freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles (1. Kor. 13,6.7).

Chr. K.

Antwort B

Ein Bild aus dem Leben kann vielleicht den Sinn dieser Stelle zeigen. Eine gläubige Mutter hat einen Sohn, der die Sorge des Hauses ist. Oftmals kommt er nachts trunken nach Hause, und die Nachbarn sprechen über ihn und seine Fehler. Aber wenn dies geschieht vor den Ohren der Mutter, so beginnt sie von seinen guten Eigenschaften zu sprechen; von seiner Liebe zu ihr, wie er, wenn sie nicht wohl ist, für sie sorgt, ihr den Tee bereitet, den Garten pflegt, Blumen bringt usw. Ihre Liebe bedeckt seine Fehler, indem sie Gutes spricht und dadurch die Blicke anderer von den Fehlern zu dem Guten hinzieht.

Sollten wir nicht suchen, mehr diesen Geist im Bruderkreise zu offenbaren? Liebe kann nicht an dem Aufdecken der Fehler teilnehmen. Dies ist ein Prüfstein, wie wenig wirkliche Liebe Gott in unserer Mitte sieht.

a. „T. o. W.“ übs.

Antwort C

Die Liebe bedeckt eine Menge Sünden, nicht eine oder zwei, sondern eine Menge - tausend kleine und große Dinge, die der Teufel in alle Winde ausblasen möchte, um Gottes Volk zu verwüsten und eine tote Fliege in die Salbe zu bringen, um sie stinkend zu machen.

a. „Simon Petr.“ v. Dr. W.

Antwort D

Diese Stelle spricht nicht vom unbußfertigen Verharren oder Stehen in der Sünde, wo der Betreffende den Charakter eines „Bösen“ trägt und nach 1. Kor. 5 hinausgetan werden muß. Das Wort „untereinander“ zeigt, daß der Apostel von der Brüderschaft und nicht von der Welt redet. In dem Kreise der Kinder Gottes soll eine inbrünstige Liebe wohnen, die die Sünde bedeckt, - zudeckt vor den Augen der anderen. Unsere Liebe kann die Sünde nicht sühnen oder aus Gottes Auge herausnehmen. Gott will aber solche zudeckende Liebe, die sich sorgend und in Langmut bemüht, segnen. Der Fehlende wird zur Umkehr kommen, und die Schmach ist abgewandt.

Wie wünscht die Liebe Davids, selbst die Schande eines Sauls usw. zuzudecken. Er spricht: „Berichtet es nicht zu Gath, verkündet die Botschaft nicht in den Straßen Askelons, daß sich nicht freuen die Töchter der Philister, daß nicht frohlocken die Töchter der Unbeschnittenen“ (2. Sam. 1,17-20). Ein Weib leidet unter der Fehle ihres Mannes, vor anderen aber wird sie durch das Erzählen seiner guten Seiten seine schwachen zudecken. Mit ihm aber wird sie weinen über die Sünde und ihm eine Hilfe

sein. Kann Liebe die Fehler des Geliebten aufdecken oder preisgeben? Ham deckte die Sünde seines Vaters auf, indem er sie seinen Brüdern zutrug und erzählte, aber Sem und Japhet bedeckten sie. Fluch folgte dem Erzählen Hams. Wie viel Fluch ist in die Gemeinde Gottes getragen durch das Erzählen der Blößen anderer.

Salomon sagt Sprüche 10,12: Haß erregt Zwietracht, aber Liebe deckt alle Übertretungen zu. Unbedeckte Sünden zeigen den Mangel der Liebe. Das Sehen von Sünde bei meinem Bruder prüft meine Liebe. Bedecke ich sie nicht, so offenbare ich damit meinen geistlichen Tiefstand und meine Unfähigkeit, im rechten Geiste mit meinem Bruder zu handeln. Liebe nimmt die Sünde vor den Augen der andern hinweg und trägt und hilft. Haß macht das Schlimmste aus der Sache. Liebe denkt nichts Böses, sie hält lieber für schuldlos als schuldig. Haß nimmt mit Bereitwilligkeit jede Gelegenheit und jedes Wort auf, um die schlimmste Bedeutung hineinzudenken, und Argwohn, Ausforschen, Nachreden, Verurteilen, Neiden sind die Gefolgschaft (Spr. 17,4; Spr. 16,27.28).

„Vor allen Dingen habt untereinander eine inbrünstige Liebe!“ Diese Liebe können wir nicht bei Brüdern, sondern nur von Gott lernen (1. Thess. 4,9). Es ist manchmal darauf hingewiesen worden, daß Gott einmal gerichtete Fehler Seiner Heiligen im Alten Bunde nie wieder erwähnt und im Neuen Testament nur Gutes von solchen mitteilt!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Eigentlich sollte diese Stelle keinem Kinde Gottes Schwierigkeiten machen, wenn auch das Handeln nach dieser Stelle uns oft schwer fallen möchte. Aber wenn wir bedenken, wie Gott unsere Sünden bedeckt hat, sollten wir, in deren Herzen die Liebe ausgegossen ist, dann nicht Freude daran finden, unseres Bruders Verfehlungen, besonders die gegen uns, zuzudecken? Vorzüglich aber dann, wenn er seine Schuld dem Vater bekannt und sie ihm vergeben ist! Wer könnte sich berufen fühlen, die Sünde seines Bruders in Christo aufzudecken? Überlassen wir das Amt des Aufdeckens dem, der es hat: dem Richter! Laßt uns da, wo irgend es angeht, uns des Zudeckens befleißigen!

Frage 5

Wann starb Adam? Als er von dem Apfel gegessen hatte oder 930 Jahre später?

Antwort A

In dem Augenblick, als Adam und Eva die verbotene Frucht aßen, begann der Tod sein Zerstörungswerk in ihnen. Sie waren von nun an Sterbende, dem Tode verfallen.

Chr. K.

Antwort B

Als Adam die verbotene Frucht aß, war er Gott ungehorsam. In dem Ungehorsam gegen Gott sündigte er, und in dem Augenblick, als er sündigte, starb er: der Lohn der Sünde ist der Tod (Röm. 6,23), und er wurde der Strafe der Sünde, dem Tode, sofort unterworfen.

6,23), und er wurde der Strafe der Sünde, dem Tode, sofort unterworfen.

„Wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod, und also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben“ (Röm. 5,12). Dieser Tod, von welchem der Apostel schreibt, ist nicht bloß der physische Tod, sondern die Straffolge aus die Sünde, weshalb er auch zu allen Menschen durchgedrungen ist. So daß Paulus schreiben kann: „tot in Übertretung und Sünden.“ - Wer jetzt zum Heiland kommt, empfängt die Vergebung der Sünden und ewiges Leben als gegenwärtigen Besitz. Obgleich der Gläubige dem Leibe nach sterben mag, bleibt doch das Wort des Herrn wahr: „Wenn jemand Mein Wort bewahren wird, so wird er den Tod nicht sehen ewiglich“ (Joh. 8,51).

Antwort C

Adam starb zweimal. Wir müssen unterscheiden zwischen dem geistlichen und dem leiblichen Tode. Er war tot in Übertretung und Sünde (Eph. 2,1) in dem Augenblick, als er von der verbotenen Frucht aß, aber er starb 930 Jahre später dem Leibe nach. In den Worten des Herrn in Joh. 5,25-28 können wir klar die Gedanken des doppelten Todes unterscheiden. „Die Stunde kommt und ist jetzt, da die Toten die Stimme des Sohnes Gottes hören“ (Vers 25). Hier sind es die Toten in Sünde, und es entspricht Adams Zustand nach dem Fall. „Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören“ (Vers 28). Dies verweist ohne allen Zweifel auf die physisch (leiblich) Toten und entspricht dem Sterben Adams, als er 930 Jahre alt war. So wie wir in dem ersten Adam einen doppelten Tod finden, so auch in dem zweiten, letzten Adam ein doppeltes Leben: jetzt und zukünftig.

Antwort D

Adams Sterben zeigt zwei Seiten des Todes, die wir in der Schrift oft wiederkehrend finden. In dem Gleichnis in Luk. 15 spricht der Vater zweimal von seinem jüngsten Sohne als „tot“ und „verloren“, aber jetzt „lebendig“ und „gefunden“. So lange er im „fernen Lande“ war, war er tot für seinen Vater. Er hatte keine Verbindung mit seines Vaters Gedanken und keine glückliche Gemeinschaft. Während dieser Zeit war er für seinen Vater wie einer, der tot und begraben war. Sein sündiger Selbstwille hatte diese Trennung bewirkt. Und so steht heute noch der schuldige, unbußfertige Sünder vor Gott. Er ist völlig von Gott getrennt. Halte dem Auge eines Toten das schönste Bild hin, rufe ihm die lieblichsten Worte ins Ohr, da ist kein Vernehmen. Er ist tot. Der Sünder sieht nicht die Schöpfungsherrlichkeit, die ihm Gott, der Schöpfer, zeigt. Die wunderbare Liebe, die Gott auf Golgatha offenbarte, vernimmt seine Seele nicht. Er findet keine Schönheit an dem Herrn der Herrlichkeit, daß ein Verlangen nach Ihm erweckt wird. Er ist Gott gegenüber tot. Tot in Übertretung und Sünden. Dieser Tod ist eine schreckliche Wirklichkeit, die in dem leiblichen Tode den sichtbaren Strafabschluß und Ausgang findet. -

„Des Todes sterben“ (1. Mos. 2,17): Der Tod ist ein Prozeß. Die Zähne verfallen, das Haar wird grau, das Auge dunkel, diese und andere Symptome zeigen uns in feierlichem Ernste, daß der Prozeß des Todes sein Werk treibt. So daß Adams Sterben seinen Anfang vom Tage des Ungehorsams nahm, obgleich die schließliche Scheidung von Seele und Leib erst 930 Jahre später stattfand.

a. „T. o. W.“ übers. v. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

In dem Augenblick, als Adam und Eva aus dem Paradies gewiesen wurden, erfuhren sie Röm. 6,23: „Der Tod ist der Sünde Lohn.“ Damals begann ihr Ringen mit dem Tode, dem sie unweigerlich ein für allemal verfallen waren. Sie legten sich nun gewissermaßen aufs Sterbebett. Ihr Sterben dauerte nach unseren Begriffen lange, aber es war ein Sterben. -

Dieser Gedanke ist oft doch erschütternd: Jeder geborene Mensch liegt auf dem Sterbebett; mag das Sterben 80 Jahre oder zwei Tage dauern, es ist gleich: der Tod kommt sicherlich. Ein großer Gelehrter, ein Arzt, hat einmal wie verzweifelnd ausgerufen: „Warum sterben wir eigentlich?“ Nun, uns Christen ist das Geheimnis des Todes nicht verborgen. Wir können den Ungläubigen dies Geheimnis erklären, und wir können ihnen noch mehr sagen: Wir sind geboren, um zu sterben! Wirklich? Ja, die Tatsachen beweisen es - aber: „die Gabe Gottes ist ewiges Leben in Christo Jesu, unserm Herrn“ (Röm. 6,23). Glaubst du das? Hast du dieses Leben? Wenn du dich noch fürchten mußt vor deinem Tode, eigentlich, dem schauerlichen Abschluß deines Sterbens und dem noch schauerlicheren „Danach aber“, dann komm zu Jesus Christus, der dir sagt in Joh. 11,25.26: „Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an Mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an Mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit!“

Frage 6

Warum verfluchte der Herr den Feigenbaum? (Matth. 21,18ff. u. Mark.11,13ff.)

Antwort A

Der Grund, warum der Herr dem Baume die Lebenskraft nahm, ist einfach der, daß Er Seinen Jüngern zeigen wollte, wie der nicht ungestraft bleibt, bei dem Er Früchte erwartet und nicht findet. Beachten wir aber den Zusammenhang (kurz vorher fand der Einzug in Jerusalem und die Tempelreinigung statt), so ergibt sich, daß die Verfluchung des Feigenbaumes jedenfalls ein Zeichen sein soll, und zwar von dem über Jerusalem bevorstehenden Gericht. Israel war ein Feigenbaum mit Blättern ohne Frucht. Religiöse Formen, „Hosianna“ rufende Massen waren da, aber die Früchte der Buße fehlten. Darum war Israel einem wertlosen unfruchtbaren Baume gleich geworden und reif zum Gericht.

Chr. K.

Antwort B

Der Herr kommt von Bethanien. Er hatte mit Seinen Jüngern daselbst übernachtet. Dort hatte Er ein Heim, wo Er in Liebe aufgenommen wurde und nicht zu hungern brauchte. Liegt nicht etwas Bedeutungsvolles darin, daß Ihn hungerte, als Er von Bethanien weggegangen war? Wie Ihn hungerte, verlangte Ihn danach, solche Bethanien-Aufnahme bei Seinem Volke zu finden. - Der Herr tat viele Zeichen und Wunder. Zeichen waren Wunder, die in ihrer Art zugleich Belehrungen von tiefer Bedeutung enthielten. So ist auch das Wunder an dem Feigenbaum von tiefer, tiefer Bedeutung. Sein

Auge sieht in der „Ferne“ (Zukunft) den Feigenbaum (Israel) mit Blättern bedeckt, - Israel, in Verbindung mit seinem Messias - grünen, blühen und Früchte tragen. Aber Er „naht“ sich jetzt Seinem Volke und findet nur den Schein, aber keine Wirklichkeit. Gottesdienste wurden im Tempel mit Eifer gehalten; Moses wurde hocherhoben und die Schriften erforscht, aber Ihn, ihren Messias, verwarfen sie. Sie wollten Gott Frucht tragen ohne Ihn. Israel, von Gott bestimmt, die Fruchtspenderin des Segens Gottes auf der Erde zu sein, wird jetzt abgeschnitten. Es hat auf dem Boden des Alten Bundes stehend gänzlich gefehlt, und auf diesem Grunde wird keine Frucht von Israel je gegessen werden.

Die Zeit der Feigen, wo sie eingesammelt wurden, war noch nicht, so daß, wenn der Baum Früchte gehabt hätte, diese hätten am Baume sein müssen. Diesen unfruchtbaren Baum, der das Äußere eines fruchttragenden hatte, gebraucht der Herr als ein Bild von Israel, um Sein Urteil über Israel als in Verbindung mit dem Alten Bunde auszusprechen.

v. d. K.

Antwort C

Der Feigenbaum bekommt erst Früchte und dann Blätter. In der Scofield Bible finde ich nachstehende Notiz, die vielleicht mit zum Verständnis beitragen kann: „Feigenbäume, welche ihre Blätter den Winter durch behielten, hatten auch gewöhnlich Früchte. Die Jahreszeit war für neue Blätter und Früchte noch zu früh.“ Das Nicht-Vorfinden der Frucht bewies die Unfruchtbarkeit des Baumes selbst.

...r.

Anmerkung des Herausgebers

Selbst wenn man dies Gleichnis nach Matth. 21 wohl versteht: als ein Zeichen des Gerichts über das unfruchtbare Volk Israel, so bleibt für manche Leser der Schrift noch eine große Schwierigkeit in der Fassung des Gleichnisses in Mark. 11. Wenn noch nicht die Zeit der Feigen war (Vers 13), wie kann Jesus dann Feigen zu finden erwarten und, als Er keine findet, den Baum verfluchen? Aber man kann demgegenüber sagen: Wenn schon Feigenzeit gewesen wäre, so hätten die Feigen schon abgeerntet gewesen sein können, als Jesus kam, sodaß Er dann nichts hätte finden können. Gerade weil noch nicht Feigenzeit war, der Baum aber schon in vollen Blättern stand, hätte der Herr Jesus Früchte finden müssen, wenn auch noch nicht ganz reife. Aber dieser Baum trug nur Blätter - wie Israel als Volk, und darum wurde er verflucht. „Ach Blätter nur -!“

Gruß an den Leser:

Freuet euch in dem Herrn allezeit ... der Herr ist nahe!“ Phil. 4,4-5.

Wir bitten jeden Leser, die „Worte zur Beherzigung“ auf den letzten beiden Umschlagseiten dieses Heftes freundlichst zu beachten.

Auf mehrere aus Nr. 1 des Blattes übernommene Fragen sind erst wenige Antworten eingegangen. Wir bitten sehr um Beteiligung am BeAntworten der Fragen!

Da wir mit der Dezember-Nummer den 1. vollen Jahrgang abschließen möchten, gedenken wir,

mehrere Doppelnummern herauszugeben von 32 Seiten Umfang; wir hoffen, zum Juni ein solches Doppelheft erscheinen lassen zu können.

Der Herausgeber.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Warum soll es siebenfältig gerächt werden, wenn Kain erschlagen wird? (1. Mose 4,15.)

b) Ist Elias in der Person des Johannes gekommen oder kommt er noch? (Vgl. Matth. 11,14; 17,12 u. a. m.)

c) Was meint Paulus, wenn er sagt: „Mein Evangelium?“ (z. B. Röm. 16,25.)

d) Was ist der Sinn der Stelle Matth. 16,19; was sind des Himmelreichs Schlüssel?

e) Wie konnte der Herr den ungerechten Haushalter loben, und wie kann man in die ewigen Hütten aufgenommen werden durch den Mammon? (Luk. 16,1-12.)

f) Können Kinder Gottes „mit Willen sündigen“? (Hebr. 10,26) und was ist „Sünde zum Tode“? (1. Joh. 5,16.17.)

g) Wie ist Matth. 8,5.6 und Luk. 7,2.3ff. zusammen zu bringen? Es handelt sich doch um dieselbe Geschichte; Matth. berichtet nun, daß der Hauptmann selbst zu Jesus kam, während Lukas schreibt, er habe Älteste gesandt.

h) Wie decken sich folgende Stellen: Joh. 5,22 „der Vater richtet niemand ...“ und Hebr. 13,4 „die Hurer usw. wird Gott richten“? Oder ist in letzterer Stelle das Wort „richten“ zu betonen?

i) Wie ist die Stelle zu verstehen „zu dem werde Ich eingehen und das Abendmahl mit Ihm essen“? (Offbg. 3,20.)

k) Wie lange waren die Kinder Israel in Ägypten? (Vgl. 2. Mose 12,40.41; 1. Mose 15,13; Gal. 3,16.17; 2. Mose 6,16-20 bezüglich der Zahlen.)

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 7

Ich bitte um Hilfe für das Verständnis des Wortes des Herrn: „Viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.“ (Matth. 20,16; 22,14.)

Antwort A

Das angeführte Wort des Herrn wird meist so erklärt: Berufene sind alle diejenigen, an welche der Ruf des Evangeliums ergangen ist, Auserwählte aber die, welche dem Rufe wirklich gefolgt sind. Das ist jedoch nicht ganz zutreffend, wie man bei einer genaueren Betrachtung der beiden Gleichnisse findet, deren Schluß die erwähnten Worte bilden.

Das Gleichnis Matth. 20,1-16 zeigt uns, daß Gott es liebt, nach Seiner Unumschränktheit und Liebe in Gnade zu handeln, und daß nicht die Werke, sondern das Vertrauen auf Seine Güte die Betätigung derselben hervorrufen.

Die zuerst Gedungenen - die „Ersten“ - hatten auf Grund ihrer Vereinbarung mit dem Hausherrn (Vers 12) gearbeitet und stützten sich auf das, was sie getan hatten; hierauf allein gründeten sich alle ihre Ansprüche und Erwartungen, selbst dann, als sie meinten, mehr als vereinbart empfangen zu müssen (Vers 10-12). Sie kannten nichts von der Güte des Hausherrn und hatten auch kein Bedürfnis nach solcher, sondern meinten, daß es nur recht und billig sei, ihnen mehr zu geben als den „Letzten, die nur wenig gearbeitet hatten“. Darum handelt der Hausherr mit ihnen auch lediglich von dem Standpunkte des Rechts aus, auf den sie sich selbst stellten: „Nimm das Deine und gehe hin!“ (Vers 14.) Das ist Israel, und das ist der selbstgerechte Mensch.

Anders aber ist es mit den „Letzten“. Sie waren noch in letzter Stunde dem Rufe des Hausherrn gefolgt und hatten angefangen zu arbeiten, als bereits nur noch wenig Zeit übrig war; sie konnten also nicht auf ihre Arbeit ihre Hoffnung setzen, sondern nur auf die Güte dessen rechnen, der sie gedungen hatte, und im Vertrauen auf dieselbe folgten sie dem Rufe. Und diesem Vertrauen gemäß erfahren sie die unumschränkte Güte des Hausherrn. Das ist der wahrhaft Gläubige - ob aus Israel oder aus den Nationen -, der als verlorener Sünder die Gnade in Christo annimmt, „um die im Fleische noch übrige Zeit ... dem Willen Gottes zu leben“ (1. Petr. 4,2).

Um diese verschiedenen Klassen von Arbeitern im Weinberge handelt es sich in Vers 16. Alle Arbeiter im Weinberge waren dem Rufe des Hausherrn gefolgt - sie alle - „viele“ - waren „Berufene“. Aber nicht allen konnte der Hausherr seine Güte erweisen, sondern nur denen, welche ein Bedürfnis nach derselben hatten und auf dieselbe vertrauten; das waren nur „wenige“, und nur diese waren „Auserwählte“.

Das andere Gleichnis (Matth. 22,1-14) zeigt uns, daß Israel - die „Geladenen“ (Vers 3.4.8) - die Gnade, das Heil in Christo, nicht annahm und deshalb beiseite gesetzt wurde (Vers 3-7), und daß infolgedessen das Heil zu den Nationen kam (Vers 8 und 9), aus denen viele dem Rufe folgten (Vers 10). Es zeigt uns weiter aber auch, daß nicht alle, die dem Rufe folgten - das sind die „Gäste“ (Vers 11) -, die Gnade wirklich angenommen haben und nun in Christo vor Gott sind, passend für die Herrlichkeit, sondern, daß darunter solche sind, die den nicht kennen, der den Ruf hat ergehen lassen, weder in Seiner Heiligkeit noch in Seiner Liebe. Diese haben sich das Hochzeitskleid - das ist Christus selbst - nicht schenken lassen, sondern ihren eigenen Gedanken, anstatt Gottes untrüglichem Worte folgend, meinen sie, ihr eigenes Kleid (die eigene Gerechtigkeit) sei gut genug. Es sind solche, die „eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen“ (2. Tim. 3,5). Diese sind, da ein Zustand, ein Verhältnis und ein Los in Frage kommt, dargestellt durch den einen

Gast, der nicht mit einem Hochzeitskleide bekleidet war und in die äußere Finsternis geworfen wird (Vers 11-13).

Wir haben hier wieder zwei verschiedene Klassen vor uns, die das eine gemein haben, daß sie beide dem Rufe gefolgt sind, im übrigen aber durch ein entscheidendes Merkmal von einander unterschieden werden: Die eine Klasse ist bekleidet mit dem Hochzeitskleide, das sind die wahrhaft Gläubigen; die andere aber ist nicht damit bekleidet - das ist die Masse der bloßen Bekenner. Und auf diese zwei Klassen beziehen sich die Worte in V. 14: „Denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte.“ Auch hier ist es so wie bei dem vorigen Gleichnisse: Alle Gäste waren dem Rufe zur Hochzeit gefolgt - sie waren daher alle „Berufene“; aber nicht alle konnten wirklich an der Hochzeit teilnehmen, sondern nur die, welche mit einem Hochzeitskleide bekleidet waren - nur diese waren „Auserwählte“.

Wir sehen, daß in beiden Gleichnissen in den Worten: „Denn viele sind Berufene, wenige aber Auserwählte“ von den zwei verschiedenen Klassen von Menschen die Rede ist, die wir in jedem dieser Gleichnisse vor uns haben. Also sind mit den „vielen Berufenen“ alle die gemeint, die - gleichviel aus welchen Beweggründen und mit welchem Herzen - dem Rufe gefolgt sind. Das sind alle die Vielen, welche dem Äußeren nach das Volk Gottes darstellten und darstellen - sei es, daß sie es wirklich oder nur dem äußeren Scheine nach waren bzw. sind. Mit den „wenigen Auserwählten“ aber sind die gemeint, welche die Güte des Hausherrn erfahren haben und mit einem Hochzeitskleide bekleidet sind. Es sind also die Wenigen, welche wirklich „glaubend Leben haben in Seinem Namen“ (Joh. 20,31).

Der Unterschied zwischen den beiden Schriftstellen ist der, daß in der ersten der Hauptzug die Gnade ist, und wir daher dem Grundsatze begegnen, daß alles allein aus Gnade ist, nicht aus Werken. In der zweiten ist es im Grunde die Herrlichkeit des Königs, die in Frage steht, und in Übereinstimmung hiermit kommt in ausgeprägtester Weise der Grundsatz zum Ausdruck, daß wir nur in Christo passend für Seine Herrlichkeit sind. In beiden Beziehungen gibt es „viele Berufene“, aber nur „wenige Auserwählte“, und beides ist sehr kostbar für ein Herz, welches sich der Gewißheit erfreut, zu den „wenigen Auserwählten“ zu gehören.

Th. K.

Antwort B

Matth. 20,16 steht noch im Zusammenhang mit der Frage Petri: „Was wird uns nun werden?“ (Matth. 19,27.) Der Herr zeigt, daß in der Lohnfrage menschliche Gedanken und Vorteile einst gänzlich über den Haufen geworfen werden, und nur das göttliche Wohlgefallen gilt.

Das Wort des Herrn: „Ist es mir nicht erlaubt, mit dem Meinigen zu tun, was ich will“ erklärt die Stelle.

Die Ersten sind die, mit denen die Frage „Was wird uns dafür?“ geordnet wurde. (Wenn sie den Herrn in Seiner Gnade gekannt hätten, würden sie kein Lohn-Übereinkommen getroffen haben.) Diese werden später als solche mit „bösen“ Augen offenbar. Des Herrn Güte offenbart auch heute noch das böse Auge des Menschen, der in Gottes Tun und Walten Unrecht findet.

Dann folgen die, denen gesagt wird: „Was recht ist, werde ich euch geben.“ Danach folgen die

Dann folgen die, denen gesagt wird: „Was recht ist, werde ich euch geben.“ Danach folgen die Letzten (Vers 6), die nur gerufen werden - ohne Versprechung. (Der Nachsatz ist zweifelhaft und fehlt in den alten Handschriften. S. Elberfelder Übers. und Wiese Übers.) Diese gehen und arbeiten im Vertrauen auf Seine Güte. Diese Letzten werden Erste. Sie erfahren, daß sie nicht nur berufen sind, sondern nach der Unumschränktheit Seines Willens auserwählt sind, die Empfänger Seiner größten Gnade zu sein. An dem Lohntage werden wir große Überraschungen erleben. Erste werden Letzte und Letzte Erste sein. Die Ersten, am frühen Morgen Berufenen, empfangen das Festgestellte. Die Letzten, am späten Abend Berufenen, sind erwählt, die Gefäße zur Verherrlichung Seiner Gnade zu sein. In dieser Verbindung ist zu beachten, daß dies Gleichnis, wie auch das in Matth. 22,1-14, Gleichnisse vom Reich des Himmels sind. Dies ist höchst wichtig. Der Herr zeigt uns das Reich, d. h. von verschiedenen Gesichtspunkten und in verschiedenen Stadien. (Die Juden z. B. waren Erste und wurden Letzte.)

Der Herr ruft, wen Er will, und wählt aus ihnen aus, wen Er will, um aus ihnen in Seiner Gnade zu machen, was Er will. Laßt uns das tun, wozu
Gott uns berufen, und unser Auge nicht böse sein, wenn Er in Seiner Souveränität andere erwählt, an ihnen Seine Gnade besonders groß zu machen - sei dies im Einzelnen, in den persönlichen Wegen, oder in den Wegen der Verwaltung Gottes.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir bitten, unsere kurze MitbeAntwortung vorliegender Frage bei der folgenden Frage zu beachten!

Frage 8

Wie können wir „unsere Berufung und Erwählung fest machen?“ (2. Petr.1.)

Antwort A

Die Gewißheit der Errettung ist eine gesegnete Wahrheit der Schrift, aber der Teufel kann die köstlichsten Wahrheiten gebrauchen, um Scheinwesen einzuführen. Nie wurde die Gewißheit der Errettung so deutlich und klar verkündigt wie in unseren Tagen - aber auch zu keiner Zeit herrschte so viel Täuschung und Selbstbetrug. Da sind solche, welche ihre Errettung behaupten, während jene, die ihr Leben kennen, es nur wagen zu hoffen, weil ihr Wandel zum Weinen ist. Wenn wir Neugeborene sind und wirklich wissen, daß wir es mit Gott zu tun haben, so wird unser Benehmen und Verhalten wie das der Apostel sein: uns zu üben, allezeit ein Gewissen ohne Anstoß zu haben vor Gott und den Menschen (Apostelg. 24,16). Wir werden Fleiß anwenden im Beachten der in Vers 5-8 genannten Dinge. Diese Dinge werden jenen, die uns nach unsern Früchten zu beurteilen haben, unsere Berufung und Erwählung gewiß machen. (Siehe auch 1. Joh. 2,3 und 3,14.) Und so werden wir bewahrt vor dem Straucheln und einen reichlichen Eingang in das ewige Reich unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi haben.

A. „G. E.“ übs. v. v. d. K.

 

Antwort B

Wie können wir unsere Berufung und Erwählung fest machen? Wer beruft uns? Unser Vater. Wer erwählt uns? Unser Vater. Aber dies ist für andere nicht genug. Bei wem sollen wir unsere Berufung und Erwählung festmachen? Bei dem, der uns berufen hat, der uns erwählt hat? Nicht im Geringsten, sondern für uns selbst und für jeden, der uns sieht und der zu uns sagen kann: „Du bist berufen? Du siehst aber nicht im geringsten danach aus. Du bist auserwählt? Niemand kann das glauben.“ Es muß vor den Augen jedermanns zu lesen sein, daß du von Gott „berufen und erwählt“ bist.

a. Dr. W. „S. P.“

Antwort C

Dreimal (in Vers 8.9 und 10) verweist der Heilige Geist auf „diese Dinge“, von denen Er in den Versen 5-7 gesprochen hat, wozu wir allen Fleiß anwenden sollen. (Vers 5.) Der Segen, der dann hervorkommt, ist: Wir werden nicht träge und fruchtleer sein. Frucht zu tragen ist das herzliche Verlangen vieler Kinder Gottes. Hier ist der Weg gezeigt.

Wieder in Vers 10 werden die „Brüder“ zum Fleiß ermahnt. Diesmal im Hinblick auf ein anderes Ziel: Ihre Berufung und Erwählung fest zu machen. Nicht, als ob wir sie bei Gott fest zu machen hätten. Wie können wir sie bei dem fest machen, der uns bereits berufen hat in Seiner unumschränkten Gnade? (Vers 3.) Wohl aber sollen wir sie fest machen bei uns und andern, die nur an den Früchten erkennen können, ob Wort und Wege zusammen gehen. Wenn wir uns nicht dieser Dinge befleißigen, wenn wir sorglos und gleichgültig wandeln, so werden wir nicht nur selbst die Gewißheit und Freude unserer Berufung und Erwählung verlieren, sondern auch andere darin schwankend und zweifelnd machen (vergl. Gal. 4,19.20). Der Apostel will aber, daß die freudige Gewißheit unserer Berufung und Erwählung bei uns und anderen vorhanden sei, und zeigt den Weg dazu: in dem treuen Fleiße bezüglich der Dinge des göttlichen Lebens. Mit welcher Festigkeit konnte Er die Erwählung der Thessalonicher behaupten auf Grund ihres treuen Wandels. Von ihnen konnte Er sagen: „Ihr seid unsere Nachahmer geworden ... ihr seid zu Vorbildern geworden.“ (1. Thess. 1,3.4.7.) Kann der Geist Gottes dies von dir und mir sagen?

v. d. K.

Antwort D

In 2. Petr. 1,3.4 richtet der Apostel unsern Blick auf das, „was Seine göttliche Kraft uns geschenkt hat.“

An das Zeugnis dieser kostbaren Tatsache knüpft der Apostel die Mahnung: „Ebenfalls reichet aber auch dar, indem ihr allen Fleiß anwendet, in eurem Glauben die Tugend usw.“ Die Dinge, welche der Apostel hier anführt, kann nur der darreichen, welcher sie vom Herrn vorher empfangen hat als Frucht seines Glaubens. Durch Glauben müssen wir das nehmen, was uns in Christo Jesu geschenkt ist. Daher kann uns die Gnade nur dann an das Ziel unserer Berufung tragen, wenn unser Glaube wirksam ist. Durch Glauben verwirklichen wir die Verheißungen Gottes. (Hebr. 11,1.)

Da, wo die in den Versen 5-7 genannten Dinge durch Glauben genommen werden, werden sie den

Glaubenden „nicht träge noch fruchtleer hinstellen usw.; bei welchem diese Dinge nicht sind, der ist blind, kurzsichtig, und hat die Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen.“ (Vers 8-9.) Sein Glaube reichte nicht hin, das Bewußtsein der erlebten Errettung festzuhalten; dadurch ging er der größten und kostbarsten Verheißungen verlustig.

Daher ermahnt der Apostel in Vers 10: „Darum, Brüder, befleißiget euch umsomehr, eure Berufung und Erwählung fest zu machen.“ Seine „Berufung und Erwählung fest machen“ will also sagen: Fleiß tun „nicht von denen zu sein, die sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen, die da glauben zur Errettung der Seele.“ (Hebr. 10,39.)

P. Str.

Anmerkung des Herausgebers

Es möchte vielleicht dem einen oder anderen Leser so scheinen, als bestände zwischen der Behandlung der Frage 7 und dieser insofern eine Unstimmigkeit, als die gleichen Worte hier („berufen“ und „auserwählt“) eine andere Bedeutung hätten als dort. Aber es besteht kein sachlicher Gegensatz zwischen den beiden Reihen von Antworten. Zunächst ist zu beachten, daß dort von „vielen Berufenen, aber wenigen Auserwählten“ gesprochen ist, hier dagegen von „Berufung und Erwählung“. Nun ist zu diesem Doppelausdruck zu sagen, daß er sich nur auf uns Kinder Gottes bezieht (vergl. Vers 1!). Da, wo im Neuen Testament in diesem Sinne von Berufung und Erwählung gesprochen wird, da ist auch öfter ein Zweck angegeben: wozu berufen, wozu erwählt? Wir verweisen auf 1. Thess. 4,7: „Berufen zur Heiligkeit“ (vergl. den Ausdruck in 1. Kor. 1,2 und Röm. 1,7 „berufene Heilige“) und 1. Petr. 2,9: „Berufen aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht“; vgl. auch 1. Petr. 1,15. Ferner auf Joh. 15,16: „Auserwählt zum Fruchtbringen“ und Vers 19: „Auserwählt aus der Welt“ und Eph. 1,4: „Auserwählt, daß wir heilig und tadellos vor Ihm seien in Liebe“ u. a. m. In dem Maße, wie die Kinder Gottes sich üben, sich als Berufene und Erwählte darzustellen im Sinne obiger Stellen, in dem Maße machen sie ihre Berufung und Erwählung fest.

In Frage 7 aber handelt es sich nicht um diesen Sinn der dem Wortlaut nach freilich gleichen Begriffe. Die Beziehungen sind dort andere als hier. Hier wie in den Briefen stets beziehen sich die Worte auf anerkannte Gläubige, während dort zwei verschiedene Menschenklassen gemeint sind, und zwar im Zusammenhange von Himmelreichsgleichnissen! Der ganze Zusammenhang, in dem an sich gleichlaufende Ausdrücke vorkommen, ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis der Ausdrücke und daher stets zu beachten!

Es sei hier auch einmal klar ausgesprochen, daß dieser Ausdruck „viele sind Berufene, aber wenige sind Auserwählte“ nur in diesen beiden Gleichnissen vom Reich der Himmel gesagt ist. Jesus selbst hat diesen Ausdruck nie in einem anderen Zusammenhang gesagt. Also haben auch wir kein Recht, dieses Wort anzuwenden, wo es uns passend zu sein scheint. Laßt uns heilig umgehen mit dem Worte Gottes!

Frage 9

Was begreift „üble Nachrede“ in sich? (1. Petr. 2,1.)

Antwort A

Bei der üblen Nachrede läuft es darauf hinaus, den Ruf des anderen zu untergraben. Beim Sprechen über Böses muß das Wohl dessen, der das Böse getan hat, vor unserem Herzen und Auge sein, wenn üble Nachrede vermieden werden soll. Als der Chloe Hausgenossen (1. Kor. 1,11) dem Paulus die bösen Dinge in Korinth berichteten, geschah es, um Heilung zu bewirken. Dies war keine üble Nachrede. Die Worte jemandes zu wiederholen und Sinn und Absicht verhehlen oder gar entstellen ist eine Schande und ist böse. Ziba verleumdete Mephiboseth, als er zu David sagte: „Siehe, er bleibt zu Jerusalem, denn er sprach: Heute wird mir das Haus Israel das Königtum meines Vaters wiedergegeben.“ (2. Sam. 16.) In demselben Kapitel finden wir in dem Fluchen Simeis ein Beispiel von Schmähungen ohne Wahrheit, während wir in Evang. Joh. 9,28 Wahrheit in der Schmähung finden.

Antwort B

Üble Nachrede begreift nicht bloß böses oder unwahres Sprechen in sich, es schließt auch das Sprechen der Wahrheit mit böser Absicht ein. Das, was wir sagen, mag Wahrheit sein, aber der Zweck mag teuflisch sein. Die einfache Tatsache, daß Gott uns warnt vor üblem Nachreden, sollte genügen, es als Böses zu meiden. Die Welt, in der wir leben, ist eine übelredende, lästernde Welt: Gott wird verlästert (1. Petr. 4,14). Der Weg der Wahrheit wird verlästert (2. Petr. 2,2). Würden, Gewalten werden verlästert (2. Petr. 2,10). Christen werden verlästert (1. Petr. 4,4). Unser Heilsgut wird verlästert (Röm. 14,16); man lästert, was man nicht kennt (2. Petr. 2,12). Laßt uns mit dieser übel redenden, lästernden Welt nichts gemein haben. Laßt uns uns vielmehr reinigen von den bösen Augen, dem bösen Argwohn, dem bösen Sprechen, den bösen Werken, dem bösen Herzen des Unglaubens!

Antwort C

Diese Schriftstelle warnt uns eindringlich vor der allgemeinen Gewohnheit des üblen Nachredens hinter dem Rücken anderer. Geschwätz, Ärgernis, Lieblosigkeit, Geringschätzung, Verachtung, Trennung usw. sind die traurigen Folgen.

Wenn wir ein Fehlen beim Bruder sehen, sollten wir nicht suchen, mit ihm in Gnade zu sprechen, und zwar allein? Wir sollten seine Sünde nicht vor die Öffentlichkeit bringen! Aber auch beim Einzelgespräch halte im Gedächtnis den Splitter und den Balken! (Matth. 7,3ff.)

Die Zunge ist ein kleines Glied, aber welche Macht hat sie! Tod und Leben sind in der Gewalt der Zunge (Spr. 18,21). Worte sind Samenkörner, welche Frucht zum Leben oder Tode tragen. Welche feierliche Warnungen spricht der Herr über den Gebrauch der Zunge aus! - Jede üble Nachrede ist ein Mißbrauch der Zunge. Wir mögen die Wahrheit sagen und doch die Zunge mißbrauchen, weil das, was wir sagen, nicht in Liebe und nicht zum Wohl und Nutzen des andern gesagt ist, sondern nur, um unsere Bosheit und Eitelkeit zu befriedigen oder um unsern Selbstinteressen zu dienen. Wenn wir mehr den Grund unseres Herzens durchforschten und im Lichte des Richterstuhles Christi ständen, wir würden sorgfältiger das Tor unserer Lippen bewahren.

A. „E. T.“ übs. v. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Übles Nachreden ist eines der mächtigsten Mittel in der Hand Satans, durch das er sowohl Kinder Gottes untereinander zu entzweien als auch blühende Versammlungen zu zerstören sucht. Und obwohl die Gläubigen so sehr leicht in diesen Fallstrick (vgl. Spr. 12,13!) geraten, so gehen manche doch so oberflächlich darüber hinweg, als hätte es nichts zu bedeuten, wenn man des Bruders Ruf schädigt. Ist es nicht fast so, als ob manche es ernstlich als ihre Aufgabe ansehen, traurige Dinge, die sie aus dem Leben irgendeines Kindes Gottes wissen oder zu wissen meinen, als eine wichtige Wahrheit oder als ein „offenes Geheimnis“ unter dem Volke Gottes zu verbreiten? Sie scheinen nicht zu bedenken, daß nur „die Liebe erbaut“. Es kann aber weder Liebe zum Herrn und Seinem Werk noch zu den Geschwistern sein, die den Gläubigen ins Herz gibt, also zu handeln! - Wir sollen doch ja heilig und treu umgehen mit dem Namen und Ruf unserer Brüder und Schwestern! Und dies bezieht sich nicht zum wenigsten auch auf schon verstorbene Kinder Gottes. Es ist ein trauriges Zeichen von dem inneren Zustand eines Gläubigen, wenn er es wagt, etwa im Geist des Hochmuts oder auch einer gewissen Sensationslüsternheit oder aus andern Gründen über einen vielleicht tiefen Fall eines nunmehr Heimgegangenen zu reden, besonders vor solchen, die bisher nichts davon wußten. Jener Heimgegangene ist nun in der Ewigkeit beim Herrn, der ihm sicherlich vor dem Tode seine Sünde aufdecken und vergeben konnte! Wer darf etwas anderes als nur Liebes berichten von dem, dem der Herr vergeben hat?! - Laßt uns vorsichtig sein im Gebrauch unserer Zunge (Jak. 3), vorzüglich, wenn es sich handelt um das Reden über andere! (Psalm 15,3; 101,5; Spr. 26,20.22; 12,18; 1. Petr. 3,10.11.)

Frage 10

Von welchem Zeitpunkt spricht die Schritt in Hebr. 1,5-6: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt?“

Antwort A

Im ersten Kapitel des Hebräerbriefes wird die Gottheit Christi sowie Seine göttliche Sendung vom Vater auf Grund des Alten Testaments bewiesen. Wir finden von Vers 1-3 sieben Tatsachen über die Person Christi: 1) Er ist Sohn; 2) Er ist Erbe aller Dinge; 3) Er ist Schöpfer aller Dinge: „durch Den Er auch die Welten gemacht hat“; 4) Er ist der Abglanz Seiner Herrlichkeit und der Abdruck Seines Wesens; 5) Er ist Träger aller Dinge durch die Macht Seines Wortes; 6) Er ist der Sündenreiniger. Von Ihm in dieser Eigenschaft wird erst dann gesprochen, nachdem uns die Herrlichkeit Seiner Person vor die Seele gestellt ist. Wir sehen, daß die Person das Erlösungswerk adelt; 7) Er ist a) der, welcher sich gesetzt hat, d. h. Sein Werk der Erlösung ist vollendet; b) zur Rechten der Majestät, d. h. Er hat den Ehrenplatz inne; c) in der Höhe. Er hat den höchsten Platz, den Gott zu vergeben hatte. Für den gläubigen Juden muß dies einfach der schlagendste Beweis Seiner Göttlichkeit sowie Seiner göttlichen Sendung gewesen sein. Denn in der Stiftshütte, und zwar im Allerheiligsten, thronte Gott zwischen den Cherubim über dem Versöhnungsdeckel in Herrlichkeit. Diesen Platz hat Jesus, der Sohn Gottes, in den Himmeln inne. Vgl. Hebr. 1,3; 1,13; 8,1; 10,12; 12,2.

Aber der Apostel zeigt nun an der Hand von sieben Zitaten aus dem Alten Testament, daß die sieben

Aber der Apostel zeigt nun an der Hand von sieben Zitaten aus dem Alten Testament, daß die sieben festgestellten Tatsachen von der Person Christi durch die Schrift begründet werden können; dies ist köstlich zu sehen; und was der Apostel tut, ist jeder auch jetzt noch verpflichtet zu tun: nämlich, alles auf Grund der Schrift zu bestätigen.

1. Vers 5 wird uns gesagt, daß Christus Sohn ist den Engeln gegenüber, welche nur Diener waren (vgl. Vers 7). Zu keinem der Engel hat Er je gesagt: „Du bist Mein Sohn“ usw. Das Wort „gezeugt“ deutet Seine Menschwerdung an, es hat nicht Bezug auf die Auferstehung, wie manche annehmen. Soviel ich weiß, bezieht sich dieses Wort nie auf die Auferstehung, und wo immer wir diese Schriftstelle aus dem 2. Psalm finden, wird sie in Verbindung mit dem Leben des Herrn auf dieser Erde gebraucht. Man vergl. sorgfältig Luk. 1,35; Hebr. 5,5 und Apostelg. 13,33.

2. „Ich will Ihm zum Vater, und Er soll Mir zum Sohne sein“ finden wir in 1. Chron. 17,13. Diese Stelle wurde ursprünglich auf Salomo bezogen; doch war deren Enderfüllung in Christo. Die Stelle zeigt uns das einzigartige, vollkommene göttliche Verhältnis des Vaters zum Sohne und des Sohnes zum Vater.

3. Vers 6: „Wenn Er den Erstgeborenen in den Erdkreis einführt usw.“. Diese Stelle ist dem 97. Psalm entnommen, der besonders von der Herrschaft des Herrn im Tausendjährigen Reich spricht, bezw. von dem Anbruch desselben und von dem damit verbundenen Gericht. Wir können wohl annehmen, daß dies besonders Bezug hat auf das Offenbarwerden des Herrn in Herrlichkeit (vgl. Matth. 16,27; Matth. 25,31; 1. Thess. 4,16 bis 2. Thess. 1,17) sowie auf Sein öffentliches Eingef ührtsein in den Erdkreis (vgl. Hebr. 2,5; Apostelg. 17,31). Daß die Engel Ihm immer gehuldigt haben und daß sie das noch tun, geht aus vielen Stellen hervor (vgl. Jes. 6,1-4 mit Joh. 12,41 sowie Luk. 2,13-14). Der Gläubige weiß dieses, und dem Herrn sei Dank für diese Gnade! Doch es kommt die Zeit, wo die Welt durch das Verhalten der mächtigsten Geschöpfe Gottes erkennen wird, daß Christus Schöpfer und Gott über alles ist, gepriesen in Ewigkeit.

K. O. St.

Antwort B

Der 2. Psalm wird im NeuenTestament oft auf den Messias bezogen (vgl. Apostelg. 4,25.28; 13,33; Hebr. 1,5; 5,5; Offbg. 2,27f.; 12,5; 19,15).

Was David galt, gilt Christus, in dem alles seine höchste Erfüllung findet.

In Hebr. 1,5-6 ist folgender Gedankenfortschritt: Vers 5a: Zeugung des Sohnes, nach Psalm 2,7. Vers 5b: Das Verhältnis des Sohnes zum Vater, nach 2. Sam. 7,14. Vers 6: Die Parusie oder Wiederkunft des Sohnes, nach mehreren Schriftstellen, z. B. Jes. 44,23; Psalm 97,7b; 5. Mose 32,43 (wo in einigen Handschriften der griechischen Übersetzung des Alten Testaments das Zitat sogar wörtlich steht) und Psalm 29,1.

Über den Zeitpunkt „heute“ kann man verschiedener Meinung sein. Die Frage ist, ob es sich handelt:

1) Um die wunderbare Geburt aus Maria (nach Luk. 1,35, wo einige Handschriften sogar wörtlich Ps. 2,7 zitieren), oder 2) um die Taufe Jesu (vgl. Luk. 3,22), oder aber 3) um die Auferstehung des Herrn.

Für die 1. Auffassung scheint das „wiederum“ in Vers 6 zu sprechen, indem dann der ersten Einführung (= dem ersten Kommen) die zweite Einführung (= das zweite noch zukünftige Kommen) entspräche (vgl. 10,5).

Für die 3. Auffassung spricht Röm. 1,4, wo die Auferstehung auch als eine Zeugung zum Leben verstanden wird, wobei der „Sohn“ diesen vorzüglicheren Namen vor den Engeln empfing (Hebr. 1,4); dann wäre das „heute“ der Zeitpunkt des Eintrittes des Sohnes in seine überirdische Herrlichkeit, worauf man Psalm 2 beziehen könnte, der auf den Zeitpunkt der Erniedrigung (durch Menschwerdung) nicht zu passen scheint.

Natürlich liegt in Hebr. 1,5 nicht der Nachdruck auf dem „heute“ , d. i. auf diesem Teil des Zitates aus Psalm 2, denn dem Apostel kam es in diesem Zusammenhange nicht darauf an, diese Wahrheit besonders zu betonen, sondern das „du bist mein Sohn“, wodurch der Sohn über die Engel erhoben wird, ist ihm der Hauptgedanke in Vers 5a.

J. W.

 

 

Antwort C

Diese Stelle weist auf die Fleischwerdung des Sohnes Gottes hin, auf den Zeitpunkt: „Einen Leib hast Du mir bereitet“ (Hebr. 10). Auch Apostelg. 13,32.33 bestätigt dies. Paulus verkündet dort, daß Gott die den Vätern gegebene Verheißung erfüllt hat: 1) indem Er Jesum erweckt hat und 2) Ihn aus den Toten auferweckt hat. Diese zwei großen Tatsachen stellt er vor ihr Auge. Die ersten verbindet er mit Psalm 2,7, „wie geschrieben steht: Du bist mein Sohn, heute habe ich Dich gezeuget.“ Die zweite hat Gott „also ausgesprochen: Ich werde euch die gewissen Gnaden Davids geben.“ Es darf das Wort „erweckt“ in Apostelg. 13,33 nicht mit „aus den Toten auferweckt“ verwechselt oder gleichgestellt werden. Es ist dasselbe Wort und derselbe Gedanke wie in Apostelg. 3,22: das „werden lassen“, „hervorrufen“. Es ist das Kommen des Sohnes in das Fleisch. Gott gab Seinen Sohn und bereitete Ihm den Leib. (Das Wort finden wir z. B. auch in Apostelg. 13,22, wobei jeder Gedanke an Auferweckung ausgeschlossen ist.) Köstlich ist es, zu sehen, daß Er der Sohn ist und der König Israels, sowohl als das Kindlein in der Krippe wie als der Auferstandene. Er ist eben in Seiner Person der Sohn von Ewigkeit, und welchen Stand Er auch einnehmen mag, Gott redet Ihn an als Seinen Sohn. Wie wunderbar tief ist das Wort! Als Jesaia (55,3) verkünden mußte, daß Gott Seinem Volke die unverbrüchlichen Gnaden Davids halten wollte, da stand der auferstandene Sohn vor Gottes Auge. Wer würde dies aus dem Worte verstanden haben, hätte nicht Gott es uns durch Paulus gesagt?!

Ich kann nicht unerwähnt lassen, wie unbedingt das Wort in diesen Schriftstellen als Gottes Wort anerkannt wird, im Gegensatz zu dem heute üblichen satanischen Antasten der Schrift. Es heißt nicht „David“ sagt, sondern „Er“, Gott sagt: Hebr. 1,5; Apg. 13,34.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Bei BeAntwortung der vorliegenden Frage kann eine Tatsache der Schrift nicht ernst genug betont werden, nämlich die, daß sie niemals redet von einer so genannten vorweltlichen Zeugung des

Sohnes. Der Sinn dieser den Sohn Gottes Seiner ewigen Würde entkleidenden traurigen Meinung ist der, daß irgendwann in der vorweltlichen Ewigkeit nur Gott dagewesen sei und daß Er an einem nur Ihm bekannten „Heute“ den Sohn aus Sich Selbst herausgezeugt hätte. Aber einerseits weist die Schrift unseres Erachtens ziemlich deutlich auf Jesu Kommen ins Fleisch als auf den Zeitpunkt des „Heute habe Ich Dich gezeugt“ hin; dafür scheint uns Luk. 1,35 genügend Beweis zu sein. Andrerseits ist, wie oben gesagt, in dem ganzen Worte Gottes nicht nur kein Hinweis auf eine vorweltliche Zeugung (ein ins-Leben-Rufen) des Sohnes aus Gott zu finden, sondern diese Anschauung widerspricht aufs Unzweideutigste Schriftstellen wie Joh. 1,1-2 und vor allem Joh. 1,18: „Niemand hat Gott jemals gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoße ist, der hat Ihn kundgemacht“ und Kol. 1,17: „Er ist vor allen.“ (Es heißt nicht: „Er war vor allen“, obgleich von Ihm in anderem Zusammenhang auch gesagt ist: „der da war“, Offbg. 1,8), und anderen mehr (vgl. Offbg. 1, 8.18; 1. Tim. 3,16; Hebr. 13,8 usw.). Hüten wir uns, dem Sohne auch nur in unseren mitunter unbedachtsamen Worten etwas von der Majestät zu nehmen, die Ihm gebührt! Hüten wir uns vor liberaler Theologie und Philosophie innerhalb des Volkes Gottes! Wir können nicht hoch und herrlich genug denken und reden von dem Sohn Gottes, unserm Herrn Jesus Christus, der würdig ist zu nehmen Preis und Ruhm und Anbetung in Ewigkeit.

Gruß an den Leser:

Da wir diesen Dienst haben, wie wir begnadigt worden sind, so ermatten wir nicht.“ 2. Kor. 4,1.

Wir bitten, die letzten beiden Umschlagseiten freundlichst zu beachten! - Hier und da haben wir die Antworten gekürzt, einerseits aus Platzmangel, andererseits, um Wiederholungen möglichst zu vermeiden. Wenn wir in Zukunft nicht jede Antwort Aufnehmen oder die Einsendungen kürzen, so hat das obige Gründe. Dessen ungeachtet fordern wir jeden Leser zur fleißigen Mitarbeit auf, zum Segen aller. Es ist ja auch niemals ein Verlust, wenn jemand an einem Gegenstand tüchtig gearbeitet hat. Auch wenn seine Antwort nur teilweise oder gar nicht sollte abgedruckt werden, so trägt seine treue Arbeit ihm doch stets einen Segen ein. - Dieses Doppelheft (Nr. 3/4) umfaßt 32 Seiten Text. Noch zweimal in diesem Jahre gedenken wir ein Doppelheft herauszugeben, damit der erste Jahrgang im Dezember abgeschlossen werden kann.

Der Herausgeber.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Können Kinder Gottes „mit Willen sündigen“? (Hebr. 10,26) und was ist „Sünde zum Tode“? (1. Joh 5,16.17.)

b) Wie decken sichfolgende Stellen: Joh. 5,22 „der Vater richtet niemand ...“ und Hebr. 13,4 „die Hurer usw. wird Gott richten“? Oder ist in letzterer Stelle das Wort „richten“ zu betonen?

c) Wie lange waren die Kinder Israel in Ägypten? Vergl. 2. Mose 12,40.41; 1. Mose 15,13; Gal. 3,16.17; 2. Mose 6,16-20 bezüglich der Zahlen.

d) Wie ist es zu verstehen, daß Paulus sagt „ob ich auf irgendeine ... Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten“ (Phil. 3,11), da er doch seiner Auferstehung gewiß war?

e) Wie weit erstreckt sich für's praktische Lebendas Wort Jak. 1,27: „Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen“? Sind damit im allgemeinen Menschen gemeint, die irdischer Stützen beraubt sind?

f) Röm 7,25: „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unsernHerrn. Also nun diene ich selbst mit dem Sinne Gottes Gesetz, mit dem Fleische aber der Sünde Gesetz.“ Wie ist dieser Doppeldienst zu verstehen?

g) Was ist der Sinn der Worte Jesu in Luk. 17,6: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn ...“?

h) Was ist zu verstehen unter Joh. 20,3: „Welchen irgend ihr die Sünden vergebt, denen sind sie vergeben usw.“?

i) Welchen Sinn haben die Worte Luk. 22,36: „ ... verkaufe sein Kleid und kaufe einSchwert“?

k) Was ist weissagenim vollen Sinne des Wortes (nach 1. Kor. 14,3.24.25)?

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

 

 

 

Frage 11

Warum soll es siebenfältig gerächt werden, wenn Kain erschlagen wird? (1. Mose 4,15.)

Antwort A

Gott will nicht, daß das Blut Abels durch den Tod Kains gerächt werden soll. Eine gegensätzliche Anordnung trifft Gott für die Welt nach der Flut. Da bestimmt Er: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“ (1. Mose 9,6). Gott will Gericht und Regierung mittelbar durch die Hand des Menschen ausüben. Aber nicht so in der Welt vor der Flut. Wir sehen, wie wichtig die Unterscheidung der verschiedenen Zeitalter, der verschiedenen Verwaltungsperioden Gottes ist. Petrus unterscheidet in seinem zweiten Briefe die damalige Welt (2. Petri 3,6), die jetzige Erde (V. 7) und die neue Erde (V. 13). In der damaligen Welt nimmt Gott die Ausführung des Gerichtes in Seine eigene Hand, und Er richtet schließlich die Gewalttätigkeit des Menschen mit der Sintflut. Auf der jetzigen Erde legte Er die Ausführung des Gerichtes in die Hand des Menschen. Nicht, daß es jedem überlassen wäre, das Schwert zu nehmen, sondern Er richtet und regiert durch die Obrigkeit in Vergeltung wie Kriegführung. Ein göttlicher Grundsatz, der noch für die „jetzige Erde“ gilt. Wir müssen lernen, das verschiedene Walten und Verhalten Gottes in den verschiedenen Zeit-Perioden zu unterscheiden. Es ist voll göttlicher Weisheit und Herrlichkeit. In der Welt vor der Flut will

Gott nicht „durch den Menschen“ das Gericht an Kain ausführen. Er allein will richten, und wer seine Hand wider Kain erheben würde, würde das Recht Gottes antasten, welches Er Sich vorbehalten; und es sollte siebenfältig gerächt werden. Und wie will Er richten? Langsam ist Gott zum Zorn und groß an Güte! Man möchte sagen, ein mildes Gericht trifft Kain - aber ein siebenfältiges (vollkommenes) Gericht soll den treffen, der dem Walten Gottes mit Kain entgegentritt. In diesem allen liegen tiefe und ernste Wahrheiten für uns. Die alte Welt läßt die Lichtstrahlen göttlichen Handelns auf die jetzige Erde fallen.

In den Persönlichkeiten der alten Welt und ihrer Geschichte liegt mehr als ein bloßer Bericht. Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben (Röm. 15,4). Auch in den Geschichten der Personen der alten Welt gibt Gott uns Belehrungen und Lichtblicke für die jetzige wie für die zukünftige Welt. Lernen wir nicht durch Paulus in Röm. 5,14, daß in Adam Gott schon Christus sah? Und wird in Hosea 6,7 nicht eine Vergleichslinie mit Adam und Israel gezogen? Dürfen wir über solche Vergleichslinien in den gewaltigen Gestalten der ersten Menschen, über die es Gott gefallen hat, uns zu berichten, nicht nachsinnen? Eva, Kain, Abel, Henoch, Noah, Abraham usw., alle werden im Neuen Testament wieder vor uns gestellt als Vorbilder, als Wegtypen usw. für unsere Tage. In Eva sehen wir sowohl das Licht des Lebens in Verbindung mit ihrem Samen als auch die Gemeinde. Die Röcke von Fellen für die Bedeckung weisen hin auf die Dahingabe des Lebens eines anderen zur Bedeckung des Sünders. Der HErr sagt, die Schrift sei es, die von Ihm zeuge (Joh. 5,39). Hier liegt der Schlüssel zum Verständnis der Schrift: Ihn darin zu finden. Überall finden wir Herrlichkeiten in Verbindung mit Ihm. Abel, der Gerechte, läßt uns Christus, den Gerechten, sehen, der Sich Selbst auf den Altar legt. Henoch - Christus als den mit Gott wandelnden Menschen, der Sein Wohlgefallen hat. Noah - Christus als den Prediger der Gerechtigkeit. Abraham - Christus als den Menschen außerhalb der Welt des Fleisches, in dem alle Vorsätze Gottes ihre Erfüllung finden. Isaak - Christus aus den Toten auferstanden. Jakob - Christus in Beziehung zu Israel. Joseph - Christus von Israel verworfen, aber unter den Nationen verherrlicht usw. usw.

Und Kain? Er war der Mörder des Gerechten. Der Mensch im Fleische. Ganz besonders aber steht Israel in Kains Geschichte vor uns. Stephanus nennt Apg. 7,52 Israel der Mörder des Gerechten. Ist Israel nicht gleich Kain ein Flüchtling, umherirrend und unstet bis auf den heutigen Tag? Hat Gott nicht auch das Zeichen der Unverletzbarkeit auf Israel gelegt? Und wird nicht ein siebenfältiges Gericht dem Manne oder der Nation folgen, die Israel antastet, um es zu vernichten?

Deshalb mag eine Antwort Auf diese Frage sein: Gott sah in Kain schon die Mörder „des Gerechten“ und Er handelte mit Kain nach Seiner Vorkenntnis, uns zur Belehrung.

Die Schrift berechtigt uns, mit dem Anfang spätere Ereignisse zu verbinden. Wenn Jesaja (46,9-11) auffordern muß, des Anfänglichen zu gedenken, so muß er sogleich hinzufügen, daß Gott von Anfang an das Ende verkündige. (Wir vermögen nur vom Ende aus den Anfang zu sehen.) Welche unvergleichliche Majestät tritt uns in dieser Stelle entgegen, wenn Er den Nachdenkern über das Anfängliche der Urzeit und über das „von alters her“ Sich als der offenbart, der das Ende darin verkündigt und das, was noch nicht geschehen ist. Wir empfangen damit zugleich einen Schlüssel für das Verständnis der Vorzeit.

Dies sind alles nur kleine Andeutungen. Viele andere Linien können wir in den Tagen der Vorzeit finden in Verbindung mit der Gemeinde sowie der jetzigen wie der zukünftigen Welt. Nur mit

Bewunderung und Anbetung können wir über das Tun Gottes nachsinnen. Dies zu tun war schon die Freude der Heiligen des Alten Bundes: „Ich gedenke der Tage der Vorzeit und überlege Dein Tun“ (Psalm 143,5). Wieviel mehr sollten wir darüber sinnen, die wir das Licht der Offenbarung Gottes im Sohn und den Heiligen Geist empfangen haben! „O, Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes. Wie unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar Seine Wege“ usw. (Röm. 11,33.36.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Dem Fragenden kam es offenbar zunächst darauf an, eine Erklärung des „es soll siebenfältig gerächt werden“ zu bekommen. Eine völlig befriedigende zu geben scheint uns recht schwer. Wir geben aber im folgenden einige Winke, die das Verständnis der Stelle erleichtern können. Die Zahl „Sieben“ ist die Zahl der Vollkommenheit in der Schrift. Belege dafür zu geben ist unnötig, jeder kann mit Hilfe der Konkordanz genügend Belege finden; wir weisen nur hin auf die Zahl der Feste Jehovas, der Geister und Gemeinden usw. in der Offenb. Joh. und auf das siebenmalige Umziehen der Mauern Jerichos, wie die siebenmalige Untertauchung des Naeman und auf „den Siebenten von Adam, Henoch“ (Jud. 14), der nicht starb (1. Mose 5,24). Übrigens lesen wir auch mehrfach von siebenfacher Strafe (vgl. 3. Mose 26,18.21.24). Nur Gott Selbst konnte diese Strafe ansetzen für den, der Kain erschlagen würde. Es war das erstemal seit der Austreibung der Menschen aus dem Paradiese, daß Strafe verhängt wurde, und sie mußte ebenso umfassend wie unvergeßlich ernst sein, wenn sie zeigen sollte, wie Gott über die Sünde des Mordes dachte. Daher, glauben wir, wurde eine siebenfache Rache Gottes angesagt. Dabei ist es aber ein wohltuender Gedanke, daß Gott Selbst das Strafmaß bestimmte sowie die Rache in Seine Hand nahm. Anders ist es bei Lamech (1. Mose 4,24). Hier sehen wir, wie der Mensch sich zu rächen trachtet und wie sehr damals die Entartung des Menschengeschlechts schon zugenommen hatte. Und nun noch ein Gegenstück! Matth. 18,21 fragt Petrus den HErrn, ob es genug sei, dem gegen ihn sündigenden Bruder siebenmal zu vergeben. Jesus aber sagt: „siebzigmal siebenmal“ (V. 22). Dies kann man gleichbedeutend achten mit „unendlich oft“. Aber es ist doch nicht unwichtig, zu sehen, wie diese Zahl entstanden ist: nämlich aus siebenmal zehn mal sieben. Die Zahl 10 wird von etlichen Forschern als die Zahl der menschlichen VerAntwortlichkeit gegenüber Gott gedeutet (man nehme dazu die Konkordanz zur Hand! Nur einige Stellen: Luk. 15,8; 19,13; Matth. 25,1; Luk. 17,12 und 17; Offb. 17,12; 1. Mose 42,3. Man beachte besondern die Vervielfältigungen von Zehn, so Zehntausend!). Dadurch wird uns diese Zahl der Bereitwilligkeit zur Vergebung ganz besonders ernst, aber auch köstlich. - Wir geben diese Zahlen nur als Winke für das Forschen, nicht um eine vollständige Erklärung der fraglichen Stellen abzugeben. Wir meinen nur, daß in der Schrift nichts Unwichtiges ist und daß auch in diesen Zahlen eine tiefe Bedeutung liegt, wenngleich es auch oft schwer ist, diese zu finden. Doch sollte niemals eine Spielerei aus dem Forschen nach der Bedeutung der Zahlen werden! Wenn uns aber daran gelegen ist, das Wesen und den Charakter Gottes wie des Menschen besser zu verstehen, so sollten wir auch den Zahlen Beachtung schenken, sie aber stets nur im Lichte der Schrift betrachten und zu deuten suchen!

Frage 12

Ist Elias in der Person des Johannes gekommen, oder kommt er noch? (Vergl. Matth. 11,14; 17,12 u. a. m.)

Antwort A

Auf Grund von Matth. 17,13 in Verbindung mit den drei vorhergehenden Versen können wir nur annehmen, daß Elias in der Person Johannes des Täufers bereits gekommen ist. Das sagt ja auch der HErr Selbst nach Matth. 11,14, die bedeutsamen Worte von Vers 15 hinzufügend: „Wer Ohren hat zu hören, der höre.“ Dem menschlichen Sinn freilich erscheint es verwunderlich, daß Johannes der Täufer der wiedergekommene Elias sein soll, aber geistliche Sachen wollen eben nicht menschlich, sondern geistlich beurteilt sein, „denn der natürliche Mensch faßt nicht, was des Geistes Gottes ist; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen“ (1. Kor. 2,14). Die Schrift legt sich selbst aus, und wollen wir sie recht verstehen, müssen wir sie selbst reden lassen. Wohl hätte Gott ebenso gut den Elias wieder in seiner ersten Gestalt senden können, aber daß er es nicht tat, darin liegt eine tiefe, weise Absicht Gottes, die Er beharrlich mit uns verfolgt und die allenthalben aus der Schrift erkennbar ist. Wir, die berufen sind, Ihn, der ein Geist ist, dereinst zu sehen, wie Er ist, sollen schon hier lernen, „nicht das anzuschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ewig“ (2. Kor. 4,18). Und 2. Kor. 5,16 sagt uns: „Daher kennen wir von nun an (seit Christi Auferstehung) niemanden nach dem Fleisch“ (selbst Christum nicht mehr, der doch im Fleisch für uns gelitten hat!). Joh. 6,63: „Der Geist ist's, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ Gott sieht auf das Ewige, das Geistliche der Dinge, nicht auf den Schein, deshalb lenkt er auch in uns stets den geistlichen Sinn auf das Geistliche. Auf Johannes'

Frage: „Bist Du der Kommende, oder sollen wir eines anderen warten?“ Antwortet Jesus nicht, wie es dem menschlichen Sinn am verständlichsten gewesen wäre: „Ja, Ich, den du mit eigenen Augen gesehen und im Jordan getauft hast, Ich bin der verheißene Messias“; nein, nicht auf die vergängliche Gestalt des Menschensohnes weist Er ihn hin, sondern auf die lebendige Kraft Seiner Heilandswirksamkeit, auf die in Ihm geschehene Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen (Matth. 11,4-6). Dem Blindgeborenen Antwortet der HErr auf die Frage, wer der Sohn Gottes sei: „Du hast Ihn gesehen (in Seiner wunderbaren Kraft, durch die er sehend wurde!), und der mit dir redet, der ist es" (Joh. 9,37). Der auferstandene Christus wird nicht in seiner äußeren Gestalt, sondern immer nur an bestimmten Merkmalen Seiner Wesenheit erkannt, so von Maria an Seinem liebenden Zuruf (Joh. 20,16), von den Zwölfen an den Wundmalen (20,20.27) und am See Tiberias an Seiner Wundertätigkeit (21,4-12), von den Jüngern zu Emmaus an Seiner Art, das Brot zu brechen und die Schrift auszulegen (Luk. 24,30-32). - Ist also, wie wir gesehen haben, für Gott das Geistliche das Wesentliche an einer Persönlichkeit, so haben wir auch den geistlichen Elias in Johannes zu suchen, und so ist es denn gewiß, daß Elias in dessen Person bereits wiedergekommen ist, denn Luk. 1,17 lesen wir: „Und derselbe (Johannes) wird vor Ihm hergehen in dem Geist und der Kraft des Elias, um (in dem nun folgenden drückt sich der Charakter des Wiederherstellers aus!) der Väter Herzen zu bekehren zu den Kindern und Ungehorsame zur Einsicht von Gerechten, um dem HErrn ein zugerüstetes Volk zu bereiten." Diese Stelle deckt sich zum Teil wörtlich mit dem, was Maleachi 4,6 von Elias' des Wiederherstellers Aufgabe gesagt ist.

M.Fr.

Antwort B

Johannes kam „im Geist und in der Kraft des Elias“ (Luk. 1,17). - Elias in Person wird kommen, „ehe der Tag Jehovas kommt, der große und furchtbare“ (Mal. 4,5). Johannes ging dem Kommen des HErrn in Niedrigkeit voran, Elias wird dem Kommen des HErrn in Herrlichkeit vorangehen - beide, um dem HErrn ein zugerichtetes Volk zu bereiten. Vgl. Luk. 1,16.17 mit Mal. 4,6.

In Matth. 14,10 lesen wir, daß Johannes enthauptet wird, und nachdem er getötet worden war, sagt der HErr in Matth. 17,11.12: „Elias wird wahrhaftig kommen und wird alle Dinge wieder herstellen.“ Dieses Kommen des Elias und die damit verbundene Wiederherstellung aller Dinge bezieht sich auf eine Zeit, die damals noch zukünftig war, als der HErr redete, und die heute noch zukünftig ist.

Vor dem Kommen des HErrn mußte ein Bote Seinen Weg bereiten. Es gibt zwei Kommen des HErrn. Johannes „im Geiste und in der Kraft des Elias“ ging vor Ihm her, als Er kam, zu leiden, Buße predigend und viele der Söhne Israels zu dem HErrn, ihrem Gott, bekehrend. „Und wenn ihr es annehmen wollt, er ist Elias, der kommen soll“ (Matth. 11,14). Elias in Person, der den Tod noch nicht gesehen hat, ist aufbewahrt, um dem zweiten Kommen des HErrn vom Himmel vorauszugehen, wenn Er kommen wird in Macht und großer Herrlichkeit (Luk. 21) Gericht zu üben und Seinen Thron in Gerechtigkeit aufzurichten. Elias kommt, wie vor alters, mit Zeichen und Wundern zu einer gottentfremdeten Welt, und es ist nicht schwierig, ihn in einem der zwei Zeugen in Offenbarung 11 zu erkennen (Vers 6 nicht übersehen!). Die Juden haben nach der Weissagung in Maleachi 4,5 schon immer die Rückkehr des Propheten Elias erwartet, und bei ihren Festen wird in jeder Familie ein Stuhl für ihn frei gelassen, damit er bei seinem Erscheinen ihn einnehme. Dieses wäre jedoch nicht maßgebend, wenn nicht der HErr nach dem Tode Johannes' gesagt hätte: „Elias zwar kommt zuerst und wird alle Dinge wieder herstellen.“ Wir haben in den Gesichten der Offenbarung zwei Zeugen, deren Auftrag und deren Zeichen an Elias erinnern. Diese sind zwei Propheten aus der Vergangenheit, die den Tod noch nicht geschmeckt haben, und Tod ist das Teil aller Menschen. „Elias kommt und wird alle Dinge wieder herstellen.“ Der Himmel muß den Herrn Jesus aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge (Apg. 3,21). So sind also die Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge die Zeiten, wann der Himmel sich noch einmal öffnen wird für die Rückkehr des Herrn Jesu. Elias wird Ihm vorangegangen sein, um Ihm den Weg zu bereiten nach Mal. 4,5.6.

Die Schöpfung unter dem Fluche seufzt und wartet bis auf jenen Tag (Röm. 8,14-21) und so auch Israel! Nicht nur Jesaja Kap. 24-26 und 60 beschäftigen sich viel und mit Wonne damit und beschreiben dies, sondern auch viele andere Stellen der Heiligen Schrift.

M. B.

Aus einer Korrespondenz mit Judenchristen im Jahre 1903.

Antwort C

Johannes der Täufer „kam im Geist und in der Kraft des Elias“ (Luk. 1,17), und er war der in Mal. 3,1 verheißene Bote und auch die erste teilweise Erfüllung von Mal. 4,5. Solche teilweise Erfüllungen, wo

durch den Unglauben der Menschen oder durch besondere Wege Gottes die volle Erfüllung aufgehalten wurde, finden wir auch bei anderen Prophezeiungen. Z. B. Petrus zeigt in Apg. 2,16, daß die Ausgießung des Heiligen Geistes das sei, was Joel zuvorgesagt habe, aber er sagt nicht, daß es die Erfüllung der Weissagung sei, diese wird zu einer späteren Zeit stattfinden. So auch mit der Maleachi-Weissagung betr. Elias.

Wenn Israel Jesus als König aufgenommen hätte, dann hätten sie auch Johannes aufgenommen, und dann war er der verheißene Elias. Aber die ungläubige Masse nahm das Zeugnis Johannes' nicht an, und so Antwortet er auf ihre Frage, ob er Elias sei: „ich bin's nicht“. Wie wir ein zweites Kommen des Messias für das Volk Israel haben, so auch ein zweites Kommen des Elias und auch die volle Erfüllung von Mal. 4,5.6.

Nicht, daß Elias persönlich kommen wird, sondern ein Vorläufer, der gleich Johannes im Geiste und in der Kraft Elias auftritt, denn Johannes war nicht Elias persönlich, aber wenn das Volk ihn angenommen hätte, so wäre in ihm die Weissagung erfüllt, sagt der HErr, und Elias gekommen (Matth. 17,12). Offenb. 11 zeigt uns den zukünftigen Tag der Erfüllung der Weissagung.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Kürzlich sagte ein Bruder, es täte doch gar nicht not, die Frage zu stellen, ob Johannes der Elias, der kommen solle (nach Mal. 4), sei, das sei doch ohne Frage durch Jesus Selbst bejaht, wenn Er sagt: „Und wenn ihr's annehmen wollt, er ist Elias“ (Matth. 11,14). Ohne Zweifel hatte jener Bruder recht, denn für den einfachen Bibelleser brauchte hierin keine Schwierigkeit zu liegen. Dennoch sind Schwierigkeiten vorhanden, sobald man die geistliche Rede des HErrn nicht versteht, denn Elias in Person war Johannes ja nicht. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die obige Stelle aus Matth. 11 an das jüdische Volk gerichtet ist; aber da war kein Verstehen noch Aufmerken. Dagegen stellt die Stelle Matth. 17,10-13 ein Gespräch der Jünger mit dem HErrn dar (kurz nach der wunderbaren Erscheinung des Elias bei der Verklärung Jesu), und die Jünger verstanden, von wem Jesus redete! Sie hatten eben hörende Ohren!

Und dann noch eins, was dieser Sache eine gewisse Schwierigkeit gibt. Warum nimmt Johannes selbst diese Benennung „Elias“, also die Anwendung von Mal. 4, nicht auf sich an, als die Juden ihn fragen: „Bist du Elias?“ (Joh. 1,21.) Hätte er es getan, so wären keine Schwierigkeiten vorhanden gewesen. Ja gewiß, aber was wäre die Folge gewesen bei den fleischlich gesinnten Juden, die den leiblichen Elias erwarteten? Ihre ganze Aufmerksamkeit wäre auf seine Person gelenkt worden, statt von ihm - „der Stimme eines Rufenden“ - hinweg auf den Inhalt seiner Predigt: „Tut Buße!“ Da er also nicht im Sinne der Juden der erwartete Elias war, so konnte er diese Ehrenbezeichnung ablehnen und nun um so mehr „in der Kraft des Elias vor dem HErrn hergehen“ (Luk. 1,17). Und so wird am Ende der Tage bei dem Kommen des HErrn in Herrlichkeit wiederum Elias vor Ihm hergehen. Doch der Dienst des Elias in der Zeit der Verwerfung des Menschensohnes ging zu Ende eben dadurch, daß Jesus verworfen wurde, was seine eigene Verwerfung in sich schloß (vgl. dazu Mark. 9,12.13, was über Jesus wie über Johannes geschrieben steht).

 

Frage 13

Was meint Paulus, wenn er sagt: „Mein Evangelium“ (z. B. Röm. 16,25)?

Antwort A

Wir finden diesen Ausdruck des Apostels Paulus dreimal in seinen Schriften: Röm. 2,16; 16,25 und 2. Tim. 2,8. Nur der Apostel Paulus, soviel ich weiß, gebraucht diesen Ausdruck. Auch nennt nur er sich nach Kol. 1,23-25: „Diener des Evangeliums und Diener der Gemeinde, um das Wort Gottes zu vollenden“, obwohl er nicht der letzte Schreiber war, denn viele Teile des Neuen Testamentes sind später als seine Briefe geschrieben, z. B. Judas und die Johannesbriefe und die Offenb. Joh. u. a. m.

Aber auch nur dieser Apostel litt nach Kol. 1,24 in einer Weise, wie die anderen Apostel wohl kaum gelitten haben; sie erfreuten sich einer gewissen Ruhe, obwohl sie um Jesu willen auch verfolgt wurden; aber Paulus wurde wie ein gehetztes Wild von Ort zu Ort gejagt, nirgends war er seines Lebens sicher; besonders war er der Gegenstand des Hasses der Juden, wie die Apostelgeschichte uns so klar zeigt. Warum dies alles? fragen wir.

1. Weil er wie kein anderer Apostel das klare Zeugnis gibt, daß alle Menschen ohne Unterschied (Röm. 3), ob Jude oder Heide, fromm oder gesunken, religiös oder gottlos, hoch oder niedrig, nahe oder fern (d. h. den Vorrechten des irdischen Volkes Israel), verlorene Sünder waren. D. h. er ignorierte durch sein Evangelium aufs gründlichste die Vorzüge des natürlichen Menschen vor Gott. Vielmehr predigte er, daß es nur allein darauf ankomme, wie man sich als Nachkomme des ersten Adam - für einen solchen Nachkommen Adams gibt es keine nationalen Vorrechte wie bei den Junden, sondern es wird erklärt, daß eben alle Menschen Sünder sind -, dem letzten Adam, dem zweiten Menschen aus dem Himmel, Jesus Christus, gegenüber verhalte. Diese Tatsache erregte besonders den Zorn der Juden (vgl. 1. Thess. 2,14-16), aber auch heute noch solcher Menschen unter uns, welche noch etwas auf ihren Stand, ihre Bildung, Weisheit und Frömmigkeit geben. Denn nach dem Evangelium des Paulus „kann sich vor Gott kein Fleisch rühmen“, d. h. nichts von dem, was soeben genannt ist an Gütern des ersten, des natürlichen Menschen. Sondern „wer sich rühme, der rühme sich des HErrn“ (1. Kor. 1,29-31). Nur der zweite Mensch, Christus, der HErr, hat einen Platz vor Gott; und wie kostbar ist es, dies zu wissen, daß wir nichts sind noch haben, daß wir von Natur arme Bankrotteure sind, aber in Christo alles sind und besitzen! Haben wir dies erkannt? Hast du dies erkannt, lieber Leser?

2. Der Apostel Paulus entfaltet die Ratschlüsse Gottes, die Er in Christo gefaßt hat vor Grundlegung der Welt. Darum konnte der Apostel Paulus schreiben, daß durch ihn das Wort Gottes vollendet worden sei (Kol. 1,25), obwohl er, wie wir schon vorher bemerkt haben, nicht der letzte Schreiber war. Dies bedeutet, daß es eine höhere Offenbarung, als sie uns Gott durch Paulus gegeben hat, nicht gibt. In anderen Worten: Gott hat Sein ganzes Herz gleichsam ausgeschüttet durch Jesum Christum, so daß wir alles in Ihm haben, und befestigt werden nicht durch das, was wir tun können, sondern nach dem, was Christus getan hat, und nach dem, was Er ist. Und dies alles nach den ewigen Ratschlüssen Gottes, in der Herrlichkeit Gottes.

3. Keiner spricht so klar wie Paulus in bezug auf die Nichtigkeit der Menschen, keiner so tief von den ewigen Ratschlüssen Gottes, aber auch keiner hatte gelernt, so zu leiden wie er (der Herr Jesus ausgenommen). Darum konnte er sagen wie keiner seiner Mitapostel: „Seid meine Nachahmer,

ausgenommen). Darum konnte er sagen wie keiner seiner Mitapostel: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi“ (vgl. genau 1. Kor. 11,1 und Kol. 1,24). Dies war sein Evangelium, seine besondere Botschaft, seine besondere Offenbarung. Vergessen wir nicht in diesen flachen, leidensscheuen Zeiten seine besonderen Leiden! Man hat mit Recht gesagt, er sei der Christo ähnlichste Mensch gewesen. Möchten wir solche werden, indem „wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauen und verwandelt werden nach Seinem Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist!“

K. O. St.

Antwort B

Römer 16,25 stellt Paulus den Unterschied oder Gegensatz zu den verschiedenen Evangelien, die in der Welt verkündigt wurden, dar, und darum auch das Wort „mein Evangelium“. Auch heute werden viele Arten von Evangelien verkündigt nach menschlicher Einrichtung und Betrug Satans. Das Evangelium des Paulus führte die Seele in die Gegenwart Gottes, heraus aus dieser Welt, gelöst von allen Vereinigungen, hin zu der Einheit des Leibes, zu dem Haupte. Es stellt den ganzen Ratschluß Gottes dar. Hier ist der Mensch ganz ausgeschlossen, und allein, was Gott in Seinem Sohn vollbracht hat, wird gepredigt. Sein Evangelium verkündigte eine neue Welt, wo Christus der Mittelpunkt ist. Paulus genoß die Kostbarkeit dieses Geheimnisses, und darum flehte oder wünschte er, daß Gott alle befestigen möchte. Sein Evangelium war für ihn Leben, nicht Amt, Erwerb, Ehre oder dergleichen. Bitten wir den HErrn, daß alle Prediger nach Röm. 16,25 lernen möchten, sein Evangelium zu erkennen, dann würde ihr Dienst Gott wohlgefällig, und das Leben Seiner Kinder anders geführt werden.

H. B.

Antwort C

Der große Apostel konnte mit Recht sagen: „mein Evangelium“. Seine Berufung war eine außergewöhnliche. Er Selbst, der verherrlichte Christus, erschien dem Paulus und gab ihm Seine Botschaft. Der HErr Selbst war der Auftraggeber, indem Er sagte: „Indem Ich dich herausnehme aus dem Volk und den Nationen, zu welchen Ich dich sende, ihre Augen aufzutun, auf daß sie sich bekehren usw.“ (Apg. 26,17.18.) Paulus war so erfüllt von der Aufgabe, die ihm geworden war, daß er sich nicht mit Fleisch und Blut besprach noch mit denen, die früher Apostel waren, sondern sich von allen absonderte und in die Stille ging (vgl. Gal. 1,16.17). Das Evangelium der Herrlichkeit war Paulus in ganz besonderer Weise anvertraut, und darum konnte er sagen „mein Evangelium“ und „mir, dem Allergeringsten, ist diese Gnade gegeben worden, unter den Nationen den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen“ (Eph. 3,8.9).

B. B.

Antwort D

Im Anfang des Briefes an die Römer teilt der Apostel Paulus mit, daß er ein berufener Apostel, abgesondert zum Evangelium Gottes, sei (1,1). Dieses Evangelium hatte der Apostel durch Offenbarung Jesu Christi empfangen (Gal. 1,12). Wenn er also sagt „mein Evangelium“, so gebraucht

Offenbarung Jesu Christi empfangen (Gal. 1,12). Wenn er also sagt „mein Evangelium“, so gebraucht er diese Bezeichnung wohl in dem Sinne, wie der Herr Jesus im Evang. Joh. 7,16 sagt: „Meine Lehre ist nicht Mein, sondern Dessen, der Mich gesandt hat.“

E. H.

Antwort E

Wenn Paulus von seinem Evangelium spricht, so denkt er zweifellos an das Evangelium in seiner Beziehung zu den Offenbarungen, die ihm gegeben waren, und das er als erster verkündigte. Jede gute Botschaft, die Gott verkündigen ließ, gründete sich auf Christus und Sein Werk, mag sie an Israel in der Wüste, an Israel in den Tagen des HErrn auf Erden oder an uns gerichtet sein.

Daß Unterscheidungen vorhanden sind, beweist schon das Wort, indem es vom Evangelium des Reiches, vom Evangelium der Herrlichkeit usw. spricht.

Obgleich nun die frohe Botschaft aller Zeiten ihren Grund in Christus hatte, so war dieselbe stets in Verbindung mit den Wegen, in denen Sich Gott in den verschiedenen Zeitperioden offenbarte. So öffnete das Evangelium nach der vollendeten Erlösung ein weit größeres Gebiet der Gnade Gottes als das, welches der HErr in den Tagen Seines Fleisches vor Seinem Tode verkündigte.

Das Evangelium, welche der HErr verkündigte, stand mit dem Reiche Gottes in Verbindung (Mark. 1,14). Er brachte Israel die frohe Botschaft, das Reich Gottes in der Person des Erben anzunehmen: Ein Evangelium, das Segnungen auf Erden in sich barg.

Weit umfassender war das Evangelium, das der HErr nach Seiner Auferstehung den Jüngern anvertraute (Mark. 16,15.16). Es umschloss die Errettung (Apg. 2,21.47 u. a.). Die Gläubigen, die das Evangelium annahmen, verwirklichten ihr Errettetsein aus dem ganzen Machtgebiet des Feindes derart, daß sie abgesondert von der Welt alles gemein hatten und ein Herz und eine Seele waren, obgleich die Einheit des Leibes Christi, „das Geheimnis“, noch nicht geoffenbart war.

Das von Paulus verkündigte Evangelium umfaßt nicht nur alles bisher Geoffenbarte, sondern erweitert sich zur Verkündigung der wunderbaren Verbindung der Gemeinde mit Christus in der Herrlichkeit. Es umfaßt den „ganzen Ratschluß“ Gottes (Apg. 20,27). Es ist das Evangelium der Herrlichkeit. Das Zentrum ist Christus, der Sohn Gottes. Eine neue Schöpfung - ein neuer Mensch - Christus!

Aus der Apostelgeschichte lernen wir, daß bei der Verkündigung des Evangeliums bis zum Tode Stephanus' Israel in dem Vordergrund stand. Gott handelte noch in Gnade mit Israel als Volk. Aber Israel verwarf die Stimme Gottes in den Propheten, die Stimme des Sohnes, indem sie Ihn töteten, und jetzt auch die Stimme des Heiligen Geistes in Stephanus (Apg. 7,52ff.). Gottes Gnade beruft nun Saulus und bestimmt ihn zum Zeugen auch dessen, was ihm noch geoffenbart werden soll (Apg. 26,16). Nun wurde die Zwischenwand der Umzäunung zwischen Israel und den Nationen abgebrochen (Eph. 2,11-22), und ihm wurde es gegeben, den „ganzen Ratschluß Gottes“ zu offenbaren, und sein Evangelium war mit der Weite dieser Offenbarungen in Übereinstimmung.

Nicht als ob Paulus ein anderes Evangelium verkündigte als die anderen Apostel, aber das, was teilweise schon in der Verkündigung Petri usw. enthalten war, wurde durch Paulus völlig offenbart. -

Der HErr hatte zu Seinen Jüngern gesagt, daß der Geist sie in „die ganze Wahrheit“ leiten würde, dies geschah in bezug auf das „Geheimnis“ durch die Lippen Pauli.

Zu welcher Zeit und in welcher Beziehung wir auch das Evangelium in der Schrift finden mögen, immer ist Christus der Inhalt desselben, aber die Segensbestimmungen sind verschieden, je nachdem es Gott gefiel, in den verschiedenen Verwaltungszeiten Seine Berufung und Seine Ratschlüsse zu offenbaren.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu den umfassenden Ausführungen über diesen Punkt möchten wir nur weniges hinzufügen: Nirgends gibt die Schrift dem Gedanken Raum, daß das Israel verkündete Evangelium ein anderes gewesen sei als das den Nationen gebrachte. Das geht aufs deutlichste schon daraus hervor, daß Paulus sich stets zuerst an die Juden wandte bei seiner Predigt und erst, wenn sie ihn abwiesen, ausschließlich zu den Nationen sprach. Und was sagte er diesen? Im Grunde genau das gleiche wie denen aus Israel. Recht deutlich geht dies hervor noch aus dem letzten Kapitel der Apostelgeschichte (vgl. Apg. 28,23 mit 28 und 31); aber die ganze Apostelgeschichte ist voll davon. Ferner ist zu betonen, daß das von Paulus verkündete Evangelium schon deshalb in seinen Grundzügen kein anderes sein konnte als das der übrigen Apostel, weil diese ihn sonst gar nicht anerkannt hätten (vgl. Gal. 1 und 2 und Apg. 15, besonders V. 9). Wäre es anders gewesen, wie hätte dann Paulus in Gal. 1 die verfluchen können, die ein anderes Evangelium predigten (Kap. 1,8), wenn die, welche ein anderes Evangelium verkündeten, die Säulenapostel gewesen wären, die lange vor Paulus göttlich legitimiert waren?!

Aber nicht genug kann hervorgehoben werden, daß die Evangeliumsverkündigung des Paulus, wenn auch auf derselben Grundlage auferbaut und denselben Mittelpunkt habend (Christus) wie die der anderen, umfassender und in ihren Beziehungen, Empfängern (Röm. 16,25.26), Tragweite (vgl. Röm. 2,16), Begleitumständen (z. B. Leiden für Christus, vgl. 2. Tim. 1,8-12 mit Kol. 1,24-29) ausgestalteter, mehr vertraut mit der Herrlichkeit des Christum war, als die bis dahin geübte Verkündigung der guten Botschaft. Man vgl. das Bild einer voll aufgeblühten Rose mit einer mehr oder weniger entfalteten Rosenknospe!

Frage 14

Was ist der Sinn der Stelle Matth. 16,19; was sind des Himmelreichs Schlüssel?

Antwort A

Petrus hatte das herrliche Bekenntnis (V. 16) abgelegt: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Der HErr bezeichnete dies Bekenntnis als eine Offenbarung des himmlischen Vaters und sprach dann zu Petrus: Du bist Petrus, d. h. Felsenmann -, so habe ich dich schon früher genannt, und du hast dich nun auch als solcher gezeigt, nämlich durch dein Bekenntnis; Mein Vater hat dir diese Tatsache (daß Ich der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes bin) gezeigt, und du hast dich im Glauben auf den Felsen dieser Tatsache gestellt. Wenn Jesus nun fortfährt: auf diesen

Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen usw., so will Er allerdings nicht sagen, daß die Person des Petrus die Grundlage Seiner Gemeinde bilden soll, denn im Grundtext heißt es nicht: „auf diesen Petrus“ (Felsenmann), sondern „auf diesen Felsen“ (petra) usw. Jedoch liegt in dem Wortspiel der Gedanke, daß Petrus und diejenigen, in deren Namen er sprach, die also auf demselben Felsengrunde des Bekenntnisses zu Christo standen, die Gründer der Gemeinde werden sollten. Das ist in der Tat geschehen; denn die Gemeinde ist aufgebaut (nach Eph. 2,20) auf die Grundlage der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. (Nirgends ist in der Schrift gesagt, daß die Gemeinde auf Petrus aufgebaut sei.)

Nun fährt der HErr fort: Und Ich werde dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben usw. Zuerst die Frage: Ist „das Reich der Himmel“ und „die Gemeinde“ ein und dieselbe Sache? Keineswegs! Die Gemeinde ist die durch die Predigt des Evangeliums aus der Welt herausgerufene Schar derer, die an Jesum Christum glauben; sie trägt himmlischen Charakter (Eph. 1,3; 2,6; 3,10; Phil. 3,20; Kol. 3,1-3), dagegen „das Reich der Himmel“ ist die Erfüllung der Weissagungen der Propheten des Alten Bundes, nämlich die Aufrichtung des Messianischen Königreichs oder des Reiches Gottes auf Erden. Der Mittelpunkt desselben ist Israel; es trägt irdischen Charakter, denn auf dieser Erde soll die Herrlichkeit Gottes offenbar werden, es heißt aber „Reich der Himmel“, weil es vom Himmel aus regiert wird. Jesus ist der König des Reiches der Himmel. Hätte Israel ihn als seinen König anerkannt, so hätte Seine Herrschaft auf der Erde beginnen können; Er wurde aber verworfen und verließ die Erde wieder für eine gewisse Zeit (Luk. 19,11ff.; Matth. 25,14ff.). Während dieser Zeit sollen Seine Knechte das Reich verwalten. Dem Petrus insbesondere übergibt der HErr die Schlüssel des Himmelreichs, d. h. die Aufgabe, zunächst den Juden (Apg. 2) und später den Gläubigen aus den Nationen die Türen des Reiches zu öffnen (Apg. 10). Die Vollmacht, zu binden und zu lösen, wird nach Kap. 18,18 auch den anderen Jüngern übertragen (vgl. Joh. 20,23) und besteht wohl darin, daß sie die Gewissen der Bußfertigen durch die Botschaft der Gnade entlasten, dagegen den Unbußfertigen den Zorn Gottes ankündigen sollten. Sie sind die Gesandten des Königs (Joh. 20,21), Seine Autorität steht hinter ihnen, ihre Maßregeln, die sich auf die Erde beziehen, werden im Himmel bestätigt.

Chr. K.

Antwort B

Matth. 16,19 spricht davon, daß der HErr dem Petrus die Schlüssel des Reiches der Himmel geben würde. Wir verstehen darunter nicht die Schlüssel der Gemeinde - davon hören wir nichts -, sondern die Schlüssel des Reiches. Mit Schlüsseln kann man aufschließen, was verschlossen war, vorausgesetzt, daß es die richtigen Schlüssel sind. Wir finden darum, daß der Apostel Petrus in Apg. 2 den Juden die Türen des Reichs öffnet durch die bekannte sogenannte Pfingstpredigt, wodurch 3000 Seelen errettet wurden. Ferner finden wir in Apg. 10, daß derselbe Apostel den Heiden die Tür des Reiches der Himmel öffnet. Darum hören wir von Schlüsseln (Mehrzahl). Apg. 15,7-11 sehen wir, daß der Apostel Petrus auf das Öffnen der Türen Bezug nimmt, daß dieselbe Gnade mächtig ist für Heiden (es ist sehr wichtig, daß er die Heiden zuerst nennt!) und Juden zur Errettung ihrer Seele.

Möchten auch wir treu erfunden werden in dem, was der HErr in Seiner Gnade uns zu tun anvertraut hat!

K. O. St.

Antwort C

Niemand denke, daß Petrus die Schlüssel zum Himmel habe; damit hat Petrus so wenig zu tun wie du und ich. Es sind die Schlüssel zum Königreich der Himmel. Das Reich gehört der Erde an, wogegen die Gemeinde dem Himmel angehört. Das Reich der Himmel steht mit der Verwaltung der Dinge des HErrn hier auf der Erde in Verbindung, während der Zeit, wo Er, der König des Reiches, verworfen, im Himmel ist.

Auf den meisten Bildern sieht man Petrus mit den Schlüsseln am Gürtel inmitten einer Herde Schafe. Aber Schafe werden nicht mit Schlüsseln gefüttert, noch wird mit Schlüsseln ein Bau aufgerichtet! Schlüssel gebraucht man, um Türen zu öffnen. Der HErr ging gen Himmel, aber Er hatte hier noch ein Werk durch Petrus auszuführen in bezug auf das Reich, von dem Er verkündigte, daß es „nahe herbeigekommen sei“. Ich glaube, Petrus brauchte einen der Schlüssel, als er den Juden predigte in Apg. 2, und den anderen Schlüssel, als er nach Cäsarea in das Haus des Kornelius ging (Apg. 10). Das Schlüsselwort zum Eingang in das Reich war für die Juden „Buße“ und für die Heiden „Glaube“ (Apg. 2 und Apg. 10).

Auch in den Schlußworten des Verses handelt es sich nicht um den Eingang in den Himmel, sondern Petrus empfängt einen besonderen Platz in der Verwaltung auf Erden, um in der Gemeinde Christi zu handeln, wie es später dem ganzen gläubigen Kreise gesagt wurde (Joh. 20,23). - Wenn wir in den Kreis der Jünger eintreten, müssen wir sorgfältig wandeln, oder wir bringen uns unter die feierliche Ausübung der Autorität, die auch der Gemeinde gegeben ist, die Sünde auf uns zu binden, indem wir hinausgetan werden aus der Mitte der Gemeinde.

Dr. W., „S. P.“, übersetzt von v. d. K.

Antwort D

Wenn wir den Sinn der Schlüssel des Reiches der Himmel verstehen wollen, müssen wir zuerst wissen, was das Reich der Himmel ist.

Das Reich der Himmel bezeichnet die Periode, in welcher der König verworfen, entthront, abwesend

und ein anderer Fürst in Seinem Reiche ist. Der verworfene König hat Sich gesetzt zur Rechten der Majestät in den Himmeln, wartend, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. - Während dieser Zeit besteht das Reich im Geheimnis. In Kraft wird es offenbar werden, wenn Er, der König, kommt. Dann wird Satan gebunden 1000 Jahre, und alle Nationen werden Ihm dienen (Ps. 72,11).

Der Ausdruck „Reich der Himmel“ erscheint uns fremd, war es aber weniger für einen Juden, der mit der Entfaltung der Macht vom Himmel aus vertraut war. Das Reich der Himmel zeigt, daß, trotz der Verwerfung, die Erde und ihre Bewohner es mit Ihm, dem König, zu tun haben.

Die gegenwärtige, verborgene Geheimnisgestalt des Reiches der Himmel zeichnet der HErr uns in vielen Gleichnissen, z. B. Matth. 13. Das sind nicht Bilder von der zukünftigen Herrlichkeitsgestalt des Reiches, sondern von dem Reiche in der gegenwärtigen Zeit der Abwesenheit des Königs.

Reiches, sondern von dem Reiche in der gegenwärtigen Zeit der Abwesenheit des Königs.

Als der HErr von Israel verworfen war (Matth. 12), begann Er von dem Reiche als Geheimnis zu reden (Matth. 13), und danach zeigt Er an (Matth. 16), daß Er an einem späteren Tage Petrus die Schlüssel des Reiches der Himmel geben werde. Petrus sollte das Reich öffnen. Er tat dies am Pfingsttage, wie die Anwendung von Ps. 132,11 in Apg. 2,30.31 zeigt. Das Reich wurde geöffnet, und durch Buße und Glauben konnten Menschen eingehen in das Reich der errettenden Macht des im Himmel thronenden HErrn.

Unsere Stelle wird oft verdunkelt, indem man an materielle (wirkliche) Schlüssel denkt. Der HErr kennzeichnet mit dem Worte „Schlüssel“ nur den persönlichen Dienst, mit dem Er Petrus bei der Öffnung des Reiches der Himmel betrauen wollte. Es war eine persönliche Aufgabe in Verbindung mit der Einführung des Reiches der Himmel - nicht mit dem Himmel, noch mit der Gemeinde, noch mit dem 1000jährigen Reiche. Niemals dürfen wir dem Gedanken Raum geben, als ob das persönliche Anvertrauen der Schlüssel sowie das Binden und Lösen etwa auf die ewigen und himmlischen Dinge Bezug habe, z. B. das Hinzufügen zur Gemeinde geschah nicht durch Petrus, sondern durch den HErrn (Apg. 2,47). Die Aufgaben in dieser Stelle, mit denen der HErr Petrus betrauen wollte, standen mit dem Reiche der Himmel in Verbindung und bezogen sich auf das Diesseits. Was er in apostolischer Autorität auf Erden binde, solle (für die Erde) die Bestätigung im Himmel finden (ein Beispiel ist Ananias und Saphira, Apg. 5), aber es war begrenzt, es ging nicht über „auf Erden“ hinaus. Dasselbe wird später (Matth. 18,18) der Gemeinde gesagt, doch ist die Verbindung eine andere. Hier ist alles für Petrus persönlich und in Beziehung zum Reiche der Himmel.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie schon aus den vorherigen Antworten hervorgeht, ist der Anspruch, den die katholische Kirche erhebt, als sei auf Petrus die christliche Kirche aufgebaut und als sei er der erste Papst derselben, dem dann nach Gottes Willen die ferneren Päpste gefolgt seien, grundfalsch. Darüber hier kein Wort weiter! - Die Gemeinde ist ein göttliches Bauwerk, Petrus war ein Stein in ihr. Die Offenbarung des Vaters, die Petrus ausspricht in seinem Bekenntnis, ist der Grund, auf dem die Gemeinde erbaut wird, und zwar durch Christus Selbst. Christus der Grund und zugleich der Baumeister! Dem, was der Vater dem Petrus in Seiner Gnade geoffenbart hat, fügt der Sohn („auch Ich“) ein anerkennendes, ja, befestigendes Wort hinzu, indem Er dem vom Vater so ausgezeichneten Jünger einen seinen künftigen Charakter ausdrückenden Namen gibt. - Der zweite Teil der Frage betrifft eine durchaus neue Sache. Vermischt man die Begriffe „Gemeinde“ und „Reich der Himmel“, so ist man dessen schuldig, daß man „das Wort der Wahrheit nicht recht teilt“ (2. Tim. 2,15). Gleichwohl besteht ein gewisser innerer Zusammenhang zwischen beiden Gegenständen, der aber hier nicht berührt zu werden braucht. Die Schrift spricht noch mehrfach von Schlüsseln; man vgl. Jes. 22,22; Offenb. 3,7 und Offenb. 1,18; doch sind diese Stellen hier wohl kaum in Betracht zu ziehen.

Dem Petrus - das sagt unsere Stelle hier - war in besonderer Weise das Evangelium des Reiches und ein besonderer Dienst in Bezug auf dasselbe anvertraut, und dazu waren ihm von Dem, der die alleinige Macht und Autorität hatte, diese Schlüssel des Reiches der Himmel gegeben zur Verwaltung. Denen aus den Juden wie denen aus den Nationen öffnete er den Weg ins Reich durch seine Predigt,

und beiden erschloß er als treuer, sich seiner VerAntwortlichkeit wie göttlicher Legitimation bewußter Verwalter die Ordnungen des Reiches Gottes auf Erden.

Frage 15

Wie konnte der Herr den ungerechten Haushalter loben, und wie kann man in die ewigen Hütten aufgenommen werden durch den Mammon? (Luk. 16,1-12.)

Antwort A

Die einfache Lehre des Gleichnisses von dem ungerechten Haushalter bietet durchaus keine Schwierigkeit. Sie ermahnt uns, die Gegenwart zu benutzen im Blick auf die Zukunft; jetzt zu handeln im Lichte der Ewigkeit. Aber die wirkliche Schwierigkeit liegt darin, zu erkennen, wie das Verhalten des Haushalters bei seiner Entlassung das Lob seines Herrn hat bekommen können. Der Plan, den er verfolgte, scheint bei oberflächlicher Betrachtung richtiger Betrug gewesen zu sein, gegen den die Pächter seines Herrn hätten Einspruch erheben sollen, wenn sie ehrliche Leute gewesen wären. Wie konnte also dieser unehrliche Plan die Billigung jenes Herrn erhalten? Unsere Verlegenheit entsteht wahrscheinlich daraus, daß wir die genauen Beziehungen nicht verstehen, die zwischen dem Besitzer des Guts und seinem Haushalter sowie den Schuldnern bestanden, deren gesetzliche Verpflichtungen er so großmütig, aber ungerecht verminderte. Ich sage „ungerecht“, denn so scheint es uns. Aber man sollte sich daran erinnern, daß es für den Eigentümer einer großen Besitzung, der nicht geneigt war, sich mit deren Verwaltung selbst zu belasten, eine gewöhnliche Sache war, diese Verwaltung den Händen eines Agenten oder Verwalters zu überlassen, der sie nach seinem eigenen Ermessen betrieb. Alles, was dieser zu tun hatte, war, daß er dem Eigentümer alljährlich eine festgesetzte runde Summe ablieferte, und solange er dies tat, pflegte der Herr sich nicht um Einzelheiten zu kümmern. Der Haushalter bekam kein Gehalt, sondern es wurde angenommen, daß er das Grundstück so verwaltete, daß es mehr als das veranschlagte Einkommen einbrachte; und was über das von dem Eigentümer für sich Festgesetzte hinaus einkam, gehörte dem Verwalter. Derselbe Grundsatz galt für die Zolleintreibung. War nun der Verwalter ein Erpresser, so ist leicht einzusehen, daß er den Pächtern harte Bedingungen aufzwang, die zur übermäßigen Ausnutzung und schließlichen Schädigung des Gutes führten, obwohl es vorläufig noch dem Eigentümer das gleiche Einkommen abwarf. Aber die Kunde von dem bedrückenden Verhalten des Haushalters kam seinem Herrn zu Ohren, und es ward ihm gekündigt. „Was soll ich tun?“ sagt er zu sich selbst. Er geht zu den Pächtern, von denen er zu seiner eigenen Bereicherung übermäßige Pacht verlangt hatte und vermindert diese auf ihr gerechtes Maß. Darunter litt das Einkommen seines Herrn nicht im mindesten, im Gegenteil: das Grundstück wurde wiederum im Werte gehoben. Durch solche Mittel durfte der Haushalter hoffen, die Gunst seines Herrn wiederzugewinnen und sich bei den Pächtern beliebt zu machen für den Fall, daß er seine Verwalterschaft niederlegen mußte. Dieses kluge und gerechte Verfahren lobte sein Herr.

Wenn es richtig ist, das Gleichnis in diesem Lichte zu betrachten, so verursacht die Billigung des Verfahrens seines Haushalters seitens des Besitzers keine Überraschung; sie war recht und natürlich.

A. „S. T.“, übersetzt von Prof. H.

 

Antwort B

a) „Der Herr“ hier ist gar nicht Jesus (kyrios), sondern der Herr des ungerechten Haushalters, wie die französische Übersetzung „le maître“ und nicht „le Seigneur“ hat, und wie auch klar aus V. 9 zu sehen ist: „Und auch Ich sage euch!“ - Hier haben wir also zwei Kinder dieser Welt, von denen der eine dem anderen lobend zuruft: Du bist aber schlau! - und erst V. 9 spricht Jesus Seine Ansicht aus.

b) Ungerecht ist ja der Mammon. Es gibt nicht ein Stück Geld, an dem nicht Unreines klebt, und wenn auch noch so verdeckte Ungerechtigkeit; weshalb Jesus nie Geld in die Hand genommen zu haben scheint (vgl. Seinen Auftrag an Petrus, Matth. 17,27, und „weiset Mir die Zinsmünze!“). Der macht sich Freunde für den Himmel mit dem ungerechten Mammon, der mit seinem Geld Kinder Gottes, Missionare, Prediger usw. unterstützt. Er ist derjenige, der nur ein Pfund empfangen hat und es den Wechslern hätte geben sollen, statt es zu vergraben. Die Wechsler sind diejenigen, die es verstehen, mit diesem Geld Gottes Werk zu treiben.

c) Die richtige Übersetzung des Folgenden ist (siehe Elberf. Übersetzung): „Auf daß, wenn er (der Mammon) zu Ende geht (d. h. euch im Tode verläßt), ihr aufgenommen werdet in die ewigen Hütten.“

Prof. B....x.

Antwort C

Der Herr lobte den ungerechten Haushalter, weil er klug gehandelt hatte. Der Zusatz: „Denn die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts gegen ihr Geschlecht“ ist besonders zu beachten. Der HErr sagt dies Gleichnis zu Seinen Jüngern, den Söhnen des Lichts. Der Verwalter und sein Herr stellen wohl die Kinder der Welt dar. Der Verwalter machte sich die Kinder der Welt zu Freunden; er tat es im Blick auf die Zukunft.

So soll auch der Jünger Jesu sich mit den ihm für jetzt gelassenen Weltgütern Freunde machen, er soll den gegenwärtigen Vorteil dem zukünftigen opfern. Das nachfolgende Gleichnis vom reichen Mann und armen Lazarus öffnet uns das Verständnis hierfür. Der reiche Mann hatte nichts für den ewigen Zustand, wo die Güter dieser Welt völlig wertlos sind. In dieser Zeit hatte er das Gute genossen, hatte aber den Armen verachtet (vgl. Jak. 2,6; 5,1-6). In den ewigen Hütten ist der Mammon ausgeschlossen; er kommt hier in der Zeit zu Ende. Es ist auch nicht gesagt, daß man durch den Mammon aufgenommen wird, sondern man soll aufgenommen werden, wenn er zu Ende geht. Möge der HErr den Seinen Gnade schenken, die ihnen noch gelassenen Reichtümer dieser Welt im Interesse der Besitzlosen unter den Kindern Gottes zu verwenden, denn es wird vergolten werden in der Auferstehung! (Luk. 14,13.14.)

A. B.

Antwort D

Um verstehen zu können, wie der Herr des ungerechten Verwalters diesen loben konnte, ist es notwendig, zu erkennen erstens, was unser HErr in dem Tun des ungerechten Verwalters uns lehren will, und zweitens, wen der Herr des ungerechten Verwalters darstellt.

Das Tun des ungerechten Verwalters in V. 6 u. 7 erscheint uns ungerecht und daher nicht lobenswert.

Aber es kommt hier nicht auf die Rechtsfrage an, sondern darauf, daß der ungerechte Verwalter für die Zeit nach seiner früher oder später bestimmt eintretenden Enthebung von der Verwaltung für sein Wohl besorgt war, und daß er während der bis dahin noch übrigen Zeit den Schuldnern seines Herrn - also Armen, Hilfsbedürftigen - mit dem seiner Verwaltung anvertrauten Gut seines Herrn wohltat. Das ist der Mensch, der erst mit dem ihm anvertrauten Irdischen untreu war und sich selbst lebte (V. 1), dann aber, nachdem er durch Gnade zur Erkenntnis der Vergänglichkeit dieses Lebens und seiner VerAntwortlichkeit Gott gegenüber gekommen ist (V. 2 und 3) und „ein weises Herz erlangt“ hat (Psalm 90,12), für sein ewiges Wohl besorgt ist (V. 3 und 4) und, nicht mehr sich selbst lebend, das ihm anvertraute irdische Gut dazu verwendet, armen, hilfsbedürftigen Mitmenschen wohlzutun (V. 5-7). So handelt er „klug“ (V. 8).

Der Herr des Verwalters aber ist Gott, dem der Mensch einmal „Rechnung von seiner Verwaltung ablegen“ muß (V. 2) und dem es wohlgefällt, wenn der Mensch „klug handelt“, indem er für sein ewiges Wohl Sorge trägt und das Irdische zum Wohltun verwendet. Das entspricht Seinen Gedanken und Seinem liebenden Herzen. „Des Wohltuns aber und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen (Hebr. 13,16)“.

Hieraus sehen wir, wieso das, was der ungerechte Verwalter tat, seinem Herrn wohlgefiel und dieser ihn loben konnte. Zugleich aber beAntwortet sich aus Vorstehendem in Verbindung mit den Versen 9-13 auch die weitere Frage, wie man in die ewigen Hütten aufgenommen werden kann durch den Mammon. Das Aufnehmen geschieht zwar nicht darum, weil wir den Mammon aufgeben und mit demselben Gutes tun - also, wie wir wissen, nicht auf Grund unserer Werke. Jedoch durch das Aufgeben des Mammons und Gutestun mit demselben beweisen wir, daß wir das besitzen, auf Grund dessen wir aufgenommen wenden: den Glauben in Übereinstimmung mit Jakobus 2,14-26, wo gesagt ist, daß der Glaube ohne die Werke tot ist und daher die Werke als Beweis des lebendigen Glaubens vorhanden sein müssen. Möchten wir durch Gnade persönlich auch „im Geringsten treu“ sein zur Verherrlichung unseres HErrn!

Th. K.

Antwort E

Der HErr richtet dies Gleichnis an Seine Jünger, nicht an die Welt. Er will zeigen, daß wir die uns anvertrauten Güter im Lichte der Ewigkeit gebrauchen sollen, damit, wenn wir unserer Verwaltung enthoben werden, uns Freunde und Schätze dort erwarten.

Der Herr, der den Verwalter lobt, ist der „gewisse reiche Mann“ (V. 1.3 und 5, nicht der Herr Jesus). Im Unterschied zu diesem sagt der HErr V. 9: „Und Ich sage euch.“

Wie der Verwalter dort, so sind auch wir Verwalter der Güter unseres HErrn, und auch unsere Verwaltungszeit geht zu Ende. Das Leben, der Leib, die Gesundheit, Besitz, Gaben und Fähigkeiten sind Güter, die der HErr in unsere Hand gelegt hat. Wie gebrauche ich sie für die Ewigkeit? Sie sind nicht unser Besitz, aber Gott erlaubt uns, sie zu benutzen, uns Freunde damit zu machen, die uns dort einmal begrüßen werden.

Sicherlich können wir uns damit keine Aufnahme in den Himmel verdienen. Da gilt nur Gnade. Aber benutzen wir das uns Anvertraute, uns Freunde und unvergängliche Schätze in den Himmeln zu

sammeln? (Luk. 12,33.) Paulus erwartete, Freunde dort zu finden. „Ihr seid unser Ruhm an dem Tage des Herrn Jesu“ (2. Kor. 1,14 und 1. Thess. 2,19.20). Wir kennen uns dort wieder, und der Apostel freute sich im voraus auf das Wiedersehen derer, die durch die treue Verwaltung des ihm anvertrauten Gutes gesegnet waren. Laßt uns mit den Gütern unseres HErrn, sei es Besitz oder Gaben und Fähigkeiten, nicht treulos handeln oder gar sie zur eigenen Verherrlichung benutzen!

Noch ein mir bekannter Fall aus dem Leben, der auch auf dies Gleichnis Bezug haben dürfte: Da ist ein Kind Gottes in sehr bescheidenen Verhältnissen. In Treue verwaltet es den anvertrauten Besitz für die Arbeit im Werke des HErrn. Da es alleinsteht in der Welt, sind ungläubige entfernte Verwandte die Erben. Es weiß, mit dem Tage des Abscheidens legt es das Anvertraute, worüber Gott ihm Verfügungsrechte gegeben, in die Hände der Welt zum Dienst der Eitelkeit und Sünde. Darum beschließt es, den Verwandten zu geben, was den Verwandten geziemt, und Gott, was Gottes ist.

Gehören solche Entscheidungen nicht auch zur treuen Verwaltung? Unser Leben hier unten ist mit dem Tode nicht ausgelöscht, wir finden es vor dem Richterstuhl Christi wieder. Was wirdann wünschen werden, getan zu haben, das laßt uns jetzt tun!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Schwierigkeiten, die die meisten Schriftforscher in diesem Gleichnis sehen, haben ihren Grund nur darin, daß einige springende Punkte des Gleichnisses nicht beachtet werden, und zwar folgende zum Teil schon berührte: a) daß nur der Herr jenes „Haushalters der Ungerechtigkeit“ ihn lobt; b) daß Jesus nur jenes Verwalters Verhalten zum Vergleich heranzieht, nicht etwa es lobt; und vor allem c) daß Jesus in uns „Kinder des Lichts“ sieht; das sind begnadigte Menschen! (Man beachte, daß Kap. 15, das Kapitel der freien Gnade Gottes, vorangeht, so daß Kap. 16 zeigt, wie ein Begnadigter wandeln soll hinsichtlich der vergänglichen Welt.) Wenn wir das Letztere in Betracht ziehen, so wird es von vornherein unmöglich, in 'V. 9 ein Seligwerden auf Grund guter Werke zu vermuten. Jesus vergleicht das Verfahren des Haushalters der Ungerechtigkeit mit dem der Kinder des Lichts (Kinder Gottes) und zieht aus jenem Folgerungen für dieses. Der Verwalter sorgte mit großer Umsicht für seine Zukunft, indem er mit vorzüglicher Menschenkenntnis sich die Schuldner seines Herrn zu Freunden machte. So sollten die Kinder des Lichts bezüglich ihres eigenen Geschlechts (der Kinder des Lichts) auch einsichtig, verständig verfahren mit der Verwaltung des Mammons im Blick auf die Zukunft. Selbstverständlich spricht der HErr nicht davon, daß die Freunde, die wir uns durch die rechte Verwaltung des „Fremden“ zugunsten unseres Geschlechts machen, imstande wären, uns in den Himmel aufzunehmen, wenn Gott uns nicht hineinlassen wolle. Nein, wir sind ja schon begnadigt, und die Frage unserer ewigen Seligkeit ist längst bejaht. Aber es ist nicht einerlei, wie wir in den ewigen Hütten aufgenommen werden, ob als solche, die nicht treu (das erst ist in Wahrheit verständig!) umgegangen sind mit dem „Fremden“, die statt dessen völlig entblößt daheim ankommen, ohne daß „Freunde“ sich auf ihr Kommen freuen, oder ob die uns aufnehmen, die wir uns zu Freunden gemacht haben, als es sich darum handelte, den irdischen Besitz nicht für uns allein zu verwalten, sondern zum Nutzen „unseres Geschlechts“.

Zu dieser Auffassung bitten wir Stellen wie 1. Tim. 6,17-19; Luk. 12,33; Tit. 3,14; 1. Kor. 7,31; Phil. 4,17 u. a. m. zu beachten! Erst dadurch, daß wir in Christo „zu Kindern des Lichts“ geworden sind

(Eph. 5,8), können wir den irdischen Besitz so auskaufen, daß dann, wenn Gott uns in die ewigen Hütten heimholt, „Freunde“ da sind, die uns annehmen, statt daß wir ohne Freunde sind, wie der Haushalter der Ungerechtigkeit gewesen wäre, wenn er nicht verstanden hätte, sich Freunde zu machen.

Daß dies Gleichnis sicherlich zunächst Beziehungen hat auf Israel, das untreu mit den ihm anvertrauten Gütern umgegangen ist und seiner Verwaltung entsetzt ist, sei hier nur noch nebenbei bemerkt. Die Anwendung auf uns Christen („Kinder des Lichts“) ist uns hier wichtiger und zweckdienlicher, nämlich als eine praktische Ermahnung für unser gegenwärtiges Leben inmitten der Dinge der Ungerechtigkeit. „Übrigens sucht man hier an den Haushaltern, daß

einer treu erfunden werde“ (1. Kor. 4,2). Möchte jeder von uns allezeit und in allem als ein treuer Haushalter erfunden werden!

Frage 16

Wie ist Matth. 8,5.6 und Luk. 7,2.3ff. zusammenzubringen? Es ist doch ein und dieselbe Geschichte. Matthäus berichtet nun, daß der Hauptmann selbst zu Jesus kam, während Lukas schreibt, er habe Älteste gesandt.

Antwort A

Matth. läßt die Sendung der Ältesten weg und gibt nur die Hauptsache, weil es kürzer sein soll. Für den Leser der Geschichte, dem ja nur das Wunder wichtig sein sollte, konnte es einerlei sein, ob der Hauptmann persönlich kam oder durch die Ältesten. Letztere vertraten die Stelle des Hauptmanns, so daß es doch als ein Herantreten des Hauptmanns zu denken ist, wie es auch Luk. 7,3 heißt: „Er sandte Älteste zu Ihm - und bat Ihn.“

Bei Matth. heißt es nun: „Ich will kommen und ihm helfen.“ Bei Luk.: „Jesus aber ging mit ihnen.“ Da ergänzt man einfach: „indem Er sprach: Ich will kommen und ihm helfen“. Während ferner bei Matth. (V. 8) der Hauptmann sogleich persönliche Einsprache gegen das Eintreten Jesu in sein Haus erhebt, tut er dies nach Luk. erst, als sie nicht fern vom Hause waren, und wieder nicht persönlich, sondern durch Freunde. Die Ältesten konnten Luk. 7,7 nicht statt des Hauptmanns sagen; denn sie dachten sich keinesfalls eine Hilfe, wenn nicht Jesus persönlich käme. Als aber der Hauptmann hörte, daß Jesus persönlich komme, wehrt er das durch die zweite Sendung der Freunde ab, weil er sich als Heide dessen unwürdig fühlt. Aus diesem Grunde ist er wohl auch nicht persönlich zu Jesus gekommen, sondern hat von vornherein andere zu Ihm gesandt. Diese Demut machte ihn fähig zu dem starken Glauben: „Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.“

Chr. K.

Anmerkung des Herausgebers

Kleine Verschiedenheiten in den Berichten ein und derselben Geschichte, wie sie in den Evangelien sehr häufig vorkommen, sind kein Grund, an der wörtlichen Inspiration dieser Berichte zu zweifeln. Stets haben diese Verschiedenheiten, die niemals einander ausschließende Gegensätze enthalten, besondere Ursachen und Zwecke; einerseits vervollständigen oder ergänzen sich die verschiedenen

besondere Ursachen und Zwecke; einerseits vervollständigen oder ergänzen sich die verschiedenen Darstellungen; andererseits werden in der einen Darstellung andere Punkte in den Vordergrund der Betrachtung gerückt als in der anderen, so daß gerade durch die Unterschiede die Schönheit der Geschichte oft aufs Lieblichste zum Ausdruck kommt. Ferner scheint uns noch ein Grundsatz zu berücksichtigen zu sein, nämlich der, daß jedes Evangelium die Aufgabe hat, den HErrn von einer bestimmten Seite aus zu betrachten. So sieht unseres Erachtens Matthäus in Jesus mehr den Sohn Abrahams und Davids in Verbindung mit dem Königreich, während Lukas Ihn in erster Linie als den echten Sohn Adams, als den „Menschen“ ansieht. Gerade in letzterer Hinsicht zeigt uns das Lukas-Evangelium manche Züge an dem HErrn, die keiner der Evangelisten besonders zu beachten die Aufgabe hat. So z. B. Sein menschliches Mitgefühl. (Man vergleiche einmal die Geschichte von Jairi Töchterlein in den verschiedenen Berichten; nur bei Lukas finden wir die ein menschliches Herz rührende Bemerkung: „er hatte eine eingeborene Töchter“ (Luk. 8,42). Manche rührenden Begebenheiten sind nur bei Lukas zu finden! (Z. B. die Geschichte vom Jüngling zu Nain u. a. m.) Ist es etwa kleinlich, dies zu beachten? Nein! Wir denken vielmehr, daß das Wort unseres Gottes uns viel köstlicher wird, wenn wir dergleichen berücksichtigen.

Wenden wir nun diese Grundsätze auf die Verschiedenheiten vorliegender Geschichte an! Wenngleich die Kürze der Darstellung bei Matth. das Wunder auch um so mehr hervortreten läßt, so ist doch das Anführen der Vermittler zwischen dem Hauptmann und Jesus eine Ergänzung, die keinen Widerspruch in sich schließt. Andererseits wird uns die Geschichte lieblicher, wenn wir sehen, wie sehr die Juden diesen Mann schätzten, was für ein gutes Gerücht er unter ihnen hatte. Dann aber können wir auch gut begreifen, wie das Herz des HErrn in echtem Mitgefühl bewegt worden ist, als Er die Fürsprache der Juden vernahm (vgl. die Fürbitte bei der Heilung der Schwiegermutter des Petrus, Luk. 4,38), als Er die menschliche Liebe sah, die man dem Heiden bewies um seiner Liebeswerke willen. Dieser Zug hat für Matthäus, der den König vor Augen hat, keine Bedeutung, für Lukas aber, der den Menschen schildert, eine sehr große.

Diese Gesichtspunkte und noch manche andere machen uns die Schrift lebensvoller und Christus immer herrlicher; sie sollten daher stets beachtet werden!

 

Frage 17

Wie ist die Stelle zu verstehen: „Zu dem werde lch eingeben und das Abendmahl mit ihm essen“? (Offenb. 3,20.)

Antwort A

Von der Gemeinde in Laodicäa als einem Ganzen ist Christus sozusagen ausgeschlossen: Er steht vor der Tür. Obgleich so draußenstehend, sucht Er noch einen Platz in den Herzen der einzelnen. Es handelt sich nicht mehr um die Gemeinde als einem Ganzen, sondern um die einzelne Person: „wenn jemand Meine Stimme hört ..., zu dem will Ich eingehen und das Abendbrot mit ihm essen, und er mit Mir“. Die Gemeinde wird gekennzeichnet durch herzlose Gleichgültigkeit Christo gegenüber. Der Überwinder dagegen öffnet dem Herrn das Herz, und der HErr will zu ihm eingehen; das Abendbrot essen drückt die innige Gemeinschaft der Seele mit dem HErrn aus.

Einige haben fälschlich gemeint, die Verheißung, mit Ihm auf Seinem Thron zu sitzen, übertreffe alle

anderen Verheißungen. - Es ist dies aber das Teil aller Gläubigen.

Aus „T. B. B.s Rev.“, übers. von v. d. K.

Antwort B

Alles Gesagte ist in diesen Versen persönlich. Es handelt sich nicht mehr um die Gemeinde, über diese steht das Urteil fest: Er will sie ausspeien aus Seinem Munde. Es ist die einzelne Person, das Herz, zu dem der HErr eingehen will.

Das „Abendbrot“, das „Abendmahl“, das „Mahl“, die „Mahlzeit“ halten, wie es in den verschiedenen Übersetzungen heißt, darf nicht mit dem „Abendmahl des HErrn“ oder „Herrenmahl“ (1. Kor. 11,20) verwechselt werden. Das erstere drückt die vertraute Herzensgemeinschaft der Seele mit dem HErrn aus und ist etwas Persönliches, das letztere ist das Gedächtnismahl und etwas Gemeinsames: die vielen sind ein Leib; es ist die Gemeinschaft und die Verkündigung Seines Todes und ein Ausdruck von der Einheit des Leibes Christi.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Daß diese Stelle nichts mit dem Abendmahl des HErrn zu tun hat, ist schon gesagt. Wir fügen noch hinzu, daß man dieses Schriftwort geradezu dunkel macht, wenn man es auf das Mahl des HErrn bezieht. In der ganzen Schrift ist nichts zu finden von einer Feier des Herrenmahles seitens eines einzelnen Menschen. Stets handelt es sich um mehrere oder viele, die dem HErrn die Tür ihres Herzens bereits aufgetan haben, und dann zusammen durch Brechen des Brotes und Trinken des Kelches des HErrn Tod verkündigen (1. Kor. 11,25.26). Unsere Stelle spricht vielmehr von dem Verhalten eines Menschen, der innerhalb der lauen Namenschristenheit (das ist Laodicea!) das treue Anklopfen des Herrn Jesu vernimmt. Jesus steht draußen und möchte gern hinein in das Herz dieses „Jemand“, der Seine Stimme heraushört mitten in dem Stimmengewirr einer gegen Gott gleichgültigen, sich reich dünkenden Masse, die doch nicht reich ist in bezug auf Gott (Luk. 12,21). „Wenn jemand!“ Der HErr möchte so gern mit einzelnen Tischgemeinschaft haben. Die Tischgemeinschaft ist ein Bild von einer besonders herzlichen Gemeinschaft. Man lädt nicht jedermann zum Essen zu sich ins Haus ein! Die Masse der toten Bekenner wird ausgespien, aber der einzelne Bußfertige wird beglückt und aufgenommen in die Gemeinschaft mit dem HErrn, der sich nicht scheut, mit Zöllnern und Sündern Tischgemeinschaft zu haben (Luk. 15,2), ja, der gekommen ist, gerade diese Verlorenen zu retten (Luk. 19,10). Und wer Ihm auftut, der darf dann seinerseits mit Ihm essen, d. h. persönliche Gemeinschaft haben („und er mit Mir!“). Welche Gnade und Barmherzigkeit! - Möchte jeder Leser dieser Zeilen Gemeinschaft, persönliche Herzens- und Lebensgemeinschaft haben und genießen mit dem Vater und dem Sohn! (1. Joh. 1,1-4.)

Gruß an den Leser:

Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesum Christum als Heiland erwarten.“ Phil. 3,20

Vorbemerkungen

Wir bitten dringend, die letzten beiden Umschlagseiten freundlichst zu beachten!

Ferner bitten wir nachzulesen, was über Kürzungen und Nichtaufnehmen von eingesandten Antworten in den Vorbemerkungen von Heft 3/4 gesagt ist!

Einzelne Fragen, deren Antworten wir wegen Platzmangels noch nicht aufnehmen konnten, führen wir in der Reihe der Fragen nicht mehr mit auf, da schon genügend BeAntwortungen vorliegen. Diese Notiz gilt auch für die Zukunft!

Wir hoffen, demnächst wieder ein Doppelheft herausgeben zu können.

Der Herausgeber.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Wie weit erstreckt sich fürs praktische Leben das Wort Jak. 1,27: „Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen“? Sind damit im allgemeinen Menschengemeint, die irdischer Stützen beraubt sind?

b) Röm. 7,25: „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unsern HErrn. Also nun diene ich selbst mit dem Sinne Gottes Gesetz, mit dem Fleische aber der Sünde Gesetz.“ Wie ist dieser Doppeldienst zu verstehen?

c) Was ist zuverstehen unter Joh. 20,23: „Welchen irgend ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben usw.“?

d) Was ist weissagen im vollen Sinne des Wortes (nach 1. Kor. 14,3.24.25)?

e) Welches ist die Bedeutung von 1. Mose4,7? Muß es heißen „Sünde“ oder „Sündopfer“ ( der Elb. Übers.), und wer ist „sein“ und „ihn“ im 2. Teil des Verses?

f) Werden wir nach 1. Tim. 6,15-16 Gott nie sehen?

g) Was heißt der „selige“ Gott? (1. Tim. 1,11; 6,15.)

h) Welche Bedeutung hat der Ausdruck: mit Heiligem Geiste „taufen“? Geschah es einmal zu Pfingsten, oder wird jeder Christ mit Heiligem Geist getauft? (Matth. 3,11; Apg. 1,5; 11,16; 1. Kor. 12,13.)

i) Was sind die Blätter des Baumes, die zur Heilung der Nationen dienen? (Off. 22,2.)

k) Welches ist der Dämonen Kelch und Tisch? (1. Kor. 10,21.22.)

l)Darf die Gemeinde auf Grund der Stelle 1. Kor. 5,5 offenbare Sünder dem Satan überliefern?

l)Darf die Gemeinde auf Grund der Stelle 1. Kor. 5,5 offenbare Sünder dem Satan überliefern?

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

 

Frage 18

Können Kinder Gottes „mit Willen sündigen“? (Hebr. 10,26); und was ist „Sünde zum Tode“? (1.Joh. 5,16.17.)

Antwort A

Man bedarf großer Gnade, um die obigen Fragen für jeden Leser dienlich zu beAntworten, daß die Erklärung weder dem Oberflächlichen zum Ruhekissen wird noch dem Aufrichtigen zum Hindernis.

Es handelt sich in der erstgenannten Stelle nicht um Kinder Gottes, sondern, wie uns klar im Vers 27 gesagt wird, um „Widersacher“. Der Apostel sagt nicht, daß sie (die Hebräer) Widersacher sind, aber als solche sich erweisen würden, wenn sie 1. den Sohn Gottes aufgeben, 2. das Blut des Bundes für unrein achten und 3. den Geist der Gnade schmähen würden. (Vergl. V. 29.) Ich frage: Kann ein Kind Gottes in diesen drei Hauptpunkten irren? Wenn einer dies tut, dann kann er kein Kind Gottes sein, da der Glaube an den Sohn Gottes, an Sein Opfer und Seine Gnade dem Betreffenden erst das Recht gibt, sich Kind Gottes zu nennen. Er ist ein „Widersacher“. Als Widersacher kann man erst dann in Wirklichkeit sich offenbaren, wenn man Erkenntnis der Wahrheit hat und erleuchtet worden ist (vergl. V. 26.32) über den Sohn Gottes und Sein Opfer und daß durch Ihn Gnade und Wahrheit geworden ist und doch Ihm, der allein nur Heil zu geben vermag, den Rücken kehrt. Wer dies tut, sündigt mit Willen, d. h. mit vollem Bewußtsein; darum wartet seiner nur das Gericht (V. 27). Die Hebräer, d. h. ohne Zweifel nur einige, waren in der Gefahr, nachdem sie die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hatten, daß Jesus der Messias war, zurückzugehen zum Judentum, wodurch sie die Bluttat gegen den Sohn Gottes gleichsam gutgeheißen hätten. Die Folgen dieses Schrittes sind unabsehbar schrecklicher Art! Vergl. Personen wie Kain (Hebr. 12,16-17), Bileam (4. Mos. 22-24), Korah (4. Mos. 16), Judas Ischarioth! Ich glaube, daß die Geschichten dieser Männer, welche sich als Widersacher offenbarten, Licht und Klarheit geben über diese Stelle. Anders verhält es sich mit der zweiten Frage. Da handelt es sich um einen Bruder, denn die Schrift spricht von ihm als „Bruder“. Wir finden im Worte Gottes, daß der HErr an Gläubigen Zucht üben kann, wodurch sie aus dem Leben hinweggenommen werden. Der Grund ist nicht immer ein grobes, sittliches Vergehen, sondern auch oft das Nichtausführen des Willens Gottes. Wir finden dies in 1. Kor. 11,30. Der HErr nahm sie hinweg. Das Wort „entschlafen“ (siehe Elb. Übers.) kann nur auf Kinder Gottes bezogen werden. Der Weltmensch stirbt; dies ist der allgemeine Gebrauch im Alten Testament für Gläubige sowohl wie für Ungläubige, weil Christus noch nicht gestorben und auferweckt war. Doch im Neuen Testament finden wir fast beständig das Wort „entschlafen“ gebraucht, und zwar für Kinder Gottes.

Man kann wohl auf Grund der Schrift annehmen, daß solche Brüder nicht verloren gehen, obwohl sie das Ziel, welches Gott ihrem Leben des Wirkens für Ihn gesteckt hat, nicht erreichen (vergl. Moses

und Aaron, 4. Mose 20).

Es ist darum erschütternd ernst, Dinge zu tun, die dem klaren, bestimmten und geoffenbarten Willen Gottes entgegen sind. Wenn es eine Sünde zum Tode ist, kann um die Erhaltung des Lebens, d. h. irdischen Lebens, nicht gebeten werden; aber selbstverständlich wird der fehlende Bruder seine Sünde bekennen (vergl. 1. Joh,1,9).

Die meisten Ausleger bringen Sünde zum Tode mit der Lästerung des Heiligen Geistes in Verbindung, doch ist es gut, zu fragen, ob es die Schrift tut, und wir müssen wohl mit „nein“ Antworten. Es wird in der Schrift nicht gesagt, daß ein Kind Gottes sich der Lästerung des Geistes schuldig machen kann, wohl aber, daß die Sünde zum Tode in unserem Sinne ein Bruder tun kann. K. O. St.

Antwort B

1. Zu „mit Willen sündigen“. Wenn wir Hebr. 10,26-31 lesen, finden wir, daß es sich um Personen handelt, die die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben und trotzdem mit Willen sündigen, und daß es für solche keine Vergebung, sondern nur furchtbares Gericht gibt. Warum letzteres? Nicht weil Gott nicht bereit wäre zu vergeben, sondern weil das Sündigen mit Willen nach empfangener Erkenntnis der Wahrheit einen Zustand offenbart, für den es ganz ausgeschlossen ist, sich in wahrer Buße vor Gott zu beugen und Vergebung zu suchen. Der unbekehrte Mensch, der noch in Finsternis dahingeht, sündigt, weil er es nicht anders weiß und gewohnt ist, aber es gibt Vergebung für ihn, wenn er sich in Buße und Glauben zu Gott bekehrt; auch Kinder Gottes sündigen noch, vielleicht in Unwissenheit über die betreffende Sache oder in Unüberlegtheit oder sogar mit Bewußtsein, einer fremden Macht unterliegend, über die sie mangels Glaubens nicht den Sieg haben, den sie haben könnten und sollten, aber es gibt Vergebung und Wiederherstellung für sie, wenn sie ihre Sünden bekennen. Eine ganz andere Sache ist es jedoch, wenn ein Mensch, der die Wahrheit kennt, mit Willen sündigt, in bewußter und gewollter Auflehnung gegen Gott, mit Verachtung Seiner Gnade sowohl als auch Seiner Autorität. Es offenbart sich da ein Zustand, wie wir ihn bereits in Hebr. 6,4-8 wie auch bei den Pharisäern finden, die den Heiligen Geist lästerten (Matth. 12,24-32). Es sind also solche Menschen nie Kinder Gottes und auch nicht einfach unbekehrte Menschen, sondern nach 1. Joh. 3,8a Kinder des Teufels, für die es keine Änderung ihres Zustandes und daher auch keine Vergebung gibt. Daß der Apostel V. 26 „wir“ sagt, steht dem durchaus nicht entgegen, denn es handelt sich hier, wie oft in diesem Briefe, eben darum, daß die Hebräer den Beweis liefern sollten, daß Leben aus Gott in ihnen und nicht etwa nur die Erkenntnis der Wahrheit vorhanden war.

Verstehen wir, was „mit Willen sündigen“ bedeutet, und erinnern wir uns daran, was dem Kinde Gottes geschenkt ist, so müssen wir es für unmöglich erklären, daß ein Kind Gottes „mit Willen sündigen“ könnte. Es ist aus Gott geboren und hat naturgemäß mit dem neuen Leben auch einen neuen Willen bekommen, der gottgemäß ist; Christus lebt in ihm (Gal. 2,20), und der Heilige Geist wohnt in ihm (Röm. 5,5; 1. Kor. 6,19 usw.) und verbindet es unlöslich als Glied Seines Leibes mit Ihm, dem verherrlichten Haupte! Wenn es trotzdem in Sünde fällt - vielleicht sogar mit Bewußtsein -, so ist es dennoch nicht mit Willen, sondern entgegen seinem Willen (s. Röm. 7,15-23!). Sünde ist dem Wesen des Kindes Gottes an sich fremd und entgegen.

2. Zu „Sünde zum Tode“. Wichtig für die Beurteilung dieser Sache ist die Frage, was in V. 16 und 17

unter „Tod“ und „Leben“ zu verstehen ist. Ich glaube nicht, daß es sich um leiblichen Tod und leibliches Leben handelt. Das wird verneint durch die Erläuterung über Sünde in V. 17. Denn wenn es sich um leiblichen Tod handelte, bedürften wir da erst noch der Belehrung, daß es Sünde gibt, die nicht „zum Tode“ ist? Ferner, was für Sinn hätten die Worte V. 16: „und Er wird ihnen das Leben geben, denen, die nicht zum Tode sündigen“, wenn es sich um leibliches Leben handelte? Das leibliche Leben haben sie doch. Auch eine Verlängerung desselben oder Abwendung des Todes kann nicht gemeint sein, denn die in Verbindung damit erwähnte Sünde ist doch eben „nicht zum Tode“, so daß doch das Leben gar nicht gefährdet wäre. Es handelt sich m. E. hier vielmehr um ewigen Tod und ewiges Leben, oder auch in anderen Worten um ewiges Verlorensein und ewige Errettung.

Daran ändert es nichts, daß von einem „Bruder“ die Rede ist, Kinder Gottes aber doch bereits ewiges Leben haben, andererseits aber Gottes Wort nie sagt, daß ein Kind Gottes verloren gehen könnte; es ist eben hier, wie z. B. auch Kap. 3,10.14b.15, nicht ein Kind Gottes gemeint, sondern ein Mensch, der äußerlich, dem Bekenntnis nach, die Stellung eines Kindes Gottes einnimmt, in Wahrheit aber kein Leben aus Gott hat.

Solche Menschen soll das Kind Gottes zum Gegenstande seiner Fürbitte machen, ausgenommen jedoch solche, die „zum Tode sündigen“. Warum letzteres? Wir können gewiß sein, daß dann, wenn Gott sagt, daß es keinen Zweck habe, für jemand zu bitten, für einen solchen auch tatsächlich jede Hoffnung ausgeschlossen ist. So ist es hier; es ist hier eben dasselbe, was wir bereits unter 1 gesehen haben: es handelt sich um einen Menschen, der die Wahrheit völlig kennt, aber trotzdem mit Willen sündigt und dadurch einen Zustand offenbart, bei dem Buße und Errettung unmöglich und Fürbitte zwecklos ist. Sein Teil ist ewiger Tod.

„Sünde zum Tode“ ist also m. E. nicht etwa eine bestimmte Art von Sünde, die den Tod nach sich zieht, denn letzteres ist an sich die Folge jeder Sünde (vgl. Röm. 6,23 und Jak. 1,15b); sondern es ist irgendwelche Sünde, durch welche sich bei dem, der sie tut, jener schreckliche - aber vielleicht oft schwer erkennbare - Zustand offenbart, welcher einst in vollendeter Weise bei dem „Menschen der Sünde“, dem „Gesetzlosen“ (2. Thess. 2,3.7.8) vorhanden sein wird; es ist daher das, was im 1. Johannesbriefe „Sünde tun“ genannt und in Kap. 3,4 als „Gesetzlosigkeit“ gekennzeichnet und in Vers 8 in seinem Ursprung auf den Teufel zurückgeführt wird (vgl. Vers 8-10a). Das ist „Sünde zum Tode“. - Dem Kinde Gottes gewährt es einen tiefen Trost, sich in Jesu vor solcher schrecklichen Verirrung für ewig geborgen zu wissen, und es freut sich der wunderbaren Gnade des HErrn, die unsere Herzen zu Dank und Anbetung und völligerer Hingabe anleitet!

Th. K.

Antwort C

Ein Kind Gottes kann sündigen. Deshalb die vielen Warnungen und Ermahnungen der Schrift, nicht zu sündigen. Wir sind nicht mehr unter der Herrschaft der Sünde. Für den Fall der Sünde eines Kindes Gottes hat Gott in Seiner Gnade Vorsorge getroffen (1. Joh. 2,1). - In gewissem Sinne kann auch ein Kind Gottes mit Willen sündigen. Es wird wohl kein Kind Gottes geben, das nicht in dem Sinne mit Willen gesündigt hätte, daß es etwas getan hat, von dem es wußte, daß es Gott nicht wohlgefällig sei: Wenn das „mit Willen sündigen“ in unserer Stelle diesen Sinn hätte, dann dürfte kaum ein Kind Gottes selig werden können.

Um das „mit Willen sündigen“ in dieser Stelle zu verstehen, müssen wir beachten, daß dieser Brief an Juden geschrieben ist, die, gläubig geworden, durch die Verfolgungen in Gefahr waren, wieder zum Judentum zurückzukehren. Aber eine Rückkehr zum Judentum schloß die Verwerfung des Sohnes Gottes in sich. (Vgl. die ganze Stelle!) Der dies tat, trug den Charakter des „Widersachers“.

Solche Personen mußten den gläubigen Juden bekannt gewesen sein. Nicht als ob diese je errettet gewesen wären, aber sie hatten in den Zusammenkünften der Gläubigen ihren Verkehr gehabt, hatten die Erkenntnis der Wahrheit empfangen (V. 26), waren durch das Blut des Bundes geheiligt in dem Sinne, daß sie dadurch von der blinden Masse der Juden abgesondert und des Segens teilhaftig wurden, wie auch von dem ungläubigen Manne gesagt ist, daß er geheiligt ist durch das Weib (1. Kor. 7,14), aber nicht gerettet. Trotz alledem und wider besseren Wissens verwarfen sie den Sohn und damit das einzige für Sünde gegebene Schlachtopfer, so daß nur noch ein Erwarten des Gerichtes übrig blieb. Die Frage, ob ein Kind Gottes mit Willen sündigen kann in dem Sinne dieser Stelle, muß verneint werden.

Unbefestigte Kinder Gottes sind zuweilen durch diese Stelle in große Not gebracht worden. Sie sahen ihre Unwachsamkeit und ihre Untreue. Mit dem erneuerten Sinne ihres Herzens haßten sie die Sünde. Da kam die Versuchung. Die Hilfe vom Thron der Gnade wurde vernachlässigt, sie liehen, wenn auch nur für einen Augenblick, ihren Willen dem Feinde, und so unterlagen sie. Mit Entsetzen und Verzweiflung, aber auch mit Reue meinten sie, diese Stelle jetzt auf sich anwenden zu müssen. Aber will eine solche geängstigte Seele etwa die Gnade verwerfen? Nein, danach schreit sie gerade. Will sie etwa den Sohn Gottes mit Füßen treten, das Blut gemein achten? Nein, keineswegs! Ihr gilt also diese Stelle nicht!

Bei dem zweiten Teil der Frage müssen wir beachten, daß sie mit den Versen 14 und 15, der Zuversicht in den Gebeten, in Verbindung steht. Hier handelt es sich um einen Bruder, und Brüder in diesem Briefe sind Gläubige. Jede Ungerechtigkeit ist Sünde, und Sünde muß, will man gereinigt werden, gerichtet werden; aber es gibt Sünde, die nicht zum Tode ist. In der Korinthischen Gemeinde war ein Gläubiger, der als ein Böser hinausgetan werden mußte, aber es war keine Sünde zum Tode. Andere waren da, die um ihrer Sünde willen durch den Tod hinweggenommen wurden (1. Kor. 11,30). Vgl. auch Apostelg. 5,1-10; 3. Mose 10,1-2; Psalm 106,32! Gott hat nicht festgelegt, was Sünde zum Tode ist; wir können es deshalb auch nicht. Aber aus den Wegen Gottes können wir lernen, daß ein und dieselbe Sünde bei den einzelnen Personen verschieden geahndet wurde. Es wird hier kein Verbot gegeben, nicht zu bitten. Ein im Lichte wandelndes Kind Gottes wird, vom Geiste geleitet, empfinden, wie es, selbst bei gleicher Sünde verschiedener Personen, gottgemäß zu bitten hat. Wenn Gott das Leben gibt - und ich glaube, es handelt sich hier um das zeitliche Leben der Arbeit für den HErrn -, so gibt Er es als eine Antwort Auf das Gebet des für jenen Bittenden.

v. d. K.

Antwort D

„Mit Willen sündigen“, d. i. bei gewaltsamer Ertötung der göttlichen Kreatur in uns (Hebr. 10,29; 6,6), was wieder gleichbedeutend mit „Sünde zum Tode“ oder mit dem Abfall von Gott ist - bewußt und vorsätzlich sündigen, die Sünde tun (1. Joh. 3,8) kann ein Kind Gottes nicht, denn, wie 1. Joh. 3,9 geschrieben steht, „jeder, der aus Gott geboren ist, tut nicht Sünde, denn sein Same bleibt in ihm,

und er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist“. Auch Hebr. 6,9 lesen wir, nachdem Vers 4-8 von dem Abfall und seinen Folgen die Rede gewesen: „Wir aber sind in bezug auf euch, Geliebte, von besseren und mit der Seligkeit verbundenen Dingen überzeugt, wenn wir auch also reden.“ Wo wir in der Schrift Beispiele von Abgefallenen finden, handelt es sich also nicht um „Kinder Gottes“, um „aus Gott Geborene“, sondern um solche, die vielleicht im Sinne von Hebr. 6,4.5 „einmal erleuchtet waren und geschmeckt haben die himmlische Gabe, und teilhaftig geworden sind Heiligen Geistes, und geschmeckt haben das gute Wort Gottes usw.“, aber bei all diesen Vorzügen doch niemals Kinder Gottes gewesen sind, indem ihnen hierzu eins, und zwar gerade das Wesentliche fehlte: gemäß 1. Petri 1,23 die Wiedergeburt aus unverweslichem Samen.

M. Fr.

Anmerkung des Herausgebers

Trotzdem sich in der BeAntwortung dieser Frage erhebliche Gegensätze finden, legen wir alle diese Antworten ohne Furcht zur Prüfung vor. Es liegt uns ja fern, wie auch in den „Persönlichen Worten“ (auf dem Umschlag) gesagt ist, feste Dogmen aufzustellen. Sowohl des einen wie des anderen Schriftforschers Darbietung soll dem Verständnis der Schrift dienen, je nachdem wie die Erkenntnis eines jeden ist und von welchem Gesichtspunkte aus jeder die Stellen ansieht! Auch diese verschiedenen Antworten werden unseren Lesern dienen können!

Frage 19

Wie decken sich folgende Stellen: Joh. 5,22 „der Vater richtet niemand ...“ und Hebr. 13,4 „die Hurer usw. wird Gott richten?“ Oder ist in letzterer Stelle das Wort „richten“ zu betonen?

Antwort A

Die letzte Frage enthält die Antwort. In der Stelle Hebr. 13,4 handelt es sich nicht wie in Joh. 5,22 darum, wer das Gericht ausüben wird, sondern wer dem Gerichte verfallen ist. In dieser ist der Richter genannt, in jener diejenigen, welche gerichtet werden.

Chr. K.

Antwort B

Die Lösung der Frage ist meines Erachtens in den Worten „Vater“ und „Gott“ zu suchen.

In Joh. 5 handelt es sich um den Sohn Gottes und Seine Herrlichkeit, zu der es auch gehört, daß Ihm das Gericht übertragen ist. Deshalb heißt es V. 22.23: „Denn der Vater richtet auch niemanden, sondern das ganze Gericht hat Er dem Sohne gegeben usw.“ (vgl. V. 27), wie auch in anderen Stellen der Schrift gesagt ist, daß Er - der Sohn - der Richter ist (s. Apg. 10,42; 17,31; 2. Kor. 5,10; 2. Tim. 4,1). Aus diesem Grunde ist Joh. 5,22 gesagt: „... Der Vater richtet niemanden ...“, eben weil Er „das ganze Gericht dem Sohne“ gegeben hat. Es ist der Vater gegenüber dem Sohne.

In Hebr. 13,4 hingegen handelt es sich um Reinheit, Heiligkeit, und wo immer dies der Fall ist, zeigt uns das Wort Gottes, daß es Gott ist, der Heilige, mit dem wir es zu tun haben (s. z. B. Röm.

6,11-13; 12,1.2; 14,10-12; 1. Kor. 5,9-13; 6,19.20; 2. Kor. 6,16; 7,1; 1. Thess. 4,3-8; 1. Pet. 4,15-19). Dasselbe ist es, wenn es sich im allgemeinen um den Menschen im Blick auf seine VerAntwortlichkeit oder im besonderen um den ungläubigen Menschen handelt, der weder Gott als Vater noch den Sohn Gottes als Herrn kennt (s. Röm. 2,2-11; 3,19), weshalb auch der Herr Jesus am Kreuze in den Stunden der Finsternis, wo Er den Platz des verlorenen Sünders Gott gegenüber einnahm, ausrief: „Mein Gott, Meln Gott“ (nicht „Mein Vater“), „warum hast Du Mich verlassen?“ (Matth. 27,46.) Es ist hier Gott gegenüber dem Menschen in seiner VerAntwortlichkeit.

Der Sohn, dem „das ganze Gericht gegeben“ ist, ist „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5), welcher einst alle, die nicht errettet sind, auch die in Hebr. 13,4 erwähnten „Hurer und Ehebrecher“, richten wird! Es ist nicht der leiseste Widerspruch in den in obiger Frage einander gegenübergestellten beiden Schriftstellen, sondern - wie immer im Worte Gottes - göttlich vollkommene Harmonie.

Th. K.

 

Antwort C

Gottes Verhältnis zu uns ist ein zwiefältiges: Er ist unser „Vater“, wie auch unser „HErr“. Als unser „Vater“ kann Er uns zwar züchtigen (Hebr. 12,7), aber nicht wohl unser „Richter“ sein im Sinne unserer beiden Schriftstellen, wo das Wort „richten“ die Bedeutung von „Urteil sprechen“ hat. So erscheint denn auch überall in der Schrift Gott, wo Er „unser Vater“ heißt, nur ganz im Charakter des „Vater“, gütig, barmherzig, fürsorglich (Matth. 7,11; Luk. 6,36 und viele andere), während umgekehrt von ungezählten Schriftstellen, die vom „Richten“ sprechen, nicht eine einzige sagt, daß der Vater „richte“. Der Vater also richtet niemand, aber der HErr ist es, der richtet, und Er tut dies durch den Sohn und in Einheit mit diesem (Joh. 5,30). Diese Gotteinheit nun ist es, die in Hebr. 13,4 bezeichnet wird, wenn wir lesen: „Die Hurer ... wird Gott richten“.

M. Fr.

Anmerkung des Herausgebers

Ohne auch auf BeAntwortung dieser Frage näher einzugehen, möchten wir dazu ermuntern, recht auf die verschiedenen Ausdrücke in diesen beiden Stellen sowohl wie auf die von gänzlich verschiedenen Gesichtspunkten aus behandelten Teile der Schrift zu achten und überhaupt beim Forschen in der Schrift diese einfachen Grundsätze zu beachten. Es ist nie einerlei, ob da steht Gott oder Jehova oder der Vater u. a. m., oder etwa Jesus oder Messias oder Jesus Christus oder Christus Jesus oder Christus oder der HErr u. a. m., oder etwa der Heilige Geist oder der Geist Gottes u. a. m. Aber auch nie sind da Widersprüche! Stets liegen in der Anwendung dieser Namen wunderbare Beziehungen! Ebenso auch in dem Schriftzusammenhang. Unsere beiden Stellen stehen im Johannes-Evangelium, das die Herrlichkeit des Sohnes Gottes zum Gegenstand hat, und im Hebräer-Brief, der von dem verAntwortlichen Wandel des Christen hienieden, einem Wandel im Glauben, spricht.

Frage 20

Wie lange waren die Kinder lsrael in Ägypten? (Vgl. 2. Mose 12,40.41; 1. Mose 15,13; Gal. 3,16.17; 2. Mose 6,16-20 bezüglich der Zahlen.)

2. Mose 6,16-20 bezüglich der Zahlen.)

Antwort A

Aus Gal. 3,17.18 sehen wir, daß zwischen der Verheißung Gottes an Abraham und der Gesetzgebung 430 Jahre liegen. Diese 430 Jahre umschließen also die Fremdlingschaft Abrahams, Isaaks und Jakobs und den Aufenthalt der Kinder Israel in Ägypten.

Nach der englischen Übersetzung von 2. Mos. 12,40 heißt es: „Und die Fremdlingschaft der Kinder Israel, die in Ägypten wohnten, war 430 Jahre ...“. Danach heißt es nicht, daß die Kinder Israel 430 Jahre in Ägypten wohnten, sondern daß die Fremdlingschaft der Kinder Israel, die in Ägypten wohnten, 430 Jahre war. Auch Ps. 105 redet von dieser Fremdlingschaft.

In 1. Mos. 15,13 und Apg. 7,6 bemerken wir Unterschiede: 1. wird Ägypten nicht genannt und 2. wird von dem Samen geredet; „dein Same wird ein Fremdling sein in einem Lande, das nicht das ihre ist“, und beide Stellen sprechen von 400 Jahren. Die Zeit vom Samen Abrahams (Isaaks) bis zum Auszug beträgt ca. 400 Jahre.

Jakob war alt, als er vor Pharao stand, 130, Isaak, als Jakob geboren wurde, 60, Abraham, als Isaak geboren wurde, 100, zusammen 290 Jahre. 75 Jahre war Abraham alt, als ihm die Verheißung gegeben wurde; die abgerechnet, bleiben 215 Jahre. Somit beträgt die Zeit vom Empfang der Verheißung bis zum Stehen Jakobs vor Pharao 215 Jahre und von da bis zum Auszug Israels wieder 215 Jahre. Manche haben angenommen, daß Israel ca. 400 Jahre in Ägypten gewohnt habe, aber die 215 Jahre entsprechen auch weit mehr den vier Geschlechtern in 1. Mos. 15,16. Diese vier Generationen finden wir in 2. Mos.

6,16-20. 1. Jakobs Sohn Levi; 2. Levis Sohn Kehath; 3. Kehaths Sohn Amram; 4. Amrams Sohn Moses.

Frei n. d. Engl. v. M. B.

Antwort B

Die beiden Stellen aus 1. und 2. Mose stehen zu einander wie Weissagung, die nicht genau das Datum angibt, und Erfüllung, die mit chronologischer Genauigkeit das Eintreffen der göttlichen Zusage verzeichnet. Ganz genaue Zeitangaben bei Weissagungen finden sich nur in bestimmten, dem Unglauben Trotz bietenden Drohungen, vgl. z. B. die 70 Jahre der Gefangenschaft in Babel! Schwieriger wird die Frage, wenn man die beiden letzten Stellen heranzieht. 1. steht die Aufzählung der vier Geschlechter (2. Mose 6,16-20) zwar in Übereinstimmung mit der Verheißung in 1. Mose 15 (ein damaliges Menschengeschlecht zählte 100 Jahre), weicht aber ab, wenn wir 2. die Lebensdauer der vier Stammesväter zusammenzählen: 137 Jahre Levis, 133 Kehaths, 137 Amrams und die 80 des Moses beim Auszuge aus Ägypten bringen die Zahl von 430 Jahren, wenn die Jahre vom Alter Levis bei der Einwanderung und die des Kehath bei der Geburt Amrams abgerechnet werden, nicht auf. Diese Schwierigkeit ist jedoch leicht zu beheben, wenn man annehmen darf, daß von Amram, dem Sohne Kehaths, bis auf Amram, den Vater des Moses, einige Glieder übergangen sind. Es kommt eben hauptsächlich auf diejenigen Glieder des Geschlechts Levi an, die in der Vorgeschichte Moses und Aarons von Bedeutung waren. (So ist es in Esra 7,3 verglichen mit 1. Chron. 6,50-53.) 3.

Gal. 3,16.17 wird die Zeitdauer von der Abraham gegebenen Verheißung bis auf das Gesetz mit 430 Jahren angegeben. Wollen wir dem Wortlaut des hebräischen Teiles gerecht werden, so müssen wir zugeben, daß der Apostel, dem es hier nicht auf die Summe der Jahre, sondern auf die Wichtigkeit der Verheißung vor der Gesetzgebung ankommt, die Jahresangaben des hebräischen Textes von 1. Mose 15 verläßt und die in der griechischen Bibelübersetzung (der „Septuaginta“) von 2. Mose 12 sowie bei den Juden damals verbreitete Ansicht nur als Berührungspunkt für seine Beweisführung erwähnt. Übrigens bleibt auch die Vermutung nahe, ob nicht der Apostel die dem Abraham gegebene Verheißung auf den Zeitpunkt verlegt, da ihr letzter Träger (Jakob) mit seiner Familie in die Fremdlingschaft nach Ägypten zieht. Dann würde allerdings die Schwierigkeit, die durch die Abweichung der Galaterstelle vom hebräischen Text entsteht, gänzlich gehoben sein.

Judenchrist N. R......ky.

Anmerkung des Herausgebers

Einige glauben unterscheiden zu können zwischen der Zeit des Wohnens der Israeliten in Ägypten und der ihrer Bedrückung daselbst (400 Jahre). - Aus vorstehenden verschiedenen Antworten ergeben sich keineswegs Zweifel an der Genauigkeit der biblischen Zahlenangaben, sie zeigen nur, wie unvollkommen unser Verständnis für dieselben ist und wie vieler Forschung es noch auch auf diesem Gebiete bedarf. - Übrigens bitten wir, man möge im Anschluß an 1. Mose 15,13 nicht, wie nahe liegend es auch scheinen mag, annehmen, daß Gott gelegentlich wie wir Menschen, in „runden“ Zahlen rede, man glaube vielmehr, daß Seine Zahlenangaben stets Seinen Gedanken entsprechen!

Frage 21

Wie ist es zu verstehen, daß Paulus sagt: „ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten“ (Phil. 3,11), da er doch seiner Auferstehung gewiß war?

Antwort A

Es ist vor allem zu beachten, daß es sich um Auferstehung aus den Toten handelt, nicht um die Verwandlung der Lebenden und nicht um die Entrückung; denn daß einst sein „Leib der Niedrigkeit umgestaltet“ werden würde „zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“ (Phil. 3,21) und er mit all den auferweckten und verwandelten Gläubigen entrückt werden würde, war nie eine Frage für den Apostel Paulus (s. 1. Kor. 15,51.52; 2. Kor. 5,1; Phil. 3,20.21; 1. Thess. 4,13-17). Aber eine Frage war es für ihn, ob er an der Auferstehung aus den Toten teilhaben würde, weil diese das Entschlafensein voraussetzt. Und doch bestand für ihn ebenso wie für uns jetzt und für alle Gläubigen vor uns die Möglichkeit, das Kommen des HErrn noch in diesem Leibe zu erleben und so verwandelt zu werden, ohne erst durch den Tod zu gehen. Letzteres ist ja unsere Hoffnung, wie in 2. Kor. 5.4 der Apostel schreibt. Aber für den Apostel gab es etwas noch Kostbareres als „überkleidet“ zu werden: Christus Selbst, dessen unaussprechliche Kostbarkeit und Herrlichkeit für ihn wir aus den Versen 7-10 herauslesen. Er stand vor seinem Glaubensauge und erfüllte sein ganzes Herz, und für ihn gab es nichts Wünschenswerteres, als seinem geliebten Heilande und HErrn in allem „gleichgestaltet“ zu werden und daher auch durch Leiden und Tod zu gehen und einst teilzunehmen an der Auferstehung aus den Toten. Er war ja schon so gewohnt zu leiden, auch der Tod hatte keinerlei Schrecken für ihn, sondern für ihn war „Sterben Gewinn“, und er hatte „Lust abzuscheiden“ (Kap. 1,21.23), und ihm lag

sondern für ihn war „Sterben Gewinn“, und er hatte „Lust abzuscheiden“ (Kap. 1,21.23), und ihm lag so sehr daran, auch auf demselben Wege in die Herrlichkeit einzugehen wie sein HErr: durch Auferstehung aus den Toten. Diese mochte er nicht missen, zu dieser wollte er „hingelangen“, auf welche Weise - d. h. durch welche Art des Todes als einzigen Weg zur Erreichung des Zieles - es auch sein mochte: ob durch Schwert oder Kreuz oder Rachen wilder Tiere oder sonst wie - zu allem war er bereit, wenn er nur in jenem wunderbaren Augenblicke des Erscheinens des HErrn für die Seinen „zur Seligkeit“ (Hebr. 9,28) mit zu den „durch Jesum Entschlafenen“, den „Toten in Christo“ (1. Thess. 4,14.16) gehörte, die dann auferweckt werden aus den Toten, gleichwie einst Christus aus den Toten auferweckt worden ist, „der Erstling der Entschlafenen“ (1. Kor. 15,20). -

Welche Liebe zum HErrn und Hingabe an Ihn sehen wir hier! Habe ich und hast du, lieber Bruder und liebe Schwester, ein solches Herz für unseren Heiland und HErrn?

Th. K.

Antwort B

Vielleicht hilft es uns zum Verständnis, wenn wir den vorhergehenden Vers 10 beachten.

Der Apostel Paulus hatte wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu alles für Dreck geachtet. Einerseits suchte er Ihn zu erkennen, in dem die ganze Fülle der Gottheit wohnt (Kol. 2,9). Dann wünschte er aber auch, die Kraft Seiner Aufersehung zu kennen, diese Kraft, die auch in bezug auf die Glaubenden überschwenglich groß ist (Eph. 1,19.20).

Bei dieser Erkenntnis blieb er aber nicht stehen. Sie wirkte als Folge nun andererseits das praktische Leben der Gemeinschaft Seiner Leiden aus. Er war sich bewußt, bei treuer Nachfolge Seinem Tode gleichgestaltet zu werden. Seiner Auferstehung gewiß, richtete er seinen Blick auf das Ziel. Christus war durch Tod und Auferstehung zur Herrlichkeit gegangen. Auch er hatte das Verlangen, ob er auf irgend eine Weise (Ps. 68,20) hingelangen möchte zur Auferstehung aus den Toten. Im Leben, Sterben und Auferstehen wünschte er ein Nachfolger des HErrn zu sein.

Nicht, daß er ein Märtyrer auf jeden Fall werden wollte. Er sagt nicht, daß er dahingelangen wolle, sondern „ob“ usw. Er wollte den Weg des Gehorsams gehen, wie sein HErr den Gehorsamsweg ging bis zum Tode am Kreuze (Phil. 2,8); ob er auch auf irgend eine Weise
hingelangen möchte zur Auferstehung aus den Toten. Und so sagt er: „Seid meine Nachahmer“ (Vers 17); Nachahmer auf diesem Wege, welcher der Ausgang auch sein mochte, ob Leben oder Tod.

E. H.

Antwort C

1. Der Apostel Paulus ist sich seiner Auferstehung aus den Toten gewiß. Schriftstellen wie: Phil. 3,21 ; Eph. 1,14; 4,30; Röm. 8,23; 2. Kor. 5,5 beweisen dies.

2. Diese Stelle kann nicht bildlich verstanden werden. Die Schrift spricht anders, wenn sie unser Einssein mit Christi Tod und Auferstehung meint. (Vergl. Joh. 5,24; Röm. 6,4.8; Eph. 2,5.6; Kol. 2,12.13.)

3. Sie kann demnach nur wörtlich zu verstehen sein. In dem Briefe an die Philipper wird die

3. Sie kann demnach nur wörtlich zu verstehen sein. In dem Briefe an die Philipper wird die christliche Bewährung an der Person des Paulus gezeigt. Naturgemäß ist die Auferstehung das Endziel, was aber in Christo für jeden Gläubigen sicher ist, da der HErr aus den Toten auferweckt ist. Hier aber handelt es sich durchaus um praktisches Leben. Darum spricht Paulus beständig davon, was ihm Christus in allen Umständen des Lebens ist. Auch war keiner so geeignet, uns dies in seinen Leben zu zeigen, wie Paulus. Darum spricht er sehr oft von sich, aber in einer vorbildlichen Weise. Kapitel 1 spricht er davon, daß Christus sein Leben ist, ohne Christus hätte sein Leben hienieden überhaupt keinen Wert gehabt. Kapitel 2 ist der HErr das Vorbild. Kapitel 3 sein Ziel. Kapitel 4 seine Kraft. Christus war für ihn alles.

Weil nun Christus für ihn alles war, ist er glücklich, denselben Weg zu gehen, den sein HErr gegangen war. Er hielt es für eine Ehre, dort gefunden zu werden, wo Christus einst war. Die Person des HErrn stand beständig vor seiner Seele, er sehnte sich danach, bei Ihm zu sein. (Phil. 1,21.)

„Ob auf irgend eine Weise“ bedeutet einfach, daß es ihm gleich war, welches Todes er sterben werde. Die Art des Sterbens war für ihn nebensächlich, da es der Weg zum HErrn war und zur Auferstehung aus den Toten. Wie kostbar und lehrreich für uns! Ist uns Christus so groß und herrlich geworden, daß wir ebenfalls bereit sind, den Weg zu gehen, wie uns Paulus ihn hier zeigt?

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen umfassenden Ausführungen, die wir durchaus unterschreiben, ist nichts wesentliches mehr hinzuzufügen. Wir möchten nur noch darauf hinweisen, daß das in Vers 11 gebrauchte Wort in wörtlicher Übersetzung des Urtextes „Ausauferstehung“ lautet, während Vers 10 „Auferstehung“ steht. Die Kraft Seiner Auferstehung befähigt Paulus und uns, zur Ausauferstehung zu gelangen. Diese Ausauferstehung ist die „erste Auferstehung“, nämlich die zur Herrlichkeit, von der wir Off. 20,5-6 lesen. Es ist höchst wichtig für Kinder Gottes, die verschiedenen Auferstehungen in der Schrift zu unterscheiden! Zu dieser Ausauferstehung wünschte Paulus zu gelangen. Hierbei ist noch zu beachten, daß dieses Verlangen uns in dem Philipperbrief berichtet ist, einem ziemlich spät geschriebenen Briefe, der besonders schildert, was Christus dem Apostel geworden war, während 2. Kor. 5,1ff., einer zu früherer Zeit geschriebenen Stelle zufolge, Paulus eher den Wunsch hat, „überkleidet zu werden“ (ohne Tod!). Es sind keine Widersprüche, sondern beide Stellen lassen, sich einander ergänzend, uns tiefe Blicke tun in das Herz eines Mannes, der sich über alles sehnte nach seinem HErrn.

Gruß an den Leser:

Wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ 2. Kor. 5,17.

Vorbemerkungen:

Wir empfehlen die letzten beiden Umschlagseitender freundlichen Beachtung seitens aller Leser des Blattes; ebenso ist die Adressenveränderung des Herausgebers zu berücksichtigen!

Ferner verweisen wir auf die Vorbemerkungen von Heft 5, Absatz 3, sowie auf die von Heft 3/4, Absatz 2; beide haben fortdauernde Gültigkeit.

Was auf der zweiten Umschlagseite über Manuskripte gesagt ist, ist stets zu beachten! Übrigens gelten Manuskripteals „Geschäftspapiere“, sind also wie solche, nicht wie „Drucksachen“ zu frankieren!

Der Herausgeber.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Was ist weissagen im vollen Sinne des Wortes (nach 1. Kor. 14,3.24.25)?

b) Werden wir nach 1. Tim. 6,15.16 Gott nie sehen?

c) Welche Bedeutung hat der Ausdruck: mit Heiligem Geiste „taufen“? Geschah es einmal zu Pfingsten, oder wird jeder Christ mit Heiligem Geist getauft? (Matth. 3,11; Apg. 1,5; 11,16; 1. Kor. 12,13.)

d) Welches ist der Dämonen Kelch und Tisch? (1. Kor. 10,21.22.)

e) Darf die Gemeinde auf Grund der Stelle 1. Kor. 5,5 offenbare Sünder dem Satan überliefern?

f) Was ist die Macht, und was oder wer der Engel in 1. Kor. 11,10?

g) Worin ist nach Joh. 14,28 „der Vater größer als der Sohn“, und wie verhält sich diese Stelle zu Stellen wie Joh. 14,9 („Wer Mich siehet, siehet den Vater ...“) oder Joh. 10,30?

h) Von wem spricht der Prophet Jesaja in Kap. 42,19: „Wer ist so blind, als nur mein Knecht usw.“?

i) Wie ist die rechte biblische Stellung des Gotteskindes zum Blutgenuß (z. B. in Form von Blutwurst)? Vgl. Apg. 15,20.

k) Welche Bewandtnis hat es mit der in Heft 5 bei Frage 20 genannten griechischen Bibelübersetzung („Septuaginta“) u. a. im Hinblick auf die Inspiration der Schrift?

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 22

Was ist der Sinn der Worte Jesu in Luk. 17,6: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn ...“?

Was ist der Sinn der Worte Jesu in Luk. 17,6: „Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn ...“?

Antwort A

Zweifellos handelt es sich hier zunächst nicht um großen oder kleinen Glauben, sondern um die rechte Art des Glaubens. Ausschlaggebend ist die Qualität desselben.

Das Senfkorn ist klein, aber trotzdem kommt es zu einer Entwicklung, die ins Auge fällt; das kleine Senfkorn hat eben in sich Leben. So auch der Glaube rechter Art; er hat in sich Leben, er rechnet mit Gott, er findet deshalb Antwort und Erhörung; die Entwicklung bleibt nicht aus, sie fällt als solche ins Auge.

Martha wird in Joh. 11,26 nach ihrem Glauben gefragt; sie hat Glauben, aber keinen Senfkornglauben, keinen Glauben, mit dem sie jetzt für den Augenblick mit dem HErrn rechnet. Ihr Glaube war so groß - daß sie mit demselben hinausschweift auf den letzten Tag (V. 24), und wiederum war ihr Glaube so klein, daß sie, das Unangenehme ihrer Situation erkennend, dem HErrn ausweichend zu der Maria läuft, von der sie weiß, daß sie befähigt ist, auf des HErrn Frage Antwort zu geben.

Der Senfkornglaube, der Glaube rechter Art, hätte jetzt im kritischen Augenblicke mit dem HErrn gerechnet, Antwort Erwartet und erhalten.

Wie ganz anders sah es bei dem Hauptmann von Kapernaum aus in Luk. 7. In V. 7 finden wir seinerseits ein demütiges, aber bestimmtes, unbedingtes Rechnen mit dem HErrn, und zwar im gegenwärtigen Augenblick. Sein Glaube war rechter Art, Senfkornglaube. Er wurde darum auch nicht zuschanden.

W. W.

Antwort B

Die Jünger baten um die Vermehrung des Glaubens. In der Antwort zeigt ihnen der HErr, daß es sich nicht um ein Maß des Glaubens, sondern um die praktische Ausübung des Glaubens handle, und die Erfüllung ihrer Bitte damit zusammenhänge. Der Glaube, lebendig und wachsend wie ein Senfkorn, kann große Taten tun. Der Glaube verbindet alles mit Gott, und da sind alle Dinge möglich dem, der da glaubt. Der HErr zeigt ihnen das Bild des Knechtes (V. 7-10). Die praktische Ausübung des Glaubens muß in der Knechtes-Abhängigkeit sein. Ihre Arbeit richtet sich nach dem Auftrage des HErrn - und ihr Dienst erstreckt sich so lange, bis alle Aufträge ausgeführt sind, und zwar in dem Geiste der Selbstverleugnung: „Wir sind unnütze Knechte.“

Wie gesagt, sie baten um Vermehrung des Glaubens. Der HErr zeigt ihnen, auf diesem Wege der Treue würde es geschehen, d. h. wenn sie als Knechte, unter Aufgabe der eigenen Bequemlichkeit, im Glaubens-Gehorsam wandelten. Sind wir nicht bereit, Glaubens- und Gehorsamswege zu gehen, so laßt uns nicht denken, daß uns die Vermehrung des Glaubens einfach auf unser Gebet hin zufällt. So wie das Senfkorn sich nur unter gegebenen Wachstumsbedingungen (in der Erde unter Regen und Sonnenschein) entfaltet, so wächst auch der Glaube nur unter den Wachstumsbedingungen (2. Thess. 1,3.4). Solche Bitte muß mit dem Knechteswandel im Glauben verbunden sein.

v. d. K.

 

 

Anmerkung des Herausgebers

Jesus weist hin auf die Kraft auch des kleinsten Glaubens, wenn er nur wirklich da ist („wenn ihr habt“). Zum Verständnis ist Matth. 13,32 heranzuziehen. Dies Wort sagt uns, daß der Same des Senfes kleiner ist als der aller Gartengewächse, daß aber die Senfstaude größer ist als alle Gartenpflanzen. (Die im Orient gebaute Senfstaude erreicht eine Höhe von 3-4 Metern und gleicht einem Baum.) Jesus sagt uns hiermit nicht, daß der Senfsame das kleinste von allen Samenkörnern sei, sondern daß er im Verhältnis zur Größe des daraus Hervorwachsenden kleiner ist als alle Samen. Solch einen Glauben sollten Seine Jünger haben. Ein solcher Glaube ist ja nur aus Gott, und darum eine Gotteskraft, die im entscheidenden Augenblick unverhältnismäßig Großes vollbringt (weil eben Gott auf den Glauben, auch den geringsten, wenn er nur wahr ist, also wenn er nur wirkliches Vertrauen zu Gott enthält, Antwortet). Der Nachsatz: „so würdet ...“ enthält etwas für die rein natürlich-menschliche Erfahrung ganz Unmögliches: der Feigenbaum soll in einen für sein Wachstum ungeeigneten Boden augenblicklich verpflanzt werden. Dies ist ein Bild für den wahren, gottgewirkten Glauben: nichts ist ihm unmöglich! „Habt Glauben an Gott“! (Mark. 11,22).

Frage 23

Welchen Sinn haben die Worte Luk. 22,36: „... verkaufe sein Kleid und kaufe ein Schwert“?

Antwort A

Der HErr offenbart Seinen Jüngern, daß Seine Verwerfung und Sein Hingang ihre Lage gänzlich verändern würde. Seine Liebe hatte jeden Mangel von ihnen ferngehalten (V. 35). Obgleich diese Liebe nicht aufhörte, sollten sie jetzt an Seiner Verwerfung teilnehmen. In der gewohnten bildlichen Sprache bereitet Er sie auf die Feindschaft der Welt vor. Was sie hatten, sollten sie bei sich haben, und gewappnet sollten sie gehen. Sie sollten sich bewußt sein, daß ein Feind da war, der sie berauben und angreifen würde. Darin liegen auch tiefe Unterweisungen für uns heute. Nicht verstehend, was der HErr sagte, brauchte Petrus sein Schwert. Aber „die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich“, und unser Besitz ist himmlisch. Vgl. 2. Kor. 10,4; Eph. 1,3; 6,17.

v. d. K. Unter Benutzung von G.'s „N. B.“.

Anmerkung des Herausgebers

Den Jüngern, für die es unfaßlich war, was Jesu Weggang für sie bedeute, war dies Wort damals natürlich dunkel, hatte doch Jesus stets für sie gesorgt. Er sagte ihnen, daß Er unter die Gesetzlosen gerechnet werden müßte (nach der Schrift) und daß sie allein bleiben würden (V. 37 Schluß kann man recht gut auch übersetzen mit: „Denn auch das Ummichsein hat ein Ende“); darum müßten sie in Zukunft gewissermaßen für sich selbst sorgen, und der, der noch kein Schwert habe, solle lieber die notwendigsten Bedürfnisse („Kleid“) gegen ein solches eintauschen. Natürlich ist das Ganze bildliche Rede, denn als Petrus zeigt, wie wörtlich er Jesu Worte verstanden, bricht der HErr mit kurzem Wort das Gespräch ab. - Wenn man nun die Bildersprache übersetzen will, so ersieht man, daß man in dem Schwerte wohl nach Eph. 6,17 Gottes Wort sehen, aber bei der „Börse“ und „Tasche“

keinen ähnlichen Schriftvergleich finden kann. Ohne also denen, die hier einen Hinweis auf das „Schwert des Geistes“ sehen, diese Ansicht nehmen zu wollen, glauben wir, daß in dieser Stelle Jesus nur im allgemeinen die Seinen zur Vorsicht, Besonnenheit und Wachsamkeit oder zum Gerüstetsein auffordert, da sie bald einem listigen Feinde gegenüberstehen würden. (Vgl. den Zusammenhang mit Petrus' Verleugnung.)

Frage 24

Wie weit erstreckt sich fürs praktische Leben das Wort Jak. 1,27: „Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen“? Sind damit im allgemeinen Menschen gemeint, die irdischer Stützen beraubt sind?

Antwort A

Man kann wohl unbedenklich auf den letzten Teil der Frage mit „Ja“ Antworten. „Waisen“ und „Witwen“ ist ja an sich schon der Ausdruck von Schwachheit und Hilflosigkeit, und „in ihrer Drangsal“ spricht außerdem noch von Not und Leiden. Menschen in solchem Zustande und solcher Lage sind gemeint, und zwar nicht etwa nur Bekehrte, obwohl Gottes Wort letztere uns in erster Linie ans Herz legt (Gal. 6,10). Solche sollen wir besuchen, um ihnen Trost und Hilfe in Rat und Tat - nicht nur in Worten - zu bringen (1. Joh. 3,18). Siehe noch Ps. 41,1 und Spr. 14,21. - Tun wir es?

Th. K.

Antwort B

Waisen und Witwen sind sicherlich Menschen, die irdischer Stützen beraubt sind und denen deshalb innere und äußere Hilfe besonders wohl tun wird.

In Gal. 6,9 werden die Gläubigen ermahnt, im Gutestun nicht müde zu werden, und im Anschluß hieran (V. 10) wird ermuntert, die Gelegenheit benutzend, das Gute zu wirken gegen alle, am meisten aber gegen die „Hausgenossen des Glaubens“.

Waisen und Witwen als solche im allgemeinen bieten eine Gelegenheit, Gutes zu wirken, und wenn solche „Hausgenossen des Glaubens“ sind, zeigt uns das Wort eine ganz besondere Gelegenheit.

W.W.

Anmerkung des Herausgebers

Wir wollen nicht bezweifeln, daß man dies Wort in weiterem Sinne als dem im Wortlaut angegebenen fassen kann. Aber der Heilige Geist, der auch dies Wort inspirierte, hat doch damit etwas sagen wollen, daß Er gerade diese beiden Klassen von Hilfsbedürftigen anführt. Wir dürfen nicht vergessen, daß diese Epistel an Judenchristen gerichtet ist, die noch in der Synagoge waren, daß also der Brief in eine sehr frühe Zeit fällt, wo die gesetzlichen Vorschriften des Alten Bundes noch in voller Beobachtung waren. Nun war im Alten Testament viel über die Waisen- und Witwenversorgung gesagt (vgl. u. a. 2. Mose 22,22ff.), aber aus manchen Stellen der Evangelien sehen wir, wie leicht man sich darüber hinwegsetzte, was Gottes Wille für diese Armen war (vgl. z. B. Markus 12,40 und

Luk. 18,1ff.). Wenn daher Jakobus, der den Auftrag hatte, zu zeigen, wie die Wahrhaftigkeit des Bekenntnisses als Christ sich nur durch das praktische Leben beweise, darauf dringt, die Waisen und Witwen zu besuchen, so stellt er damit Gottes besonderen Willen in den Vordergrund; einen Willen, der sich mit denen beschäftigt, denen am allerwenigsten Hilfsquellen zur Verfügung stehen. Sein Wort steht im engsten Zusammenhang mit Apg. 6,1ff. Der Dienst an Witwen und Waisen erfordert eine Uneigennützigkeit und Selbstverleugnung, wie kaum ein anderer. Beide sind in der beklagenswertesten Lage: den Waisen fehlen die Eltern, und zu Kindern gehören Eltern! den Witwen fehlt der Ernährer, das Haupt - und dieses gehört zum Weibe, damit sie die göttlich gewollte Einheit bilden! Diese beiden Menschenklassen besuchen heißt Gewaltiges unternehmen: ihnen in etwas das Fehlende ersetzen! Welch eine hohe, erhabene Aufgabe, aber auch welche VerAntwortung! Das ist nichts Gleichgültiges, und solche Besuche sind auch nicht den sonstigen Hausbesuchen an die Seite zu stellen. Durch sie wird der alte, stets gültige Wille Gottes mit diesen Menschenklassen erfüllt! „In ihrer Drangsal“ - wie spricht das zu unserem Herzen, und doch versteht’s nur der, der es erfahren! - Dieser Dienst war in der ersten Gemeinde in Gefahr, vernachlässigt zu werden, wie auch die gesetzestreuen Juden zu Jesu Zeit diese Armen leicht vernachlässigten. Man hatte jetzt Größeres in der Gemeinde Jesu, da konnte man über dem Bekenntnis die Praxis vergessen, die allein Wert hat: die Praxis des Glaubens, der in der Liebe tätig ist! - Laßt uns nicht in diesen Fehler fallen! Laßt uns in gottgefälliger Weise Gottesdienst tun, einen „Gottesdienst, der rein (uneigennützig, liebevoll, aus reinen Beweggründen) ist vor Gott und dem Vater“!

In der Schrift ist alles in Beziehung zueinander, und so sind auch die in den viel später verfaßten Briefen des Paulus an Timotheus und Titus geschriebenen Worte über Witwen wohl zu beachten und bei unserer Stelle in Betracht zu ziehen, z. B. 1. Tim. 5,3-16!

Frage 25

Röm. 7,25. „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unseren HErrn. Also nun diene ich selbst mit dem Sinne Gottes Gesetz, mit dem Fleische aber der Sünde Gesetz.“ Wie ist dieser Doppeldienst zu verstehen?

Antwort A

Voraussetzung für das Verständnis des angeführten Verses ist natürlich das Verständnis des im betreffenden Kapitel vorher Gesagten. Besonders hinweisen möchte ich auf die Verse 5, 6, 18, 22, 23.

In der Frage ist von einem Doppeldienst die Rede. Damit soll doch nicht gesagt sein, daß das in Vers 25 bezeichnete verschiedene Dienen zu gleicher Zeit ausgeübt werde? Denn das ist in dem erwähnten Verse auch gar nicht gesagt und überdies - nach meiner Überzeugung - auch überhaupt nicht möglich. Ich kann zu einer Zeit nur das eine oder das andere tun - entweder Gottes Gesetz dienen oder der Sünde Gesetz, nicht beides auf einmal. Es kommt eben darauf an, womit ich diene: diene ich mit dem Sinne, so diene ich Gottes Gesetz, diene ich aber mit dem Fleische, so diene ich der Sünde Gesetz. Hierzu bitte ich Gal. 5,16.17.24 zu lesen.

Th. K.

Antwort B

In diesem Verse wie auch in Vers 22.23 finden wir zwei sich einander entgegenstehende Gesetze, Naturgesetze, Naturnotwendigkeiten.

Das göttliche Leben in dem Gläubigen begehrt nach Heiligkeit im täglichen Leben, nach einem Wandel im Geiste, welcher der göttlichen Natur entspricht. - Fleisch und Geist sind einander entgegensetzt, und solange wir hienieden pilgern, wird der Geist wider das Fleisch und das Fleisch wider den Geist gelüsten. Aber wir haben die Zusicherung, daß, wenn wir im Geiste wandeln, wir die Lust des Fleisches nicht vollbringen werden (Gal. 5,16-18). In dem Gläubigen muß das Fleisch dem Geiste unterworfen sein, damit wir das nicht tun, was wir wollen.

Wohl müssen wir die niederdrückende Erfahrung machen, daß ebensowenig, wie wir aus eigener Kraft uns erretten können, wir auch ebensowenig aus eigener Kraft im Geiste wandeln können. Sobald der Gläubige seine eigene Kraftlosigkeit erkannt hat, wird er sich und sein Vertrauen auf Fleisch aufgeben, und dann erst macht er die Erfahrung, daß seine Kraft in einem anderen ist, an den geklammert und mit dem verbunden er den Sieg hat; aber nicht durch Christi und eigene Kraft, sondern nur durch Christi Kraft, die in dem Schwachen wirkt! B. B.

Antwort C

Das ganze 7. Kapitel des Römerbriefes handelt vom Gesetz, und „zu denen redend, die Gesetz kennen“ (V. 1), d. i. den Judenchristen unter den Gläubigen zu Rom (beachte Apg. 28,17-24; Röm. 2,17), beschreibt Paulus aus der Tiefe seiner eigenen, als Pharisäer gemachten Erfahrung heraus deren vormaligen Seelenzustand unter der Herrschaft des Gesetzes zu der Zeit, „als sie im Fleische waren“ (V. 5). Von diesen also, die unter dem jüdischen Gesetze und nach dem Fleische lebten, gilt das in Vers 25 gesagte, aber nicht von Gotteskindern, die nach dem Geiste wandeln (8,4) und so nicht unter Gesetz (Gal. 5,18), sondern dem Gesetz gestorben, von demselben losgemacht sind, so daß sie dienen in dem Neuen des Geistes und nicht in dem Alten des Buchstabens (V. 6). Sie sind auch nach Röm. 8,2 durch das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu frei gemacht von dem in unserem Vers 25 genannten Gesetz der Sünde. Angesichts dieser klaren, unzweideutigen Schriftstellen kann auch daraus, daß Vers 22 von einem „inneren“ Menschen spricht, der „Wohlgefallen hat an Gottes Gesetz“, nicht gefolgert werden, daß mit dem Doppeldienst von Vers 25 wohl doch die Stellung eines Gotteskindes bezeichnet sei; denn unter diesem „inneren“

Menschen ist nicht der „Christus in uns“ oder die „neue Kreatur“ zu verstehen, sondern ganz allgemein der Geist des Menschen im Gegensatz zum Fleisch im Sinne von Matth. 26,41, wo der HErr zu Seinen Jüngern sagt: „Der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach“. Aber der „innere“ Mensch ist machtlos gegenüber dem „Gesetz der Sünde in unseren Gliedern“, und so ist der ganze seelische Organismus ein „Leib des Todes“ (V. 24), „tot in Vergehungen und Sünden“ (Eph. 2,1). Gotteskinder aber werden durch Gottes Geist mit Kraft gestärkt an dem „inneren“ Menschen (Eph. 3,16) und vermögen so „die Handlungen des Leibes zutöten“ (Röm. 8,13). - Die Worte: „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unseren HErrn“, obwohl der Satzeinteilung nach zu Röm. 7,25 gehörig, greifen über auf die drei Eingangsverse des 8. Kapitels und folgen auf den Notschrei von 7,24 als der unmittelbare Ausbruch des tiefsten Dankgefühls angesichts der durch Christum vollbrachten

Erlösung, durch die erfüllt ist, was der HErr Selbst nach Joh. 8,36 gesagt hat: „Wenn nun der Sohn euch freimachen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.“

M. Fr.

Antwort D

In Röm. 7 und 8 finden wir zwei Abschnitte im Christenleben Pauli. Den vergangenen in Röm. 7,14-24 und den gegenwärtigen in Röm. 8,2. Der vergangene schließt mit der Gefangenschaft (Knechtschaft) unter dem Gesetz der Sünde in seinen Gliedern, der gegenwärtige beginnt mit: „... hat mich freigemacht“ und dem „in Christo sein“.

Jedes aufrichtige Kind Gottes durchlebt in seiner Seele mehr oder weniger, was in Röm. 7 gesagt ist. Dieser Kampf mit dem Fleische ist so schmerzlich, daß er ausruft: „Ich elender Mensch“ - ein Ausruf, den ihm seine vielen Leiden und Verfolgungen nicht abringen konnten. Er sieht sich in Gefangenschaft unter dem Gesetz der Sünde und des Todes und schreit nach Rettung vom Leib des Todes. Es ist der Augenblick, wo die Seele in der eigenen Erfahrung das längst ausgesprochene Todesurteil Gottes über das Fleisch für sich selbst unterzeichnet. Dies ist ein bedeutsamer Tag in der Geschichte jedes Gläubigen. Man ist zu Ende gekommen mit dem Fleische und seiner Gesinnung (auch der „guten“), die dem Gesetz Gottes nicht untertan zu sein „vermag“ (Röm. 8,7). (Das Fleisch in Röm. 7 und 8 ist die gefallene Adamsnatur mit ihrem Willen, ihren Gedanken, Gefühlen und Vorsätzen, auch guten.) Wie lange dauert es oft, bis wir dahin gelangen, fertig mit uns zu sein, uns nicht mehr mit dem Menschen zu beschäftigen, mit dem Gott Sich nicht mehr beschäftigt - den Er endgültig am Kreuze in den Tod gegeben hat.

Woher kommt Paulus die Rettung? Sie kann nur durch den Tod geschehen, aber wie? „Durch Jesum Christum ...“, Vers 24. Sein Tod ist nicht nur die Sühnung meiner Sünden, sondern auch zugleich das Ende für mich als Menschen im Fleische. Ich selbst bin mitgestorben. An dem Manne Paulus im Fleische wurde am Kreuze gerichtlich das Todesurteil vollzogen, er hat dort vor Gott für immer sein Ende gefunden. „Ich bin mit Christo gekreuzigt“ (Gal. 2,20). Dies muß zur Wahrheit in der Seele jedes Gläubigen werden. Die Rettung vom Leibe des Todes ist: Er starb, und ich mit Ihm.

Was geschieht nun? Die Herrschaft wechselt! Nicht mehr herrscht das Fleisch. Es ist zwar noch da, aber der Geist übernimmt das Regiment. Eine andere Macht ist da, unter der ich stehe: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu (nicht in mir) hat mich freigemacht“ (Röm. 8,2).

Es ist durchaus nicht an einen Doppeldienst bei Paulus zu denken (wie es in der Frage heißt). Paulus stellt noch einmal am Schluß von Röm. 7 die beiden Prinzipien fest. Das Fleisch (die gefallene Natur) ist da und bleibt in uns, solange wir hier sind, aber es ist verurteilt. Wird ihr aber Raum gegeben, so kann die Folge nur ein Dienst des Todes sein. Möchten wir täglich, stündlich in unserem Herzen die Wahrheit tragen: „Nicht mehr lebe ich“.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist gut, daß in dieser Stelle nicht ein „Doppeldienst“ gefunden wird, sondern daß sie gleichsam ein

„Entweder - Oder“ enthält. Das traurige „Entweder“ ist beschrieben in Röm. 7, das herrliche „Oder“ in Röm. 8. Gal. 5,17 spricht auch von dem traurigen Zustand eines Kindes Gottes, das noch nicht zur Freiheit gekommen ist (d. i. nicht sogen. Sündlosigkeit) und noch mit dem am Kreuze zunichte gemachten Fleische rechnet. Aber Röm. 8 wie Gal. 5,22-25 reden von einer praktischen Freiheit, die eine Tatsache ist, eine Wirklichkeit. Es ist eine Kraft da (durch den Geist), die aber nicht durch Lehre empfangen wird, auch nicht durch ein „Du mußt!“, sondern durch den Wandel im Glauben; die Kraft kommt, wenn wir den Pfad des Glaubens gehen (vgl. Matth. 14,28-32).

Wir, die wir das Evangelium verkünden, sollten diese herrliche Tatsache mehr betonen, aber auch beweisen, daß wir selbst sie fortgesetzt erfahren! Der HErr gebe uns Gnade dazu!

Frage 26

Was ist zu verstehen unter Joh. 20,23: „Welchen irgend ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben usw.?“

Antwort A

Die Worte des HErrn haben auf keinen Fall etwas zu tun mit dem Papst, auch nichts mit der Ohrenbeichte.

Es hat Gott wohlgefallen, die herrliche Botschaft des Evangeliums nicht Engeln aufzutragen, sondern Menschen sollen es verkündigen, und zwar solche, die versetzt sind in das Reich des Sohnes Seiner Liebe (Kol. 1,13). Der Diener Christi darf, gebunden an das Evangelium, an die Zusicherungen des Wortes, die Vergebung der Sünden verkündigen (2. Kor. 5,20.21).

Wer nun diese Botschaft annimmt, hat damit Vergebung oder Erlaß seiner Sünde. Wer dagegen diese Botschaft nicht annimmt, behält damit seine Sünde. Der Diener Christi wird auch das letztere zum Ausdruck bringen müssen, und der Ausdruck auch dieser schrecklichen Botschaft wird zur Wahrheit bezw. zur Tatsache bei den Ungläubigen (vgl. Joh. 3,36).

Des weiteren redet 1. Kor. 5,13 davon, daß der Böse hinausgetan werden soll: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“, und 2. Kor. 2,6-10 von der Wiederaufnahme eines solchen: „Wem ihr aber etwas vergebet, dem vergebe auch ich“ usw. - Dieser Ausschluß und diese Aufnahme in Gebundenheit an das Wort und unter der Leitung des Geistes sind vor dem HErrn gültig (vgl. hierzu auch 2. Thess. 3,6; Titus 3,10.11 und 1. Tim. 1,20).

W. W.

Antwort B

Diese Stelle wird häufig so ausgelegt, als ob sie sich nur auf die Apostel bezöge und keine Beziehung habe zu den Kindern Gottes im allgemeinen. Ist dem so?

1. Vor allen Dingen ist es gut und wichtig, festzustellen, daß es sich in dieser Stelle keineswegs um ewige Vergebung handelt aus dem einfachen Grunde, weil eine solche niemals von irgend einem Menschen, auch nicht von einem Apostel in seiner ihm vom HErrn gegebenen Autorität, anderen

Menschen erteilt werden konnte. Das Wort Gottes sagt uns im Gegenteil, daß nur Gott Sünden vergeben kann. Der Herr Jesus vergab Sünden; dadurch offenbarte Er, daß in Seiner Person Jehovah in Gnade dem Menschen nahe gekommen war. Er war Gott geoffenbart im Fleische. (Vgl. Ps. 103,3 mit Luk. 7,48; Mark. 2,5-10.)

2. Ferner ist wichtig, daß diese Worte nicht an die Jünger in dem Charakter als Apostel gerichtet wurden. Dies geht sehr klar aus dem Evangelium Joh. hervor, denn in demselben werden dieselben niemals Apostel genannt, sondern einfach „Jünger“, die durch Glauben Leben empfangen wie jeder andere Gläubige. Nicht die Vorzüge der Apostel, sondern das gemeinsame Gut aller Glaubenden finden wir hier, nämlich: ewiges Leben.

3. Wir finden Vers 22, daß der HErr, der Auferstandene, in sie hauchte. Er gab ihnen den Heiligen Geist und damit gewissermaßen Auferstehungsleben. Dies haben nicht nur die Apostel, sondern jeder, der mit Ihm, dem Auferstandenen, in Beziehung steht. Wie einst Jehovah dem Adam den Odem des Lebens einhauchte (1. Mose 2,7), so hauchte der HErr in sie, sie wurden die Empfänger des Auferstehungslebens in Ihm. Wir sollten hienieden von diesem Leben, welches Christus ist, gekennzeichnet sein. In diesem Lebensbande sind wir vereinigt.

Leider kann durch Unwachsamkeit selbst ein Kind Gottes tief fallen, d. h. es verleugnet, was es besitzt: die Kraft des Auferstehungslebens in Christo. Daher liegt uns ob, nach dem hier niedergelegten Worte des HErrn uns mit der Sünde auch des Bruders zu beschäftigen. Die Stelle

1. Kor. 5,13 (vgl. 2. Kor. 2,6-11) kann hier wohl herangezogen werden. - Es ist ein sehr ernster Schritt; wir alle sollten sehr wachsam sein im Aufblick zum HErrn, durch Ihn bewahrt zu bleiben vor Sünden, die uns der Vorrechte der Gemeinschaft mit Ihm und den Seinen berauben.

So, glaube ich, ist das „Vergeben“ und „Behalten“ zu verstehen. Es ist keine ewige Vergebung noch ewiges Behalten der Sünden hier in Frage, sondern es bezieht sich auf den irdischen Zustand und trägt daher einen zeitlichen Charakter.

K. O. St.

Antwort C

Es sind 3 Stellen der Heiligen Schrift, die mit dieser Frage Verwandtschaft haben. Die 1. Stelle, in Matth. 16,19, ist bereits in Frage Nr. 14 mit berührt. Sie betrifft nicht die Gemeinde, sondern das Reich der Himmel. Es ist dort eine ganz persönliche Aufgabe, die allein Petrus angeht; und einen Nachfolger Petri hat der HErr nicht gegeben.

Die 2. Stelle, in Matth. 18,18, betrifft die Gemeinde des HErrn. Diese ist heute noch auf der Erde, und ihr gilt noch, was hier gesagt ist. Es handelt sich hier um Sünde innerhalb der Gemeinde, und wir empfangen Anweisung, wie mit der ungerichteten Sünde Eigenwilliger gehandelt werden soll. Es ist Zucht; - das Binden der Sünde steht im Vordergrund.

In der 3. Stelle, Joh. 20,23, sehen wir in dem Kreis der Jünger auch das Bild der Gemeinde: der HErr ist in der Mitte und der Heilige Geist in ihnen. Die Jünger sind die Gesandten der Gnade Gottes, und Vergeben steht in dem Vordergrund. In Matth. 18,18 kam die Unbußfertigkeit in Frage mit dem Binden, hier der Dienst der Gnade mit dem Vergeben. Ich glaube, zwischen beiden Stellen besteht

eine sehr nahe Beziehung. In beiden handelt es sich um besondere Dinge und spezielle Fälle. Je nachdem, ob es sich um Zucht und Heiligkeit oder um den Dienst der Gnade handelt, die Handlungsweise der Jünger wird damit übereinstimmend sein. Sie empfangen Heiligen Geist, der den Jüngern geistliches Verständnis gibt, dem Namen des HErrn gemäß zu handeln. Der Schwerpunkt in diesen Stellen ist nicht ein Auftrag des HErrn, sondern die Zusage Seiner wirkenden Bestätigung dessen, was sie tun. Beispiele des Vergebens und Nichtvergebens glaube ich zu sehen in Ap. 7,60; 2. Tim. 4,16; 2. Tim. 4,14; 1. Tim. 1,20; 2. Kor. 2,10; auch Jak. 5,15 dürfte eine gewisse Anwendung finden.

In beiden Stellen, Matth. 18 und Joh. 20, ist alles persönlich, einzeln. „Welchen irgend ihr ... vergebet“ ist etwas ebenso Persönliches, Spezielles, wie in Matth. 18: „Was irgend ihr ... bindet“.

Wir dürfen das Vergeben der Sünden nicht verwechseln mit dem Auftrage der Verkündigung der Vergebung der Sünden an alle Nationen. (Luk. 24.) Dieser Auftrag wurde der gleichen Jüngerschar gegeben, während wir in Joh. 20 keinen Auftrag finden, sondern daß der Geist in geistlichem Verständnis ihre Leitung von Fall zu Fall sein würde und sie in bestimmten Fällen auch Sünde behalten mußten. Beispiele der Ausführung des Auftrages von Luk. 24 enthält reichlich die Apostelgeschichte, z. B. 13,38.39; 10,43.

Wir sehen, daß hier nach zwei Seiten hin von Vergebung der Sünden gesprochen wird: einmal in Verbindung mit Menschen, in den Wegen des Waltens Gottes, das andere Mal als das Geschenk der Gnade für alle, die da glauben. Dies ist die Annahme in dem Geliebten. „Ihrer Sünden werde Ich nie mehr gedenken“ (Hebr. 10,17). Diese Vergebung ist so vollkommen vollendet, daß, wenn die Schrift davon spricht, sie sagt, daß es kein Opfer mehr für Sünden gibt und die Geheiligten ein- für allemal vollkommen gemacht sind (Hebr. 10,14). Dieser Vergebung und Annahme von seiten Gottes können wir durch unser Vergeben nichts hinzu- noch abtun, es weder durch unser Vergeben befestigen noch lösen. Diese Vergebung steht in Verbindung mit dem Auftrag der Verkündigung in Luk. 24.

Das Vergeben von unserer Seite aus berührt das Walten Gottes auf der Erde und öffnet den Weg für die Gnade. Vergebung ist oft nötig, um die Zucht abzuwenden und der Hand der Gnade in Gottes Verwaltung bezüglich des Sünders Raum zu machen. Anderseits können auch wir in Verleugnung des Geistes Jesu Christi durch Härte und Nichtvergeben uns selbst unter Zucht bringen. Matth. 18,31-35.

Wenn diese beiden Seiten der Vergebung nicht unterschieden werden, stellen wir die vollkommene Erlösung durch das eine Opfer Christi in Frage.

v. d. K.

 

Anmerkung des Herausgebers

Die vermeintliche Schwierigkeit dieser Stelle beruht unseres Erachtens auf der Nichtbeachtung des Zusammenhanges und des Wortlauts. Es ist schon gesagt, zu wem diese Worte gesprochen werden: zu den Jüngern! Das Wort steht ferner in engster Beziehung zum Geistempfang, gilt daher jedem, in dem der Heilige Geist wohnt und wirkt. Das Wort ist ferner kein Auftrag, sondern es ist eine Aussage betr. des Geistgewirkten Tuns der Jünger, wie es sein würde in der Zukunft. - Sehen wir uns einmal zwei Worte der Jünger an, die vor dem Geistempfang geredet sind: Matth. 18,21! In der Frage liegt, daß es dem Petrus schwer ist, zu vergeben. Dann Luk. 9,54; sie konnten nicht vergeben, sie wollten

ohne Gnade handeln! Und demgegenüber sehen wir Jesus! Er hatte Seine Jünger gelehrt, zu beten „... wie wir vergeben unsern Schuldnern“ (Matth. 6,12); Er verwies ihnen das Zürnen (vergl. Luk. 9,52-55), und Er betete für Seine Feinde am Kreuz (Luk. 23,34). - Er handelte in Gnade, d. h. Er konnte in Gnade handeln. Es gab andere Gelegenheiten, da handelte oder sprach Er nicht in Gnade, (vgl. Matth. 23 und Matth. 11,20-24)! - Und nach Jesu Himmelfahrt? Woher konnte ein Stephanus vergeben? (Apg. 7,60.) Woher Paulus in 2. Timoth. 4,16 u. a. m. Woher aber auch hatte Petrus die geistige Kraft, die Sünde zu behalten in Apg. 5 und Paulus in 2. Tim. 4,14? Nur durch den Geist, durch den Er sie in innere Lebensverbindung mit Sich Selbst gebracht hatte. Wer in dieser Verbindung mit dem HErrn steht, kann denken wie Er und handeln wie Er, wenn auch in Schwachheit. Und Er erkennt an, was die Seinen in Abhängigkeit von Seinem Geist tun. („Denen sind sie vergeben usw.“) Dies ist höchst kostbar und wichtig. Sehen wir uns die praktische Folge an!

In verschiedenen Kapiteln des Alten Testaments haben wir Vorbilder für dieses Vergeben, z. B. 4. Mose 12. Wir sehen, wie Mirjam und Aaron gegen Moses murrten. Die Folge war der Zorn Jehovahs (V. 9), Mirjam ward aussätzig. Nunmehr wird die Sünde bekannt (V. 11), und dann schreit Mose zu Jehovah, und Jehovah hört, und wenn auch Mirjam sieben Tage lang ihre Strafe tragen muß, so ist ihr doch vergeben. Wie kam's zu dieser Vergebung ? Moses betete für sie. Das hätte er nicht gekonnt, wenn er nicht zuvor selbst vergeben hätte. Sein Vergeben hat zur Folge, daß Gott wieder in Gnade handelt mit Mirjam. Dieselben Grundsätze gelten noch heute. Wenn wir vergeben (ob nach vorausgegangenem Sündenbekenntnis des anderen, also einem Kinde Gottes gegenüber - vgl. 1. Joh. 1,9 - oder nicht, also Unbekehrten gegenüber - vgl. Jesu Gebet am Kreuz und Stephanus (Apg. 7), die Folge ist, daß Gott vergeben und wieder in Gnade walten kann. Jesu Gebet am Kreuz, das davon zeugte, daß Er Selbst vergeben hatte, hatte zur Folge, daß Jehovah durch die Predigt der Zwölfe Gnade verkünden ließ. Wir lesen aber nichts davon, daß z. B. Kapernaums Gerichtsandrohung zurückgenommen wurde: Jesus hatte da nicht vergeben - Gott also handelte nicht mehr in Gnade. In Apg. 5 handelt es sich um Gläubige, die ewig errettet waren, aber in zeitlicher Hinsicht wurde ihre Sünde von Petrus behalten, und Gott handelte in Gericht mit ihnen. Ebenso hat Paulus - geleitet vom Geist, gemäß Gottes Gedanken - dem Alexander nicht vergeben (2. Tim. 4,14); und als inspirierter Schreiber spricht er aus, was geschehen wird: der HErr wird ihm vergelten nach seinen (bösen) Werken.

Dies sind sehr ernste Dinge, und es ist ersichtlich, daß das Nichtvergeben größere Kraft (Abhängigkeit vom HErrn, Leben mit Ihm) erfordert als das Vergeben. Jedoch meinen wir nicht etwa das Nichtvergeben auf Grund von Unversöhnlichkeit, das ist ja Sünde! sondern das vom Geist gewirkte Nichtvergeben. Unser Vergeben räumt das Hindernis fort, damit Gott wieder in Gnade waltet, aber unser Nichtvergeben bindet Gott gleichsam die Hand. Welche VerAntwortung liegt auf uns! Und wie ernst, wenn du und ich nicht vergeben, wo Gott vergeben will; wenn wir also Seine Gnade hindern wollen! Wir werden uns unter Zucht bringen! Aber auch wie kostbar, wenn der Geist der Gnade ungehindert in uns wirken kann und wir in Gnade handeln können, z. B. mit dem Bruder, so daß Gott ihn und uns segnen kann!

Wer sind wir, daß der HErr uns so Großes anvertraut hat! Er gebe uns und all den Seinen Gnade, sich zu bewähren in der praktischen Betätigung dieser Stelle!

Gruß an den Leser:

Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.“ Joh. 1,17.

Vorbemerkungen:

Die Vorbemerkungen seit Heft 3/4 behalten im wesentlichen fortdauernde Gültigkeit!

Wir beabsichtigten, diesmal ein Doppelheft herauszugeben; da wir uns aber während der Redaktion im Umzug von Berlin nach Klotzsche befanden, so fehlte die nötige Zeit dazu. So Gott will, nächstes Mal.

Der Herausgeber.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Was ist die Macht und was oder wer der Engel in 1. Kor. 11,10?

b) Von wem spricht der Prophet Jesaja in Kap. 42,19: „Wer ist so blind, als nur mein Knecht usw.?“

c) Welche Bewandtnis hat es mit der in Heft 5 bei Frage 20 genannten griechischen Bibelübersetzung („Septuaginta“) u. a. im Hinblick auf die Inspiration der Schrift?

d) Ist 2. Mose 20,8-11 auch auf den Sonntag zu beziehen? Wie steht es im Verhältnis zu Kol. 2,16-17?

e) Wie sind die Stellen Matth. 3,5-6.11-12 zu verstehen gegenüber Röm. 6?

f) Wie ist das Wort zu verstehen: „... in welchem Er auch hinging und predigte den Geistern im Gefängnis“ usw.? (1. Petri 3,18 Schluß bis 20b.)

g) Handelt es sich bei Matth. 27,52-53 um eine Auferstehung zur Herrlichkeit oder um eine Auferstehung zum Weiterleben im Fleisch? (vgl. Joh. 11,43-44)?

h) Was bedeutet das Erfassen der Hörner des Altars im Alten Bunde? (vgl. 1. Kön. 1,50f. und 2,28f.)

i) Wie verhalten sich die Worte Phil. 1,23 („bei Christo sein“) zu Joh. 6,39.40.44 („auferwecken am letzten Tage“)?

k) Wie sind die Worte „grüßen mit heiligen Kuß“ zu deuten (vgl. u. a. Röm. 16,16; 1. Kor. 16,20), und wie werden sie im praktischen Leben ausgeführt?

l) Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu geben haben? (nach Röm. 14,10-12.)

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man

die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 27

Welches ist die Bedeutung von 1. Mose 4,7? Muß es heißen „Sünde“ oder „Sündopfer“ (Fußnote der Elb. Übers.), und wer ist „sein“ und „ihm“ im zweiten Teil des Verses?

Antwort A

Der Zusammenhang dieses Wortes verbietet, an Sündopfer zu denken, zweifellos handelt es sich um vor der Tür lagernde „Sünde“. Bei „sein“ und „ihn“ ist ein und dasselbe gemeint.

Licht in diese Stelle dürfte die Tatsache bringen, daß unter gewissen Umständen („wenn du nicht wohl tust“) die Sünde nahe und lagernd sich bemerkbar macht. Es ist der Fluch der bösen Tat, daß sie nie allein bleibt, wenn man nicht Buße tut, sondern daß sie mit eiserner Naturnotwendigkeit eine andere Sünde nach sich zieht. Wenn jemand verstimmt ist, dann braucht es nicht großen Anlaß, um ihn zum Ärger zu bewegen. Die kleinste Geringfügigkeit kann ihn schon „aus dem Häuschen bringen“. Wenn der Unkeusche vor seinem Gott liegt, so ist die Unkeuschheit weit entrückt; hört er aber auf zu wachen, so wird er bald merken: die Sünde ist an der Tür, die Lust fängt an, im Herzen zu wühlen und zu siegen, und dann ist der Schritt zur wirklichen Tat gar nicht mehr weit.

So lagert die Sünde vor defr Tür! Als was denn? Als ein Lauerer! - Die Sünde ist hier als eine Person gedacht.

„Wenn du nicht wohl tust,“ so wirst du von diesem Lauerer verfolgt, sein Verlangen wird nach dir sein. Und nach Röm. 3,12 „ist keiner, der Gutes tue, auch nicht einer“, - folglich wird sein - des Lauerers - Verlangen sich an alle richten. - Du aber wirst über „ihn“ (den Lauerer) herrschen. Wann? Verbinde dich mit dem Herrn Jesus, und du wirst herrschen! Verbinde dich mit Seinem Tode, und du wirst erfahren: „Das Alte ist vergangen.“ Verbinde dich mit Seinem Leben, und du wirst erfahren: „Siehe, alles ist neu geworden“ (2. Kor. 5,17), d. h. die Macht dessen (des Lauerers), dessen Verlangen nach dir ist, ist gebrochen, du kannst über ihn (den Lauerer) herrschen. -

W. W.

Antwort B

Auch im Deutschen haben wir Worte mit doppelter Bedeutung, z. B. „Strauß“; der Zusammenhang zeigt erst, ob Blumen oder ein Vogel gemeint ist. Wenn hier in dem Zusammenhang mit Kain nur der Wortsinn „Sünde“ Anwendung findet, so ist es doch nicht ohne Bedeutung, daß Gott gerade hier ein Wort mit doppeltem Sinn gebraucht.

Zum ersten Male wird hier in der Schrift von Sünde gesprochen. Ist es nicht köstlich, daß Gott zum erstgeborenen Menschen zum ersten Male von der Sünde in einem solchen Worte spricht, wodurch zugleich auch das Sündopfer berührt wird? Mußte dies Wort nicht Kain an das soeben von Abel dargebrachte blutige Opfer erinnern, durch welches er Wohlgefallen bei Gott gefunden? Welche Gnade und Liebe Gottes offenbart sich in diesem ersten Vorkommen des Wortes „Sünde“ in der

Schrift!

Es war mit der Schlange die Sünde da, Kain begehrend, und ebenso war auch ein Sündopfer mit Gottes Erbarmen, um Kain zum Herrschen über die Schlange zu führen. - Gott zeigt Kain den Weg zum Sündopfer, damit er nicht dem Satan unterliege, aber Kain beachtete die Stimme der Warnung und Gnade nicht. Auch wir haben ein Sündopfer, durch welches wir von der Herrschaft der Sünde frei werden. (Röm. 6,10-14.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Der Wortlaut dieser Stelle nach der (sonst empfehlenswerten) sogen. Elb. Übersetzung ist unklar. Besser würde übersetzt: „Wenn du aber nicht recht tust, so lauert die Sünde vor der Tür; und nach dir geht ihre Begierde, du aber sollst Herr werden über sie.“ Was dies bedeutet, ist oben klar beAntwortet. - Besonders beachtenswert ist noch, daß hier ein Unterschied gemacht ist zwischen „nicht recht tun“ und „Sünde“. Es soll offenbar schon hier die in der Schrift so wichtige Verschiedenheit gezeigt werden: das einmalige Fehlen und die Sünde als Grundsatz oder Macht (Sünden und die Sünde)!

Frage 28

Werden wir nach 1. Tim. 6.15.16 Gott nie sehen?

Antwort A

In der angeführten Stelle wird uns gesagt, „daß Gott ein unzugängliches Licht bewohnt und daß Ihn kein Mensch gesehen hat noch sehen kann“. Ähnliches lesen wir in Joh. 1,18: „Niemand hat Gott jemals gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, hat Ihn kundgemacht“ (vgl. Joh. 6,46 und 1. Joh. 4,12). Dagegen lesen wir Matth. 18,10, daß „die Engel droben allezeit das Angesicht des Vaters sehen“. Nach meiner Auffassung werden wir Ihn, unseren Gott, als Vater schauen, denn wenn es die Engel tun, so dürfen wir wohl annehmen, daß wir es als Kinder Gottes auch tun werden. Auch werden wir Ihn in Christo schauen in vollkommener Weise. Im Alten Bunde sahen die Söhne Israels Gott, d. h. Jehova, z. B. 2. Mose 24,10 „wie den Himmel selbst an Klarheit“; so sahen sie Ihn, und im 17. V. heißt es, daß dies Ansehen der Herrlichkeit Jehovas wie ein verzehrendes Feuer war. Und 2. Mose 33,20 sagt der HErr zu Mose: „Nicht kann ein Mensch Mich sehen und leben.“ Nach allen diesen und anderen Schriftstellen werden wir Gott nie sehen in Seiner Heiligkeit, weil diese für uns wie ein verzehrendes Feuer sein wird. Dagegen werden wir Ihn, wie oben gesagt, sehen in Christo und auch als liebenden Vater.

Ph. W.

Antwort B

Es ist von großer Wichtigkeit, von welchem Standpunkt aus man diese Frage stellt und behandelt. Die Schrift spricht von einem äußeren und inneren, alten und neuen Menschen usw. (vgl. Eph. 4,22.24; 1. Kor. 15,44 u. a.). Der natürliche Mensch (d. h. „Fleisch und Blut“) wird Gott nie sehen. Moses wollte

1. Kor. 15,44 u. a.). Der natürliche Mensch (d. h. „Fleisch und Blut“) wird Gott nie sehen. Moses wollte Gott sehen, aber es wurde ihm nicht gewährt (2. Mose 33,20). Weil Gott Unsterblichkeit hat, ist es einfach ausgeschlossen, daß der natürliche durch die Sünde verderbte Mensch Ihn sehen kann. Der natürliche Leib fällt dem Tode anheim. Nach Röm. 1,18ff. gibt Gott Sich den Menschen durch die Schöpfung zu erkennen, daß sie an Ihn glauben können; aber Gott als Gott erkennen liegt außer uns und bedarf einer Offenbarung von Ihm (Matth. 16,16.17; vgl. noch 1. Kor. 15,50; Joh. 3,3.6 u. a.). Das Fleisch nützt nichts (Joh. 6,63). Es ist wohl fähig, alles Heilige in den Schmutz zu ziehen, aber nicht, vor Gott zu stehen.

Aber der geistige, von Gott geschaffene und erneuerte Mensch hat als höchstes Ziel, nach der Schrift, daß er Gott gleich sein wird, weil er Ihn (Gott) sehen wird, wie Er ist (1. Joh. 3,2). Gott zu sehen ist nur durch das von Christus auf Golgatha vollbrachte Opfer möglich. Wer dieses im Glauben annimmt, befindet sich von Stund' an auf dem Wege, Gott ähnlich zu werden (vgl. Joh. 17,24; 1. Kor. 13,12; 2. Kor. 3,18; Hiob 19,26; Ps. 17,15; Matth. 5,8).

Wie ist es doch für ein Kind Gottes so tröstlich, in allen Lebenslagen zu wissen: wenn ich diese Hülle (das Fleisch) ablege, werde ich Den sehen, zu dem meine Hoffnung steht!

....k.

Antwort C

Mit der Frage ist doch gemeint, ob wir einst Gott in irgendwelcher Gestalt sehen werden. Wenn unter Gestalt eine unseren menschlichen Begriffen wahrnehmbare Form verstanden wird, wie die eines Menschen oder irgend eines anderen Wesens, so ist die Frage zu verneinen, da Gott eine solche Form nicht hat, denn „Gott ist Geist“ (Joh. 4,24) und ist „unsichtbar“ (1. Tim. 1,17).

Dagegen spricht das Wort vom Schauen Gottes in anderer Weise. Ich beschränke mich hierbei auf den eigentlichen Gegenstand der Frage, das einstige Schauen Gottes in Herrlichkeit. Da sagt uns das Wort in 1. Thess. 2,12, daß Gott uns berufen hat „zu Seiner eigenen Herrlichkeit“, und in Joh. 17,24, daß der Herr Jesus will, daß wir dort sein sollen, wo Er ist, auf daß wir Seine Herrlichkeit schauen, das ist Seine göttliche Herrlichkeit. Hieraus, wie auch schon vorbildlich aus 2. Mose 33,18-23 und anderen Schritstellen, ersehen wir, daß wir die Herrlichkeit Gottes schauen werden. Das ist es auch, was mit „Gestalt Gottes“ in Phil. 2,6 gemeint ist: die Herrlichkeit Gottes als das von Ihm Sichtbare, wie wir von der Gestalt eines Menschen reden in bezug auf das Bild, welches sein Äußeres unserem Auge darbietet. - Wir werden aber Sein Bild noch in anderer - ich darf wohl sagen vollkommenerer - Weise sehen: in Christo Jesu, unserem verherrlichten Heiland und HErrn. Von Ihm sagt das Wort Gottes in 2. Kor. 4,4, daß Er „das Bild Gottes ist“, und Kol. 1,15, daß Er „das Bild des unsichtbaren Gottes ist“, sowie ferner Hebr. 1,3, daß Er „der Abglanz Seiner Herrlichkeit und der Abdruck Seines Wesens“ ist, und 1. Joh. 3,2, daß wir „Ihn sehen werden, wie Er ist“. Er, der eingeborene Sohn, der hienieden Gott kundgemacht hat (Joh. 1,18) und den Seinen sagen konnte: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh. 10,30), „wer Mich sieht, sieht Den, der Mich gesandt hat“ (Joh. 12,45, vgl. Joh. 14,9), Er wird auch in Ewigkeit das wunderbare, unaussprechlich herrliche Bild Gottes sein, in welchem wir den „unsichtbaren“ Gott in Vollkommenheit schauen werden. Gepriesen sei Sein Name für diese wunderbare Gnade, die schon jetzt, wenn wir nur daran denken, unser Herz mit verherrlichter Freude erfüllt!

Th. K.

Antwort D

Die obige Schriftstelle befaßt sich mit Tatsachen und Eigenschaften, die nur Gott eigen und innewohnend sind. Z. B. das Wort: „Der allein Unsterblichkeit hat!“ zeigt uns klar, daß Unsterblichkeit nur Gott eigen ist, uns aber als Seinen Geschöpfen gegeben.

Es ist ohne Zweifel auch von Nutzen, bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, daß wir unterscheiden müssen zwischen den Segnungen und Vorrechten, die wir als Kinder Gottes durch den Herrn Jesus empfangen: einerseits - vergl. Röm. 8,17.29; Eph. 2,6; und andererseits - was Ihm eigen ist als eingeborenem Sohne Gottes, woran wir keinen Teil haben, worin Er uns mit Sich nicht eins machen kann. Joh. 17,22 spricht der HErr von einer von Ihm uns gegebenen Herrlichkeit, in Vers 24 aber von einer Herrlichkeit, welche nicht mitgeteilt werden kann, da sie allein dem Sohne eigen ist. Er will aber, daß, wo Er ist, auch wir seien, auf daß wir Seine Herrlichkeit schauen. Welche Gnade! Christus kann und hat uns mit Sich vereinigt in dem, was Ihm als dem letzten Adam und zweiten Menschen vom Himmel eigen ist, vergl. 1. Kor. 15,45-50, aber niemals in dem, was Ihm als einer göttlichen Person zukommt (z. B.: Thron Gottes, Herrlichkeit Gottes; Anbetung, HErr der HErren, usw.).

In diesem Sinne, glaube ich, kann wohl die in Frage kommende Stelle verstanden werden.

Wir können Gott nur durch Offenbarung erkennen, wie Joh. 1,18 uns deutlich genug sagt: „Niemand hat Gott jemals gesehen, der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, hat Ihn kundgemacht,“ Er, der Sohn Seiner Liebe, ist das Bild des unsichtbaren Gottes (Kol. 1,15). Wer Ihn gesehen hat, hat den Vater gesehen (Joh. 14,9). Aber nur im Sohne offenbarte Sich Gott Seinem Wesen nach, wie Er Sich in der Schöpfung Seiner ewigen Kraft und Göttlichkeit nach offenbarte (Röm. 1,20).

In Christo werden wir Gott schauen! Welche Gnade! Ihm sei Dank, daß wir Ihn erkennen, sehen und schauen im Sohne, wie es Ihm wohlgefiel, Sich uns zu offenbaren. Aber vergessen wir nicht, daß Gott ein für den Menschen unzugängliches Licht bewohnt, wo nur Gott als Gott zu Hause ist, wenn ich mich so ausdrücken darf, ein Licht, welches nur Gott eigen ist, mithin unzugänglich für das Geschöpf, welches endlich ist, Er aber ist unendlich für das Geschöpf, welches erforschlich ist, Er aber ist unerforschlich. Welchem Ehre sei und ewige Macht! Amen. Ich glaube nicht, daß diese Stelle Bezug hat auf die Tatsache, daß Gott nicht gesehen wird, weil Er ein Geist ist, was auch wahr ist, sondern vielmehr, daß dem Geschöpf als solchem Schranken gesetzt sind, die niemals von dem Endlichen (Geschöpf) überschritten werden können, selbst in alle Ewigkeit nicht. Denn dies würde bedeuten, Gott gleich zu werden, was selbstverständlich unmöglich ist.

K. O. St.

Antwort E

In unserem Leibe der Verweslichkeit und der Sünde nicht. „Du vermagst nicht, Mein Angesicht zu sehen, denn nicht kann ein Mensch Mich sehen und leben“ (2. Mos. 33,20) Antwortet der HErr dem Moses, der Sein Angesicht zu schauen begehrt. So ist es auch nur ein Anschauen Gottes in Form einer Vision, nicht aber von Angesicht zu Angesicht, wenn Jesaja „den HErrn sitzen sah auf hohem

1

Nach dem Urtext besser „ähnlich“. (Der Herausgeber.)

und erhabenem Throne“ (Jes. 6,1) oder Johannes den Sohn des Menschen in seiner Gottesherrlichkeit (Offenb. 1,10-16); und doch ist schon hier die Wirkung des Geschauten so vernichtend gewaltig, daß Jesaja sich verloren sieht und Johannes wie tot niederfällt. - Dennoch werden nach 1. Joh. 3,2 Gotteskinder Gott sehen, wie Er ist, aber erst zu der Zeit, wo sie „Ihm gleich“1 sein werden, d. h. wenn ihr Leib der Niedrigkeit umgestaltet sein wird zur Gleichförmigkeit mit Christi Leib der Herrlichkeit (Phil. 3,21) und ihre Herzen tadellos in Heiligkeit befestigt sind vor unserem Gott und Vater (1. Thessal. 3,13), „ohne welche niemand den HErrn schauen wird“ (Hebr. 12,14), denn nur „die Reinen im Herzen werden Gott schauen“ (Matth. 5,8).

1

Nach dem Urtext besser „ähnlich“. (Der Herausgeber.)

M. Fr.

Anmerkung des Herausgebers

Man hüte sich, diese und andere Stellen als Beleg anzuführen für die Lehrmeinung, daß wir Gott nicht sehen werden, höchstens Gott als Vater! Man wird die Erfahrung machen, daß diesem Dogma auch andere Schriftstellen entgegengehalten werden können, und zwar, wie oben bewiesen, mit einem gewissen Recht. - Die Stelle gibt unseres Erachtens keine Veranlassung, eine solche Lehre aufzustellen. Wer diese Lehre auf sie stützen zu können meint, der könnte auch versuchen, aus ihr zu beweisen, daß wir nicht unsterblich würden! Laßt uns stets so vorsichtig wie möglich umgehen mit dem Wortlaut von Schriftstellen!

Frage 29

Was heißt der „selige“ Gott? (1. Tim. 1,11; 6,15).

Antwort A

Es ist wunderbar, daß in diesem kurzen Briefe, in welchem achtmal das Wort Gottseligkeit vorkommt und mehrere Male von Gott als Heiland (Heiland - oder Retter-Gott) gesprochen wird, auch das Wort „selig“ in Verbindung mit Gott gebraucht wird.

Der in Sich Selbst glückselige Gott, der zu Seiner eigenen Glückseligkeit nichts von jemand bedarf, tritt in diesem Briefe vor uns nicht als Richter, sondern in der Offenbarung Seiner Gnade als „Retter-Gott“. Die Botschaft der Gnade wird das Evangelium der Herrlichkeit des seligen Gottes genannt. 1. Tim. 1,11. Aus diesem Evangelium, dessen Grundlage das Kreuz auf Golgatha ist, leuchtet der Glanz Seiner Herrlichkeit hervor. „Gott ist verherrlicht in Ihm“, so spricht der HErr im Blick auf Sein Sterben am Kreuze. Joh. 13,31.32. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Das griechische Wort bedeutet „glückselig“. Dies Wort in Verbindung mit Gott spricht von Seiner Allgenugsamkeit, die Ihn Sich Selbst genug sein läßt; Er ist in Sich Selbst, in Seinem Wesen - „Gott ist Geist“ (Joh. 4,24), „Gott ist Licht“ (1. Joh. 1,5), „Gott ist Liebe“ 1. Joh. 4,8) - vollkommen und glückselig. Er bedarf nicht, daß „Ihm vergolten werde“ (Röm. 11,35, vgl. Apg. 17,25). Er bedurfte weder der Engel noch der Welten, noch der Menschen. Er erschuf sie, um an ihnen Seiner Liebe Fülle zu offenbaren, denn Liebe ist Leben und will sich betätigen. Man betrachte hierzu das Wort Apg.

20,35: „Geben ist seliger als nehmen“ (vgl. Spr. 14,21b u. a. m.). Im 1. Timoth.-Brief steht, wie schon oben gesagt ist, das Wort in Verbindung mit der Herrlichkeit Gottes. Dazu bitten wir noch zu vergleichen Röm. 11,33-36: „Denn von Ihm und durch Ihn und für Ihn sind alle Dinge; Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“

Frage 30

Was sind die Blätter des Baumes, die zur Heilung der Nationen dienen? (Off. 22,2.)

Antwort A

Der Heilige Geist zeigt uns die himmlische Stadt in ihrer Beziehung zur Erde während des 1000-jährigen Reiches. Wir werden hier wieder mit dem Anfang der Schrift verbunden, auch dort finden wir den Baum des Lebens und Ströme. Doch sind Unterschiede da von wichtiger Bedeutung. In 1. Mose 2,11-14 finden wir vier Ströme, hier einen Strom. Wir wissen heute nichts von den zwei ersten Strömen. Die Flut nahm sicher manche Gestaltung der vorsintflutlichen Welt hinweg. Eden wurde hinweggenommen, aber diese beiden letzten Ströme Euphrat und Hiddekel (des Tigris) blieben, und diese sind mit mancher schmerzlichen Geschichte des Volkes Gottes verknüpft. An diesen Strömen wurden zwei der mächtigsten Städte des Altertums erbaut: am Tigris Ninive und am Euphrat Babylon. So finden wir die Ströme verknüpft mit den Mächten, die Gott zur Züchtigung für Sein ungehorsames Volk gebrauchte. Ninive war die Hauptstadt Assyriens, und dahin wurden die 10 Stämme gefangen geführt, und Babylon war die Macht, die Israel gefangen nahm. Diese Ströme also, die einst mit dem Garten Eden verbunden waren, wurden später die Vertreter der Macht der Menschen, die Gott als Geißel für Sein schuldiges Volk gebrauchte.

Dann finden wir in Eden zwei Bäume: den „Baum des Lebens“ und den „der Erkenntnis des Guten und Bösen“ (1. Mose 2,9). Was auch immer in dem Baume des Lebens dem Menschen dargeboten sein mochte, er sündigte, und derselbe hatte keinen Nutzen mehr für ihn; er hätte nur ein Leben der Sünde und des Elendes verewigen können. Die Versperrung des Weges zum Baum des Lebens durch den Cherub war deshalb mit dem Gericht zugleich eine Handlung des Erbarmens Gottes. Gottes Gedanken der Gnade sahen für den gefallenen Menschen bereits den Baum des Lebens auf dem Grunde der Gnade. Am Schlusse des Buches der Offenbarung haben wir nicht geteilte und verschiedene Ströme und nicht mehr zwei Bäume. Es ist ein Strom und ein Baum. Alles ist vergangen, was mit des Menschen Prüfung und Sünde und auch mit dem Gericht des Volkes Gottes verbunden war. Die Verse 1 und 2 zeigen uns die völlige Gnade regierend in Gerechtigkeit. Da ist kein Satan mehr, um zu verderben, und kein Cherub mehr, um den Weg zum Baum des Lebens zu versperren! Natürlich ist dies ein Bild von der Fülle des Lebens und des Segens, der durch die Stadt fließt. Die Früchte des Lebensbaumes sind eine ständige Equickung für die Heiligen, und seine Blätter sind ausdrücklich für die Heilung (nicht das Verderben) der Nationen; auch für sie hat die Gnade Vorsorge getroffen, und auch ihre Segnung kommt aus dem Lebensbaume, aber in Verbindung mit der Stadt. Gott hat bestimmt, daß Sein von den Nationen verachtetes und niedergetretenes Volk einst von diesen soll geehrt werden. (Jes. 60,12.)

Frei übs. n. Kell. „Rev.“ v. v. d. K.

 

Antwort B

Diese Stelle gehört in den Zusammenhang von Off. 21,9 bis 22,5. Das Ganze ist ein Gesicht vom 1000-jährigen Reiche, und zwar von zwei Gesichtspunkten aus, dem himmlischen und dem irdischen. Zwei Gesichte werden in dieser Stelle dem Johannes gezeigt: 1. das Weib des Lammes - die aus dem Himmel herniederkommende heilige Stadt, und 2. ein Strom von Lebenswasser, aus dem Throne Gottes kommend, und der Baum des Lebens usw., dessen Blätter für die Nationen sind. Wir ersehen hier die wunderbare Verbindung, die zwischen Himmel und Erde im 1000-jährigen Reiche bestehen wird. (Joh. 1,51.)

Beim Lesen der Offenbarung müssen wir uns bewußt sein, daß wir ein Buch vor uns haben, in welchem uns die göttlichen Offenbarungen nicht durch Worte, sondern durch Zeichen kundgetan sind. Er hat es „... Johannes gezeigt“ - d. i.: „Durch Zeichen kundgetan“ Off. 1,1.2. In Gesichten zeigt Gott in diesem Buche, was geschehen muß, wir dürfen deshalb solche nicht buchstäblich nehmen, es sind Zeichen von tiefem Inhalte. Wenn wir inmitten des Thrones ein „Lamm wie geschlachtet“ stehen sehen, (Off. 5), so dürfen wir es ebensowenig buchstäblich, nach irdischem Begriffe, nehmen wie in unserer Stelle einen Strom, einen Baum usw. Es sind Gesichte von tiefer Bedeutung.

In dem Throne sehen wir die Regierung Gottes im 1000-jährigen Reiche, und von diesen aus fließt ein Strom von Lebenswonne und Herrlichkeit durch die himmlische Stadt. (Ps. 36,8; 46,4.) Es ist nicht schwer, in dem Baume des Lebens Christus zu erkennen. Seine Früchte in ihrer Mannigfaltigkeit und Ständigkeit sind der Genuß der Erlösten, und Seine Blätter dienen zur Heilung der Nationen. Wir haben nicht die Einzelheiten des Gesichtes zu erklären, was die Blätter sind, wir lernen aus dem ganzen Gesicht. In Ihm, dem Baume des Lebens, ist Heilung für die Nationen vorhanden. Zugleich lernen wir, daß dies Gesicht sich nicht auf den Vollendungs- und Ewigkeits -Zustand bezieht, dann bedarf es keiner Heilung mehr, ebensowenig wie dann noch Nationen unterschieden werden.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist natürlich nicht gleichgültig, daß gerade von „Blättern zur Heilung“ geredet ist. Wir kennen in der Heilwissenschaft viele Blätter, welche Heilkraft in sich bergen, daher können wir es um so besser verstehen, wenn von „Blättern zur Heilung“ geredet wird, während die Früchte vom Baume des Lebens zur Nahrung dienen. Gewiß sind diese Ausdrücke Bilder; aber diese Bilder sind aus für uns verständlichen Gebieten hergenommen, und gerade dadurch hat Gott in Seiner Weisheit uns jene Dinge des 1000-jährigen Reiches wunderbar erklärt und verklärt.

Frage 31

Darf die Gemeinde auf Grund der Stelle 1. Kor. 5,5 offenbare Sünder dem Satan überliefern?

Antwort A

Was sagt Gottes Wort über diesen Gegenstand? Außer der in der Frage genannten Schriftstelle lesen wir von der gleichen Sache in 1. Tim. 1,20: „... unter welchen Hymenäus ist und Alexander, die ich dem Satan überliefert habe, auf daß sie durch Zucht unterwiesen würden, nicht zu lästern.“ Kein

dem Satan überliefert habe, auf daß sie durch Zucht unterwiesen würden, nicht zu lästern.“ Kein anderer Apostel als Paulus schreibt von solchem „dem Satan Überliefern“, und nirgends finden wir eine Anweisung an die Gläubigen, bezw. an die Gemeinde oder an irgend eine Versammlung, daß sie in der bezeichneten Weise Zucht üben solle, auch in 1. Kor. 5,3-5 nicht. Dort sagt der Apostel: „Denn ich ... habe schon als gegenwärtig geurteilt, den, der dieses also verübt hat, ... dem Satan zu überliefern ...“, nur stellt er hier die Ausübung dieser ihm als Apostel zustehenden Gewalt als dem Geiste nach in der Gegenwart der Versammlung zu Korinth und in Gemeinschaft mit ihr geschehen dar, weil es sich um einen Fall handelte, in welchem diese Versammlung hätte handeln sollen; er macht sich dieserhalb in der Sache eins mit ihr. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß er - nicht die Versammlung - diese besondere Zucht über den Schuldigen verhängt; den Korinthern aber sagt er: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus.“ (V. 13.)

Das war die Zucht, welche sie auszuüben hatten. Die Macht, einen Menschen „dem Satan zu überliefern“ zur Züchtigung (die jedenfalls in einer Krankheit des Leibes bestand, s. auch Hiob 2,6.7), war eine vom HErrn dem Apostel Paulus (nicht der Gemeinde) verliehene besondere Gewalt, die sich offenbar nicht hierauf beschränkte und die er auch an anderer Stelle erwähnt (s. 1. Kor. 4,21; 2. Kor. 10,8; 13,10).

Gewiß soll die Gemeinde auch Zucht üben, wenn ein Fall vorliegt, der solche erfordert. Auch hierfür enthält Gottes Wort die genaueren Anweisungen, wenn wir sie nur verstehen, und gerade 1. Kor. 5 enthält ein Beispiel und die bestimmte Weisung für die an einem Orte zusammenkommenden Gläubigen als Gesamtheit, wie sie mit einem „,Bösen“ handeln sollen. Andere, ebenfalls zu diesem Gegenstand gehörende, aber mehr für das persönliche Verhalten des Einzelnen gegebene Anweisungen haben wir in Matth. 18,15-18; Röm. 16,17; 2. Thess. 3,6-15; Tit. 3,10.11. Wie gesegnet würde es sein, wenn die hierin uns gegebenen göttlichen Anweisungen von uns allen mehr verstanden und sorgfältiger beachtet würden! Dann würde der innere Zustand mancher „Versammlung“ ein besserer und das Zeugnis der Welt gegenüber ein wirksameres sein und dem Schuldigen gewiß in manchem Falle geholfen werden, in welchem letzteres eben dadurch verhindert wird, daß andere in ihrem Verhalten dem Schuldigen gegenüber sich nicht nach den klaren und bestimmten Weisungen des Wortes Gottes richten. Der HErr wolle Gnade schenken, daß wir auch hierin gehorsamer und treuer werden!

Th. K.

Antwort B

Jede Schriftstelle muß im Zusammenhang betrachtet werden. Es handelt sich hier um einen Mann, der nicht im Augenblick der Unwachsamkeit, vom Feinde übermannt, fiel, sondern der in der Sünde verharrte und lebte. Wie ernst ist es doch: so tief kann ein Kind Gottes fallen! in eine Sünde, die selbst das Natürliche abstreift! Und wie verhielt sich die Gemeinde diesem gegenüber? Über allem Neid und Streit in ihrer Mitte und in ihrem Aufgeblasensein hatten sie das Bewußtsein ihrer VerAntwortlichkeit verloren und vergessen, daß sie Gottes Versammlung waren und der Heilige Geist in ihnen wohnte. Der Apostel klagt, daß sie nicht einmal Leid getragen hätten, um einen solchen aus ihrer Mitte zu entfernen. (V. 2.)

Zwar abwesend, aber in der Treue zu seinem HErrn, tritt er auf und ruft die Gemeinde zusammen. Er

beschließt, in der Stunde, wenn sie und er (im Geiste) versammelt sind, den Betreffenden „dem Satan zu übergeben usw.“ (V. 5.) Es ist seine Handlung (die er aber nicht ohne die versammelte Gemeinde tun will) und ohne Zweifel eine apostolische Handlung nach der Macht, die der HErr ihm, aber nicht uns, gegeben.

An diesen Fall anknüpfend folgen nun Belehrungen, die von höchster Wichtigkeit, aber in unseren Tagen leider fast vergessen sind. Es ist köstlich zu sehen, wie er sie belehrt. Er führt sie hinauf auf die Höhe, was sie in ihrer Verbindung mit Christo sind: „ihr seid ungesäuert“! Wie konnte dann Sauerteig in ihrer Mitte sein! Mußte ein solches Wort nicht die Scham hervorrufen? Sie, die sich für klug hielten (3,18; 4,10), fragt er: „Wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert?“ Sie waren ungesäuert, denn „Christus, unser Passah, ist geschlachtet“. Von der Stunde an, wenn das Passah geschlachtet war, durfte in der Mitte des Volkes Gottes kein Sauerteig gefunden werden. Konnten Passah und Sauerteig zusammen sein? Wer mit Sauerteig in Verbindung stand, „es isset“, dessen Seele sollte ausgerottet werden (2. Mos. 12,15.19). Israels Passah ist nur ein Schatten von „unserem Passah, Christus“. Wenn Gott schon bei dem Schalten ein solches Hinaustun forderte, wievielmehr bei unserem Passah! Waren sie nicht Gottes Gemeinde, wie Israel Gottes Volk war? Wie konnten sie dann Sauerteig in ihrer Mitte dulden?! Das Volk Israel mußte in Übereinstimmung mit dem Passah sein, und wir müssen in Übereinstimmung mit unserem Passah sein. Wir können nicht Festfeier halten mit dem Sauerteig in unserer Mitte, es wäre eine Verleugnung des Passah - eine Verleugnung des Todes Christi - ein Vereinen von Passah und Sauerteig, auf welches Gott den Fluch gelegt hat. Entspricht die Gemeinde dieser ihrer VerAntwortlichkeit nicht, so gibt sie ihren Charakter als Gottes Gemeinde, in deren Mitte Christus ist, der mit Sauerteig nicht verbunden sein kann, auf.

Der Heilige Geist sagt der Gemeinde und allen, die an jedem Orte den Namen des Herrn Jesu anrufen (1.Kor. 1,2): „Tuet den Bösen von euch selbst - aus eurer Mitte - hinaus“ (5,2 und 13). Es ist nicht das Hinaustun eines von einem Fehltritt Übereilten oder eines im Augenblick der Unwachsamkeit gefallenen (für alle diese Fälle gibt uns das Wort Anweisungen), sondern das Hinaustun des „Bösen“, der diesen Charakter eines „Bösen“ durch das Verharren und Leben in der Sünde trägt. Zucht ist eine ungemein schmerzliche Sache, die nur unter Leidtragen und Demütigung der Versammlung geschieht. Da gibt es keine Rücksichtnahme. David wollte von Absalom das Gericht abwenden, aber Gott handelte über David hinweg, und auch David mußte ernten, was er säte. Sind wir nicht treu, der HErr ist treu, Er kann Sich nicht verleugnen noch in Seinem Charakter verändern.

Der Apostel konnte dem Satan überliefern zum Verderben des Fleisches usw., wir haben hinauszutun, weil wir den Namen des HErrn anrufen und diesen nicht mit geduldeter Sünde in unserer Mitte verbinden können. Wenn wir treu sind, so wird das in Vers 2 Gesagte stattfinden: wir werden leidtragen und, wenn alle Bemühungen der Liebe und des Zurechthelfens vergeblich sind, den Bösen hinaustun. Es ist ein Akt der Treue gegen den HErrn und Seinen Namen, der im Bewußtsein der eigenen Schwachheit und des eigenen Fehlens in der Furcht des HErrn geschieht. Es ist nicht ein dem Satan Überliefern zum Verderben, sondern vielmehr ein Hinaustun aus der Mitte und ein Niederlegen der ganzen Sache vor den HErrn, daß Er jetzt weiter mit einem solchen handle, nachdem alle Bemühungen des Zurechtbringens von unserer Seite vergeblich waren. Es ist möglich, daß in solchen Fällen der HErr dem Satan Raum gibt, einen solchen anzutasten. Es ist furchtbar, in Satans Hand um der Sünde willen zu kommen; es ist etwas anderes, wenn man um der Bewahrung willen Satans Faust fühlt (2. Kor. 12,7-9)!

Faust fühlt (2. Kor. 12,7-9)!

Als Gott David dreierlei vorlegte (2. Sam. 24,12-14), da wünschte er die Züchtigung durch „Jehovas Hand“ zu empfangen, und er flehte: „In die Hand der Menschen laß mich nicht fallen“, aber in Satans Hand zu fallen und unter der Züchtigung durch Satan lernen zu müssen ist eine schmerzliche Schule. Hier in der Fleischessünde (1. Kor. 5) wurde dem Mörder und Verderber Raum gegeben, das Fleisch zu verderben. In einem anderen Falle wurden einige dem Satan preisgegeben, um durch Zucht unterwiesen zu werden, nicht zu lästern (1. Tim. 1,20): Gottes Zucht durch Satans Hand vermag in ihrer Furchtbarkeit und Pein, auch Lästerzungen stumm zu machen und Lasterleben aufhören zu lassen. Möchten wir uns von Seinen Augen leiten lassen, daß Er nicht genötigt sei, uns Zaum und Zügel anzulegen (Ps. 32,8.9), daß wir nicht gerettet werden „wie durch Feuer“, „sondern vollen Lohn empfangen“ (1. Kor. 3,15; 2. Joh. 8).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir sind dem HErrn dankbar für diese ebenso klaren wie tiefernsten Belehrungen und Ermahnungen; möchten sie uns allen einen wirklichen Dienst tun!

Zur Sache noch ein Wort: Sicherlich ist in der Tat des Paulus etwas durchaus Einzigartiges, Apostolisches zu sehen, das in dem ganzen Umfang seiner Bedeutung der Gemeinde nicht zukommt! Das wollen wir festhalten! Aber in gewisser Weise übergibt die Gemeinde durch Hinaustun eines aus ihrer Mitte diesen auch dem Satan, besser gesagt: dem Machtbereich Satans. Die Welt außerhalb der Versammlung ist Satans Machtgebiet, Ein unter Zucht stehendes, ausgeschlossenes Kind Gottes hat nicht mehr Teil an den Zusammenkünften der „Hausgenossen Gottes“ und darum nicht an deren Segnungen, es muß vielmehr in einer gottfeindlichen Luft leben, ganz besonders ausgesetzt allen Streichen seitens derer, die in Satans Gefolgschaft bewußt oder unbewußt sich befinden! Wie ernst ist auch schon ein solcher Ausschluß, dieses letzte Mittel zum Zurechtbringen eines in der Sünde Verharrenden, „der Bruder genannt wird“ (V. 11). Und wenn dies auch nicht an jene Handlungsweise des Apostels heranreicht, so ist es doch immerhin ernst genug, um uns zu warnen vor übereilten Schritten in dieser Hinsicht. Doch laßt uns auch nicht vergessen, daß der HErr unter gegebenen Umständen einen solchen Schritt von uns erwartet!

Gruß an den Leser:

Gott hat unsnicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.“ 2. Tim. 1,7.

Vorbemerkungen:

Die Vorbemerkungen seit Heft 3/4 behalten im wesentlichen fortdauernde Gültigkeit!

Dieses Heft ist als Doppelnummer erschienen; und während, wie wir hoffen, auch das nächste ein Doppelheft sein wird, wird dem Dezemberheft, so Gott will, ein vollständiges Schriftstellen-Verzeichnis des ganzen Jahrgangs beigegeben werden.

Verzeichnis des ganzen Jahrgangs beigegeben werden.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Was ist die Macht und was oder wer der Engel in 1. Kor. 11,10?

b) Welche Bewandtnis hat es mit der in Heft 5 bei Frage 20 genannten griechischen Bibelübersetzung („Septuaginta“), u. a. im Hinblick auf die Inspiration der Schritt? (2. Tim. 3,16.)

c) Handelt es sich bei Matth. 27,52.53 um eine Auferstehung zur Herrlichkeit oder um eine Auferstehung zum Weiterleben im Fleisch? (vgl. Joh. 11,43-44)?

d) Was bedeutet das Erfassen der Hörner des Altars im Alten Bunde? (vgl. 1. Kön. 1,50f. und 2,28f.)

e) Wie verhalten sich die Worte Phil. 1,23 („bei Christo sein“) zu Joh. 6,39.40.44 („auferwecken am letzten Tage“)?

f) Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu geben haben? (nach Röm. 14,10-12.)

g) Sind nach der Schrift nur gläubig Getaufte berechtigt, teilzunehmen am biblischen Abendmahl (vgl. Apgesch. 2,42; 20,7; 1. Kor 11,23ff.), oder ist dasselbe für jedes Kind Gottes?

h) Warum nennt sich Paulus eine „unzeitige Geburt“? (1.Kor.15,8.)

i) Wie verhält es sich in Eph 2,8 mit dem Glauben? Er kann doch nie eine Gabe Gottes sein, sonst könnten Unbekehrte Gott Vorwürfe machen. Der Glaube kommt doch aus der Predigt! Röm. 10,17.)

k) Was heißt „im Namen Jesu beten“? (S. z. B. Joh. 15,16.)

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 32

Was ist Weissagen im vollen Sinne des Wortes? (nach 1. Kor. 14,3.24.25.)

Antwort A

Meyer1 sagt: „Weissagen in der religiösen Auffassung ist die durch übernatürliche Eingebung bewirkte und durch den Erfolg bestätigte Vorherverkündigung einer zufälligen künftigen Begebenheit.“ - Dieser Begriff würde sich mit dem Alten Testamente decken, wenn man für „übernatürliche Eingebung“

1

Im Konversationslexikon. (Der Herausgeber.)

„Mitteilung Gottes“ setzt und „zufälligen“ streicht.

1

Im Konversationslexikon. (Der Herausgeber.)

Im Neuen Testament ist der Gedanke an die Zukunft nicht ausgeschlossen, aber auch nicht vorherrschend. Weissagen bezieht sich auf beides. Ich glaube, Paulus versteht darunter die Verkündigung des „Geheimnisses“, d. i. des „Ratschlusses Gottes“, welcher früher verborgen war, durch den HErrn Selbst, aber dann durch die Apostel der „Kirche“ oder „Gemeinde“, kundgetan worden ist. Dies kennzeichnet insonderheit den Dienst Pauli. Er zeigt uns nicht allein unsere Errettung, sondern den Tempel Gottes, den Leib Christi und dann unser Teil in Verbindung mit dem Auferstandenen im Hause des Vaters; er zeigt uns die weitere Ausführung des Vorsatzes Gottes, daß Gott „alles unter ein Haupt zusammenbringen wird in dem Christus“, und daß schließlich „auch der Sohn Selbst Dem unterworfen sein wird, der Ihm alles unterworfen hat, auf daß Gott alles in allem sei“ (vergl. Offenb. 21,1-3). Den Ephesern sagte Paulus: „Ich habe nicht zurückgehalten, euch den ganzen Ratschluß Gottes zu verkündigen,“ und den Korinthern schrieb er: „... daß ihr in allem reich gemacht worden seid, in allem Wort und aller Erkenntnis.“

Nun, dieses zu verkündigen ist weissagen.

Th.

Antwort B

Weissagen ist immer die Mitteilung einer Offenbarung (s. 1. Kor. 14,30), sei es, daß der Weissagende selbst den Sinn derselben versteht, mehr oder weniger (s. z. B. Joh. 12,38-41; 1. Petri 1,10-12), oder daß er unbewußt lediglich als Werkzeug dient, wie dies z. B. in Joh. 11,49-51 der Fall ist.

Wenn von Weissagung die Rede ist, denken wir in erster Linie an die Offenbarung von Dingen, die zur Zeit ihrer Mitteilung noch zukünftig sind, wie wir solche im Alten Testament, dann in den Evangelien seitens unseres HErrn Selbst und besonders auch in der Offenbarung Johannes, ferner aber auch in verschiedenen Briefen finden (z. B. 1. Kor. 15,51.52; 1. Thess. 4,14-17; 1. Tim. 4,1-3; 2. Tim. 3,1-5; 2. Petri 3,3.4.7.10.12). Das ist Weissagung, wie sie 1. Petri 1,10.11 und 2. Petri 1,21 gemeint ist. Von solchen Weissagungen, durch welche dem bis dahin vorhandenen Worte Gottes eine neue Offenbarung Gottes hinzugefügt wurde, war die Offenbarung Johannis die letzte. Seit dieser hat es weder eine solche wieder gegeben noch wird es je solche wieder geben, weil das Wort Gottes - diese wunderbare Offenbarung Gottes - vollendet ist in jeder Beziehung, sei es in bezug auf das Gesetz (s. 5. Mose 4,1-6 und 12,32) oder in bezug auf die Ratschlüsse Gottes (s. Kol. 1, 25.26 und Apgesch. 20,27) oder in bezug auf die Regierung Gottes mit und auf dieser Erde (s. Offenb.22,18). - Voraussagende Weissagung finden wir auch in Apgesch. 11,28 und 21,4.11. Diese trägt indessen einen anderen Charakter als die vorerwähnte und kann infolgedessen auch noch vorkommen, wiewohl es gut ist, angeblichen Weissagungen dieser Art immer mit Vorsicht zu begegnen.

Es gibt aber noch eine andere Art von Weissagung, und das ist die im 1. Korintherbrief erwähnte. Diese Weissagung oder „Prophezeiung“ ist nach 1. Kor. 12,1-11 eine der verschiedenen Gnadengaben, durch welche der in den Gläubigen wohnende Heilige Geist Sich offenbart, kundtut oder betätigt. Von diesem Weissagen ist im erwähnten Briefe auch in Kap. 11,4.5 und 13,2.8.9, besonders aber auch in Kap. 14 die Rede. Wie wir dort aus V. 3.4.12.24.25 und 31 leicht ersehen können, ist dieses Weissagen ein Reden, durch welches die Zuhörer erbaut, ermahnt, ermuntert, getröstet, überführt und belehrt werden. Es ist also ein durch den Heiligen Geist gewirktes, lediglich

auf dem Worte Gottes beruhendes Kundtun des Willens oder der Ratschlüsse oder der Gedanken und Absichten Gottes. Dessen bedürfen die Gläubigen selbstverständlich zu allen Zeiten, weshalb es auch die in 1. Kor. 12,28.29; 14,29.32 und Eph. 4,11 erwähnten „Propheten“ immer gegeben hat, gibt und geben wird, solange die Heiligen der „Vollendung“ bedürfen und der Leib Christi die „Auferbauung“ nötig hat, also solange die Gemeinde sich hienieden befindet, wie Eph. 4, 11-16 uns klar sagt. - Nach 1. Kor. 14 geschieht dieses Weissagen in der „Versammlung“ (s. V. 3.4.12.23-33), also wenn Kinder Gottes zusammenkommen, sei es, daß sie zur Anbetung versammelt sind und hierbei ein Bruder oder mehrere Brüder durch Vortrag dienen, oder daß sie zur gemeinsamen Besprechung des Wortes Gottes beisammen sind oder sonstwie. Wie der in 1. Kor. 14 mitgeteilte Charakter und Zweck dieser Weissagung ohne weiteres erkennen läßt, ist diese Weissagung von größter Wichtigkeit für uns. Deshalb werden wir ermuntert, um sie zu eifern (1. Kor. 14,1), und ermahnt, sie nicht zu verachten (1. Thess. 5,20). Unser HErr wolle uns auch hierin Gnade darreichen!

Th. K.

Antwort C

Weissagen ist einerseits das Voraussagen zukünftiger Dinge, andererseits die Offenbarung der Gedanken und Mitteilungen Gottes. Der Prophet war der Mund Gottes (Apg. 3,18). Wir haben in der Schrift die Propheten des Alten Bundes und die Propheten, die Gott der Gemeinde gegeben hat: Er hat in der Gemeinde gesetzt 1. Apostel, 2. Propheten usw. (1. Kor. 12,28; Eph. 4,11). Die Apostel und Propheten hatten einen grundlegenden Dienst. Die Gemeinde ist auferbaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten (Eph. 2,20). Wir haben hier nicht an die Propheten des Alten Bundes zu denken. Ihnen war das Geheimnis der Gemeinde verborgen, wie es jetzt den Aposteln und Propheten offenbart ist (Eph. 3,5). (Die Reihenfolge ist nicht „Propheten und Aposteln“.) Die Apostel und Propheten legten die Grundlage des neuen Baues, der Gemeinde. Gott richtete etwas ganz Neues durch sie auf. Natürlich sind nicht die Apostel, sondern Christus der Grund und Christus der Eckstein. Aber die Apostel und Propheten gaben nicht bloß Belehrungen, sondern sie legten in göttlicher Autorität Grenzen und Umfang des Baues - der Gemeinde - fest. Über diese durch sie gelegte Grundlage darf niemand hinausgehen. Heute haben wir die Apostel und Propheten in dem vollendeten Worte, aber nicht mehr in lebenden Personen. Sie waren grundlegend und wurden weggenommen und finden keine Fortsetzung, weil nicht zweimal Grund gelegt werden kann; und mit ihnen ist auch die Vollendung des inspirierten Wortes verbunden (Kol. 1,25.) Ich muß dies vorausschicken, um klar zu zeigen, daß wir beim Lesen des 1. Korintherbriefes Apostel und Propheten in ihrem grundlegenden Dienst finden zu einer Zeit, wo die Schrift noch nicht vollendet war und wir deshalb solchem begegnen, was wir heute nicht haben, z.B. grundlegenden Offenbarungen.

Wir finden in diesem Kapitel 14 einen Unterschied zwischen „Propheten“ und „weissagen“. Paulus spricht von Aposteln, von Propheten und auch von solchen, die weissagen. Kap. 12,29 fragt er: Sind alle Propheten? Sicher nicht. Aber hier (14,1) ermahnt er alle, sich auszustrecken zu weissagen: „Eifert ... daß ihr weissagt.“ „Brüder, eifert danach zu weissagen“ (V. 39, auch 24). Wenn der Apostel wünscht, daß alle weissagen und danach eifern sollen, so glaube ich nicht, daß hier die Propheten-„Gabe“ gemeint ist, sonst wären ja die Verschiedenheiten der „Gaben“, die gerade den Dienst aller Gaben notwendig machen, aufgehoben. Wohl sollen wir, wie um „weissagen“, auch um die „geistlichen Gaben“ eifern, und der HErr kann in dem Geben einer oder mehrerer Gaben einem

die „geistlichen Gaben“ eifern, und der HErr kann in dem Geben einer oder mehrerer Gaben einem solchen Verlangen entsprechen. „Vielmehr aber“ (Vers 1) zeigt uns, daß es sich hier bei „weissagen“ um etwas anderes als um eine „geistliche Gabe“ handelt. Es ist das Wirken Gottes in der Seele, das Aussprechen dessen, was man von Gott Selbst empfangen hat - das Mitteilen der Unterweisungen, die das eigene Herz in der Nähe des HErrn vom HErrn empfing. Dazu bedarf es keiner besonderen „Gabe“, aber es bedarf des geistlichen Sinnes - des „geistlich“-Seiens (1. Kor. 2,15). Die Ermahnung ist, zu „eifern“, so in des HErrn Nähe zu sein, um Seine Gedanken zu empfangen. Wenn solche zur rechten Zeit und am rechten Orte mitgeteilt werden, so wird die Wirkung Erbauung, Ermahnung und Tröstung sein.

Weissagen finden wir in Verbindung mit Männern und Weibern. Gottes Gegenwart und Gottes Gedanken werden niemand vorenthalten, der danach eifert, sie zu empfangen. Aber Er, der Seine Gedanken offenbart, hat auch das Recht, zu bestimmen, wann, wo und wie sie mitgeteilt werden sollen. Und Er hat dem Weibe den öffentlichen Platz nicht bestimmt.

So glaube ich, ist weissagen in 1. Kor. 14 das Aussprechen dessen, was man selbst von Gott empfangen hat als eine Unterweisung des eigenen Herzens in der Gemeinschaft mit Ihm. Wenn solches der versammelten Gemeinde ans Herz gelegt wird, so wird auch ein Ungläubiger, wenn er hereinkommt, Gottes Kraft spürbar empfinden, sein Gewissen wird erreicht werden, so daß er anerkennen muß: Gott ist da (V. 23-25). Wie wichtig ist die Ermahnung heute für uns: „Strebet nach der Liebe - eifert, daß ihr weissaget!“ Hat die Liebe unser Herz erfüllt, so wird das Wohl der Gemeinde uns anliegen, und wir werden eifern nach dem, was zur Auferbauung dient. Wer weissagt, erbaut die Versammlung (1. Kor. 14,4).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es liegen in den vorstehenden Antworten Gegensätze, indem die eine Propheten in der Gegenwart als vorhanden, die andere sie als nicht vorhanden ansieht. Wir bitten unsere Leser, an der Hand der Schrift zu prüfen, wie es Wahrheit ist. Vielleicht werden manche mit uns zu dem Ergebnis kommen, anzuerkennen, daß im Epheserbrief von Propheten in grundlegender Hinsicht geredet ist, daß aber im Korintherbrief von Propheten als von in prophetischer Weise Redenden gesprochen wird. Die Schwierigkeit kommt daher, weil in allen Fällen das griechische Wort dasselbe ist; erst der Zusammenhang, in dem es im Einzelfall steht, macht klar, wie es gemeint ist. Und in dieser Hinsicht ist der Unterschied zwischen 1. Kor. 12-14 und Eph. 4 zu beachten: In letzterem handelt es sich um die Auferbauungde Leibes. Zur Auferbauung gehört aber eine Grundlage, und von dieser ist Kap. 2 die Rede: Die Propheten, d. h. die des Neuen Testamentes (vgl. 3,5), gehören mit zu dieser Grundlage. In 1. Kor. 12-14 aber handelt es sich um die verschiedenen Geistes- oder Gnadengaben und -dienfte und Geisteswirkungen in bezug auf den Dienst, zunächst innerhalb der einzelnen Versammlung. Hier ist die Weissagung, besser (wörtlich) „prophetische Rede“, allen empfohlen, da durch sie Erbauung bewirkt wird, und die dort genannten Propheten sind solche, die an diesem Dienst teilhaben, also mit prophetischer Rede Begabte sind; und diese sollen stets bleiben!

Frage 33

Welche Bedeutung hat der Ausdruck: mit Heiligem Geiste „taufen“? Geschah es einmal zu Pfingsten, oder wird jeder Christ mit Heiligem Geist getauft? (Matth. 3,11; Apgsch. 1,5; 11,16; 1. Kor. 12,13.)

Antwort A

Aus dem Worte Gottes sehen wir, daß vor jenem wunderbaren Pfingsten der Gläubigen verheißen war, daß sie mit Heiligem Geiste getauft werden sollten (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16; 24,48.49; Apg. 1,4.5), dann, daß diese Verheißung zu Pfingsten erfüllt wurde und, wie es 1. Kor. 12,13 heißt, in einem Geiste „alle zu einem Leibe getauft“ und „alle mit einem Geiste getränkt“ wurden (Apg. 2,1-4), und danach, daß die, welche gläubig wurden, den Heiligen Geist empfingen, bezw. daß denen, die glauben werden, die Zusage gemacht ist, daß sie den Heiligen Geist empfangen werden (Apg. 2,38; 10,44-46; 15,8.9; 19,2-6; auch Joh. 7,39). Weiterhin finden wir, daß den Gläubigen der Heilige Geist gegeben ist, bezw. daß sie denselben empfangen haben (Röm. 5,5; 8,15; 1. Kor. 2,12; Gal. 4,6; 1. Thess. 4,8), daß der Heilige Geist in den Gläubigen wohnt (Röm. 8,9-11; 1. Kor. 3,16; 6,19; 2. Tim. 1,14) und daß die Gläubigen durch den Heiligen Geist versiegelt sind und Derselbe ihnen als Unterpfand gegeben ist (2. Kor. 1,22; 5,5; Eph. 1,13.14; 4,30).

Nirgends finden wir, daß der einzelne Gläubige mit Heiligem Geiste getauft werde oder daß die Taufe mit dem Heiligen Geiste, von der das Wort spricht, eine wiederholte Sache sein solle, sondern wir finden, wie obige Schriftstellen zeigen, daß die Taufe mit dem Heiligen Geiste einmal - zu jenem Pfingsten - geschehen ist, wodurch zunächst alle damals lebenden Gläubigen zu

einem Leibe zusammengefügt wurden, und daß alle die, welche nach jenem Zeitpunkte gläubig geworden sind, den Heiligen Geist empfangen haben und dadurch dem einen Leibe hinzugefügt und unlöslich mit demselben verbunden worden sind. So ist es auch jetzt und fernerhin.

Das ist die einfache Lehre des Wortes Gottes über diesen Gegenstand, wenn wir das Wort mit unterwürfigem Herzen und Verständnis von oben lesen. Dank sei unserem Gott und Vater und unserem Heiland und HErrn für die wunderbare und unschätzbare Gabe, von der wir in Vorstehendem sprechen durften!

Th. K.

Antwort B

Die Taufe in oder mit dem Heiligen Geist wird insgesamt siebenmal im Neuen Testament erwähnt, viermal prophetisch, nämlich Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk.3,16; Joh. 1,33. In den ersten drei Fällen spricht Johannes der Täufer aus sich selbst heraus: „Er wird euch mit (in) dem Heiligen Geist taufen.“ An der vierten Stelle führt er die Worte Dessen an, der ihn gesandt hat: „Auf den du sehen wirst den Geist herabfahren und auf Ihm bleiben, der ist es, der in dem Heiligen Geist taufet.“ Dann haben wir in der Apostelgeschichte die Worte unseres HErrn Selbst - einmal direkt Kap. 1,4.5: „Ihr sollt in dem Heiligen Geiste getauft werden nicht lange nach diesen Tagen.“ Ferner wird darauf hingewiesen in Kap. 11,16 - bei dem, was dem Kornelius und seinen Freunden vor einigen Tagen begegnet war. Dies können wir die historische Anwendung des Ausdrucks nennen, wie nämlich jüdische Gläubige zu Pfingsten und heidnische Gläubige zu Cäsarea im Heiligen Geist getauft worden sind. Dann haben wir das, was wir die lehrhafte Anwendung des Ausdruckes nennen können - den einzigen ausdrücklichen Hinweis der Epistel auf die Taufe im Geist (1. Kor.

Hinweis der Epistel auf die Taufe im Geist (1. Kor.

12,13). Also Johannes der Täufer sagt sie voraus, der auferstandene HErr gewährt sie, und der Apostel Paulus weist darauf hin als auf eine Erfahrung, die alle Gläubigen durchgemacht hatten. „In einem Geist sind wir alle in einen Leib hineingetauft und mit einem Geist getränkt worden“ (1. Kor. 12,13). Wenn es im Neuen Testament Glieder einer Gemeinde gab, die es wegen ihres sittlichen Tiefstandes nötig gehabt hätten, die Taufe im Heiligen Geist zu suchen, falls überhaupt eine solche Erfahrung etwas von den Gläubigen zu Suchendes gewesen wäre, so waren es die in Korinth; aber gerade an diese Gemeinde schreibt der Apostel: „Ihr seid der Tempel des Heiligen Geistes.“ „Wir sind alle in einem Geist in einen Leib hineingetauft worden.“ Gewiß war der Geist tief betrübt worden durch ihre Zwistigkeiten, ihren sittlichen Verfall, ihre falschen Lehren und Gemeinheiten, und sie bedurften jedenfalls der Ermahnung, „sich von aller Fäulnis des Fleisches und Geistes zu reinigen“, so daß der Geist sie unbehindert erfüllen könnte, aber sie waren doch alle „in Ihn hineingetauft“ trotz aller ihrer Verfehlungen. Ein christlicher Freund sagte: „Es ist nur ein Streit um Worte.“ Es ist sehr wahrscheinlich, daß viele, die falsch lehren, es richtig meinen; (doch haben wir nichtsdestoweniger die Verpflichtung, „festzuhalten an der Form gesunder Worte“,1 und niemals mehr als heutzutage, wo die unsichere Lehre zu Anmaßung und unbiblischem Verhalten führt.) Aber wenn man lehrt, daß die Gläubigen die „Taufe im Geist“ als eine Erfahrung nach der Bekehrung suchen sollen, so ist das mehr als eine Wortfrage. Damit leugnet man tatsächlich, daß der Heilige Geist persönlich zu Pfingsten gekommen ist; damit gibt man das echte Kennzeichen der gegenwärtigen Zwischenzeit auf: einen immer innewohnenden Geist, gegeben von einem in Herrlichkeit emporgestiegenen Menschen. Nichts anderes macht uns wirklich zu Christen, als daß wir durch einen Geist in einen Leib hineingetauft worden und so mit der ganzen Gemeinde, die der Leib Christi ist, Glieder dieses Leibes geworden sind.

1

2. Tim. 1,13! (Der Herausgeber)

Aus d. Engl. übersetzt von P. H.

Antwort C

Nur sieben Stellen finden wir in der Schrift, die von der Taufe mit Heiligem Geiste reden (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16; Joh. 1,33; Apgesch. 1,5 und 11,16; 1. Kor. 12,13). Wir sind deshalb auch besonders an diese Stellen gebunden, um Licht über Taufe mit Heiligem Geiste zu empfangen. Die sechs ersten Stellen weisen alle auf das Pfingstereignis hin, dagegen empfangen wir in der letzten Stelle göttliche Belehrung, daß die Taufe mit Heiligem Geiste die Bildung des Leibes Christi ist: „In einem Geiste sind wir alle zu (eis) einem Leibe getauft worden“ (1. Kor. 12,13), und dies geschah, wie der HErr kurz zuvor sagte: „Nach nunmehr nicht vielen Tagen.“ Weitere Belehrungen über Getauftsein in Heiligem Geiste gibt die Schrift nicht; und wenn die Schrift keine anderen Gedanken damit verbindet, welches Recht haben wir, dies zu tun?

So wenig wie sich die Bildung des einen Leibes wiederholen kann, so wenig kann sich die Taufe mit Heiligem Geiste wiederholen. Wir finden deshalb auch niemals in der Schrift auch nur die Andeutung einer Wiederholung oder einer Ermahnung an Gläubige, „ihr Pfingsten zu suchen“ oder nach „der Geistestaufe sich auszustrecken“. Alle Gläubigen sind eben zu einem Leibe hin getauft, von dem Christus das Haupt ist.

Es ist manchmal, und ich glaube mit Recht, die Taufe mit Heiligem Geiste mit dem Akte einer

Familiengründung verglichen worden; sie ist die Gründung der Gemeinde, der Familie, die der Leib Christi ist. Der Eheschluß ist der Akt der Gründung eines neuen Hauses - einer neuen Familie. Die Familie wächst - das Haus erweitert sich, nicht aber wird mit jedem Kinde der Eheakt neu vollzogen. Durch die Geburt ist das Kind mit jenem einmaligen Eheakte verbunden und der Familie hinzugetan. So nahm mit der Taufe des Heiligen Geistes die Bildung des Leibes ihren Anfang, und jedes neugeborene Kind Gottes ist durch das Empfangen des Heiligen Geistes mit jenem Pfingsttagsereignis verbunden und mit allen zu dem einen Leibe hin getauft. Es ist eine vollendete Tatsache, in welcher selbst die zu jener Zeit fleischlich wandelnden Korinther mit eingeschlossen waren, und welches nicht etwa das Teil der besonders Geförderten war (12,13).

Man mag hiergegen einwenden, daß wir in der Apostelgeschichte noch gar nicht die Gemeinde als den Leib Christi haben. Sicher haben wir da nicht ihre volle Entfaltung. Dazu benutzte der HErr später besonders Paulus. Die Apostelgeschichte zeigt uns die Übergangszeit. Wenn auch die Entfaltung und Offenbarung des Leibes Christi eine allmähliche, stufenweise war, so war nichtsdestoweniger in der Taufe mit Heiligem Geiste der Anfang des Baues da, von dem der HErr gesagt: „Auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen“ (Matth. 16,18). Und obgleich die Gemeinde im Anfang nur Juden, dazu (später) Samariter umschloß, so wird sie doch in ihrem „Leib“-charakter, in ihrer Einheit mit dem himmlischen Haupte, vom HErrn Selbst anerkannt, indem Er sagte: „Saul, Saul, was verfolgst du „Mich“?“ Mit der Bekehrung des Cornelius (Apgesch. 10) wurden dann später auch die Nationen „Mit-Leib“ (Eph. 3,6). Es gibt nur einen Leib, und wenn wir die volle Entwickelung und Offenbarung auch erst später finden, so gibt uns das kein Recht, seine Existenz vorher zu verleugnen. Die Gemeinde nahm ihren Anfang mit der Taufe mit Heiligem Geiste: „In einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Heiden.“ Die Personen im Anfang der Apostelgeschichte sind dieselben, die wir später in den voll entwickelten Gemeinden finden. In der Apostelgeschichte haben wir deshalb die Gemeinde nicht in ihrer vollen Entwickelung, sondern in ihrer Bildung, gleichsam in der Knospe; in der Knospe ist aber die ganze Blüte enthalten!

Noch einiges über diesen wichtigen Gegenstand, über welchen so viel Verwirrung angerichtet worden ist. Nicht wenig hat dazu beigetragen., daß zwischen empfangen“ und „Taufe“ des Heiligen Geistes kein Unterschied gemacht wurde. Die Schrift spricht oft vom „empfangen“, aber wenig vom „Getauftwerden“. Es ist nicht ein und dasselbe. Wenn die in den Ausdrücken so göttlich genaue Schrift so grund- und sinnverschiedene Worte gebraucht, so sollten wir sie nicht als gleichbedeutend behandeln, so nahe sie auch zueinander in Beziehung stehen mögen.

„Empfangen“ bezieht sich auf den Geist als Gabe, den wir empfangen, nachdem wir gläubig geworden sind (Apgesch. 19,2 und Eph. 1,13). Es ist etwas Persönliches, Einmaliges. Der einzelne empfängt die Gabe, den Heiligen Geist. „Taufe“ mit Heiligem Geist bezieht sich auf die Handlung des HErrn am Pfingsttage (die aber in ihrer Wirkung und Ausdehnung bleibend bis heute ist); sie ist die Bildung des Leibes Christi, sie geschieht an der Gesamtheit. Eine Handlung, die sich nicht wiederholt, aber alle berührt und in sich birgt, die in der gegenwärtigen Periode den Heiligen Geist empfangen. Wenn jemand gläubig wird und den Geist empfängt, ist er durch den Geist mit jener Taufe am Pfingsttage verbunden, denn in einem Geiste sind wir alle zu (eis) einem Leibe hin getauft. Ein Leib ist da, und wir sind mit einverleibt - „Mit-Leib“ (Eph. 3,6). Jetzt gibt es kein Einzel-„für sich“-stehen der Gläubigen mehr. Kein Kind Gottes kann sich abschließen. Vor dem Pfingsttage standen die Gläubigen einzeln in der Welt, (Israel war wohl ein Volk, aber nicht ein Leib). Nach Pfingsten sind alle Gläubigen in einem Geiste zu einem Leibe, zu einem Organismus vereinigt, von dem Er das Haupt

Gläubigen in einem Geiste zu einem Leibe, zu einem Organismus vereinigt, von dem Er das Haupt ist. Jedes Alleinstehen für sich, jede Parteistellung, jedes Verbundensein mit der Welt ist ein Verleugnen dieses Organismus, ein Verleugnen der Einheit des Leibes, ein Verleugnen der Taufe mit Heiligem Geiste. Es hieße wieder zum alttestamentlichen Stande zurückkehren zu wollen, welches unmöglich ist.

Am Pfingsttage (in Apg. 2) fanden beide Verheißungen „Taufe“ und „Empfangen“ des Heiligen Geistes in einer Stunde ihre Erfüllung. Wenn beides auch zugleich geschah, so müssen wir es doch ebenso unterscheiden, wie wir „Salbung“, „Versiegelung“ und „Unterpfand“ des Geistes unterscheiden, obgleich auch diese unser Teil in einer Stunde werden. (Siehe Frage 3, Seite 6-9.) Beim aufmerksamen Betrachten der obigen Stelle können wir beides wohl unterscheiden. Wir lesen 1. (V. 2): „Das Haus wurde erfüllt, wo ‚sie‘ saßen.“ Sie waren wie bei der Taufe mit Wasser von dem Element, worin sie getauft wurden, umhüllt, begraben. Es war die Gesamtheit, „sie“. Dann 2. (V. 3): „Es erschienen zerteilte Zungen und setzten sich auf jeden einzelnen von ihnen.“ Sie, die alle in Verbindung mit dem Hause in dem Heiligen Geiste gemeinsam begraben waren, empfangen jetzt einzeln die Kraft aus der Höhe, die sich bald in dem freudigen Zeugnis offenbarte. Vers 2 : Alles ist gemeinsam, Vers 3: Alles ist einzeln. Auf jeden einzelnen läßt sich (obgleich sie im Hause vom Geiste umhüllt waren) der Geist nieder, nicht wie beim HErrn in Gestalt einer „Taube“, sondern in der Gestalt einer „Zunge“, und „sie“ werden erfüllt, während V. 2 das Haus erfüllt wird, wo „sie“ sind. -

Nie dürfen wir bei Taufe mit Heiligem Geiste an ein Werk des Geistes in oder an uns denken. Der Heilige Geist tauft nicht, sondern der HErr ist der Täufer. Beim „Empfangen“ ist ein Geber, bei der Taufe ein Täufer. Als Geber nennt uns die Schrift sowohl den Vater als den Sohn (Joh. 14,16; 15,26 usw.), aber als „Täufer“ wird nur der HErr allein genannt. Es ist Seine Handlung, mit der Er eine neue Verwaltungsperiode (die Periode der Gemeinde) eröffnet. Er ist der Täufer von zwei Taufen. Er wird 1. mit Heiligem Geiste und 2. mit Feuer taufen. Mit der Taufe mit Heiligem Geiste eröffnet Er eine Haushaltung und wird an einem späteren Tage in der Taufe mit Feuer eine andere eröffnen. Leider werden auch diese beiden Taufen oft als gleichbedeutend angesehen.

Nach den obigen Darlegungen glaube ich die Frage so beAntworten zu können, daß es die Handlung des HErrn ist, mit welcher Er die gegenwärtige Zeit der Gemeinde eröffnet, eine Handlung, in (mit) welcher die Gläubigen alle in einen Leib hineingetauft worden sind, während der einzelne Gläubige den Geist empfangen hat.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Möchten die obigen klaren Ausführungen vielen dienen, besonders solchen, die noch mit unklaren Vorstellungen zu tun haben! Woher kommen die unklaren Gedanken über dies Gebiet, die uns von früher her nur allzu bekannt sind und aus denen beizeiten herausgekommen zu sein, wir als eine Gnade des HErrn rühmen? Wir meinen, hauptsächlich daher, daß die einfachen Ausdrücke der Schrift nicht auf ihre Bedeutung innerhalb des Zusammenhanges, in dem sie stehen, geprüft werden und indem alle möglichen Ausdrücke über Geistbesitz usw. verwechselt werden. Zweifellos haben manche, die „ihre Geistestaufe“ suchten, etwas vom HErrn bekommen, der auf ihre Treue gemäß der Erkenntnis, die bei ihnen vorhanden sein konnte, und auf ihren Gehorsam sah. Aber nicht etwa

erlangten sie die Geistestaufe, die ja ein für allemal am Pfingsttage geschehen ist, sondern sie sind mehr mit Geist erfüllt worden nach Apg. 4,31 (Eph. 5,18). In dem Maße, wie wir dem Heiligen Geiste Raum lassen in uns, die wir Tempel des Heiligen Geistes sind, zu wirken, in dem Maße werden wir mit Geist erfüllt sein und den HErrn besser verherrlichen können als zuvor.

Es ist zu wünschen - und der HErr möge Gnade geben dazu! -, daß in diesen Dingen die Schrift mehr in ihrem Wortlaut zur Geltung käme. Manche glauben, Gott zu ehren, wenn sie „ihre Geistestaufe“ suchen, und sie sehen nicht, daß sie mit diesem Begehren etwas Schriftwidriges tun, wodurch Gott nie geehrt werden kann. Der treue HErr mache uns allen Sein Wort recht groß und kostbar!

 

Frage 34

Welches ist der Dämonen Kelch und Tisch? (1. Kor. 10,21.22.)

Antwort A

Diese Frage läßt sich nicht gut beAntworten, ohne daß man vorher betrachtet, was des HErrn Kelch und Tisch ist, wovon in 1. Kor. 10,21 ebenfalls die Rede ist.

Der Kelch dient zur Darreichung von Wein, und Wein ist im Worte Gottes ein Bild von Freude; der Tisch bietet Speise dar und spricht daher von Genuß.

Wenn wir das Mahl des HErrn feiern, kommt durch die vom HErrn Selbst gegebenen äußeren Zeichen, Brot und Wein, sichtbar zum Ausdruck, was Er uns bereitet und gegeben hat; unsere Herzen sind mit Dank und Anbetung und heiliger Freude erfüllt über die Liebe und Gnade

und ewige Segnung, die durch Sein herrliches Erlösungswerk und auf Grund desselben uns geworden ist, und wir genießen gleichsam Ihn Selbst, unseren verherrlichten Heiland und HErrn. Aber das, was durch „den Kelch der Segnung, den wir segnen“, und „das Brot, das wir brechen“, beim Mahle des HErrn in sichtbarer Weise zum Ausdruck kommt, dürfen und sollen wir nicht nur dann genießen, während wir das Mahl des HErrn feiern, sondern allezeit; unser Herz sollte fort und fort im HErrn sich freuen, wie uns Phil. 4,4 zugerufen wird: „Freuet euch in dem HErrn allezeit!“ Und wir sollten uns allezeit von Ihm nähren, in dem Gott uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern (Eph. 1,3). „Fülle von Freuden“ ist vor Seinem Angesicht (Ps. 16,11), in der Gemeinschaft mit Ihn, und Sein Tisch ist jederzeit für uns reich gedeckt, um uns zu nähren und jedes Bedürfnis unseres Herzens zu befriedigen durch Darreichung Seines Geistes, sei es mittels Seines teuren Wortes, das wir lesen oder in Gemeinschaft mit anderen betrachten, oder durch die Predigt, die wir hören, oder indem wir im Gebet vor Ihm sind oder bei dem Sinnen unseres Herzens, oder in sonstwelcher Weise. Ja, selbst alles Nötige auch für unseres Leibes Leben empfangen wir aus Seiner Fülle und können wir daher gleichsam an Seinem Tische genießen (s. 2. Kor. 9,8; Phil. 4,19). - Das ist der Kelch des HErrn und der Tisch des HErrn. Der „Tisch des HErrn“ beschränkt sich also nicht auf das Mahl des HErrn, welches selbstverständlich mit eingeschlossen und der vollkommenste Ausdruck davon ist.

Der Kelch und Tisch der Dämonen sind das Gegenstück hierzu. Sie sind die Freuden und die Genüsse, die diese Welt bietet durch das, was in der Welt ist: Fleischeslust, Augenlust und Hochmut des Lebens. Wir sehen dies klar aus den Versen 1-22 unseres Kapitels, besonders aber aus Vers 7

verbunden mit V. 18-20. Die vorstehend gekennzeichneten Freuden und Genüsse dieser Welt - nicht nur Feste, Konzerte, Bälle, Theater und allerhand Vergnügungen, sondern noch vieles andere, ja, alles, worin der Mensch ohne Gott Freude, Genuß und seine Verherrlichung sucht - sind, im göttlichen Lichte betrachtet, in mehr oder weniger verfeinerter Weise dasselbe, was die heidnischen Götzenfeste waren, bei denen der Mensch unter irgendwelchem Namen der Sache am letzten Ende doch nur der Fleischeslust, der Augenlust und dem Hochmut des Lebens frönte. Diese Dinge aber sind es, durch die der Satan, unterstützt durch ein Heer von Dämonen, seinen unwiderstehlichen Einfluß auf den natürlichen Menschen ausübt, so daß der Mensch, ohne es zu wissen, in all jenen daraus hervorgehenden Freuden und Genüssen, Vergnügungen und allerhand Dingen tatsächlich dem Satan und den Dämonen dient, diesen opfert und somit ihren Kelch trinkt und von ihrem Tische sich nährt. Dasselbe tut ein Kind Gottes, wenn es an solchen Freuden usw. teilnimmt. Denn „die, welche die Schlachtopfer essen, sind in Gemeinschaft mit dem Altar“ (V. 18). Darum heißt es V. 7: „Werdet auch nicht Götzendiener, gleichwie etliche von ihnen, wie geschrieben steht: ‚Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, zu spielen‘ “ (vgl. V. 14).

Wer Befriedigung sucht in den Dingen, durch welche der Satan die Menschen lockt und betrügt, kann nicht zugleich das genießen, was unser HErr uns darbietet, sondern geht dessen verlustig, da es eben nicht möglich ist, zu gleicher Zeit aus zwei Kelchen zu trinken und an zwei Tischen zu essen (V. 21). Ein solches Kind Gottes offenbart dadurch, daß es nicht versteht, in welche Gemeinschaft es berufen und welches kostbare und herrliche Teil ihm geschenkt ist. Wie traurig ist es daher, wenn ein Kind Gottes Befriedigung sucht im Lesen von Zeitungen, Romanen und Geschichten, in Vergnügungen, leiblichen Genüssen und Bequemlichkeiten und anderen Dingen der Welt, anstatt seine Freude am HErrn, an Seinen Interessen, Seinem Worte und in der Gemeinschaft mit den Seinen zu finden! Darum laßt uns in jeder Sache darüber klar werden, wessen Kelch und wessen Tisch es ist, mit dem wir es in der betreffenden Sache zu tun haben, und alles abweisen und meiden, was nicht unseres HErrn Kelch und Tisch ist! Dagegen laßt uns reichlich Gebrauch machen von unserem kostbaren Vorrechte, Seinen Kelch zu trinken und an Seinem Tische uns zu laben und zu sättigen!

Th. K.

Antwort B

Der Zusammenhang dieser Stelle umfaßt die Kapitel 8-10. In Kapitel 8 beAntwortet der Apostel die Frage des Verhaltens der Kinder Gottes zu den Götzenopfern.

Während er darlegt, daß ein Götze nichts ist und wir uns durch Speisen Gott nicht „geringer“ oder „vorzüglicher“ machen können, tritt er der fleischlichen Sprache: „Alles ist erlaubt“ scharf entgegen. Er zeigt, daß wir von anderen Gesichtspunkten aus zu handeln haben als von denen unseres Rechtes oder unserer Freiheit. Wir haben die Brüder, die Gemeinschaft, das Zeugnis zu berücksichtigen. Die wahre Freiheit ist die der Liebe, die verzichten kann auf Freiheit.

Im 9. Kapitel zeigt er an seinem eigenen Leben und Verhalten, wie er dies praktisch verwirklicht, um dem Evangelium „kein Hindernis zu bereiten“ und auch andere „zu erretten“ aus ihren Gebundenheiten. Das Zeugnis der Wahrheit darf durch unser Verhalten und unsere Stellungnahme nicht verdunkelt werden. - Wir befinden uns in der Rennbahn. Nur zu laufen ist nicht genug, wir

müssen recht laufen! Es ist ein Kampf, und da heißt es, „enthaltsam“ sein. Kinder Gottes möchten es sich manchmal so leicht wie möglich machen. Sie schieben ihre „Freiheit“ vor, aber in Wahrheit ist es das Fleisch, der eigene Wille, das Unentschiedensein, das Liebäugeln mit den Dingen, hinter welchen Satan steht.

Im 10. Kapitel zeigt er ihnen an Israels Geschichte die Gefahr für solche. Im Anfang bewegten die Korinther sich in den Grenzen des „Erlaubten“, sie aßen Götzenopfer, aber bald sah man sie im Götzentempel sitzen (8,10). Er zeigt ihnen die abschüssige Bahn an Israel; zuerst gelüstete das Volk nach den bösen Dingen (10,6), dann folgt „Götzendienst“ (V. 7), dann Verbindung mit Moab (Hurerei) (V. 8), dann Versuchen der Geduld Gottes in dem Verachten des Mannas (der Speise, die nur allein uns stark machen kann) usw. usw. Nun folgt V. 11-13 die Warnung vor Selbstvertrauen. Sie mochten „sich dünken“: Wir stehen schon fest, wir haben so viel Erkenntnis und Licht; wir können vom Götzenopfer essen, wir werden uns nicht mit der Welt vermischen, wir wissen, wie weit wir zu gehen haben - sie gerade waren in Gefahr zu fallen. „Fliehet dem Götzendienst!“ ruft der Apostel, und nun macht er eine klare Scheidung zwischen des HErrn Kelch und der Teufel Kelch, zwischen des HErrn Tisch und der Dämonen Tisch. Sie konnten nicht Gott dienen und zugleich den Dämonen. Es ist eine gewaltig ernste Sprache, die hier geführt wird. So wie wir in dem Brote und Kelche den HErrn und Seinen Tod sehen, so müssen wir auch in den Dingen, die nicht von Christus sind, den Satan sehen. Der HErr hat (geistlich gesprochen) einen Tisch, an dem wir teilhaben können (Ps. 23,5), wo Er uns gleichsam die Speisen und Güter Seines Hauses darreicht; und ebenso auch der Teufel. Der Dämonen Kelch und Tisch sind alles, womit der Name des HErrn nicht verbunden werden kann, sind die Darbietungen des Satans zu unserer Teilnahme, womit wir zugleich ihm huldigen.

Der Apostel lenkt in diesem Abschnitt (10,14-21) ihre Gedanken auf das Abendmahl, von dessen Feier er im 11. Kapitel spricht. War der Kelch nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi und das Brot nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? War es nicht das innigste Einssein mit dem HErrn und Seinem Tod? Und waren nicht ebenso sie alle, die des einen Brotes teilhaftig wurden, so zu einer Einheit geworden wie ein Brot und wie ein Leib, an dem jedes Glied das eine gleiche Leben hat? So war es schon bei Israel: die vom Opfer aßen, waren in Gemeinschaft mit allem, was der Altar in sich schloß (V. 18). Sie konnten nicht an etwas teilhaben, ohne damit Gemeinschaft zu haben. - Er beAntwortet im 19. Verse den Einwand, er habe zuvor (8,4) gesagt, ein Götze sei nichts. Er wacht, daß von der Schärfe seiner Worte nichts verwischt werden soll. Wem ist das Götzenopfer geopfert? Ist es Gott dargebracht? Nein. Dann gibt's kein Mittelding. Es ist den Dämonen geopfert und nicht Gott (V. 20). Sie sollten nicht sagen können: „Ein Götze ist nichts,“ „es ist einem Nichts geopfert,“ „es hat keine Bedeutung,“ „es ist nichts.“ Hinter diesem „Nichts“ eben stand Satan! Was nicht mit Gott verbunden werden kann, steht mit Dämonen in Verbindung, und Teilnahme daran war Gemeinschaft mit den Dämonen (Götzendienst). Wie ein Vater über seine Kinder eifert (2. Kor. 11,2), sagt er: Ich will aber nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt, und fährt fort: Ihr könnt nicht des HErrn Kelch trinken und (zugleich) der Dämonen Kelch, - ihr könnt nicht das Brot brechen und zugleich Satansdingen huldigen, - ihr könnt nicht des HErrn Tod verkündigen und zugleich in Dingen leben, die diesen Tod verleugnen. Wir können nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi haben und zugleich mit der Welt verbunden sein, - wir können nicht mit Unbekehrten zusammen ausdrücken: „Ein Brot, ein Leib sind wir.“ Es wäre eine Sünde und eine Lüge vor Gott und Menschen.

Wie ernst deshalb die Ermahnung, den Schlingen des Götzendienstes zu entfliehen! Israels Götzendienst ist ein furchtbares Beispiel. Nicht der Tanz um das goldene Kalb ist hier genannt als

Götzendienst ist ein furchtbares Beispiel. Nicht der Tanz um das goldene Kalb ist hier genannt als Götzendienst, sondern hier wird ihr Götzendienst beschrieben mit dem Sichniedersetzen zum Essen, Trinken und Spielen. Es ist die Huldigung der Dinge der Welt. Diesem Götzendienst geht vorauf, daß es als ein Fest Jehovas ausgerufen wurde (2. Mose 32,5). Man brachte Brand- und Friedensopfer dar, und, zufrieden mit sich und seiner Gottesverehrung, setzte man sich nieder, zu essen und zu trinken, und stand auf, sich zu belustigen. Gott aber wandte Sich von ihnen ab.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Welch ein so sehr ernstes Gebiet ist das oben behandelte! Wir denken, daß keiner der Leser sich diesem Eindruck entziehen kann. Aber geht uns persönlich dies alles auch etwas an? Sind unter uns auch Götzendiener? Gewiß sind wir in denselben Gefahren wie Israel und die Korinther! Götzendienst und Gemeinschaft mit dem Satan - in wieviel feiner Weise kommt dieses unter uns Kindern Gottes vor! Wieviel Liebäugeln mit den Dingen Satans, mit fleischlichen Lüsten und weltlichem Wesen grober und feiner Art ist unter uns Kindern Gottes oft noch zu finden! Wissen wir gar nichts davon?

Wir kennen Ausleger, die diese Verse besonders auf die leider vorkommende Verbindung von Gläubigen mit dem Spiritismus beziehen. Und wer wollte leugnen, daß man diese Auslegung geben dürfte? Leider, leider beschäftigen sich manche Christen mit solchen satanischen Dingen. Sind unter den Christen, die wir kennen, wohl solche, die schon zu Kartenlegerinnen gegangen sind oder mit den schrecklichen Dingen, die man unter dem Sammelbegriff „Sympathie“ kennt, gemeinschaftliche Sache gemacht haben? - Aber 1. Kor. 10 geht weiter: Jede Verbindung mit Irrlehren, die unseren hochgelobten HErrn entehren, ist Gemeinschaft mit Satans Tisch. Wie so viele Kinder Gottes fallen heute durch Unwachsamkeit und anderes den entsetzlichen Irrlehren der „Millenniums- (Tagesanbruch“)-Sekte zum Opfer, vor der wir nicht genug warnen können, oder anderen Irrlehren! Und nicht nur diese Dinge sind gemeint. Jede unheilige Verbindung mit der religiösen Welt, diesem besonderen Lockstück von Satans Tisch, ist ein Gemeinschaft machen mit gottfeindlichen Grundsätzen und sollte unter uns nicht gefunden werden. Wie traurig ist es, daß so manche Gläubige noch Hand in Hand gehen können mit den kirchlichen Grundsätzen der religiösen Welt, der unwiedergeborenen Namenchristenheit, ohne zu ahnen, daß sie dadurch praktisch die Gemeinschaft mit dem HErrn verleugnen. Und andere lassen sich betören durch die geschäftlichen Grundsätze der Welt, ja auch der religiösen Welt, und geben ihren Weg des Glaubens zeitweise auf. Und so ließe sich noch manches nennen, doch es sei genug mit diesen praktischen Hinweisen, die uns allen zur Prüfung unserer Herzen und unseres Lebens vorgelegt seien!

Was ist die Folge solcher unheiligen, die Gemeinschaft mit des HErrn Tisch (im Sinne obiger Antworten) preisgebenden Verbindungen, in die Kinder Gottes aus Unwachsamkeit (1. Kor. 10,12) oder Undankbarkeit gegen den HErrn (V. 10) oder Gleichgültigkeit sich eingelassen haben? V. 21 (Anfang) sagt uns: „Ihr könnt nicht usw.“ Da steht kein Verbot („ihr sollt nicht“), sondern da wird schlicht und klar festgestellt, daß es unmöglich ist, die Gemeinschaft mit dem HErrn zu verbinden mit der Gemeinschaft in und mit Dingen der Finsternis. Was heißt das? Nun, es mag manchem ein Leichtes sein, in der Woche etwa nach durchaus weltlichen - dahinter steht Satan! - Grundsätzen zu handeln und zu leben und am Sonntag mit Gottes Volk Gemeinschaft zu haben, oder sich in religiösem Formenwesen - dahinter steht Satan! (vgl. Joh. 8) - zu ergehen und zugleich sich zur

Versammlung Gottes zu rechnen, aber es ist unmöglich, daß der HErr da mitmacht. Einer von beiden muß sich zurückziehen, weil es unmöglich ist, zugleich zwei Herren zu dienen (Matth. 6,24). Satan zieht sich gewiß nicht zurück, er kann es ganz gut aushalten, daß man nebenbei christlichen Grundsätzen huldigt, wenn man nur ihm den gewünschten Tribut zollt, mit ihm oder dem Seinen in gewissen Punkten gemeinsame Sache macht - aber der HErr, mit dem wir verbunden sind durch Seinen Geist, kann nicht in lebendiger Segensverbindung mit solchen bleiben, Sein Geist wird betrübt und zieht Sich zurück; und wenn Er in Seiner Treue auch die, welche wirklich Sein sind, zuletzt retten wird (vielleicht „wie durch Feuer“), so gehen sie doch vieler Segnungen verlustig, die sie in der lebendigen Gemeinschaft mit Ihm hätten haben können. Es gibt keine gesegnete Vermengung für uns Christen mit den Dingen dieses Zeitlaufs, der unter Satans Herrschaft steht. Der Weg der Scheidung von allem, was von unten ist (in religiösen wie geschäftlichen wie gesellschaftlichen und in anderen Beziehungen), ist stets der gesegnete, hier unten schon wie im Blick auf die Ewigkeit, und wenn auch der menschlich schwerere, so doch der köstlichste (vgl. Hebr. 11,24-26).

So haben wir gesehen, daß unsere oft wenig verstandene Stelle Licht gibt über das alleralltäglichste, praktische Leben der Kinder Gottes. Der HErr schenke uns zu dieser Erkenntnis auch die Gnade, praktisch immer mehr die Gemeinschaft allein an Seinem Tisch zu verwirklichen!

Frage 35

Von wem spricht der Prophet Jesaja im Kap. 42,19: „Wer ist so blind, als nur mein Knecht usw.“?

Antwort A

Durch Würdigung der Worte in Kap. 43,8: „Führe heraus das blinde Volk, das doch Augen hat, und die Tauben, die doch Ohren haben,“ und auch derer in Kapitel 43,1 und 10, vgl. Kapitel 43,10: „Ihr seid Meine Zeugen, spricht Jehova, und Mein Knecht, den Ich erwählt habe usw.“, dürften Lichtstrahlen auch auf die hier in Rede stehende Stelle fallen.

Der Prophet spricht von dem Volke oder, richtiger, zu dem Volke als zu einer Person im Zusammenhang in verschiedener Weise:

1. bekommt es (das Volk) einen Verweis (V. 18-20), 2. weist er es auf die Erlösung hin (Kap. 43,1-7), und 3. ermuntert er es zum Glauben und Vertrauen auf ihren Erlöser (Kap. 43,8-13).

In Vers 16 schon hat der Prophet das Volk, welches der HErr erlösen wird, als „Blinde“ bezeichnet, weil es die Wege Gottes zu seinem Heile nicht erkannte. Er nennt es auch „Taube“, weil es Gottes Wort hört und seinen Sinn nicht vernimmt. Dann muß in Vers 19, der hier in Rede stehenden Stelle, der HErr noch weiter klagen, und zwar wieder über Sein Volk. Israel war erwählt, daß es unter den Völkern Sein Werk ausrichten sollte, und war doch zurzeit selbst noch blind und taub, verstand selber Gottes Wege und Wort noch nicht, war eigentlich der hohen Stellung nicht wert, zu der es von Gott berufen war.

W. W.

Antwort B

In dem genannten Verse ist in Ausdrücken des Wohlgefallens von der Person geredet, um die es sich handelt. Jehova nennt ihn „Mein Knecht“, „Mein Bote, den Ich sende“, „der Vertraute“ und „der Knecht Jehovas“; Er bekennt Sich also ausdrücklich zu ihm. Von dieser selben Person ist bereits zu Beginn des Kapitels (V. 1-7) die Rede, und es ist wohl einem jeden gläubigen Leser jener kostbaren Worte ohne weiteres klar, daß es der Herr Jesus, unser teurer Heiland und HErr, ist, von dem gesprochen ist. Er ist der Knecht, der gesandte Bote, der Vertraute Jehovas in V. 19, um dessen Gerechtigkeit willen es Jehova gefiel, das Gesetz groß und herrlich zu machen (V. 21). - Wie aber kommt es, daß Jehova mit Wohlgefallen von Ihm sagt, daß Er blind und taub sei, Ihn gleichsam als Vorbild dafür hinstellend? Es gibt außer dem körperlichen Blind- und Taubsein, von dem hier nicht die Rede ist, noch verschiedenes anderes Blind- und Taubsein. Der Mensch kann blind sein in bezug auf Gott und die himmlischen, ewigen Dinge, blind für Gottes Güte und Liebe, blind über den eigenen Zustand und taub für Sein Wort, für Seine mahnende, warnende, rufende, lockende Stimme. Das ist der Zustand des Menschen von Natur, das war und ist noch der Zustand des Volkes Israel (s. Jes. 6,9.10; 2. Kor. 3,14-16), niemals aber konnte es der Zustand Seines Knechtes sein, des Boten, den Er sandte, des Vertrauten Jehovas! Er konnte sagen: „Ich habe Jehova stets vor mich gestellt“ (Ps. 16,8), und „Er weckt jeden Morgen, Er weckt mir das Ohr ... Der HErr, Jehova, hat mir das Ohr geöffnet, und ich, ich bin nicht widerspenstig gewesen ...“ (Jes. 50,4.5). Und doch war Er blind und taub, wie es in V. 20 heißt. Wofür war Er denn so blind und taub? Für die Reize und Lockungen dieser Welt, durch die der große Feind Gottes die Menschen verblendet und verleitet! Sein Auge und Sein Ohr war allem diesem gegenüber völlig verschlossen! Alle ihre Herrlichkeit konnte nicht den geringsten Einfluß auf Ihn ausüben, ihre lieblichsten und verlockendsten Einladungen fanden kein Gehör bei Ihm. Er ging rein und unbefleckt durch diese Welt als „der Sohn des Menschen, der im Himmel ist“ (Joh. 3,13), dessen Auge und Ohr nur für Gott geöffnet war in vollkommener Hingabe, so daß Er am Ende Seiner Erdenlaufbahn zum Vater sagen konnte: „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde“ (Joh. 17,4). Darum ruhte das ganze Wohlgefallen Jehovas auf Ihm von Ewigkeit her, ehe Sein Fuß über diese Erde schritt; darum fand Jehova Seine Freude darin, immer wieder hinzuweisen auf Seinen Geliebten, der Seine Wonne war. Deshalb ruft Er Seinem armen, irrenden Volke zu: „Höret, ihr Tauben! Und ihr Blinden, schauet her, um zu sehen! Wer ist blind, als nur Mein Knecht?, und taub, wie Mein Bote ...?“ (V. 18.19.) Er bildete einen vollkommenen Gegensatz zu dem in geistiger Blindheit und Taubheit dahingehenden Menschen und ist ein herrliches Vorbild für die, welche aus der Finsternis herausgeführt sind in Sein wunderbares Licht.

Der Gegenstand ist wirklich ernst für einen jeden von uns, denn zu unserer Beschämung müssen wir bekennen, daß wir leider nur zu oft nicht dem uns gegebenen herrlichen Vorbilde entsprechen. Und je weniger Auge und Ohr offen ist für Gott, um so mehr ist beides offen für die Welt und ihre Dinge! „Die Lampe des Leibes ist dein Auge; wenn dein Auge einfältig ist, so ist auch dein ganzer Leib licht; wenn es aber böse ist, so ist auch dein Leib finster“ usw. (Luk. 11,34-36).1 Laßt uns darum sehr achtgeben und unser Auge auf den HErrn gerichtet halten, denn „die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden wir verwandelt nach demselben Bilde“ (2. Kor. 3,18).

1

Vergl. Frage 1. (Der Herausgeber.)

Th. K.

Antwort C

Dies Kapitel spricht von dem Knecht Jehovas, von dem HErrn in Seinem Leben der Niedrigkeit, unter dem Auge Gottes. Sein Leben hienieden war so, wie unser (des Menschen) Leben hätte sein sollen

dem Auge Gottes. Sein Leben hienieden war so, wie unser (des Menschen) Leben hätte sein sollen zum Wohlgefallen Gottes (V. 1). Vers 19 wird von vielen schriftkundigen Brüdern auf Israel gedeutet; Israel wird auch oft in der Schrift als „Knecht“ angeredet. Es sei Israel, das nach dem Vorsatz Gottes der Vertraute Jehovas sei, das aber in seiner VerAntwortlichkeit gefehlt habe.

Mir scheint das Wort einfacher zu sein, wenn man in dem 19. Verse wie in den Anfangsversen Christus erkennt (Matth. 12,14 bis 21). Vers 18 ist ohne Zweifel Israel. Es sind die Tauben und Blinden, die, wenn sie wollen, hören und sehen können und deshalb aufgefordert werden zum Sehen. Dann wird ihnen V. 19 Sein Knecht, der Vertraute Jehovas gezeigt in einer Blind- und Taubheit, die nur bei Ihm gefunden wird und im Gegensatz zu Israels Blindheit stand. Der in Niedrigkeit wandelnde Knecht (Apg. 4,27) war auf Seinem Pfade hienieden blind und taub für alles, was dem Willen Gottes entgegenstand, im Gegensatz zu Eva und Adam, die nicht blind und taub waren für die Dinge, die Satan ihnen ins Auge und ins Ohr gab. - Natürlich soll mit diesen Worten nicht ausgeschlossen sein, daß auch in diesen Versen (18 bis 25) der HErr in Seiner Verbindung mit Israel, oder besser gesagt, Israel in seiner Verbindung mit dem Herrn gesehen wird. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Mancher Leser der Stelle möchte auf den ersten Blick sagen: Das ist nur Israel! Mancher wird sofort sagen: Kein anderer als Jesus ist gemeint, zumal wenn er an Matth. 12,14-21 denkt. Dennoch ist beim näheren Zusehen und Forschen weder das eine noch das andere so klar wie beim ersten Eindruck. Wir glauben auch, daß in erster Linie Jesus gemeint ist, daß aber die andere Deutung damit in engster Verbindung steht. Wie das? Nun, zunächst ist in diesem Kapitel wie auch in Kapitel 49,1-6 eine beständige Wechselbeziehung zwischen Jesus als Knecht Jehovas und Israel in derselben Stellung zu erkennen. Und wenn wir diese Tatsache scharf ins Auge fassen, so wird uns vielleicht klar werden, daß ja zwischen Jesus und dem Volke Israel bezüglich ihrer Stellung als Knecht kein so großer Gegensatz bestehen kann; denn Jesus ist der Messias und der König Israels, und wie oft wird der König eines Landes genannt, wenn das Volk gemeint ist, und umgekehrt! Der König repräsentiert (stellt dar, vertritt) das Volk. Licht auf diese Wechselbeziehung zwischen Israel und Jesus dürften die Worte Jesu fallen lassen, in denen Er das Reich Gottes als mitten unter ihnen (wörtlich Luk. 17,21) nahe zu ihnen gekommen (Luk. 10,9; vgl. Matth. 12,28; 21,43 u. a. m.) zeigt: In der Person des Königs war das Reich da, wenn auch die Reichsangehörigen ihre Stellung noch nicht erkannten. Somit kann in unserer Stelle Jesus gemeint sein, der König Israels in Knechtsgestalt; es kann auch Israel gemeint sein in der Person seines Königs. Indem sein König blind und taub war nach dem Wohlgefallen Jehovas, hatte das Volk eine Blindheit und Taubheit, die Gott wohlgefällig war. Blind und taub für alles, was nicht dem Charakter eines seinem Herrn völlig gehorsamen Knechtes entsprach, so war Jesus, und so wird einmal in der zukünftigen völligen Erfüllung dieses Wortes Israel wirklich sein und dann die erhabene Aufgabe erfüllen können, zu der Gott es unter den Nationen gesetzt hat. In der ersten Erfüllung des Wortes, die besonders zur Zeit von Jesu Erdendienst geschah, war Israel in falscher Weise blind und taub und mußte hingewiesen werden auf den Knecht Jehovas, der Seinen Weg in Abhängigkeit und Treue ging, auf Jesus, den König Israels, der in der Mitte Israels wie der Dienende war (vgl. Luk. 22,26.27).

Wir glauben somit sagen zu dürfen, daß diese Stelle zunächst in Jesus ihre Erfüllung fand und einst in

Israel, dem es jetzt noch nicht „wie Schuppen“ von den Augen gefallen ist, seine volle Erfüllung finden wird, wenn es den „König in Seiner Schönheit“ (Jes. 33,17) schaut und für alles außer Ihm blind und taub ist (vgl. Jes. 33,14-21!).

Frage 36

Wie ist die rechte biblische Stellung des Gotteskindes zum Blutgenuß (z. B. in Form von Blutwurst)? (Vergl. Apg. 15,20.)

Antwort A

Das Wort in Kol. 2,16: „So richte euch nun niemand über Speise oder Trank oder in Ansehung eines Festes oder Neumondes oder von Sabbaten, die ein Schatten der zukünftigen Dinge sind, der Körper aber ist Christi,“ und Apg. 15,20 scheinen formell im direkten Widerspruch zueinander zu stehen. Für den aber, der nach Matth. 6,22 ein „einfältiges Auge“ hat, wird sich kaum eine Schwierigkeit ergeben.

Zweifellos sind wir zur Freiheit berufen (Gal. 5,13) und dürfen und sollen demgemäß in der Freiheit wandeln und handeln, auch hinsichtlich Speise und Trank. Dem einfältigen Auge wird aber das Wort in Apg. 15,20 nicht entgehen, und dem zur Unterwürfigkeit dem Wort gegenüber Geneigten wird das Ausleben jenes Wortes nicht schwer fallen, vielmehr selbstverständlich, wenn nicht eine Freude sein. Der einfältige Christ wird auch nicht nach eng geschraubten und an den Haaren herbeigezogenen Unterschieden zwischen gekochtem und ungekochtem Blute schauen, sondern sich in Ehrerbietung vor dem einfachen geschriebenen Worte beugen und es ausleben, also kein Blut essen, auch keine Blutwurst. W. W.

Antwort B

Das Verbot betreffs des Blutgenusses finden wir im Gesetz, welches nach Hebr. 10,1 „einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst hat“, also nur in Vorbildern von dem spricht, was in Christo seine vollkommene Erfüllung gefunden hat. So ist es z. B. mit den Schlachtopfern, von welchen im Gesetz viel und ausführlich die Rede ist (s. z. B. 3. Mose 1-5 usw.), und ebenso ist es auch mit dem Blute. Wie wir in den Opfern Vorbilder erblicken von dem Opfer unseres Heilandes, so erblicken wir auch in dem Blute ein Vorbild von Seinem teuren Blute, welches Er am Kreuze für uns vergossen hat. „In dem Blute ist die Seele“ oder „das Leben“ (3. Mose 17,11.14); Er hat „Seine Seele ausgeschüttet in den Tod“ (Jes. 53,12), Sein teures Leben gegeben „als Lösegeld für viele“ (Matth. 20,28); Er bezahlte unsere Schuld Gott gegenüber. Davon sprach das Blut eines jeden dargebrachten Opfers, ja eines jeden geschlachteten Tieres. Schon in 1. Mose 3,21, wo Jehova den ersten Menschen „Röcke von Fell“ machte, sehen wir ein Vorbild auf den stellvertretenden Opfertod unseres teuren Heilandes. Ebenso war Christus und nichts anderes der kostbare Gegenstand, den Jehova im Auge hatte, als Er nach der Sintflut dem Noah sagte: „Nur das Fleisch mit seiner Seele, seinem Blute, sollt ihr nicht essen“ (1. Mose 9,4). Darum heißt es auch 3. Mose 17,6: „Und der Priester soll das Blut an den Altar Jehovas sprengen“ und V. 11 und 12: „Denn die Seele des Fleisches ist im Blute, und Ich habe es euch auf den Altar gegeben, um Sühnung zu tun für eure Seelen; denn das Blut ist es, welches Sühnung tut durch die Seele ... Niemand von euch soll Blut essen ...“ (vgl. V. 13). Es handele

sich hierbei eben um die Ansprüche Gottes und um die Anerkennung derselben. Diese Ansprüche Gottes sind vollkommen und auf ewig befriedigt durch unseren Herrn Jesum Christum; gepriesen sei Sein Name! Nachdem Er gekommen ist und Sein Blut vergossen hat, haben wir es nicht mehr mit dem Blute von Tieren, sondern mit Seinem kostbaren Blute zu tun; seitdem geschieht die Anerkennung der Ansprüche Gottes nicht mehr durch Nichtgenießen des Blutes von Tieren, sondern durch den Glauben an das vergossene Blut Seines geliebten Sohnes! Wir beschäftigen uns nicht mehr mit den Schatten, sondern mit dem Wesen. Wenn eine geliebte Person von mir abwesend ist, betrachte ich mit Freude und Liebe das Bild, welches ich von ihr besitze; sobald sie aber selbst da ist, lege ich ihr Bild beiseite und betrachte sie selbst und beschäftige mich mit ihr selbst.

Wenn wir trotzdem im Neuen Testament finden, daß Judenchristen weiter unter dem Gesetz blieben, so beweist das nur, wie schwer der Mensch in die Gedanken Gottes einzugehen vermag, und wenn in Apg. 15,20 selbst den Gläubigen aus den Nationen gesagt wird, „daß sie sich enthalten ... vom Blute“, so ist dieselbe menschliche Schwachheit der Grund, wie der folgende Vers (V. 21)

zeigt: „Denn Moses hat von alten Zeiten her in jeder Stadt solche, die ihn predigen, indem er an jedem Sabbat in den Synagogen gelesen wird.“ Sie hatten also das Gesetz Moses' gehört und standen unter dem Eindruck der darin gegebenen Vorschriften, also auch betreffs des Blutes, und waren infolgedessen im Zweifel darüber, wie sie sich in der Sache verhalten sollten, um so mehr, als noch „etliche derer von der Sekte der Pharisäer, welche glaubten“, und „nebeneingeschlichene falsche Brüder“ kamen und sagten, sie müßten sich beschneiden lassen und das Gesetz Moses' halten. In Anbetracht dieser Verhältnisse und zu dem Zwecke, den in der Sache schwachen Gewissen zu begegnen, wurden die Vorschriften in V. 20 gegeben.

Dieselbe Fürsorge für „den Schwachen im Glauben“ finden wir auch später noch im Worte und gilt auch heute noch, da das Reich Gottes eben nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geiste ist (Röm. 14,17). Ob wir dieses oder jenes essen oder nicht essen, ist nicht die Sache, auf die es ankommt, sondern es kommt darauf an, daß wir gehorsam sind, daß wir treu sind nach dem Lichte, welches wir empfangen haben, daß wir handeln nach der Erkenntnis, die wir auf Grund des Wortes Gottes über eine Sache haben. Darum ist es nötig, über jede Frage - auch über die vorliegende - unter Gebet aus dem Worte Gottes Belehrung und Klarheit zu suchen. Hierzu möchte ich folgende Schriftstellen zum aufmerksamen Lesen und Prüfen besonders anempfehlen: Röm. 14 (das ganze Kapitel, aus welchem ich besonders auf V. 2.3.6.14.20-23 aufmerksam machen möchte); 1. Kor. 8,7-13; 10,23-32; Kol. 2,16.17.

Möchten obige Worte dazu dienen, dem einen oder anderen zur Klarheit über den behandelten Gegenstand zu helfen; wer aber irgend im Zweifel ist, ob er Blutwurst essen darf, soll ja nicht welche essen, denn „wer aber zweifelt, wenn er isset, ist verurteilt, weil er es nicht aus Glauben tut. Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ (Röm. 14,23).

Th. K.

Antwort C

Wir müssen auch in dieser Frage den Zusammenhang beachten. Gott hatte die Heiden herzugerufen und Seiner Gemeinde einverleibt; aber noch bestand dieselbe vorwiegend aus gläubig gewordenen Juden, die noch mit dem Gesetz in Verbindung standen. Von diesen nun gingen einige nach

Antiochien und lehrten und versuchten, die gläubig gewordenen Heiden unter das Gesetz zu stellen (Apg. 15,5), d. h. Christentum und Judentum zu vereinigen. Hierdurch entstand ein Zwiespalt. Dieser wurde nicht von Paulus durch ein apostolisches Machtwort beendet, sondern gemeinsam wurde die Sache besprochen. Hieraus können auch wir bei Zwistigkeiten lernen.

Nach einer langen und freimütigen Aussprache faßt Jakobus alles zusammen, und unter der Bestätigung der ganzen Versammlung wird das Ganze in ein paar knappen Worten festgelegt: Die aus den Nationen sind nicht mehr durch das Gesetz zu beunruhigen, sie haben sich aber zu enthalten von Götzenverunreinigung, Blut-Ersticktem und Hurerei. Dieser Beschluß wird als vom Heiligen Geiste ausgegangen bezeugt (V. 28), und diese Dinge werden als „notwendige“ Stücke bezeichnet? Warum? Sie waren nicht erst durch das Gesetz geworden, sondern längst vor dem Gesetz da. Wenn die Christen nun auch dem Gesetz Mosis nicht sollten verpflichtet sein, so sollten damit nicht auch zugleich Grundsätze und Anordnungen, die Gott dem Menschengeschlecht gegeben, aufgehoben werden. An sich hatten diese Dinge nichts mit dem Gesetz zu tun, wenn sie auch dem Jahrhunderte später gegebenen Gesetze einverleibt und erweitert wurden.

Die Welt hat diese Dinge längst vergessen, weil sie die Erkenntnis Gottes aufgegeben, und so waren dieselben zu Gewohnheiten unter den Heiden geworden; der Heilige Geist stellt in der Gemeinde dieselben aber wieder an ihren rechten Platz. Es wird nicht von dem, was böse oder Sünde in oder an diesen Stücken ist, geredet, sondern von dem Gesichtspunkte des „so werdet ihr wohl (recht) tun“. Das geistliche Verständnis in der Gotteserkenntnis soll in der Gemeinde gefunden werden. Diese Dinge standen den Bestimmungen des Schöpfers entgegen. Götzen -standen in Widerspruch mit dem wahren Gott; BlutErsticktes - darin war das Leben, welches Gott allein gehörte; Hurerei - Mann und Weib sollten nur in der Heiligkeit der Ehe verbunden sein. Es waren Widersprüche 1. mit Gott, 2. mit Seinen Rechten und 3. mit Seiner Schöpfungsordnung.

Das war kein neues Gesetz für die Gemeinde, sondern ein Zurückrufen zur Erkenntnis Seines Willens und Wohlgefallens von Anfang: So werdet ihr wohl tun, euch in dem befinden und bewegen, was recht ist. Diese Anfangsordnung, welche Gottes Herrlichkeit und Weisheit ist, wird heute wenig beachtet. Aber auch der HErr wies dahin zurück, als Er sagte: „Von Anfang aber ist es nicht also gewesen“ (Matth. 19,8). - Der Heilige Geist, der diese unwissenden Heiden vom Gesetz frei macht, erleuchtet sie zugleich über ihre Beziehung als Geschöpfe zum Schöpfer, den sie als Heiden nicht gekannt hatten.

Wir haben nichts mit einer gesetzlichen Weise zu tun noch uns spitzfindig damit abzugeben, wie weit buchstäblich in dem getöteten Tiere noch Blut ist, wie weit es lebte, ehe es auf den Fleischmarkt kam. Da ist kein Widerspruch mit 1. Kor. 10,25. Wir handeln in der Behauptung Seiner Rechte. Wenn ich aber so tue, als ob es ganz gleichgültig ist, ob Gott dem Menschengeschlechte nur das, was lebt, mit Ausschluß des Blutes, zur Speise gegeben hat oder nicht, so vergreife ich mich an Seinen Rechten als Schöpfer. Das Essen an sich befleckt mich nicht (Matth. 15,11) - Wir sind frei von Gesetzlichkeit und Spitzfindigkeit, aber nicht von der Anordnung Gottes. Bei der Hurerei kommt außer der Frage der Schöpferordnung auch noch die Frage von Gut und Böse in Betracht.

Wie ernst Paulus und seine Mitarbeiter es mit diesen Dingen nahmen, ersehen wir aus Apg. 16,4. Sie hielten auf die Beobachtung dieser Stücke, in unseren Tagen hält man nicht viel darauf. Kinder Gottes mögen über diese Dinge hinweggehen, deswegen bleibt aber der Wille Gottes ebenso bestehen, also

die Tatsache, daß Er das Blut nicht zur Speise gab. Und wenn der Heilige Geist und die Apostel diese Dinge wichtig fanden, so will ich, ohne andere zu verachten, mit ihnen in Übereinstimmung sein.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben die eingegangenen Antworten aufgenommen, obwohl sie im Widerspruch zueinander stehen. Jeder der beiden Standpunkte ist gründlich beleuchtet, so daß unseren Lesern genügend Anhaltspunkte zum Forschen gegeben sind. Möge der HErr Gnade geben, daß vielen in dieser Sache klar werde, was das Rechte ist!

Wir persönlich sind davon überzeugt, daß die Stellen aus Apg. 15 für uns keine Verbindlichkeit haben, ebensowenig wie die Anordnung, die Gott gegenüber Noah traf. Wir sagen dies natürlich nicht, weil es uns etwa unbequem wäre, dem Willen Gottes gehorsam zu sein, wo wir ihn erkennen; aber es ist uns keine Frage, daß hier eben keine bindenden Anordnungen gegeben sind. Wir begründen kurz unsere Überzeugung:

1. Zu Apg. 15,20.21 und 28.29: V. 21 zeigt, warum diese Anordnung getroffen wurde, und zwar vom Heiligen Geist (28). Das Essen von Ersticktem und Blut mußte den Judenchristen zum Anstoß werden, darum wird denen, die zu den Heiden gehen, aufgetragen, dies Verbot zu verkünden. Wenn nun gesagt wird, dieser Vers bezöge sich eben nur auf judenchristliche Versammlungen, das Verbot aber sei Heiden gegeben, so ist dem entgegenzuhalten, daß damals die Juden über den ganzen Erdkreis zerstreut waren („in jeder Stadt“), und in jeder heidenchristlichen Gemeinde waren Judenchristen (vgl. die ganze Apg.!). - Das kleine Wörtchen „denn“ beweist für uns aufs deutlichste, daß nur aus dem V. 21 angegebenen Grunde diese Anordnung - die keinen Hinweis auf die Noah gegebenen Verbote enthält - gegeben wurde. Daß in V. 28.29 von „notwendigen“ Stücken geredet ist, widerspricht dem eben Gesagten ja keineswegs; denn wenn es uns „wohlgehen“ (so wörtlich!) soll, so müssen wir allerdings das Gewissen anderer zu schonen imstande sein (vergl. Röm. 14,15.19 u. a.).

2. Es wird nun aber gesagt, dies Verbot greife zurück auf die längst vor Moses dem Noah gegebenen Anordnungen. Gewiß, aber diese wurden im Gesetz aufgenommen und vermehrt. Damit, daß sie dem Noah gegeben wurden und doch auch später dem Gesetz einverleibt wurden, ist nicht gesagt, daß sie verpflichtend sein sollten für alle Zeiten, sondern, da Noah doch auch der Urvater von Israel ist, dem später das Gesetz den Blutgenuß untersagte, so wurde dies Verbot zu Anfang der Periode des Fleischessens gegeben. Dazu kommt, daß dies Gesetz nicht nur Israel, sondern auch dem „Fremdling“ (3. Mose 17,10) gegeben wurde, so daß damit erst recht die Anordnung dem Noah gegenüber zu einer vorbildlichen, das Gesetz vorbereitenden wurde. Wenn es eine Anordnung war, durch die Gott Sein Recht an dem Blut (Leben, Seele) aussprach, so mußte diese getroffen werden, als der Fleischgenuß begann. Wenn aber dieselbe Anordnung in dem Gesetz Aufnahme findet, so sind wir davon gerechtfertigt durch den Glauben an Christus (vergl. Apg. 13,39; Röm. 3,27-31 u. a.). Denn in Ihm finden alle Anordnungen Gottes, Sein ganzer Wille, Sein Recht, Seine vollkommenen Aussprüche ihr Ziel, ihre Erfüllung (Röm. 10,4). Ist es uns erlaubt, irgend ein Stück des Gesetzes auszunehmen von dieser Erfüllung, von diesem Ende des Gesetzes?

3. Wenn die Verordnungen an Noah und aus Ap.-Gesch. 15 über den Blutgenuß als bindend

anzusehen sind, warum nennt sie keiner der Apostel später? Warum ist in 1. Kor. 8 und 10 nichts darüber gesagt? Über die anderen beiden Stücke wird viel gesagt in Kapitel 6-7 und 10 als über Dinge, die sich mit dem „Tempel des Geistes“ (6,19) und der „Gemeinschaft am Tisch des HErrn“ (10,21) nicht vertragen; aber des Blutgenußverbotes findet sich keine Erwähnung mehr. Warum nicht? Weil es eben ein nur für bestimmte Umstände gegebenes, jedoch kein bindendes Verbot war. Wohl aber war es ein Gebot der Liebe, sich dieses Genusses zu enthalten, wenn es sich um Schwache handelte, die dadurch zu Fall kommen konnten (das ist der eigentliche Sinn des „Anstoß- oder Ärgernisgebens“; vgl. 1. Kor. 8,10). Dann aber nicht nur des Blutes, sondern jeder Speise, auch des Weines u. a. m. (Röm. 14). Und gewiß wird keiner derer, die so wie wir diese Stelle deuten, in Gegenwart eines, der darüber zu Fall kommen könnte, oder etwa eines Juden oder Judenchristen, Blut in irgend einer Form - ob gekocht oder ungekocht, ist völlig belanglos - essen. Denn „die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung“ (Röm. 13,10).

Gruß an den Leser:

Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?“ Jerem. 5,3a.

Vorbemerkungen:

Wir bitten herzlichst um freundliche Beachtung der letzten beiden Umschlagseiten!

Während dies Heft als Doppelnummer erschienen ist, gedenken wir, so Gott will, der Dezember-Nummer ein vollständiges Schriftstellen-Verzeichnis des ganzen I. Jahrganges beizufügen!

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht. Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Wie verhalten sich die Worte Phil. 1, 23 („bei Christo sein“) zu Joh. 6,39.40.44 („auferwecken am letzten Tage“)?

b) Sind nach der Schrift nur gläubig Getaufte berechtigt, teilzunehmen am biblischen Abendmahl (vgl. Apgesch. 2,42; 20,7; 1. Kor. 11,23ff.), oder ist dasselbe für jedes Kind Gottes?

c) Warum nennt sich Paulus eine „unzeitige Geburt“ ? (1. Kor. 15,8.)

d) Wie verhält es sich in Eph. 2,8 mit dem Glauben? Er kann doch nie eine Gabe Gottes sein, sonst könnten Unbekehrte Gott Vorwürfe machen. Der Glaube kommt doch aus der Predigt! (Röm. 10,17.)

e) Was heißt „im Namen Jesu beten“? (S. z. B. Joh. 15,16.)

f) Welch ein Unterschied besteht zwischen den Namen Jesus Christus und Christus Jesus u. a. m. (siehe z. B. 1. Tim. 1.12.14.15.16) und ihrer Anwendung in der Schrift? (Vgl. Frage 19, Anmerk. d. Herausgebers.)

Herausgebers.)

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 37

Worin ist nach Joh. 14,28 „der Vater größer als der Sohn“, und wie verhält sich diese Stelle zu Stellen wie Joh. 14,9 („Wer Mich siehet, siehet den Vater ...“) oder Joh. 10,30?

Antwort A

Wenn der HErr Seinen Jüngern gegenüber bezeugt, daß Sein Vater größer ist als Er, so ist damit wohl gesagt, daß Gott der Vater Sich in vollkommener Macht und Herrlichkeit von Ewigkeit her in den Himmeln befand, während der HErr, als Er diese Worte sprach, noch den Pfad der
Niedrigkeit als des Menschen Sohn hienieden wandeln mußte, um die Werke des Vaters zu wirken (Joh. 9,4). Des Menschen Sohn wandelte in unterwürfiger, abhängiger Stellung vor dem Vater, in stillem Gehorsam, bis Er die große Aufgabe erfüllt hatte, die Ihm der Vater gegeben, um dann in derselben Machtvollkommenheit und Herrlichkeit Sich zu setzen zur Rechten Gottes (1. Petri 3,22; Hebr. 1,3). - In Joh. 10,29.30 lesen wir, wie der HErr den Juden gegenüber den „Vater größer als Alles“ hinstellt. In Joh. 8,54.55 bezeugt Er ihnen, daß der Gott, den sie zu kennen vorgeben, Sein Vater ist, und Joh. 10,29 zeigt Er ihnen die Größe der Macht des Vaters. In beiden Stellen (Joh. 14,9 und 10,30) sehen wir, wie der HErr Sich völlig eins machte mit dem Vater. Er stellt das Wesen des Vaters in Person dar. Wir sehen in dem ganzen Johannesevangelium das innige Verhältnis zwischen dem Vater und dem Sohne, und wie der Sohn im vollen Vertrauen auf den Vater den Weg des Leidens im Gehorsam geht.

B. B.

Antwort B

Das Geheimnis der Person des HErrn werden wir nie zu erfassen vermögen. In Seiner Wesensherrlichkeit war er nie weniger als Gott. Er Selbst ist der ewige Gott, dessen Name auch „Ewigvater“ ist (Jes. 9,6). Er Selbst kommt in diese Welt: Gott geoffenbart im Fleisch. Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, so daß von Ihm als „dem Menschen Christus Jesus“ geredet werden kann (Röm. 9,5; Offb. 22,13; 1. Tim. 3,16; 1. Tim. 2,5). Er erniedrigte Sich Selbst, und von dieser Erniedrigung aus redet Er von dem Vater als dem Größeren.

In unserer Stelle spricht Er von Seiner Rückkehr zum Vater. Aber Er hört damit nicht auf, ein Mensch zu sein. Als ein Mensch (in Auferstehung) kehrt Er zum Vater zurück, und Er will als solcher die Herrlichkeit empfangen, die Er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war (Joh. 17,5). Er spricht in Kap. 14,28 zu den Jüngern von Seiner Himmelfahrt, Seiner Erhöhung, in welcher Er als der Sohn des Menschen von dem Größeren, „von dem Vater, Ehre und Herrlichkeit empfing“, die Krone, und gesetzt wird über die Werke Seiner Hände (2. Petri 1,17; Hebr. 2,7). Der Weg der Erniedrigung war

gesetzt wird über die Werke Seiner Hände (2. Petri 1,17; Hebr. 2,7). Der Weg der Erniedrigung war beendet, und ihre Liebe zu Ihm sollte darüber Freude empfinden, denn in Seine Rückkehr und Erhöhung als Mensch waren auch sie eingeschlossen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Der Zusammenhang des ganzen Johannes-Evangeliums bezeugt aufs deutlichste das volle wesenhafte Einssein des Sohnes mit dem Vater. Aber als Mensch, in Seiner Selbsterniedrigung, war Er eine Zeit kleiner als der Vater. Der Satz: „denn der Vater usw.“ enthält den Grund, weshalb die Jünger sich um Seinetwillen freuen sollten. Für Ihn war Sein Hingang zum Vater das Köstlichste und damit für sie auch das Beste, weil erst nach Seinem Hingange sie in den vollen Genuß dessen treten konnten, was Er für sie geworden war (vgl. Kap. 16,7).

Frage 38

Was ist die Macht und was oder wer der Engel in 1. Kor. 11,10?

Antwort A

Der Mann war und ist der Herr der Frau, der Vater der Herr der Jungfrau. Kam eine Frau nun in die Versammlung, so trug sie etwas auf dem Haupte, um anzuzeigen, daß eine Autorität über ihr sei, jemand, der Macht über sie habe. Das war Sitte, Zucht und Ordnung, Sitte und Ordnung aber sollten in der christlichen Versammlung nicht aufgehoben werden.

Wo aber Zucht, Sitte und Ordnung aufgehoben werden, da ziehen sich die Engel, die immer als Diener derer, die ererben sollen die Seligkeit, anwesend sind, zurück. Denn sie lieben Wohlanständigkeit und fliehen Zuchtlosigkeit. Die dämonischen Geister aber sollen in der Christenversammlung nicht die Herrschaft haben. Die guten Engel, die Segensvermittler sind, sollen Platz haben. Wenn es aber wichtig ist, daß Gottes gute Engelscharen um uns her sind, soll es uns auch wichtig sein, in unseren Zusammenkünsten auf Zucht und gute Sitte zu achten.

Damit soll nicht eine damalige Sitte auf unsere Zeit übertragen werden, sondern wir sollen nach dem, was heute wohlanständig ist, auch wohlanständig uns benehmen.

K. E.

Antwort B

Die Verbindung, in welcher das Wort „Macht“ an genannter Stelle gebraucht wird, läßt ohne weiteres erkennen, daß damit die Kopfbedeckung gemeint ist. Warum letztere „eine Macht“ genannt wird, mag folgendes uns zeigen:

In dem vorliegenden Schriftabschnitte (1. Kor. 11,2-16) handelt es sich um die Feststellung der göttlichen Ordnung in bezug auf Mann und Weib, welche die Korinther außer acht gelassen hatten. Offenbar waren da solche, welche meinten, weil alle Gläubigen in Christo vor Gott stehen und in

dieser Stellung vor Gott alle gleich sind, so sei unter den Gläubigen jeder Unterschied schon hienieden aufgehoben und somit auch das Weib dem Manne gleichgestellt. Hierin irrten sie. Wie in Eph. 5,22-33 so schön gezeigt ist, sind Mann und Weib in ihrem Verhältnis zueinander ein Bild von Christo und der Versammlung. Gleichwie Christus das Haupt der Versammlung und diese dem Christus unterworfen ist (Eph. 5,23.24), so ist der Mann das Haupt des Weibes und das Weib dem Manne unterworfen in allem (Eph. 5,22-24; 1. Kor. 11,3). Mithin steht das Weib unter einer Macht. Diese Macht findet ihre Darstellung durch die Kopfbedeckung. Deshalb soll beim Beten und Weissagen der Mann nichts auf dem Haupte haben (V. 4) und „sein Haupt nicht bedecken“ (V. 7), weil er in dem erwähnten Bilde Christum darstellt, der als Haupt der Versammlung nicht unter einer Macht steht, sondern die Macht hat.

Darum ist der Mann „Gottes Bild und Herrlichkeit“ (V. 7) und würde er sein Haupt - Christum - entehren, wenn er beim Beten oder Weissagen etwas auf dem Haupte haben würde (V. 4). Das Weib dagegen soll ihr Haupt bedeckt haben, wenn sie betet oder weissagt, weil sie - die Versammlung darstellend - dem Manne als ihrem Haupt unterworfen ist, also unter seiner Macht steht. Deshalb entehrt sie ihr Haupt - den Mann -, wenn sie mit unbedecktem Haupte betet oder weissagt (V. 5), weil sie damit verleugnet, daß er ihr Haupt ist und sie ihm unterworfen ist. Also ist das Bedecktsein des Hauptes des Weibes beim Beten oder Weissagen das Zeichen dafür, daß sie unter einer Macht steht. - Sie soll dieses von Gott bestimmte Verhältnis aber auch tatsächlich anerkennen und deshalb „eine Macht“ (das ist also eine Kopfbedeckung als Zeichen der Macht, unter der sie steht) auf dem Haupte haben (V. 10).

Warum aber „um der Engel willen“? Ich glaube, diese Frage kann nicht zutreffend und verständlich beAntwortet werden, ohne einen im vorliegenden Schriftabschnitte erwähnten weiteren Gegenstand zu berücksichtigen, nämlich das lange Haar des Weibes. Dasselbe ist nicht etwa die Kopfbedeckung, von der wir oben geredet haben, wiewohl die mit beiden Gegenständen verbundenen Gedanken im innigsten Zusammenhang miteinander stehen. Vers 6 läßt dies ohne weiteres erkennen. Was das lange Haar bedeutet, erklärt uns Vers 15, wo gesagt ist, daß für das Weib das lange Haar eine „Ehre“ ist und es ihr als ein „Schleier“ gegeben ist. Dieses hat natürlich eine geistliche Bedeutung, die wir finden, wenn wir das angewendete Bild betrachten. Hinter einem Schleier ist die ihn tragende Person verborgen. Auch ist dieser Schleier hier zugleich für die dahinter verborgene Person eine „Ehre“, also eine Zierde, ein Schmuck. Was ist nun der wahre Schmuck des Weibes? In 1. Tim. 2,9 heißt es hierüber: „Desgleichen auch, daß die Weiber in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sich schmücken ...“, und 1. Petri 3,1-6: „Gleicherweise ihr Weiber, seid euren eigenen Männern unterwürfig, auf daß ... sie ... mögen gewonnen werden, indem sie euren in Furcht keuschen Wandel angeschaut haben; deren Schmuck sei nicht der auswendige ..., sondern der verborgene Mensch des Herzens in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes ... Denn also schmückten sich auch einst die heiligen Weiber ..., indem sie ihren eigenen Männer unterwürfig waren: wie Sarah dem Abraham gehorchte und ihn Herr nannte ...“ Hier sehen wir einen Schmuck, hinter dem der „Mensch des Herzens“ verborgen ist, wie im obigen Bilde der äußere Mensch hinter dem Schleier des langen Haares. Dieser Schmuck ist durch den „verborgenen Menschen des Herzens“ hervorgebracht und darum zugleich der Beweis seines Vorhandenseins und des darin wohnenden Lebens. Genau so ist es mit dem langen Haar in bezug auf den dahinter verborgenen Menschen. Wie zutreffend in jeder Weise ist also dieses vom Heiligen Geiste gebrauchte Bild! Wir sehen auch hierin wieder die Vollkommenheit und Herrlichkeit des Wortes Gottes! - Das

lange Haar des Weibes ist also ein Bild von dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, der in einem bescheidenen Äußeren in Schamhaftigkeit und Sittsamkeit, in einem in Furcht keuschen Wandel und in Unterwürfigkeit und Gehorsam dem Mann gegenüber erkennbar ist. Wenn nun einem Weibe dieser geistliche Schmuck fehlt, so soll es auch das Bild desselben, das lange Haar, nicht tragen. Deshalb heißt es in Vers 6 unseres Schriftabschnittes: „Denn wenn ein Weib nicht bedeckt ist“ (sie also ihr Unterworfensein nicht anerkennt), „so werde ihr auch das Haar abgeschnitten“. - Und nun kommen wir zurück auf das Wort Vers 10: „... um der Engel willen“. Der eben erwähnte Zustand - ein Weib mit geschorenem Haupte - ist gänzlich gegen die Ordnung Gottes in Seiner Schöpfung (s. Vers 14 u. 15). Gott kann aber nicht dulden, daß gegen diese Ordnung verstoßen werde; Er ist es Seiner Herrlichkeit schuldig, darüber zu wachen um der Engel willen. Warum gerade um der Engel willen? Weil diese in der Schöpfung außer dem Menschen diejenigen Wesen sind, welche mit Einsicht und Verstand ausgerüstet sind und daher die göttliche Ordnung in der Schöpfung kennen. Wohl können sie den Ratschluß Gottes in bezug aus den Menschen, das wunderbare und herrliche Verhältnis der Erlösten zu Ihm, nicht verstehen, wie wir in 1. Petri 1,12 lesen: „... in welche Dinge Engel hineinzuschauen begehren“, weil es nicht ihnen, sondern „Seinen Heiligen“ geoffenbart ist (Kol. 1,26), aber sie kennen die Ordnung Gottes in Seiner Schöpfung. „Darum soll das Weib eine Macht aus dem Haupte haben um der Engel willen.“ - Möchten auch wir stets auf Seine Herrlichkeit bedacht“ sein! -

Th. K.

Antwort C

In 1. Kor. 11 haben wir die Ordnung der Schöpfung. Christus ist das Haupt eines jeden Mannes und nicht etwa nur das der Erlösten. Diese Seine Rechte sollten im Evangelium der Welt bekannt gemacht und verkündigt werden. Jeder nun, ob Mann oder Weib, welcher des HErrn Rechte anerkennt, wird sich Ihm unterwerfen und steht mit Ihm nicht nur als Geschöpf, sondern auch als Erlöster in Beziehung. Die Erlösten werden die Ordnung der Schöpfung Gottes, welche von der Welt ignoriert wird, anerkennen. Der Mann sieht in Christo sein Haupt, das Weib in dem Manne ihr Haupt. Dementsprechend wird das Weib durch Bedeckung ihres Hauptes bekennen, daß nicht sie, sondern der Mann das Haupt ist. Dies geschieht um der Engel willen, welche Zeugen der Schöpfung waren (Hiob 38,7) und durch die Gemeinde jetzt die mannigfaltige Weisheit Gottes erkennen (Eph. 3,10).

K. O. St.

Antwort D

In diesem Kapitel bringt der Apostel Belehrungen über das Zusammenkommen als Gemeinde. Ehe er aber Belehrungen hierüber gibt, unterweist er sie, wie jeder, Mann oder Weib, schicklich in des HErrn Gegenwart erscheinen soll, um mit Ihm oder von Ihm zu reden.

Viele Kinder Gottes behandeln diese Stelle als eine ganz belanglose Sitten- oder Modefrage. Die Schrift spricht aber von dem Bedeckt- und Unbedecktsein nicht als um der Sitte oder Mode willen - sondern um der Engel willen. Zwischen Moden und Engeln ist ein gewaltiger Unterschied!

Wenn die tiefe und ernste Bedeutung dieser Stelle verstanden würde, würde man aufhören, als von Nebensächlichem darüber zu reden. Sollte es uns nicht schon stutzig machen, wenn man sieht, daß

Nebensächlichem darüber zu reden. Sollte es uns nicht schon stutzig machen, wenn man sieht, daß der Apostel über diese Dinge von den höchsten Gesichtspunkten aus spricht, von dem Verhältnis Christi zu Gott und des Mannes zu Christo? Sollte uns das nicht schon nachdenklich machen, ob darin nicht doch mehr liege als man auf der Oberfläche sieht ?

Deutlich weist der Apostel in dieser Sache auf die Anfangsgedanken des Schöpfers hin (V. 7). Der Mann ist Gottes Bild und Herrlichkeit (1. Mose 1,26.27). Mann und Weib - das sollte in der Gemeinde nicht aufgehoben sein. Wohl sagt die Schrift: „da ist nicht Mann und Weib, denn ihr alle seid einer in Christo Jesu“, aber nicht in der Gemeinde hienieden (Gal. 3,28). In zwei verschiedenen Ständen schuf Gott den Menschen - Mann und Weib. Jeder Stand soll Seine Weisheit offenbaren. Gott hat jeden Teil mit einer besonderen Ehre geschmückt, um Seine Gedanken vor dem Wesen einer anderen Welt zum Ausdruck zu bringen, und der Apostel will nicht, daß sie darüber unwissend sind (V. 3).

Vielfach wird diese Stelle ganz einseitig behandelt, als ob hier nur vom Bedecken des Weibes geredet würde und nicht auch vom Unbedecktsein des Mannes. Beides ist gleich bedeutungsvoll und gehört zusammen.

Vom Haupt aus nimmt alles den Anfang. Würden wir Männer, als das Haupt, mit einer Gewohnheitssache aufhören und in Gottes Gedanken eingehend unbedeckt beten, so würde auch das Weib bald lernen, sich zu bedecken. So wie der HErr in die alltäglichen Dinge, Brot und Wein, zu einer besonderen Stunde einen so tiefen Inhalt gelegt hat, daß wir Seinen Leib darin unterscheiden, so hat es Ihm gefallen, in das Bedeckt- und Unbedecktsein einen tiefen Sinn zu legen.

Der Mann tritt mit unbedecktem Haupte vor Gott. Er hat kein sichtbares Haupt in dieser Schöpfung. Christus in der Herrlichkeit ist sein Haupt. In dem Unbedecktsein drückt er aus vor Gott, vor Engeln und Menschen, daß Christus sein Haupt ist und daß das unsichtbare Haupt in ihm in dieser Welt geschaut wird. Er soll sich nicht bedecken, er würde sein Haupt verleugnen. Brüder! Welche große Wirklichkeit hat Gott in die scheinbar bedeutungslose Sache gelegt, die der Glaube erfaßt. Für das Auge und für den Verstand ist es ein Nichts - wie mit dem Brot und Wein -, aber für den, der des HErrn Sinn erkannt hat, ist es etwas Großes. Möchten wir aufhören mit dem gewohnheitsmäßigen Hutabnehmen beim Beten - es hat keinen Wert vor Gott. Ich werde es nie vergessen, als ich mir zum ersten Male die Frage vorlegte: „Warum betest du unbedeckt?“ Und welch eine heilige Furcht und VerAntwortlichkeit durch meine Seele ging, als ich zum ersten Male unbedeckt vor Gott stand mit dem Bewußtsein, damit vor Gott, Engeln und Menschen auszudrücken: Christus ist mein Haupt, als eines Mannes in Gottes Schöpfung (nicht in dem Sinne hier als eines Gliedes am Leibe). Ganz anders das Weib; es bekennt damit, nicht Haupt zu sein. All die Herrlichkeit, die Gott mit dem Haupte verbunden, spiegelt sich in dem Weibe. In ihrer Unterordnung unter das sichtbare Haupt trägt sie das Bild der Unterordnung der Schöpfung vor Gott. In einer ganz besonderen Weise aber bringt sie, das Weib, die Gemeinde in ihrem Christo-Unterworfensein vor den Engeln zum Ausdruck. Die Bedeckung ist das Zeichen und der Ausdruck von der „Macht“, unter der das Weib steht und welche sie anerkennt. Das Weib trägt die Herrlichkeit des Unterworfenseins der Gemeinde vor die Blicke des Universums und der Engel. Welche Herrlichkeit hat Gott auf Mann und Weib gelegt, Seine Gedanken in der Schöpfung darzustellen.

Wir sind unter den Blicken von Menschen und Engeln (1. Kor. 4,9). In der Schöpfung ist durch die

Sünde alles verdorben und entstellt, aber in der Mitte derer, die durch das Blut Jesu Christi von der Sünde gereinigt sind, soll Engeln die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan werden (Eph. 3,10). Engel sind nicht allwissend (1. Petri 1,12), sie lernen Gottes Gedanken durch das Anschauen der Gemeinde, durch das, was sie an uns sehen. Sie beachten unser Tun (1. Tim. 5,21). Eine alte Schwester sagte einmal: Wenn Engel auf uns sehen, um Gottes Weisheit zu erkennen, dann müssen wir uns in unseren Zusammenkünften noch ganz anders benehmen!

Möchten diese kurzen, wenigen und abgerissenen Gedanken uns dazu dienen, mit dem Gewohnheitsmäßigen zu brechen und in das Wesen einzutreten. Mancher Bruder, der mit überlegenem Lächeln und einigen Schlagworten diese Sache abtat, kam in peinliche Verlegenheit, wenn er ersucht wurde, den Grund anzugeben, warum er unbedeckt bete.

Für manche Schwester möchte noch das „Wie soll ich mich bedecken?“ eine Frage sein. Wenn wir das Wesen der Bedeckung erfaßt haben, so wird das äußere „Wie“ keine Schwierigkeit bieten, wir werden das Schickliche bald finden. Wir sind hierin, glaube ich, nicht knechtisch an den Buchstaben gebunden, da wir ohne Unterlaß und allezeit beten sollen. Es handelt sich hier um den bewußten Ausdruck einer Handlung in der Bedeckung. Ich habe manchmal Brüder beten sehen, die mit ihrer Hand ihr Haupt bedeckten. Wenn unter Umständen eine Schwester solches tut, so glaube ich, wird es vor Gott das sein, was der Glaube und die Treue darin in Seiner Gegenwart tut.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Sollte der Heilige Geist nur darum diese Dinge inspiriert haben, weil sie etwa eine „orientalische Sitte“ sind? Mancher scheint dies zu glauben und zeiht die, die es auch hierin mit Gottes Wort genau nehmen, der Buchstabenknechtschaft und Gesetzlichkeit! Der HErr erbarme Sich über Sein Volk, das es fertig bekommt, Seine erhabenen Gedanken in dieser Weise abzutun! Und dabei war es für Juden gar nicht so selbstverständlich, was hier über das Unbedecktsein der Männer steht! Bekanntlich durfte kein Priester unbedeckten Hauptes in das Heiligtum vor Gott treten1 - wir aber, lieben Brüder, die wir zu dem „königlichen Priestertum gehören“ (1. Petri 2,9), sollen es, und - tun es vielleicht ganz selbstverständlicherweise! Aber sobald es sich um das Weib handelt, so ist alles nur „so orientalische Sitte“, die für unsere Zeit nicht maßgebend ist! Sind Gottes hohe Gedanken darüber und ihr Zweck - „um der Ellgel willen“ - für heute nicht mehr maßgebend? Teurer Bruder, sei mal konsequent, deinen Maßstab, den du an das anlegst, was über die Weiber gesagt ist, an dich selbst anzulegen; d. h. wenn du meinst, die Weiber (Frauen und Jungfrauen) könnten dies Gebot übertreten, stelle dich einmal vor die Frage, ob du es übertreten kannst, indem du in der Versammlung und wo du sonst betest und weissagst (vgl. Frage 32), den Hut aufsetzest! Würde dein Gefühl, dein christliches Empfinden nicht schon dir sagen, daß du unrecht tätest? Und dann stelle dich vor die Wahrheitsfrage: Was will Gott hiermit, was hat Er in diese Dinge hineingelegt? - und dann wage noch zu sagen: das alles, besonders aber das in bezug auf die Weiber Gesagte, ist gleichgültig, äußere Form, ohne Inhalt! Schaffe jeder bei sich zu Hause und in der Versammlung seines Ortes, daß diese Sitte den Charakter einer toten Form verliert und tue er und sein Weib Gott die Ehre an, die Ihm gebührt: Sein Wort zu bewahren, aus Liebe zu Ihm! (Joh. 14,21ff.)

1

Noch heute haben die jüdischen Männer in der Synagoge den Hut auf dem Haupt!

 

 

Frage 39

Ist 2. Mose 20,8-11 auch auf den Sonntag zu beziehen? Wie steht es im Verhältnis zu Kol. 2,16-17?

Antwort A

Die Worte: „Und Gott hatte am siebenten Tage Sein Werk vollendet, das Er gemacht hatte; und Er ruhte am siebenten Tage von all Seinem Werk, das Er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn“ (2. Mose 2,2-3), wodurch dieser Tag von den Wochentagen unterschieden, von ihnen ausgesondert, ja ihnen entgegengesetzt wurde, stehen im Widerspruch mit dem Wesen und Begriff des Paradieses, ebenso wie der Tod dem Wesen des Paradieses widerspricht.

Das dem Menschen gesteckte hohe Ziel hat er nicht erreicht, ja, er hat nicht einmal danach gestrebt. Wenn er seiner himmlischen Berufung, seiner gottesbildlichen Bestimmung entsprochen hätte, so würde mit dem siebenten Tage oder mit der siebenten Periode ein ewiger Sabbat in der Festfeier der göttlichen Liebe und eine Friedensruhe in Gott über ihm ausgegangen sein. Er hat aber diesen Sabbat nicht gefeiert und statt dessen durch die Barmherzigkeit Gottes ein sehr armes, schwaches Nachbild außerhalb des Paradieses, auf der Erde, dem Orte der Verbannung, empfangen, deren Acker verflucht wurde.

Am Schlusse der Schöpfung (1. Mose 2,2.3) wird wiederholt bezeugt, daß Gott am siebenten Tage ruhte von allen Seinen Werken, und aus dieser Ruhe die Segnung und Heiligung des siebenten Tages abgeleitet. Inwiefern konnte von Gott gesagt werden, daß Er ruhte von allen Seinen Werken, oder wie konnte die Ruhe Gottes unterbrochen werden? Die Rückkehr Gottes in die Ruhe setzt voraus, daß die Wiederherstellung der Erde mit Mühe und Arbeit verbunden war. Wenn Gott zu Seinem Volke sagt (Jes. 43,24): Aber du hast Mir zu schaffen gemacht mit deinen Sünden, du hast Mich ermüdet mit deinen Missetaten,“ so ist das etwas Wirkliches und Tatsächliches für Gott Selbst, ein Kampf Gottes mit diesem Volke, mit seiner Untreue, mit seinem hartnäckigen, widerstrebenden Herzen. Um einen ebensolchen Kampf Gottes durch Seinen Geist handelte es sich bei der Wiederherstellung der Erde, weil Gott auch im Satan das Recht der Persönlichkeit anerkennt.

Das Sechstagewerk bezieht sich auf die Erde, was dagegen Gott am siebenten Tage tut, auf das ganze Universum, denn Seine Wirksamkeit hört am siebenten Tage nicht auf, sie ist nur anderer Art, entsprechend Seiner heiligen Liebe, in der Er ruht. Diese Vollendung am siebenten Tage steht in der engsten Verbindung mit der Wiederherstellung der Erde. Der gottesbildliche Mensch ist im göttlichen Ratschluß zum Höhepunkt der Schöpfung ersehen, und für die Wiederherstellung des durch seinen Ungehorsam gestörten Verhältnisses zwischen Gott und der Welt tritt der eingeborene Sohn als Bürge und Mittler ein (Eph. 1,4.5). Die Versöhnung des Menschen ist mithin ewig durch den Sohn vermittelt und durch den Tod am Kreuze vollzogen und verwirklicht. Indem nun Gott Sich in die Ruhe Seines seligen Lebens zurückbegibt, steht Sein Ratschluß als ein ewig vollendeter vor Seinem Geistesauge, denn Ihm sind alle Seine Werke von „jeher bekannt“ (Apgesch. 15,18); Er begibt Sich aber nur in diese Ruhe, um in Seiner erbarmenden Liebe die Welt nach Sich zu ziehen und sie ihrem im göttlichen Ratschluß gesetzten und durch den Sohn der Liebe vermittelten Ziele entgegenzuführen. Sein Sabbat wird schließlich zum Sabbat des Universums. Er stiftet ihn als den Reflex Seines Sabbats in der Zeit, damit Er einmünde in den Sabbat der Ewigkeit, in den Sabbat der göttlichen seligen Liebe. Er muß demgemäß, wenn auch seiner Form nach ein zeitlicher, seinem Wesen und Inhalt nach

ein ewiger sein. Der Sabbat ist somit das Symbol der Einkehr in Gott, der Friedensgemeinschaft mit Ihm, des Eingangs in die Festfeier Seiner ewigen Liebe, was in 2. Mose 20 zum Ausdruck gebracht ist im Schattenbilde, im Gesetz.

Die Grundsätze der Gnade sind nun ganz andere und dürfen mit den Grundsätzen des Gesetzes nicht vermengt werden, sonst würde das Gesetz seiner strengen und unbeugsamen Majestät und die Gnade ihrer göttlichen Reize beraubt werden.

In dem Herzen Gottes gibt es weit mehr, als die auf dem rauchenden Berge gesprochenen Gebote je auszudrücken vermochten, und dies ist in Christo zum Ausdruck gebracht; „denn in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kol. 2,9). „Das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“ (Joh. 1,17). In Ihm ist der Gläubige zur Ruhe gekommen und Gott auch. „Er schweigt in Seiner Liebe“; „Er frohlockt über dich mit Jubel“ (Zeph. 3,17). Gott sieht die Heiligen jetzt in Christo und in dessen Vollkommenheit und ist befriedigt.

Das sind Grundsätze und Verwirklichungen der Gnade, im Gegensatz zum Gesetz, zum Schaltenbilde. Demgemäß ist durch das Wesen der Gnade jegliches Gesetz und jegliches Schattenbild aufgehoben und damit auch der Sabbat, und mit Recht wird in Kol. 2,17 von den Schatten auf den Körper (Christus) hingewiesen.

2. Mose 20,8-11 ist also nicht auf den Sonntag zu beziehen.

W. W.

Antwort B

Die erste Frage ist unbedingt zu verneinen, da Sabbat im Worte Gottes nie mit Sonntag - dem ersten Tag der Woche“ - verwechselt wird.

Die zweite Frage ist durch BeAntwortung der ersten eigentlich schon erledigt. Der Apostel spricht von diesen Tagen und Festen als von Schatten; im Gegensatz zu diesen ist Christus die Fülle, der Körper. Wer nun Christus, den Körper, das Wesen, die Fülle aller Schatten und Vorbilder, hat, sollte auf keinen Fall auf Dinge, welche durch Christum erfüllt sind, zurückgreifen; dies würde bedeuten, Christum aufgeben, und diejenigen, welche dies tun, sind schrecklich nahe daran, unter das Urteil von Hebr. 10,26-31; Gal. 2,18 zu kommen. Übrigens urteile man selbst, welches mehr Wert und Gehalt hat, der Schatten einer Person oder die Person selbst?

Der Apostel Paulus erwähnt, soviel ich wahrgenommen habe, den Sabbat - vielmehr Sabbate (Mehrzahl) - nur ein einziges Mal in seinen Briefen, und wo er dies tut, steht er ihm ablehnend gegenüber. Sollte jemand sich darauf berufen, daß der Apostel Paulus am Sabbattag öfter in die Synagoge ging (vergl. Apgesch. 13,14.27.42.44 u. a.), und daraus schließen wollen, daß das Halten des Sabbats doch eine biblische apostolische Berechtigung habe, dem möchte ich nur erwidern, daß der Apostel Paulus nur die Gelegenheit wahrnahm, den Juden und Proselyten das Evangelium der Gnade zu bringen, weil er sie an dem bestimmten Tage dort in großer Anzahl antraf, wie auch wir jetzt bei bestimmten Festen und Tagen die Freiheit haben, den Menschen das Evangelium von Christo zu bringen, ohne nur daran zu denken, religiöse, weltliche Feste feiern zu wollen, da wir doch mehr haben, als was Religion und Welt uns zu geben vermögen: „Christus!“

Nichts ist verwirrender, als klare Ausdrücke und Bestimmungen des Wortes Gottes unbeachtet zu lassen oder zu verwechseln. Wenn wir den Sabbat mit dem ersten Tag der Woche als eins betrachten, dann sind wir notwendigerweise auch gezwungen, Israel, das irdische Volk Gottes, und die Gemeinde Gottes, das himmlische Volk, als eins zu betrachten. In Wirklichkeit tun dies diese Leute, welche obigen Unterschied verwischen, indem sie einfach sagen: „Die Gemeinde sei das geistliche Israel!“

Wo aber steht so etwas im Worte Gottes?

Der Sabbat gründet sich auf die Schöpfung Gottes, wurde dem irdischen Volke Gottes als Bundeszeichen gegeben, sie sollten Zeugen Dessen sein, der Himmel und Erde gemacht hat. Der erste Tag der Woche (vergl. Ev. Joh. 20,1.19.26; Apgesch. 20,7; 1. Kor. 16,2) gründet sich auf die neue Schöpfung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten.

Wer nun die Jünger Christi mit dem Joch „des Sabbathaltens“ belasten will, bringt den Gläubigen unter das Gesetz und bürdet ihm das Halten des ganzen Gesetzes auf (vergl. Gal. 3,10 und Jak. 2,10). Weil nun letzteres von uns unmöglich erfüllt werden kann, ist auch ersteres für uns hinfällig, denn „Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit!“ (Röm. 10,4.)

Ganz anders verhält es sich mit dem ersten Tag der Woche, welchen der HErr nicht zum Halten gebot oder gar zum Gesetz erhob (dies würde dem Geiste der Gnade nicht entsprechen), aber ihn nichtsdestoweniger auszeichnete durch Seine jeweilige Erscheinung inmitten Seiner Jünger nach Seiner Auferstehung.

Dies wird jeder geistlich Gläubige beachten sowie zu schätzen wissen.

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Wir freuen uns dessen, daß im Vorigen in klarer Weise gesagt wird, daß die Kinder Gottes los sind vom Sabbatgebot, weil sie frei sind vom Gesetz. In unseren Tagen macht die Irrlehre der „Adventisten vom siebenten Tage“ (Sabbatarier) rapide Fortschritte, und ungezählte wirkliche Kinder Gottes fallen wieder unters Gesetz, machen praktisch (natürlich ohne es zu wollen) das Werk Christi und die Gnade ungültig (vergl. Gal. 2,2.) und suchen Gott durch Halten des Sabbats zu befriedigen - und wie schwer hält es, sie von diesem Irrtum zu überzeugen! Woher kommt es, daß außer vielen Unbekehrten so viele Kinder Gottes verführt werden? Satan ist da und sein Werk ist, das Werk der Gnade zu entkräften. Das Gesetz richtet sich an den Menschen im Fleisch, und es ist dem Feinde eine Freude, die Christen im Fleische wandeln zu sehen, wird dadurch doch am besten sein Ziel erreicht, daß Christus entwertet wird! Das ist die tiefere Ursache dieser traurigen Erscheinung der Gegenwart; die menschliche Seite der Frage ist die Unkenntnis der Schrift in den weitesten Kreisen der Gläubigen. Möchte jeder Bruder, jede Schwester es sich zur Aufgabe machen, sich durch das Lesen der Schrift mit dem Schwert zu wappnen (Eph. 6,17) gegen alle Verführungsmacht Satans. Und dazu noch ein praktischer Wink: Lieber Bruder, liebe Schwester, wird durch irgend etwas, was man dir als Schriftwahrheit auftischt, Christus beiseite gesetzt und der Mensch in den Vordergrund gerückt, so weise es ab! Bitte lies und nimm's in dich auf, was Gal. 2,20 steht! Und dann, lies und durchforsche immer wieder den Galaterbrief! Wer diesen kennt auswendig und inwendig, der ist gerüstet gegen die Irrlehre von der Notwendigkeit der Sabbatbeobachtung! Und bist du veranlaßt - suche es nicht! -,

dich mit Sabbatariern auseinanderzusetzen, so mach's, wie Nehem. 2,4b steht: „Da betete ich“, und laß dir schenken Lehrfähigkeit und Sanftmut nach 2. Tim. 2,23-26! Und noch eins: Möge niemand den schriftwidrigen Gedanken verteidigen, wonach das Sabbatgesetz auf den Sonntag zu übertragen sei! (Gal. 4,10-11.) Wenn auch dieser Tag in der Schrift ausgezeichnet ist - ein Sonntagsgesetzt gibt es nicht! -

„Laßt niemanden euch um den Kampfpreis bringen!“ Kol. 2,18.

 

Frage 40

Wie sind die Stellen Matth. 3,5-6.11-12 zu verstehen gegenüber Römer 6,2ff.?

Antwort A

Apgesch. 19,4.5 lesen wir, daß etliche, die mit der Taufe Johannis getauft waren, nochmals auf den Namen Jesu Christi getauft werden mußten und sie sogar erst nach Händeauflegung den Heiligen Geist erhielten. Diese waren also zweimal getauft, einmal zur Buße, sodann zum Empfang des Heiligen Geistes in Jesu Tod.

Apgesch. 19,4.5 steht weiterhin, daß bei der Taufe Johannis gesagt sei, daß sie an Jesum glauben sollten, das heißt nichts anderes, als an Seinen Versöhnungstod. So sind z. B. die Jünger nur von Johannes mit Wasser getauft worden; aber am Pfingstfest erhielten sie die Fülle des Geistes, was sich durch feurige Zungen auf ihren Häuptern schon äußerlich kund tat. Also sind die Jünger Jesu wie auch viele andere durch Johannes mit Wasser in Jesu Tod getauft, obwohl er noch zukünftig war, um dann nach Jesu Tode die köstlichen Verheißungen im vollem Maße zu empfangen, wie auch die Heiligen des A. B. die ewige Seligkeit erlangt haben im Hinblick auf Jesu Versöhnungstod, der noch geschehen sollte, um nach demselben zur vollen Herrlichkeit einzugehen.

Man könnte noch einen dritten Fall annehmen. Nach Matth. 13,21 können manche, die von Johannes getauft waren und Christum im Glauben erfaßt hatten, wieder abgefallen sein, als die Verwerfung Jesu stattfand. Auch ihnen hat dann das erste Wort des HErrn am Kreuze gegolten, das ja am Pfingsttage so herrlich in Erfüllung ging.

L.Th.

Antwort B

In Röm 6 haben wir die beste Erklärung der Bedeutung der Taufe (s. V. 4-6). Der Grundgedanke der Wassertaufe ist der des Gerichts über den schuldigen Menschen. Dieser Grundgedanke ist für den Gläubigen erfüllt in dem Tode Christi. Deshalb geschieht die Taufe des Gläubigen auf den Tod Christi (V. 3 u. 4). Der Gläubige ist einsgemacht mit Christo in allem, in Seinem Tode und in Seiner Auferstehung. Durch die Taufe bekennt er dieses völlige Einssein mit Ihm, und zwar im Blick auf das Gericht und den Tod. Er weiß, daß es für den sündigen alten Menschen nichts anderes geben konnte und daß der Herr Jesus für ihn hierin den Platz einnahm am Kreuze und im Grabe; er sieht in Christo seinen alten Menschen am Kreuze gerichtet und im Grabe hinweggetan vor den Augen Gottes. Dieses wird durch die Taufe zum Ausdruck gebracht. Deswegen ist die selbstverständliche und unerläßliche Voraussetzung für die Taufe der persönliche Glaube. Weiter ist ebenso selbstverständlich

unerläßliche Voraussetzung für die Taufe der persönliche Glaube. Weiter ist ebenso selbstverständlich nach dem Gesagten die Taufe nur dann sinnentsprechend und schriftgemäß, wenn sie in der Weise geschieht, daß der, welcher sich taufen läßt, vollständig im Wasser untergetaucht wird, er also von demselben vollkommen bedeckt und so in demselben begraben wird (s. V. 4). - An den Tod des Herrn Jesu knüpft sich die kostbare Tatsache Seiner Auferstehung. So kommt auch der Getaufte aus dem Wassergrabe hervor, gleichsam zu einem neuen Leben. Dieses ist im Kapitel 6 der Grundton, aber besonders hervorgehoben in der zweiten Hälfte des V. 4 und in V. 5 und 6. Wie könnte es auch anders sein? Wenn ich eins mit Ihm bin, dann bin ich es eben immer; bin ich es in Gericht und im Tode, dann bin ich es auch in der Auferstehung und im Leben! O, welche Gnade! Eins mit Ihm, dem gekreuzigten, gestorbenen und begrabenen, auferstandenen und verherrlichten Heilande und HErrn! Wie kostbar und wie herrlich!

Eine andere Bedeutung hat die Taufe des Johannes, die wir in Matth. 3.5.6 finden (s. auch Mark. 1,4; Apgesch. 19,4). Diese hatte ihren Platz vor dem Kreuze, denn sie war die „Taufe der Buße, indem er dem Volke sagte, daß sie an den glauben sollten, der nach ihm kam, das ist an Jesum“ (Apgesch. 19,4). Johannes war vor dem HErrn her gesandt, um das Volk für Sein Kommen vorzubereiten. Deshalb rief er das Volk zur Buße, denn das war es, was zur Aufnahme des HErrn vor allem nötig war. Die nun auf seine Stimme hörten, kamen und wurden von ihm im Jordan getauft, „indem sie ihre Sünden bekannten“ (Matth. 3,5.6). Durch diese Taufe „rechtfertigten sie Gott“ (Luk. 7,29), indem sie durch dieselbe anerkannten, vor Gott schuldig und des Gerichtes wert zu sein. Deshalb ließ auch der Herr Jesus Sich von Johannes taufen, da Er gekommen war, den Platz des schuldigen, verlorenen Sünders im Gericht einzunehmen; Er machte Sich eins mit denen, welche diesen Platz als den ihrigen vor Gott anerkannten. - Die Taufe des Johannes war also, wie wir gesehen haben, der Ausdruck des Zustandes der Buße, welcher dann, wenn er ein echtes Werk des Geistes Gottes war, den Glauben an den Herrn Jesus und durch diesen Vergebung der Sünden zur Folge hatte. Deshalb wird diese Taufe in Mark. 1,4 die „Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden“ genannt.

Der Unterschied zwischen der in Matth. 3,5.6 und anderen Stellen erwähnten Taufe des Johannes und der Taufe in Röm. 6 ist hiernach ein unverkennbarer; auch ist es ohne weiteres klar, daß die Taufe des Johannes keinen Platz mehr hat, seit der Herr Jesus Seinen Jüngern den Befehl gab: „Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jüngern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Helligen Geistes ...“ (Matth. 28,19). Wir sehen dies auch deutlich aus Apgesch. 19,3-5, wo die auf die Taufe des Johannes getauften Jünger zu Ephesus, nachdem sie durch Paulus belehrt worden waren, noch auf den Namen des Herrn Jesu getauft wurden.

In Matth. 3,11.12 ist das Wort „taufen“ in bildlicher Weise angewendet in Verbindung mit „Heiligem Geist“ und „Feuer“. Da ist es der HErr, welcher tauft; Er allein hat dazu die Macht. Auch zeigt uns das Wort Gottes, daß es zwei ganz verschiedene Dinge sind, um die es sich hierbei handelt; die Taufe mit dem Heiligen Geiste ist eine Sache für sich, und die Taufe mit „Feuer“ ist eine andere Sache für sich. Erstere Sache ist zu einem Teile bereits erfüllt. Ehe der Herr Jesus auffuhr in den Himmel, sagte Er den Seinen: „Ihr aber werdet mit Heiligem Geist getauft werden nach nunmehr nicht vielen Tagen“ (Apgesch. 1,5), und in Apgesch. 2,1-4, an jenem Tage der Pfingsten, sehen wir bereits die Erfüllung dieser Verheißung. Zu diesem Punkte erlaube ich mir auf die Antworten zu Frage 33 in Heft Nr. 8/9 zu verweisen, wo gerade dieser Gegenstand behandelt ist. Aber auch im Alten Testament bereits, in Joel 2,28-32, finden wir eine diesbezügliche Verheißung, auf welche in Apgesch. 2, 16-21 Petrus Bezug

2,28-32, finden wir eine diesbezügliche Verheißung, auf welche in Apgesch. 2, 16-21 Petrus Bezug nimmt. Ihre eigentliche Erfüllung wird diese Verheißung aber erst noch finden, wenn jener Zeitpunkt gekommen sein wird, von welchem in Joel geredet ist. - Die Taufe mit „Feuer“ ist etwas ganz anderes. Feuer ist im Worte Gottes ein Bild vom Gericht. Das sehen wir gleich in Matth. 3 selbst in V. 10 und im letzten Teile des V. 12, aber auch in vielen anderen Schriftstellen (s. z. B. 1. Mos. 19,24.25; 3. Mose 10,2; 4. Mose 16,35; Jes. 66,15.16; Mal. 4,1; Matth. 13,42; 18,8.9; 25,41; Mark. 9,43-48; 2. Petri 3,7.10.12 u. a. m.). Das Taufen mit Feuer ist also die Ausübung des Gerichts. Von diesem Gericht spricht das Wort Gottes viel und in mannigfacher Weise im Alten und im Neuen Testamente, und der Herr Jesus ist es, welchem die Ausübung übertragen ist, wie eben auch Matth. 3,11.12 zeigt. Er wird die sieben Siegel öffnen (Offb. 5,5 usw.), Er wird geoffenbart werden „vom Himmel mit den Engeln Seiner Macht in flammendem Feuer, wenn Er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesu Christi nicht gehorchen, welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben ...“ (2. Thess. 1,7-10), Er wird auf dem großen weißen Throne sitzen (Offb. 20,11 usw.). Ja, Ihm ist alles übergeben vom Vater! O, welch eine wunderbar herrliche Person ist Er, unser Heiland und HErr! - In Matth. 3,11 klingt es wohl so, als ob das Taufen mit dem Heiligen Geist und das mit „Feuer“ miteinander verbunden wären und beides dieselben Personen beträfe, aber das Wort ist eben an die Masse gerichtet, die noch „ungeworfelt“ auf Seiner „Tenne“ war, „Weizen“ und „Spreu“ untereinander; und so verschieden wie der Weizen von der Spreu ist, ebenso verschieden ist die Taufe mit dem Heiligen Geiste von der Taufe mit „Feuer“. Wohl mögen solche, die „Weizen“ sind, auch durch „Feuer“ der Leiden und Prüfungen und Drangsal zu gehen haben - ja, das müssen mehr oder weniger alle -, aber sie „verbrennen“ nicht (s. Dan. 3,19-27; Jes. 43,2; 1. Petri 1,6.7; 4,12-19), verfallen dem Feuer nicht, werden ihm nicht zur Beute, was aber bei der „Spreu“ der Fall ist. Mit „taufen“ im biblischen Sinne ist eben nicht nur der Begriff des Hindurchgehens durch das, worin getauft wird, verbunden, sondern es ist weiter damit verbunden der Begriff der vollen Wirkung dieser Sache auf den Gegenstand der Taufe. So ist es bei der Wassertaufe ihrer sinnbildlichen Bedeutung nach und bei der Taufe mit dem Heiligen Geiste (s. Röm. 6,4.6; 1. Kor. 12,13) und nicht minder bei der Taufe mit „Feuer“. -

Der Raum gestattet nicht, noch mehr über den Gegenstand zu sagen. Daher wolle der Leser im Worte selbst weiter forschen, die einschlägigen Schriftstellen aber recht genau und sorgfältig lesen und sie im Zusammenhange mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden sowie im Lichte des Schriftganzen betrachten. Dann erst kann der rechte Sinn gefunden und die kostbare Wahrheit aufgeschlossen werden. Der HErr schenke uns allen dazu Gnade!

Th. K.

Antwort C

Die Frage ist etwas dunkel. Die Stelle in Matth. steht allein mit Israel in Verbindung, während Röm. 6 Belehrungen über die Taufe der Christen bringt. Die Taufe Johannes des Täufers hatte den Zweck, auf dem Wege der Buße Israel das Auge für ihren Messias zu öffnen (Joh. 1,31). Wenn Israel durch den Messias zu den Segnungen des Reiches geführt werden wollte, so mußte es zuerst zum Selbstgericht geführt werden, sie mußten ihre Sünden bekennen und in der Taufe anerkennen, daß der Tod ihr gerechter Lohn war. - Sie wurden im Jordan, dem Strome des Todes, getauft. Wenn wir nach einer Verbindung suchen wollen mit Röm. 6, so möchte man sagen, daß auch in der Taufe Johannes des Täufers die Anerkennung des auf ihnen ruhenden Todes gesehen werden kann. Der

Johannes des Täufers die Anerkennung des auf ihnen ruhenden Todes gesehen werden kann. Der Christ wird in Röm. 6 als verbunden und einsgemacht mit dem Tode Christi gesehen und kann deshalb durch die Taufe auf diesen Tod begraben werden; so (auf Christi Tod)

konnten die Juden nicht getauft werden, sondern nur in der Anerkennung des eigenen Todesurteils in dem Bekennen ihrer Sünden in die Taufe eintreten.

In den Versen 11 und 12 von Matth. 3 verweist Johannes auf die Beziehung seiner Taufe zu den Taufen des nach ihm Kommenden. Wer sich in Buße beugte und mit Wasser durch Johannes taufen ließ, öffnete sein Auge auch für den Kommenden, der sie mit Heiligem Geiste taufen würde. Wer aber unbußfertig an der Stimme des Rufenden vorüberging, der würde gleich der Spreu von der Tenne gefegt werden und mit dem Feuer des Gerichtes von dem Kommenden getauft werden. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Über die Frage, die auch uns etwas dunkel war, ist im Vorstehenden genug gesagt worden, um sie völlig zu beleuchten. Wir möchten hier nur noch einmal darauf hinweisen, wie wichtig es ist, die verschiedenen Haushaltungen Gottes zu unterscheiden. Wenn man von vornherein sich sagt: Dort wird zu dem Israel im Fleisch geredet, hier zu einer an Christus gläubigen Gemeinde (zu der natürlich auch etliche aus Israel gehörten), so wird einem sofort klar sein, daß von einer eigentlichen Verbindung zwischen obigen Stellen nicht geredet werden kann, daß höchstens etwa die Stellen aus den Evangelien vorbereitend sind für das, was in Röm. 6 in seiner Wirkung dargestellt wird: für den Tod Jesu. - Wir freuen uns, daß hier sowohl wie schon bei Frage 33 einmal deutlich darüber geredet wird, daß die Taufe mit Geist und die Taufe mit Feuer zwei verschiedene Dinge sind. Möchten doch manche unserer Leser, die darüber bisher andere dachten, sich eines Besseren belehren lassen durch obige klare Ausführungen!

Wenn eine der vorstehenden Antworten etwas enthält, was der eine oder der andere durchaus nicht als Schriftwahrheit für sich selbst anerkennen kann oder will, so möge er die diesmaligen „Persönlichen Worte“ auf dem Umschlag ganz besonders zu seinem Herzen reden lassen!

Frage 41

Wie ist das Wort zu verstehen: „... in welchem Er auch hinging und predigte den Geistern im Gefängnis“ usw.? 1. Petri 3,18 Schluß bis 20b.

Antwort A

Zwischen 1. Petri 3,19 und 1. Petri 4,6 besteht ein Kontrast, und dieser Kontrast dürfte zur Erklärung der obigen Stelle entscheidend sein. In beiden Stellen handelt es sich je um eine Botschaft, die aber jeweilig einen besonderen Charakter hatte. Der Charakter im Kapitel 4 ist „gute Botschaft“, also Evangelium. Diese gute Botschaft, dieses Evangelium wird Menschen verkündigt.

Es wäre nun festzustellen, ob es sich in 1. Petri 3,19 auch um gute Botschaft, um Evangelium handelt, und ob diese Botschaft auch an Menschen gerichtet ist. Der Zusammenhang, vornehmlich

das Wort „predigen“, führt zur Verneinung der Frage; es kann sich hier nicht um gute Botschaft handeln, es können auch hier nicht Menschen in Betracht kommen. In unserer Stelle, Kap. 3,19, handelt es sich um einen Triumph Christi, der sich in scharf abgerissenen Linien äußerte.

Dieser Triumph besteht 1. darin, daß, obschon der Sohn des Menschen nach Seinem irdischen Leib getötet wurde, so wurde er doch lebendig gemacht, was Seinen Leib der Herrlichkeit (Phil. 3) betrifft. Es ward der erste Mensch, Adam zu einer lebendigen Seele; der letzte Adam wurde zu einem lebendigmachenden Geist. Sein Fleisch, in welchem Er allein leiden konnte, wurde ausgewechselt gegen einen herrlichen, geistigen, unsterblichen Leib, in dem Er nicht mehr leiden und sterben konnte. Dieser Triumph Christi als des Sohnes des Menschen ist für die Gläubigen von der weittragendsten Bedeutung (vergl. 1. Petri 1,3 u. 4).

Der Triumph Christi äußerte sich aber noch in einer 2. Linie. Die Auferstehung war nicht das einzige Ergebnis der Tötung Jesu Christi. Es hatte noch eine weitere der „Herrlichkeiten“ zu folgen: ein Triumphzug! Der Heilige Geist fährt fort, nicht nur die Herrlichkeit der Auferstehung zu zeigen, sondern auch die Herrlichkeit des Triumphes, den Christus unmittelbar darauf hielt. Er ging hin und predigte sogar den Geistern im Gefängnis. Bei diesem Predigen, im Unterschied zu Kap. 4.6, dürfte es sich um ein „veröffentlichen“ handeln, und zwar als das eines Heroldes, jedenfalls kann es sich um keine gute Botschaft, um kein Evangelium handeln. Dieses erhellt aus V. 22 des 3. Kapitels, wobei Unterwerfung von Engeln in Betracht kommt, und zwar als Teil von Christi Triumph.

Hier haben wir den Schlüssel zu der Bedeutung des Wortes „Geister“, und wir lernen, daß die Unbotmäßigkeit der Geister in V. 20 in Wirklichkeit der Ungehorsam von Engeln war (oder der Fall der Engel). Diese Geister in V. 19 sind also für geistige oder Engelwesen zu halten, die zu einer Zeit und aus einem Grunde in das „Gefängnis“ gesetzt wurden. Die Zeit wird uns berichtet: Es war einst, als „die Langmut Gottes in den Tagen Noahs harrte“. Auch den Grund, die Ursache erfahren wir: sie waren „ungehorsam“. Was dieser Ungehorsam war, wird uns hier nicht gesagt, aber es gibt andere Schriftworte, welche Licht darauf werfen.

In Summa: der Triumph, der Sieg Christi war so vollkommen, daß Er die Gefangenschaft gefangen führte“ (Eph. 4,8), so vollkommen, daß, „die Hoheiten und Gewalten“ überwältigt habend, Er sie öffentlich zur Schau führte, über sie darin triumphierend“ (Kol. 2,15), so gänzlich wurden „Engel und Gewalten und Mächte Ihm untertan gemacht“, daß der Schall Seines Triumphes sogar bis zu diesen „gefangenen Geistern“ drang.

Die Schlußfolgerung dieses Triumphes und praktische Bedeutung für die Gläubigen wird dann in Kap. 4,1ff. gezeigt.

W. W.

Antwort B

Die Übersetzung „im Gefängnis“ ist wohl wörtlich richtig, gibt aber im Deutschen bei der Eigenheit desselben den Sinn nicht richtig wieder und ist daher mißverständlich; wenn der Sinn im Deutschen richtig ausgedrückt werden soll, muß es heißen: „die im Gefängnis sind“. Denn nach dem Urtext sagt das Wort nicht, daß Er im Gefängnis den Geistern predigte - Er also in das Gefängnis ging und ihnen dort predigte -, sondern daß die Geister, denen Er gepredigt hat, im Gefängnis sind. Das ist wichtig.

dort predigte -, sondern daß die Geister, denen Er gepredigt hat, im Gefängnis sind. Das ist wichtig.

Wer sind die „Geister“ in V. 19? - Das Wort Gottes spricht voll dem Leibe des Menschen, von der Seele des Menschen und von dem Geiste des Menschen. Alle drei Dinge finden wir in 1. Thess. 5,23 nebeneinander genannt als den Menschen ausmachend, indem es dort heißt: „ ... und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt ...“ Geist und Seele sind der eigentliche Mensch, und der Leib ist die Hütte, das Haus, in welchem beides wohnt (s. 2. Kor. 5,1-8; 2. Petri 1,13.14). Die Trennung des Geistes und der Seele von dem Leibe, das „Ablegen der Hütte“, das „Abscheiden“, nennen wir Tod. Nach diesem ist der Mensch ohne einen Leib, der allein das Materielle an ihm ist; er ist infolgedessen dann nur noch in einem geistigen Zustande. Deshalb nennt das Wort Gottes abgeschiedene Menschen auch „Geister“ (s. Hebr. 12,23 Schluß). So auch hier, und aus V. 20 sehen wir, daß es Abgeschiedene sind, welche auf der Erde lebten, als Noah die Arche zurichtete. An diese Menschen geschah durch Noah, „den Prediger der Gerechtigkeit“ (2. Petri 2,5), schon durch den Bau der Arche und gewiß auch durch sein persönliches Zeugnis eine eindringliche Predigt, und Gott harrte in großer Langmut viele Jahre hindurch, ehe Er endlich das Gericht über sie hereinbrechen ließ. Aber sie waren „ungehorsam“, d. h. sie hörten nicht auf die warnende und rufende Stimme, die Gott durch Noah an sie ergehen ließ. Deswegen sind sie nun „im Gefängnis“, um einst mit allen anderen, die nicht geglaubt haben, vor dem großen weißen Throne zu erscheinen und dort das endgültige Urteil Gottes zu empfangen, gerichtet zu werden nach ihren Werken (Offb. 20,11-15). Bis dahin ist ihr Zustand gleich dem eines Gefangenen, der dem Urteilsspruch entgegensieht, allen Lebensgenusses beraubt, bereits die Leiden des Gefängnisses schmeckend, in furchtvoller Erwartung des Gerichtes, welches ihm unabwendbar bevorsteht. Dieses zeigt uns das Wort Gottes an gefallenen Engeln, indem es uns sagt, daß Gott Engel, die gesündigt hatten, in den tiefsten Abgrund hinabstürzte und Ketten der Finsternis überlieferte, um aufbewahrt zu werden für das Gericht, und ferner an Sodom und Gomorra, von denen es heißt, daß sie als ein Beispiel vorliegen, indem sie des ewigen Feuers Strafe leiden (s. 2. Petri 2,4-6; Jud. 6.7). Sie „leiden des ewigen Feuers Strafe“, aber der endliche Urteilsspruch vor dem großen weißen Throne, das ewige Gericht, steht auch ihnen ebenso wie allen anderen Verlorenen noch bevor, wie aus Matth. 11,24; Luk. 10,12 deutlich zu sehen ist. Daß in 1. Petri 3,19 aber nicht etwa Engel gemeint sind, die ja auch Geister sind, sieht man klar daraus, daß diesen Geistern gepredigt worden ist und die Langmut Gottes auf sie harrte, daß sie zu Gott umkehren möchten; das Wort sagt aber nirgends, daß es für Engel eine Erlösung gäbe, im Gegenteil heißt es in Hebr. 2,16: „denn er nimmt fürwahr sich nicht der Engel an ...“ Diesen Geistern hier aber wurde gepredigt, und die Langmut Gottes harrte auf ihre Umkehr!

Wann aber ging Er hin und predigte den Geistern, die im Gefängnis sind? Es gibt eine Auslegung dahingehend, daß Er in der Zeit zwischen Seinem Tode und Seiner Auferstehung an den Ort der Abgeschiedenen gegangen sei und ihnen gepredigt habe. Luther spricht das in seinem Katechismus in einem seiner „Artikel“ in den Worten aus: „... hinabgefahren in die Hölle ...“. Wenn diese Auffassung zutreffen soll, frage ich: hätte Er dann nicht allen gepredigt, die bis dahin ihren Platz „im Gefängnis“ gefunden hatten? Warum gerade nur denen aus der Zeit, während welcher Noah die Arche zurichtete, denen doch eben während jener Zeit in großer Langmut Gottes gepredigt worden war? Warum z. B. nicht auch denen, die vor dem Beginn des Baues der Arche abgeschieden waren? Die Annahme, daß Abgeschiedenen gepredigt werde, ist aber überhaupt gänzlich gegen Gottes Plan und Grundsätze, wie sie in Seinem Worte uns geoffenbart sind. Das ganze übrige Wort Gottes gibt keinen Anlaß und kein Recht zu der Annahme, daß dem Menschen nach dem Tode noch einmal

gepredigt und die Gelegenheit geboten werde, die Errettung zu ergreifen, die er in diesem Leben verschmähte, sondern es sagt vielmehr das Gegenteil. In Hebr. 9,27 heißt es : „... es ist dem Menschen gesetzt zu sterben, danach aber das Gericht“, und die Erzählung von dem reichen Manne und dem armen Lazarus (Luk. 16,19-31), wo der Herr Jesus den Schleier lüftet und uns einen Blick über den Tod hinaus tun läßt, zeigt in dem reichen Manne aufs klarste, daß der Mensch nach seinem Scheiden aus diesem Leben sich ohne jede weitere Predigt völlig bewußt ist, was er in seinem Leben versäumte und was sein Teil ist, zugleich aber auch, daß es eine Änderung seines Loses für ihn nie mehr gibt. Wenn nun auch 1. Petri 3,19.20 bei oberflächlichem Lesen den Anschein erweckt, als sei jenen Abgeschiedenen nochmals gepredigt und die Gelegenheit zur Errettung gegeben worden, so ist eine solche Auffassung dennoch unzutreffend, weil die Auslegung einer Schriftstelle, die dunkel erscheint, im Gegensatz zu vielen anderen klaren Schriftstellen und dem ganzen Worte überhaupt nimmermehr zutreffend sein kann. Wo eine solche Auslegung trotzdem stattfindet, ist sie eben nur die Folge von Oberflächlichkeit und die Frucht eigener Gedanken. - Das Wort sagt auch gar nicht, daß Er nach Seinem Tode hinging, sondern daß Er, nachdem Er getötet worden war nach dem Fleische, lebendig gemacht (auferweckt) worden ist nach (oder in) dem Geiste, in welchem Er auch hinging und predigte; es sagt also damit lediglich, daß der Geist, nach welchem Er „lebendig gemacht“ wurde, derselbe Geist war, in welchem Er auch hinging usw. Wann Er hinging, ist in V. 19 nicht gesagt, wir können es aber aus V. 20 sehen. Da wir überdies aus der Antwort Des Herrn Jesu an den Räuber in Luk. 23,43: „Wahrlich Ich sage dir: heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“, deutlich sehen, daß Er vom Kreuze ins Paradies ging, welches unstreitig etwas ganz anderes ist als das „Gefängnis“, so sehen wir auch, daß Er nicht nach Seinem Tode hingegangen ist und den Geistern, die im Gefängnis sind, gepredigt hat. Es bleibt eben nur die eine mit dem ganzen Worte Gottes völlig übereinstimmende Erklärung übrig, daß der Geist Christi in Noah war (s. 1. Petri 1,11) und Er durch Noah jenen Menschen predigte, als sie noch auf der Erde lebten und die Langmut Gottes harrte, während die Arche zugerichtet wurde. Weil sie aber „ungehorsam“ waren, d. h. die Botschaft nicht annahmen, wurden sie durch die Flut hinweggerafft und sind sie nun „im Gefängnis“, bis sie vor dem großen weißen Throne erscheinen werden. Der Geist, in welchem Er so hinging und durch Noah predigte, war derselbe Geist, nach welchem Er „lebendig gemacht“ wurde. Darum heißt es : „... lebendig gemacht nach dem Geiste, in welchem Er auch hinging“ usw.

Th. K.

Antwort C

Luther und viele andere in unseren Tagen haben wohl auf Grund dieser Schriftstelle angenommen, daß Christus nach Seinem Tode in den Hades der Verlorenen gegangen sei und ihnen gepredigt habe, bezw. gute Botschaft verkündigt (1. Petr. 4,6).

So aufrichtig wie diese Schriftauslegung gemeint sein und so viel Wahrscheinlichkeit sie für sich beanspruchen mag, kann sie doch nicht im Lichte des Schriftganzen noch durch die im Zusammenhang einheitliche Schriftauffassung der ersten Epistel Petri aufrecht erhalten werden.

Wenn Christus hingegangen wäre, um den im Unglauben Gestorbenen zu predigen, dann können wir wohl annehmen, daß dies im Blick auf ihre Errettung geschähe. Einen anderen Zweck könnte man sich wohl nicht vorstellen, obwohl auch jemand in letzter Zeit darlegte, daß, wenn auch Christus hingegangen sei, es nicht die Errettung dieser Geister beträfe. Letztere Auffassung ist nichtssagend

und sinnlos; es muß im Gegenteil betont werden: Wenn Christus wirklich in Person hingegangen ist, den Verlorenen zu predigen, so öffnet man unwillkürlich, ob man es beabsichtigt oder nicht, eine Hintertür für die Errettung aller Menschen. Wir behaupten aber auf Grund der Schrift, daß weder im Himmel gepredigt wird, da es dort keine Sünder gibt, die der Errettung bedürfen, noch im Hades der Verlorenen, da die dem Evangelium Ungehorsamen nicht errettet werden können, sondern daß auf Erden, auf der der Sünde ergebenen Welt, sich der Mensch für oder gegen Christum entscheiden kann. Eine andere Auffassung läuft der ganzen Offenbarung Gottes schnurstracks entgegen.

1. Petri 1,11 gibt uns in Verbindung mit 1. Mose 6,3 meines Erachtens den Schlüssel zum Verständnis dieser Stelle. Hier wird klar bezeugt, daß der Geist Christi schon in den alttestamentlichen Propheten wirkte, zur Warnung und zum Heil der damals lebenden Menschen. Nun wird Noah ausdrücklich „Prediger - in welchem er auch hinging und predigte - der Gerechtigkeit“ genannt (2. Petri 2,5). Daraus können wir wohl schließen, ohne Gefahr zu laufen, dieser Stelle eine philosophischspekulative Färbung zu geben, daß Christus im Geiste, nicht persönlich, in und durch Noah, den Zeitgenossen dieses gerechten Mannes predigte, als die Langmut Gottes harrte, d. h. daß 120 Jahre verflossen, ehe das durch Noah im Geiste Christi angekündigte Gericht hereinbrach. Wahrlich, Zeit genug, um sich zu bekehren. Wenn nun denen, auf deren Bekehrung Gott sozusagen 120 Jahre wartete und sie mit Geduld und Langmut trug, noch gepredigt worden wäre, wie vielmehr müßte demnach anderen, welchen nicht eine so große Spanne Zeit von Gott gegeben wurde, sich zu beugen und zu bekehren, Gelegenheit gegeben werden, sich jetzt noch oder später einmal zu bekehren auf Grund einer ihnen gebrachten Predigt! Wohin kommen wir aber bei derartiger spekulativer Auslegung des Wortes Gottes, da doch jede einzelne Stelle nur im Zusammenhang der ganzen Schrift-Offenbarung verstanden und demnach ausgelegt werden darf? (vergl. 2. Petri 1,20; 2. Tim. 2,15; Offb. Joh. 22,18; Spr. 30,6; 5. Mose 12,32.)

Wir können daher annehmen, daß Christum nicht persönlich, sondern im Geiste durch Noah damals vor der Flut ihnen predigte. Stellen wie Eph. 2,17; 4,21 sprechen in ähnlicher Weise, obwohl Christus niemals persönlich den „Fernen“ Frieden verkündigte noch mit den Ephesern persönlich sprach, sondern durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist bezw. durch Seine Diener.

Aber angenommen, wir könnten diese für uns etwas dunkle Stelle nicht recht verstehen, so bestimmen doch die unzähligen Stellen der Schrift eine andere Auslegung dieser Stelle als die allgemein dem ganzen Wort entgegenstehende Auffassung lautet. Bekanntlich wird von allen folgender Grundsatz anerkannt, und dies wollen wir auch hier tun: die Mehrzahl von klaren uns verständlichen Stellen muß die Auslegung und den Sinn einer uns etwas dunklen Stelle bestimmen, vielmehr diktieren! Aber nicht umgekehrt! Der HErr gebe uns allen viel Gnade in dieser gegenwärtigen, dem Irrtum ergebenen Zeit, allein dem Worte Gottes in allem unterworfen zu sein.

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

In der BeAntwortung dieser von jeher als schwierig angesehenen Frage sind verschiedene Standpunkte gründlich beleuchtet, ohne daß wir damit den Gegenstand für völlig erschöpft halten könnten. Wir fühlen uns auch außerstande, „das letzte Wort in dieser Sache zu sprechen“. Mit unserem Herzen und Verständnis der übrigen Schrift sind wir schon seit langem der Meinung, daß die

in B und C vertretene Deutung die richtige ist; aber dies als absolut sicher aussprechen können wir nicht. Obwohl diese Deutung für uns als der Wahrheit am nächsten kommend erscheint, ist uns der griechische Ausdruck zu geschraubt und künstlich - nicht leicht und frei genug -, wenn er in obigem Sinne erklärt werden soll. Wir geben hier eine möglichst wortgetreue Übersetzung der Stelle: „ ... in welchem (im Geist) Er auch hingegangen den im Gefängnis (befindlichen) Geistern predigte, (denen,) die ungehorsam (gewesen) waren damals, als die Langmut Gottes harrte in Noahs Tagen, während die Arche zugerichtet wurde ...“ Hierzu ein paar Bemerkungen! Das hier stehende griechische Wort für „predigen“ bezeichnet stets im Neuen Testament mit oder ohne nähere Bestimmung „Heilsverkündigung (Gute Botschaft) ausrichten“. Es kommt ca. 50 mal vor! Warum sollte es hier eine andere Bedeutung haben? Natürlich hatte die Heilsbotschaft zur Zeit Noahs nicht denselben Inhalt wie heute; Noah predigte Buße als „Prediger der Gerechtigkeit“. (Vergl. Hebr. 11,7 und 2. Petri 2,5.) Mit den „Geistern“ können nur Menschengeister gemeint sein (vergl. Hebr. 12,9.23), denn von ungehorsamen Engeln zur Zeit Noahs berichtet uns die Schrift nichts. (Ganz unglücklich scheint uns übrigens eine bekannte Auslegung zu sein, die unter dem „Geist“, in welchem Er lebendig gemacht hinging und predigte, Christi menschlichen Geist im Gegensatz zu Seiner menschlichen Fleisch-Leiblichkeit sieht. Wenn auch der Mensch Christus Jesus aus Geist, Seele und Leib besteht, so ist doch der „Geist“ immer der Geist Christi, der Geist Gottes, der Heilige Geist. Wohin kommen wir bei einer Unterscheidung von irdisch-menschlichem Geist und göttlichem Geist in Christus!) Gezwungen scheint uns im Sinn obiger Deutungen von B und C die Zeitbestimmung „damals, als“ an der Stelle zu stehen, wo sie steht, während sie, wenn im Vordersatz stehend, die obige Bedeutung leichter stützen würde („in welchem Er auch damals ... predigte“); auch wäre es mehr im Interesse dieser Deutung gewesen, die Zustandsbestimmung „im Gefängnis“ durch das Wort „jetzt“ zu erweitern, denn der Zustand der Geister („im Gefängnis“) ist doch erst eingetreten, nachdem ihnen als Menschen gepredigt ist. Der Satzbau also, wie er im Griechischen ist, scheint uns gewissermaßen ein Hindernis für obige Meinung zu sein, die dem Schriftganzen allerdings vielleicht am meisten entspricht. Auch ein bekannter treuer Schriftforscher, der entschieden gläubige Theologe Prof. Beck, gibt dieser Meinung den Vorzug vor anderen (Basel 1770). Gewiß hat Gott etwas damit beabsichtigt, daß Er diese Stelle so und nicht anders inspirierte, und uns bleibt nur übrig, treu über ihr im Zusammenhang mit der ganzen Schrift zu forschen! In keinem Falle, mag man die Stelle auslegen, wie immer man für recht hält - und es gibt viele Auslegungen dieser Stelle! -, darf man aus ihr eine Möglichkeit der Bekehrung und Errettung nach dem Tode folgern: 1. widerspricht letztere Anschauung der ganzen Schrift („nach dem Tode das Gericht“!) und 2. ist hier nur von den Ungläubigen zur Zeit Noahs geredet, nicht von allen ungläubig Verstorbenen!

Schließlich möchten wir noch, was bei allen Antworten übersehen wurde, dazu ermuntern, die Stelle in dem ganzen Zusammenhang von Kap. 3,8-22 zu betrachten, der vielleicht auch Licht gibt über ihre Bedeutung. Doch möchten wir darüber jetzt nichts mehr sagen; wir glauben kaum, daß wir uns mit diesem ersten Male auch zum letzten Male in der „Handreichung“ mit dieser Frage beschäftigt haben.

Frage 42

Wie sind die Worte „grüßen mit heiligem Kuß“ zu deuten (vgl. u. a. Röm. 16,16, 1. Kor. 16,20), und wie werden sie im praktischen Leben ausgeführt?

 

Antwort A

Bei den erwähnten Stellen hat es dem Heiligen Geist gefallen, nicht „Kuß“ schreiben zu lassen, sondern „heiligem Kuß“. - Hierin ist wohl der Schlüssel der hier in Rede stehenden Worte zu finden.

Judas küßte auch, sogar den HErrn. - Sein Kuß war aber ein Kuß des Verrats, und es waren an diesen Kuß niedrige Herzenstriebe gebunden. Daß dieser Kuß zu verwerfen war, ist selbstverständlich. Aber nicht bloß ist ein Judaskuß zu verwerfen, sondern jeglicher Kuß, der kein „heiliger“ Kuß ist, ein Kuß der Heuchelei, der toten Form oder Gewohnheit oder ähnlicher Art.

In 1. Petri 5,14 hören wir: „Grüßet einander mit dem Kuß der Liebe“ und in 2. Kor. 5,14 spricht das Wort: „Denn die Liebe des Christus drängt uns, ...“ Wo nun diese Liebe des Christus drängend wirksam ist und der Charakter des Kusses (heilig) verstanden wird, wird die Ausführung dieses Grußes im praktischen Leben nicht mehr schwer fallen.

W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Die Schrift spricht gar oft vom „Küssen“, nicht nur in wunderbar lieblicher Weise - im Hohenliede, sondern auch sonst im Alten Testament, z. B. 1. Mose 29,11.13: beim Willkommen; 1. Kön. 19,20: beim Abschied; 1. Sam. 20,41: unter Freunden; 2. Sam. 20,9 - wie es noch jetzt bei den Arabern gebräuchlich ist - u. a. m. Auch die Sprüche reden vom Kuß (vgl. 27,6). Im Neuen Testament sind unsere Stellen, die vom Bruderkuß unter Kindern Gottes reden, besonders beachtenswert; zu den oben schon genannten vgl. man noch Apg. 20,37! Der Kuß ist nach all den angeführten Stellen ein Zeichen der Liebesgemeinschaft - auch in Ps. 2,12! mit anderen Worten: „tretet in Gemeinschaft mit dem Sohne!“ -, geradeso wie er es in der Welt sein soll oder sein sollte! Wie scheußlich daher, wenn dies Zeugnis von der Liebesgemeinschaft entweiht, mißbraucht oder erheuchelt wird, wovon die Schrift außer dem Judaskuß noch andere Bezeugungen anführt (vgl. Spr. 24,26; 7,13; 2. Sam. 15,5). Welch ein Gegensatz gegen das „heilig“ in unseren Stellen! - Aus diesen geht hervor, welch ein Gewicht die Apostel nicht nur auf Grüße überhaupt - ganze Kapitel handeln von solchen, andere Stellen, wie 2. Joh. 10, zeigen ihre Bedeutung! -, sondern auf den Kuß als Gruß der Liebe legten. Und in unseren Tagen ist leider wenig Sinn dafür da! Und dennoch ist der Bruderkuß oft auch heute ein ganz besonderer Ausdruck der Liebesgemeinschaft, vorausgesetzt, daß er nicht mechanisch und gleichgültig, sondern mit Nachdenken und innerer Anteilnahme ausgeübt wird. - Was nun die praktische Durchführung angeht, so schließt das „heilig“ ein, daß selbstverständlich Brüder nur den Brüdern, Schwestern nur den Schwestern sich dies Zeichen der Liebe im HErrn zuteil werden lassen! Es schließt ferner ein, daß man nur dann den Kuß als Begrüßungsform anwendet, wenn das Herz dabei ist und wenn man sich dem anderen wirklich so nahe im HErrn- „heilig“ heißt „abgesondert für den HErrn!“ - verbunden weiß, daß der Kuß keine Heuchelei, Betrug oder auch nur Formwesen in sich schließt! Daß die Apostel aber diese Ermahnung an ganze Gemeinden richteten, zeigt, daß der Kuß durchaus nicht nur als Begrüßungsform für in verschiedenen Orten Wohnende gedacht ist, die nach einer Trennungszeit einmal wieder zusammenkommen, sondern daß auch innerhalb der Versammlung dieser Gruß üblich sein sollte. Ob es ein Kuß auf den Mund oder auch auf die Wange oder Stirn sein soll, ist uns nicht gesagt. Dies wird sich richten nach dem Empfinden der einzelnen und sollte nie ein Gegenstand peinlicher Erörterungen sein! Die Hauptsache ist, daß man weiß,

warum man sich in dieser innigen Weise begrübt: nämlich, um die innige Liebesgemeinschaft im HErrn auszudrücken, in die man durch Ihn zueinander gebracht ist, und man wird sie um so freudiger und ungezwungener auf diese Weise ausdrücken, je fester man sich innerlich verbunden weiß im Geist zu ungeheuchelter Bruderliebe! Und noch eins: Die Schrift warnt uns oft vor dem „Ansehen der Person“! Möchten wir, soviele wir den Bruderkuß ausüben, uns dessen bewußt sein, daß die Heiligkeit desselben das Ansehen der Person ausschließt!

Gruß an den Leser:

Wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“ 1. Joh. 3,2.

Wir werden bei Ihm sein allezeit.“ 1. Thess. 4,17.

Vorbemerkungen:

Da die letzten beiden Umschlagsseiten diesmal mehrere wichtige Mitteilungen enthalten, so bitten wir dringend um frenndliche Beachtung derselben seitens aller Leser! Mitdieser Nummer, der ein vollständiges Schriftstellen- sowie Inhaltsverzeichnis angefügt ist, ist der erste Jahrgang der „Gegenseitigen Handreichung“ abgeschlossen.

Fragen, auf die Antworten erbeten werden.

Wir bitten jeden, der sich befähigt weiß, eine oder mehrere dieser Fragen zu beAntworten, mit seiner Gabe zu dienen, zum Segen des Volkes Gottes. Eine möglichst kurze Abfassung jeder Antwort ist erwünscht.Vor allem aber bitten wir, daß jede Frage in dem Lichte des Wortes Gottes beAntwortet wird.

a) Wie verhält es sich in Eph. 2,8 mit dem Glauben? Er kann doch nie eine Gabe Gottes sein, sonst könnten Unbekehrte Gott Vorwürfe machen. Der Glaube kommt doch aus der Predigt. (Röm. 10,17.)

b) Welch ein Unterschied besteht zwischen den Namen Jesus Christus und Christus Jesus u. a. m. (siehe z. B. 1. Tim. 1,12.14.15.16) und ihrer Anwendung in der Schrift? (Vgl. Frage 19, Anmerk. d. Herausgebers.)

c) 1. Joh. 3,8 u. 9: Was heißt „er kann nicht sündigen“ und „Wer Sünde tut, ist aus dem Teufel“?

d) Wie ist Gal. 6,17 zu verstehen: „Im übrigen mache mir niemand weitere Mühe; denn ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leibe“?

e) Durch einen Theosophen bin ich auf Joh. 9,1-3 aufmerksam gemacht; kann man denn vor seiner Geburt sündigen? Und warum wiederholt Jesus in V. 3 die Redeweise von V. 2?

f) Welcher Unterschied ist zwischen Sühnung und Versöhnung ? (vgl. z.B. 1. Joh. 2,2 u. 2. Kor. 5,18ff.)

g) Haben wir heute noch die in Eph. 4,11 genannten Dienste der „Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer“?

h) Was ist für ein Unterschied zwischen der Posaune in 1. Thess. 4,16, der „letzten Posaune“ in 1.

Kor. 15,52 und der Posaune des siebenten Engels in Offenb. 11,15?

i) Was meint der HErr in Luk. 10,20: „Freuet euch, daß eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“? Meint Er in „das Buch des Lebens“ (Offenb. 3,5), obwohl dort von „auslöschen“ geredet ist?

k) Warum beschnitt Paulus den Timotheus? (Apgesch. 16,4.) Wie stimmt das zu Gal. 5,1-4?

l) Was ist unter dem „Tausendjährigen Reich“ zu verstehen? (Offenb. 20,4-7.)

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest und durcharbeitet. Nur dann können diese recht verstanden werden und zu einem wirklichen Segen dienen.

Frage 43

Was bedeutet das Erfassen der Hörner des Altars im Alten Bunde? (vergl. 1. Kön. 1,50f. und 2,28f.).

Antwort A

Schon 3. Mose 4 lesen wir von den Hörnern des Altars (siehe V. 7.18.25.30.34). In allen Fällen handelt es sich um die Sühnung der Schuld und Sünde durch das Blut des Sündopfers. Dagegen finden wir in unseren beiden Stellen in den Hörnern des Altars einen Zufluchts- und Bergungsort, wohin der Schuldbewußte aus Furcht vor Strafe flieht und Schutz sucht, bis sich an ihm das gerechte Urteil vollzogen hat. Jehova Selbst bestimmt den Ort (2. Mose 21,13).

Adonija war ein Empörer. Da er wähnte, daß das Ende des Königs David herangekommen sei, wiegelte er das Volk und die Obersten hinter dem Rücken des Königs und rechtmäßigen Thronerbens auf und machte sich zum König. Als er aber hört, daß David Salomo zum Könige gemacht habe, nimmt er in seiner Angst vor Salomo Zuflucht zu den Hörnern des Altars, um geschützt zu sein, und Salomo begnadigt ihn. - In der zweiten Stelle sehen wir Jaob, den Verbündeten Adonijas. Da Jaob aus dem Verhalten des Königs gegen Abjathar (1. Kön. 2,26.27) erfahren hat, daß der König nach Gerechtigkeit handelt, erwacht sein Schuldbewußtsein und Furcht vor der gerechten Strafe. Auch er flieht in das Zelt Jehovas und erfaßt die Hörner des Altars. Aber für ihn gab es nach 2. Mose 21,14 keine Rettung mehr. Er war ein Mörder. Und der König David hatte vor seinem Ende seinem Sohne Salomo geboten, das durch Joab unschuldig vergossene Blut zu rächen (V. 5). Darum handelte Salomo auch nach Recht und Gerechtigkeit, nach den Geboten und Grundsätzen Jehovas (1. Kön. 2,30-34).

B. B.

Antwort B

Das Erfassen der Hörner des Altars bedeutet: Schutz und Schirm bei dem lebendigen Gott. Wer so zu Ihm flüchtete, der inmitten der Gemeinde war als der Lebendige und Mächtige - das wollen die Hörner des Altars sagen - der war gerettet. Gerettet durch den Gott, der das Opferblut, das an die

Hörner des Altars gestrichen wurde, ansah; denn Er war der Gnädige und Barmherzige. - Adonija fand den Schutz, Joab nicht. Warum Joab nicht? In 2. Mose 21,14 steht: „Wo aber jemand an seinem Nächsten frevelt und ihn mit List erwürget, so sollst du denselben von Meinem Altar nehmen, daß man ihn töte.“

K. E.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn wir die Schrift sich durch die Schrift auslegen lassen, so sehen wir aus nachfolgenden Stellen, daß das Horn, das den Tieren als Wehre und Schmuck dient, im Worte Gottes ein Sinnbild der Kraft und - in Verbindung mit dem Altar - der sühnenden Kraft des Blutes ist. Man vergl. sorgfältig Amos 6,13; 1. Sam. 2,1.10; Ps. 89,17 u. 24; Ps. 92,10; Jerem. 48,25; Hiob 16,15; Sach. 1,18ff.; Dan. 7,7ff.; 8,3ff.; Offenb. 13,1ff. u. a. m. mit 2. Mose 29,12; 3. Mose 4,7 usw.; 9,9; 16,18; Hesek. 43,20 und unseren Stellen aus 1. Könige 1 und 2 u. a. m. Ferner beachte man den Ausdruck „Horn des Heils“, 2. Sam. 22,3; Ps. 18,2 und Luk. 1, 69 und besonders den Ausdruck aus Offenb. 5,6: „Ein Lamm wie geschlachtet, das sieben Hörner hatte.“ Aus Amos 3,14 und Jerem. 17,1 kann man entnehmen, daß die Hörner das Wichtigste am Altar waren, ihn gleichsam darstellten.

Wenn wir alle diese Stellen (u. a. m.) beachten, so sehen wir, wie die Hörner des Altars als Zufluchtsstätte ein ganz besonderes Vorbild auf Christus waren, der für den an Ihn Glaubenden der vollkommenste, unbeschränkt mächtige Schutz und Bergungsort ist, dessen Sühnblut jeden Heilsverlangenden (vergl. „Horn des Heils“!) deckt gegenüber dem gerechten Gericht und dem wohlverdienten Tode.

Frage 44

Welche Bewandtnis hat es mit der in Heft 5 bei Frage 20 genannten griechischen Bibelübersetzung („Septuaginta“), u. a. im Hinblick auf die Inspiration der Schrift? (2. Tim. 3,16.)

Antwort A

Das Alte Testament ist ursprünglich in der hebräischen Sprache geschrieben gewesen und das Neue Testament in der griechischen Sprache. Es wurde bald notwendig, Übersetzungen in andere Sprachen zu machen. Die Septuaginta ist die älteste Übersetzung des Alten Testamentes aus der hebräischen in die griechische Sprache. Sie ist im dritten Jahrhundert vor Christi Geburt gemacht worden, wahrscheinlich in Alexandrien in Ägypten. Der Name „Septuaginta“ bedeutet Siebenzig und ist dieser Übersetzung gegeben worden, weil nach einer Überlieferung 70 Gelehrte dieselbe gemacht haben sollen. Durch die allgemeine Verbreitung der griechischen Sprache als Umgangssprache in der zivilisierten Welt zur Zeit, wo die Septuaginta ausgegeben wurde, und auch bis einige Jahrhunderte später diente diese Übersetzung dazu, daß viele aus den verschiedensten Nationen dadurch den wahren Gott kennen lernten. Auch ist der Weg für die spätere Verbreitung des Evangeliums dadurch wesentlich vorbereitet worden. Die Übersetzung selbst ist nur teilweise genau, und es sind Abweichungen vom hebräischen Text, welche einige zu dem Gedanken geführt haben, daß die Übersetzer vielleicht ältere hebräische Handschriften besaßen, als jetzt vorhanden sind. Das Haupt-Interesse für uns an der Septuaginta liegt darin, daß die große Mehrzahl der angeführten Stellen aus

dem Alten Testament, welche in dem Neuen Testament angeführt sind, nicht aus dem hebräischen Text genommen sind, sondern aus der Septuaginta. Also, der HErr und die Apostel sowie die übrigen Schriftsteller des Neuen Testamentes, obwohl sie die Kenntnisse und die Gelegenheit hatten, vom ursprünglichen hebräischen Text Gebrauch zu machen, wählten gewöhnlich die griechische Übersetzung, und das auch in einigen Stellen, wo die Übersetzung vom Urtext ziemlich verschieden war. Das geschah nicht nur, weil die Redner oder Schreiber und ihre Zuhörer die Gewohnheit hatten, griechisch zu sprechen, sondern auch als Beispiel, uns zu zeigen, daß durch Gebrauch einer Übersetzung Menschen die Grundwahrheiten und sogar viele kostbare Einzelheiten des Wortes Gottes begreifen können und in Besitz nehmen, ohne daß sie Kenntnisse des Urtextes besitzen. Die ganze Heilige Schrift ist von Gott inspiriert, aber der Wortlaut von allen Übersetzungen ist nicht notwendigerweise inspiriert. Wenn göttliche und gelehrte Männer unter Gebet die Heilige Schrift in Aufrichtigkeit übersetzt haben, dann haben sie die Führung des Heiligen Geistes gehabt, wovon die vielen vortrefflichen und gesegneten Übersetzungen den Beweis liefern. Wo durch menschliche Schwachheil Fehler in einer Übersetzung vorhanden sind, haben wir jetzt Mittel, dieselben zu entdecken. Es ist ein Zeichen der Güte Gottes gegen
die Menschen, daß trotz aller Fehler im großen ganzen die Verschiedenheiten der verschiedenen Übersetzungen nicht solche sind, daß sie suchende Seelen verhindern könnten, die Offenbarung Gottes und das Heil in Christo aufzunehmen. Wir haben z. B. die lutherische und die Elberfelder und viele andere deutsche Übersetzungen der Heiligen Schrift, wovon der Wortlaut oft ziemlich verschieden ist; weil sie aber alle Übersetzungen derselben Heiligen Schrift sind, so ist der allgemeine Sinn derselbe. Das Wort im 2. Tim. 3,16-17 „Alle Schrift ist von Gott eingegeben (inspiriert)“ bleibt also ungeschwächt durch die Kenntnis der Tatsache, daß die Heilige Schrift zu den meisten von uns durch eine Übersetzung kommen muß! –

E. H. Br.

Antwort B

1. Es ist ein großes Unrecht, der griechischen Übersetzung „Septuaginta“ den Vorzug vor dem hebräischen Urtext zu geben. Die in den letzten Jahren vielfach gemachte Behauptung, die griechische Übersetzung sei aus einer besseren Vorlage des hebräischen Testes geflossen als der, den wir besitzen, ist reine Willkür.

2. Haben die Apostel nicht immer die griechische Übersetzung benutzt, sondern wichen von ihr vielfach ab und verbesserten sie teilweise.

3. Die alttestamentlichen Stellen im Neuen Testament zeigen an verschiedenen Orten eine Abweichung vom hebräischen und griechischen Text.

4. Dieser Umstand läßt sich nur daraus erklären, daß der inspirierte Schreiber durch die Abweichung gerade den Gedanken ausdrückte, den Gott Selbst mit dieser Abweichung beabsichtigte. Wir haben demzufolge in den neutestamentlichen Schriftstellen eine geistgewollte Bereicherung des alttestamentlichen Gotteswortes.

N. R-y.

 

Anmerkung des Herausgebers

Die „Septuagintafrage“ ist eine Frage der Theologie, und zu ihr ist eine Fülle von Schriften geschrieben. Glücklicherweise gehen uns Gläubige diese theologischen Meinungen gar nichts an. Wir dürfen sicher sein einerseits, daß Gott der Welt mit der griechischen Übersetzung, der Septuaginta, die 2-3 Jahrhunderte vor Christi Geburt entstand, eine wunderbare Gabe schenkte: Sein Wort in verständlichen Worten, und andererseits, daß die scheinbaren Fehler, Ungenauigkeiten und Abweichungen, die in den aus der Septuaginta übernommenen Schriftstellen des Neuen Testaments sich finden, nur durch Seine Führung hineingekommen sind. Darum aber sind wir berechtigt zu sagen, daß da, wo die Zitate (Belegstellen) übereinstimmen mit dem Text der Septuaginta, diese richtig übersetzt hatte, während da, wo Abweichungen sind, die Septuaginta nicht richtig übersetzt hatte. In keinem Falle braucht irgend ein Gläubiger sich zu beunruhigen über verschiedene Übersetzungen. „Des HErrn Wort bleibt in Ewigkeit“, und wir wollen Ihm danken, wenn Er uns durch gute Übersetzungen Seinen ewigen Willen immer klarer macht.

Frage 45

Wie verhalten sich die Worte Phil. 1,23 („bei Christo sein“) zu Joh. 6,39.40.44 („auferwecken am letzten Tage“?

Antwort A

Phil. 1,23 mit dem vorhergehenden und nachfolgenden Verse gelesen, zeigt uns, daß es sich hier um den so genannten „Zwischenzustand“ handelt. Der Apostel Paulus spricht „von dem Leben im Fleische“, so auch „vom Bleiben im Fleische“ (vergleiche Vers 22.24). Doch hat er Lust, abzuscheiden; d. h. „ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn zu sein“ (2. Kor. 5,8). Darum ist „das Sterben“ für ihn Gewinn. Der Tod ist unser Diener (vergl. 1. Kor. 3,22). Der Apostel spricht von dem Zustande nach dem Tode und vor der Auferstehung. Der Mensch ist nach dem Tode in bewußtem Zustande (vergl. Luk. 16,19-31; 23,43; Apgesch. 7,59; 2. Kor. 5,8; Hebr. 12,23 Schluß). Darum konnte sich auch der Apostel sehnen, „beim HErrn zu sein“. Im Worte Gottes hat Sterben immer nur Bezug auf den Leib, niemals auf die Seele oder Geist (Matth. 20,28; Hebr. 12,23). Im Alten Testament finden wir wohl oft folgendes Wort: „Die Seele, die sündigt, soll sterben“! Doch wenn wir die Stellen genau betrachten, so finden wir, daß es sich um den Menschen als solchen handelt, um das Leben hienieden, aber niemals könnte man auf Grund solcher Stellen behaupten, daß es keinen bewußten Zustand nach dem Tode gäbe. Sie wurden abgeschnitten von diesem Leben, was keineswegs ein Aufhören der Persönlichkeit bedeutet. Demnach kann auch nur der Leib auferstehen. Wenn das Wort von Auferstehung spricht, meint dasselbe nur den Leib. Niemals hören wir von einer Auferstehung der Seele oder des Geistes.

K. O. St.

Antwort B

Beide Schriftstellen beziehen sich auf die Gläubigen. Um sie zu verstehen, ist erforderlich, über Zustände und Dinge nach dem Abscheiden aus diesem Leben klar zu sein.

Wie schon früher dargelegt worden ist, besteht der Mensch aus Geist, Seele und Leib (1. Thess. 5,23), wovon der Leib allein das Sterbliche ist (Matth. 10,28 u. a.) und nach dem Abscheiden des Geistes und der Seele zur Erde zurückkehrt, von der er genommen ist (1. Mose 3,19), während Geist und Seele weiterleben. Letzteres sehen wir deutlich aus dem Worte Gottes, insbesondere auch aus folgenden Schriftstellen: Luk. 16,19-31; 23,43; Apgesch. 7,59.60; 2. Kor. 5,6-8 und auch Phil. 1,23. Die letztgenannten vier Stellen zeigen auch zugleich, wo der

Platz des Gläubigen ist nach seinem Abscheiden; bei Christo, wo es „weit besser“ ist. Das sagt gerade Phil. 1,23 so einfach und klar: Paulus hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein. Daß es sich hier um den leiblichen Tod, das Abscheiden aus diesem sterblichen Leibe, handelt, zeigen die Verse 20-24 und der ganze Zusammenhang sehr deutlich. Wenn es das Los des Apostels war, zu sterben, abzuscheiden, so war er nicht nur bereit, sondern er hatte Lust dazu, denn es war ihm Gewinn, weil er dann bei Christo war, und das war weit besser! Phil. 1,23 ist also eine jener Schriftstellen, die uns sagen, wo der Gläubige ist, wenn er aus diesem Leben geschieden ist.

An diesem herrlichen Platze ist er ohne Leib, nur Geist und Seele, da der Leib ja zum Staube zurückgekehrt ist. In diesem unvollständigen Zustande ist er bis zur Auferstehung, von welcher der Herr Jesus in Joh. 6,39.40.44 spricht. Wenn jener wunderbare Augenblick gekommen sein wird, erhalten alle die Entschlafenen, die bis dahin „bei Christo“ sind, wieder einen Leib, und zwar einen Herrlichkeitsleib (siehe 1. Kor. 15,35-52).

Unmittelbar erstreckt die Auferstehung sich also nur auf den Leib. Wenn dennoch der Herr Jesus in Joh. 6 bezüglich der Auferstehung nicht nur von dem Leibe spricht, sondern sagt, daß Er jeden, der an Ihn glaubt, auferwecken werde und somit gleichsam die ganze Person damit verbindet, so ist das wohlbegründet: Der Leib ist - wie oben erwähnt - ein wesentlicher Bestandteil des Menschen; seine Persönlichkeit ist damit verbunden; der Leib stellt gerade im Blick auf die Auferstehung den Menschen dar, um so mehr, als eben die Auferstehung die Vereinigung des Geistes und der Seele mit dem von Gott gegebenen neuen Leibe und somit die Wiederherstellung des vollständigen Menschen ist! Wie kostbar für unsere Herzen ist darum Sein Wort: „und Ich werde ihn auferwecken am letzten Tage“. Wenn ich dies lese, denke ich nicht nur an meinen Leib, (obwohl nur dieser dem Tode und der Verwesung unterworfen ist und ich inzwischen in Glückseligkeit „bei Christo“ sein werde), sondern ich denke an mich, ich weiß, Er wird mich auferwecken, und bin glücklich in diesem Bewußtsein; für meine ganze Person beginnt dann ein ganz neuer Zustand, eine neue, bis dahin ungekannte Herrlichkeit und Freude!

Wir sehen, wie wunderbar die Harmonie der in der Frage genannten beiden Schriftstellen ist, und sehen immer wieder die Vollkommenheit Seines kostbaren Wortes wie auch Seine Herrlichkeit und Seine Liebe!

Th. K.

Antwort C

Es hängt vom Willen des HErrn ab, ob wir bleiben sollen, bis Er kommt, oder ob wir durch den Tod gehen sollen. Ob wir wachen, oder ob wir schlafen gelegt sind, wir werden mit Ihm leben (1. Thess. 5,10). Paulus wußte, daß „ausheimisch aus dem Leibe“ gleichbedeutend war mit „einheimisch bei dem HErrn“ (2. Kor. 5,8). Er hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein.

dem HErrn“ (2. Kor. 5,8). Er hatte Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein.

Diese Stellen zeigen uns deutlich, daß der Tod ein Heimgehen zum HErrn ist. Zwar sind wir bis zum Auferstehungstage noch nicht in dem Zustande der Vollkommenheit nach Geist, Seele und Leib. Das Erlösungswerk umfaßt den ganzen Menschen - auch den Leib. So lange dieser im Grabe ruht, ist das Erlösungswerk noch nicht völlig an uns offenbart. Aber es hindert nicht an dem „bei Christo sein“.

Der Tod entkleidet uns von dem sterblichen, irdischen Leibe. Der Leib ist die „Hütte“, in der in diesem Leben unsere Persönlichkeit wohnt und erkannt wird. Der Leib mag in das Grab gelegt werden, aber wir werden nicht mit hineingelegt.

Der Leib des HErrn, in dem Er in diesem Leben als „Herr“ angeredet wurde, lag im Grabe, aber Er war nicht drin. Das, was von der Erde genommen, wird der Erde zurückgegeben, aber wir - die Person - betreten das Gebiet der „Geister der vollendeten Gerechten“ (Hebr. 12,23), die nicht ohne uns vollkommen gemacht werden sollten (Hebr. 11,40) und die deshalb warten, bis sie an demselben Auferstehungstage mit uns vollkommen gemacht werden.

Während der Leib des HErrn im Grabe ruhte, betrat Er den Hades, der Ihn aber nicht halten konnte (Apgesch. 2,23-31). Er ist nicht dort. Und die Schrift sagt den Gläubigen nicht, daß sie im Hades sein werden, sondern bei Christo, und Er ist im Himmel, denn von dorther erwarten wir Ihn (Phil. 3,20; 1. Thess. 1,10). Wo Er ist, werden wir sein, und wo Er nicht ist, werden wir nicht sein.

Der Auferstehungstag bringt uns die Vollendung des Werkes Seiner Gnade: die Erlösung des Leibes. Kein natürlicher Leib wird unser Leib sein, sondern ein geistiger Leib (1. Kor. 15,44) in der Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.

Welche Gnade, wenn der HErr es so will, gleich Stephanus sagen zu dürfen: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf.“ (Apgesch. 7,59.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen ausführlichen Antworten erübrigt nur noch etwas darüber zu sagen: Warum spricht Jesus von dem „letzten Tage“, der in einigen Übersetzungen auch „jüngster“ Tag genannt wird? Was ist eigentlich der „jüngste“, besser „letzte“, Tag? Und andere fragen vielleicht: Ist dieser Tag, der „letzte Tag“, nicht erst nach dem Tausendjährigen Reiche, während die Auferweckung der in Christo Entschlafenen doch schon bei der Entrückung stattfinden muß? - Die gewöhnliche Lehre innerhalb der Christenheit ist die, daß erst am „jüngsten“ Tage alle Toten erweckt werden. Von dem biblischen „Tausendjährigen Reich“ und der Auferstehung und Entrückung der Gläubigen vor demselben weiß die Christenheit so gut wie nichts! Daher ist es nicht verwunderlich, wenn man im allgemeinen mit dem Gedanken an den „jüngsten“ Tag und die Auferstehung der Toten an demselben den eines über alle Menschen ergehenden „jüngsten“ Gerichts1 verbindet, dieses aber nach ebenfalls meist falsch ausgelegten Stellen (wie Matth. 24,14) als in noch sehr fernen Zeiten liegend glaubt. Hierüber im folgenden einige Worte!

1

In Stellen wie z. B. Matth. 10,15; 11,22.24; 12,36 u. a. m. steht im Urtext (vergl. Elberfelder Übersetzung und Miniaturbibel) gar nicht „letztes“ oder „jüngstes“ Gericht, sondern einfach „Gericht“.

Die Schrift spricht in ganz anderer Weise von Auferstehung und Gericht. Nicht nur sagt sie deutlich genug, daß, wer an Christum glaubt, überhaupt nicht ins Gericht kommt (Joh. 3,18; 5,24; vergl.

Frage 47), sondern auch, daß zwei Gerichte sein werden in der Zukunft: 1. über die bei der Wiederkunft des HErrn lebenden Nationen (Matth. 25,32); 2. über die Gottlosen bei ihrer nach dem Tausendjährigen Reich geschehenden Auferstehung, während die in Christo Entschlafenen der „ersten Auferstehung“ teilhaftig werden und mit den bei dem Kommen des HErrn für die Seinigen lebenden Gläubigen verwandelt und dem HErrn entgegengerückt werden. Wir bitten alle Leser, besonders die, denen diese Dinge noch neu sind, aufmerksam Offenb. 20 und 1. Thess. 4,13-18 zu lesen.

In all diesen Stellen ist nun keineswegs die Rede vom „jüngsten“ = „letzten“ Tage! Gleichwohl glauben auch wir in Gemeinschaft mit obigen Antworten, daß es sich bei den Stellen in Joh. 6 um die Auferweckung der an Christo gläubig gewordenen Entschlafenen handelt, die schon jetzt nach Geist und Seele „bei Christo“ sind, während sie nach ihrer Auferweckung auch in verherrlichtem Leibe „allezeit bei dem HErrn sein werden“. (1. Thess. 4,17b.) Warum denn hier der Ausdruck „letzter Tag“? Hier und in anderen Stellen im Joh.-Evang. (6,54 u. 12,48) nennt der HErr diesen Ausdruck, während in Joh. 11,24 Martha ihn nennt in Verbindung mit der jüdischen Volkshoffnung; Martha blickt hinaus auf die von den Juden erhoffte Auferstehung vor Beginn des ihnen im Alten Testament verheißenen Friedensreiches (des Tausendjährigen Reiches, in dem der Messias auf dem Thron seines Vaters David sitzen wird!). Jesus sprach hier zu den gläubig gewordenen Juden (in Joh. 12,48 in bezug auf die ungläubig bleibenden), daß am letzten Tage des Zeitalters, das mit Christo begann (des Haushaltes der Gnade, Ephes. 3,2), diese Auferweckung der Gläubigen stattfinden werde. Dieser letzte Tag ist ja zugleich auch der letzte Tag nach jüdischer Vorstellung, da danach das Friedensreich des Messias folgt. Israel aber weiß nichts von einem durch den gekreuzigten und auferstandenen Messias eingeführten Zeitalter der Gnade. Israel lebte im Zeitalter des Gesetzes, das von dem Friedensreich Christi auf Erden abgelöst werden sollte. Dadurch, daß es seinen König nicht erkannte, sondern verwarf, ward die Haushaltung der Gnade zwischen die des Gesetzes und die der Herrschaft des Messias auf Erden eingelegt. Somit ist der „letzte Tag“, den Martha im Auge hatte und der, an den Jesus denkt, zeitlich derselbe. Wenn daher Jesus zu den gläubigen Juden von dem letzten Tage redet, so können sie meinen, es sei der letzte des damals gegenwärtigen Haushaltes (des Gesetzes), während es in Wahrheit der letzte des jetzt gegenwärtigen ist: des Haushaltes der Gnade. [In dieser Auslegung ist die Frage nicht behandelt worden, einen wie langen Zeitraum dieser „Tag“ umfaßt, d. h. welche Begebenheiten alle mit zu demselben gehören.]

„Glückselig und heilig, wer Teil hat an der ersten Auferstehung!“ Offenb. 20,6.

Frage 46

Warum nennt sich Paulus eine „unzeitige“ Geburt? (1. Kor. 15,8.)

Antwort A

Der Apostel, der in der Reihe der Augenzeugen des auferstandenen HErrn zeitlich „zuletzt“ steht, fühlt sich auch als „letzter“ Apostel (V. 9), d. h. als einer, der eigentlich „nicht würdig sei, ein Apostel genannt zu werden, weil er die Gemeinde Gottes verfolgt habe“. Wenn er sich im Vergleich zu den übrigen Aposteln des HErrn so tief unter alle stellt, so ist das nur eine unerheuchelte Demut. Der Schmerz über die Tatsache, daß er einst in seiner Verblendung die Gemeinde Gottes verfolgt hat, klingt immer durch seine Worte hindurch, so oft der Apostel darauf zu sprechen kommt. Er fühlt, daß

klingt immer durch seine Worte hindurch, so oft der Apostel darauf zu sprechen kommt. Er fühlt, daß er nicht wert sei, ein Apostel zu heißen und mit diesem Dienst von dem auferstandenen Christus Selbst (1. Tim. 1,12) beauftragt zu sein. Er, der weder ein Schüler Jesu gewesen, als der HErr noch auf Erden wandelte, noch sich in den 40 Tagen nach Seiner Auferstehung Seines Umganges erfreuen durfte, der im Gegenteil die Gläubigen aufs schärfste verfolgte, wird gewürdigt, den auferstandenen HErrn zu sehen! Das ist dem Apostel durch sein ganzes Leben hindurch als eine unbegreifliche Gnade erschienen. Diese Erscheinung des Auferstandenen und diese Berufung zum Aposteldienst war insofern eine unzeitige, als sie nach der Himmelfahrt des HErrn stattfand, nachdem alle anderen Apostel längst in den Dienst gestellt waren.

So kann der Apostel sich eine „unzeitige Geburt“ nennen im Blick auf seine Apostelschaft. Damit will er aber keineswegs den Charakter und den Wert seiner Apostelschaft herabsetzen, vielmehr weiß der Apostel, daß er durch Gottes Gnade (V. 10) in Wahrheit ein Apostel Jesu Christi ist (Gal. 1,1) und daß er „in nichts den ausgezeichnetsten Aposteln nachsteht“ (2. Kor. 11,5), was seine Stellung und Aufgabe anlangt.

Es ist nicht nötig, bei dem Ausdruck „unzeitige Geburt“ anzunehmen, der Apostel mache eine Anspielung auf seine unscheinbare äußere Gestalt, wie einige Ausleger es tun, die auch „Mißgeburt“ übersetzen. Ebenso wenig ist die Übersetzung „Fehlgeburt“ richtig, obwohl dieser biblische Vergleich sich in Hiob 3,16 und Pred. 6,3 findet. Vielmehr gibt der Ausdruck „unzeitige Geburt“ die Meinung des Apostels am besten wieder. Es erklärt sich dieser Ausdruck zur Genüge aus dem Gefühl tiefster Demut und Dankbarkeit des Apostels im Blick auf das „Einst“ und das „Jetzt“ in seinem Leben.

J. W.

Anmerkung des Herausgebers

Das griechische Wort wird im allgemeinen mit „Fehlgeburt“ übersetzt, ohne daß wir diese Übersetzung hier glauben annehmen zu dürfen. Denn wie Hiob 3,16 und Pred. 6,3.4 zeigen, und wie auch der heutige Sprachgebrauch beweist, ist eine Fehlgeburt nicht lebensfähig. Dagegen kann aus dieser Übersetzung eine andere gefolgert werden: „Frühgeburt“, während die übertragene Übersetzung „unzeitige Geburt“ im Sinne obiger Antwort Dem Begriff der „Spätgeburt“ entspräche. Außer der an diesen Begriff sich anlehnenden Antwort könnte man noch im Anschluß an die Übersetzung „Frühgeburt“ folgende geben: Paulus war Jude, die Juden werden in der Zukunft den Messias, ihren HErrn, in Herrlichkeit sehen und sich dann bekehren; nun hatte Paulus Ihn aber schon vorher gesehen - später als die übrigen Apostel -, aber viel früher als das übrige Israel, nämlich als der HErr ihm auf dem Wege nach Damaskus erschien, wodurch er bekehrt wurde. - Aber diese Antwort wird dem nachfolgenden mit „denn“ eingeleiteten Satze nicht gerecht. Darum ist wohl die aus der Grundbedeutung des griechischen Wortes gefolgerte Übersetzung „unzeitige Geburt“ anzunehmen, wozu in Antwort A eine völlige Erklärung gegeben ist.

Frage 47

Worin wird ein jeder für sich selbst Gott Rechenschaft zu geben haben? (nach Röm. 14,10-12.)

Antwort A

Antwort A

Vor dem Richterstuhl Gottes, auch Richterstuhl Christi (2. Kor. 5,10), wird mein eigener Lebenslauf in allen seinen Einzelheiten zur Sprache kommen, dabei aber auch die Geschichte der Gnade und der Erbarmungen Gottes gegen mich. Es handelt sich hierbei nicht um Verdammnis, also nicht um das Gericht vor dem großen weißen Thron (Offenb. 20,11), sondern um das Offenbarwerden der Gläubigen. Das Warum ich dieses und jenes getan habe, wird dann ans Licht gezogen werden, es wird auf unsere ganzen Handlungen eingegangen werden, jedoch nicht so, als wenn wir im Fleische und somit zu unserer Verdammung da wären, sondern um unseren eigenen Augen die Gnade klar ersichtlich zu machen, die sich mit uns beschäftigt hat.

Gott sieht uns jetzt schon nicht mehr im Fleische, sondern, soweit wir glauben, mit Christo gestorben. Haben wir Gläubigen aber nach dem Fleische gewandelt, so werden wir dann sehen müssen, wie wir hinsichtlich der Segnungen Schaden gehabt, ja, wie wir Verlust erlitten haben (vergl. auch 1. Kor. 3,15). Andererseits aber werden wir auch die ganzen Wege Gottes, die alle Wege der Weisheit und der Gnade sind, erst dann vollkommen erkennen und verstehen. Gewisse Abschnitte unseres Lebens, die in unseren Augen völlig unaufgeklärt geblieben sind, werden dann ans Licht gestellt werden.

Wie sollte uns das eifrigst antreiben, „jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde abzulegen, um mit Ausharren zu laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Hebr. 12,2.3).

W. W.

Antwort B

In diesem 14. Kapitel handelt es sich um zweifelhafte Gewissensfragen, nicht um Dinge der Sünde oder des Bösen. Um die Quelle dieser „zweifelhaften Fragen“ zu verstehen, müssen wir bedenken, daß die einen Gläubigen aus dem Heidentum und die anderen aus dem Judentum kamen. Dinge, die dem Juden von Kind an wichtig waren, waren dem Heiden nichts. Paulus hatte sie belehrt, daß sowohl die Dinge des Heidentums wie die des Judentums in dem Tode Christi ihr Ende gefunden hätten. Die „Starken" in diesem Kapitel waren nun solche, die in die Freiheit des Geistes eingingen, die „Schwachen" dagegen beunruhigten ihr Gewissen mit dem Halten von Tagen, dem Essen von Speisen usw. Man spricht heute oft von schwachen Gläubigen als von solchen, die es mit dem Bösen nicht genau nehmen. In diesem Sinne spricht die Schrift nicht von Schwachen! Im Gegenteil, die Schwachen waren solche, die es mit der Sünde sehr genau nahmen, aber aus Mangel an Erkenntnis und Glauben ängstlich ihr Gewissen beunruhigten und sich nicht genug tun konnten im Beobachten von allerlei Dingen. Da standen sich nun zwei Meinungen gegenüber, in der jeder den HErrn anerkannte und Ihm zu gefallen suchte, und damit waren zwei Gefahren da: auf der einen Seite, daß die Starken die Schwachen verachteten als solche, die noch Dinge beobachteten, mit denen Gott längst fertig war; und auf der anderen Seite, daß die Schwachen die Starken richteten als solche, die dem HErrn nicht unterworfen seien. In dieser Verbindung der zweifelhaften Fragen weist der Apostel auf den Richterstuhl hin, wo jeder für sich selbst Gott Rechenschaft geben wird.

Wie soll nun aber die Frage der Verschiedenheit in der Gewissensfrage gelöst werden? Sie soll nicht durch die einfache Behauptung des Rechten, sondern durch den Wandel nach der Liebe (V. 15) und

das persönliche Stehen vor Gott (V. 22) geordnet werden. Die Wahrheit soll behauptet werden! Der Apostel tut solches und bezeugt für sich klar seinen Weg: er weiß, daß nichts an und für sich unrein ist (V. 14). Aber er will damit nicht darauf bestehen, daß sein Bruder nun genau ebenso tun müsse wie er. Er will dem Geiste Gottes Raum lassen, ihm Licht und Erkenntnis zu schenken. Er will ihn tragen (15,1). Er will sich selbst verleugnen und in Liebe ihm gegenüber wandeln. Seine Sorge ist, daß sein Bruder in seinem Gewissen vor Gott bleibt, damit er nicht etwas tue oder lasse, für das er weder Licht noch Glauben hat, denn dies wäre gleichbedeutend mit sündigen. "Was nicht aus Glauben ist, ist Sünde" (V. 23): ein Handeln nicht vor Gott, sondern vor Menschen und im Lichte eines Bruders. Wie wichtig, daß jeder persönlich vor Gott steht und daß jeder für sich selbst Gott Rechenschaft geben wird!

Hiermit wird natürlich die Verpflichtung der Kinder Gottes, das Böse zu richten, nicht berührt noch aufgehoben, und ebensowenig die Wichtigkeit, die Gläubigen in den Gedanken Gottes zu unterweisen und sie in die Freiheit hineinzuführen, für die Christus uns freigemacht hat.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zwei wichtige Unterschiede finden sich für uns Gläubige zwischen den beiden Stellen Röm. 14,10 und 2. Kor. 5,10, in denen beiden der Richterstuhl genannt ist. In letzterer Stelle ist von dem „Richterstuhl des Christus" geredet und von unserem „Offenbarwerden"; in ersterer aber von dem „Richterstuhl Gottes" und unserem „Rechenschaftgeben" (V 12). Und wenn auch beides zusammenfällt in einen Akt vor einem Richterstuhl, so sind doch die verschiedenen Beziehungen der Beachtung wert: „Offenbarwerden" (2. Kor. 5,10), ohne daß die Offenbarung dessen, was wir sind, uns der Verdammnis preisgibt, können wir nur, weil wir es mit Christo zu tun haben als solche, die in Christo sind; dagegen „Rechenschaft geben" müssen wir vor dem Gott, zu dessen Reich wir gehören (Röm. 14,17), als solche, die von Gott aufgenommen sind (V. 3) und nicht das Recht haben, „einer Speise wegen das Werk Gottes (in einem Menschen) zu zerstören" (V. 20). Es handelt sich hier um einfache Fragen des Glaubenslebens, in bezug auf die jeder für sich allein Gott als seinem Herrn verAntwortlich ist und vor Ihm Rechenschaft geben muß! - Doch steht in keiner der beiden Stellen, daß der Gläubige vor dem Richterstuhle gerichtet wird. „Also ist nun keinerlei Verdammnis für die, welche in Christo Jesu sind" (Röm. 8,1).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Jahrbuch (1914)

Was will die „Gegenseitige Handreichung“?

Das sagen am besten einige Sätze aus dem Geleitswort zum Jahrgang 1913:

„Unser Blatt soll sich von den anderen Blättern dadurch unterscheiden, daß es nur biblische Fragen und Antworten bringt, und zwar in der Weise, daß aus dem Leserkreise selbst sowohl die Fragen wie die Antworten gestellt und gegeben werden, und somit ein reger Austausch der Gedanken unter den Lesern erstrebt wird und erreicht werden kann, und zwar, setzen wir hinzu, ohne Gewissenszwang!

Wir fragen die an uns Schreibenden sowie die Einsender von Fragen und sogar Antworten nicht: woher, aus welcher Denomination, aus welcher christlichen Gemeinschaft und aus welcher Nation kommst du? was ist dein Stand oder Beruf? u. dgl. m. Vielmehr soll das allein Entscheidende für uns und alle jeweiligen Mitarbeiter das Wort Gottes sein, dessen Autorität wir uns durchaus unterordnen, und das zu erforschen unsere Aufgabe ist.“

Wir wollen die Wahrheit verkünden, die Wahrheit in Liebe. „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ 2. Kor. 13,8.

Und so möge der Jahrgang 1914 auch in Buchform vielen dienen zur Verwirklichung von 2. Petri 3,18!

Klotzsche bei Dresden,

im Dezember 1914.

Der Herausgeber

Fritz Koch.

Gruß an den Leser:

Gott aber ist mächtig, jede Gnade gegen euch überströmen zu lassen, auf daß ihr in allem, allezeit alle Genüge habend, überströmend seid zu jedem guten Werk.“ 2. Kor. 9,8.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1

Wie verhält es sich in Eph. 2,8 mit dem Glauben? Er kann doch nie eine Gabe Gottes sein, sonst könnten Unbekehrte Gott Vorwürfe machen. Der Glaube kommt doch aus der Predigt! (Röm. 10,17.)

Antwort A

Lesen wir Eph. 2,8 sorgfältig, ohne eigene Gedanken hineinzubringen, so finden wir, daß im ersten Teile gesagt ist, daß wir durch die Gnade errettet sind mittelst des Glaubens, und im zweiten Teile, daß dieses- nämlich dieses Errettetsein mittelst des Glaubens nicht aus uns ist, sondern Gottes Gabe ist.Es steht klar da und ist so einfach: „und das nicht auseuch, Gottes Gabe ist es,“ eben das, was im ersten Teile des Verses uns vor Augen gestellt ist als Ausfluß Seiner Gnade, und nicht etwa nur der Glaube, worauf oft der zweite Teil dieses Verses entgegen dem Wortlaut und Zusammenhang beschränkt wird. Daß der Sinn so ist, wird durch Vers 9 bestätigt, in welchem es weiter heißt: „nicht aus Werken, auf daß niemand sich rühme“ (vergl. auch Tit. 3,4-7).

Mit vorstehendem ist aber noch nicht die eigentliche Frage erledigt, ob der Glaube eine Gabe Gottes

ist und wie die VerAntwortlichkeit des Menschen sich damit vereinbaren läßt.

In Röm. 10,17 heißt es: „Also ist der Glaube aus der Verkündigung (oder Predigt), die Verkündigung aber durch Gottes Wort.“ Der Glaube wird also auf das Wort Gottes zurückgeführt, was auch viele Stellen der Schrift uns zeigen: „Die nun Sein Wort aufnahmen ...“ (Apgesch. 2,41); „vieleaber von denen, welche das Wort gehört hatten, wurden gläubig“ (Apgesch. 4,4) u. a. m. Kein Mensch aber würde das Wort Gottes verstehen und im Glauben aufnehmen können, wenn nicht der Heilige Geist ihn erleuchtete und ihn dazu befähigte, denn „der Geist ist es, der lebendig macht“ (Joh. 6,63; 2.Kor. 3,6b). Demnach ist der Glaube das Ergebnis des Wirkens des Heiligen Geistes in dem Herzen durch Sein Wort. Ich hätte also keinen Glauben, wenn nicht Gott alles dazu Erforderlichegegeben und getan hätte; darum verdanke ich es Ihm allein, daß ichglaube; der Glaube wie überhaupt alles Gute, was ich habe, ist mir von Ihm geworden, ist ein Geschenk von Ihm - ist Gottes Gabe! „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter ...“ (Jak. 1,17). Ich habe kein Verdienst, keinen Ruhm - alles, alles ist Seine Gnade, Seine Gabe. Diese kostbare Tatsache, welche unsere Herzen so unsagbar glücklich macht und überströmen läßt in Dank und Anbetung gegen Ihn, ist es gerade, die in Epheser vor unser Auge gestellt wird. Ist darum der Mensch ohne VerAntwortlichkeit in Bezug auf den Glauben, weil der Glaube ein Werk des Geistes und eine Gabe Gottes ist? Kann er dieserhalb etwa, wenn er nicht glaubt, sich damit entschuldigen, Gott habe ihm diese Gabe nicht gegeben?O nein, durchaus nicht! Denn wenn er nicht glaubt, soliegt es ganz allein an ihm! Er hat dann eben dem Wirken des Heiligen Geistes widerstrebt, hat sein Ohr verschlossen gegen Seine Stimme und sein Herz gegen Sein Licht - er hat „die Finsternis mehr geliebt als das Licht“ (Joh.3,19), er hat „die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen“ (2. Thess. 2,10) und hat „den Reichtum Seiner Gütigkeit und Geduld und Langmut verachtet“ (Röm. 2,4). Denn „Gott will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1.Tim. 2,4); „die Gnade Gottes ist erschienen, heilbringend für alle Menschen (Tit. 2,11); „der HErr ... ist langmütig ...,da Er nicht will, daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen“ (2.Petri 3,9). Gott will, aber viele Menschen wollen nicht! Unterallen den vielen Menschen, welche infolge ihres Unglaubens verloren gehen, wird nicht einer sein, der einst wirdsagen können, daß er darum verloren gegangen sei, weil Gott ihm nicht den Glauben geschenkt

habe, sondern alle ohne Ausnahme werden sich den Vorwurf machen müssen, daß sie die ihnen angebotene „Gabe Gottes“ von sich gewiesen haben! -

Es mag für den Verstand unvereinbar sein, daß es Gnade und nichts als Gnade ist, wenn wir glauben, und daß dennoch der Mensch allein schuld ist, wenn er nicht glaubt; der Glaube aber erkennt es; er sieht, daß es nur so und nicht anders sein kann, und preist dankerfüllt die herrliche Gnade und unaussprechliche Liebe Gottes!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die ganze Möglichkeit der Errettung liegt in Gott, in Seiner Gnade, die in Christo Jesu erschienen ist. Der Zusatz „durch den Glauben (besser „mittels des Glaubens“) könnte fehlen, ohne den Sinn des Satzes wesentlich zu verändern. Aber der Apostel schreibt inspiriert durch den Geist, und so haben wir in diesen Worten das klare Zeugnis davon, daß von Gottes Seite alles Gnade ist und daß wir

durch diese allein gerettet sind oder werden, daß aber von unserer Seite die Hand da sein muß, die sich die Gnade schenken läßt; denn Gnade ist in jedem Falle ein Geschenk, wird nie aufgezwungen! Diese Hand ist der Glaube unsererseits! So gewiß keiner gerettet wird, es sei denn allein aus Gnaden - wie obige Antwort A genauer ausführt -, so gewiß gehen alle die ewig verloren, die dem Evangelium nicht glauben wollen. Keiner hat eine Entschuldigung! „Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Offenb. 22,17.)

Frage 2

Handelt es sich bei Matth. 27,52.53 um eine Auferstehung zur Herrlichkeit oder um eine Auferstehung zum Weiterleben im Fleisch? (Vergl. Joh. 11,43.44.)

Antwort A

Meiner Überzeugung nach handelt es sich weder um das eine noch um das andere.

Daß es sich nicht um eine Auferstehung zum Weiterleben im Fleisch handelt, wie z. B. bei Lazarus, sehen wir schon aus den Worten: „und erschienen vielen“ (V. 53 Schluß). Daß sie „erschienen“, zeigt, daß sie an sich dem leiblichen Auge nicht sichtbar waren, was auch noch daraus sich ergibt, daß sie „vielen“ erschienen, also nicht von allen gesehen wurden. Bei einem Menschen „im Fleische“ (d. h. also im Leibe) kann aber von einem „Erscheinen“ in diesem Sinne nicht die Rede sein, da er eben von allen gesehen wird, vor deren Augen er kommt. Von Lazarus lesen wir nicht, daß er „erschien“, aber wir lesen, daß viele kamen, um ihn zu sehen (Joh. 12,9).

Von Herrlichkeit ist in bezug auf die nach Matth. 27,52.53 Auferweckten aber auch nicht die Rede, noch davon, daß sie etwa in die Herrlichkeit aufgenommen worden wären. Das ist nur von dem Herrn Jesus gesagt, dem „Erstling der Entschlafenen“ (1. Kor. 15,20.23a; 1.Tim. 3,16 Schluß).

Nach alledem kann ich, solange ich nicht auf Grund des Wortes eines anderen belehrt werde, nur zu der Überzeugung gelangen, daß die hier behandelte Auferweckung nur eine vorübergehende war zu dem bestimmten Zwecke, die mächtige Wirkung des Todes des Herrn Jesu zu zeigen; daß die Auferweckten einen Leib hatten derselben Art wie der Herr Jesus nach Seiner Auferstehung, als Er noch nicht verherrlicht war und den Seinen erschien und mit ihnen verkehrte (s. Luk. 24,15.16.30.31.34.36-43; Joh. 20,14.19.20.26; Apgesch. 1,3; 10,40.41; 1. Kor. 15,5-8), und daß sie dann, nach Erfüllung des Zweckes ihrer Auferweckung, zurückkehrten in ihren vorherigen Zustand, um weiter zu warten auf den wunderbaren Augenblick der Auferstehung zur Herrlichkeit.

Th. K.

Antwort B

Daß es sich in der erstgenannten Schriftstelle um die Auferstehung zur Herrlichkeit handelt, in der zweitgenannten aber um die Auferstehung zum Weiterleben im Fleische, geht aus folgenden Merkmalen und Schriftworten hervor:

1. wird in Matth. 27 ausdrücklich gesagt: „Sie gingen nach Seiner Auferstehung aus den Grüften.“ Christus ist der Erstling der Entschlafenen (1. Kor. 15,20). Demnach waren sie ihrer Leiblichkeit

nach Ihm, dem Auferstandenen, gleich.

2. „Sie erschienen vielen.“ Es heißt hier nicht „allen“, was wahr sein würde, wenn sie im „Leibe der Niedrigkeitgewesen wären, sondern „vielen“;und „erschienen“ kann nur Bezug haben auf den geistigen Leib. Sie erschienen den „vielen“ deutet aber auch klar an, daß nur eine Auswahl von Menschen sie sahen. Genau so wird vom HErrn nach Seiner Auferstehung gesprochen (vergl. 1.Kor. 15,4-8). Ganz andere Begleitumstände finden wir, wenn es sich um die Auferstehung zum Weiterleben im Fleische handelt.Wir finden da Worte, die uns klar zeigen, daß es sich um den Leib der Niedrigkeit handelt: „Es lebte auf“ (1. Kön. 17,22b); „er nieste siebenmal ... schlug seine Augen auf“ (2. Kön. 4,35); „er erhob sich auf seine Füße“ (2. Kön. 13,21b); „Er hieß ihr zu essen zu geben“ (Mark. 5,43); „löset ihn und lasst ihn gehen“ (Joh. 11,44; vergl. noch Apgesch.9,40). Christus aß auch, aber nur, um zu zeigen, daßEr wirklich der auferstandene Mensch war (vergl. Luk.24,41-43). In jenem Leibe können wir essen, obwohl wir nicht essen müssen. Lazarus mußte gelöst werden, was keineswegs getan zu werden brauchte mit dem Leibe der Herrlichkeit (vergl.Joh. 20,7). Der Leser möge für sich selbst die angeführten Stellen nachlesen, um den Unterschied noch klarer zu sehen.

K. O. St.

Antwort C

Die Leiber der entschlafenenHeiligen wurden auferweckt. Das waren nicht Geistererscheinungen. Es war auch keine Auferweckung für ein diesseitiges Leben wie bei Lazarus. Ebenso haben wir auch nicht den geringsten Anhalt für die Meinung, daß diese Auferstandenen wieder zu ihren Gräbern zurückkehrten. Sie gehörten mit dem Auferstandenen jetzt einer anderen Welt an.Als der HErr Sein Hauptim Tode neigt und den Geist aufgibt, öffnen sich die Grüfte, und als Er aus dem Grabe steigt, gehen auch sie in Auferstehung aus den Grüften. Nichtfrüher als nach Seiner Auferstehung kommen sie hervor. Es muß bleiben - und es kann nicht anders sein: Er ist der Erstling der Entschlafenen (1. Kor. 15,20). Er muß den Weg öffnen. Er ist der Anfang - der Erstgeboreneaus den Toten (Kol.1,18).

Nur Matthäus allein berichtet die Auferstehung dieser entschlafenen Heiligen, und es ist köstlich, zu sehen, wie durch die Verschiedenheit der Berichte jedes Evangelium dieHerrlichkeit des HErrn in einem bestimmten Lichte zeigt. Der Unglaube in seiner Blindheit gebraucht die Verschiedenheit, um das Wort Gottes zu verwerfen. Für uns ist sie einSchlüssel zum tieferen Verständnis der Evangelien. Wir wissen, jedes Evangelium gibt uns von einem besonderen Gesichtspunkte aus einen Bericht von dem HErrn.

Johannes zeichnet uns Christus den Sohn Gottes, der Sich alsBrandopfer Gott darbringt. Der Auferstehungsbericht zeigt uns den Auferstandenen, wie Er die himmlische Verwandtschaft verkündigt und die himmlische Familie um Sich schart. Er ist der Sammelpunkt der zerstreuten Kinder Gottes, und der Auferstandene tritt in ihre Mitte (Joh. 20,19).

Lukas zeichnet uns Christus den verheißenen Samen des Weibes, den Sohn des Menschen, den zweiten Menschen, in dem alle Vorsätze Gottes ihre Erfüllung finden und der als das Friedensopfer Frieden macht. Der Auferstehungsbericht zeigt uns den Auferstandenen im Lichte der Schrift nach den Vorsätzen Gottes. Die Jünger müssen an Hand der Schrift lernen, daß es in dem Plane Gottes war, daß also Christus leiden und auferstehen musste (Luk. 24,27.32.45.46).

Markus zeichnet uns Christus, den Sohn Gottes. Der in Knechtsgestalt der Mund (Prophet) Gottes ist und in unermüdeter Geduld den Dienst und das Zeugnis der Gnade ausrichtet; der Selbst das Sündopfer wird, als Er rief: „Eloi, Eloi ...!“ (Mark. 15,34.) Durch den Auferstehungsbericht geht der Ton der Gnade.Kein Niederschlagen der Hüter wie in Matthäus. - Nurhier finden wir den Zusatz „und Petrus“ (Mark. 16,7). Der gefallene Petrus empfängt den Gruß der Gnade ...

Matthäus zeichnet uns Christus den König Israels; Christus in Beziehung zu den Verheißungen Gottes und der Hoffnung Israels. Seine Seele stellt das Schuldopfer, und der Wille Jehovas kommt durch Seine Hand zur Ausführung (Jes.53,10). Er ist Jehovas Arm,durch den Er Seine Macht offenbart. Die BeweiseSeiner Macht, Seiner königlichen Majestät kennzeichnen den Auferstehungsbericht: Erdbeben, Engel in der Gestalt des Blitzes, der Stein, der versiegelte, abgetan („der HErr lachet ihrer“) usw. Der König ist da. Der Starke ist besiegt. Überall Triumph. Er hat alle Gewalt (Matth. 28,18). Er kommt als der große Hirte der Schafe (Hebr. 13,20) in Auferstehung zu Seinen irdischen „Brüdern“ (Israel). Überall tritt in Matthäus Seine Beziehung zu Israel,zu den Verheißungen und Vorbildern hervor. In der Webegarbe (3.Mose 23,10-13) hatte Gott das Vorbild der Auferstehung niedergelegt.Als das Weizenkorn (einzeln) war Er in die Erde gefallen, aber eine Webegarbe (viele entschlafene Heilige) bringt Er mit Sich in Auferstehung. In dem Auferstehungsleib „erscheinen“ sie vielen. Der „heiligen Stadt“ bringen sieden Beweis des Sieges, daß der „Hirte“ da ist (vergl. Hebr. 13,20 mit Hes. 34,11-16).

Wer diese auferweckten Heiligen sind, sagt die Schrift nicht, und was wir darüber sagen, ist wertlos.

Von diesen Heiligen zu folgern, daß heute noch besonders treue Gläubige fortgesetzt auferweckt werden, gibt die Schrift uns nicht nur keinen Grund, sondern es hieße auch den Charakter des Matthäus-Evangeliums verkennen und das Vorbild derWebegarbe zerstören. Nach der Schrift ist die „Ordnung: Der Erstling Christus; sodann die, welche des Christus sind bei Seiner Ankunft“ (1. Kor. 15,23).Das „sodann“ läßt keinen Raum für Auferstehungen zwischen Christus als Erstling (mit der Erstlingsgarbe) und der „Sodann“-Auferstehung bei Seiner Ankunft.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist ein der Schrift gänzlich fern liegender Gedanke, daß fortgesetzt Gläubige auferstehen. Ja, er widerspricht aufs klarste den Ausführungen über die Auferstehung in 1. Kor. 15 und 1. Thess. 4 u. a. m. Wonach würde sich denn diese Bevorzugung einzelner richten? Gilt denn bei diesen ein Verdienst?Oder wenn es Gnade ist, gibt uns die Schrift Grund zu der Annahme dieser sonderbaren Begnadigungeinzelner? - Wir wissen gar wohl, daß

manvon gewissen treuen Männern sagt, sie seien schon auferstanden; aber wir müssen diese schriftwidrige Behauptung ins Reich der „frommen Legende“ verweisen. Da übrigens in unserer Stelle deutlich steht, daß jene Auferweckten „vielen erschienen“, so müßte man füglich erwarten können, daß die jetzt so nach und nach auferweckten Heiligen das auch getan hätten; aber davon wissen die Gewährsmänner für obige Behauptungendoch nichts zu berichten! Wie wäre es auch möglich, wenn das untrügliche Wort Gottes keinen Grund dazu gibt! Es ist ein gefährlich Ding, aus einer in einem ganz bestimmtem Zusammenhang stehenden einzigartigen Stelle Folgerungen zu ziehen, die der übrigen Schrift widersprechen!

übrigen Schrift widersprechen!

Auch wir glauben, daß die hier geschehene Auferstehung, wie die des HErrn, zur Herrlichkeit war: diese Auferweckten hatten einen Leib wie Christus.Sollten sie mit einem solchen wieder ins Grab zurückgegangen sein? Oder wurden sie in den alten Zustand zurückverwandelt? Gewiß sollte ihre Auferstehung auch die „mächtige Wirkung des Todes des HErrn“ zeigen; aber diese Wirkung, die sich hier vorbildlich andiesen „Heiligen“ zeigte, wäre doch sehr eingeschränkt gewesen, wenn jene wieder hätten insGrab zurückkehren müssen.

 

 

Frage 3

Welch ein Unterschied bestehtzwischen den Namen Jesus Christus und Christus Jesus u. a. m. (siehe z. B. 1. Tim. 1,12.14.15.16) und ihrer Anwendung in der Schrift? (Vergl.Frage 19, Band 1913, Anmerkung des Herausgebers.)

Antwort A

Die Namen und Titel des HErrn sind nicht einfach Namen in dem Sinne, wie wir Personen dadurch voneinander unterscheiden. Wie wir in der Welt Personen mit verschiedenen Namen und Titeln finden und in den verschiedenen Namen und Titeln die verschiedenen Eigenschaften, Würden, Ämter und Beziehungen zu Verwaltungen usw. erkennen, so auch bei dem HErrn. O, daß wir Ihn besser kennten in Seinen Eigenschaften, in Seiner Herrlichkeit und Würde, in Seinen Beziehungen zu den verschiedenen Perioden der Verwaltungen Gottes - wir würden die Weisheit sehen, die sich in den verschiedenen Benennungen des Sohnes offenbart! Es ist wunderbar, wie die heiligen Schreiber durch Gottes Geist geleitet wurden, gerade den Namen, den Ausdruck für die Person des Sohnes zu gebrauchen, wie er gerade zu dem, was gesagt ist, passend ist. Wieviel haben wir alle nach dieser Richtung hin noch zu lernen!Welch Durcheinander, welcheUnwissenheit offenbart sich gerade in bezug auf den Gebrauch der Namen und Titeldes HErrn! Wenn ich in dem Gefühlmeiner eigenen Unwissenheites wage, ein paar kurze Worte auf die Frage zu Antworten, so kann es nur ein Fingerzeig, eine Anregung sein, mit ganzem Herzen und größerem Aufmerken die Schriften zu erforschen, um Ihn besser kennen zu lernen.

Jesus ist Sein persönlicher Name, der für den Sohn Gottes zuvor bestimmt wurde als den Heiland der Welt. Unter diesem Namenwurde Er hienieden in der Knechtsgestalt gekannt.

Christus - der Gesalbte - ist Sein Titel zunächst in Verbindung mit dem Messias des Volkes Israel; als dieses Ihn aber verwarf und tötete, hat Gott den Auferweckten und Verherrlichten zum „HErrn“ und „Christus“ gemacht - erhoben (Apgesch.2,36). Dieses läßt uns verstehen, warum in den vier Evangelien der HErr niemals „Jesus Christus“ genannt wird, (ausgenommen in fünf Stellen, die auch bezeichnend sind), sondern allgemein „Jesus“, dagegen in den Briefen „HErr“ und „Christus“ und mit den Verbindungen: „Jesus Christus“, „Christus Jesus“ und „Herr Jesus Christus“.

In Eph. 1,1.2 finden wir in den zwei Versen diese letztendrei Benennungen.Die Voranstellung des einen Namens vor dem anderen ist durchaus nicht absichtslos, wie uns diese und viele andere, auch die in unserer Frage genannten Schriftstellen beweisen.

Ob wir lesen „Jesus Christus“ oder „Christus Jesus“ - immer ist esnatürlich dieselbe Person. Ein

sorgfältiges Vergleichen der Schriftstellen läßt uns aber finden, wenn der persönliche Name „Jesus“ vorangestellt ist (Jesus Christus), daß das Gesagte mehr in Beziehung steht zu Seiner Person (diese in den Vordergrund tritt) und zu dem, was Er hienieden war, während wir bei „Christus Jesus“ das Gesagte mehr in Beziehung finden mit dem Verherrlichten, Seinem vollendeten Werke und der Segensfülle,die von Ihm ausgeht.

In Eph. 1,1 nennt Paulus sich Apostel „Jesu Christi“. Er war Sein Apostel und hatte dem zu entsprechen, was Er hienieden war (Hebr. 3,1). Sobald wie Paulus dann von den Heiligen und Treuen in ihrer Segensstellung spricht, wechselt er die Namen und sagt in „Christo Jesu“. Wenn es sich um unsere Segensverbindung mit Ihm handelt, so spricht der Apostel nie, daß wir „in Jesu“, sondern „in Christo“ sind (Röm. 8,1; 2. Kor. 5,17); Christus starb für Gottlose (Röm. 5,6); Christus starb für unsere Sünden (1. Kor. 15,3); Christus hat uns losgekauft (Gal. 3,13); mit Christo sind wir gestorben (Röm. 6,8.9), und in dem verherrlichten Gesalbten (Christus) Jesus werden hier die Heiligen in Ephesus gesehen.Im 3. Verse zeigt Paulus dann, daß Er für uns der Herr Jesus Christus ist.

Wie gesagt, wenn Seine Person, oder was Er hienieden war, in den Vordergrund tritt, so finden wir auch den teuren Jesusnamen in dem Vordergrund, z.B.: „Der des Glaubens an Jesum ist“ (Röm.3,26); „glaube an den Herrn Jesum“ (Apgesch. 16,31); „Verheißung aus (auf dem Grunde des) Glaubens an Jesum Christum“ (Gal. 3,22). Es ist köstlich, bei dieser letzten Stelle, (wie auch in anderem Stellen) den Wechselder Namen zu beachten (Gal. 3,22 vergl. mit 26 u. 28; siehe auch ebenso Eph. 4,20.21). Wir würden in dem Zusammenhang mit V. 20 sprachlich geschrieben haben: „Wie die Wahrheit in dem Christus ist“ - aber nein: „Wie die Wahrheit in dem „Jesus“ ist.“ In Ihm persönlich, in Seinem Leben, und in Ihm allein wird die Wahrheit gesehen!

v. d. K..

Anmerkung des Herausgebers

Je treuer und je lieber wir uns mit dem HErrn Selbst beschäftigen („Seine Herrlichkeit anschauen“, 2. Kor. 3,18), desto kostbarer werden uns die Geheimnisse Seiner Namen werden, und die Folge wird sogar die sein, daß wir selber lernen, in den schriftgemäßen Ausdrücken - es heißt in der Gebetsanrede z. V. nicht „Jesus“, was für uns Gläubige geradezu unehrerbietig ist, sondern „Herr Jesus“, vergl. Apgesch. 7,60! - und in den schriftgemäßen Namen von Ihm zu reden. Man kann dies nie verstandesmäßig lernen, im Gegenteil: der Verstand sieht in den Verschiedenheiten dieser Namenbloße Willkür oder noch Schlimmeres! Zu was für ungeheuerlichen Erklärungsversuchen ist z. B. die ungläubige Theologie gekommen im Hinblick auf den Wechsel der NamenGottes im Alten Testament (so gleich zuerst in 1. Mose 1 und 2)! Für den Gläubigen liegen gerade in diesem Wechsel ganz besondere Kostbarkeiten! Nein, nicht durch den Verstand lernen wir, die rechten Namen Gottes und des HErrn am rechten Orte zu gebrauchen, aber je mehr wir forschen in der Schrift und nachsinnen über Ihn Selbst, desto mehr prägt der Geist Gottes in uns die Fähigkeit, gottgemäß zu denken und zu reden. Scheinbar ganz wie von selbst, aber durch den Geist in uns gewirkt, wird es uns dann z. B.auch klar, daß es nicht heißt: „Bruder in Jesu“, sondern „Bruder in Christo“ (Kol. 1,2) oder „Bruder im HErrn“ (Philem. V. 16).

Möchten wir uns Gnade schenken lassen, den so sehr häufig eintretenden Wechsel der Namendes HErrn in der Schrift zu beachten (Beispiele zu nennen ist bei der Fülle derselben überflüssig) und

unter der in Antwort A gegebenen Anleitung zu betrachten! Sicher, es wird uns zum Segen sein!

Frage 4

1.Joh. 3,8 u. 9: Was heißt „er kann nicht sündigen“ und „werSündetut, ist aus dem Teufel“?

Antwort A

Ein sorgfältiger Vergleich von 1. Joh. 3,9 mit Kapitel 2,1 wird zum Verständnis dieser Stelle beitragen. In Kap. 2,1 gebraucht der Apostel die „Aorist“-Zeitform des Zeitwortes, wodurch eine einzelne,bestimmte Handlung bezeichnet wird; in Kap. 3,9 gebraucht er die „Präsent“-Zeitform, welche eine Fortdauer, ein Fortfahrenin der Sünde ausdrückt.

Nachden feierlichen Worten des ersten Kapitels sagt er:„Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, auf daß ihr nicht sündiget, und wenn jemand gesündigt hat - wir haben einen Sachwalter bei dem Vater.“ Das Ziel seines Schreibens ist, daß sie nicht sündigen; doch wenn jemand sollte überwältigt worden sein, so will er diesen auf die Vorsorge, die Gott in Seiner Güte für einen solchen getroffen hat, hinweisen, damit er nicht verzweifle, sondern Vergebung erlange und zum Sieg über die Sünde geführt werde.

In Kap. 3 zeigt der Apostel zwei Menschenklassen: die, die Gerechtigkeit tun, und die, die Sünde tun. Bei der einen Klasse ist die Gerechtigkeit, bei der anderen die Sünde der herrschende Grundsatz in ihrem Leben. Er stellt fest, daß, obgleich die Möglichkeit da ist, daß der aus Gott Geborene in eine Sünde fallen kann, derselbe aber nicht in der Sünde verharren kann. Ein Schaf mag in den Schmutz fallen; aber es ringt, herauszukommen, und ist nicht zufrieden, darin zu sein, während die Sau, selbst wenn sie gewaschen war, sich darin mit Behagen wälzt.

Manche legen diese Stelle dahin aus, daß der Apostel meint, daß die neue Natur nicht sündigt, aber der Apostel gebraucht die Worte im 10. Vers: „Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels.“ Es sind Personen, von denen er spricht, und nicht Naturen (wie in Röm. 7), und der Gegensatz wird gezogen zwischen denen, die die Gerechtigkeit tun, und denen, die die Sünde tun. In Kap. 5,18 finden wir denselben Gegensatz. Er spricht in Vers 16 von der Möglichkeit, daß ein „Bruder“ sündigt „eine Sünde nicht zum Tode“, und dann zeigt er: der aus Gott Geborene sündigt nicht - das Charakteristische des aus-Gott-geboren-Seins ist Gerechtigkeit (2,29) und nicht Sünde. Der Böse, in dem die ganze Welt liegt (5,18.19), hat keine Rechte über den aus Gott Geborenen; er ist in der Hand Christi und Gottes (Joh. 10,28.29), und keine andere Hand kann ihn antasten. Luther drückte sich so aus, daß ein Kind Gottes in dem Kampfe wohl täglich Wunden empfängt, aber niemals seine Waffen wegwirft oder Frieden mit dem Todfeinde macht.

Ein besseres Verständnis dieses Briefes würde manchen bewahren vor den falschen Gedanken der Sündlosigkeit und uns anreizen, in größerer Wachsamkeit den Pfad der Gerechtigkeit zu wandeln und so den Beweis zu geben von unserer Gemeinschaft mit Ihm, der „geoffenbart worden ist, auf daß Er unsere Sünden wegnehme“ und „auf daß Er die Werke des Teufels vernichte“ (1. Joh. 3,5.8).

W. H. B., frei übers. von v. d. K.

 

Antwort B

Diese Schriftstelle ist für manchen eine Schwierigkeit, und andere sind durch das Nichtverstehen derselben entmutigt worden. Den einen scheint sie in Widerspruch mit Kap. 1,8-10 zu stehen, und den anderen scheint sie auf einen solchen hohen moralischen und geistlichen Stand hinzuweisen, den zu erreichen sie mutlos aufgeben. Diese Stelle zeigt den großen Charakterzug im Leben des aus Gott Geborenen. Der aus Gott Geborene ist heilig. Er haßt die Sünde. Nimm z. B. die zehn Sünden in 1. Kor. 6,9.10 und denke dir, eine aus Gott geborene Person würde ersucht, diese zu begehen; wird sie sich nicht mit Abscheu von solchen Ansinnen wegwenden? Sie kann nicht diese Dinge tun. Jede Fiber der neuen Natur sträubt sich gegen solches Ansinnen. „Nein, nein, niemals!“ ist die Antwort. So begegnete Joseph der Versuchung, und so haben Millionen verweigert, sich wieder in dem Schmutz zu wälzen, von dem sie gewaschen sind. Sie sagten in Wahrheit: Ich kann Spott tragen, ich kann aus eurer Genossenschaft gestoßen werden, ich kann gequält werden nach Leib und Seele, ich kann in Gefängnis und Tod gehen, aber ich kann nicht sündigen wider Christus. - Ja, Tausende haben so gelitten. Diese Stelle zeigt die Wirkung der neuen Geburt, den Instinkt und das Wesen des aus Gott Geborenen.

Aber wie, möchte man fragen, kann man diese Stelle mit 1. Joh. 1,8.10 und anderen Stellen vereinigen, in welchen Gläubige unter der Schuld selbst schwerer Sünden gesehen werden? Die Antwort ist, daß dieses Ausnahmen sind, die die Regel beweisen. Zu allen Zeiten und bei den Besten wurden Fehler und Sünden offenbar, aber dies ändert nicht die Tatsache des Wesens der neuen Lebensnatur.

G. F. T., frei übers. von v. d. K.

Antwort C

Die neue Natur 1. Joh. 3,9 ist die von Gott empfangene, dem Gläubigen mitgeteilte, die durch den Heiligen Geist in uns wirkt. Dieser neue Lebensgrundsatz kann sich nicht mit dem alten vereinigen noch vermischen, weil er diesem gänzlich entgegengesetzt ist. So wie sich Öl mit Wasser nicht vereinigt, so kann sich das, was aus Gott geboren ist, nicht vereinigen noch vermischen mit dem, was aus dem Fleische geboren ist.

G. K., frei übers. von v. d. K.

Antwort D

Der Schlüssel zum Verständnis dieser Verse liegt in dem Worte: „aus Gott geboren“. Der Apostel sieht die Kinder Gottes nur unter diesem einen Blick. Er berührt nicht das Fleisch, welches wir noch an uns tragen. Er spricht von dem Gläubigen als von Gott gezeugt und deshalb eine Natur habend, die nicht sündigen kann. Er sieht den Gläubigen nur von diesem einen Gesichtspunkte aus. Alles weitere, daß wir, solange wir hienieden sind, das Fleisch mit der Sünde haben, daß wir der beständigen Wachsamkeit bedürfen, das Gesetz in unseren Gliedern unter dem Tode Christi zu halten, damit es nicht wieder zur Herrschaft kommt, ist in dieser Stelle für den Augenblick ganz beiseite gelassen. Er zeigt einfach die Natur, das Lebensprinzip (Grundsatz) derer, die aus Gott geboren sind: sie können nicht sündigen. Wie in der ganzen Schöpfung jedes Wesen gemäß seiner Natur sich bewegt und tut, so auch der aus Gott Geborene; er „tut nicht Sünde“, es ist gegen seine

Natur sich bewegt und tut, so auch der aus Gott Geborene; er „tut nicht Sünde“, es ist gegen seine Natur; er kann nicht sündigen, weil er aus Gott geboren ist. Es ist unnatürlich, zu sündigen; es ist eine Verleugnung seiner Natur. Hieraus folgt nicht, daß wir stets beharrlich nach der Natur wandeln, leider nicht! Aber der Maßstab, die Wahrheit bleibt bestehen. Wenn ein Kind Gottes durch Unwachsamkeit fällt, so verleugnet es sein „aus-Gott-geboren-Sein“. Es erlaubt der alten Natur wieder, zu leben, die in dem Tode Christi ihr Urteil gefunden hat und kein Recht mehr hat, zu leben.

Die Gläubigen werden gewarnt (V. 7) vor Verführern, die in Anmaßung auftreten. Sie sollten auf die Wirkungen und Äußerungen der Natur achten, ob diese aus dem Teufel oder aus Gott waren.

Der Liebe des Vaters gemäß sollen wir Gottes Kinder heißen, und im Kinde muß die Natur des Vaters gesehen werden. Obgleich noch nicht der Tag der Offenbarung der Sohne Gottes gekommen ist, so sind die Kinder Gottes doch jetzt schon offenbar, sie tragen jetzt die Züge ihres Vaters: Gerechtigkeit und Liebe (V. 10). Sie wandeln in Pfaden der Gerechtigkeit und lieben die Brüder.

Dagegen tragen die nicht aus Gott Geborenen die Natur, die sie von dem empfingen, der durch Satan fiel. Diese Natur offenbart sich in Eigenwillen und in Gott-nicht-Unterworfensein. Ein Mensch, dessen Weg durch die Adamsnatur gekennzeichnet ist, zeigt, daß er Gott nicht gesehen noch erkannt hat. v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Der Hauptzweck dieser Stelle (V. 1-15) ist der, den großen, unüberbrückbaren Gegensatz festzustellen, der sich zwischen dem Leben aus Gott (Gerechtigkeit und Liebe) und dem Leben aus dem Teufel (Gesetzlosigkeit und Haß) befindet. Der ganze erste Johannesbrief behandelt das Leben, wie wir es im Sohne haben, und wie es praktisch sich äußert in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne (Kap. 1,1-4). In der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde, traten manche Irrlehrer aus, die auf ihre tiefere Erkenntnis pochten; denen gegenüber mußte den gefährdeten Kindern Gottes gezeigt werden, was „von Anfang“ war (V. 1). Im 3. Kap. nun zeigt der Apostel, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein: es schließt in sich, Dem, der von Anfang war (vergl. Ev. Joh. 1) ähnlich zu werden, und das heißt, schon jetzt dem Grundsatz nach Ihm ähnlich sein! Dies beweist sich in dem Leben, das in ihnen wohnt, in der Kraft des Lebens, das sie unauflöslich mit Ihm verbunden hat. Ihnen gegenüber steht die andere Macht, auch in gewissem Sinne „von Anfang“ (V. 8): der Teufel, der auch seine Gefolgschaft, seine Kinder hat - Menschen, in denen nicht der Same (das „Wort Gottes“, durch das sie gezeugt sind von oben, vgl. 1. Petri 1,23) wohnt. Der Unterschied dieser beiden Menschenklassen äußert sich ebenso unzweideutig in dem Gang ihres Lebens wie in seinem Ursprung. Der Ursprung der einen ist der Teufel, der da sündigt von Anfang, und darum ist ihr Lebensgang die Sünde im Sinne von Gesetzlosigkeit (V. 4) oder ein Leben ohne Gott; der Ursprung der anderen ist Gott (in Christo), und darum ist ihr Lebensgang durch Gerechtigkeit gekennzeichnet, die Kraft ihres Lebens ist Gott, sie wollen für Ihn da sein, und sie sind praktisch durch Glauben - wenn auch in Schwachheit - für Ihn da: Gott erkennt die Seinen an, auch die Schwächsten der Seinen, wenn sie nur wirklich Sein sind, d. h. wenn sie aus dem Wort gezeugt, von oben geboren sind. Aus Gott geboren sein heißt Gerechtigkeit tun; ein Kind des Teufels sein heißt Sünde tun. Dieses, d. h. sich in der Sünde betätigen, sein Leben darin haben - ganz abgesehen davon, ob ein Ungläubiger in Einzelfällen oft sündigt oder nicht -, das kann keiner, der aus Gott geboren ist, er kann

nicht sündigen in diesem Sinne. Unser grundsätzliches Leben ist Gerechtigkeit, denn Christus ist für uns das Leben (Phil. 1,21), und „Er ist uns gemacht zur Gerechtigkeit“ (1. Kor. 1,30), und Er ist auch das Wort (der Same), das in uns bleibt; darum können wir grundsätzlich nicht sündigen. Welch ein Unterschied zwischen uns und denen, die noch als Kinder der Welt und des Teufels dahingehen! Möchten wir diesen grundsätzlichen Gegensatz recht verstehen und dazu dann Kraft und Gnade nehmen und haben, um dieser Stellung gemäß hienieden zu wandeln, indem wir bleiben in Ihm (V. 6)!

Frage 5

Wie ist Gal 6,17 zu verstehen: „Im übrigen mache mir niemand weitere Mühe; denn ich trage die Malzeichen Jesu an meinem Leibe“?

Antwort A

Der Apostel verweist in dieser Stelle auf seinen Dienst. Er war in Tat und Wahrheit ein Knecht Jesu Christi. Da waren solche, die nicht aufhörten, ihn anzutasten und seinen Dienst und seine Lehre zu untergraben. Solchen falschen Lehrern hatten die wankelmütigen Galater nur allzu leicht ihr Ohr geliehen. Der Apostel weist hin auf seine Wunden, die er auf dem Wege seines treuen Dienstes empfangen hatte. Das waren Brandmale, die er um Jesu willen empfangen hatte: Beweise seiner Knechtestreue. Es ist eine Anwendung der Sitte jener Tage: Die Sklaven empfingen ein Brandmal, welches anzeigte, welchem Herrn sie gehörten. Darum sollte man ihm nicht mehr Mühe machen; er trug an seinem Leibe die Malzeichen Dessen, dessen er war und dem er diente (Apgesch. 27,23).

Aus „Simp. Test.“, übersetzt von v. d. K.

Antwort B

Wieviel Mühe bereiteten die Gläubigen dem Apostel Paulus durch das Achten auf falsche Lehrer! Auch die Galater hatten solchen ihr Ohr geöffnet. Diese wollten sie zwingen, sich beschneiden zu lassen und das Zeichen Israels zu tragen. Er aber trug die Malzeichen des Herrn Jesu an seinem Leibe. (Der ganze Brief handelt von dem Umwenden zum Gesetz und zur Beschneidung.)

Mit der Beschneidung hörte die Verfolgung auf (Gal. 5,11 und 6,12), aber auch Christus und Sein Werk war dann für sie nutzlos (Gal. 5,2). Für ihn sollte Christus nicht umsonst gestorben sein (Gal. 2,21). Er stand in Treue zu dem Kreuze Christi (6,14), in welchem der alte Mensch sein Ende gefunden hatte (Röm. 6,6). Die Welt drückte da dem Wahrhaftigen und Gerechten (Jesus) einst das Malzeichen ihres Hasses auf, und auch er, Paulus, trug das Malzeichen desselben Hasses an seinem Leibe. Nicht auf das Malzeichen der Beschneidung (welches die Verfolgung beendet), sondern auf das Malzeichen der Verfolgung durch die „nach dem Fleisch Geborenen“ (Gal. 4,29) lenkt er ihren Blick. Dieses, und nicht die Beschneidung, war das Malzeichen des Herrn Jesu.

Warum machten sie ihm so viele Mühe? Als er ihnen einst das Evangelium verkündete, da waren sie seine Freunde; nun er ihnen aber die Wahrheit sagte, hielten sie ihn als einen Feind (Gal. 4,13-16). Stand er nicht mehr in Treue vor seinem HErrn? Sie sollten ihm keine Mühe mehr machen, denn er trug den Sklavenbrand - das Knechteszeichen - das Malzeichen seines verworfenen, aber jetzt mit

Ehre gekrönten Herrn an seinem Leibe.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Das griechische Wort, das Luther mit „hinfort“, die Elb. Übers. in der Fußnote mit „übrigens“, die Miniaturbibel mit „im übrigen“ übersetzt, kann wohl dieses alles heißen, indem man im Griechischen das Wort für „Zeit“ ergänzt oder es ohne nähere Bestimmung läßt. Aber man kann auch ein anderes Wort (im Griechischen) ergänzen und übersetzen: „Um das übrige (Israel) mache mir niemand weiter Mühe.“ Vorher ist „der Israel Gottes“ genannt, wie wir glauben, im Gegensatz zu dem verworfenen Israel, das nur die äußere Beschneidung hatte, während Gott „die Beschneidung der Herzen“ forderte. Dem Paulus war durch die Irrlehrer genügend Mühe gemacht um das ungläubige Israel, das nicht mehr Gottes war. Um dieses wollte er keine weiteren Beschwerden haben, wenn er sich auch sonst nicht vor Beschwerden fürchtete. Aber gerade die Brandmale Jesu hatte er zumeist von dem Christo feindlichen Israel erlitten und damit bewiesen, daß er sich nicht vor Menschen fürchtete. Er diente nicht Menschen, sondern Christus war sein HErr. Und auch mit diesem Briefe hatte er bewiesen, daß er nicht in Menschenknechtschaft diente, sonst hätte er den die Beschneidung befürwortenden Lehrern und ihren Anhängern wohl nachgegeben, sondern Christo allein diente er. Aber nun solle man ihn mit dieser Art von Beschwerden um das übrige Israel (das nicht Gottes ist) verschonen. Gewissermaßen: Ich trage schon genügend Brandmale Jesu - durch Israel hervorgerufen - an meinem Leibe, als daß ich um dieses (ungläubig bleibenden) Israels willen noch mehr Beschwerden tragen möchte.

Aber es ist nicht nötig, jenes erste Wort des Satzes so zu übersetzen und zu deuten; man kann auch sagen: „im übrigen“ oder „hinfort“.

Bemerkenswert scheint uns noch dies, daß dies Wort in dem inspirierten Wort Gottes steht. Das Wort bleibt stets nüchtern. Paulus war auch nur ein Mensch, ein Mensch, der unter den Angriffen der „Feinde des Kreuzes“ litt. Und wir sind gewiß nicht so „übergeistlich“, so erhaben über alles, daß wir nicht mehr leiden können unter diesem und jenem, vorzüglich unter den Angriffen derer, die dem Evangelium nicht gehorchen.

Möchten wir aber auch ebenso bereit sein wie Paulus, um Jesu willen zu leiden und den HErrn Sein Eigentumsrecht, Sein Brandmal, Leidensmal auf uns prägen lassen im Kampf um die Wahrheit und in der Liebe zu Ihm! (Vergl. Joh. 16,29ff.)

Persönliche Worte an unsere Leser und Mitarbeiter!

Friede und Freude zuvor!

Ein Jahr der „Gegenseitigen Handreichung“ ist vergangen, und ein neues Jahr der treuen Arbeit im Worte Gottes liegt vor uns. Ob wir einen neuen Jahrgang vollenden werden, ob der Herr Jesus vorher kommt oder ob Er auf andere Weise diese gesegnete Tätigkeit untere bricht oder abbricht? Wir wissen's nicht! Aber soviel Er uns Zeit, Gnade und Kraft gibt, wollen wir, denen Er das Blatt anvertraut hat, diese Arbeit weiter tun in Dankbarkeit und in fröhlichem Aufblick auf Ihn.

Doch wir bedürfen treuester Mitarbeit seitens der Freunde der „Handreichung“. Wir sind einmal sehr

Doch wir bedürfen treuester Mitarbeit seitens der Freunde der „Handreichung“. Wir sind einmal sehr auf die Hilfe in der Verbreitung angewiesen, denn noch mehrere Hundert fester Abonnenten sind nötig, um die erhöhten Kosten des erweiterten und auch äußerlich verbesserten Blattes zu decken, und darum brauchen wir treue Helfer, die dasselbe hin und her empfehlen und Werbehefte verbreiten oder Adressen angeben, an die solche gesandt werden sollen. Jedoch gerade diese Propagandaarbeit erhöht durch die vielen Portoausgaben die Kosten des Blattes erheblich. Gleichwohl haben wir uns entschlossen, um der vielen unbemittelten Leser willen, den Jahrespreis desselben in der bisherigen Hohe zu belassen (1,20 Mk., Porto extra!).

Wir sind zu diesem Entschluß ermutigt worden durch freiwillige Unterstützungen, die uns durch des HErrn Güte in dem vergangenen Jahre seitens bemittelterer Leser zuteil wurden; wir haben das Vertrauen zum HErrn, daß Er auch künftig auf diese oder jene Weise alles Nötige darreichen wird.

Andererseits sind wir jetzt nach des Blattes Vergrößerung erst recht auf treue Mitarbeit im BeAntworten der stets reichlich und stets erwünscht eingehenden Fragen angewiesen, und wir bitten die bisherigen Mitarbeiter um ihre freundliche Hilfe, bitten dazu um neue Helfer und wünschen allen des HErrn Segen zu jedem Beitrag, der unter der Leitung des Geistes in wirklicher Schriftforschung entstanden ist. Hierzu möchten wir folgendes bemerken: Wenn wir entweder infolge Platzmangels oder aus anderen Ursachen die Antworten hier und da kürzen oder gar die eine oder andere Antwort Ablehnen müssen, so geschieht das nur im Interesse der Leser oder wegen Überflusses an Stoff. Nie braucht ein Mitarbeiter zu glauben, wir gingen leichtfertig mit seinem Beitrag um oder verachteten seine Hilfe! Jeder darf überzeugt sein, daß wir auf das Prüfen und Sichten der Einsendungen nicht geringe Zeit verwenden, um allen gerecht zu werden und um zugleich das Wort Gottes in seiner ganzen Klarheit zur Geltung kommen zu lassen, soweit wir dazu Gnade und Weisheit von oben haben.

Wir bedürfen dann schließlich noch vieler Fürbitte aller Leser, damit das Blatt wie bisher - wie viele Dankschreiben uns beweisen - auch in Zukunft zu reichem Segen diene. Beten Sie, teure Geschwister, für den Herausgeber und für jeden der jeweiligen Mitarbeiter um Gnade, Weisheit und Kraft und auch um Bewahrung, damit im Blatt nie Irrlehren oder Schriftverfälschungen Platz finden, und damit dasselbe in Wahrheit sei und stets mehr werde eine „Gegenseitige Handreichung aus dem Worte Gottes“!

Wir bitten dann noch zum Schluß jeden Abonnenten, daß er die „Handreichung“ betend lesen, ja, durchforschen möge.

Es ist unser Wunsch und Gebet, daß der HErr verherrlicht werde durch diesen Dienst und daß Seine Erkenntnis sich mehre in Lehre und Wandel! Eph.4,11-16.

Des HErrn Segen und Frieden Ihnen allen: Lesern, Mitarbeitern und Freunden! 2. Thess. 3,16.

Klotzsche, Anfang Januar 1914.

Der Herausgeber

Fritz Koch.

Gruß >an den Leser:

Gruß >an den Leser:

Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen! Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat.“ 1. Joh. 3,1.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 6

Was heißt „im Namen Jesu beten“? (Siehe z.B. Joh. 15,16.)

Antwort A

... Von allem, was ich bisher erwähnt habe, ist dieses wohl das Wichtigste. Denn dies allein ist das Kennzeichen des Gebetes eines Christen. Männer, die an Gott glaubten, sind zu allen Zeiten Männer des Gebets gewesen. Aber bis zu dieser Zeit hatte niemand im Namen Christi gebetet. Jetzt müssen wir in dem Namen Dessen, der für uns starb, auferstand und in den Himmel hinaufstieg, beten. In Joh. 14 hören wir zuerst vom Gebet im Namen Christi (V. 13), aber vor Schluß dieser letzten großen Rede hat unser HErr nicht weniger als sechs- oder siebenmal davon gesprochen. Was bedeutet es denn nun, in Christi Namen zu beten? Es heißt: Beten gemäß Seiner Gesinnung und nach Seinem Wunsch; es heißt: um die Dinge flehen, von denen Er will, daß wir sie empfangen. Es bedeutet das Bekenntnis, daß getrennt von Christus als Mittler ich keine Erwartung habe, daß meine Bitten gewährt werden. Unsere Anliegen und unsere Bitten sind gleich ebensovielen Nullen. Christi Name ist die Ziffer, die vor diese gesetzt werden muß und dann den Wert der ganzen Zahl angibt. Wir zeigen gewissermaßen unseren Scheck an der himmlischen Bank vor, und er wird anerkannt um Christi willen. Nach biblischem Sprachgebrauche steht der Name für Natur oder Eigenschaften (Charakter). In Christi Namen bitten heißt, für solche Sachen beten, die übereinstimmen mit Seiner heiligen Natur und Seinen vollkommenen Eigenschaften. Ein einfaches Gleichnis mag die Sache verständlicher machen. Angenommen, in einer Stadt lebte ein Mann, der als ein entschiedener Gegner starker Getränke bekannt ist. Alkoholische Getränke will er nicht anrühren, kosten, noch sonst irgend etwas mit ihnen zu tun haben. Einer seiner Dienstboten ginge nun zu dem Kaufmann und verlangte im Namen seinem Herrn vier Liter Schnaps. Aber der Kaufmann würde einen solchen Auftrag nicht ausführen, ohne erst ganz genaue Erkundigungen angestellt zu haben. Die verlangte Sache steht in völligem Widerspruche mit dem Charakter des Mannes, in dessen Namen sie verlangt wurde.

So ist es zweifellos mit vielen unserer Gebete. Die Anliegen werden nicht gewährt, weil sie nicht von den Eigenschaften des heiligen Namens sind, den wir ihnen beifügen. Um eine Sache, die wir nur zu unserem eigenen Vergnügen haben wollen, können wir nicht in Christi Namen beten.

Die revidierte (englische) Übersetzung von Joh. 16,23 (wie die Fußnote in der Elberf. Bibel) gibt noch einen anderen Gesichtspunkt. Wir sehen auf Christus als die einzige Grundlage für unser Bitten; der Vater sieht auf Ihn als den einzigen Grund zum Geben. In ihrer Wertschätzung Christi sind Gott und

der Gläubige einig, soweit der Endliche überhaupt mit dem Unendlichen übereinstimmen kann. Wir sagen unser Amen zu allem, was Er in bezug auf Christus sagt, und Gott gibt Sein Amen zu allem, was wir zum Preise unseres Erlösers sagen.

Aus dem Engl. übers. von O. v. Br.

Antwort B

„Im Namen Jesu beten“ besteht selbstverständlich nicht darin, daß man dies in Worten ausdrückt, sondern im Wesen der Sache selbst.

Wenn ich in jemandes Namen erscheine, so ist dieses gewissermaßen geradeso, als ob es die Person selbst wäre, in deren Namen ich erscheine. Der Wert des Namens wird eingeschätzt nach der Person, die ihn trägt. Deshalb kommt es auf den Wert dieser Person an, auf ihre Stellung, welche sie einnimmt, auf daß Ansehen und das Vertrauen, welches sie genießt, und unter Umständen auch auf die Rechte, welche sie besitzt. So ist es in der Welt, und genau so ist es auch mit unserem Erscheinen vor Gott im Namen Jesu. Der Wert Seiner Person, Seine Stellung, Seine Vortrefflichkeit und Herrlichkeit, Seine Wohlgefälligkeit und Seine Rechte, die gegründet sind auf Sein herrliches Erlösungswerk - alles spricht in voller Kraft für uns, und wir können im Glauben davon Gebrauch machen, wie es in Eph. 3,12 heißt: „In welchem (d. h. in Christo Jesu) wir die Freimütigkeit haben und den Zugang in Zuversicht durch den Glauben an Ihn.“ Das erschöpft aber den begriff unseres Gegenstandes noch nicht, sondern ist nur die eine Seile davon. Die andere Seite ist die, daß der im Namen eines anderen Erscheinende nicht seine eigenen Gedanken und Wünsche vorbringt, sondern die Gedanken und Wünsche dessen, in dessen Namen er erscheint. Was er sagt, ist das, was der sagen würde, in dessen Namen er es sagt; es ist ebensogut, als ob dieser selbst da wäre und selbst es sagte. Geradeso ist es, wenn wir im Namen Jesu vor Gott erscheinen. Wir kommen dann nicht mit unseren Gedanken und Wünschen, sondern diese sind verschwunden und Seine Gedanken erfüllen uns und Sein Wille bestimmt uns. Gedanken und Wünsche sind in Seinem Lichte gesichtet und gerichtet durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes; wir sind in bewußter Abhängigkeit von Ihm und durch Sein Wort unterwiesen über Seine Gedanken und Seinen Willen, und Er Selbst ist es, welcher Herz und Sinn erfüllt und in welchem wir vor Gott sind. Darum ist auch Erhörung gewiß, wenn wir in Seinem Namen beten (s. Ps. 37,4; Matth. 18,19.20; Joh. 14,13.14; 15,7.16; 16,23). Wenn oder insoweit wir keine Erhörung finden, war unser Gebet eben nicht in Seinem Namen, sondern es war da irgend ein Mangel auf unserer Seite, denn „Gott ist treu“, was Er zusagt, hält Er gewiß!

„Im Namen Jesu beten“ heißt also erstens, daß wir uns im Glauben ganz und allein auf Seine Person stützen, und zweitens, daß wir in unserem Gebet uns ganz und allein durch Seine Gedanken und Seinen Willen leiten lassen.

Th. K.

Antwort C

Diese Frage zeigt uns den scharfen Gegensatz zwischen dem Wesen Gottes und Seines Wortes einerseits und der Welt und ihrer Sprache andererseits. Wie wenig vermag die Welt in einen Namen hineinzulegen! Es ist nichts als ein Schall - nur ein Name! Wie aber stellt die Schrift die Heiligkeit des Namens Gottes und die Herrlichkeit des Namens Christi in den Mittelpunkt! Hier gibt es nichts Höhres

Namens Gottes und die Herrlichkeit des Namens Christi in den Mittelpunkt! Hier gibt es nichts Höhres als Seinen Namen, in dem sich alle Knie beugen werden (Phil. 2,10), nichts Größeres für uns, als daß wir an Seinem Namen halten und Seinen Namen nicht verleugnen (Offenb. 2,13; 3,8).

Der Name bedeutet zunächst eine Kennzeichnung und eine Unterscheidung (1. Mose 5,2; 2,20). Deshalb sind alle Namen, die Gott gibt oder anerkennt, eine Charakteristik, die das Wesentlichste des Genannten ins Licht stellen. Von den vielen, jedem Bibelleser bekannten Beispielen sei nur auf 1. Mose 11,9; 17,5 und vor allem auf die Namen Gottes und Seinem Sohnes hingewiesen. Die wunderbaren Tiefen der Namen Gottes entsprechen dem unendlichen Reichtum Seines Wesens und bedeuten die Offenbarung Seiner unveränderten Treue (2. Mose 3,14; Ps. 23,3; 25,11; 124,8; Jer. 14,7).

Wie Sein Name ewig ist (2. Mose 3,15) und Seine Offenbarungen unverändert bleiben, so auch der Sohn Gottes, der „nicht Ja und Nein“ war, sondern es war „Ja in Ihm“. Alle Gottesverheißungen sind Ja in Ihm (2. Kor. 1,19.20). Er ist gekommen im Namen, d. h. im Wesen, in Kraft und Auftrag Seinem Vaters (Joh. 5,43), und was Er tut, tut Er in diesem Namen (Joh. 10,25). Ja, Er hat den Namen, das Wesen Seines Vaters den Menschen geoffenbart (Joh. 17,6.26). Deshalb erhebt Ihn als den Sohn Sein Name über alle anderen Namen (Hebr. 1,4; Phil. 2,9).

Wenn nun Sein Name Sein vollkommenes Wesen bedeutet, so kann seine äußerliche Anwendung von keinerlei Nutzen sein. Hier scheidet sich der Geist aus Gott und der Geist der Welt (vergl. Matth. 24,5). Der Name Jesu kann in Wahrheit nur durch das Halten des Glaubens und des Wortes bewahrt werden (Offenb. 2,13; 3,8). Von hier aus fällt Licht auf die füreinander (d. h. wechselweise) eintretenden Verheißungen der Erhörung alles dessen, was wir im Namen Jesu und was wir im Glauben beten! (Matth. 21,22; Mark. 11,24; Joh. 14,13; 15,16; 16,23). Weil Sein Name Sein Wesen, ja Ihn Selbst bedeutet, kann Er nur im Glauben ergriffen und umfaßt werden (1. Joh. 3,23;. 5,13; Joh. 3,18). Der Name Jesu hat in der Kraft Seines Wesens, Seiner Person selbst Seine Gewalt.Deshalb beten wir nur dann mit Seiner Vollmacht, auch das heißt in Seinem Namen (vergl. Esther 2,22; 3,12), wenn wir im Leben und im Gebet mit Ihm Selbst, mit Seinem Wesen und Willen, mit Seiner Person so eins sind, daß wir in nichts im eigenen Namen kommen (Joh.5,43).

E. A.

Anmerkung des Herausgebers

Nur noch ein kleiner Hinweis: Wenn wir im Namen Jesu beten, so treten wir gewissermaßen an Jesu Stelle, und also wird alles, was wirklich im Vollsinne in Seinem Namen erbeten ist, geschehen. Man vergl. dazu Joh. 11,42a! Wie, wenn nun die Erhörung solcher im Sinne obiger Antworten wirklich im Namen Jesu geschehenen Gebete auf sich warten läßt, wenn die Erfüllung nicht gleich eintritt? Sollen wir dann mutlos werden und denken, es sei doch wohl kein rechtes Gebet in Jesu Namen gewesen? Gewiß nicht. Das zeigt uns ein Gebet des Herrn Jesus selbst, dessen Erfüllung wir auch noch nicht sehen: jenes am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Luk. 23,34.) Ist dieser Bitte Erfüllung schon in die Erscheinung getreten? Nein. Aber sie wird es gewiß an einem späteren Tage, wenn der HErr Sich Seines alten Bundesvolkes wieder annehmen wird, wie die Schrift uns zeigt an vielen Stellen, so z. B. Röm. 11,26.27 und Jes. 11,11-13. - So dürfen auch wir der Erhörung unserer Bitten in Seinem Namen gewiß sein! Man lese noch im Zusammenhang Joh.

16,23-28!

Frage 7

Sind nach der Schrift nur gläubig Getaufte berechtigt, teilzunehmen am biblischen Abendmahl (vergl. Apgesch. 2,42; 20,7; 1. Kor. 11,23ff.), oder ist dasselbe für jedes Kind Gottes?

Antwort A

Die Frage ist von großer Bedeutung, weil bei Bejahung des ersten Teils derselben einem großen Teil der Kinder Gottes das Recht abgesprochen werden würde, am Mahl des HErrn teilzunehmen. Nach meiner Überzeugung ist es gewiß unsers Gottes Wille, daß auf den Glauben das nächste die Taufe sein sollte, aber nicht alle Kinder Gottes erkennen dieses, sondern manche bleiben im unklaren über die Frage der Taufe und manche halten entschieden an der Kindertaufe fest. Hier soll jedoch nicht die Tauffrage aufgerollt werden, sondern hier kommt es darauf an, ob Gottes Wort denjenigen Kindern Gottes, die „gläubig“ - besser „biblisch“ - getauft sind, das Recht gibt, den nicht biblisch getauften Kindern Gottes das Recht abzusprechen, am Mahl des HErrn teilzunehmen. Nun finde ich zwar für meine Person im Worte Gottes, daß die göttliche Reihenfolge ist: Glaube, Taufe und dann der Genuß der Vorrechte (s. Apgesch. 2, 41.42), und daß ich verAntwortlich bin, mich hiernach zu richten, ich finde aber nicht, daß ich das Recht hätte, von einem anderen Kinde Gottes dasselbe zu fordern. Ich darf und soll meinen Bruder und meine Schwester belehren und zum Gehorsam gegen Gottes Wort ermuntern und ermahnen, damit hört aber mein Recht und meine VerAntwortlichkeit in bezug auf diese Sache den anderen gegenüber auf; dann bleibt nur noch eins übrig: in Liebe zu tragen. Damit soll aber nicht etwa gesagt sein, daß ich mit jedem Menschen oder auch mit jedem Kinde Gottes Gemeinschaft haben und das Mahl des HErrn zusammen feinem kannte - o nein! Es gibt ganz bestimmte Voraussetzungen, unter denen allein ich das tun kann. Die erste ist der Glaube, ohne den ja kein Leben da ist. Darüber ist doch gewiß kein Zweifel, daß nur Gläubige, also Kinder Gottes, das Recht haben, das Brot zu essen und den Kelch zu trinken zu Seinem Gedächtnis! Das liegt ja ganz im Wesen der Sache. Die andere Voraussetzung ist die, daß bei dem Kinde Gottes nichts vorliegt, was dasselbe nach Gottes Wort von den Vorrechten ausschließt. Ich denke hierbei an 1. Kor. 5 und andere Schriftstellen, die uns hierüber klare Weisung geben. - Dies sind Voraussetzungen, auf die wir genau zu achten haben; wir haben nicht nur das Recht hierzu auf Grund des Wortes, sondern sind eben darum auch verAntwortlich dafür! Wie könnte ich das Mahl des HErrn zusammen mit einem Menschen feiern, der nicht durch den Glauben mit Dem verbanden ist, zu dessen Gedächtnis das Mahl ist, oder mit einem Kinde Gottes, in bezug auf welches Gottes Wort mir gebietet, keinen Umgang mit ihm zu haben, weil Böses da ist? Wie kannte ich das, wenn ich auch nur ein wenig verstehe, was das Mahl des HErrn bedeutet? Trifft diesem aber auch auf einen Gläubigen zu, der nicht biblisch getauft ist? Sagt Gottes Wort, daß ein solcher nicht ein Kind Gottes sei oder daß ich mit einem solchen keinen Umgang haben solle? Nein! So etwas sagt Gottes Wort nirgends, weder ausdrücklich noch dem Sinne nach; dem HErrn sei Dank dafür! Wenn ein nicht biblisch getaufter Gläubiger aber doch ein Kind Gottes ist und ich mit ihm Umgang haben kann - und ich bin überzeugt, daß so mancher nicht biblisch Getaufte weit mehr würdig ist für Umgang als mancher biblisch Getaufte! - so frage ich, mit welchem biblischen Recht könnte ihm die Berechtigung zur Teilnahme am Mahl des HErrn versagt werden? Ich selbst bin biblisch getauft und freue mich, wenn Kinder Gottes zu einer dem klaren Worte Gottes entsprechenden Erkenntnis kommen und derselben im

Gehorsam folgen, aber fern sei es von mir, nicht biblisch getaufte Geschwister etwa geringer achten oder ihnen ein Vorrecht bestreiten zu wollen, welches ich für mich selbst in Anspruch nehme.

Jedes Gebot unsers HErrn, Sein Wille in jeder Sache sei uns heilig und wichtig, aber laßt uns ebenso eifrig darauf achten, nicht in irgendeiner Sache weiter gehen zu wollen als Er selbst, da wir sonst das größte aller Gebote - das der Liebe - außer acht lassen und verletzen!

Also nach meiner aus dem Worte Gottes gewonnenen Überzeugung sind nicht nur „gläubig Getaufte“ berechtigt, teilzunehmen am biblischen Abendmahl, sondern dasselbe ist für jedes Kind Gottes, welches nicht wegen Sünde ausdrücklich durch Gottes Wort vom Genusse der Vorrechte der Kinder Gottes ausgeschlossen ist.

Th. K.

Antwort B

In dieser Frage gehen die Meinungen treuer Kinder Gottes auseinander. Mit Trauer sehen wir, daß dieselbe zu einem Schlagbaum zwischen Kindern Gottes geworden ist. Diese Frage zeigt uns recht, wie dunkel es seit den Aposteltagen geworden ist. Großer Gnade bedarf es, um zum Worte Gottes zurückzukehren - zu lernen und zu verlernen. Lernen ist schwer, aber verlernen schwerer!

Durch die Einführung der Kindertaufe seit Jahrhunderten und der Haushalttaufe in neuerer Zeit finden wir Kinder Gottes, die aufrichtig überzeugt sind, daß Kinder überhaupt oder daß die Kinder der Gläubigen getauft sein sollen, und daß die übliche Taufhandlung der Besprengung die biblische Taufe ist. Wir finden Gläubige, die den HErrn lieben, die von Herzen suchen, Ihm wohlzugefallen, so völlig hiervon überzeugt, daß ihnen auch nicht einmal der Gedanke an die Möglichkeit eines Irrens auf ihrer Seite oder auf seiten der von ihnen geliebten Lehrer kommt.

Wenn in den Tagen der Apostel jemand gläubig wurde, war die Frage der Taufe keine Schwierigkeit, denn eine Taufhandlung war an solchen noch nicht vorgenommen, die eine Rückprüfung, ob darin der Wille des HErrn ausgeführt sei, nötig machte. Wenn heute jemand gläubig wird, muß er, ehe er biblisch getauft werden kann, erst aus dem Worte gelernt haben, daß die an ihm schon geschehene Handlung nicht die Verordnung des HErrn ist. Diese Frage kann niemand für den anderen beAntworten. Der eine kann nicht in dem Lichte des anderen getauft werden. Es liegt auch nicht in der Entscheidung der Gemeinde. Die Taufe ist persönlich, sie ist mit dem Glauben und dem Evangelistendienst verbunden (Mark. 16,15.16).

In den Tagen der Apostel war eben solche Frage nicht nötig (und dies kennzeichnet das „Damals“- gegen das „Heute“). Der HErr hat Glauben und Taufe (nicht Taufe und Abendmahl) zusammengebunden. „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden“ (Mark. 16,16). Was Gott zusammengefügt, soll der Mensch nicht scheiden! Die Apostel handelten demgemäß (Apgesch. 2,41; 8,36; 16,14.15.33; 18,8). Das erste, was nach dem Gläubiggewordensein geschah, war die Taufe. Die Schrift gibt ihr den Platz am Anfang des Christenlebens. Die Gläubigen wurden, nachdem sie gläubig geworden, sofort getauft (kein Gemeindebeschluß oder dergl. fand darüber statt!), und „sie verharrten ... im Brechen des Brotes“. Hieraus haben Brüder gefolgert, daß diese Reihenfolge ohne Rücksicht auf die Verwirrung innegehalten werden müsse und es zum Lehrgrundsatz gemacht, daß nur solche, die getauft worden seien, nachdem sie gläubig wurden, am Mahl des HErrn teilnehmen

dürften.

Während das, was die Schrift feststellt, voll und ganz behauptet werden muß, dürfen wir doch nicht über die Schrift hinausgehen und die Feier des Mahles des Herrn vom Gläubiggetauftsein abhängig machen - ein Abhängigkeitsverhältnis schaffen, ein Dogma aufstellen, das die Schrift nicht kennt. In den ersten Tagen der Apostel, wo die Frage einer vorausgegangenen Taufhandlung nicht zu erledigen war, mögen wir die Reihenfolge feststellen können, daraus aber einen Lehrgrundsatz zu machen, daß es so sein muß, ist eine ganz andere Sache. Nirgends in der Schrift, soweit ich die Schrift verstehe, finden wir solches als Lehre. Taufe und Abendmahl, obgleich der Grundton in beiden der Tod Christi ist, berühren nicht gleiche, sondern verschiedene Linien. Taufe ist einmalig, sich nie wiederholend, Abendmahl oftmals, sich immer wiederholend. Taufe ist mit dem Glauben verbunden. Das Mahl des HErrn wird uns in der Schrift in Verbindung mit dem Leibe Christi gezeigt: Ein Brot, ein Leib sind wir (1.Kor. 10,17). Der Leib Christi wird nicht durch die Wassertaufe gebildet, sondern in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden (1. Kor. 12,12). In der Taufe kommt unser Gestorben- und Begrabensein mit Christo zum Ausdruck, aber im Mahl des HErrn die Einheit der Glieder. Nicht Erkenntniseinheit, sondern Lebenseinheit - nicht ein Einsmachen, sondern ein Einssein, und zwar auf dem Grunde der von Gott gemachten Einheit.

Niemand wird leugnen, daß Gläubige, denen es durch die Verwirrung an Licht fehlt über die Taufe, doch Glieder am Leibe Christi sind. Der HErr hat sie aufgenommen, können wir sie nicht aufnehmen? (Röm. 15,7.) Können wir unseren Brüdern Licht geben? Wir können die Wahrheit festhalten (und möchte es stets in der Liebe geschehen!), aber das Licht, das Verständnis können wir nicht geben. Selbst Paulus konnte Timotheus nur belehren und ermahnen, zu bedenken, was er sage, aber er mußte es dem HErrn überlassen, das Verständnis zu geben (2 Tim. 2,7). Wenn der HErr bei der Feier Seines Mahles plötzlich sichtbar in unserer Mitte würde und sähe unsere Brüder zurückgesetzt, würde Er nicht fragen: Sind sie nicht Glieder Meines Leibes? Wandeln sie in der Sünde? Wollen wir da sagen: Sie haben noch kein Verständnis für die Taufe, oder sie gehören nicht zu uns? Würde der HErr nicht Brot und Kelch nehmen und sagen. Trinket alle daraus!? Die Er selbst mit Sich durch Seinen Geist verband, wird Er sie zurücksetzen?

Die Schrift zeigt deutlich, daß Ungläubige, Irrlehrer und in Sünde lebende Brüder nicht zum Mahl des HErrn geladen sind, aber wir haben, soweit ich sehe, kein Wort der Schrift, welches jenem obigen Lehrdogma zugrunde gelegt werden kann. Ein Kind Gottes, das die Beweise des Lebens aus Gott und mit Gott trägt, zurückzuhalten, das zu tun, von dem der HErr sagt: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis“, ist eine sehr ernste Sache. Wir sind leicht bei der Hand, Brüder, die nicht gleiche Erkenntnis mit uns haben, als Ungehorsame und Eigenwillige zu verurteilen, die nicht sehen wollen. Möchte der HErr die Lippen der Seinigen bewahren vor dem Beurteilen der Gedanken und Gesinnungen des Herzens. Es ist nichts anderes als ein sich-Setzen-an-Gottes-Stelle, ein Fallen in das Netz Satans: „Ihr werdet sein wie Gott“ (1.Mose 3,5). Gott hat Sich allein vorbehalten, Beurteiler der Gedanken zu sein (Hebr. 4,12; 1. Kor. 4,5). Der Antichrist wird diesen Platz einst einnehmen (2. Thess. 2,4), aber der Geist des Antichristen ist heute schon wirksam. - Es mag sein, daß es Ungehorsam und Eigenwille, nicht etwa nur Mangel an Licht ist, der HErr wird es dann an der Frucht offenbar machen, aber bis dahin geziemt es uns, mit solchem Urteil und dem Zurückweisen zu warten!

Noch einmal, die Schrift gibt uns, soweit ich verstehe als selbst noch in der Schule, keinen Anhalt, Gläubiggetauftsein und Abendmahl zusammenzubinden und zu einem Lehrgrundsatz zu machen.

Wenn dies die entscheidende Frage wäre, würden wir nicht etwas von einer solchen Lehre in der Schrift finden? Als Barnabas Saulus einführt, wird nicht seine Taufe erwähnt, sondern seine Begegnung mit dem HErrn und sein Bekenntnis (Apgesch. 9,26-28). Laßt uns die ganze Wahrheit lehren, aber kein Gewissen zwingen oder belasten, an diesem Tage der Verwirrung etwas zu tun, wofür es noch nicht Licht oder Glauben hat (Röm. 14,23), um damit die Gemeinschaft am Mahl des HErrn zu erkaufen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist eine ernste, verAntwortungsvolle Sache, die vorliegende Frage entgegen der Erkenntnis vieler teurer Geschwister beAntworten zu müssen, zumal dann, wenn man mit solchen Geschwistern darin ganz einig ist, daß die Schrift die einzige Richtschnur für unser gesamtes Leben in Lehre und Praxis ist. Aber auch uns scheint aus der Schrift nicht jener Grundsatz, daß nur Gläubiggetaufte Zutritt zum Mahl des HErrn haben, hervorzugehen, obwohl auch wir nach unserer Erkenntnis die Gläubigentaufe als die biblische Taufe auch für die Jetztzeit ansehen. Doch ist bei allen Fragen der Schrift, die uns als Kinder Gottes angehen, zu bedenken, daß der einzelne sich nicht zum Gewissen eines anderen machen darf, vorzüglich nicht in einer Zeit so grenzenloser Verwirrung wie heute. Auf unsere Frage bezogen, würden nun manche sagen, daß wir dann eine Weitherzigkeit zeigten, die die Schrift nicht anerkenne. Keineswegs! Denn wo in der Schrift haben wir über diese Frage ein klares Wort? Wir haben eine Unmasse von Worten, die uns sagen, wer ein von Gott anerkanntes Kind Gottes ist (vergl. z. B. Joh. 1,12.13 und Röm. 8,9.14-16), aber wir haben, soweit ich erkennen kann, kein Wort, das den Grundsatz vertritt: Erst die Gläubigentaufe und dann Teilnahme am Mahl des HErrn! Jener Grundsatz beruht auf der Geschichte der ersten Kirche. Damals konnte eine Frage herüber gar nicht sein! Aber Grundsätze, die aus der Geschichte der Gemeinde gewonnen werden, sind noch nicht den klaren Schriftworten gleichzusetzen. Und so sehr jene zu beachten und zu erstreben sein mögen - diese (die Schriftworte) sind das Bleibende, Unvergängliche. Und wir haben doch wohl kein Recht, nur die als zum Leibe Christi gehörig zu betrachten, die gläubig getauft sind. Soviele, die jenen geschichtlich göttlich-beglaubigten Grundsatz vertreten, erkennen solche, die wirklich gläubig sind an den Namen des Sohnes Gottes, obwohl aus mangelnder Erkenntnis noch nicht gläubig getauft, als wiedergeboren, als Kinder Gottes an, sie geben ihnen den Brudernamen, sie rufen mit ihnen den Vater an im Namen Jesu, sie erkennen sie als Glieder am Leibe Christi an nach 1.Kor. 12,12, sie verleugnen z. B. in der Teilnahme am Evangelium nicht die Gemeinschaft mit ihnen - nur beim Mahle des HErrn glauben sie, ihnen die Gemeinschaft verweigern zu sollen, d. h. sie können auf alle mögliche Weise mit ungetauften Gläubigen Gemeinschaft machen, aber mit ihnen gemeinsam „den Tod des HErrn verkünden“ (1.Kor. 11,26), das erlaubt ihnen jener geschichtliche Grundsatz nicht!Wir richten sie nicht, wie könnten wir das tun? Aber wir trauern darüber, daß jener Grundsatz es Tausenden von wahren Gläubigen unmöglich macht, der Einheit des ungebrochenen Leibes Ausdruck zu geben.Wenn der Leib Christi aus allen denen besteht, die in Wahrheit Sein eigen sind, so ist unserer Erkenntnis nach nur dann das Brotbrechen nach der Schrift, wenn die Teilnehmer daran dem Grundsatz Ausdruck geben, daß „die Vielen des einen Brotes teilhaftig sind“; wenn nun aber „die Vielen“ nur Gläubiggetaufte sind, wozu gehören dann die, die z. B. die Erkenntnis von der Richtigkeit der Gläubigentaufe bisher nicht einmal haben konnten? Wenn aber solche Bekehrten, die ihrem besten Wissen und Gewissen nach sich noch nicht gläubig taufen ließen, zu „den Vielen“, zu

dem „Leibe des Christus“ gehören, wer darf ihnen dann die Teilnahme an der Verkündigung des Todes des HErrn verweigern? - „Nehmet einander auf, gleichwie auch der Christus euch aufgenommen hat zu Gottes Herrlichkeit!“ (Röm. 15,7.) Möchten wir dieses als Grundsatz der Schrift anerkennen und uns einander tragen lernen!

Frage 8

Durch einen Theosophen bin ich auf Joh. 9,1-3 aufmerksam gemacht; kann man denn vor seiner Geburt sündigen? und warum wiederholt Jesus in V. 3 die Redeweise von V. 2?

Antwort A

Soviel ich weiß, gibt es in der Schrift keine Stelle, die meinen lassen könnte, es sei möglich, vor seiner Geburt zu sündigen, und die angeführte Stelle scheint mir auch nicht diesen Sinn zu haben, vielmehr eine verneinende Antwort zu sein.

Als die Jünger den HErrn fragten, waren sie noch durch den Gedanken beeinflußt, welchen die Pharisäer in V. 34 ausdrücken, wonach man annehmen darf, daß dieser Gedanke ziemlich verbreitet war: daß die Blindheit dieses Menschen (V. 1) die Folge einer von ihm oder seinen Eltern begangenen Sünde gewesen sei. Der HErr aber braucht in Seiner Antwort Die Redeweise Seiner Jünger eben, um ihr mehr Wichtigkeit zu geben. Nein, das Wort Gottes läßt nie denken, man könne vor seiner Geburt sündigen, und wäre es der Fall, so würden die Theosophen die Gelegenheit nicht vergehen lassen, andere Schriftstellen anzuführen.

Es ist klar, daß die, welche denken, der Mensch wäre in Eden nicht gefallen, einen Ausweg suchen, um die VerAntwortlichkeit der Sünde wegzuschaffen und „Ungerechtigkeit in Gott“ zu finden (Röm. 9,14).

R. W. D.

Antwort B

Wenn dieser Theosoph die Aufmerksamkeit auf diese Verse richtete, um dadurch, wie es scheint, ein Sündigen vor der Geburt zu begründen, dann verstehe ich nicht, wie er dies aufrecht zu halten wagt im Blick auf die verneinende Antwort Des HErrn! Es scheint, daß er in dem HErrn nicht „Gott geoffenbart im Fleische“ sieht und darum Seinen Worten so wenig Wert beilegt, sondern vielmehr die neugierige Frage der Jünger für seine unbiblische Anschauung ausbeutet. Daß die erste Frage zu verneinen ist, wird kaum nötig sein zu sagen. Die Sünde war freilich die Ursache, daß er blind war, insoweit Sünde als solche in Frage kommt. Blindheit würde es sicher nicht geben, wenn nicht Sünde in die Welt gekommen wäre. Doch hier Antwortet der HErr, wie es scheint, auf das, was die Jünger darunter verstanden. Sie dachten vielleicht an Schriftstellen wie 2. Mose 15,26; 34,7; 5. Mose 28,28, wo Krankheiten als Strafe von Gott angesehen wurden, hingegen Wohlergehen als eine Bevorzugung von Gott. Haben sie aber die Sünde vor der Geburt gemeint, so hat der HErr diese Frage für alle Zeiten beAntwortet, erledigt und für immer beseitigt. Dadurch waren die Jünger nicht nur in Gefahr, den armen Blinden zu verurteilen, etwas zu tun, woran der HErr weder Teil noch Gemeinschaft gehabt hätte, da Er in Seiner Gnade sich anschickte, das Gegenteil zu tun, sondern auch sich zu

erheben, wozu sie weder Recht noch Grund hatten.

Wenn der HErr die Redeweise von V. 2 wiederholt, tut Er es nur, um zu zeigen, daß es sich hier nicht einerseits um die Gerechtigkeit des Waltens Gottes handelt noch um die Schuld des Menschen, sondern „auf daß die Werke Gottes an ihm geoffenbart würden.“ Gott war in Christo gegenwärtig in Gnade. Krankheiten waren mithin nur willkommene Gelegenheiten für Gott, Sich in Gnade zu verherrlichen. Welche wunderbaren Gedanken der Gnade hat Gott in bezug auf uns, und wie wenig gehen wir auf Seine Gedanken ein, leider aber zu viel auf die unserigen! Der HErr gebe uns in diesen dürren Zeiten Gnade, daß unsere Augen mehr und mehr für die Herrlichkeit und alles überwältigende Gnade unseres HErrn geöffnet werden!

K. O. St.

Antwort C

Die Frage berührt einen viel tieferen Gegenstand und ist viel wichtiger, als es zunächst scheint.

Wie wäre es möglich, daß der Mensch vor seiner Geburt sündigen könnte? Wenn sein Dasein erst mit seiner Zeugung seinen Anfang nimmt und er bis zu seiner Geburt erst im Werden begriffen ist, erscheint jene Möglichkeit völlig ausgeschlossen. Dieselbe setzt folglich unbedingt ein Vor-Dasein voraus, d. h. also, daß der Mensch bereits vor seiner Zeugung in einem geistigen Zustande besteht. Das ist es denn auch, was jene behaupten, welche sagen, daß der Mensch vor seiner Geburt sündigen könne. Diese Behauptung bildet also den eigentlichen Kern der Frage. Entscheidend hierüber kann für uns allein das Wort Gottes sein, die einzige Quelle der Wahrheit. Dasselbe kennt aber etwas derartiges durchaus nicht, sondern spricht im Gegenteil vom Menschen in einer Weise, die ein Vor-Dasein desselben in irgendwelcher Form gänzlich ausschließt. Nur vom Herrn Jesus spricht es anders (s. z. B. Joh. 1,1-3 verb. mit V. 14; 1. Joh. 4,2.3a). Jene irren also, indem sie sich nicht in den Grenzen und Linien des Wortes Gottes bewegen, sondern ihren eigenen Gedanken folgen. Darum ist es auch gar nicht zu verwundern, wenn solche Menschen andererseits den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, welcher Gott ist, über alles gepriesen in Ewigkeit (Röm. 9,5), nicht als solchen anerkennen, sondern Ihn nur als einen Menschen betrachten, wie ihre Einbildung Ihn sich schafft. - Wie schrecklich irrt doch der Mensch, wenn er nicht glaubend sich durch Gottes Wort und Geist unterweisen läßt, sondern das Wort Gottes nur zu dem Zwecke benützt, seine eigenen, irrenden Gedanken zu begründen. So ist es im vorliegenden Falle. Liegt in der Frage der Jünger in V. 2 überhaupt der Gedanke, daß jener Mensch blind geboren sein könne infolge von Sünde, die er vor seiner Geburt getan habe? Nein. Das zeigt die Antwort Des Herrn Jesu in V, 3. Wenn die Jünger bei ihrer Frage jenen irrigen Gedanken gehabt hätten, hätte der HErr in keiner Antwort nicht ihre eigene, solchen irrigen Gedanken ausdrückende Redeweise einfach benützen können, wie Er es getan hat, da Er sie damit doch nicht nur in ihrem Irrtum belassen, sondern sie sogar darin bestärkt hätte. Solches hätte dem Wesen und der Gewohnheit des HErrn völlig widersprochen. Die Jünger brauchten aber auch gar nicht einen solchen verkehrten Gedanken zu haben: Sie hatten den Blindgeborenen vor sich, er war alt genug, um in mancherlei Weise gesündigt zu haben, und hatte selbstverständlich gesündigt, und Gott kannte auch das Leben und alle Sünden dieses Menschen, ehe er war, ebenso genau wie nachher; daher konnte sein Blindgeborensein ihm in den weisen Wegen Gottes sehr wohl wegen Sünde auferlegt sein, die er in seinem Leben begangen hatte, während es aber auch die Folge von Sünde der Eltern sein konnte. Das ist es, was die Jünger mit ihrer Frage V. 2 meinten und

was der HErr in Seiner Antwort Gerade durch die Wiederholung der Redeweise in V. 2 durchaus als eine Möglichkeit anerkennt, wiewohl er für den vorliegenden Fall eine Schuld des Blindgeborenen sowohl als auch seiner Eltern verneint und zeigt, daß Gott einen anderen Zweck im Auge hatte. -

Das Wort Gottes verneint also die Frage, ob ein Mensch vor seiner Geburt sündigen könne, ganz entschieden. Wohl sagt es uns, daß der Mensch „in Ungerechtigkeit geboren“ und „in Sünde empfangen“ (Ps. 51,5), also von allem Anbeginn an sündig ist, aber das ist eine ganz andere Sache. Dafür trifft keinen Menschen eine Schuld, und dafür wird er infolgedessen auch von Gott nicht verAntwortlich gemacht. Gott ist ein gerechter Richter, und Er legt niemandem etwas zur Last, wofür er gar nicht Schuld trägt. Deshalb gab Er Seinen Sohn nicht nur dahin, um unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze zu tragen (1. Petr. 2,24), sondern auch, um die Sünde der Welt wegzunehmen (Joh. 1,29). Die Sünde - die Quelle der Sünden - ist daher für jeden Menschen in Christo am Kreuze gerichtet; kein Mensch, auch der Ungläubige nicht, wird wegen der „Sünde“ gerichtet und gestraft werden, sondern die, welche nicht errettet sind durch den persönlichen Glauben an Jesus Christus, werden gerichtet werden nach ihren Werken (Offenb. 20,11-15); für diese ist der Mensch verAntwortlich. - Der HErr bewahre uns, auch nicht um Haaresbreite von Seinem Worte abzuweichen!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Obwohl auch in A und B wichtige Fingerzeige liegen, so scheint uns doch erst Antwort C, die sich mit unserer Auffassung völlig deckt, den Kern der Stelle zu treffen. Gott sieht die Menschheit und die Menschheitsgeschichte gewissermaßen nicht so, wie wenn wir etwa von einem Berge aus weit in die Ferne sehen, und je weiter, desto undeutlicher. Er sieht sie also nicht vorgeschichtlich, sondern von oben (übergeschichtlich) - etwa wie Johannes in der Offenbarung die Gerichte Gottes. - Gott überschaut der Menschen ganzes Tun, das der geborenen wie der ungeborenen; Er sieht, ob sie nach ihrem eigenen Willen sich betätigen oder ob sie gläubig werden usw., und handelt demgemäß! Und so wäre es denkbar gewesen, daß Er hier diesem Manne die Blindheit gegeben haben könnte etwa als Strafe oder Erziehungsmittel für etwas, was er in Gottes Augen schon getan hatte, obwohl es von vor seiner Geburt aus gesehen noch in der Zukunft lag. Die Frage der Jünger war also nicht gar so töricht. Aber ebensowohl ist zu beachten, daß die Schuldfrage in diesem Falle gar nicht in Betracht kommt. Vielmehr sollen die „Werke Gottes“ an diesem Manne offenbar werden (V. 3). Und unter diesem Gesichtspunkt wird manches Leiden auch in der Jetztzeit aufzufassen sein!

Frage 9

Was meint der HErr in Luk. 10,20: „Freuet euch, daß eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind“? Meint er „in das Buch des Lebens“ (Offenb. 3,5), obwohl dort von „auslöschen“ geredet ist?

Antwort A

Jene Siebenzig waren erfreut zurückgekehrt von ihrer Sendung und hatten ihrem Meister von ihren Erfolgen berichtet. Sie waren in die Nachfolge Jesu getreten und ruhten somit in der Hand ihres Meisters und waren dadurch auch Gegenstände der Vaterliebe Gottes. „Ich und der Vater sind eins“ sagt der Herr Jesus (Joh. 10,30), und was Ihm von Seinem Vater gegeben war, gehörte auch mit zu

dem Besitzstand des Himmels und war somit dort angeschrieben. Daß dieses Angeschriebenwerden nur in Büchern geschah, geht aus verschiedenen Schriftstellen hervor. Schon 2. Mose 32,32 redet Mose von einem Buch; er sagt dort: „Lösche mich doch aus Deinem Buche, das Du geschrieben hast.“ Auch der Apostel Paulus gebraucht eine ähnliche Redewendung im Blick auf seine Mitarbeiter, er sagt Phil. 4,3: „Ja, ich bitte auch dich, mein treuer Mitknecht, stehe ihnen bei, ... deren Namen im Buche des Lebens sind.“ Wenn nun in Offenb. 3,5 dem Überwinder die Zusage gegeben wird, daß sein Name nicht ausgelöscht werden soll aus dem Buche des Lebens und daß sein Name bekannt werden soll, so liegt dieses Bekennen auf der gleichen Linie mit der Verheißung, welche der Herr Jesus Matth. 10,32 gibt: „Ein jeder nun, der Mich vor den Menschen bekennen wird, den werde Ich bekennen vor Meinem Vater, der in den Himmeln ist.“ Sicher liegt dem Herrn Jesus daran, daß die Seinen an solchen Zusagen festhalten. Bei den Siebenzig soll es die Freude darüber sein, daß sie ihren Platz erkennen und den Geber über die Gaben stellen, und daß sie sich bewußt werden, daß all ihr Wirken hienieden nur ein vorübergehendes, zeitliches ist, aber daß dies Angeschriebensein ihrer Namen in den Himmeln etwas Unauslöschliches sei. Wenn wir nun noch einen Blick auf das Wort des HErrn Matth. 24,35 werfen, so ergibt sich hieraus, daß dieses Angeschriebensein doch so sein muß, daß es unvergänglich ist, also irgendwie urkundlich festgelegt ist.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch auf die Stellen Offenb. 13,8; 17,8; 20,12 usw. verweisen. Alle diese und andere Stellen bezeugen uns, daß im Himmel Bücher geführt werden, welche die Namen der einzelnen festhalten; somit dürfen wir annehmen, daß das Wort Jesu in Luk. 10,20 auch darauf hinweist.

Ph. W.

Antwort B

Wir können auf Grund der Schrift wohl annehmen, daß ein Unterschied besteht zwischen „Namen in dem Himmel angeschrieben“ und dem „Buch des Lebens“.

Beim ersteren scheint es sich um die himmlische Bestimmung, die damit verbundene Stellung mit ihren Segnungen und ihrer Herrlichkeit, zu handeln, im Gegensatz zur irdischen Berufung, Hoffnung und Segnung, z. B. wie bei Israel. Dies ist auch ersichtlich aus Hebr. 12,23, wo von „der Versammlung der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind“, gesprochen wird. Sie unterscheiden sich von den alttestamentlichen Heiligen, von denen als „Geistern der vollendeten Gerechten“ Erwähnung getan wird. Wenn wir Luk. 10 sowohl wie Hebr. 12 betrachten, so finden wir, daß deren Namen „in den Himmeln angeschrieben“ sind, die an den HErrn glauben, obwohl die Welt und das Volk Israel Ihn verwarf. Sie haben durch ihren Glauben an den Herrn Jesum die Welt überwunden und tragen Seine Schmach, indem sie wissen, daß ihre Namen dort angeschrieben sind, wo Christus, ihr HErr, ist. Ihr Teil, ihre Hoffnung ist himmlisch (vergl. 1. Joh. 5,4.5; Hebr. 13,13.14;. Röm. 8,17; Ev. Joh. 17,24 usw.). Andere verhält sich's mit „dem Buch des Lebens“. Nicht alle Heiligen können in den Himmeln angeschrieben sein, da nicht alle zur himmlischen Familie gehören. Von allen Gläubigen dieses Zeitalters kann gesagt werden, daß ihre Namen in den Himmeln angeschrieben sind. Aber alle Gläubigen zu allen Zeiten werden im Buche des Lebens gefunden werden, da mit diesem „Leben aus Gott“ verbunden ist, etwas was wir alle gemein haben mit allen Heiligen, ohne Unterschied von Zeitaltern oder Segenskreisen.

Weil man mit Recht aus den Worten des HErrn in Offenb. 3,5 entnehmen kann, daß ein Auslöschen aus dem Buche des Lebens möglich ist, möchte ich mir erlauben, den lieben Lesern einige Punkte zur gefälligen Prüfung an der Hand des Wortes Gottes vorzulegen.

Wie jeder achtsame Leser der Schrift sehen kann, begegnet der HErr der Gemeinde in Sardes auf dem Boden ihres Bekenntnisses und der damit verbundenen VerAntwortlichkeit. Sie hatte den Namen, daß sie lebe, der HErr aber sagt ihr, daß sie tot sei. Ein Bekenntnis der Welt gegenüber ohne Wirklichkeit vor Gott! In V. 4 sagt ihr der HErr: „Aber du hast einige wenige Namen, die ihre Kleider nicht besudelt haben.“ Wir finden hier einen Überrest von Getreuen. Dann die Ermahnung in V. 5 zum Überwinden und, daß der Name des Überwinders nicht ausgelöscht werde aus dem Buche des Lebens. Letzteres hat zu tun mit dem Bekenntnis der Gemeinde, da sie sagt, sie lebe. Es ist das Buch des Bekenntnisses in der Hand der Menschen. Vergleicht man V. 1b mit dieser Stelle, so deckt sich dies, und die Schwierigkeiten werden beseitigt. Niemand wird behaupten, daß alle, die da vorgeben, Leben zu haben, solches wirklich besitzen (vergl. Matth. 25,1-13). Spricht aber die Schrift vom Buche des Lebens, welches Gott hat, dann hören wir nie etwas vom Auslöschen, sondern das Gegenteil: es ist die Ursache ihrer Bewahrung und Vorrechte. Siehe sorgfältig Phil. 4,3; Offenb. 13,8; 17,8 mit dem bemerkenswerten Zusatz: „von Grundlegung der Welt an“ (was wir natürlich in Offenb. 3,5 nicht finden) - Gott kennt das Ende von Anfang - ferner Offenb. 20,12.15; 21,27. Leben aus Gott kann nie genommen werden, jeder aber sehe zu, daß er es wirklich in Christo habe!

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben diesen letzteren ernsten Worten nur noch die Frage an die teuren Leser hinzuzufügen, ob ihr Name unauslöschlich im Buche des Lebens ist; d. h. wenn wir im Rahmen des Sendschreibens an Sardes bleiben - worunter manche treue Schriftforscher, wie wir glauben mit vielem Recht, den Protestantismus verstehen -, ist der Leser dieser Worte nur ein äußerer Bekenner des Lebens oder ein Besitzer des Lebens? Man kann in Namensverzeichnissen als bekennender Christ aufgeführt sein und von vielen Menschen anerkannt sein und ist in Gottes Augen weiter nichts als ein toter Namenchrist. - Es ist leicht zu verstehen, daß nur deren Namen nicht ausgelöscht werden aus dem Buche des Lebens, deren Inhaber dann, wenn Gott richtet, nicht allein bekennen, das Leben zu haben, sondern wirklich das Leben haben!„Und dieses Leben ist in Seinem Sohne“; darum, „wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“ (1. Joh. 5,11-12; vergl. Joh. 3,36). Möge jeder Leser in Wahrheit sagen können: „das Leben ist für mich Christus! (Phil. 1,21.)

Persönliche Worte an unsere Leser und Mitarbeiter!

Wir können nicht anders als auch diesmal wieder mit innigem Dank beginnen. Wir fühlen uns überschüttet mit Güte von dem treuen HErrn, der unsere Arbeit fortgesetzt anerkennt und andere durch dieselbe reichlichst segnet, wie eine Fülle von Zuschriften uns beweist.Auch ist die Abonnentenzahl stetig gestiegen; wir haben schon um Anfang Januar herum mehr Neubestellungen für 1914 bekommen als Abbestellungen eingetroffen sind. Diese erreichten noch nicht die Zahl 65. Wir danken unseren so überaus treuen Mitarbeitern, den alten und den neuen, von ganzem Herzen für ihre Hilfe und Beiträge und wünschen ihnen, daß sie selbst den reichsten Segen von ihrer

Liebesarbeit haben möchten.

Die „Persönlichen Worte“ von Nr. 1. behalten im wesentlichen fortdauernde Gültigkeit!

Gelegentliche Angriffe verschiedener Abstufungen in Ton und Inhalt, die gegen unser Blatt unternommen werden, möchten wir nicht hier öffentlich behandeln und zurückweisen (wie wir gebeten wurden), sondernden Urhebern derselben, soviel uns die Möglichkeit gegeben ist, mit Liebe und geistlicher Tragkraft begegnen. Da, wo es uns angebracht erscheint, Antworten wir privatim in möglichst herzlicher Weise. Wir möchten ja auch unseren Gegnern dienen!

Auf die Bücheranzeigen Seite 4 des Umschlags weisen wir noch besonders hin.

Dem HErrn und Seiner Gnade befohlen! In Liebe mit Gal. 6,2.9 herzlich grüßend

Der Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang Februar 1914.

Gruß an den Leser:

Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesum Christum, der für uns gestorben ist, auf daß wir, sei es, daß wir wachen oder schlafen, zusammen mit Ihm leben!“ 1. Thess. 5,9.10.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 10

Welcher Unterschied ist zwischen Sühnung und Versöhnung? (Vergl. z. B. 1. Joh. 2,2 und 2. Kor. 5,18.)

Antwort A

Die Sühnung muß notwendigerweise einer Versöhnung vorausgehen. Christus mußte in den Tod, Sein Blut mußte fließen für die Sünde zur Sühnung unserer Schuld (1. Joh. 2,2), damit die Schuld getilgt und ausgelöscht würde, denn ohne eine völlige Tilgung oder Sühnung einer Schuld kann nie eine vollständige Versöhnung stattfinden; so sind wir denn durch Christum Jesum versöhnt mit Gott (2. Kor. 5,18). Schon im Alten Bunde (3. Mose 16) lesen wir von der Sühnung der Schuld (V. 11, V. 16-18). Nachdem der Priester die Sühnung vollendet und das Blut geflossen war zur Reinigung für die Sünde, wurde nach V. 20 alle Übertretung und Ungerechtigkeit auf den Kopf eines Bockes gelegt und derselbe in die Wüste geschickt, damit alles hinweggetan sein möchte, was hindernd der Versöhnung mit Gott im Wege stand. Hebr. 10,1-5 lesen wir, daß unmöglich der Tiere Blut die Sünde

für immer hinwegtun konnte (V. 5): „Darum, als Er in die Well kommt, spricht Er: ,Schlachtopfer und Speisopfer hast Du nicht gewollt, einen Leib aber hast Du Mir bereitet' “ usw., und so ist durch das Blut unseres HErrn und Heilandes die Sühnung und Tilgung der Schuld geschehen, und dadurch ist das große Erlösungswerk vollzogen, und wir, die wir an Ihn glauben, haben eine vollständige Versöhnung mit Gott erlangt.

B. B.

Antwort B

Ein Mensch hat einen anderen beleidigt; der Beleidigte fordert eine Genugtuung - die Sühnung; ist diese geleistet, so findet die Versöhnung - die Wiederherstellung der Beziehungen zwischen Beleidigtem und Beleidiger - statt. So erkläre ich mir den Zusammenhang und den Unterschied zwischen Sühnung und Versöhnung. Die Sühnung für uns, für mich, wegen meiner Sünden ist das Werk Christi, der als Mittler (1. Tim. 2,5.6), als Priester (3. Mose 4,20b.26b.31b.35b; 5,6b.10b.13a.18b.26a) Sühnung für mich tat. Von Gottes Seite geschah dann die Versöhnung auf Grund der durch Christum gemachten Sühnung durch die Annahme derselben (siehe auch Röm. 5, 9-11). In den obigen Stellen in 3. Mose ist zu bemerken: „Der Priester soll Sühnung tun, und es wird ihm vergeben werden“ (Versöhnung). Also waren wir drei in Betracht: 1. Gott, dessen Gerechtigkeit und Heiligkeit Genugtuung forderte; 2. Christus, der diese Forderungen befriedigte; 3. Ich, der gar nichts tat und verdiente. Man darf also sagen: Die Versöhnung ist das Ergebnis der Sühnung. Ich möchte noch hinzufügen, daß, wie die Sühnung die Forderung der Gerechtigkeit Gottes ist („der Priester soll Sühnung für ihn tun“), so ist auch die Versöhnung die Forderung der Liebe des Christus (2. Kor. 5,14: „Die Liebe des Christus drängt uns ...“; V. 20: „Wir bitten an Christi Statt: Laßt euch versöhnen mit Gott“). Ja, die Versöhnung mit Gott ist ebenso sicher und dauerhaft, wie die durch und in Christo dargebrachte Sühnung vollkommen war.

R. W. D.

Antwort C

Sühnung und Versöhnung sind, obwohl in dem Werke Christi innig miteinander verbunden, doch zwei verschiedene Dinge. Sühnung ist die Seite des Opfers Christi, welche Gott zugekehrt ist und Bezug hat auf die ganze Welt. Versöhnung oder Stellvertretung ist die entgegengesetzte Seite und hat nur Bezug auf die Gläubigen. Nach dem Worte in 1. Joh. 2,2: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt“ ist Sühnung für die ganze Welt vollbracht worden, also nicht für eine beschränkte Zahl von Menschen, sondern für die ganze Welt. Gott ist durch den Opfertod Christi befriedigt und verherrlicht. Der ewige Wert des Blutes Christi ist vor den Augen Gottes, weshalb der heilige und gerechte Gott Seine Langmut und Güte der ganzen Welt beweisen kann. Auf Grund dieser Tatsache können wir nun ausgehen und den uns gegebenen Dienst der Versöhnung ausrichten, indem wir als Gesandte für Christum bitten an Christi Statt: „Laßt euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor. 5,20.21.) Damit kommen wir auf eine persönliche Linie, auf die Linie der Errettung oder Versöhnung des einzelnen Gläubigen. Wenn einerseits es Tatsache ist, daß die Sünde in der Welt war und gesühnt werden mußte, so ist es andererseits Tatsache, daß wir uns selbst in dem Zustande der Sünde befanden als unreine, gefallene Geschöpfe und Sünder, als Schuldige. Um diesen Zustand zu beseitigen, war ein heiliges, fleckenloses Opfer nötig, das an

unsere Stelle trat, unsere Strafe trug und für uns zur Sünde gemacht wurde, d.h. uns versöhnte. Das ist an demselben Fluchholze und in derselben Stunde geschehen, in welcher die Sühnung für die Sünde gemacht und Gott im Blick auf die Sünde völlig verherrlicht wurde.

W. W.

Antwort D

Ehe wir näher auf diesen so wichtigen und bedeutungsvollen Unterschied zwischen Sühnung und Versöhnung eingehen, ist es vielleicht dienlich, zum besseren Verständnis vorliegender Frage alle diejenigen Stellen des N. T. anzugeben, wo die beiden Worte gefunden werden. Sühnung und verwandte Worte kommen sechsmal vor wie folgt: Luk 18,13; Röm. 3,25; Hebr. 2,17; 9,5; 1. Joh. 2,2; 4,10.1 Versöhnung: Röm. 5,10.11; 11,15; 2. Kor. 5,18.19.20; Eph. 2,16; Kol. 1,20,21.

1

Das „gnädig sein“ in Luk. 18,13 und das „sühnen“ in Hebr. 2,17 ist im Griechischen das gleiche Wort; in den übrigen vier Stellen sind griechische Worte gleichen Wortstammes wie in jenen zwei Stellen gebraucht. Der Herausgeber.

Sühnung ist für Gott, obwohl sie uns angeht; dieselbe hat mit der Heiligkeit, Herrlichkeit und den gerechten Ansprüchen sowie Forderungen Seines Thrones zu tun. Wir finden darum in der Epistel an die Römer 3,25 von „Sühnmittel“ oder „Sühnungsdeckel“ gesprochen, ehe wir die leiseste Andeutung von „Versöhnung“ haben. Auf Grund der Sühnung kann Gott in vollkommener Harmonie, wenn ich mich so ausdrücken darf, mit Seiner Heiligkeit und Herrlichkeit Sünden vergeben. Darum finden wir ja auch in Röm. 3,25, daß Gott Nachsicht haben konnte mit den Sünden der alttestamentlichen Heiligen im Blick auf die durch den Herrn Jesum zu vollbringende Sühnung. Wie herrlich! Und was ergibt sich aus diesem? Nichts anderes, als daß der tiefste und heiligste Beweggrund des Kommens des Herrn Jesu doch der war, nicht etwa nur Sünder zu erretten, obwohl dies mit eingeschlossen ist, doch ohne Sühnung gar nicht möglich sein konnte, sondern Gott in bezug auf Sünde ewig zu verherrlichen (vergl, Ev. Joh. 4,34; 6,38; 8,29; 10,17-18;12,27-28; 13,31.32; 17,4 usw.). Dies mag manchem Leser etwas fremd erscheinen, da sich in der heutigen sogenannten christlichen Literatur meist alles um „uns“ dreht, als ob „wir“ alles wären und „Gott“ Nebensache. Aber im Worte Gottes handelt es sich immer und ausnahmslos zuerst um Gott und den Herrn Jesum, da an die Errettung eines Menschen nie gedacht werden kann auf Kosten von Gottes Herrlichkeit und Thron; selbst, wenn nicht ein einziger Mensch gerettet würde, hätte doch Christus, der Sohn des lebendigen Gottes, Sich freiwillig Gott geopfert, ja, es wäre auch dann notwendig gewesen - wir sagen dies mit großer Ehrfurcht -, da Gott durch die Sünde verunehrt war. Der Gott des Lichts und der Liebe nimmt es nie leicht mit der Sünde, also dürfen auch wir es nicht tun!

In dem Brief an die Römer, wo das Evangelium Gottes uns dargelegt wird und wo wir die göttliche Ordnung sowie die Grundsätze Gottes im Blick auf Seine Herrlichkeit und Ehre sowie die Rechtfertigung des Glaubenden in einer so wunderbaren und vollkommenen Weise vorgestellt finden, hören wir erst dann von „Versöhnung“, nachdem die Frage der Sünde im Lichte eines heiligen Gottes und zu Seiner Verherrlichung für immer geordnet ist. Die Schrift spricht nie (was man so oft hören und lesen kann) von einer „Versöhnung Gottes mit den Menschen“, da Gott doch nicht der Feind des Menschen ist (vergl. Joh. 3,16), obwohl der Mensch der Feind Gottes ist (vergl. Röm. 5,10). Bei der Versöhnung handelt es sich um den Menschen oder Dinge (Kol. 1,20). Wir bedürfen der Versöhnung mit Gott. Auch dies hat Gott in Christo getan. Luk. 15,11-32 zeigt, was unter „Versöhnung“ zu verstehen ist. Gott hat in Gnaden mit uns gehandelt, hat uns den Kuß der Vergebung und des Vergessens gegeben, uns mit dem besten Kleid (Christus) gekleidet, mit dem Ring der ewigen Liebe versehen, Sandalen an unsere Füße getan, die wir bisher im Staub der Sünde uns befanden, wir sind

versetzt in die Gegenwart unseres Gottes, nähren uns von dem geschlachteten Kalbe (Vorbild auf Christus), anstatt wie vordem von den Trebern, und erfreuen uns Seiner heiligen Gegenwart in Gnade. In anderen Worten: Wir sind zu Gott gebracht, bei Ihm erfreuen wir uns, in Ihm und Christo Jesu, unserem HErrn, in Seiner Liebe und Gnade, so daß es heißt, „sie fingen an, fröhlich zu sein.“ Gepriesen sei Gott für den Reichtum Seiner Gnade, welche Er gegen uns hat überströmen lassen!

K.. O. St.

Antwort E

Gerechtigkeit verlangt Sühnung für Sünde; Liebe verlangt Versöhnung, innerste Übereinstimmung und schattenloses Wohlgefallen. Als die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm lag, wurde unsere Sünde gesühnt, aber die Liebe Gottes will mehr, sie will Menschen so in Übereinstimmung mit sich haben, so heilig und tadellos vor sich sehen, daß Er Sein Wohlgefallen daran haben kann. (Versöhnung erstreckt sich auch auf die Schöpfung: Kol. 1.)

Die Sühnung bringt keine Veränderung oder Verbesserung an oder in uns hervor - sie ist der Tod des Sünders, das gerichtliche Ab- und Hinwegtun des Menschen im Fleische aus dem Auge Gottes, in dem Kreuze Christi! Das Alte ist vergangen. - Der Mensch im Fleische ist in seiner Gesinnung tatsächlich Gottes Feind, er kann nicht verbessert, nicht heilig und tadellos gemacht werden. Die Versöhnung kann nicht mit dem Menschen im Fleische stattfinden. Derselbe muß im Tode Christi sein Ende finden. In 2. Kor. 5,17 heißt es nicht, das „Schlechte“ und „Böse“, sondern das „Alte“ ist vergangen. Nichts vom Alten kann Gott mit Sich Selbst versöhnen, mit Sich in Übereinstimmung bringen, zu Seiner Freude haben. Das Alte muß gehen. Alles muß neu werden „in Christo“. Versöhnung (das Wohlgefallen Gottes an uns und unsere Freude in Gott und Seiner Liebe) erreichen wir nur durch den Tod (Röm. 5,10).

Der Tod muß auf alles „Alte“ geschrieben und das „neue“ Leben in Christo erfaßt sein.

Versöhnung wird verkündigt: „Laßt euch versöhnen“; es bedarf eines Eingehens, eines Erfassens unsererseits im Glauben. Die Grundlage ist der Tod Christi; das Resultat für solche, die den Tod Christi erfassen, ist die Versöhnung, die ungetrübte Freude in Gott und der Liebe Gottes, und eine gegenwärtige Errettung von allem, was „alt“ ist. Unsere Stelle (2. Kor. 5,18) zeigt, wie Versöhnung und neue Schöpfung eng verbunden ist.

Sühnung und Versöhnung berühren den ersten und den zweiten Menschen, das Aufgeben des ersten und das Kommen zum zweiten, an dem Gott Wohlgefallen findet. Wir stehen so leicht still, betrachten und beklagen den elenden Zustand und die Kraftlosigkeit des Alten und verwirklichen nicht, was das Kreuz Christi für den Gläubigen ist. Nur durch den Tod erreichen wir die Versöhnung. Wir müssen im Glauben den Schritt vom ersten zum zweiten Menschen machen, nur dann gehen wir in die Versöhnung ein und verwirklichen durch Sein Leben das Errettetsein von dem Gebiet des Todes.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zunächst möchten wir die teuren Leser, die nur eine lutherische Bibelübersetzung zur Hand haben,

darauf hinweisen, daß diese Übersetzung leider den Begriff „Sühnung“ nicht hat, sondern auch an Stellen, wo nach dem Urtext „Sühnung“ übersetzt werden muß, „Versöhnung“ setzt. Das ist recht schade, da dadurch Tausenden von Kindern Gottes der Unterschied zwischen diesen wichtigen Begriffen nie klar wird.

Zu obigen umfassenden Ausführungen nur noch wenige Bemerkungen. In 2. Kor. 5,19 handelt es sich nicht darum, inwieweit die Welt versöhnt ist, noch wie weit die Menschen in die Versöhnung eingegangen sind, sondern es ist die grundsätzliche Tatsache gezeigt, daß Gott in Christo der ganzen Welt gegenüber eine solche Stellung der Gnade einnimmt und das Zeugnis davon aufrecht erhält. Jeder kann teilhaben an der Versöhnung, nachdem Christus die Sühnung für die ganze Welt geworden ist (1. Joh. 2,2), Es steht aber keineswegs da, daß Er die Sühnung für die Sünden der ganzen Welt ist! Weder aus diesen Stellen, noch aus Kol. 1,20 kann man folgern, daß einst alle Menschen, auch die, die sich nicht versöhnen ließen, gerettetwerden. In der ersten Hälfte von Kol. 1,20 ist (wie in den Versen vorher) die Rede von versöhnten Dingen auf der Erde und in den Himmeln, nicht von Menschen! In der zweiten Hälfte aber heißt es. „Und euch.“ Wer sind diese? Die, welche in die Versöhnung eingegangen sind. Darum: „Lasset euch versöhnen mit Gott.“ - Übrigens ist die Stelle 2. Kor. 5,20 auch für Kinder Gottes da! Mancher Gläubige ist noch nicht in den vollen Genuß der Versöhnung eingetreten; auch darin lehrt uns der „gefundene“ Sohn (Luk. 15,32) vieles. Am Herzen und im Hause des Vaters ist mehr für uns zu finden als nur Vergebung der Sünden, so kostbar diese auch ist (vergl. dazu den Schluß von Antwort D)!

Frage 11

Was ist unter dem „Tausendjährigen Reich“ zu verstehen? (Offenb. 20,4-7.)

Antwort A

Ein Reich von tausend Jahren, in welchem Christus als König Israels nach Psalm 2 und als Sohn des Menschen nach Psalm 8 über alle Reiche der Welt herrschen wird. Es ist die Verwaltung der Fülle der Zeiten: alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln und das, was auf der Erde ist, in Ihm (Eph. 1,10). Auf Seinem gesegneten Haupte, das einst die Dornenkrone trug, werden sich alle Diademe der Weltreiche vereinigen (Offenb. 19,12). Der HErr, welcher jetzt von der Welt verworfen ist, wird dann von allen anerkannt werden. „Er wird herrschen von Meer zu Meer und vom Strome bis an die Enden der Erde. Alle Könige werden vor Ihm niederfallen, alle Nationen Ihm dienen. Er wird Sich erbarmen des Geringen und des Armen und die Seelen der Armen wird Er retten. Sein Name wird ewig sein“ (Psalm 72,8.11.12.17). „Die Gerechtigkeit wird auf dem Fruchtgefilde wohnen“ und „das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein“ (Jes. 32,1.16.17). Eine Fruchtbarkeit über alle Maßen wird sein (Jes. 35,1.2; 41,18.19; 55,12.13; Psalm 72,16; 65,9-13; 67,5.6; Amos 9,13). Die Raubtiere werden mit den Haustieren zusammen lagern (Jes. 11,7.8; 65,25). Es ist die Wiederherstellung aller Dinge (nicht Personen), von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat (Apgesch. 3,21), Christus wird als Sohn Davids Seinen Thron inne haben (Matth. 25,31; Luk. 1,32.33; Offenb. 3,21), Jetzt sitzt Er zur Rechten der Majestät in der Höhe, auf dem Throne Seinem Gottes und Vaters (Hebr. 1,3; 8,1; 10,12; 12,2; Mark. 16,19; Offenb. 3,21). Dies beweist uns, daß Er jetzt von der Welt verworfen ist und über alles Gott ist, gepriesen in Ewigkeit, da nur eine göttliche Person den Thron Gottes

innehaben kann. Himmel und Erde werden miteinander in Harmonie stehen (Offenb. 21,9-27). Seine Getreuen sehnen jenen Tag herbei, damit Er zu Seinem Rechte in dieser Welt kommt, sie lieben Seine Erscheinung (2. Tim. 4,8). An jenem Tage wird Er verherrlicht werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben (2. Thess. 1,10). Gepriesen sei unser HErr, gepriesen sei Sein Name immer und ewiglich!

K.O. St.

Antwort B

Die Worte „und sie lebten und herrschten mit dem Christus tausend Jahre“ in V. 4 und „sie werden ... mit Ihm herrschen tausend Jahre“ in V. 6 der genannten Schriftstelle lassen erkennen, daß es sich um ein Reich handelt, in welchem Christus der Herrscher sein wird, und die Verse 7-9 zeigen deutlich, daß dieses Reich auf dieser Erde sein wird, nicht etwa auf der neuen Erde, von der wir in Kap. 21,1 lesen. Die neue Erde tritt erst danach in Erscheinung, wie wir klar sehen können, wenn wir Kap. 20 und Kap. 21,1-8 lesen. Auf der neuen Erde wird weder jemals der Satan sein und ausgehen können, zu verführen (20,7.8), denn er wird vorher seinen Platz für ewig im Feuersee gefunden haben (20,10), noch wird es auf derselben „Nationen“ geben, die er verführen könnte, was er aber nach 20,8 nach dem Tausendjährigen Reiche tun wird - noch wird es auf derselben irgend etwas von dem geben, was in 20,7-9 als nach dem Tausendjährigen Reiche geschehend geschildert wird.

Das Tausendjährige Reich ist also ein Reich auf dieser Erde, in welchem Christum der Herrscher sein wird.

Von einem solchen Reiche ist im Worte Gottes an vielen Stellen prophetisch geredet, und zwar insbesondere im Alten Testament in den Psalmen und in den Propheten, und von letzteren wiederum in ganz besonderer Weise in Jesajas. Man lese z. B. Psalm 96-102; 148-150; Jes. 2,2-4; 9,6.7; 11,1-10; 35; 60; 65,17-25; 66,10-24. Diese Stellen zeigen uns, welcher Art dieses Reich sein wird. Es wird ein wunderbares, herrliches Reich sein: Der Fluch wird von der Erde genommen sein, und sie wird in wunderbarer Fruchtbarkeit alles in Überfluß hervorbringen; es wird „Fülle von Frieden“ sein, und „sie werden den Krieg nicht mehr lernen“; selbst auf die Tierwelt wird sich dieser Friede erstrecken: „der Wolf wird bei dem Lamm weilen“ usw. und „der Säugling wird spielen am Loch der Natter“ usw.; Gott wird anerkannt und gekannt sein, denn „die Erde wird voll sein der Erkenntnis Jehovas, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken“, Krankheit und Gebrechen wird es nicht mehr geben, sondern „dann werden die Augen der Blinden aufgetan und die Ohren der Tauben geöffnet werden; dann wird der Lahme springen wie ein Hirsch und aufjauchzen wird die Zunge des Stummen“ (Jes. 35,5.6); der Tod wird nicht mehr herrschen, sondern das Leben - er wird die Ausnahme bilden als unmittelbares Gericht auf Sünde (Jes. 65,20); es wird Freude, Frohlocken und Jubel sein - in allem das völlige Gegenteil von dem, was jetzt die Regel bildet! Es wird ein völlig neuer Zustand der Dinge sein. Deshalb heißt es auch in Jes. 65,17: „Denn siehe, Ich schaffe einen neuen Himmel und eine neue Erde.“ Daß damit nicht der neue Himmel und die neue Erde von Offenb. 21,1 gemeint ist, geht aus den weiteren Versen in Jes. 65 deutlich hervor. Es ist noch diese jetzige Erde ihrem Stoffe nach, aber ein gänzlich neuer Zustand im übrigen, in derselben Weise wie bei einem Menschen, der wiedergeboren ist: sein Leib ist noch derselbe wie bisher, aber ein neues Leben ist eingezogen. Deshalb nennt auch der Herr Jesus in Matth. 19,28 diese Veränderung der Dinge auf der Erde - ihren noch zukünftigen neuen Friedens- und Segenszustand im Tausendjährigen Reich -

die „Wiedergeburt“, und Petrus nennt in Apgesch. 3,21 jene herrliche Zeit die „Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge“ und sagt, daß Gott von diesen durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat, wie wir es ja auch in den vorerwähnten Schriftstellen sehen konnten. Die in diesen Weissagungen enthaltenen Verheißungen waren dem Volk Israel gegeben (s. Röm. 9,4). Dieses wird dann wieder gesammelt in seinem Lande sein, wird zum HErrn umgekehrt und wieder eingesetzt sein als Sein Volk, erhöht und herrschend über alle anderen Völker, und wird die Segnungen in erster Linie und vollkommener Weise genießen und gleichsam den Mittelpunkt und Ausgangspunkt derselben bilden. Infolgedessen war dieses Reich und der verheißene Messias, der dieses Reich aufrichten und in demselben in Macht und Herrlichkeit herrschen sollte, der Gegenstand der besonderen Hoffnung Israels! In Übereinstimmung hiermit lautete die Botschaft des Johannes und im Anfang auch des HErrn Selbst: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen!“ Das Reich, auf welches sie hofften, war nahe gekommen, weil der Messias da war, mit dem diesem Reich verknüpft war und in dessen Person alles das da war, was dieses Reich kennzeichnet. Dieses bewies Er durch Seine Werke: Blinde wurden sehend, Taube hörend, Lahme wandelnd, Aussätzige gereinigt, Tote auferweckt - alle zeitlichen Folgen der Sünde, jede Krankheit und jedes Gebrechen, ja, selbst der Tod mußte weichen, ganz so, wie es im Tausendjährigen Reiche sein wird, weshalb auch diese Wunder, die der Herr Jesus und, in der ersten Zeit, auch die Seinen taten, die „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ genannt werden (Hebr. 6,5).

Wenn in den Evangelien vom „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ geredet ist, so steht das, was damit bezeichnet wird, immer in Verbindung mit dieser Erde, wiewohl die Ausdehnung des Begriffes sehr verschieden ist. Letzteren etwa auf das messianische - also das Tausendjährige - Reich beschränken zu wollen, wie es von manchen geschieht, ist aber ganz entschieden nicht dem Worte Gottes entsprechend, da das Tausendjährige Reich nur einen gewissen Abschnitt des Reiches der Himmel bildet: Das Reich ist gegründet auf die Person Jesu Christi (s. Jes. 9,6.7; 2. Kor. 1,20) und in Seiner Person gekommen (s. Matth. 12,28;

Luk.17,21); es hat daher erst durch Ihn und in Seiner Person hienieden seinen Anfang genommen (s. Gleichnisse Matth. 13, bes. V. 24 verb. m. V. 37), ist fortgesetzt und gegenwärtig bestehend in den Seinen - obwohl nicht äußerlich wahrnehmbar - und wird einst äußerlich in Erscheinung treten im Tausendjährigen Reiche. Letzteres ist die Erfüllung der Verheißungen des Alten Testaments.

Das Tausendjährige Reich wird aber noch nicht „das Vollkommene“ sein (1. Kor. 13,10) und daher auch nicht bleiben. „Gerechtigkeit und Gericht sind Seines Thrones Grundfeste“ - es wird Menschen geben, die sich nur der unwiderstehlichen Macht beugen; es wird noch Böses geben, auf welches sofort Gericht folgt; es wird noch Sünde und Tod geben, wenn auch als Ausnahme; und wenn die tausend Jahre eines Reiches des Friedens und göttlicher Gerechtigkeit und der wunderbarsten irdischen Segnungen vorüber sein werden und dem Satan dann noch einmal erlaubt werden wird, den Menschen zu versuchen (Offenb. 20,7.8), so wird es sich zeigen, daß der Mensch selbst nach tausend Jahren überströmender Segnungen immer noch derselbe ist - jederzeit bereit, sich von Gott wegzuwenden und sich gegen Ihn zu empören. Das ist tief demütigend für uns und beugt uns in den Staub über die Gnade, die uns geworden ist!

So ist das Tausendjährige Reich die Erfüllung der Verheißungen und zugleich die letzte Probe für den Menschen. Dann folgt das Endgericht (Offenb. 20,11-15), und nach diesem ein neuer Himmel und eine neue Erde, die vollkommen Seiner Herrlichkeit entsprechen und ewig zum Preise derselben sein

werden (Offenb. 21,1-5).

Th. K.

Antwort C

Der gegenwärtige Tag der Gnade, in welchem der Leib, die Gemeinde, aus der Welt herausgerufen wird, geht dem Ende entgegen.

Der HErr kommt und nimmt die Seinen aus dieser Welt heraus (1. Thess. 4,16.17). Die zurückbleibenden Ungehorsamen und Verwerfer der Wahrheit verfallen dem Gericht der Verhärtung (2. Thess. 2,10.11). Die Tage der großen Trübsal beginnen. Israel wird diese im besonderen Maße kosten! Es ist die „Zeit der Drangsal für Jakob“

(Jer. 30,4-7). Viele Juden werden in dieser Zeit Jesus, ihren Messias, erkennen, und diese werden das Kommen des HErrn zum Gericht verkünden und die Völker zur Buße und Unterwerfung auffordern (Ps. 96,3-13). Obgleich das volle Licht, die 7 Leuchter (Offb. 1,20), von der Erde weggenommen ist, gibt Gott doch noch zwei Leuchter (Offb. 11,4), Seine Güte läßt die Erde nicht ohne Licht. Das Evangelium des Reiches wird gepredigt (Matth. 24,14). Trotzdem der Satan die Macht der Finsternis in den furchtbarsten Formen und Gestalten offenbaren wird, weiß Sich Gott doch eine Vollzahl aus Israel und eine große ungezählte Schar aus den Nationen zu bewahren und zur Treue bis zum Tode zu stärken. Ihre Erlösung steht mit der Vernichtung ihrer Feinde in Verbindung, und den Grundton ihrer Gebete finden wir in Offb.6,10. In der Stunde der größten Dunkelheit erscheint das Zeichen des Sohnes des Menschen, und der HErr wird in Seiner Herrlichkeit gesehen (Matth. 24,29.30). Dann werden alle Ärgernisse aus Seinem Reiche zusammengelesen (Matth. 13,41) und dem Gerichte übergeben, das Tier (der Fürst des römischen Reiches) und der Antichrist werden lebendig in den Feuersee geworfen (Offb. 19,20) und Satan für tausend Jahre gebunden (Offb. 20,2). Dies ist der Anfang des Tausendjährigen Reiches, von dem die Propheten in so feurigen, begeisterten Worten reden. Die ganze Schöpfung wartet auf diesen Tag ihrer Befreiung (Röm. 8,19-22). Israel nimmt in dieser zukünftigen Zeit einen Vorrang unter den Völkern ein und wird zu einem Kanal des Segens (1. Mos. 12,2.3; Jes. 27,6; Jes. 60 und 62; Röm. 11,12 und 15). Das Tausendjährige Reich endet mit der Lösung des Satans (Offb. 20,3), auf die bald das Gericht und ein neuer Himmel und eine neue Erde folgen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist nicht nötig, zu diesen Antworten, die geradezu einen Bibelkurs im Kleinen darstellen, noch etwas Wesentliches hinzuzufügen. Wir fragen nur, vielleicht im Sinne dessen, der obige Frage einsandte: Wie kommt es, daß in der Namens-Christenheit diese kostbare biblische Lehre vom Tausendjährigen Reich so gut wie ganz unterschlagen wird? Ja, wie kommt es wohl? Wir denken, daß einer der Hauptgr ünde dieser Unterschlagung der ist, daß man die Schrift nicht ganz und gar als Gottes Wort anerkennt und daß ein anderer Hauptgrund der Widerwille der unbekehrten Christenheit gegen Israel als Volk ist. Eine Lehre, die Israel wieder einen hohen, ja den höchsten Platz unter den Nationen zuspricht, eine Lehre, nach der „dem Israel das Reich wiederhergestellt wird“ (Apg. 1,6), ist den sogenannten christlichen Völkern unbequem, ja abstoßend. Und doch, Gott hat gerade dies

den sogenannten christlichen Völkern unbequem, ja abstoßend. Und doch, Gott hat gerade dies verheißen, und auch die Israel betr. Verheißungen sind in Christo Ja und Amen (2. Kor. 1,20!). Und weil Gott solche hohen Gedanken mit Seinem alten Bundesvolke hat, deswegen sollten wir Christen, soweit wir wirklich Christen sind, auch Israels Freunde sein, werden wir doch einst selbst glückliche Zeugen der irdischen Herrlichkeit dieses jetzt so verachteten Volkes sein!

Frage 12

Was ist für ein Unterschied zwischen der Posaune in 1. Thess. 4,16, der „letzten Posaune“ in 1. Kor. 15,52 und der Posaune des siebenten Engels in Offb. 11,15?

Antwort A

In 1. Thess. 4,15-17 ist wohl der Hauptgedanke die Entrückung, während in 1. Kor. 15,51 mehr die Verwandlung und Auferweckung hervorgehoben ist. 1. Kor. 15 handelt durchweg von der Auferstehung der Gläubigen; am Schluß dieses Kapitels sagt ihnen der Apostel ein Geheimnis, daß nicht alle entschlafen werden, wir aber alle verwandelt werden oder, wie der Apostel uns an einer anderen Stelle sagt: „Das Sterbliche wird verschlungen von dem Leben.“ Wann geschieht dies? Bei der letzten Posaune. Es heißt nicht, daß zu diesem Zweck die Posaune ertönt, sondern, wenn ich recht verstehe: zur Zeit der letzten Posaune. Die Posaune von 1. Kor. 15 sowohl wie die in 1. Thess. 4,16 scheint ein und dieselbe zu sein - eins ist unbestreitbar, daß beide Ereignisse zur gleichen Zeit stattfinden. Daß sie 1. Kor. 15,52 die „letzte Posaune“ genannt wird, hat vielleicht darin seine Bedeutung, weil von da an die Erlösten Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen. Sie sind in Seiner Gegenwart, und ein weiteres Posaunen ist daher unnötig.

Ganz anders verhält es sich mit der Posaune des siebenten Engels in Offb. 11. Dieselbe darf keineswegs mit der letzten Posaune von 1. Kor. 15 verwechselt werden. Wie könnte auch der Apostel auf etwas Bezug nehmen, was noch ihm, ja selbst dem Apostel Johannes noch verschlossen war. Bekanntlich empfing Johannes die Offenbarung erst später; Paulus war längst vom Schauplatz seines Wirkens abgetreten, demnach ist es ausgeschlossen, die Belehrung in 1. Kor. 15 mit den sieben Posaunen in der Offenbarung in Verbindung zu bringen. Ferner handelt es sich in Offb. 11 um die Aufrichtung des Weltreiches des HErrn, aber nicht um Auferweckung und Verwandlung der Gläubigen! Sein Reich setzt letzteres voraus, da die Erlösten mit Ihm herrschen werden. Die sieben Siegel, die sieben Posaunen und die sieben Schalen werden ihre Erfüllung nach der Entrückung der Gemeinde finden, darum hören wir nach Offb. 3 kein Wort mehr von der Gemeinde auf Erden, sondern es werden vielmehr die Heiligen von Israel und den Nationen wieder unterschieden, wie es im Alten Testament der Fall war (vergl. Offb. 7), aber in diesem Zeitalter der Gnade niemals geschieht. Wenn der Apostel Paulus 1. Kor. 10,32 von „Juden, Griechen und der Versammlung Gottes“ spricht, versteht es unter „Versammlung Gottes“ die Gläubigen aller Nationen ohne Unterschied im Gegensatz zu Griechen (d. h. Heiden) und Juden, die ungläubig waren.

Möge der HErr in Seiner Gnade uns schenken, das Wort der Wahrheit recht zu teilen!

K. O. St.

 

Antwort B

Die sieben Posaunen in der Offb. 8-11 haben keine Verbindung mit der Posaune in 1. Kor. 15 und 1. Thess 4. - Die siebente oder letzte Posaune der Offenbarung umfaßt die letzten Gerichte über die Welt, während die Posaune in den Briefen mit der ersten Auferstehung und der Entrückung zu tun hat.

In dem Ausdruck „letzte“ Posaune scheint der Apostel auf den Gebrauch im römischen Heere anzuspielen. Jedermann in Korinth wußte, daß die letzte Posaune das Signal zum Aufbruch des ganzen Heeres war. Wir finden gerade in den Briefen an die Korinther, daß der Apostel oft an die Gebräuche jener Zeit anknüpft, z. B. 1. Kor. 4,9; 9,24; 2. Kor. 2,14. - Oder vielleicht denkt er an 4. Mose 10,2, wo die Posaunen zum göttlichen Signal bestimmt wurden, die Gemeinde zusammenzurufen und das Zeichen zum Abmarsch zu geben. - Wirklich, jener Augenblick ist der herrlichste Zusammenruf und der bedeutungsvollste Abmarsch, der je geschehen. Alle Heiligen zusammengerufen, werden alle zugleich dem HErrn entgegengerückt in die Luft.

Aus dem Ausdruck „letzte“ Posaune aber zu folgern, daß andere göttliche Posaunentöne vorangegangen sein müßten, dazu finde ich in der Schrift weder Grund noch Anhalt.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Über die Sache selbst ist nichts mehr zu bemerken. Nur möchten auch wir ein paar Worte sagen über die Frage, warum in 1. Kor. 15,52 „letzte“ Posaune steht. Und zwar weisen wir darauf hin, daß in diesem Kapitel viermal Verbindungen mit dem Wort „letzt“ vorkommen, wo im Urtext stets dasselbe Wort steht, nämlich in V. 8.26.45.52. Wir glauben, daß dieses vierfache Vorkommen des Wortes, zumal in den drei letzten Verbindungen, bedeutungsvoll ist. Ob nicht die Posaune die „letzte“ genannt ist, weil es sich um die Auferstehung und Verwandlung der Gläubigen handelt, also um das letzte Ereignis, das sich mit denselben auf Erden vollzieht, womit der Schluß der gegenwärtigen Haushaltung verbunden ist? (vergl. Unsere Ausführungen in Jahrgang 1913, S. 187/88 zu Joh. 6,39.40.44.54; 11,24; 12,48, wo überall dasselbe Wort steht). Wir bitten, die Auffassung zu prüfen im Lichte des ganzen Kapitels und vorzüglich jener übrigen drei Stellen!

Frage 13

Haben wir heute noch die in Eph. 4,11 genannten Dienste der „Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer“?

Antwort A

Bei der BeAntwortung dieser Frage ist zunächst zu berücksichtigen, daß es sich bei den vorgenannten Diensten wie bei allen Diensten um eine „Gabe“ handelt: - Er hat die einen gegeben ... (vergl. 2. Tim. 1,6.7!).

Der Dienst ist also eine Gabe, die empfangen wird, und kann als Gabe des droben verherrlichten Christus oder als die Wirkung des hienieden gegenwärtigen Heiligen Geistes betrachtet werden. Eph.

4 redet von der Gabe Christi, 1. Kor. 12 u. 14 reden von der Einheit des Leibes und von den Gaben als der Wirkung des Geistes hienieden in den verschiedenen Gliedern.

Die Gaben wiederum sind zweierlei Art: es gibt solche zur Aufweckung der Seelen, zur Sammlung und Auferbauung der Gemeinde und dann solche, welche als Zeichen für die Welt gegeben sind, als Zeichen der Gegenwart Gottes (vergl. 1. Kor. 14,22).

Alle Gaben kommen unmittelbar von Christo, dem Haupt, herab und haben ihr Bestehen in den Gläubigen durch die Wirkung des Heiligen Geistes. Eph. 4 und 1. Kor. 12 bezeugen dies klar. Somit sind diese Gläubigen Gefäße der Gnade und Kraft und werden durch die ihnen mitgeteilten Gaben Werkzeuge eines abwesenden Christus.

Nun redet Eph, 2,20-22 von einem Bau, wohl zusammengefügt, der wächst zu einem heiligen Tempel im HErrn. Von diesem Bau ist Jesus Christus Selbst Eckstein. In sehr bemerkenswerter Weise werden von diesem Bau auch hinsichtlich der Grundlage belehrende Worte gesagt und dabei Apostel und Propheten genannt. Mithin wird dem Dienst der Apostel und Propheten ein besonderer Platz angewiesen (grundlegend) und dieser Platz an den Anfang der Gemeinde Gottes gestellt.

Die in Eph. 4,11 noch weiter genannten Gaben bezw. Dienste der Evangelisten, Hirten und Lehrer sind im Gegensatz zu denen der Apostel und Propheten der Gemeinde Gottes dauernd gegeben.

W. W.

Antwort B

Apostel und Propheten haben die Grundlage des heiligen Tempels, von welchem Christus Selbst Eckstein ist, gelegt (Eph, 2,20-22). Es war nun nicht nötig, nachdem sie ihr Werk erfüllt hatten, daß sie verblieben oder durch andere ersetzt wurden. Demnach gibt es in obigem Sinne keine Apostel und Propheten mehr, da der Grund gelegt und die Offenbarung Gottes vollendet und abgeschlossen ist. Auch sind hier nicht etwa die Propheten des Alten Testaments gemeint; wenn das Wort von ihnen spricht, ist es meist aus dem Zusammenhang ersichtlich, oder es spricht von ihnen als „heiligen Propheten“ (vergl. Luk. 1,70; Apgesch. 3,21; 2. Petri 3,2), noch heißt es hier: „Propheten und Apostel“, sondern umgekehrt, damit uns klar sein soll, daß es sich hier um Propheten des Neuen Testaments handelt. Auch hat keiner der Apostel von einem Nachfolger gesprochen; im Gegenteil verkünden sie alle, daß „nach ihrem Abschied verderbliche Wölfe“ in die Gemeinde eindringen würden usw. Aber keiner der Apostel verweist die Jünger auf ihre Nachfolger aus dem einfachen Grund, weil keine vom HErrn vorgesehen waren, sondern auf „Gott und das Wort Seiner Gnade“ (vergl. Apgesch. 20,17-35; 2. Petri 1,12-15; Judas 17-18; Offenb. 1,1-3). Anders verhält es sich mit „Evangelisten, Hirten und Lehrern“. Letztere drei Gaben wird es geben, solange die Gemeinde auf Erden ist. Die Dienste dieser Gaben gründen sich und werden nur ausgeübt auf Grund dessen, was der HErr durch Seine Apostel und Propheten ihnen hinterlassen hat, sei es im Werk oder in den Schriften.

K. O. St.

Antwort C

Daß wir die besagten Dienste noch haben, ist schon aus dem 13. Verse deutlich ersichtlich, sobald

Daß wir die besagten Dienste noch haben, ist schon aus dem 13. Verse deutlich ersichtlich, sobald wir den 11. Vers mit dem 13. zusammen lesen. „Und Er hat die einen gegeben als ... bis wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes usw.“ Wer würde zu behaupten wagen, daß wir dahin gelangt sind?! Sicher, wir brauchen noch diese Dienste. Wir sind noch vor dem „bis wir alle hingelangen“, dessen vollkommene Verwirklichung wir erreichen, wenn „wir allezeit bei dem HErrn sein werden“. Außerdem ist zu beachten, daß in vielen Stellen (wie Röm. 12,6-8; 1. Kor. 12,28-30; 1. Tim. 3,1-8; 5,17; Jak. 3,1; 1. Petri 5,1-4), die von Diensten reden, die Zeitform der Gegenwart gebraucht wird; wenn aber ein Teil dieser Stellen nicht für die Gegenwart gültig ist, dann auch nicht der übrige Teil derselben. Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß die Anordnungen in der Versammlung veränderlich sind; sie sind von Gott, „bei welchem keine Veränderung ist, noch ein Schatten von Wechsel“ (Jak.1,17).

O Kinder Gottes! wie kommen wir zusammen? Scharen wir uns zu Parteistellungen oder um Menschen (1. Kor. 3,3.4) oder als ein himmlisches Volk in Seinem Namen zusammen, um die Einheit des Geistes zu bewahren und ein Zeugnis des HErrn zu sein? Sammeln wir uns um Ihn, wo „Menschenweise“ kein Recht hat, in der heiligen Furcht Seiner Gegenwart, so empfangen wir die reichen Gaben Seines Geistes und genießen sie, solange wir dem HErrn und Seinem Worte untertan bleiben.

Von den in Eph. 4,11 genannten Gaben sind die der Apostel und Propheten nicht mehr erhalten; das heißt in dem Sinne, um das Wort Gottes durch neue Offenbarungen zu vervollständigen. Die Grundlage der Apostel und Propheten: Jesus Christus, ist festgelegt. (Eph. 2,20; 1. Petri 2,4 -10). In Hebr. 3,1.2 wird uns gesagt: Betrachtet den Apostel ... Jesum; Er ist noch lebendig, und neben Ihm brauchen wir keinen Apostel mehr. Die „Zwölfe“ zeigt, daß die Anzahl auf die zwölf begrenzt ist. Weiteres betreffs der Propheten lese man im I. Bande (1913) Seite 114-119 nach.

Wie aus den zitierten Sieben hervorgeht, sind die anderen Gaben noch vorhanden. Es muß so sein, damit „der ganze Leib ... nach dem Maße jedes einzelnen Teiles für sich das Wachstum des Leibes bewirkt“ usw. (Eph. 4,16.)

R. W. D.

 

 

Anmerkung des Herausgebers

Haben die Apostel und (die neutestamentlichen) Propheten ihre Aufgabe verstanden, die in Eph. 4,12ff. steht? Ja, davon zeugen die Schriften des Neuen Testaments. Wenn nun „Er“ fortgesetzt Evangelisten, Hirten und Lehrer gibt, so tut Er das ebenso nur zu dem Zweck, den Eph. 4,12ff. enthält. Möchten wir alle, soweit wir „gegeben sind“ als Evangelisten usw., verstehen, wozu wir gegeben sind und uns von Ihm brauchen lassen zu diesem Dienst und allezeit Gnade haben, „die Wahrheit festzuhalten in Liebe“! (V. 15.) Er hat gegeben! Welch eine Gnade liegt darin, von Ihm gegeben zu sein zur Vollendung der Heiligen!

Frage 14

Ist Gott unbegreiflich in Seinen Lebensführungen und Gedanken? (vergl. Röm. 11,33 und Jes. 55,8.9).

Antwort A

Angefrömmelte Weltmenschen stellen Gott als den Unbegreiflichen dar, der verborgen, um nicht zu sagen unverstanden, bleiben will. Röm. 11,33 scheint für ihre Ansicht eine Stütze zu sein, und Jes. 55,8 wird in dem Sinne gebraucht, als ob unsere Gedanken nicht Seine Gedanken sein können. Wer aber diese Bibelstelle in ihrem Zusammenhang erfaßt: „Jeder Gottlose lasse von seinem Wege und der Übeltäter seine Gedanken“, der merkt, wie Gott mit Trauer feststellt, daß der Mensch andere Wege und Gedanken geht als Er und daß Er ihm gerne Seine höheren Gedanken mitteilen möchte. Er verheißt, Sein Wort solle nicht leer zurückkommen, womit ein Eingehen in Seine Gedanken verbunden ist.

Auch andere Bibelstellen, die den Abstand zwischen menschlicher Unvollkommenheit und Gottes Größe schildern, sollen ein Locken Gottes sein, Ihm zu nahen, damit wir höhere Gedanken bekommen. Wohl sieht der Mensch, was vor Augen ist, aber wir sollen auch da lernen zu verstehen und zu werten ohne Rücksicht auf blendendes Äußere (1. Sam. 16,7). Gottes Art zu denken und zu werten ist nicht geoffenbart nur zum Anstaunen, sondern stets auch zur Nachahmung.

Wenn ein Kind Gottes Führungen erlebt, die es nicht versteht, so soll es zu Ihm gehen, sich Seine Gedanken offenbaren zu lassen. Gott will verstanden werden. Er sehnt Sich danach, Seine Gedanken zu unseren Gedanken zu machen; und Röm. 11,33 fließt nur aus einem Herzen, das glücklich ist, etwas von Gottes Gedanken in sich aufgenommen zu haben, und das anbetend ausruft: Wie gar unergründlich weise sind Seine Gerichte und Wege; welche Gnade, daß Er uns Seine Gedanken mitteilt!

Sch.

Antwort B

Da danke ich dem HErrn von ganzem Herzen, daß ich hie und da etwas begreifen darf und vertraue auch, daß ich je länger desto mehr begreifen werde. Ich sage aber, es ist ein Unglück und geradezu verhängnisvoll, zu meinen, wir könnten Gott in all Seinen Führungen und Gedanken begreifen. Wie kann ich armer Mensch das zu behaupten wagen?! Alle Völker sind wie ein Tropfen am Eimer (Jes. 40,15), und nun kommt so ein unendlich kleiner Teil eines solch armen Tropfens und will mit seinem Verstand den großen Gott verstehen und mit seinen irdischen, kurzen Begriffen den unbegreiflichen Gott begreifen und Seine Gedanken klarmachen bis zum letzten i-Punkt und alles restlos erklären! Der Abstand von Ihm sollte uns bescheidener machen! Bei allem Erkennen bleibt es: Wie gar unbegreiflich sind Seine Gerichte und unerforschlich Seine Wege! Aber eins dürfen wir begreifen: Er ist treu und steht zu Seinen Verheißungen! Doch ich fühle eben, auch da komme ich in die Brüche. HErr, ich will Dir glauben!

K. E.

 

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesem Gegenstand möchten wir nur noch hinweisen auf 1. Kor. 2,6-16. Ohne die Offenbarung

Gottes in Christo verstünden wir nichts von Ihm und Seinen Wegen, aber die, „die Ihn lieben“, die, „die Christi Sinn haben“, die erkennen nach und nach auch etwas von Seinen Gedanken, und wenn nach 1. Kor. 13,12 unser Erkennen auch nur ein „stückweises“ ist, so ist doch schon dieses stückweise Erkennen Herrlichkeit. Wie wird es sein, wenn die Zeit kommt, von der es heißt: „Dann aber von Angesicht zu Angesicht!“ -

Persönliche Worte an unsere Leser!

Mit herzlichem Dank gegen den HErrn und alle unsere Freunde - besonders auch unsere treuen Mitarbeiter! - übergeben wir diese Nummer unserem Leserkreis. Wir sind reichlich erfreut worden durch mannigfache Anschriften; es würde sich verlohnen, eine Auswahl von freundlichen Beurteilungen abzudrucken, aber es fehlt an Platz dazu.

Die vielfachen Ermunterungen haben uns recht erquickt. Wir bedürfen derselben so sehr, denn die Herausgabe dieses Blattes ist in jeder Hinsicht eine schwere Aufgabe, freilich eine gesegnete, auch für uns. Ihm sei Dank!

Seien alle herzlichst gegrüßt mit 1. Kor15,58.59

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang März 1914.

Gruß an den Leser:

Der Gott, der aus der Finsternis Licht leuchten hieß, ist es, der in unsere Herzen geleuchtet hat zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi.“ 2. Kor. 4,6.

Antworten.

Wir bitten dringend, man mögedie in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 15

Was bedeutet „Verdirb nicht ...“? Röm. 14,15b.

Antwort A

In dem genannten Schriftworte handelt es sich um einen „Schwachen im Glauben“ (s. V. 1), welcher meint, man dürfe dieses oder jenes nicht essen. Wenn er mich nun eine solche Speise essen sieht - sei es, daß wir irgendwo zusammen essen oder er bei mir als Gast ist -, kann ihm dieses zum Anstoß oder Ärgernis werden, indem es ihn veranlaßt, entgegen seinem Glauben diese Speise auch zu essen; er tut es, durch mein Beispiel dazu verleitet, obwohl sein Gewissen darüber beunruhigt ist und

essen; er tut es, durch mein Beispiel dazu verleitet, obwohl sein Gewissen darüber beunruhigt ist und er mit Anstoß ißt. In V. 20 sagt aber das Wort: „Alles zwar ist rein, aber es ist böse für den Menschen, der mit Anstoß isset“, und in V. 22b und 23: „Glückselig, wer sich selbst nicht richtet in dem, was er gut heißt! Wer aber zweifelt, wenn er isset, ist verurteilt, weil er es nicht aus Glauben tut. Alles aber, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde.“ Es ist also für ihn „böse“ und „Sünde“, daß er diese Speise ißt; sein Zustand ist ein weniger guter als vorher, er ist durch Sünde verdorben, und ich bin schuld daran. Deshalb bedeutet „verdirb nicht“ ich soll darauf acht geben, daß nicht ein Bruder oder eine Schwester durch mich zum Sündigen verleitet wird und so durch meine Schuld in seinem Zustand Schaden leidet. Das „verdirb nicht“ bezieht sich also auf den Zustand hienieden; es beschränkt sich selbstverständlich nicht auf Speisen, sondern erstreckt sich auf alles, „worin dein Bruder sich stößt oder sich ärgert oder schwach ist“ (V. 21). Laßt uns hierauf acht geben durch des HErrn Gnade!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Frage des Essens ist an sich gleichgültig; wir können uns dadurch, daß wir dies oder jenes essen oder nicht essen, nicht Gott gegenüber wohlgefällig machen (1. Kor. 8,8). Aber das Gewissen des Bruders ist keine gleichgültige Sache. Wir schädigen unsere Geschwister in diesem Leben, wenn wir durch unsere als der „Freien“ Handlungsweise sie verleiten, etwas zu tun, was ihnen Sünde ist (1. Kor. 8,10)! Das, was Paulus Röm. 14,15 „verderben“ nennt, bezeichnet er 1. Kor, 8,12a im Griechischen mit einem Wort, das nicht eigentlich „verletzen“ bedeutet, sondern „(rücksichtslos) losschlagen“. - Laßt uns einander zur Erbauung gefallen! (Röm. 15,2.)

Frage 16

Warum die augenscheinlich harte Antwort Des HErrn in Joh. 2,4, und was ist der Sinn und Segen derselben?

Antwort A

Der HErr tritt aus der Verborgenheit eines dreißigjährigen Lebens heraus. Maria mußte lernen, daß der von ihr Geborene der Heilige - der Sohn Gottes war. 18 Jahre zuvor hörte sie schon die Worte: „Wußtet ihr nicht, daß Ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist“ (Luk. 2,49). Nun war die Zeit gekommen, da Er öffentlich auftrat, den Willen Seines Vaters zu tun, wie Er sagte: Der Sohn kann nichts von Sich Selbst tun, außer was Er den Vater tun sieht (Joh. 5,19.20). Sie hatte zu lernen, daß das Band der irdischen Verwandtschaft auf diesem Pfade zurücktreten mußte (vergl. auch Matth. 12,48). Am Kreuze zeigt Er ihr zuletzt die gänzliche Lösung dieses Bandes, als Er in so zärtlicher Liebe spricht: „Weib, siehe dein Sohn,“ und zu Johannes: „Siehe, deine Mutter.“

Das Wort „Weib“ mag in unserer Sprache etwas Unehrerbietiges, Liebloses haben, aber nicht in der Sprache jener Völker und Zeit; und ebenso auch die Worte: „Was habe Ich mit dir zu schaffen.“ Diese Redewendung finden wir öfter in der Schrift in dem Ausdrucke des Zurückweisens. Er konnte auf diesem Pfade, den Er jetzt ging, nicht Weisungen der Mutter verbinden mit der Ausführung der Worte und der Werke des Vaters. Wir können sicher sein, der HErr konnte das, was Er Maria zu

sagen hatte, nicht in bessere Worte kleiden. Er ist der Meister. Welch ein Segen für uns, wenn auch wir in der Nachfolge Jesu mehr lernen, Fleisch und Blut zurücktreten zu lassen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es würde gut sein, wenn wir jetzt noch ein wenig auf die symbolische Bedeutung dieser Geschichte eingehen könnten („Die Mutter Jesu“: im Bilde Israel! u. a. m.), aber es fehlt jetzt an Platz dazu. Bei einer anderen Gelegenheit wird, s. G. w., dieser Seite der Geschichte Rechnung getragen. - Maria mußte hier frühzeitig lernen, welcher Platz dem „Weibe“ gebührt, und daß sie für den Herrn Jesu, was Seinen Beruf anlangt, nicht Seine Mutter war. „Was ist dir und Mir gemein?“ kann man das Wort auch übersetzen, und so verliert es nach unserem Sprachgebrauch an Härte und zeigt doch deutlich die Abweisung einer Gemeinschaft, die nach Beginn von Jesu Berufstätigkeit nicht mehr statthaben konnte. Wie köstlich dann, daß Maria sich zurückweisen läßt, willig und ohne wankend zu werden in ihrer Liebe, während ihr Glaube wohl jetzt erst wirklich in ihrem Herzen Wurzel zu fassen beginnt.

Die Maria der Bibel hat der - einen unbiblischen Marienkultus pflegenden - katholischen Kirche manches zu sagen mit ihrem herrlichen Wort: „Was Er euch saget, das tut!“ (V. 5.)

Frage 17

Warum beschnitt Paulus den Timotheus? (Apgesch. 16,4) Wie stimmt das zu Gal. 5,1-4?

Antwort A

Paulus beschnitt den Timotheus, damit die Juden das Evangelium durch ihn hören und aufnehmen möchten, da die Juden mit jemandem, welcher einer anderen Nation angehörte, zu dieser Zeit nichts gemein haben wollten (Apgesch. 10,28).

M. K.

Antwort B

Oberflächlich betrachtet ist die Handlung des Apostels Paulus in Apgesch. 16,4 mit der Lehre in Gal. 5,1-4 nicht zu vereinen, und ist ein Widerspruch zwischen Handlung und Lehre. Doch nur scheinbar für solche, welche Einzelheiten aus dem Zusammenhang des Schriftganzen herausreißen und durch Vernunftschlüsse irregeleitet werden. Es ist manchmal schon gesagt worden, daß dunkle Schriftstellen nur im Lichte der ganzen Heiligen Schrift ausgelegt werden können. So auch hier.

Timotheus ist ein Kind gemischter Ehe: Der Vater ein Grieche, die Mutter eine Jüdin. Paulus findet Timotheus würdig, ihn auf seinen Reisen im Dienste des Evangeliums zu verwenden. Er nahm und beschnitt ihn um der Juden willen, aus Liebe zu dem Volke, deren Vorurteil begegnend, um auf alle Weise etliche für Christum zu gewinnen. 1. Kor. 9,20.21. Wie fern es ihm lag, dadurch die Gläubigen unter das Gesetz Moses zu bringen, ersehen wir aus Gal. 2,1-5.

In Gal. 5,1-4 bemüht sich der Apostel, den Gläubigen die Nutzlosigkeit der Beschneidung vorzustellen

und die Gefahr zu zeigen, welche mit der Unterwerfung unter das Gesetz verbunden war. Sie konnten nicht auf dem Werke Christi zur Gerechtigkeit ruhen und zugleich sich verAntwortlich machen, selbst die Gerechtigkeit nach dem Gesetz zu vollbringen. Er wendet sich ganz entschieden gegen die, welche ihnen den Gesetzesgehorsam predigten und dadurch der Freiheit in Christo berauben wollten: „... ich wollte, daß auch sie sich abschnitten, die euch aufwiegeln.“

R. B.

Antwort C

Ein Bruder sagte mir einst: „Um die Handlungen eines Bruders zu beurteilen, ist es nötig, die Beweggründe zu kennen, welche uns meistens entgehen.“ - So kommt es vor, daß ein Bruder durch etwas im Widerspruch zu stehen scheint mit seiner Lehre. In solchen Fällen, wenn die Tat nicht böse, sondern unbegreiflich ist, ist es gut, bevor man daraus einen Widerspruch folgert, Geduld zu haben, bis die Gesinnungen des Herzens geoffenbaret werden, was der HErr, der alles sieht, früher oder später tut, wenn es sich um Böses handelt. - Hier haben wir jedenfalls sofort anzunehmen, daß kein Widersprach besteht.

Den Beweggrund Pauli, als er den Timotheus beschnitt, finden wir in Vers 3 (Apgesch. 16): „Um der Juden willen“; also nicht um des Gesetzes willen. Wir wissen aus der Geschichte des Alten Bundes, wie die Juden die Unbeschnittenen verachteten und von ihnen nicht zu lernen hatten. Es ist klar, daß Paulus und Timotheus bei den Juden nicht Eingang erhalten hätten, wenn sie nicht Juden, gesetzmäßige Juden gewesen wären. Obgleich Paulus der Apostel der Nationen war, kann man aus Röm. 10,1; 11,14; 1. Kor. 9,20-23 ersehen, wie sehr es ihm auf dem Herzen lag, seinen Brüdern im Fleische die in Christo geschehene Erfüllung der Verheißung zu verkündigen. - Ja, mag man sagen, für Paulus selbst ist es begreiflich, aber warum Timotheus einer solchen Form zu unterwerfen? Beachten wir das enge Band zwischen Timotheus und Paulus. 1. Kor. 4,17; 1. Tim. 1,2; 2. Tim. 3,10.11. Wie ein Kind mit seinem Vater, so war Timotheus in Gemeinschaft mit Paulus; er war so eins mit dem Apostel, daß er, um Israel für Christum zu gewinnen und Eingang bei ihm zu haben, es der Mühe wert hielt, sich der Beschneidung zu unterwerfen, um dem HErrn mit Paulus in einem breiteren Gebiete zu dienen. Ist eine solche Gleichgesinnung vorhanden in den Versammlungen des lebendigen Gottes, zwischen jungen und alten Brüdern, oder hat der Geist dieses Zeitlaufs es schon vermocht, Kluften zwischen jungen und alten Brüdern zu graben?

Bei den Galatern aber war der Kern der Frage ganz anders. Sie waren im Begriff, die Beschneidung zu beobachten wegen des Gesetzes, als Gehorsam gegen dasselbe, als Rechtfertigungsmittel. (5,4.) Deshalb das scharfe Entgegentreten des Apostels. Paulus beschnitt Timotheus, um Juden aus der Herrschaft des Gesetzes herauszuziehen, während die falschen Lehrer den Galatern die Beschneidung auferlegten, um sie wieder unter diese Herrschaft zu stellen. Also standen tatsächlich die Beschneidung des Timotheus und die des Gesetzes sich ganz und gar entgegen.

Timotheus wie Paulus taten bei jener Gelegenheit, was jeder Knecht des HErrn tun soll, nämlich sich den Sitten des Voltes zuneigen, wohin der „HErr der Ernte“ ihn gestellt hat, sofern diese Sitten nicht sündhaft sind.

Leider entnehmen manche Christen aus dieser Stelle, man dürfe in der religiösen Welt bleiben, ja! wie die Welt bleiben, damit man etliche aus derselben erretten möchte. Vor falschen, verderblichen

Lehren, schriftwidrigen Überlieferungen und Gewohnheiten die Augen schließen, um etliche zu erretten. Sie gleichen Soldaten, die ihre Waffen ablegen, um in dem feindlichen Heere Gefangene zu machen; sie werden bald selbst gefangen sein. Wenn solche Christen ihr Herz vor dem HErrn im Lichte Seines Wortes prüfen, werden sie finden, daß ihr Herz solche Dinge liebt.

Geschwister, junge Geschwister, wie steht es um uns? Sind wir außerhalb des Lagers? (Hebr. 13,13.) Erkennen wir „die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden“? (Phil. 3,10.) Sind wir gute Kriegsleute Jesu Christi? (1. Tim. 1,18; 2. Tim. 1,8.) Beobachten wir Phil. 3,17 und 1. Tim. 5,17 und drängt uns die Liebe des Christus (2. Kor. 5,14)? Eine solche Untersuchung ist nie vergeblich, und wenn sie negative Ergebnisse ergibt, so laßt uns uns vor dem HErrn beugen und Ihm leben, der da sagt: „Siehe, Ich komme bald und mein Lohn mit Mir.“

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Mancher möchte vielleicht die Handlungsweise Pauli unbesonnen richten mit dem bösen Satz: „Der Zweck heiligt die (unheiligen) Mittel.“ Aber würde der Apostel wohl, um jemandem das Evangelium wirksam verkünden zu können, etwas getan haben, was mit der Schrift im inneren Widerspruch gestanden hätte? Sicher nicht! Nie hätte der Apostel sich selbst „offene Türen“ machen wollen auf einem bösen Wege, etwa indem er menschliche Systeme gutgeheißen und sich ihnen in einigen Punkten angeschlossen hätte. Unter allen Umständen ging er den Weg, den er den Korinthern predigt in 2. Kor. 6,14ff. Aber die Beschneidung war nicht durch menschliche Mache und Rücksichten auf Menschenmeinung entstanden, sondern sie war göttlich gewollt und eingeführt! Darum konnte Paulus da, wo es sich um die praktische Liebe zu seinem Volke handelte, den das Wort unter Juden predigenden Timotheus beschneiden. Und er wurde damit seiner Stellung in der Freiheit vom Gesetz keineswegs untreu. Aber in dem Augenblick, wo es sich um die Beschneidung als Stück des Gesetzes als Lehre handelte, das in Christo erfüllt war und dessen Annahme und Anerkennung die Gnade ungültig gemacht hätte (Gal. 2,21), da musste er gegen das Sichbeschneidenlassen mit der Strenge auftreten, die eines Apostels Jesu Christi würdig war. Die Liebe zu seinem Volk hieß ihn von seiner Freiheit Gebrauch machen und Rücksicht nehmen in einer Sache, deren Ursprung göttlich war, aber die Liebe zu Christum befahl ihm, da mit äußerstem Ernste zu verfahren, wo „das Evangelium des Christus verkehrt“ wurde (Gal. 1,7).

Frage 18

Welches Kommen meint Jesus in Matth. 16,28 und Joh. 21,22?

Antwort A

Ich dachte, Matth. 26,64 könnte da etwa Aufschluß geben, welches Kommen Jesus in Matth. 16,28 meint. Es ist also nicht das Kommen Jesu gemeint, auf das wir noch warten, sondern das Kommen Seiner Herrschaft vom Himmel her.

In Joh. 21,22 aber meint der HErr das Kommen, das auch wir noch erwarten. Nicht sagt ja der HErr, daß Johannes soll bis dahin leben bleiben. Er will offenbar nur sagen, daß es in Jesu Macht liege, wie

lange Er einen Seiner Jünger auf dieser Erde behalten wolle, und daß, wenn Er wolle, Er auch die Macht habe, ihn zu bewahren bis an jenen Tag.

K. E.

Antwort B

In Matth. 16,28 zeigen die zwei Ausdrücke „Sohn des Menschen“ und „in Seinem Reiche“, daß es sich um ein Kommen für die Erde handelt; dieses Kommen ist die besondere Erwartung des Volkes Israel, aber auch der ganzen Schöpfung (Römer 8,19-22; 2.Thess. 1,7-10).

Einige Worte über den Zusammenhang, in welchem wir gleichsam die Vorgeschichte zum 28. Vers finden.

In Kap. 16,13-20 sehen wir festgestellt, daß Jesus „der Christus sei“, der Gesalbte, der König (Ps. 2,6), was wir für diese Betrachtung vor Augen behalten wollen. „Von der Zeit an“ (Vers 21), das deutet den Anfang eines neuen Zeitabschnittes an, „begann Jesus ... zu zeigen, daß er ... vieles leiden, und getötet und ... auferweckt werden müsse“, also die Verwerfung des Königs; (vergl. Dan. 9,26a). - Im Verse 22, durch das Verhalten des Petrus, wird der Zustand des jüdischen Volkes geoffenbart, welches durch die Propheten die Notwendigkeit des Leidens Christi hätte wissen können, sie aber nicht verstand und noch nicht versteht (Luk. 24,7.25.26.44-46); Römer 10,14-21); in den letzten Zeiten wird dieses Volk wie auch die anderen Nationen vom Satan durch dessen Werkzeuge den Fürsten und den Antichristen völlig beherrscht werden (Dan. 9,26b; 11,32a.36-39; 2. Thess, 2,3-4.9; Offenb. 13,11-18). (Die Verse 24-26 sind ein Hinweis auf die große Drangsal von Dan. 11,33-35; 12,1; Sach. 13,9; Offenb. 13,15.) Dieselbe wird durch die Erscheinung des Sohnes des Menschen beendigt, der durch das Gericht alles in Ordnung bringt und die die Erde betreffenden Verheißungen erfüllt (Sach. 14,3.12ff.; 2. Thess. 2,8; Dan. 12,1-3; Mal. 4,1-3; Offenb. 19,20 - 20,6). Merken wir hier, daß, während in den im Alten Testament angeführten Stellen die Rede von dem Kommen für Israel ist, im Neuen Testament dieses Kommen den ganzen Erdkreis betrifft, welches mit Seinem Namen „Sohn des Menschen“ übereinstimmt.

Das im Verse 28 Gesagte wurde „nach sechs Tagen“ in einer Gesichts-Erscheinung vor den Augen von drei Jüngern erfüllt (Matth. 17,1-9). Der HErr wurde umgestaltet, und es erschienen und unterredeten sich mit ihm Moses und Elias. Moses, als erster, kündigte den Messias an (5. Mose 18,15.18). Elias erscheint unmittelbar vor Seinem Kommen als Letzter. (Mal. 4,5. Vergl. auch Frage 12, Seite 38 der „Gegens. Handr.“ 1913.) Ihre Erscheinung mit dem HErrn „nach sechs Tagen“ zeigt die Zeit der vollkommenen Vollendung aller Weissagungen, die in diese Zeitperiode fallen, vom Anfang (Moses) bis zum Ende (Elias) an. Dies geschah, oder besser, wird geschehen am Ende der 70. Woche von Dan. 9,24.

In Joh. 21,22 aber darf man wohl annehmen, daß die Rede vom Kommen des HErrn zur Entrückung der Kinder Gottes ist; dies stimmt auch mit dem Charakter dieses Evangeliums überein. In demselben findet man die Offenbarung „des Vaters“ durch „den Sohn“. Der Titel „Brüder“ (Vers 23) enthält das durch den Tod und die Auferstehung des HErrn gebildete neue Band der Verwandtschaft mit dem Vater (11,52; 20,17). Was ist aber die Erwartung der Brüder? Sicher nicht die Wiederherstellung des Reiches für Israel, denn inmitten dieses Volkes waren sie nun Fremdlinge. Ihr Weg geht jetzt gen Himmel, wohin der HErr ging. Sie erwarten nichts anderes als die Erfüllung von

Joh. 14,3: „Ich komme wieder und werde euch zu Mir nehmen“, Obwohl der Tod in Joh. 21,22.23 nicht ausgeschlossen ist, wird doch gezeigt, daß, wenn der HErr will, wir nicht durch den Tod zu gehen brauchen (1. Kor. 15,51); dagegen zeigen die Worte in Matth. 16,28 „den Tod nicht schmecken, bis“, - daß der Tod bleibt für die „etlichen“, die diese Verheißung erhielten.

Bruder! Wir, die wir solche Hoffnung haben, lassen wir, ich und Du, die baldige Wiederkunft unseres HErrn unser Handeln und Tun beeinflussen! Laßt uns in Ihm bleiben, auf daß wir nicht beschämt werden bei Seiner Ankunft (1. Joh. 2,28). Diese Erwartung ist nicht nur ein Zustand, sondern eine Tätigkeit (1. Thess. 1,10; Phil. 2,12-16; Offenb. 22,11b). Möchten wir in Aufrichtigkeit des Herzens sagen dürfen: „HErr, Du weißt alles, Du erkennst, daß ich Dich liebe habe“ und „Ja, komm, Herr Jesus!“

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Wir sind hocherfreut über diese klaren Darlegungen, möchten sie vielen dienen. besonders auch denen, die noch leicht geneigt sind, alles, was von dem Kommen des HErrn gesagt ist, auf denselben Zeitpunkt zu beziehen. Herrliche Dinge liegen vor denen, die zu Seiner Gemeinde gehören, aber auch Israel hat Großes zu erwarten, wenn erst die Gemeinde entrückt ist zu Christo! Um so mehr sollten wir Gläubigen der Jetztzeit uns sehnen nach dem HErrn, damit Er Seine Pläne bald durchführen kann, die Er mit uns und mit Israel und der Welt hat!

 

 

Frage 19

Wie ist Judas V. 9 zu verstehen? (Vergl. 5. Mose 34,5.6!)

Antwort A

Der angegebene Vers heißt wörtlich: „Michael aber, der Erzengel, als er, mit dem Teufel streitend, Wortwechsel hatte um den Leib Moses, wagte nicht, ein lästerndes Urteil über ihn zu fällen, sondern sprach: Der HErr schelte dich!“ Um diesen Vers einigermaßen zu verstehen, ist es nötig, zuerst den Gedankengang des Judas dem Zusammenhang nach hervorzuheben. Judas hat ausgeführt, wie in die Gemeinden Menschen eingeschlichen sind, die in ihrer Frechheit es auch fertig bringen, Majestäten zu lästern. Da nun selbst Michael, der Erzengel, es nicht gewagt hat, den Teufel zu lästern, wieviel weniger dürfen sündige Menschen dies tun. Wir haben also auch als solche, die „errettet sind von der Obrigkeit der Finsternis“, (Kol. 1,13) kein Recht dazu, den Teufel, auch wenn er eine gefallene Majestät vorstellt, zu lästern. Nun fragt es sich: Wann hatte Michael, der Erzengel, den Wortwechsel mit dem Teufel? und: Weshalb diente der Leichnam des Moses als Unterlage für diese Auseinandersetzung? Erst ein paar Bemerkungen über Michael und den Teufel und dann die BeAntwortung der Fragen! Michael ist einer von den Engelfürsten nach Dan. 10,13, und zwar ist er der Schirmherr des Volkes Israel, der für sie streitet nach Dan 12,1. Aus Dan. 10,13.20 und 21 scheint hervorzugehen, daß die Engelfürsten auch über die Völker auf Erden gesetzt sind.

Der Teufel dagegen ist ein gefallener Engelfürst. Der HErr Jesus nennt ihn dreimal „Fürst dieser Welt“ Joh. 12,31; Joh. 14,30; Joh. 16,11, und Paulus redet Eph. 2,2 von dem Fürsten, der in der Luft

herrscht. Das kann nur der Teufel oder Satan (Off. 12,9) sein, der auch „Gott dieser Welt“ genannt wird (2. Kor. 4,4). Der Teufel gebietet nun nicht nur über Engel (Off. 12,7-9), sondern nach Eph. 6,12 auch über einen wohlorganisierten Staat, und zwar über „das Reich der Finsternis“. Durch die Sünde geriet der Mensch unter die Macht des Satans (Apgesch, 26,18), unter die Obrigkeit der Finsternis (Kol. 1,13). Da der Teufel auch die Gewalt des Todes besaß nach Hebr. 2,14, so gehören Sünde und Todesmacht, Sterben und Verwesung eigentlich in das Machtgebiet der Finsternis. In gewisser Weise hatte darum der Satan ein Recht auch auf den Leib des gestorbenen Sünders, ihn durch Kräfte des Verderbens aufzulösen in Erde und Asche, ihn verwesen zu lassen, da sich der Mensch hatte verführen lassen durch ihn zum Abfall, zum Ungehorsam gegen Gott.

Michael und der Teufel sind demnach zwei Gegner, die einander ebenbürtig sind. Dies geht auch aus Off. 12,7-9 hervor. Beide führen Engelheere an, der eine die Engel Gottes und der andere die gefallenen Engel (2. Petri 2,4 und Judä 6).

Die in Judä 9 angeführte Unterredung zwischen diesen beiden sich entgegenstehenden Engelfürsten muß nach dem Tode des Moses stattgefunden haben, da Michael und der Teufel streiten um den Leichnam des Moses, um den entseelten Körper. Also Moses war schon verstorben, wie wir's lesen 5. Mose 34,5.6. Moses ist nach dieser Stelle wirklich gestorben und nicht wie Henoch oder Elias entrückt worden in den Himmel. Der Teufel scheint nun bei dieser Gelegenheit den Leib des Moses für sich verlangt zu haben, als Fürst der Finsternis ihn mit Beschlag zu belegen; deshalb der Wortwechsel zwischen Michael und dem Teufel.

A. C.

 

Antwort B

Sehen sollte Moses das Land, aber nicht hineingehen, weil er Jehova nicht geglaubt hatte, als er, durch die Widerspenstigkeit des Volkes gereizt, unbedacht mit seinen Lippen redete (4. Mose 20,10; Ps. 106,32.33).

Er steigt hinauf auf den Berg Nebo, auf den Gipfel Pisga. Dort zeigt Gott ihm das Land; dann stirbt er in voller Lebenskraft „nach dem Munde Jehovas“ (5. Mose 34,5) und ward von Jehova begraben, so daß niemand sein Grab weiß.

Geheimnisvolle Dinge geschahen da. Der Widersacher, der Teufel, tritt dem Walten Gottes entgegen. Gott in Seinen Hoheitsrechten nimmt den Leib Moses, ihn zu begraben (wie es scheint durch die Hand Michaels), Leib und Grab gleichsam zu verbergen. Er will Leib und Grab nicht in der Hand der Menschen lassen. Der Widersacher will dies verhindern. Um den Leib findet ein Streit statt. Warum Gott so handelt - welche Absichten Satan mit dem Leibe hatte - die Schrift schweigt, und wenn sie schweigt, müssen auch wir lernen, zu schweigen, welche Gedanken wir auch haben mögen. Es genügt, zu wissen, daß Gottes Tun Güte ist und Satans Absichten Verderben sind.

So wie Jehova hier bereits Seine Souveränität über die Gebiete der Finsternis offenbarte, so wird es der HErr tun in der Stunde Seines Kommens, wenn Er gebietend in den Bereich der Macht des Todes hineinrufen wird und die Herausgabe der Leiber Seiner Entschlafenen fordert. Mit lauter Stimme forderte Er einst das Herauskommen Lazarus' zum irdischen Leben - mit „gebietendem Zuruf“ fordert Er dann die Leiber Seiner entschlafenen Heiligen, sie umzugestalten zur Gleichförmigkeit mit Seinem

Leibe der Herrlichkeit. 1. Thess. 4,16; Phil. 3, 21.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Frage selbst ist eingehend behandelt. Es erübrigt nur, noch einmal auf den Zusammenhang der Stelle im Judasbrief hinzuweisen: V. 8-10 ist die Rede von einem der Kennzeichen dieser Zeit, dem Lästergeist, den „diese“ offenbaren! Michael hätte menschlichem Ermessen nach Grund und Recht gehabt, den Teufel zu lästern, und tat es nicht!, „diese“ aber lästern ohne Grund und Recht die Herrschaft - Christus vor allem! - Obrigkeiten, Würden, obrigkeitliche Gewalten dieser Zeit, die doch von Gott verordnet sind (Röm. 13,1) usw. Möchten wir, die wir wirklich Christi Eigentum sind, „diesen“ in keinem Punkte gleichen oder auch nur ähneln!

Frage 20

Matth. 11,11.12: a. Warum ist der kleinste im Himmelreich größer als Johannes der Täufer? b. Was heißt „Gewalttäter berauben es“ (Miniaturbibel)?

Antwort A

Bei der BeAntwortung dieses Wortes ist zu beobachten, daß das „Reich der Himmel“ einer ganz bestimmten Zeitperiode angehört und damit auch einen ganz bestimmten Charakter hat.

Das Matthäusevangelium enthält, was die Zeitperiode anbelangt, ein dreifaches Zeugnis (vergl. Kap. 3,2; 4,17 und 10,7), wonach das Reich der Himmel als eine demnächst beginnende Zeitperiode gekennzeichnet wird.

Die Bezeichnung Reich „der Himmel“ gibt auch den besonderen Charakter an und besagt, daß die Macht dieses Reiches, wenn es ausgerichtet ist, ihren Sitz in den Himmeln hat, wodurch zugleich auch die Verwerfung des Königs und Sein Sitzen zur Rechten Gottes angedeutet wird. Im einzelnen wird der Charakter dieses Reiches nach zwei Seiten hin im 13. Kapitel des Matthäusevangeliums vom HErrn Selbst gezeichnet, und zwar in seiner äußeren und inneren Gestaltung.

Über den Eingang in dieses Reich gibt der Herr Jesus in Joh. 3,3-5 eine überwältigend klare Belehrung, die Belehrung von der neuen Geburt und in Verbindung hiermit von der Gabe des Heiligen Geistes. Bei dieser neuen Geburt oder bei dem Eingehen in diesem Reich, was nur geschehen kann, wenn das Wort in der Kraft des Heiligen Geistes unseren Seelen nahe gekommen ist und wir so eines Lebens und einer Natur teilhaftig geworden sind, die einem solchen Reiche entsprechen, handelt es sich im letzten Grunde um die Unterwerfung von Seelen unter Christum, der Sich jetzt zur Rechten Gottes (in den Himmeln) befindet. (Vergl. Luk. 18,17.)

Was nun den Beginn oder die Aufrichtung dieses Reiches betrifft, gibt Luk. 16,16 eine außerordentlich klare Belehrung. „Das Gesetz und die Propheten waren bis auf Johannes; von da an wird das Evangelium des Reiches Gottes verkündigt.“ Mithin stand Johannes außerhalb dieses Reiches bezw. dieser Zeitperiode. Er, der größer war als alle Propheten, indem er das Vorrecht hatte, direkt auf den unter Israel weilenden König hinzuweisen, war doch kleiner als der Kleinste in dem „von da an“

kommenden Himmelreich.

Die Stellen in Luk. 21,29-31 und Apgesch. 1,3 in Verbindung mit Apgesch. 2,33-36 belehren uns klar, daß das Reich der Himmel zur bestimmten Zeit am Tage der Pfingsten durch das Zeugnis des vom Himmel herniedergesandten Heiligen Geistes eingeweiht wurde.

Die Worte in Matth. 11,12: „Gewalttuende reißen es an sich“ und in Luk. 16,16: „und jeder dringt mit Gewalt hinein“, will wohl die Tatsache feststellen, daß das Zeugnis von diesem Reiche einen jeden auf die Probe stellt. Hierzu mag nur das Wort aus dem Munde des HErrn in Luk. 14,25-27 in innerer Stille und Sammlung gelesen werden oder das vom reichen Jüngling in Matth. 19,16ff., Worte, welche klar bezeugen, daß zum Eingang in das Reich der Himmel jene heilige Energie des Glaubens nötig ist, die jedes Hindernis besiegt, um völlig für Den da zu sein, der ein unbedingtes Anrecht auf alle die Seinigen hat.

W. W.

Antwort B

Johannes war nicht größer seiner persönlichen Hingabe oder Treue wegen als alle von Weibern Geborenen, sondern der Stellung und des Dienstes wegen: vor dem Angesicht des HErrn herzugehen (Vers 10). Wer von Weibern Geborenen hat einen solchen Auftrag gehabt, auf wen ist solch hohe Würde gelegt?! Aber größer als er ist der, welcher im Reiche der Himmel ist. Dazu war neue Geburt, Leben aus Gott nötig. Deren Berufung und die diesen verliehene Herrlichkeit war nicht zu vergleichen mit der Herrlichkeit derer im Alten Bunde.

Der Vergleich der Größe liegt nicht auf der Linie der persönlichen Hingabe oder Treue, sondern auf der des verliehenen Dienstes und der Stellung und der damit verliehenen Würde.

Ein neues Zeitalter, eine neue Verwaltungsperiode der Wege Gottes begann. Das Zeitalter des Gesetzes und der Propheten war „bis“ auf Johannes (Luk. 16,16), von da an begann ein neues Zeitalter, das der Gnade. Die Güte Gottes bedeckt die, welche dieser Verwaltungsperiode angehören, mit Segnungen und Würden (Könige und Priester usw.), die so groß sind, daß der Kleinste im Reiche der Himmel größer ist als der Größte der früheren Zeitalter, der dies Reich mit seinen Segnungen nur ankündigte.

Das Reich war noch nicht aufgerichtet, es war zunächst nur erst in der Person des Königs da und in der Verkündigung. Dadurch aber war der Weg für jeden geöffnet, in das Reich einzugehen und dem König zu huldigen. Die Führer des Volkes wollten Ihn aber nicht als König und nannten Ihn Beelzebub (Matth. 10,25). Sie versperrten gleichsam den Weg zum König und damit zum Eintritt in die Untertanenschaft Seines Reiches. Kap. 10,28ff. zeigen uns etwas von den Dingen der Wegsperrung; der HErr ermutigt sie, die Furcht vor dem Tode und den Verlust von Vater und Mutter zu überwinden. Wenn ein solcher Widerstand zu überwinden war, um in das Reich einzugehen, so verstehen wir, daß Gewalttuende es an sich reißen. Es ist ein Kampf, der der ganzen Gewalt und Kraft des Glaubensansturms bedurfte und heute noch bedarf!

v. d.. K..

 

Anmerkung des Herausgebers

Der unseres Erachtens durchaus unrichtigen Übersetzung der Miniaturbibel: „Gewalttäter berauben es“ liegt vielleicht die Vorstellung zugrunde, daß die Gewalttäter die Pharisäer und Schriftgelehrten sind, die durch ihre wegversperrende Tätigkeit das Himmelreich schädigen, indem sie es um solche Menschen berauben, die gerne hineingehen möchten (vergl. Matth. 23,13). - Wir glauben dagegen, daß der Satz so zu übersetzen ist: „... bis jetzt dringt das Himmelreich mit Gewalt herein (d. h. das Alte wird mit Gewalt verdrängt und das Neue nimmt dessen Platz ein), und die Gewalttuenden“ (Stürmer!) - und nur diese! - „reißen es an sich.“ Dazu würde der weitere Verlauf des Kapitels auch passen: „Dieses Geschlecht“ (Vers 16) ergreift es nicht, aber „den Unmündigen ist es geoffenbart“ (V. 25) und „die Mühseligen und Beladenen“ kommen zu Ihm! (V. 28.)

Frage 21

Wie ist 1. Kor. 15,29 zu verstehen: „Für die Toten getauft werden?“

Antwort A

Las neulich, daß in einer „neuapostolischen Gemeinde“ sich jemand hat für Bebel „versiegeln“ lassen. Was für ein Unfug und gotteslästerlicher Brauch! Und nun denken einige Ausleger, daß in der ersten Christenheit sich Gläubige hätten für, d. h. zugunsten schon Verstorbener, taufen lassen. Ja, welchen Sinn soll denn das haben? Etwa, daß nun die schon Verstorbenen durch solche Taufe Wiedergeburt und ewiges Heil erlangen würden? Oder was? Hätte Paulus solchen Brauch als beweiskräftig für die Auferstehung hingestellt? Ich glaube, er hätte entschieden davor gewarnt.

Denke mir die Sache so: Es gab je und dann Menschenkinder, die sich, wie das auch heute noch vorkommt, auf dem Krankenbett bekehrten. Man sah, daß eine leibliche Gesundung nicht mehr zu erwarten war. Da ließen sie sich todkrank, wie sie waren, noch taufen - und bezeugten damit, daß sie zu Christo gehörten. Zwar nicht mehr für dieses Leben; denn sie hatten nur noch den Tod zu erwarten. So bezeugten sie damit, daß sie, da sie nicht mehr im Leben zu Ihm stehen konnten, im Tode zu Ihm stehen wollten. Also, sie wurden getauft nicht zum Leben, oder für die Lebendigen, sondern zum Tode, oder für die Toten. Im Hingehen zu den für diese Welt Toten bezeugten sie allen, die es glauben wollten: Wir leben dem HErrn!

K. E.

Antwort B

„Für die Toten getauft werden“ ist das äußere Bekenntnis, daß man sich nicht mehr als lebendig achtet, sondern als tot, begraben; d. h. man wird, sozusagen, für die in einem Friedhofe schon begrabenen Toten gewonnen, ihnen beigezählt. Das können nur die tun, welche ihrer selbst überdrüssig sind, ein neues Leben beginnen wollen, ein Leben der Auferstehung, wofür das Sterbliche den Toten überlassen werden soll (Luk, 9,10). Derjenige, der sich taufen läßt, tut es mit der gewissen Hoffnung, an der leiblichen Auferstehung Teilhaber zu werden, von der Christus der Erstling ist; im Glauben kommt er der Zeit zuvor, da er dem Leibe nach sterben und auferstehen wird, um jetzt schon, in der Kraft der Auferstehung (Phil. 3,10), als ein neuer Mensch in Christo zu

leben, denn „Christus ist die Auferstehung und das Leben.“ Wenn man die Auferstehung leugnet, wird die Taufe ein Unsinn, vielmehr eine verdammliche Tat, denn sie würde die Darstellung nur eines eigenwilligen Todes, eines Selbstmordes sein. Derjenige, der, wie etliche Korinther, ein Stück der Wahrheit angreift, macht sein christliches Leben und Handeln zum Unsinn. Gott bewahre uns davor! Er sei gepriesen! denn Seine Wahrheit ist an sich selbst unantastbar (2. Kor. 13,8).

R. W. D.

Antwort C

Die Stelle lautet: „Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden, wenn überhaupt nicht Tote auferweckt werden.“ Nach einer anderen Lesart heißt es auch, „an Stelle der Toten getauft werden.“ Dieser Vers lehnt sich eng an Vers 19 im gleichen Abschnitt an, wo Paulus sagt: „Wenn wir allein in diesem Leben auf Christum Hoffnung haben, so sind wir elender als alle Menschen.“ Er wollte damit ausdrücken: Wenn wir vorgeben, Christo anzugehören, und vielleicht sogar durch die Taufe bekannt haben, daß wir mit Christus begraben sind, dann müssen wir auch bereit sein, in die Fußstapfen der Zeugen einzutreten, welche ihr Zeugnis mit dem Tode besiegelt haben. So ist dieses Getauftwerden für die Toten, oder an Stelle der Toten, ein Eintreten in die Nachfolge Dessen, der Sein Leben für uns dahingab, und ein Willigwerden, auch mitgeopfert zu werden gleich denen, die um des Zeugnisses willen ihr Leben gelassen haben. Wenn wir das Leben des Paulus betrachten, wie es ein Leben voll Kampf und Leid war (vergl. 2. Kor. 4,10), so sehen wir, daß er fortwährend in Gefahr, aber auch allezeit willig war, das Zeugnis für Jesum mit seinem Tode zu besiegeln (vergl. 2 Kor. 1,8). Aber nicht nur Paulus, sondern jeder treue Bekenner des HErrn gibt durch sein Zeugnis und seinen Wandel einer gottfeindlichen Welt den überzeugenden Beweis von der Gewissheit der Auferstehung aus den Toten. Dieses Zeugnis war in den Tagen des Paulus mehr als heute mit dem Tode verknüpft, und ein Gläubiger mußte allezeit bereit sein, das Leben für seinen HErrn oder um seines HErrn willen hinzugeben. Die Zeiten können wiederkehren, dann bedarf der einzelne Gnade vom HErrn, diese Taufe zu verwirklichen. Wenn wir das Ganze noch einmal kurz ausdrücken, so heißt „für die Toten getauft werden“ oder „an Stelle der Toten getauft werden“: Ein Christ werden und dieses durch die Taufe bekennen vor der Welt, um dann auf den Platz der Zeugen zu treten, die ihr Zeugnis mit dem Tode besiegelt haben.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn wir die vorliegenden Antworten lesen, so scheint es ein Leichtes zu sein, diese in der Schrift ja einzigartige Stelle richtig zu deuten. Und doch gibt es nach des gläubigen Schriftforschers J. A. Bengels Wort eine solche Menge von Erklärungen über diese Stelle, daß derjenige, der nur eine Aufzählung derselben anfertigen möchte, schon eine ganze Abhandlung schreiben müßte. Man vergl. hierüber die Mitteilungen auf Seite 16 des in mancher Hinsicht höchst beachtenswerten Buches von J. Warns über „Die Taufe“.1 Aber ob nun diese Stelle im Sinne obiger Antworten gedeutet werden muß oder ob andere Deutungen mehr Wert haben, ob das griechische Wort ύπέρ (hyper) mit „für“ oder „über“ oder „anstatt oder „hinsichtlich“ übersetzt wird, eins bleibt in jedem Fall sicher und kommt ja auch in obigen, uns ziemlich befriedigenden Antworten deutlich zum Ausdruck: der Apostel hat in der Heranziehung dieser als Beispiel den damaligen Lesern seines Briefes genugsam bekannten

1

Nur ausnahmsweise bringen wir in der „Handreichung“ einmal eine Bücherempfehlung; aber wir hoffen, mit dieser auch eine „Handreichung“ zu tun. Das Buch ist erschienen beim Christl. Verlagshaus Wiegand & Co., Homburg v. d. H., zum Preise von 3 Mk. (geb. 4 Mk.).

Handlungsweise einen geradezu unanfechtbaren Beweis dafür gefunden, daß Tote auferstehen. Das ist der bleibende Hauptwert dieser Stelle auch für die Leser derselben, denen der Sinn nicht mehr so leicht verständlich ist!

1

Nur ausnahmsweise bringen wir in der „Handreichung“ einmal eine Bücherempfehlung; aber wir hoffen, mit dieser auch eine „Handreichung“ zu tun. Das Buch ist erschienen beim Christl. Verlagshaus Wiegand & Co., Homburg v. d. H., zum Preise von 3 Mk. (geb. 4 Mk.).

Frage 22

Was ist in Luk. 2,35 unter dem Schwert zu verstehen, das Marias Seele durchdringen wird? (Finden wir in Luk. 2,48 schon eine Antwort Dafür? Vielleicht auch in Joh. 2,3.4?)

Antwort A

Hohe Ehre war Maria als Mutter Jesu zuteil geworden. Aber sie sollte lernen, daß Er, der Sohn Gottes, ihr Heiland und Erretter werden sollte. Durch das Schwert, das mehr als einmal durch ihre Seele ging, wurde sie nicht allein vor Überhebung bewahrt, es wurde dadurch auch ihre Stellung zum HErrn und der Gemeinde gekennzeichnet.

Zum erstenmal durchzuckte sie dieser Schmerz, als sie die Worte vernahm in Luk. 2,49. Sie dachte, ihr Vorwurf: „Warum hast Du uns das getan“ sei gerechtfertigt, und erfährt nun, daß sie solchen verdient hatte, und daß, wenn Er auch ihr Sohn, Er zugleich ihr HErr sei.

Tiefer geht das Schwert durch ihre Seele bei der Hochzeit zu Kana. Mehr und mehr muß sie sich äußerlich von Ihm lösen. Das scheinbar harte Wort: „Weib, was habe Ich mit dir zu schaffen“ sagte ihr: „Es ist ein höherer, Mein Vater, auf Dessen Wink Ich warte“ (Joh. 4,34).

Noch gewaltiger wurde die Kluft, als sie aus Seinem Munde hörte, daß, wer den Willen Gottes tue, Seine Mutter, Brüder und Schwestern seien. Aber die schwerste Zeit war, als man das „Kreuzige“ über Ihn rief und Ihn nach Golgatha führte. Dort löst Er völlig das äußere Band durch die Worte: „Weib, siehe, das ist dein Sohn.“ Dort schaute sie in Ihm das Lamm Gottes, das der Welt und auch ihre Sünde wegtrug.

L. Th.

Antwort B

Maria sah Jesum so, wie ihr der Engel bei der Geburtsverkündigung gesagt hatte. Sie sah in Ihm den König, der das Reich Israel wieder aufrichten sollte, der der Sohn des Höchsten genannt und dem Gott den Stuhl Seines Vaters David geben wird; deshalb verstand sie die Worte, die Gott durch Simeon sprach, nicht.

Als sie Jesum am Kreuze sah, da ging das Schwert durch ihre Seele - alle ihre Hoffnungen waren dahin. Jesus sah ihren Schmerz, und Er wies auf Johannes hin, der nun ihr Sohn sein sollte. Dies alles sah Simeon im Geiste zuvor, und davon sprach er.

A. T.

Anmerkung des Herausgebers

Wir weisen noch hin auf den ganzen Vers dieser prophetischen Rede Simeons. Die Überlegungen der

Herzen sollten durch Jesus offenbar gemacht werden, und auch durch Marias Seele sollte das Schwert gehen. Wodurch werden der Menschen Herzen offenbar? Durch das Wort. Das Wort wird in der Schrift mehrfach mit einem Schwert verglichen, so z. B. in Eph. 6 und in Hebr. 4,12.13! Christus aber ist das fleischgewordene Wort! (Joh. 1,14.) Und wahrlich: was Er redete, und was Er war in dieser Welt - oftmals wird beides zusammen wie ein Schwert gewesen sein, mit dem, wenn sie davon Kunde bekam, das arme, menschlich unverständige Mutterherz der Maria durchbohrt wurde (vergl. z. B. auch Worte wie Matth. 10, 34-39), und wodurch die törichten Überlegungen ihres Herzens offenbar wurden. - Aber sie lernte glauben an Ihn (vergl. Joh. 2,5), und auch sie war später bei der kleinen Schar auf dem Obersaal (Apgesch. 1,13.14) und durfte glücklichen Herzens warten auf die Erfüllung Seiner Verheißung!

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Mit innigem Dank gegen den HErrn und Sie alle lassen wir diese Nummer hinausgehen. Wir haben eine größere Reihe von Fragen behandelt als sonst. Wir mußten es, um mit der Fülle des vorhandenen Stoffes zu räumen. Es gehen so viele Fragen und so reichlich Antworten ein, daß es nur auf dem diesmal eingeschlagenen Wege möglich ist, bei dem gegenwärtigen Umfang des Blattes den Überfluß an Stoff zu bewältigen. Es wird uns sehr schwer, die Antworten in dieser Weise kürzen zu müssen, aber wer einmal einen Blick in die Schwierigkeiten unserer Redaktionsarbeit getan hat, gibt uns recht, daß keine andere Möglichkeit vorhanden ist. Gelegentlich werden einzelne freundliche Mitarbeiter nur sozusagen „Blätter und Blüten“ aus ihren Einsendungen wiedersehen. Sie mögen uns dies nicht verargen, sondern die Zwangslage erkennen, in der wir uns befinden! Möchten unsere geliebten Mitarbeiter aus diesem allem lernen, sich künftig so kurz wie irgend möglich zu fassen! Wirklich schwere Fragen werden auch in Zukunft eingehendere Antworten finden.

Aufmerksame Leser des Blattes werden auch bemerken, daß Fragen beAntwortet sind, die gar nicht veröffentlicht waren. Wir haben auch diesen Weg als nötig ersehen, um leichtere und doch für die Allgemeinheit nicht unwichtige Fragen, beAntwortet durch bekannte Mitarbeiter, dem Leserkreis vorlegen zu können.

Wenn wir den Umfang des Blattes verdoppeln könnten, so würde es vielleicht leichter sein, die Artikel so zu veröffentlichen, wie sie eingesandt werden. Aber dann müßte der Preis der „G. H.“ auch wenigstens doppelt so hoch sein wie jetzt, übersteigen doch auch beim jetzigen Umfang noch die Herstellungskosten des Blattes die Einnahmen so bedeutend, daß wir nur immer wieder bitten können um Unterstützung in der Verbreitung desselben.

Aber der HErr segnet uns fortgesetzt. Ihm sei Dank und Lob! Seien Sie alle Ihm befohlen mit 1. Thess. 5,15-17

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang April 1914.

Gruß an den Leser:

Jehovas Augen durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen,

Jehovas Augen durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist.“ 2. Chron. 16,9.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 23

Warum verlangte Gott die Tochter Jephthas als Brandopfer? Richt. 11,31.34ff.

Antwort A

Nirgends ist davon die Rede, daß Gott das verlangt. Stellen wir uns doch die Situation recht vor. Israel war in Not, Die Ältesten Israels riefen Jephtha und machten ihn zum Obersten. Gott erfüllte (11,29) den Jephtha mit Seinem Geist; denn Er wollte dem geplagten Volke helfen. Er, der große Gott, hätte auch sicher geholfen, ohne daß Jephtha nun (V. 31) das Gelübde aussprach. Denn wenn Gott helfen will, macht Er Sich nicht abhängig von Versprechungen der Menschen.

Ob nun Jephtha seine Tochter als blutiges Brandopfer dargebracht, wie viele glauben, oder ob er sie nicht geschlachtet, sondern sie zum Dienst des Heiligtums und damit zur Jungfrauschaft bestimmt und dadurch sich und sein Haus um die Möglichkeit seines Fortbestehens gebracht hat - wie ich glaube - soviel ist ganz klar: Gott hat kein blutiges Menschenopfer gefordert, hier nicht und nie! (Aus jener irrigen Annahme stammt vielleicht auch die irrige Annahme der Ritualmorde.)

K. E.

Antwort B

Röm. 15,4: „denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“, gilt auch für Richter 11.

Jephtha, von Gott ersehen zum Helfer in der Not Israels, war ein tapferer Held, aber ohne Erkenntnis Gottes bezüglich der Gedanken Gottes über Sein Volk. Jephtha stand nicht auf der Höhe des Glaubens wie Abraham (1. Mose 22,2). Jephtha handelte ohne Glauben;

er wollte einen Vertrag mit Gott machen, wie einst Jakob (1. Mose 28,20).

Jephtha tat ein Gelübde. Gott hat dies Gelübde nicht gefordert, Er überläßt aber den Jephtha der VerAntwortlichkeit und den Folgen seines Gelübdes.

Jephthas Tochter bezeugt gewissermaßen mehr Glauben, sie unterwirft sich jedoch freiwillig dem durch Unbesonnenheit und Unglauben ihres Vaters getanenen Gelübde, und V. 39 vollzieht Jephtha sein Gelübde.

Solche Berichte, wie auch dieser Bericht aus der Richterzeit, haben für uns insoweit Wert und

Bedeutung, als wir darin einzelne Charakterzüge Gottes und unseres Herrn Jesu Christi erkennen.

Jephtha stellt sich auf den Boden des Gesetzes und gesetzlicher Werke. Gott aber handelt aus freier Gnade mit den Menschen, ohne die Bedingung der Gegenverpflichtung von seiten des Menschen. Jephtha handelt in Unbesonnenheit, Gott aber hat nach Seinem vor Grundlegung der Welt bestimmten Ratschluß gehandelt und seinen eingebornen, geliebten Sohn hingegeben zu unserer Errettung, und Jesus, unser HErr und Heiland, ist gekommen, wie geschrieben steht Hebr. 10,7-9.

F. B.

 

Anmerkung des Herausgebers

Wir freuen uns dieser Antworten. Sie zeigen klar, was es ist um übereilte Gelübde! Wir Gläubigen, die wir auf dem Boden der Gnade und der Freiheit stehen, sollten überhaupt keine Gelübde tun, weil Gelübde stets etwas von dem Charakter des Gesetzes an sich tragen! Wenn nun jenes übereilte Gelübde auf wirklichen blutigen Opfertod Bezug hat, so hätte ein Mann, von dem der Geist Gottes Besitz ergriffen hatte, um ihn zum Segen Seines Volkes zu gebrauchen, doch in der Erkenntnis, daß Gott keine blutigen Menschenopfer wolle (1. Mose 22,12), sein Gelübde zurücknehmen müssen. Und diese Erwägung in Verbindung mit V. 38-40 veranlaßt uns, anzunehmen, daß es sich nicht um ein blutiges Opfer handelte, sondern darum, den Sinn des Brandopfers zu erfüllen: Ein Opfer des Lebens für Jehova zur Annehmung darzubringen.

Daß Jephthas Tochter ihre Jungfrauschaft beweint, wenn sie im Tempeldienst lebenslänglich bleiben soll, also unverheiratet sein und nie Kinder - die Sehnsucht besonders jeder jüdischen Frau - haben soll, ist dann auch verständlicher. Außerdem steht ja auch nicht da, daß Jephtha sie wirklich blutig geopfert hat. Dennoch bleibt auch uns die Stelle etwas dunkel. - Jedoch können wir keinesfalls sagen, daß Gott die Tochter Jephthas als Brandopfer verlangt hätte!

Frage 24

Wie hat sich ein Christ nach Röm. 13,1-7 der Obrigkeit gegenüber zu verhalten und darf er Kriegsdienst tun?

Antwort A

Paulus will die Gläubigen vor gefährlichen Verirrungen bewahren. Sie betrachten sich mit Recht als Glieder des Gottesreiches im Gegensatz gegen die heidnische Welt. Dieser Gegensatz bezieht sich aber nur auf die Herzensstellung, nicht auf die in der Welt bestehenden Verhältnisse. In diesen nur das Reich des Satans zu sehen ist falsch und irreführend. Vielmehr bestehen auch in der Welt göttliche Ordnungen, denen sich alle Menschen, auch die Christen, zu unterwerfen haben. Das gilt besonders von der staatlichen Obrigkeit und den damit verbundenen gesetzlichen Ordnungen.

Die hier ausgesprochene Lehre von der Obrigkeit und dem gottwohlgefälligen Verhalten gegen sie war damals allen Heiden- und Judenchristen ganz neu und unerhört und wird leider auch heute von vielen Gläubigen nicht verstanden. Der Apostel zeichnet hier in gewaltigen Zügen das wahre Verhältnis der Christen zu ihrer Obrigkeit und beider Verhältnis zu Gott.

Die Obrigkeit, welche bei anderen Menschen, welche keine Christen sind, als etwas Menschliches gilt, das in der Willkür der Menschen seinen Grund habe und durch diese Willkür auch wieder verändert und aufgehoben werden könne, ist dem Christen etwas ganz anderes, nämlich eine Anstalt Gottes zur Beförderung der menschlichen Wohlfahrt und also etwas Heiliges, Unverletzliches, Unveränderliches. Das Wort Gottes befiehlt Gehorsam in allen Dingen, die nicht nachweisbar gegen das Wort Gottes sind, und es erklärt die Widersetzlichkeit und Untreue gegen die Obrigkeit für ein Widerstreben gegen Gott, das er nicht ungestraft lassen werde. Sogar von der damaligen (Kaiser Nero in Rom) wie von jeder anderen Obrigkeit gilt das Wort: „Sie ist Gottes Dienerin“, sie hat ihre Macht und Autorität von Gott, selbst wenn sie auf ungerechte Weise zur Herrschaft gelangt ist und ungerecht handelt. Sie ist dafür Gott verAntwortlich - eine sehr ernste VerAntwortung! -, und Kinder Gottes sollen für sie beten (1. Tim. 2,1), daß sie sich dieser VerAntwortung bewußt werde und Gott wirklich diene, dürfen ihr aber nicht um ihrer Unvollkommenheit und Ungerechtigkeit willen, etwa, weil sie die Christen verfolgt, den Gehorsam verweigern, es sei denn in Dingen, welche gegen Gottes Wort sind (Apgesch. 4,18.19; 1 Petri 2,13.14).

Zu diesen Dingen wird nun von vielen Gläubigen der Militärdienst gerechnet. Sie sagen, ein gläubiger Christ dürfe nicht Soldat sein, weil Gott sage: Du sollst nicht töten!

Daß aber dieses Gebot sich nicht auf das Töten im Kriege beziehen kann, geht schon daraus hervor, daß Gott Selbst Seinem Volke den Ausrottungskampf gegen die Kanaaniter befiehlt (z. B. 4. Mose 33,52.55; Jos. 6,17; 7,24 bis 26; 1. Sam. 15,1-3). Gott kann Sich ja nicht Selbst widersprechen. Vielmehr bezieht sich dies Gebot auf das Verhalten des einzelnen zu seinem Nächsten, wie auch Matth. 5,39. Die Pflicht und das Recht der Obrigkeit, die Todesstrafe zu vollziehen, geht aus Röm. 13,4 hervor: „sie trägt das Schwert nicht umsonst“, vergl. 1. Mose 9,6.

Wie aber ist Matth. 26,51.52 zu verstehen? Manche sagen, dies Wort bedeute, daß ein Jünger Jesu überhaupt keine Waffe in die Hand nehmen, also auch nicht Soldat werden dürfe. Hat Jesus das sagen wollen? Keineswegs! Joh. 18,11 zeigt, welche Bedeutung das Wort Jesu hat: „den Kelch, den Mir der Vater gegeben hat, soll Ich den nicht trinken?“ Petrus hatte seinen geliebten HErrn mit dem Schwert befreien wollen. Das mußte der HErr ihm wehren. Er mußte und wollte ja leiden und sterben. Hätte er dem Tod entgehen wollen, so hätten die himmlischen Heerscharen zu Seiner Verfügung gestanden, aber er bedurfte zu Seiner Rettung und zur Wahrung Seiner Ehre keines menschlichen Schwertes. Die Seinen aber sind berufen, Seinen Fußstapfen nachzufolgen: 1. Petri 2, 21-24.

Der Sinn der Worte des HErrn zu Petrus ist also der, daß Seine Jünger nie mit irdischen Waffen ihren Glauben verteidigen, nie mit dem irdischen Schwerte für die Wahrheit Gottes und das Zeugnis des Evangeliums kämpfen, sondern in den Fußstapfen des HErrn unschuldig leidend Gott alles anheimstellen sollen, im Vertrauen, daß Er Seine Sache zum Siege führen werde. Dies war der Weg aller wahren Glaubenszeugen. Auch Offenb. 13,10 warnt vor der Verteidigung des Glaubens mit irdischen Waffen. Das Schwert der Gläubigen ist das Wort Gottes. Wo die Gläubigen zur Verteidigung ihres Glaubens zum irdischen Schwert griffen, sind sie durchs Schwert umgekommen. Dies lehrt die Kirchengeschichte.

Dies Wort Matth. 26,52 hat also gar keinen Bezug darauf, ob ein gläubiger Christ irdischen Kriegsdienst tun darf. Hier ist nicht die Rede von Schwert und Kampf für das irdische Vaterland. Wäre letzteres der Fall, so hätte der HErr sicherlich dem Hauptmann von Kapernaum und dem Hauptmann

Cornelius kundgetan, daß sie ihren militärischen Platz aufgeben sollten. Jedoch davon weiß die Bibel nichts.

Die Meinung, daß ein Christ nicht Soldat werden oder bleiben dürfe, rührt meines Erachtens daher, daß man sich unter Gesetz stellt und seine Stellung in Christo noch nicht versteht. Denen, die in Christo sind, gilt das Wort: „alles ist euer, ihr aber seid Christi“, und sie haben das Vorrecht, alles für Jesum zu tun. Kol. 3,17.23-24.

Noch leben wir nicht in dem Zeitalter der Herrschaft des Messias, in welchem die Völker ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Winzermessern schmieden werden, wo nicht mehr Nation wider Nation das Schwert erheben und sie den Krieg nicht mehr lernen werden (Jes. 2,4); sondern wir leben noch in dem „Zeitalter des Menschen“ oder der Herrschaft des Fürsten dieser Welt, wo die Christen als Lichter scheinen sollen inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlecht, darstellend das Wort des Lebens - auch als Soldaten in der Armee und im Kriege - bis der HErr kommt!

Chr. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie klar, wie einleuchtend ist dies alles für ein nur noch die Schrift gelten lassendes Kind Gottes! Aber wie schwierig wird diese Frage, wenn man sie betrachtet in - leider von vielen Gläubigen aus ihrer Zeit „ohne Gott in der Welt“ mit hinübergeretteter - sozialdemokratischer Gesinnung! Wir hörten kürzlich von einem sonst treu zum Wort stehenden Bruder, daß er gesagt habe: „wohl die meisten Kinder Gottes sind mehr oder weniger Sozialdemokraten“. Wie entsetzlich ist solch ein Wort! Welch ein Widerspruch gegen Röm. 13,1ff.; 1. Petri 2,13ff.; Luk. 20,25 und auch gegen Matth. 5,14ff. Wie wenig entspricht dies der Gesinnung von 1. Tim 2,2ff.! Denn wie kann man dies Gebot erfüllen, wenn man seine eigene VerAntwortung für die Aufrechterhaltung der von Gott eingesetzten staatserhaltenden Einrichtungen (Königtum, Obrigkeit, usw.) nicht kennt oder gar ableugnet, was ja eines der Merkmate der Sozialdemokratie ist, ganz abgesehen davon, daß sie auch gott- und christentumsfeindlich ist. Und da bis jetzt noch jeder ganze oder halbe Sozialdemokrat sich für unendlich viel klüger und - für besser hält als die Männer sind, „die in Hoheit sind“, so sollte schon diese Tatsache es den Christen unmöglich machen, auch nur innerlich dieser staatsverderblichen und das Wohl des Landes, in das Gott uns hineingestellt hat, untergrabenden Geistesrichtung - aber nicht des Heiligen Geistes! - sich anzuschließen! Und man vergesse doch nicht, daß es gegenwärtig irgendwo nicht leicht schlimmer aussehen und zugehen kann, als es unter der Herrschaft eines Nero zuging, und doch wurden gerade damals obige Schriftworte den Gläubigen gegeben! Freilich ist die Sünde heute nicht weniger mächtig, und daher läßt jede obrigkeitliche Verwaltung zu wünschen übrig, aber gibt uns dies ein Recht, uns, wenn auch meistens wohl innerlich, dagegen aufzulehnen? (Mancher spielt gleichsam mit dem Gedanken, er sei sozusagen Sozialdemokrat!) Der HErr sieht das Herz an, Bruder! Was sieht Er in Deinem Herzen in puncto Stellung zur gottgegebenen Obrigkeit und ihren Anordnungen? „Seid nicht gleichförmig dieser Welt“ (Röm. 12,2)!

Zu diesen Anordnungen gehört aber unseres Erachtens auch die Militärdienstpflicht. Wir unterschreiben durchaus, was in der vorigen Antwort über das Töten gesagt ist. Und man bedenke doch, daß die VerAntwortung für alles, was König und Obrigkeit anordnen, sie auch nur selber tragen.

1

Politik, auch Sozialpolitik, brauchen wir Christen trotzdem nicht zu treiben und sollen es nicht! (2. Tim. 2,4!) Wir geben unsere Stimme einem Manne statserhaltender Richtung. Unterläßt der einzelne dies, so haben um seinetwillen die staatsniederreißenden Mächte eine Stimme Vorsprung! Der Herausgeber.

Wenn z. B. die vom Volk gezahlten Steuern falsch verwendet werden, wir Christen brauchen uns darüber nicht aufzuregen! Denn wir geben diese Gelder aus Gehorsam gegen die uns von Gott verordnete Obrigkeit; andere, z. B. politische Gründe sollen für uns keine Rolle spielen. Und wenn ein Krieg geführt wird, so erfüllen wir unsere Dienstpflicht wiederum aus Gehorsam gegen eine gottgegebene Obrigkeit, die diesen Krieg für wichtig um des Staates Wohlfahrt willen ansieht. Wir geben dem Staat und dem uns von Gott gesetzten Oberhaupt derselben unsere Kräfte moralischer Art - z. B. bei den für die Wohlfahrt des Staates, in den Gott uns hineinstellte und dessen Vorteile wir genießen, nötigen Wahlen!1 - wie auch körperlicher Art. Und wenn gesagt wird, die Schrift rede nicht vom Militärdienst, so ist dieser Einwand hinfällig, wie schon Antwort A zeigt. Und außerdem gab es in römischer Zeit keine allgemeine Dienstpflicht, die vom Staat eingeführt war; im Söldnerheere dienen braucht nur, wer will! Röm. 13,1ff. und 1. Petri 2,13 reden so deutlich, daß es für geistlich Gerichtete nicht schwer sein sollte, zu sehen, was alles zu den obrigkeitlichen Verordnungen gehört, denen ein Christ sich zu unterziehen hat, und zwar demütig („unterwerfet!“), also ohne auch nur im Herzen sich zu widersetzen oder zu murren. Und wenn einer kürzlich Matth. 26,52 heranzog als Wort gegen den Militärdienst, so zeigt er nur, daß man mit der Melhode des Herausreißens von Schriftworten aus dem Zusammenhang alles beweisen kann, was man will. Geistlich ist dies nicht!

1

Politik, auch Sozialpolitik, brauchen wir Christen trotzdem nicht zu treiben und sollen es nicht! (2. Tim. 2,4!) Wir geben unsere Stimme einem Manne statserhaltender Richtung. Unterläßt der einzelne dies, so haben um seinetwillen die staatsniederreißenden Mächte eine Stimme Vorsprung! Der Herausgeber.

Wir danken unserem Gott für jede Möglichkeit, die heute im Zeitalter der Sünde und des Menschen noch vorhanden ist, um auch im Soldatenstand den HErrn zu verherrlichen. Und es tut uns im Interesse des von uns geliebten Herrscherhauses und Vaterlandes leid, wenn etwa gläubige Offiziere nicht in allen Stücken ihrer christlichen Erkenntnis gemäß leben können, „Gott mehr gehorchend als den Menschen“, ohne mit der Wahrscheinlichkeit ihrer Verabschiedung rechnen zu müssen. Aber dessenungeachtet vertreten wir, entgegen der Meinung mancher teurer Leser, [von denen aber keiner eine Antwort Eingesandt hat!!] furchtlos die Überzeugung, daß der Militärdienst ein Stück der obrigkeitlichen Einrichtungen ist, denen ein wahrer Christ sich aus einer göttlicheren Gesinnung heraus, als sie bei den meisten Untertanen besteht, zu fügen hat, nämlich „um des HErrn willen“ (1. Petri 2,13)!

Frage 25

Auf wen erstreckt sich die erste Auferstehung (Offenb. 20,5f.); welche Beziehung hat sie zur Entrückung der Gemeinde?

Antwort A

Meiner Erkenntnis nach einfach so: Wenn der HErr zu den Seinen kommt vor der großen Trübsal, dann beginnt mit einem großartigen, überwältigenden und folgenschweren Akt die Entrückung und erste Auferstehung. Dann setzt sich beides durch die ganze Zeit fort. Offenb. 20,5.6 ist dann beides abgeschlossen. Also, für mich ist beides nicht ein einmaliger, sondern ein fortlaufender Akt, der beim ersten Kommen des HErrn beginnt und vor der allgemeinen Auferstehung abgeschlossen wird. - Man überdenke da besonders Offenb. 7,14!

K. E.

Antwort B

Die erste Auferstehung erstreckt sich zunächst auf alle Gläubigen von Adam (Hebr. 11,39-40!) an bis zu 1. Thess 4,16 und 1, Kor. 15,52, sodann auf diejenigen von Offenb. 5,9 und Offenb. 20,4, wobei Offenb. 20,4 noch diejenigen genannt sind, welche das Tier nicht angebetet haben noch sein Bild und das Malzeichen nicht angenommen hatten usw. Damit ist, wie in der Schrift ersichtlich, der Schluß der ersten Auferstehung.

Die Entrückung der Gemeinde hat insoweit Beziehung zur ersten Auferstehung, als sie mit dem ersten Akt der ersten Auferstehung in Verbindung steht (1. Thess. 4,16.)

F.B.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist schon viel erreicht, wenn die Kinder Gottes erst einmal alle einsehen oder nach der Schrift glauben lernen, daß es mehrere Auferstehungen gibt. Wieviel Unklarheit herrscht in manchen Kreisen über diesen Punkt! Wir bitten diejenigen, die hierüber noch keine klaren Vorstellungen haben, Offenb. 20 recht aufmerksam zu studieren!

Frage 26

Was ist der Sinn von 2. Petri 3,12: „beschleunigend die Ankunft des Tages Gottes?“

Antwort A

„Wartet“, so heißt es vorher, denn Gott sind alle seine Werke, Wege, Tage von Anfang an bewußt. Gott hat Zeit und Geduld, habe du sie auch! Aber beschleunige mit aller Hingabe in heiligem Wandel und heiligem Bekenntnis die Ankunft des Tages. Jede entschiedene Hingabe an Gott, jedes treue Zeugen und Wirken für Gott beschleunigt die Ankunft des Tages.

Wie weit wir Gottes festgelegten Plan von Ewigkeit her durch unser Tun, das ja, so wir anders Gnadenkinder sind, ein vom Heiligen Geist gewirktes Tun ist, beeinflussen können, das wollen wir hier nicht erörtern. Soviel scheint mir aber klar, daß Gott auf unseren Ihm hingegebenen Willen wartet und daß Er mit einem bereitwilligen Christen und Zeugen Gottes weiter kommt als wie mit einem schwerfälligen oder gar oft widerstrebenden.

Also klare Hingabe in jedem Fall, was die eigene Person und den Dienst des HErrn anbelangt, und - Gottes Wort sagt es - wir beschleunigen die Ankunft des Tages Gottes.

K. E.

Antwort B

Der Zukunft des Tages des HErrn, an welchem die Himmel vom Feuer zergehen werden, geht die Zeit des Tausendjährigen Reiches voraus (siehe Frage Nr. 11). Das zweite Kommen unseres HErrn, welches das sichtbare Reich Gottes auf Erden bringt, ist die Folge des Offenbarwerdens der Kinder Gottes. Die ganze Schöpfung sehnt mit gespannter Erwartung die Offenbarung der Kinder Gottes herbei. Röm. 8,19. Können diese beitragen an der Beschleunigung der Ankunft des Tages Gottes?

Die Geschichte des Volkes Israel mit der Eroberung Kanaans ist uns ein Vorbild. Lange vierzig Jahre dauerte die Wüstenwanderung, und die Eroberung des Landes der Verheißung wäre beschleunigt worden, wenn Israel Glauben gehabt hätte. Des HErrn Befehl zum Vormarsch lautete: „Siehe, ich habe euch das Land vor eurem Angesicht gegeben; gehet hinein und nehmet es ein“ (5. Mose 1,8); auf dies Wort des HErrn vertrauend, wäre den Israeliten leichtes Spiel gegeben gewesen, denn die Kanaaniter fürchteten sich. Jos. 2,9. Hier haben wir ein Vorbild.

Der Apostel Petrus ermahnt in 2. Petri 3,11, auf die Auflösung der Himmelskörper hinweisend, „geschickt zu sein durch heiligen Wandel“. Zu einem solchen gehört das Anziehen der ganzen Waffenrüstung Gottes, damit wir bestehen können wider die listigen Anläufe des Teufels (Eph. 6,11.12).

Die Gemeinde, welche für die himmlischen Örter bestimmt ist (Phil. 3,20), befindet sich jetzt auf der gefallenen Erde und hat zu kämpfen mit den Mächten der Bosheit. Die Gemeinde ist von Gott berufen, den Teufel zu besiegen. Das Reich Gottes war in der ersten Christenheit so nahe, wie es uns heute ist, doch es fehlt oft an dem Glauben, der ihm Gewalt antut und es mit Gewalt an sich reißt. Matth. 11,12.

Gott hat uns wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung, deren Gegenstand die Wiederkunft unseres HErrn ist. 1. Petri 1,3.4. Der neutestamentliche Befehl lautet: „... darum umgürtet die Lenden eures Gemüts, seid nüchtern ...“, Vers 13. Nach Eph. 2,6 sind wir in Gottes Augen schon jetzt mit Christus in den himmlischen Örtern und haben diese Stellung beständig durch Glauben in Besitz zu nehmen und zu halten.

Zu dieser Glaubensstellung gehört ein sehnsüchtiges Verlangen (2. Tim. 4,8; Offenb. 22,17 und 20) und ein eifriges „Siechbeschäftigen“ (Miniatur-Bibel 2. Petri 3,12) mit der Zukunft des HErrn, „denn von Gott gegebene Verheißungen erfüllen sich nicht von selbst, ihr Eintreten hängt von den Menschen ab. Was Gott verspricht, dessen Erfüllung ist immer von den Menschen mehr oder weniger abhängig gemacht, ob sie das Versprochene wirklich begehren oder nicht“ (Blumhardt).

K. L.

Antwort C

Zur Erklärung dieser Stelle müssen wir sorgfältig den Zusammenhang beachten, und außerdem scheinen mir die Stellen Hebr. 11,7 und 2. Petri 2,5 wichtig zu sein.

Das Wesen des Tages Gottes ist Gerechtigkeit (V. 13). Die jetzigen Himmel und Erde (die Schauplätze der Sünde der Engel und Menschen) werden deshalb den Anbruch dieses Tages nicht vertragen können und zerschmelzen. Da der Apostel beim Sprechen von diesen zukünftigen Ereignissen auch von der Sintflut spricht (V. 6), so muß das Verhalten Noahs belehrend sein.

Noah war in jenen Tagen der Mann, der in den Augen Jehovas Gnade fand und gerecht und vollkommen war. 1. Mose 6,8.9. Dies sind in unseren Tagen die Gläubigen (Röm. 5,1-11). Von Furcht bewegt, verurteilte er durch den Bau der Arche die Welt und ward ein Prediger der Gerechtigkeit (Hebr. 11,7; 2. Petri 2,5); so sollen heute die Gläubigen ihren Glauben durch „heiligen Wandel und Gottseligkeit“ beweisen und die Welt verurteilen. Je heller das Licht in Wort und Wandel leuchtet, desto sichtbarer wird die Gottlosigkeit der Menschen hervortreten, und die Folge wird sein, die einen

desto sichtbarer wird die Gottlosigkeit der Menschen hervortreten, und die Folge wird sein, die einen werden dem Ruf zur Buße gehorchen (V. 9), und die anderen werden Gott verachten. Wenn dies geschehen, wird Gott nicht mehr warten, dem einen die Belohnung des Glaubens zu geben und dem anderen nach seinen Werken zu vergelten. Dies, glaube ich, ist die Beschleunigung der Ankunft des Tages Gottes. Es ist ein Zurreifebringen und ein Offenbaren des Zustandet der Welt durch das treue Licht in Wort und Wandel des Gläubigen.

Man wird mit Recht sagen: Diese Zeit ist aber doch schon unveränderlich bestimmt (Apgesch. 1,7) und kann darum nicht beschleunigt werden. Gewiß, aber hat Gott in Seinem Tun und Seinen Ratschlüssen nicht alles zuvor gesehen? Der heilige Wandel der Gläubigen in der Beschleunigung dieses Tages hat seine Wirkung in der Vorherbestimmung dieses Tages gefunden.

Wie Noah, als er den göttlichen Ausspruch empfing, von Furcht bewegt, getrieben wurde, so müssen auch wir durch die Erkenntnis der Absichten Gottes getrieben werden, ein solches Leben zu leben, daß dadurch die Beschleunigung des Tages Gottes bewirkt wird.

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Wir möchten noch besonders darauf hinweisen, daß es sich in unserer Stelle keineswegs, wie viele oberflächlich lesen, um die Wiederkunft des HErrn zur Entrückung der Seinen handelt, sondern um den Tag Gottes nach dem Tausendjährigen Reiche. Wir halten dafür, daß dieser der ewige Abschluß (vergl. 2. Petri 3,18 „Tag der Ewigkeit“) des „Tages des HErrn“ ist, der nach der Entrückung beginnt. Was muß alles bis zu diesem „Tage Gottes“ geschehen! Trotzdem sollten wir Christen in dieser Zeit denselben sehnlichst erwarten, ja, beschleunigen. Wie können wir dies? Einfach durch Handeln nach Vers 11. Dadurch tun wir es, ob wir das begreifen oder nicht! Eine andere Möglichkeit, es zu tun, sagt uns das Wort nicht; aber handeln wir nach Vers 11, so wertet Gott dieses Tun im Sinne des Beschleunigens Seines Tages! Wie anbetungswürdig ist Er!

Frage 27

Was bedeutet die Rolle in Hes. 2,8 - 3,3 sowie das Büchlein in Offenb. 10,8-11? und wie erklärt sich die verschiedene Wirkung aus dem Essen der Rolle und des Büchleins?

Antwort A

Die Rolle und das Büchlein in den genannten Stellen behandeln eine Tatsache; nämlich beide Stellen bedeuten soviel wie das reine, wahre Gotteswort. Der Inhalt wird einerlei bedeuten; nämlich Wehe und Plage (Hes. 2,10) über den Abfall von Gott und den Verfall der Kirche Christi.

Der Prophet stellt gewissermaßen die Gläubigen dieser Zeit dar. Diese erkennen durch innere göttliche Zusage die Zeichen der Zeit, sie wandeln im Glauben und verkündigen des HErrn Wort, ähnlich wie Noah vor der Sintflut.

Das Verschlingen zeigt an, daß der Gläubige das Wort nicht lange mit Fleisch und .Blut besprechen, vielmehr es mit Gebet und Danksagung begierig aufnehmen und ausleben soll.

vielmehr es mit Gebet und Danksagung begierig aufnehmen und ausleben soll.

Die Wirkung, (das Grimmen im Leibe) ist als eine Bitterkeit zu verstehen; dagegen das Süße im Munde als etwas Wohltuendes. Göttliche Offenbarung ist dem Gläubigen immer wie süßer Honig, Schmerz und Traurigkeit empfindet er, wenn er nachsinnt, in Erkenntnis wächst (Ps. 73,15-17) und das Ende der Halsstarrigen und Ungläubigen im Lichte Gottes sieht. Auch darf (betr. des Grimmens) an die Verfolgung gedacht sein, denen die Gläubigen ausgesetzt sind, sonderlich in dieser Zeit. Das Herz wird trübe und empfindet einen bitteren Nachgeschmack (Luk. 19,41; Luk. 10,13ff.).

Wir sehen, wie Gott solche Erkenntnis gibt. Es sollte mehr, zu allen Zeiten, um diese Erkenntnis des HErrn gebetet werden.

A. H.

Anmerkung des Herausgebers

Von verschiedener Wirkung aus dem Essen der Buchrolle in Hes. 3,3 und des Büchleins in Offenb. 10,10 kann wohl nicht geredet werden. In beiden Fällen ist das Gegessene dem Munde süß, im zweiten Falle dem Bauche bitter. Gewiß waren die dem Hesekiel angekündigten Gerichte auch sehr ernst; aber Johannes war ein neutestamentlicher Christ und konnte und mußte daher den Ernst der Gerichte bitterer und tiefer fühlen als der alttestamentliche Heilige. Das Essen der Rolle usw. bedeutet: in die innere Gemeinschaft eingehen mit dem (dem Hesekiel wie Johannes) anvertrauten Wort Gottes. (Man vergl. „Wer Mich isset“ usw. Joh. 6,57!)

 

 

 

Frage 28

Warum war die Kraft Simsons gerade im Haupthaar? Richt. 16,17.

Antwort A

Zur Erklärung dieses Wortes ist die in 4. Mose 6 gegebene Verordnung hinsichtlich des Nasiräers (Gottgeweihtheit) heranzuziehen. Dasselbe bestand dortselbst darin, daß man sich für Jehova absonderte. Es hatte drei besondere Kennzeichen. Erstens enthielt sich der Nasiräer des Weines und der starken Getränke, zweitens ließ er das Haar seines Hauptes wachsen, und drittens kam er mit keinem Toten in Berührung.

Er enthielt sich des Weines, des Sinnbilder der Freude für das Herz des natürlichen Menschen in der Gesellschaft seiner Mitmenschen. Sein langes Haar deutete an, daß er seine Würde und seine Rechte als Mann aufgab, um ganz dem Willen Gottes, dessen Rechte er über sich anerkannte, unterworfen zu sein; und endlich mied er alles, was ihn mit der Sünde, deren Lohn der Tod ist, in Berührung brachte. Das war die Ordnung und das Geheimnis des Nasiräertums, und Simson war ein Nasiräer.

Was im besonderen das Haupthaar betrifft, so gibt es 1. Kor. 11,14 eine Belehrung, wonach es für einen Mann eine Unehre ist, wenn er langes Haar trägt. Damit ist uns abbildlich gezeigt, daß wir, wenn wir wirklich in einem Leben der Absonderung für Gott zu leben wünschen, bereit sein müssen, unsere natürliche Ehre oder Würde aufzugeben. Für einen gewöhnlichen Menschen war es ganz recht, sich zu scheren und Wein zu trinken. Der Nasiräer aber stand im Gegensatz zu dem

gewöhnlichen Menschen; er war von allem, was gewöhnlich war, abgesondert, um für seine Person einen besonderen Pfad zu gehen, den Pfad der Hingabe und Weihe an Gott. Die Kraft, auf diesem Pfade zu beharren, lag in der verborgenen Gemeinschaft mit Gott, so daß, wenn die Gemeinschaft unterbrochen wurde, die Kraft schwand. Dies ist in der Geschichte Simsons so traurig ernst dargestellt. In einer bösen Stunde verriet er sein Geheimnis und verlor seine Kraft. Richt. 16,16.17. Simson verriet das Geheimnis seiner Kraft. Sein seitheriger Pfad, der ein Pfad der Kraft und des Sieges war, weil er ein Gottgeweihter war, wurde durch die Verführungen Delilas ein Pfad eines gewöhnlichen Menschen. Er kam so in die Hände der Philister. Sie „griffen ihn und stachen ihm die Augen aus, führten ihn nach Gasa hinab und banden ihn mit ehernen Fesseln, und er mußte mahlen im Gefängnis“ (Richt. 16,18-21).

Sind wir Gottgeweihte, Nasiräer, haben wir unsere Rechte aufgegeben, um ganz dem Willen Gottes zu leben und dessen Rechte anzuerkennen, oder sitzen wir, um im Bilde zu reden, mit ausgestochenen Augen im Gefängnis und mahlen?

Teurer Leser, gib dir in der Gegenwart Gottes über diese Fragen Rechenschaft!

W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wie ernst ist es für uns, ob wir mit ungeteiltem Herzen am HErrn hangen oder nicht! Simson, der Nasiräer, mußte die Folgen seiner Lust an der Sünde und Welt selbst tragen, und nicht er allein! Geht das uns an, dich und mich? O, möchten wir, wenn je die Dinge, denen wir gestorben sein sollten, wieder Macht über uns gewonnen haben, uns beizeiten demütigen und Buße tun, wie Simson anscheinend tat; darauf deutet V. 22 hin. Dann wird Gott auch uns wieder brauchen können als Gottgeweihte, an denen und durch die Er Sich verherrlichen kann.

 

Frage 29

Ist Judas lschariot vor oder nach der Einsetzung des Abendmahls hingegangen, um den HErrn zu verraten? (Vergl. Luk. 22,19-23;. Matth . 26,20ff.; Joh. 13,21-30.)

Antwort A

Nach Luk. 22,21: „Doch siehe die Hand dessen, der Mich überliefert, ist mit Mir über Tische usw.“ könnte man zu der Annahme neigen, daß Judas noch mit bei dem Abendmahl gewesen sei und demzufolge den Verrat erst nach der Einsetzung desselben ausgeführt hätte. Aber es ist bekannt, daß Lukas die Ereignisse nicht nach der zeitlichen Reihenfolge, sondern nach den moralischen (inneren) Gesichtspunkten aufzählt.1

1

Wie denn ja auch „die Zuverlässigkeit der Dinge“ (Luk. 1,4!) nicht auf der äußeren Aneinanderreihung der Ereignisse beruht. (Der Herausgeber.)

Nach Matth. 26,20-25, Mark. 14,17-21 und Joh. 13,30 ist anzunehmen, daß der Verräter vorher entfernt wurde und auch vor der Einsetzung des Abendmahls den HErrn verriet. Wir lesen Matth. 26,20ff., daß sich der HErr mit den Zwölfen zu Tische legte und ihnen mitteilte, daß einer von ihnen Ihn überliefern würde. Er bezeichnet den Verräter damit, daß Er sagt: „Der mit Mir die Hand in die Schüssel eintaucht, dieser wird Mich überliefern.“, und auf die direkte Frage des Judas: „Ich bin es doch nicht, Rabbi?“ lautet die Antwort Des HErrn: „Du hast es gesagt.“ Nun ist uns auch bekannt, daß

doch nicht, Rabbi?“ lautet die Antwort Des HErrn: „Du hast es gesagt.“ Nun ist uns auch bekannt, daß dem Abendmahl das Passahmahl vorausging, und da der Herr Jesus mit Seinen Jüngern gleichsam eine Familie bildete, feierte Er mit ihnen nach Gottes Wort das Passah, wobei auch Judas zugegen war. Bei dem Essen des Passahlammes nun wurde der Bissen in eine Kräuterbrühe eingetaucht, und hierum handelt es sich, wenn der HErr sagt: „Der mit Mir die Hand in die Schüssel eintaucht usw.“ In derselben Reihenfolge erzählt uns auch Markus, nur in verkürzter Form. In Joh. 13,27.28 sehen wir, wie der Herr Jesus dem Judas den Bissen noch reicht. Wir lesen dann: Und nach dem Bissen fuhr alsdann der Satan in ihn, und Jesus spricht zu ihm: „Was du tust, tue schnell.“ Hier war für Judas sicherlich der schreckliche Moment gekommen, wo der Satan vollen Besitz von ihm nahm und er hinausging und die Tat ausführte. Nachdem Judas hinausgegangen war, sagt der Herr Jesus in V. 31: „Jetzt ist der Sohn des Menschen verherrlicht und Gott verherrlicht in Ihm.“ Licht und Finsternis waren voneinander geschieden. Judas ging hinaus in die Nacht der Sünde, um als Werkzeug des Feindes seinen HErrn zu verraten, und Er, der HErr, der das Licht in Seiner ganzen Person war, gibt nun Seinen Jüngern als letztes Vermächtnis die Zeichen Seiner Liebe in dem Abendmahl.

Nach Matth. 26,23 und Mark. 14,20 ist der Verräter ja auch schon vor dem Abendmahl bezeichnet worden, und die Jünger können nicht, wie man nach Luk. 22,23 annehmen müßte, noch einmal nach dem Mahle gefragt haben, wer von ihnen der Verräter sei.

Ph. W.

Antwort B

Eine Unterlage für die Gegenwart Judas beim Abendmahl glauben manche in Luk. 22,19-23 zu finden. Wenn wir nur allein das Lukas-Evangelium hätten, so wäre solche Annahme berechtigt; ein Vergleich dieser Stelle mit den anderen Evangelien (Matth. 26,20-25 und Mark. 14,17-21) belehrt uns aber sofort, daß das in Luk. 22,21 -23 Gesagte während des Passahmahles, also vor der Einsetzung des Abendmahles, stattfand. Das „doch“ des 21. Verses bestätigt uns auch, daß Lukas, durch den Heiligen Geist geleitet, in dieser Stelle nicht die Ereignisse geschichtlich, sondern die geistlichen Gegensätze in denselben aneinander reihte, dasselbe finden wir auch in Vers 24 u. folgd., ebenso auch in Luk. 23,45.46, nach welcher Stelle man annehmen könnte, daß der Vorhang des Tempels zerrissen und geöffnet wäre, bevor der HErr starb. Der Heilige Geist benutzt Lukas in dieser Stelle nicht dazu, eine geschichtliche Reihenfolge zu geben, sondern von anderen, geistlichen Gesichtspunkten aus die Ereignisse zu ordnen. Wir finden deshalb auch keinen vollen Bericht über die Vorgänge des Passahs, sondern nur kurze abgerissene Punkte über die Aufdeckung des Judas. Lukas zeichnet in einem Zuge das Passah und das Abendmahl und dann den Sohn des Verderbens (mit einem „doch“), der diesen kleinen Kreis der Liebe durch Verrat verdarb und über sich selbst das Verderben brachte.

In Übereinstimmung mit den anderen Evangelien bezeugt auch Lukas, daß die Einsetzung des Abendmahles nach Beendigung des Passahmahles stattfand. Mit dem Kelche, der zum Trinken nach beendigtem Passahmahle bestimmt war, mit diesem Kelche nach dem Passahmahle setzte der HErr den Kelch des Abendmahles ein.

Aus Joh. 13 aber lernen wir, daß Judas während des Passahmahles hinausging, ehe der HErr das Mahl einsetzte. Die Vorgänge in Joh. 13 beziehen sich alle auf das Passah. Der Bissen, den Er Judas

gab, war nicht das Brot des Abendmahles, sondern ein Bissen vom Passahlamm, das mit bitteren Kräutern und Brühe gegessen wurde. Sofort nach diesem Bissen ging Judas hinaus. (Joh. 13,30.) (Beim Abendmahl haben wir keine Bissen, noch findet ein Eintauchen in die Brühe statt!). So ist es deutlich erwiesen, daß Judas vor der Einsetzung des Abendmahles hinausging. Der HErr hieß ihn hinausgehen, Er kannte ihn. Die Jünger hätten ihn nicht hinausweisen können, da er noch nicht offenbar geworden war.

v. d. K.

Antwort C

Den Fragenden kommt es doch wohl darauf an, zu wissen, ob Judas Ischariot an dem Abendmahl mit teilgenommen hat oder ob er vor der Einsetzung desselben sich bereits entfernt hatte.

Nach Luk. 22 hat es den Anschein, als ob Judas auch mit an dem Abendmahl teilgenommen hätte, aber die anderen in Betracht kommenden Schriftstellen zeigen, daß es doch nicht so war. Daß es in Lukas seinen Anschein hat, kommt daher, daß in diesem Evangelium die Dinge nicht so sehr der Zeit nach als vielmehr ihrer inneren Zusammengehörigkeit nach geordnet sind. Darüber haben vielleicht andere Brüder sich eingehender ausgesprochen. Was ich besonders hervorheben möchte, ist ein anderer Umstand, der sehr wichtig ist und jedenfalls im Grunde den Anlaß zu der gestellten Frage gegeben hat, nämlich der, daß es gänzlich im Widerspruch zum Wesen und Zweck des Mahles des HErrn stehen würde, wenn Judas an demselben teilgenommen hätte!

Ich habe die Anschauung aussprechen gehört, die Lukasstelle zeige uns, daß - wie es ja vielfach tatsächlich der Fall ist - an dem Abendmahl auch Ungläubige teilnehmen, obwohl es gar nicht für sie bestimmt ist. Diese Auffassung entspricht aber weder jener Schriftstelle noch dem Gegenstande selbst. Der Herr Jesus hat bei Einsetzung Seines Mahles gesagt, als Er Seinen Jüngern das Brot gab: „Dies ist Mein Leib, der für euch gegeben wird, dieses tut zu Meinem Gedächtnis,“ und von dem Kelche: „Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blute, das für euch vergossen wird“ (Luk. 22,19.20). Diese Worte allein - in ihrem wahren Sinne verstanden - genügen, um zu zeigen, daß nur solche, welche Ihn in Wahrheit kennen als Den, Der sie geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat, ein göttliches Anrecht haben, das Mahl des HErrn zu feiern; andere aber haben „weder Teil noch Los“ daran. Wie sollten sie auch? Wie kann ein ungläubiger Mensch ausdrücken, daß der Herr Jesus Seinen Leib für ihn gegeben und Sein Blut für ihn vergossen habe? - wie kann er dies zu Seinem Gedächtnis tun, wenn er Ihn nicht kennt? In 1. Kor. 11,26 heißt es: „Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des HErrn, bis Er kommt.“ Wie kann jemand den Tod des HErrn verkündigen, wenn er nicht im Glauben sagen kann: Er starb für mich!? Die Seinen aber, und nur sie, können es! - Es ist doch wohl uns allen klar, daß es ein verderblicher - betrübenderweise unter unseren Mitmenschen viel verbreiteter - Irrtum ist, wenn jemand meint, durch das Teilnehmen am Mahl des HErrn Vergebung der Sünden zu erlangen, daß vielmehr das Mahl des HErrn nur für die ist, welche Vergebung der Sünden haben! Das Mahl des HErrn oder „Abendmahl“ ist kein „Gnadenmittel“, sondern ein Zeugnis Seiner wunderbaren Gnade!

Die anderen drei Evangelien geben uns überdies auch klaren Aufschluß zu der gestellten Frage. Matth. 26,20-30 und Mark. 14,17-26, wo die Dinge in geschichtlicher Reihenfolge behandelt sind, zeigen uns, daß das Abendmahl sich an das Passahmahl anschloß, das der HErr mit Seinen Jüngern

feierte, und Joh. 13 - wiewohl da nur von Passah, nicht aber vom Abendmahl die Rede ist - zeigt uns, daß Judas „alsbald hinausging, nachdem er beim Passahmahl den Bissen vom HErrn empfangen hatte“ (V. 26-30). Dann war der HErr allein mit den Seinigen - alles Fremde ausgeschlossen aus Seiner heiligen Gegenwart, nur Herzen um Ihn, die Ihm gehörten und Seine wunderbare Liebe kannten und erwiderten!

Teure Geschwister, möchten wir mehr verstehen lernen, welch ein Vorrecht und welch eine heilige Sache es ist, Sein Mahl zu feiern - das Kostbarste, was wir hienieden haben, wenn wir durch Gnade in Seine Gedanken Seiner Liebe eingehen, und daß da nichts einen Platz hat, was nicht im Einklang steht mit Seiner herrlichen Person.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Ein Bruder suchte einst das heutige Verfahren, Gläubige und Ungläubige zusammen zum Abendmahl zuzulassen, mit etwa folgenden Worten zu rechtfertigen: „Die Schrift selbst verlangt diese Scheidung von Gläubigen und Ungläubigen gar nicht, sonst wäre die Unklarheit darüber, ob Judas beim Abendmahl gewesen sei oder nicht, gar nicht eingetreten; Lukas hätte dann anders, deutlicher geschrieben.“

Mit anderen Worten: Gott hat absichtlich unklar gesprochen, um die heutige Abendmahlspraxis zu rechtfertigen!! Ehe man dergleichen zu sagen oder zu denken wagt, gebe man sich erst einmal Mühe, den nur scheinbaren Gegensatz zwischen den sehr klar redenden anderen Evangelisten und Lukas zu überbrücken. Aber man versteht eben zu wenig das Abendmahl in seiner köstlichen Bedeutung als Mahl der Gemeinschaft solcher, die allein den Tod des HErrn verkündigen können (1. Kor. 11,26), da sie durch diesen Seinen Tod das Leben aus Gott bekommen haben. Das Abendmahl ist der Ausdruck der Einheit des einen Leibes (1. Kor. 10,17), und zu diesem gehören nur Kinder Gottes; alles was über diesen „einen Leib“ gesagt ist, ist zu Gläubigen, Kindern Gottes, gesagt (man vergl. z. B. 1. Kor. 10,14-17; 1. Kor. 12,12.13; Eph. 3,6; 4,4 usw.). Diese Dinge verwischen heißt die klaren Aussagen der Schrift aufgeben zugunsten ungöttlicher Vermischungen des Heiligen mit der Welt. - Geschwister im HErrn, laßt uns ängstlich darüber wachen, daß wir nicht diesem Irrtum verfallen; laßt uns treu und ehrfurchtsvoll umgehen mit dem köstlichsten Vermächtnis unseres geliebten HErrn!

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Auf unsere Bitte, Seite 80 unten, haben bis jetzt erst wenige geAntwortet. Die erste Antwort in Form einer Reihe von Adressen kam aus Rußland und erfreute uns sehr. Wenn alle Leser so bereitwillig Adressen senden würden, so würde die Abonnentenzahl auch wohl bald eine genügende Höhe erreichen. Bitte, teure Freunde, gedenken Sie unser! Und Ihnen allen herzlichen Dank für die Liebe, die uns von Ihnen zuteil wird! Es ist uns wieder so manche Ermutigung geschenkt worden, so daß wir unseren schweren Dienst tun können mit dem freudigen Bewußtsein, daß der HErr ihn segnet; und das erleichtert ihn uns sehr.

Herzlichste Segensgrüße allen Freunden und unseren teuren Mitarbeitern, deren Treue uns köstlich ist, mit Hebr. 13,20.21!

In Liebe

der Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang Mai 1914.

Gruß an den Leser:

Wir wissen, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf daß wir den Wahrhaftigen kennen, und wir sind in dem Wahrhaftigen, in Seinem Sohne Jesu Christo. Dieser ist der wahrhaftige Gott und ewiges Leben.“ 1. Joh. 5,20.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 30

Wie steht es für uns jetzt mit den in 1. Kor. 12,28 bezeichneten Gaben: „Wunderkräften, Heilungen, Regierungen, Arten von Sprachen?“

Antwort A

Was mir so groß ist in 1. Kor. 12 und Eph. 4 und immer größer wird, ist das: Gott gab und gibt Seiner durch das Blut Jesu erkauften Gemeinde immer die Gaben, die sie zu ihrem jeweiligen inneren und äußeren Aufbau bedarf. Damals bedurfte die Gemeinde die in obigem Verse angegebenen Dienste und Gaben. Da gab sie Gott. Uns gibt Gott, was wir bedürfen, denn Er will Wachstum und Vollendung. Da will ich nun nicht sagen, daß wir die „Wunderkräfte“ nicht mehr hätten. Die Geschichte Gottes in Seiner Gemeinde aller Zungen und Geschlechter aller Zeiten gibt uns wunderbare Belege. Nur die Augen auftun! Auch „Heilungen“ dürfen wir viele erleben, Gott sei Dank dafür! Und wie viele oft Seiner einfachsten Glieder haben die Gabe der Regierung oder Leitung (nicht der Herrschsucht!), und wir danken Ihm dafür. Wenn wir nun die Gabe der mancherlei Sprachen, die die Gabe des Auslegens nötig machten, nicht haben, dann weiß Gott, warum das so ist. Er läßt aber ganz gewiß Seiner Gemeinde keine Gabe fehlen, die sie notwendig bedarf, ohne die sie nicht auskommen und durchkommen könnte. Ganz sicher nicht!

Laßt uns als Glieder ein Doppeltes tun: Erstens danken für alle nötigen Gaben, die Er nicht den einzelnen, sondern Seiner ganzen Gemeinde gegeben hat! Dann laßt uns Ihm mit unserer Gabe - und jedes Glied hat seine Gabe - ganz und voll zur Verfügung stehen!

K. E.

 

Anmerkung des Herausgebers

Ja, jeder hat irgend eine Gabe! Wozu? Zum Herrschen? Nein, aber zum Dienen! (1. Petri 4,10.) Auch mit der Gabe der Leitung soll gedient werden! Wie gut, daß der HErr die Gaben austeilt, wie Er will, nicht wie wir wollen; es handelt sich ja um Seine Sache: Auferbauung Seines Leibes (Eph. 4,11-16). Darum gibt Er auch das, und nur das, was nötig ist für Seine Zwecke. In 1. Kor. 12-14 handelt es sich mehr um die verschiedenen Gaben innerhalb der Gemeinde, und zwar als Wirkungen des Einen Geistes. In Eph. 4 ist die Rede von dem Wachstum und von der Auferbauung des Leibes. Es mag sein, daß gelegentlich Wunderkräfte und Heilungen nötig sind, obgleich wir glauben, daß manches, was gelegentlich darin geschieht, wenig im Zusammenhang mit den Grundsätzen des Wortes bezüglich der Gemeinde des HErrn steht. Aber Gott handelt auch in den Zeiten der gegenwärtigen Verwirrung in Gnade und Antwortet dem einfältigen Glauben. Doch sollten wir wachsen in der Erkenntnis und nicht etwas als gut ansehen, was dem Worte nicht entspricht; und ebensowenig etwas als Wunderkraft ansprechen, was Gebetserhörung ist! Was die Sprachen angeht, so wissen wir aus 1. Kor. 13,8, daß „sie aufhören werden“. So ist vor fast zwei Jahrtausenden verheißen, und einige Zeit später hörten sie tatsächlich auf! Warum also, da das Wort so bald erfüllt ward, die Zungensprachen wieder haben wollen? Wir haben keine Verheißung, daß sie wiederkommen sollten, nachdem sie aufgehört hatten! Sollen wir nun glauben, daß die, die jetzt da sind, vom Geist Gottes gewirkt seien? Wir können das nicht, ganz abgesehen von all den schriftwidrigen Begleitumständen der „Zungenbewegung“ und auch davon, daß uns in der Gegenwart wahrlich etwas anderes mehr nottut als „Zungen“, nämlich einfacher Gehorsam gegenüber manchen sehr deutlichen Lehrpunkten der Schrift bezüglich der Gemeinde des HErrn! Weissagungen im Sinne der Schrift und Erkenntnis, die „stückweise“ sind, werden weggetan werden, wenn das Vollkommene gekommen sein wird (1. Kor. 13,8-10), bis dahin werden diese Stücke da sein zur Erbauung, ebenso wie z. B. die Lehre (1. Kor. 14,4-6). Größer aber als alles ist die Liebe! (1. Kor. 13.) - Man vergleiche zu dieser Frage Band 1, Frage 32!

Frage 31

Worauf beziebt sich das Wort. „... Wehe aber den Schwangern und Säugenden in jenen Tagen! Betet aber, daß eure Flucht nicht im Winter geschehe, noch am Sabbat“? (Matth. 24,19-20).

Antwort A

Obige Schriftstelle kann, wenn sie aus dem Zusammenhang herausgenommen wird, leicht zu Mißverständnissen führen. Es ist deshalb nötig, nicht nur den ganzen Abschnitt, sondern auch das vorhergehende und nachfolgende Kapitel im Zusammenhang zu lesen. In Matth. 24 und 25 hält der Herr Jesus Seine Rede auf dem Ölberg und zeigt den Seinen das Zeugnis, welches Gott auf Erden hat während der Abwesenheit des HErrn im Himmel und in Verbindung mit Israel, sowie das Gericht des HErrn bei Seiner Ankunft. Das Zeugnis des HErrn von dem Reich war von den Juden verworfen und das Gericht über Jerusalem und seine Bewohner ausgesprochen worden (Kap. 23,35-38). Dann verläßt der HErr den Tempel für immer. „Ihr Haus sollte wüste gelassen werden.“ Und nun richten die Jünger an ihren Meister die Frage. „Wann wird dieses sein, und was ist das Zeichen Deiner Ankunft und die Vollendung des Zeitalters?“ (V. 3.) Es sind dies drei Fragen.

Sicher meinten die Jünger, die Zerstörung Jerusalems und die Ankunft des HErrn zum Gericht sowie

Sicher meinten die Jünger, die Zerstörung Jerusalems und die Ankunft des HErrn zum Gericht sowie die Vollendung des Zeitalters würden zu gleicher Zeit geschehen. Nun wissen wir aus der Geschichte, daß schon im Jahre 70 nach Christus Jerusalem zerstört wurde. Seit jener Zeit steht das Zeugnis Gottes auf Erden nicht mehr in Verbindung mit Israel, sondern Israel ist bis auf weiteres ausgeschaltet. Aber andererseits wissen wir auch aus der Schrift, daß der HErr Seine Beziehungen zu Israel wieder anknüpfen wird, wenn die Entrückung der Gemeinde stattgefunden hat (1. Thess, 4,17); dann wird der HErr Israel wieder sammeln (Jer. 31,10 und Röm. 11,26). Schon Daniel weist auf diesen neuen Zeitabschnitt in Israels Geschichte hin, nach dem Kreuzestode des Messias (Dan. 9,24-27) und nach der Aufnahme der Gläubigen in den Himmel (1. Kor. 15,51) beginnt die 70. Jahrwoche. In jener Zeit werden die zerstreut wohnenden Juden gesammelt und in das Land ihrer Väter zurückkehren; ein kleiner Teil derselben wird Licht empfangen und sich zu Gott bekehren und Zeugnis ablegen von dem kommenden Messias und Seinem Reiche. Um diese Zeit wird aber auch ein Jude als falscher Prophet aufstehen, großen Anhang gewinnen und sich selbst göttlich verehren lassen. Wir sehen hier den Menschen der Sünde und den Sohn des Verderbens geoffenbart (2. Thess. 2,3.4). Von dieser ernsten Zeit redet hier der Herr Jesus zu den Seinen, Er spricht von „dem Greuel der Verwüstung, der da stehen wird am heiligen Ort“ (Dan. 12,11 und Matth. 24,15). Er meint jedenfalls das Götzenbild, welches dann im Tempel zu Jerusalem aufgestellt sein wird und dem Anbetung dargebracht werden soll. Wer dieses Bild nicht anbetet, wird verfolgt und getötet werden. Das ist der Anfang der großen Drangsal. Bis zu diesem Zeitpunkt kann noch Zeugnis abgelegt werden von jenem jüdischen, gläubigen Überrest, nun aber ist der Zeitpunkt gekommen, wo es gilt, zu fliehen. Die zarte Sorge des HErrn ergreift Sein Herz, und mit innigem Mitgefühl denkt Er an das Weib in seinen Nöten, wie es dann für dasselbe doppelt schwer sein wird, ebenso denkt Er an die Beschwerden einer Flucht zur Winterzeit; den Sabbat erwähnt der HErr deshalb, weil Er voll innigen Mitgefühls für Israel ist, denn auch der Überrest steht dann noch auf jüdischem Boden. Am Sabbat durften keine Arbeiten getan, keine Lasten getragen werden (2. Mose 31,14). Auch später werden im Lande von dem jüdischen Volke die Sabbattage wieder heilig gehalten werden (Hes. 44,24; Jes. 66,23). Der HErr verweist mit obigen Worten die Seinen auf eine schwere Zeit. Es ist die Nacht, da niemand wirken kann. Es handelt sich also um die letzten Tage und die Stellung Israels in jener Zeit.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn weiter gar keine Beweise in dem Zusammenhang dieser Stelle dafür vorhanden wären, daß es sich in derselben nur um Israel handelt, so genügte schon der Hinweis auf den Sabbat, um dies zu zeigen. Die Gemeinde Jesu Christi, also wir Gläubigen der Jetztzeit vor der Entrückung, wir haben mit dem Sabbat gar nichts zu tun; wenn es sich für uns um eine Flucht oder eine bestimmte Arbeit handelte, so könnte sie ebensogut an dem Tage geschehen, der für Israel der Sabbat war und sein wird, wie an irgend einem anderen Tage. Der Sabbat mit seinen Verordnungen (die eine Flucht an diesem Tage wesentlich erschweren mußten), war Israel gegeben (vgl. u. a. 2. Mose 31,12-17), und die Gemeinde des HErrn ist frei vom Sabbatgebot wie überhaupt vom Gesetz des Alten Bundes (vgl. u. a. den Galater-Brief!). -

Wie kostbar, daß der Herr Jesus die gläubigen Juden jener noch zukünftigen Zeit auf das Hilfsmittel des Gebets hinweist! Ja, Gott ist auch dann noch „Hörer des Gebets“ nach V. 2 in Ps. 65, der ja dem gläubigen jüdischen Überrest in erster Linie gilt und gehört!

Frage 32

Sind die Gläubigen etwa nach Hebr. 2,13 berechtigt, von sich als von Kindern des Herrn Jesu zu reden (wie man oft in Gebeten hört)?

Antwort A

Er sagt nicht: „Ich und Meine Kinder“, sondern „Ich und die Kinder, die Gott Mir gegeben hat“, was schon genügend wäre, um die Frage mit „nein“ zu beAntworten. Aus dem ganzen Kapitel sehen wir, daß der Herr Jesus als „Sohn des Menschen“ betrachtet wird (V. 6); Ihm gegenüber werden die Erkauften als Brüder (V. 12.17), Gott gegenüber als Söhne (V. 10) oder Kinder (V. 14) genannt. Daß sie nicht Kinder des Herrn Jesu sind, geht aus den V. 14 und 17 hervor, wo Er ihnen zugezählt wird. Die Kinder sind Gottes (Joh. 1,12 und 1. Joh. 3,1). Übrigens haben wir keine Stelle, wo der Herr Jesus Selbst oder Seine Apostel die Gläubigen Kinder des HErrn nennen. Die beste Auslegung von Hebr. 2,13 ist gewiß in Joh. 17 enthalten (V. 6, 9, 11, 12, 24). Durch Sein Werk hat der Herr Jesus Seinem Gott und Vater Kinder erworben, welche dann Ihm gegeben worden sind. Sie sind Sein Eigentum, Sein Schatz; Er liebt sie, Er vertritt sie vor Gott; aber Sein Gebet zeigt, daß Er nicht ihr Vater ist, sondern Sein Vater ist ihr Vater! (Vgl. Joh. 20,17.)

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Zu obigem vgl. noch Joh. 6,37! -

Man hört oft in Gebeten Redewendungen wie: „HErr, Deine Kinder ...“ Diese falsche Ausdrucksweise hängt wohl nur in seltenen Fällen mit dem falschen Gedanken zusammen, als seien die Gläubigen Kinder des Herrn Jesu; häufiger wohl liegt ihr die Unkenntnis dessen zugrunde, daß der Ausdruck „HErr“ nach der Schrift dem Herrn Jesu gebührt, also kein Titel Gottes in Seiner Eigenschaft als „Vater“ ist! Ungezählte Stellen bieten Beweise hierfür, man vgl. nur Joh. 13,13; Apg. 2,36; Röm. 8,15.16. (Siehe hierzu auch Frage 3!)

Noch häufiger vielleicht wird leider diese Ausdrucksweise aus Unachtsamkeit gebraucht. Wir sollten nun freilich einerseits, wenn wir mit dem HErrn reden, mehr und mehr lernen, die Ausdrücke zu gebrauchen, wie sie, der Schrift entsprechend, sich Ihm gegenüber geziemen, andererseits aber auch nicht ängstlich auf die Ausdrücke achten, sondern unser Herz mit dem HErrn (oder etwa mit dem Vater) reden lassen! Die, „welche vermöge der Gewohnheit geübte Sinne zur Unterscheidung haben“ (Hebr. 5,14), sollten die in diesem Punkte „Unmündigeren“ nicht richten und nicht dem Geiste der Kritik Raum geben, wodurch sie zum wenigsten sich selber des Segens im Mitbeten berauben; sie sollten vielmehr dessen eingedenk bleiben, daß wir alle leicht fehlen in unseren Ausdrücken und nicht vollkommen sind! (Vgl. Röm, 8,26 und Jak. 3,1-2!)

Frage 33

Wie ist Hebr. 6,4-7 und 10,26.27, auch 2. Petri 2,20-22 zu verstehen? Sind da Bekehrte oder Unbekehrte gemeint? Oder kann ein wirklich Bekehrter wieder verloren geben? (Vergl. Joh. 10, 28.29.)

Antwort A:1

1

Damit, daß wir diese Antwort Aufgenommen haben (zum Vergleich mit anderen), erklären wir uns nicht etwa einverstanden mit derselben! Der Herausgeber.

Ich meine, wenn man ohne Voreingenommenheit irgend welcher Art die Stellen nimmt, wie sie da stehen, so muß man sagen, daß Worte, wie etwa: „teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes“, „abfallen“, „mutwillig sündigen, nachdem ... empfangen“, „entflohen und wiederum überwunden“, klar zeigen: 1. es sind wirklich Bekehrte gemeint, 2. Bekehrte können wirklich wieder verloren gehen. Aber wie stimmt damit Joh. 10,28.29, wo von einer ewigen Sicherheit der Geretteten in Jesu Hand geredet ist? Sehr einfach: Bin ich in Jesu Hand, ist Er stark genug, mich gegen alle festzuhalten. Niemand, aber auch wirklich niemand kann mich herausreißen, und ich werde nimmermehr umkommen, wenn - wenn ich zu den Schafen gehöre, die dauernd Seine Stimme hören und Ihm folgen.

Nicht mechanisch und magisch bewahrt der HErr. Ich kann mich herauslösen aus der durch alles hindurch bewahrenden Hand. Meinen Willen respektiert (o wie unbegreiflich ist es, und doch wahr!) der allmächtige HErr, und wenn ich nicht mehr in Seiner bewahrenden Hand sein will, dann kann Er mich nicht mehr bewahren. So war es mit Demas, der die Welt lieb gewonnen, und mit Alexander und Hymenäus, die am Glauben Schiffbruch gelitten.

Für uns ergibt sich daraus die ernste Mahnung, immer treu Seine Hirtenstimme zu hören. Sind wir aber aufrichtig und gehört - und seien wir noch so schwach - unser Wille dem HErrn, dann gehört der Trost uns: Niemand soll sie aus Meiner Hand reißen.

K. E.

Antwort B

Die Frage umfaßt ein so großes und bedeutungsvolles Gebiet, daß es unmöglich ist, sie in der gewünschten Kürze allseitig befriedigend zu beAntworten.

Die Heilige Schrift betont ebenso sehr die völlige Sicherheit des Geborgenseins in Christus wie den Ernst der größten Gefahr, wenn wir Ihn aus dem Auge und aus dem Herren lassen. Sie wendet sich ebenso sehr gegen den Leichtsinn einer falschen Einbildung, die mit der Gefahr spielen will, weil sie nicht bestehen soll, wie gegen den Unglauben, der dem HErrn nicht die volle Bewahrung zutraut. Beides ist Untreue und ein Abweichen von Ihm, der allein unser Leben ist, das eine in die offenbare Sünde, das andere in den Zweifel. Wie viele Schriftstellen mehr die eine Seite betonen, so wollen andere ebenso zahlreiche uns aufs ernsteste auf die andere aufmerksam machen. Paulus fürchtet, daß durch die Versuchungen des Versuchers seine Arbeit vergeblich sein könnte, wo die Betreffenden im Glauben Gott erkannt haben, ja von Ihm erkannt sind! (1. Thess. 3,5; Gal. 4,8-11.) Er spricht von der Möglichkeit des Umkommens des Schwachen, des Bruders (1. Kor. 8,11),1 von einem Fallen aus der Gnade, von einem Abgetrenntwerden von Christus (Gal. 5,1-4), ja von einem Abfall vom Glauben (1. Tim. 4,1-3). Er ermahnt die, welche jetzt ein Licht in dem HErrn sind, daß sie sich nicht verführen und um ihr Erbteil bringen lassen sollen (Eph. 5,3-11). Er fordert die, welche den Christus Jesus, den HErrn, empfangen haben, auf, sich nicht als Beute wegführen (Kol. 2,6-8) oder um den

1

Wir glauben, daß hier vom irdischen Leben die Rede ist. (Vergl. Frage 15!) Der Herausgeber Es gibt aber Leute, die nicht durch die Tür eingegangen sind (Joh. 10,7.8). Eine Zeitlang laufen sie mit der Herde, genießen alle die Vorrechte, den Regen (Hebr. 6,7.8), der über das Land kommt, sie kennen die Wahrheit, wie man errettet werden kann, sie schmecken die Segnungen, aber sie folgen nur eine Zeit, weil sie von den Broten gegessen haben (Joh. 6,26) oder weil sie die Zeichen gesehen und Worte gehört haben (Hebr. 6,5; Joh. 2,23; 8,30), die ihre Aufmerksamkeit gewannen. Der HErr, das Verborgene ihrer Herzen kennend, fällt über diese alle schwere Urteile (Joh. 6,30; Luk. 11,29; Matth. 12,39; Joh. 2,24; 8,44). Einmal kommt die Stunde, wo sie offenbar werden (Joh, 6,66), sie murren und schmähen den HErrn (Joh. 6,41; 8,48.52) und bringen damit an den Tag, daß sie unbekehrt, ungläubig geblieben sind (vergl. Luk. 8,13).

Jesus, den HErrn, empfangen haben, auf, sich nicht als Beute wegführen (Kol. 2,6-8) oder um den Kaufpreis bringen zu lassen (Kol. 2,18). Diese ernsten Warnungen des Heiligen Geistes sollten uns abhalten, eine dogmatische Lehre aufzustellen, wie sie die Schrift nicht ausspricht. Wir sollten uns hüten, den Ernst der Gefahr der Sünde und des Leichtsinns schwächer zu machen als die Schrift es tut. Und umgekehrt darf keine Macht des Bösen uns je erschrecken oder verzagt machen (Röm. 8,31-39). Denn der Vater ist größer als alles. Und niemand kann sie, die Seine Stimme hören und Ihm folgen, aus Seiner Hand reißen. Sie gehen nicht verloren ewiglich, Joh. 10,27-29). Der göttliche Charakter derer, die ewig gerettet bleiben, ist der, daß sie auf Seine Stimme hören und Ihm folgen (Joh. 10,27).

1

Wir glauben, daß hier vom irdischen Leben die Rede ist. (Vergl. Frage 15!) Der Herausgeber Es gibt aber Leute, die nicht durch die Tür eingegangen sind (Joh. 10,7.8). Eine Zeitlang laufen sie mit der Herde, genießen alle die Vorrechte, den Regen (Hebr. 6,7.8), der über das Land kommt, sie kennen die Wahrheit, wie man errettet werden kann, sie schmecken die Segnungen, aber sie folgen nur eine Zeit, weil sie von den Broten gegessen haben (Joh. 6,26) oder weil sie die Zeichen gesehen und Worte gehört haben (Hebr. 6,5; Joh. 2,23; 8,30), die ihre Aufmerksamkeit gewannen. Der HErr, das Verborgene ihrer Herzen kennend, fällt über diese alle schwere Urteile (Joh. 6,30; Luk. 11,29; Matth. 12,39; Joh. 2,24; 8,44). Einmal kommt die Stunde, wo sie offenbar werden (Joh, 6,66), sie murren und schmähen den HErrn (Joh. 6,41; 8,48.52) und bringen damit an den Tag, daß sie unbekehrt, ungläubig geblieben sind (vergl. Luk. 8,13).

E. A.

Antwort C

Solche erschütternden Stellen sind Prüfsteine für den Glauben, welcher, wenn er echt ist, daran gestärkt hervorgeht. Die wirklich Bekehrten sind solche, die durch wahre „Buße zu Gott und Glauben an den HErrn Jesum Christum“ zu „eigenen Schafen“ des Guten Hirten geworden sind (Apgesch. 20,21; Joh. 10,3). Er kennt sie mit Namen, Er hat sie mit Namen ins Buch des Lebens eingeschrieben, sie sind in Seiner Hand und in der Seines Vaters (Joh. 10,3.28; Luk. 10,20; Offenb. 20,15; 2. Tim. 2,19). Sind diese Hände zusammen nicht stark genug, um das, was darin ist, festzuhalten? Ist Satan nicht vollständig besiegt worden? Oder hat Gott nicht Gedächtnis genug, um alle, die Sein sind, zu kennen? Er hat auf einen jeden Sein Siegel gedrückt (Eph. 4,30).

In 2. Petri 2,20-22 ist die Rede von falschen Lehrern (V. 1), Sklaven des Verderbens (V. 19), welche die Gestalt von Aposteln Christi annehmen (2. Kor. 11,13-15). Satan scheut sich vor keinem Mittel, um Seelen zu verführen.

Das „wenn wir mit Willen sündigen“ in Hebr. 10,26 ist gerichtet an die bekennenden Gläubigen (V. 23), unter denen sowohl wahre als falsche sein können. Auf dem Wege werden sie offenbar. Judas hatte das Vertrauen der Jünger, den Beutel zu tragen, und bedurfte nicht wie andere, zurechtgewiesen zu werden (Matth. 16,23; Luk. 9,55). Niemand ahnte, daß er den HErrn überlieferte (Joh. 13,21.28; Luk. 22,23). Der HErr aber durchschaute ihn von Anfang. Er war ein Teufel, ein Dieb, der Sohn des Verderbens (Joh. 6,70; 12,6; 17,12). Judas ist ab gefallen.

Petrus aber in der Stunde, als er sich als einen Sünder erkannte, fand in dem HErrn das ewige Leben (Luk. 5,8; Joh. 6,68). Der HErr durchschaute auch ihn und gab ihm einen Namen, einem lebendigen Stein entsprechend (Matth. 16,17.18; Joh. 1,42; 1, Petri 2,5). Petrus ist ge fallen. Sein furchtbarer Fall wurde zugelassen zur Bewährung seines Glaubens. Über den Ausgang seiner Versuchung wachte der HErr (1. Kor. 10,13; Luk. 22,31.32; 1. Petri 1,6.7). Er lernte darin: „Du weißt alles“. Das wahre Kind Gottes wird nicht zur Leichtfertigkeit mit der Sünde geleitet, sondern dahin, sich allein auf Den zu verlassen, der allein fähig und willig ist, uns völlig zu erretten, was Er auch tun wird (Hebr. 7,25; 1. Thess. 5,24). Möge doch für uns alle eine ernste Prüfung nach 2. Kor. 13,5 dieses Wort auf unsere Lippen bringen: „HErr, ... Du weißt, daß ich Dich lieb habe!“

R. W. D.

 

Antwort D

Das, worauf es in erster Linie ankommt, ist die Frage, ob ein wirklich Bekehrter - sagen wir ein Kind Gottes - verloren gehen kann. Deshalb wollen wir diese Frage zuerst prüfen. Es gibt Kinder Gottes, die diese Frage bejahen, indem sie die genannten Stellen aus Hebr. 6 und 10 und 2. Petri 2 auf Kinder Gottes anwenden. Sie lassen dabei aber andere Schriftstellen außer acht, die uns klar und bestimmt bezeugen, daß ein Kind Gottes nicht verloren gehen kann. Mein Herz tut mir weh in dem Gedanken daran, wie die Herrlichkeit unseres teuren HErrn durch jene Annahme verdunkelt wird, denn sie bedeutet nicht weniger, als daß Er nicht imstande sei, das gesteckte Ziel zu erreichen, den Ratschluß Gottes vollkommen hinauszuführen, das, was Er so teuer erworben hat, auch zu bewahren, unabhängig von irgend etwas außer Ihm! Nein, Dank sei Ihm dafür, daß wir sagen dürfen: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe und bin überzeugt, daß Er mächtig ist, das Ihm von mir anvertraute Gut auf jenen Tag zu bewahren“ (2. Tim. 1,12). Dafür gibt uns das Wort Gottes selbst die unerschütterliche Grundlage. In Joh. 10,28 sagt der HErr, daß Er den Seinen ewiges Leben gibt und sie nicht verloren gehen ewiglich und niemand sie aus Seiner Hand rauben kann, ja, daß sie sogar in der Hand des Vaters geborgen sind, der größer ist als alles und alle, und niemand sie aus dieser allmächtigen Hand rauben kann. Dieses herrliche Wort ist mir von jeher vollkommen genügend und ein kostbarer Trost gewesen: niemand kann mich Ihm entreißen, auch der Satan nicht! Aber nicht nur das. In Röm. 8 im letzen Abschnitt lesen wir, daß niemand und nichts, was irgend uns begegnen mag in unserem Leben, uns zu scheiden vermag von der Liebe Christi, und daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn! Wie kann da noch von einem Verlorengehen die Rede sein? Jeder Person und jeder Macht irgendwelcher Art - ja allem, was außer uns selbst liegt, ist hierin völlig begegnet! - Aber wie ist es mit mir selbst, meinem eigenen Herzen und Willen? Kann ich nicht selbst weggehen, meine Stellung aufgeben, das Verhältnis lösen? Nein, auch das nicht! In 1. Kor. 12,13 ist uns gesagt, daß wir Glieder Seines Leibes sind durch Seinen Geist, und es ist für ein Glied unmöglich, sich selbst von dem Leibe zu trennen, zu entfernen. Nur eine äußere Gewalt, größer als die Gewalt dessen, dem der Leib gehört, könnte eine Trennung herbeiführen, und eine solche Gewalt gibt es nicht. Also ist auch jede Möglichkeit ausgeschlossen, daß etwa von mir selbst aus das Band gelöst werden und ich verloren gehen könnte. Welch ein wunderbarer und unendlich köstlicher Trost ist dies, da wir wissen, wie verdorben und trügerisch unser eigenes Herz ist, und daß keiner von uns in der uns geschenkten herrlichen Stellung und Verbindung bleiben würde, wenn es von uns abhängig wäre. Unsere Errettung gründet sich aber nicht auf irgend etwas unsererseits, sondern auf den ewigen Ratschluß Gottes und auf die Person Jesu Christi, wie wir in Eph. 1,3-12 finden (s. besonders V. 4.5.11), und ist uns gewährleistet durch den Heiligen Geist, mit welchem wir, nachdem wir geglaubt haben, in Christo versiegelt worden sind und der uns als das Unterpfand unseres Erbes gegeben worden ist. (Eph, 1,13.14; 4,30; s. auch 2. Kor. 1,22 und 5,5). Also kommt die ganze Macht und die unverbrüchliche Treue Gottes hinsichtlich unserer ewigen Errettung in Frage; wenn auch nur ein einziges der Seinen verloren gehen sollte, müßte Seine Macht überwunden werden, und müßte Er Seine Treue brechen, und das ist unmöglich.

Könnte das Wort Gottes es uns deutlicher sagen, daß ein Kind Gottes nicht verloren gehen kann? Könnte es stärkere Beweise geben? Nein! Dank und Preis sei Ihm für diese wunderbare Gnade!

Seelen, die dieser kostbaren Gewißheit sich nicht erfreuen, meinen, so etwas sei geeignet, das Herz

Seelen, die dieser kostbaren Gewißheit sich nicht erfreuen, meinen, so etwas sei geeignet, das Herz hochmütig zu machen oder gleichgültig werden zu lassen; alle aber, die sich ihrer erfreuen, wissen, daß das Gegenteil der Fall ist - sie bringt das Herz zur Anbetung und Hingabe an Ihn, dessen Liebe und Herrlichkeit darin in ihrer Unermeßlichkeit vor den Augen unseres Herzens enthüllt ist.

Es ist also völlig ausgeschlossen, daß in den betreffenden Schriftstellen in Hebr. und 2. Petri von Kindern Gottes die Rede ist. Es ist aber auch nicht schlechtweg von unbekehrten Menschen die Rede, sondern von einer besonderen Klasse unbekehrter Menschen, nämlich solchen, welche „einmal erleuchtet waren“ (Hebr. 6,4), „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben“ (Hebr. 10,26) und „den Weg der Gerechtigkeit erkannt haben“ (2, Petri 2,21), aber trotzdem nicht von Herzen geglaubt und daher auch kein Leben aus Gott empfangen haben. Sie sind eine Zeitlang mitgegangen und nahmen an allem teil (Hebr. 6,4.5), waren „geheiligt“, d. h. abgesondert (Hebr. 10,29), und waren „entflohen den Befleckungen der Welt“ (2. Petri 2,20) und schienen Kinder Gottes zu sein, aber die Bewährung fehlte: Sie sind „abgefallen“, „sündigen mit Willen“ und sind „umgekehrt von dem ihnen überlieferten heiligen Gebote“ (Hebr. 6,6; 10,26 und 2. Petri 2,21), und ihr wahrer Herzenszustand kommt ans Licht, wie folgende Worte ihn kennzeichnen: „... indem sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen und Ihn zur Schau stellen“ (Hebr. 6,6), „... der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes ... für gemein geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat“ (Hebr. 10,29) und: „Es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot“ (2. Petri 2,22). Wie weit ein Mensch gebracht sein kann auf dem Wege zur Errettung, und wieviel ein Mensch empfangen haben kann von den Gaben göttlicher Gnade, ohne errettet zu sein, sehen wir gerade auch in den drei Schriftstellen. Besonders sind es folgende Worte, die dieses so weitgehend zeigen, daß manche meinen annehmen zu müssen, daß es sich hierbei um Kinder Gottes handele: „... und teilhaftig geworden sind des Heiligen Geistes“ (Hebr. 6,4); „... wenn wir mit Willen sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben“ (Hebr. 10,26); „... und das Blut des Bundes, durch welches er geheiligt worden ist“ (Hebr. 10,29), und „entflohen den Befleckungen der Welt durch die Erkenntnis des HErrn und Heilandes Jesu Christi“ (2. Petri 2,20). Die Annahme, daß es sich hierbei um Kinder Gottes handeln müsse, beruht aber auf einem Mißverstehen der eben angeführten Worte. In Hebr. 6,4 ist nicht von einem Empfangen und Innewohnen des Heiligen Geistes die Rede, sordern von dem „Teilhaben“ an demselben in dem Sinne, wie ich z. B. der Sonne teilhaftig bin, wenn ich mich in ihrem Scheine befinde. Es handelt sich um die Wohltaten, die mit der Gegenwart und Wirksamkeit des Heiligen Geistes verknüpft sind. Das zeigen die Verse 7 und 8 deutlich. - Das „wir“ in Hebr. 10,26 ist keineswegs im Blick auf die Kinder Gottes angewendet, sondern auf den Menschen, der „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hat“, ohne Rücksicht darauf, was die Wirkung von letzterer Tatsache ist, und das „geheiligt“ in V. 29 spricht nicht von der Stellung, die den Kindern Gottes in Christo vor Gott geschenkt ist, sondern von der Stellung, in die ein Mensch durch sein Bekenntnis zu dem Gekreuzigten anderen Menschen gegenüber gebracht ist. - Und was die „Erkenntnis des HErrn und Heilandes Jesu Christi“ in 2. Petri 2,20 anbetrifft, so geht aus den darauffolgenden Worten und ganz besonders aus V. 22 deutlich hervor, daß diese Erkenntnis jene Seelen nicht mit dem HErrn verbunden, keine Umwandlung bewirkt und ihnen kein Leben aus Gott gebracht hat. Sie brachte jene Seelen dahin, sich äußerlich zu reinigen von den Befleckungen der Welt, weiter aber nicht, und sie wurden wieder in diese verwickelt und kehrten in sie zurück, weil sie in ihrem Inneren geblieben waren, was sie vorher waren.

Solche Menschen, wie sie uns in Hebr. 6,4-6 und 10,26-29 und 2. Petri 2,20-22 vorgestellt werden, sind keine Kinder Gottes, und wir haben kein Recht, jemand noch länger Bruder oder Schwester zu nennen und als Kind Gottes anzuerkennen, wenn bei ihm ein in jenen Schriftstellen gekennzeichneter Zustand sich offenbart.

Wir aber, die wir wissen, daß wir Kinder Gottes sind - welchen Eindruck empfangen wir im Blick auf die Tatsachen, die in den betrachteten verschiedenen Schriftstellen vor unser Auge treten? Werden nicht einerseits unsere Herzen überwältigt von der Größe der Gnade, die uns zuteil geworden ist, und wird nicht andererseits zugleich ein Gefühl für die große VerAntwortlichkeit wachgerufen, die wir haben, uns als Kinder Gottes in allem zu erweisen, zur Ehre Seines Namens? Der HErr schenke uns allen Gnade dazu!

Th. K.

Antwort E

Viel Verwirrung über solche Fragen kommt dadurch, daß Schriftstellen aus ihrem Zusammenhang genommen werden und, ganz abgesehen von der Verbindung, in der sie gegeben sind, gebraucht werden, um aus ihrem Wortlaut Schlüsse zu ziehen. Es gibt schwer verständliche Stellen und auch sehr deutliche, bestimmte Aussprüche in der Schrift. Nie dürfen wir dunkle Stellen nehmen, um klare zweifelhaft zu machen. Der rechte Gebrauch einer Schriftstelle für eine andere wird das Schriftwort bestätigen und heller machen, aber nie kann eine Wahrheit die andere aufheben oder abschwächen.

So ein deutliches Wort aus dem Munde des HErrn Selbst ist das Wort in Joh. 10,28: „Meine Schafe ... gehen nicht verloren.“ Wenn der HErr „nicht“ sagt, wer wagt diesem „Nicht“ ein „Wenn“ und „Aber“ beizufügen? Manchen Gläubigen scheint es eine gefährliche Sprache zu sein, und sie fürchten (im Gegensatz zum HErrn), daß damit der Sorglosigkeit und dem unheiligen Wandel Vorschub geleistet wird, und um ein Gegengewicht zu finden, greifen sie nach Stellen wie Joh. 15,6; Gal. 5,4; Hebr. 6,4-7 usw., um zu betonen, daß ewiges Leben verloren werden kann, wenn Wachsamkeit und Treue fehlen. An seinem Platze sind Wachsamkeit und Treue sehr wichtige Dinge, aber sie mit dem ewigen Leben zu verbinden (welches die Schrift nicht kennt) und dasselbe davon abhängig zu machen, macht, ganz abgesehen von anderem, das ewige Leben sehr fraglich und verbindet mit der Gnade die eigene Kraft.

Zu wissen, daß man ein Schaf Christi ist, ist zunächst eine ganz persönliche Sache. Ich muß die Kennzeichen des Schafes tragen (V. 26.27) und den Heiligen Geist und das Zeugnis des Heiligen Geistes haben, ein Kind Gottes zu sein (Röm. 8,9.16). Dieses Zeugnis empfangen wir nur auf dem Wege des Glaubens und der Nachfolge, nicht aber auf Wegen der Untreue.

In bezug auf andere erkennen wir die Schafe wieder an den gegebenen Kennzeichen. Wir haben kein Recht, jemand als ein Schaf Christi zu bezeichnen, der diese nicht trägt. Der HErr kennt, die Sein sind, ohne äußere Kennzeichen, aber wir kennen sie an dem „Abstehen von der Ungerechtigkeit“ (2. Tim. 2,19). Er kennt sie dem Herzen nach, aber an den Früchten sollen wir sie erkennen. Jemand mag den Namen des HErrr be kennen, wenn er aber in der Ungerechtigkeit verharrt, so haben wir kein Recht, von ihm als von einem Schafe Christi zu reden, das nicht verloren geht.

Worte über einen solchen in einem einzelnen Falle wie: „Er ist errettet und wird selig“ sind nicht nur

traurig, sondern auch böse. Wir gebärden uns damit, als ob wir in das Geheimbuch Gottes Einblick getan hätten. Eine solche Sprache steht uns nicht zu, obgleich der Grundsatz immer bleibt: Seine Schafe - die Er als Sein kennt - gehen nicht verloren, auch wenn sie fallen! - Für uns selbst wie für jeden sind und bleiben die Kennzeichen des Schafes, daß es an Ihn glaubt (V. 26), daß es Ihn hört und Ihm folgt (V. 27), maßgebend.

Von dem Schafe Christi - dem Gläubigen - sagt die Schrift: „Er ist auserwählt vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1,4), „mit Christo lebendig gemacht“ (Eph. 2,5). Er ist „aus unverweslichem Samen“, „aus Gott geboren,“ ja, „aus Gott“, und „der Same Gottes bleibt in ihm“ (1. Petri 1,23; 1. Joh. 5,18; 1. Kor. 1,30; 1. Joh. 3,9). Er ist mit „dem Heiligen Geiste versiegelt bis auf den Tag der Erlösung“ (Eph. 4,30) usw. Unter einer solchen Fülle von Schriftstellen, wie hell ist da das Wort „Meine Schafe ... gehen nicht verloren“ beleuchtet! Er Selbst ist das Leben des Gläubigen, und das ewige Leben ist in dem Sohne Gottes. So unmöglich kann ein Schaf Christi verloren gehen, als Christus kann vom Throne des Vaters entfernt werden.

Über Hebr. 6 nur einige Andeutungen. Es handelt sich hier um den Gegensatz von Juden- und Christentum. Die Hebräer werden auf dem Grunde des Bekenntnisses angeredet (Hebr. 3,1; 4,14; 10,23), des Bekenntnisses, daß sie Genossen einer himmlischen (nicht einer irdischen) Berufung seien. Aus diesem Grunde des Bekenntnisses gab es damals wie heute wahre und falsche Bekenner. In dieser Stelle handelt es sich nicht um ein Fallen in Sünde, sondern um das Ab fallen vom Bekenntnis des Christentums und ein Zurückgehen zum Judentum, womit sie gleichsam den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigten, und daraus ergab sich die Hoffnungslosigkeit - die Unmöglichkeit der Buße. Diese Leute, von denen in Vers 4 u. 5 geredet wird, hatten Licht. „Erleuchtet“ sein ist aber nicht Wiedergeboren sein! Denken wir an Judas und Bileam! (2. Petri 2,20.) „Geschmeckt“: schmecken ist kein essen; was man schmeckt, mag man verweigern (wie der HErr den Essig verweigerte, nachdem Er ihn geschmeckt hatte). Sie schmeckten einst in Nazareth (Luk. 4) die Worte der Gnade mit Bewunderung, aber verweigerten Ihn. „Teilhaftig geworden“ - äußerlich - sie kamen unter die Wirksamkeit und Kraft des Heiligen Geistes. In den Zusammenkünften kamen sie in die Gegenwart des Heiligen Geistes und wurden Seiner Wirksamkeit teilhaftig (vergl. Simon Apgesch. 8, Saul 1. Sam. 16). Sie „schmeckten“ etwas von den Kräften und „Wunderwerken des zukünftigen Zeitalters“ in der Befreiung von der Sünde und der Macht Satans, ohne damit Leben aus Gott zu haben (Matth. 7,22; Luk. 10,19.20).

Vers 7 u. 8: Ein Bild von einem Lande oder Ackerstück. Es empfängt den „Regen“ von oben; der eine Teil des Ackers bringt Frucht hervor und empfängt Segen von Gott, der andere Teil bringt Dornen hervor, und das Ende ist Verbrennung. So mögen auch zwei Personen unter gleichen Gnadenerweisen Gottes stehen, der eine bringt Frucht, der andere bringt Dornen. Der Apostel war von ihnen überzeugt, daß sie mit den Dingen der Errettung verbunden waren (V. 9), aber sie standen in Gefahr, nicht festzustehen und waren am Ermatten (Hebr. 10,32-39; 12,12.13). Er zeigt ihnen solche, die Christum aufgegeben hatten und vom Christentums-Glauben abgefallen waren; wollten sie mit diesen zusammen gefunden werden?

Ängstliche, bekümmerte Seelen werden manchmal durch diese Hebräerstelle vom Feinde geängstigt. Würde man solche fragen: „Willst du Christus verwerfen und den Glauben an Ihn aufgeben“, so würden sie Antworten. „O nein, ich möchte Ihn liebhaben und an Ihm festhalten im Glauben!“ Oder: „Willst du Ihn öffentlich der Schmach preisgeben?“ Ihr Herz würde erschrecken, und sie würden

sagen: „Nie, nie, ich möchte Ihn gern verherrlichen!“ Oder: „Willst du nicht durch Ihn und durch Sein Blut selig werden?“ sie würden Antworten: „Ich habe keinen anderen Grund, als Ihn allein!“ Da ist Reue, Schmerz um Sünde oder Verfehlungen. Diese Stelle findet keine Anwendung für solche, im Gegenteil, die Hebräerstelle ist geschrieben zur Ermutigung, daß wir einen „starken Trost“ und einen „sicheren und festen Anker der Seele“ haben (6,18.19).

In 2. Petri spricht der Apostel von den „Befleckungen der Welt“ und dem „Weg der Gerechtigkeit“. Die „Erkenntnis“ des HErrn und Heilands ist eine Sache, aber das lebendige Glaubensband mit Ihm ist eine andere. Das Waschen macht eine Sau nicht zum Schaf, sie bleibt eine Sau, die Natur bleibt dieselbe, das Waschen verändert nicht die Natur! Sie geht wieder in den Kot, eben weil sie eine Sau ist! Für Kinder Gottes gebraucht die Schrift nie die Worte „Sau“ oder „Hund“! - Eine Sau wälzt sich mit Behagen im Kot, ein Schaf kann hineinfallen, fühlt sich aber darin nicht wohl und verlangt, herauszukommen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es ist uns tief schmerzlich, immer wieder sehen zu müssen, für wieviele teure Kinder Gottes diese Frage wirklich eine „Frage“ ist und trotz der so deutlich redenden Schrift noch sein kann. Möchten denn manchen Lesern die Augen darüber aufgehen, welche Verunehrung des HErrn darin liegt, wenn ein Gläubiger die Möglichkeit des Verlorengehenkönnens wirklicher Kinder Gottes annimmt!

Ein lehrend auftretender Bruder Antwortete mir vor Jahren auf meine Frage, ob er denn glaube, daß ein Glied vom Leibe Christi abgeschnitten werden könne: „Ja, das kann geschehen!“ Wie betrübend ist solche Annahme! Dann also besteht das Wort Joh. 19,36, das von der Unverletzlichkeit des Leibes Christi redet, nicht zu Recht? Aber ebensowenig wie von unserem Leibe ein Glied abgenommen werden kann, ohne seine Vollkommenheit zu beeinträchtigen, ebensowenig vom Leibe Christi!

Es wird oft hingewiesen auf Hymenäus und Alexander (1. Tim. 1,18-20) und auf Demas nach 2. Tim. 4,10. Aber wo steht etwas davon, daß diese verloren gegangen sind? Sagen wir doch nicht mehr über diese, als das Wort sagt! Auf erstere einzugehen, führt hier zu weit; bezügl. Demas' steht da, daß er den Apostel (also einen Menschen!) verlassen und den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen habe. Das letztere, gewiß noch schlimmer als das erstere, ist aber ja kein Beweis dafür, daß er verloren gegangen sei, sondern in Verbindung mit dem ersteren ein Beweis nur dafür, daß ihm der so schmale Weg, den Paulus ging, zu schwer geworden war. Das Verhalten des Demas enthält sehr ernste Belehrungen und Warnungen für alle Kinder Gottes, aber seinen Namen u. a. mit dem Schicksal derer von Hebr. 6,4-7 u. 10,26.27 wie auch 2. Petri 2,20-22 in Verbindung zu bringen, das geht nicht an. - Wie klar redet doch 2. Petri 2 von falschen Lehrern und stellt ihnen die „Gottseligen“ gegenüber. In diesem Kapitel werden die Kinder Gottes deutlich unterschieden von den Ruchlosen (vergl. V. 13 am Schluß „mit euch!“). Ebenso ist in Hebr. 6 der scharfe Gegensatz zwischen V. 4-7 und V. 9.10 unverkennbar, und aus dem ganzen Zusammenhang in Hebr. 10 geht hervor, daß es sich um bloße „Bekenner“ handelt, um Juden, die eine gewisse „Erkenntnis der Wahrheit“ hatten, „geheiligt“, also abgesondert waren durch das Blut Christi, nämlich abgesondert von ihren übrigen Volksgenossen und deren Volksverband waren, solange sie mit den wahren Gläubigen mitgingen. Aber „der HErr wird Sein Volk (Israel!) richten“! (V. 30.) Es ist übrigens sehr bemerkenswert, wie vorsichtig der

Verfasser des Hebräer-Briefes sich ausdrückt in dieser Stelle betr. der Personen, die gemeint sind: V. 22 „laßt uns“, vergl. V. 23 u. 24, V. 25 „ihr“, V. 26 keineswegs „ihr“, sondern ein ganz allgemeines „wir“ (V. 26. 27 enthalten ja eine ganz allgemeine Wahrheit!); V. 28 aber „jemand“; im V. 29 werden sie („ihr“) deutlich unterschieden von dem „der“; V. 30 enthält wieder einen allgemeinen Ausspruch mit „wir“, und V. 32ff. steht wieder „ihr“, das sind die Gläubigen! Man vergl. hierzu die ebenso deutliche Unterscheidung in der oft, aber ebenfalls fälschlich für die Annahme des Verlorengehenkönnens von Kindern Gottes angeführte Stelle vom „Weinstock und den Reben“ (Joh. 15,1-8). Obwohl diese Stelle nichts zu tun hat mit dem ewigen Leben, sondern von dem fruchtbaren Dienst hienieden handelt - zu dem sich bekanntlich auch äußere Bekenner hinzudrängen und lange, von Menschen unerkannt, daran beteiligt sein können! -, wird doch, um jeden Zweifel zu beseitigen, klar unterschieden zwischen „ihr“ und „jemand“!! Wahrlich, die Schrift redet deutlich genug!

Ja, der äußerliche Bekenner („eine gewaschene Sau“, die ja nur äußerlich rein ist) wird verloren gehen, aber ein Kind Gottes, ein durch den Heiligen Geist versiegelter Gläubiger (Eph. 1,13.14) nimmermehr! Nicht deswegen, weil und insoweit Seine Schafe Seine Stimme hören, werden sie nicht verloren gehen, wie oft gesagt wird, sondern weil Er Seinen Schafen ewiges Leben gibt, deswegen gehen sie nicht verloren! (Joh. 10,28; vergl. Kol. 3,3.4.) „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht usw.“ (Joh. 5,24). Willst du, Bruder, zu sagen wagen: „unter Umständen doch!“? „Soviele Ihn annahmen, denen gab Er das Recht, Kinder Gottes zu werden usw.“ (Joh. 1,12). Willst du sagen, daß Gott Seine Kinder verstößt? Irdische Eltern, die ihre Kinder, die sie gezeugt haben, verstoßen, tragen das vernichtende Urteil der ganzen Welt (außerdem aber bleiben diese Verstoßenen immer die Kinder ihrer Eltern, deren Blut in ihnen ist, wenn die Eltern sie auch nicht anerkennen!). Und Gott sollte Seine, „durch das lebendige und bleibende Wort Gottes wiedergezeugten“ Kinder (1. Petri 1,23) verstoßen, verloren gehen lassen können?! Was würde die Engelwelt sagen, die sich bei der Bekehrung des Sünders gefreut hatte (Luk. 15,10), die Engelwelt, der durch die Versammlung, die Gemeinde (den Leib Christi, Eph. 1,23) „die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kund gemacht wird“ (Eph. 3,10) - was würden diese „Gewalten in den himmlischen Örtern“ dazu sagen, wenn Gott eins Seiner Kinder verloren gehen ließe, wenn ein Glied vom Leibe Christi, an dem die Engel Belehrung empfangen über Gottes Weisheit, abgeschnitten würde! Gelobt sei der HErr dafür, daß dies nimmermehr geschieht! Es wird ja oft davon geredet, daß Kinder Gottes „aus der Gnade fallen“ könnten. Aber wer die Stelle, wo dieser Ausdruck vorkommt, im Zusammenhang liest (Gal. 5,1ff.), wird finden, daß es sich in der ganzen Stelle nicht um ewigen Tod oder ewiges Leben handelt, sondern um das Sichstellen auf Gesetzesboden; das ist „aus der Gnade fallen“! Ähnlich ist es mit anderen aus dem Zusammenhang genommenen Stellen, deren keine als Beweis gebraucht werden kann, daß ein Schaf Christi verloren gehen könnte. Es müßte dann ja das Leben, welches Christus Selbst ist und das in Ihm ist (Joh. 14,6; vergl. 1,4 und 1. Joh. 5,11!), verloren gehen können!

Vieles büßen wir Kinder Gottes auch droben ein, wenn wir hier unten nicht in allen Stücken in Treue wandeln nach dem Wort (vergl. u. a. 1. Kor. 3,12-15), aber die Gotteskindschaft nie; dafür bürgt uns Sein Wort! Lasset uns Ihn ehren durch völligen Glauben an das Wort Seines Zeugnisses (1. Joh. 5,9-12) und durch ungeteiltes gehorsames „Wandeln in der Wahrheit“! (3. Joh. V. 3!) „Dein Wort ist Wahrheit (Joh. 17,17).

Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Wir sind wiederum beschämt worden durch manches treue Gedenken von Freunden und Mitarbeitern, die wir zum großen Teil nicht einmal dem Angesicht nach kennen. Allen freundlichen Helfern möchten wir einmal die Hand drücken, ihnen unsere Dankbarkeit persönlich ausdrücken. Es kann nicht sein! - Doch unser schriftlicher Dank ist so schwach, das fühlen wir wohl; aber unser Trost ist der, daß der Herr allen ein Vergelter ist.

Um der Wichtigkeit der Frage 33 willen konnten wir diesmal leider nicht so viele Fragen aufnehmen, als wir gehofft hatten. Im nächsten Hefte denken wir um so mehr bringen zu können.

Und nun seien Sie alle dem HErrn befohlen mit 2. Thess. 2,16-17

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang Juni 1914.

Gruß an den Leser:

Der Sohn Gottes, Jesus Christus, ... wurde nicht ja und nein, sondern es ist ja in Ihm geworden. Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in Ihm ist das Ja und in Ihm das Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns.“ 2. Kor. 1,19.20.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 34

Es wird um Aufschluß gebeten über die Stelle Joh. 11,25.26: „Ich bin die Auferstehung und das Leben ...“

Antwort A

„Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an Mich glaubt, wird leben, ob er gleich stürbe usw.“ so sprach Jesus zu Martha an der Gruft des Lazarus.

Jesus, Gott von Ewigkeit, ist das Leben selbst. In Ihm war Leben (Joh. 1,4; 5,26), und zwar unvergängliches Leben (Joh. 10,17.18). Der Tod hatte kein Anrecht an Ihn, wie der Tod an den Menschen Anrecht hat infolge der Sünde. Er konnte auch nicht im Tode bleiben nach Apgesch. 2,27; 3,14.15. Er ist auferstanden und der Erstling der Entschlafenen geworden, auf daß Er in allen Dingen den Vorrang habe (1. Kor. 15,20; Kol. 1,18). In Ihm ist auch die Auferstehung aller derer, die an Ihn

glauben, sichergestellt; wie herrlich und kostbar! „Wer an Ihn glaubt, wird leben“; hier ist das neue Leben gemeint nach Eph, 2,1-10. Der Tod mag an den Gläubigen kommen, und er scheidet aus der sichtbaren Welt ab, aber er wird weiter leben und bei Christo sein, wo Ruhe ist und Glückseligkeit (Phil. 1,20-23). „Und wer da lebet und glaubet an Mich, wird nicht sterben in Ewigkeit“: Wenn der HErr kommt, um die Seinigen heimzuholen ins Vaterhaus (Entrückung), werden alle, die hienieden durch Glauben Sein Eigentum geworden, mit Ihm hinaufgehen in die Herrlichkeil, denn sie haben ewiges Leben von Ihm schon hienieden empfangen.

F. B.

Antwort B

Wir begegnen hier dem Herrn Jesu als dem Fürsten des Lebens am Grabe des Lazarus und sehen die schreckliche Wirkung, die der Tod, der durch die Sünde zu allen Menschen hindurchgedrungen ist, angerichtet hat. Wenn der Herr Jesus diesen mächtigen König der Schrecken auch erst am Kreuze überwand, als Er den Satan, der die Macht des Todes hat, in Seinem eigenen Tode bezwang und dann siegreich auferstand, so war Er doch schon in diesem Moment und allezeit während Seines Erdenwandels die Auferstehung und das Leben und durfte diese lebendige Hoffnung der Martha verkündigen. Er offenbarte hier am Grabe des Freundes, daß die göttliche Macht, die den Lazarus aus dem Grabe rief, in Ihm war. Und heute, nach dem Kreuz und nach Seiner Auferstehung, wird jeder, der an Ihn glaubt, leben, auch wenn er gestorben ist, er wird auferstehen zum ewigen Leben. Und ein jeder, der da lebet, d. h. noch auf Erden ist, wenn der HErr kommt, und an Ihn glaubet, wird nicht sterben in Ewigkeit; er wird aber verwandelt werden und in einem neuen Leibe entrückt in die Herrlichkeit (1. Kor. 15,51-53). So kann jeder Gläubige hienieden schon sagen: Ich bin mit Christo gekreuzigt, gestorben, begraben und auferstanden, denn durch die Lebensmacht Jesu wird er einen himmlischen oder einen Auferstehungsleib empfangen, mag er nun durch Tod und Grab gehen, oder mag er mit der Herrlichkeit überkleidet werden. Mag nun auch der Tod noch Macht haben über unseren sterblichen Leib, so tragen wir schon das Bild des letzten Adam an uns und dürfen erfahren, daß dieser Leib der Niedrigkeit umgestaltet werden wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.

So ist der Tod das Ende des leiblichen Lebens auch für den sündigen Menschen, dabei tastet er aber das Leben der Seele nicht an. Sie ist unsterblich, denn Gott blies dem Menschen bei der Schöpfung Seinen Odem ein. Darum wird der Gottlose, der in seinen Sünden stirbt, unsterblich auferweckt (Joh. 5, 28.29) und geht in die ewige Verdammnis, das ist der zweite Tod (Offenb. 20,11-15). Während also alle Menschen unsterblich sind, haben doch nur die Gläubigen, kraft des Triumphes Jesu über den Tod, ewiges Leben und dürfen erfahren, wie Er die Auferstehung und das Leben ist.

Ph. W.

Antwort C

Die Auferstehung und das Leben sind Offenbarungen der Wirksamkeit Gottes im Gegensatz zu dem, was vom Satan ausging: Sünde und Tod. Durch die Auferstehung werden die Toten aus der Gewalt Satans befreit und durch das Leben in das Machtgebiet Gottes gebracht.

So oft wir den HErrn in Berührung mit dem Tode sehen, wurde demselben sein Opfer genommen.

So oft wir den HErrn in Berührung mit dem Tode sehen, wurde demselben sein Opfer genommen. Und als Er Selbst vom Tode angegriffen und besiegt wurde, zeigte es sich - o Wunder! daß der Sieger besiegt und der Besiegte Sieger war. Der Tod konnte Ihn nicht halten. Er war die Auferstehung und das Leben, Er war Gott. Kann Er nicht die Namen der Eigenschaften tragen, die Er so betastbar darstellte? (1. Joh, 1,1.2; Joh. 1,1-4.18; 1.Kor. 15,21.)

Die Worte „wer an Mich glaubt, wird leben, auch wenn Er gestorben ist“, zeigen uns zwei Seiten Seiner Macht: 1. Auferstehung, „wird leben“ bezieht sich auf das seelische und geistliche Wesen des Glaubenden. Durch Glauben an Jesus nimmt Ihn ein Mensch auf, der „lebendig machende Geist“ wird aufgenommen (1. Kor, 15,45), und er wird damit lebendig gemacht (Joh. 6,63a; 2. Kor. 3,6b), er geht aus dem Tode in das Leben hinüber (Joh. 5,24.25). Es ist seine Bekehrung, seine neue Geburt; dies ist das erste, was ihn mit der Auferstehung verbindet. 2. „... auch wenn er gestorben ist“ bezieht sich auf das leibliche Wesen des Glaubenden. Durch Glauben an Jesus wird ein Mensch auch für seinen Leib teilhaftig der Auferstehung. Er stirbt, weil er gesündigt hat (Röm. 5,12); sein Leib der Sünde empfängt seinen Lohn (Röm. 6,6.23), er fällt unter die Herrschaft des Todes, aber er bleibt nicht darunter, denn der Geist des Lebens, den er erhalten, hat ihn freigemacht und wird ihn lebendig machen (Röm. 8,2.11; 1 .Kor. 15,21.22). So wie beim Grabe Lazarus' der Tod seinen Gefangenen losgeben mußte, so wird Er die Gläubigen aus den Gräbern herausrufen, wenn Er wiederkommt (1. Thess. 4,16).

„Und jeder, der da lebt und an Mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ Das „der da lebt“ bezieht sich auf das natürliche, leibliche Leben, auf jeden Menschen; „und an mich glaubt“ bezeichnet den Gläubigen. In den Augen der Menschen sehen Gläubige und Ungläubige gleich aus: sie „leben“ beide. In den Augen Gottes ist der Ungläubige nur einer, „der da lebt“, und der Gläubige einer, „der da lebt und glaubt“, und nur für diesen gilt: „wird nicht sterben in Ewigkeit“. Für ihn ist der Tod nur ein Übergang aus der Zeit der Fremdlingschaft in die Herrlichkeit. Lieber Bruder, wenn Christus unser Leben ist, wie könnten wir sterben, da Er lebendig ist in die Zeitalter der Zeitalter? (Kol. 3,4; Offenb. 1,18.)

R. W. D.

Antwort D

In Kap. 8,58 offenbarte Sich der HErr den Juden als der Jehova - der „Ich bin“; hier offenbart Er Sich der Martha als „die Auferstehung und das Leben“. Er sagt gleichsam zu Martha: Ich, die Person, die vor dir steht, Ich bin die Auferstehung und das Leben. In ihrem Hause war der Tod eingekehrt, aber mit Seiner Person kam jetzt die Auferstehung und das Leben hinein. Die Kraft war in Seiner Person. Wo Er ist, kann der Tod nicht sein (noch kommen). Er war nicht da, und so konnte der Tod Lazarus hinwegnehmen. Aber jetzt kam Er, - und Er sagt nicht zur Martha, was Er tut oder tun will, sondern was Er in Seiner Person ist: Auferstehung und Leben, und zeigt ihr: wenn Er erscheint, dann wird der Gläubige leben (auferstehen), der gestorben ist, und die Gläubigen, die leben, die werden nicht sterben in Ewigkeit. - So auch heute. Der HErr ist nicht hier, Er ist droben. Der Tod tut noch sein Werk an den Kindern Gottes, aber wir erwarten den Tag, da Er kommt, der Auferstehung und Leben ist. Dann werden die beiden Klassen 1. der Gestorbenen (V. 25) auferstehen und leben und 2. die Klasse derer, „die da leben“, (V. 26) verwandelt - „nicht sterben in Ewigkeit“.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diese Frage ist recht gründlich beleuchtet; möchte uns Christus nur recht groß und kostbar geworden sein durch diese Antworten. Er, dessen Name nach 2. Mose 3,14 „Ich bin“ ist und dessen Name Sein Wesen bedeutet, steht hier vor uns als „die Auferstehung“, „das Leben“! Welch wunderbares Geheimnis! Wie glücklich sollten wir sein, daß uns dieses geschenkt ist und wir uns in die unergründlichen Tiefen der Herrlichkeit dieser Seite Seines Wesens versenken dürfen! Aber glauben wir die Tatsachen dieser Verse auch wirklich? Kaum irgendwo anders, meinen wir, ist unser Glaube ein so unvollkommenes Ding wie hier. Möchten wir hinsichtlich dieser göttlichen Tatsachen unseren Glauben prüfen an der Hand der göttlichen Bestimmung dessen, was Glauben ist. Hebr. 11,1! „Ein Überführtsein!“ Möchten wir uns nur täglich mehr und mehr durch den Geist Gottes, der Christus verherrlicht (Joh. 16,14), überführen lassen von der Herrlichkeit der Person Jesu, indem wir Ihn anschauen in Seinem Wort (2. Kor. 3,18)!

Frage 35

Wie ist die Stelle in Phil 2,12.13 zu verstehen: „Vollführet eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern“?

Antwort A

Bei der BeAntwortung dieser Frage dürfen wir nicht die zweite Hälfte des Verses vergessen, sondern müssen sie vielmehr voranstellen. Sie lautet: „Denn Gott ist es, der in euch wirket beides, das Wollen und Vollbringen nach Seinem Wohlgefallen.“

Weil denn Gott solches in uns wirket, so sollen wir Ihm einerseits stillehalten, daß Er durch uns wirken kann als durch gefügige Instrumente, andererseits sollen wir die Kraft, die Er uns darreicht, nämlich den Heiligen Geist mitsamt Seinem teuren Wort, annehmen und in und mit derselben unter Furcht und Zittern unsere Seligkeit schaffen. Gott macht uns gerecht ohne unsere Werke, Er macht uns gewissermaßen heilig durch unsere Werke, d. h. unser ganzes Leben soll ein fortgesetztes gutes Werk, ein angenehmes Opfer sein, indem wir uns Ihm Selbst auf Seinem Altar darbringen, wie Er Sich für uns dargebracht hat und unsere Seligkeit geschafft.

Dies ist nicht anders geschehen, als daß Er mit großer Angst und Zittern in Gethsemane Sich unter Gottes Willen beugte und dann als das Lamm Gottes unter Höllenqualen am Kreuze für uns starb; aber - Gott sei gelobt - so erniedrigend dieser Tod war, um so herrlicher war Seine glorreiche Auferstehung, Himmelfahrt und Sitzen zur Rechten Gottes samt der Ausbreitung Seines Reiches als der Frucht Seines Todes. Auf diese selbstverleugnende Weise hat Er unsere Seligkeit erworben, auf diese selbstverleugnende Weise sollen wir Seine Nachfolger sein, indem wir unser eigenes Leben mit Ihm am Kreuze in den Tod geben, damit wir mit Ihm auferstehen, um gute Früchte zu bringen. Diese völlige Selbstvernichtung, die durch Gott in uns gewirkt wird, ist und bleibt eine Tat der Selbstverleugnung, die wir immer mehr lernen sollten, damit Gott uns mehr mit Seiner Kraft erfüllen kann, die wir in Seinem Dienste zu Seiner Verherrlichung verwenden und so unsere Seligkeit mit Furcht und Zittern schaffen.

Furcht und Zittern schaffen.

Die Kehrseite ist folgende: Widersteht der Mensch dieser Kraft, so bleibt er in der Knechtschaft des Teufels und wirkt seine Verdammnis. Es ist dann seine eigene Schuld, wenn er verloren geht, wie es nur Gottes Gnade und Huld ist, wenn der Mensch errettet wird.

L. Th.

Antwort B

Mir scheint, wenn wir kindlich sind, die Sache sehr einfach zu sein.

1. Gott hat alles für alle getan, Wir haben zu der Seligkeit nichts mehr, rein nichts mehr zuzufügen. „Es ist vollbracht. „Gott ist es auch, der nach V. 13 alles wirket, wirklich alles. Aber Gottes Wille kommt in mir soweit zur Ausführung, als

2. mein Wille will. Mein Wille in Seinen Willen gelegt, mein Wille von Seinem Willen umfangen, und alles ist gut. „Jawohl, Er blickt hernieder auf mich, Sein schwaches Kind, zu Ihm schau ich auch wieder und Kraft und Frieden find'. Ich lege meine Hände (Willen und Leben) in Seine starke Hand und weiß, Er führt am Ende mich heim ins Vaterland.“ Mit Furcht tue ich das, nicht als Knecht, sondern als Kind; mit Zittern, nicht als in sklavischer Pein, sondern in heiligem Michausstrecken und großem Ernst.

K. E.

Antwort C

Phil. 2,12.13 mahnt die Gläubigen, daß sie auf ihrer Errettung nicht ausruhen sollen, als wenn ein treuer und lebenskräftiger Wandel nicht nötig sei, weil wir ja in Christus alles haben. Ja, wir haben alles in Christus, aber nicht, damit es unbeachtet liegen bleibt, sondern damit wir es in einem Leben der Tat auswirken. Die Errettung, das Heil wird in diesem Wort deutlich als vorhanden bezeugt. Und den angeredeten Gläubigen wird ihr treuer Gehorsam ausdrücklich anerkannt. Und doch werden sie aufgefordert: „Wirket eure Errettung aus in einem tadellosen Leben unbescholtener Gotteskinder, als Lichter in der Welt, die das Wort Gottes durch ihr tatsächliches Verhalten darstellen!“ (14-16.) Die Errettung ist kein totes Gut, sondern sie ist Leben! Der HErr als das Leben ist unser Heil. Die Eigenart des Lebens ist die Betätigung, und zwar im besonderen die Lebenswirkung. Wo wahre Errettung ist, da betätigt sie sich in einem gereinigten, geheiligten Leben, das den Todeshauch und das Todesgift der Sünde überwindet. Ja, sie beweist ihre Lebenswirkung, indem sie das Leben, wie ein Licht die Helligkeit und Wärme, um sich her verbreitet. Und es gibt kein anderes Licht in dieser Welt als das Wort, so daß alles wahre Leben sich mehr und mehr dem Worte entsprechend gestaltet und so zu einem lebendigen Brief Christi wird.

Das alles ist nur möglich in heiligem Ernst, mit Ehrfurcht und Zittern. Je tiefer wir die Nähe Gottes und die Innewohnung des HErrn erfahren, um so ehrerbietiger und ernster wird unser Leben - Sein Wirken - alles Eigne zurücktreten lassen. Denn wie die Tatsache der Errettung selbst, wie jeder ernste, gute Wille (der von uns gefordert wird), so ist auch jede Tat des Lebens, jedes Wirken im Geiste Christi nie und nimmer aus uns, sondern einzig und allein aus Gott, der allein die Kraft ist.

E. A.

Antwort D

Das Wörtchen „eigene“ sagt uns, daß es sich um eine Seligkeit handelt, welche wir schon in dieser Welt besitzen und genießen können. Was für eine Seligkeit oder Glückseligkeit das ist, sagt uns Joh. 14,23. Es ist die Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo. Das ist es, was Satan uns so gerne raubt, und ich fürchte, daß viele Gläubige diese Seligkeit nicht genießen. Wer sein eigenes, schwaches, menschliches Herz und auch die Welt mit ihren Eitelkeiten und die List Satans, ihres Fürsten, kennt, der wird mit Furcht und Zittern danach trachten, in dieser persönlichen Gemeinschaft mit seinem HErrn im Himmel zu bleiben. Drei Dinge sind wichtig zu beachten: 1. Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre (1. Tim. 4,16). 2. Halte fest das Bild gesunder Worte (2. Tim. 1,13). 3. Halte im Gedächtnis Jesum Christum, auferweckt aus den Toten (2. Tim. 2,8).

A. F. S.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben mehrere Antworten verschiedener Auslegung aufgenommen, die, wie wir glauben, einander ergänzen. Doch in keiner scheint uns das berücksichtigt zu sein, wodurch Paulus zu diesen Ausdrücken, die vielen Gläubigen ganz ohne Grund Schwierigkeiten machen, Veranlassung hat. Er schreibt ihnen diese Worte, soweit wir sehen, keineswegs nur als ernste Ermahnung, deren Nichtbeachtung böse Folgen nach sich ziehen würde - obwohl das wahr sein mag -, sondern als lebendigen Trost. Sie bedurften dessen sehr, nachdem Paulus, der bisher in ihrer Mitte gewirkt und zu ihrem Heil gearbeitet hatte, sie hatte verlassen müssen, wodurch sie sich gewissermaßen „auf eigene Füße gestellt“ sahen. Sie mußten jetzt ihr Heil selbst „auswirken“. Aber wenn Paulus auch nicht da ist - Gott ist da; Gott wirkt alles in ihnen, während Paulus nur für sie wirken konnte. Welch ein Vorrecht für uns, Ihn wirken lassen zu dürfen! Doch schließt dieses Vorrecht die VerAntwortung für uns in sich, unsern Wandel in solcher Weise zu führen, daß das Wirten Gottes nicht verhindert werde. Nur durch diese beständige Wechselbeziehung zwischen Gottes Wirken in uns und unserem dementsprechenden gebührenden Gehorsam, der verbunden ist mit heiliger Ehrfurcht gegen Gott, werden wir befähigt, „Darsteller des Wortes des Lebens“ - d. i. des Christus! - zu werden (V. 16). Wie die Schauspieler Darsteller der Gedanken des Dichters sind, so sind wir berufen, die Darsteller des Wesens Dessen zu sein, welcher der geliebte Gegenstand unserer Herzen ist. Welch erhabene VerAntwortung und welch ein Trost, daß Er Selbst in uns wirkt nach Seinem Wohlgefallen!

Frage 36

Wie sind die Gegensätze in Kol. 3,3 „ihr seid gestorben“ und in V. 5 „so tötet nun“ zu verstehen und wie werden sie praktisch ausgelebt?

Antwort A

Das eine ist wohl klar: Wiedergeborene sind der Welt und dem Ich gestorben. Der alte Mensch (das Ich, die eigene Persönlichkeit mit allem, was an und in ihr unter der Leitung Satans stehend ist) ist gekreuzigt, und ich bin ein neuer Mensch (dieselbe meine Persönlichkeit mit allen Gaben, Kräften,

Gütern unter dem Regiment Christi stehend) geworden.

Aber obwohl der Christ ein neuer Mensch ist, so ist doch der Leib noch da und in ihm allerlei Lüste. Lüste, die an sich berechtigt sind, die aber, wenn sie nicht im Zügel gehalten werden, zur Sünde führen und werden können. Notwendige Eß- und Trinklust kann zur Völlerei und Trunksucht werden, Fortpflanzungslust zur Unzucht werden, gutes Streben zum ehrgeizigen Strebertum werden, Sparlust zum Geiz werden, Feingefühl zur Empfindelei werden usw. Da gilt es zu wachen. Lüste sind nach dem Ausspruch eines alten Mannes Gottes gute Knechte, aber böse Herren. Gott mache uns wachsam! Sein Sieg ist unser Sieg, Halleluja!

K. E.

Antwort B

Der Zusammenhang aller Stellen, in denen uns bezeugt wird, daß wir mit Christus gestorben sind, verwertet diese Glaubenstatsache zu einem Ansporn des Willens, unser praktisches Leben dementsprechend gestalten zu lassen. Daß wir mit Christus gestorben sind, ist die Glaubensstellung, die wir in Christus haben. Dieser Glaube ist keine Theorie oder Lehre, sondern er ist Leben, und zwar in erster Linie und vor allem inneres Leben. Das Geheimnis heißt „Christus in uns“ (Kol. 1,27), Christus der Gekreuzigte und der Erstandene und Erhöhte, der ganze Christus! Das ist die persönliche Grundlage aller Heiligung. Damit sind wir aber noch nicht „fertig“ im „Gestorbensein“. Denn das Fleisch lebt. Wir leben im Fleisch. Hier bedarf es der praktischen Auswirkung der Errettung. „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir! Vom Innersten aus, wo im glaubenden Herzen Christus wohnt, werden mehr und mehr alle Lebensgebiete in die Sterbensgemeinschaft und Lebensgemeinschaft des HErrn gezogen. Der lebendige Glaube, der selbst nichts anderes ist als eine Lebenswirkung des HErrn, hat sich unausgesetzt zu betätigen gegen das Fleisch und alle fleischlichen Neigungen, die in jedem Gläubigen vorhanden sind. In der Kraft des Glaubens an die Todesgemeinschaft mit dem HErrn, der für uns gekreuzigt wurde, sinnen wir nicht mehr auf das, was auf der Erde ist. In dieser Glaubenskraft töten wir und legen wir ab alle die Neigungen und Regungen, „um derentwillen der Zorn Gottes kommt über die Söhne des Ungehorsams“. Ebenso wie die Glaubensstellung in Christus bei einem treuen Gläubigen eine beständige ist, ebenso muß naturnotwendig dieses Töten und Ablegen eine beständige Handlung des neuen Menschen sein.

E. A.

Anmerkung des Herausgebers

Welch eine köstliche Gewißheit: „Unser (der Gläubigen) Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (V. 3). Unser Leben ist hienieden zu Ende gebracht, indem wir mit Christum starben. Wir haben unser Leben nur noch droben; doch hier unten sind noch „Glieder“ von uns, Glieder des alten Menschen, der in Christo sein Ende gefunden hat. Es wäre für uns nicht möglich, diese Glieder zu töten oder im Zustande des Todes zu erhalten, wenn unser Leben nicht in Gott wäre. Lebten wir noch unser altes Leben, in dem nichts ist, was von Gott anerkannt werden kann, so hätten wir auch keine Kraft, unsere Glieder zu töten; unsere besten Willensäußerungen und Bemühungen würden nichts sein als Fleischeswerk. Aber unser Leben, unsere Lebensquelle wie Lebenskraft ist mit Christo in Gott; nur darum können wir„töten“ (V. 5), oder vielmehr, wie dieser Ausdruck und die folgenden

wörtlich besagen: „(zuständlich) getötet haben ...“ (V. 5), „abgelegt haben ...“ (V. 8) und „angezogen haben ...“ (V. 12) und fortgesetzt in diesem Zustande eines „neuen Menschen“ (V. 10) wandeln. Des neuen Menschen Leben ist Christus. Für das, was er hier auf der Erde zu töten und abzulegen hat, zieht er zugleich das an, was seinem Wesen nach Christus Selbst ist, und also wird er von Gott „erneuert“ (V. 10). Wir verwirklichen das Getötethaben usw. praktisch in dem Maße, in dem wir droben unseren Verkehr haben, wo der Christus ist (V. 1 u. 2!); dann wird das „Wort des Christus“ für uns lebenserneuernden Wert bekommen und „reichlich in uns wohnen“ (V. 16); dadurch wird der „neue Mensch“ ausgebildet werden, die Glieder des alten werden als getötet ihre Macht mehr und mehr verlieren, und das neue Leben - Christus - wird nach und nach in uns ausgebildet (2, Kor. 3,18).

Frage 37

Bitte um eine kurze Auslegung von Röm. 8,19-25!

Antwort A

Mit V. 19 möchte man Kol. 3,4 und 1. Joh. 3,2 vergleichen. Das Harren der Schöpfung wartet auf den Tag, da der HErr mit Seinen Erkauften erscheinen wird, um durch Gericht alles in Ordnung zu bringen (2. Thess. 1,10; Apgesch. 3,19.21). - V. 20-22: Der Mensch wurde zum Herrschen geschaffen, um Gott auf der Erde zu vertreten (1. Mose 1, 26.28), aber da er durch Ungehorsam und Hochmut in die Knechtschaft Satans, der Sünde, der Eitelkeit fiel, so ist es klar, daß alles, was von ihm beherrscht wurde, auch mit ihm in die Knechtschaft fiel; unsere Sünde hat die Grausamkeit der Raubtiere, das Leiden des Tierreiches, die Unfruchtbarkeit des Bodens, die Krankheiten des Pflanzenreiches, alle Unregelmäßigkeiten in den Verrichtungen der Schöpfung: Mißbildungen bei den lebendigen Wesen, Störungen, Erdbeben usw., verursacht und verursacht sie noch. Aber Gott ließ dies zu, um die Schöpfung teilhaftig an den Ergebnissen des Werkes Christi (Kol. 1,20; Hebr. 2,9) zu machen. V. 23 drückt das Sehnen, das Verlangen der im Leibe noch wohnenden Kinder Gottes aus (2. Kor. 5,2.4; Phil. 1,23). V. 24.25: Ihre tatsächliche Errettung ist noch nicht ausgeführt, obgleich alles für dieselbe vollbracht ist (Joh. 19,30). Sie warten noch, aber mit Gewißheit, auf die Vollendung ihres Heiles, welche die Wiederkunft des HErrn ist, durch die sie in Herrlichkeit aufgenommen werden; dann wird die Schöpfung selbst im Tausendjährigen Reiche von der Herrschaft der Sünde befreit werden (2. Thess. 2,3-8). In Verbindung mit V. 24 und 25 lese man noch Hebr. 2,8; 9,28; 1. Petri 1,3-9;

2. Thess. 2,16; 2. Kor. 4,18; Eph. 1,18. Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi für diese gute Hoffnung; Er ist unsere Hoffnung (1. Tim, 1,1).

R. W. D.

Antwort B

Als der HErr hienieden wandelte, seufzte Er im Geiste (Joh. 11,33.38). Er sah und empfand in Seiner Seele den Tod und das Verderben, welches durch die Sünde in die Welt gekommen war. So haben auch heute die Kinder Gottes ein Empfinden für die Knechtschaft des Verderbnisses, unter der die Schöpfung seufzt.

Der Mensch ist das Haupt der Schöpfung, und als durch seine Sünde das Gericht Gottes über ihn kam, kam auch die Schöpfung unter den Fluch (1. Mose 3). Da ist der Ursprung und Anfang des Seufzens. Von da an brachte die Erde statt Früchte Dornen hervor. Die Tiere, die einst dem Menschen nahten, flohen vor ihm, er wurde ihr Tyrann, und nur im Schweiße seines Angesichts fand er selbst sein Brot. Mit Seufzen und Geschrei betritt er die Welt, und so geht er auch wieder aus ihr heraus. Mit dem Fortschreiten in der Sünde und Empörung gegen Gott mehren sich auch die Wehen und das Verderben der Schöpfung. Die Sintflut brachte neues Verderben. Bis dahin erreichte der Mensch ein fast tausendjähriges Alter, jetzt wurde das Leben abgekürzt. Babel, Sodom usw. zeigen weitere Spuren des mit der Sünde zunehmenden Verderbens.

Obgleich wir die Erstlinge des Geistes haben (V. 23), so gehören wir durch den Leib noch dieser Schöpfung an und seufzen in uns selbst und harren der Erlösung. Zugleich sind wir aber auch der Mund der seufzenden Schöpfung, der das Sehnen der Kreatur nach dem Tage der Offenbarung der Söhne Gottes vor Gott ausdrückt. Jetzt ist noch der Tag des Weinens, aber bald kommt die Stunde, von welcher der HErr sagt: Ich werde euch wiedersehen (Joh. 16,22), und dann naht der Tag, an dem wir mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit (Kol. 3,4), der die Befreiung der Schöpfung von der Knechtschaft und Gebundenheit in sich schließt. Dann, wenn die Kinder Gottes offenbar werden, wird auch sie in dem Schmucke ihrer Schönheit gekleidet sein.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Hat es uns noch niemals wie ein heiliger Schmerz tief ergriffen, wenn wir sahen, wie ein armes Lastwagenpferd auf der Straße erbarmungslos mißhandelt wurde, oder wenn wir einen jämmerlichen Droschkengaul auf dem glatten Asphalt stürzen sehen mußten? Sicherlich! Haben wir nicht schon ähnlichen Schmerz empfunden gelegentlich beim Anblick eines gefangenen Vögelchens, oder wenn wir irgendwie gezwungen waren, in der Natur einen Kampf auf Leben und Tod mitanzusehen? Sollte unser Schmerz nicht gewissermaßen die stille, traurige und sehnsüchtige Antwort sein auf den klagenden Schmerzensschrei der um unsertwillen, um des gefallenen Menschen willen leidenden Tierwelt, ja der gesamten Schöpfung? Sie, die Schöpfung, seufzt - unbewußt freilich, aber darum nicht weniger sehnend - nach der Erlösung, die erst eintreten kann, wenn die „Erlösung unseres Leibes“ eintritt, die „zukünftige Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll“. Laßt uns mehr unter diesem Gesichtspunkt die leidende Naturwelt anschauen, dann werden wir das Mitleiden und Erbarmen mit ihr haben, das uns als Christen geziemt (vgl. z. B. Spr. 12,10 u. a.), uns, die wir uns mitverAntwortlich wissen für die „Knechtschaft des Verderbnisses und der Eitelkeit“, unter welche der Mensch durch seine Sünde die Schöpfung unterworfen hat (V. 20)!

Frage 38

(Doppelfrage): Ist in Apgesch. 21,4 der Heilige Geist gemeint? Wenn ja, wie ist dann der Gegensatz zu V. 11 zu verstehen? (vgl. noch Apgesch. 11,28!)

Da die unter C) in Heft 6 genannte untenstehende neue Frage sich mit demselben Gegenstand beschäftigt, so veröffentlichen wir die auf letztere schon eingegangenen Antworten zugleich mit unter Nummer 38.

Nummer 38.

Der Herausgeber.

Was will Paulus in Apgesch. 20,22 sagen? Ist es ein Hinweis auf Kap. 19,21 oder 18,18-21?

Antwort A (1. Frage)

Wenn die Schrift von „dem Geiste“ (Apgesch. 21,4) spricht, ohne andere Bezeichnung in dem Zusammenhang, so können wir nur an den „einen Geist“ denken (Eph. 4,4), den Heiligen Geist. Wenn sie von „dem HErrn“ spricht, so verstehen gleich unsere Herzen, um welche teure Person es sich handelt (Joh. 20,25; 21,7.12). Ebenso ist's mit „dem Geist“, denn Er und der HErr sagen die gleichen Worte (Offenb. 2,17 usw.; 3,14.22); beide sind die Wahrheit (Joh. 14,6; 1. Joh. 5,6). Andere Geister sind in der „von Gott eingegebenen Schrift“ stets sorgfältig gekennzeichnet, damit betreffs „des Geistes“ keine Unklarheit bestehe, von dem unser Verständnis abhängig ist (1. Kor. 2,10.11; Joh. 14,26; 16,13.14).

Die Gemeinden wandelten in der Furcht des Herrn (Apgesch. 9,31), im Geist (Gal. 5,16.25), und dieser, unbetrübt, wirkte in den Gläubigen Seine Frucht, die Liebe ... den Frieden ... (Gal. 5,22). Wie Paulus (Apgesch. 20,23) und Agabus (21,11) hatten die Jünger von Tyrus durch denselben Geist Kenntnis von den des Paulus wartenden Banden und Drangsalen erhalten, und die Liebe des Geistes (Röm. 15,30) trieb sie, wie auch die in Cäsarea, zu ihrer dringenden Bitte; dieselbe Liebe wirkte in Paulus, dessen Herz brach, aber ihm wurden von dem HErrn zuerst (Apgesch. 20,22.24), von Brüdern auch (Röm. 15,25.26), Dienste anvertraut, welche die Reise nach Jerusalem erforderten, und inbrünstig im Geist, „dem HErrn dienend“ (Röm. 12,11), tat er „eines“ (Phil. 3,14). In diesem 21. Kapitel der Apostelgeschichte finden wir also keine Widersprüche, vielmehr sind da die verschiedenen Wirkungen Gottes durch den Geist nach der Stellung jedes einzelnen wahrnehmbar (1. Kor. 12, 6.18). Das Ende bei allem ist Sein allen Verstand übersteigender Friede (Apgesch. 21,14; Röm. 16, 20 mit Phil. 4,6.7).

R. W. D.

Antwort B (2. Frage)

In Apgesch. 20,22 denken manche Ausleger an den eigenen Geist Pauli im Unterschiede von 21,4, wo der Heilige Geist gemeint sei.

Die Schrift unterscheidet ja zwischen Seele und Geist des Menschen. So ist 1. Kor. 2,11 sicher der Geist des Menschen gemeint.

Demnach will man den Wunsch des Apostels, nach Jerusalem zu gehen, auf seine große Sehnsucht, das jüdische Volk für das Evangelium zu gewinnen, zurückführen, eine Sehnsucht, die so mächtig ist, daß er bereit ist, sein Leben für sein Volk zu lassen (vgl. 20,24 mit Röm. 9,1-5; 15,30.31).

Eine Berufung auf Apgesch. 19,21.22, wo es heißt: „Paulus setzte sich vor in seinem Geiste, nach Jerusalem zu reisen,“ ist schon deshalb belanglos, weil auch an dieser Stelle durchaus nicht an den Geist des Apostels im Unterschiede vom Heiligen Geist gedacht werden muß. Wörtlich heißt es: „In dem Geiste“.

dem Geiste“.

Wir sind aber durchaus nicht genötigt, einen Gegensatz zwischen dem Vorsatz des Apostels und der Absicht des Geistes anzunehmen. Die Offenbarungen des Heiligen Geistes bezüglich der geplanten Reise kannte der Apostel ja genau. Sein Geist kann sich nie gebunden und gedrungen fühlen, etwas zu tun, was dem Willen des Heiligen Geistes widerspricht. Allen Versuchen, die Reise des Apostels nach Jerusalem als eine vom Heiligen Geiste nicht gewollte, sondern als einen dem eigenen Geiste des Apostels entsprungenen und mit einen gewissen Eigensinn trotz aller Warnungen durchgesetzten Plan darzutun, stehen Wortlaut und Sinn der Schilderungen in der Apostelgeschichte durchaus entgegen.

Der Apostel fühlte sich im Geiste gebunden, stand aber dabei unter der Leitung des Heiligen Geistes.

J. W.

Antwort C (2. Frage)

Paulus nennt sich oft einen Sklaven Jesu Christi (Röm. 1,1; Phil. 1,1; Tit. 1,1). Paulus war nicht ein äußerlich Gebundener, sondern ein im Geist Gebundener, d. h. er hatte sich jemand zu eigen gegeben, verpflichtet, dem Herrn Jesu. So meint er hier, daß er als ein dem HErrn Verpflichteter im Gehorsam gegen Ihn trotz der durch den Heiligen Geist vorausgesagten Bande und Drangsale (Apgesch. 20,23), die dort auf ihn warteten, nach Jerusalem reise. V. 24 zeigt, daß er nach Jerusalem ging, um seinen Lauf zu vollenden und den Dienst, den er von dem Herrn Jesu empfangen habe, daß er deswegen auch keine Rücksicht auf sein Leben nehme. Daß dieses keine leeren Worte und Selbsttäuschung waren, zeigt sein weiterer Weg. Der HErr hatte einst zu Ananias gesagt: „Dieser ist Mir ein auserw ähltes Gefäß, Meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels“ (Apgesch. 9,15). Bisher war der Dienst des Paulus unter den Nationen und nur unter den unter diesen zerstreuten Kindern Israels gewesen. Jetzt finden wir ihn Apgesch. 21 und 22 im Tempel von Jerusalem, dem Mittelpunkt des jüdischen Volkes, vor der ganzen Stadt das Zeugnis des Evangeliums verkünden, Apgesch. 23 vor dem Synedrium stehen, Apgesch. 24 vor dem Landpfleger Felix, Apgesch. 25 und 26 vor Festus, dem König Agrippa und Bernice. Phil. 1,14 kann er schreiben, daß seine Bande in Christo offenbar geworden seien in dem ganzen Prätorium, und daß seine Umstände zur Förderung des Evangeliums geraten seien. Phil. 4,22 spricht er von den Heiligen in des Kaisers Hause. Ob er bei seiner ersten und seiner zweiten Gefangenschaft vor dem Kaiser persönlich gestanden hat und ob die 2, Tim. 4,16.17 erwähnte VerAntwortung vor diesem persönlich war, erzählt die Schrift nicht ausdrücklich, es erscheint aber wahrscheinlich, da er sich ja auf die Person und das Urteil des Kaisers berufen hatte.

So führte der HErr Seinen Knecht ins Gefängnis, damit dieser diesen Teil seines Dienstes erfüllen konnte, damit auch das jüdische Volk und seine Führer sowie die weltlichen Fürsten und Herren die Botschaft des Evangeliums aus dem Munde des Paulus hörten.

O. v. Br.

 

Anmerkung des Herausgebers

Wir sind sehr dankbar für diese drei sich so gut ergänzenden Antworten, aus denen auch deutlich

hervorgeht, daß es schriftgemäß ist, die Reise Pauli nach Jerusalem für gottgewollt zu halten. Hierzu nur noch einmal der Hinweis auf Apgesch. 9,15.16: Nationen - Israel.

Apgesch. 21,4 enthält gar kein Verbot, ebenso wenig wie V. 11; in V. 4 ist das, was in V. 12 infolge der V. 11 vorausgegangenen Weissagung steht, als ein Reden durch den Geist dargestellt, was nur zeigt, wie geisterfüllt die Jünger waren. Aber keineswegs sind hierin Gegensätze gegen Kapitel 20,22 oder 19,21 zu sehen. Paulus handelte nach dem Willen des HErrn (vgl. Apgesch. 20,22-24 mit 18,21b und 21,14!). Nur wenn in 21,4 ein bestimmter Befehl des Geistes läge, wäre diese Stelle schwierig in ihrem Verhältnis zu Stellen wie 19,21 und 20,22 („in dem Geiste“); aber der liegt nicht vor, sondern der Geist wirkte in ihnen eine warnende Bitte gemäß ihrer Stellung zu Paulus und in Paulus einen dem göttlichen Willen entsprechenden Entschluß gemäß seiner hervorragenderen Stellung (als Apostel) zum HErrn! Paulus ging einen klaren, göttlichen Weg!

Frage 39

Was ist die Bedeutung der Ausdrücke „Scheol“ (A. T.), „Hades“, „Abgrund“ (Abyssos), „Feuersee“ (Offenb. 20), „Hölle“ (Gehenna) und „Tartarus“ (2. Petri 2,4)? Sind es alles verschiedene Dinge, oder sind z. B. „Scheol“ (A. T.) und „Hades“ (N. T.) dasselbe?

Antwort A

Das Wort Hades kommt im N. T. wie folgt vor: Matth. 11,23; 16,18: Luk. 10,15;16,23; Apgesch. 2,27.31; Offenb. 1,18; 3,7 (versch. Lesart.); 6,8; 20,13.14. Es bedeutet Totenreich, Unterwelt und entspricht dem hebräischen Wort Scheol. Das Wort Scheol findet sich häufig schon im Buche Hiob, vergl. 7,9; 11,8; 14,13; 17,13.16; 21,13; 24,19.

Das Totenreich liegt tief unten, 5. Mose 32,22; Jes. 14,9; 57,9; Hes, 32,21; Am. 9,2; Ps. 86,13; 139,8; Spr. 15,24; Hiob 11,8. Es ist der Aufenthaltsort für alle Toten, Hos. 13,14; Ps. 16,10; 49,15; 89,48; Spr. 5,5; 23,14. Doch sind zwei Orte zu unterscheiden, das Paradies (Schoß Abrahams), d. i. der Ort für die Frommen (Luk. 16,22; 23,43), wo der sterbende Schächer mit Christus sein sollte. Von diesen sind die übrigen durch eine große Kluft getrennt (Luk. 16,26).

Bis zum Gericht vor dem großen weißen Thron werden die Gottlosen hier bleiben, um dann in den Feuersee geworfen zu werden (Offenb. 20,13ff.). Dagegen erscheint das „Paradies“ seit der Auferstehung Christi in der Gegenwart Gottes, wohin Paulus entrückt wurde (2. Kor. 12,1-4), nicht mehr im Hades. Christus ist hinaufgestiegen in die Höhe und hat die Gefangenschaft gefangen geführt (Eph. 4,8), aber zuvor stieg Er hinab in die unteren Teile der Erde, d. i. in den Teil des Hades, der das Paradies genannt wird. Die jetzt sterbenden Gläubigen sind „daheim bei dem HErrn“ (2. Kor. 5,8) und kommen nicht in den Hades.

Das „höllische Feuer“ (Matth. 5,22) wörtlich „das Gehenna des Feuers“, war ursprünglich die Feuerstelle im Tale Hinnom, wo Menschenopfer dargebracht wurden (2. Chron. 33,6; Jer. 7,31). Dieses Wort kommt 12 mal im N. T. vor, Matth. 5,22.29.30; 10,28; 18,9; 23,15.23; Mark. 9,43.45,47; Luk. 12,5; Jakob. 3,6, also mit Ausnahme der letzten Stelle nur in den Aussprüchen des HErrn Selbst. Natürlich ist hier nicht die örtliche Stelle im Tale Hinnom gemeint, sondern der Ort des Gerichts und der Strafe der Gottlosen, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt, d. i. der Feuersee

(Offenb. 19,20; 20,10) oder der zweite Tod (Joh. 8,24; Offenb. 21,8). Schon bei den Propheten erscheint dieser Platz als Vorbild des Gerichtsortes, Jes. 30,33; 66,24; Mal. 4,1.

Der Ausdruck Tartarus kommt als Hauptwort überhaupt nicht vor, wohl aber einmal, nämlich 2. Petri 2,4, das entsprechende Zeitwort ταρταροΰν (tartaroun), d. i. in den Tartaros werfen. Da es nur hier gebracht wird, und zwar von den gefallenen Engeln, so muß nicht an den Hades gedacht werden, noch weniger an die Gehenna (Hölle), „den schlussgerichtlichen Strafort der Feuerhölle“, sondern an den vorläufigen Haftort, wo sie „aufbewahrt“ werden für das Gericht. - Der Abyssos, d. i. die „Tiefe“, das Bodenlose, der Abgrund. Dieser Ausdruck ist in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments die Wiedergabe des hebräischen Wortes thehom, Tiefe, Meerestiefe (z. B. 1. Mose 1,2; 5. Mose 33,13; Ps. 107,26). Im N. T. ist Abyssos (Röm. 10,7) dasselbe wie Hades, d. i. der Aufenthaltsort der Verstorbenen; nach Luk. 8,31; Offenb. 9,1; 11,7; 17,8; 20,1.3 der vorläufige Strafort der bösen Geister, also dasselbe wie der Tartarus.

J. W.

Antwort B

Die Lutherbibel enthält oft den Ausdruck „Hölle“, wo in neueren Übersetzungen „Totenreich“ steht.

Die Juden nannten das Totenreich „Scheol“, und das griechische Neue Testament gibt „Scheol“ durch „Hades“

wieder. Der Scheol, auch „Grube“ (Lutherbibel 1. Mose 37,35), war im Alten Bunde zunächst der Ort der abgeschiedenen Seelen, sowohl der Frommen als auch der Gottlosen; er war das Gefängnis (1. Petri 3,19). Die Stellen im Alten Testamente schildern den Zustand der Seelen im Scheol als trostlos. Hiob 7,9; 3,11-19; 8,18; 10,21; Ps. 6,5; 30,9; 115,17.

Den wichtigsten Aufschluß über den „Hades“ erhalten wir im Neuen Testament in der Geschichte vom reichen Mann und vom armen Lazarus, Luk. 16,19-31; dort erfahren wir von einem Ort der Seligkeit, „Abrahams Schoß“, auch „Paradies“ (Luk. 23,43), und von einem „Ort der Qual“. Dieser Ort der Qual ist wohl zu unterscheiden von der eigentlichen Feuerhölle oder Gehenna, dem Ort der endgültig Verdammten. Der griechische Ausdruck „Tartaros“ bedeutet Ort der Verdammnis und die Miniaturbibel gibt ihn in 2. Petri 2,4 mit „Hölle“ wieder. Der Abgrund (Abyssos), in Offenb. 9,1; 11,7; 17,8, da der Rauch aufsteigt, (Offenb. 9,2), ist ohne Zweifel die Behausung des Teufels und seiner Engel (Matth. 25,41). Man merke wohl, nicht eigentlich die der Menschen, denn Gott will, daß allen Menschen geholfen werde (1. Tim. 2,4).

Das Wort „Hölle“ ist abgeleitet von dem altdeutschen „Hela“, dem Namen der Göttin der Unterwelt bei den alten Germanen.

Als Vorbild dieses Ortes der Qual galt den Juden das Tal Hinnom, südlich von Jerusalem, wo immer Feuer unterhalten wurde, um Aase und Dünger zu verbrennen; auch die Leichen von Verbrechern wurden dort hingebracht; der Ort hieß Gé-Hinnom (vergl. Jer. 19,6ff.), und daraus entstand Gehenna; auf diese beziehen sich folgende Stellen: Jes. 66,24; Offenb. 21,8; Mark. 9,43; Jud. 7.23; Offenb. 14,10; 21,8. Das Schicksal derer in Offenb. 21,8 ist noch zukünftig und findet nach dem Tausendjährigen Reiche statt.

Für uns ist es sehr wichtig zu wissen, daß uns nach unserem Tode ein seliger Ort „bei Christo“ bereitet ist (Phil. 1,23). Eine solche Verheißung bestand für Israel unter dem Gesetz nicht. Im A. T. kann der Zustand der Verstorbenen kein seliger genannt werden, da Christus dem Tode noch nicht die Macht genommen hatte. Der Zustand der Entschlafenen wird ein seliger für den, der in Christo ist, obgleich auch diese Seligkeit erst mit der ersten Auferstehung zur Vollendung kommt nach Offenb. 20,6.

C. L.

Anmerkung des Herausgebers

Die Frage ist durch diese beiden umfassenden Antworten genügend beleuchtet. Wir weisen nur noch hin auf das auch für „Totenreich“ und „Abgrund“ gebrauchte hebräische Wort „Abaddon“, in Ps. 88,11.12; Hiob 26,6 u. a. gebraucht, wozu wir zu vergleichen bitten Offenb. 9,11.

Wir möchten die teuren Leser, denen dieser ganze Gegenstand zu „trocken“ erscheinen will, um sich gründlich mit demselben zu beschäftigen, noch bitten, die angegebenen Schriftstellen treulich zu durchforschen, sie werden gewiß Gewinn davon haben. Denn wenn Gott diese Dinge nicht für wichtig genug erachtet hätte, so hätten sie gewiß nicht in Seinem Worte Aufnahme gefunden! Auch hier gilt 2. Tim. 3,16.17.

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Viele neuerliche Ermunterungen in freundlichen Zuschriften und reichliche Mitarbeit an dem Inhalt sowie an der Verbreitung der „G. H.“ stimmen uns zu stets erneutem Dank gegen den HErrn und alle unsere teuren Helfer.

Die Einsender von Manuskripten bitten wir herzlichst, die unten auf der 3. Umschlagseite jedes Heftes auf Manuskripte bezüglichen Mitteilungen zu beachten. Insbesondere bitten wir, die Manuskriptblätter stets nur einseitig zu beschreiben!

Da wir eine solche Fülle von Stoff zur Verfügung haben, daß wir erst einmal aufarbeiten müssen, so können wir bis Oktober (oder vielleicht November) d. J. keine neuen Fragen annehmen. Erst von dann an denken wir wieder neue Fragen aufnehmen zu können.

Jedoch, wenn dringende Fragen vorliegen, möge man sie uns senden, wir werden bemüht sein, nach Möglichkeit solche Fragen persönlich (brieflich) unserer Erkenntnis gemäß zu beAntworten.

Möchte die „G. H.“ auch fernerhin vielen zu reichern Segen sein und die Erkenntnis des HErrn wie die Liebe zu Ihm mehren helfen!

Mit Tit. 2,11-14 grüßt alle Freunde und Mitarbeiter

Klotzsche, Anfang Juli 1914.

der Herausgeber

Fritz Koch.

Berichtigung.

Versehentlich folgt auf Seite 140 gleich Seite 145!

Gruß an den Leser:

Wir haben einen solchen Hohenpriester, der Sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln als Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, welche der HErr errichtet hat, nicht der Mensch.“ Hebr. 8,1.2.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

 

 

Frage 40

Wie ist die Stelle zu verstehen: Hebr. 7,9.10, und wie verhalten sich diese beiden Verse zu V. 14?

Antwort A

Der Brief an die Hebräer offenbart die Vollkommenheiten Christi von jüdischem Standpunkt aus gesehen. Um unsere Stelle zu verstehen, müssen wir die Bedeutung des Zehnten begreifen. Wir lesen in 1. Mose 14, daß Melchisedek Abram segnete (V. 19) und dieser jenem dann den Zehnten von allem gab (V. 20). Der Zehnte war also ein freiwilliges Zeugnis der empfangenen Segnung, ebenso wie die Gaben in 1. Chron. 29,5.9.12.14; wenn er dem Volke Israel gesetzlich vorgeschrieben wurde, so geschah es, um die Tatsache zum Ausdruck zu bringen, daß es ein gesegnetes und segnendes Volk war; hätte Israel jene Vorschriften durch Glauben beobachtet, so wäre es auch der Fall gewesen. Die Segnungen Israels und durch Israel sollten darin bestehen, daß Gott Seine Wohnung bei dem Volke hatte, dessen Priester Levi (und seine Nachkommen) war. Da derselbe also Vermittler der Segnung war, erhielt er den Zehnten von seinen Brüdern (Hebr. 7,5.9). Aber als Same, als er noch in der Lende Abrahams war, wurde er teilhaftig der Segnungen und deshalb auch gezehnt, d. h. mußte den Zehnten zahlen. Daher ist nicht Levi der Urheber der Segnungen, sondern ein Besserer (V. 7), Melchisedek, d. h. im Vorbild Christus Selbst (V. 3.6). Es ist ein schlagender Beweis, daß alle Segnungen, welche die Juden durch das levitische Priestertum zu erlangen meinten, ihre Quelle von Anfang an in Christo hatten. Wenn man nun die Quelle erreicht hat, wozu dann noch einen Kanal zum Schöpfens des Wassers? Nein, dieser fällt weg, denn er ist nutzlos und sogar schädlich für die Kühle und die Reinheit des Wassers.

Da nun das Gesetz und das levitische Priestertum nur Schatten waren, so ist es klar, daß der Körper, Christus, nicht in demselben zu finden ist, also nicht in der Nachkommenschaft Levis. In 1. Mose, 14,18 sehen wir, daß der Segnende, Melchisedek, gleichzeitig König und Priester war bezw. sein soll. Um diese Bedingung zu erfüllen, mußte also dieser aus dem Stamme kommen, der die bestimmte Verheißung des Königs hatte, aus Juda (1. Mose 49,10). Hebr. 7,14 ist demnach ein anderer schlagender Beweis dafür, daß „unser HErr“ „Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“ ist.

Wenn Israel Jesum, den Nazarener, als König und Priester anerkannt haben wird, wird auch der Zehnte nicht mehr eine tote Form oder eine Nahrung für die Selbstgerechtigkeit (Luk. 18,12) sein, sondern das dankbare Zeugnis von der ewigen Güte Gottes (Ps. 110,3).

Lieber Bruder, Christus ist die Quelle! Sein Tod und Sein Leben sind für uns die Ursachen aller Segnungen (vgl. 1. Mose 14,18; Matth. 26,26-29; 1. Kor. 10,16). Er hat uns auch unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht (Offenb. 1,5.6). Ja, Ihm sei die Herrlichkeit in die Zeitalter der Zeitalter! Amen. (Hebr. 13,21.)

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Der Gegenstand ist ziemlich schwierig, leider ist auch nur vorstehende Antwort Eingegangen, doch denken wir, daß sie genügen wird, um dem aufmerksamen Schriftforscher Licht zu geben. In vorliegender Frage liegt verborgen die, wie wir uns zum Geben des Zehnten zu stellen haben. Dazu einige Worte!

Den Zehnten zu geben oder für das Werk des HErrn zurückzulegen, weil im Gesetz (also dem Volk Israel) dies geboten war, ist unter allen Umständen schriftwidrig, selbst wenn man sagt: Was das alttestamentliche Volk Gottes tat, muß das neutestamentliche, das größerer Segnungen teilhaftig geworden ist als jenes, erst recht tun! Nein, und abermals nein! Wir sind nicht unter Gesetz! (Gal. 5,18;

3,2; 4,5.6.) Aber nun berufen sich manche teure Kinder Gottes darauf, daß das Verzehnten schon vor dem sinaitischen Gesetz dagewesen sei, und sie weisen hin auf die Tatsache, daß Abraham dem Melchisedek, der doch ein Vorbild auf Christus sei, den Zehnten gegeben habe. Wenn solche Geschwister 1. Mose 14 für sich so auffassen, wollen wir sie nicht schelten; aber nie sollte man sagen, aus diesem Kapitel gehe hervor, daß die Gläubigen heute den Zehnten zu geben verpflichtet seien. Wenn Verpflichtung da ist, dann ist Gesetz da! Wenn das, was einige tun, darum andere auch tun sollten, dann wird eine menschliche Satzung aufgerichtet, und das ist vom Übel (Kol. 2,20ff.).

Aus dieser wunderschönen Geschichte in 1. Mose 14 geht hervor, daß Melchisedek von Abraham den Zehnten nicht gefordert hat! Freiwillig gab Abraham den Zehnten. Gewiß sind wir Gläubigen von heute Abrahams Same. (Gal. 3,6.7.29.) Aber wenn wir nun deswegen auch den Zehnten geben wollten, so würden wir gerade den Charakter des Gebens Abrahams, den Charakter der Freiwilligkeit, zerstören und ein Gesetz für uns aus dem machen, was Abraham für sich tat. Er setzte sich gleichsam im Herzen vor, als Gesegneter zu geben, wie es ihm gut schien; er gab den zehnten Teil, womit er - was die Zahl 10 bedeutet - das Bewußtsein seiner menschlichen VerAntwortlichkeit Gott gegenüber andeutete. (Vergl. über die Zahlen S. 36-38 in Band I.) Wollen wir es machen gerade wie er? Keiner hätte das Recht, es uns zu verbieten, wenn die Beweggründe ganz von selbst die Abrahams und keine gesetzlichen wären. Aber es kommt nicht auf die Zahl 10 an, sondern darauf, den Charakter des Gebens Abrahams zu wahren! Dazu geben uns 1. Kor. 16,2 und 2. Kor. 9,6.7 (8!) wichtige Fingerzeige. Handeln wir nach ihnen als solche, die gesegnet sind, um zu segnen, dann wird der Zehnte oft genug weit überschritten werden, (vergl. z. B. die Geschichte vom Scherflein der Witwe! Mark. 12,41-44). Und dann - gibt es eine Grenze für den, der da weiß: „Was wir

leben, das leben wir Dem, der für uns gestorben ist und ist auferweckt worden“ (2. Kor. 5,15)? Und das ist nach Hebr. 7, unserem vorliegenden Kapitel, Christus, der da ein unveränderliches Priestertum hat, weil Er in Ewigkeit bleibt (23,24).

Frage 41

Wie stimmen zusammen Hebr. 10,4: „Unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnebmen“ und das in 3. Mose. 5,10.13.16.18.26 in Verbindung mit dem Schuldopfer immer wiederholte „und es wird ihm vergeben werden“?

Antwort A

In Hebr. 10 handelt es sich um ewige Vergebung (V. 10.14.17.18), und da ist es selbstverständlich, daß „unmöglich Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen kann“. In 3. Mose 5 aber ist es anders, denn das Gesetz hat nur „einen Schatten der zukünftigen Güter, nicht der Dinge Ebenbild selbst“; alle Dinge waren nur Vorbilder, welche auf den Herrn Jesus und die mit Ihm verbundene Gnade und die Segnungen hinwiesen. Alles war nur irdisch: das Volk, seine Berufung, die ihm verheißenen Segnungen, sein Dienst, seine Opfer - und auch die Vergebung auf Grund der letzteren. Brachte ein Israelit für ein Vergehen das im Gesetz vorgeschriebene Opfer dar, so war seine Schuld getilgt, er war gereinigt, seine Sünde war vergeben; alles aber zunächst nur in den Augen der Menschen und - soviel ich verstehe - in bezug auf die Wege Gottes mit dem Menschen auf dieser Erde, also in bezug auf die zeitlichen Folgen der Sünde. Dazu bedurfte es nicht einmal des Glaubens, da es sich nur um ein Schattenbild handelte: wenn er das vorgeschriebene Opfer darbrachte, wurde ihm vergeben. Ewige Vergebung konnte er jedoch auch nur durch Glauben erlangen, wie es von Abraham heißt in 1. Mose 15,6: „Und er glaubte Jehova; und Er rechnete es ihm zur Gerechtigkeit.“ Der glaubende Israelit erkannte, daß die Opfer usw. hinweisen auf einen, der noch kommen und seine Schuld tragen und tilgen sollte, und daß auf Grund dessen allein Gott ihm in Gnade begegnete. Seine Vorstellung hierüber mochte nur dunkel sein - mehr oder weniger -, aber Gott hatte Nachsicht mit ihm, denn Er fordert nicht mehr, als was dem jeweils gegebenen Lichte entspricht (Röm. 3,25.26).

Wir sehen also einerseits den Unterschied in der Vergebung, von der in den einander gegenübergestellten Schriftstellen die Rede ist, andererseits aber auch die vollkommene Übereinstimmung in dem teuren Worte Gottes.

Th. K.

Antwort B

Röm. 3,25 scheint mir ein Schlüssel zur Lösung der Frage zu sein. In allen Opfern des Alten Testamentes hatte Gott Seinen geliebten Sohn vor Augen. Von Ewigkeit schaute Er auf Ihn mit Wohlgefallen, wissend, daß der Wille des Sohnes die Verherrlichung des Vaters und die Erfüllung Seines Willens war (Hebr. 10,7). Das Kreuz leuchtete schon von ferne, und in Seiner Barmherzigkeit bereitete Er in den Vorbildern den Weg für die Errettung der vor Christus lebenden Gläubigen, ihnen Nachsicht und Geduld zu erweisen.

In dem Opfer und in dem es darbringenden Priester sah Gott nichts anderes als das für die bestimmte Zeit (Röm. 5,6) aufbewahrte Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt (Joh. 1, 29.36), und den wahren Hohenpriester nach der Ordnung Melchisedeks (Hebr. 5,5-10). Der glaubende Israelit sah es vielleicht nicht, aber er verstand, daß nicht er selbst, sondern ein anderer seine Strafe erleiden und das Opfer darbringen sollte, damit er vor den Augen des dreimalheiligen Gottes Gnade finde. Dieser kleine Glaube genügt, um Gott zu befriedigen, wenn Sein Blick die Aufrichtigkeit des Herzens geprüft hat; und Er ertrug und ließ die Sünde hingehen, nicht um der Stiere und Böcke willen (kann etwa Gott an Tieren Wohlgefallen haben? Nein! Hebr. 10,6), sondern um Seines Sohnes willen, von dem sie Vorbilder waren. Wie wunderbar ist die Liebe Gottes zu dem Sünder, für dessen Errettung in Christo Jesu Er vom Falle in Eden an besorgt war. Einem fast unbewußten Gläubigen wurden die ewigen Erfolge des nur später vollbrachten vollkommenen Werkes Christi zuteil: „es wird ihm vergeben werden!“

Diesen kleinen Glauben nach Hebr. 11,1, ohne welchen es unmöglich ist, Gott wohlzugefallen (V. 6), hatte die große Masse des Volkes nicht. Durch seine Unbußfertigkeit verblendet, sah es in dem Opfer nicht mehr als ein von ihren Gütern genommenes Tier und in dem Priester einen Menschen, dessen Würde (Priester des wahrhaftigen Gottes) das Volk gegenüber anderen Nationen erhob. Die Gerechtigkeit Gottes, welche mehr als Blut von Tieren verlangt, erkannte es nicht (Röm. 10,3). Deshalb auch wurden die Opfer ein Erinnern an die Sünden. Das Blut Jesu Christi allein macht von aller Sünde rein (1. Joh. 1,7) und nur auf Grund dessen hätte Israel Nachsicht, Vergebung erlangen können, was später für den Überrest geschehen wird. Wie Hebr. 11 zeigt, war die Gnade Gottes nicht ganz umsonst, etliche sahen Seine Absichten und die Verheißungsgüter von ferne und trachteten nach einem neuen Vaterland.

Geliebte, uns, die wir fern waren (Eph, 2,12.13.17), ist durch ihren Fall (Röm. 11,11.25) das Heil geworden. Laßt uns schon jetzt zur Ehre seines Urhebers das neue Lied niederkniend anstimmen: „Du bist würdig“, damit die Stimme der Engel und aller Kreatur laute: „Würdig ist das Lamm ... Amen“ (Offb. 5,9.12.14).

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Der Ton in Hebr. 10,4 liegt auf dem Wort „hinwegnehmen“; in V. 11 ist noch einmal davon gesprochen, nur daß das griechische Wort dort noch stärker ist und bedeutet „ganz und gar hinwegnehmen“. Hinwegnahme, völlige Vertilgung der Sünden, konnte durch die Vorbilder nicht zustande gebracht werden, wohl aber Vergebung, d. h. wie auch wir glauben in erster Linie, zeitliche Vergebung, und zwar im Blick auf das einst geschehene, große Opfer von Golgatha. Jedoch gab es - freilich nur um dieses Opfers willen - auch wirkliche Reinigung im Alten Bund, aber nur wenigen konnte sie zuteil werden, weil nur wenige sich selbst verabscheuten und wahrhaft glaubten an die Güte und Erbarmungen Gottes. In dieser Hinsicht ist der 51. Psalm so kostbar, auch Psalm 32.

Doch wie unendlich breiter, länger, höher und tiefer ist die Kostbarkeit des „Einen Schlachtopfers zur Abschaffung der Sünde“ (Hebr. 9,26; 10,12). Jene unzähligen vorbildlichen Opfer haben zur Folge ein beständiges Erinnern, dieses Eine ein völliges Ausgetilgtsein und Vergessensein der Sünden (vergl. Hebr. 10, V. 3.4 mit V. 17.18!). Welch einer Erlösung sind wir teilhaftig geworden! Gepriesen sei unser

herrlicher Heiland-Gott!

Frage 42

Was ist das ewige Evangelium in Offenb. 14,6.7?

Antwort A

Es ist nicht das Evangelium der Gnade Gottes (Apgesch. 20,24), das seit der Ausgießung des Heiligen Geistes allen Menschen verkündigt wird.

Es ist auch nicht das Evangelium des Reiches Gottes nach Matth. 4,23, das den Juden verkündigt worden ist zur Zeit des Herrn Jesu und wieder gepredigt werden wird nach Matth. 24,14 in der Endzeit, sondern es ist das Evangelium, das die Rechte Gottes als Schöpfer und Richter vorstellt.

Weder Israel, das ins Tausendjährige Reich eingeht, noch wir, die wir unsere ewige Heimat im Vaterhause droben haben, könnten unsere Errettung und unser Heil auf diese Forderung gründen, die Gott im ewigen Evangelium stellt, wir haben alle nur in der Gnade in Christo Jesu Heil gefunden. Im ewigen Evangelium der Endzeit fordert Gott bei jedem Volk und Land der Erde nur Anbetung und Unterwerfung unter Ihn, den Schöpfer und Richter.

Psalm 96, 97, 98 bezeugen schon von alters her dieses ewige Evangelium.

F. B.

Antwort B

Die Schrift redet in bezug auf das Evangelium in verschiedener Weise. So lesen wir einmal in Matth. 4,23 von einem Evangelium des Reiches, welches der Herr Jesus den Juden verkündigte. Ferner lesen wir einmal von einem Evangelium der Gnade Gottes, das erstere wendet sich an die Juden, das zweite an alle Menschen der Jetztzeit. Dieses ewige Evangelium wendet sich in der Endzeit an die in stumpfer Sicherheit sitzenden Menschen, es heißt „jeder Nation und jedem Stamm und Sprache und Volk“ wird es verkündigt werden. Und die Verkündigung lautet: „Fürchtet Gott und gebt Ihm die Ehre, denn die Stunde Seines Gerichts ist gekommen, und betet Den an, der den Himmel gemacht hat und die Erde und das Meer und die Wasserquellen.“ Inmitten ihres Verderbens läßt Gott die Menschheit noch einmal zur Buße rufen. Gott fordert hier Unterwerfung unter Ihn als den Schöpfer Himmels und der Erde und Anbetung Seiner, als des allein wahrhaftigen Gottes. Wer sich diesen Forderungen Gottes in jener dunklen Endzeit unterwirft, dem wird dieses Evangelium mit seinem Heil zugerechnet werden. Es ist dies die geringste Forderung, welche Gott an die Menschheit stellt, aber auch die bestimmteste. Es ist gleichsam der letzte Appell vor dem im Hereinbrechen begriffenen Gericht, eine nochmalige Ankündigung und Anbietung ewigen Heils, ähnlich wie Paulus in Apgesch. 17,30.31 den Heiden Gott als Schöpfer und Richter vorhält. Es handelt sich hier um die ewigen und unwandelbaren Reichsgesetze und Rechtsbegriffe unserem Gottes, der Sein Recht nicht beugen läßt und an diesen Rechten als Schöpfer und Richter festhalten muß, aber auch den Menschen ein Evangelium mit ewigen Folgen anbietet. Jedenfalls wird Gott kein Mittel unversucht lassen, um einen jeden einzelnen mit Sich in Beziehung zu bringen, nur wird es in der Jetztzeit, wo das Evangelium der Gnade angeboten wird, leichter sein, sich für Gott zu entscheiden als in der Zeit, wo Gott dieses ewige

angeboten wird, leichter sein, sich für Gott zu entscheiden als in der Zeit, wo Gott dieses ewige Evangelium verkündigen läßt.

Ph. W.

Antwort C

Evangelium heißt „gute Botschaft“. Die Heilige Schrift redet von verschiedenen Arten von Evangelien.

1. Das Evangelium des Reiches Gottes war die Verkündigung der Aufrichtung des David und seinem Samen verheißenen irdischen Reiches des Segens (2. Sam. 7,8) durch den Messias. Dem Volke Israel wurde dadurch verkündigt, daß der Messias (Jesus Christus) tausend Jahre lang auf dieser Erde in Gerechtigkeit und Friede inmitten Seines Volkes und zum Heil aller Nationen regieren werde. Diese Predigt begann durch den HErrn und Seine Jünger (Mark. 1,15) und wurde unterbrochen durch die Verwerfung des HErrn von seiten der Juden.

Unmittelbar vor dem Kommen des Königs in Herrlichkeit wird es während der großen Trübsal wieder verkündigt werden (Matth. 24,14).

2. In der gegenwärtigen Zeit zwischen der Verwerfung Christi und Seiner Erscheinung (Epiphanie) wird das Evangelium der Gnade Gottes (Apgesch. 20,24) allen Menschen, ob Juden oder Heiden (Tit. 2,11), verkündigt, damit sie Vergebung der Sünden und ewiges Leben in Seinem Sohne empfangen (Apgesch. 26,18). Die Schrift nennt es auch das Evangelium Gottes (Röm. 1,1), das Evangelium Christi (2. Kor. 10,14), das Evangelium der Herrlichkeit (1. Tim. 1,11), das Evangelium eures Heils (Eph. 1,13), das Evangelium des Friedens (Eph. 6,15).

Über dieses Evangelium wurden dem Apostel Paulus besondere Offenbarungen zuteil, die die völlige Tragweite des Werkes Christi für die Seinen betreffen und wodurch der Leib Christi und das himmlische Teil der Gemeinde (Ecclesia) kundgemacht wurde. Da den anderen Aposteln diese Offenbarungen nicht gemacht wurden, spricht Paulus von „seinem Evangelium“ (Röm. 2,16; 16,25; 2. Tim. 2,8) vgl. Band I, Fr. 13!

3. Das ewige Evangelium wird durch einen Engel allen Bewohnern der Erde verkündigt, und zwar am Ende der großen Trübsal und vor dem Gericht der Nationen (Matth. 25,31). Sein Inhalt ist: „Fürchtet Gott und gebet Ihm Ehre, denn die Stunde des Gerichts ist gekommen.“ Demnach verkündigt der Engel in Offenb. 14,6 einerseits das Ende der Trübsal für den gläubigen Überrest der Juden und für die, welche während der Drangsale errettet werden, andererseits aber für die Menschen dieser Welt und Satan, den Fürsten derselben, die Stunde des Gerichts, der Verdammnis. Es ist ein ewiges Evangelium, da Sein Auftrag: „Fürchtet Gott und gebet Ihm Ehre“ von Anfang bis zum Ende der Welt seine Geltung hat.

C. Th.

Anmerkung des Herausgebers

Wie wunderbar ist doch diese dreifache Unterscheidung von Evangelium in der Schrift! - Dieses ewige Evangelium wird nur von einem Engel verkündigt. Es ist kostbar, daß einer aus dem Geschlecht der „dienstbaren Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit

ererben sollen“ (Hebr. 1,14), diese Botschaft zu verkünden hat. Soll sie dadurch an Wert und Ernst in den Augen der Menschen gewinnen? Wir glauben es; denn dann wird eine Zeit sein, wo das Sichtbare noch mehr über das Unsichtbare triumphiert als heute, wo „selig sind, die nicht sehen und doch glauben“. Wenn aber der Satan „mit Wundern und Zeichen der Lüge“ die Menschen verführt, dann bedarf auch das Evangelium eines außerordentlichen Boten, um angenommen zu werden.

Das „ewige Evangelium“ war schon vor dem Gesetz da. Ein Blick in die Konkordanz zeigt uns etliche Stellen, wo das „Fürchten Gottes“ vor dem Gesetz vom Sinai betont wird, so z. B. in 2. Mose 1,17-21 bei dem ägyptischen Volk! - Röm. 1 zeigt uns, daß die Nationen im ganzen dieses ewige Evangelium verworfen haben und statt dessen in den rohesten Götzendienst verfallen sind. Wird nach Offenb. 14,9.11 nicht dann auch Götzendienst in vollendetster Form auf Erden im Schwange sein? Da tritt Gott wieder mit dem ewigen Evangelium an die Menschen heran. Und auch dieses „ewige Evangelium“, obgleich kein „Evangelium der Herrlichkeit“ (1. Tim. 1,11), ist, was das Wort besagt: eine „frohe Botschaft“ mit Ewigkeitswert für die, die es annehmen! Gelobt sei Gott für Sein Liebeswerben um die Menschen!

Frage 43

Wer ist das erste und das andere Tier in Offenb. 13,1-10 und 13,11-18?

Antwort A

„Und ich sah aus dem Meere ein Tier aufsteigen, welches zehn Hörner und sieben Köpfe hatte“ usw. Der Drache, Satan, der einst bei der Versuchung seine Macht, seinen Thron dem Herrn Jesu anbot, gibt hier einem Menschen seinen Thron und seine Macht; und alle Welt verwundert sich über das Tier um deswillen, weil es einst tödlich verwundet war und nun wieder geheilt ist und mächtig dasteht. Wir haben in diesem ersten Tier das wiedererstandene römische Weltreich, welches schon einmal bestand, aber dann einen satanischen Charakter haben wird, zu verstehen; sein Sitz, der Sitz seines Hauptes, ist Rom. Es entsteigt dem Meere, d. h. es kommt aus einer ungeordneten, wogenden, jedenfalls revolutionären, unruhigen Völkermasse. Satan, einst aus dem Himmel auf die Erde geworfen, wird die abtrünnige Menschheit, die von Freiheit träumt, in ihrer Feindschaft gegen Gott zum Äußersten treiben. Satan wird einen Menschen mit aller Gewalt und Bosheit aufrüsten und zum Haupt dieses Weltreiches machen. Deshalb sagt die Schrift: „Es kommt aus dem Abgrund“.

Über dieses erste Tier und seine Gewalt sagt uns die Schrift noch vieles; also es ist das widerstandene römische Weltreich oder sein von Satan inspiriertes Oberhaupt und herrscht im Westen, es wird zuerst noch vieles geschehen müssen, um noch deutlichere Anzeichen dieses Ereignisses zeigen zu können, wir sind aber auf dem nächsten Weg zu all diesen Dingen. Diesem allen geht aber die Entrückung voraus. Dann geht auch der Heilige Geist, der jetzt noch die Braut Christi sammelt, mit hinweg von dieser Erde, und darum werden sich die in der Schrift geweissagten Dinge sehr rasch entwickeln, zumal der Satan weiß, daß er wenig Zeit hat.

Das andere Tier Kapitel 13,11-18: „Und ich sah ein anderes Tier aus der Erde aufsteigen, es hatte zwei Hörner wie ein Lamm und redete wie ein Drache.“

Also das erste Tier, eine politische Weltmacht, entsprang dem Meer; ging hervor aus einer in Aufruhr

und in Umwälzung befindlichen Völkermasse. Das geheimnisvolle andere Tier steigt aus der Erde herauf, also aus dem Festland, aus dem Boden einer festen, bestehenden Ordnung. Das andere Tier tritt, wie wir aus anderen Stellen der Schrift erkennen (z. B. Dan. 11,37), aus dem Volk Israel hervor. Dieses Tier erscheint zuerst wie ein Lamm, das ist bedeutungsvoll, es ist eine Nachahmung des wahren Lammes, des Sohnes Gottes; aber es redet wie ein Drache, es führt die Stimme Satans.

Oft hat der HErr durch die Propheten und den Geist davon geredet, daß in Israel wieder später als gesammeltes politisches Volk der falsche Messias auftreten werde und Aufnahme finden werde (Joh. 5,43) und dies ist der Antichrist. Er wird nicht sofort als der Gesetzlose, als der Mensch der Sünde auftreten, aber zuletzt wird er sich so offenbaren und wird sich als ein Gegenstand der Verehrung in den dann wieder aufgebauten Tempel Gottes setzen und sich selbst darstellen, daß er Gott sei. Dieses zweite Tier, der Antichrist, wird in Verbindung mit dem ersten Tier, dem Haupt des römischen Reiches, einen Bund machen auf sieben Jahre. Nach Ablauf der letzten 3½ Jahre dieser sieben Jahre wird der Herr Jesus mit allen Heiligen kommen und sichtbar erscheinen und dem Tier und dem Antichristen ein Ende machen, beide in den Feuersee werfen und den Satan auf tausend Jahre in den Abgrund verschließen.

F. B.

Antwort B

Die zwei Tiere in obigem Kapitel sind zwei Personen, welche wiederum zwei Systeme nicht nur repräsentieren, sondern verkörpern, deren Ursprung satanisch ist.

Das erste Tier ist das Haupt einer noch zukünftigen Weltmacht, darum trägt es mehr einen politischen Charakter. Wir finden daher: „zehn Diademe“, und Vers 5 u. 7 wird von Gewalt gesprochen, auch wird es mit wilden Tieren (nicht Haustieren) verglichen.

Das zweite Tier trägt mehr einen religiösen Charakter, darum ist es gleich einem Lamme (Nachahmung des Herrn Jesu, des Lammes Gottes), tut Zeichen und verführt die auf der Erde wohnen, zwingt zur Anbetung des ersten Tieres (das erste Tier zwingt niemand zur Anbetung, wird aber angebetet ob der Verwunderung über dasselbe, Vers 3.4), beansprucht schöpferische Macht Vers 15 (vergl. 1. Mose 2,7) und ahmt einen der größten Propheten des Alten Testaments nach (vergl. Vers 13 mit 1. Kön. 18,24; 2. Chron. 7,1; 3. Mose 9,24). Daß es sich hier um zwei Personen handelt, geht klar und unverkennbar aus folgenden Stellen hervor: Kapitel 16,13; 19,20; 20,10; ferner wird das zweite Tier stets nur noch „falscher Prophet“ genannt. Man vergleiche dazu 2. Thess. 2,9.10; Ev. Joh. 5,43, welches uns gleichsam zur Annahme zwingt, daß es der Antichrist ist, dessen Geist, obwohl er noch nicht persönlich jetzt schon wirksam ist (vergl. 1. Joh. 2,18.22, dgl. 4,3; 2. Joh. 7). Anders verhält es sich mit dem ersten Tier, welches nicht aus der Erde (ein Bild vom irdischen Volke Gottes: Israel), sondern aus dem Meere heraufsteigt, es ist heidnischen und nicht jüdischen Ursprungs (vergl. Jes. 17,12-14, Offenb. 17,15). Ich für meinen Teil verstehe darunter das Haupt des noch aufzustehenden römischen Weltreiches, welches den Westen Europas mit einschließen wird (vergl. Offenb. 17,15-18; Dan. 7,7-12). Wir können dieses so sehr wichtige und ernste Thema hier nicht eingehend betrachten, doch möchten die schwachen Ausführungen dazu mahnen, nichts gemein zu haben mit dem Geist (welcher „jetzt schon in der Welt ist“) dieser antigöttlichen Systeme!

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Es tut auch uns leid, daß dieser Gegenstand, in bezug auf den wir im wesentlichen gleicher Meinung sind mit den vorigen Antworten, hier nur so kurz berührt werden kann. Es wäre gut, wenn jeder Leser das Erforschen dieser Dinge für so wichtig ansähe, wie die Schrift es tut! „Hier ist Weisheit“ (Vers 18). Schon jetzt zeigt sich mehr und mehr von dem Geiste des kommenden Antichristen und der Gewalt des Satans, des Drachen, und wir sind berufen, „die Geister zu prüfen, ob sie aus Gott sind“ (1. Joh. 4,1). Wir, als zur Gemeinde des HErrn gehörig, werden zwar nicht mehr auf der Erde sein, wenn diese furchtbare Dreiheit: der Drache (Satan), der Pardel und das (falsche) Lamm auf Erden herrschen werden, aber je mehr wir auch diese Dinge kennen lernen, desto mehr werden wir uns sehnen nach dem Zeitpunkt, wann der auf dem weißen Pferde sitzende „Treu und Wahrhaftig“ - „das Wort Gottes“ - „der König der Könige, der HErr der Herren“ Seinen siegreichen Krieg führen wird gegen alle Macht Satans (Offenb. 19,11-16).

Frage 44

Wie ist Matth. 19,12 zu verstehen?

Antwort A

Wenn es ganz wörtlich genommen wird, so: Es hat je und je Menschen gegeben, die waren nicht veranlagt, Verkehr mit anderem Geschlecht zu haben. Dann gab es welche, wie die Eunuchen, die von anderen verstümmelt wurden und die darum in keine eheliche Gemeinschaft eintreten konnten. Drittens gibt es solche, die um des HErrn, Seiner Sache und ihrer persönlichen Stellung dazu sich absolut rein und auch dazu ehelos halten. Sie wollen nur für das Himmelreich, für des HErrn Sache da sein. Man kann es aber auch erweitert verstehen. Die ersten sind eben infolge irgendwelcher körperlicher oder geistiger Gebrachen, die sie mit auf die Welt bringen, ohne weiteres genötigt, ehelos zu bleiben. Die zweiten sind durch irgend menschliche (auch familiäre) Verhältnisse einfach gezwungen, ehelos zu bleiben. Die dritten tun es, um ganz sich Gottes herrlicher Reichssache widmen zu können. Gott hat es ihnen klar gemacht. Da sind sie bereit. - Keinesfalls aber darf aus diesem Vers geschlossen werden, daß der ehelose Stand an sich vor Gott ein wohlgefälligerer Stand wäre und die Ehe nur für Christen zweiter Klasse sei. Jedenfalls sollte jeder vor Gott sich seines Weges klar werden. Gott aber hat Gnade und Kraft für jeden Weg, wenn er ein Gehorsamsweg ist.

K. E.

Antwort B

Die Pharisäer bringen die Frage der Ehe vor den HErrn. Der HErr zeigt ihnen, daß Gott Mann und Weib zu einem Fleische zusammengefügt habe, und ein Fleisch soll nicht geschieden werden. Sofort kommen die Pharisäer mit dem Einwurf: „Warum hat denn Moses geboten, ... sie zu entlassen?“ Der HErr sagt, daß Moses es ihrer Herzenshärtigkeit wegen gestattet, aber nicht geboten hätte. Der HErr kehrt zur Schöpfungs-, zur Anfangsordnung zurück. Das, was Moses wegen ihrer Herzenshärtigkeit dem Menschen im Fleische gestatten durfte, konnte jetzt in dem Lichte, das mit Christo in die Welt

gekommen war, nicht länger erlaubt sein. Er führt sie zu dem Lichte des Anfanges zurück.

Nur einen Scheidungsgrund gab es, und dieser war Ehebruch. Damit war das Band des einen Fleisches gelöst. Es war damit vor Gott dahin. Die formelle Scheidung war nur noch die Veröffentlichung des bereits vor Gott gebrochenen Bandes.

Die Jünger meinten, als sie die Ehe in diesem heiligen, unlösbaren Bande sahen, daß es gut sei, nicht zu heiraten. Der HErr aber hält voll aufrecht, was Gott im Anfang sagte: „Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei,“ und daß das „nicht heiraten tut besser“ (1. Kor. 7,38) eine Ausnahme ist, und zwar nur für solche, die es als eine Gabe empfangen haben. Ein Beispiel haben wir in Paulus. Er war vom HErrn begnadigt, treu zu sein. In dem Werke, zu dem er berufen, würden ihm die Pflichten einer Familie gegenüber Hindernisse gewesen sein. Es war kein Gebot, auch kann es sich niemand selbst geben, sondern es muß ihm als eine Segnung von Gott gegeben sein, unverheiratet zu sein um des Reiches der Himmel willen, für die Ehre Gottes.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie vielfach in der Christenheit diese Stelle dazu mißbraucht wird, um den oft geradezu gesetzlich-ehelosen Stand hoch über den Stand der Ehe zu erheben, das wissen wir alle. Wir sehen die großen Institutionen, in denen Männer wie Frauen, zur Ehelosigkeit mehr oder weniger gezwungen oder freiwillig darin, glauben, Gott damit einen Dienst zu tun, daß sie Seine Schöpferordnung mißachten, um freier für Ihn zu sein. Wir sind überzeugt, daß auch in unseren Tagen dieses Wort in seiner dreifachen Beziehung seine Geltung hat, und wir danken dem HErrn für solche Arbeiter, die von Ihm die Gnadengabe haben, also zu leben ganz für Ihn. Zweifellos sind solche für den Dienst des HErrn in mancher Hinsicht freier als verheiratete Arbeiter (1. Kor. 7,26-38), aber wir bezweifeln, daß die, welche 1. Kor. 7,7-9 übersehen und doch nach Matth. 19,12c handeln, göttliche Wege gehen! Wir glauben, daß Ungezählte, die „sich selbst verschnitten haben“, in diesem Stande unendliche Leiden durchzumachen haben, geschlechtlicher wie anderer Art, und zwar nur, weil sie Gottes Ordnungen nicht beachteten und sich zwingen wollten, etwas zu tun, wozu Gott ihnen keine Gnadengabe gegeben hatte. Wenn diese sich dann auch noch über die Ehe und solche, welche sie eingingen, erheben, so ist das sehr betrübend und zeigt nur, wie wenig sie die wunderbare göttliche Institution der Ehe verstehen (Eph. 5,22-33). Man beachte auch 1. Tim. 4,3a! Gesegneter im Dienst, glücklicher im HErrn werden gewiß die sein, die in Demut erkannt haben, wozu Gott ihnen eine Gnadengabe geschenkt hat, statt etwas zu übernehmen, was Gott nicht von ihnen erwartet. Auch kann in vieler Beziehung der Dienst von Verheirateten fruchtbringender sein als der von Unverheirateten! Laßt uns darum in bezug auf Matth. 19,12 nie vergessen, wie schon in voriger Antwort Gezeigt: „Ein jeder hat seine eigene Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so“ (1. Kor. 7,7).

 

 

 

 

Frage 45

War die Wahl des Matthias zum Apostel ein dem HErrn Vorgreifen oder nach dem Willen Gottes? (Apgesch. 1,15.16; vergl. 1. Kor. 15,5; Apgesch. 6,2.) War Matthias oder Paulus der zwölfte Apostel?

 

Antwort A

Die Wahl des Apostels Matthias war nach dem Willen Gottes, denn sie geschah nicht eigenmächtig, sondern durch Gebet und Bitte zum HErrn, Er möchte doch hier Selbst entscheiden (Apgesch. 1,23-26). Paulus kommt nicht als 12. Apostel in Betracht. Er war damals noch ein Feind des Herrn Jesu. Aber für Dienste, wozu der HErr die anderen Apostel gleichsam nicht gebrauchen konnte, war Paulus, der vorherige Eiferer und Verfolger, mit einem festen Charakter ausgestattet, zu jedem Leiden bereit, Ihm ein auserwähltes Rüstzeug (Apgesch. 9,15). Die Begegnung mit dem HErrn auf dem Wege nach Damaskus wurde zu seiner Berufung zum Apostel außer den „Zwölfen“.

K. K.

Antwort B

Matthias wurde nicht direkt durch den HErrn erwählt wie die übrigen Elfe, er wurde an Stelle des Verräters Judas durch Gebet und das Los zum Apostel erwählt und den Elfen zugetan. Gewiß war Matthias ein beständiger Nachfolger des HErrn, vielleicht einer von den 70, die Ihm auch nachfolgten. Petrus macht dies auch zur Bedingung. Petrus stellt sich bei seinem Vorschlag auf den Boden des Wortes Gottes in einer ganz entschiedenen Weise: „Es muß“ (Apgesch. 1,21.22). Sie brachten ihr Anliegen vor den HErrn und durften sicher erwarten, daß der HErr den Richtigen bestimmen werde durchs Los. Denn schon längst war in der Schrift der Fall Judas vorhergesagt und daß ein anderer sein Amt empfangen müsse (Psalm 69,25; Psalm 109,8), auf daß die Schrift erfüllt werde.

Ich für mich nehme an, daß es dem HErrn so wohlgefällig war. Die Ausgießung des Heiligen Geistes am Pfingsttag auf „alle“ dürfte vielleicht noch die Wahl des Matthias bestätigen! 1. Kor. 15,5 scheint mir einfach und klar zu sein. Der HErr ist zunächst dem Petrus allein erschienen und dann den Zwölfen (mit Matthias), einschließlich Petrus. Apgesch. 6,2 berufen die Zwölfe, einschließlich Matthias, die Menge zusammen. Matthias war der zwölfte Apostel. Paulus ist nicht der zwölfte Apostel, sondern der Apostel der Nationen (Röm. 1,1-7; Gal. 1,1). „Apostel nicht von Menschen noch durch einen Menschen“ (durch Wahl oder Ordination) „sondern durch Jesum Christum“.

F. B.

Antwort C

Die Wahl eines zwölften Apostels war notwendig geworden, weil Judas, der mitgezählt zu den Zwölfen und das Apostelamt mit überkommen hatte, durch Verrat des HErrn und darauffolgenden Selbstmord von dem Apostelamt abgewichen war, um hinzugehen an seinen Ort. Der HErr hatte zwölf Männer unter Seinen Jüngern zu Aposteln erwählt (Joh. 6,70) und ihnen die apostolische Vollmacht anvertraut (Matth. 10). Da nun durch den Tod des Judas eine Lücke entstand, so daß jetzt nur elf Apostel waren, mußte also die Wahl eines Mannet vorgenommen werden, der die vorhandene Lücke als zwölfter Apostel auszufüllen hatte. Zum Sitzen auf zwölf Thronen und zum Regieren der zwölf Geschlechter Israels sind durchaus zwölf Apostel nötig. Aus diesen Gründen schlägt Petrus in Apgesch. 1 eine Apostelwahl vor, die dann ja auch tatsächlich erfolgt. Von den beiden Brüdern, die als Kandidaten für diese Wahl in Betracht kommen, wird Matthias gewählt, nachdem vorher gebetet und das Los gezogen war. Beim Loswerfen hatte man wahrscheinlich Spr. 16,33 im Auge, wo es heißt: „Los wird geworfen in den Schoß; aber es fällt, wie der HErr will.“ Daß nun diese Apostelwahl

heißt: „Los wird geworfen in den Schoß; aber es fällt, wie der HErr will.“ Daß nun diese Apostelwahl nach dem Willen des HErrn war, geht daraus hervor, daß in Apgesch. 2,14 steht: „Da trat Petrus auf mit den Elfen ...“ Demnach war des Matthias Erwählung zum Apostelamt kein dem HErrn Vorgreifen, sondern nach dem Willen Gottes. Auch die beiden anderen angeführten Stellen Apgesch. 6,2 und 1. Kor. 15,5 beweisen das. - Wenn Matthias der zwölfte Apostel ist, dann kann es Paulus selbstverständlich nicht sein. Paulus betont deshalb einige Male, daß er „Apostel für die Nationen“ sei (Gal. 2,7-9; Röm. 1,5; 1. Kor. 9,1.2; Röm. 11,13), im Gegensatze zu den Aposteln für die Beschneidung.

A. C.

Antwort D

Nirgends in der Schrift wird die Apostelschaft des Matthias angefochten, weshalb sollen wir es tun? Im Gegenteil! Die Schrift erkennt sie an. Die Apostel handelten nach der Schrift. In Vers 20 haben wir die Schriftstellen, nach denen sie handelten. „Sein Apostelamt empfange ein anderer.“ In Vers 21 und 22 finden wir die Qualifikation - die Bedingungen, die für das Apostelamt erforderlich waren: Ein solcher mußte im Leben des HErrn mitgegangen sein von der Taufe Johannes an bis zur Himmelfahrt (Joh. 15,27). Vers 23-25 zeigt uns, was die Brüder taten. Sie wählten nicht selbst den Apostel. Dazu hatten sie gar keine Befugnis. Aber sie fanden in ihrer Mitte zwei, die den Bedingungen zum Apostelamt entsprachen, und diese stellten sie dem HErrn dar. Er konnte sowohl einen als auch beide ablehnen. Vers 26: das Los. Noch stand alles auf jüdischem Grunde. Die Gemeinde war noch nicht da. Gott handelte noch mit Israel, und sie handelten demgemäß nach den Normen Israels. Gott bekannte Sich nach Spr. 16,33 dazu: „Das Los wird in den Busen geworfen, aber alle seine Entscheidung kommt von Jehova.“ So wählte Gott Matthias, und „er wurde den Aposteln zugezählt“. In dem Berichte des Heiligen Geistes in Apgesch, 2,14 finden wir auch die Bestätigungen des Matthias als Apostel: Petrus mit den „Elfen“ (nicht mit den „Zehn“) stand auf, ebenso siehe Apgesch. 6,2: Die „Zwölfe“.

Die Bezeichnung „Zwölfe“ zeigt uns, daß der Apostelkreis auf diese Zahl begrenzt war. Pauli Apostelschaft wird uns gänzlich unterschieden von den Zwölfen gezeigt. 1. Kor. 15,5ff. zeigen dies klar. Dort wurde der Zwölfkreis genannt, dem der HErr erschien, und ganz abgesehen von diesem spricht Paulus von seiner Begegnung mit dem HErrn. Er zählt sich nicht den Zwölfen zu. Er war weder der „zwölfte“ noch der „dreizehnte“ Apostel. Er ist der „Apostel der Nationen“. Er steht allein und einzig da. Er hat seine eigene und besondere Aufgabe betreffs der Gemeinde Gottes, des Leibes Christi. In der Vollzahl zwölf mußte Israel das Zeugnis von dem Auferstandenen usw. am Pfingsttage gebracht und noch einmal das Angebot des Segens gemacht werden (Apgesch. 3,19-21). Erst nachdem das Zeugnis der Zwölfe an Israel ausgerichtet und es seinen Widerstand gänzlich bewiesen hatte (Apgesch. 7,51), wurde Paulus berufen, und erst nachdem durch Petrus den Nationen die Tür der Gnade geöffnet worden (Apgesch. 10), beginnt Paulus seinen Dienst an den Nationen.

Ein Loswerfen haben wir heute nicht mehr. Wir stehen nicht auf alttestamentlichem Grunde. Wir haben heule das vollendete Wort Gottes und den Heiligen Geist. Dieser, und nicht das Los leitet uns.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir haben alle eingesandten Antworten aufgenommen; keine mit entgegengesetzter Meinung traf ein! - Wie können über diese Sache überhaupt Fragen entstehen, da die Wahl des Matthias zum Ersatzapostel so klar bezeugt ist?! Wenn man in 1. Kor. 15,5 nicht annehmen möchte, daß diese Erscheinung des HErrn nach der Ersatzwahl geschehen sei, so bleibt doch die durchaus ausreichende Erklärung übrig, daß der Sprachgebrauch „die Zwölfe“ auch beibehalten wurde während der wenigen Tage, da sie nur „elfe“ waren, zumal die Ersatzwahl unmittelbar bevorstand;. Paulus schließt sich nur jenem apostolischen Sprachgebrauch an. - Manche Geschwister werden beunruhigt durch die sogenannten „Apostolischen“, die Apostel gewählt haben bezw. noch wählen. Aber solche Geschwister sollten diejenigen, die „Apostel“ wählen, fragen, ob die Bedingungen nach Apgesch. 1,15-22 für solche Wahl erfüllt seien; - überhaupt Wahl! Wer wählte? Nicht die Menschen, nur der HErr! Und dann wen? Es kamen nur solche in Betracht, „die mit den Aposteln des HErrn gegangen waren, während der Herr Jesus bei ihnen aus- und einging, anfangend von der Taufe Johannes usw.“ - von diesen sollte einer „Zeuge der Auferstehung“ werden! Paulus mit seiner durchaus göttlichen Berufung zum „Apostel der Nationen“ kann von den „Apostolischen“ nicht mißbraucht werden für ihre Irrlehre, aber ebensowenig Barnabas, der wohl Apostel genannt wird (Apgesch. 14,4.14), von dessen Berufung zum Apostel aber die Schrift nirgends spricht. Ihn trotzdem für die Lehre der „Apostolischen“ heranziehen, heißt weit über die Schrift hinausgehen! - Stimmen die obigen Bedingungen heute? Können uns die „Apostolischen“ solche Apostel zeigen? Und da sie es nicht können, braucht sich dann ein Schriftgläubiger trotzdem von ihrer Irrlehre fangen lassen? Lassen wir uns „nicht als Beute wegführen durch die Philosophie und durch eitlen Betrug nach der Überlieferung der Menschen ...“! (Kol. 2,8.) Der HErr sagt: „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten, und der Vater wird ihn lieben ...“ (Joh. 14,23).

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Wir bitten, freundlichst zu beachten, was in den „Persönlichen Worten“ in Nr. 7 gesagt ist über das Einsenden von Fragen.

Wir wurden wiederum recht erfreut durch treue Mitarbeit in jeder Hinsicht und danken herzlich für alle Beweise geschwisterlicher Liebe seitens unserer Leser und Mitarbeiter.

Hier einmal eine „Stimmte aus dem Leserkreise“:

Ich danke dem HErrn herzlich, dass Er Sie leitete, das Blatt herauszugeben. Ich bin schon oft recht erquickt und reichlich gesegnet worden. Wenn man das Blatt hintereinander durchliest wie andere Blätter, dann ist es mir etwas trocken, aber wenn ich die einzelnen Fragen und Antworten ruhig durchlese und die Bibelstellen nachschlage, dann ist es mir immer eine Quelle der Freude und Kraft; ich möchte sagen: ein Schlüssel, der mir weitere Gedanken zur Freude meines Herzens und zur Anbetung der Person unseres HErrn aufschliesst.“ H. B.

Möchte dies die Segenserfahrung aller teuren Leser der „Gegens. Handr.“ sein!

Seien Sie alle gegrüßt mit 2, Kor. 13,11

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Anfang August 1914.

Gruß an den Leser:

Die Liebe des Christus drängt uns, indem wir also geurteilt haben, daß einer für alle gestorben ist und somit alle gestorben sind. Und Er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.“ 2. Kor. 5,14.15.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 46

Wann hat der Herr Jesus unsere Sünden getragen? Nur am Kreuze oder schon von Seiner Taufe an? (vgl. 1. Petri 2,24) und hat Er die Sünden aller Menschen, auch der Ungläubigen, getragen? (vgl. 1. Joh. 2,2).

Antwort A1

1

Wir nahmen diese Antwort, die wir im wesentlichen für durchaus schriftwidrig halten, nur auf, um mittels derselben unseren Lesern um so besser zeigen zu können, was für Meinungen über diesen so sehr wichtigen Gegenstand im Volke Gottes verbreitet sind. Der Herausgeber.

Der Herr Jesus ist schon vor Grundlegung der Welt ausersehen und bestimmt worden, als das Lamm Gottes die Sünde der Welt zu tragen (1. Petri 1,18-20). In der Fülle der Zeit aber sandte Gott erst Seinen Sohn (Gal. 4,4). Obwohl durch die Geburt von der Jungfrau Maria der Sohn Gottes ein wahrer Mensch wurde nach Phil. 2,7, unterscheidet sich der Mensch Christus Jesus (1. Tim. 2,5) von anderen Menschen doch in ganz gewaltiger Weise. Er hat die Sünde nicht gekannt (2. Kor. 5,21), weil Sünde nicht in Ihm war (1. Joh. 3,5); Er hat keine Sünde getan (1. Petri 2,22), weshalb Ihn niemand einer Sünde zeihen konnte (Joh. 8,46). Irgendwann muß deshalb der Herr Jesus die Sünde der Welt auf Sich genommen haben, um sie dann zu tragen. Daß der Herr Jesus nicht nur am Kreuz die Sünde getragen hat, sondern schon viel früher, geht aus Joh. 1,29 hervor, wo Johannes der Täufer sagt, indem er auf Jesus hinweist: Siehe, das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde hinwegträgt. Jesus trug also damals schon, bald nach Antritt Seines öffentlichen Lehramtes, der Welt Sünde. Wann wurde nun aber die Sünde der Welt auf Ihn gelegt? Das kann nur gelegentlich der Taufe geschehen sein, die Jesus ja auch an Sich vollziehen ließ. Die Johannestaufe war eine Bußtaufe, d. h. die Taufe selbst bedeutete ein Bußetun. Da nun Jesus für Sich Selbst keine Buße nötig hatte, muß Seine Taufe durch Johannes eine ganz besondere Bedeutung haben. Diese Bedeutung kann nur sein: Bei der Taufe legte Johannes die Sünde der Welt auf das Lamm Gottes, so daß Jesus nach der Taufe als das Gotteslamm der Welt Sünde trägt. - Durch die Taufe des Johannes Jesus gegenüber wurde das erfüllt, was in den Opferbestimmungen für das Opfertier gesagt war: Der Priester sollte durch Handauflegung die Schuld auf das Tier übertragen (3. Mose 1-7) und es dann erst schlachten. So nahm also Jesus durch die Taufe die Sünde der Welt auf Sich und trug sie an Seinem Leibe hinauf auf das Holz nach 1. Petri 2,24.

das Holz nach 1. Petri 2,24.

A. E.

Antwort B

Der HErr der Herrlichkeit wird oft in verkehrter Weise zum Sündenträger gestempelt. Gewiß hat der Herr Jesus alle unsere Sünden getragen, aber nicht als der, welcher von seiten Gottes um der Sünde willen, sondern als der, welcher von seiten der Menschen um der Gerechtigkeit willen litt, als der treue Zeuge und als der gehorsame Mensch. So hat Er Sich durch den ewigen Geist ohne Flecken Gott geopfert und die Gemeinschaft mit Seinem Vater war, ob Er vor Pilatus stand oder ob Er von Kriegsknechten verhöhnt wurde, ja, bis hinaus auf das Kreuz eine ungestörte. Das Wohlgefallen des Vaters, der in Seiner Heiligkeit Sünde nicht sehen kann, ruhte sowohl nach der Taufe im Jordan sowie auf Seinem ganzen Weg hienieden bis auf das Kreuz auf Ihm. Die beste Erklärung gibt uns Jes. 53,5: „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm,“ und zwar zu keinem anderen Zweck, als daß uns durch Seine Striemen Heilung würde. Dort auf dem Kreuze wurde Er der Bürge für meine Sünde. So ward Er das wahre Sündopfer, als Er auf dem Kreuze war und als die Sonne ihren Schein verlor und Er ausrief: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ Da ward Er für uns zur Sünde gemacht auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm (2. Kor. 5,21). Hier allein war Er der Sündenträger. Alle übrigen Leiden des HErrn auf Seinem Lebensweg, vom Jordan bis nach Gethsemane, haben keinen sühnenden, sondern nur einen vorbildlichen Charakter. Damit löst sich auch die irrige Auffassung, die vielfach vertreten wird, daß der Herr Jesus auch die Sünden der Ungläubigen durch Seine Sühnung hinweggenommen hätte. Jes. 53,12 lesen wir: „Er aber hat die Sünden vieler getragen.“ Gewiß reicht Sein Opfertod für alle aus, und die Ansprüche der Gerechtigkeit Gottes hinsichtlich der ganzen Welt sind befriedigt und anerkannt, aber teil hat nur derjenige daran, der mit seiner Schuld glaubend Zuflucht zu Dem nimmt, der Sein Leben für ihn auf dem Kreuze gelassen hat. Von hier aus verstehen wir den Ausspruch des Johannes (Joh. 1,29): „Siehe das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt.“ Das Urteil über meine ganze Schuld ist in göttlicher Gerechtigkeit vollstreckt, die Anklageschrift vernichtet (Kol. 2,14), und die Sühnung reicht aus für jeden, der sich in Buße beugt. Jeder, der an Ihn als den von Gott Gesandten glaubt, hat durch diese Sühnung das Recht oder die Macht, ein Gotteskind zu heißen. Also die Schrift lehrt uns, daß der Herr Jesus unsere Sünden nur auf dem Kreuz trug und dort auch dann nur, als sich das Angesicht Gottes auf kurze Zeit, nicht vor Ihm, sondern vor der Sünde, die Er, der Sohn Gottes, hier auf Sich nahm, verschließen mußte. So verhält es sich mit dem Sündetragen für die Menschen oder für die Ungläubigen: Er stellt nicht alle Bösen, sondern die Grundlagen der Beziehungen der Welt zu Gott wieder her und ist somit zur Sühnung für die ganze Welt gestorben. Auf Grund dieses Opfers und dieser Sühnung kann jeder Errettung finden.

Ph. W.

Antwort C

Daß der Herr Jesus am Kreuze in den Stunden der Finsternis unsere Sünden trug und dort das Gericht und die Strafe für uns erduldete, das wird wohl von keinem Kinde Gottes in Frage gezogen. Aber weil Johannes der Täufer sagte: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt“ oder „trägt“ (Joh. 1,29) und weil es in 1. Petri 2,24 nach manchen Bibelübersetzungen

heißt: „... welcher unsere Sünden Selbst hinaufgetragen hat an Seinem Leibe auf das Holz ...,“ glauben manche, der Herr Jesus habe die Sünden bereits vor dem Kreuze getragen. Dieses „Tragen“ der Sünden denkt man sich, scheint es mir, ungefähr so, wie das Tragen einer Last, die jemand aufnimmt und unter der er dann seinen Weg dahingeht. Unter diesen gibt es wieder solche, welche denken, der Herr Jesus habe die Sünden von Seiner Geburt an getragen, und solche, welche denken, von Seiner Taufe an. Zu letzterer Annahme kommt man wohl dadurch, daß es betreffs der Johannestaufe heißt: „Da ging zu ihm hinaus ..., und sie wurden von ihm im Jordan getauft, indem sie ihre Sünden bekannten“ (Matth. 3,5.6) und dann der Herr Jesus auch zu dieser Taufe kam und auf Sein Verlangen ebenfalls von Johannes getauft wurde; sie meinen, da müsse eben auch der Herr Jesus „Sünden bekannt“ haben, und da Er Selbst keine hatte, seien es eben diejenigen anderer gewesen; also habe Er sie dort auf Sich genommen und von da an getragen.

Wie stimmt dieses alles mit dem Worte Gottes überein? Der Gegenstand ist von größter Wichtigkeit, weil es sich dabei um die Person des Herrn Jesu, die Herrlichkeit des Sohnes Gottes Selbst handelt.

In Johannes 1,29 ist zwar in der Zeitform der Gegenwart gesprochen, aber nur um die Person des HErrn vorzustellen und zu kennzeichnen. Das Tragen oder Wegnehmen der Sünde der Welt war in jenem Augenblick noch zukünftig, aber die Person, die es vollbringen sollte, war gegenwärtig, und diese Person war eine vollkommene Bürgschaft dafür, daß es auch hinausgeführt werden würde. Deshalb wird auch an anderen Stellen im Johannesevangelium von Dingen, die mit Seiner Person verbunden sind und in dem bezeichneten Augenblicke noch zukünftig waren, trotzdem in der Zeitform der Gegenwart gesprochen, als ob sie bereits geschehen wären bezw. gegenwärtig seien.

So wird z. B. in Kap. 1,33 gesagt: „... der mit heiligem Geiste tauft.“ Das tat Er aber weder in jenem Augenblicke noch überhaupt hienieden, sondern erst nachdem Er verherrlicht war; aber die Person war da! Kap. 10,15 sagt der Herr Jesus: „... und Ich lasse mein Leben für die Schafe“ (s. auch V. 17.18a); Er ließ es aber nicht in jenem Augenblicke oder fortgesetzt in dem hier gemeinten Sinne, sondern erst später am Kreuze usw. Joh. 1,29 begründet also nicht die Annahme des Sündentragens vor dem Kreuze. Ebensowenig ist dies bei der Petrusstelle der Fall, weil (wie mir von zuverlässiger, des Griechischen kundiger Seite gesagt worden ist) die griechische Präposition (Verhältniswort), die in 1. Petri 2,24 gebraucht ist, im Neuen Testament nicht nur auf die Frage „wohin“ mit dem Akkusativ (4. Fall) verbunden wird, sondern oft auch auf die Frage „wo“ mit dem 3. Fall. Daher kann in 1. Petri 2,24 statt „auf das“ ebensogut übersetzt werden „auf dem“. Ähnliche Beispiele sind z. B. Matth. 9,9: Matthäus saß „an dem Zollhause“ (griech. steht aber der 4. Fall: „an das Zollhaus“).

Die obenerwähnte Schlußfolgerung in bezug auf die Taufe des Herrn Jesu ist das Ergebnis rein menschlichen Verstandes - und geht darum völlig fehl. Der Herr Jesus war gekommen, am Kreuze den Platz des schuldigen Menschen im Gericht einzunehmen. Es entsprach daher völlig dieser Seiner Aufgabe, daß Er auch in der Taufe des Johannes den Platz mit denen teilte, die in dieser Taufe das gerechte Urteil Gottes über den Menschen anerkannten (s. Matth. 3,6; Luk. 7,29). Sie bekannten ihre Sünden und nahmen in der Taufe sinnbildlich den ihnen zukommenden Platz ein, Er aber machte Sich im Vorausblick auf das Kreuz eins mit ihnen an diesem Platze und erfüllte so „alle Gerechtigkeit“ (Matth. 3,15). Ein Aufsiechnehmen der Sünden kam hierbei nicht im entferntesten in Frage; es war weder der Zeitpunkt noch der Ort dafür. Das ist uns völlig klar, wenn wir auch nur ein wenig verstehen, was das Aufsiechnehmen, das Tragen der Sünden für den Herrn Jesus bedeutete. Es handelt sich eben nicht um ein Tragen im Sinne des Dahintragens, wie man einen Gegenstand nach

einem Orte trägt; sondern um das Aufsichnehmen der Schuld und Strafe. Sehen wir den Menschen an, der mit seinen Sünden dahingeht, ohne Vergebung, und mit ihnen einst vor Gott erscheinen wird. Er ist getrennt von Gott, geht ohne Ihn und fern von Ihm durch diese Welt, und der Tod, Gericht und Strafe sind zum Ende sein Teil. Nichts anderes konnte es für den Herrn Jesus sein, wenn Er die Sünden auf Sich nahm! Jede andere Vorstellung ist gänzlich irrig. Der Herr Jesus konnte nicht die Sünden auf Sich nehmen, ohne auch zugleich alles das auf Sich zu nehmen, was mit ihnen verbunden ist. Von dem Augenblicke an, wo Er die Sünden auf Sich nahm, nahm Er Gott gegenüber den Platz des schuldigen Sünders ein in seiner ganzen, vollen Tragweite, und Gott handelte dementsprechend mit Ihm. Das sehen wir am Kreuze in den Stunden der Finsternis, wo der Herr Jesus von Gott verlassen war und Gericht und Tod erduldete. Am Kreuze trug Er den Fluch (Gal. 3,13) für den Menschen, der unter dem Fluche war, weil er „nicht geblieben war in allem, was im Buche des Gesetzes geschrieben ist, um es zu tun“ (Gal. 3,10). Er trug ihn erst am Kreuze, weil Er am Kreuze die Sünden trug; Sünden und Fluch waren miteinander untrennbar verbunden! Hätte der Herr Jesus schon vor dem Kreuze die Sünden auf Sich genommen, so hätte Er also auch schon vor dem Kreuze unter dem Fluche sein müssen, die ganze Zeit, während der Er die Sünden trug. Er hätte dann auch Seinen Pfad getrennt von Gott gehen müssen, wie der Mensch, dessen Sünden nicht vergeben sind, ohne Gott durch diese Welt geht, denn Gott ist heilig und kann nicht mit Sünde zusammen sein! Wenn wir das leugnen, dann lassen wir gänzlich außer acht, was Gott ist in Seiner Heiligkeit und was Sünde ist in Seinen Augen! Erst wenn ein Mensch gereinigt ist von seinen Sünden, empfängt er den Heiligen Geist, macht Gott Wohnung in ihm, wird sein Leib ein Tempel des Heiligen Geistes; solange der Mensch mit seinen Sünden dahingeht, ist dieses völlig ausgeschlossen. Also Reinheit von Sünde ist die unbedingte Voraussetzung für das Wohnen des Heiligen Geistes in einem Menschen. Hätte es bei dem Herrn Jesus anders sein können? Nimmermehr! Gott ist unveränderlich in Seiner Heiligkeit, und ebenso unveränderlich ist Sein Urteil über die Sünde - auch als Sein geliebter Sohn sie trug! Da gab es keine Ausnahme für Gott, wie ja das Kreuz uns so deutlich zeigt. Wie hätte also nach der Taufe des Herrn Jesu der Heilige Geist auf Ihn herabkommen und auf Ihm bleiben können (Joh. 1,32), wenn Er die Sünden trug? Wie hätte es „das Wohlgefallen der ganze Fülle“ sein können, in Ihm zu wohnen (Kol. 1,19)? Wie hätte der Herr Jesus dann sagen können: „Und der Mich gesandt hat, ist mit Mir; Er hat Mich nicht allein gelassen ...“ (Joh. 8,29)? Und wie hätte Er auf dem Berge verherrlicht werden können (Matth. 17,2-5)? „Er wurde vor ihnen umgestaltet. Und Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne ...“, konnte das mit Ihm geschehen mitsamt den Sünden? Oder konnte Er Sich ihrer etwa eine Zeitlang wieder entledigen, um sie danach wieder auf Sich zu nehmen? Das eine ist so weit wegzuweisen wie das andere, und schon diese eine Schriftstelle genügt, um zu zeigen, daß der Herr Jesus die Sünden nicht von Seiner Taufe an trug.

Ebenso schriftwidrig ist die Annahme, der Herr Jesus habe die Sünden aller Menschen getragen. Das Wort spricht immer nur davon, daß Er die Sünden „vieler“ getragen hat (s. Matth. 20,28; 26,28; Hebr.9,28), nie aber „aller“. Die Sünden, welche Er trug, sind auch gesühnt und getilgt, und Gott wird ihrer nie mehr gedenken (s. Hebr. 10,17); wie hätte also dann der Herr Jesus, wenn Er die Sünden aller Menschen getragen hätte, den Juden sagen können: „Daher sagte Ich euch, daß ihr in euren Sünden sterben werdet; denn ..., so werdet ihr in euren Sünden sterben“ (Joh. 8,24), oder: „... so bleibt eure Sünde“ (Joh. 9,41), und wie könnten die ungläubigen Menschen einst gerichtet werden „nach ihren Werken“ (Offenb. 20,12.13)?

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir sind der festen, durch nichts zu erschütternden Überzeugung, daß, wie auch die Antworten B und C besagen, nach der Lehre der Schrift der Herr Jesus nur am Kreuz unsere, d. h. der Gläubiggewordenen, Sünden stellvertretend und sühnend getragen habe! - Auf die Tatsache, daß es in 1. Joh. 2,2 wörtlich nicht heißt: „Er ist die Sühnung für die Sünden der ganzen Welt,“ sondern: „Er ist die Sühnung für die ganze Welt“, ist bereits bei Frage 10 hingewiesen. Auf Grund dieser ein für allemal geschehenen Sühnungstat kann jeder gerettet werden, der unter den göttlichen Bedingungen (Buße, Sündenbekenntnis, Glauben an den Sohn Gottes und Sein Werk) das Heil in Christo ergreift. Die Lehre, daß Christus die Sünden aller Menschen getragen habe, ist schriftwidrig und eine mächtige Stütze für die Irrlehre, daß schließlich alle Menschen errettet würden. - In 1. Petri 2,24 heißt es „unsere (d. h. der Gläubigen) Sünden“, in Joh, 1,29 dagegen „der Welt Sünde“! Wie kann man das verwechseln?! Das Wort Sünden wird gebraucht in bezug auf die persönlichen Werke des einzelnen (vgl. Röm. 3,21-26), während Sünde den Naturzustand berührt (vgl. Röm. 8,3; siehe auch 2. Kor. 5,21!).

Es ist uns völlig unbegreiflich, wie man Jesu Taufe mit dem jüdischen Opferkult zusammenbringen kann, wobei man Johannes zum Priester macht! Es genügt zu sagen, daß die Schrift dgl. nicht tut. Sie sagt uns ja so klar, welche Bedeutung Jesu Taufe hatte, nämlich die, „alle Gerechtigkeit zu erfüllen“. Das Wort steht nur im Matth.-Ev.! Jesus kam als Vertreter Seines Volkes (nicht Stellvertreter!) und nahm den Platz eines Sünders ein wie ein einzelner aus dem Volk und ließ symbolisch das Gericht an Sich vollziehen - die Taufe ist stets ein Symbol, Sinnbild -, so machte Er die Gerechtigkeit voll, erfüllte sie (vgl. dazu Luk. 7,29.30!). Und was hat der Hinweis des Johannes auf den Herrn Jesus, als das jetzt schon unter ihnen weilende Lamm Gottes, zu tun mit der Taufe, die am Tage zuvor gewesen war?

Nun zu 1. Petri 2,24! Sowohl kann es nach dem Griechischen, wie noch viel mehr Stellen als in der vorigen Antwort Angegeben, beweisen (so z. B. Mark. 4,38: „Jesus schlief auf dem Kopfkissen“; griech.: „auf das“) sehr wohl, als auch muß es nach dem gesamten Schriftzeugnis heißen: „auf dem Holze“. Das Wort, das gewöhnlich mit „hinauftragen“, übersetzt wird, kann auch heißen „tragen“, wie es tatsächlich so in Hebr. 9,28 heißt. Die Stellen Hebr. 9, 26.28 u. 10,10-12 sind ausreichend, um zu zeigen, wann der Herr Jesus die Sünden stellvertretend getragen hat. Wer da sagt, Er habe dies schon von der Taufe an getan, entleert das Kreuz und beachtet nicht, was Sünde und Sünden in Gottes Augen bedeuten. Das Kreuz war zunächst nur die Tat der Menschen (vgl. Apgesch. 2,23 u. a.); dann, nachdem der Herr Jesus die ersten Stunden am Kreuz in schattenloser Gemeinschaft mit Gott gewesen war, wurde die Sündenschuld auf Ihn gelegt, wurde Er zur Sünde und zum Sündopfer gemacht („Sünde“ ist in der Schrift oft für „Sündopfer“ gebraucht, z. B. 2. Mose 29,14, wörtlich: „Sünde“), und Er ward als unter dem Fluche von Gott (nicht „Vater“) verlassen. Da ward das Werk „vollbracht“! Bis zu diesen Stunden, wo Er „unter des Gerichtes Ruten“ Sich befand, litt der HErr nicht stellvertretend, wohl aber litt Er vorher um der Gerechtigkeit und um der Folgen der Sünde willen (Joh. 11,33.35), und darin können wir mit Ihm leiden (1, Petri 4,13; Röm. 8,17ff.), wie auch in gewisser Hinsicht schon Lot litt (2. Petri 2,7.8). Aber stellvertretendes Leiden und Sündentragen. wie es auch in Jes. 53,6 gemeint ist, kennt die Schrift bei dem Herrn Jesus erst am Kreuz und nur dort! Es ist schon auf die Verklärung Jesu in Matth. 17 hingewiesen, die unmöglich

Kreuz und nur dort! Es ist schon auf die Verklärung Jesu in Matth. 17 hingewiesen, die unmöglich gewesen wäre, wenn die Sünden auf dem Herrn Jesus gelegen hätten! Und wir fügen zum Schluß hinzu: Wie hätte, wenn der HErr wirklich von Seiner Taufe an die Sünden getragen hätte, während der ganzen Zeit die Sonne ihren Schein behalten können - die Sonne, von der wir lesen, daß sie ihren Schein verloren, als der Sohn Gottes am Kreuze von Gott verlassen war, als Er dort gestraft ward an unserer Statt?! (Matth. 27,45ff.; Mark. 15,33ff.; Luk. 23,44ff.)

 

 

Frage 47

Ist aus Gottes Wort die Annahme begründet, daß in Gethsemane der Satan versucht habe, den Herrn Jesus zu töten, um Ihn am Erlösungswerke zu hindern, und daß Gott Ihn dort vom Tode errettet habe? Hebr. 5,7.

Antwort A

Es soll dies der letzte Versuch Satans gewesen sein, um den Weibessamen (1. Mose 3,15) zu zerstören, nachdem es ihm nicht gelungen war, durch Petrus den HErrn zu verhindern, den Kreuzweg zu gehen (Matth. 16,21-23). Der vermutliche Angriff Satans in Gethsemane soll der Kelch sein, um dessen Wegnahme der Herr Jesus gebetet habe, aber wie können wir dann die Worte verstehen: „Nicht wie Ich will, sondern wie Du willst“? Daß das Leben des HErrn in Gefahr stand, ist nirgends in den Evangelien erwähnt, und so bietet die Stelle im Hebräerbrief, Kap. 5,7, die einzige Möglichkeit, einen Angriff von seiten der Macht der Finsternis anzunehmen.

Die Tiefe der Leiden unseres HErrn, als Er für uns zum Sündopfer gemacht wurde, fassen wir nicht. Wir können es nicht ausdenken, was es für unseren hochgelobten HErrn bedeutete, die Strafe zu tragen, die wir verdient hatten; und diese bestand darin, daß Ihm das Licht der Gegenwart Gottes eine Zeitlang entzogen wurde.

Der amerikanische Advokat Ph. Mauro schreibt hierüber: „Die Stelle bedeutet nicht, daß unser HErr darum betete, vom Tode in Gethsemane errettet zu werden. Die Präposition vor „Tod“ ist eigentlich „aus“, so daß der Nebensatz gelesen werden sollte: „Zu Ihm, der fähig war, Ihn aus dem Tode zu erlösen, und ist auch erhört worden“. Er wurde erhört, nicht dadurch, daß Er vom Tode in Gethsemane errettet wurde, sondern dadurch, daß Er aus dem Tode (aus der Gottentfremdung), den Er am Kreuz erlitt, genommen wurde. Die Antwort Auf Sein Gebet war die Auferstehung.“

E. L.

Antwort B

Weder in Hebr. 5,7 noch in Matth. 26,36-56; Mark. 14,32-52; Luk. 22,39-53; Joh. 18,1-2 finden wir Gründe zu solcher Annahme. Als der HErr in Gethsemane so heftig betete, war Er nicht einem Versuch Satans, Ihn zu töten, ausgesetzt; Sein „Bitten und Flehen“ weisen deutlich auf die unmittelbar nachher kommende Stunde, da Er allein, ganz allein mit der furchtbaren Macht Satans zu tun haben und, zur Sünde für uns gemacht, den Kelch des Fluches Gottes trinken sollte. Satan, der in Judas war (Joh. 13,27), befahl nicht: „Tötet Ihn sofort“, sondern „Ihn greifet“! Durch ein sofortiges Töten wäre sein Charakter als Mörder (Joh. 8,44) zu leicht erkennbar gewesen; der Lügner stellte

sich nicht, wie er war. Sein Verbrechen beging er durch gar gesetzmäßige Verhandlungen: Verhaftung, Prozeß, Anklage, Zeugenaussage, Verteidigung, Verurteilung, Hinrichtung. Kein Mensch bemerkte in diesen Vorgängen seine unsichtbare und gottfeindliche Leitung. Alle, durch ihn verblendet und begeistert, verlangten die Kreuzigung des Gerechten. Welch ein Triumph für die „Macht der Finsternis“! Es war der tiefste Punkt der „Tiefen Satans“.

Hebr. 5,7 sagt, daß der HErr erhört, also aus dem Tode errettet wurde, aber nicht darin, daß Er etwa nicht starb. Über diese Stelle gibt die Schrift in Apgesch. 2,24-27 eine so einfache und doch klare Auslegung, daß wir auf Grund derselben keine menschlichen Annahmen machen dürfen. Obgleich unsere Sünden Ihn in den Tod brachten, waren auch, abgesehen von Seiner Göttlichkeit, das eigene Leben, der Wandel, die Natur des Herrn Jesu als Mensch gegenüber Gott so heilig, so wahrhaftig fromm, so völlig sündlos, daß die Gerechtigkeit Gottes aufgefordert werden konnte, Ihn aus dem Tode herauszubringen. Das geschah in Seiner Auferstehung.

R. W. D.

Antwort C

Gegenwärtige Frage hängt wesentlich mit der Frage des Sündentragens zusammen, weil der Tod mit Sünde zusammenhängt. Der Tod ist durch die Sünde in die Welt gekommen und ist zu allen Menschen hindurchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben (Röm. 5,12). Der Tod ist der Lohn der Sünde (Röm. 6,23). Sünde ist also die Voraussetzung für den Tod. Darum hatte der Teufel die Macht des Todes über den Menschen (Hebr. 2,14). Aber eben darum konnte er sie auch nur da haben, wo Sünde war, auf keinen Fall aber da, wo es solche nicht gab. Deshalb hatte der Tod kein Anrecht auf den Leib des HErrn in Gethsemane, und hatte der Teufel keineswegs die Macht des Todes über Ihn, denn in Gethsemane hatte Er nichts zu tun mit Sünde. Wie zu der Frage über das Sündentragen dargelegt worden ist, hat der Herr Jesus erst am Kreuze - nie vorher - die Sünden getragen, und da allein war es, wo Er „die Sünde der Welt trug“ und „für uns zur Sünde gemacht“ wurde (Joh. 1,29 und .2. Kor. 5,21), nicht in Gethsemane. Die Lehre, wie ich sie kürzlich hörte und las, der Herr Jesus habe in Gethsemane „den Tod verschlungen“ und damit die Sünde in Sich aufgenommen (das sei das „zur Sünde gemacht“-Sein), um sie dann in Seinem Leibe auf das Holz hinaufzutragen, ist zum mindesten ein schweres Mißverstehen der dieser Lehre zugrunde gelegten Schriftstellen. Wenn wir Jes. 25 lesen, wo es in V. 8 heißt: „Den Tod verschlingt Er auf ewig“, so finden wir, daß es sich hierbei um das Reich handelt, in welchem nicht mehr der Tod, sondern das Leben herrschen wird; lesen wir 1. Kor. 15,54: „Verschlungen ist der Tod in Sieg“, so wissen wir, daß es sich auf die Auferstehung und Verwandlung der Gläubigen bezieht, wie ja der ganze Zusammenhang und im besonderen die Worte klar zeigen: „Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden ...“ usw. Also in beiden Fällen bezieht sich das Wort vom Verschlingen des Todes überhaupt nicht auf den Herrn Jesus in Seinem Leben hienieden. Auch ist der Tod und die Sünde nicht eine Sache, die der Herr Jesus in Sich aufnahm, sondern Er trug oder nahm weg die Sünde der Welt dadurch, daß Er am Kreuze das göttlich-vollkommene Sühnopfer war nicht allein für die Sünden der Erlösten, sondern auch für die Sünde in ihrer Natur, von der alle Menschen durchdrungen und alle Dinge, „es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln“ (Kol. 1,20), verunreinigt sind; und „für uns zur Sünde gemacht“ wurde Er, indem Er am Kreuze unsere Stelle einnahm, nicht nur in bezug auf unsere Sünden, sondern auch in bezug auf unseren ganzen sündigen Zustand! Das geschah aber nicht in

Sünden, sondern auch in bezug auf unseren ganzen sündigen Zustand! Das geschah aber nicht in Gethsemane, sondern erst am Kreuze, wie auch in den alttestamentlichen Vorbildern durch das Händeauflegen auf das Opfer deutlich gezeigt wird. Durch das Händeauflegen wurde das Opfer erst zum Stellvertreter des Opfernden, und dieses Händeauflegen geschah immer erst am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft, beim Opferaltar, unmittelbar vor dem Schlachten (s. 3. Mose 1,4; 3,2.8.13; 4,4.15.24.29.33). Der Herr Jesus hat also nicht in Seinem Leibe die Sünde auf das Holz hinaufgetragen. Erstens nicht „in“, weil es nicht zutrifft, wie vorstehend dargetan, und auch gar nicht so zu übersetzen ist; dann aber auch nicht „die Sünde“, denn das Wort spricht an jener Stelle ausdrücklich von „unseren Sünden“ - das ist doch ein großer Unterschied -, und endlich auch nicht „auf das Holz hinauf“, weil dies weder der Tatsache entspricht noch dem Urtext, wie schon bei BeAntwortung der Frage über das Sündentragen klargelegt worden ist. Wie also hätte der Satan versuchen können, den Herrn Jesus in Gethsemane zu töten, wenn Sünde, die Voraussetzung des Todes, nicht vorhanden war? Dann hatte er auch nicht die Macht des Todes dem Herrn Jesu gegenüber - ja, gar keine Macht. Der Herr Jesus war der Stärkere, der ihn, den Starken, besiegt hatte (Matth. 12,28.29), und Er hatte „Gewalt über die ganze Kraft des Feindes“, und zwar so vollkommen, daß Er diese Gewalt sogar Seinen Jüngern geben konnte (Luk. 10,17-19), und Er, nicht der Satan, hatte Gewalt über Sein Leben, so daß Er sagen konnte: „Niemand nimmt es von Mir, sondern Ich lasse es von mir Selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen“ (Joh.10,18). Deshalb ist es auch völlig unzutreffend, wenn in Hebr. 5,7 „von dem Tode aushelfen“ übersetzt wird und diese Stelle auf Gethsemane bezogen wird. Wie ein Griechisch kennender Bruder mir erklärt hat, bedeutet das betreffende Wort, welches in manchen Übersetzungen mit „von“ übersetzt ist, in erster Linie „aus“, wiewohl es auch „von“ heißen kann, je nach dem Sinne, der in Betracht kommt. Dieses Wörtchen ist also nicht das, was entscheidend ist, sondern der Sinn, der aus dem Zusammenhang sich ergibt. In dieser Beziehung nun zeigen uns V. 9 und 10 ganz deutlich, daß es sich bei der Erhörung in V. 7 um die Auferstehung handelt, also nicht etwa der Herr Jesus in der Gefahr war, in Gethsemane den Tod zu erleiden und Gott Ihn von diesem Tode errettete, sondern daß der Herr Jesus durch die Auferstehung aus dem Tode errettet wurde, in den Er am Kreuze ging; das war die Erhörung. - Es ist also völlig haltlos und gegen das Wort Gottes, wenn gesagt wird, der Kelch, von dem der Herr Jesus in Gethsemane sprach, sei der Tod von der Hand Satans gewesen, der Ihn dadurch habe hindern wollen, die Erlösung am Kreuze zu vollbringen; weil nun aber der Herr Jesus nicht in Gethsemane habe sterben wollen, sondern am Kreuze, habe Er zu Gott gefleht, Er möge diesen Kelch an Ihm vorübergehen lassen, und Er sei erhört worden. Nach der Meinung der Anhänger dieser Lehre gab es zwei Kelche für den Herrn Jesus; das Wort Gottes redet aber nicht so. Der Kelch, von welchem der Herr Jesus in Seinem Gebet spricht, war der Kelch des Kreuzes und kein anderer. Was für einen Sinn hätten sonst die Worte des Herrn Jesu: „... wenn es möglich ist ...“? In Gethsemane gab der Vater dem Sohne diesen Kelch gleichsam in die Hand. Deshalb sagte der Herr Jesus dann zu Petrus: „Den Kelch, den der Vater mir gegeben hat, soll ich den nicht trinken?“ Ja, Er hat ihn getrunken - am Kreuze!

Der „ringende Kampf“ in Gethsemane (Luk.22,44) war kein „Todeskampf“, wie manche gelehrte (und auch ungelehrte) Schriftausleger das griechische Wort „Agonia“ durchaus nur verstanden haben wollen. Es war entschieden kein Todeskampf im wahren Sinne, erstens weil der Tod für den Herrn Jesus in jener Stunde nicht in Frage kam, und zweitens, weil das Wort ausdrücklich sagt, daß Er gerade in diesem Kampfe heftiger betete; im Todeskampfe aber betet niemand, das ist gänzlich ausgeschlossen! Es zeigt uns aber die Schrecklichkeit des Kelches für den Herrn Jesus, die unfaßbare

Schwere des Erlösungswerkes, wie wir sie ohne Gethsemane nie würden sehen können. Darum ist Gethsemane uns so kostbar, und was unser Auge dort schaut, erfüllt unsere Herzen mit tiefster Ehrfurcht und Anbetung. Aber nur der Geist Gottes vermag uns diese Dinge aufzuschließen, und nur der Glaube vermag etwas davon zu verstehen. Der menschliche Verstand versagt hier völlig; ja nicht nur das, sondern er geht ganz und gar irre und bringt Dinge hervor, die nicht nur dem Worte Gottes ganz entgegen sind, sondern auch die herrliche Person des HErrn herabziehen und verunehren! Dies geschieht in weitestem Umfange - wenn auch unbeabsichtigt von den Betreffenden - durch die Lehre, die in der im vorstehenden behandelten Frage zum Ausdruck kommt. Einfalt und Unterwürfigkeit des Herzens und die Kenntnis der Person des Herrn Jesu ist es, was wir brauchen, um das Wort Gottes zu verstehen und vor Irrtum bewahrt zu bleiben durch Seine Gnade. „Der HErr wird dir Verständnis geben in allen Dingen. Halte im Gedächtnis Jesum Christum ...“ (2, Tim. 2,7.8). Ja, möchten wir Seine Person mehr und mehr erkennen, denn Er ist die Wahrheit! Wie kostbar, daß Er es ist!

Th. K.

Antwort D

Den HErrn, den „Urheber des Lebens“ (Apgsch. 3,15) töten? Wo gab es eine Macht im Himmel oder auf Erden, die Ihn entgegen Seinem Erlauben und Willen - entgegen den Schriften, entgegen dem bestimmten Ratschlusse Gottes, hätte zu töten vermocht?! Er Selbst sagt: „Niemand (auch der Teufel nicht) nimmt es von Mir, Ich lasse es von Mir Selbst. Ich habe Gewalt, es zu lassen ... Solches Gebot habe Ich von Meinem Vater empfangen“ (Joh. 10,18). Die Juden waren die „Mörder“ des HErrn (Apgsch. 7,52), aber sie konnten es nicht früher werden, bis Er es zuließ. Die Zeit und Stunde des Lebenlassens hing von Ihm ab (Joh. 7,30 und 17,1), und Seine Stunde war in Übereinstimmung mit dem bestimmten Ratschluß Gottes und mit den Schriften (Matth. 26,54). Sein Sterben hing nicht vom Ringen und Überwinden des Todes ab (nirgends sagt die Schrift so etwas!), sondern von Seinem Willensentschluß. „Ich lasse es (das Leben) von Mir Selbst.“ Er überließ Sich den Händen Seiner Mörder, Er ließ es zu, ihren Haß bis zum Tode auszuführen.

Wie können solche Gedanken in der Schrift gefunden werden, da Er das Ende schon vom Anfang sah (Jes. 46,10)! Er Selbst sagt, daß Er alles wußte, was über Ihn kommen würde (Joh. 18,4). Er Selbst weist hin, daß Er, am Kreuze erhöht (aber nicht in Gethsemane), sterben muß (Joh. 3,14 und 12,32.33). Er Selbst zeigt uns Joh. 18,11, daß Er in dem Kelche den Kreuzestod sieht. Jene Worte und Gedanken sind nicht nur völlig haltlos gegenüber der Schrift, sie sind auch entehrend für den HErrn, da Ihm dadurch Zweifel und Unglauben beigelegt wird, sie schließen für den HErrn die Möglichkeit des Hinfallens der Schrift und der Ratschlüsse Gottes in sich. „In den Staub des Todes legst Du Mich“ (Ps. 22,15), aber nie konnte es in die Seele des HErrn kommen, daß der Satan dies zu tun vermochte. Er Selbst sagt: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden“. Abgesehen von vielen anderen Beweisen sollte schon das obige genügen, die Schriftwidrigkeit solcher Lehre zu erkennen. Laßt uns „acht haben auf die Lehre und die gesunden Worte“. (1. Tim. 4,16; 2. Tim. 1,13.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Nein, diese Annahme ist wahrlich nicht begründet, sie ist weiter nichts als Philosophie der Menschen,

eins der vielen Menschenfündlein, durch die Satan die Ehre des Herrn Jesu zu schmälern sucht bei denen, denen eigentlich nichts kostbarer sein sollte als die Person des HErrn, nämlich bei Seinen bluterkauften „Genossen“ (Hebr. 3,14), die Ihn besser kennen sollten!

Es ist erschütternd ernst und betrübend, daß gewisse falsche Übersetzungen einiger Worte der Schrift, die hierauf Bezug haben, immer wieder weitergetragen werden, statt daß man um der Ehre des HErrn und um des ganzen Schriftzeugnisses willen endlich einmal aufräumt mit diesen haltlosen Deutungen. Zu diesen falschen Übersetzungen gehört die von Luk. 22,44, worauf in einer Antwort schon hingewiesen ist. Hier heißt es in einigen Übersetzungen: „... als Er mit dem Tode rang“. Diese Übersetzung (die übrigens weder die Elberfelder noch die Miniaturbibel noch Dr. Wiese u. a. haben!) hat gar nichts für sich, aber sehr viel gegen sich. Das Wort άγωνία (Agonia) ist durchaus nicht gleichbedeutend mit dem, was man heute unter „Agonie“ versteht, es bedeutet weder „Kampf mit dem Tode“ noch auch im allgemeinen „Todesangst“ (wie leider u. a. die Miniaturbibel sagt!). Das Wort kommt im Neuen Testament nur einmal vor, so daß seine Bedeutung aus anderer griechischer Literatur erklärt werden muß. Es steht u. a. dreimal im apokryphischen 2. Makkabäerbuch, wo es auch von Luther nie im Sinne von „Kampf mit dem Tode“ oder auch nur „Todesangst“ übersetzt wird: 3,14 „große Aufregung“ (Luther: „großer Jammer“); 3,16 „Seelenangst“ (so auch Luther); 15,19 „große Aufregung“ (Luther: „Unruhe“), Es ist „Seelenkampf“ oder „Seelenangst“ in unserer Stelle; es bedeutet die Angst Seiner Seele, in der Sich der Herr Jesus als vollkommener Mensch befinden mußte im Blick auf den Kelch, den Er am Kreuz trinken sollte.

Dieser Kelch - die Schrift redet nicht von mehreren Kelchen! - sollte nicht in Gethsemane getrunken werden;

vielmehr war nach Joh. 18,11 der Kelch noch zukünftig. Darum ist der Kelch nicht der Tod in Gethsemane, sondern das mit dem Gericht über die Sünde verbundene von Gott Verlassensein des Herrn Jesu (am Kreuz). Dies stand vor Ihm, der nie bis dahin von Gott verlassen gewesen war. In Gethsemane stand der vollkommene Sohn des Menschen in dem Grauen, der Angst der Vorempfindung des Kelches, der auf Golgatha getrunken werden sollte. In Gethsemane sah der HErr den Kelch, auf Golgatha trank Er ihn. Die Schrift hätte ja gebrochen werden müssen, wäre es anders gewesen! Oder wenn wir annehmen sollen, der Herr Jesus (der „alles wußte“!) habe gefürchtet, in Gethsemane sterben zu können, so hätte Er jedenfalls haben denken können, daß die Schrift gebrochen werden könnte! Wie entsetzlich - solche Gedanken! Welche Entehrung des HErrn! Wie kann ein Gläubiger wagen, derlei auszusprechen? Zittert er nicht vor der Majestät des HErrn? Ist die Person des Herrn Jesu ihm nicht zu heilig, um solche Gedanken über Ihn zu hegen oder gar zu verbreiten?! Sie sind ein Antasten - wenn auch unwissentlich - der vollkommenen Gottheit des HErrn!

Aber man geht noch um mit falschen Übersetzungen einer anderen Stelle. Häufig kommt man zu solchen Übersetzungen nur durch eine verkehrte Anschauung. Ist die Anschauung schriftwidrig, dann gar oft auch die darauf aufgebaute Übersetzung, da einzelne griechische Worte eine mehrfache Übersetzung zulassen und die rechte erst aus dem ganzen Schriftzusammenhang gesehen werden kann.

Diese Stelle ist Hebr. 5,7. Nun sei es gleich gesagt: von den mehreren möglichen Deutungen, je nachdem nämlich wie das Wort εύλαβείαübersetzt wird, stützt keine die in unserer Frage aufgeworfene Meinung!

1. Das Wort άπό (apo) heißt in erster Linie „von“; das Wort εύλαβεία (Eulabeia) heißt oft „Furcht“, so z. B. in Hebr. 12,28. Dann heißt die Stelle: „Er wurde erhört“ - nämlich durch Befreiung - „von der Furcht“ (dem Grauen). Im Falle wir diese Übersetzung annehmen, bestand die Erhörung in der Stärkung durch den Engel.

2. άπό (apo) kann aber auch gut heißen „infolge von“ und εύλαβεία (Eulabeia) „Frömmigkeit“ („Ehrfurcht“).

Dann ist die Rede von einer Erhörung „um der Frömmigkeit willen“ oder infolge der Frömmigkeit.

3. έκ θανάτου (ek thanatou) heißt wörtlich „aus dem Tode“. Alle die Versuche, hier zu übersetzen „vom Tode“, weil έκunter Umständen „von“ heißen könne, gehen von den verkehrten Voraussetzungen aus, als habe der Herr Jesus nach Luk. 22,44 tatsächlich mit dem Tode zu kämpfen gehabt. Eine falsche Übersetzung zieht die andere nach sich. Entleert man das Kreuz, den Zentralpunkt unserer Errettung, so muß man natürlich Gethsemane auch falsch bewerten. - Nein, es handelt sich um Errettung aus dem Tode. Es steht übrigens nicht einmal da, daß der HErr um Rettung aus dem Tode gebetet habe, sondern daß Er „Bitten und Flehen Dem dargebracht habe, der Ihn aus dem Tode zu erretten vermochte“. Warum mehr herauslesen als dasteht?! Die Erhörung ist, wenn sie auf diese Bitten bezogen wird, die Auferstehung, die Aussauferstehung“ (vgl. Phil.3,11; Mark. 9,10!!); hierzu beachte man auch V. 9 u. 10! Der Herr Jesus ist also aus dem Tode errettet worden in Seiner Auferstehung; Er wurde um Seiner Frömmigkeit willen erhört; oder, wenn man will, die Erhörung bezog sich auf das Grauen.

Die Deutung, als habe Er um Errettung vom Tode in Gethsemane gebetet, schließt die Annahme in sich, der Herr Jesus habe denken können, Sein Lebenswerk bliebe vielleicht vergeblich! Denn, wurde Er nicht erhöht ans Fluchholz (Joh. 3,14.15), so war Sein Leben und Leiden tatsächlich nutzlos geblieben! Wir sagen noch einmal: wie ist es möglich, solche Gedanken über den HErrn zu hegen! Oder haben die, welche obige Lehren verbreiten, vielleicht nie daran gedacht, was für Folgerungen sie in sich schließen?! Es wäre eine, wenn auch nur schwache Entschuldigung für sie.

Wir bitten die von unseren teuren Lesern, die bisher solchen verkehrten, den HErrn entehrenden menschlichen Meinungen gefolgt sind, diesen Boden der Weltweisheit (Philosophie) um der Ehre des hochgelobten Namens des Sohnes Gottes willen, über die der Vater wacht („der richtet“, Joh. 8,50), zu verlassen und sich der Schrift unterzuordnen sowie der Belehrung durch den Geist der Wahrheit, der Christum verherrlicht, weil Er's von dem Seinen empfängt und uns verkündigt (Joh. 16,14). Wir können nicht hoch und erhaben genug denken und reden von der Person (und dem Werk) Dessen, in dem „die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt“ (Kol. 2,9). Gepriesen sei Sein Name!

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Wir bitten um Entschuldigung, daß nicht alle eingesandten Antworten aufgenommen sind; es fehlte an Platz.

Die Zeiten haben sich wesentlich verändert, seit wir die vorige Nummer in den Druck gaben: es sind Kriegszeiten geworden, und die Aussichten auf baldigen neuen Frieden in der Welt sind dunkel. Millionen Menschen von der Blüte der Völker, vor allem unseres deutschen Volkes, haben zum Schätze ihres Vaterlandes in einen Krieg ziehen müssen, der dem Deutschen Reich von allen Seiten

aufgezwungen ist. Auch von unseren christlichen Brüdern in manchen Ländern, besonders Deutschland, stehen viele im Felde, und gewiß wird auch manche Schwester im HErrn im „Roten Kreuz“ tätig sein. Und die Daheimbleibenden harren dessen, was geschehen wird, oder soweit sie dem Volke Gottes angehören, in Herzensfrieden dessen, was Gott tun wird. Denn das ist ja unsere größte Weisheit und unser bester Trost, daß wir wissen: „Gott sitzt im Regimente“; und nicht nur das - das mögen Kinder der Welt ohne wahren Glauben auch zugeben -, „wir wissen, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken müssen“ (Röm. 8,28); für uns Kinder Gottes in jedem Volk und Land kommt nichts von ungefähr, wir nehmen alles aus des Vaters Hand, auch die Kriege, die Satan, der „Menschenmörder“, angezettelt hat, und so wird uns alles zum Segen, und durch uns für andere und für unser Volk. - Wir haben als heiligste Aufgaben jetzt für unser deutsches Volk wie für alle Völker, für unseren Deutschen Kaiser wie für alle Könige und die in Hoheit sind, uns beugend zu beten (1. Tim. 2,1ff.), daß Ewigkeitsfrucht hervorwachse für die Menschen und Völker, daß viele Sünder errettet wenden, daß Gottes Wort, welches in manchen Ländern in den vergangenen Jahren sehr verachtet wurde - in unserem, wo Sünde und Gottlosigkeit so überhand genommen haben, nicht am wenigsten! -, wieder mehr zur Geltung komme, ja, zur Macht werde in vielen Herzen. Wir haben ferner als für Gott Erkaufte uns jetzt ganz besonders zu hüten vor dem Geist der Welt, der die Menschen der kriegführenden Staaten mit Haß erfüllt; laßt uns ihnen nicht gleichen (Röm. 12,2) und laßt uns vor allem nicht vergessen, daß auch in den Ländern unserer politischen Feinde Gotteskinder wohnen, mit denen wir durch einen Geist zu Einem Leibe getauft sind (1. Kor. 12,12). Und wir haben endlich auch eine VerAntwortung für unsere um des Herrn willen der Obrigkeit gehorchenden (1. Petri 2,13; Röm. 13,1-5), im Felde stehenden Brüder im In- und Ausland; laßt uns betend eintreten für sie, daß der HErr sie nach Geist und Seele und Leib bewahre, sie ihren Kameraden zum Segen setze und sie zu Seiner Ehre wieder heimbringe. Ihm ist es ein kleines! Andererseits bedürfen wir alle dessen, bereit zu sein, Leben oder Tod oder was immer aus Seiner Hand zu nehmen!

Die „Gegenseitige Handreichung“ wollen wir erscheinen lassen, solange wir selbst dazu frei und fähig sind und die nötigen Mittel haben. Das Blatt hat sich ja auch vor dem Kriege noch nicht getragen, und jetzt, wo aus dem Auslande manche Zahlungen ausbleiben müssen, wird es sich erst recht wohl kaum tragen. Aber der HErr kann alles Nötige darreichen. Viele unserer Ausland-Leser, besonders die vielen in Rußland, werden das Blatt vor dem Friedensschluß nicht mehr erhalten können. Auch von den deutschen Lesern werden manche, die im Felde sind, das Blatt nur unregelmäßig erhalten; wir werden tun, was wir können, um es so regelmäßig wie möglich allen deutschen Beziehern und denen in befreundeten und neutralen Ländern zuzustellen. Freilich müssen wir von den Lesern, die unter der Fahne stehen, die genaue Feldpostadresse wissen.

Eine kleine Freude hatten wir neulich, indem die erste in unsere Hände kommende „Feldpostkarte“ eine Bestellung auf die „Handreichung“ enthielt; und unsere Sendung an diesen Bruder war unser erster „Feldpostbrief“.

Wir wollen schließen! Unser Herz ist tief bewegt, wenn wir daran denken, wie viele Glieder unseres Volkes bluten müssen für uns, für das Vaterland, ehe das schwere Werk getan ist. Wie wird das Ende desselben sein? Es geschehe Gottes Wille! Der ist in jedem Falle gut. Seine Gedanken sind höher als die der Menschen. Wir setzen unser Vertrauen nicht auf die Kraft der Waffen, wir haben Besseres.

Geschwister, wie's auch komme, laßt uns Gläubige leben und sterben für den HErrn! Laßt uns beherzigen, was Eph. 5,14-17 steht! Wir gehören doch nicht zu den (geistlich) Toten, also laßt uns

uns nicht blenden lassen durch den Schein der Welt, sondern nüchtern sein, wachen und die Zeit auskaufen! Der HErr sagt: „Siehe, Ich komme bald und Mein Lohn mit Mir“ (Off. 22,12).

Herzliche Grüße in Liebe allen Lesern mit Röm. 8,18-39

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Ende August 1914.

Gruß an den Leser:

Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt; und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat - unser Glaube!“ 1. Joh. 5,4.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 48

Wie kann Sich der Herr Jesus mit einem Samariter vergleichen (Luk. 10,25-37), da Er doch aus Davids Stamm war?

Antwort A

Als Er in Gleichnissen sprach, tat es der HErr auf eine der Gesinnung Seiner Zuhörer entsprechenden Weise, damit sie Ihn verstehen möchten. In Luk. 10,25.29 hat Er mit einem Ihn versuchenden und sich rechtfertigenden Gelehrten zu tun. Solche hielten Ihn verachtungsvoll für einen Samariter, was aus Joh. 8,48 sehr deutlich hervorgeht. Um Sich Seinem Gegner zu offenbaren, konnte Sich der HErr nicht mit einer Seine Rechte und Würde darstellenden Person vergleichen, da dieselbe von vornherein nicht anerkannt war, sondern mit der, für welche man Ihn achtete. Die Lehre des Gleichnisses war für den Gesetzgelehrten durchaus begreiflich: Der die Barmherzigkeit getan hat, der Nächste, nach dem du fragest, er ist eben dieser „gewisse Samariter“ (von dem sie meinten, er habe einen Dämon!). Welche Geduld finden wir da bei Dem, „der so großen Widerspruch von den Sündern gegen Sich erduldete“ (Hebr, 12,3). Mögen wir alle, die wir uns Seine Jünger nennen, dieselben Tugenden erweisen (1. Petri 2,9), hinschauend auf Ihn!

R. W. D.

Antwort B

Weil sie Ihn einen Samariter nannten und als einen solchen behandelten und verachteten! Er war wirklich der „Verachtete“. Welch wundersames Bild vom HErrn in diesem Gleichnis! Er kam da hin, wo der Mensch unter dem „Räuber und Mörder von Anfang“ dalag. Nicht der dem Tode Verfallene rief

wo der Mensch unter dem „Räuber und Mörder von Anfang“ dalag. Nicht der dem Tode Verfallene rief oder bat Ihn um Rettung. Aus Seinem Herzen ging das Erbarmen hervor. Als Er ihn sah, „wurde Er innerlich bewegt“. Wie mochte das Herz des HErrn über diesen Gesetzgelehrten bewegt sein, der in Falschheit („Ihn versuchend“) und in den Werken der Selbstgerechtigkeit (V. 29) niedergeschlagen am Boden lag und „halbtot“ kein Bewußtsein von seinem Zustande hatte. Mit welcher Güte neigt der HErr Sich zu ihm, ihm zu zeigen, wer sein Nächster war, dessen er nötig hatte; daß es nicht der Priester und Levit war, (auf den er vertraute), sondern der Verachtete, den sie einen „Samariter“ schalten (Joh. 8,48). Diesen hatte er nötig!

Der Gesetzgelehrte wurde von dem Mörder, Satan, durch Gesetzeswerke, dem „was muß ich getan haben“, in dem Todeszustand gehalten. Der HErr begegnet uns immer da, wo wir sind. Er kommt an den „Ort“, „wo wir liegen“, um uns zum Bewußtsein zu bringen. Es ist bezeichnend, der HErr sagt zu dem Manne, der mit der Frage kommt: „Was muß ich getan haben?“ zweimal „Tue“ (V. 28 und 37), aber das letzte Mal, ohne hinzuzufügen: „und du wirst leben“.

Wenn wir „desgleichen“ tun sollen, so müssen wir dies von Ihm lernen und Seine Schüler und Jünger werden. Um aus dem Herzen „desgleichen“ Nächstenliebe (wie aus Seinem Herzen) üben zu können, muß die Liebe Gottes erst in unser Herz ausgegossen werden. Der sich selbst rechtfertigende Mann hatte kalten Herzens gefragt: „Wer ist mein Nächster?“ und damit gezeigt, daß keine Nächstenliebe in seiner Brust wohnte, noch in der eines Menschen, der mit Gesetzeswerken umgeht. Wenn er „desgleichen“ tun wollte, so mußte er bald mit „sich selbst“ und mit „Priester und Levit“ zu Ende kommen, denn „das Recht (die Forderung) des Gesetzes“ (auch den Nächsten zu lieben als sich selbst), wird in denen erfüllt, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste (des Samariters) wandeln (Röm. 8,4). v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

„Gehe hin und tue desgleichen!“ (V. 37.) Wer sollte „dergleichen“ tun? Der Pharisäer, der nicht Samariter war. Wer noch? Du und ich! Und wir sind auch nicht Samariter. Aber wir können jenem Samariter gleichen, indem wir „dergleichen“ tun. Die Geschichte ist ein Gleichnis!

Wir, die wir die Geschichte des HErrn, Seinen Weg der Liebe zu den „unter die Räuber Gefallenen“ kennen und wissen, wie Er verächtlich „Samariter“ genannt wurde, erkennen in dem „gewissen Samariter“ sofort den Herrn Jesus, obwohl Er Sich Selbst nicht ausdrücklich so nennt. Aus Joh. 4,9 sehen wir, daß die Juden keine Gemeinschaft hatten mit den Samaritern. Daher konnte Sich Jesus wohl mit einem Samariter vergleichen, denn auch mit Ihm handelten sie wie mit jenen. Außerdem aber hatte Er gerade unter diesen Verachteten ein großes Volk (Joh. 4,39-42), verhältnismäßig viel mehr als unter Israel (vergl. auch Luk. 17,16). Dieser Vergleich hatte also den in toter Gesetzestreue (V. 31.32) verknöcherten Juden viel zu sagen und erinnerte sie an ihren Mangel an Barmherzigkeit als wirklicher Frucht ihrer (vor der jener Samariter) bevorzugten Stellung.

Haben wir echten Samaritersinn? Ähneln wir dem wahren barmherzigen Samariter, tun wir Barmherzigkeit? (Hebr. 13,16!)

 

Frage 49

Wie stimmen Jak. 2,21.24 und Röm.4,2-5 miteinander?

Antwort A

Ausgezeichnet und wunderbar harmonisch, wie alles in dem Worte unseres Gottes. Im Jakobusbrief hat es der Apostel mit Leuten zu tun, die da sagten: Die Hauptsache ist, daß wir glauben. Der Glaube rettet. Das ist sonnenklar. Was bedarf es da guter Werke? Die sind nicht nötig. Beispiel: Die Hauptsache ist, sagt der Apfelbaum, daß ich da bin und lebe und groß und breit werde, was bedarf es erst noch der Früchte, die sind gar nicht nötig. Darauf kommt es gar nicht an. Wirklich nicht? - Im Römerbrief denkt Paulus an Leute, die sagen: Ach, der Glaube, der nützt gar nichts, Werke müssen sein! Nur das Tun guter Werke macht gerecht. Das ist doch ganz sicher. Was nützt Glauben! Beispiel: Die Hauptsache, sagen die Äpfel, ist, daß wir da sind. Was nützt der Apfelbaum? Auf den kommt es gar nicht an. Wenn wir nur da sind! Wirklich?

Wie aber ist's richtig? Auf den Glauben (den Baum) kommt es an. Aber der Baum muß Äpfel (Werke) bringen, sonst ist er ein toter und unsichtbarer Baum, der abgehauen wird. Früchte muß der Baum tragen, das ist doch klar, das erwartet jeder. Aber die Früchte werden nicht ohne den Baum. Der Baum ist das Lebendige. Die Früchte sind nur Kennzeichen des fruchtbaren Lebens des Baumes. Also Werke ohne Glauben gewinnen nichts vor Gott, und Glauben ohne Werke ist tot für Gott. Heil bringt uns der Glaube, aber ein geheilter Mensch bringt zu Gottes Ehre Früchte. Tut er das nicht, gleicht er dem unfruchtbaren Baum.

K. E.

Antwort B

Bei einer ernsten Untersuchung im Lichte des Zusammenhangs sind beide Stellen in bezug auf das Verhalten Gottes dem Menschen gegenüber völlig übereinstimmend; ihr scheinbarer Widerspruch entsteht aus dem Verhalten des Menschen Gott gegenüber. Der eine verwirft die Gnade, durch welche allein er errettet werden kann, und meint, Gott mit seinen Werken befriedigen zu können. Der andere dagegen meint, mit seinem Glauben einen Lohn zu erlangen. Beide rühmen sich, der eine seiner Werke, der andere seines Glaubens. Gott, vor Dem der Ruhm ausgeschlossen ist (Röm. 3,27; 4,2), der den Hochmütigen widersteht (Jak. 4,6), weist beide zurück. Wie wagt der erste mit unflätigem Kleide (Jes. 64,6), mit totem Werke (Hebr. 9,14) vor den lebendigen Gott zu treten?! Er begeht einen Greuel (Jes. 1,10-14) und bedarf vielmehr, davon gereinigt zu werden. Diesen Fall behandelt der im Römerbrief angeführte Abschnitt: „nach Gnade“, „ohne Gesetzeswerke“ (3,24.28; 4,4.6). Der zweite kommt nun und meint, sein Glaube schaffe ihm Verdienst und mache ihn der Rechtfertigung wert. Unser heutiger Protestantismus mit seinem gelernten Glauben kann hiermit recht verglichen werden; es ist der „eitle Mensch“, der „sagt, er habe Glauben“. Der Ausdruck der Schrift in Jakobus zeigt seinen Hochmut und schonet seiner nicht. Der lebendige Gott wird mit totem Glauben [dem Namen, daß man lebt (Offb. 3,1)] ebenso wenig befriedigt wie mit toten Werken. Schöne Reden und Glaubensbekenntnisse sind noch keine Wirklichkeit. Dem lebendigen Glauben allein wird die Rechtfertigung des Lebens (Röm. 5,18) zuteil. Ein lebendiger Glaube aber erweist sich in seinen Werken, in dem Leben des Glaubens, (aber nicht in Gesetzeswerken). Als Abraham Ihm

glaubte, richtete sozusagen Gott einen Vertragsakt auf, wodurch dem Abraham Glaubens-Gerechtigkeit bestätigt wurde; dieses Aktes Inhalt war nur auf die Tatsache gegründet: „Abraham glaubte Gott.“ Dies ist die Rechtfertigung aus Glauben nach dem Römerbrief. Dann aber ließ Gott den Abraham den Akt unterschreiben; Er versuchte ihn (1. Mose 22,1.2). Und Abraham tat es, er vollbrachte das Werk des Glaubens (Hebr. 11,17-19); Gott bestätigte es als vollbracht (1. Mose 22,12), und damit erhielt der Akt seine Endgültigkeit (V. 16-18). Dies ist die Rechtfertigung nach Jakobus. Der Glaube ist nicht nur eine einmalige Annahme des Wortes Gottes („Abraham glaubte Gott“), sondern ein beständiges Rechnen mit Seiner Gnade, mit Seinem Worte. Das Lesen von Hebr. 11 ist dafür überzeugend. Der Glaube ist eine Energie, welche unbedingt den Sieg gibt (1. Joh. 5,4), obgleich er durch mancherlei Versuchungen erprobt wird (1, Petri 1,6.7). Eph. 2,8-10 gibt eine Zusammenstellung der beiden in Römer und Jakobus dargestellten Seiten des Glaubens; das „nicht aus Werken“ entspricht dem im Römerbrief Gesagten und das „nicht aus euch, Gottes Gabe ist es“ dem Jakobusbrief. Es zeigt, daß der Glaube des Gläubigen ihm keinen Verdienst schafft, nicht mehr, als das Reichen der Hand einen Bettler einer Gabe wert macht. So oder so, der Ruhm ist unzulässig. Aber der Gläubige ist geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken. Weigert einer sich, diese zu tun, so zeigt er einfach, daß er dazu nicht geschaffen worden ist, also nach dem Jakobusbrief die Nichtigkeit seines Glaubens. „Aus Seiner Fülle haben wir Gnade um Gnade empfangen“. (Joh. 1,14.16). Verherrlichen wir diese Gnade durch unsere Werke?

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Es kann denen in der sogen. Christenheit gegenüber, die einen Gegensatz konstruieren wollen zwischen der Lehre des Paulus und der des Jakobus, nicht ernst genug betont werden, daß hier eine geradezu bewundernswerte Harmonie herrscht.

Zu obigen Antworten nur noch einige Ausführungen! In Kap. 1,22 hat Jakobus seine Leser ermahnt, „Täter des Wortes“ zu sein. Er weiß natürlich so gut wie Paulus, daß „der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch das Wort Gottes ist“ (Röm. 10,17). Das Hören geht auch für Jakobus voran, aber bleibt es allein dabei, so ist Selbstbetrug die Folge. - Paulus weiß das auch sehr wohl; es gibt überströmend viel Stellen in seinen Briefen, welche die praktische Seite der Früchte des Glaubens zeigen; wir weisen hier nur hin auf den Titusbrief, in dem sechsmal der Ausdruck „gute Werke“ vorkommt und in was für Verbindungen! (Siehe z. B. 1,16; 2,14; 3,8!) Wo sind da Gegensätze zwischen Paulus und Jakobus?!

Aber zwischen jener Jakobusstelle und der Stelle aus Römer 4 sind Unterschiede, die durch den Zweck der Stellen bestimmt sind. Jakobus hatte die Aufgabe, den vielen noch mit der jüdischen Synagoge zusammenhängenden Gläubigen zu zeigen, worin sich das wirkliche Leben des Glaubens erweist. Sein ganzer Brief ist nur von praktischen Gesichtspunkten aus geschrieben. Ein totes Bekenntnis ohne Kraft, wie es der Zusammenhang unserer Stelle zeigt (V. 14-17), war wertlos, und welch eine Rolle spielt ein solches heute! - Die Aufgabe des Paulus aber ist die, zu zeigen, auf welcher Grundlage die Gerechtigkeit Gottes erlangt wird. Und nicht nur bestreitet Jakobus dies nicht, vielmehr bestätigt er es in V. 23. Nur legt er den Ton auf das, was bei Abraham das Vorhandensein des Glaubens tätig erwies, während Paulus das Hauptgewicht legt auf das Vorhandensein eines Glaubens, der nichts zu tun hat mit dem eigenen Wirken. Paulus verwirft den Ruhm eigenen Wirkens

als Grundlage der Gerechtigkeit, Jakobus fordert sichtbare Werke als Beweis des Glaubens, ja, der Glaubensgerechtigkeit. Bei Jakobus liegt ein Hauptton auf V. 22: „Du siehst.“ Gott weiß, wer wirklich glaubt, aber der Mensch muß sehen, muß z. B. Werke praktischer Nächstenliebe, Werke, wie sie der barmherzige Samariter tat, sehen als Beweise vorhandenen Glaubens. Gewiß waren Abrahams und sind unsere Werke vor Gott nichts wert, wenn sie nicht aus Glauben sind, aber ob der wahre Glaube da ist, kann von den Menschen nur aus den Werken gesehen und beurteilt werden. Wir Christen müssen den Glauben „zeigen“ (V. 18); „der Glaube muß durch die Werke vollendet werden“ (V. 22).

Und obwohl der HErr nicht angewiesen ist auf unsere Werke, um zu wissen, ob wir Sein Eigen sind, so sucht doch auch Er die Beweise unseres Glaubens in praktischer Betätigung der aus dem Glauben erwachsenden Liebe (vgl. Joh. 14,21-24!). Und darum: So gewiß der gerettet ist, der von Herzen glaubt an den Sohn Gottes (Röm. 4), ebenso gewiß ist erst sein praktischer Gehorsam gegen das Wort (den Willen) Gottes der Beweis seines Glaubens (Jakobusbrief), wie auch der Gradmesser seiner Kindesliebe (Joh. 14).

Frage 50

Wer sind die 24 Ältesten und die 4 lebendigen Wesen in Offb. 4,4.6 und 5,6.8?

Antwort A

Nicht gering ist die Zahl der Ausleger, welche meinen, daß unter den 24 Ältesten Engelfürsten zu verstehen seien, indem sie sagen, daß sie nicht von sich als Erlöste reden, sondern von anderen (vgl. Offb. 5,10: „sie“).

Letzterer Beweis ist ein sehr schwacher, da doch zur Zeit der anbetenden Ältesten auch Heilige auf der Erde sein werden, die wie die Ältesten durch Blut erkauft sind, wofür sie das Lamm anbeten; übrigens finden wir in Vers 8 „die Gebete der Heiligen“, nicht aber die Gebete der 24 Ältesten, da letztere keine Bedürfnisse mehr haben wie die Heiligen auf der Erde; darum finden wir auch in Verbindung mit den Ältesten: Ruhe, Sicherheit und Anbetung (4,10; 5,14).

Es ist leicht nachzuweisen, daß unter den Ältesten nicht Engel zu verstehen sind, weil uns schon im A. T. der Thron Gottes wohl mit den lebendigen Wesen, aber nie mit den 24 Ältesten gezeigt wird, was der Fall sein müßte, wenn darunter Engelfürsten zu verstehen wären, da dieselben doch immer den Thron umgeben haben würden. Sie waren ja schon zur Zeit der Weltschöpfung da (vgl. Hiob 38,7). Dazu sagt man noch, daß die Priester- und Sängerabteilungen in 1. Chron. 24 und 25 Bilder von einer schon damals bestehenden himmlischen Priesterschar gewesen wären.

Nur merkwürdig ist es, daß wir nie etwas davon hören noch sehen, bis wir zum vierten Kapitel des letzten Buches der Bibel kommen, obwohl uns auch im A. T. Blicke vom Thron Gottes und Blicke in die Himmel gegeben werden (vgl. Jes. 6; Hes. 1; Dan. 7; N. T. Apg. 7). Auch finden wir nie in der Bibel, daß Engel oder Engelfürsten in der Gegenwart Gottes eine sitzende, d. h. ruhende Stellung einnehmen, sondern stets eine stehende, d. h. dienende Stellung (vgl. Luk. 1,19; 1. Kön. 22,19; Jes. 6,2; Dan. 7,10; Hebr. 1,14). Auch finden wir nicht, daß Engel priesterlichen Dienst ausüben; dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Es ist das Vorrecht Erlöster, weil Christus, ihr Heiland und HErr, der große

Hohepriester ist. Ich hege nicht den geringsten Zweifel, daß unter dem Engel Offb. 8,3 und 10,1 sowie Mal. 3,1 Christus Selbst zu verstehen ist. Auch werden, soviel ich weiß, Engel nie „Älteste“ genannt, noch sehen wir sie geschmückt mit goldenen Kronen, dem Zeichen königlicher Würde (vgl. Hebr. 2, 5-8; 1. Kor. 6,2.3; 1. Petri 2,5.9). Engel sind gekennzeichnet durch Macht (Ps. 103,20), doch Älteste, Erlöste durch Weisheit (vgl. Offb. 5,14 und 7,13; Eph. 3,10). Ferner singen die Ältesten (was nicht, ja nie von Engeln gesagt wird) ein neues Lied: das Lied der Erlösung, sie kennen Gott durch Jesum Christum in Seiner wunderbaren Gnade und sind im Genuß Seiner unendlichen Liebe, so daß sie in Wahrheit nur anbeten können (Offb. 4,11; 5,14).

Daß sich die Ältesten von den Engeln (Offb. 5) und den lebendigen Wesen unterscheiden, zeigt nur zu klar, daß man in ihnen die verwandelten, auferweckten und verherrlichten Heiligen zu verstehen hat. Die Beweise dafür könnten leicht vermehrt werden. Was wir unter den vier lebendigen Wesen zu verstehen haben, darüber gibt das A. T. reichlich Aufschluß (vgl. 1. Mose 3,24; 2. Mose 25,17-22; Hes. 1,4-14).

Der HErr gebe uns allen Gnade, Sein Wort und Seine Gedanken und über alles Ihn selbst besser kennen zu lernen!

K. O. St.

Antwort B

Die Zahl 24 umfaßt die ganze Priesterordnung, alle Abteilungen (1. Chron. 24). So hatte Gott es David im Muster sehen lassen und ihn unterwiesen durch Geist und Schrift (1. Chron. 28,11-13 und 19). Viele treue Schriftforscher sehen in den 24 Ältesten, und wohl mit Recht, die ganze Schar der Gläubigen Alten und Neuen Testamentes, die ganze Schar derer, die des Christus sind bei Seiner Ankunft. So wie wir in der Zahl 24 die ganze Priesterordnung - und so wie wir in den Häuptern der Stämme das ganze Volk sehen (4. Mose 7,2; 17,6), so sehen wir in den 24 Ältesten die ganze Schar derer, die unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht sind. Nicht einer fehlt, der dieser Schar und Ordnung angehört. Nicht 23, sondern 24 - alle -, die ganze bluterkaufte Schar wird vor dem Throne Gottes gesehen in königlichem und priesterlichem Schmucke, ehe auch nur eins der Gerichtssiegel (Offenb. 6) geöffnet ist und über die Erde geht. Die Kronen zeigen ihre königliche Würde und die Schalen voll Rauchwerk ihren priesterlichen Charakter. Sie haben Einsicht und Erkenntnis über das Walten Gottes und aus ihrem Munde wird Anbetung dargebracht.

Man hat versucht, diese Auslegung, daß in den 24 Ältesten die Erlösten aller Zeiten zu sehen seien, mit dem Hinweis zu entkräften, daß das „uns“, welches Luther in Offenb. 5,9 zugefügt, im Wortlaut fehle. Solche Folgerung ist völlig haltlos. Das Fehlen des „uns“ ändert durchaus nichts. Es zeigt nur, daß in dem Jubelgesang nicht ihr Teil, was sie empfangen haben, sondern Gottes Seite, die herrliche Vollendung Seiner Absichten im Vordergrund steht. „Du hast für Gott erkauft ...“ Der Gesang feiert, was das Lamm ist und was das Lamm getan, und daß es für Gott ist. Das „Uns“ verschwindet dort - unsere Segnungen sind nicht das Hauptthema dort. Wir sind hienieden so sehr und oft nur mit der einen Seite der Erlösung: was sie uns gebracht hat, beschäftigt, und zeigen für die andere Seite: was sie für Gott ist, oft wenig Verständnis. Der himmlische Gesang zeigt uns, daß es dort oben anders ist.

Während wir in den 24 Ältesten die Familien der Heiligen aller Zeiten erkennen, führen uns die vier

lebendigen Wesen zu einer Klasse von himmlischen Wesen. Die vier lebendigen Wesen sind nicht Engel, denn sie werden in Offenb. 5,11 von den Engeln unterschieden. In Hes. 1,5ff.

finden wir auch vier lebendige Wesen. Diese vier lebendigen Wesen, welche Hesekiel am Flusse Kebar sah, werden Hes. 10,15 Cherubim genannt. In der Schrift finden wir Cherubim und Seraphim. Mit beiden haben beim Vergleich die vier lebendigen Wesen Einzelheiten gemeinsam, sowohl in der Erscheinung als auch in der Beschäftigung. Die Cherubim finden wir bei der Ausführung der Gerichte Gottes (1. Mose 3,24), ebenso auch die vier lebendigen Wesen. (Siehe Offenb. 6 u. a.) Die Seraphim finden wir mit dem Thron Gottes und mit dem Rühmen Seiner Heiligkeit und Herrlichkeit verbunden, ebenso die vier lebendigen Wesen. (Vergl. Offenb. 4,8.9 mit Jes. 6,1-3.) Wie wenig wissen wir von den wunderbaren, himmlischen Wesen, die alle bereit stehen zu Seiner Ehre und zur Ausführung Seines Willens!

Die Offenbarung ist das Buch der Gerichte und des Triumphes Gottes über jede Macht des Bösen zu der Zeit, wenn der jetzige Tag der Gnade sein Ende gefunden hat. Die vier lebendigen Wesen umgaben den Thron, aus welchem die Gerichte hervorgehen, und ihre Erscheinungen gleich einem Löwen, Stiere usw. geben den Gerichten bestimmte Charakterzüge. Gleiche Anklänge finden wir auch in den vier Evangelien. Doch handelt es sich dort um Gnade, hier um Gericht - dort um den Fleisch gewordenen Sohn Gottes, hier um den Thron Gottes. In Matthäus können wir den Löwen aus Juda, den König der Juden, - in Markus den Stier, den unermüdeten Diener und Arbeiter, - in Lukas den Sohn des Menschen - in Johannes den Adler, den, der im Himmel ist, den Sohn Gottes, unterscheiden. Und ebenso wie die Gnade Gottes, im Sohn erschienen, ein vierfaches Gepräge trägt, so tragen auch die aus dem Throne Gottes hervorgehenden Gerichte ein vierfaches Gepräge, die den Charakterzügen der vier lebendigen Wesen entsprechen. Diese Gerichte dürften das Gepräge der 1.) unwiderstehbaren Macht in 2.) unermüdeter Kraft mit 3.) vollkommener Einsicht in 4.) überirdischer Schnelligkeit tragen, welch weitere und andere Züge in der Gestalt der vier lebendigen Wesen auch außerdem noch gefunden werden mögen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diesen klaren Antworten haben wir nichts Wesentliches mehr hinzuzufügen. Wir möchten nur noch einmal darauf hinweisen, daß diese Gesichte, die Johannes sieht, Abbilder („Zeichen“) dessen sind, „was bald geschehen muß“ - „nach diesem“ (Offenb. 4,1), d. h. nach Abschluß der Gemeinden auf Erden, also nach der Entrückung. Als Johannes diese Gerichte sah, waren sie zeitlich noch nicht eingetreten, wie sie es heute noch nicht sind. Aber Gott steht über der Zeit, von Ihm aus gesehen ist das Ende mit dem Anfang da (Jes, 46,10). Darum sind diese Gesichte, die Johannes „im Geiste“ sah, auch mehr als nur Visionen, Erschein ungen, es sind Tatsachen, die in Zeichen oder Abbildern, dem Verständnis des Schauers entsprechend, dargestellt sind.

So sah Johannes nicht die Erlösten selbst, aber in den 24 Ältesten die Abbilder der Erlösten. Warum „Älteste?“ Wie die Ältesten in den Gemeinden des HErrn auf Erden gewissermaßen die Vertreter der Glieder der Gemeinde waren, so sind in diesen sich wesenhaft als „Älteste“ Darstellenden gewissermaßen die Vertreter der aus jedem Stamm usw. Erkauften (V. 9.10) abgebildet.

Johannes sah die vier „lebendigen Wesen“, aber er sah sie in einer ihm faßlichen Darstellung (V. 7).

Kurz: Er sah Tatsachen, aber in Zeichen oder Abbildern, die ihm und durch ihn uns ein Abbild geben von dem, was bald geschehen muß! Je mehr wir „mit Geist erfüllt“ sind (Eph. 5,18: „seid!“), desto köstlicher werden uns diese gewaltigen Dinge werden, und wir werden schon jetzt staunend anbeten, und um so mehr, als wir gegenwärtig durch die Leiden dieser Zeit beschwert sind, uns sehnen nach der tatsächlichen Erfüllung dieser uns geschenkten Offenbarungen! „Was bald geschehen muß!“ - So bitten und flehen wir: „HErr Jesu, komme bald!“

Frage 51

Wie ist Josua 10,13, wo von Stillestehen der Sonne die Rede ist, zu verstehen?

Antwort A

Für den, der an die Allmacht des Gottes glaubt, der Wunder tut, liegt in diesem Bericht durchaus keine Schwierigkeit vor, ebensowenig wie in der redenden Eselin Bileams oder dem Fische Jonas oder in der Tatsache, daß an der Sonnenuhr Ahas (in der Geschichte Hiskias) der Schatten des Zeigers rückwärts ging. Es ist zwecklos, darüber Betrachtungen anzustellen, ob der Schatten an der Sonnenuhr infolge einer Rückwärtsbewegung der Erde oder einer solchen der Sonne erfolgte, oder ob diese Erscheinung auf eine außerordentliche Lichtwirkung zurückzuführen ist. So kann man auch aus Josua 10,13 nichts beweisen für oder gegen des Kopernikus' Lehre vom Sonnensystem. Es ist töricht, sich auszumalen, welche Katastrophen überall auf der Erde entstehen müßten, falls ein großer Weltkörper stille stände. Der Gott, der ein solches Wunder tut, kann und wird auch jede Katastrophe verhindern.

Darum ist es nicht nötig, dieses Wunder durch eine verlängerte Strahlenbrechung, durch eine Refraktion der Sonne, eine Erscheinung des Sonnenbildes über dem Horizont zu erklären. (S. Urquhart III, S. 253.) Noch viel weniger geht es an, in dem ganzen Bericht nur eine dichterische Ausdrucksweise zu sehen, wie etwa Richter 5,20, die da schildert, daß bei dem Sonnenlicht des Tages und bei dem Mondlicht der Nacht das Werk der Vertilgung des Feindes vollendet sei. Trotz aller Erklärungen wird immer ein Wunder übrig bleiben, so daß die Bemerkung der alten Berleburger Bibel (1728) zu dieser Stelle wohl am Platze ist: „O, steh' still, atheistische Vernunft, und beuge dich!“

„Es war kein Tag diesem gleich, weder vor ihm noch nach ihm, daß Jehova auf die Stimme eines Menschen gehört hätte; denn Jehova stritt für Israel“ (V. 14).

So erklärt die Schrift selbst dieses auffällige Wunder. Es ist ein Eingreifen Gottes mit dem bestimmten sittlichen Zweck, Seine Macht über die Götter der Kanaaniter, die Sonne und den Mond, zu beweisen, die keine Götter sind, sondern Schöpfungen Dessen, der Himmel und Erde gemacht hat. Von Ihm sagt Asaph (Ps. 74,16): „Dein ist der Tag und auch die Nacht, den Mond und die Sonne hast Du bereitet.“ Der Gott, der sie bereitete, regiert sie auch. Er kann auch Zeichen geben an Sonne, Mond und Sternen (Luk. 21,25; Matth. 24,29; Mark. 13,24).

„Unser Gott ist in den Himmeln; alles was Er will, tut Er“ (Ps. 115,3). Er steht über allen Naturgesetzen. J. W.

Antwort B

Die Sonne stand still.

Ebenso blieb der Mond stehen. - Die Heilige Schrift ist einerseits kein Buch, in dem wir unsere Kenntnisse über die Vorgänge in der Natur bereichern könnten; andererseits ist aber jedes Wort, was sie über diese sagt, Wahrheit, weil von Gott eingegeben (2. Tim. 3,16), und wir haben alle Lehren moderner Wissenschaft abzuweisen, die mit ihr nicht übereinstimmen. Sonne und Mond standen still, so belehrt uns die Schrift. Vielleicht auch die Erde und das ganze Weltsystem, wenn es wahr ist, wie die Wissenschaft behauptet (wer kann es beweisen?!), daß das ganze Weltsystem mit allen seinen Himmelskörpern in gegenseitiger Abhängigkeit verbunden ist. Für Gott, der Himmel und Erde schuf und erhält, auf dessen Wort einst alles dieses aufgelöst werden wird, ist das ein Kleines. Lernen wir doch aus Jos. 10,13, statt auf moderne Wissenschaft und Bibelkritik zu horchen, mit dem Gott Himmels und der Erde zu rechnen als mit Dem, der Seine Macht zum Besten Seiner geliebten Kinder ausübt und auf ihr Flehen hört!

O. v. Br.

Antwort C

Es gibt schon im alltäglichen Leben und in der Natur Vorgänge, die sich unserem Verständnis entziehen, die wir einfach glauben müssen. So auch hier bei dem in Frage stehenden Wunder. Dieses einfache Wunder, welches durch die Macht und das Eingreifen Gottes bewirkt wurde, war schon für viele ein Stein des Anstoßes. Wir sehen die fünf Könige verfolgt und ihre Heere nicht bloß von dem Schwerte Israels, sondern auch von dem Hagel Gottes vernichtet (vgl. 2. Mose 9,24.25). Hier fleht nun Josua zu dem HErrn und ruft: „Sonne, stehe still zu Gibeon, und Mond, im Tale Ajjalon!“ Die Antwort Gottes war zunächst ein Erhören der Bitte Josuas. „Und die Sonne stand still, und der Mond blieb stehen, bis die Nation sich an ihren Feinden gerächt hatte.“ Zunächst will die Schrift hier nicht etwa astronomische Lehrsätze aufstellen. - Hierzu sei bemerkt, daß das von der Welt meist ohne nähere Prüfung als unumstößliche Wahrheit angenommene Copernikanische System doch nur eine scharfsinnig durchgeführte Hypothese (Annahme)

ist, für die es wohl Wahrscheinlichkeitsgründe, aber noch keinen zwingenden Beweis gibt, und gegen die in alter und neuerer Zeit Bedenken erhoben wurden (z. B. von Goethe), ebenso auch von großen Forschern (A. v. Humboldt, K. v. Raumer, Gauß, Brandes u. a.). Die Genannten sollen ernste Zweifel an diesem System gehegt haben, wenn sie dieselben auch aus Furcht vor der öffentlichen Meinung nicht zu äußern wagten. Aber dies nur nebenbei, es ist ohne Einfluß auf obiges Wunder. Wer näheres darüber lesen will, der sei auf das Buch von „Schöpfer, Die Widersprüche in der Astronomie“ (1869) verwiesen!

Da die Feinde dem südwestlich von Gibeon gelegenen Ajjalon zu flohen, so befand sich Josua, als er jenen Ausspruch tat, ohne Zweifel westlich von Gibeon und konnte die über Gibeon stehende Sonne gegen Osten und den über dem Tale Ajjalon stehenden Mond im fernen Westen zugleich sehen. Ob es sich nun um eine allgemeine plötzliche Veränderung und Störung des Sonnensystems handelte oder nicht, das ist nebensächlich, wir können dem Worte in seiner vollen Bedeutung glauben und dabei

nicht, das ist nebensächlich, wir können dem Worte in seiner vollen Bedeutung glauben und dabei auch an ein lokales Wunder denken. Das, was Josua bittet, ist nur das, daß es so lange Tag bleiben und die Nacht und der Mond so lange abgehalten werden möge, bis er seinen Zweck erreicht habe. Und dies wurde Josua gewährt. Die Sonne blieb fast einen ganzen Tag länger am Himmel stehen, und es blieb soviel länger hell in jenen Gegenden. Der, welcher von Anfang sprach: „Es werde Licht!“ und von Dem es heißt: „Dein ist der Tag, Dein auch die Nacht, den Mond und die Sonne hast Du bereitet“, der konnte auch für einige Stunden an einem bestimmten Orte Licht schaffen für besondere wichtige Zwecke, ohne daß dadurch die ganze Ordnung des Sonnensystems und die allgemeinen Gesetze der Himmelskörper aufgehoben werden. Wie durch den Hagel die Menschen, so wurden durch das Hellbleiben des Tages die Götter der Feinde gerichtet, es war ein Sieg des lebendigen Gottes über heidnische Abgötterei. Die Heiden sollten daraus erkennen, daß der Gott Israels imstande ist, die ganze Kreatur gegen Seine Feinde zu bewaffnen, und Israel, das schon einmal in den Dienst des Baal Peor versunken war (4. Mose 25,3), und dem auch später die Götter Kanaans so oft zum Fallstrick wurden (Richt. 2,3), sollte vor diesem Aberglauben gewarnt werden. Das war die tiefe Bedeutung und der heilige Zweck dieses Wunders, welches aber nicht einmal vereinzelt in der Schrift dasteht. Eine Parallele dazu haben wir an dem Rückwärtsgehen des Schattens am Zeiger der Sonnenuhr des Königs Ahas um 10 Stufen auf das Gebet Jesajas (2. Kön. 20,9-11). Ferner sind zu vergleichen der Stern der Weisen vom Morgenlande, die dreistündige Finsternis, während der Herr Jesus am Kreuze hing, sowie noch die für die Endzeit geweissagten Wunderzeichen am Himmel. Wenn wir das Wunder aller Wunder, Christus, für uns erlebt haben, wird uns auch das Wunderwirken Seines Gottes und Vaters immer natürlicher, wir sehen in den tausend kleinen Begegnissen, wo die blinde Welt nur Naturgesetze und Zufall sieht, immer die Hand des zum Wohle der Seinen wirkenden Gottes und Vaters, bei dem kein Ding unmöglich ist.

Ph. W.

Antwort D

Dieser Vers war von jeher für viele Bibelleser ein Stein des Anstoßes. Man glaubte die Erzählung „verständlicher“ machen zu müssen, indem man Josua und seinen Zeitgenossen entweder eine Sinnestäuschung zuschrieb oder sie nur als eine bildliche, dichterische Umschreibung aufgefaßt wissen wollte. Beides ist aber falsch. Für den Bibelchristen steht unerschütterlich fest, daß auf das gläubige Gebet Josuas: „Sonne, stehe still zu Gibeon; und du Mond, im Tale Ajjalon!“ Gott die Antwort Gab, „indem die Sonne mitten am Himmel stehen blieb und nicht zum Untergang eilte, ungefähr einen ganzen Tag.“ Gewiß ist das ein Wunder, aber kein größeres als die Erschaffung der Himmelskörper oder eines Menschen. Wie sollte der Schöpfer der Welt nicht auch imstande sein, in die „Naturgesetze“ einzugreifen! Der Prophet Jesaja erlebte später ähnliches an der Sonnenuhr des Ahas (Jes. 38,8).

Der Vorgang muß auf die Zeitgenossen und auch die später Lebenden einen gewaltigen Eindruck gemacht haben. Im Buche Jaschar (des Rechtschaffenen) ist er erzählt, und 1000 Jahre später bezeugt ihn der jüdische Schriftsteller Jesus Sirach (Kap. 46,5-8).

Wie nun der Vorgang zu „verstehen“ ist? Das kann kein Mensch sagen. Die Bibel berichtet uns einfach die unzweifelhafte Tatsache. Die Schrift sagt ausdrücklich: „Und es war kein Tag wie dieser, vor ihm und nach ihm, daß Jehova auf die Stimme eines Menschen gehört hätte; denn Jehova stritt

für Israel.“

Nach unserer heutigen von Copernikus übernommenen Auffassung dreht sich die Erde um die Sonne. Das spricht nicht gegen die Ausdrucksweise der Schrift, die keine astronomischen Belehrungen geben will, sondern zu den Menschen in einer ihnen verständlichen Sprache spricht. Wenn wir uns deshalb ans „Verstehen“ geben wollen, müssen wir annehmen, daß Gott die Rotation (Drehung) der Erde unterbrochen oder verlangsamt habe. Und warum sollte das nicht möglich sein? Der berühmte Astronom Newton hat darauf hingewiesen, daß die Umdrehung der Erde sehr schnell verlangsamt werden kann, ohne daß ihre Bewohner etwas davon zu spüren bekommen. Professor Totten in Amerika hat durch scharfsinnige Berechnungen nachgewiesen, daß tatsächlich jener Tag zu Gibeon und Ajjalon ein voller Tag von 24 Stunden gewesen sein müsse; zu ähnlichen Schlüssen kam auch der Astronom Maunders von der Sternwarte in Greenwich. Und unser Bibelbuch sagt: „Es war kein Tag wie dieser, vor ihm und nach ihm.“

Übrigens ist der Eindruck dieser Wundertat Gottes tief in die Herzen der Völker eingeprägt, und Satan hat die Spuren davon nicht austilgen können. Der römische Dichter Ovid erzählt, daß einst ein Tag verloren ging und die Erde durch die Glut einer außerordentlichen Sonne in große Gefahr geraten sei. Er bemerkt, daß die Erzählung von den Phöniziern stamme, und sie gehörten zu demselben Volke, das Josua bekämpfte. Der amerikanische Militärarzt Nelson macht in seinem Buch „Ursache und Heilung des Unglaubens“ darauf aufmerksam, daß auch die Chinesen von einem uralten Könige Yao erzählen, während dessen Regierung die Sonne so lange am Himmel stehen geblieben sei, daß man fürchtete, die Welt werde in Flammen aufgehen. Die Regierungszeit dieses Yao stimme aber mit dem Zeitalter Josuas, des Sohnes Nuns, zusammen.

Doch alle diese „Beweise“ sind nur nebensächlich; denn „dem Glaubenden ist alles möglich“.

C. Th.

Antwort E

Seitdem die Wissenschaft endlich entdeckt hatte, daß die Sonne nicht still steht, sondern sich mit der Erde in Bewegung befindet, frohlockten viele Anbeter der „fälschlich sogenannten Kenntnis“ (1. Tim. 6,20), indem sie meinten, die Heilige Schrift habe dadurch einen sie tödlich verwundenden Hieb erhalten. Diese blinden, hochmütigen, kaum aus der Schule ausgetretenen Spötter (2. Petri 3,3) hätten jene Tatsache viel früher gelernt, wenn sie Römer 3,4 und 9,20 zuerst als Ausgangspunkt genommen und das Wort also gelesen hätten. Ihr Geschrei lautet den Ohren des Gläubigen nach Pred. 1,9 wie etwas längst Bekanntes. Nämlich sagt die Schrift in unserer Stelle gar deutlich, daß die Sonne normal in Bewegung ist; andererseits sagt sie ja nicht, daß die Erde still stehe oder der Mittelpunkt der Sonnenbewegung sei. Wenn sie aber oft vom Auf- und Untergehen der Sonne bezüglich der Erde redet, spricht sie ganz einfach und vor jedermann das Gesetz der relativen (bedingten) Bewegung aus, und zwar, daß für einen Beobachter, der auf einem sich bewegenden Körper steht, derselbe stillstehend scheint, während alle anderen, seien sie in Bewegung oder nicht, in Bewegung zu sein scheinen. Nun aber hat Gott Sein Wort nicht den angeblichen Bewohnern des Planeten Mars gegeben, sondern den auf der Erde wohnenden Menschen. Deshalb auch beschreibt dasselbe die Schöpfung, wie sie für uns aussieht, und enthält die einfachen Grundsätze der wahren Kenntnis (u. a. die zwei obig erwähnten astronomischen und mechanischen Gesetze), womit die

Menschen mit ihrem Verstand Gott in Seiner Schöpfung hätten erkennen sollen (Römer 1,20). Aber „Gott widerstehet den Hochmütigen“ (1. Petri 5,5) und hat dies alles den Unmündigen geoffenbart (Luk. 10,21; Matth. 11,25,26).

Dem Verstande des Gläubigen (Hebr. 11,3) bietet Jos. 10,13 keine Schwierigkeit. In den Versen 7-11 haben wir den Bericht der Schlacht im großen ganzen. Da aber der Sieg auf eine so unglaubliche Weise erkämpft wurde, wird uns in Vers 12-14 eine Episode derselben Schlacht berichtet, wodurch wir die Ursache des Sieges begreifen. Daß es während der Schlacht geschah, geht aus Vers 12 hervor. „Damals ... an dem Tage“, nicht „dann, nach dem Siege“, was nur im Verse 15 einen Platz hätte. Es ist selbstverständlich, daß ein Aufhören in dem Laufe der Sonne Störungen in dem Heere der „den Tag von der Nacht“ trennenden Leuchter (1. Mose 1,14) verursachen mußte; nun sind die damals (Vers 11) vom Himmel geworfenen und gelegentlich noch fallenden Steine, Meteore, ein Beweis, daß dies alles nicht nur geschehen konnte, sondern geschehen ist, und die ganze Stelle ist wörtlich anzunehmen. Wir können da die unermeßliche, unergründliche Kenntnis sehen, die Gott in einer einfachen, kurzen, für ein Kind begreiflichen Erzählung zusammengefaßt hat, aber sie würde uns nicht nützen, wenn wir darin den HErrn nicht suchten (Joh. 5,39). Welchen Mut, welche Kraft empfängt ein „Kriegsmann Jesu Christi“, der den guten Kampf des Glaubens kämpft (2. Tim. 2,3; 1. Tim. 6,12; Jud. 3; Eph. 6,12), wenn er in Josua seinen Herrn erkennt, den Anführer seines Glaubens (Hebr. 12,2), der für ihn streitet, ihm den gewissen Sieg gibt und am Ende die Krone der Gerechtigkeit (Spr. 21,31; 2. Tim. 4,8). Darum „stärket die schwachen Hände und befestigt die wankenden Knie ... Seid stark ... Er selbst wird euch retten“ (Hebr. 12,12; Jes. 35,3.4; Römer 8,31).

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Wir freuen uns von Herzen, daß auf diese Frage so viele Antworten eingegangen sind. Jede derselben hat ihre eigenen, lesenswerten Besonderheiten, doch sind sie wesentlich übereinstimmend. Josua 10 enthält ein großes, herrliches Wunder unseres Gottes: die Wunder der Schrift aber müssen geglaubt werden, und es ist ein Merkmal des wahren Christen, wider Vernunft zu glauben.

Möchten denn alle Leser der „Handr.“, auch der, welcher diese Frage gestellt hat, das Wort nehmen, wie es wörtlich inspiriert durch den Geist Gottes dasteht: „... und die Sonne stand still, und der Mond blieb stehen“. Erklärungen, wie das möglich sei, wissenschaftliche Folgerungen in astronomischer Beziehung oder in Hinsicht auf das ganze All macht die Schrift nicht, also warum sollten wir das tun? Ist Gott, der Gott, für den alles natürlich ist, der „spricht, und es ist“ oder „sprach, und es war“ (Ps. 33,9) - ist Gott erhaben über die Folgen Seiner Taten, äußert Er kein Wort darüber, warum sollen wir uns in Mutmaßungen darüber ergehen? Für uns, die wir, wenn es recht um unser Christentum stellt, „nicht in fleischlicher Weisheit unseren Verkehr in der Welt haben“ (2. Kor. 1,12), für uns bleibt nur übrig ein staunendes Bewundern Seiner Größe: „O Tiefe des Reichtums!“ (Römer 11,33!) Vergessen wir nicht: wir ehren unseren Gott durch Glauben! Welcher von den Seinen macht Ihm wohl größere Freude: der, der mit spitzfindigen, „wissenschaftlichen“ Untersuchungen an das „Wort der Wahrheit“ herangeht, oder der, welcher dem Gott und Vater glaubt aufs Wort? Vergl. Hebr. 11,6!

Persönliche Worte an unsere Leser!

Persönliche Worte an unsere Leser!

Auch in diesen ernsten Zeiten erhielten wir manch freundliche Ermunterung, die uns zeigte, daß unter der Wucht der Zeitereignisse die Herzen nicht kalt geworden sind für das Forschen in der Schrift und für die aus demselben entstandenen Fragen, wie sie die „Handreichung“ zu beAntworten sucht.

Eines hat uns recht betrübt, nämlich die Nachricht von einigen Lesern, denen das Blatt zu wenig „fürs Herz“ biete. Sind denn nicht alle in demselben enthaltenen Artikel, auch die rein lehrhaften, „fürs Herz“? Wir denken, daß uns Gläubigen alle Fragen der Erkenntnis des HErrn und Seines Willens zu Herzensfragen werden müssen, sonst haben wir keinen wahren Gewinn davon, denn „Erkenntnis (an sich) bläht auf“ (1. Kor. 8,1)!

Andererseits verstehen wir gar wohl den feinen Vorwurf, der in obigen Bedenken liegt: man wünscht mehr Artikel über das praktische Christenleben als einer Bewahrung des Glaubens und der Liebe usw. Jedoch dann müssen eben unsere Leser diesbezügliche Fragen stellen! Naturgemäß sind ahnliche Fragen wie Nr. 35 und 36 in unserem Blatte die selteneren. Aber enthalten die meisten anderen Fragen nicht auch recht häufige (nicht nur gelegentliche) Hinweise für das praktische Leben? Man prüfe sie einmal daraufhin ganz ernstlich! Wir jedenfalls legen großes Gewicht darauf, daß die „Gegenseitige Handreichung“ ein auf gesunder Lehre aufgebautes gesundes Glaubensleben fördert! Wir werden auch weiterhin nach Kräften diesen Standpunkt vertreten; jedoch, man vergesse nicht, daß sehr viel bezüglich des Inhalts der „Handreichung“ von den jeweiligen Mitarbeitern in Fragen und Antworten abhängt.

Die Zeitlage wird trotz mancher großer deutscher Siege im Felde, für die wir Gott von Herzen danken wollen, stetig ernster. Das göttliche Gericht zur Buße lastet schwer auf der Welt, schwer auch auf Deutschland. Möge Gott Großes erreichen! Schon zeigen sich Anfänge herrlicher Segnungen in mancherlei Weisen, so z. B. indem das Wort Gottes mehr geschätzt wird von Leuten, die es vor noch nicht langer Zeit verachteten, und indem auch manche Seele Zuflucht nimmt zu dem Sünderheiland Jesus Christus, besonders unter unseren Kriegern. Wir dürfen den HErrn preisen für solche Gnadenwirkungen! Aber, obwohl auch der Eifer des Volkes Gottes in vielem sehr gewachsen ist, z. B. auch in der so wichtigen Traktatverbreitung, wird eine unserer Haupttätigkeiten, wenn nicht die hauptsächlichste, in der Jetztzeit noch immer mehr die anhaltender Fürbitte werden müssen für Kaiser und Vaterland, für unsere geliebten Brüder in Heer und Marine wie für alle Kämpfer (auch bei unseren Bundesgenossen in Österreich-Ungarn), überhaupt für die ganze Welt, besser: für das gesamte Werk Gottes in Seinem Volk und in und an der Welt, auch in den Missionsgebieten. Laßt uns handeln nach Ps. 62,8! Laßt uns nicht vergessen, daß wir Gläubigen nach Röm. 8,18ff. gewissermaßen der Mund der unter der Sünde und ihren Folgen leidenden Schöpfung sind, und laßt uns bedenken, was Jak. 5,16b steht!

Möchte unser Reden und Tun überall auch nicht etwa bestimmt sein durch fleischliche Weisheit, sondern durch Einfalt, Lauterkeit und die Gnade Gottes (2. Kor. 1,12), damit wir in dieser verAntwortungsvollen Zeit vom HErrn gebraucht werden können zur praktischen Hilfe, wo es nottut, und zum Heil, zum wahren Trost für viele, seien es Verwundete oder Trauernde oder wer immer! (2. Kor. 1,3.4).

Herzlich grüßt alle Leser mit Röm. 15,13 u.33.

Herzlich grüßt alle Leser mit Röm. 15,13 u.33.

Der Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Ende September 1914.

Gruß an den Leser:

Alle Schrift ist von Gott eingegeben und ist nütze zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke zugerüstet.“ 2. Tim. 3,16-17.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

Frage 52

Ist Vers 13 in Luk. 14,12-14 wörtlich zu verstehen? Sind da Gläubige oder Ungläubige gemeint? Darf man bei Geburtstagen und dergl. mit Kindern Gottes zusammen sein, um sich zu erfreuen und den HErrn zu loben?

Antwort A

Der Herr Jesus stellt alle Dinge und alle Personen immer an den rechten Platz. Ein Oberster hatte den HErrn zu Tisch geladen, die Einladung geschah nicht aus Liebe, sondern um Ihn zu fangen. Aber der HErr durchschaut ihre Bosheit und macht die Herzen offenbar. Diese Festmahlzeiten hatten lediglich den Zweck für die Leute, voneinander Ehre zu nehmen. Der HErr sah, wie trotz aller Scheindemut die einzelnen der Geladenen die ersten Plätze wählten. Es ist dieses so ganz der Zug des natürlichen Herzens, der sich selbst überschätzt und andere gering achtet. Hier in der Mitte derer, die den HErrn aus falschen, ja sogar aus feindlichen Beweggründen heraus zu Gaste geladen hatten, erweist Er Sich als der vom Vater Gesandte und hat für jeden der Tischgesellschaft Lebensworte. Wir ersehen hieraus, daß wir alle Dinge im Lichte des HErrn und Seines Wortes betrachten müssen. Zunächst waren es Ungläubige, die den HErrn geladen hatten; Er konnte auf ihren Boden kommen, ohne etwas von Seiner Heiligkeit preiszugeben, im Gegenteil, Er dient ihnen! Anders dagegen liegt die Sache für uns Gläubige, wir können und dürfen durchaus nicht jede Einladung annehmen, wir müssen dieselbe erst vor dem HErrn ausbreiten und gewiß sein, daß wir innere Erlaubnis dazu haben, und dann haben wir den Auftrag, dort „ein Brief Christi“ zu sein (2. Kor. 3,2.3). Nachdem der HErr den Rat der Herzen offenbar gemacht hat, ermahnt Er zur Demut und Niedriggesinntheit; es war dies die Tätigkeit Seiner Gnade, welche sich von den Satten und Selbstgerechten wegwendet und Sein Heil und Seine Gnade denen anbietet, welche arm, lahm, blind usw. sind und die nicht vergelten können. So ist Vers 12-14 nicht in diesem Sinne wörtlich zu nehmen, daß wir uns nicht mit denen freuen sollen, welche als Kinder Gottes mit uns den gleichen Pfad wandeln, im Gegenteil, hier wird

freuen sollen, welche als Kinder Gottes mit uns den gleichen Pfad wandeln, im Gegenteil, hier wird das Zusammensein erst eine rechte Freude im HErrn sein und ein Vorschmack von dem, was es einst sein wird, wenn wir beim HErrn sind; denn wo man Ihn lobt, ist Er gegenwärtig; hier gilt Phil. 4,4.

Nicht als ob natürliche Liebe etwas Böses sei, aber da der Herr Jesus von dieser Welt verworfen ist, so muß alles, was uns an diese Erde bindet, Ihm geopfert werden; diesem gilt wörtlich! - So sehen wir in dem Gleichnis vom großen Abendmahl (Luk. 14,15ff.) zunächst den Ruf der Gnade an Israel, dann an die Nationen. Nachdem Israel die Einladung von sich gestoßen hatte, suchte die gute Botschaft die Armen in ihren Sünden, die Krüppel und die Lahmen, welche unter ihren Lasten seufzten, die Blinden, die in der Dunkelheit saßen, und weil noch Raum da ist, ergeht der Ruf an die Heimatlosen, die an der Landstraße des Lebens und hinter den Zäunen liegen. So sind wir, die wir einst Gäste und Fremdlinge waren, Bürger und Hausgenossen geworden, Teilhaber der Herrlichkeit, und dürfen als Einladende andere nötigen, hereinzukommen und an der Tafel Platz zu nehmen. Innerhalb des Hauses aber teilen wir die Freuden mit denen, die Kinder unseres Vaters sind.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

„Damit nicht etwa auch sie dich wiederladen und dir Vergeltung werde.“ Ist es nicht so in der sogen. weltlichen Gesellschaft, daß ein beständiges Einladen und Widereingeladenwerden besteht, wodurch Ehrsucht, Neid, Mißgunst, Klatsch, Verschwendung und andere böse Dinge hervorgerufen werden?! Davor sollten wir Gläubigen uns hüten, das sagt uns dies Gleichnis, das gerichtet ist an den, der den Herrn Jesus geladen hatte (vergl. V. 7a mit V. 12a!), also an den selbstgerechten, nur auf zeitlichen Lohn sehenden Pharisäerführer. - Nicht die Freude am HErrn, das Loben Seiner Gnade, das Gespräch über Seine Liebesführungen, über die Welt in Seinem Lichte u. a., was wir in Gemeinschaft mit Gleichgesinnten pflegen können, sowohl an Tagen der Gnade in unserem Leben wie bei anderen Gelegenheiten, wo Gäste aufgenommen werden können oder Er sie uns ins Haus schickt (Hebr. 13,1.2; Röm. 12,13; 1. Petri 4,9 u. a.), nicht das ist uns untersagt, vielmehr ist uns gezeigt, worin für uns Gefahren liegen, die göttlichen Gedanken über uns zu verfehlen und dem Weltwesen zu verfallen. - Dagegen sagt der HErr diesem Pharisäer, was im Gegensatz zu irdischer Vergeltung in der Auferstehung Lohn finden würde (beachte „Auferstehung der Gerechten“, worin ein leiser Hinweis liegt auf eine Auferstehung der Ungerechten, vergl. Offb. 20!)! Der HErr kennzeichnet mit Seinen Worten die ganze heuchlerische Scheinfrömmigkeit dieser Leute (vergl. Matth. 6,1-6.16-18) und zeigt das Bessere. - Gewiß können auch wir nach diesem Wort handeln, wenn unser Herz uns treibt, und vielleicht hat in der jetzigen Kriegszeit, die manchen Armen, Elenden, Hilflosen darben läßt, dies Wort uns etwas zu sagen, und wir können es verbinden mit Pred. 11,1 - aber ein Gebot ist es nicht für uns, zumal es nur an einen ungläubigen Menschen gerichtet ist. Doch wir sehen in diesem Gleichnis verborgen des Herrn Jesu Herz und einen Hinweis auf Sein Tun, und da heißt es für uns: „Lernet von Mir!“

Frage 53

Wer ist unter dem männlichen Sohn in Offb. 12,5 zu verstehen?

 

Antwort A

Nach meiner Überzeugung ist das männliche Kind (Offb. 12,5) niemand anderes als Christus, der Sohn, der nach Ps. 2 die Nationen mit eiserner Rute weiden wird. Das Weib ist Israel, aus dem der Christus dem Fleische nach stammt (Röm. 9,5).

J. W.

Antwort B

Der männliche Sohn ist ohne Zweifel Christus. Ps. 2,9 bestätigt es. Er ist jetzt entrückt zum Throne Gottes und wird an einem noch zukünftigen Tage alle Nationen weiden mit eiserner Rute. Dieser männliche Sohn ist der Sohn des Weibes (V. 1 u. 2), das ist Israel, „aus welchem, dem Fleische nach, der Christus ist“ (Röm. 9,5). Wir lernen an dem männlichen Sohne, daß uns in dem Weibe Israel gezeigt wird. Auch die Lade des „Bundes (Offb. 11,19) beweist, daß uns hier Dinge in Verbindung mit Israel gezeigt werden. (Ein Bund ist nur mit Israel gemacht, die Lade Israel gegeben!) Die Erde sieht Johannes unter dem Zeichen des Gerichtes: Blitze - Stimmen - Donner - Erdbeben - Hagel, aber im Himmel werden ihm die Ereignisse mit Israel in einem „großen Zeichen“ im himmlischen Lichte gezeigt. Das Weib selbst ist nicht im Himmel. Das „große Zeichen“ - das, was das Weib betrifft - wird dort im himmlischen Lichte, wie Gott es sieht, nach Seinen Vorsätzen - gezeigt und gesehen. Israel in Verbindung mit Christus - „bekleidet mit der Sonne“, dahinten, „unter ihr“ liegt die vergangene Herrlichkeit des Alten Bundes gleich dem Monde, in dem auch nur ein matter Widerschein von der Lichtherrlichkeit der Sonne gefunden werden kann. Die Krone von zwölf Sternen zeigt uns die Herrschaft und Herrlichkeit des zwölfstämmigen Volkes. Nirgends finden wir einen Grund, weder bei dem „männlichen Sohne“ noch bei dem „Weibe“, an die Gemeinde oder sonst jemand zu denken. Wo ist ein „männliches Kind“, das die Gemeinde geboren und das in den Himmel entrückt wäre? Erinnert uns dagegen „Sonne, Mond und zwölf Sterne“ nicht sofort an die einzige Stelle der Schrift, 1. Mose 37,9, wo wir Gleiches finden? - und wieder ist es das Haus Jakobs, Israel!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir sind sehr dankbar dafür, daß die vorstehenden Antworten so unzweideutig bezeugen, daß der „männliche Sohn“ der Christus, das „Weib“ Israel ist. Bei keiner anderen Deutung wird das Zeugnis der Schrift beachtet (wie z. B. Ps. 2 u. a.). Es gibt im Anschluß am Offb. 12,3-6 einige geradezu phantastische Deutungen, die den Stempel menschlicher Erfindung zeigen, indem sie dem gesamten Schriftzeugnis ins Gesicht schlagen. Zu diesen Deutungen gehört die von namhaften Brüdern vertretene Lehre, daß nicht die ganze gläubige Gemeinde des HErrn entrückt werde, sondern nur eine „zum Durchbruch gelangte“ Schar von Überwindern, welche den Charakter von „Männlichen“ tragen, „die ganze Bibel ins Leben umsetzen, die Entrückung im Glauben erfassen“(!!) usw., während die übrige Gemeinde, die „nie verstanden hat, ein Wüstenleben zu führen“, dann nach der Entrückung jener „Männlichen“ in die Wüste flieht, um die „Wüstenerziehung nachträglich durchzumachen“(!!). Wir fühlten uns stark versucht, außer obigem noch einige Proben von diesen Phantastereien mitzuteilen, aber wir schämen uns, dergleichen in unser Blatt zu setzen, das eine Handreichung aus dem Worte Gottes sein soll. Es möchte aber sein, daß einige unserer Leser

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s. Bemerkung S. 228

ähnlichen Anschauungen gehuldigt haben; die bitten wir von Herzen, daß sie wieder nüchtern werden und glauben dem, was die Schriften sagen. Durch 1. Thess. 4,13-18 wird obige Lehre gerichtet. Davon aber abgesehen, bitten wir noch einmal, man möge doch Offb. 12,5a: „der alle Nationen weiden soll mit eiserner Rute“ berücksichtigen! Kann man dies Wort denn überhaupt, wenn man Ps. 2 und Offb. 2,26.271 kennt, auf jemand anderes als auf Christus beziehen? Und ist es überhaupt möglich, V. 1.2 mit der Zwölfzahl auf die Gemeinde zu deuten? Welch eine Kunst der Vergeistigung von Schriftstellen gehört dazu, diese Bilder auf die Gemeinde zu beziehen!

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s. Bemerkung S. 228

Nein, wir haben in diesen kostbaren Versen ein Bild vor uns, in dem uns Israel als Weib gezeigt wird, zuerst wie es den Christus gebiert und unter welchen Anfeindungen Satans, dann wie der Christus entrückt wird - und da Er der Erstling ist, so ist mit Seiner Entrückung vor der antichristlichen Trübsalszeit auch die unsere (der Gemeinde) gewährleistet, 1. Kor. 15,23 - dann die Flucht des Weibes in die Wüste, woselbst es (d. h. die gläubigen Juden, der Überrest) 1260 Tage weilen wird, während der Herrschaft des Antichristen und des Tiers (vergl. dazu Frage 43!). Welch eine Sorgfalt Gottes für die Seinen! Wenn sie auch nicht zu der dann schon entrückten Gemeinde Jesu Christi gehören, sie sind doch Sein, und Er hat ihnen eine Stätte bereitet. Wir brauchen nicht zu wissen, wo diese Stätte in der Wüste ist, aber Gott weiß es! In V. 13-17, worauf wir hier nicht mehr näher eingehen können, ist uns gezeigt, wann und unter welchen Umständen dem Weibe (dem gläubigen Überrest aus Israel) „an ihre Stätte“ zu fliehen, d. h. zu fliegen, gegeben ist.

 

Frage 54

Wie, wann und wo darf ein Weib beten oder weissagen? (1. Kor. 14,34; 11,5.)

Antwort A

1. Kor. 14,34 sagt der Apostel Paulus, daß er dem Weibe das Lehren in der Gemeinde verbiete. Dies gehört nur dem Manne (1. Tim. 2,11-15). Außerhalb der Gemeinde kann sie weissagen. Beten sollten in der Gemeinde immer in erster Linie die Brüder, z. B. in Gebetsstunden (1. Tim. 2,8), die Frauen erst in zweiter Linie. Was 1. Kor. 11,5 steht, kommt sicherlich auch außerhalb der Gemeinde in Frage.

U. Pr.

Antwort B

Das Beten ist etwas, was durch den Geist Gottes hervorgebracht sein sollte. Darum könnte man einfach Antworten, das Wie, Wann und Wo hat der Geist Gottes zu bestimmen. Wir möchten uns deshalb darauf beschränken, auf einige Schriftstellen hinzuweisen und im übrigen nur weniges dazu zu bemerken. Bitte nehmen Sie Ihre Bibel zur Hand und lesen Sie Matth. 6,6. Was dort der Herr Jesus sagt, ist das Erste und Wichtigste und Köstlichste. Dann ist eine Vorschrift in 1. Kor. 11,1-16 (s. bes. V. 5.6.13) gegeben, von der vielleicht manche Kinder Gottes nicht einmal wissen, die aber entschieden beachtet werden sollte, und zwar sind es eben gerade die Schwestern, die in der Gefahr sind, dagegen zu verstoßen, indem sie unbedeckten Hauptes beten. Weiter gelten ebenso für das Weib wie für den Mann alle die Ermunterungen und Unterweisungen zum Beten, wie Eph. 6,18; Kol. 4,2; 1. Thess. 5,17.18 u. a. m.

1. Kor. 14,34 bezieht sich nach meiner Erkenntnis nicht auf das Beten, sondern auf das Reden, von dem in diesem Kapitel vorher gesprochen ist. Diese Schriftstelle wird aber von manchen Kindern Gottes bezw. Kreisen von Kindern Gottes auf das Beten angewandt in dem Bestreben, dem Übel zu begegnen, daß Schwestern in öffentlichen Zusammenk ünften beten unter gänzlicher Außerachtlassung ihrer von Gott ihnen angewiesenen Stellung dem Manne gegenüber. Das ist Unordnung, die sich dann gewöhnlich - wie es in Korinth war - nicht auf das Beten beschränkt, sondern auf alles erstreckt, und der der Apostel hinsichtlich des Betens und Weissagens in 1. Kor. 11,1-16 und hinsichtlich des „Redens“ in 1. Kor. 14,34-40 entschieden entgegentritt. Das Weib sollte wissen und verstehen, daß sie nach Gottes Wort dem Manne unterordnet ist und daß sie dies auch in der Öffentlichkeit, in der Gemeinde oder Versammlung zu beachten hat und daß es eine Zierde für sie ist, in Demut und Zurückgezogenheit dem Manne in allem den Vorrang zu lassen und stets die von Gott ihr zugewiesene Stellung einzunehmen und zu bewahren. Es ziemt sich nicht für ein Weib, in der Öffentlichkeit irgendwie hervorzutreten, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, vielleicht gar den Mann gewissermaßen zurückzudrängen und so die göttliche Ordnung umzukehren, sondern es ziemt sich für sie, still und bescheiden zurückzustehen und dem Manne den ihm von Gott gegebenen Vorrang einzuräumen, auch in bezug auf das Beten! - Wenn eine Schwester dies versteht und dem Geiste Gottes gehorsam ist, dann wird sie auch hinsichtlich des Wie, Wann und Wo ihres Betens das Richtige finden; sie wird dann auch in einem Kreise von Kindern Gottes lieber gänzlich schweigen, wenn sie unklar ist, ob es ihr erlaubt ist, ihren Mund aufzutun zu Gott, oder wenn sie weiß, daß Kinder Gottes da sind, die sich daran stoßen würden. Denn „es ist gut, kein ... noch etwas zu tun, worin dein Bruder sich stößt oder sich ärgert oder schwach ist ... Ein jeder von uns gefalle dem Nächsten zum Guten, zur Erbauung“ (Röm. 14,21; 15,2) - ein Grundsatz, der für alles gilt -; andererseits aber wiederum heißt es: „Den Geist löschet nicht aus“ (1. Thess. 5,19).

Th. K.

Antwort C

Die BeAntwortung der Frage wird nur möglich, wenn wir einen wichtigen und herrlichen Grundsatz der Gedanken Gottes erfassen bezüglich des von Ihm geschaffenen Mannes und Weibes, wodurch es uns klar wird, warum Er ihnen nicht einander gegenüber eine gleiche Stellung gibt, obgleich ihre direkten Beziehungen zu Ihm genau dieselben sind (Gal. 3,28). Es tut wirklich weh, daß so viele teure, den HErrn liebende Geschwister dies entweder beiseite lassen oder als Gesetze anwenden, wodurch sie sich selbst manchen Segen und große Freude entziehen, wobei sie auch die Weisheit Gottes und die Rechte des Herrn Jesu, ohne es zu merken, verkennen.

Wir meinen leicht, daß die der Versammlung (Gemeinde) gegebenen Verordnungen nach den israelitischen Verhältnissen verfaßt worden sind. Dabei irren wir ganz sicher, denn in den Gedanken und Ratschlüssen Gottes waren Christus und die Versammlung, Seine Braut, vor der Grundlegung der Welt da (Eph. 1,4), ja, sogar maßgebend in deren Erschaffung. Gott schuf Menschen nach Seinem Bilde, und zwar den Mann zuerst (1. Mose 1,27), und nach Kol. 1,15.16 erkennen wir, daß Christus, das Bild des unsichtbaren Gottes, vor Seinen Augen als Muster für die Erschaffung des Mannes stand. Dann, als das Weib (während eines tiefen Schlafes Adams, eines Sinnbildes des Todes Christi) gebildet worden war, nannte es der Mann: „Gebein von meinen Gebeinen und Fleisch von meinem Fleische“, und dazu fügt Gott hinzu: „Sie werden ein Fleisch sein“ (1. Mose 2,23.24). In Eph. 1,22.23 und Kol. 1,18 wird die Versammlung der Leib des Christus genannt. Ferner sagt der im

1,22.23 und Kol. 1,18 wird die Versammlung der Leib des Christus genannt. Ferner sagt der im Himmel verherrlichte HErr dem Saulus: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apgesch. 9,5), wodurch Er die von Paulus verfolgte Versammlung als Sich Selbst achtet. Demnach (siehe auch Eph. 5,28-30) ersehen wir deutlich, daß Gott, indem Er Mann und Weib schuf, eine Darstellung dessen gab, was Er in Absicht für das Ende der Zeiten hatte (1.Petri 1,19-21), nämlich die Offenbarung Seines Wesens in Christo und die Bildung für Ihn und durch Ihn einer aus erlösten Menschen bestehenden „Braut“. Halten wir ein wenig hier an, um die Herrlichkeit und Tiefe Seines Wertes zu bewundern: Die ersten Seiten der Schrift sind schon die Ankündigung der letzten, der Hochzeit des Lammes (Offenb, 19,7-9; 21,2.9). Also ist der Mann ein Bild des Christus und das Weib ein Bild der Braut, der Versammlung (1.Kor. 11,7; Eph. 5,22-24).

Dementsprechend gibt uns die Schrift gar deutliche Belehrungen (nicht Gesetze) für unser Verhalten, wovon einige durch die vorliegende Frage berührt werden. Wir werden alle ermahnt, „unablässig zu beten“ (1.Thess. 5,17; Kol.4,2) oder, wenn wir reden, es als Aussprüche Gottes zu tun (1. Petri 4,11. Es ist die Weissagung nach 1. Kor. 14,3; 11,5. Siehe Frage 32 der „G. H.“ 1913). Dies sollen die Männer mit unbedecktem, die Weiber mit bedecktem Haupte tun. Bei den letzteren ist diese Bedeckung (irgendwelcher Form) ein Zeichen der Unterwürfigkeit gegenüber dem Manne bezw. der Versammlung gegenüber Christo, welche ihr Schmuck, ihre Ehre (das lange Haar) ist (1. Petri 3,1-6; 1. Tim. 2,9; 1. Kor. 11,15); dies alles um der Engel willen, welchen die mannigfaltige Weisheit Gottes durch die Versammlung kundgetan wird (1. Kor. 11,10; Eph. 3,10; Frage 38 „G. H.“ 1913).

In der Öffentlichkeit aber geziemt dem Weibe das Schweigen, die Stille; es ist des Weibes gutes Teil (Luk. 10,39.42), und zwar deshalb: Die Versammlung (Gemeinde) ist für und durch Christum gebildet worden, nicht für die Welt (Eph, 5,27); Christus aber ist derselben, den Menschen geoffenbart worden, und auf Ihn allein sollen ihre Augen, ihre Aufmerksamkeit gerichtet werden (Kol. 1,16.17; 1. Tim. 3,16). Außerdem erhalten wir durch Ihn allein die Segnungen Gottes, und durch Ihn allein werden unsere Anliegen und Danksagungen angenommen. Er lobt inmitten der Versammlung (Eph. 1,3; Kol. 3,17; Joh. 16,23; Ps. 22,22). In allem ist Er Mittler zwischen Gott und den Menschen (1. Tim. 2,5.6: Eph. 2,18). Also werden auch diese Wahrheiten durch das Verhalten der Gläubigen in ihren Zusammenkünften zum Ausdruck gebracht, indem dem Weibe die Stille, dem Manne der Vorrang zugeteilt werden. Sollte trotzdem die Stimme eines Weibes in einer Versammlung gehört werden, so ist es schändlich für das Weib bezw. für die Versammlung, denn es wäre das Zeichen, daß der Geist (vorausgesetzt, daß Er wirklich gewirkt hat) unter den Anwesenden keinen Mann gefunden hat, der imstande gewesen wäre, die Bedingungen von 1. Tim. 2,8 zu erfüllen, was ein Beweis für die Schwachheit, für das Elend der Versammlung, ein Flecken, ein Runzel (Eph. 5,27) wäre, durch Schuld der Männer.

Nun sehen wir, es handelt sich nicht um eine tote Form, sondern um die lebendige Darstellung des von den Zeitaltern her verborgenen Geheimnisses (Kol. 1,26; Eph 5,32). Da dürfen wir nicht mehr von „Rechten der Männer“ reden, sondern sollten vielmehr Gnade erbitten, damit wir Männer wie Weiber fähig werden, die uns anvertrauten, aber verschiedenen Herrlichkeiten (1. Kor. 15,41) darzustellen, und als Gemeinde wirklich eine Behausung Gottes durch den Geist zu sein (Eph. 2,22). Das Stillschweigen der Weiber in der Zusammenkunft ist gerade so wichtig und Bedarf so vieler Gnade und Geistlichkeit wie das Hervortreten der Männer!

Geliebte, teure Geschwister, wann werden wir endlich aufhören, manche Stücke des Wortes Gottes

als nebensächlich zu betrachten? Wann werden wir endlich begreifen, daß alle Schrift von Gott eingegeben ist, daß kein Stück tötender Buchstabe ist, sondern immer Geist und Leben? (2. Tim. 3,16; Joh. 6,63; 1. Kor. 14,37.) Laßt uns auch lernen, daß die Gebote des HErrn kein Gesetz und nicht schwer sind, und laßt uns dann sie mit Freude beobachten, denn darin zeigt sich unsere Liebe zu Gott (1. Joh 2,5; 5,3), Er schenke uns Gnade dazu. Amen!

R. W. D.

Antwort D

Über Weissagen ist im I. Jahrgang der „Gegenseitigen Handreichung“ Seite 114ff. geschrieben worden. Ich möchte deshalb nur einiges über das Beten des Weibes sagen.

Das „Lehren“ und „Reden“ in der Versammlung ist dem Weibe nicht erlaubt (1. Tim. 2,12; 1. Kor. 14,34). Es soll schweigen in der Versammlung. Eine solche einfache Verneinung finden wir betreffs des Betens nicht, und hierin liegt göttliche Weisheit verborgen. Die Schrift läßt uns nicht Ungewißheit, was dem HErrn wohlgefällig ist. Wir haben den Willen Gottes nicht so, wie Israel das Gesetz hatte. Uns ist der Heilige Geist geschenkt, und wir sind berufen zur „Erkenntnis Gottes“, und in dem Maße, wie wir darin wachsen, werden wir in „geistlichem Verständnis“ Seinen Willen erkennen (Kol. 1.9.10).

Wenn es sich um Fragen der Männer und Weiber handelt, führt uns der Heilige Geist wieder und wieder zu der in der Schöpfung niedergelegten „verborgenen Weisheit“, den göttlichen Grundsätzen zurück, z. B. 1. Kor. 11,8.9; Eph. 5,31.32; 1. Tim. 2,13.

Welche Weisheit Gottes lag darin, daß Er Mann und Weib - den Menschen - in zwei verschiedenen Stellungen oder Ständen schuf. Mann und Weib, jeder empfing einen besonderen Platz, Ihn darin zu verherrlichen und Seine Weisheit zu offenbaren. Mann und Weib, jeder wurde in seinem Stande mit einer eigenen und besonderen Herrlichkeit von Gott geschmückt. Nicht um sich gegenseitig zu beneiden oder gering zu schätzen, sondern jeder, um die mit seinem Stande verbundene und verborgene Gottes Weisheit leuchten zu lassen in dem eigenen Verhalten vor den Blicken der Menschen- und Engelwelt. Verwischen wir die unterschiedliche Stellung des Mannes und Weibes, so verwischen wir die darin niedergelegte Herrlichkeit und Weisheit Gottes. Es wäre so gut, als wenn der Unterschied zwischen Christus und der Gemeinde aufgehoben würde. Adam und Eva - Christus und die Gemeinde - „groß“, sagt der Apostel, „ist das Geheimnis“.

Wenn der Heilige Geist uns durch Paulus in 1. Tim. 2,8ff. belehrt, wie die Männer und Weiber im Hause Gottes - der Versammlung - sich verhalten sollen (denn hierum handelt es sich in der ganzen Stelle, siehe 1. Tim. 3,15!), so will er, daß die Männer beten, desgleichen will er, daß die Weiber in „bescheidenem“ Auftreten, wie es „Weibern geziemt“, gesehen werden in dem Schmuck der „guten Werke“. Seine Belehrungen über Mann und Weib begründet er wieder mit der Schöpfungsordnung: „denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva“ (V. 13). Adam wurde aus Erde gebildet - aber nicht Eva - sie ist vom Manne genommen (1. Mose 2,22; 1. Kor. 11,8) - sie tritt zurück. Den Mann hat Gott in den Vordergrund gestellt - nicht das Weib. Das Weib soll „bedeckt“ sein - in den Hintergrund treten -, sonst schändet sie sich selbst und entehrt ihr Haupt (den Mann). Das Weib trägt die Herrlichkeit Gottes im Stande des Unterworfenseins - der Unterordnung - so wie die Gemeinde ihrem Haupte, Christus, untergeordnet ist zu Gottes Herrlichkeit. Nie ist das Weib bestimmt für den Vorantritt oder die Führerschaft in der Versammlung.

die Führerschaft in der Versammlung.

Wenn die Versammlung zum Gebet zusammenkommt, so beten alle - Männer und Weiber - die ganze Versammlung (Apgesch. 12,5); aber doch wird nur immer eine Stimme gehört, die Stimme dessen, der der Mund der Versammlung wird, der gleichsam in den Vordergrund tritt und die ganze Versammlung in Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung vor Gott leitet. Ist dies das, was dem Weibe geziemt? Wie gut verstehen wir, daß der Apostel sagt: Ich will nun, daß die Männer beten, und am Schluß seiner Belehrung auf die Ordnung, die Gott in der Schöpfung niedergelegt hat, hinweist! Die Männer sollen beten, sie sind die ausführenden Organe in der Versammlung; die Weiber die teilnehmenden, mitwirkenden in dem Stande der Unterordnung, wie es Weibern geziemt, geschmückt mit der dienenden Liebe und dem sanften und „stillen“ Geiste, der vor Gott sehr köstlich ist (1. Petri 3,4). Gott will in Seiner Gemeinde gesehen werden. Männer und Weiber sollen in der gefallenen Welt ein wahres Bild von den Gedanken Gottes geben.

Dies, glaube ich, ist die göttliche Ordnung, die in der Gemeinde gefunden werden wird, wenn sie treu ist und in der Kraft des Geistes zusammenkommt. Wie aber, wenn Untreue und Weltgeist ihren Einzug in die Gemeinde gehalten haben? Damit allein, daß der Mann - Mann ist, hat er noch kein Recht, in der Versammlung zu beten. Der Heilige Geist will heilige Gefäße gebrauchen. Kann der Mann nicht heilige Hände aufheben, ohne Zorn (Fleischesfrucht) und zweifelnde Überlegungen (Unglaube) (1. Tim. 2,8!), so kann er nicht der Mund der Versammlung sein. Er würde fremdes Feuer, das Fleisch in Gottes Gegenwart bringen. Der Heilige Geist wird nicht die Lippen des Bruders öffnen, nur weil er „männlich“ ist, sondern wenn er heilige Hände emporzuheben vermag.

Die Geschichte Israels, die zu unserer Belehrung niedergeschrieben ist, zeigt uns, daß in den Tagen der Untreue, als kein Mann da war, die Dinge Gottes auszuführen, Gott vereinzelt das Weib an dem Platz des Mannes gebrauchte. Aber es war eine Beschämung für den Mann und ein Zeugnis des Tiefstandes und der Untreue des Volkes Gottes. Debora, als sie durch den Unglauben Baraks neu in den Vordergrund trat, hatte das tiefe Bewußtsein, daß Gott Weiber gebrauchte für das, was Männer tun sollten. Sie spricht es aus, daß sie dem Manne die Ehre nähme und Gott durch „die Hand eines Weibes“ tun würde, was die Hand des Mannes tun sollte (Richt. 4,9). So kann Gott heute noch, wenn die Männer in Unglauben oder Untreue wandeln, das Weib gebrauchen für Aufgaben, die dem Manne bestimmt sind.

Wenn das Weib wirklich vom Geist geleitet in den Vordergrund tritt, als der Mund der Versammlung, die Bitten, Fürbitten und Danksagungen der Gemeinde vor Gott zu tragen, so wird sie selbst in erster Linie ein tiefes Bewußtsein in ihrer Seele haben, daß sie um des Unglaubens oder der Untreue des Mannes willen an dessen Stelle gebraucht wird und ihr Tun den Stempel des Tiefstandes auf die Versammlung drückt. Die Männer werden zur Beschämung gebracht, sich zu beugen, daß keine heiligen Hände vorhanden waren, um vom Heiligen Geiste gebraucht zu werden. Die ganze Versammlung (wenn sie in den Gedanken Gottes unterwiesen ist) wird mit heiligem Ernste das Unnormale in ihrer eigenen Mitte empfinden, und Gottes Furcht wird jedes Herz und Gewissen füllen.

Um das Unnormale zu sehen, müssen wir das Normale kennen! Wenn wir das Rechte kennen, dann sehen wir das Verkehrte. Immer, auch jetzt am dunkelsten Tage der Gemeinde, muß der Vorsatz und die Ordnung Gottes vor unserem Herzen stehen, aber nie darf das Unnormale zum Normalen gemacht werden. Wenn Gottes Geist unter besonderen Umständen (ich denke auch an

Versammlungen, in denen fast keine Brüder sind) auch außergewöhnlich wirkt, so wird Gottes Ordnung dadurch nicht aufgehoben. Daß sich das Gesagte nur auf die Versammlung bezieht, nicht aber z. B. auf „wenn zwei eins werden“, in einer Sache zu beten, ist wohl selbstverständlich. Ich sehe (auf die Frage: wo?) in der Schrift keine andere Beschränkung. Laßt uns zu dem, was von Anfang ist, zurückkehren in der Kraft des Geistes, aber nicht in gesetzlicher Weise; denn selbst die Ordnung Gottes, wenn sie nicht beständig unter der wirkenden und lebendigen Kraft des Heiligen Geistes ausgeübt wird, kann zur leblosen Form, - ja noch mehr, zu einer Hochburg des Fleisches werden. Nicht ein Verbot, sondern geistliches Verständnis muß unser Verhalten regeln. Nicht eine Gemeindeordnung muß vor unserem Auge stehen, sondern Christus und Seine Gemeinde.

Unsere einzige Leuchte ist das Wort. Verharren - “bleiben“ wir in Treue in der Apostellehre, und weichen wir nicht davon, so wird göttliche Ordnung nicht nur in unserer Mitte gesehen werden, sondern auch eine Kraft darin gespürt werden: Geisteskraft, die sich darin zeigt, daß das Fleisch, der Mensch in seiner Anmaßung ausgeschlossen wird.

Allerlei Schriftstellen hört man oft anwenden von denen, die der Emanzipation - der Gleichstellung und Gleichberechtigung des Weibes mit dem Manne das Wort reden, z. B. „da ist nicht Mann und Weib“ (Gal. 3,28). Wo? In Christo Jesu! sagt die Schrift, aber nicht in bezug auf die Gemeinde! Das Christentum hebt die Schöpfung Gottes nicht auf, sondern bestätigt sie in ihrer göttlichen Ursprungsbestimmung. - Es ist unmöglich, im Rahmen einer Antwort Auf alle diese Einwände einzugehen, die oft mit der Sache nichts mehr gemein haben als den Klanglaut der Worte und nur ein Zeugnis der Unmündigkeit sind.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen köstlichen, einander so wunderbar ergänzenden Antworten haben wir nur wenige Worte hinzuzufügen.

Ob ein Weib in der Gemeinde weissagen, also nach 1. Kor. 14,3 zur Erbauung reden darf oder nicht, fällt unter das Wort 1. Kor. 14,34; zu Hause und überall, wo es nicht in der Öffentlichkeit ist, darf sie natürlich reden von dem und über das, was sie von Gott empfangen hat. - Wir stimmen der Antwort A gänzlich bei, daß 1. Kor. 11,5 bei jeglichem Gebet des Weibes gilt, sowohl bei dem leisen Mitbeten in der Versammlung oder sonstwo, wie bei dem lauten, etwa daheim oder wo immer, ob Männer dabei sind oder nicht! (Vgl. V. 10 und 13.) Warum wird dies Wort so wenig beachtet? Ist das Befolgen desselben unbequem? Kaum! Das Bedecktsein als schriftgemäßes Zeichen der Unterordnung muß ja nicht gerade durch einen großen Hut ausgedrückt werden! Aber viele Kinder Gottes sagen, es sei „gesetzlich“, die Anweisungen des Wortes über das Bedecktsein, wie überhaupt über das Beten der Frauen zu beachten. Wenn der HErr dich, liebe Schwester, fragte, warum du das Wort in diesen Dingen nicht beachtest, würdest du Ihm dann auch sagen, es sei „gesetzlich“? - Viele teure Schwestern meinen, die Worte über das Verhalten der Schwestern in der Versammlung bezögen sich nur auf Verheiratete, die Unverheirateten nähmen eine Sonderstellung ein. In der Welt wohl leider manchmal, durch die menschliche Weisheit und ohne göttliches Recht, aber die Schrift wendet diese Unterscheidung nicht an in bezug auf die Gemeindeordnung. Da heißt es nicht: Ehemann und Jüngling, Ehefrau und Jungfrau, sondern „männlich“ und „weiblich“, wie uns das Schöpfungsvorbild in

Adam und Eva wörtlich sagt (1. Mose 1,27).

Wir wissen übrigens gar wohl, daß manche teure Schwester - vielleicht durch falsche Belehrung - in Unkenntnis geblieben ist über die in den vorstehenden Antworten behandelten Dinge und in Treue und Aufrichtigkeit vor dem HErrn steht mit ihrem Verhalten innerhalb der Gemeinde. Aber dabei darf es doch nicht bleiben; vielmehr ist uns das Wort gegeben, um aus ihm zu lernen, was (in allen Beziehungen) Gott wohlgefällig ist! Und darum bitten wir die geliebten Leser der „Gegenseitigen Handreichung“, nicht oberflächlich über diese durchaus nicht unwichtige Frage hinwegzugehen, sondern die in den vorigen ausführlichen Antworten dargestellten kostbaren Grundsätze (nicht „Gebote in Satzungen“!) und Belehrungen an der Schrift zu prüfen und ins Herz zu fassen, damit durch deren Anwendung Gott in Seinem Hause (der Gemeinde) verherrlicht werde.

Frage 55

Wer ist der unnütze Knecht in Matth. 25,14ff.? Warum die harte Strafe in V. 30, da doch auch für ihn Joh. 3,36 gilt? Ist das Verbergen des Talentes gleich Nichtbeteiligung an Reichsgottesarbeit? und was gehört alles zum Wuchern?

Antwort A

Beide Gleichnisse, das von den zehn Jungfrauen und das von den anvertrauten Talenten, stehen im engsten Zusammenhang. Im ersteren handelt es sich um den Seelenzustand und im nächsten um den Dienst. Nach Seiner Verwerfung und nach vollbrachter Erlösung ging der Herr Jesus außer Landes. Bei diesem Weggang hinterließ Er Seine Habe den Knechten. Es sind dies Menschen, welche den Herrn Jesus als ihren HErrn anerkennen, „bekennende Christen“. Der HErr rechnet damit, daß Seine Knechte die Talente, d. h. die Gaben, die der Gnade und der Erkenntnis, welche von Ihm geschenkt sind, in Treue verwalten. Es handelt sich nun darum, ob wir uns leichtfertig über den HErrn und Sein Wort hinwegsetzen und menschliches Handeln an dessen Stelle setzen, oder ob wir als Wartende handeln, bis Er kommt. Es ist hier also die persönliche Treue im Dienst gemeint, und es tritt dann in Erscheinung für den einzelnen, was der HErr in Luk. 12,47 sagt. Die harte Strafe ergibt sich daraus, weil wir für jede neue Erkenntnis und für jede neu anvertraute Gabe, was mit „Talenten“ gleichbedeutend ist, verAntwortlich sind, und weil ein Nicht-Wuchern gleichbedeutend mit Untreue, ja mit Unglauben ist. Wir sehen, daß der ungetreue Knecht gar nicht an die Güte und Liebe seines HErrn glaubt, deshalb kann für ihn, was Joh. 3,36 in der ersten Hälfte gesagt wird, nicht gelten. Sein Handeln ist ein Verharren im Unglauben und eine Verunehrung seines HErrn, und ihm geschieht demgemäß. So sehen wir, wie Gaben Aufgaben in sich schließen und wie uns Erkenntnis verAntwortlich macht.

Natürlich ist nicht alles, was unter der Flagge Reichsgottesarbeit segelt, unter das Werk des HErrn zu rechnen, vielmehr gibt es auch hier eine scharfe Scheidung und ein Ausgehen aus dem sogenannten religiösen System. Hier ist das Wuchern gleichbedeutend mit dem Aufrechterhalten des Zeugnisses, das uns von dem HErrn überliefert ist, und dieses Zeugnis wurde von den ersten Christen Apgesch. 2,42 zum Ausdruck gebracht. Dort haben wir die Grundpfeiler der Wahrheit. - Wir sehen also: der unnütze Knecht hatte Erkenntnis, handelte aber in Untreue und bekam Strafe für seine Untreue. Möge für uns alle einst gelten, was der HErr Matth. 25,23 sagt! Darum laßt uns treu sein, bis Er kommt!

kommt!

Ph. W.

Antwort B

Der HErr spricht vom Reiche der Himmel und hat eben vorher an den zehn Jungfrauen gezeigt, daß es im Reiche der Himmel auch solche geben werde, die nicht den Geist Gottes - und somit auch nicht Leben aus Gott -, sondern nur das äußere Bekenntnis haben. Nun zeigt Er in dem Gleichnis von den Knechten, daß alle, die das Bekenntnis haben (auch wenn dieses nur ein äußerliches ist), infolge desselben in ein Verhältnis der VerAntwortlichkeit Ihm gegenüber getreten sind: sie sollen Ihm dienen, für Ihn wirken, und haben darüber einst Rechenschaft zu geben. In dem Gleichnis haben wir Knechte, die für ihren HErrn tätig sind, und zwar zwei, um die Verschiedenheit in dem Anvertrauten und den Fähigkeiten zu zeigen, und einen Knecht, der nichts für seinen HErrn tut. Die, welche tätig waren, bewiesen durch ihre Tätigkeit, daß sie ihren HErrn kannten: sie wußten, daß dies Seinem Willen entsprach, und wußten auch, daß Er ein gütiger HErr war, der die Treue schätzte und belohnte. Sie stellen die Gläubigen dar. Anders ist es mit dem unnützen Knechte. Er kannte seinen HErrn nicht, wie die V. 24 und 25 deutlich zeigen - er wußte weder Seinen Willen, noch kannte er Seine Güte - und war nicht tätig für Ihn, obgleich auch Ihm etwas anvertraut war. Das ist der bloße Bekenner, der den HErrn nicht kennt, also nicht „an den Sohn glaubt“ und daher auch nicht „ewiges Leben hat“ (Joh. 3,36). Daraus erklärt sich auch die Strafe in V. 30.

Das Verbergen des Talentes in der Erde ist das Beiseitestellen des Wirkens für den HErrn um des Irdischen willen. Das „Wuchern“ (Handeln mit den Talenten) ist das Wirken für den HErrn mit den Gaben und Fähigkeiten, die Er einem jeden anvertraut hat.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Der Satz des Fragenden „da doch auch für ihn Joh. 3,36 gilt“ läßt darauf schließen, daß derselbe gemeint habe, weil von „Knechten“ die Rede ist, so seien nur Gläubige, wahrhaft Bekehrte gemeint, etwa weil z. B. Paulus oft von sich als Knecht rede. Aber es kommt stets auf den Zusammenhang an, in dem solch Wort gebraucht ist. Das Wort „Knecht“ besagt im Grunde nichts weiter, als daß der, der diese Bezeichnung trägt, sich in einem Abhängigkeits- und VerAntwortlichkeitsverhältnis befindet, und der jeweilige Zusammenhang zeigt, ob Gläubige oder Ungläubige gemeint sind. In diesem Gleichnis Matth. 25 sowie in dem verwandten Gleichnis in Luk. 19 sind zweierlei Klassen von Knechten beschrieben: treue und untreue. Die treuen kennzeichnen sich durch ihr Verhalten ohne weiteres als Gläubige, der untreue wird bei der Arbeitsberichterstattung der Knechte und der Abrechnung offenbar als ein leerer Bekenner ohne Leben und ohne Kraft. Sein Wort: „ich kannte dich, Herr, daß du ein harter Mann bist,“ zeigt zur Genüge, wes Geistes Kind er ist! Kann ein wahrhaft Bekehrter von seinem HErrn als von einem harten Mann sprechen?! Aber er wird offenbar! Wohl ist ihm etwas anvertraut, wie den heutigen Namenschristen allen, aber diese Menschen gehen nicht damit um, als wären sie dafür verAntwortlich, sondern verschleudern das Anvertraute oder mißachten es und stützen sich dabei auf ihr menschliches Wissen über Gott. Schrecklich wird einst das Gericht über die selbstgefällige, Gott und Sein Wort verachtende Christenheit sein, der so viel anvertraut ist, z. B. in

Deutschland schon seit so langer Zeit die Bibel in der Muttersprache. Mußte es erst zu der Heimsuchung eines Krieges kommen, um wenigstens bei etlichen Deutschen die Sehnsucht nach dem Worte Gottes wieder zu erwecken? -Herrlich aber auch wird der Lohn der scheinbar geringfügigsten wirklich für den HErrn getanen Arbeit sein, das schwächste Wuchern mit den anvertrauten Talenten der Erkenntnis und der geistigen und leiblichen Arbeitskräfte. Daß wir nur wirklich arbeiten für Ihn, wir Gläubigen! Im Dienst für Ihn verwerten, was Er uns gab! Treu im Kleinen, hingebend im Großen!

Was alles zum Wuchern gehört? Bruder, Schwester, alles in unserem Leben, was hervorgerufen durch Seinen Geist und Seine Gnade (vergl. Gal. 5,25 und 2. Kor. 9,8) uns befähigt, Ihm und Seinem Werke in uneigennütziger Liebe - ein rechter Knecht arbeitet nicht für sich, sondern für seinen Herrn! - zu dienen um Seiner Ehre willen. Und nicht auf das äußerliche „Wieviel“ kommt es an, sondern auf das innere „Wie“ der Tätigkeit für Ihn. Und das Urteil über unsere Arbeit und die anderer gebührt nicht uns, sondern Ihm an Seinem Tage (1. Kor. 4,1-5).

Längst nicht alle sogen. Reichsgottesarbeit ist Wuchern im Sinne der Schrift! Vieles geschieht leider aus Menschengefälligkeit, nach menschlichen Plänen, in mehr oder weniger bewußtem Widerspruch gegen das Wort der Wahrheit und aus anderen unklaren oder schriftwidrigen Beweggründen heraus. Es ist aber nicht unsere, der Knechte, Sache, andere, deren Erkenntnis hierin mangelhaft ist, richtend zu verurteilen, doch sollte jeder Gläubige „beurteilen“, „prüfen, was der gute, wohlgefällige und volkommene Wille Gottes“ (Röm. 12,2) mit ihm ist, damit er mit den ihm anvertrauen Talenten - und jedem sind solche anvertraut! - so wuchert, daß es zu des HErrn Freude ist! Und Er verleugnet nie Seine Grundsätze, die Grundsätze Seines Wortes (vergl. Offb. 3,8). Andererseits weiß auch nur Er, welches Wuchern rein für Ihn gewesen ist nach der Maßgabe der Erkenntnis des Handelnden, und da „Seine Augen auf die Treue gerichtet sind“ (Jer. 5,3a), so wird Er keinen wirklich für Ihn gewirkten Dienst je vergessen. Gelobt sei Er dafür! „Handelt, bis Ich kommen (Luk. 19,13.)

Persönliche Worte an unsere Freunde!

Wir danken zunächst von ganzem Herzen für die freundlichen, überaus ermutigenden Zuschriften, die wir erhielten, und wünschen den Schreibern eine reiche Belohnung vom HErrn für die uns erwiesene Liebe. Auch mit Antworten für die „Handreichung“ wurden wir so ausgiebig bedacht, daß wir auf mehrere Monate hinaus Stoff haben. Dank und Segenswunsch allen Helfern! Wahrlich, was die Beteiligung an dem Inhalt des Blattes angeht, da merken wir in keiner Weise, daß Krieg ist! Der Eifer im BeAntworten der gestellen Fragen hat keineswegs nachgelassen; möchte aber auch der Eifer im Lesen des Blattes und in dem dadurch hervorgerufenen Forschen in der Schrift niemals erlahmen, sondern vielmehr wachsen! Ist nicht überhaupt dieser Weltkrieg auch ein Mittel in des HErrn Hand, um Seinem Volk das Wort kostbarer zu machen?! Mancher Brief von Brüdern aus dem Felde bezeugt es, wieviel köstlicher ihnen draußen das Wort Gottes wird; der HErr gebe Gnade, daß es auch in der Heimat so sei und noch viel mehr werde! Welch ein Segen wäre das, vor allem, wenn wir Gläubigen in dieser Zeit auch mehr denn je „Täter des Worts“ würden! (Jak. 1,22.)

Mit der nächsten Nummer wird der Jahrgang 1914 abgeschlossen. Wenn der HErr, der uns soweit brachte, Gnade schenkt, so wird mit Heft 12 wieder wie 1913 ein vollständiges Schriftstellenverzeichnis - in diesem Jahre ein weit umfangreicheres als im vorigen - sowie das Inhaltsverzeichnis veröffentlicht werden. Das Heft, das ohnehin stärker sein muß als die übrigen

Hefte, wird dann doch wohl nur noch 1-2 Fragen enthalten können.

Gleichzeitig müssen wir unseren teuren Beziehern mitteilen, daß wir im nächsten Jahre den Bezugspreis der „Handreichung“ auf 2 Mark (ohne Porto) zu erhöhen uns gezwungen sehen. Die Kosten der Herausgabe sind bisher bei weitem nicht durch die eingegangenen Beträge gedeckt worden; dazu hätte die Leserzahl noch mehr als 1/2 mal höher sein müssen, als sie war. Leider sind nun auch infolge des Krieges manche Abbestellungen eingetroffen. Wenn wir uns nicht außerstande sähen, noch ein Jahr mit pekuniärem Verlust zu arbeiten, so würden wir nicht - noch dazu gerade in dieser Zeit - den Bezugspreis erhöhen! Wenn es uns bei höherer Leserzahl ermöglicht werden sollte, so werden wir, unserem eigenen und dem Wunsche mancher Freunde folgend, später den Umfang des Inhalts unseres Blattes noch ein wenig erweitern, wodurch der höhere Bezugspreis weniger fühlbar werden würde, auch für solche, denen er jetzt wesentlich erscheint. Wir fordern somit alle diejenigen, denen das Blatt bisher zum Segen war, auf, vor dem HErrn zu überlegen, ob sie nicht in Zukunft den Betrag von 80 Pfennigen mehr anlegen können und dürfen, um das Werk der „Gegenseitigen Handreichung aus dem Worte Gottes“ weiter erhalten und unterstützen zu helfen, zum eigenen inneren Gewinn und zum Segen anderer! Ja, wir bitten unsere bis heute treuen Leser herzlich, uns ihre Geneigtheit und Mithilfe, wenn es ihnen möglich ist, zu bewahren um des HErrn willen!

Wer das Blatt nicht bis Mitte Dezember abbestellt hat, erhält es, so der HErr will, 1915 weiter zugesandt.

Seien Sie alle in dieser ernsten Zeit in besonderer Weise der Gnade unseres Gottes und Vaters befohlen und von Herzen gegrüßt mit 1. Petri 5,6-11

von dem Herausgeber

Fritz Koch.

Klotzsche, Ende Oktober 1914.

Gruß an den Leser:

Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater: Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in die Zeitalter der Zeitalter! Amen. Offenb. 1,5.6.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 56

Was ist unter der „Tugend“ in 2. Petri 1,5 zu verstehen?

 

Antwort A

Nach Meyers Konversat.-Lexikon ist „Tugend“ diejenige Tüchtigkeit, Ordnung und Harmonie des geistigen Lebens, die auf der zur Gewohnheit gewordenen Betätigung der sittlichen Freiheit und Tatkraft beruht. Der Begriff der Tugend entspricht durchaus dem Begriff des Sittengesetzes und der moralischen Pflicht.

Allein Erfahrung und das Wort Gottes lehren, dass der natürliche Mensch, biblisch ausgedrückt, es nicht fertig bringt, ganz nach dem Gesetze Gottes zu leben (Jak. 2,10). Der natürliche Mensch oder Unwiedergeborene, welcher unter dem Gesetze steht, bemüht sich oft, allerhand Tugenden auszuüben, aber er hat keine Kraft dazu (Röm. 8,3).

Bei dem Wiedergeborenen ist es ganz anders. Nach 2. Petri 1,3 erhält er als geistlicher Mensch die Tüchtigkeit, Tatkraft oder Tugend von dem Herrn Jesu geschenkt. „Durch Seine göttliche Kraft“ hat er „alles, was zum Leben und zur Gottseligkeit dient“. Er steht in der Freiheit des Geistes (Röm. 8,2), sein Sinn ist wie das Gesetz (Jer. 31,33; Hebr. 8,10; 10,16), daher tut er das Gute mit Freuden (Luk. 1,74) und unterläßt das Böse ohne Zwang (Spr. 16,6); er erkennt, daß das Gesetz nicht nur einen äußerlichen, sondern auch einen innerlichen Gehorsam erfordert (Röm. 12,2). Die Tugend ist nur dann eine wahre, wenn sie aus dem Glauben kommt (Gal. 5,6) und die Frucht des Geistes hervorbringt (Gal. 5,22ff.). Der Sinn von 2. Petri 1,5 wird etwa der sein ... „so setzet nun zu dem hinzu allen euren Fleiß und lasset entstehen aus eurer Verbindung mit dem HErrn die christliche Tatkraft“, die auch in Eph. 6,14ff. gefordert wird, wenn der Christ dort mit einem Soldaten verglichen wird.

C. L.

Antwort B

Die Welt bezeichnet Menschen, welche äußerlich einen guten Wandel führen, mit dem Worte „tugendhaft“. Gewöhnlich handelt es sich hier um Menschen, die sich an gewisse Grundsätze gebunden fühlen und die nach denselben handeln und wandeln. Bei dem Gläubigen, der sich nach den Grundsätzen Gottes bilden läßt, ist diese Bezeichnung nicht etwas Äußerliches oder Anerzogenes, sondern etwas von dem Heiligen Geiste Gewirktes. Im 3. Vers des gleichen Abschnittes werden wir als Gläubige aufgefordert, durch die Berufung Gottes, der Herrlichkeit als unserem Ziele entgegenzueilen. Um dieses vorgesteckte Ziel zu erreichen, bedürfen wir der Tugend, oder mit anderen Worten, der geistlichen Energie oder der Tapferkeit. Diese Gabe aber nimmt der Gläubige nicht aus sich selbst, sondern sie wird ihm dargereicht aus der Fülle Gottes. Weil nun dem Gläubigen diese Gabe geschenkt oder durch Christus erworben ist, so soll er diese auch äußerlich darstellen oder ausleben, darum im 5. Vers die nochmalige Aufforderung an die, welche durch die Wirkung der göttlichen Kraft dem Verderben der Welt entflohen sind, diese Tugend darzureichen oder darzustellen. Es ist dies der sittliche Mut, welcher die Schwierigkeiten auf dem Wege durch die Wüste überwindet, das Herz regiert, die Tätigkeit der alten Natur im Zaume hält, etwa ähnlich wie wenn Paulus in Kol. 3 von dem Ausgezogenhaben des alten und dem Angezogenhaben des neuen Menschen redet. Diese Tugend ist eine Gabe vom HErrn und befähigt den Gläubigen, das Gute zu wählen und in Entschlossenheit mit dem HErrn voranzugehen. Wir können dies, wie schon oben gesagt, auch mit „Tapferkeit“ bezeichnen, einer Tapferkeit, welche uns von der Kraft Gottes, die uns

in Christo dargereicht wird, Gebrauch machen läßt und die sich in unserem Wandel widerspiegelt. Es ist eine wiederholte Aufforderung von 1. Petri 2,9, „die Tugenden Dessen zu verkündigen, der uns aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Lichte berufen hat.“ Sie ist aber auch eine Kraftquelle, welche uns Den erkennen läßt, der für uns streitet. In dieser Tugend erkennen wir die Dinge, die uns von Gott geschenkt sind (1. Kor. 2,12), und den Kampfpreis unserer Berufung (Phil. 3,14). So ist die Tugend die Verwirklichung der uns geschenkten göttlichen Kraft im täglichen Leben und Wandel, die Energie und Entschiedenheit, um jeden Preis den Christus im Leben darzustellen.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Ohne das, was die beiden vorstehenden Antworten besagen, irgendwie anfechten zu wollen - im Gegenteil, wir bestätigen sie -, glauben wir, daß sich das Wort, das im griechischen Urtext für das leicht mißverständliche Wort „Tugend“ steht (άρετή), vielleicht noch klarer übertragen läßt mit „Güte“, d. h. Gutsein in Wesen und Tat, in jeder Hinsicht (vgl. die Ausdrucksweise „Güte“ eines Stoffes). Es ist das vollkommene, ganze, heilige, wesenhafte Gutsein, wie es Dem eigen ist, der uns berufen hat, das Gutsein, die Güte, aus der alles das hervorquillt, was in den jeweiligen Lebensbeziehungen mit ihrem Wesen zusammenstimmt. Nur viermal kommt dies Wort im Neuen Testament vor, und immer scheint uns der dem tiefen Wort am meisten entsprechende Sinn der zu sein, der in dem deutschen Wort Güte (= Gutsein) liegt. Die Stellen sind Phil. 4,8; 1. Petri 2,9 und die beiden aus 2. Petri 1 (V. 3 u. 5). Güte (Gutsein) in Wesen und Werk sollte aus unserem Glauben hervorkommen, Vortrefflichkeit in unserem Handeln und Betragen, in allen Beweggründen zu unserem Tun, eine Vollkommenheit in unserem Wesen und Wirken, wie sie allein in unserer Lebensverbindung durch den Geist mit dem einzig Vollkommenen begründet ist (vgl. Matth. 5,48!). Aus dieser wachsen dann die verschiedensten Züge hervor, wie der sittliche Mut, die christliche Tapferkeit, d. h. eine Entschiedenheit, wie sie z. B. Abraham gegenüber Lot besaß, und viele andere „Tugenden“ (Züge des Gutseins) mehr. Aber der Grund dazu ist die Herrlichkeit und die vollkommene Güte (das Gutsein) des HErrn, durch welche uns erst die Möglichkeit geschenkt ist, ein Leben nach V. 5ff. zu führen. - Wie wunderbar ist diese vollkommene wesenhafte Güte des Herrn Jesus auf Golgatha erstrahlt, und dort ist die Quelle für unser eigenes Gutsein, unsere Vortrefflichkeit in Wesen, Wort und Werk!

Anbetungswürdiger Gott und HErr! wie reich hat „Seine göttliche Kraft“ uns gemacht! welche Verheißungen (V. 4) sind uns geschenkt in Ihm! (vgl. 2. Kor. 1,20). Er gebe uns Gnade, wahrhaft, „wie Er ist, zu sein in dieser Welt“ (1. Joh. 4,17), d. h. nach 1. Petri 2,9 Seine „Tugenden“, Seine wesenhafte Güte, Seine Vortrefflichkeiten zu verkündigen! Gelobt sei der HErr! Er hat gesagt - und das gilt überall:

Meine Gnade genügt dir!“ (2. Kor. 12,9.)

Bemerkung

zu Heft 11, Seite 209, Zeile 21/22.

Ein teurer Leser bezweifelt, daß Offb. 2,26.27 herangezogen werden dürfte, um Offb. 12,5 auf Christus zu deuten, da in ersterer Stelle von Überwindern die Rede sei.

Wir haben uns an jener Stelle wohl etwas kurz ausgedrückt, aber durchaus nicht Offb. 2,26.27 direkt auf Christus bezogen. Um aber jenem Leser und anderen zu dienen, geben wir ausnahmsweise dazu noch eine kleine Erläuterung:

Offb, 2,26.27 enthält deutlich eine Zurückweisung auf Ps. 2, wo es dem HErrn von Seinem Vater gegeben wird, die Nationen mit eiserner Rute zu weiden. In Offb. 2,26.27 will Er den Überwindern das geben und sie daran teilnehmen lassen, was Er von Seinem Vater empfangen hat. Jetzt sitzt Er auf Seines Vaters Thron, diesen Sitz kann niemand mit teilen! aber dann, wenn Er auf Seinem eigenen Thron sitzt, dann will Er diesen mit uns teilen (3,21). Offb. 2,26.27 ist kein „Weiden mit eiserner Rute“ ohne Ihn, sondern mit Ihm! Wenn somit erwiesen ist, daß diese Stelle zurückgreift auf Ps. 2 und bestätigt, daß Er es ist, der die Nationen weidet, woran Er die Überwinder aus Gnaden teilnehmen lassen will, so ist es unmöglich, aus dieser Stelle den „männlichen Sohn“ in Offb. 12,5 auf die Gemeinde zu deuten (s. auch Offb. 19,15!)! Es kann nur Christus sein, sonst wäre ja auch Christus als der Weidende ganz beiseite gesetzt! - An jenem Tage wird Er als der „Überwinder“ und Sieger über die ganze Macht des Bösen der Welt offenbar werden, und dann soll auch, „wer überwindet“, mit Ihm offenbar werden und an Seiner Herrschaft teilnehmen. Preis sei Ihm!

Der Herausgeber.

Persönliche Worte an den Leser.

Wir machen zunächst nochmals aufmerksam auf die Bezugsbedingungen für das nächste Jahr, wie sie auf dem Umschlag dieses Heftes verzeichnet sind. Wir bitten, dazu die „Persönl. Worte“ in Nr. 11 zu vergleichen!

Mit dieser Nummer wird der Jahrgang 1914 der „Gegenseitigen Handreichung“ abgeschlossen. Wir haben allen Grund, dem HErrn von ganzem Herzen zu danken dafür, daß Er uns Kraft und Gnade gab, dieses Blatt, dessen Herausgabe nicht leicht ist, ein ganzes Jahr hindurch in die Hände der Leser zu legen. Zumal preisen wir Ihn dafür, daß Er alles darreichte, damit auch in diesen Kriegswirren die „Handreichung“ ungehindert weiter erscheinen konnte. Ja, Seine Gnade hat genügt für uns, wie Er in 2. Kor. 12,9 verheißt!

Aber auch Ihnen, teure Freunde, Lesern wie Mitarbeitern herzlichsten Dank für alle Liebe, für Ihr Vertrauen und Ihre praktische Hilfe, Ermunterung und Mitarbeit, was alles uns unsere, wenn auch schöne, so doch so schwere Aufgabe erleichtert hat! Der HErr vergelte Ihnen alle Ihre Treue! Wir bitten alle, denen die gesegnete Arbeit der „Handreichung“ am Herzen liegt, um weitere Unterstützung aller Art wie Teilnahme an unseren Lasten durch Fürbitte und Mitarbeit im BeAntworten von Fragen und Verbreitung des Blattes, und was der HErr den einzelnen sonst noch wichtig macht!

Wir hoffen, noch vor Ablauf des Dezember den gebundenen Jahrgang 1914 fertigstellen zu können zum Preise von 2,50 Mark portofrei (Einbanddeckel 45 Pfg. portofrei).

Und nun dem HErrn befohlen! Wie gut, daß Er immer Derselbe bleibt und wir Kinder Gottes stets, auch in Kriegszeiten, Seine Schafe sind und bleiben! (Joh. 10,27-29.)

Herzliche Grüße und Segenswünsche mit Offenb. 3,8 und 11

von dem Herausgeber

von dem Herausgeber

Fritz Koch

Klotzsche, Ende November 1914.

 

 

3. Jahrbuch (1915)

Was will die „Gegenseitige Handreichung“?

Auf diese Frage gibt eine deutliche Antwort Das Geleitswort zum Jahrgang 1914, aus dem wir folgendes abdrucken:

„Unser Blatt soll sich von den anderen Blättern dadurch unterscheiden, daß es nur biblische Fragen und Antworten bringt, und zwar in der Weise, daß aus dem Leserkreise selbst sowohl die Fragen wie die Antworten gestellt und gegeben werden, und somit ein reger Austausch der Gedanken unter den Lesern erstrebt wird und erreicht werden kann, und zwar ohne Gewissenszwang!

Wir fragen die Einsender von Fragen und Antworten nicht: woher, aus welcher Benennung oder Gemeinschaft, oder auch aus welchem Lande kommst du? was ist dein Stand und Beruf? u. dgl. m. Vielmehr soll das allein Entscheidende für uns und alle jeweiligen Mitarbeiter das Wort Gottes sein, dem wir uns durchaus unterordnen, und das zu erforschen und unser Leben danach einzurichten unsere Aufgabe ist.

Wir wollen die Wahrheit verkünden, die Wahrheit inLiebe. „Wir vermögen nichts wiber die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ 2. Kor. 13,8.“

Es ist unser herzlicher Wunsch, daß der Jahrgang 1915 auch in Buchform vielen Lesern diene zur Verwirklichung von 2. Petri 3,18.

Klotzsche bei Dresden, Der Herausgeber

im Dezember 1915. Fritz Koch.

Geleitswort an den Leser:

Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei welchem keine Veränderung ist, noch ein Schatten von Wechsel. Nach Seinem eigenen Willen hat Er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt, auf daß wir eine gewisse Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe seien.“ Jak. 1,17.18.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen. so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1

Sind nach Röm. 12,2 zwischen dem „guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes“ Unterschiede zu sehen, und wie ist die Stelle auszuleben?

Antwort A

Gottes Wille über das Leben eines jeden Seiner geliebten Kinder ist sowohl gut als wohlgefällig und vollkommen. Einen Unterschied zwischen einem guten, einem wohlgefälligen und als drittem: einem vollkommenen Willen Gottes gibt es nicht. Man kann auch keine Stufenleiter daraus machen. - Nach Eph. 2,10 sind die guten Werke zuvorbereitet, in denen wir wandeln sollen. Lerne, daß Gott über dein persönliches Leben einen Liebesplan hat, der weit kostbarer und herrlicher ist, als deine Gedanken es heute ersinnen. (Lies Jes. 55,8.9!) Jedes Kind Gottes muß nun von dem HErrn Weisheit erflehen und unter Gebet prüfen, was für ihn persönlich der Wille Gottes ist. Dieser Wille Gottes bezieht sich auf die ganze Person, auf alle 24 Stunden des Tages, auf alles Tun und Lassen, nicht nur im Werke des HErrn, sondern auch in Beruf, Familie, Erholung, Essen und Trinken usw.

Dieser Wille Gottes ist gut in der vollsten Bedeutung des Wortes. Gut für uns; jedes andere Tun bringt uns Schaden und ist ohne Frucht für die Ewigkeit (Joh. 15,5b). Wandeln wir so in den Werken, die der HErr zuvorbereitet hat, so ruht Gottes Wohlgefallen auf uns. Der Herr Jesus Selbst sagte: „Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust“ (Ps. 40,8), und am Ende Seiner Laufbahn: „Ich habe das Werk vollendet, das Du Mir gegeben hast, daß Ich es tun sollte“ (Joh. 17,4). Über Ihn geschah auch die Stimme vom Himmel: „Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe“ (Luk. 3,22; Matth. 3,17; vergl. Joh. 8,29). Nur mit dem Zeugnis Gottes im Herzen, daß Ihm unser Wandel wohlgefällt, gibt es für ein Kind Gottes wahren, ununterbrochenen Frieden Gottes.

Der Wille Gottes über unser Leben ist vollkommen. Vollkommen, weil Er Derjenige ist, der den Plan erdacht hat über das Leben der Seinen (Röm. 11,33-36). Voll kommen in dem Ziel, vollkommen in der Ausführung, vollkommen in der Verwendung jedes Seiner Werkzeuge und der Erziehung jedes Seiner Kinder.

Möchten alle Leser sich selbst so als Leibeigene (Sklaven) in den Dienst des HErrn stellen; Frieden wie ein Strom würde das ununterbrochene Teil eines jeden sein und Ströme des Lebens für die uns umgebende Welt!

O. v. Br.

Antwort B

Der Apostel Paulus ermahnt die Gläubigen: „Paßt euch nicht dieser Zeit an, sondern laßt euch umgestalten, indem euer Sinn erneuert wird, auf daß ihr prüfen könnt, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes sei.“ Im unbekehrten Zustande war es ihnen nicht möglich, den Willen Gottes zu erkennen, da ihr ganzes Wesen verderbt war durch die Sünde (Röm. 1,21). Nun ist es anders geworden; als Heilige, für Gott Abgesonderte, haben sie dem Wesen der Welt den Abschied gegeben; sie gehören Christo an (Gal. 5,24) und sind geistlich gesinnt (Röm. 8,6). Durch beständige

gegeben; sie gehören Christo an (Gal. 5,24) und sind geistlich gesinnt (Röm. 8,6). Durch beständige Erneuerung ihres Gemüts (Eph. 4,23) behaupten sie ihre Stellung im Tode Christi, d. h. sie erweisen sich als mit Christo Gekreuzigte. In dieser neuen Verfassung ist das Fleisch (das Geneigtsein zur Sünde) im Tode gehalten und dem Heiligen Geiste Raum gemacht, so daß die Vernunft gefangen ist unter den Gehorsam Christi, den Willen Gottes zu tun (2. Kor. 10,5; siehe auch Band ll, Frage 35).

Der Wille Gottes wird nun erkannt im Worte, und zwar im allgemeinen, welches der gute Wille Gottes sei, d. h. was gut und recht ist. Ferner in jedem besonderen Falle wird der Geist sie in alle Wahrheit leiten (Joh.

16,13), daß sie tun, was vor Gott wohlgefällig, d. h. angenehm ist.

Wenn die Ausdrücke „gut“ und „wohlgefällig“ sich wohl auf die Arbeit an uns und mit anderen Menschen hier auf Erden beziehen, so wird das Wort „vollkommen“ auf das Ziel unserer Bestimmung hinweisen: „... Bis daß wir alle gelangen zur Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes, und zum vollkommenen Mann (werden) nach dem Maße der vollen Größe Christi“ (Eph. 4,13 Min.-Bib.; vergl. Phil. 3,12ff.).

Die Erkenntnis des Willens Gottes wird auf Erden für uns stets Stückwerk bleiben (1. Kor. 13,12); wir können göttliche Dinge nie dem innersten Wesen nach ganz erfassen, und nur durch treues Festhalten von bereits erkannten Dingen kann unsere Erkenntnis wachsen.

C. L.

 

 

Antwort C

Da der Wille Gottes in dieser Stelle als „gut, wohlgefällig und vollkommen“ bezeichnet wird und nicht „gut oder wohlgefällig oder vollkommen“, dürfen wir sicher sein, daß sich diese drei Eigenschaften in jedem Stückchen desselben immer vereinigt befinden. Leider sehen wir meistens nur eine davon! Ach ja, gar oft überhaupt keine, weil wir die Empfehlung desselben Verses außer acht gelassen haben.

Einen Fremdling erkennt man sogleich an seiner Sprache, an seinem Betragen, an seinen Meinungen usw. Hat er sein Vaterland lieb, so wird er diese Kennzeichen nicht verleugnen und abschaffen, um sie durch andere zu ersetzen, sondern vielmehr in enger Fühlung mit demselben bleiben, z. B. durch Zeitungen. Er bleibt, ja, wird dadurch immer mehr fähig, die sein Vaterland betreffenden Angelegenheiten oder von ihm kommenden Nachrichten zu beurteilen und zu genießen.

Also verhält es sich auch mit dem aus Gott Geborenen, dem Kinde Gottes. Er ist wohl in der Welt, aber nicht von der Welt (Joh. 17,11.14; 15,19), sondern Bürger des Himmels (Phil. 3,20), Mitbürger der Heiligen, Hausgenosse Gottes (Eph. 2,19), einer heiligen Nation, einem Eigentumsvolke angehörig (1.Petri 2,9; Tit. 2,14). Sollte er auf irgend einem Punkt die Lebensweise, die Grundsätze, die Meinungen dieser Welt annehmen, die den Sohn und den Vater gesehen und gehaßt hat (Joh. 15,18.23.24; 17,25)? O nein! Die Liebe des Vaters (1. Joh. 2,15.16) wird ihm eine heilige Absonderung gebieten von allem, was die Welt kennzeichnet. Er wird das Wort Gottes, den Brief aus dem Vaterhause, die Nachrichten aus dem Vaterland begehren. Durch eine solche Haltung ermöglicht er dem in ihm wohnenden Heiligen Geist, unbetrübt Seine erneuernde und erleuchtende Wirkung auszuüben (1. Kor. 6,19; Eph. 4,30; 1,18.19.9). Dadurch wächst er vom kindischen Zustand zum

auszuüben (1. Kor. 6,19; Eph. 4,30; 1,18.19.9). Dadurch wächst er vom kindischen Zustand zum „erwachsenen Manne“, zum Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus (1. Kor. 13,11.12; Eph. 4,13). Diese beständige Erneuerung des inneren Menschen nach dem Bilde Dessen, der ihn erschaffen hat (Kol. 3,10; 2. Kor. 3,18; 4,16), befähigt zur Erkenntnis der Geheimnisse Gottes (Sein Wille ist darin eingeschlossen), in welchen alle Schätze der Weisheit sind (Kol. 2,2.3), und übt die Sinne „zur Unterscheidung des Guten sowohl als des Bösen“ (Hebr. 5,13.14) für das praktische, äußere Leben, „zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade“ (Eph. 1,6). Die Meinungen und Reden des „Menschen Gottes“ tragen das Merkmal des Geistes, ja sogar sein Essen und Trinken, sein Stehen und Sitzen, sein ganzes Betragen sind geheiligt, denn er lebt nicht sich selbst, sondern dem HErrn (Röm. 14,6.8; 1. Petri 4,11).

O Geliebte, die wir um hohen Preis ganz und gar, Leib, Seele und Geist erkauft wurden (1. Kor. 6,20; 1. Petri 1,18.19), wie viele Tränen werden zu Freudentränen, wie viele Leiden zu Genüssen und wie viele Seelen würden für Christum gewonnen werden, wenn wir entschieden beginnen würden mit dem „seid nicht gleichförmig dieser Welt“, so daß wir in Wahrheit ein Brief Christi sein und uns als wahre Gesandte für Ihn erweisen könnten! (2. Kor. 3,3; 5,20.)

N. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Diese drei kostbaren Antworten, von denen die erste uns aus einem Schützengraben zugegangen ist, ergänzen einander. Möchten dieselben gerade beim Beginn des neuen Jahres unser Herz bewegen und uns fähiger machen, des HErrn Weg zu gehen!

„Seid nicht gleichförmig dieser Welt!“ Ihr „gleichförmig sein“, also der Form nach ihr gleichen, heißt, sich nicht kümmern um das, was wirklich gut, wohlgefällig, vollkommen ist in Gottes Augen. Die Welt im Durchschnitt ist zufrieden mit einem der Form nach einigermaßen moralischen äußeren Eindruck, der kein durch und durch gutes Wesen als Grundlage hat; sie begnügt sich mit einem wohlgefälligen, d. i. angenehmen äußeren Anblick; und der wahrhaften ganzen Vollkommenheit bedarf sie in keinem Stück, alles ist auf äußere Form und Oberflächlichkeit, auf Schein und Heuchelei angelegt, so im Geschäftsleben, in der Gesellschaft, in der Diplomatie usw., auch in der Religiosität. Aber der wahre Christ kann damit nicht zufrieden sein, weil Gott Sich damit nicht begnügt! „Der Welt nicht gleichförmig sein“ heißt: statt Scheinwesen echte Wirklichkeit darzustellen. Gott wünscht Wahrheit und Echtheit bei uns zu sehen.

Wo haben wir nun Seinen guten, wohlgefälligen, vollkommenen Willen? Er ist uns geoffenbart im „Wort der Wahrheit“. Prüfen wir also an Seinem Wort, was Sein Wille in jedem Fall ist, was das Vorzüglichere ist (Phil. 1,10) usw. Im Wort ist uns Christus, die Wahrheit, geoffenbart, und Er ist für unser Leben der Maßstab der Wahrheit. Wenn wir das Wort des Lebens (Christus) darstellen, das ist Wirklichckeit! (Phil. 2,16.) Wie Christus Selbst von Sich aussagte, was Er sei: Joh. 8,25 (wo wir die Übereinstimmung von Christus und dem geredeten und geschriebenen Wort sehen!) - „durchaus das, was Ich rede“ - möchte so auch unser, der Gläubigen, durch Erneuerung unseres Sinnes umgestaltete Wandel und unser Wort zusammenstimmen, damit wir in dieser armen Welt, die nichts weiß von den Erbarmungen Gottes (V. 1), kundtun, wer und was Er ist, der uns geliebt hat! Dazu gehört aber eben das Prüfen an der Hand der Schrift, was gemäß Seiner Offenbarung gut,

wohlgefällig, vollkommen in Seinen Augen ist. Und so werden wir auch gleich in den Kapiteln 12-16 darüber belehrt, was in unseren verschiedenen Beziehungen zueinander wie zur Welt, zur Obrigkeit, zur Gemeinde Christi usw. der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.

Frage 2

War der Weg des Elias nach dem Berge Horeb ein eigener Weg oder Gottes Wille, da Gott ihn doch stärkte? (1. Könige 19,1-18, besonders V. 7 und 15ff!)

Antwort A

Die Schrift gibt uns wohl kaum Grund, zu sagen, daß sein Weg nach dem Horeb ein eigener Weg war. Etwas anderes ist aber sein Aufenthalt dort „in der Höhle“. Der „Ginsterstrauch“ und die „Höhle“ waren nicht der rechte Platz für Elia. Hier wird ihm das Wort Jehovas: „Was tust du hier? Gehe heraus, stelle dich auf den Berg vor Jehova“ (V. 9 und 11). Vor Jehova war sein Stand bisher (s. 1. Kön. 17,1), dorthin sollte er zurückkehren.

In dieser dunklen Stunde war seine Seele mit Menschen, aber nicht mit Gott beschäftigt, und so kam Mutlosigkeit und Unglaube über ihn. Stehen wir vor Gott, ist Sein Wort unsere Grundlage, so werden uns die Dinge, die Menschen tun, nicht entmutigen. Dieser Tag der Geschichte Elias zeigt uns, wie manches andere Beispiel der Schrift (s. Richter 8,27), daß gerade die Zeit nach großen Siegen eine höchst gefährliche ist, weil dann der Feind oft eine abgelegte Waffenrüstung findet.

Köstlich und ermutigend ist es, in dieser Stunde die Treue und die Sorge Gottes um Seinen Knecht zu sehen. Nicht Raben - nicht eine Witwe - Engel haben ihm jetzt die Speise zu bringen, die er bedarf.

Aber so ermutigend die Sorge und Treue Gottes auf der einen Seite ist, so erschütternd warnend ist auf der anderen Seite der Ernst Gottes in dem Worte: „salbe an deiner Statt“. Über diesen Teil der Geschichte Elias gibt uns der Heilige Geist in Röm. 11,2 die Erläuterung, daß „er vor Gott auftritt wider Israel“. Was liegt in diesem Wörtchen „wider“! Was muß in Elias Seele vorgegangen sein, daß er vor Gott wider dessen Volk auftreten konnte! Gott hatte den Regen gegeben und damit gezeigt, daß Er den Tag der Züchtigung beendet und jetzt in Gnade mit Seinem Volke handeln will. Kann der Mann, der in Anklage wider Sein Volk auftritt, zugleich den Dienst der Gnade verwalten? „Gehe ..., salbe an deiner Statt“: Ein anderer wird an deine Stelle treten! Hier wird uns eine ernste Mahnung und Warnung gegeben. Christus steht vor Gott für Sein Volk - aber Satan wider Sein Volk. Er ist der Wider sacher, der Ankläger unserer Brüder (Off. 12,10). Wahrlich, wir bedürfen der ganzen Waffenrüstung, um seiner List zu widerstehen, die unsere Herzen mit Bitterkeit gegen Brüder zu erfüllen und uns zu Anklägern der Brüder zu machen strebt. Auch wir sind dann fertig mit dem Dienst. Solche kann Gott nicht gebrauchen für den Dienst der Gnade. Ein anderer tritt „an deine Statt“. Sehr bezeichnend ist es, wie Elia in seinem Auftreten wider Sein Volk den Namen Jehovas von Israel scheidet. Vorher verbindet er den Namen Jehovas mit Israel: „Jehova ... der Gott Israels“ (1. Kön. 17,1; 18,36). Jetzt aber sagt er: „Jehova, der Gott der Heerscharen.“

Elia muß das, was „unten“ ist, verlassen und hinauf „auf den Berg“ steigen, in die Gegenwart Gottes. Er sollte Ihn in Seinen Gedanken und Seinen Wegen sehen.

Gott hat gehört, was Elia wider Sein Volk geredet hat. Was Antwortet Er darauf? „Gehe heraus und

stelle dich auf den Berg vor Jehova.“ Dort soll er die Antwort und auch Unterweisung empfangen. Und wie geschieht sie? In einem Vorübergang offenbart Er Sich Elia in dem Charakter, in dem Er jetzt gekannt und in dem Er von Seinem Knechte dargestellt werden will. Die Weise, wie Er vorüberging, zeigt Elia, wie er zu handeln hatte. Aus der Erkenntnis Gottes lernen wir, welches Verhalten für den „Menschen Gottes“ passend ist. - Ein Sturmwind fährt daher, er „zerreißt“ und „zerschmettert“ - (ja, so entsprach es in dieser Stunde dem Herzen Elias); dann Erdbeben und Feuer - aber Gott war nicht darin. Gott zeigt, daß Er Sich jetzt nicht so offenbaren will. Dann folgt ein leises, zartes Säuseln. In der lieblichen Stimme der Gnade (wie schon im Regen) offenbart Sich Gott. Und Elia erkennt Ihn.

Nachdem Gott Sich so auf die Anklage dem Elia geoffenbart hat, wird Elia nochmal die gleiche Frage vorgelegt, und nochmal tritt Elia wider Sein Volk auf. Diesmal ist die Antwort keine zweite Offenbarung, sondern: „Gehe, kehre zurück ...“ Ein anderer an deiner Statt! Sein Dienst geht dem Ende zu. Nicht als ob Gott Seinen Knecht verwarf. Er hat noch Großes mit ihm vor. Zu-nächst aber hat Er jetzt Seinem Diener zu zeigen, daß er irrt: Nicht du allein - noch 7000 sind da! Auch Hiob mußte dahin geführt werden, zu bekennen: „Ich habe beurteilt, was ich nicht verstand“ (Hiob 42,3). Über das, was weiter in der Seele Elias mit seinem Gott vorging, zieht die Schrift ebenso den Schleier wie über die erste Begegnung Petri mit dem Auferstandenen. Wie völlig die Gnade den verzagten und irrenden Knecht wieder zurechtzubringen vermag, zeigt die weitere Geschichte, wo Gott Sich in einer solchen Größe an Seinem Diener verherrlichen kann, daß Er ihn in feurigem Wagen gen Himmel nimmt.

So müssen wir auch hier wieder sehen, daß nur einer Meister, nur einer vollkommen ist: der Mensch Christum Jesus. Er konnte sagen: „Ich habe das Werk vollendet, das Du Mir gegeben hast.“ Bei Elia hieß es: „Salbe Elisa an deiner Statt“; bei Mose: „Nimm Josua, den Sohn Nuns.“ Denken wir weiter an David-Salomo, an Esra-Nehemia u. a. m.! - Mit Demut und Freude blicken wir auf die alten Glaubensmänner, „deren die Welt nicht wert war“ (Hebr. 11,38), aber wenn unser Auge Ihn sieht: Wie groß ist Er! (Hebr. 7,4.) v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen klaren Ausführungen nur noch wenige Worte! Jak. 5,17 sagt uns, „daß Elia ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen war wie wir“! - was wir also bei ihm sehen: Mutlosigkeit nach Zeiten etwa schwerer Enttäuschungen (wie in Kap. 18) - wir sehen's auch bei uns so leicht. Das Fleisch zeigte sich bei ihm, indem er - der Prophet - für sein Leben fürchtete! Und dennoch ist es geziemend für uns, vorsichtig zu sein in dem Urteil auch über einen fehlenden alttestamentlichen Glaubensmann!

Als Jehova auf den Plan tritt, wird aus dem bis dahin eigenen Weg und dem durch Fleischesrücksicht bestimmten Verhalten Elias ein von Jehova geführter Weg nach dem Horeb. (Wie sehr erinnert die hier angeführte Zahl 40 an den Zug Israels durch die Wüste und an die Versuchungsgeschichte des Herrn Jesu!) Jehova hatte ihm etwas zu sagen, darum stärkt Er ihn zu der Reise.

Wenn wir für uns aus dem Wege Elias in die Wüste und dem Verhalten Gottes gegen ihn lernen wollen, so ist es u. a. das, daß der HErr bisweilen unsere Wege der Schwäche und des Fehlens benutzt, um uns in der Stille die Wege Seines Wohlgefallens größer zu machen. Wenn Er uns in

Zeiten, da wir am Boden liegen wie Elia, allein lassen, nicht „stärken“ würde - wo blieben wir dann?! „Er gibt größere Gnade“ (Jak. 4,6); Er hat „Mitleiden mit unserer Schwachheit“ (Hebr. 4,16)! Aber Er nimmt es auch genau mit unserem Dienst (Kol. 4,17), das lernen wir ebenfalls aus der Geschichte des Elia.

Frage 3

War Simon ein Kind Gottes oder nicht? (Apgesch.8,9-13.21-24.)

Antwort A

Wir ersehen zunächst aus dem oben angeführten Abschnitt der Schrift, daß Simon Zauberei trieb. Dazu vgl. 5. Mose 18,10-12! Die Wirkung der Predigt des Philippus bei dem Volke war, daß sie glaubten und getauft wurden. Simon dagegen bekennt sich nur äußerlich zu Christus, um einen Vorteil für sich zu haben; auf ihn passt das Wort 1. Tim. 6,5 und 2. Tim. 3,8.9. Simon ging in seiner Verblendung so weit, daß er glaubte, durch Geld die Gabe des Heiligen Geistes erkaufen zu können. (Ich möchte darauf hinweisen, daß auch im Mittelalter geistliche Ämter für Geld verkauft wurden; deshalb wird, wenn jemand geistliche Gaben für Geld anbietet, dieses seit jener Zeit „Simonie“ genannt.) Es war dies eine Gefahr für die Gemeinde des HErrn, aber der Heilige Geist wachte und machte den Simon mit seinem trügerischen Herzen offenbar als ein Werkzeug des Satans. Petrus darf ihn im Ernst ermahnen und muß ihm sagen, daß sein Herz nicht aufrichtig vor Gott sei und daß er Buße tun solle wegen der Bosheit seines Herzens und ihm etwa der Anschlag seines Herzens vergeben werde. Wir sehen hieraus, wie eine unlautere Gesinnung einen Menschen betrügen und in das Verderben bringen kann (2. Kor. 4,3.4), und dürfen daraus schließen, daß Simon kein Kind Gottes gewesen ist, sondern sein durch Geldliebe verhärtetes Herz glaubte sich die Gaben Gottes erkaufen zu können, um vielleicht damit noch weiteren Mammon zu gewinnen. Ob er später wirklich Raum zur Buße fand und ein Kind Gottes wurde, können wir nicht sagen. Wir müssen es der Treue Gottes, welcher will, daß alle Menschen errettet werden (1. Tim. 2,4), überlassen, ob vielleicht der Geist Gottes später noch an diesem Manne gearbeitet hat, um ihn von der Sünde zu überführen (Joh. 16,8).

Ph. W.

 

 

Antwort B

Petrus sagt: „Du hast weder Teil noch Los an dieser Sache“ (V. 21). Dies beAntwortet die Frage. Durch die Verkündigung des Evangeliums wurden Seelen gerettet. Der Heilige Geist wirkte. Gläubige wurden durch den Heiligen Geist gesalbt und versiegelt, aber Simon hatte weder Teil noch Los an der Sache. „Wer Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein“ (Röm. 8,9). Man kann glauben - getauft sein - sich zu den Gläubigen halten - vom Geiste reden und doch weder Teil noch Los an der Sache haben!

Aber auch Simon glaubte. Was war das für ein Glaube? Es war die Überzeugung von der Wahrheit der Dinge, aber Gewissen und Herz wurden nicht erreicht. „Dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott“ (V. 21). Von der Höhe seiner eigenen Größe brachte ihn dieser Glaube nicht herunter. - Der Mann, der einst das Volk „außer sich“ (in Staunen) brachte, wurde jetzt selbst durch die großen Wunder „außer sich“ gebracht (V. 13). Es ging ihm wie den Zauberern in Ägypten: er mußte die Macht Gottes

anerkennen! Auf einen Glauben, der durch das Sehen von Zeichen und Wundern bewirkt wird, legt der HErr keinen Wert (Joh. 2,23-25). Wahrer Glaube kommt aus der Predigt (Röm. 10,17), aber nicht aus Worten menschlicher Weisheit und der verstandsmäßigen Überführung. Solche Simons von heute mögen alles glauben, was über Christus gepredigt wird, aber etwas ganz anderes ist es, „an Ihn“ zu glauben. Man mag alles glauben, was in der Bibel steht, aber das ist noch kein Glaube „an den Herrn Jesus“ (Apgesch. 16,31). Wahrer Glaube ist mit Sorge um die Seele - mit Sündenschuld und Sündennot verbunden. Er bewirkt ein Aufdecken des Lebens vor Gott, Buße und einen gebrochenen Willen. Solches sind die Wirkungen des Heiligen Geistes in der Seele, daran hatte Simon weder Teil noch Los. Warum nicht? Sein Herz war nicht aufrichtig vor Gott. Aufrichtigkeit führt zum Bekenntnis von innen heraus, daß man gänzlich verdorben und unrein sei (Mark. 7,21).

Der letzte Mahnruf zur Buße (V. 22) findet keinen Widerhall in Simons Herzen. Gleichwie die Teufel glauben und zittern, so zittert auch er vor dem, was über ihn kommt (V. 24). Aber von einer Betrübnis gottgemäß zur Buße (2. Kor. 7,9) finden wir nichts. Kein Bekenntnis kommt über seine Lippen. Nur ein: „Bittet ihr für mich den HErrn“ mit dem Wunsche, dem Gericht zu entgehen, das ist alles, und damit schließt der Heilige Geist die Geschichte eines Mannes, der weder Teil noch Los an der Sache hatte.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Kirchengeschichte berichtet von dem späteren Leben Simons nur Trauriges. Und die Schrift spricht nicht davon, ob Simon später noch zur Bekehrung gekommen ist, ja, nicht einmal davon, ob Petrus und Johannes seiner Bitte gemäß für ihn gebetet haben! So kann es auch heute vorkommen, daß unaufrichtige Simonsseelen um Fürbitte bitten und ihnen das Versprechen, für sie zu beten, nicht gegeben werden kann! Das Schweigen der Schrift hinsichtlich des ferneren Lebens dieses Mannes ist eine ernste Mahnung für solche, die sich begnügen mit einem durch äußere Eindrücke hervorgerufenen äußeren Bekenntnis ohne wahres Leben aus Gott, während der Grund dieses traurigen Zustandes Unaufrichtigkeit des Herzens ist! Simons Charakter zeigt deutlich, daß er nicht aus der Wahrheit war (Joh. 18,37) und die Liebe zur Wahrheit nicht annehmen wollte (2. Thess. 2,10). Nichts macht einen Menschen zum wahren Christen, als der echte Herzensglaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und Sünderheiland, wie die Schrift uns vielfältig bezeugt. Nichts anderes! Auch nicht der Vollzug der Wassertaufe, die in der Schrift mit dem Glauben verbunden ist (s. z. B. Mark. 16,16). Hierbei ist Irrtum möglich; es kann irrtümlicherweise einer getauft werden, dem's noch nicht in Wahrheit zukam; auch jene „Zerstreuten“ (V. 4), zu denen Philippus gehörte (vgl. V. 1 mit 4 u. 5), konnten sich irren, und auch wir können es. Gott aber irrt Sich nicht! „Der HErr kennt, die Sein sind“ (2. Tim. 2,19). Darum kann man aus dieser Geschichte nicht folgern, daß das Wort des HErrn: „Meine Schafe ... gehen nicht verloren ewiglich“ (Joh. 10,27-29; vgl. Band ll, Fr. 33), hinfällig werden könnte angesichts der anscheinenden Tatsache, daß Simon verloren gegangen sei. Simon war eben, wie obige Antworten an der Hand der Schrift genugsam beweisen (siehe noch V. 23!). kein Kind Gottes, kein Schaf Jesu Christi, ist es auch in keinem Augenblick seines Lebens gewesen, sondern er täuschte nur, durch Satan betrogen, eine Zeitlang sich und andere.

 

Frage 4

Ich bitte um einige Gesichtspunkte über den PhiIipperbrief!

Antwort A

Zunächst möchte ich vorausschicken, daß es immer gut ist, wenn man Briefe und einzelne Bücher im Zusammenhang liest; oft kommt es auch vor, daß durch Einteilungen und Auseinanderreißen mehr verdorben als gutgemacht wird; aus diesen Gründen ist es nicht leicht, in gedrängter Kürze über einen solchen inhaltsreichen Brief eine Übersicht zu geben. - Wir finden im Philipperbrief die Erfahrungen des christlichen Lebens oder auch das himmlische Leben des Christen in dieser Welt. Seinem Inhalt nach ist er einer der Briefe, welche uns am meisten in die Praxis hineinführen, denn er zeigt uns die Hilfsquellen, welche wir für uns auf der Reise durch diese Wüste gebrauchen, und die Beweggründe, die uns im täglichen Leben leiten sollen.

Paulus schreibt ihn aus dem Gefängnis an eine Gemeinde, welche ihm lieb und teuer ist. Seine äußeren Umstände waren Not und Mangel, aber all diese Dinge vermochten die Liebe des Paulus und die Sorge um die Gemeinde nicht zu beeinträchtigen. Das gleiche Verhältnis war bei den Gläubigen zu Philippi, und sie suchten ihre Liebe zu Paulus in der Sendung einer Gabe durch Epaphroditus an ihn zum Ausdruck zu bringen; so strömten beiderseitig die gleichen Gefühle der Liebe einander entgegen.

Zunächst sehen wir Paulus im 1. Kapitel, wie er trotz Gefängnis und Banden voll Danksagung ist, wie er in Fürbitte für die Gemeinde eintritt und sie gleichzeitig darauf hinweist, den Kampf des Glaubens zu führen. Im 2. Kapitel fährt Paulus dann fort, zur Einheit und Demut zu ermahnen und in der Gesinnung Jesu Christi zu wandeln; er zeigt ihnen in dieser Gesinnung die Schönheit des christlichen Lebens und gleichzeitig die Versicherung seiner Liebe. Im 3. Kapitel führt er dann die Gläubigen auf den Pfad der Glaubensenergie mit der Grundlage, festzuhalten an der Gerechtigkeit des Glaubens wider Irrlehren und falsche Apostel, und als Endziel weist er hin auf das himmlische Kleinod, aber auch zugleich auf den praktischen Wandel.

Im 4. Kapitel finden wir wieder Danksagung und Ermahnung und den Apostel in der Kraft seines HErrn, im Triumph des Glaubens, weil er weiß: „Der HErr ist nahe“. Deshalb vermag ihm nichts Besorgnis einzuflößen, und diese Ermahnung gibt er auch den Philippern mit auf den Weg, denn sie dürfen daran festhalten, wenn auch Paulus nicht mehr unter ihnen ist, daß Er, der Gott des Friedens, mit ihnen sein und sie leiten wird.

So zeigt uns dieser Brief, daß der Pfad durch diese Wüste wohl allerlei Leid und Beschwerden für die Gläubigen mit sich bringt, aber das Endziel des Weges ist unsere Errettung auf der Grundlage der Erlösung und unsere Darstellung vor Gott in Herrlichkeit, nachdem wir durch Christus den Sieg über jede Schwierigkeit davongetragen haben. So wie Paulus abwesend ist, aber für die Gemeinde fürbittend einsteht und die Gemeinde den Kampf selbst führen muß, ebenso ist Christus zurzeit abwesend im Himmel, und wir müssen hienieden kämpfen und ausharren, bis daß Er kommt, aber als der ewige Hohepriester steht Er fürbittend für uns vor dem Throne der Gnade. Und wie die Gemeinde zu Philippi nur auf den HErrn angewiesen war, so ist und bleibt Er, der HErr, allein die unerschöpfliche Quelle aller Gnade und Kraft für uns, die nie versagt. So ist dieser Brief ein schönes, praktisches Bild des normalen Zustandes eines Christen in seinem täglichen Wandel dem Ziele

praktisches Bild des normalen Zustandes eines Christen in seinem täglichen Wandel dem Ziele entgegen, nach der himmlischen Ruhe, welche die Erlösung uns bereitet hat.

Dies nur ein knapper Abriß der Fülle dieses Briefes, betreffs auch dessen die Worte Jesu Joh. 5,39 gelten.

Ph. W.

Antwort B

Dieser Brief ist der Ausdruck eines Herzens, für das die Person des Herrn Jesus praktisch alles geworden ist. Im gegenwärtigen Augenblicke geben mir ganz besonders Kap. 1,21; 4,12.13 einen Grundton desselben.

Das Leben ist für mich Christus“ (1,21). Durch den ganzen Brief hindurch läßt sich die „Gesinnung, die auch in Christo Jesu war“ (2,5), beim Schreiber erkennen. Nicht mit apostolischer Autorität tritt er auf, wie z.B. bei den Korinthern, wo es notwendig war, sondern als ein Knecht (1,1; vergl. 2,6.7). Welch eine Lehre der Demut liegt schon darin für die in der Adresse besonders erwähnten Aufseher und Diener! Sehnt er sich nach den Heiligen, so ist es „mit dem Herzen Christi Jesu“ (1,8), Ermunterung ist für ihn „in Christo“, wie auch sein Gruß in Ihm ist (2,1; 4,21); er hofft, vertraut oder erfreut sich im HErrn (2,19.24; 4,10), wie auch Christus das Ziel seines Lebens, sein Reichtum ist (3,7.14), sein persönliches Besitztum ist, „mein HErr“ (3,8). Eine Wolke der Traurigkeit liegt in seinen Worten, wenn er sagt, daß alle das Ihrige suchen, „nicht, was Jesu Christi ist“ (2,21); und einen unaussprechlichen Schmerz empfindet er in seiner Seele angesichts der Tatsache, daß solche sich unbemerkt im Kreise der Heiligen befinden, die mit ihnen keinen Teil haben, wie es einst auch in des HErrn Gegenwart war (3,2.18.19; vergl. Joh. 6,64.70 u. a.). Daß Christus so oder so verkündigt wird, erfüllt sein Herz mit Jubel, obgleich dieses Verkünden von manchem aus Feindschaft und nicht lauter geschehe (1,18). Wir haben eine wahre Abbildung von Gal. 2,20a.

Ich habe gelernt ... ich weiß (4,11.12). Die Erfahrung, das Ergebnis der in der Schule der Gnade (Tit. 2,11) zugebrachten Zeit dringt durch die ganze Schreibweise; „gute Zuversicht“, unerschütterliche Festigkeit (1, 6.19.25) kennzeichnen seine Erklärungen, wie wenn er schon einen Vorschmack ihrer Verwirklichungen genösse (3,21; 4,7.19 u. a.). Welch ein Vorrecht, mit dem Wandel des geliebten Meisters vertraut zu sein. Erniedrigt oder erhöht, beneidet und leidend, hungernd, dürstend oder Überfluß habend hat er doch und beständig den Frieden und die Freude seines HErrn in sich (vergl. Joh. 4,6-8; 12,2; Matth. 4,3.11b; Joh. 17,13; 14,27 mit Phil. 1,29; 2,17; 4,7).

Alles vermag ich in Dem, der mich kräftigt (4,13). Dieses kurze, einfache, aber gewaltige Wort, das uns das Geheimnis der Kraft des Paulus gibt, welche ihn und seinen Gefährten Silas imstande hielt, Gott lobzusingen, schon als sie einst im Kerker der Stadt Philippi lagen (Apgesch. 16), lautet wie ein Triumphgeschrei. Die Banden konnten ihn nicht verhindern, dem Ziele nachzujagen, und die Anstrengungen seiner Widersacher (1,17) dienen dazu, daß er in nichts zuschanden wird (1,20; vergl. 1. Kor. 15,58; 2. Kor. 10,4-6).

Wir begreifen, daß nicht die Anmaßung ihn treibt, sich als Vorbild zu geben, von sich zu reden; denn alles, was er sagt, wozu er ermahnt oder ermuntert, ist in ihm sichtbar, hervorgerufen durch Den, der sein Herz erfüllte und der ihm immer vor Augen stand.

der sein Herz erfüllte und der ihm immer vor Augen stand.

Sollten wir nicht beim Anschauen des Zieles unseres auferstandenen HErrn durch die Kraft Seiner Auferstehung wie Sein Knecht Paulus hingerissen werden, Ihm nachzujagen, statt uns oft murrend, zagend hin und her zu schleppen?! Laßt uns als maßgebende Vorbilder in der Nachfolge Jesu solche wählen, wie Paulus ist, und andere, die die Schrift uns zeigt, anstatt solche, welche wir wohl bewundern möchten, ohne zu sehen, ob Phil. 3,17b erfüllt wird?! Gilt nicht oft das Beispiel eines Paulus, eines Timotheus usw. als veraltet in unserem Denken? Sehen wir wohl zu. Manche Unfruchtbarkeit unserer aufrichtigen Bemühungen in Seinem Werke wird einst droben bei der Beurteilung derselben vielleicht darin ihre Erklärung finden, daß wir nicht solche als Vorbilder genommen hatten, deren Wandel Gott in Seinem Worte anerkannt hat, statt deren aber andere, deren Wandel wohl uns gut geschienen hatte, die aber nicht nach 2. Tim. 2,5 „gesetzmäßig kämpften“ (1. Kor. 3,12-15; 9,24).

Möchten wir, die Kinder Gottes, alle Gnade haben, um in allem das „Wort des Lebens“, die Person des Herrn Jesus „darzustellen“ Phil. 2,16.

R. W. D.

Antwort C

In verschiedenen Weisen und von verschiedenen Gesichtspunkten aus kann der Brief überblickt werden. Ich möchte einige von anderen gegebene Überblicke frei wieder geben und anderes hinzufügen.

Der Inhalt des Briefes ist Christus, die alles bewegende Kraft in dem Leben des Christen, welcher „auferzogen ist durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre“ (1. Tim. 4,6). Die Umstände, in welchen sich der Apostel befand, stehen ganz im Gegensatz zu dem Ton der Freude, der durch den ganzen Brief klingt. Den Umständen nach elend - ein Gefangener des grausamen Nero; dem inneren Leben nach ein Triumphierender voller Freude. Das Leben des Gläubigen, dessen Wandel im Himmel ist, wird nicht bestimmt durch das, was um ihn ist, sondern durch das, was in ihm ist und worin seine Seele lebt. (Wie es überhaupt in dem Philipperbrief mehr das Werk in uns als das Werk für uns ist [1,6].) Die Dinge der Leiden und Traurigkeit werden mit dem Jubelton der Freude in jedem Kapitel gefunden.

Ein bekannter Gesichtspunkt ist:

Kap. 1: Christus, unser Leben (1,21). - Kap.2: Christus, unser Vorbild (2,5). - Kap. 3: Christus, unser Ziel (3,8). - Kap. 4: Christus, unsere Kraft (4,13).

Ein anderer:

Christus befreit uns von den entmutigenden Umständen (Kap. 1,12-18). von dem eigenen Willen (2, 2-4 und 12ff.), von der Herrlichkeit und Güte des Menschen im Fleische (3,3-7), von der Sorge (4,6 und 11-13).

Ein Überblickspunkt ist, soweit ich sehe, im 3. Kapitel: „Unser Wandel ist im Himmel.“ Kap. 3,20 zeigt uns Gläubige, deren Bürgertum im Himmel ist, d. h. Menschen auf der Erde, die dem Himmel

angehören. Das Leben solcher wird gesehen in Paulus im 1. Kapitel. In Timotheus und Epaphroditus im 2. Kapitel. Weiter in Paulus im 3. Kapitel und in den Philippern im 4. Kapitel.

Paulus in Kap. 1. Sein Leben ist Christus, und dies Leben ist mit dem Evangelium verbunden. Es wird Kap. 1,27 das Evangelium des Christus genannt. Herz und Seele ist auf die „Forderung des Evangeliums“ gerichtet - selbst wenn auch er beiseite gesetzt wird. „Christus gepredigt“, „Christus verkündigt“ (V. 15 und 17). Sein Wunsch ist ein „Wandel, würdig des Evangeliums“ (V. 27). Das Leben des im Himmel wandelnden Menschen ist mit dem Evangelium Christi verbunden.

Timotheus und Epaphroditus in Kap. 2. Christus das Vorbild in der Selbsthingabe und Niedrigkeit. Timotheus, der sich selbst vergaß in der Sorge für Christi Gemeinde, für die Gläubigen in Philippi, für das, was sie betraf. Es ist so natürlich, für uns selbst zu sorgen, aber nicht für andere, bis das Leben für uns Christus wird und Seine Gesinnung unser Herz füllt (2,4.5). - (Timotheus ist der Abgesandte des Apostels an die Philipper. Epaphroditus war der Abgesandte der Philipper an Paulus, ihm das für seine Notdurft Gesammelte zu überbringen. Beide werden jetzt von Paulus an die Philipper gesandt.)

In Epaphroditus sehen wir die selbstlose Liebe, die beim Mangel die eigene Person für den Dienst der Gemeinde hingibt. Es fehlte an dem Manne, der das Opfer, Gott wohlgefällig, Paulus überbringt. Die „Gelegenheit“ der Übermittelung hatten sie nicht (4,10). Hier war ein Mangel, eine Lücke, ein fehlendes Glied in der Kette. In diese Lücke tritt er ein. Ein Lückenfüller im Werk des HErrn. Wie selten sind solche. „Um des Werkes willen“ kam er dem Tode nahe. In schwerer Krankheit sucht man Mitgefühl. Aber bei Epaphroditus ist es umgekehrt. Sein Leiden ist ihm nicht zu schwer. Sein Kummer ist, daß andere um ihn bekümmert sind (V. 26). Welch Bild des Meisters! Das Leben des im Himmel wandelnden Menschen ist mit der Gemeinde Christi verbunden.

In Paulus, Kap. 3, sehen wir den persönlichen Pfad solcher, deren Bürgertum im Himmel ist. Sie sind nicht mehr „Bürger“ dieses Landes, sondern einer anderen Welt. Himmlische Menschen, noch in der Welt, aber nicht von der Welt. Ihr Verkehr, ihr Interesse, ihre Gedanken, ihr Herz, ihr ganzes Sein ist dort. Ihr Anziehungspunkt - der Magnet - ist Christus in der Herrlichkeit, der sie „ergriffen“ hat (V. 12). So wie der Magnet das ihm Verwandte anzieht und alles andere abfallen läßt, so fällt alles, was nicht mit Christo übereinstimmt, zurück. Es ist Sand der Erde - „Verlust und Dreck“. Es sind Hindernisse in der „Erkenntnis Christi“ (V. 8). Auf das Auge, welches in das Licht der Sonne geblickt hat, können andere Dinge keinen Eindruck mehr machen. So hatte Paulus Christus in Seiner Herrlichkeit gesehen, und er verlor sein Augenlicht für die Herrlichkeit der Welt. Sein natürliches Auge empfing er wieder, aber es blieb geblendet für alles, was nicht Christus war. Nachdem er Ihn erblickt hatte, füllte nur eins sein Herz: Ihn zu erreichen, Ihm gleichgestaltet zu werden. (Hienieden Seinem Tode und droben dem Leibe Seiner Herrlichkeit, V. 10 und 21.) Christen, deren Bürgertum im Himmel ist, bewegen sich hienieden schon in dem Lichte der Herrlichkeit des „Tages Christi“. Auf ihrem Pfade leuchtet schon das Licht jenes Tages voraus (Kap. 1,6.10; 2,15.16). In Paulus haben wir das Bild solcher. Er sagt: „Seid meine Nachahmer“ (3,17). Christen, deren Wandel im Himmel ist, haben Christus in der Herrlichkeit vor ihrem Auge.

In den Philippern, Kap. 4, sehen wir den gemeinsamen Pfad solcher, deren Bürgertum im Himmel ist. Sie hatten Gemeinschaft mit Paulus an dem Evangelium (Kap. 1,3-11 und 4,10-20). Sie nahmen Anteil an der Arbeit im Werke des HErrn. Vom „ersten Tage an“

geschah es, aber der Apostel freute sich, eine Neubelebung darin bei ihnen festzustellen (4,10). Sie hatten ihn nicht vergessen wie andere, die der HErr durch ihn gesegnet hatte. Er wußte sich in bezug auf seine Bedürfnisse von ihnen unabhängig und allein abhängig von Gott; der Philipper Sache war es, zu tun, was „wohlgetan“ war, und „Frucht“ der Gerechtigkeit zu bringen auf den Tag Christi. Er sieht ihre Anteilnahme an seinem Dienst im Lichte jenes Tages. Um ihretwillen schaute er danach aus und suchte die Frucht, die auf ihre Rechnung kam (V. 17.18). Sehen wir das Geben und Empfangen in diesem Lichte?

Wieviel Lohn wird an jenem Tage fehlen, wenn ein treuer Knecht des HErrn, ein Paulus, bei seinem Dienst von „Mangel“ und „Notdurft“ reden mußte! -

Christen, deren Wandel im Himmel ist, haben Gemeinschaft mit dem Zeugnis Gottes, und sie bringen das Opfer „duftenden Wohlgeruches“, „angenehm“, „Gott wohlgefällig“.

Wir fühlen, so sollte es sein. Hier aber sehen wir Menschen, bei denen es so war. Warum so viel Schwäche bei uns? Oft, weil wir uns noch nicht selbst aufgegeben haben. Wir sind noch etwas in unseren Augen und verbinden noch eine gewisse Wichtigkeit mit uns selbst. „Ich habe gelernt“ ist ein großes Wort. Wie langsam sind wir, zu lernen, daß wir „nichts“ sind. Dies ist der Augenblick, wo Christus unser Auge füllt. Dann vermögen weder Satan noch Böses, noch Schwierigkeiten und Sorgen uns die „Freude“ zu nehmen. Wir vertrauen Ihm. Unsere Freude ist nicht im Bruder, nicht in der Arbeit (diese mögen uns genommen werden), sondern in Ihm. Und Er bleibt. Und mit Ihm auch die Freude mitten in der Trübsalswelle. -

Weiter können wir den Philipperbrief ansehen als „einen Blick auf die Gemeinde während der Abwesenheit des Apostels“.

Gefahren: Kap. 1. Die Predigt des Evangeliums aus Neid und Streit (1,15). Kap. 2. Die Ehr- und Parteisucht, das Murren (2,3.14). Kap. 3. Das Vertrauen auf Fleisch und die Feinde des Kreuzes Christi (3,3.4 und 3,18.19). Kap. 4. Die Uneinigkeit im Dienst und der Arbeit für den HErrn (4,2).

Bewahrung: Kap. 1. Der Blick auf Christus und den Tag Christi (1,18 und 1,6.11). Kap. 2. Der Blick auf den Sich Selbst erniedrigenden Christus (2,7.8). Kap. 3. Der Blick auf das Ziel, auf den erhöhten und verherrlichten Christus (3,14). Kap. 4. Der Blick auf das Buch des Lebens und die Nähe des HErrn (4,3-9).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir preisen den HErrn für die vielen und köstlichen Gesichtspunkte, die uns in diesen drei Antworten enthüllt sind.

Da nur noch wenig Raum ist und ja auch schon so vieles gesagt ist, so beschränken wir uns auf ein paar ganz schlichte Winke! - In diesem Brief fehlen die Worte „Sünde“, „Satan“ (und „Welt“)! - Weiter: Auf die Gesinnung Jesu Christi ist schon hingewiesen, aber nicht darauf, wie oft das Wort „gesinnt sein“ („Gesinnung“) vorkommt. Darum hier die Stellen zum Weitersinnen darüber (wir führen sie nach dem Urtext an): 1,7 (Elb. „denke“); 2,2.5 (vergl. V. 20, wo im Urtext ein anderes Wort steht); 3,15 (zweimal).19; 4,10 (vergl. V. 7). - Dann fallen in diesem Brief die mannigfachen

Ausdrücke der Liebe in der Anrede (und in Beiworten) auf, z. B. 4,1 und 2,25. Wieviel können wir daraus für unseren Verkehr im Geschwisterkreis lernen, die wir oft so kalt und liebeleer zueinander sind! - Wer noch nicht weiß, was Freude ist, der kann es aus diesem Brief lernen, in dem die Worte „Freude“ usw. so überaus häufig und in mancherlei Beziehungen vorkommen! - Doch genug mit diesen kurzen Hinweisen! Möge jeder Leser an der Hand obiger Antworten und auch selbständig den köstlichen Philipperbrief, den Brief des praktischen Wandels derer, deren Bürgertum in den Himmeln (3,20) und deren Leben Christus ist (1,21), weiter durchforschen - gewiß werden noch manche neue Gesichtspunkte gefunden werden „nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christo Jesu“! (4,19.)

Die „Persönlichen Worte“ kommen von nun an wieder, wie im Jahrgang 1913, auf den Umschlag! Der Herausgeber.

Geleitswort an den Leser:

Die heilbringende Gnade Gottes ist erschienen allen Menschen, und unterweist (ergeht) uns, damit wir, die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi, der Sich Selbst für uns hingegeben hat, auf daß Er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte Sich Selbst ein Eigentums-Volk, eifrig in guten Werken.“ Titus 2,11-14.

 

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 5

Welche besondere Bedeutung hat es, daß der Priester im Alten Bunde einen Farren ohne Fehl (3. Mose 4,3). die ganze Gemeinde einen Farren (V. 14), ein Fürst einen Ziegenbock (V. 23), jemand aus dem Volk eine Ziege (V. 28) bezw. ein Schaf (V. 32) als Sündopfer dem Jehova darbringen sollte?

Antwort A

Der gesalbte Priester (V. 3) ist der Hohepriester, der Vertreter des Volkes. Seine Sünde wiegt als die des Vertreters des Volkes ebenso schwer, als wenn das ganze Volk mit ihm oder ohne ihn sündigte. Darum mußte beider Sundopfer das gleiche sein und gleich behandelt werden. Das Volk ist ja nach 2. Mose 19,6 „ein priesterlich Volk, ein heiliges Volk“ und gilt vor Gott als das, was der gesalbte Hohepriester galt. Beider Sünde war von weittragendster Bedeutung. Darum auch der Unterschied zwischen der Handlung V. 5b-6 und 16-17 einerseits und V. 24 bis 25 und 29-30 andererseits. Das Blut ihrer Opfer mußte bis vor den Vorhang gebracht und dieser siebenmal besprengt werden.

Da die Sünde eines Fürsten auch von weittragenderer Bedeutung war als die eines einfachen Israeliten, aber nicht von so weittragender als des Hohenpriesters, so mußte sein Opfer ein großeres

sein als das des einfachen Bürgers. Ie einflußreicher die Stellung eines Menschen, desto schwerer wiegt seine Sünde, desto tiefer muß seine Buße sein, noch heute. Das wollen wir uns ja merken. Hat Gott einen auf einen Posten gestellt, da viele auf ihn sehen und sich nach ihm richten, so wiegt seine Sünde viel schwer; das ist klar.

K. E.

Anmerkung des Herausgebers

Der Einsender dieser Frage (sowie von Fr. 7) ist, soweit wir wissen, im Felde gefallen, also schon beim HErrn. - Es handelt sich im 4. Kapitel des 3. Buches Mose nach unserer Erkenntnis einerseits um die Wiederherstellung des Juden Jehova gegenüber, andererseits aber um die persönliche VerAntwortlichkeit zueinander, wie Antwort A auch klar zeigt. Geopfert mußte werden, es mußte ein blutiges Opfer (Leben für Leben!) dargebracht werden, wenn Vergebung erlangt werden sollte. Im Blick auf das einstige Opfer Christi konnte Jehova vergeben (vgl. hierzu Band ll, Fr. 41!). Also Jehova gegenüber - ein Opfer; aber i!n Blick auf die persönliche VerAntwortlichkeit des einzelnen wie der ganzen Gemeinde - ein entsprechend größeres oder kleineres Opfer; das war die Verordnung des Sündopfers.

Wunderbare Vorsorge unseres Gottes für jeden Sündenfall einer jeden Person im Alten Bund! Aber auch wie ernst dies alles! Wie sollten wir anbetend uns beugen im Hinblick auf das einzigartige Opfer von Golgatha, durch das wir ein für allemal vollkommen gemacht sind (Hebr. 10,14), und nunmehr nicht nötig haben, noch großere oder kleinere Opfer darzubringen (Hebr. 10,18).

Daß aber die Frage der persönlichen VerAntwortlichkeit gemäß der Stellung eines einzelnen innerhalb des Hauses Gottes (der Gemeinde, 1. Tim. 3,15) auch heute von großer Wichtigkeit ist, zeigt uns u. a. 1. Tim. 5,19-21! Von hier aus fällt auch einiges Licht auf die ernste Tatsache, daß der Apostel Paulus dem Apostel Petrus entgegentreten mußte, und zwar öffentlich, wegen einer offenbaren Heuchelei desselben, und daß dies Fallen uns offen im inspirierten Wort Gottes berichtet wird (Gal. 2,11-14). 1lnd sicherlich hat Petrus sich auch vor denen, denen er (der Apostel) durch sein unrechtes Verhalten geschadet hatte, offen gebeugt. Wäre es nicht so, wie hätte dann Petrus später mit Freimütigkeit seine Briefe schreiben kennen, in deren zweitem er Kap. 3,15 redet von „unserem geliebten Bruder Paulus“?!

Frage 6

Was sind: „das Reich Gottes“ (vergl. u. a. Matth. 6,33; 19,24; Mark. 4,30; Joh. 3,5; Apgesch. 14,22 u. a.); „das Reich der Himmel“ (Matth. 5,19; 13,24 u. a.); das ewige Reich unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi“ (2. Petri 1,11; vergL Eph.5,5); „das Reich des Sohnes Seiner Liebe“ (Kol. 1,13) usw., und wie ist deren Beziehung zu der Versammlung (Gemeinde)?

Antwort A

Eigentlich läßt sich obige Frage in einem so engen Nahmen, wie er in der „Handreichung“ zur Verfügung steht, nicht erschöpfend beAntworten. Es soll deshalb in etwas gedrängter Form geschehen.

geschehen.

In Mark. 1,15 tritt der Herr Jesus mit den Worten auf den Schauplatz: „Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist nahe gekommen.“ In diesen kurzen Worten saßt der Herr Jesus Seine Sendung und den Anfang des Reiches, das mit dem Eintritt Seiner Person angebrochen war, zusammen. Dieses Reich Gottes war mit dem Herrn Jesus in Erscheinung getreten. Die Juden glaubten fälschlicherweise, daß sie durch die äußere Zugehörigkeit zum Volke Gottes auch das Reich Gottes darstellten. Wir sehen aber, wie der Herr Jesus Sich mit der Predigt des Evangeliums vom Reiche beschäftigt und nicht länger Frucht in Seinem Weinberg (Israel) sucht. In Mark. 4,11 hebt der HErr den Unterschied zwischen den Juden und Seinen Jüngern hervor; Er sagt: „Euch- ist gegeben, das Geheimnis des Reiches Gottes zu wissen; jenen aber, die draußen sind, geschieht alles in Gleichnissen.“ Sein ganzer Dienst wird uns in Matth. 4,23 geschildert und die Macht, welche die Verkündigung dieses Reiches begleitete, ferner wird der Charakter dieses Reiches und derer, die daran teilhaben sollten, in Matth. 5-7 gezeigt. So war der HErr gekommen wie ein Sproß aus dürrem Erdreich (Jes. 53,2), aber als Gegenstand unumschränkter Gnade und als Erretter und Heiland. Der eine Engel verkündigt die Verheißung an Israel, und der Chor feiert die ganze Tragweite des Ereignisses für alle Menschen (Luk. 2,10.14). So trat das Reich Gottes in die Erscheinung.

Dieses Reich Gottes hätte nun im Anschluß an Israel seinen Fortgang nehmen sollen. Jesus Selbst und Seine Jünger predigten das Reich. Aber Er, der Sohn Gottes, wurde verworfen, und an Stelle dieses messianischen Reiches, in welchem Christus hier geherrscht haben würde und alle Bürger Ihm gehuldigt hätten, trat „das Reich der Himmel“. Dieses ist ein Reich, das vom Himmel aus gegründet und nach göttlichen (himmlischen) Grundsätzen regiert werden sollte (vergl. Dan. 7,22.27). Die Bergpredigt entwickelt die Grundsätze des Reiches, setzt aber die Verwerfung des Königs voraus, daher in der Bergpredigt die Beschreibung dessen, was dem Reiche der Himmel angemessen war und selbst die Zusicherung einer Belohnung im Himmel für die, welche auf Erden um Seinetwillen leiden würden. Der Herr Jesus kam, um das Leben Israels zu retten, und wo inmitten der Ihn umgebenden Menge Glauben war, da war auch Heilung. So ging der HErr Seinen Weg. Er offenbart den Vater, wie wir Matth. 11 sehen, in Matth. 12 enthüllt Er das Gericht und die Verwerfung Israels. Kapitel 13 zeigt Ihn uns als den Säemann und wie Er nicht länger Frucht an Seinem Weinstock Israel sucht. Hier sehen wir gleichzeitig die jetzige Form des Reiches der Himmel, von hier aus kann man das Reich der Himmel in zwei Teilen sehen, in dem Reich des Sohnes des Menschen und dem Reich des Vaters. In den Gegenständen des Gerichts in dem, was Christus unterworfen ist, und in einem Platz gleich dem Seinigen vor dem Vater für die Söhne. Trotzdem nun die Juden und die gottfeindliche Welt den Sohn Gottes ablehnten, ging ein treuer Überrest mit dem HErrn den Weg der Verwerfung. Matth. 16,4 sehen wir, wie Er die Juden verläßt. Hier fragt Er nun Seme Jünger nach dem Urteil über Seine Person, und wir haben das Zeugnis Gottes durch den Mund des Petrus, und damit wird ein Neues angekündigt: die Gründung Seiner Gemeinde (oder Versammlung). Auf das herrliche Bekenntnis und auf die wunderbare Erkenntnis. daß es etliche gab, die erkannt hatten, daß Er (Christus) der Sohn des lebendigen Gottes sei, will Christus Seine Versammlung bauen, und die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen. Also ist das Reich der Himmel nicht die Versammlung oder Gemeinde, sondern ein Reich, das auf Erden vom Himmel aus gegründet und nach göttlichen Grundsätzen regiert werden sollte, wie es dem Volke Israel auf Erden verheißen war, in dem der Messias als König regieren sollte. Dieses Reich sollte ein Reich des Friedens und des Segens und der Herrlichkeit sein (Jes. 2,1-4). Die Zeit der Erfüllung wurde von Johannes dem Täufer

verkündigt. Er kündigte den Messias an (Matth. 3,2): „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen.“

Später verkündigt der Herr Jesus in der Bergpredigt die Grundsätze dieses Reiches und die Kennzeichen derer, die in dasselbe eingehen. Nach Jesu Verwerfung trat nun dieses Reich in anderer Form in Erscheinung. Petrus, der die Schlüssel des Reiches erhielt, Matth. 16,19, nicht wie fälschlich immer gesagt wird, die Schlüssel des Himmels, öffnete das Reich zuerst für die Juden zu Pfingsten (Apgesch. 2), später für die Heiden (Apgesch. 10). So sehen wir, daß dieses Reich auf Erden und nur für die Erde ist, und der HErr bestätigt im Himmel, was Petrus auf Erden in Seinem Auftrag für die Erde tat. Hieraus ergibt sich also, daß das Reich der Himmel bis zur Ankunft des HErrn auf Erden immer der Vermischung ausgesetzt sein wird (vergl. Matth. 13), und zur Zeit der Ernte, also gegen Ende dieser Haushaltung und der darauffolgenden Drangsalszeit, wird das Unkraut zusammengelesen in Bündel und auf der Erde aufbewahrt. der Weizen (die Versammlung, Gemeinde), die wahren Söhne des Neiches dagegen werden aufgenommen. Später bei der Ankunft des HErrn vor dem Reiche, werden die Bösen vertilgt. Durch Gerichte wird die Erde (besonders Israel) gereinigt, ehe das Reich kommt, in welchem der Herr Jesus König sein wird (vergl. Jes. 26,9; Psalm 96,13). So sehen wir, daß die Gemeinde zwar im Reiche der Himmel, aber nicht das Reich der Himmel ist. In der Zeit der Verwerfung Christi, in welcher das Reich der Himmel hier besteht, baut nun Gott die Gemeinde aus lebendigen Steinen auf den erwählten Felsen, den Grund- und Eckstein, Jesus Christus. Diese Gemeinde ist himmlisch in ihrer Stellung und Hoffnung, und wenn sie vollendet ist. nimmt der HErr sie heim in den Himmel (Joh. 14,3; 1. Thess. 4,17). Hier auf Erden aber wird der HErr dann Israel wieder beleben und sammeln; es ist dies die Antwort Auf die Frage der Jünger in Apgesch. 1,6: „HErr, stellst Du dem Israel rn dieser Zeit das Reich wieder her?“; das ursprünglich gewollte messianische Reich wird dann aufgerichtet, aber diesmal nicht bloß in irdischer, sondern mit himmlischer Herrlichkeit, denn auch Israels Reich hat durchs das Kreuz an Glanz und Herrlichkeit gewonnen. Wir sehen demnach eine neue Gestaltung des Reiches der Himmel, welche mit der Ausgießung des Heiligen Geistes ihren Anfang nahm und mit der Aufnahme der Gemeinde in den Himmel ihr Ende findet. Alsdann beginnt, wie schon geschildert, abermals eine neue Form des Reiches der Himmel, eine Fortsetzung des abgebrochenen Fadens, nämlich das Tausendjährige Reich.

Für uns als wartende Gemeinde gilt es, den Grundsätzen des Reiches der Himmel. in welches wir durch Christus versetzt sind, entsprechend zu wandeln, und deshalb greift Petrus in seinen Briefen diesen Faden wieder auf. Er verweist die Gläubigen darauf, allen Fleiß anzuwenden und ihren Beruf und ihre Erwählung fest zu machen, und ein reichlicher Eingang in das ewige Reich unseres Heilandes wird unser Teil sein (2. Petri 1,11). Hier sehen wir den Geist des Apostels mit der Negierung Gottes beschäftigt, er wendet dieselbe an auf die Handlungen Gottes mit den Gläubigen. Wandeln wir m den Wegen Gottes, so haben wir teil an diesem Reiche, indem wir in dasselbe mit Gewißheit und ohne Schwierigkeit eintreten. Petrus erinnert sich bei diesem Gedanken an das ewige Reich sicher an den Vorgang auf dem Berge der Verklärung, denn in Kapitel 1,16 seines zweitem Briefes sagt er: „Wir sind nicht künstlich erdichteten Fabeln gefolgt, als wir euch die Macht und Ankunft unseres Herrn Jesu Christi kundtaten, sondern als die da Augenzeugen Seiner Majestät gewesen sind.“

Er hatte sozusagen die Grundlagen dieses ewigen Reiches unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi auf dem Berge der Verklärung gesehen, und wir sehen in diesem ewigen Reiche die Regierung Gottes in Verbindung mit der Treue der Gläubigen, daraus uns ein reichlicher Eingang in das ewige Reich dargereicht wird und wir nicht straucheln. Das große Ergebnis dieser Negierung wird

Reich dargereicht wird und wir nicht straucheln. Das große Ergebnis dieser Negierung wird vollständig geoffenbart werden in der Errichtung des Reiches, dessen Herrlichkeit die drei Apostel auf dem Berge der Verklärung gesehen hatten. Wenn uns Petrus mehr das große Ergebnis der Negierungswege Gottes vor Augen geführt hat, so zeigt uns die mit in Frage kommende Stelle Eph. 5,5, wie wir in der Stellung als geliebte Kinder die Wege Gottes, unseres Vaters, offenbaren sollen. Bei Paulus, der hier auf die Einzelheiten eingeht, finden wir die Charakterzüge des neuen Menschen: Wahrhaftigkeit, Nichtvorhandensein von Haß, Zorn usw. Es ist dies der Zustand, der uns befähigt, unseren Platz mit Christus in den himmlochen Örtern einzunehmen, die Fähigkeit, dieses Erbe, das uns in Ihm beigelegt ist, anzutreten. So sehen wir den Gläubigen errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe (Kol. 1,13); es ist dies ein Wirken der Macht Gottes, welcher mit uns handelt nach Seiner Gnade und der uns durch eine Tat Seiner Macht in eine ganz neue Stellung und Beziehung zu Sich Selbst bringt.

„Das Reich des Sohnes Seiner Liebe“ erinnert uns an Eph. 1,4.5, nur mit dem Unterschied, daß uns im Epheserbrief gezeigt wird, was wir vor Gott sind, und im Kolosserbrief ist der Mensch der Gegenstand der Gnade. Das Mittel, dessen sich der Geist bedient, um das Werk der Gnade an den Kolossern zu vollbringen, ist die Entsaltung der Herrlichkeit des HErrn, des Sohnes Seiner Liebe. Hier wird nun das Reich „das Reich des Sohnes“ genannt, und jedenfalls nur, um Seine Person als Mittelpunkt von allem darzustellen und uns einen Maßstab für die Größe der Segnungen zu geben. Es ist wirklich Sein Reich, und damit wir das Wesen dieses Reiches, das es jetzt für uns hat, und unser nahes Verhältnis zu Gott als solche, die daran teilhaben, fassen sollen, wird es „das Reich des Sohnes Seiner Liebe“ genannt. Es ist die gegenwärtige Grundlage und das Wesensmerkmal des Verhältnisses, in welchem diejenigen, die wahrhaft in und von diesem Reiche sind, zu Gott stehen. Als das Reich des Sohnes des Menschen ist es Seine zukünftige Offenbarung in Herrlichkeit und Herrschaft. - Wir sehen aus allem diesen, daß es sich um verschiedene Haushaltungen und Verwaltungswege Gottes bei diesen einzelnen Reichsunterscheidungen handelt. und daß die Stellung der Gemeinde dazu auch eine verschiedene ist. Aber bei allem ist Jesus Christus Anfang, Mittelpunkt und Ende!

Ph. W.

Antwort B

Wie schon aus der Frage ersichtlich, wird von dem Reiche in der Schrift in verschiedener Weise geredet, sowohl als zukünftig wie als gegenwärtig, sowohl in Macht und Herrlichkeit sichtbar als auch verborgen, nur dem Glauben erkennbar.

Wenn wir von dem Reiche reden, steht gewöhnlich die zukünftige, die Herrlichkeitsgestalt des Reiches vor unserem Auge. Das Reich, welches an einem zukünftigen Tage in Macht und Herrlichkeit aufgerichtet werden wird. Das Reich, von dem die Propheten in so feuriger Sprache geschrieben haben. Jene Zeit, in welcher Christus herrschen und regieren wird.

Aber außer dieser von altersher bezeugten Herrlichkeitsgestalt finden wir in der Schrift auch das Reich im Geheimnis. Eine Form, eine Gestalt, die das Reich annimmt infolge der Verwerfung des Königs. Diese war neu. Von dieser redet das Alte Testament nicht. Der HErr spricht zum ersten Male davon in Matth. 13. Nachdem Er Seine Jünger so mit ganz neuen Gedanken betreffs Seines Reiches

bekannt gemacht hatte, sagt Er, daß der im Reiche der Himmel Unterrichtete aus seinem Schatze Neues und Altes hervorbringt. (Das Alte wird durch das Neue nicht aufgehoben, sondern zu seiner Zeit erfüllt werden.)

Viele Gleichnisse in Matthäus (besonders Kap. 13) sind Bilder von dem Reiche in dieser neuen Gestalt. Seinen Jüngern ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches der Himmel zu wissen (Matth. 13,11). Das Reich in dieser gegenwärtigen Form ist nur für die Jünger, also nur dem Glauben, erkennbar. Die Gleichnisse zeigen uns das Reich in der Zeit, in der Er, als König verworfen, die Erde verlassen hat und in den Himmel gegangen ist. Das Reich in dem Charakter als Reich der Himmel umfaßt diese Zeitperiode. Diese Periode, in welcher der König Seinen Sitz im Himmel hat und die Erde nicht vom Throne Davids, sondern vom Himmel aus regiert wird. Der uns etwas schwere Ausdruck „Reich der Himmel“ war für die Juden jener Tage durchaus nicht schwer, sie waren vertraut damit, daß die „Himmel herrschen“ (Dan. 4,26).

Der König war gekommen und bereit, das Reich aufzurichten, aber das Volk war nicht bereit, auf dem gottgegebenen Wege der Buße und Neugeburt in das Reich einzugehen. Es verwarf den König. Von der Erde als König verworfen, wurde Er im Himmel empfangen und mit „Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Hebr. 2,9). Sein Reich trägt heute sichtbar nicht das Bild Seiner Herrschaft, sondern Seiner Verwerfung. Wenn der König vom Himmel kommt, endet das Reich in dem Charakter als „Reich der Himmel“ und geht über in das Reich des „Sohnes des Menschen“ („Sein“ Reich, Matth. 13,41). (Beachten Sie in diesem wunderbaren 13. Kapitel die drei Seiten des Reiches: Reich der Himmel - Reich des Sohnes des Menschen - Reich des Vaters, V. 43!) Der Titel „Sohn des Menschen“ zeigte Seine Erniedrigung und Verwerfung. Und Gott beschloß, Ihm in diesem Titel alles zu Füßen zu legen. Der Gesalbte (Christus) litt als der Sohn des Menschen - aber als solcher wird Er das Reich aufrichten. Als Messias stand Er zunächst nur mit Israel in Verbindung - aber als Sohn des Menschen tritt Er die ganze Herrschaft über alles an (hier ist ein Grund, warum der HErr Seinen Jüngern nicht erlaubte, von Ihm als Christus zu reden, sondern als Sohn des Menschen, der leiden muß).1

1

Vergl. Frage 7! Der Herausgeber.

Wenn vom „Reiche der Himmel“ und vom „Reiche Gottes“ geredet wird, so haben wir nicht an verschiedene Reiche zu denken. Wenn wir vom Russischen Reich und dem Reiche des Zaren reden, so denken wir nicht an verschiedene Reiche, sondern sprechen von demselben Reiche, aber in verschiedenen Beziehungen. So auch mit dem „Reiche der Himmel“ und dem „Reiche Gottes“, nur daß das „Reich Gottes“ ein viel weiter gehender Begriff ist als das „Reich der Himmel“, welches nur eine bestimmte Zeitperiode umfaßt und gleichsam in das „Reich Gottes“ eingeschlossen ist; so daß dieselben Gleichnisse sowohl Gleichnisse des „Reiches Gottes“ als auch des „Reiches der Himmel“ genannt werden (Matth. 13,31; Mark. 4,30 u. a. m.; Matth. 3,2; Mark. 1,15). Andererseits müssen beide unterschieden werden. Man fühlt förmlich die Verschiedenheit, wenn man z. B. sagen wollte: „Trachtet am ersten nach dem - Reiche der Himmel - nein - nach dem Reiche Gottes!“

Das Reich Gottes war mitten unter ihnen (Luk.17,21 wörtlich), indem der König des Reiches da war. In Ihm wurde tatsächlich das Reich Gottes gesehen mit allem, was es in sich schloß: Gerechtigkeit, Friede, Freude!

Das Evangelium der Gnade ist heute durchaus nicht ohne Beziehung zum Reiche Gottes. Die Predigt des „Reiches Gottes“ (Apgesch. 20,25; 28,31 u. a. m.) ist die Verkündigung, daß Gott in Gnade regiert, daß die Gnade herrscht durch Gerechtigkeit (Röm. 5,21). Diese Herrschaft der Gnade

offenbart sich in der Vergebung der Sünden. Es ist das Zeugnis des Heiligen Geistes, daß der Sünder aus dem Reiche und der Gewalt Satans heraus und in das Reich Gottes, in das Gebiet Seiner Gnade hineingerettet werden kann (Röm. 14,17; 1. Kor. 4,20).

Der Gerettete ist versetzt aus der Gewalt der Finsternis in das Reich ... (Kol. 1,13). Er hat das eine Machtgebiet verlassen und ist in ein anderes Machtgebiet geführt - in das Reich der Liebe, wo der Sohn der Liebe des Vaters herrscht. Das Reich ist nicht nur Herrschaft, sondern auch Schutz für den Reichsangehörigen. Als noch in dem Leibe, befinden wir uns in dem Gebiete, wo die Gewalt der Finsternis ist, aber wir sind nicht mehr unter der Herrschaft Satans. Zwar noch in seinem Gebiet, aber nicht mehr unter seiner Macht. Wir gehen hier hindurch, des HErrn Macht deckt uns, und Gerechtigkeit, Friede und Freude ist unser Teil.

Der HErr spricht von dem gleichzeitigen Nebeneinanderstehen dieser beiden Machtsphären - dieser beiden Reiche - in Matth. 12. Er spricht im 26. Vers von „seinem“ (Satans) Reich und im 28. Vers von Gottes Reich. Der HErr beweist das Vorhandensein, das Dasein des Reiches Gottes durch die Gegenwart des Heiligen Geistes, Matth. 12,28 (in Seiner, Jesu, Person). Und dies gibt uns auch Licht über die Beziehung der Gemeinde zum Reiche. Das Reich ist nicht Gemeinde, und die Gemeinde nicht das Reich, und doch gehört der Gläubige beiden an. (Er ist ein Sohn des Reiches und auch ein Glied des Leibes Christi. In der Gemeinde ist er verbunden mit allen zu einem Leibe. In dem Reiche steht er einzeln als Weizen, auf dem Acker der Menschenwelt steht er mit Weizen und Unkraut zusammen.) So verschieden auch Gemeinde und Reich sind, so sind sie doch nicht ohne Beziehung zueinander. So wie damals die Gegenwart des Reiches Gottes durch die Machtentfaltung des Heiligen Geistes in der Person des HErrn gesehen werden konnte, so kann auch heute das Reich Gottes nur in der Gemeinde gesehen werden. Das Reich wurde damals in der Person Christi - dem Gesalbten gesehen, heute in den Gesalbten, dem Leibe Christi. So wie Er das Gefäß des Heiligen Geistes auf Erden war, so ist es jetzt die Gemeinde. Ohne die Gegenwart des Heiligen Geistes auf Erden wäre Satans Reich und Macht hier unumschränkt, so aber offenbart sich das Reich Gottes durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes in der Beraubung des Starken, und zwar in der Gemeinde, der Wohnstätte des Heiligen Geistes, und durch dieselbe.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Die Gegenstände der Frage sind so gründlich behandelt, wie es auf dem beschränkten Raum der „G. H.“ möglich ist. Wir danken dem HErrn für diese Fülle von Belehrungen und auch praktischen Ermahnungen, die diese Antworten für den aufmerksamen Leser enthalten. Möchten sie vielen zum bleibenden Segen sein! - In den ersten beiden Jahrgängen der „G. H.“ sind einzelne Teile vorliegender Frage schon in Verbindung mit verschiedenen Fragen berührt; da wir glauben, daß, wo es möglich ist, das Nachschlagen und Vergleichen mit den betreffenden Antworten von Nutzen sein könnte, so geben wir hier eine Aufstellung der hauptsächlich in Betracht kommenden Fragen: Band l (1913) Frage 7, 13, 14, 33, 40. -Band ll (1914) Frage 11, 18, 20, 31, 42, 55 u. a.

Es ist sehr wichtig, die Unterscheidungen zwischen „Reich Gottes“ usw. und der Gemeinde Jesu Christi klar ins Auge zu fassen. Wieviel Verwirrung ist unter den Kindern Gottes über diese verschiedenen Begriffe und ihre Beziehungen zueinander! Nur das Wort selbst gibt uns Anleitung,

wie das „Wort der Wahrheit recht zu teilen“ ist (2. Tim. 2,15). Aber diese Dinge liegen nicht an der Oberfläche, da gilt es treu zu forschen und tief zu graben in der Schatzkammer Gottes!

Leider hört man über diese Begriffe oft in ähnlicher Weise reden, wie die Welt es tut, d. h. die religiöse Welt, die „Reich Gottes“ und „Gemeinde des HErrn“ gänzlich durcheinander wirft; oder auch wird von dem Reiche Gottes gesprochen wie von einem nur Israel gehörenden Gut, das in der Zukunft nach der Entrückung der Gemeinde liegt, nachdem einst Israel Christus verworfen hat. Aber was machen die, welche diese Anschauung vertreten, mit Worten wie Röm. 14,17 und 1. Kor. 4,20, die dem Zusammenhang nach beide in gewisser Beziehung zur Gemeinde (Versammlung) gesagt sind?! Und da sind andere Worte, die uns deutlich zeigen, daß das „Reich Gottes“ jetzt da ist, wenn auch in Verborgenheit, nur erkennbar für die, die ihm angehören, da sie zu gleicher Zeit dem Leibe Christi (der Gemeinde) angehören. Man vergl. 2. Thess. 1,5; Kol. 4,11 - also arbeitete Paulus doch auch mit am Reich Gottes! -; 1. Thess. 2,12! Doch genug mit diesen wenigen Worten! Obige Antworten enthalten ja schon genug Stoff zum Weiterforschen.

Laßt uns in dieser Sache denen in Beröa (Apgesch. 17,11) gleichen, welche darum „edler als die in Thessalonich“ genannt werden, weil sie „mit aller Bereitwilligkeit das Wort aufnahmen, indem sie täglich die Schriften untersuchten, ob dies sich also verhielte“!

 

 

Frage 7

Warum verbot der HErr Seinen Jüngern, zu sagen, daß Er der Christus sei? (Vergl. Matth. 16,20; Mark. 8,30; Luk. 9,21.)

Antwort A

In Joh. 4,34 sagt der Herr Jesus: „Meine Speise ist, daß Ich den Willen Dessen tue, der Mich gesandt hat, und Sein Werk vollbringe“ und fügt in noch deutlicherer Weise in Joh. 7,18 hinzu: „Wer sich selbst redet, sucht seine eigene Ehre; wer aber die Ehre Dessen sucht, der ihn gesandt hat, dieser ist wahrhaftig, und Ungerechtigkeit ist nicht in ihm.“ Damit zeichnet der HErr Selbst klare Richtlinien Seines Lebens, Er suchte nicht Seine Ehre und Verherrlichung, sondern die Verherrlichung und die Ehre Seines Vaters. Dementsprechend sagt Er in Joh. 5,41: „Ich nehme nicht Ehre von Menschen“ (vgl. Joh. 8,50). Auch Seine Handlungsweise in Joh. 6,15 ist verständlich. Sie suchten Ihn dort zu greifen, um Ihn zum König zu machen. Er aber entwich auf den Berg, obwohl Er nach Joh. 18,37 Pilatus gegenüber zugibt, ein König zu sein.

Aus alledem geht klar hervor, daß der Herr Jesus „Sich Selbst erniedrigte, indem Er gehorsam ward bis zum Tode“ (Phil. 2,8), um dann das zu erleben, was in Phil. 2,9 so klar ausgedrückt ist: „Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist usw., auf daß jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus HErr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ In Summa: Der HErr lehnte die Ehre der Menschen ab, um zu warten, bis der Vater Ihn ehrte und verherrlichte.

W. W.

 

Anmerkung des Herausgebers

Es war ein besonderes Messiasmerkmal, daß der Herr Jesus in der Verborgenheit blieb. Die Schrift wurde durch dieses Sein Verhalten erfüllt! Man vergl. hierzu besonders Matth. 12,15-21; Mark. 8,30ff.; Luk. 9,21-24. Diese Stellen sind sehr wichtig. Die Jünger hatten zu lernen, daß der Messias nach der Schrift nicht mit großem Gepränge käme, sondern schlicht und unbekannt. Dies einzusehen, wurde ihnen sehr schwer, darum muß Er sie manchmal „bedrohen“. - Wie schwer wird es doch auch heute noch manchen Gläubigen, mit dem HErrn den Weg der Schmach und Niedrigkeit, des Nichtbeachtetwerdens zu gehen! Daß wir lernten von Ihm! Wir haben in dieser Welt nichts anderes zu erwarten als Er, und wenn wir das erfahren, was Er erfuhr – glückselig sind wir! (Joh. 15,20f.; 1. Petri 4,13f. u. a.)

Neben obigem Grunde für Sein Verbot kommt z. B.

für Matth. 16,20 vielleicht noch in Betracht, daß es zwecklos, ja, zweckwidrig gewesen wäre, über Ihn als Christus zu reden, solange die Zeit, von der Er vorher zu Petrus geredet hatte, noch nicht gekommen sei!

Bei dieser Gelegenheit noch einiges über des HErrn häufige Verbote an von Ihm Geheilte, über ihre Heilung öffentlich zu reden (vergl. z. B. Matth. 8,4; 9,30). Auch für diese Verbote gilt sicherlich obiger Grund von Antwort A. Dann auch der, daß durch Verkündigung Seiner Taten hätten Volksansammlungen hervorgerufen werden können, bei denen wohl das Fleisch Genuß gefunden hätte, aber keine tiefere innere Bewegung zu Jesus hin entstanden wäre. Ferner vielleicht der Grund, daß durch vorzeitiges überflüssiges Bekanntwerden Seiner Person die Feindschaft der Führer des Volkes gegen Ihn mehr beschleunigt worden wäre, als zur Erfüllung der Schrift nötig war. - Und noch andere Gründe könnten im einzelnen Falle maßgebend gewesen sein, wie z. B. persönliche bezüglich der Geheilten oder deren Umgebung. So mag in dem entgegengesetzten Fall von Mark. 5,18.19 der Grund zu der Aufforderung des HErrn an den Geheilten, in seinem Hause kundzumachen, wieviel der HErr an ihm getan hat (- eine Aufforderung, welcher der Gadarener leider nicht wörtlich nachkommt; auch heute ist es manchem leichter, draußen, wo man ihn nicht kennt, als daheim und etwa auf seiner Arbeitsstätte den HErrn zu bekennen; aber daheim usw. muß stets das erste sein! -), der sein, daß in einem Ort, wo man den HErrn ablehnt und Seine Macht abweist, das klare Zeugnis von Ihm und Seiner Wundertat durchaus nötig war.

 

 

Frage 8

Ist das Schwören vor Gericht, welches von der Obrigkeit eingesetzt ist, nach Jak. 5,12 verboten? Sollte es der Fall sein, wie hat man sich dann als Christ dem Richter gegenüber zu verhalten?

Antwort A

Gerichtseid und Fahneneid ist meiner Meinung nach hier nicht gemeint und fällt unter Röm. 13,1. Auch Jesus ist dem Schwur vor dem Hohenpriester nicht ausgewichen (Matth. 26,63.64).

K. E.

 

Antwort B

Das Schwören ist eine Verpflichtung oder die Übernahme einer VerAntwortung mit einem gewissen Vertrauen auf sich selbst, einem Bewußtsein der zur Ausführung des Eides nötigen Treue, Fähigkeiten und Macht. Deshalb ist es ganz am Platze bei Gott, von dem wir oft lesen, daß Er schwur (1. Mose 22,16; Ps. 89,3.35; 95,11; 110,4; Jes. 45,23; 62,8; Jer. 22,5 u. a.), sowie auch im Munde des unter Gesetz geborenen vollkommenen Knechtes, Seines Sohnes (Gal. 4,4), wie es uns prophetisch im Psalm 119,106 gezeigt wird.

Im Gesetze Moses, durch welches Gott den Menschen im Fleische auf die Probe stellte, um seine Nichtigkeit zu beweisen, war das Schwören erlaubt, ja vorgeschrieben (5. Mose 6,13; 10,20; 2. Mose 22,11 u. a.), da das Gesetz eine Fähigkeit im Menschen voraussetzte; doch war im Gebote, allein beim Namen Jehovas zu schwören, schon ein Hinweis darauf, daß nur durch Ihn das Halten des Eides dem Menschen möglich sei. Unterm Gesetz hat sich derselbe bekanntlich nicht bewährt; mit dem Schwören wie mit anderen Stücken zeigte er sich als völlig untauglich; man schwur fälschlich (Jer. 5,2.7; Hos. 10,4; Amos 8,14) oder machte spitzfindige Unterscheidungen, um die „bei den Menschen“ vorhandenen Vorteile des Schwörens („das letzte Wort“ beim Widerspruch, Hebr. 6,16) zu benützen, ohne die damit verbundene Last der VerAntwortung mit dem Finger zu rühren (Matth. 23,4.16-22).

Der Mensch ohne Gesetz bewies seine Untauglichkeit, indem er selbst in seiner Anmaßung zu schwören begann (1. Mose 31,53; der schlaue, selbständige Jakob stand noch nicht unter Gesetz, sondern auf dem Verheißungsboden), und blind, ja durch Schwören zum Mörder wurde (Mark. 6,23.26). Nur wenn Gott Seinen Bund mit Israel wieder gelten lassen wird, wird Er auch bei den Gläubigen dieser noch zukünftigen Zeitverwaltung die Bewährung im Schwören bewirken (Jes. 65,16; Jer. 4,2; Ps. 63,11).

Nun sind die Gesetze an keinem Platze so maßgebend wie in den Gerichtshöfen, und jeder Mensch tritt da auf mit seiner ganzen persönlichen VerAntwortung. Das Schwören vor den Gerichten entspricht also vollständig dem Charakter dieser Einrichtungen.

Wie steht es nun mit uns jetzigen Gläubigen in der Zeitverwaltung der Gnade? Wir sind vom Gesetze Mose ganz und gar und für immer frei und dürfen nicht uns wieder unter dasselbe stellen (Röm. 10,4; Galaterbrief); dagegen sind wir aber durchaus nicht frei von den „Obrigkeiten und menschlichen Einrichtungen“, denen wir nicht um ihretwillen, sondern um Christi willen uns unterwerfen sollen (1. Petri 2,13; Röm. 13,1-8; Tit. 3,1). Darum dürfen wir vor den Gerichten in aller Ruhe das eingerichtete Schwören beobachten, da wir in solchem Falle vor den Menschen unter Gesetz stehen, in der Gnade aber nur vor Gott. Somit wird auch der zweite Teil der Frage erledigt.

Dabei bleiben die Ermahnung Jakobi (5,12), sowie die Gebote des HErrn (Matth. 5,34.36) unberührt in ihrer Kraft und Tragweite; die erste ist besonders an gläubige Juden gerichtet (Jak. 1,1), welche leicht geneigt waren, das nicht mit der Gnadenstellung übereinstimmende Schwören zu üben. Deshalb auch verbietet der HErr, durch den die Gnade und die Wahrheit kamen, welche nur für den Untauglichen (Unmündigen) sind, das Schwören.

Das Beispiel Petri, welcher gewiß aufrichtig, aber vergeßlich dieses Verbot mißachtete und dem HErrn Gelübde tat, dann doch so traurig fiel, sollte uns warnen vor dem Gebrauch dieser rein sinaitischen gesetzlichen Einrichtungen bezüglich Dienst, Ehe, Essen, Trinken usw. Die gesetzlichen Verordnungen

ehren weder noch dienen Gott und sind ein Zeichen der Verwirrung in unserer Glaubens- und Gnadenstellung Ihm gegenüber (Matth. 26,34.35.40.69-74; Mark. 14,29-31.66-71; Luk. 22,33.34.56-61; Joh. 13,38; 18,25.27), sowie eines unbewußten Vertrauens auf Fleisch.

Ist bei uns Phil. 3,3 wirklich eine Tatsache?

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Warum machen solche Fragen manchen Christen heute noch so viel Schwierigkeit? Weil sie ihre kostbare Stellung unter der Gnade zu wenig verstehen! - Aber ist in unserer Stelle denn kein Gesetz, kein Verbot? Gewiß nicht, sondern es handelt sich in dem ganzen Zusammenhang des Briefes um praktische Ermahnungen - oder will man etwa Vers 1, 7, 10, 13 usw. auch als Gesetze ansehen?! - Die Ermahnung hier, das Schwören zu unterlassen, hat einen sehr ernsten Grund gehabt (und hat ihn noch heute), wie aus dem Schluß des Verses zu entnehmen ist. Nach dem Zusammenhang, in dem dieser Vers steht, will Jakobus die Christen allein auf den HErrn als auf die Quelle ihrer Ruhe und ihres Vertrauens hinweisen (vergl. V. 4, 6, 7-11, 13ff. und Frage 9!). Wenn sie nun in ihren Reden und Gesprächen, statt leidenschaftslos „ja“ und „nein“ zu sagen, ihre Worte durch einen Schwur selbst bestätigen und so den Anschein der Furcht davor, daß man ihnen etwa sonst nicht Glauben schenke, erwecken, so unterscheiden sie sich durchaus nicht von der Welt. Die Welt bedarf der Beteuerungen, denn in der Welt ist die Lüge gang und gäbe. Darum hören wir so häufig Schwüre in der gewohnlichen Rede, wie „Bei Gott!“ oder „Gott soll mich strafen!“ u. a., um den Worten den nötigen Nachdruck zu geben. Aber bei den Christen, die alles im HErrn haben und in Seiner Gegenwart leben, sind solche Beteuerungen erst recht durchaus unrecht; sie beweisen, daß das Fleisch, die alte Natur wirksam ist. Nein, bei uns Gläubigen soll das Ja - ja, das Nein - nein bedeuten, und die Welt soll es merken, daß wir der weltlichen Mittel, um uns Glauben zu verschaffen, nicht bedürfen. - Es ist eine heutige Unsitte unter Gläubigen, wenn sie in Briefen und Reden sich so überaus oft auf den HErrn, der sie und die Echtheit ihrer Worte kenne, berufen. Wie oft hört und liest man: „Gott weiß es“ oder: „Der HErr ist mein Zeuge“ u. a.! Gewiß kann und wird man dergleichen bei bestimmten Gelegenheiten sagen müssen, auch Paulus tat es gelegentlich (z. B. Phil. 1,8), aber manche führen solche Beteuerungen so oft an, daß man nicht mehr weiß, ob sie überhaupt noch darauf rechnen, daß man ihnen auch ohne Beteuerungsformel glaube. Lasset uns in unseren Angelegenheiten dem HErrn völlig vertrauen, dann können wir uns auch untereinander vertrauen und Glauben schenken. Das zeigt uns Philem. V. 5! Des Hineinziehens Gottes in Form von Beteuerungen, ob offen, indem Gott angerufen wird, oder ob verhüllt, indem „Erde“ oder „Himmel“ angerufen wird, wie es hier heißt (vergl. Matth. 5,33-37), bedarf es also im täglichen Leben des Christen nicht; dagegen zeigt uns Jakobus in den folgenden Versen, welches Anrufen des Namens Gottes Ihm lieb und von Ihm gesegnet ist (V. 13ff.), während das andere die Zucht Gottes („ein Gericht“) nach sich zieht. -

Wie schon in der vorigen Antwort kurz angedeutet und durch Fettdruck hervorgehoben ist, handelt es sich aber bei der Eidesleistung vor der uns von Gott gesetzten Obrigkeit (Röm. 13,1.2) um ein Stehen vor Menschen im Fleisch, also vor Menschen, auf die das Gesetz Anwendung hat und von denen das Gesetz nach Gottes Willen gehandhabt wird (1. Tim. 1,8-11; Röm. 13,4). Der Obrigkeit gegenüber sich auf Jak. 5,12 berufen wollen, hieße die Grundsätze der Gnade (auf der wir Gläubigen stehen) auf die anwenden wollen, denen sie nicht gelten. Darauf bestehen zu wollen, nicht zu

schwören vor der Obrigkeit, hieße diese zwingen, auf einen Boden zu treten, auf den sie nicht gehört und auf dem sie sich nicht zu Hause weiß. Es hieße die Grundsätze der Regierung Gottes umstoßen und das Gesetz von dem Platz entfernen, wo es unbedingt nötig ist! Wir Gläubigen können wohl, wo es sich um Aufrechterhaltung der göttlichen Ordnung mittels unserer Obrigkeit handelt - also im praktischen Fall etwa bei der Verurteilung eines Diebes -, um der unter Gesetz befindlichen und nach diesem zu handeln verpflichteten Obrigkeit willen die für Menschen unter der Gnade geltenden Grundsätze für einen Augenblick aufgeben (aber nur scheinbar!) und heruntersteigen auf den Boden des Gesetzes (wie Paulus aus einem anderen Grunde, aber völlig berechtigt, in Apgesch. 16,3 tat - vergl. Frage 17, Band II!); aber wir können nie verlangen, daß die Obrigkeit den ihr angewiesenen Platz im Rahmen des Gesetzes verläßt und auf unseren höheren (den unter der Gnade) tritt; sie kann es nicht, denn dieser Platz gehört nur denen, die in Christo sind, und sie darf es nicht um der Forderungen des Gesetzes willen, unter dem sie selbst steht. - Wenn wir aber nun dieses verstehen, so wird uns im praktischen Fall, beim Fahneneid oder beim Zeugeneid usw., das Schwören, d. h. das Anrufen Gottes, das sein, was alles Anrufen des Namens Gottes (auch im Gebet) ist: eine ernste Angelegenheit, bei der alle Leichtfertigkeit und (weltliche) Oberflächlichkeit ausgeschlossen ist!

Frage 9

Was ist Jak. 5,11 gemeint mit dem „Ende des HErrn“?

Antwort A

Beim ersten Lesen könnte es fast scheinen, als wollte Jakobus in 5,11 zwei Beispiele dafür anführen, daß er die glückselig preist, welche ausgeharrt haben. Dies ist aber nicht der Fall. Jakobus spricht nur von dem Ausharren des Hiob. Der HErr handelte mit Hiob, führte ihn durch Leiden. Hiob harrte aus. Das Ende des Handelns des HErrn mit Hiob zeigte, daß der HErr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist, und daß tatsächlich Hiob wegen seines Ausharrens glückselig zu preisen war.

O. v. Br.

Antwort B

In Jak. 5,7-11 werden die Brüder in Christo zur Geduld ermahnt und auf das Vorbild der Propheten (V. 10) und des Hiob (V. 11b) hingewiesen. Letzterer, der besonders schwere, sich immer mehr steigernde Prüfungen durchzumachen hatte, harrte darin aus, bis der HErr ein Ende seiner Leiden machte (V. 11c) und „alles, was er gehabt hatte, um das Doppelte mehrte“ (Hiob 42,10), da Er „voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist“ (V. 11d). Daher sind wie Hiob die, „die ausgeharrt haben, glückselig zu preisen“ (V. 11a); solchen gelten auch die Verheißungen wie Röm. 5,3-5 und Jak. 1,12 (hierzu Hebr. 2,17.18; 4,14-16; 1. Kor. 10,13).

K. Hch.

Anmerkung des Herausgebers

Antwort A ging uns aus dem Felde zu!

Auch wir meinen, daß die richtige Deutung dieser Stelle die ist, die obige Antworten enthalten. Wir

Auch wir meinen, daß die richtige Deutung dieser Stelle die ist, die obige Antworten enthalten. Wir möchten es aber auch aussprechen, daß die andere scheinbar mögliche Deutung, es sei vom Tode des Herrn Jesu am Kreuz die Rede, praktisch etwas für sich hat, indem Jesu Worte am Kreuz: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Luk. 23,34) so recht geeignet sind, Sein Mitgefühl, Seine Barmherzigkeit zu zeigen. Doch wir glauben nicht, daß man von dem Tode des HErrn als von Seinem „Ende“ sprechen darf; die Schrift jedenfalls tut es nirgends; im Gegenteil, wir glauben, daß z. B. Worte wie Hebr. 1,10-12 sowie unsere ganze Kenntnis des HErrn uns verbieten, den irdischen Sprachgebrauch „Ende“ des Lebens (vergl. Bileams Worte 4. Mose 23,10) auf Ihn anzuwenden. Wenn wir noch dazu andere Stellen nachschlagen, wo von dem Lebensende der Menschen die Rede ist, wie groß wird da der Abstand zwischen Ihm und uns! Man vergl. z. B. Ps. 39,4.5! (Nebenbei bemerken wir, daß in der Stelle Hebr. 13,7 im Urtext nicht, wie die Luthersche Übersetzung sagt, das Wort „Ende“ steht, sondern „Ausgang ihres Wandels“.)

Wenn wir Jak. 5,11 im Sinne obiger Antworten erklären, wie kostbar wird uns dann die Geschichte Hiobs, und wieviel leichter und freudiger gehen wir an Hand der Belehrung, die uns Hiobs Leidensgeschichte gibt, durch die Leiden dieser Zeit; wissen wir doch, daß der HErr uns keinen Augenblick aus den Augen läßt und in Seiner Gnade zur rechten Zeit ein Ende macht mit den Leiden, die Er zu unserer Erziehung über uns kommen ließ (s. noch Röm. 5,1-5 und Hebr. 12,1-12 sowie Jak. 1,2.3.12). - Übrigens kann das hier und anderswo gebrauchte griechische Wort für „Ende“ auch „Zweck“ und „Ziel“ bedeuten, woraus sich für diese und andere Stellen ebenfalls ein besonderer Sinn ergäbe!

Bemerkung

zu Heft 1, Frage 4, Seite 20, Zeile 16!

Wir haben dort die Worte „und Welt“ in den meisten Exemplaren der Auflage nachträglich mit Tinte eingeklammert. Wir wollten dadurch darauf hinweisen, daß, wenn das Wort „Welt“ auch im Philipperbrief vorkommt (2,16), es dort doch nicht in dem Sinne von „Welt als Macht“ gebraucht ist, was durch die Verbindung „Sünde, Satan und Welt“ gekennzeichnet ist.

Der Herausgeber.

Geleitswort an den Leser:

Das Wort vom Kreuz ist denen, die verloren gehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft! ... Wo ist der Weise? Wo der Schriftgelehrte? Wo der Wortstreiter dieses Zeitlaufs? Hat nicht Gott die Weisheit der Welt zur Torheit gemacht? Denn sintemal in der Weisheit Gottes die Welt durch ihre Weisheit Gott nicht erkannte, so gefiel es Gott wohl, durch die Torheit der Predigt die Glaubenden zu erretten; sintemal sowohl Juden Zeichen fordern, als auch Griechen Weisheit suchen; wir aber predigen Christum als gekreuzigt ... Christum, Gottes Kraft und Gottes Weisheit!“ 1. Kor. 1,18-24.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 10

Gelten die Worte Hes. 28,11-19 nur dem König von Tyrus?

Antwort A

Im ersten Teil des Kapitels (V. 1-10) wird uns das Gericht über den Fürsten von Tyrus verkündigt. Es handelt sich offensichtlich um einen Menschen, den damaligen Fürsten. Dies geht klar aus Vers 2 und 9 hervor, wo ihm ausdrücklich bedeutet wird: „- der du doch ein Mensch bist.“ Dieser Mensch aber hatte sich in seinem Herzen erhoben (V. 5) und hegte einen Sinn wie eines Gottes Sinn (V. 2 und 6), ja, ging in seiner Vermessenheit so weit, zu sagen: „Ich bin Gott!“ (V. 9.) Dafür kündet Gott ihm Sein Gericht an: Er soll durch Mörderhand eines qualvollen Todes sterben (V. 7, 8, 9, 10). Jehova hat geredet (V. 10), und sicher ist Sein Wort buchstäblich erfüllt worden.

Die Gestalt dieses Fürsten von Tyrus in seinem Hochmut und in seiner Vermessenheit, sich Gott zu nennen, erinnert unwillkürlich an den, der zuerst diese vermessene Sünde beging und dann den von Gott gut geschaffenen Menschen auf gleiche Bahnen führte.

Und mir scheint, als wolle Gott uns im zweiten Teil von Hes. 28 (V. 11-19) etwas über die Vorgeschichte und den Sündenfall des großen Verführers mitteilen. Es ist nämlich auffallend, daß in diesem zweiten Abschnitt der König von Tyrus mit Ausdrücken bezeichnet wird, die zu denen des vorigen Abschnitts in geradem Gegensatz stehen. Während der Geist vorhin den König von Tyrus in nicht zu verkennender Klarheit immer und immer wieder daran erinnert, daß er doch nur ein Mensch sei, nennt er ihn jetzt das Bild der Vollendung, voll von Weisheit und vollkommen an Schönheit, nennt ihn einen schirmenden, gesalbten Cherub, „den Gott dazu gemacht hat“ und der auf Gottes heiligem Berge war (V. 14). Offenbar beziehen sich diese Stellen in erster Linie auf Satan, denn in ihrer wörtlichen Andeutung können sie auf einen Menschen nicht angewandt werden. (Vielleicht erhalten wir hier einen Einblick in den Zeitraum zwischen 1. Mose 1, V. 1 und V. 2. In Verbindung hiermit möchte ich auch Jes. 45,18 anziehen.) Sodann erhellt auch aus V. 15 und 16 unseres Kapitels deutlich, daß wir es hier nicht mit einem schwachen, unvollkommenen Menschen zu tun haben, sondern mit einem hohen, mächtigen Engelfürsten, welcher, durch Hochmut verblendet, sich aus der Abhängigkeit von seinem Schöpfer befreien wollte und dadurch fiel.

H. Hck.

Antwort B

In Hes. 26-28 bemerken wir eine gewisse Reihenfolge: 1. Tyrus, 2. der Fürst von Tyrus, 3. der König von Tyrus. - Der „König“ ist die alles bewegende Kraft in Tyrus. Was er ist, wird im Fürsten - und vom Fürsten aus im Volk gesehen. Auflehnung und Feindschaft wider Gott, Hochmut und Selbstverherrlichung ist der hervortretende Grundzug bei allen dreien. (Kap. 26,2: „... wider Jerusalem“; 27,3: „Ich bin vollkommen“; 28,2: „Ich bin Gott“; 28,17: „Dein Herz erhob sich“.) Das ist

Tyrus, und das ist die Welt. Aber hinter Tyrus und dem Fürsten von Tyrus steht einer, und das ist der König von Tyrus (Satan).

Wir lernen aus dem Worte, daß Satan, um seine gottfeindlichen Pläne auszuführen, sich so mit einzelnen Menschen und Völkern verbindet und sie so als seine Werkzeuge benutzt, daß ihr Wirken tatsächlich Satans Wirken ist. Es wird uns z. B. von Pergamus (Offenb. 2,13) gesagt, daß er dort seinen Thron aufgerichtet habe. Wer ein wenig in die sieben Sendschreiben eingeführt ist, weiß, daß es sich dort um das Verderben der Gemeinde Gottes durch ihre Verbindung mit der Welt handelt. Das war ein Angriff auf die Gemeinde von gewaltiger Bedeutung. Gott sagt uns, daß zu dieser Zeit Satan selbst seinen Herrschersitz in Pergamus aufgeschlagen hatte. Er selbst leitete das Tun der Menschen und stand dahinter, um die aus der Welt „heraus Berufene“ Gemeinde wieder zur Welt zurückzuführen. - Weiter lernen wir aus der Schrift, daß es in der Engelwelt (sowohl der heiligen wie auch der gefallenen) Engelfürsten gibt, und daß solche Engelfürsten in geheimnisvolle Beziehungen und Verbindungen mit Völkern der Erde treten, und zwar derart, daß Gott sie in Seinem Wort als Fürsten gewisser Völker bezeichnen kann. (S. Dan. 10,13.20 u. 21 und 12,1, wo der Engelfürst von Persien den Boten Gottes an Daniel aufhält, bis ihm Michael, der Fürst des Volkes Israel,1 zu Hilfe kommt; s. auch Eph. 6,12; Jud. 9; Offenb.

1

Vgl. Frg. 19, Band II, 1914! Der Herausgeber.

12,7.) Und in dieser Beziehung, glaube ich, lernen wir hier den obersten Fürsten der Engelwelt als den „König von Tyrus“ kennen.

Nachdem der Prophet das Wort Jehovas über Tyrus ausgerichtet hat, wendet er sich in Kap. 28,1-10 an den Fürsten von Tyrus. Dieser Fürst ist kein Engel, sondern ein Mensch (V. 2), der sich aber als „ein Gott“ huldigen ließ. Die Beschreibung des Fürsten ist derart, daß man es förmlich fühlt: hier ist der Widerschein eines anderen Wesens. Dieses Wesen ist der Engelfürst, der uns dann in V. 11-19 gezeigt wird, und der in Wirklichkeit der Beherrscher - der König von Tyrus war. Menschlich gesehen war der Herrscher der Fürst von Tyrus, aber göttlich gesehen war es ein höheres Wesen. Zwischen beiden (dem „Fürsten“ und dem „König“) zeigt uns der Abschnitt eine solche geistige Verschmelzung und Vereinigung, wie wir sie an einem späteren Tage in dem Antichristen und dem Satan wiederfinden.

In den Versen 11-19 kommen wir zu dem „König von Tyrus“ und lernen, daß er, obwohl er ein Geschöpf war, doch kein Mensch, sondern ein Cherub war. Die Beschreibung gibt uns ein Bild von der Hoheit dieses vielleicht herrlichsten aller geschaffenen Wesen. Vollendung, Weisheit, Schönheit (V. 12) kennzeichneten es, nicht aber Allmacht und Allwissenheit. In Vers 16-19 haben wir den Sündenfall des „Königs“ und das Gericht. - Alles dieses zeigt uns, daß die allgemeine Annahme, hier die Geschichte des Satan zu haben, wohl die rechte ist. Seine Machtwirkungen unter den Völkern sind gewaltig, und die Zahl der ihm gehorchenden Dämonen ist groß. (In dem armen gebundenen Gadarener [Mark. 5] war eine Legion.) Wir spüren sein - des Mörders und Lügners - Wirken in der Gegenwart ganz besonders. Gelobt sei Gott, daß wir Gläubigen aus seiner Macht gerettet sind!

v. d. K.

 

 

Anmerkung des Herausgebers

Die sogenannte Theosophie, die ein Vordasein der Menschen lehrt (vergl. Frage 8, Band II, 1914!), hat sich auch dieses Kapitels bemächtigt, um ihre grundstürzenden Irrlehren zu stützen, aber sie

zeigt damit nur aufs neue, wie man jeden Wind philosophischer Lehre mit der Bibel beweisen zu können sich Mühe gibt. Welche „Ehre“ tun diese armen Ungläubigen doch der Bibel an, daß sie diese als Helferin für ihre satanischen Systeme anrufen! Wir aber tun gut, wenn wir uns auf solcherlei menschliche Erfindungen gar nicht einlassen, sondern die Schrift sich selbst durch die Schrift auslegen lassen. Wir sagen dies in brüderlicher Liebe dem teuren Einsender vorliegender Frage, der zu derselben veranlaßt war durch schwierige Aussprachen mit, wie er schreibt, Gläubigen, die von der Irrlehre der Theosophie angesteckt waren. Wir Gläubigen aber haben nicht die Aufgabe, törichte und ungereimte Streitfragen zu besprechen, sondern wir sollen sie „abweisen“ (2. Tim. 2,23); wer sich diesem Grundsatz nicht fügt und sich nicht in Ruhe belehren lassen will, mit dem haben wir nicht zu streiten, und wir brechen die Gespräche ab - vielleicht wird Gott einen Weg finden, um solchen irrenden Gläubigen noch zurechtzuhelfen. Mit Ungläubigen über derlei philosophische Gedanken zu streiten ist erst recht nicht unsere Aufgabe; möchten wir diesbezüglich gewurzelt sein in 2. Kor. 10,3-5 in Verbindung mit 1. Kor. 1,18-31!

Obigen umfassenden Antworten brauchen wir nichts hinzuzufügen. Wir glauben, daß sie dem, der den Grundsatz: Schrift wird durch Schrift ausgelegt anerkennt, und der ein wenig die bilderreiche Sprache insonderheit des Propheten Hesekiel kennt, viel Licht geben werden über den Satan und seine Geschichte, die da endet mit den Worten: „und bist dahin auf ewig“ (V. 19).

Nur noch eine besondere Bemerkung: Mit welch erhabenen Worten redet Gott von der einstigen Herrlichkeit und dem Fall von Tyrus sowie dem Fürsten und dem König von Tyrus, worunter wir den Satan sehen! Welch ein Klagelied Gottes über Tyrus, ja über Satan selbst! Möchten wir Christen daraus lernen, auch denen, die etwa unsere (ungläubigen) Feinde sind oder unsere Gegner in irgend einer Hinsicht, gegenüber groß und gerecht zu denken und sie nie in den Schmutz zu ziehen. Gott geht mit Seinen Feinden um ihrer Würde und Hoheit gemäß. Auch wir sollten so handeln! Laßt uns auch hierin nicht der Welt gleichen, die so leicht den Feind verlästert und mit Schmutz bewirft. Und diese Mahnung sprechen wir auch aus im Hinblick auf die politischen Feinde unseres geliebten, uns von Gott geschenkten Vaterlandes. Gott klagt über die, die sich gegen Ihn aufgelehnt haben, und ihr Verderben - auch Stellen wie Ps. 2,4 oder Spr. 1,26, die von einem heiligen Zorneslachen reden, zeigen, daß Gottes Beurteilungsweise sich in ihrem tiefsten Wesen, Grund und Zweck von der der Menschen sehr unterscheidet -; der Engel Michael fällte kein lästerndes Urteil über Satan (Jud. 9), der HErr hat ein vielfaches „Wehe“ über Seine Feinde, gelegentlich auch einen heiligen Zorn, wie auch Paulus Gal. 1,8.9 - und auch am rechten Platz vergebende Worte -, aber keine Lästerung, keinen Hohn, nicht einmal Ironie. Gott wird allen gerecht in Seiner Beurteilung und im Gericht! Möchten auch wir Gläubigen, durch Gnade unterwiesen, gerecht denken und handeln lernen denen gegenüber, die uns persönlich feindlich sind, sowie in angemessener Weise übertragen auch bei größeren Verhältnissen! In allen Angelegenheiten heißt es für uns: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt!“ (Röm. 12,2.)

 

 

Frage 11

Ist die Annahme, daß eine Auferstehung des Mose stattgefunden habe, nach Judas Vers 9 und Matth. 17,3 berechtigt?

 

Antwort A

Brief Judas Vers 9 gibt keinen Anlaß zu einer Annahme der Auferstehung des Mose; die Schrift schweigt, und wo die Schrift schweigt, müssen wir uns begnügen mit dem, was geschrieben steht.

Wir entnehmen dort nur, daß der Teufel mit dem Erzengel Michael stritt um den Leib Moses. Zu welchem Zweck er den Leib Moses haben wollte, steht nicht da. Wir wissen aber aus einer Stelle im Propheten Daniel, daß Michael, der Erzengel, für Israel eintrat, also gewissermaßen sein Schirm- und Schutzherr war: Dan. 10,13.1 Das 5. Buch Mose 34,5-8 gibt ebensowenig Anlaß zur Annahme der leiblichen Auferstehung des Mose. Dort lesen wir: „Und Mose, der Knecht Jehovas, starb daselbst im Lande Moab nach dem Mund Jehovas. Er begrub ihn im Tale, im Land Moab, Beth-Peor gegenüber, und niemand weiß sein Grab bis auf den heutigen Tag.“ Erst Judas sagt uns, daß Michael, der Erzengel, dabei war. 1. Kor. 15,20 steht geschrieben: „Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt und der Erstling der Entschlafenen“, ebenso Vers 23: „der Erstling Christus“. Sollte Mose vorher leiblich auferstanden sein, so ist 1. Kor. 15,20 hinfällig, und Christus war nicht der Erstling der Entschlafenen. Die Wahrheit des Wortes Gottes aber bleibt bestehen, also, daß Christus der Erstling ist, folglich kann Mose zum Zweck der Erscheinung auf dem Berge (mit Jesu in vorbildlicher Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches) nicht leiblich auferstanden sein.

1

Vgl. Frage 10, Antwort B, und Frage 19, Band II, 1914! (Der Herausgeber.)

Die Schrift schweigt vollständig darüber und gibt keine Berechtigung zur Annahme der Auferstehung des Mose, und menschliche Mutmaßungen dienen zu nichts.

F. B.

Antwort B

Jeder unbefangene Leser des Wortes Gottes wird zugeben müssen, daß die in der Frage liegende Annahme keineswegs der Schrift entnommen werden kann aus dem einfachen Grunde, weil sie mit keinem Worte die Auferstehung Moses erwähnt noch andeutet. Wir finden im Gegenteil, daß Christus ausdrücklich der „Erst ling“ der Entschlafenen sowohl wie der „Erst geborene“ aus den Toten genannt wird (1. Kor. 15,20.23; Kol. 1,18). Aus diesen nicht mißzuverstehenden Schriftworten geht klar hervor, daß vor Ihm kein Mensch zur Herrlichkeit auferweckt worden ist; obwohl wir im A. T. sowie auch im N. T. vor Christi Auferstehung einige Auferstehungen haben (vgl. „G. H.“ Jahrgang 1914, Frage 2), beschränken sich dieselben ausnahmslos auf das Weiterleben im Fleische. Wir verstehen darunter, daß sie nicht den „geistigen“, sondern den „natürlichen“ Leib hatten, d. h., daß ihr Leib noch dem Tode unterworfen war, was keineswegs der Fall sein wird mit dem Leibe der Herrlichkeit.

Es möchte hier zu unserer Belehrung nicht unerwähnt bleiben, daß wir stets klare und leicht verständliche Schriftstellen zur Erklärung von für uns dunklen und schwer verständlichen Schriftworten als Grundlage nehmen müssen, um großem Irrtum vorzubeugen. In scheinbar lehrreichen und tief mystischen Abhandlungen versucht der Mensch seine Meinungen zu verbreiten. Aber ein einziges Schriftwort zertrümmert sein auf Menschenmeinung gebautes Gebäude. Wie ernst ist dies alles! Leider habe ich die Entdeckung gemacht, daß die Vertreter der Irrlehre vom Seelenschlaf diese schriftwidrige Auffassung ganz besonders festhalten. Da sie nicht gewillt sind, ihre Meinung aufzugeben, sind sie ja gezwungen, diese irrige Auffassung als Stütze zu bewahren, selbst im Lichte der obigen Schriftstellen, daß Christus der „Erstling“ der Entschlafenen ist. Auch im

Evangelium Matth. 27,51-53 wird uns klar bezeugt, daß die Auferweckten erst nach der Auferweckung des HErrn aus den Grüften (mit der Gruft oder dem Grab ist immer nur der Leib verbunden) hervorgingen. Hier sehen wir, daß der Geist Gottes dies besonders hervorhebt, weil Christus der Erstling ist. „Der Erstgeborene aus den Toten, auf daß Er in allen Dingen den Vorrang habe“ (Kol. 1,18). Bedarf es für den einfältigen Gläubigen noch mehr? Kann, ja will Ihm jemand den Vorrang in diesem streitig machen? Wenn in allen Dingen Er den Vorrang hat, warum nicht in der Auferstehung?

Ich bin überzeugt, daß kein wahres Kind Gottes die Herrlichkeit des HErrn verdunkeln möchte; und doch ist jeder große oder kleine Irrtum - wenn wir überhaupt so sagen dürfen - nichts anderes als ein offener oder verkappter Angriff des Feindes auf die Würde und Herrlichkeit der anbetungswürdigen Person unseres hochgelobten HErrn und Heilandes, welchem die Herrlichkeit ist in die Zeitalter der Zeitalter!

Im Lichte genannter Stellen bietet nach meinem Dafürhalten Matth. 17 keine Schwierigkeiten mehr. Gott brachte Mose - welcher abgeschieden im bewußten Zustand lebte, so wie jeder Abgeschiedene (s. Luk. 16,19-31; Hebr. 12,23; Offenb. 6,9-11 usw.) - in Erscheinung.

Was die Stelle in Judas betrifft, gibt das 5. Buch Mose 34,4-6 Aufschluß. Gott Selbst hatte Mose begraben. Es scheint, daß der Ort nach dem Willen Gottes verborgen bleiben sollte. Es ist vielleicht mit Recht gesagt worden, daß Satan versuchte, den Schleier zu lichten, den Gott über den Ort des Begräbnisses gebreitet hatte; darum der Wortwechsel zwischen dem Erzengel und Satan. Da Israel, was durch seine Geschichte bewiesen ist, dem Götzendienst zugeneigt war, wäre es aller Wahrscheinlichkeit nach durch Satan zum Götzendienst verführt worden, indem es den Ort sowie Mose selbst zu einem Gegenstand der Anbetung gemacht oder erhoben hätten.1 Wie gut ist Gott, wenn Er uns manches vorenthält, um uns zu bewahren, Ihn zu verunehren und uns zu beflecken.

1

Vgl. 2 Kön. 18,4! Gewiß wäre der Leib des Mose dem götzendienerischen Israel noch viel wertvoller gewesen als die eherne Schlange! Der Herausgeber.

Mögen die schwachen Ausführungen dazu dienen, daß wir nicht in der Gefolgschaft dessen gefunden werden, der zu lichten sucht, was Gott verborgen hat, und zu verdunkeln sucht, was Gott uns geoffenbart hat! Amen.

K. O. St.

Antwort C

Die menschliche Neugier beschäftigt sich gern damit, geheimnisvolle Dinge aufzuklären und in Dinge einzudringen, die Gott unserem Auge nicht erschlossen hat. Gott warnt uns vor der Philosophie in geistlichen Dingen, Kol. 2, 8 und 18. Lassen wir uns warnen! Weil Mose mit Elias auf dem Berge der Verklärung gesehen wurde, folgern einige, er müsse auferstanden sein, andere, er könne die Verwesung nicht gesehen haben usw. Solche Meinungen haben keinen Grund im Worte, sondern stehen vielmehr im Widerspruch mit der Schrift.

Mose starb und wurde zu seinen Völkern versammelt (5. Mose 32,50). Und die Schrift zeigt uns die entschlafenen Heiligen als die „Geister der vollendeten Gerechten“ (Hebr. 12,23). Wenn sein Leib und Grab auch nicht gefunden werden und er auch sichtbar den Jüngeraugen erscheint - wie haltlos aber, daraus zu folgern, deshalb müsse er nun notwendig einen Auferstehungsleib gehabt haben und somit schon in dem Vollendungszustande nach Leib, Seele und Geist gewesen sein. Als ob Gott die Heiligen,

welche noch von dem Leibe des Staubes getrennt sind, nicht vermöchte, sichtbar erscheinen zu lassen! Ist das etwas Großes für Gott?

Mose und Elias, obwohl noch nicht mit dem Herrlichkeitsleibe angetan, werden doch als lebende Männer auf dem Berge gesehen. Ebenso spricht der HErr von Abraham, Isaak und Jakob als von „Lebendigen“ (Matth. 22,32; als Gott Sich ihr Gott nannte, hatten sie durch den Tod längst diese Welt verlassen). In ihrer Persönlichkeit werden Mose und Elias redend mit dem HErrn gesehen. Redend mit dem HErrn, der Selbst noch nicht durch den Tod gegangen war und noch nicht „Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht“ hatte. Konnte das Verwesliche an Mose Unverweslichkeit anziehen, ehe Er Unverweslichkeit ans Licht gebracht hatte? Mußte Er (Christus) nicht der Erst geborene aus den Toten (Kol. 1,18; Offenb. 1,5), der Erst ling der Entschlafenen zuerst werden, ehe auch nur ein Leib der Niedrigkeit konnte umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit des Leibes Seiner Herrlichkeit? (Phil. 3,21.) Konnte jemand den Herrlichkeitsleib in Auferstehung haben, ehe Er ihn hatte? Er muß in allen Dingen den Vorrang haben! (Kol. 1,18.) Sind solche Ausdrücke wie „Geistleiblichkeit usw.“ für die noch nicht Auferstandenen besser als die Worte, die Gott wählt?

Wir lernen aus dieser und anderen Stellen der Schrift, daß mit dem Tode weder unsere Persönlichkeit noch unser bewußtes Leben aufhört. Will es der HErr, daß wir sollen dieser Welt entschlafen, so hören wir doch nicht auf zu leben. Wir betreten in unserer Persönlichkeit eine andere Welt. In dem reichen Mann in Luk. 16,23 zeigt uns der HErr, daß, wenn ein Mensch in dieser Welt sein Auge schließt, er es in jener Welt aufschlägt. Wir sind Geschöpfe, für zwei Welten bestimmt. Wesen, die mit zwei Welten verbunden sind und zwei Welten gleichsam in sich tragen. Das Irdische, der Leib, ist von der Erde, von Staub; das Geistige von Gott. Durch den Leib gehören wir der Welt des Staubes an, durch den Geist der Welt der Geister. Das Sichtbare und Vergängliche von uns verbindet uns mit der sichtbaren Welt, die vergeht; das Unsichtbare und Ewige von uns verbindet uns mit der unsichtbaren Welt und der Ewigkeit. Jeder Mensch ist ein Ewigkeitswesen. Der Leib mag in das Grab gelegt werden, die Persönlichkeit bleibt und lebt. Für die Welt und die Menschen dieser Welt sind wir tot oder schlafen, aber nicht für Gott noch für jene Welt und für die Personen jener Welt. Wir wechseln nur den Platz und gehen zu den Geistern der vollendeten Gerechten. Wir sind bei dem HErrn. Nicht in einem unbewußten Zustande - nicht schlafend. So wie wir Mose und Elias sehen (Luk. 9,31), redend, denkend, genießend - ein Leben bei Christus, das weit besser ist im Vergleich mit dem Leben auf der Erde (Phil. 1,23). Gewiß, noch nicht im Vollendungszustande. Dieser wird uns bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht in der Auferstehung. Dann werden wir dort sein in einem Leibe gleichförmig dem Leibe Seiner Herrlichkeit. Bis dahin (in der Zeit zwischen dem Entschlafen und der Auferstehung) sind wir, unsere - meine Person - ich- lebend bei Christo. Der Apostel spricht von „ausheimisch sein von dem Leibe“. Wer ist das, der ausheimisch ist? Das ist meine Persönlichkeit - ich - die Person, die bleibt, und von der gesprochen werden kann als „ausheimisch von dem Leibe“. Dieser Zustand des Ausheimischseins von dem Leibe ist für den Gläubigen nichts anderes als „einheimisch sein bei dem HErrn“ (2. Kor. 5,8).

Das bewußte Leben der Person ohne Leib ist für den Verstand eine Schwierigkeit, aber nicht für den Glauben. So wurden Mose und Elias auf dem Berge der Verklärung gesehen. Aber man möchte fragen: Wie war es möglich, daß sie so von den Jüngern gesehen und wahrgenommen werden konnten? Antwort: Sie wurden nicht gesehen von den Jüngern unten, sondern nur von den drei Jüngern oben, von denen, die (im Bilde) die Welt unten verlassen hatten. Unsere Augen können nicht immer und auch nicht alles sehen. Das Sehen ist ganz von dem Lichte abhängig. Die besten Augen

immer und auch nicht alles sehen. Das Sehen ist ganz von dem Lichte abhängig. Die besten Augen können ohne Licht (im Finstern) nicht sehen, und auch je nach dem Licht sehen wir verschieden. In anderem Lichte sehen wir auch anders; z. B. im Sonnenlicht können wir nicht sehen, was wir im Röntgenlicht sehen. Im Sonnenlicht können wir die Haut unseres Leibes sehen - im Röntgenlicht den Knochenbau unseres Leibes. Es hängt vom Lichte ab, was und wie wir sehen. Es war Nacht, als die Jünger auf dem Berge waren. (Sie kamen am folgenden Tage vom Berge herab. Luk. 9,37.) Was die Junger dort sahen, war nicht in dem Lichte dieser Schöpfung, sondern in dem Lichte der Herrlichkeit. Kein erschaffenes Licht leuchtete ihnen dort. Ihre Leuchte war das Lamm (Offenb. 21,23). Sein Angesicht leuchtete wie die Sonne (Matth. 17,2). In dem unerschaffenen Lichte sahen und erkannten sie Mose und Elias. Das war keine Entzückung, keine Vision, völlig wachend sahen sie. Es war „ein Gesicht“ (Matth. 17,9) im Lichte einer anderen Welt und zugleich von einer anderen Welt - der zukünftigen Welt. Sie sahen Menschen in einem anderen Leben, als worin sie lebten. Sie sahen dort das zukünftige Reich und die Majestät des Herrn Jesu Christi (Matth. 16,28 und 2. Petri 1,16-18).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Welch köstliche Antworten haben wir hier vor uns! Gepriesen sei der HErr dafür! Wir denken, daß aufrichtig sich unter das Wort beugenden Gläubigen diese Antworten wenigstens darüber Klarheit geben werden, daß an Auferstehung des Mose nicht gedacht werden kann, solange Christus, der Erstling, nicht auferstanden war. Uns hat diese eine Erwägung in jener Zeit, wo wir uns ernstlich mit der Stelle beschäftigten, genügt, um dem Gedanken an eine vorherige Auferstehung nicht Raum geben zu können.

Vielleicht ist der Wortlaut der Geschichte in Luk. 9, insbesondere V. 31, der Anlaß für viele, an die vorherige Auferstehung des Mose zu denken. Es heißt dort: „Sie erschienen in Herrlichkeit.“ Bringt man diesen Ausdruck zusammen mit 1. Kor. 15,43: „Es wird auferweckt in Herrlichkeit“, so kann man auf den Gedanken kommen, es handle sich hier in Luk. 9,31 um Auferstehungsherrlichkeit. Aber dieser Gedanke ist doch eben nur möglich beiÜbersehung der Tatsache, daß Christus der Erstling sein muß (1. Kor. 15,23). Wir fragen: Hat Gott denn nur Auferstehungsherrlichkeit mitzuteilen? Wenn schon Sonne, Mond und Sterne verschiedene Arten von Herrlichkeit haben (1. Kor. 15,41), sollte dann Gott den Seinen, die entschlafen sind und deren Geister bei Ihm sind, für einen besonderen Zweck, den Zweck einer Erscheinung und Unterredung mit dem verherrlichten HErrn, nicht eine besondere Herrlichkeit zuteil werden lassen können?! Übrigens braucht man das Wort „in Herrlichkeit“ gar nicht mit ihnen in Verbindung zu bringen, wie uns V. 32 zeigt. Es war Seine Herrlichkeit, in der auch sie erschienen. - Lassen wir uns belehren durch das Wort, in allen Dingen, Ihm zur Ehre!

 

 

 

 

Frage 12

Wie ist Römer 9,14-24 zu verstehen? (Siehe auch Frage 13!)

Antwort A

Gott ist niemandes Gläubiger, und niemand darf mit Recht über Sein Tun murren. Denn Gott hat zu

all Seinem Tun Seine Gründe. Das dürfen wir ruhig glauben. - Aber Seine Gnadenerweisungen richten sich nicht nach fleischlichen Bedingungen. Alles ist grundlose Gnade. Daß aber die Gnade dem einen zur Seligkeit und dem anderen zum Verderben gereicht, liegt nicht an Gottes Willkür, sondern darin, daß eben Gott ein Gott der Wahrheit ist. Und - V. 15, weil Er nicht auf Grund einseitiger Vorzüge, sondern aus Gnaden handelt. Das wird sonnenklar auch in V. 16 bezeugt. Da heißt es Gott die Ehre geben. Was Pharao anbelangt, so ist die Sache so: Er verstockte zuerst sein Herz gegen Gottes Wort. Das ist seine Sünde. Seine Strafe ist, daß er nun von Gott dahingegeben wird. Vielleicht ist es gut, darauf aufmerksam zu machen, daß fünfmal steht: „Pharao verstockte sich“ und fünfmal: „Gott verstockte Pharao“. Der Mensch kann mit freiem Willen Gottes Gnadenerweisungen zurückweisen. Das ist, wenn ich es so nennen darf, sein Recht (oder besser: Unrecht). Nun aber kommt einmal der Moment, wo der sonst allbarmherzige Gott Seine Gnade entziehen muß und den Menschen dahingibt. Das ist doch einfach göttliche Ordnung. Und es ist auch göttliche Ordnung, daß, wenn ein Mensch dargebotenes Heil ausschlägt, Er dadurch andere desto mehr segnet.

Jedenfalls aber ist Gott souverän und weiß, wie Er zu handeln hat, wen Er begnadigt und wen Er verstockt. Immer aber ist festzuhalten, daß es sich um den Willen eines guten und gerechten Gottes handelt, der immer Licht und Liebe ist, auch da, wo wir Ihn jetzt einmal nicht verstehen. Es geht immer nach dem Vers: „Was Gott tut, das ist wohlgetan, und was Er tut und spricht, das nimmt der Glaube willig an, denn Gott ist Lieb' und Licht.“

Noch einmal, Gott, der uns geschaffen, kennt uns, Er, der an uns gedacht, ehe wir gemacht, geht am sorgfältigsten mit uns um, nachdem Er uns gemacht. Er heißt „gnädig und barmherzig“. Legen wir uns in Seine Hände.

K. E.

Antwort B

Gott ist ein wunderbarer Gott. In Seinem Reich geht es vollig anders zu als in einem irdischen. Er ist so viel höher als die Menschen, wie der Himmel über der Erde ist. Und dennoch dürfen wir kleinen Menschen Blicke in die gewaltige Regierung und wunderbare Weisheit Gottes tun, die allerdings vielen Menschen ungerecht erscheinen möchte. Deshalb heißt es im 14. Vers: „Ist Gott denn ungerecht?“ „Das sei ferne,“ lautet die Antwort. So wollen auch wir uns unter dies gewaltige Wort beugen.

Gott ist es, der aus nichts etwas geschaffen hat, der mit uns redet, da müssen wir schweigen.

V. 11 und 12 wird uns an Esau und Jakob bewiesen, daß, ehe die Kinder geboren waren, Gott schon bestimmt habe, daß der Größere dem Kleineren diene, damit der Vorsatz Gottes bestände. Ähnlich verhält sich's in bezug auf die ganze Menschheit.

Gott hatte Adam und Eva mit freiem Willen erschaffen, in Seiner Ebenbildlichkeit; sie konnten sich entweder für das Böse oder Gute entscheiden. Sie wählten das erstere. Damit ging nicht allein ihre Freiheit, sondern die aller Menschen verloren. Gott wäre nun völlig gerecht, wenn Er die Menschheit in der Sünde und der darauffolgenden Verdammnis ließe. Nun ist Seine Barmherzigkeit und Gnade so gewaltig, daß Er aus dieser Masse Sich ein Volk - die Gemeinde der Heiligen - zubereitet, für das Er

Seinen Sohn in den Tod gegeben, daß Er die Schuld und Strafe auf Sich nähme, damit Gott und die Menschheit wieder in Gemeinschaft treten konnten und der Tod - die Trennung von Gott - aufhörte. Das ist unverdiente Gnade, die der Mensch sich nicht von selbst aneignen kann. Er wird von Gott zur Annahme zubereitet. Erkenntnis seiner Sünde, Glauben an die Vergebung geht der dauernden Innewohnung des Heiligen Geistes vorher. Darauf erlangt der Mensch wieder die Freiheit des Geistes, wie es heißt: „Wen der Sohn befreit hat, ist recht frei.“ Allerdings ist diese Freiheit noch unvollkommen, da er bis zu seinem Eingang ins ewige Leben im Kampf mit der Finsternis steht. Deshalb trachtet er fortan nach dem Ziel: der Vollkommenheit.

Die anderen bleiben in der Verstockung. Wozu das? Die Antwort steht V. 23: „Auf daß Er kundtäte den Reichtum Seiner Herrlichkeit an den Gefäßen der Barmherzigkeit, die Er bereitet hat zur Herrlichkeit.“

L. Th.

Antwort C

Diese Stelle handelt von der Begnadigung und zeigt uns Gott in Seinem Handeln mit den Menschenkindern. Unser Gott legt in die Hand eines jeden Gnade und Gericht, und der einzelne darf und kann frei wählen. So war es auch bei Israel, von dem diese Schriftstelle handelt. Dieses Volk hatte sich selbst durch seinen Unglauben ausgeschlossen und sich an Christus, als dem Stein des Anstoßes und dem Fels des Ärgernisses, gestoßen. Aber dennoch ist das Handeln Gottes einerseits wohl ein souveränes (unabhängiges), andererseits ein Handeln in Gnade. Sein Reichsgrundsatz bleibt der: Er will, daß allen Menschen geholfen werde und alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Wenn nun Israel als Volk verstockt ist, so ist diese Verstockung nicht darin zu suchen, daß Gott ein Wohlgefallen daran hätte und das Verderben dieses Volkes wollte, sondern die Schuld liegt vielmehr auf seiten Israels, indem es die ihm angebotene Gnade, welche in der Sendung des Sohnes Gottes ihm erschienen war, ablehnte. Und wenn auf der anderen Seite dennoch etliche aus Israel errettet werden und diesen die Augen geöffnet werden, so zeigt sich hier wiederum die wunderbare Gnade Gottes, welche dem, der da will, in Gnade begegnet. Also auch hier sehen wir, wie Gott nach Seinem Plane arbeitet. Vers 7 sagt uns, nicht alle, die Abrahams Same sind, sind darum auch Kinder, vielmehr war es die mächtige Kraft Gottes, durch die Er das Tote lebendig macht, die diesen lebendigen Schößling hervorbrachte aus einem erstorbenen Volke. Denken wir an das völlige Versagen Israels als des Weinstocks, den Gott aus Ägypten geholt und an den Er so viel Treue gewandt hatte (Ps. 80,8-16), dann müssen wir uns tief einprägen, daß in allem, was die Erlösung der Menschheit angeht, in allem, wo es sich um Frucht für Gott handelt, Sein das Werk ist und Sein die Kraft, damit Ihm allein die Ehre gebühre. „Nicht aus Werken, auf daß sich nicht jemand rühme. Denn wir sind Sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvorbereitet hat, daß wir darinnen wandeln sollen.“ (Eph. 2,9.10.)

Ph. W.

Antwort D

Wenn man das ganze Kapitel 9 und dazu noch die Kapitel 10 und 11 liest, kann man erkennen, daß es sich in dem uns vorliegenden Schriftabschnitte um die Auserwählung aus Gnade handelt, und zwar

in den Versen 14-24 besonders um die Unumschränktheit Gottes in der Ausübung Seiner Gnade bei dieser Auserwählung. „Hat der Töpfer nicht Macht über den Ton?“

(V. 21.) Ja, weiter nichts als Gnade ist es, wenn du und ich „Gefäße zur Ehre“ sind, „Gefäße der Begnadigung, die Er zur Herrlichkeit zuvorbereitet hat“ (V. 23). Es ist nicht aus Werken (V. 11, Klammer; 11,6) und lag auch weder an unserem Wollen noch an unserem Laufen, sondern allein an dem begnadigenden Gott (V. 16). In Seiner unumschränkten Gnade hat Er uns zur Herrlichkeit zuvorbereitet - „auserwählt in Ihm“, dem geliebten Sohne, „vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1,4).

Für das Kind Gottes ist dieses eine kostbare Tatsache, die sein Herz glücklich macht und mit Dank und Anbetung erfüllt. Es versteht diese wunderbare Gnade und weiß, daß es anders gar nicht sein kann.

Der unwiedergeborene Mensch aber versteht sie nicht - wie könnte er auch? - und wagt es einerseits, Gott zu beurteilen, indem er sagt, wenn es nur Gnade sei, dann sei es doch nicht gerecht, die einen zu begnadigen und die anderen nicht (V. 14), und andererseits benutzt er es, sich zu entschuldigen, indem er sagt: Ja, was kann ich dann dafür, wenn ich nicht begnadigt bin? (V. 19.) Der Mensch ist so sehr geneigt, andere - ja sogar Gott - anzuklagen, seine eigene Schuld aber zu leugnen. Aber „o Mensch, wer bist du, der du das Wort nimmst wider Gott?“ (V. 20.) Die in den Versen 6-18 aufgeführten beiden Beispiele von Jakob und Esau und vom Pharao sind der beste Beweis dafür, daß die, welche nicht auserwählt sind und dem Gericht verfallen, selbst daran schuld sind: Esau hatte das Erstgeburtsrecht verachtet, indem er es für ein Gericht Linsen verkaufte (1. Mose 25,31-34) - und Gott wußte das selbstverständlich im voraus! -, und von dem Pharao heißt es wiederholt, daß sein Herz sich verhärtete (2. Mose 7,13 und 22), und dann wiederholt, daß er sein Herz verhärtete (2. Mose 8,15 und 32; 9,7), und dann erst, nach dieser Verhärtung nach seinem eigenen Herzen und seinem eigenen Willen, heißt es: „Und Jehova verhärtete das Herz des Pharao“ (2. Mose 9,12). Der Mensch, der die wunderbare Gnade Gottes nicht erfährt und darum verloren geht und einst vom Gericht Gottes getroffen werden wird, ist also ganz allein daran schuld, denn er hat die Gnade verschmäht, hat nicht gewollt, hat dem Wirken des Geistes Gottes sich widersetzt und dadurch sich selbst sein ewiges Los bestimmt. Darum heißt es auch in Röm. 9,22 von den „Gefäßen des Zornes“ nicht, daß Gott sie zubereitet habe zum Verderben, sondern einfach: „zubereitet zum Verderben“; es ist nicht Sein Werk, nein, Er hat sie sogar „mit vieler Langmut ertragen“. Von den „Gefäßen der Begnadigung“ dagegen heißt es, daß Er sie zur Herrlichkeit zuvor bereitet hat! Er wußte „vor Grundlegung der Welt“, von Ewigkeit her, wie ein jeder Mensch sich gegenüber Ihm selbst stellen und gegenüber dem Wirken Seines Geistes und dem Werben Seiner Liebe und Gnade verhalten würde, und wenn - wie schon gesagt - keiner der Auserwählten sich auch nur des geringsten Verdienstes rühmen kann, sondern ein jeder nur die unermeßliche Gnade Gottes preisen kann, so ist ebenso gewiß, daß keiner von denen, die verloren gehen, je Gott einen Vorwurf wird machen können, sondern daß jeder wird erkennen und anerkennen müssen, daß er selbst nur daran schuld ist! - Dem Verstande mag dieses etwas Unfaßbares sein, der Glaube aber versteht es völlig und ruft bewundernd aus: „O Tiefe des Reichtums ... Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“ (Röm. 11,33-36.)

Th. K.

 

Anmerkung des Herausgebers

Diese Antworten geben viel Licht über die unseres Erachtens mit Anrecht schwierig genannte Stelle und Anleitung zum Weiterforschen.

Wie gut, daß nicht von unserem Wollen und Laufen unsere Errettung abhängig ist! Wenn dem so wäre, so wären die Starken, Klugen, Reichen, die sich alle Möglichkeiten zum Wollen und Ausführen ihres Willens leicht beschaffen können, so im Vorteil, daß die Schwachen das Nachsehen hätten. Aber im Gegenteil, gerade „was schwach ist vor der Welt, hat Gott auserwählt, auf daß Er das Starke zunichte mache“ usw. Wie lehrreich ist hier die Stelle: 1. Kor. 1,26-29! Gepriesen sei Gott für dieselbe!

Es handelt sich in Röm. 9-11 um das scheinbare Rätsel der gegenwärtigen Verwerfung Israels und in diesem Zusammenhang um die in unserer Stelle behandelte Frage der Gerechtigkeit Gottes. Wenn das Volk als Ganzes nicht verstanden hatte, daß das Gesetz ein Erzieher auf Christus hin (Gal. 3,24) sein sollte und darum sich an Christus stieß, statt Ihn anzunehmen (9,31-33), so blieb Gottes Gerechtigkeit doch völlig unverletzt, wenn Er, der alles dies natürlich voraussah, Israel beiseite setzte (wie einst Pharao, der sich erst selbst verhärtete, dann von Gott verhärtet wurde) und denen aus den Nationen die von Israel verschmähte Glaubensgerechtigkeit zuteil werden ließ (Vers 24-26.30). Aber in Seiner unumschränkten Gnade hat Er auch aus den das Heil in dem in Zion gegründeten Stein verachtenden Juden einen Überrest der Gnade errettet, um an ihm die Herrlichkeit Seiner Gnade kundzutun (V. 22.23.27). Wer will Ihn deswegen tadeln? Wer will Seine Gerechtigkeit anzweifeln, wenn Er Gnade walten läßt, wo Gerechtigkeit gänzlich verwerfen dürfte?! Wollen wir aus den Nationen Sein Tun kritisieren, wir, die wir „Fremdlinge der Bündnisse der Verheißung“ sind? (Eph. 2,12.) Wie können wir es? Wollen die aus den Juden es tun, wo sie doch durch ihre eigenmächtige Verwerfung des Messias ihre eigene Verwerfung hervorgerufen haben? Gibt es überhaupt eine Stimme, die sich auflehnen und Gerechtigkeit fordern könnte, wenn die Gnade redet? - Gnade wirkt stets „ohne Verdienst und Würdigkeit“ der Begnadigten; Gnade ist absolut unumschränkt, wenn der sie Ausübende in seiner Macht unumschränkt ist. Schon die Begnadigung eines Mörders seitens des Königs ist eine Tat, wo das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen nichts zu fordern oder zu hemmen hat, wieviel mehr wenn Gott begnadigt!

O, der armselige Mensch, der arme Tor, der da in scheinbarer Gerechtigkeitsliebe auftrumpft und Gott Ungerechtigkeit vorwirft! Wenn Gott in Seinem geliebten Sohn die begnadigt, die Gott recht geben und als ohnehin sowieso unbedingt verlorene Sünder die Gnade annehmen, wer will da Gott Ungerechtigkeit vorwerfen, wenn die, welche die Bedingungen der Gnade nicht annehmen wollen, aber sich anstrengen, durch eigenes Wollen und Laufen das Heil zu erlangen, verloren bleiben in Ewigkeit?

O Geschwister, laßt uns mit heiliger Ehrfurcht an unserem schwachen Teile eintreten für Gottes unantastbare Gerechtigkeit in einer Welt, die Seine Ehre, Sein Recht, Seine Gerechtigkeit und auch Seine Liebe und Gnade in ihrer Selbstverblendung mit Füßen tritt! Laßt uns Gott

die Ehre und Herrlichkeit geben, die Ihm gebührt! (Röm. 4,20; Phil. 1,11; Röm. 11,33-36; Röm. 15,17; 1. Tim. 1,17; 1. Petri 4,11 u. a.)

 

Frage 13

Wie verhält sich 1. Kor. 9,24 zu Röm. 9,16?

Antwort A

In diesen zwei Stellen ist nicht die Rede von einem und demselben Lauf, sondern von zweien, welche nicht gleichzeitig stattfinden können und durch ihre Ziele und Beweggründe gar verschieden gekennzeichnet werden; daher der zwischen ihnen vorliegende Gegensatz.

In Röm. 9,16 handelt es sich um einen Lauf zum Erlangen der Gerechtigkeit, wie der Israels (9,30.31; 10,3). Ein solcher Lauf nützt nichts, ja verstockt, denn der Vorsatz Gottes ist nach Auswahl, nicht aus Werken, sondern aus dem Berufenden (9,11), sonst ist die Gnade nicht mehr Gnade (11,5-7). Ja, es liegt nur an dem begnadigenden Gott, der den Reichtum Seiner Herrlichkeit an Gefäßen der Begnadigung kundtut (8,29.30; 9,23).

Der Lauf nach 1. Kor. 9,24 aber ist nicht ein Versuch, ein Streben nach der Gerechtigkeit, sondern eine Frucht, eine Wirkung der Gerechtigkeit, welche die Korinther, „berufene Heilige“ (1,2) schon hatten (1,30). Der Preis dieses Laufes ist nicht die Gerechtigkeit, sondern die Krone der Gerechtigkeit (2. Tim. 4,7.8) ist deren Belohnung. Da aber die Kraft zu diesem Lauf nicht von dem Laufenden gewirkt werden kann, sondern nur von der Gnade Gottes (1. Kor. 15,10; Eph. 3,20; Phil. 2,13), geschieht die Belohnung „zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade“ (Eph. 1, 5.7.12), und: „Wer sich rühmt, rühme sich des HErrn!“

Geschwister, laufen wir? (Offenb. 22,10-12.)

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Obwohl der Einsender dieser Frage dieselbe später Zurücknahm, da sie ihm keine Schwierigkeiten mehr mache, möchten wir unseren Lesern die einzige darauf eingegangene Antwort Doch nicht vorenthalten im Hinblick auf Frage 12, die hier ja ebenfalls mitbeAntwortet wird.

Manche scheinbare Schwierigkeit in der Schrift wird leicht gelöst, wenn man streng auf den Zusammenhang achtet, in dem an sich gleichlautende Worte und Begriffe stehen.

Ja, nochmals die Frage an uns alle: Laufen wir? Nicht um errettet zu werden - wenn etwa jemand, der dies liest, noch nicht errettet sein sollte! - das Heil erlangen wir nicht durch eigene Bemühungen, der HErr sei dafür gepriesen! Er hat's bereitet in Christo für den, der da glaubt! (Röm. 3,20-28) Nein, laufen wir in der Rennbahn, d. h. als Menschen, die, ein für allemal errettet, nun auch kein Ziel mehr kennen als Ihm, der uns errettet hat, wohlgefällig zu dienen, wie Paulus tat? „Laufet also!“ Wie sollen wir laufen? Mit Selbstverleugnung, Enthaltsamkeit, Treue - Paulus ist uns ein wunderbares Vorbild darin! - als Menschen, die nicht nur das Ziel kennen, sondern die auch nicht mehr hängen bleiben an den Dingen dieser Welt, sich nicht mehr durch dieselben berauschen lassen, wodurch der Wettlauf gehemmt wird. Sind wir so zielbewußt in unserem Dienst, unserem ganzen Leben und Wirken? „Seid zusammen meine Nachahmer,“ sagt Paulus Phil. 3,17, kurz nachdem er uns gezeigt hat, wie er vorwärts eilt („ich jage“, V. 14), dem Ziele zu. Laufen wir also? Und noch eins! Jenes Wort 1. Kor.

9,24 sagt nicht, daß nur Paulus und einzelne wenige den Kampfpreis (die unvergängliche Krone der Gerechtigkeit, vgl. 2. Tim. 4,7.8) empfangen können, etwa weil nur ein Wettkämpfer den Preis erlange, sondern jenes Bild aus dem Leben der alten Griechen soll uns nur anspornen, zu laufen in der Weise wie sie, wenn anders wir die Krone erlangen wollen. Jeder kann sie erlangen, aber nur die erlangen sie, die in der Weise laufen wie jene Sieger in der Rennbahn.

Der HErr gebe uns viel Gnade, „mit Ausharren zu laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend auf Jesum“! (Hebr. 12,1-3.)

Geleitswort an den Leser:

Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben. Der Gott des Ausharrens und der Ermunterung aber gebe euch, gleichgesinnt zu sein untereinander, Christo Jesu gemäß, auf daß ihr einmütig mit einem Munde den Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi verherrlichet. ... Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, um euch überströmen zu lassen in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes!“ Röm. 15,4-6.13.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 14

Bitte um eine Erklärung von Röm. 10,6.7!

Antwort A

Diese zwei Verse sind die kurze Zusammenfassung des Urteilens des Unglaubens, dessen endlicher Ausspruch ist: „Hinweg mit Diesem ... kreuzige Ihn“! (Luk. 23,18.21.) Um sich zu rechtfertigen, wie einst der Gesetzgelehrte (Luk. 10,29), sagt der Ungläubige: 1. „Wer will in den Himmel hinaufsteigen“, um zu sehen und Beweise zu holen, ob etwa der Christus wirklich sitzend zur Rechten Gottes ist, ob wirklich dieser Mensch vom Himmel herabgestiegen war? (Joh. 3,13.) 2. Und „wer wird in den Abgrund hinabsteigen“, zu beweisen, daß dieser Mensch auferstanden und jetzt lebendig ist, der auch Gericht üben wird?

Daß Er gelebt hat, ein außerordentlich bemerkenswerter Mensch, und gestorben ist als Märtyrer Seiner Lehren, glaubt der Ungläubige ohne Bedenken, da seine eigene Sünde und Stellung Gott gegenüber nicht berührt werden. Aber daß dieser Mensch Gott geoffenbart imFleische war, nein, das mag er nicht, denn das Leben des Lichtes dieses Jesus bringt seine Sünde an den Tag, und die Erhöhung des Auferstandenen erinnert ihn an den Augenblick, da er vor Ihm von allem Rechenschaft ablegen müssen wird.

„Wir aber“, deren Augen erleuchtet worden sind durch die Gnade Gottes, „sehen Jesum ... mit

„Wir aber“, deren Augen erleuchtet worden sind durch die Gnade Gottes, „sehen Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Hebr. 2,9), frohlocken in der Hoffnung, Ihn zu sehen (1. Petr. 1,8.9) und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes (Röm. 5,2). Wir sehen, wir haben; wir werden sehen, wir werden haben. Welch ein Los!

R. W. D.

Antwort B

In diesem Schriftabschnitt handelt es sich um den Glauben und um das Wort des Glaubens. In Vers 6 und 7 dagegen werden wir gewarnt vor der Sprache des Unglaubens, damit wir dieser nicht das Herz öffnen. Warum sollen wir in unserem Herzen nicht sagen: Wer wird in den Himmel hinaufsteigen? Eben, weil Er hinaufgestiegen ist. Sich nach irgend etwas anderem umzusehen, das dorthin aufzusteigen vermöchte, heißt nichts anderes, als Christus entthronen und herabführen. Solche Fragen im Herzen, solches Umschauen vielleicht nach guten Werken und der Güte des eigenen Lebens, die dort hinaufsteigen möchten, heißen Ihn erniedrigen und Seinen Eingang in die Herrlichkeit leugnen. Und ebenso ist die Kehrseite in der Frage: Wer wird in den Abgrund hinabsteigen? Er ging dort hinab und hat die Erlösung vollbracht. Welche Unglaubensfragen und -blicke sind es, die vielleicht nach Buße, Tränen, Kasteiungen usw. Umschau halten, die hinabsteigen könnten als Sühnung oder Mithilfe, um die Vergebung zu vollenden! Manche möchten so das Herabsteigen des HErrn unterstützen. Es ist eine Verleugnung des vollendeten Werkes. Es ist wirklich nichts anderes, als Ihn aus den Toten heraufführen und Sein Werk zur Vollendung bringen wollen.

Solche Erwägungen haben bei der Gerechtigkeit aus Glauben keinen Raum. Sie kehrt zum „Wort“ zurück (V. 8), zum „Wort des Glaubens“, zu dem Wort, welche von den Aposteln gepredigt ist. Die Gerechtigkeit aus Glauben erfordert eben Glauben. Glaube ergreift das, was Gott in Christo getan hat, Ihn, der in den Himmel hinaufgestiegen ist, der die Tür nicht hinter Sich geschlossen, sondern offen gelassen hat für jeden, der des Glaubens an Jesus ist.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Welch kostbare Darlegungen und Beweise enthält dieser Abschnitt in Kap. 10! Derinspirierte Apostel nimmt ein Wort aus dem 30. Kapitel des 5. Buches Mose (Vers 11-14), aber er wendet es nicht an für die Gerechtigkeit aus dem Tun des Gesetzes, und also im Hinblick auf das Gesetz (wovon die Stelle im A. T. handelt), sondern für die Gerechtigkeit aus Glauben, und also im Hinblick auf den Gegenstand des Glaubens: Christus. Den Judenchristen in Rom mußte diese Beweisführung zwingend sein, legte sie doch einerseits dem Gesetz volles Gewicht bei als dem Vermittler einer eigenen Gerechtigkeit (einer unvollkommenen Gerechtigkeit aus eigenem Wirken, mit der ungezählte Juden zufrieden waren); andererseits zeigte sie dem aufrichtigen Juden, daß diese ungenügende Gerechtigkeit aus Gesetzeswerken nicht zu vergleichen war mit der Gerechtigkeit aus Glauben. Diese nämlich besteht auf und in einem, der mit göttlichem Recht „des Gesetzes Ende“ genannt wird. Denn dieser eine, Christus, lebt, Er braucht nicht erst mit gewaltigen Anstrengungen, wie sie das Halten des Gesetzes erforderte, vom Himmel herabgeholt zu werden, Er ist vielmehr da, frei für jeden zu erreichen.„Das Wort (des Gesetzes), um es zu tun, war auch „sehr nahe“ für den Juden (5. Mose

30,14); aber welcher Anstrengungen bedurfte es, um es wirklich zu erfüllen; und sie blieben vergeblich! Christus aber ist gekommen, Er ist da, und es bedarf nur dessen, Ihn anzurufen (V. 13), um errettet zu werden. Und dieser Christus ist längst auferweckt. Er braucht nicht aus der Totenwelt heraufgebracht werden mit Anstrengungen, die des Gesetzes würdig sind, Er ist auferweckt, hat Tod und Grab, die folgen für den, der das Recht des Gesetzes nicht erfüllt, längst überwunden! Nur glauben an Ihn - das bewirkt Gerechtigkeit, „Gottes Gerechtigkeit gegen alle und auf alle, die da glauben“ (Röm. 3,22). -

Diese „Gerechtigkeit aus Glauben“ (V. 6) sagt auch dir, lieber Leser, wenn du noch nicht errettet bist: Mach keine verkehrten Anstrengungen, wie sie die Juden machten, um eine vermeintliche Gerechtigkeit aufzurichten, denke nicht, du müßtest Gott dir erst geneigt machen, zweifle auch nicht an Christus, der längst kam und auch aus den Toten wiederkam - Er ist um der Rechtfertigung der an Ihn Glaubenden willen auferweckt (Röm. 4,25) - nein, glaube an Ihn! Nimm Ihn an als auch Deinen alleinigen Retter und Heiland! Er ist es für die Gottlosen, die Sünder! Und „die Schrift sagt“: „Jeder, der an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden“, denn es ist kein Unterschied zwischen dem Juden und dem Griechen (d. i. Heide, wozu auch die Namenchristen gehören!), denn derselbe HErr von allen ist reich für alle, die Ihn anrufen; „denn jeder, der irgend den Namen des HErrn anrufen wird, wird errettet werden“ (Jes. 28,16; Joel 2,32; Röm. 10,11-13).

Später wird auch ein Tag kommen, da Israel auf dem Grundsatz der Gnade durch Buße und Beugung angenommen werden wird. Dann wird 5. Mose 30,1ff. vollendet werden.

 

Frage 15

Ich möchte den Herrn Jesus in Lukas 7,31.32 verstehen!

Antwort A

Hier in Luk. 7,31.32 und in Matth. 11,16.17 begegnen wir den gleichen Worten Jesu. Der Wirksamkeit des Herrn Jesu war die Predigt Johannes des Täufers vorausgegangen, er war vor dem König hergegangen und kündigte die Nähe des Reiches an und forderte die Juden zur Buße auf, damit sie in das Reich eingehen möchten. Er kündigte das Kommen Dessen an, der die neue Ordnung der Dinge auf Erden einführen sollte. Nun kam der Herr Jesus Selbst auf den Schauplatz und wirkte gleichsam als Erwiderung auf die Predigt des Täufers Wunder, welche die Gnade Gottes, die mit Christus in Macht erschienen war, in das rechte Licht rückte. Er ging Seinen Weg, übte Seinen Dienst an den Armen und Kranken aus und pries die glückselig, welche sich nicht an Ihm ärgerten. So wurde das Volk moralisch auf die Probe gestellt, und das Resultat dieser Probe teilt uns der HErr in den zur Frage stehenden Worten mit. Die Aufnahme des Johannes sowie des HErrn ist eine gleiche. Die Weisheit des Menschen, die immer töricht ist, klagt Gottes Wege an und fragt immer nach dem Warum. Deshalb vergleicht der HErr diese Juden mit spielenden Kindern, welche Spielvorschläge machen und dann unwillig sind, daß man nicht auf ihre Vorschläge eingeht oder nicht nach ihrer Pfeife tanzt. Hier tritt der Eigensinn des natürlichen Menschen so recht zutage, Johannes und auch Jesus werden verworfen, der ernste Bußprediger und der ihnen in Güte und Gnade begegnende Sohn Gottes paßt den Juden nicht, sie wollen von beiden nichts wissen; das ist ein Zeichen, daß nicht sachliche Gründe, sondern kindische Launenhaftigkeit bei ihnen entscheidet. Der Teil des Volkes, der mit Dank das durch Johannes gesandte Wort aufgenommen hatte, gab in seinem Herzen den Wegen

mit Dank das durch Johannes gesandte Wort aufgenommen hatte, gab in seinem Herzen den Wegen der Weisheit Gottes Zeugnis. Jene aber, die sich selbst vertrauten, verwarfen die Ratschlüsse Gottes, die sich in Christo erfüllten. Darauf bezeichnet der HErr deutlich den Zustand dieser letzteren mit den Worten in Vers 31 und 32. Die Kinder der Weisheit aber erkannten das Werk Gottes in Christo Jesu an und verherrlichten die Gnade, die ihnen erschienen war, in ihren Wegen. (Lies noch Spr. 29,9!)

Ph. W.

Antwort B

Der Herr Jesus spricht in dem betreffenden Schriftabschnitte von Johannes dem Täufer und Sich Selbst. Was Er in Vers 31 und 32 meint, erklärt Er Selbst in V. 33 und 34: Die Menschen waren weder mit Johannes noch mit Ihm Selbst zufrieden; keiner von beiden war so, wie sie es wünschten. Sie liebten die Welt mit ihren Genüssen und Freuden, Johannes aber hatte diesem allem völlig entsagt (s. Matth. 3,4): Sie hatten ihm „gepfiffen“, er hatte aber nicht „getanzt“! Sie fasteten an gewissen Tagen (vielleicht zweimal in der Woche, s. Luk. 18,12) und liebten es, dabei düster auszusehen - ihre Angesichter zu verstellen -, damit sie den Menschen als Fastende erschienen (s. Matth. 6,16), quälten sich auch mit noch mancherlei anderen Dingen (s. Mark. 7,3.4) und bildeten sich darauf viel ein, der Herr Jesus aber „aß und trank“ und kümmerte Sich nicht um ihre Menschengebote (s. Luk. 11,38): Sie hatten Ihm „Klagelieder gesungen“, Er hatte aber nicht „geweint“!

So waren damals „die Menschen dieses Geschlechts“ (V. 31), und genau so sind sie auch heute noch. Ja, „dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis alles geschehen ist“ (Luk. 21,32). Sie stoßen sich an den Kindern Gottes einerseits, weil sie die Genüsse und Freuden dieser Welt meiden (s. 1. Petr. 4,3.4), und andererseits, weil sie an ihren religiösen Dingen nicht teilnehmen. Der HErr aber schenke uns allen Gnade, je länger, je mehr abgesondert zu wandeln von der Welt und gereinigt zu werden von „toten Werken“ (Hebr. 9,14), um Ihm zu leben, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Was hatte die Weisheit Gottes - in der Sendung des Johannes wie des Herrn Jesu in verschiedener Weise zum Ausdruck gekommen - sich alles gefallen lassen müssen! Die, welche ihre Kinder hätten sein sollen, die Juden, gingen mit ihr um, wie launische, widerspenstige Spielgefährten miteinander umgehen: sie nahmen sie nicht ernst, spielten mit ihr, verurteilten sie und machten den Ratschluß Gottes in bezug auf sich selbst unwirksam (V. 30). Aber jene wenigen, die Gott rechtfertigten (V. 29), waren echte Kinder der Weisheit, durch Gott Selbst unterrichtet in den Wegen Seiner Weisheit; sie dienten zu Gottes Verherrlichung.

Auch wir, die wir Gott recht gegeben haben, indem wir Gottes Recht, uns, die Sünder, zu verwerfen, anerkannten und die freie Begnadigung in Christo annahmen, auch wir sind Kinder der Weisheit. Und wir rechtfertigen Seine Weisheit, die Christus zu unserer Versöhnung ans Kreuz gab und Ihn sterben ließ. Die Weltkinder um uns herum gleichen auch solchen launischen Kindern; sie wollen weder den Christus im blutigen Gewand mit der Dornenkrone noch einen, der am rechten Ort in rechter, aber anderer als weltlicher Weise mit den sich (in Ihm) Freuenden Sich freuen kann, noch Den, welcher

anderer als weltlicher Weise mit den sich (in Ihm) Freuenden Sich freuen kann, noch Den, welcher der offenkundigen Sünder Sich annimmt; sie wollen auch Seine Propheten nicht mit der Bußpredigt; sie wollen Christus nur so, wie sie Ihn sich selber zurechtmachen, und Seine Propheten nur so, wie sie ihnen passen (2. Tim. 4,3). - Wir aber rechtfertigen die Weisheit Gottes in Seinen Wegen mit uns zu unserer Erlösung. Wir wissen und bezeugen frei - daß wir's nur immer treuer täten! -, daß Er, gerade so, wie die Schrift Ihn uns zeigt, sein mußte und ist, und daß, wo Er ist und wie Er ist, auch wir, die Seinen, Seine Diener, sind in dieser Welt! (Joh. 12,26; 1. Joh. 4,17.) Möchten wir stets Gnade haben, auf diese Weise die Weisheit Gottes zu rechtfertigen! (Vergl. noch 1. Kor. 1,18-31.)

Frage 16

Wer sind die Söhne (nach Luther: Kinder) Gottes in 1. Mose 6,1-4; Hiob 1,6; 2,1 u. 38,7?

Antwort A

Aus all den verschiedenen Auffassungen hierüber sind wohl die drei folgenden am besten geeignet, einer näheren Prüfung unterzogen zu werden.

1. Einige Schriftausleger sehen in den Söhnen Gottes aus den oben angegebenen Stellen die Kinder des Seth, bei dem wir 1. Mose 4,26 lesen, daß man nach der Geburt seines Sohnes Enos anfing, den Namen des HErrn anzurufen. Es scheint also, als ob Seth gottesfürchtig war und sich deshalb an die Hilfe Gottes hielt. Ob aber die Kinder von Seth nun ausnahmsweise fromm waren und deshalb den Namen „Söhne oder Kinder Gottes“ bekamen, ist doch wohl sehr fraglich. Wenn nach Röm. 3,23 kein Unterschied ist, indem sie alle gesündigt haben, dann ist es wohl ausgeschlossen, daß die Söhne Seths zum Unterschiede von den anderen Menschen „Söhne Gottes“ hießen. Übrigens werden in dieser Zeitperiode die Menschen niemals Kinder Gottes genannt mit Ausnahme von Luk. 3,38, wo wir lesen, daß Adam ein Sohn Gottes war. Notgedrungen müßten dann aber alle anderen Adamskinder auch Söhne Gottes sein, was aber auf Grund von Joh. 8,44 und 1. Joh. 3,8-10 ausgeschlossen sein muß. Die Annahme, in den Kindern Gottes dort die Kinder des Seth zu sehen, hat deshalb so gut wie nichts für sich.

2. Nach einer anderen weniger bekannten Auffassung handelt es sich in der Stelle 1. Mose 6,1-4 bei den Söhnen Gottes um Kinder Adams, die ihm vor dem Sündenfall geboren wurden. Wenn es auch nicht ausgeschlossen sein muß, daß Adam und Eva vor dem Falle Kinder zeugten, so ist diese Ansicht doch etwas sehr gewagt. Das Wort: „Seid fruchtbar und mehret euch!“ galt gewiß sofort, nachdem es Gottes Mund gesprochen hatte; ob aber wirklich Leben erzeugt ist vor dem eigentlichen Fall des Menschen, davon lesen wir in der Schrift auch nicht ein Wörtchen. Diese Anschauung, in den Söhnen Gottes aus 1. Mose 6 vor dem Fall geborene Menschen zu sehen, beruht darum mehr auf spekulativem Denken als auf dem festen unerschütterlichen Gottesworte. Wenn dann in 1. Mose 6,1-4 vor dem Fall geborene Menschen zu sehen sind, dann müßten in den übrigen Stellen Hiob Kap. 1 und 2 und 38 usw. ebenfalls solche gesucht werden. Wohin das aber führt, das auszudenken überlasse ich der Anwendung des Lesers. Da diese zweite Auffassung noch weniger für sich hat als die erste, darum wird sie auch wenig gehört und geglaubt.

3. Nach der dritten Auffassung, zu der ich auch neige, sind die Kinder oder Söhne Gottes aus diesen Stellen gefallene Engel. Daß die Engel nach Hiob 38,7 jauchzten, als der Grund der Erde gelegt

wurde, ist mit dem übrigen Inhalt der Schrift sehr wohl zu vereinen. Daß sie dann auch vor Jehova treten, um Bericht zu erstatten über ihre Tätigkeit oder Gottes Lob zu sagen, wie wir's in Hiob 1 und 2 lesen, das ist ebenfalls jedem Bibelleser glaubhaft. Daß aber, wie in 1. Mose 6 berichtet wird, die Engel den Vorgang des Zeugens vorzunehmen imstande sind, das scheint vielen Bibellesern auf Grund von Matth. 22,30 nicht recht glaubhaft zu sein. Gewiß steht es biblisch fest, daß nach Matth. 22,30 die Engel Gottes weder freien noch sich freien lassen; aber kann es sich denn in 1. Mose 6 nicht um gefallene Engel handeln, um Engel des Teufels, um Geistwesen, die die natürliche Schöpferordnung verkehrt haben in eine unnatürliche? Auf Grund von Judä scheint das tatsächlich der Fall zu sein. Dort lesen wir von der Sünde der Sodomiter und im Zusammenhang damit von der Sünde der gefallenen Engel.

Es scheint also, als ob die Söhne oder Kinder Gottes in den obenerwähnten Stellen Engel sind.

A. C.

Anmerkung des Herausgebers

Diese Antwort Ging uns aus dem Felde zu!

Wir sind sehr dankbar für diese klaren Gegenüberstellungen der wichtigeren Auffassungen über diese Schriftworte, vor allem 1. Mose 6. Doch möchten wir noch mit einigen Worten auf die erste und letzte Auslegung eingehen.

Zunächst spricht uns gegen die sehr bekannte dritte Auffassung, derzufolge 1. Mose 6 in den „Söhnen Gottes“ (gefallene) Engel zu sehen seien, außer der angeführten Stelle Matth. 22,30 noch u. a. sehr Luk. 24,39. Wie können geschlechtslose Geistwesen sich mit Fleischeswesen geschlechtlich, also fleischlich, verbinden? Und es handelt sich um Ehebündnisse! Außerdem trifft das Strafgericht Gottes die Menschen auf der Erde (V. 3.5-7!), also waren sie die Sünder, nicht aber Engel! - Nun scheint aus Judä V. 6 und 7 zwar hervorzugehen, daß das „Nichtbewahren des ersten Zustandes“ eines Teiles der Engelwelt darin bestanden habe, daß sie „ihre Behausung verließen“ und „anderem Fleische nachgingen“. Aber in V. 7 ist statt „gleicherweise wie jene“ (die Engel) nach dem Griechischen doch wohl zu lesen: „gleicherweise wie diese“ (das sind die, die im Briefe sehr oft „diese“ genannt werden, vgl. V. 8, 10, 12, 14, 16, 19!). Wenn diese Meinung richtig ist, dann wüßten wir aus 1. Mose 6 allerdings nicht, worin jenes Sündigen der Engel (2. Petr. 2,4) bestanden habe (was wir ja auch nicht zu wissen brauchten!), nur, meinen wir, jedenfalls nicht darin, daß sie der Hurerei sich hingaben. - Aber wir können darüber nichts Bestimmtes aussagen und wollen natürlich auch keine Lehre über diese schwierige Stelle prägen. Nur wollen wir alle Seiten, soweit uns möglich, betrachten!

Zur ersten Auffassung! Aus 1. Mose 4,25.26 (vgl. 5,1! Kapitel 5 ist Seths Geschlecht!) geht hervor, dass Gott den Samen des Seth gesetzt hat; also wäre es doch wohl möglich, daß der Ausdruck „Söhne Gottes“ auf die Sethiten ginge, vorzüglich, wo doch, unseres Erachtens, V. 26 zeigt, daß es ein gottesfürchtiges Geschlecht gewesen sein muß, denn wo anders hätte mit dem Anrufen des Namens Gottes begonnen werden können als bei ihnen? Doch nicht bei den Kainiten! Nun sind allerdings in der Schrift die Engel häufig, aber nicht in jener Zeitperiode vor der Flut, sondern erst nach der Flut, mit „Söhne Gottes“ benannt worden, z. B. Hiob 1,6; 38,7, wenn auch diese Stelle einen Zeitpunkt lange vor der Flut betrifft (die Stelle ist aber nach derselben inspiriert!). Jedoch

(abgesehen vom N. T.) werden z. B. in 5. Mose 14,1 u. 2; vgl. 2. Mose 4,22f.; Ps. 82,6.7;

und Ps. 73,1.11.15, wo das Wort „Söhne“ nicht mit Jehova, sondern mit Gott verbunden ist! u. a. auch die Israeliten hebräisch „Söhne Gottes“ genannt (woraus natürlich nicht hervorgeht, daß etwa jeder Mensch von Natur als ein „Kind“ oder „Sohn Gottes“ - auf den feinen Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen im N. T. gehen wir hier nicht ein - von Gott anerkannt wird!). Dazu halten wir die in Antwort A erwähnte Stelle Luk. 3,38, wo ausdrücklich nur Seths Linie genannt ist, doch für sehr wichtig und beweiskräftig. Die Benennung „Söhne Gottes“ bezieht sich eben, je nach Zusammenhang, auf verschiedene Wesen. - Wir behaupten nun aber doch nicht, daß die Sethiten gemeint seien; wir stellen nur Aussage gegen Aussage! Sind aber die Sethiten gemeint - und wir glauben es eher, als daß die Engel gemeint seien -, dann hätten wir hier in 1. Mose 6 den großen Gegensatz zwischen Gläubigen und Ungläubigen, der in der ganzen Schrift zu finden ist. Seth und Kain - sie waren Häupter von verschiedenen Menschenklassen, sie hatten damals ihre Nachkommen wie heute noch. Aber die Kinder Gottes werden - wie Israel im Alten Bunde - durch die Kinder der Welt verführt zu unheiligen Dingen, zum Verleugnen der göttlichen Grundsätze und befinden sich in beständigem Kampf mit der von außen an sie herantretenden Sünde (Hebr. 12,1-4; 2. Kor. 6,14ff. u. a.). Und dieser Kampf begann damals in 1. Mose 6, und die Söhne Gottes fielen der Verführung zum Opfer. „Noah aber fand Gnade“ (V. 8), d. h. er sah sich als Sünder, der das Gericht ebenfalls verdient hatte, und nahm die Begnadigung an!

Aber noch eins: man sagt zur Stärkung der Ansicht, daß Engel gemeint seien, es sei doch das Geschlecht der Riesen aus dieser Verbindung hervorgewachsen. Jedoch der Anfang von V. 4 zeigt, daß diese Riesen, Menschen außergewöhnlicher Kraft, schon vorher dagewesen sind, Nachkommen Kains - was ja bei diesem ungezügelten Geschlecht (vgl. 4,17-24) zu verstehen ist -; und als die Söhne Gottes fielen, da entstanden aus ihren unheiligen, fleischlichen Verbindungen, vielleicht zur Strafe, auch solche Gewalttätige an Kraft, möglichenfalls auch überragend an menschlichem Verstand, wie die Kainiten nach 4,17.21.22, zu denen andere aufsahen, Kraftmenschen, die aber ihre Kraft nicht von Jehova hatten und von vornherein die erklärten Feinde der Sanftmütigen waren und blieben. Fällt von hier aus vielleicht auch etwas Licht auf 4. Mose 16,1-3 (Judä 11c)? [nachdem von Mose 12,3 gesagt war, daß er sanftmütiger als alle Menschen war!]. - Solche Riesen an Kraft waren auch nach der Flut vorhanden, vgl. 4. Mose 13,33. Aber das Gericht ist bereit für sie (Jud. V. 14.15) wie für alles Fleisch. Damals wollten die fleischlichen Menschen, auch die fleischlich gewordenen Sethiten - wenn also hier die Sethiten zu verstehen sind! - die nicht mehr als „Söhne Gottes“ sich bewährten, denn fleischliche Abstammung nützt nichts (Joh. 1,12.13; 3,6a), sich dem Rechten (d. i. dem das Rechte Bezeugen) des Geistes Gottes nicht fügen, nämlich z.B. als Noah ihnen predigte (1. Petr. 3,19.20; vgl. 1,11; siehe Frg. 41, Band I, 1913!), und das Gericht kam „und brachte alle um“, bis auf Noah, den „Prediger der Gerechtigkeit“, mit den Seinen. Und so wird das Gericht kommen über die, welche in der Weise sich verhalten, wie die in den Tagen Noahs taten (siehe Luk. 17,26.27!).

Wir sind etwas weiter gegangen und haben gleich einen kurzen Überblick über die ganze Stelle zu geben versucht. Vielleicht möchte der eine oder andere nun doch eher an die Sethiten als an die Engel denken bei dem Ausdruck „Söhne Gottes“ in 1. Mose 6. Aber wir sagen nochmals: Wir stellen wahrlich durchaus keine Lehre darüber auf, zumal wir selber auch noch nicht zu Ende sind mit unserem Forschen über diese Sache, sondern wir möchten durch die verschiedenen Gegenüberstellungen von Schriftaussagen über diesen Gegenstand jedermann Anregung geben zum

Gegenüberstellungen von Schriftaussagen über diesen Gegenstand jedermann Anregung geben zum Weiterforschen, wie dies denn ja überhaupt der gesegnete Zweck der „G. H.“ ist. - Auch bei diesem vorliegenden Gebiet gilt praktisch für uns 2. Tim. 3,16.17!

Frage 17

Wie konnte Jakob sagen, er habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, da doch kein Mensch Ihn sehen kann und leben? 1. Mose 32,30; 2. Mose 33,11 u. 20.

Antwort A

Jakob war ein Träger der Verheißungen Gottes, die Gott dem Abraham gegeben und dem Isaak wiederholt hatte; und Gottes Verheißungen sind unbereubar, auch wenn Jakobs Verhalten diesen Verheißungen gegenüber auf Abwege kommt. Abraham war ein Mann des Glaubens, und dies wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Und dieser Glaube wirkte bei Abraham einen Wandel mit Gott und Absonderung von der Welt. Abraham war und blieb ein Fremdling in Kanaan; aber er hatte Gemeinschaft mit Gott, und Gott vertraute dem Abraham Seine Gedanken an. Wie ganz anders Jakob! Wohl hatte Jakob bis zu einem gewissen Grade Glauben, aber er hatte keine Gemeinschaft mit Gott. Sein eigenes Wirken und Schaffen bringt ihn in die Lage, aus dem Vaterhause fliehen zu müssen. Als Flüchtling kommt er nach Haran in das Haus der Familie Labans; und doch war Gott bei ihm. Gott versichert ihn zu Anfang seiner Reise Seines mächtigen Schutzes, aber Jakobs Herz hat nichts davon, im Gegenteil! er fürchtet sich. In Kanaan hat er seinen Vater und Bruder betrogen, und im Hause Laban begeht er unausgesetzt Betrügereien, List und Gewalt. Und doch wachte Gott über ihm, jedoch in Zucht, ob vielleicht Jakobs Herz gebrochen werde vor Gott und die Gemeinschaft Gottes suche zu seinem Segen. 21 Jahre gehen in dieser Zucht vorüber. Da spricht Gott wieder mit Jakob und befiehlt ihm, nach Kanaan heimzukehren. Jakob hatte Gott noch nicht persönlich kennen gelernt, jetzt soll er Ihn kennen lernen.

Jakob muß auch seinem Bruder Esau begegnen, und das Gewissen wacht bei Jakob auf. Aber noch ist's seine gewohnte und bisher betriebene Weise, Pläne zu machen. Er macht einen Plan; aber er ist auch damit noch nicht zufrieden, er muß allein sein und schickt alles fort, hinüber über den Fluß. Nun ist er allein, aber allein mit Gott (1. Mose 32,24-31). Es rang ein Mann mit ihm, bis die Morgenröte aufging; es ist wichtig: nicht Jakob rang mit einem Mann, sondern ein Mann rang mit Jakob. „Und da er ihn nicht übermochte, da rührte er das Gelenk seiner Hüfte an, und das Gelenk der Hüfte Jakobs war verrenkt.“

Jetzt mußte Jakob lernen, daß die Kraft des Menschen und der Wille des Menschen Feindschaft gegen Gott sind. Jakob mußte gebrochen werden, ehe ihm geholfen werden konnte. Vers 26 spricht Gott: „Laß Mich los, denn die Morgenröte bricht an.“ Und Jakob sprach: „Ich lasse Dich nicht, Du habest mich denn gesegnet.“ Jetzt hatte Jakob Gott persönlich gefunden und gesehen. „Und Gott sprach: Was ist dein Name?“ „Und er sprach: Jakob.“ Sein Name bedeutet das, was er war: Überlister. „Und Er sprach: Nicht Jakob soll hinfort dein Name sein, sondern Israel (Gotteskämpfer); denn du hast mit Gott und Menschen gerungen.“ Jakob wollte nun auch den geheimnisvollen Namen seines Gegners wissen. Gott verweigert es ihm, aber Er segnet ihn daselbst. Jakob aber kam jetzt in Verbindung mit Gott und bezeugt: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden.“ Ein glücklicher Jakob jetzt! Wer war es nun, der mit Jakob rang? Es war Gott-Jehova,

worden.“ Ein glücklicher Jakob jetzt! Wer war es nun, der mit Jakob rang? Es war Gott-Jehova, Derselbe, der schon im Paradiese mit Adam Gemeinschaft hatte; Derselbe, der mit Abraham Gemeinschaft hatte, der mit Mose aus dem feurigen Dornbusch redete; Derselbe, der zu Philippus sagte: „Wer Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen; Derselbe, der in der Fülle der Zeit gekommen war, Sich Selbst entäußerte, Knechtsgestalt annahm, in einer Krippe geboren wurde und am Kreuze starb, um Menschenseelen zu erretten und in Seine Gemeinschaft zu bringen, und Sein Name heißt: Wunderbar.

F. B.

Antwort B

Jakob erlebte damals am Jabbok die denkwürdigste Nacht seines Lebens. Ein Mann rang mit ihm, bis die Morgenröte anbrach. Auf dessen Bitte: „Laß Mich gehen, denn die Morgenröte bricht an“, sagt er: „Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn.“ Darauf erhält er von Ihm einen neuen Namen. Jakob war der bisherige gewesen. Jetzt sollte er „Israel“ heißen, das ist „Gottesstreiter“. Diese Erfahrungen veranlassen nun den Jakob, die Stätte des Kampfes mit „Pniel“ zu benennen; „denn,“ sagt er, „ich habe Gott von Angesicht gesehen und meine Seele ist genesen.“ Für Jakob war also diese Nacht der Anfang eines neuen Lebens. Seine Seele, die bisher krank, war jetzt genesen. Sein Leben, bisher ein großer Betrug, war jetzt ein gottgeweihtes. Er war jetzt eben ein Gotteskämpfer. Alle diese Segnungen führt nun Jakob zurück auf die eine Tatsache: Ich habe Gott von Angesicht gesehen. - Hat Gott Sich nun dort wirklich sehen lassen von Jakob? Die Schrift sagt uns an verschiedenen Stellen, daß niemand Gott sehen kann. So lesen wir es 2. Mose 33,20; Joh. 1,18; 1. Tim. 6,16; 1. Joh. 4,12. Jakob kann demnach hier Gott nicht von Angesicht gesehen haben. Jetzt wird man einwenden: Ja, aber Jakob sagt doch: Ich habe Gott von Angesicht gesehen! Der Prophet Jesaias schreibt auch davon, daß er den HErrn gesehen habe (Jes. 6,1-5). Haben sich nun diese Männer Gottes geirrt, daß beide davon sprechen, Gott gesehen zu haben, den doch kein Mensch sehen kann? Der Herr Jesus sagt Joh. 6,46, daß „niemand den Vater gesehen hat außer Dem, der vom Vater ausgegangen ist“. Demnach beziehen sich all die Stellen, in denen wir lesen, daß kein Mensch Gott gesehen hat noch sehen kann, auf Gott den Vater. Den Vater hat niemand gesehen, und den Vater kann auch kein Mensch sehen. Eine Stelle aus Joh. 12 zeigt dies noch klarer und gibt auch Licht in der vorliegenden Frage. Vers 38 bis 40 greift der Apostel zurück auf Jes. 6. In diesem Kapitel berichtet der Prophet sein Schauen Jehovas. Joh. 12,41 bemerkt dann der Apostel dazu: „Solches sagte Jesaias, da er Seine Herrlichkeit sah und redete von Ihm.“ Wessen Herrlichkeit sah nun Jesaias, und von wem redete er? Nun, die Antwort kann dem Zusammenhang nach nicht schwer sein: von dem Herrn Jesu. Jesaias sah Jehova-Zebaoth, den HErrn der Heerscharen in Seiner Herrlichkeit. Der Jehova Alten Testamentes ist der Christus Jesus des Neuen Bundes. Er ist der Offenbarungsgott. In 1. Kor. 10,4 sagt Paulus, daß Christus als der geistliche Fels mit Israel durch die Wüste zog. Christus war unter Israel gegenwärtig als Jehova. Jesaias sah also nicht Gott, den Vater der Herrlichkeit, sondern Jehova-Jesus. So sah auch hier in 1. Mose 32 Jakob wie sein Vater Abraham in 1. Mose 18,1.2 Jehova-Jesus, der bei Gott schon im Anfang war (Joh. 1,1-3), und Gott ist über alles hochgelobt in Ewigkeit (Röm. 9,5). Jakob hat demnach also ein Recht, zu sagen: Ich habe Gott von Angesicht gesehen, und meine Seele ist genesen. - Hast du schon dein Pniel erlebt?

A. C.

Antwort C

Dieser scheinbare Gegensatz läßt sich wohl folgendermaßen auf einfache Weise lösen: Als Grundsatz gilt, daß wir sterblichen Menschen in unserem sündigen Fleische den unsterblichen und heiligen Gott nicht sehen können und leben (2. Mose 33,20; 1. Tim. 6,16; vgl. auch „Handr.“ 1913, Frg. 28!). Doch liegt es in der Macht Gottes, sich uns in der Gleichheit unseres Fleisches oder in anderer natürlicher Weise zu offenbaren, wie Er es da und dort, z. B. dem Jakob (1. Mose 32,30), Mose (2. Mose 33,11) und Abraham (1. Mose 18,1ff.) gegenüber, und besonders später in Christo (Joh. 1,14; 1. Tim. 3,16) tat, und zugleich statt Verderben Leben und Segen zu bringen.

So konnte Jakob sagen: „Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und meine Seele ist gerettet worden“ (1. Mose 32,30). Doch dereinst werden wir Christum zur Rechten des Vaters (vergl. Matth. 26,64!) „sehen, wie Er ist, indem wir Ihm gleich (ähnlich) sein werden“ (1. Joh. 3,2). während wir jetzt „beim Anschauen Seiner Herrlichkeit“ in Seinem Worte „verwandelt werden nach Seinem Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“ (2. Kor. 3,18).

K. Hch.

Antwort D

In 1. Mose 32 war es der HErr in Menschen gestalt, der mit Jakob rang, wie wir aus V. 24 in Verbindung mit den folgenden Versen sehen. In solcher Gestalt konnte Jakob Ihn „von Angesicht zu Angesicht sehen und leben“. Das wissen wir, nachdem Er als Mensch in Gnade hienieden war. Dasselbe ist es in 2. Mose 33,11, wie 4. Mose 12,8 ergibt, denn dort heißt es: „und das Bild Jehovas schaut er.“ Das „Bild Jehovas“ ist der Herr Jesus, der Sohn Gottes als Mensch, nach 2. Kor. 4,4 verbunden mit 1. Mose 1,26.27. - Anders ist es aber mit 2. Mose 33,20, wo gesagt ist: „Du vermagst nicht Mein Angesicht zu sehen; denn nicht kann ein Mensch Mich sehen und leben.“ Da handelt es sich um Seine göttliche Herrlichkeit (s. V. 18 und 22), und für solche ist das Auge unseres sterblichen Leibes nicht geschaffen.

Ersteres redet zu uns von Gottes Gnade, letzteres von Gottes Herrlichkeit. Beides ist uns kostbar und erfüllt unsere Herzen mit Freude und Glück, weil beides Ihn vor den „Augen unseres Herzens“ (Eph. 1,18) verherrlicht, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat - durch den die Gnade „geworden“ ist (Joh. 1,17b), indem Er Mensch wurde, und dem die Herrlichkeit „gegeben“ ist (Joh. 17,5.24) - als Mensch -, weil Er Selbst Gott ist; durch den wir diese Gnade kennen, und durch den wir fähig gemacht sind, diese Herrlichkeit zu schauen, jetzt durch Glauben und einst - verherrlicht - in Wirklichkeit. - Gleicherweise werden unsere Herzen mit Dank und Anbetung gegen den Vater erfüllt, der den eingeborenen Sohn gab und durch Ihn Sich Selbst uns so völlig geoffenbart hat in Seiner wunderbaren Gnade und uns berufen hat „zu Seinem eigenen Reiche und Seiner eigenen Herrlichkeit“ (1. Thess. 2,12).

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diesen vier kostbaren Antworten, von denen Antwort B aus dem Felde kam, fügten wir nur noch wenig hinzu. Zunächst noch einmal den Hinweis auf Bd. I 1913, Frage 28! - Es gibt in der Schrift vielfach verschiedene Arten von „Sehen“, verschieden durch die Gegenstände und Personen, die gesehen werden, durch die Personen, die sehen, durch das Licht, in dem gesehen wird. Einige Beispiele! In Frg. 11 neulich ist uns in Antwort C etwas davon gezeigt worden: Was die drei Jünger oben auf dem Berge sahen, konnten die unten nicht sehen (Matth. 17,1ff.), aber das Sehen von V. 8 ist wieder ein ganz anderes. In 2. Kor. 4,18 ist von zwei völlig verschiedenen Arten von Sehen die Rede. Das Sehen von 2. Mose 33,11 ist von dem in V. 20 ganz verschieden. Das Sehen von Offenb. 1,12ff. ist wieder ganz etwas anderes, und von diesem unterscheidet sich das von Offenb. 4,1ff. noch wieder. Zu diesem letzteren war ein „Komm hier herauf!“ nötig. Möchten wir im Geiste recht oft „hier herauf kommen“, um zu sehen, was Sein Wille mit uns ist! - Für Jakob ward jene Erfahrung am Jabbok zu der köstlichen Stunde, da er zum erstenmal Gott wirklich schaute, wenn er äußerlich auch nur einen „Mann“ sah. Möchten wir alle solche Pnielstunden kennen! Wie aber wird es sein, wenn wir erst Ihn sehen, wie Er ist. 1. Joh. 3,2.

Frage 18

Ich bitte um praktische Belehrung über 2. Kor. 3, insbesondere Vers 17.18!

Antwort A

Am besten verstehen wir die Briefe im Zusammenhang, so auch den Korintherbrief. Denn auch in diesem Schreiben handelt es sich nicht etwa um ein religiöses System, sondern um die Versammlung oder Gemeinde Gottes, „um den Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim. 3,15). Was weiß die Welt, auch die „religiöse“, von den Christen heute?! Und so war es auch damals dort in Korinth und in der Landschaft Achaja; sie wurden von der stolzen Menge wie nichts geachtet. Und doch regiert unser Gott die Seinen, die Er Sich ausgesondert hat nach himmlischen Grundsätzen. Dies als Schlüssel zu unserer Frage. Paulus steht vor seinem HErrn, der ihn legitimiert. Die göttliche Bestätigung seines Dienstes waren die Korinther selbst. Er bedurfte bei ihnen keiner Empfehlungsbriefe. Die Korinther waren dazu berufen, inmitten einer gottfeindlichen Welt das Wort des Lebens darzustellen. Auch dies war nicht ein verwischbares Schreiben auf vergängliches Pergament, sondern eine lesbare Schrift, durch den Geist des lebendigen Gottes dargestellt. Neben dieser wunderbaren freien Gnade stand der Buchstabe der Gesetzesforderung, welcher tötet, der Gegensatz zwischen Gesetz und Evangelium. Aber hier war nun Leben in Erscheinung getreten und damit zugleich göttliche Freiheit, denn „wo der Geist des HErrn ist, ist Freiheit“. Der Heilige Geist teilt alsdann den Gläubigen die göttlichen Gedanken mit über die in Christo Jesu geoffenbarte Liebe Gottes und über die vollkommene geschenkte Gerechtigkeit und Befreiung. Dies ist dann Freiheit: zu wissen, man ist mit einer vollkommenen, unbegrenzten, unveränderlichen und unerschöpflichen Liebe geliebt von dem Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi. Diese Freiheit bewirkt Herrlichkeit. Das strahlende Angesicht von Mose war für die Kinder Israel ein Zeugnis von der Heiligkeit Gottes, es überführte (Joh. 16,8). - Dieser Glanz hatte für die Israeliten nichts Anziehendes, er bewirkte Furcht in den Schuldigen. Aber für uns, als die Seinen, die wir das Herz des Vaters der Liebe kennen, leuchtet in dieser Liebe uns die Herrlichkeit entgegen, zu der wir berufen sind. Diese redet nur von Gnade und Liebe zu den Gläubigen. Er, der Sohn Gottes, ging, nachdem das große Werk vollbracht war, in die Herrlichkeit des Vaters. Dort ist Er für uns. Darum betrachten wir diese Herrlichkeit mit

glücklichem Herzen und mit freudiger Bewunderung. Wir schauen ohne Furcht und ohne Hülle in das Angesicht Dessen, der für uns beim Vater ist, und lernen so das Herz Gottes verstehen, und der Heilige Geist bewirkt in uns ein Verwandeltwerden nach dem Bilde Jesu. Dies ist praktische Heiligung, das Werk des Heiligen Geistes in uns. Trotzdem wir noch den Leib der Schwachheit tragen, soll es mit uns von Herrlichkeit zu Herrlichkeit gehen. So ruhen wir in der Gnade und suchen diese Liebe, mit der wir geliebt sind, immer besser zu verstehen und beten bewundernd Den an, der uns so unaussprechlich liebt.

Ph. W.

Antwort B

Da eine praktische Belehrung gewünscht wird, ist es vielleicht von Nutzen, hervorzuheben, daß V. 17 die Fortsetzung von V. 6 ist. Die Verse des Zwischenabschnittes bilden eine Erläuterung des Gegenstandes. Ich glaube, daß die Einteilung zum Verständnis des Ganzen beiträgt.

Der Hauptgedanke des Kapitels ist der Dienst des Neuen Bundes und dessen Wirkung im Gegensatz zu dem des Alten Bundes. Wir finden darum die Gegenüberstellung des Dienstes, der Herrlichkeit, der Wirkung, sowie der Art und Bestimmung des Alten und Neuen Bundes, um die Gegensätze zu veranschaulichen, mit dem gesegneten Ergebnis der bleibenden und überschwenglichen Herrlichkeit des Neuen Bundes, der anstatt die Forderungen Gottes, wie wir sie im Gesetz finden, uns die überströmende Gnade und Liebe unseres großen Gottes und Heilandes nahe brachte. Segnungen, verbürgt durch Christum und Sein Blut (vergl. Matth. 26,28; Mark. 14,24; Luk. 22,20; 1. Kor. 11,25), und nicht abhängig gemacht von dem Menschen und seinem Gehorsam, wie die des Alten Bundes. Alles aber kann nur durch Glauben an den Mittler des Neuen Bundes empfangen werden und nicht durch Beobachten bestimmter Vorschriften und Gesetze. Macht mit dem Herzen den Anfang und nicht mit dem äußeren Menschen! (Vergl. Verse 2,3.15 und 4,6.) Doch das Schwergewicht wird auf die Schlußverse gelegt; sie bilden den Glühpunkt und das Ziel der göttlichen Belehrung.

1. Was Christus ist. „Der HErr aber ist der Geist“, d. h. wir sind zum Wesen und zur Fülle aller Schatten und Vorbilder in Ihm gekommen. Er ist der Schlüssel, der Inhalt, der Gegenstand der Schrift. Ohne Ihn hat die Schrift für den einen oder anderen vielleicht nur einen geschichtlichen, literarischen, philologischen Wert. Wir sagen nicht, daß sie dies nicht auch für ein Kind Gottes haben könnte! Aber es wird niemals da stehen bleiben. Unmöglich! Genannte Dinge mögen für den Kenner äußerst lehrreich und interessant sein, und doch werden sie weit überstrahlt von Ihm, der Leben dem Organismus der Schrift, ewigen Wert und gegenwärtigen Segen und Nutzen gibt (vergl. Röm. 15,4; 1. Kor. 10,11), vor allen Dingen Erkenntnis Seiner göttlichen Person.

2. Wohin wir gebracht sind. „Wo aber der Geist des HErrn ist, ist Freiheit.“ Frei von der Verdammnis, frei vom Gesetz, frei von der Furcht des Todes. Wir sind durch die Gnade unseres HErrn zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes gelangt. Wir sind aus dem alten Lebenselement des Todes, der Furcht und der Sünde in das neue Lebenselement, welches Christus, der HErr, ist, versetzt worden durch den Geist des lebendigen Gottes. Christus ist unser Leben und volles Genüge. Weil dem so ist, haben wir alle ein gemeinsames Vorrecht.

3. Unser Teil und Vorrecht, während wir hienieden sind. „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend“ - es heißt nicht „sehen“ -, „werden verwandelt nach

demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist.“ Keine Decke auf des HErrn Angesicht, keine Decke auf unserem Angesicht, so daß jeder Strahl Seiner Herrlichkeit, indem wir Ihn anschauen, sich in Gnade auf unserem Angesicht, in unserem Leben, in unserem ganzen Wesen widerspiegelt.

Wir haben die wunderbare Aufgabe, Christum in dieser Welt, wo Er nicht gekannt ist, kundzumachen, ein Brief Christi zu sein. Welche Gnade! Welches Vorrecht! Alles durch Christum. Dies ist praktische Heiligung. Nicht Besch äftigung mit uns, sondern nur mit Ihm; Er der Anfang, die Fortsetzung, das Ziel, die Fülle, ja: Christus alles in allem! Ihm sei die Herrlichkeit jetzt wie in alle Ewigkeit! Amen.

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Wie schön sind diese Antworten! Wie gipfeln sie in dem, was „praktische Heiligung“ ihrem Wesen nach ist: Christum anschauen. So viele teure Kinder Gottes strengen sich Zeit ihres Lebens an, Heiligung aus sich selbst hervorzubringen und - werden immer elender dabei, weil sie beständig sich selber (und andere) anschauen. Blicke auf Ihn, den Geliebten, schaue Ihn an in Seiner Herrlichkeit, und du wirst wachsen in der Gnade und Erkenntnis Jesu Christi (2. Petr. 3,18)! Paulus vergaß alles, was hinter ihm lag, und schaute nur vorwärts aufs Ziel (Phil. 3), und sein Leben war ein aus den Briefen, obwohl jeder uns eine Darstellung von dem vollkommenen Christus gibt, deutlich erkennbares Wachstum. Aber wir Menschen wollen so menschlich gern sehen, ob wir Fortschritte machen! Doch sah und wußte Mose, daß sein Angesicht glänzte? Nein, aber die Menschen sahen es! (2. Mose 34,29f.) Und er als Gesetzesübermittler mußte die Decke auf sein Angesicht legen, weil das Volk Furcht hatte. Wir brauchen keine Decke, denn die Gnade ist in Christo erschienen, und wir sind berufen, diese auszustrahlen, und Gnade ist anziehend, nicht furchterweckend. Wir brauchen nun nicht zu wissen, ob wir von Gnade strahlende Angesichter und ein leuchtendes Wesen haben, wenn nur Er Selbst und die Menschen etwas davon sehen! Und sie werden es, wenn wir Ihn anschauen! Ja, das ist rechte Heiligung, bewirkt durch den Geist, der uns verwandelt in Christi Bild. Nichts Herrlicheres gibt es für uns, als Ihn anzuschauen, zu betrachten, und wo? In Seinem Wort! (Vgl. Joh. 1,1; Hebr. 4,12.13; Off. 19,13 u. a.!) Möchten wir Ihn darin allezeit anschauen!

Geleitswort an den Leser:

... Wenn jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird Er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn Er wird nicht aus Sich Selbst reden, sondern was irgend Er hören wird, wird Er reden, und das Kommende wird Er euch verkündigen. Er wird Mich Verherrlichen, denn von dem Meinem wird Er nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, ist Mein; darum sagte Ich, daß Er von dem Meinen nimmt und euch verkündigen wird.“ Joh. 16,13-15.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 19

Wie sind die Worte des Herrn Jesu in Matth. 8,22 zu verstehen: „Folge Mir nach, und laß die Toten ihre Toten begraben!“?

Antwort A

Ich meine, in diesem Worte handelt es sich bei dem Jünger um seinen eben gestorbenen Vater, der ungläubig war. Die Schrift sagt oft, daß noch nicht von ihren Sünden errettete Menschen tot sind (Eph. 2,1; Kol. 2,13). So war auch der Vater dieses Jüngers in die Ewigkeit hinübergegangen, ohne errettet zu sein, und dieses meint wohl der HErr, als Er sagt: „Laß die Toten ihre Toten begraben!“ - Es war für den Jünger viel, viel wichtiger, dem HErrn nachzufolgen, als noch einen Augenblick zu verlieren und sich mit dem ungläubig Verstorbenen abzugeben. „Komm und folge Mir nach“ - damit deine eigene Seele nicht verloren geht!

G. R.

Antwort B

Diesen Vers sagte der Herr Jesus zu einem Seiner Jünger, der Ihn bat, Er möchte ihm erlauben, daß er zuerst hingehen dürfe, um seinen Vater zu begraben. Leben und Tod, Licht und Finsternis, Christus und Belial haben keine Gemeinschaft! 1. Mose 1,4: „Und Gott schied zwischen dem Licht und der Finsternis.“ Dem Jünger wurde anscheinend der Weg zu schmal, er suchte von diesem abzubiegen, als der HErr sagte: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn usw.“ Wir nehmen gar zu leicht Schaden, wenn wir unter tote Menschen, d. h. unbekehrte, gehen. Der HErr wußte dieses auch von dem Jünger, daß er vom Pfade abkommen würde. Bewegen wir uns jedoch in dem Lichte Gottes, wo wir gestärkt werden, dann können wir in dieser Kraft vom Himmel zur Erde - auch unter Tote gehen. Also zuerst in die Höhe, dann hernieder! Ach, blieben wir doch nur bei Jesu, dann hätten wir keinen Willen, sondern Sein Wille wäre dann unser Wille. Nur bei Ihm, dem Lebensfürsten, können wir wachsen, blühen und gedeihen. Herr Jesu, hierzu gib uns Gnade!

A. C.-D.

Antwort C

Der HErr, der Herzenskenner (Apgesch. 15,8), weist die Bitte jenes Jüngers ab, um ihn offenbar vor der Gefahr zu bewahren, wieder in die Welt zurückgezogen zu werden durch den Einfluß seiner Verwandten, die anscheinend noch tot waren in Vergehungen und Sünden (Eph. 2,1.5; vergl. auch 1. Mose 2,17 und Röm. 7,8-13!). Sie, die geistlich Toten, die da ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt waren (Eph. 2,12), sollten ihre leiblich Toten allein begraben, während der Jünger Ihm, der Quelle lebendiger Hoffnung, nachfolgen sollte.

Hier handelt der HErr nicht wie Elias bei ähnlicher Gelegenheit mit Elisa (1. Kön. 19,20.21), obwohl Er dies wohl auch öfters getan haben mag, wo dies so der betreffenden Seele zum Guten mitwirkte (vergl. Röm. 8,28!). Indem nun jener Jünger dem Geheiß des HErrn Folge leistete (wir wissen nicht,

(vergl. Röm. 8,28!). Indem nun jener Jünger dem Geheiß des HErrn Folge leistete (wir wissen nicht, ob er dies wirklich tat), begann er auch schon, etwas von dem Jüngertum praktisch zu verwirklichen, wovon der HErr in Matth. 10,34-39 spricht. K. Hch.

Antwort D

Diese Frage ist meiner Ansicht nach leicht erklärlich, denn für Jesum ist jeder ungläubige Mensch tot. So waren demnach auch die Angehörigen dieses neuen Jüngers tot, weil sie an Jesum nicht glaubten. Doch diesen Jünger hatte Jesus wie einen Zweig vom wilden Baum losgebrochen, um ihn aus Gnaden in einen edlen Stamm einzupfropfen.

Somit hier die volle Erklärung: Der Vater war gestorben; leiblich tot für die Angehörigen, doch für den Herrn Jesus im Leben schon geistlich tot und für immer vom ewigen Leben ausgeschlossen und der Verdammnis preisgegeben (Matth. 3,10; 7,16.19; Joh. 15,6). Ausdrücklich wird uns in Offenb. 20,15 gezeigt, daß jeder nicht Wiedergeborene für Gott tot ist; nur der, welcher seine Sünde erkennt und bekennt und unter das Kreuz nach Golgatha flieht und die Gnade und Vergebung erbittet, erhält ewiges Leben und wird in diesem Augenblick ins Lebensbuch eingetragen; dann erst ist er vor Gott ein in geistlicher Hinsicht lebender Mensch. Ohne Glauben an Jesum Christum ist jeder Mensch geistlich tot. - Aber auch das ist wichtig, daß der Gläubige Werke des Glaubensgehorsams vollbringt, denn „der Glaube ohne Werke ist an sich selbst tot“ (Jak. 2,17). Auf solches Werk des Glaubens kam es für diesen Jünger an!

K. K.

Antwort E

Evang. Joh. 1,4: „In Ihm war Leben, und das Leben war das Licht der Menschen.“ Als Gott den Menschen Adam in den Garten Eden setzte, ins Paradies, den glückseligen, herrlichen Platz der innigsten Gemeinschaft mit Gott, sagte Er zu dem Menschen: „ Welches Tages du davon (von dem Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen) essen wirst, wirst du des Todes sterben“ (1. Mose 2,17). Aber der Mensch gehorchte nicht. Er starb nun nicht sofort des leiblichen Todes, aber der geistliche Tod bemächtigte sich seiner sofort, er verlor das herrliche Leben in und mit Gott. Finsternis trat bei ihm ein, denn ohne Gott und ohne Seine Gemeinschaft zu leben ist Finsternis und Tod. - Die Heilige Schrift beurteilt daher mit vollstem Recht alle Menschen ohne Ausnahme als tot. (Eph. 2,1.5; Joh. 5,24; 6,53; Röm. 6,13 und viele andere Schriftstellen!)

Der Herr Jesus war deshalb vollkommen berechtigt, dem Manne, der Ihn um die Erlaubnis bat, seinen Vater zu begraben und Ihm dann nachher nachzufolgen, zu sagen: Zuerst folge Mir nach! Laß die Toten ihre Toten begraben. Was liegt daran, einen Toten zu begraben, selbst wenn es der Vater ist; bei Mir findest du alles! (Vergl. Matth. 10,37-39!)

Jeder wirklich zu Gott bekehrte Mensch wird die Wahrheit des Wortes bezeugen: Ich war „tot in Vergehungen“, „ohne Gott in dieser Welt“ (Eph. 2,5 u. 12), nun aber lebe ich, ich bin in Gemeinschaft mit Gott durch Jesum Christum (vergl. u. a. 1. Joh. 1,3.4). Der Herr Jesus hatte zur Zeit Seines Erdenwandels verschiedene Nachfolger aus allen Ständen, Schriftgelehrte und Ungelehrte, und

mancher derselben bezeugte einen guten Willen, Ihm nachzufolgen. Aber der gute Wille allein macht's noch nicht aus, es muß zu einer Entscheidung kommen für Ihn!

Die Schrift sagt nichts davon, daß in jenem bekannten Fall der reiche Jüngling alles andere drangegeben habe, um Jesu nachfolgen zu können (vergl. Matth. 19,16-30!), oder daß dieser Mann hier seinen Vater habe durch andere Leute begraben lassen und dem HErrn nachgefolgt sei!

F. B.

Antwort F

Während der Schriftgelehrte (V. 19) in Augenblicksbegeisterung und Selbstvertrauen zu Unrecht meint, Jesu Nachfolger sein zu können, steht dem anderen die Rücksichtnahme auf Verwandtschaft, Verpflichtungen und Gebräuche im Wege. Der HErr zeigt ihm, daß auch das scheinbar Dringendste, wenn es ein Hindernis ist, dem HErrn zu folgen, kein Recht hat, anerkannt zu werden. Der Ruf und die Ansprüche des HErrn gehen vor. Wer andere Anforderungen Seinen voranstellt, stellt Ihn zurück! Der HErr benutzt den Todesfall zu bildlicher Sprache. Er sagt dem Manne gleichsam, die, die im Todeszustande seien, würden ihre Toten besorgen, er solle in den Dienst des Lebens treten. In den Dienst des Todes und der Leichname der Welt sich zu stellen ist nicht die Aufgabe der Nachfolger Jesu! Gewisse Enthaltsamkeits- und andere Vereine haben sich solche Aufgaben gestellt, die „Toten“ sozusagen zu begraben, den Verwesungsgeruch der Sünde zu beseitigen und die Welt zu reinigen. Nachfolger Jesu haben andere Aufgaben!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Hier haben wir etliche klare Antworten, zu denen hinzu nur noch wenig zu bemerken ist. - Wir weisen zunächst hin auf Frg. 2 und 5 in „G. H.“, Jahrg. I, 1913! - Scheint das Wort des HErrn nicht pietätlos (ohne ehrerbietige Rücksichtnahme) zu sein? Viele, die Jesu Sprache nicht verstehen oder den Zusammenhang der Schriftstellen nicht beachten, möchten so urteilen und haben's getan. Aber es gibt manche sogenannte Paradoxie, manche (scheinbare) Widersinnigkeit, in der Schrift. Der heilige Mund, der einst im Gesetz aussprach: „Ehre Vater und Mutter!“, der auch uns Kinder der Gnade, in denen das Gesetz des Geistes regiert, nicht des Gehorsams und der Liebe gegen die leiblichen Eltern entbindet (im Gegenteil! siehe z. B. Eph. 6,1-3; Kol. 3,20; vgl. Luk. 2,51a; Joh. 19,25-27 u. a.) - derselbe Mund sprach Matth. 10,35: „Ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater usw.“ (vgl. V. 34-39 u. a.!). Es kommt eben auf den Zusammenhang an! Die Hauptsache ist für jeden Menschen, ob er ein wahrer Nachfolger Jesu ist oder nicht, ob er ein echter Christ oder ein bloßer Namenchrist ist, ob er, „was er lebt, durch Glauben an den Sohn Gottes lebt“ (Gal. 2,20) oder tot ist in Sünden und Übertretungen (Eph. 2,5 u. a.). Handelt es sich darum, dem Herrn in Wahrheit nachzufolgen, wie in unserer Stelle, oder einen toten, noch dazu ungläubig gewesenen Menschen zu begraben, so muß der, der's ernst nimmt mit dem HErrn, das erstere wählen, selbst wenn der Verstorbene der ihm leiblich Nahestehendste war. Die Gemeinschaft mit dem HErrn ist wichtiger als die Erfüllung des menschlichen Gebotes der Pietät und der Kindespflicht. Da gilt: „Wer Vater und Mutter“ - zumal wenn sie verstorben sind - „mehr liebt denn Mich, ist Meiner nicht wert“ (Matth. 10,37)! - Wie häufig schon ist die Rücksicht auf Verstorbene zum ewigen Verderben geworden

für Menschen, die die Notwendigkeit der eigenen Herzensbekehrung einsahen, denen aber die (seelische) Gemeinschaft mit den schon Toten (die bei Lebzeiten Feinde Gottes waren und ihre Angehörigen vom Heil in Christo fern hielten) und mit deren noch lebenden, aber geistlich toten Freunden und Verwandten wichtiger und wertvoller war als die ewige herrliche Gemeinschaft mit dem HErrn und den Seinen! -

Was ist Er uns wert?

 

 

Frage 20

Ist nach Eph. 4,6 Gott der Vater aller Menschen, oder nur der Gläubigen?

Antwort A

Der Brief ist an die Heiligen und Treuen, die in Ephesus sind, gerichtet, und nicht an alle Menschen, die in Ephesus damals wohnten (1,1); und so verhält es sich mit allen Briefen der Apostel, sie sind immer nur an Gläubige gerichtet. Wohl ist Gott der Schöpfer aller Menschen und auch ihr Erhalter (1. Tim. 4,10), aber Er kann nur für die Gläubigen der Vater sein. Gott zum Vater haben setzt eben nach Joh. 3,5-8 voraus, von neuem geboren zu sein, somit das Kindesverhältnis, und in diesem gesegneten Kindesverhältnis standen diese Gläubigen in Ephesus, wie es ersichtlich ist aus dem ersten und zweiten Kapitel des Briefes. Es war die Gnade Gottes und ihrerseits die persönliche Erfahrung dieser Gnade, welche sie in dies Verhältnis brachte. Und nun war Gott ihr Vater durch und in Christo Jesu. - Im Evang. Joh. spricht der Herr Jesus sehr viel von Seinem Vater, und am Ende Seines Weges hienieden und am Schluß Seiner Unterredungen mit Seinen Jüngern betrachtet und behandelt Er sie, d. h. die, welche Ihm treu nachfolgten, schon als in diesem Verhältnis zu Seinem Vater stehend (Kap. 16 und 17). Und in Kap. 20,17 sagt Er ihnen: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater.“ Welch köstliches Verhältnis ist dies doch, wie auch geschrieben steht in 1. Joh. 3,1.2!

Tausende in der Namenchristenheit beten täglich (und wie oft!): „Unser Vater in dem Himmel“ und haben Gott in Seiner großen Gnade und Barmherzigkeit zu ihrer Errettung in Christo Jesu nicht erkannt noch erfahren! Wie schrecklich und welch ein Betrug!

F. B.

Antwort B

Die Liebe Gottes hat sich zunächst darin geoffenbart, daß Er Seinen Sohn sandte (Joh. 3,16.17). Er will die Rettung des einzelnen, und in Joh. 1,12 lesen wir: „So viele Ihn aber aufnahmen, denen gab Er das Recht, Gottes Kinder zu werden.“ Dies ist gewissermaßen die Eingangspforte. Später in Joh. 17,6-13 redet der Herr Jesus zum Vater von den Seinen und sagt: „Ich habe ihnen Deinen Namen geoffenbart.“ Es war dies der Vatername. Wir sehen, daß der Sohn uns erst den Vater geoffenbart und die an Ihn Glaubenden zu Gottes Kindern gemacht hat (Joh. 1,12 u. 18). Als Gesamtzeugnis besitzen wir nun als die Seinen Sein Wort und sind nicht von der Welt. Darum auch die Bitte Jesu an den Vater: „Bewahre sie in Deinem Namen, bewahre sie vor dem Bösen, heilige sie durch die Wahrheit“ (Joh. 17,15.17). Wenn der HErr an die Welt denkt, sagt Er „gerechter Vater“, wenn Er für

Sich redet, sagt Er nur „Vater“, redet Er aber von den Seinigen, sagt Er „heiliger Vater“. Aber noch mehr! Jesus redet in Joh. 17 zum Vater betreffs der Einheit und in V. 26 davon, wie die Seinen auf dem Wege fortdauernd die Vaterliebe genießen sollen. Wir sehen also unsere Herkunft, unsere gegenwärtige Stellung und Bewahrung und unser zukünftiges Teil. Auch Joh. 20 läßt Er den Seinigen ihre neue Stellung, welche sie genießen und mit Ihm haben sollen, verkündigen, wenn Er ihnen sagen läßt: „Gehe aber hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: ,Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater und zu Meinem Gott und eurem Gott‘.“ (V. 17.)

Auf der gleichen Linie bewegt sich Paulus hier im Epheserbrief, wenn er den Gläubigen zeigt, daß dieses Verhältnis zu Gott für sie keine leere Annahme, sondern eine praktische Tatsache ist, welche sich darin verwirklicht, dass wir von Gott, dem Vater, gesegnet sind mit jeder geistlichen Segnung (Eph. 1,3). Diese Segnungen wurden geschenkt: „nachdem ihr geglaubt habt“ (V. 13). Wenn nun die Gnade Gottes aus Heiden und Juden Personen herausnimmt, um einen Leib, eine neue Schöpfung zu bilden, so handelt es sich um Personen, die in eine neue Stellung gebracht sind. Auf diese Stellung gründet der Apostel seine Ermahnung, „würdiglich der Berufung zu wandeln, mit welcher sie berufen sind“, und gleichzeitig zeigt Paulus das Band, das zwischen all den Gliedern des Leibes geknüpft ist: „das Band des Friedens“, welches zur Darstellung kommt in „einem Leibe, einem Geist, einer Hoffnung, einem Herrn, einem Glauben, einer Taufe“ und über diesem allem „einem Gott und Vater aller“ (4,1-6). Somit ist Gott der Vater aller derer, die durch dieses Band verbunden sind und diese Einheit des Geistes bewahren im Bande des Friedens. So kann unsere Frage nur dahin beAntwortet werden, daß Gott nur der Vater der Gläubigen ist, denn eine Zugehörigkeit zu Gott als Vater setzt Kindschaft voraus, und als Kennzeichen dieser Zugehörigkeit zum Vater gibt Johannes ein bestimmtes Merkmal, wenn er sagt: „Hieran sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Jeder, der nicht Gerechtigkeit tut, ist nicht aus Gott, und wer nicht seinen Bruder liebt“ (1. Joh. 3,10).

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Aus dieser Stelle für alle Menschen das Recht, Gott „Vater“ zu nennen, abzuleiten, heißt „das Wort der Wahrheit nicht recht teilen“ (2. Tim. 2,15), ebenso wenn man zu dem Zweck, alle Menschen als Kinder Gottes ansehen zu können, die Stelle Mal. 2,10 oder Jes. 63,8 u. a. mißbraucht. In diesen Fällen nimmt man dem alttestamentlichen Bundesvolk Israel, das Gott Sich zu Seinem Volk erwählt hatte, was damals nur diesem Volk gehörte, und in jenem Fall macht man sich selbstherrlich ein „Recht“ zu eigen, das aus Gnaden allein denen vom HErrn gegeben ist, die nach Joh. 1,12 an den Namen des Sohnes Gottes glauben (im Sinne der Schrift). - Es ist ein fast unübertreffliches Meisterstück Satans, das er damit fertig gebracht hat, daß er menschlich berufene Führer der Namenchristenheit inspirierte, alle Menschen, die je unter dem Schall des (in diesen Fällen leider mehr oder weniger falsch verkündeten) Wortes Gottes saßen, mit dem Worte „Christen“ oder ähnlich anzureden oder die Briefanreden der Schrift ohne weiteres auf jeden anzuwenden, der äußerlich den Namen „Christ“ trägt, oder solchen durch Erziehung und Unterricht beizubringen, daß sie „Kinder Gottes“ seien, also ohne echte Wiedergeburt, ohne Buße und wahre Herzensbekehrung, ohne persönlichen Heilsglauben an Jesus Christus! Welche VerAntwortung haben solche Führer! Welche Schuld laden solche armen „blinden Blindenleiter“ auf sich!

Wie klar zeigt unser Wort im Zusammenhang, daß allein solche, von denen Kap. 2 gilt, gemeint sind mit dem Wort „aller“ in 4,6! Gehörst du dazu, lieber Leser? Hast du nach Röm. 8,8.9.14-17 das Recht, „Abba, Vater“ zu sagen? Kannst du den Vater anbeten in Geist und Wahrheit? (Joh. 4,23.)

Teure Geschwister, laßt uns wachen darüber, daß der kostbare Vatername nicht mißbraucht wird von denen, die kein Recht, denselben zu gebrauchen, haben! Und möge dieser Nane uns Kindern Gottes stets köstlicher werden! (Joh. 17.)

 

 

 

Frage 21

ist auf Grund der Heiligen Schriften die Braut Christi Israel oder die selige Gemeinde (der Leib) Christi?

Antwort A

Gott redet zu den Menschen so, wie sie es verstehen können. Dazu benutzt Er vielfach Bilder aus dem menschlichen Leben. Ein solches Bild ist es auch, wenn Er in Beziehung zu unserem HErrn von einer „Braut“ spricht.

Das Wort „Braut“ deutet das Vorhandensein eines innigen Verhältnisses der Liebe an und zugleich das Bestehen einer Verbindung, die aber noch der Vollendung entgegensieht. Sicherlich gehört die Braut ganz und völlig dem Bräutigam ihrem Herzen und ihrer ganzen Person nach, aber noch ist die äußerliche Vereinigung nicht erfolgt, noch teilt sie nicht den Platz mit ihm. Letzteres ist erst von der Hochzeit an der Fall. - Eine besonders liebliche und vollkommene Darstellung des Brautverhältnisses, gekennzeichnet durch gegenseitige innigste Zuneigung und Hingabe, ist uns gegeben in dem „Lied der Lieder“, dem herrlichen Hohenliede.

Ein solches Brautverhältnis besteht ohne Frage gegenwärtig zwischen der Versammlung oder Gemeinde und dem HErrn. Dieses ist wunderbar zutreffend vorgebildet in der Rebekka, durch den Knecht Abrahams für dessen Sohn Isaak geworben und auf dem Wege zu ihm durch die Wüste, geführt durch den treuen Knecht, der ihr von ihm erzählt, für den sie sich entschieden und dem sie sich anvertraut hat für immer, obgleich ihr Auge ihn noch nicht gesehen hat (1. Mose 24). Eine Andeutung dieses Verhältnisses finden wir auch in 2. Kor. 11,2.3, während in Eph. 5,22-33 das Wort weiter geht und die Versammlung oder Gemeinde als das „Weib“ betrachtet - dies spricht von einem vollendeten Zustande -, weil es sich dort um das Untertansein des Weibes, beziehentlich der Gemeinde einerseits (V. 22-24) und die Liebe des Mannes, beziehentlich des HErrn zu ihr andererseits (V. 25-28) handelt. Zugleich ist in dieser Schriftstelle an der Hand des gebrauchten Bildes das wunderbare Verbundensein oder Einssein des Weibes mit dem Manne, beziehentlich der Versammlung oder Gemeinde mit dem HErrn hervorgehoben (V. 29-32).

Ebenso redet aber das Wort Gottes - und zwar im Alten Testamente - von Israel als Braut; siehe Ps. 45,9b-11; Jes. 54,5-7; 62,4.5; Hos. 2,19.20. Auch das schon erwähnte Hohelied, dieses wunderbare Lied der Liebe, bezieht sich zunächst auf Israel.

Was die „Hochzeit des Lammes“ in Offenb. 19,7-9 und das „neue Jerusalem“ - „von Gott bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut“ (Offenb. 21,2), „die Braut, das Weib des Lammes“ (21,9) - betrifft, so sind die Auslegungen darüber sehr verschieden. Die einen sagen, es sei die Gemeinde,

andere, es sei Israel, und wohl noch andere, es sei beides. Aus verschiedenen Schriftgründen ist mir persönlich bis jetzt keine dieser Auslegungen befriedigend, und ich warte noch auf Klarheit vom HErrn darüber. Das aber erscheint mir gewiß auf Grund des Wortes, und dahin möchte ich meine vorstehenden Darlegungen zusammenfassen:

Gegenwärtig ist die Versammlung oder Gemeinde die Braut des HErrn, die Er bald verherrlicht dort einführen wird, wo Er ihr die Stätte bereitet hat. Ihr Teil ist himmlisch, ihr Platz in der Herrlichkeit. Sodann tritt Israel hienieden an ihre Stelle. Dasselbe wird dann auf Ihn warten und nach Ihm sich sehnen, um dann, wenn Er kommt, eingeführt zu werden in die verheißenen Segnungen des Tausendjährigen Reiches. Israel ist die Braut Christi für diese Erde. Ihr Teil ist irdisch, ihr Platz auf dieser (dann wiedergeborenen) Erde.

Preis und Dank sei unserem Gott und Vater und unserem Heilande und HErrn für alle die Liebe und Gnade, die in diesem Gegenstande vor den Augen unseres Herzens enthüllt ist, Dank für das herrliche Teil, das uns geschenkt ist!

Th. K.

Antwort B

Wie uns Petrus in seinem Brief (1. Petr. 2) die Gemeinde als das geistliche Haus und den Herrn Jesus als den Eckstein zeigt, so zeigt uns in gleicher Weise der Epheserbrief die Gemeinde als Leib. Aber wir sind nicht als Einzelwesen errettet, Christus starb, um die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu versammeln. So sind wir einerseits alle Glieder Seines wunderbaren Leibes (Eph. 5,30), unauflöslich mit Christus, dem Haupte, und miteinander als Glieder verbunden (1. Kor. 12,13). Diese Wahrheit von dem einen Leibe war ein Geheimnis (Eph. 3,4.5). Es war das Geheimnis des Willens Gottes, alles unter ein Haupt zusammenzubringen. Christus sollte als Haupt über alles nicht allein sein. Die nach dem Vorsatz Gottes Zuvorbestimmten, die Braut, das Weib des Lammes, sollten in Ihm ein Erbe erlangen und mit Ihm alles teilen (V. 6). So sehen wir, daß die Gemeinde der Leib genannt wird, und dieser Leib ist auch das Weib (Eph. 5,29-33). Wenn uns nun im Alten Bunde ebenfalls die Bezeichnung Israels als Braut begegnet, so dürfen uns solche Stellen nicht irre machen, denn diese Benennung gilt für Israel als das Volk Seiner Wahl auf Erden mit zeitlichen Segnungen. Zu jener Zeit, wo der HErr Seine Gemeinde entrückt, hat sich Israel noch gar nicht bereitet, folglich kann es nicht die Braut im neutestamentlichen Sinne sein. Während nun einerseits aller derer, die den Herrn Jesus nicht lieb haben, bei Seinem Kommen eine gerechte Vergeltung wartet, so liegt andererseits in dem Kommen des HErrn der süßeste Trost für diejenigen, die Sein Erscheinen lieb haben. Dies ist auch sehr einleuchtend, und hieraus verstehen wir auch am besten, wer die Braut sein muß. Dies Bild der Braut darf weder mit dem kommenden Reich Gottes verwechselt werden noch schließt es die alttestamentlichen Heiligen in sich, denn die Gemeinde wurde erst gegründet, nachdem Christus gekommen war (Matth. 16,18). An Pfingsten begann sie (Apgesch. 2), und bei der Entrückung wird sie vollendet sein (1. Thess. 4,17). Sie ist gleichsam eine Einschaltung in Gottes Handeln mit dem Volke Israel. Während dies seines Unglaubens wegen ausgebrochen wurde, hat der HErr die Gemeinde eingepfropft (vergl. Röm. 11!). Johannes der Täufer, als der letzte Vertreter des Alten Bundes, ruft aus: „Der die Braut hat, ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber, der da steht und ihn höret, ist hocherfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude ist nun erfüllt“ (Joh. 3,28.29). Ferner sagt uns der Prophet Maleachi Kap. 4,2, daß aufgehen wird für Israel

„die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln“; im Gegensatz hierzu wird uns in Offenb. 22,16 bezeugt: „Ich, Jesus, habe Meinen Engel gesandt, euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen. Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern.“ Nun geht aber dem Sonnenaufgang das Aufgehen des Morgensternes voraus, und zwischen der Zeit, wo der Herr Jesus als der glänzende Morgenstern kommt, und der Stunde, wo Er als die Sonne der Gerechtigkeit erscheinen wird, werden Gerichte die Erde heimsuchen, denen die Gemeinde entrückt ist. Wir sehen hieraus, daß die Braut in der Offenbarung himmlisch ist, denn nur sie ruft täglich: „Komm!“ (Offenb. 22,16.17.) Auch ist die Hochzeit nicht auf der Erde, wo Israel wohnt, ebenso ist die Braut nicht auf der Erde, vielmehr sie kommt vom Himmel herab mit dem Herrn Jesu (Offenb. 21,10). Und wenn uns Offenb. 19,7.8 gesagt wird: „Die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und Sein Weib hat sich bereitet. Und es ward ihr gegeben, daß sie gekleidet sei in weiße Leinwand, glänzend und rein, denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen“, so sehen wir, daß Offenb. 21,10 nicht für Israel gelten kann, sondern für ein Volk oder eine Gemeinde, welche schon zubereitet ist. Demnach kommt der Herr Jesus mit Seiner schon geschmückten und schon bereiteten Braut vom Himmel herab zu Seinem noch nicht bereiteten Volke Israel. Diese bildlichen Bezeichnungen für unsere innigen und bleibenden Beziehungen zu Christo sollen uns ermuntern, auszuharren und zu wachsen an Christo, dem lebendigen Haupte, aus welchem der ganze Leib wohl zusammengefügt und verbunden ist usw. (Eph. 4,15-17). Christus als das Haupt und die Gemeinde als der Leib bilden gemäß Eph. 4,13 zusammen einen vollkommenen Mann (Matth. 19,4-6 und Eph. 5,31). Darum wird die Gemeinde ermahnt, den Heiligen Geist nicht zu betrüben, mit welchem sie versiegelt ist auf den Tag der Erlösung (Eph. 4,30), und mit den Worten 5,1-21, um verherrlicht dargestellt zu werden, ohne Flecken und Runzel, heilig und tadellos (Kap. 5,26.27). In V. 30 und 31 sehen wir, wie Leib und Weib als eins gekennzeichnet werden. Danach fährt Paulus fort Kap. 5,32: „Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in bezug auf Christum und auf die Versammlung.“ Hier wird die Ehe vollendet. Braut und Bräutigam kommen zusammen. Kann es noch etwas Klareres und Köstlicheres geben als diese Linien der Schrift? In ihnen haben wir durch den Heiligen Geist ein Unterpfand, einen Vorschmack der himmlischen Freude. Wenn wir aber den Unterschied zwischen Gemeinde (Braut) und Reich (Israel) verwischen, so verlieren wir die lebendige Hoffnung dieser Wahrheit. Der HErr wird nicht über die Gemeinde herrschen, sondern sie soll mit Ihm herrschen (2. Tim. 2,12).

Ph. W.

Antwort C

Für diese Frage kommt besonders Offenb. 21 in Betracht. Die Meinungen teurer und schriftkundiger Brüder gehen über diese Frage auseinander. Alle stimmen überein, daß in Joseph, Mose und Boas, welche sich Weiber aus den Heiden nahmen, uns Vorbilder von der Erwählung aus den Nationen gegeben sind; und ebenso, daß die Ehe das Bild des innigen Verbundenseins der Gemeinde mit Christo ist. Etwas anderes aber ist es: Was bedeutet: „Komm her, ich will dir die Braut, das Weib des Lammes zeigen“ (Offenb. 21,9)? Ist mit der Braut das Weib, Israel oder die Gemeinde gemeint?

1. Die Vertreter der Meinung, daß Israel die Braut sei, erblicken ein wichtiges Merkzeichen für ihre Auffassung darin, daß in Verbindung mit der Braut von Christum als dem Lamm geredet werde: „die Braut, das Weib des Lammes“. Sie sagen, dieser Titel sei jüdisch, er verweise auf das Passah und auf die Opfer. Johannes der Täufer, dessen Mission rein jüdisch war, weist das Volk Israel auf das

auf die Opfer. Johannes der Täufer, dessen Mission rein jüdisch war, weist das Volk Israel auf das Lamm Gottes hin. Der Titel „Lamm Gottes“ wird nicht in den Briefen gefunden; er erscheint erst wieder in der Offenbarung. 1. Petr. 1,19 ist an Juden geschrieben. Der Ausdruck „Lamm“ ist dort bildlich „als eines Lammes“, während der HErr mehr als zwanzigmal in der Offenbarung als „das Lamm“ erscheint.

Die Braut ist das Weib des Lammes. Jedenfalls eine Verbindung mit Jes. 62,5 und Jes. 61,10. Rebekka ist ein Vorbild von dem Weibe des Lammes. Im Gegensatz zu den heidnischen Weibern Josephs, Moses und Boas durfte Isaaks Weib nicht von den Kanaanitern genommen sein. Israel wird in der Zukunft die beiden Charaktere des Weibes und der Braut verbinden: Als Weib, weil es längst zuvor erwählt, geliebt und als Volk mit Jehova vermählt war; als Braut, weil es erneuert und geläutert in bräutlicher Liebe vor Ihm steht.

Die Gemeinde ist der Leib Christi, die „Stadt“ (Off. 21,2) aber ist nach Jes. 60,14.18-20 Israel. Nirgends finden wir in den Briefen die Gemeinde als Stadt noch als Jerusalem. Als Tempel wird die Gemeinde gesehen; aber Offenb. 21,22 sagt, daß kein Tempel in der Stadt ist. Jerusalem droben wird unsere Mutter genannt (Gal. 4,26), weil wir das Wort Gottes, durch das wir neugeboren, von ihr empfangen haben. Sie kommt aus dem Himmel, um das Licht der neuen Erde zu sein, während die Gemeinde himmlisch ist und keine irdische Wohnstätte.

Die Mauern der Stadt weisen ebenfalls auf die Mauern der Umzäunung Israels hin, die jetzt zwar abgebrochen sind (Eph. 2,14), aber zu jener Zeit wieder gefunden werden, und die uns das Volk abgesondert von den Nationen zeigen. Und jedes Tor trägt den Namen eines Stammes Israels, welches zeigt, daß die Stadt Israel ist, da die Gemeinde keine Stämme hat.

Die Grundlagen der Mauern tragen die Namen der zwölf Apostel „des Lammes“. Wenn die Stadt die Gemeinde wäre, so dürfte der Name des Apostels der Gemeinde, Paulus, auf der Grundlage nicht fehlen. Der Geist und die Braut rufen: „Komm!“ das heißt: heute ruft der Geist und an einem späteren Tage wird die Braut (Israel) rufen: „Komm!“

2. Diesen Auffassungen gegenüber steht die Meinung jener, die sagen, daß die Braut die Gemeinde sei, und diese Auffassung drückt auch meine Überzeugung aus.

Zunächst ist es wichtig, zu beachten, daß „Braut“ und „Weib“ Bilder sind, die die innige Verbindung der Gemeinde mit Christo ausdrücken. Wenn nach 2. Kor. 11,2 die Hingabe und Reinheit der Gemeinde wie die einer Braut sein soll, so hat das Bild doch nur einen Wert, wenn dem Brautstand auch die Vermählung folgt. Aus Ephes. 5 lernen wir, daß Christus Seines Leibes Heiland ist (etwas, was von dem Manne nicht gesagt werden kann), und dann, daß Er die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat, ... auf daß Er Sich Selbst die Gemeinde verherrlicht darstellte. Adam konnte nichts tun, um sein Weib zu erlangen, aber Christus gab Sich Selbst für sie und will sie Sich verherrlicht darstellen - ohne Flecken oder Runzel. Hat die Gemeinde kein Recht, nach diesem Tage ihrer Darstellung als Sein Weib, als mit Ihm verbunden auszuschauen? Gott „baute“ im Anfang ein Weib und brachte es zu Adam, und sie wurden zu einem. Das, was dort geschah, ist ein Vorbild von Christus und der Gemeinde (Eph. 5,32). Das Vorbild: Adam und Eva im 1. Buch Mose - und die Vollendung Christus und Sein Weib am Schluß der Offenbarung!

So verschieden auch von der Gemeinde geredet wird, sei es als Ackerfeld, als Bau, als Haus, als

Tempel, als Leuchter usw., so vermissen wir bei diesen doch etwas, nämlich die Seite der Liebe. Diese findet ihren vollen Ausdruck in dem Bilde der Gemeinde als Braut und Weib des Lammes. In allen anderen finden wir VerAntwortlichkeit - Wirksamkeit des Geistes - Rechte des HErrn usw. Auch in dem köstlichen Bilde der Gemeinde als Leib - als Glieder des Hauptes - finden wir wohl Einheit und Abhängigkeit, aber von der Liebe der Glieder zum Haupte kann nicht geredet werden. Die Seite der Liebe und die Entfaltung der Herrlichkeit Gottes finden wir in der Gemeinde als der Braut, dem Weibe des Lammes.

Warum soll eine Schwierigkeit darin liegen, von der Gemeinde als in Verbindung mit dem „Lamme“ zu reden? Hat die Gemeinde nichts mit dem „Lamme“ zu tun? Starb Er nicht am Schlachttage des Passah, um die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu versammeln, und sagt nicht Paulus der Gemeinde in Korinth: Auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet? (1. Kor. 5,7.) Und mit wem verbindet Johannes der Täufer das Lamm, mit Israel oder mit der Welt? „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt“ (Joh. 1,29). Wenn das Lamm vor unserer Seele steht, so gehen unsere Gedanken sofort nicht nach Israel, sondern nach Golgatha, wo Er als der Verworfene wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wurde, und die Braut des „Lammes“ ist die mit dem Verworfenen und Geschlachteten Verlobte (2. Kor. 11,2).

Wenn das Lamm„jüdisch“ ist, dann kann man auch sagen, die Vorbilder, das Blut, der Hohepriester usw. seien jüdisch. Aber dem Lamme wird das Jubellied gebracht: „Du bist geschlachtet und hast für Gott erkauft durch Dein Blut aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation“ (Offenb. 5,9).

Ebenso ist es mit der „Stadt“. Ich finde keine Schwierigkeit darin, daß der Ausdruck „Stadt“ in den übrigen Briefen nicht gefunden wird. Die Schreiber wurden vom Heiligen Geiste inspiriert, uns von verschiedenen Gesichtspunkten aus die Gemeinde zu zeigen. Wenn Paulus auch in anderen Weisen als Johannes von der Gemeinde spricht, so ist doch völlige Harmonie da. Wenn von uns als „Schafen“, als „Brüdern“, als „Gliedern Christi“ gesprochen wird, wird dadurch, wie man sagt, die Harmonie gestört? Paulus spricht im ersten Kapitel des Epheserbriefes vom „Leibe“, im zweiten Kapitel vom Bau: „auferbaut auf“ und von „Mitbürgern“; Johannes sagt dem Überwinder der Philadelphia-Gemeinde (Offenb. 3,12), daß auf ihn der Name der Stadt ... des neuen Jerusalems geschrieben werden soll. Ist da keine Verbindung mit der Stadt - dem neuen Jerusalem, das aus dem Himmel herniederkommt?

Nach dieser Stadt schauen wir heute aus (Hebr. 13,14), wie auch Abraham es tat (Hebr. 11,8-16). Es ist die Stadt Jerusalem droben, von welcher Paulus zu den Galatern redet als von unserer Mutter. Dies Jerusalem droben war schon damals eine gegenwärtige Wirklichkeit, die der Glaube sah und mit der die Galater verbunden waren. Wie kann damit das wiederhergestellte Israel der letzten Tage gemeint sein?!

Viele Stellen werden oft aus den Propheten angeführt, um zu beweisen, daß Israel das Jerusalem, die Stadt, die Braut ist. Diese Stellen aber reden von dem irdischen und nicht von dem aus dem Himmel herniederkommenden Jerusalem. Paulus redet vom Jerusalem „droben“, und Johannes betont immer wieder, daß er von dem Jerusalem spricht, das aus dem Himmel herniederkommt (Offenb. 3,12 und 21,2.10). Wie kann hier an das zurückgeführte Israel gedacht werden?! In der ganzen Schrift finden wir kein Wort, daß Israel gen Himmel genommen wird und von dort mit seinem Messias herniederkommt. Dies wird uns allein von der Gemeinde gesagt. Wie einfach ist alles, wenn

wir in der Stadt die Gemeinde sehen!

Die Stadt gibt uns das Bild einer Verwaltung. Die Bezeichnungen „Stadt“, „Braut“, „Weib“ geben uns Charakterzüge, welche die aus dem Himmel herniedergekommene Gemeinde (mit dem HErrn in ihrer Mitte) in jener Zeit tragen wird. Über die Stadt wird gesagt (Offenb. 21,3), daß sie die Hütte, die Aufenthaltsstätte Gottes bei den Menschen ist. Die Gemeinde steht im Mittelpunkt der Verwaltung. Sie ist, wo Er ist. Christus und die Gemeinde sind untrennbar. Von der Stunde der Entrückung an sind wir „allezeit beim HErrn“ (1. Thess. 4,17). Da ist kein Platz, wo Er ohne die Gemeinde wäre. Wo Er ist, sind wir, und wo wir sind, ist Er.

Manche meinen, die Namen der zwölf Stämme an den Toren der Stadt bewiesen, daß die Stadt Israel sei. Aber wo ist für solche ein Schriftgrund? Man kann nicht von den Toren eine Erklärung ableiten, abgesehen von der Mauer und den Grundlagen. Die Tore sind ein Teil der Mauer, und die Mauer mitsamt den Toren sind auferbaut auf die Grundlagen der Apostel, deren Namen sie tragen. Und Eph. 2,20 sagt uns, daß die Gemeinde (aber nicht Israel) auferbaut ist auf die Grundlage der Apostel ... Waren je die Apostel die Grundlage Israels? Denken wir da nicht vielmehr an Abraham usw.? Allgemein zeigt uns die Schrift, daß in den Toren der Sitz der Richter war; und hier, glaube ich, finden wir weiteres Licht über das Wort des HErrn zu den Aposteln (die zur Gemeinde gehören), daß sie auf zwölf Thronen sitzen sollten (gleichsam in den Stadttoren), richtend die zwölf Stämme Israels, und so zeigen uns die Tore den Verkehr und die Verbindung Israels mit der Gemeinde - der Stadt zur Zeit der Herrschaft Jesu.

Dann wird oft die Frage gehört, welchen Platz Paulus zu den zwölf Namen auf den Grundlagen einnimmt. Als Paulus zur Gemeinde kam, war gleichsam die Anfangsgrundlage schon da. Sein einzigartiger Dienst dürfte mehr mit der Gemeinde als einem Ganzen als in dem Rahmen dieser Stelle (Offenb. 21,14) betrachtet werden. In dem ganzen Zusammenhang tritt die Zwölfzahl hervor, aber nicht die Einzelnamen; über diese schweigt die Schrift, und was wollen wir reden? Wir würden Schwierigkeiten finden bei der Namenbestimmung der Stämme und auch der Apostel!

Immer wieder müssen wir beachten, daß die Offenbarung ein Buch der Zeichen und Gesichte ist. Dem Apostel wurden die zukünftigen Ereignisse gezeigt- „durch Zeichen kundgetan“ (Offenb. 1,1). Wir sehen hier die ewigen Dinge der unsichtbaren Welt in dem Spiegel der vergänglichen Dinge der sichtbaren Welt. Wie wir nicht an ein „Lamm“ denken im buchstäblichen Sinne des Wortes, ebensowenig können wir „Braut“, „Weib des Lammes“ buchstäblich, materiell, nehmen. Damit schwindet die Schwierigkeit, daß von Israel in der Verbindung mit seinem Messias in dem Bilde einer Braut geredet wird, und daß Israel die „Vermählte“ Jehovas ist, die für die gegenwärtige Zeit als eine Ehebrecherin verlassen, aber an einem späteren Tage als die Königin zur Rechten des Königs gefunden wird (Ps. 45).

Außer der Gemeinde, der Braut, dem Weibe des Lammes, sind andere Heilige im Himmel, die nicht zur Gemeinde gehören, Genossen der ersten Auferstehung, Geladene zum Hochzeitsmahl des Lammes - Heilige, die mit Abraham nach der himmlischen Stadt ausschauten; alle diese, deren Namen im Buche des Lebens stehen, werden in ihrer Verbindung mit der Stadt gezeigt in Offenb. 21,27 und 22,14.15, ohne daß dadurch das Gepräge der Stadt, die Braut, das Weib des Lammes verändert würde.

Der Geist und „die Braut“ sagen: „Komm!“ Kann hier mit der Braut Israel gemeint sein? Wenn von

Israel als Braut geredet wird, so ist der Tag des Frohlockens angebrochen, und es besitzt seinen Messias (Jes. 61,10.11 und 62,1-6). Kann es dann noch rufen: „Komm!“? Das Zeugnis des Rufes: „Komm!“ ist an die Gemeinde gerichtet (Offenb. 22,16). Der Gemeinde offenbart Er Sich als der „glänzende Morgenstern“ (nicht Israel, s. Mal. 4,2). Und an diesen sich als „glänzenden Morgenstern“ offenbarenden Herrn richtet sich das „Komm“ des Geistes und der Braut. Nicht nacheinander, sondern vereint rufen Geist und Braut „Komm!“ Aber Israels Erwartung ist die „Sonne der Gerechtigkeit“ und nicht der Morgenstern!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Der in den vorliegenden Antworten nach allen Seiten beleuchtete Gegenstand scheint in der Gegenwart vielen Schwierigkeiten zu machen. Wir sind nun durchaus nicht gewillt, dadurch, daß wir drei im wesentlichen gleichgeartete Antworten aufgenommen haben, die darin vertretene Anschauung, (der wir uns allerdings aus langjähriger Überzeugung anschließen), als Dogma, d. h. unumstößlichen Lehrsatz aufzustellen. Wir hätten auch entgegengesetzte Anschauungen zu Worte kommen lassen, aber es wurden uns keine solche Antworten gesandt! - Ein Grund für die Meinung, Israel sei die Braut, das Weib des Lammes, liegt unseres Erachtens in dem, wie wir glauben, gänzlich ungerechtfertigten Bestreben, die Offenbarung und andere Bücher des Neuen Testaments als ausschließlich Israel gehörend anzusehen. Wir vergessen durchaus nicht, daß es verschiedene Haushaltungen Gottes gibt und daß Sein Wort nur, wenn man dies berücksichtigt, „recht geteilt“ werden kann (2. Tim. 2,15; vgl. Seite 88 oben!), aber jenes Bestreben geht durchaus zu weit und beraubt die Gemeinde des HErrn köstlicher Worte und Bücher - ohne wirklich stichhaltigen Grund! Wer es nun fertig bekommt, sogar Offenb. Kap. 2-3 auf Israel (in der Zukunft) zu deuten, statt auf die Gemeinde des HErrn - somit Kap. 1,19 gänzlich außer acht lassend! -, der wird natürlich „Braut“ und „Weib“ in Offenb. 19-22 auch nur Israel zuschreiben. Wir persönlich können diese letztere Auffassung aber wahrlich nicht teilen und lehnen sie völlig und grundsätzlich ab.

Wer dieser letzteren absoluten Übertragung der Offenbarung auf Israel nicht beistimmt, dennoch aber meint, in Israel „Braut“ und „Weib“ des Lammes sehen zu sollen, dem dienen die obigen reichhaltigen Antworten vielleicht mit dazu, der anderen Anschauung Ohr und Herz zu öffnen. Dazu noch zwei kleine Winke: Wenn die abgefallene Christenheit, die Hure, unter dem Bilde des Weibes und der Stadt gezeigt wird (Offenb. 17.18), wie natürlich, in der himmlischen Stadt und dem Weib die himmlische Gemeinde zu sehen! - Die erste Erwähnung der Gemeinde in Matth. 16,18 (oder ist auch hier nur Israel gemeint?) ist ein Bau und die in der Offenbarung- eine Stadt! Wie wunderbar paßt dies zusammen!

Möge der HErr uns allen durch Seinen Geist das Verständnis mehren für Sein Wort und für das Seine nach Joh. 16,13-15!

Geleitswort an den Leser:

... Und Er legte Seine Rechte auf mich und sprach: fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige und Ich war tot, und siehe, Ich bin lebendig in die Zeitalter der Zeitalter und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.“ Offenbarung

1,17.18.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 22

Welche vorbildliche Bedeutung hat das Buch Ruth, und welche praktische Belehrung (Röm. 15,4) gibt es uns?

Antwort A

In Ruth, der Hauptperson dieses Buches, haben wir ein vortreffliches Vorbild eines Lebens „aus Glauben zu Glauben“ (Röm. 1,17).

Sie gibt uns Kap. 1,16-18 im Bilde das Beispiel eines Menschen, der sich im Glauben zur Nachfolge des HErrn entscheidet, bereit, sein Kreuz auf sich zu nehmen und alles zu verlassen (Matth. 10,37-39), indem er sich nunmehr als Bürger Seines Reiches betrachtet (Phil. 3,20), in das er durch Ihn versetzt worden ist (Kol. 1,13), und sich eins weiß mit allen denen, die Christi Geist haben (Röm. 8,9; 1. Kor. 12,13).

In Kap. 1,19-22 und Kap. 2 wird uns durch sie die praktische Nachfolge des HErrn vorgebildet, deren Höhepunkt im dritten Kapitel in weltüberwindendem Glauben (Röm. 8,37; 1. Joh. 5,4.5), dessen herrlicher Lohn uns im 4. Kapitel veranschaulicht wird (vergl. Off. 2,7.11.17.26; 3,5.12.21 u. a. m.!).

Orpa (Kap. 1,6-15) gibt uns dagegen dieselbe traurige Belehrung wie der reiche Jüngling, der lieber auf die Nachfolge des HErrn verzichtete, als sich zu lösen von dem, woran sein Herz hing (Matth. 19,13-24).

Elimelech und seine Familie (Kap. 1,1.2) erinnern uns an Gläubige, die „noch fleischlich sind und nach Menschenweise wandeln“ (1. Kor. 3,1-3), indem sie zur Selbsthilfe greifen (vergl. auch 1. Mose 20 und 26!), anstatt „hinwegzuschauen auf Jesum hin, den Anfänger und Vollender des Glaubens“ (Hebr. 12,2). Noomi allein wird wieder zu gesegnetem Leben zurückgebracht wie einst Petrus nach seiner schweren Verirrung (Matth. 26, 69-75). Letztere gibt auch ein gutes Vorbild der Errettung des Überrestes Israels am Ende dieses Zeitalters (Röm. 9,27; 11,25), nachdem dieses umgekehrt ist und Den erkannt hat, den es dereinst durchbohrt hatte (Sach. 12,10ff.).

Boas endlich, der Ruth löste und sich zum Weibe erkaufte (Kap. 4), weist auf unseren Heiland hin, der Sich uns zum Eigentum erwarb (1. Kor. 6,19.20; 7,23; 2. Kor. 5,15), indem Er als Lösegeld Sein kostbares Blut vergoß (1. Petr. 1,18.19).

Diese kurzen Andeutungen können uns einen Begriff davon geben, welche Fülle vorbildlicher Bedeutung und praktischer Belehrung (Röm. 15,4) in diesem kleinen Buche wie in den anderen des Alten Testaments zu finden ist.

K. Hch.

Antwort B

Das Buch Ruth kann meines Erachtens von drei Hauptgesichtspunkten aus betrachtet werden. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß diese drei Punkte alles besagen, was in diesem Buche für uns verborgen liegt, wir sind vielmehr von dem Gegenteil überzeugt und hoffen, daß die einfachen Ausführungen zu tieferem Forschen anregen.

1. Wir glauben, daß wir hier ein schönes Bild von Christus und der Gemeinde vor uns haben. Dies mag allerdings manchen befremden, da doch in der Epistel an die Epheser Kap. 3, V. 5 u. 9 besonders von dem Apostel Paulus hervorgehoben wird, daß dieses Geheimnis nicht in den alttestamentlichen Schriften, sondern in Gott verborgen war. Obwohl wir das Geheimnis nicht geoffenbart finden, wird doch dasselbe sehr oft vorgebildet. Das Tageslicht der vollkommenen Offenbarung Gottes und Seine Vorsätze und Ratschlüsse, wie sie in dem Sohne Gottes uns vorgestellt werden, überfluten alles mit göttlichem Lichte, so daß Begebenheiten und Personen, die im Sternenlicht des Alten Testaments scheinbar wenig Bedeutung und Wert haben, auf einmal lebendig, klar, herrlich und für die Gegenwart nützlich werden im Lichte des Herrn Jesu, der alles belebt und bedeutungsvoll macht. Welche herrlichen Vorbilder von der Gemeinde haben wir z. B. in Eva, Rebekka, Rahel, Asnath, Zippora und so in Ruth! Wer aber könnte alle Vorbilder, die auf den Herrn Jesum hinweisen, aufzählen?

Ruth zeigt uns die Gedanken Gottes in bezug auf die Heiden, während Israel in Untreue und im Verfall sich befindet, wie wir es im Buche der Richter aufgezeichnet finden. Im ersten Buch Samuel wird uns die zukünftige Wiederbelebung und Fruchtbarkeit Israels in Hanna und ihren Kindern vorgebildet. Dazwischen wird nun Ruth - Freundin - eingeführt als eine Person, die von Natur entfremdet war dem Bürgerrecht Israels, und Fremdling betreffs der Bündnisse der Verheißung, keine Hoffnung habend und ohne Gott in der Welt (Eph. 2,12). Sie füllte im gewissen Sinne den Platz aus, den die Gemeinde heute nach den Gedanken Gottes inne hat. So wurde sie durch Boas- Stärke - ein Bild von dem auferweckten Christus, eingeführt in die Reichtümer Gottes und wurde Mitbürger und Hausgenosse Gottes. Noomi, ein Bild von dem verwaisten, enterbten und ehelosen Israel, wird durch Ruth gesegnet wie Ruth durch Boas. So ähnlich ist es mit der Gemeinde; sie ist das Gefäß des Segens durch Christum jetzt für die Welt, dann aber im zukünftigen Zeitalter, wenn ich recht verstehe, vor allen erst für Israel, und Israel wiederum für die Nationen im Tausendjährigen Reiche (vergl. Offenb. 21,9-27). Sie wurde durch die Gnade Boas' hocherhoben; doch was ist dies im Vergleich mit der Begnadigung, die uns durch den Herrn Jesum zuteil geworden ist! Ihr Name wird in dem königlichen Geschlechtsregister unseres HErrn gefunden; wir aber sind durch Seine Gnade ein „Königtum“ und „königliches Priestertum“ geworden (1. Petr. 2,9), und dies für alle Ewigkeit. Ihm sei Preis und Dank dafür! Möge der Leser obige Andeutungen im Lichte von Eph. 1-3 betrachten! Wir haben die Wirklichkeit der Dinge!

2. Gleichzeitig ist Ruth ein liebliches Vorbild von dem zukünftigen gläubigen Überrest, welcher aus den Nationen in das Land seiner Väter zurückkehrt. Dort findet er den mächtigen, fähigen und willigen „Blutsverwandten“ vor, der das Erbteil zu erlösen vermag und dem Toten den Namen wiedererwecken kann, wie es mit Israel geschehen wird, was der nähere Verwandte nicht zu tun vermochte. Letzteres ist ein Hinweis aufs Gesetz, welches niemals Israel in das Erbteil wieder

einsetzen kann. Obwohl es der nähere Verwandte ist, wird doch der gläubige Überrest seine Unfähigkeit erkennen müssen, so daß er sich auch für sie als Zuchtmeister auf Christum hin erweisen wird. Israel kann und wird nur auf Grund der unumschränkten Gnade seines Gottes, wie sie in Christo ausstrahlt, begnadigt, angenommen und in sein verlorenes Erbteil eingeführt werden. Es ist Gnade und Gnade allein! Gott wird Sich in Gnade an ihm verherrlichen, wie es schon jetzt bei uns der Fall ist. Lies Röm. 9-11 in Verbindung mit diesen Hinweisen!

3. haben wir wichtige und kostbare Belehrungen über den Werdegang einer Seele.

Kap. 1 sehen wir, wie der Mensch nach seinem Verstand handelt und den gesegneten Platz Bethlehem - Brothaus - verläßt (die Stadt, worin nach der Schrift der große König geboren werden sollte - daß sie keinen König hatten, war der Jammer jener Zeit [vergl. Richter 17,6; 19,1; 21,25], da sie Jehova als ihren König nicht anerkannten, weil dies notwendigerweise Beugung unter Seinen Willen forderte) - und sein Heil, wie man zu sagen pflegt, in der Welt versucht (vergl. Luk. 15,11.13), voll in sich und leer in bezug auf Gott, bis Gott in Seiner Gnade eine Stützte nach der anderen hinwegnimmt, damit der Mensch zur Einsicht gelange und sich zu Gott wenden möchte. So erging's dem verlorenen Sohn, so auch Noomi - Lieblichkeit oder Wohlgefallen -, sie erkannte und bekannte, daß ihr wirklicher Name, entsprechend ihres Seelenzustandes, nicht „Noomi“, sondern „Mara“, d. h. Bittere, heißen müsse. So kam sie leer in sich mit ihrer Schwiegertochter und verlangend nach dem lebendigen Gott in Bethlehem an. Ihre Schwiegertochter war gleichsam durch sie belebt worden, und die ganze Stadt war ihretwegen in Bewegung. Einkehr, Umkehr und Heimkehr zu Gott kann nicht verborgen bleiben. Hast du dies, mein lieber Leser, auch erfahren?

Kap. 2 wird im Bilde durch Boas Christus eingeführt, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist. Boas- Stärke - war ein vermögender Mann;

Christus vermag alles, und keine Sache ist zu schwer für Ihn!

Er geht den Seelen nach. Sein Feld ist die Welt. Er gibt aus Seiner Fülle, und zwar Gnade um Gnade. Er kennt das Verlangen des Herzens; darum verliert Er Ruth nicht aus Seinen Augen und beschäftigt sich mit ihr, ehe sie an Ihn denkt und Ihn kennt. So geht der HErr dem einzelnen nach, beschäftigt Sich mit uns in Seiner Liebe und begrüßt uns mit Seinem Frieden. Siehe 2,12 und Luk. 15,20!

Kap. 3 wird uns Ruth mit Boas gezeigt, wie uns im 2. Kapitel Boas mit Ruth gezeigt ist. Die geistliche Deutung dieser Unterschiede belehrt uns, daß der HErr uns erst nachgeht, ehe wir Ihm nachgehen kennen. Er verkündigt uns den Reichtum Seiner Gnade und erwartet nun, daß wir im Glauben an Ihn uns diese Gnade aneignen. Darum ist in Kap. 2 Boas die handelnde Person, in Kap. 3 aber mehr Ruth. Sie kam zu ihm, er aber kam vordem zu ihr auf dem Felde (der Welt!). Die Tenne bildet mehr das Heim, den Aufenthaltsort und die Vorratskammer Seines Reichtums. Dort sollten wir gefunden werden. Siehe Joh. 1,35-39.

In Kap. 4 nimmt das Tor den ersten Platz ein: die Stätte des Gerichts und der Gerechtigkeit. Auf Grund des Kreuzes kann uns nur Gnade erreichen. Vor Zeugen des ganzen Weltalls Gottes geschah die Erlösung deiner und meiner Seele. Nur durch Seinen Tod und Seine Auferstehung können wir in ewige Beziehung zu Christo gebracht werden. - Möchten wir durch die Gnade tiefer eindringen und uns mehr erweisen als solche, „die sich von den Götzenbildern zu Gott bekehrt haben, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten“! Lies mit

obigen Ausführungen 1. Thess. 1,1-10!

K. O. St.

Antwort C

Wenn das Buch Ruth, in der Richterzeit beginnend, geschichtlich in derselben Periode schon endigt, so reicht doch seine vorbildliche Bedeutung bis zur „Zeit der Wiedererstellung aller Dinge“ (Apgesch. 3,21) hin, beweist uns somit seine göttliche Eingebung (2. Tim. 3,16) und erlaubt uns nicht, es als nebensächlich anzusehen.

1. Die Familie Elimelechs gibt mir ein Bild des Volkes Israel; demselben ist das Bestehen unmöglich geworden (Teuerung, Hungersnot; 1,1). Sein Land ist verflucht wegen seiner Untreue (lies 5. Mose 28,15-69; siehe auch Richter 2,11-23; 3,7.8.12.13; 4,1.2; 6,1; 10,6-9; 13,1; 17,6 u. 21,25: die Ursache der Hungersnot in Ruth 1,1), es ist jetzt unter den Nationen (Moab) und hat kein politisches Haupt mehr (Elimelech, Familienhaupt, starb 1,3). Der größte Teil des Volkes ist in Unglauben verfallen, den Nationen gleichförmig geworden (Machlon und Kiljon nahmen moabitische Weiber und wohnten daselbst; 1,4) und geht der Vertilgung entgegen; ein Überrest (Noomi blieb allein übrig; 1,5) aber „macht sich auf, um in das Land Juda zurückzukehren“; er geht durch schwere Prüfungen hindurch, aber erkennt darin die Hand Gottes (1,13.20.21); jedoch ist sein Verlangen nach irdischer Wiederherstellung gerichtet (1,6 „Brot“).

2. Nun ist durch den Fall der Kinder Israel das Heil den Nationen geworden (Röm. 11,11). Das Evangelium wird ihnen verkündigt. Viele machen sich auf, um in das Reich Gottes einzugehen, aber sind nur für eine Zeit (Luk. 8,13). Bei der Wahl zwischen dem wahren Gott und dem Mammon ziehen sie letzteren vor; Orpa stellt sie dar.

Andere, hungrig und durstig nach der Gerechtigkeit, der Welt müde, suchen, im Gegensatz zu Israel, einen Gott, sie haben ein Verlangen nach einem neuen himmlischen Vaterlande; deren Vorbild ist Ruth (1,16). Sie haben erkannt, daß Israel die Kenntnis des wahrhaftigen Gottes hat trotz seines Elendes, und hängen diesem Volke an, „dessen die Sohnschaft ist und die Bündnisse und die Gesetzgebung und der Dienst und die Verheißungen“ (Röm. 9,4). Ähnlich verhielten sich z. B. Kornelius, Sergius Paulus, Lydia u. a. (Apgesch. 10,1.2; 13,7.43; 14,1; 16,14; 17,4). Ohne Hoffnung, ohne Bürgerrecht in Israel (Eph. 2,11.12) haben sie die Stellung der Fremdlinge demütig eingenommen und die Gnade angerufen. Diese, die Glieder der Gemeinde, sehe ich vorbildlich in Ruth (vergl. 2,2.7.10.13 mit Mark. 7,28!).

3. Dann ist es nicht schwer, in Boas ein Vorbild auf unseren hochgelobten HErrn und starken Heiland (2,1 „ein vermögender Mann“) zu erkennen, welcher dem Fleische nach aus Israel ist (Röm. 9,5), ein Blutsverwandter der Noomi. Lassen die huldvollen Worte des Boas an Ruth nicht unwillkürlich an Ihn denken, der die Worte des ewigen Lebens hat?! (Joh. 6,68.) Und wenn ich daran denke, daß der HErr Freude hatte am Willen Gottes, Seines Vaters, also am Erlösungswerk, so glaube ich in Ruth 3,7a.8a in Verbindung mit Joh. 4,34.35 (wo auch von der Ernte die Rede ist!); Hebr. 10,7; Ps. 40,8 eine Andeutung auf Gethsemane und Golgatha sehen zu dürfen. Auf Golgatha findet die ausschlaggebende Zusammenkunft einer Seele mit dem Heiland statt (vgl. Ruth 3,7b.9). Er gibt auch Seiner Gemeinde das Nötige, bis Er sie zu Sich nimmt (3,15; Eph. 4,11-13; 5,29), und rettet sie bis ans Ende (Hebr. 7,25 wird es uns durch eine alttestamentliche Betrachtung bewiesen, gleichwie Ruth

3,18 es durch Noomi gesagt wurde!).

4. Das Gesetz, das Israel gehört - der andere Blutsverwandte (Ruth 3,12) - hatte auch ein Recht, und zwar das erste Recht auf den Israeliten (Noomi); es war ihm aber unmöglich, irgendwelchen Menschen von der Sünde freizumachen (vergl. Röm, 8,2.3 mit Ruth 4,5.6), und so tritt Christus an seine Statt, macht die Gläubigen frei vom Gesetz, von der Sünde, und stellt den jüdischen Überrest (Noomi) wieder her durch Sein einziges Werk am Kreuze.

5. Auf die Aufnahme der Gemeinde in die Herrlichkeit und die Frucht der Liebe Christi zu ihr, der Mühsal Seiner Seele, den Dienst Seiner Erkauften in Lobgesang und Anbetung während der Ewigkeit (Jes. 53,10.11; Offenb. 22,4.5) deuten Ruth 4,13a und 17 schon hin (Obed bedeutet „Diener“).

6. Weiter möchte ich den Schnittern in Kap. 2,5.6 nach Offenb. 14,18 oder Matth. 13,41 die Bedeutung der Engel zuschreiben, welche dienstbare Geister sind, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen (Hebr. 1,14), und dem über die Schnitter bestellten Knecht die des Geistes Gottes, durch den Er alles leitet und bei den Menschen wirkt.

Die Herrlichkeit dieses Buches ist durch obige Darlegung bei weitem nicht enthüllt, und wir können aus den Einzelheiten wie aus dem Ganzen sicher immer wieder neue Blicke in die wunderbaren Gedanken und Führungen Gottes haben.

Noch etwas aber sagt mir das Buch Ruth: Mag des Volkes Gottes Schwäche groß sein, ja, sein Zustand traurig, so bleibt es doch die Segensstätte für den, der sich unter Gottes starke Hand beugt und demütigt und Seine Heimsuchung in dieser Stätte geduldig erwartet. Wer sie verläßt, um auf eigene Weise durchzukommen und nach seinem Gutdünken zu leben, verliert den Segen, die Freude, und kommt er nach manchen traurigen Erfahrungen doch zurück, so ist es „leer“ (1,13.20.21).

Reich an herrlichen Erfahrungen aber wird das Leben dessen, der die Armut, die Schwachheit des Volkes Gottes, nicht verachtet, sondern auf sich nimmt, und den Weg des Glaubens, des Gehorsams, der Niedrigkeit den weltlichen Hoffnungen und Bequemlichkeiten vorzieht (1,9.11-13.16.17).

Gott gebe uns immer mehr zu erkennen, „wie köstlich Seine Gedanken sind, wie gewaltig ihre Summe“! (Psalm 139,17.)

R. W. D.

Antwort D

Vorbildlich trägt das Buch Ruth das Bild Israels in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Namen in dem Buche sind von hoher Bedeutung. Dr. E. A. sagt so trefflich: „... Wie wenig vermag die Welt in einen Namen hineinzulegen! Es ist nichts als ein Schall nur ein Name! ... Namen, die Gott gibt oder anerkennt, sind eine Charakteristik, die das Wesentlichste des Benannten ins Licht stellen.“ (S. Jahrg. Il, 1914, S. 23 und 24.) So auch hier. Die Bedeutung der Namen der in diesem Buche vorkommenden Personen bringt viel Licht in den vorbildlichen Charakter. Elimelech: „Mein Gott ist König“; Noomi: „Meine Lieblichkeit“, „meine Wonne“; Orpa: „den Rücken kehren“; Ruth: „Genossin“, „Freundin“, „die man gern hat“; Machlon: „krank“; Kiljon: „verschmachten“, „hinschwinden“; Mara: „Bitterkeit“; Boas: „in ihm ist Kraft“.

In Elimelech sehen wir gleichsam im Bilde Jehova als Ehemann und König Israels (Jer. 31,32; Ps. 89,18), in Noomi das Volk Israel als in Verbindung mit seinem König. Als aber das Land verlassen wird (1,1-3 stirbt Elimelech), das heißt im Vorbilde: als Israel das Land Immanuels verläßt und sich mit den Nationen vermischt, verliert es Gott als seinen Mann und König. Auch ihre Söhne Machlon und Kiljon bringen ihre Seele zum „Dahinschwinden“ und Seufzen (Hes. 24,23). Israel in der Fremde unter den Nationen ist weder als Volk noch als Weib von Gott anerkannt. Es geht durch Elend und Schmerz. Ruth ist das Bild des zukünftigen Überrestes Israels. Aus der Heidenwelt kommend, jedes Anrechtes entblößt, verbindet sie sich mit jener, die die Bitterkeit (Mara V. 20) ihrer Sünde schmeckt. Boas ist das Bild von Christo, „in dem Kraft ist“. Er nimmt die Sache Ruths (des Überrestes der letzten Zeit) in Seine Hand und macht sie zu Seinem Weibe. Er löst das „Erbe“ (Palästina, das Land) ein und erweckt den Namen (4,5) und läßt das verlorene Gedächtnis der Geschichte Israels wieder auferstehen. In Ihm sind „die gewissen Gnaden Davids“.

In Orpa sehen wir den Abfall der letzten Zeit, der dem Antichristen folgt, während wir, wie schon gesagt, in Ruth den gläubigen jüdischen Überrest (Röm. 11,4.5) sehen, der mit Christo verbunden ist (Genossin). Ein Überrest, der aus dem in heidnischem Abfall versunkenen Volke herauskommt und der nicht mehr Anrecht an die Verheißungen hatte als diese arme, verachtete Tochter Moabs. So wie sie keinen Anspruch auf Segen hatte, so auch Israel. Es wird angenommen allein aus unumschränkter Gnade. Israels Sammlung und Segnung geschieht auf dem Grunde der Verheißungen, die ohne Bedingungen den Vätern gegeben sind (Luk. 1,73).

Die Grundsätze der Gnade und Erlösung sind hier wunderbar gezeichnet. Ruth ist eine der vier Frauen in dem Stammbaum des HErrn in Matth. 1. Es ist köstlich für ein geistlich gesinntes Herz, den Spuren Seiner Gnadenwege nachzugehen, die eine Moabitin in den Stammbaum des HErrn einführen. Eine Moabitin, deren Ursprung eine Schande war (1. Mose 19,30ff.) und die durch das Gesetz für immer von der Gemeinde Israel ausgeschlossen war (5. Mose 23,3).

W. S., frei bearb. von v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Für diese kostbaren Antworten preisen wir den HErrn. Sie geben sowohl wichtige Belehrungen wie praktische Ermahnungen für das Leben des Gläubigen. (Welch wunderbares Vorbild für den tätigen Glauben und die wahre Nachfolge in des HErrn Fußstapfen ist aber auch die Moabitin Ruth!) - Es erübrigt sich, obigen Antworten noch Wesentliches hinzuzufügen; sie tun uns den wichtigsten Dienst, den sie tun können: sie leiten uns ins Wort!- Nur noch eins! Unser vornehmstes Begehren sollte stets, auch bei der Betrachtung ganzer Bücher der Schrift, das sein, den Herrn Jesus in denselben zu finden. Ganz bestimmt zeigt uns jedes Buch der Schrift (auch des Alten Testaments) den HErrn vorbildlich unter besonderen Gesichtspunkten, wenn es auch manchen Forschens unter der Leitung des Geistes bedarf, um diese stets herauszufinden. Aber der HErr Selber sagt uns: „... die Schriften sind es, die von Mir zeugen“ (Joh. 5,39). Gibt es etwas Köstlicheres beim Schriftstudium, als dies Zeugnis der Schriften von Ihm zu suchen?

Im Buch Ruth nun, wie in obigen Antworten schon gezeigt, haben wir Ihn vor uns in den deutlichsten Worten (in Boas) als den „Blutsverwandten“, und wir glauben, daß wir hier auch einen Hinweis sehen dürfen auf Hebr. 2, wo Er uns in besonders köstlicher Weise als unser „Löser“ gezeigt ist, der „an

Fleisch und Blut teilgenommen hat“, um für uns sterben zu können. - Doch wird Seine herrliche Person auch noch in anderen Beziehungen in diesem Buch zu finden sein. Zeigt es uns, indem die Familiengeschichte einer der Stammütter des Herrn Jesu nach dem Fleisch erzählt wird, nicht z. B. vielleicht in seinem Gesamtcharakter auch etwas vorbildlich von der Niedrigkeit des teuren HErrn, der arm wurde um unseretwillen (2. Kor. 8,9) und „Sich Selbst zu nichts machte“ (Phil. 2,7) und daher auch schon in Seinen Vorfahren (dem Fleische nach) niedrige Wege ging? - Möchte der HErr uns schenken, „in der Gnade und Erkenntnis Jesu Christi zu wachsen“ (2. Petr. 3,18), auch beim Betrachten des lieblichen Buches Ruth!

Frage 23

Auf welche Zeit bezieht sich Offenb. 6,3-8?

Antwort A

Die Offenbarung ist das Buch der Gerichte. Zuerst beginnt das Gericht am Hause Gottes (1. Petr. 4,17 und Offenb. 2 u. 3), und sobald die hienieden im Hause Gottes befindlichen Erlösten aufgenommen sind nach 1. Thess. 4,17 in den Himmel, sagt Sich der HErr von den äußerlichen Bekennern los (Offenb. 3,16).

Heute leben wir noch in der Zeit der Gnade und Annahme. Wie lange noch? Sobald der HErr die Seinen hinaufgenommen hat, folgen im Himmel die Ereignisse von Kap. 4 u. 5, dann erst Kap. 6 die Gerichte Gottes über die Erde und die Menschen. Deshalb: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt!“ (Offenb. 2 u. 3; Hebr. 3,7.) „Die Nacht ist weit vorgerückt und der Tag ist nahe!“ (Röm. 13,12; siehe noch Offenb. 3,10; 22,20!)

F. B.

Antwort B

Vers 3-8 von Off. 6 gehören in dieselbe Zeit hinein, in der Vers 1 und 2 sowie Vers 9-17 desselben Kapitels in Erfüllung gehen. Die Frage müßte also eigentlich lauten: Auf welche Zeit bezieht sich das ganze 6. Kapitel der Offenbarung? Die Antwort ist in dem Kapitel selbst gegeben. Vers 17 heißt es: „Gekommen ist der große Tag des Zornes.“ Demnach geschehen diese Dinge am großen Tage des Zornes. Vom Tage des Zornes schreibt Paulus auch Röm. 2,2-10. Besonders Vers 5 erwähnt er ihn als einen Tag, an dem das gerechte Gericht Gottes offenbar werden wird Bösen wie Guten gegenüber. (Vgl. 1. Thess. 1,10: Jesus errettet die Gläubigen, „die bekehrt sind, zu dienen dem lebendigen Gott und den HErrn vom Himmel her zu erwarten, vor dem kommenden Zorn“ (siehe auch 1. Thess. 5,9 und Apgesch. 17,31!). Meiner tiefen Überzeugung nach handelt es sich beim Tage des Zorns um die große Trübsalszeit auf Erden nach Matth. 24,21. Schon Dan. 12,1 ist diese Zeit erwähnt. Es ist die Versuchungsstunde, die nach Off. 3,10 kommen wird, die auf Erden Wohnenden zu versuchen. Sobald die Gemeinde des HErrn, der Leib Christi, entrückt ist, dem HErrn entgegen in die Luft, um bei Ihm zu sein allezeit (1. Thess. 4,16.17), wird der Teufel auf die Erde geworfen (Off. 12,7-12), und die große Drangsalszeit beginnt. Während die sieben Siegel im Himmel von dem Lamm gebrochen werden, geschehen auf Erden all die Dinge, die in Off. 6 beschrieben sind. Also Off. 6 geht in der Zeit der großen Trübsal in Erfüllung. Heute sind diese Dinge noch zukünftig, da ja die

Gemeinde noch auf Erden ist. Das Geheimnis der Bosheit aus 2. Thess. 2 kann noch nicht in die Erscheinung treten, weil der Leib Christi es noch aufhält. - Den augenblicklichen europäischen Krieg als eine endgültige Erfüllung von Off. 6,3-8 ansehen hieße doch wohl dem Worte seinen Inhalt rauben. - Freuen wir uns, daß der HErr uns erretten will vor dem kommenden Zorn (1. Thess. 1,10). Sorgen wir aber auch dafür, daß wir würdig werden, dem allen zu entfliehen und zu stehen vor des Menschen Sohn (Luk. 21,36).

A. E.

Antwort C

Die Ereignisse, von denen in den angeführten Versen die Rede ist, bilden einen Teil der „großen Drangsal“, wie der Herr Jesus in Matth. 24 (V. 9.21.29) jene Seinem Kommen in Macht und Herrlichkeit vorausgehende letzte Zeit nennt, in der Gott die schwersten Gerichte über diese Erde gehen lassen wird, die sie je treffen werden. (Siehe auch Off. 7,14!) Die Ereignisse jener Zeit sind in Kap. 6 und den folgenden Kapiteln der Offenbarung beschrieben. Sie sind alle in den sieben Siegeln enthalten. Von diesen schließt das siebente Siegel die sieben Posaunen ein (s. Kap. 8,1.2), und die siebente Posaune wiederum die sieben Schalen (s. Kap. 10,7; 11,15; 15,1; 16,1), in denen „der Grimm Gottes vollendet“ ist (Kap. 15,1). In den verschiedenen Gerichten, die in den Siegeln, Posaunen und Schalen vor unser Auge geführt werden, ist deutlich eine Steigerung hinsichtlich ihrer Schwere sowohl als auch hinsichtlich der Erkennbarkeit der Hand Gottes wahrzunehmen.

Bei all den Vorgängen auf dieser Erde (von Kap. 6,1 an) finden wir nie die Versammlung oder Gemeinde des HErrn erwähnt, auch nicht ihre Entrückung, aus dem einfachen Grunde, weil sie sich dann nicht mehr auf der Erde befindet, sondern ihre Entrückung dem Beginne dieser Ereignisse vorausgegangen ist. Diese für unsere Frage entscheidende Tatsache ist in der Offenbarung selbst - wiewohl diese ihrem ganzen Charakter entsprechend mit der Versammlung oder Gemeinde sich überhaupt nur in ihrer verAntwortlichen Stellung auf der Erde beschäftigt (Kap. 1-3) und von ihrer Entrückung überhaupt nicht spricht - dennoch ganz deutlich zu sehen, und zwar in den „vierundzwanzig Ältesten“, die wir von Kap. 4 an (V. 4,10; 5,5 usw.) erwähnt finden. Wohl gibt es Kinder Gottes, die in diesen Ältesten „Engelfürsten“ sehen wollen, doch ist meiner Überzeugung nach eine solche Annahme nicht der Schrift entsprechend, schon darum nicht, weil das, was von den Ältesten gesagt ist, nie auf Engel - auch nicht Engelfürsten - zutreffen kann. Von Engeln sagt das Wort nie, daß sie „goldene Kronen“ auf ihren Häuptern tragen und „auf Thronen sitzen rings um denThron Gottes“ (Kap. 4,4). Dagegen ist das Bild völlig zutreffend auf die Erlösten: sie sind „Gott zu Königen und Priestern gemacht“ (s. Kap. 1,6; 5,10), was durch die goldenen Kronen und die weißen Kleider dargestellt wird, und sie allein können einen solchen erhabenen Platz in der Gegenwart Gottes und eine solche vertraute Stellung zu Ihm einnehmen - auf Thronen rings um den Thron Gottes sitzend - auf Grund der wunderbaren Stellung und Beziehung, in die sie durch den HErrn als Seine Erlösten gebracht sind. Das ist nie der Platz und das Verhältnis eines Geschöpfes - auch nicht des höchsten und erhabensten - als solchem Gott gegenüber, sondern nur derer, die Er dazu erwählt und passend gemacht hat durch Seinen geliebten Sohn zu Seiner eigenen Verherrlichung! - Die Zahl 24 drückt nach 1. Chron. 24,1-19 die Summe der Priesterschaft, die Gesamtheit der Priesterschar aus; die gesamte Priesterschaft war durch die 24 Häupter vertreten. So stellen die vierundzwanzig Ältesten die Gesamtheit der diese Stellung einnehmenden Erlösten, also die Versammlung oder Gemeinde des HErrn, dar. Daß sie als „Älteste“ bezeichnet sind, drückt aus, daß ihnen Weisheit

Gemeinde des HErrn, dar. Daß sie als „Älteste“ bezeichnet sind, drückt aus, daß ihnen Weisheit verliehen ist, was wieder völlig auf die Erlösten zutrifft, denen der Geist Gottes gegeben ist, damit sie durch denselben Erkenntnis und Verständnis haben (s. 1. Kor. 2,9-12). (Vgl. zu obigem im Jahrg. 1914 Fr. 50! Der Herausgeber.) Diese die Versammlung oder Gemeinde des HErrn darstellenden vierundzwanzig Ältesten nun werden, nachdem mit Schluß des Kap. 3 mit der Versammlung oder Gemeinde auf der Erde abgeschlossen ist, von Kap. 4 an im Himmel gesehen. Von da an hat also die Gemeinde des HErrn, und zwar nicht etwa nur die Entschlafenen, sondern die gesamte Gemeinde, ihren Platz im Himmel, wohin sie also entrückt ist und wo in ihrer Gegenwart und unter ihrer Teilnahme die Vorgänge der Kap. 4 und 5 sich abspielen, also insbesondere auch erst das Lamm das Buch mit den sieben Siegeln empfängt, deren Öffnung danach in Kap. 6 beginnt. Hieraus ergibt sich also völlig klar, daß die Entrückung der Gemeinde des HErrn erfolgt sein muß, ehe die Ereignisse in Kap. 6 stattfinden können, und daß diese Ereignisse folglich noch nicht begonnen haben können, sondern nochzukünftig sind, da die Gemeinde des HErrn noch nicht entrückt, sondern noch hienieden ist.

Wenn jetzt Vorgänge sich abspielen, die dem in Off. 6,3-8 und manchen anderen Schriftstellen Vorhergesagten sehr nahe zu kommen scheinen, so sollte kein Kind Gottes sich dadurch an dem klaren Zeugnis des Wortes Gottes irre machen lassen, sondern wissen, daß der Gang der Ereignisse unbedingt so sein wird, wie das untrügliche Wort Gottes uns sagt. Die Dinge, die sich jetzt abspielen und noch abspielen werden, solange die Gemeinde des HErrn noch hienieden ist, können also immer nur Vorläufer jener großen Ereignisse und Schatten sein, die sie vor sich hersenden. Aber laßt uns wachen und nüchtern sein, die Lenden umgürtet und die Lampen brennend, auf Ihn wartend mit sehnsuchtsvollen Herzen, daß Er uns dort einführe, wo Er uns die Stätte bereitet hat! Ja: „Amen; komm, Herr Jesu!“ (Off. 22,20b.)

Th. K.

Antwort D

Die Ereignisse in Off. 6 beziehen sich auf die Zeit nach der Entrückung der Gemeinde; denn was in Off. 4 und 5 beschrieben ist, muß vollendet sein, ehe Off. 6 seine Erfüllung finden kann. Ehe der HErr die Siegel öffnet, muß Er das Buch in Seine Hand genommen haben, ein Akt, der uns in Off. 5,7 beschrieben wird und der eine Bewegung im Himmel hervorruft. Die 24 Ältesten sind schon im Himmel und bei diesem Ereignis zugegen. Im Jahrgang II (1914), S. 191ff. ist bereits darauf hingewiesen, daß uns in dem Gesichte der 24 Ältesten die ganze Schar der Heiligen (Alten und Neuen Testamentes) gezeigt wird. In ihnen sehen wir die Gemeinde und die Gläubigen der früheren Zeiten verherrlicht im Himmel, in weißen Kleidern, gekrönt, erlöst durch das Blut des Lammes. Ehe also die Ereignisse in Off. 6 sich erfüllen können, muß Off. 4 u. 5 erfüllt sein, das heißt: die Gemeinde muß von der Erde entrückt, schon droben im Himmel sein!

Auch die göttliche Einteilung des Buches bestätigt dies. Der HErr gibt uns in Off. 1,19 gleichsam den Schlüssel zur Offenbarung in die Hand: 1. Schreibe, was du gesehen hast. Was sah Johannes? Den HErrn in richterlicher Majestät (Off. 1,12-16). So hatte er Ihn nie zuvor gesehen. 2. Schreibe, was (gegenwärtig) ist: das ist die Gemeinde Gottes auf der Erde (Off. 2 und 3). 3. Schreibe, was nach diesem geschehen muß: das sind die zukünftigen Dinge. (Off. 4-22. Beachte in Kap. 4,1 zweimal das Wort: „Nach diesem“.) „Nach diesem:“ schließt eben in sich, daß das, was (gegenwärtig) ist (Kap. 2

und 3), seinen Abschluß gefunden hat. Solange das, „was ist“, noch da ist, können eben die Dinge, die „nach“ diesem geschehen müssen, noch nicht da sein. Mit Kap. 4 beginnen die zukünftigen Ereignisse nach der Aufnahme der Gemeinde - das, was geschehen muß, wenn das, „was ist“ (die Gemeinde als Leuchter, Kap. 2 u. 3), von der Erde weggenommen ist. (Den Augenblick der Entrückung bringt die Offenbarung nicht. Die Vorsätze Seiner Gnade sind nicht der Inhalt dieses Buches.)

Eine nachträgliche Anfrage, ob der erste Reiter in Off. 6 Christus oder das Evangelium sei, mag hier gleich eine BeAntwortung finden.

Daß der Reiter nicht Alexander noch Napoleon usw. sein kann, braucht nach dem Vorhergehenden nicht mehr gesagt zu werden. Wohl aber können wir solche Sieger als Schatten und Vorbilder ansehen, in denen Gott der Welt zeigt, daß es Ihm ein Geringes ist, die angekündigten Ereignisse in ungeahnter Schnelle kommen zu lassen.

Mit Donnerstimme ruft Er durch die lebendigen Wesen: „Komm!“, und sofort erscheint das Instrument Seines Gerichtes auf dem Plan. (Die Worte: „und sieh“ [V. 1.3.5.7] fehlen in zuverlässigen Handschriften und bringen neue Übersetzungen nicht mehr oder bezeichnen sie derart [s. Wiese und Elberf.].) Jeder Reiter ist ein Werkzeug in der Hand des HErrn, um Seine Gerichte auszuführen. An Christus kann nicht gedacht werden. Er ist der Brecher der Siegel und der Veranlasser des Rufes: Komm!, aber nicht der Reiter des Siegels, der auf den Ruf der Donnerstimme zu erscheinen hat.

Der Reiter in Off. 19,11ff. ist Christus (der Name beweist es); aber diese Stelle gibt keinen Grund dafür, daß der Reiter in Kap. 6 auch Christus sei. Ein „weißes Pferd“ allein gibt uns ebensowenig wie ein „Löwe“, ein „Thron“ oder eine „Krone“ das Recht, zu sagen, es sei Christus, wenn es nicht durch den Zusammenhang oder andere Aussprüche erwiesen ist; denn die Schrift spricht sowohl von Christus als auch vom Satan als dem „Löwen“, und ebenso von Satans „Thron“ und „Krone“. Der HErr öffnet die Siegel, nicht aber ist Er der erscheinende Reiter in dem Siegel. Dieser ist die Rute des Gerichtes in Seiner Hand.

Ebensowenig, ja noch weniger kann an das Evangelium gedacht werden. Das hieße den ganzen Zusammenhang zerreiben. Das Schriftganze zeigt uns, daß die sieben Siegel Gerichte sind. Bei sechs Siegeln wird dies ohne weiteres anerkannt; aber welches Recht haben wir, ein Siegel aus der Reihe abzusondern und als Segen zu stempeln? Das Evangelium des Reiches wird verkündigt. Sicher! Gott hält auch in dieser Gerichtszeit treu an Seinen Verheißungen und Vorsätzen. Aber hat das etwas mit dem Siegel zu tun? Donnerstimme, Schlachtroß, Bogen finden wir nicht in der Schrift als Symbole des Evangeliums. Wird das Evangelium durch Donnerstimme herbeigerufen oder durch Schlachtrosse zum Siege geführt? Wie haltlos für solche Auslegung, die Vollzahl (7) der Siegel zu zerreiben und sechs als Gerichte und eines als Segen zu erklären, also: Roß und Reiter, ein und dasselbe Symbol in zwei ganz verschiedener, sich entgegengesetzter Weise (als Segen und als Gericht) zu deuten, und dazu noch in einem Zusammenhang in dem geschlossenen Ganzen der Vollzahl „7“!

In den Siegeln sehen wir die Wege Gottes mit der Erde, wenn der Tag Seines Zornes angebrochen ist. Es war einst eine feierliche Stunde, als der HErr in Nazareth (Luk. 4,17-21) das Buch aus der Hand des Dieners nahm, es öffnete und erklärte, daß das, was sie eben mit ihren Ohren gehört hatten (soweit Er vorgelesen), erfüllt sei. Damit war das Jahr der Annehmung, der Tag der Gnade

eröffnet (zunächst für Israel). Er hörte beim Vorlesen der Jesaiasstelle mitten im Satz vor den Worten: „und der Tag der Rache“ auf. Hier schloß Er das Buch, legte es in die Hand des Dieners, setzte Sich, und aller Augen waren auf Ihn gerichtet. Das ist der heutige Tag! Das Buch, geöffnet bis zum Tag der Gnade, ist in die Hand des „Dieners“ gelegt. Er hat Sich „gesetzt“ droben zur Rechten der Majestät in der Höhe, und „aller Augen sind auf Ihn gerichtet“. (Wohin sind unsere Augen gerichtet? Die Welt schaut nach Menschen aus und nach den nächsten großen Ereignissen. Wir aber richten unser Auge auf Ihn

und erwarten das nächste große Ereignis vom Himmel, von Ihm aus, Ihn Selbst!) - Aber es kommt ein anderer feierlicher Augenblick, wenn Er wieder „das Buch“ nimmt, nicht aus der Hand des Dieners, sondern aus der Hand Dessen, der auf dem Throne sitzt (nicht dem Throne der Gnade, sondern dem Throne der „Blitze, Stimmen und Donner“), und dann folgt die Fortsetzung der Stelle im Jesaiasbuche: „und der Tag der Rache...“, dann beginnt der „Tag Seines Zornes“ (vgl. Stellen wie Jes. 13,13; Zeph. 2,1 und viele andere!).

Wenn der heutige Tag der Gnade sein Ende gefunden hat, wird Gott den Erstgeborenen in den Erdkreis einführen - Er soll das Erbe jetzt in Besitz nehmen. Durch Gerichte reinigt Er das Erbe, und Gerichte bahnen den Weg zum Tag Seiner Herrschaft. Nicht das Evangelium leitet das Kommen des Sohnes des Menschen und Sein Reich ein, sondern Gerichte. Wenn der Unterschied nicht beachtet wird zwischen der jetzigen Zeit der Gnade und der kommenden Zeit Seines Zornes, so kommt man dahin, dem Evangelium das zuzuteilen, was Gott durch Gerichte wirken will, und beim ersten Siegel von dem Siegeslauf des Evangeliums zu reden, der das Kommen des Sohnes des Menschen und Seines Reiches einleiten soll. Die solches sagen, verkennen ganz den Charakter des Tages Seines Zornes und unterscheiden nicht die verschiedenen Verwaltungsperioden Gottes. Gewiß, durch die Predigt des Evangeliums des Reiches werden Seelen gerettet, aber Seine Vorsätze für jenen Tag werden durch die Hand Seiner Macht in Gericht ausgeführt, von dem Throne aus, aus dem Blitze hervorgehen.

Als das erste Siegel geöffnet wird, ertönt die Donnerstimme über die Erde. Der erste Reiter erscheint auf weißem Pferde. Weiß ist die Farbe der Überwinder (Off. 3,5 u. a.), und mit dem Rosse ist der Gedanke der Macht und Stärke verbunden (Hiob 39,19-25; Ps. 147,10 u. a.), so daß wir in dem ersten Reiter eine überwindende Macht erkennen, deren Siegeslauf, wie es scheint, weniger durch Blut als durch die Macht einer gewaltigen Person und Diplomatie gekennzeichnet ist. Die unverkennbare Ähnlichkeit des Reiters mit Christo in Off. 19,11-13 leitet schon zu dem Gedanken, daß wir hier das erste Auftreten der dämonischen Antichristusmacht haben, mit der auch die späteren Gerichte verwoben sind, dieser satanischen Macht, die sich in zwei Personen, dem Fürsten und dem Antichristen, verkörpert (Off. 13 u. 19,20). (Vergl. Fr. 43, Jahrg. 1914!)

In dem ersten Siegel, glaube ich, haben wir es zunächst mit dem ersten Auftreten des Tieres zu tun, mit dem kommenden Fürsten des neu erstehenden römischen Reiches, der im Anfang der Woche den Bund mit Israel macht, was auch schon daraus hervorgeht, daß er bereits in der Mitte der Woche die Opfer aufhören läßt (Dan. 9,27) und in dessen Macht etwas später „der“ Antichrist auftritt. Eine Krone - die Königswürde - wird ihm gegeben, so daß es scheint, er habe solche (ähnlich einst Napoleon) vorher nicht gehabt. Es muß eine gewaltige Person sein, diese kommende Geisel der Menschheit! Er hebt das Gleichgewicht der Mächte völlig auf, von dem heute so viel geredet wird.

Auch andere Schriftstellen, glaube ich, bestätigen es, daß wir mit dem Anfange des Tages Seines

Auch andere Schriftstellen, glaube ich, bestätigen es, daß wir mit dem Anfange des Tages Seines Zornes auch gleich das Auftreten der Antichristusmacht zu erwarten haben. In 2. Thess. 2,7.8 spricht der Apostel von dem gegenwärtigen „Jetzt“ und dem zukünftigen „Dann“, und das Erste, was dem „Jetzt“ folgt, ist das Erscheinen des „Gesetzlosen“, der dann später durch den Herrn Jesus vernichtet wird. - Wenn der Heilige Geist und mit Ihm die Gemeinde (Seine Wohnstätte) von der Erde weggenommen ist, dann ist das Hindernis, „das, was zurückhält“, beseitigt und die Bahn frei für den Antichristen (V. 6 u. 7). Das Salz ist hinweg, und das Verderben kommt schnell. Wie furchtbar, wenn der „Christus“ der Welt kommt - dem fällt sie zu Fuß, und ihm gibt sie die Krone; als aber der „Christus Gottes“ kam, da rief sie: „Hinweg mit diesem!“ - Auch in Matth. 24 beginnt der HErr mit dem Antichristentum. Er Selbst bringt Seine Belehrungen in diesem Kapitel mit der 70. Woche Daniels in Verbindung (V. 15). Es müßte uns deshalb befremden, wenn wir darin keine Übereinstimmung mit Off. 6 fänden. Bis zum 14. Vers spricht Er von dem „Anfang der Wehen“, die das „Ende“, die „große Drangsal“ einleiten (s. V. 6.8.14.21.28-30). Mit dem 15. Vers zeigt Er uns die „Hälfte der Woche“ (Dan. 9,27) und damit das siebente Siegel der Offenbarung, welches die sieben Posaunen, Schalen usw. in sich birgt, während die ersten sechs Siegel mit den Versen 5-14 übereinstimmen. (Natürlich abgesehen von anderen Gesichtspunkten in diesem Abschnitt.) Wir sehen also: auch der HErr beginnt die Zeit der Gerichte mit dem Antichristentum: V. 5 (1. Siegel).

Dann folgt V. 6 u. 7: Krieg (2. Siegel), Hungersnot (3. Siegel), Seuchen (4. Siegel), Erdbeben (6. Siegel). Der 9. Vers beginnt mit einem „Dann“ (d. h. dann in dieser Zeit, während diese Dinge vorgehen und das V. 10-14 Gesagte geschehen wird, werden sie euch töten) (5. Siegel). Es ist die Verfolgung des Überrestes. Der HErr zeigt, welches Los die Gläubigen haben in der Zeit, während das Böse fortschreitet. Ihr Schrei nach Rache (Off. 6,10) ist Gericht für die Welt.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Offenb. 6 wird heute vielfach auf die gegenwärtigen Kriegswirren bezogen, wie wir überzeugt sind, durchaus mit Anrecht, was ja auch die obigen reichhaltigen Antworten bezeugen. Wir beabsichtigen nicht, die in vorstehenden Antworten gegebenen Beweise dafür zu wiederholen, aber wir möchten auch unsererseits denen zu helfen versuchen, die dies Kapitel, im Grunde es entleerend, auf die jetzige Zeit beziehen; wir möchten auf einige Tatsachen des Kapitels selbst eingehen.

Das ganze Kapitel ist, was außer anderem schon die in V. 1 angegebene Vollzahl 7 beweist (vgl. Seite 116, Absatz 1!), ein einheitlich geschlossenes; es bezieht sich auf eine Zeitperiode; alle sieben Siegel, von denen sechs in Kap. 6, das siebente in Kap. 8 eröffnet werden, werden nacheinander in einer Zeitperiode statthaben, die vom Anfang bis Ende den gleichen Charakter trägt, den der Gerichte!

Wenn also die Zeitperiode, in die Offenb. 6 fällt, die gegenwärtige wäre, so müßten im Verlaufe der jetzigen Zeit die beiden eigentümlichen Gebete des 5. und 6. Siegels gebetet werden auf Erden (Vers 10 und 16.17)! Wie sehr aber widersprechen beide, vorzüglich das erste, dem Charakter der gegenwärtigen Gnadenzeit! Die Bitte um Rache ist nicht die Bitte dieser Zeit! Diese jetzig Gnadenzeit mit denen, die ihr angehören (vgl. Eph.2-3!), muß erst abgelöst sein durch eine andere Zeitperiode, und das erfolgt am Schlusse von Kap. 3, worauf in Kap. 4 und 5 die Gläubigen der

Jetztzeit im Himmel gesehen werden. Diese Ablösung kann nicht mitten in Kap. 6 geschehen (wo etwa?), da sonst der einheitliche Charakter desselben zerrissen würde und Kapitel 4 und 5 bedeutungslos würden. Ferner: Vers 8 ist höchstens ein Schatten von dem Zukünftigen, wenn etwa 500 Millionen Menschen (der vierte Teil) untergehen, und zwar auch durch die wilden Tiere! - Weiter zurück V. 5 u. 6! Eine solche ungeheure Teurung auf der ganzen Erde, wie dort angegeben, ist nicht in der jetzigen Zeit zu erwarten - warum nicht? Weil wir eben noch in der Gnadenzeit leben und Gott „Seine Sonne aufgehen läßt und regnen läßt über Gerechte und Ungerechte“; das ist kein Zeichen von Gerichtszeit! Diese kommt aber, und dann gibt's keine Ernte mehr, wie wir sie erwarten können; - und wenn wir sie in Deutschland nicht hätten, so hätten andere Länder gute Ernte, und es gäbe also keine allgemeine Teurung, wie sie hier in diesen Versen gemeint ist. - Auch der Wortlaut von V. 4 ist gegen die Annahme, daß wir jetzt mitten in der Eröffnung der Siegel stünden; noch gibt es Frieden auf Erden, und die Friedlosigkeit heute zwischen etlichen der zwar bedeutendsten Länder ist ein wohl doch nur schwaches Abbild von dem Zustand in der Zeit, wo der Friede tatsächlich von der Erde weg genommen ist!

Viele Gläubige übersehen auch völlig, daß die mit Offenb. 6-19 in Verbindung stehenden kriegerischen Ereignisse religiösen, und zwar antichristlichen Charakter (Wesen) tragen, wie schon Kap. 6,9.10 deutlich zeigen (vgl. auch Matth. 24, besonders V. 15; siehe auch Antwort D!). Schon deshalb haben die gegenwärtigen rein weltlich-politischen Kriege nichts damit zu tun! Noch wichtiger aber vielleicht sind die Beweise gegen die Annahme, als befänden wir uns in der Zeit der Siegeleröffnung, die, welche in dem Aufbau der Offenbarung liegen, und darüber ist in obigen Antworten viel Licht gegeben.

Lassen wir uns durch nichts erschrecken! (2. Thess. 2,1ff.) Was wir zu erwarten haben in der Gegenwart, ist nicht die „große Trübsal“, noch sind wir bereits am Anfang oder mitten in derselben! Kriege hat es immer gegeben, solange die Sünde ist, und je schlimmer es mit dieser wird, desto schlimmer auch mit den Folgen derselben! Aber wir erwarten den Herrn Jesus, der uns errettet vor dem zukünftigen Zorn (1. Thess. 1 u. 4). Er nimmt uns aus der Welt, in der wir in Kriegs- wie auch in Friedenszeiten allezeit Drangsal haben (Joh. 16,33), und Er tut es vor der Erfüllung von Offenb. 6! Denn wir sind nicht von der Welt und haben daher auch nichts mit den Gerichten über dieselbe zu tun! (Lies noch 1. Thess. 5,8-11.) - Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Geleitswort an den Leser:

„... Eines aber tue ich: Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes

droben in Christo Jesu.“ Phil. 3,14.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

Frage 24

Wenn Gott nach 1. Mose 3,19 den Menschen und sein Geschlecht zum Tode verurteilt, wie kann Er dann einem Menschen ein „ewiges Besitztum“ versprechen (1. Mose 17,8)? Hat Gott dies Versprechen ausgeführt? Wenn ja, wo sind dafür biblische Belege?

Antwort A

In dem Bunde, den Gott hier mit Abraham macht und später mit Isaak und Jakob erneuert (2. Mose 6,8; 5. Mose 29,13), verheißt Er ihm, das Land Kanaan ihm und seinem Samen „zum ewigen Besitztum“ zu geben und ihr Gott zu sein. Abraham, obwohl schon rechtmäßiger Besitzer, wohnte nur als Fremdling darin (1. Mose 23,4; Hebr. 11,8ff.). Von den Nachkommen Abrahams kam erst das Volk Israel unter Josua in wirklichen Besitz des gelobten Landes (Jos. 11,23).

In 3. Mose 26 nun lesen wir in den Versen 3-13 von Gottes Segnungen in Verbindung mit Kanaan für Sein Volk, wenn es Ihm gehorcht; in den Versen 14-39 dagegen von Seinen immer mehr gesteigerten Strafen, wenn es nicht auf Ihn hören will. Der letzte Teil von Vers 27 an hat zum letzten Male seine Erfüllung gefunden in der Zerstörung Jerusalems und Zerstreuung der Juden, nachdem sie Christum und Seine Zeugen verworfen hatten. In den Versen 40-45 endlich finden wir einen Hinweis auf Israels schließliche Wiederherstellung und Sammlung in Kanaan, indem es bei der „Erscheinung Seiner Ankunft“ (2. Thess. 2,8) in Reue und Buße sich zu seinem einst verworfenen Messias hinwendet (Sach. 12,10ff.). Dann wird Christus, der verheißene Same Abrahams (Gal. 3,16), dessen Herrschaft kein Ende hat (Jes. 9,7), ihr König und Jehova ihr Gott sein (Sach. 13,9). So findet das Abraham von Gott gegebene Versprechen seine völlige Erfüllung (vergl. 2. Kor. 1,20!).

K. Hch.

Anmerkung des Herausgebers

Während vorstehende Antwort sich hauptsächlich mit den gewünschten „biblischen Belegen“ beschäftigt, im Falle die Frage zu bejahen sei - was allerdings schriftgemäß ist! -, möchten wir noch einige Worte zu dem „wie kann Gott?“ äußern! - Am Schluß der obigen Antwort steht das kostbare Wort 2. Kor. 1,20. Ja, in Ihm, in „dem Sohne Gottes, Jesus Christus“ (V. 19a), sind alle Verheißungen verbürgt. Der Verurteilung des Menschengeschlechtes zum Tode (1. Mose 3,19) geht aber in V. 15 die erste Verheißung zuvor, auf Grund welcher dem, „der die Gewalt des Todes hat, dem Teufel“ (Hebr.2,14), „die Macht genommen“ werden würde. Diese Verheißung, die also für den Menschen die erste Verkündigung der Gnaden macht Gottes war, folgte unmittelbar auf den Fall des Menschen, durch den er die Todesandrohung von 2,17 erwirkt hatte. Adam hatte diese gehört, er hörte aber auch die erste Verheißung des göttlichen Sieges über den Tod, und somit konnte er - wie ich nicht zweifle: im Glauben, trotz der soeben ihm angekündigten Verurteilung zum Tode (V. 19), seinem Weibe den Namen Eva („Mutter der Lebendigen“) geben. - Also das „wie kann Gott?“ ist zu beAntworten: Er kann es und tut es um Christi, Seines geliebten Sohnes, des verheißenen Weibessamens willen, in dem „alle Verheißungen Ja und Amen sind“ (s. auch 2. Tim. 1,10). Um Seinetwillen konnte Gott dem Abraham ein „ewiges Besitztum“ versprechen. In Christo war es ihm verbürgt; und darum auch uns aus den Nationen, sofern wir „aus Glauben sind“, denn „die aus Glauben sind, sind Abrahams Söhne“ (siehe Gal. 3,6-9; vgl. Röm. 4,16.17). Lies noch Eph. 1,3-14!

Glauben sind, sind Abrahams Söhne“ (siehe Gal. 3,6-9; vgl. Röm. 4,16.17). Lies noch Eph. 1,3-14!

Frage 25

Wie decken sich Matth. 1,20 („denn ...“) und 5. Mose 18,15?

Antwort A

Der Herr Jesus Christus ist sowohl der Sohn Gottes (Matth. 8,29; 14,33; 16,16; 27,54 usw.) als auch der Sohn des Menschen (Matth. 10,23; 16,28; 17,9.12.22; 18,11 usw.). Als „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1. Joh. 5,20) hat Er „Leben in Sich Selbst“ (Joh. 5,26), „Gewalt, Sein Leben zu lassen und es wieder zu nehmen“ (Joh. 10,18), und Macht, geistlich und leiblich Toten Leben zu geben (Joh. 5,21.25). Andererseits ist Er als „Mensch“ der „Mittler zwischen Gott und Menschen“ (1. Tim. 2,5), indem Er „Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle“ (V. 6), nachdem Er „Gesetz und Propheten in ganzer Fülle dargestellt“ hatte (Matth. 5,17); als solchem ist Ihm auch „Gewalt gegeben, Gericht zu halten“ (Joh. 5,23.27), ja „alle Gewalt im Himmel und auf Erden“ (Matth. 28,18).

In Matth. 1,20b: „Denn das in ihr Gezeugte ist von dem Heiligen Geiste“, weist uns auf die göttliche Seite des HErrn hin (vergl. Luk. 1, 35!), während, wie bei vielen anderen alttestamentlichen Stellen, auch in 5. Mose 18,15 die menschliche Seite dargestellt ist. Nur die Beachtung dieser Verbindung des wahrhaft Göttlichen mit dem wahrhaft Menschlichen kann uns den Lebensgang des HErrn auf Erden recht verständlich machen und anscheinende Widersprüche beheben.

K. Hch.

Antwort B

5. Mose 18,15 ist zum Volke Israel im Auftrage Gottes gesprochen, als es im Begriff war, nach langer Wüstenwanderung in Kanaan einzuziehen. Mose war von Gott vorgesehen, erwählt, berufen, um Israel aus der Knechtschaft Ägyptens herauszuführen und in das Land der Verheißung zu bringen. Gott war mit Mose in Erweisung großer Kraft und Wundermacht, und die Schrift bezeugt von ihm Hebr. 3,5, daß „er treu war in seinem ganzen Hause“.

Matth. 1,20 wird die geheimnisvolle Geburt des Herrn Jesu mit wenigen Worten berichtet. Der Verheißung nach stammte Er aus dem königlichen Geschlecht Davids, zu dem auch Joseph, der Mann der Maria, und vor allem diese selbst (Luk. 2,4 und 1,32) als letzte Glieder gehörten. Aber von Gott war Er vor Grundlegung der Welt erwählt und bestimmt zum König Israels, Seines auserwählten Volkes, zum Retter und Anführer unserer Seligkeit, zum Heiland der Welt für alle Nationen der Erde (Jes. 42,1-17), zum Erretter aus der Obrigkeit und Gewalt Satans, der alle, die an Ihn glauben, heimführen will ins Vaterhaus droben (Apgesch. 2,21-28 und 3,12-26).

F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Es gibt in den Heiligen, von Gott wörtlich eingegebenen Schriften (2. Tim. 3,16) keine wirklichen Widersprüche. Wenn für den menschlichen Verstand auch manche vorhanden sein mögen, so weiß

der Glaube doch, daß alles, was von Gott ist, „sehr gut“ und vollkommen in sich selbst ist (vgl. Jak. 1,17 u. a.!). Wie könnte auch, da Christus das (fleischgewordene) Wort ist (Joh. 1,14), das geschriebene Wort unvollkommen sein! Mancher scheinbare Widerspruch löst sich bei näherem Zusehen durch treues Beachten des Zusammenhanges (vgl. „G. H.“ 1915 Nr. 5, S. 85!).

Bei den vorliegenden Stellen kann man aber kaum auch nur von einem scheinbaren Widerspruch reden, betreffen doch diese Stellen die beiden in der Schrift völlig unterschiedenen Seiten der Person des Herrn Jesu, der einerseits als Mensch wie Mose aus den „Brüdern“, aus Israels Mitte kam (weswegen Er z. B. auch Matth. 25,31-40 von „Seinen Brüdern“ spricht: den Juden!), andererseits „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ war und ist (Röm. 9,5 u. a.). Diese beiden Seiten sind z. B. deutlich nebeneinandergestellt in Röm. 1,2-4. Und obwohl diese beiden Seiten klar zu unterscheiden sind, wie durch eine Fülle von Stellen zu erweisen ist, so ist es doch eine Person, von der dies alles gilt: es ist immerder Sohn, es ist „Gott, geoffenbart im Fleisch“ (1. Tim. 3,16). Weil es der Sohn ist, deswegen lag in jener prophetischen Ankündigung des Mose (5. Mose 18,15) ein solch besonderer unermeßlicher Wert, wie auch Vers 18 und 19 bezeugen.

Davon redet auch die Gegenüberstellung in Hebr. 1,1-3: die Propheten - der Sohn, d. h. in den Propheten redete Gott ehemals, in dem Sohn redete Gott endgültig, Er ist der Prophet, auf den hin alle anderen Propheten redeten, um uns Gottes Wesen und Seinen Willen prophetisch kundzutun (was ja im wesentlichen der Kern ihrer Tätigkeit ist), den der Sohn zu erfüllen kam (Hebr. 10,7) und den Er zugleich in und mit Sich Selbst verkündete (vergl. Luk. 4,14-30!). Johannes der Täufer, von dem zwar Luk. 1,76ff. gesagt ist, lehnt die Bezeichnung „de r Prophet“ ab (Joh. 1,21), und die Juden, welche die prophetischen Worte des Mose im 5. Buch Kap. 18,15 kannten und zugleich Kap. 34,10 und von der Ablehnung des Johannes, als „der Prophet“ zu gelten, wußten, bezogen Moses Verheißung des Propheten anscheinend und mit Recht auf den Herrn Jesus (vgl. u. a. Joh. 6,14; s. auch u. a. Luk. 7,16 und 24,19!), nachdem sie Seine Taten sahen und Seine von Kraft getragenen Worte hörten. Später nach Pfingsten berief sich Petrus klar auf die Weissagung des Mose im Blick auf Christus als den Propheten (Apgesch. 3; vergl. Stephanus' Rede Apgesch. 7!). Es ist ein und dieselbe Person: Jesus Christus, der vom Heiligen Geist gezeugte Sohn Gottes, der Messias, der König Seines Volkes Israel, der große Hohepriester und der Prophet. Wie könnte Er diese menschlichen Seiten, gewissermaßen Seine amtliche Tätigkeit, in Vollkommenheit ausüben, wenn Er nicht zugleich der Vollkommene wäre, der Sohn, ja, „der Sohn über Sein Haus“ (Hebr. 3,1-6)! Lies hierzu noch Hebr. 7,26-28!

Frage 26

Wie ist Gal. 3,20 zu erklären?

Antwort A

Seit mit dem Falle Adams (1. Mose 3) Sünde und Tod über die gesamte Menschheit herrschen (Röm. 5,12ff.; 3,9ff.), sind die einzelnen Menschen „tot in Vergehungen und Sünden“ (Eph. 2,1.5), deshalb „von Natur Kinder des Zornes“ (V. 3) als „Söhne des Ungehorsams“ (V. 2), „ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt“ (V. 12). Sie „sitzen in Finsternis und Todesschatten“ (Luk. 1,79)

und stehen „unter der Gewalt Satans“ (Apgesch. 26,18), des „Gottes dieser Welt“ (2. Kor. 4,4), und

sind damit „Feinde Gottes“ (Kol. 1,21; Röm. 5,10), der „ Licht ist und gar keine Finsternis in Ihm“ (1. Joh. 1,5).

Gott allein konnte die nun entstandene Kluft zwischen Sich und den Menschen überbrücken durch einen geeigneten, von Ihm erwählten Mittler, um die zerrissene Einheit wiederherzustellen. Zunächst knüpfte Er an mit einigen Männern des Glaubens wie Abraham (Gal. 3,16), danach mit dem jüdischen Volke. Um dieses nun zur „Erkenntnis der Sünde“ zu bringen (Röm. 3,20) und auf den kommenden Erlöser vorzubereiten (Gal. 3,24), gab Er ihm das Gesetz, angeordnet durch Engel, indem Er Mose als Mittler erwählte (Gal. 3,19) zwischen Sich und dem Volke, das Ihm nicht nahen durfte noch konnte, ohne zu verderben (2. Mose 19,12). „Ein Mittler ist nicht Mittler von einem“ (Gal. 3,20a) oder von zweien, die eins sind, wie der Vater mit Christo (Joh. 10,30).

Ein solcher war hier nötig, da ja um der Sünde des Volkes willen Gemeinschaft und Einheit zwischen Gott und dem Volke nicht bestanden (1. Joh. 1,6.7).

„Gott aber ist einer“ (Gal. 3,20b), der mit Israel, dem anderen, durch Mose, den Mittler, in Beziehung trat, dem allein der Name „Jehova“ zukommt (5. Mose 6,4; 1. Kor. 8,4), der „allein Unsterblichkeit“ hat (1. Tim. 6,16), und der als Vater, Sohn und Heiliger Geist eine Einheit bildet (vgl. Joh. 14; Matth. 28,19!), der auch der Gott aller Nationen ist (Röm. 3,29.30).

So wurde „das Gesetz durch Mose gegeben“; jedoch „die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden“ (Joh. 1,17). Er, der verheißene Same Abrahams (Gal. 3,16.19b), ist dann der Mittler geworden zwischen Gott und den Menschen (1. Tim. 2,5; Hebr. 9,15; 12,24), indem Er „eine ewige Erlösung erfunden hat“ (Hebr. 9,12), deren Frucht zunächst das Einssein Gottes mit den Kindern Gottes in Christo ist (Joh. 17), und am Ende, daß „Gott alles in allem ist“ (1. Kor. 15,28).

K. Hch.

Antwort B

Der Apostel Paulus sucht den Galatern Kap. 3 den Unterschied zwischen Gesetzes- und Glaubensgerechtigkeit klarzulegen. Dabei berührt er die beiden Testamente (Gottes Bündnisse) und ihre Vermittler. 1. Das Bündnis der Verheißung zielte auf den einen verheißenen Samen (V. 16.19; vgl. 4,22ff.!), welcher ist Christus. Dieses Bündnis bestand schon, ehe das Gesetz kam (1. Mose 3,15; 17,1-6). 2. Das Bündnis des Gesetzes mit Israel, das Gott in Seine besondere Erziehung nehmen wollte, ist diesem ersten Bündnis hinzugesetzt worden und ist also eine Einschaltung für eine bestimmte Zeit, nämlich „bis der (verheißene) Same käme“; also nur bis auf Christum. Beide Bündnisse haben nun ihre Mittler. Das Gesetzesbündnis hat Mose und nach ihm die Hohenpriester als Mittler, welche aber der Tod nicht bleiben ließ (Hebr. 7,23.28). Da war also nicht nur ein Mittler, sondern viele. Das Bündnis des Glaubens aber, das auf Gottes Verheißungen gegründet ist, hat nur einen Mittler (1. Tim. 2,5.6): Jesus.

In Gal. 3,20 ist zunächst von dem Gesetzesmittler, Mose, die Rede. Mose war aber nicht der eine Mittler, denn das Gesetz ist auch durch Vermittelung der Engel gegeben worden (vgl. Apgesch. 7,53); nebst dem, daß bis auf Christum der Mittler viele wurden. So ist es also richtig, daß im Gesetzesbund der Mittler nicht Einer ist; Gott aber ist Einer, somit muß das Bündnis des Glaubens, das nur Einen Mittler hat, das einzige gültige Bündnis sein. Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Sich

Selber (2. Kor. 5,19).

Also der Gesetzesbund ist nicht der einzig und ewig gültige Bund Gottes zur Errettung der Menschen, sondern ein Notbehelf, ein Erziehungsmittel, bis der Verheißungs- und Glaubensbund durch den einigen Mittler Jesus Christus, Gott, hochgelobt in Ewigkeit, bestätigt war (vgl. Hebr. 9,15-22!). Daher kann die Seligkeit nicht durch den Gesetzesbund erlangt werden (vgl. Röm. 9,31.32), sondern durch den Bund der Verheißung, d. h. durch die gläubige Annahme des Evangeliums von Jesu Christo (Röm. 1,16.17).

F. Th. H.

Antwort C

1. In Seinen Beziehungen zu Abraham (s. Verse 15-17) ist Gott die alleinige Partei, die sich zu etwas verpflichtet; Abraham, als die andere Partei, ist zu nichts verpflichtet.

2. In Seinen Beziehungen zu Israel verpflichtet Sich Gott als die eine Partei (2. Mose 19,4-6; 23,20-23 und 25-31). Aber auch Israel seinerseits, als die andere Partei, wird verpflichtet und nimmt die Verpflichtungen auf sich (2. Mose 19,8; 24,3.7). Überdies wurden diese gegenseitigen Verpflichtungen mit Blut besiegelt (2. Mose 24,6-8; Hebr. 9,17-20). Aus Apgesch. 7,53 und Gal. 3,19 ersehen wir, daß von seiten Gottes Engel die ausführenden Organe waren.

3. (Schlußfolgerung.) Wie weit steht dieses unter der erhobenen Tatsache: Gott persönlich verpflichtet Sich gnädiglich gegen Abraham, ohne ihn zu verpflichten. Sind sie, Juden oder Judaisierende, nicht beschämt darüber, daß sie das Gesetz über das freie Geschenk der Verheißung stellen wollen? Sie rühmten sich ihrer Kenntnis des einigen Gottes. Wohlan, wo erscheint Gott mehr als der alleinige und einzige Gott: in Seiner Unterhaltung mit Abraham als der die Verheißung Gebende oder in den am Sinai durch Anordnung von Engeln und den Mittlerdienst des Mose stattfindenden Verhandlungen? Augenscheinlich bei ersterer Gelegenheit; denn Gott ist nicht die eine von zwei unterhandelnden Parteien, wenn er eine Verheißung gibt; nein, Er ist „Einer“.

F. Kpp.

Antwort D

Es gibt über 300 verschiedene Erklärungen dieser Stelle. Manche Ausleger versuchten festzustellen, ob die Worte: „Der Mittler ist nicht von einem“ sich auf Christus beziehe oder auf Mose. Andere sahen in diesem kurzen Satz einen Beweis für die Gottheit des Mittlers und dessen zwiefache Natur als Gott und Mensch. Es ist unmöglich, auch nur die wichtigsten Erklärungsversuche dieser Stelle anzudeuten.

Wenn man den Zusammenhang des Abschnittes beachtet - und das ist an dieser Stelle besonders nötig -, sieht man zunächst, daß der Ausspruch: „Der Mittler ist nicht von einem“ eine allgemeine Tatsache und Erfahrung ausspricht. Wir gebrauchen in solchen Fällen meist den unbestimmten Artikel „ein“. Der Grieche wendet aber gerade in solchen Fällen gern den bestimmten Artikel an (vgl. Gal. 4,1!), „der“ Erbe, wo nicht ein bestimmter Erbe gemeint ist, sondern ein Erbe überhaupt.

Was Paulus beweisen will, ist folgendes: Die Erbschaft ist nicht auf Grund des Gesetzes, sondern auf

Grund der Verheißung. Gott hat sie dem Abraham durch Verheißung (nicht durch Gesetz) als Gnadengeschenk gegeben (V. 18). Diesen Zweck, die Erbschaft zu vermitteln, hatte das Gesetz nicht. Sein Zweck war ein anderer (V. 19), es wurde der Übertretungen wegen, d. i. um das Vorhandensein und den widergöttlichen Charakter der Übertretungen zu offenbaren, hinzugefügt, d. i. neben dem längst bestehenden Verheißungsbund gegeben. Da es sich bei der Gesetzgebung um zwei Parteien mit gegenseitigen Verpflichtungen handelte - um Gott und das Volk Israel -, so war die Vermittelung eines Mittlers am Platze.

Wenn ein Mittler auftritt, so handelt es sich stets um zwei selbständige Parteien, die gegenseitige Verpflichtungen eingehen. Die Verpflichtungen sind aber abhängig von der Erfüllung festgesetzter Bedingungen. So war auch der Sinaibund ein Bund zwischen zwei Parteien. Gott verpflichtete Sich auch am Sinai, aber unter der Bedingung des Gehorsams der Israeliten.

Anders Gottes Abmachung mit Abraham. Sie war eine bedingungslose Verheißung. Gott verhieß ganz „unabhängig und für Sich allein, als einer der Zahl nach, weil es kein Vertrag zwischen zweien, sondern Seine freie Gabe (χάρις) ist“ (Schleiermacher). So kommt durch das Fehlen eines Mittlers die Verheißung Gottes als eine freie, bedingungslose und unabhängige zum Ausdruck.

Daraus könnte nun der falsche Schluß gezogen werden (V. 21): „Ist denn das Gesetz wider die Verheißungen Gottes?“ Paulus Antwortet: „Das sei ferne!“ Das „Gesetz“ hatte ja gar nicht den Zweck, „lebendig zu machen“, „gerecht zu machen“, „Erbschaft zu geben“. Sein Zweck ist V. 19 genannt. So bleibt es also bei dem, was V. 17 gesagt ist, daß der bedingungslose „Abrahamsbund“, der von dem Einen, nämlich Gott, mit dem gläubigen Abraham geschlossen wurde, nicht durch den „Gesetzesbund“ aufgehoben werden sollte und konnte, der durch den Mittler zwischen den zwei Parteien auf Grund bestimmter Bedingungen geschlossen wurde. V. 20 kann demnach nur im Lichte des ganzen Zusammenhanges, besonders der zweiten Hälfte von V. 18, verstanden werden.

Bei Abraham war es eine bedingungslose Verheißung des Einen, am Sinai gewissermaßen ein Vertrag zwischen zweien, von dessen Innehaltung die dort gegebenen Verheißungen abhängig waren.

Der biblische Begriff des Bundes ist durchaus nicht immer der einer gegenseitigen Verpflichtung. Auch wenn nur Gott allein der Sich Selbst Verpflichtende ist, um zwischen Sich Selbst und dem Menschen ein Gnadenverhältnis zu schaffen, kann diese Festsetzung oder feierliche Abmachung hebräisch berith oder griechisch διαθήκηgenannt werden. Das Wort διαθήκη (Bund) hat durchaus nicht immer den Sinn einer gegenseitigen Abmachung und Verpflichtung, sondern oft den einer einseitigen Festsetzung einer Bestimmung oder eines Testaments, so Gal. 3,15 und 17.

Wenn ein Mittler tätig ist, läßt das schon erkennen, daß es sich nicht um eine einseitige und bedingungslose Zusage handelt, womit der höhere Wert und die längere Dauer der „Verheißung“ über das „Gesetz“ ausgesprochen und bewiesen ist.

I. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn wir auch glauben, daß die Anschauung der letzten beiden Antworten die richtigere ist, so enthalten doch auch die ersten beiden manche beachtenswerte Winke. Wie in Antwort D gesagt, gibt

enthalten doch auch die ersten beiden manche beachtenswerte Winke. Wie in Antwort D gesagt, gibt es eine Fülle von Deutungen dieses Verses, und so haben wir in den vorliegenden Antworten eben mehrere derselben vor uns, wodurch sicher die Forschung über die Stelle bereichert wird zum Nutzen eines jeden, der sich gründlich mit dieser Frage befaßt.

Gal. 3,20 ist nur im Lichte des ganzen Galaterbriefes zu verstehen. Dieser Brief, noch viel mehr als nur der nähere Zusammenhang des Verses, zeigt und beweist die unendlich überragende Herrlichkeit des dem Abraham „best ätigten“ Bundes (V. 17a) der Verheißung über den mit Israel „mittels Engel in die Hand eines Mittlers“ (Mose) geschlossenen Bundes des Gesetzes. Das Gesetz, obwohl „heilig“ und „gut“ (Röm. 7,12.14), hatte nur eine zeitliche Bedeutung (Gal. 3,24), der Verheißungsbund aber eine ewige. Die zeitliche Bedeutung des Gesetzes, die in Christo ihr Ende fand, bestand in gegenseitigen Verpflichtungen, derentwegen ein Mittler und ausführende Organe nötig waren. Jedoch die Verheißung beruhte auf Gnade ohne gegenseitige Verpflichtungen, bedurfte somit keines Mittlers, und war von ewiger Dauer wie Der, der sie gab und bestätigte. Wären hierbei Verpflichtungen festgesetzt worden, so hätte dieser Bund sich in keiner Weise von dem Gesetzesbund unterschieden. Er hätte seitens einer der beiden Parteien gebrochen werden können und hätte einen Vermittler nötig gemacht wie jener, der von seiten der Juden beständig gebrochen wurde (wodurch der Charakter des Gesetzes sich als heilig erwies und sein Zweck erfüllt wurde, V. 19a und Röm. 5,20), eines Vermittlers bedurfte, der das gestörte Verhältnis zwischen den beiden Parteien wiederherstellte (s. z. B. 4. Mose 21,4-8!). Der Bund der Verheißung aber, 430 Jahre vor dem Gesetz dem Abraham errichtet - vergl. Hebr. 10,16, wo es nicht heißt:„mit ihnen errichtet“, sondern: „ihnen“, d. h. ohne Mittler -, hatte eine weit höhere Bedeutung als der des Gesetzes; er sollte zeigen, daß es weder einer Verpflichtung noch eines Mittlers bedurfte, wenn Gott ewige Segnungen schenken will; Gnade wirkt ohne Bedingungen, etwa des Gehorsams oder der Pflicht, und auch ohne Vermittlung; bei der Gnade kommt alles auf den sie Übenden, den Schenker an, gar nichts auf die Würdigkeit oder nach deren Verlust auf durch Vermittlung wiederhergestellte Würdigkeit, sondern nur auf den, der sie schenkt.

Daß dies die Bedeutung des dem Abraham bestätigten Bundes war - gegenüber einem zweiten, der mit Verpflichtungen und darum mit Vermittelung rechnete -, das beweist Paulus, inspiriert durch den Heiligen Geist, mit dem Ausspruch: „Gott ist Einer“. Hiermit ist einfach gesagt: Gott trat bei der Bundesstiftung mit Abraham nicht auf als einer von zwei sich Gegenüberstehenden, die durch einen Mittler sich nahe gebracht werden sollten, sondern Er handelte in unumschränkter Gnade, ohne Bedingungen zu stellen, bei deren Verletzung ein Mittler nötig geworden wäre; Er handelte als Einer, dem keiner etwas vergelten und von dem keiner etwas zu fordern hat (Röm. 11,35; 9,19-21).

Also verstehen wir wohl! Der Gegensatz zwischen Gesetz und Gnade, der der Gegenstand des Galaterbriefes ist, ist der Schlüssel zu diesem Wort. Der Gesetzesbund bedurfte der Vermittlung, um Forderungen, Strafen, Zucht einerseits, Annahme der Bedingungen, Bitten um Vergebung und neue Gehorsamsverpflichtungen andererseits usw. zu vermitteln. Gleichwohl konnte dieser Bund nicht das ewige Leben bringen, da es im Wesen des Gesetzes liegt, zu verdammen, nicht lebendig zu machen; daß Israel erkenne, wie erlösungsbedürftig es sei, dazu war ihm das Gesetz gegeben, damit es den Retter annehme, wenn Er käme (3,24). Aber Gott, der doch den Erfolg des Gesetzesbundes kannte, hatte in Seiner Liebe schon vorher den Bund der Gnade errichtet, was Er im Blick auf Christus tun konnte, ohne Seinem Charakter als einem heiligen und gerechten etwas zu vergeben. [Zweifellos ist etwas Berechtigung in jener Deutung dieser Stelle, die darin einen Beweis für die Einheit von Gott

etwas Berechtigung in jener Deutung dieser Stelle, die darin einen Beweis für die Einheit von Gott und Christus sieht, denn nur im Blick auf Christus, der „Gott, geoffenbart im Fleisch“ war, konnte Gott diesen Gnadenbund geben! Siehe auch Frage 24!

Auch Mark. 10,18 und 1. Kor. 8,4 u. a., ganz besonders aber 1. Tim. 2,5.6 scheinen diese Auslegung von Gal. 3,20 zu bestätigen; doch ist in der Timotheus-Stelle von Erlösung die Rede, wo es allerdings eines Mittlers, nämlich des Versöhners und Sündenträgers, bedarf, nicht aber von einem Bund im Gegensatz zu dem Bunde vom Sinai, wie in Gal. 3. - Daß übrigens im Hebräerbrief so viel vom Bund und dem Mittler desselben gesprochen wird, darf uns im Hinblick auf unsere Galaterstelle nicht stutzig machen, als sei in 3,20 auch von Christus als dem Mittler des Neuen Bundes die Rede: Der Hebräerbrief ist vornehmlich an Judenchristen geschrieben, und „der Israeliten sind die Bündnisse“ (Röm. 9,4), also auch der Neue Bund. Mit uns aus den Nationen aber ist kein Bund geschlossen - zwischen Vater und Kindern hat ein Bund nicht Platz! - wir sind wohl zu dem Mittler und dem Blute des Neuen Bundes gekommen (Hebr. 12,24), aber nicht zu diesem Bund selbst, der erst an einem späteren Tage Israel errichtet werden wird (10,16). Dies hier nur kurz nebenbei! Es betrifft die Frage von Gal.3,20 nicht; es handelt sich um ganz verschiedene Schriftzusammenhänge, die klar zu unterscheiden sind!] - Diesen Bund, den der Verheißung, also den der Zeit nach älteren (und schon darum von längerer Dauer), schloß Er, errichtete Er ganz ohne Vermittlung und Verpflichtung aus reiner Gnade und Barmherzigkeit, und zwar für den Glaubenden (Gal. 3,1-14; Röm. 4), d. h. nicht als Folge des Glaubens - sonst hätte Gott dem Abraham sagen müssen: Wenn du Mir glaubst, so will Ich dich segnen! -, sondern Er gab die Verheißung, und „Abraham glaubte Gott“ (Röm. 4; vgl. 1. Mose 15,1-6!). Mit anderen Worten: die Verheißung war da vor dem Glauben, alles ging aus von Gott, es waren keine Parteien vorhanden, Gott gab, verhieß, und der gläubige Abraham nahm die Segnung und erfreute sich ihrer und der Folgen derselben ohne Bedingung. Das ist, soweit wir sehen, wie auch die Antworten C und D bezeugen, zu verstehen unter dem Worte „Gott ist Einer“ in dem Zusammenhang des Galaterbriefes, des Briefes, der Gesetz und Gnade miteinander vergleicht und die bedingungslose Gnade als allein von dem „Einen“, von Gott ausgehend, als unendlich das Gesetz überragend hinstellt.

Frage 27

Darf nach Hebr. 11,26 und anderen Stellen das Rechnen auf Belohnung als eine dem Willen Gottes entsprechende Triebfeder zum christlichen handeln angesehen werden?

Antwort A

Es ist gewiß nach göttlichem Willen, auf die Belohnung zu schauen. Der Apostel ermahnt uns in Hebr. 12,1-3, weil wir soviel Zeugen um uns haben, jede Bürde der Sünde abzulegen. Er führt uns das Bild der Rennbahn vor Augen; wir wissen, wie jeder, der sich auf die Rennbahn begibt, alles Unnütze ablegen muß, damit er frei und leicht laufen kann. So hindern auch uns die Bürden der Sünden, das vor uns liegende Ziel zu erreichen; darum sollen wir hinschauen auf Jesum; Er ist unser Ziel, unsere Belohnung, das „Bessere“ (11,40). Er achtete der Schande nicht, auch Er sah auf die vor Ihm liegende Freude; die Herrlichkeit war Seine Belohnung, und darum konnte Er das Kreuz erdulden. So sollen auch wir vorwärts schauen auf die Belohnung, damit wir nicht ermüden noch in unseren Seelen ermatten. Wir haben eine Wolke von Zeugen um uns, und zu diesen gehörte auch Mose in

Hebr. 11,26.

Auch Paulus sah auf die Belohnung in 1. Kor. 9,23-27. Er tat alles um des Evangeliums willen, auf daß er mit ihm teilhaben möge, d.h. mit den Verheißungen desselben; das war sein Ziel, die Belohnung, auf die er schaute und die ihn veranlaßte, - zu kämpfen in der Gewißheit des guten Kampfes des Glaubens, um die unvergängliche Krone zu erlangen; daher sein Kampf nicht aufs Ungewisse, nicht wie wenn einer „die Luft schlägt“. So sagt er auch am Schluß seines Lebens, daß ihm hinfort die Krone der Gerechtigkeit beigelegt sei, weil er den guten Kampf gekämpft habe (2. Tim. 4,7.8). Und diese Krone der Gerechtigkeit ist für alle die, die Seine Erscheinung lieb haben.

Somit kann man mit Recht sagen, es sei Gottes Wille, daß wir Gläubigen auf die Belohnung schauen. Möchten wir nur schauen auf Ihn und laufen in der Rennbahn, damit wir den Preis erlangen!

G. R.

Antwort B

Wir stehen nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade (Röm. 6,15). Daher kann die eigentliche Triebfeder zum christlichen Handeln nicht das Rechnen auf Belohnung sein, sondern vielmehr die Liebe Gottes und Christi, die uns dazu drängt (2. Kor. 5,14). Ohne diese sind selbst die an sich besten und aufopferndsten Werke vor Gott wertlos (1. Kor. 13,1-3).

Zur Ermunterung und Stärkung jedoch weist uns der HErr hin auf die zukünftige Herrlichkeit (Röm. 8,18) und den Lohn für die, die in Treue auf Christum, die Grundlage, durch Gottes Geist gewirkte und durch Ihn zur Vollendung gebrachte Werke aufgebaut haben (Offenb. 22,12; 1. Kor. 3,14 u. a. m.).

In diesem Lichte können wir viel leichter in lebendiger Hoffnung wie Paulus „alles andere für Dreck achten“ (Phil. 3,8) und wie Mose (Hebr. 11,26) „die Schmach Christi für größeren Reichtum halten als die Schätze Ägyptens “ oder der Welt, die da „vergeht und ihre Lust“ (1. Joh. 2,17). So werden wir freudig mit in den Ruf einstimmen: „Komm, Herr Jesu!“ (Offenb. 22,20.)

K. Hch.

 

 

Antwort C

Die Bibelstellen, die uns wohl am besten Aufschluß geben auf diese Frage, finden wir im Matthäus-Evangelium in den Kapiteln 19 und 20).

In Matth. 19,27ff. spricht Petrus zu dem HErrn: „Siehe, wir haben alles verlassen und sind Dir nachgefolgt; was wird uns dafür?“ Der natürliche Mensch findet eine solche Frage berechtigt. Die Jünger sind aus freiem Triebe und mit großer Selbstverleugnung dem HErrn nachgefolgt. Der HErr erkennt ihre Handlungsweise völlig an und verheißt ihnen zukünftige Herrlichkeit im Tausendjährigen Reich (Vers 28). Über diesen Lohn sollen sie sich gewiß freuen (Luk. 6,23).

Eine weitere Antwort Auf die Frage des Petrus gibt der HErr indirekt in dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Matth. 20,1ff.). Am Schlusse des Gleichnisses sehen wir, wie der Hausvater dem zuletzt Gedungenen um die elfte Stunde, d. i. vor dem Tode, aus Gnaden ebensoviel gibt wie

dem, der zuerst mit der Arbeit anfing. Matth. 20,14: „Nimm, was dein ist, und gehe hin! Ich will aber diesem Letzten geben gleich wie dir“ (dir selbstgerechtem Menschen). Wie leicht kann sich bei unserem Rechnen auf Belohnung die Sünde der Selbstgerechtigkeit einschleichen! Daß Gott aus Gnaden gibt, sehen wir aus Röm. 9,16 und Eph. 2,8. Die ewige Seligkeit wird nicht erteilt für Wollen und Laufen als Belohnung, aber auch nicht ohne Laufen. Wer noch so angestrengt läuft, der erhält die Krone doch nur aus Erbarmen, aber nicht ohne Anwendung der von Gott umsonst erhaltenen Gaben. Siehe 1. Kor. 9,24 und 25 und ferner Il. Band, 1914, Frage 35!

Ist unser christliches Handeln in diesem Sinne, dann sind wir auf dem Wege des Willens Gottes. Zum Empfang und bei der Anwendung von Gottes Gnadengaben ist von unserer Seite das Aufgeben von irdischen Dingen erforderlich. (Matth. 10,39; Luk. 17,33; Joh. 12,25.)

So sehen wir in Hebr. 11,25 u. 26 Mose auf irdische Herrlichkeit verzichten. Statt als ägyptischer Prinz am Hofe Pharaos zu bleiben, zog er vor, „die Schmach Christi“ zu tragen, die er „für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens“. (Vergl. auch Phil. 3,8!) Der Apostel ist zur Überzeugung gekommen, daß in Christo allein das höchste Gut und darum der Grund aller wahren Freude sei. Schon im Alten Bunde ist Gott Selbst die größte Belohnung. In 1. Mose 15,1 spricht Jehova zu Abraham: „Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn.“ Nicht nach Gottes Willen ist sogenanntes „christliches Handeln“ aus eigener Kraft zum Empfang der zukünftigen ewigen Seligkeit als Lohn. Hingegen ist wirklich „christliches Handeln“, zum Empfang von himmlischen Gütern als Gnadengaben zur Seligkeit hier auf Erden, biblisch. Dieser Empfang und hauptsächlich die Anwendung der Gnadengaben sind die Vorbedingungen für unseren zukünftigen Gnadenlohn (Offenb. 22,12). 2. Joh. 8: „Sehet euch vor, daß ihr nicht verlieret, was wir erarbeitet haben, sondern vollen (Gnaden-) Lohn empfanget!“

C. L.

Antwort D

Wir sehen in Hebr. 11, wo uns die Wolke von Zeugen vorgeführt wird, einen Hinweis auf die Tätigkeit des Glaubens und werden durch das Vorbild der Alten ermuntert. Wenn nun in der angeführten Schriftstelle für Mose der Glaube eine Verwirklichung (feste Überzeugung) dessen, was er hoffte, war, so war seine Hoffnung eine lebendige, und er schaute dabei auf das Endziel und ging in der Kraft dieses Glaubens seinen Weg. Auch Hebr. 10,35 begegnen wir einem ähnlichen Gedanken, wenn uns dort gesagt wird: „Werfet eure Zuversicht (Freimütigkeit) nicht weg, die eine große Belohnung hat“, und Matth. 5,12 sagt der Herr Jesus am Schlusse der Bergpredigt zu den Seinen: „Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln.“

Der HErr, der die Wege der Seinen voraussieht, trifft in Seiner Gnade Vorsorge dafür, daß das Herz durch den Glauben geleitet wird. Darum ist sowohl am Schlusse der Seligpreisungen wie im Hebräerbrief der Gedanke der: mag Verfolgung kommen, mag der Tod eintreten, alles dies vermag den Jünger nicht von Jesus Selbst und von dem Teil zu scheiden, das ihm in Jesus beigelegt ist (Röm. 8,35-39).

In allen diesen Fällen wird der Gläubige auf das Endziel verwiesen. Die Stellung derer, die dem HErrn angehören, ist außerhalb des Lagers; hier tragen sie die Schmach ihres HErrn, und das Endziel ist: „Hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige begehren wir“ (Hebr. 13,13.14). Diese von Gott

verheißene Belohnung war also nicht die Triebfeder und wird es bei keinem wahren Gläubigen sein, sondern wer durch den Glauben Passah gefeiert hat, der weiß, daß jede Belohnung nur aus Gnaden beigelegt ist, und die Triebfeder zu seinem Handeln wird dann sein „Christus“, der dies alles bewirkt hat, denn durch Ihn verstehen wir, daß die himmlische Herrlichkeit unser gegenwärtiges Teil ist und freuen uns im Blick auf diesen Gnadenlohn. Pharao, der Fürst dieser Welt, vermag uns nicht mehr aufzuhalten, auch fürchten wir seine Macht nicht, unser Teil ist hienieden mit dem verworfenen und droben mit dem verherrlichten Christus. Ihn schauen wir an, denn alle Herrlichkeit des Himmels, die uns verheißen ist, wäre nichts, wenn wir Ihn nicht dorten finden würden. Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens und somit auch die Triebfeder zu unserem Handeln.

Ph. W.

Antwort E

Nicht auf eine, sondern auf die Belohnung, die der Schmach des Christus, schaute Mose. Christus hat Schmach erlitten, „die Schande nicht geachtet, großen Widerspruch der Sünder gegen Sich Selbst und das Kreuz erduldet“ (Hebr. 12,2.3). Er ist nun zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Hebr. 2,9; 8,1; 12,2). Da der HErr die Schmach, die Leiden, welche die Seinen um Seinetwillen erleiden, als Seine Leiden betrachtet (Apgesch. 9,5), so teilt Er auch mit ihnen Seine Herrlichkeit, Seine Belohnung. (Siehe Röm. 8,17; 2. Tim. 1,8; 2,3-5.12.) Er aber allein hat das Verdienst derselben. Die vielen Söhne hat Er zur Herrlichkeit gebracht, und die Herrlichkeit, die sie haben, ist Sein (Joh. 17,22.24). Er hat die Bahn durchschritten, Sein Ziel erreicht; wer Ihn will, hat naturgemäß denselben Weg wie Er zu gehen. Keine Belohnung ist ein Anreiz, um den Gläubigen seinen Weg gehen zu lassen, sondern Seine Belohnung ist das Ziel und Sein Weg das Mittel dazu. Der HErr legt ihm nicht das Gehen des schmalen Weges als Aufgabe auf mit Aussetzung einer Belohnung, falls er sie erfüllt, sondern Er sagt sozusagen: Die Belohnung Meines Werkes will Ich mit dir teilen; um sie zu erreichen, folge Mir nach; zwar wirst du leiden müssen, aber es gibt bei Mir Hilfe (Joh. 15,15-21; 16,33; Hebr. 4,16; Jes. 40,29-31)! Auf diese Art ist das Teilnehmen an der Belohnung auch Gnade, und jedes Verdienst des Gläubigen bleibt ausgeschlossen (vgl. auch Offenb. 3.21 u. a.!). Ich glaube also, daß der Gläubige nicht das Rechnen auf eigene Belohnung als Triebfeder seines Wandelns haben soll, sondern daß der HErr ihm Seine Belohnung gibt.

Wie könnte demgegenüber einer der um Seines Lebens Preis Erkauften Christo gleichgültig bleiben? Hat Ihn dies doch genug gekostet! Welch eine Liebe! Laßt uns also laufen (Hebr. 12,1; Phil. 3,10.14; Röm. 8,18)!

N. W. D.

Antwort F

Die Belohnung nimmt einen hervorragenden Platz in der Schrift ein. (Sowohl des Guten als des Bösen!) Gott will uns nicht nur aus der Gewalt der Finsternis erretten, Er will auch die Treue auf dem Pfade des Glaubens belohnen. Errettung ist allein aus Gnaden auf dem Wege des Glaubens. Belohnung ist für Treue im Glaubenswandel. Der Errettung können wir nichts durch unser Wirken hinzufügen, sie ist Gnade - aber Lohn hängt von unserer Treue ab.

hinzufügen, sie ist Gnade - aber Lohn hängt von unserer Treue ab.

Eins der letzten Worte, die der HErr von der Herrlichkeit offenbarte, ist: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir“ (Offenb. 22,12) und ebenso: „Wer überwindet, dem werde Ich geben ...“ (Offenb. 2 und 3). Daß solche Worte dazu gegeben sind, eine wirkende Kraft auf uns auszuüben, braucht eigentlich nicht erst gesagt zu werden.

Nicht Lohn war für Christus die Triebfeder, den Willen des Vaters zu tun und Sich für uns dahinzugeben, sondern Liebe, und doch konnte von dem HErrn gesagt werden, daß Er für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz erduldete (Hebr. 12,2). Dieses Leben Jesu soll auch in uns sich offenbaren (2. Kor. 4,11). Nicht die Hoffnung auf Lohn drängt uns, zu Sündern zu reden, sondern die Liebe, aber der vor uns liegende Lohn ermutigt uns, den Pfad des Glaubens zu gehen gleich Mose in Hebr. 11,26.

Ich glaube, die wirkende Kraft des Lohnes und die der Liebe sind nicht voneinander zu trennen - sie gehören zusammen. Ist es Gottes Wohlgefallen, Lohn zu geben, so liegt es im Naturgesetz der Liebe, den Preis des Geliebten zu erlangen. Der Lohn wird meinem Herzen so wertvoll sein, daß ich alles daransetze, damit am Tage des Lohnes sich Gottes Freude auch an mir verherrlichen kann. Sorgsam werde ich wachen, daß nicht durch meine oder anderer Untreue der Lohn hinfällig wird oder ich beschämt werde. So wie der Ackersmann über die Saatarbeit wacht, damit ihm nicht die Freude am Erntetage fehle, so stand des HErrn Kommen mit dem Lohn vor den Augen der Apostel, und sie wachten über sich und die Arbeit; und so werden auch wir wachsam sein, „auf daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen“. Siehe 2. Joh. 8; 1. Thess. 2,19; 1. Joh. 2,28; Phil. 2,16.

Die Einladungen zur Verkündigung des Wortes von nah und fern führen mich in die Wohnungen vieler Kinder Gottes in allen möglichen Teilen Deutschlands. Öfter habe ich da den Wandspruch gefunden: „Nur selig!“ Ich möchte, daß er lautete: „Nicht nur selig, sondern vollen Lohn!“ Manche Kinder Gottes haben ganz falsche Vorstellungen über den Lohn; sie sagen: Lohn will ich gar nicht haben, „nur selig!“ ist mir genug. Sie möchten ihre Demut damit ausdrücken, denken aber nicht daran, daß eine Geringschätzung des Lohnes darin liegt und sie sich im Widerspruch mit der Schrift befinden.

Wenn die Liebe kalt wird, so liegt uns mehr daran, selig zu werden, als in Pfaden der Treue zu wandeln, und wir fangen an, den Lohn nicht zu achten. Will Gott Lohn geben, so wollen wir nicht darüber hinweggehen, sondern gleich Mose ihn anschauen; und da er von der Treue abhängig ist, so laßt uns mit Herzensentschluß beim HErrn verharren (Apgesch. 11,23) und Ihm treu sein, damit wir ihn voll empfangen. Möchten wir nicht solche sein, die „wie durchs Feuer“ gerettet werden; wo die Flamme alles verzehrte, nur das Leben blieb, aber das ganze Werk des Lebens in Rauch aufging! (1. Kor. 3,14.15.)

v. d. K.

 

 

Anmerkung des Herausgebers

Diese kostbaren Antworten beleuchten unseren Gegenstand von den verschiedensten Seiten. Möchten sie vielen zum Segen dienen!

Wenn der Lohn für uns Gläubige der Beweggrund zu unserem Handeln wäre, so wäre dasselbe noch

Wenn der Lohn für uns Gläubige der Beweggrund zu unserem Handeln wäre, so wäre dasselbe noch viel weniger christlich im wahren Sinne des Wortes wie das Verhalten eines Soldaten wahrhaft patriotisch wäre, der nur kämpfte, um das Eiserne Kreuz zu bekommen. Wahrer Patriotismus ist mit selbstloser Liebe (d. h. natürlich im irdischen Sinn!) zum Vaterlande verbunden, wahres christliches Handeln ist nur das, bei dem die Liebe zum HErrn, der uns zuerst geliebt und uns die echte Liebe ins Herz gepflanzt hat (Röm.5,5), alles Tun und Lassen regiert (vgl. 1. Kor. 13 und Joh. 14,23!). Er ist für uns der Inbegriff des Lebens! (Phil. 1,21.) - Aber wie herrlich, daß unser reicher Gott und Vater und unser Herr Jesus uns zur Ermunterung Belohnungen in Aussicht stellt, die der Treue folgen sollen! Wer dürfte gering achten, was Seine Liebe uns verheißt?! Vielmehr wird in dem Maße, wie diese Seine Liebesäußerung unsere Herzen bewegt, unsere Treue Zunehmen, und es wird unser Begehren werden, Seine Liebe möglichst wenig zu enttäuschen. So wird nach dem Willen Gottes die Aussicht auf Lohn für uns gewissermaßen zu einem aus der Liebe (zu Ihm) als Haupttriebfeder (2. Kor. 5,14a)herauswachsenden Beweggrund zu immer vollkommenerer Treue gegen Sein ganzes Wort. Dies ließe sich z. B. aus dem Leben des Paulus leicht nachweisen!

Welch ein Tag wird es sein, wenn „einem jeden sein Lob wird von Gott“ (1. Kor. 4,5) und 1. Kor. 3,8b.14f. erfüllt wird! Möchte dieser Tag bald kommen! Ja vielmehr: Möchte der Herr Jesus bald kommen! Offenb. 3,11; 22,20.

Geleitswort an den Leser:

Der Fels: vollkommen ist Sein Tun; denn alle Seine Wege sind recht. Ein Gott der Treue und sonder Trug, gerecht und gerade ist Er. ... Ja, Er liebt die Völker; alle Seine Heiligen sind in Deiner Hand; und sie lagern zu Deinen Füßen, ein jeder empfängt von Deinen Worten.“ 5. Mose 32,4 u. 33,3.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 28

Wie ist der augenscheinliche Widerspruch zwischen 2. Sam. 24,1 und 1. Chron. 21,1 zu erklären, und worin bestand die Sünde Davids, indem er das Volk zählen ließ?

Antwort A

Nicht Gott Selbst reizte David, da „Er niemanden versucht“ (Jak. 1,13), sondern Er ließ dem Satan freie Hand, dies zu tun, da es im Einklang zu Seinen Regierungswegen stand (2. Sam. 24,1a). Wider Seinen Willen konnte Satan Ihn in keiner Weise antasten (vergl. Matth. 10,29.30!). Ein ähnliches Beispiel haben wir in Hiobs Versuchungen durch Satan unter Zulassung Gottes (Hiob 1,12; 2,6).

Der Grund, warum David sich beim Zählen des Volkes Israel versündigte, ist nicht angegeben. Wahrscheinlich lag sowohl „Hochmut des Lebens“ (1. Joh. 2,16) als Ungehorsam vor; indem er das

göttliche Gebot, daß jeder Gemusterte von 20 Jahren und darüber ein Hebopfer als Sühngeld geben sollte (2. Mose 30,11-16), nicht beachtete. K. Hch.

Antwort B

Der Schwerpunkt liegt bei David. David bekriegte alle die äußeren Feinde Israels, er erwarb sich einen großen Namen als Kriegsmann, er schlug, schon ehe er König ward, den Riesen Goliath, und auch 1. Chron. 20,5-8 sind weitere Siege von ihm berichtet. Wohl zu beachten ist, daß David, als er Goliath erschlug, Gott die Ehre gab (1. Sam. 17,45) und die Streiter Israels Schlachtreihen Jehovas nennt. Wenn nun David seine großen Erfolge als Kriegsheld ansah, dazu noch seine Augen auf die große Schar seiner Helden richtete (1. Chron. 23), wie nahe lag es dann, daß sein Herz sich erhob und daß er alle die Erfolge sich und seinem tapferen Heere zuschrieb! „Arglistig ist das Herz, wer kann es ergründen?“ Nur Gott, der Allsehende, sieht hinein in die Tiefen des Menschenherzens. Und Gott sah in Davids und des Volkes Herz; denn auch das Volk war nicht frei von der Sache: das Volk sah auf David. - Aber außer Gott gab noch einer acht auf David, das war Satan (vgl. Hiob 1,8 u. 2,3); und der gibt heute noch acht auf die Menschen. David gibt nach, unterliegt der Versuchung, und läßt trotz Warnung von seiten Joabs das Volk zählen. Satans Fall war der Hochmut (Hes. 28,17; siehe Frage 10! Der Herausg.) - und auch das Herz Davids erhob sich ob seiner Erfolge, Hochmut war die Sünde Davids, wie überhaupt nach 1. Mose 3,5 des Menschengeschlechtes Fall. - Als Jehova Israel schlägt (1. Chron. 21,7), beugt sich David vor Gott, bekennt seine Schuld, ja, nimmt alle Schuld auf sich (V. 17!).

„Wer zu stehen sich dünkt, sehe wohl zu, daß er nicht falle.“ (1. Kor. 10,12.)

F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn man als „von Gott belehrt“ die Stellen betrachtet, erleuchtet durch den Heiligen Geist und „ohne zweifelnde Überlegungen“, so sieht man, daß die beiden Stellen zwei verschiedene Seiten derselben Tatsache beschreiben. – In Antwort B ist gesagt, daß „der Schwerpunkt bei David lag“, und beide Antworten oben zeigen, daß es Davids Selbstüberhebung gewesen sei, die Gottes Gericht nach sich gezogen habe. In 1. Sam. 24 ist Jehova als der gezeigt, der David zurechtbringt; zu diesem Zweck aber mußte erst das, was in den Herzen war, offenbar werden. Darum tritt hier Jehova auch als der auf, durch dessen Führung David dazu kam, das Volk zu zählen, womit und wodurch er sein Herz offenbarte. In 1. Chron. 21 aber ist dargestellt, welcher Mittelsperson Gott Sich bisweilen bedient, wenn Er „das Verborgene der Herzen“ hienieden offenbar machen will. Ganz ähnlich ist, wie ja obige Antworten auch dartun, das Verhalten Gottes in der Geschichte Hiobs. Hiermit vergleichen kann man Gottes Handeln in der Geschichte des Paulus in 2. Kor. 9, wo die Erzieherweisheit Gottes sich Satans bediente, um Paulus demütig zu erhalten. - Ob Satan bei vorliegender Geschichte Davids sich ebenso darüber klar gewesen ist, Gottes Werkzeug zu sein wie in Hiobs Geschichte, lassen wir dahingestellt. Sicher ist die Erlaubnis oder Zulassung Gottes (an ihn), David zu versuchen, für ihn hier ebenso wie in Hiobs Geschichte ein Grund zu hämischer Freude gewesen daran, daß einer von Gottes Auserwählten in Sünde und Verleugnung Gottes durch ihn kommen würde, wodurch er ein

Anrecht an den Betreffenden geltend machen zu dürfen hoffen konnte (mit Urecht natürlich, denn Satan kennt Gott nicht wirklich noch Seine Treue, vgl. Röm. 8,31-39, besonders V. 33!). Seine hauptsächlichste Tätigkeit nach seinem eigenen, durch Selbstüberhebung zustandegekommenen Fall, der von ewiger Wirkung ist, ist die des Verklagens und des Sichtens der Gläubigen (siehe Luk. 22,31 und Offenb. 12,10). Aber Gott ist größer und hat Gedanken des Friedens, auch wenn Er letzten Endes hinter dem Unglück und dem Wirken Satans steht (vgl. Jes. 45,1-7!).

Diese Geschichte von Davids Sünde des Zählens hat uns gewiß grundsätzlich manches zu sagen für heute, wo die Macht der Zahl und eigenen Kraft die Menschen so sehr beherrscht. Möchte unser geliebtes, von Gott bisher so reich gesegnetes deutsches Volk mit seinen Verbündeten noch viel mehr als bislang schon dessen sich bewußt werden und bleiben, daß im letzten Grunde „der Sieg des HErrn ist“! (Spr. 21,31.) Möchten wir Gläubigen auch Gnade haben, die uns umgebenden Menschen vor Selbstüberhebung zu warnen, auf welchem Gebiete es auch sei, gilt doch stets das Wort: „Hoffart geht dem Sturze, und Hochmut dem Falle voraus!“ (Spr. 16,18.)

Aber von diesen und ähnlichen grundsätzlichen Anwendungen unserer Geschichte für uns heute abgesehen, glauben wir dieselbe nicht etwa als ein Verbot von Zählungen heutzutage ansehen zu dürfen. Die Wissenschaft der „Statistik“, welche die Aufgabe hat, die auf Grund von Zählungen gewonnenen Erfahrungen des Lebens in Staat und Gesellschaft zu vergleichen und so zu bearbeiten, daß sie praktisch verwertet werden können, ist als Nachweis in den verschiedensten Gebieten des öffentlichen Lebens der Völker außerordentlich nützlich. Diese statistischen Zählungen und Untersuchungen geschehen nicht aus dem Grunde, weswegen David zählte (also zur Selbstverherrlichung), sondern sie dienen wichtigen Zwecken verschiedenster Art, z. B. der Volkswohlfahrt. - Vor allem aber ist Davids Tun und Gottes Urteil darüber deshalb nicht auf unsere Zeit anwendbar, weil die erste Voraussetzung dafür heute fehlt: die (biblische) Gottesherrschaft (Theokratie). In Israel war Gott König, und so hätte es bleiben sollen, und nur, weil das Volk nicht auf dieser Höhe des Glaubens und der Abhängigkeit von Gott blieb, erlaubte ihm Gott, sich, wie die Nationen, einen irdischen König zu wählen (1. Sam. 8), der aber nur als Stellvertretender und Beauftragter Jehovas über das Volk herrschen sollte, denn „Gottes Berufungen sind unbereubar“. Gott blieb, was Er war: Israels König, und offenbarte dies in der Sendung des Messias, und an einem späteren Tage wird Israel diesen König anerkennen. David wandelte auch im Bewußtsein dessen, Gottes Beauftragter zu sein, und seine Sünde der Volkszählung bestand im tiefsten Grunde darin, daß er sich zuschrieb, was Jehova zukam, womit er seinerseits, wie das Volk damals, bevor es den ersten König bekam (1. Sam. 8,7), Jehova, seinen König verwarf (nur für kurze Zeit freilich, dann tat er Buße).

Diese Gottesherrschaft bestand allein für die Juden und wird wieder für sie bestehen im Tausendjährigen Reich. - Sie besteht nicht heute in den verschiedenen Reichen der Erde, wenn es auch je und dann fromme, gläubige Herrscher gibt und gegeben hat, die ihre Regierungen so auffassen wollten; aber nach Gottes Wort ist es nicht so, und darum können wir, wenn wir dies verstehen, die göttlichen Grundsätze der biblischen Theokratie (Gottesherrschaft) auch nicht auf die heutige Zeit und die heutigen Regierungsformen anwenden (vgl. z. B. von vielen Stellen nur 5. Mose 17,14-20). - Nichtsdestoweniger behalten Worte wie Ps. 47,7.8; 96,10; Jer. 10,7.10 u. a., insbesondere Luk. 20,25, dann Röm. 13,1ff. und 1. Petri 2,13ff. heute und stets für uns Gläubige ihren vollen Wert; doch hat dies nichts zu tun mit der biblischen Theokratie, die allein dem Volke Gottes gehört.

Gottes gehört.

 

 

Frage 29

Ich bitte um eine Erklärung von Röm. 5,14!

Antwort A

In dem zwölften Verse lesen wir, daß infolge der Sünde Adams Sünde und Tod in die Welt hineingekommen und zu allen Menschen hindurchgedrungen sind. Die einen, besonders in der Zeit vor Mose, sündigten ohne Gesetz, die anderen aber unter Gesetz, das ihnen durch Mose übermittelt worden war (Röm. 2,12; 3,9; 2. Mose 19ff.). So herrschte der Tod von Adam bis Mose, Henoch (1. Mose 5,24) und Elia (2. Kön. 2,11) ausgenommen. Ja, auch die, die nicht „wie Adam den Bund Gottes übertreten hatten“ (Hos. 6,7), konnten ihm nicht entgehen.

Adam ist daher ein Gegen- und „Vorbild des Zukünftigen“ (oder „Des, der da kommen sollte“), nämlich des Herrn Jesu Christi, wie wir in den übrigen Versen des Kapitels sehen. „Gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden“ (1. Kor. 15,22; vgl. V. 45-49!). In Röm. 5 sehen wir so den von Adam sich über die Menschheit erstreckenden Fluch und den entsprechenden von Christo ausgehenden Segen einander gegenübergestellt. Auf der einen Seite finden wir „Ungehorsam“, „Übertretung“, „Sünde“ und als Folge davon „Sünder“, „Tod“, „Verdammnis“; auf der anderen Seite dagegen „Gehorsam“, „Gerechtigkeit“, „Gnade“ und „Gerechte“, „ewiges Leben“, „Rechtfertigung“. Auf Ihn blickend können wir nunmehr im Glauben sagen, daß „unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen“ (Röm. 6,6)!

K. Hch.

Antwort B

Röm. 5 behandelt die Gnadengabe der Rechtfertigung und Versöhnung durch den Glauben an Christum Jesum. Der Gerechtfertigte kann sich der zukünftigen Herrlichkeit (5,2), der Trübsale (V. 3) und Gottes Versöhnung (V. 11) rühmen. Gottes Liebe gab Seinen Sohn für die Sünder; die Gerechtfertigten aber werden vor dem zukünftigen Zorn um so mehr bewahrt. Wurden sie, als sie noch Feinde waren und kein Leben aus Christo in Gott hatten, schon durch Jesum versöhnt, so ist ihnen die Seligkeit ganz sicher, seit Christus ihr Leben geworden ist. Von der sicheren Wirkung der Gnadengaben Gottes ist von V. 12 an die Rede. Paulus stellt den ersten und den letzten Adam nebeneinander, zeigt die Ähnlichkeit ihrer Nachkommenschaft, aber auch die Verschiedenheit derselben. Durch des ersten Adams Sünde kam Sünde und Tod über alle seine Nachkommen. Diese böse Gabe pflanzte sich unwiderstehlich fort, auch über die, welche nicht so (wissentlich) wie Adam (1. Mose 2, 16.17), sondern unwissentlich gesündigt haben, wie die vor dem Gesetz und die Heiden (Röm. 4,15; 5,13; Apgesch. 17,30). Der Tod kam dennoch über sie alle.

Hier wird nun Adam als Bild des Zukünftigen, d. h. des letzten Adam (Christus), als Haupt und Vater eines Geschlechtes erwähnt. Vom ersten Adam haben wir als ganz sicheres Erbe Sünde und Tod; vom letzten Adam als Erbteil des Glaubens Gerechtigkeit und Leben. Aber nicht verhält sich's mit der

(Gnaden-) Gabe wie mit der Sünde, die Sünde vererbt sich durch die Fortpflanzung, die Gnadengabe aber nicht; sie muß durch den Glauben erlangt werden. Durch Abstammung sind wir in Verbindung mit dem ersten Adam und seinem schlimmen Erbe, durch den Glauben kommen wir erst in Verbindung mit dem letzten Adam (Christus), durch welchen die Rechtfertigung des Lebens unser Erbe wird. Diese Rechtfertigung des Lebens kommt über alle Menschen, die nun durch den Glauben mit dem Haupt der Gläubigen in Verbindung sind, d. h. wiedergeboren, aus Gott geboren (Joh. 1,12.13; 3,5; 1. Joh. 4,4.6 u. a.). Aber die Rechtfertigung des Lebens erbt sich nicht fort, daher müssen sich Kinder gläubiger Eltern ebensogut bekehren wie die der Ungläubigen. Der Glaube vererbt sich nicht, und wie viele gläubige Eltern haben ungläubige Kinder und manchmal ungläubige Eltern gläubige Kinder! So kann sich also das Christentum, d. h. der lebendige Glaube, nicht vererben, und keine mit oder an dem Menschen vorgenommene feierliche Handlung kann das ersetzen. Jeder muß durch persönlichen Glauben mit dem Haupt der neuen Familie verbunden sein, dann erst fällt ihm auch das sichere Erbe der Rechtfertigung des Lebens durch Christum zu.

F. Th. H.

Antwort C

In Vers 12 wird uns gesagt, daß durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist, und durch die Sünde der Tod, und daß der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle gesündigt haben. Das war von Adam an der durch die Sünde geschaffene Zustand. In Vers 13 wird das Gesetz erwähnt, durch das die Sünde erst in ihrer Sündigkeit und Schuld recht erscheint und durch das der Mensch unter eine VerAntwortlichkeit gebracht wurde, die bis dahin nicht vorhanden war. Der Umstand aber, daß anfangs das Gesetz nicht da war, änderte nichts an der in Vers 12 ausgesprochenen Wirkung der Sünde. Wohl war der Mensch bis zum Gesetz nicht unter der VerAntwortlichkeit des Gesetzes, aber da die Sünde da war, war auch der Tod da: „Der Tod herrschte von Adam bis auf Mose“ (durch den das Gesetz gegeben war) „selbst über die, welche nicht gesündigt hatten in der Gleichheit der Vertretung Adams“ (V. 14). Was war die Übertretung Adams“? Er hatte „den Bund übertreten“, wie wir in Hosea 6,7 lesen, den Gott mit ihm errichtet hatte, indem Er sprach: „Von jedem Baume des Gartens darfst du nach Belieben essen; aber von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen, davon sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du gewißlich sterben“ (1. Mose 2,16.17). Dasselbe tat dann Israel unter dem Gesetz; deshalb heißt es von ihnen in Hosea 6,7: „Sie aber haben den Bund übertreten wie Adam.“ Die Menschen nach Adam bis zum Gesetz aber hatten keinen derartigen Bund, sie konnten daher auch keinen „Bund übertreten“, hatten also nicht gesündigt „in der Gleichheit der Übertretung Adams“. Aber sie hatten dennoch gesündigt und waren darum dem Tode unterworfen, denn „der Lohn der Sünde ist der Tod“. Das ist die schreckliche Folge der Übertretung des einen (V. 15.17). Wie herrlich ist hiergegen die Folge der Gerechtigkeit des anderen „Einen“ - Jesu Christi -: „die Gnade Gottes und die Gabe in Gnade“ (V. 15) - ewiges Leben, ewige Herrlichkeit! Ihm sei Dank dafür!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diese klaren Antworten geben viel Licht in verschiedener Hinsicht über unsere Stelle.

Wie köstlich ist das, was Gott uns in Vers 12-17 durch die Gegenüberstellung des ersten „Einen“, d. i. des „ersten Adam“ und des anderen „Einen“, d. i. Christus (der „letzte Adam“), zeigt! Des „Ersten“Sünde hatte so tiefgreifende, furchtbare, alle umfassende Folgen, des „Letzten“ (des „zweiten Menschen“, vgl. 1. Kor. 15,45.47!), oder, wie hier gesagt: „des Zukünftigen“Gnade oder Gnadengabe durch Ihn aber hat eine soviel herrlichere Wirkung in Ewigkeit für „die Vielen“, als die Person dieses „Einen Menschen“, des „Letzten“ einen unendlich überragenden kostbaren Wert in Gottes Augen hat gegenüber der des „ersten“ Adam. - Anbetung für und für dem herrlichen Namen, in dem wir, so viele wir „aus Glauben“ sind, begnadigt sind!

Frage 30

Enthält nicht Eph. 5,5 einen Gegenbeweis gegen die Lehre von der ewigen endgültigen Errettung der Kinder Gottes?

Antwort A

Es ist hier festzustellen, daß der Apostel an die Epheser schreibt, die nach Kap. 2,4.5 durch die Barmherzigkeit Gottes lebendig gemacht und durch Gnade errettet sind (V. 8-10). In Kap. 5 ist die Fortsetzung der Ermahnung von Kap. 4. „Einst waren sie selbst Finsternis, jetzt aber Licht im HErrn“ (5,8), darum sie jetzt als Frucht ihrer Bekehrung und Errettung als Kinder des Lichtes wandeln sollten. Hierzu bedurften sie, obwohl sie es wußten und erkannten, Unterweisung, Ermunterung und Ermahnung, in diesem gesegneten Stande und Verhältnis in Christo zu bleiben. Die Gläubigen aller Zeiten bedürfen solcher Unterweisung und Ermahnung (vgl. 2. Petri 1,12.13!). - Ein Gegenbeweis gegen die Lehre von der ewigen Errettung der Kinder Gottes ist hier nicht zu finden. Was aber die endgültige Errettung der Kinder Gottes betrifft, steht geschrieben in Joh. 10,27-30: „Meine Schafe hören Meine Stimme, und Ich kenne sie, und sie folgen Mir; und Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich. Mein Vater, der sie Mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters reißen.“

F. B.

Antwort B

Wenn Paulus in Eph. 5 die Gläubigen zu einem heiligen Wandel ermahnt und in Vers 5 des gleichen Abschnitts das Kennzeichen derer gibt, die kein Erbteil am Reiche Christi und Gottes haben, so wird damit das, was der Apostel z. B. in Kap. 1 desselben Briefes sagt, nicht entkräftet oder gar aufgehoben. Denn gerade im Epheserbrief werden uns die reichsten Darstellungen von den Segnungen der Gemeinde Gottes gezeigt. Die Gemeinschaft mit dem HErrn und das stete Weilen in Seiner Nähe sind die Quellen unserer Segnungen und das Unterpfand auf unsere ewige und endgültige Errettung. Wenn wir nun nach Gott geschaffen sind und Gott in uns wohnt, so haben wir für unseren Wandel hienieden ein untrügliches Vorbild, und für alles, was dieses Bild entstellt und dessen Charakterzügen entgegen ist, gilt die Mahnung des Apostels: „Seid nicht ihre Mitgenossen.“ Für die Gegenwart aber gilt das Vorbild in Vers 8: „Einst“ und „Jetzt“, „Finsternis“ und „Licht“. Stehen wir im Lichte, und ist unser Wandel im Licht, so ist dieses Ergebnis eine Frucht der Liebe des HErrn zu den Seinen. „Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß Er Sein Leben für uns dargelegt hat.“ Und diese Seine Hingabe sichert uns, die wir treu mit dem HErrn wandeln, eine ewige und endgültige

Und diese Seine Hingabe sichert uns, die wir treu mit dem HErrn wandeln, eine ewige und endgültige Errettung.

Ph. W.

Antwort C

Nicht alle Angehörigen einer Versammlung (Gemeinde) Gottes sind „aus Gott Geborene“, „Schafe Jesu Christi“, „zum Eigentum Auserwählte“, „nach Vorsatz Berufene“, „durch das lebendige und bleibende Wort Gottes Wiedergeborene“. Von einem solchen sagt die Schrift vollkommen klar und unzweideutig, daß er nicht sündigt (d. h. nicht mit Vorsatz sündigt, „Sünde tut“), sondern sich bewahrt, und der Böse ihn nicht antastet (1. Joh. 5,18), daß der göttliche Same in ihm bleibt (1. Joh. 3,9). Die der Vater dem Sohne gegeben hat, gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Seiner Hand rauben (Joh. 10,28 u. 29), Gottes Auserwählte zu verführen ist nicht möglich (Matth.24,24). Und nicht nur, daß es Sein Wille war, daß sie Seine Kinder sollen heißen, Er wirkt auch alles nach dem Rate Seines Willens (Eph. 1,11), führt Seinen Vorsatz aus an Seinen Zuvorbestimmten (Röm. 8,28-39), denn treu ist, der sie ruft, Er wird es auch tun (1. Thess. 5,24), und so befestigt Er sie auch in Christum und hat sie gesalbt und versiegelt und das Pfand des Geistes in ihre Herzen gegeben (2. Kor. 1,21.22). Wenn nun gleichwohl die Ermahnung des Apostels in unserem Verse Eph. 5,5, wie aus Vers 1 hervorgeht, an die „geliebten Kinder“ gerichtet ist, so kann diese nach den obigen Schriftworten unmöglich so zu verstehen sein, als ob die Leute, von denen gesagt ist, daß sie kein Erbteil haben im Reiche Christi und Gottes, wirkliche Gotteskinder sein könnten, denn echte Kinder (im Sinne von Hebr. 12,7.8), Wiedergezeugte (1. Petri 1,3.23) sind auch Erben Gottes, Miterben Christi (Röm. 8,17), und es ist ihnen ein unverwesliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil in den Himmeln aufbewahrt (1. Petri 1,4); und wenn sie schon sündigen, nicht durch den Geist wandelnd, die Lüste des Fleisches vollbringen können, da auch bei ihnen im Fleische nichts Gutes wohnt - sie haben einen Sachwalter beim Vater, Jesum Christum, den Gerechten (1. Joh. 2,1), und werden, weil der göttliche Same in ihnen bleibt, immer wieder in die Lebensgemeinschaft mit Gott zurückgeleitet werden. - Aber freilich, „nicht jeder, der zu Mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen“ (Matth. 7,21), er mag viel empfangen haben, durch Jesu Namen geweissagt, Teufel ausgetrieben, viele Wunderwerke getan haben oder, wie wir in Hebr. 6,4 u. 5 lesen: erleuchtet gewesen sein, die himmlische Gabe geschmeckt haben, teilhaftig geworden sein Heiligen Geistes und geschmeckt haben das gute Wort Gottes und die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters - dies alles ist noch nicht gleichbedeutend mit „Wiedergeborensein aus unverweslichem Samen durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“, „aus Gott Geborensein“, denn hierin erst kennzeichnet sich die Natur des Kindes Gottes, daß es geradeso, wie dem Fleische nach von dem leiblichen Vater, dem Geiste nach von Gott gezeugt ist. Nur um solche also, die nicht eigentlich wiedergeboren sind, könnte es sich handeln, wenn unter den in unserer Stelle genannten Leuten Angehörige der Gemeinde gemeint sein sollen; doch erscheint im Hinblick auf die beiden folgenden Verse auch die Auffassung nicht unbegründet, daß der Apostel hinweist auf solche, die draußen sind (vgl. Offenb. 22,15), um Gotteskindern zu zeigen, wie unwürdig ihres Berufs sie wandeln, wenn Werke wie die der „Söhne des Ungehorsams“ an ihnen gefunden werden.

M. Fr.

 

Antwort D

Die genannte Schriftstelle enthält keinen derartigen Gegenbeweis. Es ist in Kap. 5 und schon vorher vom Wandel die Rede. Die Gläubigen werden ermahnt, würdig zu wandeln der Berufung, abzulegen, was dem alten Menschen angehört, Nachahmer Gottes zu sein als geliebte Kinder und sich völlig rein zu erhalten von Dingen, die böse sind, ja, sie nicht einmal zu nennen! Denn was haben sie, die „Heiligen“, die „ein Erbteil erlangt haben“ (1,11), mit den bösen Dingen zu tun, die diejenigen kennzeichnen, die kein Erbteil haben im Reiche Christi und Gottes? Daß Hurer, Unreine und Habsüchtige das Reich Gottes nicht ererben werden, sagt uns das Wort Gottes mehrfach (s. 1. Kor. 6,9.10; Gal. 5,19-21; Offenb. 21,8 und 22,15), wie es ja dem ganzen Wesen der Sache nach nicht anders sein kann; das wissen wir. Darum sollen wir, die wir das Reich Gottes ererben werden, auch in unserem Leben uns als solche erweisen und durch einen Wandel in Heiligkeit uns von jenen unterscheiden, die dieses kostbare Teil nicht haben. Dieses den Gläubigen ans Herz zu legen ist der Zweck des V. 5.

In den in Vers 5 bezeichneten Personen Kinder Gottes zu erblicken und darum den Schluß zu ziehen, daß Kinder Gottes verloren gehen könnten, dazu gibt der Vers nicht den geringsten Anlaß. Im Gegenteil ist klar ersichtlich, daß auf diese Personen hingewiesen ist, um Kindern Gottes vorzuführen, wie ungeziemend es für sie ist, das, was diese Personen kennzeichnet, auch nur zu nennen!

Alle Versuche, gegen die Lehre von der ewigen, endgültigen Errettung der Kinder Gottes „Gegenbeweise“ aus dem Worte Gottes aufzustellen, sind nur vom Feinde, der den Kindern Gottes die Freude rauben und sie in beständiger Unruhe erhalten will. Keine Schriftstelle, die zu diesem Zwecke herangezogen wird, enthält einen solchen Beweis, und keine kann ihn enthalten, da das Wort Gottes ja vielfach die ewige, endgültige Errettung der Kinder Gottes versichert und sich ja nie widersprechen kann; wenn ein solcher „Gegenbeweis“ gefunden wird, ist es immer nur durch eine irrige Auslegung der betreffenden Schriftstelle unter Außerachtlassung des Zusammenhanges und in Unkenntnis des wahren Sinnes der Schriftstelle. Dagegen gibt es viele Schriftstellen, wie schon gesagt, die die ewige, endgültige Errettung der Kinder Gottes klar und bestimmt bezeugen, wie z. B. folgende: Joh. 10,28.29 (niemand kann sie aus Seiner und des Vaters Hand rauben!); Röm. 8,34-39 (nichts kann uns von Seiner Liebe scheiden!); 1. Kor. 12,13 (Glieder Seines Leibes - können auch selbst nicht sich von Ihm trennen!); Eph.1,13f. und 4,30 (sichergestellt durch Gott Selbst!).

Darum lasse sich kein Kind Gottes die Gewissheit seiner ewigen, endgültigen Errettung rauben, sondern halte fest den „Schild des Glaubens“, an dem alle „feurigen Pfeile des Bösen“ abprallen, und wenn jemand dir sagt, die Annahme der ewigen, endgültigen Errettung sei ein gefährliches Ruhekissen, dann kannst du ihm ruhig sagen, daß er dieses nicht behaupten würde, wenn er selbst diese kostbare Gewißheit hätte, denn sie macht nicht etwa unsere Herzen träge und gleichgültig in bezug auf die Sünde, sondern bewirkt gerade das Gegenteil und erfüllt sie mit Freude und Hingabe an Ihn, durch den uns solche wunderbare Liebe und Gnade zuteil geworden ist! Gepriesen sei Er dafür jetzt und in Ewigkeit!

Th. K.

Antwort E

Ist es möglich, „Kind Gottes“ und „Hurer“ usw. gleichzeitig zu sein? Der liebe Frager wird selbst mit mir sagen: nein! Fällt aber ein Kind Gottes in Hurerei usw., was leider vorkommt, so verliert es seine Kindschaft nicht, sondern wird, eben weil es Kind ist und bleibt, von Gott dem Vater gezüchtigt (Hebr. 12,7). Niemand wird doch einen schwachen und unaufmerksamen Menschen, der auf dem Wege an einen Stein stößt und lang auf die Erde fällt, als ein kriechendes oder vierfüßiges Tier ansehen, dessen Wesen es ist, platt auf der Erde zu leben!

Der Apostel will aber, daß das Leben, der Wandel, die Haltung der Epheser ihrer heiligen Berufung (4,1; 5,3; 1. Petri 1,15) entsprechend und in keiner Weise den Werken der Finsternis ähnlich sei, da sie ja Licht sind. (Wie ungeziemend es ist für einen Menschen, seine herrliche aufrechte Haltung zu verlassen, haben sicher die von uns gespürt, die sich einmal durch Ungeschicklichkeit auf die Straße hingestreckt haben. Welche Unehre! Wieviel mehr für ein Kind des Lichts, wenn es sich wie in Finsternis gebärdet!)

Einen Menschen, der mit der Sünde leichtfertig umgeht und sich damit beruhigt, daß er ein Kind Gottes sei, dürfen wir der Schrift gemäß nicht so nennen und anerkennen - und dann die ewige Errettung der Kinder Gottes in Frage stellen! Gewiß gilt einem solchen Eph. 5,5. Gott wird ihn richten (Hebr. 13,4).

Überhaupt enthält die Frage selbst einen scharfen Widerspruch, denn die Gotteskindschaft besteht im Besitzen des ewigen Lebens (Joh. 1,12.13; 3,5.6.16 u. a.). Ist die Errettung des Kindes Gottes („Jünger“, „Bekenner“, sogar „Bekehrte“ sind schon etwas andere Begriffe!) nicht für ewig sicher, so ist das ewige Leben nicht mehr ewig! Hierzu lese man die BeAntwortung der Frage 33 in „G. H.“ Band II, 1914!

Teure und innig geliebte Geschwister, die Ihr das Wiederverlorengehen eines Kindes Gottes angeblich schriftgemäß für möglich haltet, wie „richtet“ Ihr „die erschlafften Hände und die gelähmten Knie auf, auf daß nicht das Lahme vom Wege abgewandt, sondern vielmehr geheilt werde“? (Hebr. 12,12.13; Gal. 6,1.2.)

R. W. D.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen durchaus überzeugenden, einander so gut ergänzenden Antworten bemerken wir zunächst, daß keine gegenteilige Antwort über diesen Gegenstand bei uns eingetroffen ist, die wir natürlich zum Vergleich mit vorgelegt haben würden. Wir hoffen, daß die traurige Annahme, daß Kinder Gottes, Schafe Christi, wieder verloren gehen könnten, nach und nach im Volke Gottes an Boden verliert! - Wir können heute, was diese Frage angeht, nur in Kürze verweisen auf die von, wenn auch nicht allen, so doch den meisten Einsendern und uns selbst bei BeAntwortung von Frg. 33, 2. Jahrg. 1914, mit nüchternen Schriftbeweisen vertretene Überzeugung von der ein für allemal endgültigen Errettung derer, die nach der Schrift Schafe Christi oder (wiedergeborene) Kinder Gottes sind. Daran ändert auch die Anführung von Eph. 5,5 nichts, wie überhaupt keine von den gewöhnlich gegen diese Tatsache angeführten Schriftstellen. - Wir trauern aufrichtig um solche geliebten Brüder, die sich vom Feind gebrauchen lassen, wirkliche Kinder Gottes unklar zu leiten, wie auch um solche schlichten Geschwister, denen dieser ewige Halt und Trost genommen wird, als ob der HErr und der Vater des Herrn Jesu die Seinen nicht ewig als Sein Eigen bewahren werde (Joh. 6,39; 10,27-30!),

auch wenn sie, betrogen vom Feinde, durch Schwachheit oder z. B. auch durch Schwermut in die schrecklichsten Verfehlungen hineinfallen. Wir können Ihn nur anflehen, daß Er das helle Licht der Erkenntnis Seiner Selbst - und Er ist das Leben; haben wir Ihn, so haben wir das ewige Leben! (1. Joh. 5,11) - den geliebten Seinen allen, wer sie auch sind, ja, uns Kindern Gottes allen, in allen Dingen mehr leuchten lassen möchte, damit Satans Absichten und Werke gegen uns immer völliger zunichte werden! (Vgl. u. a. Kol. 1,9-14; 2. Petr. 3,18!)

Frage 31

Ist die praktische Anwendung von Jak. 5,14-16 jetzt noch angebracht, und wo event. wird sie noch ausgeübt?

Antwort A

Wir befinden uns im Briefe des Jakobus vielfach auf dem Boden Israels. Im vorliegenden Falle wird der Schwerpunkt auf das Gebet des Glaubens gelegt. Der Glaube kennt Gott und rechnet mit Ihm. Wir wissen, daß wir einen Gott und Vater haben und daß wir durch den Sohn Gottes einen freien Zugang zu diesem Vaterherzen besitzen und dort alle unsere Bitten vorbringen können. Heute steht die Gemeinde des HErrn nicht mehr wie in jenen Tagen da, z. B. eine äußere Ordnung von Ältesten ist nicht mehr vorhanden; wo Gott einzelne Brüder aussondert, werden sie selbstverständlich anerkannt, aber für den einzelnen Gläubigen, auch für den einsamen und alleinstehenden, gibt es eine direkte Verbindung, den Zugang zum Vaterherzen Gottes, welcher immer offen steht. Hiermit soll nun nicht gesagt werden, daß man bei Krankheiten sich nicht an Ihn, den mächtigen Arzt, wenden soll; dies kann und soll in treuer Fürbitte einzeln und gemeinsam geschehen. Denn Gott wird Sich stets zu dem Gebet des Glaubens bekennen und irgend eine Antwort Auf das Rufen der Seinen geben. Aber was oft in verschiedenen Kreisen angenommen wird, daß Krankheit unbedingt eine Folge der Sünde sei und daß Gott unbedingt jede Krankheit heilen müsse, das ist falsch. Auch in der Krankheit sieht der Gläubige die Erziehungswege und die Liebesabsichten Seines Gottes und Vaters und weiß, daß auch durch Krankheit Gott Sich oft verherrlicht. Jakobus betrachtet die Gemeinde als eine Fortsetzung von Israel und hält an den irdischen Segnungen für Israel fest, deshalb verbindet er die Krankenheilung auch mit dem Salben mit Öl, was in Israel ein Vorbild von der Salbung mit Geist war. Wir besitzen größere Segnungen und reichere Hilfsquellen, denn wir sind mit Christus in den himmlischen Örten gesegnet (Eph. 1,3.4). Und wenn Gott es für gut findet, uns auf das Krankenlager zu legen oder uns ein Leiden mit auf den Weg zu geben, wenden wir uns vertrauensvoll zu Ihm; sollte Er aber verziehen und Seine Hilfe nicht nach unseren Gedanken ausfallen, gilt auch für uns Sein Wort an Paulus: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor. 12,9).

Ph. W.

Antwort B

Der lebendige, der wirkende Glaube ist der Grundton des Jakobusbriefes. Auch in dieser Stelle liegt der Nachdruck auf dem Glauben: „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen“.

Es dürfte schwer sein, heute „die Ältesten „der“ Gemeinde“ zusammenzurufen. Welche von den uns

umgebenden Gemeinden (die leider oft in Neid und Streit zueinander stehen) kann beanspruchen, „die Gemeinde Gottes“ zu sein? Und wer und wo sind „die Ältesten der Gemeinde“, die nach der in der Schrift gefundenen Weise als solche bestimmt wurden? (Wir haben weder Anweisung noch Beispiel in der Schrift, daß Gemeinden sich Älteste selbst wählten.) Wohl aber finden wir heute Brüder, denen Gott die Sorge für Sein Haus ins Herz gelegt hat und die den Ältestendienst ausüben.

Ob wir in dem Zusammenruf der Ältesten der Gemeinde diesen Akt gleichsam als mit der ganzen Gemeinde verbunden erblicken können und ob wir in dem Salben mit Öl durch „die Ältesten der Gemeinde“ „im Namen des HErrn“ die Ausführung eines göttlich gewiesenen Auftrages in berufener Autorität (wie im Alten Testament) sehen können, mag dahingestellt sein. Deutlich aber sagt die Schrift, daß weder die Ältesten noch das Öl, sondern „das Gebet des Glaubens“ den Kranken heilen wird. Wenn wir auch Schwierigkeiten finden, heute an dem Tage der Zerrissenheit des Volkes Gottes, „die“ Gemeinde und „die Ältesten der Gemeinde“ zu haben, so haben wir doch das „Gebet des Glaubens“ und die Macht Gottes zu helfen, und ebenso haben wir die „zwei und drei“, die in einer Sache vereint im Gebet vor den HErrn kommen können. „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel.“

Viel Mißbrauch ist mit dieser Stelle getrieben. Gebetsheilstätten, Bekenntnisabnahmen, Ölsalbungen usw. haben auf Grund dieser Stelle ihre Verfechter gefunden. Den Gebrauch von Mitteln hat man verboten, und Gebet, Öl, Bekenntnis und den Glauben hat man zu einem Mittel gegen Krankheit herabgewürdigt. Wenn Gott Heilkräfte in die geschaffene Kreatur gelegt hat, so sind sie für uns gegeben. Es ist keine Frage, Gott kann uns ohne den Gebrauch von Mitteln heilen, wie es keine Frage ist, daß Gott uns ohne tägliche Speise erhalten kann. Die Schrift zeigt uns beides. Aber es ist die Frage, ob dies Seiner Bestimmung entspricht. Im allgemeinen, glaube ich, finden wir in der Schrift, daß Gottes Walten sich in den von Ihm gegebenen Mitteln offenbart. Er konnte Elias 40 Tage ohne Speise erhalten - aber zu einer anderen Zeit mußten ihm Raben solche bringen. Der HErr hätte die 5000 ohne die Hand voll Brot speisen können, aber Er gebraucht das Vorhandene. Er hätte Hiskia ohne die Feige heilen können, aber Er gebraucht die darin gegebene Heilkraft. Gott kann die Nationen an einem zukünftigen Tage heilen ohne Blätter der Heilung, aber Er gibt „Blätter der Heilung“ für sie (Offenb. 22,2). Paulus hätte Timotheus in Ephesus schreiben können, die Ältesten, die in Ephesus waren, zu rufen, aber er sagt: „Gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen“ (1. Tim. 5,23).

Der Glaube vertraut nicht den Mitteln, sondern dem HErrn. Elia vertraute für die Erhaltung seines Lebens am Bache Krith nicht auf die Raben, sondern auf Gott. Hier liegt der Unterschied zwischen dem Glauben und dem Unglauben. Der Unglaube handelt wie Asa (2. Chron. 16,12ff.), der in seiner Krankheit nicht Jehova, sondern die Ärzte„suchte“. Er hatte den einstigen Glaubenspfad verlassen. Er stützte sich auf den „König“ von Syrien und nicht mehr auf Jehova. Und als Gott Seine Hand in Krankheit auf ihn legte, da suchte er zwei Jahre nach Ärzten für seine Krankheit, aber nicht Jehova. Und so starb er. Welchen Wert hatte es, daß er sich seine Begräbnisstelle bereitet hatte und man seinen Leib auf kunstvoll bereitete Gewürz- und Spezereimischung bettete und man ihn bei seinem Begräbnis beweihräucherte mit „einem sehr großen Brand“? Er starb auf der Suche nach den Ärzten, aber an Jehova ging er vorbei. Ein armer Lebensabschluß! Eine Warnung für uns! Wie manche Kinder Gottes müssen an ihrem Leibe die Erfahrungen des Weibes in Mark. 5 machen, die sich immer schwereres Leid, immer Schlimmeres für ihr Geld erkaufte. Erst als das ihr anvertraute Gut so traurig verwandt war, da kam sie zu Jesu und erfaßte den Saum Seines Kleides. In solchen

traurig verwandt war, da kam sie zu Jesu und erfaßte den Saum Seines Kleides. In solchen Unglaubenswegen bedarf es oft des Eingreifens Gottes, daß Er alles zu Ende kommen läßt und dann dem Glauben Seine Macht ohne Mittel offenbart. Da bedürfen wir oft wirklich der Erlösung mit dem kostbaren Blute Christi von den Ärzten und Arzneien, wie andere der Erlösung von dem überlieferten Wandel nach väterlicher Weise bedürfen, an dem man so oft Gläubige mit ganzer Seele hangen sieht (1. Petri 1,18).

Krankheit ist nicht immer Gericht und Züchtigung, sondern auch Gottes Gnade in Erziehung und Bewahrung. Wir mögen nicht wissen, warum Leiden und Krankheit uns begleiten. Der lebendige Glaube aber sieht Gott in allen Dingen. Da ist kein Klagen, Murren und Auflehnen gegen Gott. Das Herz wendet sich an Ihn. Es kennt Seine Liebe, daß Er uns nur das Beste geben kann. Es vertraut Seiner Weisheit, daß Er den Weg besser zu wählen weiß als wir selbst. Der lebendige Glaube bekennt Gott die Lage und unterwirft sich Seiner Hand, ob, wann und wie Er Seine Hilfe und Macht offenbaren will. Da ist keine Hast. Der Glaube ruht in Gott, er nimmt nicht die Sache in seine eigene Hand, sondern legt sie in die Hand eines anderen - in Gottes Hand: er betet!

Wenn der Kranke so geleitet wird, mag er Brüder zu sich rufen und mit ihnen über seine Lage reden, und sie „mögen“ über ihn beten. Da ist ein Sichgewißwerden. Da ist keine Form. Mit dem Rufen und dem Äußeren ist nichts getan. Für solches Gebet muß in jedem einzelnen Fall Glaubensabhängigkeit und Glaubensgewißheit vorhanden sein; ein Glaube, der für diesen Fall und diesen Akt von oben gewirkt ist. „Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen,“ dies ist eine Wahrheit, die heute noch gilt. Gott Antwortet solchem Gebet, ob durch oder ohne Mittel.

Wir bedürfen aber der Wachsamkeit, das Gebet nicht zum Heilmittel gegen die Krankheit zu machen, das nun auf jeden Fall helfen muß. Gott wird den Glauben nicht ohne Antwort lassen. Wir werden glücklich sein auf diesem Wege, auch wenn die Antwort wie auf das dreimalige Gebet Pauli lautet: „Meine Gnade genügt dir“ (2. Kor. 12,9).

Jakobus beleuchtet dann den Krankheitsfall von einer anderen Seite. Die Krankheit kann die Folge von Sünde sein. In diesem Falle muß Vergebung erlangt werden, und diese macht das Bekenntnis nötig. Da sind Sünden, da sind Verfehlungen, da sind Härten im Leben. Diese treten vor das Auge des Gläubigen. Der Geist Gottes bringt es ihm zum Bewußtsein, daß diese Dinge geordnet sein müssen, die als Hindernisse der helfenden und heilenden Hand Gottes im Wege stehen.

Das Böse soll nicht verborgen, sondern aufgedeckt und gerichtet werden. Die Wahrheit fängt an, in der Seele zu wirken und der falsche Schein der Schuldlosigkeit wird zerrissen. Demut, brüderliche Liebe und Vertrauen fangen an, in der Seele zu. wachsen, und Bekenntnis und Vergebung folgen. Die Sünde wird „gelöst“ und das Hindernis und die Zucht beseitigt.

Aber auch hier ist die Gefahr, das Bekenntnis zum Mittel gegen die Krankheit zu machen. Wie traurig, wenn man heute von Stätten reden hört, wo Brüder oder Schwestern Sündenbekenntnisse abnehmen! Solche Dinge kennt die Schrift nicht. Nicht der Wunsch zum Gesundwerden soll das Bekenntnis hervorbringen, sondern der Heilige Geist, der das Licht auf unser Verhalten fallen läßt. Solche Bekenntnisse sollen nicht vor „den Ältesten“ oder „Brüdern“ geschehen, sondern es heißt: „Bekennet einander“, d.h. einer dem anderen, worin er gegen ihn gefehlt hat!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie klar ist dies alles nach der Schrift, und was wird demgegenüber in vielen Kreisen von Gläubigen hin und her aus dieser Stelle gemacht! Und dann, wenn andere so mancherlei Unwesen in dieser Hinsicht nicht mitmachen können und für sich bei Krankheiten Mittel anwenden, dann wird von jenen teuren Geschwistern, die nur „Gebets“ - und „Glaubensheilung“ usw. gelten lassen, über den vermeintlichen Kleinglauben der anderen oft ziemlich schroff abgeurteilt. Manche solcher Geschwister fragen in Punkten der praktischen Absonderung von der religiösen Welt und deren Systemen gar nicht so sehr danach, was das Wort sagt (vgl. z.B. Joh. 14,21ff. und 2. Kor. 6,14ff.), dagegen bezüglich Krankheit und Heilung, auch Sündenbekennens vor Menschen, sind sie leicht geneigt, ihren Standpunkt zum Maßstab des Glaubens zu machen und den schlichten Absonderungsweg des Glaubens etwa nach Hebr. 11,24-28 und 13,13 gering zu achten oder gar zu verurteilen! Laßt uns uns hüten, teure Geschwister, vor ähnlicher Stellungnahme bez. Krankheiten und Mittel! Gott hat auch die Ärzte gegeben, schon einen Lukas! Und wer keinen Arzt und kein Mittel anwenden zu sollen meint, der handle gemäß seines Glaubens, aber er mache sich nicht zum Gewissen anderer, und er prüfe lieber noch einmal recht gründlich, was die Schrift sagt!

Nach diesen Ausführungen wird es dem Einsender dieser Frage nicht verwunderlich sein, wenn wir ihm keine Stätten angeben, wo Jak. 5,14-16 systematisch gehandhabt wird. Wir können es nicht, da wir ein solches planmäßiges System der Krankenheilung nicht für schriftgemäß halten können. Ob und wie man aber im einzelnen Fall auf Grund dieser und anderer Stellen handeln darf und soll, darüber ist oben genug gesagt. – Auch in dieser Frage wie in anderen gilt Röm. 14,23: „Alles, was nicht aus Glauben ist, ist Sünde,“ d. h. das ganze Leben des den HErrn liebenden Kindes Gottes in allen Dingen, auch bei Krankheiten, ob ohne oder mit Arzt oder Mitteln - es muß ein Leben der Abhängigkeit von Ihm und Seinem Wort sein in Glauben und Gehorsam! Das lehrt uns auch der Jakobusbrief (vgl. z. B. Jak. 2,14ff.; siehe auch Röm. 14,7ff.!).

Geleitswort an den Leser:

Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Gottes Kinder heißen sollen! Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie Ihn nicht erkannt hat. Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht geoffenbart worden, was wir sein werden; wir wissen, daß, wenn es (Er) offenbar werden wird, wir sein werden so wie Er, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist. Und jeder, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist. 1. Joh. 3,1-3.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antwortenliest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 32

Was ist unter dem „Ausgeschnittenwerden“ in Römer 11,16-22 zu verstehen?

Antwort A

Ausgeschnittenwerden ist dasselbe wie Weggeschnittenwerden. Der Gärtner schneidet einen Zweig weg, wenn er, etwa durch den Wurm zerstört, anfängt zu vertrocknen, und also keine Lebensverbindung mehr mit dem Stamme hat (vgl. Joh. 15,4-6). In dem Volke Israel haben wir ein solches Bild vor uns. Es hätte der Stammbaum des neuen Paradieses sein sollen, doch der Wurm der Sünde fand Raum hinter der Rinde äußerer Heiligkeit und verwüstete den größten Teil der Zweige, so daß Gott diese Zweige wegschneiden mußte (vgl. z. B. 4. Mose 25,1-9; 5. Mose 32,5-6; 1. Kön. 12,19). Nun musste Gott die weggeschnittenen Zweige ersetzen, und Er tat dies, indem Er Zweige aus einem wilden Stamm ausschnitt und in den alten Stamm einsetzte. - Und nun, lieber Mitpilger, du und ich und unsere Mitgeschwister - wir sind die neu eingepfropften Zweige, darum laßt uns von Gott Gnade erbitten, daß der Wurm der Sünde nicht in uns hinein komme, damit Gott keinen von uns wegschneiden muß; denn die Sünde trennt uns und Gott!

K. K.

Antwort B

Der Gegenstand der Gedanken und Wege Gottes wird einem edlen Ölbaum verglichen. Christus (die Wurzel) (Offenb. 22,16; Jes. 11,10) ist die Quelle, die Ursache aller Segnungen (der Saft), welche das Volk Israel (die Zweige) genießen sollte (Jes. 53,2; Matth. 15,24; Röm. 9,4.5). Nun ist das letztere wegen seines Unglaubens beiseite gesetzt und aus den Nationen die Christenheit an den Platz Israels gebracht worden (ein wilder Ölbaum eingepfropft). Dieselbe aber bewährt sich nicht besser, wie wir es in den christlichen Ländern Europas sehen, und geht dem Gericht Gottes entgegen. Dann wird der Überrest Israels (von den abgebrochenen Zweigen des edlen Ölbaums) wieder angenommen (eingepfropft), nachdem Gott die hochmütige, weltselige, tote Christenheit gerichtet haben wird (vgl. Matth. 3,10; Luk. 3,9!). - Dieses Gericht verstehe ich unter dem „Ausgeschnittenwerden“. Es entspricht dem Ausspeien in Offenb. 3,16 und dem Fall Babylons in Offenb. 18; es bezieht sich also meiner Erkenntnis nach keineswegs auf einzelne Personen, sondern vielmehr auf eine Gesamtheit.

Jedoch sehr ähnlich verhält es sich mit Joh. 15, 2-6, wo, wie ich glaube, von sich (mit Unrecht) auf Jesu Namen berufenden einzelnen die Rede ist.

R. W. D.

Antwort C

Im Römerbrief wird zwei Gefahren entgegengetreten, die damals bestanden und ebenso heute noch bestehen. Die eine Gefahr ist die, daß die Gläubigen ans den Juden meinten, einen Vorzug vor den anderen zu haben, weil sie das auserwählte Volk Gottes von alters her waren, dem die Aussprüche Gottes anvertraut und die Verheißungen gegeben waren und aus welchem, dem Fleische nach, der Christus war. Die andere entgegensetzte Gefahr aber war die, daß die Gläubigen aus den Nationen die Juden verachten, meinend, diese seien von Gott gänzlich und für immer verstoßen, weil sie als Volk ihren Platz vor Gott verloren hatten und die Gläubigen an ihre Stelle getreten waren. Letztere

Volk ihren Platz vor Gott verloren hatten und die Gläubigen an ihre Stelle getreten waren. Letztere Gefahr ist es, der der Apostel hier in unserer Schriftstelle begegnet. Von Vers 1 an (Kap. 11) eifert der Apostel gegen die irrige Annahme, daß Gott Sein Volk verstoßen habe, zeigt den herrlichen Ratschluß und die wunderbaren Gnadengedanken Gottes in Verbindung mit diesem Volke und nimmt so allem Irrtum über dasselbe und jeder Anmaßung gegen dasselbe allen Boden (V. 1-15).

In Weiterführung dieses Gedankens gebraucht nun der Apostel das Bild von einem Ölbaum (V. 16-24). Warum nicht Weinstock oder Feigenbaum, sondern Ölbaum? Öl weist immer auf den Heiligen Geist hin, und mit dem Öl finden wir Licht verbunden (s. 2. Mose 27,20). Licht läßt die Dinge so erscheinen und erkannt werden, wie sie sind, den Tatsachen entsprechend, gibt also der Wahrheit Zeugnis. So finden wir auch in bezug auf den Ölbaum, wenn wir Sach. 4 und Offenb. 11,3.4 lesen, daß es sich um das Zeugnis für Gott auf der Erde handelt. Israel war erwählt, dieses Zeugnis zu sein. Es fehlte darin. Da kam der HErr, Israel verwarf Ihn. Deshalb wurde es beiseite gesetzt, und die Nationen traten an ihre Stelle: die natürlichen Zweige des Ölbaumes wurden ausgebrochen - durch ihren Unglauben - und die Zweige des „von Natur wilden Ölbaumes“ wurden eingepfropft. Und die „Wurzel“ des Ölbaumes, die die „Fettigkeit“ des Ölbaumes spendet und die Zweige trägt? Diese ist der Christus, welcher über alles ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (9,5)! Er ist es, in dem das Zeugnis Gottes auf der Erde seinen Anfang hat, der es nährt und erhält und Seinen Zeugen alles darreicht bis ans Ende. Auch in dieser Beziehung ist das Bild göttlich vollkommen; es zeigt so recht, daß alles Leben und alle Kraft von Ihm ausgeht und Seine Zeugen völlig von Ihm abhängig sind. Sie haben daher keine Ursache und kein Recht, sich zu rühmen - auch nicht gegen die „ausgebrochenen Zweige“, Israel, denn wie diese ausgebrochen - beiseite gesetzt - sind durch den Unglauben, so stehen sie, die an deren Stelle gesetzten, „eingepfropften Zweige“, allein durch den Glauben (V. 20), und Gott kann auch sie beiseite setzen („ausschneiden“), wenn sie etwa auch in Unglauben fallen, nicht an Seiner Güte bleiben (V. 21.22); auch kann und wird Er Israel wieder einsetzen („wieder einpfropfen“), wenn sie nicht im Unglauben bleiben. Dieses alles wird seine Erfüllung finden. Die Gemeinde, die „Kirche“, hat gefehlt in ihrem Zeugnis hienieden - wie immer der Mensch, wenn etwas ihm anvertraut ist - und es kommt die Zeit, wo sie völlig versagen und deshalb gänzlich beiseite gesetzt werden wird, wenn die wahre Gemeinde entrückt und nur noch eine tote Bekennermasse da sein wird, die der HErr ausspeien wird aus Seinem Munde“ (Offenb. 3,16). Die unbrauchbaren Zweige werden nicht geschont, sondern ausgeschnitten werden. Dann wird „ganz Israel errettet werden“ (V. 26), „unter die Begnadigung kommen“ (V. 31) und wieder das Zeugnis für Gott sein auf der Erde: die „natürlichen Zweige“ werden wieder „in ihren eigenen Ölbaum eingepfropft“ werden (V. 23.24).

Es ist also nicht das ewige Heil, sondern der Platz als Zeugnis für Gott hienieden die Frage. (Dazu stimmen die Ermahnungen in den folgenden Kapiteln.)

Ich bin mir der Schwachheit meiner Ausführungen bewußt; aber ich möchte dienen mit dem, was der Herr mir über diesen wichtigen Gegenstand gegeben hat. Wichtig ist er für einen jeden Gläubigen persönlich nicht nur darum, weil es gut ist, klar zu sein über diesen Gegenstand, sondern auch darum, weil er uns mahnt, treu zu sein, demütig zu sein, Seine Güte zu erkennen und an derselben zu bleiben im Glauben. Der HErr schenke uns dazu Gnade!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Sicher ist dieser Gegenstand sehr wichtig, doch ist es nicht leicht, im Rahmen einer kurzen Antwort Darüber umfassende Klarheit zu geben. - Vorstehende Antworten versuchen, Licht auf diese Stelle fallen zu lassen, und wir hoffen, daß sie manchem dienen.

Wir glauben aber keinesfalls, daß sich, wie der Schluß von Antwort A vermuten läßt, dieser Gegenstand (das „Ausgeschnittenwerden“) auf den einzelnen Gläubigen bezieht, demzufolge dieser für ewig von Gott geschieden werden könnte; vielleicht meint jedoch der Verfasser das letztere auch gar nicht; wichtig bleibt aber jener Schlußsatz der Antwort insofern, als es bezüglich des Zeugnisses auf Erden (dieses Vorrechts, das zuerst Israel gehörte) durchaus eine ernste Tatsache ist, daß Gott bisweilen solche Zeugen unter den Gläubigen von der Erde fortnimmt, die dem Zeugencharakter (Christo Jesu gemäß) nicht entsprechend wandeln und das Zeugnis schädigen. Diese aber werden nicht für ewig von Gott getrennt, sondern sie werden (nur) „abgeschnitten aus dem Lande der Lebendigen“, eben weil sie unbrauchbar für Gott waren (vgl. 1. Kor. 5,5). Ebenso verhält es sich, soweit ich sehe, in Joh. 15,6 mit den vom Weinstock abgeschnittenen Reben, die keine Frucht brachten auf dieser Erde (es ist hier nicht vom ewigen Leben die Rede, sondern vom Fruchtbringen!).

Wir möchten nun nicht mehr auf die Frage eingehen, wir müßten sonst zu weit ausholen; wir glauben, daß vorstehende Antworten genügen. Nur eins: Wer da annimmt, durch das „Du“ des Apostels (in jenen Versen) berechtigt zu sein, seine Darlegungen als den einzelnen persönlich angehend auffassen zu dürfen, der sei erstlich an Vers 13 erinnert, in dem Paulus von sich redet, obwohl er doch nur ein Vertreter der Gesamtheit des gläubigen Überrestes Israels war, ferner aber an Kap. 2, V. 3 u. 17ff., woraus deutlich hervorgeht, daß der einzelne genannt wird als Vertreter des Ganzen, weil dadurch der Grundsatz klarer hervortritt. (Auch wir machen es oft ähnlich, wenn wir, z. B. in Gedichten, das einzelne Glied einer Nation anreden, während wir die Nation meinen.) Wer diese Stelle auf den einzelnen anwendet, statt auf die Gesamtheit (Israel - Nationen, als Baum des Zeugnisses auf Erden!), der zerstört den ganzen Zusammenhang, vielleicht zugunsten - wie uns bekannt ist - eines hieraus gezogenen trügerischen Beweises für das Verlorengehenkönnen von Kindern Gottes. Aber um diese Frage handelt es sich hier gewiß nicht, überhaupt nicht um die persönliche Errettung, sondern vielmehr - was das Heil (die Begnadigung) betrifft - um die Wege und Grundsätze der Regierung Gottes, auf Grund welcher überhaupt die Errettung derer aus den Nationen ermöglicht wurde, und ferner, wodurch diese für die Nationen wieder unmöglich werden wird: wenn nämlich Gott die eingepfropften Zweige (die Nationen) infolge ihrer Schuld ausschneidet, worauf dann ganz Israel (das ungeteilte Ganze des Volks) errettet wird (V. 26). Kurz gesagt: in dieser Stelle handelt es sich um Grundlinien, nicht um Einzelergebnisse!

Frage 33

Wie kann ich in meinem Leben besser als bisher praktische Erfahrung machen von Joh. 8,36 oder auch von Röm. 6,11ff. und anderen Stellen, die über die Befreiung von Sünde und Sündigen handeln?

Antwort A

Wie entsteht eine Sünde? Der Vorgang ist etwa folgender:

Eine Versuchung kommt plötzlich über uns - ein Gedanke steigt in unserem Herzen auf (Matth. 15,19) und fordert uns auf, eine Sünde zu tun, oder von außen gelangt eine Versuchung (etwa in einem Bilde) an uns heran (Matth. 5,29) und vergiftet unser Innerstes.

Hat ein Mensch den Heiligen Geist empfangen (Röm. 8,9), so wird er empfinden, daß der Geist in ihm wider das Fleisch streitet (Gal. 5,17) und - der Kampf ist da; es wird nun darauf ankommen, wer gewinnt. Eigene Kraft wird nicht ausreichen, um die bösen Gedanken oder die unreinen Bilder aus dem Herzen zu schaffen. Hier muß Gott Selbst eingreifen als der Stärkere. (Luk. 11,22.)

Nach Röm. 8,2 sind wir erlöst von der Macht der Sünde, denn wir sind durch den Herrn Jesum in ein Gebiet versetzt worden, innerhalb dessen der Heilige Geist wirkt. Das Wirken des Heiligen Geistes bei unseren inneren Nöten verspüren wir nur dann, wenn unser Wille ganz auf den HErrn hin gerichtet ist. „Sollen wir denn in der Sünde beharren? - das sei ferne!“ (Röm. 6,1 u. 2.)

Von uns aus muß zuerst jeder innere Widerstand aufgegeben werden (Matth. 16,24; Joh. 12,25), und dies geschieht, indem man so tut, wie wenn man sich gar nicht kennete. Solches Tun bedeutet ein Verzichten auf das bisherige von Gott losgelöste Eigenleben. Ist nun unser Herz geöffnet, so wird der HErr Abendmahl mit uns halten (Offenb. 3,20), und wir werden Seine Stimme hören. Solange wir nun Jesu Stimme hören (Joh. 10,27 u.

28), solange steht es gut mit uns, und wir werden die praktische Erfahrung von Joh. 8,36 machen. Es sei daher unsere stete Sorge, daß wir mit dem HErrn immer in Hörweite verbunden bleiben. Können wir Jesu Stimme nicht mehr hören, dann sind wir auf einem Irrwege; sobald wir nun dieses gewahr werden, zurück zum HErrn, und Er wird Antworten, ehe wir rufen. (Jes. 65,24.)

„Bringe alles zu Jesu, was du an Befleckung des Fleisches oder des Geistes an dir entdeckst, und wäre es nur der nebelhafte Schatten eines ungöttlichen, aber noch nicht formulierten Gedankens; laß dich immer und immer wieder reinigen,“ so schreibt Pastor Otto Stockmayer in einer Schrift. Durch dieses Bekennen, d. h. Mit-Namen-nennen unserer Sünde (1. Joh. 1,9), bleiben wir in der rechten Abhängigkeit vom HErrn, und Er vergibt und reinigt uns stets aufs neue.

Den Ausdruck „treibet“ in Röm. 8,14 übersetzt die Miniaturbibel mit „leiten lassen“. Dieses „Sich-leiten-lassen“ erfordert innere Stille und Aufmerksamkeit (Psalm 40,8) zum Hören der Stimme und dann Gehorsam; es ist nicht möglich ohne eine stets einwilligende Handlung des menschlichen Willens von Fall zu Fall, vgl. Röm. 12,2!

Halten wir im Gedächtnis Jesum Christum (2. Tim. 2,8), damit wir mit Kraft gestärkt werden durch Seinen Geist am inwendigen Menschen; daß Christus wohne durch den Glauben in unseren Herzen! (Eph. 3,16 u. 17.)

C. L.

 

 

Antwort B

Die gestellte Frage ist von größter Wichtigkeit für ein jedes Kind Gottes, da wir wohl alle - der eine mehr, der andere weniger - die Erfahrung gemacht haben, daß wir von der Verwirklichung der

Befreiung, von der der Herr Jesus in Joh. 8,36 spricht, oft noch recht weit entfernt sind.

Es kommt Befreiung in verschiedener Beziehung in Frage, da die Sklaverei, in der der Mensch von Natur sich befindet, eine mehrfache ist.

Die erste - als das Grundübel - ist die Sklaverei unter der Macht der Sünde. Wir alle kennen diese Macht;

der Herr Jesus spricht davon in Joh. 8,34, das ganze Wort Gottes zeigt sie uns in ihrer Schrecklichkeit, in Röm. 6 ist wiederholt vom „Herrschen“ der Sünde und vom „Sklaven“ der Sünde die Rede (s. V. 12.14.16-20).

Die zweite ist die unter dem Gesetz. In Röm. 7,1 ist gesagt, daß das Gesetz über den Menschen „herrscht“, und nachdem in den weiteren Versen noch von dieser Herrschaft geredet ist, ist in den V. 7-11 von der Wirkung des Gesetzes auf den Menschen infolge des Vorhandenseins der Sünde und in den V. 12-24 der elende Zustand einer Seele gezeigt, die unter der Knechtschaft des Gesetzes des Buchstabens seufzt.

Die dritte ist die der „Welt“, deren Gott und Fürst der Satan ist (s. 2. Kor. 4,4; Eph. 2,2) und in der infolgedessen tiefste Finsternis herrscht (s. Joh. 1,5; 3,19; Eph. 5,8; 1. Petr. 2,9, Schluß), so daß in bezug hierauf von dem Bekehren „von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt Satans zu Gott“ und von der Errettung „aus der Gewalt der Finsternis“ gesprochen ist (Apgsch. 26,18; Kol. 1,13). Ja, die Welt mit ihrer Lust und allen ihren Dingen ist eine große Macht in der Hand Satans. Das zeigt uns Gottes Wort sehr klar in dem alttestamentlichen Bilde Ägyptens, wie es das Volk Israel knechtete, härter und härter, bis es auszog (2. Mose 1,11-14; 2,23-25; 5,4-19), es dann verfolgte, als es ausgezogen war, bis es durch das Rote Meer ging (2. Mose 14,5-10), und seinen Einfluß selbst dann noch auf das Volk Israel ausübte, als dieses bereits in der Wüste war (2. Mose 16,3; 32,3-6; Apgsch. 7,39-41; 4. Mose 11,4-6). Auch Eph. 2,1-3, Kol. 2,8.20 u. a. Stellen reden davon.

So ist der natürliche Mensch ein Sklave im vollsten Sinne des Wortes. Ein solcher Sklave aber kann nichts tun zu seiner Befreiung, nur der Tod macht seiner Sklaverei ein Ende. Dann freilich ist es mit dem Herrschen über ihn aus - dem Toten kann der, dem er bis dahin diente, nichts mehr gebieten, der Tote kann ihm nicht mehr gehorchen, hat nichts mehr mit ihm zu tun. Über einen Menschen, der gestorben ist, hat weder die Sünde noch das Gesetz, noch die Welt mehr irgendwelche Macht (s. Röm. 6,6.7; 7,1-6); Kol. 2,20). Darum kam und starb der Herr Jesus für den Menschen. Aber nicht nur dieses. In Seinem Leben hienieden hat Er als Mensch über die Sünde völlig gesiegt, das Gesetz vollkommen erfüllt und die Welt in allem überwunden, und nachdem Er Sein Leben niedergelegt und so allem zur vollkommenen Befriedigung Gottes begegnet war, ist er auch auferstanden als Mensch und als solcher aufgenommen in die Herrlichkeit, wo Sünde, Gesetz und Welt nicht nur keine Macht, sondern überhaupt keinen Platz haben. Mit diesen Dingen hat Er nie mehr etwas zu tun. Auf diese Weise hat Er eine wahre und völlige Befreiung geschaffen von jeder Sklaverei für ein jedes der Seinen, weil sie völlig eins mit Ihm sind! Sie sind mit Ihm gestorben der Sünde, dem Gesetz und der Welt (Röm. 6,5.6.8; 7,4; Gal. 2,20; Kol. 2,20), sind infolgedessen nicht mehr unter ihrer Macht, und sie sind mit Ihm auferweckt und mitsitzend in den himmlischen Örtern (Eph. 2,6), haben daher nichts mehr mit Sünde, Gesetz und Welt zu tun, und sie sind so befähigt, in Neuheit des Lebens zu wandeln, nicht mehr der Sünde zu dienen, sondern Gott zu leben (Röm. 6,4-11), nicht mehr in Gesetzeswerken sich abzumühen, sondern zu dienen „in dem Neuen des Geistes und nicht in dem

Alten des Buchstabens“, da nicht mehr sie leben, sondern Christus in ihnen lebt (Röm. 7,6; Gal. 2,20), und nicht mehr nach den Elementen der Welt zu leben, denn sie sind ja „gestorben und ihr Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott“ (Kol. 3,2.3).

„Wenn nun der Sohn euch freimachen wird, so werdet ihr wirklich frei sein!“ In der Tat, es ist eine wirkliche und völlige Befreiung, die der HErr den Seinen gebracht hat!

Warum aber spüren wir noch so wenig von dieser herrlichen Befreiung? Beugen wir uns in den Staub - an Ihm liegt es nicht, sondern an uns! Er hat alles getan und gegeben; an uns liegt es, zu glauben und im Gehorsam uns Ihm hinzugeben. Wie wir einst im Glauben Ihn, den Sohn, als unseren Erretter und Befreier annahmen und die Herrschaft über unser Leben auf Seine Schulter legten, unser Leben Ihm übergaben, so beruht auch für die weitere Folge das ganze Geheimnis der wirklichen Befreiung allein in der beständigen Hingabe an Ihn durch Glauben. - Er ist es, durch den allein die Befreiung, wie alles andere, ist! Suchen wir, Ihn mehr in unser Leben eintreten zu lassen! Insoweit ich beiseite gesetzt bin und Er mein Herz, mein Leben ausfüllt, hat die Sünde keine Macht, tue ich nichts aus knechtischer Gesetzesfurcht, folge ich nicht den Einflüssen und Forderungen der Welt! Ja, Seine Person ist die wunderbare Kraft, in der der Glaube überwindet, und Er ist ja für einen jeden von uns nach Seiner ganzen Person da! O, wie kostbar und ermunternd für uns! Wir preisen Dich, Herr Jesus!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wie schön, wie klar belehrend, aber auch wie praktisch sind diese beiden Antworten! Möchten sie uns allen zum Segen sein!

Ja, wenn wir im täglichen Leben keine Erfahrungen vom Sieg über die Sünde nach Joh. 8,36 u. a. machen, so liegt das nur an uns, nie am HErrn. Er hat die Grundlage geschaffen, auf der wir überhaupt Sieg haben können, indem Er die Sünde hinwegnahm (Joh. 1,29, vgl. Frage 46/47 in Band ll, 1914!). Wer im Glauben zu dem Lamm Gottes gekommen ist, der hat es erfahren, daß „das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, uns von aller Sünde reinigt“ (1. Joh. 1,7). Wir stehen damit auf einem neuen Grund und Boden, wie es grundsätzlich ausgedrückt ist in 1. Kor. 6,11: „... aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt in dem Namen des Herrn Jesu und durch den Geist unseres Gottes.“ Das sind Grundtatsachen! Wer nicht auf diesen steht, also gar nicht wahrhaft bekehrt ist, der muß, wenn er's überhaupt tut, vergeblich kämpfen gegen die Sünde, denn sie beherrscht ihn, ja noch mehr, sie ist sein Todeselement, in dem er gefangen ist. So lange einer im Gefängnis sitzt, nützt das Kämpfen, um herauszukommen, nichts, ist er aber außerhalb desselben, so kann er acht geben, nicht hineinzukommen! Ein hinkender Vergleich freilich, aber er zeigt in etwa, was es heißt, das, was wir oben „Grundtatsachen“ nannten, im Glauben erfaßt und verwirklicht zu haben und zu halten („in Christo“).

Dann erst beginnt das Leben unseres persönlichen Sieges über den von Christo besiegten Feind. Und da ist natürlich eine stete praktische Willensabneigung von der Sünde (vgl. Kol. 3,5ff.), wie Antwort A zeigt, ja, eine stete Wachsamkeit, ein Genaunehmen mit den kleinen Dingen, „den kleinen Füchsen“ (Hohel. 2,15), und Abhängigkeit vom HErrn nötig. Diese letztere muß auch eine ständige sein, jede Unterbrechung derselben unsererseits ist ja, weil Unglauben, an sich schon ein Unrecht und führt

unbedingt, wenn der Vater in Seiner Gnade solch ein Kind nicht geradezu verhindert zu fallen, zu schmerzlichen Verfehlungen, Übertretungen und Sünden. Um davon im einzelnen Fall gereinigt zu werden, ist uns in 1. Joh. 1,9 der Weg gezeigt (vgl. Frage 34!). - Noch einige Worte über das praktische Überwinden! Wir lesen in dem an Kinder Gottes gerichteten Wort 1. Joh. 3,23 (vgl. Joh. 14,1) von dem „Glauben (Vertrauen) dem (an den) Namen Seines Sohnes Jesu Christi“; das ist die Abhängigkeit von Ihm und Seinem Wort; man tut dann nichts aus eigener Kraft, setzt in allem das Vertrauen auf Ihn, blickt auf Ihn (Hebr. 12,2 nach dem Glaubenskapitel Hebr. 11!), ist zugleich Seinem Worte gehorsam, kurz man „bleibt in Ihm“ (1. Joh. 3,6). Dann hält Sein Geist die Zügel der Regierung unseres Lebens und Wandelns, bewahrt uns in den Versuchungen und bringt die Frucht in unserem Leben hervor, die Gott wohlgefällig ist (Gal. 5,22); nicht durch unsere Anstrengungen geschieht das, sondern durch Ihn Selbst. Wir wissen, das Fleisch bleibt schlecht (Röm. 7,18), aber uns leitet der Geist Gottes (Röm. 8,9.13.14), daß wir die Lüste des Fleisches nicht tun. Das ist in Wahrheit praktische Heiligung, wenn „wir in Ihm und Seine Worte in uns bleiben“ (Joh. 15,7), wenn wir Ihn in Seinem Worte anschauen und in Ihm unser Leben, Vorbild, Ziel, unsere Freude (vgl. Nehem. 8,10 Schluß!) und Kraft sehen, wie es uns der Philipperbrief zeigt (vgl. Frage 4!). Da gibt es Sieg, da gibt es ein Hineinverwandeltwerden in Sein Bild (2. Kor. 3,18, vgl. Frage 18!), da hört das Klagen über Niederlagen und beständiges Am-Boden-liegen auf, da gibt's ein ruhiges Wachstum, bewirkt durch den Geist Gottes. Er macht dann alles! Mit Christo ist uns ja alles geschenkt, so daß wir wandeln können „im Neuen des Geistes“, wie Antwort B so schön zeigt. Lesen wir noch Röm. 8,31.32 u. 2. Petri 1,3ff.! - Gepriesen sei Er, der uns freigemacht von der Sünde und dessen Gnade genügt (2. Kor. 12,9, siehe auch das wichtige Wort Hebr. 4,16!), um uns täglich durch Seinen Geist (Gal. 5,25) in Neuheit des Lebens wandeln zu lassen (Röm. 6,4)!

Frage 34

Wie stimmt in der Praxis des Christenlebens 1. Joh. 1,7 („und das Blut ...“) mit Vers 9 zusammen? Muß nicht ein Kind Gottes, wenn es gesündigt hat, mit der begangenen Sünde wieder unter das Blut kommen?

Antwort A

Christus hat „eine ewige Erlösung erfunden“ (Hebr. 9,12), indem Er Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol. 1,20). Da es vor Gott „ohne Blutvergießung keine Vergebung“ gibt (Hebr. 9,22), wurde Er „unserer Übertretungen wegen dahingegeben“ (Röm. 4,25a). Doch mußte Er auch aus den Toten auferstehen „um unserer Rechtfertigung wegen“ (Röm. 4,25b) und damit „wir in Neuheit des Lebens wandeln“ könnten (Röm. 6,4). Paulus streckte sich danach aus, „Christum zu erkennen, sowohl die Kraft Seiner Auferstehung als auch die Gemeinschaft Seiner Leiden“ (Phil. 3,10). Wenn wir Christum im Worte anschauen (2. Kor. 3,18; Ps. 119,105; Joh. 5,39; vgl. auch Frage 18!), „wandeln wir im Lichte“ (1. Joh. 1,7a). So werden wir wie Paulus mehr und mehr in Seiner Erkenntnis wachsen (2. Petri 3,18; Kol. 1,10; Eph. 1,17), „Gemeinschaft mit Ihm haben“ (1. Joh. 1,7b) und geheiligt werden, indem wir „gereinigt werden durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ (Eph. 5.26), das uns in seiner lebendigen und wirksamen Kraft richtet und durchdringt bis zur Scheidung von Seele und Geist (Hebr. 4,12). Erweisen wir uns so als „Täter des Wortes“ (Jak. 1, 22), werden wir in fortschreitendem Maße „unsere Glieder im Tode halten“ (Kol. 3, 5), indem wir uns im Glauben als mit Christo gestorben betrachten (Röm. 6,5; 2. Kor. 5,14). „Sein Blut reinigt uns von

aller (jeder) Sünde“ 1. Joh. 1,7c). Das bedeutet die Verwirklichung dieser Todesgemeinschaft, ohne die es keine Lebensgemeinschaft in der Kraft Seiner Auferstehung geben kann.

Mit eine wichtige Vorbedingung dafür ist, unsere erkannten „Sünden zu bekennen“ (1. Joh. 1,9), sie als solche anzuerkennen und den ernstlichen Entschluß zu fassen, sie aufzugeben. Dann können wir mit der „Treue“ Gottes zu Seinen Verheißungen (vgl. 2. Kor. 1,18.20!) rechnen und mit Seiner „Gerechtigkeit“, die in Christo die „Sühnung für unsere Sünden“ sieht (1. Joh. 2,2), und zwar, wie im Anfang unseres Lebens aus Gott, „um Seines Namens willen“ (1. Joh. 2,12).

K. Hch.

Antwort B

Wir werden in den Briefen des Johannes immer finden, daß uns die Person des HErrn vor die Augen gestellt wird. Es handelt sich bei Johannes um praktische Tatsachen. Schon in seiner Einleitung (V. 1) sagt er: „Was von Anfang war, was wir gehört, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, betreffend das Wort des Lebens - und das Leben ist geoffenbart worden, und wir haben gesehen und verkündigen euch das ewige Leben.“ Er bezeugt ein Erlebnis. Aus diesem Erlebnis heraus wußte Johannes, daß ein jeder, der sich wahrhaft zum HErrn bekehrt, sich unter die Wirkungen des göttlichen Lichtes stellt. Wer nun diesem Lichte gemäß wandelt, bei dem offenbaren sich die drei Grundsätze seiner christlichen Stellung, die Johannes uns aufzählt: 1. Wir wandeln im Lichte, 2. wir haben Gemeinschaft miteinander, 3. das Blut Jesu Christi hat uns gereinigt. So finden wir in V. 7 die Wirkungen des für uns vergossenen Blutes oder die Tatsache des vollgültigen Opfers Christi (Hebr. 10,14). Nach den Gedanken des Apostels gehen wir als Gereinigte unseren Weg und genießen die Lebensgemeinschaft mit Gott und die Gemeinschaft im praktischen Wandel in der Liebe mit den Geschwistern; unsere Freude ist völlig, und das Blut Christi stellt uns vor den Augen Gottes und vor unserem Gewissen als gereinigt von aller Sünde dar. „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden“ (2. Kor. 5,17). Wenn dann aber der Apostel in V. 9 noch einmal auf das Bekenntnis der Sünden zurückgreift, so zeigt er uns die Grundsätze der Gnade, und zwar in der Weise, wie sie uns gerettet hat, wie sie uns auf dem Wege zu bewahren vermag, und wie sie dem gestrauchelten und befleckten Kinde Gottes, sobald es Vergebung sucht, vollkommen zurechthilft und es wiederherstellt. Somit ist die Reue eines Kindes Gottes nicht die Buße eines verlorenen Sünders. Wir sehen hieraus, daß die Reinigung von den Sünden aller derer, die glauben, auf Grund des Blutes geschieht, und das Blut bleibt die Grundlage, auf der wir vor Gott stehen, dagegen unsere Herstellung, wenn wir uns verunreinigt haben, geschieht durch das Wasser; das Wort Gottes. Wenn wir unsere Vergehungen bekennen, tritt die Gnade in Kraft. So sehen wir, daß der Sünder bei seiner Bekehrung durch den Glauben an die Erlösung durch das Blut Christi ein für allemal gerechtfertigt wird. Gott schaut ihn in Christo an. Dagegen bei einer Verfehlung des Gläubigen von einer neuen Waschung im Blute zu sprechen ist unbiblisch. Ich möchte als Beispiel auf die Wiederherstellung des Petrus (Joh. 21,15ff.) und auf das schöne Vorbild in der Fußwaschung verweisen. „Wer gebadet ist, ist ganz rein.“ (Joh. 13,10.) Vgl. Joh. 15,3; Tit. 3,5; Eph. 5,26 usw. Das Wort Gottes hat eine reinigende und heiligende Kraft.

Ph. W.

 

 

 

Antwort C

Wenn ich das Wort recht verstehe, beziehen sich die Worte 1. Joh. 1,7: „... und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“ auf die große Tatsache, daß der Herr Jesus durch Sein vergossenes Blut am Kreuze, durch Seinen Tod, unsere ganze Schuld getilgt, uns von jeder Sünde unseres ganzen Lebens reingewaschen hat. Das ist eine vollendete, ein für allemal geschehene Tatsache. In Joh. 1,7 nun ist sie in Verbindung gebracht mit der Gemeinschaft, von der auch schon vor diesem Verse die Rede ist, bezw. mit dem Wandel im Lichte, in welch letzterem allein diese Gemeinschaft ist. In diesem Lichte wird alles, was Sünde ist, offenbar. Sünde trennt von Gott, hindert die Gemeinschaft mit Ihm und auch untereinander. Aber wenn wir in diesem Lichte sind, darin wandeln, erfahren wir zugleich die trostreiche und kostbare Tatsache, daß durch das teure Blut Jesu Christi die Sündenfrage völlig und ganz geordnet ist, daß die reinigende Wirkung dieses kostbaren Blutes sich auf „alle Sünde“ erstreckt. Wohl im Blick auf dieses praktische Erfahren dieser herrlichen Tatsache ist von letzterer in der Zeitform der Gegenwart gesprochen: „Das Blut ... reinigt uns von aller Sünde.“

Die Kenntnis dieser Tatsache soll uns aber nicht in den Wahn versetzen, daß wir „keine Sünde haben“ (V. 8), „sündlos“ seien, nicht mehr sündigten, sondern es bleibt die demütigende Tatsache für uns bestehen, daß wir oft fehlen. Sobald solches geschieht, ist die Gemeinschaft gestört. Zur Wiederherstellung derselben bedarf es unseres Bekenntnisses. Dann vergibt Er. Er vergibt dann aber nicht nur, sondern „reinigt“ uns auch von aller „Ungerechtigkeit“ - von dem, was gleichsam die Wurzel der begangenen Verfehlung ist. Z. B. wenn ich zum Zorn neige und habe mich zum Zorn hinreißen lassen und im Zorn vielleicht durch Worte gesündigt, so will Er nicht nur diese Sünde mir vergeben, sondern mich auch von meiner Neigung zum Zorn reinigen, damit ich nicht immer wieder durch sie zum Sündigen verleitet werde.

Es ist also ein deutlicher Unterschied zwischen V. 7 und V. 9; Dort handelt es sich um die Grundlage für die Gemeinschaft, und deshalb ist es das Blut, welches reinigt von aller Sünde; hier handelt es sich um die Wiederherstellung dieser - auf das Blut gegründeten - Gemeinschaft, wenn sie durch Sünde unterbrochen ist, durch Beseitigung der Ursache dieser Unterbrechung, und darum ist von Vergebung die Rede und von Ihm Selbst als dem, welcher reinigt.

Ein Kind, das in der rechten Stellung zu seinen Eltern ist, hat Gemeinschaft mit ihnen. Aber sobald es in einen Ungehorsam oder eine Unart verfällt, ist die Gemeinschaft gestört. Sie kann auch nicht früher wieder Platz greifen, als bis das Kind reuig seine Verfehlung den Eltern bekennt. Tut es dies, dann empfängt es Vergebung mit ernster Ermahnung und freut sich wieder in der Gegenwart der Eltern. So ist es auch mit dem Kinde Gottes, und es ist gerade in dieser Beziehung das in V. 9 Gesagte ein großer Trost für unser Herz, wie wir sicher alle schon erfahren haben.

Dank sei dem HErrn für Seine Liebe und Gnade, die auch in dem Betrachteten uns wieder entgegenleuchtet. Möchte sie unsere Herzen ermuntern zu einem Wandel in Seinem Lichte und zu einem aufrichtigen Bekenntnis, wenn wir gefehlt haben!

Th. K.

Antwort D

Solche Reden, daß der Gläubige der täglichen Reinigung durch das Blut bedürfe und wir ständig unsere Sünden unter das Blut bringen müßten, hört man leider oft. Sie entsprechen den Gefühlen, aber nicht dem Worte Gottes. Fast stets fand ich, daß die, die solches reden, nie beachtet hatten, daß die Schrift in zwei unterschiedenen Weisen von der Vergebung redet, 1. dem Sünder und 2. dem Kinde Gottes gegenüber. Von zwei Reinigungen, der mit Blut und der mit Wasser. Werden diese Unterschiede, die die Schrift macht, nicht beachtet, so ist man in Gefahr, verkehrte Dinge zu reden. Ich habe liebe Kinder Gottes gefunden, die einfach alles mit dem Blute verbanden, aber von der Reinigung mit Wasser nichts zu sagen wußten; die oft das Lied sangen:

„Laß das Wasser und das Blut,

Deiner Seite heilige Flut,

Mir das Heil sein, das frei macht

Von der Sünden Schuld und Macht!“

und kaum beachtet hatten, daß die Schrift einen klaren Unterschied zwischen den beiden als Zeugen macht. (1. Joh. 5,6-8.)

Auch in den beiden angefragten Versen 1. Joh. 1,7 u. 9 handelt es sich um ganz verschiedene Dinge. In Vers 7: Das „Blut reinigt“. In Vers 9: „Er reinigt“. Dort handelt es sich um den Wandel im Licht und Gemeinschaft - hier um Sündenbekenntnis, Vergebung und Reinigung. Der 7. Vers spricht gar nicht von unserer Zufluchtnahme zum Blut noch von seiner Wiederanwendung auf uns. Es handelt sich auch nicht darum, wie wir wandeln, sondern wo wir wandeln: in dem Lichte (auch nicht nach oder gemäß dem Lichte). In dieser Verbindung des Wandels in dem Lichte spricht der Apostel von dem Blute, das reinigt von aller Sünde. Es ist die Grundlage für diesen Wandel im Lichte. Wie könnten solche, wie wir sind, anders dort sein?! Wenn wir im Heiligtum sind, so finden wir das Blut dort. (Hebr. 9,12.) Wie köstlich, die Wirksamkeit und den Wert dieses Blutes zu erkennen! In dem Maße, wie wir im Lichte uns bewegen, steht auch die Kostbarkeit dieses Blutes vor unserer Seele (des Blutes, das uns reinigt von aller Sünde). Es nimmt jeden Fleck hinweg und macht uns weißer als Schnee, so daß wir ohne Furcht im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist. Durch dieses kostbare Blut sind wir gerechtfertigt - gerichtlich gereinigt von jeder Schuldanklage vor Gott (Röm. 5,9 und 8,30.33). Dies ist ein für allemal geschehen. Nie kann die Frage der Sünden wieder erhoben werden. „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde ich nie mehr gedenken“ (Hebr. 10,17). Sie sind geheiligt durch das ein für allemal geschehene Opfer und auf immerdar vollkommen gemacht (Hebr. 10,10.14). Und das Blut gibt uns die Freimütigkeit, ins Heiligtum einzutreten (Hebr. 10,19).

Aber wenn ein Kind Gottes sündigt, muß es dann nicht wieder unter das Blut gehen, um Vergebung zu erlangen? Die Schrift sagt uns solches nicht. Wir gehen zu Gott, aber nicht unter das Blut. 1. Joh. 1,9 zeigt uns den Weg - nicht den Weg „unter das Blut“, sondern den Weg des Bekenntnisses. Nicht ein Kommen „zum Kreuz mit deinen Lasten“ als ein verlorener Sünder, sondern ein Kommen zum Bekenntnis vor dem Vater als ein Kind Gottes. Noch ein Kind, obwohl befleckt, welches einen Fürsprecher bei dem Vater hat (1. Joh. 2,1)! Aber Gottes Forderung ist Bekenntnis! Solange dieses fehlt, ergeht es der Seele wie David: „Als ich schwieg, verzehrten sich meine Gebeine durch mein Gestöhne den ganzen Tag, denn Tag und Nacht lastete auf mir Deine Hand“ (Ps. 32,3.4). Aber in dem Augenblick, wenn sich Herz und Mund zum Bekenntnis öffnen, haben wir auch die Vergebung. Wir

bekennen und Er vergibt. Das steht und fällt zusammen. Das eine ist nicht ohne das andere. Welch ein Trost! Wie groß ist Seine Gnade! Und mehr, Er reinigt uns von aller Ungerechtigkeit. Alles dies steht mit der Reinigung durch das Wasser in Verbindung (Eph. 5,26 u. a.).

Manche fürchten, es könne eine Verkleinerung des Wertes des Blutes darin gefunden werden. Nichts davon! Wir sollten aber nicht vom Blute reden, wenn Gott vom Wasser redet! Das Blut in seiner Wirksamkeit und seinem Wert ist die Grundlage. Wir können nicht einmal „Abba, Vater“ sagen ohne das Blut. Beständig ist es vor dem Auge des Herzens. Aber wenn jemand gesündigt hat, der durch das ein für allemal geschehene Opfer geheiligt ist, so sollten wir nicht vom „Blut“ reden, wenn Gott vom „Bekennen“ redet. Die solches tun, denken nicht daran, daß sie das Blut Jesu Christi herabziehen zum Werte des Blutes der Stiere und Böcke, das nimmer den „Hinzunahenden vollkommen machen kann“ (Hebr. 10,1), und daß sie den Stand des Christen zum Stand des Juden erniedrigen, für dessen Sünde immer wieder das Blut dargebracht werden mußte, während der Heilige Geist uns lehrt, daß Er „durch ein Opfer auf immerdar vollkommen gemacht hat, die geheiligt werden“ (Hebr. 10,14).

Der verlorene Mensch, der Sünder, empfängt die Vergebung seiner Sündenschuld, sobald er an Ihn glaubt (Apgsch. 10,43). Das errettete Kind Gottes, der Gläubige, welcher gesündigt hat, empfängt die Vergebung seiner Sünde, sobald er sie bekennt. (1. Joh. 1,9.)

Vielleicht sagt jemand: aber das Wort in 1. Joh. 1,7 „reinigt“ ist die Zeitform der Gegenwart und drückt deshalb den beständigen Prozeß des Reinigens aus, so daß es den Sinn hat: das Blut reinigt immerfort. In diesem Worte wird uns mehr als die Zeitform ausgedrückt, es liegt das Wesen, die Natur der Sache darin. In eigenartiger Weise gebraucht gerade Johannes diese Zeitform, z. B. „ist“, „wegnimmt“ usw., „der in des Vaters Schoß „ist“- der Sohn des Menschen, der im Himmel „ist“ (Joh. 1,18 und 3,13), obgleich Er in Niedrigkeit hier wandelte -, „das Lamm ..., welches die Sünde der Welt „wegnimmt“ (Joh. 1,29). Heißt dies, daß Er jeden Tag die Sünde der Welt wegnimmt? Keineswegs! So wie hier, so drückt auch „reinigen“ das aus, was das Blut tut.

Im gleichen Sinne gebrauchen auch wir im täglichen Leben diese Zeitform. Wir sagen: das Wasser reinigt. Das Gift tötet den Menschen, und niemand denkt, daß damit solle gesagt sein, das Gift töte einen Menschen immerfort. Wenn du Kalk gebrauchst und der Kaufmann sagt dir: „Schützen Sie ihn vor dem Regen; Sie wissen, Wasser löscht den Kalk“, so verstehst du, daß er von der Wirksamkeit des Wassers redet, daß es den Kalk löscht, aber nicht meint, immerfort löscht. Er kann nur einmal gelöscht werden; er ist dann in einen anderen Zustand übergegangen. So auch mit dem Blute. Der Heilige Geist hebt immer wieder mit Nachdruck hervor: durch „ein Opfer“, „ein für allemal“. Eine nochmalige Vergebung durch Blut müßte ein neues Opfer fordern, denn ohne Blut-„vergießen“ keine Vergebung. Dann müßte Christus noch einmal sterben! (Hebr. 10,22.25-27.)

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Von ganzem Herzen wünschen wir, daß diese sonnenklaren Ausführungen besonders denen dienen möchten - und ihrer sind leider sehr viele unter den Kindern Gottes, besonders in Deutschland! - die beständig sagen: „Wir müssen täglich unter das Blut kommen mit unseren Sünden und Schwachheiten“, oder die schwachen, kleingläubigen Kindern Gottes den Rat geben: „Gehe unter das

Kreuz oder unter das Blut!“ Sicher wird Gott, wenn Er auch bei daneben vorhandenem Sündenbekenntnis Vergebung schenkt, betrübt dadurch, daß „das Blut Seines Eigenen“ in dieser Weise verunehrt und Sein Wort übersehen wird. Man glaubt, Ihn zu ehren, wenn man dem Blut Christi eine bei jedem einzelnen Fall eintretende, fast magische Wirkung zuspricht, und man sieht nicht, daß man sich mit dieser Handlungsweise gar nicht auf dem Boden der Schrift befindet! Wir wollen nicht wieder auf den ewig gültigen Wert des Blutes, der so unendlich ist wie die Herrlichkeit Christi, eingehen, es ist ja oben geschehen, aber es ist uns ein inniges Anliegen, daß diese das Wort in seiner reinigenden Kraft mißachtende Anwendung des Blutes in bezug auf unsere Sünden, die wir als Kinder Gottes begehen, durch vorliegende Antworten unter Gottes Volk an Anhängern verlieren möchte.

Wie einfach ist der Weg der Vergebung mittels des Bekennens! Aber um Vergebung bitten ist noch kein Bekennen! Letzteres ist schwer, da mit Selbstgericht verbunden, und gerade das ist nötig, wie Ps. 32 zeigt (vgl. Antwort D!). Ein unartiges Kind wird viel lieber die Mutter um Vergebung bitten, als daß es seine Unart vor der Mutter mit Namen nennt. Und oftmals kommen Kinder Gottes deshalb nicht zurecht, weil sie nicht bekennen wollen vor dem Vater - um das Bekennen vor Menschen (wie in Jak. 5,16; vgl. Frage 31!) handelt es sich hier nicht -, worin ihre Sünde bestand, d. h. weil sie nicht so tief sich demütigen wollen, wie Gott es wünscht, wenn anders Er nicht nur vergeben, sondern auch reinigen soll. Laßt es uns genau nehmen mit dieser Sache, nicht nur oberflächlich Vergebung erbitten oder uns gar einbilden, wir hätten sie ohne Bekenntnis! Vielleicht muß uns sonst Gott „in die Ecke stellen“ wie ein ungehorsames Kind, d. h. Zucht anwenden, bis wir zusammenbrechen vor Ihm und mit offenen Bekenntnis Sein Antlitz suchen! Nicht um Vergebung bitten sollen wir - aber bekennen - und Er vergibt und reinigt! - Und noch eins: Keine Rechnung bei Gott, nicht „Schulden machen“! Schulden bei Menschen sind für ein Kind Gottes nicht recht (Röm. 13,8), aber Schulden bei Gott sind u. a. sogar sehr gefährlich, weil wir dadurch oberflächlich werden gegenüber den Sünden. Nicht bis zum Abend warten mit dem Bekenntnis - nein, gleich, wenn wir gefehlt haben, im Geist zum Vater kommen und bekennen, das erhält uns in der ständigen Gemeinschaft mit Ihm und dem Sohne, dessen Sachwalterschaft (1. Joh. 2,1) sich mit uns und dem „wenn jemand gesündigt hat“ beschäftigt. Gepriesen sei unser Gott und Vater und unser Herr Jesus für die treue Fürsorge, die für unseren Wandel hienieden getroffen ist, bis wir „nach Hause“ kommen! (Joh. 14,1-3.)

Geleitswort an den Leser:

Wenn aber dieses Verwesliche Unverweslichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: ‚Verschlungen ist der Tod in Sieg. Wo ist, o Tod, dein Stachel? wo ist, o Tod, dein Sieg?' Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz. Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unsern Herrn Jesum Christum! Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werke des HErrn, da ihr wisset, daß eure Mühe nicht vergeblich ist im HErrn!“ 1. Kor. 15,54-58.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 35

Mich bewegen seit längerer Zeit die Fragen der Auferstehung des Leibes! (1. Kor. 15.) Es sind doch so viele Leiber längst vergangen, und die einzelnen Zellen ungezählter Körper sind zerstreut und lange vernichtet! Werden diese bei der Auferweckung am Jüngsten Tage wieder zusammengebracht? - Ist dann der Körper noch verwesungsfähig?

 

Antwort A

Die klare Antwort Auf diese Frage gibt eben 1. Kor. 15,35-58, und der Glaube freut sich über diese Antwort Der Schrift. Es wird der natürliche Leib (das Fleisch) gesät in Verwesung, und ein geistiger Leib wird auferstehen in Unverweslichkeit (V. 42-44). Dieser ist nie mehr verwesungsfähig, weder bei den im Glauben selig Entschlafenen noch bei denen, die verloren gehen, deren Los im Feuersee ist (Offenb. 20,15). Daß so viele Leiber bezw. deren einzelne Teile zerstreut wurden, hat für die Auferstehung durchaus keine Bedeutung; die Erde ist des HErrn, und was darinnen ist! (Hierzu Hebr. 11,32-38!)

F. B.

Antwort B

In 1. Kor. 15,35ff. erörtert der Apostel Paulus ausführlich die Frage über die Beschaffenheit des Auferstehungsleibes. Seine Antwort lautet: „Tor! was du säst, wird nicht lebendig, es sterbe denn. Und was du säst, du säst nicht den Leib, der werden soll, sondern ein nacktes Korn, es sei von Weizen oder von einem der anderen Samen.“ (V. 36 u. 37, Elberf. Übers.) Hier beschreibt er das Verhältnis des Auferstehungsleibes zum jetzigen Leibe in dem Gleichnis vom Samenkorn. Das gesäte Korn enthält einen verborgenen Keim, aus welchem, nachdem die äußere Hülle abgestorben und verwest ist, die neue Pflanze emporwächst.

Ungezählte Leiber von Menschen sind schon verwest, und die Zellen ihrer Organe sind mit dem Erdreich neue chemische Verbindungen eingegangen; was geschieht mit diesen Zellen? Werden sie in der Auferstehung der Toten wieder zusammengebracht? Dem modernen Menschen steigen diese Fragen auf, die von seinem Standpunkt aus gewiß berechtigt sind. Gleichwie das Samenkorn einen Keim enthält, so besitzt, wie ich glaube, auch jeder Leichnam ein unsterbliches Etwas in sich, welches als gutes oder auch als böses Prinzip auf Erden wirkte. Dieselben Gesetze, die wir im Pflanzenleben finden (Matth. 7,16; Luk. 6,44), finden wir auch hier.

In Dan. 12,2 weissagt der Prophet Daniel von zwei Auferstehungen: „Und viele von denen, die im Erdenstaube schlafen, werden aufwachen; die einen zum ewigen Leben, die anderen zu ewiger Schmach und Schande“ (Min.-Bibel). Hier gehen die Leiber mit dem guten Keim ins ewige Leben bei der ersten Auferstehung (Offenb. 20,6) und diejenigen mit bösem Samen ins ewige Verderben bei der zweiten Auferstehung (Offenb. 20,11-15). Stirbt ein Mensch unbekehrt in seinen Sünden, so ist er ein böser Same, und das böse Prinzip wird sich an seinem Leibe ausprägen, geradeso wie Sorgen und Sünden schon hier auf einem Angesichte sichtbar werden können.

und Sünden schon hier auf einem Angesichte sichtbar werden können.

Hat dagegen ein Mensch seine Kleider (die Hülle der Seele) waschen und helle machen lassen im Blute des Lammes (Offenb. 7,14) und herrscht in ihm das gute Prinzip, der Heilige Geist, so ist der Heilige Geist in ihm der gute Keim und somit die Bedingung zur ersten Auferstehung. „Wenn aber der Geist dessen, der Jesum aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird Er, der Christum aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen Seines in euch wohnenden Geistes“ (Röm. 8,11. Elberf.

Übers.). Nach Phil. 3,21 „wird der Herr Jesus Christus umwandeln den Leib unserer Erniedrigung, daß er ähnlich werde dem Leibe Seiner Herrlichkeit, nach der Kraft, mit welcher Er auch alles vermag, Sich untertänig zu machen“ (Min.-Bib.). Dieser Herrlichkeitsleib wird dann ein Leibsein, der durch Hindernisse gehen, der sich sichtbar und unsichtbar machen kann und der unsterblich und unverweslich ist.

Wir können hier die Allmacht Gottes mit unserem kleinen Verstande kaum fassen. Daß die Frühlingsherrlichkeit in der Pflanzenwelt wirklich existiert - man müßte ein Narr sein, sie zu leugnen! - Daß aber derselbe Gott, der alles geschaffen hat, und in welchem wir leben und weben und sind (Apg. 17,28), auch aus den in die Erde gelegten Keimen von Menschen einst sichtbare und greifbare Herrlichkeitskörper schaffen wird - dieser Gedanke ist uns kurzsichtigen Menschen fast undenkbar.

Aber „des HErrn Wort ist wahrhaftig; und was Er zusagt, das hält Er gewiß“ (Ps. 33,4, Luther).Achten wir auf Seine Ermahnung in Eph. 4,30: „Und betrübet nicht den Heiligen Geist, mit welchem ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung;“ denn an diesem Tage brauchen wir die Versiegelung als Erkennungszeichen, als den guten Samen, der aufgehen wird ins ewige Leben!

C. L.

Antwort C

In der Frage ist von der Auferstehung „des Leibes“ gesprochen. Daraus könnte man schließen, daß der Anfragende auch eine andere Auferstehung als die des Leibes (der Seele, des Geistes) für gegeben hält. Es gibt Menschen, die solche Lehre vertreten, und deshalb möchte ich diesen wesentlichen Punkt zunächst kurz berühren.

Die Auferstehung setzt naturgemäß den Tod voraus, der Tod aber wiederum setzt Leben voraus. Worauf treffen diese Voraussetzungen bei dem Menschen zu, der aus Geist, Seele und Leib besteht (s. 1. Thess. 5,23b)? Auf Geist und Seele nicht, denn Geist und Seele sterben nicht, sondern werden beim Tode des Menschen nur vom Leibe getrennt, um einst - in der Auferstehung - wieder mit dem Leibe vereinigt zu werden. Insoweit von einem Sterben der „Seele“ im Worte Gottes die Rede ist (s. 4. Mose 23,10b; 1. Kön. 19,4; Hes. 18,4.20; Jona 4,8), ist nicht die Seele an sich gemeint, sondern der Mensch selbst, wie man z. B. von einem Orte sagt, daß er soundso viele Seelen zählt, oder von einem Schiffe, daß soundso viele Seelen darauf waren. Wir verstehen darunter selbstverständlich so viele Menschen, nicht etwa deren Seelen. Das gleiche ist der Fall in den betreffenden Schriftstellen. Das zeigt der Zusammenhang ganz klar. (Hierzu s. auch 2. Mose 12,15b.19; 31,14; 3. Mose 7,18-21 u. a. m.) Wenn aber das Wort Gottes von dem geistigen Tode redet, wie Matth. 8,22; Joh. 5,24.25; Eph. 2,1.5; Kol.2,13, ist derselbe als ein Zustand bezeichnet, der von vornherein vorhanden war - es

war niemals Leben da. Es fehlt also sowohl in bezug auf die Seele als auch auf den Geist die Voraussetzung für eine Auferstehung. Deshalb spricht auch das Wort Gottes weder von einer Auferstehung der Seele noch des Geistes, sondern davon, daß der Glaubende „aus dem Tode in das Leben hinübergegangen“ ist - daß wir „mit dem Christus lebendig gemacht“ worden sind, eben dem bezeichneten Zustande entsprechend; es ist kein Leben vorhanden, darum wird solches erst gegeben. Das ist aber nicht Auferstehung. Dementsprechend ist auch in Eph. 2,5.6 zwischen „mit ... lebendig gemacht“ und „mitauferweckt“ deutlich unterschieden, indem letzteres dem ersteren durch ein „und“ als eine weitere Tatsache hinzugefügt wird; das „mitlebendig gemacht“ spricht davon, daß wir, die wir tot waren, auf Grund der Auferstehung Christi Leben aus Gott empfangen haben, und das „mitauferweckt“ spricht von unserer Auferstehung, die zwar noch vor uns liegt, aber hier als in Christo bereits geschehen betrachtet wird. - Auf unseren Leib aber - und nur auf diesen - treffen die obenerwähnten Voraussetzungen völlig zu; derselbe hat erst Leben, ist dann tot und wird deshalb einst auferweckt. Deshalb ist im Worte Gottes auch immer nur in bezug auf den Leib von der Auferstehung die Rede, wo irgend von der Auferstehung im wahren Sinne des Wortes gesprochen wird. Ich sage „im wahren Sinne des Wortes“, weil im Alten Testament an einigen Stellen von der Auferstehung auch im bildlichen Sinne gesprochen wird: Jes. 26,19; Hes. 37,1-14; Dan. 12,2. Der Raum gestattet hier nicht, diese Schriftstellen eingehend zu betrachten; ich muß mich deshalb darauf beschränken, kurz zu sagen, daß in diesen Stellen von der Wiederherstellung Israels als Volk geredet ist - Israels, das jetzt als Volk, als ein Ganzes, nicht besteht, sondern gleichsam „gestorben“ ist, wie es in Hos. 13,1 von Ephraim heißt: „Aber es verschuldete sich ... und starb“, und seitdem „im Staube liegt“, unter den Völkern begraben, „verdorrte Gebeine“, aber nach Gottes Gnadengedanken und Ratschluß wieder wird belebt und hervorgebracht werden als ein Volk, um dann im Lande Israel zu wohnen und die verheißenen Segnungen zu genießen. Dieses ist ganz klar zu erkennen, wenn man die genannten Schriftstellen im Zusammenhange liest, und wird überdies in Hes. 37,11-14 in gar nicht mißzuverstehender, deutlichster Weise unmittelbar ausgesprochen. - Wenn aber von der Auferstehung selbst geredet ist, dann können wir leicht sehen, daß es sich immer um den Leib handelt. Da es hier an Raum mangelt, verweise ich nur auf folgende Schriftstellen: Matth. 27,52, wo es heißt: „... und viele Leiber der entschlafenen Heiligen wurden auferweckt ...“; Joh. 5,28.29, wo der Herr Jesus sagt, daß „alle, die in den Gräbern sind ... hervorkommen werden ...“ - in den Gräbern sind aber eben nur die Leiber! - und 1. Kor. 15, wo so klar, wie es überhaupt nur möglich ist, gerade auch über diesen Punkt uns Aufschluß gegeben ist (s. bes. V. 35-44).

Noch ein anderer Punkt ist es, auf den wir ganz kurz einen Blick tun möchten. In der Frage kommen die Worte vor: „bei der Auserstehung am Jüngsten Tage“. Es ist ja an sich ganz richtig, daß die Auferstehung sowohl der Gerechten wie der Ungerechten am „Jüngsten Tage“ sein wird (s. Joh. 6,39.40.54; 11,24; 12,48), nur kommt es darauf an, was man unter „Jüngstem Tage“ versteht. Mir scheint es, daß bei den meisten Menschen mit dem „Jüngsten Tag“ sich der Begriff vom „Jüngsten Gericht“ verbindet bezw. beides für sie ein und dasselbe ist. Damit übereinstimmend geht bei ihnen auch der Begriff von der Auferstehung. Sie kennen keinen Unterschied zwischen der Auferstehung der Gerechten und der Auferstehung der Ungerechten, sondern in ihrer Vorstellung gibt es nur eine unterschiedslose allgemeine Auferstehung mit einem daranschließenden Scheiden der Schafe von den Böcken vor dem Throne der Herrlichkeit usw. nach Matth. 25,31-46. Letztere Schriftstelle spricht aber gar nicht von der Auferstehung und ebensowenig vom Jüngsten Gericht, sondern von dem Gericht der Lebendigen vor dem Tausendjährigen Reiche, während das Jüngste Gericht, das Gericht der Toten, nach dem Tausendjährigen Reiche sein wird! (Offenb. 20,11-15.) Beides ist durch einen

Zeitraum von mindestens 1000 Jahren voneinander geschieden. Ebenso ist es mit der Auferstehung der Gerechten und der Auferstehung der Ungerechten. In Johannes 5,28.29 spricht der Herr Jesus von zwei verschiedenen Auferstehungen: der Auferstehung des Lebens und der Auferstehung des Gerichts, und zwischen diesen beiden macht das Wort Gottes eine klare Scheidung. Wenn der Herr Jesus in bezug auf beide, sie zusammenfassend, sagt: „Es kommt die Stunde“, meint Er damit nicht eine Stunde nach unserer Zeitrechnung, noch sagt Er damit, daß beide Auferstehungen zugleich seien, sondern „Stunde“ hat hier die Bedeutung von „Zeit“, wie dieses z. B. auch schon in V. 25 der Fall ist und dort sehr deutlich zutage tritt. Er sagt also, daß die Zeit kommt für die Auferstehung des Lebens und ebenso für die Auferstehung des Gerichts. Daß diese beiden Auferstehungen aber zeitlich sehr weit voneinander getrennt sein werden, zeigt uns das Wort Gottes auf das klarste in Offenb. 20. Dort ist in V. 4-6 von der „ersten Auferstehung“ die Rede und wird in bezug auf die Auferstandenen gesagt, daß sie „lebten“ und daß „der zweite Tod keine Gewalt über sie hat“ und daß sie „mit dem Christus herrschen tausend Jahre“. Aus letzteren Worten ergibt sich klar, daß diese Auferstehung vor dem Tausendjährigen Reiche ist. Von „den übrigen der Toten“ aber heißt es in V. 5: „Die übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren.“ Das sind die Ungerechten, die in V. 11-15, nachdem das Tausendjährige Reich vorüber ist, vor dem großen weißen Throne erscheinen zum Gericht. Ihre Auferweckung ist die „Auferstehung des Gerichts“. Diese findet also nach dem Tausendjährigen Reiche statt.

Was nun die Frage über den Auferstehungsleib anbetrifft, so gibt es zwei Dinge, an die wir uns halten können: die Auferstehung des Herrn Jesu und das, was das Wort Gottes sonst noch über den Gegenstand sagt. Die Auferstehung des Herrn Jesu in erster Linie, weil unsere Auferstehung mit der Seinigen wesenseins ist. Letzteres sagt uns auch besonders 1. Kor. 15,13-16, wo die Auferstehung des HErrn und die Auferstehung der Toten als völlig einheitlich betrachtet werden.

Der Leib des HErrn Jesu wurde ins Grab gelegt und dieser selbe Leib wurde auferweckt, aber in einem ganz anderen, neuen Zustande. So, nehme ich an, ist es auch mit unserem Leibe. Ob dieser durch die Verwesung aufgelöst wird oder verbrannt oder sonstwie zerstört wird und dereinst die verschiedenen Bestandteile sonstwohin zerstreut sind - eine „Vernichtung“ im eigentlichen Sinne gibt es nicht! -, tut meines Erachtens nicht das geringste. Welche Schwierigkeit könnte es für unseren großen, allmächtigen Gott geben? Wir können uns diese Auflösung und Zerteilung ins Unendliche ausmalen, aber was ist alles dieses für unseren Gott? Obige Annahme in bezug auf die Leiber der Entschlafenen findet einen guten Grund auch darin, daß nach dem Worte Gottes die Leiber der nicht Entschlafenen - „der Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des HErrn“ (1. Thess. 4,15) - „verwandelt“ werden, wenn die Auferstehung stattfindet (1. Kor. 15,51.52), also eben dieser Leib, in dem sie leben, wie auch Phil. 3,21 sagt, daß der HErr „unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“. Doch es liegt mir fern, eine Behauptung aufstellen zu wollen; sei es so oder so, wir haben die beglückende Gewißheit, daß wir in der Auferstehung einen Leib empfangen, der nichts mehr mit Schwachheit, Tod und Verwesung zu tun hat, sondern mit Unverweslichkeit, Herrlichkeit, Kraft und Unsterblichkeit angetan sein wird! (S. 1. Kor. 15,42.43.53.) Es wird nicht ein „irdischer“, „natürlicher“ Leib sein - den haben wir jetzt -, sondern ein „himmlischer“, „geistiger“ Leib (1. Kor. 15,40.44-48), und wir werden Sein Bild, das Bild „des Himmlischen“ tragen (V. 49), ja, wir werden - dem Leibe nach - Ihm gleich sein! (S. Joh. 12,24 - wie das Weizenkorn, das in die Erde gefallen und gestorben ist, so die Weizen körner -; Röm. 8,29; 1. Kor. 15,48.49; Phil. 3,21.) - O, wie wunderbar und herrlich! „Welch eine Liebe!“ müssen wir mit

dem Apostel Johannes ausrufen angesichts dieser wunderbaren Tatsache. - Der Leib, den wir dann haben, ist also nicht mehr verwesungsfähig.

In einem Punkte aber wird, wie ich glaube, annehmen zu können, eine Abweichung sein zwischen der Auferstehung der Gläubigen und der des Herrn Jesu: ich meine den Zustand des Herrn Jesu (d. h. Seines Leibes) zwischen Seiner Auferstehung und Seiner Himmelfahrt. Der Leib, den der Herr Jesus während dieser Zeit hatte, war wohl der Auferstehungsleib, aber er war noch nicht mit der Herrlichkeit bekleidet, die dem Platze entsprach und eigen war, an den zu gehen Er erst noch im Begriff war. Diese Herrlichkeit, in der Er z. B. später dem Paulus erschien (Apg. 9,3-5; 22,6-11; 26,13-15), hat der HErr erst mit Seinem Eintritt in die Herrlichkeit droben angenommen, um sie aber nie wieder abzulegen. Deshalb spricht das Wort ausdrücklich von Seinem „Leibe der Herrlichkeit“ (Phil. 3,21).

Wir finden also nach meiner Meinung beim Herrn Jesu drei verschiedene Stufen: Seinen Zustand vor Seinem Tode, Seinen Zustand zwischen Seiner Auferstehung und Seiner Verherrlichung und Seinen Zustand der Herrlichkeit. In Anwendung auf das Leben des Kindes Gottes können wir dieselben drei Stufen unterscheiden; seinen Zustand vor seiner Bekehrung, seinen Zustand nach seiner Bekehrung - durch den Tod Christi geschieden von der Welt und allem, was ihr angehört, Gericht und Tod dahinten, durch Seine Auferstehung in einem neuen Leben wandelnd! - und seinen Zustand der Herrlichkeit, den es durch die Auferstehung (oder Verwandlung) erlangen wird. Was jedoch seinen Leib betrifft, so gibt es für ihn den Zwischenzustand nicht und weicht insofern also unsere Auferstehung von der des HErrn ab, denn wir werden „auferweckt in Herrlichkeit“, oder wenn wir noch hier im Leibe sind, „umgestaltet zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“, empfangen also sofort einen Leib der Herrlichkeit, da Er, unser verherrlichter HErr, der „HErr der Herrlichkeit“, Selbst uns hervorruft oder verwandelt, um uns verherrlicht einzuführen in die Stätte, die Er für uns bereitet hat, und einst „verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thess. 1,10), wenn wir „mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol. 3,4).

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Als uns diese Frage vor mehreren Monaten von einem inzwischen ins Feld gerückten und gegenwärtig in einem Feldlazarett befindlichen lieben Bruder eingesandt wurde, überlegten wir zunächst lange, ob wir sie aufnehmen sollten, und zwar, weil wir uns scheuten, aus einer Tatsache, die für Gläubige keinem Zweifel unterworfen sein darf, eine „Frage“ zu machen. Aber dann sagten wir uns, wenn diese Tatsache für die Korinther keine Frage gewesen wäre, so hätten wir vielleicht die köstlichen Belehrungen in Kap. 15 des ersten Briefes nicht erhalten. Wenn nun aber auch dieses vom Geist Gottes eingegebene Kapitel genügend Beweiskraft für den Glauben hat, so daß eigentlich keine Frage über die Grund tatsache der Auferstehung zu entstehen brauchte, so enthält die eingesandte Frage doch noch mehrere wichtige Unterfragen, so daß es vielleicht um vieler Leser willen gut ist, sie zu veröffentlichen.

Hier haben wir nun umfassende Antworten vor uns; die kurze, nur an den Glauben appellierende hat so gut ihren Wert wie die längere und die auf alles gründlich eingehende längste! Die Hauptsache

gipfelt immer wieder darin: Gott hat so geredet in Seinem Wort über diesen köstlichen Gegenstand, und darum ist es an uns, zu glauben. (Vergl. auch Frg. 34, Band II, 1914!) Was gäbe es für uns Kinder Gottes Leichteres als dieses! für uns, die wir Gott in Christo kennen?! - Betr. der einzelnen Unterfragen mag die verschiedene und wachsende Erkenntnis der Gläubigen in Betracht kommen, aber für die Hauptsache, für das, was die Schrift klar sagt über die Auferstehung, nur der mit Gott rechnende Glaube! Wir haben nichts zu tun mit der „Wissenschaft“, die diese herrlichen Dinge leugnet, mit der vom Satan stammenden Philosophie (Kol. 2,8) solcher Menschen, welche die Auferstehung der Toten frech verneinen. Dem Aufrichtigen, der „gerne glauben möchte“, dem helfen wir am besten durch einfaches Bezeugen dessen, was das Wort sagt (z. B. 1. Kor. 15,1ff.), denn „das Wort ist lebendig“ (Hebr. 4,12.13! 1. Petri 1,23). Die unaufrichtigen Zweifler lassen sich nicht helfen. Ihre „Gründe“, die Auferstehung zu leugnen, sind für uns Gläubige durchsichtig und klar, und wir sollten bei entsprechender Gelegenheit den geistlichen Mut haben (Eph. 5,8.13!), solche „Gründe“ zu enthüllen: Die unbußfertigen Sünder, die in der Sünde beharren wollen, müssen eine Auferstehung leugnen, sagt ihnen doch das verachtete Wort, aber auch ihr Gewissen, daß nach dem Tode nur das Gericht ihrer wartet (Hebr. 9.27), daß sie es dann mit einem unerbittlichen Richter zu tun haben, der keine Gnade, sondern nur die Verdammnis für die hat, die auf Erden die Gnade in Christo ablehnten. Es darf keine Auferstehung geben - gibt es eine, es wäre für sie - das wissen sie - nur eine Auferstehung zum Gericht. Ja, so ist es! (Offenb. 20,11-15.) Darum diese oft so freche Art der Ableugnung dessen, was des Gläubigen Herz mit Trost und Freude erfüllt. Daher greifen diese Menschen so begierig nach solchen Scheinbeweisen gegen die Auferstehung, wie dem von der Zerstreuung oder „Vernichtung“ der einzelnen Zellen bis ins unendliche. Auch die neuerdings so gepriesene, aber dem Willen Gottes durchaus nicht entsprechende Leichenverbrennung (statt Beerdigung, 1. Mose 3,19!) hat (wenn auch viele ihrer Vertreter „in Unwissenheit“ handeln), wie wir glauben, unausgesprochen u. a. den Gedanken zur Grundlage, daß durch das Verbrennen des Körpers eine Auferstehung als zur Unmöglichkeit gemacht erscheint! Eine sadduzäische Auffassung, welche die Kraft Gottes leugnet (vergl. Matth. 22,23-33)! Gott sind alle Dinge möglich, Ihm, der aus dem Nichts die Welten schuf (Hebr. 11,3!), ist es eine geringe Sache, aus der Asche wie aus dem Staube der Leiber einen lebendigen geistigen Leib erstehen zu lassen, sowohl bei der ersten Auferstehung einen Herrlichkeitleib wie bei der zweiten einen zur ewigen Verdammnis bestimmten! - Wie arm sind doch die Menschen, die keine gewisse Hoffnung der Auferstehung haben (1. Thess. 4,13; Eph. 2,12) - an den Gräbern sehen wir es, besonders am Totensonntag! - noch mehr, wie unselig arm sind die, deren Leiber nicht bei der ersten Auferstehung auferweckt bezw. verwandelt werden! (Offb. 20,6.)

Was jene Scheingründe der Ungläubigen angeht, so sollten wir Gläubigen uns nie einlassen auf Diskussionen darüber! In solchen meist zu Wortgefechten ausartenden Erörterungen ist die Welt uns über. Wir haben unendlich Größeres (vergl. 2. Kor. 10,3-5!). Der mit Gott und dem auferstandenen Christus rechnende Glaube kennt keine Unmöglichkeiten und triumphiert durch sein Zeugnis über den Zweifel und Unglauben der christuslosen, ja, Christo feindlichen Welt (Hebr. 11!). Darum: „Habt Glauben an Gott!“ (Mark. 11,22.)

Frage 36

Bitte um eine Erklärung von Kol. 1,24!

 

Antwort A

Um diese Worte verständlich zu machen, müssen wir einige Punkte ins Auge fassen und beachten; 1. Christus ist das Haupt des Leibes, der Versammlung (Kol. 1,18); 2. wir sind Glieder Seines Leibes (1. Kor. 12,27; Eph. 5,30); 3. Gott hat den Leib zusammengefügt (1. Kor. 12,24b), d. h. wir sind mit Ihm einsgemacht durch Seinen Geist, nachdem Christus uns „durch das Blut an Seinem Kreuz versöhnt hat in dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod“ (Eph. 2,13-18; Kol. 1,22).

Der Weg des Herrn Jesu ging durch Leiden zur Herrlichkeit; davon gaben schon die Propheten Zeugnis durch den Geist, der in ihnen war, und suchten darüber nachzuforschen (1. Petri 1,10.11). Er hat um unseretwillen im Fleisch gelitten (1. Petri 3,18; 4,1). Wenn nun Christus als Haupt leidet, wird es uns wohl klar, daß wir als Glieder am Leibe mit Schmerzen haben, ja, wir sollen „allezeit das Sterben Jesu am Leibe umhertragen, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde“ usw. (2. Kor. 4,10-12.) Es sollte uns eine Freude sein, für den HErrn und Seine Versammlung zu leiden. Wir können auch in der Hinsicht, was es heißt, teilhaftig Seiner Leiden zu sein, viel von den Aposteln lernen (s. z. B. Apg. 5,41 und 1. Petri 4,13.14). So konnte auch Paulus hier in unserem Vers von Freude reden in den Leiden für die Versammlung. Denn wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied sich freut, so auch alle Glieder (1. Kor. 12,26). Wir sehen Jesum mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, nachdem Er gelitten hatte (Hebr. 2,9); wenn nun Christus als Haupt verherrlicht ist, so ist auch der ganze Leib mit verherrlicht. Aber wie der Anführer erst durch Leiden vollkommen gemacht ist, so werden wir, die Söhne, die Er zur Herrlichkeit gebracht hat, auch erst durch Leiden vollendet (Hebr. 2,10).

Hieraus können wir verstehen, welche Freude Paulus in den Leiden für die Kolosser hatte, indem er lebte nach seinen Worten (Gal. 6,2): „Einer trage des anderen Last!“ Ist es schon in der Welt so, daß „geteilter Schmerz halber Schmerz, geteilte Freude doppelte Freude“ ist, so ist das erst recht so in der Gemeinde Gottes, wenn wir füreinander leiden und einander Lasten tragen helfen; und ist unsere Stellung zueinander richtig, so freuen wir uns in diesen Leiden, ja, wir freuen uns in und mit Christo! - Dies wurde bei Paulus zur Tatsache. Er hatte Sorge getragen und Kampf gehabt um die Versammlung der Kolosser (2,1), aber als er gehört hatte von ihrem Glauben, ihrer Liebe und Hoffnung (1,4.5), und daß das Wort der Wahrheit fruchtbringend und wachsend unter ihnen war (V. 6), da konnte er von Freuden im Leiden für sie reden (nach unserem Verse); und darum fühlte er seine VerAntwortung, für die Versammlung zu leiden, erst recht; er sagt: „ich will ergänzen in meinem Fleische“, d. h. solange ich noch in diesem Leibe, auf der Erde lebe, will ich mit Leib und Seele eintreten für die Versammlung, mich ihr zur Verfügung stellen. „Ich will ergänzen, was noch rückständig ist von den Drangsalen des Christus für Seinen Leib, das ist die Versammlung“ - mit anderen Worten: ich will nachholen, was bisher versäumt ist an Leiden für die Versammlung. Und in diesen Leiden können auch wir Nachahmer des Apostels sein, denn geschenkt ist es uns in bezug auf Christus, nicht nur an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden und denselben Kampf zu erdulden, den wir bei dem Apostel Paulus sehen (Phil. 1,29.30).

Möchten wir darin treu ausharren!

G. R.

Antwort B

Paulus hatte den Christus als Den kennen gelernt, der Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes (V. 20), und nun gab es für ihn keinen Ruhm und keinerlei Vorrechte mehr. Der gesetzesstolze Pharisäer mußte das Gesetz, für das er geeifert hatte, unter dem Kreuze begraben. Die Gnade hatte die engen Grenzen des Judentums und der Messiashoffnung weit überschritten, und diese Gnade durfte Paulus als Apostel der Nationen verkündigen. In V. 23 nennt er sich einen Diener dieses Evangeliums. Diese Verkündigung brachte nun für den Apostel mancherlei Verfolgungen und Leiden mit sich, aber es war für ihn, der sich nun als Sklave Jesu Christi fühlte, eine Freude und ein besonderes Vorrecht, mitleiden zu dürfen für Christus und für die Versammlung. Er spricht also nicht von der Wirkung des Todes Jesu, sondern von der Liebe, welche ihn trieb, zu leiden. Hätte Paulus die Beschneidung gepredigt, so würde er nirgends bei den Juden Ärgernis erregt haben, aber als ein Diener am Evangelium, als Gebundener Jesu Christi, verkündigte er den gekreuzigten Christus, wofür er geschmäht und verfolgt wurde, und so durfte er praktisch an den Leiden seines HErrn teilnehmen, was auch in gleicher Weise in etwa für uns gilt. Es ist ein Stück Teilhaberschaft an den Leiden des HErrn. Paulus folgt nicht zitternd wie die Jünger in Mark. 10, nein, er begehrt zu leiden, um teilzuhaben an den Leiden des Christus, koste es, was es wolle. So war der Christus nicht nur der Gegenstand seines Herzens, sondern auch die Kraft, durch die er alles vermochte, auch zu leiden (Phil. 3, 7-11).

Ph. W.

Antwort C

In den vorhergehenden Versen spricht Paulus von dem „Haupte des Leibes“, mit dem 24. Vers beginnt er von „Seinem Leibe“ zu reden.

Paulus empfing durch Offenbarung die göttlichen Gedanken über Seine Gemeinde- das wunderbare „Geheimnis“, daß die Gemeinde Sein Leib sei (Eph. 3).

Die Verkündigung und Offenbarung dieser Wahrheit trug Paulus viele Leiden ein in Verfolgung und Haß, die ihm speziell um der Offenbarung des „einen Leibes“ willen wurden. (Besonders von den Juden.) Es waren Leiden, die eben deutlich dieses Gepräge trugen, daß er sie erlitt „für Seinen Leib“. Natürlich nicht sühnende Leiden, daran konnte Paulus nichts ergänzen, und daran war nichts rückständig. Aber die Offenbarung der Wahrheit Seines „Leibes“ war noch rückständig, und somit waren auch die Leiden, die damit verbunden waren, gleichsam rückständig, und diese ergänzte Paulus in seinem Fleische. In dieser Hinsicht würdigte der HErr den Apostel Paulus, in seinem Fleische zu ergänzen, was von den Drangsalen noch rückständig war „für Seinen Leib.“ In geringem Maße können auch wir heute (an dem Tage der Zerrissenheit und Spaltungen) in dem Eintreten für diese Wahrheit noch an solchen Leiden teilnehmen.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Während die erste Antwort mehr die allgemeine Wahrheit betont, daß die Glieder des einen Leibes füreinander und um des Hauptes, des HErrn willen zu leiden haben, zeigen die beiden letzen Antworten mehr die besondere Art der Leiden, die Paulus in diesem Verse meint und der er sich mit Freuden unterzieht. Es sind Leiden, die als Folge der Offenbarung und Verkündigung des dem Paulus

Freuden unterzieht. Es sind Leiden, die als Folge der Offenbarung und Verkündigung des dem Paulus anvertrauten Geheimnisses von dem Leibe Christi zu erwarten waren, in dem Maße, wie die noch ausstehende („rückständige“) Verkündigung geschehen würde. Dies Geheimnis zu verkünden war die dem Paulus aufgetragene Vollendung des Wortes Gottes (V. 25). Es hing von Paulus ab, wieviel er von diesen rückständigen Leiden ergänzen würde, denn es hing von seiner das Wort Gottes vollendenden Verkündigung ab. Und da hätte er es sich leicht und bequem machen können. Er hätte die eifersüchtigen Juden nicht „vor den Kopf zu stoßen“ brauchen, indem er immer wieder von dem Einverleiben der Nationen in diesen Leib geredet hätte (vergl. Eph. 3) usw. Aber wo wäre dann die Treue des Apostels geblieben? Ein Paulus konnte nicht um eines leidenlosen „Dienstes“ willen seine Stellung, seinen Beruf - ja, mehr: seinen HErrn verleugnen, der ihn „herausgenommen hatte“ (Apg. 26,17), um Ihm ein gebräuchliches Werkzeug zu sein! Paulus blieb seinem Auftrag treu und - brachte dieser Auftrag Leiden mit sich - gut, so war es etwas, was ihm Freude gab, wie ein rechter „Diener“ (V. 25a) sich freut, an allem teilzuhaben, was sein Herr durchmacht und was die Sache seines Herrn angeht; und er war ein Diener Christi und der Versammlung!

Gewiß können wir - in kleinem Maßstab an diesen Leiden teilnehmen. Und möchten wir alle nur so gesinnt sein wie Paulus war! Aber wieviel Leidensscheu ist unter uns Gläubigen, nicht nur was das Leiden um des Zeugnisses willen von Christo angeht - und hierin wohl noch am wenigsten! - sondern vor allem um des Gegenstandes willen, den Paulus in unserem Verse meint: um des Geheimnisses willen des Leibes, der Versammlung. Wie vielen Gläubigen ist es durchaus genügend, ein Eigentum des HErrn, ein Kind Gottes zu sein, und die Tatsache des Einen Leibes, der Versammlung (der Gemeinde) und der Zugehörigkeit zu ihm, zu ihr, und die VerAntwortung für die Verkündigung dieser Tatsache bleibt ihnen etwas Fremdes, Unbequemes, wohl oft gar Gleichgültiges. Und doch, geliebte Geschwister, diese Dinge und die noch rückständigen Leiden um dieser köstlichen Dinge und ihrer Verkündigung willen sind nichts Überflüssiges und Nebensächliches! Vielmehr machen wir, die wir sogar bisweilen mit Tränen (wie Timotheus, 2. Tim. 1,4) die Lehre von dem Leibe Christi zu vertreten haben, wirklich etwas auch von den Freuden durch, deren Paulus sich hier rühmt, wenngleich unser „Ergänzen“ sehr kümmerlich ist und noch vieles „rückständig“ bleibt. Wohl ist das Wort Gottes „vollendet“ worden durch Paulus, darin ist ebensowenig wie bezüglich der Sühnung durch Christi Tod noch etwas zu ergänzen an Leiden dafür; aber die Verwirklichung dieses Wortes von dem Einen Leibe und der persönlichen VerAntwortung dafür durch uns in dieser Welt ist eine Sache stets neuer Kämpfe (vergl. 2,1) und Leiden, und an diesen noch jetzt teilzuhaben ist unser Vorrecht und - wenn wir's nur erkennen - ein Teil unserer Freude hienieden, einer Freude und eines Vorrechts, dessen Genuß die Welt - wie damals das Judentum - nicht versteht und verlacht, dessen Ausübung in treuer Hingebung aber der HErr wertet nach Seinem eigenen Maßstab in Gerechtigkeit und Gnade an Seinem zukünftigen Tage (1. Kor. 3,9-15).

Frage 37

Ich bitte um Auslegung von Off. 22,11!

Antwort A

Der Vers ist eingeschlossen zwischen die Worte des HErrn: „Die Zeit ist nahe!“ und: „Siehe, Ich komme bald!“, eine Warnung für die, die Unrecht tun und sich verunreinigen, und eine Ermunterung

für die, die Gerechtigkeit üben und sich heiligen lassen. Letzte können „den Herrn Jesum als Heiland erwarten“ (Phil. 3,20); den ersteren dagegen, wenn sie in ihrer Stellung verharren, wird Er als Richter offenbar werden, indem ihnen nur noch ein „furchtvolles Erwarten des Gerichtes bleibt“ (Hebr. 10,27), weil „sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen“ (2. Thess. 2,10).

Noch wartet Gott mit Seinen Gerichten über die ungläubige Menschheit, und Seine Langmut gibt noch immer Gelegenheit zum Heil durch Buße und Bekehrung (2. Petri 3,9), bis das Maß der Sünde voll und Seine Stunde gekommen ist, wie wir es an dem Beispiel der Mitmenschen Noahs (1. Mose 6,3.5.13) und dem von Sodom und Gomorra (1. Mose 13,13; 19,13) sehen (vergl. auch Offenb. 18,5!). Glückselig, der einen Zufluchtsort gefunden hat (Ps. 32,1.2.7)!

K. Hch.

Antwort B

Man kann Offenb. 22,11 auch übersetzen: Der Ungerechte tue weiter Ungerechtigkeit; der Unreine verunreinige sich fernerhin, und der Gerechte mache in der Gerechtigkeit weiter, und der Heilige werde weiter geheiligt.

Dies Wort kann von zwei Gesichtspunkten. aus erklärt werden: als eine allgemeine göttliche Wahrheit und als Ausspruch Jesu nach dem gefällten Gerichtsurteil, als Ergebnis des Abschlusses nach dem Zusammenhang der drei letzten Kapitel der Offenbarung Jesu Christi.

1. Als allgemeine göttliche Wahrheit enthält es den Grundsatz der Entschiedenheit. Will jemand etwas sein, so sei er es ganz, entweder ein Gerechter oder ein Ungerechter, ein Reiner oder ein Unreiner, ein Heiliger oder ein Unheiliger. Diesen Sinn hat auch das Wort des HErrn an Laodicea: „Ach, daß du kalt oder warm wärest; weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, so werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde“ (Offenb. 3,15.16). Alles Gemisch ist dem HErrn ein Greuel. Das Volk Israel sollte sein Feld oder seinen Weinberg nicht mit mancherlei besäen, nicht zugleich mit einem Ochsen und Esel pflügen und kein Kleid tragen von Wolle und Leinen gemengt. (3. Mose 19,19; 5. Mose 22,9-11; vergl. 2. Kor. 6,14-18; 2. Mose 23,32.33; 34,15.16; 5. Mose 7,3.4.) Über die Heuchler hat Jesus am schärfsten gesprochen (Matth. 23, 1-36); und dem Unentschiedenen sagte Er: „Wer seine Hand an den Pflug legt und stehet zurück, der ist nicht geschickt zum Reiche Gottes“ (Luk. 9,62).

Der Apostel Paulus ist ein Vorbild in der Entschiedenheit. Wie er weiland ein Lästerer, Schmäher, Verfolger war, so war er jetzt, nach seiner Bekehrung, „der Vornehmste von dieser Sekte der Nazarener“. Er war ein ganzer Mann, ein ganzer Christ, ein ganzer Apostel. Gott will uns ganz haben (vergl. Matth. 22,37!), Halbheit hat weder vor Gott noch vor Menschen Wert. Ein doppelherziger Mensch denke nicht, daß er etwas von dem HErrn empfangen werde; er ist unbeständig in allen seinen Wegen (Jak. 1,7.8). Was wir sein wollen, seien wir ganz, das ist der Sinn Jesu, der Wille des HErrn und der Sinn dieses Wortes.

2. Als Ausspruch nach vollzogenem Gericht und Endurteil des Herrn Jesu hätte dies Wort die Bedeutung, daß nach Abschluß der Gnaden- und Heilszeit jeder in alle Ewigkeit das bleibt, was er ist bezw. bis zum letzten Urteil geworden ist. Da gibt es keine Änderung und keine Bekehrung mehr. Die Scheidung ist für immer vollzogen, es gibt nur noch einen Himmel (neuen Himmel und neue Erde) und eine Hölle (den Teil des Teufels, seiner Engel und Angehörigen). Ein jeder bleibt für immer, was

er bis dahin geworden ist. Daher gibt es nur noch die zwei Orte, Himmel und Hölle mit ihren Bewohnern. Schrecklich ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Also auch die Unentschiedenen gehören nur zu einem von beiden. Welches ist dein Teil?

F. Th. H.

Antwort C

In dem vorausgehenden Abschnitt Offenb. 21,9 - 22,5 wird uns die Braut des Lammes gezeigt. Mit der Schilderung der heiligen Stadt schließt dann die Offenbarung und der prophetische Inhalt des Buches, und es folgen dann noch Warnungen. Für den in Treue auf seinen HErrn wartenden Gläubigen schließt dies alles Glückseligkeit in sich, er weiß seinen HErrn nahe und gibt Ihm, der ihm Erkenntnis und Verständnis über diese Dinge geschenkt hat, die Ehre. Kein Ereignis steht zwischen uns und unserer Aufnahme in die Herrlichkeit. Dagegen werden sich zwischen dem Anbruch der Herrlichkeit für Israel allerlei Ereignisse und Gerichte abwickeln, und für diejenigen welche den Ruf der Gnade verachten, wird es ein unerschütterliches „Zuspät“ geben. Deshalb nochmals in Offenb. 22 diese Scheidung. Auf der einen Seite die kostbare Botschaft: „Glückselig der, der bewahret die Worte der Weissagung dieses Buches“ (V. 7), und auf der anderen Seite die ernsten Worte: „Wer Unrecht tut, tue noch Unrecht, und wer unrein ist, verunreinige sich noch, und wer gerecht ist, übe noch Gerechtigkeit, und wer heilig ist, sei noch heilig“ (V. 11), und V. 12 fügt der HErr hinzu: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird.“

Der Abschluß der Gnadenzeit wird alsdann vollendet sein, die Gerichte werden beginnen, und die Menschen werden in dem Zustande, in dem sie gefunden werden, für immer bleiben, die einen zum ewigen Gericht, die anderen zu ewigem Segen und Herrlichkeit. Gott hat alles getan, um die Bösen zu warnen und die Getreuen zu ermuntern, und es konnte jeder nach freiem Entschluß seines Herzens handeln. Mag nun der Böse weiterhin trotzig im Bösen verharren, mag der Unreine in die Tiefen der Sünde sich weiter hineinwühlen, um so entschiedener mögen dann die Erlösten in treuem Wandel vorangehen. Ein jeglicher aber wird in dem gefunden werden, worin er verharrt hat in diesem Leben, und nichts wird den Abschluß der Dinge aufhalten. Ein jeder wird offenbart werden und empfangen, was er in diesem Leibe getan hat (2. Kor. 5,10). Es wird sein, wie es in Pred. 11,3 geschildert ist: „Wenn ein Baum nach Süden oder nach Norden fällt, an dem Ort, wo der Baum fällt, bleibt er liegen.“ Entweder wir werden gefunden als Errettete und Wartende und sind Teilhaber der Herrlichkeit Jesu Christi, oder die große Kluft wird offenbar, es wird kein Raum zur Buße mehr sein.

Ph. W.

Antwort D

Mit Offenb. 22,5 schließt die Beschreibung der Herrlichkeit des neuen Jerusalem resp. der gesamten Offenbarung Jesu Christi; von V. 6 ab folgen noch gewisse Warnungen und Belehrungen; V. 6 geht wieder zurück auf Offenb. 1,1-3.7.

Die in Frage stehenden Verse, Kap. 22,11.12, enthalten eine Warnung und Belehrung. Meines Erachtens dürfte aus ihnen genommen werden, daß, wenn die Zeit der Gnade abgeschlossen sein wird und die Gerichte beginnen, die Menschen in dem Zustand, in welchem sie sich befinden und gefunden werden, bleiben; die einen reif zum Gericht, die anderen bereitet zum ewigen Leben,

gefunden werden, bleiben; die einen reif zum Gericht, die anderen bereitet zum ewigen Leben, überhaupt zum Leben und Eingang in das Reich Gottes. Ja, nach dem Abschluß der Gnadenzeit ist es zu spät, aus der Finsternis und Gewalt Satans zum Licht und Leben zu gelangen, das zeigt uns der auf V. 11 folgende V. 12; es bleibt dann nur noch die Vergeltung! Zweimal steht das Wort: „Siehe, Ich komme bald“ in diesem Kapitel, V. 7, als Ermunterung, die Worte der Weissagung zu bewahren und V. 12 als Warnung für alle Lebenden, dem Gericht der Vergeltung noch beizeiten zu entfliehen; jedoch auch als Ermunterung für die Heiligen, in der Heiligung fortzufahren, bis Er kommt!

F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Hier haben wir mehrere Auslegungen dieser gar nicht leicht erklärbaren Stelle. Sie alle beschäftigen sich mit dem gewaltigen Ernst dieser Worte und der menschlichen VerAntwortung ihnen gegenüber. Möchte keiner der lieben Leser es damit leicht nehmen, auch nicht mit der uns in Antwort B ans Herz gelegten christlichen Entschiedenheit! Wieviel Halbheit ist noch auch unter Gottes Volk, sowohl gegenüber der Lehre der Schrift als auch in dem aus ihr folgenden praktischen Leben! Ja, möchten wir Gnade nehmen aus der Fülle (Hebr. 12,28), um ganze Menschen zu sein, los von der Welt und ihrem Wesen, in moralischer wie auch religiöser Hinsicht, und völlig auf Christi Seite, gehorsam Seinem heiligen Worte, da zu sein für Ihn! (Röm. 12,1.2; 2.Kor. 6,14-18.) Es mag befremdlich erscheinen, daß der Heilige Geist hier gleichsam auffordert: „Wer Unrecht tut, tue es weiterhin!“ Aber man kann diese scheinbare Aufforderung auch etwa so auffassen, wie wenn damit dasselbe gesagt werde, was ein Lehrer etwa einem Tunichtgut sagt: „Mach nur so fort, du wirst schon sehen, was aus dir wird; du handelst auf deine eigene VerAntwortung, ich habe dich gewarnt, nun siehe du zu!“ Sagten so ähnlich, wenn auch in ganz anderer Gesinnung, nicht einst auch die Hohenpriester zu Judas, als er seinen Verrat an dem HErrn vor ihnen als Sünde bekannte?! (Matth. 27,4.) - Ja, siehe wohl zu, was du tust! Der gewarnt ist durch den dem Verse 11 vorangehenden 10. Vers, der handelt auf eigene VerAntwortung und Gefahr, wenn er nicht beizeiten Buße tut! Und der Gerechte, der Heilige? Er fahre nur so fort in Gerechtigkeit und Heiligkeit, auch er wird sehen, daß Gott ein Vergelter, ja, ein Belohner ist (Hebr. 11,6) - gelobt sei Er hierfür! -, und daß Sein Wort von V. 7.10 u. 12 wahr ist. Kurz zusammengefaßt sagt uns die Stelle also etwa folgendes: „Der Unrechttuer offenbare seinen Charakter, offenbare das, was er ist, und ebenso auch der Heilige! Jeder soll zeigen und wird sehen, was er ist im Lichte des kommenden Richters und des Lohnes!“ Hierzu lese man noch die ernsten, aber auch köstlichen Worte aus 2. Tim. 3,13ff.! – Der HErr gebe uns Gnade, allezeit zu sein und zu bleiben in Seinem Wort!

Geleitsworte an den Leser:

„Ihr seid das Salz der Erde ...“

Ihr seid das Licht der Welt; eine Stadt, die oben auf dem Berge liegt, kann nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter einen Scheffel, sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen, die im Hause sind.“ „Er konnte nicht verborgen sein!“ Matth. 5,13-15; Mark. 7,24c.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 38

Ist Matth. 5,42 als ein bindendes Gebot für uns anzusehen, und welche Umstände sind bei Durchführung desselben zu beachten, damit man nicht sündiger Verwendung des event. gegebenen Geldes Vorschub leistet? - In welcher Beziehung steht dieses Gebot zum alttestamentlichen Gesetz?

Antwort A

Klar ist, daß dieses Wort, wie jedes Gotteswort, für uns ein unbedingt bindendes ist, das im Zusammenhang mit der ganzen Bergpredigt wie mit allen Stellen, die vom Geben reden, unsere vollste Beachtung verdient.

Welche Umstände bei der Durchführung zu beachten sind? Soweit ich Klarheit habe, gilt auch hier der Satz: „Eine aus der Schrift herausgenommene Wahrheit ist nicht die Wahrheit, sondern erst alle auf den betreffenden Gegenstand bezüglichen Schriftworte zusammengenommen und in Beziehung zueinander erklärt ergeben die Gesamtwahrheit.“ Also es kommt zu mir ein Menschenkind, von dem ich weiß, daß es nicht arbeiten will, und bittet mich um Geld. Da denke ich an das Wort: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen!“ (2. Thess. 3,10.) Ich ermahne den Mann ernstlich und gebe nichts. Oder es kommt jemand in unverschuldeter Not zu mir, und ich habe nur gerade noch, was ich unbedingt für meine Familie benötige. Da denke ich an das Wort: „Wer seine Hausgenossen nicht versorgt ...!“ (1. Tim. 5,8) und gebe nichts. Kommt aber jemand, der unverschuldet in Not ist oder es mir zu sein scheint, und ich habe in der „Gabenkasse“, dann gebe ich eben. Wird die Gabe trotzdem mißbraucht, so ist es nicht meine Schuld.

Übrigens noch ein Wort der eigensten, oftmaligsten Erfahrung! So oft ich auch in allerlei Nöte kam, so bin ich doch nie zu Menschen bitten gegangen. Gottes Kinder sollen bedenken: „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet“ (Luk. 12,22-30.31!) und sollen, dürfen Ihn bitten, der da gibt „über Bitten und Verstehen“!

Antwort B

Bei der vor uns liegenden Frage ist es zunächst von Bedeutung, daß wir die Person unseres Herrn Jesu unserem Auge näher rücken und hier insbesondere auf Sein Wirken achten.

Auch bei diesem Wort, das der Bergpredigt entnommen ist, finden wir, wie unser Herr Jesus Seiner großen Zuhörerschar des Gesetzes Erfüllung vorstellte. Wir wissen aus Matth. 5,17, daß Er nicht gekommen war, das Gesetz aufzulösen, sondern es vollkommen, d.h. ganz zu erfüllen. Er aber, der da sagt: „Ein neu Gebot gebe Ich euch, daß ihr euch untereinander liebet, wie Ich euch geliebet habe“ (Joh. 13,34), wird nie im Rahmen des dem Volke Israel im 2. Buch Mose gegebenen

Polizeigesetzes die Vollendung des Gesetzes bringen. In 2. Mose 21,24 und 3. Mose 24,19.20 wird uns des Gesetzes Lauf im Alten Bunde vor Augen geführt. Hier setzt der Herr Jesus im 38. Verse unseres Kapitels ein: „Ihr habt gehört, daß da gesagt ist: Auge um Auge usw., Ich aber sage euch, daß ihr nicht widerstreben sollt dem Übel usf.“ Es liegt dem Herrn Jesu daran, daß die Seinen sich nicht unter das Mosaische Gesetz stellen, sondern über dasselbe. Überdenken wir, wenn Er sagt in Luk. 6,32: „Und so ihr liebt, die euch lieben, was für Dank habt ihr davon? Denn die Sünder lieben auch ihre Liebhaber.“

Wie daher schon angedeutet, der HErr, der Erfüller des Gesetzes, lehnt an das Gesetz des Alten Bundes an. In 2. Mose 22,24 und 3. Mose 25,35ff. und ferner 5. Mose 15,7 wird bereits auf die Unterstützung der verarmten, hilfsbedürftigen Brüder hingewiesen. Jetzt jedoch sagt uns der Heiland Matth. 5,42: „Gib dem, der dich bittet“ usw.

Unsere Frage geht nun dahin, inwieweit dieses Gebot zu beachten ist, und wenn ich recht sehe, liegt dem Fragesteller daran, zu erfahren, ob dieses Wort für unser alltägliches Leben in seinem ganzen Umfange anzuwenden sei.

Ich will versuchen, soviel der HErr Gnade gegeben hat, meine Gedanken darüber zu äußern.

In Luk. 6,33 und 34 finden wir eigentlich noch eine Verschärfung des vor uns liegenden Wortes: „Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut“ usw. und Vers 35 sagt uns: „Tut wohl und leihet, ohne etwas dafür zu erhoffen, und euer Lohn wird groß sein und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein.“ (Eigentlich wird uns hier der Lohn der Gerechten gezeigt, doch kommt das hier nicht in Betracht.)

Wir sollen und müssen als Christen uns der Bedrängten annehmen. Wir lesen in Hebr. 13,16: „Wohlzutun und mitzuteilen vergesset nicht“ usw., doch glaube ich für meine Person nicht, daß dieses Wort so von uns gehandhabt werden soll, wie es uns beim ersten Lesen erscheint. Beachten wir, wenn der HErr sagt: „So dich deine rechte Hand ärgert“ usw. Niemand würde darauf verfallen, daß hier im wirklichen Sinne von einer Entfernung eines Gliedes oder Körperteiles die Rede sein kann. So ist auch m. E. das uns zur Erklärung vorgelegte Schriftwort aufzufassen.

Unserer Pflicht den Armen und Bedrängten gegenüber sollten wir uns allezeit bewußt sein, und wir bezeichnen den als hart und gefühllos, der achtlos an dem Elend seines Nächsten vorbeigeht.

Jedoch würden wir ein solches Geben als zu Recht ansehen, wenn wir selbst bemerken, wie wenig das Dargebotene nutzbar angewendet wird, ja, wenn es sogar sündlichen Zwecken, verderblichen Trieben dient und dienen muß? Und weiter, würden wir uns an dem Buchstaben dieses Wortes festklammern, wir würden in manchen Fällen Tür und Tor zum Untergang eines Menschen öffnen, ja, wir würden dazu beitragen, daß Borgen vielen eine liebe Lust würde und ihnen so Vorschub geleistet würde zu einem Leben, bei dem wir uns als Christen nur bitterste Vorwürfe machen müßten, Helferdienste getan zu haben. Der Apostel Paulus schreibt den Thessalonichern: „So jemand nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen,“ und weiter lesen wir in Luk. 14,28: „Wer ist aber unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor und überschlägt die Kosten, ob er's habe hinauszuführen?“ Wir können nie blindlings drauflosleben, und es würde Sünde sein, würden wir dazu unsere Hand bieten.

Ich denke, daß wir hier unterscheiden müssen zwischen solchen Fällen, in denen Bitten und Borgen nur die Unüberlegtheit zutage treten läßt, und solchen, bei denen es seinen Ursprung in wirklicher,

nur die Unüberlegtheit zutage treten läßt, und solchen, bei denen es seinen Ursprung in wirklicher, dringlicher, unverschuldeter Not hat. In solchen Fällen sollen wir mit Freuden geben und an dem Wort des HErrn Luk. 6,35 festhalten. Eigene Not entbindet uns gewiß von der Linderung anderer Not. Aber in allen Dingen ist es wichtig, daß wir des HErrn Wort beachten und uns von Seinem Geist regieren lassen. Er wird uns jeweils den für uns richtigen Weg bezeichnen. Wie mancher Bruder, manche Schwester, mancher Freund leidet Not; tiefe Trübsal hat ihn auf diese Straße gebracht, und wir achten sein nicht, ja, wir fürchten uns vor seiner Bitte! „Gib dem, der dich bittet, und wende dich nicht (lieblos) von dem, der dir abborgen will!“

O. G.

Antwort C

Wir haben es hier mit einem einzelnen Gebot zu tun, welches im Zusammenhang der sogenannten Bergpredigt steht. Diese enthält nun noch eine Reihe anderer Gebote, die natürlich denselben Wert haben wie das in Vers 42 genannte. Ist das eine Gebot für uns bindend, so sind sie es alle. Wir müssen also zunächst die Frage stellen: Welche Bedeutung hat die Bergpredigt? Ist es eine Auslegung des Gesetzes, welche für die Gläubigen bestimmt ist?

Die Bergpredigt ist die Botschaft des Messias-Königs vom Königreich der Himmel; man kann sie das „Staatsgrundgesetz des Königreichs der Himmel“ nennen. Sie enthält nicht das Evangelium der Gnade, den Weg der Errettung, die Vorrechte und Segnungen wahren Christentums. Wenn jemand lehrt, daß die Bergpredigt das Evangelium ist, so weiß er nicht, was das Evangelium ist. Es gibt drei falsche Anwendungen dieser Rede des Herrn Jesu.

1. Die Anwendung auf die Ungeretteten, als wenn in dieser Predigt der Weg zur Gerechtigkeit gezeigt werde, die der Mensch durch eigene Anstrengung erreichen könnte. Der HErr spricht von Geretteten, von Jüngern. Er zeigt in den Seligpreisungen den Charakter derer, welche als Erben in das Königreich eintreten. Nur die Gnade kann solche Charaktere hervorbringen, durch den Glauben an den Sohn Gottes. In dem Maße, wie die große Heilslehre von der Errettung durch den Glauben an Jesum Christum von der Namenchristenheit aufgegeben wurde, ist die falsche Anwendung dieser „Predigt“ in allgemeinen Gebrauch gekommen. Man spricht nicht mehr von dem verlorenen und hilflosen Zustand des Menschen, von der Notwendigkeit der Wiedergeburt und der Gnadengabe des ewigen Lebens. An Stelle des wahren Evangeliums ist die Moralpredigt getreten, und die Bergpredigt wird als Grundlage dazu benutzt; durch diese falsche Anwendung wird sie als ein falsches Evangelium mißbraucht.

2. Die zweite falsche Anwendung ist die, die Bergpredigt nur auf die gläubige Gemeinde zu beziehen. Die Grundgesetze der Gemeinde finden wir in den Briefen des Apostels Paulus, welchem die ganze Offenbarung über die Gemeinde anvertraut war.

3. Die dritte falsche Anwendung ist die, die Bergpredigt als absolut jüdisch hinzustellen, als wenn sie entweder nur den damaligen Juden gelte oder dem zukünftigen gläubigen Überrest Israels. Manche Christen weigern sich, diese Kapitel als eine Botschaft für alle anzusehen. Das ist das andere Extrem und gleichfalls falsch.

Wir wiederholen, die Bergpredigt ist die Botschaft des Königs von seinem Königreich. Dies Königreich

ist nicht die Gemeinde, noch ist es ein Zustand der Gerechtigkeit auf Erden, der durch die Tätigkeit der Gemeinde hervorgerufen wird. Es ist das Königreich, welches der König in dem kommenden Zeitalter errichten wird. Während wir im Gesetz des Alten Bundes die äußerlichen Ordnungen des Königreichs finden, offenbart der HErr in der Bergpredigt die inneren Grundsätze des Himmelreichs. Wenn der Herr Jesus wiederkommt, werden die Verheißungen, welche im Gesetz und den Propheten vom Königreich enthalten sind, wörtlich erfüllt werden; es wird ein Königreich der Gerechtigkeit sein, aus lauter Gerechten bestehend, die dem in der Bergpredigt gezeigten Maßstab entsprechen. Jedoch schließt dies keineswegs die Anwendung auf uns aus, die wir als Miterben Christi auch Miterben des Königreichs sind (Röm. 8,17). - Zwar handelt es sich in der Bergpredigt um eine dem Gesetz nach göttlicher Auffassung entsprechende Gerechtigkeit. Der Gesetzgeber redet hier zu Seinem Volke, bestätigt das Gesetz, erklärt und ergänzt es. Wir befinden uns also hier auf jüdischem Boden. Diejenigen dagegen, welche an Jesum Christum glauben, haben mit dem Gesetz nichts zu tun. Sie sind nicht unter Gesetz (Röm. 6,14); sie sind dem Gesetz gestorben (Röm. 7,4; Gal. 2,19); sie sind nicht mehr unter dem Zuchtmeister (Gal. 3,25). Aber sie sind darum nicht gesetzlos (1. Kor. 9,21), sie sind vielmehr in dem Gesetz Christi, d. h. an Ihn in unbedingtem Gehorsam gebunden. Weil Er in ihnen lebt und sie durch Seinen Geist leitet, erfüllen sie das Gesetz, ohne dem Gesetz unterworfen zu sein. Denn Christus ist des Gesetzes Ende (Röm. 10,4), jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit. Das bedeutet nicht: das Gesetz ist durch Ihn abgeschafft worden, weil es seinen Zweck nicht erfüllte, sondern: in Ihm hat das Gesetz sein Ziel und seine Erfüllung und darum sein Ende gefunden. Er war nicht gekommen, das Gesetz oder die Propheten aufzuheben, sondern sie zu erfüllen, d. h. sie voll zu machen, zu verwirklichen. Das Gesetz war ein Schatten Christi (Kol. 2,17; Hebr. 10,1), in Seiner Person aber haben wir den Körper selbst; da ist der Schatten überflüssig. Wenn ich von einer geliebten Person eine Photographie oder ein Schattenbild habe, werde ich mich daran erfreuen, solange ich von der Person selbst getrennt bin, wenn ich sie aber bei mir habe, werde ich sie selbst ansehen, nicht mehr das Schattenbild. Nach den Worten Jesu Matth. 5,17.18 soll das Gesetz in seinem ganzen Umfange, in allen seinen Bestimmungen bis zum kleinsten Buchstaben immer in Geltung bleiben, immer getan werden. Das ist nur verständlich, wenn der HErr meinte, in Ihm sei das ganze Gesetz in seiner wahren Absicht enthalten, vollendet, verwirklicht, erfüllt, wie in der Person eines Menschen sein Schattenbild enthalten, vollendet, erfüllt und verwirklicht ist. So sehen wir auch in der Tat an Christo in Seiner Erniedrigung alle die Dinge erfüllt, die Er in der Bergpredigt fordert. Wenn nun Christus durch den Glauben in mir ist, so werde ich denselben Charakter offenbaren wie Er. Er selbst ist dann in mir die Erfüllung des Gesetzes. Er lehrt mich dann so handeln, wie Er gehandelt hat und in jedem einzelnen Fall handeln würde. Die Bergpredigt und viele andere Worte, Gebote und Handlungen Jesu, wie überhaupt das Vorbild Seiner Person, geben uns eine Anleitung für unser Verhalten. Wir lernen daraus Seine Gesinnung. Je mehr wir Ihn als lernbegierige Schüler anschauen, werden wir durch Seinen Geist in Sein Bild umgestaltet (2. Kor. 3,18). Da empfangen wir auch Weisheit in der Erfüllung Seiner Gebote, wie z. B. Matth. 5,42. Wir können dann unter Umständen auch eine Bitte abschlagen, wenn die Liebe es erfordert. Aber die ängstliche, engherzige Selbstsucht wird nicht mehr mitzusprechen haben, sondern nur die Liebe. Ach, wieviel haben wir da noch zu lernen! Wie nötig haben wir solche Ermahnungen, wie Luk. 6,30-36; 12,14; 2. Kor. 9,6-15; Gal. 6, 9.10; 1. Tim. 6,17-19; Hebr. 13,16; Jak. 2,15.16; 1. Joh. 3,16-18! Wenn wir diese Stellen lesen, wie werden wir da beschämt, gedemütigt (aber nicht verdammt, wie wenn wir unter Gesetz ständen!)! Wie klein und eng und kühl ist unsere Liebe! Wie weit, wie großzügig, wie selbstlos, wie überströmend die Liebe unseres HErrn! Er will sie in uns und durch uns offenbaren, damit Er an uns gesehen werde. Dann fragen wir nicht mehr: Muß ich das? Wie weit darf oder muß ich gehen? - dann

gesehen werde. Dann fragen wir nicht mehr: Muß ich das? Wie weit darf oder muß ich gehen? - dann dringt uns Seine Liebe, vielleicht auch zu viel zu tun - besser, als zu wenig! Wenn's nur Ihm geschieht! Sind wir aber ganz in Seiner Hand, dann bewahrt Er uns auch vor verkehrtem Geben, vor verkehrtem Dienst usw. Wir werden dann in unserem Tun und Lassen mehr und mehr ein Segen für andere. Chr. K.

Antwort D

Beim Lesen der „Bergpredigt“ haben wir das Empfinden, daß es so recht Christi Geist ist, der in allem zum Ausdruck kommt. Dieser Geist sollte allezeit in uns, den Seinen, herrschen. Somit sollten wir auch im Geiste der genannten Schriftstelle handeln: „Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will.“ Damit ist aber nicht gesagt, daß wir dieses Gebot immer buchstäblich ausführen müßten, da wir vor allem das wahre Wohl des anderen im Auge haben sollten und dieses nicht gerade immer darin besteht, daß wir ihm geben und borgen, so wie er will. Die Fälle sind in dieser Beziehung sehr verschieden. Wenn ich weiß, der Mann vertrinkt das ihm gegebene Geld nur, oder die Frau borgt nur, um Näschereien und Putz kaufen zu können, oder ein anderer will von mir nur haben, um sein liederliches Leben fortsetzen zu können - kann ich dann einfach geben und leihen? Nein! Oder jemand will von mir Geld leihen zu einer Sache, die ich nicht gutheißen kann - kann ich da seiner Bitte willfahren? Nein! So kann es mancherlei Fälle geben, wo ein einfaches Erfüllen der Bitte nicht zum Wohle des Bittenden und daher nicht nach dem Willen Gottes wäre. - Auch können wir nicht mehr geben oder leihen, als wozu wir nach unseren Verhältnissen imstande sind. Wir sollen nicht anderen geben oder leihen, wenn wir dann selbst wieder uns unterstützen lassen müssen oder von anderen leihen müssen, um unseren eigenen Verpflichtungen nachkommen zu können. Es kann hierin wohl Ausnahmen geben unter besonderen Umständen, in der Regel aber darf es nicht so sein, denn das Wort sagt uns: „Seid niemandem irgend etwas schuldig“ (Röm. 13,8) und: „Wir ermahnen euch aber ..., auf daß ihr ehrbarlich wandelt gegen die, welche draußen sind, und niemandes bedürfet“ (1. Thess. 4,10b-12). „Denn wenn die Geneigtheit vorliegt, so ist einer annehmlich nach dem er hat, und nicht nach dem er nicht hat“ (2. Kor. 8,12).

Wir sehen, daß es in unserem Leben Fälle und Verhältnisse gibt, die eine buchstäbliche Ausführung jenes Gebots ausschließen, wiewohl der in demselben enthaltene göttliche Grundsatz allezeit gültig ist. Was wir in den verschiedenen Fällen und Verhältnissen zu tun haben kann hier nicht vorgeschrieben werden, aber Gott hat uns Seinen Geist gegeben, um uns zu leiten, in wahrer Liebe und in Weisheit von oben zu handeln.

Das ist unsere Seite. Es wird aber auch noch die Zeit kommen, wo die buchstäbliche Ausführung jenes Gebotes am Platze und nach Gottes Willen sein wird. Das ist die Zeit der großen Drangsal nach der Entrückung der Versammlung oder Gemeinde des HErrn, wo das Kommen des Messias zur Errettung und die Aufrichtung Seines Reiches die Hoffnung des gläubigen Überrestes sein wird. Dann werden die mancherlei Umstände, die jetzt unserer Aufgabe gemäß für uns von Gewicht sind, nicht mehr in Frage kommen; im Blick auf die unmittelbar bevorstehende Einführung des Reiches und somit eines völlig neuen Zustandes auf dieser Erde kann dann der letzte Pfennig und das letzte Stück dahingegen werden ohne eine Frage danach, was der andere damit tut und wie es weiter gehen wird. Diese Zeit ist aber nicht jetzt, sondern für uns gilt es, unsere Aufgabe verstehend, dieser

entsprechend auch im Geben und Leihen zu handeln, mit geistlichem Verständnis, in Liebe und Weisheit.

Die Beziehung des vorstehend besprochenen Gebotes zu dem alttestamentlichen Gesetz ergibt sich aus V. 17 und V. 38 und den Worten: „Ich aber sage euch“ V. 39 desselben Kapitels.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Diese sich schön ergänzenden Antworten geben über den Gegenstand viel Licht.

Nur noch einige Bemerkungen! Es kommt, soweit wir sehen, in der fraglichen Stelle, wie in Luk. 6,30, dem Zusammenhang nach nicht in erster Linie auf das Geben selbst an, sondern auf die Gesinnung, in der man den Menschen begegnet, mögen sie was auch immer von uns wollen. Es handelt sich um unsere innere Stellung, aus welcher Werke folgen sollen, die unseres Meisters würdig sind (vergl. Phil. 2,5!). „Weise nicht ab!“ zeigt, daß wir dem Bittenden oder Borgenden nicht in Schroffheit, Kälte, Härte, wie die Welt, sondern in Freundlichkeit, Milde, ja, in verstehender Liebe zu begegnen haben (vergl. Phil. 4,5!), auch abgesehen davon, ob es uns möglich oder recht erscheint, den Bitten zu willfahren. - Und es ist nicht gesagt, daß wir unter allen Umständen das geben sollen, was erbeten wird, aber unbedingt sollen wir geben! Was? In jedem Fall eben Liebe, der Bittende soll unsere ihm geneigte Gesinnung spüren, auch wenn wir ihm die Erfüllung seiner Bitte abschlagen müssen. Wir sollen den Bittenden keineswegs stets gerade das geben, was sie wünschen, wenn wir auch imstande dazu sind. Was wir im einzelnen Fall zu geben haben, wird uns der HErr durch Seinen Geist auf Grund Seines Wortes zeigen (Jak. 1,5), aber wie wir geben sollen, das zeigt uns unsere Stelle im Rahmen der ganzen „Bergpredigt“: im Geist und Sinn Dessen, der des Gesetzes Erfüller ist, im Geiste der Liebe Christi!- Für das „Was“ können wir aus Apgsch. 3,1-8 lernen, manchmal wie Gott, Größeres zu geben, als der Bitte entspricht (natürlich in den uns angewiesenen Grenzen)! - Andererseits sollte uns Luk. 11,9-11 lehren, daß wir, wenn irgend möglich, keinen hungernden Bettler ohne Brot lassen dürfen (vergl Jes. 58,7!); doch vergessen wir auch nicht, ihm das uns zum Weitergeben anvertraute Lebensbrot (vergl. u. a. Mark. 8,6 geistlich verstanden) darzubieten! - In bezug auf das „Wie“ des Matth. 5,42 entsprechenden Gebens, also im Geiste der Gesinnung Christi, weisen wir noch hin auf 1. Kor. 13,3ff. und 2. Kor. 9,7; dazu auf Matth. 6,1-4!

Frage 39

Wie soll sich eine bekehrte Frau zu ihrem unbekehrten Manne verhalten? (Vgl. 1. Petr. 3,1ff.) Vor allem, soll sie ihm von ihrer Bekehrung sprechen oder sie nur durch den Wandel zeigen?

Antwort A

Eine bekehrte Frau wird nach Gottes Wort ihrem Manne wirklich in allen Stücken untertan sein. Nur wenn der Mann eine offenbare Sünde verlangt, hört, wie in allen menschlichen Verhältnissen (zu Eltern, zu Vorgesetzten, zur Obrigkeit), das Untertansein auf. Ich würde aber besonders neubekehrten Frauen dringend raten, in gewissen Fällen sich bei älteren verheirateten Schwestern oder Brüdern Rat zu holen.

oder Brüdern Rat zu holen.

Was das Bekennen mit dem Munde anbelangt, so ist Röm. 10,9 u. a. zu beachten, was klar zeigt, daß ein Bekennen unbedingt nötig ist. Ob es gleich am ersten Tage zu geschehen hat oder zur Stunde, von der es heißt „es begab sich“, das wird in den verschiedenen Verhältnissen verschieden sein.

Übrigens glaube ich, daß Petrus hier nur gegen die fortwährende, aufdringliche und ungeistliche Art mancher lb. Frauen sich wendet, die das Christentum jederzeit im Munde führen, während ihr Leben gegen sie zeugt. Ich las von einem Schauspieler, der mit dem Munde sagte: „Oben im Himmel“ und die Hand und den Blick verkehrterweise nach unten auf die Erde gerichtet hatte! - Einer rechten bekehrten Frau Wandel wird „oben im Himmel“ sein - und dann darf und soll das Bekenntnis zur rechten Zeit und in der rechten geistlichen Art folgen!

K.. E.

Antwort B

Als Antwort Genügen schon die Anweisungen des Apostels Petrus: 1. Petri 3,1-6.

1. Ob eine bekehrte Frau von ihrer Bekehrung ihrem Manne Mitteilung machen soll, ist unbedingt mit Ja zu beAntworten. Nur die Art und Weise, in welcher dies geschieht, wird hier in Frage kommen, und der Zeitpunkt.

2. Ist eine Frau vor ihrer Verheiratung bekehrt gewesen und hat nicht von Anfang an Farbe bekannt und mit ihrer Handlung schon gezeigt, daß sie den klaren Worten des HErrn nicht folgt (vgl.5. Mose 7,3.4; 2. Kor. 6,14-18), so wird auch ihr Zeugnis nichts wirken, denn der Mann weiß doch, daß sie es mit Gottes Willen nicht ernst nimmt. Als eine Frau ihrem Manne von ihrem Verhältnis zu Christo erzählte, fragte er sie, ob sie das schon bei ihrer Verlobung gewußt habe. Als sie das bejahte, sprach er: So, nun will ich von deiner ganzen Frömmigkeit nichts mehr wissen,“ und jeder christliche Einfluß war für immer vorbei. Manche meinen sogar, auf Wegen der Untreue gegen den HErrn könnten sie die Männer (oder umgekehrt die Frauen) zur Treue für den HErrn gewinnen. Da fehlt es also schon von vornherein an dem Wandel, durch den die Männer gewonnen werden sollen.

3. Kommt aber eine Frau während ihres Ehestandes zur Bekehrung, so liegt es nahe, daß sie die Freude ihres Herzens mit ihrem Manne teilt. Da kommt es aber viel auf die Art und Weise an, wie das geschieht. Eine vom Geiste Gottes geleitete Frau wird am besten herausfinden, wie sie dem Herzen ihres Mannes nahe kommen kann. Manche lassen sich etwas sagen, manche aber nicht. Und wenn die Frau als der untergeordnete Teil ihre Untertänigkeit bis zur Kopfbedeckung („Macht“, 1. Kor. 11,5.6.10) nicht bewahrt, so werden ihre Worte oft geradeso wirken wie die Predigt eines Knechtes an seinen Herrn. Eine Frau, die ihren Mann versteht, weiß also auch, wann sie reden kann und schweigen muß. Der Wandel aber muß die Worte bestätigen, sonst geht es, wie ein Mann zu seiner Frau sagte, als sie ihm mitteilte, sie sei jetzt bekehrt: „Das werde ich an meinen Kleidern sehen.“

Ein hierzu passendes Beispiel; Eine Anzahl Jäger saßen wie gewöhnlich nach ihrem Jagdvergnügen bis nach Mitternacht im Wirtshause. Ihr Gespräch kam nun auch auf den Empfang, den sie jetzt in betrunkenem Zustande von ihren Frauen zu erwarten hätten, und einer wie der andere schilderten die Szenen, die es geben werde. Nur einer unter ihnen sagte, er möge nach Hause kommen wie er wolle, seine Frau empfange ihn stets mit großer Freundlichkeit und erfülle ihm jeden Wunsch, den er

wolle, seine Frau empfange ihn stets mit großer Freundlichkeit und erfülle ihm jeden Wunsch, den er habe, und wenn er noch eine Mahlzeit verlange, so geschehe das in derselben liebevollen Weise. Die Herren wollten das nicht glauben, darauf lud er sie ein, mitzukommen, und sie sagten, neugierig geworden, zu. So kam die ganze Gesellschaft, und ziemlich roh wurde die Frau aus dem Bette gerufen. Nach kurzer Zeit erschien sie und begrüßte ihren Mann und die Gäste ganz liebevoll. Er verlangte dann für sie alle einen guten Tee. Mit größter Freundlichkeit wurden sie ins Zimmer geführt und trotz ihrer Unsauberkeit sehr zuvorkommend behandelt. - Als die Mahlzeit verbunden mit absichtlicher Ausgelassenheit vorüber war und die Frau in ihrer Freundlichkeit immer gleich blieb, konnten sie sich nicht mehr enthalten zu fragen: „Frau, wie können Sie das fertig bringen?“ und erzählten die Ursache ihres Besuchs. Die Frau Antwortete, sie sei ein Kind Gottes und habe die gewisse Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit und Seligkeit nach diesem kurzen Erdenleben, ihr Mann aber sei unbekehrt, und wenn er sterbe, habe er nichts anderes zu erwarten als ewige Qual. Darum wolle sie, weil sie ihn lieb habe, ihm das kurze Leben hier so angenehm machen wie möglich, daß er doch wenigstens etwas Gutes in seinem Leben habe. - Diese Worte, von der Tat unterstützt, verfehlten ihre Wirkung nicht. Nie wieder wurde sie so auf die Probe gestellt.

Das vermag die Gnade Gottes durch die Bekehrung eines Sünders zu Jesu. Dies ist auch die beste Erläuterung zu obiger Frage. Es ließe sich ja sehr viel über diesen Gegenstand schreiben, aber die Antworten sollen kurz sein.

F. Th. H.

Anmerkung des Herausgebers

Letztere auch uns bekannte Geschichte, die auf Tatsachen beruht, zeigt, was es ist um ein Bekenntnis zur rechten Zeit, nämlich in Verbindung mit einem lebendigen Beweis für seine Echtheit. Wir kennen noch mehrere ähnliche Geschichten, besonders aus Trinkerfamilien. Jede Schwester, deren Mann noch „dem Glauben ungehorsam ist“, kann die Zahl dieser wunderbaren Geschichten um eine neue bereichern, denn Gottes Wort bleibt wahr!

1. Petri 3,1ff. haben wir solchen Schwestern oft schon als die herrlichste Verheißung geben dürfen für die schließliche Bekehrung ihres geliebten Mannes. Und nachdem oben und in vorstehenden Antworten auch das mündliche Bekenntnis zu seinem gottgewollten Recht gekommen ist, möchten wir jetzt vor allem den Nachdruck auf den Wandel legen, wie es in unserer Stelle geschieht. Es ist des Weibes Beruf, in der Stille zu wirken, im Hause tätig zu sein (nicht außerhalb, dies nur in göttlich bestimmten Ausnahmefällen, vergl. Röm. 16, und wenn keine häuslichen Geschäfte vorhanden sind!), Titus 2,3-5! u. a., und wenn die gläubige Ehefrau hierin und in der Unterordnung unter den Mann (Eph. 5,22-24 u. a.) treu ist, so wird sie ihrem Mann im wahrsten Sinne des Wortes eine „Gehilfin“ sein und nach seiner Bekehrung noch mehr werden können, so daß er auch dann dem Worte immer besser gehorchen lernt. Manche teuren Schwestern möchten viel draußen tun, halten womöglich den Ehestand für ein Hindernis ihrer christlichen Stellung (!) und bedenken nicht, zu welch hohem Beruf Gott sie berufen. Wenn sie aber, was für das weibliche Geschlecht ohnehin gänzlich schriftwidrig ist, öffentlich redend oder lehrend auftreten, oft noch sogar in gemischter Versammlung, so werden sie, selbst wenn Gott in Seiner unumschränkten Gnade den Hörenden Segen zuteil werden ließe, doch als solche, die ihren Beruf verfehlt haben, in der Ewigkeit viel einbüßen an Lohn für die Treue (vergl. Frage 27 und zu dem Ganzen auch Band l [1913], Frage 38, und Band lI [1914], Frage

54!; siehe dazu noch 1. Kor. 4,2 und Röm. 12,2!), da sie ihren Männern (und Kindern) nicht waren noch sein konnten, was sie ihnen sein sollten. Gott läßt Sein Wort nicht ungestraft übertreten. Wozu gab Er es denn?! So herrlich die Verheißung in unserer Stelle - so ernst ist es, dieses und andere Worte, die von der Stellung des weiblichen Geschlechtes reden (z. B. 1. Tim. 2,8ff. und 1. Kor. 14,34-36) zu mißachten und in Eigenwilligkeit des Fleisches Wege zu gehen, Dinge zu tun, die Gott dem Weibe nicht zugeteilt hat. Das Weib hat ihre eigene Herrlichkeit bekommen und einen köstlichen Schmuck (Vers 4; Vers 3 zeigt den äußeren Schmuck, der nicht etwa durch diese Stelle verboten wird, sondern nur dem gegenübergestellt wird, was der wahre Schmuck des Weibes sein soll und ist!). Des Weibes treuer, sanftmütiger und liebevoller Wandel „ohne Wort“ und jener innere lautere Herzensschmuck werden nach Gottes Willen Großes wirken in dem Wirkungskreise, den Gott ihr bestimmt hat: in der Familie und dem Manne gegenüber, damit er werden kann, was er zu Gottes Ehre sein soll. - Das sagt uns 1. Petri 3,1ff.

 

Frage 40

Was für Menschen sind im Zusammenhang des Gleichnisses von dem Weinstock und den Reben (Joh. 15,1-8) in Vers 6 gemeint?

Antwort A

Wenn wir Ps. 80,8-14 oder Jes. 5,1-7 lesen, werden wir finden, daß ursprünglich das Volk Israel Gottes Weinstock auf Erden war. Aber dieser Weinstock brachte trotz aller Pflege keine Frucht und wurde deshalb beiseite gesetzt. Ps. 80,8 und Matth. 2,15 zeigen uns den Sohn Gottes als den wahren Weinstock. Wir kennen ihn als ein Vorbild vom HErrn in Seinen Beziehungen zu den Jüngern hienieden, denn im Himmel wird es keinen Weinstock, kein Pflanzen und kein Beschneiden mehr geben. Wir ersehen also daraus, daß der Weinstock mit den Reben kein Bild von dem Herrn Jesus in Seiner ewigen Verbindung mit den Wiedergeborenen ist, sondern ein Bild von denen, die Seinen Namen bekennen, ob wiedergeboren oder nicht. Der Vater ist der Weingärtner, und als solcher ist Er das ganze Jahr um den Weinberg bemüht. Wir sehen an den Jüngern, wie der HErr sie gepflegt und mit ihnen gehandelt hat; als Beispiel finden wir einen Judas und solche, die wieder zurückgingen (Joh. 6,66); diese waren unfruchtbare Reben, sie wurden weggenommen und verdorrten (V. 2 und 6). Andere wieder, wie z. B. einen Petrus, nahm Er in Seine Zucht, d. h. Er reinigte sie. In unserer gegenwärtigen Zeit paßt das Bild vom Weinstock und den Reben auf die bekennende Christenheit. Alle Bekenner sind Reben, und der Vater sucht Frucht, nur mit dem Unterschied, daß nicht das Bekenntnis, sondern nur das Leben aus Gott und die bleibende Verbindung mit dem HErrn Frucht bewirken kann. Es handelt sich also auf der einen Seite um solche, die in Treue mit dem HErrn vorangehen und in Lebensgemeinschaft mit Ihm stehen, und auf der anderen Seite finden wir solche, die ein Bekenntnis oder den Namen, daß sie leben, haben, aber tot sind. Auf letztere ist der 6. Vers in unserem Abschnitt anzuwenden.

Ph. W.

Antwort B

Die Belehrung über den Weinstock Joh. 15 steht in Beziehung zu dem irdischen Teil Jesu, was Er auf Erden gewesen ist in Beziehung zu Seinen Jüngern zunächst, als auch zu dem damaligen Überrest in

Erden gewesen ist in Beziehung zu Seinen Jüngern zunächst, als auch zu dem damaligen Überrest in Israel, der Sein Wort hörte; nochmals bemerkt: als auf Erden betrachtet. (Vergl. Ps. 80,8 und Matth. 2,15!)

Jesus stellt Sich in Kapitel 15,1 zunächst Seinen Jüngern sowie dem ganzen damaligen Überrest in Israel dar mit den Worten: „Ich bin der wahre Weinstock“; es handelt sich also hier nicht darum, was Er im Himmel sein wird, sondern darum, was Er nach diesem Gleichnis auf der Erde war, denn im Himmel gibt es keinen Weinstock und wird nicht gereinigt. Jesus steht hier an Stelle Israels, gleichsam ist Er, was Israel hatte sein sollen, auch den Nationen gegenüber. Diejenigen nun von Israel, die Sein Wort hörten, in ihr Herz aufnahmen und Ihm nachfolgten, waren, bildlich genommen, Reben an Ihm und bedurften des Reinigens und der Pflege. Zu Seinen Jüngern sagte der HErr: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben, ihr seid schon rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe.“ Er betrachtete sie schon als wirkliche Reben an Ihm, sie hatten Sein Wort gehört, geglaubt, wie Petrus bezeugt (Joh. 6,68.69). Dann sagt Er ihnen weiter: „Bleibet in Mir, die Rebe kann von sich selbst keine Frucht bringen, sie bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn in Mir.“ Frucht bringen für Gott ohne Jesum ist nicht möglich. Die aber bei Ihm bleiben, die sollten gereinigt werden, bildlich als Reben, d. i. durch Wort, Zucht, Erfahrung, Übung zubereitet werden, um immer mehr Frucht zu bringen.

In Vers 6 wechselt der HErr den Ausdruck, Er sagt nicht mehr „sie“, also Seine Jünger, sondern Er sagt „wenn jemand“, also irgend jemand, der Sein Wort wohl hörte, Ihm nachfolgte, aber bei dem sich keine Frucht zeigte, der würde abgeschnitten. Vielleicht müssen wir dabei an Judas, den Verräter, denken oder an manch andere, die Jesu nur eine Zeitlang nachfolgten (Matth. 8,22; vergl. 13,18-23). Jesus suchte Frucht Seines Wirkens, Er stellte durch Sein Wort die Menschen auf die Probe. Große Mengen folgten Ihm nach unter allerlei Beweggründen, jedoch viele kehrten wieder um.

Er ist heute immer noch Derselbe. Das Wort Gottes wird allerorts verkündigt, mancherorts in Beweisung des Geistes und der Kraft, Millionen bezeugen, tragen und haben ein Bekenntnis. Aber der HErr sucht Frucht, die VerAntwortlichkeit des Menschen dem Worte Gottes gegenüber ist groß, es muß sich zu irgend einer Zeit offenbaren, ob Leben aus Gott vorhanden ist; wenn nicht, so wird das, was man zu haben scheint, abgeschnitten und weggeworfen ins ewige Verderben. Luk. 8,18!

F. B.

Antwort C

Warum sagt der HErr „der wahre Weinstock“? Weil Israel der Weinstock war, den Gott aus Ägypten zog (Ps. 80.8ff.) und an dem Er Frucht suchte, aber nur Herlinge fand (Jes. 5,2-7). Als David das Gericht über den Weinstock kommen sah, da richtete er seinen Blick schon auf den Sohn des Menschen, auf den Mann zu Gottes Rechten (Ps. 80,17). Und Christus kam. Er wird der „wahre Weinstock“. In Seiner Person nimmt Israels Geschichte einen neuen Anfang: In Matth. 2 ist Er der Sohn, den Sich Gott aus Ägypten ruft, und in Matth. 4 sehen wir Ihn (und zugleich Israels Geschichte) in der Wüste, und alles, worin Israel gefehlt hatte, findet Gott in Ihm.

Dann aber werden „Seine Tage verkürzt“, Er wird hinweggenommen in der Hälfte Seiner Tage (Ps. 102,23.24). Warum? Er tritt in die Stelle des gefallenen Volkes und trägt den Fluch des gebrochenen

Gesetzes, damit Israel auf dem Grunde eines neuen Bundes wieder aufgerichtet werde und so nichts fehle an der Freude Gottes über Israel vom Anfang bis zum Ende. Das jetzt unter Gericht stehende Israel begann mit Abraham, aber das zur Segnung gelangende hat seinen Anfang mit Christus. In der Verbindung mit Christus (nicht der fleischlichen mit Abraham) liegt die Grundlage und Sicherheit nicht nur für Israels Segnung, sondern auch, daß es Gott Frucht trägt. Israels alte Geschichte war zu Ende, dort fand und sucht Gott keine Frucht mehr. Er ist jetzt der „wahre Weinstock“, der Gott die Frucht brachte. Aber wie dann, wenn Er die Welt verließ und zum Vater ging - wer brachte, wenn Er fortging, die Frucht? Welche Freude mußte es da für den HErrn sein, nicht nur zu sagen, daß Er der wahre Weinstock sei, sondern auch, daß sie die Reben seien, um die Frucht jetzt Gott zu bringen.

Die Worte des 2. Verses mußten in jedem Jünger die Frage wecken: „Was für eine Rebe bin ich?“ Und der HErr sagt zu den Elfen: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen“ usw. Als Judas noch unter ihnen war, da mußte Er sagen: „Ihr seid rein, aber nicht alle“ (Joh. 13,10.11). Sie hatten die reinigende Kraft Seines Wortes erfahren, aber Judas nicht. Und so glaube ich, daß man auf der Linie des „Weinstockes“ und Israels mit Recht von Judas und anderen (Joh. 6,66) als von solchen reden kann, die Vers 6 gemeint sind und die unter Gericht kamen. Auf die veränderte Anrede „ihr“ - „jemand“ in Vers 6 möchte ich nicht weiter eingehen.

Alles dieses redete Jesus zu den 11 Jüngern vor Seinem Tode und Auferstehen, als die Gemeinde noch nicht da war. Aber auch für uns, die Gläubigen der Jetztzeit, findet diese Stelle grundsätzlich volle Anwendung. Auch für uns ist Christus die Quelle der Frucht. Gott sucht Frucht, und zwar die Frucht, die Christus ist. Gute Werke und Frucht ist zweierlei. Gute Werke sind Taten, aber Frucht ist und zeigt, was der Weinstock (Christus) ist. Es ist die Lebenswirkung des Weinstockes in der Rebe. Frucht trägt den Charakter des Weinstockes. In der Frucht wird das, was Christus ist, sichtbar. Dies kann nicht durch eigene Kraft, sondern nur durch ungehemmte Lebensgemeinschaft mit Christo sein. Nur durch Bleiben in Ihm können wir Frucht tragen und nur durch Fruchttragen können wir Seinen Vater verherrlichen (V. 8).

Mit dieser Stelle haben manche versucht, ein Fragezeichen hinter den klaren Ausspruch des HErrn: „Meine Schafe gehen nicht verloren“ zu setzen. Man meint, weil es sich hier um eine organische Verbindung handelt und weil solche zwischen Rebe und Weinstock gelöst werden kann, so könne auch ein Glied vom Leibe Christi abgeschnitten werden; man bringt mit solchem Trugschluß „Weinstock“ und „Leib Christi“ auf eine Linie. Ist zwischen „Weinstock“ und „Leib“ kein Unterschied? Ist kein Unterschied zwischen dem Abschneiden einer Rebe und eines Gliedes? Sicher! Für den Weinstock ist es Pflege, aber für den Leib Verstümmelung.

In diese Stelle die ewige Errettung und die Gemeinde, den Leib Christi, hineintragen heißt das Wort nicht recht teilen. Der HErr gebraucht Sinnbilder, um uns gewisse, bestimmte Wahrheiten zu zeigen, deshalb dürfen wir solche auch nicht auf alles mögliche anwenden und Dinge damit verbinden, die der HErr nicht damit verbindet; Dinge, die zu jener Zeit (wie der „Leib Christi“) noch nicht einmal geoffenbart waren! Glieder am Leibe Christi und Reben am Weinstock stehen nicht auf einer Linie. Das eine spricht von der Einheit und untrennbaren Ganzheit, das andere vom Fruchttragen usw. Eine Rebe kann abgeschnitten werden, aber kein Glied vom Leibe Christi - die Vollkommenheit des Leibes wäre zerstört. In dem Weinstock ist das Bild des Volkes Gottes auf der Erde, und zwar unter VerAntwortlichkeit, aber in dem Leibe sehen wir die himmlische Verwandtschaft und gliedliche Einheit mit dem Haupte im Himmel, und zwar nach dem unwandelbaren Ratschluß Gottes. Es

handelt sich in dieser Stelle um die Jüngerschaft Jesu, um das Walten der Hand Gottes in bezug auf Fruchttragen, aber nicht um Errettung. Das, wovon der HErr hier spricht, soll auf dem Wege des Gehorsams und Bleibens in Ihm erlangt werden, aber ewiges Leben erlangen wir nicht auf solchem Wege!

Das Walten Gottes betätigt sich nicht bloß an den fruchtleeren, sondern auch an den fruchttragenden Reben (V. 2). Ich bin überzeugt, alles, wovon in dieser Stelle geredet wird, hat Bezug auf diese Erde und geht nicht darüber hinaus. Der Weinstock schon ist ein Bild in Verbindung mit der Erde. Das Fruchttragen geschieht auf der Erde. Das Reinigen geschieht auf der Erde und das Hinwegtun und Verbrennen macht keine Ausnahme, es geschieht auf der Erde. Im Himmel gibt es keine Jüngerschaft noch Fruchttragen - noch werden dort Reben gereinigt oder hinweggetan. Die Zeit und der Platz des Fruchttragens ist die Erde, und darum geschieht hier auch das Reinigen sowie das Gericht des Hinwegtuns und Verbrennens.

Ich glaube, daß wir ein Beispiel von solchen hinweggenommenen Reben in 1. Kor. 11,30 haben. Ein Gericht an solchen, durch deren Leben Gott nicht verherrlicht wurde und die deshalb unter der richtenden Hand Gottes durch den Tod von der Erde weggenommen wurden, damit sie nicht mit der Welt verurteilt würden (1. Kor. 11,32).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir verweisen zunächst auf unsere Bemerkungen über dies Gleichnis anläßlich der wichtigen Frage 33, Band ll, 1914, und auf die zu Frage 30, 1915!

In obigen klaren Antworten sind zwei verschiedene Auslegungen gebracht: nach den ersteren ist in Vers 6 von bloßen Bekennern geredet, die nie wirklich Kinder Gottes geworden sind (da zum Bekennertum an sich Wiedergeborensein nicht unbedingt erforderlich ist); nach der letzteren handelt es sich wohl um Kinder Gottes, aber um fruchtleere, und das an ihnen vollzogene Gericht ist ein irdisches. Es besteht im Ausschluß von dem Schauplatz des Fruchttragens, nicht aber vom Himmel, da das Eingehen in diesen nicht vom Fruchttragen, sondern von der Gnade abhängig ist. - Wir glauben, daß erstere Anschauung mehr der ursprünglichen Anwendung des Gleichnisses auf Israel, letztere mehr der auf die Gemeinde entspricht. Somit ergänzen sich die Antworten harmonisch.

Jedenfalls beweisen auch diese Antworten (wie die zu Frage 30!), daß wahre Kinder Gottes, Schafe Christi, nicht verloren gehen ewiglich (Joh. 10). - Warum nur lassen selbst Führer in der Gemeinde des HErrn diese Wahrheit nicht unangetastet und suchen statt dessen immer nach neuen Beweisgründen gegen diese köstliche vom HErrn Selbst bezeugte Tatsache? Wir meinen, der Feind steht dahinter - diesen geliebten Brüdern natürlich unbewußt -, um einerseits Gottes Kinder in eine Gott entehrende Unsicherheit zu bringen über die Tragweite der göttlichen Gnade und Kraft und Seinen ewigen Willen und um andererseits den Irrtum zu stützen, als könnten wir durch eigene Treue dazu beitragen, daß wir sicher errettet werden. Aber, wenn wir durch unser Fruchttragen hienieden dem ewigen Gericht entgehen sollen, wie unsicher ist dann unsere Errettung, und was ist dann das Werk des HErrn, was gelten dann Seine Worten?!

So ernst Joh. 15,1-8 auch ist in bezug auf unseren Zustand hienieden und unser Fruchttragen für

Gott (vergl. auch Frage 27!) - unsere ewige Stellung in Christo und unser Teil mit Ihm als das der Glieder mit dem Haupt wird durch diese Stelle nicht berührt! (Eph. 1,3-14!) Gelobt sei der HErr!

Geleitswort an den Leser:

Dem aber, der euch (uns) ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heilande, durch Jesum Christum, unseren HErrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter! Amen.“ Judas V. 24.25.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 41

Warum war Paulus in Furcht und Zittern in Korinth (1. Kor. 2,3)?

Antwort A

Paulus öffnet uns sein Inneres und läßt uns einen Blick in seine Seele tun. Hier lernen wir, wie ein Diener des HErrn aussieht, auf dessen „Ich“ das Kreuz Christi geschrieben ist. Schwachheit, Furcht und Zittern kennzeichnen ihn. Warum? die Größe der Botschaft - „Gottes Zeugnis“- steht vor seinem Auge. Er fühlt, damit kann nichts vom Fleische verbunden werden, ohne das Zeugnis zu verderben. Er sieht: Redegewandtheit, Menschenweisheit und - Gotteskraft sind Gegensätze, sie können in diesem Zeugnis nicht vereinigt werden. Ihr Glaube durfte nicht ruhen auf Menschenweisheit. Nicht Vernunftgläubige sollten sie werden. Wie fühlte er seine Schwachheit! Welche Furcht erfüllte ihn, daß die kostbare Botschaft durch etwas von ihm geschwächt werden könnte. Wie zitterte er vor der Überredungsmacht der Weisheit. Nichts durfte in diesem Zeugnis Nebeneinfluß haben. Gottes Geist und Kraft allein mußte es sein.

Welchen Dienst wir auch vom HErrn empfangen haben, laßt uns wachen, daß nichts vom Fleische, sei es Glanz der Rede oder des Standes oder des Reichtums usw., sich mit Gottes Zeugnis verbindet! Zittern wir, daß nicht unsere menschlichen Einflüsse auf andere wirken! Leben und Kraft werden nur durch Gottes Geist gewirkt. Ist unser Wort im Geiste geredet, so wird auch die Kraft des Geistes darin gespürt werden, und unser Dienst und Werk des Glaubens wird zeigen, daß es nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft beruht.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

In 1. Kor. 1 wird uns gezeigt, daß der Mensch im Fleisch gänzlich unbrauchbar für Gott ist. Gott konnte weder seine Weisheit noch seine Gerechtigkeit, noch seine Heiligkeit, noch seine Erlösung anerkennen. Darum hat Er ihn, den Untauglichen, im Kreuz Christi für immer hinweggetan, und an

anerkennen. Darum hat Er ihn, den Untauglichen, im Kreuz Christi für immer hinweggetan, und an seine Stelle trat ein anderer: Christus.

Die ersten Verse des 2. Kap. zeigen uns, wie Paulus die Wahrheit des 1. Kap. in seiner Person und seinem Dienst verwirklichte. Welche Lehre für uns! auch für manche Gläubige heute, die sich beeinflussen lassen durch Stand und irdische Bildung und anderes, was an sich berechtigt, aber in Gottes Zeugnis keinen Platz hat! Wie ernst ist dies z. B. für solche, die nicht unters Wort kommen, wenn in der Kraft des Geistes dienende, aber schlichte, äußerlich ungebildete Brüder das Wort verkünden! - Laßt uns wachsam sein über uns selbst und aufeinander achthaben in Liebe, daß durch unsere Person, unseren Dienst, unser Wesen, unsere Worte nur der HErr gerühmt werde! (1,31!)

Gerade in diesen Tagen dürfen wir eines (bekannten) soeben heimgegangenen Bruders gedenken, bei dem nicht Stand, Bildung und dergl. eine Rolle spielten im Zeugnis, sondern für den Christus, das Kreuz und die Gnade Gottes usw. den Mittelpunkt eines reichgesegneten Dienstes bildeten; da gilt Hebr. 13,7! - Der HErr mache auch aus uns, den Seinen allen, etwas zum Preise Seiner Herrlichkeit!

Frage 42

Bitte um eine Erklärung von 1. Petri 1,11(-12)!

Antwort A

In 2. Petri 1,21 lesen wir: „Die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste.“ Dieser „Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu“ (Offb. 19,10), gegeben durch den Geist Gottes und Christi (Röm. 8,9.16), der auch Noah zum „Prediger der Gerechtigkeit“ ausrüstete (2. Petri 2,5; 1. Petri 3,18ff.).

So sprachen im Geiste Christi Propheten von „Errettung der Seelen“ (1. Petri 1,9) durch Gnade mittels Glaubens und von den dazu notwendigen Leiden und Herrlichkeiten Christi. Wann und in was für einer Zeit dies stattfinden würde, war ihnen noch verborgen, weshalb sie forschten, um darüber Gewißheit zu erlangen.

Diese herrlichen Dinge, von denen sie weissagen durften, sind jetzt erfüllt und den Gläubigen geoffenbart durch Seinen Geist (1. Kor. 2,10), indem sie das Evangelium annahmen, das ihnen in der Kraft des vom Himmel gesandten Heiligen Geistes gepredigt worden war. Nunmehr sind alle, die dem Worte glauben, bestimmt, als „Versammlung den Fürstentümern und Gewaltigen in den himmlischen Örtern kundzutun die gar mannigfaltige Weisheit Gottes“ (Eph. 3,10), in die jene hineinzuschauen begehren.

K. Hch.

Antwort B

Diese Stelle zeigt uns, daß die Propheten des Alten Testamentes nicht für sich, sondern für ein späteres Geschlecht die Dinge bedienten, von denen sie zeugten. Sie wußten nicht die Zeit, auf welche der Geist Christi hindeutete, der in ihnen war, als er von den Leiden und der Herrlichkeit des

Christus zeugte. Es war ihnen verborgen, wann diese Weissagungen erfüllt werden sollten. Als der Heilige Geist vom Himmel gesandt war, wurde das Wunder der Errettung, das Geheimnis des Evangeliums, kundgetan, es wurde verkündigt in der Kraft des Heiligen Geistes (Römer 16,25.26). Als Gläubige des Neuen Bundes sehen wir heute mehr, wir besitzen den geöffneten Himmel und haben das kostbare Erbteil der Gotteskindschaft. In diesen Gnadengaben ist uns das Geheimnis des Evangeliums vollständig geöffnet. Es ist so, wie Joh. 1,18 sagt: „Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.“ In dieses wunderbare Geheimnis begehrten die Engel hineinzuschauen, aber es war nicht für sie bestimmt, sondern für Kinder, die einst Sünder waren. Wahrlich, ein Geheimnis, in das hineinzuschauen begehrenswert war, und vor dem wir als Erlöste heute noch im Staube anbeten müssen. Dieses Geheimnis wird so schön in folgendem Liedervers ausgedrückt und kann vielleicht manchem Leser zur Erquickung dienen: „Die Engel sind erhoben zum Dienen und zum Loben,

Doch Kinder sind sie nicht;

Kein Tod hat sie gekettet, kein hoher Preis errettet,

Kein Arm geführt aus Nacht zum Licht.

Er wählte Seine Kinder nur aus der Mitt' der Sünder,

Für sie floß Jesu Blut,

Den Sohn hat Er gegeben, mit Ihm das ew'ge Leben,

Mit Ihm ein unvergänglich Gut.

Ph. W.

Antwort C

Aus dieser Stelle lernen wir, daß die Propheten manche Weissagung niederschreiben mußten, über welche sie selbst kein volles Verständnis hatten. Sie ahnten nur dunkel wunderbare Dinge der Herrlichkeit Gottes in Errettung. Auch Dan. 12 ist ein Beleg hierfür (V. 8ff.). Solche Stellen sind ein köstlicher Beweis für die Inspiration der Schrift. Die Weissagungen wurden nicht durch den Willen der Menschen hervorgebracht (2. Petri 1,21). Diese waren nur die schreibende Hand des Heiligen Geistes und nur das Mundstück Gottes (Apgsch. 1,16; 3,18; 4,25; Eph. 6,17). Petrus zeigt uns, wie diese heiligen Männer dasaßen und sannen und forschten über die eigenen Worte, die sie niedergeschrieben hatten. Möchten wir mit gleichem brennenden Verlangen die Schriften durchforschen! Obgleich sie wußten, daß sie nicht für sich selbst, sordern für spätere Geschlechter Dinge zu offenbaren hatten, so forschten sie doch darüber nach, und wir sind oft so träge.

Die Dinge, die sie offenbarten, standen in Verbindung mit den Leiden und den Herrlichkeiten Christi, sie berühren vielleicht weniger die Gemeinde als Israel, das Reich, die Schöpfung usw.

Aber nicht die Propheten allein, auch Engel begehrten da hineinzuschauen. Sie sind nicht allwissend, diese „Gewaltigen an Kraft“. Staunend schauten sie an, was uns heute verkündigt und leider so wenig geschätzt wird. Mit Jauchzen sahen sie, wie die Erde gegründet wurde (Hiob 38,4.7). Dann sahen sie den gefallenen Menschen aus dem Paradiese ziehen (1. Mose 3,24). Mit Lobgesang

sahen sie den gefallenen Menschen aus dem Paradiese ziehen (1. Mose 3,24). Mit Lobgesang verkündigten sie die Geburt des Heilandes. Sie sahen Ihn hungern in der Wüste - in ringendem Kampfe in Gethsemane - auferstehen - gen Himmel fahren und verk ündigten Seine Wiederkehr. Was war dies alles für die Engel!

Große weltbewegende Ereignisse hat die Erde gesehen, aber wo ist eins, das diesen Dingen an die Seite gestellt werden kann? Was kann verglichen werden mit dem, daß Er - der die Welten schuf - am Kreuze hing? Das Ereignis berührt nicht nur die Welt, das umfaßt auch die Himmel. Wie konnten Propheten und Engel ahnen, was das in sich barg, als der Sohn Gottes „Sich Selbst dahingab“? Was war das für Gott! Was für die Engel - für die Propheten, und was sind sie für mich und dich, lieber Leser? Wie oberflächlich gehen wir doch oft über „die Leiden, die auf Christum kommen sollten und die Herrlichkeiten danach“ hinweg!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn schon die Engelwelt solchen Anteil nimmt an unserer Erlösung (vgl. Luk. 15,10!), wieviel mehr Grund haben wir, die Erlösten, mit Staunen und Anbetung hineinzublicken in den Ratschluß Gottes zu unserer Errettung, die auch der erhabene Gegenstand der prophetischen Weissagung und des Forschens jener heiligen Männer gewesen ist!

Laßt uns denn das alte Jahr, durch das unseres Gottes und Vaters Liebe, Gnade und Fürsorge uns getragen hat, beschließen mit Dank und Anbetung gegen Den, „der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat“ (Eph. 5,2), Jesus Christus, der „Derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit“ (Eph. 4,10; Hebr. 13,8) und der uns Sein baldiges Wiederkommen verheißen hat, damit wir da sein sollen, wo Er ist! (Joh. 14,3 u. 17,24!) Welch eine Erlösung, welch eine Liebe! Gepriesen sei Sein herrlicher Name jetzt und immerdar!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Jahrbuch (1916)

Was will die „Gegenseitige Handreichung“?

Auf diese Frage gibt eine deutliche Antwort Das Geleitswort zum Jahrbuch 1914, aus dem wir folgendes abdrucken:

„Unser Blatt soll sich von den anderen Blättern dadurch unterscheiden, daß es nur biblische Fragen und Antworten bringt, und zwar in der Weise, daß aus dem Leserkreise selbst sowohl die Fragen wie die Antworten gestellt und gegeben werden, und somit ein reger Austausch der Gedanken unter den Lesern erstrebt wird und erreicht werden kann, und zwar ohne Gewissenszwang!

Wir fragen die Einsender von Fragen und Antworten nicht: woher, aus welcher Benennung oder Gemeinschaft, oder auch aus welchem Lande kommst du? was ist dein Stand oder Beruf? u. dergl. m. Vielmehr soll das allein Entscheidende für uns und alle jeweiligen Mitarbeiter das Wort Gottes sein, dem wir uns durchaus unterordnen, und das zu erforschen und unser Leben danach

einzurichten unsere Aufgabe ist.

Wir wollen die Wahrheit verkünden, die Wahrheit in Liebe. „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ 2. Kor. 13,8.“

Es ist unser herzlicher Wusch, daß auch das Jahrbuch 1916 vielen Lesern diene zur Verwirklichung von 2. Petri 3,18.

Klotzsche bei Dresden,

im Dezember 1916.

Der Herausgeber

Fritz Koch.

Geleitswort an den Leser:

... Dieses sagt der Heilige, der Wahrhaftige ...: Ich kenne deine Werke. Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft und hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet ... Weil du das Wort Meines Ausharrens bewahrt hast, so werde auch Ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird ... Ich komme bald; halte fest, was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme!“ Offenb. 3,7.8.10.11.

Es ist dringend zu empfehlen, bei dem Nachlesen der in den Fragen und Antworten der „Gegenseitigen Handreichung“ angeführten Schriftstellen eine möglichst genaue, wortgetreue Bibelübersetzungzu benutzen!

Der Herausgeber.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1

Was ist wahre Gottesfurcht nach der Schrift, und wie äußert sie sich dort und im praktischen Leben?

Antwort A

Nach Röm. 8,15 gibt es zwei Arten von Gottesfurcht, eine alttestamentliche und eine neutestamentliche: „Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen ...“ Die erstere äußert sich darin, wenn ein Mensch aus Furcht vor Strafe das Böse unterläßt und das Gute tut, um nach dem Willen Gottes zu leben. Diese Furcht kommt aus dem Gesetz, dem Gebot und Verbot (5. Mose 27,26), sobald das Gewissen aufwacht (1. Mose 3,7-13). Beim Übertreten des Gebots folgt zuerst ein inneres

sobald das Gewissen aufwacht (1. Mose 3,7-13). Beim Übertreten des Gebots folgt zuerst ein inneres Anklagen des eigenen Herzens, welches sich in dem Schämen zeigt.

Ein Beispiel alttestamentlicher Gottesfurcht gibt Joseph; er behauptet von sich, „ich fürchte Gott“ (1. Mose 42,18); man lese 1. Mose 39,7ff.; Vers 9! In der Schrift findet sich der Ausdruck seltener, dagegen sehr häufig „Furcht des HErrn“. 2. Chron. 19,7.9; Hiob 6,14; Ps. 34,11; Ps. 111,10; Spr. 1,7; Spr. 15,16 u. a.

Der Geist der Sohnschaft hat seinen Ursprung in einer Offenbarung Gottes. In dem Gleichnis vom verlorenen Sohn Luk. 15,11ff. lesen wir in Vers 20, wie der Sohn umkehrte (Belehrung), und der Vater ihm von ferne entgegenging. Ehe der Sohn dem Vater bekannte, so hat dieser ihn schon mit großer Liebe überschüttet. In Christo ist Gott der Welt so entgegengelaufen, wie der Vater dem verlorenen Sohne; in den am Kreuz ausgebreiteten Armen bietet Gott der verlorenen Menschheit Vergebung der Sünden an. Nimmt ein Mensch diese Gabe Gottes an, so wird er sich vor Gott nicht mehr fürchten. Die Gottesfurcht wird nun nicht mehr in der Furcht vor Strafe bestehen, sondern in der Behutsamkeit eines Kindes, aus Liebe seinem Vater wohlzugefallen (Eph. 5,10; Eph. 1,5) und Ihn nicht zu betrüben.

Die kindliche Gottesfurcht hat ihren Grund nicht etwa darin, daß wir dadurch die ewige Seligkeit verdienen wollen. Nach 1. Kor. 1,30.31 ist uns diese in Christo geschenkt, und wir sind versiegelt auf den Tag der Erlösung (Eph. 4,30). Dies ist der Beweggrund, warum wir den Heiligen Geist Gottes nicht betrüben sollen.

(Man vergleiche Frage 35 in Band II, besonders den Schluß der Anmerkung des Herausgebers.)

C. L.

Antwort B

Die kürzeste Antwort Auf diese Frage steht Ps.111,10: „Die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang,“ und zwar in jeder Beziehung und auf jedem Gebiet, hat sie doch die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.

Im A. wie auch im N. B. werden uns manche Beispiele wahrer Gottesfurcht vorgeführt, so bei Henoch die Folgen derselben, bei Abraham der Beweis derselben durch seinen Glaubensgehorsam bei der Opferung Isaaks, dann Apgesch. 16,14 bei Lydia das Aufmerken auf Gottes Wort, Taufe und Gastfreiheit, in Apgesch. 10,1.2 bei Cornelius das Almosengeben und Beten, das „hinaufstieg zum Gedächtnis vor Gott“ (V. 4).

Bei allen diesen Beispielen besteht die Gottesfurcht im Aufmerken auf Gottes Wort und im Gehorsam gegen dasselbe; vergl. Matth. 11,28.29: „Kommet her zu Mir - und nehmet auf euch Mein Joch - so werdet ihr Ruhe finden.“ -

Doch das Beispiel aller Beispiele ist unser Heiland Jesus Christus, der gehorsam war bis zum Tode am Kreuz, der nichts tun konnte ohne den Vater, über dem der Himmel sich öffnete, als die Worte erklangen: „Dies ist Mein lieber Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen habe.“

Der HErr redet auch heute noch durch Sein Wort und Seinen Geist zu jedem Seiner Kinder,

besonders darin, wie Er jedes derselben eigenartig führt. Je genauer jedes dabei auf das Wort merkt und danach tut, desto vollkommener wird es. Das Band der Vollkommenheit aber ist nach der Schrift: die Liebe. Joh. 13,35: „Daran wird jedermann erkennen, daß ihr Meine Jünger seid.“

Noch eins zum Schluß: es ist der HErr, der das Herz auftut, es ist der HErr, der Wollen und Vollbringen gibt. Darum Ihm allein die Ehre, der selbst einen Scherben nicht verwirft, sondern aus diesem noch etwas zu formen vermag nach dem Reichtum Seiner Gnade und zu Lobe Seiner Herrlichkeit.

L. Th.

Antwort C

Es gibt viele Menschen und auch Gläubige, die, wenn von Gottesfurcht geredet wird, meinen, es handle sich um eine knechtische Furcht und um ein Zittern vor einem zürnenden Gott. Daß dem nicht so ist, bezeugt uns die Schrift wiederholt. 2. Tim. 1,7 lesen wir: „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit;“ oder 1. Joh. 4,18: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.“ Diese und andere Schriftstellen zeigen uns vielmehr, in welch ein herrliches Verhältnis der Gläubige seinem Gott und Vater gegenüber gebracht ist. Wenn uns nun andere Schriftstellen wie z. B. Apgesch. 9,31 oder 1. Petr. 1,17 darauf hinweisen, in Gottesfurcht zu wandeln, so handelt es sich um eine schöne von dem Geiste Gottes gewirkte Gnadengabe bei den Gläubigen. In den Sprüchen Salomos, in denen auch viel von Gottesfurcht die Rede ist, lesen wir in Spr. 9,10: „Die Furcht Jehovas ist der Weisheit Anfang und die Erkenntnis des Heiligen (Allerheiligen) ist Verstand.“ Diese Gottesfurcht führt uns hinein in die Gnadenwege Gottes mit den Menschenkindern und zeigt uns das Herz Gottes, wie es Liebe ist (1. Joh. 3,2.3; 4,3-10.16). Wenn wir diese Liebe nur in etwa verstanden haben, und der Geist uns das Zeugnis gibt, daß wir Gottes Kinder sind (Röm. 8,15-17), dann versteht es sich für uns eigentlich von selbst, in Gottesfurcht zu wandeln, indem wir das Böse verabscheuen und, weil es das Vaterherz unseres Gottes betrüben würde, uns fürchten, in irgend eine Handlung oder auch in irgend eine Lehre einzuwilligen, die unserem Gott und Vater zuwider wäre. Also die kindliche Liebe zu Ihm treibt uns, das Herz unseres Gottes und Vaters nicht zu betrüben. Es ist ähnlich wie bei Kindern: je mehr sie die Liebesabsichten und die treue Fürsorge ihrer Eltern verstehen, desto mehr werden sie alles aus Liebe zu ihnen tun und sich fürchten, sie irgendwie zu betrüben. Deshalb gilt es für jeden Gläubigen, in Gottesfurcht und Treue an der Hand seines HErrn seinen Pfad zu gehen nach dem Grundsatz 1. Joh. 4,19: „Wir lieben, weil Er uns zuerst geliebet hat.“ Der Unwiedergeborene handelt nach seinem eigenen Gutdünken, weil er keinen Begriff für Gut und Böse im göttlichen Sinne hat, aber die Getreuen im Lande haben Gottesfurcht aus Liebe.

Ph. W.

Antwort D

Der natürliche Mensch ist ohne Gottesfurcht. „Es ist keine Furcht Gottes vor ihren Augen“ (Röm. 3,18). Dies ist Gottes Urteil über jeden Menschen in seinem unwiedergeborenen Zustand. Ob ein solcher im Gewand der Gottlosigkeit oder der Frömmigkeit einhergeht, macht keinen Unterschied. Und wie es im Innern eines solchen Menschen aussieht, zeigt uns Ps. 36,1-4.

Sobald das Licht Gottes in eine Seele fällt, tritt eine Änderung ein. Dies ist der feierliche Augenblick

Sobald das Licht Gottes in eine Seele fällt, tritt eine Änderung ein. Dies ist der feierliche Augenblick des Erwachens des Sünders. Er erkennt, daß er es mit dem lebendigen Gott zu tun hat, und daß dieser Gott heilig ist - und er ein Sünder, ein Mann unreiner Lippen ist, mit einem unreinen Herzen. (Jes. 6,5; Matth. 15,18.19.) Dies ist der Anfang der Gottesfurcht. Er fängt an, das Böse zu hassen und flieht (Spr. 8,13; 16,6). Es ist der Weisheit Anfang (Spr. 1,7; 9,10). Der Sünder flieht zum Heiland. Das Schächerwort vom Kreuze: „Auch du fürchtest Gott nicht“ (Luk. 23,40) ist ein Beispiel hierfür.

Wenn wir die Erlösung im Blute Christi gefunden haben, hört Gottesfurcht nicht auf. Nun beginnt sie erst recht. Diese Furcht ist nicht die Furcht der Knechtschaft, noch der Ungewißheit unserer Erlösung. Nach dieser Seite hin sind wir ohne Furcht - selbst im Blick auf den Tag des Gerichtes. (1. Joh. 4,18.) Gottesfurcht ist die heilige Kindesfurcht, die mit dem glücklichen Bewußtsein Seiner Liebe zusammengeht. Es ist Furcht, nicht weil wir nicht wissen, sondern „weil wir wissen, daß wir ... mit dem kostbaren Blute Christi erlöst sind“. (Wir wissen, was es kostete, uns zu erlösen.) Und wir kennen Ihn, den wir als Vater anrufen, daß Er heilig ist, und daß auch wir heilig sein sollen in allem Wandel. Deshalb gehen wir in Furcht durch die Welt des Schmutzes, um uns nicht zu beflecken. Wir wissen: Er sieht, wie wir uns als Seine Kinder bewegen und richtet jedes Werk. (1. Petr. 1,16-19); Spr. 14,26.27; Ps. 130,4.)

Gottesfurcht berührt aber nicht nur unseren Wandel in der Welt, sondern auch unsere Stellung zu Seinem Wort. Wie leicht verlieren wir die Furcht Gottes aus unserem Herzen - das Bewußtsein, daß Er der lebendige Gott, und es Sein Wort ist, mit dem wir es zu tun haben. Mit diesem Worte umzugehen ohne diese Furcht, ist eine schreckliche Sache, die uns sicher unter die züchtigende Hand Gottes bringt, damit wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Es ist noch wie von alters her: „In denen, die Mir nahen, will Ich geheiligt werden“ (3. Mose 10,3). Nadab und Abihu gingen mit den heiligen Dingen um, nicht wie Gott „geboten“ hatte - sie hielten sich nicht gebunden an Sein Wort - und beide starben unter der Hand Gottes (vergl. Apgesch. 5,1-11; V. 5 u. 11!).

Wie steht es mit uns, wenn wir die Schrift in unsere Hand nehmen? Sind wir uns bewußt: es ist unseres Gottes Wort!? Haben wir Gnade „wohlgefällig“, „mit Ehrfurcht und Furcht“ vor Ihm zu stehen, der zu uns redet? (Hebr. 12,28.29.) Oder haben wir dies vergessen und treten gewohnheitsmäßig, oberflächlich an dieses Wort heran? Haben wir es gar benutzt, um mit unserer Erkenntnis oder Rede zu glänzen? Brüder, finden wir nicht Ursache, uns zu beugen, auf unsere Knie zu fallen und unser Herz dem HErrn aufzudecken und unsere Sünde zu bekennen? Haben wir nicht nötig, zu trauern über all die Verfassungen, Menschensatzungen und verkehrten Lehren, die um sich fressen wie der Krebs - über die Dinge der Ungerechtigkeit (die nicht recht vor Gott sind), von denen solche, die den Namen des HErrn nennen, nicht abstehen? Dinge, die nur Eingang finden konnten, weil es an der Furcht Gottes mangelte! Aber, ach, man ist zufrieden, wenn gewisse Grenzen nicht überschritten werden, wenn man tadellos und ehrbar in der Welt wandelt, aber - Brüder - ein Leben in Gottesfurcht ist etwas anderes: da ist der Maßstab für jedes die Herrlichkeit Gottes, und die Autorität der Schrift entscheidet jede Frage.

Laßt uns Gnade nehmen und wieder nüchtern werden! Die Furcht des HErrn wird sich wieder erweisen als der Weisheit Anfang, wenn wir die Pfade der Torheit, des eigenen Willens und der Überlegungen des Herzens verlassen. Füllt Gottes Furcht wieder unser Herz, so wird Sein Wort auch wieder der einfache und untrügliche Wegweiser unseres Weges. Dann genügt uns nicht mehr ein

anständiger Wandel, dann treten wir ab von dem, was nicht Recht vor Gott ist. „Gehet aus aus ihrer Mitte, sondert euch ab“ (2. Kor. 6,14-18), sind dann ebenso verständliche Worte für uns, wie für Abraham die Worte: „Gehe aus deinem Vaterhause.“ Dann spricht man nicht mehr von „Lehrfragen“! „Gehe aus deinem Vaterhause,“ „Opfere deinen Sohn“ waren für Abraham keine „Lehrfragen“. Für ihn waren es die Worte seines Gottes, und es kam ihm nicht in den Sinn, sie umzudeuten. Gottesfurcht heilt uns von der Farbenblindheit, Wahrheit und Irrtum nicht zu unterscheiden. Gott und das Wort Seines Mundes ist eine solche Wirklichkeit, daß Menschen und Umstände zu Asche werden.

Auf den letzten Blättern des Alten Testamentes fragt und klagt der HErr über Israel: „Wo ist Meine Furcht?“ Der lebendige Gott hatte längst aufgehört, eine lebendige Wirklichkeit für sie zu sein (Mal. 1,6ff.). Aber in der Mitte dieses Volkes waren etliche, die den HErrn fürchteten. Diese kamen zusammen und „unterredeten sich miteinander, und Jehova merkte auf sie, und ein Gedenkbuch ward vor Ihm für sie, die Ihn fürchteten und Seinen Namen achteten, geschrieben“. Und hiermit erwähnt Gott wieder den „Unterschied“, den Er schon in Ägypten zwischen Seinem und Pharaos Volk feststellte (Mal. 3,16-18; 2. Mose 8,23; 11,7). Redet dies keine Sprache zu uns, die wir, wie jene, auch am Ende einer Zeitperiode - in der Mitternachtsstunde stehen? „Laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Ehrfurcht und Furcht; denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Hebr. 12,28.29).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Sicherlich konnten wir unter dem zur Veröffentlichung vorliegenden Stoff keinen würdigeren Gegenstand finden für den Beginn des neuen Jahres als diesen, der uns zu gleicher Zeit vor die Kostbarkeit der in Christo uns geschenkten Erlösung stellt, wie auch vor den Ernst des mit jener in Übereinstimmung befindlichen Wandels in schriftgemäßer Gottesfurcht (1. Petr. 1,14-19). Wahre Furcht Gottes - wie sie in obigen Antworten so klar und schön beschrieben ist - ist die Grundlage einer echt-biblischen praktischen Heiligung. Viele teure Kinder Gottes sind aber zufrieden mit einer Reinigung von den Befleckungen des Fleisches und übersehen, daß die Reinigung von den Befleckungen des Geistes dazugehört, um (schriftgemäße) Heiligung zu vollenden in der Furcht Gottes (2. Kor. 7,1!). Und worin bestehen solche Befleckungen? Der Zusammenhang mit Kap. 6 zeigt es uns: in V. 14-18 ist uns alles - fleischliche wie geistige Unreinheit - gezeigt, wovon wir uns abgesondert halten sollen - in jeder Beziehung! Ist aber unser Herz nicht mit „Furcht Gottes“ erfüllt, so werden wir leicht zufrieden sein mit einer Reinigung von Dingen hinweg, die uns böse dünken, aber wir werden nicht fragen danach, wie weit Sein in Seinem Wort geoffenbarter Wille geht in Bezug auf unsere Heiligung. Manche Gläubige reden gern von „Heiligung“, aber sind wir alle uns dessen bewußt, was alles diese in sich schließt, wenn wir es genau nehmen mit dem Wort des HErrn in der „Furcht Gottes“?

„... Sondert euch ab, rühret Unreines nicht an ... spricht der HErr“ (2. Kor. 6,17!). Möchten wir im neuen Jahre mehr lernen, Menschen zu werden ähnlich den Vorbildern der Schrift, z. B. Abraham, Moses, Joseph, Elias, Daniel, Paulus oder Timotheus und vielen anderen! „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten“ (Joh. 14,23).

 

Frage 2

Worauf bezieht sich in dem Zusammenhang von Joh. 3,25-36 der Endsatz von Vers 34: „denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß“?

Antwort A

Der Schluß dieses dritten Kapitels des Ev. Joh. von V. 22-36 zeigt uns den Gegensatz zwischen der Stellung des Johannes und derjenigen Christi. Der eine ist der Freund des Bräutigams, der andere der Bräutigam selbst, der eine war, wie groß auch die ihm verliehene Gabe war, als „Stimme eines Rufenden“ in der Wüste, um als Wegbereiter des HErrn zu dienen, doch nur ein Mensch von der Erde, er redete von irdischen Dingen (V. 31). Der andere, obwohl Mensch, war vom Himmel und redete, was Er gesehen und gehört hatte.

Wenn Jesus als Mensch auf der Erde redete, so redete Er die Worte Gottes. Jesus war der Sohn Gottes, vom Vater geliebt und in die Welt gesandt, und wer dem Sohn glaubte, empfing ewiges Leben. Johannes war von Mutterleibe an mit Heiligem Geist erfüllt, er hatte also ein Maß Heiligen Geistes empfangen, um den ihm von Gott zugewiesenen Auftrag zu erfüllen, er ging einher im Geist und der Kraft des Elias (Luk. 1,17). Jesus aber war voll Heiligen Geistes (Luk. 4,1), auf Ihm ruhte der Geist des HErrn (Jes. 11,2; Luk. 4,18) „nicht nach Maß“.

Meines Erachtens bezieht sich somit der Endsatz von Vers 34 auf den Herrn Jesum.

F. B.

Antwort B

Die Worte, mit denen die Jünger Johannes' infolge der Streitfrage über die Reinigung (V. 25) sich an Johannes wandten (V. 26), lassen erkennen, daß diese Jünger sich über die Person des Herrn Jesu und über das, was vor sich ging, trotz des von ihnen selbst erwähnten Zeugnisses des Johannes ganz im unklaren und in Zweifeln waren. Es klingt so etwas hindurch wie die Frage: Hat dieser denn das Recht, zu tun, was du tust - zu taufen? und zugleich etwas wie Neid darüber, daß nun alle zu diesem hingingen. Diese Worte geben Johannes Anlaß, die Rechte und die Herrlichkeit dieser wunderbaren Person zu verkünden und ein Zeugnis von dem Herrn Jesus abzulegen, das den Blick von ihm weg hin auf Ihn lenkt, um Seine Autorität, Seine Ansprüche, Seine Herkunft, Sein Zeugnis, Seine Beziehung als Sohn zum Vater und die entscheidende Folge der Stellungnahme zu diesem Sohne und Seinem Zeugnis vor Augen zu stellen. Der Endsatz des V. 34 steht in besonderer Weise in Beziehung zum Zeugnis des HErrn (s. V. 31b-34). Johannes sagt in V. 33, daß dieses Zeugnis Gottes eigenes Zeugnis ist, und in V. 34a, daß die Worte des Herrn Jesu Gottes eigene Worte sind. Er sagt damit, daß durch den Herrn Jesus Gott Selbst redet, also in der Person des Herrn Jesu Gott Selbst gegenwärtig ist. Aus dieser Tatsache geht das „denn“ in V. 34b hervor. Johannes hatte ja gesehen „den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren und auf Ihm bleiben (Kap. 1,32.33); er wußte, daß dieser Geist im Herrn Jesu wohnte und aus Ihm redete, und daß dieser Geist nicht eine Sache war, die zugemessen wird in größerer oder geringerer Menge, sondern eine Person ist, die dort, wo sie ist, ganz ist. „Gott gibt den Geist nicht nach Maß“ - es handelt sich nicht um viel oder wenig Geist (niemals, auch nicht, wenn es heißt „voll Geistes“, sondern letzteres bedeutet, daß der Geist allein und völlig Raum hat, die Person völlig unter der Leitung und Wirkung des Geistes steht), sondern um

und völlig Raum hat, die Person völlig unter der Leitung und Wirkung des Geistes steht), sondern um eine Person, die entweder ganz da ist oder gar nicht da ist. So war der Geist in Seiner ganzen Fülle in dem Herrn Jesu - „nicht nach Maß“ -, wie es in Kol. 1,19 heißt: „Denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen.“ Sein Leib war der rechte Tempel Gottes, und was Er redete, waren die wahrhaftigen Worte Gottes! Darum ist unserem Herzen so kostbar und wichtig, was Er gesagt hat! - Aber auch uns gibt Gott den Geist „nicht nach Maß“, auch in uns wohnt der Heilige Geist in Seiner ganzen Person. Wie kostbar und zugleich auch ernst für uns!

Th. K.

 

Anmerkung des Herausgebers

Sicherlich ist letzteres durchaus richtig: in uns wohnt diese heilige Person, wie unter vielen anderen Stellen 1. Kor. 6,19 bezeugt, woraus folgt, wie ernst es ist, wenn wir Ihn betrüben (Eph. 4,30). Aber daß Er in uns wohnen kann, ist erst die Folge der Verherrlichung Jesu, vorher war es nicht möglich (Joh. 7,37-39). - In unserem Verse 3,34b nun sehen wir den gewaltigen Unterschied, der zwischen dem noch auf alttestamentlichem Grunde stehenden Wegbereiter des HErrn und diesem Selbst bestand, und zwar in ihrer (beiderseitigen) Menschheit. Nie im A. T. wohnte der Heilige Geist als Person dauernd im Menschen; den Propheten und anderen heiligen Männern wurde Er als Kraft und Leitung für Zeit und Auftrag gegeben (vergl. z. B. 2. Mose 31,1ff.; Richt. 3,10; 2. Sam. 23,2; Hesek. 11,5 und viele andere Stellen). Johannes war der letzte und größte von den alttestamentlichen Propheten (Matth. 11,11, vgl. Band 11, 1914, Fr. 20!), er leitete über in die neue Zeit, und ihm wurde dazu auch der Geist schon im Mutterleibe gegeben – dennoch, welch ein Unterschied zwischen ihm und dem (aus dem Geist gezeugten) Menschen Jesus Christus! Nicht zugemessen, d. h. für einen bestimmten Zweck und für eine Zeit dargereicht ward diesem der Geist, sondern ohne Maß wurde Ihm, dem Sohne vom Vater, dauernd („gibt“) alles in die Hand gegeben, so daß Er es weitergeben konnte! (vergl. V. 35.36 z. B. mit 10,28; 14,27 und 20,22.) Weil also der Geist als Person in Ihm wohnte in Seiner ganzen Fülle, deshalb war alles, was Er redete, tat und gab von ewiger, göttlicher Bedeutung - es war vollkommen! Herrliche Tatsache! - Möchten wir von Johannes, dem „Freund des Bräutigams“, lernen, „hocherfreut zu sein über die Stimme des Bräutigams“, wir, die wir zu der Braut gehören (vergl. Band III, 1915, Fr. 21!) und unserem himmlischen Bräutigam ewig zu eigen sind!

Frage 3

Ist für einen Menschen „in Christo“ das praktische Warten auf das Kommen des HErrn Notwendigkeit, oder geben Stellen wie Römer 5,9.10; 8,30; Eph. 1,14 nicht schon genügende Sicherheit für unsere zukünftige Errettung? - Wie haben wir uns dieses Warten zu denken? Es mußte uns hier unten wohl eigentlich recht schlecht gehen, bis wir wahrhaft von ganzem Herzen ausrufen: „Komm, Herr Jesu!“? (Offenb. 22,20.)

Antwort A

Die angeführten Schriftstellen zeigen uns die kostbare Stellung, in die wir als Gläubige gebracht sind. Wir sollen die uneingeschränkte Güte unseres Gottes und Vaters auf dem Weg durch diese Wüste genießen, und nach den Ratschlüssen Seiner Liebe will Er uns in Seiner innigsten Nähe haben. Dieser

genießen, und nach den Ratschlüssen Seiner Liebe will Er uns in Seiner innigsten Nähe haben. Dieser Vorsatz Gottes, der uns in Gnaden mit Christus verbindet, kennzeichnet unsere Stellung. Wenn wir nun als einzelne stille stehen und Rückschau halten, ergibt sich für uns die Frage: Wo fand Er uns, als Er uns in diese herrliche Stellung bringen wollte? Tot in Vergehungen und Sünden! Wenn wir aber nunmehr in Christo unsere Stellung nach den Ratschlüssen Gottes sehen, dann werden wir finden, wie Er nach dem Reichtum Seiner Gnade mit uns gehandelt hat. Wir sehen also die wunderbare Tatsache unverhüllt vor uns liegen: zunächst, daß der Sohn Gottes auf diesen Schauplatz kam und uns Heil und Rettung gebracht hat, ferner daß der HErr, nachdem Er das Werk der Erlösung hinausgeführt hatte, wieder zu Seinem Vater ging und uns für diese Zeit Seiner Abwesenheit den Heiligen Geist als Führer und Sachwalter zurückließ, und daß Er uns weiter die Zusage gab, „Ich komme wieder“. Wenn nun Der, welcher uns in eine so gesegnete und auch gesicherte Stelle gebracht hat, unserem Auge fern ist, wird unser Verlangen doch immer nach Ihm sein. Die gegenseitige Zuneigung ist immer die gleiche. Er sehnt sich nach den Seinen und die Seinen nach Ihm. Die beste Erläuterung zu unserer Frage gibt uns das Gleichnis vom treuen und bösen Knecht Matth. 24,43-51. Der treue Knecht handelt und wartet und wacht. Der ungetreue sagt: „Mein Herr verzieht zu kommen“ (V. 49) und schändet das Zeugnis seines Herrn. Wenn wir nun Offenb. 22,20 lesen: „Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ich komme bald“ (schnell, eilends), so müssen wir darauf achten, daß es sich um das Zeugnis von dem Herrn Jesus Selbst handelt. Offenb. 22,16 sagt Er uns: „Ich, Jesus, habe Meinen Engel gesandt, euch diese Dinge zu bezeugen in den Versammlungen,“ und in V. 17 hören wir das Echo: Geist und Braut rufen vereint „Komm!“. Es ist ein gemeinsames Sehnen. Der Geist sehnt sich von diesem Schauplatz hinweg, und jeder, der hinzugefügt ist zur Gemeinde oder zur Braut des HErrn, wird das gleiche Verlangen tragen, Den zu sehen, der ihn geliebt und gewaschen hat. So stehen wir wohl inmitten einer gottfeindlichen Welt auf dem unerschütterlichen Boden unseres Heils und erfreuen uns einer vollkommenen Errettung. Aber gerade, weil es sich um etwas Vollkommenes und Bestimmtes handelt, sehnen wir uns, wenn die Verbindung mit dem HErrn rechter Art ist, danach, nicht nur grundsätzlich, sondern auch praktisch mit dem HErrn in die himmlischen Örter versetzt zu werden. So kommt unser Rufen: „Komm, Herr Jesu!“ aus einem sehnsuchtsvollen Herzen, denn die Schätze und Freuden dieser Welt, auch wenn es sich um edle handelt, sind uns nichtig geworden. Möchten wir alle, die wir als wahre Gläubige Verbindung mit dem Haupte haben, Gott in Treue dienen und wie die Thessalonicher den Herrn Jesum aus den Himmeln erwarten (1. Thess. 1,9.10). Denn keine Wahrheit der Schrift gibt uns mehr Spannkraft und Ermunterung zu treuem Wandel und zum Ausharren als das stete treue Warten auf Ihn, der uns gesagt hat: „Ja, Ich komme bald.“ Nicht die Lehre von Seinem Kommen und auch nicht die Ereignisse, die mit Seinem Kommen in Verbindung stehen, sondern die Vereinigung mit Seiner hochgelobten Person soll unser Herz erfüllen, und zwar zu allen Zeiten, dann rufen wir freudig aus sehnsuchtsvollem Herzen: „Komme bald, Herr Jesu!“

Ph. W.

Antwort B

Zunächst die 2. Unterfrage: „Geben Stellen wie Röm. 5,9.10; 8,30; Eph.1,14 nicht schon genügende Sicherheit für unsere zukünftige Rettung?“ Sicherlich! Die Schrift spricht klar in Apgesch. 16,31: „Glaube an den Herrn Jesum, und du wirst errettet werden,“ errettet vor dem kommenden Zorn (Röm. 5,9.10; 1. Thess. 1,10), errettet vor dem Gerichte (Joh. 3,17; 5,24). In Christo haben wir aber

nicht nur die Errettung, sondern einen unausforschlichen Reichtum der Herrlichkeit (Eph. 3,8.16). Möchten wir uns nun nicht lässig zeigen, das in Besitz zu nehmen, was Gott in Seiner Gnade und Liebe uns zugedacht hat wie einst Israel (Joh. 13,1), da es doch die herrlichsten Verheißungen hatte (Joh. 1,3ff.). Auch in diesem Zusammenhange gilt das in Band III, 1915, Frage 27, Antwort F über den Wandspruch „Nur selig“ Gesagte. Damit komme ich zu Unterfrage 1: „Ist für einen Menschen ‚in Christo’ das praktische Warten auf das Kommen des HErrn Notwendigkeit?“

Ist für eine Braut die Liebe zu ihrem Bräutigam Notwendigkeit? Ist es für eine Braut Notwendigkeit, auf den Tag der Heimkehr ihres Bräutigams, der Vereinigung mit ihm, die Hochzeit zu warten?

O, daß unsere Herzen so die erste Liebe verlassen haben, daß unsere Herzen so wenig von Liebe zum Heilande brennen! Denn hier handelt es sich um eine Herzenssache, und wie könnte man da von „Notwendigkeit“ sprechen!

Einst brauchte ein alter Bruder zur Erklärung von Offenb. 2,4 etwa folgendes Bild, das auch für die vorliegende Frage Licht geben kann: Ein Ehepaar ist jung verheiratet. Der Mann geht des Morgens zur Arbeit. Er geht nicht, ohne mit einem Kuß von seiner Frau Abschied genommen zu haben, ohne von ihr bis zur Tür begleitet zu werden, und ohne daß sie ihm noch nachschaut. Nun ist er fort. Sie begleitet ihn in Gedanken und denkt darüber nach, wie sie alles für ihn schön zurechtmachen kann, wenn er müde von der Arbeit nach Hause kommt. So werden für ihn die Betten gemacht, die Stuben gesäubert, das Essen gekocht, der Tisch gedeckt usw. Nun naht die Stunde, wann er nach Hause kommen muß. Es ist alles bereit. Sie wartet schon auf ihn, um ihm die Tür zu öffnen und von ihm mit einem Kuß in die Arme geschlossen zu werden. - Jahre sind vergangen. Äußerlich bietet das Haus noch denselben Eindruck. Die Betten sind sauber und glatt, die Zimmer rein, das Essen gut. Aber das Verhalten der Eheleute zueinander ist, wenn man genau aufpaßt, ein anderes geworden. Es kommt vor, daß der Mann zur Arbeit geht, ohne von seiner Frau Abschied zu nehmen. Man begrübt sich beim Wiedersehen nicht mehr mit einem Kuß. Die Herzen sind kühl gegeneinander geworden. Äußerlich scheint alles dasselbe geblieben zu sein; aber der Hauch der Liebe, der über dem Hause lag, ist dahin!

Mag in einer irdischen Ehe die Schuld des Erkaltens der Liebe vielleicht auf beiden Seiten liegen, so verdient es kaum erwähnt zu werden, daß in unserem Falle die Schuld des Verlassens der ersten Liebe zum HErrn stets bei uns liegt. Die Liebe des HErrn ist unveränderlich! (1. Kor. 13,8; Hohel. 8,7a; Joh. 13,1.) Laßt uns gedenken, wovon wir gefallen sind, Buße tun und den HErrn bitten, durch den Heiligen Geist wieder das Feuer der ersten Liebe anzufachen, daß unsere Herzen wirklich mit Ihm erfüllt sind, daß Er von neuem der Mittelpunkt unseres Lebens, Denkens und Hoffens sei. Laßt uns irdische Gesinnung, Beschäftigung mit dem lieben Ich, jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde, welche unsere Herzen aufhalten wollen, ablegen und hinfort nur auf Ihn sehen, Seine selige Nähe, Liebe in Gemeinschaft suchen, damit nicht auch wir schläfrig werden oder gar einschlafen! (Matth. 25,5.)

3. Unterfrage: „Wie haben wir uns das Warten zu denken?“

Wie wartet die Braut auf den Bräutigam? Auch darauf kann nur die Liebe Antwort Erteilen, und es ist nicht möglich, Anweisungen zu geben. - Andererseits tritt, wenn die Schrift über das Warten spricht (Matth.24,42 bis 25,30; Mark. 13,33-37; Luk. 12,34-48; 21,34-36; 1.Thess. 5,4-11) weniger unser Verhältnis als das der Braut zum Bräutigam als vielmehr das des Knechtes zum Herrn in den

Vordergrund; der Knecht hat dem Herrn Rechenschaft abzulegen und findet bei ihm Lohn.

4. Unterfrage: „Es müßte uns hier unten wohl eigentlich recht schlecht gehen, bis wir wahrhaft von ganzem Herzen ausrufen: ‚Komm, Herr Jesu!'?“

Wie die Braut die Wiederkehr des Bräutigams und den Tag der Hochzeit aus Liebe herbeisehnt, so soll auch in unserem Herzen die Liebe zum HErrn den Ruf: „Komm, Herr Jesu!“ wecken. - Laßt uns das nahe Verh ältnis, in das wir durch Gottes Gnade als Glieder der Brautgemeinde Jesu Christi getreten sind, genießen! Lies in diesem Zusammenhange das Hohelied!

O. v. Br.

Antwort C

Stellen wie Röm. 5,9.10 bezeugen klar, daß die an Jesum Glaubenden errettet sind mittelst des Glaubens an das durch Jesum vollbrachte Werk am Kreuze. Errettet von dem zukünftigen Zorn, wobei wir sehr wohl an Offenbarung 6,16.17 zu denken haben. Eph. 1,14 bezeugt, daß die Glaubenden durch den Heiligen Geist versiegelt und versichert sind betr. der Sicherheit ihrer ewigen Errettung; ja, noch manch andere Stellen der Heiligen Schrift bezeugen dem wahrhaft Glaubenden seine ewige Errettung in Christo. Was ist nun praktisches Warten auf den HErrn? 1. Thess. 1,9.10 sagt uns etwas davon: diese Thessalonicher hatten sich auf Grund der Verkündigung des Evangeliums durch den Apostel Paulus zu Gott bekehrt - um dem lebendigen Gott zu dienen - und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten. Drei unzertrennliche Tatsachen: Bekehrung zu Gott, und die noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben (nach 1. Petri 4,2-4 und anderen Stellen) und Seinen Sohn zu erwarten - das ist praktisches Warten. Eine Notwendigkeit, auf das Kommen des HErrn zu warten, besteht nicht! Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist; in der Bekehrung und durch dieselbe haben wir im Herzen erlebt und erfahren die unergründliche Liebe, das unermeßliche Erbarmen Gottes über uns in der Dahingabe Seines geliebten Sohnes, unseres Heilandes; wir sahen Ihn am Kreuze für uns gestorben, und wer dies persönlich erlebt hat, dessen Herz und dessen Verlangen ist seitdem nur eines: diesen geliebten HErrn bald zu sehen, um ewig bei Ihm sein zu dürfen. Von Notwendigkeit, auf den teuren HErrn zu warten, kann keine Rede sein, es ist vielmehr der durch den Heiligen Geist ins Herz gegebene Drang der Liebe zum HErrn. Wenn von Notwendigkeit geredet wird, so käme dies ja dahin, daß das Kommen des HErrn von Menschen bezw. dem Gläubigen abhängig wäre, wie ja auch leider unter Gläubigen die Meinung vorkommt, daß der HErr nicht kommen könne, solange die Gläubigen in so viele Gemeinschaften, Meinungen und Sekten zerstreut seien; das Kommen des HErrn ist nicht abhängig von dem jeweiligen Zustand einzelner oder vieler Gläubigen. So sehr es gewiß den HErrn und den Heiligen Geist betrüben muß, daß es so steht, das praktische Warten auf den HErrn ist ein Werk des Glaubens und eine Bemühung der Liebe im praktischen Leben und Wandel und des Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesum Christum (1. Thess. 1,3). Der Herr Jesus Selbst harrt aus droben, nach dem Willen Seines Vaters, und wir haben auszuharren (2. Thess. 3,5); es ist Seine Geduld und Langmut, die so gerne alle retten möchte (2. Petr. 3,9).

Die Meinung, als ob es einem recht schlecht hier unten ergehen müsse, bis man wahrhaft von ganzem Herzen ausrufen könne: „Komm, Herr Jesu!“, ist sehr irrig, und es findet sich im Worte Gottes auch nicht der mindeste Anhaltspunkt dafür. Keine zeitlichen und irdischen Umstände der

Gläubigen: Not, Elend, Armut, Krankheit, Bedrückung, Verfolgung und was in den Bereich der Leiden gehört, werden den HErrn bestimmen, zu kommen, und kein Gläubiger, in dessen Herz die Liebe Gottes durch den Heiligen Geist ausgegossen ist und der Gemeinschaft hat mit dem Vater und dem Sohn (1. Joh. 1,3), wird um irgendwelcher Umstände willen rufen: „Komm, Herr Jesu!“ Lesen wir die Berichte des Apostels im Römer- und Korintherbrief betr. seiner Leiden, seines Ergehens in dieser Welt! (Röm. 8,37.) Er sagt: „Aber in diesem allem sind wir mehr als Überwinder durch Den, der uns geliebt hat.“

Endlich möchte ich bemerken, daß Offenb. 22,17 steht: Und der Geist und die Braut sagen „komm!“ Der Heilige Geist, den Gott gesandt an Christi Statt, um die Braut, die wahre Gemeinde Gottes, aus der Welt zu sammeln und zu werben, ruft: „Komm!“ Der Heilige Geist sehnt Sich Selbst, die Braut, die Er in der Welt geworben hat, dem Bräutigam bald zuführen zu können.

Wir haben ein so schönes Vorbild in dem Knecht Abrahams, dem Elieser: 1. Mose 24,56. Nachdem er die Braut für dessen Sohn Isaak gefunden hatte, will er sich nicht länger aufhalten lassen, er spricht: „Haltet mich nicht auf usw.“ Der Heilige Geist sehnt Sich sehr, die Braut heimzuführen und diese Erde, wo Er soviel betrübt worden ist, zu verlassen. Wir dürfen sicher sein: das Sehnen und Verlangen des Herrn Jesu nach Seinen Erlösten und durch Sein Blut Erkauften ist unendlich größer als das Sehnen der Braut selbst (Joh. 14,2.3; 17,24). Und die Braut ruft: „Komm!“ Sobald die Braut des Bräutigams Stimme hört: „Ich bin der glänzende Morgenstern“, ruft sie hocherfreut „Komm!“ Denn sie weiß, daß Er dann kommt, ja, daß Er sehr nahe ist.

Möchten wir alle, die den Herrn Jesum kennen und liebhaben, beherzigen 1. Thess. 5,4-11!

F. B.

Antwort D

Wenn ich die Frage recht verstehe, geht der erste Teil derselben dahin, ob unsere zukünftige Errettung davon abhängig ist, daß wir tatsächlich auf das Kommen des HErrn warten. Mit „zukünftige Errettung“ ist wohl unsere ewige Errettung gemeint. Insoweit ist die Frage entschieden zu verneinen, denn das Wort Gottes macht unsere ewige Errettung von nichts anderem auf unserer Seite abhängig als nur von unserem Glauben an den Herrn Jesum Christum, den Sohn Gottes, unseren Heiland. Er ist der Fels, auf den unser Heil gegründet ist. Das bezeugt das Wort Gottes an vielen Stellen, wie Joh.3,16; 6,47; 10,27-29 u.a.m.

Die mitangezogene Stelle Röm. 5,9 spricht m. E. von einer anderen Errettung - der Errettung durch unseren HErrn vom „Zorn“, der in den im Worte Gottes angekündigten Gerichten einst über diese Welt kommen wird und daher in 1. Thess. 1,10 der „kommende Zorn“ genannt wird. Aber auch von dieser Errettung gilt das oben Gesagte.

Wie haben wir uns dieses Warten zu denken? Denken wir uns eine Braut, deren Bräutigam abwesend ist. Er konnte ihr bei seinem Abschiede nicht sagen, wann er wiederkommen würde, sondern nur, daß er sicher wiederkommen werde, um sie dann heimzuführen, und daß sie seines Kommens jederzeit gewärtig sein könne. Nun wartet sie auf ihn jeden Tag, jede Stunde, immer bereit für ihn; ihr Herz ist mit ihm beschäftigt, weilt bei ihm, er füllt es aus, nach ihm ist ihr Sehnen, alles andere hat keinen oder nur untergeordneten Wert für sie. So ist es mit einem Herzen, das auf den HErrn wartet. Das ist

die „erste Liebe“, von der der HErr spricht, als Er in dem Sendschreiben an Ephesus sagt: „Aber Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast“ (Offenb. 2,4).

Er füllte nicht mehr ihr Herz ganz aus, sie warteten nicht mehr, wie zuerst, mit Sehnsucht auf Ihn. - Ein liebliches Bild finden wir im Hohenliede. Dort sagt die Braut in 2,16 voll Liebe: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein.“ In 6,3 sagt sie im seligen Genusse seiner Liebe: „Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein.“ In 7,10 aber sagt sie voll tiefsten Sehnens, das im Empfinden seines Sehnens nach ihr Ausdruck findet: „Ich bin meines Geliebten, und nach mir ist sein Verlangen.“ O wie kostbar! Muß es uns da erst „recht schlecht“ gehen, um uns dahin zu bringen, von ganzem Herzen auszurufen: „Komm, Herr Jesu!“? Wenn es uns „schlecht“ geht, ist dies wohl geeignet, uns nach Ihm ausschauen zu lassen, weil wir wissen, daß Sein Kommen uns allem Leid entrücken wird. Aber wenn dieses erst uns veranlaßt, Sein Kommen zu wünschen, dann ist Er noch wenig für unser Herz, und kennen wir noch wenig die Liebe Seines Herzens für uns! Dann wissen wir nichts von der „ersten Liebe“, und der HErr muß eben Drangsal kommen lassen, um uns zurechtzuhelfen (wie das Sendschreiben an Smyrna zeigt, Offenb. 2,9.10), und Dank sei dem HErrn, daß Er es tut, und wohl uns, wenn Er Sein Ziel erreicht! Das ist aber nicht der Seinen Gedanken entsprechende Zustand, sondern Er möchte, daß wir ohne solche Trübsalswege uns nach Ihm sehnen, indem Er der Schatz ist, bei dem unsere Herz weilt und der es anzieht! „Denn wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein,“ hören wir aus Seinem Munde in Luk. 12,34. Das ist eine kostbare und ernste Tatsache. Wie steht es mit uns? Warten wir tatsächlich auf unseren teuren HErrn? Laßt uns offen gestehen: Nein! - wenigstens ich muß dies bekennen, denn welch herrliche Wirkung muß ein tatsächliches Warten auf Sein Kommen doch auf unser Leben ausüben! Mochte nicht die Braut von dem geliebten Bräutigam bei seinem Kommen so betroffen werden, wie es ihm zur Freude ist? Sicherlich! Darum wird sie, wenn sie in der Erwartung seines Kommens lebt, beständig dafür besorgt sein, von sich alles fernzuhalten, was ihm mißfallen könnte, vielmehr aber so gefunden zu werden, wie es ihm wohlgefällt und ihn beglückt. Und sie kennt ihn und weiß sehr wohl, was ihm mißfallen würde und was ihm wohlgefällt und ihn beglückt. Ist es nicht genau so mit uns und unserem Warten auf unseren HErrn? Er kann jeden Augenblick kommen! Muß nicht diese Erwartung das tiefste Verlangen in meinem Herzen hervorrufen und wach erhalten, auch jeden Augenblick so erfunden zu werden, wie es Ihm wohlgefällt? Muß da nicht jede Sünde und Unreinheit - alles, dessen ich mich vor Ihm schämen müßte - aus meinem Leben verschwinden, Seinem Lichte, Seiner Heiligkeit gemäß, und mein Wandel ein heiliger sein? Muß nicht mein Leben beständig Ihm dargelegt, Ihm geweiht sein? Muß nicht Seine Liebe mein Herz erfüllen und Sein Geist mich leiten? Muß nicht die Welt in Wahrheit eine Wüste und alles, was sie zu bieten vermag, gänzlich ohne Wert für mich und ohne Einfluß auf mich sein? Ganz gewiß! Wie steht es hierin mit uns? In Luk. 12,35.36 sagt der HErr: „Es seien eure Lenden umgürtet und die Lampen brennend; und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann irgend er aufbrechen mag von der Hochzeit ...“ Der Apostel Paulus konnte im 2. Kor. 5,9 im Blick auf das Vereintwerden mit dem HErrn sagen: „Deshalb beeifern wir uns auch, ... Ihm wohlgefällig zu sein,“ und im ersten Johannesbriefe lesen wir in Kap. 3,3 in Verbindung mit der Hoffnung auf das Kommen des HErrn: „Und jeder, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist.“ Das ist wirkliches Warten auf das Kommen des HErrn.

Solches Warten auf Sein Kommen übt also auf unser Leben hienieden einen mächtigen und gesegneten Einfluß aus. Dies erfahren wir in dem Maße, wie wir tatsächlich auf Ihn warten. Ein bloßes Besitzen und Festhalten der Lehre vom Kommen des HErrn ist ohne diesen Einfluß - es ist

kein wirkliches Warten. Dis Fehlen dieses tatsächlichen Wartens ist also ganz gewiß ein großer Verlust für jedes Kind Gottes, wenn auch sein ewiges Heil dadurch nicht in Frage gestellt wird. Und wie muß es unseren teuren HErrn betrüben, wenn Seine Liebe so wenig Erwiderung findet! Möchte es darum dem Heiligen Geiste gelingen, Seine Liebe uns so kundzumachen und Seine Person uns so kostbar und lieblich vor unser Auge zu stellen, daß unsere Herzen sich wahrhaft nach Ihm sehnen und wir von ganzem Herzen rufen: „Komm, Herr Jesu!“

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Mit dieser wichtigen Frage und den darauf eingelaufenen vier köstlichen Antworten, von denen Antwort B aus dem Felde kam, beschließen wir das erste Heft des neuen Jahrgangs. Möchte den geliebten Lesern, ja uns allen der Ruf und das Sehnen nach dem Kommen des Bräutigams von Anfang dieses Jahres an recht teuer werden, möchten wir immer inniger rufen: „Komm!“, daß

viele, die noch nicht so zu rufen wagten, es hören und auch sprechen: „Komm!“ (Offenb. 22,17.)

Nur noch ein paar Bemerkungen, die allerdings schon z. T. berührt sind! Die Entrückung (1. Thess. 4,13-18) ist keine Belohnung, die uns zuteil wird für treuen Wandel, sondern sie ist der Abschluß unserer Erlösung, und zwar die Erlösung unseres Leibes (Phil. 3,21), und darum ist sie das Teil aller, die mit dem kostbaren Blute Christi erlöst sind (1. Petr. 1,18), und für diese alle kommt der Herr Jesus, um sie dort einzuführen, wo Er ihnen die Stätte bereitet hat (Joh. 14,1-3). Es gibt aber immer noch viele liebe Kinder Gottes, die glauben, erst müsse und werde dies und jenes geschehen, gar noch erst der Antichrist kommen, ehe der Herr Jesus wiederkommen könne. Aber der HErr macht Sein Kommen nicht vom Antichrist abhängig, sondern die Schrift macht’s umgekehrt, wie der Vergleich von 2. Thessalonicher mit 1. Thessalonicher für den unvoreingenommenen Leser deutlich ergibt. Der HErr sagt in Joh. 14,2: „Ich gehe hin (euch eine Stätte zu bereiten)“ - „Ich komme wieder!“ Da sind keine Ereignisse auf der Erde nötig in der Zwischenzeit. Die antichristliche Zeit von Offenb. 6 (vergl. Band III, 1915, Fr. 23) kommt nach den Vorgängen von Kap. 4 und 5, wo die Gemeinde schon im Himmel gesehen wird. Kein Ereignis ist nötig, ehe der HErr kommt, und wenn Er kommt, wird unsere Erlösung praktisch vollendet. Darum, geliebte Geschwister, laßt uns Ihn erwarten! Wir sind erlöst, Ihn zu erwarten, und bei Seinem Kommen werden wir verwandelt und Ihn sehen, wie Er ist.

Wie sollten wir uns in heiligem Wandel und in der Liebe (und auch mit Worten) nach Ihm sehnen - schon um Seinetwillen, weil Er Sich nach uns sehnt! Ruft eine Braut auf Erden nur nach dem Bräutigam, wenn es ihr „recht schlecht“ geht? Wäre das Liebe? Nein! Und so mit uns! Wohl kann die Erwartung des kommenden HErrn uns in den Kämpfen und Leiden dieser Zeit Trost gewähren und soll es auch (Röm. 8,18; 2. Thess. 2,16.17 u. a.), aber der Ansporn der Sehnsucht nach Ihm darf für das liebende Herz nur Er Selbst sein! (Vgl. z. B. auch 1. Mose 45,26-28!) Sagt der HErr etwa (Joh. 16,33): „In der Welt habt ihr Drangsal, aber seid gutes Muts: Ich komme bald!“? Nein, sondern: „Ich habe die Welt überwunden,“ und wir in und mit Ihm (Röm. 8,30ff.; 1. Joh. 5,1ff.!). Also nicht die Trübsal zwingt uns den Ruf: „Komm!“ von den Lippen ab, sondern - wenn wir recht stehen - die in unseren Herzen durch die Liebe des Bräutigams entzündete Liebe ruft in heißem Sehnen: „Komm, Herr Jesu!“

Herr Jesu!“

Geleitsworte an den Leser:

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott ... In Ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen ... Ihr suchet in den Schriften, denn ihr meinet, in ihnen ewiges Leben zu haben, und sie sind es, die von Mir zeugen ... HErr, zu Wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist.“ Joh. 1,1.4; 5,39; 6,68.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 4

Welches sind die Hauptbelehrungen des Buches Esther für uns?

Antwort A

Wir können uns nur auf ganz kurze allgemeine Richtlinien beschränken, da Einzelheiten bei der Fülle des Stoffes und der Größe des Buches uns zu weit führen würden.

1. Das Buch Esther zeigt uns vor allen Dingen das geheime Walten Gottes über Sein Volk, und zwar zu einer Zeit, wo es der Zustand desselben nicht erlaubte, sich mit ihm öffentlich eins zu machen. Wir suchen darum vergeblich nach dem Namen Gottes; auch da wird er nicht genannt, wo wir ihn unbedingt erwarteten (vergl. 4,14). Gott wirkte nicht durch Wunder, wie Er es tat in der Jugendgeschichte Israels, als Er es aus Ägypten herausführte, sondern durch die Wege Seiner Vorsehung brachte Er die Errettung Seines Volkes zustande; unter Vorsehung verstehen wir nicht das offensichtliche Eingreifen Gottes z. B. durch Zeichen und Wunder usw., sondern (in den Augen der Ungläubigen und Unerleuchteten) Vorkommnisse mit natürlichen Folgen. Nichtsdestoweniger sahen treue Kinder Gottes zu allen Zeiten die Hand und das Herz ihres Herrn in allen Geschehnissen, weil sie wissen, daß kein Haar von ihrem Haupte fällt ohne den Willen ihres Vaters. Welche kostbare Tatsache inmitten der Versuchungen, Schwierigkeiten und Schicksalsschläge des täglichen Lebens!

2. Das Buch Esther schattet die heutige Zeit vor, während wie damals, so auch heute die Juden unter den Völkern zerstreut leben (vergl. 3,8). In Esra und Nehemia wird uns gezeigt, daß ein kleiner Überrest aus der Gefangenschaft nach dem Lande seiner Väter zurückkehrt. Sie machten Gebrauch von der Gnade Gottes, wie auch heute im tieferen Sinne ein kleiner Überrest von der Gnade Gottes zum Heil ihrer Seele durch den Glauben an den Herrn Jesum, ihren Messias, Gebrauch macht, während die Masse der Juden im Unglauben, obwohl viele von ihnen dem Gesetz treu sind, dahin geht, indem sie sich's fern von den Verheißungen und Hoffnungen Israels behaglich unter den Nationen in der Welt gemacht haben.

Doch sendet Gott in Seiner Gnade eine gewaltige Erschütterung ihrer Stellung und ihres Ansehens

Doch sendet Gott in Seiner Gnade eine gewaltige Erschütterung ihrer Stellung und ihres Ansehens vor den Nationen. Wie damals so auch heute noch sind sie ständig dem Haß und der Feindschaft der anderen Völker ausgesetzt. Es ist eine eigene, aber doch schriftgemäße Erscheinung, daß kein Volk so unsäglich und aller Beschreibung spottend unter dem Kriege zu leiden hat wie dieses. Die Russenflut in Galizien, das ständige Hin-und-her-wogen des Kampfes in Polen und in letzter Zeit die Judenwanderung daselbst würden ganze Bände füllen, um das Leid und den Jammer dieses armen Volkes zu schildern, von den falschen Verleumdungen und den daraus folgenden Grausamkeiten ganz zu schweigen. Genau wie Haman sie verleumdet. Die Wahrheit des Wortes, „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ hat sich wieder einmal in erschreckender Weise gezeigt. Rußland, wo eigentümlicherweise die meisten Juden wohnen und das der grausamste Verfolger dieses Volkes ist, wird vom Herrn Jesu nach Hes. 38 und 39 selbst vernichtend gerichtet werden. Die Juden wären längst vernichtet, wenn nicht Gott an ihnen das Zeichen Kains gemacht hätte und wenn Er ihnen nicht einen Retter in Joseph, einen Befreier in Moses, einen Heiland in Mordokai und eine Fürsprecherin in Esther gegeben hätte, die nur unvollkommene Vorbilder auf Christum hin sind. So führen alle die wuchtigen Schläge die Juden dahin, den wirklichen Mordokai zu erkennen, der zu allen Zeiten und unter allen Umständen nicht nur das zeitliche, sondern das ewige Wohl Seines irdischen Volkes sucht: Christus, ihren König und HErrn (vergl. 10,1-3).

3. Dieses Buch bildet einerseits den Höhepunkt, das Höchstmaß und das Endstadium der Leiden der Juden vor. Die Schrift nennt es „Eine Zeit der Drangsal für Jakob“ Jer. 30,7, und der HErr bezeichnet die Leiden selbst als die größte Drangsalszeit der Weltgeschichte (vergl. Matth. 24,15-28). Diese Endzeit wird alles hinter sich lassen und in den Schatten stellen, was die Geschichte von Schrecklichem zu berichten weiß. Der falsche Christus, der Anti- Christus, vorgebildet in dem Anti- Semit Haman, wird sein Wesen treiben und das Maß der Leiden voll machen. Diese Zeit kann und wird erst nach der Entrückung der Gemeinde einsetzen, und wenn der HErr jene Schreckenszeit nicht verkürzte, würde nicht ein Jude übrig bleiben, so daß kein Stamm dieses Volkes für das Tausendjährige Reich da wäre (vergl. Matth. 24,22). Andererseits bildet es das Morgenrot eines Tages der Errettung des ganzen Volkes vor. Die Sonne des Heils und der Gerechtigkeit wird über diesem armen Volk in der Person des Herrn Jesu ausgehen und wird herrschen durch Sein Volk von Meer zu Meer bis an die Enden der Erde. Dann wird es nicht mehr der Schwanz der Nationen sein, sondern das Haupt (vergl. 5. Mose 28,13); und es wird sich das Wort der Schrift bewahrheiten: „Keiner Waffe, die wider dich gebildet wird, soll es gelingen; und jede Zunge, die vor Gericht wider dich aufsteht, wirst du schuldig sprechen“ (Jes. 54,17).

4. Wir sehen aber auch, welchen persönlichen Nutzen wir aus diesem so inhaltsreichen Buch schöpfen können, indem uns gezeigt wird, daß Gott die Treue eines Mordokai und die Hingabe einer Esther reichlich belohnt. Mordokai ist durch eine Entschiedenheit gekennzeichnet, die uns deutlich die Möglichkeit vorführt, daß wir unter allen Umständen den Willen unseres HErrn zu tun vermögen, auch dann, wenn die ganze Macht der Welt gegen uns ist; denn wir wissen Gott für uns (vergl. Röm. 8,31-39). Der Glaube überwindet die Welt und rechnet allein mit Gott. Wie uns in Mordokai das unbedingte Festhalten am Worte Gottes und Treue dem HErrn gegenüber gezeigt wird, so finden wir in Esther mehr die Hingabe, Selbstlosigkeit und die Liebe für das Volk Gottes. Beides soll bei einem jedem von uns gefunden werden! Darum finden wir im Worte Gottes, daß die Liebe zu den Kindern Gottes sich kund tut im Halten der Gebote Gottes und nicht etwa, liebe Geschwister, im Aufgeben der Grundsätze Gottes aus falscher Liebe zu lauen und unentschiedenen Kindern Gottes

(vergl. 1. Joh. 5,2)! Möge der HErr dies mit uns allen erreichen zu Seines Namens Ehre und Preis! Er ist es wert!

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn es uns auch leid tut, daß uns über diese Frage keine weiteren Antworten zugegangen sind, so können wir doch sagen, daß vorstehende köstliche Antwort Genügt, die Leser, welche sich gerne mit dem wunderbaren Buche Esther beschäftigen wollen, hineinzuleiten in seine Tiefen. Dazu noch einige Ausführungen! Auch betreffs dieses Buches gilt das, was wir am Schluß der Frage 22 des III. Jahrgangs (1915) betreffs des Buches Ruth geschrieben haben und hier abdrucken:

Unser vornehmstes Begehren sollte stets, auch bei der Betrachtung ganzer Bücher der Schrift, das sein, den Herrn Jesus in denselben zu finden. Ganz bestimmt zeigt uns jedes Buch der Schrift (auch des Alten Testaments) den HErrn vorbildlich unter besonderen Gesichtspunkten, wenn es auch manchen Forschens unter der Leitung des Geistes bedarf, um diese stets herauszufinden. Aber der HErr Selber sagt uns: „... die Schriften sind es, die von Mir zeugen“ (Joh. 5,39). Gibt es etwas Köstlicheres beim Schriststudium, als dies Zeugnis der Schriften von Ihm zu suchen?!

So glauben wir, daß uns der Gesamtcharakter des Buches Esther (das Gepräge desselben), in dem ja des Namens Gottes, des Gebetes, des Reiches Gottes, wie eines gläubigen Überrestes nie Erwähnung getan wird, uns Christus zeigt als den großen Unbekannten unter Seinem Volk, als der Er hienieden erschien („Er kam ..., die Welt kannte Ihn nicht“ ... „die Seinen nahmen Ihn nicht auf“ ... „wenn ihr nicht glauben werdet, daß Ich es bin - wer bist Du?“ usw. Joh. 1,10.11; 8,24.25 u.a.). Wenige erkannten Ihn, wenige waren gleich den Hirten, dem Simeon, der Hanna, den Aposteln glückselig in Ihm, wenige konnten sagen: „zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens ...!“ - den meisten Herzen blieb Er verborgen. Und wirkte doch so herrlich „durch den Finger Gottes“ (Luk. 11,20)! Und dem Volke verborgen wirkte Er - durch Vorsehung - auch im Buche Esther. - Einst wird Er Seinem Volke wohlbekannt sein, wenn die Zeit von Mal. 3,1 erfüllt wird: „Plötzlich wird zu Seinem Tempel kommen der HErr, den ihr suchet.“ Dann wird erfüllt: „alle werden Ihn erkennen“ (Jer. 31,31-34). - Wie erschütternd: Ein Buch des heiligen Volles ohne den Namen Jehovas - und ein Messias, von Seinem Volke nicht anerkannt! Aber auch der verborgene Gott vergißt Seines Volkes nicht.

Soviel über das Gesamt gepräge des Buches als Vorbild auf Christus hin. Aber wie schon in obiger Antwort kurz angedeutet, haben wir in Mordokai eine ganz besondere Vorschattung Christi. Wohl finden wir in Esther Züge des Wesens unseres HErrn und ebensowohl Züge der Braut Christi, aber Mordokai übertrifft alles, was dieses Buch an Vorbildlichem enthält. Dieses köstliche zehnte Kapitel! Beachten wir dies recht eingehend! Im zweiten und dritten Vers sind uns sieben Punkte genannt, die auf Christus hinweisen, und die wir hier ganz kurz andeuten wollen: Es heißt 1)„Mordokai der Jude“ - auch der Herr Jesus war ein Jude, ja das echte Bild eines Juden, in dem in Wahrheit kein Falsch war (Joh. 4,9; Joh. 18,33-35; Matth. 2,21; Joh. 1,11 u. a.), eines Juden, der das ganze Gesetz erfüllte (Matth. 5,17; Jes. 42, 18-21!) usw. 2) Mordokai wurde zu hoher „Größe erhoben“ (vergl. 9,4; Joh. 3,30) - wer dächte da nicht an Phil. 2,9 oder Hebr. 2,9, Stellen, die uns ein wenig schauen lassen von der Erhöhung des zweiten Menschen Christus Jesus! (vergl. noch u. a. Apgesch. 2,22-36; 33! und

7,55.56!). 3)„Mordokai der Zweite nach dem König Ahasveros“ - Christus als der Sohn Gott unterworfen (1. Kor. 15,28) und doch als die zweite Person der Gottheit Gott gleich. 4)„Mordokai groß bei den Juden“ - Jesus war schon durch Seine Rede groß bei den Juden (Joh. 7,46), und „alles Volk hing Ihm an“, „folgte Ihm nach,“ „hörte Ihn gern“; und in vielfältiger Weise sehen wir Ihn, der - wenn auch der Verachtete - groß war bei vielen und einst als König Seines Volkes herrlich sein wird. 5)„Mordokai wohlgefällig der Menge seiner Brüder“ (vergl. Matth. 25,40: der Herr Jesus nennt die Juden Seine Brüder!). - Wir von dem HErrn Seine Brüder genannt! (Hebr. 2,17; Joh. 20,17.) Ist Er uns wohlgefällig, - Er, der Gott wohlgefällig ist (Matth. 3,17)?! Luk. 2,52! 6)„Er suchte das Wohl Seines Volkes.“ Ja, wie wunderbar tat Mordokai dies, er, der auch weinen konnte um sein Volk (4,1; vergl. Luk. 19,41!) - aber wie unendlich köstlicher der Herr Jesus, indem Er für Sein Volk Israel starb und für uns, die wir zu Seinem Volk gemacht sind (Joh. 11,52; 1. Petri 2,9.10). [Weitere Stellen können wir der Fülle wegen hier nicht mehr angeben.] Und mit welchen geistlichen Segnungen segnet Er uns fortgesetzt (Eph. 1-3!), wie reich sind wir durch Seine Armut, mit Ihm verherrlicht - usw. usw. (vergl. noch dazu Kapitel 8,15-17!). 7)„Redet zur Wohlfahrt seines ganzen Geschlechts,“ „Er sandte Worte des Friedens und der Wahrheit“ (Kap. 9,30!) - und Er, unser Heiland; Er, der Fürst des Friedens; Er, unser Friede?! Seine Worte sind „Friede Euch“ (Joh. 20,19.26), Er machte Frieden (Kol. 1,20) und läßt bis heute verkündigen Friede dem Glaubenden (Röm. 5,1ff.) usw. - Welch ein Vorbild ist Mordokai, er ist nur ein Schatten, aber von welcher Herrlichkeit! Wie aber ist der Körper (Christus)! Möchten uns die Züge aus Mordokais Leben köstlich werden im Blick auf Jesus Christus, unseren herrlichen HErrn! 2. Kor. 3,18!

Ein letztes Wort! Mordokais Entschiedenheit, die zunächst Esther mitreißt und dann dem ganzen Volk Gottes zu ewigem Segen wird, kann uns, wie auch Antwort A zeigt, viel lehren im Blick auf unsere Stellung zum Wort des HErrn sowie zu Seinem Volk; ebenfalls auch Esthers Hingabe. Wie manche Gläubige von heute halten Dinge fest, die, wie sie selber oft sogar zugeben, das Wort Gottes nicht kennt, und zwar um sich die Türen nicht zu verschließen oder aus Menschenfurcht oder aus mangelnder Gottesfurcht (vergl. Frage 1!), und darum aus Furcht vor Satans (Hamans) Macht! Traurig! Sind unter den geliebten Lesern dieses Heftes solche? O, geht bei Mordokai und Esther in die Schule! Laßt uns alle das tun, in jeder Hinsicht persönlicher Entschiedenheit! Dann werden wir gesegnete Leute, die Gott braucht, wie Er will, zu Seiner Ehre! (2. Kor. 6,14-18! Offenb. 3,8.)

Frage 5

Ich bitte um Hilfe für das Verständnis von Joh. 8,56!

Antwort A

Von dem hier vom HErrn genannten Abraham und vielen anderen Männern und Frauen heißt es in Hebr. 11,13: „Diese alle sind im Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht empfangen, sondern sahen sie von ferne und bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerrecht auf der Erde seien.“ So sah m. E. auch Abraham Seinen Tag von ferne, als von ihm, dem Gestorbenen (Hebr. 11,12), Isaak, der verheißene Same, aus dem Christus dem Fleische nach hervorgehen sollte, geboren wurde, und er denselben, nachdem er ihn Gott geopfert hatte, im Gleichnis aus den Toten zurückerhielt (Hebr. 11,17-19).

Durch diese wunderbaren Wege Gottes mit ihm wurde Abraham befähigt, mit erleuchteten Augen des

Durch diese wunderbaren Wege Gottes mit ihm wurde Abraham befähigt, mit erleuchteten Augen des Glaubens Christi Tag und Sein herrliches Erlösungswerk greifbar vor sich gerückt zu sehen und mit Frohlocken zu begrüßen, während jene Juden in Joh. 8, die sich damit brüsteten, Abrahams Söhne zu sein, in ihrer geistlichen Blindheit sich an Ihm stießen (Matth. 21,42-45), obwohl sie Ihn und Seine herrlichen Werke mit leiblichen Augen sahen und Seine geistgewaltigen Reden hörten.

K. Hch.

Antwort B

Eine Erklärung dieser Stelle gibt uns meines Erachtens Hebr. 11. „Der Glaube ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft, eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht. Denn in diesem haben die Alten Zeugnis erlangt“ (V. 1 und 2), nämlich in der Kraft des Glaubens.

Abraham war ein Mann des Glaubens. Gott gab ihm zu wiederholten Malen die größten Verheißungen für sich und seine Nachkommenschaft (vergl. 1. Mose Kap. 12, 13 und 17!). Als Fremdling im Lande der Verheißung genoß Abraham die Erfüllung der Verhei ßung nicht, er wartete auf etwas Besseres, auf das, was Gott droben für ihn bereitet hatte, „er erwartete eine Stadt, die Grundlagen hat“ (Hebr. 11,10; vergl. Offenb. 21,10!), aber er sah die Erfüllung der Verheißung von ferne, „begrüßte sie“ und freute sich. In den dem Abraham gegebenen Verheißungen lag die ganze Zukunft Israels verborgen, aber eingeschlossen bis zum Anbruch des Morgens ohne Wolken: des Tausendjährigen Reiches und seiner Herrschaft unter dem von Gott auf Zion, Seinem heiligen Berge, eingesetzten Konig Israels (Ps. 2,6). Er sah in dieser Verheißung den Tag Christi, Sein Kommen in diese Welt als Retter und König Israels, er sah den herrlichen Tag, wo viele kommen werden von Osten und Westen, um mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische zu sitzen im Reiche Gottes (Luk. 13,29).

Ich möchte noch hinweisen auf die vielen Glaubenszeugen in Hebr. 11! Von Henoch schreibt Judas V. 14: „Siehe, der HErr ist gekommen“ usw.; er schreibt nicht: „Er wird kommen.“ Henoch war so mit Gott vertraut im Glauben, daß er dieses Gericht tausende von Jahren voraussah! Diese Glaubensmänner hatten alle Zeugnis erlangt von Gott durch Glauben, daß diese Dinge, die sie leiblich nicht sahen, doch für sie Wirklichkeit seien. Alle diese Zeugnisse sind aber zu unserem Nutzen und Segen geschrieben. Haben wir, die Glaubenden, nicht auch solche kostbaren Verheißungen zum Beispiel in Eph. 1,3; 2,6: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo. ... und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu.“ Alle geistlichen Segnungen stehen uns zur Verfügung, unser Platz ist jetzt schon droben. Wie verwirklichen wir in unserem Glauben diese Dinge? Verweilen wir jetzt schon droben? Dies Verweilen droben hat gesegnete Folgen für unseren Wandel hienieden. Der Glaube Abrahams befähigte ihn, als Fremdling, getrennt von der Welt, hienieden zu gehen, und da unser Bürgertum in den Himmeln ist (Phil. 3,17-21), so werden wir in der Welt durch den Glauben als Fremdlinge wandeln und Gott mit uns haben.

F. B.

Antwort C

Nehmen wir 1. Petri 1,3-9 als Schlüssel für diese Stelle: Die „volle Gewißheit“, daß Gott das zu tun

Nehmen wir 1. Petri 1,3-9 als Schlüssel für diese Stelle: Die „volle Gewißheit“, daß Gott das zu tun vermag, was Er verheißen hat, und Tote lebendig macht (Röm. 4,17.21; Hebr. 11,19; in 1. Petri 1,3 die lebendige Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi), die Erwartung einer Stadt, die Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist, das Suchen eines Vaterlandes (Hebr. 11,10.14; Gal. 4,26; im 1. Petri 1,4 das Erbteil) haben bei Abraham Freude bewirkt; er frohlockte (Joh. 8,56; vergl. „ihr frohlocket“ in 1. Petri 1,6), daß er dies alles sehen sollte. Wie in 1. Petri 1,6.7 wurde der Glaube (Hebr. 11,1) Abrahams erprobt, bewährt, und er sah in der Probe selbst die Wirklichkeit dessen, was er glaubte: er empfing Isaak aus den Toten (Hebr. 11,19), und wenn wir beachten, daß Abraham in Isaak den ihm verheißenen Samen, Christum, sah, so verstehen wir, warum Jesus sagte, Abraham habe Seinen Tag gesehen. Abraham hat in den Erfahrungen, den Proben seines Glaubens, die Verheißung von ferne gesehen und begrüßt (Hebr. 11,13), und jede derselben füllte sein Herz mit neuer Freude, so daß sein Pilgerlauf dadurch gekennzeichnet wird: „Er baute Jehova einen Altar“ (1. Mose 12,8; 13,4.18; 22,9; 21,33). Im Opfer Isaaks und in der Einholung Rebekkas durch Elieser für denselben sah Abraham wie die Propheten (vergl. Joh. 8,53) die Leiden, die auf Christum kommen sollten und die Herrlichkeiten danach (z. B. die Bildung der Gemeinde durch den Heiligen Geist, ihre Entrückung - 1. Mose 24,67 - und die Hochzeit des Lammes). In Joh. 8, 56 sehe ich die Wirksamkeit des Glaubens in Abraham. Man lese noch dazu Röm. 4,13-25; Gal. 3,16; Hebr. 11,8-19!

Sind wir nicht gegenüber Abraham schwach im Glauben, zweifelnd an den Verheißungen? Darum so wenig Freude und große Armut zum Anbeten im Geiste und in der Wahrheit! Der HErr stärke uns im Glauben!

R. W. D.

Antwort D

Der Herr Jesus sagt „Meinen Tag“; es handelt sich also um den Tag des HErrn. Von diesem spricht das Wort Gottes viel, und zwar in verschiedener Beziehung, aber immer als zukünftig. Im Alten Testament ist er der „Tag Jehovas“ genannt. Ich muß dem Leser überlassen, im Worte selbst nachzulesen, und nenne zu diesem Zwecke nur eine Anzahl von den vielen Schriftstellen, die von diesem Gegenstande reden: Jes. 13,6.7.9-13; Jer. 30,7-10; Hes. 30,2-9; Joel 1,15; 2,1-3.11 bis Schluß; Amos 5,18-20; 9,11-15; Mal. 3,2-4.6; Luk. 17,24.25; Röm. 13,12; 1. Kor. 1,8; 5,5; 2. Kor. 1,14; Phil. 2,16; 1.Thess. 5,2; 2.Thess.2,2.3; 2. Petri 3,10.12; Jud. 6. Beim Lesen dieser Schriftstellen finden wir, daß es sich nicht um einen Tag nach unserer Zeitrechnung handelt, sondern daß durch das Wort „Tag“ ein gewisser Zeitpunkt bezw. Zeitraum bezeichnet ist und daß dieser den letzten Teil der Zeitrechnung, den Abschluß Gottes mit dieser Erde bildet. Dabei treten besondere Züge vor unser Auge: Im Alten Testament ist mit dem „Tage“ besonders der Gedanke des Gerichtes über alles Böse und - daran anschließend - der Errettung und Segnung für die Seinen verbunden - alles auf dieser Erde -, und im Neuen Testament neben dem Gedanken des Gerichtes über die ungläubige Welt besonders noch der Gedanke der VerAntwortlichkeit und der Belohnung für die Gläubigen. Wie wir aus dem Worte Gottes wissen, wird Gott, nachdem „die Vollzahl der Nationen eingegangen sein wird“ (Röm. 11,25), also die Gemeinde des HErrn vollendet und entrückt sein wird, mit dieser Erde insgesamt und mit Israel im besonderen in besonderer Weise handeln: eine große Drangsal, „dergleichen von Anfang der Welt bis jetzthin nicht gewesen ist, noch je sein wird“ (Matth. 24,21), wird über diese Erde kommen; und dann wird der Herr Jesus in großer Macht und Herrlichkeit

24,21), wird über diese Erde kommen; und dann wird der Herr Jesus in großer Macht und Herrlichkeit kommen, alle Völker richten (Matth. 25,31-46) und dann das Seinem Volke verheißene Reich des Friedens und wunderbarer Segnung auf dieser Erde aufrichten (s. Ps. 94-101; Offenb. 19 und 20), von dem in den Propheten und Psalmen so viel geredet ist und welches nach Offenb. 20,4-6 einen Zeitraum von tausend Jahren umfassen wird und deshalb das „Tausendjährige Reich“ genannt wird. Nach demselben ist der endgültige gerichtliche Abschluß mit dieser Erde und das „Jüngste Gericht“

(s. Offenb. 20, 7-15; vergl. Band III, 1915, Frage 35, Antwort C! D. Herausg.). Dieses alles ist eingeschlossen in den „Tag des HErrn“, wie die oben erwähnten Schriftstellen zeigen. Mithin war dieser „Tag“ auch die Erfüllung der dem Abraham gegebenen Verheißung: „In deinem Namen sollen gesegnet werden alle Völker der Erde“ (1. Mose 22,18; 26,4), und dieses ist es, was Abraham durch Glauben vorausblickend „sah“ und worüber er frohlockte. -

Für uns persönlich ist sehr vieles mit diesem „Tage“ verbunden, sowohl sehr Ermahnendes als auch sehr Ermunterndes und Herrliches. Gepriesen sei der HErr!

Th. K.

Antwort E

Dieser Vers lautet: „Abraham, euer Vater, frohlockte, daß er Meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.“

Aus diesen Worten geht klar und bestimmt hervor, daß Christus die Person des Glaubens, der Hoffnung und der Freude der alttestamentlichen Heiligen war. Wenn man die Schrift sorgfältig liest, so kann dies leicht festgestellt werden (vergl. 1. Kor. 10,4; Hebr. 11,26; usw.). In diesem Kapitel wird des Abraham Erwähnung getan, da die Juden von ihm sprachen, und ihn sogar mit dem HErrn verglichen (siehe Verse 52.53). Wir wissen ja genügend aus der Schrift, daß der Gott und Vater unseres Herrn Jesu nie Vergleiche oder besser gesagt: Gleichstellungen mit dem Herrn Jesu duldete. Matth. 17,1-8 gibt uns über diesen Gegenstand göttliche Belehrung. Als Petrus drei Hütten bauen wollte, wurde er vom Vater unseres HErrn schnell zurechtgewiesen, indem eine Stimme aus der Wolke kam, welche sprach: „Dieser“ - neben Ihm kann in dieser Beziehung kein anderer stehen - „ist Mein vielgeliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe; Ihn höret. ... Sie sahen niemanden als Jesum allein.“ In der Epistel an die Hebräer, wo wir mehr Gegensätze als Vergleiche finden, wird uns in wunderbarer Weise gezeigt, daß alle und alles der Herrlichkeit Seiner göttlichen Person Platz machen muß, und alles nur genannt wird, um zu zeigen, daß Christus es unendlich weit überstrahlt. Wie die Sterne vor der aufgehenden Sonne gleichsam erlöschen, so erlischt auch in dieser Epistel ein Stern nach dem anderen vor der wahrhaftigen und ewigen Sonne, bis Er alles erfüllt mit dem Lichte Seiner Liebe und dem Glanz und der Pracht Seiner Herrlichkeit und wir anbetend vor Ihm niederfallen, da wir niemand sehen als Jesum allein!

Die Juden, welche sich ihrer Abstammung von Abraham rühmten, hatten nichts gemein mit dem Glauben Abrahams. Er sah durch Glauben den Tag des HErrn, darum heißt es: Seinen Tag! Es ist der Tag Seiner Herrlichkeit und Annahme von seiten Israels und der Heiden. Er wird allein erhaben sein an jenem Tage (vergl. Jes. 2,11.17). Es ist nicht der Tag Seiner Erniedrigung und Seiner Verwerfung. Wie hätte sich auch Abraham darüber freuen können? Ja, wir alle wissen und fühlen es, daß weder damals noch jetzt Sein Tag ist. Jetzt hat der erste Mensch seinen Tag, dann aber der zweite Mensch

aus dem Himmel, welcher nach dem Herzen Gottes ist, dasselbe völlig und vollkommen befriedigt hat; aber nicht nur dies, sondern Er hat es uns geoffenbart. Alle Gläubigen, die im rechten Verhältnis zum HErrn stehen, sehnen mit Abraham Seinen Tag herbei und lieben Seine Erscheinung (siehe 2. Tim. 4,8). An Seinem Tage werden alle Verheißungen, die dem Abraham und seinem Samen gemacht wurden, durch Christum buchstäblich erfüllt werden. Der erste Teil des Verses: „Abraham frohlockte, daß er Meinen Tag sehen sollte,“ steht, soweit ich es verstehe, mit den ihm gemachten Verheißungen in Verbindung (vergl. 1. Mose 17,1-22; bes. V. 17 und 19). Verstehen wir recht: Er sollte ihn sehen; es heißt nicht, daß er ihn sah. Der zweite Teil des Verses besagt, daß er Seinen Tag sah, d. h. er glaubte, was ihm verheißen war, und durch Glauben sah er die Erde erfüllt mit der Herrlichkeit des HErrn und alle ihm und seinem Samen gemachten Verheißungen verwirklicht und hinausgeführt durch Christus, den wahrhaftigen Isaak (Matth. 1,1; Gal. 3,16). Dieses gründet sich zum Teil auf 1. Mose 22,1-19; bes. Vers 17.18. Abraham lernte Gott kennen als den Gott der Auferstehung (Hebr. 11,17-19), der, nachdem Er den Tod zunichte gemacht, Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht, diese Erde zu erfüllen vermochte mit dieser Seiner Herrlichkeit zum Segen aller Nationen. Abraham ehrte den HErrn durch Glauben und sah in Ihm den „Ich bin“. Dies glaubten die Juden nicht, dadurch gaben sie sich Zeugnis, daß sie nichts gemein hatten mit dem gläubigen Abraham. Was haben wir mit ihm gemein? Er wurde Fremdling und war ohne Bürgerschaft in dieser Welt (Hebr. 11,13). Seine Augen sahen eine zukünftige Welt, sein Herz lebte darin, und sein Leben zeugte davon. Möge uns Christus, die Sonne der anderen Welt, ganz erfüllen, so daß auch wir bezeugen, daß unser Teil mit Ihm ist und nicht in dieser Welt!

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

In vorstehenden Antworten ist - obwohl sie nicht alle gleichen Sinnes sind - sehr viel Köstliches gesagt worden, und sie verdienen, gründlich geprüft zu werden. Wir weisen bez. der Hauptauffassung, daß dem Abraham durch bestimmte Vorgänge in seinem Leben die Verheißung des Sehens von „Meinem Tage“, wie der Herr Jesus sagt, gegeben wurde, noch darauf hin, daß auch in der Begegnung des Abraham mit Melchisedek (1. Mose 14,18-20) ein solcher vorbildlicher Vorgang gesehen werden kann, in dem Abraham - im Glauben - jenen verheißenen Tag sah, d. h. den Tag der Herrlichkeit. Daß dieser Tag nicht eintreten kann ohne das Kommen des Herrn Jesu ins Fleisch, ist selbstverständlich, weswegen wir zwischen den Anschauungen von Antwort A oder (etwa) von E keinen grundsätzlichen Gegensatz sehen möchten. Warum soll Abraham sich nicht haben freuen können über das Kommen Jesu ins Fleisch, wenn hiermit doch die Rettung der Glaubenden (also der wahren „Söhne Abrahams“) verbunden war? Es ist gesagt, er hätte sich nicht freuen können, weil jenes Kommen Jesu ins Fleisch den Tag Seiner Erniedrigung zur Folge hatte, ja. den Tag Seiner Verwerfung in sich schloß. Gewiß kann kein „Freund Gottes“ frohlocken über unseres geliebten HErrn Verwerfung, und doch - was schloß diese wiederum in sich?! und mußte nicht die Schrift erfüllt werden, daß der Sohn des Menschen leiden sollte? und ist diese Erfüllung der Schriften nicht etwas unsagbar Köstliches, wenn man nur den HErrn allein im Auge hat, d. h. von den Menschen und ihrer Bosheit absieht? Außerdem aber bekam Abraham die Hauptverheißung im Anschluß an die oder vielmehr gerade in der Zurückgabe des von ihm geopferten Isaak, worin doch die Auferweckung des HErrn vorgebildet ist, und diese im Geiste durch Glauben zu sehen war gewiß ein vollwertiger Gegenstand (sehnsüchtigen) Frohlockens! Jedenfalls bitten wir alle Leser herzlich, obige Antworten

nicht oberflächlich, sondern gerade wegen ihrer bemerkenwerten Verschiedenheiten gründlich an Hand der Schrift zu prüfen.

Die obige Auffassung, als habe Abraham den Tag des HErrn, ob den Seiner Erscheinung im Fleische (vergl. übrigens Luk. 17,22!) oder den Seiner Verherrlichung, im Glauben. vorausgesehen und sich gefreut, hat gewiß viel für sich, gerade in Verbindung mit Hebr. 11 und Phil. 3,17ff., und dadurch ist uns dann das Leben des Glaubens überaus köstlich und wichtig gemacht. Ja, möchten wir die kurze Spanne unseres Lebens nur auskaufen und das Leben des Glaubens, das mit unserer Aufnahme zu Ihm für immer beendet ist, also nur noch auf Erden von uns gelebt werden kann, in Treue und Gehorsam verwirklichen - wie Abraham im Gegensatz zu Lot, wie auch Moses, „der standhaft aushielt, als sähe er den Unsichtbaren“ (Hebr. 11,27)! -

Aber es scheint uns doch nicht unbedingt festzustehen, daß die Stelle so auszulegen sei, und zwar des Zusammenhangs wegen. Der HErr will den Juden doch nichts sagen über den Glauben des Abraham, sondern über Seine eigene die ihres Stammvaters weit überragende Größe, ja, die Ewigkeit Seiner eigenen Person. Daher scheint uns der Sinn am einfachsten so zu sein: dem Abraham wurde, wodurch auch immer, bei seinen Lebzeiten die Verheißung gegeben, den Tag Jesu zu sehen. Wenn also dies ihm zuteil wurde, so beweist das wohl, daß er - wie die Juden ihn einschätzten - eine besonders begnadigte Person wir, aber vor allem, daß der Herr Jesus ihn unendlich überragte. Doch ist denn diese Verheißung erfüllt? d. h. hat Gott die mit dieser Verheißung bezeugte Gnadenbevorzugung der von den Juden geschätztesten Person weiterhin wahrgemacht? Ja! denn Abraham lebt (vor Gott), wenn er auch leiblich gestorben ist. Die Juden erkannten die Wahrheit von V. 51 nicht an, aber Abraham tat es, er glaubte Gott, er bewahrte Sein Wort im Glauben und lebte darum, wenn auch noch nicht auferstanden (1. Kor. 15,23; vergl. Band III, 1915, Frage 11!), so doch im Paradiese, und von dort aus hat er, vielleicht kraft besonderer Gnade, das Kommen des HErrn Jesu ins Fleisch (womit die Vorbedingung für den späteren Tag der Herrlichkeit erfüllt war) gesehen und sich gefreut [ebenso wie sich Simeon freute, der das Kommen Jesus ins Fleisch allerdings leiblich erlebte und die hiermit in Verbindung stehenden Dinge prophetisch schaute und sich überströmend freute (Luk. 2,25ff.)]. - Kurz zusammengefaßt: Nach dieser Deutung fallen die Aussagen des Vorder- und Nachsatzes in ganz verschiedene Zeiten, die des Vordersatzes in die Zeit des Erdenwandels Abrahams, die des Nachsatzes in die Zeit, da der Tag des Herrn Jesu auf dieser Erde begann. Und sowohl durch die dem Abraham gegebene Verheißung wie auch durch die Erfüllung derselben wurde den Juden, die nur den damals gegenwärtigen von ihnen mißachteten Tag Jesu (einer Person, die sie nicht anerkannten als ewig, als Sohn) kannten und sahen, bewiesen- wenn sie nur glauben wollten! - daß Er der Größere war, ja, daß von Ihm wahr ist: „Ehe denn Abraham ward, bin Ich“ (V. 58).

Wir legen neben obigen auch diese Deutung, die nicht etwa den Anspruch erhebt, unfehlbar richtig zu sein, zur Prüfung vor. Wir glauben, daß die einzigartige Stelle Joh. 8,56, die gar keine vergleichbaren Stellen in der Schrift hat, weswegen wir in der Erklärung auch überaus vorsichtig sein müssen, verschiedene Deutungen, die einander nicht zu beeinträchtigen brauchen, in sich schließen kann. Übrigens wollen auch wir selbst uns gern belehren lassen und aus den übrigen Antworten lernen! - Der HErr gebe uns allen tiefes Verständnis Seinem kostbaren Wortes, zu Seiner Ehre!

 

Frage 6

Was ist unter dem „dritten Himmel“ 2. Kor. 12,2 zu verstehen?

Antwort A

Der Heilige Geist gibt uns zuweilen Andeutungen, welche uns zeigen, daß es persönliche Erlebnisse gibt, die ein Geheimnis bleiben zwischen dem HErrn und dem, den Er begnadigt und gewürdigt hat, solches zu erfahren. Um ein solches Vorrecht handelt es sich hier. Der eigentliche Ruhm des Paulus war seine Schwachheit, und wenn er hier von den Offenbarungen, die ihm zuteil wurden, redet, so geschieht dies nur, um zu zeugen von der göttlichen Gnade, die ihm geschenkt geworden war. Er greift auf ein 14 Jahre zurückliegendes Erlebnis zurück. Ob er es in seinem sterblichen Leibe erlebt, oder ob er denselben in diesem Augenblick verlassen hatte, das wußte er nicht. Auf jeden Fall hatte sein Leib keinen Anteil an diesem Erlebnis. Er war entrückt „bis in den dritten Himmel“, „bis in das Paradies“. Es war ein Blick in eine Herrlichkeit, die anderen verschlossen war. Er durfte die Herrlichkeit Gottes, das Reich des Lichtes, die himmlische Heimat sehen und Worte hören, die für irdische Ohren nicht bestimmt waren. Es war etwas von dem Ort und Platz, den der Apostel uns Eph. 1,3 und 2,6 schildert, von dem Platz, den wir durch und mit Christus in den himmlischen Örtern besitzen. Jedenfalls ist es, wenn wir so sagen dürfen, die unmittelbare Wohnung Gottes. Wie im Alten Bunde Jehova nur im Allerheiligsten wohnte, so wurde auch Paulus jetzt dorthin entrückt, wo der Wohnort Gottes war. Er durfte im voraus schauen, was er geglaubt hatte. „Vergessend was dahinten und mich ausstreckend nach dem, was vorne ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christus Jesus“ (Phil. 3,14). Dieses Ziel ließ Gott Seinen Knecht schauen.

Ph. W.

Antwort B

Gott hat es nicht für gut befunden, uns durch Seinen Knecht mitzuteilen, was unter dem „dritten Himmel“ zu verstehen, oder wie dieser, den Paulus nach V. 4 auch mit „Paradies“ bezeichnet, beschaffen sei. So haben wir nach meiner Meinung auch kein Recht, darüber nachzugr übeln. Es war sicher ein Ort wunderbarer Herrlichkeit. - Wir wollen das Wort in dem Zusammenhang ansehen, in welchem der Heilige Geist es uns hat überliefern lassen: Im 10. Kap. sieht Paulus die Korinther in Gefahr, auf das zu schauen, was vor Augen ist; er ist darum bemüht, ihre Blicke wegzuleiten von dem Sichtbaren und zeigt ihnen, wie töricht es sei, auf das Fleisch zu sehen. Im 11. Kap. geht die Sorge des Apostels noch tiefer; er muß fürchten, daß sie im Begriff stehen, sich abzuwenden von der Einfalt gegen den Christus. Er zeigt ihnen, wohin man dann kommt: man rühmt Menschen, die nur Werkzeuge und Diener Gottes sind. Wenn jemand sich rühmen konnte - wievielmehr nicht Paulus (und das in Wahrheit, Kap. 12,6)?! An dieses 11. Kap. schließt sich das wunderbare Erlebnis des Paulus, wodurch aller Herzen von der Erde hinweg und hinaufgerichtet werden bis in den dritten Himmel; wie wunderbar ist das! Da hört jedes Sich-Rühmen auf. Im Blick auf diese Offenbarung sagt Paulus: „über mich selber werde ich mich nicht rühmen, es sei denn meiner Schwachheiten“ (V. 5).

Dürfen wir uns nicht freuen und erquicken an diesem wunderbaren Erlebnis des Paulus, wenn wir wissen, daß auch für uns der Augenblick kommt, wo wir „unaussprechliche Worte“ hören werden?

wenn wir sehen und hören werden das, was zu sehen und zu hören Paulus vor der Zeit der Leibeserlösung begnadigt war! Möchte die Stunde bald kommen! Bis dahin wollen wir uns bewahren lassen, uns nicht der Menschen zu rühmen, sondern allein des HErrn.

Haben wir nicht, geliebte Geschwister, wenn auch nur wie in einem Schattenbild gegenüber dem, was Paulus sah, auch schon Stunden oder Augenblicke erlebt, wenn wir allein im Kämmerlein zu den Füßen des HErrn lagen, gleichsam allem Irdischen entrückt, wo die Herrlichkeit des HErrn uns umhüllte und Er zu unserer Seele sprach - Zeiten, über die wir im Rückblick nicht fähig sind, Worte zu finden, und über die wir am liebsten schweigen -, aber in denen wir einen Vorschmack empfingen von der Herrlichkeit droben?! Jedoch eine ernste Ermahnung ist es für uns: nie kann Er Sich den Seinen so nahen und sie Seine Herrlichkeit schmecken lassen, wenn nicht ihr Wandel im Himmel ist. Paulus konnte von sich sagen: „Seid meine Nachahmer usw.!“ - So laßt uns denn seine Nachahmer sein, nicht sehen aufs Fleisch, sondern auf die Fußstapfen, die der HErr uns hinterlassen hat, dann werden wir auch in der Wüste Oasen finden, in denen wir einen Vorschmack von der Herrlichkeit genießen!

A. H.

Antwort C

Die Schrift spricht von verschiedenen Himmeln: 1) Dem Wolkenhimmel, mit dem sie Vögel und Regen verbindet (1. Mose 7,23; 5. Mose 11,11). 2) Dem Sternenhimmel - dem Himmel - der Ausdehnung - dem Firmament, an dem die Sonne, Mond und Sterne gesehen werden (1. Mose 1,14-17). 3) Dem Himmel, in dem der Thron Gottes gefunden wird (z. B. Ps. 2,4; 11,4; Matth. 5,34; Mark. 16,19; Apgesch. 7,55; 1. Kor. 15,47).

Ferner werden noch der Engelhimmel und „die Himmel der Himmel“ genannt (z. B. Matth. 24,36; Gal. 1,8; 1. Kön. 8,27; 5. Mose 10,14).

Es ist schwer, etwas Bestimmtes über den „dritten“ Himmel zu sagen. Nur in der Hütte könnten wir vielleicht einen Anhalt finden. Denn Gott hatte zu Mose beim Bau der Hütte gesagt: „Siehe, daß du alles nach dem Muster machest, das dir auf dem Berge gezeigt worden ist“ (Hebr. 8,5). Die Hütte - alles, was zu derselben gehörte - waren „Abbilder der Dinge in den Himmeln“ (Hebr. 9,23). Hier ist der Beweis, daß uns in der Hütte, dem Abbilde der himmlischen Dinge, wichtige tiefe Belehrungen gegeben sind zum Verständnis der himmlischen Dinge selbst. Es ist schmerzlich zu sehen, wenn Kinder Gottes das Eingehen und Betrachten der Hütte mit Worten oder dem Lächeln der Überlegenheit als „Spezialität“ abtun. Solche zeigen nur, daß sie den Inhalt solcher Stellen und den Wert des Anschauungsunterrichtes in den Abbildern der Wirklichkeit noch nicht erfaßt haben.

Der dritte Himmel schließt eine Reihen- oder Stufenfolge in sich, die wir vielleicht mit dem Vorhofe, dem Heiligen und dem Allerheiligsten verbinden und in diesem Sinne als von der Wohnung Gottes reden dürfen. Paulus wurde dorthin entrückt - in das Paradies. Ob „Paradies“ den Charakter des dritten Himmels uns zeigt, oder ob es ein besonderer Teil des Himmels ist (wenn ein solches Wort hierfür überhaupt statthaft ist), dürfte wohl, wie so manches, hier unten eine offene Frage bleiben.

Es genügt: ein Mensch in Christo (Paulus) war dort. Ob im Leibe oder außer dem Leibe, weiß er nicht. Er hat es erwogen - er wagt nicht zu sagen „im Leibe“ auch nicht „außer dem Leibe“ - er muß zum

zweiten Male sagen: „ich weiß nicht“. Er weiß nicht, wie es zuging, aber er weiß, und das war gewiß - er war dort. Wann? Manche haben an Lystra gedacht, Apgesch. 14,19.20 - aber er sagt nur: vor 14 Jahren.

Es will mir scheinen, wenn wir solche Gnade erfahren hätten, wir selbst oder andere hätten viel Wesens und Rühmens davon gemacht - aber Paulus machte nichts daraus. Nichts hatte er den Korinthern davon gesagt. So geht ein Mensch in Christo mit hohen Offenbarungen um. Sie durften nicht zum Ruhme des Menschen dienen. Er will sich seiner Schwachheiten rühmen, auf daß die Kraft Christi über ihm wohne. Jetzt nach 14 Jahren schreibt er davon, und wie schreibt er davon! In einer Weise, die uns die Kraft Christi, die über ihm wohnte, bewundern und anbeten läßt. In einer Weise, daß sein ganzes Nichts dabei zum Ausdruck kommt. Hohe Offenbarungen kann Gott nur solchen geben, die sich durch Seine Gnade bewahren lassen, dem Fleische keinen Vorschub zu leisten. - Denken wir an Philippus, den der Geist des HErrn leibhaftig entrückte. Was würden wir aus einem solchen Bruder machen, der vom Geist des HErrn gen Asdod - oder gar ins Paradies - entrückt wäre! Wie schwach, wie wenig geistlich sind wir doch! Wir lesen später noch von Philippus, aber nichts wird davon erwähnt. Zwar wird seinem Namen etwas hinzugefügt, aber nicht - „der nach Asdod Entrückte“ -, sondern das herrliche Beiwort „der Evangelist“ (Apgesch. 8,39.40; 21,8).

Was Paulus dort gesehen und gehört, dafür hatte er keine Ausdrücke. Das konnte nicht ausgesprochen werden. Es fehlte die Möglichkeit, den wirklichen Begriff davon wiederzugeben. Himmlische Worte konnten nicht in irdische Worte aufgenommen werden. Unaussprechliche Herrlichkeit, die das Maß des menschlichen Auffassungsvermögens hier unten übersteigt.

Dorthin ging der Schächer mit Jesus. Dorthin gehen wir mit Jesus. Dort wurde er empfangen. Dort wird der HErr dich und mich empfangen. Halleluja! Bis dahin bleibt das Wort: „Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht“ (2. Kor. 12,9). Halleluja!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Ja, wahrlich, jenes ist ein „Halleluja“ wert, und wie oft mögen wir den HErrn schon gepriesen haben wegen jener Herrlichkeit, die uns aufbewahrt ist in den Himmeln! - aber sind wir auch zufrieden mit „Schwachheit“ als dem Schauplatz, wo die Gnade ihre herrlichsten Siege feiert? -haben wir da auch ein Halleluja im Herzen und auf den Lippen? Kennen wir etwas von diesem Rühmen des Paulus - Rühmen der Schwachheit? Rühmen der Verfolgungen und Leiden (Kap. 11)? Ach, möchten wir Gnade haben, V. 10 (12. Kap.) in uns zu verwirklichen!

Die vorliegende Frage klingt so trocken, so lehrhaft! Aber die Antworten sind nicht so, sie wollen unsere Herzen berühren, uns lösen von dem, was unten ist und hinausweisen in die Gemeinschaft mit dem Heiligen, ohne dessen Gnade wir Nichtse sind, aber durch dessen Gnade nicht nur ein Mensch in Christo befähigt worden ist, im dritten Himmel, im Paradies zu weilen, sondern durch die alle Menschen in Christo „Freimütigkeit bekommen haben zum Eintritt in das Heilige durch Sein Blut“ (Hebr. 10,19). Welche Gnade! Nicht das ist nötig für uns, Erfahrungen zu machen wie Paulus (zu dessen Kleinhaltung ihm dann, wie er selbst sagt, der Pfahl ins Fleisch gegeben wurde), aber ein unsagbarer Verlust ist es für uns, wenn unsere Herzen nicht jetzt schon dort zu Haus sind, wo wir einst in verherrlichtem Leibe („überkleidet“) ewig weilen werden: „da, wo der Christus ist“ (Kol. 3,1

u. a.).

Darum „suchet, was droben ist! Sinnet auf das, was droben ist!“ (Kol. 3,1.2.)

Geleitsworte an den Leser:

Jesus Christus ... Dieser ist der Stein ..., der zum Eckstein geworden ist. Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen. - Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen. - Und von allem, wovon ihr im Gesetz Moses' nicht gerechtfertigt werden konntet, wird in diesem jeder Glaubende gerechtfertigt.“ Apgesch. 4,10-12; 10,43; 13,39.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 7

Bleibt für den Menschen die Willensfreiheit bezüglich der Annahme des Heils unter allen Umständen bis zu seinem Tode bestehen (Jes.55,1; Off. 22,17c; Joh. 7,37 u. a.) oder geben Stellen wie Röm. 9,15.16.18; Hebr. 12,16.17; auch Jes. 55,6 u. a. berechtigten Anlaß zu der Meinung, der Mensch könne sich nicht allezeit frei entschließen? Hat er auf Grund der Schrift überhaupt einen unbeschränkt freien Willen?

Antwort A

Gott ist in Seinem Willen unbeschränkt. Der Mensch ist in seinem Willen beschränkt, auch in bezug auf die Annahme des Heils. Vor dem Sündenfall hatte der Mensch ein größeres Gebiet seines freien Willens; dies hat er zum Teil verloren (vergl. 1. Mose 1,26). Er kann über die Naturkräfte und Elemente nicht unbeschränkt herrschen, nicht einmal über sich selbst (Verhältnisse, Unfälle, Tod), am allerwenigsten über göttliche und geistliche Dinge (Pred. 8,8).

Auch in bezug auf die Annahme des Heils ist er nicht unbeschränkt frei. Gott hat uns das Jetzt, das Heute gegeben (2. Kor. 6,2; Hebr. 4,7); die kommende Zeit steht uns nur nach Gottes Ermessen zu (Apgesch. 17,26.27). Kein Mensch kann sich im Stande des Unbewußtseins bekehren (Röm. 10,14-17), es fängt für ihn erst da an, wo er mit dem Heil in Christo bekannt wird (Luk. 12, 47.48; Röm. 2,12ff.). Da kann er sich dann für Annahme oder Abweisung entscheiden (Röm. 9,22; 1. Tim. 1,16). Zudem gibt es Verhältnisse, wie bei der Verstockung, wo Gott Sein Gnadenangebot zurückzieht, nachdem es mutwillig mit Füßen getreten worden ist. Dahin gehören die Stellen 2. Mose 9,12-15; Röm. 9,15-18; Jes. 55,6. - Hebr. 12,16.17 bezieht sich nicht auf das Heil in Christo, sondern auf die Sinnesänderung Isaaks zur Erlangung von Esaus selbstsüchtigem Begehren (vergl. Röm. 9,22ff.).

Es gibt gewisse Verhältnisse, in denen ein einzelner nicht für sich allein handeln kann, z. B.

Es gibt gewisse Verhältnisse, in denen ein einzelner nicht für sich allein handeln kann, z. B. Bündnisse, Fortpflanzung, Fähigkeit u. a., dies gilt auch vom Neuen Bund und vom neuen Leben. Darum wird der Mensch zum Glauben aufgefordert, und andererseits heißt es: „Es kann ein Mensch nichts nehmen, es werde ihm denn von oben gegeben.“ Gott verlangt Bekehrung, und doch steht auch geschrieben: Bekehre Du mich, so werde ich bekehrt Jer. 31,18). Die Wiedergeburt wird vom Menschen verlangt (Joh. 3,3.5); sie wird aber Gott und Seinem Wort zugeschrieben (Joh. 1,13; 1. Joh. 5,1.5; Jak. 1,18; 1. Petri 1,23). Dies weist auf gegenseitige Übereinstimmung mit Gott hin. Jeder Mensch kann sich in bezug auf sein ewiges Heil in Übereinstimmung mit Gottes Willen setzen, oder auch widerstreben (vergl. Luk. 13,34). Gott könnte auch den Menschen gewaltsam unter Seinen Willen beugen, aber Er tut es nicht, weil Er ihm die Freiheit der Entscheidung hierüber gegeben hat. Eine gewisse Freiheit hat also der Mensch, aber nicht eine unbeschränkte. Der geoffenbarte Wille Gottes in Gottes Wort zeigt uns die Grenzen der menschlichen Freiheit (vergl. Jak. 4,13-16; Luk. 12,20; Pred. 3,1.11; 8,6).

F. Th. H.

Antwort B

„Gott will, daß alle Menschen errettet werden“ (1. Tim. 2,3.4). Wenn viele Menschen nun verloren gehen, so gilt von ihnen Ev. Joh. 5,40: „Ihr wollt nicht zu Mir kommen.“ Die Stellen aus Röm. 9 muß man im Zusammenhange lesen. Die Kapitel 9,10 und 11 gehören zusammen. Sie behandeln die Stellung Israels zum Evangelium. Wenn Gott zuerst Israel erwählte als Träger Seiner Verheißungen, so war es Gnade von Gott, nicht Israels Verdienst (Röm. 9,6-9). Wenn Gott in der Gegenwart (der Zeit seit dem Apostel Paulus bis heute) auch an der Segensverheißung, die Gott dem Abraham gegeben hatte (vergl. Gal. 3!), die anderen nichtjüdischen Nationen teilnehmen läßt, so ist das ebenfalls Gnade. Beachten wir, daß es Vers 9 in Röm. 9 heißt: „Denn dieses Wort ist ein Verheißungs wort: ... Sarah wird einen Sohn haben.“ Diese Verheißung des Sohnes, durch den alle Nationen gesegnet werden sollten, hatten weder Abraham noch Sarah, noch Israel verdient, sondern Gott hatte sie in Seiner Gnade gegeben. Wenn Gott also diese Verheißung gegeben hatte, so lag es weder an der Kraftanstrengung des Menschen (dem Laufenden), noch an dem Willen des Menschen (dem Wollenden), sondern an Gottes Gnade (dem begnadigenden Gott) (Röm. 9,16). Abraham hatte nur einen Sohn, Isaak, den Träger der Segensverheißung. Isaak aber hatte zwei Söhne. Welcher von beiden sollte nun Träger der Verheißung sein? Damit derselbe sich nicht auf sein Verdienst, seine Werke berufen konnte, daß sie ihm diese bevorzugte Stellung gegeben hätten, wurde vor der Geburt beider Söhne der Segensträger (also Jakob) bestimmt (Röm. 9,10-12). Esau suchte den Segen vergeblich. Für Buße fand er keinen Raum! Es handelt sich in diesen Stellen also nicht um die persönliche Errettung - sondern um Gottes Verheißung und Segen. Röm. 9,17 (bezüglich Pharaos) bezieht sich auf 2. Mose 9,16. Aus 2. Mose 9,15 geht hervor, daß Pharao mit seinem Volke das Gericht schon verdient hatte; Gott ließ ihn aber bestehen, Er erhielt Pharao noch, um an ihm Seine Macht zu erzeigen. Gottes Name sollte dadurch auf der ganzen Erde verkündigt werden, zum Nutzen aller Völker. Denn Gott hat alle Menschen in den Unglauben (den sie selbst erwählt hatten) eingeschlossen, nicht damit Juden und Heiden verloren gingen, sondern „auf daß Er alle begnadige“ (Röm. 11,32). Juden und Heiden sollten also einsehen, daß nur Gottes Gnade sie erretten könne (vergl. Röm. 11,30.31). Die Menschen waren eingeschlossen (nicht: sind noch eingeschlossen) mit dem Endzwecke: auf den Glauben hin, der geoffenbart werden sollte (Gal. 3,22-25). Gott hat jetzt

die Tür des Glaubens aufgetan (Apgesch. 14,27). Das Werk der Errettung ist allerdings Gottes Werk (Eph. 2,8); der Mensch hat die Errettung nicht bewirkt („nicht aus Werken“), auch nicht verdient; aber der Mensch muß an diese Errettung glauben („mittelst des Glaubens“). So ist die persönliche Errettung des Menschen durch das Kreuz von seiten der Gnade Gottes („durch die Gnade seid ihr errettet“); von seiten des Menschen aber muß an dieses vom Worte Gottes bezeugte Werk geglaubt werden. Das ist Bekehrung. Und dazu gehört der Willensentschluß des Menschen (Luk. 15,13; Apgesch. 11,23).

W. T.

Antwort C

Gottes Wille ist es, „daß allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen,“ zur Annahme des Heils in Christo (1. Tim. 2,4; Hes. 13,23-32), weshalb Gott Einladungen und Aufforderungen an alle Menschen ergehen läßt, wie geschrieben steht Jes. 55,1; Offenb. 22,17;Joh. 7,37 usw.

Gott schuf die Engel wie den Menschen mit einem freien Willen; liegt nicht hierin schon eine große Würde und Ehre für den Menschen? Gott der Schöpfer konnte von Seinem Geschöpf, dem Menschen, erwarten, daß derselbe seinen Willen nur zum Guten, d. h. zum Gehorsam gegen Gott betätigen werde. Engel fielen, und durch die List des Satans (1. Mose 3,1-5) lernte auch der Mensch die traurige Fähigkeit, seinen Willen zum Bösen, zum Ungehorsam zu betätigen; seitdem erweist der Mensch seinen Eigenwillen, der Gott stets entgegengesetzt ist, und Eigenwille ist Götzendienst (1. Sam. 15,23).

Die Stellen Röm. 9,15-24, ebenso Hebr. 12,16 geben berechtigten Anlaß zu sagen, daß der Mensch sich nicht allezeit bis zu seinem Tode frei entschließen kann für die Annahme des Heils in Christo! Esau verkaufte sein Erstgeburtsrecht um ein Linsengericht, verlor den Segen; er galt ihm angesichts der Lust zum Linsengericht sehr wenig, hernach suchte er den Segen mit Tränen, fand aber keinen Raum zur Buße (vergl. Phil. 3,18-20!).

Wie hart und verstockt das Menschenherz ist, geben uns 2. Mose Kapitel 8-10 klar zu verstehen. Wir lesen mehreremal nacheinander: „Pharao aber verhärtete sich;“ infolgedessen lesen wir weiter: „Und Gott verhärtete dem Pharao sein Herz,“ Pharao hatte einen Eigenwillen, der sich über Gott erhöhte (2. Mose 5,2), und dieser Eigenwille und freie Wille Pharaos endigte in den Fluten des Roten Meeres.

Hieran sehen wir, daß der freie Wille des Menschen nicht unbeschränkt ist. Die Schrift bezeugt dies auch klar. Ebenso bezeugt sie, daß sich der Mensch nicht allezeit entschließen kann für die Annahme des Heils in Christo; der Mensch kann nicht bestimmen: in der und der Zeit kann und will ich mich bekehren zu Gott und Sein Heil annehmen, während die Schrift sagt: Hebr. 3,7-13 „deshalb, wie der Heilige Geist spricht: Heute, wenn ihr Seine Stimme höret, so verstocket eure Herzen nicht.“ „Jetzt (in diesem Augenblick) ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils;“ und Jes. 55,6-9: „Suchet Jehova, während Er Sich finden läßt.“ Sicher ist es: der HErr hat schon manchen errettet wie einen Brand aus dem Feuer (Sach. 3,2). Er kann erretten aufs äußerste und völlig erretten, d. h. wenn es mit einem Menschen aufs letzte und äußerste gekommen ist; aber immer nur auf dem von Gott gewiesenen, bereiteten Wege (Luk. 23,40-43).

Gott hat einen Weg bereitet, auf welchem jeder Mensch ohne Ausnahme errettet werden kann, es ist die Umkehr und Buße, Unterwerfung unter den Willen Gottes, der Gehorsam dem Worte der Wahrheit durch den Glauben an Jesum und Sein vollbrachtes Werk. Nirgends aber findet sich in der Schrift nur der geringste Anhaltspunkt oder Andeutung, daß es im Belieben und in dem freien Willen des Menschen steht, ob und wann der Mensch das angebotene Heil annehmen will oder nicht; und doch sind unzählige Menschen in diesem Betrug der Sünde und des Satans gefangen.

F. B.

Antwort D

Aus den drei ersten angeführten Stellen wie auch aus Luk. 4,18.19; 5,31.32; Joh. 9,39 u. a. geht deutlich hervor, daß die Gnadenbotschaft nur an die gerichtet ist, welche dürsten, arm, gefangen, blind, zerschlagen sind usw., also in dem Sinne dieser bildlichen Ausdrücke an die, welche von den Freuden dieser Welt, ihren Reichtümern und Ehren (als löchrigen Zisternen) nicht befriedigt sind, ihr Gefangensein in Satans Macht, ihre Unwissenheit, ihr Verlorensein erkannt haben und Buße tun. Solche sind die gute Erde von Matth. 13,8; Luk. 8,8, eine durch die Arbeit des Ackerbauers (des Heiligen Geistes, Joh. 16,8) bebaute, aufgelockerte Erde, wo das Untere, Verborgene zum Vorschein gebracht worden ist. Das Ergebnis dieser Arbeit ist das Verlangen nach Gnade, der Wille zur Annahme des Heils, der Glaube, welcher in Jesu Christo den Heiland ergreift. Luk. 18,35-43;Joh. 5,1-9 sind schöne Abbildungen dieser Wirkungsweise Gottes in der Person Jesu, Seines Sohnes. Dem Lahmen und dem Blinden, welche sich ihres elenden Zustandes bewußt waren, sagt der HErr: „willst du geheilt werden?“ „was willst du ...?“, und veranlaßt sie somit zum Bekenntnis ihrer Bedürfnisse und Ohnmacht, die Er heilen wollte. Nie ist ein unter der Last seines Elends seufzender Mensch im Stiche gelassen worden, sondern immer kam zu ihm der „gewisse Samariter“, welcher gekommen ist, das Verlorene zu retten, und sagen konnte: „Ich habe das Werk vollendet ... das Ich tun sollte“ (Joh. 17,4).

Grundsätzlich anders handelt Gott mit den Menschen, welche „sich selbst vertrauen und sich für gerecht halten“ (Luk. 18,9) und meinen, sie „sähen“ (Joh. 9,39-41). Für sie hat Er eine Gerichtsbotschaft ohne Rücksicht (Matth. 23,13-35; Luk. 3,7-9; 11,39-54). Er bietet ihnen gar nichts an, sondern erklärt ihnen, was sie sind und was sie verdienen, denn Er weiß, daß der Wille zur Annahme des Heils bei ihnen nicht vorhanden sein kann, ehe sie Seine Aussprüche über sie anerkannt und Buße getan haben (Luk. 9,57.58; 18,18-23; Mark. 10,17-22).

Es kommt nicht zunächst darauf an, ob der Mensch das Heil will oder nicht, sondern ob er das gerechte Urteil Gottes über ihn rechtfertigt, denn das Weitere bewirkt Gott in ihm, wenn er nur diese Stellung einnimmt.

Dabei ist, glaube ich, mehr als des Menschen Wille sein Hochmut maßgebend. Der Mensch hat ein Gewissen, die Kenntnis des Bösen und des Guten; er ist imstande, das Urteil Gottes auf sich anzuwenden. Verhärtet er sein Herz und verwirft das Wort Gottes, so bringt er über sich das furchtbare Gericht der weiteren Verstockung, welches ihm die Möglichkeit der Errettung immer schwerer macht.

Die Hartnäckigkeit des Pharao und seine Verachtung des Wortes Jehovas sind es (2. Mose 5,2.4.6-9.17.18), welche Gott veranlaßten, sein Herz zu verstocken; Esau verachtete sein

Erstgeburtsrecht und sagte dazu, Jakob habe es ihm weggenommen, statt: „ich habe es verachtet und verkauft“ (1. Mose 25,30.34; 27,36), darum fand er später keinen Raum für die Buße. Es ist höchst gefährlich, die Mahnungen Gottes zu verwerfen und zu verachten, denn Er „widersteht den Hoffärtigen“; nicht ungestraft kann man Seine Geduld mißbrauchen und Ihn zum Lügner machen (1. Joh. 5,10). Uns ist aber nicht gegeben, zu wissen, wo und wann Er verstockt hat; einem jeden ohne Unterschied haben wir das Wort des Lebens darzustellen, wissend, daß keine Ungerechtigkeit bei Ihm ist. „Langmütig ist Er ..., da Er nicht will, daß irgend einer verloren gehe, sondern alle zur Buße kommen“ (2. Petri 3,9).

Zum letzten Teil der Frage glaube ich aus Röm. 3,11; Eph. 4,17.18; 2. Kor. 4,4 u. a., daß der Wille des Menschen nicht frei sei, sondern abhängig von seinem Herzenszustand. Der natürliche Mensch liegt in der Finsternis und will, was sein Meister, der Teufel, will. Der neue Mensch in Christo will nur das, was sein HErr und Heiland will zur Ehre Gottes. Dazu noch ein kurzes Beispiel: Solange ein Sklave im Dienste seines Herrn gewisse Vorrechte hat, solange es ihm wohl ergeht, denkt er gar nicht an die Flucht; er will auch nicht frei werden, wenn man es ihm auch anbietet; aber seufzt er unter der Last eines schweren Dienstes, so ergreift er die nächste Befreiungsgelegenheit; er will sofort, wenn jemand ihn fragt: Willst du frei werden? und macht sich dann willig zum Sklaven dessen, der ihm die Freiheit geschenkt hat (Hebr.2,18; 2. Kor. 8,9).

R. W. D.

Antwort E

Daß der Mensch einen unbeschränkt freien Willen bezüglich der Annahme des Heils in Christo überhaupt hat, ist nach meiner Überzeugung ganz gewiß. Ebenso gewiß ist mir andererseits, daß er sich nicht allezeit frei entschließen kann und die Freiheit des Willens in dieser Beziehung nicht unter allen Umständen bis zu seinem Tode bestehen bleibt.

Das Wort Gottes redet vielfach zu dem Menschen und von dem Menschen als jemandem, der sich frei entschließen kann, z. B. in Spr. 1,10.15 lesen wir: „Mein Sohn, wenn Sünder dich locken, so willige nicht ein,“ oder Kapitel 23,26: „Gib Mir, Mein Sohn, dein Herz, und laß deine Augen Gefallen haben an Meinen Wegen.“ Wenden sich diese Worte nicht an die freie Entschließung des Menschen? Oder Jes. 30,15: „Durch Umkehr und durch Ruhe würdet ihr gerettet werden; in Stillsein und in Vertrauen würde eure Stärke sein. Aber ihr habt nicht gewollt; und ihr sprachet: Nein ...“ Ganz ebenso in Matth. 23,37 und Joh. 5,40!

Gott ist ein gerechter Gott. Er macht den Menschen verAntwortlich für sein ewiges Los (Mark. 16,16; Joh. 3,17.18.36), wie aber könnte Er das, wenn Er nicht ihm auch Gelegenheit gäbe zur völlig freien Entschließung? Dies tut Er denn auch, wenn auch nicht das ganze Leben des Menschen hindurch. Wie lange oder wie oft, mag sehr verschieden sein bei den verschiedenen Menschen. In Hiob 33,14-30 finden wir etwas darüber: „Doch in einer Weise redet Gott und in zweien, ohne daß man es beachtet. Im Traume, im Nachtgesicht ... dann öffnet Er das Ohr der Menschen ...; daß Er seine Seele von der Grube zurückhalte und sein Leben vom Rennen ins Geschoß“ (V. 14-18). Das ist die eine Weise. „Auch wird er gezüchtigt mit Schmerzen auf seinem Lager“ usw. „und seine Seele nähert sich der Grube, und sein Leben den Würgern“ (V. 19-22). Das ist die andere Weise. Dann heißt es weiter: „Siehe, das alles tut Gott zwei-, dreimal mit dem Manne, um seine Seele abzuwenden von der Grube,

daß sie erleuchtet werde von dem Lichte der Lebendigen“ (V. 29.30). Gott gibt dem Menschen besondere Gelegenheiten, und nur Er weiß, wie Er mit einem jeden einzelnen Menschen handeln muß; sicher ist, daß Gott jedem Menschen ohne eine einzige Ausnahme - soweit er verAntwortlich ist - einmal Gelegenheit gibt, sich völlig frei zu entscheiden; Er ist der „Heiland-Gott, welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim. 2,3.4), und Er ladet einen jeden ein, der nur irgend mag: „Und wen da dürstet, der komme; und wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst“ (Offenb. 22,17c). Wie einerseits jeder Erlöste nur Seine Gnade preisen kann (Eph. 1,6.7; 2,8!), wird andererseits jeder, der verloren geht, einst erkennen und anerkennen müssen, dass er allein die Schuld trägt, weil er nicht gewollt hat (siehe auch Röm. 1,18-21; 2,4.5).

Wenn die Möglichkeit der freien Entschließung erst durch das Eingreifen Gottes - als ein Werk Seiner Gnade - in dem Leben eines Menschen geschaffen wird und diese Möglichkeit dem Menschen „zwei-, dreimal“ gegeben wird, wie es in der erwähnten Hiobstelle heißt (wiewohl Gott in Seiner Gnade nicht auf diese Grenze beschränkt bleibt), so ist es klar, daß im übrigen der Mensch nicht einen unbeschränkt freien Willen bezüglich der Annahme des Heils hat. Das zeigt uns Gottes Wort aufs deutlichste. Der große Widersacher Gottes, der „ein Menschenmörder von Anfang“ ist (Joh. 8,44), hat den Menschen unter seinen verderblichen Einfluß gebracht und bietet alles auf, ihn dort zu behalten und so zu verhindern, daß er das Heil in Christo annehme. Darauf sind im letzten Grunde alle die vielen, vielen Hindernisse zurückzuführen, die den Menschen von der Annahme des Heils abhalten. Darum heißt es in 2. Kor. 4,3.4: „Wenn aber auch unser Evangelium verdeckt ist, so ist es in denen verdeckt, die verloren gehen, in welchen der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat, damit ihnen nicht ausstrahle der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus ...“ Diesen schrecklichen Einfluß sehen wir am ausgeprägtesten bei Judas Iskariot in Joh. 13, Vers 2 und 27: „der Teufel hatte es ihm ins Herz gegeben, den Herrn Jesus zu überliefern, und nach dem Bissen fuhr alsdann der Satan in ihn“. Da gab es keine freie Entschließung mehr, er mußte tun, was der Satan wollte!

Gott sagt dem Menschen die Wahrheit, der Satan die Lüge. Es kommt also darauf an, was der Mensch von beidem annimmt, was er vorzieht, liebt. In bezug auf die Menschen, die verloren gehen, heißt es in Joh. 3,19: „...

und die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht ...,“ und 2. Thess. 2,10-12:

„... denen, die verloren gehen, darum, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden. ... die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit.“ Ja, „Er bewahrt klugen Rat auf für die Aufrichtigen“ (Spr. 2,7). Ein Mensch, der dann, wenn er vor die Entscheidung gestellt ist, zögert und aufschiebt, ist nicht aufrichtig, liebt die Wahrheit nicht. Wenn er dies wieder und wieder tut, wird sein Herz schließlich unempfindlich gegen die Wahrheit, taub gegen die Stimme Gottes, und er wird vielleicht später einmal „den Segen“ vergeblich suchen - sei es auch unter den bittersten Tränen -, weil sein Herz unfähig geworden sein wird, „Raum für die Buße“ zu finden! (siehe Hebr. 12,17). Darum: „Heute, wenn ihr Seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht“ (Hebr. 3,7), denn: „Ein Mann, der oft zurechtgewiesen, den Nacken verhärtet, wird plötzlich zerschmettert werden ohne Heilung“ (Spr. 29,1).

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir weisen hin auf die in dieser Sache wichtigen Fragen 1 in Band II (1914), sowie 12 und 37 in Band III (1915)!

Vorstehend haben wir etliche schöne in den Hauptpunkten und Hauptgrundsätzen übereinstimmende Antworten (andersartige gingen nicht ein!) auf obige oft umstrittene Frage. Sie verdienen gründliche Beachtung!

Der letzte Satz der Frage ist ein als besonders schwierig angesehener Punkt, und an diesen sind im Laufe der Jahrhunderte von Theologen und Philosophen ungezählte Worte - verschwendet. Es ist für den Schriftgläubigen nicht nötig, eine Formel dafür zu finden, ob unbeschränkter oder nur beschränkter oder gar kein „freier Wille“. Es ist für uns auch nicht erforderlich, in das Geheimnis göttlichen Vorherwissens und Vorherbestimmens einzudringen; worüber Gott uns nichts geoffenbart hat, das brauchen wir nicht zu erraten suchen. Aber was Er geoffenbart hat, auch über diesen Gegenstand, das nehmen wir im Glaubensgehorsam an und richten unser Leben danach ein sowie auch unsere Evangeliums-Verkündigung an die unbekehrte Welt, der das „Komme zu dem Heiland!“ „Glaube an den Herrn Jesus Christus!“ usw. zuzurufen wir nicht müde werden wollen, solange es „Tag“, Gnadenzeit ist (Luk. 14,21-23; 2. Kor. 5,18-20).

Abgesehen davon, was oben genugsam betont ist, daß der einzelne Mensch die ihm gebotene Gnadenzeit beizeiten benutzen soll und daß er diese nicht für immer hat (vergl. Hebr. 3,1; Luk. 13,6-9; 18,37 u.a.), abgesehen davon hat Gott dem Menschen freigestellt, sich für Christus oder gegen Ihn zu entscheiden. Klagend muß der HErr ausrufen: „Ich habe gewollt - ihr habt nicht gewollt!“ (Matth. 23,37.) Mit dieser Entscheidung „Für oder Gegen“ entscheidet der Mensch über sein ewiges Geschick, entweder errettet zu sein oder verloren. Da nun aber der Mensch sich vor der Entscheidung von Natur nicht etwa auf einem dritten (indifferenten, d. i. gleichgültigen, bedeutungslosen) Boden befindet, von dem aus er sich frei entscheidet für oder gegen das Heil, sondern von Natur nach Gottes Urteil schon verloren ist (Röm. 1-3!), so hat er in Wahrheit keine andere Wahl, als die für das Evangelium; lehnt er dieses, d. h. die Rettung in Christo, den Retter Selbst ab, so bleibt er das, was er sowieso war, nämlich verloren. Aus dieser Betrachtung folgt, daß er nicht unbeschränkt frei ist in seinem Willen. Und das bezeugt uns auch die Schrift. Sie sagt uns z. B., daß der Mensch „unter die Sünde verkauft ist“, „den Willen des Fleisches tut“, sich „unter der Obrigkeit der Finsternis befindet“ usw. (Eph. 2,1ff. u. a.), und daß erst „der Sohn wahrhaft frei macht“ (Joh. 8,36). Gott hat alles getan, um jeden zu retten, wie Er so gerne will; „Er hat die Welt geliebt“ - „Jesus Christus ist die Sühnung für die Welt“ usw. (Joh. 3,16; Joh. 1,9 u. a.; 1. Joh. 2,2; vergl. Band II [1914], Frage 10!). Er hat gewissermaßen jeden Menschen für das Heil bestimmt - der Mensch aber, der das bleiben will, was er sowieso ist: ein verlorener Sünder - er bestimmt sich selbst für das ewige Verlorengehen! Jeder Sünder könnte es besser haben, als er es hat! Er soll und darf nicht einmal etwas in eigener Kraft dazu tun, er braucht nur zu nehmen, was Gott ihm bietet! Die Fähigkeit zum Nehmen hat er (durch Gnade, wie alles Gute, Jak. 1,17!), was z. B.

2. Thess. 2,10 zeigt! Er soll sich nur beschenken lassen von Gott, der mit Seinen gefüllten Händen vor dem Menschen steht und ihm Gnade und Heil in Christo anbietet. Tut er es nicht dann, wenn Gott

es ihm anbietet, tut er es wieder und wieder nicht, so bestimmt er sich selbst durch sein Nichtannehmen der Gnade, was gleichbedeutend ist mit Widerstreben, dazu, daß sein bisheriger verlorener Zustand ein ewiger, bleibender wird. Das lehrt die Schrift in vielen Stellen und Geschichten, mag es sich in ihnen nun darum handeln, Christus als Erretter anzunehmen (z. B. Joh. 1,12), oder zu Ihm zu kommen und sich von Ihm annehmen zu lassen (z. B. Matth. 11,28), es ist stets dasselbe: „wenn du willst!“ (Offenb. 22,17 u. a.). Das sich-nicht-Entscheiden-für bedeutet auf immer „gegen“ (Hebr. 2,3a; Joh. 3,36b u. a.).

Wer aber „wahrhaft frei“ geworden ist durch den Sohn, der ist von neuem ein Sklave geworden, aber ein freiwilliger und ein glücklicher (Ps. 68,6b), und seine Freiheit besteht in Glaubensgehorsam aus Liebe gegen Den, der „gehorsam ward bis zum Tode“. Der Wille des Menschen vor seiner Bekehrung zu Christus gehörte ja restlos der Sünde, der vom Satan beherrschten Welt und dem „Ich“ (Eph.2,1ff.; Römerbrief u.a.) - jetzt ist das Höchste für uns, „Seinen Willen zu tun“ (Hebr. 13,21), in den Werken zu wandeln, die Er für uns zuvor bereitet hat (Eph. 2,10), durch den Geist zu wandeln, durch den wir leben (Gal. 5,25) usw. (vergl. Band lll [1915], Frage 1!). Gott ist der Unabhängige - wir die von Ihm Abhängigen (Röm. 8,23ff.); das ist unsere Freiheit, den nach vermeintlicher Freiheit dürstenden Menschen unverständlich - unsere Freiheit in Christo für uns, als durch Gnade Errettete, die wahre Nachfolge Christi, „der nicht kam Seinen Willen zu tun, sondern dessen, der Ihn gesandt hatte“ (Joh. 4,34). Diese Gesinnung sei auch in uns! (Phil. 2,5.)

Ph. W.

Frage 8

Ich bitte um Hilfe für das Verständnis von Luk. 7,47!

Antwort A

Diese herrliche Begebenheit im Hause Simons offenbart uns die ganze Liebe Jesu. Das Weib, bekannt durch seinen Lebenswandel, hat nichts zu bringen und kann nichts verdecken, sie ist offenbar, sie kommt im Bewußtsein ihrer ganzen Schuld in die Gegenwart Jesu und sucht Vergebung. Die Pharisäer als Gegenbild begegnen der Person des HErrn ohne Ehrerbietung und sehen in Ihm nicht den Sohn Gottes. Simon selbst hat den HErrn sicher nicht aus Liebe zu Gast geladen. Es ist der große Gegensatz zwischen eigener Gerechtigkeit und Schuldbewußtsein, der hier im Hause Simons angesichts einer glänzenden Tischgesellschaft eine treffende Darstellung findet. Zu dem Pharisäer kommt der Herr Jesus als einer, der „in sein Eigentum kommt“ und nicht aufgenommen wird (Joh. 1,11); jenes Weib dagegen bekommt das Recht, das Größte was ein sterbliches Menschenkind erwerben kann, und das allen zuteil wird, die an Seinen kostbaren Namen glauben: sie darf ein Gotteskind werden (Joh. 1,12). Wenn ihr dann der Herr Jesus in Vers 47 die Zusicherung der Vergebung mit den Worten: „Ihre vielen Sünden sind vergeben, denn sie hat viel geliebt,“ gibt, so drückt Er damit aus, daß ihre viele Liebe ein Beweis davon ist, daß eine große Schuldenlast sie dahin trieb, wo sie Vergebung finden konnte. Wir sehen hier deutlich und klar die Erkenntnis des eigenen verlorenen Zustandes als Grundlage einer wahren Bekehrung. Also nicht hatte das Weib ein Verdienst, sondern durch ihre Ihm bewiesene Liebe wurde die Tatsache offenbar, daß der Herr Jesus jedem, der zu Ihm kommt, völlige Vergebung zuteil werden läßt (Eph.2,4.5).

Ph. W.

Antwort B

Die Worte dieses Verses sind nur an Simon gerichtet. Der HErr hatte nicht gefragt, ob jemand, dem die Schuld erlassen, Ihn lieben würde. Das stand ohne weiteres fest, daß Vergebung auch Liebe bewirkt, sondern die Frage war nach dem Unterschied - nach dem mehr oder weniger der Liebe: „Wer von den beiden im Gleichnis wird Ihn am meisten lieben?“ und Simon urteilt recht: „Dem Er das meiste geschenkt hat.“ Damit bestätigte er, daß auch bei ihm, dem 50 Denar-Schuldner, Liebe nach Schenkung der Schuld gefunden werden mußte, wenn auch (nach seiner Schulderkenntnis und Schätzung) in geringerem Grade.

Nun bringt der HErr ihn mit dem Weibe zusammen, daß er an ihrer Liebe sich prüfe, ob etwas von solcher (aus der Vergebung hervorgegangenen) Liebe bei ihm vorhanden sei. In dem Gleichnis stellt der HErr ihn und das Weib auf einen Boden nebeneinander. Beide sind Schuldner, die nicht bezahlen können. Jetzt aber zeichnet Er Simon nicht mehr als auf einem Boden mit dem Weibe stehend, sondern als im Gegensatz zu ihr. Sie stand auf dem Boden der Vergebung und Liebe - er noch auf dem Boden der Schuld - ohne Vergebung und Liebe. Jetzt führt Er ihm in dem Weibe das Bild der Liebe, die aus der Vergebung kommt, vor Augen. Eine Liebe, die nicht etwa bei Simon in kleinerem Maße vorhanden war, sondern die gänzlich fehlte: Kein Wasser für Seine Füße; keine Aufmerksamkeit für Ihn; kein Kuß; keine Liebe; kein Öl; keine Huldigung. Der HErr hatte die Achtlosigkeit, die Verkennung Seiner Person (in dem Mangel an Huldigung) wohl empfunden. Ganz entgegengesetzt das Weib: Er war ihr alles - sie hatte nur Augen für Ihn. Sie brachte Ihm den Kuß der Liebe und sie huldigte Ihm und salbte Ihn. - Für Simon war Er der interessante Mann, der Prophet, der Wundertäter. Für das Weib war Er der Heiland. Jener bot Ihm seine wohlgedeckte Tafel - sie bot sich Ihm selbst! Jener brachte Ihm Höflichkeit und eine gewisse Anerkennung - sie brachte Ihm ihre Liebe, ihr Herz! Er muß Simons Bild hier nicht als mit „wenig“ Liebe, sondern als ohne Liebe zeichnen; als das Bild des Schuldners, der noch keine Vergebung hatte, und bei dem deshalb auch keine Liebe gefunden wird.

Nachdem der HErr ihm so gezeigt hatte, daß er nicht im Vergleich (viel oder wenig Liebe), sondern im Gegensatz stehe zu dem Schuldner, der die Vergebung hatte, führt Er ihn nun vor sein eigenes Erteil (V. 42.43). Deswegen sage Ich dir - weswegen? des eben gezeigten Gegensatzes wegen zwischen ihm und dem Weibe. Deswegen sage Ich dir (wende es auf dich an): Ihre„vielen“ Sünden sind vergeben (deine vermeinten „wenigen“ noch nicht), denn sie hat viel geliebt (aber du noch nicht), wem aber wenig vergeben wird, der liebt wenig (aber bei dir ist auch das „wenig“ solcher Liebe noch nicht vorhanden). Wenn auch der HErr bei Simon mit seiner geringen Schuldeinschätzung und Erkenntnis nicht eine solche Liebe, wie von seiten des Weibes, erwartete - so mußte doch nach der Vergebung der wenigen Schuld sich doch auch die „wenige“ Liebe zeigen. Aber diese fehlte bei Simon ganz, und darin lag die Überführung Simons, daß er noch keine Vergebung besaß.

In diesem Worte des HErrn liegt eine tiefe und allgemeine Wahrheit. Ist die Erkenntnis der Schuld und des Verlorenseins klein, so ist auch die Erkenntnis und Schätzung Seiner Gnade klein, und ebenso auch unsere Liebe. Mit dem Lichte aber wächst nicht nur die Erkenntnis über uns selbst und über unsere Schuld - sondern auch zugleich die Erkenntnis Seiner vergebendem Gnade und Liebe,

und damit unsere Liebe zu Ihm. Es bleibt: Wem viel vergeben, liebt viel, wem aber wenig vergeben, liebt wenig.

Dreimal wandte sich der HErr an Simons Herz und Gewissen: 1. „Simon, Ich habe dir etwas zu sagen.“ 2. „Siehst du das Weib?“ 3. „Deswegen sage Ich dir.“

1. Das Gleichnis ist ein Bild von dem HErrn, dem Weibe und Simon. Der HErr sagt damit, daß Er, der vor Simon stehe, sein Gläubiger sei, und das Weib und Simon Seine Schuldner. Aber Er stand in Gnade vor Simon: „Gott war in Christo, die Welt mit Sich Selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend“ (2. Kor. 5,19). Nach außen hin mochten bei den Schuldnern Grade der Schuld unterschieden werden - aber der Natur, dem Wesen nach war kein Unterschied. Beide waren Schuldner - beide konnten nicht bezahlen - beide konnten nur auf einem gleichen Wege, dem der Schenkung, die Tilgung ihrer Schuld erlangen.

2. In dem Weibe zeigt Er ihm das Bild einer Seele, die Vergebung sucht, erlangt und liebt. Er sagt zu Simon: „Siehst du dieses Weib?“ Darin lag mehr als die Frage des einfachen Sehens - darin lag die Aufforderung, sich an ihr zu prüfen. Siehst du dieses Weib? Sie kam mit ihrer Schuld - auch du hast Schuld - du kannst nicht bezahlen. Siehst du dieses Weib? Zu Meinen Füßen fand sie ihren Heiland und Vergebung ihrer Schuld - mache es ebenso! Dreimal erwähnt und zeigt Er Simon ihren Platz zu Seinen Füßen, als ob Er sagen will: Simon, dort ist dein Platz - dort wird Vergebung erlangt, und dort nimmt die Liebe ihren Anfang.

3. Ob Simon das „deswegen sage Ich dir“ verstanden hat? Wir wissen es nicht. Aber wir bewundern die Gnade und Zartheit, mit der der HErr in diesem Worte Simon überführt und zu gewinnen sucht. Hier überführt Er ihn, daß der große Schuldner gekommen, aber der kleine noch fehle, daß ihm die Vergebung fehle und deshalb auch noch die wenige Liebe. Es ist köstlich zu sehen, wie der HErr für das Weib eintritt. - Sie liebte Ihn, und mit welcher Liebe spricht Er von ihr.

Erst jetzt wendet Er Sich dem Weibe zu - so lange hatte Er mit Simon gesprochen - und spricht zu ihr: „Deine Sünden sind vergeben.“ Wann waren sie vergeben? Er sagte es doch schon vorher zu Simon. Erst jetzt, als Er es zum Weibe sagt, oder als Er es zu Simon sagte oder schon früher? Ich glaube, nach dem Wort des HErrn: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen“ (Joh. 6,37), daß es geschah, als sie sich bekümmert um ihre Sünden weinend zu Seinen Füßen niederwirft. Da fand die unsichtbare Wandlung - der Hinübergang aus dem Tode in das Leben statt. Ihr Glaube läßt sie den Heiland erfassen - weinend umklammern, und - Er weist sie nicht zurück - Er nimmt sie an. So wird ihre Seele jetzt von Ihm hingenommen, daß sie alles um sich vergißt und die Füße ihres Heilandes und Herrn mit „zärtlichen“ Küssen der Liebe bedeckt. Kein Wort hatte sie zu Ihm, noch Er zu ihr geredet. Aber sie hörte, was der HErr zu Simon sagt, und was mußte es für sie sein, als Er Sich jetzt zu ihr wendet und sagt: Deine Sünden sind vergeben! Und damit sie nicht (wie später einst Petrus) auf ihre Liebe blicken möge, fügt Er hinzu: „Dein Glaube hat dich errettet.“ Der Glaube, der sie in ihrem Verlorensein zum Heiland führte und mit Ihm verband. Das ist der rechte Glaube, der die rechte Person - Ihn - zum Glaubensgrunde hat. Der Weg des Friedens lag jetzt vor ihr. „Gehe hin in Frieden!“ Das ist der Weg des Gehorsams. Der Wandel nach Seinem Wort.

Hat der HErr dir etwas zu sagen? Siehst du dieses Weib? Ist der HErr nicht auch in dein Haus gekommen? Wie hast du Ihn aufgenommen? Was ist Er dir, ein Prophet oder dein Heiland? Wandelst du den Weg des Friedens?

du den Weg des Friedens?

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Luk. 7,47 hat oft verschiedene Deutungen gefunden! Daß man sich durch Liebe nicht Vergebung erwirken kann, sagt die ganze Schrift, und auch Vers 50 zeigt, daß nur durch den Glauben an die Person, die vergibt, an Jesus Christus, Vergebung, Heil und Leben dem sich selbst verurteilenden Sünder zuteil wird. Also jene Meinung, durch eigenes Verdienst der Liebe sich Vergebung zu erkaufen, ist haltlos und schriftwidrig.

Zu obigen kostbaren Antworten möchten wir noch einiges hinzufügen. - „Die größte aber ist die Liebe“ (1. Kor. 13,13), d. h. die Liebe zu dem HErrn und Heiland Jesu Christo, die dann wieder Liebe nach außen hin hervorbringt. Liebe zu Sich zu erwecken war das erhabenste Ziel der Tätigkeit Jesu, Seiner Erbarmung, Seiner Gnade. Nun ist wichtig, was Vers 39 und 49 Simon und die Gäste über „diesen“ (Menschen) „bei sich selbst“ denken. Während letztere innerlich dem HErrn das Recht absprechen möchten, überhaupt Sünden zu vergeben, ist es ersterem unverständlich, daß der HErr dieses Weib, eine Sünderin, stadtbekannt als solche im übelsten Sinne (für einen Pharisäer!) Sich nahen läßt, ja, ihre Huldigungen annimmt. Nicht einmal als Propheten möchte er Ihn ansehen (vergl. 5. Mose 18,15-19; Joh. 1,21; Frage 25 in Band lll, 1915!), weil Er nach seiner Meinung nicht erkannte, mit wem Er es zu tun hatte. Ihm zu zeigen, daß Er (Jesus, „der Sohn des Menschen“) nicht nur das Recht habe, Sünden zu vergeben (vergl. Luk. 5,17-26!), sondern auch mit Seiner Vergebung bei diesem Weibe im vollen Recht sei, ist, unseres Erachtens, ein Teil der Absicht Jesu. Weckt Seine Vergebung Liebe zu Seiner Person, so erfüllt sie damit ihren höchsten Zweck, und das Recht des Vergebenden, in dem betreffenden Fall Gnade geübt zu haben, ist durch eben diesen Erfolg auch vor den den Fall (kritisch) beurteilenden Menschen erwiesen. In dem Gleichnis nun ist gezeigt, daß der viel liebt, dem viel vergeben ist; so urteilt Simon. Aus diesem richtigen Urteil des Pharis äers soll nun für ihn folgen, daß er das Verhalten des Weibes richtig, d. h. so wie der Herr Jesus, einschätzt, und daß er anerkennt, daß Jesus nicht nur ein Recht hatte, das Weib zu Sich zu lassen, sondern daß Dieses Ihm näher steht als er, der Pharisäer, dem keine Vergebung zuteil geworden war und der darum auch nicht lieben konnte. Sieh dieses Weib! sieh ihre Liebe! wende dein Urteil (V. 43) auf dieses Weib an, dann mußt du erkennen, wenn du nur willst, daß ihr viel vergeben ist. Weil sie viel geliebt hat, also viel Liebe bei ihr ist, deshalb mußt du anerkennen nach deinem eigenen Urteil, daß ihr viel vergeben ist. ... Aber weiter: der Pharisäer mußte, wenigstens im Herzen, davon überführt sein und zugeben, daß der Herr Jesus nicht nur ein Prophet sowie berechtigt war und ist, Sünden zu vergeben, sondern daß Er, wie (natürlich) stets - worin für uns,die Seinen, selbstverständlich überhaupt kein Zweifel, keine Frage möglich ist! - so auch in diesem besonderen Falle mit Seiner vergebenden Gnade völlig im Recht gewesen war: hatte sie doch überströmende Liebe zu Ihm erweckt! Wie arm stand er selbst dagegen da! Möchte er es noch erkannt haben! Wer Jesum nicht liebt, wer nicht ein verloren gewesener Sünder und nun ein durch Glauben zum Sohne Gottes gekommener Geretteter, Begnadigter ist, dem, ob wenig oder viel, - in jedem Falle alles vergeben ist, und der dann Ihm, der ihn annahm, sein ganzes Herz, seine Liebe, sein Leben schenkt, - der ist arm, unendlich arm. Was ist alle Liebe hier auf Erden, wenn sie nicht Ihm zu Füßen gelegt wird! - Wie reich dagegen macht uns Seine Liebe! Möchten wir uns, wie auch Antwort B so ernst tut, die praktische Frage verlegen, was der Vergleich zwischen uns und dem Weibe für unser Leben

die praktische Frage verlegen, was der Vergleich zwischen uns und dem Weibe für unser Leben bewirkt: ob wir mehr lieben werden „Ihn, der uns zuerst geliebt“ (1.Joh. 4,19), ob wir mehr den Weg des Gehorsams nach Seinem Wort (Joh. 14,21ff. u. a.) gehen wollen aus brennender Liebe zu Ihm, der uns für Sich erkauft hat, dem unser Leben gehört!

Frage 9

Wie erklärt sich das Fehlen des Stammes Dan in Off. 7,5-8 ?

Antwort A

Wenn wir den Segen Jakobs 1. Mose 49 lesen, dann finden wir V. 16-18 über Dan folgenden Ausspruch: „Dan wird sein Volk richten, wie einer der Stämme Israels. Dan wird eine Schlange sein am Wege, eine Hornotter am Pfade, die da beißt in die Ferse des Rosses und rücklings fällt sein Reiter. Auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“

Als Rahel diesen Sohn bekam, gab sie ihm den Namen Dan, d. h. Richter (1. Mose 30,6). Durch seine Herkunft mütterlicherseits nahm er eine geringere Stellung in Israel ein. Auch in der Veranlagung und im Charakter muß er hinter seinen Brüdern zurückgestanden haben. Nach dem Segen zu urteilen, muß seine Naturanlage mit der Gewalttätigkeit des Löwen und der Hinterlistigkeit der Schlange gepaart gewesen sein, und ihm Blick darauf schließt Jakob seinen Segen über ihn mit den Worten: „Auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“ Josua 19,40-46 finden wir das Erbteil, das dem Stamme Dan im Lande der Verheißung zugeteilt war. Statt sich dieses Erbteil nun im Glauben anzueignen, scheint diesem Stamme die Glaubensenergie gefehlt zu haben, denn Richter 1,34 wird uns gesagt, daß er sich von den Amoritern in das Gebirge zurückdrängen ließ. Später Richter 18 finden wir den Stamm Dan auf einem neuen Boden, er hatte einen Ort gefunden, wo es an nichts mangelte von allem, was auf Erden ist. Hinterlistig hatten die Angehörigen des Stammes die Stadt Lais überfallen und nach der Verbrennung derselben bauten sie die Stadt wieder und schlugen ihren Wohnsitz darin auf, ja noch mehr: sie gaben ihr den Namen Dan. Auch Richter 5,17 im Lobgesang der Debora ist die Frage „und Dan, warum weilt er auf den Schiffen?“ Jedenfalls war ihm der Handel wichtiger als die Sache Jehovas. Richter 18,30.31 finden wir, daß er sogar Götzendienst treibt. Es ist fortgesetztes Rückwärtsgehen. Zuerst das Weichen aus den Grenzen des gelobten Landes, dann das Festsetzen auf dem Boden der Nationen und zuletzt Götzendienst. Ob wir nun darin die Erklärung suchen dürfen dafür, daß der Stamm Dan in Offenb. 7 fehlt, kann nicht bestimmt festgestellt werden, jedenfalls geben uns diese Punkte viel zu denken. Der Stamm Dan war aufgetaucht und bald wieder verschwunden. 1. Chron. 4-7, wo die Aufzählung der Stämme wieder erfolgt, wird Dan schon nicht mehr genannt. - Dagegen in Hes. 48,1 begegnen wir dem Stamm Dan wieder. Nach dieser letzten Schriftstelle zu urteilen, dürfen wir annehmen, daß wir den Stamm im Tausendjährigen Reiche doch wieder finden, in welcher Form, ist uns allerdings verhüllt. Es ist eines der wunderbaren Geheimnisse Gottes, der Sich erbarmet, wessen Er will. Wenn also aus Dan keiner versiegelt wird, mag das unklare Wandeln und die geteilte Stellung desselben daran schuld sein. Aber jedenfalls dürfen wir doch annehmen, daß etliche aus Dan durch die Drangsalszeiten hindurchgehen und im Tausendjährigen Reich ein Erbe empfangen.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Aus der Eigenart des Segensspruches über Dan und Dans innerer Veranlagung schließen einige, daß der Antichrist, der ja ein Jude sein muß - sonst könnte er bei seinem Auftreten auf die Juden keinen Eindruck machen, vergl. auch Dan. 11,37! - aus dem Stamme Dan kommen würde. Diese Meinung hat viel für sich, aber wo die Schrift nichts Bestimmtes sagt, geziemt auch uns das Schweigen. Wenn dem aber so sein sollte, so könnte dies mit ein Grund sein für das Fehlen Dans in Offenb. 7 (etwa als Strafe!).

Merkwürdig in bezug auf vorliegende Frage scheint uns der auch oben erwähnte Schluß des Segens zu sein: „auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“ Der Stamm Dan geht, wie oben beschrieben, scheinbar unter; somit wird keiner aus ihm versiegelt - dann aber im Tausendjährigen Reich macht Gott auch an ihm Seine „ganz Israel“ betr. Verheißung wahr, auch er bekommt ein Erbteil. Das scheint uns die Erfüllung jenes Schlußwortes Jakobs zu bestätigen: Dan bedarf der Rettung ganz besonders, er muß in besonderer Weise herausgerettet werden aus den Nationen, mit denen er sich eher vermischt hat als die anderen Stämme, und von denen er sich in nichts mehr unterscheidet. Und Gott vermag ihn zu retten vor der Vernichtung! Wie hell erstrahlt die Gnade, die auch das gefallenste Glied des alten Volkes Gottes noch wieder heraushebt und in das verheißene Erbteil einsetzt! Weil alle Verheißungen in Christo Ja und Amen sind (2. Kor. 1,20), wird selbst der Stamm Dan begnadigt. Das ist ein Stück der Wiederherstellung aller Dinge, wovon die Propheten geweissagt haben (Apgesch. 3,21). Sie betrifft nicht den Sünder aus den Nationen, dieser verfällt ohne Glauben an Christum rettungslos dem ewigen (endlosen) Verderben (vergl. z. B. Joh. 3,36!). - Aber auch der tiefgesunkenste einzelne Sünder aus den Nationen hat Anteil an der Gnade des ewigen Lebens, wenn er in Buße und Glauben an den Namen des Sohnes Gottes zu Ihm kommt, sich also bei Lebzeiten zu Christus bekehrt (Joh. 1,12; 3,16.36; 5,24; 6,37; Apgesch. 4,12; 1. Joh. 5,12 u. a.). - Gepriesen sei Er, unser Heiland-Gott, und Seine Gnade! (Offenb. 5,9.10!).

Geleitswort an den Leser:

Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch!“ Eph. 5,1.2.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 10

Ich bitte um einige erläuternde Worte über 1. Joh. 5,2!

 

Antwort A

Aus Gott geboren, sind wir teilhaftig geworden der göttlichen Natur. Gottes Liebe ist in unser Herz ausgegossen (Röm. 5,5). Diese Liebe muß naturgemäß die Kinder Gottes umfassen (Kol. 1,4). Wenn ich sage, „daß ich Gott liebe“, so muß dies in meinem Verhalten zu meinem Bruder gesehen werden, sonst ist es Unwahrbeit und Trug (1. Joh. 4,20).

Aber nicht jede Liebe zu Kindern Gottes ist Liebe aus Gott. In dieser Stelle gibt uns Gott einen Prüfstein, um rechte Liebe - gottgemäße Liebe - zu Brüdern zu erkennen. Das ist keine rechte Liebe zu Brüdern, wenn wir dabei in der Liebe zu Gott fehlen und Seine Gebote nicht halten. Die Liebe zu Brüdern ist nicht das erste, sondern die Liebe zu Gott. Sie muß die Quelle sein, woraus unsere Liebe zu Kindern Gottes fließt, und diese Liebe zu Gott ist, daß wir Seine Gebote halten (1. Joh. 5,3).

Wie oft ist das, was man Liebe zu Brüdern nennt, nichts weiter als natürliche und persönliche Liebe, wobei die Liebe zu Gott im Gehorsam zu Seinem Wort oft weinen geht. Wenn wir über Sünden und Ungehorsam zum Wort hinweggehen können unter dem Vorwande, die Kinder Gottes lieben zu müssen, so laßt uns nicht sagen, daß solche Liebe aus Gott ist, sie hat ihre Quelle in den Gefühlen, aber nicht in Gott. Sinkt unsere Liebe dazu herab, so steht der HErr und Sein Wort nicht mehr vor unserem Auge, und ein nicht in Gehorsam und Treue wandelndes Kind Gottes findet darin nur eine Stärkung und ein Gutheißen seines verkehrten Weges. Wir zeigen durch unsere Gleichgültigkeit und leichtes Hinwegsehen über Gottes Gebote und Worte, wie wenig wir Ihn lieben. Lieben wir aber Ihn und halten wir Sein Wort, so ist Er die Quelle unserer Liebe, und nicht unsere Gefühle. Unsere Zu- und Abneigungen, Ansehen nach dem Fleische u. a. leiten uns dann nicht. Die Liebe zu Gott läßt uns die Kinder Gottes umfassen (selbst, wenn wir ihre Wege nicht mitgehen können und verurteilen müssen), um voll brennender Liebe alle Herzen dem HErrn zuzuwenden, Ihn zu lieben und Sein Wort zu halten.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es sei noch hingewiesen auf 2. Joh. V. 5 und 6 sowie auf den Schluß von Antwort A zu Frage 4!

Wichtig dürfte sein, zu betonen, daß mit „Seinen Geboten“ nicht das Gesetz gemeint ist, der Dienst des Todes und der Verdammnis. Dessen Gebote sind dem Menschen im Fleisch gegeben, und diesen ist der Gläubige gestorben. Der Herr Jesus spricht oft von „Seinen Geboten“ und meint damit nie das Gesetz, und von dem Halten Seiner Gebote spricht Er nie im gesetzlichen Sinne (vergl. Joh. 12,49; 13,34; 14,21ff. u. a.). Für Seinen eigenen Weg war der Wille Seines Vaters Ihm Gebot, ja, alles, was diesen Willen umfaßte, nannte Er Gebot (vergl. u. a. Joh. 10,18; 14,31!) und war ihm gehorsam. So ist es Sein Wort und das Wort Seines Vaters, das wir als gehorsame Kinder halten sollen in völliger Abhängigkeit von Ihm, wie Er vom Vater abhängig war. In Joh. 14,21ff. sind „Gebote“ und „Wort“ geradezu gleichgesetzt.

Möchten wir in der Zeit der gegenwärtigen Verwirrung (auf christlichem Gebiet) Gnade haben, zu „lieben in der Wahrheit“ (2. und 3. Joh. V. 1, siehe auch Frage 12!). und, auch wenn uns, trotzdem wir im persönlichen praktischen Leben nach 1. Kor. 13 zu handeln Aufrichtig bestrebt sind, von unentschiedenen Gläubigen „Mangel an Liebe“ vorgeworfen wird, weil wir ihre verkehrten Dinge nicht

mitmachen, stets zu wissen, daß nach Gottes Urteil eine echte, gottgemäße Liebe zu den Brüdern nur solche ist, die abhängig ist von der im Gehorsam gegen Sein Wort tätigen Liebe zu Gott.

Frage 11

Ist der Zorn dem Kinde Gottes unter gewissen Umstanden erlaubt (Eph. 4,26), oder sollen in Matth. 5,22 die Worte „ohne Grund“ (Elb. Übers.) nach dem Grundtext weggelassen werden?

Antwort A

Nehmen wir zwei Beispiele aus dem Worte, Mark. 3,5 und 1. Sam. 15,11, so haben wir die Antwort: „jawohl“! Bei Samuel war es, wenn wir die Fußnote der Elberfelder Übersetzung beachten, Betrübnis und Zorn, was ihn entbrennen ließ, derart, daß er aus der Tiefe des Schmerzes heraus die ganze Nacht zu Gott „schrie“, nicht „betete“. Was kam in Frage? Persönlich erduldete Beleidigung? Nein, sondern die schmähliche Mißachtung des ausdrücklichen göttlichen Befehls und damit die Gottes Selber von seiten dessen, dem eine so schätzenswerte Ehrung zuteil geworden war, daß er aus niedriger Stellung zur Königswürde erhoben worden war. Bei dem HErrn lesen wir ebenfalls von „Zorn“ und „betrübt über“ die Verstockung ihres Herzens; genau das, was betreffs Sauls gesagt werden kann; und fügen wir es nur hinzu, was betreffs jedes Menschen gesagt werden kann, der heute so sich zeigt, nachdem die Gnade ihm begegnet ist. Wenn wir an unsere über alles Begreifen erhabene Berufung und Stellung in Christo denken, so kann wohl so ein heiliger Zorn uns erfassen, wenn ein Mensch Schmach auf den Namen des HErrn bringt und mit frecher Gemeinheit die geringsten Forderungen Seiner Heiligkeit mit Füßen tritt, wie die bekennende Christenheit als ein Ganzes es tut gleich den Nachkommen der aus der Verbannung Zurückgekehrten in Mal. 1,2-14. Nur ist dieses unser heilige Zürnen gepaart mit dem selbstrichtenden Geiste der Buße; es darf und wird nicht Seine Grenzen überschreiten, sonst würden wir sündigen und dem Teufel Raum geben. Gegen das wendet sich Vers 31 und Matth. 5,22. Ob „mit“ oder „ohne Grund“ ist nicht die Frage; das geht deutlich hervor aus dem, was folgt über Raka und Narr; denn dort steht kein „ohne Grund“. Der Grundtext selber hat „ohne Grund“ in den meisten Handschriften; aber in einigen gewichtigen fehlen die zwei Worte; es hängt also nicht von der griechischen Sprache ab, ob sie da sind oder nicht, sondern von den Handschriften.

Beiläufig bemerkt: „zürnet und sündigt nicht“ steht in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments (der „Septuaginta“, vergl. Band l [1913], Frage 44! Der Herausg.), nach welcher viele Stellen im Neuen angeführt sind, wo im hebräischen steht: „seid erregt und sündiget nicht“ (Ps. 4,4). Als Anführung gibt es der Apostel nicht; aber im Anschluß an „Lüge ablegen“ in Eph. 4,25 ist es doch beachtenswert, daß in Vers 2 des Psalms tadelnd von „Lüge suchen“ geredet ist.

F. Kpp.

Antwort B

Zwischen dem „Zürnen“ in Matth. 5,22 und dem „Zürnen“ in Eph. 4,26 besteht m. E. ein großer Unterschied. In ersterer Schriftstelle ist ein „Zürnen“ gemeint, das aus dem Fleische hervorgeht und zur Verschuldung gegen den Mitmenschen führt. Dies ist aus dem Zusammenhange deutlich zu ersehen. Es handelt sich hier um Zorn, von dem es in Jak. 1,20 heißt: „Denn eines Mannes Zorn

wirkt nicht die Gerechtigkeit Gottes.“ Daß vor letzterem Worte gesagt ist, wir sollten „langsam zum Zorn“ sein, bedeutet nicht, daß der Zorn in uns wohl aufkommen dürfe, nur nicht schnell, sondern ist vielmehr eine Warnung, uns davor zu hüten aus dem in Vers 20 angegebenen Grunde. Die Worte „ohne Grund“ in Matth. 5,22 sind zwar in vielen Handschriften eingefügt, sollen aber, wie mir ein darüber unterrichteter Bruder versichert, in bestbezeugten Handschriften nicht stehen. Es ist eben ein „Zürnen“, das vor Gott nicht gut ist, welche Ursache immer es auch haben mag. - Anders ist es aber in Eph. 4,26, wie ich es verstehe, denn dort wird nichts gegen das Zürnen an sich gesagt, sondern nur die Ermahnung ausgesprochen, nicht zu sündigen, wenn wir zürnen. Hier muß also ein „Zürnen“ gemeint sein, das an sich recht ist, also nicht aus dem Fleische, sondern - ich bin so kühn, diesen Schluß zu ziehen - aus dem Geiste ist. Ich denke dabei an den Herrn Jesus in Mark. 3,5, wo es von Ihm heißt: „Und Er blickte auf sie umher mit Zorn, betrübt über die Verstockung ihres Herzens ...“ Solcher Zorn ist m. E. in Eph. 4,26 gemeint: Zorn im Geiste Christi über das Böse in wahrer Betrübnis über dasselbe, ohne jedes - dem fleischlichen Zorne eigene - unfreundliche oder gar feindliche Gefühl gegen den das Böse ausübenden Mitmenschen. Solchen Zorn kann der Geist in unseren Herzen wirken, wenn wir selbst in Heiligkeit wandeln. Aber selbst bei solchem Zorn liegt für uns die Gefahr nahe, zu sündigen, wie die Warnung in Vers 26 uns zeigt. Das „Fleisch“ ist vorhanden und nur zu geneigt, das „Zürnen“ zu dem Seinigen zu machen. Dies wird sicher geschehen, wenn wir nicht wachen, und sobald letzteres geschehen ist, werden wir sündigen. Deshalb die Mahnung: „Zürnet, und sündiget nicht.“ Es ist aber noch eine weitere Gefahr für uns mit dem Zorn verbunden, nämlich die, daß wir den Zorn in unseren Herzen sich festsetzen lassen, zum Schaden für unseren Zustand, und daß dies für den Teufel zu einer Gelegenheit wird, in uns Raum zu gewinnen. Wir hören deshalb die weitere Mahnung: „Die Sonne gehe nicht unter über eurem Zorn, und gebet nicht Raum dem Teufel“ (V. 26b.27).

Mir scheint es, daß das „Zürnen“ nach Eph. 4,26 etwas ist, was wir gar nicht als „Zürnen“ anzusehen gewohnt sind, und daß dagegen das, was wir gewöhnt sind, als „Zorn“ zu bezeichnen, entweder überhaupt lediglich eine Regung des Fleisches ist oder doch etwas ist, bei dem das Fleisch mehr oder weniger beteiligt ist, also etwas, was Gott nicht anerkennen kann, sondern was dem alten Menschen angehört und deshalb abgelegt und weggetan werden sollte (Eph. 4,20-24.31; Kol. 3,8-11).

Unser treuer HErr schenke uns Gnade, ein wachsames Auge und Herz zu haben und immer mehr befreit zu werden von allem, was nicht Seinem Bilde entspricht!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zunächst ein kleiner Hinweis für diejenigen Leser, welche vielleicht annehmen, es sei in Eph. 4,26 ja gerade das „Zürnen“ verboten, indem es neben das „Sündigen“ gestellt werde. Aber abgesehen von sachlichen Gründen kann es nach dem griechischen Urtext gar nicht anders heißen, als wie auch obige Antworten besagen: „Zürnet, und (= aber) sündiget nicht!“ Wörtlich heißt es: „Zürnet, und nicht sündiget!“

Wir glauben, daß der Zusatz „ohne Grund“ in Matth. 5,22 in manchen jüngeren „Handschriften“ (also Abschriften des neutestamentlichen Testes, von dem, wie auch vom Alten Testament, die Urschriften verloren gegangen sind; doch sind die ältesten vorhandenen Abschriften, die Gott in Seiner

Vorsehung und Gnade uns aufbewahrt hat, zuverlässig! außerdem wird die Tatsache der göttlichen wörtlichen Eingebung der heiligen Schriften hierdurch nicht in Frage gestellt noch überhaupt berührt!) von den späteren Abschreibern hinzugefügt sein kann, weil diese sich manchmal berufen glaubten, den Text menschlich zu „verbessern“ und etwaige scheinbare „Widersprüche“ zu anderen Stellen dadurch auszugleichen (!). Wir also streichen diesen Zusatz, wie ihn denn auch etliche neuere Übersetzungen nicht haben, oder nur in Fußnote (so Wiese). Er ist, wie Antwort A schon zeigt, wegen des Folgenden und, wie wir glauben, auch wegen des Gegensatzes von V. 22 zu V. 21 gar nicht gerechtfertigt.

Wenn nun aber auch dieser Zusatz gestrichen wird, so fällt damit doch nicht die Möglichkeit hin, einen sogenannten „heiligen“ Zorn zu hegen. Nur kommt es, wie obige schöne Antworten zeigen, auf die Grundgesinnung des Herzens an bei solchen Zorneserregungen, d. h. wogegen der Zorn sich richtet, gegen die Menschen oder ihr Tun, gegen die „Brüder“ oder deren Sünde, und welches die Ursachen zu solchem Zorn sind. Oben sind Beispiele genannt von solchem berechtigten Zorn, dem als Ursache die Sache Gottes zugrunde lag, und nicht etwa persönliche Gründe. Hier noch ein Beispiel dafür: 2. Kön. 13,19! Bei allem „heiligen“ Zorn müssen wir lernen von dem HErrn Selbst, der, als Seine Jünger einmal mit größtem Recht zornig schienen, sie auf den Urgrund ihrer Herzen zurückführte und Langmut bewies denen gegenüber, die den Zorn der Jünger hervorgerufen hatten (vergl. Luk. 9,54ff.). Ebenso lehrt uns das Verhalten des HErrn, unseres Gottes, unendlich viel, das Er noch immer dieser Welt gegenüber beweist, indem Er sie trägt, ja, „die Gefäße des Zornes getragen hat mit vieler Langmut“, obwohl „Er willens ist, Seinen Zorn zu erzeigen“ (Röm. 9,22). Sein Zorn kommt bestimmt, wir wissen es aus Seinem Wort, und wir sind errettet vom zukünftigen Zorn (Röm. 5,9), aber „Gott ist langsam zum Zorn“ (Joel 2,13), und darum sollen wir sein „langsam zum Zorn“, d. h. uns nicht von augenblicklichen fleischlichen Erregungen hinreißen lassen zu Zorneshandlungen, die nicht gut sind. Seien wir auch ja auf der Hut bei Veranlassungen, die einen sogenannten „heiligen“ Zorn bei uns hervorrufen wollen - es möchte manchmal sein, daß der Feind seine Hand im Spiele hat, uns zu Falle zu bringen und unsere innere Gemeinschaft mit den Geschwistern im HErrn zu stören, oder uns ihnen oder anderen (unbekehrten) Menschen gegenüber gar zu ungerechtfertigten unheiligen Handlungen (z. B. gerichtlichen Klagen u. dergl.!) zu verführen. Es ist wichtig, daß wir stets uns prüfen, ob etwa persönliche Gründe den Hintergrund unseres scheinbar gerechten „heiligen“ Zornes bilden. Dennoch - es gibt solchen Zorn, solchen „aus dem Geiste“ (Antwort B) gezeugten Zorn. Ob dieser allerdings in Eph. 4,26.27 gemeint ist? denn ein solcher kann doch auch längere Zeit andauern müssen?! Aber man kann auch sagen: der Apostel unterscheidet Vers 26a und 26b; in a ist der berechtigte heilige Zorn gemeint, bei dem man sich aber vor einem Weitergeraten in Sünde zu hüten hat, in b ist ein unheiliger Zorn gemeint, bei dem wir uns ängstlich zu bemühen haben, daß derselbe am gleichen Tage beendet werde, weil sonst dem Teufel, dem Lästerer, die Möglichkeit gegeben werde, sein Zerstörungswerk auszuüben. Tatsächlich sind in 26a und b verschiedene, wenn auch ähnliche Worte genannt, wie denn ja auch im Deutschen zwischen „Zorn“ und „Zürnen“ ein feiner Unterschied ist. Das Wort in Vers 31 bekommt seine über das in 26a gemeinte Zürnen hinausgehende schärfere Bedeutung des unheiligen Zornes schon durch die anderen Worte, vergl. auch Kol. 3,8! Wir fügen hier noch die sehr klare Wiesesche Übersetzung von Eph. 4,26 und 31 bei: „Zürnet, und sündiget nicht; die Sonne soll nicht untergehen über eurer Zornerregung“ ... „Alle Bitterkeit und Zornaufwallung und Zornstimmung und Geschrei usw.“

Möchten die auf diese ernste praktische Frage eingegangenen Antworten uns belehren und warnen

vor uns selbst und dem in uns wohnenden fleischlichen Sinn, der auch in dieser Hinsicht uns zu so schmerzlichen Verfehlungen bringen kann. Wie können wir befreit werden davon? Kol. 3, das ganze Kapitel, zeigt es uns! Von Vers 12 an sehen wir das Wesen Christi; sind wir mit diesem bekleidet, vom frühen Morgen an damit umhüllt, „auf das sinnend, was droben ist, da Christus ist“ (3,2), dann wird Eph. 4,26, wenn es gelegentlich unsere Aufgabe ist, zu „zürnen“, in unserem Verhalten eine volle, gottgemäße Darstellung finden. Der HErr schenke uns allezeit Gnade hierzu!

Frage 12

Auf welchem Boden (Gemeinschaft oder Vereinigung) soll sich der Gläubige versammeln, welcher bemüht ist, den Willen seines Herrn und Heilandes der Schrift gemäß zu tun?

Antwort A

Die Frage selbst scheint nicht ganz richtig gestellt: Gemeinschaft oder Vereinigung ist an und für sich kein Boden, sondern steht vielmehr auf einem Boden. Die Frage selbst ist „Auf welchem Boden?“ und hierfür gibt nur das Wort Gottes den allein richtigen Aufschluß.

Für alle, die wahrhaft bekehrt sind durch Gottes Gnade, gibt es nur einen Boden und einen Mittelpunkt, auf welchem und zu welchem hin sie sich nach dem Willen Gottes vereinigen oder versammeln sollen!

Der Boden ist das Wort Gottes, und der Mittelpunkt steht Matth. 18,20 klar geschrieben: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich mitten unter ihnen.“ Ist die Gegenwart Jesu nicht völlig gen ügend? Was bedürfen wir mehr? Werden wir dabei leer ausgehen? Nimmermehr. Versammeln wir uns als Gläubige einfach in Seinem Namen, so wird Er in unserer Mitte sein! Hierzu vergl. 1. Petri 2,4-10: „Zu welchem kommend als zu einem lebendigen Stein usw.!“ Also nicht eine Lehre, nicht ein Bekenntnis irgend einer Kirche, sondern dieser lebendige Stein, die gesegnete Person des gekreuzigten, auferstandenen und verherrlichten Christus, muß Gegenstand, Zweck und Mittelpunkt unseres Versammeltseins sein. Der Heilige Geist hat uns zu Christo geführt, damit wir uns von Ihm nähren sollen (1. Joh. 1,1-4), und Sein Geist kann und will uns in alle Wahrheit leiten, mittelst Seines Wortes und kraft unserer Verbindung und Gemeinschaft mit Christo.

F. B.

Antwort B

Dem HErrn sei Lob und Dank für die kostbare, sehr wichtige Frage! Möge aus diesen Antworten viel Segen erwachsen!

Die Gläubigen sollen sich im Namen des Herrn Jesu (Matth. 18,20) versammeln. Ihre Gemeinschaft gründet sich auf das Wort Gottes (1. Kor. 1,9 und 1. Joh. 1,3). Welche kostbare Berufung für alle Erretteten! Dieses Teil hat uns unser geliebter HErr durch Seinen Tod und Seine Auferstehung erworben, und diese Einheit haben wir zu bewahren in dem Bande des Friedens (Eph. 4,3-6). Sind wir uns dieser gesegneten Stellung bewußt, dann werben wir nicht für Vereinigungen, sondern für Den, der uns angeworben hat, für Christum. Wir schauen zu Ihm empor, hören auf Seine Stimme und folgen Ihm. Fragen wir uns zunächst: versammeln wir uns nur um den HErrn oder um

und folgen Ihm. Fragen wir uns zunächst: versammeln wir uns nur um den HErrn oder um Menschen? ferner: ist unser Zusammenkommen ein wirkliches Bedürfnis unserer Herzen? Oder kommen wir aus Gewohnheit oder Nachahmung zusammen? Erkennen wir den HErrn allein als unser Haupt an (Eph. 4,15.16)? Geben wir Ihm den Platz, der Ihm gebührt (Hebr. 2,12)? Es ist Seine Versammlung (nicht unsere), Matth. 16,18, Seine Kirche oder Gemeinde, Sein Leib, Seine Braut. Der HErr freut Sich, wenn wir dieses in unsere Herzen aufnehmen und verwirklichen. Dann werden wir Seine Freude völlig in uns haben (Joh. 17,13). Ist es wirklich bei uns so bestellt, dann kann der HErr in unserer Mitte weilen, Er verbürgt uns durch Sein Wort Matth. 18,20 Seine Gegenwart. Welch ein gesegnetes Teil, sich um Ihn geschart zu wissen! Prüfen wir uns nun, ob. unser Tun und Lassen mit Seinem Worte im Einklang steht, ferner ob wir uns mit Kindern Gottes versammeln, welche wirklich wünschen, in Treue Ihm nachzufolgen, Seine Schmach tragen und von jeder Ungerechtigkeit Abstand nehmen (2. Tim. 2,19 und Apgesch. 2,42). Wenn wir wirklich zu Jesu gekommen sind, und wenn Er für unsere Herzen eine lebendige Hoffnung ist, dann laßt uns Ihm nachfolgen und auf Seine Stimme hören! Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi sei mit uns allen!

A. C.-D.

Antwort C1

1

Diese Antwort ist nicht auf vorstehende Frage eingegangen! Sie kam von einem uns unbekannten Verfasser vor fast zwei Jahren als einzige auf die damals veröffentlicht gewesene Frage: „Was bedeutet „versammelt sind in Meinem Namen“ ( Matth. 18,20), und wie läßt es sich praktisch verwirklichen?“ Da diese Frage zu der gegenwärtigen in sachlicher Beziehung steht und die darauf eingelaufene eigenartig schöne Antwort noch nicht erschienen ist, so bringen wir letztere in diesem Rahmen, in der Hoffnung, daß der würdige Ernst derselben unseren Lesern einen Dienst tun möge. (Der Herausgeber.)

Im Namen Jesu versammelt sein bedeutet: diesem hohen Namen oder dieser hohen Person entsprechend versammelt sein.

Wenn der Jehova des Alten Bundes sagte: „und sie sollen Mir ein Heiligtum machen, daß Ich in ihrer Mitte wohne,“ dann betonte Er ausdrücklich: „nach allem, was Ich dir zeige, das Muster der Wohnung und das Muster all ihrer Geräte, also sollt ihr es machen!“ (2. Mose 25,8.9, siehe auch 20,22-26). Es mußte alles Seinem Namen entsprechen, und hätte Moses auch nur einen Gegenstand nach seinen eigenen Gedanken gemacht oder einen Gegenstand anderswo hingestellt, dann wäre die Herrlichkeit Jehovas nie in ihrer Mitte erschienen, Er hätte nicht bei ihnen wohnen können.

Wenn nun der Herr Jesus in unserer Mitte sein soll, dann muß unser moralischer Zustand Ihm entsprechen, Er muß der Gegenstand, die Person sein, zu der allein unsere Herzen hinneigen, und indem wir alles von Ihm erwarten, muß Er einem jeden austeilen können, wie Er will. Es muß von uns allen dem entsprochen werden, was Ihm, dem Sohn Gottes, gebührt, sonst kann Er nicht in unserer Mitte sein.

Es genügt nicht zu sagen, daß man sich nur im Namen Jesu versammle. Unser uns-Berufen auf Seinen Namen sichert uns nicht Seine Gegenwart. Möchten alle Geliebten des HErrn dies bedenken und alle Verbindung mit dem, was das fromme religiöse „Fleisch“ aufgerichtet hat, um sich daran zu weiden, abbrechen!

1. Kor. 1,9 sagt uns, daß Gott „uns berufen hat in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesu Christi, unseres HErrn“. Es ist also eine Gemeinschaft, in welcher Er der HErr ist! Soll es bei uns also sein, dann laßt uns alles hinaustun, was Seine, des Sohnes Gottes, Ehre und Herrlichkeit antastet und herabsetzt!

A. F. S.

 

Antwort D

Im Blick auf die Verwirrung in unseren Tagen erscheint diese einfache Frage sehr schwierig, und wie oft wird dieselbe an einen gerichtet! Was soll man solchen Fragestellern Antworten? Je einfacher und kindlicher unsere Verbindung mit dem HErrn ist, desto klarer ist unsere Antwort, und je mehr wir menschliche Erwägungen und Bedenken hereinziehen, desto länger werden die Schatten und um so unklarer die Linien. Auf dem Trümmerfelde der Christenheit hält jeder sein Parteifähnlein hoch und sagt von seiner Partei, sie sei die richtige, und die einzelnen, welche sich solchen Führungen anvertrauen, müssen erfahren, wie sie von jedem Winde der Lehre hin und her geworfen werden. Die Einwirkungen des Feindes sind so einschneidend, daß man meinen könnte, es gäbe keinen gangbaren Weg mehr. Und der Verfall begann schon in den Tagen der Apostel. Darum die ernste Mahnung des Apostels Paulus an Timotheus: „Doch der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: der HErr kennet, die Sein sind, und jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!“ (2. Tim. 2,19.) Jeder Gläubige ist ein Abgesonderter und ein Ausgesonderter, abgesondert von dem Bösen und ausgesondert für Christus, und wenn Paulus uns 1. Kor. 3,11 sagt: „Denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist (oder „der da liegt“), welcher ist Jesus Christus,“ so haben wir mit diesen Worten den bestimmten Boden und die unverrückbaren Grenzlinien, wie wir uns bewegen und versammeln sollen. Statt nun sich innerhalb dieser Grenzen zu bewegen, stellt sich der Mensch an Stelle Gottes und des Wortes, schaltet den Heiligen Geist aus, übernimmt selbst die Führung und Leitung und macht sich eigene Systeme nach seinem Gutdünken zurecht. Die Grundlage des Zusammenkommens finden wir Apgesch. 2,42; die dort Aus- und Abgesonderten „verharrten in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“. Und diese Richtlinien gelten bis in unsere Tage und ziehen sich wie ein roter Faden durch die ganze Schrift hindurch. Man lese Eph. 4; 1. Kor. 12 u. 14! Daraus dürfte für den, der sich als Abgesonderter von dem Geiste Gottes leiten läßt, die Antwort nicht schwer werden, auf welchem Boden er sich versammeln soll. Sie kann nur lauten: „da, wo Christus der Mittelpunkt ist“. Denn wir sind nicht gesammelt und auch versammelt zu Menschen hin, sondern nur hin zu Ihm (Matth. 18,20). Also kann es in unseren Tagen der Zerklüftung niemals einen Sammelkreis geben, sondern nur eine Sammlung zu Ihm hin und ein Versammeln in Seinem Namen. Allerdings wird vielen diese Antwort nicht genügen, und sie werden weiter fragen: wo finde ich diesen Kreis? und doch kann nur immer wieder die Antwort lauten: „einen anderen Grund kann niemand legen“. Dieser Kreis ist nicht da, wo man vielleicht einzelne Schriftwahrheiten in den Vordergrund rückt und dieselben einseitig betont. Nicht die Gläubigentaufe ist der Mittelpunkt, sondern nur ein Teil der biblischen Wahrheit, nicht der Tisch des HErrn ist der Mittelpunkt, sondern auch nur ein Teil der biblischen Wahrheit, auch nicht Offenbarungen und Wundergaben können der Mittelpunkt sein, sondern nur der HErr in Seiner kostbaren Person. Er allein ist und bleibt der Mittelpunkt. Als die Jünger auf dem Berge der Verklärung waren (Matth. 17,1-8), war das Endergebnis, daß sie wegschauen mußten von Mose und Elias und zuletzt nur Jesum allein sahen. Wie gerne möchte man zwei Hütten bauen, Ihm eine und dem eigenen, frommen System eine, wie gerne möchte man eigenes Handeln mit Gottes Wort vermischen, aber einmal wird es heißen: „Jesus allein!“ nämlich, wenn alle Erlösten um Ihn versammelt sein werden. Bis dahin aber sind Sein Wort und Sein Geist unsere Begleiter auf dem Wege, und wir hören immer aus allem Gewirr Seine Stimme heraus: „Ich bin mit euch“. Gehen wir so unseren Weg und wandeln würdig unserer Berufung, mit welcher wir berufen sind, ertragen wir einander mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut und Liebe, lassen wir allen Parteihader und Streit beiseite und wandeln im Lichte, dann wird es immer

mehr zur Wahrheit werden, daß wir Gemeinschaft miteinander haben (1. Joh. 1,7), dann wird der Anziehungs- und Sammelpunkt für uns nur Jesus allein sein, dann gibt es kein Ein- oder Austreten, keinen Mitgliedsschein, aber auch keine Sondermeinungen und Liebhabereien, sondern man ist hinzugetan zur Gemeinde des HErrn, schart sich um Ihn, und Er ist uns alles in allem.

Ph. W.

Antwort E

Eine ernste Frage in dieser dunklen Zeit, in der Gottes Volk mit der Welt vermischt und durch Spaltungen zerrissen ist. Der Mitternachtsruf: „Siehe, der Bräutigam“ wird gehört. Der HErr ist nahe. Ein Sehnen nach Einigkeit geht durch die Herzen der Kinder Gottes. Man möchte Einigkeit wirken, aber sie muß dem Geiste und Worte Gottes gemäß sein. Einigkeit und Einheit auf einem anderen Grunde zu bewirken, hieße nur die Verwirrung vergrößern. Denn wir können die erste Einheit nicht haben, ohne die ersten Grundsätze, worauf sie gegründet war.

Wir müssen zum Worte und zu dem, was von Anfang war, zurückkehren (1. Joh. 2,24; 4,6) und lernen, daß Gottes Gemeinde ein aus der Welt herausgenommenes Volk ist (Gal. 1,4). Man empfindet es: so wie es heute ist, so war es nicht im Anfang. Da gab es keine sich gegenüberstehenden Parteiungen mit ihren verschiedenen Namen und Verfassungen; da war die Gemeinde nicht mit der Welt verbunden; und Menschen, die frei bekannten, ungläubig zu sein, gehörten nicht zur Gemeinde, und Diener, die vom Staate abhängig sind, kannte sie nicht. Man fühlt es, daß dies Gottes Gemeinde nicht ist.

Mehr als je legen sich Worte wie: „da ist ein Leib“ (Eph. 4,4), berufen „in einem Leibe“ (Kol. 3,15), auf das Herz und wecken das Verlangen, sich auf dem „Boden der Einheit des Leibes“ 1 zu versammeln, und manche sind freudig diesem Rufe beigetreten, um damit auszudrücken, daß sie alle Parteiunterschiede aufgeben und Einheit mit allen Brüdern und Schwestern ausdrücken wollen. Aber wenige haben beachtet, daß der „eine Leib“ Sein Leib (Kol.1,24) - der Leib Christi ist (Eph. 4,12). Er muß deshalb auch Christi Gepräge tragen. Die Gemeinde, die Sein Leib ist, soll das „Haupt festhalten“ (Kol. 2,19). Der Wille des Hauptes (nicht aber der Glieder) soll im Leibe gesehen werden. Aber man möchte gern die Einheit des Leibes zu einem Sammelgrund machen, zu einem Versammlungsboden ohne diese ernste Wahrheit - ohne die Ordnung und VerAntwortlichkeit, die das Haupt mit der Gemeinde, welche Sein Leib ist, verbunden hat, zu übernehmen. Ein Zusammenkommen in der Einheit des Leibes nach unseren Gedanken und Wünschen, liebe Brüder, das ist ein Zusammenkommen in der Einheit des Leibes, aber - ohne das Haupt!

1

Nebenbei bemerkt, gebraucht die Schrift den Ausdruck „Einheit des Leibes“ nicht! (v. d. K.)

Die Timotheusbriefe geben uns (unter anderen Stelle der Schrift) reiches Licht, „wie man sich verhalten soll“ (1. Tim. 3,15). Timotheus war in Ephesus (1. Tim. 1,3). Prophetisch sah Paulus schon Apgesch. 20,30 Männer in der Ephesergemeinde aufstehen, die verkehrte Dinge reden und die Jünger hinter sich her ziehen würden. Dieses war jetzt geschehen. Verkehrte Lehren hatten ihren Einzug in die Gemeinde gehalten. Der Sauerteig und das Böse wurden aus der Gemeinde nicht hinausgefegt. Von dem Manne, der Seinem HErrn die Treue hielt und fest zu Seinem Worte und Zeugnis stand, von dem hatte man sich ab gewandt (2. Tim. 1,15) und hin gewandt zu Männern wie Hymenäus und Philetus, die von der Wahrheit abgeirrt waren. Und dies ist auch ein Bild unserer Tage!

Was sollte Timotheus tun? Soll er, so gut oder schlecht es ging, die Einheit festhalten? Nichts davon!

„Halte fest das Bild gesunder Worte, die du von mir gehört hast“ - „Bewahre das schöne anvertraute Gut“ (2. Tim. 1,13.14). Er soll die Worte des Apostels, die er „ von ihm gehört“ hatte, festhalten - er soll wie im Anfang „bleiben in der Apostellehre“ (Apgesch. 2,42) und „das Wort der Wahrheit recht teilen“ (2. Tim. 2,15).

Aber wie ist es mit dem Zusammenkommen als Gemeinde? Auf welchem Boden soll das geschehen? Der Apostel führt ihn zu dem Grunde und Eckstein der Gemeinde: zum HErrn. Der Name des HErrn ist der große Prüfstein, abzustehen von der Ungerechtigkeit, und der HErr ist der Mittel- und Sammelpunkt für die, „die den HErrn anrufen aus reinem Herzen“. Die Wegweisung ist: Abzustehen von der Ungerechtigkeit, sich „wegzureinigen“ oder (nach der Übersetzung des gleichen griechischen Wortes in 1. Kor. 5,7), - sich „auszufegen“ von den Gefäßen der Unehre und sich zu vereinigen mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen.

Dieses alles ist ein persönlicher Akt, und wer diesen Weg geht, wird andere auf demselben Wege finden. Es mögen nicht viele sein - sie mögen nichts Anziehendes haben und von der Welt verachtet sein - aber die Frage für mich ist: Wie steht das Herz zum HErrn? (Nicht wie zur Versammlung - nicht wie zu meiner Erkenntnis und Stellung?) Das Maß des Lichtes und der Erkenntnis mag verschieden sein, aber dieses Maß ist nicht der Maßstab für das reine Herz. Dann hätten das reinste Herz die, welche die größte Erkenntnis haben (Erkenntnis kann wohl aufblähen, aber kein reines Herz geben, 1. Kor. 8,1). Niemals ist das Anrufen aus reinem Herzen von dem Lichte der Erkenntnis abhängig, wohl aber ist es mit Treue und Gehorsam verbunden gegenüber jedem Lichte, das der HErr schenkt. Das reine Herz schaut Gott - es ist mit Ihm beschäftigt und sieht nichts anderes. Wir erkennen es an der lauteren Gesinnung, die bereitwillig und freudig dem HErrn folgt, wenn Er redet und den Weg zeigt. Es steht ab von der Ungerechtigkeit, wenn es den Namen des HErrn nennt. Dinge und Verbindungen, die der HErr in Seinem Worte verurteilt, können mit reinem Herzen nicht mitgemacht werden. Und wer hierin noch Eigenwillen im Herzen birgt, der ruft den HErrn nicht mit reinem, sondern mit götzendienerischem Herzen an (1. Sam. 15,23).

Nachdem der Heilige Geist durch Paulus diese Anweisung gegeben hatte, war es nicht mehr dein freien Ermessen des Timotheus überlassen, ob er diesen Weg betreten wolle oder nicht. Er wäre ungehorsam gewesen, wenn er mit jenen, die von der Wahrheit abgeirrt waren, zusammen gegangen wäre. Er hatte jetzt Wegweisung empfangen: Persönlich die Lüste zu fliehen, zu streben nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden für sich allein? nein, mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen.

Man möchte fragen, bilden diese nun, die so zusammenkommen, die Gemeinde Gottes an dem Platze und haben sie das Recht, „als Gemeinde“ (1. Kor. 11,18) zusammenzukommen? Letzteres ohne Zweifel. Gerade ihre Aufgabe war es (im Gegensatz zu den von der Wahrheit Abgeirrten), das Bild der gesunden Worte - festzuhalten und zu bleiben in der Apostellehre, und dazu gehörte auch das Zusammenkommen als (oder in) Gemeinde - das Zusammenkommen in dieser Eigenschaft als Gemeinde, und zwar mit allen Einrichtungen und Ordnungen, die der HErr Seiner Gemeinde gegeben hatte. Nicht als „unsere“ Gemeinde (oder wie Prediger zuweilen sich ausdrücken: „meine“ Gemeinde, ach, es liegt oft eine traurige Wirklichkeit in solchen Worten!), sondern als Seine Gemeinde, als verbunden mit dem Haupte und als Glieder voneinander. Und doch sind und bleiben sie nur ein Teil der Gesamtgemeinde und können sich nicht anmaßen, „die“ Gemeinde Gottes am Platze zu sein. Wir mögen die Gesamtgemeinde heute nicht mehr in einer Stadt sehen können, und doch sind die, die

sie bilden, da. Sie mögen zerstreut in die verschiedenen Denominationen (Benennungen, Kreise) oder verbunden und versteckt in der Welt sein, und doch sind sie Glieder des einen Leibes, von dem Christus das Haupt ist - Bestandteile des organischen Ganzen (des allgemeinen oder örtlichen) - mit zusammengefügt in Lebenseinheit und jeder einzelne bestimmt, seine Aufgaben in dem Leibe zu verrichten. Mag dieses alles auch durch das Abweichen von der Wahrheit verdunkelt sein, und so betrübend es auch ist, es hindert nicht, sich in Demut mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen, zu verbinden und als Gemeinde zusammenzukommen, ohne für sich etwas weiter sein zu wollen als Brüder und Glieder des Leibes Christi. - Wäre dieses Zusammenkommen verhindert, so könnten wir auch die Belehrungen in 1. Kor. 12-14; 1. Tim. 3 und 4 u. a. m. aufgeben - ein „drinnen“ und „draußen“ gäbe es dann nicht mehr - und ein Handeln mit dem Bösen und Zucht wie in 1. Kor. 5,2.9-13; 2. Thess. 3,6.14 usw. wäre dahin. Aber dem HErrn sei Dank! - so dunkel auch der Tag sein mag - solange Seine Gemeinde noch auf der Erde ist, haben die, die Seiner Gemeinde angehören, auch das gesegnete Teil, „als Gemeinde“ zusammenzukommen.

Es dürfte auch wichtig sein, zu beachten, daß nicht durch das Zusammenkommen „als Gemeinde“ die Gläubigen zu einer Gemeinde gebildet wurden. ... Alle Gläubigen in Korinth waren die Gemeinde Gottes in Korinth. Sie wurden dies nicht erst durch die Zusammenkunft „als Gemeinde“. Ob sie als Gemeinde zusammenkamen oder nicht, stets waren sie die Gemeinde Gottes in Korinth. Das Zusammenkommen als Gemeinde fügte dem nichts hinzu - aber es war die natürliche Sache, das Normale, daß jene, die die Gemeinde bildeten, auch in dieser Eigenschaft der Gemeinde zusammenkamen.

Daß sie Gottes Gemeinde - der Leib Christi - waren, war nicht etwas durch sie Gewirktes. Es war das göttliche Werk des Heiligen Geistes. Niemand kann sich der Gemeinde Gottes hinzufügen noch sich zu einem Gliede Seines Leibes machen. Aber jeder, der durch den Heiligen Geist Seiner Gemeinde angehört, sollte auch verstehen, welch köstliches Teil ihm gegeben ist, auch „als Gemeinde“ zusammenzukommen, um so teilzunehmen an den Segnungen und mitzuwirken an den Aufgaben, die Er Seiner Gemeinde zugeteilt hat. Ach, wie wenige schätzen dieses! Sie kennen kaum einen höheren Gedanken als ihre eigene Erbauung.

So bleibt der HErr der Mittel- und Sammelpunkt unseres Zusammenkommens. Und weil der HErr es allein ist, muß auch alles Seinem Wort und Geiste unterworfen sein. Es kann nicht anders sein. Sind wir wirklich auf dem Grunde, der Er Selbst ist, versammelt, so kann kein Raum für irgend etwas sein, das zu Ihm im Widerspruch steht. Parteiungen, Verbindungen mit der Welt müssen aufhören, und Böses kann nicht in der Mitte geduldet werden (1. Kor. 5,6ff.), noch „ein anderes Evangelium“ (Gal. 1,6-10), noch Personen und Lehren, die weitergehen und nicht bleiben in der Lehre des Christus (2. Joh. 9.10). Der HErr kann nicht mit diesen Dingen gehen, und wir können, wenn wir Ihn in unserer Mitte haben wollen, Ihn nicht damit verbinden. Sein Name, Seine Person entscheidet alles. Er ist da, das genügt, um alles festzustellen. So recht und gut auch das Verlangen nach Einheit ist, hier müssen wir lernen, daß Einheit uns nicht wichtiger als Christus sein darf und wir Christen nicht vor Christus zu stellen haben - Brüder nicht vor dem HErrn und Einheit nicht auf Kosten Seines Namens und der Treue zu Ihm.

So fest wir auch für dieses alles einzutreten haben, so können wir andererseits auch nicht die Dinge der Urgemeinde, die mit der ungehinderten Kraftentfaltung des unbetrübten Heiligen Geistes zusammenhängen, einfach nachahmen, als könnten wir die Gemeinde Gottes in ihrer Einheit,

Reinheit und Kraft wieder aufrichten. Das hieße Fleisch anstelle des Geistes setzen. Wir müssen vielmehr bekennen, daß mit der Zerrissenheit der Gemeinde auch gewisse Folgen dieser Zerrissenheit über die Gemeinde gekommen sind, Dinge und Vorkommnisse, die in der Urgemeinde nicht gefunden werden konnten, unter denen wir uns aber heute als einer Folge des Verfalles und der Zerrissenheit in Demut, Schuldbekenntnis und Trauer beugen müssen, kraftlos sie wie den Verfall selbst abtun zu können. Doch bleibt der persönliche Pfad der Treue des einzelnen davon unberührt.

Auf diesem Boden, der Timotheus gezeigt wurde, ist der Schwächste und Jüngste im Glauben willkommen und für solche, „die etwas anders gesinnt“ sind (Phil. 3,15), ist weiter Raum, uns gegenseitig mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut zu ertragen in Liebe. Das Band der Gemeinschaft umschließt alle, die im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist – aber es umschließt nichts von der Finsternis (1. Joh. 1,7).

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Auch wir haben uns wie der Verfasser von Antwort B sehr gefreut, als diese Frage eingesandt wurde. Dennoch haben wir mit der Veröffentlichung von Antworten lange, ¾ Jahr, gewartet, um nicht übereilt zu handeln. - Möchten diese umfassenden Antworten, durch die alle Seiten der Frage gründlich im Lichte der Schrift betrachtet werden, nicht nur dem Einsender der Frage, sondern auch vielen anderen dazu helfen, den von Gott gezeichneten Weg zu sehen und zu gehen! - Wir bemerken noch, daß andersartige Antworten nicht eingingen.

Noch einige praktische Winke! Der schwierigste Punkt ist nach dem Lesen obiger Antworten, besonders der kostbaren Antwort E, für einige vielleicht der: alle Kreise von Gläubigen werden behaupten, daß sie sich versammeln mit denen, die aus reinem Herzen den HErrn anrufen! Was nun? - Nun, mein Bruder, meine Schwester, es kommt nicht darauf an, was einzelne von sich behaupten, sondern es kommt auf den praktischen Gehorsam gegen Sein Wort an, auf 2. Tim. 2,19! Die möglichste Übereinstimmung mit Seinem Wort, wenn auch in Schwachheit, sollte uns und unser Zusammenkommen kennzeichnen. Kann aber etwa da von einem Anrufen des HErrn mit reinem Herzen geredet werden, wo z. B. die klare Erkenntnis vorhanden ist von gewissen schriftwidrigen Dingen und Hängenbleiben an ihnen aus Menschenfurcht oder weil man sich die sogenannten geöffneten Türen nicht verschließen will - wir betonen nochmals: während man ganz genau weiß und zugibt, daß jenes, was festgehalten wird, unbiblische Dinge sind!? Ungehorsam, bewußter Ungehorsam und ein reines Herz? Wir persönlich halten uns ängstlich davon fern, Brüder und ihren Weg zu verurteilen, und wir be urteilen dergleichen auch nur, wenn wir es unserer eigenen Wegentscheidung wegen gelegentlich müssen - richten werden wir keinen, jeder steht und fällt seinem Herrn; aber wo offen erkannt und zugegeben wird: „ja, es ist unbiblisch“ - und es wird doch festgehalten, da möchten wir, den Früchten gemäß, an dem reinen Herzen wohl zweifeln. - Manche Kinder Gottes kennen nur ein reines Herz, dessen Heiligung und Reinheit in Abkehr von moralischer, fleischlicher Unreinheit besteht, und wenn in ihrer Gegenwart die bösen, religiösen „Heiligtümer“ der Welt auch nur auf ihren biblischen Unwert hin untersucht werden, sogar ohne jeden persönlichen Angriff, dann werden sie oft sehr erregt, ähnlich wie die Leute in Ophra, als Gideon auf Jehovas Geheiß die Götzenbilder zerstört hatte (Richter 6,28ff.!). Es ist fast nicht zu glauben, daß Gottes Volk so tief gesunken ist und so handeln kann, aber es geschieht oft genug - mitreinem Herzen? Wir

fürchten, nein! - Und hier ist die Linie, wo jeder sich selbst zu prüfen hat und seinen Weg suchen muß - wenn er in Einfalt und Treue den Weg des Gehorsams gegen das Wort Gottes nach 2. Kor. 6,14ff.; 2. Tim. 2,19ff. u. a. gehen will. Antwort E sagt: „er wird auf diesem Wege andere finden!“ Sicher, denn der treue Gott weiß die zusammenzubringen, die Sein Wort halten wollen, und für die die Person Jesu Christi der Mittelpunkt ist (vergl. Mal. 3,16ff. und Offenb. 3,8!). Diese wenigen, hier und da und wo auch immer, werden in tiefer heiliger Liebe zu dem ganzen Volk Gottes stets trauern, daß nicht mehr, wie im Anfang, die Gesamtgemeinde aller Gläubigen beisammen ist nach dem Grundsatz von Apgesch. 2,42, aber sie werden in Demut und Treue an ihrem Teil zu verwirklichen suchen, was der ganzen Gemeinde gilt (z. B. Eph. 4), sie werden sich freuen über jeden einzelnen, der, herausgenommen aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf (Gal. 1,4), den Weg der Treue, wenn auch in Schwachheit, mit ihnen pilgert, und sie werden mit Inbrunst ausschauen nach dem HErrn, der verheißen hat, bald zu kommen! Dann wird der eine Leib vollendet dargestellt!

„Amen, komm Herr Jesu!“ (Offenb. 22,20.)

Geleitsworte an den Leser:

Der Fels: vollkommen ist Sein Tun; denn alle Seine Wege sind recht. Ein Gott der Treue und sonder Trug, gerecht und gerade ist Er. - ... Loben will ich Jehova mein Leben lang ... Glückselig der, dessen Hoffnung auf Jehova, seinen Gott, ist! ... Der Treue hält auf ewig! ... Gott ist treu. ... Er Selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig; und euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesu Christi. Treu ist, der euch beruft; der wird es auch tun.“ ... „Er bleibt treu, denn Er kann Sich Selbst nicht verleugnen.“ 5. Mose 32,4; Ps. 146,2.5.6; 1. Kor. 1,9; 1. Thess. 5,23.24; 2. Tim. 2,13.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 13

Ich bitte um Aufklärung über den scheinbaren Widerspruch zwischen 1. Mose 6,6 und 1. Sam. 15,29!

Antwort A

Zunächst sei bemerkt, daß dieser Widerspruch in Kapitel 15 des ersten Buches Samuels schon zwischen den Versen 11, 35 und 29 völlig erkennbar ist, und zur Aufklärung desselben sei Ps. 110,4 und 4. Mose 23,19 angeführt; letztere Stelle ist gewissermaßen der Schlüssel unserer Frage.

„Gott ist kein Mensch, um zu bereuen“: dieses bezieht sich deutlich auf Seine Worte; „sollte Er gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?“ (4. Mose 23,19); „geschworen hat Jehova, es wird Ihn nicht gereuen“ (Ps. 110,4). Daß es in 1. Sam. 15,29 auch der Fall ist, zeigt das Wort: „das Vertrauen Israels lügt nicht“; dieser Name Gottes „Vertrauen“

deutet auf die Zuverlässigkeit Seiner Verheißungen und Aussprüche hin. Es reute Jehova: Das ist in bezug auf Sein Tun. Es reute Ihn, daß Er den Menschen geschaffen und Saul zum König über Israel gemacht hatte (1. Mose 6,6; 1. Sam. 15,11.35).

Also bereut Gott zuweilen Seine Werke; Seine Worte aber nie.

Wir können wohl verstehen, daß Er Seine Worte nicht zu bereuen hat, denn ein jedes derselben ist geläutert gewogen (Ps. 18,30; 119,140; Spr. 30,5 u. a.). Keine Macht kann sie auflösen (Joh. 10,35; Jes. 40,6-8), und niemand darf ihnen etwas hinzufügen (Spr. 30,6; vergl. Offenb. 22,18). Wie oft müssen hiergegen die Menschen ihre Worte bereuen, zurücknehmen, um nicht als Lügner gefunden zu werden; wie oft lügen sie, um ihre Worte nicht zurücknehmen zu müssen, und wie wenig kann man auf ihre Verheißung trauen! -

Sind aber die Werke Gottes etwa unvollkommener als Seine Worte, etwa fehlerhaft? Nein! Sie sind gut (1. Mose 1,11.12.18.21.31. u. a.). Sein Tun ist vollkommen (5. Mose 32,4). Die Schöpfung des Menschen nach Seinem Bilde, die Wahl Sauls als König über Israel, als er in seinen Augen klein war (1. Mose 1,26.27; 1. Sam. 15,17), sind im Gegenteil herrliche Taten und entsprachen völlig den göttlichen Grundsätzen. Nun aber hat sich Satan durch die Sünde, welche durch einen, den ersten Menschen in die Welt gekommen ist, Herrschaft über die Werke Gottes angeeignet. Der Mensch fiel in seine Gewalt, seine Bosheit wurde groß auf Erden, und alles Gebilde seines Herzens war nur böse den ganzen Tag (1. Mose 6,5). Saul „hat sich hinter Jehova abgewandt und Seine Worte nicht erfüllt“ (1. Sam. 15,11). Nun verstehen wir, daß es Jehova „schmerzte in Sein Herz hinein“, daß es Ihn reute, das getan zu haben, was durch die Sünde verdorben wurde; wir verstehen, daß Er Sein eigenes Werk unter solchen Umständen Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit halber vernichtete. Umgekehrt reute es Gott auch, Gericht zu üben, nämlich als sich die Schuldigen unter Seine Hand demütigten und Buße taten (1. Chron. 21,15; 2. Sam. 24,16; Jona 3,9.10). Einiges über den Fall von Ninive: Man konnte meinen, Gott habe da Sein Wort (Kap. 3,5) nicht aufrecht gehalten und es bereut. Es ist aber nicht richtig. Hier müssen wir die geistliche Bedeutung von „vierzig Tagen“ in Gottes Wort beachten. Soweit ich sie verstehe, stellten sie eine Versuchs- oder Probezeit dar (siehe Matth. 4,1 u. a.). Gott wollte Ninive noch eine Probezeit lassen, ehe Er sie, ihrer Bosheit halber (1,2), umkehre. Auf die Predigt Jonas taten die Niniviten Buße, und so „ließ Sich Gott des Übels gereuen (nicht Seiner Worte), das Er ihnen tun wollte und tat es nicht“ (3,9.10). Sie kamen nicht um. Später aber (denn ein Tag ist bei Gott wie tausend Jahre, 2. Petri 3,8) wurde Sein Wort buchstäblich erfüllt.

Wenn Gott zuweilen, und je nach dem Verhalten des Menschen zu Ihm, Sich's gereuen ließ, so gibt es doch eins Seiner Werke, das Er nie und unter keinen Umständen bereuen wird. Die Gnadengaben und die Berufung Gottes in Christo Jesu, darunter das ewige Leben (Röm. 6,23), sind unbereubar (Röm. 11,29). Diese kann Satan nicht verderben; er ist ja für immer besiegt; die Sünde kann sie nicht vernichten, denn „wo sie überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden, auf daß ... sie herrsche ... durch Jesum Christum, unseren HErrn“ (Röm. 5,20.21). „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!“

R. W. D.

 

 

 

Anmerkung des Herausgebers

Aus vorstehender Antwort, der einzigen eingegangenen, die aber überzeugend ist, geht in

Übereinstimmung mit der Schrift hervor, daß Gott nie Seine Worte bereut, wohl aber hier und da Seine Werke. Wir möchten an Hand der Schrift noch weitergehen und statt nur von der Unveränderlichkeit Seiner Worte lieber reden von der Seines Charakters, Seines Wesens: Er Selbst bleibt stets derselbe, Er ist der Unveränderliche (Mal. 3,6; Ps. 102,26.27; Hebr. 1,11.12; vergl. 2. Mose 3,14.15; Hebr. 13,8; Jak. 1,17 u. a.), darum sind auch die Kundgebungen Seines Geistes, also auch Seine Worte, unveränderlich. Wie köstlich ist das! Ja, wie gern hätten wir manches Wort nicht geredet, wie leicht kommen Verfehlungen unserer Zunge vor, wie ernst und wichtig für uns sind die die Zunge betreffenden Ermahnungen von Jak. 3! Bei unserem Gott dagegen ist alles vollkommen. Darum braucht Er Seine Worte nicht zu bereuen, weil Sein Wesen unveränderlich bleibt.

Wenn Er aber Seine Werke, vollzogene oder angedrohte, bisweilen bereut und zurücknimmt - so kann Er doch nicht vollkommen sein! - so wird von solchen, die Ihn nicht kennen, oft geurteilt. Aber man kann beim Betrachten der betreffenden Geschichten nicht sagen von Gott, wie man oft von einem Menschen sagt: „er mußte das und das zurücknehmen, er hat sein Tun bereut, denn er befand sich im Unrecht oder Irrtum“ usw. Gott tut nie Unrecht - Er ist der Heilige, Vollkommene, Gerechte; „niemand ist gut, als nur einer, Gott“ (Luk. 18,19). Wer natürlich von vornherein das unumschränkte, vollkommene Gutsein Gottes nicht anerkennt, der wird in den Stellen, die von Gottes Reue reden, selbstverständlich einen „Beweis“ finden für seine gotteslästerliche, gegenteilige Behauptung. Kinder Gottes, Kinder dieses Gottes, des heiligen, vollkommenen Gottes der Bibel, haben mit solchen Behauptungen nichts zu tun. Ihnen können aber gerade im Hinblick auf die heilige Vollkommenheit unseres Gottes Schwierigkeiten erwachsen infolge dieser Stellen. Ihnen, wie auch dem Einsender der Fragen, seien hier noch einige Worte gewidmet!

Was ist Reue? Leidwesen, Bedauern über eine Tat (oder Unterlassung), die man ungeschehen machen möchte. Der Hauptbestandteil bei der Reue ist nicht der Wunsch, die Tat ungeschehen zu machen, sondern die Trauer, die man im Blick auf dieselbe empfindet; jener Wunsch ist erst die Folge von der Trauer. Nehmen wir nun den Fall von 1. Mose 6,6! Gott bleibt in Seinem Wesen stets der gleiche, also auch in Seinem unveränderlichen Haß gegen die Sünde. Darin ändert Er Sich nie. Nun fielen die für Ihn geschaffenen Menschen von Ihm ab und in schreckliche Sünde. Da erfüllt das Herz Gottes Trauer (ebenso als Er sah, auf welchem Wege Saul ging). Gott ist doch nicht empfindungslos! Wäre Er nicht lebendig, wäre Er nicht persönlich, wäre Er unfähig gewesen, Sich wie Er tat in Christo (2. Kor. 5,19) - als vollkommener Mensch unter den von Ihm geschaffenen Menschen zu bewegen und mit ihnen zu fühlen (Hebr. 2,18; 4,15) -dann, ja dann wäre Er auch unfähig, Schmerz und Trauer beim Anblick der durch Satans Macht in Sünde gefallenen Menschheit zu empfinden. Dann aber hätte Er auch nicht Zorn empfinden können und keine andere Seelen- und Willensregung, es wäre ein unpersönlicher Gott, ein Gott, wie ihn verschiedene philosophische Unglaubenssysteme erfunden haben, es wäre nicht der Gott der Bibel. Der Gott, der Sich „geoffenbart hat im Fleisch“ (1. Tim. 3,16), der Gott - Jehova, der schon Jahrtausende zuvor bei den ersten Menschen „im Garten“ wandelte „bei der Kühle des Tages“ (1. Mose 3,8), der die Tür der Arche „hinter Noah zuschloß“ (1. Mose 7,16), der mit Mose auf dem Berge „redete, wie ein Mann mit seinem Freunde redet“ (2. Mose 33,11) usw., der Gott, der uns Menschen so erschaffen hat, wie wir sind (ausgenommen die Sünde!) in Seinem Bilde, nach Seinem Geschlecht (Apgesch. 17,28.29), der kann auch empfinden wie wir, wenngleich Er als der Vollkommene nicht abhängig ist von Seinen Empfindungen, sondern frei über allem waltet. Ja, unser Gott fühlt, und zwar unendlich tiefer, reicher, reiner, inniger als wir; und was noch köstlicher ist: Er läßt es uns wissen! Er läßt uns durch diese Stellen vom Bereuen hineinblicken

in Sein Herz, und Er zeigt uns zugleich, wie Er, der über allem steht und vor dem Anfang das Ende kennt und an allem mit Seiner ganzen Person teilnimmt, wie Er mit uns handelt: In dem Augenblick, als die Niniviten Buße taten, aIso ihr sündiges Leben änderten, in dem Augenblick änderte Gott Sein Verhalten gegen sie, nicht aber Sein Wort! Das behielt Gültigkeit, aber Sein augenblickliches Handeln wurde bestimmt durch das Verhalten der Menschen. Wie gnädig ist Er und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte, langmütig und freundlich (vergl. Joel 2,13; 2. Petri 3,9 u. a.)! Gerade weil Gott unwandelbar ist in Seinem Wesen, deshalb muß in Ihm der Menschenkinder Sünde Schmerz hervorrufen, deshalb aber muß auch die Sinnesänderung der Menschen bei Ihm ein verändertes Verhalten auslösen - beides drückt die Schrift aus durch das uns Menschen am meisten zu Herzen gehende, weil dem menschlichen Verstehen am nächsten kommende Wort „Reue“ und „bereuen“, und indem also Gott Selbst von Seiner Reue spricht, zeigt Er uns vielleicht am tiefsten Seine Gesinnung, Seine liebevolle Natur, kurz: Sein Herz! - „Dieser Gott ist unser Gott immer und ewiglich!“ (Ps. 48,14.) Halleluja!

Frage 14

Betrifft Matth. 25,1-13 Israel oder die Gemeinde des HErrn, oder beide?

Antwort A

Die Christenheit bis zu Seiner Wiederkunft bezeichnet der Herr Jesus öfter mit dem Ausdruck: „Reich der Himmel.“ Es ist die Zeit der Entwicklung Seines Reiches während Seiner Abwesenheit. Es ist ähnlich wie Matth. 13,24-30; 24,43-51; 25,14-30 usw., je nach den einzelnen Umständen handelt es sich um die VerAntwortlichkeit der Bekenner Jesu Christi.

In unserem vorliegenden Gleichnis haben wir wohl ein Bild von dem Zustande der bekennenden Christenheit, aber wir dürfen die Kreise dennoch etwas enger ziehen und sagen: Es bezieht sich mit auf den himmlischen Charakter der Christen, denn es ist die Rede davon, daß sie ausgehen, um dem zur Hochzeit wiederkehrenden Bräutigam entgegenzugehen. Also spricht das Gleichnis nicht von einer Braut und ihrer Herrlichkeit, sondern vielmehr von der VerAntwortlichkeit, auf den HErrn zu warten und Seine Zeugen zu sein. Es handelt sich aber dennoch um zwei Klassen, um Kluge und Törichte. Wenn wir den Entwicklungsgang verfolgen, werden wir finden, daß es sich zu Anfang nur um kluge Jungfrauen gehandelt haben kann, um solche, die wirklich zu Jesu bekehrt waren und Öl, Leben aus Gott, empfangen hatten, denn Apgesch. 5,13 lesen wir: „Von den übrigen aber wagte keiner sich ihnen anzuschließen“ usw. Es handelt sich also um eine Schar, die aus den Juden und Heiden ausgegangen war. Im Laufe der Zeiten kamen auch Weltförmige, die „die Form der Gottseligkeit hatten, aber die Kraft verleugneten“, auf diesen Boden, und je länger der Bräutigam verzog, desto mehr Verwischung und Vermischung gab es, Weltförmigkeit und Schläfrigkeit hielten in den Reihen der Bekenner ihren Einzug, die kostbare Hoffnung der Erwartung des HErrn vom Himmel trat in den Hintergrund, die Gläubigen lebten nicht mehr als Abgesonderte. Das beste Beispiel finden wir bei vielen Gläubigen unserer Tage, die sich auf den Boden einer sogenannten christlichen Welt ziehen lassen und da alle religiösen Feste und auch das Abendmahl, welches nur den Gläubigen gehört, mitfeiern; wo das Gedächtnis des HErrn nur noch eine Formsache und nicht der Tisch des HErrn oder die Verkündigung Seines Todes ist. Aber über diesem allen steht der HErr, der in Seiner Liebe an die Seinen denkt. Je länger die Schatten und je dunkler die Umrisse werden, desto näher ist

Er den Seinen. In das Dunkel der Mitternacht wird Sein Ruf erschallen, und die in treuem Ausharren immer wieder rufen: „Komm, Herr Jesu!“, die haben auch „Ohren zu hören“. So ist in der gegenwärtigen Zeit des Verfalls der HErr an der Arbeit des Sammelns und des Aus- und Absonderns, und die Treuen im Lande, ähnlich wie Mal. 3,16, unterreden sich miteinander, d. h. sie warten auf den kommenden HErrn und lassen sich als Erlöste auch loslösen von allen äußeren Formen der Namenbekenntnisse und wandeln einzig allein mit dem HErrn, d. h. der Herr Jesus genügt ihnen. Wir sehen also, es handelt sich einerseits um Wachsamkeit, um den Bräutigam zu erwarten, und andererseits um die persönliche Treue im Dienst. Ebenso handelt es sich nicht um eine bestimmte Parteigruppe, sondern zu der Zeit des wiederkehrenden Bräutigams wird dieses Reich der Himmel lediglich auch nur von solchen dargestellt, die von der Welt und jeder Religion, die mit dem Fleische in Verbindung steht, ausgegangen sind. So betrifft unser Gleichnis weder Israel noch die Gemeinde, sondern zunächst in weiten Umrissen die Christenheit in der Abwesenheit Christi, dann aber auch die Glieder der Gemeinde, welche der HErr in dieser Wartezeit gesammelt hat und die in wartender Stellung dastehen. Möge der HErr uns alle wachend und wartend finden!

Pb. W.

Antwort B

Beides nicht. Es bezieht sich weder auf die Gemeinde noch auf Israel, sondern auf das Reich. Der HErr sagt: Alsdann (Matth. 24,45-51) wird das Reich der Himmel gleichgeworden sein zehn Jungfrauen. Es ist bereits in den früheren Jahrgängen über das „Reich der Himmel“ eingehend geschrieben worden, und es empfiehlt sich, an Hand der Schriftstellenverzeichnisse nachzulesen, was insonderheit über Matth. 13 gesagt ist (z. B. Jahrg. I (1913), S. 49-54 und Jahrg. III (1915), S. 23-32 u. a.).

Das Reich der Himmel umfaßt die Zeit der Abwesenheit des HErrn und Königs. Es ist die Zeit, in welcher auf dem „Acker“ der Menschenwelt der gute Same (aber dazwischen auch das Unkraut) gesäet wird. Im Reich der Himmel wird die Frucht der zweierlei Aussaat gefunden, sowohl die Söhne des Reiches, als auch die Söhne des Bösen, die törichten als auch die klugen Jungfrauen (Matth. 13,38). Es umschließt Gläubige und ungläubige - alle jene, die den Namen Christi und das Wort und Zeugnis Gottes empfangen, annehmen und bekennen.

Obgleich das Gleichnis die ganze Zeit des „Reiches der Himmel“ umfaßt, gibt uns der HErr doch darin ein besonderes Bild von der Endperiode. Er zeichnet uns die dunkelste Zeit des Reiches der Himmel - die Mitternachtszeit. Zur Mitternachtszeit geht der Ruf durch das Reich: „Siehe, der Bräutigam!“ („kommt“ fehlt im Urtext). Dieser Ruf wendet sich an das Herz, es für den Kommenden zu erwecken. Wir haben es in dem Gleichnis weniger mit dem Ereignis Seines Kommens, sondern mehr mit der Person des Kommenden zu tun: „Siehe, der Bräutigam!“ Der Ruf enthält die Aufforderung, die Welt und was in ihr ist zu verlassen und Ihm zu begegnen.

Die klugen Jungfrauen sind im Gegensatz zu den törichten solche, die aus dem „guten Samen“, aus dem Worte, gezeugt sind und so Leben aus Gott besitzen. Das Öl wird bei ihnen gefunden. Die Salbung (sie geschiebt mit Öl) wird in der Schrift als Bild vom Heiligen Geiste gebraucht (1. Joh. 2,20.27).

Wenn auch die törichten Jungfrauen als „Jungfrauen“ angeredet werden, so haben wir deshalb

ebenso wenig an Gläubige zu denken, als wenn der HErr in Verbindung mit diesem Gleichnis von dem guten und bösen „Knechte“ redet. Wir haben es hier eben mit einem „Gleichnis“ zu tun.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Da vorliegender Frage nach nicht eine Auslegung des Gleichnisses verlangt wird, so beschränken wir uns, was dessen Allgemeinverständnis angeht, auf ein paar Bemerkungen: Die Braut wird hier nicht genannt, da es hier nicht auf ihr persönliches Verhalten ankommt, sondern auf die VerAntwortlichkeit des Wartens auf den Bräutigam, und diese teilen die Brautjungfern mit der Braut. Denn nach der damaligen jüdischen Sitte mußte der Bräutigam kommen, um die Braut in sein Haus zu holen zur Hochzeit, und die Brautjungfern hatten ihn zu erwarten. In vorliegendem Falle gingen sie ihm, da er lange verzog, entgegen, als sie den sein Kommen ankündigenden Ruf hörten. Es kommt also gar nicht auf die Braut als solche an, sondern auf die Wartestellung derer, die zu warten hatten, bis er käme. Diese sind hier dargestellt unter der Zahl 10, mit welcher in der Schrift die menschliche VerAntwortlichkeit ausgedrückt wird (vergl. das Gesetz, ferner Dan. 1,12; Luk. 17,17 und 19,13 u. a.!), und unter dem Bilde von Jungfrauen - auch die Braut ist gemeinhin eine Jungfrau! -, die gemäß der ungewöhnlichen Stunde des Kommens des Bräutigams brennende Lampen tragen mußten. Als Jungfrauen werden die Wartenden gekennzeichnet, weil in diesem Begriff die Reinheit, Unberührtheit durch die Dinge und das Wesen der Welt, Aufgeschlossenheit für die Schönheit und Güte des Erwarteten usw. liegt (vergl. 2. Kor. 11,2; Offenb. 14,4 [Matth. 1,23; Luk. 1,27]).

Wie sehr derartige Fragen wie die in obigen klaren Antworten behandelte die Herzen vieler Gläubigen bewegen, zeigt die in diesem Heft neugestellte Frage unter e), die vor kurzem aus dem Felde einlief. Was beweist dies? Einmal, daß jene traurige Lehrrichtung, wonach das Matthäusevangelium nur dem Volke Israel gehöre, unter Gottes Volk leider viel an Boden gewonnen hat, und zweitens, daß im allgemeinen unter uns Gläubigen wenig Verständnis besteht über das, was die Schrift meint unter den Begriffen „Reich der Himmel“ und ähnlichen. Frage 6 in Band III (1915) beschäftigt sich, wie auch oben in Antwort B bemerkt ist, eingehend mit diesem kostbaren Gegenstand. Möchten wir alle davon noch fortgesetzt lernen!

Wie unendlich weiser ist doch das untrügliche Wort Gottes, als wir Menschen sind mit unseren Fragen, wen das Gleichnis betreffe: „ob Gemeinde?“ - „ob Israel?“ Nur ein Beweis dafür! Wie könnte sich das Gleichnis auf die Gemeinde, den Leib Christi beziehen, bei dem es kein getrenntes Glied geben wird am Ende, wenn der HErr gekommen ist, Seinen Leib vollendet darzustellen, während doch dem Gleichnis nach solche da sein werden, die zurückbleiben! Ist denn der Leib Christi zerteilt? Es gibt leider Gläubige, die annehmen, daß nur eine Auswahl entrückt wird: Sie verstehen noch nicht, was es ist um den „einen Leib“, an dem Christus das Haupt ist! „Wir werden alle verwandelt, in einem Nu, in einem Augenblick“ usw. (1. Kor. 15,51). - Andererseits: Wie könnte es sich auf Israel beziehen, wo von dem Öl, dem Geist, geredet ist, der „in ihren Gefäßen“ ist, was doch hinweist auf den in uns wohnenden Geist (vergl. Joh. 14.17; 1. Kor. 6,19; Eph. 1; 1. Joh. 2,27! siehe auch 2. Kor. 3,18 und 4,7!). Wo aber in der Schrift wäre wohl davon die Rede, daß der Geist in dem Israeliten, d. h. in dem einzelnen Vertreter des gläubigen Überrestes wohnte? (vergl. Joel 2, 28-32 mit Apgesch. 2, 17ff.!). - Wo aber solche sind, die äußerlich als Jungfrauen gesehen werden, da kann erwartet werden, daß auch der Geist in ihnen wohnt; jedoch an ihnen wird offenbar, daß, „wer Christi Geist

nicht hat, nicht Sein ist,“ wenn er sich auch sonst in nichts von den echten Bekennern unterscheidet.

Nein, die Schrift sagt nicht, daß es ein Gleichnis von Israel oder von der Gemeinde oder beiden sei, sondern sie sagt, daß es ein Gleichnis vom „Reich der Himmel“ ist. Dieses in der dunklen Mitternachtsendzeit, dann, „wenn der böse Knecht seine Mitknechte schlägt,“ umfaßt alle, d. h. Bekehrte und Unbekehrte, Glieder der Gemeinde (des Leibes), Judenchristen und Heidenchristen, ob dem Namen nach oder in Wahrheit usw., sofern sie nur den äußeren Jungfrauen-, d. h. den Bekennercharakter tragen, also mit anderen heute oft gehörten Worten „nicht so ganz ungläubig“ sind. Einstmals, als der Säemann anfing zu säen, war es anders, aber alsdann, wann der HErr verzieht und schon lange fern ist - also gegenwärtig nicht nur, sondern schon lange, lange - da wird es so sein, ja, da ist es so, wie diese Stellen uns zeigen; jedoch wiederum auch nur so lange, als der Herr jener Knechte, der Bräutigam, der König fern ist. Sobald Er kommt, sehnlichst erwartet von den Seinen, dann wird die tatsächliche Wirklichkeit des Lebens aus Gott (des Lebens „durch den Geist“, Gal. 5,25) das Entscheidende sein. Vor den Augen des Königs ist das äußere Bekenntnis ohne das Leben aus Gott wertlos wie ein Nichts und „vergeht“! Wie ernst für die törichten Jungfrauen zu aller Zeit, seit sie da sind, und heute auch, die in Selbsttäuschung dahingehen, deren so viele sind! Laßt uns sie warnen, solange Gnadenzeit ist, - daß sie doch noch beizeiten sich mit Öl versorgen, d. h. Leben aus Gott empfangen! (Joh. 7, 37-39a; Offenb. 22,17 usw.) Und laßt uns immer wachsamer, freudiger und stets glücklichen Herzens Ihm entgegengehen, „der da kommt“!

Frage 15

Sprach der Teufel in Lukas 4,6 die Wahrheit?

Antwort A

Die Versuchung des Herrn Jesu geschah auf Anregung des Geistes (Matth. 4,1; Luk. 4,1.2). Nach dem ewigen Ratschluß Gottes gehörte diese Versuchung in den Erlösungsplan Gottes; 1. Joh. 3,8: „Hierzu ist der Sohn Gottes geoffenbart worden, auf daß Er die Werke des Teufels vernichte;“ 1. Tim. 3,16: „Gott ist geoffenbart worden im Fleische.“ Der Herr Jesus stand als Mensch, als des Menschen Sohn, dem Satan gegenüber, deshalb die Frage Satans an den HErrn: „Bist Du Gottes Sohn?“ und „wenn Du Gottes Sohn bist“. Vers 5 und 6 ist sehr bedeutungsvoll. Der Satan sprach die Unwahrheit, er log. Der Mund der Wahrheit Jesus Christus spricht Ev. Joh. 8,44: „Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist; wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben.“ Vers 5 und 6 in Lukas 4 weisen uns auf Offenb. 13,4. Satan wird einen finden, dem er seine Macht und Gewalt geben wird, dem Tiere, dem Oberhaupt der zehn Reiche, dem römischen Kaiser der Endzeit: „und sie beteten den Drachen (Teufel) an, und beteten das Tier an“.

Satan ist der Lügner von Anfang. Durch eine Lüge hat er die ersten Menschen verführt („ihr werdet sein wie Gott“), zur Sünde verleitet, und so das ganze Menschengeschlecht samt der Erde (Schöpfung) unter seine Knechtschaft gebracht. Gott sei Dank, daß es nicht so bleiben wird. Offenb. 19,6 lesen wir: „Und ich hörte wie eine Stimme einer großen Volksmenge und wie ein Rauschen vieler Wasser und wie ein Rollen starker Donner, welche sprachen: Halleluja, denn der HErr unser Gott, der Allmächtige hat die Herrschaft angetreten.“ F. B.

Antwort B

Die ganze Schrift offenbart uns den Satan als den Fürsten dieser Welt und als das Haupt gewaltiger Geisterheere, die in der Luft ihren Sitz haben. Der Titel „Fürst dieser Welt“ wird in der Schrift immer wiederholt, z. B. Joh. 12,31; 14,30; 16,11 usw., und als solcher tritt er auch hier in der Versuchung auf. Wie einst von dem Fall Adam alles abhing und die Sünde in die Welt kam, so hing hier alles von dem Siege Jesu ab. Dieses wußte der Satan, darum setzte er alles daran, um den Sohn Gottes, der hier Seinen Pfad durch diese Welt angetreten hatte, zu Fall zu bringen. Wenn er hier dem Herrn Jesus die Herrschaft über alle Reiche der Welt verspricht, wenn dieser vor ihm niederfalle und ihm huldige, offenbart er seine Großmachtstellung als Fürst dieser Welt. Es war eine Taktik des Feindes, dem HErrn die Herrschermacht über die Welt ohne Leiden, ohne Kreuz, ohne Sterben zuzusichern, wenn Er sie aus seiner Hand nehmen wollte, ähnlich wie dort bei Eva „ihr werdet sein wie Gott“ (1. Mose 3,5). Aber Jesus als der gehorsame Sohn Seines Gottes und des Vaters weist den Versucher zurück, geht als Sieger hervor und tritt Seinen Weg an im Gehorsam bis zum Tode auf dem Kreuze (Phil. 2,7-11). Wenn nun Satan auch als Fürst dieser Welt, die ihm unterworfen ist mit der Zulassung Gottes und die der Vergänglichkeit preisgegeben ist, in diesem Augenblick scheinbar die Wahrheit sagt, so bleibt er dennoch „der Lügner von Anfang“ an.

Jesu Sieg ist unser Sieg, und in Treue und Gehorsam dürfen wir die Früchte dieses Sieges genießen.

Ph. W.

Antwort C

Der Herr Jesus hat vom Teufel gesagt: „Jener war ein Menschenmörder von Anfang und ist in der Wahrheit nicht bestanden, weil keine Wahrheit in ihm ist. Wenn er die Lüge redet, so redet er aus seinem Eigenen, denn er ist ein Lügner und der Vater derselben“ (Joh. 8,44). Das entscheidet die Frage. Was der Teufel sagt, ist niemals Wahrheit. Er sagt in Luk. 4,6: „Ich will Dir alle diese Gewalt und ihre Herrlichkeit geben; denn mir ist sie übergeben, und wem irgend ich will, gebe ich sie,“ als ob er die unbeschränkte, völlige Verfügung darüber habe. Das ist Lüge. Ohne Zweifel aber besitzt er große, weitgehende Macht; das zeigt schon der vorhergehende Vers, wo es von ihm heißt: „... und er zeigte Ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises.“ Welche Macht! Das ist nicht etwas, was der Teufel von sich behauptet, sondern eine Tatsache, die der Heilige Geist uns mitteilt. Sicherlich hat der Satan auch viel zu tun mit den Vorgängen auf der Erde, in der Natur, in der Geschichte des Menschen - des einzelnen und ganzer Völker, vom Geringsten bis zum Höchsten, ja, selbst bis zum Sohne Gottes (Offenb. 12,4b; Matth. 2,16; 4,1-11; 16,23) -, bis zu den gewaltigsten und welterschütterndsten Ereignissen, die es gegeben hat und geben wird, wie das Wort Gottes uns verschiedentlich zeigt. Ich bitte den Leser, hierzu folgende Schriftstellen nachzuschlagen (jetzt gleich, vor dem Weiterlesen dieser Zeilen!): Hiob 1,10-19; 2,4-7; Luk. 22,52.53 (Schluß leßteren Verses); Joh. 14,30; 16,11 („Fürst“ dieser Welt); Offenb. 12,9 („der den ganzen Erdkreis verführt“); 12,17; 13,2b („und der Drache gab ihm seine Macht und seinen Thron und große Gewalt“); 16,13.14; 20,7.8 („... wird ausgehen, die Nationen zu verführen ..., sie zum Kriege zu versammeln ...“). Aber was irgend er auch tut in dieser Beziehung, tut er in jedem einzelnen Falle immer nur unter der Zulassung Gottes, gleichsam als Sein Gerichtsdiener, nie etwa in eigener, unbeschränkter Machtvollkommenheit,

wie er es in Luk. 4,6 von sich behauptet, sondern Gott allein ist es, der immer und in jedem Falle, vom Anfang bis zum Ende, über allem steht und ohne Dessen Zulassung nicht ein Sperling vom Dache und nicht ein Haar von unserem Haupte fällt (Matth. 10,29.30). Von Ihm heißt es Jer. 27,5.6: „Ich habe die Erde gemacht ...; und Ich gebe sie, wem es Mich gut dünkt. Und nun habe ich alle diese Länder in die Hand Nebukadnezars, des Königs von Babel. Meines Knechtes, gegeben; ...“ und Dan. 4,17: „... auf daß die Lebenden erkennen, daß der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht und es verleiht, wem Er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt.“ In Seiner allmächtigen Hand ruht alles! Diese Tatsache ist ein großer Trost für uns Kinder Gottes; ja, unser Herz jubelt darüber, daß wir einen solchen herrlichen Gott haben, den wir durch unseren Herrn Jesum Christum Vater nennen dürfen, so daß wir uns nicht nur für die Ewigkeit, sondern auch schon hienieden in dieser Zeit völlig geborgen wissen in Seiner allmächtigen Hand und an Seinem liebenden Herzen. Ihm sei ewig Dank dafür!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Während die ersten beiden Antworten mehr nur je eine Seite der Sache durchführen, beschäftigt sich Antwort C gründlich mit beiden Seiten, so daß wir in obigen Antworten geradezu einen gedrängten Überblick über das Wirken Satans haben. Darüber ließe sich ja nun noch viel sagen, auch in bezug auf die Gegenwart, aber der Raum lässt es diesmal nicht zu. Wichtig ist, daß Gottes Volk darüber klar ist, was alles dem Satan schriftgemäß zugeschrieben ist, damit Gläubige nicht dahin geraten zu widersprechen, wenn etwa bei Wortbetrachtungen die bösen Dinge dieser Welt in moralischer wie religiöser Hinsicht ebenso wie die dem Glauben ungehorsamen Menschen als unter dem Regiment Satans stehend dargestellt werden (vergl. 2. Kor. 4,3.4; Eph. 2,1-3; 1. Thess. 2,18; Apgesch. 10,38; 26,18; Kol. 1,13; Eph. 6,10-12; Hebr. 2,14; 1. Joh. 3,8 usw.).

In unserer Stelle sprach Satan also relativ (bedingt) die Wahrheit - nämlich in seiner auf den Umfang der Welt bezüglichen Gewalt in der Zeit, bis der HErr Seine volle Herrschaft angetreten hat (Offenb. 19,6) -; absolut (unbedingt) aber die seinem Wesen entsprechende Unwahrheit - nämlich insofern als er damals vor Dem, der die Wahrheit ist und dem letzten Endes alle Gewalt im Himmel und auf Erden gehört, stand. Für eine Zeit hatte er recht mit seinem Ausspruch, für alle Zeiten nicht. Gegenüber einem gewöhnlichen Menschen hätte er recht gehabt, gegenüber Christus, der Wahrheit, nicht. Im Antichristen (vergl. Antwort A) wird er sein Wort von Luk. 4,6 bedingt wahrmachen, durch Christi endgültigen Sieg aber wird sein Wort unbedingt als Unwahrheit erwiesen. Damals bei der Versuchungsgeschichte glaubte er gewiß, in dem Herrn Jesu auch nur einen Menschen vor sich zu haben (wie einst in Adam und Eva), der in Sünde hätte fallen können; aber er mußte seinen völligen Irrtum einsehen. [Wir haben darüber uns vor Jahren des näheren geäußert in unserem Büchlein: „War Jesus versuchlich?“ (d. h. hätte Er sündigen können?), besonders Seite 11, 15 und 19!] Der ewigen Wahrheit gegenüber konnte die gelegentliche, bedingte zeitliche „Wahrheit“ des „Lügners von Anfang“ nicht bestehen. - Gepriesen sei unser herrlicher HErr, der über Satans List und Macht einen völligen Sieg errungen hat, auf Grund dessen wir, die wir an Seinen Namen glauben, für immerdar vom Vater versetzt sind „in das Reich des Sohnes Seiner Liebe“ (Kol. 1,13) und auch in der Gegenwart, in allen Lagen und Versuchungen „mehr als Überwinder“ sein können „durch Den, der uns geliebt hat“ (Röm. 8,37).

uns geliebt hat“ (Röm. 8,37).

 

Frage 16

Bitte um Aufklärung über Hebr. 11,35; dgl. über V. 39 und 40!

Antwort A

Um diese Worte zu verstehen, müssen wir das ganze Kapitel betrachten, dessen Grundgedanke die Aufzählung der Großtaten Gottes ist, die Er auf den Glauben der Seinen hin bewirken konnte. Die, welche „durch Glauben“ Zeugnis erlangten, waren Menschen nach 2. Chron. 16,9, deren Herz ungeteilt auf Jehova gerichtet war. Nur nach solchen sucht Gott, nur an solchen kann Er Sich mächtig erweisen. Es ist eine sehr ernste Frage an uns: ist unser Herz wirtlich so „ungeteilt“ auf Ihn gerichtet? Können wir lebendiges Zeugnis erlangen durch unseren Glauben?

Nach 11,32 fehlt es dem Apostel an Zeit, alle Wundertaten Gottes einzeln aufzuzählen, darum gibt er von Vers 32-40 einen kurzen Überblick; denn die Erde ist zu voll der Güte des HErrn (Ps. 33,5; 119,64), und der Taten Gottes sind zu viel, um sie der Reihe nach anzuführen (vergl. Ps. 40,5 und Hiob 5,9; 9,10). - In Vers 35 denkt der Apostel zunächst an bestimmte Glaubenstaten; so z. B. finden wir die Weiber, die ihre Toten wiederbekamen in 1. Kön. 17,17-24 und 2. Kön. 4,29-37. - Der Psalmist klagt, daß sie die Leichname Seiner Knechte den Vögeln zu fressen geben (79,2.3; 94, 5. 6); wir denken hier auch an die Leiden des Jeremia (Kap. 37), an die drei Männer im Feuerofen (Dan. 3), an den Zeugentod Eleasars, der uns in den Apokryphen (vergl. Lutherbibel) im 2. Buch der Makkabäer Kap. 6 berichtet ist. Diese waren solche, denen eine Befreiung oder Erlösung angeboten wurde. Es war aber nur eine zeitliche Erlösung, eine zeitliche Befreiung, die in Wirklichkeit keine ist, denn eine uns von der Welt angebotene Befreiung ist nichts im Vergleich zur ewigen Erlösung, die Gott uns anbietet in Seinem Sohn. Der HErr sei gepriesen dafür, daß wir diese „eine ewige Erlösung“ (Hebr. 9,12) annehmen durften! Das Wort sagt uns: „Wer sein Leben findet“ (d.i. das ewige!), „wird es verlieren“ (d. i. das irdische!); „und wer sein Leben verliert“ (d. i. dies bischen irdische Leben, um der Ehre und des Namens des HErrn willen!), „der wird es finden“ (d. i. das ewige Leben!), vergl. Matth. 10,39; Mark. 8,35; Joh. 12,25; Luk. 17,33! Diese Worte sind in den obigen Versen, nach deren Bedeutung gefragt wird, besonders bestätigt. Für die Freiheit hat Christus uns freigemacht (Gal. 5,1); aber wenn wir nicht feststehen, im Falle schwere Glaubensproben an uns herantreten, so bietet uns der Satan seine scheinbare Freiheit an, die nach Gottes Wort ein Joch der Knechtschaft ist (Gal. 5,1.2; 4.5). Möchten wir uns nicht von ihm verführen lassen!

Die alttestamentlichen Glaubenshelden wünschten nach Vers 35 eine „bessere Auferstehung“ zu erlangen. Für diese bessere Auferstehung haben wir klare Beweise in Dan. 12,2; Joh. 5,29; Offenb. 20,5.6; 1. Kor. 15,22.23; 1. Thess. 4,16-18; jenen Gläubigen gilt in gewisser Weise auch Jes. 26,19.20, obwohl es sich hier wohl zunächst um die Wiederherstellung Israels als Volksganzem handelt (vergl. „G. H.“ lll [1915], Frage 35! Der Herausgeber).

Die Verheißung, von der in Vers 39 steht, ist Christus, der durch Moses und alle Propheten zuvor verkündigt worden war. Sie konnten Ihn aber noch nicht empfangen noch die Herrlichkeit, die mit Ihm in Verbindung ist, weil damals „die Zeit noch nicht erfüllt war“. Sie sahen aber diese Verheißung und „begrüßten sie von ferne, und sie bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerrecht waren“

(11,13). Aber wir, die Gläubigen des Neuen Bundes, sind nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern wir sind Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes (Eph. 2,19-22) und nach Hebr. 12,22-24 sind wir gekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem. Das ist etwas von dem „Besseren“, das uns verheißen ist und das wir als Glaubensbesitz schon jetzt haben, während sie nur danach „trachteten“ (V. 16). Wenn wir aber tatsächlich in die Herrlichkeit eingehen, so werden auch jene vollkommen gemacht werden „nicht ohne uns“, d. h. nicht ohne die neutestamentliche Gemeinde des HErrn. Aber wenn wir bei der ersten Auferstehung - der „besseren“ - auferweckt und verwandelt werden, dann werden auch jene Zeugen des Glaubens, die von Gott ein Zeugnis erlangt haben, mitauferweckt und vollendet in Herrlichkeit. Dann ist Hebr. 11,40 vollendet.

G. R.

Antwort B

Unser Abschnitt führt uns hinein in die Bedrängnisse des christlichen Glaubens. In Kapitel 10,38 sagt der Schreiber, daß der Gerechte aus Glauben leben wird, und in Kapitel 11 wird uns die Tätigkeit dieses Glaubens beschrieben. Wir werden durch das Beispiel der Alten ermuntert, hinzuschauen auf das Endziel. In all den einzelnen Beispielen tritt der Charakter der Helden des Glaubens zutage; sie lebten durch Glauben, ohne die Erfüllung der Verheißung zu erlangen, auch genossen sie nicht die Vorrechte, welche wir als Gläubige besitzen. Vom 32. Vers ab werden Einzelheiten nicht mehr erwähnt, der Geist spricht mehr im allgemeinen von Beispielen der Energie des Glaubens und des Ausharrens. Der in Frage stehende Vers 35 weist uns auf ein solches Ausharren im Glauben hin. Wenn wir dort lesen: „Weiber erhielten ihre Toten wieder durch Auferstehung,“ dann dürfen wir an 1. Kön. 17,17-24 denken, wo Elias bei der Witwe zu Zarpath wohnte und durch Gottes Gnade den gestorbenen Knaben in das Leben zurückrufen durfte. - An Verhöhnung und Geißelung fehlte es bei vielen nicht, denken wir nur z. B. an die Makkabäerzeit! Die grauenvolle Todesart des Zersägens bezieht sich jedenfalls auf Jesaja, der nach der Überlieferung unter Manasse dieses Todes gestorben sein soll. Wenn wir so alles zusammenfassen, sehen wir, wie dieser Pfad der Gläubigen voll von Verfolgung, Not und Tod war (vergl. z. B. auch 1. Kön. 19,10). So kam der Glaube auf mannigfaltige Weise zum Ausdruck und verbreitete seine Lichtstrahlen unter schwerer Verfolgung in einer dunklen Zeit. Der Ruhm dieser Gläubigen war bei Gott, und die Welt war ihrer nicht wert. Obwohl sie ausharrten, hatten sie in keiner Weise die Erfüllung der Verheißung erlangt, sie mußten, wie die Hebräer in unserem Briefe, durch Glauben leben. So z. B. Abraham und viele andere warteten auf eine Herrlichkeit, die ihnen Gott nicht ohne uns geben wollte. Für uns als die Gläubigen des Neuen Bundes hatte Er etwas Besserem aufbewahrt (V. 40)! Einst außerhalb, jetzt innerhalb des Vorhangs, jetzt Zutritt zum Allerheiligsten! Wir dürfen jetzt mit Freimütigkeit kommen, denn wir gehören dem Himmel an, dort ist unser Bürgerrecht. Abraham durchzog die Erde mit himmlischem Sinn, indem er eine Stadt erwartete. Wir besitzen den geöffneten Himmel, in dem Christus für uns ist. Wir dürfen bekennen, daß wir mit Ihm dort vereinigt sind (Eph. 1,3.4). So hat der Sohn durch Sein Opfer die, die sich heiligen lassen, zum Ziele gebracht, Er hat uns vollkommen gemacht (Hebr. 10,14); das ist das Bessere, und das Endziel wird sein: Wir werden alle vollkommen gemacht, d. h. miteinander verherrlicht werden in der Auferstehung.

Ph. W.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Dieses „Vollkommengemachtwerden“ liegt auch für uns, die wir diese Worte lesen, noch in der herrlichen Zukunft. Auch wir schauen es nur durch Glauben. Aber wie unendlich viel größer und kostbarer ist das Glaubensgut, dazu wir gelangt sind gegenüber dem, das jene alttestamentlichen Helden des Glaubens besaßen. Ja, wahrlich, „bessere“ Verheißung ist uns zuteil geworden! Darüber noch einige Worte! Die „bessere“ Auferstehung weist hin auf die „erste Auferstehung“, die eine bessere ist als jene, in welcher „Weiber ihre Toten wiedererhielten“ (V. 35), und auch eine „bessere“ als jene Auferstehung des Volkes, von der die Propheten weissagten. - Gott wollte noch Herrlicheres, Besseres offenbaren, darum konnten jene trotz ihres Glaubens noch nicht die volle Erfüllung der Verheißungen erlangen; sie mußten vielmehr auf „uns“ warten; doch kommen wir ihnen auch nicht zuvor! Es ist ja auch nicht unser Verdienst, daß Gott für uns „Besseres“ vorgesehen hat, es liegt allein in Seinem herrlichen Willen begründet. Was das „Bessere“ ist, zeigt neben anderen Briefen der Schrift ganz besonders der Hebräerbrief: den Gläubigen aus dem Judentum wird ihre neue Stellung vor Augen gestellt. Das „Bessere“ war jetzt da, und das „für uns“ zeigte ihnen, daß sie nichts mehr mit dem Alten, dem Judentum zu tun hatten, sondern zu einer ungleich besseren Segensstellung - zur Einheit mit Christo - gekommen waren. Welche Ermutigung lag und liegt in dem Hinweis auf den Glauben der Gläubigen des Alten Testaments in ihrer irdischen Berufung für die Empfänger des Briefes und für uns, die mit „Besserem“ gesegnet sind, treu zu sein im Festhalten der „himmlischen Berufung“ (3,1). Und wie beschämen uns doch oft jene Gläubigen, deren Glaubensblick nicht in jene Herrlichkeiten gehen konnte wie der unsrige, deren Glauben nicht solche unendlichen Gebiete göttlicher Gnadenverheißungen erschlossen waren, ja, die nicht einmal, wie wir, täglich hinzutreten konnten in das Heiligtum, das Allerheiligste, das für uns durch Zerreißen des Vorhangs frei geworden ist, die nicht täglich und stündlich vertreten wurden bei Gott durch den Hohenpriester wie wir (Hebr. 7,25 u. a.) usw., usw. Ja, wie beschämen sie uns durch ihren mannhaften Glauben, durch ihr rückhaltloses Eintreten für die Wahrheit Gottes in jeder Hinsicht (vergl. z. B. 11,23ff.!), durch ihr treues Zeugnis für Gott! Die gedrängte Übersicht von Vers 32-38 lehrt uns da auch vieles. Ob deines und meines Glaubens, lieber Leser, gegenwärtig von Gott in dieser Weise gedacht wird - oder ob vielleicht gerade ein trauriges Zurückweichen unsererseits und Verleugnen des Namens Seines Sohnes und Seines Wortes vor Seinem Auge steht? Wie groß, wie gütig ist unser Gott! Er vergißt nichts, was von unserer Seite um Seines Namens willen je getan ist, keine große noch kleine Glaubenstat, kein Leiden um Seinetwillen ist vor Ihm verborgen (vergl. Offenb. 2,2.3.9.10.13.19; 3,8!). Aber Er kennt auch unseren Mangel an Glauben, und vielleicht in besonderen Augenblicken, wo unser Glaubt hätte hervorleuchten und anderen hätte zum Segen werden können (vergl. Matth. 14,30!) - da hat er versagt! Möchten wir nicht vergessen, daß nur jetzt, solange wir auf der Erde sind, Gelegenheit für die Seinen ist, Ihn durch Glauben - Herzensvertrauen und Glaubensgehorsam - im praktischen Leben nach allen Seiten hin zu ehren! Sind wir erst vollkommen gemacht, ist Vers 40 erst völlig erfüllt, dann ist die Zeit des Glaubens, diese herrliche Zeit, für immer vorüber und die freilich herrlichere Zeit des Schauens beginnt und bleibt. Was wir in der gegenwärtigen herrlichen Glaubenszeit an Treue versäumt haben, können wir nie einholen, und wo wir gegenwärtig den HErrn durch Glaubensgehorsam und -vertrauen geehrt haben, das wird von Ihm nie vergessen, sondern herrlich belohnt (vergl. Band lll [1915], Frage 27!). Der HErr sagt 1. Sam. 2,30: „Die Mich ehren, werde Ich ehren,“ das gilt auch in Bezug auf unser Leben des Glaubens und der praktisch tätigen

Liebe zu Ihm, der uns solche herrlichen Verheißungen geschenkt. Möchten also auch wir Gnade haben, Tag für Tag „durch Glauben“ zu wandeln, „hinschauend auf Jesum“ (12,1-3), bis „das Vollkommene gekommen sein wird“ (1. Kor. 13,10a)!

Geleitsworte an den Leser:

Ihr seid gekommen zum Berge Zion und zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem; und zu Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung; und zu der Versammlung der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der vollendeten Gerechten; und zu Jesu, dem Mittler eines neuen Bundes; und zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel! - Deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht! - Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern wir begehren die zukünftige.“ Hebr. 12,22-24.28; 13,14.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 17

Wie ist Hesek. 28,14.15 in Einklang zu bringen mit 1. Joh. 3,8 („der Teufel sündigt von Anfang“)?

Antwort A

Nach dem Bericht der Schrift in Hes. 28 war der Teufel vor seinem Fall wohl einer der vornehmsten Engel, vielleicht ein Engelfürst. Die Schrift berichtet uns die Tatsache seines Falles, bezw. seines Sündigens, den Zeitpunkt nicht. Jesus Christus, der Mund der Wahrheit, sagt: „Der Teufel sündigt von Anfang,“ und dem Glauben genügt dieses; ob vor Grundlegung der Welt oder nach Grundlegung der Welt, sagt die Schrift nicht; als Gott die Grundfesten der Erde einsenkte nach Hiob 38,4-7, als die Morgensterne miteinander jubelten und alle Söhne Gottes jauchzten - darüber berichtet die Schrift nichts, ob der Teufel damals schon gesündigt hatte oder nicht. - Eines belehrt uns die Schrift, daß, als Gott die Erde gegründet hatte und sie bewohnbar dastand und Gott das erste Menschenpaar erschaffen und in den Garten Eden gestellt hatte, den Menschen auch zum Herrscher über die Erde eingesetzt hatte, da erschien Satan, der Teufel, und brachte die ersten zwei Menschen durch seine Lüge zum Sündigen. Mit Bezug auf diese Tatsache können auch wir sagen: Der Teufel sündigt von Anfang, also von Anfang des Menschengeschlechts; selbstredend ist dieser Tatsache zu entnehmen, daß des Teufels eigenes Sündigen vorausgegangen ist.

Wichtig ist aber, daß durch das Sündigen der ersten Menschen die ganze nachfolgende Menschheit nach Leib, Seele, Geist, sowie auch die ganze materielle Schöpfung in Mitleidenschaft gezogen wurde, mit in den Sündenfall hineingezogen wurde; die ganze Menschheit kam in die Knechtschaft und Gewalt des Satans, des Teufels, unter die Obrigkeit der Finsternis. Der Teufel wird „der Gott

dieser Welt“, „der Fürst dieser Welt“ genannt (vergl. z. B. Joh. 14,30 und 2. Kor. 4,4!).

Niemals kommt ein Mensch aus Gott geboren zur Welt, ohne Ausnahme sind und werden alle in Sünde geboren; weshalb die Wiedergeburt des Menschen unbedingt notwendig ist (Ev. Joh. 3,5.6), ohne welche der Mensch in der Gewalt und Knechtschaft des Teufels bleibt und endlich das Los des Satans im Feuersee teilt. „Gott will, daß allen Menschen geholfen werde,“ - zu diesem Zweck hat Gott Seinen Sohn gesandt, um die Werke des Teufels zu zerstören, und wer an den Sohn glaubt, wird errettet werden und ewiges Leben haben.

F. B.

Antwort B

Der Teufel ist nicht als solcher aus der Hand Gottes hervorgegangen, sondern war erst ein reines, makelloses Geschöpf, und zwar, wie man aus verschiedenen Schriftstellen annehmen darf, ein mächtiger Engelfürst (Hiob 1,6-19; 2,1-7; Hes. 28,12-19; Sach. 3,1.2; Luk. 4,5.6; Jud. Schluß d. V. 8 und V. 9; Offenb. 12,7-9). Später erhob er sich und sündigte, indem er sich gegen Gott auflehnte; das war sein Anfang als Teufel, als Satan (Widersacher), und von da an„sündigt“ er, ist er in dem beständigen Zustande der Auflehnung gegen Gott. „Der Teufel sündigt von Anfang“ bedeutet also nicht, daß er von Anfang seines Bestehens überhaupt, von seiner Erschaffung an sündigt, sondern von da an, wo er seinen ursprünglichen Zustand aufgab und als Widersacher, als Teufel, in Erscheinung trat und als solcher seinen Anfang nahm. Damit steht die erwähnte Hesekielstelle, auf den Satan bezogen, völlig im Einklang.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu dieser Frage weisen wir zunächst hin auf Frage 15 in diesem Jahrgang, Frage 10, Band IlI (1915) und 19, Band lI (1914)!

Ferner haben wir in Band Il (1914), Frage 4 in unserer „Anmerkung“ auf den bei Johannes häufig vorkommenden Ausdruck „im Anfang“ hingewiesen und auf seine verschiedenen Beziehungen, besonders was 1. Joh. 3,8 angeht.

Satans Verhalten ist von Anfang an ein sündiges. Die Stellen, die hiervon reden, also 1. Joh. 3,8 und besonders noch Joh. 8,44, können nun einen verschiedenen Sinn in sich schließen. Zunächst den rein äußerlichen, daß der Teufel sündigt vom Anfang an seines Bestehens überhaupt. Aber damit wäre vorausgesetzt, daß der Satan als sündig, also widergöttlich erschaffen sei, und somit schon von Anfang aller Welt an eine gottfeindliche Macht bestanden hätte. Viele ungläubige Weltweise haben diese schriftwidrige Anschauung. Denn schriftwidrig ist sie, und darum von vornherein abzulehnen. Die Schrift, die die aus Gottes Hand hervorgegangene Schöpfung als „gut“ bezeichnet nach Gottes eigenem untrüglichen Urteil (1. Mose 1), läßt keinen Zweifel darüber, daß auch die Welt der Engel mit ihren Fürsten „sehr gut“ war, denn auch sie gehörten zum Geschaffenen (Hes. 28), und dieses war alles „sehr gut“ (1. Mose 1,31); und nach Hiob 38,7 jauchzten einst alle Söhne Gottes (vergl. auch Hes. 28,15!). - Genug von dieser schriftwidrigen Lehre, deren Scheußlichkeit freilich noch unendlich von der aus dem Heidentum entnommenen Lehre übertroffen wird, wonach das Böse schon von

Ewigkeit her neben dem Guten als Grundsatz in der Welt gewesen sein soll. Wohin kommt man, wenn man die Schrift nicht kennt und anerkennt! „Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden“ - diese Weltweisen!

Demgegenüber steht obige in Antwort B ausgesprochene Meinung, als deute das „von Anfang“ auf die Zeit, seitdem der Teufel als Teufel, Satan, Widersacher auftritt, also seit seinem Falle. Diese Anschauung hat gerade im Hinblick auf Hes. 28,15 viel für sich. Dennoch möchten wir uns unten noch für eine andere aussprechen.

Eine besondere ist noch möglich, nämlich daß der Teufel der Anfänger und Verführer zur Sünde sei, weil er vor ihr schon dagewesen sei, und die Sünde doch in ihm ihre Quelle gehabt habe (vergl. „Vater der Lüge“). Diese Anschauung hat viel innere Berechtigung. Aber sie gibt keine ausreichende Erklärung für die schriftgemäße Tatsache, daß, „wer Sünde tut, aus dem Teufel ist“.

Wie wir glauben, ist die folgende Anschauung, der wir den Vorzug geben, diejenige, die allen Stellen am meisten gerecht wird (vergl. auch Antwort A!): Seitdem es eine Geschichte des Verhältnisses zwischen Gott und den Menschen gibt, also seitdem Menschen auf Erden wohnen, seitdem sündigt der Teufel. Von Anfang an tritt er sündigend auf; er sündigt und er verführt zur Sünde, um die Menschen aus ihrer Verbindung mit Gott herauszubringen. Das beweisen seine Worte: „Hat Gott wirklich gesagt?“ und: „ihr werdet mit nichten des Todes sterben.“ Mit dieser Lüge von Anfang wurde er zum Menschenmörder, zum Mörder des Menschengeschlechts vom Anfang dieses Geschlechtes an. Der Teufel hat also von Anfang an, seitdem Menschen auf Erden wohnen, sich offenbart als einer, dessen Wesen im Sündigen zum Ausdruck kommt. Wer also „die Sünde tut“, erweist sich dadurch als ein Kind des Teufels, das die Natur des Teufels zeigt. Der Sohn Gottes aber ist dazu geoffenbart worden, die Werke des Teufels zu vernichten, d. h. die Sünden (1. Joh. 3,8). Mit dieser Anschauung steht Hes. 28 natürlich nicht im mindesten im Widerspruch. Dort wird uns durch den Heiligen Geist etwas gezeigt aus der Vorgeschichte Satans, und daß sein Sündenfall stattfand lange, ehe Menschen geschaffen waren, also lange, bevor Gott zu Menschen in Beziehung trat. Durch Satans Schuld fand das Verhältnis zwischen ihm und Gott ein jähes Ende und endete mit seiner „Entweihung vom Berge Gottes hinweg“ (V. 16). Diese ist die Ursache der furchtbaren Gehässigkeit dieses einstigen „gesalbten Cherubs“ gegen Gott. Satans Haß zeigt sich darin, daß er die seinem wahrscheinlich ursprünglichen Herrschaftsgebiet (vergl. „Fürst der Welt“) angehörenden neugeschaffenen Menschen, welche die Erde sich untertan machen sollten (1. Mose 1,28), zur Auflehnung gegen Gott verleitet, um sie zu verderben. Und wie erreicht er sein Ziel? Dadurch, daß er sie belügt und betrügt über Gottes Absichten und ihnen Mißtrauen gegen Gott ins Herz legt.1

1

Mißtrauen ist eine der widerlichsten, verderblichsten Satanspflanzen, d. h. Mißtrauen gegen die Gedanken eines anderen. Die Gedanken zu kennen, hat Gott Sich vorbehalten (1. Kor. 4,1-5!). Möchten wir nie die unausgesprochenen Gedanken eines anderen zu beurteilen wagen! (Der Herausgeber.)

Noch eins! Die Wahrheit der Schrift, daß, „wer Sünde tut“ - der also die Gerechtigkeit und das Tun derselben noch gar nicht kennt - „aus dem Teufel ist“ (1. Joh. 3,8) und nach Vers 10 als ein „Kind des Teufels“ offenbar wird, diese Wahrheit bleibt bestehen, auch wenn Gläubige aus Furcht, daß durch das Betonen derselben „Menschen abgestoßen werden könnten“, es vermeiden, diese Lehre der Schrift auszusprechen. Freilich dient das Wort hier zunächst zur Belehrung der Gläubigen (vergl. 1. Joh. 2,26; 4,1!). Darum treten hier so scharfe Gegensätze hervor ähnlich wie in 2. Kor. 6,14-16 u. a. Wir Gläubigen sollen klar sehen: einerseits, was wir waren und durch Gottes Gnade geworden sind, andererseits, mit wem wir es zu tun haben, damit wir uns absondern von denen, welche „die Sünde tun“. Aber wir haben bei bestimmten Gelegenheiten, wie sie der HErr manchmal gibt, auch eine heilige VerAntwortung, diese Schriftwahrheit zu bezeugen, wie der HErr Selbst es bei gewissen

Leuten zur bestimmten, rechten Zeit getan hat (Joh. 3,44). Das ist nicht Schroffheit, sondern echte Liebe zum Sünder. Gewiß wird der Erfolg solchen vom Geiste Gottes hervorgerufenen Zeugnisses oft derselbe sein wie damals bei den Juden: eine Gesinnung wird offenbar werden, die sich Gott und Seiner Wahrheit nicht beugen will! Doch wie oft ist dies besser als das Verharren in Unentschiedenheit! Aus offenen Feinden können manchmal um so entschiedenere Freunde werden (Paulus!). Zuweilen mag uns solches Zeugnis Mißverstandenwerden und Abneigung (sogar) seitens der Gläubigen - Haß und Verfolgung seitens der Ungläubigen einbringen, aber unsere Liebe zu den Sündern muß uns dringen, ihnen mit den klaren Worten der Schrift zu zeigen, wie Gott über sie denkt. Gegenüber diesem ernsten Urteil die Liebe Gottes im Sohn in das hellste Licht zu stellen, der gekommen ist, uns völlig aus dem Machtbereich und der Gefolgschaft Satans zu befreien und uns aus Kindern des Teufels zu Kindern Gottes zu machen, ist dann unsere herrlichste Aufgabe, die in vollkommenstem gottgeschenkten Maße zu erfüllen Er uns Gnade gebe zum Heil der Verlorenen und zur Ehre Seines Namens ! (2. Kor. 4.1-6.)

Frage 18

Was meint der Herr Jesus in Joh. 14,2 mit „dem Hause Seines Vaters“? Denkt Er an den Tempel im Himmel? denn wenn Er sonst von „dem Hause Seines Vaters“ redet, meint Er den irdischen Tempel (vgl. Joh. 2,16; Mark. 2,26); und aus Offenb. 15,5.6 sehen wir, daß im Himmel ein Tempel ist. Wenn Er in Joh. 14,2 den Himmel meint, warum sagt Er dann nicht einfach „im Himmel“ ? Wie verstehe ich dann auch Jes. 66,1 (Apgesch. 7,49)?

Antwort A

Der Herr Jesus denkt nicht an den Tempel, der im Himmel ist (Offenb. 15,5.6), noch an den Tempel auf der Erde. Er redet mit Seinen Jüngern über das, was Sein Herz, Sein liebendes Herz bewegte vor Seinem Heimgang zu Seinem Vater. Wenn Er den Himmel gemeint oder gesagt hätte, so hätte Er damit viel zu wenig gesagt. Im Himmel wird es herrlich sein, ja, nach 1. Petr. 1,4.5 ist „in den Himmeln ein unverwesliches, unbeflecktes, unverwelkliches Erbteil aufbewahrt denen, die durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werden zur Errettung“; auch das wäre, obwohl herrlich, doch zu wenig! Seines Vaters Haus ist es, das Er Seinen Jüngern in Aussicht stellte. Ev. Joh. 17,24; Spr. 8,22-31 läßt uns etwas einen Blick hinein tun in das Verhältnis des Vaters zum Sohn und des Sohnes zum Vater. „Denn was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die Ihn lieben“; gewiß ist es im Himmel, aber es ist das Verhältnis des Sohnes zum Vater.

In alle Ewigkeit werden wir das göttliche, über alles Verständnis hinausreichende herrliche Verhältnis des Sohnes zum Vater nicht ergründen, wir werden staunend niederfallen und anbeten. Und dieses unaussprechlich herrliche Verhältnis des Sohnes zum Vater macht das Haus zum Vaterhaus. Was wir dort sehen und finden werden, kann nicht ausgesprochen werden, und in diesem Hause sind viele Wohnungen, und Er sagt zu Seinen Jüngern, daß Er ihnen dort eine Stätte bereiten werde und wiederkommen werde und sie zu Sich nehmen werde, damit sie seien, „wo Er ist“, im Vaterhause. Ja, was wäre der Himmel ohne Ihn?! (1. Joh 3,1-3!)

Im Himmel sind auch die Engel, sie verherrlichen Gott und das Lamm, sie stehen aber in einem ganz anderen Verhältnis zu Gott nach Hebr. 1 und 2. Hebr. 2,9 „sehen wir aber Jesum mit Ehre und

anderen Verhältnis zu Gott nach Hebr. 1 und 2. Hebr. 2,9 „sehen wir aber Jesum mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt“. Fassen wir Mark. 2,26 und Joh. 2,16 zusammen: Nach ersterem Bericht ging David in das Haus Gottes, damals dargestellt in der Stiftshütte mit der Bundeslade, und der Hohepriester Abjathar gab ihm mit den übrigen die Brote, die Schaubrote, denn es hungerte sie. Das war sicher nach den Gedanken Gottes, die Stiftshütte hatte nichts damit zu tun. Joh. 2,16 fand der HErr im Tempel zu Jerusalem die Ochsen-, Schafe- und Taubenverkäufer wie auch die Geldwechsler und trieb alle hinaus mit den Worten: „Machet nicht das Haus Meines Vaters zu einem Kaufhaus.“ In dieser Zeit hatte der Tempel den Charakter als Haus Gottes und Stätte der Anbetung verloren, er war zu einem Viehmarkt und Kaufhaus herabgesunken. Der Zweck des Tempels ist beschrieben in 2. Chron. 2,4-10. Gott offenbarte Sich dort. Noch bis kurz vor der Erscheinung Christi offenbarte Sich Gott im Tempel (Luk. 1,11). Ja, es waren noch Heilige da, die auf den Trost Israels warteten und in den Tempel gingen zur Anbetung, Simeon und Hanna (Luk. 2,25-38). Jesus Selbst war im Tempel unter den Lehrern und befragte sie, und Seinen Eltern sagte Er: „Wußtet ihr nicht, daß Ich sein muß in dem, was Meines Vaters ist?“ Matth. 23,38 betrachtete Jesus den Tempel nicht mehr als das Haus Gottes, im Blick auf das ungläubige und gottlose Jerusalem sagt Er: „Euer Haus wird euch wüste gelassen werden.“ Nach dem Tode des Herrn Jesu zerriß der Vorhang ins Allerheiligste im Tempel, und die Tür ins Heiligtum droben stand offen. In Offenb. 15,5.6 sehen wir, daß ein Tempel im Himmel ist (bildlich). Diesen Tempel meinte der HErr ebenfalls nicht als Seines Vaters Haus. Von diesem Tempel aus gingen die Vollstrecker der Gerichte (Engel) in den letzten Tagen über die Bewohner dieser Erde, auch steht dieser Tempel und was darin gesehen wurde (die Bundeslade) mehr in Beziehung zu Israel, kurz vor Anbruch des Reiches Gottes. - Jes. 66,1: „So spricht Jehova: Der Himmel ist Mein Thron, und die Erde der Schemel Meiner Füße, welches ist das Haus, das ihr Mir bauen könntet? welches der Ort Meiner Ruhestätte? hat doch Meine Hand dieses alles gemacht!“ Der Sinn und die Bedeutung dieser Aussprache ist wohl, daß, wenn es sich um die Größe, Macht, Kraft und Herrlichkeit Gottes handelt, so steht vor aller Menschen Auge zunächst der sichtbare Himmel und die Erde (wie David sagt: „Wenn ich anschaue den Himmel, Deiner Hände Werk“) und was sie enthalten. Und mögen die Bauten dieser Erde, die sogenannten Kirchengebäude, Dome usw. so groß sein als möglich und so prächtig geschmückt, als nur denkbar sein kann, mögen sie zu Gotteshäusern geweiht und so genannt werden, wie das immer geschieht, es ist alles eitel, sie reichen nicht hinan an die Größe und Herrlichkeit Gottes, nicht einmal auf der Erde, dem „Schemel Seiner Füße“, noch viel weniger an die Herrlichkeit des Vaterhauses Gottes droben. In Jes. 66,2 erkennen wir aber, auf was Gott sieht und was groß ist in Seinen Augen: „Aber auf diesen will Ich blicken, auf den Elenden und der zerschlagenen Geistes ist, und der da zittert vor Meinem Wort.“ Und 1. Kor. 3,16. 17 lesen wir: „Wisset ihr nicht“ (das sind die durch Jesum erretteten Gläubigen), „daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig, und solche seid ihr.“ Ja, die Gemeinde Christi, die Versammlung Gottes, die Gesamtheit der wahrhaft Gläubigen, sie ist das Haus Gottes hienieden (1. Tim. 3,15.16). Und, o wunderbare Tatsache, heute steht die Türe noch offen, und arme Menschenkender, gottlose Sünder können durch Buße und Glauben an den Herrn Jesum sich noch ein Anrecht zum Eingang ins Vaterhaus droben erwerben. Und bald werden alle diese Erretteten einziehen ins Vaterhaus droben und Jesum sehen in Seiner Herrlichkeit und den Vater und den Sohn preisen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

F. B.

 

Antwort B

Über den Sinn Christi (1. Kor. 2,16), wenn Er in Joh. 14,2 sagt „das Haus Meines Vaters“, kann kein Zweifel bestehen. Nicht der irdische Tempel zu Jerusalem, sondern die himmlische Wohnstätte Gottes ist gemeint. Nach diesen Worten ging Jesus nicht mehr in den Tempel, noch bereitete Er in demselben eine Stätte für Seine Jünger. Dieser Tempel, wo Er keine Annahme fand, ja, wo auf Ihn Steine geworfen wurden (Joh. 8,59; 10,31), war doch nicht das Vaterhaus, wo Er Seine geliebten Jünger haben wollte. Er lenkte vielmehr ihre Aufmerksamkeit von demselben weg, als sie „seine Steine“ und Gebäude bewunderten (Luk. 21,5.6ff.; Mark. 13,1.2). Jesus, unser HErr, ist aber vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; wiederum verließ Er die Welt (wo der Tempel war) und ging zum Vater (Joh. 16,28). Er will die Seinen da haben, wo Er ist, im Himmel, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Hebr. 2,9; 8,1). Von dort aus wird Er wiederkommen, um sie zu Sich zu nehmen für ewig (Hebr. 9,28 mit 24; Phil. 3,20). Der Vater, den Er geoffenbart hat (Joh. 1,18), ist in dem Himmel, Er betont es (Matth. 5,45; 6,9.14.26.32; 7,11; 10,32.33; 18,10). Es war ja etwas Neues, Erstaunliches aus Seiner Lehre (Matth. 7,28.29), was Er gesehen und gehört (Joh. 3,32). Überhaupt, wenn Er hienieden mit Seinem Vater sprach, ging Er nicht in den Tempel noch schaute ihn an, sondern „Er hob Seine Augen auf gen Himmel“ (Joh. 17,1). Ja! das wahre Haus des Vaters ist im Himmel; dort werden bald alle Seine Erkauften sein, und dessen sollen sie sich freuen.

Die Stelle Joh. 2,16 steht aber, dem Zusammenhang nach, im Gegensatz zu 14,2. Dort spricht Jesus zu ungläubigen Juden (vergl. Joh. 2,18 mit Matth. 12,39; 16,4), hier zu Seinen gläubigen Jüngern (Joh. 16,29.30; 6,68.69); hier ist Er anerkannt, dort verachtet, nicht geglaubt, und Er behauptet durch das Wort „Haus Meines Vaters“ vielmehr Seine Gottessohnschaft als die Eigenschaft des Tempels. Derselbe war nur insofern das Haus Gottes, als er für Seinen Namen gebaut und die Stätte des Gottesdienstes im Alten Bunde war. Die Juden machten es zu einer Räuberhöhle (Jer. 7,11ff.). Im Tempel wohnte aber Gott, das heißt nicht die Fülle der Gottheit (Kol. 2,9), denn, wie es die Frage selbst erwähnt, „der Himmel ist Sein Thron und die Erde der Schemel Seiner Füße“ (Jes. 66,1); Er bewohnt ein unzugängliches Licht (1. Tim. 6,16). Salomo, der Erbauer des ersten Tempels, hatte es begriffen (1. Kön. 8,27-30; 2. Chron. 6,18-21). Die Hütte, der Tempel waren aber durch ihre ganzen Einrichtungen Abbilder, Schatten der „Stätte Seiner Wohnung“, woraus viel zu lernen bleibt (Hebr. 9 u. a. V. 23.24; lies Antwort C auf Frage 6, 1916!). Durch Glauben verstand es David, bei welchem das, was er „im Heiligtum angeschaut“ hatte, die Sehnsucht nach dem wahren Hause Jehovas erweckte (Ps. 27,4.5; 63,1.2). Von ferne sah er durch Glauben diese vielen Wohnungen des Vaterhauses (Ps. 84,1.4.10; Hebr. 11,13).

Aus Mark. 2,26 ist zu ersehen, daß nicht nur der Tempel Haus Gottes genannt wurde, sondern jedes Haus. wo Ihm in Aufrichtigkeit und Treue zu Seinem Worte gedient wird (1. Sam. 21,1-7; 22,14.15). Es hat für Gott keinen Wert, wenn man von einem Tempelgebäude spricht: „... der Tempel Jehovas ist dies!“ (Jer. 7,4), nein! sondern da, wo man Ihn mit reinem Herzen anruft und in Treue dient, dort ist Sein Haus. (Ein reicher Mensch mag viele Häuser haben und bewohnt nur eines, das schönste; die anderen irgendwelcher Art und Größe, wo seine Interessen gepflegt werden, die seinen Namen tragen, sind auch sein.) Es ist köstlich und ernst zugleich: Jedes Haus, wo ein Kind Gottes ist, kann und soll durch dessen Gegenwart und Lebensweise ein Haus Gottes sein.

Meiner bisherigen Erkenntnis nach gibt es im Himmel keinen Tempel. In Offenb. 15,5 sehe ich ein prophetisches Gesicht mit sinnbildlicher Bedeutung. Ich muß jedoch diesen Teil der Frage ganz offen

lassen, dieweil ich hierüber selbst Licht begehre.

Und nun zum letzten Frageabschnitt! Der Himmel ward (oder war) und wird der Schauplatz verschiedener Ereignisse sein (des Erscheinens der Gläubigen vor dem Richterstuhl Christi [2. Kor. 5,10] u. a.), und dieser Ausdruck ruft dementsprechende Eindrücke und Gedanken hervor (die VerAntwortlichkeit in dem Wandel u. a.). Um Seine zerschlagenen Jünger zu beruhigen und zu trösten, redet der HErr zu ihnen vom „Hause des Vaters“, der Stätte der Ruhe in der Liebe. Das Haus ist die Stätte der Ruhe (Jes. 66,1 u. a.). Wie zart, wie süß ist das Wort des HErrn für uns! Ist nicht die Erde die Stätte des harten Kampfes, der Sünde, des Leids, der Tränen? Dort wird davon nichts gefunden werden, nur „Ruh', Ruh', himmlische Ruh' ". Und ist nicht die Gegenwart unseres Heilandes droben ein genügender Grund, nur unsere Herzen nach oben hin zu ziehen? Erreicht unsere Liebe zu Ihm diesen Grad? Können wir auch, geliebte Geschwister, wie David, in Wahrheit, von Herzen ausrufen: „Wie lieblich sind Deine Wohnungen! ... Es sehnt sich, ja, es schmachtet meine Seele ...!“?

R. W. D.

Antwort C

Im allgemeinen haben wir einen sehr kleinlichen und meist auch unbiblischen Begriff von Himmel, Paradies, himmlischem Jerusalem, Heiligtum, Tempel und Vaterhaus. Der Grund für diese Schwächen scheint, wenn ich mich nicht irre, in unserer Ungeistlichkeit zu liegen. In anderen Worten: Wir sind zu sehr zu Hause hier, wo wir nach den Gedanken Gottes „Fremdlinge“, sind, aber zu wenig zu Hause dort, wo wir nach dem Vorsatz Gottes „Bürger“ sind. Wie weltförmig sind wir doch geworden; und wie wenig entsprechen wir den Gedanken Gottes! Ist es nicht so, liebe Geschwister?

Wenn wir hier nun versuchen - denn um einen sehr schwachen Versuch kann es sich ja nur handeln -, einige Gedanken weiterzugeben, so soll dies natürlich nur auf Grund des Wortes und der Offenbarungen Gottes geschehen.

Es wird unser ernstliches Bestreben sein, nur die Heilige Schrift zu Worte kommen zu lassen und nicht unsere so sehr gefährliche Einbildungskraft, die nicht nur auf diesem, sondern auch auf vielen anderen geistlichen Gebieten großen Schaden angerichtet hat. - Einer der Hauptschritte, die wir wohl tun können, um dem Verständnis näher zu kommen, denke ich, ist die Anerkennung des Grundsatzes der Gegensätzlichkeit. Wir wissen, was Finsternis ist, weil wir das Licht kennen. Wir verstehen in gewissem Sinne den Tod, weil wir das Leben haben usw. So kann man wohl auch die verschiedenen Bezeichnungen oder Namen, mit denen es Gott wohlgefiel, Seinen Wohnsitz - wenn man so sagen darf - zu belegen, so verstehen, daß bestimmte Charakterzüge und die verschiedenen Herrlichkeiten hervorgehoben werden sollen im Gegensatz zu anderen Dingen. Wenn darum das Wort Gottes vom Himmel oder Heiligtum oder Vaterhaus spricht, so will uns Gott durch den jeweiligen Namen auch besondere Gedanken vorstellen, ohne daß wir das Recht haben zu behaupten, daß die verschiedenen Bezeichnungen auch verschiedene Orte bedeuten, etwa ebensowenig, wie unter den Namen „Sohn Gottes“, „Sohn des Menschen“ oder „Christus“ mehrere Personen zu verstehen sind.1 Damit ist zum Teil die Frage beAntwortet, „warum der HErr nicht einfach ,im Himmel' sagt, wenn Er vom Vaterhaus redet“. Der Gebrauch der verschiedenen Namen oder Bezeichnungen für ein und dieselbe Person oder Sache ist für mich oft ein wunderbarer Beweis gewesen für die wörtliche Eingebung und Vollkommenheit der Schrift. Welche tiefe göttliche Weisheit bei der geringsten

1

So finden wir, daß das himmlische Jerusalem nach der Offenbarung 1. im Bilde der Stadt gezeigt wird, 2. aber auch im Bilde des Tempels, denn es heißt von ihr (Offenb. 21,22): „Ich sah keinen Tempel in ihr“, aus dem einfachen Grunde, weil Gott alles mit Seiner Gegenwart durchdringt und erfüllt. Es gibt kein „ferne“, sondern alle sind Ihm gleich nahe. 3. Wird auch das Allerheiligste in jener Stadt vorgebildet bezw. erkannt. Nicht nur, weil Gott alles mit dem Licht Seiner Herrlichkeit erfüllt, sondern die Tatsache, daß die Stadt ein vollkommener Würfel ist, zeigt uns dies, da in der Stiftshütte sowie im Tempel das Allerheiligste einen Würfel ausmachte (vergl. 1. Kön. 6,20). 4. Die Tatsache, daß Gottes Thron und der des Lammes dort gefunden wird, zeigt uns, daß die Stadt himmlisch ist und dem Himmel angehört (vergl. Apgesch. 7,49). 5. Der Strom und der Baum des Lebens erinnern uns an das Paradies.
Aus obiger Darlegung geht meines Erachtens hervor, daß man den eigentlichen Wohnsitz Gottes nicht auf verschiedene Orte verlegen kann, obwohl die Schrift von mehreren Himmeln spricht, was natürlich durch obiges nicht geleugnet werden soll.
(K. O. St.)

Veränderung im Gebrauch eines Wortes verborgen liegt! Möchten wir doch ernstlich um Augensalbe bitten, damit wir durch den Geist Gottes mehr befähigt werden, die Herrlichkeiten Seiner wunderbaren Person, die Reichtümer Seiner Schätze und die Wunder Seiner Gnade zu sehen, zu bewundern und von ihnen so hingenommen zu werden, daß Er uns alles sei!

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So finden wir, daß das himmlische Jerusalem nach der Offenbarung 1. im Bilde der Stadt gezeigt wird, 2. aber auch im Bilde des Tempels, denn es heißt von ihr (Offenb. 21,22): „Ich sah keinen Tempel in ihr“, aus dem einfachen Grunde, weil Gott alles mit Seiner Gegenwart durchdringt und erfüllt. Es gibt kein „ferne“, sondern alle sind Ihm gleich nahe. 3. Wird auch das Allerheiligste in jener Stadt vorgebildet bezw. erkannt. Nicht nur, weil Gott alles mit dem Licht Seiner Herrlichkeit erfüllt, sondern die Tatsache, daß die Stadt ein vollkommener Würfel ist, zeigt uns dies, da in der Stiftshütte sowie im Tempel das Allerheiligste einen Würfel ausmachte (vergl. 1. Kön. 6,20). 4. Die Tatsache, daß Gottes Thron und der des Lammes dort gefunden wird, zeigt uns, daß die Stadt himmlisch ist und dem Himmel angehört (vergl. Apgesch. 7,49). 5. Der Strom und der Baum des Lebens erinnern uns an das Paradies.
Aus obiger Darlegung geht meines Erachtens hervor, daß man den eigentlichen Wohnsitz Gottes nicht auf verschiedene Orte verlegen kann, obwohl die Schrift von mehreren Himmeln spricht, was natürlich durch obiges nicht geleugnet werden soll.
(K. O. St.)

Wir möchten hier nur kurz einige Gegensätze berühren. So ist uns der Himmel, wie mir scheint, als Ort der Ruhe, des Glückes und der Verherrlichung der Gnade geschildert (vergl. Eph. 1,20; 2,6; - „sitzen,“ „gesetzt“ bedeutet „Ruhe“ - Hebr. 4; 8,1; - das Land ist ein Bild von den himmlischen Örtern - Offenb. 11,12; 14,13; siehe auch Luk. 16,22), im Gegensatz zur Hölle (Gehenna), dem Ort der Unruhe, der Pein und des Gerichts (vergl. Matth. 25,46; Luk. 15,24; Offenb. 14,11; 20,10 usw.). Das Paradies (Freuden- oder Lustgarten) als der Ort der göttlichen, bleibenden Freude, der Wonne und der Lieblichkeit, wo die Lust am HErrn alles sein wird (vergl. Ps. 73,25; Luk. 23,43; 2. Kor. 12,4; Offenb. 2,7), im Gegensatz zur weltlichen und vergänglichen Freude und der sündigen Lust dieser Zeit (siehe 1. Joh. 2,16.17). Das himmlische Jerusalem, die Stadt, welche Grundlagen hat (welches von keiner anderen Stadt gesagt werden kann, weil sie alle vergehen, da keine ewige, göttliche Grundlagen hat), deren Baumeister und Schöpfer Gott ist, als die Sehnsucht, die Hoffnung und das Ziel der Pilger, weil ihr Bürgertum dort droben ist und ihre Namen dort angeschrieben sind (siehe Hebr. 11,10; 12,22; 13,14; Offenb. 21,10). Im Gegensatz dazu steht die Welt stadt Babel oder Babylon, worunter man zum Teil die Zivilisation und die vielgerühmte Kultur verstehen kann, verbunden mit dem Weltbürgertum (siehe 1. Mose 11,1-9; Offenb. 17,18; 18,1-24; bes. Verse 10.16.18.21). Das Heiligtum, welches gekennzeichnet ist durch die Heiligkeit Gottes, wohin wir durch die Gunst Gottes auf Grund des Blutes Christi und den Geist des lebendigen Gottes Zugang haben und nahen können (vergl. Eph. 2,18; Hebr. 10,19-22), steht im Gegensatz zur Welt mit ihrer Sünde und Ferne von Gott (vergl. Matth. 15,8; Eph. 2,13). Mit dem Tempel Gottes scheint mehr der Gedanke des Lichtes und der Gnade verbunden zu sein. Christus ist der Tempel; von Ihm aus ergoß sich der Strom des Lichtes und der Gnade in diese arme Welt. Was Christus ehedem war in der Welt, sollte während der Abwesenheit des HErrn die Gemeinde durch Ihn sein (vergl. Joh. 1,4.14.18; 2,19; 1. Kor. 3,16). Der irdische Tempel war nur ein Bild von dem wirklichen Tempel und dem wahrhaftigen Vaterhaus. Im Himmel gibt es keinen Tempel (Offenb. 21,22). Wenn in Offenb. 15,5-8 vom Tempel gesprochen wird, so geschieht es, um zu zeigen, daß niemand sich für die dem Gericht preisgegebenen Menschen verwendet. Darum erfüllt Rauch den Tempel. Wir müssen lernen, den Geist und die Gedanken Gottes zu erfahren, und nicht bei den Bildern stehen bleiben!

Im Gegensatz steht die Finsternis und Gottlosigkeit der Menschen in der Welt (vergl. Joh. 1,5; 2. Kor. 4,6; Eph. 5,7f.). Das Vaterhaus nun, welches uns an die Liebe, Aufnahme und Sorgfalt des Vaters erinnert, steht in vollem Gegensatz zu der rauhen Luft, der Lieblosigkeit und der Kälte der Welt, die uns in keiner Weise Verständnis entgegenbringt, von der wir es aber auch nie erwarten sollten. Um so mehr würden wir das Vaterhaus schätzen lernen. Wie lieblich klingt doch dies Wort für die Seelen der Kinder Gottes, für das Herz der Söhne Gottes, für das Ohr der Freunde Gottes! Welch eine Flut von lieblichen Gedanken löst dieses Wort in unserem Herzen aus; alles klingt heimatlich, vertraut und Sehnsucht erweckend, was nur der zum Teil genießt, der Den kennt, der das Vaterhaus mit Seiner Liebe durchflutet und mit dem Wohlklang und der Zärtlichkeit Seiner Vaterstimme erfüllt (siehe Luk. 15,22-24). An dieses wunderbare Heim denkt Christus als Sohn des Hauses (vergl. Joh. 8,35), dorthin richtet Er den Blick und das Herz der Jünger. Dorthin ist der HErr gegangen, uns eine Stätte zu bereiten, von wo Er auch wiederkommen wird, um uns zu Sich zu nehmen, auf daß, wo Er ist,

auch wir seien. Welch ein Gedanke, welche Tatsache, welch eine Liebe und Gnade, daß wir dort als geliebte Söhne durch den Sohn des Hauses beim Vater eingeführt werden sollen! Gepriesen sei Sein Name immer und ewiglich!

So spricht der Himmel von der Ruhe in Gott, wohin wir mit Christo gesetzt sind. Das Paradies spricht von der Freude in Gott und von Christus, dem Baum des Lebens (siehe Spr. 3,18; Offenb. 2,7; 22,2). Das himmlische Jerusalem spricht von dem Throne Gottes und des Lammes (Offenb. 22,1). Das Heiligtum spricht von der Heiligkeit Gottes und von dem Werte der Person und des Opfers Christi (siehe 3. Mose 16,12-14). Im Tempel spricht alles von der Herrlichkeit Gottes und von dem Lichte der Gnade in Christo (vergl. Ps. 29,9b; Joh. 1,14).

Im Vaterhaus aber spricht alles von der Liebe des Vaters und von dem Wohlgefallen des Sohnes, durch den wir in den Kreis und den Genuß der unergründlichen, göttlichen und ewigen Liebe des Vaters eingeführt worden sind. Wie unaussprechlich sind Seine Vorsätze in Gnade mit uns!

K. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Diese kostbaren umfassenden Antworten machen ein ferneres Eingehen unsererseits auf die Frage unnötig. Möchten die dargebotenen Belehrungen unser Herz mit Trost und Freude erfüllen und unsere Blicke hinrichten auf Den, der gesagt hat: „Siehe, Ich komme bald!“ Was wird dann unser Teil sein, das Teil der an Ihn Glaubenden? Er wird uns dorthin bringen, wo Er ist, in das Haus des Vaters. Wo Er ist, da ist unsere Heimat!

Warum sagt Er nicht einfach „im Himmel“? ist gefragt. Ist es einfacher vom „Himmel“ zu reden als vom „Vaterhaus“? Wir meinen nicht. Jedenfalls ist es nicht köstlicher! Die landläufige Art, vom Himmel zu reden, hat gar nichts mit der biblischen Sprache zu tun! Das Vaterhaus, von dem der Herr Jesus in Joh. 14,2 redet, das ja schon deshalb nicht der Tempel sein kann, weil Er von Seinem „Hingehen, die Stätte zu bereiten“ spricht, ist in seinem Werte mehr als nur der Himmel oder auch die Himmel, wenn es auch dort sein mag; mehr, weil es unmittelbar von der innigen Herzensverbindung zwischen dem liebenden Vater und uns, den Geliebten, redet, was die anderen Ausdrücke nicht tun. Welch köstliches Wort „Vaterhaus“, und dort bist du und ich zu Haus durch Den, der uns die Stätte bereitet und der Selbst dort zu Hause ist: Der Sohn bringt die Söhne dorthin, wo Er ist. Im „Hause des Vaters“ und „bei Christo“ zu sein ist unsere herrliche, durch nichts zu ersetzende Aussicht. Viermal redet die Schrift, wenn auch nicht überall in gleichen Worten, von unserem „bei-Christo-sein“, wo vielleicht auch nach menschlicher Redeweise einfach vom Himmel die Rede sein könnte, aber was wäre dies gegen die Kostbarkeit der Aussicht, bei Christo zu sein?! Wir bitten die Leser, diese vier Stellen mit Anbetung gegen den teuren HErrn und unseren Gott und Vater, der uns dem Sohne gegeben hat (Joh. 17,9.24 u.a.), zu lesen: Luk. 23,43; Apgesch. 7,59.60; 2. Kor. 5,1-8; Phil. 1,23. Dazu lesen wir noch zum Schluß Kol. 3,3.4, und unser Herze muß übergehen voll Lob und Dank, Preis und Anbetung!

Frage 19

Wer sind die 144 000 in Offenbarung 14, und was bedeutet Vers 4?

Antwort A

Am Schluß des 13. Kap. sieht Johannes die furchtbare Zeit der Drangsal unter der Macht der beiden Tiere. Im Gegensatz zu diesem Wirken der Bosheit läßt Gott ihn in einem Gesicht das Wirken Seiner Gnade sehen, die die bestimmte Vollzahl aus Israel aus dem Prüfungstiegel als geläutertes Gold hervorgehen lassen kann.

Der Berg Zion, auf dem sie stehen, ist mit Israels Geschichte verbunden. Es ist der Sitz der Herrlichkeit des HErrn als des Königs (Ps. 2,6; Jes. 24,23). Johannes sieht Ihn aber nicht als König, sondern als Lamm. Mit dem Verworfenen verbunden sieht er die 144 000. Sie stehen auf dem Grunde des Berges Zion. „Zion“ in der Schrift ist mehr als nur ein Berg. Er steht im Gegensatz zum Berge Sinai (Hebr. 12,18.22) als das Symbol der unumschränkten Gnade - aber auch zugleich als der Mittelpunkt Seiner Herrlichkeit und Herrschaft auf der Erde. Die Geschichte Zions zeigt uns das Eingreifen Gottes in Gnade, als Israel auf dem Boden des Gesetzes alles verwirkt hatte. So sehen wir auch in diesen 144 000 das Eingreifen Gottes in Gnade für Sein Volk. Er bringt einen Überrest aus Israel als Überwinder durch die letzte Zeit der großen Trübsal hindurch.

Welche Engelgewalten in dieser großen Drangsalszeit wirken werden, davon können wir uns kaum Vorstellung machen. Michael, der Erzengel - „einer der ersten (Engel-) Fürsten“, „der für die Kinder Deines Volkes (Israel) steht“ (Dan.10,13.21; 12,1), ist bereits in Offenb. 12,7 in den Kampf eingetreten. Wie weit er auch Aufgaben für diese 144 000 hat, wissen wir nicht, aber das ist ohne weiteres klar, daß sich die Weissagung Dan. 12,1 auch auf diese Zeit und Dinge in Offenb. 14 bezieht. Das sind geheimnisvolle Dinge, über die wir nur ahnend, staunend und anbetend nachsinnen können.

Nach dem Vorausgegangenen bedarf es kaum noch der Erwähnung, daß es sich in diesen 144 000 nicht um Gläubige der Jetztzeit handelt. Man fühlt förmlich (nach Hebr. 5,14), daß bezüglich der Gemeinde, die der Leib Christi ist, nicht von einer Versieglung von 144 000 geredet werden kann. Und wenn von „Zeit und Zeiten“ die Rede ist, so wissen wir, daß es sich um Israel handelt. Deshalb wird auch von Gott nicht als von „ihrem Vater“, sondern als von „Seinem Vater“ gesprochen. Sie stehen nicht im Vaterhause, sondern sie lernen das neue Lied, das vor dem Throne und vor den vier lebendigen Wesen und den Ältesten gesungen wird. Die Gemeinde ist himmlisch - sie ist entrückt, ehe diese Ereignisse ihren Lauf nehmen. Da bleibt kein Glied, auch nicht das schwächste, zurück, wenn der HErr kommt. „Wir werden aber alle verwandelt werden“ (1. Kor. 15,51).

Eine andere Frage aber ist, ob die 144 000 in Offenb. 7 dieselben sind, die wir hier in Offenb. 14 finden. Hier gehen die Meinungen treuer und schriftkundiger Brüder auseinander. Die einen glauben, daß es sich in Offenb. 14 um eine Vollzahl (144 000) aus dem Reiche Juda handelt, welche die Trübsalszeit im Lande durchmachen, während es in Offenb. 7 eine Vollzahl aus den 12 Stämmen ist. Von Juda (den zwei Stämmen, Juda und Benjamin, die in Babylon gefangen waren), kehrten unter Esra viele ins Land zurück. Sie waren es (nicht das zehnstämmige Reich Israel), die den HErrn verwarfen und kreuzigten. Von diesen zwei Stämmen wird der Antichrist empfangen, und über sie wird die große Trübsalswelle ergehen, von welcher der HErr in Matth.24,15-28 redet. Und weil man aus dem prophetischen Zeugnis annimmt, daß die Rückkehr des Überrestes der zehn Stämme ins Land erst geschieht, wenn der HErr Seine Herrschaft angetreten hat, so glaubt man aus diesem u. a.

Gründe zu haben, diese Schar als aus Juda von jener in Off. 7 zu unterscheiden.

Andere dagegen meinen, daß man kein Recht für solche Unterscheidung habe, weil, als Gott uns zum ersten Male die 144 000 zeigt, Er uns sagt, wer sie sind, und als Er zum zweiten Male von der Zahl redet, Er nichts erwähnt, noch irgendwie Grund gibt, daß Er von einer anderen spricht als zuvor. Solche glauben vielmehr, daß es sich um die gleichen 144 000 handelt, sie aber in beiden Stellen von verschiedenen Gesichtspunkten gesehen werden: in Kapitel 7 als versiegelt durch den Engel vor der großen Trübsal, und in Kapitel 14 als hindurchgegangen, die an dem Platze des Sieges als Überwinder stehen und als Erstlingsfrucht von der Erde Gott und dem Lamme. Jeder Leser möge für sich selbst prüfen!

Wenn wir Vers 4 lesen: „Sie sind Jungfrauen“ - die sich nicht mit „Weibern“ befleckt haben - so dürfen wir natürlich nicht denken, daß es buchstäblich 144 000 Jungfrauen sind. Es ist in früheren Jahrgängen wiederholt auf die ersten Verse der Offenbarung hingewiesen werden, in welchen Gott uns sagt, daß uns Gottes Gedanken in diesem Buche „durch Zeichen kundgetan“ werden.

In jener Zeit der Gottesgerichte, wo der Lügner aufgetreten ist, der da leugnet, daß Jesus der Christus ist (1. Joh. 2,22), und die Menschen unter „der wirksamen Kraft des Irrtums stehen, der Lüge zu glauben“ (2. Thess. 2,9-11), da gehen diese Treuen, bewahrt durch Gottes Macht, unbefleckt hindurch. Lüge und Falschheit wird nicht in ihrem Munde gefunden. In jungfräulicher Reinheit, Liebe und Treue stehen sie für ihren HErrn und tragen den Namen Dessen an ihrer Stirn, dem sie dienen, im Gegensatz zu jenen, die den Namen des Tieres tragen. Sie beflecken sich nicht mit „Weibern“, den Lehren und Lehrsystemen der antichristischen Masse, sondern folgen dem verworfenen Lamme, wohin es führt. Die Liebe zu Ihm läßt sie wie auch uns Seine Genossen sein, auch auf dem Trübsalswege. Sie stehen abseits von dem antichristlichen Schmutze und berühren ihn nicht. Gott gibt ihnen das Zeugnis, daß sie tadellos sind - nicht in sich selbst - aber tadellos in bezug auf ihr Verhalten und Benehmen inmitten ihrer Umgebung - so wie auch wir es sein sollen inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes (Phil. 2,14-16). Möge der HErr auch uns solches Zeugnis geben können!

Sie sind die Erstlingsfrucht der neuen Ernte, die von der Erde eingebracht wird für irdische Segnungen. Nicht Erstlinge, wie von Christus in 1. Kor. 15 und von der Gemeinde in Jak. 1,18 geredet ist, sondern Erstlinge für Gott und das Lamm von der Ernte, die bald folgt und welcher die Sichel der Gerichtsernte (V. 15 und 16) voraufgeht.

v. d. K.

 

Anmerkung des Herausgebers

Uns persönlich macht es keine Schwierigkeit, in den 144 000 in Offenb. 7 und 14 dieselben Personen zu sehen, wenn auch unter völlig veränderten Umständen und zu ganz anderer Zeit, nämlich vor und nach der Drangsal. Aber wir unterwinden uns nicht, unsere Auffassung als die durchaus richtige zu lehren; außerdem kommt es bei vorliegender Frage nicht so sehr auf diesen Punkt an. Es genügt zunächst festzustellen, daß die Zahl 144 000 in Offenb. 14 in Verbindung steht mit der Geschichte Israels in Gnaden. - Wie vielleicht vielen Lesern bekannt ist, beziehen die adventistischen Sabbatarier die Zahl der 144 000 auf sich. Natürlich ist dies eine der Anmaßungen, an denen Irrlehren gewöhnlich nicht arm sind; vor allem aber geschieht diese Bezugnahme unter völliger

Außerachtlassung des gesamten Zusammenhangs der Offenbarung sowie der Tatsache, daß Israel in der Schrift stets Israel bleibt, d. h. niemals mit der neutestamentlichen Gemeinde verwechselt wird, ebensowenig wie je ein Gläubiger der Jetztzeit, der auf dem Grunde der Gnade steht, mit dem Namen „Israel“ belegt wird. Die „Adventisten vom siebenten Tag“ bringen viel Verwirrung über die, welche ihren bösen Lehren zuhören, indem sie sich das „neutestamentliche Israel“ nennen und sich als die um ihrer Treue gegen das Sabbatgebot willen Versiegelten ansehen. Diese adventistische Irrlehre, die das Versöhnungswerk Christi nicht als am Kreuze vollendet anerkennt (!), die das Halten des Sabbats als unbedingt nötig zum Seligwerden betont -während die Schrift das Gegenteil lehrt (vergl. Galaterbrief, Kol. 2 u. a.), die nichts davon weiß, daß ein Gläubiger nach seinem Abscheiden bei dem HErrn ist allezeit (vergl. Frage 18!), die ferner das ewige Gericht, die ewige Verdammnis, die Christus so klar lehrt, nicht gelten läßt usw. usw., diese Irrlehre macht aus der Lehre von den 144 000 einen ihrer Hauptpunkte, wodurch den Einfältigen, die ihnen ins Garn gehen, die Augen verblendet werden. Seien wir auf der Hut, teure Geschwister! und warnen wir, wo noch zu warnen ist! Die eingefleischten Irrlehrer lassen sich nicht von uns helfen, aber an den Überrumpelten, an denen, die sich nach 2. Tim. 2,24-26 noch zurechtweisen lassen, haben wir eine Aufgabe.

Die dreifache kostbare Kennzeichnung der von der Erde Erkauften in Vers 4 und 5 ist sehr beachtenswert. Oft hört man Meinungen wie die, daß hier hingewiesen werde auf Befleckungen, die auf geschlechtlichem Gebiet liegen. Wer die Stelle, die ja aber gar nicht von der Gegenwart redet, gelegentlich so anwenden will, der mag es tun! Aber wenn er den ersten Teil des Verses wörtlich nimmt („Befleckung mit Weibern“), so müßte er es mit dem zweiten Ausdruck auch so machen („Jungfrauen“), woraus folgt, daß eine allgemeine Anwendung ausgeschlossen ist. Nein, wir haben hier Bilder vor uns (nach Offenb. 1,1 „zeigen“, „durch Zeichen kundtun“, nicht „sagest“!). und in obiger Antwort ist genügend darüber gesagt. [Auch auf die Gläubigen der Jetztzeit wird der Ausdruck „Jungfrauen“ angewendet (in Matth. 25,1-13; 2. Kor. 11,2; vergl. Frage 14!), um unsere Reinheit, Unbeflecktheit vom Wesen der Welt zu bezeichnen.] Jene Jungfrauen von Offenb. 14,4 lassen sich durch das Wesen der Welt in jener Zeit nicht einnehmen, sie folgen nicht den weltreligiösen Führern jener Zeit der Drangsal ins Verderben hinein, nein, sie folgen dem Lamme in allen Dingen, sie sind erkauft als Erstlinge! welche Bevorzugung der Gnade! und auch was ihr Wort angeht, wandeln sie in Treue ohne Lug und Trug, tadellos, als Menschen, die durch Gnade den Namen Ehre machen, die sie an ihren Stirnen tragen! - Wie gesagt, nicht auf uns beziehen sich diese Worte aus Offenb. 14; aber sie lehren uns viel in bezug auf uns, die wir, wie sie, „um einen Preis erkauft“ sind (1. Kor. 6,20; 1. Petri 1,18.19) und berufen sind, alles in dem Namen (in Übereinstimmung mit ihm) unseres Herrn Jesu zu tun (Kol. 3,17) und ohne Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis (Eph. 5,11) hienieden hindurchzugehen zur Herrlichkeit und zum Preise Gottes! (Phil. 1,9-11.)

Geleitsworte an den Leser:

... Der HErr ... Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Steine, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, werdet auch ihr selbst als lebendige Steine auferbaut, ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum. Denn es ist in der Schrift enthalten: ,Siehe, Ich lege in Zion einen Eckstein, einen auserwählten, kostbaren; und wer an Ihn glaubt, wird nicht zuschanden werden.‘ Euch nun, die ihr glaubet, gehört

die Kostbarkeit!“ 1. Petr. 2,3b-7a.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 20

Was bedeutet „eine Hütte im Weinberge, eine Nachthütte im Gurkenfelde“ in Jes. 1,8?

Antwort A

Es bedeutet einen Unterkunftsort, der nur gerade zur Not errichtet worden ist und zur Not benützt wird (Hiob 27,18); der weder auf Festigkeit noch auf Dauerhaftigkeit, noch auf Bequemlichkeit, auch nicht auf Schönheit Anspruch machen kann. Der Eindruck, den das Lesen der vorhergehenden Verse hervorbringt, läßt das leicht begreifen. Verse 7 und 8 lassen vor dem Geistesauge des Lesers, der vorher nur 2. Chron. 28 zu lesen braucht, ein Gemälde entstehen, das für sich selber spricht. Das Land war so wie beschrieben, und inmitten desselben das so herrliche Zion herabgesunken zu einem Nichts. Wie war es doch schon Jahrhunderte vorher gemalt worden! Ps. 48,2: „Schön ragt empor, eine Freude der ganzen Erde, der Berg Zion“; V. 12.13: „Zählet seine Türme, betrachtet genau seine Wälle, mustert seine Paläste“; Ps. 87,2: „Jehova liebt die Tore Zions mehr als alle Wohnungen Jakobs“; V. 3: „Herrliches ist von dir geredet, du Stadt Gottes“; V. 5: „Der Höchste, Er wird es befestigen“; V. 7: „Alle meine Quellen sind in dir“ (Zion); Ps. 122,2.7: „Wohlfahrt sei in deinen Festungswerken, sichere Ruhe in deinen Palästen“; Ps. 132,13: „Jehova hat Zion erwählt, hat es begehrt zu Seiner Wohnstätte: dies ist Meine Ruhe immerdar; hier will Ich wohnen, denn Ich habe es (Zion) begehrt“. -

Wenn diese Schilderungen auch prophetische sind und auf die Zeit des kommenden Reiches hin gehen, so geben sie nichtsdestoweniger den Maßstab ab für die Einschätzung Zions; ebenso wie die Schilderungen in späteren Kapiteln Jesajas (52, 54, 60, 62). Wenn der Einsender der Frage sich neben einer mit Türmen und Festungswerken umgebenen, Paläste in sich fassenden, schön gebauten Stadt eine Wächterhütte in einem Weinberg denkt oder eine Nachthütte im Gurkenfeld (Wächterhütte, weil zum Hüten der Erträge Wächter bestellt wurden: Hohel.1,6; 8,11.12), so entsteht ihm die Antwort Auf die Frage von selbst.

F. Kpp.

 

Anmerkung des Herausgebers

Vorliegende Frage ist einfach; um so merkwürdiger ist es, daß trotz häufiger Veröffentlichung derselben nur eine Antwort Eingegangen ist. Vielleicht haben andere, die sich mit der Frage beschäftigten, geglaubt, in diesen bildlichen Ausdrücken einen Sinn finden zu sollen, der etwa von prophetischer Bedeutung sein könnte. Aber es liegt doch nicht eigentlich ein Grund vor, in den Worten „Hütte im Weinberge“, „Nachthütte im Gurkenfelde“ mehr zu sehen als einen Vergleich (beachte das

Wörtchen „wie“!), der uns den unendlichen Niedergang der geliebten Stadt Zion zeigen soll, in den sie hineingeraten war, und zwar um ihrer Sünde willen (V. 2-4; vergl. u. a. Ps. 106!). Wichtiger als nach einem tieferen Sinn in diesen Ausdrücken zu suchen - auch wenn sich ein solcher finden läßt, so muß er in Übereinstimmung mit der Schrift sein, sonst hat er keinen Wert! - scheint es uns, zu betonen und uns daran zu freuen, wenn auch mit Wehmut (vergl. Röm. 9,1-5), daß Zion gegenwärtig, d. h. in der Zeit seiner (verdienten) Verwerfung seitens Jehovas, dennoch in Seinen Augen vorhanden ist, und wenn auch nur gleich einer „Nachthütte“. wenn auch nur wie ein unscheinbarer Zufluchtsort zur Nachtzeit, ja, in dem Nachtdunkel und den Leiden dieses Zeitlaufs! Der HErr hat ein Auge für Seine Stadt; Er wacht über sie, Er vergißt ihrer nicht, wie Er auch nie Seines alten Volkes vergißt. Auch dieses wird - in seiner Zerstreuung! - gesehen von Dem, der es Sich erwählt hat und dessen Name ist: „Ich bin, der Ich bin“ (2. Mose 3,14), der also Sich gleich bleibt, Sein Wesen nicht ändert (vergl. Frage 13!) und der darum auch jetzt auf Sein Volk sieht (vergl. z. B. 2. Mose 3,7 mit 4. Mose 23 und 24!). An einem späteren Tage wird Zion wiederhergestellt, aus seinem verachteten Zustand hervorgeholt und zu neuen herrlicheren Ehren gebracht denn je zuvor, und zwar als die Stadt, in der Er „regieren wird von Geschlecht zu Geschlecht“ (Ps. 146,10 u. a.).

Wieviel Grund ist auch für uns, Sein neutestamentliches „Volk zum Besitztum“ (1. Petri 2,9), im Blick auf diese Zukunft, schon jetzt zu tun nach den letzten Worten von Ps. 146 u. a. Psalmen: „Lobet Jehova!“

Frage 21

Was bedeutet Sach. 3,9?

Antwort A

So gestellt, zerfällt die Frage in vier Unterfragen: Was bedeutet der Stein? Was bedeuten die sieben Augen darauf? Was seine Eingrabung? Was die Hinwegnahme der Ungerechtigkeit des Landes an einem Tage?

Mit verwundertem Interesse muß jeder Schriftkundige in Israel sich über den Stein aufgehalten haben; denn kein Geringerer als Moses, der große Prophet und Verfasser der ersten Teile der Heiligen Schriften, hatte ihn schon genannt im Segen Jakobs über Joseph (1. Mose 49,24f.): „Von dannen ist der Hirte, der Stein Israels.“ Von wannen? „Von dem Gott deines Vaters ... von dem Allmächtigen.“ Verheißungsvoller Ursprungsort! (Auch den Hirten nennt Sacharja, Kap. 13,7, und zwar als den Genossen Jehovas.) Jahrhunderte nach Mose erst ist wieder von dem geheimnisvollen Stein die Rede: Ps. 118,22. Jesaias noch redet in denselben Ausdrücken von ihm, Kap. 28,16. Siehe auch Sach. 10,4.

Der Stein ist Jehova-Jesus.

Die sieben Augen sind die Augen Jehovas, wie Kap. 4,10 in bezug auf 3,9 ausdrücklich sagt. Zu welchem Zwecke sie die ganze Erde durchlaufen, sagt 2. Chron. 16,9: „Auf daß Er Sich mächtig erweise an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist.“ Da dieses ungeteilte Herz wirklich sowohl bei dem Haupte der Zivilbehörde, Serubbabel, als auch bei dem Vertreter des

Religionsverhältnisses, Josua, vorhanden war, so verbürgt Sich Jehova, Sein Wort zu erfüllen derart, daß, sollte das Hindernis für den guten Fortgang des Tempelbaues sogar ein großer Berg sein, derselbe doch zur Ebene werden sollte (4,7). Dabei erscheint der Stein nochmals, und zwar als Schlußstein des Tempelgebäudes, woraus wir erkennen: Jehova-Jesus ist Grundlage und Abschluß der Wege Gottes.

Das Eingravierte auf einem Gegenstand gibt Auskunft entweder über den betreffenden Gegenstand selber oder über etwas, wozu er in Beziehung steht. Als Beispiele mögen dienen Sach. 14,20; 2. Mose 28,12.29.36; Offenb. 3,12. „Seine (des Steines) Eingrabung eingraben“ ist also das zum Ausdruckbringen der Gedanken Gottes über den Stein, das Eingegrabene ist dieser Ausdruck.

Das Hinwegnehmen der Ungerechtigkeit des Landes zeigt, daß nach den Gedanken und nach dem Herzen Gottes Sein Land und Volk ein Ganzes bilden und daß, wenn Seine Zeit gekommen ist, Er in Verbindung mit dem Stein in Eile den Weg frei macht zur Einführung der Segnung, Vers 10, welche zu spenden von jeher Seine Verheißung war. Siehe 3. Mose 25,23: „Mein ist das Land“ (26,32-35; 5. Mose 29,22 - 30,14).

Eine Anzahl der Weggefährten war auf den Erlaß des Cyrus hin aus Babel zurückgekehrt; hatte zuerst den Altar wieder aufgerichtet an seiner Stelle und dann den Grund zum Hause Jehovas gelegt. Auf heimtückisches Betreiben der Feinde ihrer Nationalität (bildlich als „großer Berg“ dargestellt) wurde ihnen der Weiterbau auf königlichen Befehl untersagt, und ihr Unglaube gehorchte nur zu schnell. Nach 17 Jahren wurde die Arbeit wieder aufgenommen, nachdem Gott Selber durch die Propheten Haggai und Sacharja das Volk aufgerüttelt hatte. „Das Wort Jehovas geschah“ heißt es immer wieder; aber „es geschieht“ zu den Propheten nicht, um nur ein naheliegendes Ergebnis zu erzielen, sondern es wird hinsichtlich der Endzeit gegeben, wo die jeweiligen Wege Gottes, die anfänglichen und die im Laufe der Zeit immer neu folgenden, ihren Abschluß finden im kommenden Reiche. Und da ist der Mittelpunkt immer Christus. Der Geist benützt jede Gelegenheit, die sich Ihm bietet, um durch Personen und Umstände Christum vorbildlich darzustellen. Der Tempelbau mit der Grundsteinlegung und die dabei im Vordergrund stehenden Persönlichkeiten war solch eine Gelegenheit.

Die Verse 8-10 in Sach. 3 bilden einen Abschnitt für sich. Der Hohepriester Jehoschua (d. i. Jehova-Jesus ist Rettung) und seine Genossen sind „Männer des Wunders“, des Wahrzeichens, des Vorbildes; eigentlich sind Seine Genossen allein so genannt (in Jes. 8,18 die Kinder und Er). Der Geist blickt da in damals noch ferne Zeit, von der Er schon durch David geredet hatte, Ps. 110: er redet von dem durch göttliche Berufung und göttlichen Eidschwur zur Melchisedek-Hohepriesterstellung erhobenen Messias, Hebr. 7, der in dieser Stellung Genossen hat. Den an Ihn gläubig gewordenen Hebräern (und uns natürlich mit ihnen) wird gesagt, daß sie diese Genossen sind (Hebr. 3,1 und 14; siehe auch Offenb. 1,6). Aber auch die Getreuen aus Juda, die durch die große Drangsal hindurchgehen, am Ende derselben beim Strafgericht über gewisse Nationen mitwirken und ins Reich eingehen, sind Seine Genossen, wie es ja von Anfang der Berufung Israels an feststand, daß es ein Volk von Priestern sein sollte, was es auch sein wird (siehe 2. Mose 19,6; Jes. 61,6; Ps. 45,7; 110,3; 149,6-9; Obadja V. 17-21; Micha 5,5-8; Sach. 9,13-16; 10,4-12). Vers 8 ist aber nur einleitend auf die nachfolgende Mitteilung hin, daß Jehova Seinen Knecht, Sproß genannt, kommen lassen wolle. Dieser Titel „Sproß“ bezeichnet selbstverständlich den Messias. Jesaias und Jeremias hatten Ihn schon so genannt (Jes. 4,2; Jer. 23,5; 33,15). Es mag sonderbar scheinen, daß gerade dem Josua

diese Mitteilung gemacht wird, da er doch selber den Messias darstellte. Die Sonderbarkeit verwandelt sich in bewunderndes Staunen, wenn wir entdecken, daß Josua nur den priesterlichen Messias vorbildlich darstellt, während der königliche durch den Landpfleger Serubbabel dargestellt wird (Hagg. 2,20-23), der ja im Geschlechtsregister des Messias steht (Matth. 1,13). Beides zusammen, König- und Priestertum, wird in Kapitel 6,12.13 genannt; aber auch schon in Kapitel 4 unter dem Bilde der beiden „Söhne des Öls“ vorgestellt. Serubbabel hatte dieses Haus gegründet und würde es vollenden (4,9); der „Sproß“ würde den Tempel des Reiches bauen (Hes. 40-48) und Träger der Herrlichkeit sein.

Also bedeutet Sach. 3,9: „Denn ein Grundstein ist ja vor deinen Augen gelegt worden, Josua (siehe Esra 3,8-13 und Hagg. 1) ...; in Meinen Augen ist es der Stein, den Ich gelegt habe, auf dem alles ruhen wird: eben der Sproß, den Ich verheißen habe, Mein Knecht: auf Ihn gründet sich alles, was nach Meinen Gedanken in Erfüllung gehen wird. Es wird gewährleistet dadurch, daß Er die Fülle der Kenntnis Meiner Gedanken hat und daß Ich Selber Ihn als den bestätige, der Er ist und was Er ist.“

F. Kpp.

Anmerkung des Herausgebers

Was für eine schöne Antwort - diese einzige auf obige Frage eingegangene! Möchten die teuren Leser dieses Heftes viel Zeit dabei verbringen können, sich mit Forschen über diesen Gegenstand zu beschäftigen, um zu erfahren, „ob es sich also verhält“, wie der Einsender der Antwort sagt! Das ganze dritte Kapitel des Propheten Sacharja stellt auch die Erfahrung einer Seele dar, die mit Gott in Ordnung kommt. Die Erfahrung der Macht Jehovas genügt nicht, Jerusalem völlig wiederherzustellen (Kap. 2), die Frage der Sünde muß an dem späteren Tage, wo Jerusalem wieder der Segensmittelpunkt der Welt werden soll (2,11!), ebenfalls geregelt sein, und das geschieht vorbildlich in Kapitel 3. Aber was dort gesagt ist in bezug auf Jerusalem und Israel, läßt sich eben auch leicht übertragen auf den einzelnen Sünder, der vor Gott offenbar geworden ist. Darüber können wir uns hier nicht verbreiten; doch ist das Kapitel wert, nach dieser wie nach jener Seite hin betrachtet zu werden. In dieser Hinsicht wie hinsichtlich des Hauptgegenstandes des prophetischen Gesichtes erscheint der Stein - Christus - als höchst wichtig, wie uns Jes. 28,16 und daran anknüpfend 1. Petri 2 zeigt. Wer an Ihn - den Stein - glaubt, auf Ihn vertraut, auf Ihn sich gründet, der wird nicht zuschanden! Prüfen wir uns: was ist uns dieser Stein?

Was die sieben Augen anbetrifft, so erinnern wir an die sieben Geister in Offenb. 4,5 und 5,6 und im Anschluß daran noch an Jes. 11,1.2, wo von - wenn wir so sagen dürfen - sieben verschiedenen Ausstrahlungen des Geistes Jehovas, von sieben „Geistern“ die Rede ist in Verbindung mit dem Schößling (Sproß) oder Reis aus dem Stamme Isais. Bezüglich der „Eingrabung“ deuten wir noch hin auf Offenb. 2,17, ohne daß wir zu allen diesen Andeutungen nähere Erklärung geben möchten. - Es ist köstlich für uns Gläubige der Jetztzeit, zu sehen, wie in Ihm, unserem Herrn Jesus Christus, sich alle diese Weissagungen erfüllen werden; ja, Er ist Anfang und Ende aller Wege Gottes! Noch liegt die Decke auf Israels Herzen (2. Kor. 3,15); aber wie wird es einst staunen, wenn es die Erfüllung all dessen sieht, was es durch die Jahrtausende hin Tausende von Malen in seinen Propheten gelesen und - nicht verstanden hat, weil es einst „den abwies, der da redete“ (Hebr. 12,25!); wie wird es staunend niedersinken, wenn es ihm, wie einst Paulus, „wie Schuppen von den Augen fallen wird“! Möchte dieser Tag bald erscheinen, an dem „ganz Israel“ errettet wird und Jehova in seiner Mitte

wohnen wird (Röm. 11,26; Sach. 2,10). Welche Freude wird dann sein bei der Tochter Zion! - Möchten wir Gläubigen heute Ihn ehren, indem wir allein auf Ihn vertrauen und unter Seinen Augen uns glücklich wissen, die uns leiten wollen (Ps. 32,8). Wir werden uns um so besser von ihnen leiten lassen können, je mehr wir von den Dingen dieser Welt wegschauen und aufblicken, wir möchten sagen, in Seine Augen, um wie Stephanus nach 2. Kor. 3,18 hineinverwandelt zu werden in Sein Bild (siehe Apgesch. 7, 54-60; und vergl. Vers 59.60 mit Luk. 23,34 und 46)!

Frage 22

Ich bitte um eine erbauliche Erklärung von Apgesch. 5,1-11!

Antwort A

In Apgesch. 4,32-37 bekommen wir einen kurzen Blick in das Gemeindeleben, es wird uns dort geschildert, wie die Menge derer, die gläubig geworden, ein Herz und eine Seele war, und auch nicht einer sagte, daß etwas von seiner Habe sein eigen wäre, sondern wie ihnen alles gemein war. Wir sehen, wieviel Raum für den Geist Gottes innerhalb der Gemeinde und in den Herzen der einzelnen in diesen Tagen war. Äußerlich und innerlich war das Zeugnis des Geistes in der Gemeinde wirksam. Bedürftige gab es nicht, Äcker und Häuser wurden verkauft und der Ertrag den Aposteln zur Verfügung gestellt. Ein lebendiges Beispiel hingebender Treue wird uns in Joseph oder Barnabas gezeigt. Dies alles war ein gemeinsames Handeln unter der Leitung des Heiligen Geistes. Hier in Apgesch. 5,1-11 haben wir ein Gegenbild. Bei Barnabas das rechte Verhalten eines Jüngers, der sich in jeder Beziehung leiten läßt, und hier bei Ananias und Sapphira lügnerische Selbstsucht, Fähigkeiten eines jeden Herzens, das sich nicht unter die bewahrende Gnade und unter die Zucht und Leitung des Heiligen Geistes stellt. Aber andererseits sehen wir auch, wie wirksam das Zeugnis in den ersten Tagen nach Pfingsten innerhalb der Gemeinde war, ferner wie auch Satan immer an der Arbeit ist, um Verderben zu säen, ähnlich wie dort im Paradiese bei den ersten Menschen; Gott hatte sie gut geschaffen und ihnen das Paradies gegeben, aber Satan erregte Zweifel und Mißtrauen, und der Mensch kam zu Fall. Jedenfalls schmückten sich Ananias und Sapphira mit etwas, was sie nicht besaßen, sie täuschten den gleichen Schein der Gottseligkeit und Liebe vor, den andere in der Gemeinde wirtkich inne hatten. Ihr Handeln war vermischt mit List und Heuchelei (Röm. 12,9). So geht immer neben dem Wirken des Heiligen Geistes das Wirken des Fürsten der Finsternis einher, und es bedarf auch für den Gläubigen vielen Lichtes, um diese Vermischungen zu unterscheiden; der einzelne benötigt viel Gnade, um in der Lauterkeit des Herzens zu wandeln. Daneben sehen wir, daß die göttlichen Grundsätze, die der HErr innerhalb Seiner Gemeinde zum Ausdruck bringen will, unwandelbar sind; da, wo man dem Heiligen Geist Raum gibt, brauchen Menschen nicht Grundsätze und Gesetze aufzurichten, sondern da ist Er wirksam und offenbart Sich in Seiner Kraft gegen das Böse innerhalb der Gemeinde. Es bestand für Ananias und Sapphira offenbar gar keine Verpflichtung, den ganzen Kaufpreis abzuliefern (V. 4). Ihre Sünde gegenüber dem Heiligen Geiste war die, daß sie Ihm logen. Wir sehen auch darin die scharfe Scheidung zwischen der Welt und der Gemeinde des HErrn. In der Welt übt Gott an den Ungläubigen Geduld und Langmut, bis alle Mittel erschöpft sind, so bei der Sintflut, bei Sodom usw., aber innerhalb der Gemeinde strenge Zucht. Wenn das Zeugnis des Heiligen Geistes in jenen Tagen groß und herrlich war, so war die Schuld, die hier zutage getreten war, um so größer, deshalb das sofortige Eingreifen Gottes durch das ernste Gericht. Wie hier der Schaden sofort beseitigt und Gericht geübt wurde, so wird der HErr einst in Seinem Reiche jeden

Morgen handeln. Jede Seele, die sündigt, wird dann mit dem Tode bestraft (vergl. Jes. 65,20; Zeph. 3,5; Ps. 101,8 usw.). Wir sehen, wie für alle die, welche sich unter die Regierungswege Gottes stellen, die VerAntwortlichkeit doppelt ernst ist. Heiligkeit geziemt sowohl dem Hause Jehovas (Ps. 93,5) wie denen, die vorgeben, Ihm zu gehören (3. Mose 11,45 und Eph. 1,4).

Ph. W.

Antwort B

Zur Erklärung obiger Frage erscheint mir zunächst dienlich Apgesch. 2,47. „Der HErr aber tat täglich hinzu zu der Versammlung, die gerettet werden sollten“ (sich retten ließen). Der Heilige Geist war mächtig wirksam (Apgesch. 4,31; 5,12-16), es war nicht wie heute und schon längst, daß Menschen, wenn auch Gläubige, der Meinung waren, durch vieles Überreden Leute zu ihren Vereinigungen herbeibringen zu müssen.

Die Gnade Gottes, durch den Glauben an den auferstandenen Herrn Jesum Christum in die Herzen gekommen und durch den Heiligen Geist bestätigt, erwies sich in allen und für alle Lebensbeziehungen so mächtig, daß diese göttlich-wunderbare Erscheinung den Übrigen nicht verborgen bleiben konnte, denn „sie redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit“ (4,31).

Die Versammlung war ein Herz und eine Seele, sie war das Haus Gottes, in welchem der Heilige Geist wohnte insgesamt und in jedem einzelnen. Der Heilige Geist war unumschränkter Leiter, Führer und Gebieter (Apgesch. 13,4;

15,28). Die Glaubenden waren reich geworden in Christo, sie konnten bekennen Ps. 87: „Alle meine Quellen sind in Dir.“ Ihre gesamten Lebensbeziehungen betreffs ihres leiblichen Lebens, insbesondere die Frage „was sollen wir essen, was sollen wir trinken, womit sollen wir uns kleiden?“ machte ihnen keine Sorge; es war kein Bedürftiger, kein Armer, der Not litt unter ihnen, denn keiner sagte von seiner Habe, daß sie sein eigen wäre, es war ihnen alles gemein, sie lebten schon damals im Geiste der Wahrheit, wie später in Hebr. 13,5.6.15.16 geschrieben wurde, denn so viele Besitzer waren von Äckern und Häusern, verkauften sie und legten den Preis des Verkauften nieder zu den Füßen der Apostel. Sie brachten alles in der Erkenntnis, daß Gott der Geber von allem ist. Die Namen der Geber werden nicht veröffentlicht, wie es längst in der Namenchristenheit üblich ist; um für die Armen, Bedürftigen, Witwen Gaben zu bekommen, wurden keine menschlich ausgeklügelten Methoden angewendet; was gegeben wurde, geschah infolge der Wirksamkeit des Heiligen Geistes in den Herzen der Gläubigen.

Kapitel 4,36 wird nun doch ein Name aus den Gebern erwähnt, Joseph, von den Aposteln zuibenamt Barnabas - Sohn des Trostes -, derselbe verkaufte einen Acker, brachte das Geld und legte es nieder zu den Füßen der Apostel. Der Heilige Geist fand es für wichtig, diesen Namen des Gebers und seine Tat für Zeit und Ewigkeit kund zu geben. Warum wohl? es lag sicher sein Alles in dieser Gabe, was er geben konnte, er behielt nichts für sich, schaffte nichts beiseite; gerade wie jene Witwe, die zwei Scherflein, ihre ganze Habe, in den Opferkasten legte. Barnabas war genannt „ein Sohn des Trostes“; wenn er sein ganzes Besitztum, einen Acker, hergab, so fand er seinen Trost in Gott, er fand in der Gnade Gottes, die ihm zuteil geworden, reiche Entschädigung für seinen Acker. Gott sieht nicht auf das, was vor Augen ist, sondern sieht das Herz an, und das Herz des Barnabas war aufrichtig, ganz mit dem HErrn. Gott merkt auf aufrichtige Herzen!

aufrichtig, ganz mit dem HErrn. Gott merkt auf aufrichtige Herzen!

Kapitel 5,1-11 berichtet nun ein ernstes Ereignis in der Versammlung Gottes. Es sind V. 1 zwei Leute mit Namen erwähnt als Geber: ein gewisser Mann mit Namen Ananias und sein Weib Sapphira, beide gehörten der Versammlung Gottes an. Ananias verkaufte ein Gut und schaffte von dem Kaufpreis beiseite und legte nur einen gewissen Teil zu den Füßen der Apostel, alles dies tat er in Verabredung und im Einverständnis mit seinem Weibe Sapphira. Äußerlich betrachtet erschien diese Handlung ebenso ein gutes Werk wie die Gabe des Barnabas und derer, die sonst so taten, sie ist vielleicht von den übrigen als lobenswert besprochen und gerühmt werden, doch für Gott war sie kein duftender Wohlgeruch (Phil. 4,18). Der Heilige Geist waltete in der Versammlung, denn Er erforscht die Tiefen der Gottheit, Er erforscht auch die Herzen der Menschen; Gott konnte nicht zulassen, daß die innersten Beweggründe des Ananias verborgen blieben, und zwar der Versammlung wegen. Der Heilige Geist war schwer betrübt worden, die Versammlung wußte aber bis dahin nichts davon (5,3.4). „Petrus aber sprach“ - ganz unvermittelt -: „Ananias, warum hat der Satan dein Herz erfüllt, daß du den Heiligen Geist belogen und von dem Kaufpreis beiseite geschafft hast? Blieb es nicht dein, wenn es so blieb, und war es nicht, wenn es verkauft war, in deiner Gewalt? Was ist es, daß du dir diese Tat in deinem Herzen vorgenommen hast? Nicht Menschen hast du gelogen, sondern Gott.“ Welch erschütternde Worte des Petrus! Woher wußte Petrus diesen ganzen Vorgang, der sich in dem Herzen des Ananias und seines Weibes abgewickelt hatte? Hat Petrus dies irgendwie auf menschliche Weise erfahren? Keineswegs! Der Heilige Geist in der Versammlung offenbarte es dem Petrus (vergl. 2. Kön. 5,26!). Ananias hatte sicher schon vor dem Verkauf seines Gutes sich im Herzen vorgenommen, im Einverständnis mit seinem Weibe den ganzen Verkaufspreis zu den Füßen der Apostel zu legen. Das hat Gott beobachtet und gesehen, sonst könnte Petrus nicht sagen: „du hast den Heiligen Geist belogen“. Nachdem er aber das Geld in Händen hatte, kam Satan und brachte den Ananias und Sapphira zu Fall, und „Geldliebe ist die Wurzel zu allem Bösen“. Satan bekam Einfluß auf ihre Herzen, er wird die Sache im besten Licht vorgestellt haben, daß es nicht so schlimm sei, Ananias bezeuge ja auch mit weniger, daß er opferwillig sei, und seine Achtung bei den übrigen werde er deswegen nicht verlieren. Satan erfüllte das Herz des Ananias und seines Weibes, so daß sie beide überein kamen, auch weiter zu lügen, sein Weib log dann dem Petrus gegenüber auf dessen Frage: „Sage mir, ob ihr für soviel das Feld hingegeben habt!“ - „Ja, für soviel.“ Die Lüge des Weibes! Der erste Schritt auf dieser abschüssigen Bahn war ein verborgener, vor Gott geschehener (es geht immer so), der zweite Schritt war öffentliche Lüge, wissentlich.

Wie ernst ist diese Begebenheit, wie ernst spricht diese Sache nicht nur zu den Menschen im allgemeinen, sondern vornehmlich zu den Gläubigen, und wie ernst ist die Strafe, die der Lüge auf dem Fuß folgte! Jetzt erfuhr auch die ganze Versammlung davon, und es kam große Furcht über dieselbe. Der Heilige Geist ist noch da in der Versammlung der Heiligen und wohnt in jedem Kind Gottes, deshalb „betrübet nicht den Heiligen Geist Gottes, damit ihr versiegelt seid auf den Tag der Erlösung“. Wie sehr haben wir zu achten auf das Wort 1. Petri 4,19, „im Gutes tun unsere Seelen dem treuen Schöpfer zu befehlen“ und Spr. 4,23: „Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus gehet das Leben.“ Wir haben acht zu geben auf die inneren Regungen des Herzens, woher sie kommen und wohin sie zielen, besonders im Gutestun. Es wird viel gegeben für Gott, für Sein Werk, für Arme und Bedrängte, laßt uns aber wohl beachten, daß Gott nicht nur die Gaben sieht, sondern auch unsere Herzen, sowohl bei großen wie kleinen Gaben. Laßt uns erforschen unsere Herzen, ob unsere Gaben allezeit ein duftender Wohlgeruch für den HErrn sind!

unsere Gaben allezeit ein duftender Wohlgeruch für den HErrn sind!

„Gott hat Lust an der Wahrheit im Innern“ (Ps. 51,6). F. B.

Antwort C

Bis zu diesem Kapitel bot sich unseren Blicken ein wundervolles Gemälde von dem Wirken des Heiligen Geistes sowohl in der Sammlung derer, welche gläubig wurden und ihrer Gemeinschaft, als auch in dem kühnen Zeugnis der Apostel. Im zweiten, dritten, vierten Kapitel dieses Auszuges des Neuen Testaments wurden uns die Taten des Heiligen Geistes in der Fülle Seiner Macht vorgeführt. Wir sahen aber auch, wie der Feind in der Gefangennahme des Petrus und Johannes zu wirken begann.

Mit diesem Kapitel ändert sich die Szene. Kostbar ist der Schluß des vorigen Kapitels: Barnabas verkaufte seinen Acker und legte das Geld zu Füßen der Apostel. Hierdurch gab er ein kräftiges Zeugnis davon, wie er als gläubiger Jude sein himmlisches Erbteil verwirklichte, indem er das aufgab, was den Juden verheißen war, nämlich irdische Besitztümer.

Das fünfte Kapitel beginnt mit dem bedeutsamem Wort: „Aber“. Das ist das Anzeichen des Falles und der Abweichung. Alles war tadellos und vollkommen; nichts störte die herrliche Harmonie der Gemeinschaft - „aber“ -, und mit diesem kleinen Wort beginnt die Geschichte des Bösen. Der Feind sah sich bei allen seinen Angriffen von außen her völlig abgeschlagen, nun aber drang er in die Herde ein und begann sein Werk in ihr.

Die Werkzeuge waren das Ehepaar Ananas und Sapphira. Diese beidem hatten ein Gut, welches sie verkauften. Sie hatten sich vorher verabredet, nur einen Teil des Kaufpreises abzuliefern, den Rest wollten sie für sich zurücklegen. Das war ein vorsätzlicher und wohlüberlegter Betrug. Dahinter stand der Unglaube. Sie verwirklichten nicht im Glauben die Tatsache, daß Gott Selbst in der Person des Heiligen Geistes in der Versammlung, deren Glieder sie waren, Wohnung gemacht hatte. Sie beachteten nicht die wunderbare Tatsache, daß der Heilige Geist gekommen und in der Versammlung der Gläubigen gegenwärtig war. Was aber war der Beweggrund? Barnabas hatte seinen Besitz völlig freiwillig ausgeliefert. Niemand hatte dem Ananias und der Sapphira gesagt, sie sollten dasselbe tun. Der Beweggrund war Selbstsucht. Barnabas hatte im Gehorsam gegen den Heiligen Geist eine gute Tat vollbracht, und ohne Zweifel hatte Gott Wohlgefallen daran und segnete ihn. Dies machte Ananias und Sapphira eifersüchtig, und so begehrten sie denselben Ruhm zu haben. Aber ihre Herzen hatten das Geld lieb und die irdischen Dinge, daher war es ihnen zu viel, den ganzen Erlös des verkauften Gutes herzugeben. Ehre vor den Menschen und das Geld waren der Fallstrick für Ananias und Sapphira. Sie waren doppelherzig. Der Geist Gottes hatte mit großer Macht gewirkt; aber was sie an den Tag legten, war eine Nachahmung, Heuchelei, Lüge. (Die Sünde des Ananias und der Sapphira ist ein Gegenstück zu der Sünde Achans, dem ersten Fehltritt, nachdem Israel in das Land der Verheißung eingetreten war, Jos. 7!) Satan selbst hatte das Herz des Ananias erfüllt, diese Sünde der Lüge gegen den Heiligen Geist zu begehen. Satan hatte sein Werk in der Mitte der Gemeinde begonnen und er wirkte durch das Fleisch derer, welche an den HErrn gläubig geworden waren.

Schnell folgte das Gericht an ihrem irdischen Leben. Sie wurden durch den Tod aus der Gemeinde

entfernt. Die Sünde, welche sie begangen hatten, war eine „Sünde zum Tode“, und das Urteil, der leibliche Tod, wurde sofort vollstreckt. Petrus steht noch im Vordergrund. Wir müssen uns hier an die Worte des HErrn erinnern, die Er an Petrus richtete als Antwort Auf das Bekenntnis desselben, daß Jesus der Sohn Gottes sei: „Ich will dir die Schlüssel des Reiches der Himmel geben; und was irgend du auf der Erde binden wirst, wird in den Himmeln gebunden sein, und was irgend du auf Erden lösen wirst, wird in den Himmeln gelöst sein“ (Matth. 16,19). Dieselben Worte vom Binden und Lösen richtete dann später der HErr an alle Jünger (Matth. 18,18). Das Binden und Lösen bezieht sich auf die Gemeindezucht auf Erden. Es hat keineswegs etwas zu tun mit der Vergebung der Sünden oder der ewigen Errettung.

Petrus gebrauchte hier zum erstenmal seine Autorität, um Zucht zu üben. - Ferner müssen wir bedenken, daß diese Ereignisse auf jüdischem Boden stattfanden, dem Boden des Königreichs. Das Zeugnis des Königreichs an die Nation war noch in Kraft. Das plötzliche Gericht, das an Ananias und Sapphira vollzogen wurde, war ein deutliches Zeugnis, daß der Heilige Israels in der Mitte dieses Überrestes wohne, der an Ihn glaubte, während Israel Ihn verworfen hatte. Wenn das Königreich auf der Erde eingetreten sein und der Herr Jesus als König in Gerechtigkeit regieren wird, wird ohne Zweifel jede Sünde sofort mit dem Tode bestraft werden. - Wenn man fragt, warum solche Urteile uns später nicht mehr begegnen, Antworten wir: Der Heilige Geist war damals noch nicht betrübt worden; jetzt ist der Heilige Geist infolge des Unglaubens betrübt worden und Gott handelt nicht mehr auf diese Weise, um Seine Gegenwart in der Gemeinde zu offenbaren. Seit jenem Vorfall ist nirgendwo ein Anzeichen dafür, daß solche Offenbarungen Seiner Gegenwart andauerten. Wenn Gott ein solches Gericht in jedem Falle von Doppelherzigkeit, Unglauben und Sünde gegen den Heiligen Geist üben wollte, würde das dem ganzen Charakter der gegenwärtigen Haushaltung widersprechen. Dieser Charakter ist der des „schweigenden Himmels“. Die vielen irregeleiteten Seelen, welche meinen, sie wären zu Pfingsten zurückgekehrt, sie hätten „ihr Pfingsten erlebt“, sie redeten mit neuen Zungen, die Gabe der Sprachen und des Wundertuns sei bei ihnen wieder hergestellt, und sie befänden sich mit einem Male in „apostolischen Zeiten“, sollten auch solche Gerichte in ihrer Mitte erwarten!

Einige wichtige Lehren müssen wir noch erwähnen, welche wir aus diesem feierlichen Ereignis gewinnen:

1. Die Tatsache, daß das Fleisch auch im Gläubigen noch da ist. Ananias und Sapphira waren Gläubige. Sie waren nachgiebig gegen das Fleisch, und Satan nahm sie mit seiner Macht in Besitz und versuchte sie. Die Lehre, daß die alte Natur durch den Empfang der Taufe mit dem Heiligen Geist ausgerottet sei, ist nicht schrittgemäß. Wir finden in dieser Geschichte von Ananias und Sapphira einen deutlichen Beweis von dem, was Paulus an die Galater 5,17 schreibt: „Denn das Fleisch gelüstet wider den Geist ...“

2. In diesem Ereignis tritt die Macht Satans auf den Plan. Was Ananias und Sapphira taten, war ihnen vom Satan eingegeben. Eitler Ehrgeiz war in ihren Herzen; sie wollten den Beifall und die Anerkennung der Menschen gewinnen. Die „Wurzel alles Bösen“, der Geiz wohnte in ihren Herzen, und sie dienten ihm. Ihre Augen waren geblendet, und sie hatten die große, ihnen so wohl bekannte Tatsache völlig vergessen, daß Er, der Allwissende, in ihnen und in der Versammlung wohnte, ebenso wie Jehova in der Mitte Israels gewohnt hatte.

3. Diese Geschichte liefert den Beweis, daß der Heilige Geist nicht ein Einfluß, sondern eine göttliche

3. Diese Geschichte liefert den Beweis, daß der Heilige Geist nicht ein Einfluß, sondern eine göttliche Person, ja, daß Er Gott ist. Ananias hatte den Heiligen Geist belogen. Petrus sagt zu ihm: „Du hast nicht Menschen, sondern Gott gelogen.“ Den Heiligen Geist versuchen heißt Gott versuchen, und den Heiligen Geist belügen heißt Gott belügen.

4. Alle Sünden des gläubigen Christen richten sich jetzt gegen den Heiligen Geist. Dieser wohnt in dem Gläubigen, und wenn der Gläubige nicht im Geist, sondern im Fleische wandelt, wenn er fleischlich gesinnt ist, sündigt der Gläubige gegen den Heiligen Geist. Satan hat dann da Oberhand in ihm. Aber Gott sei Dank für Seine gnädige Fürsorge! Wir können uns selbst richten und unsere Sünden bekennen (nicht dem Heiligen Geist, sondern Gott), und dann ist „Er treu und gerecht, daß Er uns ... vergibt und reinigt ...“ (1. Joh. 1,9).

5. Die Gegenwart des Heiligen Geistes fordert Trennung vom Bösen. Wenn die Gläubigen diese große Wahrheit anerkennen und es von ganzem Herzen glauben würden, daß der Heilige Geist in ihnen wohnt, so würden sie im Geiste wandeln und sich vom Bösen getrennt halten. Bei allem Singen und Lehren vom Heiligen Geist und trotz der gewaltigen Menge von Literatur über die Lehre vom Heiligen Geist erfreuen sich doch nur wenige Gläubige der tatsächlichen Gegenwart desselben und werden von Ihm regiert. Diejenigen, welche dem HErrn angehören, müssen vom Bösen in jeder Form abgesondert sein. Es hat jemand trefflich bemerkt: „In den ersten Tagen fegte der Heilige Geist Selbst aus, was Ihn verunehrte. In der späteren Zeit befahl Er der Versammlung zu handeln, den Sauerteig auszufegen, von sich hinauszutun ,jede Person, die Böses tut' (1. Kor. 5,13). In diesen letzten Tagen, da der ganze Teig mit Gesetzlichkeit, Weltlichkeitt, Heuchelei, Sinnlichkeit, Formendienst und Vernunftglaube durchsäuert ist, müssen die Gläubigen vielmehr von ihnen ausgehen und sich absondern, um der Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe und dem Frieden zu folgen mit allen denen, welche den HErrn anrufen aus reinem Herren, d. h. unvermischt mit dem Bösen. In Israel übte Jehova einst ein strenges Gericht, denn ,Seinem Hause geziemt Heiligkeit für immerdar'. Aber in späteren Tagen, als alle abgefallen und diejenigen, welche Jehova fürchteten, nur noch ein kleines Häuflein waren, wurde ihnen gesagt, sie sollten sich von dem großen Haufen trennen. Die Lage der bekennenden Gemeinde mag sich ändern, aber die großen Grundsätze bleiben bestehen. Die Herrlichkeit Seiner Gegenwart schließt uns aus und sondert uns ab von jeglichem Bösen.“

O, daß das Volk Gottes in diesen ernsten Tagen, wo das Gericht so nahe bevorsteht, hören möchte auf den Ruf des Heiligen Geistes in dem letzten Paulinischen Briefe, dem Briefe, welcher so deutlich den gegenwärtigen Abfall beschreibt, dem zweiten Brief an Timotheus! Es ist Sein Ruf zur Absonderung vom Bösen (2. Tim. 2,14-22; 3,5).

Aus dem Amerikanischen (A. C. G.) übersetzt von Chr. K.

Antwort D

In diesem Abschnitt der Schrift finden wir so recht ein Bild von Satans Art, das Werk des HErrn zu verderben:

1. Im vierten Kapitel bringt er Verfolgung über die junge Gemeinde - „aber die Menge derer, die gläubig geworden war, war ein Herz und eine Seele“ ... „und große Gnade war auf ihnen allen“ (Apgesch. 4,32.33). Er erreichte sein Ziel nicht auf diesem Wege.

(Apgesch. 4,32.33). Er erreichte sein Ziel nicht auf diesem Wege.

2. Im fünften Kapitel kommt er mit der Form der Gottseligkeit, die geistliche Kraft nachzuahmen, sein Angriff geschieht jetzt nicht von außen, sondern von innen. Ananias - ein Mann von Besitz - ist es, der dem Teufel Raum in seinem Herzen gewährt. Er fühlt, du sollst helfen mit dem dir anvertrauten Besitz, aber er ist nicht willig, er liebt den Besitz. Er hat kein ganzes Herz, keine ungeteilte Liebe, kein volles Vertrauen zu seinem HErrn - und doch möchte er in den Augen anderer als ein solcher gelten. Hier kann Satan Einzug halten. Er flüstert ihm zu, beides zu vereinen, nicht alles zu geben und doch den Ruhm der Hingabe zu erlangen. Habsucht und Selbstsucht wohnten in seinem Herzen, und Täuschung - Betrug - Heuchelei und Lüge waren die Wirkung. Wir können wohl den Fall eines Gläubigen sehen, aber die verborgenen Vorgänge in dem Herzen, die dem offenen Fall voraufgehen, sehen wir nicht. Aber Gott sieht unser Herz und all die Überlegungen desselben. Wenn wir die Vorgeschichte manchen Sündenfalles sehen würden, wir würden erstaunen, wie klein oft die Anfänge sind: nur etwas, ein Kleines, was geliebt, geduldet, was man nicht aufgeben, nicht aufdecken, nicht bekennen, nicht richten will - und das Ende? ein tiefer Fall und Gottes züchtigende Hand. So ist der Weg, wenn die Einflüsterungen des Satans nicht sofort gerichtet werden, wenn man nicht seine Zuflucht zum Thron der Gnade nimmt, um Hilfe zur rechten Zeit zu empfangen (Hebr. 4,16). Gott sagt: „Widerstehet dem Teufel“ (Jak. 4,7.8).

Der Gang bei Ananias ist: a) Er duldet - beherbergt den bösen Gedanken in seinem Herzen („der Satan hat dein Herz erfüllt“ V. 3). b) Er bespricht den bösen Gedanken mit seiner Frau, und sie „kommen überein“ (V. 9). O, daß er sich mit seinem Gott besprochen hätte, statt mit seiner Frau! c) Das Böse wird zur Tat gemacht. d) Gott deckt auf - zeigt, daß Seinem Hause Heiligkeit geziemt. Eine Gabe, die dem HErrn dargebracht wird, muß Ihm auch passend und geziemend dargebracht werden. Er ist der Heilige und der Wahrhaftige, und Ihm können wir nicht weihen, was mit Lug und Trug, mit Bosheit und Heuchelei und Lüge verbunden ist. - Wie manche Zucht Gottes unter Seinem Volke auch heute mag hierin den Grund haben!

Daß wir es hier mit einem außergewöhnlichen Gottesgericht zu tun haben, braucht kaum gesagt zu werden. Es lag eine besondere Schwere in diesem Fall. Erstens fand die Sünde statt mitten in der Kraftentfaltung des Heiligen Geistes jener Tage. (Wir lesen vorher „alle wurden mit Heiligem Geiste erfüllt“ usw. 4,31.) Nicht als ob Sünde abzuwiegen ist in ihrer Schwere - aber doch ist zu beachten, daß sie inmitten der mächtigen Offenbarungen des Geistes wohl überlegt begangen wurde, und dann war es die erste Sünde, die in dem Hause Gottes aufgedeckt wurde, und Gott reinigte Sein Haus und tat den Bösen durch das Gericht hinaus (vergl. 1. Kor. 5!).

3. Der Sünde des Ananias und der Sapphira folgt Kapitel 6 das Murren. Dem Ananias gab Satan die Gedanken der Heuchelei ins Herz - den Hellenisten gab er die Unzufriedenheit ins Herz darüber, daß sie „übersehen“ wurden. Dies ist ein Grund vielen Murrens auch heute noch unter den Kindern Gottes! - Man fühlt sich übersehen - zurückgesetzt. Wie leise und verborgen naht sich Satan dem unwachsamen Herzen! Er ist auf dem Plane (Eph. 4,27-30).

Können wir aus diesen drei Weisen, wie Satan hier seine Angriffe macht, das Werk des HErrn zu verderben, nicht etwas lernen? Enthalten sie nicht eine Warnung für uns heute?

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Nach solchen ausführlichen Antworten ist es nicht nötig, noch etwas Wesentliches anzufügen. Möchten uns diese Antworten zu bleibendem Segen sein und uns zur Mahnung und Warnung dienen, daß wir nie Schein setzen an die Stelle, da Gott von uns Wahrheit, Wirklichkeit erwartet. Er gibt Sich mit nichts Geringerem zufrieden. Und wenn der Heilige Geist auch heute nicht so offensichtlich unmittelbar auf die Unwahrhaftigkeit, das Scheinleben im Hause Gottes Antwortet wie damals (und wie an einem späteren Tage aufs neue), so ist es doch sicher, daß Gott, der Sich stets gleich bleibt in Seinem Wesen, das richten wird, was an uns Seiner Heiligkeit nicht entspricht, und wir werden vor dem Richterstuhle Christi „Schaden leiden“ (2. Kor. 5,10; 1. Kor. 3,12-15!). Hier gilt auch das ernste Wort Gal. 6,7.8, das nicht etwa von ewigem Verderben der Seele redet, sondern das an uns Gläubige zur Warnung gerichtet ist, daß wir nicht fleischlich wandeln und dann vor dem Richterstuhle erfahren, wie das aufs Fleisch Gesäete dem Verderben preisgegeben ist. Nur das Wandeln im Geist (Gal. 5,25), das Säen auf den Geist, das Leben in der Wahrheit, die Wirklichkeit der Dinge hat ewigen Bestand.

Daß diese Geschichte, wie Antwort C zeigt, nichts zu tun hat mit ewigem Verlorengehen, sondern daß es sich um Zucht handelt, um zeitliches Abgeschnittenwerden aus dem Lande der Lebendigen durch göttliches furchtbares Strafgericht, haben wir schon in Frage 26, Band 1 (1913) (über Joh. 20,23) kurz angedeutet. Auch mit der sogenannten „Sünde gegen den Heiligen Geist“ hat diese Stelle nichts zu tun. Die Schrift spricht nur von „Lästerung des Geistes“ und vom „Lästern, Reden wider den Heiligen Geist, siehe Matth. 12,31.32 und Mark. 3,29, wo deutlich gezeigt wird, wer diese Sünde beging und worin allein sie bestand. Nein, es handelt sich in Apgesch. 5 um das erste offenbar gewordene Betrüben des Heiligen Geiste (Eph. 4,30). welches die sofortige Zucht und ein zeitliches Gericht hervorrief, wodurch der HErr für alle Zeiten festlegte, wie Er denkt über die Heiligkeit des Hauses Gottes, Seiner Gemeinde. Möchte auch bei uns etwas sein von der „großen Furcht“! Möchten wir uns fürchten, Ihn durch irgendetwas zu betrüben! Seine Gedanken über das Böse bei uns Gläubigen sind heute nicht anders als damals, wenn auch Seine Handlungsweise an dem gegenwärtigen Tage eine langmütigere ist. Wir haben es mit einem heiligen Gott zu tun, „auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Hebr. 12,29). - Die obigen Antworten enthalten für unser praktisches Leben viele kostbare Winke, die wir uns zu Herzen nehmen wollen. Nicht aus Furcht, daß wir, Seine Schafe, vielleicht doch noch verloren gehen könnten! (Joh. 10,27-30; vergl. u. a. Frage 33, Band lI, 1914!) Wenn man Apgesch. 5,1-11 dahin ausdeutet, wo ist dann die Grenze? wo doch jede Sünde der Gläubigen heute ein Betrüben des Geistes ist, ohne daß Gott mit sofortigem Tode Antwortet - und in 1. Joh. 1,9 und 2,1 auch von dem möglichen (nicht notwendigen!) Sündigen der Gläubigen die Rede ist, woraus soll man dann wissen, wann man möglichenfalls die Sünde begangen hat, die den ewigen Ausschluß aus Gottes Gemeinschaft zur Folge hat?! - Nein, laßt uns die ernsten Mahnungen von und über Apgesch. 5,1-11 beherzigen um der Heiligkeit des HErrn willen und aus Liebe zu Ihm, der uns um einen hohen Preis erkauft

hat! (1. Kor. 6,20; 1. Petri 1,14-19!)

Geleitsworte an den Leser:

Euer Herz werde nicht bestürzt! Ihr glaubet an Gott, glaubet auch an Mich! In dem

Hause Meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde Ich es euch gesagt haben; denn Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn Ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme Ich wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet. Und wo Ich hingehe, wisset ihr, und den Weg wisset ihr ... Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch Mich.“ Joh. 14,1-4.6.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

 

 

Frage 23

Wie ist der erste Teil des Verses Joh. 12,47 zu verstehen im Vergleiche zu Joh. 3,18?

Antwort A

Zum besseren Verständnis gehört meines Erachtens Joh. 3,17-19 und 12,46-48 dazu. Nach Joh. 3,17 hat Gott Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt, nicht, daß Er die Welt richte, sondern daß die Welt durch Ihn errettet werde. Mit der Sendung des Sohnes Gottes fing das Jahr der Annehmung und der Tag des Heils an (Luk. 4,19), und dieser Tag des Heils währt heute noch. Der Herr Jesus kam somit noch nicht zum Gericht in die Welt, sondern zum Heil und zur Rettung derselben. Wer an Ihn glaubte, Ihn aufnahm als den von Gott Gesandten, wurde errettet, wer Jhn nicht aufnahm, nicht an Ihn glaubte, blieb in der Finsternis und war (dem Grundsatz nach) schon gerichtet - er war durch seinen Unglauben dem Vollzug des künftigen Gerichts verfallen. Dies gilt auch heute noch!

Joh. 12,46-48 besagt dasselbe, jedoch mit einem Zusatz oder einer Erweiterung: In der Welt ist Finsternis (Joh. 1,4.5), Jesus kam als das Licht in diese Welt (Joh. 12,46), auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht in der Finsternis bleibe! Nun folgt aber noch weiter 12,47: „Wenn jemand Meine Worte hört und nicht bewahrt, so richte Ich ihn nicht.“ Das Gericht ist dem Herrn Jesus ein fremdes Werk, denn Er war doch gekommen zum Heil und Leben; Vers 48: „Wer Mich verwirft und Meine Worte nicht annimmt, der hat den, der ihn richtet: das Wort, das Ich geredet habe, das wird ihn richten am letzten Tage.“ (Offenb. 20,11-13!) Jesus war das lebendige Wort Gottes, Joh. 1,1 (vergl. Offenb. 19,11-13: „Sein Name heißt das Wort Gottes“)! Wie ernst ist dieses doch für die Welt im ganzen und für jeden einzelnen Menschen in der Welt hinsichtlich seiner Stellung zum Herrn Jesu und Seinem geoffenbarten Willen und zu dem der Welt und jedem einzelnen noch angebotenen Wort!

Offenb. 1,3: Glückselig, der da liest und die da hören die Worte der Weissagung (gilt auch für das ganze Wort Gottes) und bewahren, was in ihr geschrieben ist (vergl. noch Offenb. 3,8-10)!

F. B.

Antwort B

Joh. 12,47 lautet: „Wer Meine Worte hört und glaubt nicht, den werde Ich nicht richten; denn Ich bin

Joh. 12,47 lautet: „Wer Meine Worte hört und glaubt nicht, den werde Ich nicht richten; denn Ich bin nicht gekommen, daß Ich die Welt richte, sondern daß Ich die Welt selig mache.“ Wozu Jesus in die Welt gekommen ist, ist ja den meisten Gläubigen klar. Er kam, um zu suchen und zu retten das Verlorene (Luk. 19,10), die Sünder zu erretten (1. Tim. 1,15), die Sünder zur Buße zu rufen (Luk. 5,32), zu dienen und Sein Leben hinzugeben (Mark. 10,45), die Welt zu retten (Joh. 3,17), die Sünde hinwegzunehmen (Hebr. 9,28; 1. Joh. 3,5; 1. Petri 2,24). Um nun durch den Herrn Jesus gerettet zu werden, muß man Sein Wort, das Evangelium, hören und diesem glauben (Joh. 5,24; Röm. 10,9-17). Wer nun hört und glaubt, der wird bestimmt durch die Gnade gerettet. Er wird nicht in das Gericht kommen, von dem der HErr in Joh. 5,22.27-29 redet, da Er aus dem Tode in das Leben hinübergegangen ist (Joh. 5,24; Eph.2,1.5; Luk. 15,32). Wer nun aber das Wort hört und ihm nicht glaubt, den will der Herr Jesus nicht richten, weil er schon dadurch gerichtet ist, daß er dem Worte Jesu oder an den Namen Jesus nicht glaubt (Joh. 3,18). Wer an Ihn glaubt, der wird nicht gerichtet, wer aber an Ihn nicht glaubt, nachdem er von Ihm gehört hat, der ist schon gerichtet. Das Wort, welches der Herr Jesus geredet hat, das wird ihn richten am Jüngsten Tage (Joh. 12,48). Um also die erste Hälfte des Verses Joh. 12,47 zu verstehen, ist es gut, gleich im Anschluß daran den zweiten Teil von Vers 48 zu lesen. Die Verachtung des Wortes Jesu, die in dem bewußten Nichtglaubenwollen liegt, reicht voll und ganz hin, den betreffenden Menschen reif zu machen fürs Gericht, ohne daß dabei erst seine Worte und Werke in Frage zu kommen brauchen. Diese Wahrheit berechtigt uns jedoch auf keinen Fall dazu, vorschnell über Menschen zu urteilen, die vielleicht noch nicht an den Herrn Jesus glauben, weil sie Sein Wort noch nicht richtig hörten. Gott gebe uns noch viele treue Zeugen, die das Wort von dem Herrn Jesus unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes zu den Menschen reden, damit noch viele hören, glauben und gerettet werden.

A. C.

Antwort C

Wenn wir das dritte Kapitel im Joh.-Evangelium im Zusammenhang lesen, sehen wir, wie der Herr Jesus in umfassender, klarer Weise das Werk der Erlösung zeigt. Er läßt den Nikodemus zurückblicken auf jene wunderbare Errettung im Alten Bunde und zeigt ihm das Vorbild jener ehernen Schlange (4. Mose 21,8.9), um ihm Verständnis dafür zu wecken, wie Er auf dem Kreuz die Schuldfrage des Menschen ordnen mußte und so den großen Plan Seines Gottes und Vaters hinausführte, der in dem Grundsatz gipfelt: „Welcher will, daß alle Menschen errettet werden“ (1. Tim. 2,4). Wir sehen hier die große Seite des Werkes Christi für uns und die Liebe Gottes einer verlorenen Welt gegenüber (Joh. 3,16) ebenso, wie diese Liebe jedem Rettung bringen will und wie diese Errettung von dem einfachen Glauben an den von Gott Gesandten, Seinen Sohn Jesus Christus, abhängig gemacht wird. Hierzu waren zwei Voraussetzungen nötig: 1. der Mensch mußte erkennen, daß er Rettung bedurfte, und 2. er mußte glauben, daß diese Errettung in Christus erschienen war (vergl. Joh. 1,29; 1. Joh. 2,2; 4,10; 2. Kor. 5,19). Diese Errettung muß geglaubt werden, und wer sie im Glauben annimmt, ist ihrer gewiß, denn hier hört der Mensch auf zu wirken, und Gottes Wirken tritt in Tätigkeit. Er gab, und der Mensch nahm und glaubte (Joh. 3,16). Wir sehen also, daß jedem diese wunderbare Errettung in die Hand gelegt ist, er kann sie im Glauben annehmen oder im Unglauben ablehnen. Gnade und Gericht, beides hat der Mensch in seiner Hand. Wer im Unglauben verharrt, richtet und schließt sich selbst aus, und wer an den Sohn Gottes glaubt, hat seinen Beruf und Erwählung fest gemacht. Wenn wir nun in Joh. 3,18 sehen, wie die rettende

Gnade dem Menschen begegne, und verfolgen den Weg des HErrn, wie Er Sich Schritt für Schritt den Juden offenbarte und wie Er bei der Auferweckung des Lazarus als das Leben unverkennbar vor ihnen stand, und wenn wir dann weiter beachten, wie man gerade um dieser Wahrheit willen, weil sie überführte, sich gegen Ihn entschied (Joh. 11,53), so sehen wir hier ein Ablehnen des HErrn und der von Ihm angebotenen Errettung mit Bewußtsein. Die andere Schriftstelle verweist uns auf die gleiche Linie. In beiden Fällen ist der Mensch in freier Wahl tätig. So ist das von Gott ausgegangene Wort (Joh. 1,14) entweder dem einen „ein Geruch vom Tode zum Tode“ oder dem anderen „ein Geruch vom Leben zum Leben“ (2. Kor. 2,15.16). In allen Fällen ist aber zunächst nicht der Sohn Gottes, sondern das Wort die richtende Seite, und dies wird sich immer im Leben des einzelnen als ein zweischneidiges Schwert erweisen (Hebr. 4,12). Und genau so wie die, welche das Wort angenommen und auch bewahrt haben, ihrer ewigen Errettung gewiß sind durch die Macht des Wortes, genau so wird für die, welche im Unglauben verharren, das Wort eine Anklageschrift bilden, denn „Sein Name heißt: das Wort Gottes“ (Offenb. 19,13). Aus diesem ersehen wir, daß mit Seinem Kommen das vom Vater gesandte Wort in die Welt kam (Joh. 1,1-3) und daß es ausging, um zu erretten, und nicht, um zu richten, aber gerade aus diesem Grunde wird dieses Wort, das Er geredet hat, diejenigen richten, die es gehört haben, denn es war das Wort des Vaters und des ewigen Lebens.

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Antwort B kam aus dem Felde!

Beide Stellen unserer Frage ergänzen einander. Für uns Gläubige, die wir den Herrn Jesus als „das Wort Gottes“ kennen, ist es eine ernste Tatsache im Blick auf die uns umgebende Welt, daß Sein Wort verwerfen - Ihn verwerfen heißt, wie denn Sein Name, Seine Person überhaupt der Prüfstein für die Welt ist (auch für uns! vergl. z. B. Matth. 26,6-12!). An Ihm scheiden sich die Geister (vergl. dazu auch Joh. 9,39, wo im Urtext ein wenn auch stammverwandtes, so doch anderes Wort steht als in obigen Stellen; es könnte demnach auch besser heißen: „zur Scheidung“, was ja das ernste Ergebnis eines Gerichtes ist), an Ihm werden sie offenbar, Sein Wort und dessen Verkündigung erweist, wer sie sind.

So wunderbar groß auch Seine Liebe sich zeigte, in der Er immer wieder lockte und zu erretten suchte, so wichtig ist es doch zu beachten, daß der HErr dennoch das Gericht nicht fortläßt aus Seinen Reden, wenngleich Er nach Seinen eigenen Worten damals noch nicht gekommen war, es auszuüben - das erfolgt später! Auch wir, die wir das Evangelium verkünden, die Liebe des Heilands und die Liebe Gottes anpreisen und somit die köstliche Seite der frohen Botschaft stets in den Vordergrund rücken dürfen, auch wir haben nicht zu vergessen, hinzuweisen auf den Ernst des Gerichtes, ja, nicht zum wenigsten des Gerichtes, das schon gegenwärtig ist für den, der nicht glaubt, der die Finsternis mehr liebt als das Licht. Das ist nach unseren Stellen das Gericht, unter dem ein jeder steht, der sich bewußt dem Licht verschließt - ob wir es im einzelnen Falle auch nicht so leicht beurteilen können, manchmal aber doch! -, daß das Wort ihn verdammt. Und da „das Wort lebendig ist“ (Hebr. 4,12), ja, Er Selber ist, so wirkt es weiter verdammend oder Leben gebend bis in Ewigkeit, je nachdem, wie der Mensch sich Ihm gegenüber verhält und verhielt hienieden, solange Gnadenzeit ist (vergl. 1. Petri 1,23-25 [Hebr. 13,8] und Luk. 8,11-15.18 u. a.!). - Möchten wir Gläubigen treue,

unbestechliche Zeugen der ganzen Wahrheit sein, die wir die kostbare, aber auch verAntwortungsvolle Lebensaufgabe haben, Sein Wort, „das Wort des Lebens“

zu verkünden sowie darzustellen in Wort und Wandel! (Vergl. Phil. 2,14-16a; 1. Thess. 1; 2,3-6a.13; 2. Kor. 3,3 usw.)

Frage 24

Enthält Offenb. 20,4 einen Gegenbeweis gegen die Entrückung der Gemeinde Jesu Christi vor der antichristlichen Trübsal? Ferner: Wer oder was ist mit „was“ und „der“ in 2. Thess.2,6-7 gemeint?

Antwort A1

1

Obwohl wir mit dieser Antwort in der Hauptsache nicht übereinstimmen können, haben wir sie doch aufgenommen des Vergleiches halber! Auch urteilen wir, daß es oft besser ist,einen ehrlichen Gegner zu Worte kommen zu lassen als ihn totzuschweigen; um so eher können wir die Hoffnung haben, daß er und andere sich überzeugen lassen von der biblischen Richtigkeit der von ihnen bekämpften Lehre! (Der Herausgeber.)

Zu den großen Ereignissen, die das Tausendjährige Reich einleiten, gehört auch die erste Auferstehung. Die Frage der ersten Auferstehung hatte schon zur apostolischen Zeit Anlaß zu mancherlei Irrlehren gegeben (2. Tim. 2,18). Der Apostel Paulus sah sich veranlaßt, diesen Irrlehren kräftig entgegenzutreten (1. Kor. 15,22-24; 1. Thess. 4,16.17). Wie ja auch aus den klaren Antworten zu Frage 35, Band III (1915) hervorgeht, haben wir es mit einer leiblichen Auferstehung der Gläubigen vor Beginn des Tausendjährigen Reiches zu tun. Oben angeführte Stelle aus der Offenbarung spricht nun von der Auferstehung und Mitregierung der letzten Märtyrer. Meines Erachtens liegt hier keine Schwierigkeit anderen Stellen gegenüber vor. Wir werden in dieser Stelle nach meiner Meinung noch klarer in die von Gott vorgesehene „Rangordnung“ der ersten Auferstehung eingeführt, wie schon in der bekannten Stelle 1. Thess. 4,16.17. Vor allem werden die Blutzeugen der letzten Zeit, dann alle die seligen Toten, oder biblisch ausgedrückt „die Toten in Christo“, „die Christo angehören“, „die in Christo Entschlafenen“ auferweckt und mit den noch lebenden Gläubigen entrückt zu Jesu; und diese alle werden an der Regierung der Welt während des Tausendjährigen Reiches teilhaben. Diese Entrückung geschieht aber nicht vor der antichristlichen Trübsal. Der Antichrist wird nach 2. Thess. 2,3.4 zunächst sein Wesen treiben. Durch seine Verführungskünste wird sich erst die scharfe Scheidung zwischen Gottes- und Weltkindern vollziehen. Der Abstand zwischen diesen beiden Menschengruppen wird immer größer werden, bis der Haß der Weltkinder auf die Gotteskinder sich in blutigen Verfolgungen Luft machen wird. Aus diesen Verfolgungen stammen dann die Blutzeugen, von denen in Offenb. 20,4 die Rede ist.

Das persönliche Auftreten des Antichristen wird also den Zeiger an der Weltenuhr merklich voranrücken. (Die vielfach umstrittene Frage eines „persönlichen“ Antichristen braucht nicht weiter untersucht werden.) Der Entrückung und Versammlung der Gemeinde Christi geht eine schwere Zeit voraus. Auch der Weg der Gemeinde geht über Golgatha zur Herrlichkeit. Möchte 2. Thess. 2 auch in unseren Tagen von allen beherzigt werden, die meinen, die Entrückung der Gemeinde des HErrn sei vor der widerchristlichen Zeit zu erwarten! - Das Auftreten des Antichristen wird aber nicht unvorbereitet erfolgen. Der äußere und innere Zustand der Welt muß für sein Auftreten reif sein. Mit anderen Worten: „Alle Hindernisse, die seiner Machtentfaltung im Wege stehen, müssen beseitigt sein.“ Solche hindernden Momente werden 2. Thess. 2,6.7 mit „was“ und „der“ angedeutet. Welcher Art diese hindernden Momente sind, können wir nur vermuten, da der Apostel sie uns nicht klar sagt. Man könnte vielleicht die auf dem Grunde der Religion erbaute christliche Obrigkeit darunter verstehen. Die Predigt des Wortes, das ziel- und kraftvolle Arbeiten unserer Missionsanstalten sind unbedingt hindernde Momente, die das Auftreten des Antichristen verzögern. Auch der am Ende

unbedingt hindernde Momente, die das Auftreten des Antichristen verzögern. Auch der am Ende erscheinende antichristliche Staat macht seine gewaltige Entwicklung durch. Schon der Apostel Johannes schreibt 1. Joh. 2,18 von damals schon wirkenden Antichristen. Und blicken wir in die Geschichte, welche gewaltige Entwicklung hat der antichristliche Staat durchgemacht. „Das Kind des Verderbens“ wird aber erst erscheinen, wenn sein Thron fest steht, wenn die hindernden Momente beseitigt sind. Bist du, lieber Leser, auch ein Hindernis?

W. K.

Antwort B

Offenb. 4,1-4; 5,8-10 zeigen uns die Versammlung Gottes, die Gemeinde Jesu Christi in den. Himmel aufgenommen durch Entrückung, die Auferstehung der im HErrn Entschlafenen (1. Kor. 15,51; 1. Thess. 4,13-17). In Offenb. 6,9-11 sehen wir die um des Wortes Gottes und des Zeugnisses willen Geschlachteten, es wird ihnen auf ihr Rufen um Rache gesagt, noch eine kleine Zeit zu warten, bis ihre Mitknechte und Brüder auch noch dazu kommen. - In Offenb. 13,14-18; 14,9-11 erscheinen diejenigen, die das Bild des Tieres anbeten und andere, die ein Malzeichen annehmen an ihre Stirne oder die Hand. - Offenb. 20,4-6 sehen wir nun diese drei Klassen von Heiligen und Überwindern aus Kap. 6,9-11 und Kap. 13,15-18 und 14,9-11. Diese Heiligen und Überwinder gehören nicht zur Kirche (Gemeinde) Christi, sie lebten hienieden in der Zeit der (von jetzt aus gesehen: künftigen) großen Drangsal, als das Reich verkündigt wurde, sie glaubten und ihre Hoffnung war, in das Reich (das Tausendjährige Reich Christi auf Erden) einzugehen; ihre Hoffnung erfüllte sich nicht, sie erlitten den Märtyrertod; dafür wurden sie aber gewissermaßen viel herrlicher entschädigt, am Schluß der Gerichtszeit wurden sie entweder entrückt oder auferweckt, die Schrift sagt, sie lebten, saßen auf Thronen und herrschten und richteten mit Christo tausend Jahre. Die Versammlung Gottes, das Weib des Lammes herrscht mit Christo in die Zeitalter der Zeitalter (Offenb. 22,5), Offenb. 20,1-4 ist also kein Gegenbeweis der Entrückung der Gemeinde vor der großen Drangsal.

Ferner: „Was ist mit ,was' und ,der' in 2. Thess. 2,6.7 gemeint?“ Der Apostel hatte bereits von dem Abfall und der Offenbarung des Menschen der Sünde mit den Thessalonichern gesprochen, jetzt sagt er ihnen, daß sie das Hindernis kennen sollten, welches die Entwicklung des Bösen vor der bestimmten Zeit zurückhielt. Also der Grundsatz des Bösen war schon zu jener Zeit wirksam, nur es war gewissermaßen eine Schranke da, die das Böse in seinem Offenbarwerden aufhielt. Was war es nun und was ist es heute noch - das „Was“?

Zunächst war es die Macht Gottes, welche schon damals und bis heute noch in den Obrigkeiten wirksam ist. Man denkt im allgemeinen zu gering von der Obrigkeit und den menschlichen Gewalten und der staatlichen Ordnung und vergißt, was Joh. 19,11; 1. Petri 2,13.14 und 2. Tim. 2,1-5 geschrieben steht. Sodann ist die Versammlung Gottes, die Gemeinde Jesu Christi hienieden schon damals und bis jetzt noch der Gegenstand der liebenden Fürsorge Gottes auf Erden, teuer erkauft durch das Blut Seines eingeborenen Sohnes, sie ist und soll nach den Gedanken und dem Willen Gottes eine Schranke sein gegen die Gesetzlosigkeit. Das Haupthindernis für die Entwicklung des Bösen und des Menschen der Sünde ist die Gegenwart des Heiligen Geistes, der noch wirksam ist in der Verkündigung des Wortes und dem Rufe zur Buße und Umkehr an den einzelnen Menschen (Hebr. 3,7).

Wir können somit mit Bestimmtheit sagen: Das „Was“ ist die noch wirkende Macht Gottes in der Obrigkeit und die Versammlung Gottes, die Gemeinde Jesu Christi, und der „Der“ ist der Heilige Geist, der Geist der Wahrheit, der noch wirksam ist an den einzelnen, um zu retten, was sich retten läßt.

Wenn nun die Versammlung, die aus den wahren Gliedern Christi besteht, weggenommen sein und infolgedessen auch der Heilige Geist als Sachwalter nicht mehr hienieden sein wird, dann findet der Abfall statt. Die Zeit zur Beseitigung jedes Hindernisses ist dann gekommen, das Böse ist dann ohne Zaum und Zügel, „der Mensch der Sünde“ kann dann erscheinen. Also „das, was zurückhielt“, ist heute noch vorhanden, es ist Gott in der Person des Heiligen Geistes, der durch das, „was“ ist: die Versammlung Gottes (Offenb. 1,19) das Böse zurückhält und die göttliche Autorität in der Welt noch bewahrt, und solange dies noch besteht, kann die völlige Gesetzlosigkeit und „der Mensch der Sünde“ sich nicht offenbaren. Wie lange noch? Dazu lese man Offenb. 3,11; 22,12-17; 1. Mose 6,3!

F. B.

 

Antwort C

Die Frage betreffs des Gegenbeweises ist mit einem entschiedenen „Nein“ zu beAntworten, weil aus verschiedenen anderen Stellen des Wortes Gottes sich deutlich ergibt, daß die Entrückung der Gemeinde vor der großen Drangsal stattfindet. Die Entrückung der Gemeinde steht mit dem Wiederkommen des HErrn in Verbindung, auf das wir warten auf Grund Seines Versprechens: „Ich komme wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet“ (Joh. 14,3). Dieses Wiederkommen des HErrn zur Heimholung der Seinen ist zu unterscheiden von Seinem Wiederkommen in Macht und Herrlichkeit zum Gericht und zur Aufrichtung Seines Reiches (Matth. 25,31; 2. Thess. 1,7-10; Judas 14.15). Letzteres Kommen wird sein am Ende der großen Drangsal und ist daher an gewisse Vorgänge auf dieser Erde, die diesem Kommen vorausgehen, gebunden (siehe Matth. 24, besonders V. 15-30). Anders ist es aber mit dem Kommen des HErrn zur Entrückung Seiner Gemeinde. Dieses ist ein Ereignis, von dem die Welt nichts sehen wird und bei dem der HErr überhaupt nicht auf die Erde kommen wird, denn die Seinen werden nach ihrer Auferweckung und Verwandlung entrückt werden „in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft“ (1. Thess. 4,17). Es ist ein Ereignis, das nur die Seinen angeht, himmlischen Charakters, und ist deshalb auch in keiner Weise abhängig von irgendwelchen Vorgängen auf dieser Erde. Daher finden wir auch im Worte, daß die Gläubigen schon immer, von Anfang an, auf dieses Kommen des Herrn warteten (siehe Phil. 3,20; 1. Thess. 1,10). – Daß dieses Kommen, und somit die Entrückung der Gemeinde, aber vor der großen Drangsal stattfinden wird, sehen wir deutlich aus verschiedenen Schriftstellen, auf die wir kurz einen Blick tun wollen.

In Luk. 12 sagt der HErr den Seinen, daß sie fortwährend auf Ihn warten sollten, wachend und bereit (V. 35-37), und daß Er kommen werde, ehe die Nacht vorüber sein werde (V. 38: „... und wenn Er in der zweiten Wache kommt und in der dritten Wache kommt und findet sie also“ - nämlich wachend - „glückselig sind jene Knechte!“). Was hätte Seine Ermahnung zum beständigen Erwarten und Wachen für einen Sinn, wenn Sein Kommen von gewissen Vorgängen abhängig und daher nach diesen der Zeitpunkt Seines Kommens zu berechnen wäre? Und wie könnte Er in der zweiten oder in der dritten Nachtwache kommen, wenn Sein Kommen erst am Schluß der großen Drangsal wäre? denn letztere gehört bereits mit zu Seinem „Tage“ (siehe Mal. 4,1 und andere Stellen!).

denn letztere gehört bereits mit zu Seinem „Tage“ (siehe Mal. 4,1 und andere Stellen!).

In Offenb. 3,10 ist gesagt, daß der HErr die Seinen bewahren wird „vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird ...“ Die Gläubigen werden also überhaupt nicht von dieser „Stunde der Versuchung“ - der großen Drangsal - betroffen werden, werden überhaupt nicht in dieselbe hineinkommen; also müssen sie vorher von dem Schauplatz derselben entrückt sein!

Ein weiterer und sehr klarer Beweis für die Entrückung der Gemeinde vor der großen Drangsal sind die 24 Ältesten in Offenb. 4 und 5. Diese 24 Ältesten stellen die entrückte Gemeinde dar, entsprechend 1. Chron. 24,7-19, wo wir bei der Einrichtung der Priester zu ihrem Dienste die gesamte Priesterschaft durch 24 Familienhäupter vertreten finden. 24 ist also hier die Vollzahl der Priesterschaft. Die Bezeichnung „Älteste“ deutet auf Weisheit hin - Verständnis für die Gedanken und Wege Gottes, wie wir es bei den 24 Ältesten in Kapitel 4 und 5 und in den weiteren Kapiteln in auffälliger Weise finden. Die „weißen Kleider“ deuten hin auf Priestertum (2. Mose 23,39-43) und die goldenen „Kronen auf den Häuptern“ auf Königtum. Das Sitzen auf Thronen aber rings um den Thron zeigt die vertrautesten Beziehungen zu Dem an, der auf dem Throne sitzt. Von wem ist alles dieses wahr? Von Engeln? Nimmer, auch von den höchsten nicht, denn sie sind und bleiben immer nur Diener! Von wem dann? Ich weiß nur eine Antwort: Es sind die, die Gott so nahe gebracht sind durch Jesum Christum, daß sie zu Gott „Vater“ sagen dürfen - die Erlösten des HErrn, die Seine Gemeinde bilden! Wem ist Verständnis und Weisheit geschenkt in bezug auf Gott und Seine Gedanken und Wege durch Seinen Geist in solchem Maße wie ihnen? Ist nicht gerade von ihnen besonders gesagt, daß sie „ein königliches Priestertum“ sind (1. Petri 2,9) und daß Er sie „gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater“ (Offenb. 1,6)? Und wer könnte „sitzen“ in der Gegenwart Gottes, trotz aller „Blitze und Stimmen und Donner“? Nur die, die in ein solches inniges und vertrautes Verhältnis zu Ihm gebracht sind, wie sie es sind! - Die 24 Ältesten stellen also die verherrlichte Gemeinde dar, und dies ist überaus wichtig für unsere Frage, denn wir sehen sie im Himmel vor Beginn der Gerichte über diese Erde, also vor Beginn der großen Drangsal! Denn die Gerichte beginnen erst in Kapitel 6 mit dem Brechen der Siegel des Buches durch das Lamm, während wir die 24 Ältesten bereits vor und bei der Entgegennahme des Buches durch das Lamm im Himmel finden (Kap. 4 und 5)! Diese wenigen Stellen sollten genügen als starke Beweise für die Entrückung der Gemeinde vor der großen Drangsal.

Es gibt noch andere Stellen, wie z. B. Matth. 25,1-13, wo der Bräutigam kam, während die törichten Jungfrauen hingingen, Öl zu kaufen und die Tür verschlossen war, als sie zurückkehrten (so werden die nicht zur Gemeinde gehörenden Bekenner zurückbleiben für die große Drangsal), oder Kol. 3,4; 2. Thess. 1,10, welche zeigen, daß die Seinen mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit, also bereits vorher verherrlicht und mit Ihm vereinigt sein müssen, oder auch Judas 14; Offenb. 17,14b und 19,14, wo gesagt ist, daß die Seinen mit Ihm kommen, also vorher schon bei Ihm sein müssen!

Also, wenn das Wort Gottes uns so deutlich zeigt, daß die Gemeinde vor der großen Drangsal entrückt wird, kann in Offenb. 20,4 kein „Gegenbeweis“ enthalten sein.

Zu dem zweiten Teile der Frage bin ich, wie wohl die Mehrzahl der Brüder, der Überzeugung, das, mit „was“ und „der“ der Heilige Geist gemeint ist. Wer anders wäre imstande, „zurückzuhalten“? Solange Er in den Gläubigen eine Wohnung auf dieser Erde hat, hält Er das Böse in einer gewissen Schranke;

Er erhält die von Gott verordnete Obrigkeit (Röm. 13,1) aufrecht und verhindert damit den völligen Zusammenbruch von Gesetz und Ordnung. Sobald aber die Gemeinde entrückt sein wird, also Seine Wohnung hier abgebrochen sein wird, wird auch Er „aus dem Wege“ sein und nicht mehr zurückhalten; dann wird dem Verderben freier Lauf gelassen werden, die Obrigkeit göttlichen Ursprungs wird aufgelöst werden und Gewalten satanischen Ursprungs werden an ihre Stelle treten (Offenb. 13); es wird nicht mehr nur „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ wirksam sein, sondern die Gesetzlosigkeit wird dann unverhüllt zutage treten und herrschen. - Welch ein schrecklicher Zustand wird dann sein! Wie sollte es unser Herz mit Dank erfüllen, wenn wir sehen, welche Wohltat wir und unsere Mitmenschen dadurch genießen, daß der Heilige Geist - in uns wohnend, welche Gnade! - hienieden eine solche Tätigkeit entfaltet, und wir so ganz und völlig auf Ihn vertrauen dürfen, solange wir hienieden sind! Ja, wenn wir dieses betrachten, wird unser Herz weit für unseres Gottes und Vaters Liebe und Herrlichkeit, und wir beugen uns in den Staub und beten an.

Th. K.

 

Antwort D

Es ist nicht gesagt worden, inwiefern hier ein Gegenbeweis gefunden werden könnte. Ich finde keinen Anhaltspunkt für einen solchen in dieser Stelle. Das Zeugnis der Schrift über die Aufnahme der Gemeinde vor der großen Trübsal ist zu klar, als daß Mutmaßungen und Fragen über eine Stelle wie Offenb. 20,4 etwas davon zweifelhaft machen könnten.

Das, was in dieser Stelle Schwierigkeit machen dürfte, ist die Frage: Wer sind die „Sie“, die auf den Thronen sitzen? Welche Gläubigen sind damit gemeint? Die danach Genannten finden wir mit Leichtigkeit in dem Buche der Offenbarung wieder (Kap. 6,9-11; 13,15; 14,12). Aber wer sind diese „Sie“? Ich glaube, so wie Gott uns jene kennzeichnet als die Enthaupteten und die, die das Malzeichen nicht annahmen, so kennzeichnet Er uns diese als die, die auf Thronen sitzen und Gericht halten. - Man möchte fragen, warum sind sie nicht näher beschrieben? Eben, weil weiteres zu ihrer Kennzeichnung nicht nötig war und wir sie so in der Offenbarung finden. Zu der Gemeinde wird gesagt, daß die Überwinder mit Ihm auf dem Throne sitzen (Offenb. 3,21) und die Heiligen Gericht halten sollen (Offenb. 2,26.27; 1. Kor. 6,2.3; Judas 14; Ps. 149,5-9). Und in Offenb. 4,4 sehen wir sie (die Schar der verherrlichten Gläubigen) in den 24 Ältesten auf Thronen sitzen. Sie sind die einzigen, die in der Offenbarung auf Thronen sitzend gefunden werden, - ... warum sollen sie also noch näher beschrieben werden, und welchen Grund haben wir, andere in ihnen zu suchen oder zu vermuten?

Vers 4 enthält, was Johannes sah. In Vers 5 wird uns erklärend gesagt, daß dieses die erste Auferstehung ist. Die erste Auferstehung umschließt sie alle - die Gesamtschar der Gläubigen bis zu diesen letzten, obwohl sie verschiedenen Familien angehören (Eph. 3,15). Die „erste Auferstehung“ ist nicht das Geschehnis einer Stunde, sondern sie umfaßt eine ganze Zeitperiode, und die Gläubigen der verschiedenen Verwaltungen Gottes „haben teil“ an derselben (Offenb. 20,6). Die erste Auferstehung - die Auferstehung „aus“ den Toten (Mark. 9,9.10) nahm ihren Anfang, als der Erste auferstand - das ist Christus, der Erstling (1. Kor. 15,23). Dies möchte ich den ersten Abschnitt der ersten Auferstehung nennen.

Den zweiten Abschnitt kann man in dem „Sodann“ (1. Kor. 15,23) finden: „Sodann die, welche des Christus sind bei Seiner Ankunft.“ Das ist nicht bloß die Gemeinde, sondern in diesen Gläubigen, „die

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Von einer Sonderauferstehung der Gemeinde, ganz für sich, sagt die Schrift nichts. Wohl von der Entrückung - und auch hier heißt es nicht: „Die Gemeinde wird entrückt“, sondern die Lebenden“ mit den Auferweckten zugleich; natürlich die Lebenden sind die letzten zur Gemeinde gehörenden Menschen auf der Erde vor des HErrn Ankunft. Die Schrift spricht nur von zwei Auferstehungen (Joh. 5,29), warum die Gemeinde herausnehmen wollen? (v. d. K.)

des Christus sind“, sind auch die alttestanlentltchen Heiligen eingeschlossen.1

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Von einer Sonderauferstehung der Gemeinde, ganz für sich, sagt die Schrift nichts. Wohl von der Entrückung - und auch hier heißt es nicht: „Die Gemeinde wird entrückt“, sondern die Lebenden“ mit den Auferweckten zugleich; natürlich die Lebenden sind die letzten zur Gemeinde gehörenden Menschen auf der Erde vor des HErrn Ankunft. Die Schrift spricht nur von zwei Auferstehungen (Joh. 5,29), warum die Gemeinde herausnehmen wollen? (v. d. K.)

Den dritten Abschnitt der ersten Auferstehung finden wir in den entschlafenen Heiligen, die in der großen Trübsalszeit gläubig geworden und ihre Treue mit dem Tode bezahlten. Sie sind noch eingeschlossen, „teilzuhaben“ an der ersten Auferstehung. Es ist köstlich zu sehen, wie der HErr auch die in Ihm Entschlafenen dieser Zeit, die Seelen unter dem Altar und die unter der Herrschaft des Tieres Enthaupteten mit teilnehmen läßt an dem Vorrecht der ersten Auferstehung: mit Ihm zu herrschen und zu regieren in Seinem Reiche! - Es mochte den Gläubigen in der großen Drangsal betrüblich erscheine, daß sie so nahe vor der Aufrichtung des Reichs noch getötet wurden - aber welche Ermutigung lag für sie in der Stimme vom Himmel (Offenb. 14,13), die da sagte, daß glückselig sind, welche „von nun an“ im HErrn sterben! Gewiß, alle sind glückselig, die im HErrn sterben, aber diesen letzten wird jener Zeit entsprechend eine besondere Segnung vorgestellt: Sie sollten nicht nur ins Reich eingehen, sondern im Reiche mit Ihm herrschen und regieren. Und der Geist fügt ein feierliches „Ja“ hinzu und weist hin, daß ihr Mühen damit ein Ende haben und Belohnung empfangen soll.

Der Gedanke eines Gegenbeweises für die Aufnahme der Gemeinde vor der großen Drangsal scheint sich darauf zu gründen, daß man meint, weil am Schluß der großen Drangsal noch Tote auferstehen, die teilhaben an der ersten Auferstehung, deshalb müsse die Gemeinde noch auf Erden sein. Das Obenstehende dürfte die Haltlosigkeit solchen Gedenkens zeigen.

Die antichristliche Trübsal - diese Zeit, die die Schrift „die große Drangsal“ nennt, bringt die Schrift nie mit der Gemeinde zusammen, sondern stets mit Israel. Die Gemeinde geht durch viel Trübsal (vergl. z. B. Apgesch. 14,22; 2. Kor. 8,2; 1. Thess. 1,6 u. a.) - aber „viel Trübsal“ ist nicht „die große Trübsal“. Wenn die Schrift „die große Trübsal“ meint, so meint sie jene Trübsal, „dergleichen von Anfang der Welt bis jetzt hin nicht gewesen ist und nicht (wieder) sein wird“ (siehe Matth. 24,21; Mark. 13,19; Offenb. 7,14; vergl. Jer. 30,7 und Dan. 12,1!). In diesen Stellen spricht die Schrift von der „großen Drangsal“. In Jer. 30,7 ist es Jakobs Trübsal und in Dan. 12,1 ist es Daniels Volk, das hindurchgeht. In Matthäus und Markus nimmt der HErr auf diese Zeit und Ereignisse Bezug, von denen Daniel redet, und spricht von Israel, Jerusalem, Judäa, Sabbat usw. - Aber nirgends verbindet die Schrift die Gemeinde mit der großen Drangsal, sondern der HErr sagt vielmehr zu Seiner Gemeinde: „Ich will dich bewahren vor der Stunde der Versuchung usw.“ (Offenb. 3,10).

Ein solcher Gedanke, daß die Gemeinde an der großen Trübsal und den Gerichten Gottes über diese Welt teilnehmen sollte, steht auch gänzlich im Widerspruch zu dem Charakter der Gemeinde Gottes. Das hieße sie zu einem Bestandteil der Welt machen. Aber die Gemeinde hat in keiner Weise ein Teil weder mit der Welt noch mit Israel, sie ist die aus Juden und Heiden „herausgerufene“ Schar, sie ist himmlisch - Christi Leib. Wohl geht sie durch Trübsale, aber nicht durch „die große Trübsal“.

Viel Verwirrung entsteht auch durch die irrtümliche Annahme, als ob „der“ Antichrist (Widerchrist, Gegenchristus) schon in der Zeit der Gemeinde anwesend sei. Man gebraucht für solche Annahme oft das Wort in 1. Joh. 2,18 - aber diese Stelle sagt nichts derartiges. Sie wußten von dem Kommen„des Antichristen“; jetzt waren „viele“ Antichristen da - und damit zeigt Johannes, daß die letzte Stunde begonnen hatte (diese Stunde, die die ganze Zeit umfaßt von den antichristischen Lehren der „vielen“ Antichristen bis zur Ankunft „des“ Antichristen). Sobald „der Antichrist“ kommt - mit dem Auftreten seiner Person -, ist kein Platz und Raum mehr für die „vielen“ Antichristen. Es ist der

Schluß. Die letzte Stunde endet mit dem Gericht. - Dem Erscheinen der Person des Antichristen folgt das Erscheinen des Herrn Jesus, und Er wird jenen „verzehren mit dem Hauche Seines Mundes“ (2. Thess. 2,8).

Dies führt uns zu 2. Thess. 2! Der Apostel begegnet ihrer Furcht, daß der Tag des HErrn gekommen sei und die große Trübsal angefangen habe, damit, daß er ihnen sagt, daß, ehe dieser Tag komme, der Antichrist, der Mensch der Sünde, geoffenbart sein müsse. Er bittet sie, um der Ankunft des HErrn willen und unseres „Hinauf-Versammeltwerden zu Ihm hin“ sich doch nicht erschüttern zu lassen. Er hatte sie darüber im ersten Briefe belehrt, er bittet sie, dies doch festzuhalten und sich nicht erschrecken zu lassen, als ob der Tag des HErrn da sei. Dies sei ja um der Ankunft des Herrn und um ihres vorher Hinauf-Versammeltwerdens willen nicht möglich. Und weiter weist er hin auf den Antichristen, daß der Tag des HErrn nicht kommet könne, ehe der Antichrist gekommen sei, und der Antichrist könne nicht kommen, bevor nicht „der“ aus dem Wege sei, „der zurückhält“. Wenn dieses „Was“ und dieser „Der“ hinweg sind - dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden. - Das, was ihn, den Satan, in seinen Plänen und Zielen zurückzuhalten vermag, muß natürlich größer und stärker sein als Mensch und Satan! Wenn der Apostel auch nur sagt: „was“ und „wer“, so fügt er doch hinzu: ihr wisset, „was zurückhält“, „der zurückhält“ - und: bis „Er“ aus dem Wege ist. Wer ist dieser „Wer“, „Der“, „Er“? Sie wußten es! Aber auch wir wissen, daß auf dieser Erde kein anderer gegenwärtig ist, der den Satan in seiner Macht zurückzuhalten vermag, als „der Heilige Geist“, und Er ist verbunden mit den Heiligen, mit der Gemeinde. Er ist nicht ohne sie und sie nicht ohne Ihn. Wie auch immer die wirkende Kraft des Geistes Gottes, den Antichristen zurückhaltend, sich offenbaren mag – sei es in der Obrigkeit oder in der Verkündigung des Evangeliums - es sind Kraftwirkungen, aber das Gefäß des Heiligen Geistes, das einzige, ist die Gemeinde, sind die Gläubigen, und Er bleibt bei ihnen und in ihnen (Joh. 14,17).

So sehen wir: der Antichrist kann nicht eher kommen, bis der Heilige Geist, dieser „Der“ und „Er“ mit dem „Was“ (der Gemeinde) aus dem Wege ist (dem Antichristen den Weg freigegeben hat). Wir aber wissen, daß der Geist Gottes nicht von der Erde geht ohne die Gemeinde. (Er ist bei uns in Ewigkeit, Joh. 14,16!)! Wenn nun die Gläubigen der Jetztzeit so untrennbar mit dem Heiligen Geiste verbunden sind, - wenn der Geist Gottes und mit Ihm verbunden die Gläubigen (die, die ohne Ihn nichts sind!) hinweg sein müssen, ehe der Antichrist kommen kann - wie kann dann noch davon geredet werden, daß die Gläubigen durch die antichristliche Trübsal gehen müßten?!

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu diesen ausführlichen Antworten weisen wir noch hin auf die wichtigen Fragen 23 in Band Ill (1915) über Offenb. 6 und Frage 3 dieses Jahrgangs; über die 24 Ältesten ist vor allem in Frage 50, Band ll (1914) geschrieben worden. Es seien außerdem als beachtenswert zu vorliegender Frage noch erwähnt die Fragen 11, 12, 31, 42 und 43 in Band Il (1914) und die auch in Antwort A genannte Frage 35 in Band 111 (1915)!

Die Lehre, daß die Entrückung erst in der Zeit während oder gar nach „der großen Drangsal“ zu erwarten sei, ist leider weit verbreitet.

Viel Unklarheit darüber kommt daher, weil man nach Offenb. 20,4-6 annimmt, daß die erste

Auferstehung in einem Akte besteht, womöglich an einem Tage geschieht. Aber 1. Kor. 15,23 zeigt, daß es eine Stufenfolge darin gibt. Matth. 27,52.53 zeigt dasselbe (beachte „nach Seiner Auferweckung“!). Christus ist der Erstling, und hier in Matth. 27 sehen wir die Erstlingsgarbe (3. Mose 23,10-13; vergl. Frage 2, Band II [1914], besonders Antwort (C!). Die Erstlingsgarbe beweist, daß die Ernte noch zukünftig ist; letzterer gehört die Gemeinde an und dann die in Offenb. 20,4 Genannten, ohne daß diese zur Gemeinde zählen müßten. An der ersten Auferstehung teilhaben heißt nicht, der Gemeinde angehören. Wer aber Christo angehört, ob gegenwärtig (Gemeinde) oder während der Drangsal (vergl. „um des Zeugnisses Jesu willen“, 20,4; „Gebote Gottes und Glauben Jesu halten“, Toten im HErrn“, Kap. 14,12.13) - der hat teil an der ersten Auferstehung, d. h. nach Joh. 5,29 als einer, „der das Gute getan hat“: an der Auferstehung des Lebens. Meint man aber, die erste Auferstehung sei ein Akt, an einem Zeitpunkt stattfindend, dann muß man allerdings zu der Auffassung kommen, daß die Gemeinde, da sie zur ersten Auferstehung gelangt, zu der auch die Märtyrer der Drangsalszeit gelangen (nach Offenb. 20,4), mit durch diese Drangsal hindurchgehen muß. Dem ist aber nicht so und nicht allein aus obigem Grunde! Die letzten Antworten zeigen Gründe genug, daß die Gemeinde - als himmlischen Ursprungs, himmlischer Stellung und himmlischen Ziels - vor der großen Drangsal (die ja völlig jüdischen Charakters ist nach Matth. 24 u. a. Stellen) entrückt wird.

Zu den Stellen, die dies beweisen, gehört vor allem, wie oben genannt, Offenb. 3,10. Nun ist es ein eigen Ding, daß diese Stelle auch von den Gegnern besonders herangezogen wird als Gegenbeweis gegen die Entrückung vor der Trübsal. Das ist aber nur möglich, wenn man die Stelle, sagen wir einmal, allzu frei aus dem Urtext übersetzt. Wenn wir auch selbstverständlich von der ehrlichen Auffassung der Gegner voll überzeugt sind, so erweckt die in einer sehr verbreiteten neueren Bibelausgabe stehende Übersetzung: „... bewahren in der Stunde der Versuchung“ bei uns in etwa den Eindruck, daß die Übersetzer eben von vornherein der Anschauung sind, daß die Gemeinde nach der Trübsal entrückt werde, und daher hier frei so übersetzen, und zwar ihnen selbst wohl unbewußt, daß ihre Überzeugung ihre den eigentlichen Wortsinn nicht wiedergebende Übersetzung beeinflußt hat. Denn „in“ oder gar, wie eine bekannte, von einem freisinnigen Theologen verfaßte Übersetzung des Neuen Testaments hat: „durch die Stunde der Trübsal hindurch“ kann es bei genauer Beobachtung des Textes und in treuer Abhängigkeit von ihm wörtlich nicht heißen, höchstens eben in ganz freier Übertragung hervorgerufen durch vorgefaßte Meinung. (Bewahrung in der Trübsal wäre für uns, d. h. für die Gläubigen der Gemeinde, ja auch gar nichts besonders Eigentümliches [vgl. z. B. Röm. 8,30-39!].) Mag es wörtlich auch zunächst heißen „aus“, so bedeutet und heißt es doch in Verbindung mit „bewahren“ nicht „aus“, sondern „vor“, wie ganz klar Joh. 17,15 zeigt, die einzige Stelle im Neuen Testament, die im Urtext dieselbe Wortverbindung hat wie Offenb. 3,10. Will man aber „aus“ nicht fallen lassen, so vergesse man doch nicht, daß es heißt: „aus der Stunde“, also aus dem Zeitraum, in den die Versuchung fällt (nicht aus der Versuchung selbst), und zwar aus der Stunde der Versuchung, „die über den ganzen Erdkreis“ kommen soll! Gehört aber die Gemeinde diesem Erdkreis und denen, „die auf Erden wohnen“ an? Keineswegs, sondern der himmlischen Berufung (vergl. nur Phil. 3,20 und Hebr. 3,1!). Somit hat sie auch nichts zu tun mit der Stunde, der Zeit, in die die Versuchung fällt, also auch nicht mit dieser selbst!

Es fehlt an Raum, näher hierauf einzugehen. Aber wir bitten die lieben Leser, die jener Lehre, daß die Trübsal mit dem Antichristen das für die .Gemeinde zunächst kommende Ereignis ist, anhängen, diese Gründe gegen jene Lehre nicht gering einzuschätzen, sondern gründlich ohne

Voreingenommenheit nachzuprüfen, was die Schrift über diese Dinge sagt. Es ist doch um unsert- und noch mehr um der Ehre des HErrn willen unsagbar wichtig, was wir erwarten: ob eine Drangsal. wie sie den Juden, der jüdischen irdischen Berufung angemessen ist, oder ob den Abschluß unserer Erlösung, die Erlösung des Leibes, die Entrückung (Phil. 3,21); ob wir das Kommen des Antichristen erwarten oder das des Herrn Jesu, der hinging, uns die Stätte zu bereiten und nach Seiner Verheißung jeden Augenblick wiederkommen kann, um uns dahin zu bringen, wo Er ist (Joh. 14,1-3)!

Wenn Er uns hinweggenommen haben wird und somit der Heilige Geist von der Erde fortgegangen ist, also die Hindernisse von 2. Thess. 2,6.7 fort sind, dann wird mit ungeahnter Schnelligkeit die Enthüllung des „Geheimnisses der Bosheit, der Gesetzlosigkeit“ vor sich gehen, und „der Tag des HErrn“ wird kommen „wie ein Dieb in der Nacht“ (1. Thess. 5,2). Für uns - „Söhne des Lichts, Söhne des Tages“ (V. 5) steht Herrlicheres als (gleichsam) „ein Dieb in der Nacht“ bevor! Wir sind „wach“ und erwarten mit Sehnsucht und heimlicher Freude etwas, was unseres sehnsüchtigen Erwartens wert ist - den „glänzenden Morgenstern“ (2. Petri 1,19; Offenb. 22,16). Welche Erwartung! und nach Stellen wie Eph. 5,14ff. und 1. Thess. 5,4-11 u. a. von welch weittragender Bedeutung für unser gegenwärtiges Leben, bis Er kommt!

„Ja, Ich komme bald! - Amen; komm Herr Jesu!“ (Offenb. 22,20.)

Geleitsworte an den Leser:

Ihr aber habt den Christus nicht also gelernt, wenn ihr anders Ihn gehört habt und in Ihm gelehrt worden seid, wie die Wahrheit in dem Jesus ist: daß ihr, was den früheren Lebenswandel betrifft, abgelegt habt den alten Menschen ..., aber erneuert werdet in dem Geiste eurer Gesinnung und angezogen habt den neuen Menschen, der nach Gott geschaffen ist in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit.“ Eph. 4,20-24.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 25

Bezieht sich das Gleichnis Matth. 22,1-14 auf Israel oder auf die Gemeinde? lnwieweit kann man dasselbe auf die heutige Zeit praktisch anwenden, ohne dem Sinn der Schrift Gewalt anzutun?

Antwort: A

Matth. 22,1-14 ist ein Gleichnis vom Reich der Himmel. Der Ratschluß Gottes war und ist, Seinem Sohn Hochzeit zu machen. Zuerst wurden die bereits eingeladenen Juden zur Hochzeit gerufen, sie wollten aber nicht kommen. Dieses fand statt, während der Sohn Gottes auf Erden war. Nach Seinem Tode, Seiner Auferstehung und Seinem Hingang zum Vater und nach der Ausgießung des Heiligen Geistes war alles bereit. Er sandte andere Knechte, um Israel nochmals einzuladen (Luk. 24,47-49; Apgesch. 2,36; 3,26). Wohl nahmen nun viele der Juden die Gnadenbotschaft zu ihrer Errettung an,

im ganzen aber verzichtete Israel darauf; die Juden verachteten die Botschaft, sie verfolgten und töteten die Knechte Gottes, und die Folge war die Zerstörung ihrer Stadt Jerusalem und die Zerstreuung Israels bis heute. Nachdem nun Israel die königliche Einladung verachtet hat, ergeht dieselbe in ihrem ganzen Inhalt an alle Nationen außerhalb Israels, auf daß Sein Haus voll werde (Kap. 22,9.11).

In diesem Gleichnis vom Reich der Himmel befindet sich also das Gericht über die Stadt der Juden: Jerusalem, aber ebenso über das, was sich im Reich befindet (V. 11-13). Den Nationen wird das Evangelium verk ündigt; auch sie werden zur Hochzeit des Sohnes Gottes, des Lammes, geladen (Offenb. 19,9); wir hören aber im Gleichnis, daß zu dem Hochzeitsfest auch ein Hochzeitskleid gehört. Soll die Hochzeit des Lammes gefeiert werden, so muß alles der Herrlichkeit derselben entsprechen.

Im Reich der Himmel (gleichsam in der heutigen Christenheit) kann man sein, aber das hochzeitliche Kleid zu haben ist eine andere Sache! Den zur Hochzeit Geladenen liegt es nicht ob, etwas mitzubringen, also etwa in einem von ihnen selbst gefertigten Kleide zu erscheinen, auch wenn es noch so glänzend sein möchte: der König sorgt für alles, auch für das Hochzeitskleid. Offenb. 1,5.6; 7,14; 22,14 reden von dem im Blut gewaschenen Kleide! Dies kostbare Gewand wird jedem Geladenen geschenkt (durch Glauben an den Sohn Gottes).

Es ist auf die Frage festzustellen, daß der Inhalt von Matth. 22,1-14 sich nicht auf die Gemeinde als solche bezieht, sondern auf alle Menschen jeder Nation (Israel nicht ausgeschlossen), zu denen irgend die Botschaft der Gnade Gottes gelangt.

F. B.

Antwort B

Wenn wir den ersten Vers des Gleichnisses lesen, finden wir, daß der Herr Jesus von dem Reiche der Himmel redet, das einem König gleicht, der seinem Sohne eine Hochzeit machen will. Dieses Reich der Himmel war mit dem Auftreten Jesu gekommen. Zunächst kam es in Seiner Person und wurde mit dargestellt von denen, die an Ihn glaubten (Luk. 17,20.21). In dem vorausgehenden Gleichnis von den bösen Weingärtnern finden wir noch die Zeit unter dem Gesetz und der Prophetie, und in unserem vorliegenden findet das Reich der Himmel seine Fortsetzung. Zunächst war es der Ratschluß Gottes, Seinen Sohn durch eine Hochzeitsfeier zu ehren, und zu diesem Zwecke läßt Er durch den Sohn Gottes und durch die Jünger Seine Einladung an Israel ergehen. Der Erfolg ist eine Ablehnung. Israel verwirft den HErrn und überliefert Ihn in die Hände der Nationen zum Kreuzestod. - Durch diesen Tod Jesu auf dem Kreuze wurde ein weiterer Zugang für alle geöffnet. Auf dieser Grundlage der Gnade und der Erlösung läßt der Vater eine abermalige Einladung ergehen durch die Apostel nach Pfingsten, die wiederum mit Ablehnung und mit der Tötung Seiner Zeugen beAntwortet wird. Die Folge zeigt uns unser Gleichnis, die Mörder werden bestraft und ihre Stadt wird zerstört (V. 7). Die Erfüllung von Matth. 22,7 ist die Zerstörung von Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. - Nun wendet Sich der HErr zu den Nationen. Die Einladung zur Hochzeit ergeht nunmehr an alle, und viele Gäste kommen, sowohl Gute wie Böse, was ein Bild von der bekennenden Christenheit darstellt. Aber teil an der Hochzeit haben nur die, welche ein hochzeitliches Kleid besitzen, d. h. solche, die als bußfertige Sünder kommen und sich in die Gerechtigkeit, die uns in Christo Jesu gegeben ist,

einhüllen lassen - ein freies Gnadengeschenk des HErrn (Eph. 2,8-10; Kol. 1,12). So sehen wir, daß wohl Israel zunächst eingeladen war, die Einladung aber ausschlug, die Folge war die Verwerfung. Nach dem Kreuze nun wurde das Heil und die Einladung zur Hochzeit allen angeboten, und aus denen, die sich nunmehr Leben und Gerechtigkeit aus Gnaden schenken lassen, setzt sich die Hochzeit zusammen. So haben wir wohl ein Bild bis hin zum tausendjährigen Königreich Jesu. Aber im engeren Sinne gilt es für die Gemeinde, die sich aus Juden und Heiden zusammensetzt und die teil hat an der Hochzeit und der auch das Wort Offenb. 19,7.8 gilt. Hier in Matthäus haben wir die Hochzeitsfeier und solche, die das Hochzeitsgewand tragen, während Israel zurzeit noch nicht bereitet ist. Praktisch anwenden dürfen wir das Gleichnis ohne Bedenken auf unsere Zeit, indem wir alle einladen zur Hochzeit, aber scharf scheiden zwischen bloßen Bekennern (Namenchristen) und den wahrhaft Gläubigen.

Ph. W.

Antwort C

In den verschiedenen Gleichnissen vom Reich der Himmel zeichnet uns der HErr verschiedene Bilder von der Zeit nach Seinem Weggange von dieser Erde. Er zeigt uns in diesen Gleichnissen, was geschehen wird, wie es sein und zugehen wird, wenn Er, als König hienieden verworfen, Seinen Sitz im Himmel eingenommen hat.

Das Bild in diesem Gleichnis ist weniger das einer Hochzeit an sich, sondern mehr das der Zurüstung und Zubereitung der Hochzeit. Der HErr sagt nicht: „Das Reich der Himmel ist gleich einer Hochzeit.“ sondern: „Das Reich der Himmel ist einem Könige gleich geworden, der Seinem Sohne Hochzeit machte.“ Es zeigt uns die Gedanken und Vorsätze des Königs (Gottes) und Sein Wirken, um Seinem Sohne Hochzeit zu machen. Wie sich die Einladung zunächst an Israel wendet - wie die Juden Seine Knechte mißhandeln (Apgesch. 5,40.41), töten (Apgesch. 7,54-60; 12,2) - wie der König ihre Stadt in Brand steckt (Luk. 19,41-44), und wie die Gnade Gottes die frohe Botschaft der Einladung dann an solche ergehen läßt, die ohne Verheißung und ohne Hoffnung sind (Eph. 2,12.13) - darauf möchte ich nicht näher eingehen.

Die praktische Anwendung heute für uns finden wir in der Aufgabe der Knechte, ohne Rücksicht auf den sittlichen Charakter (ob Gute oder Böse), die Einladung auszurichten - sei es einem Weibe am Jakobsbrunnen oder einem Nikodemus, einer Magdalena oder Lydia, einem Schächer oder einem Kornelius.

Ohne Zweifel liegt dem Gleichnis die Sitte jener Zeit, daß hohe Festgeber ihren Gästen Feierkleider gaben, zugrunde. (S. 1. Mose 24,53; 45,22; 2. Kön. 10,22 u. a.) Mit der Annahme der Einladung war auch zugleich die Annahme des Feierkleides für das Fest verbunden, ohne solches hatte keiner das Recht, teilzunehmen.

Ein schönes Bild der praktischen Anwendung haben wir in Abrahams Knecht. 1. Mose 24,34-58. Des Knechtes Worte lassen Rebekka keinen Zweifel; sie weiß, er will sie für den Sohn seines Herrn werben, und bereit in ihrem Herzen, sich ihm hinzugeben, nimmt sie die silbernen und goldenen Schmuckgeräte und Kleider an. Das Hochzeitskleid, welches in unserem Gleichnis angenommen werden muß, ist „Christus“, und zwar Christus, uns gemacht von Gott zur Gerechtigkeit. („Ziehet den Herrn Jesum Christum an“, Röm. 13,14; Gal. 3,27.) So wie der Hochzeitsschmuck für Rebekka nicht

aus ihrem eigenen Hause, sondern aus Abrahams Haus kam, so ist auch unser Kleid, Christus Jesus, uns von Gott geworden: „Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösung“ (1.Kor.

1,30). Möchten auch wir (wie Abrahams Knecht) die Einladung so deutlich ausrichten, daß der Hörer weiß, daß er es ist, der für das Fest der Liebe Gottes gewonnen werden soll und daß er, gleich Rebekka, das Hochzeitskleid annehmen möchte. Für jeden, der in Selbstverblendung meint, ohne das Hochzeitskleid einen Platz unter den Gästen beanspruchen zu können, folgt ein Tag schrecklichen Offenbarwerdens.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir weisen hin auf Frg. 14 d. Js., ferner auf Frg. 6, Bd. IIl (1915), sowie auf Frg. 14, Bd. l (1913)!

Auf den ersten Teil der Frage möchten wir nicht ebenfalls noch eingehen. Die praktische Seite des Gleichnisses wird der Leser sich an Hand obiger Belehrungen leicht erweitern können. Dazu noch einige Worte.

In der Christenheit (der Zeit der Verwerfung des Königs) haben wir, Seine Knechte (gehörst du dazu? Läßt du dich von Ihm brauchen in treuem Dienst, gehorsam Seiner Stimme?), die kostbare, verAntwortungsvolle Aufgabe, zu gehen (nicht zu ruhen!) und „auf den Kreuzwegen einzuladen, wen irgend wir finden“. Lade ein, Bruder, Schwester, durch persönliches Zeugnis, durch Blätter (Traktate) und auf alle mögliche Weise, so viele du kannst, ohne auf Rang, Stand, Umstände, Erfolg deiner Tätigkeit usw. zu sehen! (Pred. 11,6!) Gehe an die „Kreuzwege“! Manches Herz mag sich an einem äußeren oder auch einem inneren Scheidewege befinden; suche auch solche einzuladen, die vor inneren Entscheidungen stehen und sich vielleicht sehnen nach einem Rat von oben! Lade ein Menschen, die sich für böse und solche, die sich für gut erachten, ruhe nicht, bringe mit zusammen, was du kannst! (V. 9.10; Luk. 14,23.)

Aber das ist nicht alles, wenn die Menschen die Einladung annehmen, sei es rein äußerlich die Einladung, unter das Wort zu kommen oder sogar die Einladung, Christus anzunehmen. Nein, sie müssen Christus, das Kleid der Gerechtigkeit, wirklich annehmen! Und daß sie dies Geschenk aus eigenem Entschluß annehmen, dahin ziele unser Dienst! Ob sie es getan haben, wenn sie auch es bekennen, das können wir nicht immer entscheiden, aber vor Beginn des Hochzeitmahles setzt die große Krisis ein, die Entscheidung, bei welcher kein Irrtum mehr möglich ist, weil der König Selbst sie vollzieht. Dies ist das Gleichnis; die Wirklichkeit ist, daß überhaupt keiner, der nicht mit Christus bekleidet ist, dorthin gelangt, wo die Hochzeit des Lammes gefeiert wird (Offenb. 19). Die Entscheidung ist ausgesprochen für den einzelnen Menschen in dem Augenblick, wenn er den Schauplatz der Gnade, die Erde, verläßt. Wer dann nicht das echte Hochzeitskleid hat, durch Buße und Glauben an Christus das Anrecht an den Platz am Hochzeitsmahle erlangt hat, als freie Gnade des Königs, der ist in Ewigkeit „hinausgeworfen“. Wohin? in die Verdammnis. Das ist sehr ernst, und das haben wir heute durch klares Zeugnis zu verkündigen! Mancher mag die Einladung angenommen haben und äußerlich gläubig sein - aber die entscheidende Frage ist: Hast du das Kleid der Gerechtigkeit (Jes. 61,10), hast du Christus, bist du gewaschen im Blute des Lammes? Das ist entscheidend für die Ewigkeit. - Das praktische Endergebnis dieser Sichtung nach Matth. 22,11ff. sehen wir in Offenb. 22,14.15! (Vgl. Offenb. 3,15-21! Laodicea ist ein Bild der

äußerlich bekennenden, toten Christenheit!)

Frage 26

Bitte um Belehrung und praktische Erläuterung zu Titus 3,4-7, besonders V. 5!

Antwort A

Titus war von Paulus in Kreta gelassen worden, um noch allerlei in Ordnung zu bringen und Älteste anzustellen. Zu diesem Zweck gibt ihm Paulus Belehrung, insbesondere, wie in vielen seiner Briefe, über die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Versammlung. In großen Linien zeigt er die Grenzlinien des Christentums. Im dritten Kapitel finden wir das Verhalten der Christen der Welt und der Obrigkeit gegenüber gekennzeichnet, und ein besonders scharfes und klares Bild zwischen Einst und Jetzt wird uns vor die Augen gemalt. Wir bekommen das Bild des Menschen nach dem Fleische gezeichnet, das Bild des in jeder Beziehung durch die Sünde entarteten Menschen. (V. 3; vgl. Eph. 2,1-3!) In das Nachtdunkel der Sünde und dieses Zeitlaufs leuchtete die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, die uns in Nacht und Grauen sitzen sah, hinein und brachte uns Heil. Wie der Herr Jesus bei Nikodemus (Joh. 3,5) dasÜbel bei der Wurzel anfasst und diesen auf die neue Geburt verweist, so wird uns auch hier gezeigt, daß unsere Errettung durch die neue Geburt bewirkt wurde. Er, der Sünde nicht sehen kann und uns in unserem Elend und Verderben helfen wollte, nimmt den Charakter eines Heilandes, eines Erretters an, um uns zu Hilfe zu kommen. Wir sehen hier den Grundzug der Barmherzigkeit unseres Gottes, wodurch eine ganze Erlösung und eine völlige Errettung zustande gebracht wird. Aber noch mehr: nicht nur gerettet, sondern auch gereinigt ist der Gläubige, und um in der Kraft des neuen Lebens dazustehen, wird der Heilige Geist reichlich über ihn ausgegossen. So steht das Werk Christi in seiner Vollkommenheit da, es ist nichts hinzuzufügen. Wir sehen, wie Gott in dem Reichtum Seiner Gnade und nach den Gedanken Seines Herzens gegen uns gehandelt hat. Eine neue Schöpfung, bewirkt durch Gottes Erbarmen, ist Sein vollbrachtes Werk. Welch ein Triumph! (Vgl. Röm. 8!)

Ph. W.

Antwort B

In Kap. 3 zeigt der Apostel, daß Kinder Gottes auch den obrigkeitlichen Gewalten gegenüber sich ganz anders verhalten als die Kinder der Welt. Die Bevölkerung von Kreta, wo Titus wirkte, hat wohl von jeher einen aufrührerischen Charakter gezeigt. Wahres Christentum dagegen verwandelt die Menschen in stille, unterwürfige Untertanen, welche gerade in den Zeiten sozialer und politischer Kämpfe sich bewähren als Menschen, die nicht von dieser Welt sind. Sie müssen ihre Glaubensabhängigkeit vom HErrn festhalten und dürfen sich nicht auf den Boden und in die Anschauungen der von Gott gelösten Welt hinüberziehen lassen, sonst verleugnen sie den Glauben.

Hieraus nimmt der Apostel nun Veranlassung, den gewaltigen Unterschied zwischen einst und jetzt im Leben des Gläubigen zu zeigen. V. 3 zeigt er das Einst. Welch ein trauriger Rückblick in ein für die Welt gelebtes Leben! Paulus schließt sich mit ein. Das Bild des natürlichen Menschen ist nicht schmeichelhaft, aber durchaus ähnlich. Wer seine Vergangenheit im Lichte Gottes betrachtet, der weiß, wieviel Selbstsucht, Bosheit, Neid da oft im Herzen war. Was für Lüsten und Eitelkeiten jagte

man nach!

Die Kinder der Welt sind ein Spielball in der Hand Satans, des Verderbers, der nur kommt, daß er schlachte und verderbe (Joh. 10,10). Es ist Satans Lust, zu verderben! Darum die Ströme vergossenen Blutes, der Haß und Streit der Menschen untereinander. Sie zerfleischen einander ums Irdische - auch heute - und, soviel sie auch erringen mögen, sie sind doch hoffnungslos und unglücklich; aber Satan freut sich seines Werkes.

„Als aber die Güte und Menschenliebe unseres Heiland-Gottes“, Jesu Christi, erschien, was wollte, brachte und tat Er? Er kam als der Retter. Alles, was die Menschen glückselig macht, ist in Jesu zu finden. Er ist in allem das völligste Gegenteil vom Satan. Dieser brachte den Menschen Tod, Elend, Jammer, Feindschaft, Tränen, ja die Hölle. Aber Jesus bringt das Leben, den Frieden, die Fürsorge des Vaters, die Hoffnung der Herrlichkeit. Das ist keine tote Lehre, keine bloße Theorie, sondern es ist die Erfahrung jedes wahren Christen. Er hat es erlebt. Das: Ich war verloren - ich bin errettet! bildet das Fundament des neuen Lebens. Dieses Wunder der Gnade ist ein Werk Gottes, nicht des Menschen. Unsere Werte, mochten sie menschlich noch so edel und gut sein, konnten nichts dazu beitragen, sie konnten das Werk Gottes nur aufhalten und hindern. Aber Gottes Barmherzigkeit hat es zustande gebracht. - Worin besteht dieses Werk unserer Errettung? Es hat zwei Seiten. Der Apostel nennt zuerst „die Waschung der Wiedergeburt“. Dieser Ausdruck wird vielfach mißverstanden. Zunächst die Frage: Ist hier von der Taufe die Rede? Manche sagen: Die „Waschung der Wiedergeburt“ hat mit der Taufe nichts zu tun. Sie kann nur durch das Blut des Lammes geschehen (vergl. Hebr. 9,13.14). Wie lautet der Lobgesang der Erlösten? „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blut“ (Off. 1,5).

Gewiß, die Wiedergeburt besteht zunächst in dieser Waschung durch das Blut Christi, das uns von allen Sünden reinigt und unsere ganze Vergangenheit in Ordnung bringt. Aber dafür, daß dies geschehen ist, haben wir in der Taufe ein öffentliches Zeugnis abgelegt, und diese ist ein Abbild jener Waschung. Sie gehört zusammen mit der Wiedergeburt, denn jeder Wiedergeborene läßt sich taufen. Die Abwaschung geschieht also nicht erst bei der Taufe oder durch sie, sondern durch den Glauben, aber im Neuen Testament wird öfters das Symbol der Abwaschung, die Taufe, mit dem Akt der Abwaschung identifiziert (gleichgesetzt).

So Apgesch. 2,38.39. Ohne Zweifel wollte Petrus nicht sagen, erst durch die Untertauchung in der Taufe würden ihre Sünden abgewaschen, das würde dem Evangelium widersprechen, sondern er setzte voraus, daß der Heilige Geist durch die Heilsbotschaft den Glauben in ihnen geweckt hatte. Zum Zeugnis ihres Glaubens aber sollten sie sich taufen lassen. Damit wurde die Abwaschung der Sünden gewissermaßen erst zum Abschluß gebracht. Ebenso Apgesch. 22,16. So hat auch in Mark. 16,16 der HErr Glauben und Taufe miteinander verbunden.

Der Apostel will also sagen: Unsere Rettung geschah in der Wiedergeburt durch den Glauben an Jesum, den Gekreuzigten und Auferstandenen, durch Dessen Blut alle unsere Sünden abgewaschen wurden, wie wir es ja selbst in der Taufe bezeugt haben.

Ganz irrig und im Widerspruch mit der „gesunden Lehre“ des Evangeliums ist die Lehre der lutherischen Kirche, die Wiedergeburt geschehe durch die Taufe. Diese Lehre wird gerade auf Tit. 3,5 gegründet. Man sagt, hier stehe es deutlich, daß die Taufe unsere Rettung sei, hier werde nicht einmal die Bedingung des Glaubens gestellt. Aber der ganze Zusammenhang zeigt („nicht aus

Werken ... sondern nach Seiner Barmherzigkeit ... gerechtfertigt durch Seine Gnade“), daß der Glaube vorausgesetzt wird. Der Taufe die Wirkung zuzuschreiben, die allein dem Glauben zukommt, ist eine Verirrung.

In der Wiedergeburt erlebten wir aber zweitens auch eine Lebenserneuerung durch den Heiligen Geist. Das ist, sozusagen, die positive Seite unserer Errettung. Wir empfingen das neue, göttliche Leben in Christo durch die Mitteilung des Heiligen Geistes, welcher der Geist des Lebens ist. Wir wurden eine neue Schöpfung (2. Kor. 5,17), aus Gott geborene (Joh. 1,13) Kinder Gottes. Wir wissen das durch das Zeugnis dieses in uns wohnenden Geistes (Röm. 8,9.16).

Und diese herrliche, in der Wiedergeburt geschehene Errettung ist nicht nur eine gegenwärtige, sondern sie schließt auch unser zukünftiges, ewiges Erbteil mit ein. Wir sind zu einer lebendigen Hoffnung wiedergeboren (1. Petr. 1,3), deren Siegel und Unterpfand der Heilige Geist ist (Eph. 1,13.14; 2. Kor. 1,22). Darum laßt uns, „die Gottlosigkeit und die weltlichen Lüste verleugnend, besonnen und gerecht und gottselig leben in dem jetzigen Zeitlauf, erwartend die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi“ (Tit. 2,12.13).

Chr. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wir freuen uns über vorstehende Antworten, die viel klares Licht geben über diesen wichtigen Gegenstand.

Möchte man die „Waschung der Wiedergeburt“ mit der biblischen Taufe in Verbindung sehen, so kann das nur in der oben dargelegten Weise geschehen.

Wir unsererseits glauben nicht, daß bei der Waschung an die Taufe als das Symbol der geschehenen Wiedergeburt gedacht werden müßte, ebensowenig wie in Eph. 5,26, der einzigen Stelle, die im Urtext des Neuen Testaments dasselbe Wort für Waschung hat wie unsere hier. In beiden Stellen steht nichts von Taufe, warum sie hineinbringen? Es ist nur von „Waschung der Wiedergeburt“ die Rede und von „Erneuerung des Geistes“; und wie bei diesem zweiten Glied des Satzes doch kein biblischer Akt an die Stelle der „Erneuerung“ gesetzt werden könnte (nach der Schriftlehre), so ist unseres Erachtens auch im ersten Glied - bei der „Waschung“ an keinen solchen zu denken, also nicht an die biblische Taufe, die Taufe der Gläubigen.

Nein, wir persönlich glauben vielmehr, daß, ganz wörtlich verstanden, die Wiedergeburt eine Waschung, d. i. Reinigung (hat, bezw.), bewirkt, ebenso wie der Heilige Geist eine Erneuerung bewirkt. Alles bei der in Tit. 3 geschilderten Rettung des Menschen ist göttliches Werk. Die Wiedergeburt ist es, hier wie in der andren Stelle, wo dies Wort noch vorkommt, in Matth. 19,28, bezogen auf das ganze Volk. Die Wiedergeburt wirkt Gott. Wir können wohl zu einem Menschen sagen: „Bekehre dich!“ nicht aber: „Werde wiedergeboren!“ Wiedergeburt ist wie Neugeburt (Joh. 3) allein göttliche Tat. Durch die Wiedergeburt, mittels ihrer, wird nach Tit. 3 eine Waschung, eine Reinigung vollzogen, ohne die es keine Möglichkeit für uns gäbe, in Gottes Nähe zu weilen; wir kommen durch sie, und zwar eben, weil sie allein ein göttliches Werk ist, völlig und für immer aus dem ganzen Gebiet der Sünde heraus, kommen in ein anderes Gebiet hinein! - Aber auch die durch

den Heiligen Geist bewirkte Erneuerung, Neumachung, - z. B. der Neigungen, der Gedanken, des Willens usw. - ist allein göttliches Werk, unabhängig von unserem Wirken. (Unser Wirken konnte, wie auch Antwort B sagt, nur hindern, was Gott wirkt.) Der Heiland-Gott hat alles in und an uns getan, was nötig ist, Er hat auch den Heiligen Geist über uns ausgegossen, in Dessen Kraft wir der durch den Geist bewirkten Neuheit gemäß, die nach der in der Wiedergeburt vorangegangenen Reinigung eingetreten ist, auch leben können (vgl.Gal. 5,25 und Eph. 4,30!). Alles das ist Sein Werk. Und welch ein Werk! Wie schön ist dies in Antwort B geschildert an Hand dieses kostbaren Textes, der uns zeigt, wie Gott das Einst in das Jetzt umgewandelt hat, und wie sich dieser Gegensatz darstellt. - Zu welchem Zweck ist dies vollkommene Werk in und an uns getan? Das zeigt V. 7; und das soll verkündet werden (V. 8), damit der Wandel der Christen wirklich dem neuen von Gott gewirkten Zustand, der mit der Waschung in der Wiedergeburt seinen Anfang nahm, entspricht in allem. Somit können die, die vorher nur „Werke“, die in den Augen der Menschen gut sein mochten, aber nicht in Gottes Augen (1,16; 3,5), hervorbringen konnten, jetzt wirklich „gute Werke“ hervorbringen (1,16; 2,7.14; 3,1.8.14; vgl. Eph. 2,10!). Gepriesen sei unser Heiland-Gott für das herrliche Werk Seiner uns aus Gnaden zuteil gewordenen völligen Errettung!

Frage 27

Welche Folgen hat es im Blick auf Off. 2,7.11.17.26; 3,5.12.21 für einen Gläubigen, wenn er durch fleischlichen Sinn und Wandel Sünde, Welt und Satan nicht praktisch überwindet? Ist dabei die gottgewollte fortschreitende Arbeit des Heiligen Geistes zur persönlichen Erneuerung und schließlichen Vollendung (die Führung bis zum von Gott gesteckten Ziel, 1. Kor. 10,1-12) möglich, oder machen fortgesetzte Untreue und Ungehorsam eines Gläubigen die Verwirklichung der Erlösungs- und Herrlichkeitsabsichten Gottes für denselben unmöglich? - Ist Eph. 5,27 für den Einzelnen denkbar ohne 2. Kor. 7,1 und Phil. 2,12b (wörtlich)?

 

Antwort A

Die Folgen für einen Gläubigen, wenn er nicht praktisch überwindet, sind z. B. in folgenden Stellen beschrieben: 1. Kor. 3,11-15: Der nicht überwindende Gläubige hat auf den Grund seines Glaubens Holz, Heu, Stroh oder Stoppeln gebauet; er wird den Schaden davon haben und nur mit Not errettet werden, ungefähr wie ein Brand aus dem Feuer. 2. Kor. 5,10: „Denn wir müssen alle usw., auf daß jeder empfange, nach dem er gehandelt hat.“ (Offenb. 22,12!) Also wird der Gläubige, der nicht praktisch überwindet, viel Verlust erleiden müssen.

Die fortschreitende Arbeit des Heiligen Geistes zur persönlichen Erneuerung ist nur bei den Gläubigen möglich, die nicht nur, so oft sie mit Jesu in Berührung kamen, ein Wirken des Heiligen Geistes von außen an ihren Herzen erfahren haben, sondern der ernsten Mahnung Eph. 5,18: „Seid mit dem Geiste erfüllt!“ gehorsam sind. Wer nicht das Erfülltsein mit Heiligem Geiste erfahren hat, an dem können sich auch nicht die Erlösungs- und Verherrlichungsabsichten Gottes verwirklichen, weil die persönliche Erneuerung des Gläubigen nur durch die innewohnende Triebkraft (d. h. durch den innewohnenden Heiligen Geist) gewirkt werden kann, so daß bei fortgesetzter Untreue und Ungehorsam eines Gläubigen die Absichten Gottes bei ihm nicht zum Ziele gelangen. Aus 1. Kor. 10,1-12 ersehen wir, daß selbst solche, die alle Gnadenerweisungen und Segnungen des HErrn genießen, von dem Fels Christus trinken, dennoch unter das Gericht kommen können. Also ist die

Grundbedingung der Gläubigen zur Erreichung des gottgewollten Zieles: „Gehorsam“! Nur der Gläubige, der bereit ist, sich unbedingt unter den erkannten Willen Gottes allezeit zu beugen und ihn zu tun, der wird erfüllt mit Heiligem Geist und hat damit die Kraft zum Überwinden, und zwar nicht nur ein wenig, sondern mit Ihm sind wir mehr als Überwinder (Röm. 8,37). Ein Mensch, der gläubig zu sein bekennt, aber fortgesetzt untreu und ungehorsam ist, gleicht den törichten Jungfrauen, die sonst denselben Glauben hatten wie die klugen, nur das Wichtigste: „das Öl“ (die Salbung, der Heilige Geist) fehlte ihnen.

Eph. 5,27 ist für den einzelnen ohne 2. Kor. 7,1 nicht denkbar, denn unser Tun muß mit dem Willen Gottes Hand in Hand gehen. Es kommt hier auch wieder der Gehorsam gegen das Wort 2. Kor. 6,17.18 in Betracht. Das ist es, was jeder zu seiner Selbstreinigung tun kann. Wenn wir tun, was wir irgend können, dann tut Gott an und in uns das, was wir nicht können. Unser Tun muß nur in den Richtlinien geschehen, die uns Gott in Seinem Wort klar und deutlich gezeichnet hat. Das Ziel Gottes mit dem Gläubigen ist, ihn umzugestalten in das Bild Seines Sohnes; und jeder, der solche Hoffnung hat, Ihm gleich zu werden, reinigt sich selbst (1. Joh. 3,2.3). Dies ist dasselbe wie Phil. 2,12b: „Bewirket eure eigene Errettung mit Furcht und Zittern.“ Wie dieses möglich ist, sagt uns derselbe Vers a: „Seid allezeit gehorsam!“

O. H.

Antwort B

Offenb. 2 und 3 bezeichnen „das, was ist“, nämlich die Zeit der Kirche, der Gemeinde. Jesus, der in Seiner Rechten die sieben Sterne hält, wandelt inmitten Seiner Gemeinde und stellt nun in Kap. 2 und 3 das Urteil fest über den Befund und Zustand derselben im ganzen und in den einzelnen Versammlungen. Er anerkennt alles Gute und lobt dasselbe; Er warnt und droht, gibt Ermahnung, fordert auf zur Buße, und zum Schluß gibt Er Ermunterung und herrliche Versicherung und Verheißung den Überwindern.

Diese sieben Sendschreiben sind auch prophetisch und geben einen genauen Abriß der ganzen Geschichte der Kirche in ihrer VerAntwortlichkeit vom Tage ihres Verfalls bis zu ihrer völligen Beiseitesetzung. Am Schlusse jeden Sendschreibens ergeht jedesmal die Aufforderung nicht an das Ganze, sondern nur an den einzelnen: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Versammlungen sagt.“ Wie ernst ist dies, es heißt nicht: „der höre, was die Kirche sagt“, sondern: „was der Geist sagt“!

Diese kostbaren Verheißungen galten und gelten heute noch nur den Überwindern. Wer nicht darauf hörte, was der Geist sagt, wer nicht Buße tat, wer nicht festhielt, was er empfangen hatte, wer nicht überwand, ging aller verheißenen Segnungen - und es waren himmlische Segnungen - verlustig. Diese Sendschreiben zeigen aber auch klar, daß die wiederherstellende Gnade des HErrn groß ist, aber ohne Selbstverurteilung des Bösen, ohne wahre, wirkliche Buße unmöglich ist. Das finden wir durch die ganze Heilige Schrift hindurch, und dieser Grundsatz gilt heute noch für jeden wirklich Gläubigen, der durch fleischlichen Sinn und Wandel Sünde, Welt, Satan nicht überwindet. Ein wirklich Gläubiger hat Erfahrung von Röm. 8: Gottes Geist ist in ihm, denn, „wenn jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein“. Seine Stellung ist in Christo, und Röm. 8,12.13 ist sehr von ihm zu beachten. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in sein Herz, im Gegensatz zur Liebe zur Welt; der Heilige Geist hat

Wohnung genommen in seinem Herzen, eine vollständige Waffenrüstung steht ihm zur Verfügung (Eph. 6,10-18). Die sicherste Möglichkeit, Sünde, Welt, Satan zu überwinden, ist ihm gegeben. Ebenso ist es aber auch möglich, daß ein Gläubiger aus Unachtsamkeit, Trägheit des Herzens, durch die List Satans und der Menschen zu Fall kommen kann und in einen traurigen Zustand hineingerät. Auch ist Jak. 1,13-15 zu beachten, und dies ist gewiß in unzähligen Fällen die erste Ursache zu fleischlichem Sinn und Wandel und zur Sünde. Die Verbindung mit Gott und Erneuerung des Herzens kann wiederhergestellt werden. Gott will es Selbst, und Sein Geist bemüht Sich dahin; jedoch ist Erneuerung nur möglich unter ernster Verurteilung des Bösen unsererseits und wahrer Buße und Bekenntnis vor Gott (1. Joh. 1,9; 2,1.2).

Fortgesetzte Untreue, fortgesetzter Ungehorsam gegen Gott und Seine gnädige Führung und Bewahrung, gegen Seinen im Wort geoffenbarten Willen, gegen die Mahnungen des Heiligen Geistes aufs Herz und Gewissen läßt sich doch schwer vereinen mit einem wahrhaft Gläubigen. Obwohl Gott von großer Langmut, Barmherzigkeit und Geduld ist und Mittel und Wege findet und anwendet, um vom Wege des Strauchelns und Abkehr von der Wahrheit abzuwenden (Hebr. 12,4-17), so ist doch zu beachten, daß der Mensch einen eigenen Willen hat (Matth. 23,37; Hebr. 10,26-31) und die Folgen seines eigenen Willens zu tragen hat (Hebr. 6,4-8)!

Ist Eph. 5,27 für den einzelnen denkbar ohne 2. Kor. 7,1 und Phil. 2,12b?

Christus hat die Versammlung geliebt und hat Sich Selbst für sie hingegeben, auf daß Er sie heiligte, für Sich erkaufte mit Seinem Blut (d. i. unsere Stellung in Ihm), sie reinigend durch das Wort, durch die Waschung mit Wasser durch das Wort (betr. und hinsichtlich unseres Wandels; das tut Er noch beständig), „auf daß Er die Versammlung Sich Selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzeln oder dergleichen habe“. Gewiß ist, daß Gott durch das am Kreuze vollbrachte Werk vollkommen befriedigt ist (Hebr. 10,14). Wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und Gebein (Eph. 5,30-32). In Eph. 5,27 ist unsere Errettung, Heiligung, Erlösung ausschließlich das Werk Christi, um Sich Selbst und Seinem Vater ein vollkommenes Wert in Seinen Erlösten darzustellen (Joh. 17,19). Obwohl wir Glieder Seines Leibes sind, so stehen wir noch hier unten in dieser Welt, umgeben von Sünde und Ungerechtigkeit; wir selbst tragen noch den Leib der Schwachheit und der Sünde, und die Ermahnung 2. Kor. 7,1 ist sehr ernst für uns. Röm. 7,18: „Ich weiß, das in mir, das ist in meinem Fleisch, wohnt nichts Gutes“ gilt, solange wir den Leib des Fleisches tragen; deshalb sollen wir immer eingedenk sein 2. Kor. 6,16; 7,1! Vom Fleische und vom fleischlichen Willen ist nichts Gutes zu erwarten; „wer solche Hoffnung zu Ihm hat, der reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist“; wir müssen also selbst dabei sein! (Phil. 3,12-21.) - Und nun noch Phil. 2,12b.13! Hier werden wir aufgefordert, die eigene Seligkeit zu bewirken. Diese eigene Seligkeit ist nicht die uns durch den Glauben gewordene und geschenkte Seligkeit in Christo, sondern die durch Gehorsam gegen die Wahrheit uns zuteil werdende Seligkeit (Jak. 1,25; 1. Petr. 1,2.14-18). Gehorsam der Wahrheit bringt Seligkeit ins Herz. Bei diesem Wirken kommt uns Gott entgegen und zu Hilfe: „Gott ist es, der in euch wirkt usw.“ So sehen wir also, daß dies ganze Werk ausschließlich Gottes Werk ist; doch auch da müssen wir dabei sein; wir vermögen ohne Gott, ohne den Herrn Jesus, ohne Wirkung des Heiligen Geistes durchaus nichts zu tun. Mit dem Wollen ist es oft eine bedenkliche Sache; wir sehen, daß das Wollen zu jedem guten Werk von Gott gewirkt sein muß. Wir sind berufen zu guten Werken, aber Gott wirkt zuerst. Sodann ist es unsere Aufgabe, gehorsam zu sein, damit Gott das Vollbringen geben bezw. vollenden kann. Doch heißt es „nach Seinem Wohlgefallen“, und zwar m. E., weil es von unserem Gehorsam abhängig ist. Wie herrlich erscheinen alle diese Stellen! Wir dürfen

unserem Gehorsam abhängig ist. Wie herrlich erscheinen alle diese Stellen! Wir dürfen gewissermaßen also noch Mitwirker sein in der Gnade, obwohl alles von Anfang bis zum Ende Gottes Werk ist.

Die BeAntwortung der Frage ist somit die: Eph. 5,27 ist für den einzelnen nicht denkbar ohne 2. Kor. 7,1 und Phil. 2,12b!

F. B.

Antwort C

In den angeführten Schriftstellen in Offenb. 2 und 3 ist vom Überwinden die Rede, jedesmal im Blick auf die im Vorhergesagten vor das Auge geführten Hindernisse auf dem Wege des Gläubigen, sei es Böses in irgendwelcher Form, seien es Schwierigkeiten, Drangsale, Versuchungen oder Zustände (s. 2,4.9.10.14.15.20; 3,1b -3.8-11.15-19). Alle diese Hindernisse bestehen auch jetzt noch. Daher gilt es auch jetzt noch, sie zu überwinden. Die Folgen des Überwindens sind Glück und Freude des Herzens und ein gesegneter Pfad zur Ehre des HErrn und einst der Empfang der Belohnung, die dem Überwindenden versprochen ist. Nicht überwinden bringt infolgedessen Verlust - Verlust des Segens, der mit dem Überwinden verbunden ist. Das hat jeder von uns oft genug erfahren müssen. Ist das Nichtüberwinden aber gar ein fortgesetztes, mit einem „fleischlichen Sinn und Wandel“ verbundenes, dann sind die Folgen nicht nur Verlust des Segens, sondern viel Schlimmeres: ein solches Kind Gottes verliert alle wahre, geistige Freude und geistige Kraft, auch alles geistige Gefühl und Unterscheidungsvermögen und versinkt mehr und mehr in Welt und Sünde und bringt Züchtigung über sich. Nicht daß es des ewigen Heiles verlustig ginge; aber es „fällt in der Wüste“ (1. Kor. 10,5-10), erreicht nicht das Ziel - „die gottgewollte fortschreitende Arbeit des Heiligen Geistes zur persönlichen Erneuerung und schließlichen Vollendung“ usw., wie in der Frage gesagt ist, ist nicht möglich - und es hört auf, ein Zeugnis zu sein, ja, verunehrt den HErrn und hindert das Zeugnis. Solche Fälle, deren es nicht wenige gibt, sind eine überaus ernste Mahnung an uns, zu wachen und im Bewußtsein unserer eigenen Unfähigkeit und der Verdorbenheit und Unverbesserlichkeit unserer Herzen in Ihm zu bleiben, der allein uns zu bewahren vermag. Hüten wir uns vor jeder Selbstzufriedenheit und jedem Selbstvertrauen! „Daher, wer zu stehen sich dünkt, sehe zu, daß er nicht falle!“ ruft uns der Heilige Geist warnend zu (1. Kor. 10,12). Der Feind ist so listig. Er spinnt die ersten Fäden so fein, daß wir sie gar nicht zu bemerken vermögen, wenn nicht Gnade uns die Augen erleuchtet. Es kann die Freundlichkeit der uns umgebenden Weltkinder sein, durch die er uns allmählich in eine falsche Verbindung bringt mit ihren weiteren verderblichen Folgen; es können durch den Krieg herbeigeführte Umstände und hervorgerufene Schwierigkeiten sein, durch die er uns ermüden und ermatten macht auf dem Wege; es können die großen und kleinen Ereignisse der Zeit sein, durch die er unsere Aufmerksamkeit fesselt und unsere Herzen ablenkt; es können irdische Vorteile sein, die sich uns darbieten, oder Verluste, die uns drohen und durch die er uns beeinflußt, oder sonst etwas. Ist es dem Feinde erst einmal gelungen, Fuß zu fassen - in die „erste Stellung“ einzudringen, wie kürzlich ein im Felde befindlicher lieber Bruder sich in einem Briefe zeitgemäß treffend ausdrückte, - dann ist es schlimm, denn dann dauert es meist nicht lange, bis er die ganze „Stellung“ eingenommen hat und beherrscht. Darum ist es von größter Wichtigkeit für uns, auf die kleinsten, ersten Anfänge zu achten, die in unserem eigenen Herzen ihren Ursprung haben, denn dort, nicht in den vom Feinde benützten Umständen und Dingen, ist der Ausgangspunkt. Unser Herz wird durch die Umstände und Dinge auf die Probe gestellt: es kommt ans Licht, was in unserem

wird durch die Umstände und Dinge auf die Probe gestellt: es kommt ans Licht, was in unserem Herzen ist. Fallen wir, anstatt zu überwinden, dann ist das nur der Beweis, daß es schon vorher in unserem Herzen nicht stimmte. Deshalb mahnt uns Gottes Wort: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“ (Spr. 4,23). Wenn wir nicht Überwinder sind, sind wir überwundene. Das zeigt uns Röm. 12,21. Überwinder können wir sein nur durch Glauben (1. Joh. 5,4.5). Der Glaube in sich ist nicht Kraft, aber er macht Gebrauch von Seiner Kraft. Dieser Glaube soll sich bewähren (1. Petr. 1,7). Denn Gott läßt diese Dinge zu, nicht etwa, damit wir ihnen in eigener Kraft begegnen sollen, sondern Er hat uns Seinen Geist und Seine Waffenrüstung gegeben, um in Seiner Kraft zu überwinden (Röm. 8,13b; Gal. 5,16; Eph. 6,10.11-18), und wir dürfen allezeit „hinzutreten zu dem Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebr. 4,16). Aber nicht nur dies, sondern Gott Selbst nimmt Sich unserer an (weil wir Sein sind), wie uns so tröstlich und ermunternd in 1. Kor. 10,13 gesagt wird: „Keine Versuchung hat euch ergriffen, als nur eine menschliche; Gott aber ist treu, der nicht zulassen wird, daß ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern wird mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen, so daß ihr sie ertragen könnt.“ Wir brauchen also keineswegs mutlos zu werden angesichts der Größe der uns drohenden Gefahren und unserer eigenen Ohnmacht, ihnen zu begegnen - zu „überwinden“ -, sondern können glaubend auf Ihn blicken und glücklichen Herzens sagen: „Ich liebe Dich, Jehova, meine Stärke!“ (Ps. 18,1.) „Ich sage von Jehova: Meine Zuflucht und meine Burg; mein Gott, auf Ihn will ich vertrauen“ (Ps. 91,2).

Wir haben oft nicht überwunden. Ja, zu unserer Beschämung müssen wir dies bekennen. Aber wir können zugleich Seine große Gnade preisen, in der Er uns immer wieder aufgerichtet und von neuem Kraft gegeben hat, wenn wir uns von Herzen beugten. Ja, „wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9), und wir haben erfahren, welche Gnade es ist, daß wir einen Sachwalter bei dem Vater haben (1. Joh. 2,1b). Diese kostbare Tatsache kann freilich nicht erfahren werden, solange „fleischliche Gesinnung“ im Herzen herrscht, sondern nur, wenn Gottes Geist uns zu wahrer Beugung führen konnte.

Eph. 5,27 kann, soweit ich darüber Verständnis habe, auf den einzelnen nicht Anwendung finden, sondern nur auf die Versammlung des HErrn als Ganzes. Und was hier von ihr gesagt ist, ist nicht die Frucht des treuen Wandels des einzelnen, sondern des vollbrachten Werkes unseres teuren Heilandes. Deshalb sind auch alle Erlösten, die die Versammlung bilden, eingeschlossen, ohne irgend eine Ausnahme, völlig unabhängig vom Wandel, weil es allein durch Gnade ist. Das macht indessen keineswegs die VerAntwortlichkeit des einzelnen geringer, „würdig zu wandeln der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid“ (Eph. 4,1), und zu diesem Ende „uns selbst zu reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes“ (2. Kor. 7,1), und „unsere eigene Seligkeit zu bewirken mit Furcht und Zittern“ (Phil. 2,12b). Möchte das unseren Herzen allezeit sehr ernst sein und unser treuer Herr uns dazu Gnade schenken!

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zum Vergleich einige früher behandelte Fragen: 18, Bd. I (1913); 33, 35, Bd. II (1914); 27, 30, 33, 34, 40, Bd. III (1915); 1, 22, 26 d. Js.!

34, 40, Bd. III (1915); 1, 22, 26 d. Js.!

Möchten die obigen schönen, ausführlichen Antworten dazu helfen, daß unser aller Leben mehr zur Ehre des HErrn diene!

Es ist natürlich ein Unterschied, ob ein Mensch fortgesetzt ungehorsam und untreu ist aus Unwissenheit bezw. Schwachheit und mangelndem Glaubensvertrauen, weswegen er vielleicht tief trauert - oder ob in vollem Bewußtsein seines bösen Zustandes und ohne Reue noch Scheu vor Gott. Während es sich in letzterem Falle höchstens um einen Menschen handeln mag, der durch sein Bekenntnis sich als gläubig ausgibt, ohne es zu sein (2. Tim. 3,5), wenn auch selbst unklar stehende Gläubige ihn für gläubig halten können - so kann es sich in ersterem Fall gar wohl um ein Kind Gottes handeln, selbst wenn wir nicht viel gute Früchte erblicken mögen (Matth. 7,20). Hier aber, also wenn wir es mit einem immer wieder zu Fall kommenden Kinde Gottes zu tun haben, muß die Warnung und Ermunterung aus dem Wort einsetzen, damit ein solcher Gläubiger nicht alles einbüßt, was er in der Ewigkeit haben könnte, und nur wie durch Feuer gerettet wird - ja, gerettet! verloren geht kein wahres Kind Gottes, keins Seiner Schafe nach den eigenen Worten des Herrn Jesu in Joh. 10,27-30, auch wenn leider jene armselige, schrittwidrige Behauptung immer wieder aufgestellt wird! - Dies Gerettetwerden wie durch Feuer ist etwas sehr Ernstes; möchte keiner von uns, die wir dies lesen, dieser Art Endrettung durch Unwachsamkeit und Ungehorsam verfallen, möchten wir lieber einen reichlichen Eingang haben! (2. Petr. 1,11; vgl. Frage 8, Bd. l [1913].)

Wie wichtig ist doch der Gehorsam für uns, und zwar gegen jede erkannte Schriftwahrheit, mag sie auf dem Gebiet der Lehre liegen oder auf dem des praktischen Lebens, auf die Absonderung vom religiösen Bösen Bezug haben oder auf die von den fleischlichen Befleckungen in irgend einer Form! 2. Kor. 6,14 - 7,1.

Möchten wir alle unseren herrlichen HErrn, der uns mit Seinem kostbaren Blut erlöst hat, und unseren Gott und Vater ehren durch einen Wandel im Geist (Gal. 5,16.25), indem wir stets, ohne auf Menschen und Umstände zu blicken, bereit sind, in allem gehorsam zu sein Seiner Stimme! Dadurch ist uns schon für diese Zeit verbürgt: Frieden wie ein Strom (Jes. 48,18; Joh. 14,20-27), und einst reicher Lohn für die Treue, dann, wenn der HErr kommt (1. Kor. 4,5; Offenb. 2 und 3; 22,12).

Geleitsworte an den Leser:

Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesum Christum als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der Er vermag, auch alle Dinge Sich zu unterwerfen.“ Phil. 3,20.21.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

Frage 28

War das Verhalten des Paulus in Apostelgesch. 21,20-26 göttlich richtig, vorzüglich im Vergleich zum Galaterbrief? Können Gläubige, die mit schriftwidrigen, religiösen Sitten nicht brechen wollen, ihr Verhalten mit dem des Paulus entschuldigen?

Antwort A

Auf den ersten Blick ist es undenkbar, daß Paulus, der Bekämpfer des Gesetzes, sich einem so eigentümlichen jüdischen Brauch, wie dem des Nasiräars unterwarf. Aber bei näherem Zusehen haben wir vergleichbare Gegenstücke dazu in Apgesch. 16,3 und 18,18. Es scheint, als ob Paulus sehr viel daran gelegen war, zu einem guten Einvernehmen mit den Judenchristen zu kommen. Darum verfährt er in allen diesen Fällen nach dem Grundsatz, den er 1. Kor. 9,19-23 aufstellt: „Ich bin allen alles geworden, auf daß ich auf alle Weise etliche errette“ (V. 22). Wenn wir nun obiges Handeln mit der Stellung des Paulus im Galaterbrief vergleichen, dürfen wir annehmen, daß Paulus, soweit es die Wahrheit zuließ und der Heilige Geist ihn leitete, die Wahrheit in Liebe festhielt und dabei ohne Preisgabe der Wahrheit jedermann etwas werden konnte. Wenn wir z. B. die Beschneidung des Timotheus (Apgesch. 16,3) betrachten, so war dies eine Handlung, um den jüdischen Vorurteilen entgegenzutreten und um dann um so ungehinderter unter den Judenchristen arbeiten zu können. Sicher eine Handlung, die unter der Leitung des Geistes geschehen war. Ebenso klar handelte er aber auch, wenn er später bei Titus das Gegenteil tat (Gal. 2), ihn also nicht beschnitt. Auf der einen Seite ein Handeln in der Freiheit, die sich allem unterordnen kann nach 1. Kor. 9,20: „Ich bin den Juden geworden wie ein Jude, auf daß ich die Juden gewinne,“ und auf der anderen Seite ein Festhalten an der erkannten Wahrheit und ein klares Handeln im Sinne von Röm. 3,28.29: „Denn wir urteilen, daß ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke. Oder ist Gott der Gott der Juden allein, nicht auch der Nationen?“ Hier wollte Paulus durch das Bekenntnis Verwirrungen entgegentreten. Auf beiden Seiten ist das Handeln des Apostels ein durchsichtiges und göttliches. Aus der Liebe zu den Juden und zu ihrem Heile kann er ein Jude sein und sich ihren Anschauungen anpassen und mit ihrem Empfinden rechnen, und wenn er sich am Sabbat unter ihnen befand, äußere Arbeiten unterlassen um der Liebe willen, ohne dabei durch das Gesetz des Sabbats gebunden zu sein. Wenn aber judaisierende Lehrer auftreten und den Heidenchristen die Beschneidung aufzwingen wollen und die Gemeinde mit Gesetzen zu belasten versuchen, um ihnen damit eine vollkommenere Stellung und eine größere Gerechtigkeit vor Gott zu verschaffen, so kann er ihnen auf das äußerste widerstehen um der Wahrheit willen. Es war beides ein Handeln in der Freiheit des Christus nach Joh. 8,36.

Wenn nun dieses klare und durchsichtige Handeln des Paulus hin und her von solchen Gläubigen, die wider besseres Wissen und undurchsichtig handeln und mit schrittwidrigen, religiösen Sitten nicht brechen wollen, als Entschuldigungsgrund herangezogen wird, so ist dies eine Ausnutzung der Freiheit zum Deckmantel der Bosheit (1. Petri 2,16). Hüten wir uns deshalb auf der einen Seite, solchen Menschen, die die Gnade erfahren haben, durch gesetzliches Handeln den Weg des klagen Evangeliums zu erschweren, auf der anderen Seite aber auch, durch falsches Nachgeben solchen, die aus Scheingründen, wider besseres Wissen, mit sogenannter Religion oder dem „Wandel nach väterlicher Weise“ nicht brechen wollen, den Weg zu ebnen oder gar auf Kosten der Wahrheit zu verbreitern. Beides ist aus dem Handeln des Paulus nicht herauszulesen. Jedenfalls kann man sich, wenn das Handeln schriftwidrig ist und gegen die Wahrheit verstößt, nicht mit dem Apostel

wenn das Handeln schriftwidrig ist und gegen die Wahrheit verstößt, nicht mit dem Apostel entschuldigen, der allezeit vor dem HErrn wandelte und gerade am Schluß des Galaterbriefes von sich sagen konnte: „Ich trage die Malzeichen des Herrn Jesu an meinem Leibe.“ Vielmehr fällt ein solches Handeln unter das Wort Jesu Luk. 12,47! - Jedes Sichbefreien sowohl vom Bösen als auch vom Schriftwidrigen und von religiösen Sitten ist ein Beweis dafür, daß wir in der Neuheit des Lebens wandeln durch den Heiligen Geist, den uns Gott gegeben hat. „Denn für die Freiheit hat uns Christus frei gemacht“ (Gal 5,1).

Ph. W.

Antwort B

Es sind zwei Fragen, die beAntwortet werden müssen, wir wollen beide auseinanderhalten, da wir dann am ehesten Licht erhalten können.

Zuerst also das Verhalten des Paulus in Apgesch. 21. Was tat Paulus dort? Paulus befindet sich nach seiner dritten größeren Evangelisationsreise in Jerusalem (V. 17). Dort geht er zu Jakobus am zweiten Tage seiner Ankunft (V. 18). Während nun die Ältesten alle versammelt sind, erzählt Paulus, was Gott durch seinen Dienst unter den Nationen gewirkt hat. Alles lobt darüber den HErrn. Jetzt sagen die Ältesten zu Paulus: Lieber Bruder Paulus! Mehrere tausend gläubiggewordener Juden, die Eiferer des Gesetzes sind, sind über dich berichtet worden, daß du lehrst die Juden, die unter den Nationen leben, von Moses abfallen, indem du sagst, sie sollen ihre Kinder nicht beschneiden und nicht nach dem Gesetz wandeln. Da es nun nicht verborgen bleiben kann, daß du angekommen bist, so geben wir dir einen Rat: Beweise den Juden, daß du auch einhergehst und wandelst nach dem Gesetz, indem du dich mit vier Männern, die ein Gelübde getan haben, heiligst und die Kosten an sie wagst. Paulus tut das nun auch (V. 26) und erfüllt die gesetzlichen Vorschriften, wie sie das Nasiräergesetz in 4. Mose 6 verlangt. Ein danach Handelnder aß sieben Tage lang nichts, was vom Weinstock kommt, ließ das Haar nicht scheren und verunreinigte sich an keinem Toten. - Wenn es also darauf ankommt, festzustellen, ob Paulus dem Worte Gottes gemäß gehandelt hat, so muß ohne Zweifel die Antwort Ein „Ja“ sein. Sein Handeln war göttlich richtig, wenn es sich um das Gesetz und um ihn als Juden handelt. Im Vergleich zum Galaterbrief jedoch machte der Apostel Christi hier dem Gesetze Zugeständnisse, die nicht unbedingt nötig waren. Gewiß hatte der Apostel hier wie auch Apgesch. 16,3 sein Wort 1. Kor. 9,20 verwirklichen wollen. Er wurde denen, die unter Gesetz waren, als einer unter Gesetz, den Juden als ein Jude, um sie für Christus zu retten, um sie zu gewinnen. Keineswegs trieb ihn die Furcht vor den Juden zu diesem Schritt. Nein, nur der Gedanke, seine Volksgenossen für den Messias zu gewinnen, beherrschte ihn, denn daß er keine Furcht kannte, geht aus seiner Lebensschilderung in der Apostelgeschichte zur Genüge hervor. Auch nicht das Bestreben, der fanatischen Rache der Juden zu entrinnen, hatte er, denn daß er zum Leiden nach Jerusalem zog, hatte man ihm vorher mehrere Male geweissagt. Es ist also meiner Erkenntnis nach hier einer von den Fällen, in denen Männer Gottes entgegen dem durch sie geoffenbarten Gotteswillen handeln und dadurch den Beweis liefern, daß große Leute auch fehlen (Ps. 62,10; Luth.). Paulus selbst nimmt ja für sich an keiner Stelle seiner Schriften die Unfehlbarkeit des Handelns in Anspruch, ja, er sagt sogar, daß es ein Leichtes für ihn sei, von Menschen gerichtet oder verurteilt zu werden (1. Kor. 4,3). Keineswegs ist meine Ansicht ein Urteil über den großen Apostel, es handelt sich eben nur um eine Ansicht, und ich würde mich herzlich freuen, wenn ein anderer Bruder vermöge seiner ihm vom HErrn geschenkten Erkenntnis uns den Nachweis lieferte, daß Pauli Verhalten hier voll und ganz mit

HErrn geschenkten Erkenntnis uns den Nachweis lieferte, daß Pauli Verhalten hier voll und ganz mit dem Galaterbrief übereinstimmte.

Die zweite Frage an dieser Stelle muß mit einem runden glatten „Nein“ beAntwortet werden. Leute, die an schriftwidrigen, religiösen Sitten festhalten, nachdem sie die Schriftwidrigkeit derselben klar erkannt haben, können sich nicht mit Paulus an dieser Stelle einsmachen, denn hier bei Paulus handelt es sich nicht un schriftwidrige, religiöse Sitten, sondern um göttliche Anordnungen. Schriftwidrige Sitten, auch wenn sie religiöser Natur sind, gehören zum Götzendienst, und das steht fest, daß der religiös gefärbte Götzendienst ein viel größeres Hindernis für den Heiligen Geist bedeutet als der krasse weltliche Götzendienst.

A. C. (im Felde).

Antwort C

Beide Fragen sind zweifellos mit einem entschiedenen „Nein“ zu beAntworten.

Paulus war sieben Tage in Tyrus, woselbst ihn die Jünger durch den Geist warnten, nach Jerusalem zu gehen (V. 4). Bald darauf kam er nach Cäsarea in das Haus des Philippus (V. 8), woselbst ihm zum zweiten Male durch den Propheten Agabus, gleichfalls durch den Heiligen Geist, eine Warnung zuteil wurde (V. 11). Im Anschluß daran erlebte Paulus eine dritte Warnung durch die Gläubigen im Hause des Philippus (V. 12).

Dies alles hätte Paulus bestimmen sollen, nicht nach Jerusalem zu gehen. Trotzdem geht er den Weg, betreffs dessen dreimal versucht wurde, daß er von ihm abstehe. So gewiß der Weg nach Jerusalem seitens Paulus in guter Meinung geschah, so gewiß war es aber auch ein eigener Weg, auf dem er dementsprechende Erlebnisse zu erwarten hatte. Auf allen eigenen Wegen werden dementsprechende Erlebnisse gemacht!

In Jerusalem geht zunächst alles gut, was die Aufnahme bei den Brüdern betrifft. Der Rat der Brüder war jedoch ein falscher, und Paulus wahrte nicht den Charakter eines Dieners Christi, er wurde schwach und ging auf den falschen Rat der Brüder ein.

Der Schlüssel zu der sehr bemerkenswerten, aber traurigen Begebenheit liegt in Vers 23: „Tue nun dieses, was wir dir sagen!“ Es war die gute Meinung der Brüder, die lebhaft an die gute Meinung des Petrus erinnerte, als er den HErrn auffordert, Sich zu schonen (Matth. 16,22). Petrus bewegte sich bei seiner guten Meinung nicht in den Gedanken Gottes, ebensowenig bewegten sich die Brüder in Jerusalem bei ihrer guten Meinung in den Gedanken Gottes. Sie erwarteten, daß durch das Verhalten des Paulus „alle erkennen würden ...“ (V. 24), und vergaben ganz den Grundsatz von der engen Pforte, dem schmalen Weg und den Wenigen, die darauf wandeln. Die Gläubigen in Jerusalem wollten etwas „machen“, sie wollten, wie auch so manche Brüder in unseren Tagen, eine „Erweckung“ machen. Dazu sollte Paulus herhalten und sich im Tempel zeigen. Paulus auf seinem eigenen Wege ist schwach und geht auf die Ratschläge der „lieben“ Brüder ein.

Die Brüder und Paulus erleben eine gründliche Enttäuschung. Es ereignet sich gerade das Gegenteil von dem, was erwartet wurde. Es wurde erwartet, daß alle erkennen sollten, statt dessen werden alle aufgeregt und dies noch, ehe die sieben Tage vollendet waren. - Gott ließ es nicht zu, daß der Plan der Brüder und des Paulus ganz ausgeführt wurde. Noch ehe die sieben Tage vollendet

daß der Plan der Brüder und des Paulus ganz ausgeführt wurde. Noch ehe die sieben Tage vollendet waren, gibt es ein großes Geschrei von wegen „der heiligen Stätte“, die durch Paulus „verunreinigt“ - wurde, und Paulus wird gegriffen und kommt dahin, wohin er gehörte,- außerhalb des Tempels (V. 30!).

Zweifellos hat Paulus diese Lektion verstanden, das zeigen uns manche Stellen in später von ihm geschriebenen Briefen, so z. B. Kol. 2,16-23!

Der zweite Teil der Frage erhält eine klare Antwort Durch obige Stelle oder solche wie 2. Thess. 3,6: „Wir gebieten euch aber, Brüder, im Namen unseres Herrn Jesu Christi, daß ihr euch zurückziehet von jedem Bruder, der unordentlich wandelt, und nicht nach der Überlieferung, die er von uns empfangen hat.“

Unter „unordentlich“ ist hier nicht das moralisch Böse zu verstehen, sondern die Anordnung der Überlieferung, dem Worte Gottes, den Ordnungen im Hause Gottes gegenüber (vergl. 1. und 2. Tim.!).

Es muß tief schmerzlich berühren, wenn in so vielen Fällen auf Grund ungöttlicher, vermeintlicher und weichlicher „Honigliebe“ dies klare und präzise Wort, dieses „gebieten“ nicht beachtet wird (vergl. Gal. 2,14!).

Jedenfalls können Gläubige, die mit schriftwidrigen, religiösen Sitten nicht brechen wollen, ihren Eigensinn und ihren Ungehorsam nicht mit Apgesch. 21,20-26 entschuldigen, sie müssen vielmehr dortselbst eine sehr ernste und warnende Belehrung finden! Auch wäre es gut, wenn solche Gläubige 1. Sam. 15,23 lesen wollten, woselbst festgelegt ist, daß Widerspenstigkeit und Eigenwille gleichbedeutend ist mit Abgötterei und Götzendienst.

W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wir freuen uns über obige drei Antworten, trotzdem - nein, gerade weil zum ersten Teil der Frage verschiedene Standpunkte zur Darstellung gekommen sind, sind doch über diese Stelle tatsächlich die entgegengesetzten Urteile unter sonst in vielen Dingen durchaus gleichdenkenden Brüdern vorhanden.

Wir persönlich stimmen mit der besonders in der letzten Antwort Ausgesprochenen Überzeugung überein, daß also das Verhalten des Paulus in Apgesch. 21 nicht als göttlich richtig anzusehen ist und der erhabenen Stellung, die er in dem (vorher geschriebenen) Galaterbrief vertritt, nicht entspricht. Da unser Hauptgrund in Antw. B u. C aber nicht besonders genannt ist, so führen wir hierzu noch einiges aus.

Es ist mehrfach hingewiesen auf 1. Kor. 9,19-23, auf diese Stelle, die von dem Worte ungehorsamen Gläubigen gern in Anspruch genommen wird, um ihr trauriges Verhalten zu decken, gerade als ob Paulus jemals eine der ungezählten schriftwidrigen Anordnungen etwa der heutigen Staatskirchen mitgemacht haben würde, um etliche Menschen aus diesen zu gewinnen! Nimmermehr! Aber die alttestamentlichen, also göttlichen Anordnungen des Gesetzes konnte er unter Umständen beobachten, um seinen stammverwandten Volksgenossen das Evangelium nahe zu bringen. Niemals

hätte er etwa sich unter philosophische oder religiöse Systeme der damaligen oder jetzigen Zeit, die ja nichts zu tun haben mit ehemals göttlichen Anordnungen, gebeugt (vergl. 1. Kor. 1!), und damit das Kreuz, das Ende des Menschen im Fleisch, verleugnet. Aber dem Gesetz - göttlich in seiner Entstehung und seiner Bedeutung - konnte er sich beugen, gelegentlich, unter bestimmten Voraussetzungen. Das beweist Apgesch. 16,3 und hierüber ist in Frage 17, Band ll (1914) näheres ausgeführt.

Aber ganz anders verhielt sich unseres Erachtens die Sache in Apgesch. 21. Was sollte sein Handeln gemäß dem Nasiräat beweisen? „Daß nichts an dem ist, wessen sie über dich berichtet sind, sondern, daß du selbst auch in der Beobachtung des Gesetzes wandelst“ (V. 24). Sein Handeln sollte etwas beweisen, was 1. nicht wahr war und 2. dem bisherigen Wege des Paulus, seiner Lehre, seinem Leben, seiner Treue ins Gesicht schlug (vergl. nur Gal. 2

und Phil. 3,2-10!). Paulus, der Galaterbrief, und ein Leben, ein Wandeln in der Beobachtung des Gesetzes - unüberbrückbare Gegensätze!

Gewiß haben wir kein Recht, Paulus zu verurteilen, aber das Wort ist uns gegeben, um aus demselben für unser eigenes Leben richtige Beurteilungen zu treffen (vergl. 1. Kor. 10,15!), und so müssen wir sagen: seien wir ängstlich davor, uns auf eigene Wege zu begeben, oder wenn man nicht zugeben möchte, daß Pauli Weg nach Jerusalem ein eigener gewesen sei - seien wir vorsichtig, ja, mißtrauisch den gutgemeinten Ratschlägen derer gegenüber, die im Zusammenhang mit von Gott nicht oder nicht mehr anerkannten Systemen (besonders menschlichen) stehen, überhaupt menschlichen Ratschlägen gegenüber, wenn sie nicht mit dem Worte belegt werden! Paulus begab sich auf diesen gefährlichen Boden und wurde in diesem einen Fall unfähig, obige Worte von Vers 24 sofort auf ihren Unwert hin zu durchschauen und der ihm vom Feind gelegten Schlinge zu entgehen. Aber der HErr ließ Seinen fehlenden Knecht nicht im Stich und leitete alles so, daß Sein Name verherrlicht wurde. Er sei gepriesen dafür!

Auf den zweiten Teil der Frage gingen wir schon oben etwas ein, und die obigen Antworten sind in dieser Hinsicht klar genug! Noch ein Wort! Wir glauben nicht, daß von den menschlichen Systemen schon gelöste Gläubige einen göttlichen Weg gehen, wenn sie etwa an „kirchlichen“ Feiern bei irgendwelchen Gelegenheiten (wie etwa Trauungen, „Taufen“, Konfirmationen) als Gäste teilnehmen, um dadurch „keinen Anstoß zu erregen“ oder gar den noch darin gebundenen Gläubigen zur Freiheit zu verhelfen, oder aus (falscher) Pietät vor dem Althergebrachten. Sicher steht es keinem von uns zu, Gläubigen darin Vorschriften zu machen oder ihnen das zum Gesetz zu machen, was wir selbst tun. Hüten wir uns davor, uns für andere zum Gewissen zu machen! Aber, geliebte Geschwister, hüten wir uns auch davor, im ungleichen Joch mit Ungläubigen zu sein (2. Kor. 6,14ff.)! Wir tun dadurch keinen göttlichen Dienst, so gut wir es auch meinen. Der klarste, reinste, entschiedenste Weg nach dem Wort, innerlich und äußerlich, ist auch der göttlich gesegnetste, wie uns das Sendschreiben an Philadelphia im Vergleich mit dem an Sardes und an Laodicea zeigt (Offenb. 3!). Möchten wir doch auch verstehen: Es kommt nicht auf äußeren Erfolg an, sondern auf Frucht, göttlich gewirkte „Frucht, die da bleibt“ (Joh. 15,16!). Die findet sich auf dem Wege der Treue gegen Sein Wort! (Luk. 19,12ff. u. a.)

Frage 29

Wenn ein Mensch „in Christo“ überrascht wird vom Tode in einer Zeit, in der er nicht in bewußter Glaubensverbindung mit dem HErrn stand, ist er dann nicht „in Christo entschlafen“ (1. Thess. 4,14)?

 

Antwort A

„Wer zu Mir kommt, den will Ich nicht hinausstoßen!“ Auf Grund dieses möchte ich die Frage zu 1. Thess. 4,14 beAntworten; dazu kommt noch das Gewaltige, was Joh. 10,27-30 steht, wo es einmal heißt: „Ich gebe ihnen das ewige Leben,“ zweimal aber: „Niemand wird (kann) sie aus Meiner Hand reißen.“

Demzufolge steht es fest, daß das Leben Seiner Kinder, zumal zur Zeit des Heimholens, ganz in der Hand des Vaters steht, daß, ob ein Kind Gottes in bewußter Glaubensverbindung stand oder nicht, ja, ob mit Verstand oder ohne Verstand, ob mit Gefühl oder ohne Gefühl, es vor allem auf Gottes Gnade ankommt, Dessen Arme weit offen stehen, um dasselbe, das von Engeln sicher hinaufgeleitet wird durch die Scharen der feindlichen Gewalten, die Ihm zuwider sind, aufzunehmen, dort, wo kein Leid ist noch Geschrei, wo der HErr Selbst die Tränen trocknen wird, wo Freude und Seligkeit sein wird immerdar.

„Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christum,“ sagt Paulus 1. Kor. 15,19, „so sind wir die elendesten unter allen Menschen“. Denn es gibt kein Kind Gottes, das nicht gezüchtigt worden, das nicht durch große Trübsale, zumal in dieser schweren Zeit, gegangen wäre. „So ihr die Züchtigung erduldet,“ wie es Hebr. 12,7 heißt, „so erweist Sich Gott euch als Kindern“. Und der Vater weiß, was Er Seinen Kindern tut, zumal wie Er dieselben heimzuholen hat (2. Tim. 1,12).

Allerdings geht Er bei manchen so wunderbare Wege, daß wir sie nicht verstehen, sondern daß unsere Augen zeitweilig gehalten werden, wie bei den Jüngern zu Emmaus, bis Er sie uns öffnet und wir Ihn Selber in Seiner Herrlichkeit erkennen.

Wie häufig ist es gerade in letzter Zeit vorgekommen, daß tiefgegründete Seelen, Zeugen Seiner Gnade in Wort und Werk, in der schwersten Heimsuchung, die eins Seiner Kinder treffen kann, hinaufgegangen sind, nämlich als sie sich in geistiger Umnachtung befanden. Da heißt es für uns: „Selig ist, wer sich nicht an Mir ärgert.“ Gott hat Seine Ehre und das Wohl aller Seiner Kinder stets im Auge. Vielleicht geschieht letzteren solches, daß eins aus ihrer Mitte auf solche Weise heimgeht, damit sie sich nicht zu sehr an einen Menschen klammern, der ihnen das Wort übermittelt hat, sondern daß sie von demselben loskommen und allein auf Den schauen, der Sein Leben für sie gelassen hat, und für ersteren tut Er solches, um ihn im tiefen Tale der Demut zu erhalten und durch solchen Leidensweg Den zu verherrlichen, der ihm durch die größte Marter und Pein als das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trug, vorangegangen ist.

Jedenfalls steht das Leben Seiner Kinder ganz besonders in der Hand des Vaters. Kann doch nicht ein Härlein von ihren Häuptern ohne Seinen Willen fallen, viel weniger können sie ohne Seinen Willen aus diesem Leben gerufen werden. Er, der in Seinem Sohne Menschen Sich zu Eigen machte, - weiß sie auch Sich zu erhalten.

„Niemand wird sie aus des Vaters Hand reißen.“ Ihm sei Lob und Anbetung in Ewigkeit!

L. Th.

Antwort B

Bei der BeAntwortung dieser Frage dürfte in Betracht zu ziehen sein, daß, nach manchen klaren Stellen der Schrift, es hinsichtlich der Errettung und des Lohnes eine verschiedene Sache ist.

Die Errettung geschieht selbstverständlich auf dem Boden der Gnade, jedes Tun des Menschen ist dabei ausgeschaltet. Der Lohn dagegen gründet sich auf die Treue im Glaubensleben, auf die Treue in der Zeit, die mit der Neugeburt beginnt und das ganze weitere

Leben einschließt. So ist beispielsweise in 2. Petri 1,11 von einem reichlichen Darreichen hinsichtlich des Eingangs in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesu Christi die Rede, und dies unter gewissen Bedingungen, die, wo sie fehlen, das reichliche Darreichen schmälern.

Insbesondere aber mag 1. Kor. 3,11-15 die hier schwebende Frage beleuchten. Dort ist folgendes festgestellt:

1. Es gibt nur einen Grund, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus, wie der HErr Selbst sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit, das Leben. Niemand kommt zum Vater, als nur durch Mich“ (Joh. 14,6).

2. Auf diesen einen Grund kann aber verschiedentlich gebaut werden; es kann ein Bau aufgeführt werden von Gold und Silber, ein solcher von köstlichen Steinen, aber auch ein solcher von Holz, Heu und Stroh. Alles, was nicht dem Bauplan, dem Worte Gottes, entspricht, ist minderwertig.

3. Jedes Bauwerk wird offenbar gemacht werden an jenem Tage, von dem die Schrift spricht als in Verbindung mit dem Richterstuhl des Christus (2. Kor. 5,10), an welchem jeder empfängt, was er in dem Leibe getan hat, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses (ein Bau von Gold oder von Stroh).

4. An jenem Tage wird als feststehende Tatsache ans Licht gezogen werden, daß etlicher Werk bleiben wird, und im Gegensatz dazu, daß etlicher Werk verbrennen, also als nichtig und wertlos erscheinen wird.

5. Das bleibende Werk bringt Lohn mit sich, das verbrannte Werk zieht Schaden nach sich.

6. Der Schaden Leidende wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer, daß heißt, er kommt mit leeren Händen an, und von Lohn kann bei ihm keine Rede sein.

Damit ist der Schwerpunkt der gegenwärtigen Frage berührt. Die Schrift redet von der Möglichkeit einer vollen und ganzen Errettung (auf Grund des Werkes Christi, auf Grund der Gnade), wobei jedoch der Gerettete Schaden leiden kann, d. h. keinen Lohn empfängt (infolge seiner persönlichen Untreue). Ein Mensch „in Christo“ wird auf jeden Fall „in Christo entschlafen“ (wenn er überhaupt vom Tode erreicht wird). War aber dieser Mensch „in Christo“, oder dieser „in Christo Entschlafene“ nicht treu, so ist das eine Sache für sich, die an dem Tage des Richterstuhles des Christum ihre Erledigung findet.

W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Die obigen Antworten beleuchten die Frage nach verschiedenen Seiten hin. Es ist gut, daß unser „in Christo Entschlafen“ nicht abhängt von unserem Zustand im Augenblick des Todes, sondern von unserer objektiven, von Gott aus gesehenen Stellung in Christo (vergl. Eph.-Brief!), d. h. also davon, ob Gott uns als Sein Eigen in Seinem Sohn anerkennt. Wäre das Entschlafen in Ihm abhängig von unserem jeweiligen Zustand, wie schrecklich wären dann unsere Brüder im Felde daran, die, wie wir von manchen wissen, in Augenblicken furchtbarster Kämpfe und höchster Todesgefahr durchaus nicht immer imstande sind, bewußt an den HErrn zu denken oder sich in Ihn zu versenken im Gebet oder in Freude des Heiligen Geistes, sondern die eben Kämpfen und im Dienst des Vaterlandes wirken mit ganzer Kraft, wie die Stunde es erheischt. Aber sie sind darum nicht weniger in Seiner Hand, auch wenn Er sie plötzlich abruft, wie jene, die durch göttliche Zulassung als Gläubige in der Nacht des Irrsinns sich ein Leid antun, oder wie wir alle, wenn wir im leiblichen Schlaf liegen und also auch kein bewußtes Leben führen. Wer Sein Eigen, ein Schaf Seiner Weide ist, bleibt Sein Eigen in der Stunde des Todes sowohl wie in jenem seligen heißersehnten Augenblick, da der HErr die Seinen ohne Tod heimholt bei Seinem Kommen, das wir täglich erwarten dürfen, das aber nicht abhängig ist von unserem Zustand, auch nicht dem der Gemeinde, sondern, als Abschluß der Erlösung, von Ihm allein (vergl. Frage 24!)! - Es ist natürlich sehr traurig, wenn ein Kind Gottes nicht Seiner Berufung gemäß wandelt (vergl. Frage 27!), aber das hindert nicht, daß es, wenn es stirbt, in Christo entschläft; aber wie Antwort B schon sagt, sein Lohn vor dem Richterstuhl wird geschmälert. Wer errettet ist durch die Gnade mittels des Glaubens an den gestorbenen und auferstandenen Heiland (Eph. 2,8; 1. Thess. 4,14!), hat schon jetzt einen Sitz in den himmlischen Örtern in Christo Jesu (Eph. 2,5.6). Das ist sein ewiges Teil, unabhängig von seinem späteren mehr oder minder treuen Verhalten, so wichtig dies in anderer Hinsicht auch ist. - Augenblick für Augenblick auch in strammster Berufstätigkeit in „bewußter“ Glaubensverbindung mit dem HErrn stehen wollen könnte übrigens leicht zu Gesetzlichkeit und Unfreiheit führen - Kennzeichen einer unbiblischen Heiligung, d. h. Selbstheiligung. Wohl aber kann und soll jeder Gläubige sein Leben „aus Glauben“ führen, in Glaubenverbindung mit dem HErrn leben (Röm. 14,8.23). Ein treues Kind Gottes wird morgens und abends, auch oft im Laufe des Tages bewußt mit dem HErrn verkehren, viel innerliche Gemeinschaft mit Ihm pflegen und dabei Gnade bekommen zur rechtzeitigen Hilfe (Hebr. 4,16) und somit in ungetrübter Glaubensverbindung mit dem HErrn stehen, und wenn sie durch eigene Schuld getrübt ist, das Hindernis schnell aus dem Wege räumen (1. Joh. 1,9). Aber ebensowenig wie man sich in jedem Augenblick bewußt sein muß, daß man lebt, künstlich Atmungsbewegungen zu machen bestrebt usw., ebensowenig soll man sich künstlich in jedem Augenblick in bewußtes Glaubensleben hineinsteigern. Vor allein ist das Entschlafen in Christo nicht von dem bewußten Glaubensleben abhängig, sondern von dem Glauben, d. h. dem im Glauben an Christo Stehen, dem „in Christo Sein“! Gott sei Preis, daß es so ist!

Frage 30

Ich bitte um eine praktische Erklärung von Kol. 2,20-23, insonderheit von V. 21.22!

Antwort A

Durch die Fürsorge des HErrn durfte Paulus als Gebundener aus dem Gefängnis heraus die Kolosser

einführen in das Geheimnis des Christus und durfte ihnen die ganze Errettung und die Offenbarwerdung in Herrlichkeit zeigen. Diese Stellung war wie jede Stellung in Christo auch mit allerlei Kampf verbunden, durch den die Kolosser gehen mußten. Aber auch nach dieser Seite hin sollte ihnen der Ertrag des Werkes Christi voll und ganz zugute kommen, denn hier an dieser Stelle setzt die Gnade ein, um einen Triumph zu feiern und den völligen Sieg, den Christus auf dem Kreuze errungen hat, den Gläubigen zu schenken. Nachdem Er, der Sohn Gottes, Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes (Kol. 1,20) und durch Seinen Tod und Auferstehung eine neue Ordnung hergestellt hatte, war die entgegenstehende Handschrift (Schuldbrief) ausgetilgt, Satzungen und alles, was mit Religion verbunden war, hatten ein Ende genommen. Das Haupt, der Christus, hatte alles vollbracht, so daß Schatten oder Vorbilder und Satzungen, wie sie im Alten Bunde vorhanden waren, vollständig beiseite gesetzt waren und in Ihm die Erfüllung gefunden hatten. Der neue Boden, den die Kolosser betreten hatten, war nicht nur Leben, sondern auch Freiheit und Herrlichkeit. Sie hatten Christus den HErrn empfangen und sollten nun mit Ihm wandeln und in Ihm gewurzelt sein. Ihr Grund war die Festigkeit des Glaubens an Christus (Kol. 2,5). In dieser herrlichen Stellung ist der Blick weggerichtet von dem, was Menschen aufrichten, ob der Schein auch heilig oder religiös sein mag. Der Gläubige sinnet in dieser Stellung auf das, was droben ist, und erwartet das Offenbarwerden in Herrlichkeit (Kol. 3,1-4). Hier ist nun die Stelle, wo der Betrug des Feindes und das Aufrichten von Satzungen und eine neue Bindung durch Formen und Gesetze einsetzt. Durch gesetzliche Speiseverbote und durch Halten von Dingen, welche mit Christus hinweggetan waren, wollten etliche, die als Scheinfromme auftraten, aber Verführer waren, die anderen betören, daß sie dadurch eine größere Heiligkeit erlangen würden. Ähnlich wie schon 1. Mose 3,5 die Stimme des Feindes lautet: „Ihr werdet sein wie Gott,“ so geht der Betrug des Feindes zu allen Zeiten seinen Weg, um die Gläubigen um den Ertrag des Werkes Christi zu betrügen und ihnen ihre herrliche Stellung streitig zu machen. Es ist dies der zu Eingang erwähnte Kampf. Ein Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen Fleisch und Geist. Merken wir auf, dann werden wir finden, daß diese Gefahr, vor der Paulus die Kolosser warnt, gerade in unseren Tagen im Vordergrund steht und mit ein Kennzeichen der toten Form unter der bekennenden Christenheit ist. An Stelle des Werkes Christi für uns hat sich der Mensch eine zur toten Form gewordene Religion gemacht. Matth. 15,9.17.18 zieht der HErr hierfür schon eine scharfe Scheidegrenze, und Gal. 4,9 muß Paulus vor der gleichen Gefahr warnen, ebenso gibt der Apostel seinem Timotheus in dieser Beziehung eine klare Weisung 1. Tim. 4,1-8. Also will uns diese Schriftstelle sagen, daß wir mit keinerlei Satzungen und Systemen, mögen sie noch so fromm und religiös erscheinen und dem Fleisch angenehm sein, irgend etwas gemein haben sollen. Vielmehr sollen wir uns unserer herzlichen Stellung bewußt sein: Auferweckt mit Christo und sinnend auf das, was droben ist. Gleichzeitig nach oben und nach unten blicken bezeichnet man im gewöhnlichen Leben mit Schielen, und Schielen ist Unnatur. Deshalb die ernste Mahnung des Paulus: „Wenn ihr mit Christo von den Elementen der Welt weggestorben seid, was laßt ihr euch Satzungen auflegen, als lebtet ihr noch in der Welt?“ (V. 20.) Unsere Stellung ist klar bezeichnet in den Worten: „Daher, wenn jemand m Christo ist, dann ist eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden“ (2. Kor. 5,17).

Ph. W.

Antwort B

Der Kolosserbrief betrachtet die Gläubigen als in der Welt stehend, aber von derselben getrennt

durch den Tod Christi. Nicht die herrliche Tatsache, daß sie „in Christo“ sind, ist hier der Gegenstand, sondern die ebenso herrliche Tatsache, daß Christus in ihnen ist (Kap. 1,27). Er ist die Quelle, der Ausgangspunkt, die bestimmende und wirkende Kraft ihres Lebens hienieden - Er, der gestorben und auferstanden ist, sitzend zur Rechten Gottes; daher sind auch sie in dieser Welt Gestorbene, deren Leben verborgen ist mit dem Christus in Gott (3,3) und deren Herz und Glaubensblick dorthin gerichtet ist, wo Er ist. (3,1.2). Dieses praktisch zu verwirklichen ist die Ermahnung, die sich durch den Brief hindurchzieht und auch in den in der Frage angegebenen Versen sich an uns richtet.

„Welt“ ist ein verschiedenseitiger Begriff. Im Kolosserbriefe ist es nicht die Welt im Sinne von Joh. 1,9.10; 3,16.17 usw., auch nicht eigentlich im Sinne von 1. Joh. 2,15-17, obwohl wir selbstverständlich auch der „Welt und ihrer Lust“ gegenüber unser Gestorbensein verwirklichen sollen, sondern es sind hier die „Elemente der Welt“, um die es sich handelt - menschliche Weisheit und menschlicher Wille, und zwar in bezug auf Gott und göttliche Dinge (2,8.18), und die Frucht von beiden: Überlieferung von Menschen; Gebote und Lehren der Menschen (2,20-23).

Der Mensch ist so sehr geneigt, in äußeren Dingen, dem Sichtbaren und Greifbaren, etwas zu suchen. Solches bot das Judentum in reichstem Maße. Daher kam es, daß sehr bald jüdische Einrichtungen in das Christentum Aufnahme fanden, sowohl auf dem Gebiete des sogenannten „Gottesdienstes“ in seinem äußerlichen Gepränge und gewissen Formen wie auch in bezug auf Speisen und dergleichen. Diese Einrichtungen waren zum Teil im Gesetz Moses für das Volk Israel (nicht für uns) angeordnet, zum Teil aber auch nur „Überlieferung von Menschen“, „Gebote und Lehren der Menschen“ (2,8.22), die sie nach ihrer eigenen Weisheit und ihrem eigenen Willen den göttlichen Vorschriften hinzugefügt hatten (siehe Mark. 7,1-7). Da sie sich in derselben Richtung bewegten wie die göttlichen Vorschriften, hatten sie „einen Schein von Weisheit“ (2,23), in Wahrheit aber gingen sie völlig irre, denn die Dinge, deren Berührung, Genuß und Gebrauch sie verboten, waren „zur Zerstörung bestimmt „durch den Gebrauch“, also von Gott gegeben, um ihrer Bestimmung gemäß verwendet zu werden. Der Nichtgebrauch dieser Dinge - sogar unter Nichtbeachtung berechtigter Ansprüche des Leibes - war deshalb nicht Weisheit, sondern Torheit und Eigenwille, und was Demut zu sein schien, war nur eitles Aufgeblasensein von dem Sinne des Fleisches (siehe V. 18.23).

Das alles sah der Apostel bereits in seinen Anfängen, und er sah die schlimme Weiterentwickelung kommen, denn in 1.Tim. 4,1-3 schreibt er: „Der Geist sagt ausdrücklich, daß in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen werden, achtend auf betrügerische Geister und Lehren der Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden und betreffs des eigenen Gewissens wie mit einem Brenneisen gehärtet sind, verbieten zu heiraten, und gebieten, sich von Speisen zu enthalten ...“ Was der Apostel sah - mit großem Schmerze, wie wir aus Gal. 4,9-20 erkennen können -, ist in vollem Maße eingetreten und besonders in einer der verschiedenen christlichen „Kirchen“ in ausgeprägtester Form vorhanden.

Alle jene Dinge dienen nur „zur Befriedigung des Fleisches“ (Kol. 2,23, Schluß). Es ist eben nur das „Fleisch“, das es mit denselben zu tun hat - der „alte Mensch“ (Röm. 6,6), der „in der Welt lebt“. Mit dem Tode hört jede Beziehung zu denselben auf. Der Tod trennt und befreit davon für immer. Deshalb heißt es an die Gläubigen, für die ja der Tod Christi als Tod ihres „alten Menschen“ gilt und die infolgedessen ihrem „alten Menschen“ nach nicht mehr in der Welt leben: „Wenn ihr mit Christo den Elementen der Welt gestorben seid, was unterwerfet ihr euch Satzungen, als lebtet ihr noch in

der Welt?“ Wir sollen dieses Mitgestorbensein verwirklichen und nicht mehr in Dingen uns bewegen, in denen der Mensch im Fleische Gott zu gefallen sucht. Das gilt nicht nur in bezug auf das Fasten zu gewissen Zeiten und Meiden gewisser Speisen, sondern auch in bezug auf alle anderen Dinge, die „nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht nach Christo“ sind (2,8).

Hierbei konnte die Frage auftauchen, ob an und für sich ein Kind Gottes alles essen darf. Diese Frage ist im Worte Gottes klar bejaht. Das finden wir gleich in Kol. 2. Da heißt es in Vers 16: „So richte euch nun niemand über Speise oder Trank,“ und die Verse 20-23 behandeln ja gerade diesen Gegenstand von dem Standpunkte aus, daß wir als mit Christo Gestorbene nichts mehr zu tun haben mit Verboten betreffs Speisen und dergleichen. Ferner bitte hierzu zu lesen: Röm. 14,14 und 20b; 1. Kor. 10,25.26; 1. Tim. 4,3.4; auch Mark. 7,15.18.19 (vergl. Frage 36, Band l [1913]! Der Herausgeber.). Etwas ganz anderes ist es selbstverständlich, daß wir enthaltsam sein sollen - mäßig in allem und unnötigen Genuß meidend (siehe 1. Kor. 9,25 - 10,22!), sowie ferner auch, daß wir auch auf das, was wir mit gutem Gewissen genießen dürfen, dann verzichten, wenn ein anderer an dem Genusse Anstoß nimmt, wie uns Röm. 14 (siehe besonders V. 13.21); 1. Kor. 8,8-13 und 10,27-29 belehrt und ans Herz legt. - Keineswegs aber soll Vorstehendes ein Kind Gottes veranlassen, gegen seine Überzeugung zu handeln, denn dann würde es sündigen (siehe Röm. 14,23!). „Speise empfiehlt uns Gott nicht“ (1. Kor. 8,8). „Es ist gut, daß das Herz durch Gnade befestigt werde, nicht durch Speisen, von welchen keinen Nutzen hatten, die darin wandelten“ (Hebr. 13,9). „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste“ (Röm. 14,17).

Th. K.

Antwort C

Das „Wenn“ ihr mit Christo gestorben (V. 20) und „wenn“ ihr mit Christo auferstanden seid usw. (Kap. 3,1) sind keine fragenden, zweifelnden „wenn“ in dem Sinne, ob sie es seien, sondern es sind folgernde, bestätigende „wenn“.

Der Apostel zeigt ihnen in den vorhergehenden Versen die großen Tatsachen: 1. Daß der Leib des Fleisches am Kreuze ausgezogen (V. 11), daß sie am Kreuze „mit Christo gestorben“ (V. 20), und so als Menschen im Fleische vor Gott ihr Ende gefunden hatten. Und mehr, daß sie 2. „mit Ihm begraben“, auch das ganze Gebiet der Elemente der Welt - des Lebens des Fleisches - verlassen hatten, und daß sie 3. mitauferweckt durch den Glauben ... als Auferstandene diese Welt wieder betreten als solche, die 4. „mitlebendig“ gemacht mit Ihm, ein Leben mit Ihm besitzen, welches jetzt ihrem Leben den Charakter - die Eigenart - gibt.

Von diesen feststehenden Tatsachen ausgehend fragt er: Wenn sie nun so mit Christo gestorben, begraben, auferweckt und lebend waren, wie konnten sie dann diesen Wirklichkeiten gegenüber so inkonsequent (widersprechend) sein und sich noch Satzungen und Dogmen beugen? Manche Gläubige meinen, daß sie das, was doch gut und fromm aussieht, mitmachen können. Sie sind so an Überlieferungen und Dinge nach väterlicher Weise gewöhnt, daß sie diese nicht fahren lassen möchten und sehen nicht, wie gänzlich unwahr sie dadurch zu jenen großen göttlichen Tatsachen stehen.

Wir lernen hier, wie unvereinbar diese Dinge mit dem Werke und der Person Christi sind. Der Apostel zeigt: Solche Dinge mögen einen Schein von Weisheit und auch Demut haben. Man will mit solchem gesetzlichen Entsagungswesen und Menschenlehren Gott etwas darbringen. Das Fleisch will Gott damit verehren. Es ist ein „Gottesdienst“, wie der Apostel zeigt, in dem sich der Eigenwille, die Aufgeblasenheit des Fleisches und die Selbstbefriedigung versteckt. Gott hat nichts darin. Es ist nicht nur eine Verleugnung des Kreuzes Christi und des Hauptes, sondern auch eine Anerkennung, daß Fleisch Gott dienen könne.

Die ernste Warnung in diesem Kapitel gilt der Einmischung und der Anerkennung des Fleisches. So wenig wie Christus mit der Welt und ihren Elementen zu tun hat, so wenig auch wir. Sein Tod hat jedes Band gelöst. Alles, was den Elementen der Welt angehört, die religiösen Systeme - auch das, was Gott einst in Israel dem Menschen im Fleische gab, alles hat im Kreuze Christi sein Ende gefunden. Ich habe damit so wenig zu tun wie das Haupt, dessen Leib ich angehöre. An diesen Dingen festhalten heißt „das Haupt nicht festhalten“ (V. 19). Der Leib (die Gemeinde) empfängt kein Wachstum von diesen Dingen. Das „Wachstum Gottes“ empfängt der Leib nur vom Haupte aus - aber nicht von den Elementen der Welt.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn diese klaren Antworten nur bei ein paar der geliebten Leser derselben, sofern sie noch in irgendwelchen Systemen dieser Welt innerlich oder auch nur äußerlich gebunden sind, die Folge zeitigten, daß sie sich lösen ließen von den Überlieferungen der Menschen, sie nicht mehr mitmachten (vergl. Frage 28!), so hätte dieses Heft einen wichtigen Dienst getan. Warum soviel Hängenbleiben an diesen von Gott längst gerichteten Dingen? Es gibt viele Scheingründe dafür, die oft ihren tiefsten Grund haben in Menschenfurcht und falscher Menschenliebe (vgl. Frage 28!), wobei die Liebe zu Gott weinen geht! Bruder, Schwester, es gibt vor Gott keinen stichhaltigen Grund für Ungehorsam der Gläubigen gegenüber dem geoffenbarten (und darum für jeden Gläubigen erkennbaren) Willen Gottes! Darum laß, was Ihn nicht ehrt, tue, was Ihn verherrlicht, wenn es auch gilt, dadurch mit Gebräuchen, die man vordem liebte, zu brechen! Dadurch beweisen wir Ihm unsere Liebe (Joh. 14,21ff.; vergl. Röm. 12,1.2 u. a.!). Dadurch helfen wir auch Seinen gegenwärtigen Verwaltungplan (Eph. 3!) praktisch zu verwirklichen: Die Gemeinde, den Leib Christi aufzuerbauen gemäß dem Wachstum Gottes (V. 19). Was gibt es wohl Köstlicheres in unserem Wirken hienieden, als in Übereinstimmung mit Ihm zu stehen, wie Er in Übereinstimmung mit dem Vater steht (Joh. 5,17; 10,30 u. a.)! Wie wirken wir?

Wie klein, niedrig ist die Religion des Fleisches, von der wir hier in Vers 21 und 22 eine Probe haben: Sich beherrschen lassen von Dingen, die durch den Gebrauch ohnehin der Zerstörung anheimfallen! Aber das sind Kennzeichen der Religion des Fleisches: Dinge, die Gott nicht geboten, deren Unwert im Blick auf die Wahrheit, die Ewigkeit Er dargetan hat im Kreuz Christi, aufrichten, sich darunter beugen, sich davon beherrschen lassen, und das, was Ihn verherrlicht, was Er liebt, worin Er Seine Freude hat (z. B. das Zusammenkommen der Gläubigen zum Gedächtnismahl des HErrn oder das praktische Warten aus Sein Kommen nach Offenb. 22,20, oder die Ordnungen Seines Hauses nach den Timotheusbriefen usw.), vernachlässigen oder als „unnötig zur Seligkeit“ abtun! Prüfen wir uns in dieser ernsten gegenwärtigen Zeit, wieviel Er und Sein Wort uns wert geworden sind und ob wir

bereit sind, soviel an uns ist, durch Gnade praktisch zu verwirklichen, daß wir, wie Antwort C zeigt, mit Christo gestorben, begraben, auferweckt und mitlebend sind in einem neuen Leben, in Seinem Leben! „Suchet, was droben ist, wo der Christus ist!“ (3,1ff.!)

Geleitsworte an den Leser:

„Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi, der Vater der Erbarmungen und Gott alles Trostes, der uns tröstet in all unserer Drangsal, auf daß wir die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit welchem wir selbst von Gott getröstet werden.

In der Welt habt ihr Drangsal, aber seid gutes Mutes: Ich habe die Welt überwunden!

Und ich hörte eine laute Stimme aus dem Himmel sagen: Siehe die Hütte Gottes bei den Menschen! Und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Gott Selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und Er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Throne saß, sprach: Siehe, Ich mache alles neu. Und Er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind zuverlässig und wahrhaftig.“ 2.Kor. 1,3.4; Joh. 16,33; Offenb. 21,3-5.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

 

 

Frage 31

In welchem Verhältnis zueinander stehen „der neue Himmel“ und die „neue Erde“ in Jes. 65,17ff. (Tod - Sünde - Fluch) und Offenb. 21,1ff. (kein Tod - keine Sünde)?

Antwort A

Man könnte sagen: Sie stehen in keinem Verhältnis zueinander, sondern sie sind Erfüllungen ganz verschiedener Weissagungen. Die Weissagung in Jes. 65,17ff. bezieht sich auf Israel und wird erfüllt im Tausendjährigen Reich. Wenn der Herr Jesus als der Messias-König Israels in Herrlichkeit erscheint und Sein Friedensreich beginnt, wird eine Erneuerung von Himmel und Erde stattfinden. Die seufzende Schöpfung (Röm. 8,19-23) wird von der Knechtschaft des Verderbnisses freigemacht werden. Ein Zustand der Glückseligkeit und des Friedens, der sich auch auf die Tierwelt erstreckt, wird eintreten. Das ist die Erfüllung von Jes. 65,17ff. Tod, Sünde und Fluch werden allerdings nicht ganz verschwunden sein, aber doch eine Ausnahme bilden. Der Gottesstaat, das „Reich der Himmel“ mit dem Gottesvolk Israel wird auf Erden Wirklichkeit werden.

Aber das Millennium (das Tausendjährige Reich) endigt nach Offenb. 20 mit einer Katastrophe, mit Empörung und Gericht. Da wird 2. Petri 3,7-13 erfüllt werden. Himmel und Erde werden im Feuer

Empörung und Gericht. Da wird 2. Petri 3,7-13 erfüllt werden. Himmel und Erde werden im Feuer vergehen und neue Himmel und eine neue Erde werden an ihre Stelle treten, in welchen Gerechtigkeit wohnt. Das wird in Offenb. 21,1ff. näher beschrieben. Da gibt es keine Sünde und keinen Tod mehr; „der auf dem Throne saß, sprach: Siehe, Ich mache alles neu!“ (V. 5).

Chr. K.

Antwort B

In Jes. 65,17-25 wird uns das Segensbild von dem sogenannten Tausendjährigen Reiche Christi auf Erden gezeigt. Diese Erscheinung des HErrn auf der Erde schließt eine Erneuerung der Schöpfung mit ein. Der Fluch ist aufgehoben, die Macht der Sünde wird gebrochen sein, selbst die Tierwelt wird zu jenem Zustand des Friedens, der einst im Paradiese herrschte, zurückkehren (V. 25). Wenn wir den Abschnitt aufmerksam lesen, werden wir finden, daß Sünde und Tod wohl noch vorhanden sind, wie uns Vers 20 sagt, aber ihre Herrschaft hat aufgehört, denn der Satan ist gebunden und kann die Nationen nicht mehr verführen (Offenb. 20,1-3). Er, der HErr, wird als König des Friedens und der Gerechtigkeit herrschen, und der einzelne, der sich dieser Herrschaft nicht unterstellt, wird sein gerechtes Urteil empfangen. Der getreue Überrest wird den vollen Segen, wie er uns in Vers 21-23 geschildert wird, genießen, und das Verhältnis wird so sein, daß die Gebete schon erfüllt werden, ehe sie ausgesprochen sind. So ist in dieser Darstellung des Tausendjährigen Reiches in jeder Beziehung schon ein Vorgeschmack aller himmlischen Segnungen gegeben, ohne daß es sich dabei um das himmlische Jerusalem handeln kann. Dieses himmlische Jerusalem, das ewige Reich Gottes, wie es uns in Offenb. 21,1-7 geschildert wird, ist sozusagen die Vollendung. Die Worte, die wir in Jes. 65 lesen, haben hier ihre volle Bedeutung erlangt. Die Welt in ihrem alten Zustande ist in Flammen aufgegangen (Offenb. 20,11 und 2. Petri 3,7), und das Vollkommene ist nun geoffenbart. Hier gibt es nun keinen Tod, keine Trauer oder Tränen, hier genießen die vollendeten Gläubigen das Vorrecht der Kindschaft ohne jegliche Einschränkung. Es ist die Zeit, wo Gott alles in allem ist, auch die Tausendjährige Herrschaft des Messias hat aufgehört, und auch 1. Kor. 15,28 wird erfüllt sein. Die neue Welt, der neue Himmel, die neue Erde stehen nun auf dem ewigen Boden, einst gegründet durch Gottes Macht und Sein Wort, nun aufgebaut auf der ewigen Erlösung als Triumph Seiner Macht und Gnade, und die Gläubigen dürfen alsdann die volle Vaterliebe ihres Gottes und Vaters genießen: „Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Gott wird bei ihnen sein, ihr Gott“ (Offenb. 21,3). Dieses Endziel soll uns immer anreizen, festzuhalten an den kostbaren Zusagen unseres HErrn, der uns einst sagte: „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten, und Ich komme wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seid“ (Joh. 14,3). Also in Jes. 65 wohl eine Erfüllung für Israel, aber für uns als Gläubige nur Schatten und Vorbild, aber hier in Offenb. 21 Vollendung, Fülle und Herrlichkeit, die wir genießen sollen.

Ph. W.

Antwort C

Daß die Himmel, die über uns sind, und die Erde, auf der unsere Füße stehen, einst „untergehen“ und „aufgelöst“ werden, sagen uns Ps. 102,25.26 und 2. Petri 3,7-12, und daß danach „neue Himmel“ und eine „neue Erde“ sein werden, „in welchen Gerechtigkeit wohnt“ und die gottgemäß, Seiner Vollkommenheit und Herrlichkeit entsprechend sein werden, sagt uns das Wort Gottes ebenfalls in 2.

Petri 3,13 und in Offenb. 21,1. - „Und das Meer ist nicht mehr“ heißt es von der neuen Erde in letztgenanntem Verse. Das Meer ist das Bild der Unruhe und Friedlosigkeit (Jes. 57,20), und diese wird es auf jener neuen Erde nicht mehr geben. - Sie wird passend sein für Gott, darauf zu wohnen, und wo Er ist, kann keine Sünde sein - auch nicht der leiseste Schatten davon -, noch irgend etwas, was die Sünde gebracht hat: Tränen, Tod, Trauer, Geschrei, Schmerz. Alles dieses gehört dem „Ersten“ an, und „das Erste ist vergangen“ (Offenb. 21,3.4). Das ist die herrliche neue Schöpfung, die gegründet ist auf das vollbrachte Werk und die anbetungswürdige Person unseres Heilandes und HErrn, der auch die sichere Bürgschaft dafür ist, daß diese neue Schöpfung nicht wieder durch die Sünde verdorben wird, sondern in ihrer Vollkommenheit und Herrlichkeit ewig bleibt, nachdem Gott so ganz und völlig geoffenbart und in allem so vollkommen verherrlicht ist, daß Seiner Offenbarung und Verherrlichung nichts mehr hinzugefügt werden könnte. Unser Herz frohlockt, wenn wir dieses betrachten, und wir preisen Ihn dafür, daß Er uns solche Blicke tun läßt bis in die Ewigkeit hinein!

Das ist es, wohin Offenb. 21,1ff. uns führt. Sehr verschieden hiervon aber ist Jes. 65,17ff. Was dort in Verbindung mit dem neuen Himmel und der neuen Erde gesagt ist, läßt mit jeden Zweifel ausschließender Deutlichkeit erkennen, daß es sich noch um die alte, jetzige Erde handelt, was den Stofs betrifft, und nur ein neuer Zustand auf derselben gemeint ist. Schon Vers 13 und 19 entsprechen dieser Tatsache, aber mehr noch zeigen es die weiteren Verse. Da ist die Rede von Säugling, Greis, Sterben, Sünder, Verfluchtwerden, Häuserbauen, Weinbergepflanzen, Kinderzeugen, Wolf, Lamm, Schlange. Das alles gibt es nur auf dieser, nicht aber auf der neuen Erde. Und selbst wenn jemand sich die neue Erde so denkt, daß auf derselben Häuser gebaut und Weinberge gepflanzt werden und es auf derselben Tiere gibt - das Wort sagt nichts Dahingehendes, aber es gibt Kinder Gottes, die sich solche Vorstellungen machen -, so schließt doch das Wort andere von den erwähnten Dingen für die neue Erde ohne Zweifel aus: Tod, Sünde und Fluch, wie wir oben bereits gesehen haben, ebenso wie das Kinderzeugen, denn in Luk. 20,34-36 lesen wir: „Die Söhne dieser Welt heiraten und werden verheiratet; die aber würdig geachtet werden, jener Welt teilhaftig zu sein und der Auferstehung aus den Toten, heiraten nicht, noch werden sie verheiratet; denn sie können auch nicht mehr sterben, denn sie sind Engeln gleich ...“ (d. h. hinsichtlich der ebengenannten Dinge), und 1. Kor. 15,50: „Dieses aber sage ich, Brüder, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können ...“ - Immerhin wird es eine wunderbare Umwandlung sein, die diese Erde dann, bei der Erfüllung von Jes. 65,17ff., erfahren wird; eine Umwandlung, so groß, daß Himmel und Erde ganz neu erscheinen werden, da an Stelle des jetzigen, durch die Sünde geschaffenen verdorbenen Zustandes ein völlig neuer, herrlicher Zustand getreten sein wird: Das Leben wird herrschen, wo jetzt der Tod herrscht, Gerechtigkeit an Stelle der Ungerechtigkeit, Friede und Ruhe anstatt Kampf und Unruhe, Freude und Glück anstatt Kummer und Elend, überfließende Segensfülle anstatt des mit Mühsal und Schweiß erworbenen Brotes (siehe Jes. 11,1-10; 35; Ps. 72). Diese Umwandlung und Erneuerung der Erde gleicht in ihren Merkmalen ganz der Wiedergeburt des erneuerten Menschen. Deshalb spricht der Herr Jesus in bezug auf sie in Matth. 19,28 auch als von der „Wiedergeburt“, und wird in Röm. 8 gesagt, daß die ganze Schöpfung, wartend auf die Offenbarung der Söhne Gottes, bei der sie freigemacht werden wird von der Knechtschaft des Verderbnisses zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (V. 19-21), „zusammen seufzt und zusammen in Geburtswehen liegt bis jetzt“ (V. 22). Ja, wenn die Söhne Gottes werden geoffenbart sein - also der HErr gekommen sein wird in Macht und Herrlichkeit mit den verherrlichten Seinen, Seine Herrschaft anzutreten und Sein Reich aufzurichten auf dieser Erde, nach der Seinem irdischen Volke gegebenen Verheißung -, dann wird auch diese Erde wiedergeboren sein und unter der wunderbaren Herrschaft des HErrn, des

verheißenen Messias, eine im Alten Testamente vielfach angekündigte herrliche Zeit der Fülle von Frieden und Wohlfahrt, eine Zeit überströmender Segnung genießen. Nach Offenb. 20,4-6 wird diese wunderbare Zeit tausend Jahre währen. Deshalb wird das messianische Reich meistens das „Tausendjährige Reich“ genannt. Dieses ist es, um was es sich in Jes. 65,17ff. handelt. Es ist diese jetzige Erde in ihrer „Wiedergeburt“. Auf diesen Zustand folgt dann die in 2. Petri 3 erwähnte Auflösung und dann die neue Erde von Offenb. 21,1ff., die neue Schöpfung in Herrlichkeit. - Diese stufenweise Führung aus dem Zustande der Sünde heraus zu dem Zustande ewiger Herrlichkeit ist dieselbe wie bei dem Kinde Gottes, von dem wir sonach in dieser Erde, bezw. in dieser vergänglichen Schöpfung, ein treffendes Bild sehen: Erst der alte sündige Zustand; dann wiedergeboren, aber noch im Leibe der Niedrigkeit; und endlich umgestaltet und verherrlicht für ewig. - Wie könnten wir Gott jemals genug danken für Seine Liebe und Gnade, daß Er uns ein solches herrliches Teil geschenkt hat und wir uns jetzt schon im Glauben desselben freuen dürfen! Bald werden wir schauen, was wir geglaubt haben!

Th. K.

Antwort D

Die Ankündigung des neuen Himmels und der neuen Erde in Jes. 65,17; 66,22 und das Erscheinen des neuen Himmels und der neuen Erde in der Offenb. 21,1 sind wohl verwandte Tatsachen, welche aber zeitlich voneinander getrennt sind. Bei genauem Vergleich beider Stellen unter Heranziehung anderer Schriftworte wird es uns klar werden, daß, obwohl beide Schriftabschnitte gemeinsame Züge aufweisen, doch aber auch große Verschiedenheiten zu verzeichnen sind. Über diese möchten wir einige Bemerkungen machen. Z. B. wird in Jes. 65,17 gesagt: „Der früheren (des Himmels und der Erde) wird man nicht mehr gedenken usw.“ Dies besagt, daß man ihrer und der damit verbundenen Verhältnisse und gewisser Um- und Zustände vergessen wird. Man denkt nicht mehr daran und hat auch keine Veranlassung dazu, weil Jehova die Erde, besonders aber Palästina und das Volk Israel so segnen und mit Herrlichkeit umgeben wird, daß man ihrer ohne Mühe vergißt. Wie man auch im täglichen Leben Dinge vergißt, weil unser Leben und Umgebung keine Spur von ihnen zurückgelassen haben. Was wir darunter zu verstehen glauben, werden wir weiter unten in Kürze ausführen. Hingegen lesen wir in Offenb. 21,1: „Denn der erste Himmel und die erste Erde waren vergangen.“ Derartige klare und nicht mißzuverstehende Worte gebraucht der Prophet Jesaja nicht. Wir können mit Recht fragen: Warum nicht? Wir glauben, weil er nie vorher die Auflösung des ersten Himmels und der ersten Erde ankündigt, wie es Johannes im Gesicht in Offenb.

20,11 sah und es uns aufs Geheiß des HErrn mitgeteilt hat. Auch zeigt uns das in Frage stehende Kapitel in Jesaja, daß daselbst unmöglich der ewige, vollkommene Zustand wie in Offenb. 21 gemeint sein kann. Man lese nur einige Worte weiter in der Offenb. 21,1: „und das Meer ist nicht mehr“ und vergleiche damit Jes. 60,5.9; 66,19, Stellen, die sich ohne allen Zweifel auf dieselbe Segenszeit von Kapitel 65 beziehen, und man nimmt wahr, daß im Gegensatz zu obigem Worte von „Meer“ und „Inseln“ gesprochen wird. Beides kann ganz unmöglich auf dieselbe Zeit Bezug haben. Ferner lesen wir in Offenb.: „Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem aus dem Himmel herniederkommen von Gott usw.“ In Jes. aber: „Ich wandle Jerusalem in Frohlocken und sein Volk in Freude.“ Dort ist die Stadt himmlischen und göttlichen Ursprungs, hier aber ist offenbar das irdische Jerusalem gemeint, wie ja auch nur das irdische Volk Gottes in Frage sein kann. Das himmlische Jerusalem wird ja auch zur Zeit des Segens für das irdische Volk in Erscheinung treten,

himmlische Jerusalem wird ja auch zur Zeit des Segens für das irdische Volk in Erscheinung treten, doch trägt es unverkennbar ewige, göttliche, aber besonders himmlische Züge, was kaum gesagt werden kann von der irdischen Stadt im Tausendjährigen Reich. Weiter wird uns gesagt: „Der Tod wird nicht mehr sein.“ In Jes. 65 aber wird uns gerade das Gegenteil angekündigt, da von Sterben, Sünde und Fluch gesprochen wird. Tod wird keineswegs eine Regel sein wie jetzt, vielmehr eine Ausnahme, doch geht aus anderen Schriftworten hervor, daß jeder offenbare und willige Sünder mit dem Tode vom HErrn, welcher dann als König herrscht, bestraft wird (Ps. 101,8; Zeph. 3,5).

Wir haben etwas ähnliches in Apgesch. 5. Damals erstreckte sich die Zucht nur auf die Gemeinde, dann aber auf das ganze Land. Aus allem geht wohl zur Genüge hervor, daß es sich, obwohl schon um sehr gesegneten, doch niemals um den ewigen, vollkommenen Zustand handeln kann. Der Leser mache für sich selbst noch weitere Vergleiche, und er wird finden, daß Jes. 65 in Verbindung steht mit dem sogenannten messianischen Weltreich, in welchem Christus als König in Gerechtigkeit herrschen wird (Jes. 32,1). Es wird noch Böses vorhanden sein.

Nur kann es nicht herrschen, weil Christus herrscht und jede Sünde richtet. Alles Böse und Gottlose wird durch die Entfaltung des Lebens, der Herrlichkeit und der Gerechtigkeit des HErrn niedergehalten werden. Anders ist es in Offenb. 21,1-8, wo wir den ewigen Zustand haben, der nach jener Segenszeit folgt; die neue Schöpfung, in welcher Gerechtigkeit wohnt (2. Petri 3,13). Es ist ein Unterschied zwischen „herrschen“ und „wohnen“. Mit dem ersten ist der Gedanke der Macht, Unterwerfung und Gehorsam verbunden, mit dem anderen der Gedanke der Vertrautheit, Hinneigung und Niederlassung.

Obwohl die schwachen Ausführungen etwas ungeschickt sind, so werden wir doch gesehen haben, daß Jesaias den Zustand des Tausendjährigen Reiches im Auge hat. Der Himmel wird seine Segensfülle spenden und die Erde ihren vollen Ertrag (Hos. 2,21.22). Satan wird gebunden -d. h. die Himmel und die Erde von ihm und seinen Heerscharen gereinigt sein - und die Könige der Erde gerichtet (Jes. 24,21.22). Er wird den Krieg beschwichtigen bis ans Ende der Erde (Ps. 46,9) und die Völker des Krieges zerstreuen (Ps. 68,30). Die Schmach Israels wird Er wegnehmen und es machen zum Haupte der Nationen (5. Mose 28,13). Das Alte, der Streit, der Krieg, die Gewalttat, die Ungerechtigkeit, die Sorgen, die Mühe, die Unruhe, die Angst, besonders aber die Finsternis über Gott usw. werden verbannt sein durch den HErrn aus den Grenzen der Schöpfung und so auch aus dem Gedächtnis Seines Volkes: Ein neuer Himmel, der nicht Zorn, sondern Güte spendet; eine neue Erde, die nicht Unkraut und Disteln gibt, sondern ihre Frucht durch Gottes reichen Segen.

In Jes. 65 haben wir das Unterpfand für die anfängliche Vollendung, für die vollkommene Erfüllung der Verheißung. Die Erfüllung - 2. Petri 3,13 - selbst aber in Offenb. 21. So ähnlich ist es mit uns, den Gläubigen. Wir sind eine neue Schöpfung in Christo (2. Kor. 5,17), obwohl nur das neue Leben, das Auferstehungsleben in Ihm unser Teil ist. Erst wenn unser Leib der Niedrigkeit zur Gleichförmigkeit der Herrlichkeit Seines Leibes gestaltet wird, ist das Wort: „daher, wenn jemand in Christo ist, so ist er eine neue Schöpfung usw.“

in seiner ganzen Tragweite erfüllt. Doch der Glaube eilt der Zeit, den Umständen und nicht zuletzt den Hindernissen voraus und erfreut sich der Dinge Gottes, die Seine Liebe uns offenbarte und sonnt sich in dem Lichte und der Liebe, die wohl der Welt verborgen, aber für den Glaubenden allezeit gegenwärtig sind. Haben wir diesen Glauben?

R. O. St.

Anmerkung des Herausgebers

Zunächst weisen wir hin auf Frage 11 in Band II (1914). Es ist wohl kaum nötig, zu obigen ausführlichen Antworten noch etwas Wesentliches hinzuzufügen. Nur einige Worte!

Auch wir sehen in Jes. 65,18ff. die beschreibende Ausführung der in Vers 17 gegebenen Verheißung, nicht etwa glauben wir, daß mit Vers 18 neue Verheißungen beginnen.

In der heutigen Zeit, besonders von den sogenannten christlichen Kirchen werden die Verheißungen, die offenbarlich das Volk der irdischen Berufung, Israel, betreffen, oftmals umgemünzt und angewandt auf die Christenheit. Das ist eine von Gläubigen schon vielfach gerügte Unsitte, um so mehr als sie nur die Verheißungen betrifft, die angekündigten Drohungen aber wohlweise unbeachtet läßt. Wie würden nun diese das Wort der Wahrheit nicht recht teilenden (2. Tim. 2,15) Ausleger sich zu dieser Ankündigung des neuen Himmels nach Jes. 65 verhalten? Würden sie sich diese zu eigen machen und würde es ihnen genügen, für die Ewigkeit in einem neuen Himmel, auf einer neuen Erde zu sein, wo doch noch Fluch, Sünde und Tod möglich ist? Wir Gläubigen der himmlischen Berufung, die wir, wie Antwort C und D zeigen, in diesen beiden Verheißungen von Jes. 65 und Offenb. 21 Abbilder unseres eigenen Zustandes der Erneuerung, solange wir noch hienieden wallen, und der Vollkommenheit in der Herrlichkeit erblicken, würden nicht zufrieden sein können mit dem Zustand von Jes. 65 als einem ewigen! Wir sehnen uns vielmehr nach der völligen Erfüllung des Vorsatzes Gottes: „Siehe, Ich mache alles neu!“ Und gepriesen sei Er - in dem alle Verheißungen Ja und Amen sind (2. Kor. 1,20), unser geliebter Herr Jesus Christus, - daß wir berufen sind, diese vollkommene Herrlichkeit zu genießen! Aber für Israel, dem die prophetischen Bücher des Alten Testaments besonders gelten, für das Volk der irdischen Berufung, der irdischen Regierung, der irdischen Besitztümer, für dieses und dieser Berufung gemäß ist die vorläufige Erfüllung der göttlichen Verheißungen nach Jes. 65 durchaus die seinen Wünschen, seiner Hoffnung entsprechende. Ein umgewandeltes Jerusalem, in dem Gerechtigkeit herrscht und von wo aus die Nationen gesegnet werden, indem sie dort Jehova suchen und anflehen (Sach. 8!), das ist die Sehnsucht und die Wonne des gesammelten, umgewandelten (wiedergeborenen, Matth. 19,28) und geheiligten Volkes der Wahl der Gnade. Wollen uns dessen freuen, daß diesem solch herrliche Vorerfüllung des neuen Himmels und der neuen Erde bevorsteht und daß wir dessen Augenzeugen sein werden von oben her, als die da mit Ihm zu herrschen berufen sind (Offenb. 2,26.27 u. a.). Wenn schon die Vorerfüllung so herrlich sein wird, daß das erlöste Volk Israel darin seine Freude und Wonne findet, obwohl noch Sünde und Tod möglich sind, wie wird dann erst die ganze Erfüllung von Jes. 65,17, wie sie uns in Offenb. 21 gezeigt ist, sein! Lies 1. Kor. 2,9! Gepriesen sei unser herrlicher Gott und HErr!

Frage 32

Wie ist Evangelium Joh. 21,21-23 zu verstehen?

Antwort A

Besorgt um Seine Jünger, offenbart Sich der Herr Jesus einer Anzahl Seiner Jünger am See Tiberias; auch Petrus und Johannes sind dabei; insbesondere beschäftig Er Sich mit Petrus. Es war noch nicht

lange her, als dieser Petrus seinen HErrn und Meister in schmählicher Weise verleugnet hatte, nachdem er kurz vorher vor allen übrigen Jüngern beteuerte: „Mein Leben will ich für Dich lassen“ (Joh. 13,37). Der HErr macht ihm hier keinen Vorwurf und sagt auch kein Wort darüber; in gnadenreicher Weise ordnet Er mit ihm diese Sache, Er richtet die Quelle jenes Übels, das Selbstvertrauen des Petrus. Nach seinem Herzensbekenntnis läßt ihm der HErr Seine überreiche Gnade zuteil werden. So handelt der HErr immer noch: nach einem aufrichtigen Bekenntnis der Schuld stellt Er vollständig her und gibt reiche Gnade zum ferneren Lebensweg (1. Joh. 1,9). Nach dieser völligen Wiederherstellung sieht Petrus, daß dem HErrn noch ein Jünger nachfolgt, nämlich der Jünger, der beim letzten Abendessen des Passahlammes an Jesu Brust lag, und Petrus fragte: „HErr, was aber dieser?“ Es ist anzunehmen, daß Petrus gerne wissen wollte, was diesem Jünger, mit dem er doch auch wohl innig verbunden war, von dem HErrn für ein Auftrag zugewiesen würde. Vers 22 gibt der HErr die für Petrus nötige Antwort. Nach Vers 23 ging nun dieses Wort aus unter den Jüngern: „jener Jünger stirbt nicht“, so daß Jesus genötigt ist, die gegebene Antwort noch einmal zu wiederholen: „Wenn Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme, was geht es dich an? Folge du Mir nach!“ Auch dies ist wichtig, der Herr Jesus, der Herzenskündiger, handelt nach Seinem Willen und gibt Seine Anweisungen nach Seinem Gutdünken.

Das Band, das jetzt vom Herrn Jesus zwischen Ihm und Petrus geknüpft war, befähigte den Petrus, die Schafe des Herrn Jesu, d. h. die aus den Juden gesammelten Seelen bis dahin und fernerhin zu sammeln, zu weiden und zu hüten, ihr Hirte zu sein und sie auf den Auen des reichen Erzhirten Jesu zu führen und zu weiden. Und daß er dieses dem HErrn wohlgefällig getan hat, bezeugen seine Briefe heute noch. Petrus war sozusagen der Apostel der Bescheidung, d. h. der Juden und für die Juden. Auf demselben Boden stand auch Johannes, d. h. für den gläubigen Überrest Israels, nur daß der Dienst des Johannes weiterreichte, bis ans Ende, bis der HErr ihm erschien und kam, um ihm alles mitzuteilen, was nach dem Ratschluß Gottes über die Gemeinde und über die Welt kommen sollte (Offenb. 1,9-20). Der Dienst des Petrus bestand darin, Seelen zu sammeln, sei es aus der Beschneidung, Juden, oder aus den Heiden; Johannes folgt Christo nach, ohne zu diesem Werke wie Petrus berufen worden zu sein. Johannes schreibt über das ewige Leben, das beim Vater war; er zeigt uns den Vater geoffenbart im Sohne, der in des Vaters Schoß ist und zugleich als das ewige Leben geoffenbart ist. Der Dienst des Johannes geht, wie wir es in der Offenbarung sehen, bis ans Ende, bis zur Ankunft Christi auf der Erde zum Gericht.

F. B.

Antwort B

Die Fürsorge des HErrn ist zu allen Zeiten eine weitgehende. Er ist der Herr Seines Werkes, der Herr der Ernte und der Herr, dem auch das Zukünftige in die Hand gelegt ist. In Matthäi sagt Er zum Abschied den Seinen, daß Ihm alle Gewalt gegeben und daß Er bei ihnen sein will alle Tage. Wenn nun hier in unserem vorliegenden Schriftwort Petrus den Ereignissen vorauseilt und die Frage an den HErrn richtet: „Was soll aber dieser?“ so weist der HErr in Seinen einfachen und klaren Antworten immer jedem der Seinen den Platz an, der ihm gebührt. Dem Petrus wird die Weisung gegeben: „Weide Meine Schafe“ (V. 17), Johannes dagegen soll bleiben. Wenn nun die Jünger dieser Antwort Entnahmen, daß Johannes nicht sterben sollte, so hatten sie, wie in vielen Dingen, auch hier ihren Meister nicht verstanden, denn dies hatte der HErr nicht gesagt, vielmehr wurde dem Johannes hier sein Dienst und das Teil, das er in Verbindung mit diesem Dienst haben sollte, angekündigt. Beide

sein Dienst und das Teil, das er in Verbindung mit diesem Dienst haben sollte, angekündigt. Beide waren dem HErrn nachgefolgt, jeder hatte seinen besonderen Dienst und Auftrag. Petrus durfte durch sein Zeugnis das Reich der Himmel aufschließen und den jüdischen Überrest einführen (Apgesch. 3). Johannes dagegen hatte den Dienst, den Vater in dem Sohne zu offenbaren und das Kommende zu verkündigen (Offenb.). Diese Ankunft des HErrn, von der schon hier am Ende des Johannesevangeliums geredet wird, Seine Erscheinung auf Erden, das alles sind Dinge, die Johannes vorausschauen und enthüllen darf. „Dinge, die bald geschehen müssen,“ darf er verkündigen (Offenb. 1,1). So war der Dienst des Johannes mit der Kirche verbunden, die ihre VerAntwortlichkeit preisgegeben hatte, er hatte ihr das Gericht zu verkündigen; er hatte ihr aber auch den himmlischen Charakter, der mit der Aufnahme in den Himmel verbunden ist, zu zeigen. Die Ankunft Jesu und alle Dinge, die für die Erde damit in Verbindung stehen, darf er schauen und verkündigen. Die Knechte des HErrn sollen wissen und verstehen, „was bald geschehen muß“. „Denn der HErr, Jehova, tut nichts, es sei denn, daß Er Sein Geheimnis Seinen Knechten geoffenbart habe“ (Amos 3,7). So durfte z. B. Petrus bleiben und zeugen von den Taten des HErrn (Apgesch. 2,14ff.) und sehen, wie der HErr die Grundlage zu der Gemeinde legte und täglich hinzutat, und schließlich sollte er Christus verherrlichen in Gefängnis und Tod. Johannes dagegen darf weitersehen. Er sieht die Erfüllung von 2. Tim. 2,19ff. und Matth. 13,32, und wie die Zerstörung Jerusalems dem Dasein des Judentums nach dem Gesetz ein Ende macht. Er als der letzte der Zwölfe darf die Gerichte, die über diese Erde gehen werden, im Geiste schauen und verkündigen, und andererseits darf er schauen, daß das Leben, welches der Sohn Gottes gebracht hat, ein unverlierbares ist und daß hinter den Gerichten Gnade und Herrlichkeiten stehen. So durfte er bleiben, bis Jesus kam, d. h. er durfte im Geiste das Kommende schauen. Wir aber als die Jünger des HErrn, denen auch das Kommende in den Schriften geoffenbart ist, haben die herrliche Aufgabe, zu handeln und den Tod des HErrn, der uns das Leben gebracht hat und uns über die Gerichte hinaushebt und in die Herrlichkeit versetzt, zu verkündigen und auch zu warten, bis Er kommt (1. Kor. 11,26).

Ph. W.

Antwort C

Es ist bei dem oberflächlichen Lesen des Ausspruches des HErrn wohl verständlich, wenn die Jünger zu der Meinung kommen, als solle Johannes nicht sterben. Daß es sich dabei aber um eine irrige Meinung handelt, ist ja ausdrücklich festgestellt, und damit muß für den allerdings merkwürdigen Ausspruch des HErrn eine andere Erklärung gesucht werden. Diese dürfte nicht schwer zu finden sein, wenn wir geneigt sind, unsere Augen nach dem Buche der Offenbarung zu richten, um die in diesem Buche geschilderten Erlebnisse des Johannes zu betrachten und zu würdigen.

In demselben hat Johannes die Endlinien der Wege Gottes auf Erden gesehen und niederschreiben dürfen (Offenb. 1,9-20). Infolgedessen konnte er bei diesem Dienste bis zu der Ankunft Christi gehen, ja, noch weit darüber hinaus, indem er vom neuen Himmel und von der neuen Erde redet (vergl. Frage 31! Der Herausgeber).

Wichtig sind auch die Worte des HErrn, die Er an den Petrus richtet und die zugleich auch dem Johannes gelten: „Folge du Mir nach!“- Sie enthalten für Petrus eine zarte und doch deutliche Zurechtweisung. Sein Blick auf Johannes war wohl nicht fürsorgender Besorgtheit entsprungen, verriet vielmehr eine ihm nicht zukommende Betrachtung über die Lebensführung des Johannes, die

der HErr allein regelte, ebenso wie die seinige. Deshalb sollte Petrus auf den HErrn blicken (statt auf den Johannes) und Ihm, seinem Herrn, folgen.

Dieser Punkt bietet eine ernste Belehrung für die Gläubigen! Wieviel Durcheinander und wieviel Herzeleid wäre schon vermieden worden, wenn die falsche Besorgtheit nicht in Tätigkeit getreten und statt dessen Worte der Schrift beachtet worden wären wie Phil. 2,2.3; 1. Kor. 13,5, die davon reden, daß einer den anderen höher achte als sich selbst, oder Sach. 7,10, wonach vom „Bruder“ nichts Arges gedacht werden soll.

W. W.

Antwort D

Aus Furcht vor Leiden und um sein Leben zu bewahren, hatte Petrus den HErrn verleugnet. Jetzt deutet der HErr ihm an, daß, im Gegensatz zu seiner Verleugnung, er Gott durch einen Märtyrertod verherrlichen solle.

Hierauf fragt Petrus, was mit Johannes werden solle. Die Antwort Des HErrn zeigt, daß solche Frage sich nicht geziemte. Ob nun trotz der Zurechtweisung der HErr doch in Seinen Worten eine Auskunft über das Los des Johannes gibt, scheint mir eine offene Frage zu sein. Jedenfalls sagt die Schrift dieses nicht deutlich. Es geht uns so wie den Jüngern: Nachdem der HErr nun einmal über Petri Los etwas enthüllt hatte, erwarteten sie auch jetzt auf Petri Frage hin, etwas über Johannas zu erfahren, und so mutmaßten sie, Johannes werde nicht sterben. Aber während durch den Heiligen Geist über die Worte betreffs Petrus erklärend hinzugefügt wird, daß es eine Andeutung über Petri Tod sei, wird uns derartiges bei Johannes hier nicht gesagt, sondern, daß das, was die Jünger sagten, Jesus nicht gesagt habe, und dann werden noch einmal die Worte des HErrn genau wiederholt. Ich meine, darin liegt ein Fingerzeig, daß wir hier genau auf Jesu Wort achten sollen.

Wenn wir, wie die Jünger, in diesen Worten des HErrn nach einer Erfüllung über das Los Johannes forschen wollen, so schließe ich mich gern der Meinung an, daß wir darin einen Hinweis alls die Patmostage des Johannes finden (Buch der Offenbarung).

Aber abgesehen von dem Geheimnisvollen, - welche Hoheit und Unumschränktheit offenbart der HErr in diesem: „Wenn Ich will!“ Petrus soll sich nicht um des Johannes Los bekümmern, sondern Ihm nachfolgen. Das Los des Johannes hält Er in Seiner Hand. Das Los zu wissen ist nicht das Wichtige (und wie gut, daß wir es nicht wissen!), sondern zu wissen, in wessen Hand unser Los ist - daß der HErr es ist, der es bestimmt, und zwar so völlig und ganz, daß es einzig und allein von Seinem Willen abhängt. Wenn Er will, daß Johannes bleiben soll, bis Er kommt, wo gäbe es etwas, welches vermöchte, dies zu verhindern? In diesem „wenn Ich will, daß er bleibe“, liegt, daß der HErr allein über das Los der Seinigen, ob sie gehen oder bleiben sollen, über Tod oder Leben, bestimmt. Dies ist ein starker Trost für alle, die Sein Eigentum sind. Wir erlauben niemandem, über unser Eigentum zu bestimmen, und auch der HErr erlaubt es keinem, über uns zu bestimmen. Wie selig zu wissen: Wir sind des HErrn, nicht nur, wenn wir leben, sondern auch, wenn wir sterben (Röm. 14,8). Wir sterben nicht, weil der Tod das Leben endet, sondern nur, wenn der HErr es will. Als der HErr starb und auferstand, da wurden auch wir vom Tode befreit. Gefahren, Krankheit, Tod an sich vermögen nichts, „wir sind des HErrn“. Niemand hat ein Recht an uns. Nur Er allein hat Verfügungsrecht. „Wenn Ich will,“ das entscheidet alles.

will,“ das entscheidet alles.

Nach dem Urteil der Welt, äußerlich, mögen wir noch teilnehmen an dem Fluch, den die Sünde über den Menschen brachte - wir selbst aber wissen, daß wir auch im Tode unter der Herrschaft und der waltenden Hand des HErrn stehen -, auch im Tode sind wir Sein! Der Tod ist - seitdem Er starb und auferstand - keine Notwendigkeit noch Erwartung für uns. Und wenn er kommt nach des HErrn Willen, so liegt darin kein Zeichen Seines Mißfallens, sondern oft sogar Seiner besonderen Gnade (Apgesch. 5,5 und 10; 1. Kor. 5,5; 11,30 u. a. sind Ausnahmen!). Stephanus starb, als er als ein treuer Zeuge für seinen HErrn stand. Er wußte sich auch in dieser schrecklichen Stunde unter der Autorität und dem Walten seines HErrn. Er wendet sich an Ihn und bittet Ihn, seinen Geist aufzunehmen. In Seiner Hand sind die Schlüssel des Todes. Nicht durch die Menschen, nicht durch verheerende Krankheit geht ein Kind Gottes heim, sondern, wenn Er will. Und jetzt im Kriege! Wieviel Tränen und Weh! Hast du einen gläubig Entschlafenen, um den du trauerst? Blicke hin auf Jesus! Vertraue Ihm! Dein Entschlafener - wisse es -, er ist nicht durch das Geschoß, sondern „durch Jesum entschlafen“ (1. Thess. 4,14). Bald kommt der HErr, und dann wird Gott „die durch Jesum Entschlafenen mit Ihm bringen“. Ein alter Dichter singt:

„Wenn Sor' und Gram dein Herz erfüllt,

Wenn Herz und Auge weinet,

Wenn jede Aussicht sich verhüllt,

Und nirgends Hilf' erscheinet,

Dann fragt der HErr und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb, vertraust du Mir?

Wenn ich dann ganz verlassen steh',

Ich aufwärts blick' und weine,

Dann kommt von jener lichten Höh',

Der treue Freund, der meine.

Und freundlich dann spricht Er zu mir:

Ich hab dich lieb, vertraue Mir!“

Seine Liebe und Weisheit läßt uns Seine Gedanken und Wege mit uns nicht im voraus sehen. Wir würden solches in diesem Leibe nicht ertragen noch erfassen können, weil, wie der Himmel höher ist als die Erde, auch Seine Wege höher sind als unsere. Wie der HErr mit Petrus und Johannes tat, so tut Er auch heute noch mit uns. Über den Weg des einen gibt Er (wie bei Petrus) Andeutungen, wie Gott Sich verherrlichen will. - Über den Weg des anderen ist (wie bei Johannes) alles dunkel. Niemand weiß etwas. Petrus empfing keineswegs einen Blick im voraus über sein Leben - die Schrift sagt: „andeutend“ usw. Und in Seinen Führungen, Zulassungen usw. finden auch wir zuweilen „Andeutungen“, wie Gott Sich bei diesem oder jenem verherrlichen will. Bei anderen wieder ist - wie bei Johannes - Sein Liebesplan völlig dunkel. Niemand von den Jüngern verstand, was der HErr mit

Johannes vorhatte. Und so heute. Der HErr läßt uns (und das ist Güte) von Seinen Wegen nichts im voraus sehen. Aber so, wie wir heute Seinen Wegen mit Petrus und Johannes nachschauen und im Nachschauen lernen, so können wir auch in dem Nachschauen Seiner Wege mit uns jetzt schon manches verstehen, obgleich uns noch vieles hier verhüllt bleibt. Wie ein Dichter sagt:

„Jetzt noch verhüllt erscheinen mir

Des Vaters Weg und Führung hier,

Doch droben werd' ich deutlich schaun,

Wie gut es ist, Ihm zu vertraun.

Und dann wird alles offenbar,

Was mir verhüllt und dunkel war,

Und jubelnd sing' ich dort am Thron

Das Lied des Lammes, Gottes Sohn.“

Darum, wie unser Los auch sei: Er bestimmt es. Unsere Aufgabe ist: Ihm zu folgen und zu vertrauen. „Du aber folge Mir nach!“ Will Er, daß wir bleiben, bis Er kommt? Will Er, daß wir mit dem Tode Gott verherrlichen sollen? Das gläubige Herz spricht: Wie Er will, so will auch ich. Da ist kein Widerspruch betreffs Seiner Führung zwischen der gläubigen Seele und Ihm. Kein Widerspruch wird bei Petrus gefunden, als der HErr ihm das Ende seines Weges andeutete. Er wollte nur wissen, was es mit Johannes würde. Aber für solche bloße Wißbegier hat der HErr keine Antwort. „Was geht es dich an? Folge du Mir nach!“ Dies ist unsere große Lebensaufgabe: Ihm nachfolgen! Dies ist viel wichtiger, als nach anderen zu fragen oder meine Aufgabe und Bestimmung mit der anderer zu vergleichen. Wenn wir hier Petrus und Johannes als Typen (Vorbilder) für alle Gläubigen ansehen wollen - Petrus als Bild derer, die durch den Tod Gott verherrlichen sollen, und Johannes derer, die da bleiben, bis der HErr kommt -, so kommt es auch so leicht in unserem Herzen auf, Vergleiche anzustellen. So war es auch bei den Thessalonichern (1. Thess. 4,13-18). Doch die Schrift sagt: Wir werden alle zugleich entrückt werden, dem HErrn entgegen. Aber alle- ob Petrus oder Johannes -, alle haben Ihm nachzufolgen. Jeder wird Seinen Lohn empfangen nach der Treue, in der wir Ihm auf Glaubenswegen nachgefolgt sind. Die Nachfolge ist unsere Seite, den Weg bestimmt Er für jeden persönlich, so wie Er jedes einzelne Schaf mit Namen ruft.1

1

Über das, was in dem „Mit-Namen-Rufen“ liegt, wird oft so leicht hinweggegangen. „Namen“ in der Schrift enthalten das Wesen, die Art und den Charakter dessen, der den Namen trägt. Ich möchte hierzu auf die Antwort unsere Bruders E. A. verweisen in Jahrg. II. S. 23 bis 25. (v. d. K.)

Welche Hoheit, welche Autorität, welche Allmacht liegt in diesem kleinen Wort: „Wenn Ich will!“ Er braucht nur zu wollen, und es ist geschehen. Und dieser Sein Wille wird geleitet von Seiner Vorkenntnis aller Dinge, von Seiner Weisheit, von Seiner Liebe zu mir. Sein Wille ist das köstliche Ruhekissen der gläubigen Seele. Darum Mut! Laßt uns Ihm nachfolgen! Den Blick nach oben! Der HErr kommt bald.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Von ganzem Herzen freuen wir uns dieser Antworten, in denen Belehrung sowohl wie Ermunterung zu

ihrem Recht kommen. So wenig bei vorliegendem Gegenstand die lehrhafte Auslegung vernachlässigt werden dürfte - im Gegenteil: sie hat ihr Recht, und es wird ihr auch völlig zuteil -, so sehr erquickend und ermunternd und darum nicht weniger zu entbehren ist die andere Seite dieser Frage: die praktisch-erbauliche. Und wie not tut uns in jetziger bedrängter Zeit solche Art Erbauung, wie sie uns oben geboten ist! Somit ergänzen die obigen Antworten einander. Möchten sie allen Lesern rechten Dienst tun im Sinne des Wahlspruches der „Ggs. Handr.“ Kol. 3,16 oder gemäß 2. Petri 3,18!

Fünfmal, soweit wir wissen, ist in der Schrift unser christliches Verhalten verbunden mit einem der Worte „bis Ich komme“ oder „bis Er (der HErr) kommt“: in Luk. 19,13; Joh. 21,22; 1. Kor. 4,5; 11,26 und Offenb. 2,25. Wir sehen beim Vergleichen dieser Stellen, wie unser Verhalten, unser Wandel, unser Dienst hienieden gekennzeichnet sein sollte durch den beständigen Hinblick auf Sein Kommen, ja, auf Ihn Selbst, den zu sehen unsere Erwartung und Sehnsucht ist (Offenb. 22,17 und 20). Und das ist auch etwas von dem, was der Herr Jesus hier Seinem Jünger Petrus sagt: Wenn er Mein Kommen erleben soll und du nicht, was kümmert es dich? Folge du Mir nach - Mir! das genüge dir, daß Ich es bin, dem du zu folgen hast, und was du auch auf diesem Wege erleben wirst, und wie dieser Weg auch enden wird - immer ist es Meine Hand, die deinen Weg bestimmt, und das sei genug für dich -, du kommst nicht zu kurz (1. Thess. 4,15 Schluß; vergl. Schluß von Antwort D!). Ich komme! - Ob du, liebes Kind Gottes, des Petrus oder des Johannes Los teilen wirst - sorge dich nicht -, folge Ihm nach, Er kommt, und dann werden Petrus und Johannes, dieser und jener - ja, alle Seine Heiligen, auch du und ich durch Seine Gnade bei dem HErrn sein allezeit! (1. Thess. 4,17.18.) Welch herrliche Aussicht! wie ist sie geeignet, das vielleicht gerade gegenwärtig durch schmerzliche Trauer bewegte Herz wegzulenken von der Veranlassung des Schmerzes und hinzuleiten zu Dem, der unsere Wege in Seiner treuen Hand hält und der die Führung mit Petrus ebenso zu Seiner Verherrlichung und unserem Segen gestaltet wie die des Johannes! Ja, blicke auf Ihn, trauriges gläubiges Herz! Er kommt, und auch du wirst bei Ihm sein allezeit. Gepriesen sei Sein Name immer und ewiglich!

„Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. - Ich komme wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet. - Was ihr habt, haltet fest, bis Ich komme!“ (Joh. 14,2.3; Offenb. 2,25.)

Frage 33

Was sind die „irdenen Gefäße“, 2. Kor. 4,7?

Antwort A

Das Gefäß ist die leibliche Persönlichkeit des Gläubigen, das irdene Gefäß, in dem der Heilige Geist Wohnung genommen hat (1. Kor. 6,19). Die fleischlichen Korinther hatten die Gaben, die der HErr Brüdern gegeben, dazu gebraucht, den Menschen zu verherrlichen. Hier müssen sie neu lernen, daß wie groß auch der Schatz sei, der dem Gefäß anvertraut sei, das Gefäß doch ein irdenes Gefäß bleibe. Was auch immer der Geist innen in das Herz gibt und hineinschreibt, das Gefäß wird dadurch nicht groß gemacht, um bewundert zu werden. Der Schatz verändert das Gefäß nicht. Es bleibt, was es ist: ein irdenes Gefäß. Gott hätte andere, herrliche Gefäße für diesen Schatz wählen können

(Engel), aber Er wählte mit der bestimmten Absicht irdene Gefäße, „damit die Überschwenglichkeit der Kraft sei Gottes und nicht aus uns“. Damit das irdene Gefäß nicht eine Hemmung für den Glanz des Schatzes sei, zeigt der Apostel ihnen an seinem eigenen Leben (V. 8-11), wie die Führungen Gottes dazu dienen müssen, daß das Gefäß (der Mann Paulus) in dem Tode (nieder)gehalten wird, damit das Leben Jesu an dem sterblichen Fleische offenbar werde.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Es sei hingewiesen auf 3. Mose 6,21a! - Köstlich ist es, daß Seine Kraft in unserer Schwachheit zur Vollendung kommt (2. Kor. 12,9.10!). Das Gefäß wertlos, ein Scherben, der Inhalt Herrlichkeit: „der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus“ (V. 4). Welche Gnade! Da brauchen wir nicht trauern, „wenn der äußere Mensch verfällt“ (V. 16) und durch „die Leiden der Jetztzeit“ aufgezehrt wird (Röm. 8,18!), wenn dadurch die Kraft Gottes nur um so herrlicher hervorstrahlen kann und Er verherrlicht wird, der uns den Dienst der Herrlichkeit anvertraute (Kap. 3). - Wie mancher treue Zeuge ist körperlich ein gebrechliches Gefäß, vielleicht auch etwa in dem gegenwärtigen Kriege geworden - aber, was den unbekehrten Menschen ein schreckliches Unglück scheint, ist göttliche Weisheit, die uns „abnehmen“ läßt, auch der Leibeskraft nach, damit „Er wachse“ (Joh. 3,30). „Ich nichts - Er alles in allem, wie quillt dann der Segen so rein!“ Das war die Stärke des Paulus, das sei auch unsere nach 2. Kor. 4!

Geleitsworte an den Leser:

Freuet euch in dem HErrn allezeit! wiederum will ich sagen: Freuet euch! Lasset eure Gelindigkeit (Milde) kundwerden allen Menschen; der HErr ist nahe. Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden; und der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, wird eure Herzen und eure Gedanken bewahren in Christo Jesu. Habt nun Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des HErrn. Befestigt eure Herzen, denn die Ankunft des HErrn ist nahegekommen.“ Phil. 4,4-7; Jak. 5,7.8a.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 34

Was bedeutet Gal. 6,4.5?

Antwort A

1. Kor. 3,13 sagt uns Paulus, daß eines jeden Werk offenbar werde, und Jakobus ermahnt uns, Täter des Wortes zu sein (Jak. 1,22). Hier in der in Frage stehenden Stelle wiederum die Weisung: „ein

jeder aber prüfe sein eigenes Werk“! Alle diese Stellen zeigen uns zunächst, wo die Quelle unseres Ruhms liegt, daß es nur Christus und Sein Werk ist und daß an diesem Maßstab gemessen der Ertrag aller menschlichen Werke nur ein Ertrag der Gnade ist, daß aber andererseits Nachfolge und treuer Dienst (Werk) nicht voneinander zu trennen sind und daß eines das Ergebnis des anderen ist. Ein Christ, der sich wiederum unter Satzungen gefangennehmen läßt, nachdem er die herrliche Freiheit, in die ihn Christus gebracht hat, erkennen durfte, wird sich sowohl in seinem Werk für den HErrn als auch im Dienst den anderen Gläubigen gegenüber als schwach und unklar erweisen. Die Galater hatten sich wieder der religiösen Welt zugewandt und an Dingen Wohlgefallen gefunden, die dem religiösen Fleische Nahrung boten, mit anderen Worten, sie begehren wieder ein Gesetz, und nun gibt ihnen Paulus einen Gradmesser, er sagt ihnen: Wollt ihr ein Gesetz haben, dann erfüllt das Gesetz Christi! Hier hatten sie ein Vorbild an dem Einen, der in Seinem Leben dem Gesetz Genüge getan und der die Lasten anderer auf Sich genommen hatte. Im Blick auf dieses kostbare Vorbild konnte Paulus den Galatern sagen: Erweist euch als Leute, die tragfähig sind, und als solche, die jedermann etwas sein können, dann werdet ihr euch nur noch des HErrn rühmen. Was war der Ruhm der Galater? Neue Satzungen, die sie in die Beschneidung hineingeführt hatten, und darum verweist der Apostel den einzelnen darauf, sein eigenes Werk zu prüfen, im Blick auf dasselbe würde dann aller Ruhm schwinden, da habe ein jeder dann genug an seiner eigenen Last, was davon abhalte, anderen Bürden aufzuerlegen, die dem Gesetz Christi zuwider sind. So liegt hier für uns als Gläubige die praktische Mahnung: keinen anderen Ruhm zu kennen als nur das Kreuz des HErrn (V. 4), von der Welt, auch von der religiösen, geschieden zu sein und willig die damit verbundene Schmach zu tragen, die unser Malzeichen sein soll (V. 17). Dann ist unser Werk auf Sein Werk aufgebaut, und bei der Prüfung wird sich's erweisen, daß es Bestand hat. Unser Rühmen ist dann nur der HErr (1. Kor. 1,31), und die eigene Last wird dann so sein, daß sie im Blick auf das Kreuz gering wird, und wir erkennen, daß wir unser Leben an den Christus verloren haben (Matth. 10,38.39). Dann hört Gesetz und Ruhm auf, und das Gesetz Christi beginnt für uns, indem wir unsere Last nicht mehr sehen, sondern bereit sind, die Last anderer mitzutragen (V. 2). Also nicht sich mehr aufbürden, denn darin erweist sich die Schwäche, sondern das eigene Werk prüfen; dann werden wir uns nur des HErrn rühmen, und die aufgelegte Last wird uns genügen, dieweil wir wissen, Sein Werk wird in unserer Schwachheit vollbracht (2. Kor. 12,9).

Ph. W.

Antwort B

Viele Glieder der galatischen Gemeinde hatten den Gesetzeslehrern Gehör geschenkt und sich von der Wahrheil des Evangeliums der freien Gnade abgewandt. Dadurch hatten sie persönlich Schaden an ihrem inneren Leben gelitten, denn im Gesetz gerechtfertigt werden wollen heißt: „abgetrennt von Christus, aus der Gnade gefallen sein“ (5,4). Aber auch in das Gemeindeleben war Verderben eingedrungen. Die Einigkeit im Geiste war zerstört: Richtgeist und Parteigeist trennt die Gläubigen (5,15).

Demgegenüber erinnert Paulus an die herrliche Stellung der Gläubigen in Christo. Sie sind vom Gesetz befreit, stehen unter der Gnade und sind Geistesmenschen, die, mit Christo gekreuzigt, durch den Geist leben und die Frucht des Geistes in ihrem Wandet offenbaren dürfen und sollen. Diese zeigt sich im Gemeindeleben besonders in der Liebe, Sanftmut, Demut und Geduld. Auch ein Christ kann fehlen und fallen. Zwar kann er nicht mit Wissen und Wollen sündigen und in der Sünde beharren (1.

fehlen und fallen. Zwar kann er nicht mit Wissen und Wollen sündigen und in der Sünde beharren (1. Joh. 3,6.9), aber er kann aus Schwachheit sündigen, „von einem Fehltritt übereilt werden“. Was sollen die Geschwister in solchem Falle tun? Soll man streng und hart mit einem schwachen Bruder verfahren, ihn etwa aus der Gemeinschaft ausschließen? - Nein, das wäre nicht „geistlich“. Die „Geistlichen“, d. h. die Gläubigen, welche durch den Geist geleitet werden, sollen ihm im Geist der Sanftmut zurechthelfen, damit er wiederhergestellt werde. Das ist Geistesfrucht. Sind sie sich ihrer eigenen Schwachheit bewußt, so werden sie vor Hochmut, Überhebung und Lieblosigkeit bewahrt. Das „Gesetz Christi“, die Liebe, wird erfüllt, indem man sich mit unter die Last des anderen stellt, auch unter seine Schwachheit, sein Zukürzkommen. Wie wenig entspricht oft unser Verhalten diesem „Gesetz Christi“! Wie gering ist unsere Tragkraft, wie kurz unsere Geduld, wie kalt unser Herz! Wie wenig Erbarmen, wie wenig helfendes Mitleid findet oft der gefallene Bruder! Liebe und Demut gehören dazu. Aber meist regt sich der Pharisäer in uns, der den Zöllner mit kalter Verachtung straft. Wir vergleichen uns mit ihm, um an uns selbst Gefallen zu haben - so wollen wir Ruhm an dem anderen haben - mit einer gewissen Befriedigung, ja, vielleicht sogar Schadenfreude betrachten wir den Fehltritt durch das Vergrößerungsglas unseres fleischlichen Richtgeistes. So versündigen wir uns an dem Bruder und betrügen uns selbst. Gewiß sollte der Fall eines Bruders uns veranlassen, unser eigenes Werk zu prüfen, aber nicht, um selbst Ruhm zu haben im Vergleich mit jenem, wie ein Kind, das zur Mutter sagt, wenn eins der Geschwister ungehorsam war: „Nicht wahr, Mutter, ich bin aber artig!“ Nein, jede Vergleichung mit dem anderen führt zu einem falschen Urteil, ist also Selbstbetrug. Es kommt vielmehr darauf an, was unser Werk nach dem Urteil Gottes wert ist. In dem Lichte Seiner Heiligkeit, Seines Wortes, gemessen an dem Einzigen, dessen Werk dem Vater wohlgefiel - wie unvollkommen, fehlerhaft, schwach erscheint da unser Werk! Wie müssen wir uns da in den Staub beugen: „Wir sind unnütze Knechte! (Luk. 17,10). Und selbst wenn unser Herz uns nicht verdammt, wenn wir es wagen dürften, in aller Demut, wie Paulus 1. Kor. 15,10, zu sagen: „Ich habe mehr gearbeitet als sie alle,“ so müßten wir doch gleich ihm hinzufügen: „nicht aber ich, sondern die Gnade Gottes, die mit mir war.“ Und sind wir nicht so tief gefallen wie andere, so hat uns doch nur die Gnade bewahrt. Vor dem Richterstuhl des Christus wird ein jeder empfangen, was er in dem Leibe getan, nachdem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses (2. Kor. 5,10). Da gibt's kein Vergleichen mehr; da wird jeder seine eigene Last tragen, jeder für sich selbst verAntwortlich sein. Wohl uns, wenn wir dann, trotz all unserem Zukurzkommen, doch das Lob empfangen, daß wir treu erfunden sind. - Also Brüder, laßt uns geistlich miteinander umgehen, als Glieder eines Leibes, einander stützend, helfend, tragend in Demut, Liebe und Geduld!

Chr. K.

Anmerkung des Herausgebers

Zu obigen Antworten noch einiges! Das brüderliche Verhalten zu einem Kinde Gottes, das „von einem Fehltritt übereilt“ ward, ist ein ganz anderes (Gal. 6,1ff.) als das Verhalten, das in Fällen einzutreten hat, da der sündigende Gläubige in seiner Sünde verharrt (darin „wandelt“, 2. Thess. 3,6; vergl. Antw. C zu Frage 28!) oder sich gar nicht von der Welt unterscheidet, ein „Böser“ ist (1. Kor. 5, bes. V. 11-13!). Gal. 6,1ff. hat nichts zu tun mit der Frage schriftgemäßer Zucht. Wüßten wir alle nur besser nach dieser Stelle zu wandeln, wie oft würden wir selbst verhindern können, daß Gläubige in einen solchen Sündenzustand geraten, daß Zucht unerläßlich ist.

Wer sich selber kennt durch Selbstprüfung, ohne sich (und seine Arbeit) mit anderen hochmütig zu

Wer sich selber kennt durch Selbstprüfung, ohne sich (und seine Arbeit) mit anderen hochmütig zu vergleichen, der muß beschämt bekennen, daß er nichts ist, daß alles, was die Gnade trotz der Hindernisse, die wir selbst ihr in den Weg legen, dennoch in uns fertig gebracht hat, uns zum Rühmen bringt dessen, was Christus ist. Das Wort hier schließt nicht den Ruhm und die Freude am eigenen gottgewirkten Werk aus, aber nimmt ihm das verderbliche Vergleichen mit anderen und gibt ihm die rechte Richtung: Christus. Was an unserem Wirken gut ist, ist ja nur Gottes Gabe, was schlecht ist, ist unser Zukurzkommen, unser Verschulden: was für ein Recht hätten wir also wohl, über andere uns zu erheben, sie vor unserer „Größe“ sich beugen zu lassen! Wir haben genug zu tragen an unseren Verkehrtheiten, für die wir auch vor dem Richterstuhle die VerAntwortung tragen, haben also keinen Grund, andere gering zu achten, uns aber hoch! Da wir aber unser eigenes Zukurzkommen kennen, auch in dem der anderen uns selber wiederfinden, so gebührt es uns, einander zu ertragen, die Lasten der Geschwister zu tragen (ohne über die Fehlenden herzufallen, wie - wenn auch in guter Meinung - die drei selbstgerechten Freunde des Hiob!) und uns in demütiger Selbsterkenntnis mitzubeugen unter die Fehler der anderen und ihnen „zurechtzuhelfen im Geiste der Sanftmut“!

Möchten wir unser gegenseitiges Gemeinschaftsleben auch unter dem Gesichtspunkt ansehen, nie von anderen zu viel zu erwarten, milde gegen sie, desto strenger gegen uns selbst zu sein, dann werden wir nicht in ihnen so leicht enttäuscht, verlieren das Vertrauen zu ihnen nicht (Philem. V. 5c) und finden auch weniger Veranlassung, in den Fehler zu verfallen, uns besser als sie zu dünken. Das Verhalten des Herrn Jesu dem Petrus gegenüber ist hier sehr belehrend und ermunternd für uns: Er erwartete nicht zu viel von Seinem Jünger, wußte, was dessen Glaube hergeben konnte und was nicht, warnte ihn in heiliger, treuer Besorgnis vor Selbstüberhebung, und, da Er seinen Fall voraussah, betete Er für ihn, daß sein Glaube nicht aufhöre, verzweifelte nicht an ihm, sondern half ihm nach dem Fall wieder vollkommen zurecht (vgl. Luk. 22,31-34.60-62; 24,34; Joh. 21,15ff.). - Möge der HErr uns Gnade schenken, Seine Gesinnung zu haben (Phil. 2,5) und untereinander in Wahrheit die Gemeinschaft des Geistes zu verwirklichen und aneinander das Gesetz des Christus zu erfüllen: die Liebe! (6,2; Röm. 13,8).

Frage 35

Bitte um eine erbauliche Anwendung von 1. Petri 1,5-7!

Antwort A

Denen, die gleich Abraham „Fremdlinge“ (V. 1) auf der Erde sind, und die (wie Israel) auf der Reise ins verheißene Land die Wüste durchziehen und von Mühen und Feinden auf dem Wege umgeben sind, denen wird das Erbteil gezeigt. Ein Blick auf das himmlische Erbe - auf das nahe Ende der Wüstenreise - und neue Kraft und Mut belebt das Herz des müden Pilgers.

Unser Erbe liegt nicht, wie Israels, auf der Erde, es ist im Himmel. Dort wird es für uns aufbewahrt, und niemand vermag es (wie einst Israels) anzutasten noch zu verderben. Aber nicht nur das Erbe wird bewahrt. Gottes Macht bewahrt auch uns. Und wie Gott uns durch Glauben bewahrt, wird uns in V. 6 und 7 gezeigt. Seine Weisheit, Vorkenntnis und Liebe geht oft Wege mit uns, die uns nicht angenehm sind. Wir lieben nicht Betrübnis, auch nicht, wenn unsere Kraft und unser Arm uns zerbrochen wird. Aber so wird der Glaube erprobt, und wir lernen, mit Gott zu rechnen. Und nur

zerbrochen wird. Aber so wird der Glaube erprobt, und wir lernen, mit Gott zu rechnen. Und nur „wenn es nötig ist“ und „eine kleine Zeit“ führt Er uns in den Prüfungstiegel. Warum ist es nötig? Weil Er Sein Bild in uns sehen will. Das Gold wird nicht gleich geläutert gefunden. Es ist mit allerlei anderem verbunden. Es muß in die Schmelze, in die Scheideanstalt. So ist auch unser Glaube mit allerlei von uns verbunden. Das muß alles fort. Es geht ins Feuer. Im Feuerofen (Dan. 3) werden die Stricke der Welt verbrannt, die Welt sieht uns da mit dem HErrn wandeln. Da ist kein Kind Gottes, dessen Glaube nicht erprobt wird. Jeder Tag soll ein Tag des Glaubenslebens sein „zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“. Es ist nicht genug, daß Gold da ist, es soll geläutertes Gold sein - es soll nicht nur Glaube sein, sondern köstlicher, bewährter Glaube zu Seinem Lobe.

In diesen Versen ist „frohlocken“ und „betrübt sein“ so eng verbunden. Die Welt kann's nicht verstehen, aber das Kind Gottes versteht, daß das Herz frohlocken kann, während das Auge weint.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Mit dieser kleinen Betrachtung dürfen wir das Jahrbuch 1916 der „G. H.“ beschließen! - Mag der Rückblick in das zu Ende gehende schwere Kriegsjahr auch manchen gläubigen Lesers Augen trüben, und mag der Ausblick in die Zukunft auf Erden nicht so lichtvoll sein, wie solche, die ihre Lebensquellen nur im Diesseits haben, wünschen mögen - sicher und unverrückbar sind für uns, die nach Seiner großen Barmherzigkeit Wiedergeborenen (V. 3), diese in den Versen 4-9 uns vor Augen gestellten köstlichen Dinge.

Der Glaubenspfad kann manchmal schwer erscheinen im Hinblick auf die Trübsale, die Gottes Weisheit als „nötig“ für uns ansieht, aber wir haben ja Ihn, den Herrn Jesus Christus, mit darinnen, uns zur Seite. Wir sehen Ihn zwar leiblich noch nicht, aber „wir lieben Ihn“, und im Glaubensvertrauen zu Ihm können wir „frohlocken“ im Blick auf die herrliche endliche „Errettung, die bereit ist, geoffenbart zu werden in der letzten Zeit“ (V. 5). Leben wir denn schon in dieser und dürfen wir daher die Offenbarung Jesu Christi erwarten? Sicherlich, denn es ist ja „die letzte Stunde“ (1. Joh. 2,18; vgl. auch 2. Tim. 3,1ff.), also auch die letzte Zeit. Wie herrlich! Wird die Trübsal, die nötig für uns ist zur Bewährung unseres Glaubens, nicht zu einem geringen „Betrübtsein“ (vgl. auch Röm. 8,18!) und auch für unsere Herzen zu einer „kleinen Zeit“, wenn wir wissen, daß Er, den unsere Seele liebt, jeden Augenblick kommen kann und daß wir Ihn dann schauen werden?! - Aufgeschaut! Unsere Erlösung ist wieder näher gerückt (Röm. 15,11). „Noch über ein gar kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen.“ (Hebr. 12,37.)

„Bald kommt der HErr, Halleluja!

Der einst als stilles Lamm

Die Sünden trug, Halleluja!

Und starb am Kreuzesstamm.

Seid bereit, vor Ihm zu stehn,

Seine Herrlichkeit zu sehn!

Was Er verheißt, Halleluja!

Das wird an uns geschehn!“ (J. M.)

Gepriesen sei Sein heiliger Name in Ewigkeit!

 

 

 

 

 

5. Jahrbuch (1917)

Geleitswort an den Leser:

Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichtes anziehen.“ Römer 13,12.

Denn ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir sind nicht von der Nacht, noch von der Finsternis. Also laßt uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein.“ 1. Thess. 5,5.6.

Unseren werten Lesern

ist die Einberufung unseres Br. Fritz Koch, des seitherigen Herausgebers der „Geg. Handr.“, zum Heeresdienst bereits bekannt gegeben. Im Einverständnis mit demselben und im Vertrauen zum HErrn übernimmt der Unterzeichnete die Schriftleitung.

Ohne den Charakter des Blattes im wesentlichen zu verändern, glauben wir oft ausgesprochenen Wünschen, neben den Fragen und Antworten auch Artikel der Ermunterung zum Wandel im Glauben und in der Wahrheit zu bringen, nachkommen zu sollen, damit auch solchen Lesern „Handreichung“ getan werde, die zu einem Schriftstudium, wie es die Antworten erfordern, nicht Zeit oder Fähigkeit haben.

Bei Übernahme dieser neuen Arbeit sind wir uns unserer Untüchtigkeit bewußt, und daß wir viel Gnade und Weisheit dazu von oben bedürfen, und wir bitten deshalb um treue Fürbitte.

Klotzsche bei Dresden,

Anfang Januar 1917.

Die Schriftleitung.

Alb. v. d. Kammer.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1:

Wer oder was ist der Morgenstern in Offenb. 2,28?

Antwort A

Der Apostel macht uns betreffs der Wiederkunft des Herrn Jesu in 2.Petri 2,19 aufmerksam, auf das prophetische Wort zu achten. Dasselbe ist ein Licht in der Nachtzeit dieser Welt. Der „Morgenstern“ ist Christus Selbst: „Ich, Jesus, Ich bin ... der glänzende Morgenstern“ (Offenb. 22,16). Wir befinden uns unter einem geöffneten Himmel, und das Licht des Morgensternes leuchtet von dort hell in die Herzen der Gläubigen hinein (Joh. 1,4.5 u. 9; 8,12; 12,35.36.46). Durch das „Anschauen der Herr1ichkeit des HErrn“ (2. Kor. 3,18) stehen sie wachend in Seiner Gegenwart und rechnen gleichzeitig damit, daß der Morgenstern wirklich erscheinen wird, oder mit anderen Worten, daß die Ankunft des Herrn Jesu Christi mit jedem Augenblick eintreten kann. Sie erwarten Ihn zur Seligkeit (Hebr. 9,28b), und zwar ehe Er als die „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal. 4,2) für die ganze Welt erscheinen wird. (Vergl.hierzu den Schluß der Antwort D, Frage 31, Jahrgang 1916, Seite 209.)

Nach Kol. 1,14 und Eph. 1,7 besitzen wir die Errettung unserer Seelen in der gegenwärtigen Zeit, während wir für die künftige Weltzeit die Erlösung unseres Leibes erwarten (Röm. 8,23). Diese wird in Erscheinung treten, wenn wir aufgenommen werden, um für alle Zeit bei Ihm zu sein (1. Thess. 4,16.17; Phil. 3,20.21).

Den Morgenstern können wir nur sehen, wenn wir uns die Mühe geben, zu wachen, denn nach Offenb. 2,26-28 wird der Morgenstern denen gegeben, welche überwinden, und zwar den Schlaf während der finsteren Stunden der Nacht. Der Herr Jesus - Er, der der glänzende Morgenstern ist - wird in 1. Tim. 1,1 als „unsere Hoffnung“ bezeichnet und nach Tit. 2,13 sollen wir die „glückselige Hoffnung erwarten“, mit anderen Worten: die Ankunft der Person Jesu Christi, umdie Gemeinde zu Sich zu nehmen vor dem Anbruch des Tages (Joh.14,3; 1. Thess. 5,6).Das Ausschauen nach dem „Morgenstern“ nötigt uns zur Treue und zur praktischen Reinigung (1. Joh.3,3) und zum Wachen und Beten (Matth. 24,42; Offenb. 3,3).

C. L.

Antwort B

In 2. Petri 1,16-19 sagt Petrus den Gläubigen, daß sie wohl tun, auf das prophetische Wort zu achten als auf eine Lampe, die an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in ihren Herzen. Was kann auch das Herz des Gläubigen in dieser armen Welt und in den Umständen des Lebens mehr erquicken und beleben, als die Gewißheit und die lebendige Hoffnung, Jesus kommt, um mich heimzuholen? (Joh.14,3.) „Bis der Morgenstern aufgehe in euren Herzen“ will sagen, daß diese Hoffnung im Herzen eine feste Gestalt gewinne und eine lebendige Hoffnung sei, die uns befähigt, auf den kommenden HErrn zu warten.

In Offenb. 2,28 richtet der HErr die Worte: „Ich will ihnen den Morgenstern geben“ nur an die Überwinder in Thyatira, d. h. Er will ihnen jetzt schon die sichere, lebendige Hoffnung Seiner Ankunft

Überwinder in Thyatira, d. h. Er will ihnen jetzt schon die sichere, lebendige Hoffnung Seiner Ankunft ins Herz geben. Und wenn Er gekommen ist und Sein Reich aufgerichtet hat, so sollen sie mit Ihm herrschen in Seinem Reiche. In Offenb. 22,16.17 nennt Sich der HErr Selbst „der glänzende Morgenstern“, und die Braut ruft sofort: „Komm, Herr Jesu.“ Der Morgenstern geht auf vor Sonnenaufgang, er leitet den Tag ein. Wenn Er als Morgenstern Seiner Erlösten gekommen ist und sie zu Sich genommen hat, wird Er mit ihnen kommen, und „aufgehen“ wird dann „die Sonne der Gerechtigkeit“ mit Heil unter ihren Flügeln - für Israel zunächst und dann für die ganze Erde. Er ist die Wurzel und das Geschlecht Davids.

F. B.

Antwort C

Es ist beachtenswert, daß wir gerade in dem Sendschreiben an Thyatira (die Weihrauchspendende), welches die Periode der römischen Kirche kennzeichnet, inmitten aller Verwirrung etliche finden, denen der HErr sagen kann: „doch was ihr habt, haltet fest, bis Ich komme“ (V. 25) und „Ich werde ihm den Morgenstern geben“ (V. 27). Wir haben ja verschiedene Schriftstellen, die von dem Morgenstern reden und die alle in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Lies 2.Petri 1,19.

In Offenb. 22,16 bezeichnet Sich der HErr Selbst als der glänzende Morgenstern. Dem wunderbaren Aufgehen des Morgensternes geht die Nacht voraus; in dieser Nacht bedienen wir uns des Lichtes, das uns für den Pfad gegeben ist, des Wortes Gottes, schauen aber immer nach einem helleren Schein oder vielmehr nach dem Spender dieses Lichtes, nach dem Sohne Gottes, der den Seinen als Morgenstern erscheinen wird, aus. Solche Leute gab es auch zu jenen Zeiten in Thyatira; in allen dunklen Zeiten und in allem Verfall hat der HErr eine Schar, die an Ihm und Seinem Worte festhält und auf Sein Kommen wartet. Dem, der in Bereitschaft und wachend dasteht, wird der Morgenstern leuchten; er schaut über die Nacht hinaus und weiß, daß in der ersten Morgendämmerung, gleich nach Mitternacht, der Morgenstern am Horizont erscheint.

Ähnlich war es in den Tagen der Geburt unseres HErrn. Nicht Große und Gewaltige waren es, die auf den Messias warteten, sondern ein Simeon und eine Anna, sie harrten auf den Trost Israels (Luk. 1,25-38), sie verstanden die Zeichen der Zeit. Ebenso jene Magier vom Morgenlande (Matth. 2.1.2). Sie hatten Seinen Stern gesehen und waren gekommen, Ihm zu huldigen. So auch hier in Thyatira. Der HErr sieht etliche, die überwinden, und ihnen verheißt Er den Morgenstern, d. h. weil sie in der lebendigen Hoffnung auf den HErrn lebten, offenbart Er Sich ihnen als der Morgenstern, der erscheinen und sie bei Seinem Kommen mit Seinem Lichte begrüßen will.

So sehen wir auch hier die Scheidung zwischen Licht und Finsternis. Für die einen kommt der Herr Jesus als Richter oder als aufgehende Sonne der Gerechtigkeit (Mal. 4,1-3), für die anderen aber, welche ausgeharrt haben und Ihn in Treue erwarteten, kommt Er vor den hereinbrechenden Ereignissen als der hell glänzende Morgenstern, d. h. sie werden Ihm entgegengerückt und bei dem HErrn sein allezeit (1. Thess.4,17).

Jesus Christus ist dieser Morgenstern, der uns hienieden leuchtet und nach dessen Aufgehen wir uns sehnen. Immer wieder wird der Gläubige in all den Dunkelheiten seinen Blick üben und nach dem Horizont ausschauen, ob Er erscheint, bis dahin laßt uns weiter flehen:

„Amen, Amen, Jesu eile,

Still' das Sehnen Deiner Braut,

Mächtiglich die Wolken teile,

Daß Dich unser Auge schaut.

Steig herauf am Horizonte,

Morgenstern, durchbrich die Nacht.

O, daß Deine Braut schon thronte

Dort mit Dir in Himmelspracht!“

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Wer ist der Morgenstern? Der HErrr sagt, daß Er Selbst der „glänzende Morgenstern“ ist (Offenb. 22,17). Was ist der Morgenstern? Der Zusammenhang zeigt uns zweifellos, daß der HErr es ist als kommend für die Seinen in Gnade vor Seinem Kommen zum Gericht.

Dieser Titel steht mit Seinem Kommen in Verbindung. Dreimal in diesem Kapitel (22,7.12.20) spricht Er von Seinem Kommen, und Seine Ankündigung als „Morgenstern“ wird sofort von dem Geist und der Braut mit einem „Komm“ beAntwortet.

Beide Testamente, das Alte wie das Neue, enden mit der Ankündigung Seines Kommens, das eine mit dem Hinweis auf das Gericht, das andere mit dem Hinweis auf Seine Gnade. (So die letzten Verse.) Das Alte Testament schließt mit Ihm als „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal. 4,2), das Neue Testament schließt mit Ihm als „Morgenstern“. In Seinem Charakter als „Sonne“ erscheint Er Israel und der schlafenden Welt und führt den Tag „brennend wie ein Ofen“ ein (Mal. 4,1), aber als „Morgenstern“ erscheint Er (vor diesem Seinem Kommen als „Sonne“) für Seine Brautgemeinde, sie herausnehmend aus dieser Welt vor Beginn des „großen und furchtbaren“ Tages. So wie das Kommen des Morgensternes dem Aufgang der Sonne vorangeht, so geht auch das Kommen des HErrn als „Morgenstern“ Seinem Kommen als „Sonne“ voraus. Der HErr als „Morgenstern“ leuchtet und erhellt nicht die Welt, für diese ist Er nur das Zeugnis eines für sie kommenden Tages.

Während der HErr uns in Offenb. 22,16 sagt, dass Er Selbst der Morgenstern ist, sagt Er uns in Offenb. 2,28, daß Er dem Überwinder den Morgenstern geben will, d. h., daß Er Sich Selbst in diesem Charakter dem Überwinder schenken und offenbarmachen will. Wer also die Freude des Morgensternes haben will, muß ein Überwinder sein.

Man möchte fragen, wer ist der Überwinder? Ein Überwinder in Thyatira war der, der die Dinge, die dem HErrn entgegen waren, überwand. Was war das ? 1. die Duldung des Weibes Jesabel, die Duldung solcher, die sich „Prophetin“ nennen, d. h. die fälschlich einen Stand einnehmen, in welchem man vorgibt, der Mund des Heiligen Geistes zu sein und Gottes Worte zu reden. Dem HErrn entgegen ist. 2. die falsche Lehre, wodurch Seine Knechte verführt werden und 3. die Hurerei, d. h. die

Verbindungen, die Gott nicht erlaubt. Zuwider ist Ihm 4. Götzenopfer zu essen, d. h. Dinge mitzumachen, hinter welchen Satan steht und in denen dem Gott dieser Welt gehuldigt wird. Diese Dinge mußten überwunden werden.

Ich habe wider dich, daß du ... „duldest“ (ob willig oder unwillig, macht keinen Unterschied). Dies gab Wegweisung dem Überwinder. Er macht sich frei von der Autorität, der Lehre und den Werken Jesabels. Das gemeinsame Joch der Ungläubigen wird abgelegt nach dem Worte des HErrn (2. Kor. 6,14); Welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit - welche Gemeinsamst Licht und Finsternis - welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? Der Überwinder kehrt zur Autorität des HErrn, zur Lehre der Apostel und zu „Seinen“ Werken zurück. („Seine“ Werke [V. 26] nicht „Jesabels“ Werke [V. 22]. Werke, die Seinen Geist, Sein Leben, Ihn Selbst offenbaren.)

Dem Überwinder will der HErr Sieg geben und ihn teilnehmen lassen an Seinem Sieg, wenn Er den Widerstand der Menschen wie Töpfergefäße zerschmettern wird. Aber mehr noch als Überwindung und Sieg, Er will ihm auch den „Morgenstern“ geben.

Wohl wissen wir, daß alle, die des HErrn Eigentum sind, „die Lebenden“ bei der Ankunft des HErrn Ihm entgegengerückt werden (1. Thess. 4,15.17). („Wir werden aber alle verwandelt werden“ [1. Kor. 15,51]); wer aber jetzt den Sieg über die „Töpfergefäße“ haben und den „Morgenstern“ empfangen und genießen will, der darf „ nicht schlafen, wie die übrigen“ (1. Thess. 5,6), sondern muß sich frei machen von Jesabel und ihrer Lehre.

Und ist es nicht so? Gläubige, die sich noch nicht des „Morgensternes“ erfreuen, sind es nicht meistens solche, die sich noch nicht hinweggereinigt haben von dort, wo Jesabel mit ihrer Lehre, Hurerei und Götzendienst geduldet wird? Die Nacht ist noch nicht vorbei. Noch heißt es zu überwinden. Der Überwinder erfaßt das Wort: „Was du hast, hatte fest, bis Ich komme“ (Offenb. 2,25). „Halte fest das Bild der gesunden Worte ... bewahre das schöne anvertraute Gut ...“ (2. Tim. 1,13.14).

Der Morgenstern leuchtet keinem Schläfer. Wem aber der Morgenstern im Herzen aufgegangen ist, dem leuchtet Trost und Mut und Freude mitten in der Dunkelheit des Verfalles und der Verwirrung, der wandelt getrennt von der Welt, gereinigt von der Ungerechtigkeit, wachend und wartend auf seinen HErrn.

Frage 2

Wie verhält sich in Joel 2,28-32 und Apgesch. 2,16-21 die Weissagung zur Erfüllung? Oder soll letztere Stelle gar nicht die Erfüllung der ersteren sein?

Antwort A

Joel 2 und 3 beschreibt die Zustände des Volkes Israel durch die Bedrückung anderer Völker, vornehmlich durch den König des Nordens, den Assyrer. Nach Vollzug dieses Gerichtes unter Gottes Zulassung führt Gott für den Überrest seines Volkes Israel die oftmals durch die Propheten verheißene Zeit des Segens ein (Joel 2,18-27).

Doch bevor diese Segenszeit für Israel eingeführt wird, kommt der große Tag Gottes, des

Allmächtigen (Offenb. 16 und 19,11-21). Was in Joel 2,28-32 geschrieben steht, betrifft zunächst ausschließlich Israel, und zwar den Überrest Israels, der durch große Drangsal und Leiden gegangen ist. Diese Verheißungen, wie sie Joel beschreibt, sind somit für Israel als Volk noch zukünftig.

Anders in Apgesch. 2,1-4; hier ist die Verheißung hinsichtlich der Ausgießung des Heiligen Geistes in Erfüllung gegangen. Als die Juden voll Staunen fragten, was das werden sollte, sagte Petrus, „dies ist es, was der Prophet Joel geweissagt hat, daß in den letzten Tagen Gott von Seinem Geist ausgießen werde auf alles Fleisch“ usw. Petrus fügt hinzu, daß Gott dies jetzt in den letzten Tagen tun werde; damit wies Petrus die Juden auf die Dringlichkeit der Umkehr zu Gott hin, daß sie Buße tun und das ihnen in Christo angebotene Heil jetzt annehmen sollten zur Vergebung der Sünden, um zugleich die Gabe des Heiligen Geistes zu empfangen. Nachdem der Herr Jesus das große Werk der Erlösung durch Sein am Kreuz vergossenes Blut voltbracht hatte, begann nun der Tag des Heils; aber es war auch der Beginn der letzten Zeit und der letzten Tage. Auch wir leben noch in diesen letzten Tagen, wie lange noch? vielleicht nicht mehr lange! - und die Türe ward verschlossen.

Am Pfingsttag hat sich erfüllt, was Joel über die Ausgießung des Geistes Gottes weissagte und was Jesus Seinen Jüngern vor Seinem Heimgang zu Seinem Vater in Aussicht stellte. (Ev. Joh. 14,16.17; 16,7.8.) Der Heilige Geist wurde ausgegossen über die versammelten Jünger und erfüllte ihre Herzen mit Friede und großer Freude. Und er vermag noch heute Großes zu wirken an aufrichtigen Herzen, darum, wie der Heilige Geist spricht: „Heute, so ihr Seine Stimme höret, verstocket eure Herzen nicht.“

F. B.

Antwort B

Joh. 14 sagt der Herr Jesus Seinen Jüngern, daß Er ihnen den Heiligen Geist senden wolle, und Joh. 14,17 bemerkt Er ausdrücklich, daß dieser „bei uns und in uns“ sein soll, und auf Ihn sollten die Jünger des HErrn warten.

Wenn wir nun in dieser Verbindung Apgesch. 2 im Zusammenhang lesen, finden wir dort die Jünger einmütig versammelt und gottesfürchtige Juden von nah und fern sind in Jerusalem anwesend. Hier ereignet sich nun das, was ihnen der Herr Jesus verheißen hatte; der Heilige Geist kommt hernieder unter dem Zeichen eines gewaltigen Windes und unter der Gestalt feuriger Zungen. Petrus als Wortführer darf hier gewissermaßen den Erstlingen des Geistes das Reich der Himmel aufschließen, und in seiner Ansprache verkündigt er den Juden, daß dies es sei, was schon Joel geweissagt habe. Diese Weissagung deutet zunächst auf das kommende Reich Christi auf Erden hin, dem der große und furchtbare Tag des Gerichts vorausgeht. In jenen Tagen wird der Geist „über alles Fleisch“ ausgegossen, während dagegen jetzt nur ein Teil der Menschen, und zwar die Gläubigen, den Heiligen Geist empfängt; derselbe kommt nicht auf uns, sondern ist, wie schon oben angeführt, „bei uns und in uns“ (Joh. 14,17). So sehen wir hier wohl Petrus auf die bekannte Joelstelle hinweisen, um den Juden zu zeigen, daß die Gabe des Geistes verheißen war und daß sie somit für das, was sie sahen und hörten, verAntwortlich waren. (Ähnlich wie er Vers 25-31 als Weissagung auf die Auferstehung auf Psalm 16 hinweist.)

Zu beachten ist, daß hier in Apgesch. 2 die Erstlingsgarbe, wovon wir 5. Mose 16 vorbildlich lesen, gesammelt wurde, und daß bei dieser Gelegenheit Gott den Seinen die Erstlinge des Geistes gegeben

hat, aber im Anschluß an diesen Erntetag wird Gott später noch einmal eine große Ernte halten, wenn die Sammlung der Gemeinde, d. h. alter wahren Gläubigen vollendet und der Weizen in die himmlischen Scheunen eingebracht ist (Matth. 13,30). Dann wird Gott noch einmal den Heiligen Geist ausgießen, und zwar auf alles Fleisch (Joel 2,28). Wenn also die Zeiten der Nationen erfüllt sein werden (Luk. 21,20) und die Vollzahl eingegangen ist (Röm. 11,25), dann wird die Zeit für Israel anheben, wo es sprechen wird: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des HErrn“. (Vergl. Hes. 3,4.5, Sach. 9,9 und 14,4-21, Jes. 9,6-7; 52,7: 62,10-12; 65,17-25 usw.)

Ph. W.

Antwort C

Die genannte Stelle in Joel beginnt: „Und danach wird es geschehen ...“. Es gehen also ihrer Erfüllung bestimmte Dinge voraus, von denen vorher die Rede ist; große Not und Drangsal (1,2 - 2,11), Umkehr zu Jehova (2,12-17) und Befreiung aus der Bedrängnis und Umwandlung der Leiden in Freuden (2,18-27). „Und danach wird es geschehen, daß Ich Meinen Geist ausgießen werde ...;“ also nachdem Israel durch alle die Leiden und Bedrängnisse hindurchgegangen sein wird, die nach dem Worte Gottes über Israel kommen müssen, und nachdem es von Herzen zum HErrn umgekehrt sein wird.

Es ist der Anbruch einer neuen Zeit für Israel, wie Kap. 3 zeigt - der Zeit der Herrlichkeit und der Segensfülle. Die Gefangenschaft Judas und Israels ist dann gewendet (3,1), die Berge werden von Most triefen und die Hügel von Milch fließen (3,18), Israel wird herausgeführt sein zu „überströmender Erquickung“ (Ps. 66,10-12). Auch Jes. 32,10-18 zeigt dasselbe recht klar (s. V. 15). - Ist dieses geschehen mit Israel? Nein, zur Zeit von Apgesch. 2 nicht und auch jetzt noch nicht. Folglich kann auch Apgesch. 2

nicht die Erfüllung von Joel 2,28-32 sein und muß diese Erfüllung noch in der Zukunft liegen.

Wenn Petrus dennoch Apgesch. 2,16 sagt: „Dieses ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist,“ so bedeutet dies nur, daß das, was geschehen war, seinem Inhalt und Wesen nach dem in Joel Gesagten entsprach, ohne die Erfüllung zu sein - gleichsam eine Vorauserfüllung, der die eigentliche Erfüllung noch folgt, gerade so wie die Sendung Johannes als Elias vor dem HErrn her (Mal. 4,5; Matth. 11,13.14; 17,11-13) und wie das erstmalige Kommen des HErrn.

Bei denen, die am Tage der Pfingsten beisammen waren (Apgesch. 2,1), waren die Voraussetzungen für die Ausgießung des Heiligen Geistes erfüllt. Durch die Leiden war der HErr für sie gegangen (Jes. 53, Ps. 69), und sie waren von Herzen zu Ihm umgekehrt; so konnte auch Gott an ihnen Seine gegebene Verheißung des Heiligen Geistes erfüllen. Die Erfüllung für Israel als Volk aber, wovon Joel spricht, steht noch aus, da für Israel als Volk noch die obengenannten Voraussetzungen fehlen. Aber die Zeit wird kommen und dann wird Joel 2,28-32 buchstäblich erfüllt werden.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Als die Menge das Wunder der Sprachen vernahm, fingen einige an zu spotten, die Jünger seien

trunken und der Geist des Weines rede aus ihnen. Daraufhin zeigt ihnen Petrus, daß das, was sie sahen, ihnen als Juden, die das prophetische Wort besaßen, nicht unbekannt sein sollte und sagt: „Dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist.“

Er sagt nicht: „dies ist die Erfüllung“ oder: „Es ist erfüllt“ was Joel gesagt. Das war es nicht. Die Erfüllung der Weissagung wird stattfinden wenn Israel durch die Drangsal zum HErrn gebracht ist und Ihn angenommen hat. Aber das, was sie sahen, war das, wovon Joel schon gesagt - geredet hatte. Es war ein Teil, eine Anfangserfüllung der Joel-Weissagung, aber noch nicht die volle Erfüllung.

Hätte das Volk auf Petri Predigt (Apgesch. 3,18-26) Buße getan, so würde das Pfingstereignis zur Vollerfüllung von Joel geworden sein, geradeso, wie wenn sie Johannes den Täufer angenommen (Matth. 11,14 und 17,12) und Buße getan hätten, er der Elias gewesen wäre. So aber wird Elias als die Vollerfüllung an einem späteren Tage noch kommen. Die Ansgießung des Heiligen Geistes ist, wie Johannes, gleichsam ein Voraus-Ereignis, eine Früherfüllung der Weissagung - der Frühregen, dem der Spätregen noch folgt. (Siehe auch Röm. 8,23.)

Frage 3

Dürfen Kinder Gottes auf Grund von Matth. 18,19.20; Apost. 16,31; 2. Petr.2,9; 1. Joh. 5,14.15 und anderer Stellen zuversichtlich um die Bekehrung ihrer Angehörigen bitten, der Erhörung gewiß?

Antwort A

„Gott will, daß allen Menschen geholfen werde, und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim. 2,4), und nach Vers 1 werden wir ermahnt, „Fürbitte zu tun für alle Menschen“. Zu diesen gehören unsere Angehörigen in erster Linie. Kinder Gottes, die um Jesu willen Zugang zum Throne der Gnade haben (denn das Blut Jesu Christi ist der Grund, warum wir in Gottes Gegenwart treten dürfen und daß dann dort unsere Gebete Annahme finden, vgl. Hebr. 10,19.22!), dürfen also zuversichtlich um die Bekehrung ihrer Angehörigen bitten. Solche Bitten werden nach 1. Joh. 5,14.15 erhört unter der Voraussetzung, daß der HErr uns hört, d. h., daß keine Trübung zwischen uns und dem HErrn besteht.

Im Evangelium Markus 2,1-12 wird uns erzählt, wie Leute einen Gichtbrüchigen von einem Dache herunterlassen, damit ihn Jesus heilen sollte. Im 5. Vers lesen wir: „als aber Jesus ihren Glauben sah, spricht Er zu dem Gelähmten: Kind, deine Sünden sind dir vergeben.“ Hier sieht der HErr den Glauben derer, die den Kranken zu Ihm gebracht hatten. Dieselbe Gegebenheit wird uns noch in Matth. 9,1-8 und Luk. 5,17-26 berichtet. Auf Grund dieser dürfen wir Glauben haben für andere, damit sie errettet werden. Die Fürbitte ist das Eintreten des Glaubens für andere.

In 1. Könige 18,41-46 lesen wir von dem Propheten Elia, der ein Mensch war gleichwie wir (Jak. 5,17) wie er anhaltend um Regen betete; (siebenmal Vers 43 u. 44). So soll die ernstliche Fürbitte auch bei scheinbarer Nichterhörung anhaltend sein; dem Beispiele des Elia sollten wir folgen, bis die Erhörung kommt. Tun wir dies?

Wenn wir oft nichts von dem Wirken der Gnade Gottes an den Herzen unserer Mitmenschen zu sehen bekommen oder erfahren, so müssen wir doch annehmen, daß Gott immer Mittel und Wege hat, sei es durch Knechte Gottes, Schriften, eingreifende Begebenheiten usw., den Menschen die Augen

aufzutun. (Apgesch. 26.17.18.)

C. L.

Antwort B

„Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel.“

„Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir, und er betete ernstlich, daß es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Und widerum betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor“ (Jak. 5.16 u. 17).

Der Hinweis auf diese Schriftstellen, deren noch viele andere hinzuzufügen wären, mag genügen, um zu zeigen, wie sehr Gott Sich gewissermaßen Selbst abhängig macht hinsichtlich Seines Tuns und Lassens von der Fürbitte, und welche Freude es für Ihn sein muß, wenn Glaubensgebete zu Ihm gesandt werben. Wenn in bezug auf Erhörung dem Beter gesagt wird: „Was irgend ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, Er es euch gebe“ (Joh. 15,16) und „dem Glaubenden ist alles möglich“ (Markus 9,24), so ist dies gewiß auch anwendbar auf die Rettung von Menschen, denn Gott will ja, daß alle Menschen errettet werden (1. Tim. 2.4). Sicherlich ist es auch anwendbar auf die nächsten Angehörigen des betr. Beters.

Dabei ist nur zu berücksichtigen, daß, wenngleich Gott alles tut hinsichtlich der Errettung von Menschen, im letzten Grunde alles getan hat, in der Sendung und Dahingabe Seines geliebten Sohnes, Er doch niemanden zwingt, was Er an und für sich ja könnte, sondern auf freie Willensentscheidungen wartet. Gott läßt dem Guten Zeit, sich frei auszuwirken, in Seiner Gerechtigkeit läßt Er aber auch dem Bösen ebenso Zeit. Und was gerade die hier in Rede stehende Frage anbelangt, so sagt der HErr in Matth. 10,36: „Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein“, und unmittelbar vorher: „Ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater, und die Tochter mit ihrer Mutter, und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter.“

Wie oft ist dies tatsächlich der Fall, daß im eigenen Hause, von den allernächsten Angehörigen die größten Schwierigkeiten und die bittersten Feindschaften erlebt werden müssen. Bei solchen Erfahrungen sollen dann Worte wie in Matth. 10,32 und Mark. 8,38 erlebt bezw. nicht erlebt werden. Immerhin wird bei Feindschaften im eigenen Hause und von den nächsten Angehörigen, soweit eine klare, entschiedene und treue Stellung dem HErrn gegenüber gewahrt wird, schließlich doch die Frucht gezeitigt werden, in der der „Saulus“ zum „Paulus“ wird.

Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, daß nach der Weise der Weltregierung Gottes in vielen Fällen das Wort: „Was irgend der Mensch säet, das wird er auch ernten“ im Hintergrund steht. Die Gnade vergibt und segnet, aber hebt nicht jenen göttlichen Grundsatz Seiner Regierung auf! Beispielsweise eine gläubige Jungfrau ist bei der Heirat nicht gewissenhaft und denkt, der Mann wird sich schon nach der Heirat bekehren. Solche kann dann erleben, daß Gott in Gnaden diese verkehrte Handlungsweise vergibt, nach Seiner Regierung aber die Frau vielleicht zeitlebens oder doch lange Zeit das genießen läßt, was sie sich erwählt hat. - Ähnliches können Eltern erleben, die bei der Verheiratung ihrer Kinder vor dem HErrn nicht treu sind und um des Mammons oder anderer Dinge willen ein Auge zudrücken.

Es ist eine außerordentlich ernste Sache, den Unterschied zwischen Gnade und Regierung kennen zu

Es ist eine außerordentlich ernste Sache, den Unterschied zwischen Gnade und Regierung kennen zu lernen, es ist ein Gegenstand von tiefem Interesse und großem praktischen Werte, durch den in der gegenwärtigen Frage manches Rätsel gelöst wird.

W. W.

Antwort C

Zur richtigen BeAntwortung dieser Frage ist zu beachten, daß Gottes Heils- und Segensgedanken nicht nur den einzelnen, auch nicht nur im weitesten Sinne jeden und alle umspannen, sondern im besonderen Sinne auch das Haus, die Familie des Gläubigen.

Die Ehe und Familie ist nach dem Willen und den Gedanken Gottes heilig, eine besondere Stätte der Offenbarung, des Segens und der Fürsorge Gottes, ein Heim und Herd der Liebe und des Friedens, ein irdisches Abbild und Gleichnis vom himmlischen Urbild, dem großen Geheimnis und vom Vaterhause droben.

Gott will mit und durch den einzelnen dessen ganzes Haus, seine ganze Familie segnen und retten. Diese Absicht und diesen Zweck verfolgt der HErr zunächst mit dem Familienhaupte, dann aber auch mit den Familiengliedern.

Die durch die Sünde entweihte und verwüstete Stätte soll durch die Erlösung in Christo wieder zu ihrer göttlichen Bestimmung zurückgebracht werden.

Daß und wie dem HErrn das Heil des ganzen Hauses des Gerechten am Herzen liegt, geht aus dem Worte Gottes klar hervor. Man lese 1. Mose 7,1; 19,12.13; 2. Mose 12,3; Luk. 19,5.9; 8,38.39; Apgesch. 16,31.

Als Kinder Gottes dürfen und können wir nicht nur zuversichtlich um die Bekehrung unserer Angehörigen bitten, diese Fürbitte ist vielmehr unsere allererste und größte Liebespflicht Menschen gegenüber.

Die Gewißheit der Erhörung hängt in erster Linie von uns, den Betern selbst ab. Wollen wir uns auf die Verheißungen Matth. 18,19.20 und 1. Joh. 5,14.15 für die Rettung unserer Angehörigen stützen, um unserer Gebetserhörung für sie gewiß zu sein, so muß sich unser Glaube an den Herrn Jesum (Apgesch. 16,31) unseren Angehörigen gegenüber ausweisen in einem göttlichen Wandel und klaren Zeugnis, in einem Leben der Selbstverleugnung, göttlicher, dienender und tragender Liebe, andernfalls sind wir ein Hindernis zu ihrer Errettung, um so mehr, als wir gerade unseren Angehörigen gegenüber in Gefahr sind, uns „gehen zu lassen“, oder ungötttiche Rücksichten zu nehmen. (Wie oft und sehr werden Unbekehrte auch durch das Anpredigen, durch Härte und Schroffheit ihrer „bekehrten“ Angehörigen abgestoßen.)

„Ein Lamm für jedes Haus“ ist die Vorbedingung erhörlichen Betens um die Rettung unserer Angehörigen, d. h. unser Glaube an das Lamm Gottes muß uns zu Lämmern machen, die durch Lammessinn und Lammesnatur die anderen anziehen und für das Lamm gewinnen, zum Lamme Gottes hinlieben und hinführen.

Dazu gehört auch das Herabsteigen in die Lage und in das Verständnis der anderen, andererseits

aber auch unbedingte Treue gegen den HErrn und gegen Seine erkannte ganze Wahrheil. Auch müssen bekehrte Familienväter wachen, um jeder Gefahr der Gleichstellung mit der Welt und ihrer Lockungen und Einflüsse entgegenzutreten, so daß er mit allen seinen Angehörigen allezeit ganz auf dem Standpunkt stehen könne: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem HErrn dienen“. Unheiliger Geist verdrängt den Heiligen Geist. (Der Hohepriester Eli!)

Unter all diesen Voraussetzungen, werden uns die unzähligen kostbaren Gebetserhörungen treuer Mütter usw., wie auch die Tatsache, daß dieses Gebet nach dem Willen Gottes ist, ermuntern, zuversichtlich, beharrlich, mit großer Geduld um die Errettung unserer Augehörigen zu flehen, und wir dürfen sicher der Erhörung gewiß sein, d. h. Gott wird sicher Seine ganze Liebe, Weisheit und Macht gebrauchen, um die Verlorenen zu überwinden und zur persönlichen Willens- und Lebensentscheidung für Christum zu bewegen. Sicher werden in der Ewigkeit verhältnismäßig wenige Seelen sein, die sich durch die heiligen, beharrlichen Glaubensgebete ihrer bekehrten Angehörigen dennoch den Weg in das um so größere ewige Verderben bahnten.

A. W.

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

1917.

Wieder ist ein Jahr vergangen, und wir sind um 365 Tage der Ewigkeit näher gerückt. Was war der Inhalt dieser Zeit? Am Tage der Offenbarwerdung (2. Kor. 5,10) werden wir dieses Jahr wiederfinden, und dann werden wir es sehen in dem Lichte des Urteils Christi. Noch ist Er am Werke, Sich Seine Gemeinde zu reinigen durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, damit Er sie Sich an jenem Tage verherrlicht darstelle ohne Flecken und Runzel. Hat der HErr Sein reinigendes Werk zu tun vermocht? Ließ ich mich reinigen? Er will es - aber ließ ich das Licht des Wortes auf mein Werk, auf meine Neigungen, auf meine Gedanken leuchten, so daß Er mich reinigen konnte? Was werden diese 365 Tage vor dem Richterstuhl aufdecken? Werden dort die Wege Seiner Gnade offenbar werden, wie Er mit mir zum Ziele kommen konnte, als ich in Buße und Bekenntnis zu Seinen Füßen Gericht über mich hielt, und Er meine Füße waschen konnte mit dem Wasser des Wortes? Wissen wir etwas davon, oder gab es nichts zu richten bei uns und auf unseren Wegen?

Die Tage sind ernst, in denen wir das neue Jahr beginnen. Der HErr redet in gewaltiger Sprache zur Welt und auch zu den Seinigen. Wir können nicht erwarten, daß die Welt sich vor Ihm beugen soll, wenn nicht wir, die Gläubigen - du und ich - uns beugen und demütigen unter Seiner gewattigen Hand und in Buße und Bekenntnis alles vor Ihn bringen, was nicht nach Seinem Geiste ist. Der HErr will dies bei uns erreichen. Hören wir die Stimme Dessen, der zu uns vom Himmel redet? Sehet zu, daß ihr Den nicht abweiset, der da redet! (Hebr. 12,25.) Und wenn Sein Geist dich jetzt an Dinge, Worte oder Leidenschaften erinnert, so gehe jetzt zu Ihm und laß dich reinigen.

oder Leidenschaften erinnert, so gehe jetzt zu Ihm und laß dich reinigen.

Es ist not für Gottes Volk, aufzustehen vom Schlafe. Nie waren die Tage dunkler als jetzt, und nie war die Ankunft des HErrn näher als jetzt. Vor Zeiten grüßten sich Kinder Gottes mit dem Worte: „Maranatha“, d. h. „Der HErr kommt.“ Dies hat längst aufgehört, aber wichtiger als der Gruß ist es, daß du und ich zu denen gehören, die Ihn erwarten und mit ungeteiltem Herzen Ihm leben.

Das neue Jahr liegt vor uns wie am Horizonte heraufkommend, und bang möchten wir fragen: Was birgt es in seinem Schoße? Wer kann es sagen? Der HErr allein weiß es. Eins ist gewiß, - große Dinge und Veränderungen in der Welt haben wir zu erwarten. Aber alle diese müssen den zukünftigen Plänen unseres Gottes dienen, der Seinem Sohne das Erbe geben will. Was da auch kommen mag, wir wissen: Der HErr bleibt. Er ist der Unveränderliche - der Ewige, und wir hören und erfreuen uns an Seinem Wort: „Du, HErr, hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Werke Deiner Hände; sie werden untergehen, Du aber bleibst, und sie alle werden veralten wie ein Kleid, und wie ein Gewand wirst Du sie zusammenwickeln, und sie werden verwandelt werden. Du aber bist Derselbe, und Deine Jahre werden nicht vergehen (Hebr. 1,10-12).

Er bleibt! Das gibt Stärkung für den Pilgerpfad. Die Nacht ist dunkel - Schmerz und Kummer mögen über uns kommen - aber Er bleibt Derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit. Ein Blick auf Ihn - und das Herz wird still, getrost und glücklich. Laßt uns, Brüder, das Werk des HErrn treiben. Er hat jedem Seiner Knechte für die Zeit Seiner Abwesenheit ein Werk gegeben. Und bald will Er kommen. Und wenn wir treu waren, will Er uns mit dem Gruße Seiner Liebe empfangen: „Ei, du guter und getreuer Knecht, über weniges warst du treu, über vieles werde Ich dich setzen, gehe ein in die Freude deines HErrn.“

v. d. K.

„Er wußte nicht.“

Solches berichtet uns der Heilige Geist von zwei Männern, von Mose und von Simson. Beide gehörten dem Volke Gottes an und beide waren Werkzeuge in Gottes Hand. Was wußten sie nicht? Mose wußte nicht, daß sein Angesicht glänzte und Simson wußte nicht, dass Jehova von ihm gewichen war. Welch ein Unterschied!

Moses war 40 Tage in Jehovas Gegenwart. Dort wurden ihm die zwei Tafeln des Zeugnisses, in Stein eingegraben „in Herrlichkeit“, anvertraut, und als er dann aus dem oberen Heiligtum heraustrat, sah man an ihm die Strahlen jener Herrlichkeit. Und ist es nicht heute noch ebenso? „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist“ (2. Kor. 3,18).

Wie ganz anders bei Simson. Er gibt sein Herz einem heidnischen Weibe. Moses allein mit Gott - Simson schlafend auf den Knien der Delila. Der eine in der gesegneten Gemeinschaft mit Gott, der andere seine Seele plagend in der Welt. Moses in dem verborgenen Umgang mit Gott empfängt das Licht der Herrlichkeit - Simson, müde der Plage, gibt sein Geheimnis preis, legt sein Haupt in den Schoß der Delila, und schlafend ergibt er sich dem Betrug der Sünde und verliert die Kraft Jehovas.

Das, womit mein Herz beschäftigt ist, worin meine Seele lebt - das wird nach außen sichtbar. Es ist

unmöglich, daß unser Wandel im Himmel ist und und unser Herz sich an Ihm sättigt, ohne daß Jesus und himmlisches Wesen sich in uns offenbart - und ebenso unmöglich ist es, wenn das, was in der Welt ist, unser Herz fesselt, daß dieses nicht in Wort und Wandel zum Ausdruck kommt.

Ohne daß wir es wissen (wie bei Mose und Simson) wird offenbar, wo unser Herz lebt. Mose wußte nicht, daß sein Angesicht glänzte, andere aber sahen es. Simson wußte nicht, daß Jehova von ihm gewichen und glaubte so tun zu können wie vordem, aber seine Feinde wußten, daß er sein ganzes Herz preisgegeben, und stachen ihm die Augen aus.

Dasselbe, was uns Gott an diesen beiden Männern zeigt, sehen wir heute noch, sowohl bei einzelnen als bei ganzen Versammlungen (Offenb. 3,17). Das, wovon wir angezogen - hingenommen werden, das prägt sich bei dem Einzelnen oder in der Mitte der Versammlung aus. Ist es die Welt, wir werden weltlich. Ist es unser Ich - wir werden eigenliebig. Ist es Christus - wir werden Ihm ähnlich. Genießen wir Seine Liebe - so wird Liebe von uns ausgehen. Trinken wir das Wasser des Lebens - Ströme werden von uns fließen (Joh. 7). Möchtest du ein Segen sein? Hier ist der Weg. Bleibe in Ihm - sättige dich an Ihm, laß dich segnen – und du wirst ein Segen sein.

v. d. K.

Christus und die Gemeinde.

Inmitten des weiten Bekenntnisses des Christentums befindet sich das, was unaussprechlich kostbar für Gott den Vater und für den Herrn Jesus Christus ist, nämlich Seine Gemeinde. Und obgleich die Gemeinde Gottes der große Inhalt der gegenwärtigen Zeitperiode ist, müssen wir doch bekennen, wie gering im allgemeinen das Verständnis unter den Gläubigen hierfür ist. Nicht, dass solche nicht wirklich gerettet und wahre Gläubige seien. Jemand mag gläubig sein, und doch sehr wenig von den Gedanken Gottes über Seine Gemeinde kennen. Er mag der Gemeinde Gottes angehören (denn alle wahren Gläubigen gehören Seiner Gemeinde an) und doch unwissend sein über Wesen und Bestimmung der Gemeinde Gottes. Die Gemeinde ist mit Christo dem Haupte in Herrlichkeit verbunden - „Sein Leib“. Sie ist die Wohnung des Heiligen Geistes. Ihre Berufung ist himmlisch. Alle ihre Segnungen und Hoffnungen sind himmlisch. Ihre Aufgabe hier unten ist, Christus darzustellen und die Reichtümer der Gnade Gottes zu offenbaren. Wenn sie vollendet ist, wird sie in die himmlischen Örter aufgenommen, und dann wird Gott mit der Welt in Gericht handeln. Welche Herrlichkeit, aber auch welche VerAntwortlichkeit ruht auf einer solchen Körperschaft! Das uns umgebende tote Bekenntnis des Christentums beansprucht, Christi Gemeinde zu sein, aber es hat nichts damit gemein.

Vor dem Tode und der Auferstehung Christi gab es diese Gemeinde nicht - sie war schon da im Vorsatz Gottes vor Grundlegung der Welt. (Und das ist sehr köstlich!) Gegründet wurde sie tatsächlich am Pfingsttage durch die Herniederkunft des Heiligen Geistes. Alle, die an den HErrn gläubig waren, wurden durch den Geist zu einem Leibe vereinigt, und dieser Leib (von jenem Pfingsttage an) ist Seine Gemeinde. Christus in der Herrlichkeit ist das Haupt Seines Leibes, und alle wahren Gläubigen sind Glieder desselben. Durch den Heiligen Geist sind sie mit dem Haupte und auch miteinander verbunden. Er wohnt in dem Leibe, und durch Ihn strömt vom Haupte aus Leben und Kraft und Segen und Leitung dem Leibe zu.

Etwas Derartiges gab es nie zuvor in der Welt. Von der Zeit an, als die Sünde in die Welt kam und

Gott die Verheißung des Schlangenzertreters gegeben hatte, gab es solche, die „durch Gnade mittelst des Glaubens“ gerettet waren, z. B. ein Abel, Seth, Henoch, Noah in der vorsintflutlichen Zeit, später Abraham und andere - Patriarchen, Propheten, Priester, Könige und viele andere, deren Namen wir nicht kennen. Von ihnen wird in Hebr. 11 gesagt, daß sie durch Glauben lebten und im Glauben starben und einer besseren Auferstehung entgegensahen. Aber nie waren sie zusammengefügt und vereinigt zu einem Leibe. Nie wurden sie als Gemeinde vereinigt und bewohnt vom Heiligen Geist.

Henoch wandelte mit Gott. Noah fand Gnade in den Augen des HErrn. Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. Isaak und Jakob wandelten als Fremdlinge. Joseph bewahrte durch Gnade seine Reinheit in den Umständen der furchtbarsten Versuchung. Moses war im engsten Verkehr mit Gott vierzig Tage und Nächte auf dem Berge. Josua leitete das Volk ins verheißene Land. Simson, Jephtha und andere waren Werkzeuge Gottes zur Befreiung Israels. Und wie viele solche Gläubige könnten wir noch nennen! Alle diese sind uns in der Schrift gezeichnet als einzelne Personen, als einzelne Knechte, die Ihm dienten - aber nie als Glieder Seines Leibes. Sie waren Männer des Glaubens. Ihre Hingabe und ihr Gehorsam leuchtet aus den göttlichen Berichten heraus. Aber in allem, was von ihnen gesagt ist, nie kann ein solcher Gedanke gefunden werden, daß sie Glieder des Leibes Christi waren.

Ohne Zweifel waren sie lebendig gemacht durch den Geist. In dem Werte des Opfers des zuvorerkannten Lammes Gottes hatten sie Vergebung und Errettung, Sie alle haben teil an der ersten Auferstehung und teil an der himmlischen Herrlichkeit. Darüber gibt es keine Frage. Aber alles dies hat nichts mit der Gemeinde zu tun. Dieses alles: Leben, Gerechtigkeit, Auferstehung, Herrlichkeit teilt die Gemeinde mit den Heiligen des Alten Bundes; aber das, was mit der Gemeinde verbunden und ihr allein eigen ist, ist weit köstlicher und höher als alles dieses: Nämlich die tatsächliche, lebendige Einheit mit Christo, dem himmlischen Haupte und Einheit der Glieder miteinander - mit allen, die durch den seit Pfingsten herniedergekommenen Heiligen Geist „zu einem Leibe getauft“ worden sind. Gab es etwas derartiges je zuvor!?

Wohl hatte Gott ein „Volk“, abgesondert von den Nationen, bestimmt für irdische Segnungen - aber wie verschieden von Seiner „Gemeinde“ und der „himmlischen Berufung“! Längst zuvor, ehe Gott Israel absonderte zu Seinem Volk auf dieser Erde, ehe die Nationen der Erde da waren, aus denen heraus Er Abraham berief, ja „ehe die Berge eingesenkt wurden“, „als Er die Erde noch nicht gemacht hatte“, war die Gemeinde schon da in den Plänen und Vorsätzen Gottes. Im Epheserbriefe (1,13) lesen wir: „Wie Er uns auserwählt hat in Ihm vor Grundlegung der Welt.“ In diesem Briefe gibt Gott uns eine Fülle von Offenbarungen über Seine Gemeinde. Und womit beginnt Er? Nicht mit dem Bunde, den Er David machte - nicht mit der Erlösung durch das Blut des Lammes - nicht mit der Berufung Abrahams - oder der Schöpfung der Welt - Er führt uns zurück zu Seinen Gedanken, Plänen und Vorsätzen vor Grundlegung der Welt. Ewig, wie der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, so wird uns hier der „ewige Vorsatz“ Gottes gezeigt, „den Er gefaßt hat in Christo Jesu, unserem HErrn“. Zur Vollendung dieses Seines ewigen Ratschlusses, dazu mußte die Schöpfung aller Dinge dienen „... Gott, der alle Dinge geschaffen hat, auf daß jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Gemeinde kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes nach dem ewigen Vorsatz, den Er gefaßt hat in Christo Jesu, unserem HErrn“ (Eph. 3,9-11).

Welch hohen Stand hat die Gemeinde empfangen! Nach dem göttlichen Ewigkeitsplane ist sie bestimmt, in Christo in ewigen Zeiten Seine Herrlichkeit zu entfalten. Dem aber, der über alles hinaus

zu tun vermag ... Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde in Christo Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin (Eph. 3,20.21). Muß sich nicht unser Herz beugen und müssen wir nicht mit Ehrfurcht anbeten über die Gnade, die unserer so gedacht hat?! Wie demütigend ist es, so wenig Verständnis und Interesse für die Gemeinde Gottes unter den Gläubigen zu finden. Das, was Gott beschäftigte vor Grundlegung der Welt - das, was Gott für die Gegenwart zu so hohen Aufgaben bestimmt hat - das, worin in ewigen Zeiten Seine Herrlichkeit gesehen werden soll - das beschäftigt uns so wenig! Sollte nicht jeder Gläubige zum Nachdenken kommen, sich zu prüfen und zu fragen: Wie weit gehe ich praktisch in den Ratschluß Gottes ein - wie weit verwirkliche ich in meiner Person, in meinem Verhalten - in meinem Dienst Gottes Gedanken über Seine Gemeinde? Aus Gnaden gehören wir Seiner Gemeinde an, soll nicht auch in unserem Zusammenkommen das, was Seine Gemeinde ist, sichtbar werden? Den Korinthern mußte der Apostel sagen: „Etliche sind in Unwissenheit über Gott, zur Beschämung sage ich's euch“ (1. Kor. 15,34). Solchen mag die Gemeinde Gottes belanglos und unwesentlich erscheinen, eben weil sie Gottes Gedanken nicht kennen. Ihr Stand und Wandel geht über den persönlichen Pfad, persönliche Aufgaben und persönliche VerAntwortlichkeit nicht hinaus. Daß sie auch einverleibt einem Körper (der völlig von der Welt abgesonderten Gemeinde) und verbunden mit dieser Körperschaft sind zu einem gemeinsamen Wege, gemeinsamen Aufgaben, gemeinsamer VerAntwortlichkeit, gemeinsamen Segnungen, das ist ihnen unwichtig. Mit den Offenbarungen Gottes über Seine Gemeinde in der Hand sind sie in Unwissenheit über Seine Gemeinde. Sie stimmen ein mit Paulus, wenn er von dem HErrn sagt: „Der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat (Gal. 2,20), aber „der die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat“ (Eph. 5,25), das sagt ihnen nichts Besonderes. Wenn jemand heute zum Stande der alttestamentlichen Heiligen oder dem des Volkes Israel zurückkehren wollte, so würden wir ihm sagen: Weißt du nicht, daß Gott größere und höhere Dinge geoffenbart hat? Und so möchten auch wir diesen teuren Mitverbundenen, denen es genügt, gleich den alttestamentlich Heiligen (als die Gemeinde noch nicht geoffenbart war) einzeln, für sich persönlich ein gottseliges Leben zu führen und dem HErrn zu dienen, sagen: Weißt du nicht, daß Gott Seine Gemeinde noch auf Erden hat - eine sichtbare, lebendige, wirkende Körperschaft, die berufen ist, zusammenzukommen zu hohen Aufgaben, und von der du ein Teil bist? Möge jeder seinen Stand, sein Verhalten, seine Verbindung prüfen, ob er sich auf dem Grunde der Gemeinde Gottes befindet!

Fortsetzung folgt.)

Geleitswort an den Leser:

Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen.

Wir sind aber gutes Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn sein.

Deshalb beeifern wir uns auch, ob einheimisch oder ausheimisch, Ihm wohlgefällig zu sein. 2. Kor. 5,7-9.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man

die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 4

Ist aus Eph.4,12ff. (13!) und Joh. 17,21-23 u. a. zu entnehmen, daß die Gemeinde Jesu Christi vor ihrer bei der Entrückung erfolgenden Aufnahme schon auf Erden vollkommen gemacht, geeint, in apostolischer Kraftfülle dargestellt werden wird?

Antwort A

1. Joh. 3,2.3, Joh. 17,24 u. a. Stellen können uns als Leitlinien für unsere irdische und himmlische Stellung dienen. Jeder Errettete ist in Christo, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, vollendet, d. h. zur Fülle gelangt (Kol. 2, 9.10), und auf dem neuen Boden, auf den er durch die Gnade gestellt, ist er eine neue Schöpfung (2. Kor. 5,17). So sehen wir, daß es das Wohlgefallen Gottes war, alles, was geschaffen ist, unter die Hand Christi zu vereinigen. Innerhalb dieser Bereinigung aller Gläubigen zu einem Leibe wohnt Gott durch Seinen Geist in der Gemeinde, und die geknüpften Bande sind so eng geschlungen, daß keiner ein Christ sein kann, ohne zugleich mit allen denen, die es auch sind, eins zu sein. Also wir sehen, daß der Sieg Christi ein vollkommener ist und daß uns deshalb der Apostel im Epheserbrief eine befreite, vollkommene Gemeinde, die in der Kraft des Geistes dasteht und die trotz der noch vorhandenen Macht Satans zum vollen Wuchse und zur Fülle des Christus gelangt ist, zeigen kann. So ist die Gemeinde heilig und tadellos vor Gott; wenn auch noch nicht erschienen ist, was wir sein werden, so hat der Sohn Gottes dennoch ein vollkommenes Werk geschaffen, das ewig ist. „Ich in ihnen und Du in Mir, auf daß sie in eins vollendet seien“ (Joh. 17,23). Sobald wir zum vollen Bewußtsein dieses Geheimnisses gelangen, wissen wir, es umschließt die ganze Hoffnung der Herrlichkeit, welche wir als Gläubige mit Jesu teilen. Das Vermächtnis lautet: „Und die Herrlichkeit, die Du Mir gegeben hast, habe Ich ihnen gegeben, auf daß sie eins seien, gleichwie Wir eins sind“ (Joh. 17,22). Wohl ist die Kraftfülle jetzt nicht sichtbar. Aber die Vollstreckung dieses Testamentes lautet: „Auf daß Er in den kommenden Zeitaltern den überschwenglichen Reichtum Seiner Gnade in Güte gegen uns erwiese in Christo Jesu“ (Eph. 2,7). So wächst die Gemeinde, wohl zusammengefügt durch die Wirkung der Gnade, zu dem Maße des vollen Wuchses des Hauptes selbst und steht in doppeltem Charakter da: als der Leib Christi im Himmel und als Wohnung des Heiligen Geistes auf der Erde. Sie ist vollkommen gemacht, geeint schon hienieden durch das Wort, wird aber erst zur Darstellung gelangen, wenn wir beim HErrn sind.

Ph. W.

Antwort B

Die Gemeinde des HErrn in ihrem ersten Zustand bietet ein herzerfreuendes Bild vollkommener Einheit und großer Kraft dar. So sehen wir sie in Apgesch. 2,42-47; 4,23-37. In Kap. 5,1-11 sehen wir auch noch diese Kraft, aber in einer anderen Richtung, nämlich in ihrer Betätigung gegen das Böse, das der Feind hereinbrachte, das aber durch die vorhandene Kraft sofort ausgeschieden wurde. Trotz diesem sofortigen Ausscheiden des Bösen ist hier der Anfang des Verfalles der Gemeinde. In den ersten Versen des Kap. 6 sehen wir den Verfall schon deutlicher. Es war schon nicht mehr die Kraft da, die jedes Böse ausschied und fernhielt, sondern das Böse hatte Fuß gefaßt in der Gemeinde, und

bewahren in dem Bande des Friedens“ (Eph. 4,3). - Die V. 22 und 23 in Joh. 17 sprechen nicht von der Einheit der Kinder Gottes hienieden, sondern von ihrer Einheit in Herrlichkeit. Der HErr hat dort jenen noch zukünftigen Zeitpunkt im Auge, wo die Seinen bekleidet sein werden mit derselben Herrlichkeit, die der Vater Ihm als Mensch droben gegeben hat, und wo sie dann in eins vollendet sein werden und Er dann in Herrlichkeit mit ihnen erscheinen wird und Er „verherrlicht werden wird in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2.Thess. 1,10). Dann wird die Welt nicht mehr „glauben“, sondern an dem, was sie sehen wird, „erkennen“, daß der Vater Ihn gesandt und sie, die in Seiner Herrlichkeit dastehen, geliebt hat, wie Er Ihn geliebt hat! - Wie kostbar und herrlich!

Eph. 4,13 ist etwas schwieriger, da dort die Auffassung Raum gewinnen könnte, als handle es sich um das endliche Ziel, das der Dienst der vorher genannten Gaben hienieden erreichen solle. Dem ist aber nicht so. Die Gaben in V. 11 sind gegeben „zur Vollendung der Heiligen: für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi“ (V. 12) - das ist hienieden, ohne Zweifel - „bis wir alle ...“ Dieses „bis“ setzt diesem Dienste klar und bestimmt die Grenze, und was dann folgt, ist Vollkommenheit, zu der der Dienst zwar zu führen bestimmt ist und daher auch sicherlich führen wird, mit deren Erreichung aber der Dienst auch seinen Zweck gänzlich erfüllt haben und aufhören wird, weil wir dann seiner nicht mehr bedürfen werden. Das aber ist gewiß, daß wir des Dienstes bedürfen, solange wir in diesem Leibe der Niedrigkeit sind, da mit demselben immer Schwachheit und Unvollkommenheit verbunden ist. Jenes Endziel kann also erst dann erreicht sein, wenn dieser Zustand der Schwachheit und Unvollkommenheit endet, also wenn Er „unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“ (Phil. 3,21), dann, „wenn das Vollkommene gekommen sein wird“, wenn wir „von Angesicht zu Angesicht“ sehen werden und nicht länger nur „stückweise“ erkennen werden, sondern so, wie auch wir erkannt worden sind (1. Kor. 13,10.12). In jenem wunderbaren Augenblicke werden alle die Verschiedenheiten verschwunden sein, die hienieden im Glauben und in der Erkenntnis des Sohnes Gottes unter den Seinen sind; dann werden „wir alle hingelangen zu der Einheit des Glaubens und der Erkenntnis des Sohnes Gottes“, dann, wenn wir vom Glauben zum Schauen übergehen und wenn die stückweise Erkenntnis weggetan werden wird, dann wird jeder Gläubige ein „Mann“ werden (1.Kor. 13,11), wird hingelangt sein „zu dem erwachsenen Manne“, „zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus.“ - So erscheint es mir nach meiner gegenwärtigen Erkenntnis, insbesondere auch im Blick auf die obenerwähnte Stelle 1. Kor. 13,9-12, wo Paulus von dem „jetzt“ als dem Zustande der Schwachheit und Unvollkommenheit spricht und denselben mit dem Kindeszustande vergleicht in Gegenüberstellung zu dem „dann“ - „wenn das Vollkommene gekommen sein wird“ und wir „von Angesicht zu Angesicht“ sehen werden -, dem Zustande der Vollkommenheit, dem Manneszustande. Ich bin jedoch gern bereit, mich darüber anders belehren zu lassen mittels des Wortes Gottes.

Zum Schlusse möchte ich noch auf die Sendschreiben in Offenbarung 2 und 3 hinweisen, die nach meiner Überzeugung prophetisch die Geschichte der Gemeinde in ihrer verAntwortlichen Stellung hienieden bis zu ihrem Ende zeigen. Auch dort finden wir keinen Anhalt dafür, daß die Gemeinde vor ihrer Aufnahme auf der Erde vollkommen gemacht, geeint und in apostolischer Kraftfülle dargestellt werden würde, sondern immer nur den - gerade darum überaus kostbaren und trostreichen - Hinweis auf Sein baldiges Kommen. „Ich komme bald; halte fest, was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme!“ (3,11.) Ja dann - aber erst dann! - wird alle Schwachheit und Unvollkommenheit ein Ende haben und die Gemeinde in ihrer göttlichen Einheit, Vollkommenheit und

Herrlichkeit dastehen und geoffenbart werden zu Seinem Ruhme und Seiner Verherrlichung! - Wie wunderbar und herrlich! Das erfüllt unsere Herzen mit überströmender Freude und läßt uns anbetend niedersinken zu Seinen Füßen! -

Darum warten wir auf Ihn, unseren teuren HErrn - nicht auf die Wiederherstellung der Gemeinde hienieden, wovon das Wort nichts sagt, sondern auf Ihn, auf dessen Kommen das Wort uns so oft hinweist.

Th. K.

Anmerkung des Herausgebers

Aus den angeführten Stellen ist eine Zurückführung der Gemeinde zur apostolischen Kraftfülle vor der Entrückung nicht zu entnehmen. Eph. 4,12.13 spricht von dem Zweck und dem Ziel der Gaben. Warum in eine solche Stelle die Entrückungsfrage hineintragen, die Gott nicht dahin gestellt hat? Ebenso ist es mit der Stelle in Joh. 17. Dem „auf daß sie eins seien“ folgt ein „gleichwie“ (!) und dann zeichnet der HErr den Charakter der Einheit, um die Er für sie bittet.

Wenn gefragt wird, ob die Gemeinde in dem Bilde der Vollkommenheit oder der Unvollkommenheit aufgenommen wird, so liegt es sofort nahe zu sagen: „In Vollkommenheit“. Gibt es nun solche Gemeinde auf Erden? Die Antwort ist: „Ja“ und „nein“, weil wir die Gemeinde von zwei Standpunkten aus sehen können - von göttlichen und vom menschlichen. Sehen wir sie von Gottes Seite als Sein Werk und verbunden mit Christo, so müssen wir sagen: „Ja“.

Sehen wir sie unter der VerAntwortlichkeit der Menschen: „Nein“.1

1

So sah und redete Paulus vom göttlichen Gesichtspunkte aus von dem Volke in seinen zwölf Stämmen, als es vom menschlichen Gesichtspunkte gesehen längst zerrissen war und sich unter den Nationen zerstreut und verloren hatte. (Apgesch. 26,7.) - Bileam, der „Mann geöffneten Auges“, sah in „dem Gesicht des Allmächtigen“ „vom Gipfel der Felsen“ das Volk ohne Tadel, als es, vom Stande seiner VerAntwortlichkeit gesehen, eine fast 4o-jährige Geschichte des Fehlens und Zukurzkommens hinter sich hatte. (4. Mose 23,21.) - Die Braut im Hohenliede sieht sich selbst und bekennt: „Ich bin schwarz“; aber in dem Glanze Seines Werkes sieht sie der Herr „ganz schön - kein Tadel“ ist an ihr (Hohel. 1,5.6; 4,7). – Von unserer Seite gesehen müssen wir bekennen: „Wir alle straucheln oft,“ von Ihm aus gesehen und der Vollkommenheit Seines Werkes gemäß bezeugt Er: „Auf immerdar vollkommen gemacht“ (Jak. 3,2, Hebr. 10,14). Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden (2. Kor. 5,17).

Die Schrift spricht in zwei ganz verschiedenen Weisen von dem Aufbau der Gemeinde. 1. Der HErr Selbst ist es, der Sich Seine Gemeinde baut (Matth. 16,18), und 2. wir sind die Bauenden, denen Gottes Bau zur Ausführung übergeben ist. (1. Kor. 3,9-13.) Welche Gemeinde wird aufgenommen, der Bau, den Er baut oder der, den wir bauen? Sicher der erste! Und dieser ist vollkommen, muß vollkommen sein heute und zu aller Zeit, denn Er Selbst, der HErr und Meister, hat ihn errichtet - hat Sich Selbst Seine Gemeinde gebaut. Der andere Bau trägt das Bild unseres Zukurzkommens.

In Matth. 16,18 sagt der HErr: „Auf diesen Felsen wilt Ich Meine Gemeinde bauen“. Keine Mitarbeiter werden dort gefunden. Nur den Widerstand der Hölle erwähnt der HErr, aber selbst Satan kann Sein Werk (den Bau der Gemeinde) nicht verderben. Von dieser Seite des Baues spricht die Schrift auch in 1. Petri 2,4.5, im Epheserbrief usw. Der HErr tat täglich zur Gemeinde hinzu. (Apgesch. 2,47.) Dagegen sehen wir in 1. Kor. 3 den Bau Gottes den Händen der Menschen anvertraut. Hier sind wir die Bauenden. Paulus sagt, er habe den Grund gelegt, der Christus ist, und ermahnt und warnt, daß jeder sehe, wie er darauf baue. Holz, Heu, Stoppeln konnte bei Unwachsamkeit auf den unbeweglichen Grund gebaut werden.

Wir sehen also die Gemeinde von zwei Gesichtspunkten aus. Einerseits als das, was sie seit der Apostel Tagen unter der VerAntwortlichkeit und Untreue des Menschen geworden ist, und andererseits als Sein Werk in Vollkommenheit und bereits in untrennbarer Einheit mit Ihm, dem Haupte, verbunden. Sobald Er den letzten Stein eingefügt - das letzte Glied hinzugetan hat, ist sie fertig und bereit, entrückt zu werden.1

1

Wenn wir überhaupt von der Entrückung der „Gemeinde“ reden wollen. Es ist bemerkenswert, daß die Schrift nicht von der Entrückung der Gemeinde als solche redet, sondern sie sagt in Verbindung mit der Entrückung: „Wir“, „wir alle“, „die Lebenden“, „die übrig bleiben“. Natürlich, wenn diese entrückt werden, ist die Gemeinde, die Sein Leib ist, von der Erde weggenommen, denn diese sind die Letzten, die Schlußsteine des großen göttlichen Baues.

Eine andere Frage, ganz abgesehen von der Entrückung, ist es, ob wir nach der Schrift eine Zurückführung der Gemeinde zu ihrem ersten Zustand zu erwarten haben.

Die Weise wie Gott in den vergangenen Verwaltungperioden handelte, ist nicht ohne Belehrung für uns. Niemals finden wir, daß Gott, was Er dem Menschen anvertraute und von diesem verdorben wurde, wieder zum ersten Zustand zurückführte. Nur ein oder zwei Beispiele: Gott schuf den Menschen in Unschuld, übergab ihm den Garten Eden. Durch des Menschen Untreue wurde alles verdorben. Stellt Gott den ersten Zustand der Unschuld usw. wieder her? -Israel in Verbindung mit dem Gesetz usw. hat völlig gefehlt. Wird es wieder dahin zurückgeführt? An Stelle des Verdorbenen setzt Gott Größeres und Herrlicheres, aber nie bringt Er das Alte zum ersten Zustand zurück. Wohl finden wir Zeiten der Neubelebungen und die Rückkehr treuer Männer zum göttlichen Zeugnis, aber alles, worin der Mensch gefehlt, wird in Christo und in Seiner Hand zur größeren und vollkommenen Herrlichkeit gelangen und zur Darstellung kommen.

So auch mit der Gemeinde. Wir erwarten keine Zurückführung zum ersten Zustand auf Erden, sondern daß „Er Sich Selbst die Gemeinde verherrlicht darstellt, die nicht Flecken oder Runzel oder dergleichen habe“ (Eph, 5,27).

Wenn in der letzten Zeit die Zurückführung der Gemeinde zur apostolischen Kraftfülle stattfinden soll, würde etwas so Bemerkenswertes nicht in dem göttlichen Zeugnis über die letzten Tage gefunden werden? Was sagt die Schrift darüber?

Paulus sieht und bezeugt uns prophetisch die Dinge, die nach seinem Abschiede stattfinden werden: Verderbliche Wölfe mit verkehrten Lehren würden die Gemeinde nicht schonen (Apgesch. 20,29.30). Den Thessalonichern schreibt er, daß der Abfall komme und das Geheimnis der Gesetzlosigkeit schon wirksam sei (2. Thess. 2). Und im 2. Timotheusbrief zeichnet er weissagend die letzten Tage als solche, in denen die Form der Gottseligkeit gefunden, aber ihre Kraft verleugnet wird, und daß man die Ohren von der Wahrheit abkehren würde (2. Tim. 3. u. 2). Aber kein Wort oder auch nur eine Andeutung, daß in den letzten Tagen die Gemeinde zum ursprünglichen Zustande zurückkehren würde.

Auch Petrus spricht von den letzten Tagen und bezeugt uns dasselbe. Falsche Lehrer würden Sünde, Verderben und Abfall über die Gemeinde bringen, aber wir finden nicht den geringsten Anhalt für eine Wiederaufrichtung derselben zum ersten Zustande.

Jakobus kann das Auge der unter der Ungerechtigkeit seufzenden Gläubigen nur auf das Kommen des HErrn als auf den kommenden Erntetag richten.

Ebenso spricht Judas vom Ende der Zeit. Auch bei ihm finden wir keinen Anhalt für solche Erwartung. Er zeichnet in den dunkelsten Farben das Verderben und warnt vor solchen, die sich in die Gemeinde einschleichen und ermahnt zu kämpfen und sich selbst zu erbauen auf den allerheiligsten Glauben.

Johannes spricht in Verbindung mit der letzten Stunde vom Antichristentum, und durch ihn gibt der HErr uns als „Weissagung“ in der Aneinanderreihung der 7 Gemeinden in der Offenbarung ein göttliches Gemälde von dem Laufe Seiner Gemeinde auf Erden in ihrem verAntwortlichen Charakter als Leuchter, und es endet mit Laodicäa.

Alle diese göttlich inspirierten Schreiber berichten uns über die letzten Zeiten und alle berichten von dem Verfall, aber keiner fügt auch nur ein Wort oder einen Gedanken an Zurückführung der Gemeinde zur ersten Schönheit hinzu.

Welches ist nun der Weg für die Treuen in den letzten Tagen? Uns in Demut und Bekenntnis zu beugen und in Gehorsam den Anweisungen zu folgen, die der HErr uns in Seiner Güte gleichfalls speziell für die letzten Tage gegeben hat (z. B. 2. Tim. 2,19 u. folg. u. a. m.).

Frage 5

Wie ist das Wort 1. Kor. 1,17 zu verstehen, insbesondere, spricht hier Paulus von der Taufe als etwas Nebensächlichem oder gar Wertlosem?

Antwort A

In der Gemeinde in Korinth traten falsche Lehrer auf, die den Einfluß des Apostels zu untergraben suchten. Streitigkeit und Spaltungen entstanden, und man versuchte die hervorragendsten Lehrer unter ihnen, Kephas, Apollos, Paulus, ja selbst Christus zu Häuptern der Parteien zu machen. Diesem Treiben trat Paulus entgegen. Und die Waffe, die er gebrauchte, war die Schrift. Er fragt sie: „Ist der Christ zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt oder seid ihr auf Paulus' Namen getauft worden?“

Die Jünger des HErrn wurden nach Matth. 28,19 vom HErrn Selbst beauftragt, zu taufen. Paulus aber hatte solchen Auftrag nicht empfangen. Sein Auftrag war die Verkündigung des Evangeliums. Will er damit sagen, daß die Taufe etwas Wertloses, Nebensächliches ist? Sicherlich nicht! Wie könnte er solches! Von verschiedenen Orten des Dienstes des Apostels berichtet uns die Schrift, daß etliche getauft wurden (Apgesch. 16,15.33; 19,5), also ohne Zweifel in seinem Beisein, wenn die Handlung auch nicht von ihm vollzogen wurde. Die Taufe war das äußerliche Zeugnis der durch den Glauben an Christum empfangenen Gnade. Bekehrung, Buße und Glauben an den Herrn Jesum mußte vorangegangen sein. Wenn der Apostel Vers 14 sagt: „Ich danke Gott, daß ich nicht jemand von euch getauft habe, außer ...“, so möchte man daraus wohl entnehmen, daß Paulus berechtigte Bedenken hatte, daß es ihnen in dieser Sache an der rechten Erkenntnis fehle.

F. B.

Antwort B

Wie leicht ist der natürliche Mensch geneigt, seinen menschlichen Maßstab anzulegen und seinen Lieblingsneigungen nachzugehen und sich für den Menschen mit seinen äußeren Gaben zu begeistern, statt in allen Dingen aufs Wort zu merken oder auf Christum zu schauen. So auch hier in Korinth. Man sah Paulus, Apollos, Kephas usw., und statt um Christus, das Haupt, hatte man sich in Einzelgruppen um Menschen geschart. Ein genaues Abbild der Zertrennung in unseren Tagen; nur mit dem Unterschied, daß die Spaltungen heute unheilbar erscheinen. Diesen Schaden erkennt Paulus als wahrer Diener Jesu Christi und wirft sofort die Frage auf: „Ist der Christus zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt oder seid ihr auf Paulus' Namen getauft worden?“ (V. 13.) Die weitere Schlußfolgerung für Paulus war dann die: Wenn es so unter euch aussieht und die Taufe für euch Selbstzweck wird und gar zu Parteiungen führt, dann danke ich Gott, daß ich niemanden getauft habe

außer Krispus und Gajus usw., auf daß nicht jemand sage, daß ich auf meinen Namen getauft habe (V. 16). Apgesch. 16,15 und 33 sehen wir, wie Lydia und wie der Kerkermeister mit seinem Hause gläubig wird und es für Paulus mit seinem Gehilfen Silas selbstverständlich ist, daß die Taufe vollzogen wird, ebenso bei dem Synagogenvorsteher Krispus (Apgesch. 18,8) und auch Stephanas, der Erstling aus Achaja (1. Kor. 16,15.16). Klar und deutlich bespricht der Apostel (Röm. 6,3-6) das Wesen der Taufe und setzt dieselbe für jeden Gläubigen als selbstverständlich voraus. Jedoch betrachtet er es nicht als seinen speziellen Dienst, die Taufe zu vollziehen. Seinen speziellen Auftrag setzt er Apgesch. 26,15-18 auseinander: „den Nationen die Augen aufzutun, daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und der Gewalt des Satans zu Gott“ (V. 18). So kam es, daß die meisten Gläubigen zu Korinth durch Paulus die Botschaft hörten, aber durch andere Brüder getauft wurden. Doch im Blick auf die Spaltungen und Trennungen, welche sich offenbar machten, tut Paulus diesen Ausspruch. Achten wir darauf, daß wir nicht die Taufe vor das Werk Christi stellen, sonst wird sie zum Dogma, und wir helfen mit an der Zertrennung. Aber ebenso verwerflich ist es, Glauben und Taufe voneinander zu trennen, beide gehören zusammen. (Apgesch. 2,41.)

Ph. W.

 

 

Antwort C

Immer wieder findet man Taufgegner, die sich mit überhebendem Lächeln auf das obige Wort berufen, um mit demselben darzutun, als wäre die Taufe dem Apostel Paulus nebensächlich oder gar wertlos gewesen.

Eine nüchterne, besonnene, vor allem ehrerbietige Prüfung und Erforschung dieses Wortes zeigt uns gerade das Gegenteil.

Unmittelbar vorher (V. 15 u. 16) spricht Paulus davon, daß er Krispus und Gajus getauft habe, ebenso das Haus des Stephanas. Schon aus dieser Feststellung sollte zur Genüge hervorgehen, daß dem Apostel Paulus die Taufe weder nebensächlich noch wertlos war, wenn gleich V. 17 hierzu in scheinbarem Widerspruch steht.

Wie ist dieser scheinbare Widerspruch zu erklären?

Das Verhalten des Petrus in Apgesch. 10 dürfte hierzu einen Wink geben. Dortselbst verkündigt Petrus im Hause des Kornelius das Evangelium (V. 34-43). Unter dieser Wortverkündigung wirkt der Heilige Geist mächtig, es geschehen Bekehrungen und Wiedergeburten. Damit begnügte sich Petrus nicht als mit etwas Abgeschlossenem, sondern befiehlt, daß sie getauft würden in dem Namen des HErrn.

Daraus erhellt, daß dem Petrus die Taufe außerordentlich wichtig war, so wichtig, daß er nicht erst fragt: Begehrt ihr die Taufe, oder seid ihr reif dazu? wie es heute modern geworden ist zu fragen, sondern kurzerhand den Befehl hierzu erteilt. Hieraus wiederum erhellt, daß Petrus nicht selbst getauft, es vielmehr anderen überlassen hat. Petrus hat das Wort verkündigt, anderen befahl er, zu taufen. Genau so war es bei dem Apostel Paulus, er hat das Evangelium verkündigt, anderen hat er es überlassen zu taufen. Warum wohl?

Apostelgeschichte 6 gibt darüber Aufschluß. Anfänglich verkündigten die Apostel das Evangelium und versahen Diakonendienst, bedienten die Tische (V. 2). Als dies zu Unzuträglichkeiten führte, wählten

versahen Diakonendienst, bedienten die Tische (V. 2). Als dies zu Unzuträglichkeiten führte, wählten sie sieben Männer, die das letztere Geschäft, den äußeren Dienst, versehen sollten (V. 3), während die Apostel im Gebet und im Dienst des Wortes verharrten (V. 4).

Bei der Taufe handelt es sich um dieselbe Sache, um einen äußeren Dienst, der von jedem Bruder besorgt werden kann, nicht aber der Dienst am Worte (Jak. 3,1), zu dem besondere Befähigung und Begabung vom HErrn nötig ist.

Unter diesem Gesichtspunkte und in diesem Lichte dürfte der scheinbare Widerspruch sich völlig gelöst haben, die Taufe war Paulus weder nebensächlich noch wertlos, ebensowenig wie Petrus, sondern etwas Selbtverständliches für jeden, der die Neugeburt erlebt und den Herrn Jesus HErr nannte (Mark. 16,16).

Möglich wäre auch, daß Paulus mit Rücksicht auf seinen körperlichen, schwächlichen Zustand, der fast von allen Bibelforschern angenommen wird (2. Kor. 12,7), wenig getauft hat. Dies soll jedoch nur als Möglichkeit ausgesprochen werden.

W. W.

Anmerkung des Herausgebers

Solche Folgerung ist mehr als töricht. Paulus taufte, aber es war nicht seine besondere Aufgabe. Wie wichtig ihm aber die Taufe war, das beweisen uns seine Briefe. Niemand bringt so viele Belehrungen über die Taufe wie Paulus. Auch seine Arbeit in Korinth selbst bestätigt dies. Wenn er auch nicht selbst taufte, so lehrte er doch die Taufe, denn die Korinther, die gläubig wurden, wurden getauft. Er hielt die Ordnung aufrecht, die in der Einsetzung des HErrn und in der Praxis der Apostel gesehen wird und die wir in Korinth nochmals klar niedergelegt finden: die, „welche 1. hörten, 2. glaubten, 3. wurden getauft“ (Apgesch. 18,8). Seine Lehre war, daß die Taufe das Begräbnis des Gestorbenen sei. Und wie im Reiche der Welt nur Gestorbene begraben werden, so auch im Reiche Gottes. Die Schrift kennt weder eine „Groß-“ noch eine „Kleintaufe“, wohl aber eine Taufe der Gläubigen.

Er erwähnt nur drei mit Namen, die er getauft habe, das sind Krispus, der an den HErrn glaubte mit seinem ganzen Hause, sodann Gajus und schließlich noch das Haus Stephanas. Dieses gehörte zu den Erstlingen, somit zu jenen Korinthern, die, nachdem sie gläubig wurden, sich taufen ließen und an denen die in Korinth gehandhabte Ordnung und Reihenfolge vollzogen wurde. Von diesem gläubigen Hause lesen wir später (1. Kor. 16,15), daß sie sich selbst zum Dienste der Heiligen hingaben.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

 

Er redete unbedacht mit seinen Lippen.

Wie viele Beweise Seiner Güte und Macht hatte Gott Seinem Volke gegeben! Und nun, nahe am Ende der Wüstenreise, finden wir dasselbe wiederum murrend. Es verlangt Wasser. Wie wird Gott ihrem Murren Antworten? Wird Er es züchtigen? Nein! Er will Sich in Gnade verherrlichen. Nach dem Gericht über die Rotte Korah öffnete Gott einen neuen Weg, um mit dem Volke in Gnade zu verkehren. Das Priestertum sollte eintreten für die Ungerechtigkeit und der Hut des Heiligtums warten, damit „kein Zorn mehr komme über die Kinder Israels“ (4. Mos. 18,5). Dazu hatte Er den Stab Aarons, der gesproßt, geblüht und Mandeln trug, erwählt und ausgesondert und gesagt: „Und so werde Ich vor Mir stillen das Murren der Kinder Israel.“ Diesen Stab mußte Mose in die Bundeslade vor Jehova niederlegen. Dort sollte er bleiben, „damit du ihrem Murren ein Ende machest vor Mir, und sie nicht sterben“ (4. Mos. 17,10). In diesem Stabe sollte die freie Gnade zum Ausdruck kommen, mit der Er auf Grund des priesterlichen Dienstes das Volk durch die Wüste leiten wollte.

In der Wüste Zin angekommen, beginnt das Volk wieder zu murren. „Und Jehova redete zu Mose und sprach: Nimm den Stab und versammle die Gemeinde, du und Aaron, dein Bruder, und redet zu dem Felsen vor ihren Augen, und er wird sein Wasser geben ...

Und Mose nahm den Stab vor Jehova weg, so wie Er ihm geboten hatte“ (4. Mos. 20,8.9).

Alsdann versammelt er das Volk vor dem Felsen. Was durch die Seele Moses gegangen sein muß, als er vor dem hadernden Volke stand, das sich ganz besonders gegen ihn und Aaron wandte, und den Ort, wohin es geführt worden, einen „bösen Ort“ nannte, das ersehen wir aus den Worten, die er an das Volk richtete: „Ihr Widerspenstigen! werden wir euch Wasser aus diesem Felsen hervorbringen?“ Solche Worte hatte Gott, der mit dem Volke in Gnade handeln wollte, ihm nicht in den Mund gelegt. Sein Auftrag war überhaupt nicht, mit dem Volke, sondern mit dem Felsen zu reden. Wie ganz anders würden seine Worte gewesen sein, wenn er sich, statt an das Volk, an den Felsen (der Christus ist) gewandt hätte. O, wieviel Schmerz hätte Mose sich erspart, wenn er die Worte Seines Gottes genau beobachtet hätte. Aber vor ihm stand die Widerspenstigkeit des Volkes, und diese füllte seine Seele so, daß er unbesonnen mit seinen Lippen redete. Er verlor das Verständnis für den Stab, den er vor Jehova hinweggenommen hatte und er vergaß, Jehova in den Wegen Seiner Gnade zu heiligen und darzustellen. Seine Worte offenbarten nur die Stimmung seiner Seele, nicht aber das Herz Gottes. Welch ernste Warnung empfangen wir hier! Wenn wir unser eigenes Herz nicht kennten, wir würden auch nicht verstehen können, daß er sich und Aaron dahin stellt, wo Jehovas Name allein genannt werden konnte, als er sagte: „Werden wir euch Wasser hervorbringen aus diesem Felsen?“ Und er schlug den Felsen mit „seinem“ Stabe.

Alles dieses hinderte Gott nicht, Sich Selbst zu heiligen und dem widersprechendem Volke in Gnade zu begegnen. Moses Sünde konnte Gottes Wege in Gnade nicht aufhalten. Aber Mose hatte einen großen Verlust. In seinem Verhalten und Vorgehen kam nicht die Gesinnung und der Vorsatz Gottes zum Ausdruck. Wohl sah man bei ihm den Abscheu über die Widerspenstigkeit, aber das Zeugnis des Stabes der Gnade in seiner Hand wurde nicht gesehen.

In Psalm 106,33 lesen wir, daß das Volk seinen Geist reizte, so daß er unbedacht redete mit seinen Lippen. Sie forderten seinen Zorn heraus, aber dies war keine Entschuldigung für Mose.

Die Belehrungen, die der HErr uns hier gibt, sind von der größten Wichtigkeit für uns. Sie berühren

tief unser praktisches Leben und Verhalten. Hier lernen wir, wie sehr wir uns selbst zu fürchten haben - wie sehr wir zu wachen haben, daß nicht das eigene „Ich“ und eigenes Wesen sich mit unserer Stellungnahme für den HErrn vermischt. Sein Zeugnis und Seine Herrlichkeit an dem gegenwärtigen Tage Seiner Gnade kann nur von uns getragen und behauptet werden, wenn wir selbst uns in Übereinstimmung mit Seinem Geiste, Seinen Vorsätzen und Seinem Walten bewegen. Wie aufrichtig und hingebend auch unsere Beweggründe sein mögen, Fleisch (unser „Ich“, unser Wille) darf keinen Raum dort haben, wo es sich um Seine Herrlichkeit handelt.

Wer würde es geahnt oder gedacht haben, daß der Mann, der dort so unbedacht mit seinen Lippen redete, derselbe Mann ist, der einige Augenblicke zuvor vor dem HErrn auf seinem Angesicht lag, ja, über den sich die Gnade so ausgebreitet hatte, daß ihm „die Herrlichkeit Jehovas erschien“ (4. Mos. 20,6) und Jehova Selbst mit ihm redete. Als das Volk mit ihm haderte, da floh er ins Heiligtum und die ganze Freundlichkeit und Gnade Gottes neigte sich herab zu Seinem Knechte, der vor Ihm lag - aber als er dem Volke begegnete, da öffnen sich seine Lippen zu einem Scheltworte: „Ihr Widerspenstigen!“ Es war die Wahrheit (Widerspenstige waren sie), aber es war nicht Gottes Geist. Können nicht auch wir, wenn wir vor einer Sache stehen, im völligen Bewußtsein unserer Abhängigkeit und Ohnmacht zum HErrn schreien, und wenn wir in der Sache stehen, voll eigener Energie auftreten? So ist es, wenn wir nicht wachsam sind. Wir können das Angesicht des HErrn in Aufrichtigkeit suchen und von unseren Knien aufstehen und hinausgehen und in Selbstbewußtsein unbesonnen mit unseren Lippen reden. So kam Mose um den Eingang in das Land Kanaan. So können wir um den Lohn kommen. So hieß es für Elia, als er nicht willig war für den Weg der Gnade: „Gehe ... salbe Elisa an deiner Statt.“ So hieß es zu Mose: „Nimm Josua, den Sohn Nuns,“ und so können auch wir aufhören, Gefäße zu sein, brauchbar für den HErrn.1

1

Wiederholt finden wir in der Schrift die beiden Namen, „Mose und Elia“ zusammen. Und wie viel Gemeinsames finden wir in ihren Pfaden! Um mich nicht hier zu wiederholen möchte ich auf das von mir in Bd. 3, S. 6-8 Gesagte verweisen.

Andererseits hatte Mose gewiß einzutreten für die Rechte und die Ehre Jehovas. Nicht einen Augenblick haben wir unsere VerAntwortlichkeit aus dem Auge zu verlieren, alles Böse, wo es offenbar ist, zu richten und abzutun. Aber auch nichts erfordert mehr Abhängigkeit, Nahesein dem HErrn, Wachsamkeit und Selbstgericht als dieses, damit in unserer Stellungnahme für den HErrn und Sein Zeugnis sich nicht eigene Kraft und Temperament einmischen und die Herrlichkeit der gegenwärtigen Zeitperiode, die Offenbarung Gottes in Gnade, verwischen.

Wie traurig die Resultate sind, wenn wir es au unserer VerAntwortlichkeit fehlen lassen, wenn es an der Treue zum HErrn in der Stellungnahme dem Bösen oder falschen Lehren gegenüber mangelt, das sehen wir in der Geschichte der Gemeinde, in der Offenbarung und in vielen Beispielen der Schrift.

Zu Ephesus sagt der HErr noch, daß sie die Werke der Nikolaiten hassen, die Er, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelt, haßt. Aber sie hatten die erste Liebe verlassen und damit die abschüssige Bahn betreten. Taten sie hier nicht Buße, so würde mit dem Mangel der Liebe zu Ihm die bewegende Kraft schwinden, um das Böse zu hassen, und einer falschen Milde Platz machen denen gegenüber, die das Böse wirkten. Schon in Pergamus ist dies der Fall. Dort klagt der HErr: „Du hast solche, welche die Lehre der Nikolaiten festhalten,“ und Er findet nicht mehr solche, von denen Er, wie in Ephesus, sagen kann, daß sie hassen, was Er haßt. Gleichgültigkeit bösen Dingen, Werken und Lehren gegenüber zeigt den niedrigen Stand unserer Liebe zu Ihm und führt bald zur Duldung der Lehre des Bösen. Die Straße abwärts geht sich leicht. Das Ende eines solchen Laufes sehen wir in Laodicäa.

Der HErr schenke uns Gnade, inmitten der wachsenden Schwierigkeiten dieser letzten Tage Seinem

Der HErr schenke uns Gnade, inmitten der wachsenden Schwierigkeiten dieser letzten Tage Seinem Herzen so nahe zu sein, um Ihn recht darzustellen, in voller Entschiedenheit für Seine Rechte einzutreten und die Wahrheit festzuhalten in Liebe. „Die Gnade sei mit Dir!“ (1. Tim. 6,21.)

„Was ist in deiner Hand?“

Jeder, der den HErrn lieb hat, hat auch den Wunsch in seinem Herzen, vom HErrn in der einen oder anderen Weise gebraucht zu werden. Und der HErr hat uns manches ermutigende Wort für ein solches Verlangen gegeben. In 1. Kor. 1,27-29 sehen wir, daß Gott das

für Seinen Gebrauch abweist, dessen sich die Welt am meisten rühmt, und daß Er dagegen Sich das Einfachste und Geringste für die Ausführung Seiner Vorsätze erwählt. Ein Herz für Ihn und persönliche Hingabe und Treue sind das einzige, was Er fordert. Je geringer und untauglicher wir in unseren eigenen Augen sind, um so brauchbarer werden wir Ihm sein. Es ist ermutigend, diesem göttlichen Grundsatz an einigen Beispielen der Schrift nachzugehen.

„Und Jehova sprach zu Mose: Was ist in deiner Hand? Und er sprach: Ein Stab.“ Hier stand Mose nach 40-jähriger Wüstenwanderung vor dem HErrn. Ihm war gerade der Auftrag geworden, zum Pharao zu gehen, aber er ist nicht willig dazu. Er ist voll von Entschuldigungen und Beweisen seiner Untauglichkeit. Aber Gott unterweist ihn, daß auch das geringste an Kraft für Seinen Dienst von Ihm selbst kommen muß. Er heißt ihn seinen Stab zu nehmen und damit die Zeichen Seiner Macht zu tun. Der Stab an sich war gewiß das Allerunbedeutendste, aber Gott erwählte das, was in Menschenaugen nichts ist, um damit Wunder Seiner Macht zur Befreiung Seines Volkes zu wirken. (2. Mos. 4,2.17.20.)

Was ist in deiner Hand, David? Eine Schleuder und ein Stein. Welchen Wert hatte die Waffe des Hirtenknaben in den Augen Sauls und der Kämpfer Israels? Und wie verächtlich erst war sie in den Augen Goliaths, des Riesen! Aber Gott gefiel es, das, was er in seiner Hand hatte, zu gebrauchen, und den Ausgang wissen wir alle: „Und David, mit der Schleuder und mit dem Steine, war stärker als der Philister, und er schlug den Philister und tötete ihn, und David hatte kein Schwert in seiner Hand.“ (1. Sam. 17,50.)

Was ist in deiner Hand, kleiner Knabe? Fünf Brote und zwei Fische. Aber was ist dies unter so viele? Gewiß

nicht viel zur Speisung für 5000 Männer. Aber der HErr nimmt sie in Seine Hand, und von Ihm aus wird das, was an sich ein Nichts ist, so gesegnet und vermehrt, daß es zur Fülle für alle wird. (Joh. 6.9.)

Witwe, was ist in deiner Hand? Nur zwei Scherflein, die zusammen ein Pfennig sind. Das ist alles, was sie hat, aber sie weiht es mit ganzem Herzen dem Hause des HErrn. Und was hat es gewirkt? Diese Tat ihrer Uneigennützigkeit und Herzenshingabe hat durch die Jahrhunderte hindurch Frucht getragen bei arm und reich. Reiche sind durch sie gerufen worden, ihre Gaben vor dem HErrn als Opfer und nicht nur vom Überfluß niederzulegen, und Arme sind ermutigt worden, ihr Geringes dem HErrn zu bringen, wissend, daß Er anders schätzt als der Mensch. (Mark. 12,42.)

Mehr Beispiele könnten angeführt werden. Es seien genug! Reden diese nicht eindringlich zu unser

aller Herzen? Sind wir nicht so leicht geneigt, auf andere zu blicken und zu denken, wieviel wir tun würden, wenn wir ihre Gaben, ihre Fähigkeiten, ihre Mittel hätten? Der Herr fragt dich nicht, was dieser oder jener hat, sondern: „Was hast du in deiner Hand?“ Er will das gebrauchen, was du hast, nicht das, was du nicht hast. Wir sind immer bereit, in der Ferne nach Gelegenheiten zu suchen. Ihm nützlich zu sein, aber nicht auf das zu sehen, was uns so nahe, was in unserer Hand ist. Die Männer der Welt, die zu Erfolgen kamen, benutzten ihre Fähigkeiten bei jeder Gelegenheit, die sich ihnen bot. Und der HErr sagt uns, daß die Kinder der Welt klüger handeln als die Kinder des Lichtes.

Ich weiß nicht, was ich für den HErrn tun kann, sagte eine Mutter zu einem Diener des HErrn. Wie ist es mit Ihren Kindern? fragte er und wies hin auf die kleine Schar. O Mutter, was ist in deiner Hand? Welch hohe VerAntwortlichkeit und welch köstliches Vorrecht.Hier ist eine Aufgabe, sie zu leiten und aufzuziehen zur Ehre des HErrn, ihnen Christus so vorzuleben, daß sie dich segnen, wenn sie dein gedenken. (1. Tim. 5,14; 2. Tim. 1,5.)

Geschäftsmann, was ist in deiner Hand? Nichts als ein Geschäft, Tag für Tag das gleiche, nichts brauchbar für den HErrn. Aber weißt du nicht, daß du mit deinem Wandel mehr reden kannst als mit deinen Worten? Ach, wie selten sind ernste, entschiedene Geschäftsleute in unseren Tagen! Lebe dem HErrn im Kontor, auf dem Lager, in dem Laden. Andere werden es sehen. Dein Wandel in Gottseligkeit wird mehr Zeugnis sein als das Predigen mit der Zunge.

Und du, Kranker und Schwacher, was hast du in deiner Hand? Nichts als hier zu liegen und bedient zu werden. Kannst du nicht durch Geduld den HErrn verherrlichen? Kannst du nicht beten? Sicher. Gebrauche was du hast. Verherrliche den HErrn. Welche Macht ist in deiner Hand! Wie manches Werk des HErrn hat seinen Anfang genommen durch das Gebet vom Krankenbett aus. Sieh' dein Vorrecht an! Bete ohne Unterlaß. (1. Thess. 5,17.) Bete eindringlich, inbrünstig. (Luk.11,5.) Bete im Glauben! Gott kann uns zuweilen mehr gebrauchen in Krankheit als in Tagen der Kraft.

Leser, was ist in deiner Hand? Überall schlummern noch verborgene Kräfte, sie mögen klein sein, aber sie sind da. Nur ein wenig mehr Hingabe für den HErrn und sie kommen hervor. Benutze deine Zeit, deine Gelegenheit! Führe Seelen unter den Schall des Evangeliums. Bringe Erleichterung und Hilfe denen, die in Elend und Not sind, besonders den Hausgenossen des Glaubens. Nimm teil an den Bedürfnissen des Werkes des HErrn. Vor allem sieh, daß Christus gelesen werde in deinem Wort, Wandel und Benehmen. Er ist es wert, Ihm alles zu weihen, was wir sind und haben. Was auch der HErr in deine Hand gelegt haben mag, weihe es mit ganzem Herzen dem HErrn, mache vollen Gebrauch davon, und du wirst an dir erfüllt sehen: „Wer da hat, dem wird gegeben werden, und er wird Überfluß haben.“ (Matth. 13,12.) Dazu bereite uns der HErr.

H. G.

Christus und die Gemeinde.

(Fortsetzung.)

Etwas anderes, das unsere ernste Aufmerksamkeit erfordert, ist, daß „das Geheimnis“, dieser ewige Vorsatz Gottes betreffs Seiner Gemeinde während mehr als 4000 Jahren, der Welt nicht kundgemacht wurde. Wir lesen Eph. 3,2-6: „Wenn ihr anders gehört habt von der Verwaltung der Gnade Gottes, die mir in bezug auf euch gegeben ist, daß mir durch Offenbarung „das Geheimnis“

kundgetan worden ..., welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt geoffenbart worden ist Seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste: daß die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber Seiner Verheißungen in Christo Jesu durch das Evangelium.“ Dann spricht Paulus davon, daß alle erleuchtet sein möchten, um zu sehen, „welches die Verwaltung des Geheimnisses sei, das von den Zeitaltern her verborgen war in Gott“ (V. 9). Beachte, es wird nicht von „einem“ Geheimnis gesprochen, als von etwas nicht Offenkundigem, sondern „dem“ Geheimnis „verborgen in Gott“. Nicht nur sagt der Apostel, daß es ihm durch eine Offenbarung kund wurde, sondern auch, daß es etwas sei, welches noch nie zuvor Menschen kundgemacht worden sei. „Welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden ist.“ (V. 5.)

Hier sehen wir den wichtigen Unterschied zwischen diesem Geheimnis, welches durch Paulus geoffenbart wurde, und den Prophezeiungen des Alten Testamentes. Es war kein Geheimnis „verborgen in Gott“, daß Christus kommen sollte - leiden sollte und später herrschen soll, ebenso, daß Israel unter der Regierung Christi im Lande wohnen wird und die Nationen (Israel untergeordnet) die Segnungen Seines Friedenszepters genießen werden. Viele Stellen des Alten Testaments zeigen dieses. Aber daß die Nationen sollten Miterben und Mitleib sein, nicht mit Israel - sondern mit Christo Selbst - kurz, daß Christo die Gemeinde soll bereitet und zugeführt werden als Sein Leib, mit dem Er als verherrlichtes Haupt im Himmel auf ewig verbunden ist, ein Leib, der gesammelt und zubereitet wird aus den gefallenen Söhnen der Menschen (aus Juden und Nationen), und so untrennbar mit Ihm in Herrlichkeit durch den Heiligen Geist vereint, daß er auch Seine Herrlichkeit mit Ihm teilen soll, das war wirklich ein Geheimnis - ein Geheimnis verborgen in Gott und nie zuvor geoffenbart, bis zu dem Tage, da es Seinen heiligen Aposteln und Propheten des Neuen Testamentes kundgetan ward durch den Heiligen Geist.

Dieses alles zeigt uns, daß in dem großen Liebesplane Gottes über Menschen die Gemeinde der Zentral- und Höhepunkt ist. Die Schrift ist voll davon. Ein Beispiel möge genügen:

Die großen Offenbarungen Gottes in den vergangenen Zeitaltern sind für uns, „auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist“, Vorbilder (1. Kor. 10,11). Das erste Vorbild, welches wir in der Schrift finden, ist Adam. („Ein Vorbild des Zukünftigen.“ Röm. 5,14.) Ihm baute Gott das Weib und brachte es ihm. Dies ist das Vorbild von Christus und der Gemeinde (Eph. 5,30-32). Beachte, das erste, was Gott uns in der Geschichte des Menschen zeigt, ist dieser verborgene Vorsatz Seines Herzens: Christus die Gemeinde zu bereiten und zuzuführen zur untrennbaren Einheit. Was muß die Gemeinde für Gott sein, daß Er in den ersten Menschen und dem ersten Vorbilde diesen großen Plan Seines Herzens: „Christus und die Gemeinde“, niederlegt. Paulus, der diesen Plan in leuchtender Klarheit sah, ruft überwältigt: „O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!“ (Röm. 11,33.)

Sind wir jemals so hingenommen, so überwältigt worden von der Herrlichkeit „des Geheimnisses“, daß Ihm ein Lobpreis über den Reichtum Seiner Gnade dargebracht wurde? Um der Kundmachung dieser Wahrheit der Gemeinde willen ertrug Paulus Leiden derart, daß er sagen konnte, er ergänze in seinem Fleische, was noch rückständig sei an den Drangsalen des Christus für Seinen Leib, das ist die Gemeinde (Kol. 1,24). Wie kommt es, daß Kinder Gottes heute so kalt, so gleichmütig der „Gemeinde“ gegenüberstehen? Hat Gott das Interesse für Seine Gemeinde verloren? Ist sie nicht mehr Sein Zentralgedanke im jetzigen Äon? Ist Er nicht mehr am Wirken, sie zu bauen und zu

vollenden? Welch großer Verlust für uns, wenn unsere Interessen, unser Wirken nicht im Einklang mit Gott ist! Woher kommt es, daß Gläubige im allgemeinen so wenig Verständnis für die Gemeinde haben? Ist es nicht, weil der Feind uns von dem göttlichen Plane, dem Hauptinhalte der gegenwärtigen Verwaltungsperiode abzuleiten sucht? So war es in den vergangenen Zeitaltern. Das Alte Testament zeigt uns, wie seine Angriffe immer dahin gingen, die Gläubigen von dem abzuwenden, was in den verschiedenen Zeitaltern jeweils Gottes Hauptgedanke und Werk war. Und so ist es heute noch.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Geleitswort an den Leser:

Wirket nicht für die Speise, die vergeht, sondern für die Speise, die da bleibet ins ewige Leben, welche der Sohn des Menschen euch geben wird. Joh. 6,27.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 6

Was bedeutet die Verheißung des „verborgenen Mannas“ und des „weißen Steines“ mit dem „neuen Namen“ nach Off. 2,17?

Antwort A

Diese Worte richtet der HErr an jeden, der ein Ohr hat, zu hören, was der Geist der Gemeinde in Pergamus sagt. Er ermuntert zum Überwinden inmitten des Abfalles und der Leiden und Verfolgungen. Dem, der überwindet, will Er von dem verborgenen Manna geben.

Von dem Manna, das Israel in der Wüste aß, mußte ein Krug voll in der Bundeslade aufbewahrt werden zum Gedächtnis an ihre wunderbare Speisung in der Wüste. Hierzu lese man Joh. 6,48.49.51.58 und Hebr. 9,1-5.9.11.24.

Dem Überwinder will der HErr von dem verborgenen Manna geben jetzt schon in dieser Zeit. Sobald ein Mensch durch wirkliche Bekehrung zu Jesu kommt, ist das verborgene Manna seiner Seele kostbar Teil. „Euch, die ihr glaubet, ist die Kostbarkeit (1. Petri 2,7). Er ist der Seele Speise und Nahrung, der Welt zwar verborgen, aber dem Glauben ein kostbarer Genuß. Und wie die Israeliten das Manna aufbewahrten zum Gedächtnis an die wunderbare Speise in der Wüste - so haben auch wir ein Gedächtnis an den HErrn in dem Werk der Erlösung. (1. Kor. 11,24-26.)

„Ich werde ihm einen weißen Stein geben, und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben, welchen niemand kennt, als wer ihn empfängt.“ Der HErr sagte Seinen Jüngern: „Freuet euch, daß eure Namen im Himmel angeschrieben sind.“ Wir sehen hier, daß der weiße Stein und der neue Name, den niemand kennt, als nur wer ihn empf ängt, eine persönliche Sache ist. In früheren Zeiten

warfen die Richter im weltlichen Gericht für einen Angeklagten einen weißen Stein in die Urne zur Bezeugung seiner Unschuld und Freisprechung. Hierzu lese man Röm. 8,1.31-34. Ja, wenn der Name geschrieben ist im Buch des Lebens und der Heilige Geist dem Herzen bezeugt, Gottes Kind zu sein, so haben wir Freimütigkeit am Tage der Offenbarung. Wer will verdammen? Es bleibt aber eine persönliche Sache nach 2. Kor. 5,10-15.

F. B.

Antwort B

An die Treuen in Pergamus wendet sich der HErr und verheißt ihnen drei Dinge, 1. das verborgene Manna, 2. den weißen Stein und 3. auf dem Stein einen neuen Namen - alles Gegenstände, die dem Herzen des Gläubigen kostbar sind. Joh. 6,51 lesen wir, daß sich Christus als das lebendige Brot, das vom Himmel hernieder gekommen ist, bezeichnet und Hebr. 9,1 begegnen wir als Erinnerung an die Wüstenreise und an die Speisung mit dem Manna dem goldenen Krug, in dem das Manna aufbewahrt wurde - beides ein Hinweis auf das, was wir an Ihm, dem HErrn, haben. Dort in der Wüste wurde Israel in wunderbarer Weise mit dem Manna gespeist, und auch wir als die Seinen, die auch noch eine Wüstenwanderung durchmachen, wir dürfen uns nähren von Ihm als dem Manna unserer Seele. So wie der HErr, der auf diese Erde kam, wandelte und litt und Gottes Wonne war, so ist Er uns in dieser Wüste Speise und das verborgene Manna, welches nur der genießen kann, der die Güte und Freundlichkeit des HErrn schmeckt. Ebenso ist der weiße Stein ein Zeichen des Beifalls. Bei Abstimmungen wurde in alten Zeiten von den Richtern ein weißer Stein in die Urne geworfen; dieses Zeichen bedeutete, daß man von der Unschuld des Angeklagten überzeugt war, und dieses Zeichen der Gnade und der Freisprechung will Christus denen geben, die an Seinem Namen festhalten und die den Glauben nicht verleugnen, und noch mehr: auf diesem Stein wird ein neuer Name stehen. Wie der Hohepriester die Namen der zwölf Stämme auf seinem Brustschilde trug, also trägt Er, der HErr, die Namen der Seinen auf Seinem Herzen. Mit einem neuen Namen ausgestattet, gehen wir durch die Wüste und genießen den HErrn in Seinem Worte.

Von der Welt verachtet, verkannt, vielleicht verfolgt gibt Er uns das Zeichen Seines Beifalls, den weißen Stein. So schließt die Gemeinschaft mit Jesu alle Segnungen in sich, und es erfüllt sich die Zusage des HErrn: „Und Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand rauben - und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben.“ (Joh. 10,27-29.)

Ph. W.

Anmerkung des Herausgebers

Das Manna, von dem hier geredet wird, ist nicht das tägliche Manna, sondern das „verborgene Manna“. Jeder Israelit sollte einen Ghomer sammeln, und auch Gott ließ Sich einen Ghomer sammeln. Dieser Ghomer Manna wurde in einem goldenen Krug aufbewahrt, damit die kommenden Geschlechter im Lande sehen sollten, womit Er das Volk in der Wüste gespeist hatte. (2. Mose 16,32-36; Hebr. 9,4.)

Die Bedeutung des Mannas ist eine doppelte. Einerseits redet es von der Sorge und Treue Gottes für Sein Volk in der Wüste, und andererseits sehen wir darin Christus als Mensch hienieden. Der HErr, als

Sein Volk in der Wüste, und andererseits sehen wir darin Christus als Mensch hienieden. Der HErr, als aus dem Himmel herabgekommen, in Niedrigkeit, spricht von Sich als von dem Brote Gottes. (Joh. 6,31-33.)

So wie einst Israel in der Wüste Tag für Tag auf das Manna angewiesen war, so sind auch wir es. Israel verachtete das Manna (4. Mose 11,6; 21,5) und sagte: Uns „ekelt vor dieser losen Speise“. Dasselbe wiederholt sich, wenn auch nicht in Worten, aber praktisch heute noch. Christus allein genügt dem Herzen nicht mehr, man will auch noch etwas vom Wesen Ägyptens haben. In solcher Zeit der Verweltlichung wird der Überwinder offenbar. Er „hält fest an Seinen Namen“, Ihm ist das Manna Gottes genug. Tag für Tag bedarf er das Brot vom Himmel. Christus ist seine Speise, sein Vorbild und seine Kraft, und täglich entdeckt er neue Gnade und Lieblichkeiten an Dem, der hier in Demut wandelte.

Das „verborgene Manna“ im Heiligtum ist das gleiche Manna, welches das Volk in der Wüste aß. Der erhöhte „verborgene“ Christus zur Rechten Gottes ist Derselbe, der unserer Not in der Wüste in Niedrigkeit begegnete. Das verborgene Manna war eine bleibende Erinnerung an das tägliche Manna der Wüste. Es redet von dem, was das Brot Gottes (Christus) uns auf dem Wege durch die Wüste war. Das Schauen Seiner Gnade und Liebe, Seiner Treue und Kraft, mit der Er uns in dem Kampfe aufrecht hielt und Sieg gab, wird das Herz mit ewiger und verherrlichter Freude an Ihm erfüllen. Diese Erinnerung an die Wüste (in dem verborgenen Manna) wilt Er jedem Überwinder geben zum seligen Genuß. Welch heilige Speise wird das verborgene Manna dort sein, wo keine Not und kein Zukurzkommen mehr ist, wenn jeder Überwinder im Rückblick auf die durchpilgerte Wüste für sich selbst Ihn erkennt und genießt, der ihn hindurchgebracht und sein tägliches Manna war.

Der weiße Stein erinnert uns sowohl an den richterlichen Freispruch (siehe Antwort A u. B) als auch an die Gewohnheit, daß bei morgenländischen Festen der Gastgeber Gästen, denen er seine besondere Ehre oder Liebe erweisen wollte, einen weißen Stein mit einer ihn allein angehenden Inschrift überreichte, so wie heute noch Geschenke mit Widmungen als Zeichen besonderer Zuneigung überreicht werden. So drückt auch der weiße Stein und der neue Name Sein Wohlgefallen dem aus, der ihn empfängt.

Ein „Name“ in der Schrift ist nicht bloß Unterscheidung, sondern drückt auch stets Inhalt und Wesen aus. Mit dem neuen Namen offenbart der HErr dem Überwinder Sein Wohlgefallen, welches Er an ihm gefunden hat, und niemand als nur dieser allein weiß, versteht und genießt die Freude an dem Stein und Namen. Es ist die Anerkennung des HErrn für die Treue des Überwinders. Dieses alles hat nichts mit unserer gemeinsamen Segnung zu tun, dieses ist ganz persönlich.

Es ist von großer Wichtigkeit zu beachten, daß wir mit dem Verlassen dieser Welt nicht unsere Persönlichkeit verlieren oder aufgeben und daß es im Himmel auch für den Einzelnen persönliche Segnungen gibt. So wie es hier unten für den Gläubigen gemeinsame Freuden - aber auch persönliche, innere, anderen verborgene Freuden gibt, so auch droben.

Als alle Jünger um den HErrn beim letzten Passah versammelt waren, da hatten alle eine gemeinsame Freude; was aber Johannes in seiner Seele genoß, als er sein Haupt an Jesu Brust legte, das wußte niemand als nur er allein. - Alle waren in Bethanien mit dem HErrn zu Tisch, aber was Marias Seele erfüllte, als sie Sein Wohlgefallen empfing, das war ihr Teil ganz allein. - Beide Schwestern empfingen Lazarus zurück in gemeinsamer Freude, aber jede hatte auch eine besondere

persönliche Freude; mit der einen hatte Er geredet, mit der anderen geweint. Wir alle kennen die gemeinsame Freude; aber wissen wir nicht auch etwas von der persönlichen inneren Seligkeit, die das Herz genießt, wenn es gleich Henoch das Zeugnis empfängt, Ihm wohlgefällig zu sein?

Wie hier auf Erden, so gibt es auch im Himmel gemeinsame und persönliche Freuden. Alle gemeinsam preisen das Lamm. Alle genießen die Liebe des Vaters. Alle tragen das Bild des Himmlischen. Alle sind dort in vollkommener Seligkeit und rühmen Sein Blut. Aber zu dieser allgemeinen und vollkommenen Seligkeit will der HErr dem Überwinder für seine Treue noch persönliche Freude hinzufügen. Er will ihm den weißen Stein und einen neuen Namen - das Zeichen Seiner Liebe und das Zeugnis Seines Wohlgefallens - geben, eine Freude, die allein gekannt und genossen wird von dem, der den Stein und den Namen empfängt.

Das „verborgene Manna“, der „weiße Stein“ und der „neue Name“ bedeuten alle Lohn für den Überwinder. Manche Kinder Gottes verwechseln und unterscheiden nicht das Werk der Gnade und den Lohn der Treue. Das Werk der Gnade in der Erlösung ist unsere Errettung und bringt uns allein zur Herrlichkeit. Der Lohn aber ist abhängig von unserem irdischen Leben. Er will Lohn geben nach unseren Werken, nachdem wir im Leibesleben gehandelt haben (2. Kor. 5,10b). Es gibt Kronen, die wir erlangen und auch verlieren können. (Offenb. 3,11.) (Vergl. Bd. Ill, Frage 27!)

Aus allem diesen sehen wir, wie eng unser Leben hienieden mit dem Leben droben verwoben ist. Unser Eintritt in die Ewigkeit ist kein gänzlicher Bruch mit der Vergangenheit. Die Schrift zeigt uns deutlich, von welch großer Bedeutung unser Erdenleben als Gläubige für die Ewigkeit ist. Ist es darum nicht wert, uns zu beeifern, Ihm wohlgefällig zu sein? Laßt uns einander ermuntern, den Weg des Glaubens in Treue zu wandeln. Die Verheißungen des Überwinders sind nicht an die Welt, sondern an Gläubige im Hause Gottes gerichtet. Bald kommt der HErr und Sein Lohn mit Ihm. Jeder wird persönlich vor Ihm stehen. Dieses ist sehr ernst. Aber auch köstlich ist es, zu sehen, daß unsere Persönlichkeit nicht untergeht in der großen Allgemeinheit, daß jedes Schaf der Herde und jeder Sohn des Hauses seinen Namen hat. Eines jeden Name ist im Himmel angeschrieben und Er ruft Sein Schaf mit Namen. Der HErr schenke uns, daß auch wir Überwinder seien, denen Er das verborgene Manna und den weißen Stein Seines Wohlgefallens und den neuen Namen Seiner Freude an dem gekämpften guten Kampfe geben kann!

Frage 7

Bitte um einige kurze belehrende und praktische Winke über den Brief an Philemon!

Antwort A

Wohl kein Brief im Neuen Testament ist so persönlich gehalten, als der Brief an Philemon. Der Gegenstand, der darin behandelt wird, ist die Fürbitte für einen entlaufenen und nunmehr bekehrten Sklaven. An sich ist dies für viele etwas scheinbar Nebensächliches, und doch wird dieser an den Philemon gerichtete Brief durch den Geist Gottes benützt, um uns Wahrheiten von großer Wichtigkeit, die unser Leben und unser persönliches Verhalten betreffen, vorzustellen. Philemon hatte einen Sklaven „Onesimus“, der ihm entflohen war, dieser kommt in Rom mit dem Apostel Paulus in Berührung und wird dort durch die Gnade des HErrn bekehrt und teilt als Gefährte und hingebender Diener die Gefangenschaft mit dem Apostel. Wie wunderbar sind die Führungen und Wege Gottes!

Paulus will nun den Onesimus zurücksenden und gibt ihm als Empfehlung diesen Brief an Philemon mit. Philemon wird uns als ein gottesfürchtiger Mann gezeigt, von dem ein gesegneter Einfluß auf seine Umgebung ausging. Der Apostel tritt dem Philemon als der Gebundene und Gefangene gegenüber. Er redet nicht von Pflichten, stellt auch keine Forderungen, sondern kleidet seine Wünsche für den Onesimus an Philemon in einfache Bitten. Zunächst dankt er für das, was die Liebe in dem Herzen des Philemon bewirkt hatte und wie dieselbe als Frucht des Glaubens sich als Liebe zu allen Heiligen offenbarte. Dieses ist heute noch ein Gradmesser unserer persönlichen Verbindung mit dem HErrn. Möchte es für uns alle gelten, was Paulus sagt: „Da ich höre von deiner Liebe und dem Glauben, den du an den Herrn Jesum und zu allen Heiligen hast.“ Diese Liebe, die keine Grenzen zieht, kann nur aus dem Herzen Christi geschöpft werden, sie ist frei von Groll und Bitterkeit, frei von Mißtrauen und Abneigung gegen irgend ein Glied der Familie Gottes, deshalb konnte Paulus auch alle umfassen, die als Heilige dem HErrn angehörten. Wie selten finden wir solche Liebe in unserer vom Parteigeist erfüllten Zeit, wie wir sie hier bei Paulus sowohl, als auch bei Philemon sehen! Als weitere Frucht rühmt Paulus die Glaubensgemeinschaft in Vers 6. Auch der Glaube hat für alle, die dem HErrn angehören, den gleichen Ausgangspunkt; deshalb kann auch Paulus ihm das Zeugnis geben: „Die Herzen der Heiligen sind durch dich, Bruder, erquickt worden.“ Es war die gesegnete Stellung eines in Gott ruhenden Herzens. In Vers 8 und 9 kommt die sich unterordnende Liebe köstlich zum Ausdruck. Obwohl Paulus sicher für den Philemon eine Autorität war und er ihm auch hätte etwas gebieten können, kommt er doch als Bittender in seiner Sache zu ihm. „Deshalb, obgleich ich große Freimütigkeit in Christo habe, dir zu gebieten, was sich geziemt, so bitte ich doch vielmehr um der Liebe willen.“ Hier gibt der Apostel sein Recht der Autorität auf, um der Liebe freien Lauf zu lassen. Sicherlich hätte auch Philemon gehorcht, wenn auch nur um des Gebots willen, so aber kommen die beiderseitigen Herzensneigungen in Einklang in dem Sich-untertan-sein aus Liebe. Möchten auch wir daraus lernen, statt in Forderungen einander zu begegnen, vielmehr im Geiste der Liebe zu bitten. („Ich bitte dich vielmehr um der Liebe willen.“) Dann finden wir uns in Übereinstimmung mit dem HErrn, der von Sich sagt: „Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig.“ Auf solchem Boden werden wir finden, daß unsere Bitten auf Erhörung rechnen können.

Wenn jetzt Paulus sein Anliegen betreffs des Onesimus vorbringt, weiß er beide (Philemon und Onesimus) auf einem neuen Boden, dem der gemeinsamen Gnade. Nach den Überlieferungen des Gesetzes hätte Paulus ganz anders handeln müssen. 5. Mose 23,15.16 lesen wir: „Einen Knecht, der sich vor seinem Herrn zu dir rettet, sollst du seinem HErrn nicht ausliefern. Er soll bei dir wohnen, in deiner Mitte, an dem Ort, den er in einem deiner Tore erwählen wird, wo es ihm gut dünkt, du sollst ihn nicht bedrücken.“ Paulus tut hier nun gerade das Gegenteil von dem, was das Gesetz verlangte. Die Gnade verändert alles. Paulus handelt in der Freiheit und sendet ihn zurück, Onesimus wird ein Freier in jeder Beziehung, und Philemon nimmt ihn auf als einen Bruder. Eine Umwertung der Werte findet statt. Die Liebe als das Band der Vollkommenheit umschlang sie alle, deshalb konnte auch Paulus auf die neue Stellung hinweisen, in der sich der Onesimus befand; er sagt: „Ich bitte dich für mein Kind, das ich gezeugt habe in den Banden, Onesimus, der dir einst unnütz war, jetzt aber dir und mir nützlich ist.“ Onesimus war nun in jeder Beziehung ein neuer geworden, und sein Name, der „nützlich“ bedeutet, entsprach nun vollkommen seiner neuen Stellung. Auch hier kommt der göttliche Grundsatz zum Ausdruck: „Siehe, Ich mache alles neu!“ Deshalb konnte auch Paulus schreiben: „Nimm ihn auf wie mich.“ Ja, noch mehr! Paulus, der von Onesimus Nutzen hätte haben können und ihn ohne die Verletzung des Gesetzes hätte behalten dürfen, verzichtete auf alles und trat ganz in den Hintergrund. Er sagt deshalb (V. 13 u. 14): „Ich wollte ihn bei mir behalten, auf daß er statt

Schleier der Zukunft oder des Jenseits lüften wollen, den Gott hinwegzunehmen Sich allein vorbehalten hat. Solche Geheimwissenschaftler wie die Totenbeschwörer früher, die Spiritisten heute mit all dem Troß der Wahrsager, Zeichendeuter usw., die heute die ganze Welt überschwemmen und sogar in den angesehensten weltlichen Tages- und Wochenschriften ihren anerkannten Platz haben, treiben nicht nur Hokuspokus; es ist auch nicht alles, was sie tun, auf Suggestion und Hypnose zurückzuführen, es ist auch nicht alles bewußter Betrug und Taschenspielerkunst (obwohl vieles), - es ist gewiß auch eine schauerliche Wirklichkeit hinter manchen dieser Erscheinungen und Wahrsagereien, aber nicht eine Wirklichkeit der Wahrheit, sondern der Lüge, indem Satan, „der Vater der Lüge“ (Joh. 8,44), dahintersteht und die ihren Beschwörerformeln, ihren Medien, ihrer Einbildung trauenden, ohnmächtigen, armseligen Menschlein, die da mit ihren Verstorbenen zu reden meinen, auf eine seiner würdigen Weise mit seinen Dämonen betrügt und für sich gewinnt. Eine schreckliche Sache ist das, und Kinder Gottes sind aufs ernsteste zu warnen, daß sie sich ja nie mit dem Spiritismus, der so recht eine „Religion der Gebildeten von heute“ ist, einlassen. Die Gefahren für die Seele sind unabsehbar.

Zurück zu unserer Geschichte! Sicherlich hatte das Weib auch hier, wo ihr von ihrem unbekannten Gast Straflosigkeit zugesichert war (V. 9.10) - welch eine Heuchelei, dieser Schwur Sauls bei Jehova, von dem er sich längst losgesagt hatte und Dessen Namen er sonst nicht brauchen darf! -, die Absicht, mittels eines der ihr vom Satan für ihre Tätigkeit zur Verfügung gestellten Dämonen eine Totenerscheinung in Szene zu setzen. Aber Gott, der dem Saul noch ein letztes Mal eine direkte prophetische Botschaft zuteil werden lassen wollte - ob als Warnung und letzten Bußruf weiß ich nicht, eher als feierliche Gerichtsankündigung -, trat dazwischen. Er wollte nicht, daß Saul einen Tag vor seinem Tode betrogen werden sollte, denn der durch das Weib hervorgeholte „Samuel“ hätte sicher etwas anderes gesagt als der richtige! Gott will nicht, daß die dem Tode entgegengehenden Menschen belogen werden über den Ernst der Zukunft, die ihrer wartet. Leider werden nirgends die Menschen schamloser belogen von Ärzten, „Geistlichen“ und Verwandten als auf dem Sterbebett! Dem König Saul sollte die Wahrheit gesagt werden, uns Lesern des Wortes zu einem Zeugnis von der Güte und dem Ernst Gottes.

Ehe also noch das Weib seine Formeln in Anwendung bringen konnte, ließ Gott den Samuel erscheinen. Die äußere Art des Auftretens Samuels sah Saul nicht, wohl aber sah das Weib die Gestalt und beschreibt sie Saul, worauf dieser den Propheten erkennt. Das Erschrecken des Weibes berührten wir schon oben; es ist ein deutlicher Beweis dafür, daß sie mit Samuels Erscheinen nichts zu tun hat; es ist aber auch leicht erklärlich, da sie zugleich mit der Erscheinung der Wirklichkeit dessen, was Saul gewünscht hatte, plötzlich dessen inne wird, daß sie Saul, ihren König, der die Totenbeschwörer ausgerottet hatte, vor sich hat. Ob sie etwas empfand in ihrer Seele von dem furchtbaren, selbstverschuldeten Verhängnis, das über ihrem König schwebte? Bei dem nachfolgenden Gespräch ist sie offenbar draußen; V. 21 heißt es nach dem Urtext - so auch bei Luther und der Miniaturbibel -: „sie ging hinein zu Saul“; sie hatte also gar nichts mit der Erscheinung gemein; wäre dieselbe ein Dämon gewesen, also dem Saul gegenüber Betrug - warum hätte sie hinausgehen sollen?! Dann hätte ja auch Saul kaum ohne ihre Vermittelung mit dem falschen „Samuel“ reden können! -

Nun sind noch zwei Einwände zu betrachten! 1. Es wird gesagt: Woher weiß man denn so genau, daß es Gott gewesen sei, der Samuel erscheinen ließ? Es steht doch gar nicht da! - Nun, wer nach den obigen Ausführungen überzeugt ist, daß das Weib bezw. der Teufel nicht die Macht hat, Tote auf

ogar in den angesehensten weltlichen Tages- und Wochenschriften ihren anerkannten Platz haben, treiben nicht nur Hokuspokus; es ist auch nicht alles, was sie tun, auf Suggestion und Hypnose zurückzuführen, es ist auch nicht alles bewußter Betrug und Taschenspielerkunst (obwohl vieles), - es ist gewiß auch eine schauerliche Wirklichkeit hinter manchen dieser Erscheinungen und Wahrsagereien, aber nicht eine Wirklichkeit der Wahrheit, sondern der Lüge, indem Satan, „der Vater der Lüge“ (Joh. 8,44), dahintersteht und die ihren Beschwörerformeln, ihren Medien, ihrer Einbildung trauenden, ohnmächtigen, armseligen Menschlein, die da mit ihren Verstorbenen zu reden meinen, auf eine seiner würdigen Weise mit seinen Dämonen betrügt und für sich gewinnt. Eine schreckliche Sache ist das, und Kinder Gottes sind aufs ernsteste zu warnen, daß sie sich ja nie mit dem Spiritismus, der so recht eine „Religion der Gebildeten von heute“ ist, einlassen. Die Gefahren für die Seele sind unabsehbar.

Zurück zu unserer Geschichte! Sicherlich hatte das Weib auch hier, wo ihr von ihrem unbekannten Gast Straflosigkeit zugesichert war (V. 9.10) - welch eine Heuchelei, dieser Schwur Sauls bei Jehova, von dem er sich längst losgesagt hatte und Dessen Namen er sonst nicht brauchen darf! -, die Absicht, mittels eines der ihr vom Satan für ihre Tätigkeit zur Verfügung gestellten Dämonen eine Totenerscheinung in Szene zu setzen. Aber Gott, der dem Saul noch ein letztes Mal eine direkte prophetische Botschaft zuteil werden lassen wollte - ob als Warnung und letzten Bußruf weiß ich nicht, eher als feierliche Gerichtsankündigung -, trat dazwischen. Er wollte nicht, daß Saul einen Tag vor seinem Tode betrogen werden sollte, denn der durch das Weib hervorgeholte „Samuel“ hätte sicher etwas anderes gesagt als der richtige! Gott will nicht, daß die dem Tode entgegengehenden Menschen belogen werden über den Ernst der Zukunft, die ihrer wartet. Leider werden nirgends die Menschen schamloser belogen von Ärzten, „Geistlichen“ und Verwandten als auf dem Sterbebett! Dem König Saul sollte die Wahrheit gesagt werden, uns Lesern des Wortes zu einem Zeugnis von der Güte und dem Ernst Gottes.

Ehe also noch das Weib seine Formeln in Anwendung bringen konnte, ließ Gott den Samuel erscheinen. Die äußere Art des Auftretens Samuels sah Saul nicht, wohl aber sah das Weib die Gestalt und beschreibt sie Saul, worauf dieser den Propheten erkennt. Das Erschrecken des Weibes berührten wir schon oben; es ist ein deutlicher Beweis dafür, daß sie mit Samuels Erscheinen nichts zu tun hat; es ist aber auch leicht erklärlich, da sie zugleich mit der Erscheinung der Wirklichkeit dessen, was Saul gewünscht hatte, plötzlich dessen inne wird, daß sie Saul, ihren König, der die Totenbeschwörer ausgerottet hatte, vor sich hat. Ob sie etwas empfand in ihrer Seele von dem furchtbaren, selbstverschuldeten Verhängnis, das über ihrem König schwebte? Bei dem nachfolgenden Gespräch ist sie offenbar draußen; V. 21 heißt es nach dem Urtext - so auch bei Luther und der Miniaturbibel -: „sie ging hinein zu Saul“; sie hatte also gar nichts mit der Erscheinung gemein; wäre dieselbe ein Dämon gewesen, also dem Saul gegenüber Betrug - warum hätte sie hinausgehen sollen?! Dann hätte ja auch Saul kaum ohne ihre Vermittelung mit dem falschen „Samuel“ reden können! -

Nun sind noch zwei Einwände zu betrachten! 1. Es wird gesagt: Woher weiß man denn so genau, daß es Gott gewesen sei, der Samuel erscheinen ließ? Es steht doch gar nicht da! - Nun, wer nach den obigen Ausführungen überzeugt ist, daß das Weib bezw. der Teufel nicht die Macht hat, Tote auf Erden erscheinen zu lassen, für den ist die Sache sehr einfach. Entweder der Teufel oder Gott! Der Teufel unmöglich - also Gott! Auch wenn's nicht ausdrücklich dasteht? Ja, sonst wäre es hier Wortklauberei! Übrigens gibt es z. B. ein ganzes Buch in der Bibel, in dem weder die Worte „Gott“ noch „Teufel“ vorkommen und dennoch beider Wirken ganz unverkennbar ist: das Buch Esther (vgl. Frage 4 der „G. H.“, Band 4). Oder wollte man behaupten, weil es nicht dasteht, daß Gott Esther in das Haus des Königs bringt (Kap. 2), deshalb sei es zweifelhaft, ob Er es getan habe? Nein, sicher nicht! - Hier in 1. Sam. 28 liegt aber, wie aus allem bisher Geschriebenen hervorgeht, die Sache noch viel klarer. Oder will man sagen, Gott habe dem Weibe erlaubt, ihre Beschwörung anzuwenden und habe dadurch Samuel erscheinen lassen? Dann macht man Gott zum Sündendiener! Nein - bei Gott ist kein Ding unmöglich! Er, der aus dem Nichts schuf, was ist, Er kann auch aus dem Reiche des Todes einen Abgeschiedenen sichtbar erscheinen lassen, wenn es Seinen erhabenen Zwecken dient. Natürlich erschien Samuel nicht in Auferstehungsherrlichkeit (1. Kor. 15,23, vgl. Frage 11 der „G. H.“, Bd. 3), wohl aber durch Gottes Macht in einer für diesen Auftritt passenden Weise, die das mit unreinen Künsten hantierende Weib in höchsten Schrecken versetzte und den gottlosen Saul zur Beugung zwang (V. 14).

Fragt man aber, warum denn, wo Gott doch unzweifelhaft der Urheber der Erscheinung gewesen sei, Er nicht auch offen als solcher genannt sei, so möchte ich ohne Verbindlichkeit folgendes darauf Antworten: Der Schreiber dieser Geschichte, der Wort für Wort unter der Leitung des Heiligen Geistes schrieb (2. Petr. 1,21), wußte (wie der Geist Selbst), daß Gott der Urheber dieser plötzlichen, ohne das geringste Zutun des Weibes von Endor geschehenen Erscheinung Samuels war. Aber er bekam nicht den göttlichen Auftrag, dies mit zu erwähnen (zumal es selbstverständlich war), damit das Entsetzen des Weibes, wie die überwältigende Wirkung des Erscheinens Samuels auf Saul, der jenen gar nicht sah, dem späteren Leser der Geschichte plastisch-eindrucksvoll vor Augen stünde gleich einem göttlichen Gemälde! (Vgl. etwas Ähnliches in Apgesch. 5,5.9.10, wo es sich auch, wie hier, um göttliches Gericht handelte, und siehe dazu Klagel. 4,6 wörtl.!) - Nebenbei - in welcher Weise hätte der Heilige Geist auch das heilige Wunderwirken Gottes, als in der Gegenwart dieser beiden unheiligen Satansknechte geschehen, andeuten lassen sollen?! - Gott handelte in Verborgenheit, aber die Wirkung Seines Handelns tat sich in ehrfurchtgebietender Weise kund!

Der zweite Einwand ist der, daß Samuel sagt in V. 19: „und morgen wirst du mit deinen Söhnen bei mir sein“. Was heißt das, wo wird Saul sein? Nun, im Scheol oder Hades (Totenreich, vgl. über diesen Ausdruck die sehr klaren Ausführungen in Frage 39 der „G. H.“, Band 2), d. h. an dem Orte, wo die selig wie unselig Verstorbenen weilten, bis „Christus die Gefangenschaft gefangen führte“ in Seinem Tode (Eph. 4,8; vgl. Kol. 2,15), seit wannen die vorher selig Gestorbenen im Paradies sind, das in Gottes Gegenwart ist (Luk. 23,43; 2. Kor. 12,1ff.), während die Gottlosen warten bis zum Gericht vor dem Weißen Thron (Offenb. 20). Bis zum Tode Christi sind die Heiligen Gottes und die Gottlosen am gleichen Ort, allerdings durch eine Kluft getrennt, wie uns Luk. 16,22ff. zeigt. Dennoch ist es der gleiche Ort, der Scheol, das Totenreich. Wie hätte Samuel in dieser kurzen Rede, in der jedes Wort von Wucht und Kraft war, sonst sagen sollen? Etwa so: morgen wirst du mit zweien deiner Söhne im Scheol jenseits der Kluft, Jonathan - der, wenn auch seine Unentschiedenheit ihn nicht fähig machte, mit seinem Freunde David in dessen Reich vereint zu bleiben, doch wohl einer der Heiligen

Gottes war! - Jonathan aber wird „bei mir sein“?! Die ganze Kraft der prophetischen Rede wäre verloren gewesen. Samuel hatte dem Saul ja überhaupt gar nichts über sein ewiges Geschick zu sagen, sondern darüber, daß sein Leben durch seine eigene Schuld unwiderruflich zu Ende sei und daß sein Lebenszweck das gottgewollte Ziel nicht erreicht habe. Und so kündigt er ihm den leiblichen Tod an und seine Ankunft im Scheol, in dem für den Juden jede Hoffnung begraben war (vgl. z. B. Hiob 7,9; Psalm 115,17 u. a.). Samuel war auch im Scheol, aber für immer geschieden von den Gottlosen, dennoch war das noch möglich, was in V. 15 ausgedrückt ist: er konnte noch beunruhigt werden, d. h. in seiner Ruhe gestört werden (vgl. Luk. 16,24ff.; diese Stelle als belehrender Vergleich zeigt, daß im Totenreich noch gefühlt, gedacht, verhandelt wird oder unter gegebenen Umständen werden konnte!). Gewiß hätten ihn Totenbeschwörerformeln nicht beunruhigen können, wohl aber die Seelenqual Sauls, derentwegen Gott ihn aus seiner Ruhe ruft. Die aber, die jetzt heimgehen, um „bei Christo“ zu sein (Phil. 1,23) werden auch in dieser Hinsicht nicht mehr beunruhigt! Die Schrift kennt nichts davon, daß die Seligen noch aus irgend einem Grunde den Menschen im Fleische erschienen oder mit ihnen sprächen. Alle diesbezüglichen Berichte verschiedener Zeiten gehören ins Reich „frommer“ Fabel oder sind satanischen Ursprungs. Laßt uns nichts annehmen, als was das Wort sagt! (Über Matth. 27,52f. vgl. „G. H.“, Bd. 2, Frage 2!)

Noch einige Worte zu dieser Beunruhigung Samuels durch Saul! Die Stelle lautet wörtlich: „Warum hast du mich beunruhigt, mich heraufkommen zu lassen?“ mit anderen Worten: „warum hast du mich beunruhigt, daß oder indem ich heraufkommen mußte?“ Es kommt hier gar nicht darauf an, wer Samuel heraufbrachte, sondern nur auf die Tatsache, daß Saul dieses Eingreifen Gottes verursacht hatte, wodurch Samuel in seiner Ruhe gestört wurde, auf diese Tatsache kommt es an. Dabei ist die Frage, wie Saul ihn heraufkommen ließ, ja längst beAntwortet: Saul hätte ihn durch nichts, am wenigsten durch die Zaubereien des Weibes, heraufbringen lassen können, dennoch konnte Samuel ihm diesen Vorwurf berechtigerweise machen, denn Saul hatte sozusagen Gott versucht, herausgefordert durch sein sündiges Verhalten, die Totenbeschwörerin zu fragen usw. Und nun fühlte sich Samuel dadurch beunruhigt, daß Gott ihn heraufbringt, daher fragt er Saul nach dem Grunde dieser von ihm seinerseits (subjektiv) als Beunruhigung empfundenen Herausrufung. Der tiefere Grund seiner Beunruhigung ist kurz gesagt der, daß Gott Sich durch Sauls Verhalten und auch durch seine Verzweiflung dazu veranlaßt sah, Samuel erscheinen zu lassen, wodurch Samuel seinerseits wiederum zu dem Vorwurf gegen Saul veranlaßt wurde. Wenn nun aber etwa gesagt wird, Samuel hätte sich doch vielmehr freuen müssen, von Gott noch in dieser Weise auf Erden gebraucht zu werden und hätte darum sich durch Gottes Eingreifen nicht beunruhigt fühlen dürfen, so bezeugt dieser Einwurf eine gewisse Unkenntnis über das Wesen des Alten Testaments und das Weilen im Scheol gegenüber dem Neuen und dem „bei-Christo-sein“. Auch für den alttestamentlichen Heiligen war das Weilen im Scheol nichts Erstrebenswertes, keiner hätte dafür Worte finden können, wie Paulus in Phil. 1,23 über das Weilen bei Christo, sondern auch für die, die sich als Gottes Volk wußten, blieb der Scheol, die „Grube“ (vgl. 1. Mose 37,35), etwas ziemlich Trostloses, wenngleich sie auf Auferstehung hofften (vgl. Stellen wie Hiob 10,21; Psalm 6,5; 30,9 mit Hiob 19,25ff.; Psalm 49,15; Spr. 15,24 u. a.). Daß er nach des Herrn Jesu Erklärung in Luk. 16 zwei Abteilungen hatte, darüber ist, soviel ich weiß, im Alten Testament nichts gesagt, das erfuhren demnach die alttestamentlichen Heiligen erst, wenn sie dort waren. Aber es wird ihnen auch gelegentlich gesagt, daß sie dort „ruhen“ würden, vgl. Dan. 12,13; Jes. 57,2 u. a. Der gläubige Jude wartete auf den Messias; Samuel hatte Ihn nicht gesehen, er hatte ein Leben des Kampfes und Leides auf Erden gehabt, und der, den er im Hinblick auf den Messias einst salbte und den er liebte, Saul ging traurige

Wege, und nun sollte er, statt auf Erden den Anbruch des Friedensreiches, den Messias, zu sehen, Gericht verkünden dem, dem er im Leben schon so viel gesagt hatte, - das war nicht ein Auftrag für ihn, den er als Freude empfinden konnte, sondern als Leid, und darum spricht er zu Saul, dem Veranlasser hierzu, diese Worte: „Warum beunruhigst du mich, d. h. machst mir Unruhe?“ Wohlgemerkt; zu Saut! nicht aber zu Gott! An Gott hätte er gewiß keine derartige Frage gerichtet, was sagt der Ton zum Töpfer: „was machst du?“, aber gegen Saul konnte er diesen Vorwurf erheben. Vergleiche, wie einst Joseph den Brüdern den Vorwurf nicht ersparen durfte: „Ihr gedachtet es böse zu machen, aber Gott usw.“ Es kommt stets auf die Front an, mit der wir es zu tun haben. Das sind die Einwände, auf die zu Antworten ich für nötig halten mußte, und nun bin ich am Ende. Ich glaube, dargetan zu haben, daß wir es in 1. Sam. 28 mit einer außergewöhnlichen, aber darum um so feierlicheren Handlung Gottes zu tun haben, durch die einerseits dem durch eigene Schuld unglücklichen Könige Saul in wahrhaft erschütternder Weise aus dem Jenseits sein Ende geweissagt wurde - wie ganz anders und gesegneter jene Begegnung des anderen Saul auf dem Wege nach Damaskus, wo auch ihm aus dem Jenseits eine Botschaft zuteil wird, und zwar durch Christus Selbst, Apgesch. 9! -, während andererseits der ganze Unwert der Totenbeschwörertätigkeit offen bloßgelegt wird, die Jehova ein Greuel ist (vergl. auch 1. Chron. 10,13f.!). Auf das Nähere der Rede Samuels und den Schluß der Geschichte kann ich hier nicht weiter eingehen, aber noch einmal: die ganze Rede trägt einen so ausgesprochenen prophetischen Charakter, daß schon dieser uns abhalten sollte, an einen Betrug zu denken. Ein solcher ist, wie ich glaube bewiesen zu haben, durchaus ausgeschlossen. Wir haben hier vielmehr ein gewaltiges Zeugnis vor uns dafür, daß, wenn Gott ein Seiner Majestät entsprechendes Ziel im Auge hat, Ihm auch alle Mittel zu Gebote stehen ohne irgendwelche Beschränkung Seiner Macht! Welch eine Mahnung und welch ein Trost für uns, für die Seinen, auch in der gegenwärtigen schweren Zeit! „Denn von Ihm und durch Ihn und für Ihn sind alle Dinge; Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“ (Röm.11,36).

F. K.,

z. Zt. b. Militär.

Geleitswort an den Leser:

Niemand suche das Seine, sondern das des anderen. 1. Kor. 10,24.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 14

Ich bitte um Erklärung von Matth. 24,40-42.

Antwort A

Matth. 24 gibt uns einen Einblick in die 70. Jahrwoche, von der der Prophet Daniel redet in bezug auf

sein Volk und Land. Sodann behandelt Matth. 24 die Ankunft des Herrn Jesu zur Aufrichtung Seines Reiches und spricht über den Zustand des jüdischen Volkes mit Einschluß der Nationen vor Seinem Kommen. Die Verse 37-39 beschreiben den Zustand der Menschen jener Zeit. Ihr Leben besteht in Essen und Trinken, Heiraten usw. Aber plötzlich verändert sich alles. Der HErr erscheint sichtbar. Alle die, welche durch die Predigt „des Evangeliums des Reiches“ an Ihn gläubig geworden sind und nach dem kommenden König ausgeschaut haben, diese werden in das Reich eingehen, während die Übeltäter durch das Gericht weggenommen werden.

F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Der HErr spricht in dieser Stelle nicht von der Gemeinde. Seine Worte in diesen Versen sind noch Antwort Auf die Fragen der Jünger, die nach ihrem damaligen Stande als gläubige Juden nach der „Vollendung des (jüdischen) Zeitalters“ fragten (denn von dem Zeitalter der Gemeinde, welches das jüdische Zeitalter unterbrechen würbe, wußten sie noch nichts.). Ihre Hoffnungen waren alle mit dem Messias Israels und der Aufrichtung des Reiches verbunden. Und von diesem ihrem Standpunkte aus wurden ihre Fragen gestellt und auch von dem HErrn beAntwortet. Die Belehrungen in diesen und in den vorhergehenden Versen betreffen deshalb nicht die Gemeinde (wie auch schon aus dem ganzen Inhalte hervorgeht), sondern den gläubigen jüdischen Überrest, welcher zu jener Zeit in den Jüngern gesehen wurde.

Die Schrift unterscheidet drei Klassen: 1. die Juden, 2. die Nationen und 3. die Gemeinde Gottes (1. Kor. 10,32), und wir sehen aus der angesagten Stelle wieder, wie wichtig es ist zu beachten, mit welcher dieser Klassen wir es jeweils in dem Worte zu tun haben. Unterscheiden wir nicht die Verwaltungsperioden, die verschiedenen Zeitalter, in denen Gott nach ganz verschiedenen Grundlinien mit den Menschen handelte, so werden wir die Dinge der Juden, der Nationen und der Gemeinde Gottes miteinander vermischen und das Wort nicht recht teilen.

Die vorhergehenden Verse 38, 39 erklären die betreffende Stelle. Der HErr sagt, daß es bei Seiner Ankunft so sein wird, wie es in den Tagen Noahs war. Völlig gleichgültig stand die Welt dem Zeugnis Gottes durch Noah gegenüber, bis die Flut kam und sie wegenommen- „weggerafft“ wurden durch das Gericht. Noah aber und alle, die mit ihm waren, sie wurden gelassen für die Segnung der neuen Welt, die aus dem Gericht hervorging. So, sagt der HErr, wird es bei Seiner Ankunft sein, wenn Er kommt, um mit dieser Erde zu handeln. Alsdann werden zwei auf dem Felde sein, einer wird „genommen“ - „weggerafft“ werden durch das Gericht „gleichwie“ die Ungläubigen in den Tagen der Flut, und einer wird gelassen werden gleich Noah für die durch das Gericht gereinigte Erde des 1000-jährigen Reiches. Zwei Frauen werden an der Handmühle mahlen, die eine wird im Gericht „genommen“, die andere für das Friedensreich „gelassen“.

Die gleiche Ordnung finden wir auch bei den „Schafen und Böcken“. Die Böcke werden durch das Gericht genommen: „diese werden hingehen in die ewige Pein“. Die Schafe werden gelassen für den Segen: „die Gerechten aber in das ewige Leben“. „Kommet her, Gesegnete Meines Vaters, ererbet das Reich“ (Matth. 25,33.34.46).

Welcher Gegensatz aber, wenn wir zu den Belehrungen kommen, die der Geist Gottes der Gemeinde gibt. Da finden wir die entgegengesetzte Ordnung: die Gläubigen werden genommen -

auferstehen oder verwandelt - für den Segen „bei dem HErrn zu sein“; während die Ungläubigen gelassen werden für das Gericht und die Tage der großen Trübsal.

Frage 15

Wie ist Prediger 1,4 zu verstehen, wo es heißt: „Die Erde besteht ewiglich“? Andere Schriftstel1en sagen doch das Gegenteil.

Antwort A

Augenscheinlich enthält diese Schriftstelle für den Fragesteller einen Widerspruch zu anderen Stellen. Gewiß, wenn man z. B. Matth. 24,35 liest: „Himmel und Erde werden vergehen“, und dann diesen Gedanken dagegenhält: „Die Erde besteht ewiglich“, dann ist auf den ersten Blick ein Gegensatz zum Ausdruck gebracht. Doch ein wenig Nachdenken kann von dem Gegenteil überzeugen. Was heißt das in Matth. 24,35: Himmel und Erde werden vergehen? In 2. Petri 3 wird uns in Vers 7 gesagt, daß die jetzigen Himmel sowie die Erde aufgespart sind für den Tag des Gerichts. Nach Vers 10 werden am Tage des HErrn die Himmel vergehen mit gewaltigem Geräusch, die Elemente im Brande aufgelöst und die Erde und alle Werke auf ihr verbrannt. Nach Vers 13 erwarten wir aber Seiner Verheißung gemäß neue Himmel und eine neue Erde. Auch andere Schriftstellen sprechen davon, z. B. Offenb. 21,1; Jes. 66,22. Nun ist aber die Erde, die nach 2. Petri 3 im Feuergericht verbrannt wird und als neue Erde aus diesem Gericht hervorgeht, augenscheinlich ein und dieselbe Erde. Nach Hebr. 1,10-12 scheint das auch der Fall zu sein. Die Erde vor der Sintflut war z. B. auch dieselbe Erde wie nach der Flut, und doch auch wieder eine neue Erde. Das Wassergericht hatte ihr Aussehen, ihre Gestalt völlig verändert, so daß man die Erde nach der Flut tatsächlich als „neue Erde“ bezeichnen kann. (Siehe auch 2. Petri 3,5.) So bedeutet also der Gedanke: Die Erde wird vergehen (Matth. 24,35), daß die jetzige Gestalt der Erde, ihr augenblickliches Aussehen, ihr gegenwärtiges Kleid im Feuer am Tage des Gerichts vergehen, verschwinden und daß eine neue, völlig gereinigte Erde dann entstehen wird. Der Ausdruck „vergehen“ bedeutet also nicht „völlig verschwinden“, sondern durch das Feuer gewaltig umgestaltet werden, so daß dann eine neue Erde sich dem Anblick des Menschen darstellt.

Wenn man ein Wort der Schrift aus dem Zusammenhang reißt, kann es nie zu einer gesunden Auslegung kommen. Beispiele dafür bietet die Kirchengeschichte in reicher Fülle. Auch in Pred. 1,4 muß man den Zusammenhang beachten, um die darin ausgesprochene Wahrheit zu verstehen. Der Vers heißt: Ein Geschlecht geht, und ein Geschlecht kommt, aber die Erde besteht ewiglich. Das heißt doch: eine Generation der Menschen nach der anderen tritt auf und verschwindet wieder von der Fläche des Erdbodens, die Erde selbst aber überdauert den kurzlebigen Erdensohn. Sie besteht ewiglich. Hier kann das Wort „ewig“ nicht „ohne Anfang und ohne Ende“ bedeuten, da ja die Erde im Anfang von Gott geschaffen wurde, sie hat also einen Anfang gehabt, sie ist durch Gottes Wort bereitet (Hebr. 11,3). Wie ungeheuerlich erscheint dem Menschen das Alter der Erde im Vergleich zu seinem eigenen Alter. Wenn der Psalmist ein hohes Menschenalter mit 80 Jahren (Ps. 90,10) angibt und unsere Geologen von Millionen von Jahren reden, die die Erde schon besteht, dann gibt es keinen krasseren Gegensatz als den Menschen und die Erde. Nun ist aber das Wesen Gottes gegenüber den Himmeln und der Erde, die, wie oben geschildert ist, vergehen werden, ein sich immer und ewig gleichbleibendes: Du bleibst, Du bist Derselbe, Deine Jahre werden nicht aufhören (Hebr. 1,10-12). Jesus Christus Derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. „Die Erde besteht ewiglich“

bedeutet also im Gegensatz zum Menschenleben, „sie besteht unermeßlich lange Zeiträume“.

Schließlich ist die Erde ein Werk Gottes, sie besteht ewiglich. Sie hatte in Gott ihren Anfang, sie existiert durch Sein Wort (Hebr. 1,3) und ihr Fortbestand ist garantiert in Ihm.

A. C., z. Z. im Felde.

Antwort B

Aus dem Zusammenhang ist diese Stelle zu verstehen! Der „Prediger“ - ein Buch, das den heutigen Menschen manches zu sagen hat und ihnen zum Studium sehr zu empfehlen ist! - zeigt die Nichtigkeit alles dessen, was auf der Erde und mit dem vergänglichen Menschen in Verbindung ist. Dem gegenüber ist die Erde ewig, d. h. von unendlich langer Daner. Vergleiche dich, armer Mensch, mit der Erde und dem, was über sie gesagt ist, so wirst du deine Nichtigkeit einsehen! Freilich, auch die Erde wird der Vernichtung preisgegeben (vgl. z. B. 2. Petri 3!)

und ist nicht in dem Sinne ewig, wie etwa das Leben aus Gott oder Gott Selbst oder auch der Geist des Menschen gegenüber seinem irdischen Leben. Aber das Wort „ewig“ hat nicht immer die Bedeutung von „ohne Ende“, wie uns z. B. ganz deutlich die Verordnung in 3. Mose 25 zeigt verglichen mit anderen Stellen, so Vers 39-41 verglichen mit 2. Mose 21,6. Hier bedeutet „ewig“ also nur eine Zeit von 49 Jahren.

Ich weiß wohl, daß die Vertreter der satanischen „Wiederbringungslehre“ aus der Tatsache, daß „ewig“ nicht stets „immer“ bedeutet, die furchtbare Irrlehre abgeleitet haben von der Endlichkeit der Verdammnis - woraus folgerichtig die Endlichkeit auch des ewigen Lebens in der Herrlichkeit hervorginge! - aber dieses Tun jener Irrlehrer zeigt nur, welcher verzweifelten Mittel sie sich bedienen müssen, um das Wort Gottes umgehen und fälschen zu können. Welch eine entsetzliche VerAntwortung laden diese unglücklichen Menschen auf ihr Haupt, wie viele Seelen werden ihnen einst in der Ewigkeit fluchen! Nein, wohl kann von dem Wort „ewig“ aus, als von dem Begriff der Unendlichkeit aus, in besonderen Fällen, wo es sich um eine verhältnismäßig unendliche Dauer handelt, (die Gott unwiderruflich festgesetzt hat, ohne daß vorher eine Änderung eintreten darf [vgl. z. B. Jes. 32,14.15!]), das Wort „ewig“ angewandt werden, nicht aber könnte in Fällen, wo es sich um wirkliche Endlosigkeit handelt, wie nach der Schrift bei der Verdammnis und der Seligkeil, das Wort ewig angewandt werden, wenn dieses Wort eigentlich nur eine verhältnismäßige Endlosigkeit, nicht eine absolute, unbeschränkte bedeutete!

So hier in Pred. 1,4. Der Mensch, auch jedes Menschengeschlecht vergeht, die Erde bleibt - nach der Weisheit des erleuchteten „Predigers“ und dem irdischen stückweisen Erkennen des Menschen. In Wirklichkeit, d. h. im Lichte des Neuen Testamentes gesehen, ist es ja, wenngleich jene Predigerstelle bedingt durchaus Gültigkeit behält (dem Zusammenhang nach, in dem sie steht), geradezu umgekehrt: Die Erde vergeht und das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit (Mark. 13,31); ebenso auch der aus dem Worte Gottes gezeugte Mensch Gottes! Und auch der Gottlose bleibt in Ewigkeit - aber im Tode (1. Joh. 3,14), d. h. er bleibt mit vollem eigenen Bewußtsein seiner Lage bestehen, aber im Todeszustand des zweiten Todes, in Ewigkeit unfähig, zum Leben zu kommen, das er bei seinen irdischen Lebzeiten verschmäht hat, als es ihm in Christo angeboten wurde. Nun bleibt er dort, wo der Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt, an dem Ort, der bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln! (Matth. 25,41; Mark. 9,43-48; vgl. Offenb. 20,10.14.15). - Wo wird dein ewiger

Platz sein? Dort, wo Christus ist im Vaterhaus droben oder in der Verdammnis? Bist du noch nicht Sein Eigen, so nimm das Leben, das Jesus dir bietet, an, solange es Zeit ist! (Joh. 1,12; 3,16.36.) „Wer an Ihn glaubt, kommt nicht ins Gericht, sondern ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen“. (Joh. 5,24.) Gepriesen sei Sein Name!

F. K. (z. Z. beim Militär).

Frage 16

Was ist „Perlen vor die Säue werfen“? (Matth. 7,6.)

Antwort A

Die landläufige Meinung, als ob schlechthin die Predigt des Evangeliums gemeint sei, das Menschen, die den “Schweinen“ und „Hunden“ gleichen (s. 2. Petri 2,23; Offb. 22,15a u. a.), nicht aufgedrängt werden solle, halte ich nicht für richtig. Wo wären dann die Grenzen? Haben wir die zu bestimmen? Haben wir nicht vielmehr zu predigen „in gelegener und ungelegener Zeit“ und das „Gedeihen“ Gott zu überlassen? (2. Tim. 4,1-5; 1. Kor. 3,7.)

Dem Zusammenhange nach ist, glaube ich, die Stelle so zu deuten: das Heilige ist Christus Jesus nach Luk. 1,35; es soll nicht durch unheilige Weise unsererseits preisgegeben werden vor „Schweinen“, und „unsere Perlen“ sind nach Matth. 13,45.46 die durch Christus erkauften Gläubigen, unsere Brüder und Schwestern. Deren Schwächen, Sünden, Fehler gehören nicht vor die Ohren der „Hunde“, der unheiligen Welt, die sonst Spott usw. mit ihnen treibt, so daß auf des HErrn Namen Schande fällt. - Geschwister, laßt uns zart, liebevoll und heilig miteinander umgehen allezeit - wie der HErr uns ein Vorbild gab, z. B. mit Petrus - vor allem aber da, wo die Betreffenden abwesend sind, und wo wir uns in der Gegenwart der unserem HErrn und uns feindlichen Welt befinden!

F. K. (z. Z. b. Militär).

Anmerkung des Herausgebers

„Unsere Perlen“ sind nicht das Evangelium, und „Schweine“ sind nicht alle Unbekehrten. Paulus bittet, von „schlechten und bösen“ Menschen errettet zu werden. (2. Thess. 3,2.) Es gibt Menschen, die moralisch „Schweine“ sind. Für alle ohne Unterschied aber ist das Evangelium. (1.Kor. 6,11.) „Unsere Perlen sind köstliche Dinge, die den Kindern Gottes gehören, aber nicht für alle Menschen sind; z. B. innere Dinge des Hauses und der Familie Gottes, Auserwählung, Taufe, Abendmahl, Anbetung usw. (auch innere Erfahrungen im verborgenen Wandel mit Gott dürften hierhin gehören); diese Dinge sollen wir nicht solchen vorlegen, die vor dem Heiligen nicht mehr Achtung besitzen als wie ein Hund, und die Perlen nicht anders bewerten und behandeln wie eine Sau tut. Es gibt Wahrheiten, über die Paulus selbst nicht einmal mit den Gläubigen in Korinth reden konnte, weil sie fleischlich und unmündig waren. (1. Kor. 2,6; 3,1-3.) Wie viel weniger sind solche Dinge für die Welt.

Die Erfüllung der Schlußworte von V. 6 sehen wir z. B. in den Welt-Christen. Sie haben die ihnen gegebenen Perlen in Schmutz getreten, und in ihrer „Aufklärung“ haben sie die, welch ihnen dieselben vorlegten, in ihre Zähne genommen und abgefertigt.

dieselben vorlegten, in ihre Zähne genommen und abgefertigt.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Christi Jünger.

Christo nachzufolgen ist eine ernste Sache. Als eine große Volksmenge einst mit dem HErrn ging, da wandte Er sich um und sagte ihnen: „Wenn jemand zu Mir kommt und haßt nicht seinen Vater und seine Mutter und sein Weib und seine Kinder und seine Brüder und seine Schwestern, dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann er nicht Mein Jünger sein.“ (Luk. 14,25.26.) Das sind feierlich-ernste Worte. Nichts ist uns auf Erden so teuer als Vater und Mutter und Weib und Kind (und mit Recht). Aber nehmen diese Seinen Platz in unserem Herzen ein, dann sind sie ein Hindernis in Seiner Nachfolge. Der HErr sagt uns, daß niemand zwei Herren dienen kann, er wird einen hassen und den anderen lieben, einem anhangen und den anderen verachten (Matth. 6,24). Einer von den beiden muß zurückstehen. Von einem muß es offenbar werden, daß wir ihn mehr schätzen und er uns höher steht als der andere. Der HErr sagt uns offen: wer etwas (und sei es das uns Teuerste auf Erden) Ihm vorzieht, der kann nicht Sein Jünger sein.

Viele in unseren Tagen bekennen wohl, dem HErrn anzugehören, und gehen (wie damals) mit Ihm, aber was es heißt, Sein Jünger und Nachfolger zu sein, davon wissen sie kaum etwas. Sie verstehen nicht, daß dies ein völliges Ver- und Gebundensein an die Person und das Wort des HErrn bedeutet und tatsächliche Abhängigkeit von Ihm bedingt. Im Gegenteil, solche fühlen sich frei und rühmen sich ihres Ungebundenseins, sie wandeln und tun, wie es recht ist in ihren Augen, und meinen wirklich noch dabei Christi Jünger und Nachfolger zu sein.

Woher kommt dies? Liegt nicht ein Grund darin, daß beim Lesen oder in der Verkündigung des Wortes über die Bedingungen der Nachfolge Jesu oft so leicht hinweggegangen wird? So war es nicht bei dem HErrn. Wer zu Ihm kam und sich somit offenkundig als Sein Jünger und Nachfolger bekannte, der sollte auch die ganze Wahrheit wissen und klar verstehen, daß es keine gemächliche Sache sei, sondern ein Bruch mit allem Eigenen - dem eigenen Willen und dem eigenen Wollen - ein Entsagen und Aufsichnehmen des Kreuzes. Jeder sollte mit Ernst „die Kosten“ überschlagen (Luk. 14,28), und diese Kosten sind „Vater und Mutter, Weib und Kind“, „das eigene Leben“, und zwar das „eigene Leben“ Tag für Tag ganz als Opfer auf den Altar gelegt.

Warum sind wir so ängstlich, mit den Seelen so zu handeln, wie der HErr es tat? Die Frucht solcher falschen Zartheit sehen wir in den seelischen Gefühls- und Gemütschristen, die sich für geistlich halten, in den vielen „Unmündigen“, „die hin und her getrieben werden von jedem Winde der Lehre“, von einer Person zur anderen - „die immerdar lernen und niemals zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“, in den Unentschiedenen, die Jesu Jünger sein - und es mit dem „Hohen Rat“ nicht verderben möchten. Laßt uns ihnen sagen, was es heißt, ein Jünger Jesu sein!

verderben möchten. Laßt uns ihnen sagen, was es heißt, ein Jünger Jesu sein!

Als der HErr Seine Jünger aussandte, sagte Er ihnen: „Siehe, Ich sende euch wie Schafe inmitten von Wölfen“ (Matth. 10,16). Was will Er damit sagen? Daß sie nichts anderes erwarten sollen als zerrissen zu werden. Worte dieser Art wirkten wie eine Sichtmaschine. Die Mitgänger schieden aus und blieben zurück. „Von da an gingen viele Seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit Ihm“ (Joh. 6,66). Aber die wahren Jünger schlossen sich mit ganzem Herzen Ihm um so inniger an. Solche Sichtungen, wie in den Tagen Gideons, die das große Heer auf 300 verringerten, finden auch heute noch statt. Gott mußte diese Sichtung vornehmen, ehe er Gideons Schar gebrauchen konnte.

Wir gedenken auch jenes Mannes, der zum HErrn kam mit den Worten: „Ich will Dir nachfolgen, wohin irgend Du gehst, HErr“ (Luk. 9,57). Was Antwortet der HErr? Er öffnet Ihm die Augen, damit Er in ernster Erwägung die Kosten überschlagen kann. Anstatt ihn mit Freude als einen neu gewonnenen Jünger zu begrüßen, sagt Er ihm: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er Sein Haupt hinlege.“ Er zeigt ihm, daß er auf dem Wege Seiner Nachfolge auch Sein Los teilen müsse und daß er bald ein gemiedener Mann sein und nichts in dieser Welt finden werde als Leiden. Die Schrift sagt uns nicht, daß daraufhin der Mann ihm nachfolgte.

Scheinbar verlor der HErr einen Nachfolger, aber Er begehrt nicht solche Jünger, die in Augenblicks-Begeisterung Ihm folgen wollen. Sie sollen die Kosten überschlagen, mit dem „Ich“ und dem „eigenen Leben“ Abschluß machen zu müssen. Der HErr will keine Nachfolger, die nur scheinbar Nachfolger sind, die aber bald umkehren, weil sie nicht erfaßt, mit wem sie sich verbunden haben, und somit nur Sein Werk hemmen und schädigen. Haben wir solche nicht gesehen? Begeistert traten sie in die Nachfolge des HErrn ein und folgten dem Worte der Wahrheit, aber kaum hatten sie einige Schritte gemacht auf dem Wege der Schmach zum HErrn hin, außerhalb des Lagers, da standen sie bestürzt vor der Verachtung der Welt und mehr noch vor dem Verlassenwerden von Brüdern, und erschrocken vor dem Opfer des „eigenen Lebens“ kehrten sie dahin zurück, wo sie zuvor waren und zu dem, was sie abgesagt hatten, und der Weg der Wahrheit wurde verlästert, und in ihnen selbst wurde das Licht zur Finsternis nach dem Worte des HErrn: „Siehe zu, daß das Licht, welches in dir ist, nicht Finsternis ist.“ „Wandelt, während ihr das Licht habt, auf daß nicht Finsternis euch ergreife“ (Luk. 11,35, Joh. 12,35).

Laßt uns von dem großen Meister lernenl So wie damals, so ist es heute noch. Das „Ärgernis des Kreuzes“ ist noch nicht hinweggetan. Handeln wir nach dem Beispiele des HErrn, so mag die Zahl der Nachfolger klein sein und das Werk nach außen kein Ansehen haben, aber das Licht und die Kraft des HErrn wird in ihrer Mitte gefunden werden. Laßt uns einander ermuntern „zu Ihm hinauszugehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend“ (Hebr. 13,13). Auf dem einsamen Pfade Seiner Verwerfung genoß der HErr die Freude des Wohlgefallens Seines Vaters, und auf demselben Pfade hat Er uns diese Seine Freude hinterlassen, Sein Wohlgefallen zu genießen. Und bald kommt der HErr und Sein Lohn mit Ihm. Welche Freude für den Jünger und Nachfolger, von Seiner Kraft getragen, Ihm auf dem Wege Seiner Schmach entgegenzugehen.

Christliche Liebe.

Ein neues Gebot gebe Ich euch, daß ihr einander liebet, auf daß, gleichwie Ich euch geliebet habe,

auch ihr einander liebet. (Joh. 13,34.)

Seine Liebe ist das erhabene Vorbild, welches uns in diesem Worte gegeben wird. So wie Er uns geliebt, o sollen wir einander lieben. Und wie liebte Er uns? Er liebte uns in all unserer Schwachheit, all unserem Fehlen, in all unseren Sünden. Er liebte uns nicht, weil etwa gute Dinge bei uns gefunden wurden, sondern trotz all unseres Zukurzkommens. Seine Liebe überwand jedes Hemmnis. Viele Wasser, selbst die Wasser des Todes, konnten Seine Liebe nicht auslöschen - Er gab Sich Selbst für uns dahin. Diese Liebe ist das Muster für unsere Liebe.

Zwei Arten von scheinbarer Liebe sind es, vor welchen wir uns sehr zu hüten haben, das ist 1. sektiererische Liebe und 2. Anhänger- oder Genossenliebe. Wir sind stets in Gefahr, Personen zu lieben, nur weil wir mit ihnen in denselben Lehranschauungen übereinstimmen oder weil wir durch dieselben Neigungen oder Ziele mit ihnen eines Sinnes sind. Das erste ist Sektenliebe, das andere ist „Cliquen“- (oder Sippschafts-) Liebe. Christi Liebe aber ist, Sein Bild zu lieben, wo irgend wir es finden, zu lieben, nicht weil solche mit uns übereinstimmen, sondern mit Christo übereinstimmen, Sein Bild tragen und von Ihm geliebt werden.

(S. T.)

Einige Bemerkungen über Luk. 10,20-24.

Der erste Teil von V. 20 zeigt uns die gefährliche Freude an dem eigenen Tun, selbst wenn es gottgewirkt ist. Sie, die so vergänglich ist wie die Werke selbst, führt leicht zur Selbstbespiegelung. Doch dies muß nicht sein, sie kann echt und demütig und darum berechtigt sein auch in Jesu Urteil, doch gibt es Größeres! Das ist die Freude, von der im zweiten Teil des Verses die Rede ist. Es ist eine Freude, deren Grund und Kraft gänzlich außer uns liegt, eine Freude, die nie zu vergehen braucht, die uns stets neu erfüllen kann und die keine Gefahren in sich schließt derart wie die erstgenannte, da sie ganz allein in dem begründet liegt, was Gott in Seiner unverdienten Gnade an uns getan hat. Welch ein Gegenstand der Freude und Bewunderung: Er hat meinen Namen im Himmel angeschrieben! Freut dich dies, Bruder, Schwester? Dann grüße andere mit diesem Worte, erinnere traurige Gläubige an diese selige Tatsache, richte müde Gewordene hiermit auf, schreibe es den Brüdern im Felde als Equickung! Vor allem lebe selbst darinnen; höre nicht auf, dich dessen zu freuen, was Er getan hat an dir und erzähle auch anderen davon. (Ps. 66,16!)

Über V. 21-22 kann man, meine ich, nur in tiefster, heiliger Ehrfurcht reden, ähnlich wie über Joh. 17. Hier sehen wir hinein in das wunderbare Geheimnis der Einheit zwischen dem Vater und dem Sohne, und was der Gegenstand der heiligen Freude des Herrn Jesu und Seines Frohlockens ist: das Wirken des Vaters! Und was ist es in diesem, was den Sohn in Seiner Menschheit hienieden so mit Freude und Preis erfüllt? Daß diese Dinge, sowohl die Verzeichnung der Namen der Seinen im Himmel wie vor allem das herrliche „Geheimnis der Gottseligkeit“ - „Gott geoffenbart im Fleische“ (1. Tim. 3,16) - denen verborgen geblieben ist, die sich natürlicher Vorzüge rühmen konnten, während es denen geoffenbart ist, die arm und unmündig dahingehen, nichts sind und nichts sein wollen, als was die Gnade aus ihnen macht. Wie köstlich, diese Freude des HErrn, dem alle Schätze Himmels und der Erden gehören! Er freut Sich des Wirkens Seines Vaters, und Sein eigenes Wirken hat dasselbe Ziel, geht auf dasselbe hinaus: Verborgensein für die, die Ihn nicht brauchen in ihrer Weisheit - und Offenbarmachen des Vaters und des Vaternamens denen, die Seiner Selbst wie des Vaters bedürfen

und sich dessen bewußt sind. Das ist das Wohlgefallen des Vaters, und demgegenüber findet der Sohn nur den Ausdruck der völligsten Übereinstimmung mit dem Vater in Seinem kostbaren „Ja, Vater“. Ergreift uns dies nicht bis ins Innerste, wenn wir hier sehen, auf welcher Grundlage unser Heil beruht?! Und fällt nicht jeder noch so geringe Selbstruhm völlig dahin, wenn wir betrachten, wie unsere Seligkeit zustande kam: einzig durch das, was der Vater und was der Sohn taten an Menschen, die in ihrer Unmündigkeit nie und nimmer hätten daran denken können, von Gott begnadigt zu werden!?

Können wir ein wenig, ach, nur ein wenig verstehen von der Freude des Herrn Jesu? In Gethsemane wünschte Er Mitgefühl bei den Seinen - ob Er hier nicht Mitfreude wünscht bei denen, welchen der Vater den Sohn, und welchen der Sohn den Vater geoffenbart hat?

Paulus, der des HErrn Stimme vom Himmel her vernahm (Apgesch. 9) und von da an Sein treuester Diener ward - er weiß etwas von dieser Mitfreude zu künden, das zeigen uns 1. Kor. Kap. 1 u. 2. Und in 2. Kor. 3,18 enthüllt er uns das Geheimnis, wie wir lernen, uns mit dem HErrn mitfreuen: wenn wir durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt werden. O, so laßt uns dies tun, Geschwister!, sicher wird dann mehr und mehr auch der nächste Vers uns köstlicher werden.

V. 23 u. 24 zeigen den Seinen ihr herrlichstes Vorrecht, schon in dieser Zeit Zeugen von Dingen zu sein, die den treuen Männern des Allen Bundes noch verschlossen bleiben mußten, wenn sie auch ahnend hineinschauten in zukünftige enthüllte Geheimnisse (1. Petri 1,10f.). Und sind wir, die wir den Heiland nicht mehr sichtbar unter uns haben, darum weniger berechtigt, V. 23 auf uns zu beziehen? Sicher nicht. Wir schauen mit den Augen des Glaubens und vermöge des in uns wohnenden Geistes Gottes mit viel tieferem Verständnis als jene Jünger in Herrlichkeiten, die jenen gar noch verschlossen bleiben mußten, während die Dinge, welche sie sahen, uns ebenfalls klarer und offenbarer sind als sie ihnen sein konnten damals, als Jesus noch nicht aufgefahren war und noch nicht den Geist gesandt hatte. „Glückselig die Augen, die sehen, was ihr sehet!“ Kennst du diese Glückseligkeit? Genießest du sie? Sie ist vom Sehen abhängig. Welche herrlichen Dinge sind heute, vor unseren Augen, da wir das ganze Wort haben, dazu den Geist, der uns in die ganze Wahrheit führt und uns Jesum verherrlicht, den Geist, der von dem Seinen nimmt und uns verkündigt (Joh. 16,12ff.). - Soll ich dir einige aufzählen? Er selbst (Matth. 17,8), Seine Liebe von Golgatha, Er als Hoherpriester zur Rechten der Majestät, tätig für uns (Hebr. 2,9; 4,14ff.); alles, was Er uns erwarb (Röm. 8,32; 1. Joh. 3,1ff.), Sein Volk, Seine Familie, Seine Gemeinde, die Verheißung Seines baldigen Kommens, die zukünftige Herrlichkeit, das Lamm in der Herrlichkeit (Offenb. 5) usw. Bedarf es noch mehr, um dir und mir gegenüber unsere Glückseligkeit nach Luk. 10,23 zu begründen?

Aber wenn wir dies Urteil des Herrn Jesu nicht praktisch genießen und verwirklichen, wo ist dann der Grund dieses unseres Zukurzkommens? Laß es mich dir kurz sagen: Wir lassen Dinge vor unsere Augen, zwischen Ihn und uns treten, die nicht wert sind gesehen und, was daraus folgt, verglichen zu werden mit dem, was Er ist und gibt! (2. Kor. 4,17.18.) Solche Dinge brauchen nicht immer grobe Sünden zu sein, obwohl oft solche da sind, und solange sie ungerichtet sind und nicht nach 1. Joh. 1,9 hinweggenommen sind, werden sie das Herz ganz gedrückt und unfähig machen, sich zu freuen. Aber es gibt auch andere Dinge, die zwischen den HErrn und uns treten: Welt, Fleisch, Menschen, Krieg und Kriegsgespräche, Zeitungsgerede, Sorgen der Nahrung, die auch feine Sünden sind, Leiden, Krankheiten, sofern man sie nicht aus Seiner Hand nimmt, und andere kleine „Füchse“ mehr, „die den Weinberg verderben“ (Hohel. 2,15). Fort mit allem, was sich zwischen Ihn und uns drängen

will! Lasset uns wachsam sein, denn der Feind ist stets bemüht, unsere Augen und Ohren von dem Unvergänglichen auf das Vergängliche zu lenken, um uns die „Freude am HErrn“ (Phil. 4,4) zu rauben, die „unsere Stärke“ ist (Nehem. 8,10). „Glückselig die Augen, die sehen, was ihr sehet!“ O so laßt uns diese herrlichen Dinge, die mit unserem herrlichen HErrn in Verbindung stehen, ja, Ihn selber, ansehen - Er ist es wert! Er wird es auch sein, der in der Ewigkeit die Augen und Herzen der Seinen allein erfüllt (Offenb. 5). Gepriesen sei Sein herrlicher Name: „Wir werden Ihn sehen, wie Er ist!“ (1. Joh. 3,2.) Glückselig unsere Augen!

F. K., z. Zt. beim MiIitär.

Treue im Verborgenen.

(2. Kön. 5,2-4.)

Es ist nichts Besonderes in der Geschichte dieser kleinen Dirne. Sie teilte in den furchtbaren Tagen des Krieges das Los Tausender. Von einem grausamen Feinde gewaltsam aus dem Hause und dem Kreise ihrer Lieben herausgerissen, kam sie als eine arme Gefangene in das Haus des siegreichen Heerobersten.

„Die Syrer waren in Streifscharen ausgezogen und hatten aus dem Lande Israel eine kleine Dirne gefangen weggeführt, und sie war vor dem Weibe Naemans.“ Mit diesen wenigen Worten wird uns durch den inspirierten Schreiber ihre traurige Geschichte mitgeteilt. Ihr Name wird nicht genannt; wer fragte nach ihrem Namen? Eine kleine Sklavin in fremdem Lande, allein und ohne Freunde, was galt sie?

Von ihren Lippen hörte Naeman zum ersten Male ein Wort über die Heilung seines Aussatzes. Sie sprach zu ihrer Herrin: „Ach, wäre doch mein Herr vor dem Propheten, der zu Samaria ist! Dann würde er ihn von seinem Aussatz heilen.“ Und Naeman ging und berichtete es seinem Herrn und sprach: „So und so hat die Dirne geredet, die aus dem Lande Israel ist.“ Wie sorgfältig berichtet uns der Geist Gottes die Worte, die sie redete! Wundern wir uns, daß Gott ihre Geschichte und ihre Worte in Sein heiliges Buch schrieb? Es braucht uns nicht zu wundern. Es liegt mehr darin, als wir auf den ersten Blick sehen. Und finden wir es nicht immer wieder in der Schrift, daß

Gott die unscheinbarsten Werkzeuge in Seine Hand nimmt und mit dem Kleinsten große Taten tut? Aber nicht dies allein, wie oft sind es gerade die Armen, die Niedrigen, die Verborgenen unter Seinem Volke, in denen Er Seine Gnade am köstlichsten zum Ausdruck bringen kann. Verborgene Pflanzen, in der Einsamkeit und Stille von Gottes Hand gezogen, voll duftenden Wohlgeruches, von Menschen unbeachtet, aber Seinem Herzen Freude und Lust! Solch ein Pflänzlein war diese kleine gefangene Dirne.

Bei sorgfältiger Betrachtung finden wir drei köstliche Punkte in ihrer kurzen Geschichte:

1. Sie besaß völliges Vertrauen zu Gott.

Über jeden Zweifel erhaben, spricht sie es als Tatsache aus: Er würde ihn von seinem Aussatz heilen.“ Woher wußte sie das? Wer hatte es ihr gesagt? Aus einem früheren Ereignis konnte sie solches nicht entnehmen. Es gab keinen solchen Fall, kein Beispiel, aus dem sie dies hätte schließen

können. Und die Heilung eines Aussätzigen war in jenen Tagen im Lande Israel etwas Unbekanntes. Wir wissen dieses aus den Worten des Herrn Jesus selbst. Er sagte in der Synagoge zu Nazareth: „Ich sage euch: Viele Aussätzige waren zur Zeit Elisas, des Propheten, in Israel, und keiner von ihnen wurde gereinigt, als nur Naeman, der Syrer.“ (Luk. 4,27.)

Ihr Hinweis zu dem Propheten Jehovas war etwas ganz Außerordentliches. Sie hatte keine greifbare Bürgschaft für ihre Behauptung, sie konnte nicht einmal einen Fall anführen, daß aus dem Volke Jehovas einer geheilt worden sei, und doch behauptete sie vertrauensvoll, daß, wenn ihr heidnischer Herr, der Gottes Volk bekämpft und verwüstet hatte, zu dem Propheten Jehovas ginge, er sicher von ihm geheilt werden würde. Was war das? Widersinnige Torheit oder unbegrenzter Glaube?

Um diese Frage ging es auch in den Tagen Goliaths, als David hinabstieg in das Tal, dem Riesen zu begegnen. Sein ältester Bruder Eliab sagte: Ich kenne deine Vermessenheit.“ War es Vermessenheit oder Glaube? Die Frage wurde bald durch den Ausgang des Kampfes entschieden. Menschen mögen fragen und spotten, der Glaube aber rechnet mit Gott und geht seinen Weg.

So auch mit der kleinen Dirne. Ihre Worte wurden voll gerechtfertigt. Der Ausgang bewies ihr Vertrauen auf Gott. Das ist echter Glaube! Glaube, der sich nicht auf Vernunftschlüsse und menschliche Beweise gründet noch mit Umständen rechnet, sondern Gott Selbst erfaßt in Seiner Macht und Gnade und allein auf Ihm ruht, solcher Glaube ist echt. Dieses Erfassen des lebendigen Gottes im Glauben ist etwas ganz anderes als kühne Behauptungen aus eigenem inneren Vertrauen oder Überzeugtsein heraus.

2. Sie offenbart größten Mut im Bekenntnis.

„Reichet dar ... in eurem Glauben die Tugend“ (die Energie, Entschiedenheit), so ermahnt Petrus die Gläubigen (2. Petr. 1,5). Dieses tat die kleine Dirne. Sie hatte solches Vertrauen zu Gott, daß Er auch den Feind segnet und heilt, wenn er zu Ihm kommt, daß sie entgegen aller Wahrscheinlichkeit und aller Erfahrung es mit Glaubensmut bekennt.

Versetzen wir uns einmal in die Lage der kleinen Dirne, um zu sehen, was ihr Bekenntnis bedeutete! Würden wir uns nicht in solchem Falle gesagt haben:

1. Diese Menschen haben kein Vertrauen zu Jehova. Meine Worte werden ihnen höchst unglaublich vorkommen. Sie werden darüber lachen.

2. Werden sie Meine Worte nicht mißdeuten? Können sie nicht denken, es sei ein schlauer Plan, Naeman ohne Schutz in das Land Israel zu locken, damit an ihm Rache genommen werden könne?

3. Vorausgesetzt, aus irgend einem Grunde, den ich nicht weiß, gefiele es Jehova nicht, ihn zu heilen, mit welchem Zorn und Grimm würde er zurückkommen! Wie töricht wird er in den Augen der Öffentlichkeit erscheinen! Ein großer Heerführer, so dumm, sich von einer kleinen Dirne auf den Leim führen zu lassen! Was werden die Folgen sein? Sicher, er wird seinen ganzen Grimm an mir auslassen. Mein Leben ist dann verwirkt. - Gewiß, ich bin ganz überzeugt, daß Gott ihn durch Seinen Propheten heilen wird - aber - man kann nicht wissen - es ist verständiger, den Mund zu halten.

Wirklich, Gründe des Unglaubens zu finden, nicht mit Glaubensmut auszusprechen, was wir von Gott wissen, gibt es in Fülle. Die kleine Dirne aber gab solchen Erwägungen keinen Raum.

wissen, gibt es in Fülle. Die kleine Dirne aber gab solchen Erwägungen keinen Raum.

Und was trieb sie zu solchem mutigen Zeugnis? Die Antwort liegt in ihren Worten.

3. Sie wurde getrieben von dem Mitgefühl für den Verlorenen.

Die Art, der Ton, der Inhalt ihrer Worte zeigen dies. Da ist Naeman, der Erbfeind ihres Volkes, durch den sie in Gefangenschaft kam, und nun an einem Tage kommt es ihr zu Ohren: Er ist ein verlorener Mann, der entsetzliche Tod des Aussatzes wartet sein. Wird sie mit stiller Befriedigung erfüllt? Freut sie sich bei dem Gedanken, daß ihm Recht geschieht für all das Böse, das ihr geworden? Nichts davon. Sieh', wie sie vor ihrer Herrin steht. Lies das Mitgefühl in ihrem Auge, höre die Worte, wie sie aus dem Herzen des Erbarmens so innig über die Lippen gehen: „Ach, wäre doch mein Herr vor dem Propheten, der zu Samaria ist!“

Da war kein Gedanke an Rache. Ihr Mitgefühl war nicht kleiner als ihr Mut und als ihr Vertrauen zu Gott. Das, was ihr Gott war, das kam auch an ihr zum Ausdruck. Was einst David an Mephiboseth (2. Sam. 9,3) erwies, das erwies auch sie Naeman: „Güte Gottes“. In Wort und Benehmen offenbarte sie Den, an den sie glaubte. Was tat doch diese kleine Dirne! Ihr Lohn wird groß sein. Ob Naeman ihr dankte, ob ihr ein Wort der Anerkennung von Menschen wurde? Wir wissen es nicht, aber das wissen wir, Gott wird ihr den Lohn ihrer Treue im Verborgenen einst voll zuteilen.

*

Die Anwendung dieser Geschichte auf uns ist nicht schwer. Jeder Leser möge sie auf sich selbst machen.

Die Tage, in denen wir leben, stellen in besonderer Weise auch uns auf die Probe. Nach außen hin trägt das Christentum heute einen guten Anstrich, aber nie hatte der Glaube an den lebendigen Gott einen tieferen Stand. Was haben wir empfangen im Vergleich zu der kleinen Dirne! Wir besitzen die vollkommene Offenbarung der Liebe Gottes in Christo. Uns ist der Heilige Geist gegeben. Wie sollte unser Herz mit Vertrauen zu Gott und mit Mut zum Bekennen erfüllt sein: „Weil der, der in euch ist, größer ist als der, welcher in der Welt ist“ (1. Joh. 4,4). Und Gott sagt: „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen“; so daß wir kühn sagen mögen: „Der Herr ist mein Helfer, ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Hebr. 13,5.6.) Laßt uns Sein Bild in dieser Welt tragen und „anziehen als Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte: Herzliches Erbarmen, Güte, Niedriggesinntheit, Milde, Langmut“. (Kol. 3,12.)

Dein Weg mag, wie der Weg der kleinen Dirne, in der Tiefe und im Verborgenen sein. Gib den Glaubensmut nicht auf! Der Gott, der Sich in Naemans Tagen dem Glauben bezeugte, ist noch heute Derselbe. Laß in deinem verborgenen Winkel durch Treue das Licht Seiner Liebe und Gnade leuchten.

H.

Geleitswort an den Leser:

So demütiget euch nun unter die mächtige Hand Gottes, auf daß Er euch erhöhe zur rechten Zeit, indem ihr alle eure Sorgen auf Ihn werfet; denn Er ist besorgt für euch.“ 1. Petri 1,6.7.

Petri 1,6.7.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 17

Wer sind die große Volksmenge in Offenb. 7,9-17?

Antwort A

Nach der Aufnahme der Gemeinde beginnt der HErr ein anderes Werk inmitten der Gerichte, die Er über die Bewohner der Erde bringt. In Offenb. 7,2-8 lesen wir, daß aus allen Stämmen Israels Knechte Gottes versiegelt werden zum Dienst für den HErrn. Das Evangelium des Reiches soll verkündigt werden, ehe das Ende kommt (Matth. 10,23; 24,14). Der HErr nimmt Sich hierzu Seine Knechte insonderheit aus den Juden. Das Resultat der Verkündigung des Evangeliums des Reiches ist diese große Volksmenge, die niemand zählen kann. Diese große Volksmenge geht nicht in den Himmel ein, sondern in das Reich, welches der HErr im Begriff ist, aufzurichten.

Diese unzählbare Schar ist durch die große Drangsal hindurchgegangen. Manche haben schon in der Drangsal der ersten Hälfte der 70. Woche, die der HErr den „Anfang der Wehen“ nennt (Matth. 24,8), ihr Leben lassen müssen. Offenb. 6, 9-11.) Diese große Volksmenge aber in Offenb. 7,9-17 wird gesehen als auch durch die zweite Hälfte der Woche „der großen Drangsal“ hindurchgegangen. Sie ist von Gott erhalten, gesegnet und beiseite gestellt zum Dienst im Reich. (V. 13-17.) Alle rühmen das Lamm, in dessen Blut sie ihre Kleider gewaschen, weiß gemacht haben, dem sie ihre Rettung und ihr Heil verdanken. Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

F. B.

Antwort B

Wir sehen in den angeführten Versen, wie in Kap. 4 und 5, in der Mitte den Thron und dann um denselben in imner weiteren Kreisen die vier lebendigen Wesen, die (24) Ältesten und alle (Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende) Engel in Anbetung versammelt.

Vor dem Throne - die Schrift beginnt umgekehrt mit dem, was am weitesten außen ist - ist die unzählbare Volksmenge aus allen Völkern, die weiße Gewänder trägt, Palmen in den Händen hat und das Lamm grüßt. In Vers 14 erklärt einer der Ältesten, wer diese unzählbare Schar ist. Es sind solche, die während der großen Drangsal das weiße Kleid der Gerechtigkeit empfangen und ihre Kleider im Blute des Lammes gewaschen haben. Auch in dieser Zeit ist die Tür des Heils nicht geschlossen. Nein, sie steht weit offen, und eine unzählbare Schar hat den Weg gefunden.

Während die 24 Ältesten in Offenb. 4,4 auf Thronen sitzen und goldene Kronen auf ihren Häuptern haben - beides Zeichen der Herrschaft -, finden wir diese Schar ohne Throne und Kronen vor dem

Throne des Lammes stehen und Ihm in Seinem Tempel dienen, statt zu herrschen. Die weißen Gewänder, das Zeichen der Priesterschaft, sind beiden gemein. Sie halten Palmen in den Händen wie der Jude am Laubhüttenfeste, dem Feste des kommenden Königs Israels. (3. Mose 23,40.) Es ist himmlisches Laubhüttenfest aller Nationen und erinnert uns an jenes irdische im Tausendjährigen Reiche, wie es uns Sach. 14,16-19 geschildert ist. Nicht mehr Laubhütten sind die Wohnung, sondern der auf dem Throne sitzt, wird Selbst Sein Zelt über ihnen errichten. Und sie, die aus dem Schrecken der Drangsal kommen, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzthin nicht gewesen ist, sie werden getröstet. Und wie werden sie getröstet! Er Selbst tritt hinzu und bedient sie.

Nicht als der kommende König wird Er hier begrüßt und um Hilfe und Rettung gebeten (Ps. 118,22-26), sondern jetzt sitzt Er auf dem Throne und das Lamm hat Hilfe und Rettung gebracht; Ihm erschallt nun Lob, Preis und Anbetung. - Einst ging so mit Palmen in den Händen Jerusalem seinem wahren Könige entgegen und begrüßte Ihn als solchen mit den Worten des 118. Psalms. (Joh. 12,12.13.) Aber ach, schon nach wenigen Tagen erscholl statt dessen das „Kreuzige, kreuzige!“ Welcher Gegensatz zwischen dann und einst!

O. v. Br. (im Felde.)

Anmerkung des Herausgebers

Diese „große Volksmenge“ darf nicht verwechselt werden mit der himmlischen Schar, gesehen in dem Symbol der 24 Ältesten, die auf Thronen sitzend den Thron Gottes umringen.

Bei diesem Gesicht des Johannes ist das Zeitalter der Gemeinde schon vergangen. Die Gemeinde ist schon droben. (Kap. 4 und 5.) Bei der Ankunft des HErrn wurden alle, die lebenden und die entschlafenen Gläubigen aller Zeiten, dem HErrn entgegengerückt in die Luft, um auf immer bei Ihm zu sein.

Von diesem Zeitpunkt an beginnt Gott ein anderes Werk. Er hat noch Großes vor mit Israel und den Völkern der Erde, wie wir aus dem prophetischen Worte wissen. Gott handelt wieder in den Linien der alttestamentlichen Prophezeiungen.

Das Zeitalter der Gemeinde und des Evangeliums der Gnade Gottes ist geschlossen. Aber auch in dieser dunkelsten Zeit läßt Gottes Erbarmen die Welt nicht ohne eine Heilsbotschaft: Das Evangelium des Reiches (Matth. 24,14) wird verkündigt. Gott wird Sich aus Juden und Völkern durch Seinen Geist die Boten hierfür zubereiten. Diese Botschaft wird die Herzen solcher berühren, die nicht schon zuvor eigenwillig ihr Herz dem Evangelium der Gnade verschlossen haben. (Luk. 14,24; 2. Thess. 2,10-12.) Diese „große Volksmenge ... aus jeder Nation“ sind die Frucht dieser Verkündigung des Evangeliums des Reiches.

Gott ließ Johannes in einem Gesichte sehen, wie Er in der Zeit Seiner Gerichte auf Erden eine unzählbare Schar errettet, die Er gleich den Auserwählten aus Israel in„der Stunde - nicht wie die Gemeinde, vor der Stunde - der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird“ (Offenb. 3,10), bewahrt. Johannes sieht in der großen Trübsalszeit sowohl einen von Gott bewahrten Überrest aus Israel (V. 4), wie auch einen durch diese Zeit hindurch bis zum Eintritt in das 1000-jährige Reich bewahrten Überrest aus den Völkern.

Johannes sah nicht die Wirklichkeit, sondern das, „was geschehen wird nach diesem“ in Gesichten. Er

Johannes sah nicht die Wirklichkeit, sondern das, „was geschehen wird nach diesem“ in Gesichten. Er sieht die große Volksmenge vor dem Throne, nicht wie die himmlische Schar rings um den Thron her. Damit, daß sie vor dem Throne stehen, ist durchaus nicht zu folgern, daß sie im Himmel sind. Diese Stelle gibt keine Andeutung, die uns zu solcher Annahme berechtigte. Wir haben keinen Anhalt, daß sie starben, auferweckt wurden und im Himmel sind. Im Gegenteil, wir finden sie Gott dienend Tag und Nacht „im Tempel“, nicht „im Himmel“; im Himmel ist nicht Tag und Nacht, und von der himmlischen Stadt lesen wir, daß kein Tempel in ihr ist (Offenb. 21,22); aber auf Erden wird ein Tempel sein, Hesekiel spricht davon (s. auch Jes. 66,21). In dieser Vision sieht Johannes sie in weißen Kleidern, (dem Symbol ihrer Reinigung und Annahme), mit Palmen in den Händen (dem Zeichen des Sieges und der Überwinder), vor dem Throne stehen. Und während der Zeit der Herrschaft Christi wird Sein Thron auf Erden sein. Sie stehen vor dem Thron - in der Gegenwart des Thrones. Wie auch heute die Gläubigen hinzutreten zum Thron der Gnade.

Diese „große Volksmenge“ sind die, welche aus der großen Drangsal kommen. Nicht aus „großer Drangsal“, sondern aus „der“ großen Drangsal, dieser ganz bestimmten Zeit von 3½ Jahren oder 1260 Tagen, von welcher der HErr in Matth. 24,21 usw. spricht, als Er auf die Weissagung Daniels Bezug nimmt. Eine Trübsalszeit, wie sie von Anfang der Welt nicht gewesen noch je sein wird. Tausende sind in dieser Zeit hingeschlachtet worden, die ihr Leben nicht geliebt haben bis zum Tode, aber diese „kommen“, nicht „sind gekommen“, bewahrt aus der großen Drangsal als Überwinder. Sie rühmen nun das Heil ihres Gottes und dienen Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel. Auch von der alten Anna lesen wir in Luk. 2,37, daß sie nicht vom Tempel wich, indem sie Nacht und Tag diente, damals nicht mit Lob, sondern mit Fasten und Flehen. Der auf dem Throne sitzt, errichtet „Sein Zelt“ „über“ ihnen (welches nicht wohl von den himmlischen Heiligen gesagt werden kann) und gibt ihnen den Lohn ihrer Treue. Bewahrt durch Gottes Macht gingen sie durch die Schrecknisse der großen Trübsal - nun werden ihre Tränen getrocknet. Unter Seiner Friedensherrschaft kann keine „Glut“ sie mehr treffen.

Frage 18

1. Gibt es nach der Schrift einen sogenannten leitenden Dienst oder „Diener Gottes“ im besonderen Sinne, vornehmIich unter Berücksichtigung von Matth. 23,8? wenn ja, wie ist das Verhaltnis des Gläubigen zu diesen Dienern Gottes?

1

Die uns auf diese Frage eingesandten Antworten sind so umfangreich, daß sie den uns zur Verfügung stehenden kleinen Raum weit überschreiten. Es wird uns schwer, diese mit viel Liebe gearbeiten Antworten nicht aufnehmen zu können. Dem Zwange folgend, wählen wir zwei, in denen das Wesentlichste von allen Ausdruck fand, und auch an diesen mußten wir noch kürzen. (Die Schriftleitung.)

2. Was sind die Kennzeichen eines Dieners Gottes? woran ist er vom „bösen Arbeiter“ (Phil. 3,2) zu unterscheiden?

Antwort A

Die Schrift kann nicht gebrochen oder aufgelöst werden (Joh. 10,35), alle scheinbaren Widersprüche müssen sich im Lichte der Schrift lösen.

In Matth. 23 zieht der Wahrheitsfeststeller, der Herr Jesus, die Heuchelei und Ehrsucht der Schriftgelehrten und Pharisäer ans Licht, ihre Sucht, vor den Menschen gesehen zu werden, ihre Sucht nach dem ersten Platz und Sitz, ihre Sucht nach Begrüßung, ihre Sucht nach dem Rabbititel. Im Anschluß daran sagt der HErr: „Ihr aber, laßt ihr euch nicht Rabbi nennen; denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder.

Lehrer, ihr alle aber seid Brüder.

Vielfach ist aus diesem im Zusammenhang nicht mißzuverstehenden Worte Torheitsvolles und Ungöttliches herausgepreßt worden, als gäbe es in der Gemeinde Gottes, im Hause Gottes keinen leitenden Dienst oder „Diener Gottes“ im besonderen Sinne.

Über diesen so wichtigen Punkt gibt die Schrift völliges Licht und Klarheit. Ganz abgesehen davon, daß im Alten Testament an einigen hundert Stellen sich das Wort mit den Dienern Gottes beschäftigt als mit Personen, die in besonderer Weise von Jehova Selbst berufen, legitimiert, autorisiert und geschützt sind (es sei nur an die eine Stelle in 4. Mose 12 erinnert, wo Mirjam, die Schwester Moses, es wagt, wider ihn zu reden wegen des kuschitischen Weibes, indem sie sich in die Familienverhältnisse des Mose mischt und dafür von Gott mit dem Aussatz bestraft wird), so reden die Schriften Neuen Testaments in geradezu überwältigender Weise davon. Matth. 24,45-47 spricht von dem treuen und klugen Knecht, den sein Herr über sein Gesinde gesetzt hat, um ihnen Speise zu geben zur rechten Zeit. Luk. 10,35 führt uns den Wirt vor Augen, der mit dem besonderen Auftrag, den Geheilten zu versorgen, betraut wird. Eph. 4,11 zeigt uns, wie der HErr Seines Hauses gegeben hat Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer zur Vollendung der Heiligen, für die Auferbaunng des Leibes Christi. Noch andere Schriftstellen wären anzuführen, doch mögen diese genügen, um zu zeigen, daß es nach der Schrift allerdings einen leitenden Dienst, daß es „Diener Gottes“ im besonderen Sinne gibt.

Die Frage nun, wie das Verhältnis der Gläubigen zu diesen Dienern Gottes sei, ist eine durchaus logische und sehr wichtige. Sie wird ebenfalls durch die Schrift beAntwortet.

1. Thess. 5,12.13 spricht von einem Erkennen der betr. Arbeiter, die vorstehen im HErrn, und daß sie über die Maßen in Liebe geachtet werden sollen um ihres Werkes willen. Phil. 2,25-29 sagt, daß solche in Ehre gehalten werden sollen, 1. Tim. 5,17 redet sogar davon, daß die Ältesten und sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre doppelter Ehre würdig geachtet werden sollen.

In Hebr. 13,18 wird zum Gebet für die Diener aufgefordert und unmittelbar vorher (V. 17) den Führern gegenüber zum Gehorsam und zur Unterwürfigkeit, auf daß ihr Dienst mit Freuden geschehe und nicht mit Seufzen, was der Gemeinde nicht gut sei.

Auch 1. Kor. 16,15 spricht von Unterwürfigkeit, indem hier das Haus des Stephanas, als des Erstlings von Achaja, ans Licht gezogen wird.

Was sind das alles für ernste, klare und bestimmte Worte, die jeden Zweifel ausschließen, und wie sollten diese Worte von der Gemeinde Gottes beachtet und gewürdigt werden! Welch ein Unsegen, welche Zerwürfnisse sind nicht schon entstanden, wo diese Hausordnungen im Hause Gottes mißachtet oder gar mit Füßen getreten wurden. Gesundes Leben in der Gemeinde Gottes kann sich nur auf die gesunde Lehre der Schrift aufbauen. Es ist ein Schmerz, immer wieder erfahren zu müssen, daß für diese gesunde Lehre der Schrift, die allem anderen vorausgeht, so wenig Interesse vorhanden ist.

Was ist nun das Kennzeichen eines Dieners Gottes und woran ist er vom „bösen Arbeiter“ zu unterscheiden?

Keinesfalls ist ein Diener Gottes so, wie manche bildliche Darstellungen es zu zeigen versuchen, mit

einem Heiligenschein umgeben, oder gar mit päpstlicher Vollkommenheit oder Unfehlbarkeit ausgestaltet.

Jak. 5,17 enthält ein diesbezüglich belehrendes Wort von dem Knechte Gottes Elias, von dem gesagt wird: „Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir.“ Zahlreiche andere Stellen der Schrift zeigen, daß die Diener Gottes solche Menschen sind, wie von Elias gesagt wurde, Menschen mit Gebrechen und Schwächen. Es sei nur erinnert an Mose Verkehrtheit (4. Mose 20), infolge dessen ihm der Eintritt in das Land Kanaan verweigert wurde, an Samuels eigenmächtiges Einsetzen seiner ungöttlichen Söhne zu Richtern (1. Sam. 8), an Davids Ehebruch (2. Sam. 11), an Elias Flucht vor Isebel (1. Kön. 19), an Jonas merkwürdiges Verhalten (Jona 1), an Petri Verleugnung (Matth. 26), an seine Heuchelei (Gal. 2), an Pauli Verhalten in Apgesch. 21. (Vergl. Frage 28 in Nr. 10 der G. H. 1916.)

Alles dies zeugt davon, daß auch die Personen, die besonderen Dienstes gewürdigt werden, mit Mängeln und Gebrechen behaftet sind. Nichtsdestoweniger hat aber der Diener Gottes sein Gepräge, indem er sich von dem „bösen Arbeiter“ abhebt.

Eines der ersten und wichtigsten Kennzeichen eines Dieners Gottes ist das unbedingte Bekennen zum Wort, und zwar ohne jegliches „wenn“ und „aber“. Immer wieder kehrt im Alten Testament aus dem Munde der Propheten und Diener Gottes das Wort: „So spricht Jehova“. Im Gegensatz hierzu lautet der Spruch Bileams, des falschen Propheten: „Es spricht Bileam, der Sohn Beors, und es spricht der Mann geöffneten Auges; es spricht, der da hört die Worte Gottes, der ein Gesicht des Allmächtigen sieht, der hinfällt und enthüllter Augen ist.“ Der wahre Prophet schiebt Jehova in den Vordergrund, der falsche Prophet schiebt sich in den Vordergrund. Der wahre Diener hat wie Jeremia (1,18) eine eherne Stirn wider die Könige, wider die Fürsten, wider die Priester, wider das ganze Volk, er ist unbestechlich. Der falsche Diener Bileam ist für Geld zu haben, etwa so wie jener Jüngling in Richter 17, der von Micha angestellt und geweiht wurde. Sein Lohn war zehn Seckel Silber, Ausrüstung an Kleidern und Versorgung hinsichtlich seines Lebensunterhaltes. Dieses Kapitel zeigt uns die theologische Laufbahn eines jungen Mannes, wie sie in der Gegenwart heute tausendfach beobachtet werden kann.

Ein weiteres Kennzeichen eines Dieners Gottes ist, daß er Joh. 16,13 versteht, woselbst von dem Leiten in die ganze Wahrheit die Rede ist. Der falsche Diener, der böse Arbeiter mag Wahrheiten zum Ausdruck bringen und dabei „Erfolge“ erleben, die Menge mag ihm zujauchzen und Ehre ihm zufallen, der Diener Gottes hat es mit der ganzen Wahrheit zu tun, mit dem ganzen Ratschluß Gottes, mit der Breite und Länge und Tiefe und Höhe (Eph. 3,18). Paulus war nicht zufrieden mit dem Glauben, der Liebe und der Hoffnung der Kolosser (1,4), ihm kam es vielmehr darauf an, daß sie erfüllt würden mit der Erkenntnis Seines Willens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis (1,9).

Der böse Arbeiter hat zweifellos Erfolge aufzuweisen, die religiöse Masse ist auf seiner Seite, er liebt das Wort „viel“, er hat wenig Verständnis von der engen Pforte und dem schmalen Wege, er liebt nicht diesen vom HErrn für die gegenwärtige Haushaltung aufgestellten Grundsatz (Matth. 7,13.14) von den „Wenigen“, versteht und erlebt auch nicht Joh. 6,66: „von da an gingen viele Seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit Ihm“.

Unter der Arbeit des Dieners Gottes dagegen wird Frucht gezeitigt, die in die zukünftige Welt hineinreicht und unter der der Herr Jesus anerkannt wird als der alleinige HErr und Gebieter (Jud. 4),

als der HErr im Hause Gottes (2. Tim. 2,21; 1. Tim. 3,15) und dem man folgt in dem Sinne von Luk. 26,27 außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend (Hebr. 13,13).

Ein anderes wichtiges Kennzeichen eines Dieners Gottes ist, daß er frei ist von der verkehrten, menschlichen, weichlichen Liebe, die über alles einen Mantel hängt oder sagt: „Schwamm drüber.“ - Der Diener Gottes weiß wohl 1.Kor. 13, jenes Kapitel von der Liebe, die alles erträgt, alles glaubt, alles hofft, altes erduldet (V. 7), zu würdigen, er weiß aber auch mit diesem Kapitel Worte wie 2. Thess. 3,6 in Einklang zu bringen, woselbst das Zurückziehen von jedem Bruder geboten ist, der nicht der Ordnung der Überlieferung gemäß wandelt. Er versteht auch und handelt nach Anweisungen, wie sie in Apgesch. 19,9.10 gegeben sind, wo selbst vor einer Trennung nicht zurückgeschreckt wird nach 1. Kor. 5,11 und 13, welches Wort das Hinaustun des Bösen verlangt. Der Diener Gottes versteht das heilige Gleichgewicht des Wortes Gottes zu wahren, er tut feste und gewisse Tritte. Vgl. auch 2. Tim. 2,15!

Möchten diese wenigen Hauptkennzeichen eines Dieners Gottes beachtet werden, dann wäre das Ohr der Gemeinde Gottes für manche Persönlichkeit verschlossen, die nicht von Gott gesandt ist und darum nur Torheit redet und Wirrwarr anrichtet. W. W.

Antwort B

In Matth. 23,8-12 warnt der HErr Seine Jünger, sich nicht Rabbi und Meister nennen zu lassen. Einer sei ihr Lehrer, einer ihr Meister: Christus.

Nachdem der Herr Jesus gen Himmel gefahren war und sie den Heiligen Geist empfangen hatten, wurden sie von Diesem „in die ganze Wahrheit geleitet“, und so wurden sie selbst unter der Leitung des Heiligen Geistes leitende Diener oder Führer in den Gemeinden Gottes.

Diese ehemaligen Fischer, Zöllner usw. maßten sich keine Titel und Würden an, wie es heute geschieht. Sie blieben dieselben, die sie vorher waren. Beauftragt und geleitet vom Heiligen Geist, hüteten sie die Herde Gottes, bedienten die Gemeinden wie auch die einzelnen Gläubigen. (Apgesch. 20,17-21.)

Dieser Dienst besteht heute noch, wenn auch infolge des Niederganges des Christentums nicht mehr in derselben Kraft und Frische. Überall, wo wahrhaft Gläubige zusammenkommen zum Wort oder zur Anbetung in dem kostbaren Namen Jesu, hat es Gott gefallen (auch wenn es manchenorts nur wenige sind), einzelne zu befähigen und mit Gnade, Erkenntnis und Einsicht auszurüsten, um ihren Mitbrüdern mit dem Worte der Wahrheit und zum Segen aller dienen zu können. Solche vom Heiligen Geiste ausgerüstete und geleitete Brüder sind Diener Gottes, wenn sie auch nicht vom Staate oder einer religiösen Körperschaft ordiniert sind.

Über das Verhalten der Gemeinde zu solchen Dienern unterweisen uns Stellen wie 1. Thess. 5,12-15; 1. Tim. 5,7-19 u. a. m.

F. B.

 

Frage 19

Wie ist Hebr. 9,23 zu erklären?

Antwort A

Das ganze Kapitel ist eigentlich eine Erklärung dieses Gegenstandes. In Vers 23 ist angedeutet, daß das alttestamentliche Heiligtum (Stiftshütte und später Tempel) nur ein Vorbild der himmlischen Dinge ist, mit all den Verordnungen, Opfern und Gottesdiensten (vgl. 2. Mose 25,40; Hebr. 8,5). Da der ganze Hebräerbrief die Frage behandelt, ob die von Gott verordneten Einrichtungen für das Volk Israel auch für das neue Verhältnis in Christo Wert und Gültigkeit haben, weil die Judenchristen in Gefahr standen, das Vorbild höher zu achten als das Urbild, so ist dies entschieden zu verneinen.

Diese Verwechselung von Vorbild und Wesen geschieht heute noch, nicht nur von Juden, sondern, was das Traurigste ist, von den Christen, sogar von gläubigen Christen! - Der ganze Hebräerbrief arbeitet diesem törichten Sinn entgegen; möchte das doch noch mehr erkannt werden!

In Vers 23 ist nun speziell die Rede vom Reinigen durch Blut. Gerade in Vers 22 ist es ausgesprochen, daß fast alles, was unser Verhältnis zu Gott betrifft, nach Gottes Gesetz mit Blut gereinigt werden muß (vgl. V. 19-22; 3. Mose 16,15-19; 4,1-19). Gottes Grundsatz ist und bleibt: „Ohne Butvergießen geschieht keine Vergebung.“ Wenn manche daher Gott als grausam bezeichnen, weil Er zum Zurechtbringen des Sünders mit Gott Blut verlangt, so sei darauf hingewiesen, daß nicht Gott das Blut nötig hätte, sondern daß die Sünde eine so schlimme Sache ist, das sie nicht anders als mit Blut (d. i. Einsetzung eines Lebens für ein anderes) getilgt werden kann. Die Grausamkeit ist also nicht auf seiten Gottes, sondern auf der Seite des Sünders. Das können wir auch jetzt in diesem Kriege sehen. Will denn Gott alle diese Grausamkeiten? Ist es nicht vielmehr der Ungehorsam gegen Gott, die Sünde, welche diese Grausamkeiten vollbringt? - Gott hätte kein Blut verlangt, wenn unser von der Sünde gestörtes Verhältnis hätte auf anderem Wege zurechtgebracht werden können.

Da steht nun die göttliche Notwendigkeil, das Muß der Reinigung. Aber auch Gottes Liebe und Erbarmen, weil Er nicht den Tod des Sünders will, ist schon in den alttestamentlichen Opfern ausgedrückt. Statt daß der Sünder um seiner Sünde willen sterben muß, setzt Gott das Leben reiner Tiere ein, um wenigstens vorläufig mit einer Zinszahlung zufrieden zu sein, bis das Kapital, die ganze Schuld, durch Einsetzung eines vollgültigen Lebens abgetragen werden kann. Davon reden folgende Stellen: Hebr. 7,7.18.19; 8,1-13; 9,11-14; 10,1-4 vgl. Röm. 3,25.26; Dan. 9,24; Hebr. 9,23-28 und besonders 9,11-15.

Das bessere Opfer, das die Himmel, d. h. Gott im Himmel, als Reinigung von der Sünde bedürfen, ist das Opfer Jesu Christi, des eingeborenen Sohnes Gottes (vgl. Micha 6,6.7; Ps. 49,8.9; Matth. 16,26; Hebr. 9,13.14; 1. Joh. 1,7; Offenb. 1,5; 7,14. Wem dieses nicht genügt oder auch wer dieses verwirft, der hat kein anderes Opfer mehr für die Sünde, Hebr. 10,26-31; 2,3.4; Apgesch. 4,11.12. Dieses bessere Opfer reicht vollkommen hin für alle Zeiten und Ewigkeiten, ein für allemal. Hebr. 9,26-28; 7,23-28; 10,12-14.

Wer also seine Zurechtbringung mit Gott in äußerlichem Gottesdienst, in Werken und Zeremonien sucht anstatt in Jesu Christo Selbst, der setzt das bessere Opfer beiseite und bleibt am Schatten hängen. Das Wesen erlangt er nicht und ein anderes Opfer gibt es nicht. Das Abweisen des einen

vollgültigen Opfers Jesu hat nur Verdammnis zur Folge. Mark. 16,16; Joh. 3,18.36.

F. Th. H.

Antwort B

Hier ist die Rede von der Reinigung durchs Blut. Die „Abbilder der Dinge in den Himmeln“ sind die Hütte des Zeugnisses, das Zelt der Zusammenkunft und alle Geräte des jüdischen Gottesdienstes. Moses hatte nach Hebr. 8,5 Weisung, alles nach dem Muster zu machen, das ihm auf dem Berge gezeigt war. Die Hütte und alles gottesdienstliche Gerät ist deshalb Abbild, Schatten von himmlischen Dingen. Nun wurden nach Hebr. 9, 21.22 die Hütte und alle Gefäße des Gottesdienstes mit Blut besprengt. Eine Reinigung ohne Blut und Vergebung ohne Blutvergießen gab es nicht im Alten Bunde. Schon das erste Opfer auf Erden deutete dies an. Kaum war Gottes Gebot von Menschen übertreten und der Sünde Fluch auf ihn gelegt, da zeigt sich die unfaßbare Gnade Gottes in dem Schlachten von Tieren, deren Felle den Menschen dann bekleiden (1. Mose 3,21) müssen. Wieviel Blut ist für die Abbilder und Schatten der himmlischen Dinge geflossen! Und doch konnte dieses Blut nicht wirklich reinigen, das Blutvergießen keine wirkliche Vergebung zustande bringen. Auch hierbei handelt es sich nur um den Hinweis auf das Blut, das auf Golgatha vergossen ist, um das Blut des Sohnes Gottes. Wenn nun die Abbilder der Dinge in den Himmeln durch Blut von Tieren gereinigt werden, so ist es klar, daß die himmlischen Dinge selbst bessere Schlachtopfer nötig haben. Das bessere Schlachtopfer ist einmal hingegeben worden in Jesus, dem Sohne Gottes. In welcher Weise die Dinge der Himmel selbst der Reinigung bedurften und tatsächlich gereinigt sind, das können wir nur brockenweise ahnen und andeuten. Auch die Himmel sind nicht rein vor Gott nach Hiob 15,15. Der in der Schrift mehrfach erwähnte Sündenfall in der Engelwelt hat ganz gewiß gewaltige Spuren in den Himmeln hinterlassen, wie ja doch auch die Sünde des Menschen nicht ohne Wirkung geblieben ist auf die Erdenschöpfung, die Gott ihm gegeben hatte. Das Blut des Christus, das am Kreuze vergossen ist, hat nicht nur Einfluß auf die Dinge auf Erden, sondern auch auf die Dinge der Himmel nach Kol. 1,20. Das Schlachtopfer, das Gott Selbst am Kreuze gab, ist ein überwiegend besseres Opfer, als all die vielen Opfer, die den Abbildern der himmlischen Dinge dienten. Hochgelobt sei Gott für die Dahingabe Seines Sohnes am Kreuze, durch welche wir jetzt angenehm gemacht sind vor Ihm. Ephes. 1,6-7.

A. C.

(im Felde.)

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Eine schmerzliche Frage.

Bin ich euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit sage? Gal. 4,16.

Wieviel Schmerz liegt in diesen Worten! Wie hatten sich die Gemeinden in Galatien verändert! Die Herzen, die einst so innig für den Apostel schlugen, waren kalt geworden. Einst war die Schwachheit des Fleisches, in der er ihnen das Evangelium verkündigte, kein Hindernis für ihre Liebe gewesen; sie hatten ihn nicht (wie jetzt) verachtet, sondern wie einen Engel Gottes, wie Christum Jesum, den er ihnen brachte, hatten sie ihn aufgenommen.

So sollte es sein. Mit Recht lieben wir die, die uns das errettende Evangelium bringen. Es ist eine Verwirklichung des Wortes: Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium des Friedens verkündigen.1 Ach, wie bald wandten sie sich ab von dem, der ihnen die Wahrheit brachte! Und was der Apostel hier von den Galatern erlebte, ähnliches erfuhr er auch in Korinth, und solche betrübenden Erfahrungen bleiben den Dienern des HErrn auch heute nicht erspart.

1

Röm. 10,15.

Paulus gedenkt und erinnert die Galater an ihre frühere Freude und Glückseligkeit, wie ihre Liebe zu ihm so groß war, daß sie, wenn es möglich gewesen wäre, ihre Augen für ihn ausgerissen hätten. Sie hatten im Guten geeifert, als er gegenwärtig war (V. 18), aber während seiner Abwesenheit hatte sich alles verändert. Einen herzerquickenden Gegensatz finden wir bei den Philippern. Diesen konnte er schreiben, daß „sie nicht allein in seiner Gegenwart, sondern jetzt vielmehr in seiner Abwesenheit“ ihr Glaubensleben führten.1 Und welche hingebende Liebe finden wir bei ihnen für den Apostel!2

1

Phil. 2,12.

2

Phil. 4,15-20.

Was war die Ursache dieser traurigen Veränderung bei den Galatern? Hatte Paulus verkehrte Dinge gelehrt oder seine Stellung ihnen gegenüber oder zur göttlichen Wahrheit verändert? O nein, nicht er hatte sich verändert, aber sie hatten ihr Ohr falschen Lehren und Lehrern geöffnet und sahen in ihm nun einen Feind. Und warum?

Weil er ihren Dingen nicht beistimmte und ihnen die Wahrheit sagte.

Die Wahrheit ist nicht allein dem Ungläubigen zuwider, weil sie (allem Falschen entgegen) Herz und Wege aufdeckt, sondern auch dem Gläubigen, wenn er verkehrte Dinge liebt. Wahrheit deckt uns auf. Sie ist das Licht, welches unsere Wege, unseren Willen, unser Herz offenbar macht. Dies ist dem Fleische nicht angenehm, und deshalb grollt man denen, die die Wahrheit sagen.

Die obige schmerzliche Frage des Apostels zeigt uns deutlich diese ernste Tatsache, und wir wollen sie recht ins eigene Herz fassen. Wenn die Wahrheit uns unbequem ist und wir sie übelnehmen denen, die sie uns sagen, dann ist bei uns etwas nicht in Ordnung und wir tun gut, Herz und Wege zu prüfen.

Wie ernst ist es, wenn Kinder Gottes wohl Wahrheiten lieben, aber nicht die volle, die ganze Wahrheit. Solche „widerspenstigen Kinder“, die „Seinen Mund nicht befragt haben“ - „betrügerische Kinder“ - die „das Gesetz Jehovas nicht hören wollen“, diese möchten, daß die Propheten und Diener des HErrn ihre Augen zumachen. Diese sagen: „Sehet nicht“ - „schauet uns nicht das Richtige“ - saget uns Schmeicheleien“, oder nach anderen Übersetzungen: „Gebet uns glatte Worte“ - „predigt uns sanft“. (Jes. 30.)

Alle Feindschaft von Kains Tagen an floß aus dieser Quelle der Ablehnung der Wahrheit. Deshalb „tötete Jerusalem die Propheten und steinigte, die zu ihr gesandt sind“. Deshalb mußte Stephanus sterben und weinte der HErr über Jerusalem. Und so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag.

sterben und weinte der HErr über Jerusalem. Und so ist es geblieben bis auf den heutigen Tag.

Neigt sich unser Herz zur Welt, geben wir den Pfad der Absonderung auf, finden wir Gefallen an unseren Plänen und Wegen, ziehen Selbstliebe, Selbstzufriedenheit, Selbstbewußtsein in unser Herz ein, so wird die Wahrheit uns nicht munden, und wir rufen wie einst Israel: Weissage uns angenehme Dinge - predigte uns sanft!

Möge der HErr uns vor solchem Zustand bewahren! Die Gefahr ist groß und für uns alle ohne Unterschied da. Können wir dem erforschenden Auge Gottes standhalten und sagen: „Du weißt, daß ich nicht schuldig bin“?1 oder ist das Gebet Davids: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und siehe, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Wege!“2 auch unser Herzensgebet? Dann ist Wahrheit uns willkommen, dann wünschen wir unser Unrecht zu sehen, und ohne Schonung legen wir das scharfe Steinmesser an unser Fleisch.3 Dann sehen wir in dem, der uns die Wahrheit sagt, nicht einen Feind, sondern den wahren Freund, den Diener Dessen, der Sich Selbst für uns hingegeben hat, auf daß Er uns heilige und reinige durch die Waschung mit Wasser durch das Wort.4 Solche Reinigung mag Schmerz, Verlust, Erniedrigung - Entsagung für uns bedeuten, aber wir werden die Gemeinschaft mit dem HErrn, Seine Liebe und Sein Wohlgefallen darin finden und genießen.

1

Hiob 10,7.

2

Ps. 139,23.24.

3

Josua 5,2-9.

4

Eph. 5,25.26.

*

Paulus sagte den Galatern die Wahrheit, nicht weil er ihr Feind geworden, sondern weil er sie liebte. Das ist die rechte, die göttliche Bruderliebe, die den Bruder „liebt in der Wahrheit“.1 Aber nicht nur bekannte er ihnen die Wahrheit aus Liebe, sondern auch „in Liebe“. 2 Das sind zwei wichtige Dinge, möchten wir sie lernen und ausüben!

1

2. Joh. 1; 3. Joh. 1.

2

Eph. 4,15.

Die Schrift spricht von zweierlei Liebe, von der menschlichen, „natürlichen“ Liebe1 und der göttlichen - „Liebe Gottes“, die in unser Herz ausgegossen ist durch den Heiligen Geist.2 Beide sind ganz verschieden in ihren Trieben. Die eine liebt dem Menschen gemäß, die andere Gott gemäß. „Natürliche“ Liebe kann über Böses die Augen zumachen, nicht aber göttliche Liebe. Sie kann über Unrechtes in der Lehre oder im Wandel nicht hinwegsehen, denn sie „liebt“ den Bruder „in der Wahrheit“ (2.Joh.1; 3.Joh.1.3

1

Röm. 1,31; 2. Tim. 3,2.

2

Röm. 5,5.

3

Man lese und beachte aufmerksam, welchen Platz und Zusammhang in dem 2. und 3. Johannesbrief das Wort „Wahrheit“ hat. Man wird dann verstehen, welch tiefe Bedeutung in dem Ausdruck liegt, die Brüder zu „lieben in der Wahrheit“, und daß es sich nicht um eine leere Bekräftigung der Wirklichkeit seiner Liebe handelt.

Konnte Paulus die Galater „lieben in der Wahrheit“ und zugleich schweigen, als die Wahrheit auf dem Spiele stand?1 Johannes sagt: „Dies ist die „Liebe Gottes“, daß wir Seine Gebote halten“,2 konnte Paulus schweigen, als sie den Gehorsam gegen die Wahrheit aufgaben?3 So „unverständig“ waren sie, ja „bezaubert“ vom Satan, im Fleische vollenden zu wollen, was im Geiste angefangen war.4 Wohl mochte die Wahrheit nicht gewünscht und die Eintracht gestört werden, aber göttliche Bruderliebe konnte da nicht stille sein. Paulus kann nicht ruhen, „bis Christus in ihnen gestaltet ist“ und sie zum Gehorsam und zur Wahrheit zurückgeführt sind.

1

Gal. 2,5.

2

1. Joh. 5,3.

3

Gal. 5,7.

4

Gal. 3,1-3.

Und heute? Wie viele „unverständige Galater“ sind unter den Kindern Gottes, die „bezaubert“ vom Satan im Fleische das Werk des Geistes vollführen wollen. Wo sind die Brüder, die in göttlicher Bruderliebe solchen Dingen nicht „durch Unterwürfigkeit nachgeben, auf daß die Wahrheit des Evangeliums verbleibe.“1 Mit welcher Entschiedenheit und heiligem Ernste trat Paulus ihnen auf dem verkehrten Wege entgegen! Worte wie Gal. 1,6-10 würden Tausende in seelischer Liebe „eine harte Rede“ nennen, aber nicht Härte spricht darin, sondern „Liebe Gottes“, die den Bruder „liebt in der

1

Gal. 2,5.

Wahrheit“.

1

Gal. 2,5.

In der menschlichen, natürlichen Liebe zum Bruder mag ein Kind Gottes den Gefühlen seines Herzens folgen und über Dinge, die der Wahrheit widersprechen, hinwegsehen und gehen, aber die göttliche Liebe, die durch den Heiligen Geist in uns ist, kann solches nicht, sie ist gebunden an die Wahrheit. Nach dieser (Seiner) Liebe handelt Gott mit uns. Auch Er kann nicht schweigen und hinwegsehen, wenn wir mit Seinem Worte in Widerspruch sind. Er liebt uns in der Wahrheit, und auf Schmerzenswegen oft muß Er mit uns reden, ja uns unsere Götzen zerschlagen.

Das ist nicht göttliche Liebe, wenn wir aus Liebe zu Brüdern, um nicht die Eintracht zu stören, Reinheit der Lehre, Absonderung vom Bösen und was sonst „der gesunden Lehre zuwider ist“ preisgeben - oder doch darüber hinwegsehen. Tun wir solches, so zeigen wir nur, daß uns Brüder, ungestörte Einigkeit usw. höher und wichtiger sind, als Gehorsam gegen den HErrn. Liebe „in der Wahrheit“ kann nicht Gefühlen folgen und Einigkeit höher stellen als das Zeugnis Christi, kann nicht Christen vor Christus, Brüder vor den HErrn und Einheit vor die Wahrheit stellen. Solche Liebe, die Heiligkeit oder Wahrheit opfern kann, ist fleischliche, natürliche Liebe, aber nicht „Liebe Gottes“. Bruderliebe „in der Wahrheit“ kann nichts von der Wahrheit opfern.

So wichtig es ist, die Wahrheit festzuhalten, so darf doch darin die Liebe nicht fehlen. Ohne sie ist alles Eintreten dafür leer und kraftlos. Paulus ermahnt, „die Wahrheit festhaltend in Liebe“ zum Haupte heranzuwachsen.1

1

Eph. 4,15.

Manche meinen nun, dies heiße, die Wahrheit in „süße Worte und schöne Reden“1 so einzuhüllen, daß niemand durch sie verletzt werde. Das aber meint Paulus nicht, denn er selbst wickelte das „scharfe, zweischneidige Schwert“ des Wortes2 nicht in Lappen schöner Worte. Er führte das Schwert so, daß es „durchdrang bis zur Scheidung von Seele und Geist“.3 Seine Praxis war, unverblümt die Wahrheit zu sagen, und doch ließ er sich nicht hernieder zum Schimpfton noch zu Schmäh- oder Spottworten. Solche durchdringen nicht das Herz, sie verschließen nur, lenken ab und schwächen das Wort. Möchten wir uns vor jedem Ton bewahren lassen, der nicht würdig ist dem Worte des HErrn. Nie hielt Paulus sich lange bei den verkehrten Lehren und Dingen auf, um so eingehender aber unterwies er die Gläubigen in der „gesunden“ Lehre.4

1

Röm. 16,18.

2

Hebr. 4,12.

3

Hebr. 4,12.

4

1. Tim. 1,10; 2. Tim. 1,13; 4,3; Tit.1,9.13; 2,1.

Mit welchem Ernst Paulus auch den Galatern „die Wahrheit sagte“, er verband doch die persönliche Liebe damit: „Meine Kindlein, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis Christus in euch gestaltet worden ist.“1 Wieviel Liebe klingt aus diesen Worten. Sein Herz liegt darin.

1

Gal.4,19.

Laßt uns dies von dem Apostel lernen, aus dem Herzen der Liebe die Wahrheit zu sagen. Möchten unsere Worte nie das kalte, lieblose Herz zeigen (das der Wahrheil die Kraft raubt), sondern das liebende Herz, welches wie Paulus die Irrenden und „Unverständigen“ trägt, wie eine Mutter sorgend ihr Kindlein unter dem Herzen trägt und in Geburtswehen ist, „bis Christus in ihnen Gestalt gewinnt“.1

1

Gal.4,19.

Warum hat das Wort der Wahrheit oft so wenig Kraft? Müssen wir nicht mit Beschämung bekennen, weil, was wir sagten, wohl richtig war, aber nicht, wie wir es sagten. Dieses „Wie“ zeigt die Liebe, das Herz, welches die Art und Weise - den Ton zu finden weiß, der, ohne die Schärfe der Wahrheit zu schwächen, den Weg zum Herzen findet.

Wo fand Paulus - wo finden wir die Kraft, mit solcher sorgenden Mutterliebe die zu tragen und zu

1

1. Joh. 5,1.

Wo fand Paulus - wo finden wir die Kraft, mit solcher sorgenden Mutterliebe die zu tragen und zu lieben, die uns verachten und für Feinde halten? Wo anders als in der Liebe Dessen, der uns so geduldig trägt, der uns nachging, als wir Ihn verachteten. Besitzt Er unser Herz, so gehört es auch allen denen, die Er liebt.1 Möchte Seine Liebe die uns bewegende Kraft sein, die Brüder „zu lieben in der Wahrheit“ und die Wahrheit zu bekennen „in Liebe“. Der HErr schenke es uns!

1

1. Joh. 5,1.

1. Sam. 4,12-22 und wir.

Als ich kürzlich eine stille Nachtkrankenwache im Lazarett zu halten hatte, wurde mein Herz beim Lesen des teuren Wortes Gottes auf obiges Kapitel gelenkt und ich wurde tief bewegt beim Betrachten des Schlusses desselben. Ich legte mir die Fragen vor: was ist mir, was ist uns heute die „Lade Gottes“ bezw. das, was uns in ihr vorbildlich gezeigt wird? Haben wir solche Sorge, solche heilige Angst und Fürsorge für dieselbe, wie Eli und seine eine Schwiegertochter, das Weib seines gottlosen, lästernden Sohnes Pinehas?1 Möchten wir das Verhalten dieser beiden Menschen Gottes nicht gering einschätzen, des Eli nicht, indem wir etwa sagen, er hätte nur lieber auf sein Haus achten sollen, daß seine Söhne nicht Jehova so verlästerten - des Weibes Pinehas nicht, indem wir sagen, sie hätte wohl mehr um ihren Mann getrauert. Nein, nicht also! Wohl hat Eli unendlich viel versäumt, indem er seinem Hause nicht „wohl vorstand“ (vgl. 1. Tim. 3,3), und darum dem jungen Samuel Platz machen mußte, aber im Grunde war er ein Mann, dem die Sorge für Jehovas Sache wohl am Herzen lag, der aber nicht Herr wurde seiner Schwäche. Wenn ihm Jehova aber nicht doch die Hauptsache gewesen wäre, nicht hätte er dann das von Ihm über ihn ausgesprochene Gericht so demütig hingenommen und sich darunter gebeugt (Kap. 3!). Wie anders später der arme Saul (Kap. 28 und 31)! Nein, Eli war ein Priester Jehovas, besorgt um Seine Sache! Und nun siehe seine Sorge um die Lade Gottes (V. 13), die von dem damals nur äußerlich mit Recht Gottes Volk heißenden Israel mit in den Krieg mit den Philistern genommen war, ähnlich wie heute die christus- und gottlose Welt Gott auf ihrer Seite zu haben meint, wenn sie äußerlich „mit Gott“ sagt! Elis Sorge war nur allzu berechtigt angesichts dieses Volkes und seiner Oberflächlichkeit, Sünde und Gottentfremdung. Und dann müssen wir sehen, wie sein Tod in Verbindung mit dem Verlust der Lade Gottes steht (V. 18), und es ist mir köstlich, daß der Geist Gottes gerade diesen Ausdruck gebraucht, um die Ursache des Todes Elis festzustellen, nicht etwa denselben als unmittelbare Folge der Nachricht von dem Tode seiner Söhne uns kündet. Und wenn Psalm 116,15 uns sagt, daß „der Tod Seiner Frommen in den Augen Jehovas kostbar ist“, so ist auch Elis von Jehova in Verbindung mit dem Verlust der Lade Gottes zugelassener Tod Ihm Selbst kostbar, und des Priesters Elis Sorge um Gottes Sache wird ihren Lohn finden an Seinem Tage.

1

Nicht zu verwechseln mit dem Pinehas aus 4. Mose 25 und Psalm 106,30!

Aber köstlicher noch ist das Ende seiner Schwiegertochter, des Weibes des „Belialssohns“ (2,12) Pinehas. Sie war äußerlich in einer für „Hiobsbotschaften“ gefährlichen Lage (V. 19) und sie war wohl eine einsame Frau, trotzdem sie verheiratet war, ich möchte meinen, sie ging ihren Weg innerlich getrennt von ihrem Gatten, dessen böses Tun sie nicht billigte, sie liebte Jehova, Er war ihr geheimer Schatz (vgl. Luk. 12,34!). Sie zeigte in ihrer ergreifenden Todesstunde etwas von der Aufgabe einer echten Mutter, die ihrem Kinde etwas Ewiges, Göttliches, Segenbringendes mit ins Leben geben will, auch wenn sie selbst dies göttliche Samenkörnlein nicht mehr pflegen kann noch es aufgehen sehen darf. Sie gab ihrem Kinde einen Namen, der, solange die Bibel gelesen werden wird, ihrer Person, deren Namen der Geist Gottes uns vorzuenthalten für gut befunden hat, ein „Gedächtnis“ bewahrt, das, wenn es auch von dem „Gedächtnis“ übertroffen wird, das uns Matth. 26,13 berichtet, dennoch

auf der gleichen Linie liegt: vom HErrn anerkannt und also der Nachwelt überliefert! Welch ein Erbteil auf den Weg bekam der kleine Jkabod (d. i.: „Nichtherrlichkeit“)! Wird er nicht später, als die Lade längst wieder in Israel weilte, noch erinnert worden sein und andere durch seinen Namen erinnert haben an jene Zeit traurigster Erniedrigung des Volkes Gottes, da die Bundeslade in Feindeshand gelassen werden mußte, und zwar durch des gottentfremdeten Volkes Schuld?! Welche Predigt für ihn und das Volk war sein Name! Und kann man nicht von dort aus die Linie ziehen bis in die „erfüllte Zeit“, da Gott Seinen Sohn sandte, geboren von einem Weibe, den, der „Immanuel“ - „Gott mit uns“ heißt, und in dem die Herrlichkeit den Seinen auf dieser Erde erschien? „Wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut ...“ (Joh. 1,14.) - Wann aber wird kommen die Zeit, da die Herrlichkeit Jehovas inmitten des erneuerten, zurückgebrachten alten Bundesvolkes Israel thronen wird, wie in Jesaja 60 verheißen? Sie wird kommen, ja, Amen!

Und nun überlege in deinem Herzen noch V. 22!

Dieses Wort, vom Heiligen Geist uns überliefert, läßt uns ganz deutlich erkennen, daß es nicht der Verlust ihres Schwiegervaters und ihres Mannes (beachte: von ihrem Manne ist an zweiter Stelle geredet, ihr Schwiegervater stand ihr innerlich näher!) ist, der die Hauptursache ihres Todes ist, sondern der Verlust der Herrlichkeit durch den Verlust der Lade Gottes! Geschwister, steht uns die Sache des HErrn also im Vordergrund? Ist Er, der für Paulus das Leben war, um Derentwillen er alles für Schaden und Dreck erachtete (Phil. 1,21; 3,8), für uns auch so die Hauptsache, die erste Person, unser Schatz, unsere Kraft, Freude, Friede, ja alles in allem, wie wir es hier vorbildlich in diesem vielleicht von der Welt, auch der religiösen Welt damals wenig geachteten Weibe des Pinehas sehen? Wenn anders „wir Christi Geist haben“, so verstehen wir leicht, daß die Bundeslade, die den „Sühnmittel“ oder „Sühndeckel“ trug (vgl. 3. Mose 16,14 mit Röm. 3,25), ein Vorbild von Christo ist, wie denn auch ihr Inhalt (die Tafeln des Gesetzes, der Krug mit dem Manna, [vgl. Off. 2,17 und dazu Frg. 6 dieses Jahrbuches!] und der Stab Aarons, Heb. 9,4.5) uns insgesamt und einzeln Christus zeigen oder Züge Seines Wesens, Seiner Schönheit und Seines Werkes und Wirkens. Darüber mehr nachzusinnen, als es gemeinhin wohl unter uns Gläubigen geschieht, ist ein gesegnetes Tun, durch das uns die Person und das Werk Christi herrlicher wird, als wenn wir etwa die Schrift hauptsächlich nur unter dem Gesichtspunkt lesen: was haben wir darin, wie bekommen wir am besten (und bequemsten) Trost und Stärkung für den Weg durch dies Jammertal, besonders jetzt im Kriege?! Ihn suchen in den Schriften (Joh. 5,37) und darin finden und in Ihm „volles Genüge“ haben, „Leben im Überfluß“, „einen gedeckten Tisch angesichts der Feinde“, einen vollen Becher (Joh. 10,10b;

Ps. 23) - das ist Herrlichkeit schon hienieden im Tränental, so daß wir es vermöge Seines Geistes (Joh. 7,37ff.) „zu einem Quellenort“ machen können (Ps. 84,6). - Also in der Lade Gottes sehen wir ein wunderbares Abbild, Vorbild auf Christus Jesus, unseren herrlichen Heiland und HErrn, die Wonne des Vaters (Sp. 8), an dem der Vater allezeit Sein Wohlgefallen hatte, auch als Er auf Erden mitten unter den Feinden weilte, wie einst die Lade Gottes.

Und darum zum Schluß die Frage des Anfangs: Was ist Er uns? Möchten wir von Eli und noch mehr von dem Weibe des Pinehas lernen, in der rechten Weise von Ihm, von dem die Lade Gottes nur „der Schatten“ ist, zu denken und zu reden in dieser Welt und ihr gegenüber, und nicht nur dies, sondern Ihn überhaupt richtig zu werten, einzuschätzen, so daß Er unser Alles, unser Schatz ist, wo unser Herz zu Hause ist! Wie leicht hört man unter Gläubigen nicht geziemend von Christo reden, wie oft hört man sogar im Gebet einen Mißbrauch Seines Namens, sei es, daß der Ihm zukommende Titel

1

Über eine höchst wichtige Frage des persönlichen heiligen Wesens des Herrn Jesu vgl. das auf der letzten Umschlagseite angezeigte Büchlein „War Jesus versuchlich?“!

„HErr“ einfach ausgelassen wird, als wenn er gleichgültig wäre (so auch in vielen sonst schönen Liedern!), sei es, daß Sein Name schier ungezählte Male genannt wird, fast wie ein Flickwort! Laßt uns heilig umgehen mit dem Heiligen (Luk. 1,35, Matth. 7,6, vgl. Frg. 16 ds. Js.), besonders auch, wenn wir vor den Ohren der unheiligen Welt von Ihm oder über Ihn reden und bei solchen Gelegenheiten dann die unwissende und Ihn als Sohn Gottes ablehnende Welt in oft von uns nicht wiederzugebenden, häßlichen, in satanischem Geist gesprochenen Worten von Ihm, unserem Herrlichen, spricht! Laßt uns vorsichtig bemüht sein, Seine Ehre zu vertreten, aber ohne auch nur in oberflächlichen Worten und ähnlichem Wesen, wie jene, zu reden und zu zeugen von Ihm! Bedenken wir Joh. 8,49.50.54! Aber auch, wenn wir mit solchen reden dürfen, die nahe davor sind, Ihm sich zu Füßen zu legen, oder zu Jungbekehrten, daß wir dann doch stets mit der geziemenden Ehrfurcht von Ihm, über Ihn, zu Ihm reden möchten, um Seine Ehre nicht anzutasten und um den anderen ein göttliches Beispiel zu geben, wie Seine heilige Person anzusehen ist. Viel ließe sich über diesen Punkt noch sagen, aber dies genüge, um dem Leser in dieser Hinsicht unsere VerAntwortung für „das Heilige“ zu zeigen.1

1

Über eine höchst wichtige Frage des persönlichen heiligen Wesens des Herrn Jesu vgl. das auf der letzten Umschlagseite angezeigte Büchlein „War Jesus versuchlich?“!

Und von Ihm Selbst zu Seiner Gemeinde, zu Seinen Heiligen, Seiner „kostbaren Perle“ (Matth. 7,6) ist nur ein kleiner Schritt (vgl. Eph. 5,22-33!). Seine Gemeinde, die Sein Leib ist (Eph. 2,23), Sein Haus (1. Tim. 2,15), Seine Herde, Sein Tempel - das alles sind Dinge, die mit unserer Stelle in Verbindung gesehen werden können. Haben wir für dieselben eine solche heilige Sorge wie hier Eli und jenes Weib für die Lade Gottes? Eine solche Besorgnis, daß sie uns wichtiger sind als die Fragen, die uns persönlich betreffen, wie unsere „persönliche Erbauung“, (d. h. losgelöst von der Gemeinde), „Sorgen der Nahrung“, Dinge dieser Welt? Die Gemeinde ist Christi vornehmstes Interesse in der gegenwärtigen Weltzeit, wie uns z. B. Paulus zeigt, der fast nichts an Belehrung uns gibt, losgelöst von der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Gemeinde (vgl. z. B. 1. Kor. 10,32 und 2. Kor. 11,28!) - was ist sie uns? Was Ihm, dem HErrn und unserem Haupt köstlich ist - darf und kann uns dies mehr oder weniger gleichgültig sein?

Möchten durch den Geist Gottes uns diese Gedanken, die mir wichtig genug waren, sie weiterzugeben, uns an unsere Vorrechte und VerAntwortung, als „treue Haushalter“ zu handeln, mahnen, indem wir das Tun jener beiden Menschen, des Eli und seiner Schwiegertochter, auf uns wirken lassen! Möchte uns „die Herrlichkeit Gottes in Christo“, ja Er Selbst und Sein Werk, Sein Wirken heute: Seine Gemeinde, über alles gehen, „indem wir nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare“ (2. Kor. 4,18) und wissen: „Er kommt bald, und Sein Lohn mit Ihm, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird!“ (Offenb. 22,12.20.)

Amen, komm, Herr Jesu!

F. K.

(z. Zt. b. Militär).

Geleitswort an den Leser:

Vertraue still dem Jehova und harre auf Ihn! Erzürne dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den Mann, der böse Anschläge ausführt! Ps. 37,7.

Seid stark, und euer Herz fasse Mut, alle, die ihr auf Jehova harret! Ps. 31,24.

Seid stark, und euer Herz fasse Mut, alle, die ihr auf Jehova harret! Ps. 31,24.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 20:

1

Auf die Fragen 20 und 21 gingen uns nur je eine Antwort Ein, für die wir den teuren Brüdern und Mitarbeitern dankbar sind. (D. Schriftl.)

Bitte um praktische Winke über Luk. 12,35 mit 2. Chron. 16,9.

Antwort

Über obige Frage könnten wir die Überschrift setzen: Unsere VerAntwortung. Wir sind auf der Welt, um Gott zu verherrlichen, und wie ungeheuer groß ist unsere VerAntwortung nach dieser Seite hin, wenn wir bedenken, daß bei dem Herrn Jesus der Dienst das vollkommene Ausüben des Vaterwillens war. Hier in Luk. 12 zeigt der HErr Seinen Jüngern diesen verAntwortungsvollen Pfad und zugleich den Widerspruch der Welt. Aber ohne Furcht sollten sie ihren Weg gehen, Herz und Gewissen sollten von Ihm, dem Meister, erfüllt sein. Der praktische Grundsatz, der ihren Wandel bestimmen sollte, war die alleinige Abhängigkeit von Ihm, dem Meister (Luk. 12,22-34). Ihre Stellung war gekennzeichnet in den Worten: „Denn wo euer Schatz ist, wird auch euer Herz sein.“ (V. 34.) Vor allem sollten sie nach dem Reiche Gottes trachten und das übrige würde ihnen dazugegeben werden. Diese VerAntwortung setzt eine große Wachsamkeit voraus, Wachsamkeit und Erwartung gehen zusammen. Wenn wir jemanden erwarten, müssen wir in wachender und auch in geschmückter Stellung sein; unser Anzug muß in Ordnung und das Haus erleuchtet sein. Dies ist das kostbare Teil derer, welche den HErrn während Seiner Abwesenheit erwarten. Es ist der Charakter eines wahren Jüngers, der seinen Blick zum Himmel gerichtet hat, während er seinen Dienst auf Erden ausübt. Stehen wir in dieser Erwartung, dann finden wir unsere Belohnung darin, daß Er, der HErr, uns dient (Joh. 13), und dabei werden wir so überwältigt von Seiner Liebe, daß wir unseren Platz und Stellung zu Seinen Füßen finden und Ihm Anbetung darbringen. Hierzu gehören gegürtete Lenden, eine klare in sich abgeschlossene Stellung und brennende Lampen, ein klarer Blick in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, nicht mehr eigenwilliger Gottesdienst, wovon der Jakobsbrunnen, der Joseph gehörte, wo auch dessen Gebeine ruhten (Jos. 24,32), ein Zeugnis war, denn dieser war in den Händen der Fremden, der Samariter, die nichts von Anbetung wußten. Deshalb sagte der Herr Jesus an jener Stelle dem Weibe, daß der Vater wahrhaftige Anbeter suche (Joh. 4,23). Denn nur so wird eine klare Verbindung mit dem Vaterherzen und dem Vaterhause hergestellt werden. Hier wie dort, in Luk. 12 und in 2. Chron. 16 ist's der gleiche Pfad und die gleiche Stellung. Falsche Bündnisse bewegen Asa und er gibt damit Silber und Gold aus den Schätzen Jehovas preis, ja er geht noch weiter in seiner Verblendung: er legt den Seher Hanani in das Stockhaus und tut etlichen vom Volke Gottes Gewalt an. Auch in der Krankheit suchte er Jehova nicht, sondern die Ärzte. Wo euer Schatz ist, wird auch euer Herz sein. Äußere Dinge können unser Herz ausfüllen, oder man kann durch fromme Übungen und eigenen Gottesdienst eine falsche Umgürtung anlegen und Scheinlicht tragen, ähnlich wie Kain und die törichten Jungfrauen (2. Tim. 3,5). Aber unser Gott sieht tiefer und weiter. Er sucht auch jetzt noch wahrhaftige Anbeter und Menschen mit umgürteten Lenden und brennenden Lampen, solche,

die auf ihren HErrn warten. So auch damals und heute: „Seine Augen durchlaufen die ganze Erde, um Sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist.“ Achten wir darauf, daß uns Gott nicht auch sagen läßt: „Hierin hast du töricht gehandelt.“ Möge es vielmehr allen gelten, dem Schreiber und dem Leser: „Glückselig jene Knechte, die der HErr, wenn Er kommt, wachend finden wird (Luk. 12,37).

Th. W.

Frage 21

Ist das AIter der alttestamentlichen Patriarchen (z. B. Methusala) nach unserer Zeitrechnung angegeben?

Antwort

Am vierten Schöpfungstage schuf Gott die Lichter der Ausdehnung des sichtbaren Himmelsraumes mit der Bestimmung, „zu scheiden zwischen dem Tage und der Nacht und zu geben Zeichen, bestimmte Zeiten, Tage und Jahre“ (1. Mose 1.14; vgl. 16-18). „Solange die Erde stehet, sollen nicht aufhören Saat und Ernte, und Frost und Hitze, und Sommer und Winter, und Tag und Nacht“ (1. Mose 8, 22). Dies sind also von Gott Selbst festgesetzte Ordnungen. Seit jener Zeit gibt es Tag und Nacht in ununterbrochener Regelmäßigkeil; aber auch die Zeiten und Jahre werden durch die Sonne bestimmt, wie die Saat und Ernte, der Frost und die Hitze. Diese Regelmäßigkeit der Jahreszeiten kann von Menschen ebensowenig verändert werden, wie die der Tage und Nächte. Auf diese von Gott festgesetzten Ordnungen weist der HErr Selbst durch den Propheten Jeremia hin, wenn Er von der Erhaltung des Volkes Israel spricht, trotz des Gerichtes der babylonischen Gefangenschaft: „Wenn diese Ordnungen vor Meinem Angesicht weichen werden, spricht Jehova, so soll auch der Name Israels aufhören, eine Nation zu sein vor deinem Angesicht alle Tage“, Jer. 31,36.37; vgl. 33,25: „Ich habe die Ordnungen des Himmels und der Erde festgesetzt.“ Hierauf gründet sich auch der Apostel Paulus mit seiner Hoffnung für Israel, das nun eine Zeitlänge wegen der Verwerfung des Sohnes Gottes und der Nichtannahme des Evangeliums von Christo Jesu auf die Seite gestellt wurde bis zu seiner Wiederannahme (Röm. 11,1-36; vgl. 25-28).

Nach Gottes festgesetzter Ordnung werden die Jahreszeiten von der Sonne bestimmt. Dennoch unterscheiden wir astronomische Jahre von 365 Tagen 6 Stunden, 9 Minuten und 9½Sekunden, durch welche alle vier Jahre ein Schalttag eingefügt und zur Ausgleichung alle 200 Jahre ein Schalttag ausgelassen werden muß.

Sonnenjahre von 365 Tagen, diese hatten schon die alten Ägypter, sie teilten das Jahr in zwölf Monate zu 30 Tagen und fünf Ergänzungstagen. Da Mose in aller Weisheit der Ägypter gelehrt wurde (Apgesch. 7,22), so kannte er diese Einteilung der Jahre und sind wohl auch die vorsintflutlichen Zeiten also bemessen.

Mondjahre sind Jahre von zwölf Mondmonaten und enthalten 354 Tage; ein Mondjahr ist um elf Tage kürzer als ein Sonnenjahr. Mit dem Auszug der Kinder Israel fing der HErr für sie eine neue Zeitrechnung an (2. Mose 12,2), welche nach Mondmonaten (Neumond) rechnete, aber doch im siebenten Monat das bürgerliche Neujahr als Fest des Blasens einrichtete (3. Mose 23,23-25). Da das

Laubhüttenfest mit der Einbringung der Früchte des Landes zusammenhängt, so mußte notwendigerweise alle zwei oder drei Jahre ein Schaltmonat eingefügt werden (der Veadar), wie es bei den Juden jetzt noch üblich ist. Demnach hatte Israel eine doppelte Jahresrechnung: das bürgerliche Jahr von 365 Tagen und das heilige Jahr, das Mondjahr, streng nach Sonne und Mond berechnet. Da dies, wie es scheint, besonders für Israel eingeführt wurde, so könnte es bei der vorsintflutlichen Zeit auch als ausgeschaltet gelten.

Im Sintflutbericht 1. Mose 7,11 bis 8,14 haben wir eine Jahresrechnung, die mit dem Geburtsjahr Noahs verknüpft ist. Wenn wir den Monat zu 30 Tagen rechnen, so ergibt sich folgendes:

1. Mose 7,11: Der 17. Tg. d. 2. Mts. ist der 47.Tg. d. Js.

1. „ 8,4: 5 Mte. zu 30 Tg. (ab 17.2.) sind 150 Tg.

1. „ 8,5: bis zum 1. Tage des 10. Monats sind es 73 Tg.

1. „ 8,6: noch weitere 40 Tg.

1. „ 8,7: Rabe und Taube, Zeit zirka 30 Tg.

1. „ 8,10: die zweite Taube, Zeit zirka 7 Tg.

1. „ 8,12: die dritte Taube, Zeit zirka 7 Tg.

1. „ 8,13: das 601. Jahr Noahs = 354 Tg.

ist also ein Mondjahr, rechnen wir aber von der dritten Taube noch sieben Tage Wartezeit, dann haben wir ein Jahr zu 12x30 Tagen. Da die Erde erst am 27. Tage des zweiten Monats ganz trocken wurde, so währte die Sintflut ein Jahr und zehn Tage, also genau 354+10=365 oder 370 Tage, etwa vom 1. November bis dahin im folgenden Jahr.

Es ist nun bei der Berechnung des Alters der vorsintflutlichen Patriarchen von wenig Belang, ob Jahre zu 354

oder 365 Tagen berechnet werden. Methusala lebte in Mondjahren berechnet nur 26 Jahre weniger, also 943 Sonnenjahre. Da aber nach Gottes eigener Festsetzung die Sonne das Jahr bedingt, so können wir getrost die Zeitrechnung nach Sonnenjahren festhalten. Des HErrn Wort ist wahrhaftig.

F. Th. H.

Frage 22

Welchen Platz nimmt das Gericht der Lebendigen in Matth. 25,31-46 in der Offenbarung ein?

Antwort A

Diesen Ereignis geht Offenb. 19,11-21 vorauf. Dann wird der HErr auf dem Throne Seiner Herrlichkeit sitzen und alle Nationen werden vor Ihm versammelt werden. Dieses alles wird sich auf Erden vollziehen und ohne Zweifel in Jerusalem bei Beginn des 1000-jährigen Reiches. Auch ist wohl anzunehmen, daß nicht alle Nationen auf einmal vor Ihm erscheinen werden.

anzunehmen, daß nicht alle Nationen auf einmal vor Ihm erscheinen werden.

In der Offenbarung finden wir dieses Gericht nicht buchstäblich beschrieben. In Kap. 20,4 lesen wir, daß Throne gesehen werden, und die darauf saßen, denen wurde gegeben Gericht zu halten und zu herrschen mit Ihm 1000 Jahre. In diesen Worten dürfte man es finden. Es scheint danach, daß der HErr auch bei diesem Gericht Mitgenossen, Mitrichter hat. Man vergleiche Matth. 19,28; 1. Kor. 6,2.3. Wir finden nicht jedes zukünftige Ereignis in der Offenbarung beschrieben. Z. B. von der Entrückung berichtet sie nichts. Wir finden nur die vollzogene Tatsache in Offenb. 4 u 5. Dagegen wird uns die Entrückung in 1. Thess. 4 beschrieben wie auch 1. Kor. 15,51.52. So spricht Matth. 25,31-46 ausführlich von dem Gericht der lebenden Nationen, während die Offenbarung es in Kap. 20,4 nur andeutet.

F. B.

Antwort B

In Matth. 25,31-40 sehen wir das Teil der Gerechten und in den Versen 41-46 das Teil der Gottlosen.

Nachdem der Herr Jesus als Sohn des Menschen vom Himmel herabgekommen ist, wird Er Sich als König auf den Thron der Herrlichkeit setzen. (Matth. 25,31-34.) Alsdann wird das Gericht der lebenden Nationen oder Völker beginnen. (Dieses Gericht der Lebendigen ist nicht zu verwechseln mit dem Gericht der Toten in Offenb. 20.)

Hier in Matth. 25 handelt es sich um die bei der Wiederkunft des HErrn lebenden Völker auf Erden. Diese scheidet der HErr in Schafe und Böcke, die einen nennt Er „Gesegnete“ und „Gerechte“, die anderen „Verfluchte“. Die Gesegneten gehen ein in das Reich (1000-jährige Reich), die Verfluchten in die ewige Pein.

Nicht um die Gemeinde, die Braut, handelt es sich hierbei, diese ist schon zuvor in den Himmel entrückt. Sie wird ihren HErrn als den König Israels bei Seiner Herabkunft zum Gericht begleiten und dabei zugegen sein. (1. Kor. 6,2; Offenb. 19,14.) Dieses Gericht der Lebendigen steht dem Gericht der Toten gegenüber. Dieses letztere findet viel später - nach dem 1000-jährigen Reiche - statt, wenn die Welt ihr Ende gefunden hat, also Himmel und Erde aufgelöst sind. (Offenb. 20,11.)

Vielfach werden diese beiden Gerichte, das über die lebenden Völker (Matth. 25,31-46) und das Endgericht über die Toten (Offenb. 20,11-15) miteinander verwechselt.

In Offenb. 20,11-15 sehen wir den „großen weißen Thron“, Bücher werden aufgetan, und die Toten werden nach dem gerichtet, was in den Büchern geschrieben ist, nach ihren Werken. Alle, von Anbeginn der Geschichte an, müssen erscheinen. Es heißt: „Das Meer gab die Toten, die in ihm waren, und der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren.“ Kein Toter bleibt zurück.

Während es sich hier (Offenb. 20) um das Gericht der Toten handelt, bei dem kein Lebendiger zugegen ist (und wie könnte auch ein Lebendiger dabei sein, da Himmel und Erde schon vergangen sind), handelt es sich in Matth. 25 um das Gericht der Lebendigen, und kein Toter ist dabei zugegen. - Die Toten werden gerichtet nach dem, was in den Büchern geschrieben steht, nach ihren Werken; die Lebendigen dagegen werden gerichtet gemäß ihrer Stellungnahme zu denen, die der HErr „Seine Brüder“ und „die Geringsten“ nennt.

Brüder“ und „die Geringsten“ nennt.

„Diese Seine Brüder“ (V. 40 u. 45) sind die, welche nach der Entrückung der Gemeinde das Evangelium des Reiches predigen, und in der Aufnahme oder Verwerfung dieser offenbarte eben jeder die Aufnahme oder Verwerfung Christi.

Wohl uns, wenn wir über die Gerichte hinausblicken dürfen auf Ihn, den kommenden HErrn, der für uns im Gericht war und uns damit eine ewige Herrlichkeit erworben hat.

Ph. W.

Antwort C

Zur BeAntwortung dieser Frage ist es wichtig, sich über Matth. 25 und die Endgerichte der Offenbarung klar zu werden.

In Matth. 24 u. 25 Antwortet der HErr Seinen Jüngern auf die Frage: „Wann wird dieses sein, und was ist das Zeichen Deiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters?“ (Vers 3.) Es ist das jüdische Zeitalter gemeint. Von der Gemeinde war den Jüngern noch nichts bekannt (siehe Antwort Auf Frage 14, 1917). Der HErr teilt Seinen Jüngern mit:

1. Auf der Erde werden Kriege, Hungersnöte, Seuchen und Erdbeben sein. Die Juden werden gehaßt und verfolgt werden, falsche Propheten werden aufstehen. Und - „dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis“ (24,14); Kap. 24,1-28.

2. Christus, der Sohn des Menschen, wird auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit erscheinen, und Er wird durch Seine Auserwählten den Überrest aus Israel von den Enden der Erde versammeln. (24,29-31).

3. Dann redet der HErr von Seinen Knechten, ihrem Verhalten während Seiner Abwesenheit und ihrer Belohnung in den Gleichnissen vom Feigenbaum, von den zehn Jungfrauen und von den anvertrauten Talenten (Kap. 24,32 - 25,30).

4. Von Vers 31-46 in Kapitel 25 kündigt der Herr das Gericht der Nationen bei Seiner Wiederkunft in Herrlichkeit an. Beachten wir, es ist das Gericht über die Lebenden, nicht über die Toten. Das Gericht geschieht nach dem Verhalten der Völker zu Seinen Brüdern, den Juden. Drei Klassen werden unterschieden: Schafe, Böcke und Brüder. Die Einen werden gerettet, die Anderen gehen in die ewige Pein.

Vergegenwärtigen wir uns nun die Ereignisse von Offenbarung 19 u. 20.

Das 19. Kapitel beginnt mit den vier Hallelujas der verherrlichten Heiligen (1-6); hierauf heißt es in Vers 7: „Die Hochzeit des Lammes ist gekommen“.

Mit Vers 11 beginnt alsdann das zweite Kommen des HErrn in Herrlichkeit (Matth. 24,30 u. 25,31). Christus kommt auf weißem Pferde aus dem geöffneten Himmel, auf daß Er die „Nationen schlage“ (Vers 15). Das Tier, die Könige der Erde und ihre Heere versammeln sich, um mit Ihm Krieg zu führen; aber das Ergebnis ist das endgültige Gericht über das Tier (Vers 19), den falschen Propheten (Vers 20) (siehe auch 13,1 u. 13,11-17) und die Könige der Erde (Vers 21).

(Vers 20) (siehe auch 13,1 u. 13,11-17) und die Könige der Erde (Vers 21).

Am Anfang des 20. Kapitels wird uns dann mitgeteilt, daß Satan, die alte Schlange, tausend Jahre gebunden wird (Vers 1-3). Nachdem der Abgrund über ihm verschlossen ist, beginnt das Tausendjährige Reich, an dessen Anfang die erste Auferstehung ihren Abschluß findet. Niemand, der verloren geht, nimmt daran teil. Die Unerlösten werden nicht anferweckt, sondern nehmen nach dem Tausendjährigen Reich an dem Gericht der Toten teil (Vers 11-16).

Nach dem Tausendjährigen Reich werden Satan und seine Mitgefangenen losgelassen. Der Teufel verführt die Nationen wiederum. Aber Christus richtet den Gog und den Magog (Vers 9), Satan (Vers 10) und die Toten vor dem großen weißen Thron (11-16). Dies ist das Endgericht, das Gericht der Toten, von dem aber in Matth. 25 keine Rede ist. Es ist also klar, daß das Gericht der Nationen in der Offenbarung nicht erwähnt ist, wie andererseits das Gericht der Toten im Matth.-Evangelium nicht zu finden ist. Das Gericht in Matth. 25 als das Jüngste Gericht zu bezeichnen ist unrichtig und irreführend. Das Matthäusevangelium berichtet von dem Messias und Seiner Verwerfung von seiten der Juden bei Seinem Kommen in Knechtsgestalt; ferner im 25. Kapitel von der Wiederkehr des Messias in Herrlichkeit, wobei Er die Nationen nach ihrem Verhalten zu dem gläubigen Überrest der Juden richten wird. Die Offenbarung erzählt uns hiervon nichts, da sie den ganzen Verlauf der großen Ereignisse bis zur endgültigen Beseitigung des Bösen, Satans, und seiner Anhänger berichtet. Es scheint mir, daß das Gericht der Nationen (Matth. 25) nach dem Gericht über das Tier, den falsche Propheten und die Könige der Erde stattfindet; also am Ende des 19. Kapitels.

Stellen wir nun, soweit wir das bis heute erkennen, die Ereignisse der letzten Zeit, des „Tages des HErrn“, zusammen, so erhalten wir folgende Ordnung:

1. Die Wiederkunft des HErrn in Herrlichkeit (Matth. 24,29.30; Offenb. 19,11).

2. Das Tier und der falsche Prophet werden in den Feuersee geworfen; die

Könige der Erde und ihre Heere verfallen dem Gericht (Offenb. 19,11-21).

3. Das Gericht über die Nationen (Matth. 25,31-46; Sach. 14,1-9).

4. Der Abschluß der ersten Auferstehung und das Tausendjährige Reich

(Offenb. 20,4-6).

5. Die satanische Empörung und ihr Enden (Offenb. 20,7-10).

6. Die zweite Auferstehung, die Auferstehung der Toten und das Endgericht

(Offenb. 20,11-15).

7. Der Tag Gottes, nachdem die Erde verbrannt ist durch Feuer (2. Petr. 3,1;

Offenb. 21,1).

Wir möchten nicht verfehlen, den Gläubigen das aufmerksame Lesen und Sichversenken in die Offenbarung zu empfehlen. Wir nähern uns der Endzeit. Der gegenwärtige Weltkrieg bringt Entscheidungen, an die wir noch vor wenigen Jahren nicht gedacht haben. Die finstere Stunde der

Mitternacht wird bald dem Morgenrot des Tages des Herrn weichen mussen.

C. S.

 

Frage 23

Ich bitte um Aufklärung über „die Urim und die Thummim“ (Luther: „Licht und Recht“) nach 2. Mose 28,30!

Antwort A

Durch eine mächtige Errettung (Passahlamm) hatte Gott Sein Volk Israel aus der Knechtschaft Ägyptens befreit und für immer durch das Rote Meer von Ägypten getrennt. Nun stand es im Begriff, nach Kanaan zu ziehen. In Mose gab Gott dem Volke einen Führer. Obwohl das Volk den starken Arm Jehovas kennen gelernt hatte, war und blieb es allen menschlichen Gebrechen und Verirrungen zugeneigt, bereit zu klagen und zu murren und Jehova zu vergessen. Um mit dem Volke weiter in Verbindung zu bleiben, ihm nahe zu sein und es segnen zu können, ordnete Gott das Priestertum an.

Kap. 28 beschreibt uns die Kleidung des Priesters. Nie durfte und konnte der Priester in seiner eigenen Kleidung vor Jehova erscheinen. Seine Kleidung mußte der Herrlichkeit Gottes entsprechen. An dieser Kleidung war alles bedeutungsvoll. Besonders beachtenswert war das Oberkleid mit dem Ephod und dem Brustschild. Auf dem Ephod, das Aaron über den Schultern trug, waren zwei Onixsteine angebracht, und auf diesen Steinen waren die Namen der zwölf Stämme Israels, in Gold eingefaßt, eingegraben. Ebenso waren auf dem Brustschilde vier Reihen kostbarer Steine mit den Namen der zwölf Stämme eingesetzt. In dieses Brustschild des Gerichtes sollten die Urim und die Thummim hineingelegt werden, so daß sie auf dem Herzen Aarons waren, wenn er zu Jehova hineinging.

Israel, als Volk aus Ägypten gerettet, stand unter den großen Gnadenerweisen Gottes, aber auch unter großer VerAntwortlichkeit, und, infolge seines Zukurzkommens, unter Gericht. Das Priestertum wurde angeordnet, um die Verbindung mit Gott in Gnade zu unterhalten. Der Priester war somit der Vertreter des Volkes bei Gott. Er trug das Volk und sein Gericht gleichsam vor Gott auf seinen Schultern und auf seinem Herzen. Welcher Fehl auch bei den zwölf Stämmen gefunden werden und welches Gericht über sie kommen mochte, ihre Namen glänzten beständig in unverwelklichem Glanze auf Schulter und Herz des Hohenpriesters vor Gott. Gott hatte ihre Namen dorthin gesetzt, und niemand vermochte sie dort wegzunehmen.

Die Urim und die Thummim wurden in das Brustschild hineingelegt. Was waren sie? Von ihnen steht nicht geschrieben, daß sie wie die anderen Gegenstände von Männern weisen Herzens gemacht wurden. Aus verschiedenen Stellen des Wortes Gottes sehen wir, daß die Urim und Thummim mit den Mitteilungen der Gedanken Gottes über die mancherlei Wege und Fragen in der Geschichte Israels in Verbindung standen (4. Mose 27,21; 5. Mose 33,2-10). Der Hohepriester trug nicht nur das Gericht des Volkes vor Jehova, er empfing auch Antwort und die Gedanken und Urteile Gottes für das Volk. Er war somit der Vermittler der Gedanken Gottes für das Volk.

Schreiber dieses neigt zur Annahme, daß die Urim und Thummim damals noch ein göttliches Geheimnis war betr. der Liebesratschlüsse Gottes, speziell über Sein Volk, und zugleich vorbildlich ein

Hinweis auf Jesum, Seinen geliebten Sohn, als Hoherpriester für alle Heiligen der gegenwärtigen Gnadenzeit.

Die in manchen Bibelübersetzungen angegebene Bedeutung der Worte Urim und Thummim als Lichter oder Licht und Vollkommenheit erinnert uns an 1. Joh. 1,5: Gott ist Licht. Es war etwas Großes, daß Aaron sich Gott nahen durfte, aber er ist das Vorbild vom HErrn, dem vollkommenen Priester. Was wir in Aaron sehen, ist in Christo verwirklicht in Vollkommenheit. Die Schultern, die das Metall tragen, tragen auch das schwächste Glied Seiner Gemeinde. Beständig sind wir auf Seinem Herzen vor Gott im Heiligtume. Und in den täglichen Umständen des Lebens teilt Er uns durch Seinen Geist vermittelst des Wortes die Gedanken Gottes mit (Urim und Thummim). Wir haben nicht mehr nötig, durch Träume und Gesichte unterwiesen zu werden. Wir wandeln in Abhängigkeit von Ihm und Seinem Worte, und so haben wir die Urim unseres großen Hohenpriesters und wird es uns nicht an Licht fehlen.

F. B.

Anmerkung des Herausgebers

Den Urim und den Thummim wird in der Schrift einzeln der Artikel vorangestellt, welches erweist, daß es zwei unterschiedene Gegenstände waren, und nicht, wie manche annehmen, nur ein Gegenstand war. Mose sollte sie in die Falte des Brustschildes legen (2. Mose 28,30; 3. Mose 8,8.) Woher sie kamen - ob Gott sie ihm gab; was sie waren - ob kostbare Steine; welche Gestalt und Form sie hatten - darüber hat Gott nichts niederschreiben lassen, und deshalb vermag auch niemand etwas darüber zu sagen. Das erste, was wir über sie lesen, lautet: „Und lege in das Brustschild des Gerichtes die Urim und die Thummim“ (2. Mose 28,30). Hieraus möchte man schließen, daß sie Mose bereits von Gott gegeben oder doch so bezeichnet worden waren, daß er sie nur nehmen konnte.

Wenn wir nun auch nicht wissen, was sie waren, so wissen wir doch dreierlei, und daraus können wir lernen: I. Ihre Namen: Namen der Schrift sind nicht nur eine Kennzeichnung und Unterscheidung, sondern enthalten auch die Bedeutung, das Wesen des Benannten. Ihre Namen sind „Licht“ und „Vollkommenheit“ (in der Mehrzahl). Nicht Israels, sondern Gottes Licht und Vollkommenheit. In den Urim und den Thummim wurde Israel der Grundsatz gezeigt, daß in jeder Sache oder Frage das Licht und die Vollkommenheit Gottes entscheidend sein sollte.

II. Ihren Platz: Da wo das Wesen und die Wirkung der Urim und der Thummim gefunden werden sollte.

1. „In dem Brustschilde mit den zwölf Steinen“. Das Brustschild trug die zwölf kostbaren Steine, die das Volk Israel darstellten. Verborgen hinter diesen Steinen befanden sich die Urim und die Thummim. Zeigt uns dieses nicht, daß das Wesen der Urim und der Thummim, das Licht und die Vollkommenheit Gottes in diesem zwölsstämmigen Volke von der Welt gesehen werden sollte?

2. „Auf dem Herzen Aarons“. Dieses zeigt uns andererseits, daß „Licht“ und „Vollkommenheit“ in Gnade bei dem Volke wohnen wolle. Auf dem Herzen des Hohenpriesters sollten sie sein, denn ohne das Hohepriestertum - ohne den Dienst der Gnade, hätte das „Licht“ und die „Vollkommenheit“ Gottes das Volk verzehren müssen.

3. „Vor Jehova“. Im Heiligtum vor Seinem Auge wollte Gott Sein Volk haben. Auf der Brust des

3. „Vor Jehova“. Im Heiligtum vor Seinem Auge wollte Gott Sein Volk haben. Auf der Brust des Hohenpriesters in den zwölf kostbaren Steinen mit den dahinter liegenden Urim und Thummim sollte es vor Jehova ins Heiligtum gebracht werden. In der Herrlichkeit des göttlichen Lichtes und der Vollkommenheit, so wollte Gott Sein Volk im Heiligtume schauen.

III. Ihre Anwendung: Die Urim und die Thummim sollten dem Volke Aufschluß, Unterweisung über den Willen Gottes in allen Fragen geben. Sie sollten befragt werden, so ordnete Gott es an (4. Mose 27,21). In allen Fragen der Wüstenreise wollte Gott durch sie Licht geben. In welcher Weise dies geschah, ob eines gleich dem Lose herausgenommen und dadurch der göttliche Entscheid gegeben wurde, wird uns nicht gesagt. Es genügt, Gott gab durch die Urim und mittels des Bundes des Hohenpriesters Seinem Volke Unterweisung für ihren Weg durch die Wüste nach Kanaan.

Nach Davids Tagen finden wir die Urim und die Thummim nicht mehr. Abjathar ist der letzte, von dem uns berichtet wird, daß er das Ephod (welches mit dem Brustschilde und dem Urim und Thummim verbunden war) gebrauchte, um Gott zu fragen. (1. Sam. 23,6-9 u. 30,7.) In den Tagen Esras und Nehemias war kein Priester für die Urim und Thummim mehr da. Dies kam zum Ausdruck, als etliche ihre Herkunft nicht angeben konnten. Ihre Zugehörigkeit zum Volke Gottes war fraglich. (Wie auch heute bei manchen; sie sind gleich jenen in derart babylonischen Verbindungen, daß es schwer zu sagen ist, welchem Geschlecht sie angehören.) Niemand konnte es entscheiden als allein der Hohepriester mit den Urim und Thummim. Die Sache mußte unentschieden gelassen werden, bis ein solcher aufstände. (Esra 2,62.63; Nehem. 7,64.65; 2. Tim. 2,19).

Dieser Hohepriester, nach dem der treue Überrest damals ausschaute, ist gekommen in der Person des HErrn. In Ihm finden wir alles wieder. Bei Ihm sind die Urim und die Thummim.1 Er läßt das Licht und die Vollkommenheit Gottes auf alles prüfend, beurteilend und entscheidend leuchten. Er wandelt heute unter den Gemeinden, alles prüfend und erforschend, ob die „Leuchter“ Gottes Licht und Vollkommenheit ausstrahlen und Seine Herrlichkeit in den Gemeinden gesehen wird.

1

In der einzigartigen Stelle in Jak. 1,17 finden wir beide, die Urim und auch die Thummim. Die Urim: Der Vater der „Lichter“. Die Thummim (die Vollkommenheit): Bei welchem „keine Veränderung ist noch ein Schatten von Wechsel“.

Wie einst Aaron, der Repräsentant Israels, vor Jehova im Heiligtum war, so ist auch Er heute im Heiligtum und trägt vor Gott die Namen der Seinigen auf Seiner Brust, und in Ihm sieht Gott uns in dem Lichte und der Vollkommenheit Seiner ewigen Vorsätze.

Und wie Israel, so empfangen auch wir auf der Pilgerreise nach dem oberen Kanaan die Unterweisungen der Urim und der Thummim. Wir wandeln nicht im Lichte der Gebote Sinais, sondern im Lichte der Herrlichkeit Gottes. Die Erkenntnis Gottes weist uns unser Verhalten an. Das Licht und die Vollkommenheit Gottes sind der Maßstab für alles! Was diesen zuwider - entgegen ist, muß verurteilt werden. Unser „Ausziehen“ und „Einziehen“, unser ganzer Gang, ist nicht nach dem Gesetz, sondern nach der Erkenntnis Gottes. Alles, was Ihm nicht würdig, was unpassend, was unschicklich Seinem Lichte und deiner Vollkommenheit ist, das muß abgelegt werden. So geben die Urim und die Thummim durch den Mund des großen Hohenpriesters Seinem Volke auch heute noch Unterweisung für den Weg.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Christus und die Gemeinde.

Gottes Hauptplan und Wirken im gegenwärtigen Zeitalter betrifft nicht die Schöpfung, nicht die Völker, nicht Israel, nicht die Wiederherstellung aller Dinge, sondern „das Geheimnis“, Seine Gemeinde.

In den frühsten Tagen Seiner Wege mit den Menschen war Sein Wirken mit den Patriarchen verbunden. Später mit Israel. Immer finden wir die Treuen in Übereinstimmung mit Seinem Wirken. Dann begann ein neuer Tag. Sein Sohn erschien auf Erden. Alles Wirken Gottes war jetzt in Verbindung mit Seinem Sohne, und wieder finden wir die Treuen in Übereinstimmung mit Ihm. Sie verließen alles und folgten Ihm nach. Und heute? Der Sohn ist verworfen. Er ist in der Herrlichkeit. Gott aber hat den Heiligen Geist auf die Erde gesandt, und durch Ihn wirkt Er ein neues Werk, das ist Seine Gemeinde. Und wie zu allen Zeiten werden wieder die Treuen in Übereinstimmung mit Seinem Wirken sein. Als der Sohn auf Erden war, da konnte Er sagen: „Ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun“;1 und wieder: „Mein Vater wirkt ... und Ich wirke“.2 Was das Wirken Seines Vaters war, das war auch Sein Wirken. So soll es auch bei uns sein, ja, es kann nicht anders sein, wenn wir Ihn kennen und lieben.

1

Hebr. 10,7.

2

Joh. 5,17.

Stehen wir abseits von der Wahrheit Seiner Gemeinde, so ist die notwendige Folge, daß wir auch in anderen Dingen nicht gottgemäß gefunden werden können. Wir können nicht abseits von Seinem Plane für uns allein wandeln und Ihm wohlgefallen.

Jeder Gläubige ist durch den Geist mit Seiner Gemeinde verbunden, ein Teil derselben, sie beeinflussend in der Darstellung der Gedanken Gottes. Geht ein Glied an Seinen Gedanken über Seine Gemeinde vorüber, so kann es nicht Gottes Wohlgefallen haben. So tadellos auch der persönliche Wandel, und so viel Hingabe und Eifer ich auch haben mag, verwirkliche ich nicht praktisch meine Zugehörigkeit zur Gemeinde, die Sein Haus ist, so habe ich den mir vom HErrn angewiesenen Platz verfehlt. So viel Anerkennung und Lob ich auch von Menschen finden mag, es ändert nichts an der Tatsache: Ich bin an dem Hauptziel Seines Wirkens vorübergegangen. Sein Wirken war nicht mein Wirken.

Manche meinen nun, die Wahrheit der Gemeinde sei wohl für die damalige Zeit, aber nicht für heute passend. Die Verhältnisse, die Menschen, kurz, die Welt sei so gänzlich verändert, daß es geboten sei, die Gemeinde diesen anzupassen.

Die solches sagen, sehen nicht, daß sie damit die Gemeinde zu einem Teil der Welt machen. Hat aber die Gemeinde und ihr Haupt einen Zusammenhang mit der Welt? Wenn das Haupt nicht der Welt angepaßt werden kann, kann es dann der Leib? Müssen die göttlichen Ordnungen betreffs Seiner Gemeinde Rücksicht nehmen auf das Wesen der Zeit, und sollen Dinge, die dem Willen Gottes zuwider sind, die Wahrheit Seiner Gemeinde aufheben? Nichts gibt mir ein Recht, das Bild der Gemeinde, wie es die Schrift zeichnet, als die heute noch geltende Norm aufzugeben. Soll das Wort Gottes sich dem Menschen oder dem Zeitlauf anpassen? Nimmermehr! Alles muß sich dem Worte beugen.

beugen.

Andere sagen: Gewiß, die Gemeinde ist im jetzigen Zeitlauf der Zentralgedanke Gottes, aber unter „Gemeinde“ dürfe man keineswegs die als Gemeinde zusammenkommenden Kinder Gottes verstehen, sondern die sogenannte „unsichtbare“ Gemeinde, d. h. die Summe aller bereits gestorbenen, teils lebenden, teils noch nicht geborgen Kinder Gottes.

Laßt uns an der Schrift prüfen, ob im gegenwärtigen Zeitalter der Zentralgedanke Gottes nur die sogenannte „unsichtbare“ oder auch die auf Erden sichtbare Gemeinde umfaßt, und ob wir für diese verAntwortlich sind.

Die Schrift gibt uns über Seine Gemeinde nach vier verschiedenen Seiten hin Belehrungen, Belehrungen, in denen uns sowohl Seine Gedanken wie auch unsere VerAntwortlichkeit, dieselben auszuführen, gezeigt werden. Wir finden:

I. Die Gemeinde, als die große Gesamtgemeinde gesehen, bestehend aus allen Gläubigen, die jemals lebten, vom ersten Pfingsttage (Apgesch. 2) an bis zum Kommen des HErrn in der Luft (1.Thess.4). Der HErr sagt: „Auf diesem Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen“,1 und der Gemeinde ist Er als Haupt gegeben.2 Sie ist die Braut, das Weib des Lammes, die heilige Stadt, die aus dem Himmel herniederkommt.3

1

Matth. 16,18.

2

Eph. 1,22; 3,21.

3

Offenb. 21,9.10.

II. Dieselbe Gemeinde, gesehen als bestehend aus allen Gläubigen, die zurzeit auf Erden leben. Diese lebenden Gläubigen (in ihrer Gesamtheit) bilden bis zur Ankunft des HErrn stets das „Haus Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist“.1 Als Paulus diese Worte schrieb, waren viele Gläubige schon entschlafen. Der Heimgang solcher hob aber nicht die Gemeinde auf. Alle zur Zeit Timotheus' lebenden Gläubigen bildeten damals die Gemeinde Gottes. Und dieselbe Gemeinde ist heute noch da, obgleich von jenen Gläubigen niemand mehr lebt. Es ist noch dasselbe Haus Gottes, bewohnt von demselben Heiligen Geiste, obgleich andere Personen es bilden. Genau so wie damals gilt heute noch das Wort des Apostels: „Auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist.“2 Vergl. Auch 1. Kor. 10,32; 12,28; Eph. 3,10; 5,29 u. a. m. (Es ist wie mit einem Regiment. Z. B.: Im Jahre 1621 wurde das Leibgarde-Regiment Nr. 115 [Darmstadt] gegründet. Dasselbe Regiment existiert heute noch, obgleich niemand mehr von denen lebt, die es seinerzeit bildeten.)

1

1. Tim. 3,15.

2

1. Tim. 3,15.

III. Dieselbe Gemeinde, gesehen als örtliche Gemeinde, bestehend aus allen Gläubigen an einem Orte. Alle Gläubigen, welche in Rom, in Jerusalem usw. wohnten, wurden durch den Heiligen Geist als die Gemeinde in Rom, Jerusalem usw. angeredet.1

1

1. Kor. 1,2; 2. Kor. 1,1 ; Apgesch. 8,13; Offenb.1,11 usw.

Diese Gläubigen an einem Orte sind natürlich mit eingeschlossen, sowohl in die unter I bezeichnete Gesamtgemeinde wie auch in die unter II bezeichnete eine Gemeinde auf Erden. Alles, was diesen gilt, gilt auch der örtlichen Gemeinde. Sie ist berufen, an ihrem Orte die Wahrheit der einen und Gesamtgemeinde darzustellen. „Ihr aber“ (sagt der Apostel zur örtlichen Gemeinde in Korinth) „seid der Leib Christi und Glieder insonderheit.“1 Das, was die Gemeinde in ihrer Gesamtheit war, das sollten die Gläubigen als Gemeinde in jedem Orte insonderheit sein. Sie sind an ihrem Orte ein Ganzes und verAntwortlich, die Wahrheit und den Charakter der Gemeinde Gottes zu offenbaren. In Einheit verbunden mit allen, und doch jede Gemeinde für sich dem HErrn verAntwortlich, nichts in ihrer Mitte zu dulden, was irgend mit Seinen Gedanken über Seine Gemeinde in Widerspruch steht.

1

1.Kor. 12,27.

ihrer Mitte zu dulden, was irgend mit Seinen Gedanken über Seine Gemeinde in Widerspruch steht.

1

1.Kor. 12,27.

In der Gemeinde in Korinth herrschte viel Unordnung. Diese Dinge konnten dort Boden finden, weil sie in Unwissenheit über Gott waren. Zur Beschämung mußte Er es ihnen sagen.1 Hätten sie Gott gekannt und sich als „Gottes Gemeinde“, so hätte der „Mensch“ und das „Fleisch“ ihr Auge nicht gefesselt, und die Dinge der Unordnung hätten keinen Platz gefunden.

1

1.Kor. 15,34.

Und heute? Ach, die Mehrheit der Gläubigen hat das lebendige Bewußtsein, „Gottes Gemeinde“ zu sein, verloren. In den sieben Sendschreiben der Offenbarung wird uns gezeigt, daß der HErr heute noch inmitten Seiner Gemeinde wandelt. Sein Auge sieht alles. Er ermutigt, tadelt, ruft zur Buße, züchtigt. Wohl uns, wenn wir zur Besinnung und

zur Buße kommen und alles, was Seiner Gemeinde nicht entspricht und mit Seinen Anordnungen nicht im Einklang ist, hinwegtun.

IV. Dieselbe Gemeinde, gesehen zusammengekommen „als Gemeinde“. Z. B. sagt der Apostel: „Wenn ihr als (oder in) Gemeinde zusammenkommt“, und wieder, daß er lieber „in der Gemeinde“ fünf Worte reden will usw.1 Es mag sein, daß nicht alle Gläubigen an einem Orte vollzählig zusammenkommen (weil, wie in Korinth, „viele schwach, krank“ oder andere Hinderungsursachen da sein mögen). Die Zusammengekommenen aber betrachtet die Schrift „als Gemeinde“ versammelt.

1

1. Kor. 11,18; 14,19 u. a. m.

Obgleich alle an diesem Zusammenkommen als Gemeinde nicht teilnehmen mögen, sind und gehören sie doch (ob daheim oder versammelt) zur Gemeinde an ihrem Orte. Aber alle sollten, wenn die Gläubigen in der Wahrheit der Gemeinde Gottes (der jedes Glied verpflichtet ist unterworfen zu sein) zusammenkommen, auch dort gefunden werden.1

1

Z. B. wenn die Gemeinde zusammenkommt, das Abendmahl des HErrn zu feiern. Wie sollte das Bild der von Gott gemachten Einheit „ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen“, dort gesehen werden!

Wir sehen somit aus der Schrift, daß das große Zentralwirken Gottes im jetzigen Zeitalter nicht nur die sogenannte unsichtbare Gemeinde, sondern überhaupt Seine Gemeinde nach jeder Seite hin umfaßt.

Solange Er Seine Gemeinde hienieden hat und Sein Geist in ihr wohnt und wirkt, solange der HErr inmitten der Leuchter prüfend wandelt und Er „in der Gemeinde“1 die Gaben setzt „für die Auferbauung Seines Leibes“,2 solange gelten uns auch Seine Anordnungen über unser Verhalten im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, und haben wir keine Freiheit, Gottes Gemeinde als Nebensächliches zu behandeln, noch sie den Formen und Verhältnissen der Welt anzupassen.

1

1. Kor. 12,28.

2

Eph. 4,12.

Es ist nicht schwer zu sehen, daß, so wie Satan zu allen Zeiten gesucht hat, Gottes Volk zu hindern, in die Gedanken Gottes einzugehen, er auch heute dabei ist, den Gläubigen den Blick für Seine Gemeinde zu verdunkeln.

Der HErr schenke Gnade, nüchtern und wachsam zu sein.

Einige Gedanken zu Apgesch. 7,54-60.

Zu dieser Stelle, die uns Gläubige stets aufs neue ergreift, so oft wir sie lesen, ist mir unter vielen eins so besonders köstlich: daß wir in ihr ein eigentümlich schönes Beispiel haben von der erst viel später uns geschenkten Belehrung über das Verwandeltwerden in des Herrn Jesu Bild nach 2. Kor.

3,18. Nämlich in Vers 59 und 60 finden wir ganz deutlich die Gesinnung Jesu, und zwar entspricht Vers 59 dem Wort des HErrn am Kreuz nach Luk. 23,46: „Vater, in Deine Hände übergebe Ich Meinen Geist“, und Vers 60 der ebenfalls am Kreuz ausgesprochenen Bitte des Heilands: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Luk. 23,32-34.) Daß bei dem HErrn diese Worte in umgekehrter Reihenfolge (und zwar als letztes und erstes Wort am Kreuz!) erfolgten und daß sie sich betreffs ihrer Tiefe und Breite, Länge und Höhe weit über die des Stephanus erhoben, zeigt die Vollkommenheit des Menschen Christus Jesus gegenüber dem Menschen Stephanus.

Aber dieser beweist uns, daß es herrliche, köstliche Tatsache ist mit der Verwandlung in des HErrn Bild, wenn die Vorbedingung derselben unser Teil ist: „Das Anschauen der Herrlichkeit des HErrn.“ Er hatte in seinem Leben also hineingeblickt, und besonders seine Todesstunde gibt uns davon ein liebliches Zeugnis in Vers 55. Und hierzu noch eins, was mir wertvoll zu sein scheint: Wann schaute Stephanus gen Himmel - als er unter den Steinwürfen zusammenbrach, also in der höchsten Todesnot, oder schon vorher? Nicht wahr, der Heilige Geist berichtet uns, daß er vorher seinen Blick aufwärts gerichtet hielt, daß er „voll Heiligen Geistes unverwandt gen Himmel schaute“! Welch gesegnetes Tun!

Meine geliebten Geschwister! Ist das unsere Übung? oder sind erst die Not, die Kriegsnot, höchstes Leid, Krankheit, Tod vor Augen unsere Lehrmeister im Schauen gen Himmel? Sicher werden wir auch dann etwas von Ihm sehen und Er wird uns nicht enttäuschen, aber Er ist es wert, daß wir auf Ihn schauen zu aller Zeit, auch in guten Tagen, daß unsere Blicke sich wegkehren von dem Wesen der Welt in jeder Hinsicht, dem HErrn in der Herrlichkeit aber zugewandt sind und mehr und immer treuer werden (Hebr. 12,1-3), daß wir mehr in der Gesinnung des Paulus stehen nach Phil. 1,21 oder auch den beiden Menschen in Luk. 2,25-38 gleichen. Welch Gewinn für Zeit und Ewigkeit ist diese Gesinnung! Es ist die Gesinnung, die auch in Christo Jesu war, es ist Sein Wesen, Sein Verhalten auch in Seiner Erdenlaufbahn gewesen, zu aller Zeit mit dem Vater in Verbindung und Gebetsverkehr zu leben. Ganz besonders schön offenbart uns dies Joh. 16,33 - 17,1ff.!

Möchten wir doch lernen von Stephanus, uns hineinverwandeln zu lassen in des Herrn Jesu Bild durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit! „Laßt uns Gnade haben“

(Hebr, 12,28), diese böse Zeit auszukaufen durch treues Zeugen von Ihm und für Ihn, der uns liebt und Sich Selbst für uns gegeben hat (Eph. 5,1-21), aber laßt uns nicht vergessen, durch Gnade den Blick fest auf Ihn gerichtet zu haben zu aller Zeit, in Freud und Leid, damit unser Sinn und Wesen in Seines hineingebildet unserem mündlichen Zeugnis entspricht und früher oder später unser Heimgang - wie Er will (Joh. 22,211), so oder so, ob ehe Er kommt oder dann, wenn Er kommt - ein Triumph sei, ein herrlicher Sieg, „ein reichlicher Eingang in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesu Christi“ (2. Petri 1,11)!

1

Hierzu siehe Frage 32 in Jahrb. IV (1916)! F. K.

F. K.

(z. Zt. im Lazarett).

Hirtensorge.

Jehova ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.

(Ps. 23,1.)

Der Schreiber dieses kösttichen Psalmes, David, war einst selbst ein Hirte. Er wußte, was es hieß, Sorge für die Schafe zu haben. Seine Worte zu Saul 1 zeigen uns, wie voll er sich der VerAntwortung bewußt war, seines Vaters Schafe zu hüten. Im Vertrauen auf den lebendigen Gott erschlug er beide, den Löwen und den Bären, um das Lämmlein ihrem Rachen zu entreißen, und so bewies er als Hirte in der Sorge für die schutzlosen Schafe seines Vaters seine Treue.

1

1.Sam.17,34.

Sein Vorvater Jakob war auch ein Hirte. Er bezeugte Laban,1 wie er für die Herde gesorgt und die Last der VerAntwortung getragen hatte. In schlaflosen Nächten, in Hitze und Kälte hatte er seine Hirtentreue bewiesen und die Schafe seines Herrn behütet. Davids Herz und Auge ist auf Jehova gerichtet. Er sieht sich jetzt selbst als ein schutzloses Schäflein und freut sich, unter der Hirtensorge des HErrn zu sein. „Jehova ist mein Hirte.“ Es ist, als ob er sagen will: So wie ich für meines Vaters Schafe sorgte, so sorgt Jehova für mich. Sie waren selbst zu töricht zu wissen, was für sie gut war, aber ich sah die grünste Weide und das zarteste Gras und führte sie dorthin. Sie kannten für den Weg nicht ihre eigene Kraft, aber ich leitete sie sanft. Wenn Gefahren nahten, sie konnten sich nicht bewahren, aber ich schützte sie. Ich wachte über sie Tag und Nacht und sorgte für jedes Bedürfnis. Und alles dieses und noch viel mehr ist Jehova für mich. Ich bin wie ein törichtes und schutzloses Schaf, aber Jehova sorgt für mich.

1

1.Mose 31,38-40.

Als der HErr auf Erden war, sagte Er: Ich bin der gute Hirte.1 Gottes Volk ist auf Erden vielen Gefahren ausgesetzt. Manche haben es übernommen, es zu leiten, und sich erwiesen als solche Hirten, von denen Gott in Hes. 34 spricht, die das Fett aßen, sich mit der Wolle kleideten und auf Kosten der Herde bereicherten, aber die Herde nicht weideten. Der blindgeborene Mann,2 dessen Auge der HErr öffnete, wurde durch sie aus der Herde hinausgestoßen, als er Jesus als den Propheten Gottes bekannte. Aber diese schreckliche Handlung bewies nur ihre Auflehnung wider Gott und diente dazu, ihn in die Gemeinschaft mit seinem Wohltäter, dem wahren Hirten der Schafe, zu bringen.

1

Joh. 10.

2

Joh. 9.

Gottes Volk wird jetzt angeredet als Seine Schafe. Sie mögen nicht aus dem jüdischen Schafstall sein, aber als Gläubige an den Sohn Gottes bilden sie eine Herde mit einem Hirten. Alles hängt für sie von der Sorge des Hirten ab. Er hat sie empfangen als die Ihm vom Vater gegebenen und Er behütet sie als Seine eigenen

Schafe in gemeinsamer Liebe mit Seinem Vater. Er leitet sie zur Fülle des Segens trotz allen Widerstandes des Feindes und der Schwachheit der Schafe.

Mit welcher Freude und tiefer Bedeutung können wir mit Davids Worten sagen: „Der HErr ist mein Hirte!“ Und ist dies der Fall, so fügen wir in der Gewißheit des Glaubens hinzu: „Mir wird nichts mangeln.“ Mangel können wir unter Seiner Hirtensorge nicht haben. Die Welt ist ein öder Platz für uns, so wie es die Wüste für Israel war, aber unter der Sorge des Sohnes Gottes und der Liebe des Vaters kennen wir keinen Mangel. Unsere Verhältnisse mögen schwierig, ja, sehr schwer sein; ist das Herz noch so niedergebeugt, wendet es sich zum HErrn, so findet es reichen Trost in Ihm, so daß es sagen kann: „Mir wird nichts mangeln.“ Nur eins bedarf ich für meine Freude, und dies ist Seine Gemeinschaft. Alles finde ich in Ihm, und Seine Gemeinschaft ist mein bleibendes Teil.

Ganz persönlich wird der HErr von mir erkannt als „mein Hirte“. Gewiß, Er ist auch der Hirte anderer, aber je mehr ich Seine Hirtensorge für mich selbst kenne, je mehr werde ich mich daran erfreuen,

daß auch andere sie teilen. Aber wir fangen mit uns selbst an. Er ist mein Hirte.

Wie manches Schaf der Herde Christi muß durch die Umstände den Dienst der Knechte Gottes entbehren. Welch ein Trost ist es, sich zu Ihm wenden zu können und zu wissen, der HErr ist mein Hirte.

Möchten wir uns immer mehr der unermüdeten Hirtensorge unseres HErrn erfreuen!

R. - K.

Geleitswort an den Leser:

Richtet auf die erschlafften Hände und die geIähmten, Knie, und machet gerade Bahn für eure Füße. Hebr. 12,12.13.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 24

Beginnt die 70. Jahrwoche nach Daniel (9,24 bis 27) sofort nach der Entrückung der Gemeinde des HErrn, oder ist zwischen dieser und dem Beginn der 70. Jahrwoche eine Zwischenzeit?

Antwort A

Daniel, der treue Knecht Gottes, empfängt Aufschluß über die Geschicke seines Volkes. Die hier geweissagten 70 Jahrwochen (oder 490 Jahre) haben im Laufe der Geschichte, bis auf die letzte Woche von sieben Jahren, ihre Erfüllung gefunden.

In Vers 24 wird uns gesagt, daß nach den 70 Wochen Gott zu Seinem herrlichen Endziel, welches Er Sich mit Seinem alten Bundesvolke (Israel) vorgesetzt hat, kommen wird. -

Die 70 Wochen werden dann dem Daniel in drei Abschnitten gezeigt; von 1. 7 Wochen, 2. 62 Wochen und 3. 1 Woche, oder 49 und 434 und 7 Jahren. In dem ersten Abschnitt von 49 Jahren sollten die zerstörten Mauern Jerusalems usw. wieder aufgebaut werden. (Hiervon spricht das Buch Nehemia.) Der zweite Abschnitt von 434 Jahren reicht bis zur Verwerfung des Messias durch Sein Volk. Der Messias ist „weggetan“, d. h. getötet worden.

Durch die Verwerfung des Messias hat die letzte, die 70. Woche, noch keine Erfüllung finden können. Gott brach, weil der Messias verworfen wurde, Seine Beziehungen mit Israel ab, und nannte es „Nicht Mein Volk“. Somit ist die 70. Jahrwoche bis heute noch nicht erfüllt und sind die in Vers 24 genannten Segenszeiten noch ausstehend. Statt des Segens brachen für Israel die Züchtigungen an, die ihren Anfang nahmen in der durch das Volk des kommenden Fürsten (Römer) ausgeführten Zerstörung Jerusalems.

Nach dieser Unterbrechung am Ende der 69. Woche bewirkt nun Gott etwas Neues. Er sammelt und bereitet Seinem Sohne die Gemeinde. Gott handelt heute nicht mehr mit Israel, sondern mit Seiner Gemeinde. Deshalb wird die gegenwärtige Zeit die „Zeit der Nationen“ (Luk. 21,24), auch „die angenehme Zeit“, „der Tag des Heils“ genannt (2. Kor. 6,2). Diese gegenwärtige Zeitperiode (die Gott in die Unterbrechung der Geschichte Israels als Sein Volk einfügte) findet ihren Abschluß bei dem Kommen des HErrn zur Entrückung Seiner Gemeinde (1. Thess. 4,13-18).

In der gegenwärtigen Zeit ist Israel keine selbständige Nation. Wenn aber Israel wird wieder in das Land zurückgeführt und ein selbständiges Volk geworden sein, dann wird die 70. Jahrwoche beginnen, nach welcher Israel in die verheißenen Segnungen eingehen wird.

Für uns handelt es sich nicht um Wissen und Berechnen, sondern um das Wort des HErrn: „Siehe, Ich komme bald!“ Deshalb: Wachet!

Ph. W.

(z. Zt. beim Militär.)

Anmerkung des Herausgebers

Die 70. Jahrwoche harrt noch ihrer Erfüllung. Sie beginnt, wenn Gott Seine Beziehungen mit Seinem Volke Israel (welches Er bis dahin als „Nicht Sein Volk“ erklärte) wieder aufnimmt. Dies wird natürlich nach unserer Entrückung stattfinden, aber wie bald es danach geschehen wird, ist uns nicht gesagt. Es ist die Meinung vieler Brüder, daß dieses sofort nach der Entrückung geschieht, aber die Schrift sagt es nicht.

Jedenfalls müssen wir im Auge behalten, daß die Schrift den Beginn der 70. Woche nicht mit der Entrückung zusammenfügt, - sondern mit der Bundschließung des Fürsten des Römischen Reiches mit den Juden. „Und ,Er' (der „kommende Fürst“ des Volkes, das [im Jahre 70] die Stadt [Jerusalem] und das Heiligtum zerstörte, V. 26) wird einen festen Bund mit den vielen (des jüdischen Volkes) schließen für eine Woche usw.“ (V. 27).

Es ist zu beachten, daß in Vers 26 nicht gesagt wird, daß der „Fürst“ die Stadt und das Heiligtum zerstören wird, sondern das Volk des kommenden Fürsten. Dieser Fürst kommt erst zur Zeit der letzten Woche. Er ist noch zukünftig. Es ist der zukünftige Fürst des zukünftigen Römischen Reiches, welches neu erstehen und sich aus zehn Königreichen bilden wird. Zur Zeit dieses Fürsten wird die Masse des jüdischen Volkes in Unglauben nach dem Lande zurückgekehrt sein, den Tempel gebaut und den Opferkultus wieder eingerichtet haben. Dann, wenn der Bündnisvertrag des Römischen Fürsten mit den Juden geschlossen ist, beginnt die 70. Woche. Nach Ablauf der ersten Hälfte (3½ Jahren) der Woche wird er den Juden die Opfer verbieten, und die dann beginnende zweite Hälfte von 3½ Jahren ist jene Zeit der großen Trübsal, auf die der HErr in Matth. 24,15-28 verweist und die wir als „42 Monate“ so oft in der Offenbarung finden. Der Beginn der 70. Woche hat, soweit ich sehe, keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Entrückung der Gemeinde - wohl aber mit der Bundschließung. Welche Zeitspanne aber zwischen diesen beiden liegt, sagt uns das Wort nicht.

Frage 25

Bitte um Aufklärung über Mark. 2,19-22. Was ist gemeint mit dem Fasten - dem neuen Tuch - dem alten Schlauch?

Antwort A

Die Pharisäer wollten Gott mit dem Scheine äußerlichen Fastens und ernster Gesichtszüge abspeisen, während keine wahre Buße vorhanden war. Der HErr zeigt nun in den folgenden zwei Gleichnissen die Wertlosigkeit solchen Fastens. Die Hauptsache des Fastens ist die Erneuerung des inneren Menschen. Das alte Kleid und der alte Schlauch sind die alten toten Formen des Fastens. Der Wein und das neue Tuch ist die von Christus gebrachte Fastenlehre der Liebe. Alles muß neu werden durch die Wiedergeburt.

M. K.

Antwort B

Alle die Vorschriften des Judentums, so peinlich sie auch beobachtet werden mochten, konnten nichts zur Vollendung bringen. Das Judentum, das alte Kleid der Gesetzeswerke, konnte nicht durch neue Wahrheiten des Christentums ausgebessert werden. Noch konnten die neuen Wahrheiten - der neue Wein in die alten Schläuche der jüdischen Satzungen gegossen werden. In Christo Jesu gab Gott neuen Wein in Verbindung mit dem Heiligen Geist, und dieser läßt sich nicht in den alten Schlauch des Gesetzes oder der menschlichen Einrichtungen und Systeme zwängen. Geistliche Kraft kann man nicht in Formen festhalten. Das tote Christentum sucht Christus und den Heiligen Geist mit Zeremonien zu verbinden und Geist und Fleisch zusammenzubringen. Dies ist unmöglich. Es muß eine neue Kreatur sein.

F. B. †

Antwort C

Die meisten Gläubigen denken nur an das Enthalten von Speisen, wenn sie von dem Worte „Fasten“ hören. Gewiß haben wir ein Recht dazu, dies in gewissem Sinne buchstäblich aufzufassen, doch bei der Buchstäblichkeit stehen zu bleiben und keinen tieferen Sinn in den Belehrungen des HErrn zu sehen müßte notgedrungen dazu führen, die anknüpfenden Unterweisungen des HErrn vom „neuen Tuch“ und dem „alten Schlauch“ auf das Äußerliche und Menschliche zu beschränken. Dies würde aber nichts weniger bedeuten, als die weisheitsvollen Belehrungen ihrer göttlichen Tiefe und geistlichen Segnungen zu berauben, die uns der HErr in ihnen zugedacht hat. Doch darf Fasten, „geistlich aufgefaßt“, nicht etwa dahin ausgelegt werden, sich von bösen Dingen abzusondern und sich den Genuß von sündigen Freuden zu versagen. Dies wird uns in der Schrift unter dem Bilde vom „Sauerteig“ vorgestellt (vgl. 1. Kor. 5,7.8). Fasten hat doch eine ganz andere Bedeutung, es bezieht sich auf das Notwendige zum Leben, auf das, was recht ist, Essen, Trinken und anderes mehr. Geistlich verstanden bedeutet es ein freiwilliges Aufgeben von Rechten. 1. Kor. 7,29-31 erklärt, was ich meine und beleuchtet diesen Gegenstand mit göttlichem Lichte. Dies kann aber nur durch die Gnade „in“ und „durch“ uns gewirkt werden, auf Vorrechte, Genüsse und Rechte zu verzichten, die uns in der Vorsehung Gottes zugedacht wurden. Es ist z. B. Gnade, wenn ein reicher Bruder auf Dinge (natürlich keine sündigen oder den HErrn verunehrenden, sondern erlaubte) verzichtet, die

ihm sein Reichtum und, wohlgemerkt auch das Wort Gottes, gestatten. (1. Tim. 6,17b.) Er gibt seine Rechte durch die Gnade auf in einer Welt, wo sein HErr verworfen ist, und weiht seine Zeit, seine Kraft, seine Fähigkeiten und seine Mittel Ihm, der uns gezeigt hat, wie kein anderer, was es heißt, auf Rechte zu verzichten durch die Gnade Gottes (vgl. 2. Kor. 8,9). Dies ist, was Christentum bedeutet. Die Gnade ist ihr herrlichster Zug und Glanz. In Ihm, dem HErrn, kam sie in Vollkommenkeit zum Ausdruck und sollte es auch bei Seinen Geliebten sein. Wenn Er herrschen wird über diese Erde, dann wird „Fasten“ nicht am Platze sein, weil alles in Harmonie mit Seiner gesegneten Person sein wird; so ähnlich war es auch, als der Bräutigam bei den Seinigen war auf dieser Erde. Sie bildeten gleichsam eine Welt für sich. Doch jetzt ist Er verworfen. Sein Hingang macht uns in dieser Welt zu Fremdlingen, und wir möchten nichts genießen ohne Ihn. Wir haben eine himmlische und verherrlichte Freude in unserem Herzen und können auf das, was uns zukommt, verzichten. Dies ist Fasten! Fragen wir uns, ob wir so fasten!

Wie die Juden (selbstgerechte und religiöse Menschen) im Irrtum waren mit dem Fasten, weil ihnen jegliches geistliche Verständnis durch die Nichtannahme des HErrn abging und sie nicht verstanden, daß durch die Gegenwart des HErrn ein großer Wechsel in der Haushaltung Gottes sich vorbereitete, so war es auch in bezug auf ihr System. Die Lumpen ihrer eigenen, jüdischen Selbstgerechtigkeit konnten nicht geflickt werden mit der Gerechtigkeit aus Glauben (Jes. 64,6); noch konnte der neue Wein, die geistliche Kraft und himmlische Freude in die Zeremonien, Formen und religiösen, gesetzlichen Gebräuche des alten (dem Verschwinden nahen) Judentums gefüllt werden. Es bedurfte neuer Schläuche, neuer Menschen, wie es in 2. Kor. 5,16.17 heißt: „Daher kennen wir von nun an niemanden nach dem Fleische; wenn wir aber auch Christum nach dem Fleische gekannt haben, so kennen wir Ihn doch jetzt nicht mehr also. Daher, wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung, das Alte ist vergangen, siehe, alles (Kleid und Schlauch) ist neu geworden.“

K. O. St.

(z. Zt. b. Militär).

Frage 26

Worauf bezieht sich Joh.21,25?

Antwort A

Unmittelbar vor V. 25 ist von dem von Johannes gegebenen Zeugnis die Rede, und dies in bezug auf die Dinge, die Jesus getan hat. Unter diesen „Dingen“ dürften nicht allein Taten, sondern auch Worte des HErrn zu verstehen sein, die auf Sein ganzes Gesamtverhalten und Wirken hinweisen.

In prophetischen Worten redet Ps. 40,7.8 im Blick auf den HErrn; „Siehe, Ich komme; in der Rolle des Buches steht von Mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, mein Gott, ist meine Lust; und Dein Gesetz ist im Inneren meines Herzens.“ Er Selbst bekräftigt dieses mit den Worten: „Meine Speise ist, daß Ich den Willen Dessen tue, der Mich gesandt hat, und Sein Werk vollbringe (Joh. 4,34).

Demnach war es die erste und vornehmste Aufgabe des HErrn, die Gedanken und Pläne Gottes bekannt zu machen und auszuführen. Tatsächlich finden wir Ihn auch eifrigst damit beschäftigt; wir

sehen den HErrn als den großen Lehrer und Evangelisten, den Jüngern und dem Volke gegenüber in unermüdlicher Tätigkeit.

Nun redet aber das Wort in Ps. 139,17 von den gewaltigen Summen der Gedanken Gottes und daß ihrer mehr seien als des Sandes (V. 18). In bezug auf diese Summen der Gedanken Gottes erstreckte sich die Tätigkeit des HErrn, sie den Menschen zu offenbaren und kund zu tun.

Das Interesse, vor allem das Verständnis für diese Summen der Gedanken Gottes war jedoch bei denen, die sie vernehmen sollten, ein sehr mangelhaftes. Martha beispielsweise hatte so viel zu tun, daß sie nicht Zeit fand, dem HErrn Gehör zu schenken. Nicht nur zieht sie sich deshalb einen ernsten Tadel des HErrn zu, sondern sie bleibt auch in bezug auf das Bekanntwerden mit den Gedanken Gottes hinter Maria weit zurück, ganz abgesehen davon, daß Maria in ihrem Verhalten Sein Herz erfreute und Martha dagegen zu jener Stunde Ihm Sorge bereitete. In vielen anderen Fällen wurde der HErr überhaupt nicht verstanden oder doch mißverstanden, und zwar nicht allein von der Menge des Volkes, sondern auch von denen, die Ihm am nächsten standen. - Mußte Er solchen doch noch nahe am Abschluß Seiner Wirksamkeit gelegentlich des Ganges nach Emmaus sagen: „O ihr Unverständigen und trägen Herzens, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben!“ (Luk. 24,25.) Wenn das schon denen gesagt werden mußte, die einige Jahre unter Seiner Belehrung und unter Seinem Einfluß standen, was muß dann erst den anderen gesagt werden, die nicht so das Vorrecht hatten, die unmittelbare Nähe des HErrn zu genießen! -

Dies gerade dürfte in V. 25 zum Ausdruck gebracht sein, daß nämlich um der Unverständigkeit willen und wegen der trägen Herzen Johannes viele andere Dinge, die er hätte schreiben können, nicht schrieb, daß er vieles, was er noch hätte sagen können, nicht sagte.

Er bedauert das, und dies mit Recht. -

Ist es etwa inzwischen besser geworden? Leider nicht! - Es ist vielmehr auch heute tief zu bedauern, daß in weiten Kreisen derer, die sich nach dem Namen des Herrn nennen, wenig Interesse und Verständnis vorhanden ist für diese Summen der Gedanken Gottes, daß auch heute träge Herzen vorhanden sind hinsichtlich alles dessen, was uns die Schrift sagen möchte bezüglich des Erfassens der Breite und Länge, der Tiefe und Höhe und bezüglich des Erkennens der die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus (Eph. 3,18.19).

Statt dessen findet man, nicht nur in der Namenchristenheit, sondern auch in Kreisen, in denen man es gar nicht erwarten sollte, eine Art Gier nach schriftlicher und mündlicher Speise, die mit Zutaten menschlicher Machenschaften und menschlicher Kunst zubereitet ist. Nach „christlichen“ Romanen und „christlichen“ Büchern und Blättchen mit möglichst vielen Anekdoten, mit „geistlichem Feuerwerk“ und Menschenverherrlichung wird oft eifrigst gegriffen, wogegen man für die Bemühungen der Diener des HErrn, etwas von den Summen der Gedanken Gottes bekannt zu geben, keine Zeit hat; ja man kann erleben, daß diese Bemühungen als trockene, „unfruchtbare“ Arbeit abgelehnt, ja, daß sogar davor gewarnt wird. -

Wollte die Gemeinde Gottes angesichts dieses ungesunden Zustandes sich schämen und beugen, dann würde bald mehr geistliches Leben sichtbar und fühlbar werden, denn gesundes Leben kann sich einzig und allein nur

auf der gesunden Lehre der Schrift aufbauen. Das muß immer wieder mit Nachdruck betont werden.

auf der gesunden Lehre der Schrift aufbauen. Das muß immer wieder mit Nachdruck betont werden.

Wo irgend Interesselosigkeit und träge Herzen in bezug auf die Summen der Gedanken Gottes vorhanden sind, da kann unmöglich das gesunde Geistesleben pulsieren, vielmehr ist da „der Mensch“ im Vordergrund, der in seiner aufdringlichen Dienstfertigkeit die Mahlzeit zu verbessern gedenkt und dabei mit seinen wilden Koloquinten den Tod in den Topf bringt und die Mahlzeit verdirbt. (Vergl. 2. Kön. 4,38-41.)

W. W.

(z. Zt. im Felde).

Antwort B

Joh. 20,30 lesen wir: „Auch viele andere Zeichen hat nun zwar Jesus vor Seinen Jüngern getan, die nicht in diesem Buche geschrieben sind.“ Zeichen und Wunder, die nur für Seine Jünger verständlich waren, und von denen die blinde Welt nichts sah, weil sie doch kein Verständnis dafür hatte. Ähnlich wie nach der Auferstehung. Auch hier zeigt Er Sich nur den Seinigen und gibt ihnen wichtige Unterweisungen, die Dinge des Reiches Gottes betreffend (Apg. 1,3). So auch in unserem in Frage stehenden Schriftwort. Johannes und die anderen Evangelisten lassen uns hineinschauen in die Fülle, die Macht, die Herrlichkeit und in alle Vorzüge des Sohnes Gottes. Mit besonderer Genauigkeit zeigt uns Johannes die Herrlichkeit des Eingeborenen, und wenn er dabei auf den Anfang zurückgeht, der vor Grundlegung der Welt zurückreicht (Joh. 17,5), so ist sein Schreiben dennoch nur Stückwerk und seine Feder vermag nicht alles zu schildern, es ist viel mehr, als er berichten kann, was Jesus getan hat. Es ist der unausforschliche Reichtum Jesu. Es wäre also unmöglich, die Dinge alle aufzuzählen, und wenn die blinde, tote Welt nicht einmal dem einfachen, klaren Evangelium glaubt, wieviel weniger würde sie erst all die überwältigenden Herrlichkeiten und Taten Jesu erfassen, die nur ein geistlich gerichtetes Herz und ein geöffnetes Auge zu sehen vermag. So ist es vor den Weisen und Verständigen verborgen und den Unmündigen geoffenbart. (Matth. 12,25.) Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, das hat Gott bereitet denen, die Ihn lieben (1. Kor. 2,9).

Ph. W. (z. Zt. b. Militär).

Antwort C

Der nachstehende Auszug aus „Urquhart, die neueren Entdeckungen“, Bd. V. S. 369 u. flgd., dürfte ein Beitrag zur BeAntwortung der Frage sein.

„Behalten wir im Gedächtnis, daß das Evangelium Johannes geschrieben ist, um Jesum darzustellen als den Schöpfer aller Dinge (Joh. 1,3), Den, der allem Lebendigen das Leben gibt, der Selber das Leben und das Licht der Menschen ist. Sollten wir dann nicht erwarten, am Schlusse gerade ein solches Wort zu finden wie das von den „vielen anderen Dingen“? Er erinnert uns daran, daß die vielen anderen Dinge da sind, aber daß sie nicht berichtet sind. „So sie aber sollten eins nach dem anderen geschrieben werden, achte ich, die Welt würde die Bücher nicht begreifen, die zu schreiben wären“, sagt er. Aber wenn sie uns nicht erzählt werden sollten, warum wurde uns dann Jesus so enthüllt am Anfang des Evangeliums, und warum werden diese Dinge am Ende desselben erwähnt?

Ist es nicht, weil der Heilige Geist uns daran erinnern will, daß wir noch nicht alles von dem Freunde unserer Seele wissen, und daß die künftige Gemeinschaft mit Ihm noch Offenbarungen für uns hat, die großartiger sind als selbst die, welche uns in den Blättern des Evangelisten gegeben werden? ... In diesen letzten Worten wird die Lampe unserer Hoffnung angezündet; und wir gehen weiter auf unserem Pilgerwege, mit Freude und Begier die Zeit erwartend, wo wir erkennen werden, gleichwie wir erkannt sind.

... Wir wissen, wie die Wissenschaft ihre Bücher vermehrt hat, unter diesen werden die Werke der Spezialisten als die wertvollsten betrachtet. Sir Charles Bell z. B. schrieb ein Buch über die Hand. Hätte er alles über dieselbe gewußt, so wäre das Werk wohl noch ausführlicher geworden. Gesetzt, daß statt des Umhertappens der Wissenschaft unter den Anzeichen von Zwecken in dem menschlichen Körper die Männer der Wissenschaft alles in dem Lichte einer völligen Offenbarung sähen; daß sie den menschlichen Körper sähen als die fast endlose Menge von Zwecken, die er in Wirklichkeit ist - daß sie ihn sähen in seiner wunderbaren Harmonie und in der ebenso wunderbaren Weisheit, die sich in seinen kleinsten Teilchen entfaltet; gesetzt, daß sie im Besitz dieser neuen Fülle von Stoff an die Aufgabe gingen, ihn der Menschheit zu erklären; gesetzt, dies große Feld wäre unter viele Schreiber verteilt, und jeder stellte alle Einzelheiten dar, die ihm in seiner Abteilung enthüllt wären: könnten wir die Zahl der Bücher aufzählen, die geschrieben werden würden? Aber der menschliche Körper ist nur einer von den Myriaden der Organismen, welche die Erde, die Luft und das Meer bevölkern. Laßt das volle Licht der Offenbarung auf jeden derselben fallen; laßt nichts darin, wie geringfügig es auch sei, ohne eine Auseinanderlegung bleiben, die völlig und fesselnd ist, laßt eine große Anzahl neuer Schriftsteller diese neuen Felder unter sich teilen und sie alle der Menschheit erklären, wo sollen wir Platz finden für die rasch sich häufenden Bücher, denn jede der vielen tausend Arten wird ihre eigene Bibliothek haben?

Aber wir haben nur begonnen, in diese große Welt der geschaffenen Wesen einzutreten. Die Felsen unter unseren Füßen schließen die Überbleibsel anderer Schöpfungen ein, die vergangen sind. Laßt diese, sozusagen, wieder aufleben. Laßt das Licht einer ebenso völligen Offenbarung jede einzelne von ihnen enthüllen. Laßt diese neuen und nicht weniger wunderbaren Anordnungen ebenso deutlich gemacht werden und neue Federn geschäftig sein und neue Bibliotheken geschrieben werden. Dann laßt uns von dem Tierreich zu dem Pflanzen- und Mineralreich übergehen. Laßt die Vergangenheit und die Gegenwart enthüllt werden. Laßt jeden Organismus und jedes Mineral und jeden Kristall und jede chemische Verbindung so völlig offenbar werden, daß alles und mehr als alles, was die Wissenschaft je zu kennen gewünscht hat, ganz enthüllt wird. Und dann, wenn diese Erde erschöpft ist und nichts mehr übrig, was nicht berichtet ist, laßt uns zu den Planeten übergehen und das gleiche für jeden getan werden. Und von den Planeten mit ihrer Sonne und ihren Monden laßt uns durch das Sternen-Weltall wandern und dasselbe für diese zahllosen Sonnen und all ihre Planeten tun. Wo sollen wir jetzt unsere Bücher hinlegen? Es wird nicht genügen, zusagen: „Wir wollen unsere Bibliotheken niederreißen und größere bauen“; denn jede neue Offenbarung wird neue Bibliotheken um uns aufhäufen. Es gibt nur eine Äußerung, die unseren arbeitenden Gedanken ausdrückt. Es ist diese, welche der Geist Gottes uns gegeben: „Es sind auch viel andere Dinge, die Jesus getan hat; so sie aber sollten eins nach dem anderen geschrieben werden, achte ich, die Welt würde die Bücher nicht begreifen, die zu beschreiben wären.“

Aber sogar dieser Überblick zeigt uns nur einen Teil Seiner Wege. ... Die Wunder der Vorsehung Jesu sind nicht geringer als die Seines Schöpfungswerkes. Seine Hand ist auf jedes menschliche Wesen

sind nicht geringer als die Seines Schöpfungswerkes. Seine Hand ist auf jedes menschliche Wesen gelegt worden. Von dem Tage der zartesten Kindheit an ist der HErr mit einem jeden gewesen. Als Er die Kleinen in Seine Arme nahm, Seine Hände auf sie legte und sie segnete, ward der Vorhang einen Augenblick aufgehoben von der verborgenen, aber endlosen Wirksamkeit des Seelenfreundes. In jedem Augenblick der irdischen Pilgerschaft würde der, dessen Auge geöffnet wäre, ausrufen: „Von allen Seiten umgibst Du mich und hältst Deine Hand über mir.“ (Ps. 139,5.)

Treten wir jetzt in dieses neue Gebiet ein. Jedermann weiß, daß nichts anziehender ist als eine Lebensgeschichte. Laßt die Erzählung von dem Leben eines jeden Menschen ... vor allem, wie der große Hirte jeden einzelnen geführt hat, geschrieben werden von denen, vor deren Augen nichts verborgen ist. Laßt dies geschehen von jedem Einwohner in jedem Dorf und jeder Stadt und jedem Lande unter der Sonne und von jeder Generation der Vergangenheit. Laßt das Leben keines Menschenkindes unerzählt bleiben. Wo sollen wir mit den Büchern hin? Wiederum danken wir Gott für die Worte: „Ich achte, die Welt würde die Bücher nicht begreifen, die zu beschreiben wären.“

Laßt mich noch einmal sagen, es war gut, daß das Evangelium des Fremdes Jesu mit diesen Worten auf seinen Lippen schloß. Sie erzählen uns von den Schätzen der Weisheit und der Erkenntnis, die noch in Besitz zu nehmen sind, von den endlosen Offenbarungen der Liebe und Herrlichkeit, die das himmlische Leben zu der grenzenlosen Freude und dem endlosen Preise machen werden, als welches es uns geschildert ist.“

-r.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

„Sie machten überall das Wort kund.“

Luk. 2,15-20.

Geliebte Leser, laßt uns uns die Frage vorlegen in dieser Zeit, die in der Christenheit die „Weihnachtszeit“ heißt, ob wir Ähnlichkeit haben mit den Leuten, von denen der Heilige Geist uns obige kostbare Tatsache kündet! Was nützt es, Weihnachten zu feiern ohne ein Herz wie das jener Hirten auf Bethlehems Fluren? Aber auch die unter unseren Lesern, die eine Weihnachtsfeier als unbiblisch ablehnen, müssen gesinnt sein wie jene Männer, sonst dürfte eine noch so sehr bibeltreue Stellungnahme zum landläufigen Weihnachtsfest doch auch nur bloße Äußerlichkeit sein! Und nicht nur in dieser Zeit, sondern allezeit solche Gesinnung haben und zur Tat werden lassen gebührt uns, die wir Ihn kennen und als Geliebte Ihn lieben, der einst als Kindlein in der Krippe lag, da die kalte, arme, liebeleere Welt keinen Raum für Ihn hatte.

Man kann in dem angegebenen Abschnitt sieben Punkte, das Verhalten der Hirten betreffend, unterscheiden. Möge der HErr uns Gnade geben, sie zu betrachten:

unterscheiden. Möge der HErr uns Gnade geben, sie zu betrachten:

1. „Laßt uns hingehen und sehen!“ Praktische Leute waren sie, mit Herzen auf dem rechten Fleck. Hingehen und sehen! Machen wir es auch so, indem wir stets von neuem in das köstliche Wort Gottes hineinsteigen wie in ein Bergwerk und die Schätze darin ansehen? - 2. „Sie kamen eilends.“ In letzterem Worte liegt die Energie des Glaubens, die uns so oft fehlt, weil unsere Herzen sich so leicht und gern mit unnützen Dingen beschäftigen, wir kommen auch wohl mal, und auch öfter, weil wir die Notwendigkeit fühlen, aber ob stets eilends? so wie zu etwas, was keinen Aufschub leidet? - 3. „Sie fanden ... das Kind.“ Wer mit solchem gläubig-suchenden Herzen kam wie die Hirten, der mußte finden, was des Suchens und Findens wert war, ist und bleibt. „Wen suchet ihr?“ fragt der Herr Jesus die Jünger in Joh. 1. Er kannte ihre heilsverlangenden Herzen. „HErr, wir möchten Jesum sehen“, sagten die Griechen in Joh. 12. Es ist stets dasselbe: was du suchst, findest du, wenn dein Suchen rechter Art ist und geradenwegs auf den Gegenstand selbst gerichtet ist. Ach, möchten wir doch mehr Jesum Selbst suchen, wenn wir in die Schatzkammer des göttlichen Wortes uns vertiefen! Welche Reichtümer enthält Sein Name! 4. „Als sie es gesehen hatten ...“ - sehen und sehen ist ein Unterschied. Mancher sieht in einem Gemälde nur eine Farbenzusammenstellung ohne besonderen Wert, während andere stundenlang vor dem Bilde stehen bleiben möchten. Worin der Unterschied? Der eine sieht als Kenner mit dem ganzen Herzen, der andere ganz oberflächlich mit ungeschulten Augen. Wer so kommt und sehnend sucht wie die Hirten, der sieht anders als ein Herodes gesehen haben würde, wenn er sich die Mühe genommen hätte, auf das Wort der Magier hin nach Bethlehem zu gehen (Matth. 2). Die Hirten bekamen geöffnete Augen, wie ein Saulus in Damaskus, als die Zeit für ihn erfüllt war. Und darum, weil sie sahen mit für die Herrlichkeit Jesu geöffnetem Blick, weil sie wirklich sahen mit den Augen des Herzens, deswegen wurden ihre Herzen auch übervoll, und ihr Mund ging über. – 5. „Sie machten überall das Wort kund, welches über dies Kindlein zu ihnen geredet war.“ Bruder, Schwester, ach, möchten wir, ich, du, so erfüllt sein von dem Wort von Jesus, ja, mit der Herrlichkeit dieser herrlichsten aller herrlichen Personen so angefüllt sein, daß wir nicht anders könnten als „überall“ reden, zeugen von Ihm! Wie oft können Gläubige auch bei sogenannten ernsten Gesprächen noch reden, ohne den kostbaren Namen, der nach Hohel. 1,3 ein „ausgegossenes Salböl“ ist, also köstlichsten Duft verbreitet, auch nur zu nennen. Sie meinen dann „klug“ zu sein wie die Schlangen, aber sie sind nicht „ohne Falsch“ wie die Tauben, denn die Beweggründe zu solchem Tun sind nicht ganz rein, es ist meist Furcht, diesen Namen auszusprechen, Furcht vor Folgen in Form von Spott oder Sticheleien usw. Und dabei liegt ein so unberechenbarer Segen in diesem Bekennen Seines Namens. Lernen wir von dem praktischen Christentum dieser jüdischen Hirten! Da war keine Furcht, ja, nicht die geringste Überlegung, ganz wie von selbst kam dieses Kundmachen aus ihrem Munde, weil das Herz davon voll war. Sie scheuten sich nicht, die frohe Botschaft von V. 10-14 kundzumachen, obwohl sie noch keinerlei „Beweise“ dafür hatten, daß alles wirklich eintreten würde, wie es verheißen war. Sie hatten Glaubensvertrauen, obwohl sie „nur“ ein Kind als Träger der Verheißung gesehen hatten, sie glaubten dem Wort, ja, dem Wort Gottes, und darum machten sie es kund. Wie unendlich viel mehr haben wir, Geliebte! Glauben wir dem Worte wirklich? Ja, dann müssen wir es kundmachen, wenn anders die Botschaft unsere Herzen selig und freudvoll gemacht hat.

Wir müssen! Auch jetzt im Kriege? Gerade da erst recht, denn was brauchen die armen, elenden, verängstigten, leidüberhäuften, sündenbeladenen, seufzenden Menschen, die Kreaturen Gottes, heute nötiger als die frohe Botschaft eines Friedens, der nicht abhängig ist von Menschenkraft und

Menschensieg über nur irdische Feinde, wo es einen viel wichtigeren Sieg gibt: den auf Golgatha erstrittenen, über den geistigen, mächtigsten, schrecklichsten Feind?! Sie machten überall das Wort kund, das Wort von dem Herrn Jesus! O Gott, unser Gott und Vater, lehre uns, mutig Deinen geliebten Sohn bekennen in dieser Welt zu Deiner Ehre!

Sicher werden die Folgen solch mannhaften Zeugnisses verschieden sein wie hier in V. 19.20. Etliche werden „sich verwundern“, etliche wohl auch böse und unsere größten Feinde werden, aber etliche werden solche Worte auch „bewahren und erwägen in ihren Herzen“, und zu seiner Zeit werden sie aufgehen und Frucht schaffen, die da bleibt in Ewigkeit. „Das Wort kommt nicht leer zurück“, gelobt sei Gott!

6. Die Hirten waren treu in ihrem Beruf, „sie kehrten um“, sie gingen dahin, wohin Gott sie gestellt hatte, aber sie ließen nicht zurück, was sie als Herzenserlebnis erfahren hatten. Wieviel glücklicher mögen sie ihren Beruf in der Zukunft ausgeübt haben, sie, die solch hoher Offenbarung gewürdigt waren. Lehrt uns dies auch etwas? Kehren wir von der Betrachtung des Wortes auch um zu unserem Posten, um ihn für Gott auszufüllen? „Ihr dienet dem Herrn Christo“ (Kol. 3,24) - welche VerAntwortung! aber zuvor welches Vorrecht, dessen gewürdigt zu sein, Ihn zu schauen mit den Augen des Glaubens. - 7. „Gott verherrlichend und lobend über alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war.“ (Beachten wir, wie oft in diesem Abschnitt die Worte „sagen“, „reden“, „kundmachen“ vorkommen!) Sie hatten in der Zukunft etwas zum Rühmen, zum Verherrlichen! „Wer sich rühmet, der rühme sich des HErrn!“ Das konnte in dem Bericht des Heiligen Geistes nicht fehlen, es ist die Krone! Wer erfahren hat, was der Herr Jesus für ihn ist, wie Er Gott verherrlicht hat auf der Erde an uns staubgeborenen Menschen, der kann rühmen und preisen Ihn, der als Kindlein in der Krippe lag und als Jehovas Genosse von dem Schwerte getroffen ward, Ihn, der als Mensch über diese Erde ging und am Fluchholz für uns zur Sünde gemacht wurde, Ihn, der am Kreuz von Gott verlassen ward, obwohl Er als Sohn stets in des Vaters Schoße war, und am Ostermorgen herrlich auferstand usw. Jeder Zug aus dem Leben dieses herrlichen HErrn ist unseres Rühmens wert, sei es, daß wir Ihn anschauen, in dem, was Er hienieden war und tat, sei es in dem, welche Herrlichkeit jetzt Sein Teil ist und welches Seine Tätigkeit droben ist (vergl. Hebr. 7,25 u. a.).

Bruder, Schwester, verherrlichst du Gott über den Sohn, preisest du Ihn, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben? O laßt uns auch hierin Nachahmer der Hirten von Bethlehem sein. Er ist es wert in Ewigkeit!

Nachahmer der Hirten! Jene hatten noch nicht den Geist der Verheißung - in uns aber hat Er Wohnung gemacht, und wir wandeln durch Ihn in Seiner Kraft (Gal. 5,25). Also „laßt uns Gnade haben“ - sie ist da - „Gott wohlgefällig zu dienen“ (Hebr. 12,28) als solche, die völliger und vollkommener als jene Hirten es je vermochten, mit Herz und Sinn, Leben und Bekenntnis das Wort, Ihn Selbst kundmachen! (Phil. 2.16.)

F. K. (z. Zt. b. Militär).

Simeon und Anna;

oder:

Bereit zu gehen, und bereit zu bleiben.

(Luk. 2,21-38.)

In Simeon und Anna finden wir zwei Wirkungen veranschaulicht, die der Heilige Geist in uns hervorbringt, wenn wir Christus besitzen und uns des HErrn erfreuen. Wir kennen und besitzen Ihn als den auferstandenen und verherrlichten Christus, sie besaßen Ihn als ein kleines Kindlein, welches Simeon in seine Arme nehmen konnte, und doch war es dieselbe Person, der Sohn Gottes, „Jesus Christus, Derselbe gestern, heute und in Ewigkeit“.1

1

Hebr. 13,8.

Joseph und Maria brachten das Kindlein Jesus in den Tempel, um Ihn dem HErrn darzustellen und für Ihn das „Schlachtopfer zu geben, nach dem, was im Gesetz des HErrn gesagt ist“. Das Opfer, welches sie darbrachten, bezeugte ihre Armut, denn obwohl sie der Familie Davids entstammten, befanden sie sich in einer solchen Lage, daß sie von der gnädigen Vorsorge Gottes für die Armen Seines Volkes Gebrauch machen mußten, „ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“ zu opfern. Dieser Hinweis auf 3. Mose 12,8 zeigt uns die Dürftigkeit der Maria, aber nicht die des Kindes. So verband sich der Sohn Gottes, als Er Fleisch wurde, mit den Armen Seiner Herde. Welche Gnade!

In diesem Augenblick kam, geleitet vom Heiligen Geiste, Simeon in den Tempel. Er war einer von den Gottesfürchtigen im Volke. „Er wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm.“ Es war ihm „ein göttlicher Ausspruch geworden, daß er den Tod nicht sehen sollte, ehe er den Christus des HErrn gesehen habe“. Er erkennt sofort in dem Kindlein Jesus die Person der Ratschlüsse Gottes. Mit Freuden nimmt er es auf seine Arme, lobt Gott und spricht: „HErr, nun entlässest Du Deinen Knecht, nach Deinem Worte, in Frieden; denn meine Augen haben Dein Heil gesehen.“

Seine Hoffnungen waren erfüllt, sein Herz war befriedigt. Da war nichts mehr, worauf er noch zu warten

hätte. Er besaß Gottes Heil; in Jesus, dem Kindlein, erkannte er den Christus Jehovas. Gewiß, es war noch vieles, was geschehen und vollendet werden mußte. Vielleicht schaute er schon dunkel die Schatten der Verwerfung seines Heilandes, als er zur Maria sagte, daß ein Schwert ihre Seele durchdringen und die Überlegungen vieler Herzen offenbar werden würden. Aber die Person seiner Hoffnung war da, und er besaß den Heiland, und das war genug für Simeon. Er sah ihn, der alles, was ihn betraf, in Ordnung bringen und als der Christus des HErrn alles, was Gottes Wille und Vorsatz war, zur Ausführung bringen würde.

So völlig befriedigt war seine Seele, daß ihn jetzt hienieden nichts mehr fesselte. Jedes Band hier unten war gelöst. Er war fertig, „entlassen“ zu werden und bereit, abzuscheiden.

So ist es mit uns, wenn unsere Augen, durch den Heiligen Geist erleuchtet, die Herrlichkeit Christi, des Sohnes Gottes, schauen. Dann sehen wir, wie alles, was zwischen uns und Gott stand, Sein Tod hinweggetan hat, und wir wünschen abzuscheiden und bei Christo zu sein, welches weit besser ist.

In Anna sehen wir die andere Seite. Sie war eine alte Witwe. Mit Herzenshingabe hatte sie sich den Sachen des HErrn auf Erden geweiht. Sie diente Ihm mit Fasten und Flehen im Tempel Nacht und Tag. Zu derselben Stunde, als Simeon Gott lobte, kam sie herzu. Auch sie sieht sofort in dem Kindlein Jesus den verheißenen Erlöser und lobpreist gleichfalls den HErrn. Und sie, ein schwaches Weib,

findet in Ihm, dem Heiland, eine solche allbewegende Kraft, hier zu bleiben (nicht für sich, sondern für Seinen Dienst), um zu „reden von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“.

Sie wich nicht, sie blieb in ihres Gottes Tempel, und wo sie auch war, da sprach sie von Ihm, den ihre Augen geschaut hatten.

Simeon war bereit zum Hinweggehen. Anna war bereit zum Bleiben im Dienst.

So wird es mit uns sein, wenn Christus wirklich die Person ist, die unser Herz erfüllt. Und nur wenn wir, hingenommen von Seiner Liebe, bereit sind, abzuscheiden, sind wir auch in Wahrheit bereit, für Seinen Dienst hier zu bleiben.

Anna, das schwächere Gefäß dieser beiden, bleibt. Solche Gefäße ist Gott fähig, mit Seiner Kraft auszurüsten, um zu Seinem Wohlgefallen und zu Seiner Ehre hier zu zeugen.

In Paulus (Phil. Kap. 1) sehen wir diese beiden Wirkungen des Geistes Gottes entfaltet.

Er konnte sagen: „Das Leben ist für mich Christus, und das Sterben Gewinn.“ Er hatte Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, denn es ist weit besser. Aber wenn er an des HErrn Sache auf Erden dachte, an die Bedürfnisse Seiner Gemeinde, an die geliebten Philipper, so sagte er gleichsam: „Ich will lieber bleiben.“ Sein Gehen oder Bleiben wird zwischen ihm und seinem HErrn geordnet. (Ohne irgendwie auf Nero Bezug zu nehmen, von dessen Hand er doch gehalten wurde.) So sicher ist er seiner Sache, daß er voll Gewißheit ausspricht: „Ich weiß, daß ich bleiben und mit und bei euch allen bleiben werde zu eurer Förderung und Freude im Glauben.“1

1

Phil. 1,25.

Solche Wirkungen eines seligen Glaubenslebens sind nicht nur Paulus und Simeon und Anna beschieden; sie sind kein besonderes Teil solcher, die in hervorragender Weise im Dienste des HErrn stehen, sie sollen gekannt und gefunden werden bei dem ganzen Volke Gottes. Jeder von uns kann so Christus in sein Herz aufnehmen,

daß in jedem Stande und in jeder Lage, die uns von Gott beschieden ist, wir Ihm dienen können.

Möchten wir alle recht ermutigt werden, uns danach auszustrecken, daß Christus unser Leben und unser Gewinn ist, und wir, indem wir wünschen, abzuscheiden, um bei Ihm zu sein, Ihm dienen, so lange es Ihm gefällt, uns hier zu lassen.

G. - K.

Menschenfischer.

Mark. 1,17.18.

Wer von denen, die ein Eigentum des Herrn Jesu sind, die, errettet allein durch Gnade, den Vater kennen durch den Sohn und in Seiner Liebe ruhen, möchte nicht ein Menschenfischer sein, andere für seinen Heiland und Gott gewinnen, herausfischen aus der Masse der auf dem Wege zum Verderben befindlichen Sünder? Ich denke, alle Geretteten haben Rettersinn, fühlen sich durch den Geist Gottes in der Liebe Christi gedrängt, andere zu ermahnen: „Lasset euch versöhnen mit Gott“ (2. Kor. 5,20). Aber wie wird man ein gesegneter Menschenfischer? Unser Vers gibt uns Anleitung: „Kommet Mir nach“, sagt der HErr. Zu Ihm gekommen - und von ihm angenommen - ist jeder, der

errettet ist (Joh. 6,37), das Kommen zu Ihm ist eine Vorbedingung zur Heilsgewißheit. Aber dieses genügt noch nicht, um zu einem Menschenfischer gemacht zu werden. Zu diesem Zweck ist es nötig, Ihm nach zukommen. Wem einer nachkommen soll, der muß einen Einfluß ausüben, der stark genug ist, andere Einflüsse zu überwinden. Irgend jemandem folgt jeder Mensch, bewußt oder unbewußt, der Gläubige aber sollte stets bewußt in Jesu Fußstapfen wandeln und als Nachfolger des HErrn zu erkennen sein. Wahrlich, Sein Einfluß ist auch stark genug, alle anderen Einflüsse zu überwinden, vorausgesetzt, daß uns wirklich daran liegt, Ihm nachzukommen und dadurch gesegnete Leute zu werden, die anderen zum Segen werden können.

Die Frage ist für uns nun die, ob wir gewillt sind, Ihm nachzukommen. Das setzt Scheidung voraus! Die Art der Scheidung, die bei der Bekehrung von uns verlangt wird, ist oft kaum ernsterer Natur als die, die bei fortgesetzter treuer Nachfolge unser Teil ist. Jene ist eine einmalige, und der Segen der Errettung rechtfertigt den Einsatz, diese fortgesetzte ist oft nicht sofort von sichtbaren Segnungen begleitet, wenigstens nicht von solchen wie die bei der Bekehrung genossenen eigenen Segnungen. Diese letztere Scheidung setzt oft ein viel größeres Maß von Selbstverleugnung voraus, und zwar um so mehr, je treuer sie ausgeführt wird. Es ist für uns viel leichter, dem HErrn gewissermaßen voranzulaufen, als Ihm nachzukommen. Oft möchten wir, um Menschen zu fangen, Wege gehen, Schritte tun, Anstrengungen machen, die gar nicht vom HErrn gewünscht werden, Ihm oft sogar sehr zuwiderlaufen - wie z. B. das Hand-in-Hand-gehen, das Bundschließen mit der unbekehrten Welt, um sie zu gewinnen (man braucht hierbei noch gar nicht gleich an die so sehr schriftwidrige Verlobung und Verheiratung mit Unbekehrten zu denken!), auch nur, um einen „günstigen Eindruck“ zu hinterlassen usw. Solches liegt uns Gläubigen oft viel mehr an als die treue Nachfolge und ist dabei - ein Voranlaufen! Wie unendlich häufig ist dies bei Gläubigen zu finden, ein Verhalten, wo man darauf hinarbeitet, sich selbst Türen zu öffnen, statt zu warten, bis Er sie öffnet (Kol. 4,3; Offenb. 3,8), wo man Erfolge anstrebt, die in die Augen fallen, dagegen die stille Arbeit des Geistes Gottes durch uns, als durch unscheinbare, verachtete Scherben, wo der HErr alles tut, nicht recht schätzt. Und doch wird man auf diese Weise kein gottgefälliger Menschenfischer. Vielleicht benutzt Gott in Seiner Güte unsere Mitwirkung in dieser Weise, um andere zu retten. Aber es scheint nur äußerlich unsere Mitwirkung von Gott gesegnet zu sein, in Wirklichkeit waren wir Ihm eher hinderlich und Er segnete trotz unserer Unbrauchbarkeit, und der „Erfolg“, die Frucht kommt bei der großen Abrechnung vor dem Richterstuhle nicht auf unsere Rechnung (Phil. 4,17). Woran liegt es, daß wir Ihm so leicht hinderlich sind? Weil wir nicht Ihm nachkommen, sondern Ihm vorlaufen, weil wir solche Stümper sind in der gottgefälligen Scheidung und Selbstverleugnung (vgl. Röm. 12,1ff.).

Nein, Er sagt: „Kommet Mir nach!“ Das setzt voraus, daß wir wissen müssen, was es heißt, Ihm nachzukommen; und wir wissen es, wenn anders Christi Geist in uns ist (Röm. 8). So wie Seine Jünger damals einer lebendigen Person nachzufolgen hatten, in Seine Fußstapfen zu treten hatten, so haben wir Ihn heute in Seinem lebendigen Wort vor uns; und diesem zu folgen, wohin es uns führt, ist Vorbedingung für ein Leben im Licht, das anderen leuchtet, zu Ihm zu kommen (Matth. 5,14.15), ist Erfordernis für das Fangen von Menschenseelen für Christus. Ein Fischer muß seine Augen auf die Angel, auf das Netz gerichtet halten; so haben wir unsere Augen des Herzens auf Ihn, Sein Wort, Seinen Willen zu richten, und sicher, es kann nicht ausbleiben, daß wir Menschenfischer werden, denn Er sagt: „Kommet Mir nach - und Ich will machen, daß ihr Menschenfischer werdet!“ Er will machen! Nicht du, Bruder, Schwester, sollst es machen, Er will's tun. Da ist keine ängstliche Anstrengung unsererseits vonnöten, daß wir's werden - Ich will machen! Wann? Wenn wir Ihm nachkommen.

Darauf müssen wir unser Augenmerk richten, nicht auf das andere. Das letztere ist Seine Sache, darum ist auch der „Erfolg“ Seine Sache. Es tut nicht nötig, daß wir die Frucht sofort sehen, es kommt auch nicht auf die äußere Größe des sichtbaren Erfolges an, das alles ist Seine Sache, Sein Wort kommt nicht leer zurück! Sicher wird der Segen, daß Menschen gefangen werden, nicht ausbleiben, aber nicht dieses sollte unsere Sorge sein, sondern dies, daß wir Ihm nachkommen.

Setzen wir dies nur nicht gering an! In jedem Beruf gibt es „Netze“, die man nicht gern verläßt, sondern lieber anwendet, um Menschen zu gewinnen, da es oft weit leichter ist, mit den eigenen „Netzen“ zu arbeiten, als die schlichte, ernste, von der Welt geschiedene, das Wort Gottes recht gebrauchende, auf alle menschlichen Hilfsmittel verzichtende, dem Geist Gottes gehorsame Evangeliumsarbeit zu tun, die ein Paulus tat. Da gibt es Netze der Weltweisheit (Philosophie), Beredsamkeit, Belesenheit in weltlicher Literatur, Netze der kirchlichen Zugehörigkeit, Netze der moralischen Lockerheit (die Sprache der Welt reden zu können, das Wesen, die Freundschaft der Welt nicht aufgeben zu wollen!), Netze unheiliger Verbindungen, Neze schlauer Berechnung u. a. m., alles Dinge, die an ihrem Platze gut und schön zu sein scheinen, die mancher für entschuldbar hält, die andere sogar für wertvoll zur Seelenrettung zu halten geneigt sind, die aber alle verlassen werden müssen, wollen wir Menschenfischer nach des Herrn Jesu Willen und Seiner Apostel, besonders Pauli Vorbild werden und von dem HErrn dazu gemacht werden. Scheidung, Trennung vom Wesen der Welt und aller unheiligen, schriftwidrigen Verbindung mit ihr nach 2. Kor. 6,17ff., das ist Vorbedingung und Inhalt des „Ihm-Nachkommens“. Möchten wir darin lernen, uns lösen zu lassen durch Ihn und die Reinigung durch Sein Wort (Joh. 13,1ff.) und uns gegenseitig darin helfen (Joh. 11,44)! Und dann Ihm nach! Eine lebendige Person, das lebendige Wort (Joh. 1,1ff.; Offb. 19,13) geht uns voran. Er ist es wert, daß unsere Augen, unsere Herzen, unser Wille ganz allein auf Ihn gerichtet sind. Er tat alles für uns, um uns ganz für Gott zu gewinnen, und um uns dahin zu bringen, andere zu Ihm zu führen, dazu bedarf es dessen, daß unsere Herzen ungeteilt auf Ihn gerichtet sind (2. Chron. 16,9). Mag es dann durch Haß und Verfolgung gehen, wie bei Ihm Selbst und bei Paulus und Petrus (1. Brief), mag es Tränen und mehr als dieses kosten - es gilt, Ihn selbst und Menschen für Ihn zu gewinnen, so wie Er es wünscht und wie Er es schenkt durch Seine Gnade, die aus uns armseligen Scherben etwas macht zu Seinem Preis, zu Seiner Verherrlichung. Er sei gepriesen dafür! 1. Tim. 1,12-17!

F. K. (z. Zt. beim Militär).

Ein Gruß aus dem Felde.

(Joh. 20,19; Ps. 122.)

Sonntag ist's! Klar grüßt uns sein Morgen,

O selige Ruh! Wie fühlt sich geborgen

Die Seele im Frieden des Lammes.

Sonntag ist's! O selige Stunden!

Mit Jesu vereint, in Christo gefunden,

Erquickt uns Sein Gruß: „Friede euch!“

Erquickt uns Sein Gruß: „Friede euch!“

Sonntag ist's! Ein köstlich Lob -

Kommt! - laßt es erschallen, Geliebte des HErrn!

Krönt den Geliebten mit Dank!

Sonntag ist's! Wie so golden die Sonne

Uns leuchtet und strahlt. - O himmlische Wonne,

Wenn Klarheit des HErrn uns umgibt!

Sonntag ist's! Nun ruhet, ihr Streiter,

Ein wenig aus, blickt froh und heiter

Hinüber zum Vaterhaus!

Sonntag ist's! Ein ew'ger Tag, mit Psalmen,

Jauchzend, geschmückt mit ew'gen Palmen,

Danket dem Lamme, dem Erlöser und HErrn!

Halleluja! Amen!

Funker D. (z. Zt. i. Felde).

Geleitswort an den Leser:

Bewirket eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern ... Tut alles ohne Murren und zweifelnde Überlegungen, auf daß ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes, inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes, unter welchem ihr scheinet wie Himmelslichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens. Phil.2,12-15.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 27

Was bedeutet die Fußwaschung ? (Joh. 13).

Antwort A

Die überaus große Fürsorge des HErrn für die Seinen tritt uns hier in Joh. 13 in überwältigender Weise entgegen. Bei dem Passah ist Er, der das Lamm werden sollte, voll Liebe mit uns, den

Seinigen, beschäftigt. Der HErr sieht die Stunde, wo Er aus dieser Welt und dem Kreise der Seinigen scheiden soll. Er schaut über das Kreuz hinaus und sieht das vollbrachte Werk der Erlösung, sieht aber auch die Seinigen durch eine gottfeindliche Welt schreiten. Mit diesem sichtbaren Liebesdienst, den Er hier ausübt, will Er ihnen ihr kostbares Teil mit Ihm, dem HErrn und Meister (Joh. 13,9), und zugleich ein Beispiel für den praktischen Wandel (Joh. 13,15) auf Erden zeigen. Die Zusage, „daß Er die Seinigen, die in der Welt waren, bis an das Ende liebte,“ sollte der Ruhepunkt in einer wankenden Welt sein.

Liebesdienst und Knechts- oder Sklavendienst zugleich ist es, was hier der HErr ausübt voll Liebe und Fürsorge für die Seinigen. Aber zugleich ist Er als Lehrer im Vorbilde bemüht, die Seinigen mit Sich auf den gleichen Boden zu stellen. Bei .den Juden war es Sitte, sich vor der Hauptmahlzeit von einem Sklaven oder dem Geringsten die Füße waschen zu lassen, diesen Dienst übt hier der HErr der Herrlichkeit aus. Er wird Knecht (Beispiel der Demut, Mark. 10,45) und zugleich Fürsprecher und Sachwalter (Beispiel Seines Dienstes, 1. Joh. 2,1). So war Sein Weg auf Erden ein Weg des unaufhörlichen Dienstes (Matth. 20,28; Phil. 2,5-8; Luk. 12,37; Hebr. 7,25), und doch steht Er vor uns in Seiner vollkommenen Würde als Der, dem alles von Seinem Vater übergeben ist (Joh. 13,3 und 17,4.5). Von hier aus tritt Er freiwillig Seinen Weg an, steht vom Abendessen auf, tritt praktisch aus dem Kreis der Jünger (ein Vorbild von Seinem Weggang aus der Mitte der Seinigen), schürzt sich zum Dienst, umgürtet sich mit einem leinenen Tuch (ein Vorbild der praktischen Gerechtigkeit) und gießt Wasser in das Waschbecken (als Bild der reinigenden Macht des Wortes Gottes, Eph. 5,26) und wäscht ihnen die Füße.

Während wir diese Welt durchpilgern, kommt es durch die List des Feindes und durch eigene Unachtsamkeit vor, daß wir von dem Pfade der Gnade abgleiten und uns die Füße beschmutzen. Jede Verunreinigung in Gedanken, Worten und Werken ist eine Befleckung, welche die Lebensgemeinschaft mit dem HErrn trübt. Muß nun der Gläubige verloren gehen oder von neuem bekehrt und noch einmal wiedergeboren werden? Nein! Dies ist durch das ein für allemal gebrachte Opfer auf dem Kreuze (Hebr. 10,10) geschehen. Als praktisches Beispiel tritt uns hier Petrus vor Augen; er will sich den Dienst nicht gefallen lassen, und Jesus sagt ihm: „Wenn Ich dich nicht wasche, hast du kein Teil mit Mir.“ An dem HErrn hatte Petrus Teil seit seiner Wiedergeburt; aber das Teilhaben mit Christus, die Freude mit Ihm wird durch jede Verunreinigung gestört. Der innere Frieden und die praktische Verbindung war einmal im Leben des Petrus unterbrochen, hier brauchte er aber nicht noch einmal gewaschen zu werden, wie er Joh. 13,9 begehrt. Das vollkommene Werk der Erlösung ist unerschütterlich, und wer es für sich angenommen hat, ist ganz rein (Joh. 13,10). Aber die gestörte Verbindung mit dem HErrn mußte wieder hergestellt werden. Hier tritt die Fußwaschung in Kraft und übt ihre reinigende und wiederherstellende Wirkung aus. So geschieht die Errettung einmal und ewig, und wir bedürfen der einmaligen Waschung, wie im Vorbilde im Alten Bunde, wo der Priester nur einmal amtlich gebadet wurde (3. Mose 8,6). Die Fußwaschung dagegen benötigen wir täglich, ja stündlich, wie auch die Priester, die täglich, ja stündlich Hände und Füße im ehernen Meer waschen mußten (2. Mose 40,31.32; 2. Chron. 4,6), und so hat das Wort Gottes für uns eine reinigende und heiligende Kraft (Joh. 15,3; Tit. 3,5; Eph. 5,26; Joh. 17,17 u. a.).

Und nun noch ein Wort über das praktische Beispiel im Dienst untereinander (Joh. 13,14.15). Wenn wir als Gerettete unseren Weg gehen und durch Gottes Gnade als Glieder miteinander verbunden sind, erwächst uns die heilige Verpflichtung, uns gegenseitig in gleicher Weise zu dienen und einander die Füße zu waschen. Hierzu benötigen wir Seine Gnade, um auf den Boden des Geringsten

die Füße zu waschen. Hierzu benötigen wir Seine Gnade, um auf den Boden des Geringsten herabzusteigen, damit der Bruder, dem wir dienen, uns auch zu seinen Füßen sieht und nicht von oben herab von uns gemeistert wird. Schwere Operationen bedürfen einer geschickten Hand, und der Dienst an den Müden einer belehrten Zunge, um den Müden durch ein Wort aufzurichten (Jes. 50,4). So ist die Fußwaschung nötig und von tiefer Bedeutung, um sich des Gnadenstandes im Frieden zu erfreuen und in der Kraft des neuen Lebens zu wandeln.

Sie zeigt uns

1. den HErrn als demütigen Diener und als Fürsprecher und Sachwalter (1.Joh. 2,1);

2. unseren Pfad durch eine sündige Welt, in der wir Seine Sachwalterschaft täglich nötig haben;

3. weist sie aber auch unseren Dienst und Platz in der Gemeinde an, wie wir nach dem Vorbilde des HErrn Liebesdienste üben sollen.

Darum laßt uns handeln nach 1. Petr. 1,13-23!

Ph. W. (z. Zt. b. Militär).

Antwort B

Es gab im Laufe der Jahrhunderte nicht nur äußerlich kirchliche, sondern auch wahrhaft gläubige Kreise, und es gibt auch heute noch Christen, welche die Fußwaschung zur Sitte in ihren Versammlungen gemacht haben oder sie also einführen möchten, indem sie glauben, damit dem Gebot des HErrn zu entsprechen. Aber abgesehen davon, daß in dieser Geschichte keinerlei so bestimmtes Wort gesagt ist wie über die beiden für die neutestamentliche Gemeinde des HErrn gegebenen Verordnungen der Glaubenstaufe und des Brotbrechens („Taufet“ und „dieses tut!“), abgesehen also davon, zeugt das Verhalten jener Christen, so gut es auch gemeint sein mag, von völligem Mißverstehen dessen, was der Herr Jesus über Sein Tun gesagt hat wie darüber, was Er eigentlich getan. Man mag mit der Sitte der Fußwaschung untereinander die uns sicherlich in dieser Geschichte offenbarten Vollkommenheiten göttlicher Demut und Selbstverleugnung verbinden - man versteht dennoch keineswegs die Tat des HErrn, wenn man überhaupt dahin kommt, eine Sitte des Fußwaschens für biblisch zu halten und zu beobachten. Man bewegt sich dann nur in dem Wortlaut, nicht in dem Geist dieser Geschichte.

Diese Handlung Jesu ist unter keinen Umständen damals für die Jünger verständlich gewesen (Vers 7!), erst nachdem sie den Geist empfangen hatten, der sie über Christus belehrte, erst da hatten sie das Organ dazu und da sollten sie verstehen, was Er mit diesem Sinnbild beabsichtigt hatte, und da kamen sie keineswegs dazu, die Fußwaschung als christliche Sitte einzuführen, sie wird vielmehr nie mehr erwähnt. Der Taufe, des Brotbrechens wird genügend Erwähnung getan, und das ist der beste Beweis dafür, daß die Apostel Jesu Worte darüber richtig verstanden hatten und sie wertschätzten, wie Er es wünschte (tun wir das?!)- aber der Fußwaschung geschieht keine Erwähnung, geschweige denn einer in den Versammlungen üblichen Handlungsweise, der Seinen nachgebildet. Es ist vielmehr eine rein geistliche Bedeutung, die der HErr unter sichtbaren Zeichen kundtat, und die Jünger sollten sie „hernach“ verstehen und dann an diesem „Beispiel“ sehen, wie sie „einander tun“ sollten. Ein Beispiel sagt, wie etwas getan werden, nicht etwa, daß die in dem Beispiel abgebildete Sache selbst getan werden soll. Das zu sehen, ist in bezug auf diese Sache sehr wichtig.

getan werden soll. Das zu sehen, ist in bezug auf diese Sache sehr wichtig.

Nun zu einem anderen Punkte, der die Bedeutung der Fußwaschung selbst betrifft, der auch oft mißverstanden wird. Der HErr sagt V. 8: „Wenn Ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit mir“. Häufig denken Gläubige, durch die Fußwaschung hätten sie erst Teil an dem HErrn und Seiner Gnade. Aber nicht vom teilhaben an Jesu ist hier die Rede (vgl. auch V. 1!), sondern von der Gemeinschaft mit dem HErrn. Wir sollen teilhaben mit Ihm, d. h. wir sollen in dieser Welt bei unserem beschwerlichen Weg durch die Wüste bis hin zur Heimat dieselbe Freude, den gleichen Frieden. dieselben Interessen genießen, die Er hienieden hatte in Gemeinschaft mit dem Vater. Es gibt geistlich hungernde, dürstende, frierende Kinder Gottes, die der Welt ein trauriges Zeugnis geben, aber die Schuld liegt nur an ihnen: sie lassen sich nicht die Füße waschen von dem HErrn, d. h. sie lassen nicht durch das Wort Gottes, von dem das Wasser in der Schrift oft ein Bild ist (vgl. Eph. 5,26!), ihr praktisches Leben, ihren täglichen Wandel reinigen (vgl. 1. Joh. 1,9; Joh. 17,17). (Dies geschieht nicht durch das Blut, wie leider oft angenommen wird [vgl. Hebr. 9,12; 10,14 u. a. und Frage 34, III. Jahrbuch, 1915!]). So gehen sie befleckt dahin und ihr ungereinigtes Gewissen läßt keinen Herzensfrieden, keine Freude aufkommen, obwohl sie längst wiedergeboren sind („gebadet“, Tit. 3,5; vgl. Frage 26, 1916!) Es ist m. E. nicht so sehr die Tätigkeit Jesu als des Sachwalters, die in der Fußwaschung zutage tritt - Christus unser Sachwalter (unser Rechtsanwalt) ist vielmehr bei jeder, auch der unbekannten Verfehlung unsererseits vor Gott für uns tätig (1. Joh. 2,1), auch ohne daß bei uns eine Bereitwilligkeit erforderlich sein müßte - sondern es ist mehr des HErrn als des Lebendigen Wortes (vgl. Joh. 1,1ff. mit Off. 19,13 und Hebr. 4,12.13 u. a.) Tätigkeit, die hienieden mit unserer durch Seinen Geist geweckten Bereitwilligkeit (vgl. V. 8 u. 9!) uns von Ihm dienen, nämlich waschen zu lassen, eintritt, wenn wir uns befleckt haben im täglichen Wandel. Vor dem Vater vertritt uns unser Sachwalter, hienieden reinigt Er Selbst als „das Wort“ uns vermittelst des Wortes der Schrift, das der Heilige Geist in irgendeiner Weise auf unser Herz und Leben anwendet. Durch diese doppelte Tätigkeit des HErrn wird unsere Gemeinschaft mit Ihm und dem Vater ungetrübt erhalten, und wir haben Teil mit Ihm hienieden. Und so auch untereinander, wenn wir des HErrn Tun geistlicherweise nachahmen, indem wir einander die Füße waschen im Geist der Sanftmut (Gal. 6,1 ; vgl. Hebr. 10,24.25 u. 1. Petr. 3,8ff. u. a.), um einander zurechtzubringen durch „das Wort in Gnade“ (Kol. 4,6), sobald Sünden und Mängel die Gemeinschaft untereinander trüben (siehe auch Hebr. 12,15!).

Zum Schluß noch ein Punkt! V. 10 sagt der Herr Jesus das ernste Wort „ausgenommen die Füße“! Welch ein Gegensatz gegen neuere „Sündlosigkeitslehren“, wonach Gläubige dahin gekommen sein sollten, ohne irgendeine Befleckung des Fleisches oder des Geistes zu wandeln. Laßt uns, obwohl wir Überwinder sein sollen und können (Röm. 6!), jenen Gedanken bei uns nicht Raum geben, sondern demütig anerkennen, wie sehr wir der reinigenden Tätigkeit Jesu durch Sein Wort, die Er in diesem Beispiel uns vor Augen stellt, fortgesetzt bedürfen, und wie nötig es auch ist, einander in Demut und Liebe solchen Liebesdienst wieder und wieder zu tun, zu dem Er, unser Meister, uns auffordert und befähigt durch Seinen Geist!

Nun genug! Mir lag nur daran, die Hauptpunkte zu beleuchten, teils um Irrtümern zu begegnen, teils um die alles überragende Liebesfürsorge unseres herrlichen Herrn Jesu, der uns erlöst und erkauft hat durch Sein eigenes Opfer und uns für ewig zu Gottes Kindern machte durch den Glauben an Ihn, ein wenig zu rühmen. - Er segne uns die Betrachtung Seines kostbaren Wortes, daß wir Täter desselben werden (Jak. 1,22), und mache uns glückseliger in Ihm.

desselben werden (Jak. 1,22), und mache uns glückseliger in Ihm.

F. K. (z. Zt. beim Militär).

Frage 28

Wie begegnet man der Prädestinationslehre, d. h. der Lehre von der Zuvorbestimmung des Menschen zur Seligkeit oder Verdammnis, angesichts Stellen wie 2. Mose 33,19b; Apgesch. 13,48b; Röm. 8,29.30, auf die sich obige Lehre zu stützen pflegt?

Antwort A

Die angeführten Schriftstellen beAntworten die Frage bei genauer Betrachtung von selbst.

2. Mose 33,19: Jehova hatte Israel das Gesetz gegeben, damit sie Seiner Heiligkeit entsprechen möchten; „... seid heilig, denn Ich bin heilig.“ Sie waren erlöst durch das Passah, indessen bedurften sie für ihren Wandel noch des Priestertums, mit dessen Einrichtung Gott eben beschäftigt war. Aber schon hatten sie sich verderbt durch die Anbetung des Kalbes. Demzufolge sagte Jehova zu Mose: Ziehet in das Land, das Ich Abraham, Isaak und Jakob geschworen habe; einen Engel werde Ich vor euch hersenden, aber Ich kann nicht mitziehen, daß Ich euch wegen eurer Hartnäckigkeit nicht vernichte auf dem Wege; ihr entsprecht Mir nicht. Jedoch du, Mose, hast Gnade in Meinen Augen gefunden. Mose aber, der das Priestertum bereits auf dem Berge kennen gelernt hatte, bittet für das Volk, sich zugleich mit ihm eins machend. Er findet auch Erhörung und erhält die Zusicherung, daß er die Güte Jehovas sehen und daß der Name Jehovas vor ihm ausgerufen werden soll. Im unmittelbaren Anschluß daran heißt es dann: „Und Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde, und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarmen werde.“ - Daraus geht hervor, daß Jehova begnadigt und Sich dessen erbarmt, der Ihm naht wie Mose, daß Er sich dagegen mit dem nicht verbinden kann, der sich verderbt wie Israel.

Apg. 13,48. Was Paulus vom HErrn auf dem Wege nach Damaskus und während der drei Jahre in Arabien gelernt hatte, das beherrschte sein ganzes Leben. Er verkündigte wie überall, so auch in Antiochien, den auferstandenen und verherrlichten Christus, der mit dem Fleische vollständig abgebrochen hatte. Für ihn bestand der Unterschied zwischen Juden und Nationen nicht mehr - alle waren dem Gericht verfallen. Die Glaubenden erlangten Rechtfertigung und ewiges Leben, dagegen erwartete die „Verächter“ das Gericht. Das aber forderte den schrecklichen Widerstand derer heraus, die fleischlichen Gottesdienst übten. Als nun die aus den Nationen hörten, daß sogar ein israelischer Prophet Jesum als das Licht der Nationen und als das Heil bis an das Ende der Erde verkündigte, da glaubten, so viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren. M. E. sagt die Stelle, daß nur die zum ewigen Leben verordnet sind, die das Evangelium des Christus annehmen; die Verächter dagegen erwartet das Gericht.

Die Verse 29 und 30 in Römer 8 dürften als Stütze der Prädestinationslehre erst recht nicht in Betracht kommen. Der Schwerpunkt liegt in den Worten: denn welche Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt usw. Es handelt sich also um das „Zuvor-erkannt-haben“. Bei Gott ist ein Tag wie tausend Jahre and tausend Jahre wie ein Tag (2. Petr. 3,8). Vor Ihm stand vor Grundlegung der Welt alles in herrlicher Vollendung (Spr. 8,22-31 - Menschenkinder, Seiner würdig - Offb. 21,1-4).

Auch der Heilige Geist zeigt uns in David tausend Jahre im voraus das „schöne Erbteil des HErrn in den lieblichen Örtern“ (Ps. 16). In gewissem Sinne ist das schon erfüllt laut Eph. 1,22.23; 5,22-33, tatsächlich aber erst, wenn Offb. 19,7 eingetreten sein wird. Gott hat dich und mich zuvor gesehen, deine und meine Wege gekannt. David kannte etwas davon (Ps. 139, besonders V. 16). Du und ich persönlich standen sowohl einst vor Gott, als auch vor etwa 1900 Jahren vor dem HErrn, als Er nach Joh. 13 bis 16 zu den Jüngern und Joh. 17 zu dem Vater redete (besonders 17,20). Aus dem Leben des HErrn lernen wir, daß Er einen jeden Menschen als ein selbständiges und vollgültiges Mitglied der Gesellschaft betrachtete. Er zwang niemand, Ihm zu folgen. Er ließ aber auch keinen Zweifel darüber, daß Er ein Anrecht hatte auf einen jeden, und daß der, der Ihn verwarf, sich Ihm als Richter unterwerfen müsse (Joh. 5,17-30). Dasselbe sagt auch Paulus in Phil. 2,10.11. Einem jeden wird die Wahrheit rückhaltlos vorgestellt, und jeder kann sich nach seinem freien Willen entscheiden. Wie das auch ausfällt, vor Gott lag das schon vor Grundlegung der Welt klar und offen. Welche Freude ist ein solches Erkennen für ein vor Gott aufrichtiges Herz. „Du kennest mein Sitzen und mein Aufstehen, Du verstehest meine Gedanken von ferne. Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen, bist vertraut mit allen meinen Wegen. Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Jehova, Du weißt es.“ So wie Gott jemand zuvor erkannt hat, so hat Er auf Grund dessen zuvor bestimmt, dann berufen, gerechtfertigt und verherrlicht. Das läßt Paulus in Jubel ausbrechen (V. 31ff.). Nathanael lernte etwas davon kennen, und das genügte ihm, sich in die Arme des HErrn zu werfen (Joh. 1,45-51).

In der Heiligen Schrift gibt es keine Widersprüche. Wenn die Auslegung der einen Stelle gegen eine andere verstößt, so ist das ein Beweis, daß die Auslegung einer Nachprüfung bedarf. Die ganze Wirksamkeit des Vaters und des Sohnes dreht sich um unsere Errettung. Der Sohn offenbarte den Vater auf Erden. Laßt uns das Leben des HErrn studieren, um den Vater verstehen zu lernen. „Wer Mich gesehen, hat den Vater gesehen.“ Für die einen war der HErr Hilfe in jeder Weise, „Er Selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten“ (Matth. 8,17), für die anderen ein Spiegel, der das Innerste ihres Herzens offenbarte (z. B. Joh. 8,1-11). Alles führte der HErr auf den Vater zurück, welcher der Mittelpunkt ist, während der Sohn Seine Gedanken ausführt. Der Vater zieht zum Sohne, und der Sohn befreit aus der Gefangenschaft Satans. Jeder Gläubige weiß, wie lange die Liebe des Vaters ihm nachgegangen ist, bis er sich endlich ihr auslieferte (Joh. 6,37-40). - Es gibt nur zwei Klassen: die eine besteht aus den Menschen von Natur; an diese richtet sich das Evangelium, welches gleichzeitig vorstellt, daß alle Menschen dem Gericht verfallen sind. Die sich nun herausretten lassen, bringt der HErr zu sich selbst; sie gehen bei Ihm ein uns aus und finden gute Weide; sie bewegen sich in Freiheit (Joh. 10). Diese letzteren bilden die zweite Klasse. Ein jeder hat volle Selbstbestimmung.

Wäre es nun denkbar, daß Gott jemanden, um den Er soviel bemüht, für den das Blut Seines Sohnes, des Menschen Christus Jesus, geflossen ist, der nach langem Einladen endlich kommt, nun zurückweisen sollte, weil er nicht zuvor auserwählt wäre? Unmöglich! Er geht dem Verlorenen nach, bis Er es findet (Luk. 15). „... welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Tim. 2,4; 2. Petr. 3,9). Alle, die kommen, und Gott hat sie zuvor gesehen und erkannt, die sind auch auserwählt. Als treffendes Bild wäre (nach Luk. 14) anzuführen: Der Hausherr läßt ein Schild an der Außenseite der Haustüre anbringen: Kommt, denn alles ist bereit usw. Die besonders Eingeladenen schlagen ab, er läßt die Einladung ausrufen und die Leute nötigen hereinzukommen (ein so großes Interesse hat Er selbst daran, vgl. Eph. 1,6.18; Joh. 17,10). Wer nun

hereinkommt, findet an der Innenseite der Tür geschrieben: Auserwählt vor Grundlegung der Welt.

Wer ist es, der die Menschen von Gott entfernt und sie unter die Sünde verkauft hat? Wer betört sie, sät Mißtrauen gegen Gott? Wer hindert sie, andauernd das Heil auszuschlagen? Nun, wer ernstlich darüber nachdenkt, kann nicht zu dem Schluß kommen, daß Gott jemanden zur Verdammnis zuvor bestimmt habe!

T.

Antwort B

Die Vorbedingung aller Erbarmungen Gottes ist beim Menschen der Glaube (lies Hebr. 11). Gott hat alle diejenigen zuvor erkannt, welche an Ihn und an Jesum Christum glauben würden; welche Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvor bestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichf örmig zu sein (Röm. 8,29), diese sind zum ewigen Leben verordnet (Apg. 13,48b). Es ist aber allein Gottes Gnade und Erbarmen, wenn Er unseren Glauben uns anrechnet zur Gerechtigkeit, darum steht 2. Mose 33,19b geschrieben: und Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde, und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarmen werde. Die Größe dieser Gnade und des Erbarmens Gottes tritt uns besonders in Röm. 8,29-39 entgegen.

Gott will, daß allen Menschen geholfen werde und daß jeder zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen möchte, Er will nicht den Tod des Sünders, sondern daß der Sünder sich bekehre und lebe, Er weiß aber auch, daß viele Menschen Seine Gnade und Erbarmung ablehnen, und hat diese ebenso zuvor erkannt wie diejenigen, die Seiner Gnade und Seinem Erbarmen offen stehen. In diesem Sinne ist die Prädestinationslehre zu verstehen.

P.

Antwort C

2. Mose 33,19b. Gott ist souverän. Er kann handeln, wie Er will. Aber Sein Tun ist und bleibt in Übereinstimmung mit Seinem göttlichen Wesen und Seinen vollkommenen Eigenschaften (gerecht, allwissend usw.).

Es bleibt eine anbetungswürdige Tatsache, daß Gott schon vor Grundlegung der Welt für den Fall des Menschen Vorsorge traf zu seiner Rettung. Warum Er nich auch Vorsorge traf für den Fall Satans, hat Er uns nicht geoffenbart, und bleibt deshalb für uns ein Geheimnis. „Ich werde begnadigen, wen Ich begnadigen werde usw.“ (2. Mose 44,6.7). Es genügt: Gott hat für jeden Menschen den Weg zur Rettung geöffnet, und der Grund liegt in Seinem Erbarmen. Niemals ist es Gottes Schuld, wenn Menschen verloren gehen. Solche wollen nicht auf dem von Gott ersehenen Wege begnadigt werden. Sie wollen Sein Erbarmen nicht. Der Mensch ist mit freiem Willen erschaffen.

Apg. 13,48b. Christus wurde ihnen verkündigt (V. 37-39). Durch den Glauben an Christus wurden sie gerechtfertigt, und so konnte man wissen, daß sie zum ewigen Leben verordnet waren.

Röm. 8,29; 9,13-18. Die Stelle bezeugt uns das Vorherwissen - die Allwissenheit Gottes. „So liegt es nun nicht an dem Wollen usw.“ Viele wollen in den Himmel kommen; sie wollen, sie laufen, aber sie wollen nicht den von Gott gegebenen Weg benutzen. Es ist eigenes Laufen und Ringen. Es gibt

keinen anderen Weg dorthin als Christus. „Ich bin der Weg“, „glaube an den Herrn Jesus!“

F. B. †.

Anmerkung des Herausgebers

Eine Lehre der Zuvorbestimmung zur Verdammnis kennt die Heilige Schrift nicht. Nirgends in der Schrift finden wir einen solchen Gedanken. Wohl spricht Röm. 8,29.30 von einer Zuvorbestimmung, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein auf Grund der Zuvorerkenntnis Gottes, aber nicht von einer Zuvorbestimmung zum Verderben. Aber Menschen können sich, wie Pharao, selbst zubereiten zum Verderben durch eigene Verhärtung, so daß sich die Gnade Gottes in Zorn über sie verwandelt. Aber Gott trägt solche Gefäße mit Langmut, „da Er nicht will, daß irgendwelche verloren gehen, sondern alle zur Buße kommen“.

Gottes Auserwählung ist kein willürliches, ganz beliebiges Herausgreifen. Die Schrift sagt uns: „Auserwählt nach Vorkenntnis Gottes“ (1. Petr. 1,2) und in Röm. 8,29: „welche Er zuvorkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein.“ Diese Zuvorerkenntnis umfaßt die ganze Person nach Geist, Seele und Leib, mit allen Eigenarten, Eigenschaften, Wesen usw. Auf diese Zuvorerkenntnis der Person gründet sich die Auserwählung; sie wird bestimmt durch das, was Gott zuvor sah.

In 2. Mose 31,19 handelt es sich nicht um die Auserwählung in Christo. Wohl aber offenbart Gott Mose Seine Souveränität, Seine völlige göttliche Willensfreiheit. Ein Grundsatz, der in der Auserwählung seine Betätigung findet. Aber die Unumschränktheit Gottes, zu tun, was Er will, kann nie im Widerspruch zu Seiner Liebe, Heiligkeit und Gerechtigkeit stehen. Nie kann damit der Gedanke der Willkür oder der Ungerechtigkeit verbunden werden. Liegt in dem Erweisen Seiner Gnade Unrecht? Wenn nicht die Feindschaft gegen Gott und der Wunsch, sich der VerAntwortlichkeit dem Evangelium gegenüber zu entziehen und bei Gott die Schuld des Verloren gehens zu finden, dahinter stände, so müßte ein solches Wort das Herz des Menschen mit Freude erfüllen, denn Er will sich der gefallenen Menschen erbarmen.

Apg. 13,48b. Der Unglaube findet überall Schwierigkeiten und Schuld bei Gott. Dem Glauben genügt es, was Gott sagt. Er weiß, daß es keine Widersprüche in Seinem Worte gibt. Der Unglaube aber kommt mit der menschlichen Philosophie (Kol. 2,8) und sagt, wenn jemand nicht zum ewigen Leben verordnet sei, so könne er absolut nichts tun und sei schuldlos, verloren zu gehen. Aber die Vernunftschlüsse der Menschen lassen sich nicht auf Gott übertragen, sie beweisen nur, daß nicht allein ihr Verstand„verfinstert“ ist (Eph. 4,18) und sie „in ihren Überlegungen in Torheit verfallen“, sondern auch ihr „Herz verfinstert“ ist. Ein solcher Schluß ist gänzlich falsch. Ein paar Verse weiter lesen wir (Kap. 14,1), daß sie also redeten, daß eine große Menge glaubte. Das Evangelium wendet sich so (in einer solchen Weise) an den Menschen. daß er annehmend oder ablehnend ihm gegenüber Stellung nehmen muß. (Wie fast täglich jeder zu öffentlichen Ankündigungen sich annehmend oder ablehnend verhält.) Im wahren Grunde handelt es sich nicht darum, was man meint nicht glauben zu können, sondern wem man nicht glauben will, um die Person, die mit einer Verkündigung sich an mich wendet. Der Herr sagt: „Wenn jemand Gottes Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist“ (Joh. 7,17). Die Verkündigung der Buße und der Vergebung der Sünden an alle Menschen ist kein Betrug, als ob der Mensch nicht annehmen könne,

was Gott ihm anbietet.

So wie der HErr einst Seinen Aposteln befohlen hatte, das Evangelium aller Kreatur zu verkündigen (Mark. 16,15), so handelte auch Paulus in Antiochien. Die Juden stießen es von sich (Apg. 13,46), viele aus den Nationen nahmen es an. Jeder aber, der die Botschaft Gottes über Seinen Sohn hörte, war verAntwortlich für das, was er damit machte. Jeder Hörer mußte entweder der Botschaft zustimmen und sie anerkennen oder verachten. Jeder Hörer hatte die Fähigkeit der Willensentscheidung, sie anzunehmen oder zu verwerfen, denn Gott macht ihn für sein Tun verAntwortlich. Die Annahme der Botschaft Gottes ist kein Verdienst, wohl aber die Verwerfung eine Verschuldung. Die Annahme der Botschaft führt zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus.

So hat der Arbeiter im Werke des HErrn das Evangelium allen Menschen zu verkündigen. Wenn er aber (wie in dieser Stelle) prüfend das Werk überblickt, so weiß und kann er mit diesem Worte sagen: „Es glaubten, so viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren“.

Es sei noch auf Frage 7, Band IV (1916) hingewiesen!

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Beurteilet ihr diese Zeit nicht?

(Luk. 12,56.)

Diese Worte, die der HErr einst tadelnd an die Volksmenge richtete, die gedankenlos dahinlebte und nicht beachtete, was in ihren Tagen geschah, reden auch heute noch zu uns. Auch in unseren Tagen geschehen große Dinge. Es „toben die Nationen und sinnen Eitles die Völker“.1

1

Ps.2,1.

Als die Jünger vom Hohen Rat gemißhandelt zu den Ihrigen zurückkehrten, gedachten sie an dieses Psalmwort.1 Aber ihr Auge blieb nicht haften an dem Toben der Nationen. Sie sahen weiter hinaus, sie schauten auf Gottes Ratschlüsse und Ziele. Welch Eitles die Völker auch sinnen mochten, Gott brachte das, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvorbestimmt hatte, dadurch zur Ausführung, und dies hatte mehr Interesse für sie als das Toben der Nationen. Auch unser Blick geht von den gegenwärtigen großen Ereignissen hin zu den Plänen Gottes. Was auch immer der Mensch tut in

1

Apgesch. 4,25-28.

seiner Eitelkeit und Bosheit, wir stehen nicht still dabei, wir bringen es im Lichte Seines Wortes in Verbindung mit der Erfüllung alles dessen, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvorbestimmt hat, daß es geschehen soll.1

1

Daß der Mensch oder die Völker in ihrem gottlosen Treiben das von Gott Zuvorbestimmte tun, hebt natürlich deren VerAntwortlichkeit für ihr Tun nicht auf. Als der Kaiser Augustus das allgemeine Schätzungsgebot erließ, infolgedessen jeder sich in seinen Heimatsort begeben mußte, handelte er unbeschränkt nach seinem eigenen eitlen Willen, und doch diente es zur Erfüllung dessen, was Gott zuvorbestimmt hatte, daß Christus in Bethlehem geboren werden sollte (Luk. 2,1). Die Mörder des Herrn Jesus handelten in Erfüllung des Ratschlusses und der Vorkenntnis Gottes, aber ihre Tat war voll und uneingeschränkt ihr eigenstes Tun, und das ihnen angekündigte Gericht zeigt den völlig eigenen Willen, in dem sie handelten (Matth. 21,38-41). Die Aufrichtung des Kreuzes auf Golgatha war die Erfüllung des göttlichen Vorsatzes, und trotzdem taten sie es in direktem Widerstand zum göttlichen Willen.

Wohl haben wir in bezug auf die Ankunft des HErrn nicht erst die Erfüllung von Ereignissen zu erwarten (da ist nichts, was Seinem Kommen, den Seinigen in der Luft zu begegnen und sie zu Sich zu nehmen, erst voraufgehen müßte), aber dem Tage, an dem Er mit Seinen Heiligen erscheint, Gericht zu halten, diesem müssen noch große Ereignisse voraufgehen. Wenn nun diese gleichsam

1

Betr. „Bewahrung vor der Stunde der Versuchung“ siehe Bd. IV 1916, S. 159.

2

Offenb. 3,10.

schon am Horizont auftauchen und sich in den Ereignissen unserer Tage schon ankünden, wie nahe muß dann das Kommen des HErrn sein, der die Seinigen zu Sich nehmen und bewahren will vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird.1, 2

1

Betr. „Bewahrung vor der Stunde der Versuchung“ siehe Bd. IV 1916, S. 159.

2

Offenb. 3,10.

Zwei Rufe finden wir im Worte Gottes, die sehr bezeichnend für die Beurteilung der Zeit sind. Der eine ist der Mitternachtsruf,1 der im Reiche der Himmel2 gehört wird und der zur Folge hat, daß die Jungfrauen sich bereiten, dem Bräutigam zu begegnen. Der andere ist der Freudenruf der Welt,3 wenn sie am Ziel ihres Strebens sagen werden: „Friede und Sicherheit!“

1

Matth. 25,1-10.

2

Betr. „Reich der Himmel“ siehe Bd. I S. 49-54; Bd. II S. 72-75; Bd. III S. 23-32.

3

1. Thess. 5,3.

Der erste Ruf kennzeichnet uns die Mitternachtszeit, in welcher der Herr Jesus kommt, um die, die bereit sind (die „das Öl“, den Heiligen Geist haben), mit Sich zu nehmen zur Hochzeit. Der zweite Ruf dagegen kennzeichnet uns die Welt in der Zeit, ehe das „plötzliche Verderben“ (Gottes Gerichte) über sie kommen wird.

Der Mitternachtsruf: „Siehe, der Bräutigam“ wird schon seit Jahrzehnten gehört und sagt uns allen, daß wir uns in der Mitternachtsstunde, der Stunde des Kommens des HErrn, befinden. Der Weltruf: „Friede und Sicherheit“, der dem „plötzlichen Verderben“ voraufgeht, wird noch nicht vernommen, aber seine Vorboten sind schon da. Das Verlangen der Völker geht nach diesem Rufe, und der Tag wird kommen, wo die Welt sich beglückwünschend zujubelt: „Friede und Sicherheit!“ Dann, wenn „Friede und Sicherheit“ das Weltthema sein wird, „dann“, sagt die Schrift, „kommt ein plötzliches Verderben über sie, gleichwie die Geburtswehen über die Schwangere, und sie werden nicht entfliehen.

Auf das Friedensangebot unseres Kaisers lehnte die Welt einen Frieden ohne Sicherheit ab. Sie will mehr als Frieden- sie will „Frieden und Sicherheit“. Frieden mit Garantien, mit Bürgschaften, daß nie auf Erden ein solcher Krieg wiederkehren kann. Tief ging es durch das Herz des Herausgebers, als die Zeitungen der Welt in Sperrdruck „Friede und Sicherheit“ forderten. Das, wonach die Welt heute ringt, wird sie erlangen. Schon werden Stimmen laut, durch Verbrüderung oder durch Bündnisse die Völker so zu binden, daß keine Nation auf Erden wieder Krieg beginnen kann, ohne die Vernichtung durch die anderen Mächte über sich selbst zu bringen. Auf welchem Wege die Menschen es auch zustande bringen werden, es genügt, die Zeit wird kommen, wo sie berauscht durch das Erreichen ihres Zieles sagen werden: „Friede und Sicherheit!“

Aber es ist Friede und Sicherheit ohne den Herrn Jesus Christus. Ihn brauchen sie nicht. Sie wollen Frieden ohne den Friedefürsten und Sicherheit ohne das Blut der Versöhnung. Sie meinen, den vom Fürsten der Welt, von Dämonen beherrschten Menschen mit ihren Fesseln und Stricken so binden zu können, daß er auch ohne Christus „vernünftig“ wird und kein Verderben mehr um sich verbreitet. Aber sie werden die gleiche Erfahrung machen wie jene, die den von unreinen Geistern bewohnten Menschen mit Ketten und Fußfesseln banden und dann sahen, daß ihre Ketten zerrissen wurden und der von Dämonen beherrschte Mensch nicht mit Fesseln zu bändigen war. Dann aber erscheint Jesus auf dem Plane. Er legt ihm nicht Fesseln an, Er befreit ihn von der Macht Satans, und „vernünftig“ sitzt er zu Jesu Füßen. „Stadt und Land“ sieht es mit Furcht.1

1

Mark. 5.

So wird es sein! Heute sinnen und arbeiten sie, die Ketten und Fußfesseln zustande zu bringen, um den von Dämonen beherrschten Menschen zu bändigen. Und wenn ihm die Fesseln angelegt sind, werden sie rufen: „Friede und Sicherheit“, um dann zu erfahren, daß ihre Fesseln nicht halten, ihre Bündnisse, Verträge und Fest-

Bündnisse, Verträge und Fest-

setzungen zerrissen werden, und ein „plötzliches Verderben“ über sie kommt. Der HErr aber, wenn Er erscheint, wird den Satan binden für 1000 Jahre.1 Dann wird der nicht zu bändigende Mensch unter der Friedensherrschaft Jesu „vernünftig“ zu Seinen Füßen sitzen, und Gottesfurcht wird „Stadt und Land“ erfüllen.

1

Offenb. 20,2.3.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Die Schatten dieser Dinge sehen wir heute schon. Der Gläubige sieht (wie einst die betenden Jünger in Jerusalem) hinter dem Toben der Nationen das Zustandekommen alles dessen, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvorbestimmt hat, daß es geschehen soll.

Der eine Ruf - der Mitternachtsruf geht durch die Lande. Schon befinden wir uns in der Mitternachtsstunde der Ankunft Christi. Der Geist und die Braut rufen: „Komm, Herr Jesu!“ Aber auch der andere Ruf, der dem Verderben voraufgeht, meldet sich schon an. Brüder, Schwestern, wie nahe muß der HErr sein!

Aber auch andere Dinge der Zukunft künden bereits sich an. Was geht heute unter den Juden vor! Wie beschäftigen sich sogar die Völker schon mit der Rückkehr der Juden in ihr Land. - Wie bemerkbar macht sich der Abfall, der dem Antichristen den Weg bahnt. - Denken wir weiter an die Wiederaufrichtung des Römischen (10 König-) Reiches, - an das zu Macht und Leitung kommende Papsttum. Wie regt sich's überall! Beurteilet ihr diese Zeit nicht? Wie ernst mahnt uns alles: „Das Ende aller Dinge ist nahe gekommen. Seid nun besonnen und nüchtern zum Gebet.“1

1

1.Petri 4,7.

Wir wissen nicht, zu welcher Stunde der HErr kommt; auch nicht, ob dieser Krieg die Schlußakte der Welt schon einleitet. Wir können auch nicht sagen, ob ein jetzigem Ruf „Friede und Sicherheit“ die Erfüllung des pro-

phetischen Rufes ist, da uns die Wege Gottes mit dem Menschen lehren, daß Gott die zuvorbestimmten Ereignisse vor ihrem Eintreten der Welt oft warnend in Vorereignissen und Vorbildern vor Augen führt. Wir können auch nicht sagen, daß die Gläubigen nicht mehr auf Erden sein werden, wenn der Ruf entsteht. Wenn wir auch lesen: „... dann kommt ein plötzliches Verderben über sie“, so meint das natürlich nicht, daß dem Rufe das „plötzliche Verderben“ in derselben Stunde auf dem Fuße folgt. Es kann sehr wohl zwischen dem Rufe „Friede und Sicherheit“ und dem die Welt „plötzlich“ überfallenden Verderben ein längerer Zeitraum liegen, in welchem sich die Welt in Friede und Sicherheit wiegt. Wir finden oft, daß in eng zusammengefaßten Ereignissen der Schrift längere Zwischenräume liegen, ohne daß sie uns dabei genannt werden.1 Auch der Mitternachtsruf, der mit dem Kommen des HErrn so eng verbunden ist, enthält zwischen dem Geschrei „Siehe, der Bräutigam“ und dem Kommen des HErrn einen Zwischenraum. Uns scheinen die seit dem Entstehen des Rufes: „Siehe, der Bräutigam“ vergangenen (etwa 90) Jahre eine lange Zeit zu sein, aber Gottes Zeitrechnung ist eine andere als unsere. „Tausend Jahre sind für Ihn wie ein Tag.“

1

z. B. 1. Mose 1,1.2; Jes. 61,2; Joh. 5,29; Apg. 15,14-16 u. a. m.

Wenn wir nun auch in bezug auf die künftigen Ereignisse noch vor mancher offenen Frage stehen, so wissen wir sicher, daß „Friede und Sicherheit“ die letzte Kennzeichnung der Welt ist, bevor das „Verderben“, „der kommende Zorn“ sie überfällt, und diese Kennzeichnung fängt an, heute schon Gestalt anzunehmen; und weiter wissen wir sicher, daß die Mitternachtsstunde des Kommens Christi

1

Luk. 12,36.37.

weit vorgerückt ist und der HErr nahe ist. Alles ruft uns zu: „Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, ... auf daß, wenn Er kommt und anklopft, sie Ihm alsbald aufmachen. Glückselig jene Knechte, die der HErr, wenn Er kommt, wachend finden wird!1

1

Luk. 12,36.37.

„Ja, Ich komme bald. - Amen, komm, Herr Jesu!“1

1

Offenb. 22,20.

Gelagert auf grünen Auen.

(Ps. 23,2.)

Der HErr sagt von denen, die durch Ihn zur Tür eingehen und errettet werden, daß sie „ein- und ausgehen und Weide finden“.1 Unter der Hand der falschen Hirten fanden die Schafe Israels keine Weide, da war nur Unruhe und Unzufriedenheit. Unter der sorgenden Führung des guten Hirten findet das Schaf grüne Auen und volle Befriedigung.

1

Joh. 10,9.

Manche blicken auf die schmerzlichen Umstände und vergleichen diese mit den lieblichen, als ob darin die grünen Auen lägen. Aber in diesen bestehen die grünen Auen des guten Hirten nicht. Von den Dingen hienieden sind sie völlig geschieden. Gerade im Gegenteil, in den niederdrückendsten Verhältnissen finden wir oft die Seelen, die auf den göttlichen Auen in glücklicher Zufriedenheit ruhen.

Maria von Bethanien fand diese Weide, als sie zu Jesu Füßen saß und auf Seine Worte achtete.1 Martha, vom HErrn geliebt,2 suchte Ihm alle Ihm gebührende Aufmerksamkeit zu erzeigen, aber ihre Seele war darin von Unruhe und Sorge erfüllt. Je mehr sie fühlte, welche Ehre Ihm gebührte, um so größer wurde ihre Sorge, unfähig zu sein, Ihm diese zu ihrer Zufriedenheit zu erzeigen, so daß sie den HErrn auffordert, ihrer Schwester

1

Luk. 10,38-42.

2

Joh. 11,5.

zu sagen, ihr zu helfen. So köstlich Marthas Eifer, und so gut auch ihre Absichten sein mochten, sie lagerte nicht auf grünen Auen, ihre Seele war nicht gesättigt und befriedigt.

„Eines aber ist not“, Antwortete der HErr. „Maria hat das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden wird.“ Was war das eine gute Teil, worin das Herz glücklich sein konnte und das der HErr selbst „gut“ nennet? Von einem „besseren“ Teil (wie einige sagen) spricht der HErr nicht. Er spricht nur von einem Teil, welches gut ist, aber nicht im Vergleich mit anderem „besser“ ist. Dieses „gute Teil“ ist gewiß die Freude deiner Gemeinschaft, in der wir die Mitteilungen Seiner und Seines Vaters Liebe empfangen. In vollkommener Ruhe und Abgeschiedenheit von den störenden Einflüssen der Umstände saß sie zu Seinen Füßen und horchte Seiner Stimme.

Ist dies unser Teil? Kennen wir einen solchen Platz? Wenn dies der Fall ist, so wird unser Herz es bestätigen, daß es eine grüne Aue ist, wo wir nicht nur Nahrung finden, sondern uns lagern in glücklicher Zufriedenheit und göttlicher Ruhe. Laßt uns das Wort des Psalmisten beachten: Er lagert mich auf grünen Auen. Welche Mühe würde es machen, ein hungerndes Schaf dahin zu bringen, sich zu lagern, aber ein gesättigtes, befriedigtes Schaf legt sich fröhlich nieder, um das Genossene wiederzukäuen. Das Bild ist so einfach: Es zeichnet die volle Genüge und glückliche Ruhe der Seele unter der führenden Hand des Hirten. Abseits von dem Getriebe und Getöse dieser armen Welt folgen wir Ihm auf Glaubenswegen zu den stillen Wassern, an denen wir die Liebe des Vaters genießen. Da erfahren wir die Wahrheit Seiner Worte: „Wer irgend von dem Wasser trinken wird, das

1

Joh. 4,14.

Ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das Ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“1 Welch köstliches Teil können wir haben und genießen, während wir durch diese dunkle Welt gehen.

1

Joh. 4,14.

Aber wie ist es mit den niederdrückenden Umständen? Auch solche finden wir in der Geschichte der Maria von Bethanien in Joh. 11. Die Krankheit und der Tod des geliebten Bruders war wohl der schwerste Schlag, der dieses zarte Herz treffen konnte. Aber sie hatte eine Zufluchtsstätte. Weinend fiel sie zu den Füßen des Herrn Jesu nieder. Dort, an diesem ihr so wohl bekannten Platze, sah sie Seine heiligen Tränen, lernte sie Sein mitfühlendes Herz kennen, das ihren Schmerz und das Weh des Todes teilte. Dort wurde ihr Herz herausgehoben aus den Umständen und zu dem Ruheplatz Seiner Liebe hingeführt.

So finden wir es auch in Joh. 12. Sie hatten dem HErrn ein Abendessen gemacht und auch der aus den Toten auferweckte Lazarus war da. Aber weder das Mahl noch Lazarus beschäftigten Marias Herz. Den natürlichen Gefühlen nach wäre es der Bruder gewesen (denn wir hangen an dem, was wir verloren und wieder empfangen), aber es ist Seine Liebe und Seine Herrlichkeit, welche ihr Auge und Herz erfüllen, und so spendet sie Ihm das Köstlichste ihres Besitzes, die „sehr kostbare Narde“. Nichts auf Erden fesselte sie, nichts war ihr größer als Er, ihr Alles fand sie in Ihm, und die Hingabe ihres köstlichsten Besitzes zeigte ihre Gemeinschaft mit dem Wege Seiner Leiden, Seines Todes und Begräbnisses.

Die schmerzlichen Umstände mit all ihrer Bitterkeit

offenbarten, daß sie bei Ihm die Auen der vollen Genüge und der seligen Ruhe gefunden hatte.

Im Gefängnis zu Philippi finden wir dieselbe Wahrheit. Der mitternächtliche Lobgesang des Paulus und Silas zeigt uns, daß sie lagerten auf grünen Auen, obgleich ihre Rücken von Ruten wundgeschlagen waren. Und aus dem Gefängnis in Rom bezeugte Paulus den Philippern seine Freude in dem HErrn, inmitten der niederdrückendsten Umstände. „Freuet euch in dem HErrn allezeit! wiederum will ich sagen: Freuet euch!“1 Wie köstlich ist diese glückliche, völlige Genüge! Diese grünen Auen sind da für jeden Gläubigen, aber, ach! nicht alle erfreuen sich derselben.

1

Phil. 4,4.

Und wie kommen wir in den Genuß derselben? Beachte die Worte: „Er lagert mich“ (oder „Erläßt mich lagern“) ... „Er leitet mich“ ... Unsere Sache ist, uns willenlos Seinen Händen zu überlassen! Er weiß, wie Er uns zu führen hat, damit unsere Seele sich in Genüge und Freude auf den Auen Seiner Sorge und Liebe lagert. Er hat gesagt: „Wer zu Mir kommt, wird nicht hungern, und wer an Mich glaubt, wird nimmer mehr dürsten.“1 Laßt uns allewege zu Ihm kommen, Ihm glauben, und wir werden die Untrüglichkeit Seines Wortes erfahren.

1

Joh. 6,35.

R. - K.

Über göttliche Unterweisungen.

Wir lesen im Alten Testament vielfach, daß Gott zu den Menschen, besonders aber zu den Seinigen durch eine vernehmbare Stimme redete. Wir brauchen nur an Adam, Kain, Noah, Abraham und alle Gottesmänner, besonders aber an die Propheten zu denken, wie Gott in Seiner Gnade ihnen Belehrung, Überführung, Zurechtweisung, Ankündigung von Segnungen, aber auch

Belehrung, Überführung, Zurechtweisung, Ankündigung von Segnungen, aber auch

von Zucht und Gericht gab. Ja, wir lesen sogar z. B. von David, daß er Gott befragte und Gott ihm Antwort Gab. In welcher Weise nun die Stimme Gottes geschah, ob durch das Ohr oder durch den Geist wahrnehmbar, das soll nicht unsere Aufgabe sein, zu untersuchen. Wir wollen vielmehr aus dem geschriebenen Worte Gottes zu erkennen suchen, ob wir Gläubigen des Neuen Testaments in gleicher Weise mit Gott verkehren sollten oder nicht.

Es ist nun für uns sehr wichtig, daß wir unterscheiden, daß die Gläubigen heute eine andere Stellung vor Gott einnehmen als die Gläubigen des Alten Bundes. Der Herr Jesus Selbst kennzeichnet diesen Unterschied in solch auffallender Weise, wie wohl kaum eine andere Schriftstelle es tut. Er sagt, als Er von Johannes dem Täufer spricht: „Wahrlich, Ich sage euch, unter den von Weibern Geborenen ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer; der Kleinste aber im Reiche der Himmel ist größer als er.“ Die aber im Reiche der Himmel sind, das sind die Gläubigen des neuen Zeitalters, die versetzt sind in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. Von diesen sagt der Herr Jesus Joh. 7,38.39: „Wer an Mich glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Dies aber sagte Er von dem Geiste, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten; denn der Geist war noch nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war.“ Erst am Tage der Pfingsten empfingen die Gläubigen den Heiligen Geist. Und von Ihm spricht der HErr Jesus Joh. 14,16.17: „Daß Er bei euch sei in Ewigkeit ...“, und „denn Er bleibt bei euch und wird in euch sein.“

Im Alten Testament lesen wir, das der Geist Gottes zeitweise über die Männer Gottes kam. David betete z. B. auch im Psalm 51,11: „und den Geist Deiner Heiligkeit nimm nicht von mir.“ Wir sehen aus dem Alten Testament deutlich, daß „bei“ den Gläubigen des Alten Testamentes der Heilige Geist nicht blieb.

Wir Gläubige der Jetztzeit hingegen sind, wie uns das Neue Testament zeigt, „bleibend“ durch den Heiligen Geist aufs innigste mit unserem HErrn verbunden. Deshalb sollten auch der Heilige Geist und das Wort Gottes im praktischen Leben unsere ausreichenden Führer sein. Denn in Röm. 8,14 heißt es: „Denn so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes.“ Und in 2. Tim. 3,15-17 sagt Gottes Wort: „und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die vermögend sind, dich weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben, der in Christo Jesu ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt.“

Leider sind wir vielfach nicht in dem Zustand, daß der Geist Gottes durch das Wort Gottes uns im praktischen Leben belehren kann. Oft sind wir unruhig in unseren Herzen, oder wir sind aufgeregt durch kranke Nerven, so daß wir bei wichtigen Entscheidungen nicht den gottwohlgefälligen Weg klar zu unterscheiden vermögen. Möchten wir in solchen Fällen den HErrn um Stille bitten und in Demut uns zu Ihm wenden und ihn um Weisheit bitten, wie uns das Wort in Jakobus 1,5 anweist: „Wenn aber jemandem von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden.“ „Die Weisheit aber,“ heißt es in Jakobus 3,17 weiter, „von oben ist aufs erste rein, sodann friedsam, gelinde, folgsam, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ungeheuchelt.“

In allen unseren Entscheidungen aber sollte die Liebe zum HErrn und Sein Wort uns leiten und nicht der Buchstabe des Gesetzes. Dem Gesetz sind wir gestorben. Wir sind frei vom Gesetz. Wir sind „Kinder“ Gottes, und als solche sollten wir vor unserem himmlischen Vater in Liebe wandeln. Die Liebe aber ist gehorsam dem Worte. Im irdischen Leben kann ein Kind seinem Vater in gezwungener Weise gehorsam sein, es kann aber auch mit freudigem Herzen in Liebe gehorsam sein. Nach diesem strecken auch wir uns aus unserem HErrn gegenüber. Der HErr wolle uns dazu verhelfen!

D. i. L.

Geleitswort an den Leser:

„Richtet euer Herz auf eure Wege! ... Bringet Holz herbei und bauet das Haus; so werde Ich Wohlgefallen daran haben und verherrlicht werden.

Ihr habt nach vielem ausgeschaut, und siehe, es wurde wenig; und brachtet ihr es heim, so blies Ich darein. Weshalb das? spricht Jehova der Heerscharen; wegen Meines Hauses, das wüste liegt, während ihr laufet, ein jeder für sein eigenes Haus.“ Haggai 1,8.9.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 29

Wo sind in der gegenwärtigen Zeit die Verstorbenen, sowohl die Seligen wie die Verlorenen? (Apg. 1,25.)

Antwort A

In Luk. 16 gibt der Herr Jesus eine klare Belehrung darüber, daß die seligen und die verlorenen Verstorbenen an verschiedenen Orten sind und daß diese Orte durch eine große Kluft voneinander getrennt sind. Diese Belehrung des HErrn wird auch durch andere Schriftstellen unterstützt und bekräftigt, durch Schriftstellen, die bei anderen Gelegenheiten entstanden sind.

So beispielsweise verspricht der HErr dem einen Räuber am Kreuze, mit Ihm im Paradiese zu sein. Daß dieses Versprechen gehalten wurde, ist selbstverständlich (Luk. 23,43). Stephanus betet angesichts des Todes: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!“ (Apg. 7,59). Daß dieses Gebet Erhörung fand, ist ebenfalls selbstverständlich. Der Apostel Paulus spricht von der eventuellen Möglichkeit des Sterbens und macht dabei einen präzisen Unterschied zwischen entkleidet und überkleidet werden (2. Kor. 5,4). In bezug auf das „Enlkleidetwerden“ oder „ausheimisch von dem Leibe sein“ sagt er, daß dasselbe gleichbedeutend ist mit „bei dem HErrn sein“. - Aus all diesen Schriftstellen geht hervor, daß die selig Verstorbenen beim HErrn sind.

Die in der Frage bereits angeführte Stelle (Apg. 1,25) spricht auch von einem Aufenthaltsort eines

Die in der Frage bereits angeführte Stelle (Apg. 1,25) spricht auch von einem Aufenthaltsort eines Verstorbenen, als von einem Orte, nicht bei dem HErrn; er wird genannt „sein eigener Ort“.

Damit sind nach der Schrift zwei Aufenthaltsorte von Verstorbenen gezeigt, der eine beim HErrn und der andere nicht bei dem HErrn.

Diese Aufenthaltsorte sind aber noch keine endgültigen, da in beiden Fällen der Leib im Grabe ruht. Der Leib des Räubers am Kreuz und der des Stephanus, ebenso der des Judas ruhen noch im Grabe, während der Geist dieser Verstorbenen, wie bereits festgestellt, an verschiedenen Orten sich befindet.

Nach Joh. 5,28 u. 29 kommt der Augenblick, wo alle Gräber lebendig werden bezw. die in den Gräbern liegenden Leiber. Die einen Leiber kommen hervor zur Auferstehung des Lebens und die anderen Leiber zur Auferstehung des Gerichts. Der gegenwärtige Zustand der Verstorbenen, ob selig oder verloren, ist also ein Zwischenzustand, in welchem auf die Auferstehung des Leibes gewartet wird, um dann in den endgültigen Zustand einzugehen.

Diese beiden Auferstehungen liegen zeitlich auseinander, und zwar nach Offb. 20,4.5 mindestens 1000 Jahre. Ebenso haben diese beiden Auferstehungen zwei Charakterzüge, die eine den Charakterzug des Lebens und die andere den Charakterzug des Gerichts.

Die Herausführung aus dem Totenreich bezw. aus diesen verschiedenen Orten ist gleichfalls eine verschiedene und dabei eine präzis geregelte und geordnete. - 1.Kor. 15,23 u. 24 gibt darüber Aufschluß.

Der Erstling Christus hat das Grab bereits verlassen, und in Bälde werden die, die des Christus sind, bei Seiner Ankunft aus demselben herausgeführt werden. Die anderen Toten bleiben bis auf weiteres an ihrem Ort. -

Ein schreckliches langes und banges Warten auf das Gericht! -

Der Schwerpunkt der Sache dürfte der sein: Wem gehören wir in unserem Leben? (1. Kor. 15,23). Sind wir des Christus? Ist er jetzt unser HErr? Hören wir und kennen wir, als Seine Schafe, jetzt Seine Stimme? (Joh. 10,3). Wenn ja, werden wir, falls wir bei Seiner Ankunft Verstorbene sein sollten, Seinen gebietenden Zuruf mit Freuden vernehmen, wenn Er in fordernder Weise, als mit der Stimme eines Erzengels, im Luftgebiet Seine Rechte geltend macht und vor allem die Gräber der Heiligen, der Toten in Christo, entleert? (1.Thess.4,13-18).

W. W. (z. Zt. in Rumänien beim MiIitär).

Antwort B

Auf beides gibt uns die Schrift Antwort. Die entschlafenen Seligen sind bei dem Herrn Jesus (Phil. 1,23). Schon dem Schächer am Kreuze sagte der HErr: „Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“ (Luk. 23,43). „Bei Jesus“, das ist der „eigene Ort“ aller, die Ihm angehören. Stephanus betete daher unter den Steinwürfen seiner Mörder: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!“ und dann entschlief er (Apg. 7,59.60), und der Sohn des Menschen war aufgestanden, um Seinen treuen Knecht zu empfangen (Apg. 7,56). Wo, rein örtlich betrachtet, die entschlafenen Seligen jetzt sind, sagt die

Schrift nicht. Der Eingang in das Vaterhaus selbst und in die Herrlichkeit scheint mir erst mit der Wiederkunft des HErrn, der Entrückung und Auferstehung in Verbindung zu stehen (Joh. 15,2.3; 1. Thess. 4,16.17). Welche Bedeutung hat aber der Ort gegenüber der Tatsache, daß wir „bei Christo“ sein werden! So sagte man auch besser von einem in Christo Entschlafenen nicht: „Er ist heimgegangen“, sondern „er ist zu Christo gegangen“. Das Wort „heimgehen“ braucht die Schrift nicht vom Sterben der Gläubigen, sondern sie nennt es „ein Entschlafen“ (Apg. 7,60; 1. Kor. 11,30; 15,18.20; 1. Thess. 4,15). Mit dem Worte „entschlafen“ meint die Schrift aber nicht den Übergang in einen Zustand des Seelenschlafes, d. h. des fehlenden Bewußtseins. Der Herr Jesus, „der Erstling der Entschlafenen“ (1.Kor. 15,20), sagt dem Schächer am Kreuz, daß er noch am gleichen Tage mit Ihm im Paradiese sein werde (Luk. 23,43). Und das bedeutet kein nebeneinander Schlafen, sondern die köstliche Verheißung des Genusses Seiner Gegenwart und Gemeinschaft. Auch den Lazarus finden wir nicht schlafend in Abrahams Schoß, sondern dort wird er getröstet (Luk. 16,25). Und von dem reichen Manne sagt der HErr sogar, „als er in dem Hades seine Augen aufschlug“ (Luk. 16,23); er hatte bei Lebzeiten geschlafen (Eph. 5,14). Paulus hatte Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein, d. h.

nicht zu schlafen, sondern mehr als bisher, wenn auch noch nicht in Vollkommenheit, sich der Gegenwart des HErrn zu freuen. Deshalb nennt er das Sterben einen Gewinn und das Abscheiden und bei Christo sein weit besser als das Leben im Fleische, wo er doch auch schon wie wenig andere die Gemeinschaft des HErrn genoß (Phil. 1,21-23). Selbst die Seelen unter dem Altar schlafen nicht, sondern rufen mit lauter Stimme und beten (Offb. 6,9-11). Bei diesen wird es deutlich, daß es sich um eine Zwischenzeit des Ruhens und Wartens handelt. In einer ähnlichen Zwischenzeit befinden sich jetzt die im HErrn Entschlafenen, aber einer Zwischenzeit beim HErrn, in völligerem Genuß Seiner Gegenwart und Gemeinschaft, als das auf dieser Erde möglich ist.

Der Ort, an den die Verlorenen bei ihrem Tode gehen, an den auch Judas ging (Apg. 1,25), ist ein Ort der Qualen, fern von Christo und der Möglichkeit, zu Ihm zu gelangen (Luk. 16,23-26). Der Charakter des Ortes, nicht aber seine räumliche Lage ist das Wesentliche. Es ist ein Ort, der in Übereinstimmung mit dem Wesen und der Herzensrichtung derer steht, die dorthin gelangen. Fern von Christo und ohne Gott waren sie in der Welt gewesen, ihre Herzen hatten sie der Liebe und dem Anklopfen des Heilandes verschlossen; jetzt sind sie an dem Orte des Todes, an den auch nicht mehr der entfernteste Lichtstrahl der Liebe und Gnade Christi, nicht der Schimmer einer Hoffnung dringt. Dort gibt es nur Qualen und das gewisse Warten auf das Endgericht vor dem großen, weißen Thron. Denn auch ihr Zustand ist ein Zwischenzustand. Wie es für die in Christo Entschlafenen noch herrlicher kommt, so kommt es für sie noch schrecklicher. Selbst der Hades wird seine Toten herausgeben, und sie werden vor den großen, weißen Thron gestellt werden. In dem Buche des Lebens wird man vergeblich nach ihren Namen suchen, dagegen werden die Bücher voll von ihren finsteren Werken stehen. So werden sie in den Feuersee geworfen, in dem sie schon den Teufel, das Tier und den falschen Propheten finden (Offb. 20,11-15; 19,20.21), in das ewige Feuer, das Gott für den Teufel und seine Engel - nicht etwa für den Menschen - bereitet hatte (Matth. 25,41), die äußerste Finsternis, wo das Weinen und das Zähneknirschen sein wird (Matth. 22,13), in die Hölle, in das unauslöschliche Feuer, wo ihr Wurm nicht stirbt und das Feuer nicht erlischt (Mark. 9,34.44).

O. v. Br. (beim Militär).

Antwort C

Für den, der eine kürzere Antwort Auf diese Frage wünscht, sei außer den sonst eingesandten hier eine gegeben, die ihm dienen möchte, während ich alle, die betreffend dieser Sache weiter forschen möchten, schon heute hinweisen will auf einen gleich betitelten längeren Aufsatz von mir, der, so der HErr will, in einem der späteren Hefte veröffentlicht werden soll.

Wo die Toten, d. h. die in dem Zeitraum seit Christi Auferstehung bis zur Aufnahme der Gemeinde bezw. bis zum Gericht vor dem weißen Thron Gestorbenen jetzt weilen, richtet sich ganz danach, ob dieselben zu ihren Lebzeiten dem HErrn angehörten oder nicht. Erstere weilen nach dem unzweideutigen Zeugnis der Schrift (vgl. Luk. 23,43; Apg. 7,59; 2. Kor. 5,1ff.; Phil. 1,23 u. 3,21) dem Geiste nach bei Christo, nicht im Schlafe, und sie, die „in Jesu Entschlafenen“, werden beim Kommen des HErrn für die Seinen dem Leibe nach auferweckt, verwandelt und zusammen mit den dann lebenden Gläubigen entrückt (1. Thess. 4). Letztere dagegen, die also als natürliche, unwiedergeborene Menschen sowieso geistlich „tot“ sind, d. h. „tot in den Vergehungen“ (Eph. 2,5), sind im Tode, im Gericht, das den Menschen nach dem leiblichen Tode bestimmt ist (Hebr. 9,27) und haben nur zu warten auf den Zeitpunkt, an dem das Gericht vor dem weißen Thron vollzogen wird (Offb. 20), um zusammen mit allen Toten, auch denen, die vor Christi Tod und Auferstehung starben als verlorene Sünder, gerichtet und dem Feuersee übergeben zu werden, wo sie für ewig, d. h. für immer bleiben. Zu diesen letzteren gehört auch „der reiche Mann“ aus Luk. 16, der mit allen ungeretteten Toten der damaligen Zeit sich im „Hades“ befindet, vgl. Frage 39, Bd. II (1914)!, am „Ort der Qual“, von denen in Abrahams Schoß für immer getrennt. Ebenfalls gehören zu diesen nicht „in Jesu Entschlafenen“ die Heiden, nicht allein zur Zeit Noahs (1. Petri 3, vgl. Frage 41, Bd. l!), sondern zu allen Zeiten, denen allen Röm. 2 gilt, aber auch von diesen kennt Gott die, welche sich dem Licht geöffnet haben, als es sie traf (Joh. 1,9!), auch wenn ihnen das Wort vom Kreuz nicht verkündet wurde. Gott bleibt gerecht jedem Menschen gegenüber, und wir haben Sein Wort zu glauben und zu verkünden, wie es dasteht, ohne daran zu deuteln und zu zweifeln, wozu der Satan uns immer wieder so gern verführen und betrügen möchte, wie es ihm bei dem ersten Menschenpaare gelang (1. Mose 3). Nehmen wir das klare Wort Gottes, wie Er es uns gab, und verwischen wir durch uns zunächst noch unklar scheinende Stellen, welche es auch seien, nicht die klaren Schriftlehren! - Apg. 1,25 sagt einfach, daß jeder dorthin kommt nach dem leiblichen Abscheiden, wohin er gemäß seines Lebens hienieden kommen muß. Wer Christo angehört hienieden, gehört Ihm für ewig an, auch nach dem leiblichen Sterben, wer Ihm nicht angehört auf Erden und in seinen Sünden stirbt, gehört Ihm für ewig nicht an, und sein Gericht und Todeszustand, der mit seinem leiblichen Tode in die Erscheinung tritt - hienieden möchte er, obwohl „tot“, lebendig zu sein vorgeben - wird nach dem Endgericht sich noch ernster gestalten. „Jedem das Seine!“ - auch betreffend der Abstufungen der Strafe (vgl. z. B. Matth. 11,20ff.!).

Laßt uns treu die ganze Wahrheit bezeugen und die Notwendigkeit der Bekehrung auf Erden (Apg. 17,30.31), und um Christi willen, gedrängt durch Seine Liebe (2. Kor. 5,14), den Verlorenen treulich zurufen: „ Lasset euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor. 5,20) - Joh. 3,36!

F. K. (z.. Zt. beim Militär).

Frage 30

Wie weiß der Mensch nach Matth. 22,14, ob er auserwählt ist oder berufen?1

1

Siehe hierzu auch die Antworten zu Frage 28, Seite 218; ebenso die Frage über die gleiche Schriftstelle in Band I, Seite 18. (Die Schriftleitung.)

Antwort

In dem Gleichnis Matth. 22,1-13 redet der Herr Jesus davon, daß Gottes Einladung nicht nur Israel, sondern auch den Heiden, nicht nur den Frommen und Edlen, sondern auch den Sündern und Verachteten gilt. Von Gottes Seite ist alles bereit. Sein Ruf ergeht an alle Menschen. „Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Mark. 16,15) befiehlt der Herr Seinen Jüngern beim Abschied. Gott will, daß alle errettet werden, und der Mensch Christus Jesus gab Sich Selbst zum Lösegeld für alle (1. Tim. 2,4.6). Der HErr will nicht, daß irgend welche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen (2. Petri 3,9). Wer könnte da noch zweifeln, daß der Ruf Gottes allen Menschen gilt, welches Volkes, Ranges, Standes, Geschlechts, Farbe und Zustandes sie seien?! Wir haben das Vorrecht, Boten dieses Königs zu sein und in aller Welt laut zu rufen: „Kommt, denn schon ist alles bereit!“ (Luk. 14,17), und wissen, daß unsere Einladung allen gilt. Gott sei gepriesen dafür!

In Matth. 20,16 steht dasselbe Wort im Anschluß an das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg. Auch hier handelt es sich um Israel und die Nationen, aber weiter auch darum, daß der Ruf des HErrn in allen Zeitaltern und an Menschen jedes Lebensalters ergeht.

Der Mensch, der der Einladung Gottes folgt, sich von Ihm das hochzeitliche Kleid schenken läßt, geht zur Hochzeit in das Reich der Himmel ein. Gott sendet den Geist Seines Sohnes in unsere Herzen, der da ruft: „Abba, Vater!“ (Gal. 4,5.6; Röm. 8,15), und dieser Geist legt dann mit unserem Geist Zeugnis davon ab, daß wir Gottes Kinder sind (Röm. 8,16). Durch den Geist, der in uns Wohnung gemacht hat, freuen wir uns der Gemeinschaft und des Umganges mit dem Herrn Jesus. Wir erleben das Werk des Geistes in und an uns, lernen im Geiste zu wandeln und können jubeln: „Das Alte ist vergangen; siehe, alles ist neu geworden!“ (2. Kor. 5,17). Der Geist macht mir Gottes Wort lebendig, und ich erkenne, daß Gott mit jedem Wort und jeder Zusage mich meint. So erlebe ich den Beweis meiner Auserwählung, sitze im Hochzeitssaal, freue mich der Gegenwart und Gemeinschaft des Bräutigams und Seines Vaters, höre ihre Stimme, genieße die himmlischen Gaben (Eph. 1,3; 2,6). Was bedarf es noch mehr?!

O. v. Br. (beim Militär).

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Sie kehrten zurück.

(Luk. 24.)

Die letzten Tage sind schwere Zeiten. Verwirrung und Schwierigkeiten überall. Wie oft hören wir die

Klage und Frage: „Es ist vorbei! Was sollen wir tun?“ Manche haben den Sieg des Christentums und die Bekehrung der Welt erwartet. Andere, welche die Schriftwidrigkeit solchen Gedankens sahen, erwarteten die Rückkehr der Gemeinde zu ihrer Einheit auf Erden. Statt dessen fanden sie Trennungen und Nöte und das gänzliche Versagen und Zukurzkommen des Menschen - und Trauer und Entmutigung erfüllte ihr Herz.

Ein solches Bild unserer Tage finden wir in Luk. 24. Wohl wissen wir, daß die Gemeinde noch nicht da war. Der Heilige Geist war noch nicht herniedergekommen, sie zu bilden. Aber die kleine Schar, die dort zu Jerusalem versammelt war, war dieselbe Gemeinschaft, die ein wenig später durch den Heiligen Geist zu einem Leibe getauft wurde und mit der die Gemeinde Gottes auf Erden ihren Anfang nahm.

Es waren „zwei von ihnen“, die Jerusalem den Rücken wandten und ihr Angesicht nach Emmaus richteten. Nicht weit wollten sie sich wegwenden, nur 60 Stadien. Was bewegte ihr Herz? Sie waren erfüllt von den Dingen, die „sich zugetragen hatten“. Nicht Widerspenstigkeit oder Eigenwille wirkten in ihnen, aber sie konnten mit ihren Sinnen nicht erfassen, was geschehen war. Trauer, Entmutigung und Verwirrung überfiel sie.

Laßt uns beachten, es waren „zwei von ihnen“, zwei von der Jüngerschar zu Jerusalem, die ihren Platz aufgaben. Sie wandten sich weg, als ob alles verloren und vorbei sei. Es war so ganz anders gekommen, als wie sie es erwartet hatten. Nun waren sie tief enttäuscht. Sind sie nicht ein Bild vieler in unseren Tagen, die auch zur Gemeinde Gottes gehören? Sie sind Glieder des Leibes Christi, aber in bezug auf ihre Stellungnahme als solche sind sie niedergeschlagen, durch die Dinge, die geschehen sind, so entmutigt und verwirrt, daß, obgleich sie „zwei von ihnen“ sind, sie doch ihren Rücken der Gemeinde zuwenden und ihr Angesicht nach Emmaus richten. Und wo liegt der wirkliche Grund? Da, wo er bei den Emmausjüngern lag: „Ihre Augen wurden gehalten, so daß sie Ihn nicht erkannten.“

Vergißt der HErr diese beiden Wanderer? Während sie sich unterhalten über das, was sich zugetragen hatte, naht sich Jesus und geht mit ihnen. Wie zart fragt Er nach ihrer Traurigkeit! Ist Er nicht heute noch Derselbe? Ist Seine Liebe verändert? Wollen wir nicht mit David bitten: „Lehre mich Deinen Weg!“?1 Sie hatten wenig Verständnis, und ihr Glaube an Seine Auferstehung war sehr schwach. Wie achtet Er auf jedes ihrer Worte. Eines, was Er tadelt, war die Trägheit ihres Herzens, „zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben“. „Und von Moses und von allen Propheten anfangend, erklärte Er ihnen in allen Schriften das, was Ihn betraf.“ Hat Er nicht Ursache, auch heute solche niedergeschlagenen Herzen dieserhalb zu tadeln? Welche Liebe, ihnen die Schriften zu öffnen und zu zeigen, daß nichts geschehen war, was nicht in den Schriften zuvor gesagt worden war. Ja, kann nicht der Grund jeder

1

Ps. 86,11.

Enttäuschung und Niedergeschlagenheit darin gefunden werden, daß wir die Schriften nicht kennen? Sie verstanden die Schriften nicht und sie kannten Ihn nicht.

So nahten sie dem Dorfe, wohin sie wollten. Geduldig ging Er an ihrer Seite. Er sagte nicht: „Ihr seid ganz verkehrt“. So machen wir es, aber Er hatte ihnen besseres zu sagen. Er fing nicht bei ihrem Wege an. Er fing bei der Schrift an und öffnete ihnen dieselbe. Nach außen sah man zunächst noch keine Wandlung, aber innen wurde das Herz warm, da fing das Feuer an zu brennen. Welche Liebe, welche Zartheit vom HErrn! Er überließ sie nicht ihrem Unverstand. Ihr Vorsatz war ausgeführt. Das

Dorf lag vor ihnen. Hier wollten sie bleiben abseits von den Jüngern in Jerusalem - sie für sich allein. Sie hatten ihr Ziel erreicht, aber Sein Weg war noch nicht zu Ende. Sie merken es: Ihr Ziel war nicht Sein Ziel, und nun kommt die Wirkung Seines Dienstes hervor: sie möchten den Ungekannten in ihrer Mitte behalten. Ihre Herzen waren brennend geworden, aber ihre Augen waren noch geschlossen.

Aber dann - was war das für ein Wechsel, als ihre Augen aufgetan wurden und sie Ihn erkannten: „Zur selbigen Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück.“ So ist es auch mit uns. Wenn wir den HErrn nicht in der Mitte der Gemeinde erkennen, können auch wir abseits für uns allein stehen und Jerusalem den Rücken wenden. Aber in dem Augenblick, wo wir Ihn erkennen, wenden wir unser Angesicht Seiner Gemeinde zu. Und das ist des HErrn Ziel mit uns.

Diese beiden Jünger sind das Bild vieler Gläubigen unserer Tage. Da sind solche niedergeschlagenen Herzens, bestürzt über die Dinge, die geschehen sind. Ihre Gedanken sind nur beschäftigt mit Kirchen und Parteien, mit dem Streit, der Uneinigkeit und den Spaltungen, aber sie wissen nicht den Weg aus dem Wirrsal, sie kennen, wie die beiden Jünger, nicht die Schriften und Den, der sie ihnen öffnete. Wieder andere sind so hingenommen von Personen, von Dingen und Formen, gehen so auf in der eigenen Arbeit - Vereinen und Stunden - daß der HErr, das Zeugnis der Schriften, die Gemeinde gänzlich daneben stehen. O möchten diese alle den HErrn in Seiner Liebe anschauen! Er will solche zur Schrift führen und wecken für das, was Ihm so teuer ist. Die Herzen würden bald brennend werden und Ihn erkennen. Und wir können nicht Ihn kennen, ohne daß wir hingezogen werden zur Gemeinde, die Sein Leib ist. Gibt es etwas auf dieser Erde, was Seinem Herzen so teuer ist wie Seine Gemeinde? Bewegt Sein Geist nicht auch dein Herz für das, was Ihm so wert ist? Denke an Seine Liebe, mit der Er die Gemeinde liebt1, und auch du wirst deinen Weg zu ihr finden. Es ist unmöglich, Ihn zu kennen und an Seiner Gemeinde vorüberzugehen, die Er liebt. Äußerlich mögen wir dort nichts Anziehendes finden, aber wir müssen dort sein, wo es Seine Freude ist, Sich zu offenbaren und dem Vater zu lobsingen.2

1

Eph. 5,25.

2

Hebr. 2,12.

„Zur selbigen Stunde standen sie auf und kehrten nach Jerusalem zurück.“ Woher kam es? Wer hatte es ihnen gesagt? Sie kannten Ihn! und somit Sein Wohlgefallen! Alle Müdigkeit, Niedergeschlagenheit und Enttäuschung blieb in Emmaus. Zu der kleinen Gemeinschaft zurückgekehrt, werden sie mit der freudigen Kunde begrüßt: „Der HErr ist wirklich auferweckt.“ Und sie fangen an, die Geschichte ihrer Niedergeschlagenheit und ihres Weges zu erzählen, „und wie Er von ihnen erkannt worden war an dem Brechen des Brotes“. Ist es nicht köstlich, wenn auch in unseren Tagen Seelen von Seiner Liebe erzählen, wie Er sie zurück zum Kreise Seiner Jünger geführt hat? Wie be-

rührte dies Sein Herz! Während sie noch solches redeten, stand Er Selbst in ihrer Mitte und spricht zu ihnen: „Friede euch!“ Er Selbst in ihrer Mitte, das war besser und mehr als das irdische Heiligtum in der Stadt, besser als der Tempel mit seinen Priestern und Einrichtungen, besser, größer wie der Himmel ist als die Erde. Was ist ein weltliches Heiligtum, wenn Gott nicht mehr drinnen und Jesus in der Mitte der zwei und drei ist, die in Seinem Namen zusammenkommen? Sind wir so versammelt zu Ihm, dem Heiligen und Wahrhaftigen hin? Ist es nicht heute noch wahr, daß Er in solcher Mitte die köstlichen Worte spricht: „Friede euch!“ Hören wir nicht in der Nacht und dem Sturm Seine Stimme: „Ich bin's; fürchtet euch nicht!“

In welchem Gegensatz stand diese kleine Schar zu der sie umgebenden religiösen Welt! Fromm hielt

1

Siehe auch Band IV, S. 68ff.

die Menge, nachdem sie den Sohn Gottes gekreuzigt hatten, ihre Gottesdienst. Mit Eifer wurden die feierlichen Gebräuche nach väterlicher Weise aufrecht erhalten. Alles, was Auge und Ohr lieblich zu berühren vermochte, war dort. Was hatten sie demgegenüber? Soll ich sagen: sie hatten nichts als nur Jesus? O nein! Sie hatten alles, sie hatten Ihn Selbst, den Auferstandenen, das Haupt und den Anfang der neuen Schöpfung. Wo bist du, lieber Leser? Wo die fromme Welt ist, oder wo Jesus ist? Er kommt in die Mitte derer, die sich zu Ihm versammeln.1 Er ist wirklich und wahrhaftig dort, wenn auch nicht dem Auge sichtbar. Sie „wurden von Furcht erfüllt“. Ja, es ist ein Moment heiliger Furcht, wenn eine Seele von der Welt abgesondert in die Gegenwart des HErrn gebracht ist und Seine Stimme hört: „Friede euch!“ Wer kann diese wunderbare Stille beschreiben, diesen Frieden, der die Seele derer durchströmt, denen Seine Gegenwart inmitten der Gemeinde Wirklichkeit ist!

1

Siehe auch Band IV, S. 68ff.

Wie erforschend ist aber auch Seine Frage: „Was seid ihr bestürzt, und warum steigen Gedanken auf in euren Herzen?“ Bekümmertes Herz, was Antwortest du dem HErrn? Warum bist du bestürzt? Sind es deine Sünden? Er hat sie am Kreuz getragen. Er sagt: „Sehet Meine Hände und Meine Füße!“ Sagen dir diese nicht genug? - Oder bist du bestürzt über die Verwirrung und die Spaltungen unter den Gläubigen? Er spricht auch zu dir: „Friede euch!“ Wo Er in der Mitte ist, da ist Friede. Nichts vermag diesen Frieden zu brechen. Alles, was ihn rauben möchte, muß in Seiner Gegenwart verschwinden. Wie könnte es anders sein. Wunderbar ist die Gegenwart des HErrn und köstlich für die Seele, die in dem Bewußtsein Seiner Gegenwart ruht. Weisen und Klugen ist dies verborgen, aber den Unmündigen ist es offenbart. Kennst du etwas davon? Wo Er ist, da gibt es keine Schwierigkeit mehr, da ist Friede. Beachte, nicht in Emmaus wurde ihnen Sein „Friede euch!“ zuteil, sondern in der Mitte der kleinen Genossenschaft, die Seine Gemeinde vorbildete.

So wie diesen Zweien, so geht der HErr auch heute noch den einzelnen nach, die zweifelnd an allem und mutlos geworden, für sich allein stehen möchten. Er lehre es auch uns, solchen nach dem Vorbilde Seiner Liebe nachzugehen und zu begegnen. Er schenke uns allen geöffnete Augen, die Herrlichkeit Seiner Person zu erkennen, und daß uns die Gegenwart Seiner Person in unserer Mitte genug ist und wir nichts von der Welt oder den Menschen noch begehren neben Ihm.

S. - K.

Was wirkt unser Wort?

Joh.1,37; Apgesch. 16,25.

Ist es uns schon einmal zum Bewußtsein gekommen, welch einen ungeheuren Einfluß Worte ausüben können auf Zuhörer, besonders auch auf solche, die von dem Redenden nicht besonders angeredet sind? Hier in obigen Stellen haben wir zwei köstliche Beispiele für letzteren Fall. Gegenteiliges ließe sich vielleicht auch in der Schrift finden.

Das Wort Gottes stellt das gesprochene Wort nicht als etwas Gleichgültiges hin, etwa wie die meisten Weltmenschen es sich denken, denen gänzlich unbewußt ist, daß die Worte aufbewahrt werden und für dieselben einst Rechenschaft abgelegt werden muß (Matth. 12,36,37). Daher haben sie nicht im mindesten acht auf ihre Reden und lassen oftmals die oberflächlichsten Redensarten, gemeinsten Witze, lästerlichsten Lügen und Verleumdungen, gepaart mit beständigem Mißbrauch des Namens Gottes usw. aus ihrem Munde hervorsprudeln, wodurch sie einen Herzenszustand offenbaren, der

nicht im geringsten gezügelt ist, weder von dem eigenen menschlichen Verstande noch von dem Gewissen, geschweige dem ihnen gänzlich unbekannten Heiligen Geiste (Matth. 15,18ff. u. a.) Und der Erfolg ist auch demgemäß, verschieden natürlich je nach Charakter und Anlagen der Hörenden.

Wie ernst werden wir Christen vor solchen Dingen gewarnt in der ganzen Schrift, man lese nur nach, wie oft z. B. in den Timotheusbriefen von „Geschwätz“ und dgl. tadelnd die Rede ist, und wie herzandringend uns die Sünden der Zunge im Jakobusbrief und etwa in Eph. 5 gezeigt werden! Worte sind Taten, sie wirken oft sogar tiefer und bleibender als diese, da sie zunächst weniger bemerkt werden als die mehr ins Auge fallenden Taten. Wie sollten daher auch z. B. die Eltern darauf achten, untereinander in Gegenwart ihrer Kinder nichts zu reden, was diesen schaden, das kindliche Gemüt vergiften und bleibende Eindrücke in der leicht empfänglichen Kindesseele hinterlassen könnte, die doch weich wie Wachs alles aufnimmt, was die „Großen“ sagen, besonders das, was geheimnisvoll und doch laut genug für Kindesohren behandelt und besprochen wird.

Doch genug hiervon! Ich möchte vielmehr, auf meine beiden Stellen zurückkommend, zeigen, wie kostbar die Wirkung aus dem Geist gezeugter Worte auf die Hörer, ob diese nun absichtlich oder nur nebenbei - wie hier wohl der Fall ist - sein kann.

Johannes des Täufers größtes Interesse war das, abzunehmen, während Christus zunähme (Joh. 3,30), und so bemühte er sich, seine eigenen Jünger dem Messias zuzuführen. Sein wichtigstes Mittel zu diesem Zwecke war die klare Verkündigung Dessen, den er selber erst erkannt hatte als Den, der Er war, als das „Lamm Gottes“, und zwar durch die göttliche Offenbarung anläßlich der Taufe Jesu (V. 29-34). Da kann er nicht mehr anders, als von Ihm rühmen; der Mittelpunkt seiner Verkündigung ward das Lamm! Und solche Worte waren es, die zwei seiner Jünger bewogen, forthin dem Herrn Jesu nachzufolgen. Vielleicht hätte Johannes auf keine andere Weise seine Jünger dazu zu bewegen vermocht, ihn, ihren geliebten Meister, zu verlassen und sich dem Fremden, durch jenen ihnen erst als der Größere bekannt, anzuschließen; aber diese offenbar gar nicht direkt an sie gerichtete Bezeugung des Lammes („siehe!“ nicht „sehet!“), dieses herrliche Rühmen Dessen, der von allen Treuen in Israel erwartet ward, das überwand sie, und - „sie folgten Jesu nach“. Und nicht nur das, nein, sie wurden vielmehr fortan selber Wegweiser zu Jesu!

Ähnlich in jener Geschichte aus Pauli Arbeit. Was brachte die beiden Glaubensgenossen dort im Gefängnis dazu, trotz der wahrscheinlich unsäglichen Schmerzen, zu beten und noch mehr: zu singen mitten in der Nacht? Die Liebe des HErrn, für den leiden zu dürfen für die echten Junger Herrlichkeit ist (1.Petri 4,12ff. u. a). Sie mochten nicht daran denken, daß sie Zuhörer hätten bei ihrem Gebet und Lobgesang, dennoch hatten sie solche, und Gott ließ in Seiner unbegreiflichen Gnade gerade den in jener Nacht im Gefängnis Befindlichen das Evangelium mittels des Gesanges zweier der treusten Zeugen verkünden! In der Ewigkeit werden wir erfahren, ob dieses Beten und Singen nicht unmittelbare Frucht gezeitigt hat. „Die Gefangenen hörten zu!“ Wunderbare Szene, sicherlich den meisten unvergeßlich, solange sie lebten! - Ach, möchten wir so erfüllt sein von der Liebe des herrlichen HErrn, daß unser Leben, auch in irdischen Nöten, in Wandel, Wort und Lied bezeugte, was Er uns ist, denn auch wir sind umgeben von „Gefangenen“ (Luk. 4,18; Eph. 2,2; Apgesch. 26,18), die uns zuhören und vielleicht mehr auf uns achten, als wir ahnen. Vielleicht wird gar manchmal infolge eines treuen Zeugnisses eines der Seinen durch Gottes Macht in irgendeinem Herzen aus der Umgebung eine Herzens-Erschütterung hervorgerufen, für denselben nicht minder ernst und folgenreich als jenes physische Erdbeben, das Gott auf das Gebet und den Gesang des Paulus und

Silas hin in Philippi im Gefängnis damals „aller Bande“ lösen ließ (V. 26).

Geliebte Geschwister, seien wir doch ja vorsichtig mit den Worten, die aus unserem Herzen und Munde hervorgehen, und vergessen wir auch nie, daß „aus der Fülle des Herzens redet der Mund“ (Luk. 6,45)! Besonders laßt uns da vorsichtig sein, wo wir mit anderen Menschen, die nicht zu uns gehören, zusammen sind, die, uns womöglich gänzlich unbewußt, auf unsere Worte hören, wie z. B. in der Straßenbahn oder der Eisenbahn oder sonst an öffentlichen Orten. Wenn wir uns dort miteinander unterhalten, so ist es gewiß gut, nicht nur etwa geschäftliche u. a. weltliche Angelegenheiten zu besprechen oder diese wenigstens in solcher Weise, daß auf die Mithörenden eine gute Wirkung ausgeübt werde. Ungleich köstlicher ist es aber, solche Dinge zu besprechen, wodurch, wie uns selbst, ebenso den unberufen Hörenden „Gnade dargereicht“ wird (Eph. 4,29). Auch wenn wir mit Unbekehrten reden, laßt uns darauf achten, auch bei weniger wichtigen Gesprächen nicht in den Ton und das Wesen der Welt zu verfallen (vgl. Röm. 12,2; Eph. 5,4!). Wie beschämend ist es, wenn Gläubige in weltlicher Umgebung „mit den Wölfen heulend“ oberflächliche und häßliche Redensarten gebrauchen, ja sogar mit der Welt witzeln, wie es leider oft vorkommt! Unser Herz ist eben ein böses Ding, geneigt zu allem Ungöttlichen, wenn nicht durch den Heiligen Geist beherrscht und von Ihm erfüllt.

Dies ist sehr ernst, und lieber hätte ich dies gar nicht berührt, sondern noch einmal auf jene beiden köstlichen Bibelstellen hingewiesen. Aber die Schrift spricht selber so ernst von diesen Zungensünden der Gläubigen, und wir müssen oft genug beschämt die Notwendigkeit dieser häufigen Hinweise zugeben, daß wir gut tun, dieses auch zu betrachten und zu beachten und uns zu beugen und durch das Wort reinigen zu lassen (Eph. 5,26) von solchen uns etwa noch anhaftenden Untugenden.

Wieviel köstlicher, wenn, wie mir ein Geschichtlein bekannt ist, ein Mensch sich retten läßt allein infolge des Eindrucks, den ein gehörtes Gespräch zwischen zwei vor dem Betreffenden gehenden Gläubigen auf ihn ausübte! Gepriesen sei der HErr, der solche Macht in das menschliche Wort gelegt hat!

Wie weniges bedarf es, um andere Menschen unsagbar zu segnen, wenn nur Werkzeuge da sind, die sich brauchen lassen zu Seinem Preis und nach Seinem Willen - ja, wenn nur freie offene Kanäle da sind, durch die „das Wort in Gnade“ (Kol. 4,6) fließen kann und in Kraft Heiligen Geistes die Ohren und Herzen der Hörer erreicht. Das sehen wir an unseren beiden Stellen und das können wir aus ihnen lernen, wenn es dem HErrn gefällt, sie uns kostbar zu machen. - Er segne uns Sein Wort also und mache an uns auch im Sinne dieser beiden Stellen Sein teures Wort wahr: „Auch ihr zeuget“ - „ihr werdet Meine Zeugen sein“ (Joh. 15,27; Apgesch. 1,8). Gepriesen sei Sein herrlicher Name für und für!

F. K. (z. Zt. b. Militär).

Dieses erwäget!

Phil. 4,8.

Es ist eine feststehende Tatsache, daß alles, was die Seele beschäftigt, ihr ein Gepräge gibt und wieder an uns zum Ausdruck kommt. Ist es Christus, so gibt auch Christum uns Gepräge und

Christus kommt zum Ausdruck. Ist es nicht Christus, dann ist es etwas anderes und das wird auch sichtbar werden. Und mehr, wir werden, wenn das Herz nicht verhärtet ist, wissen, daß Christus nicht mehr unser Herz erfüllt, und daß wir verunreinigt sind.

„Dieses erwäget“, sagt der Apostel. Was soll ich erwägen? Die Fehler meiner Brüder? Die Lieblosigkeit? Die Zwietracht? Das Böse, das wir überall um uns sehen? Nein, niemals! Sind unsere Gedanken auf diese Dinge gerichtet, so werden wir bald davon angesteckt sein. Sie drücken dem Herzen ihr Gepräge auf. Wir verlieren den zarten, heiligen Ton des Geistes, der gefunden wird bei denen, die sich „reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“1 Dinge, über die man nur sollte „mit Weinen“2 und zerrissenem Herzen sprechen, können dann ohne Scheu leichtfertig zum Gespräch gemacht werden. Wenn es dahin gekommen ist, dann ist es Zeit, stille zu stehen, zu erschrecken und Buße zu tun. Böses ist leicht gefunden, danach brauchen wir nicht zu suchen. Wir alle straucheln oft.3 Es ist eine leichte Sache, das Gemeine vom Köstlichen zu nehmen, aber nur die Gnade Gottes kann uns befähigen, das Kostbare vom Gemeinen zu scheiden.4 Es mag viel Unliebliches bei dem Bruder sein, aber das Wort sagt: „Alles, was lieblich, alles, was wohllautet, wenn es irgend eine Tugend, wenn es irgend ein Lob gibt, dieses erwäget.“ Kann ich nicht irgend etwas finden, was wohllautet, nicht irgend etwas, welches zu loben wäre? O, daß wir die Augen eines Barnabas hätten, welcher, als er hingekommen war und die Gnade Gottes sah, sich freute.5 Ohne Zweifel sah er manches bei den jungen Gläubigen, was der Zurechtweisung bedurfte, aber er war mit dem Guten beschäftigt. Es hat jemand gesagt: „Das Geheimnis des Friedens ist, mit dem Guten beschäftigt zu sein.“ Darin liegt viel Wahrheit. Für alle, die den „Frieden suchen und ihm nachjagen“, (und der Heilige Geist bittet uns durch Petrus, dieses zu tun),6 ist es ein wichtiges Wort.

1

2. Kor. 7,1.

2

Pil. 3,18; 2. Kor. 2,4.

3

Jak. 3,2.

4

Jer. 15,19.

5

Apgesch. 11,23.

6

1. Petri 3,11.

Leider, ach! ist es manchmal nötig, sich mit Bösem beschäftigen zu müssen. Wir haben zu tun mit solchen, die „von einem Fehltritt übereilt“ wurden;1 wir sind verpflichtet, betrübende Fragen der Zucht zu behandeln2 - zu „überführen, zu strafen, zu ermahnen mit aller Langmut und Lehre“.3 Aber können wir uns mit der Sünde beschäftigen, ohne uns zu verunreinigen? Je geistlicher ein Kind Gottes steht, je näher es mit Gott wandelt, um so mehr wird es dieses fühlen. Nur zwei Dinge sind es, die in 4. Mose 19 rein waren, die Asche und das Wasser, alles andere wurde unrein. Ein reiner Mann hatte die Pflicht, den Unreinen

1

Gal. 6,1.

2

1. Kor. 5,13.

3

2. Tim . 4,2.

zu besprengen, aber er selbst wurde unrein, nicht unrein als eine unreine Person, aber doch unrein. Dies zeigt uns, daß es die Natur, das Wesen der Sünde ist, zu beflecken.

Finden wir nicht in unserem armen Herzen die traurige Neigung, Böses zu vermuten, zu untersuchen, nachzuforschen und bekanntzugeben? Ist es nicht so? Unsere Worte, unser Tun sind Anzeiger unserer Gedanken. Was beschäftigt meine Gedanken? Gewiß, Treue zum HErrn verpflichtet uns, der Sünde zu begegnen und mit dem Bösen zu handeln; Treue zueinander erfordert die Zurechtbringung des Fehlenden und Irrenden. Es kommen Zeiten, wo wir diese mühsame und Selbstverleugnung fordernde Arbeit zu tun haben. Aber ich frage: Wenn sie getan ist, sind wir glücklich, frei davon zu sein? Sind wir fertig mit dem Bösen, und berühren wir es nicht mehr? Meiden wir es in unserem persönlichen Verkehr wie Pech und Feuer? „Meide ihn (den Weg der Bösen), überschreite ihn nicht einmal, weiche davon und geh' vorüber!1

1

Spr. 4,15.

Brüder! Noch einmal wollen wir das Wort vor unsere Seele stellen. Es sind einfache Worte, aber

vernachlässige sie und du wirst hart, tadelsüchtig, fehlerfindend und unglücklich sein; beachte sie und du wirst das Geheimnis des Friedens lernen. Friede und Freude, Auferbauung und Segen werden in deinen Wegen sein. - „Alles, was wahr, alles, was würdig, alles, was gerecht, alles, was rein, alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet, wenn es irgend eine Tugend und wenn es irgend ein Lob gibt, dieses erwäget!“

C.- K.

 

 

 

 

 

 

6. Jahrbuch (1918/19)

Geleitswort an den Leser:

Eines aber tue ich: Vergessend was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in ChristoJesu. Phil. 3,14.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1

Wie ist Römer 11,25-28 zu verstehen: wird ganz Israel selig und geschieht dies vor oder nach der Entrückung?

Antwort A

Es gibt Segnungen für Israel und Segnungen für die Gemeinde, und das Wort Gottes zeigt uns deutlich, daß nicht aller Same wahre Israeliten sind, wie auch nicht alle, die sich Christen nennen, Christen sind und einst mitentrückt werden. Der ist ein Jude, der es innerlich ist, und Beschneidung ist die des Herzens, im Geiste, nicht im Buchstaben (Röm. 2,29). In Röm. 9,27 sagt uns Paulus: „Wäre die Zahl der Söhne Israels wie der Sand des Meeres, nur der Überrest wird errettet werden.“ Von diesem Überrest, der Christus erkannt hat, lesen wir Röm. 11,5: „Also ist auch in der jetzigen Zeit ein Überrest nach Wahl der Gnade.“

Auf der Zusammenkunft der Apostel zu Jerusalem wies Jakobus hin auf die Verheißung des Propheten Amos und sagte: wie Gott einst die Nationen heimgesucht hat, um aus ihnen ein Volk zu nehmen für Seinen Namen, und „nach diesem will Ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids“ (Apg. 15,14-17). Hieraus sehen wir, daß die Weissagungen von der Sammlung und Wiederherstellung Israels keine Anwendung auf die Gemeinde finden können, weil diese zuvor hinaufgenommen werden muß.

Nach der Aufnahme der Gemeinde wird Gott mit Israel wieder anknüpfen (siehe Matth. 23,39; Röm.

11,25; Luk. 21,24), in allen drei Stellen heißt es „bis“; also erst die Vollzahl und mit dieser die Entrückung - und dann folgt die Zeit für Israel. (Hierzu lies 5. Mose 30,4; Jes. 43,5-7; Hes. 34,11-13; 39,28; Amos 9,15; Jer. 31,9 u. a. m.)

Aus der Schrift sehen wir, daß Tausende von Juden im Unglauben nach Jerusalem zurückkehren und dort den Tempel wieder aufbauen, ihre religiösen Einrichtungen wieder einführen und auch als politischer Staat wieder Anerkennung finden werden. (Röm. 11,26; Jes. 17,10; 18; 66,1-3; Offb. 11,1.2 u.a.) Später während der großen Drangsalszeit wird Gott in einem getreuen jüdischen Überrest ein Zeugnis für Sich auf der Erde haben; viele werden dieses Zeugnis mit dem Tode besiegeln, aber ein Überrest wird am Leben bleiben (Dan. 12,1; Offb. 11,3-8; 12,13-17 usw.). Gott wird das Rufen des jüdischen Überrestes hören und der HErr wird inmitten Seiner Heiligen, die Er zuvor hinaufnahm, vom Himmel herniederkommen zum Gericht. (Jud. 14.15; Offb. 19,11-16.19-21.) Nach Abschluß der weiteren Ereignisse und nachdem auch Moab, Ammon und Edom und die weiteren östlichen Völker ihr Gericht vom HErrn empfangen haben, werden die zehn Stämme zurückkehren und in Verbindung mit Juda als einheitliches Volk Israel unter dem Zepter Davids flehen und so als ganzes Israel selig werden. (Hes. 37; Röm. 11,26.27; Dan. 12,2.3; Jes. 11,11-13; Matth. 24,31 usw.)

Ph. W. (z. Zt. beim Militär).

Antwort B

Wohl ist von der Errettung von „ganz Israel“ in dieser Stelle die Rede, aber unter „ganz Israel“ ist ebensowenig jeder einzelne Israelit zu verstehen, wie unter der „Vollzahl der Nationen“ oder Heiden jeder einzelne Heide.1 Wohl haben aus diesem Ausdruck einige geschlossen, daß dann jeder einzelne Jude selig werden würde, d. h. jeder, seit es ein Israel gibt, also auch die, die unbekehrt, als Feinde Gottes und Seines Gesalbten dahingeschieden sind. Aber diese Anschauung, die auf der Irrlehre von der schließlichen Errettung aller Menschen beruht, hat keinen Grund in der Schrift, sondern es handelt sich darum, daß einst „Israel als Ganzes“, d. h. in seiner gottgewollten Einheit der zwölf Stämme, von denen gegenwärtig doch nur zwei bekannt sind, vereint errettet werden wird, da „die Berufungen Gottes unbereubar sind“. Und zwar ist dieses nicht die auf dem sinaitischen Gesetz, sondern die auf dem Bunde, den Jehova mit Abraham schloß, beruhende Berufung (Röm. 9,6ff.). Auf dem Boden des Gesetzes fehlte Israel völlig und mußte um der Gerechtigkeit willen verworfen werden, als es den Messias, des Gesetzes Erfüllung, verwarf, aber zu Abraham ist nichts in bezug auf ein Gesetz gesagt, da ist alle Berufung allein Gnade ohne Bedingung der Treue seitens des Volkes. Und wen Er einmal begnadigt, den begnadigt Er. (9,15.) Aber wenn Er auch des Zwölf-Stämme-Volkes als eines Ganzen Sich in Gnaden annimmt, so doch nur eines „Überrestes“ aus dem Ganzen (9,27; 11,4! u. a.). Der „Überrest“ hat in der Schrift eine sehr große Bedeutung - unter ungezählten Stellen siehe z. B. Sach. 13,8.9! - das darf nicht übersehen werden! Ein Überrest war auch zur Zeit Jesu da und z. B. in Simeon, Hanna, Johannes dem Täufer verkörpert. Dennoch wird es sich aber um „ganz Israel“ handeln, wie es sich jetzt um die „Nationen“ als Ganzes handelt, „die dem edlen Ölbaum eingepfropft sind“ (V. 24) in der Zwischenzeit seit Pfingsten, genauer seit Stephanus' Steinigung oder Cornelius' Bekehrung (Apg. 7 u. 10) bis zur Ankunft des HErrn. In dieser Zeit ist Israel, d. h. „zu einem Teil“, Verstockung widerfahren. Und zwar ist dies ein „Geheimnis“ (V. 25), das nur dem Paulus offenbart war und mit seiner Predigt von der Gemeinde des HErrn zusammenhing, dem „Leibe“, der auch ein Geheimnis war (Eph. 3,4ff.). Ein Teil Israels ist verstockt, d. h. der Teil, der zwischen der Verwerfung des Messias und der Wiedereinpfropfung der natürlichen Zweige (d. i.

1

Wenn wir mit „ganz Rußland“ Frieden geschlossen haben, so mögen diese und jene dort, etwa die Banden der „Roten Garde“, nicht Frieden gemacht haben für sich, das ändert aber nichts an der Tatsache unseres Friedens mit „ganz Rußland“. (F. K.)

zwischen der Verwerfung des Messias und der Wiedereinpfropfung der natürlichen Zweige (d. i. Israel) liegt. Wenn diese geschieht, müssen notwendig die in der Zwischenzeit eingepfropften Zweige fortgenommen sein. Dies ist die Christenheit, die aber als Ganzes auch nicht an der Güte geblieben ist (V. 22); doch ein Überrest aus ihr sozusagen ist es, und das ist „die Gemeinde des HErrn, die da ist Sein Leib“ (Eph. 1,23). Sobald der hinweggenommen ist von der Erde durch das Kommen des HErrn für die Seinen, mittels der Entrückung (1. Thess.4), dann folgt die Zeit, in welcher in Verbindung mit furchtbaren Gerichten über die Welt und einer heiligen Abrechnung mit dem Volke Israel dieses, versammelt in seine alte Heimat, durch Gottes Güte der allen Verheißungen, die den Vätern gegeben waren, teilhaftig wird. Damit wird es wieder eingepfropft in den edlen Ölbaum und den dann lebenden Nationen unter seinem Messiaskönig Jesus zu unberechenbarem Segen (V. 15!). Von diesen Gerichten ist das Buch Daniel und die Offenbarung voll, dazu auch Matth. 24 usw. Sie werden Den sehen, in den sie gestochen haben, wenn Er kommt mit den Wolken des Himmels (Offb. 1,7), und in Ihm wird „die Sonne der Gerechtigkeit dem Volke Israel erscheinen mit Heilung in ihren Flügeln“ (Mal. 4,2ff.).

1

Wenn wir mit „ganz Rußland“ Frieden geschlossen haben, so mögen diese und jene dort, etwa die Banden der „Roten Garde“, nicht Frieden gemacht haben für sich, das ändert aber nichts an der Tatsache unseres Friedens mit „ganz Rußland“. (F. K.)

Bis zum Kommen des HErrn wird hienieden der Leib des HErrn gesammelt als „Behausung Gottes im Geist“, in der Juden und Nationen gleicherweise einen Platz haben ohne gegenseitigen Vorzug. Jeder, der an den Namen des Herrn Jesus glaubt, ist, ob Jude oder Heide, durch den Geist hinzugetan zu dieser Gemeinde als Glied (1. Kor. 12,13), als ein lebendiger Stein dem Hause eingefügt. Und wenn dies Bauwerk, gegründet auf Christus, den Eckstein (Matth. 16 und 1. Petri 2), vollendet ist, dann kommt der HErr, Seine Gemeinde, d. i. Seine himmlische Brautgemeinde heimzubringen (1. Thess. 4), und dann erst beginnt Er, Israel, Seine irdische Braut, zu sammeln und zu erneuern, die später im Tausendjährigen Reich hienieden gesehen werden wird. Jetzt ist die Gemeinde hienieden, dann Israel, das als Ganzes errettet wird an jenem Tage.

F. K. (z. Z. b. M.).

Anmerkung der Schriftleitung

Wir müssen unterscheiden zwischen Juden als Personen und Israel als Volk. In diesem Kapitel (Röm. 11) finden wir beide. Es wird von einem Überrest (V. 5) gesprochen, das waren einzelne, ein kleiner Teil des jüdischen Volkes, welcher in Jesus den Messias erkannte und an Ihn glaubte. Dann spricht der Apostel in V. 26 von „ganz Israel“1 als einer Gesamtheit, als einem Volke. Als solches wird es an einem späteren Tage hier auf Erden errettet werden. So unterscheiden wir zwischen den einzelnen Juden, die heute durch die Gnade Christum erkennen und errettet werden, und Israel als Volk, welches verstockt ist und auf dessen Herzen heute noch die Decke liegt (2. Kor. 3,15), das aber später als zwölfstämmiges Volk zur Buße, Bekehrung und Wiederherstellung kommen wird.

1

Vgl.in bezug auf „ganz Israel“ 2. Chron. 12,1; Apg. 2,36.

In bezug auf die Wiederherstellung Israels müssen wir zwei Phasen (Entwiklungsformen) unterscheiden. Zunächst und erstens die Juden (nicht „ganz Israel“), die in eigener Kraft aus nationalen und politischen Beweggründen, aber völlig im Unglauben sich ihrem Lande zuwenden. Diese „vielen“ werden ihren Tempel bauen und von den Völkern als Nation anerkannt werden, so daß sie sogar am Schluß einen Bündnisvertrag mit dem Fürsten des römischen Weltreiches schließen werden (Dan. 9,27). Den Anfang dieser Dinge sehen wir heute schon. - Aber dann kommt ein Tag, da Gott Seine Beziehungen zu dem Volke - zu „ganz Israel“ wieder aufnehmen wird. Und das Resultat wird sein, daß „ganz Israel“, das zwölfstämmige Volk nicht bloß ins Land, sondern auch zu seinem

Gott zurückkehrt und Christus erkennt.

Wann wird dies geschehen? Nach der Entrückung der Gemeinde; nachdem Gott aus den Nationen Seine Gemeinde herausgenommen hat: Nach diesem will ich zurückkehren und wieder aufbauen die Hütte Davids, die verfallen ist (Apg. 15,14-16). Dies wird geschehen nach der 70. Woche. Nachdem Israel durch die Tage „der großen Trübsal“ hindurchgegangen ist und Gott es gerichtet und geläutert hat, wird am Ende derselben der HErr zu ihrer Errettung erscheinen. Wie das Volk Buße tun (die nicht Bußfertigen werden gerichtet) und wie der HErr erscheinen wird, davon sind die Propheten voll, z. B. Sach. 12,10 - 14,11; Hes. 37,15-28; Jer. 31,31-34 usw. Der HErr wird die Nationen der Erde richten (Matth. 25,31-46), das Tausendjährige Reich aufrichten, und so wird „ganz Israel“ errettet und ein Segen für alle Geschlechter der Erde werden.

Frage 2

„Warum mußte der Herr Jesus durch Samaria ziehen?“ (Joh. 4,4.)

Antwort A

Diese Stelle, wie die wesensverwandte in Luk. 19,5, läßt uns einen Blick tun in des HErrn Herz. - Natürlicherweise gab es für Ihn keinen äußeren Zwang, durch Samaria zu ziehen, um nach Galiläa zu kommen. Und für den Juden war es sogar höchst unnatürlich, diesen Weg zu wählen. Der strenge Jude mußte vielmehr auf der anderen Seite des Jordan durch Peräa reisen, um jegliche Gemeinschaft mit den Samaritern zu vermeiden (vgl. V. 9 u. a.!).

Warum mußte dann der HErr? Weil Er nie etwas anderes tat, als was Er sah den Vater tun (Joh. 5,19 u. a.), und weil alles, was Er tat, mit dem Willen des Vaters in ursächlicher, innerer, geistiger Verbindung stand. Und da sah Er, wie der Vater die Seelen der Samaritaner zu Ihm, dem Sohn zog (Joh. 6,37.44!), Er sah die Vorarbeit des Vaters an jenen von den Juden verachteten Verlorenen, Er sah im Geiste das Weib, mit dem Er jenes köstliche, evangelistische Gespräch haben würde, Er sah die Scharen, die durch ihr Wort zu Ihm kommen und um Seines Wortes willen an Ihn glauben werden, Er sah, daß dem Vater Anbeter gewonnen werden würden, - Er sah, und darum kam Er. (Wir müssen erst kommen und dann sehen.) Er sah die ziehende Liebe des Vaters und die Frucht Seiner künftigen Arbeit, Er sah „die Felder weiß zur Ernte“ (V. 35), darum mußte Er kommen! Liebreicher, herrlicher Heiland! So mußtest Du, durch Gottes Liebe gesandt und durch Deine Liebe getrieben, auch kommen auf diese Erde, uns zu erlösen. Du mußtest, obwohl Du wußtest, was Deiner wartete. (Vgl. Luk. 24,7.26.46; Matth. 16,21; Joh. 3,14 u. a.) Hochgelobt sei Dein Name!

Er mußte! Ob Er, unser Gott, gegenwärtig nicht vieles tut, weil Er es tun muß im Hinblick auf ewige Segnungen für Verlorene und für die Seinen? Sollten wir nicht diesen Krieg mit allem Schweren, was er uns bringt, auch in diesem Lichte ansehen? Gott muß uns so führen, weil auf diesem Wege, dem für uns so beschwerlichen, Segensschätze für uns enthalten sind wie auf keinem anderen bequemeren, und weil auf diese ernste Weise mehr Seelen zu Ihm gezogen werden, als je auf einem anderen. „Wenn es nötig ist“, so sagt uns auch 1. Petri 1,6; und so ist es: Gott muß! und ungeahnter Segen ist schon unser Teil auf diese Weise geworden!

Noch manches mag uns dies göttliche „Mußte“ lehren, so auch, daß wir möchten so aufmerksam auf

die Winke des Geistes sein, daß wir dies und das tun müssen, was vielleicht anderen verkehrt zu sein scheint - nur, damit Er Segnungen vermitteln kann, die sonst ausbleiben würden (vgl. Joh. 11,6.14.15!).

Forschen wir weiter auf solchen Linien der Liebe unseres Gottes und Heilandes, tauchen wir uns dort tief hinein! Wahre Anbetung wird die Folge sein - und die ist Er wert in Ewigkeit!

F. K. (z. Zt. beim Militär).

Anmerkung der Schriftleitung

Der gewöhnliche Weg von Judäa nach Galiläa ging nicht durch Samaria - es mochte ein kürzerer Weg sein, aber ein Jude ging ihn nicht. Samaria stand außerhalb der jüdischen Verheißungen. Zwar behaupteten die Samariter, Anteil an den Verheißungen zu haben; den Juden aber war dies ein Ärgernis, sie verachteten sie. Sie sagten zu Jesus: „Du bist ein Samariter und hast einen Dämon.“

Was veranlaßte den HErrn, daß „Er mußte aber“ durch Samaria reisen? Was sagt die Schrift: „Als der HErr erkannte, daß die Pharisäer gehört hatten, ... verließ Er Judäa (V. 1-3). Er ging ihnen aus dem Wege. Er wollte nicht mit ihnen streiten. „Er wird nicht streiten“, so hatte Gott Seinen Knecht, an dem Seine Seele Wohlgefallen hatte, beschrieben (Matth. 12,19). Und nach dem Bilde des großen Meisters schreibt Paulus an Timotheus: „Ein Knecht des HErrn aber soll nicht streiten usw.“ (2. Tim. 2,24). Die Pharisäer wollten Ihn umbringen (Matth. 12,14). Was tut Er? Nichts, Er geht einen Schritt weiter und setzt Seinen Dienst der Gnade fort.

So scheint es auch hier zu sein. Er geht ihnen aus dem Wege. Aber das „Muß“ der Liebe und des Erbarmens nötigt Ihn, durch Samaria zu reisen. Dorthin, wo die Durstigen ihren Durst aus der „Quelle Jakobs“ zu stillen suchten, dorthin muß Er, um ihnen „das Wasser des Lebens“ zu bringen. Er mußte durch Samaria reisen, um die Grenzen für die Gnade aufzuheben und dürstende Seelen von „Jakobs Quelle“ zum „lebendigen Wasser“ zu führen. Mit ein paar Worten (Joh. 4,21-24) durchstreicht Er den ganzen jüdischen Kultus, alles, was mit Jerusalem, dem Tempel usw. verbunden war, und verkündigt, daß ein neuer Tag der Gnade angebrochen, an dem Gott in Geist und Wahrheit angebetet wird. Um dies ans Licht zu bringen, glauben wir, „mußte“ Er auch durch Samaria reisen.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Furcht, Sorge und Hoffnung.

Luk. 12,4-7.22-24.

Der Herr Jesus tut dreierlei in diesem Abschnitt: Er beseitigt die Furcht, Er nimmt die Sorge weg, und Er gibt eine lebendige Hoffnung ins Herz.

Die Art und Weise, wie der HErr die Furcht beseitigt, ist sehr lehrreich. In V. 4 sagt Er: „Ich aber sage euch, meinen Freunden: Fürchtet euch nicht!“, und weiter V. 7: „Selbst die Haare eures Hauptes sind alle gezählt“. So viel Aufmerksamkeit, wie der HErr uns erzeigt, kann selbst eine Mutter nicht ihrem Kinde erweisen. Oder hast du je gesehen, daß eine Mutter die Haare ihres Lieblings zählte? Er aber trägt uns in den Armen Seiner Macht mit einer immerwährenden Liebe. Seine Sorge um uns geht bis ins kleinste: „Selbst die Haare unseres Hauptes sind alle gezählt“. Welche Aufmerksamkeit, welche Sorge und Liebe! Möchten wir mehr erkennen, wie unvergleichlich groß Gottes Liebe zu uns ist. Er kann uns nicht mehr und kann uns nicht weniger lieben, als wie Er uns liebt. Seine Liebe ist vollkommen! Weißt du, daß du von Ihm mit einer solchen vollkommenen, nie endenden Liebe geliebt bist? Weißt du, daß du ein Freund Christi bist und daß Er dich Seinen Freund nennt? Zu einem Freunde ist man freundlich; und Er erweist uns Seine Freundlichkeit. Gewiß, Er ist auch unser Freund - aber hier wird uns mehr gesagt; wir sind Seine Freunde.1 Er ist nicht nur mein Freund, sondern ich bin auch Sein Freund. Präge es tief in dein Herz! Wir sind Seine Freunde! Kannst du noch Furcht haben? Sein Freund zu sein beseitigt alle Furcht. Und um was dreht sich meistens unsere Furcht? Ist es nicht um den Leib? Er aber sagt: „Fürchtet euch nun nicht!“ Laßt uns deshalb statt Furcht Glauben zu Ihm haben!

1

Joh. 15,13.

Sodann nimmt Er die Sorge weg (V. 22.30.32). Und wie nimmt Er die Sorge weg? Er zeigt uns den Vater! Wir mögen erlöst sein und doch nichts wissen von der Verwandtschaft, die zwischen Gott und uns besteht. Jemand mag die Vergebung der Sünden haben und aus Gnaden gerettet sein und dann dabei stehen bleiben, so daß er nichts kennt von der Verwandtschaft, die der Glaube verwirklicht. Wir kommen entweder durch Adoption oder durch Geburt in eine Familie. In Gottes Familie sind wir hineingeboren. Nach Seinem eigenen Willen haben wir den Platz als Kinder Gottes empfangen. Und weil wir Kinder sind, hat Er uns den Geist Seines Sohnes gegeben. Wir dürfen gen Himmel schauen und „Abba, Vater!“ sagen. Wie redest du Gott an? Nennst du Ihn den „ Allmächtigen“ oder „Jehova“ oder „ Vater“? Wenn du Ihn als Vater anredest, so zeigt das, daß du den Heiligen Geist empfangen, in welchem du „Abba, Vater!“ rufst. Wohl können wir die Stellung als Kind nicht verlieren, aber durch Ungehorsam können wir die Gemeinschaft verscherzen. Wir sind geheiligt, abgesondert zum Gehorsam, wie Christus gehorsam war. Gehorsam ist die Grundbedingung für den Genuß der Gemeinschaft mit dem HErrn. Wie kommt es nun, daß Kinder Gottes oft so viele Sorgen haben? Daher, weil sie wohl wissen, daß sie einen Vater haben, aber Sein Herz nicht kennen. Sie blicken immer wieder auf Menschen und fühlen sich von ihnen abhängig, aber wer sich von Gott abhängig weiß, der ist unabhängig von Menschen. Wenn wir des Vaters Herz und Liebe kennen, so haben wir keine Sorgen mehr, sondern unumschränktes Vertrauen zu Seiner unumschränkten Liebe.

Gebet ist der Ausdruck unserer Abhängigkeit von Gott. Dies wird uns so köstlich in dem Worte gesagt: „Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden!“1 Wir können nicht des Vaters Herz kennen und dabei Sorgen haben; das ist unmöglich, wenn wir Seine Liebe kennen, die sich nicht vermehren noch vermindern kann. Du sorgende Seele, du hast einen Vater im Himmel! Schwinge dich auf zu Ihm; rufe: „Abba, Vater!“ Bist du ein Kind Gottes, so kannst du täglich sagen: Ich weiß, mein Vater sorgt für mich, ich bin eines Seiner geliebten Kinder. Komme was da will, ich falle in die Arme meines Vaters. Wie auch der Sturm tobt und das Schiff schwankt, ich bin geborgen in den Armen meines Vaters im Himmel. So nimmt der HErr Furcht und Sorge von unserem Herzen. Er nimmt uns die Furcht, indem Er uns zu Seinen Freunden macht - und die Sorge, indem Er uns den Vater zeigt.

1

Phil. 4,6.

Seinen Freunden macht - und die Sorge, indem Er uns den Vater zeigt.

1

Phil. 4,6.

Weiter gibt der HErr uns eine köstliche Hoffnung in das Herz (V. 36). Drei Dinge finden wir hier, welche Er im Herzen bewirkt: Ihn zu erwarten, Seinetwegen zu wachen und für Ihn zu arbeiten.

Wenn du auf Ihn wartest, laß mich fragen: Wie wartest du auf Ihn? Wartest du so wie die Knechte in diesen Versen? Er Selbst ist es, der in Person wiederkommt.1 Erwartest du den HErrn, ehe der Tag endet? Wenn es so ist, dann wartest du von Herzen auf Ihn Selbst; wenn nicht, so glaubst du nur der Lehre von Seiner Wiederkunft, aber dein Herz wartet nicht auf Ihn Selbst. Der HErr spricht hier nicht von den Dingen und Ereignissen, welche geschehen sollen, sondern von Seiner Wiederkunft in Person. Wartest du auf Ihn wie die Gläubigen in Thessalonich?2 Sie erwarteten nicht ein Ereignis, das geschehen sollte, sondern Ihn, den Sohn, aus den Himmeln. Gingen sie zu Bett, so erwarteten sie Ihn in der Nacht, und standen sie auf, so erwarteten sie Ihn am Tage. Wenn du nicht so auf Ihn wartest, so wartest du nicht auf Ihn, du glaubst nur an eine Lehre. Wie oft sind wir vielmehr mit dem Ereignis Seiner Wiederkunft und den großen Vorgängen, die dann stattfinden werden, beschäftigt, als damit, daß Er Selbst in Person wiederkommt. Aber für das Herz, das Ihn liebt, ist Er - Sein persönliches Kommen - mehr als alle Ereignisse. Was wir so nötig haben, ist, daß unsere Liebe, unser Herz zu Ihm Selbst zurückgeführt wird. Wenn Paulus in Seinem Briefe von dem unverweslichen Erbteil und unserer Seligkeit spricht, so sagt er: „ihr frohlocket“, wenn er aber von Ihm spricht - der Offenbarwerdung des Herrn Jesus Christus - so wallt sein Herz über, und er sagt: „mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket ihr“.3 Keine Worte können das beschreiben. Persönlich stieg Er einst hinauf - persönlich kommt Er herab. Liebe ich Ihn, so sind nicht die Ereignisse mir das Größte, sondern Er Selbst, dann heißt es weniger in meiner Seele: Sein Kommen ist nahe, sondern vielmehr: Er Selbst - der HErr ist nahe.

1

Joh. 14,2.3.

2

1. Thess. 1,10.

3

1. Petri 1,4-8.

Sein Wunsch ist, daß wir Ihn erwarten möchten. Auf dem letzten Blatt der Bibel stellt Er siebenmal Seine eigene Person vor die Herzen der Seinigen.1 Redet das keine Sprache zu unserem Herzen? Mahnt es uns nicht eindringlich, persönlich in unserem Umgang, Handel und Wandel jenen Knechten zu gleichen, die auf ihren Herrn warten? Es ist unser heiliges und gesegnetes Teil zu jeder Zeit, beim Aufstehen oder Niederlegen, unseren HErrn zu erwarten. Es gibt nichts Besseres, was uns an diesem Abend geschehen könnte, als daß der HErr vom Himmel käme. Das ist die gesegnete, frohe und lautere Hoffnung, die vor uns steht.

1

Offb. 22,7.12.13.16.18.20.

Eine Lehre allein berührt weder das Herz noch das Leben, aber die Person des HErrn beeinflußt uns bis ins kleinste.

Ein Herz, das dem HErrn anhängt, wartet nicht nur auf Ihn, sondern steht auch wachend und wirkend für Ihn da. Sind wir solche wie die, die auf dem Wachtturm stehen?1 Sind wir Wachende in der Nacht? Wachend über jedes Wort Seines Mundes? Wachend in den Anläufen des Feindes? Wachend, bereit zu sein, wenn der glänzende Morgenstern erscheint? Der Morgenstern ist für die Gemeinde. Die Sonne erwartet Israel.2 Wir warten auf den Morgenstern, der vor dem Aufgang der Sonne erscheint. Möchte Er uns wachend finden und nicht schlafend oder lau oder in Verkehr mit Bösem.

1

Hab.2,1.

2

Offb.22; Mal.4.

Und nicht allein dieses. Er will auch Werke der Liebe finden, wenn Er kommt. Das ist dem HErrn keine Freude, wenn du mit eingeschlagenen Armen dasitzt und sagst: Ich warte und wache. Wenn du mit Verlorenen zusammen sein kannst, ohne dich zu bemühen, sie zu retten, so hat der HErr kein Gefallen an dir und so handelst du nicht wie einst Paulus. Wo er nur ein Ohr fand, da war er bereit,

ihnen zu sagen, was der HErr für ihn getan hatte. Wir können nicht alle predigen, aber jeder hat seine Aufgabe. Wenn wir jemand liebhaben, so achten wir auf die Gelegenheit, ihm einen Dienst der Liebe zu erweisen. Wer ein Herz für den HErrn hat, wird ohne Schwierigkeit etwas für Ihn zu tun finden. Wenn du zu Seinen Füßen sitzt, auf Seinen Arm dich stützt und dein Haupt an Seine Brust lehnst, wirst du bald herausfinden, was Er will, daß du für Ihn tun sollst. Da sind Jung-Bekehrte, sie bedürfen in der Wahrheit befestigt und gegründet zu werden; da sind Sünder, ihnen muß vom Heiland erzählt werden; da sind bekümmerte Seelen, jeder sollte fähig sein, zu ihnen zu sprechen. Erzähle ihnen, wo und wie du Vergebung der Sünden empfingest und ge-

rettet wurdest, und sage ihnen, wie sie es erlangen können. Wenn du ein Herz für Christum hast, weil Er deine Furcht hinweggenommen, deine Sorge vertrieben und eine lebendige Hoffnung dir ins Herz gegeben hat, so wirst du gehorsam auf Ihn warten, in Liebe um Seinetwillen wachen und in Hingabe für Ihn wirken, bis Er kommt.

Möge der HErr auch diese Zeilen dazu dienen lassen. daß Er uns immer mehr kostbar werde zum Preise Seines Namens!

Das Brot Gottes.

Ev. Joh. 6.

In dem Leben unseres herrlichen Herrn Jesus ist jeder noch so kleine Umstand bemerkenswert und hat denen etwas zu sagen, die Ihn lieben und denen daran liegt, in Seiner Gnade und Erkenntnis zu wachsen (2. Petri 3,18).

Wohl sollte Er nach dem prophetischen Wort „Nazarener“ genannt werden (vergl. Matth. 2,23), und darum wohnten Seine irdischen Eltern daselbst, nachdem sie offenbar durch göttliche Weissagung dorthin gezogen waren (V. 22). So köstlich aber auch die Verbindungen sind, die sich zwischen Ihm und Seinem dortigen Heimatsdorf finden lassen - war Er doch das „Gute“, das aus Nazareth kommen konnte! (Joh. 1,46) - so war dessenungeachtet Sein Geburtsort das unscheinbare Bethlehem. War diesem auch „das Geringste unter den Töchtern Judas“ - nach der babylonischen Gefangenschaft fanden sich unter Esra nur 123 Mann dorthin zurück (Esra 1,21), es wird also auch zur Zeit der Geburt Christi nicht groß gewesen sein! -, so ging doch aus ihm hervor Der, der Herrscher sein sollte in Israel (Micha 5,1). Und zwar war diese Seine leibliche Geburt gerade in Bethlehem ein Wunder und muß es für jeden Gläubigen sein. Doch so war es bestimmt, und so traf es ein: nicht einen Tag früher durfte der Sohn des Menschen in die Welt kommen, „geboren von einem Weibe“, als bis „die Zeit erfüllt war“, und zwar so genau, daß Maria erst auf Bethlehems Fluren angelangt sein mußte (Luk. 2,6), ehe die gesegnete Menschwerdung des Sohnes geschah. Dort „wurde das Wort Fleisch“!

Gerade in Bethlehem! Was heißt dieses Wort? Beth-Lechem bedeutet „Haus des Brotes“, und hier sehen wir eine Linie hinüber zu dem so köstlichen 6. Kapitel des Johannesevangeliums. In dem „Haus des Brotes“ ward Der geboren, der „das Brot Gottes“ ist und dem alle die verschiedenen Ausdrücke jenes Kapitels gelten; sie sind die Charakteristik Dessen, der zu Hause war im „Hause des Brotes“, das ist im Himmel selbst! Lies das Kapitel, teurer Bruder, teure Schwester, mit dem innigen Gebet, daß dir durch Gnade jene Ausdrücke in ihren verschiedenen Bedeutungen und Beziehungen möchten offenbar und wertvoll werden. Er ist „das wahrhaftige Brot aus dem Himmel“ (V. 32), „das Brot

Gottes (V. 33), „das Brot des Lebens“ (V. 35), „das Brot, das aus dem Himmel herniedergekommen ist“ (V. 41), „das lebendige Brot“ (V. 51); und schließlich spricht der HErr noch in Beziehung auf die Lebensgemeinschaft mit Ihm - vom Abendmahl ist dort nicht die Rede! - von dem Brot, das Er geben werde (V. 51).

Was ist uns nun „dieses Brot“ (V. 34.51.58)? Ist es uns wertvoll? Möchte es uns wenigstens so wertvoll sein wie den Juden das Manna, von dem es heißt: „Brot aus dem Himmel gab Er ihnen zu essen“ (V. 31 nach Neh. 9,15; vergl. 2. Mose 16!). Es ward ihnen als tägliche, frische, unveraltete Nahrung gegeben und ist uns somit ein wunderbares Vorbild auf das Brot Gottes, Christus.

In diesen Jahren haben wir so recht die Bedeutung des Brotes als der nötigsten leiblichen Nahrung kennen gelernt, wir haben uns aber „begnügen müssen mit dem, was da war“, und oft hat es dem einen und anderen knapp geschienen, und gern hätte mancher viel Geld ausgegeben, wenn er nur die Möglichkeit gehabt hätte zum Kauf des kostbarsten Lebensmittels - des Mittels zum Leben! - aber er hatte keine, da ihm die so notwendigen kleinen Kärtchen oder Marken fehlten! So ist der Erwerb des hauptsächlichsten Mittels zum Leben erschwert, und um so kostbarer wurde und wird es uns. Aber, Bruder, Schwester, dein Leben aus Gott bedarf auch des „Mittels zum Leben“, d. h. deine Seele bedarf der Nahrung, und zwar nicht minder nötig als dein Leib, nur daß sie bescheidener zu sein scheint als der Leib, der oft sehr vernehmlich sein Recht fordert! Aber sie scheint nur so. Sie darbt womöglich noch mehr als der Leib. Die geistigen und geistlichen Bedürfnisse sind von größerer Bedeutung als die meisten ahnen. Hätte z. B. Petrus sich nähren lassen von dem „Brot Gottes“, das aus Gottes Munde ihm gegeben wurde, indem der Herr Jesus ihn warnte vor Selbstvertrauen, so hätte er den HErrn, wenn schon, so doch wenigstens nicht so hartnäckig verleugnet. Aber wir glauben zu leicht, daß der Mensch „vom Brot allein“ lebt, d. h. vom irdischen Brot allein, statt auch „von jeglichem Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Luk. 4,4). - Geliebte, lassen wir doch ja unsere Seele nicht darben! Das bestraft sich oft zu bitter, unser inneres Leben geht dabei zurück, und wir verhungern sozusagen geistlicherweise. Wir können dann auch kein Segen sein für unsere Umgebung; darbende Christen, deren geistiges Leben verhungert aussieht, sind kein Zeugnis für Jesum, sie machen den Sündern keinen Mut, sich an Ihn zu wenden, um bei Ihm ihren Hunger und Durst nach Leben und Frieden gestillt zu bekommen. Und gelingt es schon nicht, im leiblichen Leben die Umgebung auf die Dauer darüber hinwegzutäuschen, daß man hungert und unter der Kleidung immer magerer wird, so erst recht nicht im geistigen.

Geliebte, um uns von dem Brot Gottes zu nähren, zu sättigen, bedürfen wir keiner Geldmittel, aber ebenso auch nicht der Brotmarken, d. h. der obrigkeitlichen Erlaubnisscheine, uns soviel wie möglich von Ihm zu nähren! Bedenken wir dieses sorgfältig! Genießen wir Christum! Wir haben Ihn in Seinem kostbaren Wort. Das fleischgewordene Wort und das geschriebene Wort gehen zusammen. Geistige Gemeinschaft mit diesem führt uns in die innere Gemeinschaft mit jenem, mit Ihm Selbst. Freilich, so wie jede irdische Nahrung verarbeitet werden muß, so werden wir auch erst durch das Tun Seines Wortes aus Gnaden gesegnete Leute (Jak. 1,22). Aber die Hauptsache ist das Essen. Betrachtet Christum im Worte! Mir scheint das Bibelstudium seinen Zweck zu verfehlen, welches nicht zuerst und zuletzt Christum Selbst, den Sohn Gottes und den Sohn des Menschen, und dann Seine Hauptinteressen, Seinen Leib, Seine Gemeinde, Sein Haus usw., aber zuerst und in allem überall Ihn Selbst zu finden strebt, wobei durch den Geist der also Forschende in das Bild des Christus verwandelt wird (2. Kor. 3,18). Suche Ihn Selbst! Sein Wort ist die getreueste Darstellung Seines Wesens, und je mehr du Ihn findest und genießest, desto mehr wird der Vater verherrlicht, desto

Wesens, und je mehr du Ihn findest und genießest, desto mehr wird der Vater verherrlicht, desto größeren Gewinn hast du für dein geistiges Leben und desto gesegneter wirst du sein für andere, denn alle Segnungen haben ihren Grund und ihr Ziel nur in Ihm. Es gibt keine wahre Heiligung ohne das Genießen des Christus. Heiligung des alten Menschen, des Fleisches ist keine biblische Heiligung. Diese ist Losgelöstsein von sich selbst, vom Menschen, von irdischen Gedanken, von fleischlicher Religion usw. und Leben durch Ihn und für Ihn, so wie Er gesagt hat (Joh. 6,57). Es wird viel von Heiligung geredet, die kaum mehr ist als eine Mischung von Selbstheiligung, Gesetz und biblischer Heiligung. Eine Heiligung ohne Gehorsam gegen Sein ganzes Wort, d. i. gegen Ihn, ist, so gut sie auch gemeint ist und so schöne Gefühle sie auch gibt, Einbildung, denn sie ist nicht die Wirkung des lebendigen Brotes Gottes. Dies bewirkt gesundes Leben Gott gemäß, d. i. Seinem Worte gemäß; es ist eine Heiligung, bei der das Brot Gottes in Seinen Lebenswirkungen in die Erscheinung tritt, und das ist Er Selbst, Er, der nie mit Seinem Worte in Widerspruch ist. Seien wir auf der Hut, Geliebte! Suchen wir Jesum, Ihn allein, und zwar da, wo Er ist und indem wir Seine Gedanken, Seine Interessen zu den unseren machen! Nähren wir uns von Ihm, Sein Wille sei unsere Lust, und - ewige Segnungen sind unser Teil, während Er hienieden durch uns verherrlicht wird.

Warum war vielen Hörern „diese Rede hart“ (V. 60)? Diese kostbaren Worte vom „Brot des Lebens“ hart? Weil sie beim Überschlagen der Kosten im Herzen merkten, daß sie sich nicht von „diesem Brote“ nähren könnten, ohne fertig zu seinmit der Gesetzes-Religion des Fleisches, und der Preis war Ihnen zu hoch, der Weg zu schwer! Und dir und uns allen, die wir dies lesen?

Ach, möchten wir uns nähren von Dem, der aus dem „Brothaus“ kam, uns völlig zu sättigen mit Sich Selbst und Seiner Herrlichkeit! Möchten wir sprechen und durch unser Tun bezeugen, was Petrus als der Mund der echten Jünger Jesu auf Seine Frage: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ Antwortete: „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist!“ (V. 67-69.) Gepriesen sei Sein herrlicher Name für und für!

F. K. (b. M.).

„Der Gastfreundschaft vergesset nicht ...“

Hebr. 13,2.

Wenn es nötig war, den Hebräern zu schreiben und sie zu ermahnen, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen, wieviel mehr haben wir nötig, in dieser ernsten und bedrängten Zeit uns das Wort ins Gedächtnis zu rufen. Der HErr kennt uns, Er weiß, was für vergeßliche Hörer wir sind und wie leicht wir vergessen, dem Worte zu folgen, besonders wenn es uns unbequem ist oder gar Opfer erfordert. Deshalb erinnert Er uns, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen. Er will nicht, daß wir den Segen derselben verlieren, „denn durch dieselbe haben etliche ohne ihr Wissen Engel beherbergt“. Dies Wort allein sollte schon genügen, der Gastfreundschaft nicht zu vergessen. Es ist nicht nötig zu wissen, ob es der Mühe wert ist, diesem oder jenem, der uns vielleicht gering erscheint, Gastfreundschaft zu erweisen. Schickt der HErr ihn uns ins Haus, so sollen wir auch um des HErrn willen gastfrei sein, dann werden wir auch den Segen der Gastfreundschaft empfangen, denn ohne ihr Wissen haben etliche Engel beherbergt. Vielleicht hat der HErr dir einen Gast ins Haus geschickt, vielleicht war es einer der „Geringsten“ der Herde Christi, aber du dachtest nicht daran, ihn zu speisen; du wünschtest, er möge bald die Tür von draußen schließen. Vielleicht hattest du selber

Mangel, oder deine Zeit war kostbar. Er hielt dich auf - und du vergaßest der Gastfreundschaft, und in der Herrlichkeit mußt du erkennen, welch ein Segen dir verloren ging. Gott hatte dir den Bruder gesandt, um dein Haus durch Gastfreundschaft zu segnen - Engel hättest du beherbergt - aber - du vergaßest!

1. Petri 4,9 heißt es: „Seid gastfrei gegeneinander ohne Murren.“ Welch ernste Mahnung für uns in dieser Kriegszeit! Wir wissen oft selber nicht, was wir essen und trinken sollen, und sind so leicht geneigt, schon zu murren, daß unser Tisch so schmal gedeckt ist - und dann noch Gäste zu Tisch haben und nicht murren? Wird uns da nicht zu viel zugemutet? In Petri Tagen war kein solcher Hungerkrieg. Muß man dann dies Wort auch in der Jetztzeit auf sich anwenden? Jawohl, Geliebte! Gottes Wort in seiner Kraft steht fest zu allen Zeiten - gepriesen sei Er! -, denn das gilt auch von dem Worte: „ Euer Vater aber weiß ...“ (Matth. 6,32). Wie ermahnt uns deshalb der HErr: „Ohne Murren!“

Gastfreundschaft mit Murren verherrlicht Ihn nicht und bringt uns keinen Segen. Aus eigener Kraft würde es in dieser Kriegszeit schwer sein, gastfrei zu sein ohne Murren, aber im Aufblick zu Ihm, aus Liebe zu unserem HErrn, der nie einen Menschen, der zu ihm kam, hungernd entließ (vgl. Mark. 8,1-10! Wie übte Er Gastfreundschaft!), wird es uns zu einer tiefen Freude werden, Gotteskindern Gastfreundschaft zu erzeigen.

Man möchte sagen: „Geschwister, die Geld und Gut haben und denen es somit auch im Kriege noch verhältnismäßig leicht gemacht ist, können wohl gastfrei sein ohne Murren; wer aber nichts hat als eine große Familie und die eigenen Kinder kaum satt machen kann, oder wo vielleicht durch Krankheit das kleine Vermögen aufgezehrt ist, solche könne das Wort nicht treffen, gastfrei zu sein ohne Murren.“ Aber das Wort Gottes sagt einfach: „Seid gastfrei ohne Murren.“ Davon ist kein Kind Gottes ausgeschlossen. Aber du sollst es nicht sein über Vermögen. Du sollst nicht denken, du müßtest deinem Gäste etwas ganz Besonderes an Speise vorsetzen. Nein, gewiß nicht! Jeder nach dem er von Gott empfangen hat. Die Liebe Christi wird geben, was sie besitzt. Hast du Überfluß, laß deine Gäste daran teilhaben; hast du Mangel, so teile von deinem Mangel ohne Murren. Der HErr wird dir vergelten.

Röm. 12,13 wird uns gesagt: „An den Bedürfnissen der Heiligen nehmet teil, nach Gastfreundschaft trachtet.“ Dieses Wort ist wohl das größte der Ermahnungen, die wir betrachten. Die Bedürfnisse der Heiligen und die Gastfreundschaft sind in dieser Stelle zusammengeschlossen. Geschwister, kennt Gott uns als solche, die an den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen und die danach trachten, Gastfreundschaft auszuüben mitten in den schwierigsten Umständen dieser Zeit? An den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen heißt nicht, freundliche, teilnehmende Worte sagen, das sollen wir sicher tun, sondern das heißt, praktisch eingreifen und, soweit es bei uns steht, in den Bedürfnissen Hilfe leisten. Möchten wir lernen, es in „Einfalt“, „Bereitwilligkeit“ und „Freigebigkeit“ zu tun (Röm. 12,8).

Bruder, Schwester! Trachten wir in diesen bedrängten Tagen danach, Gastfreundschaft zu betätigen? Das ist mehr als gastfrei zu sein ohne Murren. Uns selbst Gäste um des HErrn willen ins Haus zu bitten ist mehr als Gäste, die der HErr uns sendet, ohne Murren aufzunehmen. Die Vereinsamten, die Witwen, die Waisen, die Lazarusse, die unter Kummer oder Sorgen Niedergebeugten, die, die der HErr dir aufs Herz gelegt, lade sie in dein Haus, und soweit du es

vermagst, erquicke und stärke sie, stille mit dem, was der HErr dir anvertraut hat, ihre Bedürfnisse nach Leib und Seele (vergl. Luk. 14,12-14).

Und wenn unerwartet Geschwister von auswärts kommen? Ja, ist das nicht eine besondere, eine goldene Gelegenheit, praktisch das Wort des HErrn verwirklichen zu können: nach Gastfreundschaft trachtend? Aber da steigen Gedanken im Herzen auf: Nachtbesuch kostet Wäsche - woher Seife nehmen in der Kriegszeit? - es gehl nicht - gern würde ich meine Zimmer bereitstellen - aber die Zeiten sind zu schlecht - und- du machst es vielleicht so, wie es in einer Gemeinschaft geschah, als unerwartet ein auswärtiger, in der Arbeit des HErrn stehender Bruder in die Versammlung kam: Am Schluß der Versammlung hielten sich einige ängstlich von dem Bruder fern, um ihn nicht einladen zu müssen. Man wartete, bis andere es getan, und sagte dann erleichtert: „Wir hatten schon Sorge, den Bruder aufnehmen zu müssen.“ Alsdann ging man und begrüßte den Bruder mit herzlichen Worten. Liebe Geschwister, das ist ein trauriges Bild vom Trachten nach Gastfreundschaft. Solche trachten nicht danach.

Gewiß sind nicht alle in gleicher Lage, Nachtherberge bereiten zu können. Aber die, welche es können, sollten ihr Vorrecht höher schätzen und die Gnade erkennen, mit der Gott sie gesegnet hat. Von der Lydia laßt uns lernen (Apgesch. 16,15). Sie nahm die Brüder, die am Worte dienten, in ihr Haus auf, ja, sie trachtete nach Gastfreundschaft, denn sie nötigte sie, in ihr Haus einzukehren. Wie auch die Verhältnisse sein mögen, an den Bedürfnissen der Heiligen kann jedes Kind Gottes teilnehmen und ebenso nach Gastfreundschaft trachten. Möge der HErr den Wunsch in unseren Herzen lebendig machen, auch in dieser Zeit des Mangels nach Gastfreundschaft zu trachten und an den Bedürfnissen der Heiligen teilzunehmen, auf daß der HErr auch hierin verherrlicht werde.

Nun möchte ich noch einige Worte der Schrift anführen, welche die drei Punkte unserer Betrachtung noch weiter beleuchten und uns zur Gastfreundschaft ermutigen.

1. Tim. 3,2 und Tit. 1,8 wird uns gesagt, was einen Bruder, der einen Aufseherdienst ausüben will, kennzeichnen soll. Neben den Dingen, die da angeführt werden, wird die Gastfreiheit genannt. Und weiter wird 1. Tim. 5,10 gesagt, daß Witwen nur dann in die Gemeindelisten eingetragen werden sollten, wenn sie gewisse Kennzeichen eines gottseligen Lebens trugen, und wieder finden wir: „... wenn sie Fremde beherbergt hat.“ Wenn Gott Gastfreundschaft zu einem Prüfstein unseres Lebens gemacht hat, sagt uns das nicht deutlich, wie hoch Gott sie bewertet? Wie sind doch Seine Augen auf unser Leben gerichtet! Liegt in diesen Worten keine Ermutigung, gastfrei zu sein?

Bruder! Es lohnt sich, die beiden obigen Stellen genau anzusehen. Es ist nicht genug, „lehrfähig“ zu sein und „mit der gesunden Lehre“ ermuntern zu können - alle diese Dinge wünscht der HErr in deinem Leben zu finden. Und, gelieble, betagte Witwe, hat Seine Gnade diese Dienste in 1. Tim. 5,10 in deinem Leben vollbringen können? Glückliches Leben, in welchem die Marksteine Seines Wohlgefallens gefunden werden! Teure Schwester, welche köstliche Aufgabe ist dir für die kurze Zeit deines Erdenwallens geworden! Sieh' dir in diesem Verse das schöne Gebiet des Schwesterndieses an. Zwar findest du kein Wort von Lehren und von Evangelisieren, aber du findest die Dinge genannt, die Gott in dem Leben der Schwestern zu finden wünscht. Kaufe deine Zeit aus, nimm dich der Kleinen an, beherberge, wasche der Heiligen Füße, leiste den Bedrängten Hilfe, gehe dem guten Werke nach gegen alle, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens. (Gal. 6,10.) Und wenn.du arm bist, denke an die hungernde Witwe in 1. Kön. 17,9ff., sie nahm Elia, den der HErr ihr

sandte, auf und gab ihm vorweg, als dem Knechte Gottes, das Letzte, was sie hatte. Und wie segnete es ihr Gott! Er vergißt nicht, was wir um Seines Namens willen den Seinigen tun. Er ist ein großer Vergelter. (Hebr. 6,10).

Geliebte Geschwister, lasset uns mit dem, was der HErr uns anvertraut hat - sei es viel oder wenig - sei es Geld oder Güter oder Lebensmittel -, als Ihm verAntwortlich umgehen, besonders in dieser Zeit der Not. Er mahnt so treu in Seinem Wort: „Der Gastfreundschaft vergesset nicht.“ - „An den Bedürfnissen der Heiligen nehmet teil.“ - „Wer sparsam säet, wird auch sparsam ernten.“ -„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ (2. Kor. 9,6-8). - „Des Wohltuns und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen“ (Hebr. 13,16). Und heute sind es oft wirklich „Opfer“, die mit dem „Mitteilen“ verbunden sind.

Laßt uns auch die drei Richtlinien beachten, die das Wort unterscheidet: die erste umfaßt alle Menschen- auch die Feinde und Undankbaren. - Möchten wir den Bettler, der hungernd an unserer Tür um Essen bittet, nicht gewohnheitsmäßig abweisen, sondern des Wortes gedenken: „Brich dem Hungrigen dein Brot“ (Jes. 58,7; Hes. 18,16; Röm. 12,20). „Lasset uns das Gute wirken gegen alle!“ (Gal. 6,10.)

Die zweite umfaßt die Hausgenossen des Glaubens. Die Schrift sagt: „Laßt uns das Gute tun gegen alle, am meisten aber gegen die Hausgenossen des Glaubens. Auch hierin sollen wir „Nachahmer Gottes“ (Eph. 5,1) sein, „der ein Erhalter aller Menschen ist, besonders der Gläubigen (1. Tim. 4,10). Für die Brüder soll uns selbst unser Leben nicht zu kostbar sein (1. Joh. 3,16).

Die dritte umfaßt die Arbeiter des HErrn. Gott stellte allen (für die in Israel gesorgt werden sollte) die Leviten voran. Und an das diesen Gesagte knüpft der Apostel die Verordnung des HErrn an betreffend Seiner Arbeiter (1. Kor. 9,13.14). In bezug auf diese ermahnt das Wort in so besonderer Weise: „Wer im Worte unterwiesen wird, teile aber von allerlei Gütern dem mit, der ihn unterweist“ (Gal. 6,6). „Wenn wir euch das Geistliche gesät haben, ist es etwas Großes, wenn wir euer Fleischliches ernten?“ (1. Kor. 9,11). Diesen göttlichen Grundsatz des „Gebens und Empfangens“ (Jes. 58,7; Phil. 4,15) wandte der Apostel selbst auf die Juden und Heiden an, als er sagte, daß sie, die „ihrer geistlichen Güter teilhaftig geworden sind, schuldig sind, ihnen auch in den leiblichen zu dienen“ (Röm. 15,27).

Wenn Gott uns solche Richtlinien in Seinem Worte gegeben hat, ist es dann nicht wichtig, sie zu beachten? Können wir so tun, als ob es gleich wäre, wie wir Gutes tun? Wie betrübend ist es, Gläubige zu sehen, die diese Anordnung des HErrn geradezu auf den Kopf stellen, die viel mehr für mildtätige Werke der Welt übrig haben als für die Hausgenossen des Glaubens und die Arbeiter des HErrn. Warum? Oft mag es Unwissenheit sein; aber ach, oft ist es auch, weil an dem Ausposaunen und von Menschen Gesehenwerden das Herz noch Wohlgefallen findet. Der HErr sagt: „Sie haben ihren Lohn dahin“ (Matth. 6,1-4). Tue der Welt Gutes, aber sorge, daß das dementsprechende „Viel mehr“ für die Hausgenossen des Glaubens nicht ausfällt. Sonst bist du kein treuer Verwalter.

Laßt uns darum den göttlichen Unterweisungen der Schrift folgen und 1. in schuldiger Sorge acht haben auf die leiblichen Bedürfnisse derer, die als Arbeiter im Werke des HErrn stehen (Sie haben Arme mit dem Worte zu bedienen, die nichts haben, und andere wieder, die nicht willig sind, nach der Verordnung des HErrn zu handeln, um so mehr sollten solche, die vom HErrn gesegnet sind, für sie

eintreten.), 2. in besonderer Weise Gutes erweisen den Hausgenossen des Glaubens, und zwar ohne Unterschied, und 3. unser Herz darin selbst nicht der Welt verschließen. In allem aber laßt uns an das Wort, das der HErr Selbst gesagt hat, denken: „Geben ist seliger als nehmen“ und das rechte Zartgefühl im Geben bewahren.

So wollen wir denn der Gastfreundschaft nicht vergessen, denn ohne ihr Wissen haben etliche Engel beherbergt, und gastfrei sein ohne Murren. Und mehr, lasset uns trachten nach Gastfreundschaft und an den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen auch in dieser ernsten Kriegszeit. Eine große VerAntwortung haben wir als Kinder Gottes, und besonders, wenn Gott uns Güter anvertraut hat. „Vergesset nicht!“ Der HErr helfe uns, daß Sein Name an uns gepriesen werde (3. Joh. 5-8). Der HErr spricht: Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird (Offb. 22,12).

E. K.

Geleitswort an den Leser:

Lasset das Wort des Christus reichlich in euch wohnen, in aller Weisheit euch gegenseitig lehrend und ermahnend, mit Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern, Gott singend in euren Herzen in Gnade. Kol. 3,16.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 3

Was bedeutet Jes. 38,1: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen?“

Antwort

Auf den ersten Blick denkt man, in diesem Worte läge gar keine Frage, oder man sieht sie darin, daß Jehova dem Hiskia seinen Tod so bestimmt ankündigt, dabei ihm aber doch noch 15 Jahre zulegt, obwohl Er weiß, daß Hiskia in diesen Jahren Ihn keineswegs verherrlichen werde wie zuvor. Aber wenn diese Dinge dem Einsender Schwierigkeiten gemacht hätten, wenn er die auf das Gebet Hiskias hin veränderte Handlungsweise des HErrn als Frage empfunden hätte, so hätte er dies doch zum Ausdruck gebracht. Zweifellos enthält Kap. 38 u. 39 für uns sehr ernste Winke und Warnungen, aber in der eingesandten Frage ist kein Hinweis, daß sie um jener willen gestellt ist.

Warum dann? Nun, wenn man ein wenig über diese prophetische Ankündigung nachdenkt, so kommen einem doch allerlei ernste Gedanken. Zunächst enthält ja der Satz viel Stoff, Unbekehrten den Ernst des Todes vor Augen zu halten und sie aufzufordern, ihre Rechnung mit Gott in Ordnung zu bringen, indem sie sich von Herzen von ihren Sünden zu Christus bekehren. (Hebr. 4,7!)

Aber wenn das Wort auf Gläubige angewandt wird, dann entsteht doch eine große Frage; wie soll ein

Gläubiger von hinnen gehen? d. h. wie in bezug auf sein Haus? Trägt er im Falle seines leiblichen Todes irgendwelche VerAntwortung für seine Angehörigen und für seinen Besitz? Soll er, darf er gehen, ohne vorher irgendwie geordnet zu haben, was man „Nachlaß“ nennt, soll er seine zurückbleibenden Lieben, für die er zu seinen Lebzeiten sich verAntwortlich wußte, für sie zu sorgen, allein lassen, ohne sein Haus geordnet zu haben, d. h. ohne „Testament“? Sind dies nicht wichtige Fragen?

Ich weiß von einer gläubigen Dame, die vor 6-7 Jahren einen Schlaganfall erlitt, und der ihr Arzt versichert hat, sie würde plötzlich nicht mehr sein, und das könnte jeden Tag kommen. Ihr gilt also sozusagen unser Wort in besonderem Maße, und so kann mancher es so recht persönlich auf sich beziehen. Diese Schwester hat sich anderen gegenüber geäußert: „Bei mir ist nicht nur jedes Schubfach so aufgeräumt, daß ich jeden Tag ruhig fortgehen kann, sondern auch mit meiner Seele ist alles in Ordnung.“ Ein schönes Wort, und doch eigentlich nichts Besonderes: jeder Gläubige sollte so sprechen können und kann es, wenn er einerseits, durch Gottes Gnade unterwiesen, daß „Gott nicht ein Gott der Unordnung ist“, sein Haus in äußerer Hinsicht Tag für Tag in Ordnung hält (1. Kor. 14,33, vgl. das schöne Beispiel des HErrn Joh. 20,7!), andererseits dem HErrn gegenüber „ kurze Rechnung“ hält und keine Sünde zwischen sich und Ihn treten läßt (1. Joh. 1,9; Joh. 13, vgl. die Frage 27 im Jahrg. V, 1917). Beide Seiten der Ordnung sollten bei uns zu jeder Zeit gefunden werden, besonders aber hinsichtlich der Tatsache, daß wir jeden Augenblick entschlafen können, wenngleich nach 2. Kor. 5,4 auch das „Überkleidet-“ statt des „Entkleidelwerdens“ unser Teil sein könnte. - Und so wie es mit der Ordnung in bezug auf solche scheinbaren Kleinigkeiten wie „aufgeräumte Schubfächer“ sein sollte, damit die ungläubige Umgebung sich später nicht über unsere Unordnung aufhalten kann, wodurch ein Schatten auf unseren geliebten HErrn fallen würde, so sollte bezüglich der Unseren alles göttlich geordnet sein vor unserem Entschlafen. Da aber dieses leicht jeden Augenblick eintreten kann, so heißt es auch hier: zu jeder Zeit sein Haus in der rechten Ordnung halten (nach Möglichkeit) und auch für seine Angehörigen in göttlich gewollter Weise zu sorgen.

Aber wir sollen doch nicht sorgen? So? Ein gewisses Mißverstehen von Stellen wie Phil. 4,6; 1. Petri 5,7; Hebr. 13,5.6 u. a. hat uns darin zu falschen Anschauungen gebracht. Diese köstlichen Stellen, die uns zeigen, wie alle unsere Sorgen Ihn treffen, wie Er sie auf Sich nimmt, wenn wir sie vertrauensvoll Ihm lassen, ohne uns damit abzuqu älen, wie keine von ihnen uns bekümmern dürfen, wie wir uns nicht sorgen sollen - stehen in keinem Widerspruch mit Stellen wie Gal. 6,10; 1. Thess. 4,11.12; 2. Thess. 3,12; 1. Tim. 3,4.5; 1. Tim. 5,8 u. a. Die Fürsorge für das eigene Haus und das Werfen aller Sorgen im Glauben auf Ihn, das Versorgen derer, die von uns und unserer treuen Arbeit abhängig sind, und das gläubige „Sorget nichts, da Er besorgt ist um uns!“ - gehen Hand in Hand, und das Vernachlässigen des einen wie des anderen zieht ganz bestimmte unnüchterne Schädigungen nach sich. - Also soll ein Gläubiger ein Testament machen? Ich glaube wohl, ohne daß ich jemand bestimmen wollte, dies zu tun, wenn er glaubt, es nicht zu sollen. Überhaupt muß jeder wissen, wie er diese oben vertretenen Grundsätze mit dem Glaubensweg verbinden soll. „Was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ (Röm. 14,23) - gilt auch hierin. Ich glaube nicht, daß da Gegensätze sind. Jeder Gläubige weiß sowieso, daß, „wenn Jehova nicht die Stadt behütet, der Wächter vergeblich wachet“ (Ps. 127,1) - und hat an seinem Teile doch um der Ordnung und um der Sünde in der Welt willen in den meisten Fällen die VerAntwortung, seine Türe nachts zu verschließen. Und so ist alle unsere Sorgfalt für das Leben und Durchkommen unserer Lieben

vergeblich, wenn der HErr uns Seinen Segen, Seine Bewahrung vorenthält (1. Tim. 4,10) - das wissen wir genau genug und handeln demgemäß in all unserer Sorge für jene auch nur dann recht, wenn wir's im Glauben tun an Ihn, der uns liebt und dem wir am Herzen liegen mehr, als uns die Unseren am Herzen liegen können (Jes. 54,10). Aber auch hier gilt für uns der so sehr unmißverständliche Grundsatz von Jak. 2,14-17! Genug davon! -

Der HErr wird uns Verständnis geben in allen Dingen (2. Tim. 2,7), doch Er gab uns dazu Sein Wort! Darum laßt uns in Treue vorangehen auf dem Wege des Lichts und auch die Belehrung für uns nehmen, die in dem Textwort unserer Frage liegt in Jes. 38,1!

F. K. (z. Zt. b. Mil.).

Anmerkung der Schriftleitung

Liegt in dem Worte „Bestelle dein Haus!“ nicht die Aufforderung an Hiskia, die Angelegenheiten seines Hauses für seinen Weggang zu ordnen? Verfügte nicht Abraham, ehe er starb, über das Seinige? Der Sohn der Magd sollte nicht erben mit Isaak. Und so empfing Isaak alles, die Söhne der Kebsweiber empfingen nur Geschenke. Ist es ganz gleich, ob du dein Haus bestellst oder nicht? Ganz gleich, in wessen Hände das gelangt, was Gott dir anvertraut hat? Hast du keine VerAntwortlichkeit dafür? Daß Kinder Erben sind, das ist ein Grundsatz, den die Schrift anerkennt. Aber sie haben nicht das Erbteil zu bestimmen. Wie aber, wenn nicht Kinder, sondern Verwandte die Erben sind? Um so sorgsamer sollten Gläubige dann um die Bestellung ihres Hauses sein. Haben wir nicht mit Schmerz gesehen, daß das Gut, welches Gläubige bei ihrer Lebzeit in den Dienst des HErrn stellten, mit ihrem Tode in den Dienst der Sünde gestellt wurde? Das, was dem Werke des HErrn diente, wurde der Eitelkeit dienstbar gemacht und zur Eitelkeit verwandt. Kann daran Gott Wohlgefallen haben? Hatten sie keine VerAntwortlichkeit dafür? Konnten sie nicht wissen, unter welchen Geist das ihnen von Gott Gegebene fallen würde? Waren sie damit vor Gott entschuldigt, daß es „Verwandte“ und deshalb Erben waren? Wir denken, solches ist kein „ Bestelle dein Haus!“, an welchem Gott Wohlgefallen haben kann. Mit dem Gut hat Gott auch zugleich das Verfügungs- und Bestimmungsrecht in deine Hand gelegt. Solche aber machten keinen Gebrauch von ihrem Recht, darüber zur Ehre des HErrn und zum Nutzen Seines Werkes zu verfügen. Was Gott in unsere Hand gelegt hat, dafür sind wir auch verAntwortlich, und die Stunde kommt, da es auch zu uns heißen wird: „Lege Rechnung ab von deiner Verwaltung, denn du wirst nicht mehr Verwalteter sein können“ (Luk. 16,2).

Frage 4

Ich bitte um Erklärung der Zahlen „390“ und „40“ in Hes. 4,5.6.

Antwort A

Nach Hes. 1,2 verglichen mit 8,1 fällt diese Weissagungin das fünfte bis sechste Jahr der Regierung Zedekias, also 593-592 vor Christi Geburt. Die Belagerung Jerusalems begann unter Zedekia im neunten Jahr seiner Regierung und endigte in seinem elften Jahr 587 vor Christi Geburt. Somit hat Hesekiel die Belagerung Jerusalems ca. fünf bis sieben Jahre vorher vorbildlich geweissagt.

Von der Zerstörung des Tempels 587 zurück bis zur Teilung des Reiches Israel durch Rehabeam und

Jerobeam sind es rund 390 Jahre. Die Zerrissenheit des alten Bundesvolkes, der eingeführte Götzendienst im Zehnstämmereich und später derselbe götzendienerische Geist im Hause Juda, welcher unter Manasse seinen Höhepunkt erreichte, so daß auch die Bemühungen des Königs Josia den Zorn Jehovas nicht mehr abwenden konnten (2. Kön. 23,24-27), das war die Missetat des Hauses Israel und Juda.

Im 13. Jahr Josias, genau 40 Jahre vor der Zerstörung Jerusalems, sandte der HErr den Propheten Jeremia zum Hause Juda und ließihn diese 40 Jahre unter ihnen zeugen, aber sie achteten auch das nicht, und das war die besondere Missetat Judas.

Nach Hes. 4,9 scheinen die 40 Tage (Jahre) in die 390 eingeschlossen zu sein, so daß diese letzten 40 Tage durch das Liegen auf der rechten Seite zugleich für Juda und die zehn Stämme zu gelten hatte und Hesekiel somit 350 Tage auf der linken, 40 Tage auf der rechten Seite lag, um die Missetat beider Häuser zu tragen.

Will man aber die Missetat des Hauses Israel und Juda auf die ganze Dauer des Tempels ausdehnen, dann würden die 40 Tage für die 40 Jahre von der Erbauung des Tempels bis zur Teilung des Reiches Israel gelten.

Noch andere nehmen die Missetat des Hauses Juda so, daß sie einer fernen Zukunft angehört und rechnen sie von der Verwerfung Jesu bis zur Zerstörung Jerusalems durch Titus von 30-70 nach Christo.

Wie dem nun auch sei, der HErr zeigt damit, daß der Abfall und Götzendienst des alttestamentlichen Bundesvolkes ein schweres Gericht über sie brachte, das sie der Zerstörung und Gefangenschaft preisgab, bis Gott an ihnen erreicht, was Er will.

Dies führt uns auch auf den Gedanken, daß Gott die Sünden des neutestamentlichen Gottesvolkes, den verweltlichten und verweltlichenden Gottesdienst, die Vermischung mit der ungöttlichen Welt, ebenso strafen und heimsuchen wird. Man denke an die Drohung: „Ich werde deinen Leuchter wegstoßen von seiner Stätte, wo du nicht Buße tust“ (Offb. 2,5) und ähnliche Stellen.

390 Jahre lang ertrug der HErr diese Greuel; welch eine Geduld Gottes! Uns wollen die fast vier Jahre Krieg schon zu lange währen; das ist Menschengeduld. Gott will nicht das Verderben Seines Volkes, sondern sein Heil. Wenn aber Seine Gerichte eintreten, so haben sie denselben Zweck, wie wir es an Israel sehen können, nicht seinen Untergang, sondern Züchtigung mit Maßen, daß auch Gottes Volk sich nicht unschuldig halte. Das Gericht hat die Zurechtbringung und Wiederherstellung Seines Eigentumsvolkes zum Ziel.

F. Th. H.

Antwort B

In Hesekiel 4.-7. Kapitel spricht Gott zu dem Propheten, daß Er Gericht bringen werde über Jerusalem, Juda und das ganze Israel wegen der Blutschulden und großen Bosheit, die angesichts des Hauses Jehovas vornehmlich in Jerusalem verübt wurden. Kapitel 5 von V. 5 ab betrifft Jerusalem, die Stadt. Statt daß Jerusalem für Jehova und für die umliegenden Nationen hätte ein Zeugnis sein sollen und in Jerusalem das Haus der Anbetung des wahren Gottes war, waren die

Sünden Judas, vornehmlich Jerusalems, viel schrecklicher als bei den heidnischen Nationen. Deshalb wollte Gott vor den Augen aller Nationen an Jerusalem und an ganz Israel Seine gerechten Gerichte zur Ausführung bringen.

Es scheint, daß die 390 Jahre von Jerobeam ab rechnen, dem Gott durch den Mund des Propheten Achija sagte, daß Er ihm aus der Hand Salomos zehn Stämme geben wolle, und daß die 40 Jahre Judas zur Regierung Salomos gehören.

Dieser Bericht der Heiligen Schrift in Hesekiel über Jerusalem und Israel lehrt uns, daß Gott langmütig und von großer Geduld ist über den einzelnen Menschen und auch für ganze Völker und Königreiche. Wenn Gott aber nicht die von Ihm erwartete Frucht Seiner Bemühung um den einzelnen Menschen wie von Völkern und Nationen ersieht, so kommt Er mit Zucht und Heimsuchung über einzelne wie über ganze Völker und Nationen. Wer Augen hat zu sehen und Ohren hat zu hören, der sehe und höre, was Gott in unseren Tagen dem einzelnen wie den Völkern zu sagen hat.

Durch Buße und Umkehr zu Ihm, dem lebendigen Gott, will Er helfen und erretten.

F. B. †.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Überwinder.

1. Mose 32.

Ein Sieger und Überwinder möchte jedes aufrichtige Kind Gottes sein. Aber wie können wir es werden? Sicher nicht durch eigene Kraft. Es kann nur in der Kraft eines anderen sein. Und ehe uns diese zuteil wird, müssen wir unsere eigene gänzliche Kraftlosigkeit erkannt haben.

In der Geschichte Jakobs lernen wir, wie Gott ihn erst zerbrechen mußte, ehe Er von ihm als Überwinder reden konnte. Jakob schätzte die Verheißungen Gottes; er war kein Gottloser wie Esau; jedoch er schätzte den Segen Gottes, weil Er ihm etwas einbrachte, aber nicht, weil es Gottes Segen war. - Abraham wurde herausgerufen aus seiner Familie und Heimat, um sich von Gott segnen zu lassen: „Ich will dich segnen.“ Das Vertrauen auf Gottes Segen bewahrte ihn, seine Augen nicht wie Lot nach der bewässerten Ebene des Jordans zu richten, und machte ihn zum Überwinder, indem er sich weigerte, einen Faden oder Schuhriemen von dem Könige Sodoms zu nehmen. Er wollte nicht von dem Könige Sodoms, sondern von Gott gesegnet sein. Seine Augen sahen nach der Stadt, welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist. (Hebr. 11,10.)

Jakob war immer am Plänemachen für sich selbst. Infolge seines Betruges mußte er in Furcht vor Esau aus dem Lande fliehen, in welchem Abraham und Isaak als Fremdlinge wohnten. Nur mit einem Stabe überschritt er den Jordan. Durch Mühe und Arbeit, mit Geschick und List wurde er Besitzer

zweier Herden. Und wieder ist er in Furcht, denn Esau zieht ihm entgegen. In seiner Not schreit er zu Gott um Errettung. Obgleich er das Heerlager Gottes zu Machanaim gesehen hatte - die Engel, die er auch in Bethel sah -, fehlt ihm doch das Vertrauen auf Gottes Kraft. Seine Wege sind deshalb auch noch die gleichen; er ist wieder dabei, Pläne zu machen, wie er den am besten besänftigen und versöhnen kann, den er „seinen Herrn Esau“ nennt. Herde auf Herde von Vieh, Kamelen und Eseln sendet er als ein Geschenk für seinen Herrn Esau, und zuletzt führt er seine Weiber und Kinder über die Furt des Jabbok, und nur er allein, der Mann, um den er am meisten sorgte, ist noch zurück.

Jakob, der Überlister,1 ist, wie er denkt, allein. Aber Einer wacht über ihm und sieht alle seine Wege. Und dieser Eine hatte gehört, was Jakob gebetet, daß er zu gering sei all der Gütigkeiten und Treue. (V. 10.) Er kann nicht Jakobs Wege unterstützen, Er ringt mit ihm bis zum Anbruch des Morgens. Gott bemüht Sich und ringt mit ihm, denn Er will ihn segnen, aber Jakob gibt nicht nach. Das war eine schwere Nacht! Das ungebrochene Fleisch verteidigt sich, es will sich nicht überwinden lassen. Gott rang nicht mit Jakob, weil Er wider ihn war, sondern um das in ihm niederzubrechen, was ihn hinderte, im Glauben an Gottes Segen und Kraft zu wandeln. Von beidem hatte Jakob kein wahres Bewußtsein, weder von seinem ungebrochenem Fleisch noch von Gottes Segen und Kraft. Aber in Seinem Erbarmen stritt Gott, nicht mit ihm „in der Größe Seiner“ Kraft (Hiob 23,6), sondern rang mit ihm als ein Mann.

1

Jakob bedeutet Fersenhalter, Überlister.

Ein wunderbarer Kampf, der auch uns viel Schmerz bereitet. Zuletzt berührt Er das Gelenk der Hüfte Jakobs und verrenkt es, so daß das widerstreitende Fleisch lahmgelegt wird. Niedergebrochen kann er nichts weiter tun, als sich an die Kraft klammern, die ihn niederbrach. Hier liegt das Geheimnis des Sieges. Jetzt ist er nicht mehr der für seine eigene Wohlfahrt plänemachende Überlister, jetzt kommt der ernste Ruf aus seiner Seele, daß Gott ihn segnen möge. „Ich lasse Dich nicht los, Du habest mich denn gesegnet.“

Wie entspricht nun Gott der Bitte Jakobs, der sich an Ihn klammert, um von Ihm gesegnet zu werden? In einer sehr einfachen Weise: Er macht ihn frei und los von sich selbst. Ich kann nicht sagen, inwieweit Jakob das alles erfaßte; aber abgesehen von dem vollen und wahren Erfassen gibt es Momente, in welchen wir es so mit Gott zu tun haben, daß sie uns unvergeßlich sind, und in denen wir anfangen zu lernen, daß das Geheimnis des Segens nicht in uns, sondern in Ihm liegt.

Gott tat das, was nur Er allein tun kann. Er stellte ihn auf eine ganz neue Grundlage. Er führt ihn hinweg von dem alten Boden der Natur und hin zu dem neuen Grund der Gemeinschaft mit Gott. Und wie geschieht das? Gott fragt, was ist dein Name? Er ist Jakob: der Überlister. Sein Name offenbart sein Wesen, das, was er von Natur ist. Gott gibt ihm einen neuen Namen in Verbindung mit Sich. Nicht Jakob soll hinfort dein Name sein, sondern „Israel“. Der niedergebrochene Mann, gelähmt an der Kraft des Fleisches, ist ein Kämpfer Gottes. Israel ist hinfort sein Name, denn er hatte mit Gott und Menschen gerungen und obgesiegt. Er besitzt jetzt das Geheimnis des Sieges, denn er hat gelernt, daß seine Kraft in der Kraft eines anderen besteht.

Ein anderer wichtiger Punkt tritt vor uns. Jakob empfing einen neuen Namen von Gott, aber er selbst kennt noch nicht den Namen Dessen, der mit ihm rang. Wohl weiß er, daß der Mann, der mit ihm rang, Gott war, denn er sagt, ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und mein Leben (Seele) ist gerettet worden. Obgleich er von dem Boden dessen, was er von Natur war, weggenommen ist, so hat er doch nicht die Offenbarung des Namens Gottes empfangen. Soweit

hatte er Ihn kennen gelernt, daß der Gott, der ihn in seiner natürlichen Kraft niederbrach, der Gott ist, der ihn segnet. Aber Seinen Namen zu kennen, heißt, Ihn Selbst kennen in Seinem Wesen, wer und was Er ist.

In jener Stunde konnte Gott noch nicht Seinen Namen mit Jakob verbinden. Es gab noch viel bei ihm und in seinem Hause zu ordnen. Und es ist nicht bedeutungslos, daß Gott während der Lebenszeit Jakobs nicht der Gott Jakobs genannt wird. Jakob stieg nicht hinauf zur Höhe der Gedanken Gottes, und deshalb konnte er sich in Sichem (1. Mose 33,17-20) niederlassen und damit zufriedenstellen, das Feld durch Kauf zu seinem eigenen gemacht zu haben.

Der Name des Altars: „Gott, der Gott Israels“, zeigt, daß er das Bewußtsein seines neuen Namens hatte. Aber zu dem neuen Namen gehört auch ein neuer Platz. Sichem ist nicht Bethel. Sichem mochte gekauft und zum Hause Israels gemacht werden, Bethel aber war das Haus Gottes und die Pforte des Himmels.

Gottes Weg für uns ist sehr einfach, wenn wir bereit sind, ihn zu gehen. Er sprach zu Jakob, „mache dich auf und ziehe hinauf nach Bethel und wohne daselbst und mache daselbst einen Altar dem Gott, der dir erschienen ist, als du flohest vor deinem Bruder Esau.“ (1. Mose 35,1.) Er leitet Jakob von der Verbindung Sichems hinweg. Wieviel verborgener Götzendienst war dort getrieben worden! Aber Bethel ist Gottes, und nicht Jakobs Platz. Die Bedeckungen der Welt können dorthin nicht mitgenommen werden (s. V. 2). Dort erst kann Gott seiner Bitte entsprechen und ihm Seinen Namen offenbaren: „Ich bin Gott der Allmächtige“ (1. Mose35,9-11.) Die Erfüllung aller ihm gegebenen Verheißungen waren mit diesem Namen verbunden. Und in diesem Namen fand der Glaube seinen Ruhepunkt.

Nachdem Gott ihm Seinen Namen geoffenbart hat, fängt Er an, Jakob zu lösen. Debora, Rebekkas Amme, war gestorben. „Damit war schon ein Band seiner alten Geschichte gelöst, und das geschah nicht ohne Tränen. Sie begruben sie unter der „Eiche des Weinens“. So war es auch bei den Jüngern, als sie eine Offenbarung Seines Namens empfingen. Nachdem der HErr gefragt hatte: „Wer sagt ihr, daß Ich sei?“ und Petrus Antwortete: „Der Sohn des lebendigen Gottes“ (Matth. 16,15), fing Jesus an, ihnen zu sagen, daß der Weg für Ihn und für Seine Jünger durch Leiden und Tod gehe und das Leben in dieser Welt verloren werden müsse, um ein besseres zu finden. Aber Sterben ist keine leichte Sache. Das erfuhr auch Jakob: Seine geliebte Rahel starb; dann wurde ihm Joseph verkauft nach Ägypten; dann kam die Hungersnot, und sie hatten kein Brot. Simeon wird in Ägypten zurückgehalten, und schließlich muß er auch Benjamin ziehen lassen. „Ihr habt mich der Kinder beraubt“, ist die Klage Jakobs, dem alles genommen wurde. Zuletzt lehnt er sich auf seinen Stab, gleichsam mit ihm den Jordan zu überschreiten.

In dieser Stunde seiner größten Schwachheit bringt er die köstlichste Frucht: seine Seele ist beschäftigt mit Gottes Plänen. Er segnet die Söhne Josephs mit den zukünftigen Dingen der Güte Gottes. Entleert von allem, redet er zu Joseph von dem Segen, den Gott der Allmächtige ihm zu Bethel gegeben, und beansprucht die Söhne Josephs als seine eigenen. Sein Name (Israel) soll auch ihnen gehören. Kurz vor Ephrath (Fruchtbarkeit) hatte er Rahel begraben. Er hatte nicht mehr daran gedacht, Rahels Sohn wiederzusehen. Jetzt legt er seine rechte Hand auf Ephraim (fruchtbar) und schaut die Erfüllung des Segens Gottes von Bethel her vollendet in dem, auf welchem seine Rechte ruht.

Aus Jakobs Geschichte können wir lernen, was es heißt, ein Sieger, ein Überwinder zu sein. Nichts aus uns und der eigenen Kraft befähigt uns, in Gottes Gedanken einzugehen. Das alles muß erst lahmgelegt werden, wenn wir Überwinder werden wollen. Der kleinen Kraft gibt der HErr eine geöffnete Tür, die zur Gemeinschaft mit Ihm führt. Und ein neuer Name kennzeichnet unsere Verbindung mit Ihm. - Simon, Sohn Jonas, war der Name, in welchem ihn die Welt kannte. Petrus war der Name, den Christus ihm gab und in welchem Er ihn kannte. Was die Überwinder in Philadelphia kennzeichnete, war, daß sie eine kleine Kraft hatten und den Namen Christi nicht verleugneten. Dies hatte Petrus getan, als er sich in seiner eigenen Kraft gürtete. Es mußte Petrus tief durch die Seele gehen, als der HErr ihn dreimal mit seinem alten Namen (Joh. 21) nannte, nicht mit dem, den Er ihm gegeben hatte. Wenn es so ist, dann stimmt etwas nicht bei uns.

Wie groß ist Seine Gnade, die sich mit uns beschäftigt und dahin bringen will, uns an die Kraft eines anderen zu klammern. Er, der uns durch und durch kennt, öffnet uns das Geheimnis der Verbindung mit Ihm Selbst. Auf dem Wege nach Ephrath (Fruchtbarkeit) finden wir das Grab Rahels. Da, wo die Natur das Liebste verliert, wird das Kostbarste gewonnen.

Der HErr schenke uns das rechte Bewußtsein unseres eigenen Nichts, damit wir in der Kraft des Glaubens in Gottes Gedanken eingehen, während wir durch diese Welt pilgern.

Gedanken über Gal. 5,22.

I.

Dieses Wort sollte eine Darstellung des inneren und äußeren Wesens aller Kinder Gottes sein, und wir haben gewiß schon oft innigst gewünscht, daß diese Merkmale der Geburt aus Gott bei uns vollkommener zu finden sein möchten, zumal dann, wenn wir wieder eine betrübende Erfahrung davon gemacht hatten, daß „die Werke des Fleisches“ noch in uns in Erscheinung traten zur Schande für unseren teuren HErrn. Ja, „das Fleisch gelüstet wider den Geist“, aber „da wir durch den Geist das Leben haben, laßt uns auch durch den Geist wandeln“ (V. 17.25). Wenn es nicht möglich wäre, und zwar trotz des Bleibens im Fleisch sowohl wie trotz der Tatsache, daß das Fleisch in uns bleibt, bis wir beim HErrn sind, so würde uns diese Ermahnung nicht zuteil.

Aber wie werden wir fähiger dazu, wie kommen wir dahin, die Frucht des Geistes in unserem Leben hienieden deutlicher zu offenbaren? Das mit Recht in dieser Beziehung oft in der „Gegenseitigen Handreichung“ genannte Wort 2. Kor. 3,18 (vgl. z. B. Frage 18, Jahrbuch III) zeigt uns, daß wir durch das Anschauen der Herrlichkeit Jesu Christi verwandelt werden durch den Geist in Sein Bild. Nun haben wir im Wort selbst die Herrlichkeit des HErrn vor uns. Ich glaube nicht, daß unter „Seiner Herrlichkeit“ nur Seine gegenwärtige nach der Himmelfahrt beim Vater gemäß Hebr. 2,9 u. a. zu verstehen ist, sondern Sein ganzes Leben auf der Erde sowie Seine Darstellung in den Briefen, überhaupt das gesamte Schriftzeugnis von Ihm (Joh. 5,39) stellt uns Seine Herrlichkeit vor Augen. Das fleischgewordene Wort (Joh. 1,14) ist, was das geschriebene Wort sagt (Offenb. 19,13).

In Gal. 5,22 haben wir nun, wenn ich so sagen darf, die wahre, echte, vollkommene „Frucht des Geistes“ vor uns (vgl. Matth. 1,20: „das in ihr Gezeugte ist vom Heiligen Geiste!“). Dies Wort gibt uns eines der köstlichsten Charakterbilder des Herrn Jesus bezüglich Seines Erdenlebens. Er aber wohnt durch den Geist in uns, unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Kor. 6,19), wie Er denn

auch in der Gemeinde, Seinem Tempel wohnt (1. Kor. 3,16 vgl. mit 2. Kor. 6,16 und Eph. 2,21f.). Christus Selbst also wohnt in uns (Röm. 8,10 u. a.). Darum wird diese Frucht auch in uns hervorgebracht, wenn wir den Geist nicht betrüben (Eph. 4,30). „Von dem Meinen“, sagt der HErr, „wird Er empfangen und euch verkündigen“ (Joh. 16,14). Ja, Er Selbst ist der Gegenstand der Bezeugung des Geistes sowohl im Wort der Predigt wie im Werk, d. h. in der Darstellung mittels der Seinen, in ihnen und durch sie. Welche Herrlichkeit: wir sind berufen, Sein Bild hienieden zu offenbaren, und der Geist befähigt uns hierzu. Möchten wir also „Seine Zeugen“ sein (Joh. 15,26.27; Apgesch. 1,8) und Ihn verherrlichen! „Im Wort und Werk, in allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen!“

Jetzt will ich noch einige Beispiele für die dreimal drei genannten Merkmale der „Frucht des Geistes“ nach Gal. 5,22 aus den Evangelien anführen, uns zur Erbauung und Belehrung. Ich führe nur kurz einige wenige, mir augenblicklich besonders kostbare Stellen an ohne weitere Betrachtungen. Sie reden ja für sich selbst und können leicht um viele vermehrt werden, sind doch die ganzen Evangelien Belege für diesen Gegenstand. Gal. 5,22: 1. Liebe: ungezählte Geschichten zeigen die Liebe des Herrn Jesus, ganz besonders vielleicht Luk. 7,36-50 und 10,25-37. (Er ist der barmherzige Samariter). - 2. Freude: Luk. 10,20 -24; welch ein Frohlocken Jesu, und worüber! „Ja, Vater!“ - 3. Friede: Mark. 6,45ff. und ähnliche. - 4. Langmut: Luk. 9,51-56; 17,3.4. - 5. Freundlichkeit: Joh. 4! (Wer hätte mit dem Weibe gesprochen, und dann so?!) - 6. Gütigkeit: Matth. 20,15; Luk.21,1-4. 7. Treue: Luk. 7,24ff. (Sein Urteil über Seinen Knecht Johannes!); 22,32 (V. 61, vgl. 24,34!); Joh. 11,5ff. - 8. Sanftmut: Luk. 22,47-51; Matth. 21,5. - 9. Enthaltsamkeit: Luk. 4,1ff. (in der Wüste, allein auf den Bergen usw.). Ich füge noch hinzu, daß wir in Verbindung mit den Gaben des Geistes in 1. Kor. 13 auch eine wunderbare Beschreibung des Wesens des Herrn Jesus, Seiner Herrlichkeit haben, ebenso in Kol. 3,12ff.!

Möchten wir Gnade haben, in der heutigen Zeit, die so sehr des lebendigen Zeugnisses Gottes bedarf, den Herrn Jesus Christus anzuschauen und in Sein Bild von Schritt zu Schritt verwandelt zu werden, der armen Welt zum Heil (Phil. 2,15.16), dem Volk Gottes zur Erbauung (Röm. 15,2), unserem Gott und Vater und dem HErrn zur Ehre (1. Kor. 10,31 u. a.)! Er segne uns dazu Sein kostbares Wort durch Seinen Geist!

F. K. (z. Zt. beim Militär).

Esras Reise.

(Esra 7 u. 8.)

Ich möchte auf einige Züge in der Geschichte der kleinen Schar jener hinweisen, die aus dem Lande ihrer Gefangenschaft in das ihnen von Gott gegebene Land zurückkehrten, von welchem sie um der Sünde ihrer Väter willen durch das Gericht Gottes vertrieben waren.

Die Geschichte finden wir in Esra 8. Die Bildung oder Sammlung der kleinen Schar wird uns in Esra 7 berichtet. Sie fand ihren Ursprung in dem Glauben und der Hingabe Esras, mit dem die Hand Jehovas, seines Gottes, war. Gott gab ihnen eine geöffnete Tür. Er bewegte das Herz des Königs Artasastas, daß dieser ihm all sein Begehr gab und er auszog als ein Gesandter des Königs (V. 14). Den königlichen Auftrag finden wir in den Versen 12-26. V. 27 ist ein Lobpreis Jehovas, und in V. 28

sehen wir Esra so gestärkt durch die Beweise, daß Jehovas Hand zum Guten über ihm war, daß er Häupter aus Israel sammelt, um mit ihm hinaufzuziehen nach Jerusalem. Die Namen dieser sind uns in Kap. 8 aufgezeichnet. Der Sammelplatz und die Zubereitung für die Reise findet am Strome Ahawa statt.

Esra ist sich der Größe und Tragweite des Unternehmens voll bewußt. Eine lange Reise liegt vor ihm. Feinde umlauern ihn überall am Wege. Sie führten kleine Kinder und all ihre Habe mit sich, und mehr als alles andere waren sie Hüter eines Schatzes von Silber und Gold und kostbaren Gefäßen für das Haus Gottes. Für eine solche Reise, mit so vielen Gefahren verbunden, bedurften sie eines sicheren und starken Schutzes. Die Frage war nun, sollten sie sich dem Arme des Fleisches (den Soldaten des Königs) oder der Hilfe des lebendigen Gottes anvertrauen?

Esra wählt das letztere. Er ruft ein Fasten am Flusse Ahawa aus. Dort beugen und demütigen sie sich vor ihrem Gott und bitten Ihn um einen geebneten Weg. Er hatte dem König gegenüber seinen Gott gerühmt und ihm bezeugt: „Die Hand unseres Gottes ist über allen, die Ihn suchen, zum Guten. Aber Seine Macht und Sein Zorn sind über allen, die Ihn verlassen.“ In diesen Worten hatte er dem König die Erklärung gegeben, warum Jerusalem verwüstet war. Sein Volk hatte Gott verlassen, und deshalb war Sein Zorn über sie gekommen. Aber jetzt suchten sie Ihn, und nun war die Hand ihres Gottes über ihnen zum Guten. Nach einem solchen Zeugnis vor dem Könige schämte er sich, Reiter zu erbitten, die sie gegen den Feind auf dem Wege schützen sollten. Er fühlt, daß es eine praktische Verleugnung seines Zeugnisses sein würde. Und er schämt sich, den Ruhm Jehovas durch die Annahme solcher Hilfe des Fleisches zu entkräften.

So begannen sie ihre Reise. Sie richteten ihre Augen auf Jehova, von dem ihre Hilfe kam. Wie hell leuchtet ihr Glaube! Da sind keine Zeichen und Wunder, wie vor alters, als Israel Ägypten verließ, keine Wolkensäule, kein tägliches Manna, kein geschlagener Fels, keine Bundeslade zog vor ihnen her. - Nichts von dieser früheren Herrlichkeit war bei ihnen zu sehetn, aber sie wußten, die unsichtbare Hand ihres Gottes war mit ihnen. Sie erwarteten auch nicht, daß jene erste Herrlichkeit wieder hergestellt wurde. Sie waren nur ein kleiner Überrest, voll Schmerz über ihre Vergangenheit, aber neubelebt durch Gottes Gnade. Er hatte die Neubelebung gewirkt, die Tür für sie geöffnet, und ihr Glaube ging den Weg. Sie schauen nicht auf das Sichtbare, sondern auf Ihn, den Unsichtbaren. Und so vollenden sie die Reise, die sie mit Fasten und Gebet begannen. Sie währte vier Monate, aber nie zweifelte der Glaube an der glücklichen Erreichung des Zieles. In der Ermahnung: „Seid wachsam und bewahret es, bis ihr's darwäget ... in die Zellen des Hauses Jehovas“ lag das unerschütterliche Vertrauen, daß die Reise sicher vollendet werden würde. Und als Jerusalem erreicht und das anvertraute Gold richtig gewogen eingebracht war, brachten sie Gott ihre Brandopfer da.

Wer oder wie viele von uns gleichen diesen auf ihrer Reise ins verheißene Land? Die Reise der Kinder Gottes durch die Wüste wird uns in verschiedener Weise in der Schrift gezeichnet. Denken wir an Rebekka in 1. Mose 24. Auch sie reist nach demselben Lande. Sie zieht dem Bräutigam entgegen. Ihre Reise gilt ihm, den ihre Seele liebt. Aber sie muß die Reise machen. Eine andere Reise ist die von Ägypten nach dem Lande. An diese erinnert der Apostel die Korinther, als er ihnen sagt: „Ich will nicht, daß ihr unkundig seid“ (1. Kor. 10,1), daß diese Dinge für sie als Vorbilder zur Ermahnung niedergeschrieben sind (V. 11), Ach, manche haben zu dem Blute des Lammes Zuflucht genommen, aber sie haben die Reise aus Ägypten nach dem Lande kaum angefangen. Andere wieder, die hinausgingen, kehrten mit ihren Herzen nach den Dingen Ägyptens zurück und erreichten nicht das

Ziel. Wieder andere blieben kurz vor Kanaan stehen, diesseits des Jordans, und gingen nicht hinein. Alle solche gilt es zu ermutigen, sich nicht vom Feinde hindern zu lassen, sondern im Blick auf die starke Hand, die uns schirmt, den Weg im Glauben zu wandeln. Hier in Esra haben wir die Reise des kleinen Überrestes, der die von Gott gegebene und geöffnete Tür benutzt, aus der Gefangenschaft Babels herausgeht, zurückkehrt und die anvertrauten Schätze zum Tempel Gottes bringt.

Ich habe die Reise jener Schar mit Serubbabel (Esra 1 u. 2) nicht berührt. Im großen ganzen trägt sie dieselben Charakterzüge. Ein wichtiger Unterschied ist aber zu bemerken. Die erste Schar fand nur Trümmer und erwartete nichts anderes am Ziel ihrer Reise zu finden. Die zweite Schar unter Esra fand am Ziel ihrer Reise schon eine Schar, die durch Gottes Gnade das Haus baute und den Altar aufgerichtet hatte (Kap. 3,3), mit der sie, als sie ankamen, vereint waren. Beide Scharen führten kostbare Dinge mit sich, Schätze für Gottes Haus und Herrlichkeit, auf welche der Feind am Wege lauerte, um sie zu rauben. Wie feierlich wurden ihnen diese Schätze dargewogen und anvertraut. (Esra 8,24-27.) Mit welchem Ernst wurden sie dafür verAntwortlich gemacht. Wie feierlich wird ihnen gesagt, daß sie und auch die Geräte Jehovas heilig seien. Wie wird ihnen eingeschärft, wachsam zu sein und das Anvertraute zu bewahren, daß der Feind ihnen nichts davon raube, und es voll und ganz nach Jerusalem zu bringen (V. 28-30). Für einen solchen Weg und für solche Aufgaben konnten sie menschliche Hilfsmittel nicht gebrauchen.

Im Glauben treten sie ihre Reise an. Kampf und Mühe bleiben ihnen nicht erspart. Der Feind tritt an sie heran, sowohl in der offenen Gestalt als Feind wie auch in der hinterlistigen Gestalt als „Lauernder am Wege“ - aber, wie köstlich ist ihr Bericht: „Die Hand unseres Gottes war über uns und Er errettete uns von der Hand des‚Feindes‘ und des am Wege ‚Lauernden‘“ (V. 31).

So erreichen sie das Ziel: „Und wir kamen nach Jerusalem und blieben daselbst ‚drei‘ Tage.“ Glückliche Schar! Am „vierten“ Tage wird das anvertraute Gut gewogen, und es wird gefunden „nach der Zahl und dem Gewicht“ so, wie es ihnen zugewogen, ihnen anvertraut war. (V. 34 mit V. 26 u. 27.) Selige Knechte!

Alles dieses erinnert uns an Offenb. 3. Auch dort finden wir eine Schar, vor welcher der HErr eine geöffnete Tür gegeben hat, die niemand schließen kann. Und heute gilt es auch für uns, zurückzukehren zu dem, was Gott Seinem Volke gegeben hat, und durch die geöffnete Tür aus Babel hinauszugehen. Kostbare Schätze sind auch uns anvertraut worden: Mittel und Gaben und vor allem Sein Wort und „Sein Name“. Dieses, was Gott in meine und deine Hand gewogen hat, wird an einem Tage wieder gewogen, und es wird geprüft werden, ob wir das anvertraute Gut bewahrt haben. „Halte fest, was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme“ (Offenb. 3,11), so ruft der HErr denen zu, die nur eine kleine Kraft haben. Wir leben nicht in den Tagen großer Dinge. Das Wort, welches der HErr an Serubbabel richtete: „Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist“, gilt auch heute für uns (Sach. 4,6). „Bewahre das schöne anvertraute Gut durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt“ (2. Tim. 1,14).

Auch wir sind auf der Reise nach Jerusalem droben, von Feinden umstellt, und von dem Lauernden am Wege, der uns die anvertrauten Schätze rauben möchte. Laßt uns wachsam sein, daß wir nichts davon durch die Tücke des Feindes verlieren. Welcher Art auch die uns anvertrauten Schätze sein mögen, möchten wir, wenn wir dort ankommen, nichts davon verloren haben. Mit welcher Freude beendeten sie ihre Reise, und wie konnten sie mit glücklichen Herzen ihrem Gott Opfer lieblichen

Geruches darbringen.

Laßt uns die geöffnete Tür benutzen und aus Babel herausgehen und den Weg des Glaubens nach der Wahrheil in Treue wandeln! Dem Überwinder winkt ein herrlicher Lohn; möchten wir solche sein, die ihre Krone nicht verlieren! „Ihr seid Jehova heilig, und die Geräte sind heilig ... Seid wachsam und bewahret es, bis ihr es darwäget“ (Esra 8,28.29).

„Gehe hin und tue desgleichen.“

(Luk. 10,25-37.)

Wie oft haben wir das Gleichnis vom barmherzigen Samariter gelesen und mit Bewunderung Ihn angeschaut, der im Erbarmen dorthin kam, wo wir waren, der unsere Wunden verband, der uns zu der Heimstätte des Segens brachte und Vorsorge für uns getroffen hat, bis Er wiederkommt. Wie aber verhält es sich mit dem Worte des HErrn am Schlusse des Abschnittes: „Gehe hin und tue desgleichen?“ Sind wir darauf eingegangen? Oder haben wir sie nur für andere gelten lassen? Laßt uns näher darauf eingehen, was sie uns zu sagen haben.

Gehe hin!

Wir lesen: Ein gewisser Samariter, der auf der Reise war, kam zu ihm hin. Wir wissen wohl, wer der Samariter ist. Es ist der Herr Jesus Selbst. Er kam von der Herrlichkeit hernieder, von jener Stätte der Wonne, wovon wir in Sprüche 8,25-31 lesen. Er, „welcher reich war, wurde um unseretwillen arm“ (2. Kor. 8,9) und „machte Sich Selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an“. (Phil. 2,7.) Welche Herablassung, welche Gnade! Er sah uns in unserem Verderben, in unserem Elend und Sünden, und Er kam zu uns, dahin, wo wir waren. Und wir? Kennen wir etwas davon? Da schmachten Seelen in Finsternis und Sünden, da liegen die Armen in ihrem Elend und verlangen nach Erbarmen. Gehst du zu ihnen hin, da wo sie sind, um ihnen von jener Liebe zu erzählen, die sich nicht verändert? Erzähle ihnen von Seinem Blute, welches sie reinigen kann von ihren Sünden. Weise sie hin zu dem Einen, der ihr beladenes Herz erquicken und ihnen Friede und Freude geben kann. Gehe hin zu ihnen, suche sie auf. Frage nicht, ob du dazu geschickt bist - Er ist geschickt. Denke nicht, du seiest zu schwach dafür - Er ist die Kraft. Er will uns gebrauchen als Seine Boten zu diesen Elenden und Niedergebeugten, wenn wir nur demütig genug sind, uns von Ihm füllen zu lassen.

Tue!

Was sollen wir tun? Manche denken, sie könnten zu viel tun, und tun deshalb nichts. Andere leben nur für ihr Geschäft, sie jagen und rennen und finden vor Arbeit und Mühe keine Muße, für andere etwas zu tun. Andere wieder überschreiten die Grenzen. Sie tun viel und vielerlei. Im Übereifer jagen und hasten sie, aber verwenden auf keine Sache die nötige Zeit und Ruhe, um sie zur segensreichen Durchführung zu bringen. Aber auch solche sind da, die in Ruhe, Geduld und Ausharren freie Stunden und Augenblicke zum fruchtbaren Dienst für ihren HErrn und zu Seiner Ehre benutzen.

Doch laßt uns Ihn anschauen und sehen, wie der HErr tat. Da liegt der arme Mann an der Straße, ausgezogen, beraubt, verwundet und halbtot. Mit dem Herzen des Erbarmens tritt der gute Samariter an ihn heran und beugt Sich zu ihm nieder. Er gießt das Öl der Heilung in seine Wunden und stärkt

ihn mit dem Wein der Freude. Er führt ihn zur Herberge, Er sorgt für ihn. Teurer Mitpilger, hier ist unser Vorbild, das sollten wir auch tun! Wie wenige haben diese Lektion gelernt. Wir schrecken zurück vor den Stätten der Sünde, des Elends und den Leiden. Wir sind zu selbstsüchtig, um unsere Empfindungen beiseite zu stellen und dem HErrn dahin zu folgen. Wir sagen, es ist besser, solche mit ihrem Leid allein zu lassen, und ach, wie oft ist dies eine traurige Wahrheit. Aber warum? Weil wir nicht zu trösten wissen; weil wir nicht wissen, wie wir ihnen das Öl der göttlichen Heilung und den Wein der himmlischen Freude bringen können. Laßt uns deshalb den Meister anschauen und diese Dinge zu Herzen nehmen!

Desgleichen!

Es scheint uns sehr schwer zu sein, hinzugehen und desgleichen zu tun. Aber der HErr hat es geboten; und indem wir gehen, wird Er es uns lehren. Eins ist gewiß, je mehr wir Ihn anschauen und je besser wir Ihn erkennen, um so mehr wird Seine Liebe, Sein Erbarmen auch unser Herz erfüllen und wachsen wir in Sein Bild. Schau Ihn an, wie Er hienieden wandelte: Wieviel Liebe, welches Mitleid lag darin, als Er zu der Witwe sagte: „Weine nicht.“ (Luk. 7,13.) Welch tiefes Mitgefühl, als Er mit den Schwestern weinte, die den Bruder verloren hatten! (Joh. 11,35.) Welche Besonnenheit, als Er den Eltern sagt, dem Mägdlein zu essen zu geben! (Mark. 5,43.) Welch ein Schmerz, als Er über die verblendete Stadt weinte, deren Zerstörung und Gericht er zuvor sah! (Luk. 19,41.) Das sind einige Züge von dem, der „ausgezeichnet ist unter Zehntausend“. „Alles an Ihm ist lieblich!“ (Hohel. 5,10.16.)

O, daß wir Ihn besser kennten! Wir würden uns viel näher zu Ihm halten. Er ging umher und tat wohl (Apgesch. 10.38), so heißt es von unserem HErrn und Meister. Möchte dies auch von uns gesagt werden können!

L. - K.

Was Gott getan hat, und was Er nicht getan hat.

2. Mose15,21.22; Ps.106,13.

Diese beiden Dinge finden wir in der Geschichte des auserwählten Volkes Israel oft vor unser Auge gestellt, uns zur Ermunterung und auch zur Warnung, wenn unser Glaube geprüft wird durch die Wege, die der HErr mit uns geht.

Das Wirken des Geistes Gottes geht stets dahin, es in unseren Herzen lebendig zu halten, was Gott für uns getan hat, und was Er noch tun will. Das Wirken des Satans, des Widersachers, geht dahin, uns mit dem zu erfüllen, was Gott nicht für uns getan hat. Er tut dieses, um einen verderblichen Einfluß auf uns auszuüben.

Wohin bringt uns solcher Einfluß des Bösen? Stets zum Murren gegen Gott. So fing es schon im Garten Eden an. Als er Eva verführte, da lenkte er ihre Blicke und Gedanken hin zu dem Baume, von dem Gott ihr nicht zu essen gegeben hatte. Die Geschichte des Volkes Israel lehrt uns, welche Erfolge Satan mit dieser List erzielte, indem er immer wieder ihre Herzen mit dem beschäftigte, was Gott ihnen nicht auf ihrem Wege durch die Wüste gab. Und wie viele Kinder erliegen heute noch dieser seiner List! Die Prüfungen zur Bewährung unseres Glaubens, damit derselbe viel köstlicher als

Gold, das durch Feuer erprobt wird, erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi, benutzt er, um Mißtrauen gegen Gottes Weisheit und Liebe zu erwecken. (1.Petri 1,7.)

Welch ein Unterschied aber, wenn der Geist Gottes unsere Seele mit dem erfüllt, was Gott getan hat und noch tun will. Woher kam der freudige Gesang des Glaubens, den Mose und die Kinder Israel anstimmten? Er kam aus den Herzen derer, die erfüllt waren mit dem, was Gott für sie getan hatte. Unzählige Wundertaten Seiner Treue erwies Gott diesen 600000 Männern nebst den Weibern und Kindern während des langen Weges durch die Wüste, aber nie wieder stimmten sie einen solchen herrlichen Lobgesang an zu Seinem Preise, wie an den Ufern des Roten Meeres. Woher kam das? Ihre Herzen waren mit der Wüste und nicht mit dem, was Gott getan hatte und noch tun wollte, beschäftigt.

Denken wir an Paulus und Silas. In den niederdrückendsten Umständen lobsangen sie Gott. Gleich jenen in der Wüste waren auch sie in großer Bedrängnis. Wundgeschlagen am Körper, gefangen und ihre Füße in den Stock gelegt, frohlockten ihre Seelen und lobsangen sie Gott. (Apg. 16,25.)

„Aus der Fülle des Herzens redet der Mund.“ (Matth. 12,34.) Der HErr sagt damit, daß, was aus dem Herzen hervorkommt, im Herzen sein muß. Teurer Mitpilger, was ist in unserem Herzen? Ist es das eigene „Ich“ und die Dinge, die sich darum drehen? Erfüllt unser Herz, was Er getan hat und was Er noch tun will, so ist dafür kein Raum mehr. Es kann sich nur dann geltend machen, wenn wir uns mit dem beschäftigen, was der HErr uns nicht gegeben hat. Satan ist stets am Werk, uns die Liebe und Treue Gottes zu verdunkeln. Laßt uns auf der Hut sein! „Seid nüchtern, wachet; euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widersteht standhaft im Glauben.“ (1. Petri 5,8.)

Unser Glaube allein triumphiert über die Macht des Bösen. So wie Israel in dem Anschauen der Taten des HErrn sang: „Das Roß und seinen Reiter hat Er ins Meer gestürzt“, so werden auch wir ermahnt, uns allezeit in dem HErrn zu freuen, uns gegenseitig zu lehren und zu ermahnen mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern und Gott zu singen in unserem Herzen in Gnade. (Kol. 3,16.)

Es ist unmöglich, gleichzeitig zu singen und zu murren. Seien wir wachsam, daß der Feind nicht unsere Gedanken beherrscht!

Womit ist dein Herz beschäftigt, mit dem, was Gott getan hat und was Er tun will, oder mit dem, was Er nicht getan hat?

A. - H.

Geleitswort an den Leser:

Laßt uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend. Hebr. 13,13.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 5

Wie ist 2. Tim. 2,20-22 zu verstehen? Was ist das „große Haus“?

Antwort A

In der in Frage stehenden Schriftstelle wird von einem großen Hause gesprochen. Paulus will seinem Timotheus zeigen, wie das Christus-Bekenntnis gleich einem großen Hause geworden ist, in dem es Gefäße zur Ehre und Unehre gibt.

In Matth. 16,16.17 sagt der HErr dem Petrus auf das Bekenntnis: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn“: „Fleisch und Blut haben es dir nicht geoffenbart, sondern Mein Vater, der in den Himmeln ist“, und dann fügt Er diesem eine neue Offenbarung hinzu, nämlich, daß Er darauf Seine Gemeinde bauen wolle. Christus, des lebendigen Gottes Sohn, ist die Grundlage dieses Baues. Er Selbst ist sowohl die Grundlage, wie Er auch Selbst der Bauausführer ist.

Aber dann finden wir auch einen anderen Bau. Auch dieser wird aufgerichtet auf dem Grunde, der Christus ist, aber Menschen sind die Bauenden. Paulus sagt, daß Er und andere auf dem Grunde bauen (1. Kor. 3,10-15). Dieser Bau, an dem Menschen als Mitarbeiter bauen, steht unter der VerAntwortlichkeit des Menschen, da sie auf dieser Grundlage, die Christus ist, gut oder schlecht bauen können. Das, was aus dem Bau (auf der Grundlage Christus) unter der Hand des Menschen geworden ist, sehen wir in der Gesamtheit der Christenheit, und der Einzelne (mag er wollen oder nicht) bildet äußerlich einen Teil derselben. Aber der in Treue wandelnde und handelnde Christ wird sich absondern - wegreinigen von solchen Gefäßen in dem großen Hause, welche nicht zu Ehre des Hausherrn des Hauses sind. Er hält sich fern von allen denen, die im Gegensatz zur Ehre des HErrn stehen. „Jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“.

So sehen wir einerseits den vollkommenen Bau, den die Hand des HErrn baut, in dem nur lebendige Steine gefunden werden (1. Petri 2), und anderseits den Bau (auch auf der Grundlage: Christus), der aus Menschenhand hervorgegangen ist und der gleich einem großen Hause geworden ist, welches allerlei Gefäße in sich beherbergt, sowohl zur Ehre wie zur Unehre, aber in welchem sich die Treuen von den Gefäßen zur Unehre fernhalten.

Halten wir daran fest, daß die Scheidung von jeglicher Art des Bösen der unwandelbare Grundsatz Gottes ist, dann gibt es für den Gläubigen nur eine Richtschnur, die lautet: „Du aber, Mensch Gottes, fliehe diese Dinge“ usw., 1. Tim. 6,11, und „strebe aber nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen“. 2. Tim. 2,22.

Ph. W. (z. Zt. beim Militär).

Antwort B

Bei der BeAntwortung der Frage nach dem großen Hause ist zunächst zu versuchen, aus dem Zusammenhange dieser Stelle genügendes Licht zu erlangen. Ist das nicht möglich, so ist nach ähnlichen Ausdrücken im N. Test. zu suchen.

ähnlichen Ausdrücken im N. Test. zu suchen.

Es gilt zu beachten, daß der Apostel sich der bildlichen Rede bedient und daß er einen Vergleich zieht.

Ein großes Haus, irgend ein großes Haus, jedes beliebige große Haus (nicht das große Haus, d. i. ein bestimmtes Haus) wird zum Vergleich herangezogen. Das Haus ist nicht der Hauptbegriff, um den es sich in dem Zusammenhang handelt, sondern die in jedem großen Hause vorhandene Verschiedenheit der Gefäße zieht der Apostel zum Vergleich bestimmter Verhältnisse heran, die ihm zu einer ernsten Ermahnung Anlaß geben.

Es ist also gar nicht zu fragen: was ist das große Haus, sondern: welche Zustände geben dem Apostel Veranlassung, vergleichsweise auf die in einem, d. i. jedem beliebigen großen Hause vorhandene Verschiedenheit von allerlei Gefäßen aufmerksam zu machen.

Der Vergleichungspunkt ist das Vorhandensein verschiedener Gefäße zu ehrenhaftem und unehrenhaftem Gebrauch in einem Hause und Haushalte und die aus der Verschiedenheit ihrer Verwendung sich ergebende Auseinanderhaltung und Trennung der Gefäße.

Nach dem ganzen Zusammenhang - darauf zu achten ist immer das Erste und Wichtigste, wenn es sich um die Erklärung eines schwierigen Gedankens oder eines dunkeln Ausdrucks handelt - denkt der Apostel dabei an Leute wie Hymenäus und Philetus (V. 17), die von der Wahrheit abgeirrt sind; er denkt an die ungöttlichen Geschwätze (V. 16) und Wortstreitigkeiten (V. 14) solcher Irrlehrer, die dem Hausherrn keine nützlichen Gefäße sind, und an die Pflicht der Gläubigen, sich von der Ungerechtigkeit zu trennen durch gründliche Selbstreinigung.

Die Worte „von diesen“ (V. 21) können als hinweisendes männliches Fürwort gefaßt werden: „von solchen Leuten“, oder aber sächlich: „von solchen Dingen“. Wäre letztere Auffassung richtig, so könnten jene Erklärer recht haben, die „von diesen“ nicht auf die Gefäße zur Unehre beziehen, sondern allgemein auf die vorher geschilderten bösen Dinge, so daß jedes Gefäß, ob von Gold, Silber, Holz oder Ton durch gründliche Reinigung zu einem brauchbaren Gefäß werden kann.

Aber auch wenn man einfach „von diesen“ auf die (zuletzt genannten) Gefäße zur Unehre (V. 20) bezieht und in diesen die geschilderten Irrlehrer versteht, bleibt der Sinn derselbe: Die Forderung der Absonderung von solchen Leuten und der gründlichen Reinigung von solchen bösen Dingen. Als sauberes Gefäß halte dich fern von dem unsauberen, damit du nicht verunreinigt und dadurch unbrauchbar wirst.

In keinem Falle nötigt der Zusammenhang in diesem Abschnitt, nach Aussagen über die Bildung einer Christenheit oder die Umbildung der Gemeinde zu einem großen Kirchenkörper zu suchen. Wenn der Apostel derartiges voraussah, so lag es nicht in seiner Absicht, in diesem Zusammenhang darüber eine Belehrung zu geben. Er redet hier überhaupt nicht von der Zukunft. Und eine Christenheit oder ein großes Kirchengebilde, das als „großes Haus“ im Gegensatz zum „Hause Gottes“ (1. Tim. 3,15) steht, war damals noch nicht vorhanden, konnte auch wohl in der sehr kurzen Zeit zwischen der Abfassung beider Briefe nicht entstehen. Das Vorhandensein etlicher oder auch zahlreicher Irrlehrer läßt noch nicht auf eine Umwandlung in den Gemeindeverhältnissen schließen. Denn Irrlehrer gab es schon viel früher, wie aus den anderen Briefen zu entnehmen ist.

Über die Frage, ob diese Irrlehrer wirklich zu der Gemeinde der Auserwählten gehören, darauf wird in diesem Zusammenhang keine Antwort Gegeben. Ob und inwieweit das möglich ist, muß aus anderen Stellen ersehen werden. Hier im 2. Tim.-Brief wird einfach die Tatsache festgestellt: sie sind da, es gibt verschiedene Gefäße, und wer ein dem Hausherrn brauchbares Gefäß sein will, der muß sich selbst „ausreinigen“, d. i. gründlich reinigen (dieses Zeitwort findet sich nur noch 1. Kor. 5,7).

J. W.

Anmerkung der Schriftleitung

Im ersten Briefe wird Timotheus unterwiesen, wie er sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist. Der zweite Brief enthält Belehrungen, nicht über das Verhalten in der Gemeinde Gottes, sondern über das persönliche Verhalten der Treuen in den „schweren Zeiten“, den Zeiten, wenn die Wahrheit aufgegeben wird - der Grund Gottes noch behauptet wird, aber nicht mehr das Siegel -, wenn die Form noch behalten, aber die Kraft verleugnet wird.

Alle, welche zu dem „festen Grunde Gottes“ (1. Kor. 3,11) stehen, empfangen einerseits die tröstliche Zusage, daß der HErr die Seinigen kennt, und anderseits werden sie aufgefordert, abzustehen von der Ungerechtigkeit, wenn sie den Namen des HErrn in Wahrheit bekennen.

Wer Jesus „HErr“ nannte und Ihn damit als seinen „Herrn“ anerkannte, sollte die Echtheit seines Bekenntnisses beweisen in dem Abstehen von der Ungerechtigkeit.

Der Zustand in der Mitte derer, die behaupteten, auf dem Grunde Gottes zu stehen und den Namen des HErrn bekannten, war nicht mehr normal. Es mangelte an der praktischen Durchführung jener Seite des Siegels, die das Abstehen von der Ungerechtigkeit forderte. Unlautere Elemente mit falschen Lehren hatten sich schon nebeneingeschlichen, so daß echte und unechte Bekenner beisammen waren. Hierauf, glauben wir, wendet der Apostel das Bild des „großen Hauses“ an.

Das große Haus wird nicht das „Haus Gottes“ genannt, wie es „die Gemeinde“ wird (1. Tim. 3,15). Nie wird „die Gemeinde des lebendigen Gottes“ mit einem „großen Hause“ verglichen.

Bei dem Bilde des „großen Hauses“, glauben wir dem Zusammenhang nach, stand vor dem Auge des Apostels die Gesamtheit der Christusbekenner - alle die, welche zum „Grunde Gottes“ Stellung genommen und den Namen des HErrn als ihres „Herrn“ nannten. Mit dem Bekenntnis ist VerAntwortlichkeit verbunden, und zwar Ihm gegenüber als dem „Hausherr“; ein Titel, der einzig in Verbindung mit dem Bilde des „ großen Hauses“ und nur in dieser Stelle auf den HErrn angewandt wird.

Denen, die dem „Hausherrn“ geheiligt und brauchbar sein wollen, wird nicht gesagt, sich von dem „großen Hause“ zu reinigen, sondern von den Gefäßen zurUnehre - von Personen, die nicht von der Ungerechtigkeit abstehen und die dem Namen des HErrn eine Unehre sind. (Sich vom „großen Hause“ reinigen wollen hieße soviel, als sich vom Bekenntnis Christi wegwenden wollen.)

Das hier für „reinigen“ gebrauchte Wort kommt nur noch in 1. Kor. 5,7 vor. In beiden Stellen wird es auf Böses angewendet („Sauerteig“ und „Gefäße der Unehre“) und bedeutet „ausfegen“ - „wegreinigen“.

„wegreinigen“.

*

Wenn auch in den vorstehenden Antworten in der Auffassung einzelner Ausdrücke Verschiedenheit gefunden wird, so herrscht doch in der praktischen Anwendung Übereinstimmung. Mögen die Meinungsäußerungen über diese Schriftstelle jedem Leser Veranlassung geben zu eigenem tieferen Forschen!

Frage 6

Warum wird in Mark. 16,7 betont: „saget Seinen Jüngern und Petrus“, da Petrus doch ein Jünger war?

Antwort A

Die Antwort liegt nahe: Petrus war wohl der kühnste unter den Jüngern des HErrn gewesen, indem er Ihm bis zum Richthaus folgte, dann aber war er tief gefallen, indem er Ihn sogar öffentlich verleugnete. Der HErr will ihm die Zusicherung senden, daß Er ihn nicht aus der Jünger Schar verstoßen habe.

Er, der so tief gefallen, dann wieder so herrlich zurecht gebracht war, konnte solch tiefes Mitleid mit seinen irrenden Brüdern haben, so daß er ein besonders auserwähltes Rüstzeug in des HErrn Hand wurde zur Stärkung seiner Brüder.

L. Th.

Antwort B

Wir lesen in Luk. 22, daß, nachdem Petrus den Herrn dreimal verleugnet hatte, der Hahn krähte. Da wandte Sich der HErr um und blickte Petrus an, und dieser dachte an das Wort, das Er zu ihm gesagt hatte: Ehe der Hahn kräht, wirst du Mich dreimal verleugnen. Da ging Petrus hinaus und weinte bitterlich. - Wenn wir hierüber nachdenken, verstehen wir etwas von dem Weh, dem Schmerz, ja der Verzweiflung, die Petrus überkam, nachdem er so im Gegensatz zu seinen hohen Worten - Luk. 22,33 - gehandelt hatte. Gewiß hielt er sich von jener Stunde an nicht mehr für würdig, ein Jünger Jesu zu heißen. Doch der HErr, der seine tiefe Reue sah, hatte ihm vergeben, wie Er jedem vergibt, der seine Verfehlungen aufrichtig bereut und bekennt (1. Joh. 1,9). Um nun Petrus zu ermuntern, läßt Er Seiner ersten Botschaft, die Er nach Seiner Auferstehung Seinen Jüngern sandte, die Worte hinzufügen: und Petrus.

Ldstrm. M. St.

Antwort C

Dreimal hatte Petrus den HErrn verleugnet. Da traf der Blick aus dem liebenden Auge des Heilandes sein Herz und ließ ihn zusammenbrechen. Es wurde ihm klar, welch großes Unrecht er getan. Er weint bitterlich. Dann geht er hinaus. Den Meister führt man weiter, und er hat keine Gelegenheit mehr, vor dem Tode des HErrn noch einmal mit Ihm zu reden. Wie muß den Petrus dieser Fall betrübt haben;

wie muß auch er gesagt haben: „Meine Sünde ist größer, denn daß sie mir vergeben werden könnte!“ Gewiß, der HErr hatte ihm gesagt: „Ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre.“ Und vielleicht hat den Petrus dieses Wort getragen.

Aber mußte er nicht annehmen, daß durch diesen Vorfall zwischen ihm und seinem HErrn eine Trennung eingetreten? Mußte er nicht glauben, wenn auch mein Glaube nicht aufhören soll, so ist die Liebe des Meisters zu mir doch geringer geworden. Ich, der ich bis jetzt einer von den Auserwählten der Zwölfe war, wird Er mich nicht jetzt beiseite setzen?

Dem begegnet Jesus sofort nach der Auferstehung mit dem obigen Wort. Gleichsam als ob Er sagen will: „Saget es Petrus besonders, Ich habe ihn besonders beim Namen genannt. Meine Liebe ist noch die gleiche.“ Wie muß der Petrus gejauchzt haben, als er diese Botschaft bekam: „Petrus, der Meister hat dich besonders genannt.“ Wie wird seine Sehnsucht um so größer geworden sein: „Die Liebe meines HErrn ist noch dieselbe.“ Wie muß sein Herz zu Ihm hingezogen worden sein!

Natürlich schenkt ihm Jesus nicht die Zurechtweisung über seine Sünde. Der HErr läßt den Seinen nichts durchgehen, das dürfen wir immer wieder beachten. Aber mit welcher Liebe und Weisheit faßt Er ihn an. Die anderen Jünger merken's kaum. Petrus verstand es. Da war das Kohlenfeuer, und an diesem nimmt der HErr ihn besonders. Dort fragt Er ihn: „ Petrus, wie ist es? Damals hast du gesagt, es ist möglich, daß sich alle an Dir ärgerten, ich aber nicht, denn dafür habe ich Dich zu lieb. Hast du Mich lieber als Mich diese haben?“ Und dreimal, für jede Verleugnung einmal, bekommt er diese Frage. Aber dann auch, als Petrus seine wunderbar demütige Antwort Gibt: „Du kennst mich besser als ich mich kenne, Du weißt, wie weit ich Dich lieb habe“, bekommt er den herrlichen Hirtenauftrag. (Joh. 21.) Der HErr hat auch Gnade für Abtrünnige.

P. D.

Antwort D

In Mark. 14,71 lesen wir: Er (Petrus) aber fing an sich zu verfluchen und zu schwören: „Ich kenne diesen Menschen nicht, von welchem ihr redet.“

Petrus hatte also seinen HErrn durch einen Schwur verleugnet und sich dadurch selbst von den Jüngern getrennt, sich gewissermaßen aus der Zahl der Jünger des HErrn gestrichen, er gehörte am Auferstehungsmorgen in Menschenaugen nicht zu Jesu Jüngern. Da Petrus aber seine Verleugnung bitter bereute (wir lesen Luk. 22,62: „und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich“), so wurde ihm Vergebung zuteil, diese Vergebung wurde ihm durch die Engelsbotschaft im leeren Grabe des Auferstandenen HErrn dadurch verkündigt, daß Mark. 16,7 Petrus nach den Jüngern besonders genannt wird: „Saget Seinen Jüngern und Petrus“. Die völlige Wiederherstellung und Wiederberufung des Petrus als Jünger Jesu Christi erfolgte am See von Tiberias (Joh. 21,15-18) durch die Worte des auferstandenen HErrn: „Weide Meine Lämmlein, hüte Meine Schafe, weide Meine Schafe.“

P.

Antwort E

Was für ein trauriges Schauspiel vor den Menschen wie auch vor der Engelwelt gab Petrus, als er, der

mit dem HErrn sterben zu können vorgegeben, Ihn so schmählich verleugnete und damit seine Jüngerschaft mit Füßen trat! Man vergleiche nur sein Verhalten am Kohlenfeuer der Welt mit Luk. 14,26.27.33! Und so wurde ein Engel, ein Vertreter der dienstbaren Geisterwelt (Hebr. 1,14), „ausgesandt“ und durch diesen einige dem HErrn treuer als Petrus gebliebene Weiber beauftragt, diesem die frohe Botschaft zu bringen, daß die Auferstehung des Herrn Jesus auch für ihn, den tief Gefallenen, Gnade und Licht zur Folge habe: daß er nicht zu verzweifeln brauche und auch er trotz seiner Sünde in Gemeinschaft mit den Jüngern bleiben und Ihn sehen sollte in Galiläa. So war Petrus vor Engeln und Menschen noch als ein Jünger Jesu anerkannt. Als Hirte der Schafe des HErrn erfolgte seine Wiederherstellung erst, nachdem der HErr ihm allein erschienen war (1. Kor. 15,5), im Kreise der glückseligen Tischgenossen des Christus (Joh. 21).

Welche Gnade hat der treue Heiland für uns, Seine so leicht strauchelnden Jünger! Wie liebreich hat Er auf unsere Schritte acht, wie treulich ist Er bemüht, uns als unser großer Hoherpriester zu bewahren (Luk. 22,32; Hebr. 7,25)! Welch ein Trost für uns, zu wissen, daß Er den, der wirklich Sein von Ihm anerkanntes Eigentum ist (Röm. 8,9.16), Sich nie und von niemand aus der Hand rauben läßt (Joh. 10,29). Er ist der vollkommene Knecht Gottes - nur im Mark.-Evang., das Ihn im Gegensatz zu Israel als den wahrem „Knecht Gottes“ zeigt, steht unsere Stelle! -, der auch hier „alle gute Treue erweist (Tit. 2,10), indem Er nichts von dem verliert, was Ihm der Vater gegeben hat (Joh. 6,39 und 17,9.10)! Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

F. K. (z. Zt. b. Militär).

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Zurück zum Wort des HErrn!

Offenb. 3,8b.

Ein Bild aus unseren Tagen.

„Nicht durch Macht und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist, spricht Jehova der Heerscharen.“ Sach. 4,6.

Eine Anzahl ernster Christen aus verschiedenen Kreisen kam überein, in der Wohnung eines Gläubigen sich einmal in der Woche zu versammeln, um das Wort Gottes zu lesen und zu beten. Sie fanden in den Gottesdiensten ihrer Kirchengemeinschaften und Gemeinden nicht Nahrung für das Wachstum ihres geistlichen Lebens. So entschlossen sie sich, in dieser freien Weise zusammenzukommen, um den HErrn zu suchen und geistliche Hilfe und Speise durch Sein Wort zu finden (vgl. Mal. 3,16).

Diese Zusammenkünfte wurden ihnen bald unentbehrlich. In dem gemeinsamen Betrachten der

Schrift empfingen sie Equickung und Stärkung, Segnungen, die sie in den Gottesdiensten ihrer Verbindungen schmerzlich vermißten. Je länger sie so das Wort erforschten, um so mehr sahen sie, daß der geistliche Zustand in ihren alten Verbindungen, über den sie so oft geklagt und getrauert hatten, nicht ein vorübergehender, zeitweiliger Tiefstand war, der durch Gebet und Flehen geheilt werden konnte, sondern daß derselbe vielmehr in den schriftwidrigen Verfassungen und Einrichtungen seine Wurzeln hatte. Sie sahen, daß die Mitgliedschaft, die Anbetung, die Ausübung des Dienstes am Wort, die Einsetzungen des HErrn: Taufe und Abendmahl, wohl mit ihren Kirchen- und Gemeindeverfassungen, aber in keiner Weise mit dem Worte Gottes übereinstimmten, daß sich also hier festgelegte Kirchenordnungen und Gottes Wort einander entgegenstanden.

Ihre Vorstellungen dieserhalb bei den verAntwortlichen Leitern fanden wenig Gehör. Von einigen wurden sie als unwissende „Laien“ einfach abgewiesen; andere gaben es wohl zu, daß die gebräuchlichen religiösen Formen und Ordnungen in der Schrift nicht begründet seien, erklärten sie aber als durch jahrhundertelange Geltung als geheiligt und von Gott gesegnet für gut und der Zeit angepaßt. Ihre Berufung auf die Unveränderlichkeit und Autorität der Schrift fand kein Ohr. Mit Schmerz sahen sie, daß das Wort Gottes den Anordnungen der Menschen weichen mußte. Das Unrechte war eben zum Recht gemacht und verfassungsmäßig festgelegt worden.

Klar erkannten sie, daß Gott inmitten solcher Dinge nicht wohne, daß der Segen der Gegenwart des HErrn nicht da sein konnte, wo Er und Sein Wort als alleinige Autorität beiseite gesetzt und dem Heiligen Geiste kein Raum gelassen wurde, zu wirken wie Er will, sondern wo der Mensch die Herrschaft hatte und keine Willigkeit war, sich dem Worte des HErrn zu unterordnen. Sie fühlten und fürchteten, vor die Wahl gestellt zu werden, entweder den Einrichtungen der Menschen oder den Anordnungen Gottes sich beugen zu müssen. Sie sahen die Schwere und Tragweite einer solchen Entscheidung, und Furcht und Sorge legten sich wie eine schwere Last auf ihr Herz.

In inbrünstigem, anhaltendem Gebet und schweren inneren Kämpfen brachten sie ihre Anliegen vor den HErrn und flehten um Licht und um Kraft für jeden Weg des Gehorsams nach Seinem Wort. Immer neu baten sie den HErrn, Seinem Volke eine Neubelebung zu schenken, hoffend wider Hoffnung, daß die schriftwidrigen Verfassungen durch eine Neubelebung umgestürzt und alles in eine schriflgemäße und geistliche Stellung gebracht werden möchte. Nach und nach aber kamen sie zur Einsicht, daß solche Hoffnung Trug sei und sie vielmehr dadurch aufgehalten wurden, den Weg nach der Wahrheit zu wandeln.

Der HErr aber in Seiner Güte Antwortete auf ihr inbrünstiges Gebet um eine Neubelebung: Kinder Gottes erwachten vom Schlaf, und Sünder wurden errettet. Doch Gott wirkte anders als sie es sich gedacht. Er benutzte für das Werk Seiner Gnade Brüder, die nicht als „geweihte“ Prediger anerkannt wurden. Mit tiefem Schmerze mußten sie sehen, wie einige der zum Teil staatlichen Leiter ihrer Kirchengemeinden der Bewegung widerstanden, und andere zwar nicht widerstanden, aber dahin wirkten, daß die Bewegung und die vom Worte erfaßten Seelen ihrer Amtsstellung und Leitung unterstellt blieben und die alten Geleise nicht verlassen wurden. Und ach, manche, die der HErr erfaßt hatte und die gewillt waren, Ihm zu folgen, beugten sich ihrem Ansehen und verloren sich wieder in dem Wesen der kraftlosen Formen.

Klarer als je sahen diese nach Wahrheit suchenden Seelen, daß sie nicht zwei Herren dienen und nicht auf zwei Wegen wandeln konnten. Entweder mußten sie in den menschlichen Einrichtungen

bleiben und Speise für ihre Seele anderwärts suchen als dort, wo sie ihre Mitgliedschaft hatten, oder aus der ganzen Verbindung herausgehen als einer solchen, in der der HErr und Sein Wort nicht mehr alleinige Autorität waren und die deshalb kein Recht hatte, ihre Zugehörigkeit zu ihr zu fordern.

Als bekannt wurde, daß solche Erwägungen unter den Gläubigen geführt wurden, wurde auf Kanzeln und Plattformen von falscher Lehre, Glaubensverirrungen und von Abtrünnigen geredet. Um so mehr klammerten sie sich an Gott und an das Wort Seiner Gnade, diesen Zufluchtsfelsen inmitten der Verwirrung und des Abfalls. Klarer beleuchtete das Wort ihnen den Weg. Die Gebote des HErrn: „Seid nicht in einem Joche mit Ungläubigen“ (2. Kor. 6,14), „Gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab“ (2. Kor. 6,17); „Jeder, der den Namen des HErrn nennt, der stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2. Tim. 2,19); „Von denen, die eine Form der Gottseligkeit haben, ihre Kraft aber verleugnen, wende dich weg“ (2. Tim. 3,5) und andere Stellen mehr, die ihnen lange durch die Wolken der Traditionen verdunkelt waren, wurden ihnen klar wie der Tag - wie auch alle Lehre aus Gott klar ist, sobald jemand Seinen Willen tun will. (Joh. 7,17.) Sie konnten nicht länger mit den von menschlichen Grundsätzen und Verfassungen durchwobenen Kirchengemeinschaften mit ihren unbekehrten Gliedern und in vielen Fällen unbekehrten und ungeistlichen „Geistlichen“ und Führern ihre Zusammengehörigkeit ausdrücken. Deutlich gebot ihnen Gottes Wort die Scheidung nicht nur dem Geiste nach, sondern auch in Person, nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich, nicht nur in einigen Dingen, sondern in allen.

So zögerten sie nicht länger. Gleich Abraham, der auf den Befehl Gottes auszog, „nicht wissend, wohin er komme“ (Hebr. 11,8), so folgten auch sie dem Worte, das der HErr geredet hatte und schieden einer nach dem anderen aus jenen Verbindungen, welchen sie bis dahin als Glieder angehört hatten, nicht wissend, was der Weg ihnen weiter bringen würde, aber im Vertrauen auf Gott, daß Er ihnen Licht und Kraft und alles, was sie bedürften, geben werde.

Dieser Schritt brachte den Unwillen und das Mißfallen aller über sie, mit denen sie bis dahin verbunden waren. Man sah in ihnen irregeleitete unwissende Pietisten, die mit ihrer törichten Sache bald zu Ende kommen würden. Aber der HErr stärkte sie.

Gelöst von den Fesseln der Menschenfurcht und Rucksichtnahme und nicht mehr umhüllt und umdunkelt von dem Nebel der menschlichen Traditionen, leuchtete ihnen das Wort in einer nie zuvor gesehenen Einfachheit und Klarheit. Mit glücklichem Herzen versammelten sie sich und forschten weiter in den Schriften, bereit, alles in ihrem Leben und aus ihrer Mitte abzulegen, was nicht nach Seinem Worte war; willig, alles einzubüßen und für Verlust - für Kot - zu achten, um Christus zu gewinnen. (Phil. 3,7.8.)

In ihrer Liebe zum HErrn konnte es nicht ausbleiben, daß sie Seiner Einsetzungen, des Abendmahles und der Taufe, gedachten. Sie entdeckten bald, wie gänzlich diese, sowohl dem Wesen wie der Form nach, verändert worden waren. Mit tiefem innerem Weh sahen sie, daß die an ihnen als Kindern vollzogene Taufhandlung weder vom HErrn angeordnet noch von den Aposteln ausgeübt oder in irgend einem Beispiele oder einer Lehre der Schrift gefunden wurde.

Neue Fragen erhoben sich, und neue innere Kämpfe fanden statt und trieben sie ins Gebet zum HErrn, ihnen Mut und Kraft zu schenken, auszuharren auf dem Pfade des Glaubensgehorsams. Jeder fühlte, wie in den Kämpfen zuvor, daß auch in diesen Fragen jeder persönlich sich vor den HErrn zu stellen und Ihm Antwort und Bescheid zu geben habe. Keiner drängte den anderen. Jeder blieb für

sich selbst dem HErrn verAntwortlich. Und Er, der Treue und Wahrhaftige, gab Gnade: in freudigem Herzensgehorsam kamen viele zu dem Entschluß, sich taufen zu lassen. Sie wandten sich an Brüder, die in dieser Wahrheit wandelten, und eines Tages wurden sie nach dem Bilde und der Lehre der Schrift als solche, die gläubig und mit Christo gestorben waren, jetzt auch mit Ihm begraben durch die Taufe auf Seinen Tod. (Röm. 6.) Und der HErr gab Mut, andere folgten ihnen nach.

Wie mit der Taufe, so ging es auch mit dem Abendmahl. Alles wurde am Worte des HErrn geprüft. Was hatte der Mensch doch daraus gemacht! Wie war es entstellt worden! Das, was der HErr Seinen Jüngern gegeben, daran nahm die Welt teil - die, welche frei bekannten, unbekehrt zu sein, ja selbst Hurer, Trunkenbolde und Lästerer. Und das, was der HErr zu Seinem Gedächtnis gegeben, das wurde zur Vergebung der Sünden genommen, und Seelen wurden selbst auf Sterbebetten dadurch heillos getäuscht. Unvergeßlich war ihnen die Stunde, als sie nach ernster Selbstprüfung zum ersten Male, als Glieder Seines Leibes, in inniger Liebe zu Ihm sich versammelten, um Ihm die Antwort zu geben auf die Bitte Seiner Liebe: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“, und sie in Lob und Anbetung Sein gedachten, den die Welt verworfen und an den der Mensch nicht erinnert werden mag.

Glückliche Zeiten der Freude und des Friedens kamen für die kleine Schar. Mit Verlangen freuten sie sich auf die Stunden, wo sie Sein im Brechen des Brotes gedachten oder sich in das Wort der Wahrheit vertieften. Mit Sorgfall wachten sie darüber, daß niemand an dem Mahle des HErrn teilnahm, der nicht die Zeichen des neuen Lebens aus Gott trug, damit solche nicht betrogen werden möchten, sich für etwas zu halten, was sie noch nicht waren. Sie fühlten ihre große VerAntwortlichkeit sowohl dem HErrn gegenüber, der solche nicht zu Seinem Mahle geladen, wie auch den Seelen gegenüber, sie nicht durch den Einheitsausdruck: „Ein Brot, ein Leib sind wir usw.“ in dem Truge zu bestärken, dem Leibe Christi anzugehören, wenn solches durch Bekenntnis und Wandel noch nicht erwiesen war, und sie dadurch in falsche Sicherheit zu bringen, aber auch wiederum mit jedem wahren Kinde Gottes, das der HErr geladen, sich an Seinem Mahle zu vereinen, und es nicht um Fragen der Erkenntnis willen zurückzuweisen, wenn es sich nicht um Sünde oder die „Lehre des Christus“ (2. Joh. 9.10) handelte.

Ein Tag besonderer Freude war es, als der HErr ihnen das Verständnis über Seine Wiederkunft öffnete.

Wie frohlockte ihr Herz! Er Selbst wollte wiederkommen. Ja, schon jede Stunde konnte Er kommen, sie abzuholen und zugleich mit ihnen auch alle die in Ihm Entschlafenen. In dem wunderbaren Augenblick würde ihnen und allen Seinen Heiligen die Erlösung des Leibes gebracht werden, auf die auch sie warteten (Röm. 8,23). Nie hatten sie die gewaltige Größe der Erlösung, die Kostbarkeit Seines Blutes in solcher Erhabenheit gesehen. Ehe die Gerichte Seines Zornes, „die große Trübsal“, über die Welt hereinbrechen werde, sollten sie zu Ihm entrückt werden. Und warum würden sie von dem kommenden Zorn, der die Welt treffen soll, gerettet werden? (1. Thess. 1,10; Offenb. 3,10.) Sie gehörten nicht mehr zur Welt! Sein kostbares Blut hatte sie so völlig erlöst, so geschieden von der Welt, daß der Sohn mit dem Vater von ihnen reden konnte als von denen, die „in“, aber nicht „von“ der Welt seien. Wie konnten sie also mit der Welt noch verurteilt werden? Lob und Anbetung erfüllte ihre Seelen und Eifer die Tage ihrer Fremdlingschaft hienieden, unbefleckt von der Welt zu wandeln.

So gingen sie in heiliger Furcht, damit nichts an ihnen und nichts in ihrer Mitte sei, was mit Seinem Namen und Wort in Widerspruch stehe und Ihn hindern könne, in ihrer Mitte zu sein. Im Glauben

erfaßten sie des HErrn Gegenwart nach Seiner Zusage, da zu sein, wo zwei und drei in Seinem Namen versammelt sind; aber sie wußten auch, daß dann nichts geduldet werden durfte, was mit Seinem Namen nicht zu verbinden war.

Er, und Er allein war der Mittelpunkt, um den sie sich versammelten. Sie versuchten nicht die Anfangsgemeinde von Pfingsten wieder aufzurichten, noch dachten sie daran, die alleinige wahre Gemeinde zu sein, aber von Herzen streckten sie sich aus, zu den Dingen des Anfanges zurückzukehren und zu verharren in der Apostellehre (Apg. 2,42). Sie vertrauten dem lebendigen und liebenden HErrn, daß

Er sie mit allem versorgen würde, was sie für die Auferbauung und die Aufrechthaltung des Zeugnisses nötig hatten. Und Er tat es. Er erweckte aus ihrer Mitte Hirten, die Sorge trugen für die Herde, und gab Gaben zur Auferbauung und ernste Evangelisten, die der Welt das Evangelium verkündigten. In herzlicher Liebe achtete einer den anderen höher und dienten sie sich gegenseitig. Ein Wunsch belebte alle: dem HErrn zu gefallen und von Ihm gebraucht zu werden.

So gaben sie sich selbst dem HErrn hin. Jeder war sich bewußt, eine Aufgabe, ein Werk von dem HErrn empfangen zu haben. Die Brüder gingen (meist zu zweien), der Welt das Evangelium zu bringen und im Werke des HErrn zu dienen. Die Schwestern suchten Bedrängten Hilfe zu leisten, auch Traktate zu verteilen und einzelnen Seelen vom HErrn zu zeugen. In innigem Gebet, gemeinsam und einzeln, erflehten sie hierfür Weisheit und Kraft zum treuen Wandel.

Aber der nie ruhende Feind trat auch an sie heran, sie zu sichten wie den Weizen und wenn möglich des HErrn Werk zu zerstören. Verkehrtheiten, Fehltritte, ja Sünden kamen vor. In Augenblicken der Unwachsamkeit tat der Feind sein Werk. Stunden der Demütigung und Beugung kamen über die ganze Schar. Eine tiefe Klage und Beschämung ging durch das Herz aller und sie demütigten sich vor dem HErrn über die Vergehungen in ihrer Mitte und über die Verunehrung Seines heiligen Namens. Sie bekannten ihre Sünde und Unwachsamkeit vor dem HErrn, und Er gab Gnade, daß die, die gefehlt hatten, zur Buße kamen, ihr Unrecht bekannten, richteten und gereinigt und wieder hergestellt wurden, so daß das Schmerzlichste - die Ausübung der Zucht - das Hinaustun des Bösen aus ihrer Mitte, durch Seine Gnade abgewandt wurde. Mit doppelter Wachsamkeit und heiliger Furcht wandelten sie den Weg, sich gegenseitig helfend und tragend in Langmut, und mit besonderer Sorge und Liebe umgaben sie das Schwache in ihrer Mitte. (Gal. 6,1.2.)

Das Vorkommen der Untreue bei ihnen wurde bald bekannt. Und das, was soviel Schmerz und Tränen unter ihnen verursacht hatte, wurde von denen, die den Weg der Wahrheit nicht anerkannten, benutzt, die eigene Stellung zu rechtfertigen und andere von dem Wege abzuhalten, indem sie hinwiesen, daß Schriftwidriges und Böses auch in der Mitte dieses Kreises gefunden würde, daß es keine reine Gemeinde gäbe und deshalb auch eine Absonderung nicht nötig sei und daß auch anerkannt gläubige, fromme Männer ihre Verbindung nicht aufgegeben hätten.

Solche Worte blieben auf manche Seelen der kleinen Schar nicht ohne Eindruck. Aber wie zuvor, so machten sie auch in dieser Sache das Wort zur Leuchte ihres Fußes. Sie sahen in der Schrift, daß auch die Urgemeinden nicht vollkommen waren und nicht ohne Fehltritte in ihrer Mitte blieben, daß bei den Fehltritten und Abirrungen es sich aber gar nicht um die Frage der Rein- oder Unreinheit handelte, sondern darum, ob über das Böse oder Unrechte Buße getan und ob dasselbe bekannt, gerichtet und abgelegt wurde.

gerichtet und abgelegt wurde.

Mit tiefer Wehmut erkannten sie, wie durch solche trügerische Beweisführung der Kernpunkt der Sache - nämlich was mit dem Bösen und Unrechten gemacht wird - umgangen wurde.

Böses war gefunden worden in ihrer Mitte und Böses in der Mitte derer, von denen sie weggegangen waren. Die Frage war nicht: welcher Kreis ist reiner, sondern wird mit dem Unrecht schriftgemäß gehandelt? In Übereinstimmung mit dem Worte des HErrn wurde in ihrer Mitte Betrübnis und Beschämung gewirkt. In Buße und Bekenntnis hatten sie sich über das Unrechte vor dem HErrn gebeugt, es gerichtet und auch abgelegt. - Wie aber wurde auf der anderen Seite mit den bösen und schriftwidrigen Dingen gehandelt? War da Beugung und Buße? Ließ man das Licht des Wortes rücksichtslos auf die Dinge fallen? Wurden sie als Unrecht bekannt, gerichtet und dann abgetan? Ach, nichts davon! Statt die Dinge, die nicht nach dem Worte der Wahrheit waren, in Buße zu richten und sich davon zu reinigen und sie abzulegen, wurden sie festgehalten und sogar verfassungsmäßig festgelegt. Da war kein Wille, sich dem Worte zu beugen und sie hinwegzutun. Gerade aus diesem Grunde, weil das Unrechte festgehalten und anerkannt wurde, forderte das Wort des HErrn den Herausgang aus ihrer Mitte. So ließ der HErr die Dinge des Schmerzes zu ihrer Befestigung dienen und zu einem Zeugnis werden gegen die, welche das Unrechte und die Fehltritte in ihrer Mitte als Deckmantel für ihre unklare Stellung zu benutzen suchten.

Die Berufung auf angesehene gläubige Führer, die auch von den Dingen der Ungerechtigkeit nicht abstanden, konnte keinen Eindruck auf sie machen, da sie gelernt hatten, daß nicht Menschen, sondern der HErr und Sein Wort allein ihnen zur Richtschnur gegeben war.

Sie fühlten, um solcher Stellungnahme willen von manchen teuren Kindern Gottes gemieden zu werden. Mit herzlicher Liebe aber umfaßten sie alle Heiligen, auch die, welche noch nicht erkannten, was der HErr ihnen gezeigt hatte, die Ihn aber liebten. Ohne sich mit ihren verkehrten Dingen zu verbinden und das Zeugnis der Absonderung zu verwischen, suchten sie in herzlichem Umgang ihnen als Gliedern desselben Leibes, an dem auch sie durch des HErrn Gnade als Glieder gesetzt waren, innige Bruderliebe zu erweisen.

Geistlich gesinnte Christen, die den HErrn suchten und Sein Wort liebten, fühlten sich zu ihnen hingezogen; fleischlich gesinnte fanden nichts Anziehendes bei ihnen. So bewahrte der Weg des Kreuzes und die Schmach Christi sie vor den Anschlüssen Unentschiedener. Suchte sich jemand aber ihnen anzuschließen, so bezeugten sie ihm ernstlich ihre Stellung, daß es sich in ihrer Mitte zwar nicht um Anerkennung von Dogmen, wohl aber um unbedingte Anerkennung der Autorität des HErrn und Seines Wortes handle; daß das Band nicht gleiche Erkenntnis, sondern das neue Leben - der Heilige Geist sei. Für Meinungsverschiedenheiten in der Schrifterkenntnis und in zweifelhaften Fragen sei genug Raum, aber kein Raum für Böses, Irrlehren u. dergl. Sie legten es jedem ans Herz, daß dem Worte des HErrn gegenüber mit allem eigenen Willen und Wollen müsse Bruch gemacht werden und daß es ein Weg des Entsagens und der Absonderung sei von allem, was vor dem HErrn nicht recht sei. Sie verbargen es niemand, sondern sagten jedem offen, daß er auf diesem Pfade die Verachtung der Welt, und was noch schmerzlicher, oft auch das Verlassenwerden von Brüdern finden würde. Aber dies war nicht alles. Sie zeigten solchen Seelen auch die andere Seite: den reichen Ersatz in Seiner Liebe und Gemeinschaft, den der HErr auf diesem Wege gibt, und wie sie alles, was sie um Seines Namens willen aufgeben, vielfällig und reichlich wiederfinden würden. - Niemand

wurde zurückgehalten und niemand gedrängt zur Gemeinschaft mit ihnen, denn alle wußten aus Erfahrung, daß nur der HErr allein das Herz willig machen kann, Wege des Glaubens und der Treue zu gehen. Sie hießen jeden willkommen, der dem HErrn angehörte, nicht Irrlehren hatte und in Lauterkeit wandelte.

Und so wie der HErr unter ihnen wirkte, so auch an anderen Orten. Hin und her, an vielen Plätzen wurden Gläubige durch Sein Wort zur Reinheit, Einheit und Freiheit der Kinder Gottes zurückgeführt. Die Mittel und Wege, die Er gebrauchte, mochten verschieden sein, und die Verschiedenheit Seiner Führungen, der Schulen und Stufengänge, die manche Kreise zu durchgehen hatten, mochten auch in Verschiedenartigkeiten der Ausdrucksweisen und Meinungen zutage treten; das aber waren keine Hindernisse. Mit allen diesen Kreisen sahen sie sich durch das Band der Gemeinschaft des Wandels im Lichte (1. Joh. 1,6) auf das innigste verbunden. Und nicht wenig wurden sie gestärkt durch den Dienst der reichen und verschiedenen Gaben des Geistes, die der HErr für die Auferbauung Seines Leibes gegeben, und der durch die Brüder nach dem freien Wirken des Geistes hin und her ausgeübt wurde.

Woher kam dies alles? Wer brachte es zustande? War es gewirkt durch den Willen der Menschen, durch die Macht der Beredsamkeit, durch die Kraft gewaltiger Persönlichkeiten? Geschah es durch Dinge, die groß in den Augen der Menschen sind? Nichts vonalledem! Es war das stille, verborgene Wirken des Geistes Gottes im innersten Herzen der Gläubigen, indem Er sie zurückführte zur Autorität des HErrn und Seines Wortes.

Jeder, der Augen hat zu sehen, muß heute die wunderbare Tatsache sehen, daß der Geist Gottes von innen, vom Herzen der Gläubigen auf das wirkt und vollendet, was Macht und Kraft der Menschen nicht zustande bringen und was der Feind bekämft und doch nicht hindern kann. Wunderbares Wirken! Viele haben Seinem Wirken ihr Herz geöffnet. An immer neuen Plätzen werden die Spuren Seines Waltens gesehen. Gläubige kehren zurück zu Seinem Wort und lassen sich lösen von dem „Wandel nach väterlicher Weise“ und den Zäunen der Menschen. Bist du unter ihnen? Wenn nicht, urteile nicht hart über solche, die in Liebe und Treue zum HErrn Glaubenswege voll Leiden und Kämpfen gehen. Heute magst du ihren Weg noch nicht verstehen, aber morgen vielleicht leuchtet durch Seine Gnade auch dir das Licht der Wahrheit, und du stehst vor derselben Entscheidung. Dann gebe der HErr dir Gnade, Ihm gehorsam und treu zu sein. Der HErr ist nahe! Er will dem Überwinder die Krone geben, jenen Treuen, die Sein Wort bewahren und Seinen Namen nicht verleugnen (Offb. 3,10).

„Wer den Namen des „HErrn“ nennt, der stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2. Tim. 2,19).

Gedanken über Gal. 5,22.

II.

In der vorigen Betrachtung habe ich zu zeigen versucht, daß wir in dem Herrn Jesus als dem Sohn des Menschen die echte „Frucht des Geistes“ (Matth. 1,20) schauen und daß, weil in dem geschriebenen das fleischgewordene Wort (Joh. 1,14) gesehen wird, wir im Anschauen der Herrlichkeit Jesu Christi, d. h. Seiner Selbst in Seinem Wort, durch den Geist verwandelt werden in Sein Bild (2. Kor. 3,18), welches wir in Gal. 5,22 wie in vielen anderen Stellen der Schrift, überhaupt

in der Schrift im ganzen und so auch in den jene Stelle widerspiegelnden Geschichten der Evangelien, vor uns haben. Der Herr Jesus als „Sohn des Menschen“ tritt uns darin vor Augen, alles, was wir an Ihm sehen, ist die „Frucht des Geistes“, und indem wir in Sein Bild verwandelt werden, sind auch wir instand gesetzt, selber die Frucht des Geistes an uns zu tragen.

Heute nun liegt es mir am Herzen, noch einen mir seit langem wichtigen Punkt zu erwähnen, der wenig Beachtung findet, leicht sogar übersehen wird, wenigstens von vielen.

Es heißt in Gal. 5,22 „die Frucht des Geistes“. Sehr häufig hört und liest man, auch bei im Worte wohlbewanderten Gläubigen, von den „Früchten des Geistes“. Aber die Schrift spricht nicht so, und hier anders als die Schrift denken und reden öffnet, wie überall, den Weg zu falschen Folgerungen. Wohl ist vorher (V. 19-21) die Rede von den „Werken des Fleisches“, da dieses je nach den verschiedenen Lüsten, die in ihm herrschen, bald nach dieser, bald nach jener Seite sich tätig erweist in „unfruchtbaren Werken der Finsternis“ (Eph. 5,11). So ist es aber nicht mit der „Frucht des Geistes“, sondern, wie der Geist vollkommen ist und in gottgemäßer Vollkommenheit wirkt und schafft, so ist auch das durch Ihn Hervorgebrachte in sich selbst vollkommen, und so gehören jene dreimal drei Stücke unbedingt zusammen. Gewiß sehen wir solche vollkommene Frucht des Geistes eben nur in dem Menschen Christus Jesus, aber das schließt nicht nur nicht aus, sondern hat vielmehr zur Folge, daß überall, wo durch den Geist das Leben ist (5,25), auch das in sich geschlossene Wesen der Frucht des Geistes zutage tritt, wenn auch in Schwachheit. Jene Stücke aus Gal. 5,22, welche Merkmale des Lebens aus Gott genannt werden dürfen, gehören so völlig zusammen, daß, wenn es möglich wäre, daß eines durchaus fehlte, die Frucht des Geistes eben nicht vollkommen wäre, sondern nur Stückwerk (vgl. die Weintraube: lauter einzelne Beeren zusammengeschlossen zu einer Traube: der Frucht des Weinstocks!). Und könnte wohl gesagt werden, daß irgend eines dieser Merkmale bei unserem hochgelobten Herrn Jesus in Seiner Menschheit auch nur weniger strahlend vorhanden gewesen wäre als ein anderes? Nicht wahr, schon solcher Gedanke wäre eine Verunehrung der kostbaren Person des Sohnes Gottes in Seiner Menschheit. Wir mögen in den Geschichten des Evangeliums, von denen ich voriges Mal zur Beleuchtung der einzelnen Merkmale einige angeführt habe, hier dieses, dort jenes mehr hervortreten sehen - jedoch vorhanden waren und sind in Ihm alle jene köstlichen Stücke in gleicher Kraft und Schönheit. Sehen wir uns nur einmal einzelne Geschichten daraufhin an, z. B. Joh.4! Tritt auch nur eines der Merkmale so zurück hinter den anderen, daß wir es nicht zu finden vermöchten? Und finden nicht demgegenüber wunderbarerweise verschiedene forschende Gläubige in solchen Geschichten wieder Verschiedenes: dem einen ist dieser Zug kostbarer, dem anderen jener? Beide Seiten, sowohl die Gleichheit des Hervorhebens der Züge wie die Verschiedenheit derselben in der Wirkung auf unser Gemüt und unser Herz, zeigen uns die Vollkommenheit der „Frucht des Geistes“, wie sie im Sohne des Menschen in die Erscheinung tritt. Aber wie ist es bei uns? Du sagst vielleicht: „Ach, bei mir ist gar nichts Rechtes zu sehen von dieser Geistesfrucht, ich bin zufrieden, wenn nur eine der ‚Früchte‘ sich findet.“ Du irrst, teures Kind Gottes! Auch bei dir, bei jedem von den geliebten Seinigen ist diese Frucht zu finden, und zwar in allen ihren Merkmalen, nur nicht in ihrer Herrlichkeit wie bei unserem teuren HErrn. Wohl sehen wir untereinander mehr das eine oder andere Stück, und das hängt unter anderem zusammen damit, daß bei uns im natürlichen Leben bald diese, bald jene Lieblingsneigung mehr hervortrat, so daß das entsprechende Gegenteil im neuen Leben umso heller hervorstrahlt - und wie schön, wenn z. B. aus einem Jähzornigen ein Sanftmütiger wird! -, aber tatsächlich ist bei uns Wiedergeborenen gewissermaßen die ganze völlige Frucht des Geistes

vorhanden, und je treuer wir im Geist wandeln, im Anschauen der Herrlichkeit des HErrn in Seinem Wort, und je weniger wir den Geist betrüben (Eph. 4,30), desto vollkommener wird sie sich zeigen im praktischen Leben. Frucht ist etwas Organisches, nichts Gemachtes, sie ist ein Ergebnis des Lebens (vgl. die Frucht des Baumes: je gesunder und kräftiger das Leben des Baumes, desto vollkommener auch seine Frucht!). So ist die Frucht des Geistes bei uns das Ergebnis und Zeichen unseres Lebens aus Gott. Bei Unwiedergeborenen können sich wohl Nachahmungen einzelner dieser Stücke zeigen, und oft werden untreu wandelnden Gläubigen solche edlen Ungläubige als Vorbilder und zur Beschämung vorgestellt, aber es ist nicht die Frucht des Geistes bei ihnen, sondern entweder die Folge guter Erziehung oder eiserner Energie, oder auch fleischlicher Absichten, oder, wie gesagt, Nachahmung, wenn auch oft unbewußt, der bei Gläubigen gesehenen vermeintlichen „guten Eigenschaften“. Die Frucht des Geistes ist etwas unendlich Höheres, selbst wenn sie noch so unvollkommen dargestellt ist. Gott erkennt sie als „Frucht des Geistes“ an, während nie auch die besten Eigenschaften der Unwiedergeborenen von Gottes Seite Anerkennung finden (Röm. 3), mögen sie auch für diese Welt gut und nützlich sein! Unser Gott und Vater in Christo sieht in der durch den Heiligen Geist in uns hervorgebrachten Geistesfrucht etwas von dem Wesen, von der Kostbarkeit dessen, der „Seine Wonne“ ist (Spr. 8), und hat darum Seine Freude daran, und „Er wird die ehren, die Ihn ehren“ (1. Sam. 2,30). Darum, Kind Gottes, freue dich dessen, daß auch in dir durch die Gnade etwas gefunden wird von dem, der hienieden Gott geoffenbart hat, und wenn du schon trauern mußt, daß jene Frucht so wenig vollkommen in deinem Leben zu sehen sei, so trauere nicht darum, als ob nur die eine oder andere Frucht dein Teil geworden sei, sondern darüber, daß, obwohl die ganze vollkommene Frucht des Geistes in uns hervorgebracht wird - ohne Abstrich, ohne ein Stück, da alle zusammengehören -, du zu wenig im Geist wandelst, zu wenig Ihn, den HErrn, anschaust, zu sehr mit dir und der Not des Lebens beschäftigt bist, zu sehr in den Dingen dieser Welt zu Hause bist usw.! Da heißt‘s für uns, handeln nach 1. Joh. 1,9 und uns nach Joh. 13 (vgl. Fr. 27, Jahrbuch V 1917!) die Füße waschen und uns reinigen zu lassen von Ihm durch Sein Wort, damit wir „mehr“, ja „viel Frucht“ bringen (Joh. 15,2.5.8). Dann wird immer völliger an uns gesehen werden, was Christus ist!

Noch einmal: Wohl mag dies oder jenes Merkmal der Frucht des Geistes an uns für andere mehr auffallend sein - vorhanden ist jedes, denn wo Liebe, da ist auch Freude - oder etwa nicht?! -, wo diese beiden, da ist auch Friede, wo diese drei, da ist auch Langmut und nicht minder Freundlichkeit, ja auch Gütigkeit; und kann da die Treue fehlen? die Sanftmut, die Enthaltsamkeit? Nicht wahr, alles gehört zusammen und geht und ist zusammen bei dir und mir, wenn anders der Geist Gottes in uns wohnt! Das Leben des Wiedergeborenen ist einheitlich, weil aus einer Quelle herstammend (Joh. 7,37-39), durch einen Geist getränkt (1. Kor. 12,13), von einem HErrn regiert: dem Geist Christi (Röm. 8,9.14), und von einem Ziele beseelt (Phil. 1,21 und Kap. 3!) -

Darum laßt uns nicht mehr nur von Früchten des Geistes reden, wie die Schrift es nicht tut! Möchte vielmehr die herrliche „Frucht des Geistes“ in unserem Leben geschaut werden und die Welt solche in uns sehen, in denen, nachdem sie „durch das teure Blut Christi erlöst sind von dem eitlen Wandel nach väterlicher Weise“ (1. Petr. 1,18.19), Christus Gestalt gewonnen und immer mehr gewinnt (Gal. 4,19)! Ach, daß Er doch gesehen werde hienieden, Er, von dem die Welt so wenig weiß! Daß Er doch durch das „Haus Gottes, welches ist die Gemeinde des lebendigen Gottes“ (1. Timoth. 3,15), und in jedem Seiner Hausgenossen hienieben gesehen werde! Daß wir doch Seine lebendigen Zeugen seien (Joh. 15,26.27; 16,14; Apgesch. 1,8) in Wort und Werk, in Wandel und Wesen! Er Selbst wirke durch

Seinen Geist in uns Sein Bild: „die Frucht des Geistes - Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit“ zu Seiner Verherrlichung!

F. K. (z. Zt. b. Militär).

Geleitswort an den Leser:

Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, um zu wissen, wie ihr jedem einzeInen Antworten sollt. Kol. 4,6.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 7

Ist das „Vaterunser“ nur für die Jünger jener Tage oder auch für die Gläubigen heute gegeben?

Antwort A

Luther nennt einmal das „Vaterunser“ den größten Märtyrer, und nicht mit Unrecht, denn kein Gebet wird so vergewaltigt und falsch angewandt als gerade das „Vaterunser“. Es gibt auch wohl kein zweites Gebet, das sich in so knappen Worten so genau ausdrückt als das „Vaterunser“.

Wir finden dieses herrliche Gebet in Matth. 6,9-13 und in Luk. 11,1-4. Im ersten Evangelium hat es sieben und in dem anderen nur fünf Bitten. Der Schlußsatz „Dein ist das Reich usw.“ befindet sich nicht in der Schrift. Hier hat man das Menschliche mit dem Göttlichen vermengt. Der HErr hatte im Matthäusevangelium Seine Jünger über die Grundsätze des Reiches belehrt (Matth. 5). Er, der gekommen war, den Namen Gottes zu heiligen, das Reich Gottes aufzurichten, den Willen Gottes auf Erden zu tun, wie er im Himmel geschieht usw., legte Seinen Jüngern die Bitten in den Mund, welche den Grundsätzen des Reiches entsprachen. Aber später sagte Er ihnen etwas anderes: „Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in Meinem Namen“ (Joh. 16,24), obschon sie das „Vaterunser“ gebetet hatten. Ähnlich wie der HErr auch den Auftrag an Seine Jünger änderte: In Matth. 10,5 sagte Er ihnen: „Gehet nicht auf einen Weg der Nationen“, aber später sagte Er ihnen: „Gehet hin und machet alle Nationen zu Jüngern usw.“ (Matth. 28,19). So verhielt es sich auch mit dem „Vaterunser“. Für die Zeit, in der sie den Heiligen Geist noch nicht hatten, wollte Er ihnen ein ihrer damaligen Stellung entsprechendes Gebet geben.

Alle Bitten waren den derzeitigen Verhältnissen des Reiches entsprechend; z. B. die Bitte: „Dein Königreich komme“ war eine Bitte, die mit der Aufrichtung des Königreiches ihren Abschluß gefunden hätte. Uns dagegen legt der Heilige Geist heute die Bitte in den Mund: „Komm, Herr Jesu!“ Beim aufmerksamen Betrachten würden wir sehen, daß jede einzelne Bitte den irdischen Grundsätzen entspricht, so die Bitte: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben.“ Auch hier finden wir nicht die vollkommene, sondern nur eine teilweise Vergebung; und wenn der HErr uns nur in dieser Weise vergeben wollte, wie wir unseren Schuldnern vergeben, dann würden

HErr uns nur in dieser Weise vergeben wollte, wie wir unseren Schuldnern vergeben, dann würden wir alle zu kurz kommen. Wenn wir dem Eph. 4,32 oder Hebr. 10,17 gegenüberstellen, dann sehen wir, wieviel höher der Boden der Gnade ist, auf dem wir stehen, als der des Reiches. Auf dem einen heißt es: „Vergib uns ... wie wir vergeben ...“, auf dem anderen: „Vergebet ... wie Gott euch vergeben.“

Durch das vollbrachte Werk auf Golgatha und durch das Herniederkommen des Heiligen Geistes sind wir in eine neue Stellung gerückt und dürfen mit Freimütigkeit hinzunahen zum Thron der Gnade. Wir sind durch Sein Werk in den ganzen Ratschluß Gottes eingeführt und nicht auf das Königreich beschränkt, sondern wir tragen himmlischen Charakter (Eph. 2,6). Der HErr, der uns zu dieser herrlichen Stellung befähigt und uns zu Anbetern gemacht hat, leite alle die Seinigen, den Vater im Geist und in der Wahrheit anzubeten.

Ph. W. (z. Zt. b. Mil.).

Antwort B

Fern sei es von uns, Gläubigen verwehren zu wollen, das sogen. „Vaterunser“ zu beten, wenn es ihnen der Ausdruck ihres Herzensstandes ist und sie darin alles zusammenfassen zu können glauben, was ihr Herz bewegt. Aber wenn wir auch meines Erachtens diese Freiheit haben, so ist dieselbe doch weit entfernt von der Art und Weise, in der die Welt und manche mit ihr leider oft in Gemeinschaft und darum unklar stehende Gläubige, besonders solche aus den großen Landeskirchen, dieses Gebet zu einem „Märtyrer“ gemacht hat, der sich's gefallen lassen muß, bei jeder Gelegenheit und Ungelegenheit mißbraucht zu werden. Gerade diese Art, wie die Unbekehrten dies kostbare Gebet, das der Herr Seine Jünger lehrte - und wer sind das?! Luk. 14,26.27.33! -, anwenden und sich dann wunder wie fromm vorkommen, wenn sie keinen ihrer sogen. Gottesdienste, keine Andacht, keine sogen. Taufhandlung, keine Eheschließung, kein Abendmahl, kein Begräbnis, keine sonstige religiöse Feierlichkeit begehen können, ohne daß diesem Gebet (und zwar in der Form nach Matth. 6 bezeichnenderweise, nicht nach der kürzeren nach Luk. 11, und dann mit dem gar nicht in der Schrift enthaltenen unechten Schluß) ein Hauptplatz eingeräumt würde, ganz zu geschweige von dem Herplappern desselben in bekannten großen Religionsgemeinschaften - das alles sollte doch die Gläubigen heute zum ernsten Nachdenken bringen bezüglich der richtigen Anwendung dieses Gebets. Sehen wir etwa ein ähnliches Verhalten der Welt zu Gebeten, die nach Pfingsten von den Aposteln gebetet wurden, wie Eph. 1,15ff.; Phil. 1,9-11; Kol. 1,9ff.; 1. Petri 1,3ff.? Keineswegs! Warum denn nicht? Weil die Welt diese Gebete, wenn sie sie schon gelesen hätte und hat, gar nicht verstehen und darum auch nicht beten kann! Dazu gehört doch der Empfang des Geistes Gottes, das Gesalbtsein mit demselben, wodurch ein Verständnis der Dinge Gottes eingetreten ist (1. Joh. 2,18-27; Eph. 1,13.14). Jenes Gebet aber ist vor Pfingsten gegeben und enthält in kürzester Form alles das, was den Jüngern der damaligen Zeit bis zur Ausgießung des Geistes wichtig sein sollte und was einst dem jüdischen Überrest in den Tagen vor der Aufrichtung des Reiches auf Erden wieder wichtig sein wird: die Dinge, die mit dem Reich in Verbindung stehen, d. h. mit der irdischen Berufung des irdischen Volkes Gottes (Israel). Aber diese ist nicht gleichbedeutend mit unserer Stellung, der Stellung der Gemeinde des HErrn, die ihren Platz schon jetzt in den Himmeln hat und deren Glieder „nicht auf das Sichtbare, sondern Unsichtbare“ zu schauen haben. Letzteres ist aber nicht Sache der Welt, die nur „sieht, was vor Augen ist“. Darum mag für sie das Beten des „Vaterunsers“ leicht, weil ihrem Sehen auf die irdischen Umstände entsprechend sein, und obwohl sicher nur Seine Jünger, denen das Gebet

auf die irdischen Umstände entsprechend sein, und obwohl sicher nur Seine Jünger, denen das Gebet gegeben war, es in der allein rechten Weise und erhörlich beten konnten und können, so mag doch auch ein Unbekehrter sich dazu berechtigt glauben, eben weil es sich um Irdisches handelt. Wie falsch die Welt dies auch versteht - was weiß sie von Jesu Reich?! -, so ist es doch zu begreifen, daß sie dies Gebet gern und oft betet, wenn sie überhaupt betet. Aber doch ist es nicht für sie, sondern nur für die Jünger Jesu gerade in den Umständen, in denen sie sich damals befanden.

Aber dann nach drei Jahren traten die Jünger des HErrn in ein neues Verhältnis zum Vater. Sie waren schon vorher Seine Kinder durch den Glauben an Seinen Sohn (vgl. Joh. 1,12), aber erst, nachdem sie durch die Ausgießung des Heiligen Geistes zu einem Leibe getauft waren und der Geist in der Gemeinde des HErrn sowohl wie in jedem einzelnen Gläubigen bleibend Wohnung gemacht hatte (1. Kor. 6,19; 3,16; 12,13) - was erst mit Pfingsten eintrat, vorher „war der Geist noch nicht, denn Jesus war noch nicht verherrlicht“ (Joh. 7,37ff.) -, da waren sie imstande, zu verwirklichen, was der HErr ihnen verheißen hatte: als Kinder den Vater bitten zu können in Seinem (Jesu) Namen (Joh. 15,16; 16,23.24), was sie bis dahin noch nicht konnten. (Über dieses Bitten vgl. „G. H.“, Jahrbuch II, Frage 6!) Und von da an lernten sie das, was den Ungläubigen oft so unfaßbar ist, was denen, die sich bekehren, zuerst oft so schwer wird: in eigenen freien Worten vor Gott, dem Vater, auszudrücken. was das Herz bewegt, ohne an eine bestimmte Fassung von Gebetsworten, an Formeln, an Gebetbücher gebunden zu sein. Das ist unser Vorrecht, das Kindesvorrecht.

Ich möchte nicht näher auf die einzelnen Bitten eingehen, um zu zeigen, daß sie nicht unserer jetzigen Stellung entsprechen - so schön sie auch sind, so köstlich umfassend alles, was den Jüngern damals wichtig sein mußte um ihrer eigentümlichen Stellung willen, in der sie sich bewußt waren, recht beten lernen zu müssen („HErr, lehre uns beten!“) - waren sie doch nicht mehr allein auf alttestamentlichem Boden, da der Messias gekommen war und die Aufrichtung Seines Reiches nahe schien, und dennoch auch noch nicht auf dem des Reiches in Herrlichkeit.

Aber, wer seine neutestamentliche Stellung auf Grund der himmlischen Berufung (Eph. 1 u. 2!) und die ihm zuteil gewordenen Vorrechte betrachtet und vergleicht mit den einzelnen Bitten des „Vaterunsers“, der muß, wenn er nicht durch falsche Belehrung verbildet und voreingenommen ist, zu dem Ergebnis kommen, daß ihm dies Gebet nicht als Mustergebet gegeben ist. Nur eines für vieles führe ich an, um dies zu zeigen. Vergleichen wir unsere Stellung zur Vergebung der Sünden, „deren Gott nie mehr gedenkt“ (Hebr. 10), mit der Bitte: „Vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben“ (Matth. 6,12)! Möchten wir nicht ein größeres Maß von Vergebung erlangen als das ist, in welchem wir denen vergeben, die uns gegenüber Schuldner sind? Und haben wir nicht längst durch den Glauben an Christi Blut eine unendlich herrlichere, volle Vergebung?! Und ist uns ferner für die Übertretungen, die nach unserer Bekehrung noch vorkommen, nicht gesagt, auf welchem Wege wir dafür Vergebung erlangen? Denken wir an die Fußwaschung (Joh. 13) sowie an 1. Joh. 1,9 u. 2,1! (Vgl. hierzu z. B. „G. H.“, Jahrbuch III, Frage 33 u. 34; und zu ersterer Jahrbuch V, Frage 27!) Aber auf dem Boden der irdischen Berufung hat diese Bitte volle Berechtigung. Und so ist es mit all diesen in dieser Hinsicht so kostbaren Bitten des „ Vaterunsers“.

Ich verstehe wohl, daß es manchem einfältigen Gläubigen ein gewisser Schmerz ist, wenn er in freieren Kreisen dies ihm so teure Gebet nicht hört, aber wer es lernt, „das Wort recht zu teilen“ (2. Tim. 2,15), der läßt dies Gebet da, wo es hingehört. Deshalb kann man sich dennoch von Herzen daran freuen und darüber forschen, enthält es doch dem heiligen Munde unseres geliebten HErrn

entflossene kostbare Belehrungen und Unterweisungen.

Wo wir, die wir in dieser Weise über das „Vaterunser“ denken, aber einmal irgendwann in die Lage kommen, es mitbeten zu müssen, da können wir es aus ganzem Herzen „im Geist und in der Wahrheit“ tun, wenngleich unsere nächste Erwartung die des wiederkommenden HErrn ist und nicht die des Königreichs Jesu Christi. Wenn auch wir uns freuen auf den Anbruch dieses Reichs und der glorreichen Königsherrschaft des Messias, so ist unsere Erwartung der Aufgang des „Morgensterns“ (Offenb. 22,16), und wir beten täglich - und möchte jeder gläubige Leser dieses Blattes es treulich tun! -: „Amen, komm, Herr Jesu.“ (Offenb. 22,20.)

F. K. (z. Zt. b. Mil.).

Anmerkung der Schriftleitung

Hatten die Jünger nicht vorher schon gebetet? Was bewegte sie, den HErrn jetzt zu bitten, sie beten zu lehren? Neues Licht, wunderbare Dinge hatte der HErr über den Vater enthüllt (Matth. 5 u. 6), darum wünschten sie Anleitung, wie sie dem neuen Lichte gemäß zu beten hätten. Paßte es z. B. jetzt für sie, Gott anzureden, wie es einst Jakob tat: „Gott meines Vaters Abraham usw.“ (1. Mose 32,9); oder wie es Salomo tat: „Gepriesen sei Jehova, der Gott Israels usw.“ (1. Kön. 8,15)? Sie empfanden es, daß eine Vermehrung des Lichtes oder eine Veränderung der Wege Gottes auch ihr Gebet berühren mußte. Und es kann gar nicht anders sein, denn unsere Gebete müssen in Übereinstimmung mit dem geschenkten Lichte und dem Walten Gottes sein. Das ihnen damals vom HErrn gegebene Gebet enthielt in Vollkommenheit das, was sie beten sollten in ihrem derzeitigen Stande, nach ihrem damaligen Lichte und den damaligen Wegen Gottes. Die Frage ist nicht, ob jemand die Bitten heute nicht beten darf, sondern vielmehr, ob das Gebet uns (für das gegenwärtige Zeitalter) zum Gebrauch gegeben ist und ob es der heutigen Berufung und Stellung der Gläubigen entspricht. Und da stimmen auch wir den Antworten der Brüder bei, daß es nicht allen Menschen, nicht für alle Zeiten, nicht für ein gemeinsames Zusammenbeten (Matth. 6,6), nicht für uns (die Gemeinde) gegeben ist. Wir gehören einem ganz anderen und neuen Zeitalter an, welches an jenem Tage noch verborgen war.

Wie gesagt: Es war die Anleitung des HErrn zum Gebet für die Jünger in ihrem damaligen Stande als gläubige Juden in der Zeit vor dem vollendeten Werke auf Golgatha, ein Gebet vor dem Tode, vor der Auferstehung des HErrn und vor der Ausgießung des Heiligen Geistes.

Deshalb fehlt auch jede Erwähnung sowohl der Erlösung im Blute Christi wie auch des Namens unseres Herrn Jesus Christus, die die Grundlagen für unsere Gebete jetzt sind, wenn wir uns Gott nahen. Gewiß waren die Jünger wahrhaft gläubig an Ihn, aber als Juden, für welche die Versöhnung noch zukünftig war und die den Heiligen Geist noch nicht empfangen hatten; diesen sagt der HErr, „betet ihr nun also: usw.“. Das Gebet entsprach ihrer damaligen Stellung, aber nicht ihrer späteren, als sie durch die Taufe des Heiligen Geistes Glieder Seines „Leibes“ geworden waren.

Mit der Erlösung auf Golgatha, der Auferstehung Christi und Ausgießung des Heiligen Geistes brach ein neues Zeitalter, ein ganz neuer Tag in den Verwaltungswegen Gottes an: die Gemeinde - der „Leib Christi“ - nahm seinen Anfang. Der Heilige Geist hatte Wohnung in den Gläubigen genommen und leitete sie nun in die ganze Wahrheit. Von diesem Tage spricht der HErr, als Er sagt: „Bis jetzt habt ihr nichts gebeten in Meinem Namen ... an jenem Tage werdet ihr bitten in Meinem Namen.“

(Joh. 16,23.24.26.) Was heißt das? Denselben Jüngern, denen Er einst das „Vaterunser“ gab, sagt Er, daß sie bis jetzt nichts in Seinem Namen gebeten hatten (so oft sie auch das „Vaterunser“ mochten gebetet haben) und belehrt sie dann weiter, daß jener neue Tag auch einen Wechsel, eine Veränderung in ihren Gebeten bringen würde: sie würden an jenem Tage bitten in Seinem Namen. Das Gebet „in Seinem Namen“ schließt Lebenseinheit mit Christo in sich - das „Abba Vater“ im Geiste der Sohnschaft -, und dies war nicht möglich vor dem Kreuze Christi (Gal. 4,6).

Welch ein Unterschied zwischen damals und jetzt, zwischen vor und nach der Vollendung des Werkes Christi - zwischen irdischen und himmlischen Segnungen! Wir sind jetzt Priester, die durch Sein Blut mit Freimütigkeit in das Heiligtum treten, Ihn anzubeten in Geist und Wahrheit; die die Lobopfer bringen nach dem Wirken des Heiligen Geistes in uns, aber nicht das „Vaterunser“ wie die Jünger in der Zeit, als der Vorhang noch nicht zerrissen war und sie noch nicht durch das kostbare Blut Jesu in das Heiligtum treten konnten. Wir finden deshalb auch nirgends in der Schrift, daß der Gemeinde gesagt wird, das „Vaterunser“ zu beten, noch finden wir eine Erwähnung oder auch nur einen Anhalt dafür, daß es von den Gläubigen gebetet wurde; ihnen wurde vielmehr gesagt, ihre „Anliegen“ vor Gott „kund“ werden zu lassen (Phil. 4,6), und sie wurden ermahnt zur „Danksagung“ in ihren Gebeten und zur „Fürbitte“ usw., welches alles der HErr Seine Jünger damals nicht lehrte (Eph. 5,20; Kol. 4,2; 1. Thess. 5,17.18; 1. Tim. 2,1.2).

Manche sagen: „Aber der HErr hat Selbst gesagt, so zu beten.“ Gewiß, aber der HErr sagte auch Selbst, nicht zu den Nationen zu gehen noch zu den Samaritern u. a. m. Sehen wir nicht bei solchen Worten sofort, daß sie sich nur auf jene Zeitperiode des Waltens Gottes in Verbindung mit Israel beziehen, warum fällt es manchem so schwer, dasselbe zu sehen in bezug auf das Gebet für die Jünger, welches übrigens in der Schrift nie „das Gebet des HErrn“ genannt wird? So köstlich und belehrend auch dasselbe für uns heute noch ist, so bleibt es doch das Gebet für die Jünger jener Schlußtage der Verwaltung Gottes vor dem Kreuze auf Golgatha, aber nie ist es uns gegeben, die wir den Heiligen Geist empfangen haben. Uns wird gesagt, zu beten „im Heiligen Geist“! (Eph. 6,18; Judas 20.) Der HErr mehre uns das Verständnis dafür.

*

Obgleich uns nur ein sehr beschränkter Raum zur Verfügung steht, gaben wir doch dieser Frage einen größeren Platz, weil sie für viele Kinder Gottes von Bedeutung ist.

Frage 8

Ist das sogen. Hellsehen etwas ähnliches wie das Wahrsagen in Apgesch. 16,16ff.? Wie haben wir Gläubigen heute uns solchen und ähnlichen Erscheinungen der Gegenwart gegenüber zu verhalten?

Antwort

1. Wenn die erste Frage klar ist, dann ist auch die zweite beAntwortet. Das Verhalten Jesu Mark. 1,34; 3,12; Luk. 4,35 zeigt, daß Er die Wahrheit, von Dämonen ausgesprochen, nicht will; das gleiche zeigt der Apostel Paulus. Die Wahrheit von dem Wahrsagergeist war ihm eine Pein; und die Gläubigen zu Ephesus haben sich öffentlich von dieser vorwitzigen Kunst losgesagt (Apgesch. 16,16ff.; 19,19).

Wohin gehört nun das sogen. Hellsehen, der Somnambulismus, ist er etwas ähnliches wie das Wahrsagen?

a) Beim Wahrsagen ist die Rede von einem Geist (Dämon); ist das auch bei den Somnambulen so? Meist sind krankhafte Menschen mit zerrütteten Nerven hellsehend oder somnambul. In J. Kerners Buch „Die Seherin von Prevorst“ schreibt der Verfasser auf dem Titel über das Hereinragen einer Geisterwelt in die unsere, und da steht Seite 70: „Man kam auf den Gedanken, dämonische Einflüsse durch Gebet aus ihr zu treiben. Von dort an war ihr alles gleichgültig, was man mit ihr anfing, sie wurde wie verstockt.“ Der Geist Jesu Christi macht niemand verstockt! Eine andere Probe aus demselben Buche, Seite 269: „So hat das Zeitmaß des Hellsehens Analogie mit uralten Zahlensystemen, namentlich mit den Zahlen, die in den Büchern Mosis so oft vorkommen und, auf religiöse Gegenstände angewandt, als heilige Zahlen erscheinen, z. B. 3, 7, 40; ferner Ähnlichkeit, mit denen die Propheten die Zukunft verkündigen, wie z. B. die mystische Zeitrechnung Daniels von den 70 Wochen. So sehen wir im höchsten Altertum namentlich astronomische Arbeiten, denen nur aus den tiefsten Naturverhältnissen entlehnte Zahlen, wie wir sie im magnetischen Schauen (Hellsehen) finden, zugrunde liegen ... So schreibt sich jene Lehre der alten Magie offenbar von einer Urzeit her, wo der Geist des Menschen (im Heidentum [von mir]) noch mehr dem Mittelpunkt jener Kreise zugerückt war. Daher, wie bei Magnetischem, in dieser alten Magie die Erkenntnis der Zeit und Zahl, Wert und Kraft des Gebets (das verstockt! [von mir]) und des lebendigen Wortes“ (d. h. die Kraft der Worte durch Sympathie, Zauberei u. dgl.).

b) Was finden wir nun in der Heiligen Schrift über diese Dinge? Sie sind alle genannt, „dem HErrn ein Greuel“ (5. Mose 18,10-12) und mit Todesstrafe belegt (2. Mose 22,18), solche sollen aus dem Volk ausgerottet werden (3. Mose 20,6.27).

Nach der Heiligen Schrift können wir diese Erscheinungen wie folgt bezeichnen: 1. Zauberei; 2. Wahrsagerei (Hellsehen, Somnambulismus), dies sind zwei Gebiete dämonischer und schwarzer Kunst; vgl. Apgesch. 8,9.21-23. Zauberei schließt neben dämonischen Kräften und Wirkungen auch allerlei Kunststücke und Gaukelspielerei in sich. Wahrsagen, Hellsehen, dämonisch weissagen (falsche Propheten) legen sich mehr auf verborgene und zukünftige Dinge und dienen mehr dem Aberglauben und der Neugierde als dem Glauben an Gott. In beiden findet sich wahrhaftiges Geschehen und Vorhersehen neben Gaukelspiel und falscher Prophetie. Vgl. Matth. 8,29; Mark. 3,11; Luk. 4,41; Apgesch. 8,9.10; 19,19; Dan. 2,9.

Der Satan verstellt sich auch in einen Engel des Lichts, und so auch seine Diener (2. Kor. 11,13-15), zu dem Zweck, um so besser zu verführen; vgl. 2. Mose 7,11.22; 8,3; 2. Tim. 3,8. Daher wird auch bei den Zaubersprüchen der Name Gottes und unseres Herrn Jesus Christus mißbraucht. Der sel. Blumhardt schreibt: „Wer sich mit Zauberei, Sympathie (Brauchen) und dergleichen abgibt, gerät in dämonische Verstrickungen, aus denen es oft schwer ist wieder herauszukommen.“

Folgende Zusammenstellung nach der Heiligen Schrift über diese Sachen möge zur Orientierung dienen.

1. Zauberei. 2. Mose 7,11.22; 8,3; 4. Mose 24,1; 31,16; Offenb. 2,14; Ps. 58,5; Micha 5,11; 2. Mose 22,18; 3. Mose 20,6.27; Mal. 3,5; Apgesch. 13,6; Offenb.21,8; 22,15.

Zu diesem Gebiet gehören:

Zu diesem Gebiet gehören:

Tagewähler und die auf Vogelgeschrei achten: 3. Mose 19,26; 5. Mose 18,10.

Zeichendeuter: 3. Mose 20,6.27; 5. Mose 18,11; 3. Mose 19,31. (Kartenschläger.)

Sternseher, Magier: Dan. 2,2; Jes. 47,13. (Matth. 2,1.2ff. gehört nicht hierher. Die Weisen, die jedenfalls Kenntnis der Weissagung Bileams hatten (4. Mose24,17), wurden von Gott auf das Erscheinen des Sternes aufmerksam gemacht.)

Die Weisen (Mystiker): Dan. 2,2.9.14.27; 4,5.18; 5,7.8; 1. Mose 41,8; 2. Mose 7,11.

Die Totenbefrager, Spiritismus, Okkultismus: 5. Mose 18,11; 1. Sam. 28,11; Jes.8,19.

Die Beschwörer, Sympathie, Brauchen und dergl.: 5. Mose 18,10; Apgesch. 13,4ff.; 2. Mose 7,11; Apgesch. 19,13.

Bauchredner: Jes. 29,4.

Vorwitzige Kunst: Apgesch. 19,19.

2. Wahrsager, falsche Propheten und Besessene: 4. Mose 22,5.7; 24,1; 3. Mose 19,31; Jes. 44,25; Apgesch. 16,16; 5. Mose 18,10; Matth. 8,29; Mark. 3,11; Luk. 4,41; Jer. 29,8; Sach. 10,2; 1. Chron. 10,13.14; 1. Sam. 28,7.8; Apgesch. 16,16; Hesek. 21,26.27.

Auch Erscheinungen in der sogenannten Pfingstbewegung, die als unbiblisch abzulehnen ist, sind dahin zu rechnen.Vgl. Matth. 24,5.11.24; 2. Thess. 2,10-12, vgl. 5. Mose 13,2-4; Judä V. 11.

II. Wie haben wir Gläubigen heute uns solchen und ähnlichen Erscheinungen gegenüber zu verhalten?

Dan. 2,2.9.27; 4,5; 5,7 zeigt, daß die Sternseher, Weisen, Wahrsager und Zauberer nichts von Gottes Offenbarungen verstehen; vgl. Joh. 14,17; 1. Kor. 2,6.8.14; Joh. 4,1-3; Offenb. 16,13.14, wie auch jeder natürliche Mensch nichts vom Geiste Gottes vernimmt. Daher sind auch alle, die sich mit diesen Dingen abgeben, unbekehrte Menschen und meist Feinde des Kreuzes Christi. Vgl. Tim. 3,8; Apgesch. 19,19. Das Urteil Gottes über die Zauberer und Wahrsager (Todesstrafe und Ausrottung) zeigt zur Genüge, daß diese Dinge ungöttlich, daher dämonisch sind. Wer sich damit abgibt, ist draußen, außerhalb der Seligkeit und Herrlichkeit der Gemeinde Gottes. Offenb. 21,8; 22,15. Unser Verhalten diesen Dingen gegenüber muß also dasselbe sein, wie es Gottes Volk mit allem Satanisch-sündlich-weltlichen zu halten hat. Der HErr bewahre Sein Volk vor den kräftigen Irrtümern und Lügenwundern! Offenb. 13,2.12-14.

F. Th. H.

Ermundert einander!

1. Thess.5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Laodicäa im Lichte des Kolosserbriefes.

Viermal erwähnt Paulus in dem Briefe an die Kolosser die Gläubigen in Laodicäa. (Kol. 2,1; 4,13.15.16.) Was will uns das sagen? Geschah es nur, weil Laodicäa nahe bei Kolossä lag? Auch andere Gemeinden lagen nicht weit von Kolossä. Wenn der Apostel schreibt: „Ich will, daß ihr wisset, welch großen Kampf ich habe um euch und

die in Laodicäa“ (2,1) ... „daß niemand euch verführe“ (2,4) ... „euch als Beute wegführe“ (2,8) ... „niemand euch um den Kampfpreis bringe“ (2,18) usw., so können wir daraus vielmehr entnehmen, daß der geistliche Zustand der Gläubigen in Kolossä denen der Gläubigen in Laodicäa gleich oder ähnlich war. Dieses wird uns weiter bestätigt durch die nachdrückliche Anordnung: „Wenn der Brief bei euch gelesen ist, so machet, daß er auch in der Gemeinde der Laodicäer gelesen werde und daß auch ihr den aus Laodicäa leset“ (4,16). Die Wahrheiten also, die Paulus in diesem Briefe den Kolossern ans Herz legte, die ihrem geistlichen Zustande und den ihnen drohenden Gefahren entsprachen, paßten für die Laodicäer so, daß er ausdrücklich und ausschließlich die Weitergabe des Briefes an sie anordnete, so daß der Brief an die Kolosser zugleich auch an die Laodicäer gerichtet war, und man ihn auch den „Brief an die Laodicäer“ nennen könnte.

Viel Liebliches und Gutes war in der Mitte der Kolosser. Der Heilige Geist konnte Zeugnis geben von „ihrem Glauben in Christo Jesu“ und von ihrer „Liebe, die sie zu allen Heiligen hatten“ und von „der Hoffnung“, die für sie im Himmel war (1,4). Er berichtet auch mit Freude von ihrer „Ordnung“ und der „Festigkeit ihres Glaubens“ (2,5). Das alles war die Frucht der „Worte der Wahrheit des Evangeliums“, das zu ihnen gekommen war. Aber das Wort der „Wahrheit“ soll nicht bloß „fruchtbringend“, sondern auch „wachsend“ sein (1,6). Was sie jetzt nötig hatten, war, „erfüllt zu werden mit der Erkenntnis Seines Willens“, um zu „wachsen durch die Erkenntnis Gottes“ (1,9.10) ... „zur Erkenntnis des Geheimnisses Gottes“ (2,2). -

Die Wahrheit - die wunderbare Tatsache, daß sie mit Christo, dem Haupte im Himmel, vereint waren, wird nun vor ihre Seelen gestellt (1,18). In dieser Wahrheit lag ihre Bewahrung vor den Gefahren der „Philosophie“, der „Überlieferungen“ und der „Menschensatzungen“. Was hatten sie mit den Dingen des Fleisches und der Welt zu tun? Wenn das Haupt nicht zur Welt gehörte, dann doch auch der Leib nicht. Konnte etwas von der Welt dem Leibe des himmlischen Hauptes zur Auferbauung dienen? Waren sie durch das Kreuz Christi nicht den Elementen der Welt gestorben? (2,20.) Was hatten sie dann mit der Philosophie und den Überlieferungen der Menschen zu tun? Mit diesen Dingen der Welt und des Fleisches sich einzulassen hieß „das Haupt nicht festhalten“ (2,19). Die Folge mußte „Aufgeblasenheit“ sein, wie wir es später in Laodicäa finden. (Offb. 3,17.) Alles, was wir als Glieder des Leibes Christi für unser Wachstum brauchen, muß vom Haupte (Christus) ausgehen. Nur vom Haupte aus„empfängt“ - und darf Sein Leib „Darreichung“ empfangen, wenn er „das Wachstum Gottes“ wachsen soll (2,19); aber die Dinge der Welt und des Fleisches können „das Wachstum Gottes“ nicht fördern, sie können uns nur von Christo weg und zum Wesen der Menschen und der Welt zurückführen.

Der HErr sagt uns gerade das, was wir brauchen. Er sieht die Angriffe des Feindes und die Gefahren im voraus (wenn sie auch für uns noch in der Ferne liegen). So war es bei den Kolossern und

Laodicäern. Der HErr lobt manches, aber Er sieht: Gefahr ist im Anzuge. Seine Belehrungen sollen sie bewahren, nicht in die Schlinge des Feindes zu gehen. Wie groß ist Seine Sorge um uns! Beide, die Kolosser und die Laodicäer, empfingen die gleichen Wahrheiten, aber die Wirkung war ganz verschieden. Was wird die Wirkung dieser Wahrheit auf dich sein, lieber Leser? Wenn du diese Unterweisungen Seines Geistes nicht im Glauben annimmst und verwirklichst, so wirst du den Schlingen des Feindes (Philosophie, Überlieferungen, Menschensatzungen usw.) nicht entgehen. Du wirst „als Beute weggeführt“ werden (2,8) und in Laodicäa landen. Beide Gemeinden (Kolossä und Laodicäa) sollten aus dem Briefe lernen, daß alles für sie von oben, von.dem Haupte kommen muß und nichts von der Welt noch von Menschenweisheit. Christus sollte ihnen alles sein. Aus Offb. 3 aber ersehen wir, daß die Laodicäer keinen Nutzen davon hatten. Sie gingen auf die ihnen vorgestellte Wahrheit nicht ein. Christus war ihnen nicht alles. Er stand draußen, vor der Tür. Andere Dinge, die Dinge der Menschen, waren drinnen. Und sie waren ganz zufrieden damit. So wie sie waren, so wie sie es hatten, so gefiel es ihnen. Das weitere Licht der Wahrheit, das sie vor diesem Zustande der Selbstzufriedenheit hätte bewahren können, nahmen sie nicht an. Laodicäa zeigt uns, daß, wenn wir unsere himmlische Stellung, Ihn als das „Haupt“, fahren lassen, alles dahin ist und unsere „Armut“, „Blindheit, „Blöße“ und „Schande“ sichtbar wird.

Dies sind ernste Unterweisungen. Der HErr gebe, daß wir alle sie ernst nehmen. Heute mag der HErr bei mir die Dinge finden, die Er lobend bei den Kolossern und Laodicäern als die Frucht des Evangeliums anerkannte; nehme ich aber das Wort der Wahrheit nicht in allen Teilen gehorsam an, verweigere ich z.B. das Wort: „Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist“ (3,2), oder „halte ich nicht fest das Haupt“, so werde ich bald Dinge annehmen, die nicht von dem Haupte sind, aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst (2,19). Das Haupt (Christus) festhalten, das heißt für mich persönlich den „eigenen Kopf“ aufgeben. Ist Er das Haupt, so muß unser Haupt fallen, wir und alles, was Fleisch ist, muß verschwinden. Dann bleibt nur Er und Er allein; dann ist Er alles, und Er allein hat zu reden, zu bestimmen, und Seinem Worte ist alles willen- und bedingungslos unterordnet.

Lassen wir die uns in Seinem Worte geschenkten Unterweisungen außer acht, so sind wir in Gefahr, in Selbstzufriedenheit den Weg von Kolossä nach Laodicäa zu gehen - lau zu werden und in den Zustand zu kommen, von dem der HErr spricht: „Ich werde dich ausspeien aus Meinem Munde!“ (Offb. 3,16.) Wie warnend und wie traurig-ernst! Das ist der letzte Bericht von einer Gemeinde von Gläubigen, denen mit so großer Sorgfall die Wahrheit des Kolosserbriefes ans Herz gelegt wurde.

„Wer ein Ohr hat zu hören, höre, was der Geist den Gemeinden sagt! (Offb. 3,22.)

A. - v. d. K.

Beschäftigt mit dem HErrn.

Luk. 23; Apgesch. 7 und 8.

Die natürlichen Neigungen unserer Herzen gehen beständig hin zu den Dingen des Fleisches und nicht zu Christo. Wir alle fühlen, wie diesen entgegen der Heilige Geist in uns wirkt, uns von solchen Dingen wegzuleiten und mit Christo zu beschäftigen, und zwar nicht nur in dem persönlichen Leben

des Einzelnen, sondern auch in den Zusammenkünften der Gläubigen. Dort insonderheit soll es sichtbar sein, daß wir nicht nach Menschenweise, sondern als Gottes Gemeinde versammelt sind, in deren Mitte der Heilige Geist herrscht und nicht der Mensch. Christus muß vor unseren Augen stehen und Herz und Seele füllen; dann hat der Mensch, und was von ihm ist, keinen Wert und keine Anziehungskraft mehr für uns. Einige Schriftstellen mögen uns dieses zeigen.

In Luk. 23 finden wir einen Menschen, dessen Leben so schlecht war, daß es auf dem Richtplatz endete. Was uns aber auffällt, ist, daß der Haß und der Abscheu der Menschen sich nicht gegen ihn richtet, sondern gegen den an seiner Seite. Das Geschrei dort galt nicht dem Mörder, sondern Christus. Alle Verachtung und aller Hohn wurde über den geschüttet, der in der Mitte hing, der ihnen aber nur Liebe erwiesen und wohlgetan hatte. Niemand trat für Ihn ein. Er war der Allerverachtetste und Unwerteste. Pilatus, die Hohenpriester, das Volk - alle standen wider Christus. Auch der Übeltäter gehörte (wie uns Matthäus berichtet) im Anfang zu Seinen Lästerern. Aber da kam ein Augenblick, wo seine Seele von Ihm ergriffen wurd,. der an seiner Seite hing. Ein Werk Gottes geht in ihm vor. Der, gegen den alle waren, für den niemand eintrat, der fesselt seinen Sinn, und Ihm wendet sich sein Herz zu. Seine Gedanken beschäftigen sich mit Ihm. Er denkt an Sein Leben, und er spricht: „Dieser hat nichts Ungeziemendes getan!“ Er denkt an das, was nach dem Tode sein Teil sein wird, und er, der Übeltäter, wünscht bei Ihm zu sein, und er bittet: „Gedenke meiner, HErr, wenn Du in Dein Reich kommst!“ Und viel mehr, als er erbeten und erdacht hatte, gibt der HErr ihm.

Wir wenden uns zu einer anderen Schriftstelle: Stephanus in Apgesch. 7. Hier ist wieder ein Mann, der zum Tode verurteilt ist; aber aus ganz anderen Ursachen. Er ist kein Übeltäter - er ist ein Märtyrer um Jesu willen. Er hatte den HErrn bekannt, und die Welt macht mit ihm, was sie mit Dem machte, den er bekannt hatte. Es war eine gewaltige Stunde! Denken wir nicht manchmal: Was würden wir tun, wenn wir in solcher Lage wären? Sieh hier einen Mann, in dessen Herzen Christus ist, der in Ihm, Seinem HErrn, aufgeht. So wie der sterbende Übeltäter auf nichts mehr achtete, was um ihn herum vorging, so war es auch mit Stephanus. Wer vermag zu sagen, was es für das Herz des Übeltäters war, als der HErr zu ihm sagte: „Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein!“ Und wer kann sagen, was es für Stephanus war, als er in die geöffneten Himmel schaute und die Herrlichkeit Gottes sah und Jesus stehend zu seiner Rechten! Welch ein Kontrast zu dem, was um ihn herum verging. Er blickt unverwandt gen Himmel. Er ist ein Verworfener, wie sein Meister es war. Sie konnten ihm nicht mehr tun, als sie Ihm getan hatten. Seine Augen aber sehen nicht die ausgestreckten Arme, sehen nicht die Wut der Feinde, sondern Den, der zur Rechten Gottes ist. In der Kraft des Heiligen Geistes sieht er Ihn im Himmel, und alles, was Menschen sind und tun, entschwindet seinem Blick. Er schaut die Herrlichkeit des HErrn und wird verwandelt in das Bild Jesu. (2. Kor. 3,18.) Er betet: „Herr Jesu, nimm meinen Geist auf!“, kniet nieder und ruft mit lauter Stimme: „HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ Da war keine Beschäftigung mit dem ersten Menschen. Christus erfüllte seine Seele, und Christus wurde sichtbar.

Wir wenden uns einer anderen Schriftstelle zu (Apgesch. 8). Der Kämmerer kam aus fernen Landen. Er sitzt in seinem Wagen und liest den Propheten Jesaja. Er versteht nicht, was er liest, aber der Geist Gottes wirkt in ihm. Seine Seele ist beschäftigt mit Dem, der in dieser Welt nichts für Sich in Anspruch nahm, Seine Rechte nicht behauptete, sondern wie ein Schaf Sich zur Schlachtung führen ließ und Seinen Mund nicht auftat vor Seinen Scheren. - „Sein Leben wird von der Erde weggenommen“, bis hierher hatte er gelesen, als Philippus sich ihm anschloß. Der eine Gedanke, der seine Seele erfüllt, kommt über seine Lippen: Wer ist das? „Von wem sagt der Prophet dieses?“

seine Seele erfüllt, kommt über seine Lippen: Wer ist das? „Von wem sagt der Prophet dieses?“ Philippus kann ihm Antwort Geben. „Von dieser Schriftstelle anfangend, verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu.“ Mehr wird uns nicht gesagt. Aber das erste Wort, das uns hierauf von dem Kämmerer mitgeteilt wird, ist sehr bezeichnend: „Siehe, da ist Wasser, was hindert mich, getauft zu werden?“ Im Glauben hat er die frohe Botschaft angenommen und es erfaßt: „Ist Sein Leben von der Erde weggenommen, so ist auch mein Leben als Mensch im Fleische von der Erde weggenommen.“

Er ist ein Mensch in Christo. Christi Tod ist sein Tod. Er ist „mit Ihm gestorben“. - Wohl war er einst tot in Sünden - (wie alle übrigen gestorben und im Tode liegend) aber er war nicht „mit Christo gestorben“ -, und wie konnte er, ohne mit Christo gestorben zu sein, „mit Ihm begraben“ werden? Jetzt war es anders. Kein Hindernis war mehr da. „Was hindert mich, getauft zu werden?“ Er wußte sich durch den Glauben „mit Christo gestorben“ und wünschte jetzt auch „mit Christo begraben“ zu werden „durch die Taufe“ (Röm. 6,4). Sein Leben war nicht mehr das des Menschen im Fleische, das Leben hatte sein Ende gefunden. Sein Leben von nun an war das Leben jenseits des Grabes - Christus! Er ist ihm alles - Er füllte sein Herz und sein Leben aus, und er zieht „seinen Weg mit Freuden“.

Laßt uns noch kurz auf Saulus blicken (Apgesch. 9). Er wandelt mit einem guten Gewissen vor Gott, in bitterer Feindschaft gegen Christus, und er glaubt, damit Gott einen Dienst zu tun (Apgesch. 23,1; 26,9). So geht er nach Damaskus, um die Heiligen zu verfolgen. Da umstrahlt ihn plötzlich das Licht vom Himmel, das den Glanz der Sonne überstrahlt, und streckt ihn zu Boden. Es ist das Licht der Herrlichkeit Gottes im Angesichte Christi (2. Kor. 4,6). Diesem Lichte kann er nicht ausweichen. Der Kämmerer wurde überwältigt durch den Anblick Jesu in Niedrigkeit, Saulus dagegen durch den Glanz Seiner Herrlichkeit, aber die gleiche Frage kommt über seine Lippen: „Wer bist Du, HErr?“ Und er empfängt die gleiche Antwort: Jesus. „Ich bin Jesus!“ Er, der wunderbare Heiland, erfüllt sein Herz. Alles, was ihm zuvor Gewinn war, achtet er jetzt als Verlust - als Kot, nur um Christus zu gewinnen. So geht sein Herz in Ihm auf, daß nur ein Ton in seiner Seele klingt: Christus! „Nicht mehr lebe ich ... Christus ...!“ (Gal. 2,20.) Diese Wirkung wird auch heute noch sichtbar! Wenn der Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes im Angesichte Christi in ein Herz leuchtet, so strahlt er von dort wieder heraus. Das Gefäß, welches diesen Schatz trägt, ist irden (2. Kor. 4,7). Ein solches Gefäß war Paulus, ein Gefäß, allenthalben bedrängt, aber durch Gottes Kraft aufrecht erhalten. Sie versuchten Paulus zu steinigen, so wie sie Stephanus steinigten, aber der HErr bewahrte das Gefäß. Er wollte uns durch dieses Gefäß den Schatz übermitteln. Ein Stein hätte das Gefäß zertrümmern können, aber sie konnten es nicht, weil Gott es noch gebrauchen wollte. Und nicht nur einzeln sind die Heiligen solche Gefäße, sondern auch die Gemeinde ist das Gefäß des Lichtes der Herrlichkeit Gottes.

Möchten diese Beispiele uns ermutigen, uns mehr mit Ihm zu beschäftigen, Fleisch und Welt werden dann unseren Blicken entschwinden, Christus aber wird unser Herz füllen, und Strahlen Seines Bildes werden auch aus uns hervorleuchten.

R. - v. d. K.

 

 

Gedanken über Gal. 5,22.

III.

Noch einmal möchte ich das kostbare Schriftwort betrachten, das da lautet: „Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit (Gutheit), Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit (Selbstbeherrschung)“, und ich füge heute V. 23 an: „Wider dergleichen gibt es kein Gesetz.“

Das letzte Mal habe ich zu zeigen versucht, wie in uns Wiedergeborenen diese „Frucht“ als Ganzes vorhanden ist, und daß sie in ihrer Fülle eine vollkommene Darstellung dessen ist, in dem die Frucht des Geistes hienieden zu sehen ist: des Sohnes Gottes in Seiner Menschheit.

Es handelt sich, wie ich nachwies, bei uns nicht um die Hervorbringung einzelner „Früchte“ des Geistes, wovon die Schrift nirgends redet, sondern um eine immer völligere Darstellung der ganzen ungeteilten Frucht des Geistes, deren einzelne Merkmale, Teile, Stücke bald mehr, bald minder augenfällig sein mögen, die aber alle insgesamt in uns vorhanden sind, in uns, die wir durch den Geist das Leben haben (V. 25). Wir können auch nur durch Ihn in diesem neuen fruchtbringenden Leben wandeln (Joh. 12,24; 15,5.8.16 u. a.), und je treuer wir sind in der Abhängigkeit von Ihm: im Vertrauen auf Ihn wie im Gehorsam gegen Seine Stimme, desto mehr Frucht des Geistes tragen wir in unserem praktischen Wandel. Da heißt's vorsichtig sein, um den Geist nicht zu betrüben (Eph. 4,30), und wenn es geschah, uns gleich wiederherstellen zu lassen nach 1. Joh. 1,9, da heißt‘s aber vor allem auch, täglich und reichlich durch das Anschauen der Herrlichkeit des HErrn Selbst uns in Sein Bild verwandeln zu lassen, was allein der Geist tut, was ja auch in Hinsicht auf uns Sein vornehmstes Geschäfte ist. (2. Kor. 3,18; vgl. Joh. 16,13-15.)

Aber - und das ist der Grund, weswegen ich heute V. 23 anfügte! - es handelt sich um ein organisches geistliches Wachstum bei uns, das von innen heraus mittels des Geistes geschieht, nicht etwa um ein gesetzliches Herausarbeiten des Bildes Christi in und an uns, das wir zu tun hätten. Das zu betonen halte ich deshalb für so sehr wichtig, weil unter den Gläubigen je und dann Strömungen sich breitmachen, die das Gesetz in irgend einer Form und mit irgendwelchen Folgerungen und Forderungen, nur nicht geistlicher Art, dem Wiedergeborenen auferlegen.

Gegen alle solche gesetzlichen Bestrebungen, wes Inhalts sie auch immer seien - ob es sich nun um das Beobachten von Tagen, Festen, auch des Sabbats, oder das Verbot gewisser Speise oder das Tragen bestimmter Kleidung oder was auch immer dreht, was als Beweis wahren Christentums hingestellt wird seitens der Gesetzesmenschen -, gegen alles Derartige steht der Galaterbrief im schärfsten Gegensatz. Er zeigt uns, wie und warum das Gesetz nur dem Menschen im Fleisch gegeben ist - und zwar als „unser Erzieher (,Zuchtmeister') auf Christus hin“ (3,24) -, wie ferner nach Christi Tod und Auferstehung das Gesetz weder in seinen alttestamentlichen Satzungen noch in irgendwelchen neuen Forderungen von Gläubigen heute, seien es scheinbar noch so erkenntnisreiche Brüder und Schwestern - mögen sie sich hüten vor dem Urteil der Schrift, z. B. Gal. 2,4; 5,7-10! -, irgend eine Berechtigung habe. Er beweist, daß die an Christus Glaubenden vielmehr dem Gesetz gestorben sind, und zwar durch das den Tod des Übertreters fordernde Gesetz selbst (2,19-21) - eine Forderung, die der HErr stellvertretend für uns erfüllte in Seinem Tode am Fluchholz (3,11-14). Nun lebt der Gläubige in Freiheit von der Forderung des Gesetzes, er ist „für die Freiheit freigemacht“ (5,1).

Diese Freiheit nun wurde damals, als der Brief gerade deshalb geschrieben werden mußte, sowie auch heute, von vielen, die das Recht und die Herrlichkeit derselben nicht erkannt haben oder nicht

erkennen wollen - da dann der Selbstruhm des Fleisches hinfällt! -, als bedenklich und gefährlich angesehen, die in ihr Lebenden wurden und werden verdächtigt, sie zu mißbrauchen, und darum werden Versuche gemacht, sie hier und da in die Joche menschlicher Gesetzessorderungen einzuspannen - Versuche, die bei den Schwachen der Herde naturgemäß am ehesten Erfolg haben. Und so entstehen dann solche Karikaturen von Christentum, wo Dinge wie Handarbeit-Machen, Musizieren usw., aber auch weit ernstere, z. B. die eheliche Gemeinschaft oder gar das Heiraten, das Essen und Trinken (vgl. 1. Tim. 4,2.3!) u. a., unter die be- und verurteilende Prüfung solcher unfreien, vielmehr selbst gesetzlich gebundenen und darum andere bindenden Gläubigen gestellt werden. Es sind das Gläubige, die den Galaterbrief noch nie verstanden und die Haushaltung des Gesetzes und Fleisches noch nicht von der der Gnade und des Geistes zu unterscheiden gelernt haben. Wie ernst und traurig ist dies! Es spielt heute leider eine große Rolle unter dem Volke Gottes.

Angesichts nun der von Paulus verkündigten (Geistes-)Freiheit vom Gesetz wird und wurde damals den Gläubigen vorgeworfen, sie lebten nicht nach dem im Alten Testament geoffenbarten Willen Gottes, sie wandelten vielmehr leichtfertig und oberflächlich. Gegen diesen Vorwurf wendet sich Paulus im fünften Kapitel von V. 13 ab und zeigt in diesem Zusammenhange, welch hoher Unterschied zwischen den auch ohne Gesetz offenbaren „Werken des Fleisches“ (5,19-21), die unter der Beurteilung des Gesetzes liegen (1. Tim. 1,8-10), und der herrlichen „Frucht des Geistes“ besteht, wider die es kein Gesetz gibt, weder in beurteilender oder gar strafender noch auch anerkennender Anwendung. Das Leben des Gotteskindes, das neue Leben (aus Gott) untersteht in keiner Hinsicht dem Gesetz. Wenn der Gläubige wirklich „vom Geist geleitet“ wird (V. 18!), dann kann sein Leben natürlich nicht im Gegensatz zum Wesen des alttestamentlichen Gesetzes stehen, aber nicht das ist die Hauptsache - vielmehr ist das Gesetz gar nicht als Maßstab anzulegen! (V. 18) -, sondern daß sein Leben eine Darstellung Dessen ist, der hienieden „des Gesetzes Erfüllung, Vollendung“ war: Christi Jesu Selbst - kurz, daß „die Frucht des Geistes“ in immer vollkommenerem Maße in Erscheinung tritt, durch den Geist Selbst hervorgebracht in uns, die wir das Fleisch gekreuzigt haben, und darum von diesem und dem dieses beherrschenden Gesetz nicht mehr regiert werden (V. 24). Damit ist der Leichtfertigkeit aber auch der Boden entzogen - ja, die Freiheit des Geistes ist keine Leichtfertigkeit, sondern eine erhabene Gebundenheit an den HErrn und Seine Stimme1, aber nicht, weil das Gesetz Gottes oder eines Menschen es sagt, sondern weil der Geist uns so und nicht anders leitet und weil nur, wenn wir uns leiten lassen und Ihm in Verbindung mit dem Worte Gottes gehorsam sind, die herrliche „Frucht des Geistes“ hervorstrahlt, zu Seiner Ehre.

1

Vgl. z.B. Joh. 10,27; 14,20ff.; Röm. 13 u. 14; 1. Kor. 6,12 u. 10,23.24.31 u. a. Darüber, so der HErr will, ein andermal! (F. K.)

Darauf nun noch im einzelnen einzugehen führt zu weit. Hier genüge zum Schluß der Hinweis, daß uns in dem ersten Stück der Frucht des Geistes, der Liebe, der wunderbare neue Weg des Geistgezeugten und durch den Geist Wandelnden gezeigt ist. Der alttestamentliche Gesetzesweg forderte die Liebe - das Wesen des rechtverstandenen Gesetzes ist ja überhaupt die Liebe, vgl. u. a. Gal. 5,13; Röm. 13,10! -, ohne die Fähigkeit zu geben, sie auszuüben.

Wenn wir von den alttestamentlichen Glaubensmenschen absehen, die von Jehova in besonderer Weise begabt und befähigt waren, so gab es keinen Menschen, so treu und untadelig er auch im Gesetz wandelte, der echte Liebe, noch dazu um ihrer selbst willen, betätigt hätte. Wir sehen das klar z. B. in Luk. 10,25ff.; Luk. 18,18ff. u. a. oder auch an Pauli Leben vor seiner Damaskusstunde. Welch ein Gegensatz dazu unser Wort Gal. 5,22! Da ist Liebe vorhanden, nicht weil sie da sein soll („Du sollst lieben“ usw.! 3. Mose 19,18; 5. Mose 6,5 usw.), sondern weil der Geist, die Quelle des neuen Lebens, des Lebens aus Gott, der „die Liebe“ ist, sie hervorbringt, und nicht nur sie, sondern mit ihr

Lebens, des Lebens aus Gott, der „die Liebe“ ist, sie hervorbringt, und nicht nur sie, sondern mit ihr in untrennbarem Ganzen alle die kostbaren Tugenden Christi (vgl. 1. Petri 2,9 u. 2. Petri 1,3ff. oder 1. Kor. 13 u. a.), die unserem Leben einen Inhalt, einen Zweck, eine Schönheit verleihen, die unter der Fleisches- und Gesetzeshaushaltung stets unmöglich war (vgl. Röm. 8!).

Wie kostbar, sich nicht anstrengen zu müssen, um zu lieben usw. oder sanftmütig, treu zu sein oder etwa Selbstbeherrschung zu üben, nicht diese Dinge, diese ganze ungeteilte liebliche Frucht, in sich selbst hervorbringen zu müssen, sondern zu wissen, zu erfahren: Er bringt sie hervor! Er machte allein, Er, der das neue Leben pflanzte - Er bringt auch Wachstum und Vollendung hervor -, Er, der Geist, dessen vornehmste Tätigkeit ist, Christus zu verherrlichen und uns in Sein Bild zu verwandeln zur Ehre Gottes des Vaters! Gepriesen sei Sein Name und der unseres herrlichen Herrn Jesus!

So möge durch Gnade auch in und an uns, die wir dies lesen, mehr und mehr sichtbar werden von Ihm Selber, heller und strahlender Sein Bild hervorleuchten - mögen wir Darstellungen sein von Ihm, dem „Wort des Lebens“ (Phil. 2,16), und als angezündet von Ihm, dem „Licht der Welt“ (Joh. 8,12), selbst insgesamt das „Licht der Welt“ bilden - (Matth. 5,14-16) als solche, in welchen offenbar wird nach Gal. 5,22:

„Die Frucht des Geistes!“

F. K. (z. Zt. b. Mil.).

Geleitswort an den Leser:

Wandelt in Weisheit gegen die, welche draußen sind, die gelegene Zeit auskaufend. Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, um zu wissen, wie ihr jedem einzelnen Antworten sollt. Kol. 4,5.6.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 9

Wie ist Matth. 12,31 und 32 (die Sünde wider den Heiligen Geist) zu verstehen?

Antwort A

In diesen beiden Versen sagt der Heiland, daß alle Sünde und Lästerung den Menschen vergeben wird, nur die Lästerung des Geistes wird nicht vergeben, weder in dieser Welt, noch in jener. Auch das Reden wider den Sohn des Menschen wird vergeben, aber das Reden wider den Geist wird nicht vergeben. Auch in Mark. 3,28.29 und Luk. 12,10 spricht Jesus hiervon und sagt, daß auch alle Gotteslästerungen vergeben werden; ausgeschlossen von der Vergebung aber ist in dieser wie in jener Welt die Lästerung des Heiligen Geistes. Diese Schriftstellen haben viele Kinder Gottes in Not und Jammer gebracht, die oft zur Verzweiflung führten. Solche Kinder Gottes klagten sich an, die

und Jammer gebracht, die oft zur Verzweiflung führten. Solche Kinder Gottes klagten sich an, die Sünde wider den Heiligen Geist begangen zu haben, für die es nach diesem Wort Jesu ja keine Vergebung geben soll. Meistens werden solche Kinder Gottes wieder freudig und glücklich, wenn sie den Sinn dieser Worte nur einigermaßen erfassen. Oft genug kommt es vor, daß auch unklare Prediger die Sünde wider den Heiligen Geist mißbrauchen, so daß gläubige Menschen aus dem Leben der Niedergeschlagenheit, des Seufzens und Stöhnens nicht herauskommen. Beides ist nur auf eine falsche Auffassung dieser Stelle zurückzuführen. Vor allem ist hierbei festzustellen, daß es sich nicht um das Leben diesseits und jenseits des Grabes handelt, wenn Jesus von „dieser“ und „jener Welt“ spricht. Also nicht das Leben im Fleische und die Ewigkeit ist unter dieser und jener Welt zu verstehen, sondern der HErr spricht hier von zwei Äonen oder Weltzeiten, Zeitaltern, und zwar von dem damals gegenwärtigen Zeitalter des Gesetzes, in dem Jesus lebte, und dann von dem zukünftigen Zeitalter.

Die Pharisäer lästerten den Geist Gottes, weil sie ein Werk, das durch die Kraft des Heiligen Geistes geschah, auf die Gewalt des Satans zurückführten (Matth. 12,24-29). Durch die Dämonenaustreibung erwies Sich Jesus als Messias, als Gesalbter Gottes, und das Volk pries Ihn auch infolgedessen als Davidssohn (Matth. 12,23). Durch die Treibereien der Pharisäer, die genau wußten, daß Gott durch Christus solche Zeichen wirkt (Joh. 3,2), aber trotzdem alles auf den Einfluß des Satans zurückführten, wird das Volk irre an Jesus, so daß es schließlich sogar Seinen Kreuzestod fordert (Matth. 27,25) und damit den Messias verwirft, den König des Himmelreiches töten läßt. In Christus wohnte die Geistesfülle, und mit Macht von oben trat Er dem Reich des Satans gegenüber. Wenn nun die Pharisäer trotz gegenteiliger Erkenntnis die Zeichen und Wunder Christi als Machwerke Satans ausgeben, so lästern sie damit nicht nur Christum, sondern vor allem den in Christus wohnenden Heiligen Geist. Eine Lästerung des Geistes kann also nur da vorliegen, wo man ganz klare Erkenntnis von dem Wirken des Heiligen Geistes hat und wider besseres Wissen dieses Wirken auf den Einfluß des Bösen zurückführt. Wenn Pfingstleute den Pfingstgegnern den Vorwurf der Sünde wider den Heiligen Geist gemacht haben, geschah das zu Unrecht, zumal die Pfingstgegner überzeugt sind, daß der in der Pfingstbewegung in vielen Dingen hervorgetretene Geist nicht der Heilige Geist ist. Wohl können wir den Geist Gottes „betrüben“ nach Eph. 4,30, Ihn „dämpfen“ nach 1. Thess. 5,19, aber zur Lästerung des Geistes dürfte es bei einem Kinde Gottes nicht kommen; bei einem Unbekehrten ist das wohl erst recht ausgeschlossen, da ja der natürliche Mensch nichts vom Geist Gottes vernimmt (1. Kor. 2,14), so daß er Wirkungen des Heiligen Geistes gar nicht be- bezw. verurteilen kann.

Achten wir mehr darauf, daß der Heilige Geist eine Majestät Gottes ist, und hören wir auf, Ihn zu betrüben, Ihn zu dämpfen, Ihm zu widerstehen. Nicht ohne Bedeutung ist es, daß der Heilige Geist in Gestalt einer Taube erschien und auf Christus kam (Matth. 3,16). Er ist es, der uns hineingestaltet in das Bild Christi (2. Kor. 3,18).

A. C. (z. Zt. b. Mil.).

Antwort B

Die Erscheinung Jesu forderte alles zu einer Entscheidung heraus. Der eine stellte sich mit Bewußtsein auf Seine Seite, der andere verharrte bewußt im Unglauben. Er, der gekommen war zu erretten, war bereit, alle Sünden zu vergeben, aber wider den Heiligen Geist reden und bewußt Taten, die durch Ihn gewirkt waren, dem Satan zuschreiben konnte nimmer vergeben werden.

Taten, die durch Ihn gewirkt waren, dem Satan zuschreiben konnte nimmer vergeben werden.

In Matth. 12,24 mußten die Pharisäer zugeben, daß der Teufel ausgetrieben war, aber in ihrem Haß gegen Christus schrieben sie lästernd diese Macht dem Satan zu. Dieses war die Sünde wider den Heiligen Geist. Sie lästerten das herrliche Zeugnis des Geistes, durch welches sie innerlich überführt waren von Seinem Wirken.

In Vers 21 weist der Herr Jesus auf die unwissenden Heiden hin. Diese würden einmal wider jene Lästerer auftreten, die aus dem Gesetz und den Propheten Ihn erkannten und in den Zeichen das Zeugnis des Geistes sahen und doch dagegen lästernd sich somit selbst das Gericht sprachen.

So geht jeder selbst seinem Urteile entgegen. Alles hängt davon ab, ob der Mensch dem inneren Zeugnis des Geistes Folge leistet oder ob er sich diesem Zeugnis mit Bewußtsein verschließt. So sind alle Gerichte unseres Gottes wahrhaftig und gerecht.

Ph. W.

Antwort C

Die in Frage kommende Stelle ist nicht selten zum Schaden des Volkes Gottes sowie zum Nachteil heilsverlangender Menschen mißdeutet worden.

Die einen sehen darin eine Sünde, die selbst Kinder Gottes begehen können, obwohl die Schrift auch nicht einen Schatten von Beweis dafür liefert, denn diese Worte galten nicht einmal den gewöhnlichen Ungläubigen, sondern den Christusleugnern, die wider besseres Wissen Christus als den Gesalbten Gottes leugneten; die anderen beuten diese Stelle für ihre Wiederbringungslehre aus.1

1

Z. B. Jukes u. a., die da meinen, alle Sünden werden vergeben, manche Sünden (wie solche gegen den Sohn des Menschen) schon in diesem Zeitalter, andere Sünden erst im zukünftigen Zeitalter und Sünden, die nicht im zukünftigen Zeitalter vergeben werden (wie Lästerung des Geistes), finden Vergebung nach dem Tode in den „kommenden Zeitaltern“. Die Schrift aber sagt solches nicht, noch redet sie von einer Vergebung nach dem Tode. Diese Stelle spricht nicht von den Sünden ein und derselben Person in Beziehung zu den verschiedenen Zeitaltern, sondern der Sinn der Stelle und des ganzen Zusammenhanges ist, daß die Sünde der Lästerung, ob sie jemand in „diesem Zeitalter“ begeht oder in dem „zukunftigen“ begeht, nicht vergeben werden wird. (Die Schriftleitung.)

Es ist nicht zu leugnen, daß dieses Wort aus dem Munde des HErrn manchem Schwierigkeiten gemacht hat, dazu kommen noch die bunten Deutungen, die nur zu offenkundig das Gepräge des menschlichen Verstandes tragen; kein Wunder, daß in dem irdischen, menschlichen Farbengewirr das Auge der Schwachen und Unbefestigten irregeführt wird, so daß es kaum die blaue Himmelsfarbe und das Licht der wahren Sonne, welches sich in dem siebenfach geläuterten und reinen Worte Gottes widerspiegelt, erkennen kann.

Wir finden diese Begebenheit mit seiner ernsten Warnung nur in den drei synoptischen Evangelien. Ich glaube nicht, daß wir dieses Wort willkürlich auf jede Sünde wider den Geist, auf jede Person, vielleicht nicht einmal auf jede Zeitperiode anwenden dürfen. Es steht uns nicht zu, die Grenzen der Schrift einfach zu überschreiten oder zu beseitigen. Wir finden nirgends wieder, weder in der Apostelgeschichte noch in den Briefen, eine Erwähnung von „lästern wider den Heiligen Geist“. Wohl lesen wir in Apgesch. 7,51 vom „Widerstreiten dem Heiligen Geiste“, in Eph. 4,30 vom „Betrüben des Heiligen Geistes“, in 1. Thess. 5,19 vom „Löschen des Geistes“ und in Hebr. 10,29 vom „Schmähen des Geistes der Gnade“, aber niemals wieder vom „Lästern“. Ohne Zweifel sind alle diese angeführten Dinge Sünden wider den Heiligen Geist, derer sich zum Teil auch ein Kind Gottes schuldig machen kann, wenn es unwachsam ist, wie Eph. 4,30 und 1. Thess. 5,19 beweisen, aber es ist nicht die Sünde der „Lästerung“, mit der man sich „ewiger Sünde“ schuldig macht, d. h. infolgedessen der Geist Gottes mit einem solchen Menschen für alle Zeilen abbricht und derselbe des ewigen Heils verlustig geht. Der Unterschied zwischen dem „Lästern“ und den anderen Sünden wider den Heiligen Geist wird oft nicht gebührend berücksichtigt. „Lästern“ ist auch Sünde, weil alle

den Heiligen Geist wird oft nicht gebührend berücksichtigt. „Lästern“ ist auch Sünde, weil alle Verfehlungen gegen Gott durch dieses Wort zum Ausdruck kommen, aber Sünde als Ausdruck der Verfehlungen ist damit noch keine „Lästerung des Geistes“. Auch sei darauf hingewiesen, daß nur der HErr diesen Ausdruck gebraucht, und zwar nur in Beziehung zu bestimmten Menschen und nur in Verbindung mit einer bestimmten Tat. Lehrt uns dieses nicht, vorsichtiger mit den Worten des HErrn umzugehen?

Ein grober Mißbrauch und eine Vergewaltigung der Schrift ist es, dieses ernste Wort des HErrn auf irgend einen scheinbar unbußfertigen oder auch über seine Sünden gepeinigten Menschen anzuwenden. Auf wahre Kinder Gottes kann es keine Anwendung finden, die mächtigen Hände des HErrn beschirmen es vor einer solchen Sünde.

Wenn ich auch nicht behaupten möchte - obwohl es für mich eine Frage ist -, daß solche Lästerung wider den Geist heute nicht vorkommt, so halte ich doch keinen Bruder für berechtigt, einem Menschen heute diese nie zu vergebende Sünde mit ihren ewig unabänderlichen Folgen zur Last zu legen. Dies wollen wir Dem überlassen, der Herzen und Nieren erforscht und dessen Augen wie eine Feuerflamme sind, der niemals irren kann.

Der HErr wolle uns durch Seinen Geist in alle Wahrheit leiten!

K. O. St. (z. Zt. im Felde).

Anmerkung der Schriftleitung

Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß der Ausdruck: „die Sünde wider den Heiligen Geist“ nicht das sagt, was die Schrift sagt. Der HErr redet von „der Lästerung des Geistes“. Es handelt sich nicht um irgend eine Sünde wider den Heiligen Geist, sondern um eine ganz spezielle Sünde, um „die Lästerung“ des Geistes (Matth. 12,31) - um „lästern“ (Mark. 3,29; Luk. 12,10).

Alles, was der HErr tat, tat Er im Geiste Gottes (Matth. 12,18.28; Luk. 4,18; Joh. 5,36-39; Apgesch. 10,38). Das Wunder an dem Besessenen, Blinden und Stummen (Matth. 12,22) bewies den Pharisäern, daß der Heilige Geist auf Ihm und Er der Gesandte vom Vater war. Aber, obgleich überführt von dem Unsinn ihrer Worte, daß der Satan den Satan austreibe, lästerten sie wider alles, was Gott ist. Nicht in unwissendem Unglauben, sondern mit Wissen und Willen, von ihrem Haß gegen Christus geleitet, schrieben sie das, was der Heilige Geist zur Befreiung des Menschen wirkte, lästernd dem Satan zu und suchten andere in diesen Betrug Satans hineinzuführen. Das, was hier die Pharisäer taten, das war die Sünde der Lästerung des Geistes. Wir lesen: „Weil sie sagten: Er hat einen unreinen Geist“ (Mark. 3,30). Wie kann jemand, der in Haß gegen Christus jedes Zeugnis des Heiligen Geistes lästert, die Vergebung seiner Sünden empfangen und errettet werden, da es doch keine andere Kraft gibt, die ihn könnte zur Buße leiten!

Ob diese spezielle Sünde, die in der Zeit des persönlichen Dienstes des HErrn hervortrat, auch heute, am Tage der Gnade Gottes und der Abwesenheit des HErrn möglich ist, darüber gehen die Meinungen der Schriftforscher auseinander. Manche haben sich verneinend dahin ausgesprochen, daß, wenn der HErr von dem Nichtvergeben dieser Sünde weder in „diesem“ noch im „zukünftigen“ Zeitalter rede, diese Sünde auch nur diesen Zeitaltern eigen sei und wir sie nicht in anderen suchen sollten. „Dieses Zeitalter“ bezeichne das Zeitalter des Gesetzes, zur Zeit, als der HErr persönlich auf Erden

war, das „zukünftige Zeitalter“ dagegen das Zeitalter des Messias (vergl. Hebr. 2,5), aber keineswegs den heutigen Tag des Heils, die jetzige Zwischenzeit der Sammlung Seiner Gemeinde aus Juden und Heiden; denn das Zeitalter des „Geheimnisses“ war zu der Zeit, als der HErr diese Worte redete, noch verborgen in Gott und Menschen noch nicht kundgemacht, so daß die Zuhörer des HErrn den Sinn Seiner Worte vom „zukünftigen Zeitalter“ gar nicht anders verstehen konnten, als daß das zukünftige Zeitalter das der Herrschaft des Messias auf Erden sei, welches sie erwarteten, und das ihnen die Vergebung der Sünden bringen würde.

Ob diese besondere Sünde nur jener Zeit des persönlichen Dienstes des HErrn auf Erden eigen war oder der Zeit Seiner Herrschaft auf Erden eigen sein wird, mag dahingestellt sein; das bleibt gewiß: ein gleiches Bild dieser Sünde der Lästerung des Geistes können wir schon durch die Abwesenheit des HErrn heute im Zeitalter der Gnade nicht haben;1 und die Schrift redet wohl von anderen Sünden dem Heiligen Geiste gegenüber, aber außer diesem Fall nie wieder von der Sünde der „Lästerung des Geistes“. Es dürfte uns deshalb kaum möglich sein, mit sicherem Schriftgrund auf die Sünde eines Menschen heute diese Schriftstelle anzuwenden und sie als unvergebbar zu bezeichnen.

1

Im Spiritismus mag manches ihr nahe kommen, aber es ist umgekehrt: was Satan wirkt, wird Gott zugeschrieben. (Viele mögen es aber in Unwissenheit tun.)

Wie dem aber auch sei. Der Ernst in bezug auf das Verhalten des Menschen dem Heiligen Geiste gegenüber bleibt unberührt bestehen. Mit welchem Ernst warnt uns die Schrift vor dem Lose solcher, die den Geist der Gnade „schmähen“ (Hebr. 10,28.29). Wie furchtbar die Sünde, wenn ein Mensch dem Heiligen Geiste „widersteht“. Verstockung des Herzens ist die Folge. Alle Empfindung geht verloren. Das Gewissen wird wie mit einem Brenneisen gehärtet, und betrügerische Geister und dämonische Lehren ziehen in das Herz ein (Eph. 4,19; 1. Tim. 4,1.2). Furchtbares Los!

Oft hat der Feind aber die Worte des HErrn in dieser Stelle benutzt, um Seelen, die über ihre Sünden bekümmert waren, zu beunruhigen und zu hindern, die Vergebung ihrer Sünden im Glauben anzunehmen. Mit solchen über ihre Schuld bekümmerten Seelen hat diese Stelle nichts zu tun. Ihr Kummer, die Sünde der Lästerung des Geistes begangen zu haben, ist gerade der Beweis, sie nicht getan zu haben, denn sonst würden sie keinen Kummer darüber empfinden. Der Feind steht hinter solchen Seelen, sie abzuhalten, zu Dem zu kommen, der gesagt hat: „Kommt her zu Mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und Ich werde euch Ruhe geben“ (Matth. 11,28); er hindert sie, die Vergebung von Dem anzunehmen, dessen Blut reinigt von aller Sünde.

Was würde eine solche über die Sünde der Lästerung des Geistes geängstigte Seele sagen, wenn man sie diesen Schriftabschnitt (Matth. 12,22 flg.) lesen ließe und man ihr die Frage vorlegen würde: „Wohnte in dem Herrn Jesus der Satan oder der Heilige Geist? Hat Er den blinden und stummen Besessenen durch den Satan oder durch den Heiligen Geist geheilt?“ Wie würde das Herz erbeben bei einer solchen Frage. Nie, um alles nicht, würde sie solches sagen. Schon den Gedanken würde sie verabscheuen. Wie kann eine solche Seele diese Sünde begangen haben, da das die Sünde der Lästerung ist! Das Kennzeichen dieser Sünde liegt ja gerade darin, daß der Mensch die Kraft des Geistes Gottes, die ihn allein von dem Bösen befreien kann, dem Satan zuerkennt. Solche armen Seelen sind Opfer des Betruges Satans. Zuweilen sind es jedoch auch Seelen, die in einer Sünde leben, die sie lieben und von der sie nicht bereit sind, sich in Buße, Bekenntnis und Glauben lösen zu lassen.

 

Frage 10

Welche Stellung nehmen die aIttestamentlichen Gläubigen zur Gemeinde Gottes ein; gehören sie dazu oder nicht, und haben sie teil an der ersten Auferstehung (Eph. 2,11ff.; Off. 20,4-6)?

Antwort A

Alle Erlösten Gottes, ganz gleich in welchem Zeitalter, welcher Haushaltung sie lebten, werden teilhaben an der ersten Auferstehung. Dieselbe fing an mit Christi Auferstehung (1. Kor. 15,20), und gleich nach Seiner Auferstehung wurden viele Heiligen auferweckt als Zeugnis des Sieges des HErrn über Tod und Grab (Matth. 27,52.53), und sie wird fortgesetzt in der Auferstehung aller Toten in Christo bei Seinem Kommen für die Gemeinde, und sie endet mit der Aufrichtung Seines Reiches (Offenb. 20,4-6). Wir haben keinen Anhalt in der Schrift dafür, daß Gläubige im Tausendjährigen Reiche sterben, so daß für solche noch hätte eine Auferstehung stattfinden müssen.

Warum haben alle Heiligen Alten und Neuen Testamentes an der ersten Auferstehung teil? Weil es die Auferstehung des Lebens ist (Joh. 5,29) und sie alle das Leben besitzen. Es gibt Segnungen, die für alle Heiligen (Neuen und Alten Testamentes) gemeinsam sind: Alle sind auf dem Grunde des Glaubens errettet, die Schuld aller ist gesühnt durch Sein Blut, und alle werden der Auferstehung des Lebens teilhaftig. Dies ist das gemeinsame Heil, denn es gibt nur ein Heil und eine Errettung. Eine andere Frage ist die der Stellung und des Segensloses oder des Segenskreises. Da belehrt uns das Wort Gottes deutlich, daß es verschiedene Familien- und Segenskreise gibt. Ein ganz besonderer Segenskreis ist durch die Unumschränktheit Gottes Seiner Gemeinde zugeteilt. Die verschiedenen Segenskreise finden wir z. B. in Stellen wie Eph. 3,15, da wird von den verschiedenen Familienkreisen im Himmel gesprochen; in Hebr. 12,23 spricht der Heilige Geist von der Versammlung der Erstgeborenen, worunter ohne Zweifel die entschlafenen Heiligen der Gemeinde zu verstehen sind, wogegen der Ausdruck „die Geister der vollendeten Gerechten“ Bezug hat auf die alttestamentlichen Heiligen, so daß wir genaue Unterschiede zwischen den alt- und neutestamentlichen Heiligen finden.

Es sei noch bemerkt, daß die verschiedenen Segenskreise nicht von den Heiligen der verschiedenen Haushaltungen abhängig gemacht sind, sondern daß Gott in Seinem Rate beschloß, jede Familie mit Segnungen zu segnen, wie Er es gut fand. In der Ewigkeit werden wir uns auch der Segnungen der anderen erfreuen, sind doch alle diese Beweise für Seiner Güte und Seiner Weisheit, und dienen sie doch alle zu Seiner Verherrlichung. Ihm sei Preis und Dank und Anbetung dafür!

K. O. St. (z.Zt.im Felde).

Antwort B

Die alttestamentlichen Gläubigen gehören nicht zur Gemeinde Gottes, denn diese Gemeinde, „die da ist Sein (Christi) Leib“ (Eph. 1,23), ist erst am Pfingsttage gegründet, wie aus vielen Stellen, wie z. B. auch aus 1. Kor. 12,13 hervorgeht, während die Belehrung darüber, aus wem diese Gemeinde gebildet ist, erst dem Apostel Paulus zur Verwaltung anvertraut war (vergl. Eph. 2 und 3!). Aus dem Epheserbrief die Folgerung zu ziehen für die alttestamentlichen Heiligen dürfte dem aufmerksamen Leser nicht schwer fallen: sie standen auf dem Boden Israels und nicht auf dem der Gemeinde, auf dem des Gesetzes und nicht der Gnade, sie gehörten der irdischen Berufung an und nicht der himmlischen (wie die Gemeinde, vergl. den Epheserbrief mit anderen Stellen, so Phil. 3,20!), sie

konnten nicht durch den Geist mit zu einem Leibe getauft werden, „denn der Geist war noch nicht, da Jesus noch nicht verherrlicht war“ (Joh. 7,39) usw. usw. Sie genossen andere Vorrechte, aber nicht die, welche nur der Gemeinde des HErrn zustehen auf der Grundlage lediglich der Gnade!

Nein, der Gemeinde Gottes gehörten sie nicht an, aber mit der Frage, ob sie an der ersten Auferstehung teilhaben, ist es eine ganz andere Sache. Diese ist nicht an die Gemeinde gebunden. Vielmehr, da es nur zwei Auferstehungen gibt (Offenb. 20), und nur der glückselig und heilig gepriesen wird, der an der ersten teilhat, so haben auch sie an dieser teil, soweit sie nicht schon auferstanden sind, nämlich als die „Erstlingsgarbe“ (siehe 3. Mose 23,9ff.; Matth. 27,52.53, und vergl. dazu „G. H.“ Band 2, S. 7!) in einem Vorakt zur großen ersten Auferstehung. Diese ist eingeleitet durch den „ Erstling Christus“, d. h. durch Seine Auferstehung (1. Kor. 15,23); Ihm nach kam die erwähnte „Erstlingsgarbe“ an die Reihe gleich nach Seiner Auferstehung, und an dem Tage des Kommens des HErrn, da Er Seine Gemeinde entrückt (1. Kor. 15,51ff. und 1. Thess. 4,13-18), geht ein weiterer Abschnitt der ersten Auferstehung vor sich, nämlich der, der eben Seine Gemeinde betrifft. Und von da an gibt es noch weitere Abschnitte in dem Verlauf der ersten Auferstehung, so betr. derer, „die aus der großen Drangsal kommen“ (Offenb. 7,14; 20,4 u.a.) und der 144000 (Offenb. 14) usw. Über diese Abschnitte der ersten Auferstehung ist in der „G. H.“ schon geschrieben worden (vergl. „G. H.“ Band 4, Seite 154ff.).

Zur ersten Auferstehung gehören bedingt also nicht Zugehörigkeit zur Gemeinde des HErrn, jedoch es bedingt Zugehörigkeit zu Christus. Unser herrlicher HErr ist aber nicht nur „das Haupt Seines Leibes“, Seiner Gemeinde, sondern auch der Messias-König Seines Volkes Israel! Der Gläubige, der zu diesem, d. h. zur irdischen Berufung gehört, hat teil an der ersten Auferstehung, und der Gläubige, der zur Gemeinde, d. h. zur himmlischen Berufung gehört, hat auch teil an ihr, denn die ewige Glückseligkeit der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne, wenn auch unter verschiedenen Familienbeziehungen (Eph. 3,14.15), wird nur durch Teilhaben an der ersten Auferstehung als bleibendes Erbteil bestätigt.

F. K. (z.Zt. im Felde).

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

„Gehe in deine Kammer und bete.“

Matth. 6,6.

Wir durchleben ernste Zeiten. Mehr als je spüren wir es, daß der „Fürst der Gewalt der Luft“ die Welt regiert und „wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams“ (Eph. 2,2). Niemals trug die Welt das Bild ihres Fürsten, des „Lügners“ und „Menschenmörders“, so offen zur Schau wie jetzt. Es ist eine ganz besondere Zeit - eine „Stunde der Gewalt der Finsternis“. In solcher Stunde sagte der HErr zweimal Seinen Jüngern: „Betet, daß ihr nicht in Versuchung kommet“ (Luk. 22,39-53). Er selbst stand in

Seinen Jüngern: „Betet, daß ihr nicht in Versuchung kommet“ (Luk. 22,39-53). Er selbst stand in „ringendem Kampfe“. Und wenn Er in ringendem Gebete war, wievielmehr sollten wir es sein. Wie ernst ruft uns heute alles zum Gebet! Haben wir Seine Stimme gehört? „Das Ende aller Dinge ist nahe gekommen. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet“ (1. Petri 4,7.8).

Es geht dem Ende zu. Nur noch wenige Schritte haben wir hienieden. Laßt uns nüchtern sein! Der HErr sagt: „Gehe in deine Kammer und, nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete!“ Gewiß beugen alle Kinder Gottes ihre Knie, aber vielleicht sind es wenige, die sich, wie der HErr, zurückziehen zu „ringendem“ Gebet; wenige, die, wie einst Jona, zu Gott „rufen“ und „schreien“ (Jona 2,3); wenige, die so suchen, daß sie finden möchten; wenige, die anklopfen, um aufgetan zu erhalten; wenige, die „allezeit beten und nicht ermatten“ (Luk. 18,1); wenige, die darin „beharren“, „wachen“; die da „stehen im Geiste“ (Kol. 4,2; Röm. 12,12; Eph. 6,18), die „in den Gebeten ringen“ wie Epaphras (Kol. 4,12). Gott ruft uns zum Gebet zurück.

„Schließe die Tür“, sagt der HErr. Sei mit deinem Gott allein; da, wo niemand dich sieht, niemand dich hört, da, in deiner Kammer, öffne Ihm dem Innerstes, schütte Ihm dein Herz aus. Er hört deine Anliegen, deine Seufzer. Er sieht deinen Schmerz, deinen Eifer, deine Hingabe.

Allein vor Gottes Angesicht, unter Seinem alles erforschenden Auge, da ist dein Pniel (1. Mose 32,30). Was ist dir ein solcher Ort? Hast du einen solchen Platz? Der HErr ging auf den Berg, um zu beten (Matth. 14,23). Hiskia wandte sein Angesicht gegen die Wand auf seinem Bette und betete (Jes. 38,2). Daniel betete auf seinem Obergemach (Dan. 6,11). Petrus ging auf das Dach (Apgesch. 10,9). Und wohin gehst du, um zu beten? Tust du nach dem Worte des HErrn: „Gehe in deine Kammer ... bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist“? Du kannst nicht ohne Gebet durchkommen, oder du bist krank und das Leben am Erlöschen. Wie auch die Verhältnisse und Umstände sein mögen, Kinder Gottes müssen beten, sie können ohne Gebet, ohne das Wort Gottes nicht leben. Es ist ihnen gleich dem Essen und Trinken eine Lebensnotwendigkeit. Wie oft haben uns die Brüder im Felde dieses bezeugt. Obwohl sie kein Plätzchen hatten, wo sie die Tür schließen konnten, aber sie konnten nicht ohne Gebet sein. Wohl waren sie nicht allein; sie aßen und tranken, sie wachten und schliefen zusammen mit Kameraden, die Gott nicht anriefen, aber sie mußten beten. Gott hat eben keine stummen Kinder. Und wir in der Heimat - wie haben wir von dieser Gnade, mit Ihm allein zu sein, Gebrauch gemacht? Müssen wir bekennen, darin gefehlt zu haben? David betete abends, morgens und mittags (Ps. 55,16.17). Wann betest du? Wie können wir Kraft haben für den Weg durch dies finstere Tal, wenn wir nicht beten? Wenn du dem Teufel im Glauben widerstehen willst, mußt du beten. Ohne den verborgenen Umgang mit Gott hast du keinen Sieg in den Stunden der Anfechtung über Sünde, Welt und Fleisch. Die vielen Glaubenshelden der Schrift, deren Leben der Heilige Geist uns zur Nachahmung zeigt, sie alle waren Beter. Denke an Abraham, David, Esra, Nehemia, Daniel, Johannes, Petrus, Paulus u. a. m. Welche Werkzeuge waren sie in des HErrn Hand, und welche Taten richtete Gott durch sie aus! Gott gibt sie uns als Beispiele. Möchten wir uns durch sie ermuntern lassen zu treuem Gebet im Verborgenen!

Wie besonders nötig ist es heute, zu beten „für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind“ (1. Tim. 2,2). Hierin ist viel gefehlt worden. Und weiter ermahnt uns Gott zu anhaltendem „Flehen für alle Heiligen“ und für die Diener Christi Jesu, damit sie im „Auftun ihres Mundes mit Freimütigkeit das Geheimnis des Evangeliums kundtun“ (Eph. 6,18.19) und daß der HErr „Türen des Wortes auftue“ (Kol. 4,3), „daß das Wort des HErrn laufe und verherrlicht werde“ (2. Thess.3,1).

(Kol. 4,3), „daß das Wort des HErrn laufe und verherrlicht werde“ (2. Thess.3,1).

Sage doch niemand, daß ihm die Zeit zum Gebet fehle. Du hast Zeit für andere Dinge; Zeit zum Gespräch mit den Deinigen und mit Fremden; Zeit für Dinge, die dir nützlich oder angenehm sind; Zeit zu Dingen, die du lassen kannst - und keine Zeit zum Gebet? Wie schwach muß dein geistliches Leben sein! Wie viele Minuten gehen nutzlos dahin und werden zu Stunden, die mit Gott im Verborgenen könnten zugebracht werden. Da liegt das Geheimnis so vieler geistlichen Mattigkeit und Unfruchtbarkeit.

Der HErr schenke den Müdegewordenen Gnade, sich in Buße vor Ihm zu demütigen und wieder heilige Hände im Gebet aufzuheben ohne Zorn und zweifelnde Überlegungen (1. Tim. 2,8). Uns allen aber schenke der HErr Ohren und Herzen, auf jede Stimme Seines Wortes zu hören, denn: „Wer sein Ohr abwendet vom Hören des Gesetzes: selbst sein Gebet ist ein Greuel“ (Spr. 28,9.)

v. d. K.

Passend für den Himmel.

Kol. 1,12.

Wie kann ein sterblicher Mensch, dem die alte Natur noch anklebt, sagen, daß er passend für den Himmel sei, während die vier lebendigen Wesen Tag und Nacht nicht aufhören, zu sagen: „Heilig, heilig, heilig, HErr Gott, Allmächtiger, der da war, der da ist und der da kommt!“ (Offenb. 4,8)?

Andererseits, wie kann jemand in den Himmel aufgenommen werden, ohne daß er für ihn passend geworden ist? Wie konnte der HErr am Kreuze zu dem Übeltäter sagen: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein!, ohne daß dieser arme, schuldbeladene Sünder passend geworden wäre, dort zu sein? Oder wie kann Paulus mit solcher Gewißheit sagen, er wünsche ausheimisch aus dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn zu sein?

Manche Menschen denken, die Bereitschaft für den Himmel sei abhängig von einer gewissen geistlichen Vollendung während des irdischen Lebens oder es müsse auf dem Sterbebett noch eine innere Umwandlung und Zubereitung vor sich gehen; andere erwarten einen Reinigungsprozeß, der im Jenseits stattfinden werde. Für diese Meinungen gibt es aber in der Schrift keine Spur von Anhalt, und können wir Zuverlässiges über die Zukunft wissen, außer dem, was Gott uns in Seinem Wort geoffenbart hat?

Es ist aber durchaus wünschenswert, über die Frage der Bereitschaft für den Himmel nicht in Ungewißheit zu leben. Wir sind ganz gewiß, daß dort eine herrliche Schar von Seelen sein wird; auch sind wir ganz sicher, daß sie im Himmel keinen Platz haben würden, wenn sie nicht dafür passend wären; die Frage ist nur die, wann und wie wird man passend gemacht, um dort zu sein?

Wir müssen zuerst hören, was Gott selbst über unsere Bereitschaft für den Himmel sagt, denn Er allein kann darüber urteilen. Der Apostel schreibt Kol. 1,12: „Danksaget dem Vater, der uns passend gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden.“ - Hier wird uns also gesagt, daß wir nicht erst passend werden sollen, sondern ganz ausdrücklich wird erklärt, daß wir passend gemacht sind. Und das ist nicht für einige

sondern ganz ausdrücklich wird erklärt, daß wir passend gemacht sind. Und das ist nicht für einige besonders hochbegnadigte Christen, die etwa auf eine ganz einzige Weise, von allen anderen verschieden, dazu gelangt wären, sondern diese Worte sind an alle Heiligen in Kolossä gerichtet, und wenn sie von ihnen allen gelten, sollten sie dann nicht gleicherweise von allen Gläubigen gelten?

Die Worte bedeuten auch nicht, daß sie passend gemacht seien zur Anwartschaft, sondern zum Anteil am Erbe, also passend gemacht, in dies Erbe einzutreten, es in Besitz zu nehmen, das Erbteil, das uns erworben ist und bereitgehalten wird (1. Petri 1,4), das wir aber jetzt noch nicht besitzen.

Es ist das „Erbteil der Heiligen im Licht“, wo auch der kleinste Flecken und Fehler gänzlich aufgedeckt sein würde, denn das Licht macht ja alles offenbar (Eph. 5,13); und so gewiß kein Flecken in dem Reich des Lichts geduldet werden würde, so gewiß sind alle, die in Christo Jesu sind, passend gemacht zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht und sind ein Teil der Gemeinde, welche der hochgelobte HErr vor Sich Selbst verherrlicht darstellen will ohne Flecken, ohne Runzeln oder etwas dergleichen (Eph. 5,27).

Nun könnte vielleicht jemand sagen: Wie ist das möglich? Ich sehe doch, daß das Fleisch mir noch anhaftet; es ist zwar zum Tode verurteilt und am Kreuze gerichtet, aber dennoch ist es immer bereit, wieder in Tätigkeit zu treten. - Richtig! - aber diese selbe Epistel unterscheidet zwischen dem Wandel des Christen und der Stellung, in welche Gott ihn gebracht hat. Der Apostel bittet für die Kolosser, daß sie erfüllt sein möchten mit der Erkenntnis des Willens Gottes (Kol. 1,9), um würdig des HErrn zu wandeln zu allem Wohlgefallen, und er verbindet damit viele andere Ermahnungen zu einem gottseligen Wandel, welcher nach allgemeiner Übereinstimmung der Gläubigen einen Christen kennzeichnen sollte.

Da nun dieses Gebet in derselben Epistel steht, und zwar in nächster Verbindung mit der Erklärung über die Bereitschaft der Gläubigen zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht, so geht daraus deutlich hervor, daß diese beiden Dinge unterschieden werden und daß das eine durch das andere nicht aufgehoben wird. Ein heiliger Wandel sollte sicherlich eingeschärft werden, aber er muß auf der Stellung beruhen, in welche Gott uns gebracht hat. Was meinen wir mit einem würdigen Wandel anders als einen Wandel, der mit der Stellung übereinstimmt, in welche Gott uns ein für allemal durch Seine Gnade gebracht hat?

Wir wollen nur auf einige Punkte achten, die uns zeigen, wie wir für den Himmel passend gemacht worden sind: Wir stehen vor Gott als Schuldige, Er aber erklärt uns, daß wir gerechtfertigt sind (1. Kor. 6,11), wir sind „umsonst gerechtfertigt durch Seine Gnade durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist“ (Röm. 3,24). - „Vielmehr nun, da wir jetzt durch Sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir gerettet werden vom Zorn“ (Röm. 5,9). - „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott“ (Röm. 5,1). - „Gott ist es, welcher rechtfertigt, wer ist es, der verdamme?“ (Röm. 8,33.34.) Was kann uns mehr beruhigen als diese Tatsache? Sie beruht auf dem kostbaren Blute Christi, welches die ganze Schuld bezahlt und getilgt hat, und da Gott Selbst dies alles bewerkstelligt hat, wie kann da noch ein Zweifel entstehen, daß Er völlig befriedigt ist?

Sicherlich, im Besitz einer solchen Rechtfertigung dürfen wir vollkommen Frieden mit Gott haben, da Er in Seiner Gnade ihn für uns zustande gebracht hat, und sicherlich macht eine so vollständige Rechtfertigung uns passend für den Himmel.

Wir waren befleckt, aber Gott erklärt, daß der Gläubige abgewaschen und geheiligt ist (1. Kor. 6,11), und was Gott gereinigt hat, das dürfen wir nicht gemein oder befleckt nennen, sondern wir können sagen: „Dem, der uns liebt und von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute ... Ihm sei die Herrlichkeit und Macht“ usw. (Offenb. 1,5). - Was Gott getan hat, das hat Er sicherlich vollkommen getan, auch daß Er uns passend gemacht hat für die Herrlichkeit.

Wir haben viele Sünden begangen, aber Gott hat uns alle unsere Übertretungen vergeben (Kol. 2,13; 3,13). - „Ich schreibe euch, Kindlein, weil euch die Sünden vergeben sind um Seines Namens willen“ (1. Joh. 2,12). Unsere Sünden können demnach kein Hindernis sein an unserem Anteil am Erbe der Heiligen im Licht, denn ihre Sünden sind durch Christus hinweggetragen worden, und uns sind sie vergeben worden.

Wir waren Feinde, aber wir lesen 2. Kor. 5,18: „Alles aber von dem Gott, der uns mit Sich Selbst versöhnt hat ,durch Christum' ...“, und Kol. 1,21: „Und euch, die ihr einst entfremdet und Feinde waret nach der Gesinnung in bösen Werken, hat Er aber nun versöhnt in dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod, um euch heilig und tadellos und unsträflich vor Sich hinzustellen.“ Was kann vollkommener sein? Gott hat uns durch den Tod Seines Sohnes versöhnt, und wir wiederholen: was Er getan hat, das hat Er vollkommen getan.

Wir waren auch in der Gewalt Satans, aber dies gehört zu den Tatsachen, für welche wir dem Vater ganz besonders danksagen sollen, daß Er uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe (Kol. 1,13). Diese Versetzung war eine vollständige, aus dem Machtbereich des einen in das Machtgebiet des anderen, und wir sind nun nicht mehr unter der Gewalt des Gottes dieser Welt.

Wir sehen so, welche wunderbaren Dinge durch den Herrn Jesus Christus für uns vollbracht worden sind. Es ist gegenwärtige Wirklichkeit, was wir Hebr. 10,14 lesen: „Denn durch ein Opfer hat Er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden.“ Erwäge die Worte „vollkommen gemacht“. Kann dem, was vollkommen gemacht ist, und zwar vollkommen gemacht durch den HErrn Selbst, noch irgend etwas hinzugefügt werden? - Unmöglich! Und das ist eine abgeschlossene Sache; sie ist vollendet für ewig, nicht unsicher und veränderlich, sondern eine Vollendung, die nie mehr rückgängig gemacht werden kann. - Ist nun das, was der Herr Jesus vollkommen gemacht hat, nicht passend für den Himmel? Und was könnten wir zu dieser Tauglichkeit noch beitragen über das hinaus, was Er bereits durch Sein Opfer auf Golgatha vollbracht hat?

Es gibt aber noch Schriftstellen, welche über alle diese wunderbaren Dinge sogar noch hinausgehen. Lesen wir Eph. 1,5.6: Gott hat uns „zuvorbestimmt zur Sohnschaft durch Jesum Christum für Sich Selbst nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade, worin Er uns angenehm gemacht hat in dem Geliebten“ und Eph. 2,5.6: „Gott aber ... als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht - durch Gnade seid ihr errettet - und hat uns mitauferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu.“

Wir sind also „angenehm gemacht“ in Christo und wir sitzen mit in den himmlischen Örtern in Christo; und diese Stellen zeigen, daß diese Dinge gegenwärtige Wirklichkeiten sind - damit ist aber unsere Frage vollkommen beAntwortet: Wir müssen passend sein für den Himmel, weil wir angenehm gemacht sind in dem Geliebten, in der ganzen Würdigkeit Seiner heiligen Person und Seines unermeßlich großen Werkes, und weil wir bereits mitsitzen in den himmlischen Örtern in

Christo Jesu, nicht nur einst mit Ihm, sondern jetzt bereits in Ihm; wir brauchen niemals mehr in eine andere Stellung gebracht zu werden und brauchen niemals noch passender gemacht zu werden, als Seine vollkommene Gnade uns bereits gemacht hat.

Manche Gläubige finden es schwierig, diese herrlichen Dinge bereits jetzt als wirklich anzusehen, weil sie sich noch in diesem Leibe befinden, der von Schwachheit umgeben ist, und weil sie noch das Fleisch in sich haben und oftmals fehlen, aber dieselbe Epistel, welche feststellt, daß Gott uns passend gemacht hat zum Anteil am Erbe der Heiligen im Licht, spricht auch von unserem Zunehmen oder Wachsen durch die Erkenntnis Gottes, und der Apostel bittet für die Gläubigen, daß sie möchten in jedem Werke fruchtbringend sein, ja, daß sie würdig des HErrn wandeln möchten zu allem Wohlgefallen.

Diese beiden Linien der Wahrheit widersprechen sich nicht. Gott hat alle diese großen Dinge für uns getan, sagt uns, was sie bedeuten und zeigt uns die Stellung, welche Er uns durch diese Taten Seiner Gnade gegeben hat; dann aber begründet er mit dieser Stellung die Aufforderung, in allen Dingen so zu wandeln, daß wir unserem hochgelobten HErrn wohlgefallen.

Er wünscht gewiß, daß wir die großen Dinge, die Er für uns getan hat, nicht nur kennen, sondern Er will uns auch die volle Glaubwürdigkeit derselben versiegeln, damit wir uns ihrer freuen, während unsere Herzen in tiefer Dankbarkeit vor unserem Heiland sich beugen, der uns dies um einen so kostbaren Preis erworben hat. Dann wird in uns ein ernstes Verlangen entbrennen, in völliger Absonderung von der Welt zu leben, von welcher Er uns befreit hat, und würdig zu wandeln des HErrn, der uns zu Seinem eigenen Reiche und zu Seiner eigenen Herrlichkeit beruft (1. Thess. 2,12).

C. H. M.

Eine Nachtwache.

Ps. 63,6.

Ich sitze nachts gegen 12 Uhr in einem Schwerkrankenzimmer des Lazaretts, um mich herum acht meist durch Lungenentzündung sehr gequälte, schrecklich hustende Kameraden, und habe vor mir meine Bibel. Vielerlei Gedanken bewegen mich, doch ich darf wohl bekennen: „Bei der Menge meiner Gedanken in meinem Innern erfülllen Deine Tröstungen meine Seele“ (Ps. 94,19). Meine Gedanken beschäftigen sich mit dem unnennbaren Leid, das über der Menschheit lastet, durch Krankheit, Krieg und Tod, durch die Sünde und Schuld des einzelnen wie der ganzen Welt. Und ich frage: „HErr, warum? wie lange?“ Und tröstlich klingt's im Herzen: „Meine Wege sind höher als eure Wege, und Meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jes. 55,8; vergl. 45,7!) und „Ich komme bald!“ (Offenb. 22,20), und ich harre des Tages, der nach Seinem Kommen für Seine Gemeinde (1. Thess. 4,13-18) der trauernden Erde die Erlösung bringen wird nach ungezählten Stellen der Schrift, wie z. B. Jes. 12,5: „Besinget Jehova, denn Herrliches hat Er getan, solches werde kund auf der ganzen Erde!“ oder nach 2. Petri 3,13: „Wir erwarten aber nach Seiner Verheißung neue Himmel und eine neue Erde, in welchen Gerechtigkeit wohnt“. Dort hat die Sünde mit ihren Folgen wie Krankheit und Tod, Krieg und Zertrennung ihre heute alle und alles Vergängliche beherrschende Macht verloren, denn dann ist Jesus, der HErr, König auf Erden! Dann gibt's keine jammernden, den Tod ihrer Liebsten beklagenden Mütter und Söhne, Väter, Bräute und Geschwister mehr, dann gibt's auch keine

Nachtwachen mehr bei schwerkranken Kameraden, denen man, ach, so gern helfen möchte und doch so wenig helfen kann, selbst wenn man mit gottgeschenkter Liebe ihnen dient. Da werden die Menschen auch „den Krieg nicht mehr lernen“, und „die Schwerter werden zu Pflugscharen gemacht“ (Jes. 2,4). Da gibt's nur Herrliches - kein Seufzen, kein Jammern, aber auch kein Triumphieren von bösen Menschen über das Hilflose, kein Übervorteilen des Schwachen oder Ehrlichen, kein Jagen nach Geld und Hassen um ein wenig Besitz oder Ehre, keine Ungerechtigkeit, keine Untreue - wie sie z. B. zwischen Ehegatten, die durch den Krieg lange getrennt waren, oft fast als selbstverständlich angesehen wird, worunter wir Gläubigen so leiden, wenn wir sehen müssen, daß die Sünde das Natürliche geworden ist - keine Mißachtung Gottes, kein Fluchen, kein Lächeln über die Heiligen Gottes. Da hat auch das sehnsüchtige Harren der wunderbaren, von uns Gläubigen viel zu wenig bewunderten Schöpfung Gottes (vergl. Psalmen!), die jetzt seufzt unter der Knechtschaft des Verderbnisses und der Vergänglichkeit, die durch die Sünde mit dem Tode in die Welt gekommen ist, ein Ende (Röm. 8,19ff.).

O, Kind Gottes, was wird das sein! Freust du dich darauf? Lebst du in der Hoffnung einer herrlichen Zukunft?! Leidest du unter den Leiden dieser Zeit, und zwar weniger um ihrer selbst willen, die für uns, in Gemeinschaft mit dem HErrn Wandelnden, leichter sind als für die arme, friedelose Welt, sondern vielmehr um ihrer schrecklichen Ursachen willen: weil der Mensch die Finsternis mehr liebt als das Licht (Joh. 3,19.20) und weil sie den „HErrn der Herrlichkeit, den „Urheber des Lebens“, den sie gekreuzigt haben, als Heiland verschmähen, ja, vor allem, weil Er so verachtet und Sein Blut mit Füßen getreten wird? Siehst du in deinen leidenden Mitmenschen solche lebendige Zeugen von unserer Ungerechtigkeit und Gottes unbestechlicher Gerechtigkeit, zumal jetzt während des Bußgerichtes des Weltkrieges? Und wohin führt dich dies alles? Zur Gleichgültigkeit und Oberflächlichkeit oder zum Zeugen von der Gnade, zur Fürbitte und zu ringendem Gebet: „Herr Jesu, komme bald!“? und mehr: führt es dich dahin, führt es uns alle dahin, daß wir uns näher zu Ihm ziehen lassen, in Ihm volles Genüge zu haben und völlig in Ihm zu ruhen und in Seiner Gemeinschaft stille und treu und ohne Sorgen den von Ihm vorgezeichnelen Weg zu gehen, indem wir wissen, daß wir Ihm darinnen dienen? (Kol. 3,23.24.) Führt es uns dahin, daß wir uns sehnsüchtig freuen, Ihn bald zu sehen, der uns geliebt und durch Sein Blut erkauft hat, um uns zu „mehr als Überwindern“ zu machen? Wird Er uns größer, je kleiner und ärmer uns die Welt wird? O, daß die kostbaren Worte des 73. Psalms, Vers 23-26, unseres Lebens Bekenntnis mehr und mehr würden: „Doch ich bin stets bei Dir; Du hast mich erfaßt bei meiner rechten Hand; durch Deinen Rat wirst Du mich leiten, und nachher in Herrlichkeit wirst Du mich aufnehmen. Wen habe ich im Himmel? und neben Dir habe ich an nichts Lust auf der Erde. Vergeht mein Fleisch und mein Herz - meines Herzens Fels und mein Teil ist Gott auf ewig“, und die herrlichen Worte aus Phil. 1,21: „Das Leben ist für mich Christus“, daß sie uns täglich immer mehr köstliche Tatsache würden - durch Gnade in der Kraft Seines Geistes! Das wären in der Tat herrliche Wirkungen unseres nicht überflüssigen Nachsinnens im Lichte der Schrift über die gegenwärtigen Menschen und Verhältnisse, wie sie bei den verschiedensten Gelegenheiten und so auch bei stillen Nachtwachen, ob allein, ob bei anderen, so wie im Felde oder auf dem Krankenlager oder wo immer uns besonders vor Augen stehen.

„Habt auch ihr Geduld, befestigt eure Herzen, denn die Ankunft des HErrn ist nahe gekommen!“ - „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe!“ - „Über ein kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen“ (Jak. 5,8; Röm. 13,12; Hebr. 10,37) - über ein kleines! Gepriesen sei der Name des HErrn!

der Name des HErrn!

F. K. (z. Zt. beim Militär, inzwischen ins Feld).

Ein Wort über Matth. 14,22-33.

Wann war die Macht und Kraft des Herrn Jesus, zu segnen, zu bewahren, zu retten, größer: als Petrus, den Glaubensblick fest auf Ihn richtend, zu Ihm kam auf dem Gewässer, oder als er, auf den starken Wind blickend, im Begriff war zu sinken und ausrief: „HErr, rette mich!“? Wir sind leicht geneigt, zu denken, im zweiten Falle sei Jesu Kraft größer gewesen, ist es uns doch stets etwas Wunderbares, in besonderen Nöten Seine Hilfe zu erfahren, als uns unter Seiner bewahrenden Gnade in Zeiten der Ruhe zu befinden. Aber es ist verkehrt, so zu denken! Seine Macht und Kraft, die sich zunächst schon darin zeigte, daß Er Herr war über die Natur und daß das Wasser unter Seinen Füßen gleichsam zum festen Boden wurde - Seine Macht und Gnade ist in jedem Falle gleich, ist Er doch der „Jesus Christus, gestern, heute und in Ewigkeit derselbe“ (Hebr. 13,8). Nur in der veränderten Haltung des Petrus lag die Verschiedenheit sowohl der Umstände für diesen wie hinsichtlich der Erfahrung, die er von des HErrn Gnade machte. Wir sind die Veränderlichen - Er ist derselbe, „Jehovah, der ewig Seiende,“ der „Ich bin, der Ich bin“ (2. Mose 3,14), Er ist der, „aus dessen Fülle“ wir nehmen können ständig „Gnade um Gnade“ (Joh. 1,16), ob nun die Umstände friedlich oder stürmisch sind, ob wir daheim in Ruhe sind oder draußen im Kampf oder etwa im Toben des Völkerkrieges. Das Herz, das wankelmütige Herz des Petrus schuf die veränderte Sachlage, nicht der Sturm - der war nur eine äußere Veranlassung; aber auch nicht der HErr schuf sie - Er blieb der Gleiche, der, welcher wohl den Wind bestellte (vgl. Jona 1,4!) als Prüfung des Glaubens Seines Jüngers (vgl. 1. Kor. 10,13!), aber der auch völlig Herr war über die Sachlage, ebenso mächtig zu bewahren, als alles ruhig war, wie auch dann, als alles im wildesten Aufruhr schien.

Die Hauptsache, liebes Kind Gottes, in allen Lagen des Lebens, ist die Richtung unseres Blicks! „Richte den Blick auf Jesus!“, „Blicke nur auf Jesum!“ - diese beiden bekannten Lieder, besonders das letztere, enthalten wichtige Winke für unser praktisches Glaubens-, Sieges- und Überwinderleben. Die Zeiten der Ruhe mögen sich für dich geendet haben - hat doch „alles seine Zeit“ (Pred. 3,1-8), „wenn es nötig ist“ wirst du geprüft mit Zeiten des Sturmes und der äußeren Versuchungen, damit dein Glaube erprobt wird (1. Petr. 1,6-7), aber das verändert nicht Jesu Herz, Seine Macht, Seine Kraft, Seine Gnade, auch nicht Sein Wort und Seine Verheißungen! Wie oft hat Paulus das erfahren! Wenn nur dein Blick keine andere Richtung einnimmt, wenn nur dem Wind kein Blick gegönnt wird, sondern dein Auge auf den Herrn Jesus gerichtet bleibt! und wenn schon dein Auge einen Augenblick die rechte Richtung verlor, wenn dein Herz schon schwankte und darum die Füße sanken, so vergiß nicht: Seine Augen ruhen auf dir - wie sie schon während der ganzen dunklen Meerfahrt der Jünger auf ihnen geruht, ja, wie sie jetzt während des stürmischen Weges, den Seine Gemeinde (und in ihr die Petrusseelen) zu gehen hat, auf ihr ruhen - und Er wartet auf nichts, als daß dein Blick, dein Herz und deines Herzens Schrei und Sehnsucht sich Ihm zuwendet und - Seine ganze ungehinderte Macht und Gnade ist bereit, sich mit dir und deiner Not und deinem Weg zu befassen, wie sie es ständig ist auch ohne dein Wissen (vgl. Hebr. 7,25); sie ist bereit, dir zu helfen, dich zu retten oder zu trösten und deine Füße auf den Felsengrund Seines Wortes zu stellen. Blicke nur auf Jesum!

Aber auch du, der du in Ruhe dahinlebst, ohne Aufregungen, ohne sichtbare äußere Versuchungen, gleichmäßig ohne scheinbare Gefahren - vergiß nicht, daß es Seine Gnade ist, die dich bewahrt, und

gleichmäßig ohne scheinbare Gefahren - vergiß nicht, daß es Seine Gnade ist, die dich bewahrt, und die nicht minder groß als bei den schweren, die Seinen betreffenden Versuchungen Augenblick um Augenblick tätig sein muß, dich zu halten, zu stützen, zu tragen, denn wir sind in einer Welt, die im Argen liegt, über die Satan herrscht! Joh. 17 zeigt uns, wie wichtig Seine und des Vaters ständig bewahrende Fürsorge für uns sind. Blicke auch du auf Ihn - denn „oft, wenn alles ruhig, kommt Versuchung schnell“. Du brauchst Ihn so nötig wie jeder deiner Brüder (1. Petr. 5,8.9), und für dich ist Er geradeso da wie für die vielleicht mehr als du leidenden Geschwister. Vergiß das nicht! Blicke nur auf den Herrn Jesus!

Wie groß wird uns unser Heiland, wenn wir Ihn kennen lernen in jeder Lage als den einzig, ewig, unwandelbar Treuen! Wie rühmen wir dann Ihn! Und Er ist doch allein allen Ruhmes würdig. Unser Selbstruhm muß ohnehin völlig in den Tod, und dies kann auf keinem Wege besser, gründlicher geschehen, als wenn das Rühmen Seiner und Seines Namens uns immer mehr erfüllt (1. Kor. 1,31; Phil. 3). Dabei verlieren wir nichts, sondern gewinnen nur, nämlich Freude an Ihm und Gnade, ein Segen für andere zu sein!

„Laßt auch uns ... mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, wegschauend von allem auf Jesum hin!“ (Hebr. 12,1.2.)

F. K. (z. Zt. im Felde).

Geleitsworte an den Leser:

Jehovas Augen durchlaufen die ganze Erde, um Sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist.“ 2. Chron. 16,9.

Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werke des HErrn, da ihr wisset, daßeure Mühe nicht vergeblich ist im HErn!“ 1. Kor. 15,58.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 11

Wie stimmen die verschiedenen Zeitangaben in den Evangelien über die Verleugnung des Petrus zusammen, vgl. Matth. 26,34; Mark. 14,30; Luk. 22,34; Joh. 13,38 („Ehe der Hahn kräht“ - „ehe der Hahn zweimal kräht“ [Mark.])?

Antwort A

Eine Hilfe zur Erklärung der Verschiedenheit der Berichte über den Hahnenschrei finden wir in Mark. 13,35.

Die Römer teilten die Nacht in vier Nachtwachen. (6 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.) Und da in

dortiger Gegend mit ziemlicher Regelmäßigkeit der erste Hahnenschrei im Anfang und der zweite und hauptsächliche am Ende der dritten Nachtwache gehört wurden, so wurde diese Nachtwache (von 12-3 Uhr) kurzweg mit dem Ausdruck „Der Hahnenschrei“ bezeichnet.

Aus dieser Stelle sehen wir, daß auch der HErr diesen landläufigen Ausdruck für die Zeit der dritten Nachtwache gebrauchte.

Matthäus, Lukas und Johannes berichten nicht von den Einzelheiten, sondern nur von diesem charakteristischen Hahnenschrei, dem zweiten der dritten Nachtwache, daß, ehe der Hahn krähen würde, in anderen Worten: ehe die dritte Nachtwache beendet sei, Petrus den HErrn schon dreimal verleugnet haben würde. Sie übergehen die Einzelheiten, die Markus bringt. Bei ihnen scheint mehr die Vorhersage der Zeit, in der Petrus den HErrn verleugnen würde, im Vordergrunde zu stehen. Lukas berichtet auch, daß zwischen der zweiten und dritten Verleugnung ein Zeitraum von ca. einer Stunde lag. Die erste Verleugnung muß somit schon bald nach der Einlieferung des HErrn im Anfang der dritten Nachtwache geschehen sein, die letzte am Ende derselben.

Wenn Petrus nur ein wenig auf die Worte des HErrn geachtet hätte, so hätte er sich, als die dritte Nachtwache nahte, sagen müssen: Jetzt kommt die Zeit, von der der HErr geredet hat, daß, ehe sie beendet - „ehe der Hahn kräht“ - du Ihn dreimal verleugnen wirst. So wenig Eindruck aber hatten die Worte auf ihn gemacht, daß wir lesen, daß er nicht früher daran dachte, als bis alles geschehen und es zu spät war.

In Markus finden wir eine genauere Beschreibung dieses Umstandes. Während in den anderen Evangelien, wie gesagt, es mehr der charakteristische Hahnenschrei am Ende der dritten Wache - mehr die Zeit ist, die im Vordergrunde steht (daß, ehe der Hahn kräht, ehe die dritte Wache beendet sei, er schon den HErrn dreimal verleugnet haben würde), scheint bei Markus mehr die treue Warnung des „vollkommenen Knechtes“ im Vordergrunde zu stehen.

Markus berichtet uns, daß der HErr dem Petrus nach der ersten Verleugnung durch das erste Krähen des Hahnes noch gleichsam eine letzte Warnung gibt, nicht weiter zu gehen. Aber Petrus hört sie nicht. Nach dieser ersten Verleugnung fühlt er sich augenscheinlich durch die Begegnung mit der Magd im inneren Hofe des Hauses nicht mehr sicher. Er steht auf und geht in den äußeren - den Vorhof -, da kräht ihm der Hahn zum erstenmal entgegen. Aber Petrus denkt trotzdem nicht an die Worte des HErrn.

Wir sehen aus allem, wie genau der HErr Petri Verleugnung zuvor beschrieb: 1. daß sie eine dreimalige sein würde; 2. ihre Art, Ihn nicht zu kennen - Ihm nicht anzugehören; 3. die Zeit, die Schnelle, ehe das Krähen des Hahnes das Ende der dritten Nachtwache ankündigen würde.

Wir finden in den Evangelien öfter solche Verschiedenheiten, die durch das Berichten von verschiedenen Gesichtspunkten aus oder durch das in den Vordergrundstellen gewisser Einzelheiten bedingt sind. Z. B. Matthäus (20,30) berichtet von zwei Blinden, Markus (10,46) und Lukas (18,35) nur von einem Blinden. Markus nennt ihn sogar mit Namen. Ohne Zweifel waren es zwei Blinde, aber Bartimäus war die Hauptfigur in dieser Geschichte, und Markus und Lukas berichten nur von ihm allein. Noch ein Beispiel: Matthäus (26,7) berichtet, daß Sein Haupt gesalbt wurde, Johannes (12,3) dagegen, daß Seine Füße gesalbt wurden. Es ist keine Frage, Maria salbte Ihm Haupt und Füße. Aber der Heilige Geist leitete den einen Schreiber, die Salbung Seines Hauptes zu berichten und den

anderen die Seiner Füße. Der eine mußte dieses, der andere jenes in den Vordergrund stellen, und Weisheit Gottes lag darin. So auch in dieser Frage betreffs das Krähen des Hahnes.

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Zu der Frage selbst ist nichts Besonderes mehr zu sagen. Ein Widerspruch zwischen jenen Stellen besteht nicht, wie nirgends in der Schrift, wenngleich für unser stückweises Erkennen manches schwer zu verstehen und zu vereinigen sein mag. Aber das berührt nie die Frage des Glaubens bei denen, denen „alle Schrift“ als unbedingt „von Gott eingegeben“ feststeht (2. Tim. 3,16).

Und in diesem Sinne möchte ich hier einen sehr bezeichnenden Punkt des Markus-Evangeliums, das uns, wie auch obige Antwort sagt - vgl. auch meine Worte darüber am Schluß von Frage 6 in Heft 3 d. Js. -, den Herrn Jesus als den vollkommenen Knecht Gottes schildert, hervorheben, einen Punkt, der gewiß auch zu der Knechtestreue in Beziehung steht: Nur im Markus-Evangelium finden sich solche Stellen, in denen Petrus in ganz offensichtlicher Weise belastet wird; so z. B. heißt es in Kap. 8,33: „Er strafte den Petrus“ (Matth.: „Er sprach zu Petrus“), und in 14,37 wird Petrus angeredet: „Simon, schläfst du?“ Demgegenüber ist Mark. 16,7 ein Beweis besonderer Barmherzigkeit des HErrn, da Petrus auch in besonderer Weise durch seine schwere Verleugnung der Barmherzigkeit des HErrn bedurfte (vgl. oben erwähnte Frage 6 in Heft 3!). Sicherlich entspricht es dem wahren Knechtscharakter, es genau zu nehmen mit jeder scheinbaren Kleinigkeit, und darum finden wir solche und andere Einzelheiten in diesem Evangelium.

Aber da ist noch etwas anderes, was mir köstlich zu sein scheint, und es ist ein Beweis - wenn es eines solchen bedürfte - für die wörtliche göttliche Inspiration (Eingebung) der Heiligen Schrift. Es ist Markus, der diese den Petrus belastenden Einzelheiten aufzeichnet, zu denen die genauere Zeitangabe der Verleugnung auch gehört - hätte Petrus doch durch das erste Krähen des Hahnes sich warnen lassen müssen! - Markus aber ist augenscheinlich das geistige Kind des Apostels Petrus (1. Petri 5,13!). Könnte man nun wohl annehmen, daß er diese seinen geistigen geliebten Vater so bloßstellenden Bemerkungen, die ihm der demütige Petrus persönlich mitgeteilt haben mag, dem sein Evangelium lesenden Volke Gottes nicht nur, sondern auch der ungläubigen Welt so offen berichtet haben würde, wenn er nicht vom Heiligen Geist inspiriert worden wäre, so treu und wörtlich jede Einzelheit niederzuschreiben?! - Und so trägt jedes Stück des teuren Wortes Gottes den Stempel göttlicher wörtlicher Eingebung an oder in sich selbst für jeden, der die menschliche Weisheit und Philosophie beiseite lassen und Dem glauben will, der da sagt und tausendfach bestätigt: „Siehe, Ich lege Meine Worte in deinen Mund“, und dessen Wort selbst bezeugt: „Heilige Männer Gottes redeten, getrieben durch den Heiligen Geist“ und „des HErrn Wort bleibt in Ewigkeit“ usw. (2. Petri 1,21; 1. Petri 1,25). Dafür sind auch die oben dargebotenen Einzelheiten aus dem Markus-Evangelium eine sprechend klare Bezeugung. Gelobt sei Er, der „das Wort Gottes“ heißt (Joh. 1,1ff.; Offenb. 19,13!).

Möchten wir beim Betreten des unbekannten Landes eines dunkel vor uns liegenden neuen Jahres uns dessen erinnern, daß der HErr uns für die „geöffnete Tür“ in Seiner Arbeit - eine ernste und kostbare Vorbedingung gegeben hat in Offenb. 3,8: „Ich kenne deine Werke. Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft und

hast Mein Wort bewahrt und Meinen Namen nicht verleugnet.“ - Der HErr helfe uns in Gnaden, diese Bedingung für eine gesegnete und von Ihm anerkannte Tätigkeit stets aufs neue bei uns zu verwirklichen!

Frage 12

Inwiefern ist der Herr Jesus „der Anfänger und Vollender des Glaubens“? (Hebr. 12,2.)

Antwort A

In dieser Stelle hat der Ausdruck „Anfänger“ die Bedeutung von „Beginner“ oder auch „Urheber“, wie wir in Hebr. 2,10 nach der Miniaturbibel lesen: „Denn es ziemte Dem, um deswillen alles und durch den alles ist, als Er viele Söhne zur Herrlichkeit führte, den Urheber ihres Heils (Luther: „Herzog der Seligkeit“) durch Leiden zu vollenden.“ Hier ist der Herr Jesus der Urheber unseres Heils genannt; durch Sühnung unserer Sünde hat Er auf Golgatha alle Hindernisse aus dem Wege geräumt, die uns von Gott trennten. Der Vorhang zum Allerheiligen ist zerrissen (Matth. 27,51) und die Gemeinschaft mit dem Vater ermöglicht.

Inwiefern ist nun der Herr Jesus der Urheber des Glaubens?

1. Der natürliche Mensch wird von seiner Gedankenwelt beherrscht und ist unfähig, das Gute zu tun. Gott ist dieser unserer Unfähigkeit zu Hilfe gekommen und hat uns einen neuen Punkt gegeben, Jesum, wo wir uns sammeln und zurechtfinden können. Indem wir nun Jesum anschauen, d. h. indem wir uns mit Ihm in Verbindung setzen, stellen wir uns unter Seinen Einfluß (Joh. 3,14-17.36).

Als Anfänger des Glaubens hat nun der HErr uns zuerst gezeigt, wie wir Glaubensleben zu verwirklichen haben.

Die wunderbare Stelle, die uns hierüber Aufschluß gibt, ist Joh. 6,57 und lautet: „Gleichwie der lebendige Vater Mich gesandt hat und Ich durch den Vater lebe, so auch, wer Mich isset, wird durch Mich leben.“ Der Herr Jesus lebte durch den Vater; um dieses tun zu können, hob er beständig Seinen eigenen Willen auf und ließdann den himmlischen Vater denken, wollen und tun (Joh. 5,19). In ähnlicher Weise sollen auch wir als Jesu Nachfolger Jesu gegenüber unsere eigenen Gedanken, Wünsche und Pläne entwerten (annullieren), damit Seine Kraft sich in uns entfalten kann. So werden wir dann durch Jesum leben; während der Glaube des Herrn Jesus auf den Vater ging, geht der unsrige auf Jesum, well Er sagte (Joh. 14,6): „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch Mich.“ (Elberf. Übers.) Möge der HErr uns Gnade geben, daß auch wir des HErrn Glauben in uns verwirklichen lernen!

2. Der Herr Jesus ist der Urheber der Predigt der Heilsbotschaft (Mark. 16,15), aus welcher der Glaube kommt (Röm. 10,17).

Glückselig werden wir sein, wenn der Herr Jesus am Ende unseres Lebens unserem Glaubensleben als Vollender die Krone aufsetzen kann.

Als Richter wird Er uns den Lohn des Glaubens einst darreichen. Welche Aussichten gibt uns der Apostel Paulus in 2. Tim. 4,7.8: „Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt; hinfort liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der HErr an

Glauben bewahrt; hinfort liegt für mich bereit die Krone der Gerechtigkeit, welche mir der HErr an jenem Tage, der gerechte Richter, verleihen wird, nicht aber mir allein, sondern auch allen, die Seine Erscheinung liebgewonnen haben.“ Dazu helfe uns der HErr!

C. L.

Antwort B

Wie der Herr Jesus das Endziel für uns ist und wie Er das Haupt des Leibes bleibt, so ist Er auch die Grundlage von allem. In Joh. 15,5 sagt Er den Seinen: „Außer Mir“, d. h. abgetrennt von Mir, „könnt ihr nichts tun.“ So werden wir immer wieder in vielen Schriftstellen auf den Anfang verwiesen, so z.B. 1. Joh. 1,1: „Was von Anfang war“, 1. Joh. 2,7: „ein altes Gebot, welches ihr von Anfang hattet“, 1. Joh. 2,13: „Ich schreibe euch Vätern, weil ihr Den erkannt habt, der von Anfang ist“ u. a. Immer wieder wird uns der HErr als Der gezeigt, der in allen Stücken der Bahnbrecher war. So war Er als das fleischgewordene Wort (Joh. 1,14) auf diese arme fluchbeladene Erde gekommen, wo alles unter dem Gesetz seufzte; hier stand das durch Mose gegebene Gesetz dem Menschen entgegen, mit dem Herrn Jesus erschien aber als etwas Gewordenes „Gnade und Wahrheit“ (Joh. 1,17). Durch dieses Erscheinen Christi und durch Sein Ausharren auf dem Wege, das ist Seinen Gehorsam (Phil. 2,6-8), ward Er der Anfänger des Glaubens. Damit hat Er den Glaubensgehorsam aufgerichtet (Röm. 1,5 und 5,19) und ist nicht nur der Urheber des Heils geworden (Apgesch. 4,12), sondern auch der Urheber oder Anfänger des Glaubens. In Glaubensabhängigkeit von Seinem Gott und Vater ging Er Seinen Weg und ward für uns die Quelle des Glaubens (Joh. 20,31) und das beste Vorbild, und wenn wir in Hebr. 11 die große Galerie der Glaubenszeugen sehen, so finden wir bei diesem Anschauen immer wieder viel Menschliches, es ist bei jedem eine Vermischung von Göttlichem und Menschlichem, wenn wir aber dann in Hebr. 12 aufgefordert werden, auf Ihn zu schauen, den Anfänger und Vollender des Glaubens, dann sehen wir Ihn vor uns als Den, der die ganze Laufbahn des Glaubens in Vollkommenheit durchlaufen hat (Jes. 53). Ob es nun in der Wüste bei der Versuchung oder in Gethsemane angesichts der Leiden ist, immer steht der Vaterwille im Vordergrunde, ob auf Tabor oder auf Golgatha, immer steht Er fest im unerschütterlichen Glauben, und wenn auch vor Ihm im Alten Bunde viele im Glauben in Schwachheit wandelten, so sehen wir dennoch allein in Christus, was Glauben und Vertrauen ist, denn Er allein fing die Laufbahn an und vollendete darin, alle anderen sind mehr oder minder unterlegen. Möge auch unser Weg, mein Weg, dein Weg ein Pfad des Glaubens sein, denn des HErrn Augen schauen nach dem Glauben (Treue) (Jerem. 5,3), und „ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr. 11,6).

Ph. W.

 

Antwort C

Aus dem Zusammenhang zu schließen (denn der Schluß von Kap. 10, Kap. 11 und 12 gehören zusammen, da es sich hier um Ermahnungen für Gläubige handelt), wird uns Christus vorerst als das Vorbild des Glaubens dargestellt. Im Alten Testamente konnten die im 11. Kap. genannten Personen als Vorbilder dienen, und auch heute können, ja, sollten sie uns auf dem Pfade des Glaubens noch ermuntern. (Vergl. Röm. 15,4.) Doch wenn es sich um Vollkommenheit handelt, kann der Heilige Geist unseren Blick nur auf eine Person lenken, und diese ist der Herr Jesus. Er überstrahlt an Tiefe und Höhe, Ebenmaß und Vollkommenheit die alttestamentlichen Vorbilder. Wie Seine Vortrefflichkeit

und Sein Vorrang in allen Stücken in diesem Briefe gezeigt wird, so auch in dem des Glaubens. Vor Seiner Menschwerdung war Er nicht das Vorbild des Glaubens, obwohl Er die Sehnsucht und das Verlangen derer war, die auf Sein Kommen warteten, noch konnte Er es sein, da Er nur als Mensch hienieden glauben konnte und Gehorsam lernte (Vergl. Hebr. 5,8). Vor Seiner Menschwerdung war das eine wie das andere unmöglich. Wir müssen, nach dem Worte Gottes, die Menschheit und Gottheit, oder besser gesagt die Gottheit und Menschheit unterscheiden lernen, obwohl niemals trennen, da sie in einer Person vereinigt sind. Darum werden wir aufgefordert vom Geiste Gottes, wegzublicken von der Wolke der Zeugen, die wohl Strahlen und Züge des Hauptes, der Krone und des Ecksteins des Glaubens, aber niemals ohne menschliche Schatten, das helle, reine und vollkommene Licht des Glaubens wie beim Herrn widerspiegeln, da es bei Ihm keine Veränderung noch Schatten von Wechsel geben kann. Vorerst war Christus für die Gläubigen das Vorbild, doch müssen wir uns vergegenwärtigen, daß es unter den Hebräern auch viele jüdische Mitläufer gab, die noch fest an dem von den Vätern überlieferten Wandel hingen und Christus nur als „Lückenbüßer“ (verzeiht diesen unehrwürdigen Ausdruck!) ansahen, der ihre Mängel und Lücken ausfüllte. Wie es auch heute Christen gibt, denen Christus nicht ein und alles ist. Die da meinen, sie brauchten Ihn nur zu gewissen Zeiten. Diese Seelen von den Schatten und Vorbildern abzulenken auf den Herrn Jesus hin war einer der Hauptgründe dieses Briefes. Der Herr Jesus war nicht nur der Urheber des Lebens (Apgesch. 3,15) noch auch nur der Urheber des ewigen Heils (Hebr. 5,9), sondern auch der Anführer oder, besser gesagt, der Urheber des Glaubens. Ohne Ihn kein Leben, kein ewiges Heil, aber lerne verstehen, liebe Seele, auch keinen Glauben! Wer da meint, wirklichen Glauben zu haben, muß den Herrn Jesus haben, und wer Ihn hat und kennt, hat ewiges Heil und Leben. Der Glaube ist in Seiner Person gleichsam erschienen. (Vergl. Gal. 3,22-26.) So ist Er auch der Vollender des Glaubens. Welche Gnade, daß Er alles ist!

K. O. St. (geschrieben im Felde).

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Diese schönen und, weil einander ergänzenden, völlig ausreichenden Antworten mit ihren Ermunterungen werden, gerade zu Beginn des Jahres 1919 in die Hände der Leser kommen. Da drängt es mich, noch einiges, was mir für die nächste Zukunft wichtig scheint, anzufügen.

Hinter uns liegt eine schwere, dunkle Zeit, dunkler als je zuvor liegt aber das unbekannte neue Jahr vor uns Deutschen. Umlernen haben wir vielleicht in manchen Punkten müssen, wenigstens was den Weg Gottes mit unserem teuren Vaterlande angeht, ja, in manchen diesbezüglichen Einzelheiten der Weltregierung Gottes, die hienieden völlig zu verstehen, selbst das Denken und Begreifen der wahren Christen nicht genügt. Aber wir wissen, daß Sein Walten durchaus heilig und gerecht und doch wieder voll Liebe ist - gehört doch mitten in die göttliche Weltregierung hinein die Sendung des Sohnes (Joh. 3,16), und muß darum in dieser Gnadenzeit alles dem Zweck dienen, daß Menschen, arme, verlorene Sünder dahin kommen, zu glauben an Ihn, der „das Licht der Welt“ ist und der Welt das Leben gibt, und zwar mit Sich Selbst. Und daß wir dies wissen, das gibt uns Halt in diesem Weltwogen, in diesem Zerbrechen alles dessen, was wir bisher geliebt oder zum mindesten anerkannt haben, in diesem Aufrichten ganz ungeahnter, neuartiger Verhältnisse, ja, in diesem Gedemütigtsein nach und von außen und innen. Gott ist am Werke, Gott macht keine Fehler, Seine Gedanken und Wege sind höher als unsere! Denen, die Ihn lieben, müssen auch alle diese Dinge, ja selbst der Triumph Satans, zum Guten mitwirken. Noch ist kostbare Gnadenzeit, noch wirkt der Vater,

selbst der Triumph Satans, zum Guten mitwirken. Noch ist kostbare Gnadenzeit, noch wirkt der Vater, indem Er Seelen zum Sohn zieht (Joh. 6,37.44), noch baut der HErr an Seinem heiligen Tempel, an Seiner Gemeinde, und fügt Stein an Stein ein (1. Petri 2,4ff.). Und wir Gläubigen dürfen durch Gnade mitten drin in der Mitarbeit Gottes stehen, mitten im heiligen Kampf! Da heißt es für uns: Laßt niemanden euch um den Kampfpreis bringen! (Kol. 2,18), d. h. nicht etwa „um das ewige Leben“ - das haben wir im Sohn für ewig (1. Joh. 5,11) -, sondern um den Lohn, um den Kampfpreis unseres Lebens hienieden, das oft genug in der Schrift als ein Wettlauf geschildert wird (vergl. z. B. 1. Kor. 9,24-27; 2. Tim. 2,4.5). Auch die Stelle, aus der das Wort vorliegender Frage genommen ist, sieht unser Glaubensleben so an.

Da ist es nun sehr ernst für jeden von uns, daßwir in der rechten Gesinnung und mit voller Glaubensenergie diesen Wetllauf vollbringen und uns durch nichts abbewegen lassen, sondern das Ziel fest im Auge behalten, vorwärts - aufwärts eilen im Glaubensgehorsam gegen Sein Wort und den Gedanken Gottes folgend, Sein Werk an der Welt treiben in Treue und Liebe, bis - ja, bis „die Nacht kommt, da niemand wirken kann“ oder bis „der HErr kommt“. Wohl sind wir noch „in der Welt“ und haben auch in ihr Aufgaben, aber wir haben nichts zu tun mit dem Wesen der Welt - wir sind nicht „von der Welt“ (Joh. 17,11.16) - und dürfen uns ihr nicht gleichförmig stellen (Röm. 12,2!). Die Welt ist vielmehr das Gebiet, wo wir unseren Glaubenswettlauf auszukämpfen haben, und da bedürfen wir, um siegreich zu sein, des Hinwegblickens von allem uns Hinderlichen sowie des Glaubensblickes auf „Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“. Sein ganzer Weg als der „des Sohnes des Menschen“ war ein beständiges Leben des Glaubens, der Abhängigkeit vom Vater, des Gehorsams gegen Seine Stimme -wie vollkommen, zeigt z. B. der zweite Teil des Verses -, und Er hat als „Mensch“ das Ziel des Wettlaufs erreicht; Er hat den Ihm für den siegreichen Wettlauf zukommenden Platz zur Rechten des Thrones inne! „Dort sehen wir Ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt (Hebr. 2,9). Auch der dritte Vers des 11. Kap. zeigt etwas von Seinem sittlich-vollkommenen Kampf hienieden; welchen „Widerspruch von den Sündern“ erduldete Er! - wahrlich, Er ist des Betrachtens unsererseits wert und unseres Glaubensblickes!

Und hat es wohl je eine Zeit gegeben, wo dies so wichtig war wie jetzt?!

Brüder, Schwestern! Was das Jahr 1919 uns auch bringen mag - vielleicht bringt es Ihn, den „Morgenstern“! (Offenb. 22,16) -, laßt uns alles wegtun, was uns hindert, den noch vor uns liegenden Wettlauf des Glaubens „mit Ausharren“ zu laufen, und was nicht wert ist, daß unsere Augen darauf ruhen - ja laßt uns von allem „hinweg sehen auf Jesum hin, den Anführer und Vollender des Glaubens“! Er ist unserer völligen Abhängigkeit von Ihm würdig, und unser ist nach allen Kämpfen hienieden ein herrlicher Siegespreis bei und mit Ihm! Gepriesen sei Sein Name ewiglich!

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11. Neues und Altes. Matth. 13,52.

Der alte und der neue Mensch.

 (Ein Gegensatz.) 1. Mose 6,6; Luk. 2.

Die Schrift spricht von zwei Menschen, dem alten und dem neuen. Sie spricht von diesen nie in der Mehrzahl, sondern in der Einzahl: Gott hat nur zwei Menschen vor Seinem Auge, den ersten: Adam, und den zweiten: „den letzten Adam“ - Christus. (1. Kor. 15,45-49; Kol. 3,9.10. u. a. m.) Der erste Mensch ist aus der Erde (von Staub), der zweite aus dem Himmel; jeder ist das Haupt eines Geschlechtes. Ob wir von dem ersten oder dem zweiten lesen - mit jedem ist zugleich die Nachkommenschaft verbunden.

Ungefähr 4000 Jahre beschäftigte Sich Gott mit dem ersten Menschen, dann fand er sein Ende im Kreuze Christi. Seine Verdorbenheit und Unverbesserlichkeit war völlig erwiesen und in dem Kreuze Christi fand er sein Urteil. Gott ist fertig mit ihm; kein Raum ist mehr für ihn vor Gott. Und so soll auch der Gläubige mit ihm fertig sein. Gottes Gedanken und Wirken beschäftigen sich jetzt mit dem zweiten Menschen - Christus, und auch unsere Herzen müssen mit Ihm beschäftigt sein.

Das Alte Testament beginnt mit dem ersten Menschen, das Neue Testament mit dem zweiten. Die Geschichte des ersten ist eine überaus traurige. Die erste, oben angeführte Schriftstelle zeigt uns, was die Sünde für Gott ist, wie schmerzlich sie Ihn berührt. Wir sind so geneigt, die Sünde nur nach der Seite anzusehen, was sie in ihren Folgen für den Menschen ist, aber wenig denken wir daran, was Sünde für Gott ist und was Sein Herz über die Sünde empfindet. Wie schmerzlich und abscheulich sie in Seinen Augen ist, das fühlen wir aus den Worten: „Es reute Jehova, daß Er den Menschen gemacht hatte auf der Erde, und es schmerzte Ihn in Sein Herz hinein.“ Wie furchtbar muß Sünde für Gott sein, daß Er solche Worte sagen kann und noch hinzufügt: „Ich will den Menschen, den Ich geschaffen habe, vertilgen!“ (1. Mose 6,7.)

„Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen“, das ist der Urteilsspruch Gottes über den Menschen. Dieses Urteil Gottes wurde nie aufgehoben, auch nicht dadurch, daß Noah Gnade fand in Seinen Augen. Gott führt das Gericht an allem Fleische aus, aber Seine Gnade errettet vom Gericht. Auf Grund des Opfers Noahs machte Gott mit ihm auf der neuen Erde einen neuen Anfang. (1. Mose 8,20.) Er ordnet die Regierung an (1. Mose 9,1-7), gab dann Israel das Gesetz bis zu dem Tage, da am Kreuze die Frage von Gut und Böse ihre Lösung fand. Das Gesetz offenbarte, was der Mensch war. Nicht als ob dies für Gott nötig gewesen wäre - Sein Urteil über ihn war längst gefällt -, aber es war nötig für den Menschen, ihm das schreckliche Wesen des Fleisches zuzeigen und die Gerechtigkeit des Urteilspruches Gottes: „Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen.“

Manche Kinder Gottes verwirklichen es nicht, daß das Ende alles Fleisches vor Gott gekommen ist und daß jede Hoffnung und Segnung nur in einem anderen Menschen gefunden werden kann; sie sind noch nicht los von dem ersten Menschen, sie beschäftigen sich immer wieder mit ihm, ihn zu verbessern und zu erziehen ober zur Anerkennung zu bringen, den Menschen, den gemacht zu haben Gott reute. Wohl versuchen sie, „die Handlungen“ des alten Menschen abzulegen, ihn selbst aber möchten sie lieber behalten; das Wort aber sagt, daß „der alte Mensch mit seinen Handlungen“ ausgezogen sein muß und dauernd so anzusehen ist - durch Glauben! (Kol. 3,9.)

Und nicht nur hat der Mensch sich durch die Sünde verderbt, er hat auch das Verderben über die mit ihm verbundene Schöpfung gebracht, so daß Gott sagt: „Ich will die Menschen verderben mit der

Erde (1. Mose 6,13). Jeder Mensch, der zur Welt kommt, fügt der Menge der Sünden neue hinzu und vergrößert die Entweihung der Erde. Gott sagt: „Die Erde ist entweiht worden unter ihren Bewohnern“ (Jes. 24,5). Wie furchtbar: Die Schöpfung, von der Gott sagte, daß alles sehr gut war, wird entweiht von dem Menschen, der im Bilde Gottes erschaffen wurde. Das ist der Mensch, der Ihn in Sein Herz hinein schmerzte. Schmerzt es Ihn nicht, wenn wir an diesem Menschen noch hängen und ihm huldigen?! Laß mich dich fragen, Kind Gottes, hängst du noch an dem Menschen, den gemacht zu haben Gott gereute, über dessen Erschaffung Gott Reue empfand? und den Er am Kreuze gerichtet hat?

Ein ganz anderes Bild finden wir, wenn wir zu der zweiten oben anführten Schriftstelle kommen. (Luk. 2.) Ein anderer Mensch betritt die Erde. Christus kommt in die Welt, der Mensch zu Gottes Wohlgefallen. Er kommt nicht, um den ersten Menschen, dessen Ende vor Gott gekommen ist, zu Ehren zu bringen, sondern auf daß „Herrlichkeit Gott in der Höhe“ dargebracht werde. Welche Freude, den Blick von dem ersten Menschen, der Gott ins Herz betrübte, wegzuwenden und den zweiten anzuschauen, der Gottes Wohlgefallen hat. Das erste Wort der himmlischen Heerscharen, das die Hirten auf dem Felde vernahmen, verkündigt ihnen die Herrlichkeit Gottes, und zwar in der Tatsache, daß Sein Sohn Mensch wurde.

Das zweite Wort ist: Friede auf Erden. Noah brachte Gott das Opfer lieblichen Geruches, und als Antwort Auf das Brandopfer sagte Gott, daß Er nicht mehr um des Menschen willen die Erde verfluchen wolle, denn das Dichten des menschlichen Herzens sei böse von Jugend an; Er drückt damit aus, daß Er nicht handeln will nach dem, was im Menschen ist, sondern in Gnade auf Grund des lieblichen Geruches des Ihm dargebrachten Brandopfers. In Gnade besucht Gott jetzt die Erde und verkündigt Frieden. Er kommt nicht, um mit dem Menschen nach seinen Sünden zu handeln, Er naht Sich ihm in Güte: „Gott war in Christo, die Welt mit Sich Selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend.“ (2. Kor. 5,19.)

Friede kam in Christo zur Welt hernieder, aber die „Söhne des Friedens“ waren nicht da, den Friedefürsten aufzunehmen, und der Friede kehrte zu Ihm zurück. (Luk. 10,6.) Sie wollten Ihn nicht haben. Die Folge davon war, daß Sein Kommen in Gnade nicht Frieden, sondern das Schwert brachte. „Denket ihr, daß Ich gekommen sei, Frieden auf Erden zu geben? Nein, sage Ich euch, sondern vielmehr Entzweiung.“ (Luk. 12,49-53; Matth. 10,34-36.) Jeder - Vater oder Sohn, Mutter oder Tochter usw. - jedermann wurde in seiner Stellung zu Ihm offenbar, und das Schwert entbrannte. „Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen.“ In dieser Stelle (Luk. 12) spricht der HErr von Seinem Kommen nicht in Verbindung mit dem Frieden, sondern mit dem Feuer des Gerichtes.1 Sein Kommen in Gnade hob nicht die andere Seite Seines Kommens auf, die Sünde zum Gericht zu führen, „Seine Tenne zu reinigen“ und gleich „dem Feuer des Schmelzers“ zu sein (Mal. 3,1.2). Die Welt war verAntwortlich für Sein Kommen in Gnade. Das Feuer des Gerichtes über die Sünde war noch nicht entbrannt, doch der Augenblick war nahe, da es angezündet werden sollte. Aber nach dem ewigen Vorsatz der Liebe Gottes sollte es Ihn als Ersten verzehren. Wie brannte Sein Herz in Erbarmen! Und doch (soviel Gutes Er auch tat) war Er beengt - denn erst dann, wenn die Taufe (das Gericht über die Sünde), womit Er der Heiligkeit Gottes gemäß getauft werden mußte, (am Kreuz) vollbracht war, erst dann konnte Er frei den ganzen Reichtum der Liebe Gottes offenbaren.

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Seit den Tagen der Flut ist Feuer ein Ausdruck des Gerichtes Gottes, des Verzehrens. (v. d. K.)

„Kein Friede den Gesetzlosen!“ (Jes. 57,21.) Kein Friede denen, die den Friedefürsten verwerfen!

AlleBemühungen, ohne Christus „Frieden auf Erden“ zu machen, sind antichristisch. Und wenn die Welt meint, „Friede und Sicherheit“ ausrufen zu können, dann wird „ein plötzliches Verderben“ über sie kommen. (1. Thess. 5,3.) Unser Blick aber richtet sich dorthin, wo der Friedefürst ist. Die Jünger verkünden: „Friede im Himmel“ (Luk. 19,38), als Er in Jerusalem einzog, um - zu sterben. Dort oben ist Friede, und den „Söhnen des Friedens“ wird dieser Friede jetzt gebracht durch den Heiligen Geist. (Vergl. Gal. 5,22 u. a.) Die Jünger sahen im Vorahnen Ihn als den „König, der da kommt im Namen des HErrn“. Wenn jener gesegnete Augenblick kommt, wo der HErr als „König“ erscheint (und wir mit Ihm), dann wird Friede, wie jetzt im Himmel, auf Erden sein und Herrlichkeit Ihm, unserem „Gott in der Höhe“.

Das dritte Wort ist: „An den Menschen ein Wohlgefallen.“1

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Die Übersetzung, die in meist katholischen Bibeln sich leider findet „Friede auf Erden den Menschen, die guten Willens sind“ ist nach dem Grundtext durchaus falsch und ja auch unmöglich, denn welcher Mensch, abstammend vom ersten Menschen, Adam, könnte von Natur wohl „guten Willens“ sein?! (v. d. K.)

In der Menschwerdung Seines Sohnes findet Gott den Menschen nach Seinem Herzen, und Er redet nicht mehr von dem, der Ihn in Sein Herz hinein schmerzte. In dem heiligen Kindlein zu Bethlehem sieht Er den neuen Menschen und Sein Geschlecht, an dem Er Wohlgefallen hat. Wie wenig verstehen wir von der Herrlichkeit und dem Wohlgefallen Gottes in Christus! Es ist uns leichter, sie in dem verherrlichten Christus droben zu schauen als in dem in Niedrigkeit. Aber Gott kann Sein Wohlgefallen nur an dem Menschen finden, der seinen wahren Platz vor Ihm einnimmt, nämlich in Abhängigkeit und Gehorsam. Und diesen Platz nahm Er ein. Er spricht: „Siehe, Ich komme, um deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Hebr. 10,7-9). Das ist der neue Mensch, an dem Gott Wohlgefallen hat. Unsere Herzen sind so eigenwillig und unabhängig, deshalb wissen und tragen wir an uns so wenig von der wahren Schönheit des Menschen, in der Gott ihn geschahen hat, die aber nur im Unterworfensein strahlt zu Gottes Herrlichkeit und Wohlgefallen, die wir in Vollkommenheit in dem vom Weibe geborenen Sohn sehen, über den die Engel das Wohlgefallen Gottes an den Menschen verkündigten. An den Menschen? Ja prophetisch, denn mit dem Sohne als „Anführer“ wurde der Weg geschaffen für „viele Söhne“ (Hebr. 2,10).

In Joh. 1,29 finden wir einen weiteren Gegensatz. Die Sünde verdarb nicht nur den Menschen, sondern auch die Schöpfung; auch sie kam unter Fluch und Verderben. Der im Gehorsamsstande das herrliche Gottes Bild tragende Mensch wurde im Ungehorsamsstande ein Bild der Furcht und des Schreckens,1 so daß die Tiere, die im Anfang ohne Furcht zum Menschen kamen, jetzt vor ihm flohen in Furcht und Schrecken (1. Mose9,2). Das ist die Sünde, die durch den Menschen in die Welt kam. Hier lesen wir jetzt von Ihm als Dem, der die Sünde der Welt wegnimmt. Er tut dieses als das Lamm Gottes gemäß der Wertschätzung Seines Todes in Gottes Augen. Er nimmt das hinweg, wasGottins Herz hinein schmerzte. Die Erde, durch die Sünde noch voll „Bosheit und „Gewalttat“, soll erfüllt werden von Seiner Herrlichkeit. (Ps. 72,19.) Auch wir freuen uns dieses Tages, und mit Recht, denn wir werden „Seine Genossen“ sein - die wir jetzt schon „Genossen der himmlischen Berufung“, „Genossen Christi“ sind (Hebr. 3).

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Man könnte eine Parallele mit der Geschichte Satans ziehen. (Vergl. Hes.28,11-19.) (v. d. K.)

In dieser Stelle werden uns zwei Jünger gezeigt. Hast du beachtet, wie willkommen sie Ihm waren? Er sagt auf ihre Frage zu ihnen: „Kommt und sehet“! Die große Schar Seiner Genossen begann mit diesen zweien, die Ihm folgten dahin, wo Er Sich aufhielt. Auch wir sind eingeladen, Seine Genossen zu sein - zwar jetzt die Genossen Seiner Schmach, dann aber Seiner Herrlichkeit.

Möchten unsere Herzen los sein von dem Menschen, der Gott ins Herz hinein schmerzte, und erfüllt sein mit Dem, über den die himmlischen Heerscharen sangen: „Herrlichkeit Gott in der Höhe, und

Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen“, und der die Erde mit Gottes Herrlichkeit erfüllen wird.

(R.) v. d. K.

„Seine Armut.“

2. Kor. 8,9.

Einige Gedanken nur möchte ich an dieses Wort anknüpfen, die der Heilige Geist uns gegenwärtig wichtig machen wolle!

Wann war unser teurer Herr Jesus als Mensch am ärmsten? Etwa da, wo Er in der Krippe lag in Bethlehems Stall, weil in der Herberge kein Raum war für Ihn, den Messias? Nein, denn da hatte Er eine liebende, irdische Mutter und Männer kamen zu Ihm, um Ihm zu huldigen; sie kamen von fern her in dem gottgewirkten Glauben, daß Er der verheißene König sei trotz Seiner Armut (Matth. 2). - Oder war Er am ärmsten, als Ihm, der nie Geld bei Sich trug, die Steuermünze nicht zu Händen war? Nein, denn Er, „durch den alle Dinge sind“, wußte, daß in dem Maule des ersten Fisches, den Petrus fangen würde, das Geldstück lag, dessen Er bedurfte, um „kein Ärgernis zu geben“ (Matth. 17,24-27). - Oder zeigte sich Seine selbsterniedrigende Armut am tiefsten in Seinem Wort: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels haben Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, da Er Sein Haupt hinlege“? Nein, auch darin nicht, denn, wenn Er in Judäa weilte, hatte Er doch wenigstens ein Haus, wo Er gern gesehen war und wo Er rastete mit denen, die den Weg der Verwerfung mit Ihm teilten: das Haus in Bethanien, wo Er mit Lazarus, Maria und Martha herzlichste, geistige Gemeinschaft pflegte (s. z. B. Matth.21,17 u. a.). - Oder sieht man Ihn in Gethsemane am ärmsten, als Er „in ringendem Kampfe“ war und alle, auf deren Mitgefühl Er rechnete, einschliefen und Ihn allein ließen? Nein, auch da hatte Er jemanden, war ihm doch ein Engel erschienen, der Ihn stärkte (Luk. 22,43).

Wir mögen noch viele Beispiele suchen und finden, welche die Armut, die Entäußerung des HErrn zeigen, und unser Herz wird sich in Anbetung beugen über Seine Liebe, die in Seinem Leidenweg hienieden in die Erscheinung trat, obwohl Er auf demselben nicht litt als Stellvertreter für unsere Sünde, sondern um Seiner Gerechtigkeit willen. Doch der Armut Höhepunkt finden wir nicht in diesen Beispielen, wenn auch sie schon dazu beitragen, uns „reich“ zu machen, nämlich an Erkenntnis Seiner Selbst und darausfolgender Liebe zu Ihm.

Aber es gibt einen Platz, da sehen wir den geliebten HErrn in einer Armut, so umfassend, so ergreifend, so wirksam aber auch, daß von da aus unser Reichtum in hellstem Licht erstrahlt, ja wahrlich, daß wir bekennen dürfen: dort liegen die Quellen unseres Heils, unseres Lebens, unserer ewigen Errettung mit allem, was sie in sich schließt; und wir rühmen selig: „alle meine Quellen sind in Dir“ (Ps. 87,7). Wo ist dieser Platz unserer ewigen Segnung? Es ist das Kreuz, das Fluchholz, der Ort des „Todes des HErrn“.

Und zwar sind es die drei Stunden der Finsternis von der 6. bis zur 9. Stunde, wo wir die größte Armut unseres HErrn schauen. Der ergreifende Ruf aus Jesu Munde, in seiner ganzen Tiefe uns stets unfaßbar, und doch verständlich als in wahrer Seelenqual und bitterstem Leid ausgestoßen: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ (Matth. 27,45ff.) - der ist es, der uns zeigt, wie

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Hier möchte ich einen weitverbreiteten Irrtum berichtigen: Jesus war nicht vom Vater verlassen - Er blieb immer „der Sohn, der indes Vaters Schoßist“ (Joh. 1,18) -, aber als „Sohn des Menschen“ war Er verlassen von Gott, von Seinem Gott! (F. K.)

arm der HErr wurde um unsertwillen, auf daß wir durch Seine Armut reich würden. Das ist die größte Armut: von Gott verlassen sein! Ein Mensch ohne Gott und ohne Hoffnung, wie von Natur jeder Sünder (Eph. 2,12), zeigt uns größte irdische Armut, aber von Seinem Gott, mit dem der HErr als Menschensohn stets in innigster Verbindung gelebt, verlassen zu sein, das ist noch unendlich mehr als die natürliche Gottverlassenheit des Menschen im Fleisch. Welch ein Opfer des Sohnes!1 Warum denn mußte Er von Gott verlassen sein in jenen Stunden der Angst, die uns Ps. 22 so ganz besonders schildert? Weil Gott Sein heilig Angesicht verhüllen mußte vor der Sünde, zu der der Heiland Sich machen ließ (2. Kor. 5,21) und die in Seinem Leide auf dem Fluchholz verurteilt wurde, als Er ward „ein Fluch für uns“, da „verflucht ist jeder, der am Holze hängt“ (Gal. 3,13, vergl. 5. Mose 21,23). Welch wunderbares Geheimnis: Er ein Fluch für uns, Er zur Sünde gemacht für uns, und darum von dem heiligen Gott, den Er dennoch Seinen Gott nennen darf, verlassen! „Laß nie mir kommen aus dem Sinn, wieviel es Dich gekostet, daß ich erlöset bin!“ - Dort sehen wir „Seine Armut“!

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Hier möchte ich einen weitverbreiteten Irrtum berichtigen: Jesus war nicht vom Vater verlassen - Er blieb immer „der Sohn, der indes Vaters Schoßist“ (Joh. 1,18) -, aber als „Sohn des Menschen“ war Er verlassen von Gott, von Seinem Gott! (F. K.)

Anbetungswürdiger Heiland, nicht allein kamst Du auf diese arme Erde und lebtest unter uns, nicht allein starbst Du für unsere Sünden, an unserer Statt, sondern Du warst drei Stunden von Gott verlassen um unserer Sünde willen - wahrlich, Du wurdest arm, unendlich arm um unseretwillen, und wie reich hast Du uns gemacht! Aber unser größter Reichtum bist Du Selbst, Du Gestorbener und Auferstandener, Du Sohn Gottes, unser Heiland und HErr, der uns zum Vater gebracht hat - gepriesen seist Du in Ewigkeit!

„Wir lieben, denn Er hat uns zuerst - und wie! - geliebt.“ (1. Joh. 4,19.)

F. K.

„Nicht ich - Christus.“

Gal. 2,20.

Der natürliche Mensch liebt es, groß zu sein, anerkannt und bewundert zu werden. Seine Gedanken drehen sich nach dieser Richtung hin. Seine Hoffnungen und Wünsche liegen alle in dieser Welt. Der Tod ist ihm ein Feind, an den er nur als in weiter Ferne liegend zu denken wagt. Er wirkt und strebt, empor zu kommen in Stellung, Beruf, Geschäft, usw., um das Gute davon zu genießen, und er findet darin die Anerkennung und das Lob der Welt, wie Gott sagt: „Man wird dich loben, wenn du dir selbst Gutes tust.“ (Ps. 49,18.) Aber alles dieses ist vergänglich. Es hört auf, sobald der Tod kommt. Und hätte er die höchste Stufe des Erfolges und Ruhmes erreicht - in diesem Augenblick ist alles für ihn dahin. Nichts kann er mitnehmen.

Der Gläubigen Ziel und Streben liegt nach einer ganz anderen Richtung hin. Seine Seele verlangt nach der Anerkennung und dem Lobe Gottes. Diese aber erlangen wir nicht durch fleischliche Anstrengungen, Großes zu tun, sondern auf dem Wege des Sterbens Jesu in der Selbstverleugnung (2. Kor. 4,10). „Trachtest du nach großen Dingen für dich? Trachte nicht danach!“ sagt der Prophet (Jer. 45,5). Trachten wir in den Dingen Gottes danach, groß zu sein, uns zu wichtigen Personen zu machen, die in dem Vordergrund stehen, so handeln wir in und nach dem Fleische und können als solche Gott nicht gefallen (Röm 8,8). Suche ich Beifall in meinem tadellosen Wandel, meiner Hingabe und Arbeit, meinen glänzenden Gaben, denen eines Hirten, Lehrers oder Evangelisten, so ist es

nichts weiter als mein eigenes eitles „Ich“, und „Lob von Gott“ wird mir nicht werden, denn wenn ich suche Menschen zu gefallen und zufriedenzustellen, so bin ich Christi Knecht nicht (Gal. 1,10). Des Christen Wert und Größe offenbart sich in der Selbstverleugnung. Sein „Ich“ muß verschwinden, ehe Christus sichtbar werden kann. Und wie leicht mischt es sich in die göttlichen Dinge ein und lebt verborgen im Herzen. Mit Eifer und auch einer gewissen Aufrichtigkeit gibt man sich der Arbeit für den HErrn hin - aber tief verborgen im Herzen liebäugelt und sonnt sich das „Ich“ an der Schätzung seines Namens, an dem Zur-Geltung-Kommen und an demZu-Ansehen-Gelangen, an dem Lobe der Menschen. Aber das Lob und das Wohlgefallen Gottes ist eine andere Sache. Er kann nur anerkennen, was Christus ist, und nur soweit, wie Christus in uns sichtbar wird, kann uns Lob von Gott werden. Darum: Unser „Ich“ muß verschwinden und durch Christus ersetzt sein.

Wie kann das geschehen? Wir müssen im Glauben erfassen und verwirklichen, mit Christo gestorben zu sein. Als der HErr von sich als dem Weizenkorn redet, das in die Erde fällt und stirbt, spricht Er: „Wenn Mir jemand dient, so folge er Mir nach, ... so wird Mein Vater ihn ehren“ (Joh. 12,26). Der HErr fordert uns hiermit auf, den Weg des Todes zu gehen, auf diesem Wege Ihm zu folgen. Nur so können wir Ihm dienen und die Ehre des Vaters empfangen. Er Selbst, der HErr, lebt jenseits des Todes als der Auferstandene, und wie kann ich Gemeinschaft mit Ihm haben, wenn ich denselben Weg des Sterbens nicht betreten will. Der Glaube betritt diesen Weg und verwirklicht in Liebe, mit Christo gestorben zu sein, und „Ich“ und „Welt“ verschwinden, und alles, was der Mensch aufgerichtet hat zur Befriedigung des Fleisches, hat keinen Wert (Kol. 2,21-23). Das Kreuz, der Tod Christi hat den gefallenen Menschen beseitigt. Er hat am Kreuz unter dem Gericht Gottes sein Ende gefunden und ist für immer abgetan. Jeder Gläubige muß den Tod Christi und die Kraft Seiner Auferstehung - das neue Leben, praktisch und erfahrungsgemäß im Glauben annehmen und verwirklichen.

Paulus hatte dies gelernt. Er konnte in Wahrheit sagen: „Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm. 8,2). Saulus, der stolze Pharisäer, wurde mit all seiner Vorzüglichkeit in den Tod gegeben, damit Christus sein Leben werde. Hinfort achtete er alles, was in irgend einer Weise das Fleisch anerkannte, für Verlust, ja, für Dreck, um Christus zu gewinnen (Phil. 3,4-8). Er kannte hinfort niemanden nach dem Fleische, und in der Mitte der Kinder Gottes wollte er nichts weiter wissen „als nur Jesum Christum, und Ihn als gekreuzigt“ (2. Kor. 5,16; 1. Kor. 2,2). Möchte es auch so bei uns sein! Das war das Gefäß, dem der HErr so hohe Offenbarungen anvertrauen und in dem er sich verherrlichen konnte.

In 2. Thess. 1,12 bittet Paulus für die Heiligen, daß der Name des Herrn Jesus in ihnen verherrlicht werde, und sie in Ihm. Dies kann aber nur geschehen auf dem Wege des Sterbens. Paulus wies sie hin auf den Tag, wo Gott die, die hier glaubend den Weg des Todes Christi wandelten, vor den Blicken einer in Bewunderung staunenden Welt offenbar machen würde zu Seiner Herrlichkeit; uns aber soll es ermutigen, allezeit das Sterben Jesu am Leibe umherzutragen, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde (2. Kor. 4,10).

Der HErr schenke uns, mit ganzem und gläubigem Herzen die Wahrheit des Todes Christi zu erfassen und zu verwirklichen!

(C.) v. d. K.

 

 

„Hebet eure Augen auf und schauet die Felder an.“

Joh. 4,35.

Mit bewegtem Herzen stehen wir an der Schwelle eines neuen Jahres. Das alte geht dem Ende zu. Noch nie schloß sich uns ein Jahr so ereignisvoll wie dieses, und noch nie lag ein neues so finster vor uns. Wieviel Tränen, Not und Elend sahen wir in diesem Jahre! Und doch, beim Rückblick, wie herrlich sehen wir alles überleuchtet von der Liebe und Treue unseres Gottes. Seine Hand trug uns hindurch. Er hat getröstet, den Glauben bewahrt, und gelöster von den Dingen hier unten, schauen wir nach oben, von woher wir den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten. (Phil. 3,21.)

Hebet eure Augen auf und schauet die Felder an! Auf den Feldern des Reiches der Natur waren es damals noch vier Monate - eine lange Zeit - bis zur Ernte. Er aber lenkte ihre Blicke weiter zu anderen Feldern - zu Feldern des Reiches Gottes, wie sie ihr Glaubensauge noch nie gesehen. Er hatte gearbeitet und am Jakobsbrunnen den Samen gesät, und nun, als ihr Auge über die Felder glitt, sahen sie die Männer und Weiber Samarias heilsverlangend kommen, um Christus zu finden. Wunderbarer Anblick! Da war köstlicher Weizen an einem Tage gereift unter der Hand Seiner Arbeit, reif, in Gottes Scheune gesammelt zu werden als Frucht zum ewigen Leben. Wie lieblich, die Augen über die Felder des Reiches Gottes zu erheben und den Segen des HErrn anzuschauen. Laßt uns Seinen Namen preisen und ehren!

An der Jahreswende stehend, gehen unsere Blicke weiter - hinüber zu anderen Feldern, den Feldern der Welt, und mit Spannung sehen wir da Seinem Walten zu. Wie ernst tönen uns bei diesem Blick die Worte: „Hebet eure Augen auf und schauet die Felder an - denn sie sind schon weißzur Ernte“. Diese Felder, was sehen wir auf ihnen? Gott verworfen; Sein Sohn gelästert; Seinem Geist Widerstand geleistet; das Evangelium, Sein Zeugnis verachtet; Bosheit und Gewalttat bis zum Überfluß. Wahrlich, die Felder sind reif zur Ernle - reif für das Gericht. Die Ereignisse unserer Zeit klingen uns schon wie ein Schlag an die Sichel ins Ohr und Herz. Wie nahe mag der Tag sein, wo es über diese Felder heißen wird: „Schicke Deine Sichel und ernte; denn die Stunde des Erntens ist gekommen, denn die Ernte der Erde ist überreif geworden“ (Offb. 14,15).

Was aber will das uns sagen? Als einst Gott zu Abraham sagte, daß Er Seine Augen auf Sodom richten wolle, da wußte Abraham sogleich, daß Sodoms Gericht gekommen sei. Und was tut er? Sofort tritt er in Fürbitte ein. Das sagt uns, den Kindern Gottes, genug. Laßt uns von ihm lernen! Das ist unsere Aufgabe, solange noch ein Tag der Gnade über dieser Welt aufgeht.

Sodom ahnte nichts von dem so plötzlich hereinbrechenden Verderben - Abraham wußte es. Die Welt weiß nicht, welchem Gericht sie entgegen eilt - wir aber wissen es, und daß das Ende aller Dinge nahe ist. Möchte das neue Jahr uns als Beter finden, die wie Abraham mit Inbrunst vor Gott stehen! (1. Petri 4,7.)

v. d. K.

Geleitswort an den Leser:

Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade.“ Joh. 1,16.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevorman die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so mußman sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 13

Was bedeutet „in einer Sprache reden“? 1. Kor. 14,2.

Antwort A

Was die geistlichen Gaben anbetrifft, so ist die Prophetengabe die kostbarste; sie ist diejenige Gabe, die eine göttliche Botschaft empfängt und weitergibt; sie enthält ein Wort der Ermahnung oder auch der Erbauung. Eine weitere Art von geistlichen Gaben besteht darin, einen göttlichen Gedanken in die menschliche Sprache zu übertragen. Diese beiden Arten sind wohl nützlicher als die ziemlich geheimnisvolle Gabe „des Redens in Zungen“. Es schien, als ob diese Gabe darin bestand, in Ekstase einen göttlichen Gedanken zu ergreifen und zu sammeln, ohne diesen selbst in verständlicher Rede auszudrücken. Man sprach, aber es waren Laute ohne Bedeutung für das menschliche Ohr. Der Apostel Paulus macht in 1. Kor. 13,1 noch einen Unterschied zwischen Menschen- und Engelzungen. Ohne Zweifel konnten sich die Kinder Gottes in solchen Kundgebungen erbauen; aber denken wir an die Ungläubigen!

Wir können wohl sagen, wie die geistlichen Gaben zu bewerten sind, um jeglichen Mißbrauch zu vermeiden: Tut alles zur Erbauung!

Aus dem Französischen übersetzt von C. L.

Antwort B

Von Sprachenreden ist im Worte Gottes verschiedentlich die Rede. In Apg. 2,4 heißt es: „Und sie wurden alle mit Heiligem Geiste erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu reden, wie der Geist ihnen gab auszusprechen“, und die anwesenden Menschen „von jeder Nation derer, die unter dem Himmel sind“, hörten sie „die großen Taten Gottes reden“, jeder einzelne in seiner eigenen Mundart (V. 5-11). Die Jünger redeten also die verschiedensten fremden Sprachen, ohne sie erlernt zu haben, durch die unmittelbare Wirkung des Heiligen Geistes. Soviel ich weiß, hören wir von dieser Art Sprachenreden nicht wieder im Worte Gottes, so daß wir wohl annehmen können, daß dieses sich nicht wiederholt hat.

In 1. Kor. 14,2 ist aber offenbar etwas anderes gemeint. Das zeigt der Wortlaut des Verses: „Denn wer in einer Sprache redet, redet nicht Menschen, sondern Gott; denn niemand versteht es, im Geiste aber redet er Geheimnisse.“ Das würde und könnte nicht gesagt werden, wenn es sich nur um eine „andere“ - also von einem anderen Volk gesprochene - Sprache handelte. Es ist vielmehr eine von niemandem gekannte Sprache, eine „neue“ Sprache, wie es in Mark. 16,17 heißt. Deshalb bedurfte auch dieses Sprachenreden der Auslegung, sollte das Geredete den Hörern etwas nützen (1. Kor. 14,5), und war kein Ausleger da, so sollte der, der die Gabe der Sprache hatte, in der Versammlung schweigen (V. 27.28). Das Auslegen der Sprachen war ebenso eine Gabe wie das

Versammlung schweigen (V. 27.28). Das Auslegen der Sprachen war ebenso eine Gabe wie das Sprachenreden selbst (1. Kor. 12,10b).

Ich rede von dieser Sache in der Form der Vergangenheit, weil nach meiner Überzeugung das Sprachenreden als Gabe des Geistes nicht mehr besteht, sondern aufgehört hat (1. Kor. 13,8c: „seien es Sprachen, die werden aufhören“). Warum? Weil das Sprachenreden zu den Zeichen gehörte, die denen folgten, die da glaubten, und durch die der HErr mitwirkte und das Wort bestätigte (Mark. 16,20; 1. Kor. 14,22), solches Mitwirken und Bestätigen des Wortes durch Zeichen aber jetzt, wo das geschriebene Wort Gottes vollendet vorliegt, nicht mehr stattfindet. - Heute ist die Zeit mehr denn je, einfach der Wahrheit zu glauben, und die Herzen werden erprobt, ob das einfache - und doch so kostbare und herrliche - Wort Gottes ihnen genug ist. Hüten wir uns daher vor allem Trachten nach Zeichen, sondern seien wir nüchtern, damit nicht der Feind Gelegenheit habe, solches Trachten zu seinem Vorteil auszunützen. Er ist immer bemüht, unsere Herzen von der Einfalt gegen den Christus abzuwenden (2. Kor. 11,3). Wie können wir dem sicher entgehen? Wenn wir nur auf Seine - unseres guten Hirten - Stimme hören! (Joh. 10,4.5.27).

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Im Jahrbuch II(1914) der „G. H.“ anläßlich Fr. 30 habe ich mich betr. der „Zungenrede“ ausgesprochen wie Antwort B heute, wonach gemäß 1. Kor. 13,8.9 die Sprachen aufhören werden. Sie haben aufgehört bald nach dem apostolischen Zeitalter, warum sie also jetzt noch wiederhaben wollen, da sie doch offenbar ihren Dienst getan haben?!

Wenn wir unter den Gesichtspunkten, die uns obige Stelle gibt, 1. Kor. 14 aufmerksam lesen, so müssen wir sagen, daß es dem Apostel vor allem darauf ankommt, daß die Gemeinde erbaut werde. Um die Gemeinde handelt es sich hier wie in dem ganzen Zusammenhang von Kap. 11,17 an bis zum Schluß von Kap. 14. Es sind Unterweisungen, welche die Gemeinde des HErrn, und zwar mehr die Ortsgemeinde betreffen (Eph. 4 bezieht sich auf die ganze Gemeinde). Die Gemeinde ist der Boden, auf dem die Offenbarungen des Geistes geschehen. Schon dadurch, abgesehen von den vielen unmöglichen Nebenerscheinungen und falschen Lehren, welche die dem Schreiber dieses gutbekannte „Zungenbewegung“1 in sich birgt, ist dieselbe gerichtet, da sie gerade nicht in geordneten, auf dem Boden der Schrift stehenden Gemeinden ihr Wesen hatte, sondern vielmehr abseits stehend von der biblischen Gemeinde, weswegen auch die meisten Zungenbegabten weiblichen Geschlechts waren, denen doch nach 1. Kor. 14,34ff. jedes Reden innerhalb der Gemeinde deutlich genug verboten ist. Ist das etwa gleichgültig?

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Ich war in der Anfangzeit derselben (in Deutschland) ihr Anhänger, bin aber dem HErrn innig dankbar, daßEr mir beizeiten die Augen öffnete über die Ungöttlichkeit der Bewegung und das dämonische Wesen des „Zungenredens“ innerhalb derselben. Wenn auch die Bewegung sich seitdem in vieler Hinsicht gewandest hat, so ist sie auch heute noch in der Hauptsache die gleiche geblieben, obwohl damals wie heute die weitaus meisten ihrer Anhänger Gläubige sind. Nur die Treue gegen das ganze Wort Gottes bietet Schutz gegen Irrtum und Irrlehre! (Psalm 119.) (F.K.)

Selbst wenn also obige Auslegung von 1. Kor. 13,8.9 nicht richtig wäre (daß also die Zungen „aufhören“ würden, während die anderen Stücke „weggetan“ werden sollten beim Kommen des Vollkommenen), wenn es also noch heute biblisches Zungenreden gäbe oder geben könnte, so ist das der „Pfingstbewegung“ wie auch das anderer Separatisten nicht biblisch, da es abgesehen von den Anordnungen des Heiligen Geistes über die Gemeinde des HErrn geschieht, ja ihnen entgegengesetzt.

Sollte es aber dem Heiligen Geiste trotz des heutigen Verfalls, wo doch Erkenntnis und biblische Weissagung (vgl. Bd. I, Fr. 32!) nötigere Stücke sind (zur Belehrung und Erbauung), gefallen,

innerhalb heutiger örtlicher Gemeinden, die auf biblischen Grundsätzen fußen (vgl. Apg. 2.42; 2. Tim. 2,19 u. a.), Zungensprachen zu geben, so würden es nach Kap. 14 wohl andere Sprachen sein als von dem Redenden unerlernte Menschensprachen (wie Apg. 2). Wären es solche, dann genügte ein Kenner der betr. Sprache, um sie zu übersetzen, während hier solche nötig sind, die die Gabe des Auslegens (nicht die Fähigkeit des Dolmetschens) haben: es müssen also wohl Arten von Engelsprachen sein, (1. Kor. 13,1), himmlische Sprachen, die nicht zu erlernen sind. Und mit diesen wäre dann gemäß den apostolischen Anordnungen zu handeln, d. h. wenn kein Ausleger da wäre, müßte der Zungenbegabte schweigen, da sein unverständliches Reden (das nach V. 2 den Charakter einer an Gott gerichteten Anbetung hat) nicht zur Erbauung dient. - Erbauung, Belehrung - das sind die Stücke, auf die es dem Apostel innerhalb der Gemeinde ankommt. Brauchen wir also heute jene Zungen? Brauchten wir sie, so gäbe der Heilige Geist sie in der Gemeinde des HErrn in solcher Weise, daß ein Zweifel an ihrer Echtheit unmöglich wäre - wie es damals auch gar keinen Zweifel an ihrer Göttlichkeit gab! Aber Er gab und gibt sie nicht mehr - sie haben aufgehört! Doch wichtige, köstlichere Gaben sind noch da, wenn auch in Schwachheit (da alles im Verfall ist, besonders die Gemeinde selbst) und stückweise. Doch sie dienen zur Belehrung und Erbauung. Laßt uns ihnen horchen und gehorchen zur Ehre des HErrn und zu unserem Segen, bis „das Stückweise fortgetan wird“, weil „das Vollkommene“ gekommen sein wird - dann nämlich, wenn der HErr gekommen sein wird! - Amen, komm, Herr Jesu!

Frage 14

Wer ist „der lsrael Gottes“? (Gal. 6,16.)

Antwort A

Um über den Namen „Israel“ volle Klarheit zu empfangen, ist es gut, danach zu fragen, wo, wie und warum dieser Name entstanden ist, um so mehr befähigt zu werden, die in Frage stehende Schriftstelle zu verstehen. Dieser Name wurde Jakob gegeben, als er mit Gott gerungen hatte an der Furt des Jabbok (1. Mos. 32) und der eigene Wille, die Kraft und Stütze des Fleisches bei ihm von Gott gebrochen wurde. Dort ging ihm die Sonne auf (1. Mos. 32,31), d. h. ein anderer Lebensabschnitt fing für ihn an, indem er fortan sich mehr auf den Gott der Gnade stützen mußte, denn er hinkte an seiner Hüfte. Er hatte Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen, und jene Stunde war der Wendepunkt in seinem Leben. Und man kann wohl noch hinzufügen, daß die Sonne seines Lebens von nun an immer höher stieg, wenn es auch hier und da noch Schatten gab, so daß er, wie kein anderer Patriarch, die ganze Zukunft seiner Nachkommen am Ende seines Lebens mit göttlichem Licht beleuchtete und ihnen den Weg wies zu jenem Tag, wo es keine Nacht mehr gibt, und zu jenem Lichte, wo keine Schatten sein können (vergl. 1. Mos. 49). Bei ihm erfüllte sich das Wort: „Um den Abend, da wird es licht sein!“ (Sach. 14,7.)

Doch machen wir Gott oft große Mühe, ehe wir die Züge eines Israel, eines Kämpfers Gottes tragen. Die Galater waren solche Menschen, bei denen mehr der Jakob: „Überlister“, das Fleisch zum Vorschein kam denn die Frucht des Geistes. Sie waren überlistet worden von den Gesetzgelehrten und begnügten sich mit der Herrlichkeit des Gesetzes im Angesicht Moses (des Gesetzgebers), 2. Kor. 3,7, anstatt sich zu erfreuen an dem Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi (2. Kor. 4,6). Jakob hatte Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und wurde ein

Israel. Wir werden nicht die Werke des Fleisches erfüllen, wenn wir uns sonnen in dem Lichte der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi, sondern unser Leben, unsere Kraft und unser Ruhm wird sein der Geist der Gnade, den wir durch den Herrn Jesus und durch den Glauben an Ihn empfangen haben. Von uns ist dann nicht nur dem Vorsatz Gottes nach, sondern auch der Wirklichkeit nach wahr, was Paulus in Röm. 8,9 sagt: „Ihr aber seid nicht im Fleische (Jakob), sondern im Geiste (Israel)“. Der Apostel Paulus trug die Malzeichen, Brandmale des Herrn Jesus an seinem Leibe, die deutlichen Beweise, daß er das Kreuz Christi verk ündigte, daß es sein Ruhm war so wie der Anlaß, von den Gesetzesmenschen verfolgt zu werden (Gal. 6,11.12.14.17). Er war nicht nur ein Israelit, auch nicht nur ein wahrhaftiger Israelit (Joh. 1,47), sondern ein „Israel Gottes“. Wie Jakob ein Ende fand in Pniel und hinfort Israel, also mit dem Namen der Gnade, genannt wurde, so war des Paulus Ruhm das Kreuz, wo Saulus sein Ende gefunden hatte, indem er hinfort als ein Israel Gottes zur Ehre seines HErrn lebte. Solchen Geistesmenschen ist Friede und Barmherzigkeit.

K. O. St. (geschrieben im Felde).

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Zu dieser köstlichen Antwort nur noch ein paar kurze Gedanken! Es gab in der apostolischen Zeit innerhalb des jüdischen Volkes einen wahren Israel, ein Israel Gottes, das gelöst war von dem Rühmen des Gesetzes, dem Vertrauen auf Beschneidung usw., das aber trotzdem den Zusammenhang mit den Brüdern nach dem Fleisch sowie mit dem alten Volkstum noch nicht gänzlich aufgab. Mit diesem Israel hatte Paulus Gemeinschaft, obwohl er gelöster als diese Brüder war von dem alten Zusammenhang. Diesen Brüdern, also denen, so nach „der Richtschnur“ der „neuen Schöpfung“ (V. 15) wandelten und damit sich, wenn auch von dem alten Israel als Volk nicht gelöst, doch als „Israel Gottes“ bewiesen nach Röm. 4,12; Gal. 3,7.8 u. a., galt sein Segensspruch so gut wie den im Glauben Wandelnden aus den Nationen. Jene Brüder sollten, etwa beim Lesen des Galaterbriefes, nicht denken, daß der Heilige Geist durch Paulus nur betr. derer aus den Nationen von „neuer Schöpfung“ redete - auch ihnen galten seine Worte.

Es liegt, glaube ich, in den Worten des Apostels aber auch ein prophetischer Blick hinaus auf die Zeit, da Israel als Ganzes (Röm. 11,26, vergl. Fr. 1 d. Jahrb.) wieder, oder vielmehr dann erst in Wahrheit, „der Israel Gottes“ - der Gotteskämpfer - hienieden sein wird, nämlich in der herrlichen Zukunft, im messianischen Friedenskönigreich auf Erden. Auch diesem Israel Friede und Barmherzigkeit!

Stehen wir alle auf dem Boden der Gnade allein, auf dem der neuen Schöpfung? 2. Kor. 5,16-18.

Frage 15

Wie ist Hebr. 9,26 zu erklären?

Antwort A

Im Hebräerbrief tun wir Blicke in Dinge, die in den vergangenen Zeitaltern unter dem Gesetz verborgen waren. Ein altes Hohepriestertum ist beiseite gesetzt, und Jesus als der große Hohepriester hat Sein Amt angetreten und waltet desselben. Wir sehen Ihn und Seinen Dienst, der uns nun einen freien Zugang zum Vaterherzen Gottes eröffnet. Schon mit dem 4. Kapitel beginnt die

Einführung in das Hohepriestertum Jesu; wir dürfen den Wert Seines Opfers schauen, wie es im Gegensatz zu denen des Alten Bundes ein vollgültiges ist. Diese Belehrung zieht sich bis in das 10. Kapitel. Hier in Kapitel 9 sehen wir nun den Ertrag dieses Opfers, den freien Zugang in das Heiligtum und das gereinigte Gewissen und die vollgültige ewige Erlösung. Vorher war der Weg zum Heiligtum versperrt, das Blut von Böcken und Stieren mußte immer wieder fließen, ohne daß die Hinzunahenden einen dauernden Frieden erlangen konnten. Wenn wir nun Christus als den großen Hohenpriester im Himmel schauen dürfen (8,1.2), so ist der Zugang frei. So war mit dem Eintritt Jesu in diese Welt ein neues Zeitalter angebrochen; das Zeitalter des Gesetzes hatte aufgehört, und damit hatte das Evangelium eine Abschaffung aller Dinge, die das Gesetz anordnete, gebracht; Priestertum, Opfer und alles, was mit dem Gesetz in Zusammenhang stand, wurde für kraftlos erklärt. Das Zeitalter der Gnade trat in Kraft, die Errettung war nun eine völlige. Der große Versöhnungstag, von dem wir 3. Mose 16 und 3. Mose 23,26-32 lesen, an dem der Hohepriester Sünd- und Brandopfer darbrachte und im Vorbilde die Sünden des Volkes auf den Bock legte, der in die Wüste geführt wurde, um die Schuld abzuwenden, hatte seinen Abschluß gefunden, weil Jesus Hoherpriester und Opfer zugleich wurde und in das Allerheiligste mit Seinem eigenen Blute eingegangen war. Damit hat Er die Sünden aller, die an Ihn glauben, in das Meer der ewigen Gnade geworfen (Hebr. 8,12). Dieses Werk schließt Sühnung und Versöhnung in sich ein und ist ein vollkommenes. So wurden die Ratschlüsse Gottes mit der Sendung und Hingabe Seines Sohnes erfüllt; durch Sein Opfer und Seinen Hingang auf das Kreuz wurde der Grund gelegt; der Christus, den der Mensch verwarf, wurde durch Sein Opfer das Mittel zur Abschaffung der Sünde, und mit Ihm, den Gott gesandt hat, als die Zeit erfüllet war, kam eine neue Periode: die Offenbarung Christi in der Vollendung der Zeitalter (2. Tim. 1,9.10). So hat Er durch ein Opfer auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiliget werden (Hebr. 10,14). Das angenehme Jahr, Luk. 4,18.19 (vergl. Jes. 61,1-3), war mit dem Kommen des Herrn Jesus angebrochen, und dort in der Synagoge in Nazareth konnte Jesus sagen: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt“ (vergl. 2. Kor. 6,2).

So sehen wir Jesum in der Erfüllung der Zeitalter als das Lamm geoffenbart zur Abschaffung der Sünden und als Hoherpriester, der uns den Zugang zum Allerheiligen geöffnet hat, und wir dürfen in diesem Zeitalter der Gnade warten, bis Er, der einmal geopfert wurde, um vieler Sünden zu tragen, zum zweitenmal denen, die Ihn erwarten, ohne Sünde (d. h. ohne in Beziehung zur Sünde, die ja abgeschafft ist!) erscheint zur Seligkeit (Hebr. 9,28). Dann wird dieses Zeitalter endgültig vollendet sein, eine neue Zeit wird anbrechen, wo wir bei dem HErrn sein werden allezeit. Alles aber auf der einen Grundlage, daß Er einmal in der Vollendung der Zeitalter zur Abschaffung der Sünde geoffenbart wurde.

Ph. W.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

„Abschaffung der Sünde“ - welch ein wunderbarer Gegenstand, welche Herrlichkeit schließt er ein, welche Gnade in Ewigkeit, welch Grund ewiger Freude! Abschaffung der Sünde durch das Opfer des Einen, der nicht nur beladen ward mit der Sünde der Welt, sondern der von dem heiligen, gerechten Gott zur Sünde gemacht wurde, am Fluchholz gerichtet wurde von dem Gott, der zu heilig ist, als daß Er die Sünde sehen und ertragen könnte. Aber hat Er sie nicht durch ganze Jahrtausende hindurch ertragen? Ja, aus Langmut und Erzieherweisheit - aber einmal sind die Zeitalter vollendet worden, da Gott die Sünde nicht mehr sehen konnte, einmal war das Maß voll einer sich empörenden

Gott die Sünde nicht mehr sehen konnte, einmal war das Maß voll einer sich empörenden Menschheit, die durch und durch sündig war, einmal mußte sie das Gericht treffen, und wenn nicht sie - dann einen anderen für sie: Christus Jesus von Gott zur Sünde gemacht, auf daß wir - die an Ihn glauben - Gottes Gerechtigkeit würden (darstellten) in Ihm! (2. Kor. 5,21.) An Seinem Leibe wurde die Sünde auf dem Holz gerichtet, als Gott, der Heilige, Sein Angesicht vor Ihm, dem zur Sünde gemachten Sohn des Menschen, verbarg! (Matth. 27,46.) Welch ein Geheimnis, welche Tiefen der Gnade enthüllten sich, nachdem die Tiefen der menschlichen Sünde und Gottferne sich vollendet hatten! Zur Abschaffung der Sünde! Ja, welch ein Opfer! Das freilich konnte und kann nie wiederholt werden, das gilt für ewig, das ist allumfassend und allgültig. Wirklich? Jawohl - jeder, der an Ihn glaubt, ist für ewig von der Sünde befreit, von ihr, die als satanisches Prinzip in der Natur des Menschen, als unübersteigbare Scheidewand, als ewiger Trennungsgrund zwischen dem Heiligen und dem Unheiligen steht - für ewig ist sie hinweggetan aus Gottes Augen, so daß jedem ein Weg geöffnet ist zu Gott, in das Allerheiligste - aber freilich nur durch den Glauben, d. h. durch die demütige Unterwerfung unter Gottes Urteil und Annahme des einzigen Weges und Heiles. Von Gottes Seite ist alles geschehen, die Sünde ist beseitigt, außer Kraft gesetzt in ihrer Trennungsmacht, - aber - ist von deiner Seite alles geschehen, was geschehen muß? Ist auch die Sünde als die alles beherrschende Macht der Welt hinweggetragen (Joh. 1,29) und gesühnt in Christi Blut, so stehen doch noch da die Dokumente, die Zeugnisse der Gott widerstrebenden Einzelpersönlichkeit des Menschen: seine Sünden! Merke wohl auf den Unterschied, V. 26: „Abschaffung der Sünde“, V. 28: „vieler (nicht aller) Sünden“, d. h. die Sünde der Welt ist gesühnt, die Sünden des einzelnen bleiben auf ihm, bis der einzelne das Opfer Christi für sich selbst als nötig und zugleich ewig gültig anerkennt in Buße und Glauben. Wohl ist „Er die Sühnung für die ganze Welt“ (1. Joh. 2,2), d. h. alle können an ihr teilhaben, da von Gottes Seite alles geschehen ist (die Sünde ist ja abgeschafft), aber nicht heißt es: „für die Sünden der ganzen Welt“, womit ein Freibrief zur Rettung für alle Sünder, und zwar ohne Bekehrung, d. h. ohne Buße und Glauben gegeben wäre; nein, jeder muß demütig glaubend Ihn annehmen als einzige Sühnung für die eigenen Sünden, und jeder darf dies auf Grund des einen Opfers für die Sünde der Welt - aber auch nur auf diesem Wege ist Heil für jeden da, für jeden Glaubenden! (Apgesch. 10,43; 13,38.39.) Aber dann auch ein „volles, ew'ges, ganzes Heil“, ohne daß für den, der es angenommen, noch die Möglichkeit des Verlorengehens eingeschlossen wäre: die Sünde ist ja abgeschafft, der Trennungsgrund ist ja für ewig hinweggetan! Und für die nach der Bekehrung noch eintretenden Sünden des Kindes Gottes ist in 1. Joh. 1,9 wunderbare Vorsorge geschaffen! (Man vergleiche zu dieser Frage noch Bd. II. [1914], Frage 10 und 46; llI, 34 und V, 27 u. a.)

Gepriesen sei unser großer Hoherpriester für die Abschaffung, die Beseitigung der Sünde durch Sein kostbares, ewig gültiges Opfer, das Opfer Seiner Selbst, des Lammes Gottes!

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

 

„Ich elender Mensch! Wer wird mich retten ...?“

Röm.7,24 - 8,2.

Alle, die an den Herrn Jesus gläubig geworden sind, gründen ihre Errettung auf Sein Opfer auf Golgatha. Alle haben Seinen Tod als die Grundlage der Vergebung ihrer Sünden erfaßt, aber wenige sind es, die die andere Seite Seines Todes erkennen und im Glauben erfassen, nämlich, daß Sein Tod auch das Gericht Gottes über mich, den Menschen im Fleische, sowie auch über das System der Welt ist (Gal. 6,14). Meine Person, „Ich“, der Mensch im Fleisch, hat dort auf Golgatha vor Gott sein Ende gefunden. Nichts von diesem Menschen war für Gott mehr brauchbar, er war so verdorben und untauglich für alles, daß Gott nichts anderes mit ihm anfangen konnte, als ihn gänzlich und auf immer durch den Tod zu beseitigen. Dies geschah im Tode Christi.

Das Kreuz Christi ist das Ende des alten Menschen, darum kann Gott keinen Ruhm und keine Ehre auf ihn legen. Legen wir noch Ehre auf ihn? Vor Gott hat der erste Mensch keinen Platz mehr. Hat er noch Raum in unserer Mitte? Gott konnte ihn für nichts mehr gebrauchen, weder für Weisheit und Gerechtigkeit, noch in den Fragen der Heiligkeit und Erlösung. (Vergl. 1. Kor. 1.29.30). Können wir ihn noch für etwas gebrauchen? Vielleicht seine Weisheit? Gott kann auch diese nicht gebrauchen für das Wort vom Kreuz. Das Kreuz ist ja die Verneinung des Menschen; welch ein Unding, seine Weisheit für das Wort vom Kreuz gebrauchen zu wollen. Weisheit in irdischen Dingen ist gut, aber in den Dingen und dem Dienste Gottes ist sie nicht brauchbar, dazu brauchen wir den Heiligen Geist. „Ich will die Weisheit der Weisen vernichten“, sagt Gott, als Er vom Kreuze Christi redet, Verstand und Weisheit können die Dinge Gottes nicht erforschen, und eine erneuerte Seele bringt sie unter die Herrschaft des Heiligen Geistes, zur Herrlichkeit Gottes.

Hier liegt das Geheimnis für manche über ihr „Ich“ klagenden und zagenden Seelen. Sie seufzen: „Ich elender Mensch! Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes?“ (Röm. 7,24.) Warum? Weil sie noch nicht in ihrer eigenen Seele weder das vollstreckte Todesurteil über ihr „Ich“ angenommen noch mit Dank die Befreiung davon durch Jesum Christum im Glauben ergriffen haben. Sie seufzen, weil sie sich nicht besser machen können. Wen? Den, den Gott als unverbesserlich in Tod und Grab legen mußte. Sie haben noch nicht für sich im Glauben angenommen und verwirklichen nicht für sich das, was Wirklichkeit für Gott ist, nämlich, daß sie „mit Christo gestorben“

sind und aufgehört haben, Menschen „im Fleische“ zu sein, und Menschen „in Christo“ geworden sind. Sie sind immer wieder mit dem „Ich“ beschäftigt, mit dem Gott Sich nicht mehr befaßt, und wollen Gutes aus dem hervorgehen lassen, in dem „nichts Gutes“ ist.

Andere seufzen und sagen: Alles das ist Wahrheit, und ich zweifle nicht daran, aber ein Blick in mich genügt, mir zu sagen, daß ich noch nicht „gestorben“ bin; ich möchte gern „tot“ sein, aber ich bin es nicht. Solche erwarten etwas, was erst stattfindet, wenn der Leib ins Grab sinkt. Die Schrift sagt nie, daß wir in uns gestorben und tot sind, sondern daß wir „mit Christo gestorben“ sind. Es ist in der Verbindung mit Ihm, daß wir gestorben, und nur in der Glaubensverbindung mit Ihm wird es verwirklicht, aber nie unabhängig von Ihm. Als Er starb - starb ich, als Er auferweckt wurde, wurde ich mit Ihm zu neuem Leben auferweckt. So wie ich nicht in mich hineinschaue, um zu sehen, ob ich auferweckt bin, so wenig erfahre ich durch den Blick in mich, ob ich mit Christo gestorben bin. Wie weiß ich es? Durch das Zeugnis Gottes. Der Glaube erfaßt es und verwirklicht: „Ich bin mit Christo gekreuzigt.“ Das ist Wirklichkeit für Gott, das ist wahr und Wirklichkeit für mich. O, wie wenig

kennen wir doch von dem Glaubensleben und -wandel in den Dingen, die Wirklichkeit für Gott und für uns sind.

Paulus lebte in dieser Wahrheit. Aber auch aus seinem Herzen kam einst der schmerzliche Ruf: „Ich elender Mensch!“ Das zuvor Gesagte in Röm. 7 zeigt uns, wie aufrichtig er sich auch bemühte, die sündige Fleischesnatur zu überwinden, seine Kraft reichte nicht hin, all sein Bemühen war vergebens, und er ruft: „Ich elender Mensch!“ - Und es gibt in Wahrheit keinen in seiner Seele elenderen Menschen als den, der sich aufrichtig bemüht, in eigener Kraft das Fleisch und die Sünde zu überwinden. All die äußeren Leiden und Schmerzen, die Paulus zu erdulden hatte, konnten ihm nie den Schrei abringen: „Ich elender Mensch!“, den er hier in tiefem Seelenschmerz über das Versagen seiner Kraft ausstößt. Seine Frage ist: „Wer wird mich erretten von diesem Leibe des Todes?“ (Röm. 7,24.25.) Die Frage war nicht: Wie werde ich errettet (errettet war er), sondern: Wer wird mich retten, und zwar von dem Leibe des Todes? Er ist zu Ende mit sich und seiner Kraft, er sieht, daß er völlig auf einen anderen angewiesen ist, um von dem Leibe des Todes errettet zu werden. Da läßt er sich los und ergreift Jesum Christum, und nun lobpreist er Gott, daß er durch Ihn die Rettung auch von dem Leibe des Todes hat. Er machte diesen Weg von sich und seiner Kraft zu Christo, und froh bekennt er: „Ich bin mit Christo gestorben, nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“. (Gal. 2.20.)1

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Wir wissen nicht, wann der Apostel in seiner Seele durch diese Erfahrung hindurchging. Die Zeit mochte schon lange hinter ihm liegen; aber wir sehen, auch er mußte sie in seiner Seele durchleben.

Und wie können wir von diesem schrecklichen „Ich“, das wir mit uns herumtragen, befreit werden? Wir müssen denselben Weg machen. Wer kann mich befreien? Christus! Wie befreit Er mich? Durch den Tod. Ich bin mit Christo gekreuzigt, nicht mehr lebe ich. Jede Regung des „Ich“ wird im Tode niedergehalten, es hat kein Recht mehr zu leben, sondern Christus allein hat das Recht, Er - Christus - lebt in mir. Er ist das wirkende Leben in mir. Sein Geist hat die Herrschaft (nicht mehr das „Ich“), und Er hält das „Ich“ im Tode. „Das Gesetz1 des Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm. 8,2). Das Gesetz der Sünde - das „Ich“ - die Sündennatur ist zwar noch da, aber sie beherrscht mich nicht mehr. Ich bin freigemacht. Wodurch? Durch Christus. Der Geist des Lebens in Christo Jesu hat die Herrschaft. So wie ich einst unter dem mich überwältigenden Naturgesetz der Sünde und des „Ich“ stand, so stehe ich jetzt unter einem anderen Naturgesetz, dem des Geistes des Lebens, und zwar eines Lebens, das nicht in mir selbst liegt, sondern in Christo Jesu ist. Das Gesetz dieses Geistes hält unablässig in mir das Bewußtsein wach: Christus lebt in mir. Beim Aufstehen und Zubettgehen tönt es im Herzen: „Nicht mehr lebe ich - Christus lebt in mir“. Wir treiben unser Geschäft, wir arbeiten und wirken, aber es bleibt: „Nicht mehr lebe ich - Christus lebt in mir“. In der Familie, im Hause, in der Gemeinschaft mit den Gläubigen, in der Arbeit für den HErrn, unablässig und überall durchwirkt das Lebensgesetz des Geistes unser ganzes Wesen und Sein mit dem alles in uns bezwingenden Sinn: „Nicht mehr lebe ich - Christus lebt in mir“.

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Das „Gesetz“ des Geistes des Lebens, das „Gesetz“ der Sünde in dem Sinne des Prinzips (Grundsatzes), wie wir von dem Gesetz, dem Gebot der Natur, dem Gesetz der Schwere usw. reden; es ist das zwingende, alles überwältigende Prinzip. (v. d. K.)

Dies wird nicht durch Kraftanstrengung von unserer Seite bewirkt. Es ist die Lebenswirkung „des Geistes des Lebens in Christo Jesu“. Leben ist keine Anstrengung und Anstrengung kein Leben. Die Anstrengungen des Fleisches möchten sich gern mit dem Wirken des Geistes vermischen. Aber Fleisch und Geist sind einander entgegen und können nie vereint werden. Jede Bei- und Einmischung des Fleisches ist ein Hemmnis für den Geist.

Laß dein kraftloses Mühen fahren - laß dich los und überlaß dich hemmnislos Christo, und du wirst die wunderbare Kraft - das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu in Seiner alles in uns

niederzwingenden Kraft erfahren, die dich „freimacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes“.

v. d. K.

Gebete, die erhört und die nicht erhört werden.

Das Gebet ist das Atmen deines inneren, verborgenen Lebens. Es ist der Verkehr deiner Seele mit Gott. Als der HErr einst von der neuen Geburt redete, sagte Er: „Der Wind weht, wo er will, und du hörst sein Sausen.“ Etwas von diesem „Sausen“ ist auch das Gebet, so wie es von Saulus hieß: „Siehe, er betet.“ In dem Gebet reden wir mit Gott, und Gott redet wiederum durch Sein Wort zu uns. Dies sind die beiden sichtbaren Verbindungen zwischen der Seele und Gott. Beide, das Wort und das Gebet, finden wir oft in der Schrift nahe beieinander. In dem einen spricht Gott zu uns, in dem anderen wir zu Ihm. Im Gebet kommt unsere Abhängigkeit von Gott so recht zum Ausdruck. Unsere Schwachheit und Unzulänglichkeit treibt uns, Seine Kraft für uns zu erbitten. In jedem Menschen lebt etwas davon, Ihn in der Not anzurufen; dieser Zug in jeder Menschenbrust ist ein Beweis von dem Dasein Gottes.

Es ist etwas Wunderbares, einen Menschen mit dem Unsichtbaren reden zu sehen, fast noch wunderbarer erscheint es uns aber, daß dieser Unsichtbare in nicht mißzuverstehender Weise Antwortet. Tausende könnten bezeugen, wie Er geAntwortet hat. Und doch wie wenig wird auf Seine Antwort Geachtet! Oft wird uns Seine Antwort in den Umständen zuteil, und diese ergeben sich oftmals wieder in so scheinbar natürlicher Weise, daß wir uns gar nicht bewußt werden, daß es Gottes Antwort ist. Gott gebraucht eben Mittel und Wege, und weil Er Mittel und Umstände gebraucht, bleiben wir so leicht an den Umständen hängen und sehen nicht Sein Walten darin. Seine Güte Antwortet dem Gebet des Glaubens in den Umständen oft so unmerkbar und schnell, daß es geöffneter Augen bedarf, Seine Antwort zu sehen.

Möchten wir nicht nur unsere Anliegen vor Ihn bringen, sondern auch auf Seine Antwort Achten! Wir sollen nicht nur allezeit beten, sondern auch in demselben wachen. Es liegt so in uns, alles selbst einfädeln zu wollen, statt die Dinge Ihm zu überlassen. Der HErr sagt: „Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden.“ (Phil. 4,6). Nichts ist für Ihn zu klein, es zu beachten, und nichts ist zu alltäglich, um es Gott nicht sagen zu können, seien es die Dinge des Werkes des HErrn, der Familie oder des Geschäftes usw. Welche Gnade, daß Gott uns zu solchem nahen Verkehr mit Sich ermuntert, mit Ihm alle unsere Gedanken und Anliegen auszutauschen. Aber lassen wir uns auch bewahren, es etwa mit einem Herzen des Probierens zu tun, ob und wie Er Antworten wird, sondern vielmehr in wahrer Abhängigkeit mit dem Herzen des Glaubens; unser Gewinn wird groß sein.

Laßt uns in unseren Gebeten nüchtern und einfach sein! Nicht das lange, mit Worten geschmückte Gebet ist es, das Gott gefällt, sondern das, das aus dem Herzen des Glaubens zu Ihm emporsteigt. Ist das Herz rein, die Absicht recht, so mag unsere Ausdrucksweise mangelhaft sein, Gott versteht's. Ja, Gott versteht das Gebet des Herzens selbst dann, wenn auch vor Schmerz und Kummer die Lippen schweigen. Er versteht das Seufzen und den Schrei der Seele. Er sagt: „Ehe sie rufen, werde Ich Antworten; während sie noch reden, werde Ich hören“ (Jes. 65,24).

Was das Gebet auszurichten vermag, das sehen wir so recht in der Geschichte des Königs Josaphat

(2. Chron. 20). Als Moab und Ammon wider ihn in großer Menge heraufzogen, „da richtete er sein Angesicht daraus, Jehova zu suchen“. Höre, was er zum HErrn sagt: „... willst Du sie nicht richten? In uns ist keine Kraft vor dieser großen Menge, die wider uns kommt, und wir wissen nicht, was wir tun sollen, sondern auf Dich sind unsere Augen gerichtet.“ Und was war das Resultat? Gott stritt für ihn. Er machte, daß die Feinde gegeneinander kämpften und sich verdarben, und als Juda auf die Bergwarte kam, da sahen sie die Erde bedeckt mit den Leichnamen ihrer Feinde. Alles, was Juda tat, war „Sänger für Jehova zu bestellen, welche lobsangen im heiligen Schmuck“. Wären unsere Augen mehr auf den HErrn gerichtet, unsere Lippen würden mehr zu Seinem Preise geöffnet sein.

Sollten wir nicht aus solchen Beispielen die Macht des Gebets lernen? Hat Gott nicht deshalb für uns solches niederschreiben lassen? Wir mögen nicht beredte Evangelisten, Hirten oder Lehrer sein, auch nicht zu großen hervortretenden Arbeiten und Aufgaben in Seinem Werke berufen sein, aber wir können beten, können mit Ihm reden, ohne dessen Kraft alle Gaben und Fähigkeiten kraftlos sind. Was wird einst sichtbar werden an jenem Tage, wenn alles im Lichte Gottes offenbar wird! Was wir hier auf die Rechnung dieses oder jenes begabten Bruders schrieben, mag dort als Antwort Auf das „inbrünstige Gebet eines Gerechten“ (Jak. 5,16) offenbar werden, auf den niemand hier unten geachtet hat. Wir ahnen ja gar nicht, wieviel im Werke des HErrn von den Gebeten des Glaubens abhängt! Möchten doch alle Kinder Gottes in ihren Gebeten mitwirken an der Arbeit in Seinem Werke! Unsere Augen blicken oft zu viel auf die Werkzeuge Seiner Hand, und wir legen allen Wert und Ehre auf diese, aber Gott wird an jenem Tage die gläubigen, von niemand gekannten Beter ehren. Dies sollte eine Ermutigung sein für alle verborgenen Beter, nicht müde zu werden im anhaltenden Gebet. Sie selbst und andere mögen nichts sehen von der Wirkung ihrer Gebete, aber sie wird nicht verborgen bleiben. Der HErr kommt und mit Ihm Sein Lohn (Offb. 22,12).

Ein Evangelist kam in ein Dorf, um das Evangelium zu verkündigen. Als er von Haus zu Haus ging und Traktate verteilte, fand er eine bettlägerige Schwester im HErrn. Er erzählte ihr, daß er gekommen sei, um an dem Orte das Evangelium zu verkündigen. Da bedeckte plötzlich eine Röte das Gesicht der Schwester. Auf seine Nachfrage hörte er nun, daß sie schon mehr als zehn Jahre bete, daß der HErr jemand senden möge, die frohe Botschaft zu verkünden, und nun war er da, es zu tun. Sie konnte nicht selbst das Evangelium verkünden, aber sie konnte Gott bitten, einen anderen zu senden. Werden nicht beide ihren Lohn finden am dem Tage des Herrn Jesus Christus?

Laßt uns beten und glauben. Der HErr sagt: „Alles, um was irgend ihr betet und bittet, glaubet, daß ihr es empfanget, und es wird euch werden“ (Mark. 11,24). Der Geist Gottes bewirkt die Gegenstände des Gebetes in unserem Herzen, damit wir sie Gott im Gebete sagen und Er sie uns geben möge. Sind aber unsere Herzen für Sein Wirken nicht gereinigt (z. B. nicht vergebend, Mark. 11,24-26), so können wir auch nicht erhörlich beten. Aber was Sein Geist dir ins Herz legt, welche Dinge es auch seien, sage es Gott im Glauben. Aber vermiß dich nie in deinem Gebet zum Fordern oder Erzwingen - gleichsam Gott Gewalt anzutun, dir dein Verlangen geben zu müssen. Fordern und Erpressen ist kein „Gebet“. Wir dürfen „bitten“, aber nicht „fordern“. „Gebet“ ist die bittende Rede des abhängigen, willenlosen, ergebenen Herzens mit Gott, und doch ist das „Gebet des Glaubens“ ein Erfassen Seiner Macht und Seiner Liebe im vollen Glauben - Seiner Macht, die alles vermag zu geben - Seiner Liebe, die geben wird, wie es für uns am besten ist. Das Wort an Hesekiel (14,7) gilt dem Grundsatz nach auch für uns: „Ich, Jehova, werde in Meiner Weise (Mir gemäß) Antworten.“ Gewiß, Gott hat uns Verheißungen gegeben, aber Seine Verheißungen geben uns kein Recht zum Fordern. Er wird sie erfüllen zu Seiner Zeit. Daran ist kein Zweifel. Wir aber dürfen um die Erfüllung Seiner

wird sie erfüllen zu Seiner Zeit. Daran ist kein Zweifel. Wir aber dürfen um die Erfüllung Seiner Verheißungen „bitten“. Die Verheißungen machen keineswegs unser Gebet überflüssig. Wir wissen, Gott hat vielmals klar verheißen, Israel zu segnen und an Menschen zu vermehren, und doch sagt Er: „Ich werde Mich vom Hause Israel erbitten lassen, daß Ich es ihnen tue: Ich werde sie an Menschen vermehren wie eine Herde.“ (Hes.36,11.37.)

Wie aber ist es mit den unerhörten Gebeten? Vielleicht sagt ein Leser: „Ich habe lange um diese oder jene Sache gebetet, und mir ist keine Antwort Geworden. Warum hat Gott mein Gebet nicht erhört?“

Zunächst wollen wir uns gesagt sein lassen, daß es auch Gebete gibt, die nicht erhört werden; wenigstens nicht nach unseren Gedanken und Wünschen. Denken wir an den bekannten Fall mit Paulus. (2. Kor. 12.) Er bat den HErrn dreimal, daß der „Dorn für das Fleisch“ ihm weggenommen werde, und doch wurde ihm seine Bitte nicht erfüllt. Es war besser für ihn, daß er nicht empfing, um was er bat. Und dies mag auch der Fall mit uns sein. - Davids Geschichte gibt uns ein anderes Beispiel. Er wünschte sehnlichst, dem HErrn ein Haus zu bauen. Das war gewiß ein rechter Gedanke, und wie würde er sich gefreut haben, es tun zu können, aber es wurde ihm nicht erlaubt. Beide aber empfingen Antwort Auf ihr Gebet. Paulus empfing die Gnade, sich seiner Schwachheiten zu rühmen, daß die Kraft Christi über ihm wohne; und David wurde zufriedengestellt dadurch, daß sein Sohn das Haus bauen sollte. Beide empfingen Antwort, nur die Antwort war nicht so, wie sie sie sich gedacht und erbeten hatten. Und so mag es auch mit uns sein. Auch wir empfangen Antwort, aber die Antwort ist anders als die Bitte, und weil sie anders ist, sehen wir sie nicht an als eine Antwort. Ja, mehr, wir mögen ähnliche Erfahrungen machen wie jener Bruder, der mit Inbrunst betete, daß es ihm gegeben werden möge, das Leben Jesu in seinem Leben zu offenbaren. Der HErr erhörte sein Gebet - aber wie? Er erzählte, daß er Wege geführt wurde, die ihn schier an den Rand der Verzweiflung brachten. Zuerst wurde er selbst zerschlagen, dann wurden die Bande nach dem Fleische und der Welt zerbrochen, und er mußte durchleben, was Paulus in 2. Kor. 4,8-11 sagt: „... allenthalben bedrängt ... verfolgt ... verlassen ... niedergeworfen ... das Sterben Jesu am Leibe umhertragend.“ Aber Gott gab ihm Gnade zu sehen, daß dies der Weg war, auf dem Gott ihm seine Bitte schenken konnte. Wir sehen, Gott Antwortet, aber Seine Antwort kann ganz anders sein, als wie wir sie erwarten.

Es kann auch sein, daß uns keine zusagende und bestimmte Antwort wird. Wir mögen um Dinge bitten, die uns nicht gut sind, oder um etwas Törichtes bitten. Wir sahen solches bei der Mutter der Söhne des Zebedäus (Matth. 20,20ff.). Sie bat, daß ihre beiden Söhne einer zu Seiner Rechten und einer zu Seiner Linken sitze in Seinem Reiche. Der HErr sagte ihr, daß sie nicht wisse, um was sie bitte. Gewiß, sie dachte, wie schön es sei, wenn ihre beiden Söhne zu Seiner Rechten und Linken säßen, aber der HErr zeigte ihr und uns, daß es eine wichtigere Sache ist zu dienen, als sich bedienen zu lassen.

Doch vielleicht beten wir um rechte Dinge, z. B. um die Bekehrung unserer Kinder und um andere rechte Dinge, und doch wird uns keine Antwort. Dies führt uns zu anderen Gründen der Nichterhörung unserer Gebete. Da war eine gläubige Frau, sie wünschte innigst, daß in der Familie Hausandacht gehalten werde, aber ihr Mann war nicht dafür zu haben. Lange bat sie den HErrn darum. Da geschah es, daß ein Bruder auf einige Tage in ihr Haus kam. Diesem klagte sie ihr Anliegen, daß sie schon oft, aber vergeblich den HErrn gebeten habe und es nicht verstehen könne, warum Gott ihr Gebet nicht erhöre und ihren Mann zurechtbringe. Ganz überrascht wurde sie, als der

Bruder ihr sagte, daß zuerst sie selbst sich müsse von Gott zurechtbringen lassen, und dann würde auch Gott ihren Mann zurechtbringen. Sie war willig und demütig, die Zurechtweisung anzunehmen, und mit Ernst prüfte sie ihr Benehmen und Verhalten vor dem HErrn, um zu sehen, wo die Hindernisse bei ihr seien. Und als Gott Sein Ziel bei ihr erreicht hatte, währte es nicht lange, da war auch ihr Mann gewonnen und eines Sinnes mit ihr. Auch unsere Gebete bleiben oft unbeAntwortet, weil Gott noch erst bei uns etwas zurechtzubringen hat. Es ist gewiß recht, um das geistliche Wachstum und den Segen anderer zu beten. Aber Er liebt uns zu sehr, um andere zu segnen und uns ungesegnet zu lassen. Seine Weise ist vielmehr: „Ich will dich segnen“ - und dann folgt - „und du sollst ein Segen sein“. Wenn der HErr uns etwas vorenthält, so ist das eine deutliche Mahnung, zuerst einmal uns und unsere Wege zu prüfen und zu erforschen, und dann „laßt uns zum HErrn umkehren“ (Klagel. 3,40). Unerhörte Gebete sind oft ein Hinweis auf unseren eigenen Zustand.

Jakobus gibt uns noch einen anderen Grund, warum wir nicht empfangen, um was wir beten. Er sagt: „Ihr bittet und empfanget nichts, weil ihr übel bittet, auf daß ihr es in euren Lüsten vergeudet“ (Jak. 4,3). O, wie viele, die da fragen, warum Gott ihre Gebete nicht erhöre, finden in diesem Worte ihre Antwort. Wie erforschen diese Worte die Beweggründe unserer Gebete! Hinter all unserem Beten, unserer scheinbaren Hingabe usw. steht, ach, so oft nur unser eigener Genuß, unser Haus, unsere Interessen und Freude - und so nahe dabei steht „die Welt“ (V. 4). Gott liest das Verborgene unseres Herzens, und gäbe Er uns unsere Bitte, wir würden sie gebrauchen, uns zu spreizen und uns selbst zu gefallen. Gott weiß, was Er uns anvertrauen kann und ob es uns zum Segen und Ihm zur Herrlichkeit sein würde. Wenn wir uns selbst besser kennten, wir würden uns weniger wundern, daß unsere Gebete nicht erhört werden. Auch ungerichtete Sünden (Lüge, Unrecht, Untreue u. a. m.), sagt Jesaja im Kap. 59,1.2ff., sind Ursachen, „daß Er nicht hört“. - „Seine Hand ist nicht zu kurz, um retten zu können, und Sein Ohr nicht zu schwer, um zu hören“, aber „unsere Missetaten stehen zwischen uns und Ihm“, um uns erhören zu können.

Ein anderer Grund, warum Gott die Erhörung unserer Gebete zurückhält, ist, daß wir zurückhaltend sind in Dingen, die wir schuldig sind zu tun. Z. B.: Als der HErr in Mark. 11,24-26 von der Erhörung der Gebete spricht, verbindet Er die Vergebung unsererseits damit: „Alles, um was irgend ihr betet und bittet, glaubet, daß ihr es empfanget, und es wird euch werden. Und wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemanden habt.“ Hegst du in deinem Herzen einen nicht vergebenden Geist, dann erkenne, daß dies das Hemmnis für die Erhörung deiner Gebete ist. Und ebenso wird es sein, wenn wir zurückhalten, was dem HErrn geweiht sein soll. Es gibt keinen ärmeren Menschen als den, der immer spart. Denke an das Wort in Spr. 11,24.25: „Da ist einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr, und einer, der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel. Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt.“ Es ist ganz gewiß, daß Gott nach Seiner Gnade mit uns handelt und nicht nach dem, wie wir es verdienen, und doch übersieht Gott nicht, wie wir Ihm und anderen gegenüber handeln, und danach handelt Er auch mit uns. Vergeltung ist ein Grundsatz Seines Waltens schon in dieser Welt. „Gegen den Gütigen erzeigst Du Dich gütig“ (Ps. 18,25). Und denen, die nur für ihr „eigenes Haus“ sorgten, ließ Er sagen: „Darum hat der Himmel den Tau über euch zurückgehalten und die Erde ihren Ertrag.“ (Hagg. 1,4-11; vergl. Mal. 3,10.)

Dann bleiben unsere Gebete auch unbeAntwortet, weil wir unverständig bitten. Dies ist besonders oft der Fall, wenn es sich um geistliche Dinge handelt. Im Geistlichen wie im Natürlichen hat Gott gewisse Grundsätze und Ordnungen festgelegt, und Er kann Bitten, die diesen entgegenstehen, nicht

gewisse Grundsätze und Ordnungen festgelegt, und Er kann Bitten, die diesen entgegenstehen, nicht ohne weiteres erfüllen. Aus dem Fall mit dem kananäischen Weibe können wir etwas lernen. (Matth. 15,21-28.) Sie kam in der tiefen Sorge um ihre Tochter zum HErrn, um von Ihm als dem „Sohne Davids“ gesegnet zu werden, - und „Er Antwortete ihr nicht ein Wort“. (War dies herzlos von Ihm?) Aber Er wies sie nicht ab, wie Er auch uns nicht abweist. Sie kam unter ganz falschen Voraussetzungen zu Ihm, und ehe Er ihre Bitte erfüllen konnte, mußte Er sie belehren, damit sie erst ihren rechten Stand vor Ihm einzunehmen lernte. Welchen Anspruch hatte sie als Heidin an den „Sohn Davids“? Er muß ihr erst die Augen über sich selbst und ihre Stellung zu Ihm öffnen. Und sie versteht Sein Wort. Sie beugt sich und sagt: „Ja, HErr“ und nimmt ihren Platz als ein „Hündlein“ vor Ihm ein, als eine, die kein Anrecht an Israels Verheißungen hat und „ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt ist“ (Eph. 2). Aber das Erbarmen des „HErrn“ ist auch für die „Hündlein“ da, und so klammert sie sich an Ihn und erwartet ein Brosamlein von Seinem Tische, von Ihm, den sie das Recht hatte ihren „HErrn“ zu nennen. Der HErr hatte Sein Ziel erreicht. Sie war zur rechten Glaubensstellung hingeführt, und mit welcher Freude gibt Er ihr jetzt, was ihr Herz verlangte. Wir sehen, der HErr hätte die ganze Ordnung Gottes beiseile setzen müssen, wenn Er ihr hätte ohne weiteres geben wollen, was sie erbat. Deshalb mußte sie erst lernen, wie sie den Segen empfangen konnte.

Wenn auch nicht in derselben Weise, aber demselben Grundsatz nach bedürfen auch heute gar manche Beter Belehrung, nicht etwas als eine Gabe auf ihr Gebet empfangen zu wollen, was Gott auf den Glauben, auf die Treue oder auf Grund anderer Bedingungen geben will. Ich möchte hier zunächst auf das Gebet um Vergebung der Sünden hinweisen. Haben wir nicht ernste, suchende Seelen gesehen, die jahrelang um die Vergebung beteten, und wenn man sie nach der Vergebung ihrer Sünden fragte, traurig „nein“ Antworteten oder im besten Falle mit einem zweifelnden: „Ich hoffe, die Vergebung zu haben“? Sie beten beständig um etwas, was Gott willig ist, ihnen zu geben, und was Er ihnen beständig anbieten läßt, zu nehmen. Wenn wir jemand um etwas bitten, und er uns anbietet, es zu nehmen, so werden wir mit dem Bitten aufhören und es annehmen. Wenn wir es aber nicht annehmen, so brauchen wir uns nicht zu wundern, daß wir es nicht empfangen. Aber so ist es. Da sind Tausende, die da meinen, die Vergebung als eine Antwort Auf ihr Gebet zu empfangen, aber sie wird nur erlangt, wenn der Glaube an den Herrn Jesus sich erkühnt, von Ihm anzunehmen, was Er anbietet. Ich möchte keine suchende Seele aufhalten zu beten. Bete ernst! Bete inbrünstig! Bekenne dem HErrn dein sündiges Leben, aber setze deine Erwartung und Hoffnung nicht auf das Gebet! Gebete, Tränen, gottselige Übungen bringen dir nicht die Errettung deiner Seele. Es heißt nicht: „Bete“ - sondern: „Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du errettet werden“ usw. Du mußt an Ihn glauben - Ihm glauben, daß, wenn Er dir die Vergebung anbietet, Sein Angebot dir auch das Recht gibt, anzunehmen, was Er anbietet. Viele sind es aber, die durch Gebet erlangen wollen, was nur durch Nehmen im Glauben an den Herrn Jesus erlangt werden kann. „So sei euch nun kund, daß durch diesen (Jesus) euch Vergebung der Sünden verkündigt wird ... und in diesem jeder Glaubende gerechtfertigt wird (Apg. 13,38.39). Und kurz vor Seiner Himmelsahrt sagte der HErr, daß „in Seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden verkündigt“ werden solle (Luk. 24,47). „Verkündigt“ zur freien Glaubensannahme. „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offb. 22,17b.) Solche um ihre Sündenvergebung betenden Seelen haben zu lernen, daß sie die Vergebung nicht auf ihre Gebete empfangen, sondern auf dem Grunde des Kreuzes Christi und des Glaubens an Ihn. -

Andere beten um mehr Glauben. Als ob Gott ihnen an einem Tage ein großes Maß des Glaubens in

den Schoß geben möchte. Wir müssen lernen, daß Gott nicht in solcher Weise den Glauben vermehrt. Der Glaube ist gleich dem Samen, der da wächst - gleich der physischen Kraft, die durch den Gebrauch erstarkt. Als die Jünger einst den HErrn baten: „Vermehre uns den Glauben“ (Luk. 17,5-10), gab der HErr ihnen nicht einfach denselben, sondern Er belehrte sie, wie sie ihre Bitte erlangen könnten. Er wies sie hin auf das Senfkorn. So klein das Senfkorn auch an sich war, unter den natürlichen Bedingungen - in dem Erdreich unter den Einwirkungen der Luft, der Sonne und des Regens wurde es groß. So auch der Glaube. Und sei er so klein wie ein Senfkorn, er vermag große Dinge zu vollführen. Wie nötig haben wir, göttliche Grundsätze zu lernen. Der HErr zeigt ihnen, daß es sich nicht um viel oder wenig Glauben handelt, sondern um den Gebrauch. Nicht durch die Bitte um Vermehrung, sondern durch die praktische Ausübung des Glaubens würde ihnen die Vermehrung des Glaubens zuteil werden. Der Glaube, und sei er so klein wie ein Senfkorn, wenn er in den prüfenden Umständen ausharrt und sich bewährt, wird sich wie das Senfkorn im Erdreich entfalten und wachsen. In seinem zweiten Brief schreibt Paulus den Thessalonichern: „Euer Glaube wächst überaus.“ Wie konnte er das sagen? Weil er im ersten Briefe ihrer „Werke des Glaubens“ gedachte und nun von ihrem „Ausharren des Glaubens in allen Verfolgungen und Drangsalen“ reden konnte (1. Thess. 1,3; 2. Thess. 1,3.4). Hätten sie nur um mehr Glauben gebetet und sich den göttlichen Grundsätzen für das Wachstum des Glaubens entzogen, indem sie den Leiden aus dem Wege gegangen wären, so würde ihr Glaube statt sich vermehrt, abgenommen haben.

Ebenso verhält es sich mit dem Gebet um Geduld, Ausharren, Ruhe und viele andere geistliche Dinge. Gott gibt uns diese nicht in Bausch und Bogen, ganz abgesehen von unserem geistlichen Leben, einfach auf unser Gebet. Der Empfang dieser Dinge hängt mit anderen Dingen zusammen und steht mit diesen in Beziehung, so wie Ursache und Wirkung. Wollen wir hiermit sagen, daß sich das Gebet um diese Dinge erübrige? Durchaus nicht! Aber wir wollen lernen, in der rechten Weise zu beten und zu wachsen in der Erkenntnis Gottes. Wir sind ungeduldig und harren nicht aus, weil wir Ihn so wenig kennen. Wenn wir nur suchen, frei zu werden von der Ungeduld, indem wir um Geduld beten, oder von unserer Unbeständigkeit und Unruhe, indem wir um Ausharren und Ruhe beten, so gehen wir nicht zur Wurzel unseres Zustandes, sondern handeln nur mit den Symptomen. Der HErr sagt uns, wir sollen Sein Joch auf uns nehmen und von Ihm Sanftmut und Demut lernen, dann werden wir die Ruhe finden. Möchten wir dieses aber nicht, so werden wir sie nicht finden (Matth. 11,29). Entziehen wir uns der Trübsal, so kann kein Ausharren bei uns bewirkt werden (Röm. 5,3). Dämpfen oder betrüben wir den Heiligen Geist, so können wir die Frucht des Geistes nicht erlangen (Gal. 5,22). Üben wir nicht Enthaltsamkeit und Selbstbeherrschung aus, so fehlt uns auch das Ausharren (2. Petri 1,6).

Der HErr schenke uns Verständnis in allen Dingen! Wir dürfen unsere Anliegen alle Gott kundmachen (Phil. 4,6.7), und der Friede Gottes wird unser Teil sein; für die Erfüllung unserer Anliegen müssen unsere Bitten aber „nach Seinem Willen“ sein (1. Joh. 5,14.15). Und wenn wir uns bewußt sind, in gewissen Anliegen „nach Seinem Willen“ zu bitten, so werden wir in Frieden warten und Zeit und Stunde - ja alles, jeden Ausgang - Ihm überlassen. Die Gemeinde betete anhaltend für Petrus, und nur wenige Stunden vor seiner Hinrichtung wurde ihr Gebet erhört und Petrus gerettet (Apgesch. 12,2-17). Jakobus dagegen war hingerichtet worden. Wir haben keinen Grund anzunehmen, daß niemand für die Rettung Jakobus' oder Stephanus' gebetet hätte, aber sie starben unter Mörderhänden. Seine Gedanken sind höher als unsere Gedanken (Jes. 55,8.9).

Laßt uns alles dieses ernstlich erwägen, und wir werden Licht über manche Frage empfangen. Der

Laßt uns alles dieses ernstlich erwägen, und wir werden Licht über manche Frage empfangen. Der HErr schenke uns Gnade, treuer im Gebet zu stehen und zu lernen, nach Seinem Willen zu beten, indem wir wachsen in der Erkenntnis Gottes.

(E.) - v. d. K.

Der Sohn des Menschen.

I.

Ein kleiner, fast unscheinbarer, bei der Korrektur des vorigen Heftes von mir übersehener Druckfehler ist die äußere Veranlassung dieses Aufsatzes. Dort ist nämlich in der auf Seite 139 befindlichen Fußnote in der dritten Reihe von dem HErrn gesprochen als von „dem Sohne der Menschen“. Jeder Schriftkundige wird wissen, daß so zu reden nicht nur ungeziemend, sondern völlig falsch ist, daß der HErr vielmehr „der Sohn des Menschen“ ist und Sich Selbst so nennt. Diese Verschiedenheit scheint geringfügig, ist aber unendlich bedeutsam. Denn was liegt doch alles darin, daß Er nicht von den Menschen abstammt, so wenig wie Er je als Kind zweier Menschen angesehen werden darf. Es wäre Gotteslästerung! Er war als Mensch der Sohn der Jungfrau Maria, während Joseph nur Sein Pflegevater war. Er war aus dem Geiste gezeugt und somit nicht nur der Heilige, sondern „das Heilige“ (Luk. 1,35).1

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Man vergl. darüber auch des Verfassers Büchlein: „War Jesus versuchlich?“ Siehe Umschlag!

Wahrlich, der Herr Jesus, der eingeborene Sohn Gottes, war nicht „der Menschensohn“ schlechthin, sondern „des Menschen Sohn“, einzigartig, überragend in ganz bestimmter Bedeutung, wie wir später sehen werden. Diese Tatsache kann gar nicht ernst genug bezeugt werden in einer Zeit, wo Theosophie, Millenniumstagesanbruch- und andere schreckliche Irrlehren Satans wie auch die moderne Theologie Ihn in Seiner unvergleichlichen Heiligkeit und Göttlichkeit antasten, wie es im vierten Jahrhundert unserer Zeitrechnung schon der Arianismus tat.

Aber von dieser Seite obiger Tatsache sehe ich jetzt hier ab, ich möchte vielmehr in diesem Aufsatz auf die hohe Bedeutung des Ausdrucks „der Sohn des Menschen“ näher eingehen.

Wäre von dem HErrn in der Schrift als von dem Sohne der Menschen geredet (wenn dies überhaupt möglich wäre!), so läge in dem Ausdruck nichts Besonderes, Ihn Auszeichnendes, und derselbe hätte kein so bedeutsamer werden können, wie der Ausdruck „der Sohn des Menschen“ in der Schrift geworden ist, und zwar durch Jesu Selbstbezeichnung. Und damit will ich hier den Anfang machen: d. h., ehe ich auf die Bedeutung des Ausdrucks eingehe, will ich

1. zeigen, wo er gebraucht ist.

Die Wortverbindung „der Sohn des Menschen“ kommt nur in den Evangelien und außerdem ein einziges Mal vor, nämlich in der Apgesch. 7,56. In ersteren etwa 80 mal. Eine ähnliche Wortverbindung lesen wir noch einmal in Hebr. 2,6 und zweimal in der Offenbarung (1,13 u. 14,14), wo im griechischen Urtext allemal vor beiden Hauptworten („Sohn“ und „Menschen“) der Artikel fehlt, so daß es z. B. in den beiden letzteren Stellen wörtlich heißt„gleich (einem) Sohn (eines) Menschen“ (vergl. Dan. 7,13). Zweifellos sehen wir hier die gleiche Person wie in den Evangelien vor uns, den Herrn Jesus, aber der veränderte Wortlaut hat auch eine veränderte Bedeutung gegenüber der in den Evangelien.

den Evangelien.

In den Briefen finden wir den in den Evangelien so häufig wiederkehrenden Ausdruck weiter nicht. Kannten die Briefschreiber ihn nicht? O, die meisten von ihnen hatten ihn oft genug aus des geliebten Meisters Munde vernommen, und von ihnen hatte Paulus - abgesehen davon, daß er durch persönliche Offenbarung sowie durch den Geist über alles belehrt wurde, was Christus betraf - ihn sicher auch gehört, Paulus, der außerdem bei des Stephanus Steinigung als Saulus eine Hauptrolle spielte, wo der Ausdruck noch einmal ertönte, nicht mehr aus Jesu Mund, sondern aus dem des ersten Märtyrers, aber keines späteren in der Schrift! Später in der Hebr.-Stelle sehen wir den HErrn gleichsam als die Erfüllung von Ps. 8, und dann treffen wir den gegen den in den Evangelien etwas veränderten Ausdruck (also ohne Artikel wie in Hebr. 2,6) erst in der Offenbarung und auch nur zweimal dort an. Das muß doch etwas bedeuten - zuerst so sehr häufig, dann nur noch an ganz besonderen Stellen, und zwar nie, auch nicht in der „Offenbarung Jesu Christi“ (1,1), aus dem Munde des HErrn Selbst, der während Seines Erdenwandels Sich geradezu mit Vorliebe so zu nennen scheint?! Bitte, liebe Leser, denkt einmal über diese merkwürdige Tatsache nach!

2. Und in Verbindung damit will ich nun untersuchen, wann dieser Ausdruck gebraucht wird, und zwar soll heute nur noch die Frage behandelt werden, wann zuerst er angewandt wird.

Die erste Anwendung dieser Selbstbezeichnung Jesu finden wir bedeutsamerweise in dem Evangelium, welches uns die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes Gottes, „der in des Vaters Schoß ist“ (Joh. 1,18), schildert, nämlich in Joh. 1,51; der Zeit nach folgen in dem Gebrauch der Bezeichnung dann die Stellen Joh. 3,13 u. 14 und erst dann Matth. 8,20; 9,6; Luk. 6,22; Mark. 8,31 usw., wie denn auch die sogen. Synoptiker (die ersten drei Evangelien, die das Wesen des HErrn mehr unter Seinen menschlichen Gesichtspunkten darzustellen haben - Matthäus zeigt Ihn als den König, Markus als den vollkommenen Knecht, Lukas als den Menschen) den Ausdruck am meisten bringen. Immerhin enthält das vierte Evangelium ihn auch noch neunmal aus Jesu Mund, zweimal aus dem der Menschen (12,34). Das Wichtige aber ist der Zeitpunkt, wann der HErr Sich als „der Sohn des Menschen“ bezeichnet, weil daraus ein Wink für die Bedeutung des Ausdrucks zu gewinnen ist.

Was war dem Ausspruch Joh. 1,51 vorangegangen? Kurz gesagt: die Nichtannahme des HErrn in Seiner Eigenschaft als Messias. Ich will nicht sagen die Verwerfung! Offene Verwerfung folgte erst nach und nach, besonders Luk. 4,16-30, auch Joh. 2 u. 3. Aber in Nathanael, dem „Israeliten ohne Falsch“, sehen wir eine vorläufige Verwerfung bezw. Nichtannahme des Messias, statt daß er gleich den ersten beiden Jüngern sofort nach Jesu Auftreten, das begleitet war durch des Täufers Zeugnis, Ihm zugeeilt wäre. Er ändert, durch des HErrn Verhalten und Seinen prophetischen Blick gefesselt, freilich bald sein ablehnendes Urteil und huldigt Jesu als dem Sohne Gottes und als dem König Israels (V. 49), wie gleichsam der jüdische „Überrest“ tun wird am „Tage des HErrn“; aber nichtsdestoweniger war das erste ablehnende Urteil seitens Israels über Ihn ausgesprochen, und da hören wir zuerst die Selbstbezeichnung des Herrn Jesus: „der Sohn des Menschen“, wenngleich in einer Verbindung, die Seine Hoheit und Einzigartigkeit deutlich erkennen läßt.

Viel klarer noch kommt in Luk. 6,22 u. Matth. 8,20 der Charakter dieses Namens zum Ausdruck, eben, wenn man beachtet, daß der HErr in Seiner besonderen Sendung und Bedeutung für Israel nicht erkannt, nicht angenommen, ja, offen verworfen ist, wobei ich nochmals erinnere an Luk.

4,16-30.

Der Ausdruck „der Sohn des Menschen“ ist also die Selbstbezeichnung des nicht anerkannten, verworfenen Messias.

Ich will für heute schließen, es sind gleichsam nur Vorbemerkungen für die eigentlichen Ausführungen darüber, was mit des Herrn Jesus Selbstbezeichnung - „der Sohn des Menschen“ - praktisch verbunden ist. Ich will aber schon heute sagen: es lohnt sich, sich mit diesem Gegenstande zu beschäftigen! Der HErr wird uns dadurch größer, Seine Liebe reicher, Sein Kommen für die Verlorenen anbetungswürdiger. „Des Menschen Sohn“, d. i. der verkannte, verworfene, verachtete, leidende, verratene Messias, dem als solchem der Ihm zukommende Titel des Sohnes Gottes von dem Volk, für das Er kam, versagt wird (vgl. Matth. 16,13-17 und Joh. 10,33) und der Sich dies um der Verherrlichung des Vaters und um unseres Heiles willen willig gefallen läßt - der „ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Luk. 19,10). Hier bete an im Staube! - Gepriesen sei Dein Name, Herr Jesu!

F. K.

„Euer Vater weiß ...!“

Matth. 6,8.32; Luk. 12,30.

Was weiß Er nach des Herrn Jesus Worten hier? Daß wir „dies alles“ bedürfen. Was? „Essen und Trinken, Kleider und Schuh' “, ja „Nahrung und Bedeckung“ nach 1. Tim. 6,8, aber auch das, was dazu gehört, diese und andere nötige Dinge zu bereiten: Arbeitskraft (vgl. 2. Thess. 3,10, ein Wort, das übrigens auch einmal einem Volk als Ganzem etwas zu sagen haben mag!), und dazu gehört wieder die zur Arbeit unentbehrliche Arbeitsmöglichkeit - kurz alles, was zum äußeren Leben gehört, Er weiß, daß die Seinen dies alles bedürfen. Glaubst du das wirklich? Ja? Und sorgst dich doch noch darum? Tue es nicht, damit du Ihm, unserem Gott und Vater in Christo Jesu, keine Schande machst vor der Welt! Die Ungläubigen, denen in dieser Zeit der Unruhe, ja Unsicherheit des leiblichen Lebens nicht wohl ums Herz ist, sollen an uns sehen, wer unser Gott ist, damit sie Lust bekommen, nach Ihm zu fragen und den Weg zu Ihm (Christus, Joh. 14,6) zu wählen. Drum sorge nicht - unser Vater weiß!

Und Er kann uns alles, was wir bedürfen, zur Genüge geben und zur rechten Zeit! Und verzieht Er einmal, müssen wir lernen, unter Seinen Augen zu harren auf dies oder jenes, was uns nötig scheint, so geschieht das nicht etwa, weil Er uns vergäße, sondern zur Bewährung unseres Glaubens (1. Petri 1,6.7), und nie werden wir vergeblich harren auf das, was Er als nötig für uns ansieht. Vor allem gibt es für uns Kinder Gottes, wenn auch mal schmale Tage sind, keine Verheißung des Verhungerns oder Erfrierens, auch nicht in bedrängtesten Zeitläuften! Deshalb laßt uns nicht sorgen - vielmehr beten und auch das Danken nicht vergessen! (Phil. 4,6).

Welch ein Trost somit in gegenwärtiger Zeit ist für uns das kostbare Heilandswort: „Euer Vater weiß, was ihr bedürfet!“- Preis sei Ihm!

F. K.

Geleitswort an den Leser:

Geleitswort an den Leser:

Jede Schrift, von Gott eingegeben, ist auch nützlich zur Belehrung, zur strafenden Überführung, zur Besserung, zur Unterweisung (Erziehung, Bildung), zu der in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig zubereitet.“ 2. Tim. 3,16.17 (wörtl.).

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevorman die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so mußman sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 16

Gilt der Befehl, den der HErr Mark. 6,8.9 gab, auch heute wörtlich für Seine Jünger, wenn sie in Seinem Auftrage das Evangelium verkündigen?

Antwort A

Man könnte diese Frage kurz und bündig mit „nein“ beAntworten, doch wäre damit dem Fragesteller wie auch den lieben Lesern dieser Schrift nicht recht geholfen, wenn nicht auch eine schriftgemäße Begründung mit dieser Verneinung verbunden würde. Sehen wir uns die Schriftstelle erst ein wenig näher an! Markus berichtet über die Berufung und Aussendung der Zwölfe und führt einige Worte Jesu dabei an, zu denen auch Vers 8 und 9 gehören. Denselben Vorgang finden wir irl Matth. 10,1-15 und Luk. 9,1-6 berichtet. Jesus sendet die zwölf Apostel, unter denen auch Judas der Verräter war, aus, das Reich Gottes (Luk. 9,2) oder das Himmelreich (Matth. 10,7) zu verkündigen. Zur Bestätigung ihrer Botschaft sollten sie Kranke gesund machen, Aussätzige reinigen, Tote aufwecken und Dämonen austreiben. Sie sollten das umsonst tun und dabei nach Mark. 6,8.9 nichts weiter bei sich tragen als einen Stab, keine Tasche, kein Brot, kein Geld im Gürtel, nicht zwei Röcke mitnehmen. Diesen Auftrag führen die Zwölfe dann auch aus und gehen nicht zu den Nationen oder Samaritern, sondern einzig und allein in die Städte Israels, zu den verlorenen Schafen aus dem Hause Israels. Nach Luk. 9,10 kamen die Zwölfe nach Erfüllung dieses Auftrages wieder zum HErrn zurück und berichten Ihm, wie große Dinge sie getan hätten. Jesus nimmt dann die Apostel zu Sich und geht mit ihnen allein in eine Einöde, die bei der Stadt Bethsaida lag. Es handelt sich also hier um einen besonderen Auftrag Christi an die Zwölfe, den wir nicht ohne weiteres auf alle Jünger Jesu und vor allem nicht auf alle Zeiten übertragen dürfen. Augenscheinlich sollten die Zwölfe, wie auch später die Siebenzig nach Luk. 10,1-20, dem HErrn Jesus als Wegbereiter dienen, sie sollten die Ankunft des Messias, des Königs vom Reiche Gottes, vom Himmelreiche, wie Herolde den verlorenen Schafen aus Israel verkündigen. Nun ist es eigenartig, daß die Apostel und besonders Paulus nach der Auferstehung Christi und nach der Ausgießung des Heiligen Geistes sich gar nicht an diese Einzelheiten des Befehles Christi hielten. Paulus trug nach 2. Tim. 4,13 auf seinen Missionsreisen nicht nur außer seiner sonstigen Reisekleidung einen Mantel, sondern er hatte auch Bücher und Pergamentrollen mit, die er im Dienste des HErrn benötigte. Das hätte Paulus nicht getan, wenn er sich strikte an diesen Auftrag des HErrn gehalten hätte. Es handelt sich also in jenen Stellen, zu denen Mark. 6,8.9 gehört, um einen besonderen Auftrag des HErrn an die Zwölf, der vorübergehende

denen Mark. 6,8.9 gehört, um einen besonderen Auftrag des HErrn an die Zwölf, der vorübergehende Geltung hatte und auch damals seine Ausführung fand. Würde heute ein Knecht Gottes z. B. kein Geld mit auf seine Reisen nehmen, dann käme er gar nicht durch, oft genug muß er gar sein Brot noch selber mitnehmen. Ohne Reisetasche geht es wohl zur Not, aber besser ist es, wenn man eine bei sich trägt. Auch ein zweiter Rock für den Dienst am Wort ist nicht zu verachten, wenn der Reiseanzug nicht mehr tadellos ist. Auch Apgesch. 11,27-30 zeigt, daß man sich imUrchristentum nicht an diesen Befehl Christi hielt.

A. C.

Antwort B

In Matth. 10 und Luk. 9 gibt der Herr Jesus Seinen Jüngern ähnliche Weisungen. Jeden, den Er, der HErr, bevollmächtigt, Seine Botschaft zu verkündigen, dem gibt Er auch eine gewisse Macht, und wie Er dort die einzelnen beruft und ihnen Macht gibt, Teufel auszutreiben und Kranke zu heilen, so gilt auch hier für alle die, welche Jesu Jünger geworden sind und in Seinem Namen und Auftrag die Botschaft des Heils verkündigen, daß sie als Gesandte ihres HErrn von Ihm mit Geistesmacht und Kraft ausgestattet sind, die ihnen gleichsam als Legitimation mit auf den Weg gegeben sind. Die mitfolgenden Zeichen bilden einen besonderen Gegenstand der Wege Gottes mit Israel und werden einst im Tausendjährigen Reiche auch wieder in Erscheinung treten, wenn einmal der Satan gebunden und der Mensch durch die Macht Christi befreit ist. (Vgl. Hebr. 6.) Ebenso sollten die Jünger in bezug auf ihre Bedürfnisse gänzlich von Dem abhängig sein, der sie sandte, das gegebene Gebot stand in Verbindung mit Dem, der ihnen die Zusage gegeben hatte, bei ihnen zu sein alle Tage, und fürdieses Zeitalter oder diese Haushaltung wollte Er auch allen ihren Bedürfnissen gerecht werden (Matth. 6,8). So stehen wohl alle diese Anordnungen, die hier der Herr Jesus gibt, mit Seiner Gegenwart als Messias, als Jehova auf Erden im Zusammenhang, was aber bei dem Weggang des Meisters aus dieser Welt eine gewisse Korrektur erfuhr (s. Luk. 22,35.36).

Deshalb gehen alle Boten Jesu heute in Abhängigkeit von ihrem Meister den Weg durch die ganze Welt als Zeugen von Seiner Gnade und Wahrheit. Sie handeln dabei gemäß Matth. 10,8: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst gebet!“ und wie Paulus 1. Kor. 9,18: Äußerlich in der Welt, aber niemals von der Welt. Je abhängiger wir auch in dieser gegenwärtigen Zeit von unserem HErrn und Meister sind, desto gesegneter wird unser Zeugnis sein, und desto weniger werden wir in der Gefahr sein, der Menschen Knechte zu werden.

Dabei wird der HErr keinen Seiner Knechte Mangel leiden lassen, sondern auch da geben nach den verschiedenen Bedürfnissen.

Ph. W.

Antwort C

Außer in Mark. 6,8.9 finden sich ähnliche Anordnungen in den Stellen Matth. 10,9.10 und Luk. 10,4. Gelten nun diese Befehle auch heute noch wörtlich für des HErrn Jünger, wenn sie in Seinem Auftrage das Evangelium verkündigen?

Die Antwort Auf die Frage steht in Luk. 22,35ff. und lautet: „Und Er sprach zu ihnen: Als Ich euch

ohne Börse und Tasche und Sandalen sandte, mangelte euch wohl etwas? Sie aber sagten: Nichts. Er sprach nun zu ihnen: Aber jetzt, wer eine Börse hat, der nehme sie und gleicherweise auch die Tasche ...“, diese Worte sprach der HErr vor Seiner Leidenszeit. Hier ist aber eine Änderung betreffend der Ausrüstung für den Missionsdienst. Diese war nötig, denn der HErr war im Begriffe, diese Erde sichtbarlich zu verlassen. Das Reich der Himmel unter der Person des Königs war mitten unter dem Volke Israel (Luk. 17,21; Elb. Üb.) sichtbarlich. Mit dem Anbruch des Tausendjährigen Reiches tritt diese Zeit wieder in Erscheinung, wo das Volk Israel das Missionsvolk sein wird. (Sach. 14,8.9.) Da werden die Befehle in Mark. 6,8.9 usw. wieder gelten.

Für unsere Zeit aber gilt der Inhalt von Luk. 22,35ff.

C. L.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Es zeugt nicht von tiefem Verständnis der Schrift, wenn man diese Schriftstellen auf den heutigen Dienst am Wort, die Verkündigung des Wortes vom Kreuz anwenden will, d. h. also, wenn man auf die Zeitperiode seit Pfingsten, seit wannen die Gemeinde Gottes gebildet wird, solche und ähnliche Worte, die nur auf Israel gehen, beziehen will. In dem mittelalterlichen, jedoch bis in die neueste Zeit hineinragenden Mönchstum haben wir solche buchstäbliche Anwendung, die in Wahrheit nur eine Karikatur der Schrift darstellt, selbst wenn die Absichten noch so gute gewesen sein mögen. Leider gibt es aber unter den wahren Gläubigen auch Richtungen, die derartige Vorschriften in gesetzlicher Weise anderen auf den Hals legen wollen. Solche kennen nicht die praktische Belehrung von Joh. 1,17 und haben nie gelernt, „das Wort recht zu teilen“ (2. Tim. 2,15).

Wenn man freilich jene Stelle auf unsere Zeit anwenden zu sollen glaubt, dann geht es nicht an, Abschwächungen zu gestatten. Wenn es des HErrn Wille ist, daß Seine Boten diese Anweisungen beobachten, dann soll das ohne Einschränkung geschehen und dann kann es auch so sein, denn Er fordert nie etwas Unmögliches von den Seinen! (Phil. 4,13.)

Aber wie auch obige Antworten deutlich nachweisen, beziehen sich diese Anweisungen nicht auf die Zeitperiode der Gemeinde des HErrn, sondern auf Israel und dessen Eintritt in das Reich, d. h. das Königreich Jesu Christi, des Messias-Königs. Diesem Königreich und seiner Zeitperiode gehört sehr vieles in den Evangelien an (vgl. z. B. Frage 7 des Jahrbuchs!), auch die vor einiger Zeit gestellt Frage nach Matth. 10,5 im Vergleich zu 28,19 gehört in diesen Rahmen. Israel - das Reich und Nationen - die Gemeinde sind unbedingt zu unterscheiden (vgl. Eph. 2 u. 3!).

Die Predigt vom Reich, das nahe herbeigekommen war,erforderte eine solche Ausschließlichkeit in dem Angewiesenen auf den schon anwesenden König bezüglich aller äußeren Bedürfnisse, weil die Dringlichkeit der Predigt kein unnützes Sichbeschäftigen mit äußerlicher Versorgung zuließ. Der König war da - das genügte für Seine Boten, Er sorgte für sie! Auch war eine einmalige Ausrüstung ausreichend für den Dienst bis zur vollendeten Aufrichtung des Königreichs. (Daß es nicht dazu kam, war Israels, nicht des Königs und Seiner Boten Schuld: Jerusalem hatte „nicht gewollt“.)

Heute ist ein anderer unendlich viel anstrengenderer, langsamer wirkender, liefergrabender, auch in seiner völkischen Ausdehnung ungleich umfangreicherer Seelendienst zu tun, um Sünde und Gnade, Tod und Leben, Knechtschaft und Befreiung usw., kurz, das Evangelium der Herrlichkeit (2. Kor. 3)

den Menschen vor Augen zu stellen und die, so Jesum Christum als ihren Retter und HErrn annehmen, als durch den Heiligen Geist der Gemeinde hinzugetan darzustellen, bis der HErr wiederkommt. Da sind auch andere Arbeitsanweisungen und Möglichkeiten unser Teil, wie ja schon in obigen Antworten gezeigt ist. (Luk. 22,35; Apgesch. 20,33-35; vgl. Apgesch. 24,26!)

Daß dennoch allgemeine geistliche Grundsätze und Unterweisungen aus obigen Stellen (wie aus allem, was die Evangelien enthalten) auch uns heute gelten, wie Abhängigkeit vom HErrn, Seine Sorge für uns, Genügsamkeit usw., das hat wie keiner Paulus selber bewiesen und gepredigt (z. B. 2. Kor. 6; 1. Tim. 6,6ff.; 2. Tim. 2,4 u. a.!). -Der HErr gebe uns allezeit Gnade, Seine Stimme zu verstehen, um einen Dienst, Ihm wohlgefällig, zu tun!

Frage 17

In welchen Stellen der Schrift wird klar bewiesen, daß unser Heiland nicht (nur) ein Sohn Gottes, sondern „der eingeborene Sohn Gottes“ ist?

Antwort A

Der Fragesteller sucht offenbar Waffen und Munition im Kampfe gegen den Unglauben unserer Tage; die rechte Stellung der Front gegen den Feind kommt in den Worten der Frage „unser Heiland“ zum Ausdruck. Angesichts der mannigfaltigen Falschmünzerei, die mit biblischen Begriffen getrieben wird, soll ein Beweis für die Göttlichkeit, das Gottsein Jesu geliefert werden.

Um derer willen, die sich von vornherein an der sogenannten Verbalinspiration stoßen oder ihr wenigstens skeptisch gegenüberstehen, sei es gestattet, aus der göttlichen Offenbarungsurkunde einige Zeugnisse hierher zu setzen, die aus weit auseinanderliegenden Zeiten der Abfassung des göttlichen Buches der Wahrheit genommen sind. Matth. 22,41ff. lesen wir, wie Jesus gegen die Pharisäer zum Angriff vorgeht mit der Doppelfrage: „Was dünkt euch um Christus? Wes Sohn ist Er?“ Auf der Feinde Antwort Hin: „Davids“ folgt eine zweite Doppelfrage, deren Wirkung so gewaltig und durchschlagend war, daß sie Ihm kein Wort Antworten konnten, ja, daß niemand mehr von diesem Tage an Ihn zu befragen wagte. In Seinen Worten wendet der Herr Jesus hier den 110. Psalm, einen Psalm von David, als Waffe an. Betrachten wir die sieben Verse dieses Psalms etwas genauer, so springt ins Auge, daß der mittelste Vers von einem Eidschwur Jehovas redet. Bei den Menschen gilt das Schwören als Grundlage der Glaubwürdigkeit, insbesondere vor Gericht, als Zeugenaussage oder persönliches Zeugnis dessen, was einer gesehen oder gehört hat. In menschlichen Dingen heißt es: „Der Eid ist bei ihnen das Ende alles Widerspruches zur Bestätigung, zur Bekräftigung“ (Hebr. 6,16). Wieviel mehr sollten die Menschen dem wahrhaftigen Gott gegenüber und angesichts Seiner Heilstatsachen glauben, vertrauen und gehorchen, zumal die Schrift auch anderwärts von der gewiß an sich schon heiligen Tatsache des „Eides Gottes“ redet (vgl. z. B. 5. Mose 7,7f.; Psalm 89; 132,11 u. a.). Nun stellt uns aber der 110. Psalm einer Person gegenüber - und was für einer lebendigen Person?! Inmitten der von der modernen, negativen Bibelkritik durchlöcherten (gewissermaßen unterminierten) Berichte über die Erzväter des 1. Buches Moses tritt diese hohe, hehre, heilige Person auf, die König und Priester Gottes des Höchsten zugleich ist! (Lies 1. Mose 14,17-24.) Alsdann schlage Hebr. 6 u. 7 auf und vergleiche, was der Heilige Geist über Melchisedek dort und hier berichtet. Es besteht ein zwar verborgener, aber wunderbar geistlicher Zusammenhang zwischen 1. Mose 14, Hebr.6 u. 7, Matth. 22 u. Psalm 110 - ein Zusammenhang, den freilich nur derjenige zu

Mose 14, Hebr.6 u. 7, Matth. 22 u. Psalm 110 - ein Zusammenhang, den freilich nur derjenige zu sehen und zu schätzen vermag, der von demselben Heiligen Geiste geleitet und gelehrt wird, der die Worte den biblischen Schreibern gab. Mir will scheinen, wer die Schätze Gottes in Seinem heiligen Worte heben und Seiner Wahrheit nachspüren will, dem wird die innere Beziehung dieser Schriftworte zueinander im Hinblick auf den ewigen, „einziggeborenen“ (so der Grundtext Joh. 1,14) Gottes- und Menschensohn überaus wertvoll werden, etwa so, wie dem irdischen Schatzgräber die Entdeckung einer verborgen gewesenen Goldader im Gestein dieser vergänglichen Erde! Bedarf es dann noch weiterer „Beweise“ über die Gottheit, das Gottsein Dessen, von dem die Apostel bezeugen, daß Er gestern und heute und in Ewigkeit Derselbe: Hebr. 13,8? der nach des Evangelisten Johannes Aussage Sein unwandelbares „Sein“ vor dem „Werden Abrahams“ bezeugte, als die Juden ihm die Frage stellten: „Bist Du etwa größer als unser Vater Abraham, der gestorben ist?“ (Joh. 8,53.58), und gerade auch diese Antwort Jesu ward durch das zweimalige „Wahrlich“ als eidliche Aussage charakterisiert! Bedarf es weiterer Beweise, als sie etwa nur die drei Kapitel 9, 10 und 11 des Johannesevangeliums beibringen in den Taten und Reden Jesu und dem Eindruck, den Seine Person und Sein Tun auf die dort genannten Menschen machte?! Lies diese drei Kapitel und - zweifle weiter, wenn du kannst!

C. Lb.

Antwort B

Wie das ganze Wort Gottes Ihn uns zeigt, steht Er in der Würde und Herrlichkeit Seiner Person allein da! Jehova-Jesus - wie könnte Er „ein“ Sohn Gottes sein neben anderen? In Matth. 16,16 sagt Petrus: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Nicht „ein“, sondern „der“ Sohn Gottes. In Joh. 1,14 heißt es: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, (und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) ...“ Ein „Eingeborener“ ist eben nur einer; zwei oder mehr „Eingeborene vom Vater“ kann es nicht geben. Und in V. 18 lesen wir: „Der eingeborene Sohn, der in das Vaters Schoß ist, der hat Ihn kundgemacht“, und in 3,16: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, ...“ Deutlicher kann gar nicht gesagt werden, daß unser Heiland allein „der Sohn Gottes“ ist. Wir sind „Kinder Gottes“ (Joh. 1,12; Röm. 8,16; 1. Joh. 3,2). Aber auch „Söhne Gottes“ (Röm. 8,14; Gal. 3,26) werden wir genannt, doch immer nur in Gesamtheit, niemals in der Einzahl (weil wir alle es nur gemeinsam in Christo sind!); niemals wird ein Gläubiger „Sohn Gottes“ genannt, sondern das Wort „Sohn“ (Einzahl) ist nur auf Ihn, den „eingeborenen Sohn“, angewandt; und niemals sagt das Wort von Ihm „ein Sohn“ Gottes, sondern immer nur „der Sohn“ Gottes (s. Joh. 1,34.49; 3,17.36; 5,19.20 usw.).

Wir sind „Kinder“, „Söhne“ („Kinder“ nach unserem Zustande hienieden, „ Söhne“ nach unserer Stellung in Christo und unserem einstigen Zustande der Vollendung in Herrlichkeit), weil wir in der Wiedergeburt Leben aus Gott empfangen haben, Er aber ist „das Wort“, das „Fleisch geworden“ ist (Joh. 1,14), „Gott über alles, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5), die Offenbarung Gottes im Fleische (1. Tim. 3,16) - eine göttliche Person, was wir nie sind noch sein werden, noch sein könnten! Durch wunderbare Gnade hat Er uns an das Vaterherz Gottes gebracht und nennt uns Seine Brüder, und wir dürfen Gott unseren Vater nennen, aber Er ist „der Erstgeborene unter vielen Brüdern“ (Röm. 8,29), „der Erstgeborene aller Schöpfung“ (Kol. 1,15), „der Erstgeborene aus den Toten“ (Kol. 1,18). - Er hat auch als Mensch in allen Dingen den Vorrang vor uns, und Er ist und bleibt allein „der Sohn

hat auch als Mensch in allen Dingen den Vorrang vor uns, und Er ist und bleibt allein „der Sohn Gottes“ in all der unendlichen Würde und Herrlichkeit Seiner erhabenen göttlichen Person, vor der wir anbetend niedersinken! (S. auch Röm. 1,3.4; Gal. 4,4; 1. Thess. 1,10; Hebr. 1!)

Th.K.

Antwort C

Fünfmal hören wir im Worte Gottes, daß der Herr Jesus uns als der Eingeborene des Vaters oder als der eingeborene Sohn Gottes vorgestellt wird (Ev. Joh. 1,14.18; 3,16.18; 1. Ep. Joh. 4,9). Nach meinem Dafürhalten sind dies Beweise genug dafür, daß der Herr Jesus der eingeborene Sohn Gottes ist. Eine andere Frage ist, was wir unter dieser einzigartigen Benennung zu verstehen haben. Diese Frage führt naturgemäß in göttliche Tiefen und herrliche Höhen, die wir weder jetzt noch in der Ewigkeit ergründen und erzeigen werden. Doch obwohl wir nie die Tragweite dieses wunderbaren Verhältnisses zwischen dem Vater und dem eingeborenen Sohn erfassen können, so ist es doch das Vorrecht aller Kinder Gottes, die gegenseitige Liebe dieses göttlichen Verhältnisses in etwa zu erkennen. Johannes, der den HErrn allein als den „Eingeborenen“ uns vorstellt, beschäftigt sich weniger mit Seiner amtlichen Herrlichkeit wie die drei anderen Evangelisten, sondern mit Seiner persönlichen Herrlichkeit, d. h. mit dem Wesen oder, besser gesagt, mit der Natur Seiner göttlichen Person. Darum sind die Schriften des Johannes bei weitem die tiefsten, weil uns die Natur Gottes, welcher Licht und Liebe ist, durch den eingeborenen Sohn Gottes geoffenbaret ist. Nichts hören wir von Seiner Geburt oder Kindheit, sondern daß der Eingeborene Sich herabließ, unter Menschen in einem Leibe zu zelten (Joh. 1,14). Nichts hören wir von einer Verklärung auf dem Berge, weil Er uns hier geoffenbart wird als das ewige Licht, welches war, ehe die Sonne ihre Strahlen durch die Wolken schickte. (Vgl. 1. Mose 1,3 mit 1. Mose 1,16 sowie Joh. 1,4.5 und 8,12 mit Matth. 17,2.) Auch wird uns nichts von Seiner Himmelfahrt berichtet, weil Er uns gezeigt wird als der Eingeborene, der im Schoße des Vaters ist, als Sohn des Menschen, der im Himmel ist, als Sohn, der im Hause des Vaters ist. (Joh. 1,18; 3,13; 8,35.) Kurz gesagt: in den Eigenschaften der Gottheit. Er war und ist nicht nur allmächtig, sondern auch allwissend sowie allgegenwärtig. Weil Er Gott ist (Kap. 1,1), hat Er auch die Eigenschaften Gottes, und nichts weniger als dieses beansprucht das Wort Gottes. Wie kostbar und herrlich ist uns Seine anbetungswürdige Person! In den fünf Stellen wird Er uns in verschiedenen Herrlichkeiten als Eingeborener vorgestellt: Kap. 1,14 zeigt uns Ihn in Seiner eigenen, persönlichen Herrlichkeit; zugleich ist Er hier das Heiligtum (Zelt) der Kinder Gottes. Darum „wir“, die Kinder Gottes, blicken im Glauben durch den Zeltleib und schauen Seine göttliche, ewige und moralische Herrlichkeit Seiner gesegneten Person (Ps. 29,9).

Kap. 1,18 ist Er der alleinige Offenbarer Gottes. Haben wir Vers 14 Seine Herrlichkeit, so finden wir hier das Verhältnis der Liebe, welches zwischen dem Sohne und dem Vater besteht; darum lesen wir: Der in des Vaters Schoß ist! Der Schoß des Vaters ist der Platz der ewigen Liebe, und weil Er als Eingeborener diesen Platz gemäß den Rechten Seiner Gottheit inne hat, kann Er, und nur Er, die Tiefen der Liebe Gottes, die sich im Herzen Gottes befinden, offenbaren! Wenn die Schöpfung die Allmacht Gottes - das Gesetz die Forderungen Gottes - Seine Wege die Gerechtigkeit Gottes - die Vorsehung die Weisheit Gottes offenbart, so sagen doch all diese Offenbarungen noch nicht, wer, was und wie Gott ist. Diese Seine Natur konnte nur der Eingeborene offenbaren, indem die Liebe Gottes im Lichte Gottes durch Ihn ausstrahlte. Durch Ihn erkannten wir, daß Gott Licht und Liebe ist. Wie groß über alle Maßen wird uns der Herr Jesus in diesem Lichte!

Wie groß über alle Maßen wird uns der Herr Jesus in diesem Lichte!

Kap. 3,16 wird uns die unendliche Größe der Liebe Gottes in der Gabe Seines eingeborenen Sohnes für die verlorene Welt dargestellt. Wie groß muß doch die Liebe Gottes sein, daß selbst der HErr sagt: „Also hat Gott die Welt geliebt usw.“! Der würdige Maßstab der Liebe Gottes ist die Gabe Gottes. Vgl. 1. Mose 22,1.2. Dort finden wir nicht nur ein schwaches Abbild von Joh. 3,16, sondern lernen auch, was unter der Bezeichnung „Einziger“ oder „Eingeborener“ zu verstehen ist. Wir finden dort nicht nur zum ersten Male in der Bibel: „Deinen einzigen Sohn“, sondern auch zum ersten Male das Wort „Liebe“. Es ist sicherlich nicht Zufall, daß wir im N. T. in der Erfüllung des Schattenbildes von 1. Mose 22 auch zum ersten Male von der Liebe Gottes hören in Verbindung mit Seiner unendlichen Gabe. Wie herrlich ist doch unser Gott!

Kap. 3,18 ist Er uns als die Probe der Welt vorgestellt. Denn wer diese Gabe Gottes verschmäht, hat sich selbst gerichtet.

1. Joh. 4,9 wird uns die Liebe Gottes, der Zweck und das Ziel der Sendung Seines eingeborenen Sohnes angezeigt. Es ist gleichsam eine kurze Zusammenfassung der vorangegangenen vier Schriftstellen. -

Wir haben nur versucht, einige Andeutungen über diese kostbaren Schriftstellen zu machen, doch bleibt es allein dem Geiste Gottes vorbehalten, jeden von uns einzuführen in die Tiefen und in das Verständnis dieses Geheimnisses Gottes.

Der HErr schenke dies allen Seinen Geliebten!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Welch eine Frage und welche Antworten!

Ich weiß nicht, aus welch einem Herzen die Frage gekommen ist, aber ich weiß, daß die drei Antwortschreiber Menschen sind, denen der eingeborene Sohn über alles geht - und solche Menschen allein sind glückliche Menschen, selig für Zeit und Ewigkeit. Ob der Einsender der Frage (die Einsenderin) auch schon in Christo „Leben im Überfluß“ (Joh. 10,10b.) gefunden hat? Und wenn ja - wie kann diese Frage zustande kommen? Ach, wer mit offenen Augen jetzt durch die Zeit geht, der begreift, wie solche Frage entsteht: Umgeben sind wir, auch die Gläubigen, von Mächten der Finsternis, von Mächten Satans (vgl. z. B. Eph. 6,10ff.), dem ja stets daran lag, des HErrn Würde anzuzweifeln („bist Du Gottes Sohn, so ...“), von Feindschaftsmächten in Menschen, die auf die raffinierteste Weise an der Person des herrlichen, einzigartigen, ja des eingeborenen Sohnes, der der Abdruck des Wesens Gottes ist (Hebr. 1), herumdeuteln und kritisieren, bis es ihnen gelingt, Ihm ein Stück Seiner Herrlichkeit nach dem anderen zu rauben - d. h. nach ihrer allerarmseligsten Meinung und in den Augen ungläubiger und zweifelnder Menschen! Da ist nicht nur die schreckliche, verderbliche, seelenmordende, satanische „liberale Theologie“, die der Schreiber der Antwort A wie ich selbst aus eigener Anschauung genauer kennen, wie sie von Kathedern und Kanzeln, in Universitäten, Seminaren, Schulen und „Kirchen“ die Menschen verführt, so recht ein Vorläufer des Antichristentums zukünftiger Zeit, da sind auch noch andere satanisch orientierte Irrlehren, die unbefestigten Gläubigen zu einer schweren Gefahr werden und in ihren Herzen solche Fragen, wie

unbefestigten Gläubigen zu einer schweren Gefahr werden und in ihren Herzen solche Fragen, wie die vorliegende, wecken können. Und wenn jene Gläubigen dann für „unseres Heilandes“ Göttlichkeit Beweise in dem ewig bleibenden Worte Gottes suchen - glückselig sind sie! Da sind ihrer viele, wie die obigen Antworten zeigen. Teure Geschwister, blickt nur nicht in die Schriften der Irrlehrer hinein, die den HErrn Seiner einzigartigen, von Menschen nie erreichbaren (1. Tim. 3,16) Göttlichkeit entkleiden - ob mit Willen oder ungewollt, also nur als unbewußte Spielbälle Satans, ist einerlei! - wie in die der Sabbatarier („Sabbatisten“, „Adventisten vom siebenten Tage“) oder in die des furchtbarem antichristlichen Irrtums Russels, d. i. der Millenium - Tagesanbruchlehren („Verein der Bibelforscher“ [!?]), die in Christo nur das höchste der erschaffenen Engelwesen sehen, oder in jene der das eigene „Ich“ verherrlichenden und Selbsterlösung lehrenden Theosophie, für die der Herr Jesus nur ein Sohn Gottes ist! Diesen ist Er nicht ein und alles, wie für uns, die wir wissen, daß „in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig“ (Kol. 2,9), hat mir doch erst kürzlich nach einem Vortrag, in dem ich den herrlichen Namen Jesus besonders gepriesen und als den Inbegriff aller Herrlichkeit hingestellt hatte, ein Theosoph („Gottesweiser“) gesagt, indem ich so von Jesus rede, zeige ich nur, daß ich die Schriften der Theosophie nicht kenne. Geschwister, das ist Antichristentum! Wir brauchen keine Schriften über „Gottesweisheit“, in denen unser herrlichem Heiland nicht die Quelle und der Mittelpunkt aller Herrlichkeit ist, nicht „der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist“ [der Er auch blieb, als er einst hienieden weilte als „der Sohn des Menschen“, vgl. Joh. 1,18 und 3,13!] und der „Gott geoffenbart im Fleisch“ ist (1. Tim. 3,16). Weg mit derlei philosophischen Büchern aus dem Spiritismus, verquickt mit jenen buddhistisch-indischen Schwärmereien! Die sind Gift für Kinder Gottes, Gift auch für jeden (ehrlichen) Wahrheitssucher!

Aber forschen wir im Wort, lassen wir uns, unseren Glauben, unser Vertrauen auf das ewige Wort unseres Gottes zu verleugnen auch nicht durch den allbeliebten menschlichen Vorwurf der „wissenschaftlichen Rückständigkeit“ verführen! Lieber rückständig in den Augen armer Zweifler und Feinde Christi, die noch nie mit ihrer Sünde in das Licht der Heiligkeit Gottes traten und darum auch Seiner Liebe im Sohn nicht zu bedürfen meinen, als verworfen aus Gottes Augen, der Seine Ehre und die Seines Sohnes keinem anderen läßt (vgl. Joh. 8,54) und der unsere ewige Seligkeit abhängig gemacht hat von unserer Stellungnahme zum Sohn!

„Wer an den Sohn glaubt, hat das Leben, wer dem Sohne nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“

„Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben habe.“ (Joh. 3,36 und 16.)

Frage 18

Was veranlaßte den Apostel Paulus zu der Ermahnung 1. Kor. 16,10/11?

Antwort A

Der Apostel kannte seine Korinther. Sie waren „fleischlich“ und „wandelten nach Menschenweise“ (3,3). Ihre Gefahren lagen in dem Suchen nach „Weisheit“: sich „der Menschen zu rühmen“ (3,21), sich aufzublähen für den einen wider den anderen (4,6), „gesättigt“, „reich“, „klug“, „stark“, „herrlich“ zu sein (4,8-10); und nicht allein waren sie „aufgeblasen“, sondern sie hatten solche in ihrer Mitte,

deren Aufgeblasenheit so weit ging, daß sie selbst den Apostel verachteten. Diesen Gläubigen sandte er Timotheus. Er sollte sie erinnern an die Wege, die in Christo sind, die der Apostel wandelte und die er überall lehrte (4,17). Mit tiefer Sorge denkt er an den ernsten Dienst dort, den er vollführen soll. Er stand noch im jugendlichen Alter. Solche, die nicht einmal Rücksicht auf den Apostel nahmen (2. Kor. 10,10), würden sie ihn nicht durch herabsetzende Äußerungen über seine Jugend, seine Unerfahrenheit usw. einschüchtern und verzagt machen und ihn damit hindern, seine Aufgaben zu vollenden? Was besaß Timotheus solchen Leuten gegenüber, die sich selbst rühmten und in deren Augen nur das Ansehen der Person, „das, was vor Augen ist“, Wert hatte? Nichts! Aber das hinderte Paulus nicht, den jungen Mann zu senden. Er kennt ihn. Er weiß, er ist treu. Er ist einer, der nicht das Seinige sucht in der Arbeit im Werke des HErrn, sondern „das, was Jesu Christi ist“ (Phil. 2,21.22). Und das war dem Apostel mehr wert als Ansehen, Alter und Erfahrung. Er kannte seine „Bewährung“, und er legt es den Korinthern ans Herz, daß dieser junge Mann ein Arbeiter „am Werke des HErrn“ sei gleichwie er. Sie sollten deshalb acht darauf haben, daß ihm nicht der Mut genommen werde, dort zu arbeiten, sondern „daß er ohne Furcht bei ihnen sei“.

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Eine ernste Ermahnung, die auch heute wohl hier und da am Platze wäre! Jedenfalls sollten alle örtlichen Gemeinden des HErrn dessen eingedenk sein, daß, wenn das Haupt Seines Leibes, der HErr Seines Hauses Seine Boten zu ihnen sendet, Er auch wünscht, sie so aufgenommen zu sehen, wie Er aufgenommen werden will (Matth. 10,40); denn sie kommen an Christi Statt (2. Kor. 5,17/21 ist zunächst an Gläubige gerichtet!). Furcht vor den Gliedern einer Gemeinde sollte ein Bote des HErrn nie zu haben brauchen - und doch, wie leicht kann dies sein in Gemeinden, die in etwa Korinth-Charakter tragen!

Andererseits sollte von Seinen Boten gelten, was Paulus von seinem doch noch so jugendlichen Timotheus sagen konnte, hier und anderswo (1. Kor. 4,17; Phil. 2,20 u. a.)! Jeder, der im Dienst des HErrn reist als Evangelist, Hirte, Lehrer, kurz als Bote, abhängig von Ihm, soll durch Gnade (1. Kor. 15,10) Kennzeichen an sich tragen, die ihn als vom HErrn gesandt und in Seiner Gesinnung arbeitend legitimieren (vgl. z. B.Paulus nach Röm. 15,29!). - Möge Er uns, Seinen Boten, dazu überströmende Gnade darreichen! - Möge Er aber auch Seine Gemeinden hin und her fähig und bereit machen, Seine Diener in rechter Gesinnung auf- und ihren gottgewirkten Dienst und das gepredigte Wort anzunehmen im Geist der Sanftmut und Unterwürfigkeit! (Jak. 1,21[.22]; Röm. 15,5/7; Hebr. 13,17 usw.!) Seine Gnade genügt auch dazu, wenn wir nur aus ihr schöpfen wollen!

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

„Gehorchen ist besser als Opfer.“

1. Sam. 15,22.

Zu den Kennzeichen der letzten Tage gehört auch das Abwenden der Ohren von der Wahrheit (2. Tim. 4,4). Die Einflüsse dieser Tage gehen dahin, auch Kinder Gottes vom Gehorsam der Wahrheit wegzuwenden. Es ist deshalb wichtig, festzustellen, was die Schrift sagt über „Nicht-Gehorsamsein“ dem Worte Gottes.

Sünden wie Unsittlichkeit, Lästerung und dgl. werden ohne weiteres als Böses anerkannt; aber da sind weitverbreitete Dinge, die nicht als etwas besonders Böses angesehen werden, von denen aber die Schrift als von ernsten Sünden redet, nämlich Ungehorsam, Widerspenstigkeit, Eigenwille. Diese Dinge sind in den Augen Gottes so böse und strafbar, daß Er im Gesetz Mose anordnete, daß, wenn Eltern einen unbändigen und widerspenstigen Sohn hatten, der nicht ihrer Stimme gehorchte, und sie ihn als solchen bezeichneten, er von den Männern der Stadt gesteinigt werden sollte (5. Mose 21,18-21). „Denn wie Sünde der Wahrsagerei ist Widerspenstigkeit, und der Eigenwille wie Abgötterei und Götzendienst“ (1. Sam. 15,23).

Widerstreben oder Widerspenstigkeit ist das Handeln nach eigenem Sinn und Willen, auch wenn es in guter Absicht geschieht. Es ist eine bekannte Tatsache, von Eltern und Erziehern bestätigt, daß das Erlassen einer Vorschrift sofort Gedanken des Ausweichens und Widerstrebens hervorruft. Weichen wir den Worten Gottes aus und den von Gott gegebenen Vorschriften und Ordnungen, so sind wir widerspenstig und handeln böse und stehen unter den Einwirkungen des Satans. Dies ist die nackte Wahrheit, laßt sie uns nicht bemänteln!

Die Worte Samuels über das Tun Sauls sind sehr ernst, und wir tun gut, unser eigenes Tun daran zu prüfen. Jahrhunderte hatte Gott Amalek getragen, aber das Volk hatte sich nicht gebeugt noch Vergebung gesucht; jetzt wollte Gott an Amalek Gericht üben durch Sauls Hand. Er sollte alles töten vom Manne bis zum Esel (1. Sam. 15,3). Der Auftrag war klar und nicht mißzuverstehen - aber Saul war widerspenstig. Unter dem Vorwande, Jehova Opfer zu bringen, war er ungehorsam dem Worte Gottes und verschonte das Beste von Amalek. Je einleuchtender solche Ungehorsams-Einwände sind, je mehr Gutes damit verbunden ist, um so abscheulicher sind sie, denn sie enthalten so lobenswerte Entschuldigungen, daß Herzen davon betört werden können.

Dies war nicht der erste Schritt Sauls auf dem Wege des Eigenwillens und der Unabhängigkeit. Etwas zuvor hatte er sich schon den Priesterdienst angemaßt (1. Sam. 13,12-14). Das Ab- und Ausweichen vom Worte Gottes geschieht ganz allmählich. Solche Anmaßungen in göttlichen Dingen gehen oft dem offenen Eigenwillen und der Widerspenstigkeit vorauf.

Niemand kann leugnen, daß Gott uns klare Anweisungen in Seinem Worte gegeben hat. Jede Kenntnis derselben macht ein Abweichen davon zur Sünde der Widerspenstigkeit gleich der Wahrsagerei, selbst wenn es unter besten und lobenswert erscheinenden Einwänden geschieht. Wenn ich Sein Wort nicht habe oder kein Licht besitze, mag es anders sein. Aber kenne ich Sein Wort und versuche im Widerspruch damit, etwas anderes zu tun, so bin ich widerspenstig und werde, wie bei Wahrsagerei, von einem bösen Geist geleitet. Jeder „Eigenwille ist wie Abgötterei und Götzendienst“, denn mein eigener Wille ist mein Götze geworden, den ich anbete (1. Sam. 15,23).

Petrus handelte gleich dem Satan, als er den HErrn tadelte, von Seinem Tode zu reden, und doch tat

Wie leicht gehen doch oft Kinder Gottes über das Abweichen vom Worte oder über das „Hinzufügen zu dem Worte“ hinweg. Wie schnell ist man bei der Hand, das Werk oder den Segen des HErrn durch natürliche Mittel - durch eine Hagar - zu fördern. Ob diese Hagar nun Wissenschaft, Beredsamkeit, Musik, Gesangverein oder sonstwie heißen mag - ein einleuchtender Grund genügt schon, um über Sein Wort oder über die göttlichen Ordnungen Seiner Gemeinde hinwegzugehen und nicht zu bleiben in dem, was von Anfang gegeben ist (1. Joh. 2,24; Apgesch. 2,42; Hes. 43,10.11). Wie wenige sind es, die das wahre Wesen solchen Abweichens und des Anpassens des Werkes des HErrn an die Zeitverhältnisse erkennen. Offenkundige Sünden und Fehler werden verurteilt und getadelt, aber das Gehen eigener Wege und das Handeln nach eigenen Gedanken im Hause und im Werke Gottes werden in ihrem wahren Wesen als Widerspenstigkeit nicht erkannt, sondern als erlaubte und gutgemeinte Dinge angesehen, nicht aber als etwas Böses.

Möchten wir doch lernen, daß wir als Kinder Gottes nicht tun können, was wir wollen, auch dann nicht, wenn es mit der besten Absicht verbunden ist. Wir sind berufen zum Gehorsam Jesu Christi und zu Knechten Christi, aber nicht, uns als „Freiherren“ zu bewegen. Als „Kinder Gottes“ gehören wir der „Familie“ und dem „Hause Gottes“ an, in welchem wir uns recht zu benehmen, zu verhalten wissen sollen (1. Tim. 3,15). Wir müssen den Ordnungen Seines Hauses unterstellt bleiben. Jedes Abweichen davon ist Unordnung, so gut es auch scheinen mag, und Gott verbietet uns, mit Unordnung Seinen Namen zu verbinden, indem Er sagt, daß Er „nicht ein Gott der Unordnung“ ist (1.Kor. 14,33). Er zieht Seinen Namen von allem, was Unordnung ist, zurück, und auch wir sollen uns von jedem Bruder (um seiner Zurechtbringung willen) zurückziehen, der unordentlich wandelt (das will nicht sagen: in Sünde) und nicht nach der Überlieferung, die wir von den Aposteln empfangen haben; ein Grundsatz, den der Apostel festlegte (2. Thess. 3,6-15), und den er dann auf einen Fall anwandte, auf den wir kaum gewagt haben würden, ihn anzuwenden, den des Nichtarbeitens! Alles dieses zeigt uns, wie die Schrift keinen Raum läßt für Eigenwillen, Ungehorsam und Widerspenstigkeit.

Wie bei den Juden, so kann auch das geistliche Empfinden bei den Kindern Gottes derart abgestumpft werden, daß, wenn nur der Wandel unanstößig und keine Irrlehre vorhanden ist, alles Abweichen von der Schrift und von der Ordnung der Gemeinde entschuldigt wird, wenn nur „Korban“ gesagt werden kann (daß es besser für Gottes Sache sei). Der HErr aber sagt, daß dies nichts anderes ist, als das Wort Gottes ungültig machen (Mark. 7,11-13).

Möchten wir doch alle recht nüchtern werden, um zu sehen, wie ein solches freundliches, wohlwollendes, allen Abweichungen entgegenkommendes Verhalten sich erschreckend dem „Hinzufügen“ und „Wegnehmen“ nähert, von welchen der HErr am Schluß Seines Wortes redet (Offenb. 22,18.19), um abstehen zu lernen von der Ungerechtigkeit, wenn wir den Namen des HErrn nennen (2. Tim. 2,19).

v. d. K.

Ehescheidungen.

Matth. 19,3-9.

Die Ehe empfing der Mensch im Garten Eden, und von dort hat er sie mit in die sündbefleckte

Schöpfung genommen. Gott Selbst gab sie ihm als ein Segen, und trotz des Verderbens durch die Sünde ist sie ein Segen geblieben. Kinder Gottes aller Zeiten haben dies erkannt. Schon Tertullian, ein Gläubiger des zweiten und dritten Jahrhunderts, sagte: „Welche Verbindung zwischen zwei Gläubigen, die eine Hoffnung, eine Sehnsucht, einen Dienst des HErrn miteinander gemein haben! beide, wie Bruder und Schwester, keine Trennung zwischen Geist und Fleisch, ja hier in wahrem Sinn zwei in einem Fleisch; sie fallen miteinander auf die Knie, beten, fasten miteinander, lehren, ermahnen, tragen einander gegenseitig; sie sind miteinander in der Gemeinde Gottes, beim Mahle des HErrn; sie teilen miteinander Bedrängnisse, Verfolgungen, Freuden; keins verbirgt dem anderen etwas, keins meidet das andere usw. Christus freut Sich, indem Er solches sieht und hört; solchen sendet Er Seinen Frieden. Wo zwei sind, da ist auch Er, und wo Er ist, da ist der Böse nicht.“ - Und die Schrift warnt vor solchen, „die da verbieten zu heiraten“ und sagt, daß solches „Lehren der Dämonen“ sind (1.Tim.4,1.2). Und Timotheus sollte darauf achten, daß ein Bruder, der den Dienst eines Aufsehers in der Gemeinde ausübte, „untadelig sei, eines Weibes Mann“ (1. Tim. 3,2). Alles dieses zeigt, welchen Wert die Ehe in Gottes Augen hat.

Unlösbar sollten Mann und Weib verbunden sein, so war es Gottes Bestimmung von Anfang. Aber die Sünde kam in die Welt und mit der Sünde der Tod. Beide trugen das Verderben auch in die Ehe: der Tod bewirkte die Auflösung des Ehebandes und ebenso auch die Sünde; jedoch nicht jede Sünde brach das Eheband, sondern nur eine bestimmte, die Sünde der Hurerei eines Ehegatten.

Auf diese Sünde stand die Todesstrafe (3. Mose 20,10), denn sie brach, gleichwie der Tod, das Band der Ehe. Sie trug dieselbe Wirkung der Auflösung in die Ehe hinein wie der Tod. Und Gott stellte diese Sünde durch das Todesurteil somit auch dem Tode gleich. Der Ehebrecher war für Gott und den anderen Eheteil gleich einem Gestorbenen.

Wie die Sünde in unseren Tagen die von Gott gegebene Ehe verdorben hat, das sehen wir an den vielen Ehescheidungen; Gott aber sind Ehescheidungen ein Greuel. Er sagt: „Ich hasse Entlassung“ (Ehescheidung) (Mal. 2,13-16). Kinder Gottes werden dadurch oft vor Fragen gestellt, besonders wie sie sich Geschieden-Wiederverheirateten gegenüber zu verhalten haben, wenn sie gläubig geworden oder gläubig waren. Hierüber möchte ich in Nachstehendem einige Worte zur Prüfung an der Schrift sagen.

Wir wenden uns zunächst zu den Worten des Herrn in Matth. 19,3-10, welche mit Matth. 5,32 übereinstimmen. In der Frage, die die Pharisäer dem HErrn vorlegten, handelte es sich darum, ob ein Mann sein Weib „aus jeder Ursache“ entlassen könne, und zwar entlassen in dem Sinne der völligen Eheauflösung (s. 5. Mose 24,1-4), so daß ein anderer Mann sie heiraten dürfte.

Nachdem der HErr ihnen gezeigt hatte, daß die Ehe von Anfang an als unlösbar von Gott gegeben sei, spricht Er die für unsere Betrachtung so bedeutsamen Worte des neunten Verses aus: „Wer irgend sein Weib entlassen wird - nicht wegen Hurerei- und eine andere heiraten wird, begeht Ehebruch; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.“ Und in Matth. 5,32 sagt der HErr: „Wer irgend sein Weib entlassen wird - außer auf Grund von Hurerei, macht, daß sie Ehebruch begeht“ usw. Aus diesen Worten ersehen wir viererlei:

1. daß nach der in Matth. 19,3 gestellten Frage, ob es erlaubt sei, sein Weib aus jeder Ursache zu entlassen, die Ehe nicht„aus jeder Ursache“ gelöst werden darf (In den Tagen des HErrn konnte bei den Juden schon wegen angebrannten oder versalzenen Essens eine Ehe aufgelöst werden.);

den Juden schon wegen angebrannten oder versalzenen Essens eine Ehe aufgelöst werden.);

2. daß der einzige von Gott anerkannte Scheidungsgrund Hurerei ist, und daß nur Hurerei allein die Eheauflösung (in für Gott gültigem Sinne) gestattet;

3. daß jede Ehescheidung, die nicht wegen Hurerei vollzogen ist, für Gott keine geschiedene Ehe ist und daß die Heirat eines (nicht wegen Hurerei) geschiedenen Mannes oder Weibes Ehebruch ist, der erst dadurch begangen wird, daß ein solch Geschiedener sich wiederverheiratet;

4. daß das, was in diesem neunten Verse über die ehebrecherische Wiederverheiratung gesagt ist, keine Anwendung hat auf eine Wiederverheiratung, die da stattfindet auf Grund einer wegen Hurerei geschiedenen Ehe, sondern daß das in diesem Verse Gesagte sich nur bezieht auf solche, die aus anderen Gründen (als Hurerei) geschieden waren. (Gründen, die eben Gott nicht als ehescheidend anerkennt.)

Wenn man das Wort des HErrn in Vers 9: „... daß, wer irgend sein Weib entlassen wird, nicht wegen Hurerei, und eine andere heiraten wird, Ehebruch begeht“ auf unsere heutigen Verhältnisse anwendet, so könnte man sagen: Wenn ein Mann sich gerichtlich von seiner Frau scheiden läßt „aus irgend einem Grunde“ (aber nicht wegen Hurerei), so ist diese Scheidung für Gott noch kein Bruch des Ehebandes und eine Wiederverheiratung verboten. (Denn menschliche Gesetze heben Gottes Grundsätze nicht auf.) Verheiratet sich nun ein solcher Mann, der nicht auf Grund von Hurerei geschieden ist, so begeht er den Ehebruch, (weil das Eheband noch vor Gott bestand, trotz der gerichtlichen Scheidung). Erst durch den sündigen Akt der Wiederverheiratung wurde die Ehe als durch Ehebruch vor Gott gelöst und damit der andere Teil (die Frau) frei, sich zu verheiraten.

Der Vers lautet dann weiter: „und wer eine (d. h. nach dem Vordersatz: nicht wegen Hurerei) Entlassene heiratet, begeht Ehebruch“. Das ist der umgekehrte Fall. Angenommen, der in Rede stehende Mann, der sich (nicht wegen Hurerei, sondern aus anderen Gründen) gerichtlich scheiden ließ, heiratete nicht wieder, aber ein anderer Mann heiratete die geschiedene Frau, so ist dieses ein Akt des Ehebruches vor Gott, der jene Ehe nun von Gott löst, gleichwie der Tod löst und den anderen Teil (d. h. den ersten Mann) frei macht.

Will man sagen, daß die Wiederverheiratung auch nach einer nach göttlichem Rechte (wegen Hurerei) vollzogenen Scheidung unrecht sei, so sagt man damit, daß Gott mit Sich Selbst im Widerspruch stehe, denn ein göttlich anerkannter Scheidungsgrund muß selbstredend auch eine für Gott gültige Ehelösung bewirken. Der von Gott anerkannte Scheidungsgrund schließt eben die vor Gott geltende Scheidung und damit auch das Recht und die Freiheit zur Wiederverheiratung in sich. Das muß so sein, weil eine Eheauflösung durch Hurerei vor Gott eine ebenso wirkliche Scheidung ist wie die durch den Tod. Das ist göttliches Grundgesetz. Die Schrift geht daher auch auf solche wegen Hurerei geschiedenen Ehen nicht weiter ein. Der HErr stellt nur in diesen beiden Stellen (Matth. 5,32 und 19,9) die eine durch die Sünde geschaffene Ausnahme fest, auf welche Seine Worte keine Anwendung haben sollten. Es war nicht nötig, darüber noch mehr zu sagen, denn es bestand vor Gott kein Unterschied zwischen einer durch den Tod und einer durch Ehebruch aufgelösten Ehe. (Wenn auch das Todesurteil Gottes an dem Ehebrecher nicht ausgeführt sein mochte; Gott wird ihn richten. Hebr. 13,4.)

Markus (10,1-12) und Lukas (16,18) berichten über dieselbe Sache, aber von anderen

Gesichtspunkten aus. Beide erwähnen nichts von dem ursächlichen Hauptpunkte in der Frage der Pharisäer (den Matthäus hervorhebt), ob „aus jeder Ursache“ die Ehe gelöst werden dürfe. Wir dürfen uns deshalb auch nicht wundern, wenn wir bei Markus und Lukas keine Erwähnung der einzigen Ausnahme-Ursache (wie bei Matthäus) finden: „nicht wegen Hurerei“, „außer auf Grund von Hurerei“. Darin liegt durchaus kein Widerspruch, sondern Markus stellt mehr in den Vordergrund die Weise, wie der HErr den Juden die von Moses gegebene Ehescheidungs-Anordnung glatt durchstreicht und den göttlichen Unlösbarkeitsgrundsatz behauptet.

Auch die Stelle in 1. Kor. 7,10-15 redet und bezieht sich gar nicht auf Ehescheidungen auf Grund von Hurerei. Wir wissen, daß die griechische Frau Freiheit hatte, ihren Mann „aus jeder Ursache“ zu verlassen, und können deshalb gut verstehen, wie angebracht diese Ermahnungen für die Korinther waren. Jedwede Entzweiung genügte in Korinth zur Eheentlassung, zum Getrenntleben. Deshalb spricht der Apostel auch inVers 11 vom „sich versöhnen“. Spräche der Apostel in dieser Stelle von einer Scheidung „wegen Hurerei“, so könnte er kaum von Versöhnung reden, sondern vielmehr von Bekenntnis, Vergebung und Wiederannahme. - Auch die Bezugnahme in Vers 10 auf das, was der HErr gebietet, bestätigt dieses, weil der HErr in klarer Weise für das, was Er gesagt, den Fall von Hurerei ausschloß. Eine weitere Bestätigung, daß die Worte in 1. Kor. 7 sich nicht auf Ehescheidungen wegen Hurerei beziehen, dürfte auch in den von Paulus gebrauchten griechischen Worten zu finden sein; das in Vers 11 mit „geschieden“ übersetzte Wort ist dasselbe, welches auch in Apgesch. 1,4; 18,2 und Philem. V. 15 gefunden wird und den Sinn von „sich entfernen“ hat, so wie er auch in Vers 15 vom „getrennt leben“ redet und sagt, daß ein Gläubiger, wenn der Ungläubige sich „trennt“, nicht gebunden ist, ihm zu folgen. Aber der Apostel warnt in solchen Fällen vor Verheiratung, denn das wäre nach den Worten des HErrn: „Ehebruch begehen“.

Die meiste Verwirrung in dieser Frage ist dadurch entstanden, daß man alle diese Stellen auch auf den Fall von Scheidung wegen Hurerei angewandt hat, die der HErr klar davon ausgenommen hat und mit dem alle diese Stellen nichts zu tun haben.

Es ist vorgekommen, daß Gläubige sich in Unwissenheit, oder als sie noch im Unglauben waren, mit nicht wegen Hurerei Geschiedenen verheirateten, indem sie, der gerichtlichen Scheidung vertrauend, glaubten, Freiheit dafür zu haben, und die dann später erkannten, mit der Heirat gesündigt und den „Ehebruch“ damit erst vollzogen zu haben. Was sollen sie nun tun? Die Schrift gibt uns keine Anweisung und sagt nicht, daß solche Ehen aufgelöst werden mußten. Aber Bekenntnis, Beugung auch über eine in Unwissenheit geschehene Sünde hat stattzufinden. Mit Unwissenheit hat GottGeduld und handelt Er in Barmherzigkeit (s. 1. Tim. 1,13 u. a. m.). Wir wissen auch, daßin den ersten Gemeinden Gläubige, die vor ihrer Bekehrung nach heidnischer Sitte mehrere Weiber hatten, nicht gehalten wurden, diese zu entlassen, jedoch waren ihre Dienste in der Gemeinde beschränkt (1. Tim. 3).

Die Frage, ob der schuldige Teil einer wegen Hurerei geschiedenen Ehe (nachdem derselbe Buße getan und gläubig geworden, und der andere Teil verheiratet ist) geheiratet werden darf, dürfte wohl eine „zweifelhafte Frage“ bleiben. Die Schrift sagt nichts darüber. Seinem alten Volke verordnete Gott, daß die Priester solche nicht, sondern Jungfrauen oder Priesterwitwen heiraten sollten (3. Mose 21,7.14; Hes. 44,22). Auch durfte ein Mann seine geschiedene Frau nach dem Tode ihres zweiten Mannes nicht wiederheiraten. Ein geistlicher Sinn wird auch hierin Unterweisung finden.

In diesen Tagen, wo die Sünde der Fleischeslust so schamlos auftritt, sind Kinder Gottes ihren

In diesen Tagen, wo die Sünde der Fleischeslust so schamlos auftritt, sind Kinder Gottes ihren Gefahren in besonderer Weise ausgesetzt. Der HErr schenke uns Wachsamkeit und Nüchternheit und Gnade zur Abhängigkeit von Seinem Wort, um durch die Welt des Schmutzes und der Versuchungen bewahrt hindurchzugehen!

v. d. K.

 

 

 

Der Sohn des Menschen.

II.

Nachdem ich zunächst feststellte, wo obiger Ausdruck in der Schrift angewendet ist, habe ich dann an Hand derselben nachzuweisen gesucht, wenn auch in großer Schwachheit, daß es sich um eine Selbstbezeichnung Jesu (keineswegs um eine Anrede an Ihn!) handelt, die nach den ersten Spuren Seiner Verwerfung seitens Israels eintrat und Den vor unser Auge rückt, der, obwohl Ihm der Titel „der Sohn Gottes“ zukam, doch auf dessen Betonung verzichtet und Sich „den Sohn des Menschen“ nennt, da Er der verkannte, verworfene, leidende Messias ist (vgl. Matth. 16,13-17!).

Heute möchte ich mich bemühen, die Frage zu beAntworten, welchen praktischen Zweck der Herr Jesus mit dieser Selbstbezeichnung verfolgte, - wozu, mit welcher Absicht Er freiwillig einen solchen, Ihn vor den Augen des Universums (Hebr. 2,6) scheinbar erniedrigenden Titel annahm (vgl. Phil. 2,7.8). Es wird vielfach angenommen, daß der HErr diese Bezeichnung aus Dan. 7,13 übernommen bezw. sich in Erfüllung jener messianischen Stelle so genannt habe. Doch glaube ich für mein Teil nicht, daß diese Meinung viel für sich hat. Denn einmal deutet der Wortlaut jener Stelle durchaus nicht auf die Bezeichnung Jesu in den Evangelien hin (wie schon voriges Mal gezeigt), sondern vielmehr auf die beiden ähnlichen Stellen in der Offenb. 1, 13 und 14,14, wo es ebenso wie in Dan. 7 wörtlich heißt „vergleichbar (einem) Sohne (eines) Menschen“, und demgemäß enthält auch erst die Offenbarung die vollständige Erfüllung der Danielstelte, wenn auch die Person die gleiche ist wie in den Evangelien; doch aber nicht der Charakter, in dem diese Person dort und hier auftritt. Ferner geht aus Joh. 12,34, der verwunderten Frage der Volksmenge, hervor, daß die Bezeichnung „Sohn des Menschen“ keineswegs infolge Dan. 7,13 (oder auch Psalm 8,4) eine im gewöhnlichen Volk allgemein bekannte Messiasbezeichnung gewesen ist. Warum auch hätte der Herr Jesus Sich so nennen sollen, um jene messianische Weissagung zu erfüllen, wenn doch die Zeit der Erfüllung noch nicht gekommen war? Nein, Er mußte für Sein Volk erst der große Unbekannte geworden sein, wie Er es im Vorbild für die Emmausjünger (Luk. 24) war; erst wenn Sein Volk Israel ganz am Boden liegt, weil es einst seinen Messias nicht erkannt und anerkannt hat, und erst wenn die Erde reif geworden ist zum Gericht, weil sie sich nicht suchen und retten ließ von „dem Sohne des Menschen“, der zu diesem Zwecke aus dem Himmel kam (Joh. 3), erst dann kommt Er, der der Welt und Israel Unbekannte, Verworfene, Verborgene als „einem Sohne eines Menschen“ vergleichbar. [Ich betone: es heißt nicht: „vergleichbar dem Sohne des Menschen“! „Der Sohn des Menschen“ zeigt den bekannten „Sohn des Menschen“, wie Er in dem Evangelium Sich Selbst, d. h. Sich, den Sohn Gottes, Selbst bezeichnete und wie jeder - auch der Heide (Matth. 26,63.64) Ihn kennen konnte.] „Einer gleich einem Sohne eines Menschen“ wird kommen, aber dieser große Unbekannte ist derselbe „Sohn des Menschen“, der einst diese Bezeichnung freiwillig annahm, durch die Er uns Menschen, und zwar, weil als Messias verworfen von Israel, allen Menschen, am nahesten trat. Auf jenen

Charakter, in dem Er in Dan. 7 und der Offenbarung auftritt, gehe ich, s. G. w., das nächste Mal näher ein und fahre jetzt fort in meiner Untersuchung, in welcher Absicht und zu welchem Zwecke der Herr Jesus diese Selbstbezeichnung wählte.

Wenn wir etwa mittels einer Konkordanz1 die Stellen in den Evangelien nachlesen, in denen der HErr Sich „den Sohn des Menschen“ nennt, so werden wir deutlich zwei verschiedene Arten von diesbezüglichen Aussprachen finden, solche, in denen mit dieser Bezeichnung Herrlichkeit, und solche, in denen mit derselben das Gegenteil, nämlich Schmach und Niedrigkeit, wie sie Seine Leiden mit sich bringen, verbunden ist. Für beide Gruppen von Aussprüchen hier einige Beispiele aus allen Evangelien, die sich leicht vermehren lassen: Matth. 16,27; 19,28; 24,27; Mark. 2,10.28; 14,62; Luk. 17,24 (vgl. dagegen 25!); Joh. 1,51; 5,27; 6,27.62 - demgegenüber Matth. 8,20; 12,40; 20,28; 26,2; Mark. 8,31; Luk. 22,48; Joh. 3,14. Was lernen wir aus diesen sich gegenüberstehenden Aussprüchen, denen sich auch noch solche anreihen ließen, die eine gewisse Verbindung zwischen beiden Gruppen darstellen (Joh. 3,13! 13,31; Matth. 20,18.19; Mark. 9,9 u. a., vgl. Psalm 8 und Hebr. 2!)?

1

Jeder Schriftleser sollte eine sogen. Konkordanz besitzen! (F. K.)

Als der HErr auftrat, geschah es unter sichtbarer Bezeugung des Vaters, daß Er Sein geliebter Sohn sei (Matth. 3,17 und Parall.), und Sein großer Vorläufer und Wegbereiter hat Ihn als solchen gesehen und verkündet (Joh. 1,34) und zugleich in Ihm das Lamm Gottes erkannt, das der Welt Sünde wegtragen sollte (Joh. 1,29.36). Daher war es für ihn erwiesen, daßDieser, den er hatte taufen müssen, der Messias sei (Jes. 53!). So war es für Seine eigenen Jünger, die er auf Jesum hinweist und die bei diesem blieben, die natürliche Folge ihres Suchens in Aufrichtigkeit, daß sie in Seiner Nähe Ihn als den Messias erkannten und als solchen weiter verkündigten. Joh. 1,35 bis Schluß. Aus dieser Stelle lernen wir, daß der HErr denen, in denen kein Falsch war, sich als Messias offenbaren konnte. Aber im allgemeinen fand Er in Israel keine Annahme (vgl. Joh. 1,11; Luk. 4 u. a.!), und nunmehr trat Er im allgemeinen nicht mit dem Anspruch, als Messias anerkannt zu werden, auf, sondern als „der Sohn des Menschen“, der gleichsam für alle, nicht nur für Israel, da war. Er nannte Sich so, wie Er angesehen wurde, aber mit bestimmter Betonung und darum in unendlich höherer Bedeutung. Er war nicht nur in Gestalt der Menschen (Phil. 2), sondern Er benannte Sich mit „der Sohn des Menschen“, und zwar, wie ich glaube, einmal deshalb, weil Er zugleich etwas anderes, höheres war: der Sohn Gottes, und dann deshalb, weil Er allein der wahre Mensch nach Gottes Gedanken war (Röm. 5; 1.Kor. 15). Als der Messias ist Er der Sohn Gottes, aber in dieser Seiner Eigenschaft, in diesem Seinem ewigen Wesen hat Er, bevor Er auf die Erde kam, freiwillig auch jenen Titel der Erniedrigung angenommen, ja, Er war schon vor Seiner Menschwerdung in den Ratschlüssen Gottes als „der Sohn des Menschen“ in den Himmeln (Joh. 3,13; 6,62). Welch ein wunderbares Geheimnis! Er wußte um Seine Verwerfung hienieden und nahm schon in der Herrlichkeit freiwillig einen Titel an, der hienieden von uns aus gesehen Ihn auch gleichsam in Seinen eigenen Augen als einen von denen erscheinen ließ, die wir selber sind! Welche Herablassung in Gnade! Nicht nur wurde Er Mensch, in Seiner äußeren Erscheinung uns gleich (Phil. 2), sondern Er hatte schon, ehe Er in die Welt kam, einen Titel angenommen, hinter dem nur die, die Ihn erkennen wollten, den Messias erkannten. Wunderbar! Es war somit in Seinen eigenen Augen kein Widerspruch, daß Er als Messias leiden und sterben mußte (Luk. 24,7.26.44.46), es war kein Unglück, das Ihm widerfuhr, keine Verhinderung Seines Messiasberufes, es war Sein eigener freier Wille zu leiden, und da Er wußte, daß Er von Seinem Volke abgelehnt würde (schon indem Er aus Nazareth käme), so nahm Er für jede Gelegenheit, da man Ihn verkennen würde, diesen Titel der Selbsterniedrigung an, stellte Sich dar als solchen vergleichbar, wie wir sind, um unserer, ob Juden

oder Heiden, soviel als möglich zu gewinnen (1. Kor. 10,19-23). Es ist alles Liebe, was Ihn trieb, zu uns zu kommen, aber auch, was Ihn trieb, so zu kommen und so zu sein, wie Er kam und unter uns war. Er sah, welches Ärgernis Er mit Seinem Auftreten in Seiner niedrigen Gestalt Seinem Volke geben werde, und darum gab Er Sich diese Bezeichnung und betonte z. B. in Joh. 6,51ff. dieselbe so stark, damit die da vielleicht glauben wollten (6,30!) durch dieselbe und durch das, was Er mit ihr verbindet (z. B. Luk. 19,10; Matth. 18,11; 20,28 oder auch Joh. 6,53 usw.), das Ärgernis, den Anstoß überwinden (Matth. 11,6) und an Ihn, den Messias, gläubig werden, indem sie, gezogen vom Vater, zu Ihm kommen (Joh. 6,37.44). Welche Gnade!

Aber auch welcher Ernst, den abzuweisen, dem, weil Er als „der Sohn des Menschen“ der Messias und d. i. der Sohn Gottes ist, als solchem und darum auch als „dem Sohn des Menschen“ alle Herrlichkeiten des Vaters zu eigen sind, ja, der Gott gleich ist (Joh. 10,33)! Er kann von Sich, „dem Sohn des Menschen“ auch alle jene Worte sagen, die trotz Seiner Selbsterniedrigung Herrlichkeit in sich schließen. Darum, wer Ihn, der Sich Selbst zu nichts machte, uns zu retten, abweist, der wird einst gerichtet werden von Ihm, der das Recht vom Vater erhalten hat, Gericht zu halten, weil Er „der Sohn des Menschen“ ist (Joh. 5,27). Das leitet uns über zu dem zukünftigen Charakter dieses Titels in Hebr. 2 und besonders auch, wie Er in Apgesch. 7,56 und in der Offenbarung auf Grund von Dan. 7,13

erscheint: in dem richterlichen Charakter! Gnade und Gericht, beides ist verbunden mit der kostbaren Selbstbezeichnung des Herrn Jesus: „der Sohn des Menschen“.

Ehre und Preis unserem Herrn Jesus Christus in Ewigkeit!

F. K.

Römer 8,26.

So bedeutungsvoll für die Welt, für die Gemeinde des HErrn sowie für den einzelnen Gläubigen das Herniederkommen des Geistes am herrlichen Pfingsttage war und ist (vgl. Joh. 7,37-39; 14,16ff.; 15,26; 16,7-15; Apgesch. 2; 1. Kor. 6,19; 2. Kor. 3 usw.), so lieblich ist die Tatsache, daß der in uns wohnende Geist Gottes die Quelle all unserer wahrhaft geistlichen Betätigungen ist (vgl. z. B. Eph. 5,18-21; 6,18; Jud.V.20; Gal. 5,16ff. usw.). Dafür gibt uns obige Stelle ein Beispiel.

Es handelt sich in derselben dem Zusammenhang nach um unseren Zustand der Schwachheit inmitten einer der Nichtigkeit unterworfenen Schöpfung, derentwegen wir nicht wissen, wie wir beten sollen. Ist es nicht gerade jetzt oft so, daß das namenlose Leid, das durch die Sünde über alle Kreatur gekommen ist, das unsagbare Elend aller Staubgeborenen unsere Herzen so bewegt, daß uns die Worte an unseren Gott und Vater fehlen, da wir nicht wissen, wie wir durch unser schwaches Gebet dies Leid ändern könnten? Fühlen wir nicht bisweilen diesen Druck der Sünde und ihrer Folgen um uns her sich so auf unsere Herzen legen, daß uns selbst das Seufzen zu schwer ist? Wir ruhen so selig im Frieden des Christus, und die ganze Schöpfung ist so unglücklich durch die Sünde - welch Leid für uns um ihret und des HErrn willen! Da ist der Geist bemüht, unseren Gefühlen des inneren Mitleidens (V. 17) Ausdruck zu geben am Gnadenthron, indem Er Sich für uns verwendet (V. 27). Wie kostbar! In unseren Herzen, wenn wir im Geist sind und wandeln (Gal. 5,25), wird eine göttliche Gesinnung gewirkt, die die Dinge ringsum beurteilt wie Er selbst (vgl. Joh. 11,33-35!), und die Folge

ist ein unaussprechlich Seufzen des Geistes in uns, das an die Stelle unserer Schwachheit tritt. Das gibt ein wunderbar erhörlich Beten, und manches unbegreiflich scheinende Wirken Gottes in der Umgebung von Gläubigen mag als tiefste Ursache haben solch Seufzen des Geistes in ihnen! - Möchten wir nur auch alle solche Gläubige sein, die den Geist ungehindert in sich wirken lassen, Ihn nicht dämpfen noch betrüben (1. Thess. 5,19; Eph. 4,30), und sich durch Ihn verwandeln lassen in Jesu Bild (2. Kor. 3,18)!

Der HErr gebe uns Gnade dazu und wirke durch Seinen Geist in uns Sein Wohlgefallen!

F. K.

Geleitswort an den Leser:

HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens; und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist!“ Joh. 6,68.69.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevorman die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so mußman sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 19

Wie ist zu erklären, daß Ev. Matth. 1,1-17 der Stammbaum von Christus auf Joseph geführt wird und nicht auf Maria?

Antwort A

In Matth. 1,1-17 haben wir den Stammbaum Josephs; in Luk. 3,23-38 den der Maria. Lukas zeigt, daß Jesus der Sohn Gottes ist, darum führt er den Stammbaum Marias auf Adam zurück, wo es dann heißt „der war Gottes“. Matthäus dagegen führt den Stammbaum Josephs auf, um zu zeigen, daß Joseph, obwohl er vom Stamme Abrahams ist, doch nicht der Vater des Herrn Jesus ist, sondern Jesus ist der 1. Mose 3,15 verheißene Weibessame, in welchem sich Jes. 7,14 wörtlich erfüllt hat: „Siehe, die Jungfrau (so sollte übersetzt sein) ist schwanger und wird einen Sohn gebären, und sie werden seinen Namen Immanuel heißen, d. i. verdeutscht: Gott mit uns.“ (Matth. 1,23.)

Man achte nun auf die Worte, die Matthäus gebraucht, um Jesus nicht als Sohn Josephs, sondern als Sohn Marias zu bezeichnen. Matth. 1,16: „Der Mann Marias, von welcher ist geboren Jesus, der da Christus heißt.“ Wäre Joseph Vater, da müßte es heißen: „von welchem ist gezeugt“.

Matth. 1,18-21 wird gezeigt, daß Joseph um dieser Sache willen sein Verhältnis mit Maria auflösen wollte, eben weil er nicht Vater war. Der Engel des HErrn belehrte ihn, daß der Heilige Geist dies gewirkt habe; vergl. Luk. 1,34.35.37; weshalb Joseph sich entschloß, Pflegevater zu werden. (Luk. 3,23.) Matth. 2,11 wird nur Maria als Mutter erwähnt, Joseph gar nicht, obwohl

er auch dort war. (Luk. 2,4.5.16.)

Matth. 2,13.14: Der Engel des HErrn sprach zu Joseph: „Nimm das Kindlein und seine Mutter, und er nahm das Kindlein und seine Mutter“, des Kindes Mutter wird gesagt, aber nicht „dein Kind und seine Mutter“, s. a. V. 20.21. Der Stammbaum in Matth. 1 ist also gar nicht der Stammbaum Christi, sondern einfach der Josephs.

Daß aber auch der Pflegevater des Herrn Jesus aus dem Samen Abrahams ist, nach dem Fleisch, hat wohl zunächst die Bedeutung, daß auch die Verbindung Marias mit Joseph keine ungöttliche Verbindung war, sondern innerhalb der von Gott gegebenen Grenzen. (4. Mose 36,6ff.) Dann auch, daß Jesus unter das Gesetz getan würde. (Gal. 4,4.5.) Endlich daß Er zuerst gesandt sei zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel. (Matth. 15,24; 10,6.)

Jesus ist der Jungfrau Sohn, der Messias Israels - das ist das Zeugnis des Evangeliums von Matthäus.

F.Th.H.

 

 

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Eine Frage nach den zwei Stammbäumen ist schon früher gestellt gewesen, ohne daß es mir möglich war, die damals z. T. sehr ausführlichen Antworten in dem beschränkten Raum der „G. H.“ zu veröffentlichen. Diesmal ging nur eine Antwort Ein, die aber in ihrer Klarheit wohl genügen wird. Dazu noch einige Bemerkungen!

Das Matth.-Evang. ist in erster Linie für Juden geschrieben und in ihm Jesus als der verheißene Messias-König gekennzeichnet. Daher in diesem Evangelium auch die meisten alttestamentlichen Verheißungen! Der Herr Jesus nun mußte, sollte Er legitimer (gesetzlich erbberechtigter) Sohn sein, auch einen legitimen Vater haben, d. h. einen Vater vor dem Gesetz. Joseph wurde dieser Vater; aber er war es nicht in Wirklichkeit, wie die Schrift genugsam beweist (Matth. 1,18-21; Luk. 1,34f. u. a.), sondern nur der Adoptivvater, der Pflegevater des Herrn Jesus. Joseph hatte durch seine Einwilligung, sein angelobtes Weib, trotzdem es - und nicht von ihm - schwanger war, zu sich zu nehmen, die legitime Vaterstelle an dem Kind, das geboren werden sollte, übernommen. Das Ergebnis war, daß er als der Vater Jesu vor dem Gesetz galt für die, so an den HErrn gläubig werden (Joh. 1,45!), während er als Jesu echter Vater angesehen wurde von allen Nichtgläubigen, Zweiflern, Feinden (Luk. 3,23; 4,22; Joh. 6,42). - Wie kennen wir Ihn? Kennen wir Ihn als das Lamm Gottes und als den Sohn Gottes (Joh. 1,29.34.36) und sehen in Ihm darum auch den Sohn Josephs nur vor dem Gesetz, oder sehen wir in Ihm nichts weiter als den Sohn Josephs wie die Ungläubigen damals und heute? Gläubige sollen ängstlich wachen über ihre Ausdrücke, damit sie Ihn nicht verunehren, der Gottes „geliebter Sohn“ ist (Matth. 3,17 u. a.). Für uns ist Er nicht Josephs Sohn im landläufigen Sinne, wohl aber eben in jenem besonderen Sinne.

Weil Er nun in den Augen der gesetzestreuen Juden der Sohn Josephs war, so mußte in einem für die Juden geschriebenen Evangelium auch Seines gesetzlichen Vaters Stammbaum aufgeführt sein. Und so haben wir im ersten Evangelium den Stammbaum Josephs, des Nachkommens Davids; und zwar ist dieser Stammbaum der der königlichen Linie von David aus, während Maria von einer Nebenlinie aus Davids Geschlecht stammte. - So ist wunderbar göttliche Vorsorge getroffen worden, die gesetzliche wie auch die leibliche davidische Herkunft des Menschen Christus Jesus zu beweisen, während die Schrift keinen Zweifel darüber läßt, daß Er mehr war als Davidide (Davids Nachkomme

väterlicher- und mütterlicherseits), nämlich von Gott abstammend (Luk. 3,38), und daß Er - das Wort - Fleisch ward und unter uns zeltete und in Ihm die Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater geschaut wurde voller Gnade und Wahrheil (Joh. 1,14) - Anbetung sei Seinem Namen!

Frage 20

Welchen praktischen Umfang hat für uns das Wort: „Prüfet alles, das Gute haltet fest!“ (1. Thess. 5,21.) Bedeutet es z. B., daß man in alle möglichen sich christlich nennenden Kreise gehen oder deren belehrende Bücher lesen muß, um die Wahrheit zu finden?

Antwort A

Es gibt nur Eine Wahrheit und die heißt Jesus. Joh. 14,6: „Ich bin die Wahrheit“ (in Person). Und Er hat für Seine Jünger zu Seinem Vater gebetet: „Heilige sie in Deiner Wahrheit, Dein Wort ist Wahrheit.“ (Joh. 17,17.) Das genügt vollkommen, um die Wahrheit zu finden. Dazu ist auch der Heilige Geist verheißen, der Jesu Jünger in alle Wahrheit leitet. (Joh. 15,26; 16,13.) So hat Jesus für die Seinen gesorgt, daß sie die Wahrheit finden können. Es ist also nicht nötig, hin und her zu laufen, überall zu lauschen und alle möglichen Bücher zu lesen und Lehren aufzusehen. Bei Martha war bei ihrer Vielgeschäftigkeit nur Eins not: wie Maria stille zu Jesu Füßen zu sitzen und Seiner Rede zuzuhören. (Luk. 10,41.42.) Das, was uns zu prüfen aufgegeben ist, kommt, ohne daß wir es suchen, an uns heran. Würde das nur treulich geprüft werden, so stände es bei vielen ganz anders. Und ist das nicht genug, was an uns herankommt? Man braucht nicht Wissenschaft und Menschenweisheit, um zu prüfen, sondern den Geist Gottes und ein geistlich gesinntes Herz. (Joh.14,15-17; 7,39; 1.Kor.2,10-16; 1.Joh. 4,1ff.).

Satan hat Eva mit „Wissen, was gut und böse ist“ und dadurch „Sein wie Gott“ zu Fall gebracht. Die Sozialdemokratie lehrt ebenso: „Wissen ist Macht“, und in diese Verführung sind viele hineingeraten. Ja, sie haben Macht, aber was für eine! Wir sehen es gerade jetzt.

Wissen ist aber nicht prüfen, d. h. die Echtheit einer Sache zu untersuchen. Beim Prüfen wird auf den Grund und das Wesen eingegangen, und was als gut und echt sich bewährt, wird dann anerkannt und bestätigt.

„Das Gute haltet fest.“ Das bedeutet eine Sache in der Gewalt haben, im Besitz haben. Dies bezeichnet vor allem eine innere Aneignung, so daß man das Gute wirklich innerlich besitzt und die Macht hat, es auch ins Leben umzusetzen und zum Ziel zu bringen. „Niemand ist gut denn der einige Gott“, so sagt uns der Herr Jesus. Und nichts ist gut, wenn es nicht von Gott kommt und zu Ihm hinführt. Was also die Prüfung im Verhältnis zu Gott, zu Christo als „gut“ bestehen kann, das können wir auch als „gut“ annehmen. Ein Dichter sagt:

„Mir ekelt am Besuche, der nur die Zeit verkürzt. Und auch an einem Buche, das nicht Dein Wort gewürzt.“ Das ist wohl der gesunde Sinn, den der Apostel Paulus im Auge hat.

F. Th. H.

Antwort B

Die Schwierigkeit liegt hier in der allgemeinen Fassung des Doppelbefehls: er scheint allzu umfassend! Es liegt auf der Hand, daß auch selbst unter der Zahl der Gläubigen nicht jedermann „alles“ zu prüfen imstande ist! Man denke nur daran, welche Gebiete sich demjenigen öffnen, der „die Geister zu prüfen“ unternimmt (1. Joh. 4,1). „Unbefestigte“ (2. Petri 3,16) sind in keinem Falle berufen, solche schweren und gefährlichen Aufgaben in Angriff zu nehmen, denn die Beschäftigung mit den Geistesströmungen unserer Tage lehrt uns ernste Wachsamkeit, Nüchternheit und heilige Vorsicht: Der Fall und das Abirren so manches Gotteskindes und selbst manches geistlichen Führers und Lehrers vom einfältigen Wege der Wahrheit ist eine ernste Warnung!

Andererseits will der Apostel, daß die Gläubigen zu einem geistlichen Stande (Niveau) gelangen, da sie selbst zu prüfen und sich ein Urteil zu bilden imstande sind. Vielleicht darf man deshalb von 1. Thess. 5,21 zwei Linien ziehen nach Röm. 12,1.2 und nach Hebr. 5,14. Durch Erneuerung des Sinnes werden die Gläubigen so verwandelt und der innere Mensch wird nach 2. Kor. 4,16 „Tag für Tag (so) erneuert“, daß sie prüfen mögen (können), was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist (vgl. Jahrbuch III, Frage 1! Der Herausgeber). Natürlich gehören zu derartiger innerer Umwandlung, Erneuerung und Umgestaltung in Jesu Bild Erfahrungen, die zuweilen Jahre und Jahrzehnte umfassen, aber bei aufrichtigen Seelen wird einmal eintreten, was Hebr. 5,14 geschrieben steht: „Erwachsene, welche geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen.“ Man muß nicht jedes in der Welt vorkommende Gift durch persönliches Probieren und Genuß geprüft haben!

Aus dem zweiten Teile unseres Verses entnimm aber, was nur möglich ist: „Das Gute“ darfst und sollst du erkennen, nehmen und in der Hand deines Glaubens „festhalten“, wo immer du es findest. Daß man als Gläubiger selbst von Weltkindern lernen kann, ja selbst von solchen Personen, die - weltlich gesprochen - „unter uns“ stehen, ja selbst von Tieren und leblosen Gegenständen, das sollte einem aufmerksamen Bibelleser längst klar sein. Ich erinnere nur an Bileams Eselin (4. Mose 22, vgl. 2. Petri 2,15.16), an Schlangenklugheit und Taubeneinfalt, Matth. 10,16, an Lammesgeduld und „Bienenfleiß“ (sollte statt „Biene“, der Schrift nach, „Ameise“ heißen; vgl. Spr. Sal. 6,6 u. 30,25). Selbst der Feind Gottes und Seines Volkes kann uns, da von ihm Offenb. 12,10 ausgesagt wird, daß er als „der Verkläger der Brüder“ „Tag und Nacht vor Gott“ ein anklagendes und verklagendes, böses Werk tut, ein Ansporn und Vorbild dafür werden, wie wir in Ausdauer, Beharrlichkeit und wahrer Geduld ihm in seinem schlimmen Handwerke erfolgreich Widerstand zu leisten lernen sollten! Eine ganze Anzahl Gleichnisse im Luk.-Evang. haben bestimmt ihre wahre Bedeutung in dem Umstande, der gerade in unseren Tagen von besonderer Wichtigkeit ist: durch den Widerspruch, durch den Gegensatz kommt eine gute Sache erst zur richtigen Entfaltung und zu ihrem vollen Endsiege. (Vgl. hierzu z. B. 2. Mose9,16!) In den gegenwärtigen Tagen der großen Triumphe des Bösen, da die Gesetzlosigkeit auf Erden so überhand nimmt, können zu vollem Wahrheitssiege nur diejenigen gelangen, die „das Gute festhalten“ trotz alles Widersprechens der Sünder, trotz aller Verführungsmächte und Winkelzüge des Feindes, trotz aller Abtrünnigkeit der großen Massen, trotz dessen, daß „die Gottlosen alle ihre gottlosen Werke in Gottlosigkeit gottlos verüben“ (Jud. 15) - der HErr wird aber das Gericht über sie alle ausüben! -, trotz dessen, daß „gottlose Sünder harte Worte wider Ihn“ „den alleinigen Gebieter und Herrn Jesus Christus“ (Jud. 15 u. 4) geredet haben. Jesus Christus ist und bleibt Sieger, und „dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube“. (1. Joh. 5,4.)

C. Lb.

C. Lb.

Antwort C

Der Zustand der Thessalonicher war ein gesunder, und trotzdem es noch junge Gläubige waren, machten sie in lebendiger Hoffnung sichere Glaubensschritte und warteten auf die Erscheinung des HErrn. Sie wußten, daß sie dazu bekehrt waren: „dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten.“ (1.Thess. 1,10). Der Apostel konnte bei ihnen die Werke ihres Glaubens, die Bemühungen der Liebe und das Ausharren ihrer Hoffnung rühmen (1. Thess. 1,3). Ihr Glaubensstand war nicht Lehre, sondern Leben und Bedürfnis geworden. Dieses Bedürfnis wurde gepflegt und genährt durch das Wort, und im Blick auf das Endziel gingen sie in treuem Wandel in der freudigen Erwartung ihres HErrn voran. Dieser Zug geht durch den ganzen Brief, und um sie gegen verderbliche Einflüsse von außen, die gerade jung bekehrten Seelen zu einer Gefahr werden können, zu schützen, gibt der Apostel am Schluß seines ersten Briefes noch einmal eine Reihe kurzer Ermahnungen. Es sind gewissermaßen Wegzeichen, auf die sie achten, und Schranken, in denen sie sich bewegen sollen. Denn der gute Grund, welcher gelegt war, sollte ihnen die Gewähr dafür sein, daß ihr Pfad richtig war. Sie brauchten nicht anderswo zu prüfen, wenn sie dem Geiste Raum gaben, ihre Tritte sollten im praktischen Wandel sicher und gewiß sein. Freude, Gebet und Danksagung sollten der Grundzug bei ihnen sein, und dabei sollten sie dem sicheren und untrüglichen Führer, dem Geiste, in jeder Beziehung Raum machen, sie sollten Ihn weder hindern noch auslöschen oder dämpfen, denn unter Seiner Leitung waren sie jederzeit in der Lage, alles, was von außen an sie herantrat, zu prüfen und dabei das Gute, was sie erkannt hatten, festzuhalten. Dadurch war auch die herrliche Frucht gewirkt, daß sie sich von aller Art des Bösen fernhielten (V. 22).

Ähnlich wie bei den Philippern, denen der Apostel zuruft: „Um dieses bete ich, daß eure Liebe noch mehr und mehr überströme in Erkenntnis und aller Einsicht, damit ihr prüfen möget, was das Vorzüglichere (wörtlich: das Unterscheidende) sei“ (Phil. 1,10). Es gleicht dies etwa der praktischen Stellung derer von Beröa, „sie nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf, indem sie täglich die Schriften untersuchten, ob sich dies also verhielte“ (Apgesch. 17,11). In dieser Stellung wird unser Handel klar und bestimmt sein, wir werden dann nicht meinen, wir müßten alles kennen lernen, oder jede Lehre, die uns in Wort und Schrift begegnet, sofort untersuchen, um darin „eine neue Wahrheit“ zu finden, vielmehr werden wir das Gute, welches uns in dem einmal überlieferten Worte geschenkt worden ist unter der Leitung des Heiligen Geistes, festhalten und so in Treue vorangehen mit Dem, der allein „Weg, Wahrheit und Leben“ für uns ist. Tritt dabei auf dem Wege irgend etwas von außen an uns heran in Form einer Lehre, dann gilt es wieder nach dem Worte zu handeln: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geiste, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“ (1. Joh. 4,1). Dabei soll aber auch unsere Stellung eine solche sein, daß wir anderen Geschwistern gegenüber, die nicht den gleichen Weg der Erkenntnis und der Erfahrung geführt wurden wie wir, uns nicht verschließen, und wenn uns der HErr mit Kreisen in Verbindung bringt, bei denen die Erkenntnis eine geringere ist als die uns geschenkte, dann sollen wir uns nicht abschließen, sondern wenn sie willig und offen sind für das Gute, es auch ihnen nahebringen und nach Eph. 4,15 „die Wahrheit in Liebe festhaltend“, dastehen in der Liebe zu allen Heiligen. Mit anderen Worten: Nicht allem Tür und Tor öffnen, aber - wo uns der HErr eine geöffnete Tür schenkt, das geprüfte und bewährte Gute freimütig verkündigen!

Ph. W.

Ph. W.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Diese vielseitigen Antworten geben reichliches Licht über eine Frage, welche Gläubige schon oft bewegt hat - und zwar ohne wesentlichen Grund. Denn in 1. Thess. 5,21 handelt es sich keineswegs um ein Prüfenmüssen aller möglichen Strömungen und Lehren, sondern um göttlich gewollte Unterscheidung von Geistgewirktem in Prophetie und Weissagung innerhalb einer biblischen Gemeinde, und darum im weiteren Sinne, wie oben gezeigt, um Vorkommnisse, die an uns, die wir die Wahrheit (Christus und Sein Wort) haben, herantreten können. Wollte man die Mahnung an uns zum Prüfen auf all und jede geistige Erscheinung der Gegenwart beziehen, so wäre das so ziemlich dasselbe, wie wenn ein Apotheker verpflichtet wäre, seine sämtlichen Medikamente daraufhin zu probieren, welche giftig und welche nicht giftig seien! Und wahrlich, die leibliche Wirkung auf jenen könnte kaum schlimmer sein als die Wirkung auf das geistliche Leben solcher Gläubigen ist, die jeder Einladung folgen, in jeden Kreis, wo sogenannte „biblische Vorträge“ gehalten werden, hingehen, jeden Wind der Lehre (Eph. 4,14) nicht etwa von vornherein vermöge ihrer geübten Sinne (Hebr. 5,14) ablehnen, sondern sich eifrig damit beschäftigen, um die erkannte Wahrheit zu erweitern - was weiter nichts ist, als den menschlichen Verstand zu bereichern mit allem möglichen Scheinwissen, das der Wahrheil selbst ins Gesicht schlägt.

Wie mancher Gläubige ist den verderblichen Irrlehren der „Millenniums-Tagesanbruch-Sekte“ (fälschlich sogen. „Bibelforscher “), der Sabbatarier, Neuapostolischen, Theosophen, Spiritisten, der ebenfalls, wenn auch nicht so wie jene Lehren, unbiblischen „Pfingstbewegung“ usw. zum Opfer gefallen, dadurch, daß er sich vom Satan das Wort „man muß alles prüfen!“ als Schlinge über den Kopf werfen ließ! Wenn solche Gläubigen sich dann wenigstens von älteren Geschwistern sagen und warnen ließen! aber meistens wollen sie selbst klüger sein, hören auf den fremden und eigenen menschlichen Verstand und kommen so (ungewollt) auf die schiefe Ebene, von der es meist schwer ein Zurück gibt. Und wenn sie als wahre Kinder Gottes auch schließlich gerettet werden, so mag es wohl oft nur nach 1. Kor. 3,15 geschehen (vgl. Jahrbuch V, Frage 12!). - Es sollten darum in allen biblischen Gemeinden, wo die Wahrheit (Christus) den Mittelpunkt aller Belehrung und Erbauung bildet, gelegentlich seitens älterer, erfahrener Brüder schriftgemäße Aufklärungen über derartige Irrtümer gegeben werden, durch die vor allem die Jungbekehrten gewarnt und in der einen Wahrheit befestigt werden, damit sie das erkannte wahrhaft Gute festhalten und nicht durch eigenes ungöttliches Prüfen dahin kommen, „hin- und hergeworfen zu werden von jedem Winde der Lehre, die kommt durch die Betrügerei der Menschen“ (Eph. 4,14).

Die Zeiten sind so ernst, und Satan ist auf geistigem Gebiet mächtiger denn je - wie nötig ist es da für uns, daß (nach 1. Joh. 2,24), was wir im Anfang gehört haben, in uns bleibe, damit wir bleiben in dem Vater und in dem Sohne, zumal die Salbung (der Heilige Geist) in uns bleibt und uns belehrt über alles! (Lies den Zusammenhang von 1. Joh. 2,18-27!)

„Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so suchet, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes! Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist! Denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werdet auch ihr mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit“ (Kol. 3,1-4).

(Kol. 3,1-4).

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Petri Selbstbewußtsein und Buße.

(Luk.22undJoh.21.)

Der HErr sah bei Petrus das eine, aber auch das andere. Er wußte, was in Petri Herz war, und Er betete für ihn. Wie berührt es unser Herz, wenn jemand uns sagt: „Ich habe für dich gebetet!“ Hier sagt es der HErr zu Petrus. Dies hätte sein Herz und Gewissen berühren müssen. Er wußte, daß der HErr ihn durch und durch kannte. Diese Erfahrung hatte er in der ersten Stunde gemacht, als er mit dem HErrn in Berührung kam. Ein Blick vom HErrn, und Er hatte ihm gesagt, was er sei und was er sein werde: „Du bist“ Simon ... „du wirst“ Kephas ... (Joh. 1,42). Wie hätte es deshalb Petrus berühren müssen, als der HErr sagte: „Satan hat euer begehrt ..., Ich habe für dich gebetet“; aber er war so voll Selbstvertrauen und unwissend über das, was die Schrift „Fleisch“ nennt, daß diese Warnung achtlos an ihm vorüberging und er dem HErrn Antworten konnte: „Wenn sich alle an Dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern“; „wenn ich mit Dir sterben müßte, werde ich Dich nicht verleugnen“ (Matth. 26,33-35). Wir brauchen keinen Augenblick daran zu zweifeln, daß er dies wirklich so meinte, aber er kannte weder sich noch die Macht des Satans und die völlige Verdorbenheit und Kraftlosigkeit des Fleisches, so daß ihm das Verständnis für des HErrn Wort: „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommet; der Geist zwar ist willig, das Fleisch aber schwach“ (Matth. 26,41) gänzlich fehlte.

Der HErr sah die Gefahr. Seine Liebe trug Sorge um Petrus, als dieser keine Gefahr sah. Er betete, als Petrus nicht betete. Und der HErr kennt auch uns. Er kennt die Gefahren. Er sieht auch unsere Sorglosigkeit und unser „Vertrauen auf Fleisch“, und Er betet für uns. Berührt Seine Liebe und Sorge um uns nicht unser Herz? Wohin wäre es mit uns gekommen, und wo wären wir, wenn es nicht auch für uns wahr wäre: „Ich habe für dich gebetet.“

Petrus sah nichts, aber der HErr sah den Satan, der Seine Jünger begehrte zu sichten wie den Weizen. Er begehrte, das, was Weizen - Gotteswerk - war, herauszusichten, damit nur Spreu - das Fleisch - verbliebe. Gott erlaubt manchmal dem Satan sein Tun. Wir sehen dies z. B. bei Hiob (Hiob 1 und 2), bei Paulus (2. Kor. 12,7-10) u. a. m., aber Er erlaubt es nicht, damit Satan seinen Vorsatz erreiche, sondern um die Seinigen zuzubereiten für Seinen Segen und Sich zu verherrlichen; so mußte auch die Sichtung des Petrus dazu dienen, die Spreu von dem Weizen zu scheiden. Der HErr erlaubte es, daß Satan ihn in das Sieb warf, damit seinem Selbstbewußtsein das Rückgrat gebrochen werde und er lerne, was er mit seinem zwar den HErrn liebenden, aber sich selbst vertrauenden Herzen fähig sei zu vollführen, um so zu der Selbsterkenntnis zu gelangen, daß in ihm keine Kraft sei. Deshalb kommen auch wir in das Sieb, um los von uns zu kommen. Wie lange dauert es doch oft

mit uns, bis wir uns fahren lassen „und nicht mehr auf Fleisch vertrauen“ (Phil. 3,3), und bis unser Selbstbewußtsein zerbrochen ist.

Den schmerzlichen Weg, den Petrus in seinem Selbstvertrauen bis zur Buße zu machen hatte, kennen wir alle. Es war ein Weg der Schrecken und voll Herzeleid, und so gestaltet sich auch unser Weg, bis wir, über unser Selbstbewußtsein und unsere Selbstwichtigkeit in Buße zusammengebrochen, uns an des HErrn Gnade und Kraft klammern.

Einst, als Petrus den „starken Wind“ sah, „fürchtete er sich“ und er schrie: „HErr rette mich!“ Jetzt warnte ihn der HErr vor dem Satan - dem „starken (Geist) Wind“ -, aber Petrus „fürchtete sich nicht“, und kein Ruf: „HErr, rette mich!“ kam über seine Lippen. Er meinte, in seiner großen Liebe zum HErrn und der aufrichtigen Gesinnung seines Herzens, der Versuchung standhalten und solche Sache nicht tun zu können. Es ging ihm wie Hasael, der zu dem über ihn weinenden Elisa sagte: „Was ist dein Knecht - der Hund -, daß er diese große Sache tun sollte?“ (2. Kön. 8,13.) So finden wir ihn denn in der Stunde, da der HErr in ringendem Kampfe stand, schlafend. Noch einmal wendet der HErr Sich persönlich an ihn: „ Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht eine Stunde zu wachen? Wachet und betet usw.“ (Mark. 14,37); aber Petrus vernimmt nichts mehr von der Stimme seines HErrn. Er schlägt mit dem Schwerte drein - er flieht - er folgt von ferne - er sitzt bei den Feinden seines HErrn und wärmt sich an ihrem Feuer, das alles sind Stufen auf dem Wege zur Verleugnung bis zum Fluch und Schwur.

Wenn wir meinen zu stehen und aufhören, uns vor dem Fallen zu fürchten, dann sind wir nahe dem Fall. Da, wo wir meinen, stark zu sein, da ist unser schwächster Punkt; da greift der Feind uns an! Mose war der sanftmütigste Mann, aber in der Stunde der Versuchung verlor er seine Sanftmut und heiligte nicht Jehova und verlor den Eingang ins Land (4. Mos. 20,10.11; Ps. 106,32.33; 5. Mos. 32,51). Abraham, der Mann des Glaubens, fiel in einer Stunde der Versuchung im Glauben - der unerschrockene Elia floh vor einem Weibe. Der geduldige Hiob fehlte in der Geduld, und Johannes, der Jünger der Liebe, wollte Feuer vom Himmel auf die Samariter fallen lassen. Wie köstlich ist es, den Blick immer wieder auf den HErrn richten zu können als den Vollkommenen. Wie groß, wie herrlich ist Er! Möchten wir Ihn recht anschauen und Ihm ähnlich sein! Petrus vergaß nicht jene Stunde, in der er ohne Furcht in eigener Kraft wandelte, und aus eigener trauriger Erfahrung heraus schrieb er später in seinem Briefe: „Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht.“ (1.Petr. 1,17.)

Der HErr sagte zu Petrus, daß Er für ihn gebetet habe, „auf daß sein Glaube nicht aufhöre“ - und so geschah es. Er fiel, er fiel tief - schrecklich tief -, aber sein Glaube hörte in dieser dunkelsten Stunde nicht auf. Der letzte Blick des verleugneten HErrn, den sein Auge auffing, war kein Blick der Verachtung. Dieser Blick redete zu ihm von Seiner Liebe und hielt seinen Glauben aufrecht. Und wenn sein Glaube untergehen wollte in der Nacht des Grabes Jesu - am Auferstehungsmorgen wurde er wieder aufgerichtet durch Engelmund, der seinen Namen nannte für die Ausrichtung der frohen Botschaft (Mark. 16,7). Geschah dieses nicht auch auf das Gebet des HErrn hin, „auf daß dein Glaube nicht aufhöre?“

Und war seine Buße nicht auch eine Folge jener Fürbitte des HErrn? Tiefe Reue und Schmerz erfaßte nach Jesu Blick sein Herz. Er sah sein abscheuliches Verhalten in dem Lichte der Liebe des Herrn Jesus. Es trieb ihn fort von der Stätte der Verleugnung. Er mußte allein sein - allein sich ausweinen vor seinem Gott. Wie erbärmlich, wie verdorben erkannte er sich nun! Jetzt verglich er sich nicht

mehr mit seinen Mitjüngern. Jetzt stand nur seine Sünde, seine ganze Verdorbenheit vor seinem Auge. Seine Seele war nur mit der eigenen Schuld beschäftigt, aber nicht mehr mit anderer, wenngleich auch sie gefehlt hatten. Dies ist auch ein Kennzeichen, obwahre Reue und Buße ein Herz bewegt. Wo wahre Reue ist, da ist kein Beschäftigten mit der Schuld anderer.

Wenn Gottes Geist das Auge über Sünde öffnet, so richtet Er nicht zugleich den Blick auf die Fehler anderer. Ach, wie oft findet man ein Haschen nach mildernden Umständen, nur um das eigene Benehmen und die eigene Schuld nicht in der ganzen Blöße sichtbar werden zu lassen. Wie traurig ist es, wenn Bekenntnisse der Schuld mit entschuldigenden Hinweisen umhüllt werden. Da kommt der Geist Gottes nicht zu Seinem Recht, und das Werk ist kein vollkommenes. Kann von einer wahren, geistgewirkten Reue und Buße geredet werden, selbst bei äußerem Gebrochensein, wenn Anklagen und Hinweise auf Fehler und Sünden anderer damit Hand im Hand gehen und man bemüht ist, die Schuld möglichst von seinen Schultern auf die Schultern anderer zu wälzen? War Petrus, als er hinausging und weinte, auch mit den Verfehlungen seiner Mitjünger beschäftigt? Fand er eine Entschuldigung für sich in dem Fliehen aller, in dem Verrate des Judas? Entschuldigte er seinen Fall durch die Gewalt der Finsternis in jenen Stunden? Nichts von dem allen! Seine Sünde stand vor seiner Seele und ließ ihn bitterlich weinen. Wie wenig ist wahre Buße und Selbstgericht heute unter Kindern Gottes gekannt!

Auch bei seiner Wiederherstellung in Joh. 21 sehen wir, wie fern es Petrus lag, mit anderen beschäftigt zu sein. Seine Antworten auf die Fragen des HErrn offenbaren uns etwas von dem, was in seiner Seele geschehen war. Er Antwortet nicht: „Ich weiß, daß ich Dich lieb habe“, Er sagt: „Du, HErr, weißt, daß ich Dich lieb habe.“ Er, der einst so kühn von sich zum HErrn geredet hatte, er bekennt jetzt vor allen Jüngern, daß Liebe zu Ihm nur allein Sein allsehendes Auge finden könne. Das stand fest in seiner Seele: „Ein Mensch kann nach dem, was vorgefallen, Liebe zum HErrn bei mir nicht finden.“ So völlig war er herabgestiegen von der Höhe seines Selbstbewußtseins, daß er auch nicht mehr seinem eigenen Herzen vertraute, um von seiner Liebe zu reden. Indem er sagt: „Du, HErr, weißt ...“, sagt er gleichsam: „HErr, Du siehst mein Herz, Du weißt, wie weit wahre Liebe zu Dir dort wohnt.“ Welch ein Selbstgericht mußte in Petri Herz gewirkt haben, um solchen Stand vor dem HErrn und vor den Brüdern einzunehmen!

Aber dies war der Augenblick, den der HErr in Luk. 22,32 angedeutet hatte, als er sagte: „Bist du einst zurückgekehrt, so stärke deine Brüder“. Jetzt kann der HErr ihn zum Dienst für Seine Schafe gebrauchen. Den Petrus, der von sich selbst voll war, muß Er Wege der Demütigung gehen lassen - aber den im Selbstgericht stehenden Petrus, der kein Vertrauen mehr zu sich hat, den kann Er für Seine Schafe gebrauchen. Solche sind es, und nur solche, die Seine Schafe weiden können. Wie kann der HErr uns das Weiden Seiner Schafe anvertrauen, wenn wir noch nicht fertig mit uns sind und uns noch auf der Höhe der eigenen Kraft und Wichtigkeit bewegen?

Wie das Verhalten der Jünger auch zu Petrus nach seinem tiefen Fall sein mochte, er empfand keinen Mangel an Liebe. Wer im Selbstgericht wandelt, klagt nicht über das Fehlen der Liebe. Als Petrus so im Kreise seiner Brüder vor dem HErrn stand, mußte er sich nicht als den Geringsten erkennen und alle anderen höher achten als sich selbst? (Phil. 2,3.) Und wenn unser Wandel im Lichte Gottes ist, wird es nicht auch bei uns so sein? Ein einfältiges Auge wird das Wirken der Gnade Gottes mehr in anderen sehen als in sich selbst. Wenn wir anfangen zu klagen über den Mangel an Liebe anderer zu uns, so ist sicher in unserem Herzen oder in unserer Liebe etwas nicht in Ordnung. Sind wir in dem

Genusse Seiner Liebe, sitzen wir an der Quelle der Liebe Gottes, wie können wir dann über Mangel an Liebe klagen! Wer aus dieser Quelle Seiner Liebe trinkt, wird nicht nur reich gesättigt, von dem werden auch Ströme der Liebe fließen. Halten wir uns aber bei der Leere und Kälte des menschlichen Herzens, auch unseres eigenen, auf, so werden wir selbst bald leer und kalt sein.

Dieser Weg Petri von der Höhe seines Selbstbewusstseins zur Buße bis zur Bergung in Jesu Gnade, Liebe und Kraft ist uns zur Belehrung gegeben. Wenn wir nicht willig sind, auf die Stimme Seines Geistes zu hören und aus Petri Erfahrungen zu lernen, so geht der HErr diesen Weg auch heute noch mit uns. Er hat uns zu lieb, um uns in unserem Selbstbewußtsein, in unserer eigenen Kraft und Wichtigkeit dahingehen zu lassen. Er will uns von uns weg zur Quelle Seiner Liebe und Kraft führen. Er möchte Sein Ziel bei uns auf dem sanften Wege Seiner Güte und nicht auf dem schmerzlichen Wege Seiner Zucht erreichen. Der HErr schenke uns ein verständiges Herz, Seine Liebe und Seine Wege mit uns besser zu verstehen!

v. d. K.

Der Sohn des Menschen.

III.

Ich habe bisher in schwachen Worten zu zeigen versucht, daß die Selbstbezeichnung des Herrn Jesus, die des verkannten Messias, von Ihm angewandt wurde aus Liebe sowohl zu Seinem Ihn als Messias ablehnenden Volke wie auch zu der übrigen Welt, da Er gekommen war, „zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Matth. 20,28). War Er als der Immanuel, als Messias nicht anerkannt, so war damit Seine Gnade nicht erschöpft, Er trat in der Folge in einem umfassenderen Charakter auf, dem „des Sohnes des Menschen“, durch den Er allen Menschen in Gnade nahe kam.

In diesem Charakter sehen wir auch Seine Herrlichkeit als die Dessen, dem „der zukünftige Erdkreis“ (das Tausendjährige Reich) unterworfen ist (Hebr. 2,6). Nicht Engeln, sondern Ihm, dem wiederkommenden HErrn, ist derselbe unterworfen. Die Engel stehen höher als die Menschen, aber Er, „der zweite Mensch“, „der Sohn des Menschen“, einst hienieden der Gegenstand des Dienstes jener (Joh. 1,51), wird in der Zukunft den Erdkreis beherrschen. Er als „Sohn des Menschen“, einst gleichsam einer von uns, der hienieden, wo wir Gott verunehrt haben, Gott völlig verherrlicht hat, Er hat in Seinem Charakter als Sohn des Menschen ein Recht an die Menschen, ja, auch das Recht, sie zu richten, Joh. 5,27. Diese Stelle, in der Er auch nicht heißt „der Sohn des Menschen“, sondern „(ein) Sohn (eines) Menschen“ (d. h. ohne Artikel), leitet uns über zu Seiner richterlichen Herrlichkeit, in der Er erscheint in Offb. 1,13 u. 14,14, von denen die letzte Stelle fast in gleichen Worten redet wie Dan. 7,13.14. (Ich muß mich aus Raummangel kurz fassen.) Wir haben hier in Erfüllung der Daniel-Stelle (vgl. auch Ps. 80,17-19) den Anbruch des verheißenen Reiches, beginnend mit Israels Erlösung. Diese kann nicht eintreten ohne vorangegangenes Gericht. Das Gericht über die dann lebenden Nationen, die Seinem Volk, Seinen Brüdern keine Liebe zuteil werden ließen - hier findet der grobe und feine Antisemitismus sein Gericht! -, wie auch das Gericht über Israel selbst muß dessen Erlösung vorausgehen (Matth. 25,31-46; Luk. 21,27.28; Offb. 14,14-16. u. 17-20; vgl. zu letzerem Jes. 5,1-7 u. Ps. 80,8.14!). Dann wird Dan. 7,13.14 erfüllt sein, und der Herr Jesus wird nicht nur als Messias-König über Sein Volk Israel in Gerechtigkeit herrschen (Luk. 1,32.33; Jes. 32,1 usw.), sondern auch als „der Sohn des Menschen“ nach Ps. 8 und Hebr. 2 über

1,32.33; Jes. 32,1 usw.), sondern auch als „der Sohn des Menschen“ nach Ps. 8 und Hebr. 2 über alles gesetzt werden, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt sein. Dann werden wirIhm alles unterworfen sehen, was wir jetzt (nach Hebr. 2, 8) noch nicht sehen. Dann wird das Lied völlig wahr, das wir jetzt schon so gerne singen: „Jesus Christus herrscht als König, alles wird Ihm untertänig, alles legt Ihm Gott zu Fuß -, jede Zunge soll bekennen: Jesus sei der HErr zu nennen, dem man Ehre geben muß!“ Dann ist Er, den ich im 2. Teil meiner unvollkommenen Betrachtung „den großen Unbekannten“ nannte, zu dem Er erst werden mußte, da der Mensch in Ihm, „dem Sohne des Menschen“, weder den Messias noch den Sohn Gottes erkannte, dann ist Er aller Welt bekannt als HErr und König, nachdem Er wahr gemacht hat, was Er Matth. 26,64 (in dem Evangelium, das zuerst für Israel ist) gesagt hat: „Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels“ (vgl. Luk. 21,27.28, d. h. in dem Evangelium, das den HErrn besonders als Menschen zeigt und daher in erster Linie für den Menschen im allgemeinen gilt). Von damals an, d. h. von Seinem Tode an, sah Ihn keiner, vor allem kein Ungläubiger (von denen Er nach Seiner Auferstehung überhaupt nicht mehr gesehen wurde), je wieder in diesem Charakter, dem Charakter der Güte und Menschenliebe, wie Er als Sohn des Menschen den Menschen nahe trat! (Saulus vor Damaskus sah Ihn nicht; Er wurde von Licht umstrahlt und hörte eine Stimme.) Nur einer hat Ihn noch einmal gesehen in diesem Charakter, also als den Sohn des Menschen (Johannes auf Patmos sah „Einen gleich einem Sohne eines Menschen“), und das war Stephanus in Apgesch. 7,56! Und zwar sah er Ihn stehend. Warum so? Weil das Zeugnis an Israel noch nicht völlig verworfen war und Er noch hätte wiederkommen können in Gnade. Seit Seiner völligen endgültigen Verwerfung sitzt der Sohn des Menschen, und so wird Ihn einst - wann? o, es wird nicht lang mehr währen! - Sein Volk und die dann lebenden Nationen sehen. Herrliche Aussicht!

Und doch weit überstrahlt von dem Licht unserer Berufung, d. h. der Gemeinde des HErrn, Seines Leibes, des Leibes Christi, erwählt aus Israel und den Nationen (Eph. 2. u. 3) und der Zeit nach zwischeneingefügt zwischen die Verwerfung des Messias durch Sein Volk und dem Wiederkommen des Sohnes des Menschen zum Gericht und zum Reich!

Auch wir dürfen wandeln, gleich Stephanus vor seinem Märtyrertode, als Bürger der himmlischen Berufung, die durch Glauben Ihn schauen („wir sehen Jesum ...“ Hebr. 2,9) in den geöffneten Himmeln, die für uns geöffnet sind (Hebr. 12,19ff.), und dies Schauen wird nach 2. Kor. 3,18 auch unser Wesen in Jesu Bild umwandeln, wie es bei Stephanus der Fall war (vgl. Apgesch. 7,59.60 mit Luk. 23,34a u. 46). Sehen auch wir durch Glauben jetzt in Ihm „den Sohn des Menschen“? Gewiß - aber mehr als das: wir sehen Ihn als den großen Hohenpriester, den Sachwalter und vor allem auch als das Haupt Seines Leibes und als den für Seine himmlische Brautgemeinde bald wiederkommenden Bräutigam! Wie kostbar!

Gepriesen sei unser herrlicher Heiland und HErr, der alles, alles für uns ist, Er, der einst hienieden als „der Sohn des Menschen“ weilte in Gnade, „um zu suchen und zu retten, was verloren ist“, und der wieder dorthin aufgefahren ist, „wo Er zuvor war“! (Luk. 19,10; Joh. 6,62).

F. K.

„O Gott, wer ist wie Du!“

Ps.71,19.

In einer Zeit, wie die ist, die wir heute nach dem niederbeugenden und so folgenschweren Friedensschluß zu durchleben haben, tut es wohl not für uns, daß wir uns erinnern an Schriftaussagen, die unseren Gott und Vater in Seinem Wesen uns so vor die Seele stellen, daß wir Kraft gewinnen zum Ausharren, dessen wir ja nach Hebr. 10,36 bedürfen, bis der Kommende kommt (V. 37).

Aus der Fülle der köstlichen Aussagen über unseren Gott und Vater in Christo greife ich folgende heraus: In Röm. 15,5 wird Er genannt „der Gott des Ausharrens und des Trostes“ oder „der Ermunterung“; in V. 13 „der Gott der Hoffnung“; in 16,20 „der Gott des Friedens“ (ebenso z. B. in 1. Kor. 14,33; Phil. 4,9; Hebr. 13,20); in 2. Kor. 1,3 „der Vater der Erbarmungen und Gott alles Trostes“; in 2. Kor. 13,11 „der Gott der Liebe und des Friedens“; in 1. Petr. 5,10 „der Gott aller Gnade“. Welche Bezeichnungen voll Herrlichkeit! Das ist unser Gott, teurer Bruder, teure Schwester! unser Gott, der uns in Christo Jesu, Seinem Sohn, erwählt hat zu Seinem Eigentum, unser Vater, dessen Kinder wir sind, zu dessen Familie wir gehören. Vergessen wir das doch ja keinen Augenblick, damit die Leiden dieser Zeit, die äußeren Verbindungen mit der Welt, die Schlingen Satans, „die Dornen“ (Mark. 4,18), die verführerischen Geister dieser Finsternis, die Sorgen um die Zukunft usw. uns nicht beeinflussen und das Ziel unserer Berufung nach oben (Phil. 3,14) aus den Augen rücken! Das ist unser Gott, zu dem der Herr Jesus im Blick auf uns betet: „Ich bitte für die, die Du Mir gegeben hast, denn sie sind Dein, und alles, was Mein ist, ist Dein und was Dein ist, Mein, und Ich bin in ihnen verherrlicht“ (Joh. 17,9.10). Das ist unser Gott, der uns den Geist der Wahrheit gegeben, daß Er bei uns sei in Ewigkeit! (Joh. 14,16).

Ist da Grund zum Zagen, zum Sorgen, zum Grämen? „O Gott, wer ist wie Du!“ Ihm laßt uns völliger denn je uns anvertrauen, Er ist es wert, Er, der in Christo unser Gott und Vater ist, ja, von dem der auferstandene Heiland zu uns sagt: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott! (Joh. 20,17.) Welch eine Gnade!

Gelobt sei unser Gott und Vater und unser Herr Jesus Christus immer und ewiglich!

F. K.

7. Jahrbuch (1920)

Geleitswort an den Leser:

Gott aber ist mächtig, jede Gnade gegen euch überströmen zu lassen, auf daß ihr in allem allezeit alle Genüge habt und überströmend seid zu jedem guten Werk.“ - „Er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir.“ 2. Kor. 9,8 u. 12,9.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1:

1

um alle Antwort-Einsender zu Worte kommen lassen zu können, mußte ich die Antworten etwas kürzen! (Der Schriftl. F. K.)

Wie ist Matth.10,5 in Einklang zu bringen mit 28,19?

Antwort A

Daß die beiden Stellen so verschieden sind, hat seinen Grund darin, daß der Dienst des HErrn zuerst Seinem Volke Israel galt und erst später, nach Seinem Tode, das Evangelium durch die Jünger auch den Nationen verkündigt wurde.

Der HErr kam zunächst für Israel. Er Selbst sagte zu dem kananäischen Weibe: „Ich bin nicht gesandt, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Matth. 15,24). Auch im Ev. Joh. 1,11 bezeugt das Wort: „Er kam in das Seinige (Israel), und die Seinigen nahmen Ihn nicht an.“ Der HErr kam, um das verheißene Reich aufzurichten. Er heilte deshalb auch alle Gebrechen und trieb die Dämonen aus und verkündigte Selbst das Evangelium von dem kommenden Reiche (Matth. 4,17). Gleicherweise sandte Er auch Seine Jünger aus, um „Israel“ das Evangelium des „Reiches“ zu verkündigen (Matth. 10,5-8).

Erst nachdem der HErr verworfen war, sandte Er Seine Jünger aus, um das Evangelium allen Völkern zu verkündigen. Doch ist es nicht mehr das Evangelium von dem kommenden Reiche, sondern von der Gnade Gottes durch den Glauben an den Herrn Jesum Christum. Dieses Evangelium wird verkündigt werden bis zu der Stunde, da der HErr die Seinigen entrücken wird. Wenn dann Israel bereit sein wird, den HErrn aufzunehmen, dann wird der HErr das Reich in Israel aufrichten.

So ist nun durch die Verwerfung des HErrn von seiten des Volkes Israel auch uns, den Nationen, das Heil nahe gekommen.

Wohl wissen wir, daß der HErr sterben mußte, um die Erlösung zu vollbringen. Er Selbst bezeugt es oft in den Evangelien. Sein Blut mußte fließen zur Vergebung der Sünden für viele. - Gottes Plan ist wunderbar. - Christus kam nach den Verheißungen für Israel. Israel verwarf Ihn. Gott ließ es zu, daß Er ans Kreuz gebracht wurde und starb. Gott aber, nach Seiner wunderbaren Weisheit und unausdenkbaren Gnade, benutzte dieses alles, um das Erlösungswerk zu vollbringen, das Er schon von Ewigkeit her beschlossen hatte. Das Böse, das der Mensch Seinem geliebten Sohne zufügte, das benutzte Gott zum Guten für den sündigen Menschen. O welche Gnade, welches Erbarmen, welche Herrlichkeit strahlt doch vom Kreuze aus! Gott ist groß und herrlich in der sichtbaren Schöpfung, aber in der Erlösung offenbart Er weit größere Herrlichkeit.

Möchte unser Leben ein Lobpreis Seines herrlichen Namens sein! O. D.

Antwort B

In Matth. 10,5 gab der HErr Seinen Jüngern Befehl, nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel zu gehen und diesen zu predigen, daß das Reich der Himmel nahe gekommen sei. Denn um dieses

Reich in ihrer Mitte aufzurichten, war der HErr gekommen. Wir wissen, daß Gott Seine Gnadenabsichten mit Israel zu des HErrn Zeiten nicht verwirklichen konnte, weil das Volk in seiner Gesamtheit seinen Messias verwarf, der es wiederherstellen wollte, damit von Ihm aus das Heil zu allen Nationen gelangen konnte. Dies ist jetzt noch zukünftig, und von diesem Zeitpunkte redet Matth. 28,19. Hier ist Jesus vom Überrest anerkannt, und Er sendet diejenigen, die Ihm huldigen, zu allen Nationen, damit auch diese teilhätten an all den Segnungen des Reiches, das in jenen Tagen in ihrer Mitte aufgerichtet sein wird.

M. St.

Antwort C

Dem Volke Israel gehört Jehova, gehören die Verheißungen des Alten Bundes - gehört der Messias (Matth. 15,24.26)! Israel wird das Reich einnehmen (Dan. 7,14.27 u. v. a.) nach Gottes Willen! Der Herr Jesus war gekommen, um das Wort einzulösen. Welch eine Liebe zeigt sich nun in Seinem langmütigen Handeln mit Seinem untreuen Bundesvolke, auch in obiger Schriftstelle (Matth. 10,5)! Wiewohl Er Seine Verwerfung durch das Volk vorhergesehen hatte, handelt Er in Treue und Hingabe segnend mit ihm! Matth. 4,23 zeigt uns, wie Er Seinem Volke entgegenkam - aber sie ratschlagten, wie sie Ihn umbrächten (Matth. 12,14). Erst als Er in ihren Herzen die Tat der Verwerfung Seiner Person sah, deutet Er in Matth. 12 auch ihre Verwerfung von Gottes Seite an und läßt Seine Vertrauten (Matth. 13,11.12) etwas ahnen von dem nahenden Anbruche einer anderen Haushaltung. In Matth. 10,5 steht Er in göttlicher Treue mitten unter Seinem untreuen Volke, um zu segnen, was sich segnen läßt (Matth. 10,8.13). Johannis Jünger sahen nach Matth. 11,4ff. die anbrechenden Segnungen des messianischen Friedensreiches. Der HErr handelt in Matth. 10,5 somit in anbetungswürdiger Treue und Liebe mit Seinem Volke. Aber wegen seines Ungehorsams mußte sich Hos. 2,23 nach Röm. 9,25 an dem Volke erfüllen! Nach Seiner Auferstehung gibt Er Seinen Boten dann wegen Israels Ungehorsam den umfassenden Befehl (Matth. 28,19). Und noch vor Seiner Himmelfahrt hat der Gerechte und Getreue eine Erläuterung zu diesem Befehl zu erteilen: Apgesch. 1,8, „anfangend in Jerusalem“ sollten sie das Evangelium verkünden! Und der Heilige Geist setzt dieses begonnene Werk fort (Apgesch. 2,41)! Erst als dem Heidenapostel nach Eph. 3 das Geheimnis der Gemeinde offenbart wurde, ging Matth. 28,19 nach der göttlichen Ordnung in Apgesch. 1,8 „... und bis an das Ende der Erde“ in Erfüllung. Die beiden Stellen der Frage zeigen somit einen herrlichen Fortgang im göttlichen Heilsplane.

F. A. W. D.

Antwort D

Nach Matth. 15,24 war der HErr nur zunächst zu den verlorenen Schafen von dem Hause Israel gesandt, weil das Volk einen Vorzug in betreff des Evangeliums hatte (Joh. 4,22). Daher sollten Seine Jünger zunächst in nur jüdischen Ortschaften die Botschaft vom Reiche Gottes verkündigen und außerjüdische Ansiedlungen meiden. - Israel aber verwarf seinen HErrn und wollte Ihn umbringen (Matth. 12,14). Bevor dies geschah, weissagte der HErr in Matth. 8,12: „... die Kinder des Reiches werden hinausgeworfen werden“ und in Matth. 21,43: „... das Reich Gottes wird von euch genommen und einem Volke (den Heiden) gegeben werden, das dessen Früchte bringt.“

Nachdem der HErr nun das Erlösungswerk auf Golgatha vollbracht hatte und die Kluft zwischen Juden und Heiden (Eph. 2,14) beseitigt war, sollte aller Kreatur die frohe Botschaft von der Gnade Gottes gepredigt werden. In Matth. 28,19 haben wir darum den umfassenden Missionsauftrag des HErrn: „Gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker ...“ - Erzählen auch wir von der Gnade Gottes, sobald sich die Gelegenheit bietet?

C. L.

Antwort E

Der Herr Jesus war in erster Linie gesandt zu den Schafen Israels. Er predigte das Evangelium „vom Reich“. Die Gemeindepredigt - vom Leibe des Christus - war dem Apostel Paulus vorbehalten und diesem als ein Geheimnis offenbart. Daher kann im Gesichtsfelde des Herrn Jesu bei Seiner Predigt nie die Gemeinde (als solche) gelegen haben. Seine Reden in der Auslegung auf die Gemeinde zu beziehen hieße die Schrift mit sich selbst in Widerspruch bringen. Selbstredend dürfen wir in der Nutzanwendung alles gebrauchen. Auch die Zwölfe predigten kein anderes als das Evangelium vom Reich. Es sei daran erinnert, wie Paulus im Galaterbrief Kap. 2 sich sehr dagegen verwahrt, als ob er das Evangelium von Menschen habe oder sich mit Fleisch und Blut besprochen oder nach Jerusalem hinaufgezogen wäre, dort „sein Evangelium“ zu empfangen. Er legte nach langen Jahren den Zwölfen „das Evangelium, das er unter den Heiden verkündigt hatte“, vor, und der weitere Inhalt dieses 2. Kapitels zeigt deutlich, daß beide Teile - Paulus und die Zwölfe - sich des Unterschiedes der von ihnen gepredigten Evangeliumsverkündigungen wohl bewußt sind, wiewohl der Mittelpunkt bei beiden derselbe herrliche HErr und Meister ist. Ihr Übereinkommen V. 7-9 sagt es uns. Wenn wir diesen Worten keine weitere Bedeutung geben als nur die, daß Petrus das Evangelium vor die Juden und Paulus dasselbe vor die Heiden zu bringen hatte, dann müssen wir den Paulus des Ungehorsams zeihen. War es nicht seine Regel, zuerst in die Synagogen zu den Juden zu gehen, und wenn diese ihn ablehnten, dann erst zu den Heiden? Der Unterschied, der in den vorgenannten Versen ausgedrückt wird, muß sich vielmehr auf den Inhalt ihres Evangeliums statt auf die Personen beziehen. (Vergl. Jahrb. I, Frg. 13!)

In Matth. 10,5 nun finden wir, daß der HErr Seiner Sendung und dem Evangelium, das die Propheten geweissagt, treu bleibt. Israel sollte den Vorrang haben, und erst wenn Israel angenommen - als Nation -, dann sollte von Israel - Zion - ausgehen das Wort Jehovas (Jes. 2,3). Die heutige Zwischenzeit der Gemeinde lag nirgendwo im Gesichtskreise eines alttestamentlichen Gottesmannes. Sie wurde nach Christi Tod eingeschoben und Paulus mit der Verkündigung betraut.

Im Blick auf die nationale Sammlung Israels befiehlt der Meister den Jüngern, daß sie nicht zu den Heiden gehen sollten. Ja, Er sagt ihnen V. 23, daß sie mit den Städten Israels nicht einmal fertig würden, bis des Menschen Sohn (d. h. zum Gericht [Joh. 5,27]) käme. Und wahrlich, die Jünger sind mit der Predigt des Reichs unter Israel damals nicht fertig geworden.

Wenn später (Matth. 28,19) der HErr Seinen Jüngern den Auftrag gibt, in alle Welt zu gehen, so steht dieses Wort nie und nimmer im Widerspruch mit dem ersten; es ist nur die natürliche Fortsetzung. Das erste Wort war geredet von dem Messias im Fleisch, der Israel sammeln wollte. Das letzte von dem Auferstandenen. Hier schaut Er Sich angetan mit aller Gewalt im Himmel und auf Erden (V. 18). Von Ihm als solchem bekommen die Jünger den Auftrag, in alle Welt zu gehen. Das hat aber zu

1

Man darf aber nicht das Gesetz und die Gebote des HErrn, d. i. Sein Wort, verwechseln! (Joh. 14,15-26.) (Der Schriftl.)

Seiner Voraussetzung, daß Israel zu Ihm gesammelt ist und in Seinem Reich von Ihm regiert wird. Als Reichsvolk soll es dann in alle Welt gehen, Mission zu treiben. Die Gemeinde hier hineinlesen wollen hieße, dem Worte Gewalt antun. Auch würde der Auftrag des Meisters von uns dann nicht ganz erfüllt. Abgesehen vom Taufbefehl, den wir in der Schrift nur an dieser Stelle finden, geht unsere Predigt nie dahin, bei Evangelisationsreden die Seelen beobachten zu lehren, was Er geboten (Matth. 5,34.39.42; 6,14.17 usw.).1 Dieser Befehl ist demnach einer späteren Zeit vorbehalten - im Tausendjährigen Reiche. Dabei ist für uns der Missionsbefehl keineswegs hinfällig, wenn wir ihn auch nicht aus dieser Stelle herauslesen dürfen (Röm. 1,14.15; 10,14-17; 15,16; 16,26; 1. Tim. 1,15 usw.).

1

Man darf aber nicht das Gesetz und die Gebote des HErrn, d. i. Sein Wort, verwechseln! (Joh. 14,15-26.) (Der Schriftl.)

P. D.

Antwort F

In Matth. 10,5 handelt es sich um einen besonderen Auftrag des Herrn Jesu an die Zwölfe, der augenscheinlich nur vorübergehende Geltung hatte und damals auch seine Erledigung fand. Die Zwölfe sollten die Botschaft von dem nahegekommenen Himmelreich nach Matth. 10,5-7 nur den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel predigen, die Apostel sollten wie Herolde die Ankunft des Messias verkündigen, der in der Person Jesu gekommen war. Diese Botschaft von dem Nahen des Königs war nur etwas für das Volk der Wahl, für Israel (Matth. 15,24). Gewiß dachte Er auch damals schon an solche, die aus den Nationen gläubig würden nach Joh. 10,16. In erster Linie war Er aber gekommen für Israel, als der König, als Messias. Nun erklärte sich dieses Volk aber gegen Ihn, zuerst in seinen Führern, den Schriftgelehrten, Pharisäern und Sadduzäern. Durch ihr Betreiben wurde auch das Volk zum Feinde Jesu, und eines Tages, als die Zeit erfüllet war, forderte es Seinen Kreuzestod. Damit geschah die bewußte Ablehnung des Messias durch das Volk Israel: Jesus starb und wurde begraben. Am dritten Tage jedoch stand Er auf von den Toten und ward dadurch erwiesen als Sohn Gottes (Röm. 1,4). Durch die Ablehnung des Messias ging das Reich Gottes jetzt einen Weg, der bisher keinem schriftgläubigen Juden als richtig und gottgewollt bekannt war, ja, kein Prophet hatte davon je geredet (Eph. 3,5): das Geheimnis von dem Leibe Christi setzte jetzt ein. Nach der Auferstehung Christi lautet deshalb der Befeht Christi nicht mehr: nur an Israel gebt eure Botschaft weiter, sondern: Gehet hin in alle Welt, predigt das Evangelium aller Kreatur, allen Völkern (Matth. 28,19; Mark. 16,15)! Daß also in Matth. 10,5 der Auftrag Jesu lautet: nur den verlorenen Schafen aus dem Hause Israel, während in Matth. 28,19 der Auftrag für die Jünger an alle Völker, an die ganze Welt lautet, hängt mit der damaligen Verwerfung des Messias zusammen. Wohl versuchten die Apostel und vor allem Paulus in erster Linie immer wieder, den Juden das Evangelium nahe zu bringen, wie die Apostelgeschichte am klarsten zeigt, aber immer wieder lehnte das Volk als Ganzes den Messias ab. Jetzt darf das Evangelium allen Völkern, mit Einschluß Israels, gepredigt werden, damit Seine Gemeinde, Sein Leib gebaut wird.

A. C.

Anmerkung vom Schriftleiter des Fragenteils

Zunächst verweise ich besonders auf Frg. 11, Jahrb. II; Frg. 6 und 21, Jahrb. III; Frg. 16, Jahrb. VI!

Vorstehende sich gerade wegen gewisser teils nicht geringer Gegensätze ganz gut ergänzende

Antworten zeigen uns einerseits, wie unsagbar wichtig es ist, „das Wort Gottes richtig zu teilen“ (2. Tim. 2,15), indem man die verschiedenen göttlichen Haushaltungen auseinanderhält, andererseits aber auch, daß wir Nutzanwendungen und Beziehungen zwischen den Zeitperioden und diesbezüglichen Schriftabschnitten für uns finden dürfen und sollen. Sicher zeichnet uns das Matthäus-Evangelium, in dem der Herr Jesus als der Messias-König Seines verheißenen Reiches vor uns steht, Seine Beziehungen zum Volke Israel, aber wenn man den Charakter, in dem das Matthäus-Evangelium den HErrn zeigt, dazu benutzen will, den Missionsbefehl auf Israel zu beschränken, so geht das zu weit. Was wußten die Apostel, als sie diese Worte hörten, von Israels zukünftiger Mission nach der Aufnahme der Gemeinde? Gott handelte ja damals noch nur mit Israel! Und als dann später Matthäus diese Worte durch den Heiligen Geist niederlegen mußte (wenige Jahre vor dem Tode des Paulus!), da hatte Gott Israel längst beiseite gesetzt und Seine Gemeinde gebildet, und diese Worte wurden zu ihrer Ausführung in die Hände der Gemeinde gegeben! Nach Aufnahme der Gemeinde wird die Ausführung des Willens Gottes dann in Israels Hände übergehen. Aber jetzt gelten diese Worte uns. Zu sagen, es sei der „jüdische“ Missionsbefehl, ist nur die halbe Wahrheit; mit demselben Rechte könnte man zu sagen wagen, das Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu Christi sei jüdisch! Wo bleibt da 2. Tim. 3,16! Vergl. auch 1. Kor. 3,22! So dürfen wir auch nicht nur den Wortlaut des Taufbefehls (selbstverständlich!), sondern überhaupt den ganzen Missionsbefehl nach Matthäus (mit Vorbehalt) auch als bindend für uns ansehen, wenngleich freilich unbedingt feststehen muß, daß seine volle Ausführung und Erfüllung nicht dem Volke der himmlischen Berufung (der Gemeinde), sondern dem der irdischen (Israel) für einen zukünftigen Tag vorbehalten bleibt. Israel, d. h. der gläubige Überrest, ist das geborene Missionsvolk der Zukunft (vergl. u. a. Röm. 11,12.15; Sach. 8,13.20-23; überhaupt die alttestamentliche Prophetie! Siehe auch Frg. 1, Jahrb. VI!). Der HErr lasse bald diese herrlichen Zeiten anbrechen! Doch zuvor kommt Er Selbst für Seine Gemeinde! „Maran atha!“ (1. Kor. 16,22b.)

Frage 2

Sind „gefallene Engel“ und „Dämonen“ ein und dasselbe? (2. Petri 2,4; Juda 6; Matth. 12,27; Offenb. 16,13.14 usw.)

Antwort A

Wir wissen nicht viel von der Geisterwelt. Aber es scheint, daß dieses zwei verschiedene gefallene Geisterklassen sind. - Von den gefallenen Engeln wird uns gesagt, daß sie „gesündig“ haben (2. Petri 2,4), und Judas 6 berichtet uns näheres über ihre Sünde, daß sie ihren „ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben“. Manche denken, daß diese Sünde der Engel vielleicht mit 1. Mose 6,4 zusammenhängt. Wie dem auch sei, sie sind in „Ketten“ im „Abgrund“ und erwarten den Tag ihres Gerichtes. Wir dürfen deshalb kaum denken, daß diese irgendwelchen Verkehr mit Menschen haben.

In der anderen gefallenen Geisterklasse unterscheiden wir den persönlichen Teufel, der den HErrn versuchte und von dessen „Reich“ der HErr redet (Matth. 4,1-11; 12,27), und die Dämonengeister (Offenb. 16,13.14). Ihre Zahl ist groß (Mark. 5,9). Ihr Fall liegt vor der Erschaffung der Menschen. Sie sind nicht „gekettet“ und noch nicht im „Abgrund“, sondern haben noch die Möglichkeit, die Menschen zu beeinflussen und in ihnen zu wohnen; der HErr trieb sie oft aus. Aber auch sie erwarten

den Tag ihres Gerichtes (Matth. 8,29; 25,41; Offenb. 20,2.10). Ihre Wirksamkeit ist verschieden. Es wird nicht nur von „unreinen“ (Mark. 1,27), „stummen“ (Mark. 9,17.25) usw. Geistern geredet, sondern auch von „Lehren von Dämonen“ (1. Tim. 4,1). Wir können uns kaum ein Bild machen von der Tätigkeit der Dämonen unter den Menschen, wie sie hinter den kleinen und großen Geschehnissen in der Welt stehen. Aber noch weniger denken wir daran, daß die religiösen Lehren, die die Wahrheit Gottes verderben, von Dämonen ausgehen (Matth. 16,22.23). Wieviel Dämonengeist versteckt sich oft unter dem, was man als „den Geist der Schrift“ behauptet. Unsere einzige Sicherheit ist, uns eng an das „Wort“ zu halten. Babylon, die Christus verwerfende Kirche, ist im letzten Stadium eine Behausungsstätte der Dämonen, deshalb soll Sein Volk aus ihr herausgehen (Offenb. 18,2-4; 2. Kor. 6,14-18)!

v. d. K.

Anmerkung vom Schriftleiter des Fragenteils

Man vergleiche Frg. 19 und 39 im Jahrb. II; Frg. 10/III; Frg. 8/VI, außerdem meinen Aufsatz im Jahrb. V: „Die Totenbeschwörerin von Endor!“

Sicher gehören die gefallenen Engel und die Dämonen der einen Klasse der sündigen, abgefallenen Geistwesen an, aber in ihrer Behandlungsweise und ihrem Gericht hat Gott die verschiedensten Möglichkeiten, so daß sie sich der Schrift nach als ganz verschiedene Klassen darzustellen scheinen.

Die Schrift beobachtet aber in dieser Frage eine gewisse Zurückhaltung, wohl damit der geschäftigen menschlichen Phantasie nicht zu viel Stoff geboten werde. Wie gern der von Dämonen, ohne daß er's weiß, beeinflußte menschliche Geist sich dieser geheimnisvollen Dinge bemächtigt, um seine sündige Neugier zu befriedigen, zeigt übrigens u. a. der Spiritismus, in dem neben viel Betrug auch viele überirdische Wirklichkeiten aus der Geisterwelt offenbar werden, vor dem aber als vor einer der ungöttlichen antichristlichen Lehren gar nicht genug gewarnt werden kann (2. Thess. 2,9.10).

Wenn aber die Schrift über dies Gebiet auch nicht viel sagt, so zeigen doch die in obiger kurzen, jedoch zum Forschen sehr anregenden Antwort Angeführten Stellen, daß über die Lehre von den Engeln und Geistern bei den göttlich inspirierten Schreibern der Heiligen Schrift keine Unklarheit herrscht, wie sie in der heutigen ungläubigen Gelehrtenwelt natürlich ist, die diese Geheimnisse am liebsten totschweigt oder lächerlich macht, da sie dem menschlichen Wissensstolz ins Gesicht schlagen. Wie gern z. B. möchte man allen Geistes-Krankheiten nur natürliche Ursachen zuschreiben, während wenigstens ebenso viele, wenn nicht mehr, durch übernatürliche hervorgerufen sind! Besessenheiten nach Art von Mark. 5 und andere sind heute sicher nicht weniger häufig als zur Zeit Jesu. Aus Raummangel kann ich nicht weiter darauf eingehen.

Zu dem Schluß obiger Antwort Erinnere ich noch an 1. Kor. 10,14-22! Zu den übrigen angeführten Stellen füge ich zwecks Prüfung noch bei: Offenb. Kap. 9. Da uns in der Offenbarung in Zeichen die Zukunft kundgetan wird (1,1!), so ist es wohl möglich, daß unter den „Heuschrecken mit Menschen-Angesichtern“ auch Dämonen zu verstehen sind, wenngleich ich das nicht zu behaupten wage. Eine eigentümliche Stelle in diesem Kapitel ist V. 14, die wohl 2. Petri 2,4 und Juda V. 6 an die Seite zu stellen ist. Gott allein kann Engel binden und lösen, beides für Seine Zwecke, und dazu müssen Ihm außer den guten Engeln (Hebr. 1) auch die gefallenen Engel und Geister dienen (vergl. Ps. 78,49).

Wie sollten wir uns nach 1. Joh. 5,18 selbst bewahren in dieser Zeit, da „die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen“ mehr denn je ihr Wesen treiben! Wir können durch „die Weltbeherrscher dieser Finsternis“ leicht übermocht werden, wenn wir uns nicht treu und streng halten an das Wort unseres Gottes und demgemäß mit der ganzen geistlichen Waffenrüstung uns antun! Eph. 6,10-18. „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommet!“ (Matth. 26,41.) Vor allem aber ist Er, unser „großer Hirte“ (Hebr. 13,20f.), unser großer Hoherpriester Jesus stets bemüht, uns zu bewahren, und da gilt uns das köstliche Wort Hebr. 7,25: „Daher vermag Er aufs völligste zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden.“ -

Welch eine glückselige, geborgene Schar sind wir, die aus Gott Geborenen, doch mitten in dieser fluch- und sündenbeladenen, vom Satan und seinen Engeln in materieller und geistiger Hinsicht so sehr beherrschten Welt, wenn wir uns geborgen wissen in Ihm!(Röm. 8, 31-37.38.39.) Gepriesen sei Sein Name immerdar!

*

Ich kenne deine Werke. Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft, und hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet. - Weil du das Wort Meines Ausharrens bewahrt hast, werde auch Ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen.“ Offenb. 3,8.10.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Wie wird's mein?

Ein Wort an bekümmerte Seelen, die nicht wissen, wie sie zur Gewißheit ihrer Errettung gelangen.

„Wie wird's mein? Bitte, sagen Sie mir, wie wird's mein?!“ Mit diesen Worten kam nach einer Versammlung eine junge Frau zu mir. Sie war tief bekümmert um das Heil ihrer Seele. Gottes Gnade hatte ihr die Augen aufgetan über ihr schuldiges Leben. Wenn auch nach dem Urteile der Menschen ihr Leben tadellos war, so hatte sie doch erkannt, daß ihr Leben in dem Lichte Gottes, der auch in das Verborgene des Herzens hineinsieht, anders aussah als in dem Lichte und Urteile der Menschen. Sie wußte, daß sie vor Gott nicht bestehen könne und die Vergebung ihrer Sünden haben müsse, um nicht verloren zu gehen. Hast du, lieber Leser, das schon erkannt?

Willig, mit jeder Sünde und der Welt zu brechen, suchte sie in tiefem und heiligem Ernste Vergebung im Gebet und Flehen zu Gott. Aber ihre Gebete erschienen ihr klang- und kraftlos, und wenn sie sich suchte zur Inbrunst durchzuringen, so fand sie letzten Endes doch, daß auch ihr inbrünstiges Ringen

nur ein Schall, all ihr Glauben leer und haltlos war und sie nicht in den Besitz der Vergebung und des Friedens brachte.

Wohl wußte sie aus der Schrift, daß sie nur durch Glauben in diesen Besitz gelangen könne. Aber wie sollte sie es machen? Was hieß das: „glauben“? Alles, was in der Bibel stand, das glaubte sie unbedingt als Wahrheit.

War das genug? Sollte sie jetzt glauben, wie man ihr schon gesagt hatte, daß sie die Vergebung ihrer Sünden und ewiges Leben habe, und dann würde sie es haben? Das kam ihr vor, als ob jemand sagte, sie solle glauben, daß sie auf der Bank 10000 Mark habe, und sie würde sie haben. Wo war die Sicherheit?

Nein, so konnte es nicht sein! Oder war ihr Glaube zu klein oder zu schwach? Aus dieser Seelennot heraus rang sich die Frage: „Wie wird's mein?“ Und wie manche Seele bewegt diese Frage!

Teurer Leser, wenn die Geschichte dieser jungen Frau dein Bild ist, so laß mich dir zunächst sagen, daß bei allem Glauben an alles, was in der Schrift steht, und an alles, was über den Herrn Jesus gesagt ist, du doch noch nicht an den Herrn Jesus glaubst. Dies ist etwas ganz anderes. Es ist der Glaube an eine Persönlichkeit. Als der Kerkermeister fragte: „Was muß ich tun, auf daß ich errettet werde?“, war die Antwort nicht: „Glaube an alles, was Gott gesagt hat“, sondern: „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden, du und dein Haus“. (Apgesch. 16,30.31).

Um errettet zu werden, ist die Frage nicht, was du glaubst, sondern wem du glaubst. Immer wieder sagt die Schrift: „... jeder, der an Ihn glaubt ...“, „wer an den Sohn glaubt ...“, „wer an Mich glaubt ...“ usw. Nicht das Wissen und Glauben von Bibelstellen errettet dich, sondern eine Person, der Heiland errettet dich, nicht auf deine guten Werke hin, sondern als Antwort Auf deinen Glauben hin an Ihn.

Vielleicht sagst du: „Wie soll ich das verstehen? Ich glaube doch an den Herrn Jesus!“ Laß mich dir nochmals sagen, daß zu glauben an alles, was von dem Herrn Jesus gesagt ist, noch kein persönliches Glauben an den Herrn Jesus ist. Wenn du an den Herrn Jesus glaubst, dann hast du auch die Vergebung deiner Sünden und weißt dich im unzweifelhaften Besitz der empfangenen Vergebung, denn die Schrift kann nicht gebrochen werden, und sie sagt: „Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen“ (Apgesch. 10,43). In dem Augenblick, wo du an Ihn glaubst, empfängst und hast du die Vergebung deiner Sünden. Dieses „glauben“ und „empfangen“ ist so untrennbar verbunden, daß du das eine nicht tun kannst, ohne das andere zu haben.

O, wie sind doch unsere Herzen durch die Sünde von Gott entfremdet, und wie stehen wir Ihm in Unglauben gegenüber, daß es uns so schwer wird, Ihm zu glauben, während es uns doch gar nicht schwer wird, an einen Menschen zu glauben!

Ich will ein Bild aus dem täglichen Leben gebrauchen, um dir zu zeigen, wie wir ohne weiteres Menschen glauben und wie wir auch sofort auf den Glauben an die Person hin uns in dem unzweifelhaften Besitz dessen wissen, was sie uns anbietet.

Da ist ein junger Ehemann, der in dieser Zeit der Kohlennot ohne jede Feuerung ist. Besorgt geht er aus seiner kalten Wohnung, um zu versuchen, irgendwo etwas Brennmaterial aufzutreiben. Alle seine

Bemühungen sind indes vergebens. Tief niedergeschlagen wendet er sich schließlich seinem Hause wieder zu. Da erblickt er den Sägemüller aus dem Tal. Er kennt ihn als einen reichen und guten Mann, und eine leise Hoffnung steigt in seinem Herzen auf. Ehe er aber ihn anreden kann, spricht dieser schon zu ihn: „Wenn Sie in Not um Holz sind, kommen Sie zu mir! Ich habe unter der Eiche am Torweg meiner Sägemühle einen großen Stoß Abfallholz stehen, wenn Sie wollen, nehmen Sie es umsonst!“ Unser Freund weiß nicht, wie ihm geschieht. Gerührt nimmt er des Sägemüllers Hand und dankt ihm von Herzen für das Holz. Alle Traurigkeit ist verschwunden. Mit schnellen Schritten und glücklich im Herzen eilt er nach Hause, um seiner Frau die gute Botschaft zu bringen, daß er jetzt Holz habe. Da sieht er seinen Bruder in der Ferne, der auch kein Holz hat, freudig ruft er ihm zu: „Ich habe Holz, du kannst dir morgen etwas holen!“

Beachte, lieber Leser: eine Minute zuvor war der Mann bekümmert, er hatte nichts, und eine Minute später ist der Mann glücklich und weiß, er hat Holz und kann sogar abgeben. Was ist geschehen? Wie kam das? Hat er das Holz mit seinen Augen gesehen? Hat er es schon mit seinen Händen aufgeladen und nach Hause gefahren? Nichts davon. Er hat es weder gesehen noch betastet, und doch weiß er frei von jedem Zweifel, daß er Holz hat, daß das Holz unter der Eiche am Torweg sein Besitz ist.

Und nun nimm deine Bibel und schlage Offenb. 22,17 auf. Dort liesest du fast die gleichen Worte: „... Wen da dürstet, der komme!“ Damit wird die verlangende, nach ewigem Leben dürstende Seele eingeladen, in ihrer Not zu Ihm zu kommen; und dann heißt es weiter: „Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ Dieses ist das Wort des HErrn, jenes andere war das Wort des Sägemüllers. Als dieser zu dem jungen Manne sagte: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie das Holz umsonst“, da ist es dir ganz selbstverständlich, daß nach diesen Worten der Mann das Recht hatte, das Holz zu nehmen und zu sagen: es ist mein. Nun aber der HErr zu dir sagt: „Wer da will, nehme das Wasser des Leben umsonst“, ist es dir zweifelhaft, ob du das Recht zu nehmen hast, und zu gewagt, zu bekennen: es ist mein. Woher kommt das? Weil du dem Herrn Jesus nicht so glaubst, wie du dem Sägemüller glauben würdest. Glauben genug an eines Menschen Wort, aber Unglauben gegenüber Gottes Wort.

Der junge Mann glaubte dem Sägemüller sofort aufs Wort und in demselben Moment, da er ihm glaubt, weiß er auch, daß er das Holz hat. Er überlegt nicht einen Augenblick, ob es nun auch wirklich so ist. Warum nicht? Ein solcher Gedanke kommt ihm gar nicht. Aber warum kommt ihm kein zweifelnder Gedanke? Weil er den Mann kennt, und er weiß, daß der nichts sagt, was er nicht so meint. Siehe, das ist Glaube an die Person des Sägemüllers, und das ist Glaube an die Person des Heilandes, des Herrn Jesu Christi.

So wie der junge Mann mit der vollen Gewißheit des Glaubensvertrauens auf den Sägemüller sagt: „Ich habe Holz“, obgleich er noch keinen Spahn in seiner Hand hat noch es mit seinen Augen gesehen hat, so wirst du mit der vollen Gewißheit des Glaubens an den Herrn Jesus sagen: „Ich bin gerettet; ich habe ewiges Leben“, obgleich du in dir keinen sicht- und fühlbaren Beweis finden magst. O, wie hat doch die Sünde unsere Herzen von Gott entfremdet, daß es uns leichter ist, einem Menschen zu glauben als Gott!

Und Gott weiß, daß es so ist. Er kennt unser ungläubig Herz. Er sagt in Seinem Worte: „Wenn wir das Zeugnis der Menschen annehmen - das Zeugnis Gottes ist größer; denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches Er gezeugt hat über Seinen Sohn. Wer an den Sohn glaubt, hat das Zeugnis in sich selbst;

wer Gott nicht glaubt, hat Ihn zum Lügner gemacht, weil er nicht an das Zeugnis geglaubt hat, welches Gott gezeugt hat über Seinen Sohn“ (1. Joh. 5,9.10).

In solchen Worten führt Gott dir, armes, zweifelndes Herz, es vor Augen, wie du täglich das Zeugnis der Menschen annimmst, wie du glaubst, was Menschen dir sagen und bezeugen; und daraufhin handelst du! Aber Gottes Zeugnis ist größer! Er kann nicht lügen! Gibt es ein Zeugnis, welches sicherer, größer, fester ist? Muß

nicht jedes Bedenken Seinem Wort gegenüber schwinden? Aber Sein Zeugnis nimmst du nicht an und wagst nicht, daraufhin zu handeln! Und fragst du: welches Zeugnis meint der Apostel hier? So höre die Antwort: „Denn dies ist das Zeugnis Gottes, welches Er gezeugt hat über Seinen Sohn. Und dies ist das Zeugnis: daß Gott uns ewiges Leben gegeben hat, und dieses Leben ist in Seinem Sohn“ (1. Joh. 5,10.11). Gott bezeugt dir, daß ein Mittler da ist zwischen Gott und Menschen, der das Lösegeld für dich gezahlt hat (1. Tim. 2,4-6), daß Er Seinen Sohn gesandt hat als eine Sühnung für unsere Sünden und als den Heiland der Welt (1. Joh. 4,10.14), daß Christus für unsere Sünden starb (1. Kor. 15,3), daß Er um unserer Missetaten willen zerschlagen, daß die Strafe zu unserem Frieden auf Ihm lag (Jes. 53,5), daß Gott so die Welt geliebt hat, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren werde, sondern ewiges Leben habe (Joh. 3,16). Und der Herr Jesus bezeugt dir: Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und glaubt Dem, der Mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen“ (Joh. 5,24). Und wiederum: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh. 6,47).

Kann Gott mehr tun? Kann Er deutlicher reden? Er gibt den Mittler. Der Mittler bezeugt: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Und noch mehr: „Alle Propheten geben diesem Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen“ (Apgesch. 10,43). Und der Heilige Geist läßt es dir durch Johannes schriftlich niederlegen, daß du „wissen“ (nicht hoffen) sollst, daß du „ewiges Leben“ hast durch den Glauben an Ihn: „Dieses habe ich euch geschrieben, auf daß ihr wisset, daß ihr ewiges Leben habt, ihr, die ihr glaubet an den Namen des Sohnes Gottes“ (1. Joh. 5,13).

Sind das alles lose Worte, leere Redensarten? Sind das nicht Worte deines Gottes, zuverlässig und gewiß? Und du armes, geängstigtes, vom Unglauben geknechtetes Herz stehst vor solchen Zeugnissen deines Gottes und machst Ihn mit deinen Unglaubenszweifeln „zum Lügner“, nicht mit Worten, aber damit, „daß du nicht geglaubt hast an das Zeugnis, welches Gott gezeugt hat über Seinen Sohn“ (1. Joh. 5,10). Ein samaritisches Weib, eine Maria Magdalena, eine große Sünderin im Hause des Pharisäers, ein Kerkermeister ..., alle wurden „errettet durch Gnade mittelst des Glaubens“ (Eph. 2,8). Gott führt alle diese dir vor Augen, damit auch du an Ihn glauben möchtest und errettet werdest, aber du seufzest und sagst: „Ich kann nicht glauben!“ Wem kannst du nicht glauben? Menschen, sagt Gott, kannst du glauben (1. Joh. 5,9). Kannst du nicht dem Herrn Jesus glauben?

Mißtraue dem HErrn nicht länger! Er kann dich nicht segnen und erretten mit dem Unglauben in deinem Herzen. Vertraue Ihm! Nimm Sein Zeugnis an! „Wer Sein Zeugnis angenommen hat, hat besiegelt, daß Gott wahrhaftig ist“ (Joh. 3,33). Der HErr sagt dir damit, was der Glaube tut. Wenn du Ihm glaubst, so setzest du gleichsam unter Sein Wort dein Siegel, daß Er die Wahrheit geredet und

du danach handelst.

Bedingungslos sagt der Herr Jesus: „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen.“ Damit sagt Er dir, daß mit deinem Kommen untrennbar deine Annahme Seinerseits verbunden ist. Glaube Ihm! Setze das Siegel des Glaubens darunter, daß Er wahrhaftig und es zweifellose Wahrheit ist: Ich kam und ich bin angenommen! Bekenne es! An Ihn glauben heißt Sein Wort annehmen, sein Siegel darunter setzen und auf Sein Wort hin handeln, indem du Ihn von jetzt an als deinen Herrn bekennst und Ihm dienst.

Wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ Er will geben, du aber mußt nehmen! Was du auf Sein Wort hin nimmst, das ist dein! Dieses Nehmen geschieht nicht mit deinen Händen, sondern mit deinem Herzen. Du fragst: Wie kann ich mit dem Herzen nehmen? Du tust das Tag für Tag. Ehe deine Hand sich ausstreckt, etwas zu nehmen, hast du es schon mit deinem Herzen genommen und weißt, daß das, was deine Hand nimmt, bereits dein ist. Ehe die Hände des jungen Mannes das Holz nahmen, hatte er es mit seinem Herzen schon genommen. Als der Sägemüller sagte: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie das Holz“, da fand dieser verborgene Vorgang des Nehmens in seinem Herzen statt. Da ging etwas im Herzen vor, welches er sich zwar selbst in den Einzelheiten nicht klar machte, welches aber trotzdem stattfand, und zwar viel schneller, als ich es beschreiben und in Worte kleiden kann. Was war das? Er wurde sich bewußt, das Holz dort ist für dich zum Nehmen da, und der Sägemüller selbst gibt dir das Recht dazu. Und in einem Moment verbindet sich mit des Sägemüllers Wort sein Glaube und sein Wille zu „nehmen“, und er nimmt und hat und weiß sich im Besitz desselben. Das alles geschah in einem Nu in seinem Herzen und fand seinen Ausdruck in den Worten des Dankes. Sein Dank offenbarte das, was in seinem Herzen vorgegangen war. Er nahm, ohne eine Hand zu bewegen; er nahm mit seinem Herzen.

Siehe, das ist der Akt des Nehmens im Herzen auf Grund des Glaubens an eine Persönlichkeit. Das sind die Vorgänge in der Seele, schneller, als Worte sie beschreiben können, wenn das Herz im Glauben den HErrn und Sein Wort erfaßt. In dem Augenblick wird der Glaube zur nehmenden Hand, mit dem dein Wille zum Nehmen - der Glaubensgehorsam - verbunden ist (Röm. 1,5; 16,26). Ein wunderbarer Moment ist dies in dem Leben eines Menschen, wenn diese Handlung des Herzens, dieser Akt des Glaubens im Annehmen der Gnade und der Vergebung stattfindet; wenn ein Mensch im klaren Glaubensgehorsam den Herrn Jesus zu seiner Errettung ergreift, sich Ihm anvertraut und überläßt und in dem Moment gerettet ist.

Ich möchte diesen Augenblick auch vergleichen mit dem, wenn ein Kranker sich den Händen des Arztes übergibt. Er weiß zuvor: ich muß operiert werden oder zugrunde gehen. Er weiß, der Arzt hat Hunderte in gleicher Lage gerettet, und derselbe garantiert ihm Rettung, wenn er kommt und sich ihm anvertraut. Er glaubt das alles völlig, aber er geht nicht zu ihm. Aber dann kommt eine Stunde, wo er alles, was er bisher geglaubt hat, für sich zur Tat des Glaubens macht. Er geht zu ihm, vertraut sich ihm an und überläßt sich seinen Händen. So geht die Seele im Glauben zu dem Herrn Jesus, vertraut und überläßt sich Ihm und - ist gerettet.

O, sagst du, das ist zu einfach und zu leicht. Ja, liebe Seele, da heißt es eben „umsonst“ zu nehmen. Du kannst gar nichts dabei tun als nur annehmen, nur so kannst du es empfangen. Warum nur so? Weil du so völlig verdorben und verloren bist, daß du es dir eben „schenken“ lassen mußt aus lauter Gnade. In diesem dir zu leicht erscheinenden Wege erkenne dein gänzliches Verlorensein!

Aber diesem „Umsonst“ liegt das teuer bezahlte „Lösegeld“ zugrunde. Der Glaube beugt sich darunter und nimmt in Demut und Schuldbekenntnis die Errettung umsonst an.

Vielleicht aber sagt jemand: Ich fürchte, mir etwas einzubilden und mich zu täuschen. Wenn ich eine gewisse Freude oder sonst innere Gefühle oder Erlebnisse hätte, dann könnte ich wissen, daß ich ewiges Leben habe.

Sage mir, woher war der junge Mann seiner Sache so gewiß, daß er dem Sägemüller so innig danken konnte, daß er glücklich heimgehen und seiner Frau berichten konnte, Holz zu haben, da er ihr doch kein Stückchen vorzulegen hatte? Hatte er eine Vision gehabt? Hatte er eine innere Stimme oder inneres Gefühl gehabt, daraufhin er dann wußte, Holz zu haben? Nichts derartiges hatte er. Was hatte er denn, daß er sich so sicher im Besitz des Holzes wußte? Er hatte nichts anderes als Grundlage seiner Gewißheit als die Person des Sägemüllers und dessen Wort: „Wenn Sie wollen, nehmen Sie sich das Holz!“ Nichts weiter hatte er. Aber dies war ihm völlig genug. Und war es nicht genug? Dir und keinem Menschen in der Welt würde es nach solchen Worten einfallen, zu denken, der junge Mann könne sich etwas einbilden, was nicht wahr sei; - es sei denn, daß der Sägemüller unwahr oder unzuverlässig gewesen wäre; dann allerdings wäre die Sache fraglich und ungewiß.

Wenn du den jungen Mann nach solchen Worten des Sägemüllers noch zweifelnd oder bekümmert und niedergeschlagen gesehen hättest, würdest du ihn nicht gefragt haben: Trauen Sie dem Sägemüller nicht? Und wenn du nach so vielen und so oft in Seinem Worte wiederholten Bezeugungen des HErrn, daß, wer an Ihn glaubt, gerettet ist und ewiges Leben hat, noch zweifelnd und bekümmert bist, dann laß mich dich fragen: Traust du dem Herrn Jesus nicht? Genügt Er und Sein Wort dir nicht? Ist Er unwahr oder unzuverlässig? Deine Furcht, dir etwas einzubilden, kommt aus der Wurzel des Unglaubens an den Herrn Jesus. O, wie mannigfaltig sind doch die Überlegungen, die aus dem Unglauben hervorgehen!

Aber, sagst du, dieser junge Mann war glücklich und freute sich, ich aber bin nicht glücklich und habe weder Freude noch Frieden in meinem Herzen. Armes Herz, wie kannst du auch Freude und Frieden haben, wenn du dem Herrn Jesus nicht glaubst?! Sage, wann war der junge Mann glücklich?, etwa ehe er dem Sägemüller glaubte oder nicht vielmehr erst, nachdem er ihm geglaubt hatte? Würde er diese Freude in seinem Herzen gehabt haben, wenn er dem Sägemüller nicht getraut oder ihn für einen losen Schwätzer gehalten hätte? Nimmermehr! Aber in dem Augenblick, als er ihm glaubte, in dem Augenblick zog auch Freude in sein Herz ein. Die Freude war die Folge seines Glaubens. Die inneren Gefühle des Bewußtseins der Errettung sind die Frucht (aber nicht die Wurzel) des Glaubens. Der Glaube an den Herrn Jesus ist die Wurzel, auf der die Frucht der Freude und des Friedens wächst. Du kannst die Frucht nicht haben vor der Wurzel - die Wirkung nicht vor der Ursache - die Freude nicht, bevor du dem HErrn vertraust.

Wenn dein Mann auf der Reise von Leipzig nach Berlin wäre, und du hörtest die Nachricht, der Zug sei entgleist, so würdest du sofort voll banger Sorge sein. Wie kommt es, daß du plötzlich so tief bekümmert bist? 1. Du hörst die Nachricht von der Entgleisung, 2. du glaubst sie, 3. du weißt, der Zug ist entgleist, und die Folge ist: du bist in Sorge um deinen Mann. Da kommt ein Telegramm. Klopfenden Herzens öffnest du es, und plötzlich erhellen sich deine Züge, du liest: „Ich bin gerettet, gänzlich unversehrt und wohl. Ich komme mit nächstem Zuge. Dein Karl.“ Wieder nach derselben Reihenfolge sind die Vorgänge in deinem Herzen: 1. Du hörst, 2. du glaubst, 3. du weißt, er ist

gerettet, und die Folge ist: Du freust dich! Und so kannst du auch die Freude deiner Errettung nicht eher haben, als bis du dem Herrn Jesus glaubst, der da sagt: „Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben“ (Joh. 6,47), oder „Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht hinausstoßen“ (Joh. 6,37). 1. Du hörst die Botschaft, 2. du glaubst sie, 3. du weißt, daß du angenommen bist, und die Folge ist: du freust dich unter Dank und Lob, daß Er für dich starb. Jener süße Klang des Glaubens, der so leise und froh dann dein Herz durchzieht: „Er hat mich angenommen! Er ist mein und ich bin Sein!“, das ist die Stimme des Heiligen Geistes, der deinem Geiste Zeugnis gibt, daß du Gottes Kind bist; (Röm. 8,16) und zum ersten Male fangen deine Lippen an, Ihm Dank zu stammeln.

Denke dir, etwas später nach dem Empfang des Telegrammes wären dir Bedenken gekommen, ob auch wohl wirklich dein Mann gesund sei, würde dadurch nicht sofort deine Freude gestört sein? Was würde nun geschehen? Würdest du auf deine Freude achten und sagen: „Wenn ich die Freude fühlte, dann wüßte ich, daß mein Mann gerettet ist“? Solch törichter Gedanke käme dir nicht, du würdest vielmehr das Telegramm deines Mannes hervorholen und nochmals lesen: „Ich bin gerettet, gänzlich unversehrt und wohl“ und würdest sagen: „Es ist alles gut. Ich kenne ihn, er hätte es nicht telegraphiert, wenn es nicht so wäre.“ Deine Gefühle würden dir nicht maßgebend sein, sondern die Worte deines Mannes.

Oder wenn dem jungen Manne nach der Begegnung mit dem Sägemüller auf dem Nachhausewege Zweifel gekommen wären, ob es auch alles betreffs des Holzes wahr sei, so wäre es natürlich mit seiner Freude vorbei gewesen. Aber ein solcher Gedanke kam ihm gar nicht - konnte ihm gar nicht kommen, denn er kannte den Mann. Der Mann war ihm Bürgschaft für die Wahrheit und Wirklichkeit, aber nicht seine Gefühle. Oder denkst du, daß ihm gar der törichte Gedanke gekommen wäre, auf seine Gefühle zu achten, um zu wissen, ob er Holz habe? Was hatten seine Freude und seine Gefühle mit der ganzen Sache zu tun? Von seinen Gefühlen hing doch gar nichts ab. Alles hing doch von der Zuverlässigkeit des Sägemüllers ab. - Und, Seele, sag, was haben deine Freude und deine Gefühle mit dem Ursprung und der Gewißheit deiner Rettung zu tun? Alles hängt von der Zuverlässigkeit deines Heilandes und Seines Wortes ab.

Aber so betört der Feind die Seelen. Er sucht immer wieder die Blicke auf das eigene Herz, auf die Gebete, die Gefühle usw. zu lenken, als ob davon alles abhinge, und macht dich unglücklich, indem er deine Augen von Christo wegwendet.

„Aber“, sagst du, „empfindet man denn gar nichts, ehe man weiß, gerettet zu sein?“ Gewiß hast du auch innere Gefühle zuvor, aber sie sind ganz anderer Art. Ich will nochmals auf den jungen Mann zurückkommen. Was empfand er, als er den Sägemüller sah? Er fühlte seine große Not. Ihm kam die Hoffnung, jener könne ihm helfen, und das Vertrauen, er könnte ihm gütig sein. Und derart sind die Empfindungen, die die Seele hat, wenn sie sich dem HErrn naht. Ist es nicht so? Hattest du nicht das tiefe Gefühl deiner Not und deines Verlorenseins? Bewegte dich nicht die Hoffnung: „Er kann dich annehmen, und das Vertrauen: Er ist voll Gnade, Er wird dich annehmen?“ Das sind Empfindungen im Herzen einer Seele, die sich zu Jesus wendet. Der Glaube an Ihn aber bringt die Errettung und die Dankbarkeit eines friedevollen Herzens.

O, wie viele, vom Unglauben geplagte Seelen gibt es, deren Blick immer wieder auf das, was sie sind und was in ihnen ist, gerichtet ist. Sie sind unglückliche Opfer des Betruges des Feindes. Unser Heil und Leben ist einzig und allein an die Person des Sohnes Gottes, unseres Herrn Jesus Christus

gebunden. Alles steht und fällt mit Ihm. Wie verschwindet da jede Schwierigkeit. Seine Person löst jeden Zweifel und jede Frage. Der Blick des Glaubens ruht auf Ihm, aber nicht auf irgend etwas in uns - seien es unsere Gebete, unsere Reue, unser Glaube, unser Friede - nichts steht mehr vor unserem Blick, als nur Er allein und Sein Werk und Sein Wort. Unser Herz möchte alle jene Dinge zur Grundlage unseres Friedens machen oder doch für die Gewißheit unseres Heiles haben, aber es gibt nur eine Grundlage für die Sicherheit und Gewißheit unserer Errettung, und die ist Er, Sein Werk und Sein uns gegebenes Wort.

Jeder Blick in dich hinein macht dich unglücklich, und jeder Blick um dich entmutigt und bringt Unruhe, nur der unverwandte Blick des Glaubens auf Jesus macht dich froh und glücklich. Zu jeder Zeit, - sei es daß du versucht wirst oder bestürzt und niedergeschlagen bist, in deinem Hause, in deinem Geschäft - überall und immerdar richte dein Auge auf Jesus und vertraue Ihm! Jedes Blicken nach einem Halt für deinen Glauben außer Ihm kommt aus dem Unglauben und ist eine Herabsetzung der Allgenugsamkeit Seiner Person und Seines Werkes.

Ewiges Leben kann durch kein Wirken von uns aus erlangt werden, sondern nur auf dem Grunde des Glaubens „umsonst“ als das Geschenk, „die Gabe“ Seiner Gnade. Der Glaube an Ihn „empfängt“ es. Glauben und Besitz - „glauben“ und „haben“ hat Gott zusammengefügt, und „was Gott zusammengefügt, das soll der Mensch nicht scheiden“.

Jeder, der an Ihn glaubt, empfängt Vergebung der Sünden. (Apg. 10,43.)

Jeder, der an Ihn glaubt, geht nicht verloren. (Joh. 3,15.16.)

Wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet. (Joh. 3,18; 5,24.)

Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben. (Joh. 3,36.)

Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben. (Joh. 6,47.)

O, teures Herz, laß mich dich zu dem Herrn Jesus hinführen! Da ist Er! Da ist dein Arzt! Da ist die Quelle des Wassers des Lebens! Sieh Ihn an! Glaube Ihm! Nimm, und du hast! und so ist es dein! und dann danke Ihm für die „Gabe“ des ewigen Lebens! Bekenne von dieser Stunde an, daß du an Ihn glaubst und Er jetzt dein „HErr“ ist! Folge Ihm nach - getrennt von der Welt, verbunden mit den Gläubigen, die „verharren in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und in den Gebeten“ (Apg. 2,41.42)! Suche eifrig im verborgenen Gebet und im Lesen Seines Wortes den ständigen Umgang mit dem HErrn, und du wirst die selige Freude der Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus haben. (1. Joh. 1,3.4.)

v. d. K.

„Für euch selbst.“

Hebr. 10,34.

Was hatte jenen Hebräern, die durch ihre Mutlosigkeit die ermahnenden Worte des Apostels hervorgerufen hatten, einst Kraft gegeben, in einem so überaus gesegneten Glaubensleben dahinzugehen, wie es der stets das Gute anerkennende Apostel (vgl. z. B. Phil. 4,8.9) in den Versen

32 und 33 schildert? Daß sie etwas hatten „für sich selbst“! Sie waren dessen „gewiß, eine bessere und bleibende Habe zu besitzen für sich selbst“ (vgl. Matth. 6,19ff.). Sie hatten etwas für ihre Person, was ihnen keiner nehmen konnte und im Vergleich wozu die Schätze dieser Erde, sogar die persönliche äußere Freiheit, nichts waren (vgl. Röm. 8,18 und 2. Kor. 4,16ff.). Welch eine Gnade! Und welch ein Vorbild bieten sie uns, die wir oft so leidensscheu, so zaghaft im Glaubensleben, so abhängig von Menschenmeinung und Verstandesrücksichten sind! Freilich bedurften auch sie jetzt der Ermunterung, der Ermahnung zum Ausharren (V. 35-37), aber der Heilige Geist, der uns den Segensertrag ihres geistlichen Glaubenshochstandes hat mitteilen lassen, will uns auch dadurch etwas für uns sagen: Es ist möglich, so im Glauben zu stehen wie jene Hebräer, solche Glaubenswerke hervorzubringen - aber es bedarf dazu dessen, daß man gewiß ist, bei allem Aufgeben, Verzichten, Verleugnen der irdischen Dinge etwas besseres zu besitzen „für sich selbst“! Das ist die Kraft, aus der ein glaubensstarker Wandel durch diese pfadlose, wasserarme, öde Wüste ermöglicht wird.

Geschwister! Als ich noch im Felde war, abgeschnitten von den Vorzügen der Heimat, d. h. der irdischen Heimat, da ist mir dies kleine Wort „für sich selbst“, für mich selbst, zum Segen und zum Trost geworden. Aber wir bedürfen solchen Trostes auch zu anderen Zeiten, als die waren, da viele von uns fern von ihren Lieben, fern von den Freuden der heimischen Gemeinschaft in der rauhen Wirklichkeit des Feldlebens draußen standen. Unser Gott und Vater führt uns auch daheim oft durch Tiefen, in denen unser Glaube sich bewähren soll (1. Petri 1,6.7), Er läßt uns oft ein „Mara“ erleben (2. Mose 15,22ff.), Er läßt in Seiner Liebe uns manches Mal Erziehungswege gehen, von denen wir sagen möchten, „sie gefallen uns nicht“. Wenn wir dann nicht etwas haben „für uns selbst“, etwas besseres, das uns auch in Leidenszeiten nicht geraubt werden kann, da es im Heiligtum verankert ist (Hebr. 6,18.19), dann möchte unser Glaubensblick wohl verdunkelt werden, unsere Freude versiegen, unsere Liebe erkalten, unsere Kraft versagen! Aber Gott sei gelobt - Er hat uns etwas gegeben „für uns selbst“, eine feste, gewisse Hoffnung! Wie nötig tut uns dies Bewußtsein auch gerade in dieser Zeit äußerer Bedrängnis, betreffs derer wir vielleicht nicht ahnen, wie schwer sie noch werden kann unter Gottes Zulassung! - „Für euch selbst!“ Brüder! Schwestern! Sind wir alle uns dessen gewiß, „für uns selbst“ etwas besseres zu haben? Daß wir doch ja dies köstliche Gut genießen möchten auch in guten Tagen, damit es uns nicht fremd sei und wir „am bösen Tage“ erst danach suchen gehen müssen, da es aus dem Gedächtnis unseres Herzens entschwunden ist! Kostbare Zeit ginge mit dem Suchen und langsam sich wieder dessen Gewißwerden verloren, währendes der Feind uns verzagt machen würde und wir kein Zeugnis, keine Ehre für unseren herrlichen Herrn Jesus Christus, „der uns geliebt und Sich Selbst für uns gegeben hat“, darstellen würden. Möchten wir täglich etwas haben, was wir für uns selbst genießen und in unseren Seelen gegebenenfalls auch im praktischen Leben verwirklichen! Möchten wir täglich aus dem kostbaren Worte unseres Gottes, aus den herrlichen Verheißungen der Schrift (etwa über das Kommen des HErrn), aus dem lieblichen Verhalten des HErrn zu Seiner Gemeinde (Eph. 5), aus den ernsten, das Haus Gottes berührenden Ermahnungen des Apostels (1. u. 2. Tim.) usw. oder auch aus vertrautem, persönlichem Gebetsumgang mit dem HErrn „hinter verschlosserten Türen“ oder dem Ruhen an Seiner Brust, in Seiner Liebe (Joh. 13,25), oder was es auch sonst sei, etwas für uns selbst gewinnen, [gewissermaßen zur rechten Zeit „für uns selbst kaufen“ (Matth. 25,9)], damit wir haben, wovon wir am dürren Tage zehren können, sowie auch damit unser Leben nach außen hin den Stempel trägt eines verborgenen Wandels mit Gott!

„Für euch selbst!“ Der HErr mache uns allen dies kleine Wort lebendig und groß durch Seine Gnade und Seinen Geist! Welch eine Kraft kann es sein für unser Leben, für unseren Dienst, für unser Zeugnis - zur Ehre Seines herrlichen Namens!

F. K.

Geleitswort an den Leser:

Noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen.“ - „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird.“ - „Ja, Ich komme eilends! - Amen; komm, Herr Jesu!“ Hebr. 10,37; Offenb. 22,12.20.

Zur Beachtung!

1. Die inhaltlich aufgeführten Schriftstellen in der „G. H.“ sind meistens nach der sogen. „Elberf. Übersetzung“ angegeben; mitunter jedoch auch nach anderen (möglichst) wortgetreuen Bibelübersetzungen.

2. Man lese die nicht inhaltlich angeführten Schriftstellen unbedingt in der Bibel nach, sonst verlieren die Antworten und Aufsätze sehr wesentlich an Wert für das Herz des Lesers!

Die Schriftl.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 3

War Obadja in 1. Kön. 18 nach der neutestamentlichen Sprache ein Kind Gottes oder nicht? Wenn ja, war das Verhalten des Elias bei seiner Begegnung ein richtiges, oder zeigte er nicht Obadja gegenüber eine gewisse Kälte? Wenn EIias den Geist Gottes hatte, warum handelte er nicht so, wie später durch den Heiligen Geist in 1. Petr. 5,14 geschrieben wurde, indem er mit dem Kuß der Liebe grüßte?

Antwort A

„Obadja fürchtete Jehova sehr“, so berichtet das Wort, und das allein ist ja maßgebend, auch für die Beurteilung der Person des Obadja. Er hat nicht nur eine äußere formelle Kenntnis von dem lebendigen Gott, sondern steht zu Ihm in einer Beziehung, in der er Ihn sehr fürchtet; Obadja muß demgemäß als ein „Gläubiger“ betrachtet werden.

Was die Gottesfurcht anbelangt, so wird von ihr gesagt, daß sie der Weisheit Anfang sei (Sprüche 9,10). Obadja war demgemäß zum mindesten ein Anfänger im Glauben, wobei er sogar soweit kam, daß er denen beistand, die um des Namens Jehovas willen verfolgt wurden; er nahm hundert

Propheten und versteckte sie, je fünfzig Mann in einer Höhle, und versorgte sie mit Brot und Wasser.

Von der Gottesfurcht wird aber des weiteren gesagt: „Die Furcht Jehovas ist: das Böse hassen“ (Sprüche 8,13) und in Sprüche 3,7: „Fürchte Jehova und weiche vom Bösen“. Hier gab es für Obadja ein „Halt“, ebenso wie es heute noch leider bei vielen Gläubigen ein „Halt“ gibt.

Obadja bleibt in Verbindung mit dem religiösen Ahab, der für seine Person mit den Propheten des Baal in Verbindung steht, nicht aber mit Jehova, dem lebendigen Gott, und der an der Spitze Israels, des Volkes Gottes, steht, nichtsdestoweniger aber ein Abtrünniger ist. In dieser Verbindung finden wir Obadja, und warum wohl? - Er war der Verwalter des Palastes Ahabs, er war einer der höchsten Beamten an seinem Hofe. - Die Aufgabe dieser Stellung hätte pekuniäre Folgen gehabt.

Der Wandel des gläubigen Obadja war nicht treu; er war untreu, indem er nicht die Energie des Glaubens und Vertrauens, vor allem nicht die Ehrfurcht besaß, um sich von dem religiösen und doch gottlosen Ahab zu trennen. Obadja war von Ahab abhängig, und das war das Übel. Er hatte Ahab zum Herrn, weshalb er sich nicht über die Befehle seines Herrn hinwegsetzen konnte; auch konnte er nicht durch seinen Wandel das Gegenteil von dem bezeugen, was sein Glaube ihn lehrte. Das Bündnis mit Ahab führte ihn notwendigerweise dahin, daß er das richtige Urteilsvermögen bezüglich dessen, was jener eigentlich war, ein Abtrünniger, der alle seine Kräfte aufbot, um durch die Pläne menschlicher Weisheit eine Aufhebung des Gerichtes Gottes herbeizuführen, verlor und mit Ahab torheitsvolle, ungöttliche Wege ging.

Statt sich zu beugen und den Namen Jehovas anzurufen, daß Er gnädig sei, gehen sie beide, Ahab der „Religiöse“ und Obadja der „Gläubige“, denselben Weg, den Weg der Selbsthilfe. - Die traurige Folge der falschen Verbindung!

Vor dieser erschütternd ernsten Tatsache sollten wir sinnend stille stehen und uns beugen, wo es notwendig ist. Wie oft wird der Name des HErrn verunehrt durch einen untreuen Wandel, indem man sich scheut, vom Bösen zu weichen, und zurückschreckt, wenn es sich darum handelt, Ahab, den Religiösen, den Abtrünnigen aufzugeben.

Obadjas Weg war kein Weg im Sinne von Ps. 32,8, er war kein Weg der Unterweisung, kein Weg der göttlichen Belehrung, kein Weg, auf dem das Auge Jehovas ratend auf ihn gerichtet war, es war vielmehr ein Weg im Lichte bezw. in der Finsternis Ahabs, seines Herrn. Obadja wandelt bei all seiner Gottesfurcht im Dunkel, in Verblendung, und dies infolge seiner Untreue; er sah das Licht Gottes nicht mehr.

Wie manche Kinder Gottes wandeln im Dunkel, aus dem einfachen Grunde, weil sie bei irgendwelcher früheren Gelegenheit dem ihnen gewordenen Lichtstrahl gegenüber nicht treu waren im dementsprechenden Wandel; der zweite Lichtstrahl muß dann selbstverständlicherweise ausbleiben, statt dessen tritt Umdunkelung und Verblendung ein.

Die Kinder Gottes, die wie Obadja „das Land mit Ahab teilen“, um da Wasser und Futter zu suchen, offenbaren in ihrem Wandel die Grundsätze des religiösen und doch gottlosen Königs und laden die VerAntwortlichkeit dafür auf sich.

Nun der zweite Teil der Frage, das Verhalten des Elia Obadja gegenüber: Gott fügte es, daß Elia dem Obadja auf seinem eigenen Wege, dem Wege der Verdunkelung, entgegenkommt. Das war die Treue

und Liebe Gottes.

Obadja kennt auch den Elias, und nicht nur dies, in seiner Gottesfurcht erkennt er ihn auch an als den Diener Jehovas und fällt vor ihm auf sein Angesicht.

Es ist eine liebliche Sache, wenn gläubige Brüder nach einer gewissen Zeit der Trennung sich wiederfinden, Auge in Auge, und grüßen sich nach 1. Petr. 5,14 mit dem Kuß der Liebe.

Bei dieser Begegnung jedoch ist die Sache eine ganz andere. Elias läßt es den Obadja fühlen, und zwar in nicht mißzuverstehender Deutlichkeit, daß zwischen ihm und ihm eine Kluft sei, daß er, Elia, unter dem Herrn Jehova stehe, Obadja dagegen unter dem Herrn Ahab.

Elia bewegt sich bei dieser seiner Handlungsweise ganz und gar auf dem Boden des Neuen Testaments als einer, der den Geist Gottes hatte. Beachten wir nur Stellen wie 2. Thess. 3,6, wo von Zurückziehen, Apgesch. 19,8.9 von Trennen, 1. Kor. 5,11-13 von Hinaustun die Rede ist.

Leider werden diese biblischen Ordnungslinien für das Haus Gottes wenig verstanden und gewürdigt und meist unter mißbräuchlicher Berufung auf 1. Kor. 13 und falscher Auffassung von der dort angeführten „alles ertragenden Liebe“.

Lassen wir uns auch durch das durchaus göttliche und korrekte Verhalten des Elia dem Obadja gegenüber erneut in das heilige Gleichgewicht des Wortes und damit der Gedanken Gottes leiten!

W. W.

Antwort B

Der Gläubige hat in seinem Wandel drei Seiten zu beachten:

1. Seine Stellung zu Gott.

2. Seine Stellung zu den Brüdern.

3. Seine Stellung zur Welt.

Da wir es hier mit zwei Persönlichkeiten des Alten Bundes zu tun haben, wollen wir ihr Verhalten vor allem prüfen im Lichte des Gesetzes, das beiden bekannt war. Die klaren Anweisungen desselben werden noch für uns, die wir in der Wirklichkeit und nicht im Schattenbilde leben, bedeutend erhellt durch die Aussprüche des Heiligen Geistes im Neuen Testament.

1. Die Stellung Elias und Obadjas zu Jehova war durch die Opfer und den Dienst im Hause des HErrn vollständig geregelt. Von seiten Jehovas waren sie beide in die gleiche Stellung gebracht als Glieder Seines Volkes und waren derselben Segnungen teilhaftig. Gott hatte sie beide in die bevorzugteste Stellung gebracht, die ihnen in damaliger Zeit werden konnte. Hinsichtlich des Grundes, der in ihnen gelegt war, waren sie vollständig gleich. Jehova Selbst hatte die Beziehungen zu ihnen geordnet. Obadja war (in neutestamentlicher Sprache) ein Kind Gottes. Er war sich seiner Stellung auch bewußt, denn er fürchtete den HErrn sehr. Er hatte einen Anfang gemacht, denn die Furcht Gottes ist der Weisheit Anfang. Psalm 111,10; Spr. 1,7.

Für uns die Parallele: 1. Kor. 3,11.

Für uns die Parallele: 1. Kor. 3,11.

2. Die kostbare Stellung, in der sich Elia und Obadja befanden, verpflichtete beide zu einem standesgemäßen Wandel. Die Heiligkeit Gottes, die mit Sünde nicht vereinbar ist, sollte ihnen ein Antrieb sein, sich von allem Greuelwesen zu scheiden. 3. Mose 11,44.45; 3. Mose 19,19; 2. Mose 34,15.16; 5. Mose 7,1-8; 5. Mose 22,9-11.

Wie verhielten sich nun beide zu dem empfangenen Lichte?

Elia war gehorsam! darum war auch sein Wandel ein heiliger. Im Glauben wußte er, was Gott in der Scheidung von dem Bösen von ihm fordern konnte. 1. Kön. 18,21-40 zeigt uns, wie scharf er die Grenze zu ziehen wußte. Er hatte von Mose gelernt, der „treu war in seinem ganzen Hause“ (2. Mose 32,15-29; Hebr. 3,5). Dieser einfache Gehorsamsweg ist der Weg biblischer Heiligung. Elia ging diesen Weg im Glaubensgehorsam. Er sah nicht an, was vor Augen war, sondern glaubte. Obadja tat das Gegenteil. Er glaubte nicht, das heißt, er traute dem HErrn nicht zu, daß Er ihn zu erhalten vermöge, sondern sah an. Dieses Schauen nach unten war schon bei Eva der Grund zur Sünde. Ebenso ging Lot aller Segnungen verlustig und wurde nur wie ein Brand aus dem Feuer gerettet, weil er anschaute. Seine Gotteskindschaft blieb unangetastet. Aber welchen Schaden mußte er erleiden?! Er wurde nicht gesegnet und war nicht zum Segen für andere. Anders Abraham. Er sah nicht an, sondern glaubte wider die Vernunft. Röm. 4,18-22. Darum segnete ihn der HErr und setzte ihn zum Segen. Welch ein Unterschied! So auch bei Elia und Obadja.

Obadja war ungehorsam! Die klaren Anweisungen Jehovas beachtete er nicht, weil er dann seine Stellung am Königshofe hätte aufgeben müssen, ja, hätte ein Gegner des ganzen Greueldienstes und seiner Anstifter werden müssen. Doch das war ihm zu viel. Er schaute an, daß es sich am Königshofe gut leben ließe, wenn man nur ein Auge zudrückte und es nicht so genau nähme. Im stillen konnte man ja dem HErrn dienen. Wie viele solcher Stillen gibt es, die dem HErrn Schmach und Unehre bereiten, weil sie Ihn nicht bekennen! Obadja wandelte nicht im Lichte, hatte also keine Lichts- und Salzkraft. Elia war ein Kind des Lichtes und wandelte im Lichte. Die Grundlage war bei beiden dieselbe. Im Wandel hatten sie aber gar nichts gemein. Das Erscheinen Elias löste bei Obadja keine Freude, sondern das Gegenteil aus. Hätte Obadja einen Wandel im Lichte geführt, so hätte er schon vorher auf seiten Elias stehen müssen bezw. sich über die Ankunft Elias freuen müssen mit großer Freude und in inniger Bruderliebe. Siehe Joh. 1,7a. - Dann hätte auch Elia aus dem innersten Herzensbedürfnis heraus ihn gegrüßt mit dem Kuß der Liebe. Da sie aber keinerlei Gemeinschaft im Wandel hatten, wäre es von Elia Ungehorsam und Heuchelei gewesen, als der im Lichte Wandelnde den in der Finsternis Handelnden mit dem innigsten Zeichen der Liebe zu grüßen. Er beachtete vielmehr im Glaubensgehorsam das Beispiel und Vorbild, das Mose in seinem gerechten Eifer für den HErrn gegeben hatte und erfüllte damit den Willen des HErrn, den der Geist in 2. Thess. 3,6 uns Kindern Gottes im Neuen Bunde so klar ausgedrückt hat. Die Liebe zum HErrn, der Eifer für Seine Ehre und der Gehorsam gegen Seine Gebote waren die Richtschnur für das Verhalten Elias gegen Obadja. Sein klarer Blick wurde nicht durch eine süßliche Honigliebe getrübt. - Die Liebe ist nicht zuchtlos, sondern voll glühenden Eifers. Man halte nicht schwächliches Nachgeben und fromme Wünsche des Fleisches für Liebe! Die Liebe zu Gott und den Brüdern hält Seine Gebote. 1. Joh. 5,2.3. Und eines dieser Gebote ist 2. Kor. 6,14-18!

3. Auch die Rücksicht auf die sehr ausgebreiteten Geschlechter der Kanaaniter mußte Elia bewegen,

sich nicht mit der unklaren Stellung Obadjas einverstanden zu erklären. Wollte Elia ein klares Zeugnis ablegen, dann durfte er vor der Scheidung nicht zurückschrecken. Hätte er durch seine ablehnende Haltung dem nicht eine Lektion erteilt, der Licht vom HErrn hatte, wie hätte er dann die Baalspriester töten können, die dieses Licht nicht besaßen? Es mußte Obadja zum Bewußtsein gebracht werden, daß er kein Zeugnis war. (1. Kor. 14,8.)

Wer baute auf dem gleichen Grunde besser? (1. Kor. 3,11-15.) - Auf wen konnte der HErr mit Wohlgefallen blicken? Auf den grassuchenden Obadja in Verbindung mit dem Greuelkönig Ahab, oder auf den Glaubensmenschen Elia, den Er im feurigen Wagen gen Himmel holte?

K. G.

 

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Der letzte Teil der Frage mag manchem etwas absonderlich vorkommen. Denn, wenngleich - wie ich in Frg. 42 im Jahrbuch I ausgeführt habe - der Kuß, wie er im Morgenlande Sitte war und ist, auch bei den Juden gebräuchlich war (vergl. z. B. 1. Mose 29,11.13, 2. Mose 4,27 [Kuß der Arbeitsgemeinschaft?]; 1. Sam. 20,41; 2. Sam. 20,9; 1. Kön. 19,20; Spr. 27,6; Hohel. 1,1.2 usw.), so besteht m. E. der Kuß als Ausdruck der brüderlichen Geistesgemeinschaft doch wohl lediglich auf dem Boden des Neuen Testaments. Der einfache Grund dafür ist der, daß - wenn es auch alttestamentliche Gläubige und Heilige des Alten Bundes, ja, auch Brüder im Sinne der Volksgemeinschaft gab - im Alten Testament noch nicht die Familienbeziehung der Gotteskindschaft bestand, noch nicht bestehen konnte, weil auf dem Boden des Gesetzes Gott Sich noch nicht als Vater in Christo offenbart hatte (vergl. Frage 4).

Dennoch stimme auch ich im wesentlichen ganz durchaus der in den obigen Antworten ausgesprochenen Ansicht bei, daß Elia dem Obadja gegenüber sich kühl, ja streng verhielt. Das konnte eben nicht anders sein, da keine Weggemeinschaft zwischen diesen beiden Männern bestand. Wohl waren beide (alttestamentliche) Gläubige, sicher gehörte Obadja zu den siebentausend, die Jehova sich hatte übrig gelassen, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt hatten, sicher war Obadja ein Eigentum des HErrn, wie im Neuen Testament die Wiedergeborenen, die Kinder Gottes - dennoch dienten sie in ihren persönlichen Wegen, in ihrer persönlichen VerAntwortlichkeit verschiedenen Herren! Bei dem Auftrag des Elia hätte Obadja Gelegenheit gehabt, seinen bisher verborgenen Glauben zu zeigen und offen auf Jehovas Seite zu treten; er bestand die Probe nicht. Welch Herzensverhältnis konnte da zwischen dem aufrechten Gottesmann Elia und dem sich vor Menschen bückenden Hofmann Obadja bestehen? Wie anders das Verhältnis zwischen Elia und Elisa! (2. Kön. 2.) Da war Herzensgemeinschaft, wenn auch ohne den neutestamentlichen Kuß der Liebe.

Die Belehrung in den schönen Antworten A und B ist sehr ernst und sollte wohl von uns allen beherzigt werden. Wenn es aber dabei bleibt, daß wir uns nur belehren lassen, ohne durch die Belehrung erbaut zu werden, dann ist wenig erreicht. 2. Tim. 3,16.17: „Alle Schrift, von Gott eingegeben, ist nütze zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung, nämlich zu der in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes sei zu jedem guten Werke völlig geschickt.“ Möchte es dem HErrn durch Seinen Geist gelingen, diese Frucht auch in den Lesern dieser Antworten hervorzubringen! Daß unser Leben nur nicht so sei, daß wir halb mit der Welt in moralischer oder religiöser Hinsicht verbunden bleiben und halb auf des HErrn Seite, der uns erlöst

und erkauft hat, zu wandeln begehren (1.Thess. 1,9.10). Laßt uns nicht „neutral“ bleiben, nicht schielen in unserem christlichen Wandel und Zeugnis! Er ist es wert, daß wir ganz für Ihn sind, wie Er ganz für uns war und ist. Möchten wir alle die „Gnade haben, Gott wohlgefällig zu dienen“ (Hebr. 12,28) wie solche, die als Pauli Nachahmer (Phil. 3,17a) nur ein Ziel im Auge haben (Phil. 3,14) und nur einem Herrn sich unterworfen wissen (Eph. 4,4-6) und darum mit allen denen, die also gesinnt sind, in inniger Herzensgemeinschaft vorangehen nach Apgesch. 2,42!

 

 

 

Frage 4

Bitte um eine Erklärung von Joh. 20,17a!

Antwort A

Es gibt verschiedene Gründe, die den HErrn veranlassen, Maria zu sagen, Ihn nicht anzurühren. Ein Hauptgrund ist der, daß sie lernen sollte, den HErrn nicht mehr in dem Zustand und in den Lebensbedingungen zu besitzen, wie sie Ihn kannte vor Seinem Tode und Seiner Auferstehung. Er war jetzt nicht mehr diesseits, sondern jenseits des Todes. Darum konnte der HErr, obwohl Er in ihrer Mitte war, sagen: „Als Ich noch bei euch war.“ (Luk. 24,44.) Maria mußte dies lernen, so schmerzlich es für sie sein mochte. Sie nannte Ihn nicht nur: Rabbuni! das heißt Lehrer, und war auch nicht nur bereit zu lernen, sondern lernte tatsächlich, wie es aus ihrem Verhalten hervorgeht. Lernen auch wir so schnell von Ihm, auch dann, wenn wir Seine Anweisungen nicht immer gleich verstehen? Lernen wir, indem wir tun, was Er sagt?

Daß Frauen Ihn in Matth. 28,9 anrühren und der HErr es ihnen gewährt, ändert nichts an obiger Auffassung. Nur nach Matthäus läßt Er Sich anfassen, weil der HErr uns dort als Messias, welcher einst leiblich unter Seinem Volke sein wird, vorgestellt ist. Dies ist auch der Grund, daß uns in Matthäus keine Himmelfahrt berichtet wird, weil Er als Messias mit Seinem Volke auf Erden betrachtet wird. (Vergl. Matth. 28,20b.) Hier wird uns wieder einmal klar gezeigt, wie wichtig es doch ist, die Hauptlehre eines jeden Buches der Bibel zu verstehen. Dies bringt uns zu einem anderen Grunde, warum der HErr Sich nach dem Johannes-Evangelium nicht anrühren läßt. Maria sollte in die neue Stellung oder Haushaltung, die durch Seinen Tod, Seine Auferstehung und Himmelfahrt eingeleitet wurde, eingeführt werden, Christus nicht leiblich, sondern im Geiste zu besitzen. Nicht mehr durch Schauen (d. h. den HErrn sehend) zu wandeln, sondern durch Glauben. (Vergl. Joh. 20,29b.) Maria ist im gewissen Sinne die Vertreterin des gläubigen jüdischen Überrestes am Anfang dieses Zeitalters, wie Thomas es ist nach Abschluß desselben. Sie mußte lernen, daß die Segnungen des Christentums in dem auferstandenen und verherrlichten Christus „über“ und „außerhalb“ der jüdischen Haushaltung zu haben sind, darum auch die kostbare Botschaft an Seine Brüder durch Maria, welche die unlösbaren Lebensbeziehungen dieses einzigartigen Verhältnisses zu unserem Gott und Vater durch den Herrn Jesum kennzeichnete. Die zwei wunderbaren Gebete des Apostels Paulus in Eph. Kap. 1 u. 3 sind auf diese Offenbarung gegründet.

Wir haben in Joh. 20 die Berührungspunkte dreier Zeitalter vorgebildet. Vers 11-18: das Zeitalter des Gesetzes mit Maria, der Vertreterin des gläubigen Überrestes, der in die Haushaltung des Glaubens, der Gnade und des Geistes eingeführt wird. Vers 19-23: unser gegenwärtiges Zeitalter, charakterisiert durch die Gemeinde mit dem Lichte der Gegenwart des HErrn in ihrer Mitte (Vers 19; Kap. 12,36) und darum gekennzeichnet durch Seine Liebe (Kap. 13,1), durch Seinen Frieden (Vers

Kap. 12,36) und darum gekennzeichnet durch Seine Liebe (Kap. 13,1), durch Seinen Frieden (Vers 19; Kap. 14,27), durch Seine Freude (Vers 20; Kap. 15,11), durch Seinen Geist (Vers 22; Kap. 16,7) und durch Seine Heiligkeit (Vers 23; Kap. 17,17; Psalm 93,5). Vers 24-29: Thomas, ein Bild von dem zukünftigen Überrest, der an den Segnungen des Tages der Gnade, dieses gegenwärtigen Zeitalters, nicht teilnimmt, wie auch Thomas nicht teilnahm an den Segnungen der ersten Begegnung am Auferstehungstage. Hier wird nun das Zeitalter der Wiederherstellung aller Dinge vorgebildet. (Vergl. Sach. 12,10-14 u. Apgesch. 3,21.) Um das Gemälde zu vervollständigen, möchte ich noch erwähnen, daß uns in Kap. 21,1-14 die Segnungen des Tausendjährigen Reiches vorgebildet werden.

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Paulus sagt 2. Kor. 5,16: „Daher kennen wir von nun an niemanden nach dem Fleische; wenn wir aber auch Christum nach dem Fleische gekannt haben, so kennen wir Ihn doch jetzt nicht mehr also.“ Dieses „Jetzt nicht mehr“ mußte Maria lernen - und wie gern lernte sie von ihrem „Rabbuni“, ihrem Meister! Ist Er auch der unsere? Ungeteilten Herzens hing sie am HErrn, darum lernte sie bereitwillig und - wurde gebraucht in Seinem Dienst! Welche Lektion für uns!

„Jetzt nicht mehr“ ein irdisches Verwandtschaftsverhältnis, Maria, jetzt ein höheres, ein neuer Stand des HErrn, und darum ein neuer Stand der Seinen und ihrer Beziehungen zu Ihm! Der Weg zum Vater, zu unserem Vater, weil Er Sein Vater, zu unserem Gott, weil Er Sein Gott, wird erschlossen, wir werden „zu Gott gebracht“, zu „Söhnen“ gemacht! Welch neuartiges, herrliches Verhältnis, nicht zu vergleichen mit den irdischen Segnungen Israels, so kostbar diese auch waren in ihrem Rahmen, ehe das Neue kam, das „vor den Zeitaltern verborgen war, in Christo aber kundgemacht“ ist. Und dies neue Verhältnis begann mit Seiner Auffahrt! Jetzt gibt's ein neues Anrühren Seiner Person, nicht mehr im Fleische, sondern im Geiste, eine neue Gemeinschaft mit Ihm, nicht mehr mittels irdischer Vermittlung, durch die Hände, sondern mittels geistiger, aber darum nicht weniger innigen, sondern viel innigerer, weil ewiger, unvergänglicher Verbindung - nämlich vermittels des Geistes Seines Sohnes, den Gott in unser Herz gegeben hat (Gal. 4,6). Nun ist „unsere Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne“ (1. Joh. 1,4). Das mußte der Maria, so innig sie ihren Meister, der ihr ein und alles war, auch liebte, noch verborgen sein, und blieb ihr auch bei dem Worte „Rühre Mich nicht an“ zunächst noch verborgen - aber am Pfingsttage, da hat sie jene Worte verstanden, da erfuhr sie die Bedeutung und Erfüllung. Und wir, denen jene Worte mit gesagt sind, gleichsam als Zeichen, von dem Joh. 20,31 gilt, wir genießen gleichfalls diese neuartigen Gemeinschafts- und Verwandtschaftsbeziehungen, in die Er uns nach Seiner Auffahrt gebracht hat, wenn anders wir Christi Geist haben, und „wer Christi Geist nicht hat, ist nicht Sein“ (Röm. 8,9).

Warum aber haben so viele Gläubige so wenig Erfahrung davon? Warum leben so viele ein Gesetzesleben ohne Freude, ohne Kraft? Viele wegen mangelhafter, gesetzlicher Belehrung; viele aber auch, weil sie nicht „durch den Geist wandeln“ (Gal. 5,25), d. h. in praktischer Verbindung mit dem HErrn und im Glaubensgehorsam gegen Ihn und Sein Wort stehen und bleiben, den Geist fortgesetzt betrüben und nicht immer in Selbstgericht und Bekennen vor Ihm nach 1. Joh. 1,9 zur Wiederherstellung gelangen. Wie ernst ist das!

Der HErr lasse auch uns allen obige kostbare Antwort und diese Bemerkungen in Gnaden dazu

dienen, uns in die Wahrheit hineinzuführen; Er mache aus uns „Täter Seines Wortes“ (Jak. 1,22) und lehre uns wandeln im täglichen Genusse der Segnungen des gegenwärtigen Zeitalters, „damit unsere Freude völlig sei“!

*

Und das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns, - und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater - voller Gnade und Wahrheit ... Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade.“ Joh. 1,14.16.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11. Neues und Altes. Matth. 13,52.

„Der Jünger, den Jesus liebte.“

(Joh. 13; 19; 20; 21.)

Manche Kinder Gottes haben aus diesen Worten entnommen, daß der Herr Jesus den Johannes mehr als die anderen Jünger geliebt habe, so daß sie ihn den „Lieblingsjünger“ Jesu genannt haben; sie meinen, Johannes sei in einzigartiger Weise vom HErrn geliebt worden und habe somit eine bevorzugte Stellung, gleichsam eine gewisse Ausnahmestellung unter den Jüngern eingenommen. Und weiter hat man daraus gefolgert, daß der HErr auch heute noch einzelne vor anderen liebe und „Lieblingsjünger“ habe. Die Schrift aber sagt solches nicht, noch gibt sie uns Grund zu solcher Annahme. Nie spricht sie von Rangplätzen im Herzen Jesu, von Ausnahmestellungen oder Bevorzugungen in Seiner Liebe, noch von „Lieblingsjüngern“.

Johannes wußte sich nicht nur vom HErrn geliebt, er genoß auch Seine Liebe. Daß der HErr ihn liebte, diese Tatsache war ihm so groß, seinem Herzen so überwältigend teuer, daß er seinen Namen gänzlich zurückstellt und diese Tatsache gleichsam zu seinem Titel macht und sich selbst bezeichnet als den Jünger, den Jesus liebte. Er sagt nicht: „der Jünger, der Jesus liebte“ - nicht seine Liebe zum HErrn beschäftigte seine Seele, sondern: „der Jünger, den Jesus liebte“, Jesu Liebe zu ihm, das war sein höchster Rang und seine größte Ehre. Keineswegs aber verbindet er damit den Gedanken, als sei er der Jünger „den Jesus vor allen anderen Jüngern liebte“. Das ist ein Gedanke, den der Mensch da hinein gelegt hat. Er selbst nennt sich einfach: „der Jünger, den Jesus liebte“. Wenn solche Dinge gelehrt und behauptet werden, so wird der Schriftboden verlassen; es wird etwas gesagt, was die Schrift nicht sagt.

Johannes lebte so in dem Glücke der Liebe seines HErrn, daß er von sich spricht so, als ob er ganz allein von Ihm geliebt würde, so wie auch Paulus ausruft: „Der mich geliebt und Sich Selbst für mich dahingegen hat.“ (Gal. 2,20.) Auch von anderen Personen lesen wir, daß Jesus sie liebte, z. B. von Martha, Maria und Lazarus (Joh. 11,5), und an vielen Stellen der Schrift wird von der Liebe Christi

und Gottes zu den Seinigen geredet; aber nirgends in einer Weise, als ob es Abstufungen in Seiner Liebe gäbe, so als ob etliche mehr und andere weniger geliebt würden von Ihm. Solche Gedanken sind (für mich) den HErrn entehrend. Seine Liebe ist eine vollkommene Liebe. Er kann sie uns gegenüber nicht vermehren noch vermindern. Er liebt alle die Seinigen mit einer gleichen, unwandelbaren Liebe, mit ewiger Liebe. Unsere Liebe ist wechselnd und verschieden, ist klein und groß, aber nicht Seine Liebe. So wie Er Selbst vollkommen ist, so ist auch Seine Liebe vollkommen. Viel Liebe für das eine Kind und wenig Liebe für das andere Kind, das ist nicht vollkommene Liebe. Er Selbst ist „Licht“ und „Liebe“; so wenig wie eine Veränderung Seines Lichtes möglich ist, so wenig ist auch eine Veränderung Seiner Liebe möglich. Jede Rede von „Lieblingen“ in Verbindung mit der Liebe des HErrn ist eine Entstellung Seiner göttlichen Liebe, ein Herabziehen der vollkommenen Liebe zur Art der Liebe der Sünder. Er liebte Seine Jünger nach der Größe Seiner Liebe, aber nicht nach dem Maße ihrer persönlichen Liebenswürdigkeit. Solche Liebe bezeichnet der HErr als heidnisch, als die Liebe der Sünder (Luk. 6,32), aber Seine Liebe ist anderer Art. Er liebt die Seinigen alle mit einer Liebe, und diese Liebe ist: „Gleich wie der Vater Mich geliebt, habe auch Ich euch geliebt“ (Joh. 15,9). Wie kann da von „Lieblingsjüngern“ geredet werden?! Hätte der HErr „Lieblinge“ und somit zweierlei Maß für Seine Liebe gehabt, so hätte Er uns nicht geliebt, gleichwie der Vater Ihn geliebt; und wir könnten nicht ermahnt werden, „die gleiche - dieselbe Liebe zu haben“ (Phil. 2,2), noch zum „Gleichgesinntsein“ gegeneinander (Röm. 12,16; 15,5). Seine Liebe aber ist das Vorbild für unsere Liebe zueinander: „Daß, wie Ich euch geliebt habe, auch ihr einander liebet“ (Joh. 13,34). „Bleibet in Meiner Liebe“, und Seine Liebe war nicht nach unserer Liebenswürdigkeit oder unserem Verdienst. Wie könnte aber Seine Liebe uns das Vorbild sein, wenn Er nicht uns alle mit einer gleichen Liebe geliebt hätte? Laßt uns deshalb aufhören, von „Lieblingen“ und „Lieblingsjüngern“ Jesu, von „Bevorzugungen“ und „Ausnahmestellungen“ in Verbindung mit der Liebe des HErrn zu reden.

Eine ganz andere Sache und Seite ist es, wenn es sich darum handelt, wie weit oder in welchem Maße der HErr diese Seine vollkommene Liebe dem einzelnen mitteilen und offenbar machen kann. Hier ist Verschiedenheit. Dieses hängt von unserem Eingehen in Seine Liebe und dem damit zusammengehenden Gehorsam ab. Hierauf laßt uns noch eingehen!

Es scheint, daß keiner der Jünger die Tatsache Seiner Liebe so im Herzen erfaßt hat wie Johannes. Und es sind wohl auch nur wenige Gläubige zu allen Zeiten gewesen, die wie er in die Liebe des HErrn eingingen und es für sich selbst verwirklichten, „geliebte Kinder“ zu sein. Solche Johannesseelen verstehen die Sprache der Braut im Hohenliede 2,4: „Sein Panier über mir ist die Liebe.“ Sie wissen, Seine Liebe weht und wallet über ihnen wie ein Banner. Seine Liebe macht sie glücklich und ist ihnen eine unversiegbare Quelle der Freude. O, wie wenig wird das Wort verstanden, als geliebte Kinder „Nachahmer Gottes“ zu sein (Eph. 5,1). Wenn ich das Bewußtsein Seiner Liebe zu mir im Herzen trage und mich als Sein geliebtes Kind weiß, dann erst kann Gott mir recht Seine Liebe offenbar machen, und dann kann ich Sein Nachahmer sein.

Ich sah einmal ein Kind fröhlich mit seinem Spielzeug spielen. Plötzlich verließ es sein Spiel und schmiegte sich im Schoß an die Brust der Mutter. Es wußte sich geliebt. Es vergaß für einige Augenblicke sich selbst und sein Spiel und legte sich in den Arm der Mutter. Und was tat die Mutter? Sie zog es neu an ihr Herz und neue Offenbarungen ihrer Liebe wurden dem Kinde zuteil. - Ich gedachte an das Wort „als geliebte Kinder“ und „wer Mich liebt ... Ich werde ihn lieben und Mich Selbst ihm offenbar machen“ (Joh. 14,21). Sobald unsere Liebe Seine Liebe berührt, berühren wir gleichsam, wie bei der elektrischen Glocke, den Kontakt des Stromes Seiner Liebe und setzen sie

gleichsam, wie bei der elektrischen Glocke, den Kontakt des Stromes Seiner Liebe und setzen sie gegen uns in Bewegung. Welche Freude für die Mutter, als das Kind ihre Liebe suchte. Und welche Freude für Ihn, wenn unsere Liebe Seine Liebe berührt und erwidert. Er sagt: „... wer Mich liebt, wird von Meinem Vater geliebt werden, und Ich werde ihn lieben und Mich Selbst ihm offenbar machen“ (Joh. 14,21).

Es kann sein, daß ein Kind in Gehorsam unter den Blicken der Mutter spielt und ihr Wohlgefallen hat und das andere Kind zur selbigen Stunde sie durch Ungehorsam betrübt. Die Mutter liebt vielleicht beide gleich. Ihre Zärtlichkeit gegen das eine und ihre züchtigende Hand gegen das andere kommen aus einer Quelle, aus der der Liebe.

Die Verschiedenheit ihres Verhaltens zu beiden Kindern darf nicht als eine Verschiedenheit ihrer Liebe angesehen werden. Und so ist auch das Verhalten des HErrn uns gegenüber. Seine Liebe zu uns ist vollkommen. Sie ist gleich dem Ringe an der Hand des verlorenen Sohnes; sie hat weder Anfang noch Ende; sie kann sich nie verändern, denn sie hat ihre Quelle nicht in dem, was wir sind und tun, sondern in Ihm Selbst; Er ist Liebe. Aber wir können durch unser Verhalten Seine Liebe in ganz verschiedener Weise in Tätigkeit setzen, sich gegen uns in Liebessegnungen wie auch in Zucht zu offenbaren (vergl. Joh. 14,21 mit Hebr. 12,6 und Offenb. 3,19).

In Johannes haben wir so recht das Bild eines „geliebten Kindes“. In den fünf Stellen, in denen wir den Ausdruck finden, „der Jünger, den Jesus liebte“, können wir gewisse Dinge, die mit einem „geliebten Kinde“ verbunden sind, erblicken. Laßt uns sie recht beachten!

Gleich in der ersten Stelle (Joh. 13,23-26) finden wir das „geliebte Kind“, „den Jünger, den Jesus liebt“, sich an die Brust Jesu schmiegen. Der HErr hatte Seinen Jüngern gesagt: „Einer von euch wird Mich überliefern. „ Johannes wußte: die Stunde der Versuchung naht, die Macht der Finsternis kommt, und einer von uns wird Ihn überliefern. Keiner traute es sich zu. Einer sieht den anderen an. Wen wird die Macht der Finsternis überwältigen? Vor dieser Stunde, vor dem nahenden Sturm birgt er sich in Seinem Schoß und nimmt seine Zuflucht zu Seiner Liebe, die allein ihn zu bewahren vermag. Köstliches Vorbild für uns, wenn Stunden der Prüfung kommen. Und noch mehr! Dort im Schoße der Liebe empfängt er Licht, Unterweisung und Antwort Auf die bange Frage: „HErr, wer ist es?“ (Joh. 13,23-25.)

Joh. 19,25-27 zeigt uns das Bild eines „geliebten Kindes“ in der Stunde der Versuchung. Inmitten des Sturmes findet „der Jünger, den Jesus liebte“, sich unter dem Kreuze Christi wieder zurecht. Die Schafe der Herde sind zerstreut. Allein kehrt er zurück und mit ein paar niedergeschlagenen Weibern harrt er nun bei seinem verworfenen und gekreuzigten HErrn aus. Der HErr sah vom Kreuz auf sie herab. Was mußte diese kleine Schar in dieser Stunde für Sein Herz sein! „Jesus sah den Jünger, welchen Er liebte, dabeistehen“, und hier unter dem Kreuze empfing er den letzten Blick aus den Augen seines HErrn, ehe Er starb, den letzten Blick Seiner Liebe. Petrus empfing den letzten Blick (vor Seinem Tode) im Kreise Seiner Feinde. Auch das war ein Blick Seiner Liebe, aber er redete eine andere Sprache als der, den Johannes empfing. Was war des Herrn Jesu letzter Blick für Petrus und was für Johannes? Ja, so ist es heute noch, der geliebte Jünger harrt bei seinem verworfenen HErrn aus und empfängt den Blick Seiner Liebe. Und dann empfängt Johannes die letzten Worte seines HErrn. Er gibt ihm zu verstehen, daß das letzte Band des irdischen Verwandtschaftsverhältnisses jetzt gelöst ist, und vertraut ihm unter Seinem Kreuze das Teuerste an, was Er in diesem Bande hatte. Er

übergibt Seine Mutter seiner Sorge. Welch Vertrauen! Und sofort, „von jener Stunde an“, nimmt er sie zu sich. Welche Sprache reden diese Worte zu uns!

Joh. 20,1-9 zeigt uns ein „geliebtes Kind“ nach dem Sturm, als jede Hoffnung zu Grabe getragen war. Er hatte mit den Weibern unter dem Kreuze gestanden. Wie hatten ihre Augen an dem geliebten HErrn gehangen. Da plötzlich bemerken sie: Er neigt das Haupt. Ob noch immer eine schwache Hoffnung ihr Herz belebt hatte, daß Er im letzten Moment doch noch von Seiner göttlichen Kraft Gebrauch machen und vom Kreuze herabsteigen werde? Wie mochten ihre Herzen, ihr Atem stocken, als sie sahen: „Er neigt das Haupt“ - und - stirbt? nein „und übergibt den Geist“. „Niemand nimmt das Leben von Mir, sondern Ich lasse es von Mir Selbst. Ich habe Gewalt es zu lassen, und habe Gewalt es wiederzunehmen“ (Joh. 10,18), so hatte der HErr zuvor gesagt. Auch in dieser dunkelsten Stunde ist Er für Johannes der Sohn Gottes, der Sich freiwillig hingibt. Er kann - er darf nicht schreiben „Er stirbt“, sondern „Er übergab den Geist“. Jetzt war alles dahin, alles ihm genommen - aber das Bewußtsein Seiner Liebe konnte ihm nicht genommen werden. Auch in dieser Stunde der tiefsten Hoffnungslosigkeit nennt er sich „den Jünger, den Jesus lieb hatte“. Die Erinnerung Seiner Liebe hielt sein Herz warm für seinen HErrn. Und als der erste Vorbote des Auferstehungsereignisses sich zeigt, da sind die Füße des „geliebten“ Jüngers schneller als die des sonst so schnellen Petrus. Warum blieb Petrus, der sonst immer voran und in allem der erste war, nun zurück? Warum waren seine Füße jetzt so langsam im Lauf? Ach, er war nicht glücklich in Jesu Liebe. Ihm lag eine Last auf dem Gewissen, und diese Last hemmte den Lauf seiner Füße. Und wenn unsere Herzen in den dunklen Stunden der Hoffnungslosigkeit nicht das Bewußtsein Seiner Liebe haben, so sind auch unsere Füße im Lauf gehemmt.

In Joh. 21,1-7 und 18-23 wird uns zweimal der Jünger, den Jesus liebte, gezeigt. Die kleine Jüngerschar ist von dem Auferstandenen wieder gesammelt worden, aber sie verstehen den Auferstandenen noch nicht in dem neuen Verhältnis, welches der HErr ihnen kundtat, als Er sagte: „Mein Vater - euer Vater“ (Joh. 20,17). Simon Petrus ist der erste, der zum Alten, wovon der HErr ihn einst wegrief, zurückkehren will: „Ich gehe hin fischen.“ Sofort sind auch sechs andere zum „Zurückgehen“ bereit. Worte zum „Zurückgehen“ finden leicht Anklang! Der HErr aber steht schon „frühe“ am Ufer bereit, ihnen auf ihrem Wege zu begegnen. Wer aber erkennt den HErrn in Seinem neuen Auferstehungsstande? Es ist „der Jünger, welchen Jesus liebte“! Zwei Jünger, jeder spricht nur vier Worte: „Ich gehe hin fischen“ und „Es ist der HErr“. Aber jedes Wort hatte eine Wirkung. Jedes unserer Worte hat eine Wirkung auf andere. Möchten unsere Worte die eines „geliebten“ Kindes sein, die nicht zum alten Wesen, sondern zum neuen, zu unserem auferstandenen und verherrlichten HErrn hinweisen.

Mit dem Jünger, den Jesus liebte, verbindet der HErr bei dem dann folgenden Mahle die Worte: „Wenn Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme usw.“ Er zeigt damit an, daß dieser dem Willen und Walten seines HErrn stille ist. Geduldig wartet er, „bis Er kommt“. Hierüber habe ich an früherer Stelle schon geschrieben.1 „Lasset uns wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus“ (2. Petri 3,18), dann wird es auch von uns wahr sein: „DieLiebe Christi drängt uns ..., daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden“ (2. Kor. 5,15).

1

„Gegens. Handr.“, Band 4, Seite 214-218 (Frg. 32).

v. d. K.

v. d. K.

„Kein Raum“.

Luk. 2,7.

Ist es so verwunderlich, daß für Ihn kein Raum in Bethlehem war, daß die liebevolle Mutter mit einer Krippe im Stalle vorlieb nehmen mußte, um „ihren erstgeborenen Sohn“ darein zu betten? Wie ist es denn heute? Alle Jahre feiert die Christenheit die „heilige Weihnacht“, und doch sind derer, die Ihm, zu dessen Ehre das Fest gefeiert werden soll, Raum machen in Herz und Haus, nur wenige, und nur weniger Leben und Lieben zeugt davon, daß Er den Platz bei ihnen inne hat, der Ihm gebührt, den eines Herrn, ja des HErrn, der unbedingt „in allem den Vorrang hat“ (Kol. 1,18). Wie ist es darin bei uns, Geliebte? Was ist Er uns? Hat Er bei uns ein für allemal Raum gefunden - nicht ein Plätzchen in der Ecke, sondern den ersten, den besten Platz?

„Daß Christus durch den Glauben in euren (unseren) Herzen wohne, indem ihr in Liebe gewurzelt und gegründet seid!“ (Eph.3,17; vgl. Kol. 1,27.)

Nein, es ist uns, wenn wir die kalte, berechnende, selbstsüchtige Welt kennen, die sich stets gleich bleibt, nicht verwunderlich, daß Er keinen Raum fand damals auf Bethlehems Fluren. Aber - war nicht auch die Zeit Seines Kommens im Fleisch so ungünstig? Warum, HErr, kamst Du gerade in jenen Tagen, da alles in Bethlehem überfüllt sein mußte? - „Als aber die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott Seinen Sohn, geboren von einem Weibe“ (Gal. 4,4). - Ja, aber warum, teurer HErr, kamst Du in jenem geringen Städtchen zur Welt, wo doch schwerer als irgendwo Raum sein mußte in den Tagen der Schätzung? - „Und du, Bethlehem, Land Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürsten Judas; denn aus dir wird ein Führer hervorkommen, der Mein Volk Israel weiden wird“ (Micha 5,1; Matth. 2,6). O, habe Dank, HErr, für Dein erfülltes Verheißungswort, aber warum doch hast Du Dir so arme (irdische) Eltern erwählt, die sich gefallen lassen mußten, „keinen Raum“ zu finden, da Du doch der König bist und der ewige Sohn? - „Denn ihr kennet die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, daß Er, da Er reich war, um euretwillen arm wurde, auf daß ihr durch Seine Armut reich würdet“ (2. Kor. 8,9). „Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden, und siehe, du wirst im Leibe empfangen und einen Sohn gebären und du sollst Seinen Namen Jesus heißen! Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden, und der HErr, Gott, wird Ihm den Thron Seines Vaters David geben ... Der Heilige Geist wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden“ (Luk. 1,30-35).1 „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf Seiner Schulter; und man nennt Seinen Namen: Wunderbarer, Berater, starker Gott, Vater der Ewigkeit, Friedefürst“ (Jes. 9,6). - Wie köstlich ist Dein Wort, o HErr! Ja, Du in Bethlehems Krippe einst, „Du bist der Sohn Gottes, Du bist der König Israels“ (Joh. 1,49), Ehre sei Dir - Du bist aus königlichem Geschlecht auch in Deiner Menschheit! Aber - unter vielen noch eine tiefe Herzensfrage, bewegt es mich doch so, daß Du, herrlichster, lieblichster Heiland, „keinen Raum“ fandest unter denen, die die Deinigen sein sollten (Joh. 1,11)! Warum doch kamst Du, der Du vorher wußtest, wie es Dir schon bei Deiner Fleischwerdung hienieden ergehen würde und später immer wieder bis hin zum Kreuz, zum Fluchholz (Gal. 3,13) - warum kamst Du zu uns hernieder, warum ließest Du uns böse Menschen nicht sterben und verderben, wie wir es verdient hatten, wir waren doch und sind doch Deiner nimmer wert!? - „Also hat Gott die Wilt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn

1

Vgl. Frg. 19 in Jahrb. Vl! (F. K.)

„Also hat Gott die Wilt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“; „Gott ist Liebe; hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, daß wir durch Ihn leben sollten.“ „Christus hat uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben.“ (Joh. 3,16; 1. Joh. 4,8.9; Eph. 5,2.) O, Preis sei Dir, teuerster Herr Jesu! Preis sei Dir, o Gott und Vater, daß Du Ihn, Deine Wonne, uns gabst, uns zu versöhnen, „die wir Deine Feinde waren“ (Röm 5,8-10)! Ja, solche Liebe,die göttliche Liebe, war fähig, hinabzusteigen in die Niedrigkeit der Krippe im Stalle, denn echte Liebe ist zu jedem Opfer bereit! Dank Ihm, daß Seine Liebe uns das Geheimnis Seiner Selbstentäußerung (Phil. 2,5ff.) löst! Wie groß ist das Geheimnis: „Gott ist geoffenbart im Fleisch!“ (1. Tim. 3,16.)

1

Vgl. Frg. 19 in Jahrb. Vl! (F. K.)

Und war denn auch einst kein Raum in der „Herberge“ für Den, den Seine Liebe herniedertrieb, uns zu erlösen, so möge mein Herz, unser Herz, die wir Seine Liebe schmecken und sehen, Sein Zelt hienieden sein, und aus diesem Raum heraus möge wie einst aus dem Stalle von Bethlehem „die Liebe, ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist“ (Röm. 5,5), herausleuchten, um den Menschen zu bezeugen, daß Heil und Leben, Licht und Liebe, Freude und herrliche Hoffnung das Teil derer ist, die da wissen: „Er hat uns zuerst geliebt“ (1. Joh. 4,10)!

„Stille Nacht, heilige Nacht,

Gottes Sohn, o wie lacht

Liebe aus Deinem holdseligen Mund,

Da uns schlug die rettende Stund',

Christus, in Deiner Geburt!“ F. K.

„Seid um nichts besorgt!“

(Phil. 4,6.)

(Ein kurzes Wort zum Jahreswechsel.)

Wie tröstlich sind doch angesichts der heutigen Nöte die Stellen des Wortes Gottes, die uns, Seine Kinder, auffordern, nicht besorgt und nicht bestürzt zu sein. Wie könnten wir angesichts solcher Ermunterungen still und froh sein, wenn wir nur solchen Worten und somit unserem Gott und Vater mehr Vertrauen entgegenbrächten! Denken wir doch einmal darüber nach, in welche Stellung wir Gläubigen gebracht worden sind durch die Gnade, die uns durch unseren Herrn Jesus Christus geworden ist. Uns ist nicht nur Vergebung unserer Sünden geworden durch den Glauben an Sein Blut (Matth. 26,28 u. Röm. 3,24.25), sondern wir sind auch in die Stellung von Kindern gebracht worden unserem Gott und Vater gegenüber. Angesichts der Größe dieser Wahrheit ruft der Apostel Johannes aus: „Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Joh. 3,1.) Diese Wahrheit ist überaus groß, sie ist mit unserem Verstande nicht faßbar. Nur das gläubige Herz kann sie ein wenig erfassen, sich der Wirklichkeit erfreuen und die Liebe Gottes, unseres Vaters, genießen.

unseres Vaters, genießen.

Denken wir nur an das irdische Verhältnis eines Kindes zu seinem Vater. Welch inniges und vertrauliches Verhältnis besteht zwischen beiden! Der Vater liebt sein Kind selbstlos, zärtlich, fürsorglich. Jede Gefahr hält sein männlicher, starker Arm von dem Kinde fern. Er gibt ihm alles Nötige an Nahrung und Kleidung. Er gibt ihm auch zärtliche Liebe und besondere Equickungen. Er sorgt auch für seine Zukunft, ordnet die Wege und ebnet die Bahn, die das Kind betreten soll. Wie überaus lieblich ist doch das alles!

Wenn aber Gott Sich als Vater offenbart, sollte unser Verhältnis zu Ihm minder köstlich sein als jenes? O nein, wir wissen, das irdische Verhältnis ist nur ein Schatten von dem himmlischen. Denken wir an die Stellen in der Schrift, die uns die Liebe Gottes und unseres Vaters vielfach bezeugen, z. B. an Joh. 3,16: „Denn also hat Gott die Welt geliebet, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab ...“, und an die Worte des Herrn Jesus: „Der Vater Selbst hat euch lieb“ (Joh. 16,27) sowie an die Liebe unseres HErrn, wie Er sie im Ev. Joh., Kap. 14-17 uns so reichlich offenbart.

Wenn wir diese Stellen gläubig ins Herz fassen, so finden wir wirklich keinen Grund mehr, besorgt zu sein, wenn auch die Zukunft des neuen Jahres vor unseren Augen sehr dunkel erscheint. Wie hat uns unser Gott und Vater doch die hinter uns liegenden Kriegsjahre so wunderbar hindurchgetragen! Er hat uns versorgt und vielfach bewahrt. Ja, wir haben Grund, Ihn von Herzen zu loben und zu danken für die vielen Erweisungen Seiner Liebe, auch für die, welche wir täglich erfahren dürfen.

Sollte Er uns mit der größten Gabe Seiner Liebe, mit Seinem geliebten Sohne, „nicht auch alles schenken?“ (Röm. 8,32.) Der Herr Jesus bezeugt uns: „Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles bedürfet!“ (Matth. 6,32.) Wenn aber „unser himmlischer Vater“ weiß, was wir bedürfen, so können „wir“ unbesorgt sein. Seine Liebe zu uns ist vollkommen. Und selbst dann, wenn schwerere Zeiten kommen sollten, wissen wir doch, „daß die Haare unseres Hauptes alle gezählt sind“ (Matth. 10,30), daß „Er treu ist und nicht zulassen wird, daß wir über unser Vermögen versucht werden, sondern Er macht, daß die Versuchung ein solches Ende nimmt, daß wir sie können ertragen“ (1. Kor. 10,13). Wir wollen uns auch erinnern, daß „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken“ (Röm. 8,28). Welche Liebe und welche Treue spricht doch aus diesen Schriftstellen! Um eins aber sollen „wir“ besorgt sein, um einen gottwohlgefälligen Wandel und um die Interessen Seines Werkes. (Vgl. z. B. Eph. 5,15-17!)

Möchte Er uns in der Zukunft, und so auch im Jahre 1920 Gnade geben, daß wir Seinem Worte mehr Glauben und kindliches Vertrauen entgegenbringen zu Seinem Wohlgefallen und nicht verunreinigt werden durch den Geist unseres Zeitlaufs, der sich durch Sorgen, Unruhe, und Eigenliebe auszeichnet! Seine Gnade genügt für uns! (2. Kor. 12,9.)

O. D.

Geleitswort an den Leser:

Der Gott des Friedens, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, in dem Blute des ewigen Bundes, vollende euch in jedem guten Werke, um Seinen Willen zu tun, in euch schaffend, was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ Hebr.

13,20.21.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 5

Wie ist es zu vereinen: in Matth. 28,1 heißt es: „spät am Sabbat“ und in Mark. 16,2.9; Luk. 24,1; Joh. 20,1 heißt es: „am ersten Wochentage früh“; und warum mußte ein Weib den HErrn zuerst sehen? Ist es deshalb, weil durch das Weib die Sünde eingeführt wurde (1. Mose 3,6)?

Antwort A

Um die verschiedenen Tagesangaben zu verstehen, muß man sich die damalige Tageseinteilung vergegenwärtigen. Da wurde der Tag von abends 6.00 Uhr bis nachmittags 5.59 gerechnet. 1. Mose 1,5.8.13.19.23.31 und 3. Mose 23,32. Der neue Tag begann mit dem Sichtbarwerden der Sterne. Im übrigen sagt Matth. 28,1 „spät am Sabbat, in der Dämmerung des ersten Wochentages“. Der Evangelist fährt hier mit den vorherigen Schriftzügen fort; er beschreibt ab Kap. 27,64, wie Pilatus befehlen soll, daß das Grab bewacht werden soll. Dies geschieht auch durch Versiegelung des Steines und gestellte Wachtposten. In Kap. 28 fährt nun Matthäus fort, auch von dem Wiedereröffnen des Grabes Jesu zu berichten. Darum braucht er die Worte „spät am Sabbat“ und geht in die „Dämmerung“ des neuen Tages über.

Nach Mark. 16,1 haben die Frauen, als der Sabbat vergangen war - wir würden heute sagen am Sonnabend abend nach 6 Uhr, als die Juden die Läden wieder öffneten -, wohlriechende Spezereien gekauft, um Jesum zu salben. Diese Stelle als auch Matth. 26,7; Mark. 14,4; Luk. 7,37 und Luk. 10,40.41 zeigen, daß es im Wesen des Weibes liegt, die innere Zuneigung und Dankbarkeit gegen eine Person durch tätige Liebeserweise nach außen hin kundzutun. Jesus kennt diese Züge und erkennt sie auch an. Angeführte Stellen zeigen ein Gutheißen der Tat aus Jesu Munde. Dieser Zug ist auch in Mark. 16,1 enthalten, auch daß sich die Frauen nach Mark. 16,9 „früh“, nach Mark. 16,2 „sehr früh“, nach Luk. 24,1 „ganz in der Frühe“ und nach Joh. 20,1 „als es noch finster war“ zur Grabstätte begaben. Dies läßt erblicken, daß sie viel Trost bedurften; sie wußten, was ihnen genommen war, und konnten sie Ihn nicht mehr Selbst haben, so wollten sie doch gerne in der Nähe Seines Leichnams sein. Angst vor Jesu Gegnern hatte sie im Finstern zum Grabe zu gehen veranlaßt und Sehnsucht nach Seiner Nähe obendrein. Hätte ihnen ein Mann die Auferstehung berichtet, so hätten sie es nur als einen Trost aus einem mitempfindenden Männerherzen hingenommen. Darum mußte es ihnen ein Engel sagen nach Matth. 28,5, Mark. 16,6 und Luk. 24,6, und Jesus belohnt das Zuerst-am-Grabe-sein in Joh. 20,15.16 mit Seiner ersten Ansprache nach der Auferstehung. Ein Zusammenhang mit 1. Mose 3,6 scheint mir nicht erklärlich.

F. G.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Auch ich sehe keine Verbindung zwischen der Tatsache, daß durch das Weib die Sünde eingeführt ist (1. Mose 3,6), und der, daß ein Weib zuerst den HErrn nach Seiner Auferstehung sah. Doch mag der Gegensatz, der zwischen beiden Tatsachen liegt, manchem des HErrn Wort liebenden Herzen köstlich sein, wenn auch keine besondere Belehrung daran geknüpft zu werden braucht. „Das Weib fiel in Übertretung“ (1. Tim. 2,14) und brachte somit den Tod in diese Welt - und eine überaus verderbt gewesene Vertreterin des gleichen Geschlechts durfte die erste sein, die den auferstandenen Lebensfürsten, „der Leben und Unverweslichkeit ans Licht brachte“ (2. Tim. 1,10), zuerst schauen durfte - wahrlich, das ist ein Gedanke göttlicher Weisheit, der uns wohl erquicken kann!

Auf die Tagesangaben der Ostergeschichte möchte ich nicht zu weit eingehen; obige Antwort Gibt ja allerlei Licht darüber. Man kann übrigens Matth. 28,1 auch übersetzen „nach Beendigung des Sabbats“, wodurch einiges klarer wird. - In dieser Frage ist es, wie in der „G. H.“ schon so oft betont ist, auch wichtig zu beachten, in welchem Evangelium so oder anders steht. Jedes Evangelium behandelt die gleiche Tatsache in seinem besonderen Licht. Wirkliche Widersprüche sind unter den einzelnen Stellen gewiß nicht, wenn uns kurzsichtigen Menschen auch manches verborgen bleibt. Was die eine Betrachtungsweise „Dämmerung“ (Matth.!) nennt, mag eine andere schon „Helligkeit“ ansprechen; es kommt stets auf den Standpunkt des Betrachters an (vgl. z. B. die Betrachtung einer großen Stadt von verschiedenen Standorten aus!). Einer, der gewohnt war, sehr früh aufzustehen, war der vollkommene Knecht Jehovas, der Herr Jesus nach dem Markus-Evangelium; daher hier das Wörtchen „sehr früh“ in 16,2 (vgl. 1,35!) gewiß am Platze ist.

Joh. 20,1 scheint allerdings zu Mark. 16,2 in schroffem Gegensatz zu stehen. Aber ich glaube, ohne es etwa fest zu behaupten, diese Stelle behandelt gar nicht den gleichen Vorgang wie die anderen Evangelien, sondern was die anderen zusammenfassend behandeln, zeichnet Johannes, „der Apostel der Liebe“ mit besonderer Liebe, indem er ahnen läßt, daß Maria Magdalena ganz allein vor allen anderen oder schneller als die anderen den Weg zum Grabe gemacht hat, einfach weil sie in ihrer besonderen Liebe es nicht mehr ohne ihren HErrn („meinen HErrn“, V. 13) aushalten konnte. Und demnach wäre sie schon beim Grabe gewesen, als die anderen Frauen - über die Johannes offenbar nicht die Aufgabe hat, etwas zu berichten - ihr zeitlich (etwas) später nachkamen. - Die Schrift hat uns alles dies nicht so aufgezeichnet, daß wir jede Einzelheit in die zeitliche Reihenfolge bringen können, aber kommt es etwa darauf an? Die Anschaulichkeit gewinnt doch am meisten dadurch, daß jeder Beobachter das herbeibringe - und zwar in der Schrift unter der wörtlichen Inspiration des Geistes -, was ihm wichtig scheint (in Wirklichkeit: was Gott wichtig ist!); das Gesamtbild dann nachher ist so überwältigend klar, wie (hier in unserem Falle) eben nur die kostbare, über alles herrliche Tatsache der Auferstehung unseres Herrn Jesus Christus sein kann. Gepriesen sei Sein Name immerdar!

 

Frage 6

Bitte um Aufklärung über die Bedeutung von Joh. 2,1-11.

Antwort A

In Joh. 2,1-11 sehen wir den HErrn bei einer Hochzeitsgesellschaft. Wie ist der HErr dorthin

gekommen? Wir dürfen annehmen, daß Er auch hier wie immer Sich kindlich bestimmen ließ vom Vater betreffs der Umstände, ob und was und wie Er reden, wo und wann und wie Er helfen sollte (V. 4). (Für uns, für unseren Wandel ist es wichtig zu wissen, daß es vom Übel ist, sich vom Fleisch, von den auftauchenden selbstsüchtigen Gedanken leiten zu lassen.) Nach den Evangelien hat der HErr kein einziges Wunder zu Seinem persönlichen Bedarf getan. Alles, was Er tat, ging darauf hinaus, zu helfen und zu erfreuen, wie auch hier bei der Hochzeit zu Kana. Hier gab der HErr eine Probe dafür, daß Er Mangel in Überfluß verwandeln konnte. Leere Menschenherzen kann Er noch heute mit Frieden, Freude und Kraft erfüllen ... „Ich bin gekommen, daß sie Leben und Überfluß haben ...“ (Min.- Bibel Joh. 10,10b).

C. L.

Antwort B

Wie der Apostel Johannes in Kap. 20,30.31 anzeigt, hat er diese „Zeichen“ aus vielen anderen ausgewählt zu dem Zwecke, „daß ihr glaubet, Jesus sei Christus, der Sohn Gottes, und daß ihr durch den Glauben das Leben habt in Seinem Namen“. Das Wunder bei der Hochzeit zu Kana ist „das erste Zeichen“, auf welches hin Seine erstgeworbenen fünf Jünger glaubten und Seine Herrlichkeit sahen, wie Johannes, der dabei war, selbst bezeugt (1,14): „Wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit.“ Also schon bei diesem ersten Zeichen fing der Glaube bei den Jüngern Jesu an, daß Er Christus, der Sohn des lebendigen Gottes sei, wie sie es später offen bekannten. Vgl. Matth. 16,15.16; Mark. 8,29; Luk. 9,20; Joh. 6,69. Bei der Hochzeit zu Kana trat also Jesus, der Sohn Gottes, in Seiner Herrlichkeit hervor für die, welche darauf merkten.

Hieraus ergibt sich folgende Bedeutung: 1. Jesus und Seine Jünger wurden auf die Hochzeit geladen. Wer Jesum, den Sohn Gottes, und Seine Jünger zu solchen häuslichen Festen ladet und aufnimmt, der versieht sich mit dem besten Segen, den man sich nur denken kann. Vgl. Matth. 10,40; Joh. 13,20; Hebr. 13,2; Matth. 25,40.

2. Es scheint, daß Jesus und Seine Jünger nur sozusagen zufällige Gäste waren und daß die jungen Eheleute arm waren, so daß der Mangel sofort bemerkbar war. Sie hatten also nicht soviel Wein, daß sich die Gäste betrinken konnten, wie der Speisemeister von anderen Hochzeitsfesten mitteilt. Sie haben aber den Sohn Gottes trotz ihres Mangels mit Seinem ganzen Gefolge geladen und wurden dafür auch irdisch gesegnet.

3. Die Mutter Jesu kannte Ihn aus eigener Lebenserfahrung schon besser als alle anderen. Ihr Hinweis auf die Not war nicht nötig, aber die Not war Jesu nicht der maßgebende Teil, sondern der Wille Seines himmlischen Vaters. Erst wenn die Stunde des Vaterwillens ist, dann ist auch Seine Stunde. Hier konnten alle den verborgenen Zusammenhang des Vaters im Himmel mit Seinem Sohne wahrnehmen.

4. „Was Er euch sagt, das tut“; hiermit bezeugt Maria selbst, daß Jesus in Verbindung mit Seinem himmlischen Vater wirke und hier nur Gehorsam nötig ist, alles andere ergibt sich von selbst.

5. Füllet die Wasserkrüge mit Wasser.“ Hier tritt der Unterschied zwischen einem Menschen und dem Sohne Gottes hervor. Ein Mensch kann an Elementen nichts ändern, der Sohn Gottes macht Wasser

zu Wein, erhebt Geringes, Einfaches zu Höherem und Herrlicherem. Später bekannten Seine Jünger: „Nun wissen wir, daß Du alle Dinge weißt und bedarfst nicht, daß Dich jemand frage; darum glauben wir, daß Du von Gott ausgegangen bist.“ Joh. 16,30.

6. Die Güte des Weins wird besonders hervorgehoben. Wie bei Gott in Seiner Schöpfung alles sehr gut war (1. Mose 1,31), so ist auch das, was Jesus tut und getan hat, unübertrefflich. Wenn Er einen Menschen zu einer neuen Schöpfung macht, ist es gleicherweise aus etwas Geringem und Schlechtem etwas überaus Herrliches. (Joh. 17,22; 2. Kor. 5,17.)

7. Man hat das Wunder ein „Luxuswunder“ genannt, aber Jesus befürwortet nicht den Luxus, sondern die Ehre Gottes. Daher ist es ausgeschlossen, daß dieses Ehepaar dem Luxus huldigte, aber Sein hundertfältiges Belohnen durften sie erfahren. (Matth. 19,29; 10,40-42.)

8. Auf Grund dieses Wunders wird oft das sich Betrinken zu beschönigen gesucht. Es wäre natürlich auch noch nachzuweisen, ob dieser beste Wein, von Jesu geschaffen, überhaupt betrunken machte. Aber auch den Fall angenommen, ist es doch außer aller Frage, daß bei dieser Hochzeit keine Betrunkenheit vorgekommen ist. Wo der Herr Jesus als der Sohn Gottes offenbar wird, können Menschen nicht mehr den fleischlichen Lüsten und Begierden frönen. Er, der Heilige, übte auch in der Gesellschaft einen solchen Einfluß aus, daß alles Ungöttliche und Unheilige ausscheiden mußte. Es ist ja auch jetzt noch so, daß gottgeweihte Persönlichkeiten einen solchen Einfluß auf Weltmenschen haben, daß diese in ihrer Gegenwart nicht wagen, etwas Böses zu tun. Möchten doch alle, die bei solchen Festen teilnehmen, diesen Einfluß mitbringen, dann würde in vielen Fällen ein anderer Ton angeschlagen werden und ein anderer Geist herrschen. So ist auch das Essen und Trinken Jesu mit den Zöllnern und Sündern aufzufassen. (Matth. 9,9-13.)

9. Das Beste kommt bei dem Herrn Jesus zuletzt und nicht zuerst, wie bei der Welt. „Die Welt vergeht mit ihrer Lust“ und wird immer öder und abgeschmackter. Der Herr Jesus gibt lebendiges Wasser, das ins ewige Leben quillt.

Wo Jesus Christus bleibt der HErr,

Wird's alle Tage herrlicher!

So war's, so ist's, so wird es sein

Bei Seiner heiligen Gemein'.

F. Th. H.

Antwort C

Wenn wir die sinnbildliche Bedeutung der „Hochzeit zu Kana“ betrachten, so ist es durchaus nicht einerlei, ob da steht: „am 3. oder 6. oder 8. Tage ward eine Hochzeit“. Wenn es heißt am 3. Tage, so hat das eine besondere Bedeutung; und das um so mehr, als auch zuvor immer wieder gesagt wird: „des folgenden Tages“. Es handelt sich also um eine Aneinanderreihung von Tagen, die mehr als einen buchstäblichen Sinn, die eine vorbildliche Bedeutung haben.

Dies wird auch bestätigt durch die mehr als 100 Kilometer große Entfernung zwischen Bethanien (wo Johannes war, Joh. 1,29) und Kana in Galiläa, wohin Jesus ging. Wenn der Tag in Joh. 1,43 als

Johannes war, Joh. 1,29) und Kana in Galiläa, wohin Jesus ging. Wenn der Tag in Joh. 1,43 als Abreisetag angenommen wird, so konnte die Reise doch nicht in weniger als drei Tagen beendet werden. Aber nicht nur dieses, auch der ganze Zusammenhang weist auf eine sinnbildliche Bedeutung dieser „Tage“ hin. Um diesen 3. Tag zu verstehen, ist es wichtig, auch die anderen „Tage“ zu beachten.

Vom 3. Tage (Joh. 2,1) ausgehend - rückwärts - finden wir

den 2. Tag in Kap. 1,43-51 und

den 1. Tag in Kap. 1,35-42.

Nun aber finden wir in Kap. 1,29 nochmals ein „des folgenden Tages“. Was bedeutet dies? Gehen wir nun von diesem Tage des 29. Verses aus vorwärts, so finden wir

den 1. Tag in Kap. 1,19-28 und den folgenden,

den 2. Tag in Kap. 1,29-34 und

den 3. Tag in Kap. 1,35-42,

so daß wir also gleichsam zwei Reihen von je 3 Tagen haben, und zwar ist der 3. Tag der 1. Reihe zugleich der 1. Tag der 2. Reihe.

Die 1. Reihe von drei Tagen (Joh. 1,19-42) steht mit dem Werke Johannes des Täufers in Verbindung. Die 2. Reihe (Joh. 1,35 - 2,11) steht mit dem Werke des HErrn in Verbindung. In beiden Reihen ist jeder Tag vorbereitend für den folgenden.

Der 1. Tag der 1. Reihe (Joh. 1,19-28) ist der Tag der Ankündigung des Messias. Das ganze Volk stand in der Erwartung des Messias. (Luk. 3,15.) Als der letzte der Propheten beendet Johannes der Täufer diesen Tag mit dem Zeugnis, daß Er da sei; obwohl noch unbekannt, aber doch schon mitten unter ihnen. (Joh. 1,26.)

Der 2. Tag (Joh. 1,29-34) enthält die Bekanntmachung und persönliche Kennzeichnung des Messias durch Johannes den Täufer: „Dieser ist es“ (V. 30 u. 33), und zwar sowohl „das Lamm Gottes“ (V. 29) als auch „der Sohn Gottes“ (V. 34).

Der 3. Tag im Zeugnis Johannes' enthält den Schlußdienst des Täufers (Joh. 1,35-42). Es ist der Tag der Überweisung und des Überganges von der Jüngerschaft Johannes des Täufers zur Jüngerschaft Jesu.

Dieser 3. Tag, der der Schlußtag im Zeugnis Johannes' ist, ist nun zugleich der Anfangstag des Dienstes Jesu. Er enthält den Dienst beider. Der Dienst Johannes' endet und der Dienst des HErrn beginnt an diesem Tage, so daß dieser Tag der Schlußtag der ersten Reihe und zugleich der Anfangstag der zweiten Reihe ist.

Wir kommen nun zu den drei Tagen der oben erwähnten zweiten Reihe (Joh. 1,35 - 2,11), jenen drei Tagen, die mit dem HErrn in der Ausführung des Ratschlusses Gottes verbunden sind.

Der 1. Tag (Joh. 1,35-42) zeigt uns den Tag der Gemeinde. Der HErr sammelt die, welche Ihn als den

Christus, das Lamm Gottes, erkannt haben, um Sich und führt sie zu dem Platze, „wo Er Sich aufhält“. An diesem 1. Tage befinden wir uns heute: Menschen erkennen und erfassen Ihn im Glauben als das Lamm Gottes und werden der Gemeinde hinzugetan, die „Sein Haus“ ist, wo Er Sich aufhält. Dieser erste Tag naht jetzt seinem Ende.

Der 2. Tag (Joh. 1,43-51) zeigt die Wiederaufnahme der Geschichte Israels nach der Entrückung der Gemeinde. Jetzt wird von Ihm geredet als von Dem, von welchem „Moses im Gesetz geschrieben und die Propheten“ (V. 45); und wir finden in Nathanel unter dem Feigenbaum den wahren Israeliten, in welchem kein Trug ist. (Der Feigenbaum ist ein Bild des jüdischen Volkes, Luk. 13,6-9.) Es ist der Tag, an dem die Decke von Israels Augen weggenommen wird (2. Kor. 3,16) und es den HErrn erkennt und Ihn (gleich Nathanael) bekennt als den Sohn Gottes.

Der 3. Tag enthält das „ Größere“, wovon der HErr zu Nathanael sprach (Joh. 1,50.51). Dieser 3. Tag ist der Tag der Offenbarung Seiner zukünftigen Herrlichkeit auf Erden als des Herrschers über alle Werke Seiner Hände (Ps. 8). Von diesem 3. Tage heißt es Joh. 2,11: „Er offenbarte Seine Herrlichkeit“. Das Wunder auf der Hochzeit zu Kana wird nicht ein Wunder, sondern ein „Zeichen“ genannt. Zwischen „Wunder“ und „Zeichen“ besteht ein Unterschied. Nicht alle Wunder sind Zeichen. „Zeichen“ tragen eine tiefe, sinnbildliche Bedeutung in sich. Dieses Zeichen in dem Wunder zu Kana war eine Zeichenoffenbarung Seiner zuk ünftigen Herrlichkeit auf Erden, wenn das Wasser der Reinigung wird zum Wein der Freude werden.

In diesem Zeichen am 3. Tage werden wir in der „Hochzeit“ zu den Anfangsgedanken Gottes über den Menschen zurückgeführt nach dem Garten Eden (1. Mose 2,21-25). Er bringt Seine Anfangsgedanken zur Ausführung, indem Er die Sünde der Welt wegnimmt. Israel (im Bilde die „Mutter Jesu“, vergl. Jes. 9,6: „ein Kind ist uns geboren“, Röm. 9,5: „aus welchen, dem Fleische nach, der Christus ist“) beginnt in jener Zeit für Ihn zu wirken und fordert zum Glaubensgehorsam auf: „Was... Er sagt, tut“ (V. 5). Auch sie (die Mutter - Israel) bringt den Mangel des Weines vor Ihn, aber Er weiß die rechte Stunde, wann Er ihn geben kann. Zweierlei mußte offenbar werden: 1. daß sie keinen Wein mehr hatten und 2. daß kein Wasser zur Reinigung da war. Die Krüge waren leer geworden. Wie furchtbar werden die Tage der großen Trübsal sein, die der Offenbarung Seiner Herrlichkeit (die mit dem Wein der Freude verbunden ist) voraufgehen! Dann wird es in Wahrheit heißen: „Sie haben keinen Wein“. Keine Freude wird es mehr in der Welt geben; und die Gefäße, die für die Reinigung der Menschen aufgestellt sind, werden dann ganz besonders ihre Leere, ihr völliges Versagen offenbaren. Ja, unser Wein muß zu Ende gegangen sein, erst dann kann Er uns Seinen Wein geben. Er gibt aber nicht ohne weiteres den Wein. Er beginnt mit dem Wasser (Reinigung) und verwandelt dieses (Er schafft nicht neuen) in Wein. Manche möchten den Wein ohne das Wasser. Die „Diener“, die Knechte Christi, die nach Seinem Worte handelten, sie kennen das Geheimnis Seines Weines, aber der Speisemeister, der eigentliche Festordner, war unwissend und fand es verkehrt, daß der gute Wein bis zuletzt aufbewahrt war. Ja, der HErr gibt den besten Wein zuletzt. Die größte Freude erwarten wir noch, ja, sie erwartet uns noch! Gelobt sei Er!

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Kostbare, vielseitige Antworten sind uns hier geschenkt. - Ich möchte zunächst hinweisen auf Frage

16 in Band II, in der die nur scheinbar harte Redeweise des HErrn gegenüber Seiner Mutter ins rechte Licht gerückt ist. Und wie ging sie auf Seine Gedanken ein! (V. 5.) - Dann betrachte ich mit ein paar Worten die Verschiedenheit zwischen den Personen von V. 10 und Kap. 1,51 („Sohn des Menschen“). Was tut „jeder Mensch“ (Luther: „jedermann“)? er gibt zuerst das Beste, was er hat - aber Er, „der Sohn des Menschen“, machte umgekehrt. Alles Tun der Menschen endet mit einem Mißerfolg, nicht so Seines! Und so wird's jeder einzelne erfahren, der sich Ihm anvertraut, und so erfährt's, wie Antwort C zeigt, dereinst - und vielleicht, wie bald! - Israel, Sein Volk der Wahl! Nach dem Wasser der Reinigung, der Läuterung und darum der Trübsal („der großen Drangsal“) wird der Wein der Freude Israels Teil, nach den Tagen der Menschen, der Feinde Gottes, kommt der Tag der Offenbarung der Herrlichkeit „des Sohnes des Menschen“. - Aber auch Seine Gemeinde heute erfährt etwas von dem Handeln von „jedermann“, und das ist nicht lieblich und köstlich, und sie wartet auf die Herrlichkeit Dessen, der sie für Sich erkauft hat und der Selber keinen Tag länger als nötig verzieht, ehe Er die völlige Freude offenbart, die niemand von uns nehmen wird (Joh. 16,22); dann ist „jedermann“ mit seinem Tun am Ende. Dann, wenn „Seine Stunde gekommen“ ist - was wird das für Herrlichkeit sein!

Und dazu noch ein kleiner Gedanke: Der Speisemeister hält den Bräutigam für den Geber des guten Weines. Er wußte es ja nicht anders, doch hierin ist fein angedeutet, daß Der, der sinnbildlich den Charakter des Bräutigams trägt, der Herr Jesus - so hier in Kap. 2 und so auch in Kap. 3 (V. 29!) - von denen, die hienieden als die Festordner der irdischen Freuden erscheinen, die es den Menschen so schön und bequem machen wollen, wie sie nur können, ob in moralischer oder religiöser Hinsicht - daß Er von diesen nicht erkannt wird als der alleinige Geber der vollkommenen Freude und des wahren bleibenden Glückes. Was „jedermann“, was ein irdischer Bräutigam tut, das weiß die kluge Welt, was aber der himmlische Bräutigam zu tun imstande ist und so gern tut, das wissen nach Kap. 2 nur „die Diener“ (d. h. die, die Seinem Worte gehorsam sind) und nach Kap. 3 „die Braut“ und „der Freund des Bräutigams“! Kennst du, kennen wir Ihn, den Herrn Jesus als den Bräutigam? Freuen wir uns auf die Hochzeit, „die Hochzeit des Lammes“? Offenb.19.)

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

„Was suchet ihr den Lebendigen unter den Toten?“

Luk. 24,5.

Geht uns diese Engelsfrage etwas an? Sind wir Menschen, denen der Stein von der Gruft weggewälzt ist (V. 2), die dennoch den Vorwurf jener „zwei Männer in strahlenden Kleidern“ verdienen, daß wir den Lebendigen unter den Toten suchen? Was heißt denn das? Nun, den Weibern, die damals in ihrer Liebe zu ihrem gestorbenen Meister an das Grab eilten, um Ihm ihre Sorge für Seinen Leib zu erweisen, denen Seine Auferstehung etwas kaum Erhofftes war, denen konnte diese Frage weniger ein Vorwurf als eine Mahnung an das, was Er ihnen gesagt hatte (V. 6), sein, denn „sie kannten eben

die Schrift noch nicht, daß Er aus den Toten auferstehen mußte“ (Joh. 20,9). Sie mußten in eine schwere Ratlosigkeit gekommen sein (V. 4), als sie das leere Grab sahen, und dieser inneren Not, die sie durchmachten, zwischen Furcht und Hoffnung schwebend, kommen die „dienstbaren Geister“ (Hebr. 1,14) zu Hilfe, um jenen Treusten Seiner Getreuen die herrliche Tatsache Seiner Auferstehung und damit ihrer Befreiung aus aller Not und Sorge aufzudecken.

Aber sagt das Wort auch uns etwas? Sicher, denn es ist ein inspiriertes Schriftwort, und ebenso wie das köstliche „Er ist nicht hier“ (V. 6), das sich zunächst nur auf die Örtlichkeit des Grabes bezieht, einen tiefen, bleibenden Sinn hat, nämlich wenn wir es beziehen auf diese Erde, die Wüste, das Tränental, aus dem Er für immer entrückt ist, - ebenso enthält jenes Wort aus Vers 5 eine ernste Bedeutung für uns! Gewiß nicht in dem Sinne, als ob wir, Seine Erlösten, „wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten“ (1. Petr. 1,3ff.), noch irgend zweifelten daran, daß Er auferstanden ist - nein, täten wir das, so wäre unser Christentum löcherig und ruhte auf schwachem Grunde (vergl. 1. Kor. 15!). Aber in anderer Hinsicht sind noch heute Kinder Gottes leicht in Gefahr, sich obiges Wort als Vorwurf zuzuziehen. Wie das? Nun, teure Geschwister, der Lebendige, der Auferstandene ist bei den Lebendigen, in der Mitte derer, die durch Seinen Tod und Seine Auferstehung das Leben haben, die „mit Ihm wie in der Gleichheit Seines Todes, so auch in der Seiner Auferstehung eins gemacht sind“ (Röm. 6,5); in deren Mitte ist Er zu finden, aber nicht bei den Toten, d. h. denen, die noch tot in Sünden und Übertretungen sind (vergl. Eph. 2). Und wie viele teuer Erkaufte halten sich noch da auf, suchen noch ihre geistliche Nahrung an Plätzen, von denen sie durch Christi Tod und Auferstehen wie Er für immer gelöst sein sollten! Volk Gottes, das du erlöst bist durch Sein Blut „von dem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel“ (1. Petr. 1,18) (Luther: „dem Wandel nach väterlicher Weise“) - wo suchst du deinen HErrn? Im Kreise der Lebendigen oder bei den Toten? Soll ich noch deutlicher werden? Sind unter den Lesern der „G. H.“ etwa noch solche, die es über sich gewinnen, Predigten unbekehrter„Diener des Wortes“ anzuhören und mit Unbekehrten zusammen das Abendmahl zu genießen, überhaupt an religiösen Einrichtungen teilzunehmen, die von der religiösen Welt veranstaltet sind und als „Gottesdienste“ bezeichnet werden, um in ihnen den HErrn zu suchen und zu verehren? Geschwister, tut das nicht! Tretet bewußt auf den Auferstehungsboden des Herrn Jesus! Er wurde nicht gefunden bei den Toten - sucht ihr Ihn auch nicht mehr bei ihnen! Sie können Ihn euch nicht zeigen, auch wenn sie sich Mühe geben, es zu tun. Sie stehen noch „unter der Gewalt der Finsternis“ (Kol. 1,13, vergl. Apgesch. 26,18!), wie können sie euch den Lebendigen zeigen und euer Sehnen nach Ihm befriedigen?! Entehret nicht den Gebieter, der uns erkauft hat (vergl. Jud. V. 4), indem ihr Ihn, den wir, die Seinen, kennen lernten als den Sieger über Sünde und Tod, der für uns der Inbegriff des Lebens wurde (Phil. 1,21), bei denen suchet, die ohne oder mit Willen Seine Feinde sind, die z. B. Seine Gottessohnschaft ablehnen, Seine leibliche Auferstehung leugnen oder etwa die Notwendigkeit der Wiedergeburt und Bekehrung nicht anerkennen (indem sie den alten Menschen für verbesserungsfähig halten! vergl. Röm. 6), und somit Sein Blut, Seinen Tod, Seine Auferweckung praktisch verleugnen usw. Können sie dir den Lebendigen zeigen?

„Was suchet ihr den Lebendigen unter den Toten?“ Bruder, Schwester, wo gehört ihr hin? Ihr gehört - ihr und ich - in die (christliche) Gemeinde desHErrn, wo Er in der Mitte ist (Matth. 18,20, vergl. Joh. 20,19ff.). Dort findet ihr Ihn, dort, wo Seine Heiligen und Geliebten gelöst sind von dem Wesen der Welt, wo die wahrhaftigen Anbeter Ihn und den Vater anbeten im Geist und in der Wahrheit (Joh. 4,23). Dort unter den durch Seine Kraft Lebendigen, dort weilt durch Seinen Geist der Lebensfürst,

dort offenbart Er Seine Herrlichkeit, und dorthin gehören wir! Wo bist du?

F. K.

Drei Lichter.

(Psalm 104; Offenb. 22,17.)

Dieser kostbare Psalm 104 hat Jehova zum Mittelpunkt, der auf die Erde schaut und die Geschicke der Erde letzten Endes in Seiner Hand hat.

„Es muß alles gehen, wie Er es will;

Schweig, sei still, schweig, sei still“,

so heißt es am Schluß eines Liedes.

Die Verse 19-21 zeigen uns ein Licht, das kalte Licht des Mondes, von welchem keine erwärmenden und heilenden Strahlen ausgehen können. Dieses Licht des Mondes wird mit der Nacht in Verbindung gebracht, mit der Finsternis, die Kälte in sich birgt. Diese Nacht und Finsternis wiederum steht in Beziehung zu den Tieren des Waldes, zu den jungen Löwen, die nach Raub brüllen und Speise fordern (nicht darum bitten).

In den Versen 22 und 23 geht ein anderes Licht auf, die Sonne. Mit ihrem Aufgang vollzieht sich eine Änderung. Zunächst verschwinden die wilden Tiere, die Bestien; sie ziehen sich zurück in ihre Höhlen. Dafür geht der Mensch an sein Tagewerk und vollendet seine Arbeit bis zum Abend.

Die aufgehende Sonne bewirkt mit ihren wärmenden, alles durchdringenden Strahlen eine ganz neue Situation.

Das sind Bilder, kostbar ernste Bilder!

Zurzeit leben wir in der Nacht. Der Mond herrscht und regiert. Sein Licht vermag keine Wärme und keine Lieblichkeit hervorzubringen. Statt dessen regen sich die „Tiere des Waldes“, die „jungen Löwen“, die „Bestien“. - Die Bestie „Mensch“ hat sich enthüllt und ihre Wirksamkeit angetreten. Das „Bitten“ ist verschwunden. Um so mehr wird „gebrüllt“ und „gefordert“. Wir leben jetzt in der Zeit des Forderns, in der Zeit des Raubens, in der Zeit der Gewaltakte, in der tiefen, dunklen, kalten Nacht.

Alles jedoch hat seine Zeit, auch die Nachtzeit ist begrenzt; es bleibt nicht so.

Nach Maleachi 4 wird die Sonne aufgehen, die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln (V. 2).

Mit ihrem Aufgehen gibt es eine Situationsänderung; alles wird anders, alles wird neu. Die „Brüller“, die „Forderer“ verschwinden in ihren Höhlen. Mit der „Bestie“ - „Mensch“ wird abgerechnet. Die Übermütigen und die Täter der Gesetzlosigkeit werden zu Stoppeln, weder Wurzel noch Zweig wird ihnen gelassen werden (Mal. 4,1).

Die wärmenden Strahlen der Sonne bringen Heilung und Gesundung auf der ganzen Erde. Der Mensch erscheint (die Bestie ist verschwunden), er geht an sein Tagewerk, an seine Arbeit, und

vollendet sie bis zum Abend. Die herrliche Zeitperiode des Tausendjährigen Reiches ist angebrochen. Jes. 11 ist zur Wahrheit geworden. Welch eine Zeit der Herrlichkeit und Freude, die Zeit des Tages und der völligen Gesundung! Das Licht der Sonne regiert. -

Nun redet aber die Schrift noch von einem anderen, von einem dritten Lichte, von dem glänzenden Morgenstern (Offenb. 22,16.17). Dieses Licht hat eine Art vermittelnde Stellung, es ist das Licht vor dem Lichte.

Gleich nach, gewissermaßen noch in der dunklen Nacht erscheint dieser hellglänzende Morgenstern. Er zeugt von dem nahenden Ende der Nacht und dem bevorstehenden Aufgehen der Sonne.

Wir sind beglückt über dies kostbare Bild und hören in dem eben angeführten Worte, wer dieser glänzende Morgenstern ist. - Wir wissen auch, daß, nachdem die Nacht ihren tiefsten und dunkelsten Punkt erreicht hat, der Morgenstern bald aufgehen muß.

Bald, bald kommt jener Augenblick. Er bedeutet Wonne und Entzücken für die Erlösten des HErrn, für Sein mit Seinem Blut erkauftes Volk.

Welch ein Augenblick wird das sein! Sie werden weggenommen, diese Erlösten und mit Blut Erkauften. Man wird sie suchen, wie man einst Henoch gesucht hat (Hebr. 11,5), man wird sie nicht finden, wie man einst Henoch nicht gefunden hat. Ja, welch ein Augenblick! - Die Bestien werden über die zurückgelassene Habe der Erlösten herfallen und werden rauben und sich in unseren früheren Hütten festsetzen.

Nicht lange währt ihre Freude. Der erschienene Morgenstern zeugt ja auch von der bald aufgehenden Sonne, welche den Bestien und Brüllern und Forderern keinen Raum mehr läßt.

Das Suchen nach den Erlösten, das Rauben ihrer zurückgelassenen Habe gibt ihnen ungewollt eine leise Vorahnung des Entsetzens über die schon heraufsteigende Sonne der Gerechtigkeit, die mit ihnen abrechnen wird.

Wir, Sein Volk, sind dabei längst beglückt, hochbeglückt eingeführt in die himmlischen Örter im Vaterhaus bei Dem, den jetzt unsere Seele liebt.

Rufen wir im Blick auf den nahenden glänzenden Morgenstern: „Komm, Herr Jesu!“

Kaufen wir aber auch die noch so kurz vor uns liegende Zeit aus, daß Sein Reich gebaut wird, daß das kostbare Evangelium noch verkündigt werden kann, und sorgen wir dafür als rechte Haushalter, daß bei dem Aufgehen des Morgensternes, bei der Ankunft unseres geliebten HErrn die Beute für die Brüller, für die Forderer, für die Bestien nicht so groß wird!

Sind wir treu und gewissenhaft auch in bezug auf den uns anvertrauten Besitz?

Mehr, vielmehr noch könnte geschehen. Viel, viel ist noch der Arbeit.

W. W.

„Seid nüchtern zum Gebet.“

(1. Petr. 4,7.)

(1. Petr. 4,7.)

Wir leben in ernster Zeit. Jedes Kind Gottes spürt die Macht der Finsternis, sieht, wie Satan die Welt regiert, fühlt, daß das Ende aller Dinge nahe gekommen ist, und dringender als je mahnt der Heilige Geist: „Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet!“ Und wie viel sind der Dinge, die uns heute zum Gebet mahnen! Haben wir nicht oftmals mit einem Amen im Herzen gesungen:

Ja, ich glaub‘, Gott hört Gebet;

Ja, ich weiß, Gott hört Gebet;

Ganz gewiß, Gott hört Gebet;

Ehre sei dem HErrn!

Ermuntert uns eine solche Gewißheit der Erhörung nicht zum Verharren im Gebet und zum Wachen in demselben mit Danksagung? (Kol. 4,2.)

Es ist ein göttlicher Grundsatz, der durch die ganze Schrift geht und der unsere Herzen tief bewegen sollte, daß Gott in allem, was Er tun will, Sein Volk mit Sich verbindet. Er offenbart Sich den Seinigen, und durch Seinen Geist leitet Er sie so, daß sie in Übereinstimmung mit Seinem Herzen und Willen sind, so daß sie bitten um das, was nach Seinem Rate ist und was Er Sich vorgesetzt hat zu tun. Die Ausführung Seines Willens dann ist für sie zugleich auch die Erhörung ihrer Gebete.

Laßt uns einige Beispiele hierfür in der Schrift betrachten!

Zunächst ein Beispiel aus dem Leben Abrahams (1. Mose 18): Ehe Gott etwas betreffs Sodoms tut, sagt Er: „Sollte Ich vor Abraham verbergen, was Ich tun will?“ Die Folge ist, daß eine der rührendsten Bitten, die je über Menschenlippen geflossen, über Abrahams Lippen kam. Wie wunderbar, Gott enthüllt Abraham Seine Absichten, damit Abraham für die gottlose Stadt im Blick auf die Rettung der Gerechten bitten mag. Dies ist das erste Gebet von einiger Länge, welches Gott in Seinem Worte hat aufzeichnen lassen. Und ist es nicht beachtenswert, daß dies erste Gebet ein Gebet ist um die Errettung und das Heil verlorener Menschen?

Ein anderes Beispiel: Wegen seiner Sünde will Gott das Volk in Seine Zucht nehmen. Aber nicht eher hält Er den Regen zurück, als bis Sein Knecht Elias darum gebeten hat. „Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir; und er betete ernstlich, daß es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf Erden drei Jahre und sechs Monate.“ Und als Gott Regen geben wollte, tat Er es wiederum nicht ohne das Gebet Seines Knechtes: „Und wiederum betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“ (Jak. 5,17.18; 1. Kön. 18.) Als Antwort Gottes auf Elias Gebet regnete es.

Diese Beispiele sind aus der Vergangenheit; laßt uns sehen, ob derselbe Grundsatz auch für die Zukunft gilt. Gott hat uns gesagt, daß ein Tag kommt, da der verachtete, zertretene Same Jakobs soll gesammelt und in das Land zurückgeführt werden. Auch dieses soll geschehen als eine GebetsAntwort. Wir lesen Jes. 62,6.7: „Auf deine Mauern, Jerusalem, habe ich Wächter bestellt; den ganzen Tag und die ganze Nacht werden sie keinen Augenblick schweigen. Ihr, die ihr Jehova erinnert, gönnt euch keine Ruhe und laßt Ihm keine Ruhe, bis Er Jerusalem befestigt und bis Er es zum Ruhme macht auf Erden!“ - Wie köstlich! Auch hier sehen wir wieder, daß Gott Seine Treuen so

mit Sich in Seinen Plänen verbindet, daß die Ausführung Seiner Vorsätze zugleich auch die Antwort Auf ihre Gebete ist. Es ist Seine Freude, Sein Volk im Gebet zu sehen, und Er ermutigt uns darin, um Seine Vorsätze auszuführen.

Und finden wir dieses alles auch heute auf uns angewandt? Was ist Sein Wille heute? Allgemein gesagt: Er will Menschen durch die Botschaft des Heils in Christo erretten von der Sünde, von der Macht Satans und vom kommenden Zorn. (Wir wollen hier nicht weiter Seine Vorsätze über die, welche gerettet sind, berühren.) 1. Tim. 2,1ff. werden wir ermahnt, „für alle Menschen“ zu beten. Warum? Weil „es gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott ist, welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“. Gott will jedem Menschen jetzt nicht als „Richter“, sondern als „Heiland-Gott“ begegnen. Deshalb verbindet Er durch Seinen Geist Seine Kinder mit Sich und Seinen Plänen und leitet sie zu beten für alle Menschen.

Lieber Leser, hast du dieses gesegnete Vorrecht verstanden? Du sollst in Gemeinschaft mit dem seligen Gott sein in der Rettung verlorener Seelen. Seit 1900 Jahren (ich spreche nur von dem gegenwärtigen Zeitalter) ist Gott damit beschäftigt. Wieviel bist du damit beschäftigt? Wie weit beschäftigt dich dies jeden Tag, den du lebst? Denkst du, Gott wird das doch vollführen und Menschen retten, ob du darum betest oder nicht? Vielleicht denkt jemand: Gott hat Seine Auserwählten, ich kann ihrer Zahl nicht einen hinzufügen; Er wird sie alle erretten; meine Gebete können darin keinen Unterschied machen. Wir vermögen nicht zu sagen, welchen Unterschied dein Gebet machen kann, wir können nur sagen, daß es Gottes Freude ist, daß „vor allen Dingen Flehen, Gebete ... getan werden für alle Menschen“ (1. Tim. 2,1) und daß niemand diese Seine Stimme mißachten kann, ohne großen Verlust für sich selbst zu haben, und es kann - wer weiß? - auch Verlust für andere sein. Eines aber wissen wir (schon aus Tatsachen und Erfahrungen), daß Gott Seelen rettet als Antwort Auf das Gebet.

Und nicht nur sollen wir beten, daß Menschen errettet werden, sondern Gott will auch, daß sie „zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“, um abgesondert von der Welt und verbunden mit den Heiligen ihre Zugehörigkeit zu Seiner Gemeinde zu verwirklichen.

Und noch eine andere Seite. Wir leben heute in der Zeit der Erwartung der Wiederkunft des HErrn. Dies ist das nächste große Ereignis, das wir erwarten. Ein Ereignis von größter Tragweite sowohl für den Gläubigen als auch für die Welt. Ist das bedeutungslos für unser Gebetsleben? Kann unser Gebet nichts darin bewirken? Wenn Gott auf Daniels Gebet für Jerusalem Antwortete und wenn als Gottes Antwort (auf das Gebet der Wächter) Jerusalem zum „Ruhme auf Erden“ gemacht werden wird, warum soll unser Gebet nicht das Kommen des HErrn beschleunigen? Wie lauten die letzten Worte der Schrift? Höre! „Der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm!“ (Offenb. 22,17.) Dies ist das letzte Gebet in der Bibel. Das erste war für die Errettung der Menschen; das letzte ist: „Amen; komm, Herr Jesus.“ (Offenb. 22,20, siehe auch Dan. 9 u. 10.)

In allen Zeitaltern, durch die ganze Schrift hindurch finden wir, daß, die dem HErrn angehörten, in dem sehnlichen Verlangen ihrer Herzen und dem Wirken ihres Lebens immer in Übereinstimmung mit den Plänen und Absichten Gottes gefunden wurden, und so in der Ausführung Seiner Vorsätze die Erhörung ihrer Gebete und Wünsche empfingen. Ob wir die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft anschauen, es ist kein Unterschied. So war es, so ist es, und so wird es sein. Muß uns dies nicht tief berühren? Die Pläne Gottes in diesem Zeitalter, in dem wir leben, befassen sich mit der

Errettung von Menschen zum Bau Seiner Gemeinde und der Wiederkunft des HErrn zu ihrer Entrückung; und dafür haben wir zu beten.

Rufen wir das „Komm“ dem HErrn zu? Seit 1900 Jahren sagt der Geist: „Komm“, und die Braut in Übereinstimmung mit dem Geiste ruft: „Komm“! Lieber Leser, hörst du den Ruf des Geistes? Auch du sollst darin einstimmen! (Offenb. 22,17.) Ist dein Herz in dieser Bitte eingeschlossen? Weißt du, daß der HErr dieser Bitte entsprechen und kommen wird? Willst du abseits stehen und nicht von Herzen mitgerufen haben: „Komm, Herr Jesus!“?

Kam Er, als Er daß erste Mal herniederkam, nicht in Antwort Auf das Gebet? Lies den Anfang des Lukas-Evangeliums. Eine betende Schar steht draußen vor dem Tempel, und der Engel Gabriel wird gesandt, die Geburt des Vorläufers zu verkünden. Ein Simeon, eine alte Hanna erwarten Ihn mit Sehnsucht, und ihr Verlangen wird erfüllt. Und wie war es Pfingsten? Der HErr hatte gesagt: „Ich werde den Vater bitten, und Er wird euch einen anderen Sachwalter geben“ (Joh. 14,16), und die Gläubigen „verharrten einmütig im Gebet“ (Apgesch. 1), und als Antwort Auf ihr Gebet empfingen sie den Heiligen Geist.

Doch noch eins, ehe wir schließen. Ob wir beten um die Errettung Verlorener oder um das Wachstum der Gläubigen in der Erkenntnis des Geheimnisses, der Gemeinde, oder um das Kommen des Herrn, wir können nicht in Wahrheit darum beten, wenn wir selbst nicht treu und in dem rechten Zustande sind. Wenn wir wie Abraham um die Rettung anderer bitten wollen, so muß Gott auch von uns sagen können: „Ich habe ihn erkannt, daß er seinen Kindern befehle und seinem Hause nach ihm, daß sie den Weg Jehovas bewahren“ (1. Mose 18,19). Beten wir für die Zurückführung Seines Volkes zu den Anfangsgedanken des Herrn über Seine Gemeinde, und wir wollen, wie Elias, Antwort Auf unser Gebet haben, so müssen wir auch gleich Elias abgesondert von den Dingen der Ungerechtigkeit vor dem Herrn stehen. Und wenn wir wie Daniel eingeführt werden möchten in die Gedanken des HErrn und in Seine Pläne und Ratschlüsse, so müssen wir rein sein wie Daniel von den Befleckungen Babels.

„Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel“ (Jak. 5,16). Zu allen Zeiten hat Gott solche gehabt, die für Seine Rechte und die Ausführung Seiner Pläne betend eintraten. Wenn das Verderben überhand nahm, so daß Gott in Gericht eingreifen mußte, sei es in den Tagen Noahs, Lots, sei es mit Israel oder mit der Gemeinde, immer hatte Er einzelne, die sich heraus- und zurückführen ließen zu den Ursprungsgedanken Gottes. „Ihr, was ihr von Anfang gehört habt, bleibe in euch“ (1. Joh. 2,24.) Gehörst du dazu, lieber Leser? Hast du dich zurückführen lassen zur Apostellehre, zu dem, was wir von Anfang an gehört haben?

Möchte auch heute, in den Schlußtagen Seiner Gemeinde, sich die Zahl solcher vermehren, die in Herz und Wandel so gelöst sind von der Welt und den religiösen Satzungen und Einrichtungen der Menschen, daß sie kämpfend eintreten können für die Heiligen Gottes und für die Wahrheit, und die da wartend rufen: „Komm, Herr Jesus“ und zugleich: „Wen da dürstet, der komme; und wer da will, nehme das Wasser des Lebens umsonst!“

(E.) - v. d. K.

„Im Tale Ono.“

Nehem. 6,2.

Kennt der Leser, kennen wir dies Tal, das Tal Ono? Haben wir vielleicht schon das eine oder das andere Mal in unserem Leben Bekanntschaft mit diesem Tale gemacht? Ich fürchte!

Was sollte in diesem Tale von Ono geschehen? Eine Zusammenkunft der Feinde des Volkes Gottes (und darum der Feinde des HErrn, vergl. Apgesch. 9,4!), Sanballat und Geschem mit dem Knechte Jehovas, Nehemia, der beim Bau der Mauer Jerusalems war. Und diese von jenen beabsichtigte, scheinbar ganz unverfängliche, so praktisch gedachte (V. 6-8!), dabei aber anscheinend von jenen schlau vorbereitete Zusammenkunft sollte das Werk Gottes, das jenen höchst unbequem war, stören, indem dem Leiter des Werkes Schaden zugefügt, vielleicht gar der Garaus gemacht werden sollte! Wie listig ist der Feind Gottes, der Satan, wenn er die Sache Gottes zerstören geht! Wie hat er seine Knechte, die seinen Willen ausrichten, genau instruiert, damit der Plan nicht fehlschlägt! Aber der teuflische, boshafte Plan scheiterte an Nehemias Eifer für den HErrn und Seine Sache und darum an seiner Wachsamkeit über sich selbst und über die Feinde. Er hatte ein ungeteiltes Herz für den HErrn (2. Chron. 16,9), und darum erwies Sich der HErr mächtig an ihm, leitete und bewahrte ihn gegen seine Feinde, ihn, der sich selbst gegen sie bewahrte (V. 3.8.9; vergl. 1. Joh. 5,18!). Welch ein Vorbild ist uns hier der treue Knecht Gottes, dieser Nehemia, der in seinem ganzen Weg eine wunderbare Vorschattung des Herrn Jesu darstellt. Man vergleiche nur in diesem Kapitel die nächsten Verse mit Joh. 2,13-22 oder Matth. 16,21-23!

Es wird stets so sein: wo Entschiedenheit für den HErrn aus Liebe zu Ihm ist, da wird auch Entschiedenheit gegen Seine Feinde und ihre Absichten sein. Da werden die Absichten des Feindes erkannt, da stärkt Jehova Selbst die Hände und Herzen der Seinen (V. 9; Schluß!), da schärft er den Verstand, um die Pläne des Feindes zu durchschauen und sich gegen dieselben zu verwahren und vor dem Verderber geschützt zu sein. Wie kostbar sehen wir das in dem Leben Josephs oder Moses oder auch Paulus' bestätigt! Und wenn selbst Gott es zuläßt, daß die Macht des Feindes die Seinen antasten darf, so sind wir darin mehr als Überwinder, wenn unsere Herzen ungeteilt auf Seiner Seite sind (vergl. Apgesch. 7 u. Kap. 27 u. 28!).

Aber nur keine Zusammenkunft mit dem Feinde und seinen Knechten im Tale Ono! Kein Parlamentieren mit ihm, um günstigere Lebensbedingungen von ihm - unserem Feinde!! - zu erlangen! Wir sind wie Nehemia und die Seinen um lagert von Feinden, aber hinein in unsere Reihen gehören sie nicht, sie haben kein Teil am „Bauen der Mauer“ - würden sie doch auch nur niederzureißen im Herzen haben! -, kein Teil am Werk des HErrn! Und doch, wieviel „Reichsgottesarbeit“ wird heute in unmittelbarer oder mittelbarer Verbindung, oft sogar Abhängigkeit von der Welt, der religiösen Welt, dieser erbittertsten Feindin des Volkes Gottes, getan! Hüten wir uns davor! - Aber mehr als dieses! Hüten wir uns vor einem vertraulichen oder auch nur neutralen Zusammentreten, gewissermaßen außerhalb der Mauer, mit den Feinden der Sache Gottes, etwa zwecks Beratung oder Besprechung; mit allen denen, denen nicht daran liegt, das Werk Gottes nach Seinen Gedanken zu tun, die Gemeinde des HErrn, das lebendige Haus unseres Gottes zu bauen! Wir leiden so leicht Schaden, wenn wir auf den Rat der Welt und weltförmiger Christen horchen! Das Tal Ono ist leicht und bald betreten, wo diese und jene, vielleicht sogar Gläubige, uns sagen: „Gar so genau müßt ihr es doch nicht nehmen, so ist das Wort nicht zu verstehen, nur nicht zu wörtlich, das ist gesetzlich, mehr Geist, mehr Allianzgesinnung, nicht zu einseitig!“ usw., oder auch: „Du darfst dich nicht gar zu sehr von den ethisch-sozialen, religiösen und kirchlichen Bestrebungen deiner

1

O, über den erlaubten, ja frei gepredigten Schmutz der heutigen Zeit! Gott erbarme Sich unseres armen darin versinkenden Volkes! (F. K.)

Umgebung ,emanzipieren', manche philosophisch hochgebildete Männer und Frauen unserer Zeit haben sehr gute Gedanken, und wenn sie auch nicht ,gläubig in deinem Sinne' sind - nun, gar zu eng muß man nicht sein, wer nicht wider uns ist, der ist für uns, Paulus wurde auch allen alles, mehr Eingehen auf die Gedanken der ,Religiösen unserer Zeit', mehr Toleranz!“ usw. oder gar: „,Alles ist euer' sagt auch Paulus, warum nicht Konzerte, feine Vergnügen, auch mal ein kleines ,feines' Tanzvergnügen im engsten Kreise ,unter uns' oder ,ein aufklärend arbeitendes' Kino1 besuchen - man kann alles in der rechten Freiheit des Christenmenschen ,genießen' (so?), was Gott (?) hat werden und wachsen lassen! Wir sind doch frei, wir können ganz gute Christen bleiben und brauchen darum doch nicht zu vermuckern, nicht weltfremd zu werden!“ usw. Mein teurer Leser, das ist so eine kleine Blütenlese aus den Gärten des Tales Ono! Verstehst du? Wie wichtig ist es doch, sich warnen zu lassen vor der Niederung Ono! Da ist Sumpfluft! Da ist der Feind so geschäftig, uns, wenn er irgend kann, unter frommem Gewande, sogar mit (falsch angewandten) Schriftworten die Absichten Gottes zu verschleiern, uns in das Wesen der Welt zu verstricken und uns so, geistlich verstanden, den Garaus zu machen, damit wir nicht mehr fähig sind, das kostbare Werk Gottes zu treiben nach Seinen Gedanken und Seinem Wohlgefallen (Röm. 12,1.2).

1

O, über den erlaubten, ja frei gepredigten Schmutz der heutigen Zeit! Gott erbarme Sich unseres armen darin versinkenden Volkes! (F. K.)

Und noch eins! Laßt uns wohl bedenken, daß das Tal Ono nahe bei Jerusalem ist, und die Grenzlinie zwischen dem Gottwohlgefälligen und dem, was Ihn verunehrt, ist schnell überschritten, wenn wir nicht wachsam sind. Innerhalb der Mauern Jerusalems - da ist unsere Sicherheit, draußen lagert der Feind! (Vergl. z. B. Luk. 22,54ff!)

Hüten wir uns! „Unser Widersacher, der Teufel,“ geht bald „als brüllender Löwe“, bald aber auch - und so besonders heute - als „Engel des Lichts“ (2. Kor. 11,13-15!) verkleidet durch die Reihen der Kinder Gottes, um sie zum Betreten des Tales Ono in dieser oder jener Weise zu veranlassen, wo ihre Kraft gebrochen, ihre Gewißheit erschüttert, ihre Freude (am HErrn) gelähmt, ihre Glaubensenergie geschwächt, ihre Liebe zum HErrn und untereinander untergraben, ihre Gebetsmacht unterbunden, ihre Hoffnung verdunkelt, ihr Zeugnis vermischt und verwischt werden soll. „Dem widerstehet standhaft im Glauben!“ (1. Petri 5,9.) Mitpilger auf der schmalen Bahn, richtet den Blick auf Jesum! (Vergl. Hebr. 12,1-3.)

Er, unser Meister, Hirte und Hohepriester bewahre uns treu, Er gebe uns wie einst dem Nehemia durch Gnade ein festes Herz (Hebr. 13,9), damit wir in der Kraft Seines Geistes arbeiten, solange es Tag ist, da doch die Nacht nahe ist; damit Er geehrt werde durch unseren, wenn auch schwachen, so doch gottgewirkten Dienst; und damit Er, wenn Er kommt, in Gnade sagen kann zu jedem von uns: „Wohl, du guter und treuer Knecht, über weniges warst du treu, über vieles werde Ich dich setzen, gehe ein in die Freude deines HErrn!“ (Matth. 25,21.23.)

F. K.

Geleitswort an den Leser:

Du aber, o Mensch Gottes ..., strebe nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes. Kämpfe den guten Kampf des Glaubens!“ 1. Tim. 6,11.12a.

Antworten.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 7

Wir haben in der Schrift verschiedene Stellen, wo von der Liebe zu allen Heiligen die Rede ist. (Z. B. 1. Joh. 3,14.)

Wie weit umfaßt diese Liebe zu allen Heiligen Gläubige aus anderen Benennungen, und dürfen wir als Gläubige uns voneinander abschließen? Wo ist die Grenze des Zusammengehens, und wo liegen Berührungspunkte zur Einheit?

Antwort A

Die Frage ist für einen Christen unschwer zu beAntworten. „Wie weit diese Liebe gehen soll?“ Eine Grenze für Liebe von Gläubigen gibt es wohl überhaupt nicht. - Wir sollen ja nach dem eigenen Befehl unseres Meisters alle Menschen, sogar unsere Feinde, lieben, mithin die Heiligen und Gläubigen eigentlich noch mit ganz besonderem Nachdruck. (Vgl. z. B. Kol. 1,4.) Auf welcher Glaubensgrundlage der liebe Bruder oder die liebe Schwester steht, spielt dabei keine Rolle. Diejenigen Gläubigen, die ganz frei auf rein biblischer Grundlage stehen und damit vollkommen unabhängig von den Menschen, müssen bestrebt sein, noch gebundenen Geschwistern zur Freiwerdung zu verhelfen. Denn wir, die wir uns nur dem Worte Gottes in seiner Reinheit beugen, wie ja überhaupt alle Gläubigen, werden oftmals Gelegenheit haben, mit Gläubigen anderer Benennung, etwa katholisch, reformiert usw., oder auch Sektenmitgliedern (im Sinne der Heiligen Schrift) in Berührung zu kommen, ja vielleicht im Beruf oder sonstwie für einige Zeit zusammenzukommen. Sollen wir dann etwa diesen Bruder oder diese Schwester über die Schulter ansehen und uns selbstgerecht von diesen abwenden? Das wäre gegen Jesu Willen, denn Er sagt Selbst, daß

wir einer den anderen höher achten sollen als uns selbst. (Matth. 20,25-27; Joh. 13,12-15; Römer 12,5.10.13.17; 1. Petri 4,8.10 u. a.) Schon deshalb können wir niemanden hassen oder mißachten; Gottes Wort verbietet uns dies. Das müßte schon genügen. Es ist aber noch mehr, was uns daran hindert: nämlich unser Meister Selbst. Wir sollen alle Glieder an Seinem Leibe sein; wir sind in Ihm neugeboren; wir sind Seine Jünger und Schüler und müssen deshalb auch bestrebt sein, Ihm in allen Dingen zu gleichen. Hat aber Er jemals einen Menschen weniger geliebt als einen Seiner sogenannten Lieblingsjünger? Nein, alle Menschen durften von Ihm die gleiche, große Heilandsliebe erfahren, wenngleich die Seinen sie in ganz anderer Weise genießen. Selbst für Seine ärgsten Feinde, die Pharisäer, betete Er noch am Kreuze. (Luk. 23,34.) Aus diesem weiteren Grunde ist es wiederum unmöglich, daß unsere Liebe zueinander Grenzen kennen darf, weder parteiische noch sonst welche. Wir sind alle Glieder des einen Leibes, und wir können uns doch nicht sogar untereinander hassen. All das beweist mit Recht, daß es auch nicht im Sinne unseres lieben Heilandes ist, wenn wir uns gegenseitig voneinander abschließen. Wohl müssen wir uns trennen von der Welt, aber deshalb untereinander nicht abschließen. Vielmehr müssen wir, die wir die Wahrheit erkannten, erst recht unsere Liebe denjenigen kundtun, die noch an weltlichen Dingen hängen,

dadurch, daß wir ihnen die erkannte Wahrheit mitteilen und sie beim Suchen des rechten Weges unterstützen. Diese Trennung von allem Weltlichen soll für uns nicht ein Zurückstoßen, sondern ein Liebeswerben um die anderen noch in der Irre gehenden Geschwister in sich schließen. Wir dürfen jedoch unsere Liebe niemals so weit gehen lassen, das wir ihnen zu Gefallen an deren Dingen teilnehmen, sondern gerade dann, wenn wir in dieser Lage sind, warnen und werben und sie von der Wahrheit zu überzeugen suchen. Nur soweit geht die Trennung. Unsere Liebe oder, recht gesagt, die Liebe unseres Heilandes treibt uns dazu, diese armen, irregehenden Geschwister immer und immer wieder aufzusuchen und ihnen das rechte Licht zu zeigen. Eine Grenze des Zusammengehens in diesem Sinne gibt es; denn Gott verbietet uns, mit solchen zusammenzugehen, die bewußt oder unbewußt an einer der göttlichen Wahrheiten rütteln. Aber arbeiten an ihnen aus Liebe zu ihnen und aus diesem Drange heraus, das sollen wir, wo sich Gelegenheit bietet.

Wollten wir Gläubigen, die wir auf Gottes Wort gegründet sind, uns von denjenigen, die irre gehen, abschließen, dann hätten wir sicher unser Pfund, das uns Gott gab, nicht recht gebraucht. Dann müßten ja alle diese Armen in der Finsternis bleiben. Das ist aber Gottes Wille nicht. Dazu sind wir da, daß wir das Licht leuchten lassen.

Und nun zum letzten. „Wo liegen Berührungspunkte zur Einheit?“

Kurz gesagt, müßte die Antwort lauten: Im Bande des Glaubens. Überall dort, wo wir auf Glauben, und sei es der geringste, stoßen, sind Berührungspunkte zur Einheit und Anknüpfungspunkte zur Weiterhilfe.

Wir dürfen uns trotz der Trennung nicht mit den Geschwistern verfeinden, sondern immer an den Berührungspunkten anfassen.

Zusammengefaßt ist meine ganze Antwort kurz die:

Die Liebe zu den Heiligen kennt keine Grenzen, sondern ist eine selbstlose, dienende Liebe auf dem Boden der Liebe Christi. Die Trennung auf Grund der Schrift von andersdenkenden Geschwistern soll nicht zur Verfeindung führen, sondern soll die Liebe erst recht in Kraft treten lassen, und die Berührungspunkte zur Einheit müssen Anknüpfungspunkte sein.

Gott möge uns allen, Seinen Heiligen, Gnade verleihen, dies zu erkennen und auszuführen, und uns immer mehr Seinem Willen lauschend machen. Er möge uns immer tiefere Blicke in Sein Wort tun lassen!

A. T.

Antwort B

Obige Frage ist in drei Teile gegliedert:

1. Die Liebe zu allen Heiligen.

2. Dürfen wir uns von Gläubigen anderer Benennungen abschließen?

3. Wo ist die Grenze des Zusammengehens, und wo liegen Berührungspunkte zur Einheit?

Die Frage ist präzis formuliert und geschickt gehalten. Es tut uns immer leid, daß man den lieben

Die Frage ist präzis formuliert und geschickt gehalten. Es tut uns immer leid, daß man den lieben Fragesteller persönlich nicht kennt, um seine individuellen, örtlichen Schwierigkeiten beurteilen zu können und ihm dementsprechend zu Antworten. Nach unserer Meinung müssen derartige Fragen mit Berücksichtigung der Eigenart und des Charakters des Fragestellers und seiner örtlichen gemeinschaftlichen Verhältnisse beAntwortet werden, ohne natürlich gegen das Wort Gottes und dessen bestimmte Richtlinien zu verstoßen. Wir wollen nun mit des HErrn Hilfe versuchen, einiges Allgemeines über diesen so wichtigen und ernsten Gegenstand zu schreiben, zum HErrn flehend, daß Er es uns gelingen lasse.

1. Der erste Teil der Frage setzt etwas voraus, ohne welches wir niemals Liebe zu allen Heiligen haben können, und zwar ohne Unterschied ihres Bekenntnisses, ihrer menschlichen Schwächen und selbst unbiblischen Verhaltens. Nämlich die Erkenntnis und der Genuß der Liebe Gottes zu allen Seinen Kindern. In der Welt herrscht der Haß; in der Familie Gottes herrscht die Liebe Gottes, nicht etwa unsere menschliche Liebe, die sich unzulänglich erweist, sondern die Liebe Gottes, die sich durch die Seinen zum Wohle aller Glieder dieser göttlichen Familie betätigt. Wir dürfen, können, ja sollten uns über einen jeden Bruder und eine jede Schwester in Christo freuen, aber dies kann nur der Fall sein, wenn wir sie alle von Herzen lieben, und dieses wird bei uns gefunden werden, wenn wir praktisch im Genuß der Liebe Gottes zu uns und allen Seinen Kindern stehen. Wir müssen von der Quelle aus, die Gott ist, gehen und zu Ihm in dem praktischen Verhältnis Seiner Liebe stehen, um allen Mitgeschwistern die Liebe zu erweisen, die die Familie Gottes kennzeichnen sollte. Wer die Brüder (alle Kinder Gottes) nicht liebt, dem fehlt der Grundzug und der Lebensbeweis der Gotteskindschaft. (Vgl. 1. Joh. 3,14.) Dies ist grundlegend, daran kann und darf nicht gerüttelt werden.

2. Unwillkürlich kommen wir zum zweiten Teil unserer Frage: Dürfen wir uns von Gläubigen anderer Benennungen abschließen? Hier wollen wir durch eine Gegenfrage Antworten: Wer schließt sich von anderen Gläubigen ab? Solche, welche an menschlichen Satzungen, Überlieferungen, Benennungen und Systemen festhalten. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt, dessen Tragweite leider so wenig Beachtung findet. Denn nicht diejenigen sind abschließend, die am ganzen Worte Gottes hängen und sich befleißigen, in Christi Sinn voranzugehen, da das Wort Gottes und der Geist des Herrn Jesus ihnen ein Herz für alle Kinder Gottes gibt und zugleich die Freudigkeit, alle die aufzunehmen, welche dem HErrn angehören, sondern gerade diejenigen, welche durch ihr Festhalten menschlicher Satzungen einen Zaun aufrichten in der Familie - oder, besser gesagt, in der Herde Gottes. Menschlich und fleischlich ist es auch, bestimmte Verordnungen, Einrichtungen und Aussprüche des Wortes Gottes einseitig zu betonen auf Kosten anderer Wahrheiten des Wortes und sie zur Tür der Gemeinde machen zu wollen. Ein Kreis von Gläubigen, der sich durch derartige Einseitigkeiten von den anderen abschließt, ist nicht nur eine „Richtung“, sondern eine Partei, und keine solche hat Anspruch auf die Zugehörigkeit aller Kinder Gottes. Der HErr ist nicht nur die Tür, sondern auch der Sammelpunkt Seiner Geliebten, Sein Wort der Führer und Sein Geist der Leiter.

3. Dies bringt uns zum dritten Teil der Frage: Wo ist die Grenze des Zusammengehens, und wo liegen Berührungspunkte zur Einheit? Diese Frage ist nicht schwer nach dem Vorangegangenen zu beAntworten. 1. Joh. 5,2 gibt uns genügend Aufschluß. Wir sind glücklich, mit solchen Kindern Gottes voranzugehen, die den Weg des Gehorsams Gott gegenüber gehen; denn in diesem Gehorsam offenbarte sich 1. die Liebe zu Gott und 2. die Liebe zu den Kindern Gottes. Wir münden wieder bei dem Ausgangspunkt unserer Betrachtung. Mit wem hält man es, wenn in einer uns befreundeten

dem Ausgangspunkt unserer Betrachtung. Mit wem hält man es, wenn in einer uns befreundeten Familie ein Kind ungehorsam ist? Mit dem Kinde oder mit den Eltern? Sicherlich mit den Eltern. Wir könnten uns doch niemals mit einem ungehorsamen Kind eins machen und uns in Widerspruch mit den Eltern bringen! Ebenso ist es in der großen geistlichen Familie. Die Frage wäre hier nur noch zu erwägen, inwieweit bewußter oder unbewußter Gehorsam in Frage kommt. Es bedarf keiner längeren Unterredung mit solchen Gläubigen, um in Erfahrung zu bringen, ob man es mit einem wahrheitssuchenden Kind Gottes zu tun hat oder mit einem, welches durch eigene Meinungen und menschliche Grundsätze geleitet und beeinflußt wird, anstatt durch das Wort und den Geist des HErrn. Auch hier gilt das Wort: „Meine Schafe hören Meine Stimme, und Ich kenne sie, und sie folgen Mir“. (Joh. 10,27.) Vergessen wir es nie, daß menschliche, weltliche Systeme und Parteien niemals bis auf den Grund durch das Wort Gottes erneuert oder umgestaltet werden können. Jeder dieser Versuche ist, wie uns die eigene Erfahrung und die Geschichte lehrt, vergeblich gewesen, weil gerade diese Systeme das mit dem Gewissen an das Wort Gottes gebundene Kind Gottes ausschließen. Obwohl wir alle Kinder Gottes lieben, auch die Lots in Sodom, können wir doch nicht ihre Wege mitgehen, weil wir Gott lieben, Sein Wort achten und vor allen Dingen den Herrn Jesus ehren möchten, dessen Autorität wir allein anerkennen!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Nur vorstehende zwei Antworten sind auf diese mehrfach veröffentlicht gewesene Frage eingegangen! Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen? Die beiden Antworten stammen von kirchlich freistehenden, sich persönlich nicht kennenden Brüdern. Der Einsender der Antwort A ist verhältnismäßig kurze Zeit bekehrt, während die Antwort B von einem viele Jahre schon im Dienst des HErrn stehenden, bekannten Bruder geschrieben ist. Da mir diese Umstände wichtig scheinen, sind sie es vielleicht auch für die Leser. Beide Antworten gewinnen dadurch an Wert und Einfluß, meine ich.

Beide Antworten aber, so kostbar sie sind, enthalten keine praktischen Hinweise, und auf solche kam es, soviel ich weiß, dem Einsender der Frage an. Dennoch sind die allgemeinen Ausführungen, wie sie uns in den Antworten geschenkt sind, von größtem Wert als Regulativ (Richtschnur) für praktische Erwägungen, denn alle Praxis, die nicht unbedingt auf der Basis schriftgemäß allgemein geltender Grundsätze sich aufbaut, ist für Gläubige ohne weiteres abzulehnen, mag sie noch soviel Anziehendes für den Menschen im Fleisch haben und noch so sehr das Gepräge einer alles umfassenden Liebe tragen. „Wahrheit in der Liebe!“

Nun sind freilich praktische Hinweise hier sehr schwer, einerseits weil der Erkenntnisgrad der Schrift bei allen Gläubigen verschieden ist - und somit das, was der eine kann oder seinem Gewissen nach tun muß, von dem anderen gewiß nicht erwartet werden darf, jeder Fall ist anders -, andererseits, weil, was auch Antwort B sagt, die örtlichen Verhältnisse stark mitbestimmend sind, z. B. bezüglich praktischer Berührungspunkte.

Gläubige, die sich haben lösen lassen von den menschlich-religiösen Systemen, welchen Namen sie auch tragen, und die zurückgegangen sind zu dem, was „im Anfang“ war (1. Joh. 2,24), solche versuchen in Schwachheit die Grundsätze der Gemeinde des HErrn zu verwirklichen, wie sie in

Apgesch. 2,42 und - infolge der Zeiten der Verwirrung - in 2. Tim. 2,19ff. zu finden sind. (Vgl. „G. H.“, Bd. VI, Frage 5 und Seite 57ff.; außerdem u. a. Frage 12, Bd. IV!) Das Wort sagt uns ganz klar: „Von aller Art des Bösen haltet euch fern“ (1. Thess. 5,22), Gemeinschaft mit Dingen, die schriftwidrig sind, können wir somit nie haben, und darum auch nicht mit solchen - wenn auch anerkannten geliebten Kindern Gottes, auf die unsere Herzensliebe sich auch erstreckt -, die in solchen Dingen vorangehen, z. B. in kirchlich religiösen Gebräuchen! Die echte Liebe ist nie einseitig. (Vgl. Röm. 12,9!) Der Herr Jesus konnte Seinem geliebten Jünger Petrus auch einmal ein Wort wie Matth. 16,23 sagen, und dies Wort aus Jesu Mund ist wahrlich mehr als ein bloßes Wort!

Es wird heute in manchen christlichen Kreisen gemeinsam von verschiedenen Denominationen veranstalteten regelmäßigen Gebetszusammenkünften das Wort geredet. Ich frage demgegenüber, ob dies ein Zusammenkommen zum Gebet nach Apgesch. 2,42 ist! Wenn wir fragen, wer die „sie“ in diesem Wort sind, so sind's gewißlich keine Gläubigen, die in allen möglichen Punkten voneinander abgeschlossen wandeln, handeln und sich versammeln - und heute, in der Zeit der Verwirrung, mag und wird diese Abgeschlossenheit, wie oben ausgeführt, nötig sein, denn entweder wir vertreten in unserem Zusammenkommen ein Zeugnis, oder es ist eine bloße Form! - sondern es sind solche, die „alles gemeinsam“ haben (V. 44). (V. 32 auch zu beachten!) Geschwister, reißt selbstaufgebaute schriftwidrige Zäune nieder und dann - dann laßt uns zum Gebet zusammenkommen und auch in den übrigen kostbaren Stücken von Apgesch. 2,42 uns zusammenfinden! Dies scheint mir der einzig schriftgemäße praktische Wink in dieser Sache. Aber ein jeder sei seiner Meinung gewiß! und keinesfalls möchte ich mit meinen Worten über das Gewissen eines anderen geliebten Kindes Gottes herrschen. Möge Sein Geist, den jedes der Seinen hat, uns in alle Wahrheit leiten, auch was diese ernsten Dinge anbelangt!

Ein anderer Berührungspunkt! Ein am Wort dienender Bruder wird, vielleicht anläßlich eines aus irgendeinem neutralen Grunde erfolgten Besuches bei einem Gemeinschaftsglied oder -leiter einer fremden Benennung (nicht Irrlehren lehrenden Sekte), von diesem aufgefordert, in dessen Kreis einmal das Wort zu verkünden. Ich würde hier einen Berührungspunkt von biblischer Berechtigung sehen, ebenso im umgekehrten Falle. Natürlich muß beiderseits die Freiheit zugestanden sein, das Wort nach eigener Erkenntnis unter Leitung des Geistes frei zu verkündigen (1. Petri 4,11), wobei andererseits vorausgesetzt werden kann, daß bei solchem rein gelegentlichen Dienst der Geist Gottes den betreffenden Redner nicht so leiten wird - falls er sich leiten läßt -, daß Trennungspunkte besprochen werden und dadurch die gegenseitige Liebe verletzt wird. Anders natürlich, wenn gerade aus dem Kreise selbst gewünscht wird, solche Punkte zu besprechen. Es handelt sich hier meines Erachtens um rein gelegentliches Zusammenkommen, wo das Wort auch Geltung hat: „Nehmet einander auf, gleichwie Christus euch aufgenommen hat“ und „ein jeder von uns gefalle dem Nächsten zur Erbauung“! (Röm. 15,7 u. 2.) Solche Berührungen, falls im Geist der Bruderliebe und der gegenseitigen Achtung und Anerkennung vollzogen, können von weitgehendstem Segen für die Beteiligten sein und dienen vielleicht auch gelegentlich durch Gottes Gnade dazu, daß den noch nicht von Systemen freien Geschwistern einmal über manches die Augen aufgehen, was sie sonst nie sehen würden.

Noch ein drittes! Da trifft ein Kind Gottes ein anderes ihm bekanntes, einer anderen Benennung angehörendes auf der Straße, in der Bahn oder an sonst einem neutralen dritten Ort! Es gibt ja auch Gläubige, die sich durch ihre absonderliche Tracht von anderen unterscheiden, wie z. B. die in vieler Beziehung in so reger Liebe dienenden, in anderen Dingen vielleicht nach deiner wie meiner Meinung

Beziehung in so reger Liebe dienenden, in anderen Dingen vielleicht nach deiner wie meiner Meinung unbiblisch stehenden „Heilsarmee“-Geschwister. Vielleicht kannst du aus biblischen Gründen nicht mit ihnen und anderen Gläubigen in gleicher Arbeit vorangehen, aber du kannst sie lieben, in deiner Fürbitte ihrer gedenken, sie irgendwie vor Weltkindern anerkennen und sie begrüßen, wo du ihnen auf neutralem Boden begegnest, auch, wo der Ort es erlaubt, mit ihnen zusammen die Knie beugen! Sie sind geliebt wie du, mit gleichem Blut erlöst, sie gehören wie du zum Leibe des HErrn, auch wenn sie die Wahrheit von Seiner Gemeinde, Seinem Hause hienieden nicht erkannt haben. Gib ihnen liebevoll die Hand, wo du sie siehst, sprich mit ihnen von Jesu Liebe, sag ihnen Worte der Ermunterung - und sicher, dies kleine geringe Zeugnis von der Einheit der Kinder Gottes wird von manchem Weltkinde, aber auch von den Engeln gesehen werden und wird dienen zum Preise und zur Herrlichkeit Dessen, der uns Sich erkauft hat. (Joh. 17,21.)

Und noch ein Wink! Gilt 1. Petr. 4,9 (Hebr. 13,1.2) oder 1. Joh. 3,17 (Jak. 2,16) im einzelnen Fall nur den Gliedern der eigenen Denomination oder allen wahren Kindern Gottes? Laßt uns im gegebenen Fall diese Frage uns selbst beAntworten!

Genug von praktischen Bemühungspunkten. Keine irdisch aufgebauten Zäune - auch Denominations-Namen sind solche Zäune! - dulden, aber wo wir um des Wortes der Schrift willen von anderen Gläubigen getrennt wandeln und arbeiten müssen (2. Kor. 6,14-18; 2. Tim. 2,19ff.), da laßt uns dem HErrn treu sein, doch auch jede vom HErrn geschenkte, mit der Schrift im Einklang stehende Gelegenheit benutzen, um einander praktisch zu lieben aus reinem Herzen mit der Tat und in der Wahrheit! (1. Petr. 1,22; 1. Joh. 3,18.)

Frage 8

Ich bitte um eine Erklärung der Ausdrücke „Geist“, „Seele“ und „Leib“ sowie „Herz“ und „Gewissen“ bezw. des Unterschieden zwischen diesen Bezeichnungen. Oder sind die letzteren beiden nur verschiedene Ausdrücke für dieselbe Sache (vergl. z. B. Röm. 2,15; 1. Thess. 5,23; Hebr. 9,9 und 14, Hebr. 10,16 und 22 usw.).

Antwort A

In der Stelle 1. Thess. 5,23 ist von drei Teilen des Menschen, von Geist, Seele und Leib die Rede, während andere Stellen nur Leib und Seele unterscheiden, z. B. Matth. 10,28 u. a., Geist ist das Vermögen, Gott zu erkennen, Röm. 8,16, Eph. 1,17.18 u. a., die Seele belebt den Leib und empfindet mittelst der Sinne. Die heutige Wissenschaft kennt ja auch eine Tier- und Pflanzenseele. Der Leib ist das Hilfsmittel der Seele und Vermittler des menschlichen Innenlebens mit der Sichtbarkeitswelt. Das Gehirn ist nicht das Organ, welches die Gedanken hervorbringt, sondern nur das Instrument der Seele für die Sinnenwelt.

Nach 1. Mose 24,45 bringt das Herz die Gedanken hervor. Der Begriff „Herz“ bedeutet eigentlich die Zentrale, welche das Blut durch den Körper treibt, um ihm Wärme und Leben zu geben, „Herz“ wird auch auf den geistigen Teil, das Innenleben (1. Sam. 1,8.10.13.15b) übertragen, und diese Kraft äußert sich im Denken (5. Mos. 29,4; Luk. 5,22), im Fühlen (1. Mose 6,6; 34,3) und im Wollen (5. Mos. 17,17; Jos. 24,23).

Jeder Mensch (auch der Heide, Röm. 2,14) hat ein Gewissen, ein gewisses Wissen, welches ihm anzeigt, was er zu tun und zu lassen hat; es ist nichts anderes als das Herz, weil dessen Wirkungen im Herzen empfunden werden. 2. Sam. 24,10: „Und das Herz schlug David, nachdem das Volk gezählet war“ (Luther), oder: „Aber nachdem David das Volk hatte zählen lassen, strafte ihn sein Gewissen“ (Min.-Bibel). - Dieser innerliche Richter hält Rechnung über das Tun des Menschen. Jer. 17,1: „Die Sünde Judas ist aufgeschrieben ... auf der Tafel ihres Herzens“. Nach Röm. 2,15 sind die Gedanken abhängig vom Gewissen; aus diesen Gedanken zieht der Verstand Folgerungen, durch welche der natürliche Mensch seine Sünde verteidigt (1. Mose 3,12; Matth. 25,24.25).

Paulus übte sich (Apgesch. 24,16), ein gutes Gewissen zu haben, was für uns alle wohl die Hauptsache ist. Nach Hebr. 9,14 ist das Blut Jesu Christi das Mittel, um ein gutes Gewissen zu erlangen. Durch das Erlösungswerk auf Golgatha (Blut Christi) kann Gott durch Christus in Gnaden mit dem Sünder in Gemeinschaft treten. Mit dieser Gemeinschaft haben wir auch Vergebung der Sünden und darum auch das Schweigen des bösen Gewissens und Ruhe im Herzen. (Eph. 1,7.) Von unserer Seite ist Hingabe an den HErrn, d. i. Glauben nötig (Apgesch. 13,39).

C. L.

Antwort B

1. Mose 1,26 lesen wir: „Und Gott sprach: Lasset Uns Menschen machen in Unserem Bilde, nach Unserem Gleichnis“, und Vers 27: „Und Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde“. Ferner 1. Mose 2,7: „Und Jehova Gott bildete den Menschen, Staub von der Erde, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der Mensch ward eine lebendige Seele“. Hiernach ist der Leib der vergängliche Teil, ein Gebilde aus Staub, doch nicht der Staub einer Schöpfung, die unter dem Fluch seufzt, sondern paradiesisch reiner Staub. Er ist die irdische Wohnung Gottes. In Hiob 4,19 wird er mit einem „ Lehmhause“ verglichen. 2. Kor. 5,1 erinnert Paulus die Gläubigen daran, „daß dieses irdische Haus, die Hütte, zerstört wird“. Diese Bezeichnungen deuten seine Gebrechlichkeit und Vergänglichkeit an. Durch Einhauchung des Odems des Lebens ward dieser Leib beseelt, d. h. er bekam Leben, so finden wir auch in zahlreichen Stellen der Schrift das Wort „Seele“ mit „Leben“ wiedergegeben (vergl. 1. Mose 2,7; 1. Mose 35,18; 1. Kön. 17,21; Ps. 33,19 usw.). Wir können sagen, daß die Seele das Bindeglied zwischen Leib und Geist ist, und das Leben in dem Körper, das ihn einen Leib sein läßt, ist seine Seele. So ist die Seele der Sitz des Fühlens und das Leben und der Geist der Sitz des Denkens. Auch der Geist ist ursprünglich der Hauch oder Odem, den wir von Gott haben. Beide, sowohl Seele und Geist, verlassen auch mit dem Tode den Leib und kehren zu Gott zurück. Das Herz dagegen ist das Innere des Menschen (Ps. 36,1; Ps. 44,21; 1. Kor. 14,25; 1. Thess. 2,4), ferner der Sitz des inneren Gefühls (1. Mose 6,6; 5. Mose 15,10; Ps. 73,21; Eph. 6,22; 1. Joh. 3,19 u. a.), ebenso des inneren Denkens (Ps. 14,1; Ps. 19,14; Eph. 5,19; 1. Kor. 4,5; Hebr. 3,10 usw.), und auch der innere Charakter (Apgesch. 2,46; Matth. 13,15; 1. Thess. 3,13; 2. Kor. 6,11.12; Röm. 2,5 usw.). Das Herz, welches sich für Gott öffnet, entfaltet sich gleich einer reinen Blüte, und die Entschlüsse des Herzens beeinflussen dann die Handlungen des Gläubigen, so daß er dann mit ungeteiltem Herzen dem HErrn folgt, deshalb auch schon die Mahnungen im Alten Bunde, 5. Mose 11,18, und ferner im Neuen Testament, Kol. 3,15; Phil. 4,7; 2. Kor. 3,2; Hebr. 10,22 u. a. Das Gewissen dann ist der feine Gradmesser, das Barometer, welches uns das feine Empfinden für gut und böse anzeigt, es ist das Schuldbuch des Menschen. Gott ist es, der durch das Gewissen unser Leben bestimmen und verpflichten will. Es mahnt, pocht, es schlägt und straft und zeigt uns, daß wir

Leben bestimmen und verpflichten will. Es mahnt, pocht, es schlägt und straft und zeigt uns, daß wir göttlichen Geschlechtes sind. Es empfindet die Freude an dem Guten, hat den Widerwillen gegen das Böse. So ist Herz und Gewissen eng verbunden, und von den Herzen gehen dann gewissermaßen die Entschlüsse aus, die das Gewissen vor seine Schranken fordert, um dann zu ermuntern oder zu strafen; darum kann es auch nur im vollkommenden Einklang mit dem Willen Gottes zur Ruhe kommen. Deshalb ist auch mitbestimmend, scheidend und entscheidend bei allem das Wort Gottes (Hebr. 4,12-13). So unterscheidet sich auch das Gewissen des Gläubigen von dem der anderen Menschen, daß es in Verbindung mit Christus sein Ziel und seine Bestimmung gefunden hat. Die Schrift zeigt uns klar, daß es jeder Mensch hat (Röm. 2,15; 2. Kor. 4,2 u. 5,11)und auch wie es seine Tätigkeit entfaltet (2. Mose 2,14.15; Röm. 9,1; Hebr. 13,18). Diese und andere Stellen bezeugen uns, daß das Gewissen ursprünglich eine Mitgabe der menschlichen Natur ist, aber als ein Stück des göttlichen Ebenbildes.

So ist der Leib die irdische Hülle und die irdische Wohnung des Geistes, der Geist der Sitz des Denkens und der Vernunft des Menschen, der lebendige Odem, den der Mensch von Gott bei der Schöpfung empfing; die Seele ist das Leben, das Bindeglied zwischen Leib und Geist, und das Herz bildet gewissermaßen den inneren Charakter, während das Gewissen das Organ ist, durch welches Gott unser Leben bestimmt und verpflichtet. Die klare und ungeteilte Verbindung zeigt uns Paulus, wenn er die Gläubigen daran erinnert, daß Geist und Seele und Leib tadellos bewahrt werden sollen bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus (1.Thess. 5,23); ebenso sollen die Herzen befestigt werden, tadellos und in Heiligkeit (1. Thess. 3,13). Möge der HErr die Herzen all der Seinen durch die Gnade befestigen (Hebr. 13,9), und wir wollen uns auf dem Wege üben, „ein Gewissen ohne Anstoß zu haben“ (Apostelgesch. 24,16).

Ph. W.

Anmerkung des Schriftleiters F. K.

Der geringe Raum läßt nicht zu, sich noch eingehender, als es schon in den beiden klaren Antworten geschehen ist, mit dieser wichtigen Frage zu beschäftigen. Nur wenige Bemerkungen füge ich an.

Der Vollständigkeit halber ist noch ein Organ des Menschen zu nennen: Der „Sinn“ (die Gesinnung, auch Gedanken[welt]) als Sitz der Erkenntnis und des aus ihr entspringenden Willens (vgl. Röm. 14,5; Phil. 4,7; Eph. 4,23; 2. Thess. 2,2; Röm. 7,23; 1. Kor. 14,15).

„Geist, Seele und Leib“ bilden eine wunderbare Dreiheit entsprechend der göttlichen sogen. „Dreieinigkeit“; denn im Bilde Gottes sind wir geschaffen! Nicht so, daß jede der drei Erscheinungsformen des Menschen einer der Personen der Gottheit entspräche - aber wie hier Dreiheit in einem vereinigt, so auch in uns. Der Mensch in seinen Daseinsformen Leib, Seele, Geist und demgegenüber auch in seiner Fleischesnatur (auch Gott erschien im Fleische [1.Tim. 3,16; Joh. 1,14], aber wie anders als wir!) ist ein wunderbares Geheimnis, ein Geheimnis aus Gottes Hand geworden. Vielleicht sinnen wir viel zu wenig über dieses Geheimnis nach; schon dem Psalmisten war es kostbar, nur über die äußere Menschwerdung nachzusinnen (Ps. 139), wieviel mehr sollte unser wunderbares inneres Sein, unsere Seele und noch mehr der Geist, dem sich Gottes Geist mitteilt (Römer 8), dann aber auch das Herz, der persönliche Sammelort und Herd des ganzen Empfindungs-, Gedanken- und Willenslebens (vgl. dazu noch Matth. 12,34 und Matth. 15,19), zugleich

der Ausgangspunkt unseres Personlebens (Sprüche Sal. 4,23; Mark. 7,21) usw. Gegenstand unseres Forschens und Sinnens an Hand der Schrift sein! Und wie groß ist es, daß die Menschen über sich selbst in ihrem Verhältnis zu Gott ein sittliches Urteil haben - in ihrem Gewissen! Hierüber wird vielleicht in einer späteren Nummer der „G. H.“ einmal ein eigener Aufsatz erscheinen, denn dies Gebiet ist sehr wichtig und wird leicht gering geachtet. Welch ein Hilfsmittel bei der Verkündigung des Wortes ist dem Redner das Gewissen des Hörers! Dieses ist geradezu ein Bundesgenosse des Redners, wenngleich der Mensch sein Gewissen auch verhärtet haben kann! (1. Tim. 4,2!) Was für Geheimnisse liegen hier verborgen wie auch in dem Verhältnis von Gewissen und Herz! (Hebr. 10,22.) Da gibt's noch genug zu forschen für jeden gläubigen Schriftforscher, obwohl es sich um Gebiete handelt, die ganz alltäglich zu sein scheinen, Dinge, mit denen wir täglich umgehen! Der HErr gebe uns auch über diese Licht aus Seinem so reichen Wort durch Seinen Geist, damit wir geschickt sind, „den Glauben zu bewahren und ein gutes Gewissen“ (1. Tim. 1,19, vgl. 2. Tim. 1,3; 1. Tim. 3,9 und auch 1. Petri 3,16.21!) und „mit Herzensentschluß, ja, „mit ungeteiltem Herzen“ (2. Chron. 16,9) beim HErrn zu verharren“! (Apgesch. 11,23.)

Frage 9

Ist aus Jakobus 4,13-17 zu entnehmen, daß Handeltreiben oder Geldverdienen aus demselben ein Unrecht sei?

Antwort A

So wie die Frage gestellt ist, muß sie mit einem „Nein“ beAntwortet werden. Handeltreiben und Geldverdienen aus demselben ist kein Unrecht, 1. wenn es nicht mit falscher Waage geschieht (Sprüche 11,1), das heißt: durch Betrug; 2. wenn es nicht geschieht, um reich werden zu wollen; „denn die da reich werden wollen, fallen in Versuchung“ (1. Tim. 6,9; Sprüche 23,4). Deshalb warnt uns Gottes Wort vor Geldliebe (1. Tim. 6,10).

Nun zur Schriftstelle selbst. Der Jakobusbrief zeigt uns im großen ganzen, wie der Lebenswandel der Kinder Gottes sein soll. Er behandelt also praktisches Christentum. Es gibt Kinder Gottes, welche das Wort kennen, ihm Gehorsam entgegenbringen und sich bemühen, Täter des Wortes zu werden (Jak. 1,22). Es gibt aber leider auch solche, die ihr Christentum nur in der Theorie besitzen, das heißt: sie kennen das Wort, aber setzen es nicht in die Tat um. Sie bleiben eben nur „Kenner“. Und diese arbeiten weiter mit ihrem Verstande. An diese vornehmlich richtet sich der Vers 13. Letztens richtet er sich aber auch an alle, da wir dazu neigen, namentlich jetzt in der größten Teuerung, etwas zu unternehmen, um Geld zu verdienen, ohne zu fragen, ob es der Wille des HErrn ist. Er richtet sich also an diejenigen, die sagen: Wir wollen das und das morgen tun. Und noch dazu, wo wir gar nicht einmal wissen, was der morgende Tag bringt (Sprüche 27,1). Statt daß sie sagen: „Wenn der HErr will“ (Vers 15). Das ist der Schwerpunkt. Wir lesen wiederholt in der Schrift vom Apostel Paulus das schöne Wort: „Wenn der HErr will“ - oder „es erlaubt“. (Apgesch. 18,21; 1. Kor. 4,19; 16,7.) Wir wissen auch, daß der HErr ihm verschiedenes nicht ertaubt hat. O, wenn wir nur genügend lernen wollten aus dem teuren Gottes Wort und alles Ihm anheimstellten, von dem es abhängt, ob wir das oder jenes tun dürfen; dann wäre es in manchem besser bestellt bei uns Kindern Gottes!

Der treue HErr wirke in uns nicht nur die Erkenntnis, sondern auch das Tun nach derselben!

W. B.

Antwort B

Nach der Heiligen Schrift wird das Handeltreiben wie jeder andere irdische Beruf angesehen. In einem Beruf vor dem anderen ist mehr Versuchung zur Sünde. Falsche Waage und falsches Gewicht ist dem HErrn ein Greuel (Spr. 11,1; 20,23); der Betrüger ist verflucht (Mal. 1,14; Matth. 23,14); ein Christ soll nicht unehrliche Hantierung treiben (1. Tim. 3,3; Tit. 1,7); das Gericht Gottes über den sündlichen Handel für diese Welt finden wir in Offenbarung 18 (vgl. Sach. 5,5-11; Jer. 51,60-64; Hesek. 27).

In Jak. 4,13-17 wird nicht das Handeltreiben oder Geldverdienen als Sünde hingestellt, sondern das Plänemachen ohne Gott. Das „wir wollen“ steht hier dem „so der HErr will, wollen wir“ entgegen (vgl. 1. Kor. 4,19; Apgesch. 18,21). Nach letzterem hat auch der Apostel Paulus gehandelt, dem wir hierin auch nachfolgen dürfen. Wieviel wird so ohne den HErrn vorgenommen, nicht nur im irdischen Geschäft, sondern auch im Arbeiten für den HErrn. Da nimmt man vor, plant, richtet ein, bereitet vor und arbeitet nach eigenen Plänen, ohne den HErrn zu fragen, und dann kann der HErr nicht dabei sein, nicht segnen, ja oft wird für lange Zeit viel verdorben und für den HErrn vereitelt. (Vgl. Jos. 9,3-27, bes. V. 14!)

Alles Vornehmen, wobei der Mensch sein Ich, seinen Willen allem voranstellt, wird von Jakobus als Hochmut, böser Ruhm und Sünde bezeichnet. Dies bezeichnet eben jede Stellung, die ein Mensch in eigenmächtiger Weise einnimmt, ohne sich von Gott abhängig zu machen. Das ist die Sünde, in welche der Teufel unsere ersten Eltern hineinbrachte: „Ihr werdet sein wie Gott“, die Sünde, die der gottentfremdete Mensch sich selbst einprägt: „Ich bin Gott“, was ich will, muß geschehen, und die Sünde des Menschen der Sünde (2. Thess. 2,3.4; Dan. 11,36; 7,8.24.25; Offenb. 13,5.6.15).

Der Erwerb soll zum Lebensbedarf (1. Tim. 6,6-8) und zum Gutestun dienen. (1. Tim. 6,17-19; Matth. 6,20; 19,21; Luk. 12,16-21.) „Wer da weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde“; das ist die Unterlassung des Guten.

F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Durch obige bemerkenswerte Antworten wird einerseits die Schriftstelle erklärt, andererseits dargetan, daß Geschäft und Handel kein Unrecht ist.

Zu ersterem nur noch die Bemerkung, daß nach dem Wortlaut der Stelle ebensogut von Ausflugmachen, Besuchmachen, Reise im Werk des HErrn, Rückreise von dort, Hochzeithalten oder sonst irgend etwas geredet werden könnte, was wir nicht tun können, ohne daß der HErr es will, weder zu dem und dem Zeitpunkt noch überhaupt! Unser Eigenwille ist in keiner irdischen zukünftigen Tätigkeit maßgebend für das Gelingen, den Erfolg, ja auch nur das Erleben - das sagt kurz zusammengefaßt diese Stelle. Also nicht unbedacht reden! „Wenn der HErr will!“ - das sollte nie bei uns fehlen, aber die Worte allein tun's auch nicht; wenn unser Herz nicht in unbedingter demütiger Abhängigkeit von Ihm wandelt, so sind die Worte vielleicht manchmal kaum mehr als eine fromme Form. (Vgl. 2. Tim. 3,5!)

fromme Form. (Vgl. 2. Tim. 3,5!)

Daß Jakobus seine Unterweisung mit dem Handeltreiben in Verbindung setzt, hat seinen Grund wohl besonders darin, weil er in seinem Brief vielfach den Reichen, Vornehmen, Selbstbewußten, Ehrgeizigen entgegentritt, und solche sind oft unter den Kaufleuten zu finden, die durch ihren Fleiß, Ausdauer und Umsicht sich etwas erworben haben und den Erfolg sich selbst und ihren guten Eigenschaften zuzuschreiben geneigt sind.

Aber keineswegs dürften wir sagen, daß im Handeltreiben an sich ein Unrecht sei. Es gibt verhältnismäßig wenige Berufe, die an sich unrecht sind; 1. unehrenhafte Berufe, die ein Christ aufzugeben hätte, weil sie sowieso moralisch unrecht sind und 2. andere Berufe, die wir als entschiedene Christen nicht ausüben können, wenn auch die Welt darüber anders denkt (z. B. Tanzlehr-, Schauspielerberuf u. dgl.); aber hierin muß jeder selber wissen - als belehrt von Gott -, was er als Kind Gottes zu tun hat. (Vgl. 1. Kor. 6,12; 10,23.30.31!) - Jedoch der Kaufmannsberuf an sich gehört nicht zu solchen - oder auch nur zweifelhaften - Berufen! Die Schrift zeigt uns die verschiedensten Berufe, die zum Teil auch noch neben dem christlichen Hauptberuf des Betreffenden beibehalten werden. Ich erinnere an Lukas, den Arzt, und Paulus, den Zeltemacher (Handwerkerberuf)! In jedem Beruf liegt etwas Geschäftsmäßiges, insofern als der Ausübende durch denselben seinen Lebensunterhalt haben will und muß. Wenn Paulus, der ganz besonders unter der Leitung des Geistes stand, auch in äußeren Dingen (vgl. 1. Kor. 7,40!), es für richtig hielt, irgendwo und irgendwann seinen Lebensunterhalt durch Zeltmachen zu erwerben - nicht durch das Evangelium! (vgl. 1. Kor. 9,1-18! 2. Kor. 11,7-9 und Apgesch. 18,3; 20,33-35) - so war er in gleicher Weise wie jeder andere Handwerker gezwungen, bei der Preisfestsetzung so umsichtig zu „kalkulieren“, daß er (statt Schaden) Nutzen hatte von seiner Arbeit, die in diesem Falle sein Geschäft war.

„Geschäft ist Geschäft!“, „Beruf ist Beruf!“, „Dienst ist Dienst!“ - oft gehörte Worte, die auch ihre Berechtigung haben, aber das ist für den echten Christen nur die eine Seite, die andere, wichtigere ist für ihn dies: „Er“, der HErr, „soll in allen Dingen den Vorrang haben!“ (Kol. 1,18) und: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen als dem HErrn und nicht den Menschen ..., ihr dienet dem Herrn Christus!“ (Kol. 3,23.24.)

Gehorsam und Abhängigkeit demgegenüber, der uns erkauft hat - das kennzeichne unseren Wandel, unsere Arbeit und auch unsere Zukunftspläne hienieden! Dies ist die Belehrung unserer Stelle aus dem Jakobusbriefe an uns wie so mancher Stelle des teuren Wortes Gottes. Dann ist auch Seine Gnade und Sein Segen mit uns. (Jak. 4,6 u. 10.)

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Welche Bedeutung hat das Pfingstereignis für die heutige Zeit?

Ein Wort über Luk. 24,48.49 und Apgesch. 1,8.

Zwei Tatsachen der Gegenwart scheinen mir von der größten Wichtigkeit zu sein, Tatsachen, von denen die erste fast zu selbstverständlich ist, um genannt zu werden, während die zweite für uns Gläubige selbstverständlich sein sollte:

1. die Tatsache von der zunehmenden Macht der Finsternis,

2. die Tatsache von dem Zeugnis durch den Heiligen Geist.

Wenn es nötig sein sollte, über die erste der beiden etwas zu sagen, so bitte ich den lieben Leser, im 2. Tim.-Brief das dritte Kapitel aufzuschlagen und da nur die erste Hälfte zu lesen. Die Stelle handelt von der letzten Zeit, in der wir zweifellos leben; der ganze 2. Tim.-Brief ist ja prophetisch und darum, wenn solche Kennzeichen sich finden, dann sind wahrlich die letzten Zeiten da, und das sind „schwere Zeiten“! Die Kennzeichen derselben sind Dinge, Erscheinungen, die in den ersten Zeiten keimhaft auch schon dagewesen sind, aber heute sind sie in solchem Maße da, daß wirklich das Böse wie eine Lawine alles auf der Erde zu überfluten droht: Eigenliebe, Geldliebe, Verleumdung, Ungehorsam der Kinder, Grausamkeit, Vergnügungsliebe usw. Sind das Kennzeichen der heutigen Zeit oder nicht? Zweifellos! Und die Eigenliebe geht voran! Sieh in dein Herz, Bruder, Schwester, die Merkmale der heutigen Zeit - wie sehr sitzen sie auch in uns, wieviel wirkt der Ansteckungsstoff der heutigen Zeitströmungen auch auf unsere Herzen, und wie zeigt dies, daß die Keime der Finsternis in uns sind wie in jenen, die noch unter der Macht Satans schmachten, gebunden an Händen und Füßen! Ja, welche Finsternis - überall! Willst du noch mehr Stellen? Lies Tit. 3,3! Lies auch Luk. 17,26-32 - gute Dinge, erlaubte Dinge, aber in Gleichgültigkeit gegen, ja ohne Gott getan - das charakterisiert das „Heute“!

2. Aber es ist - dem HErrn sei Dank! - nicht das einzige Kennzeichen des „Heute“! Da ist noch eins, ein viel bemerkenswerteres, wenn auch Millionen die Augen davor verschließen! Das ist das Zeugnis! Welches? Das Zeugnis davon, daß „der Christus leiden mußte“ - das „warum?“ beAntworte dir selbst! - „und auferstehen am dritten Tage aus den Toten“ - bist du „aus“ den Toten geistlicherweise auferstanden (Joh. 5,25), so wirst du bei der ersten Auferstehung auch leiblich „aus“ den Toten auferstehen! - „und auf Grund Seines Namens Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen, anfangend von Jerusalem!“ Luk. 24,46.47. „Ihr aber seid Zeugen hiervon!“ Wann? Wann sollten sie Zeugen sein? Wenn sie die Verheißung Seines Vaters empfangen hätten und mit Kraft aus der Höhe angetan sein würden (V. 48.49, vgl. Apgesch. 1,8! Siehe dazu Joh. 15,26.27 u. 16,7-11!). Welch ein köstliches Zeugnis, das über die ganze Erde ertönt! Welch ein Zeugnis schon in den ersten Jahren durch Männer wie Petrus und Paulus! Wie z. B. dies Zeugnis in jener ersten Zeit ausgerichtet ward, liest du z. B. in Apgesch. 10,37-43 (zähle allein das Wort „Zeugnis“ in diesem Abschnitt!) und Kap. 26,15-20! Umgeben von dem Haß gegen das Licht (Joh. 3,18ff.) in einer Welt, wo Satan, der Gott dieser Welt, der Ungläubigen Sinne verblendet (2. Kor. 4,4!), wo alles im Bösen liegt, da stehen die Zeugen und bezeugen Christus und in Seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden!

Und wer sind diese Zeugen heute? Wodurch wird diese wichtigste Zeugenschaft ausgeübt? Durch Menschen, in denen der Heilige Geist wohnt, seit sie gläubig wurden (Joh. 7,37-39; Gal. 3,2), durch

gesalbte (1. Joh. 2,20.27) Menschen, von denen Ströme des Segens im praktischen Leben ausgehen, Ströme in die verdurstende Welt mittels des Geistes aus Gott, der allein Leben und Kraft gibt; durch Menschen, in denen die Frucht des Geistes nach Gal. 5,22 zu sehen ist, eine Frucht, die - unteilbar - (vgl. „G. H.“, Bd. VI, S. 37, 69, 92) offenbart, wer Christus ist und was Er der Welt sein will; durch Menschen, die, erfüllt mit Heiligem Geist, es nicht lassen können, zu reden und zeugen von dem Jesus, der sie errettet hat und der allein Leben und volles Genüge geben kann. Denn der Heilige Geist verherrlicht nie den Menschen im Fleisch, sondern stets Christus (Joh. 16,14.15); wo der Heilige Geist ein Menschenleben in Besitz genommen hat, da wird Christus gepriesen und in den Vordergrund gestellt, und da wird die neue Schöpfung gesehen (2. Kor. 5,15-17).

Und solche Zeugen sind jetzt noch auf der Erde? Ja, gepriesen sei Gott - Er hat Seine Zeugen hienieden seit dem Pfingsttage. Ohne Pfingsten keine Zeugenschaft und keine Kenntnis von Gottes Liebe in Christo, kein Erinnern an all das, was der Herr Jesus gesagt hatte (Joh. 14,26), kein Belehrtwerden über das Zukünftige, aber auch kein Ermuntertwerden, kein Eingeführtwerden in die ganze Wahrheit (16,13), wie es in den Briefen der Apostel geschah! Ohne Pfingsten kein Überführen von Sünde, kein Durchbrechen der Macht des Bösen, ohne Pfingsten - ohne das Herniederkommen des Sachwalters - wären des Herrn Jünger wahrlich Waisen geblieben, aber das gerade sollten sie, sollen wir nach Seinem eigenen Wort nicht sein! (Joh. 14,16-18!) Ohne Pfingsten keine wahre Freude, keine Hoffnung, aber auch kein gesegneter Dienst, keine Zeugenschaft, denn ohne Pfingsten keine Kirche Christi, keine Gemeinde des HErrn, kein gemeinsames Zeugnis!

Am Pfingsttage ward Seine Gemeinde gegründet, ward die Schar der Seinen zu einem Leibe, einer Körperschaft getauft (1. Kor. 12,13). Gottes Haus, in dem Er wohnt, in dem Er angebetet wird, Gottes Tempel, an dem der Mensch sehen kann, was allein wahrer Gottesdienst ist, wurde gebildet, und an ihm wird noch heute gebaut (vgl. 1. Kor. 3 mit Eph. 2). Einst sah die Welt an Israel, wer Gott ist, jetzt hat sie - oder sollte sie haben! - ein besseres Anschauungsmittel, indem sie die Gemeinde des HErrn unter sich hat auf dieser Erde. In einer Welt der Lüge steht die durch den Geist der Wahrheit gebildete Zeugenschaft, die der Welt Licht und Liebe vermittelt. Welch ein Segen für die arme, dem Gericht entgegeneilende Welt!

Und du und ich gehören dazu! Du und ich genießen den Segen des Pfingsttages und sind zu Zeugen gemacht und sind zusammengeschlossen, auf daß wir nicht nur einzeln, sondern auch gemeinsam bezeugen, wer Christus ist - ja, wir sollen Seine Tugenden verkünden (1. Petr. 2,9). Tun wir es? Geben wir der Welt Anschauungsunterricht? Sind wir Seine Zeugen? - O, bald wird Er Selber kommen, und dann ist unser Zeugendienst vorbei! Der Geist und die Braut rufen ja täglich ihr: „Komm, Herr Jesu!“ Und wie bald wird Er kommen! Und wir? Wir gehen dann mit Ihm dorthin, wo Er die Wohnung für uns bereitet hat (Joh. 14,1ff.). Aber sollte uns dieser Ausblick in eine nahe Zukunft nicht doppelt treu machen in unserem Einzelzeugnis und in unserem gemeinsamen Zeugnis, soweit wir diese Gemeinsamkeit erkannt haben und sie in göttlichen Linien verwirklichen können? (Hebr. 10,25; 2. Tim. 2,19ff.;

Apgesch. 2,42!) Sicherlich! Welch ernster Dienst ist ein Zeugendienst, wenn man nur an die weltliche Gerichtsbarkeit denkt! - und der Zeugendienst für den HErrn der Herrlichkeit sollte uns weniger in Anspruch nehmen, uns gleichgültiger sein? Der HErr Selbst stärke unser VerAntwortungsbewußtsein, daß wir aus Liebe zu Ihm und darum zur Sünderwelt (Joh. 3,16) nicht anders können als reden und verkünden, was Er uns ist und sein will: ein vollkommener Heiland-Gottl (Tit. 3,4-7.) „Ihr sollt

Meine Zeugen sein!“ Dank, teurer HErr, daß Du uns zu Deinen Zeugen gemacht hast! Wer bist Du und - wer sind wir? Gepriesen seist Du!

F. K.

Ein offenes Wort an die liebe Jugend.

„Seid nicht gleichförmig dieser Welt“, so ermahnt der Apostel in Röm. 12,2, welches Wort ich der lieben Jugend so gern weitergeben möchte in bezug auf eine so selten besprochene Angelegenheit; es ist die Verlobungs- bezw. Heiratsfrage.

Kaum ist das Mädchen der Schule entwachsen, macht sich ein fast unwiderstehlicher Drang bemerkbar nach Putz und dem „Gefallenwollen“. Woher kommt denn dieser Drang? Willst du, liebe junge Schwester, einmal 1. Mose 3,16b lesen? Dort findest du den Grund. „Nach deinem Manne wird dein Verlangen sein; er aber wird über dich herrschen.“ - Das Verlangen nach dem Manne, ein Stück Fluch, ist der Grund, warum du dich putzest und warum du gefallen möchtest.

Weißt du denn nicht, daß am Kreuz auf Golgatha wir vom Fluche losgekauft sind und Segensströme für dich flüssig geworden sind? Deshalb die Mahnung: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt!“

Du liebe, junge Schwester bist erlöst, und damit ist eine Linie gezogen in die Ewigkeiten der Ewigkeiten. Diese Linie geht auch durch die Zeit deines gegenwärtigen Lebens, in welcher du den Leib der Niedrigkeit trägst (Phil. 3,21). Trotz deiner Frische und Jugendkraft ist es doch ein Leib der Niedrigkeit, das weißt du nur zu genau, nicht wahr? Wenn also die Erlösungslinie in die zukünftige Welt hineinreicht, berührt sie da nicht auch die gegenwärtige Zeit? Ganz gewiß, und dies so, daß dein ganzes Leben von deinem Gott (dem du erkauft bist durch das Blut deines Heilandes) geordnet und geregelt ist bis ins kleinste. Diese göttliche Ordnung und Regelung ist eine Tatsache, über welche du hochbeglückt sein darfst.

Wenn in dieser göttlichen Ordnung dir ein Mann von Ihm zugedacht ist, kann dann dieser Mann dir „durchgehen“? Welch eine törichte Frage! - Sei deshalb unbesorgt und lasse dir Psalm 32,8 von der Unterweisung, von der Belehrung auf dem Wege und dem ratenden Auge groß werden!

Einer Jungfrau, die dem Lamme folgt, dürfte es übel anstehen, und es sollte unter ihrer Würde sein, auch nur einen Finger krumm zu machen in bezug auf die Sucht nach einem Manne. Sie kann vielmehr ruhig warten, bis es an sie herantritt, darüber zu entscheiden, und dies in der Gegenwart Gottes und ihrer Eltern.

Sei besorgt und wachsam, teure, junge Schwester, daß du nicht den verkehrten Mann erhältst, den du dir erwünscht und der dir nicht nach der Ordnung Gottes zugedacht ist. Laß es dir sagen, es gibt viel, viel ungleiche Ehen, viel, viel unglückliche Frauen, auch viel, viel unglückliche Schwestern mit einem geschlagenen Gewissen, die dann nur zu sehr die Frucht der Sünde schmecken müssen: „er aber wird über dich herrschen“. Deshalb, liebe, junge Schwester, besser keinen Mann als den verkehrten. Glücklich wirst du nur sein, wenn du zur gegebenen Stunde den Mann erh ältst, der von Gott für dich bestimmt ist; habe keine Angst, derselbe kann dir nicht genommen werden.

„Seid nicht gleichförmig dieser Welt“, das gilt dir, lieber junger Bruder, in besonderer Weise. Lies, bitte, 1. Mose 3,17: „Weil du auf die Stimme deines Weibes gehört hast“. Adam war nicht wachsam.

bitte, 1. Mose 3,17: „Weil du auf die Stimme deines Weibes gehört hast“. Adam war nicht wachsam. Das war sein Fehler! - Dieser Adamsfehler wird immer wieder gemacht, in diese Flucheslinie wird immer wieder verfallen.

Auch dir, lieber, junger Bruder, darf ich sagen, daß du am Kreuz vom Fluch losgekauft bist und Segensströme für dich fließen. Deshalb die Mahnung: „Seid nicht gleichförmig dieser Welt.“

Wie macht es denn die Welt? Ich denke jetzt an die sogenannte „anständige“ Welt.

Man geht spazieren, auch mit den Augen spazieren. Bei diesem Spaziergang sieht man etwas, ist berückt davon, und die Folge ist ein „Gebändel“. Um dieses „Gebändels“ willen muß dann notwendigerweise eine Verlobung kommen, dies oft nach Monaten oder Jahren, um dieser Verlobung willen schließlich, wohl oder übel, die Verheiratung. So entstehen die Ehen bei „der Welt“, und meist sind es unglückliche Ehen.

Ist diese Linie nicht auch in sogenannten religiösen oder gar auch gläubigen Kreisen zu finden? Leider, leider ja, und deshalb so viel ungöttliche und damit auch unglückliche Ehen.

Wie ganz anders macht es der besonnene und nüchterne junge Bruder! Mehr noch wie das junge Mädchen steht er auf dem Boden von Ps. 32,8 in unbedingter Wachsamkeit bei Spaziergängen. Das Wort und der Begriff „Gebändel“ (Verhältnis!) sollte überhaupt bei ihm ausgeschaltet sein. Für ihn geht es in umgekehrter Weise wie bei der Welt, auch umgekehrt, wie es die religiöse Welt macht.

Der besonnene junge Bruder steht unter göttlicher Leitung und Zucht, er wandelt in der Gegenwart des HErrn. In dieser Gegenwart des HErrn prüft er zunächst gewissenhaft die Frage, ob er seine Eltern, die so viel an ihm getan haben, genügend unterstützt hat. Wenn er Mann geworden ist und glaubt vom HErrn geleitet zu sein, sich verheiraten zu sollen, so ist dazu eine Lebensgefährtin nötig. Deshalb läßt er sich vom HErrn die Augen öffnen und erbittet sich dieselbe von seinem Gott. Unter Beobachtung von Ps. 32,8 wird dies nicht schwer fallen. Hat er dann in der Gegenwart des HErrn die Entscheidung getroffen, so erfolgt die Verlobung, welcher in Bälde die Heirat folgen dürfte.

Wo solche Linien beschritten werden, dürfte es zu einer Ehe führen, die zur Quelle der Segnung und Freude werden dürfte, im Gegensatz zu tausend anderen Ehen, in welchen dauernd Unstimmigkeiten zu finden sind und damit die Freude des Lebens getrübt ist und indirekt der Bau des Reiches Gottes und das Werk des HErrn aufgehalten wird.

Laß dir deshalb, lieber junger Bruder, liebe junge Schwester, sagen:

„Seid nicht gleichförmig dieser Welt!“

W. W.

Der Gott der Täler.

„Jehova ist ein Gott der Berge, und Er ist nicht ein Gott der Täler.“ 1. Kön. 20,28.

Berge und Täler wechseln in der Wallfahrt unseres Lebens. Wir bewegen uns nicht immer auf den Höhen der geistlichen Freuden und im Genusse der schattenlosen Liebe unseres Gottes. Das Leben eines Kindes Gottes geht durch Tiefen sowohl wie über Höhen, durch Täler wie über lichte

Bergeshöhen.

Wenn wir so von „Bergen“ und „Tälern“ reden, denken wir nicht an Stimmungen und Erfahrungen der Gläubigen. Es gibt Kinder Gottes, die sich einmal glücklich fühlen und voll Lob und Preis sind und das nächste Mal unglücklich, weil ihnen alles verkehrt zu gehen scheint. Sie seufzen über Niederlagen im Kampfe mit den Listen des Feindes oder machen neue Entdeckungen von der Verdorbenheit ihres Herzens. Durch das ständige Auf und Nieder in ihrer Seele fangen sie an zu zweifeln, sowohl an Gottes Liebe als auch an der Sicherheit ihrer Errettung. Solche bedürfen der Einführung in die Wahrheit der Errettung, um zu der Befreiung zu gelangen, die das Teil der Kinder Gottes ist.

Von solchen Tälern und Höhen möchten wir hier nicht reden, sondern vielmehr auf das allgemeine Leben der Kinder Gottes eingehen.

In Israel gab es (allgemein geredet) zwei Klassen. Die eine, die mit den heiligen Dingen, die andere, die mit den irdischen Dingen beschäftigt war. Es gab Priester, und deren Vorrecht war es, in den heiligen Dingen zu dienen. Sie und die Leviten waren für den Dienst Jehovas abgesondert. Im Gegensatz zu diesen wird das „Volk des Landes“ genannt (3. Mos. 4,27). Das „Volk“ ging den täglichen Arbeiten und Beschäftigungen nach. Bei den Kindern Gottes der heutigen Haushaltung sind die Funktionen der beiden Klassen vereint. Jeder Gläubige ist ein Priester (Offenb. 1,6) und darf als solcher mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten (Hebr. 10,19); aber zugleich ist er auch einer vom „Volke“, und als solcher hat er mit den „irdischen“ Dingen zu tun, als unterschieden von den Dingen im Dienste des HErrn.

Der Leser wird verstehen, was wir meinen. Da sind Stunden, wo wir die Beschäftigungen des irdischen Lebens zurücklassen und uns ganz dem HErrn und Seiner Arbeit widmen, wo wir uns versenken in die Liebe Christi und Gottes. O wie ruft da Sein Geist in unserem Herzen das „Abba, Vater“ hervor. Wir freuen uns der Liebe Dessen, der uns zu Seinen Kindern gemacht hat und uns liebt mit einer Liebe, die nur gemessen werden kann nach Seiner Liebe zu Jesus, Seinem Sohne (Joh. 17,23). In der Freude dieses gesegneten Verbundenseins nahen wir Ihm mit Lob und Dank und ersehnen den Augenblick, da wir „dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig“ sein werden (Röm. 8,29).

Das sind sonnige Höhen, Bergesspitzen voll Licht, wo unsere Seelen mit Freuden weilen. Aber es sind auch andere Stunden da. Die täglichen Aufgaben sind zu verrichten. Das Brot ist zu erwerben, sei es im Geschäft, in der Fabrik oder auf dem Felde; und es gibt Pflichten zu erfüllen im Hause und in der Familie und tausend andere Dinge, die unsere Aufmerksamkeit und Arbeit erfordern.

Als Gottes „Priester“ beschäftigen wir uns mit den Dingen der Bergeshöhen, gehen in das Heiligtum und wirken in Seinem Werke. Als „Volk“ haben wir unsere irdischen Lebensaufgaben, und von diesen möchten wir zunächst reden als von den Tälern in des Christen Wallfahrt.

*

Nun kommt.die ernste und wichtige Frage: Ist unser Gott ein Gott der Täler ebensowohl als auch der Berge? Die Syrer - 900 Jahre vor Christo - sagten: Er ist es nicht. Und der Feind von 1920 sagt gleichfalls: Er ist es nicht. Es wird uns gesagt: Geschäft ist Geschäft, und Christentum ist Christentum. Damit will man uns sagen, diese beiden müssen getrennt gehalten werden; als ob wir unsere Reise in zwei Wagenabteilen zu machen hätten und als ob der Gott, den wir kennen und dessen Liebe wir uns erfreuen, nichts zu tun hätte mit unserem Geschäft noch mit der Art, wie wir es

dessen Liebe wir uns erfreuen, nichts zu tun hätte mit unserem Geschäft noch mit der Art, wie wir es führen.

Ist dies so? Unsere Schriftstelle am Eingang unserer Betrachtung sagt uns, daß die Israeliten einen großen Sieg über die Syrer gewonnen hatten. Die Syrer konnten nicht verstehen, wie es möglich war, daß sie bei ihrer großen Übermacht eine solche Niederlage erleiden konnten. Die einzige Erklärung, die sie finden konnten, war, daß der Gott Israels ein Gott der Berge sei. Und sie sagten: „Wir wollen in der Talebene wider sie streiten“, dann, meinten sie, würden sie siegen. (1. Kön. 20,23-25.)

Gewiß ist es wahr: Unser Gott ist ein Gott der Berge, und Er hat uns manchen Sieg als solcher gegeben. Eine der Absichten Satans ist, uns den Genuß der Berge, der himmlischen Segnungen zu rauben, indem er das Herz mit irdischen Dingen erfüllt. Und wirklich, manche Kinder Gottes scheinen wenig Gott als den „Gott der Berge“ zu kennen. Wohl kennen sie etwas von Seiner Güte und Sorge in den irdischen Dingen ihres Lebens, aber von Seiner Liebe, von Seinen ewigen Ratschlüssen wissen sie kaum etwas zu sagen. Diese Bergeshöhen sind ihnen fremde Gebiete. Der Feind hat sie für das Beste und Höchste blind gemacht, und so haben sie noch nie einen Sieg über die Syrer auf den Höhen davongetragen.

Doch es sind auch solche, die durch Gottes Gnade über den Feind auf den Höhen siegten. Sie nahmen in der Kraft des Glaubens das himmlische Land in Besitz, und sie suchen Gnade, in der ganzen Waffenrüstung zu stehen (Eph. 6,13-17), um nicht der Früchte des Sieges beraubt zu werden.

Wenn es dem Feinde nicht gelungen ist, den Sieg über uns auf dem „Berge“, d. h. in den heiligen Dingen Gottes, zu erlangen, so kommt er wieder und versucht uns in der Talebene anzutasten, in dem „Tale“ der täglichen Geschäfte und Arbeiten. „Jehova ist ein Gott der Berge, und Er ist nicht ein Gott der Täler“, sagt er nach 1. Kön. 20,28. Und ach, es ist wahr, hier und da sind Gläubige seinem Betruge zum Opfer gefallen und haben seine Lüge an andere als Wahrheit weitergegeben.

Sie haben sich von ihm überzeugen lassen, daß Gott aus dem Geschäftsleben herausgelassen werden müsse. Geschäft ist Geschäft. Gewiß. Aber ist das Geschäft für einen Christen dasselbe, was das Geschäft für einen Weltmenschen ist? Sind seine Ziele dieselben? Handelt er nach gleichen Grundsätzen? Wird seine Geschäftsführung nicht von Christus beeinflußt? Weil es im Geschäft „allgemein“ so gehandhabt wird, tut ein Kind Gottes es ebenso? Weil gewisse bedenkliche Geschäftsgebräuche üblich sind, macht ein Christ sie mit? Wie tief muß der geistliche Stand eines Kindes Gottes sein, wenn es auch nur einen Augenblick zögert, auf solche Fragen mit einem entschiedenen „Nein!“ zu Antworten.

Es kann sein, daß ein Kind Gottes sich scheinbar auf den sonnigen Höhen der Ratschlüsse Gottes bewegt und davon redet und zugleich den Mangel an wahrer Reinheit in seinem Geschäft damit entschuldigt, daß es eben „Geschäft“ sei. Solches ist aber nichts anderes als eine Anerkennung des alten Syrerwortes: „Gott ist nicht ein Gott der Täler“.

Aber Er ist ein Gott der Täler und Er erwartet, daß wir Ihn als solchen anerkennen und unsere Geschäfte in Seiner Furcht führen. Er will auch im Tale unseres täglichen Lebens verherrlicht werden, indem wir nach anderen Zielen und Grundsätzen handeln als die Welt, so daß Er Sein Auge mit Wohlgefallen auch auf unserem Geschäftsleben ruhen lassen kann.

Wohlgefallen auch auf unserem Geschäftsleben ruhen lassen kann.

Unsere Schriftstelle zeigt uns, mit welchem Ernst Gott wider die handelt, die Ihn nicht als den Gott der Täler achten. Er sagt: „Weil“ sie sagten, Er sei nicht ein Gott der Täler, „so will ich diesen ganzen großen Haufen in deine Hand geben“, und Israel sollte daran lernen, daß Er Jehova sei, der das Tun der Menschen sieht und zu Seiner Zeit richtet.

Auf den Bergeshöhen hatten die Syrer Seine Kraft erfahren, aber was in den Tälern vorging, darum (glaubten sie) werde Er Sich nicht kümmern. Hier, meinten sie, brauchten sie nicht mit Seinem Arm zu rechnen und würden sie mit ihrer Kraft und ihrem großen Haufen durchkommen, aber sie mußten die Schwere ihres Irrtums bitter fühlen: an einem Tage verloren sie 100000 Mann.

Ist dieses nicht die Geschichte manches Kindes Gottes? Sie ließen sich vom Feind betören und glaubten, Gott aus dem Tale der irdischen Beschäftigungen herauslassen zu können; sie vertrauten auf ihre Geschicklichkeit, auf ihre Mittel und handelten nach den Überlegungen ihres Herzens, ohne zu fragen, ob des HErrn Name damit zu verbinden sei. Gott aber sieht es und sagt: „Weil..., so will ich usw.“ Und es kam ein Tag, da sie ihren Irrtum bitter fühlen mußten.

Gott hatte acht auf das, was die Syrer redeten und taten, und Er sieht auch, was du tust, und kennt die Gedanken deines Herzens. Was auch dein Beruf im Tale des irdischen Lebens ist - ob Arbeiter, Knecht oder Herr -, Sein Name ist mit dir verbunden, und Er will auch im Tale der irdischen Beschäftigungen durch dich verherrlicht werden.

Und welch ein Trost ist es, zu wissen, daß Gott nicht nur ein Gott der Höhen, sondern auch der Täler ist, daß wir nicht bloß über die himmlischen Dinge mit Ihm reden können, sondern auch über die kleinen Dinge des Lebens, des Berufes und Erwerbes. Ja, welch ein Trost ist es, und welche Erleichterung, sich von Ihm in den mancherlei Schwierigkeiten beraten zu lassen. Ja, wenn die Last scheint größer zu sein, als wir sie tragen können, so können wir zu Ihm gehen und alles Seinen weisen und liebenden Händen übergeben. O, welchen Verlust haben doch die, welche Gott nicht kennen als den Gott der Täler! Wieviel Segen geht doch denen verloren, die im Tale des Lebens nicht mit Ihm wandeln!

*

Aber es gibt noch tiefere und dunklere Täler als die des beruflichen Lebens.

Da ist das Tal der mangelnden Gesundheit. Dinge, die einst mit Leichtigkeit getan wurden, sind uns jetzt eine schwere Last. Wie langsam schleichen die Stunden des Tages hin, um dann von Stunden der Nacht, der Schmerzen und Schlaflosigkeit abgelöst zu werden. Kann Gott auch in solchen Tälern den Sieg geben? Er kann! Ja, Er kann es! Spürbar vermag Er uns mit den Armen Seiner Liebe aus den Umständen so herauszuheben, daß sich Stunden der Schlaflosigkeit und Leiden im Genusse Seiner Gegenwart zu Stunden unaussprechlichen Glückes verwandeln. Wie eine Mutter ihr Kind mit süßen Tönen der Liebe zur Ruhe bringt, so stillt Er auch unseren unruhigen, ach oft murrenden Geist, indem Er Worte Seiner Liebe voll Trost in unser Herz senkt. Auch in dem Tale der Leiden reicht Er Gnade dar, nicht bloß sie zu ertragen, sondern Ihn darin zu verherrlichen.

Wie aber ist es im Tale der Verluste und der Todesschatten? Kann Er auch dieses dunkle Tal mit dem Lichte Seiner Liebe erhellen? Ja, auch in diesem Tale vermag Er uns so an Sein Herz zu ziehen, daß

unser geängstigter Geist sich in dem Schoße Seiner Liebe birgt und wir still Ihm vertrauen, daß Seine mächtigen Hände für uns und über uns walten.

Wie tief ist dieses Tal für die, welche Gott nicht als den Gott der Täler kennen. Solche Zeiten des Verlustes und des Kummers benutzt dann der Feind, um Mißtrauen an Gottes Liebe und Auflehnung gegen Ihn ins Herz zu säen. Der Tod hat ihnen die, die sie so innig liebten, aus den Armen genommen, und einsam und allein stehen sie in ihrem Kummer, ohne Trost. Keine Kenntnis Seiner göttlichen Liebe hebt sie aus ihrer Sorge heraus, keine Gnade hilft ihnen tragen - sie kennen nicht den Gott der Täler.

Möge es, lieber Leser, unser Teil sein, nicht nur mit Gott auf den Höhen der himmlischen Dinge zu wandeln, sondern auch in den Tälern der irdischen Aufgaben und Nöte, wie es einst Habakuk tat. (Siehe Habakuk 3,17-19.) Viele der größten Siege, von denen die Schrift berichtet, waren Siege, die in den Tälern erstritten wurden. Im Tale Ajalon siegte Josua über die fünf Könige der Amoriter (Josua 10,11.12). Im Terebinthental triumphierte David über den Riesen Goliath (1. Sam. 17). Und in den Tälern unseres Lebens können wir die herrlichsten Siege feiern. Lassen wir aber Gott aus, so wird es uns gehen wie Lot, der die Talebene Sodoms wählte und seine gerechte Seele quälte. Und selbst als Gott das Gericht über Sodom bringen wollte, konnte er sich noch nicht entschließen, das „Tal“ zu verlassen und auf das „Gebirge“ zu gehen. So war seine Seele an das Tal gebunden, daß er bat, in der Ebene, in Zoar, bleiben zu können. Gott will uns den Sieg geben, um durch uns verherrlicht zu werden, sowohl als der Gott der Berge wie der Täler.

B. (v. d. K.)

Reisebegleiter oder Kapitän?

Unser Lebensschifflein steuert dem jenseitigen Ufer zu. Wir verstehen gut den Unterschied zwischen einem Reisebegleiter und dem Kapitän auf einem Schiffe; aber in Bezug auf den Platz, den Christus in unserem Lebensschifflein einnimmt, wird dieser Unterschied oft wenig beachtet. Wohl erkennen Ihn viele als ihren alleinigen Erretter an, aber sie geben Ihm nicht gänzlich den Platz als ihrem alleinigen HErrn und Gebieter (Jud. 4b); und mehr als Reisebegleiter wie als Kapitän wird Er an Bord ihres Lebensschiffleins genommen. - Der Kapitän hat Herrschaft über das ganze Schiff. Wohin er will, geht das Schiff. Alles betreffs der Reise, alles an und in dem Schiffe steht unter seinem Willen und seiner Aufsicht. Ihm ist alles unterordnet. Jeder möge sich die Frage beAntworten: „Ist Christus in dem Schifflein meines Lebens Reisebegleiter, oder ist Er Kapitän?“

v. d. K.

Geleitswort an den Leser:

Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir mittels des Glaubens auch Zugang haben zu dieser Gnade, in welcher wir stehen, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.“ Römer 5,1.2.

Antworten.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 10

Woher hatten die Juden zur Zeit des HErrn die klare Hoffnung auf das ewige Leben (Luk. 10,25; 18,18) und auf die Auferstehung? (Matth. 22,23.28; Apgesch. 23,6-8.) Lag nicht den Gläubigen des Alten Testaments diese Hoffnung noch fern? (Buch Hiob, Psalm 37 und 73.)

Antwort A

Wenn die Schrift zu uns von ewigem Leben redet, so meint sie damit nicht ein bloßes Fortleben der Persönlichkeit nach dem Tode im Gegensatz zur Vernichtung derselben. Dieses Fortleben nach dem Tode lehrt das ganze Alte Testament. Die Seelen der Abgeschiedenen waren im Scheol, dem Totenreiche (4. Mose 16,30; Hiob 10,21.22; 1. Sam. 28,7-19 und viele andere). Wenn die Schrift nun von ewigem Leben oder auch nur „Leben“ spricht, so meint sie nicht jenes, sondern ein Leben in der Erkenntnis und Gemeinschaft mit Gott (Joh. 17,3; Dan. 12,2 u. 13; Ps. 16,10; 17,15; Mark. 10,30; Joh. 3,36). Dies Leben steht gegenüber der Schande, dem ewigen Abscheu (Dan. 12,2), dem unauslöschlichen Feuer (Matth. 3,12; Mark. 9,43-48; Luk. 3,17), dem ewigen Feuer (Matth. 18,8; 25,41), der Hölle des Feuers (Matth. 18,9), der ewigen Pein (Matth. 25,46). Die Auferstehung ist für die einen der Eingang zum ewigen Leben, für die anderen zur ewigen Schande (Dan. 12,2), für die einen eine Auferstehung des Lebens, für die anderen eine Auferstehung des Gerichts (Joh. 5,29).

Schon die bisher angeführten Schriftstellen zeigen es, woher die Juden zur Zeit des HErrn die Hoffnung auf das ewige Leben und die Auferstehung hatten, und das Neue Testament belehrt uns ebenso darüber. „Nach den Schriften“ ist Christus am dritten Tage auferweckt worden (1. Kor. 15,4). Den Sadduzäern, „welche sagen, es gäbe keine Auferstehung“, sagt der HErr, ob sie nicht Moses gelesen hätten, der in dem Dornbusch von der Auferstehung der Toten geredet habe, und weist sie auf ihren Mangel an Kenntnis der Schrift und der Kenntnis der Kraft Gottes hin (Mark. 12,18-27). Nach Seiner Auferstehung öffnete der HErr den Jüngern das Verständnis, um die Schriften zu verstehen, und zeigte ihnen in dem Gesetz Moses, den Propheten und Psalmen, was über Ihn geschrieben stand, und sprach: „Also steht geschrieben, und also mußte der Christus leiden und am dritten Tage auferstehen aus den Toten“ (Luk. 24,25-27 und 44-46). Joh. 20,9 sagt: „Sie kannten die Schrift noch nicht, daß Er aus den Toten auferstehen mußte“. In Thessalonich eröffnete Paulus den Juden „aus den Schriften“, „daß der Christus leiden und aus den Toten auferstehen mußte“ (Apgesch. 17,1-3).

Schon die Gläubigen des Alten Bundes kannten den Gott, der tötet und lebendig macht. Durch den Mund des Moses hatte Sich Jehova als solcher bezeugt (5. Mose 32,39), Hanna nimmt in ihrem Lobgesange dies Wort auf (1. Sam. 2,6), selbst der gottlose König Joram von Israel bezeugt: „Bin ich Gott, um zu töten und lebendig zu machen?“ (2. Kön. 5,7.)

Der Sohn der Witwe von Zarpath (1. Kön. 17,17-24), der Sohn der Sunamitin (2. Kön. 4,33-37) und

der Mann, der in Elisas Grab geworfen wurde (2. Kön. 13,20.21), waren sichtbare Zeugnisse von der Macht und dem Wirken des Gottes gewesen, „der die Toten lebendig macht und das Nichtseiende ruft, wie wenn es da wäre“.

Aber Gott hatte nicht nur von der Auferstehung geredet und sie durch Taten erwiesen, sondern die Gläubigen des Alten Bundes hatten daran geglaubt, nach diesem Glauben gehandelt, darauf ihre Hoffnung gesetzt und damit sich getröstet. Dem Abraham gibt die Schrift zweimal Zeugnis, daß er an Gott glaubte, der die Toten lebendig macht (Röm. 4,17; Hebr. 11,19). David sagt in Psalm 16,10 und 11: „Denn meine Seele wirst Du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, daß Dein Frommer die Verwesung sehe. Du wirst mir kundtun den Weg des Lebens“. Petrus in Jerusalem und Paulus in Antiochia führen diese Stelle als ein prophetisches Zeugnis für die Auferstehung des HErrn an (Apgesch. 2,24-31 und 13,34-37). Gehen die Worte: „Du wirst nicht zugeben, daß Dein Frommer die Verwesung sehe“ (die Paulus allein anführt) auch über David hinaus und gelten allein von Christus, so gelten die anderen doch von David selbst. Denn schon im nächsten Psalm bezeugt er seine Hoffnung im Gegensatz zu den Leuten dieses Zeitlaufs, deren Teil in diesem Leben sei: „Ich, ich werde Dein Angesicht schauen in Gerechtigkeit, werde gesättigt werden, wenn ich erwache, mit Deinem Bilde (Ps. 17,14.15). In Psalm 71,20 sagt er: „Du wirst uns wieder beleben und uns wieder heraufführen aus den Tiefen der Erde“, in Psalm 68,20: „Bei Jehova, dem HErrn, stehen die Ausgänge vom Tode“, und Psalm 69,28 spricht er von dem Buche des Lebens, und von dem hatte schon Moses gewußt, daß sein Name darin stand (2. Mose 32,32.33). Auch gerade in Psalm 73 gibt David in Vers 24-26 seiner über die Erde und dieses Leben hinausgehenden Hoffnung Ausdruck. Die Söhne Korahs singen in Psalm 49,15: „Gott aber wird meine Seele erlösen von der Gewalt des Scheols; denn Er wird mich aufnehmen“ (vgl. Hosea 13,14). Selbst bei Hiob finden wir in Kap. 19,25-27 ein Zeugnis, daß er von der Auferstehung des Lebens wußte, wenn er auch damals noch nicht darin Licht und Trost fassen konnte.

Ebenso bezeugen es die Propheten. Jes. 26,19: „Deine Toten werden aufleben, meine Leichen wieder erstehen. Wachet auf und jubelt, die ihr im Staube lieget“. In Jes. 53,8-10 wird vom Tode und Begräbnis, aber auch von der Auferstehung des HErrn geredet: „Er wird Seine Tage verlängern“. Welche wunderbare Belehrung und Anschauung gibt Jehova dem Hesekiel von der Auferstehung in dem Gesichte Kap. 37,1-14. Schließlich weise ich noch auf die schon angeführten einfachen Belehrungen in Daniel 12,2 und 13 hin. „Und viele von denen, die im Staube der Erde schlafen, werden erwachen: diese zu ewigem Leben, und jene zur Schande, zu ewigem Abscheu.“ „Du wirst ruhen, und wirst auferstehen zu deinem Lose am Ende der Tage.“ Nein, Jehova hatte Seine Geliebten auch im Alten Bunde nicht in Unkenntnis über Seine Liebesabsichten gelassen, die weit über das Dasein im Schattenreich sowie über irdische Verheißungen hinausgingen; das zeigen diese Stellen, denen man bei mehr Kenntnis und Verständnis der Schrift gewiß noch zahllose andere beifügen könnte. Denn wie gering ist auch unser Verständnis der Schrift noch und bedürfen wir's, daß der HErr uns die Schriften öffnet. Der HErr hatte Seine Pläne betreffs ewigen Lebens und Auferstehung nicht verborgen, mögen auch die Erkenntnis und die von ihr ausgehende Kraft eine verschiedene gewesen sein. Damals war noch zukünftig und damit nicht so klar enthüllt, was nun in hellem Lichte vor unseren Augen steht, die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten, durch die wir wiedergeboren sind zu einer lebendigen Hoffnung, zu einem unverweslichen und unverweltlichen Erbteil, welches in den Himmeln aufbewahrt ist“ (1. Petri 1,3.4).

„Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so laßt uns uns selbst reinigen von jeder

„Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes!“ (2. Kor. 7,1.)

O. v. Br.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Diese köstlichen Ausführungen geben viel Licht über die Frage.

Ich möchte zunächst verweisen auf Frg. 45, Jahrbuch I (1913); Frg. 2, 34 u. 39, J. II (1914); 35, J. III (1915)! Ferner noch auf zwei Stellen des N. T., aus denen ebenfalls klar hervorgeht, daß die gläubigen Juden noch vor des HErrn Auferstehung die Hoffnung auf eine Auferstehung hatten: Joh. 11,24 und Hebr. 11,35. Namentlich letztere Stelle hat große Beweiskraft, denn bei Martha in Joh. 11 könnte gesagt werden, der HErr habe den Geschwistern schon vor Lazarus' Tod Belehrung über die Auferstehung gegeben. Ich glaube nicht, daß solches der Grund war zu ihren Worten, sondern vielmehr die Tatsache, daß die Juden eben aus dem A. T. diese Hoffnung gelernt hatten. Aber wie dem auch sei betr. dieser Stelle - aus Hebr. 11,35 geht unzweifelhaft hervor, daß die gläubigen Juden auf eine Auferstehung warteten, die im Vergleich zum irdischen Leben eine „bessere“ genannt zu werden verdiente. Diese Stelle weist zurück auf Stellen in Schriften, die zwar mit Recht nicht zu den heiligen Schriften zu rechnen sind, die aber gleichwohl nach dieser u. a. Seite hin Belehrung geben, nämlich in den Apokryphen. In diesen, die viel Unrichtiges und Irreführendes enthalten, aber auch viel Schönes, befinden sich die Bücher der Makkabäer, die u. a. die heldenhaften Todesleiden des Schriftgelehrten Eleasar u. a. gläubiger gesetzestreuer Juden beschreiben, und in Verbindung hiermit sind in 2. Makk., Kap. 6 u. 7 sehr bemerkenswerte Worte über Auferstehung und ewiges Leben gesagt. Z. B. 2. Makk. 7,14: „Das ist ein großer Trost, daß wir hoffen, wenn uns die Menschen erwürgen, daß uns Gott wird wieder auferwecken; du aber (zu seinem Peiniger gewendet) wirst nicht auferweckt werden zum Leben“. (Vgl. Joh. 5,29!) Ich habe auf diese nicht den heiligen Schriften entnommene Stelle nur hingewiesen in Verbindung mit Heb. 11,35- denn jene Erwürgten und Zerschlagenen von 2. Makk. hätten die irdische Befreiung erhalten können, wenn sie dem Gesetz Gottes ungehorsam geworden wären! - weil sie nur die herrschende Volksanschauung, d. h. des gläubigen Volks und seiner Führer (der Pharisäer), zeigen.

Woher sie diese Überzeugung hatten, ist in obiger Antwort klar gesagt: aus den Schriften, aus der Prophetie, aus der jüdischen Geschichte, nicht anderes als auch wir, die wir die Auferstehung des Herrn Jesu doch nur von denen wissen, die sie uns als Augenzeugen bezeugt haben. (Vgl. u. a. Apg. 13,30ff. und 1. Joh. 1,1ff.) Und als gläubig, wie die Schrift sagt (Joh. 7,38), wissen wir, daß Er der Erstling aus den Toten ist und daß wir ebenso aus den Toten auferstehen werden, ein Glaube, den auch schon Abraham hatte (Hebr. 11,19) und den wir alle haben sollten! (Luk. 24,46; Phil. 3,11; vgl. Frg. 21, J. I [1913]!) Warum aber haben nicht alle Gläubigen denselben? Aus demselben Grunde, aus dem vielen alttestamentlichen Juden die Tatsache der Auferstehung verborgen oder dunkel blieb; aus mangelndem Verständnis der Schriften. (Vgl. Luk. 18,31-34.) Dazu gehören geöffnete Augen (Luk. 24,45[.31!]). Dem Abraham verbarg Jehova nicht, was Er tun wollte (1. Mose 18,17) - warum nicht? Abraham wandelte durch Glaubensgehorsam, also in Gemeinschaft mit Jehova! Und wir, die wir viel größerer Herrlichkeit gewürdigt sind?

Die in obiger Antwort Angeführten Stellen: Dan. 12,2; Hes. 37,1-14; Hosea 13,14 und Jes. 26,19, die wohl mehr in bildlicher Darstellung die Wiederherstellung Israels schildern (nationale, religiöse Auferstehung!), hätten nicht für solch einen erhabenen Zweck als Bilder gebraucht werden können, wenn eben nicht die tatsächliche dereinstige leibliche Auferstehung eine gewisse Hoffnung bei den Juden gewesen wäre. - So sehen wir überall Spuren dieses Auferstehungsglaubens, der die Pharisäer so klar von den Sadduzäern unterschied. Und dennoch, wie schon gesagt, das mangelnde Verständnis bei den Jüngern, sobald der HErr von Seiner eigenen Auferstehung redet! Wie sehr bedürfen wir doch des gläubigen Eingehens auf die geoffenbarten Gedanken Gottes! „Ihr forschet (oder,suchet') in den Schriften (und mit Recht!), denn ihr meinet, in ihnen ewiges Leben zu haben - und dabei sind sie es, die von Mir zeugen“; aber der HErr fährt fort: „Und ihr wollt nicht zu Mir kommen, auf daß ihr Leben habt!“ (Joh. 5,39.40.) Dank, geliebter HErr, daß wir zu Dir kommen konnten und bei Dir das Leben gefunden haben und daß uns die herrliche Verheißung gilt: wir, als geistlich Auferstandene (Joh. 5,25), werden auch teilhaben an „der ersten (leiblichen) Auferstehung“ (Offenb. 20,6.) Hebet eure Häupter auf!

 

 

 

 

Frage 11

Ich bitte um eine kurze Unterscheidung folgender Begriffe: „Errettung“ (z. B. Eph. 2,5), „Erlösung“ und „Vergebung“ (Eph. 1,6.7), „Versöhnung“ (2. Kor. 5,18-21), „gerechtfertigt“ (= Rechtfertigung) (Röm. 5,1), „Begnadigung“ (Röm. 11,30.31).

 

Antwort A

Errettung (Eph. 2,5; vgl. Luk. 19,10; Judä V. 23). Etwas, was in Gefahr ist, retten, also aus einer Gefahr herausbringen, wie man auch einen Ertrinkenden aus dem Element rettet zu seinem Leben.

Erlösung (Eph. 1,6.7; vgl. Röm. 7,14; 1. Petri 1,18), einen loskaufen um einen Preis aus Gebundenheit oder durch einen Tausch aus einem gefährlichen Zustand herausbringen; einen Sklaven, der in eines anderen Gewalt ist, davon befreien, den Schuldzustand aufzuheben.

Vergebung (Eph. 1,7; vgl. Luk. 7,47; 1. Joh. 2,12), bezieht sich auf Fehler und Vergebungen, die einer dem anderen gegenüber sich hat zuschulden kommen lassen, die aber nicht durch Leistungen gutgemacht werden können; z. B. Ehrenkränkung. Vergebung ist Ehrensache, eine Huld- und Gnadenerweisung und wird auf Bekenntnis und Bitte oder auch frei aus Hochherzigkeit gewährt. Dadurch wird auch ein gespanntes Verhältnis zwischen zweien aufgehoben.

Versöhnung (2. Kor. 5,18-21; vgl. Röm. 5,10.11; Matth. 5,23.24). Ein feindseliger Zustand wird aufgehoben auf Grund einer Genugtuung oder gegenseitiger Verständigung. Also etwas in ein anderes, besseres Verhältnis bringen. Da wir Entfremdete und Feinde waren, hat uns Gott versöhnt. Der feindselige Zustand wird aufgehoben, daher nun Liebe zu dem, den man bisher gehaßt hat.

Rechtfertigung (gerechtfertigt) (Römer 5,1; vgl. Apgesch. 13,39; Röm. 1,17; 3,21-24; 2. Kor. 5,21). Rechtfertigung geschieht Anklage gegenüber. Der Teufel ist der Verkläger vor Gott (Offenb. 12,10; Hiob 1,6; 2,1; Judä V. 9). Das Gewissen: der Ankläger des Sünders; daher ist mit der Rechtfertigung die Reinigung des Herzens und Gewissens verbunden (Apgesch. 15,9). Die Rechtfertigung, d. h. die Gerechtmachung und -sprechung, geschieht von seiten Gottes dem, der an die Erlösung und

Versöhnung durch Jesum und Seine Erlösungstat glaubt. Ja, nach dem Evangelium von Jesu Christo wird der Glaubende in Gottes Gerechtigkeit hinein versetzt (Röm. 1,17; 2. Kor. 5,21; Röm. 3,26.28). Gott sieht den Glaubenden als ohne Sünde und Schuld in Jesu Christo an, auch dem Verkläger, dem Teufel, gegenüber (Röm. 8,1.33.34).

Begnadigung (Röm. 11,30.31; vgl. Matth. 18,32.33; 1. Tim. 1,16) ist das, was der Schuldige unverdienterweise empfängt; Erbarmung, was hier dasselbe bedeutet, was der Gläubiger dem Schuldner erweist, wenn er ihm um seiner selbst willen Schuld und Strafe schenkt. Gott begnadigt den schuldigen Sünder; dem Sünder widerf ährt Erbarmung. Begnadigung wird einem Schuldigen zuteil, der seine Schuld eingesteht und um Gnade nachsucht. Die Barmherzigkeit des obersten Richters schenkt ihm die Schuld und das verwirkte Leben (Röm. 5,18). So ist er nun frei (Röm. 6,18.22.23).

F. Th. H.

Antwort B

Die Stücke der Frage sind verschiedene Tatsachen, die zum Lebensbestand eines Christen werden, und es ist unser Vorrecht, in den Geist dieser Dinge einzugehen und darin uns der Güte und Liebe Gottes zu erfreuen.

Die Frage ist nun: Wie kommt ein Mensch dahin, sich diese Segnungen anzueignen?

Der Glaube ist die erste Bedingung, wenn wir von Bedingungen reden dürfen, die Gott von uns fordert. Ohne Glauben ist es eine Unmöglichkeit, sich der Segnungen und der Heilstatsachen zu erfreuen. Auf Gottes Seite finden wir wiederum die Gnade für uns. Dies ist für Gott die einzige Anknüpfungsmöglichkeit mit dem Menschen, weil in uns selbst kein Punkt ist, wo Er es tun könnte. Daß uns Gott nur Gnade erweisen kann auf Grund des Kreuzes Christi, brauchen wir wohl nicht weiter zu erörtern. Gnade ist also der Anfang und setzt darum unser Gericht voraus; denn nur ein Verurteilter kann begnadigt werden. Wir fangen demnach an, wo der Fragesteller aufhört. Der Römerbrief zeigt uns gleichsam den geschichtlichen, geistlichen Werdegang einer gläubigen Seele, und so wollen wir versuchen, an der Hand dieses Buches die Dinge in etwa verstehen zu lernen.

Der Römerbrief ist das einzige Buch der Bibel, wo das sittliche Verderben des Menschen in dem grellsten Lichte geschildert wird durch den Geist Gottes, aber zugleich auch das einzige Buch, wo der Gnade am häufigsten Erwähnung getan wird. Dies allein spricht Bände! „Wo aber die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden.“ In Verbindung mit Noah finden wir zum erstenmal das Wort „Gnade“. Die Welt stand damals unter dem Gericht Gottes: „Noah aber fand Gnade in den Augen Jehovas“ (1. Mose 6,8). Dies finden wir in Röm. 3,19.24. Röm. 4,6-8 wird von David die Vergebung gepriesen, gerühmt und verherrlicht.

Die Begnadigung führt uns zur Gewißheit der Vergebung unserer Sünden. Wer die Gnade nicht kennt, bilde sich nur nicht die Vergebung ein! Eins ist abhängig von dem anderen. Röm. 5,1 haben wir die Rechtfertigung, dieselbe geht noch weiter als die Vergebung. Sie wird besonders im Leben Abrahams uns vorgestellt. 1. Mose 15,6 finden wir zum erstenmal den Glauben erwähnt, zugleich das einzige Mal „Rechtfertigung“ im Alten Testament. Wenn Vergebung von meinen Sünden spricht, so besagt Rechtfertigung das, als ob ich überhaupt nie gesündigt hätte. Wir hören darum niemals von

Vergebung von Sünden in Verbindung mit Abraham. Errettung finden wir in Röm. 5,9 zum erstenmal in diesem Buche. Hier wird sie zukünftig betrachtet, in Epheser als vollendet; darum „hat“, und das deshalb, weil der Epheserbrief uns als zu Hause bei Gott betrachtet (vgl. Eph. 2,5.19). Errettung hat weniger mit unseren Sünden als vielmehr mit den feindlichen Mächten, die uns hienieden umgeben, zu tun. In Verbindung mit Israel finden wir die Rettung zum erstenmal erwähnt: 1. Mose 49,18 prophetisch, 2. Mose 14,13.30 praktisch, und 2. Mose 15,2 wird sie verherrlicht. Rettung bedeutet, befreit zu sein durch Gottes Macht von den feindlichen Mächten: Welt, Sünde, Satan und Tod. „Gott für uns, wer gegen uns?“ Die wenigsten von den Kindern Gottes erfreuen sich der Rettung, darum auch kein Lied und kein Lob in ihrem Herzen noch auf ihrer Zunge. Versöhnung nun wird uns im Priestertum.geschildert. Priestertum wurde nicht in Ägypten, sondern in der Wüste eingeführt, und finden wir darum Versöhnung zum erstenmal in Röm. 5,10.11. Der Priester ist vertraut mit den Gedanken Gottes, steht im Einklang mit Seinen Absichten der Liebe, geht zu Gott hinein, bleibt bei Gott, erfreut sich Gottes und verherrlicht Gott. „Der verlorene Sohn“ schildert im Neuen Testament treffend, was Versöhnung bedeutet. Der Vater gab ihm das beste Kleid: Christus; den Ring: Seine Liebe; die Sandalen: die Sohnschaft; das Kalb: Christus als Speise; in des Sohnes Seele: Gemeinschaft in Christo. Darum „laßt uns“, nämlich: Vater und Sohn! Nie hören wir, daß der verlorene Sohn das Vaterhaus wieder verlassen hätte. Soweit wie ich das Wort Gottes verstehe, versetzt uns die Versöhnung in den höchsten Genuß, weil unser Herz und Seele sich der Gedanken, Ratschlüsse, Vorsätze der Liebe des Vaters praktisch erfreut. Der Herr schenke es uns!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil 1

Diese Antworten beleuchten die Frage sehr klar in kurzen Sätzen, wie gewünscht, jedoch von verschiedenen Seiten.

Es ließen sich noch mehr biblische Begriffe finden, die mit „zum Lebensbestand eines Christen“ (vgl. Antwort B) gehören, z. B. Reinigung, sowohl die einmalige durch das Blut Christi, durch dessen Dauerwirkung wir in Gemeinschaft mit dem Vater und Sohn sowie mit den Seinen gekommen sind (1. Joh. 1,7), wie auch die fortlaufende durch das Wort (Joh. 13,1ff.; vgl. Frg. 34, Jahrb. llI [1915] u. 27, J. V [1917]). Reinigung (gereinigt) ist ein Zustand, wo unsere Sünden aus dem Bewußtsein Gottes entfernt sind, wodurch erst der Gemeinschaft freie Bahn geschaffen ist (vgl. Hebr. 1,3; 9,21-23 u. a.). Ferner Befreiung (Joh. 8,36), wodurch wir in den Stand gesetzt sind, Gott wahrhaft in Liebe zu dienen. Befreit zu sein von der Knechtschaft des Gesetzes (Galaterbrief, vgl. 5,1!), befreit von Sünde und Welt (Gal. 6,14; Röm. 6; 8,2) sowie der Macht des Todes (vgl. Hebr. 2,15!), aber auch von der Herrschaft des alten Menschen, des Menschen im Fleisch (Röm. 7), ist nötig, um mit Freude Gott dienen und Ihm leben zu können (Röm. 6, z. B. V. 10 u. 22 u. a.). - Und so gibt's noch manche kostbare Begriffe, die zum praktischen Besitz des Christen gehören - in allem aber ist Christus der Ausgangs-, Mittel- und Zielpunkt. „Denn Er ist uns von Gott gemacht zur Weisheit, zur Gerechtigkeit, zur Heiligung, zur Erlösung - damit wer sich rühmet, sich des HErrn rühme!“ (1. Kor. 1,30.31.) Was wir haben, haben wir in Ihm, mit Ihm, durch Ihn zu Gottes Herrlichkeit.

Möchten wir Gnade haben, die belehrenden und praktischen Winke obiger Antworten im Herzen zu bewegen und im praktischen Leben auszuleben als Menschen, die wahrhaft versöhnt sind mit Gott! Nicht hat Gott Sich mit uns versöhnt, Er war nicht unser Feind - Joh. 3,16 -, vielmehr wir Seine

Feinde - Röm. 5,10! -, sondern uns mit Sich! (Vgl. hierzu auch Frg. 10 in Jahrb. II [1914]!) Was Paulus 2. Kor. 5,20 sagt: „Lasset euch versöhnen mit Gott!“, das sagt der Geist Gottes durch Seine Feder bezüglich der Gläubigen, wenn auch nicht nur bezüglich dieser. Er sagt uns gewissermaßen: geht völlig ein in das ganze Resultat der Versöhnung, genießt sie, genießet, was es heißt, vermittelst ihrer in Christo „Gerechtigkeit Gottes“ geworden zu sein (V. 21)! Es sind Menschen, die eine neue Schöpfung verwirklichen auf ganz neuer Grundlage, der Grundlage eines völlig ungetrübten Verhältnisses zu und mit Gott, wie es uns in Antwort B so kostbar am verloren gewesenen Sohn geschildert wird. Ja, wahrlich, ein neues Verhältnis: nie wieder verließ der gefundene Sohn das Vaterhaus! „Und sie fingen an, fröhlich zu sein“ (Luk. 15,24), und wann hörten sie wieder auf? Nie, nie! Das ist die Frucht einer Versöhnung, in die alle die anderen in obigen Antworten besprochenen Dinge eingeschlossen, aber von ihr gekrönt sind. Kennen wir die Versöhnung, d. h. genießen wir sie im Vollmaße, soweit hienieden möglich? Der HErr schenke es uns in Gnaden zu Seiner Verherrlichung!

„Wenn jemand in Christo ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden. Alles aber von dem Gott, der uns mit Sich Selbst versöhnt hat durch Christum und hat uns den Dienst der Versöhnung gegeben; nämlich, daß Gott in Christo war, die Welt mit Sich Selbst versöhnend, ihnen ihre Übertretungen nicht zurechnend, und hat in uns das Wort der Versöhnung niedergelegt. So sind wir nun Gesandte für Christum, als ob Gott durch uns ermahnte; wir bitten an Christi Statt:,Lasset euch versöhnen mit Gott!' Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm!“ 2. Kor. 5,17-21.

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Ein unbeliebtes Schriftwort.

(2. Kor. 6,14-18.)

„Ich will dich segnen“, so sagte einst Gott zu Abraham. Dieser Vorsatz war verborgen in Seinem Herzen. Nun machte Er ihn Abraham offenbar (1. Mose 12,1-4).

So sagte Er auch einst zu Israel: „Ich werde (oder will) Meine Wohnung setzen in eure Mitte ... und Ich werde wandeln in eurer Mitte und werde euch zum Gott sein und ihr werdet Mir zum Volke sein“ (3. Mose 26,11.12). Hier haben wir Seinen Vorsatz über Israel, und Er machte ihn durch Mose bekannt.

So wie Gott über Abraham und über Israel Vorsätze des Segens hatte, so hat auch Gott Segensvorsätze über uns. Er sagt den Gläubigen in Korinth, „samt allen, die an jedem Orte den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen“ (1. Kor. 1,2): „Ich werde euch aufnehmen, und Ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der HErr, der Allmächtige“ (2. Kor. 6,17.18).

Allmächtige“ (2. Kor. 6,17.18).

Gott aber konnte Seine Vorsätze über Abraham und Israel nicht ausführen, ganz abgesehen davon, wie diese sich zu Ihm verhielten. Und Gott kann die Vorsätze Seiner Liebe über uns nicht zur Ausführung bringen, ganz einerlei, wie wir zu Ihm stehen. Sein Segen ist an Bedingungen gebunden. Die Ausführung Seiner Vorsätze muß im Einklang mit Seiner Vollkommenheit sein. Gott kann nicht Sich Selbst in Seiner Heiligkeit verleugnen. Gott hat Sich durch Seine Vollkommenheit gleichsam Selbst Grenzen gesetzt. Seine Allmacht wie auch Seine Liebe können nichts tun, was Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit unwürdig wäre.

Er machte Abraham mit Seinem Vorsatz bekannt, ihn segnen zu wollen, aber Seiner Heiligkeit gemäß fordert Er Absonderung von seinem Vaterhause usw. Zuerst mußte Abraham seine Verbindung mit allem, womit Gott nicht verbunden sein konnte, lösen, erst dann konnte Gott ihn segnen. Der erste Schritt des Glaubens, den Abraham zu tun halte, um gesegnet zu werden, war nicht ein Schritt „hinein“ ins Land, sondern „heraus“ aus der Verwandtschaft. Ebenso war es mit Israel. Ebenso ist es auch mit uns. Wollen wir den uns verheißenen Segen empfangen, so muß auch unser erster Schritt ein „ Heraus“-Schritt sein. Seine Bedingung, uns aufzunehmen und Ihm Söhne und Töchter zu sein, ist wie bei Abraham: „Gehet aus ihrer Mitte aus und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an - und Ich werde euch aufnehmen“ (2. Kor. 6,17.18).

Du sagst, ich kann nicht verstehen, warum Abraham sich zuerst absondern mußte. Ein Vaterhaus und eine Verwandtschaft zu haben ist doch nichts Böses? An sich ist darin gewiß nichts Böses. Abrahams Vaterhaus jedoch, von dem er sich absondern mußte, stand nicht unter der Leitung des Geistes Gottes, sondern unter der Nacht und Macht des Götzendienstes (Jos. 24,2). Gott konnte Seinen Segen nicht über Abraham bringen, solange er mit einer götzendienerischen Verwandtschaft verbunden war. Und Gott kann die Segnungen Seiner Vaterliebe uns nicht zuteil werden lassen, so lange wir „in einem Joche mit Ungläubigen“ sind. Deshalb, weil Er in unserer Mitte wohnen und uns den Reichtum Seiner Liebe offenbaren will, sagt Er: „Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab - und Ich werde euch aufnehmen, und Ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der HErr, der Allmächtige.“

Sage, was sind dir solche Forderungen und solche Verheißungen deines Gottes? Berühren sie dein Herz? Abrahams Herz wurde tief berührt, als ihm Gott sagte: „Ich will dich segnen“. Die Verheißungen, die Gott uns gibt, sind größer und herrlicher, als die Abraham empfing. Er verheißt uns Seine Vaterliebe und den Platz von Söhnen und Töchtern. Wie schätzest du diese Verheißungen? Abraham schätzte die ihm gegebenen so hoch, daß „er ging, wie Jehova zu ihm geredet hatte“ (1. Mose 12,4).

Die Forderung Gottes: „Gehe aus deinem Vaterhause“ und die Verheißung: „Ich will dich segnen“ machten Abrahams Herz offenbar. Jetzt mußte es offenbar werden, was ihm wertvoller war, sein Vaterhaus oder Gottes Segen. Beides konnte er nicht haben. Eins mußte er aufgeben. Er mußte wählen und sich entscheiden. Eine solche Wahl geht nicht ab ohne tiefe innere Kämpfe. Meinst du, daß Abraham kein Herz für sein Vaterhaus, seine Verwandtschaft, sein Vaterland gehabt hätte? Sicher! Aber Gott war ihm mehr, und so trat er auf Gottes Seite und tat, „wie Jehova zu ihm geredet hatte“.

Sieh Mose an! Auch für ihn kam ein Tag, da er wählen mußte. Er war weise; er wählte, lieber mit

dem Volke Gottes Ungemach zu leiden und die Schmach Christi zu tragen, als den Reichtum Ägyptens zu haben. Er schaute auf die Belohnung und verließ das Land (Hebr. 11,23-28). Das sind Glaubensschritte! Glaubensschritte, die uns „heraus“ und zugleich „hinein“ führen, und zwar in die Segnungen Gottes.

Das Wort des HErrn an uns: „Gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab ... und Ich werde euch aufnehmen“ macht auch dein und mein Herz offenbar. Wie Abraham und Mose, so müssen auch wir wählen zwischen dem Gehen aus ihrer Mitte und dem Aufgenommenwerden von der Liebe Gottes. Beides kannst du ebenso wenig haben wie Abraham und Mose. Eines mußt du zurücktreten lassen. Und doch versuchen Kinder Gottes immer wieder das Unmögliche, zwei Herren zu dienen. Ach, solche sind die allerärmsten, sie finden keine Freude, weder bei diesem noch bei jenem.

Wie einfach, wie klar und bestimmt ist ein solches Wort unseres Gottes. Es kann gar nicht mißverstanden werden. Er will, daß die Kinder Gottes aus jeder Verbindung mit den Kindern der Welt herausgehen sollen. Er nennt eine solche Verbindung ein „ungleiches Joch“ und will, daß die Gläubigen nicht darin gefunden werden. Und warum? Weil Er uns segnen will mit Seiner vertrauten Liebe.

Wie kommt es aber, daß so manche Kinder Gottes, ja selbst Diener am Worte Gottes nicht nur in solch einem „ungleichen Joche“ sind, sondern solchen schriftwidrigen Verbindungen auch noch das Wort reden und sie rechtfertigen? Ja, wie kommt es? Wenn es nicht Eigenwille ist, dann ist es Unwissenheit über Gott. Diesen Gläubigen in Korinth mußte Paulus zu ihrer Beschämung schreiben: „Etliche sind in Unwissenheit über Gott“ (1. Kor. 15,34). Hätten sie besser erkannt, was Gott ist, so würden sie sehen, daß Gott nicht verbunden werden kann mit Dingen, die Seinem Worte entgegen sind. Kann Gott in „unserer Mitte wohnen und wandeln“, wenn wir mit „Ungerechtigkeit“, „Finsternis“, „Belial“, „Ungläubigen“, „Götzen“ verbunden sind? Kann Sich Gott damit verbinden? Wenn nicht, können wir damit verbunden sein, wenn wir Gott in unserer Mitte haben wollen? Wie wenig denken solche Kinder Gottes darüber nach, daß die Genossenschaft der Gläubigen mit Ungläubigen oder mit den Dingen und Einrichtungen der Menschen und des Unglaubens eine Verbindung des Namens des Herrn mit Ungerechtigkeit ist. Der HErr gebietet deshalb, daß jeder, der den Namen des HErrn nennt, von der Ungerechtigkeit abstehen soll (2. Tim. 2,19). Für ein ernstes Kind Gottes, welches den Segen der Gemeinschaft mit dem Vater schätzt, gibt es nur einen Weg, und der ist der göttlich gewiesene: „Gehet aus aus ihrer Mitte ... und rühret Unreines nicht an!“ -

Tiefschmerzlich ist es, zu sehen, daß manche Kinder Gottes solche Worte der Schrift nicht lieben. Man muß sehen, daß, sobald nur jemand es wagt, auf solche Forderungen des HErrn den Finger zu legen, sich sofort die Stimme des Widerspruches und Unwillens erhebt über Lieblosigkeit und Engherzigkeit. Warum aber sind denn solche Worte der Schrift so unbeliebt? Gehören sie nicht zur Schrift? Hat der HErr sie nicht geredet? Zweimal wird uns gerade hier gesagt, daß der HErr sie spricht! Sollten wir dann nicht um so mehr sie beachten? Ist es nicht besser, die Wahrheit zu erfahren, als mit den Worten des HErrn im Widerspruch zu sein? Warum gehen Kinder Gottes solchen Worten des HErrn aus dem Wege? Ach, oft ist es, weil sie fühlen, daß sie ihr Gewissen berühren und ihre VerAntwortlichkeit vermehren. Gewiß! Das Erkennen Seines Willens fordert Gehorsam, und dem möchten manche aus dem Wege gehen. Hinter diesem allen aber steht der Feind, der Gottes Volk nicht ziehen lassen will. An dem Verhalten Pharaos, als Gott die Scheidung, den Auszug Seines Volkes forderte, lernen wir so recht das Verhalten des Feindes kennen, wenn der Auszug der

Gläubigen aus der Mitte der Ungläubigen gefordert wird. Diese Forderung war ihm damals ebenso mißliebig, wie sie es ihm heute noch ist. Welche List und Tücke wandte er an, und mit welcher Verschlagenheit suchte er das Volk zu hindern, sein Land zu verlassen. Und mit nicht weniger Trug und List sucht er heute die geraden Wege des HErrn zu verkehren, um die Gläubigen zu verhindern, die Scheidung zwischen gläubig und ungläubig zu vollziehen.

Soll ich dir einige seiner betrügerischen Redensarten nennen? Er sagt dir: „Du kannst doch niemand ins Herz sehen und deshalb gar nicht wissen, wer ein Ungläubiger ist“. Oder: „Du wirst doch nicht dem geistlichen Hochmut verfallen und dich für besser und heiliger halten als andere und dich absondern?“ Oder: „Unsere heiligen Gebräuche, Gottesdienste, Einrichtungen, Verfassungen, Verbände haben sich Jahrhunderte hindurch als gut und nützlich erwiesen. Was ist da Böses drin?“ Oder: „Wenn du dich absonderst, so ist es mit deiner Arbeit für den HErrn vorbei. Du hast in der Verbindung mit den Ungläubigen viel bessere Gelegenheit, sie für den HErrn zu gewinnen“; u. a. m.

Solche betrügerischen Worte sind so alt wie der Garten Eden, und sind so fein ersonnen wie die, denen Eva zum Opfer fiel. Es ist nur so niederdrückend traurig und zum Weinen schmerzlich, daß Kinder Gottes solche hohlen Redensarten willig aufnehmen und gedankenlos nachsprechen.

Laßt sie uns etwas näher ansehen. Fangen wir bei der ersten an!

Wahr ist, daß wir niemand ins Herz sehen können, aber daß wir deshalb nicht wissen können, wer ein Ungläubiger ist, das ist Lüge. Die Weise, Wahrheit und Lüge zusammen zu mischen, kennzeichnet die Sprache der Schlange. Die Lüge ohne die Beimischung von Wahrheit wäre für ein Kind Gottes zu leicht als Trug erkennbar, deshalb wird sie mit Wahrheiten und oft mit hohen und köstlichen Wahrheiten vermischt. Die meisten Irrtümer, denen Kinder Gottes anheimgefallen sind, sind ihnen zuerst ins Herz hineingeschmuggelt worden, indem sie in köstliche Wahrheiten hinein versteckt wurden. Wie sollten wir Lektüren meiden, in denen Irrtümer mit Wahrheiten gemischt sind!

Doch kehren wir zu dem ersten Einwand zurück. Laß mich dich fragen, lieber Leser, wenn du ein Kind Gottes bist und den Heiligen Geist empfangen hast: „Kannst du Gläubige und Ungläubige nicht unterscheiden?“ Kinder Gottes, die solche Worte reden, denken nicht daran, daß sie damit die ganze Schrift aufheben, denn sie bringt beständig diese Unterscheidung. Wie durften die Apostel von den Thessalonichern sagen, daß sie „bekehrt“ waren, da man doch niemand ins Herz sehen kann? Und wie kann uns Gott heißen, „die Brüder“ zu lieben, ja schuldig zu sein, für „die Brüder“ das Leben zu lassen (1. Joh. 3,16), die wir doch nach solcher Behauptung gar nicht kennen können? Nein, nicht ins Herz sollen wir sehen, um einen Ungläubigen zu erkennen, sondern „an den Früchten werdet ihr sie erkennen“, so hat der HErr gesagt (Matth. 7,16-20). Dies ist das uns gegebene Erkennungszeichen. Gott kennt jeden dem Herzen nach, wir aber erkennen den Baum an der Frucht.

Heute haben wir kaum noch nötig, nach der Frucht zu blicken. Die meisten bekennen es selbst von sich, ungläubig zu sein. So dunkel ist die Nacht des Unglaubens in der Christus verwerfenden Christenheit geworden, daß man es ungeniert tut. Nicht etwa nur die Hurer, Trunkenbolde und Lästerer, nein, die fromm und ehrbar wandelnden Gemeindeglieder, die noch auf Religion halten, bekennen frei heraus, daß sie hinter Christi Geburt und Auferstehung ein Fragezeichen machen und Er ihnen nicht der ewige Sohn Gottes ist. Kannst du sie nicht kennen? Was willst du machen mit dem göttlichen Befehl aus dem Himmel: „Gehet aus ihr heraus, Mein Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünden mitteilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen“ (Offenb. 18,4)?

mitteilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen“ (Offenb. 18,4)?

Vielleicht sagt jemand: „Du vergißt, daß die uns umgebende Christenheit nicht die „Gemeinde Gottes“ ist, sondern eine „Volkskirche“! Eben deshalb! Gottes Gemeinde ist keine Volkskirche, und eine Volkskirche ist nicht Gottes Gemeinde. Sage, welche Zusammengehörigkeit hat ein Kind Gottes mit einer solchen Körperschaft? „Welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? ... denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes ... darum gehet aus aus ihrer Mitte ... und Ich werde euch aufnehmen ... spricht der HErr.“

Tust du es willig oder mit schwerem Herzen? Die Antwort, die dir dein Herz auf diese Frage gibt, sagt dir deutlich, wie du zum HErrn stehst. Denke dir, du hättest einen Sohn, den du liebst, und du sähest ihn unter den Siechen im Siechenhause und würdest zu ihm sagen: „Gehe heraus - ich werde dich aufnehmen“. Würde er verstehen, was du meinst? Und wenn du weiter zu ihm sagst, daß er zu dir ins Vaterhaus gehöre, aber nicht dorthin, so würde er fühlen, daß es die Wahrheit ist. Wenn du nun aber siehst, daß er nicht mit willigem, sondern mit schwerem Herzen vor deiner Aufforderung steht, was würde dir das sagen, was würdest du empfinden? So gibt auch unser Verhalten dem HErrn die Antwort, wie unser Herz zu Ihm und Seinem Worte steht. - Wie mußte es Gott erfreuen, als Er Abraham sah, daß „er ging, wie Jehova ihm geboten hatte“! -

Gehen wir nun zum zweiten Einwand, dem des krankhaften, geistlichen Hochmutes und des Sich-besser-dünkens.

Würde sich ein Gläubiger deshalb absondern, weil er sich besser und heiliger dünkte als andere, so wäre das abscheulicher Pharisäismus. Der HErr aber fordert nicht unsere Absonderung, weil wir besser seien, sondern weil wir mit Ihm und Er mit uns verbunden sein will. Wie klar gibt Er in unserer Schriftstelle den Grund für die Absonderung an: „Darum“, sagt der HErr in V. 17. Was sagt das Wort? „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen, 1. Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit ... 2.Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes ... Darum gehet aus aus ihrer Mitte“. In dem ersten „Denn“ bringt Gott zum Ausdruck, daß es keine Verbindung gibt zwischen Ihm und „Gesetzlosigkeit“, „Finsternis“, „Belial“, „Ungläubigen“ und „Götzenbildern“. In dem zweiten „Denn“ zeigt Er uns, daß, wenn wir damit verbunden sind, wir Ihn damit verbinden, weil Er in uns wohnt als in Seinem Tempel. Und nun folgt als Folgerung Seine Forderung: „Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an - und Ich werde euch aufnehmen ...“. Kann Gott deutlicher reden? Wenn du aufrichtig gewillt bist, die Wahrheit zu haben und ihr zu folgen, sage: ist sie so schwer zu verstehen? Sieh' auf die Belehrungen des Alten Testamentes. Abraham mußte aus seinem Vaterhause herausgehen, nicht, weil er besser oder heiliger war als die anderen Hausgenossen, sondern weil Gott ihn aufnehmen und segnen wollte.

Israel war ein ebenso sündiges Volk wie die Ägypter und stand genau so unter dem Gerichte Gottes wegen seiner Sünde wie sie. Warum forderte Gott dann den Auszug, da es doch nicht reiner war? Eben, weil Gott das Volk mit Sich verbinden und durch das Blut des Lammns ohne Fehl mit Sich versöhnen wollte. Auf Grund des „Besser-seins“ hatte das Volk kein Recht, sich abzusondern. Gott aber machte die Scheidung. Er sagte zu Pharao: „Ich werde eine Scheidung setzen zwischen Meinem Volke und deinem Volke“ (2. Mos. 8,23). Er forderte die Scheidung, und das Volk hatte zu gehen. Um dessen willen, was wir sind, haben wir gewiß kein Recht, uns abzusondern, aber wenn

Gott die Scheidung setzt und fordert, um dessen willen, was Er ist und weil Er uns auf Grund des Blutes mit Sich verbunden hat, so müssen wir nach Seiner Forderung „aus ihrer Mitte“ herausgehen, oder wir sind in Auflehnung gegen Seinen Willen.

Gott will nicht bloß das Bekenntnis unserer Lippen, Er will auch eine klare Stellungnahme. Bekennst du, dem HErrn anzugehören und nicht der Welt? Hast du einmal darüber nachgedacht, was das in sich schließt? Du bekennst, einen anderen „Herrn“ zu haben als die Welt, und doch bleibst du in Verbindung mit der Welt? Du bezeugst, daß der Ungläubige unter der Macht und Herrschaft des „Fürsten der Welt“ steht, du aber unter der des „Fürsten des Lebens“, gibt es denn unter diesen beiden „Fürsten“ eine Verbindung? Wenn nicht, kann es dann eine Verbindung zwischen den Untertanen der beiden Fürsten geben? „Welche Übereinstimmung hat Christus und Belial?“ So wenig wie es hier eine Übereinstimmung gibt, so wenig auch zwischen dem Gläubigen und dem Ungläubigen. „Welche Gemeinschaft“, fragt der HErr, „hat Licht mit Finsternis“? „Welches Teil der Gläubige mit dem Ungläubigen“? „Welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes ... darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an, und Ich werde euch aufnehmen.“

Bekennst du, daß Christus dein Herr ist, dann sei mit nichts verbunden, wo jenem „Fürsten“ und dessen Volke Zugeständnisse gemacht werden oder wo deines „Herrn“ Wort nicht allein maßgebend ist. Unsere Verbindung kann nur sein mit Seinem Volke, „mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim. 2,22). Von denen, „die das Vergnügen mehr lieben als Gott, die eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen, von diesen“, sagt der HErr, „wende dich weg“ (2. Tim. 3,5).

Wir kommen jetzt zum dritten Einwand, zur Frage, was in den guten, Jahrhunderte alten gottesdienstlichen Einrichtungen und Gebräuchen Böses sei. Es handelt sich gar nicht darum, wie alt, gut oder nützlich sie sind, sondern ob das, was im Hause Gottes geschieht, von Gott gegeben und angeordnet ist. Hat Gott sie nicht angeordnet, welches Recht und welchen Wert haben solche Anordnungen dann? Wo kommen sie her, wenn sie nicht von Gott kommen? Wer hat sie angeordnet, wenn Gott sie nicht angeordnet hat? Können wir Gott dienen, wie es uns beliebt? Können wir die Dinge in Seinem Hause (Seiner Gemeinde) einrichten und ordnen, wie wir wollen oder wie es uns gut und nützlich erscheint? Hat Gott nicht Selbst bestimmt, wie wir Ihm dienen und Ihn anbeten sollen? Wir bestimmen in unserem Hause die Ordnung, und Gott hat in Seinem Hause die Ordnung bestimmt und festgelegt. Wir empfinden es als Eingriffe in unsere Rechte, wenn jemand in unserem Hause andere Anordnungen trifft; und so empfindet es auch Gott als Eingriffe in Seine Rechte, wenn wir von Seiner Anordnung abweichen und andere Dinge einführen. Wenn dies in den Gebräuchen der Fall ist, dann ist es sicher böse.

Man hört oft sagen: Diese Dinge sind mehr als 100 Jahre gelehrt und als richtig angenommen worden, sie müssen doch wahr sein. Sind sie wahr? Die katholische Kirche lehrt Dinge mehr als 1000 Jahre, sind sie deshalb wahr? Die Wahrheit Gottes ist mit soviel Menschenlehren vermischt worden, daß wir fast alle von Jugend an mehr oder weniger mit verdorbenen Lehren gespeist worden sind. Wir müssen deshalb zur Schrift zurückkehren in diesen Fragen. Sie allein ist uns „von Gott gegeben und nütze zur Lehre (des Willens Gottes), zur Überführung (bei Widersprüchen und Irrtümern), zur Zurechtweisung (bei Abweichungen vom Willen Gottes), zur Unterweisung (über alle Dinge) (2. Tim. 3,16.17)“. Sie ist unsere alleinige Autorität, die in allen Fragen entscheidend ist und die jedem

Widerspruch ein Ende macht. Als Gott Sein Volk zurückrief, zeigte Er Hesekiel den Bau Seines Hauses, in dem Er wohnen wollte, und sagte ihm dann: „Berichte über dieses Haus, damit sie sich ihrer Missetaten schämen und den Bau messen. Und wenn sie sich schämen alles dessen, was sie getan haben, dann zeige ihnen die Form des Hauses und seine Einrichtung, und seine Ausgänge und seine Eingänge ... und schreibe es vor ihren Augen auf, damit sie seine ganze Form und alle seine Satzungen behalten und sie tun.“ (Hes. 43,10.11.) So wichtig war es dem HErrn, daß Hesekiel es „vor ihren Augen“ aufschreiben mußte, damit sie alles behalten und tun möchten.

Das ist es, was auch wir zu tun haben. Auch wir müssen das Musterbild Seiner Gemeinde, wie Er es uns in der Schrift hat aufzeichnen lassen, anschauen, „damit wir uns schämen und den Bau messen“. „Vor unseren Augen“ soll ständig dies Musterbild stehen, damit wir beständig vergleichen und nachmessen, ob die „Einrichtungen“, „Eingänge“, „Ausgänge“, die „ganze Form“ und Gestalt der Gemeinde, der wir angehören, nach dem Muster ist.

Laßt uns nur einige wesentliche Einrichtungen nachmessen, ob sie stimmen mit dem uns von Gott vorgezeichneten Bau. Laßt uns die Schrift fragen:

Wer sind die Glieder der Gemeinde? Die Schrift sagt, daß es solche sind, die der HErr durch Glauben und Wiedergeburt hinzugetan hat (Apgesch. 2,41.42; 5,13.14), daß es die „Geheiligten in Christo Jesu“ sind (1. Kor. 1,1.2). Wie stimmt es damit? Werden heute auch noch andere der Gemeinde hinzugetan als solche, die in lebendigem Glauben zu Christo gekommen sind und das Siegel des Geistes tragen? Dann sind die „Eingänge“ breiter gemacht. Und wenn Ungläubige auch Zugehörigkeit und Gliedschaft haben, so erlaubt die Schrift dem Gläubigen nicht, in einem Joche mit Ungläubigen zu sein.

Wie wird der Dienst am Worte Gottes ausgeübt? Die Schrift sagt, daß der HErr Seiner Gemeinde Evangelisten, Hirten und Lehrer gibt (Eph. 4,11), daß Er durch Seinen Geist die „Gaben“, durch welche die Gemeinde erbaut werden soll, austeilt „wie Er will“ und daß Raum für die Wirksamkeit des Geistes Gottes und der freien Ausübung der Gaben sein soll (1. Kor. 12 und 14). Wie stimmt es hiermit? Wenn an Stelle des freien Wirkens des Heiligen Geistes ein „Geistlicher Stand“, ein Predigerstand, getreten ist, und anstatt, daß der HErr die Hirten, Lehrer, Evangelisten gibt usw., Menschen sich selbst dazu bestimmen oder von Menschen dazu bestimmt werden, die oft nicht einmal gläubig sind, so sind das Veränderungen der Ordnung des Hauses Gottes, die unrecht sind. Und der HErr sagt: „Wer den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit (2. Tim. 2,19).

Wie wird die Zucht in der Gemeinde geübt? Die Schrift sagt: „Tut den Bösen von euch hinaus“ (1. Kor. 5,2.11-13). Wie stimmt es damit? Werden die Hurer, die Trunkenbolde, die Habsüchtigen usw. hinausgetan aus der Mitte der Gemeinde, oder wird diese Ordnung des Hauses Gottes nicht ausgeübt?

Wie wird die Taufe und das Abendmahl gehandhabt? Die Schrift sagt, daß die Taufe das „Begraben“ solcher ist, die „mit Christo gestorben sind“ (Röm. 6), und weiter, daß solche, die das Evangelium „hörten“, „glaubten“, „getauft“ wurden (Apgesch. 18,8). Wie stimmt die heutige Praxis damit? Wenn die Taufe zur Brücke gemacht ist, um den Menschen im Fleische über die göttliche Kluft zwischen gläubig und ungläubig hinwegzutragen, so ist das unrecht. Das Abendmahl gab der HErr nur Seinen Jüngern, daß sie es feiern sollen „zu Seinem Gedächtnis“. Und die Schrift sagt: „Ein Brot, ein

Leib sind wir, die vielen, denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig“ (1. Kor. 10 und 11). Wenn das Abendmahl zu etwas anderem als „zum Gedächtnis“ des HErrn genommen und wenn andere Personen daran teilnehmen als solche, die durch den Heiligen Geist als Glieder des „einen Leibes“ legitimiert sind, so sind das Veränderungen der Anordnung des HErrn, die unrecht und böse sind und mit denen Gläubige nichts gemein haben.

Welchen Platz hat das Wort Gottes? Die Schrift sagt uns, daß sie von Gott eingegeben, unser Licht und Unterweiser für den Weg ist. Sie ist Ausrüstung und Autorität für den „Menschen Gottes“ (2. Tim. 3,15-17). Wenn im Hause Gottes Verfassungen, Statuten usw. mit zu entscheiden haben und das Wort Gottes nicht allein entscheidend ist, so ist der Boden der Schrift verlassen und die Grundlage aufgegeben.

Prüfe alles an der Schrift! Tritt mit Ernst an Sein Wort heran! Wir müssen, wenn wir Ihm „wohlgefällig“ dienen wollen, aufhören mit dem Schalten und Walten nach unserem Gutdünken in Seinem Hause. Wir befinden uns nicht in unserem Hause, nicht in unserer Gemeinde, sondern in Seiner Gemeinde, wo alles Seinem Willen gemäß sein soll. Er achtet darauf, was in Seinem Hause vorgeht. Das sehen wir an Nadab und Abihu (3. Mose 10,1-3). Von ihnen können wir lernen, daß es keine leichte Sache ist, von Gottes Vorschriften abzuweichen. Nur anderes, fremdes Feuer hatten sie vor Jehova gebracht, „das Er ihnen nicht geboten hatte. Da ging Feuer aus von Jehova und verzehrte sie, und sie starben“. Wir haben es mit Ihm zu tun, das sollen wir wissen, wenn wir uns Ihm nahen und uns mit den Dingen Seines Hauses befassen. Deshalb ermahnt uns die Schrift: „Gott wohlgefällig zu dienen mit Frömmigkeit und Furcht. Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Hebr. 12,28.29). Ja, Gott nimmt es genau! Alles Fremde, alles Abweichen von Seinem Worte, das Menschen „in den Ratschlägen und dem Starrsinn ihres Herzens“ eingeführt haben, nennt Gott „ihre Scheusale“, die sie „in das Haus gebracht haben, das nach Seinem Namen genannt ist“ (Jer. 7,8-30; Hes. 7,20; Amos 5,21-23). Wenn Gott so darüber urteilt, können wir dann noch fragen: „Was ist darin Böses?“

Wie kommt es, daß diese Dinge so wenig von Kindern Gottes beachtet werden, und warum werden sie behandelt, als seien sie untergeordneter Natur? Ach, ist es nicht deshalb, weil wir so selbständig im Hause Gottes geworden sind? Aber das ist es ja gerade, was der Satan uns beibringen will, daß wir selbständig und selbstbestimmend handeln können. Hat er das erreicht, dann sind die Türen offen, das Verderben hereinzubringen.

Pauli schönster Titel war: ein Knecht Jesu Christi zu sein. Ihm war es eine Ehre, sich gebunden zu halten an das Wort des HErrn. Heute aber ist es anders geworden. Heute ist es eine Ehre, selbständig zu sein. Kinder Gottes bewundern solche, die so auftreten; dagegen von solchen, die sich gebunden an das Wort halten, wendet man sich verächtlich ab. Das ist engherzig. Ja, man ist weitherzig geworden gegen das Böse.

Die Schrift warnt uns vor solchen „eigenwilligen Gottesdiensten“ (Kol. 2,23). Sie dienen „zur Befriedigung des Fleisches“, Gott aber sind sie nicht wohlgefällig. Der Mensch findet seine Ehre und Verherrlichung, der Herr steht daneben. „Dieses Volk ehrt Mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von Mir“ (Mark. 7,6).

Und so trefflich weiß man die eigenen Anordnungen mit dem Schein des Besseren und des der Zeit Entsprechenden zu umgeben, daß der HErr sagt: „Trefflich schaffet ihr das Gebot Gottes ab, auf daß

ihr eure Satzungen haltet“ (Mark. 7,9-13). Wie weit die Anmaßung von Selbständigkeit im Hause Gottes und andererseits die Gefühllosigkeit gegen den HErrn und Seine Rechte geht, sieht man in dem Entschuldigen und Gutheißen alles Abweichens von der Schrift und den Ordnungen Seines Hauses, sobald dabei nur „Korban“ gesagt wird; d. h. daß es besser und nützlicher für Gottes Sache sei.

Wenn wir demgegenüber die scharfen Worte und strengen Gerichte Gottes sehen, so ist es kaum zu verstehen, wie Kinder Gottes so leichtfertig über das Abweichen vom Worte Gottes hinweggehen können. Ein kleines Abweichen kostete Nadab und Abihu das Leben; ein kleines Abweichen kostete Mose den Eingang ins Land; ein kleines Abweichen bezahlte Ussa mit dem Tode. Und wie groß unser Verlust ist, wenn wir unsere Hände zusammenschlagen in Genossenschaft mit solchen Dingen der Gesetzlosigkeit, das wird offenbar werden am Richterstuhl Christi, wenn der HErr kommt und Sein Lohn mit Ihm (Offenb. 22,12).

Der HErr sagt uns deshalb nicht nur, in keinem ungleichen Joche mit Ungläubigen zu sein, sondern Er fragt auch: „Welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit?“ Jede Verbindung Seines Namens mit Dingen, die nicht mit Seinem Worte übereinstimmen, ist eine Entweihung - ein Mißbrauch Seines Namens. „Jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit “ (2. Tim. 2,19). „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr aber strafet sie auch“ (Eph. 5,11).

Wir kommen jetzt zum vierten Einwand, besser für den HErrn arbeiten zu können, wenn man sich nicht absondert. Es ist woht kaum nötig, hierüber noch etwas zu sagen. Einige Worte mögen genügen.

Denke darüber nach: Besser dem HErrn dienen zu können, wenn man nicht tut, was Er gebietet! Besser Seelen für den HErrn gewinnen zu können auf Wegen des Ungehorsams als der Treue! Man tut das Böse, damit schließlich das Gute hervorkommen möchte. Wie nahe kommen solche Worte dem jesuitischen Grundsatze: „Der Zweck heiligt die Mittel.“ - Bruder! Wie muß dein Herz von den Vernunftschlüssen gefangen genommen sein und wie mußt du den Stand der Abhängigkeit des Knechtes Jesu Christi aufgegeben haben, daß ein solcher Trug dich noch blenden kann! Konnte Lot in Sodom mehr für den HErrn wirken, mehr Segen verbreiten, als Abraham außerhalb Sodoms? Ach, Lot wäre in und mit Sodom umgekommen, wenn nicht die Engel ihn und die Seinen bei der Hand ergriffen und hinausgeführt hätten. Was hätte Jonathan für David sein können, wenn er das Haus Sauls verlassen hätte! Aber er ging nicht und verlor alles und sein Leichnam hing mit dem Leichnam Sauls an der Mauer von Beth-Schan (1. Sam. 31,12; Offenb. 18,4).

Und wie viele andere Ausreden werden gebracht, um das göttliche Gesetz der Absonderung kraftlos zu machen. Ja, selbst das Wort Gottes und die Person des HErrn und die Apostel werden herbeigezogen, um den so klaren Befehl des HErrn zu verdunkeln. Man sagt, der HErr und die Apostel seien als Juden geboren und seien Juden geblieben und Paulus sei allen alles geworden. Das, was Paulus in 1. Kor. 9,20-23 von der „Weise“ seines Dienstes redet, wie er den Juden und den Heiden sich anpaßte, um sie zu erretten aus dem Judentum und aus dem Heidentum heraus, das wendet man fälschlich an als auf seine persönliche Stellung. Man redet so, als ob die Errettung der Seelen bei Paulus an erster Stelle gestanden und die Forderung des HErrn an zweiter. Niemals war es so bei Paulus. Vielmehr bezeugt er, daß, obwohl er nicht „unter Gesetz“ und nicht „ohne Gesetz“ sei,

sei er doch „Christo gesetzmäßig unterworfen“. Wie er sich auch den Juden oder den Heiden in der Weise der Verkündigung des Evangeliums anpaßte, so war er doch Christo unterworfen und in keinem gleichen Joche mit ihnen. Niemals erlaubte er sich etwas, worin er im Widerspruch mit seinem HErrn stand. Er lief in der Rennbahn so, daß er den Preis erlangte (1. Kor. 9,24-27).

Wer sich auf dieses Wort gern berufen will, der handle auch wie Paulus, indem er zuerst aus dem ungleichen Joch herausgeht und dann sucht, auf „allerlei Weise“ Sünder zu Christo zu führen. Die „Weise“, wie man sich Sündern mit religiösen Vorurteilen (Juden) und Sündern in Unwissenheit über Gott (Heiden) anpaßt, um ihnen das Heil zu bringen und etliche zu erretten, ist sicher verschieden. Die „allerlei Weise“ muß aber wie bei Paulus in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes sein. Paulinische Anpassungsfähigkeit tut wohl not, aber nicht schriftwidrige.

Daß der Herr Jesus auf Erden und die Apostel nicht aufhörten, Juden zu sein, ist selbstredend, wie auch wir nicht aufhören, Deutsche oder Schweizer zu sein, aber wenn man damit sagen will, daß der HErr oder die Apostel nicht mit der toten Orthodoxie des Judentums, dem jüdischen Kultus, gebrochen hätten und daß wir deshalb die Scheidung des Gläubigen von den Ungläubigen - das Herausgehen aus ihrer Mitte - nicht zu vollziehen hätten, so ist das ein großer, krasser Irrtum. Von dem Tage an, als der HErr den Juden sagte, daß sie das Haus Seines Vaters zur Mördergrube gemacht hätten, nannte Er den Tempel nie wieder „Seines Vaters Haus“, sondern „Euer- der Juden - Haus“. Und so völlig löste Er Sich von ihrem Kultus, daß Er nicht zum Laubhüttenfest hinaufging, und als Er hinaufging, ging Er nicht hinauf, um teilzunehmen, sondern die dürstenden Seelen herauszurufen, zu Ihm zu kommen. So löste auch Stephanus die Verbindung mit den Juden. Nachdem er in seiner Rede (Apgesch. 7) mehr als siebenmal von „unseren“ Vätern zu den Juden gesprochen hatte, mußte er ihnen durch den Heiligen Geist sagen, daß sie „Halsstarrige“ und „Unbeschnittene“ an Herz und Ohren seien und jetzt, mitten in der Rede, wechselt er sein Zeugnis. Jetzt sagt er nicht mehr „unsere Väter“ sondern „eure

Väter“. Er bricht das Band der Genossenschaft und sagt sich damit los von jeder Verbindung mit ihnen. (Vergl. Joh. 2,16; Matth. 23,38; Luk. 13,35; Joh. 7; Apgesch. 19,9.

Aber zeigen uns die vielen Einwendungen nicht, wie ungern man solche Worte des HErrn hat? Oder sind Seine Worte so unverständlich und dunkel? Ist es so schwer zu verstehen, wenn der HErr sagt: „Sondert euch ab“, „Gehet heraus aus ihrer Mitte“ (2. Kor. 6,17; Offenb. 18,4)? „Von solchen wende dich weg“ (2: Tim. 3,5). „Stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2. Tim. 2,19-22). „Habe nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis, vielmehr strafe sie“ (Eph. 5,10.11 usw.). Ein Kind kann das verstehen!

Viele Kinder Gottes, in ihrem Gewissen berührt, haben die Scheidung zwischen Gottes Volk und der Welt mit ihren Verbindungen vollzogen. Andere fühlen, daß auch sie gehorsam sein sollten, aber sie möchten die Absonderung nicht so gänzlich vollziehen. Da ist so manches, was dem Fleische angenehm ist. Wohl mag es nicht ganz mit der Schrift stimmen, aber man möchte es doch nicht entbehren. Das „Brot Gottes“ aus dem Himmel und die Liebe des HErrn allein befriedigt sie nicht ganz, ein wenig von dem Schönen Ägyptens, seiner Redeweisheit, Kunst usw. möchten sie zur Erhöhung des Genusses doch dabei haben. Solchen kommt Pharao weitherzig entgegen mit dem Vorschlag: Gehet heraus, geht in die Wüste, opfert dort! „Ich“, sagt er, „will euch ziehen lassen, daß ihr Jehova, eurem Gott, opfert in der Wüste, nur entfernt euch nicht so weit“. Ja, er wünscht

sogar, durch sie gesegnet zu werden und fügt noch hinzu: „flehet für mich“ (2. Mos. 8,28). Manche sind seiner List zum Opfer gefallen! Sie zogen aus - aber nur in gewissen Grenzen. Sie gingen - aber „nicht so weit“. Sie sonderten sich ab - aber nicht völlig. Sie ähnelten, obwohl Gläubige, dem ungläubigen Herodes, der „vieles“ tat, was Johannes ihm sagte - aber er tat nicht alles (Mark. 6,20). Sie vollführten nicht die „drei Tagereisen“-Entfernung bis über das Rote Meer hinweg. Sie gingen - aber nicht so weit, daß die Verbindung mit Pharaos Volk aufgehoben wurde.

Mose war nicht so weitherzig wie Pharao. Er behauptete die göttliche Forderung der „vollkommenen“ - der „drei“ Tagereisen-Entfernung von Pharaos Volk.

Gottes Volk muß ganz aus „ihrer Mitte“ heraus. Manche meinen, es genüge, sich von gewissen Personen oder von gewissen Stätten fernzuhalten. Der HErr aber sagt: „Gehet aus aus ihrer Mitte!“ Pharao verstand besser als manche Gläubige heute, was Gott damit meint. Er sagte am Schluß: „Machet euch auf, ziehet weg aus der Mitte meines Volkes.“ Er wußte, daß das kein Bleiben in nächster Nähe war, sondern ein Verlassen seines Volkes samt allem, was mit seinem Volke zusammenhing. So ist auch unser Herausgang aus der Mitte der Ungläubigen ein Verlassen alles dessen, was mit ihnen zusammenhängt, seien es die Dinge ihrer Lust oder ihrer Gottesverehrung. Es ist dasselbe Volk, ob es im Ball- oder Abendmahlskleid - im Gewand der Sünde oder im Gewand der Frömmigkeit erscheint! - Das ist das Herausgehen „aus ihrer Mitte“.

Aber, sagst du, es sind noch Gläubige in ihrer Mitte und sogar, (wenn auch wenige) gläubige Hirten und Lehrer, die den HErrn lieben, und ich bin doch nicht mehr als sie?! Diese Frage ist wieder so eine Trug- und Ablenkungsfrage. Sicherlich sind wir nicht mehr als sie. Es ist auch gar nicht unsere Aufgabe, die Beweggründe ihres Verhaltens zu erforschen oder zu beurteilen. Das tut ein anderer - das tut der HErr. Aber deswegen bleibt das Wort Gottes doch für sie und uns bestehen, „nicht in gleichem Joche mit Ungläubigen“ zu sein, den „Bau zu messen“ und „abzustehen von der Ungerechtigkeit“; und (so schwer ein solcher Glaubens- und Gehorsamsweg auch scheinen mag) die gläubigen Hirten und Lehrer sollten darin vorangehen! Wie dem auch sei -sie stehen und fallen dem HErrn. Aber ihr Verhalten hat nichts mit unserem Verhalten zu tun. Will man das Verhalten solcher Brüder uns als Maßstab und Muster hinstellen, so ist das nichts anderes als ein Trick des Feindes, unser Auge von Christo und Seinem Worte abzuwenden und es auf Menschen hinzurichten. Das zu sehen ist doch nicht schwer?! Nicht Brüder sind unser Muster und Maßstab, sondern allein Christus; und unser Wegweiser ist Sein Wort. Was mit Christo und Seinem Worte nicht übereinstimmt, muß fallen, selbst wenn es ein Engel vom Himmel redete (Gal. 1,8). Begabte Brüder, denen der HErr viel anvertraut hat, haben eine große VerAntwortung, auch die „geraden Wege nach der Wahrheit“ zu wandeln. Wir wissen alle, daß der Besitz großer Gnadengaben keineswegs das Wandeln in dem Lichte verbürgt. Licht haben und ein Folgen dem Lichte, das ist zweierlei. Wir sehen dies bei Petrus. Gott hatte ihm Licht gegeben, daß die Wand zwischen Juden und Heiden abgetan sei (Apgesch. 10), und dann kam ein Tag der Probe für ihn, und er mit anderen folgten nicht dem Lichte. Da stand der jüngste der Apostel - Paulus - auf und strafte den älteren Apostel, daß er „nicht den geraden Weg nach der Wahrheit“ wandelte (Gal. 2,11-14). Wenn wir so sehen, daß selbst ein Apostel dem Lichte der Wahrheit unterstellt war, dann stehen alle, auch die angesehensten Brüder, unter dem Urteil des Wortes. Und Paulus, der so mutig mit der Wahrheit einem angesehenen Apostel entgegentrat, sagt zu uns: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi“ (1. Kor. 11,1).

Es ist auch vorgekommen, daß Gläubige ihr Nichtabsondern zu decken suchten mit dem Worte: „Seid

klug wie die Schlangen“ - aber sie vergessen meist die Fortsetzung des Wortes „und ohne Falsch wie die Tauben“ (Matth. 10,16). Bruder, das eine nicht ohne das andere! Die uns vom HErrn empfohlene Klugheit darf nicht mit Ungehorsam und Unlauterkeit gegen Gott und Sein Wort verbunden sein. Diese Schlangenklugheit muß auch vor Menschen rein sein.

Schließlich sei noch der Einrede gedacht, daß in den Kreisen solcher, die sich abgesondert hätten, es nicht lauterer und reiner sei als da, wo es nicht geschehen, und man deshalb nicht nötig habe, sich abzusondern. Untreue, ob innerhalb oder außerhalb, ist stets eine ernste Sache, und der HErr wird mit jedem handeln. Wenn aber das Zukurzkommen oder das Vorkommen von Sünde dazu gebraucht wird, um es als Grund hinzustellen, nicht den klaren göttlichen Befehl der Absonderung zu erfüllen, so ist das ein Verkehren der geraden Wege des HErrn. Es wird uns auch nicht gesagt, aus der Mitte der Ungläubigen herauszugehen, um in die Mitte der Vollkommenen hineinzugehen. (Eine vollkommene Gemeinde finden wir nicht, selbst die Urgemeinde war nicht vollkommen.) Wir sollen auch nicht zu Brüdern hinausgehen, sondern zu „Ihm“ außerhalb des Lagers. Sünden kamen in der Urgemeinde vor, Sünden kommen leider auch heute in der Mitte der Kinder Gottes vor. Es handelt sich aber bei dem Befehl des „Herausgehens“ gar nicht um die Frage der größeren Reinheit oder Unreinheit, sondern um die Frage von gläubig oder ungläubig. Weiter darum, ob mit dem Bösen und Unrechten schriftgemäß verfahren wird: ob es gerichtet oder abgelegt bezw. aus der Mitte hinausgetan wird (d. h. wenn es nicht zur Buße darüber kam), oder ob Unrechtes und Schriftwidriges geduldet oder gar noch verfassungsgemäß festgehalten und behauptet wird.

Von Fehltritten und den Folgen der Schwachheit haben wir uns nicht zu trennen, diese sollen zuerst zur Buße und zum Ablegen gebracht werden. Wenn aber Unrechtes oder Schriftwidriges, wie gesagt, durch Statuten und Verfassungen festgelegt, als zu Recht bestehend anerkannt wird und das Wort Gottes schweigen muß, so ist das eine ganz andere Sache, und da heißt es für das Kind Gottes: „Wer den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“ (2. Tim. 2,19). „Welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit?“ „Sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an.“

Schwachheit und Unvollkommenheit, ja, Sünden sind sicher in den Kreisen der Abgesonderten wie überall zu finden. Und man ist nicht blind dafür, aber es wird damit nach der Schrift gehandelt, das Wort wird bewahrt. Wer nach großer Kraft ausschaut, wird sie auch dort nicht finden. Wir sind nicht in den Tagen der „großen Kraft“. Der HErr sagt: „Du hast eine - kleine Kraft, und hast Mein Wort bewahrt und Meinen Namen nicht verleugnet“ (Offenb. 3,8). Der HErr fordert nicht große Kraft - aber Treue. Wer von Herzen dem HErrn die Treue halten will, der empfängt von Ihm auch die Kraft.

Warum erscheint der Weg manchem Kinde Gottes so schwer? Weil ihre Augen nicht auf das Endziel Gottes und den für sie darin enthaltenen Segen gerichtet sind. Kann Gott Seinen Kindern etwas gebieten, was ihnen Unheil oder Nachteil bringt? Sind nicht alle Seine Forderungen für uns zum Schutz und zum Wohl? Enthalten sie nicht alle für uns Segen und Glück? Warum zittern wir denn so, als ob sie uns nichts Gutes brächten? Ist es nicht oft: weil sich unsere Seele nur mit dem „Herausgehen“, aber nicht mit dem „Aufgenommenwerden“ beschäftigt?

Wir sehen nur auf das, was wir aufgeben, aber nicht auf das, was wir empfangen. Vor uns stehen nur Menschen und deren Weggenossenschaft - aber nicht die Weggenossenschaft Christi. (Hebr. 3,14.)

Gewiß, wir haben Verlust. Wir verlieren die Gemeinschaft mit den Dingen und Werken der

Ungerechtigkeit, der Finsternis, des Belial, der Ungläubigen und der Götzen; aber Gott gibt uns mehr und besseres, als wir verlieren. Er gibt die Gemeinschaft mit den Dingen und Werken der Gerechtigkeit, des Lichtes, Christi, der Gläubigen und des Tempels Gottes und noch mehr: den Stand des Sohnes und der Tochter.

Bruder, siehst du nicht die Liebe deines Gottes in dem Befehl der Absonderung, der dir so schwer erscheint? Er will dich frei machen, dich schützen vor den Gefahren des Unglaubens. Er will dich trennen von den Ungläubigen, von ihren Gewohnheiten, ihren Zielen, ihrer Politik, ihren Beschäftigungen, ihren Freuden, ihren Gottesdiensten und ihrer Frömmigkeit, damit du so gelöst und abgesondert die Gemeinschaft der Söhne und Töchter finden sollst, um mit ihnen als Söhnen und Priestern in der Freimütigkeit und Seligkeit, wie Vaterliebe sie gibt, sich Ihm in Lob und Anbetung zu nahen. Gott will Seine Freude an dir haben, so wie ein Vater sich seines Sohnes, seiner Tochter freut. Diesen Lobgesang vor dem Vater will Er, der Sohn, der „die vielen Söhne zur Herrlichkeit führt“, jetzt schon in dem Herzen der Söhne anstimmen. Er sagt: Inmitten der Gemeinde will Ich Dir lobsingen“ (Hebr. 2,12). Aber ehe Er den Lobgesang in deinem und meinem Herzen inmitten der Gemeinde anstimmen kann, müssen wir „aus ihrer Mitte, der Mitte der Ungläubigen“ herausgegangen sein. Wir können nicht den Lobgesang singen im Verbundensein mit Ungläubigen, nicht zu Gottes Freude sein im Verbundensein mit dem, was nicht recht ist in Seinen Augen.

Zuweilen sind mit diesem Wege irdische Verluste verbunden: Du büßtest deinen Beruf, dein Amt, deinen Verdienst oder viel Geld ein. Ja, es kann sein, daß wie bei Paulus die Treue zum HErrn dich deinen Stand und Rang, deine Freunde, dein irdisches Glück und dein Leben kostet. Nur der Glaube kann einen solchen Weg gehen. Aber es bleibt bestehen: der Weg des Gehorsams ist der Weg des Segens. Wie tröstlich ist es, daß der HErr Seiner Anforderung nicht nur hinzufügt: „Und Ich werde euch aufnehmen“, sondern auch noch: „und Ich werde euch zum Vater sein“. Er ist der Vater aller Seiner Kinder, aber in dieser Schriftstelle ist es eine besondere Verheißung für die, die den Weg der Absonderung gehen. Er sagt diesen: „Ich werde euch zum Vater sein.“ Und dieser Vater ist „der HErr, der Allmächtige“. Auch in den zeitlichen Dingen sind Seine Hände mächtig.

Siehe auf Amazja. (2. Chron. 25,1-10.) Amazja hatte 100000 Helden für 100 Talente Silber aus Israel angeworben. Das war eine sehr große Summe. Da kam der Mann Gottes und sagte ihm, daß Jehova nicht mit diesen Männern sei, er solle sie entlassen, und fügt hinzu: „Bei Gott ist Macht, zu helfen und zu Fall zu bringen“. Nun war die Sache schwierig betreffs der großen Summe, und der König fragte, was er nun zu tun habe, da er das Geld schon gegeben habe. Höre die Antwort: „Jehova hat, um dir mehr zu geben als dieses“. Amazja ließ das Geld fahren und sonderte die Männer ab, und er gewann einen großen Sieg. Der HErr ist treu. Er beachtet den Gehorsam.

Es mag auch sein, daß wir diesen Weg einsam und verlassen zu gehen haben, daß wir von der Welt und von Brüdern angegriffen und für Narren gehalten werden. Das kann uns nicht entmutigen. Von den Tagen Abels an war es so. Henoch, Josua und Kaleb, David, Daniel usw. standen allein, und ihnen wurde widersprochen. Der HErr hatte kein anderes Los. Und Paulus sagt von den Gläubigen: „Alle, die in Asien sind, haben sich von mir abgewandt ...“ „Niemand stand mir bei, alle verließen mich; es werde ihnen nicht zugerechnet“ (2. Tim. 1,15; 4,16). Aber der HErr gibt denen, die diesen Weg wandeln, etwas, das nur der kennt, der den Weg wandelt, nämlich das Zeugnis des Wohlgefallens Gottes (Hebr. 11,5). Und das ist unsagbar köstlich.

Solche Kinder Gottes, die Glaubens- und Gehorsamspfade gehen, sind dem Feinde ein Ärgernis und

Solche Kinder Gottes, die Glaubens- und Gehorsamspfade gehen, sind dem Feinde ein Ärgernis und das Ziel seiner Angriffe, um ihr Zeugnis zu verderben und sie mundtot zu machen, denn er weiß gut, daß die Wahrheit frei macht. Wir brauchen nur an Stephanus zu denken. Ja, Satan konnte sogar einen Petrus gebrauchen, selbst den HErrn zu „strafen“, „anzufahren“, als Er Seinen Jüngern sagte, daß Er Wege des Gehorsams bis zum Tode gehen werde. Können wir uns dann wundern, wenn es uns auf Wegen des Gehorsams ebenso geschieht?!

Sollten diese Blätter in die Hand eines Bruders kommen, der auch seine Lippen hat vom Feinde gebrauchen lassen, gegen Kinder Gottes zu reden, die sich auf den Boden „außerhalb des Lagers“ gestellt haben, die „zu Ihm hinausgegangen“ sind, so laß mich dich bitten: „Stehe ab davon!“ Du redest wider die Wahrheit Gottes. Nicht jene sind die Irrenden, sondern du. Forsche in der Schrift, bitte den HErrn um Licht, um mit aufrichtigem Herzen Seinen Willen tun zu können, und du wirst bald die Wahrheit der Absonderung erkennen. Und dann folge im Glauben und tritt an die Seite jener, die den Weg „zu Ihm hinaus, außerhalb des Lagers“ (Hebr. 13,13) vor dir gegangen sind und „Seine Schmach tragen“.

Gehe dem Lichte der Wahrheit nicht aus dem Wege! Du betrübst den Heiligen Geist, der dich „in die ganze Wahrheit“ leiten will (Joh. 16,13). Manche reden viel von der Liebe zum HErrn. Der HErr aber sagt, der ist es, der Ihn liebt, der, was Er geboten hat, hält (Joh. 14,21). Auch hier handelt es sich um nichts anderes als um die Frage: „Hast du Mich lieb?“ Das göttliche Gebot der Absonderung wendet sich an deine Liebe.

Willst du den Willen des HErrn tun? Der HErr sagt: „Wenn jemand Seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist“ (Joh. 7,17). Beachte dies! Der HErr spricht hier einen Grundsatz von tiefer Bedeutung aus. Er sagt, daß mit dem entschiedenen Willen zum Gehorsam das Empfangen des Lichtes über die göttliche Lehre verbunden ist. Ach, manche sind im tiefsten Herzensgrunde gar nicht gewillt, die Wahrheit zu erkennen. In solchen Seelen hat der Feind Spielraum. Selbstsucht, Menschen-Verherrlichung und -Gefälligkeit, geheime Sündenwurzeln und andere Ungehorsamsquellen liegen da oft im Herzen versteckt.

Ja, lieber Leser, das Verstehen der Lehre des HErrn hängt von deinem Herzenszustand ab. Dein Gewissen muß offen stehen, sich vom Lichte Gottes berühren zu lassen. Nicht deine Verstandesfähigkeit fordert der HErr für Seine Wahrheit, sondern dein Herz. Wer auf „heiligem Wege“ wandeln will, der mag ein „Tor“, ein „Einfältiger“ sein, aber er wird „nicht irregehen“ (Jes. 35,8).

Den Gläubigen in Philadelphia konnte der HErr sagen: „Du hast Mein Wort bewahrt“ (Offenb. 3,8). „Mein Wort!“ Wer Ihn liebt, dem ist es ein unsagbar großer, köstlicher, gnadenvoller Schatz. „Mein Wort bewahrt!“ Möchte es uns allen tief ins Herz hineinklingen: „Gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an, und Ich werde euch aufnehmen; und Ich werde euch zum Vater sein, und ihr werdet Mir zu Söhnen und Töchtern sein, spricht der HErr, der Allmächtige.“

v. d. K.

 

„Der HErr ist nahe.“

Phil. 4,5.

Der HErr ist nicht nur einem jeden einzelnen der geliebten Seinigen tagtäglich nahe, sondern - und das ist hier sicher gemeint - Sein Kommen für uns steht vor der Tür! Darum können wir einerseits den Menschen unsere durch den Geist in uns gewirkte Gelindigkeit - Nachgiebigkeit - kundtun, ohne auf unser „Recht“ zu pochen, sowie ihnen liebevoll und milde in der Gesinnung Christi begegnen, andererseits aber auch in voller Glaubenszuversicht alle unsere zeitlichen Sorgen dahinten lassen, indem wir statt dessen zu unserem Gott und Vater beten, flehen und danksagen im Namen Jesu (V. 6). Seine baldige Wiederkunft für Seine Heiligen ist für uns ein mächtiger Ansporn zur praktischen Bewährung in unserem irdischen Leben, vorausgesetzt freilich, daß unsere Freude in Ihm ist, nicht zuerst im Dienst für Ihn oder in etwas anderem in Verbindung mit Ihm, sondern zuerst in und an Ihm Selbst (V. 4).

Ja, möchten wir mehr und inbrünstiger Ausschau halten nach Ihm Selbst, indem wir täglich rufen: „Amen, komm Herr Jesus.“ (Offenb. 22,20.)

F. K.

Geleitsworte an den Leser:

Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?“ „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu, und wer im Geringsten ungerecht ist, ist auch in vielem ungerecht.“ „Jehovas Augen durchlaufen die ganze Erde, um sich mächtig zu erweisen an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist.“ Jer. 5,3a; Luk. 16,10; 2. Chron. 16,9.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 12

Bitte um eine belehrende und praktische kurze Erklärung des Propheten Haggai!

Antwort A

Haggai, der zehnte der kleinen Propheten, trat in einem Zeitraum von 112 Tagen auf im zweiten Jahre des Darius Hystaspis, also etwa in der Zeit von Ende August bis Mitte Dezember des Jahres 520 v. Chr.

Wie Esra 4,24 bis 6,22 zu lesen ist, standen dem Tempelbau, den der König Kores (Cyrus) befohlen hatte (2. Chron. 36,22.23; Esr. 1,1-11; 5,13ff.; vgl. Jes. 44,28 - 45,1), große Hindernisse im Wege, welche das Volk so deutete, wie Haggai 1,2 sagt. Das war die faule Ausrede, die man jetzt auch noch bei großen Schwierigkeiten im Werke des HErrn hören kann, entgegen dem Wort Jesu (Matth. 6,33) und Pauli (2. Tim. 4,1-8). Haggai 1,1-4 wird auf diese faule Ausrede hingewiesen. Das Volk sorgte für sich, aber nicht für den HErrn, daher kommt stets der Unsegen. (V. 5.6; 2,15-17.)

sich, aber nicht für den HErrn, daher kommt stets der Unsegen. (V. 5.6; 2,15-17.)

Was dem HErrn gefällt, sind nicht prächtige und schöne Häuser und Einrichtungen, sondern das Haus des Herrn zu bauen. (Hagg. 1,7.8; dazu vergleiche man Hebr. 3,6; 1. Tim. 3,15; Ephes. 2,19-22; 1. Petr. 2,5.) Jede Vernachlässigung im Werke des HErrn bringt Unsegen. (Jer. 48,10; Hagg. 1,9-11.)

Man nimmt an, daß Haggai noch den salomonischen Tempel gesehen habe (vgl. Hagg. 2,3; Esr. 3,1-13); er muß demnach schon gegen 80-100 Jahre alt gewesen sein, aber er war ein Engel (Bote) des HErrn. (Hagg. 1,13).

Vom 24. 6. (Mitte September) zur Zeit des Laubhüttenfestes (Hagg. 1,15; Esr. 3,1-13) fing das Volk mit seinem Fürsten Serubbabel an, dem Wort des HErrn durch Haggai zu gehorchen. Von da an erhielten sie die Zusage Jehovas: „Ich bin mit euch“. (Hagg. 1,13; vgl. 1. Kor. 15,58; 2. Chron. 15,1-7.)

Am 21. 7. (Mitte Oktober) wurde dann der Grund des Tempels gelegt. (Esr. 3,8-13; Hagg. 2,3.) Die Dürftigkeit und Armseligkeit gegen den salomonischen Tempel trat hier recht hervor. Der HErr aber wies durch Hagg. 2,9 darauf hin, daß äußerer Glanz und äußere Herrlichkeit nicht Seine Herrlichkeit sei. Der unscheinbare Tempel sollte größere Herrlichkeit haben. Gott war in Christo und wandelte und lehrte in diesem Tempel. (Matth. 26,55; Luk. 19,47; Joh. 7,14.28 [vgl. für jetzt: Apgesch. 17,24.25; 1. Kor. 6,19; 3,16.17; 2. Kor. 6,16].) Dies machte ihn herrlicher.

Wie steht aber das Volk Israel dieser Verheißung gegenüber? Es ist unrein, und all ihr Werk wird durch sie verunreinigt. (Hagg. 2,10-14.) Aber am 24. 11. (Mitte Februar, Sach. 1,7) fand die Reinigung der Obersten des Volkes statt (Sach. 3,1-10), wobei der Knecht des HErrn, Zemach = Sproß (Jes. 4,2; 11,1; 53,2), der dies Haus mit größerer Herrlichkeit erfüllen wird, verheißen wurde. Also erst durch ein vom HErrn gereinigtes und geheiligtes Volk kann die Herrlichkeit des HErrn Sein Haus erfüllen (vgl. Jes. 56,5-8; Offenb. 21,3-5 [Matth. 21,13]); ein unreines Volk macht eine Mördergrube daraus. Dies sollte jetzt bei den neuen Bildungen von Kirchen- und Religionsgemeinschaften zu Herzen genommen werden!

Vom 24. 9. (Mitte Dezember, Hagg. 2,15.18) an, als das Volk sich fleißig an das Werk des HErrn machte (Esr. 6,14-22), konnte es selbst wahrnehmen, wie der HErr nun Seinen Segen gab. (Vgl. 1. Tim. 4,8.)

Zugleich ist aber auch der Gehorsam des Volkes Israel gegen den HErrn ein Mittel, wodurch Er Sein Volk also groß macht, daß ihm sein Fürst wie ein Siegelring gilt. (Vgl. Esth. 8,8.10.) Die Königreiche der Welt mussen vertilgt werden und ihre Macht in den Staub sinken, wenn das gereinigte und geheiligte Volk Gottes zur Herrschaft kommt. (Vgl. Dan. 2,44; 7,27; Offenb. 17,14; 19, 17-21; 20,4.5.) Das dem HErrn lebende und dienende Volk Gottes, so klein und gering es auch sei, hat die Verheißung ewiger Herrschaft und Herrlichkeit. (Luk. 12,32; Matth. 25,34; 1.Thess. 2,12; 2. Petri 1,11; Hebr. 12,28; Offenb. 1,9.6.) Sehen wir zu, daß wir dem HErrn und Seinem Werk gegenüber treu sind! (Luk. 16,10-13.)

F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Die kleineren Bücher des Alten Testaments werden von vielen Gläubigen heute weniger beachtet - doch, wie viel Segen sie enthalten können, obwohl sie natürlich zuerst den Juden gehören, das werden diejenigen, die vorstehende Antwort - die einzige eingegangene - an Hand der Schrift durchforschen, spüren und dankbar anerkennen. Laßt uns nur in jedem Buche des kostbaren Wortes Gottes den Herrn Jesum suchen! (Vgl. Joh. 5,39!) Ihn finden wir in diesem kleinen Büchlein ähnlich wie in den Timotheusbriefen als den HErrn Seines Hauses, der über die Ehre Seines Hauses wacht und auch in den Tagen der geringen Dinge Herrlichkeit auf das zu legen bereit ist, worin Sein Zeugnis ruht. „Ich bin mit euch“ ist Seine zweimalige Verheißung (1,13; 2,4) - aber für wen? Für die gehorsame Schar. Noch manche Verheißung enthält das Buch sowohl für den Tempel selbst wie für seine Erbauer, wie auch im Blick auf fernste Zukunft, wenn der HErr abrechnet mit den Völkern, und ferner auch für den, dessen Vorbild Serubbabel ist: den Messias (2,23). Aber alles wird abhängig gemacht von den durch das Volk erfüllten Bedingungen der Treue, des sich Reinigens, der Hingabe (vgl. 1,8.12 usw.). Jedoch die Grundlage, auf Grund deren Jehova überhaupt mit Seinem Volk ist und es zu segnen verheißt - die ist Er Selbst mit Seinem Wort und Seinem Geist. (2,5.)

Dies ist auch heute die Grundlage: Sein Wort, ja Er Selbst, das fleischgewordene Wort, und Sein Geist, der uns, die Bauarbeiter heute, willig und tüchtig macht und in die ganze Wahrheit einführt (Joh. 16). Die Grundlagen des Segens liegen bereit, Seine Verheißungen sind treu. Bauen wir? Sind wir treu? Oder etwa nicht, so daß uns zur Beschämung 1,9 gilt? Sind die Gläubigen heute vielleicht berechtigt, sich an allem möglichen zu beteiligen? Oder sollte uns nicht vielmehr der Bau und die Einrichtung Seines Hauses, d. i. Seiner Gemeinde, und zwar genau nach Seinem Wort und Wohlgefallen (vgl. 1. Tim. 3,15), am Herzen liegen? Mehrfach heißt es in Haggai: „Richtet euer Herz auf eure Wege!“ (u. a.). Geschwister, worauf sind unsere Herzen in geistlicher Hinsicht gerichtet? Hat das, was Sein vornehmstes Interesse ist in dieser Zeit (Seine Gemeinde, siehe z. B. den Epheserbrief, vgl. Kap. 5,22-33), das Interesse unserer Herzen? Was sind uns Seine Wünsche, Seine Anordnungen, was auch Seine Verherrlichung, daß Er in uns, Seinem heiligen Tempel, geschaut werden will? Denn Sein Tempel heute sind wir, ist Seine Gemeinde! (1. Kor. 3,16.17; 2. Kor. 6,16; Eph. 2,21.22; 1. Petr. 2 u. a.) Der HErr gebe uns Gnade, treu zu sein und Sein Werk so zu treiben, wie es Ihm wohlgefällt, zu Seiner Ehre!

Frage 13

Ist in den Stellen 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7; 1. Petr. 1,7.13 die Offenbarung Jesu Christi nach Offenb. 1,7 gemeint oder die nach 1. Thess. 4,13-17 für Seine Gemeinde?

Antwort A

Das Kommen des HErrn nach Offenb. 1,7 ist ein Herniederkommen auf die Erde mit den Wolken, entsprechend der Himmelfahrt des HErrn. Eine Wolke nahm Ihn auf vor ihren Augen weg (nach Apg. 1,9). So fuhr Er nach vollbrachtem Erlösungswerke vom Ölberge gen Himmel. (Apg. 1,12.) Sein Wiederkommen soll nach Apg. 1,11 in derselben Weise vor sich gehen wie Seine Himmelfahrt, d. h. Er wird auf den Ölberg herniederkommen (Sach. 14,4), in Wolken des Himmels. (Offenb. 1,7; Dan. 7,13; Matth. 24,30; 26,64; Mark. 13,26; 14,62; Luk. 21,27.) Dieses Wiederkommen des HErrn wird nach der großen Trübsalszeit vor sich gehen. (Matth. 24,29.30.) Es wird ein sichtbares Kommen sein, denn nach Offenb. 1,7 werden Ihn aller Augen sehen (Sach. 12,10), die Ihn durchstochen haben, und

werden dann wehklagen, heulen alle Geschlechter der Erde (die 12 Stämme Israels?). Dann wird Christus das Königreich der Himmel auf Erden aufrichten, das Reich der Gerechtigkeit und des Friedens. In 1.Thess. 4,13-17 handelt es sich um das Kommen des HErrn zur Entrückung der Gemeinde. Christus kommt vom Himmel hernieder bis in die Luft. Die in Christo Entschlafenen stehen auf, die auf Erden lebende Generation von Gläubigen wird in einem Augenblick verwandelt (1. Kor. 15,51.52) dem Leibe nach, und in Wolken werden die auferstandenen und verwandelten Gläubigen Ihm in die Luft entgegengerückt, um dann allezeit bei Ihm zu sein. Diese Entrückung geht am Schlusse des Zeitalters der Gemeinde vor der großen Trübsal (1. Thess. 1,10) vor sich. Es ist der Beginn der Offenbarung Jesu Christi, aber noch nicht die ganze Offenbarung Jesu Christi. In 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7; 1. Petr. 1,7.13 ist m. E. in erster Linie die Offenbarung Jesu Christi zur Entrückung der Gemeinde verstanden. Ist es dann soweit, daß der HErr bis auf die Erde herniederkommen kann, Sich in Herrlichkeit zu offenbaren, dann werden wir nach Kol. 3,4 mit Ihm offenbar werden als Sein Leib, als Seine Fülle. Seine Offenbarung als König ist dann auch unsere Offenbarung, weil wir als Sein Leib doch ein Teil von Ihm sind und Er, unser hochgelobter HErr, ohne die Gemeinde nichts auszurichten beabsichtigt. (1. Kor. 12,21-23.)

A.C.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Leider sind auf diese mehrfach veröffentlichte wichtige Frage nicht mehr Antworten eingegangen.

Ohne obiger, das Kommen des HErrn mit den Wolken nach Offenb. 1,7 und das in Wolken nach 1. Thess. 4 so klar auseinanderhaltenden, schönen Antwort widersprechen zu wollen, glaube ich doch, daß in den Stellen 1. Kor. 1,7; 2. Thess. 1,7 und 1. Petr. 1,7.13 das Kommen des HErrn nach Offenb. 1,7 gemeint ist, obwohl dieses natürlich erst stattfinden kann nach dem Kommen des HErrn zur Entrückung der Seinen, somit gewissermaßen durch dieses eingeleitet wird. Ich möchte zur Begründung meiner Meinung, die ich nicht als Widerspruch gegen Antwort A, sondern mehr zu deren Ergänzung mit zur Prüfung vorlege, folgendes anführen: Das Wort, das in diesen Stellen im Urtext für „Offenbarung“ im Blick auf die Zukunft gebraucht wird („Apokalypse“), ist das gleiche wie 1. Petr. 4,13, sowie als Zeitwort angewandt z. B. in Röm. 8,18, gleicherweise aber auch in 2. Thess. 2,3.8. Diese Stellen können sich nicht wohl auf das Kommen des HErrn zur Entrückung beziehen - die ja nur die Vollerfüllung der Gnadenabsichten in der Erlösung für uns ist, indem in ihr die Erlösung auch unseres Leibes stattfindet (Phil. 3,21) -, sondern sie stehen in Verbindung mit Gerichtszeit und daraus sich entwickelnder bezw. auf ihr beruhender Herrlichkeit. (Vgl. auch 1. Kor. 3,13, wo auch einmal das gleiche Wort steht.) Ich will nicht behaupten, daß Vorstehendes unbedingte Beweiskraft hat, ich lege es, wie gesagt, nur zur Prüfung vor. Aber nun noch eine Stelle, wo das Wort im Urtext ebenfalls im Blick auf Christi Zukunft angewandt ist: Offenb. 1,1! Nun ist die Offenbarung durchaus ein Buch der zukünftigen Gerichte. Daher fehlt auch in ihr ein Bericht über die Entrückung, die (vgl. oben!) eine Frucht der Gnade ist und gar nichts mit Gericht zu tun hat. (Wenn bekannte Gläubige aus dem Fehlen der Entrückung in der Offenbarung schließen, daß die Entrückung nicht vor der Trübsal stattfinde, sondern erst während derselben oder gar nach derselben bezw. mit dem Kommen nach Offenb. 1,7 zusammenzunehmen sei, so beweisen sie nur eine gewisse Unkenntnis des Buches der Offenbarung als des Buches der Gerichte. Die (entrückte) Gemeinde nimmt an diesen Gerichten teil als Mitrichter, und sie wird daher von Kap. 4 ab im Himmel gesehen! (Vgl. hierzu u. a. „G. H.“ Bd. II, Frage 50 und IV, Frage 24! Kap. 1 zeigt den richterlichen Charakter des HErrn, 2 und 3, wie derselbe sich auswirkt

IV, Frage 24! Kap. 1 zeigt den richterlichen Charakter des HErrn, 2 und 3, wie derselbe sich auswirkt in der Geschichte der Gemeinde Gottes auf Erden, und von Kap. 6 ab folgen erst die Gerichte über die Erde usw.)

In den fraglichen Stellen nun, von denen ich die letztere zuerst kurz betrachte, handelt es sich m. E. um die Offenbarung des HErrn, die mit Gericht in Verbindung ist, wie es z. B. aus dem Zusammenhang von Kap. 1 im 2. Thess. deutlich hervorgeht (V. 8!). Hierbei haben die Gläubigen Ruhe, keine Drangsal! Daß sie jetzt noch solche haben, sollte ihnen (den Thess.) der Beweis sein, daß „der Tag des HErrn“ noch nicht gekommen sei, wie sie fürchteten (2,1.2). Daß die Gläubigen bei der Entrückung Ruhe haben, ist selbstverständlich, doch kommt es dabei gar nicht darauf an, aber ihre Ruhe bei der Gerichtsoffenbarung sollte für sie beim Vergleich mit ihrer gegenwärtigen Drangsal die Bestätigung sein dafür, daß „der Tag des HErrn“ noch zukünftig sei. „Der Tag des HErrn“ aber wird nicht mit der Entrückung in Verbindung gebracht, wohl aber mit Gericht, also nicht mit der Gnade wie jene.

Mit Gericht in Verbindung steht aber die Lohnfrage, worauf sich m. E. 1. Petr. 1,7 und 4,13 bezieht. Vor dem Richterstuhle (2. Kor. 5) wird offenbart, was wir hienieden waren, und da gibt's Lohn und - wenn auch nicht Strafe - so doch Beschämung. Damit hat aber die Entrückung als Frucht allein der Gnade nichts zu tun. Gleichwohl gibt's auch bei der Offenbarung des HErrn für die Seinen eine bestimmte Gnade (1. Petr. 1,13); es handelt sich hier, wie ich persönlich glaube, um die Gnade des uns aufbewahrten Erbteils (1,4; vgl. Kol. 3,24; Röm. 8,17). Man könnte diese Stelle auch auf die Entrückung beziehen, wenn es Anhaltspunkte dafür gäbe, daß die Entrückung auch dem Petrus, dem Apostel der Beschneidung, als Lehrgegenstand anvertraut worden wäre. Mir scheint es nicht so, doch will ich nicht streiten. Er zeichnet mehr das persönliche Glaubensleben hienieden mit seinem Vorbild (Christus), den Leiden (Seinen Leiden gemäß), der Herrlichkeit als Lohn für dieselben (Seiner Herrlichkeit entsprechend). Seine Herrlichkeit wird geschaut von dem ganzen Universum (vgl. 2. Thess. 1,10; vgl. Offenb. 1,7); davon ist aber nicht bei der Entrückung die Rede, die vielmehr nach der Schrift eine Angelegenheit nur zwischen Ihm und den Seinen ist.

1. Kor. 1,7 scheint mir persönlich am ehesten auf die Entrückung Bezug zu haben, denn auf dieses Kommen zu warten ist lieblich, und es wird in diesen letzten Tagen immer mehr ein Kennzeichen treuer Kinder Gottes, auf Ihn zu warten mit Ausharren. Dennoch möchte ich es beziehen auf das Erwarten Seiner herrlichen Offenbarung, in der die Heiligen die Welt richten werden (Kap. 6,2). Diese Offenbarung wird auch oft „Erscheinung“ genannt, und diese lieb zu haben ist ein besonderes Stück treuer Stellung zu Ihm (vgl. 2. Tim. 4,8).

Ich habe um der Wichtigkeit der Frage willen weit ausholen zu müssen geglaubt, da nur eine Antwort Eingegangen war. Ich hoffe zum HErrn, daß diese beiden Antworten vielen dienen werden und die Freude am Forschen in Gottes Wort über die herrliche Zukunft des HErrn und der Seinen erhöhen. Möge Er bald kommen, damit wir schauen, was wir geglaubt: Seine Herrlichkeit! (Joh. 17,24.)

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Wege des Unglaubens.

War es recht, daß Mose zwölf Männer sandte, um das Land auszukundschaften? Hätten wir nur den Bericht in 4. Mos. 13, so sollte man es meinen, denn der erste Vers lautet: „Und Jehova redete zu Mose und sprach: Sende dir Männer aus, daß sie dir das Land Kanaan auskundschaften“. Lesen wir aber die näheren Umstände darüber in 5. Mos. 1,21-23, dann sehen wir, daß die Sendung der Botschafter aus dem Willen des Volkes hervorging. Sie forderten Mose auf, die Männer zu senden, auch ihm schien es gut zu sein, und Gott gab ihrem Wunsche nach.

Warum wünschte das Volk das Land auszukundschaften? Hatte Gott nicht gesagt, daß es ein Land sei, wo Milch und Honig fließt? Zweifelten sie daran, hatten sie vergessen, daß Gott gesagt hatte, Er wolle sie hineinbringen? Ach, es war der Unglaube, und aus der Furcht, die aus dem Unglauben kommt, forderten sie von Mose die Aussendung der Kundschafter.

Als die zwölf Männer sich ihres Auftrages entledigt hatten und zurückkamen, berichteten sie, es sei ein gutes Land, das wirklich von Milch und Honig fließe. (4. Mos. 13,27.) Dies war nichts Neues, das hatte Gott ihnen schon längst zuvor gesagt. Das Neue aber, das sie weiter zu berichten hatten, war, daß das Volk „größer und höher“ sei als sie, daß die Städte groß und befestigt seien bis an den Himmel und daß sie Riesen dort gesehen hätten.

Es wäre besser gewesen, sie hätten dies nie erfahren. Nun blickten ihre Augen auf den Feind, ehe er da war, und die Städte mit ihren hohen Mauern machten ihr Herz verzagt, so daß sie schrieen und weinten die ganze Nacht und wider Mose und Aaron murrten, statt Gott zu vertrauen, daß Er ihnen den Sieg geben werde, so groß und stark der Feind auch sei.

Ist es nicht immer so, wenn wir uns mit den Dingen und Schwierigkeiten beschäftigen, die noch kommen können? Der HErr sagt: „Es ist genug, daß jeder Tag seine eigene Plage habe“ (Matth. 6,34). Wir wissen dies, und doch vergessen wir es immer wieder. Wir schauen in die Zukunft und glauben schon zu sehen, was der morgige Tag uns bringt, und die Folge ist: unsere furchtsamen und ungläubigen Herzen werden mit tausend Ängsten beschwert. Wir sehen nichts anderes als Riesen, als Mauern bis zum Himmel hoch, als Löwen auf dem Wege, und uns selbst fühlen wir so klein wie Heuschrecken - Gott aber wird ganz vergessen. An Seine Treue in den vergangenen Tagen wird nicht mehr gedacht. Der Unglaube beherrscht jeden Gedanken, und wir zittern und beben, als ob unser Gott gleich wäre einem Gott der Heiden, der nicht helfen kann.

Unter den zwölf Kundschaftern nun waren zwei Männer des Glaubens, Kaleb und Josua. Diese suchten das Volk zu stillen und sagten: „Lasset uns nur hinaufziehen und das Land in Besitz nehmen, denn wir werden es gewißlich überwältigen“ (4. Mos. 13,30). Das waren Worte des Glaubens und der Ermutigung, aber niemand hörte auf sie. Die einzige Antwort, welche das Volk daraus gab, war diese: „Wenn wir doch gestorben wären im Lande Ägypten, oder wenn wir doch gestorben wären in dieser Wüste ...! Ist es nicht besser für uns, nach Ägypten zurückzukehren?“ (4. Mos. 14,1-4.)

Wer hätte gedacht, daß die Sendung der Kundschafter ein solches Ergebnis haben würde? Gott hatte

ihnen genug über das Land gesagt, aber sie wollten mehr wissen. Hinter diesem „Mehr-wissen-wollen“ stand ihr Unglaube. Warum hatte Gott ihnen nichts von den Riesen und den hohen Mauern gesagt? - Was waren Riesen und Mauern für Ihn? Nicht des Erwähnens wert! Wenn Er ihnen das Land geben wollte, konnten baumlange Männer und himmelhohe Mauern Ihn daran hindern? Welch ein trotziges und verzagtes Ding ist doch das menschliche Herz! Wie wenig hatten sie gelernt, Gott zu vertrauen und mit Seiner Macht und Seiner Treue zu rechnen! Hatte Gott ihnen Grund zu solchem Mißtrauen gegeben, hatte Er sie in den vergangenen Tagen verlassen? Immer wieder hatte Er ihnen Seinen helfenden Arm gezeigt, aber alles war vergessen. So beherrschte sie der Unglaube, daß, als die Männer des Glaubens sagten: „Das Volk des Landes wird unser Brot sein“, „die ganze Gemeinde sagte, daß man sie steinigen solle“ (14,7-10).

Welch eine Warnung gibt uns Gott hier vor dem Unglauben und dem Sich-nicht-begnügen mit dem, was Er uns kundgetan hat, und weiter, welch ein Beispiel von der Torheit, mit Ahnungen zu rechnen, statt Schritt für Schritt mit Gott zu wandeln! Möchten wir aufhören mit dem Mißtrauen gegen Gott und den Zweifeln! Nie werden uns Seine Gnade und Kraft fehlen, was auch immer die Zukunft uns bringen mag. Er gibt Kraft für den gegenwärtigen Tag, Kraft für den morgigen Tag, wenn er da ist, aber wir empfangen nicht heute schon Kraft für morgen.

Du sagst: Wie soll es aber werden, wenn wir mit Riesen zu kämpfen haben, wenn die Mauern bis an den Himmel reichen und wir wie Heuschrecken sind? Bruder, ist Gott nicht für uns? Ist Er wie eine Heuschrecke? Ist etwas zu schwer für Den, der Himmel und Erde gemacht hat? „Er, der doch Seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat: wird Er uns mit Ihm nicht alles schenken?“ (Röm. 8,32.) O, daß wir uns unserer unnötigen Furcht schämen und dem lebendigen Gott vertrauen möchten!

Gott nahm das Volk beim Wort. Sie hatten gesagt: „Wenn wir doch gestorben wären in der Wüste!“ Gott gab ihnen nun das Verlangen ihres Unglaubens; in der Wüste sollten sie sterben, alle von 20 Jahren und darüber, die wider Ihn gemurrt hatten (4. Mos. 14,29). Ihre Leiber sollten in der Wüste fallen. Vierzig Jahre mußten sie wandern, bis der Tod sie alle hinweggenommen hatte. Aber Josua und Kaleb und die Kinder, von denen sie gesagt hatten, sie würden „zur Beute“ werden, an diesen zeigte Gott den Arm Seiner Allmacht, diese führte Gott hinein in das Land der Riesen und der himmelhohen Mauern, das sie verschmäht hatten (4. Mos. 14,30.31).

Das sind die gerechten Wege des HErrn in Seinem heiligen Walten über Sein Volk. „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung“ (1. Kor. 10,11). Warum wollen wir in ihre Sünde des Unglaubens fallen? Warum wollen wir Gott mißtrauen, als ob Seine Hand zu kurz wäre, um zu retten, und Sein Ohr zu schwer, um zu hören? (Jes. 59,1.) Er hat uns bis hierher gebracht, „und kein einziges Wort ist dahingefallen von allen Seinen Worten, die Er geredet hat“ (1. Kön. 8,56). Laßt uns deshalb nicht mit dem rechnen, was der morgige Tag bringen mag. Laßt uns rechnen mit Seiner Macht und Seiner Treue und an das Wort des HErrn gedenken: „Seid nicht besorgt auf den morgigen Tag, denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen, jeder Tag hat an seinem Übel genug!“ (Matth. 6,33.34.)

(S.) v. d. K.

Wege des Glaubens.

Wege des Glaubens sind Wege, auf denen wir mit keiner anderen Kraft und Hilfe rechnen als nur mit der des HErrn. Wer solche Wege geht, wandelt nicht nur mit seinem Gott, sondern tritt auch offen für Seine Rechte ein, auch dann, wenn der Widersacher sich in seiner ganzen Kraft offenbart, so wie der Prophet sagt: „Wenn der Bedränger kommen wird wie ein Strom“ (Jes. 59,19). Wenn alles wider uns ist, wenn niemand uns zur Seite steht, dann wird offenbar, ob wir Vertrauen zu Gott haben und allein abhängig von Ihm sind, ob wir, je mehr alles von Ihm abweicht, um so fester und treuer für Ihn stehen. So stand Paulus, als er, vereinsamt im Gefängnis, sagte: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe“ (2. Tim. 1,12). Und so stehen Glaubensmänner auch heute. Ihre Augen sehen Ihn, den Unsichtbaren, und je größer der Abfall, desto entschiedener nehmen sie Stellung für Ihn und behaupten und bezeugen Sein Wort.

Diese Züge sind zu allen Zeiten in dem Leben treuer Knechte Gottes sichtbar geworden.

Henoch muß ein einsamer Mann gewesen sein. Von keinem seiner Zeitgenossen, nur von ihm allein lesen wir, daß er „mit Gott“ wandelte. Und so behauptete er die Rechte seines Gottes, daß er, im Geiste schon den Tag des Gerichts sehend, weissagend verkündigte: „Siehe, der HErr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen“ (Hebr. 11,5.6, Jud. V. 14.15).

Noah wandelte einen einsamen Pfad, als er die Arche baute, und ein nicht geringer Glaubensschritt war es, als er mit seiner Familie in die Arche ging. Er ganz allein mit den Seinigen. Es ist leichter, wenn wir auf unseren Wegen Mitgenossen haben. Noah stand allein, und nicht nur allein, die ganze, in Gottentfremdung und -verachtung dahingehende Welt war wider ihn, aber er stand im Glauben und bezeugte (die Gerechtigkeit Gottes,) Seinen Gott (Hebr. 11,7).

Joseph ging den Weg der Verwerfung. Er wandelte in Reinheit in den versuchungsvollsten Umständen und offenbarte die Gedanken Gottes dem König von Ägypten (vgl. z. B. 1. Mos. 39 bis 41).

Mose mußte lernen, seinen Stand für Gott zu nehmen. Und er wählte lieber, Ungemach mit dem Volke Gottes zu leiden und die Schmach Christi zu tragen, als die Schätze Ägyptens zu haben (Hebr. 11,24-28). Für eine solche Stellungnahme ist Herzenshingabe nötig. Gehört Ihm unser Herz? Dann verlassen wir im Glauben Ägypten und „fürchten nicht die Wut des Königs“.

Alsdann kam ein Tag, an dem Mose lernen mußte, daß er nicht allein Ägypten, sondern auch dem Volke Gottes gegenüber Stellung für Gott zu nehmen hatte. Es war, als er vom Berge herabkam und Gottes Volk um das goldene Kalb tanzte. Was sollte er tun? Er hatte keine Vorschrift dafür, wie er sich jetzt verhalten sollte. Aber auf dem Berge hatte er Einblicke in die Herrlichkeit Gottes getan. Gottes Herrlichkeit und Gottes Ehre standen vor seinem Auge. Er fürchtete nicht den Zorn der Menge. In der Hingabe seines Herzens tritt er für Gott ein und ruft: „Her zu mir, wer für Jehova ist“ (2. Mos. 32,26). Nur wer selbst in ein Leben für den HErrn eingetreten ist, kann die Größe eines solchen Augenblickes nachfühlen - weiß, was das ist, seinen Mitgenossen - denen, die man lieb hat - in fester Entschiedenheit entgegenzutreten. So völlig stand die Herrlichkeit Gottes vor Mose, so wirklich war ihm die Gegenwart des Unsichtbaren, daß der sichtbare Mensch vor seinen Augen verschwand. Ja, es ist etwas Wunderbares, wenn wir den HErrn so völlig vor uns haben, daß wir nur an Ihn denken und mit Herzensentschluß für Ihn stehen. Dann erfahren wir das Wort Davids: „Du umgürtest mich mit Kraft zum Streite usw.“ (Ps. 18,39). In solchen Zeiten erlebt man die Allgenugsamkeit Gottes, aber

auch sein eigenes Nichts.

So mußten auch Josua und Kaleb den anderen Kundschaftern entgegentreten. Und als das ganze Volk sich vom HErrn abwandte, da standen sie treu für den HErrn wie ein Licht in der Dunkelheit und behaupteten die Macht Jehovas: „Wenn Jehova Gefallen an uns hat, so wird Er uns in dieses Land bringen“ (4. Mos. 14,8). Es mochte nur ein kleines Licht sein und ein einsames Licht, aber es war ein Licht der Treue in einer Zeit der Untreue.

Und jeder von uns hat seine Gelegenheiten, für den HErrn zu stehen. Wir können diese nicht im voraus sehen, so daß wir uns darauf vorbereiten könnten, um unsere Hingabe für den HErrn zu zeigen. Oft plötzlich, unerwartet ergibt sich die Gelegenheit, und dann offenbart es sich, wie unser Herz zum HErrn steht. Ein treues Herz wird nicht überrascht, sondern ist fertig, für den HErrn einzutreten. Wir sehen dies bei dem Weibe in Mark. 14,1-9. Sie fühlte den Widerstand, der dem HErrn überall entgegengebracht wurde. Sie sah, wie die Flut des Hasses anschwoll; um so mehr verband sich ihre Liebe und Hingabe mit Ihm, und sie nimmt das Beste, das sie besaß, und furchtlos kommt sie und bringt Ihm die Huldigung ihres Herzens und salbt Ihn mit der kostbaren Salbe. Sie beredet sich mit keinem. Sie fragt nicht. Aus der Lage der Dinge heraus bringt sie Ihm die Huldigung ihres Herzens. Wie passend! Welche Freude für Ihn! Da war wenigstens eine, die die Lage dieser dunklen Stunde erfaßte und Ihm huldigend das Beste brachte, was sie besaß. Und der HErr sagt: „Wo dieses Evangelium gepredigt wird, wird gesagt werden, was sie getan hat“.

Wir haben uns auch nicht mit den Gelegenheiten zu beschäftigen, sondern vielmehr auf unseren Herzenszustand acht zu geben, damit wir, wenn die Gelegenheit kommt, bereit sind, für Ihn zu stehen. Liebe freut sich jeder Gelegenheit, wo sie sich in Hingabe erweisen kann. Wahre Herzenshingabe sieht sich auch nicht um, um es so zu machen, wie es andere gemacht haben; schaut auch nicht aus nach dem Beifall oder der Unterstützung anderer, sondern gibt sich so, wie sie ist.

Wie bereit und entschlossen war Daniel, den Weg der Treue zu gehen, als er erfuhr, daß der Erlaß ausgefertigt sei und die Löwengrube ihn erwarten würde. Fest, unbeweglich stand er für seinen Gott (Dan. 6). Auch unsere Tage sind dunkel, und wie damals wird auch heute Gott die Ehre geraubt und Menschen gegeben. Das aber sind gerade für ein entschiedenes Herz Gelegenheiten, Glaubenswege zu gehen und dem HErrn die Treue zu halten.

Als David im Auftrage seines Vaters seine Brüder besuchte, da wußte er nicht, daß er dem Riesen Goliath zu begegnen habe. Er war aber für diese Gelegenheit gerüstet, nicht, weil er sich darauf vorbereitet hatte, sondern weil er in seinem täglichen Leben, auch beim Weiden der Schafe, gewohnt war, Wege des Glaubens zu wandeln. Er kannte Gott und vertraute Ihm, und weil er Gott kannte und mit rechnete, konnte er in der Kraft des Glaubens für Ihn und Sein Volk eintreten und dem Riesen begegnen (1. Sam. 17).

Mangelt es uns im täglichen Leben an dem verborgenen Umgang und Wandel mit Gott, so mangelt es auch an Hingabe und Entschiedenheit, Stellung für Ihn zu nehmen. Statt uns dann aber in Buße und Bekenntnis zu beugen, sind wir so gern bereit, die Schuld an unserem Zukurzkommen auf andere zu schieben oder die Lage der Umstände zu beklagen.

Führen wir aber ein Leben des Glaubens mit dem HErrn, so werden wir inmitten des Abfalls und der

Treulosigkeit nur um so mehr uns erkühnen, gleich einem Kaleb und Daniel standhaft beim HErrn zu verharren. Verzagtheit und Lauheit kann ein Herz, das dem HErrn gehört, nicht entmutigen. Gideons großes Heer von 32000 Mann wurde klein bis auf 300. Aber er klagte nicht über die große Abnahme. Fest und treu ging er voran und hieß alle, so zu tun, wie er tat (Richt. 7). Der HErr sagt, der erste sei der letzte und aller Diener (Mark. 9,35). Klagende Kinder Gottes sind nicht tapfere Männer, die mit Herzensentschluß auf den HErrn harren. Wir sehen Paulus nie in größerem Vertrauen und in größerer Kraft die Wahrheit behaupten als im 2. Timotheus-Brief, als der Mangel der Heiligen und die Schwierigkeiten der letzten Tage vor seinem Auge standen und er selbst einsam und verlassen war (1,15; 4,16.17).

Möchten die Lauheit des Volkes Gottes, das Abweichen vom Worte des HErrn und die mancherlei Irrtümer der letzten Tage für uns ein Ansporn sein, uns eng an den HErrn und Sein Wort zu schließen, um Wege des Glaubens zu wandeln und in wahrer Treue und Hingabe Sein Wort zu bewahren und Seinen Namen nicht zu verleugnen.

(F.) v. d. K.

„Nicht so wichtig!“

Ein Beitrag zu Offenb. 3,8.

Es gibt viele Gläubige, welche bei gewissen neutestamentlichen - apostolischen - Schriftwahrheiten, wie z. B. der Gläubigentaufe oder bei der Aufforderung, aus dem (religiösen) Lager herauszugehen, um Christi Schmach zu tragen (vergl. u. a. Apgesch. 10,47.48; 16,30.31; Hebr. 13,13; 2. Kor. 6,14-18) usw., sofort sich hinter den Ausspruch verschanzen: „Ach, das ist nicht so wichtig!“ Diese Redensart ist einerseits höchst unüberlegt, andererseits verrät sie einen nicht geringen Grad von anmaßender Nichtachtung dem Wort des HErrn gegenüber. Wenn du als Hausvater den Deinen oder deinen Untergebenen etwas aufträgst, und sie würden unter deinen Worten eine solche Auswahl treffen: das ist wichtig, jenes nicht, und folglich tun wir letzteres gar nicht - was würdest du wohl dazu sagen? Welche Nichtachtung! Aber auch welche Torheit und mangelnde Überlegung! Denn wenn wir Menschen jemandem etwas auftragen, so haben wir schon unsere Gründe dazu, und die Nichtausführung unserer Aufträge bringt unfehlbar Schaden mit sich - wieviel mehr aber ist dies der Fall, wenn Gott den Seinen etwas aufträgt oder von ihrem Glaubensgehorsam als Beweis ihrer Liebe zu dem, der sie zuerst geliebt hat, gerade dieses oder jenes besondere Stück erwartet! (Joh.14,21; 1. Joh. 5,3!)

Es ist ein Jammer, daß so sehr viele Kinder Gottes, bluterkaufte Gnadenkinder es wagen, sich mit so nichtigen Redensarten um den Gehorsam gegen klare, unmißverständliche Schriftworte „herumzudrücken“! Sie betonen einseitig die persönliche praktische Heiligung - und wie unendlich wichtig ist diese! (vgl. z. B. 2. Kor. 7,1; 1. Thess. 4,1-12; 2. Petr.3,11-14; Eph. 5,1-21 u. a.) -, und sie bedenken nicht, daß der Gehorsam gegen das Wort Gottes - gegen das, was den Gläubigen aus den Nationen (den Heidenchristen!), also dir und mir, aufgetragen worden ist, gerade ein überaus wichtiges Stück der praktischen Heiligung bedeutet! Oder können vielleicht dem Wort ungehorsame Gläubige von sich behaupten, daß sie besonders der Heiligung nachjagten? (Ephes. 5,8-10!) Wohl nicht! Aber du sagst, sie hätten nicht diese Erkenntnis! Gut! Also frage ich: Können Gläubige, die nicht nur sich nicht ausstrecken danach, den ganzen Willen des HErrn zu erkennen (vgl. Röm.

12,1.2!), sondern die vielmehr mit obiger Ausrede manches absichtlich umgehen, dieses sei nicht so wichtig - können die etwa ein Vorbild in der Heiligung sein? Ich denke, kaum! Geheiligt sein heißt doch nach der Schrift: abgesondert sein für den HErrn wer aber das ist oder sein will, der hat ein heiliges Interesse daran, zu erfahren, was dem HErrn wohlgefällig ist (vergl. als unser Vorbild Paulus - 1. Kor. 11,1!), und zwar, um danach zu leben und dadurch seinem HErrn, der Sich für ihn hingegeben hat, Freude zu bereiten und Ihm wohlzugefallen (Hebr. 11,5b). Ist das so oder ist das nicht so? Lies das Leben des Apostels Paulus und dann beAntworte diese Frage! - Mein Bruder, meine Schwester, laß mich dich in heiliger Liebe zum HErrn und zu dir bitten: Überlasse dem HErrn die Entscheidung, was für die Seinen wichtig ist oder nicht, und tue du nach Seinem Wort, d. i. nach Seinem Wohlgefallen! Denke an Offenb. 3,8! Welch ein Lob: „Du hast Mein Wort bewahret!“

Aber du meinst, du bewahrtest Sein Wort, wenn du an dessen wörtlicher Inspiration durch den Heiligen Geist festhieltest. Meinst du wirklich, das sei alles? Ist es praktisches Bewahren oder Vernachlässigen des Wortes, wenn man über gewisse für das Fleisch unbequeme Dinge und Wahrheiten gleichgültig urteilt: „nicht so wichtig!“? Sage, mein Bruder: ist es ein Zeichen von Bewahren des Wortes, wenn ein Gläubiger - bei allem äußeren Festhalten an der Schrift - in offenbaren Fleischessünden wandelt? Nein, gewiß nicht. Aber - in Ungehorsam, womöglich in wissentlichem, darf er wandeln?

Mein Bruder, meine Schwester, sei praktisch! Dein durch den Geist Gottes erleuchtetes Gewissen verklagt dich oft genug wegen solcher Dinge. Wie gut wäre es, wenn es diese gar nicht gäbe, nicht wahr?! Möchtest du nicht die Schere nehmen und alles das aus deiner Bibel herausschneiden, was dir „nicht so wichtig“ ist, daß du danach handeln zu müssen glaubst? Möchtest du dann „nur treu“ nach dem übrigen wandeln und das Wort auf dich anwenden: „Du hast Mein Wort bewahrt!“? In deiner Praxis handelst du ja also, aber du sagst vielleicht: Nein, herausschneiden möchte ich das doch nicht, denn für andere mag es wichtig sein oder gewesen sein, dennoch bleibt's für mich bestehen: „Das und das ist für mich nicht so wichtig!“ Gut, ich freue mich, daß du es wenigstens für andere als wichtig, gut und nützlich anerkennst, z. B. für Paulus, für den Kerkermeister, für Kornelius, für den Kämmerer, für die Korinther, Römer, Philipper usw. - für viele auch heute, auch für mich - aber für dich nicht! Nun, so frage ich dich in herzlicher, besorgter Bruderliebe zum Schluß:

Möchtest du ein Blatt Papier nehmen und - gemäß deiner praktischen Handlungsweise - darauf alles schreiben, was im Worte Gottes für dich „nicht so wichtig“ ist? Ja? Dann sei offen und ehrlich, überlege auch alles reiflich, und erst dann schreibe! Und weil doch jedes Dokument von einigem Wert eine Überschrift und eine Unterschrift haben muß - möchtest du dann wohl darüber schreiben: „ Folgendes aus Gottes untrüglichem, ewigem Wort des Neuen Testaments ist meines Erachtens nicht so wichtig, daß ich es für mich als verbindlich ansehen zu müssen glaube!“? Und weiter frage ich dich: Möchtest du, wenn du alle die einzelnen für dich „nicht so wichtigen“ Punkte eingetragen hast, dann mit fester, nicht zitternder Hand deinen Namen unter dies Schriftstück setzen? - Aber schließlich komme ich zur Hauptsache meiner heilig-ernsten Frage: Wenn nun alles, genau wie deine Praxis bezeugt, so aufgezeichnet ist - möchtest du dann auf deine Knie gehen und diesen Bogen mit deinen - (ach, so vermessenen, selbstbewußten, törichten) Worten und deiner Unterschrift ausbreiten vor deinem HErrn, der aus Liebe für dich Sein Blut vergossen hat, um dich zu erlösen „von dem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel“ (1. Petr. 1,18)- und Ihm sagen: „So, HErr, bewahre ich Dein Wort!“? - Bruder, Schwester, könntest du so handeln? Nein? Aber - warum denn handelst und wandelst du in der Wirklichkeit deines Lebens also? (Jak.1,22; 4,17; 1. Kor. 3,18a!)

wandelst du in der Wirklichkeit deines Lebens also? (Jak.1,22; 4,17; 1. Kor. 3,18a!)

F. K.

Unser irdischer Beruf ein Dienst für den HErrn.

(Ephes. 6,7 und Kol. 3,23.24.)

Unser irdischer Beruf ist mit unserem Erdenwandel verbunden. Denn wir bedürfen der Nahrung, Kleidung, Wohnung und anderer Dinge mehr für unseren Leib. Wenn wir beim HErrn sind, bedürfen wir dessen nicht mehr. Jetzt aber gilt es zu arbeiten und mit den Händen zu schaffen, damit wir für uns selbst das Nötige haben und auch denen mitteilen können, die nicht in der Lage sind, für ihre Bedürfnisse selbst aufzukommen. Aber auch für das Werk des HErrn werden irdische Mittel benötigt. Wie kostbar und welche Gnade ist es, wenn wir einen irdischen Beruf ausüben dürfen und doch auch Mitarbeiter in dem Werke des HErrn sein können. Wenige Kinder Gottes sind berufen, öffentlich am Worte zu dienen. Und noch wenigere sind es, die ihre ganze Zeit dem Dienst im Werke des HErrn weihen können. Aber fast alle Kinder Gottes sind berufen, in ihrem irdischen Berufe dem Herrn Jesus zu dienen, sofern sie nicht durch Krankheit oder andere Umstände daran gehindert sind.

Unser irdischer Beruf ist ein Dienst für den HErrn. Wir lesen in Eph. 6,7: „... mit Gutwilligkeit dienet als dem HErrn und nicht den Menschen“, und in Kol. 3,23.24: „Was irgend ihr tut, arbeitet von Herzen als dem HErrn und nicht den Menschen, da ihr wisset, daß ihr vom HErrn die Vergeltung des Erbes empfangen werdet; ihr dienet dem Herrn Christus.“ Diese Stellen beziehen sich auf solche Kinder Gottes, die in einem Dienstverhältnis stehen zu einem irdischen Herrn. Wenn wir uns als solche bewußt sind, daß unser Beruf vom Herrn Jesus so angesehen wird, als ob er ein Dienst für Ihn sei, wie ganz anders sehen alsdann auch wir unseren Beruf an. Was uns manchmal eine Beschwerde war, wird uns dann leicht und oft eine Lust. Und wie viel Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit, Fleiß und Pünktlichkeit, aber auch Dankbarkeit und Liebe wird es zur Folge haben, wenn wir uns bewußt sind, „wem“ wir dienen. Nicht unserem Meister oder Vorgesetzten, nicht unserer Herrin oder „gnädigen Frau“ dienen wir, sondern „Ihm“, unserem HErrn und Heiland, dem Herrn über alle Herren, dem Sohne Gottes. Dann können wir auch bei einem verkehrten irdischen Herrn oder bei einer verkehrten irdischen Herrin ausharren, wenn uns nur bewußt ist, wir dienen „Ihm“. Welche wunderbare Gnade ist es, daß der HErr unseren Beruf so erhebt, daß er für „Ihn“ ist. Er ist es auch, der diesen Dienst belohnen wird, wie es in Kol. 3,24 heißt: „Da ihr wisset, daß ihr vom HErrn die Vergeltung des Erbes empfangen werdet.“ Geschwister! Der HErr wird uns belohnen für einen treuen Dienst im irdischen Beruf. Doch auch V. 25 wollen wir beachten: „Denn wer unrecht tut, wird das Unrecht empfangen, das er getan hat; und da ist kein Ansehen der Person.“ Und in 1. Tim. 6,1 werden wir ermahnt: „Alle, welche Knechte unter dem Joche sind, sollen ihre eigenen Herren aller Ehre würdig achten, auf daß nicht der Name Gottes und die Lehre verlästert werde.“ Auch gläubigen Herren gebühret Ehre, wie wir in V. 2 ermahnt werden.

Wie der dienende Beruf, so ist auch der selbständige Beruf gleich wichtig und kostbar. Alles dürfen wir für „Ihn“ tun und in Abhängigkeit von „Ihm“, und so werden wir bewahrt bleiben vor Irrungen und unlauteren Handlungen und Geschäften.

Unser ganzes Leben ist ein Dienst für den HErrn. Ob Mann oder Weib, ob selbständig oder angestellt,

wir dienen dem HErrn. Der Apostel Paulus sagt, daß wir uns bekehrt haben, dem lebendigen und wahren Gott zu dienen (1. Thess. 1,9).

Wenn wir erkannt haben, daß wir auch in unserem Berufe abgesondert sind für den HErrn, so wird es uns nicht schwer sein, bei vorkommenden Schwierigkeiten in der rechten Gesinnung zu handeln. Der HErr wolle uns dazu Seine Gnade verleihen!

O. D.

Ermunterung.

„In Trübsal harret aus“ (Röm. 12,12). Es gibt viel Trübsal, darunter auch solche, die von anderen nicht gesehen wird, von der andere nichts wissen. Da ist es ein süßer Trost für das Herz, daß Er, der uns liebt mit unvergleichlicher Liebe und der alle Macht hat, alles völlig weiß und mitfühlt, wie kein Mensch bei aller Liebe es vermag; denn wie Seine Liebe allein es einst vermocht hat, uns wirklich glücklich zu machen, unser Herz mit tiefem Frieden und überströmender Freude zu erfüllen, so ist auch in der Trübsal allein Seine Liebe Balsam für das wunde Herz und Stärkung für den müden Geist. Unser Herz bedarf immer Seiner Liebe, in freundlichen wie in trüben Tagen; in letzteren aber ist sie uns besonders köstlich. Durch sie nur sind wir fähig, auch auf Ihn zu vertrauen, daß Er alles wohl macht, und wie köstlich ist solches Vertrauen! Er hat alle Macht! In Seiner Hand liegt alles - auch mein ganzes Leben mit allen seinen Umständen, Kümmernissen, Leiden! Ohne Seine Zulassung fällt kein Sperling vom Dache, kein Haar von meinem Haupte (Matth. 10,29.30; Luk. 21,18). Daher vermag Er auch meine Trübsal zu beenden, wenn es an der Zeit ist und wenn Er Sein Ziel damit erreicht hat, und Er wird sie auch nicht einen Augenblick darüber hinaus währen lassen, da Er mich ja so vollkommen liebt! Denn „wenn Er betrübt hat, erbarmt Er Sich nach der Menge Seiner Gütigkeiten. Denn nicht von Herzen plagt und betrübt Er die Menschenkinder“ (Klagel. 3,32.33), sondern jetzt sind wir nur „eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt durch mancherlei Versuchungen“ (1. Petr. 1,6). Meine Prüfung ist also nötig - nach Seiner Weisheit -, das steht auf jeden Fall unumstößlich fest! Nötig wozu? Erstens zur Erprobung, Bewährung meines Glaubens (Jak. 1,3; 1. Petr. 1,7), zweitens zu meiner Erziehung: „zum Nutzen, damit wir Seiner Heiligkeil teilhaftig werden“ (Hebr. 12,10). Das ist Reinigung von dem Unreinen, von Schlacken, von den Hemmnissen für „völlige Freude“, wahre Glückseligkeit in Seiner Gemeinschaft- also lauter Liebe, weil Er uns solches gern zuteil werden lassen möchte? - Solcher Liebe ist es auch unmöglich, die Prüfung länger andauern zu lassen, als nötig ist. Sobald Er Sein Ziel erreicht hat mit mir, beendet Er die Prüfung - das ist auch felsenfest für mich! O welch herrlicher, treuer Gott! Und zugleich eine Mahnung für mich: Wenn die Prüfung noch immer währt, hat Er also Sein Ziel bei mir noch nicht erreichen können! Deshalb beuge ich mich: HErr, zeige mir das Hemmnis, und schenke mir Gnade, mich reinigen, heiligen, heilen zu lassen! Ich küsse Deine Hand und danke Dir für Deine wunderbare Liebe, die sich in solcher Geduld mit mir beschäftigt und mich zum Segensziel führen will! -

Gott kann in Seiner wunderbaren Weisheit auch noch andere als die obenerwähnten Ziele im Auge haben, wenn Er Trübsale und Leiden sendet oder zuläßt: Es kann sein, daß wir mit anderen fühlen und ihnen in Leiden helfen lernen sollen, wie 2. Kor. 1,3-7 ein Beispiel gibt, oder daß ein Leiden uns als „ein Dorn für das Fleisch“ zur Bewahrung gegeben ist, wie 2. Kor. 12,7 zeigt. Im letzteren Falle kann es sein, daß das Leiden uns lange oder für immer auferlegt bleibt - nach Seiner Weisheit. Sei es nun, wie immer es auch sein mag - es ist Seine grenzenlose, unveränderliche, vollkommene Liebe.

nun, wie immer es auch sein mag - es ist Seine grenzenlose, unveränderliche, vollkommene Liebe. Das sei unserem Herzen allezeit unerschütterlich fest und gewiß! Darum sei Ihm von Herzen Dank, auch wenn es vielleicht mit Tränen im Auge ist! Und bald werden wir bei Ihm sein in Herrlichkeit, wo es keine Tränen, keinen Tod, keine Trauer, kein Geschrei, keinen Schmerz mehr gibt, werden Ihn sehen, der uns so liebt, und werden dann erst recht erkennen, wie groß diese Liebe war und wie herrlich Er alles geführt hat!

Th. K.

Unser größter Feind.

Ich hörte von einem Manne, der sich vornahm, aller Versuchung aus dem Wege zu gehen, um ein heiliges Leben zu führen. Er baute sich einsam im Walde eine Hütte, nahm Brot und einen großen Krug Wasser, um, abgeschlossen von dem Bösen, für sich allein zu sein.

Mit Freude schloß er die Tür, froh, daß Welt und Sünde draußen waren; und glücklich im Herzen fiel er auf seine Knie, um Gott zu danken, fern von allem Bösen zu sein. Ach, als er niederkniete, stieß er den Wasserkrug um, und über seine Lippen kam etwas, das weder Dank noch Gebet war. Traurig und enttäuscht stand er auf und ging heim. Er hatte entdeckt, daß sein größter Feind ein Mensch war, von dem er sich nicht trennen konnte.

Haben wir diese Entdeckung gemacht? Wie langsam lernen wir, daß wir in uns selbst untauglich und unverbesserlich sind. Die Lektion von Röm. 7,18: „Ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt“, lernen wir durch Erfahrung. Es ist nicht die Frage der Vergebung der Sünden, die das Herz niederdrückt, sondern die Erfahrung der Kraftlosigkeit und gänzlichen Unfähigkeit, „Gott zu leben“, obgleich der Wille dazu im Herzen ist. Diese Erfahrung führt mich aber dahin, die Errettung auch von mir selbst, dem „Leibe des Todes“, „durch. Jesum Christum“ im Glauben anzunehmen. (Röm. 7,24.25.) So wie ich den Tod Christi als die Grundlage der Vergebung meiner Sünden annehme, so nehme ich den Tod Christi auch als das Gericht über mich, den unverbesserlichen Menschen im Fleische, an: das Gericht, das mich durch den Tod Christi für immer aus den Augen Gottes und darum auch den meinen entfernt und mich, von mir selbst frei gemacht, in Verbindung mit dem Auferstandenen gebracht hat. v. d. K.

Geleitswort an den Leser:

Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind; welche wir auch verkündigen, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist, mitteilend geistliche Dinge durch geistliche Mittel.“ 1. Kor. 2,12.13.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der

die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 14

Warum finden wir im Markus-Evangelium gar keine Andeutung über die wunderbare Menschwerdung des Sohnes Gottes?

Antwort A

Daß Matthäus sein Evangelium mit den Worten beginnt: „Dies ist das Buch von der Geburt Jesu Christi, Buch des Geschlechts Jesu Christi, der da ist ein Sohn Davids, des Sohnes Abrahams“, entspricht vollkommen der Tendenz dieses Evangeliums. Ist es doch für Judenchristen, für Gläubige aus Israel in erster Linie geschrieben, ihnen zu zeigen, daß Jesus der König des Reiches Gottes ist, des Königsreiches der Himmel, der Messias. Dieser tritt in den alttestamentlichen Prophetenreden als der Sohn Davids, als der Same Abrahams auf. Darum bei Matthäus der Nachweis, daß der Herr Jesus aus dem Samen Davids gekommen ist dem Fleische nach (Röm. 1,3, Matth. 22,41.42), daß Er der Same Abrahams ist (Gal. 3,16; 1. Mose 22,18). Ebenso ist es verständlich, daß Johannes zu Beginn seines Evangeliums bis in den Anfang zurückgeht, in dem das ewige Wort als Gott bei Gott war. Zeigt er uns doch in wunderbarer Weise in Jesus den ewigen Sohn Gottes, das Wort, das Fleisch wurde (Joh. 1,14). Auch die bestimmte Färbung des Lukas-Evangeliums wird erkennbar, wenn wir beachten, wie es Jesus zeichnet als den Sohn des Menschen, als den letzten Adam (oder den zweiten Menschen [vergl. 1. Kor. 15,45.47]). Aus diesem Grunde gibt Lukas uns das Geschlechtsregister des Menschen Jesus bis auf Adam hin, den Ersten unseres Geschlechtes. Wenn nun Markus kein Geschlechtsregister bringt, uns auch nicht bis in die fernsten Zeiten der Vergangenheit hinuntersteigen läßt, so muß das seinen Grund haben. Dieser Grund ist darin zu suchen, daß Markus uns den Herrn Jesus als den Knecht Jehovas schildert, der kam, uns zu dienen und Sein Leben zu geben zu einem Lösegeld zur Bezahlung für viele (Mark. 10,45). Bei einem Knecht fragt man nicht nach Herkunft und Geschlecht. Aus diesem Grunde ist also bei Markus kein Geschlechtsregister nötig, das etwa den Nachweis erbringen müßte, daß Jesus als Knecht Gottes aus königlichem Samen ist, daß Er im Anfang, vor aller Welt als Gott bei Gott war. Also weil Markus den Sohn Gottes als den Knecht Jehovas zeichnet, darum keinerlei Andeutung in seinem Evangelium über die wunderbare Menschwerdung des Sohnes Gottes.

A. C.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Mit der oben ausgesprochenen Auslegung stimmen heute wohl die meisten ernsten Schriftforscher überein, und wir alle, die wir die Schrift auszulegen haben, sollten auf diese Tatsachen noch viel mehr hinweisen, als es gemeinhin geschieht, dann würden sich nicht so viele Gläubige mit den scheinbaren Widersprüchen in den Evangelien abquälen. Ich verweise hier noch auf die Fragen 6 und vor allem 11 im Jahrbuch VI (1918/19) und S. 55 des Jahrb.

Aber den einen oder anderen, besonders von Natur kritisch veranlagten Lesern kommt hier vielleicht die Frage: „Ja, wo ist denn der Beweis dafür, daß das Markus-Evangelium den Herrn Jesus als den

vollkommenen Knecht Gottes schildert? Es steht doch nicht da (ebensowenig wie in den anderen Evangelien), und Worte, wie daß Er der Diener ist, kommen doch auch in den anderen Evangelien vor (z. B. Luk. 22,27). Wo ist der Beweis für diese Annahme?“

Wo ist der Beweis dafür, daß die Sonne scheint? „O, der ist leicht“, sagst du - ja, aber wenn Wolken da sind? Auch dann könnte man dem Blinden, dem vielleicht gerade die Sehkraft geschenkt ist, leicht begreiflich machen, daß die Sonne scheint: „Warte nur, gleich kommt sie durch!“ - und so, mein Bruder, ist's auch hier. Sieh, von Natur sind wir alle blind, aber „Jehova öffnet die Augen der Blinden“ (Ps. 146,8) und je mehr der vorher Blinde hineinschaut in das reine Quellwasser des Wortes, sich darin die Augen badet, desto mehr werden ihm die Geheimnisse des Wortes offenbar. Jedes Buch der Schrift spricht von Christo (Joh. 5,39) - suche nur! Der Heilige Geist, der uns Christum verherrlicht (Joh. 16,14), wird dir, wenn dir nur darum zu tun ist, Ihn immer besser zu erkennen (nicht nur die Schrift um deinetwillen zu lesen, sondern zuerst um Seinetwillen), der Heilige Geist wird dir Ihn schon zeigen als König, als Menschen (mit menschlichem Mitgefühl, nur im Lukas-Evangelium ist z. B. die Geschichte vom Jüngling zu Nain!), als Knecht, als Sohn (vgl. Joh. 4,10 „wer es ist“).

Kostbare kleine Züge im Markus-Evangelium, die uns den Knecht zeigen! Zähle das Wort „alsbald“ - und du siehst den treuen Knecht! Beachte das gegenüber den anderen Evangelien Fehlende und das dagegen Angeführte - und du erkennst Züge des vollkommenen Knechtes, der sogar als Knecht nicht wußte, wann „der Tag des HErrn“ kommen werde (Mark. 13,32), obwohl Er es natürlich wußte in Seinen übrigen Charakteren. Wir können uns das kaum ganz vorstellen, aber bei Ihm war alles in Vollkommenheit. Betrachte eine Stadt von vier verschiedenen Seiten, und du hast ein schwaches Bild von dem, was die vier Evangelien darstellen. Betrachte z. B. ein bestimmtes Haus jener Stadt von vier Seiten, und vielleicht kannst du dir kaum vorstellen, daß es jedesmal das gleiche ist. Bei Ihm ist alles wunderbar vollkommen. Gepriesen sei Er! Laßt uns nach Ihm forschen in Seinem heiligen Tempel (Ps. 27,4), d. i. in Gemeinschaft mit Ihm durch Seinen Geist; ja, laßt uns „anschaue Seine Lieblichkeit“!

Nur der Vollständigkeit halber führe ich noch an, daß einige Forscher einen gewissen Beweis in den „vier lebendigen Wesen“ von Offenb. 4,7 sehen, die ihnen symbolisch (sinnbildlich) das Wesen Gottes in viererlei Weise anzudeuten scheinen, und vielleicht hat auch diese Annahme, die nur die obige stützt, manches für sich (Löwe aus Juda: Messiaskönig; Kalb [Rind]: Symbol der Kraft, des Dienstes; Mensch: der letzte Adam; Adler: erhaben über alles hienieden). „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte!“ (Ps. 119.)

Frage 15

Ich bitte um eine Auslegung von Gal. 4,21-31.

Antwort A

Der Apostel Paulus sucht den Galatern, welche durch Gesetzeslehrer verführt worden waren, den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium (Gnade) klar zu machen. Sie hatten den Heiligen Geist durch die Predigt vom Glauben an Christum empfangen und wurden so glückselig (Gal. 3,2-5; 4,13-15), nun waren sie in Gefahr, vom Geist ins Fleisch zu geraten (3,3). Gal. 4,21-31 zeigt nun, was der wird, der sich unier das Gesetz stellt, und der, welcher sich unter die Gnade stellt. Der

Gesetzesweg ist ein Fleischesweg, ein Weg der Selbsthilfe auf Grund von göttlichen Gesetzen, die nur zu Christo hinführen sollten, aber Christus und Seine Gnade nicht bringen können. (Sinaigesetz.) Der Weg der Gnade gründet sich nicht aufs Gesetz, sondern aufs Wort der Verheißung. So steht hier das Gesetz der Verheißung (dem Evangelium) gegenüber, Ismael dem Isaak, das irdische Jerusalem dem himmlischen, die fruchtbare (Welt) der unfruchtbaren (kleinen Herde, Luk. 12,32), die Kinder der Magd und die Kinder der Freien, die Kinder des eigenen Tuns und die Kinder der Verheißung, der Alte und der Neue Bund (Testament).

Der Sohn der Magd ist auf dem Wege fleischlicher Berechnung gegen Gottes Wort und Willen geboren, der Gesetzeschrist geht in gleicher Weise den Weg fleischlicher Berechnung (Eph. 2,3). Isaak ist auf einem übernatürlichen Wege auf Grund der Verheißung Gottes geboren (vgl. Röm. 4,18-25); das Kind Gottes ist übernatürlichen Ursprungs (Joh. 1,12.13; 3,6). Geist und Fleisch sind widereinander (Gal. 5,16.17.18). Hier tritt der Unterschied des Alten und Neuen Bundes hervor. Das irdische Jerusalem mit dem Gesetz, Opfer und Tempel, das die Juden zur Verwerfung Jesu brachte (1. Kor. 2,8) als die Vertreter des Alten Bundes; das obere Jerusalem, d. h. das obere Heiligtum (Hebr. 9,11-17.23-28; 10,19.20; 12,22-24; 6,17-20), ist die Mutter aller neutestamentlichen Gotteskinder und daher auch die wunderbare Stadt, deren Bewohner sie sein werden (Offenb. 21,9 - 22,5). Gottes Kinder sind frei und stehen nicht mehr unter dem Gesetz von Sinai, sondern unter dem Gesetz des Geistes des Lebens (Röm. 8,2).

Wie nun das Fleisch wider den Geist ist (Gal. 5,17) und fleischlich gesinnt sein eine Feindschaft wider Gott (Röm. 8,7), so verfolgt auch heute noch der fleischlich Gesinnte den, der nach dem Geist geboren ist. Hier gibt es keine Verbrüderung, obwohl Ismael und Isaak vom gleichen Vater abstammten; aber sie hatten nicht dieselbe Mutter. Der Sohn der Magd (Sklaven, Unfreien) mußte ausgestoßen werden. Der Apostel Paulus nennt sich mit allen Kindern Gottes, die durchs Wort der Verheißung geboren sind (Jak. 1,18; 1. Petr. 1,23; Joh. 1,12.13), hier dem Isaak nach „Kinder der Verheißung“.

F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Ich möchte aus Rücksicht auf den Raummangel nicht wiederholen, was in der obigen klaren Antwort Gesagt ist, aber sicher macht diese Stelle vielen Schwierigkeit, so daß es gut ist, sie hier noch ein wenig zu betrachten.

Wie wunderbar deutet uns doch der Geist durch Paulus die Geheimnisse des Alten Testaments, die Ratschlüsse Gottes!

Es handelt sich für den Apostel nach Kap. 5 um die Freiheit, die aber keine Ziellosigkeit und Leichtfertigkeit bedeutet, sondern vielmehr ein inneres Gebundensein an den Geist des HErrn, durch den wir nicht nur das Leben haben, sondern auch die Kraft zum Handel (V. 25). Er verwandelt uns in das Bild Christi (2. Kor. 3,18). Die Freiheit des Christen läßt aber auch keine Gesetzlichkeit zu, wie denn jede gesetzliche Stellung bezw. jedes Einführen des Gesetzes in irgendeiner Weise die also Handelnden dahin bringt, von Christo keinen Nutzen mehr zu haben (5,2). Entweder Christus oder das Gesetz - eine Verbindung ist hier unmöglich. Wie ernst ist dies für die Gläubigen, die der Irrlehre der Sabbatarier, mit ihren gesetzlichen Vorschriften den Sabbat zu halten und den Zehnten zu geben

(nur den gesetzlichen Zehnten?!), anheimfallen! (Gal.4,9!) Sie müssen das ganze Gesetz halten und - bringen sich dadurch unter das Todesurteil, wandeln im Fleisch (denn das Gesetz ist nur für den Menschen im Fleisch, den Juden [vgl. 2. Mose 3,12-17! u. a.], gegeben, nicht für den Gerechten, vgl. Gal.3,10-13; 2,21.16; 1. Tim. 1,5-11; Röm. 3,19.20; 7,1) und werden dann auch Verfolger derer, die geistlich sind, los vom Gesetz, Kinder der Freien. Es muß doch einen Grund haben, daß die Siebentags-Adventisten alle Gläubigen, die nicht den Sabbat halten, so arg verfolgen und Jungbekehrte damit schrecken: „Ihr geht verloren, wenn ihr den Sabbat nicht haltet!“ Hier ist ein Grund: Der Haß des Ismael gegen Isaak (V. 29). Über Ismael und seine Nachkommen, zur Knechtschaft geboren, ist schon in der prophetischen Verheißung des Abraham davon die Rede, wie zwischen ihm und allen Feindschaft sein würde (1. Mose 16,12). Und so ist es geblieben. Israel, das eigentlich der Verheißung, die Isaak betraf, hätte teilhaftig werden sollen, blieb, auch als Christus - des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit (Röm. 10,4) - gekommen war, Israel blieb lieber unter der Knechtschaft des Gesetzes und der Herrschaft des Todes, und so wurden die Juden um ihres Gesetzes willen, durch das sie meinten, Gott einen Dienst zu tun, das Christus aber selbst beiseite gesetzt hatte, die grimmigsten Feinde des HErrn (vgl. Joh. 5 u. 9 u. a.) und darum auch aller derer, die in Ihm allein ihre Gerechtigkeit haben, aus Glauben und durch Gnade gerretlet werden (Eph. 2). Wir sehen diese Feindschaft durch die ganze Apostelgeschichte hindurch, und hier im Galaterbrief sehen wir die Erklärung dieser Feindschaft: Ismael - Isaak, Hagar (Sinai) - Sarah (Jerusalem), Knechtschaft - Freiheit, eigenes Ringen - Glückseligkeit. Und wir sehen sie heute noch; denn Fleisch und Geist müssen sich entgegengesetzt sein. Wenn aber der Sabbatarier uns sagen will, er halte den Sabbat als aus dem Geist, so zeigt er nur, wie wenig er die Schrift versteht, ja, daß er den Galaterbrief, wenn er ihn schon gelesen, so doch noch nie verstanden hat. Durch den Geist das Gesetz zu halten ist deshalb unmöglich, weil der Geist uns auf Christum weist, uns Ihn verklärt und uns vom Gesetz abzieht (Joh. 16!). Wer sich auf Gesetzesboden stellt, stellt sich auf Fleischesboden, ob er will oder nicht, und somit unter den Fluch des Gesetzes. Aber, sagt Paulus: „Das Gesetz herrscht nur über den Menschen, solange er lebt“ (Röm. 7,1). Sind wir nicht mit Christo gestorben? Ja? Nun, dann gilt uns Gal. 2,19-21! Warum also das Gesetz neu einführen, warum auch nur „gesetzlich“ werden? Was wollen wir mit dem Gesetz? Uns durch solche Werke bei Gott etwas verdienen? Genügt uns Christus nicht? Ist Sein Werk nicht alles für uns? (1. Kor. 1,30!)

Wir sind Kinder der Freien, das Jerusalem, das droben ist, ist unsere Mutter (Sarah), sie hat die vielen Nachkommen, sie jubelt, und wir haben Grund dazu, es auch zu tun, weit wir zur Freiheit freigemacht sind für ewig und immerdar! Möchten wir Gnade haben, unsere Freiheit in Christo immer besser zu verstehen (der Galaterbrief, die beste Waffe gegen jedes gesetzliche Handeln, lehrt sie uns am klarsten!) und durch den Geist zu verwirklichen - nicht eine falsche, eingebildete Freiheil des Fleisches, sondern eine solche des Geistes des Lebens in Christo (Röm. 8,2.3), in seliger Gebundenheit an Sein Wort und Seine köstliche Person!

 

 

 

Frage 16

Was ist heute ein „Führer“ in der Gemeinde des HErrn? Wodurch weist er sich als solcher aus, oder wie wird er als solcher anerkannt? Was ist seine Aufgabe, Dienst, Autorität? (Hebr.13,17.)

Antwort A

Trotzdem es einfach erscheint, einen „Führer“ der Gemeinde zu erkennen, so gehört doch geistliches Verständnis dazu, da es in den kirchenfreien Gemeinschaften, das heißt: welche auf rein biblischer Grundlage stehen wollen, keine angestellten Brüder, Vorsteher oder Führer gibt. Der Apostel Paulus schreibt an die Thessalonicher (1. Thess. 5,12): „Erkennet die, welche unter euch arbeiten und euch vorstehen im HErrn.“ Sie müssen also erkannt werden. Woran? An dem Werk, welches sie in der Gemeinde tun. Sie führen der Gemeinde geistliche Nahrung zu durch Erweisung des Geistes und der Kraft (1. Kor. 2,4); sie müssen „lehrfähig“ sein (1. Tim. 3,2b), das heißt: vertraut sein mit der „reinen, gesunden Lehre“ (vgl. Titusbrief), sie müssen klaren Aufschluß geben können über das Wort usw. Es wäre verkehrt, zu schlußfolgern, daß die Führer nun eine besondere Gabe besitzen mußten, wie etwa manche gesegnete Brüder, welche der HErr bestimmt hat zur Verkündigung Seines Wortes in vielen Gemeinden. Die „Führer“ müssen aber auch besorgt sein um das äußere Wohl der Gemeinde. Daß es auch da viel Arbeit gibt, sieht jeder aufmerksame Gläubige. Aber auch für das innere Wohl derselben tragen sie Sorge. Das ist schwerer zu erkennen. Man merkt das am besten in den Gebetsstunden, ob die Brüder, welche man als „Führer“ ansieht, sich auch eins machen mit der Gemeinde. Auch mit deren Schwächen und Sünden, wie die Beispiele aus der Schrift uns zeigen. Z. B. Daniel betete: „Wir haben gesündigt“ (Dan. 9,5). Er litt mit seinem Volke und machte sich eins mit dessen Sünden. So werden es auch unsere „Führer“ tun. Der Herr Jesus sagt: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“ (Matth. 7,16). Also an den Früchten oder am Handel. „Den Ausgang ihres Handels anschauend, ahmet ihren Glauben nach“ (Hebr. 13,7). Deshalb stellt auch das Wort Gottes die schweren Bedingungen an die Aufseher (Führer) (1. Tim. 3,2-7), weil sie vor allen Dingen Vorbilder der Herde sein sollen (1. Petr. 5,3). Obwohl die Bedingungen alle gleich wichtig sind, will ich nur auf einige eingehen. „Lehrfähig“ habe ich schon erwähnt. Dann muß er auch seinem Hause vorstehen können, sowohl als sorgender Vater wie auch als Priester des Hauses. Auch das erkennt man. Weiter muß er auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draußen sind. Wohl können die „Führer“ wie auch wir Gläubigen bespöttelt werden, aber etwas, was wirkliches Ärgernis erregt, sollte nicht vorkommen. Die „Führer“, wie auch wir Gläubigen sollten Persönlichkeiten sein, welche aufrecht durchs Leben gehen und der Welt etwas vorleben als solche, derer sich unser HErr vor der Welt nicht zu schämen braucht - wenn ich diesen Ausdruck gebrauchen darf. Das ist einiges, was man an den „Führern“ sieht. Meine Ausführungen sollen nun nicht so wirken, daß man sich die Brüder vornimmt und nach Schwachheiten sucht, das wäre verkehrt, und das wolle der treue HErr verhindern, denn wir alle straucheln oft, in jeder Hinsicht (Jak. 3,2). Aber im großen ganzen werden diese Eigenschaften bei den „Führern“ vorhanden sein. Weiter! Wie werden die „Führer“ als solche anerkannt? Das Wort sagt: „Gib ihnen doppelte Ehre“ (1. Tim. 5,17). Sie arbeiten ja für uns. Leider ist es manchmal nicht so. Man kritisiert den Bruder (Führer) viel zu viel, ohne zu bedenken, was für eine Last der VerAntwortung auf ihm liegt (vgl. Jak. 3,1). O, wie schwer! Deshalb die Ermahnung in Hebr. 13,17: „Gehorchet euren ,Führern', denn sie müssen Rechenschaft geben und wachen über eure Seelen usw.“ Noch eine Eigenschaft, welche unsere „Führer“ wie auch wir alle besitzen sollten, die betrifft den Versammlungsbesuch. Ein Führer sollte stets anwesend sein, besondere schwere Umstände natürlich ausgenommen. Leichtes Unwohlsein, ungünstige Witterung oder wie mancher leicht sagt: „Ich hatte es so satt“, sollten bei ihm nicht als Grund fortzubleiben gefunden werden. Sie müssen sein und sind eben auch in dieser Beziehung „Vorbilder der Herde“.

Möge der treue HErr Gnade geben, daß meine lieben Geschwister im HErrn etwas Segen von diesen schwachen Ausführungen haben!

W. B.

Antwort B

Zur BeAntwortung dieser Frage, zu welcher ich Jahrg. 1917 (Bd. V), Seite 145 zu vergleichen bitte, ist es nötig, voraussetzend festzustellen, daß der Gedanke der Schrift von der Gemeinde des HErrn im unversöhnlichen Gegensatz steht zu den Gedanken der Menschen, wie sie heute in der großen Zahl der sogenannten Kirchen und Parteiungen zum Ausdruck kommen. Lesen wir darüber nur beherzigend 1. Kor. 1,10-13, wie Paulus den dort gekennzeichneten Spaltungen entgegentritt.

Im Alten Testament gab es ein Volk Gottes, das Volk Israel, mit irdischem Charakter, dessen Höhepunkt seiner Geschichte im Tausendjährigen Reich zu finden ist. Die Schriften des Neuen Testaments beschäftigen sich im wesentlichen mit einem Volke Gottes, mit der Gemeinde des HErrn und ihrem himmlischen Charakter (Eph. 1,3).

Diese eine Gemeinde, die als solche mit keiner menschlichen Organisation etwas zu tun hat, steht unter ihrem Haupte, unter dem Herrn Jesus, als ihrem alleinigen Gebieter (Jud. 4).

Die Glieder dieser Gemeinde sollen nicht Unmündige bleiben, sollen nicht hin und her geworfen und umhergetrieben werden von jedem Winde der Lehre, die da kommt durch die Betrügerei der Menschen (durch die Personen, die nicht Führer sind), vergl. Eph. 4,14.15, weshalb Er, der HErr Seiner Gemeinde, das Haupt Seines Leibes, gegeben hat: „Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten, Lehrer“. Das ist also das erste: ein Führer in der Gemeinde des HErrn, ein Diener Gottes, kann nicht erlernt, von Menschen berufen oder angestellt werden; er ist gegeben, von seinem HErrn über Sein (des HErrn) Gesinde gesetzt (Matth. 24,45), oder von Ihm bestellt wie die „Siebenzig“ in Luk. 10.

Solche von Ihm Gegebene, Gesetzte, Bestellte sind demgemäß von Ihm bestätigt und bevollmächtigt und werden dann auch mit Freuden zurückkehren können (Luk. 10,17), um Ihm Bericht zu erstatten, daß ihre Arbeit nicht vergeblich war.

Solche von Ihm Gegebene, Gesetzte, Bestellte weisen sich aber auch sehr leicht aus und werden leicht erkannt. Sie haben ein Gepräge, und zwar ein Gepräge auf der ganzen Linie, das Gepräge:

„Es steht geschrieben“.

Für einen Führer in der Gemeinde, für einen Diener Gottes gibt es ein

„Unantastbar“.

Dieses „Unantastbar“ gilt dem „fleischgewordenen Worte“, dem Sohne Gottes, und dem „geschriebenen Worte“, der göttlichen Urkunde, gegenüber; da gibt es kein „wenn“ und kein „aber“. - Dieses „Unantastbar“ gilt dem ganzen Worte und dem ganzen Christus gegenüber. Persönlichkeiten mit diesem Gepräge dürften unschwer zu erkennen sein.

Jedenfalls ist es ein großer Unterschied, von Menschen gegeben, gesetzt und bestellt zu sein und dabei, vielleicht in der besten Absicht, irgend einer Organisation zu dienen, oder von dem HErrn gegeben, gesetzt und bestellt zu sein und Seiner Gemeinde zu dienen.

Die Aufgabe und der Dienst eines solchen Führers und Dieners Gottes ist in 2. Tim. 2,15 so schön

Die Aufgabe und der Dienst eines solchen Führers und Dieners Gottes ist in 2. Tim. 2,15 so schön zusammengefaßt, von ihm ist dort gesagt:

„Der das Wort der Wahrheit recht teilt“.

Es ist selbstverständlich, daß er mit dem Wort der Wahrheit vertraut und mit den Gedanken Gottes bekannt sein muß und in Ehrerbietung dieser Wahrheit und diesen Gedanken gegenübersteht. Zwei Beispiele mögen diese Ehrerbietung und das keusche Verhalten dem Worte und damit dem HErrn gegenüber in den Personen des Paulus und Philippus uns noch kund tun:

1. Die Bitte des Kämmerers in Apg. 8,36, getauft zu werden, gibt uns Aufschluß, daß bei der Verkündigung des Evangeliums von Jesu durch den Philippus (V. 35) dieser auch die Taufe nicht vergessen hat.

2. In Apg. 10 geschehen in dem Hause des Kornelius Wunder der Gnade. Das verkündigte Wort wirkte mächtig (V. 44-46). Petrus bleibt besonnen und nüchtern, ehrerbielig und biblisch korrekt und befiehlt, daß die, die eben schon den Heiligen Geist empfangen haben, auch getauft werden (V. 48!).

Das war ein Stück Autorität in Anlehnung an das Wort.

Solche Führer und Diener Gottes werden geliebt und gehaßt, sie gehen durch Ehre und Unehre, durch böses und gutes Gerücht; 2. Kor. 6,4-10 ist auf sie anwendbar.

W. W.

Antwort C

In der angefragten Schriftstelle Hebr. 13 wird dreimal von Führern geredet. (Vers 7, 17 und 24.) In Vers 7 von solchen, die ihren Lauf schon vollendet hatten. Die Hebräer sollten den Ausgang ihres Wandels anschauen und ihren Glauben nachahmen. In Vers 17 dagegen wird zu ihnen geredet von Führern, die gegenwärtig in ihrer Mitte waren. Sie sollten diesen gehorchen und unterwürfig sein. Solche Führer gibt es heute noch in der Gemeinde des HErrn.

Führer sind Männer, die den Weg kennen und geistliches Verständnis besitzen, die auf dem Wege der Wahrheit vorangehen, über die Seelen wachen und sie in den Gehorsam des Wortes führen.

In Apg. 15,22 werden im Unterschied von den Aposteln und Ältesten zwei Brüder als „Führer“ bezeichnet. Wir sehen daraus, daß der Heilige Geist Führerdienste und -aufgaben unterscheidet von den Diensten und Aufgaben der Apostel (Hirten und Lehrer) und auch von den Aufgaben der örtlichen Dienste der Ältesten und der Diener.

Es ist wichtig für uns, diese Unterscheidungen zu beachten. Der HErr hat Seiner Gemeinde „Gaben“ gegeben: „Evangelisten, Hirten und Lehrer“ (Eph. 4,11); und der Heilige Geist erweckt auch Männer, die den „Dienst“ der „Ältesten“ oder Aufseher (Apg. 20,28) und der Diener ausüben. Brüder, die eine „Gabe“ empfangen haben, üben ihre Gabe an allen Orten aus, während Brüder, die den Dienst eines „Ältesten“ oder eines Dieners ausüben, diesen nur an einem Platz ausüben, in der Gemeinde, welcher sie angehören. Z. B. ein Evangelist in der Schweiz ist auch ein Evangelist in Deutschland und in Amerika; ein Bruder dagegen, der in Bern den Dienst eines Ältesten ausübt, übt

Deutschland und in Amerika; ein Bruder dagegen, der in Bern den Dienst eines Ältesten ausübt, übt ihn nicht auch aus in Berlin oder in Neuyork, wenn er dorthin kommt. Dies zeigt uns den Unterschied zwischen den „Gaben“ und den „örtlichen Diensten“.

Es ist leicht, die Aufgaben eines Führers von den Aufgaben eines Evangelisten und eines Lehrers zu unterscheiden, aber es ist schwerer, sie zu unterscheiden von denen eines Hirten und eines Ältesten. Wenn ich hierüber etwas sagen soll, so glaube ich, daß der Dienst eines Bruders, der die Gabe eines Hirten vom HErrn empfangen hat, sich besonders darin zeigt, daß er die Herde Gottes zur engeren Verbindung mit Christo führt, so daß das Innenleben der Seelen mit dem HErrn wächst und gestärkt wird. - Der rein örtliche Dienst eines Ältesten (oder Aufsehers) beschäftigt sich zwar auch (wie der der Hirten) mit der Herde Gottes, denn die Schrift sagt, daß sie auf die Herde acht haben und die Gemeinde Gottes hüten sollen (Apg. 20,28). Aber obgleich beide, die Hirten wie auch die Aufseher, ihre Aufgaben an der Herde Gottes haben, so besteht doch eine wesentliche Verschiedenheit in der Art ihrer Aufgaben. Während, wie wir bereis sahen, der Dienst eines Hirten die Seele in ihrer Verbindung mit Christo stärkt, steht der Dienst eines Ältesten (oder Aufsehers) mehr an den Seelen in Verbindung mit der Gemeinde. Er gibt acht, daß alles gottgemäß in der Gemeinde, dem Hause Gottes, zugeht. Er hütet die Gemeinde Gottes, damit die einzelnen Seelen in ihrem Wandel und Benehmen der Zucht und Ordnung des Hauses Gotten entsprechen und das Zeugnis der Gemeinde als des Pfeilers und der Grundfeste der Wahrheit nicht kompromittiert (gefährdet) wird.

Die Aufgaben eines Führers tragen wieder ganz andere Kennzeichen. Auch ihr Dienst ist ein Wachen über die Seelen, aber weniger wie der der Hirten, welcher sich mit dem inneren Leben der Seelen beschäftigt, und auch weniger wie der der Ältesten, der sich mit der verAntwortlichen Stellung des einzelnen in seinem Verbundesein mit der Gemeinde befaßt, sondern ist vielmehr ein Wegweisen und ein Wachen über die Seelen in Verbindung mit dem Wege der Wahrheit und des Gehorsams.

Kurz, der Dienst des Evangelisten besteht in dem Evangelium,

der der Lehrer in der Lehre,

der der Hirten in dem Weiden, um das innere Leben mit Christo zu nähren,

der der Führer in dem Wachen über die Seelen, ihnen den Weg nach der Schrift zu weisen und vorzuwandeln,

der der Ältesten in dem Achthaben auf die Seelen in ihrer Verbindung mit der örtlichen Versammlung, der der Diener mit der äußeren Wohlfahrt der Gemeinde und den leiblichen Bedürfnissen der Gläubigen.

Die Schrift sagt nicht, daß die Führer im Besitz einer „Gabe“ (sei es der eines Evangelisten, Hirten oder Lehrers) sein müssen, auch nicht den örtlichen Dienst eines Ältesten oder Aufsehers in der Gemeinde ausüben müssen, um Führer sein zu können, obwohl man annehmen darf, daß dieses oder jenes (oder beides) meistens der Fall ist. Sie dienen der Gesamtgemeinde.

Führer weisen sich nicht dadurch aus, daß sie von sich selbst sagen, sie seien Führer oder leitende Brüder, sondern die Gemeinde erkennt sie an ihrem geistlichen Verständnis und an ihrer auf das Wort Gottes gegründeten Erkenntnis des Weges und des Willens Gottes. Sie erweisen sich als solche, die im Glauben auf dem Wege vorangehen und auch über die Seelen wachen, damit sie nicht von dem

Wege abgleiten. Ihre Autorität besteht nicht darin, daß sie sich einen Anstrich von Stand und Würde geben, sondern darin, daß sie Worte Gottes reden und in ihrem Wandel Vorbilder sind.

Die Ermahnung, den Führern zu gehorchen, sollte von uns nicht übersehen werden. Wenn aber z. B. ein katholischer Priester dieses Wort für seine menschlichen Vorschriften anwendet, so haben wir zu fragen: Wo ist die göttliche Grundlage dafür? Denn ein Folgen dem Führer muß auch zu gleicher Zeit ein Folgen dem Worte Gottes sein.

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Zu diesen reichen, ausführlichen Antworten möchte ich in der Hauptsache einige Auszüge aus einem Aufsatz eines von allen Seiten als treu und zuverlässig anerkannten, schon vor fünf Jahren entschlafenen Führers der Gemeinde des HErrn anführen, des teuren Generals v. Viebahn in seinem Bibellesezettel 1912, Januar (7 Tage hindurch): „2. Mose 3,1-12; 5. Mose 5,22-33; Jos. 1,1-9; Jes. 30,21; Jer. 42,1-22. Wenn man lernen will, was für Eigenschaften und Bewährungen ein Führer in der Gemeinde Jesu Christi aufweisen soll, so finden wir im A. T. die Vorbilder, vor allem in Moses und Josua ... Alle diese von Gott berufenen und bestätigten Führer lassen die Eigenschaft erkennen: sie waren an das Wort Gottes gebunden... ein gottgegebener Führer also ist mit seinem Gewissen, ja, mit seinem ganzen Leben gebunden an das Wort Gottes, er stellt es höher als alles, was Menschen sagen, wollen und urteilen, in völliger Abhängigkeit vom HErrn, in selbstloser Treue bis zum Ende bewährt. Hebr. 13,7.17.24; Apg. 6,5; 7,54-60; 20,17-30 usw. ... Selbst ein Paulus mußte es erleben, daß er in der Versammlung der Gläubigen empörerischen Widerstand gegen seine apostolische Autorität erfuhr durch Menschen, welche Satan dazu angestiftet hatte (2. Tim. 4,14.15). Ja, alle die Gläubigen in Kleinasien wandten sich von diesem Führer ab, der ihnen den Weg zu Jesu und zum Frieden gewiesen hatte (2. Tim. 1,15). Man sieht, wie nötig die Ermahnung ist, den Führern unterwürfig zu sein, welche als treue Hirten wachen über die Seelen ... Der Geist der Auflehnung und der Unabhängigkeit, welcher in der Welt sich anmaßend breit macht, zeigt sich auch vielfach unter den Gläubigen, besonders unter den jüngeren ... (1. Petr. 5,5). Der Geist dieser Zeit, welcher sein Werk hat in den Söhnen des Ungehorsams (Eph. 2,2), wirkt auch in der Gemeinde Gottes. Es ist eine verAntwortliche, ernste Sache, wenn solchen Führern, die Gott berief und bestätigte, in Anmaßung Widerstand geleistet wird oder wenn aufgeblähte Brüder oder Schwestern die Worte der Ermahnung und Belehrung abweisen, so daß die Führer nicht mehr auf ihre Herzen und Gewissen wirken können. Dieser Fall tritt bei denen ein, welche die Worte der Ermahnung im Hochmut hören, statt im Geiste der Beugung. 1. Tim. 2,7; Eph. 4,11-16. Demütige Kinder Gottes werden davor zurückscheuen, sich selbst für Führer in der Gemeinde zu erklären, - sie werden es dem HErrn überlassen, wie Er ihre geringen Dienste verwenden will und kann. Matth. 23,1-35; Röm. 2,17-24. Der HErr zeigt warnend in den Gestalten der Schriftgelehrten und Pharisäer, wie ein Führer nicht sein soll. Die Kennzeichen eines Führers und Lehrers, der nicht von Gott berufen ist, sind hier folgende: 1. seine Werke stimmen nicht mit seinen Worten (Vers 3); 2. sie binden denen, die ihnen folgen, schwere Lasten auf, aber sie machen sich selbst den Weg bequem (Vers 4); 3. sie wünschen von den Menschen geehrt zu werden, begehren einen vornehmen Platz, sowohl in der bürgerlichen Gesellschaft als da, wo man sich vor Gott versammelt (Vers 5-6); 4. statt den Menschen den rechten Weg zu Gott zu zeigen, hindern sie die Menschen an der Bekehrung (Vers 13-15); 5. sie machen menschliche Zusätze zum Wort Gottes (Vers 16-22); 6. sie führen die Gewissen irre, indem sie äußerliche Vorschriften und

Wort Gottes (Vers 16-22); 6. sie führen die Gewissen irre, indem sie äußerliche Vorschriften und Zeremonien an die Stelle wahren Gottesdienstes setzen (Vers 23-26); 7. sie ehren die verstorbenen Gläubigen, welche treu auf des HErrn Seite standen, aber diejenigen Treuen, welche leben, bekämpfen sie (Vers 28-35). Solche Führer und Lehrer, welche die eigene Ehre suchen, verschulden es, daß die Welt ein Zerrbild vom wahren Christentum empfängt. Letzteres stellt das Wort Gottes in ganz besonderer Weise vor Augen in den drei Stellen: Röm. 5,1.2; Röm. 12,1.2; 1. Thess. 1,9.10. - Es ist überaus wichtig, alle Führer darauf anzuschauen, ob sie die eigene Ehre suchen oder die Ehre des HErrn (vergl. Joh. 7,18), und ob sie vor dem Meister in den Staub gebeugt sind, von welchem hier geschrieben steht: ‚Einer ist euer Meister, der Christus‘.

Soweit die Auszüge!

Lehren uns obige Antworten und diese Auszüge nicht mit überwältigender Klarheit, daß Gott Seiner Gemeinde Führer gab und gibt (Hebr. 13,7)? Warum soviel Widerstand gegen diese Tatsache? Warum soviel Neid und Mißgunst? Der Grund ist: der Feind ist da; er ist bemüht, das Wort zu untergraben. Gelingt ihm das, dann hat er gewonnenes Spiel, um Irrtum über Irrtum einzuführen und der Sünde in jeder Form Eingang zu verschaffen. O, wie sollten wir auf der Hut sein in dieser letzten, ernsten Zeit, auch diese Worte der Schrift von Führerschaft zu bewahren (Offb. 3,8) und uns darunter zu beugen. Nie wird es unser Schade sein, wenn wir uns beugen unter das ganze Wort, und - der HErr wird verherrlicht!

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Ein Licht, das den Glanz der Sonne übertrifft.

(Apg. 26,13.)

Dieses Licht machte Paulus blind. Drei Tage konnte er nicht sehen. Sein leibliches Augenlicht empfing er wieder, aber die Augen seines Herzens blieben für immer durch das himmlische Licht für alles, was nicht Christus war, geblendet. Die Dinge, die ihm bis dahin Gewinn waren und ihm in die Augen geleuchtet hatten, hatten ihren Glanz für ihn verloren. Christus und Seine Herrlichkeit füllte so sein Herz, daß er in dieser Well nichts mehr sah und wußte als Jesum Christum, und Ihn als gekreuzigt. (1. Kor. 2,2.)

Es ging ihm so wie uns, wenn wir aus dem hellen Sonnenlichte in ein matt erhelltes Haus treten. Die Dinge des Hauses können unseren Blick nicht fesseln, weil die Sonne noch vor unseren Augen ist. Es bedarf erst wieder der Gewöhnung unseres Auges an das gedämpfte Licht, ehe die Dinge für unser Auge wieder da sind.

So ist es auch mit uns in bezug auf das himmlische Licht und die Dinge der Menschen und der Welt. Wer in der Gemeinschaft mit dem HErrn und in dem Sonnenschein Seiner Liebe wandelt, dessen

Auge kann von dem weltlichen Glanze nicht mehr angezogen werden. Nachdem Paulus einmal das Licht der Herrlichkeit im Angesichte Jesu Christi gesehen hatte, verlangte ihn nie wieder zurück nach dem Dunkel der Welt. Von dem Tage an, da ihm dieses Licht geleuchtet hatte, achtete er alles, worin nicht Christus gesehen wurde, als Verlust, weil es ihn von Christo ab und zu den Dingen der Welt hinlenkte.

Als die ersten Strahlen dieses Lichtes in sein Herz hineinfielen, da wurde aus dem stolzen Pharisäer voll Selbstvertrauen und mit einem tadellosen Leben hinter sich ein armer Sünder, der zu Boden fiel und den Namen des Herrn Jesu anrief, um selig zu werden. Das Licht vom Himmel macht uns klein und demütig. Es verstopfte ihm (und auch uns) auf immer den Mund (Röm. 3,19), je wieder von sich selbst, von seiner Güte und seiner Gerechtigkeit zu reden; aber es öffnete seine Lippen, um immer neu von der Gnade und Liebe Dessen zu reden, dessen Herrlichkeit alle Sonnen dieser Welt überstrahlt.

Alles Licht in dieser Welt geht von der Sonne aus, und so geht alles Licht für uns von Christo aus. Das Licht vom Himmel zeigt uns, welche Gedanken der Liebe und des Friedens über Menschen in dem Herzen Gottes sind, und es gewinnt unser Herz für Ihn; aber andererseits läßt es uns auch erkennen, welche Abneigung und Feindschaft in dem Herzen der Menschen gegen Gott ist. Dies Licht vom Himmel bewirkte es, daß Paulus sagen konnte: „Das Leben ist für mich Christus“ und daß Maria ihre kostbare Narde auf Sein Haupt goß. Für Maria Magdalena war die Welt ohne Ihn ein öder Platz. Als Mephiboseth die Liebe Davids erfahren hatte, da gehörte sein Herz David, und von der Stunde an hatte er kein Interesse mehr für sein eigenes Wohl (2. Sam. 19,24-30). Andererseits aber auch: als dem Blindgeborenen das Licht der Herrlichkeit Seiner Gnade geleuchtet hatte und sein Auge zum erstenmal Menschen sah, da sah er, daß sie alle in Ablehnung und Feindschaft gegen Den waren, dessen Herrlichkeit er erfahren hatte.

Ist dieses Licht jetzt untergegangen? Leuchtet es nicht mehr? Preis sei dem HErrn! Es leuchtet heute noch! Das Licht dieser Sonne geht unter, aber das Licht, das den Glanz der Sonne übertrifft, geht nie unter. Das Licht Seiner Herrlichkeit und Seiner Gnade leuchtet ununterbrochen. Die Augen, die dieses Licht sehen, können nicht mehr von dem Glanz und Schimmer der Welt und des Menschen mit seiner Weisheit und Ehre angezogen werden. Wer in dem Sonnenschein der Gegenwart und Herrlichkeit Christi wandelt, kann sich an Geringerem nicht mehr erlaben. Füllt Er unser Herz, so ist für den Menschen im Fleische und für die Dinge der Welt kein Raum mehr. Die Seele verlangt nur noch eines, und das ist, die Herrlichkeit des HErrn anzuschauen und zu wachsen in Seiner Erkenntnis. So werden wir verwandelt in Sein Bild, und Sein Bild wird gesehen im Geschäft und in der Familie, in der Werkstatt und in dem Hause.

Auf dem wogenden Meere, wo es keine Pfade gibt, ist das Auge des Schiffers auf die Sonne gerichtet, und so findet er seinen Weg. Wenn wir unser Auge von der Sonne wegwenden und auf anderes richten, verlieren wir den geraden Weg. Gehe ein wenig aus dem Lichte Seines Angesichtes, gewöhne dein Auge etwas an das Dunkel der Welt und beschäftige dich mit der Redeweisheit und Ehre des Menschen, und bald wird der Mensch, den Gott als gänzlich unbrauchbar und verdorben am Kreuze richten mußte, dir angenehm und wichtig erscheinen, und die Welt wird aufhören, dir ein öder und leerer Platz zu sein. Gehe heraus aus dem Lichte, welches Christus ist, und sinne nicht mehr auf das, was droben ist, und du wirst dich bald hier unten heimisch fühlen und dich wie Petrus bei denen niedersetzen können, die deinen HErrn verachten.

niedersetzen können, die deinen HErrn verachten.

Laßt uns deshalb einander ermuntern, in den vollen Sonnenschein des Lichtes zu treten, das den Glanz der Sonne überstrahlt, daß auch die Augen unserer Herzen geblendet seien, nichts anderes mehr zu sehen als Ihn allein, damit das Leben auch für uns Christus sei! (Phil. 1,21.)

v. d. K.

Die Schmach Christi und die Schande Ägyptens.

(Hebr. 11,26; Jos.5,9.)

In der Schrift lesen wir von der „Schmach Christi“ und von der „Schande Ägyptens“. Es ist kaum nötig zu sagen, daß diese beiden ganz verschieden sind. Die erstere sollte jeder Gläubige erwarten, die letztere sollte er fliehen. Wir lesen von Mose (Hebr. 11,26): er hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens.

Mose war, wie die Menschen sagen würden, durch einen glücklichen Zufall der Sohn der Tochter Pharaos geworden, in eine einflußreiche Stellung gekommen und somit, nach dem natürlichen Urteil, durch die Vorsehung Gottes bestimmt, die schwere Lage seiner Brüder zu erleichtern.

Aber die Urteile der Natur und des Glaubens sind in ihrem Wesen ganz verschieden, weil sie von ganz verschiedenen Gesichtspunkten ausgehen. Wie wir auch das Verhalten Moses nach den Berichten des Allen Testaments beurteilen mögen, aus dem Neuen Testament ersehen wir, wie der Heilige Geist sein Verhalten beurteilt; dort lesen wir: „Als er groß geworden war, weigerte er sich, ein Sohn der Tochter Pharaos zu heißen.“ Warum? Er fühlte, wie unangemessen es für ihn war, die Gunst jener zu empfangen, die seine Brüder unterdrückten.

Seine Brüder waren Sklaven, aber er verband sich mit ihnen, obwohl der natürliche Verstand ihm sagen mußte: Wenn du dies tust, so kannst du alles verlieren, aber nichts gewinnen; und du zerstörst dir damit auch jeden Einfluß, den du jetzt noch zu ihren Gunsten ausüben kannst. Und weshalb wählte er solchen Weg? Einfach deshalb, weil sie Gottes Volk waren. Das war genug für ihn. Gewiß, sie waren arm, verachtet und niedergetreten von ihren Unterdrückern, aber sie waren Gottes Volk, und nichts mehr änderte seinen Entschluß.

Dieses, so sagt uns der Heilige Geist, tat er durch Glauben. Der Glaube wirkte in seiner Seele. Er sah über den Glanz des königlichen Hofes hinweg und schaute hin auf die Belohnung. Die Folgen dieses Weges mochten Leiden, Verfolgung und die Flucht aus Ägypten sein, aber „er hielt standhaft aus, als sähe er den Unsichtbaren“. Ein Bleiben in der Ruhe, in der Bequemlichkeit, im Luxus wäre für ihn nach den ernsten Worten der Schrift ein Bleiben in der „zeitlichen Ergötzung der Sünde“ gewesen. Durch den Glauben blickte er über die vergänglichen Dinge der Zeit hinweg hinein in die Ewigkeit und sah, daß die Schmach Christi weit wertvoller war als die Schätze und die Ehre Ägyptens, diese verlockenden Dinge, die die Welt heute noch den Kindern Gottes anbietet.

Wir wissen nicht, wieviel Moses damals von Christus wußte, denn die Schatten und Vorbilder von Christus waren zu jener Zeit noch spärlich, aber die Schrift kennzeichnet seinen Glauben als eine solche bewegende und entscheidende Kraft in ihm, daß sie sagt: „Er hielt die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens.“1

1

Mose hatte erfaßt, daß dies geschmähte Volk Gottes Volk war. Es war für ihn sicher, daß Gott dies Volk erwählt hatte und daß Er alle Seine herrlichen Pläne mit Seinem Volke zur Ausführung bringen würde. So schaute sein Glaube in dem schwachen Lichte der Verheißungen schon den kommenden Retter Gottes. Seine Demut war so groß, daß er sich wohl als die Hand, aber nicht sich selbst als den Retter ansah; ohne Zweifel hatte er das Bewußtsein, daß er ein Werkzeug in der Hand des Retters sein würde, denn wir lesen in Apgesch. 7,25: Er meinte, seine Brüder würden verstehen, daß Gott durch seine Hand ihnen Rettung gäbe. Gewiß, in jener Stunde handelte er in fleischlichem Eifer, und er mußte noch in Gottes Schule gehen, aber doch war der Glaube die Ursache seines Eifers. Die Schmach, die dem Volke von den Ägyptern angetan wurde, war ihm nicht nur Schmach des Volkes und Schmach ihm persönlich, sondern vielmehr die Schmach Dessen, (1. Joh. 5,20). Wir besitzen die Erkenntnis der Liebe Gottes, besitzen die Vergebung unserer Sünden und wissen uns als Kinder Gottes, die angenehm gemacht sind in dem Geliebten. In unsere Herzen ist der Heilige Geist gesandt, uns alle Reichtümer der Gedanken der Liebe mitzuteilen. So geehrt auch Mose war in seinen Tagen, er war nur ein Diener; wir aber sind Söhne, Erben und Miterben Christi! Wieviel stärkere und innigere Bande verbinden uns mit Christus als Mose. Um wieviel höher sollten wir deshalb auch die Schmach Christi achten als den Beifall und die Ehre, die diese arme Welt uns bietet! Zwischen der Welt und Christus gibt es keine Verbindung. Hier ist eine scharfe Scheidelinie. „Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm“ (1. Joh. 2,15). „Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar“ (Jak. 4,4). Steht nicht der Tod Christi zwischen uns und der Welt? Stehen wir abseils von ihren Verbindungen, ihrer Politik, ihrer Freundschaft, ihrer Ehre? Wenn unser Herz nicht von der Welt und dem, was Ehre in der Welt ist, gelöst ist, so haben wir keine Kraft für den Weg der Absonderung, und wir werden suchen, die Schmach Christi zu umgehen. Gewiß es ist ein Weg, auf dem wir beschimpft, als Beschränkte und Scheinheilige angesehen werden, selbst von solchen, die bekennen, Christen zu sein; aber kann uns das überraschen?

größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens.“1

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Mose hatte erfaßt, daß dies geschmähte Volk Gottes Volk war. Es war für ihn sicher, daß Gott dies Volk erwählt hatte und daß Er alle Seine herrlichen Pläne mit Seinem Volke zur Ausführung bringen würde. So schaute sein Glaube in dem schwachen Lichte der Verheißungen schon den kommenden Retter Gottes. Seine Demut war so groß, daß er sich wohl als die Hand, aber nicht sich selbst als den Retter ansah; ohne Zweifel hatte er das Bewußtsein, daß er ein Werkzeug in der Hand des Retters sein würde, denn wir lesen in Apgesch. 7,25: Er meinte, seine Brüder würden verstehen, daß Gott durch seine Hand ihnen Rettung gäbe. Gewiß, in jener Stunde handelte er in fleischlichem Eifer, und er mußte noch in Gottes Schule gehen, aber doch war der Glaube die Ursache seines Eifers. Die Schmach, die dem Volke von den Ägyptern angetan wurde, war ihm nicht nur Schmach des Volkes und Schmach ihm persönlich, sondern vielmehr die Schmach Dessen, (1. Joh. 5,20). Wir besitzen die Erkenntnis der Liebe Gottes, besitzen die Vergebung unserer Sünden und wissen uns als Kinder Gottes, die angenehm gemacht sind in dem Geliebten. In unsere Herzen ist der Heilige Geist gesandt, uns alle Reichtümer der Gedanken der Liebe mitzuteilen. So geehrt auch Mose war in seinen Tagen, er war nur ein Diener; wir aber sind Söhne, Erben und Miterben Christi! Wieviel stärkere und innigere Bande verbinden uns mit Christus als Mose. Um wieviel höher sollten wir deshalb auch die Schmach Christi achten als den Beifall und die Ehre, die diese arme Welt uns bietet! Zwischen der Welt und Christus gibt es keine Verbindung. Hier ist eine scharfe Scheidelinie. „Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm“ (1. Joh. 2,15). „Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar“ (Jak. 4,4). Steht nicht der Tod Christi zwischen uns und der Welt? Stehen wir abseils von ihren Verbindungen, ihrer Politik, ihrer Freundschaft, ihrer Ehre? Wenn unser Herz nicht von der Welt und dem, was Ehre in der Welt ist, gelöst ist, so haben wir keine Kraft für den Weg der Absonderung, und wir werden suchen, die Schmach Christi zu umgehen. Gewiß es ist ein Weg, auf dem wir beschimpft, als Beschränkte und Scheinheilige angesehen werden, selbst von solchen, die bekennen, Christen zu sein; aber kann uns das überraschen?

Bei dem schwach schimmernden Lichte jener Tage konnte das damalige Verständnis Moses von Christo nicht groß sein, wir aber besitzen das volle Licht. Wir wissen, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat der mit diesem Volke verbunden war - Christus. Sein Glaube sah schon etwas von der Liebe Gottes und der Verbindung Christi mit Israel, wie wir sie aus dem Worte Hoseas (11,1) ersehen „Aus Ägypten habe Ich Meinen Sohn gerufen“, welches sowohl auf Israel als auch auf Christus Anwendung findet. Israel war Gottes Erstgeborener, den Er aus Ägypten zog, aber erst in der Verbindung mit Christo findet Israel seine wahre Darstellung vor Gott und Menschen. Hiervon mußte Moses Glaube etwas geschaut haben. Er wählte deshalb, ein Teilnehmer dieser Schmach zu sein, um auch an der Belohnung am Tage Seiner Herrlichkeit teilzuhaben. - Heute ist es nicht Israel, sondern ein anderes Volk, welches die Schmach Christi trägt. Wohl denen, die heute freiwillig wählen, Teilnehmer dieser Schmach zu sein!

v. d. K.

Kann die Welt, die unseren HErrn haßt, Seine Knechte lieben? „Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr“ (1. Petr. 4,14). „So wir mit Ihm ausharren, werden wir auch mit Ihm herrschen“ (2. Tim. 2,12). Der Weg der Verwerfung und der Absonderung ist der Weg der wirklichen himmlischen Freude, und glücklich sind wir, wenn, durch Seine Gnade, wir wie Mose ihn wandeln nach der freien eigenen Wahl des Glaubens.

*

Die Schande Ägyptens (Jos. 5,9) ist etwas ganz anderes, als was wir bisher betrachteten. Die Kinder Israel waren 40 Jahre durch die Wüste gewandert und hatten nun den Jordan überschritten, um das verheißene Land in Besitz zu nehmen. Jene Männer, die einst geklagt hatten, daß sie aus Ägypten geführt und ihre Kinder eine Beute der Feinde werden würden, waren in der Wüste gestorben. Diese Kinder waren jetzt zu Kriegsmännern herangewachsen und wurden von Josua geführt. Aber sie waren unbeschnitten, und ehe sie weiter gehen konnten, mußte die Beschneidung an ihnen vollzogen werden. Mit dieser Beschneidung wurde die Schande Ägyptens von ihnen abgewälzt.

In der Beschneidung zeigt Gott uns vorbildlich, daß, wenn Er uns segnen will, das Fleisch abgeschnitten, in den Tod gegeben werden muß. Die Beschneidung trennt uns von dem ganzen Gebiete des Fleisches. In ihr sehen wir die Beseitigung des ersten Menschen durch das Kreuz Christi und die Einführung des neuen Menschen, mit welchem wir verbunden sind.

Die Kinder Israel hatten zu kämpfen, um in den Besitz dessen, was ihnen von Gott bestimmt war, zu gelangen. Bei uns ist es anders, auch wir kämpfen, aber nicht um in den Besitz zu gelangen, sondern damit uns die Freude des Besitzes der himmlischen Segnungen nicht genommen werde. Sie führten den Kampf als Offensive (Angriff), wir als Defensive (Verteidigung), sie wider Fleisch und Blut, wir wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern (Eph. 6,12).

Um in Wirklichkeit den Genuß unserer geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern zu haben, muß gleich wie bei ihnen, so auch bei uns das Fleisch, der erste Mensch, beiseite gesetzt sein. Wir sind allgemein wohl bereit, die Früchte der bösen Natur, die Sünde in ihrer tausendfachen Art, als ein Hindernis anzusehen, aber sind wir auch bereit, das Schöne, Talentvolle und Liebenswürdige des alten Menschen als Hindernisse für die himmlischen Segnungen anzusehen? So ist es aber: „der

alten Menschen als Hindernisse für die himmlischen Segnungen anzusehen? So ist es aber: „der natürliche Mensch nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist.“ (1. Kor. 2,14.)

Unterlassen wir dieses „Beiseitesetzen“ des alten Menschen und der mit ihm verbundenen Dinge, seiner Religion, seiner Schöne, seiner Talente als auch seiner Lüste, so laden wir in den Augen Gottes die Schande Ägyptens auf uns, und sie hindert uns am Eintreten in die Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes, an der Freude der Segnungen, die an der Stätte gefunden werden, wo nichts vom Menschen noch von seinem Glanze zu sehen ist, wo weder Grieche noch Jude, sondern wo allein Christus alles und in allen ist (Kol. 3,11).

Genau in dem Verhältnis, wie die Schande Ägyptens von uns abgewälzt ist, kommt die Schmach Christi auf uns. Je mehr wir dieser Welt entfremdet werden, desto mehr werden wir uns in Gottes Gegenwart heimisch fühlen; je mehr wir in unserem Charakter als Fremdlinge und Pilgrime in dieser Welt wandeln, desto mehr werden wir die himmlischen Freuden genießen und Ihm treu sein. Das eine ist immer rückwirkend auf das andere, sie stehen in Wechselbeziehung zueinander.

Der Heilige Geist redet ernst zu unseren Herzen. Er will uns dahin führen, die Schande Ägyptens abzuwälzen und den ersten Menschen in seiner mannigfachen, dem Fleische angenehmen Gestalt im Tode zu halten, damit wir den Segen der Schmach Christi genießen können. Möchten wir dem Wirken des Heiligen Geistes nicht durch ein Hinschielen nach der Schande Ägyptens hemmend im Wege stehen! Unser Verlust wäre groß!

P. (v. d. K.)

Nechustan.

2. Kön. 18,4.

Sieben Jahrhunderte waren vergangen seit jenem wunderbaren Tage, an dem den Israeliten ein Heilmittel geschenkt wurde gegen den tödlichen Schlangenbiß, der ihnen zur Strafe und zur Zerbrechung diente (4. Mos. 21,4-9), ein Heilmittel, töricht für den Unglauben - wie heute das Kreuz Christi -, köstlich für den Glauben wie jenes, aber ein Heilmittel, das nur für jenen Tag galt, ein Heilmittel ferner, das in sich nichts war und das keine Kraft offenbarte, wenn nicht der Glaubensblick eines Gebissenen es traf. Und jenes Heilmittel, die eherne Schlange, nahmen die Israeliten mit sich als Erinnerung, ja, mit fort nach Kanaan. Ob Mose es wußte und billigte? Wichtiger noch: ob Jehova es wohl billigte? - Ach, der Mensch hängt sein Herz gern an Sichtbares, und wenn auch unter der Führerschaft des Mose und später des Josua sicher noch keine äußerlich sichtbare Verehrung jenem Rettungssymbol zuteil geworden ist - manches Herz mag schon damals innerlich dem Sinnbild, dem Israel selbst den Namen „Nechustan“ (Ehernes) gab, mehr Kraft zugetraut haben als dem Wort des HErrn, das allein dem Glaubensblick auf die eherne Schlange Rettung vom Tode verhieß. Und in der Folgezeit gelang es dem Feinde, der kein größeres Interesse hat, als dem HErrn die Ehre, die Ihm allein gebührt, zu rauben, das Volk Israel dahin zu bringen, Götzen anzubeten. Welchen bösen Anteil an der Verbreitung des Götzendienstes im Volke Gottes der große König Salomo hatte, soll hier nicht erörtert werden, so ernste Belehrungen 1. Kön. 11 auch für uns enthält - aber sicher ist es, daß von seiner Zeit an ein gewisser Götzendienst sozusagen als Beimengsel der jüdischen gottgewollten Nationalreligion nicht nur stillschweigend geduldet, sondern geradezu durch das Beispiel der meisten

Könige empfohlen wurde. Nur die frommen Könige gingen gegen diese Entehrung Jehovas vor, und unter ihnen ganz besonders Hiskia. Von ihm heißt es, daß er wandelte wie sein Vater David (V. 3), d. h. er ging zurück bis zu dem, was im Anfang war (vgl. 1. Joh. 2,24), das war für ihn, was im Anfang des jüdischen Königtums war: die Grundsätze des nach dem Willen Jehovas lebenden und Ihm dienenden Königs David. Und weil er - durch Gnade befähigt - sich danach richtete, was Jehova dem David gesagt hatte, deshalb rottete er völlig aus, was nicht mit diesen Grundsätzen zusammenpaßte, den gesamten Götzendienst und damit auch die Verehrung der ehernen Schlange, die traditionelle, menschlich überlieferte Verehrung eines toten Gegenstandes, der einstmals Bedeutung gehabt hatte und der in sich durchaus nichts enthielt, was der Verehrung wert gewesen wäre. In nichts unterschied sich dieser abergläubische Götzendienst von der Verehrung der übrigen Götzen, ja, schlimmer noch: diese waren Götter der nichtjüdischen Völker, und die Juden hatten sie nur übernommen, eben weil sie sich so gern an Sichtbares klammerten, die eherne Schlange aber hatte mit den heidnischen Nationen nichts zu tun, sie war durch jüdische Hände gebildet worden auf Befehl Jehovas, und wenn die Juden sie nun anbeteten, so handelten sie im schärfsten Widerspruch zu dem Gebot: „Du sollst dir kein Gleichnis machen“ - ja, sie stellten durch ihr ungöttliches Tun geradezu Gott so hin, als habe Er ihnen ein Gleichnis zu machen und zu verehren befohlen. Welche Verirrung! Aber Hiskia räumte damit auf, und wer sich durch ihn leiten ließ, der räumte auch in seinem Herzen damit auf.

„Arglistig ist das Herz“ - die Namenchristenheit machte aus dem Kreuz, das ohne die Person Christi durchaus keine Kraft hatte noch hat, einen Verehrungsgegenstand, ein „Nechustan“, aber mehr noch, sogar Stücke des Kreuzes werden verehrt, und vielleicht würden solche „Christen“ die Stücke des zertrümmerten „Nechustan“ sorgfältig gesammelt und erst recht der Beweihräucherung und Verehrung zugänglich gemacht haben! - Aber es ist nur die Namenchristenheit! - oder etwa nicht? Teurer Bruder, werte Schwester im HErrn, was sollen die Kreuzeszeichen, die so viele tragen? was sollen die Kruzifixe auch in Zimmern der Gläubigen? Mancher denkt vielleicht, ich sei „gesetzlich“, wenn ich auf diese Dinge den Finger lege? Gewiß nicht. Das Gesetz fordert Gehorsam vom Menschen im Fleisch und verkündet dem Übertreter den Tod - wir stehen nicht mehr unter Gesetz, sondern unter der Gnade (Gal.-Brief), und ich fordere keineswegs, wenn ich ungöttliche Dinge beleuchte, sondern ich bitte um des HErrn willen, der uns befreit hat von dem eitlen Wandel nach väterlicher Weise (1. Petr. 1,18) durch Sein kostbares Blut, ich bitte uns alle, die wir Sein Eigen sind: laßt uns zusehen, daß wir keine „Nechustans“ haben in unseren Häusern, in unseren Herzen! Gewiß steht es keinem von uns zu, wie gesetzliche „Bilderstürmer“ die Gewissen zu belasten und durch unsere Erkenntnis solche zu knechten, die da noch nicht mitkönnen - und ich für mein Teil möchte mich ängstlich hüten, mich zum Gewissen für andere zu machen -, aber ebenso gewiß haben wir die Aufgabe, die Gläubigen davor zu warnen, mit Dingen zu liebäugeln oder sie zu hegen aus irdischen Gründen der Pietät, so wie die eherne Schlange verehrt wurde (traditionell), Dinge, die in der Überlieferung (Tradition) der Christenheit sehr ehrwürdig aussehen, aber mit der Schriftlehre im Widerspruch stehen. Was ein jeder der Seinen, die ja den Heiligen Geist bekommen haben, um durch Ihn (nicht durch menschliche Überlieferungen) in die ganze Wahrheit geleitet zu werden (Joh. 16,13), dann mit der Schriftlehre tut, ob er sie befolgt oder nicht, ist seine Sache, er steht und fällt allein seinem HErrn. Aber Aufgabe derer, denen die Augen geöffnet sind, ist es, den Blinden zum Sehen zu verhelfen! Doch das Sehendwerden ist oft nur sehr wachstümlich (vgl. Mark. 8,22-26), besonders in diesen Dingen! Und nun noch einmal de Frage: haben wir unter uns „Nechustans“ - oder ist es dem großen Hiskia, dem Heiligen Geist gelungen, uns in die Linien der Wahrheit zu leiten, in die

des Wortes? Wieviel geheimnisvoll-magische Wirkung wird doch dem Kreuzeszeichen in der christlichen Tradition zugemessen (man denke einmal an das Kreuzschlagen und „Sichbekreuzen“!), wieviel seligmachende oder die Rettung fördernde Wirkung wird der durch und durch schriftwidrigen menschlich überlieferten Säuglingstaufe (die, in welcher Form auch immer und ob von ungläubigen oder gläubigen Eltern ausgeübt, keine Ähnlichkeit mit der schriftgemäßen Taufe hat) zugeschrieben, auch noch von Gläubigen, die doch durch ihre eigene Bekehrung ihr ganzes Leben verurteilt haben, also auch die an ihnen ohne ihr Zutun geschehene Taufe - wieviel geheimnisvolle Wirkung sehen noch heute nicht nur (selbstverständlich) die Weltmenschen, sondern auch Gläubige in der menschlich überlieferten Art der Abendmahls (sogar Krankenheilungskraft!) oder auch in dem Beten des Vaterunsers (so schön dieses Gebet an seinem Platze auch ist), in der äußeren Zugehörigkeit zu einem nicht von Gott, sondern von sündigen Menschen eingesetzten Priestertum, heilig sein sollenden Gewändern und Gebräuchen, die sich oft nur durch die Anrufung des einen Gottes und Vaters in Christo unterscheiden von alttestamentlichen heidnischen Gebräuchen!

Brüder, Schwestern! Was ist Bekehrung? (Vgl. 1. Thess. 1,9.10.) Kehrtmachen, Sichabkehren von allem, was nicht unbedingt und allein die Schrift, und zwar für uns das Neue Testament, zur Grundlage hat! Sind wir bekehrt? Was sind uns die „Nechustans“, also die menschlichen Überlieferungen der Welt? Jenes eigentliche Nechustan hatte einmal eine Bedeutung gehabt, und für immer war es beiseile gesetzt. Die meisten der heutigen „Nechustans“ sind nur armselige Nachbildungen von unverstandenen und umgedeuteten Dingen der Schrift; aber in sich selbst alle ganz ohne Bedeutung! Warum? Weil Christus da ist und in Ihm das Vollkommene, das Urbild aller altteltamentlichen Symbole (Sinnbilder), der Inhalt aller alten Schattenbilder (Kol. 2,16ff., vgl. auch Joh. 3,14-16). Wir brauchen nichts Wesenhaftes, Geheimnisvolles neben Ihm, und alle „geschichtlich gewordenen“ Nechustans sind wertlos, alle menschlichen religiösen Traditionen schädlich, weil sie Ihn verdunkeln, alle magischen Vermittlungen (durch Taufe, Abendmahl, Priester, Beichte, „Kirche“ usw.) Torheit und Verunehrung Seiner Person, weil Er, Christus Jesus, der einzige Mittler ist. Wir haben Ihn und was Er gesagt hat: Sein Wort, lebendiggeworden für uns durch Seinen Geist. Dieser löst uns von allen „Nechustans“ sowie allen Götzen, sowohl den grob-sinnlichen wie den feinen, geistigen - wenn wir uns lösen lassen wollen! Er zeigt uns die Bedeutung des Kreuzes und des Glaubenblickes auf Christum, Er belehrt uns über dir eine wahre Wassertaufe, die das Begraben derer abbildet, die im Glauben gestorben sind mit Christo (Röm. 6) - wie könnte und dürfte also ein nicht glaubenkönnender Säugling getauft werden?! Warum also in gläubigen Familien, gläubigen Häusern solch „Nechustan“ einer irdisch-menschlichen, ja, betrügerischen Überlieferung?! - Er zeigt uns, wer getauft werden soll, wie Er uns auch in köstlichster Weise durch die Feder des Paulus hineinleitet in das Verständnis des keineswegs magisch wirkenden Gedächtnismahles des HErrn (1. Kor. 11), durch Ihn sind wir zu einem Leibe getauft und in die Gemeinde des HErrn gebracht (1. Kor. 12,13), Er verklärt uns Christum und ist bemüht, uns in Sein Bild zu verwandeln (2. Kor. 3,18), Er will uns, wie Hiskia zu seiner Zeit, in das einführen, „was im Anfang war“, dorthin, wo unsere einzige Sicherheit ist: auf den Boden des untrüglichen Wortes Gottes, das zu bewahren und zu halten unsere schönste und fruchttragendste Aufgabe ist (Offb. 3,8); Er lehrt uns auch rufen: „Komm, Herr Jesu!“ (Offb. 22,17). Was brauchen wir noch „Nechustans“, grobe oder feine? Brüder, wohin sind wir gebracht, und wo sind wir?! Was ist uns die Welt? Ist sie uns der Schauplatz, wo Er nicht ist, wo Er verworfen ist, hinausgeworfen sogar aus Seiner Stadt? Was wollen wir noch von der Welt? Ihre „Nechustans“ und den HErrn daneben? Oder ist Er uns genug?

Er uns genug?

O, mein und dein Herz spreche in Anbetung: „Wenn ich nur Dich habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde!“ (Ps. 73,25). „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist“ (Joh. 6,68.69).

F. K.

Geleitswort an den Leser:

Der HErr aber richte eure (unsere) Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!“ - „Er Selbst aber, der HErr des Friedens, gebe euch (uns) den Frieden immerdar auf alle Weise! Der HErr sei mit euch (uns) allen! 2. Thess. 3,5 u. 16.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen werden, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 17

Was bedeutet der Mantel des Elias? (1. Kön. 19,13.19; 2. Kön. 2,8.13.14.)

Antwort A

Nach 2. Kön. 1,8 trug Elias einen härenen Prophetenmantel, woran man ihn äußerlich als Propheten Gottes erkennen konnte. (Vgl. Matth. 3,4; 11,13.14; 17,10-13 [Mal. 4,5]; siehe auch Bd. I, 1913, Fr. 12!) Die Kräfte Gottes hängen nicht mit dem Mantel zusammen, wie auch bei Mose nicht mit dem Stabe (2. Mose 4,2ff.; 7,10; 14,15; 17,5ff.; 4. Mose 20,8ff.) als einem Zaubermittel. Der Mantel des Elias ist bei diesen Wundern und Zeichen nicht die Hauptsache. Er war das, was jener Stab Mose dem Volke Israel und Pharao gegenüber sein sollte, ein Zeichen, daß der Besitzer des Stabes wie des Mantels ein von Gott beauftragter und für diesen Auftrag ausgerüsteter Mann sei. Unter dieser Voraussetzung geschahen die Zeichen und Wunder, und das Zufallen des Mantels an Elisa war das Zeichen, daß dessen Bitte um die Übertragung der Gottesaufgabe Elias auf ihn von Gott gewährt wurde. (2. Kön. 2,9.10.13-15.)

F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Wenn es uns nach obiger Antwort klar ist, daß der Mantel des Elias eine sinnbildliche Bedeutung, gewissermaßen von Kraftübertragung, Übertragung eines Auftrags hat, was ist dann die praktische Anwendung dieser Sache für uns? Dazu im folgenden einige Winke!

In Elias sehen wir, wie uns schon seine wunderbare Himmelfahrt zeigt, vorbildlich manche Züge von Christo. Die Kraft, die Elias befähigte, vor Königen und dem ganzen Volke, gegenüber Hunderten von

Götzenpriestern und angesichts eines abtrünnigen Israels zu stehen und die göttlichen Grundsätze zu bezeugen (vgl. Frage 3 dieses Jahrbuchs!), war der Heilige Geist (vgl. Luk. 1, V. 15 mit V. 17!), der in dem Herrn Jesu wohnte ohne Maß (Joh. 3,34; vgl. Fr. 2, Jahrbuch IV, 1916). Der von Gott berufene Nachfolger des Elias war Elisa, und die göttliche Bestätigung, die diesem durch Elia zuteil wurde, geschah in Verbindung mit der Überweisung des Mantels Elias auf den Elisa (1. Kön. 19,19). Das war gewissermaßen eine vorläufige Bevollmächtigung für seinen Dienst. - Später, bei der Himmelfahrt des Elia, die Elisa sehen durfte, wovon es abhängig sein sollte, ob Elisa ein zwiefaches Maß von dem Geiste Elias bekommen würde (2. Kön. 2,9.10), überkam Elisa gleichsam als letztes Vermächtnis seines scheidenden Meisters dessen Mantel, und sofort erfuhr er, daß derselbe als Sinnbild der Kraft des Elia auch ihm selbst, dem gottergebenen Nachfolger, den wunderbaren Dienst nicht verweigerte (2,13.14; beachte auch V. 15!). Wir dürfen somit, denke ich, in dem Mantel ein äußeres Sinnbild des Heiligen Geistes sehen, der ja im Alten Bunde noch nicht jedem Gläubigen als Gabe verliehen wurde, da Christus noch nicht verherrlicht war (Joh. 7,37-39; Apg.2,38; 1,8 u. a. St.). Wir bedürfen keines äußeren Sinnbildes zur Bestätigung, daß uns der Heilige Geist gegeben ist! Wir sind gesalbt und versiegelt mit Ihm und haben Ihn als Unterpfand unserer Erlösung (1. Joh. 2,20; 2. Kor. 1,21.22; Eph. 1,13.14). Aber doch, glaube ich, haben wir in den Evangelien ein Gegenbild zu jenen alttestamentlichen Vorgängen: Wir sind durch Gottes unfaßbare Gnade die Nachfolger des Herrn Jesu in dieser Welt, wie Elisa der des Elia. Besonders im Johannes-Evangelium hat Er uns den Sachwalter, den Geist der Wahrheit verheißen, der uns in die ganze Wahrheit leiten würde usw. (Joh. Kap. 14-16), und durch Ihn sollten wir Seine, des HErrn, Zeugen hienieden sein (vgl. Joh. 15,26.27 mit Luk. 24,48.49 und Apg. 1,8), und in Stellen wie die ebengenannte Joh. 15,26.27 oder auch nach Seiner Auferstehung Joh. 20,22.23 und Luk. 24,48.49 können wir neben anderen Dingen der Belehrung gewissermaßen die vorläufige Bestätigung zum Dienst sehen, wie sie Elisa empfing bei der ersten Mantelübertragung. Die eigentliche Bevollmächtigung zum Zeugendienst bekamen die Seinen dann nachdem, wie Elisa treu ausgeharrt hatte bei seinem Meister (2. Kön. 2,1-8), auch sie treulich geharrt hatten auf dem Obersaal (Apg. 1,13.14; 2,1), am herrlichen Pfingsttage, als der Heilige Geist wirklich auf sie herniederkam, um aus, bei und in ihnen zu bleiben (Joh. 14,16-18). Und ähnlich, wie Elisa das Werk seines Meisters fortsetzte, aber in einem anderen Charakter, mehr dem der Gnade (Elias mehr in dem des Gerichts) - so haben wir „größere Werke“ zu vollbringen (Joh. 14,12-14), aber nicht gelöst von Ihm, sondern durch Seinen Geist erst recht mit Ihm eins und allein in Seiner Kraft und allein zu Seiner Ehre wirkend. Die Gründung Seiner Gemeinde, die Vergrößerung derselben besonders durch die Aufnahme von Gläubigen aus den Nationen (Eph. 2!) und das schriftgemäße Bauen „auf dem Grunde, der gelegt ist“ (1. Kor. 3) sind z. B. solche „größeren Werke“. Und wie dem Elisa ein zwiefaches Maß des Geistes Elias zuteil wurde, so ist gleichsam der Geist Christi in zwiefacher Weise uns gegeben und wohnt in uns: einmal in dem einzelnen Glaubenden, dann aber auch in der ganzen Gemeinde der Glaubenden, dem Tempel Gottes. (Vgl. 1. Kor. 6,19 und 3,16.17.) -

Dem sinnenden Schriftforscher mögen sich noch andere Vergleichungspunkte zeigen! Möchten wir gegenwärtig wandeln in der Kraft Christi nach Röm. 8, und möchten wir wirken als Seine bevollmächtigten Zeugen, und zwar als treue Zeugen, solange es Tag ist!

Frage 18

Was ist in Hebr. 6,18 unter den zwei Stücken, die nicht wanken, zu verstehen?

Antwort A

Gott gab dem Abraham die Verheißung, und Seine Verheißungen sind unbereubar, unveränderlich. Das ist schon Grund und Boden genug für uns, um sicher zu stehen. (Matth. 24,35; Tit. 1,2[b]; 2. Tim. 2,13; Röm. 3,4.) Um dennoch dem schwachen, oft armseligen Glauben der Menschen eine weitere unwandelbare Stütze zu geben, tat Gott einen Eid dazu (siehe auch Luther-Übersetzung), auf daß wir zwei unveränderliche Dinge hätten, nämlich das Wort der Verheißung, bekräftigt durch einen Eid Gottes. (Vgl. noch 2. Petri 1,19.)

K. G.

Antwort B

1. Die Verheißung Gottes. Der Erbe der Verheißung war zunächst Abraham, der Gott glaubte (1. Mos. 22,16.17; Röm. 4,3.17-22). Er bekam den Isaak und in weiterer Folge Jesum, durch den alle Völker gesegnet werden, als sein Erbteil.

In weiterem Sinne ist der Erbe der Herr Jesus: Hebr. 5,5.6; Ps. 2,7; 110,4; Hebr. 6,20. In Kap. 7 wird dies näher ausgeführt. Abraham und der Herr Jesus haben Verheißungen unter Gottes Eidschwur.

2. Der Eid Gottes. Gott bediente Sich des Eides, um Seinen Ratschluß fur uns Menschen fest zu machen. Was Er unter Eid ausgesprochen hat über Abraham und Jesus, das ist von da an unwandelbar. (Hebr. 6,16.)

Jesus Christus, unser HErr, der Sohn Gottes, der Erbe über alles, ist unser Hoherpriester; ein anderer ist nicht mehr nötig; dafür bürgen uns die zwei Stücke: Verheißung und Eid Gottes. F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters von Teil I

Obige Antworten beleuchten die Frage genügend, so daß es nicht nötig ist, noch etwas besonderes dazu zu sagen. Ich möchte vielmehr zum Schluß, auch zum Abschluß des Fragenteils dieses Jahrbuchs, noch kurz die Frage berühren, weshalb der Heilige Geist uns hier diese beiden unveränderlichen Dinge (Luther: „Stücke, die nicht wanken“) so nachdrücklich vor Augen stellt. Warum wird hier die dem Abraham und seinen Erben gegebene Verheißung sowie der diese bestätigende Eidschwur Gottes eingeführt? „Auf daß wir einen starken Trost hätten!“ Wir nämlich, die wir Zuflucht genommen haben zum Ergreifen der vor uns liegenden Hoffnung (vgl. V. 11) usw. „Eine Hoffnung, die man siehet, ist keine Hoffnung,“ sagt uns Röm. 8,24. Freilich, unsere Hoffnung, von der auch hier in Hebr. 6,18 die Rede ist, ist wie ein Anker, der ins Heiligtum hineinreicht, in ein Heiligtum, wohin der Herr Jesus uns voraufgegangen ist, der dort als unser großer Hoherpriester tätig ist. Aber gleichwohl - da es sich bei der Hoffnung um keinen sichtbaren, mit Händen gemachten Gegenstand (vgl. Hebr. 9,24) handelt, worauf die Juden mit ihren berechtigten irdischen Hoffnungen auf ein irdisches Messias-Königreich doch stets das größte Gewicht legten, so waren diese HebräerChristen in Gefahr, wieder zu den sichtbaren Dingen ihrer früheren Gottesdienste sich zurückzuwenden. Darum sagt ihnen und uns hier das Wort durch den Heiligen Geist: Es ist (nur) eine Hoffnung, unsere Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit, freilich - aber für die unumstößliche Sicherheit derselben, für

die Sicherheit unserer ewigen herrlichen Zukunft bei Ihm, bürgen zwei ewig nicht wankende, unveränderliche Dinge: Gottes Verheißung und Sein Eidschwur - und diese geben einen starken Trost, einen Trost, wie ihn diese Hebräer-Christen brauchten, und wie wir alle stets ihn brauchen.

Kennen wir diesen Trost? Leben wir in dem Genuß und dem Frieden desselben, und ist demgemäß auch unsere Hoffnung unwandelbar und nicht trügend? Was erwarten wir noch? Erwarten wir noch „bessere Zeiten“ in dem „gegenwärtigen Zeitlauf“? Erwarten wir vom morgigen Tage, was der heutige uns nicht brachte? Teure Leser, was ist unsere Erwartung? Erwarten wir Ihn, der da gesagt hat: „Siehe, Ich komme bald“? (Offb. 22,20.) Wohl uns, wenn es so ist! Diese Hoffnung trügt nimmermehr, Er hält Sein Wort! „Amen; komm, Herr Jesus!“

Ermundert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Mirjams Aussatz.

4. Mose 12.

Einst klagte Gott, daß Sein Volk ein widerspenstiges Volk sei, welches nach seinen eigenen Gedanken wandelte und Ihn beständig reize. (Jes. 65,2.3.) Alle, welche Gott zum Dienst an diesem Volke berief, mußten diese schmerzliche Wahrheit erfahren. Das angeführte Kapitel ist hierfür ein Beispiel und enthält eine Fülle von Belehrungen für alle, die dem Volke Gottes angehören.

Im vorhergehenden Kapitel finden wir das Volk müde der Wüstenwanderung, es „beklagte“ sich, es weint und will zurück nach den Fleischtöpfen Ägyptens. Jedes Auflehnen gegen Gott war auch ein Auflehnen gegen Mose, durch welches er gereizt und auf die Probe gestellt wurde. So lesen wir Ps. 106,32.33, daß sie Seinen Geist derart reizten und Seinen Zorn herausforderten, daß er „unbedacht mit seinen Lippen redete“ und es „ihm übel erging ihretwegen“, sodaß er nicht in das Land eingehen durfte.

So entmutigend die Dinge im elften Kapitel für Mose auch sein mochten - das Verhalten Mirjams und Aarons ihm gegenüber war weit schmerzlicher. Hier war es nicht das Volk, sondern seine eigenen Geschwister und Gehilfen, die wider ihn auftraten. Zum Anlaß ihrer Auflehnung nahmen sie seine Ehe mit einem kuschitischen Weibe. Der wahre Grund aber war Eifersucht und Neid. Sie wollten Mose gleichgestellt sein. Ihre Worte: „Hat Jehova nur mit Mose allein geredet? Hat Er nicht auch mit uns geredet?“ zeigen uns dieses. Um aber diese bösen Dinge in ihrem Herzen zu verdecken, benutzten sie seine (wie sie meinten) unpassende Verbindung mit dem kuschitischen Weibe.

Mit einem gewissen Schein des Rechtes sagten sie: „Hat Jehova nur mit Mose allein geredet?“ Sicher hatte Gott in Seiner Gnade auch mit ihnen geredet. Sie aber nahmen die ihnen verliehene Gnade, um sich Mose (dem Gott Größeres verliehen und einen besonderen Platz in der Mitte Seines Volkes gegeben hatte) gleichzustellen. Ihr Verhalten war in Wirklichkeit ein Beiseiteschieben der Rechte des

HErrn, die Gaben und Plätze in Seinem Hause zu verleihen, wie Er will.

Er gab Mirjam und Aaron ihren bestimmten Platz, und Er gab Mose seinen Platz, und Er gibt heute Seinen Knechten bestimmte Plätze und Aufgaben in Seiner Gemeinde. Er ist der HErr. Er setzt die Glieder an Seinem Leibe, wie Er will, und wir haben Seine Rechte anzuerkennen. Jede Gabe, jeder Dienst, den wir tun dürfen, ist nur eine uns verliehene Gnade. Möchten wir das nie vergessen! Das, was hier bei Mirjam und Aaron als ein berechtigter Eifer für die Gleichstellung unter dem Volke Gottes schien, war nichts anderes als ein Auflehnen gegen die Rechte Jehovas.

Mirjams Name wird zuerst genannt. Sie steht im Vordergrund. Dem Verlaufe nach scheint sie die Anstifterin in dieser traurigen Sache gewesen zu sein, während Aaron sich mehr durch sie hinreißen ließ, so wie er sich auch einst von dem Volke in der Sache des goldenen Kalbes hatte hinreißen lassen. Mirjam ist eine Warnung für Schwestern, sich nicht in Ehesachen und in die Sachen der Brüder zu mischen, und Aaron eine Warnung für Brüder, die wie er von Gott als Mund gebraucht werden, nicht in Abhängigkeit und unter die Einflüsse von Weibern zu geraten.

Wir finden nicht, daß Mose auf alles, was gegen ihn geredet wurde, ein Wort erwiderte oder sich rechtfertigte. Aber es wird uns gesagt: „Der Mann Mose war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren“. Warum berichtet uns der Heilige Geist dieses gerade hier in diesem Zusammenhang? Ist es nicht, weil Gott in dieser Sache seine Sanftmut sah? Er trug hier etwas von dem Wesen Dessen, der da sagt: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“. Ein sanftmütiger Geist kann nicht beleidigt werden, er trägt das Böse, ohne zu klagen und sich zu rechtfertigen. Dies ist einer der Züge, die den Knecht des HErrn kennzeichnen sollen. Die Schrift sagt, er soll gegen alle milde sein, lehrfähig und Böses (gegen sich) ertragen können usw. (Vgl. 2. Tim. 2,24.25.) Mose überließ die Sache seinem Gott, und es ist köstlich zu sehen, wie Gott ihn rechtfertigt.

Das erste, was uns in dieser Sache von Gott gesagt wird, ist: „Jehova hörte es“. Gott achtet auf uns und hört uns, sowohl wenn wir uns unterreden und Ihn fürchten (Mal. 3,16), wie auch, wenn wir wie Thomas im Unglauben sagen: „Ich will's nicht glauben“ (Joh. 20,25), oder wenn wir töricht handeln wie Mirjam und Aaron wider unsere Brüder. Stets ist Er uns nahe und hört uns. Fassen wir es recht ins Herz!

Plötzlich fordert der HErr die drei in Seine Gegenwart. So kann der HErr uns plötzlich in Seine Gegenwart rufen! Als Er dann in der Wolkensäule erscheint, sondert Er Mirjam und Aaron von Mose ab. Nur mit ihnen, nicht mit Mose, hat Er zu reden. Sie hatten gesündigt, nicht Mose. Mose soll Zeuge seiner Rechtfertigung durch den HErrn sein. Sie hatten wohl die Treue Moses (in seiner Ehe) wie auch den besonderen Platz, den Gott ihm in der Mitte seines Volkes gegeben hatte, angefochten und sich in ihrer Frage: „Hat Gott nur mit Mose allein geredet“ ihm gleichgestellt. Jetzt sagt ihnen Gott, daß

Mose treu war in seinem ganzen Hause und auch, daß er einen besonderen Platz von Ihm empfangen habe, indem Er mit ihm nicht wie mit einem Propheten durch Gesicht und Traum rede, sondern von Mund zu Mund. Mose allein „schaute das Bild Jehovas“, mit ihm redete Er „von Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann redet mit seinem Freunde“.

Diese Worte Jehovas erinnerten sie an die Tage des goldenen Kalbes. Damals war es, als alle sahen, daß er „das Bild Jehovas schaute“ und Gott „von Mund zu Mund“ mit ihm redete. Wie mußten diese

Worte jetzt sie beschämen und daran erinnern, daß sie untreu waren, als er treu war. Wo waren sie damals, als er allein im Tore des Lagers stand und rief: „Her zu mir, wer für Jehova ist“? Von Josua konnte Gott sagen, daß er nicht wich aus dem Inneren des Zeltes. Hätte Aaron nicht dort sein sollen, statt bei dem Kalbe? (2. Mose 32,26 und 33,10.11.)

Mit welcher Gewalt wurden ihre Gewissen berührt, als Gott fragte: „Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, zu reden wider Meinen Knecht, wider Mose?“ Ja, warum hatten sie sich nicht gefürchtet? Er stand ihnen als Verwandter zu nahe, und Selbst-Wichtigkeit und Selbst-Wertschätzung hatte ihr Herz so geblendet, daß sie seine hohe Berufung nicht mehr sahen und seine Treue vergessen hatten. Gott aber hatte sie nicht vergessen. Mose war nicht ohne Fehler. Jakobus sagt: „Wir alle straucheln oft“. Gott aber nannte ihn Seinen Knecht. Es ist etwas Ernstes, gegen einen Knecht des HErrn zu reden. Das lehrt uns diese Geschichte und die Frage des HErrn, warum sie sich nicht gefürchtet hätten. Und damit wir vorsichtig seien, ermahnt uns der HErr: „Wider einen Ältesten nimm keine Klage an, außer bei zwei oder drei Zeugen“. (1. Tim. 5,19.)

Der Zorn Jehovas entbrannte jetzt wider Mirjam und Aaron. Er ging von ihnen weg und ließ Sein Gericht zurück. Den Aussatz der sündigen Gedanken und Dinge, den Mirjam längst in ihrem Herzen trug, den deckte Gott jetzt durch den sichtbaren Aussatz auf. Sie, die einst den Gesang der Weiber Israels geleitet hatte, sie war jetzt eine Aussätzige.

Das Gericht an Mirjam öffnete Aaron sofort die Augen über seine Sünde, und innerlich zerschlagen demütigt er sich vor Mose und bittet, ihnen ihre Sünden nicht zu behalten: „Ach, mein Herr, lege doch nicht Sünde auf uns, daß wir töricht gewesen und daß wir gesündigt haben“. Er nennt die Sache mit ihrem richtigen Namen: „Sünde“ und bekennt seine volle Einheit mit Mirjams Sünde und mit Mirjams Strafe. Er entschuldigt sich nicht, noch versucht er, seine Schuld durch Abwälzung auf Mirjam zu verkleinern. Offen, mit zerschlagenem Herzen beugt er sich unter Gottes Gericht und bekennt seine und Mirjams Sünde.

Wir wissen nicht, was bei diesem gewaltigen Eingreifen Gottes in der Seele Moses vorging, aber welch unauslöschlichen Eindruck die Rechtfertigung und Vergeltung durch den HErrn auf ihn gemacht hatte, das zeigt sein Gesang kurz vor seinem Tode, in welchem er von Jehova sagt: „Mein ist Rache und Vergeltung“. An dieses Wort Moses anknüpfend, ermahnt uns Paulus: „Rächet nie euch selbst, Geliebte, sondern gebet Raum dem Zorn; denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, Ich will vergelten, spricht der HErr.“ (5. Mose 32,35; Röm. 12,19.) Wieviel besser ist es doch, wenn Gott uns rechtfertig, als wenn wir uns rechtfertigen!

Kein Nachtragen ist in dem Herzen Moses. In dem Geiste des Erbarmens schreit er: „O Gott, heile sie doch“. Und damit löste er ihre Sünde. Gott Antwortet sofort auf das Bekenntnis ihrer Sünde und auf die Fürbitte dessen, gegen den sie gesündigt hatten. Seine Antwort Aber ist mit einer scharfen Zurechtweisung verbunden: „Hätte ihr Vater ihr etwa ins Angesicht gespien, sollte sie sich nicht schämen sieben Tage?“ Sie, die mit Mose hatte gleichgestellt sein wollen, verglicht Gott mit einem Mädchen, welchem sein Vater wegen Ungebühr ins Angesicht gespien hat. Ein solches sollte sich wegen seines Schimpfes sieben Tage verbergen. Mirjam hatte nicht allein gegen Gott gesündigt, sondern auch gegen Mose, und deshalb ordnete Gott es an, daß sie vor den Augen des ganzen Volkes sich ihrer Sünde (als eine, der ins Angesicht gespien sei) sieben Tage schämen solle. So mußte sie sieben Tage außerhalb des Lagers bleiben, alsdann konnte sie wieder in die Mitte des

Volkes Gottes aufgenommen werden.

So sagt Gott auch uns, wenn jemand sündige und er seine Sünde bekenne, daß Er dann treu und gerecht sei, die Sünde zu vergeben und zu reinigen von der Ungerechtigkeit. (1. Joh. 1,9.) Aber es mag sein, daß, obwohl nach dem aufrichtigen Bekenntnis die Sünde vergeben ist, ein solcher doch gewisse Folgen seiner Sünde tragen und (wie Mirjam) eine Zeit außerhalb der Gemeinde sein muß, obschon er sowohl die Vergebung des HErrn wie auch dessen, gegen den er gesündigt hat, besitzt. Diese sieben Tage waren für Mirjam Tage des Selbstgerichts im Lichte der Heiligkeit Gottes, die das Werk der Wiederherstellung in ihrer Seele zu vollenden hatten und darum ihrer Aufnahme in die Gemeinde Israel vorausgehen mußten.

Die ganze Gemeinde litt unter Mirjams Sünde und Wiederherstellung. Die Reise wurde nicht eher fortgesetzt, als bis die Sache erledigt war. Wir könnten viele Beispiele anführen, wie durch Untreue und Sünde einzelner Gottes Volk aufgehalten wurde. Als z. B. Achan sündigte, konnte das Volk keine Siege mehr feiern und den Kampf nicht eher wieder aufnehmen, bis es sich von dem Bösen gereinigt hatte.

Alles dieses ist uns zur zur Belehrung geschrieben. (Vgl. Röm. 15,4 und 1. Kor. 10,6!) Möchten wir uns durch die Treue Moses ermuntern und durch die Sünde Miriams ermahnen lassen! Die Augen des HErrn sind auch auf uns gerichtet, und wir sind entweder der Gemeinde des HErrn ein Segen oder ein Hindernis.

v. d. K.

Das Ende aller Dinge.

(1. Petri 4,7-11.)

Weißt du, daß das Ende aller Dinge nahe gekommen ist? Welche Wirkung hat es auf dich? Es ist ein Unterschied, ob es uns eine Lehre oder eine Wirklichkeit ist. Glauben wir es nur als eine Wahrheit, so wird unser Leben wenig davon berührt werden; ist es dem Glauben aber eine Tatsache, so wird unser ganzes Leben danach gestaltet sein.

Der Apostel zeigt uns hier verschiedene Wirkungen, die sichtbar werden, wenn das Ende aller Dinge uns eine Wirklichkeit ist. Als erste Folge sagt er: „So seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet“. Sind wir besonnen den Dingen gegenüber, die uns umgeben? Kennzeichnet uns das Gebet?

Gott hat uns nicht im Dunkeln gelassen über die letzten Tage und über die Mächte und Kräfte, die dann wirksam sind. Trug die Welt je ein solches Gesicht des Hasses und der Lüge wie heute? Nie umgab uns soviel Gesetzlosigkeit, Bosheit und Habsucht - soviel Elend, Verzweiflung und dabei soviel Durst nach Vergnügung und Berauschung. Das sind die Dinge, die wie Giftgase der Hölle auf uns eindringen, um uns zu betäuben und zu vergiften. Wie nötig ist es, besonnen und nüchtern zu sein zum Gebet und die Lenden unserer Gesinnung zu umgürten, um unbefleckt durch eine solche Welt hindurchzugehen. Wie nötig ist es, besonnen und nüchtern unseren Stand als „Fremdlinge und Pilgrime“ zu bewahren und auszuschauen nach der Gnade, die uns gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi. (1. Petr. 1,13.)

Auch der HErr sagt uns: „Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschwert werden durch Völlerei und

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Obwohl der HErr diese Worte nach dem Lukas-Evangelium im Blick auf das Gericht über Jerusalem redet, sind sie voll tiefer Bedeutung auch für unsere Zeit.

Auch der HErr sagt uns: „Hütet euch, daß eure Herzen nicht beschwert werden durch Völlerei und Trunkenheit und Lebenssorge, und jener Tag plötzlich über euch hereinbreche; denn wie ein Fallstrick wird er kommen über alle, die auf dem ganzen Erdboden ansässig sind. Wachet nun, zu aller Zeit betend, auf daß ihr würdig geachtet werdet, diesem allen zu entfliehen ...“ Und zuvor spricht Er von jenem Tage, daß „auf der Erde Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit bei brausendem Meer und Wasserwogen“ sein wird. (Luk. 21,25.34-36.)1 Jedes dieser Worte kennzeichnet unsere gegenwärtigen Tage, wie es treffender und kürzer gar nicht ausgedrückt werden kann, und Er ermahnt uns wie auch Petrus, zu wachen und zu beten.

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Obwohl der HErr diese Worte nach dem Lukas-Evangelium im Blick auf das Gericht über Jerusalem redet, sind sie voll tiefer Bedeutung auch für unsere Zeit.

So stehen wir angesichts des Endes besonnen und nüchtern, wachend und betend den Dingen gegenüber, die draußen in der Welt sind. Aber auch im Kreise der Kinder Gottes, drinnen, werden Wirkungen gesehen, und die erste ist: Liebe. Ist das Ende aller Dinge dem Glauben eine Wirklichkeit, so wandeln wir, als wären es unsere letzten Schritte in dieser Welt, und eine inbrünstige Liebe zu den Genossen Christi erfüllt unser Herz. Alle Hemmnisse, die sich dieser Liebe in den Weg stellen wollen, werden im Bewußtsein des nahen Endes hinweggeräumt, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden. Da sind tausend kleine Dinge, die der Satan überall breitgetreten haben möchte, um die Liebe zu zerstören und „tote Fliegen“ in „die Salbe“ zu bringen, um sie „stinkend“ zu machen. (Pred. 10,1.) Ein verleumderischer Geist deckt auf. (Spr. 11,13.) Aber die Liebe weiß den Weg zu finden, Sünden zu bedecken. „Sie läßt sich nicht erbittern, sie denkt nichts Böses ..., sie deckt alles zu, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles.“ (1. Kor. 13,5-7.) Wie steht es bei uns um diese inbrünstige Liebe? Geht sie von uns aus? Was hindert uns daran? Sind es Sünden? Bedecke sie! Sind es menschlich aufgerichtete Zäune und Grenzen? Verlasse sie! Ist es Mißtrauen? Richte es! Räume die Hindernisse weg! Sieh auf das Ende!

Ist der Blick des Glaubens auf das Ende gerichtet, so sind wir im Gegensatz zu dem Wesen und Geiste der Zeit gastfrei ohne Murren. Die Liebe öffnet das Haus, und die Bande der Bruderliebe werden enger geschlossen. - „Jeder“ hat eine „Gnadengabe“ vom HErrn empfangen, mit der er „dienen“ soll. Welcher Art auch die Gnadengaben seien, seien es Gesundheit, Kräfte, Besitz, Fähigkeiten usw., alles ist uns zur Verwaltung übergeben, einander damit zu dienen und zu helfen, und das nahe Ende aller Dinge lehrt uns, sie recht zu gebrauchen und zu verwalten. - Der Blick auf das Ende ruft uns auch zu den „Aussprüchen Gottes“ zurück, und mit heiliger Scheu halten wir uns an diese. Menschliche Meinungen, Menschenweisheit und Beredsamkeit haben dann keinen Wert für uns. Wir strecken uns aus nach dem Dienst aus der Kraft, die Gott darreicht, auf daß in allem Gott verherrlicht werde.

Wie stehen wir? Tragen wir diese Kennzeichen solcher, die da wandeln in der Wirklichkeit des Endes aller Dinge? Sind wir besonnen? Sind wir nüchtern zum Gebet? Sind wir gastfrei ohne Murren? Wie benutzen wir die uns anvertrauten Gnadengaben? Seien sie groß oder klein, dienen wir einander damit als guter Verwalter? Behaupten wir die Aussprüche Gottes? Reden wir die Gedanken Gottes? Der HErr schenke uns Gnade, zu erfassen und zu verwirklichen, daß das Ende aller Dinge nahe gekommen ist.

v. d. K.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8. Jahrbuch (1921/22)

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Tod des HErrn.

(1. Kor. 11,26.)

Zwei Dinge sind es, die mit dem Tode zusammenhängen. Der Tod nimmt den Menschen aus dieser Welt heraus und führt ihn in eine andere Welt ein. Dies geschieht beim Eintritt des natürlichen Todes, aber in weit größerem Maße ist es der Fall in bezug auf den Tod des HErrn.

Sein Tod schloß für Ihn den Tag Seiner Erniedrigung und öffnete den Tag Seiner Verherrlichung. Einsgemacht mit Christo in Seinem Tode, ist Sein Tod auch für uns der Abschluß mit dieser Welt und der Eintritt in jene Welt, der Christus angehört.

Diese Tatsachen sind für uns von höchster Wichtigkeit. Sie sollten stets lebendig vor unserer Seele stehen. Damit wir sie nicht vergessen, hat der HErr Sorge getragen, daß bei der Feier Seines Mahles Sein Tod immer neu vor unsere Seele gestellt wird: „So oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des HErrn.“

Es ist unser gesegnetes Teil, Tag für Tag in der Wahrheit Seines Todes zu wandeln als solche, die von dieser Welt getrennt und mit Ihm verbunden sind in einem neuen Leben; aber Woche für Woche kommen wir am ersten Tage zusammen und „verkünden“ gemeinsam den Tod des HErrn, bis Er kommt. Wir verkünden dieser Welt, die Ihn verworfen hat, daß sie Seines Todes schuldig ist und unter dem Gericht Gottes steht - und daß Sein Tod uns von ihr getrennt hat und wir keinen Teil mehr mit ihr haben, sondern im Geiste mit Ihm verbunden sind, dort, wo Er jetzt ist.

Wie gesagt, der Tod schließt nicht nur die Tür zur Welt, sondern öffnet auch die Tür zur Herrlichkeit und zu den himmlischen Segnungen. Er ist bereits als der verherrlichte Mensch dort eingegangen, weil Er Gott verherrlichte auf der Erde und das Werk vollbrachte, welches Gott Ihm gab, daß Er es tun sollte (Joh. 17,4.5). Wir sind noch ein paar Tage hier unten gelassen (so wie es auch der HErr noch vierzig Tage nach Seiner Auferstehung war), um durch Glauben zu verwirklichen, daß wir aus dieser Welt herausgegangen und mit geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern gesegnet sind. Nichts bringt den Abschluß des Alten und den Anfang des Neuen so lebendig vor unser Herz wie der Tod des HErrn, den wir verkünden bei Seinem Mahle.

So wie bei dem HErrn der Tod zuerst kommen mußte und danach das Leben in Auferstehung, so ist es auch mit uns. Das Schließen der Tür kommt zuerst; dieses zeigte der HErr an, als Er rief: „Es ist

vollbracht!“ und Sein Haupt im Tode neigte. So müssen auch wir sterben, um zu leben. Wenn wir diese Ordnung nicht innehalten, werden wir wenig von der geöffneten Tür der Herrlichkeit kennen. Die eine Tür muß erst geschlossen sein, ehe sich die andere öffnet. Ohne das Sterben Jesu am Leibe umherzutragen, kann das Leben Jesu an unserem Leibe nicht offenbar werden (2. Kor. 4,10).

Ein hierfür sehr bezeichnendes Vorbild von dem Tode Christi haben wir in dem Roten Meer. Dort wurde der Feind für immer überwunden und das Gebiet seiner Macht und Herrschaft endgültig verlassen (2. Mose 14). Dann folgte der Tag der Freude und der Verherrlichung Gottes (2. Mose 15). Es dürfte kaum ein Vorbild des Alten Testamentes geben, welches den Abschluß des Alten so bezeichnend darstellt, als dieses Ereignis. Es ist ein kostbares Bild von dem, was der Tod des HErrn für uns ist. Der Feind ist zunichte gemacht (Hebr. 2,14), und wir haben das Gebiet seiner Herrschaft verlassen (Gal. 1,4). Ägypten ist das Bild dieser Welt. Dieses Ägypten mit seinem Fürsten und seiner Sklaverei, aber auch mit seinen Fleischtöpfen, Melonen und Zwiebeln, ist für immer verlassen. Die Tür hinter mir ist geschlossen. Mein Auszug ist geschehen, und zwar in dem Tode Christi.

Aber welch eine gesegnete Tatsache: die Tür auf der anderen Seite ist geöffnet! Blicken wir auf Kanaan als ein Vorbild, so finden wir, daß das Korn des Landes (Christus) dort ist und uns nichts mangelt. Es ist ein Land voll Weizen, Wein und Granatäpfeln (5. Mose 8,8). Wir haben uns nur niederzulassen und uns zu erfreuen. Christus ist dort! Und Er ging nicht für Sich allein dorthin! Er ging dorthin als der Erstgeborene vieler Brüder, als der Anführer unserer Errettung, der die vielen Söhne zur Herrlichkeit bringt. Jetzt gehen wir noch im Glauben dort ein, und bald werden wir tatsächlich dort sein, aber daß Er dort ist, das ist so gut, als ob auch wir schon dort seien.

Als der HErr von dieser Erde fortging, sagte Er zu Seinen Jüngern: „Wenn ihr Mich liebtet, so würdet ihr euch freuen, daß Ich zum Vater gehe“ (Joh. 14,28). Sie hatten damals noch kein Verständnis für diese Worte, wir aber verstehen jetzt, welche Freude es für Ihn war, als Mensch und als Vorläufer für uns dorthin zu gehen, um nach den ewigen Vorsätzen der Liebe auch uns dorthin zu führen. Verwirklichen wir aber in unserem Leben die feierliche Tatsache der geschlossenen Tür nicht, so ist es kein Wunder, wenn wir in die gesegnete Wahrheit der geöffneten Tür nicht eingehen und uns ihrer nicht erfreuen können.

In dem Mahle des HErrn tritt alles dieses so lebendig vor unser Herz. Dort kommen wir zusammen als eine Schar, geschieden von allem, was der HErr in Seinem Tode verlassen hat, und verbunden mit Ihm dort, wo Er als Mensch für uns hingegangen ist zur Freude des Vaters. Auf dem Grunde des Todes Christi stehend, verkünden wir Seinen Tod und verwirklichen den Platz, den der Tod des HErrn uns gegeben hat, sowohl in dieser wie in jener Welt.

Möchten wir uns von dem HErrn völliger in diese Dinge einführen lassen, damit sich unsere Liebe Ihm inniger zuneige!

A. - (v. d. K.)

Ein strahlendes Angesicht.

(2. Mose 34,29.30.)

Mose kam aus der Gegenwart des HErrn, und sein Angesicht strahlte. Er brachte etwas von der

Stätte mit, wo er gewesen war. Er trug etwas von dem Glanze der Herrlichkeit Dessen an sich, mit Dem er geredet hatte.

Wir alle kennen die Gnade, den geöffneten Zugang zu Ihm zu haben, und es ist sicher etwas Großes, zum HErrn zu gehen. Wir tun dies nicht nur in unseren Gebeten, sondern auch, wenn wir zusammenkommen in der Gemeinde. Er Selbst sagt uns, daß Er da ist, wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind. Wir sind da in Seiner Gegenwart, wie Mose es war auf dem Berge.

Es ist etwas Großes, zum HErrn zu gehen, aber nicht minder groß ist es, von dem HErrn zu kommen. Wir alle wissen, wie gesagt, etwas davon, was es ist, zu Ihm zu gehen, aber wissen wir auch, was es ist, von Ihm zu kommen? Als Mose von dem HErrn kam, spürte es das ganze Volk, daß er aus Seiner Gegenwart kam. Bemerken andere es, wenn du von dem HErrn kommst? Wenn wir mit einem Großen in dieser Welt verkehrt haben oder von einer ernsten und feierlichen Handlung kommen, so tragen wir etwas davon in unserem Äußeren, in unserem Ton und in unserem Benehmen. Wie ist es mit uns, wenn wir von dem HErrn kommen? Wir waren bei Ihm an Seinem Mahle - mit Ihm in der Versammlung, wo Er uns Unterweisung gab, oder gar in Seiner Gegenwart, um Böses zu richten -, trugen wir etwas von dem an uns, wo wir waren? - von Ihm an uns, aus Dessen Gegenwart wir kamen? Wenn der HErr nach einer solchen Versammlung an unserer Seite ginge und uns wie einst die Emmaus-Jünger fragen würde: „Was sind das für Reden, die ihr wandelnd miteinander wechselt?“ - würden wir nicht oft ebenso schweigen müssen, wie die Jünger, die Er fragte: „Was habt ihr auf dem Wege verhandelt?“ Sie hatten sich „auf dem Wege untereinander besprochen, wer der Größte sei“. Sie fühlten das Licht Seiner Gegenwart, das ihre Herzen erforschte, und „sie schwiegen“. (Mark. 9,33.34.) Ach, wie oft zeigt unser ganzes Wesen und Reden, daß wir wohl in der Versammlung, aber nicht in Seiner Gegenwart waren.

In der Gegenwart des HErrn finden wir Stärkung und Zubereitung für die Aufgaben, die Er für uns hat. Wie aber können wir für diese Aufgaben geschickt sein, wenn wir nichts aus Seiner Gegenwart mit hinaus nehmen? Sind wir uns beim Gehen zum HErrn nicht der Tatsache Seiner Gegenwart bewußt, wie können wir dann etwas von dem HErrn empfangen? So leer, wie wir zu Ihm gingen, so leer werden wir von Ihm hinweggehen. Wohl waren wir in der Versammlung, aber wir waren nicht beim HErrn. Wir waren bei Brüdern, und von ihnen angefüllt gingen wir hinweg und redeten von Menschen. Trotzdem mögen unsere Lippen bekennen, beim HErrn gewesen zu sein.

Wenn wir etwas für den HErrn sein wollen, müssen wir zuerst zu Ihm gehen, von Ihm lernen und empfangen, dann werden wir auch mit einem von Ihm leuchtenden Wesen zurückkommen.

Welche Kraft liegt in den Worten und dem Wesen derer, die in Wahrheit von dem HErrn kommen! Abraham kam aus der Gegenwart des HErrn, und dann verließ er Vaterhaus und Vaterland und wandelte den Weg des Glaubens. Und als er aus der Gegenwart Melchisedeks kam, trug er das Bild des himmlischen Menschen an sich, der den Segen des Königs von Sodom verweigerte und keine Anerkennung noch Belohnung von der Welt haben wollte. - Ebenso die Propheten des Alten Testamentes, sie kamen aus der Gegenwart Jehovas, und alsdann redeten ihre Lippen die Worte, die sie von Ihm gehört hatten. Die alte Prophetin Hanna kam aus der Gegenwart des HErrn „und redete von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“. Paulus und Silas im Gefängnis zu Philippi kamen aus der Gegenwart des HErrn, und aus ihnen strahlte das Bild der Herrlichkeit der Gnade Gottes, und sie brachten das Evangelium einem vor dem Selbstmord stehenden

Kerkermeister, der sie gemißhandelt hatte.

Möchten wir alle mehr verstehen, was es ist, nicht nur zum HErrn gehen, sondern auch von Ihm zu kommen, damit auch an uns als solchen, die vom Ihm kommen, der Glanz Seiner Herrlichkeit mehr sichtbar werde.

v. d. K.

Ein kostbares Zeugnis.

Röm. 8,16.

Weiß mein lieber Leser von diesem Zeugnis? Wissen wir alle davon zu sagen? Stehen wir im seligen Genusse dieser Kindschaftsgewißheit, die der Heilige Geist uns bezeugt? Ist unser Geistesleben dieses Zeugnisses seitens des Heiligen Geistes gewürdigt? Ich kenne wohl die in einzelnen christlichen Kreisen verbreitete Meinung, als sei in dieser Schriftstelle unter „unserem Geiste“ der in uns wohnende Heilige Geist gemeint. Meines freilich nicht unbedingt maßgeblichen Erachtens ist diese Meinung aber durchaus irrig. Sieht denn der Heilige Geist, der doch nicht nur eine Kraft, ein Einfluß ist, sondern vor allem eine göttliche Person, Sich Selbst gegenüber, daß Er - unteilbar wie Christus - Sich Selber etwas bezeugen, bestätigen1 müßte? Eine etwas eigenartige Vorstellung! Ferner, wo hätten wir irgend eine Vergleichsstelle, in der der uns als Gabe gegebene und von da an in uns wohnende Geist Gottes „unser“ Geist genannt wird? Vielmehr zeigen solche Stellen, wo von „unserem“, „meinem“, „eurem“ Geiste die Rede ist, deutlich, daß unser menschlicher Geist gemeint ist (man vergl. 1. Thess. 5,23; Röm. 1,9; 1. Kor. 14,14; Gal. 6,18; Philem. V. 25 [Paulus kann doch nicht wünschen, daß die Gnade mit dem Heiligen Geiste sein möge, der in uns wohnt!]; siehe auch 2. Tim. 4,22; Apgesch. 7,59). Freilich ist es nicht der Geist schlechthin, d. h. nach dem Wesen, wie ihn jeder Mensch hat, sondern nur der Geist eines aus Gott Geborenen, des Wiedergeborenen, dem der Heilige Geist die Bestätigung geben kann, daß der an Christus Glaubende Kindschaft Gottes hat; aber es ist unser eigener Geist, nicht der in uns wohnende Heilige Geist Gottes, den wir empfangen haben, nachdem wir gläubig geworden waren (Apgesch. 19,2; 1. Kor. 2,12; 1. Joh. 3,24; Röm. 8,9.15; Joh. 7,39; 1. Kor. 6,19; Apgesch. 5,32 usw.). Das ist ja gerade das Wunderbare, daß unser Geistesleben, unsere Gesinnung so erneuert ist, daß wir ein Empfinden bekommen haben für die leise, liebliche Stimme des hohen Gastes, der in uns wohnt! „Der natürliche Mensch nimmt nichts an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit.“ (1. Kor. 2,14.10.) Welche Herrlichkeit! Ein Unwiedergeborener jedoch kann schon nicht die Glaubenszuversicht verstehen, die wir Gläubigen alle haben, daß wir Kinder Gottes sind (1. Joh. 5,10-13 u. 19; 3,14), viel weniger aber noch die wunderbare Bestätigung dieser Tatsache durch den Heiligen Geist an unserem Geist!

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Dies ist die eigentliche Bedeutung des Wortes im Urtext.

Und nun nochmals die Frage: Genießen wir in unserem Innern, unserem geistigen Leben, dieses Zeugnis des Heiligen Geistes, daß Er uns Gläubig-Gewordenen unsere Kindschaft bestätigt? Es kann sein, lieber Leser, daß du sagst: „Davon weiß ich nichts Genaues, und ich möchte mich nicht selber täuschen“. Nein, tue das nur ja nicht! „Niemand betrüge sich selbst!“ (1. Kor. 3,18a.) Wenn es Tatsache ist, daß du nichts davon spürst, daß Gottes Geist dir das Zeugnis der Kindschaft gibt, so liegt das möglicherweise daran, weil du noch gar nicht wiedergeboren bist, noch gar nicht Christi Geist hast, so daß das, was der Geist Gottes dir bezeugen soll, nicht vorhanden ist, nämlich das Leben aus Gott (Röm. 8,9; 1. Joh. 5,19). Vielleicht bist du nur ein Mitläufer, vielleicht hast du mal

einen Anfang gemacht und bist wieder zurückgegangen, ehe es zur Lebenserneuerung kommen konnte, da es dir nicht ernst war mit völliger Hingabe an den HErrn oder weil du nicht ganz allein auf Sein Opfer trautest, sondern selbst noch etwas dazu tun wolltest, um errettet zu werden? Prüfe die Fundamente deines Glaubens! Hast du auf den trügerischen Sand eigener Meinung oder guter Werke getraut und gebaut, oder bist du zu dem Herrn Jesus gekommen und hast auf dem ewigen Felsengrund der untrüglichen Wahrheit in Ihm allein dein Glaubensgebäude aufgebaut? (Luk. 6,46-49.) „Prüfet euch selbst, ob ihr im Glauben seid!“ (2. Kor. 13,5) gilt auch da, wo Menschen meinen, es sei alles in Ordnung, aber das Zeugnis, die Bestätigung des Geistes fehlt ihnen. Gehe nicht achtlos daran vorüber! - Aber da sind noch andere, die dieses köstlichen Zeugnisses entraten müssen durch eigene Schuld! Wie das? Sie sind wahrhaftig durch Glauben errettet, haben also den Geist Gottes empfangen und wissen vielleicht auch von einer glücklichen Zeit zu sagen, da dieses Zeugnis täglich neu und lebendig ihren Geist erfrischte und ihnen Kraft zum praktischen Leben im Licht gab - aber dann, dann kam eine Zeit, da gewannen Dinge wieder Macht über ihr Herz, die längst und für immer hätten abgetan sein und bleiben sollen, oder „kleine Füchse kamen, den Weinberg zu verderben“ (Hohel. 2,15), und wurden nicht gleich gerichtet und hinausgetan; oder die Liebe zum Lesen im Wort, zum Gebet und zum regelmäßigen Besuch der Versammlungen wurde lau - und dadurch wurde der so zart empfindende Geist Gottes, der in uns wohnt, betrübt (Eph. 4,30; vergl. Jes. 63,10!) und zog sich zurück, Er konnte nicht mehr Sein kostbares Zeugnis ablegen, Seine Bestätigung geben, da der eigene Geist des Betreffenden erfüllt war mit anderem, mit fleischlichen und weltlichen Dingen, und keine Obacht gab auf die mahnende, lockende, warnende, bezeugende Stimme des Geistes der Wahrheit. Und so fehlt solchen Gläubigen die kostbare, feste, geistbezeugte Gewißheit der Kindschaft. Sie haben ein geschlagenes Gewissen und ein beflecktes Herz, und wenn der HErr sie auch als Sein Eigen kennt und bei Seinem Kommen anerkennen wird und sie auch errettet werden, „doch so wie durchs Feuer“ (1. Kor. 3,15) - ihr Leben hienieden fließt friede- und fruchtleer dahin, sie sind kein klares Zeugnis für Den, der sie erkauft hat, und können auch kein offenes Zeugnis ihrer Gotteskindschaft ablegen, denn der Geist Gottes schweigt in ihrem Innern, und darum kann ihr Geist nicht frohlocken in Gott, ihrem Heilande, ihre Seele nicht den HErrn erheben (Luk. 1,47). Was braucht's da, Bruder, Schwester? Soll der Zustand so bleiben? Nein, und abermals nein! Sind wir dazu errettet, um vielleicht trauriger durch die Welt zu gehen als die Weltkinder, die nichts wissen von der köstlichen Gotteskindschaft, nichts ahnen von dem „Versiegeltsein mit dem Heiligen Geist der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist“ (Eph. 1,13.14; 2. Kor. 1,21.22)? Nein, und nochmals nein! Vielmehr erhobenen Hauptes dürfen wir hindurchgehen durch diese Zeit, bis der HErr kommt, durch Gnade dürfen wir bezeugen, daß wir der Welt gestorben sind und uns die Welt (Gal. 6,14) und daß der Geist Gottes unserem Geist bestätigt, daß wir - einst Feinde Gottes, einst verlorene Sünder, einst ohne Hoffnung - jetzt Gottes geliebte Kinder sind in Ewigkeit. - Aber wenn wir das nun nicht bezeugen können aus obigem Grunde, wenn nun der oft betrübte Geist in uns schweigt? - „Wenn wir (Gläubigen) unsere Sünden bekennen“- dem HErrn, und wo es nötig sein sollte, wo wir uns gegen Menschen versündigt haben, da auch diesen gegenüber! - „so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Untugend.“ (1. Joh. 1,9.) Zögere nicht, Bruder, Schwester, diesen demütigenden Weg des Selbstgerichts und des Bekennens, d. i. des mit-Namen-Nennens der Sünden, vor Ihm zu gehen, es ist der einzige Weg für dich, um wieder zur vollen Gewißheit und zur Freude der Kindschaft Gottes, die dir verdunkelt war, zu gelangen! Schiebe diesen Schritt nicht auf, jede Stunde Aufschub vermehrt deinen Mangel, deine geistliche Unsicherheit, deine Friedelosigkeit, deine Lauheit, aber daneben auch deine Verunehrung des geliebten Heilandes, der es wahrlich nicht verdient, von denen, die Er mit teurem Lösegeld erlöst

des geliebten Heilandes, der es wahrlich nicht verdient, von denen, die Er mit teurem Lösegeld erlöst hat, so beiseite gesetzt zu werden! Gehst du aber diesen Weg bald, läßt gar nicht erst lange Zeit vergehen zwischen dem ersten Betrüben des Geistes und dem Bekennen, so werden kaum tiefere traurige Folgen in deinem Geistesleben eintreten, und das Zeugnis Seines Geistes an deinem Geist wird kaum gehindert und ebensowenig das deine nach außen hin!

Und noch ein Punkt, der für die wichtig ist, denen daran liegt, daß des Geistes Bestätigung ihrer Gotteskindschaft ungehemmt bleibe: der Gehorsam gegen das Wort des HErrn! Ich will nicht mehr darauf näher eingehen, aber ich bitte den teuren Leser, Joh. 14,20-26 mit unserer Stelle zu vergleichen - und dann laßt uns überlegen, ob nicht manche Unsicherheit von Gläubigen über ihre Heilsgewißheit und Gotteskindschaft darin ihren Grund haben könnte, daß sie im Wort Gottes gewisse Dinge als gottwohlgefällig erkannt haben, aber aus irgendwelchen Gründen sich davor gescheut haben, dem HErrn aufs Wort zu gehorchen, und da gilt solchen Geschwistern Jak. 4,17: „Wer da weiß ... und tut's nicht ... dem ist es Sünde!“ Sünde der Gläubigen, wie ernst! Ungehorsam und Eigenwilligkeit ist sogar in Gottes Augen gleich Abgötterei! (1. Sam. 15,23.)

Ich will schließen.

Wie groß ist die Gnade Gottes, daß Er uns Seinen Geist gegeben hat, der uns in die ganze Wahrheit leitet (Joh. 16,13), der uns hineinbildet in das Wesen Christi (2. Kor. 3,18; Gal. 5,22), der unsere Kraft zum Wandel im Licht ist (Gal. 5,25), der uns leitet und zu treuen Zeugen macht (Röm. 8,14; Apgesch. 1,8; Joh. 15,26.27). Er lehrt uns auch rufen „Abba, Vater“! (Röm. 8,15.) Und Er, „der Geist Selbst, bestätigt unserem Geiste, daß wir Gottes Kinder sind“. Preis sei dem HErrn! F. K.

Bemühungen der Liebe.

(Mark. 2,1-12.)

Vier Männer bringen einen armen gichtbrüchigen Mann in seinem Bett zu Jesu. Der HErr erbarmte sich seiner Not in zweifacher Weise. Als ein Sünder hatte jener Vergebung nötig, als ein „Kraftloser“, der gänzlich hilflos auf seinem Bette lag, bedurfte er Kraft, und der HErr gab sie ihm.

Diese beiden Dinge - Vergebung und Kraft - sind die großen Anfangssegnungen des Evangeliums. Vergebung ist eine persönliche Sache zwischen der Seele und Gott allein, aber Kraft wird auch von anderen gesehen und ist für andere ein Beweis der empfangenen Vergebung. Ich habe kein Recht zu erwarten, daß andere es glauben, wenn ich ihnen sage, daß meine Sünden vergeben sind, wenn sie nicht die göttliche Kraft in meinem Wandel sehen. (Mark. 2,10-12.)

Aber ich möchte nur ganz kurz mit einigen Bemerkungen auf das Werk dieser vier Männer hinweisen, die diesen sündenkranken und gänzlich kraft- und hilflosen Mann zu Jesu brachten und so Werkzeuge seiner Erregung wurden.

Erstens beachte, daß ihr Werk ein Werk der Liebe war. Sie taten es nicht um Lohnes oder Gewinnes willen. Sie hatten keinen Nutzen davon zu erwarten. Kein selbstsüchtiger Gedanke bewog sie zu diesem Dienst. Aus innigem Mitgefühl und mit willigen Herzen und Händen suchten sie ihm zu dienen. Der Dienst, der Sünder zu den Füßen Jesu bringen will, muß aus der Liebe hervorgehen. Wenn ich

Der Dienst, der Sünder zu den Füßen Jesu bringen will, muß aus der Liebe hervorgehen. Wenn ich von der großen Liebe Gottes erfüllt bin, so treibt diese Liebe mich, alle meine Fähigkeiten und Mittel in den Dienst der Errettung Verlorener zu stellen. Wie steht es mit dir, mein teurer Leser?

Das Werk dieser Männer war ein vereintes Werk. Jeder nahm eine Ecke des Bettes, jeder hatte seinen Platz auszufüllen und sein Werk zu tun. Jeder war persönlich verAntwortlich, seinen Teil in dem Werke zu vollführen. So half einer dem anderen, und alle arbeiteten an einer gemeinsamen Aufgabe. In der Arbeit des Evangeliums muß jedes Kind Gottes „mitkämpfen in dem Glauben des Evangeliums“ (Phil. 1,27). Einer betritt das Podium, ein anderer hütet die Tür, ein anderer ladet die Vorübergehenden zum Eintritt ein. Wohl mögen viele nicht in solcher tätigen Weise mitwirken können, jeder und alle aber können, sollen und werden (wenn ihr Herz recht zum HErrn steht) mit beitragen, hilflose Sündenkranke durch Bemühungen der Liebe, des Glaubens und des Gebetes zu den Füßen des HErrn zu bringen.

Evangeliumsarbeit muß ausharrende Arbeit sein. Diese Männer hatten Schwierigkeiten, die Tür war durch die Volksmenge versperrt. Sie konnten mit ihrer Bürde nicht hindurchkommen. Aber die Schwierigkeiten schreckten sie nicht zurück. „Wo ein Wille ist, da ist ein Weg.“ Wenn gewöhnliche Mittel versagen, so müssen ungewöhnliche Mittel gebraucht werden. Schwierigkeiten, ungezählte Schwierigkeiten treten Arbeitern am Evangelium entgegen, Schwierigkeiten, wie sie nur solche kennen, die in der tätigen Arbeit stehen. Aber Schwierigkeiten können die Liebe nicht dämpfen, die da brennt, arme Verlorene zu Jesu zu bringen und jeden Weg zu benutzen (der mit der Schrift übereinstimmt), um das gesegnete Ziel zu erreichen.

Das Werk dieser Männer war auch ein Werk der Selbstverleugnung. Die Mittel, die sie anwandten, den Kranken zu Jesu zu bringen, kosteten sie etwas. Mit vieler Mühe und Arbeit brachten sie den Kranken im Bett auf das Hausdach, dann deckten sie das Dach auf, und vorsichtig und sanft, voll heißer Erwartung ließen sie ihn nieder zu den Füßen des HErrn. Natürlich wußten sie, daß sie für die Reparatur des Daches aufzukommen hatten, aber sie sorgten sich nicht um die Kosten, wenn nur dem Armen möchte geholfen werden. O, daß da mehr Hingabe wäre für das Evangelium! Die Hingabe, die eine halbe Stunde früher zum Gebet aufsteht, die Hingabe, die die Börse öffnet für das Werk des HErrn, die Hingabe, die in nasser, kalter Abendstunde zur Evangeliums-Verkündigung eilt, wenn auch nur, um den Evangelisten in seinem Dienst zu ermutigen - solche Hingaben sieht der HErr, Er segnet sie und sie bleiben nicht unbelohnt.

Ein solches Werk muß ein Werk des Glaubens sein. Sie sprachen nicht viel davon, sondern sie führten es aus. „Ich werde dir meinen Glauben aus meinen Werken zeigen“ (Jak. 2.18). In diesen Tagen des Lippenwerkes sieht Gott nach solchen, in denen der Glaube durch die Liebe wirkt. Solchen Glauben ehrt der HErr. Er kann uns nicht gebrauchen, wenn Er nicht solchen Glauben findet. Als Er ihren Glauben sah, redete Er mit dem Gichtbrüchigen. Es ist nicht genug, für das Evangelium zu beten oder zu predigen, es muß ein Werk des Glaubens durch die Liebe sein. So werden wir Werkzeuge, durch welche Er andere segnen kann.

Laßt uns sündenkranke, hilflose Menschen zu Jesu bringen - laßt sie uns bringen in ihrem Bett, das ist in und mit ihren Umständen, ganz so, wie sie sind. Ja, laßt uns nicht müde werden im Gutes tun, Sünder zu Jesu zu bringen. Er wird auch unseren Glauben ansehen (wie Er den Glauben der vier Männer ansah) und die, die wir Ihm bringen, segnen, so wie Er uns gesegnet hat, als wir zu Ihm

gebracht wurden.

C. - (v. d. K.)

Männer!

(4. Mos. 1,1-4; 26,1-4.)

Nur zweimal gebot der HErr, daß Sein Volk gezählt werden sollte. Das erste Mal vor der Wüstenreise, das andere Mal in den Ebenen Moabs, vor dem Eintritt ins Land (4. Mos. 1,1-4; 4. Mos. 26,1-4). Aber in beiden Fällen sollten nur die Männer von 20 Jahren aufwärts gezählt werden, alle die, welche fähig waren, zum Heere auszuziehen in Israel.

Hieraus lernen wir zunächst, daß Gott von jedem Manne erwartete, daß er in den Kampf ziehe. Aus anderen Worten der Schrift, wie Richter 5,23; 21,8-10, sehen wir, daß solche, die sich vom Kampfe zurückzogen, schwer gestraft wurden. Männer sollten die Streite des HErrn führen, nicht Weiber und Kinder. Diese sollten mit aller Sorge umgeben, geliebt und gepflegt werden.

Die Gerüsteten hatten während der Reise durch die Wüste die „Wohnung des Zeugnisses“ in ihrer Mitte. Diese Wohnung des Zeugnisses enthielt die „Lade des Zeugnisses“ und die „Tafeln des Zeugnisses“. Das Zeugnis Gottes sollte behütet werden. Dafür hatten sie einzutreten und zu kämpfen, wo irgend sie standen oder gingen. In der Wüste hatten sie weniger Kampf. Sie hatten nur hindurchzugehen. Kampf war nur nötig, wenn sie an dem „Hindurchkommen“ gehindert wurden. Aber in dem Lande gab es Kampf, Kampf, um es in Besitz zu nehmen und Kampf, um den Besitz zu behaupten.

Gottes Heer bedarf kraftvoller, geübter Männer, die tüchtig sind, in den Streit zu ziehen. Weiber und Kinder können nicht kämpfen. Sie bedürfen vielmehr des Schutzes. Und so wollte Gott, daß nur die Männer gezählt werden sollten. Alles, was im Alten Testament geschrieben ist, ist uns zur Belehrung geschrieben. Und aus diesen Dingen können wir lernen, daß wir zu Männern heranwachsen sollen.

Natürlich ist es hier nicht eine Frage des Geschlechtes. Eine Schwester kann ein Streiter Gottes sein. Johannes erwartete von der „auserwählten Frau“, daß sie in den Kampf für das Zeugnis der Wahrheit eintrete, indem sie solche, die „diese Lehre“ nicht bringen, weder ins Haus aufnehmen noch grüßen soll (2. Joh. V. 10). Von der Evodia und Syntyche lesen wir, daß sie in dem Evangelium an der Seite des Apostels gekämpft hatten (Phil. 4,3).1 Im Hinblick auf die Liste der Helden Davids finden wir in Römer 16 gleichsam auch eine Liste von mächtigen Männern Gottes, und unter ihnen eine nicht geringe Zahl Schwestern. Es ist deshalb nicht eine Frage des Geschlechtes, sondern des Wachstums und der geistlichen Kraft. Das Verlangen eines jeden Kindes Gottes muß sein, zu wachsen und stark zu sein im HErrn. So wie der HErr sagt: „Wachet, stehet fest im Glauben, seid männlich, seid stark“ (1. Kor. 16,13).

1

Damit ist nicht gesagt, daß solche Schwestern öffentlich gepredigt oder gelehrt hätten. Der Apostel sagt, daß sie in dem Evangelium „gekämpft“ haben. Mancher mag in dem Evangelium mitgekämpft und gearbeitet, und doch nie „eine Stunde gehalten“ haben. Und andere mögen viele „Stunden gehalten“, und doch nie im Evangelium mit „gekämpft“ haben.

Wie aber können wir männlich und stark werden? In Hebr. 5,12-14 finden wir solche, die da hätten Lehrer sein sollen, statt dessen aber bedurften, in den Anfangsgründen der Aussprüche Gottes unterwiesen zu werden; diese waren unerfahren im Worte der Gerechtigkeit und gleich kleinen, unmündigen Kindlein. Ihnen gegenüber stellt der Apostel die Erwachsenen, solche, die durch die Gewohnheit, ihre Sinne zu üben, unterscheiden gelernt hatten zwischen Gutem und Bösem im

göttlichen Sinne.

Ein allgemeiner Grundsatz ist, daß Kräfte durch den Gebrauch erstarken und durch Nichtgebrauch sich verlieren. Bei vielen Kindern Gottes liegt hier das Geheimnis ihres gehinderten Wachstums und ihres Mangels an geistlicher Kraft und Entschiedenheit; und hier ist auch der Grund des vielen Hangens an Menschen und des Mitlaufens mit der Menge. Können wir männlich und stark werden, wenn wir nicht Gebrauch machen von dem, was Gott uns gegeben hat und nicht Schritt für Schritt Sein Wort verwirklichen? Wir müssen entwöhnt werden von allem, was Mensch und Fleisch ist und lernen, daß Christus allein uns genügt.

Manche glauben, es sei genug, sich zu erbauen, die Versammlungen zu besuchen und sich im allgemeinen vom Bösen fernzuhalten. Die Streite Jehovas zu kämpfen, meint man, sei die Sache einiger Weniger. Der HErr aber sagt: „Der Tränkende wird selbst getränkt“ (Spr. 11,25). Viel Ertrag ist durch des Stieres Kraft (Spr. 14,4). Glückselig ihr, die an allen Wassern säen (Jes. 32,20). Wir können keinen Ertrag haben, nicht wachsen, bis wir das, was Gott uns gegeben hat, gebrauchen. Was Er gibt, gibt Er für alle. Je mehr wir eintreten in den Kampf „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben“ (Jud. 3), je mehr werden wir „hingelangen zu dem erwachsenen Manne, zu dem Maße des vollen Wuchses“ (Eph. 4,13.14). Sind wir aber lässig, so sind wir bald arm. Wir müssen den Dingen der Bosheit entfliehen und uns von der Milch des Wortes nähren. Tun wir dieses nicht, so werden wir verkümmern und Schwächlinge bleiben (1. Petri 2,2).

Das Zusammenkommen der Gläubigen und der Dienst der Gaben sind uns wichtige, vom HErrn gegebene Dinge. Doch sie sind nur dann für uns ein Gewinn, wenn wir das, was Gott durch sie gibt, uns zu eigen machen. Das bloße Teilnehmen an den Versammlungen genügt nicht. Nehmen wir das Wort nicht so in uns auf, daß es zu Leben in uns wird, so kann das, was uns zur Auferbauung dienen soll, wie unverdaute Speise, zum Schaden sein. Findet es aber einen Platz in unserem Herzen, so werden wir erstarken in der Treue zu Gott, in der Liebe zu allen Heiligen und werden ein Segen sein für alle Menschen. Dann werden wir heranwachsen zu Männern, die zugezählt werden dürfen denen, die „zum Heere ausziehen“, die Streite des HErrn zu streiten bis zu dem Tage, wo Er alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße legen wird.

J. - (v. d. K.)

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Zur Beachtung!

Die inhaltlich aufgeführten Schriftstellen in der „Handr.“ sind meistens nach der sogen. „Elberf. Übersetzung“ angegeben; mitunter jedoch auch nach anderen (möglichst) wort- und sinngetreuen Bibelübersetzungen.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man

die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 1

Was bedeutet das Wort „Besprengung“ in 1. Petri 1,2 und Hebr. 12,24, und was ist seine Anwendung?

Antwort A

Die erwählten Fremdlinge in der Zerstreuung sind gemäß der Vorsehung (Vorerkenntnis) Gottes erwählt in der Heiligung des Geistes, 1. zum Gehorsam, 2. zur Besprengung des Blutes Jesu Christi, d. h. jeder Erwählte Gottes muß zu diesen beiden Dingen kommen. Die Hebräer (12,24) sind also dazu gekommen.

Besprengung bedeutet, daß man unter das Blut Jesu gekommen, damit berührt und getränkt worden ist wie jene Erde, die vom Blut Abels redete (vergl. 1.Petri 1,18; 1. Joh. 1,7; Offenb. 5,9.10; 7,14). Damit ist auch seine Anwendung gegeben. Wir können nur durch den Glauben an das Lamm Gottes und an das vollbrachte Opfer in Verbindung mit dem Blute Jesu kommen (Hebr. 9,22; Eph. 1,7; vergl. Hebr. 1,3; 9,14.17.18.26-28).

F. Th. H.

Antwort B

1. Petri 1,1.2 sagt uns, daß wir zur Besprengung auserwählt sind. Hebr. 12,22-24 ergänzt, daß wir zur Besprengung gekommen sind. Römer 8,29.30 verbindet beides und sagt uns, daß Gott diejenigen, die Er vor Grundlegung der Welt erkannte (bezw. anerkannte zu einem bestimmten Zweck), auch rechtfertigte (reinigte durch die Besprengung).

Daß das Wort „Besprengung“ diese Bedeutung hat, geht klar und eindeutig aus den drei vorhergehenden Kapiteln des Hebräerbriefes hervor. (Vergl. Hebr. 9,19-22; 10,22; 11,28!) Die Folge der Besprengung ist Reinigung- („besprengt und also gereinigt“) - zum Zwecke der Verschonung- („auf daß der Zerstörer der Erstgeburt sie nicht antaste“). (Vergl. 2. Mose 12,21-28; 2. Mose 24,8; Hebr. 9,13-15; Matth. 26,28.)

K. G.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu diesen kurzen, sehr klaren Antworten noch ein paar Winke! Meines Erachtens liegt der Hauptpunkt nicht so sehr darin, daß die Gläubigen, an die Petrus schreibt, auserwählt sind ... zur Blutbesprengung - daß die Hebräer zu ihr gekommen sind, sondern in der näheren Bestimmung der Blutbesprengung: es ist 1. die Blutbesprengung Jesu Christi, 2. die Besprengung mit dem Blut, das besser redet als Abel. Der Petrusbrief wie der Hebräerbrief, beide sind zunächst an Judenchristen gerichtet. Was bedeutet das? Daß die Leser des einen wie des anderen Briefes ganz genau wußten, was Blutbesprengung war und sein sollte. Sie kannten sie aus dem Alten Bunde. Aber sie wußten auch, daß das Blut des Alten Bundes keine andere Wirkung hatte als ein Erinnern an die Sünden; es

konnte nicht Sünden hinwegnehmen (Hebr. 10,3.4), wenn es auch eine zeitliche Bedeutung bezw. Vergehung im Blick auf das zukünftige Opfer von Golgatha zur Folge hatte. Aber das Blut, zu dessen Besprengung sie geheiligt waren bezw. wohin sie gelangt waren, war ein anderes als das von Stieren und Böcken, es war das Blut Jesu Christi, durch das eine ewige Erlösung zuwege gebracht war (Hebr. 9,12), eine Gewissensreinigung (Hebr. 9,14); es war die Grundlage eines Neuen Bundes, in dem ihrer Sünden und Gesetzlosigkeiten nie mehr gedacht werden würde (vergl. 9,17.18 mit 10,14-18). Welch ein Unterschied. Besprengung mit Blut von Stieren und Böcken - Besprengung mit dem teuren Blute Christi! Jene oftmals, täglich immer wieder wiederholt und dabei ohne wahre Kraft, diese ein für allemal und von ewiger Wirkung! Welch ein Auserwählung, welch eine Heiligung (d. i. Absonderung des Geistes und durch denselben). Ganz ähnlich ist es mit dem ersten Stück in 1. Petri 1,2: dem Gehorsam. Die ehemaligen Juden wußten, was es bedeutete, dem Gesetz gehorsam sein zu sollen - und es nicht zu können. Sie kannten ihr Herz, ihre Widerspenstigkeit, ihr vieles Murren einst in der Wüste. Und demgegenüber jetzt fähig zum Gehorsam gegen Ihn, der durch den Geist, nicht durch Gesetz ihnen Seinen heiligen, guten, wohlgefälligen Willen sowohl kundtat als auch durch Ihn ihnen die Kraft verlieh, gehorsam sein zu können!

Ebenso in der zweiten Stelle! Auch hier liegt m. E. der Ton auf der näheren Bestimmung des Blutes: es ist das Blut, das besser redet als Abel. Abels Blut schrie um Rache, um Vergeltung, und die Folge davon war Verfluchung Kains vom Erdboden hinweg, ja Verfluchung des Erdbodens (1. Mos. 4,10ff.). Das Blut, zu dem die Hebräer und wir Gläubigen alle des Neuen Bundes gekommen sind, redet von Versöhnung, Frieden (vergl. z. B. Kol. 1,20). Wahrlich, eine „bessere“ Sprache! Und darum hiermit auch in Verbindung „ein unerschütterliches Reich“ und Gnade zu einem gottwohlgefälligen Wandel! (Hebr. 12,28.)

Kostbar! Wozu bist du und ich auserwählt? Zur Blutbesprengung Jesu Christi! Wozu gekommen? Zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel. Dank und Ehre sei dem Namen Dessen, der uns so wunderbar erwählt und errettet hat!

Frage 2

Wie kommen wir dahin, als „Verwalter der mancherlei Gnade Gottes“ zu „reden als Aussprüche Gottes“? (1. Petri 4,11a.)

Antwort A

Dem Zusammenhang nach mit Vers 10 geht die Ermahnung des Apostels Petrus auf folgendes hin:

Jeder soll dienen, wie er Gnadengaben empfangen hat (vergl. 1. Kor. 12,7-11.28-31; 14,1-3.29, vergl. mit V. 26-33). Es muß also jeder seiner Gnadengabe sich bewußt werden und sie zur Ehre des HErrn gebrauchen, dann wird er sein Fach vertreten und das, was andere haben, nicht auch vertreten wollen, und sich über die Gabe des anderen freuen (Phil. 1,15-20). Das Dienen soll geschehen, wie es ein guter Haushalter tut. Er verwaltet ein ihm anvertrautes Gut - seine Gnadengabe -, nicht die eines anderen (1. Kor. 4,1-5; Luk. 12,42-44). Ein guter Haushalter arbeitet mit Sinn und Verstand und unterscheidet, was notwendig, nützlich und zuträglich ist oder nicht, und danach handelt er (vergl. 2. Tim. 2,15 mit dem 1. und 2. Timotheusbrief und an Titus; 1. Kor. 14,26.33.40). Wenn nun jemand reden will als Aussprüche Gottes, dann muß er wie die Propheten Gottes mit vollem Bewußtsein und

großer Gewißheit (1. Thess. 1,5; 1. Kor. 2,4) sinngemäß sagen können: „So spricht der HErr!“ (Jes. 7,7; Jer. 1,4.11; 2,1.4 u. a., vergl. Hebr. 1,1; 1. Kor. 14,37; 7,1.6.10.25.29.40, „und das ist meine Meinung, aber nicht ein Wort des HErrn“.) Daher muß er mit dem ganzen Ratschluß Gottes vertraut sein (Apgesch. 20,26.27), mit Gottes Wort wohlbekannt, und im Reden im Wort stehen und bleiben. Dazu bedarf es auch der Unterscheidungsgabe vom Wesentlichen und Unwesentlichen (vergl. Röm. 14,5ff.12.22.23; Phil. 3,15.16; Kol. 2,16).

F. Th. H.

Antwort B

Liest man die Verse 10 und 11 zusammen, so ergibt sich unschwer die Bedeutung des in Frage stehenden Wortes. Was mir als besonders wichtig erscheint, ist dieses, daß bei allem Dienst für den HErrn jede eigene -fleischliche - Tätigkeit, die für den HErrn nur totes Werk (Hebr. 9,14) ist, ausgeschlossen wird. Hat unser Wirken nicht die Verherrlichung Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus (1. Petri 4,11) zum Gegenstand und Ziel, sondern vielleicht gar ein Schmeicheln unserem „eigenen Ich“, dann unterbliebe es besser. Nun zur Frage selbst: Nach 1. Kor. 12 u. 14 und.Eph. 4,11 hat der HErr während und für die Zeit Seiner persönlichen Abwesenheit durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes den Seinigen Gaben gegeben, und zwar teilt der Geist aus, wie Er will. Diese Gaben nun sind zum Nutzen gegeben (1. Kor. 12,7), d. h. die ganze Versammlung sowohl örtlich als auch darüber hinaus hat Anspruch auf den Segen, welchen der HErr in der einzelnen Gabe niedergelegt. Diejenigen nun, welche vom HErrn eine Gabe empfangen haben, sind Ihm darüber auch verAntwortlich (Luk. 19,13) und sollen nun als gute Verwalter der mancherlei Gnade (Gaben sind auch ganz besonders Gnadenerweisungen) Gottes dienen, und zwar gegenseitig als Glieder an dem einen Leibe, in welchem der HErr als Haupt jedes an seinen besonderen Platz gesetzt hat, auf daß keine Spaltung in demselben sei. Hat nun jemand eine Gnadengabe, z. B. Lehre, Weissagung, so soll er, wenn er redet, nicht so sehr seine Redegeschicklichkeit in den Vordergrund stellen, sondern vielmehr das Wort Gottes selbst zu den einzelnen Herzen und Gewissen reden lassen. Ist nicht die Heilige Schrift (Kanon) ein Ausspruch Gottes und voller Aussprüche Gottes? (1. Thess. 2,13; 2. Petri 1,21; 2. Tim. 3,16.) 1. Kor. 2 zeigt uns z. B. klar, daß die Predigt auch sehr mit Menschenweisheit ausgefüllt sein kann, was der Apostel geflissentlich vermied. Anstatt mit dem Worte Gottes selbst - dem „Schwerte des Geistes“ (Eph. 6,17) - den Bedürfnissen der Seelen und dem Widerspruch des Feindes zu begegnen, meinen wir oft, große Reden machen zu müssen, und schwächen dadurch nur die Autorität Gottes und Seines Wortes über Herz und Gewissen andrer ab. Nicht zuletzt bezeugt Gott von Seinem Worte Selbst - Jes. 55,11 -, daß es ausrichten wird, wozu es gesandt, und nicht leer zu Ihm zurückkehre. Hebr. 4,12 bezeugt uns klar: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, der Gelenke sowohl als des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“

Möchte der HErr Gnade geben, daß wir alle dies mehr und mehr sowohl bei der Verkündigung des Wortes als im Verkehr mit einzelnen üben!

E. W.

Antwort C

Das Wort richtet sich in erster Linie an die, denen der HErr eine Gnadengabe zum Reden gegeben hat (Vers 10; 1. Kor. 12,8; Eph. 4,11.12). Er will nun dieses Reden so getan haben, als rede Er Selbst (Jes. 8,20). Dies schließt eine große VerAntwortung in sich (Jak. 3,1-6). Daher die Warnung Jak. 1,19. In demselben Geiste ermahnt Paulus 1. Tim. 3,1-10; Titus 1,9. Über das Gegenteil belehren uns die Worte Titus 1,10.11 und 2. Tim. 4,3.4.

Also versuche es niemand, „als Aussprüche Gottes“ zu reden, dem diese Gnadengabe nicht von Ihm Selbst geschenkt ist. Beachten wir in Vers 10 das „Jenachdem“. (Lies Jer. 23,9-32!)

Die aber, denen der HErr diese Gnadengabe geschenkt hat, mögen folgendes beachten:

1. Die ganzen Schriften Alten und Neuen Testamentes sind fortlaufende Aussprüche Gottes (2. Tim. 3,16; 2. Petri 1,21).

2. Zu diesen Aussprüchen darf nichts hinzugefügt und von ihnen nichts weggelassen werden (Offenb. 22,18.19).

3. Diese Aussprüche Gottes müssen zur rechten Zeit, am rechten Ort, in der rechten Art und Weise geredet werden (Kol. 4,3-6; Matth. 13,52; 15,26; 24,45; Spr. 9,7-9; 23,9; Apgesch. 13,45-47; Phil. 3,2; Hebr. 6,4-6; Spr. 24,10; Apgesch. 20,28; Hebr. 3,5; Offenb. 2,13; Hes. 34,2; 1. Kor. 3,1.2; 2. Tim. 2,15).

4. Damit wir dieses in jedem Einzelfalle wissen, muß der Geist die einmal gegebenen Aussprüche Gottes in uns lebendig machen. Das Nachsprechen des Wortlautes genügt nicht (1. Joh. 2,27; Joh. 14,26; 16,7-14; 1. Kor. 2,10-13).

5. Deshalb dürfen wir den Geist nicht dämpfen noch Ihn betrüben (1. Thess. 5,19-22; Eph. 4,29.30; Jes. 63,10; 1. Kor. 14,30), müssen Ihm vielmehr Raum geben und unser Ohr ständig (o, daß Er uns dahin bringe!) an Gottes Mund legen. Nüchtern sein, wachen, beten.

6. Soviel an uns liegt, haben wir die Gnadengabe, die uns gegeben ist, nicht zu vernachlässigen (1. Tim. 4,14), sondern anzufachen (2. Tim. 1,6), dazu das Wort festzuhalten und zu bewahren (2. Tim. 1,13.14) und es, stark in der Gnade, anderen anzuvertrauen (2. Tim. 2,1.2).

7. Dann wird es sich erweisen, daß wir durch die Gewohnheit geübte Sinne haben (Hebr. 5,14), und unsere Fortschritte werden allen offenbar werden (1. Tim. 4,15), denn auch das innere Leben ist wachstümlich (2. Petri 3,18).

Auf diesem Wege kommen wir dahin, als Aussprüche Gottes zu reden. Wir sind uns dann bewußt, daß Sein Wille auch unser Wille ist, und wir haben Freimütigkeit vor Gott (1. Joh. 3,21) und Menschen (Apgesch. 13,46). Wenn auch unser menschliches Unvermögen zutage tritt, so ist doch die Kraft Gottes in uns (1. Kor. 2,1-5; 2. Kor. 4,7; 6,4.7).

Wenn das Wort Jak. 3,1.2 uns zur Warnung geschrieben ist, so wollen wir andererseits 1. Kor. 9,16 nicht übersehen und uns, wenn wir ungeteilten Herzens sind, 1. Petri 5,10.11 sowie Dan. 12,3 zur Ermunterung gereichen lassen.

K. G.

K. G.

Anmerkung des Schriftleiters

Vorstehende drei Antworten bilden geradezu einen Bibelkursus im Kleinen, und ich bitte insbesondere darum, daß jeder Leser die vielen Schriftstellen nachlesen wolle, sonst geht er großen Segens verlustig.

Im folgenden noch einige Ausführungen, die mir wichtig erschienen.

Wie schon oben ausgeführt, kommt es bei der richtigen Ausübung der Gaben auf die Verherrlichung Gottes durch Jesum Christum an. Wenn die.Verherrlichung Gottes nicht die Hauptsache für uns ist, so ist die Ausübung der Gaben nichts wert, da sie dann nur zu menschlicher Verherrlichung dient. Darum ist es, wie Antwort Cauch betont, unwichtig, ob man mit Worten hinzufügt: „So spricht der HErr“, ganz abgesehen davon, daß wir gar nicht das Recht haben, diese Worte der alttestamentlichen Propheten für unsere Wortverkündigung anzuwenden - es müßte denn sein, daß wir nur Schriftworte aneinander reihten! Und selbst hier könnte falches Zusammenfügen und falscher Ausdruck, Betonung und Mienenspiel sogar noch das Zeugnis Gottes verwischen!

Was ist denn da das Wesentliche, wodurch unsere die Schrift auslegenden Worte den Beweis in sich tragen können, „Aussprüche“ oder „Worte Gottes“ zu sein? Ich meine, wenn sie das Gepräge tragen, das den alttestamentlichen Prophetenworten eigen war, d. h. wenn unsere Worte dem Wesen und den Eigenschaften dessen, zu dessen Verherrlichung wir reden, entsprechend sind („gottgemäß“). Was Seinem Wesen widerspricht, dient nicht zu Seiner Verherrlichung. Wenn wir das Wort auslegen und tun es nicht in dem Bewußtsein, als Wertzeuge Gottes dazustehen, die gewissermaßen Seine Vertreter hienieden (wie die Propheten des Alten Bundes!), Seine Zeugen, Seine Botschafter (2. Kor. 5,17ff.) sind, so sind wir nicht fähig, „gleichsam“ Aussprüche Gottes zu reden, die tatsächlich zu Seiner Verherrlichung dienen! Und dazu noch eines! Welch hohes Vorrecht, Seine Worte verkünden zu dürfen, d.h. die Worte Dessen, der das, was Er sagt, selber ist: die Wahrheit! Sind wir uns dieses Vorrechtes bewußt? Ist es uns etwas Kostbares, allein schon Bibelworte vorlesen und dann über sie noch eigene Worte machen zu dürfen? Er, der die Wahrheit ist, gebraucht uns als Mundstück - wie erhaben, aber auch wie verAntwortungsvoll! Wie sollten wir darüber wachen, keine eigenen, menschlichen Dinge einzuflechten, durch die die Wahrheit verdunkelt und der Mensch verherrlicht wird! (1. Kor. 1 u. 2.) Also, noch einmal, „wenn jemand redet - gleichsam Worte Gottes“, das heißt m. E. so reden, daß der Urgrund, aus dem die Worte kommen, gottgemäß ist (also das Herz in Gott entsprechendem Zustande), weshalb dann auch die Wirkung des Wortes Ihm entsprechend ist (Seine Verherrlichung), und daß der Sprecher - wie der alttestamentliche Prophet, wie die inspirierten Schreiber der Schriften - sich bewußt ist, von Gott gebraucht zu werden als Mund der Wahrheit! Der HErr salbe unsere Lippen zu Seiner Ehre!

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

Wir erfreuen uns oft an der Liebe des Gottes, der Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat (1. Joh. 4,9), und an der Liebe des Sohnes, der Sich Selbst für uns hingegeben hat (Eph. 5,25), aber wie wenig denken wir nach über die Liebe des Geistes (Röm. 15,30), ohne den wir keine Freude und Kraft und keine wahre Erkenntnis Gottes haben. Als der HErr im Begriff war, von den Seinigen wegzugehen, lenkte Er die Blicke der Jünger wieder und wieder hin auf den Heiligen Geist. Liegt darin nicht ein Hinweis für uns, mit Ernst zu erforschen, was die Schrift uns über den Heiligen Geist, der in uns wohnt, sagt?

Der Heilige Geist ist eine wirkliche Person, genau so wie der Vater und der Sohn. Und Er ist auch wirklich Gott. Petrus konnte zu Ananias sagen: „Warum hat der Satan dein Herz erfüllt, daß du den Heiligen Geist belogen hast? ... Nicht Menschen hast du gelogen, sondern Gott“ (Apgesch. 5,3.4). Und doch wird der Heilige Geist klar unterschieden von dem Vater und dem Sohne, z. B. bei dem Taufauftrag sagt der HErr: „Und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Diese Worte sagen uns auch, daß Er die dritte Person der göttlichen Dreieinigkeit ist (Matth. 28,19).

Wenn ich sage: Er ist eine „Person“, so gebrauche ich dieses Wort für Ihn (der Gott und Geist ist) in Ermangelung eines besseren und passenderen, um damit auszudrücken, daß Er, der Heilige Geist, nicht ein bloßer Einfluß oder nur eine Kraft ist, die von Gott ausgeht, wodurch wir in gewisser Weise beseelt und geleitet werden, sondern daß Er eine wirkliche Persönlichkeit ist, die bewußt leitet, redet, hört, betrübt werden kann usw. (Joh. 16,13.14). Ein Einfluß aber kann nicht reden, hören oder betrübt werden.

Natürlich übt der Heilige Geist eine große Kraft und einen gesegneten Einfluß aus, aber Er Selbst ist mehr als eine Kraft und als ein Einfluß. Er ist eine wirkliche Person, die wirkt und einem jeden insbesondere austeilt, wie Er will (1. Kor. 12,11). Solches kann ein bloßer Einfluß aber nicht tun, sondern nur ein lebendes Wesen, welches einen Willen hat. Wo die Schrift auch von dem Heiligen Geiste redet, stets braucht sie für Ihn das persönliche Fürwort „Er“, welches nicht auf einen Einfluß angewandt werden kann.

Von dem Sohne lesen wir, als Er herniederkam: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns“; nicht aber so der Heilige Geist. Er ist nicht im Fleisch gekommen und in Seiner Gestalt nicht wie ein Mensch erfunden worden, und dennoch ist Er eine jetzt auf der Erde wirkende Person. Der Sohn, die zweite Person der Gottheit, wurde in Seiner Person wie ein Mensch erfunden. Von Ihm konnte Johannes sagen, daß sie Ihn mit Augen gesehen und mit Händen betastet haben (1. Joh. 1,1).

Der Heilige Geist kann nicht mit Händen betastet werden. Die Hände der Sünder können Ihn nicht greifen. Sie würden Ihn sonst ebenso an das Kreuz nageln wie den HErrn, aber sie vermögen es nicht. Er wohnt in Menschen, die durch das kostbare Blut Jesu Christi von ihren Sünden gereinigt

sind. In und durch diese wirkt Er auf Erden, und die Welt spürte es, daß ein anderer Geist in ihnen war, dem sie nicht widerstehen konnten. Um auch den Heiligen Geist aus der Welt zu schaffen, fingen sie mit Stephanus an, die Wohnungen des Geistes zu zerstören und zu zerschlagen. Aber sie konnten den Geist nicht töten noch Seiner habhaft werden (Apgesch. 7,51.55.59). Der Herr hat gesagt: „Er wird bei und in euch sein bis in Ewigkeit“ (Joh. 14,16).

Ferner sehen wir, daß der Heilige Geist noch nicht auf die Erde gekommen war, als der HErr mit Seinen Jüngern redete. Worte, wie: „Es ist euch nützlich, daß ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen; wenn Ich aber hingehe, werde Ich Ihn zu euch senden, und wenn Er gekommen ist usw.“

(Joh. 16,7.8), können nur angewandt werden auf jemand, der noch nicht da ist, sondern der erst erwartet wird.

Aber war der Heilige Geist nicht schon da? Lesen wir nicht schon auf dem ersten Blatt der Bibel: „Und der Geist Gottes schwebte über den Wassern“, und betete nicht David: „Nimm Deinen Geist nicht von mir“?

Gewiß war der Heilige Geist, aber Er wirkte vom Himmel aus auf der Erde. Vor den Augen des HErrn stand aber etwas ganz anderes, nämlich, daß der Heilige Geist in Person vom Himmel herniederkommen und in ihnen wohnen sollte.

Zwischen „wirken“ und „wohnen“ ist ein großer Unterschied. Gott kam zu den Menschen in den Garten Eden, aber Er wohnte nicht dort. Als Israel, durch das Blut erlöst, aus Ägypten herausgeführt war, sagte Gott: „Ich werde wohnen in der Mitte der Kinder Israel“ (2. Mose 29,45.46). Und später wohnte Er in ihrer Mitte (4. Mose 5,3). So ist es auch mit dem Heiligen Geist. Zu allen Zeiten wirkte Er auf Erden, aber erst am Pfingsttage kam Er herab, um in Menschen zu wohnen.

Das Alte Testament berichtet uns, daß der Heilige Geist zu Zeiten und Gelegenheiten auf Menschen kam, um sie für gewisse Aufgaben und Dinge zu befähigen. So lesen wir, daß Er auf Othniel kam, Er kam auf Gideon, auf Jephtha (Richter 3,10; 11,29), über David, über Saul (vgl. auch 2. Mose 31,1-3 und 35,30), usw. usw. Im Gegensatz zu diesen aber sagte der HErr: „Er bleibt bei euch und wird in euch sein“. Den Korinthern schreibt Paulus: „daß der Heilige Geist in ihnen wohne“ (1. Kor. 6,19) und ebenso den Römern: „daß der Geist in ihnen wohne“ (Römer 8,11).

Welch großer Unterschied liegt in den kleinen Worten: „Auf“ (über) und „in“. Diese kleinen Worte zeigen auch die Verschiedenheit der Gläubigen des Alten und Neuen Testaments. Als Bild hierfür hat man ein Segel- und ein Dampfschiff gebraucht. Ein Segelschiff hängt für seinen Lauf von einer Kraft ab, die es nicht in sich hat, sondern die von außen über das Schiff kommt, seine Segel füllt und es treibt. Ein Dampfschiff dagegen ist für seine Fahrt nicht von einer von außen kommenden Kraft abhängig, sondern trägt ständig die bewegende Kraft in sich. Es vermag gegen Wind und Wellen zu gehen, weil eine Kraft in ihm wohnt, die es treibt. So kam der Heilige Geist über die Männer des Alten Testamentes: „Heilige Männer Gottes redeten, getrieben durch den Heiligen Geist“ (2. Petri 1,21), während die Gläubigen der Jetztzeit den Heiligen Geist als eine bewegende Kraft in ihrem Herzen tragen.

Ehe das Werk der Erlösung vollendet war, war es unmöglich, daß der Heilige Geist vom Himmel herniederkommen und in Menschen Wohnung machen konnte. Zuerst mußte Christus verherrlicht

herniederkommen und in Menschen Wohnung machen konnte. Zuerst mußte Christus verherrlicht werden. Deshalb lesen wir in Johannes 7,39: „Denn der Geist war noch nicht, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“, und später sagte der HErr zu den Jüngern: „Es ist euch nützlich, daß Ich weggehe, denn wenn Ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen“ (Joh. 16,7).

Vielleicht aber sagt jemand: der Heilige Geist fuhr doch schon wie eine Taube aus dem Himmel hernieder und blieb auf dem Herrn Jesus!? Gewiß! Er war der einzige Reine, auf den der Heilige Geist herabkommen und auf Ihm bleiben konnte. Dies war das Zeichen für Johannes den Täufer, woran er den HErrn erkennen sollte. Wir lesen: „Ich schaute den Geist wie eine Taube aus dem Himmel herniederfahren, und Er blieb auf Ihm. Und ich kannte Ihn nicht, aber der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, der sprach zu mir: auf welchen du sehen wirst den Geist herniederfahren und auf Ihm bleiben, dieser ist es“ (Joh. 1,32.33). Die Taube hatte in dem Herrn Jesus gleichsam einen Ruheplatz für ihren Fuß gefunden.

Dies erinnert uns an die Taube Noahs in den Tagen der Sintflut (1. Mose 8). Zweimal kam sie zurück. Warum? Die Schrift sagt uns: „Sie fand keinen Ruheplatz für ihren Fuß“. Der Rabe, den Noah zuvor ausgesandt hatte, kehrte nicht zurück. Er fand genug Tote, die ihm eine willkommene Ruhestatt gaben. (Er ist das Bild unreiner Geister.) Aber nicht so die Taube. (Sie ist das Bild der Reinheit und Sanftmut.) Sie konnte keine Stätte finden bei den Toten. Auch das zweite Mal kehrte sie zurück, aber mit einem Olivenblatt im Schnabel. Sie trug ein Zeugnis von dem beginnenden neuen Anfange in ihrem Schnabel. Das dritte Mal kehrte sie nicht wieder zurück. Sie hatte einen Ruheplatz auf dieser Erde auf Grund eines neuen Lebens, des der Auferstehung, gefunden.

So schwebte auch der Heilige Geist 4000 Jahre über einer Welt der Sünde und des Todes. Überall Tote - geistlich Tote - in Sünde und Übertretung. - Wohl konnte Er in Kraft auf solche einwirken und mächtige Einflüsse auf sie ausüben, und dies sowohl bei Gerechten als bei Ungerechten, sowohl auf David und die Propheten wie auch auf Saul und Bileam -, aber bei keinem konnte Er bleiben und Wohnung machen.

Aber nach Verlauf dieser 4000 Jahre, gleichsam „nach anderen sieben Tagen“ (1. Mose 8), zeigte sich etwas Neues auf dieser Erde, „der zweite Mensch aus dem Himmel“ (1. Kor. 15,47) kam auf diese Erde. Er, der Sünde nicht kannte - „der Erstgeborene aller Schöpfung“ (Kol. 1,15). Auf Ihn konnte die Taube herniederfahren und auf Ihm bleiben. Hier fand ihr Fuß einen Ruheplatz. Und in Ihm fand sie gleichsam „das Olivenblatt“, den Anfang einer „neuen Schöpfung“, das sie den auf Erlösung harrenden Menschen zeigte.

„Nach Verlauf weiterer sieben Tage“ kehrte die Taube nicht zurück, sie fand auf dem neuen Auferstehungsboden - Ruheplätze in dieser Welt, wohin sie ihren Fuß niedersetzen konnte. Welch ein Gedanke, Menschen in einer Welt der Sünde, bei denen der Heilige Geist bleibend wohnen kann! Ist es möglich? Kann es Menschen geben, bei denen der Heilige Geist wohnen kann? Die Lösung liegt in dem Werte des kostbaren Blutes Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Dies Blut macht uns rein von aller Sünde - ganz - völlig rein, rein, wie allein dieses Blut reinigen kann. Durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi geheiligt und auf immerdar vollkommen gemacht, sind wir jetzt die bleibende Wohnstätte des Heiligen Geistes. Welche Größe der Gnade Gottes!

Wäre das Wohnen des Heiligen Geistes in uns von unserer Treue abhängig, so hätten wir Ihn längst weggetrieben. Sein Wohnen aber in uns ist nicht die Folge unseres Wirkens, sondern Seines Werkes.

Die Gegenwart des Heiligen Geistes hängt nicht von uns ab, nicht weil wir getreu sind, sondern weil Er die Erlösung für uns vollendet und verherrlicht zur Rechten Gottes ist, und deshalb konnte der HErr sagen, daß Er bei und in uns bleiben werde bis in Ewigkeit (Joh. 14,16.17). Gelobt sei Sein Name!

Ehe der HErr von den Seinigen ging, sagte Er: „Ich werde euch nicht Waisen lassen, ich komme zu euch“ (Joh. 14,18). Er kam zu ihnen am Auferstehungsmorgen, aber auch bis zum Tage Seines Wiederkommens sind wir nicht alleingelassen. Das erste Kapitel der Apostelgeschichte berichtet uns, wie der HErr die Erde verläßt und gen Himmel geht, und schon im zweiten Kapitel finden wir das Herabkommen der anderen göttlichen Person vom Himmel, um bei und in uns zu bleiben. Muß solches nicht unser Herz in Anbetung neigen? Wie gut können wir verstehen, daß die Jünger nach dem Tage der Pfingsten frohlockten und Gott lobten. Laßt auch uns darin einstimmen!

Vom Tage der Pfingsten an suchen wir vergebens in der Schrift nach einer Bitte um den Heiligen Geist. Alle solche Bitten waren am Platze vor Pfingsten, ehe Er kam, aber seitdem Er gekommen ist, geziemen sie sich nicht mehr. Kinder Gottes, die heute um das Kommen oder die Ausgießung des Heiligen Geistes bitten, übergehen die Wahrheit Seiner Gegenwart. Eine solche Bitte ist so, als wenn einer von den Jüngern Jesu den Vater um das Kommen des Messias gebeten hätte. Würden die anderen Jünger nicht einem solchen gesagt haben: „Glaubst du nicht, daß der HErr, der bei uns ist, der Messias ist?“ Wenn Gott uns in Seinem Worte sagt, daß Er uns Seinen Heiligen Geist gegeben hat und uns gesalbt hat und uns versiegelt hat und das Unterpfand des Geistes in unser Herz gegeben hat (1. Thess. 4,8; 2. Kor. 1,22; Eph. 1,13.14), können wir dann, anstatt dafür zu danken, noch darum bitten? Wäre eine solche Bitte nicht Unglauben?

Nicht um den Heiligen Geist, sondern in dem Heiligen Geiste beten wir. Um den Heiligen Geist wurde gebetet vor Seinem Herniederkommen; in dem Heiligen Geiste beten wir jetzt in der Zeit Seines Wohnens in uns (Jud. 20). Statt zu beten um die Ausgießung, danken wir Gott für die „Gabe Seines Geistes“, der uns leitet und uns in unserer Schwachheit vertritt, gottgemäß zu bitten (Röm. 8,26.27). Manche Kinder Gottes meinen nicht das, was ihre Worte sagen, aber wir sollen auch nicht gedankenlos beten.

Können wir denn den Heilige Geist empfangen, ohne darum zu beten?

Laßt uns hören, was die Schrift sagt.

Johannes schreibt, daß nicht die um den Geist Betenden, sondern die an den Herrn Jesus Glaubenden den Geist empfangen sollen. (Ein Mensch kann um den Heiligen Geist beten, ohne an den Herrn Jesus gläubig geworden zu sein; aber niemand kann an den Herrn Jesus glauben, ohne dann auch den Heiligen Geist zu empfangen.) Petrus predigte am Pfingsttage Buße und Vergebung der Sünden und fügt hinzu: „Und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg. 2,38). Buße und Vergebung der Sünden mußten der Gabe des Heiligen Geistes voraufgehen. Paulus erinnert die Epheser (Kap. 1,13.14) daran, daß, nachdem sie das Wort der Wahrheit, das Evangelium, gehört hatten und nachdem sie geglaubt hatten, sie versiegelt worden seien mit dem Heiligen Geiste der Verheißung. In dieser Schriftstelle gibt uns Paulus gleichsam die Reihenfolge: 1. Sie hörten das Evangelium, 2. sie glaubten und 3. sie empfingen den Heiligen Geist.

Diese apostolischen Zeugnisse stimmen auch mit den Vorbildern des Alten Testamentes überein: Der

Aussätzige mußte zuerst zum Priester gebracht werden, dann mit dem Blute berührt werden, und dann erst folgte das Öl. (3. Mose 14.) (Das Öl ist durchgängig in der Schrift ein Bild des Heiligen Geistes.) So sehen wir auch aus dem Vorbilde, daß dem Empfangen des Heiligen Geistes das Blut voraufgehen muß. Die Gabe des Heiligen Geistes ist Gottes Antwort Auf den Glauben.

Aber braucht man denn nicht zu beten? Ohne Zweifel haben wir zu beten, aber wir sollen nicht unverständig beten, sondern uns durch das Wort unterweisen lassen. Wir können nicht etwas auf unser Gebet empfangen wollen, wenn Gott uns sagt, daß Er es auf den Glauben hin geben will. Der Zöllner betete, der Schächer betete, Saulus und Kornelius beteten. Warum beteten sie? Sie suchten ihre Errettung in Buße und Selbstgericht. Buße und Glauben hat Gott zusammengefügt, und sie können nicht geschieden werden. Wenn ein Mensch anfängt, Gott zu glauben, so ist die erste Wirkung des Glaubens nicht Freude, sondern Buße - Sinnesänderung - Selbstgericht.

Wir sehen dieses an den Leuten von Ninive. Die Schrift sagt: Sie „glaubten Gott“, und die erste Wirkung ihres Glaubens war, daß sie sich in Sacktuch kleideten, heftig zu Gott riefen und umkehrten von ihren bösen Wegen (Jona 3,5-9). Dieses, was die Leute in Ninive taten als Folge ihres Glaubens, das nennt der Herr Jesus im Neuen Testament: „Buße“ (Matth. 12,41).

Hieraus sehen wir, wie unzertrennbar Buße mit Glauben verbunden ist. Diese erste Wirkung des Glaubens, die Buße, schließt (wie wir es bei den Niniviten sehen) das Anrufen des Namens des HErrn um Errettung in sich. Wird über diese erste Wirkung des Glaubens leicht hinweggegangen, so wird auch die dann folgende Wirkung des Glaubens: die Annahme des Heils auf schwachen Füßen stehen, die mit dem Frieden und der Freude verbunden ist.

Diese beiden Seiten des Glaubens (Selbstgericht und Annahme des Heils) kennzeichnen den Glauben dessen, der den Heiligen Geist empfängt. In der Buße richtet der Glaube das Auge des Menschen auf sich selbst und bringt ihn dahin, sich vor Gott zu verurteilen. - In der Annahme des Heils richtet der Glaube das Auge von dem Menschen weg zu Christo hin. Und der Mensch nimmt die Vergebung seiner Sünden, über die er sich vor Gott als schuldig verurteilt, durch Sein Blut auf Grund Seines Wortes in Besitz.

Und feierlich bezeugt uns Gott, daß Er die Welt so geliebt, daß jeder, der an den eingeborenen Sohn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe. Und der Herr Jesus bezeugt dasselbe mit einem „Wahrlich, wahrlich“, und der Heilige Geist gibt durch den Mund aller Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung seiner Sünden empfängt durch Seinen Namen. Als diese letzten Worte im Hause des Kornelius von den gläubigen Herzen aufgenommen wurden, da fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten (Apgesch. 10).

Und jede Seele, die heute auf Grund solcher Zeugnisse Gottes an den Herrn Jesus glaubt, empfängt Vergebung der Sünden und den Heiligen Geist.

Glaubst du an Ihn? Dann wisse, daß Deine Sünden so sicher vergeben sind, wie die Sonne am Himmel steht. Eher werden Himmel und Erde vergehen, als Worte unseres Gottes zu Boden fallen.

v. d. K.

„Fremdlinge.“

„Fremdlinge.“

(1. Petri 1,1 und 2,11.)

Der erste Petrusbrief ist an „Fremdlinge“ gerichtet, an „erwählte Fremdlinge“. Die Gläubigen, an die Petrus schrieb, lebten inmitten heidnischer Völker in Kleinasien; es waren vielleicht in erster Linie Judenchristen, ohne daß angenommen werden müßte, es seien nur solche gewesen; gegen letztere Annahme scheint doch Kap. 4,3 u. 2,10 zu sprechen. Wie dem auch sein mag, er ist uns in die Hände gegeben und enthält so köstliche Belehrungen, so liebliche Ermunterungen, so ernste Ermahnungen, daß wir allen Grund haben, diesen „Fremdenführer“ genau zu studieren und für unseren Weg durch unsere „Fremdlingschaft“ (1,17) zu gebrauchen.

Aber, geliebte Leser, lassen wir uns auch alle gern durch diesen wunderbaren Brief belehren? Mit anderen Worten: wissen wir uns auch hienieden als „Fremdlinge“, die darum, weil sie es sind, sich gern zurchtweisen lassen, da sie in einem fremden Lande sind?

Das ist doch eine ernste Frage!

In unserem Briefe sehen wir unseren geliebten Herrn Jesus als unser erhabenes Vorbild vor uns! Die Gläubigen aber, denen der Brief geschrieben war, zeichneten sich dadurch aus, daß sie den HErrn liebten, ohne Ihn je gesehen zu haben (1,8). Liebe ist praktisch: wer liebt, ahmt dem Geliebten nach und sucht Ihm durch Gehorsam und Hingabe zu gefallen! Sie wußten, wir sind in einer Welt, in der Er, der uns liebt und den wir wiederlieben dürfen, keine Heimstätte hatte, verworfen war, nicht gern gesehen wurde, kurz, ein „Fremdling“ war, und darum sind wir es auch! Deshalb redet der Heilige Geist sie so an, ähnlich wie Er in Hebr. 11,13 dies Wort auf solche Gläubigen des Alten Bundes anwendet, welche „die Verheißung von ferne sahen“. Das Wort, das in Hebr. 11 wie beide Male im ersten Petrusbrief (und soweit ich weiß, in N. T. sonst nicht)1 im Grundtext steht, bedeutet „als Fremder anwesend sein, aber nicht sich niedergelassen haben“, zeigt also die Heimatlosigkeit an. In 2,11 ist es ja auch noch näher erklärt durch „ohne Bürgerrecht sein“ (vgl. dazu 1. Mose 23,4; Ps. 39,12 und Phil. 3,20).

1

Kap. 1,17 „Fremdlingschaft“ - im Urtext hier ein anderes Wort als in obigen Stellen, aber von ähnlicher Bedeutung. (F. K.)

Wie steht es in dieser Hinsicht nun mit uns, geliebte Leser? Fühlen wir uns hienieden, wo der HErr hinausgestoßen war, daheim, oder empfinden wir etwas davon, hier „Fremdlinge“ zu sein? Wir erkennen Angehörige fremder Nationen an Sprache, Kleidung, Benehmen, Sitte, Gewohnheiten, Anschauungen, Meinungen über bestimmte Dinge usw., und wenn wir selber jemals in einem fremden Lande uns aufzuhalten hatten, so erfuhren wir wenigstens etwas von gewissen Beschränkungen oder gar Schwierigkeiten, denen Ausländer stets unterworfen sein müssen - aus naheliegenden Gründen. Ganz besonders heute würden z. B. Angehörige eines im Kriege unterlegenen Landes im Ausland fühlen müssen, daß sie in dem betreffenden Lande nicht „daheim“ sind, nicht hinzugerechnet werden, nicht „mitzureden“ haben, keine einheimischen Vergünstigungen genießen, vielleicht unter Aufsicht stehen, womöglich als Feinde behandelt werden oder ihrerseits in vieler Hinsicht, besonders in ihren Empfindungen, die Gegnerschaft des betreffenden Volkes spüren. Ich führe diese Beispiele aus dem Leben nur zum Vergleich dafür an, was es für uns Gläubige bedeuten kann und bedeuten sollte, zu wissen, wir sind geistlicherweise in der Welt „Fremdlinge“, haben hier nichts zu erwarten, zu erhoffen, zu fordern, müssen uns behandeln lassen, wie Er behandelt wurde, der zuerst unser Heiland, dann aber auch unser Vorbild ist, und sollten unsererseits auch so handeln, wie Er tat, „der gescholten nicht wieder schalt, leidend nicht drohte, Sich Dem

anheimstellte, der da recht richtet“! (2,23, vgl. 4,19 u. a.) Ausländer mögen in dem fremden Lande ihren „Konsul“ haben, der gegebenenfalls ihre Sachen und Rechte vertritt; wir haben gleichsam auch einen Rechtsvertreter, („den Sachwalter“, vgl. z. B. Joh. 14,16-18!) den, der diese Bezeichnung im Vollsinne verdient, da Er jedes Für und Wider durchschaut, alle Gefahren des Auslandes, in das Er Selbst uns „für eine kleine Zeit“ hineingestellt hat, genau kennt, außerdem weiß, welchen besonderen Versuchungen der einzelne von uns ausgesetzt ist, während Ihm zugleich unser tiefstes Begehren wohlbekannt ist, das darauf geht, dem Lande, dem wir heimatlich angehören, und vor allem dem König desselben keine Schande zu bereiten, sondern uns vielmehr als würdige Vertreter unseres wahren Vaterlandes und als treue Untertanen unseres guten HErrn zu erweisen. Ferner genießen wir unter anderem noch einen großen Vorzug vor Ausländern im irdischen Sinne; diese mögen aus Unkenntnis der Sitten und der Sprache des Landes, in dem sie vorübergehend weilen, sich Verstöße zuschulden kommen lassen, ohne die Kraft und Fähigkeit zu haben, bei der Kürze ihres Aufenthalts das nötige Wissen sich zu erwerben - uns geht es besser: wir kamen alle aus dem gleichen Lande, ehe wir unsere Heimat und Bürgerrecht droben fanden, wir waren alle vordem in dem Lande der Finsternis, dienten dem Fürsten derselben, kennen seine Weise und seine Macht, und jetzt sind wir hinübergegangen in das Reich des Lichtes und der Liebe und haben aus den Händen unseres reichen neuen Herrn, der, ehe Er unser HErr ward, erst uns durch Sein eigen Blut erkaufte, die Kraft zu einem Seines Wesens, Seiner Heiligkeit würdigen Wandel in der Fremdlingschaft bekommen, nämlich Seinen Sinn, Seinen Geist, mittels dessen wir auch der hinderlichen fleischlichen Lüste uns enthalten können (2,11, vgl. Gal. 5!, vgl. 1. Petr. 1,2 mit 4,6.) Welche Gnade und Herrlichkeit! In einem solche Lande, wie diese böse, vom Satan beherrschte Welt ist, da dürfen wir als „Fremdlinge“, nämlich geistlicherweise fremd für die Angehörigen dieses Landes der Finsternis, fremd gegenüber den Lüsten und Vergnügungen wie auch fremd gegenüber der Fleischesreligion dieses Zeitlaufs hindurchgehen als solche, die für ewig die Wege in der Irre (2,25) verlassen durften und durch Seine unendliche Barmherzigkeit (2,10) mit zu denen gehören, die in Ewigkeit „ein auserwähltes Geschlecht, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum“ bilden, das „berufen ist, die Vortrefflichkeiten Dessen zu bezeugen (durch Wort und Wesen), der uns berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Lichte“ (2,9). Welche Vorrechte!

Doch laßt uns nicht vergessen, an wen solche Worte wie eben der ganze Brief gerichtet ist: an „Fremdlinge“, an Menschen, die, obwohl „in der Welt“, doch nicht „von der Welt“ sind! (Joh. 17.) Nur soweit wie wir verwirklichen, was wir in Gottes Augen sind, also praktisch als „Fremdlinge“ hienieden uns fühlen und bewegen, nur soweit werden wir tatsächlich genießen und, wenn auch in Schwachheit, darstellen können solche herrlichen Vorrechte, deren wir um derentwillen, der unser kostbarer Eckstein ist (2,6), gewürdigt sind! Wie wichtig daher, „Fremdlinge“ nicht nur zu heißen, sondern zu sein!

Der HErr gebe uns dazu Seine Gnade!

F. K.

Es ist euch nützlich.

(Joh. 16,7.)

Wie schwer will es uns oft werden, den Wegen des HErrn zu vertrauen, wenn wir sie nicht verstehen!

Unser Herz bäumt sich so leicht wider Sein Walten über uns auf, wenn es nicht nach unseren Gedanken ist und Prüfungen und Leiden über uns kommen. Solche Zeiten sind Gelegenheiten für den Feind, Mißtrauen an Gottes Liebe und Macht in unser Herz zu säen. Er sagt dann zu uns (wie einst zu Hiob): Gib Gott auf! Was nützt es, Ihn anzurufen? Er hört nicht. Gottes Gedanken und Wege aber sind höher als unsere, soviel höher, wie der Himmel höher ist denn die Erde. (Jes. 55,8.9.) Wie vermögen wir deshalb, Seine Wege zu verstehen?! Nur im Nachschauen können wir lernen. Seine Wege mit uns aber stellen uns die Frage: Hast du Mich lieb? Vertraust du Mir?

Auch die Jünger verstanden die Wege des HErrn nicht. Traurigkeit erfüllte ihr Herz, als Er von Seinem Weggang mit ihnen redete. Wohl sagte Er ihnen: „Es ist euch nützlich, daß ich weggehe“, aber sie verstanden es nicht. Sie erwarteten die Aufrichtung des Reiches, und ihre Enttäuschung war deshalb groß und bitter. Sie hatten alles um Seinetwillen verlassen, und nun ging Er weg. Was wurde nun aus ihnen? Sie sahen nur, daß alles, was sie erhofft und erwartet hatten, dahin war.

Der HErr will ihre Gedanken von ihnen weg auf die Pläne der Liebe Gottes hin richten, und Er spricht: „Niemand von euch fragt Mich, wo gehst Du hin? ... Es ist euch nützlich, daß Ich weggehe ...!“ Aber sie sind so mit sich und ihren Umständen beschäftigt, daß sie kein Verständnis haben, weder für Seine Worte noch für die himmlischen Dinge.

Lag nicht in Seinen Worten ein leises Mahnen, auch an Ihn zu denken, wohin Er gehe, was aus Ihm werde? Fühlte der HErr, daß sie nur an sich dachten, an ihren Verlust, was aus ihnen werde? Hätten sie den HErrn gefragt: „Wohin gehst Du?“, welche Fülle der Gedanken Gottes hätte Er ihnen offenbaren können. So aber verstanden sie nicht, daß Sein Weggang mit ihrer Versöhnung und mit ihren Segnungen zusammenhing. Der HErr konnte ihnen nur andeuten: „Wenn Ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen“. Vieles hatte Er ihnen noch zu sagen, aber sie konnten es jetzt nicht tragen.

Was mußte es für Johannes sein, als er in späteren Jahren diese Worte des HErrn verstand und dann die Worte Jesu niederschrieb: „Es ist euch nützlich, daß Ich weggehe“. Auch wir verstehen oft die Wege, Absichten und Ziele unseres Gottes nicht. Wenn aber die Stunde kommt, wo wir Seinen Wegen nachschauen können, dann geht es uns wie Johannes, und wir erkennen, daß die Wolke, die wir am meisten fürchteten, den größten Segen enthielt, und daß das uns Allerschwerste das Alternützlichste war.

Es war ein schwerer Schlag für Jakob, als ihm sein Sohn Joseph entrissen wurde. Er wollte sich nicht trösten lassen und klagte: „Ich werde mit Leid hinunterfahren in die Grube zu meinem Sohnes“. Der Weg aber wurde noch schwerer. Hungersnot kam über ihn und seine Kinder, und sie waren daran, Hungers zu sterben. Dann wurde Simon in Ägypten festgehalten, und Benjamin wollte man ihm nehmen. Da jammerte seine Seele: „Alles kommt über mich!“ (1 Mose 42,36.) Er meinte, im grauen Haare mit Herzeleid in die Grube fahren zu müssen, und wußte nicht, daß das, was ihm so viel Herzeleid bereitete, Gottes Wege waren, ihn zu segnen. Aber dann kam ein Tag für ihn, wo er auf das Walten Gottes zurückschauen konnte, und dann erfuhr er, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken. (Röm. 8,28.)

Paulus hatte eine ihm sehr schwere Sache: einen Dorn im Fleisch, einen Engel Satans, der ihn mit Fäusten schlug. Dreimal flehte er dieserhalb zum HErrn, los davon zu kommen. Gottes Gedanken waren höher als seine Gedanken! Er tat nicht nach Pauli Wunsch. Er nahm nicht den Dorn hinweg,

aber Er gab ihm Seine Kraft, und Paulus lernte nicht nur, sich an Seiner Gnade genügen zu lassen, sondern sich auch seiner Schwachheit zu rühmen, auf daß die Kraft Christi über ihm wohne und verherrlicht werde. (2. Kor. 12.)

In Philippi saß Paulus, von den Heiligen getrennt, einsam im Gefängnis. Von der Arbeit abgeschnitten, hört er, wie etliche aus Neid und Streit Christus predigen. Es war ein schwerer Weg für ihn, und es ging nicht nach seinem Wunsch. Aber aus dem Gefängnis heraus schreibt er, daß, wie es auch sei, er doch eins wisse, daß ihm „dies zur Seligkeit ausschlagen werde“ (Phil,1,19). Wie verwirklichte doch Paulus es in seiner Seele, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken!

Als die Volksmenge sich von dem HErrn als von einem Fresser und Weinsäufer abwandte und Johannes der Täufer, unzufrieden mit dem HErrn, sich an Ihm ärgerte, dann hob Jesus an und sprach: „Ich preise Dich, Vater, HErr des Himmels und der Erde, daß Du dieses vor Weisen und Verständigen verborgen hast und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor Dir“ (Matth. 11). Als in Gethsemane die Häscher mit Schwertern und Stöcken kamen, um Ihn zu fangen, und die Seinigen schliefen, da nimmt Er den Kelch der Leiden als aus Seines Vaters Hand und fragt: „Soll Ich den Kelch, den Mir der Vater gegeben, nicht trinken?“ (Joh. 18,11.)

Warum haben wir, wenn Prüfungen und Leiden über uns kommen, so wenig Kraft, diese Gesinnung des HErrn zu zeigen? Warum kommt es so wenig aus unserem Herzen heraus: „Ich preise Dich! - Ja, Vater, so war es wohlgefällig vor Dir!“? Ist es nicht, weil wir so wenig gelernt haben, unseren Willen unter Seinen Willen zu beugen? Was auch über uns kommen mag, laßt uns Ihm stille sein und Vertrauen zu Seiner Liebe haben, bis der Tag kommt, wo auch wir zurückschauen können und erkennen werden, daß die schwersten Wege uns die nützlichsten waren, die den größten Segen in sich bargen, und daß alle Dinge denen, die Gott lieben, zum Guten mitwirken.

v. d. K.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Zur Beachtung!

Die inhaltlich aufgeführten Schriftstellen in der „Handr.“ sind meistens nach der sogen. „Elberf. Übersetzung“ angegeben; mitunter jedoch auch nach anderen (möglichst) wort- und sinngetreuen Bibelübersetzungen.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 3

Wie ist Joh. 14,12 zu verstehen: „Der wird auch die Werke tun, die Ich tue, und wird größere denn diese tun“? Was für Werke sind damit gemeint?

Antwort A

Die Begründung dieses Ausspruches „denn Ich gehe zum Vater“ kann uns wohl auf die Spur helfen (vergl. Joh. 20,17). Solange Jesus als der Sohn Gottes in Knechtsgestalt war, hat Er Sich Selbst entäußert (Phil. 2,6-8). Er hatte ein bestimmtes Werk zu vollenden, aber darüber hinaus ging Er nicht (vergl. Matth. 15,24; 10,6). Sein Arbeitsgebiet wie auch Seine Arbeit war vom Vater genau begrenzt, darüber hinaus konnte Jesus nichts tun und tat auch nichts ohne bestimmte Weisung von oben. Das Weizenkorn konnte erst nach dem Ersterben Frucht bringen, und vorher blieb es allein (Joh. 12,23.24). Somit waren dem HErrn Werke, wie sie nach Pfingsten geschahen, in Massenbekehrungen und Bekehrungen unter allen nichtjüdischen Völkern versagt. Dem Glaubenden hat Er aber zugesagt, daß ihm alle Dinge möglich sein (Mark. 9,23; 11,23.24) und Ströme lebendigen Wassers von seinem Leibe fließen werden (Joh. 7,38).

Der Herr Jesus sagt damit durchaus nicht, daß ein Gläubiger über Ihm stehe und mehr sei als Er; dagegen spricht Matth. 10,24.25; Luk. 6,40; Joh. 13,16; 15,20; Matth. 28,18 und viele Stellen mehr; im Gegenteil, Seine Jünger konnten damals manches nicht, was Jesus konnte (z. B. den mondsüchtigen Sohn gesund machen, Matth. 17,19.20), um ihres Unglaubens willen; sie konnten auch nicht mit Ihm in der Stunde der Finsternis wachen und beten (Matth. 26,40-45) noch mit Ihm leiden (Matth. 26,56; Mark. 14,66-72). Es fehlte ihnen der Glaube noch und der Heilige Geist (Joh. 7,39). So konnte der Herr Jesus Seinen Jüngern noch nicht einmal alles sagen, was Er ihnen sagen wollte, sie konnten es nicht ertragen (Joh. 16,12), der Heilige Geist mußte es tun.

Somit sind die Werke, welche der Heilige Geist nach der Ausgießung des Heiligen Geistes in und durch die Gläubigen wirkt und tut, in mancher Hinsicht größer, weil sie nicht mehr örtlich begrenzt sind und weil der Heilige Geist die Vollendung der Gemeinde Christi auszuführen hat, nachdem das volle Heil durch Jesu Tod und Auferstehung bestätigt war. Jesus hat Tausende gelehrt und wunderbar gespeist, aber in seiner 3½jährigen Tätigkeit nur einige schwache Jünger gehabt, die in schwerer Anfechtung nicht standhielten. Am großen Pfingstfest zu Jerusalem aber bekehrten sich auf eine Predigt 3000 Seelen, und der Apostel Paulus hat eine Menge heidenchristliche Gemeinden gegründet, deren Mitglieder den Raub ihrer Güter mit Freuden erduldet haben und ihr Leben nicht geliebt haben bis in den Tod. Solche Werke waren Jesu, dem Sohn Gottes, im Stande Seiner Erniedrigung versagt.

F. Th. H.

Anmerkung des Schriftleiters

Die Schwierigkeiten dieser Stelle kommen wohl daher, weil entweder der genaue Wortlaut oder der Zusammenhang der ganzen Stelle (wie schon Antwort A, die einzige eingegangene, besagt) nicht genügend beachtet wird.

Was den ersteren betrifft, so darf man nicht herauslesen: „größere Werke als Ich“, sondern „größere als diese“. Der HErr tut doch sowieso alle Werke, auch die, welche als Vermittler Seiner Macht

hienieden wir jetzt ausüben dürfen wie vordem Seine Apostel; getrennt von ihm könnten wir nichts tun (Joh. 15,5)! Ohne Seinen Geist wären wir unfähig, auch nur etwas zu tun, was Wert in Seinen Augen hätte; die besten Fleischeswerke sind wertlos für Gott; wie sollten wir auch „nur“ solche, wie Er sie tat, geschweige denn „größere als diese“ tun können, wenn nicht in Seiner Kraft! (Phil. 4,13!) Aber das sagt Er uns: „größere als diese“. Nun zeigt sich auch im täglichen Leben die wahre Größe etwa einer Sache nicht zuerst in ihrem äußeren Umfang und dem Aufsehen, das sie im ersten Augenblick erregt, sondern in der Bedeutung, die sie in sich trägt und die sich vielleicht erst später geltend macht, dann aber in einem zuerst kaum geahnten Umfange. Und in diesem Sinne sind die Werke, welche die Seinen in Fortführung Seines angefangenen Werkes hienieden tun durften und dürfen, größer als die Werke, die Er (wie obige Antwort sagt) in Seinen auf Israel beschränkten Grenzen zu tun hatte. Was für ein gewaltiges Werk z. B. war das der Gründung der Gemeinde am Pfingsttage - die Gewaltigkeit aber zeigt sich vor allem in ihrer Ausdehnung, zuerst Israel betr. - vergleichbar den Werken, die Er tat und die die Seinen auch tun sollen! -, aber weitergehend bis in unser Jahrhundert und unser Land und bis an die Enden der Erde, während zugleich die Bedeutung der Gemeinde weit über den Erdkreis hinausreicht (vergl. z. B. Eph. 3,8-10!) und die Ewigkeit mit umfaßt. - Zu den „größeren Werken“ gehört z. B. auch Apgesch. 5,12ff. und 8,26-40 sowie die Taten von Apgesch. 16, aber nicht minder die ernsten Taten in Apgesch. 5,1-11 und 1. Kor. 5! Durch ihre Bedeutung werden dieselben so groß. Unter diesem Gesichtspunkt gesehen, wird uns noch manches apostolisches Werk, aber auch manches der späteren Zeit, als ein „größeres Werk“ denn die, so der HErr hienieden tat, anmuten, denken wir nur an die zuerst so schwach und armselig scheinenden, aber so unendliche Zukunftsbedeutung in sich bergenden Anfangsunternehmungen der neuzeitlichen Heidenmissionen!

Das zweite, was das Verständnis dieser Stelle so erschwert, ist die Außerachtlassung des Zusammenhangs, worauf Antwort A ja schon eingeht. Es handelt sich um das, was die Seinen tun würden und könnten, wenn Er nach Erringung des Sieges von Golgatha zum Vater gegangen sein würde. Dann wollte Er ihre Gebete in Seinem Namen - ein Beten, das erst möglich war nach Seinem Weggang und „größe“ ist als das „Vaterunser“, so schön dies an seinem Platze auch ist - erhören; dann wollte Er ihnen „den Geist der Wahrheit“ senden, von dem z. B. Joh. 16,7-14 handelt und der sie zu Zeugen Christi machen würde (Joh. 15,26.27; Apgesch. 1,8 u. a.). Dann, erst dann - aber dann auch bestimmt sind sie, und wir Gläubigen von heute auch, befähigt, „größere Werke als diese“ zutun, ja, Werke zu Seiner bleibenden Ehre und in Seinem kostbaren Namen. Wie wuderbar ist dieses! Welcher Herrlichkeit sind wir doch gewürdigt! Er gebe uns Gnade in und zu Seinem Ewigkeitsdienst! (2. Kor. 9,8; Eph. 2,10!)

Frage 4

In Hebr. 7,3 ist Melchisedek mit dem Sohn Gottes verglichen. Darf man da wohl annehmen, daß Melchisedek und der Herr Jesus eine Person sind?

Antwort A

Wenn eine Person mit einer anderen verglichen wird, ist damit nie gesagt, daß die verglichene Person zugleich auch die zu vergleichende sei. Wer annehmen will, daß Melchisedek und Jesus ein und dieselbe Person sei, der kann es ja für sich tun und auch gewisse Folgerungen daraus ziehen,

aber zu einer biblischen Lehre kann dieser Vergleich nicht mißbraucht wenden. Das Himmelreich ist gleich zehn Jungfrauen. Es wird niemand einfallen, die zehn Jungfrauen als das Königreich der Himmel zu bezeichnen (Matth. 25,1ff.); so alle diese Vergleichungen (Matth. 13,24 u. a.).

Wie es im Leben Josephs viele Berührungs- und Vergleichungspunkte mit Jesu gibt, so auch im Leben des Melchisedek. Wenn nur ein Teil aus dem Leben Melchisedeks in der Geschichte erscheint, so ist damit noch nicht gesagt, daß Melchisedek keinen Anfang noch Ende hatte, sondern das biblische Lebensstück von Melchisedek hat mit seinem Anfang und Ende nichts zu tun und bildet gerade so ein schönes Vergleichsstück für Jesum (1. Mos. 14,18-20).

F. Th. H.

Antwort B

Der Herr Jesus ist Hoherpriester geworden (Kap. 6,20), Melchisedek aber bleibt Priester und wird nur dem Sohne Gottes verglichen. Das Wörtchen „aber“ zeigt uns den Gegensatz an. Zwischen Gleichem besteht kein Gegensatz. Ebenso ist es nicht möglich, einen Gegenstand mit sich selbst zu vergleichen, wohl aber Gegenstände, die ähnliche Züge aufweisen. Melchisedek war dem Sohne Gottes ähnlich gemacht, nicht umgekehrt, damit er als Schattenbild die Ordnung darstelle, in der nachher der Herr Jesus als der wahre Hohepriester in Sein Amt eingeführt wurde, nämlich nicht auf dem Wege menschlicher Geschlechtsregister, sondern als von Gott von Ewigkeit her dazu ausersehen.

K. G.

Antwort C

Melchisedek ist sicher eine der geheimnisvollsten biblischen Persönlichkeiten. Selbstverständlich wird man sich einer gewissen Zurückhaltung befleißigen müssen, wenn die Bibel es für gut hält, nur kurze Andeutungen zu machen.

Melchisedek ist ein Vorbild auf Christum. Er kann darum mit dem Herrn Jesus nicht ein und dieselbe Person sein, so daß beide eine Person sind. Sehen wir uns aber erst die Stellen an, in denen von ihm die Rede ist. Es sind dies insbesondere 1. Mos. 14,18-20, Ps. 110,4 und Hebr. 7,1-4. Nach 1. Mos. 14,18 war Melchisedek der König von Salem, d. h. Jerusalem (Ps. 76,2). Wir müssen ihn also vor allem als eine geschichtliche Persönlichkeit verstehen. Und zwar war er nach 1. Mos. 14 ein Zeitgenosse und Freund Abrahams. Er war ein Priester Gottes des Höchsten. Es ist eigenartig, inmitten der heidnischen Finsternis, die damals auch schon das Erdreich bedeckte, wie später zu Zeiten des Jesaja nach Jes. 60,2, eine solche Lichtgestalt wahrzunehmen. Melchisedek sagt von dem höchsten Gott, er besitze Himmel und Erde und habe Abrahams Feinde in Abrahams Hand gegeben. Melchisedeks Gott ist ihm also der Schöpfer aller Dinge sowie auch der Lenker alles irdischen Geschehens. Melchisedek bewirtet Abraham mit Brot und Wein, als dieser aus der Schlacht der Könige heimkehrte. Abraham gibt Melchisedek den Zehnten von alIer Beute. Diese historischen Einzelheiten aus Melchisedeks Leben und Geschichte haben typischen, d. h. vorbildlichen Charakter. Nach Ps. 110,4 soll der Messias ein Priester in Ewigkeit sein nach der Weise und Ordnung Melchisedeks. In Hebr. 7,1-4 wird die vorbildliche Bedeutung des Melchisedek etwas weiter durchgeführt. Außer dem uns in 1. Mos. 14 Mitgeteilten wird noch gesagt, daß er gedeutet wird als

durchgeführt. Außer dem uns in 1. Mos. 14 Mitgeteilten wird noch gesagt, daß er gedeutet wird als Doppelkönig der Gerechtigkeit und des Friedens, daß er ohne Vater, ohne Mutter und ohne Geschlechtsregister sei, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens hat, dem Sohne Gottes verglichen ist und immerdar Priester bleibt. Besonders das in Hebr. 7,3 Gesagte veranlaßte wohl den Fragesteller zu der Annahme, Melchisedek und der Herr Jesus seien eine Person. Bei dieser Annahme wäre es auffallend, daß der Sohn Gottes keinen Vater gehabt, während Jesus doch viel von dem Vater im Himmel redet. Wenn wir Melchisedek als geschichtliche Persönlichkeit auffassen und ihn als Zeitgenossen Abrahams verstehen, dessen Priestertum und Handlungen vorbildliche Bedeutung haben, dann kann der Herr Jesus nicht identisch (gleicher Person) sein mit Melchisedek. Wohl dürfen und sollen wir von Melchisedek aus den Sohn Gottes als Priester betrachten, jedoch dürfen wir bei aller Übereinstimmung der beiden nicht ihre Besonderheiten als eben zweier Persönlichkeiten aufheben. Hebr. 7,3will sagen: die Schrift gibt uns von Melchisedek kein Geschlechtsregister, keinen Stammbaum, sie berichtet nichts über seinen Vater wie über seine Mutter, nichts über den Anfang noch über das Ende seines Lebens. Selbstverständlich hatte Melchisedek als Mensch Vater und Mutter und demgemäß einen Stammbaum, somit auch einen Anfang seines Daseins wie auch ein Ende seines irdischen Lebens. Soweit jedoch Melchisedek in den Rahmen der Schrift tritt, wird uns in ihr von ihm nichts mitgeteilt über Geschlechtsregister und Stammbaum, Vater und Mutter, Anfang der Tage noch Lebensende, Er tritt auf, ohne daß vorher in einer Vorgeschichte auf ihn hingewiesen wird. Der Geist Christi in den Propheten benutzt ihn im 110. Psalm zu einem Vorbilde für den Messias als Priester, ohne daß die Schrift uns über das Ende seines Lebens berichtet.

A. C.

Anmerkung des Schriftleiters

Die eigentliche Frage ist klar beAntwortet, doch füge ich noch einige weitere Gedanken bei: Manch namhafter Schriftforscher hat schon in Melchisedek den Herrn Jesus Selbst vermutet, und nach der Schrift kann man auch kaum groß genug von dieser wunderbaren Persönlichkeit denken, weshalb jene Vermutungen nichts den HErrn Erniedrigendes enthalten. - Nun ist es allerdings höchst eigenartig, daß in dem finsteren kanaanitischen Heidentum sich schon vor dem Hinkommen Abrahams eine so erhabene Gestalt wie dieser Priesterkönig befand, der von dem großen Abraham als der noch größere anerkannt wird. Aber beweist diese Tatsache nicht auch, daß Gott souverän ist in der Berufung und Begabung Seiner Werkzeuge?! Ein Volk Gottes gab es damals noch nicht, und ebenso wunderbar wie Abram als Vater des zukünftigen Volkes Gottes auserwählt und berufen wird, der Träger göttlicher Verheißungen zu werden, ebenso wunderbar hatte Gott Sich den Melchisedek mitten aus dem finsteren Heidentum ausersehen und fähig gemacht, Sein Wesen zu offenbaren, indem er Abraham segnet. - Die alte jüdische Überlieferung hat die Person Melchisedeks mit einem Kranz von Sagen und Legenden umgeben, wodurch sie beweist, daß auch der fromme Jude ihn als geschichtliche Person ansah, denn solche Sagen ranken sich im allgemeinen nur um geschichtliche, aber irgendwie geheimnisvolle Menschen und Dinge (vgl. z. B. die deutsche Barbarossa- oder Kyffhäusersage!). - Somit bin auch ich überzeugt, daß wir es in Melchisedek mit einer geschichtlichen Persönlichkeit zu tun haben, deren Abstammung dem inspirierten Schreiber dieser Geschichte, dem Mose, verhüllt bleiben mußte, damit das Priestertum Melchisedeks im Gegensatz zu dem des Aaron dem späteren Judenchristen (und auch uns) das vollendetste Vorbild auf das so kostbare ewige

Hohepriestertum Jesu Christi sein könnte. (Ich muß mir aus Raummangel versagen, hier näher darauf einzugehen, vielleicht, w. G., später in einem besonderen Aufsatz.) In Christo haben wir das Vorbild dieses königlichen Priestertums, das aus dem Innern des Heiligtums herauskommt, um zu segnen die, so sich segnen lassen (wie Abraham es tat, unser, der Gläubigen, Stammvater), wie auch das Vorbild des Sünde sühnenden aaronitischen Priestertums, das zuerst in das Heiligtum hineingehen mußte, um dort vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen (vergl. Hebr. 9,24ff.). Indem nun den gläubig gewordenen Hebräern diese alttestatmentliche bekannte Gestalt vor Augen geführt wurde als Vorbild auf das Priestertum Christi, wurde ihnen bewiesen, daß dieses Priestertum das größere sei, weil ewig, unveränderlich und das Geringere in sich schließend, das des Aaron, des Abkommen Abrahams, der Melchisedek als dem Größeren huldigte. Und dieser Beweis ist darum so unwiderleglich, weil - während der aaronitische Priester ein anerkanntes Geschlechtsregister haben mußte - dieser Melchisedek ohne Vater und Mutter, ohne menschliche Abstammung erscheint und dennoch als Priester Gottes von dem größten Patriarchen, Abraham, ihrem Vater, anerkannt wird (7,4). Welche Ratschlüsse unseres Gottes, welche Tiefen göttlicher Weisheit, welche Liebe, die uns ein wenig hineinschauen und uns auch teilnehmen läßt an Geheimnissen (1. Petri 2,9), die allein Gottes würdig sind!

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 29.)

Wenn wir zuvor sagten, daß jeder, der an den Herrn Jesus gläubig wird, den Heiligen Geist empfängt, so möchte uns jemand auf Apgesch. 8 verweisen und sagen, daß die Samariter gläubig wurden und nicht den Heiligem Geist empfingen.

Um dieses zu verstehen, ist es nötig, etwas näher auf das Buch der Apostelgeschichte einzugehen.

Beim Lesen der Apostelgeschichte müssen wir beachten, daß sie uns die Geschichte des Überganges in ein neues Zeitalter (das der Gemeinde Gottes) gibt. Wir finden deshalb Dinge in der Apostelgeschichte, die außergewöhnlich sind und die nur der Übergangszeit angehören. So wichtig und belehrend die Ereignisse der Apostelgeschichte auch für das Verständnis sowohl der Gemeinde als auch des Heiligen Geistes sind, so haben wir in diesem Buche doch nicht die Lehre weder von der Gemeinde noch von dem Heiligen Geiste. Lassen wir dieses außer acht, so kommen wir in Verwirrung und öffnen der menschlichen Spekulation die Tür. Wir wissen, Gottes großer Plan war, aus Juden und Heiden den Leib Christi, Seine Gemeinde, zu bilden. Dieser Plan war zur Zeit seiner Entwicklung den

Menschen noch nicht geoffenbart. Er lag noch verborgen im Herzen Gottes (Eph. 3,3-6). Aus der Apostelgeschichte sehen wir, wie Gott diesen Seinen verborgenen Plan und Vorsatz Schritt für Schritt zur Ausführung bringt. Wir verstehen heute, daß die Gemeinde am Pfingsttage ihre Gründung empfing, aber den Augen der Menschen jener Tage war die Gemeinde so, wie sie in dem Plane Gottes war, noch völlig verborgen. Sie lag noch wie eine Blume in der Knospe. Man sah die Knospe, aber niemand wußte, wie ihre Entfaltung sein werde. Alle schauten staunend etwas Neues: „Was wird dies wohl sein?“ Man sah einen neuen Anfang, aber niemand kannte den Ausgang - den Plan und Ratschluß Gottes. Dieser lag, wie gesagt, noch verborgen im Herzen Gottes und wurde erst durch Paulus enthüllt, nachdem die Gemeinde in ihrem Zusammengefüge aus Juden und Heiden aufgerichtet war.

Die Apostelgeschichte beginnt mit einem nochmaligen Ruf zur Buße an Israel. Gott hatte ehemals zu den Vätern geredet durch den Mund der Propheten (Hebr. 1,1). Aber sie hatten Seiner Stimme nicht gehorcht und jene getötet. Dann sandte Gott Seinen Sohn, indem Er sagte: „Sie werden sich vor Meinem Sohne scheuen!“ Aber sie sagten: „Dieser ist der Erbe, kommt, laßt uns Ihn töten“. Und sie nahmen Ihn, warfen Ihn zum Weinberg hinaus und töteten Ihn. Der HErr nötigte sie dann, das Urteil über sich selbst auszusprechen: „Er wird jene Übeltäter übel umbringen“ (Matth. 21,33-41). Der Feigenbaum (Israel) war nun reif für die Axt. Aber auf die Bitte des HErrn hin wurde ihm noch eine Gnadenfrist gegeben. Das, was der HErr im Gleichnis von der Fürbitte des Weingärtners (Luk. 13,6-9) gesagt hatte, das vollführte Er Selbst am Kreuz, als Er bat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

Gott hatte es angeordnet, daß für solche, die aus Versehen - ohne Wissen und Vorsatz - jemand töteten, eine Zuflucht oder Freistatt aufgetan werden mußte. Durch Sein Gebet am Kreuz stellte der HErr Israel an den Platz eines solchen Totschlägers, der in Unwissenheit getötet hatte und dem noch ein Weg der Rettung geöffnet werden mußte. So wurde am Pfingsttage dem Volke Israel noch einmal die Tür der Gnade in dem Rufe zur Buße geöffnet. Petrus, durch den Heiligen Geist, knüpft an jenes Gebet des HErrn an und verkündigt dem Volke (seinen Brüdern nach dem Fleische), daß sie in Unwissenheit gehandelt, Buße tun und sich bekehren sollten, damit ihnen Christus wieder gegeben werde (Apgesch. 3,17-20). Aber auch das letzte Bemühen des Weingärtners um den Feigenbaum war vergebens. In der Steinigung des Stephanus verwarfen sie das letzte Angebot des Heiligen Geistes. Und feierlich bezeugt Stephanus ihnen, daß die Väter die Propheten, durch welche Gott einst redete, getötet hätten, daß sie den Sohn töteten und jetzt dem Heiligen Geiste widerständen. Alle Bemühungen um den Feigenbaum waren hingefallen. Jetzt blieb nur noch übrig, ihn durch die Axt der Römer umzuhauen (Luk. 13,9). Gottes Verheißungen über Sein Volk aber fallen nicht zu Boden, sie bleiben aufgehoben für einen anderen Tag, wenn die spätere Generation Israels den HErrn empfangen wird mit: „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des HErrn“ (Matth. 23,38.39).

Nachdem Israel das letzte Angebot der Gnade verworfen hatte, geht Gott jetzt einen Schritt in der Ausführung Seines Planes weiter. Nicht nur aus Juden, aus jeder Sprache und Nation will Er Seine Gemeinde bauen. Aus Samaria und den Nationen war bisher noch niemand herzugerufen worden. Die Gemeinde in Jerusalem bestand bis jetzt nur aus gläubig gewordenen Juden bezw. Judenproselyten. Nun aber sollte die Zwischenwand der Umzäunung Israels abgebrochen und auch „Samaria und die Enden der Erde“ durch den Heiligen Geist dem Leibe Christi eiverleibt werden. Frieden mußte nicht nur „den Nahen“, sondern auch „den Fernen“ verkündigt werden (Eph. 2,17). Es ist köstlich, die Weisheit Gottes in Seinen Wegen anzuschauen, die Er in dieser Übergangszeit in die

ist köstlich, die Weisheit Gottes in Seinen Wegen anzuschauen, die Er in dieser Übergangszeit in die neue Verwaltungsperiode der Gemeinde Gottes entwickelte.

Laßt uns einen Augenblick dabei verweilen!

Nach der Steinigung des Stephanus brach wider die Gemeinde in Jerusalem eine große Verfolgung aus. Gott benutzte diese, um Philippus mit der Botschaft des Friedens nach Samaria zu senden. So wie in Jerusalem eine Gemeinde von gläubigen Juden war, so entstand hier ein Kreis von gläubigen Samaritern. Wie würden diese beiden sich nun zueinander stellen, da eine tiefgewurzelte, Jahrhunderte alte Feindschaft zwischen Juden und Samaritern bestand? Die Schrift berichtet uns, daß beide keine Gemeinschaft miteinander hatten und in bezug auf die Anbetung Gottes Rivalen waren, indem jeder Anspruch machte, den Platz der Anbetung zu besitzen (Joh. 4,20). Würde sich nun diese Gegnerschaft in den beiden Gemeinden fortsetzen und jede Anspruch erheben, die rechte Gemeinde Gottes zu sein? Wie konnten diese sich so entgegenstehenden Elemente in Einheit verbunden werden?

Gottes Weisheit fand den Weg! Als es nach Jerusalem erscholl, daß Samaria das Wort Gottes angenommen habe, wurden Petrus und Johannes nach Samaria gesandt, um zu sehen, was der HErr dort getan habe. Und nun sahen sie, daß die Hauptsache, der Heilige Geist, fehlte. Als am Pfingsttage Gott den Juden bezeugte: „Tut Buße, und ein jeder von euch werde getauft auf den Namen Jesu Christi, und ihr werdet die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apgesch. 2,38), da geschah es so: die Gläubigen in Jerusalem wurden in einem Geiste zu einem Leibe getauft (1. Kor. 12,13). Aber als Samaria das Evangelium annahm und die Gläubiggewordenen getauft wurden, da fiel der Heilige Geist auf nicht einen von ihnen, und sie wurden somit dem einen Leibe nicht hinzugefügt. Der HErr hielt die Gabe des Heiligen Geistes und damit die Einverleibung dieser Gläubigen so lange zurück, bis die Apostel von Jerusalem kamen und die von Ihm gewollte Verbindung dieser beiden Kreise hergestellt war. Beide Kreise sollten lernen, daß Jerusalem mit seinem Tempel und Samaria mit dem Berg Gerisim zu Ende gekommen seien. Ein neuer Leib nahm seinen Anfang. Die Anbetung mußte in Geist und Wahrheit dargebracht werden (Joh. 4,23).

Was die beiden Apostel in Samaria geredet und gewirkt, welche Auseinandersetzungen stattfanden, welches Licht der HErr bei diesem Besuch gab, wissen wir nicht. Die Schrift berichtet uns nur das Schlußresultat, daß die Apostel für sie beteten, daß ihnen der Heilige Geist gegeben werde, und sie ihnen die Hände auflegten. Hieraus aber geht klar hervor, daß alle Entfremdung beseitigt und völliges Einssein bewirkt worden war; denn in dieser Bitte lag nichts geringeres, als daß der HErr die Samariter „in einem Geist zu einem Leibe“ taufen (1. Kor. 12,13) und Seiner Gemeinde als Glieder hinzufügen wolle. Ihr Einssein mit dem Werke in Samaria brachten sie dann durch Händeauflegen vor dem HErrn zum Ausdruck.1 Nachdem so die Anerkennung des neuen und wunderbaren Bandes der Einheit der Judengläubigen und der Samaritergläubigen stattgefunden, Antwortete der HErr auf ihr Gebet und gab den Heiligen Geist. Wir sehen, wie der HErr in Seiner Weisheit die Gabe des Heiligen Geistes in Samaria so lange zurückhielt, bis die Hindernisse der Einheit dieser zwei sich feindschaftlich entgegenstehenden Kreise hinweggeräumt waren.

1

Das Händeauflegen in der Schrift ist der Ausdruck der Gemeinschaft, des Einsseins und des Sich-Verbindens mit dem, dem man die Hände auflegte. So finden wir es schon im Händeauflegen auf das Opfer usw. im Alten Testament (3. Mose 16,21; 4. Mose 8,10). Timotheus wird ermahnt, alle Hast und Eile in diesem Ausdruck der Gemeinschaft zu vermeiden (1. Tim. 5,22).

Daß es sich hier um einen Ausnahmefall handelt, der mit den Wegen Gottes in der Zeit der Entwicklung Seiner Gemeinde zusammenhängt, braucht nach dem Zuvorgesagten wohl kaum noch bemerkt zu werden. Nie wieder in der Schrift finden wir einen solchen Fall, daß auf das Gebet der

Apostel hin (m Verbindung mit Händeauflegen) der Heilige Geist gegeben wurde. Wenn uns in Apgesch. 8 die Ordnung und Weise gezeigt würde, in der wir heute den Heiligen Geist empfangen sollen, dann müßten wir auch die von Gott beglaubigten Apostel haben, deren Hände allein hier in Frage kommen, und dann stände die Weise, wie die Heiden in Apgesch. 10,44 den Heiligen Geist empfingen, damit in krassem Widerspruch.

In Apgesch. 8 sehen wir, wie Gott die Zwischenwand der Umzäunung abbricht und die Samariter Seiner Gemeinde einverleibt. In Apgesch. 10 finden wir den letzten Abbruch der Zwischenwand, und die Heiden werden Seiner Gemeinde einverleibt.

In all diesem Wirken des HErrn steht Petrus als das von Ihm gebrauchte Werkzeug im Vordergrund. Der HErr hatte ihm die Schlüssel gegeben (Matth. 16,19), und er schloß am Pfingsttage zuerst die Tür der Gnade den Juden auf (Apgesch. 2 und 3) und danach den Samaritern (Apgesch. 8). Wie wenig Petrus aber daran dachte, daß auch die Wand zwischen Juden und Heiden abgebrochen und er auch zu den Heiden gehen sollte - wie schwer es ihm wurde, die altgewohnten jüdischen Gedanken aufzugeben und die neuen Wege Gottes zu erfassen, das sehen wir aus dem 10. Kapitel der Apostelgeschichte. Dreimal mußte Gott ihm das Gefäß (gleich einem leinenen Tuche) zeigen und sagen: „Was Gott gereinigt, das mache du nicht gemein“. Das, was Gott in dem leinenen Tuche zusammengefügt hatte, das hätte Petrus nie zusammengefügt, und daß Gott Seine Gemeinde so aus Juden und Heiden zusammenfügen wollte, das widerstrebte seinem ganzen jüdischen Denken und Fühlen. Er stellte deshalb auch dem HErrn ein kühnes „Keineswegs“ und „Niemals“ entgegen. (Ist Petrus in dieser Sache nicht so recht unser Bild? Wie schwer lassen auch wir alte, fast heilig gehaltene Lehren fahren; und wie ungern geben wir uns liebgewordene Theorien auf. Der Mensch hängt ja auch mit Liebe noch an Irrtümern und wirft sie oft nur mit Schmerz über den Haufen.)

Wir denken uns so wenig in die Lage der Dinge hinein. Was Petrus und den Gläubigen jener Tage große Schwierigkeiten waren, sind uns heute natürlich keine. Was Petrus durch das Gesicht des leinenen Tuches lernen mußte, nämlich, daß vor Gott kein Unterschied zwischen „Jude und Grieche“ ist und Er aller HErr ist, das lernen wir so leicht aus einer Schriftstelle. In jenen Tagen aber mußten die Gläubigen dieses schrittweise aus den Wegen Gottes in der Entwicklung Seiner Gemeinde lernen. Wir können es Petrus nachfühlen, wie er voll Erstaunen, als ihm das Licht aufging, ausrief: „Nun begreife ich in Wahrheit, ... dieser ist aller HErr“ (vergl. Apgesch. 10,34.36 mit Röm. 10,12).

Nachdem Gott so Petrus für den letzten Schritt in der Entfallung Seiner Gemeinde vorbereitet hatte, sandte Er ihn in das Haus des heidnischen Hauptmannes. Dort angekommen, findet er eine von Gott zusammengeführte Schar, voll Verlangen, aus seinem Munde zu hören, was Gott ihm befohlen habe. Petrus teilt ihnen mit, daß es ihm als einem jüdischen Manne nicht erlaubt sei, in das Haus eines Fremdlings zu gehen, daß ihm aber Gott ganz neue Wege gezeigt habe, und verkündigt ihnen die frohe Botschaft, daß Gott die Person nicht ansieht und jeder, der an Jesum glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen (10,35.43).

Während Petrus noch diese Worte redete, fiel der Heilige Geist auf alle, die das Wort hörten (Vers 43 und 44). Ohne Gebet, ohne Handauflegen des Apostels, ja ohne vorher getauft zu sein, einfach auf die Annahme der Kunde des Glaubens empfingen sie den Heiligen Geist. Petrus und die sechs Brüder mit ihm (Apgesch. 11,12) sahen sich somit plötzlich vor die Tatsache gestellt, daß der HErr auch diese Heiden durch den Geist Seiner Gemeinde hinzugetan hatte, und so befahl Er, daß „diese, die

den Heiligen Geist empfangen“ hätten, getauft würden.

Als die Gläubigen in Jerusalem hörten, daß er zu den Heiden eingekehrt sei, machten sie ihm ernste Vorhaltungen dieserhalb. Petrus „setzte ihnen der Reihe nach“ alles auseinander. Dann beruhigen sie sich und erkannten an, daß Gott auch den Nationen die Buße zum Leben gegeben habe (Apgesch. 11,1-18).

Gott Selbst hatte die letzte Scheidewand, die noch zwischen Juden und Heiden bestand, abgebrochen. Wie wir gesehen haben, waren bisher nur Juden und Samariter „herzugerufen“ und Seiner Gemeinde einverleibt worden. Nun war auch die letzte Stufe in der Entwicklung Seiner Gemeinde erreicht. Auch die aus den Nationen waren Miterben und Miteinverleibte (Eph. 3,6). Zusammengefügt aus Juden, Samaritern und Heiden, trug die Gemeinde jetzt den Charakter, den sie bleibend tragen sollte. Einfach aus die Kunde des Glaubens, ohne vorausgegangene Taufe (wie bei den Juden Apgesch. 2), ohne Gebet und Händeauflegen der Apostel (wie bei den Samaritern Apgesch. 8) wurden die Gläubigen versiegelt mit dem Heiligen Geiste. Diese Ordnung finden wir dann auch als bleibend später in den Briefen festgelegt und bestätigt. So werden die Galater erinnert, daß sie den Heiligen Geist auf die Kunde des Glaubens empfingen (Gal. 3,5). Ebenso werden auch die Epheser daran erinnert, daß sie, nachdem sie geglaubt hatten, versiegelt worden seien mit dem Heiligen Geiste (Eph. 1,13.14). Und ist es mit uns nicht in gleicher Weise geschehen?

Diese letzte Schriftstelle Eph. 1,13, in der gesagt wird, daß die Epheser versiegelt wurden mit dem Heiligen Geiste, nachdem sie geglaubt hatten, beweist uns auch, daß der oft herangezogene Fall der zwölf Jünger in Apgesch. 19, denen der Apostel Paulus die Hände auflegte, ehe sie den Heiligen Geist empfingen, ein ebensolcher Ausnahmefall ist, wie es der in Samaria war, und daß Gott hier ebenso wie in Samaria damit Absichten des Segens und der Bewahrung verband.

Wenn wir einen Augenblick bei dieser Schriftstelle verweilen, so sehen wir aus dem 18. Kapitel, daß Paulus bei seinem ersten Besuche in Ephesus Aquila und Priscilla zurückließ. Diese beiden teuren Kinder Gottes machten ihre Wohnung zu einer Stätte der Unterweisung, wo der gesegnete und beredte Apollos genauere Auslegung des Weges Gottes empfing (Apgesch. 18,26). Auch später in Rom finden wir ihr Haus als die Stätte, wo die Gemeinde zusammenkam (Röm. 16,3-5).

Als Paulus zum zweitenmal nach Ephesus kam, „fand“ er diese zwölf Johannesjünger. Paulus muß es in seiner Unterredung bald gespürt haben, daß ihnen etwas mangele, und er fragt: „Habt ihr den Heiligen Geist empfangen, nachdem ihr gläubig geworden seid?“ (Aus dieser Frage geht hervor, daß dies die Regel und Ordnung war, wie Gott den Heiligen Geist gab.) Ehrlich gestanden sie: „Wir haben nicht einmal gehört, ob der Heilige Geist da ist.“ Wir dürfen natürlich nicht denken, daß diese Jünger nicht wußten, daß es einen Heiligen Geist gab, das wußten sie aus den Schriften des Alten Testamentes. Davon hatte auch Johannes der Täufer gezeugt, daß der nach ihm kommende Christus mit dem Heiligen Geiste taufen würde. Sie wußten also, daß es einen Heiligen Geist im Himmel gebe, aber sie wußten nicht, daß der Heilige Geist jetzt auf Erden sei, und noch viel weniger, daß sie Seine Wohnung sein sollten. Sie kannten nur die Botschaft Johannes des Täufers von dem kommenden Christus und der Buße im Blick auf das nahegekommene Reich der Himmel. Dieser Botschaft hatten sie ihr Herz im Glauben geöffnet und sich taufen lassen mit der Taufe der Buße, so wie Johannes es angeordnet hatte.

Der HErr hatte Sein Auge auf diese zwölf Männer gerichtet, und Er führte es, daß sie mit Paulus

zusammentrafen, der ihnen nun die Botschaft von dem gekommenen Christus brachte. Was Johannes ihnen nicht bringen konnte, das konnte ihnen Paulus verkünden, nämlich, daß das Werk der Erlösung vollendet und der Heilige Geist herniedergekommen sei, um den Leib Christi zu bilden.

Als sie diese Botschaft hörten und getauft waren, legte Paulus ihnen in apostolischer Machtvollkommenheit die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie. Manche haben gemeint, weil Paulus solches tat, könnten auch wir dieses tun. Es bedarf wohl kaum gesagt zu werden, daß die Apostel einen besonderen Stand, Aufgabe und Dienst in dem Bau der Gemeinde Gottes hatten und daß Gott sie mit einer besonderen Autorität und Macht ausstattete, so daß wir nicht, ohne eine Anweisung aus dem Worte Gottes zu haben, einfach uns anmaßen können, das zu tun, was sie taten!

Diese Schriftstelle enthält auch den beachtenswerten Bericht von einer „Wiedertaufe“. Die zwölf Männer waren bereits einmal getauft worden (nicht bloß besprengt), aber es war die Taufe Johannes und nicht die, die der HErr angeordnet hatte, und so mußten sie noch einmal getauft werden in dem Namen des Herrn Jesus, so wie Er es befohlen hatte (Matth. 28,19).

Gott hat uns nicht mitgeteilt, weshalb Paulus so geleitet wurde und weshalb der HErr Seinen Geist so lange zurückhielt. Wir dürfen auch hierüber nachdenken und die Schrift erforschen. Das, was Paulus hier tun mußte, ähnelt sehr dem, was Petrus in Samaria tat. Es scheint, daß auch hier die Absichten des HErrn ähnliche waren wie die in Samaria.

Wir haben ja gesehen, wie in den verschiedenen Entwicklungsstufen der Gemeinde (bei Einführung der Juden, der Samariter und der Heiden) Petrus als das vom HErrn gebrauchte Werkzeug im Vordergrund stand. Nun aber finden wir, daßPaulus zur Offenbarung des Planes Gottes und Vollendung des Wortes Gottes in den Vordergrund gerückt wird. Wer sein eigenes Herz kennt, weiß, wie leicht der Feind Neid und Mißgunst säet, wenn Gott einen Diener mit besonderen Gnaden ausrüstet und zu hohen Aufgaben beruft. Wir sehen aus der Schrift, wie der Feind besonders die Juden, und nicht nur die Juden draußen, sondern vor allem die jüdisch gesinnten Elemente in der Gemeinde, dazu gebrauchte, beständig die Apostelschaft Pauli anzulasten und ihn als den anderen Aposteln nicht gleichstehend zu achten (vergl. 2. Kor. 11,5; 12,11.12; 1. Kor. 15,10).

Satan stand hinter allem diesem, um den Offenbarungen, die Gott durch Paulus gab, die Kraft zu nehmen. Konnten sie seine Apostelschaft antasten, so waren auch die durch ihn gegebenen Offenbarungen kraftlos. Um dieses zu verhindern, trat Gott ein und bestätigte sein Apostelamt „in Zeichen und Wundern und mächtigen Taten“ (2. Kor. 12,12). Wenn sie ihn auch als Apostel herabzusetzen versuchten, diese „Zeichen des Apostels“ konnten sie nicht wegschaffen. Gott hatte ihn dadurch legitimiert.

Solche „nicht gemeinen Wunderwerke“ (Apgesch. 19,11) geschahen hier in Ephesus. In dieser Stadt hatte Gott ein großes Werk. Hier sollte Paulus drei Jahre arbeiten. Hier sollte er den ganzen Ratschluß Gottes offenbaren. Und hier sorgte Gott dafür, daß dieser List des Feindes, Seinen Diener und dessen Dienst kraftlos zu machen, ein Damm gesetzt werde. Er bestätigte hier Paulus, den Apostel der Nationen, so, wie Er Petrus, den Apostel der Juden, bestätigt hatte. Petrus und Johannes hatten unter Gebet den Samaritern die Hände aufgelegt, und Gott hatte mit der Gabe des Heiligen Geistes geAntwortet. Paulus legte hier nicht Samaritern, sondern jüdischen Proselyten die Hände auf, und der Heilige Geist kam auf sie. Gott heilte Kranke, wenn der Schatten Petri auf sie fiel, und hier heilte Gott Kranke, wenn nur etwas von dem Leibe Pauli (ein Schweißtuch, eine Schürze) auf sie

gelegt wurde, und hier mußten selbst böse Geister Paulus öffentlich anerkennen. Alles dieses geschah in Ephesus. Warum? Der HErr wußte, sie würden „sein Zeugnis nicht annehmen“ (Apgesch. 22,18). Gelang es, wie gesagt, den jüdischen Elementen, seine Apostelschaft anzufechten, so fielen damit auch die hohen Offenbarungen hin, die Gott Seiner Gemeinde durch ihn gab. So können wir auch in diesem Ereignis mit den zwölf Ephesusjüngern die Weisheit Gottes sehen, wie Er den Angriffen auf die Apostelschaft Seines Knechtes durch solche „Zeichen des Apostels“ zu begegnen und Sein Zeugnis und die Einheit zu bewahren wußte.

Fassen wir die verschiedenen Fälle noch einmal kurz zusammen, so finden wir:

1. Die bekehrten Juden. 2. Die gläubigen Samariter. 3. Die gläubigen Heiden in Cäsarea. 4. Die zwölf Jünger in Ephesus.

l. Der Verlauf am Pfingsttage bei den Juden bezw. Judenproselyten war: 1. Buße, 2. Taufe, 3. Empfang des Heiligen Geistes.

Die Sünden der Juden erreichten den Höhepunkt, als sie ihren Messias verwarfen und Sein Blut forderten. Diesen Juden wurde nun Buße in Verbindung mit der Taufe gepredigt zur Vergebung der Sünden, um den Heiligen Geist zu empfangen. Die Echtheit ihrer Buße kam darin zum Ausdruck, daß sie sich in dem Namen Dessen taufen ließen, über den sie sieben Wochen zuvor gerufen hatten: „Hinweg mit diesem ... kreuzige Ihn“.

II. Der Verlauf bei den Samaritern war: 1. Glaube, 2. Taufe, 3. apostolisches Gebet für sie, 4. apostolisches Händeauflegen, 5. der Heilige Geist.

Die Feindschaft zwischen Juden und Samaritern wurde entfernt und Samariter wurden der Gemeinde einverleibt.

III. Der Verlauf bei den Heiden in Cäsarea war: 1. Glaube, 2. Heiliger Geist, 3. Taufe.

Die aus den Nationen wurden mit einverleibt. Gott Selbst entfernte die Scheidewand. Die Gemeinde empfing, als zusammengefügt aus Juden, Samaritern und Heiden, hier ihren fortdauernden Charakter. Diese Reihenfolge in Cäsarea finden wir dann auch in den späteren Briefen niedergelegt. Sie ist somit die für uns geltende und bleibende.

IV. Der Verlauf bei den zwölf auf jüdischem Boden stehenden Jüngern in Ephesus war: 1. Glaube, 2. Taufe Johannes, 3. Taufe im Namen des Herrn Jesus, 4. Apostolisches Händeauflegen, 5. Heiliger Geist.

Der HErr bestätigte in diesen zwölf Männern das apostolische Zeugnis Pauli insonderheit denen gegenüber, die sein (Pauli) Zeugnis nicht annehmen wollten (Apgesch. 22,18).

Auch der Verlauf bei der Bekehrung Saulus von Tarsus enthält viel des Beachtenswerten. Jeder Blick auf die Wege und das Walten unseres Gottes muß unser Herz zur Anbetung stimmen. Wenn wir unser Herz auf Seine Wege in der Entwicklung in Seiner Gemeinde richten, so müssen auch wir mit Paulus ausrufen: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weiheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar Seine Wege! ... Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“ (Röm. 11,33-36.)

v. d. K.

Erste Wirkungen des Glaubens an Christum.

Der Glaube an Christum ist eine Kraft und beweist sich als eine solche im Leben. Er bringt in jedem einzelnen Fall eine der Umgebung des Jungbekehrten deutlich sichtbare Frucht im täglichen Leben hervor, und wo solche nicht eintritt, da ist im allgemeinen der Glaube kaum als echt anzusehen. Im folgenden einige Winke dazu aus der Schrift - in buntester Reihenfolge.

Die erste Folge nach der Rückkehr des „verlorenen Sohnes“ ins Vaterhaus war: „sie fingen an, fröhlich zu sein“ (Luk. 15,24). Es ist oft genug betont worden, es sei nichts darüber zu lesen, daß diese Freude zu Ende gegangen sei. Und in der Tat: Freude ist ein Stück der Frucht des Geistes (Gal. 5,22), „der in uns wohnt“ (2. Tim. 1,14), der uns gegeben wurde, als wir wahrhaft gläubig wurden

(Joh. 7,39; 1. Thess. 4,8; 1. Joh. 3,24 usw.).

Das letzte, was wir von dem Kämmerer wissen, ist, daß er „seinen Weg mit Freuden zog“ (Apgesch. 8,39). Sieht deine Umgebung dein freudiges Angesicht? Was ist der letzte Eindruck, den Menschen, die dich vielleicht nie wieder sehen, von dir gewinnen? (Menschen, die sich lieb haben, auch Geschwister im HErrn, sollten stets so voneinander scheiden, daß sie - wenn sie sich auf Erden nicht wieder sehen sollten - gern an das letzte Zusammensein, an den letzten Blick zurückdenken!) Dies Letzte des Kämmerers entspricht dem unmittelbar zuvor geschehenen Ersten, das seinen Glauben an Christum beweist; die von ihm selbst gewünschte biblische Taufe, die nach der Schrift das Teil aller Gläubiggewordenen ist (Mark. 16,16), wenn anders sie das Wort Gottes reden lassen und hören und nicht menschliche Reden und Redensarten sowie philosophische, religiöse Meinungen und spitzfindig ausgeklügelte Sonderlehren mit jenem verwechseln (vergl. z. B. Röm. 6,2-4; Kol. 2,11.12; Apgesch. 18,8 usw.). Was ist bei uns die Wirkung unseres Gläubiggewordenseins? Ist es der Gehorsam gegen Ihn und Sein Wort? Ist es die Freude an Ihm?

Nicht anders ist‘s beim Kerkermeister: Die Predigt des Wortes bewirkt Glauben bei ihm und sämtlichen Hausgenossen; er zeigt seine erneuerte Gesinnung (Röm. 12,2) darin, daß er seine vorherigen Gefangenen zu sich nimmt, ihnen „Samariterdienste“ zuteil werden läßt und - alsbald wird er und sein gläubig gewordenes Haus getauft, worauf er sich mit Paulus und Silas, d. h. seinen Brüdern im HErrn und damit mit dem Volke des HErrn, eins macht und tiefste Freude offenbart. Sind das nicht wahrhaft köstliche Geisteswirkungen bei einem erst wenige Stunden alten Kinde Gottes? (Apgesch. 16,29-34.) Wie ist es bei uns?

Und war es z. B. bei der Lydia (Apgesch. 16,13-15.40) nicht ebenso oder ähnlich?

Kann man ferner die Worte Apgesch. 2,42-47, welche die unmittelbare Wirkung waren im Leben der durch die erste apostolische Predigt Gläubiggewordenen, lesen, ohne sich selber zu fragen: Was ist mein Glaube wert? Wie wertet Gott ihn?

In Apgesch. 19,18.19 sehen wir erste Wirkungen des Glaubens an Jesum Christum, die höchst praktisch sind und vielleicht dem einen oder anderen von uns manches zu sagen haben. Laßt uns solche vor der Welt offenbaren Folgen nicht übersehen, geliebte Geschwister! Hast du irgendwie einem Kinde der Welt Schaden zugefügt in deinem unbekehrten Zustande - bekenne es, bringt nach

1

Es gibt leider Gläubige, die über solche bösen Dinge höchst gleichgültiger Meinung sind, dergleichen womöglich noch ausüben!

Möglichkeil in Ordnung, brich den Stab über dein Leben! Die Welt wird es merken und spüren, was der Glaube an Christum vermag! - Noch ernster aber ist V. 19! Was ist in deinem Hause, z.B. in den verborgenen Schiebladen? Böse Dinge vielleicht, deren du dich schämen würdest, wenn sie in Gegenwart eines geheiligten Kindes Gottes plötzlich ans Licht kämen - verderbliche Bücher oder Bilder, Kartenspiele oder gar Wahrsagerkarten?1 Was würde die Welt unter deinem „Nachlaß“ finden, wenn heute der HErr käme? Man kann natürlich aus bestimmten, vor dem Angesicht des HErrn stichhaltigen Gründen solche Dinge, vielleicht auch nur vorübergehend, im Hause haben, aber leider ist es eine traurige Erfahrungstatsache, daß Gläubige auch noch mit Dingen und Götzen liebäugeln können, die von verderblichster Wirkung sind und deren Besitz und auch nur gelegentliches Benutzen ein ernstes Betrüben des Geistes Gottes bedeutet (Eph. 4,30). Darum fort mit solchen Götzen aus unseren Häusern, aus unserem Leben, wenn anders wir den HErrn lieb zu haben bekennen (Joh. 14,23!). - (Möge ja kein Gläubiger denken, er sei „frei“, etwa alles zu lesen, zu sehen und zu dulden! Darüber wäre noch viel zu sagen, wozu der Raum nicht reicht.) Und bei jenen Ephesern war das Verbrennen ihrer in den Augen der irrenden, dem Satan dienenden Menschen „wertvollen“ Zauberbücher eine Wirkung ihres jungen Glaubens - möchte es bei allen Gläubigen von heute auch so sein, daß ihre Bekehrung solche ersten Wirkungen zeitigt! Wenn deine aber nicht so war - möchte dann das Lesen dieser Zeilen wenigstens die Wirkung auf dich auslösen, daß du von jetzt an nicht mehr anders kannst, als Gott gehorsam zu sein in solchen und ähnlichen sonnenklaren Punkten, betr. derer zu gehorchen zu den Kennzeichen echten Glaubens gehört!

1

Es gibt leider Gläubige, die über solche bösen Dinge höchst gleichgültiger Meinung sind, dergleichen womöglich noch ausüben!

Noch eine Erstlingsfrucht echten Glaubens, wie sie sich zeigt aus Pauli Verhalten nach Apgesch. 9,11 („siehe, er betete) und Gal. 1,16f.: Wieviel Sichberaten, statt mit dem HErrn, mit „Fleisch und Blut“, d. h. mit sich selbst und mit sogenannten „Autoritäten“, ist unter den heutigen Gläubigen zu sehen, Sich-menschlich-beraten über den Weg der Treue und des Gehorsams! Und wie leicht kommt's dann dahin, daß der Weg breiter gemacht wird, als die Schrift ihn macht, daß den Junggläubigen gesagt wird, dies und jenes sei nicht so wichtig, während dagegen die Schrift es sehr ernstlich betont! Solche vermeintlichen „Autoritäten“ („Führer“) sind häufig Menschen, die vor dem HErrn herlaufen, statt Ihm nachzufolgen. Daher wissen sie nicht, wie Er geht, was Er denkt, tut und wünscht, und somit sind sie ein Hindernis, keine Hilfe (vgl. Luk. 18,39!). Kann „Fleisch und Blut“ uns den rechten Weg zeigen? Nein - nur „der Geist der Wahrheit“, und dieser ist stets eins mit dem Worte der Wahrheit (vgl. z. B. Joh. 16,13), weshalb „von Gott bewährte“ „Führer“ (Hebr. 13,7.17; vgl. 1. Thess. 2,4; siehe auch Jahrbuch 7, Frg. 16!) sich auch aufs engste in den Linien des Wortes zu bewegen bestreben. - Folgen wir dem Wort?

Genug von diesen Erstwirkungen des echten Glaubens! Die Schrift ist voll davon. Auch in den Evangelien, wie schon das erste Beispiel zeigt, finden wir manche vorbildlichen Winke, auf die einzugehen hier zu weit führt. Ich erinnere nur noch an Mark. 5,15 u. 19 [20] (leider war dieser Mann nicht ganz gehorsam, noch weniger jener in Mark. 1,44.45); Luk. 17,16; 19,8; Joh. 4,28-30! usw.

Jak. 2,18 heißt es: „Zeige mir deinen Glauben ohne Werke!“ Ja - wie können wir der Welt und den Gläubigen beweisen, daß wir gläubig sind, wenn nicht durch sichtbare Werke, „Werke aus Glauben“? Wie offenbarte sich unser Glaube, teure Geschwister, als wir eben gläubig geworden waren - und wie offenbart er sich jetzt?

Der HErr gebe uns Gnade (nach 2. Kor. 9,8 und Eph. 2,10), zu sein: „gläubig, wie die Schrift sagt“! (Joh. 7,38; Hebr. 11.)

sagt“! (Joh. 7,38; Hebr. 11.)

F. K.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 5

Woran kann ich erkennen, ob ich etwas im Gebet „glaubend begehre“, um es empfangen zu können? (Vgl. Matth. 21,22; Mark. 9,23; 11,23.24.)

Antwort A

Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt - auch Berge versetzen - das ist Sein untrügliches Wort.

Das glaubende Begehren richtet sich nach dem Willen des HErrn (vgl. Joh. 14,12-14; 15,7;1. Joh. 3,21.22; 5,14.15; Matth. 26,39; Joh. 18,11; Hebr. 5,8). Also auch Versagen ist Erhörung, wenn der Leidenskelch nach Seinem Willen getrunken werden soll.

Daraus ergibt sich, daß man in solchen Fällen des Willens Gottes ganz gewiß sein muß und keinen eigenen Wunsch hegt, sondern durchaus will, was Gott will (Röm. 12,1.2). Noch nie hat Gott den Ölberg versetzen wollen; er wird aber versetzt beim Kommen des HErrn (Sach. 14,4.5).

F. Th. H.

Antwort B

In den angeführten Schriftstellen gibt uns der HErr praktische Unterweisungen. Wir werden dabei vor persönliche Entscheidungen gestellt und haben einen Gradmesser für die persönliche Verbindung mit dem HErrn. Die Jünger waren vorher mit dem Herrn Jesus auf Tabor gewesen, und von der Höhe seliger Gefühle ging es hinab in den Alltag - in das Gewühl - und in die Not der Menschenherzen. Auf diesem Pfad sollten die Jünger erfahren, daß der HErr der Herrlichkeit immer der gleiche bleibt. Jedenfalls war es ihnen überraschend, daß sie nicht imstande waren, den Dämon auszutreiben, kurz vorher hatten sie doch die Gewalt über unreine Geister empfangen (Mark. 6,7). Hieraus ersehen wir, daß die Geistesmacht, welche ein Gläubiger im Gebet auszuüben vermag, sehr von der engen und inneren Verbindung mit dem HErrn abhängig ist. Die Jünger waren an eine Aufgabe herangetreten, für welche sie nicht gerüstet waren, und die Antwort Des HErrn auf ihr „warum“ist bedeutungsvoll, auch für unsere Frage. Es gibt satanische Geistesmächte und dämonische Widerstände, die nur dem

auch für unsere Frage. Es gibt satanische Geistesmächte und dämonische Widerstände, die nur dem Machtgebot solcher Gläubigen weichen, die durch Gebet und Fasten in besonderem Maße von allen irdischen Einflüssen gelöst sind. Wir sehen aber auch, daß sich hier an dem Bittenden bewahrheitet, daß der HErr den glimmenden Docht des Glaubens nicht auslöscht (Jes. 42,3); Er ermutigt den Glauben des Vaters und sagt ihm gewissermaßen: Du mußt nicht daran zweifeln, daß Ich retten kann; es handelt sich darum, ob du glauben kannst; wenn du das kannst, sollst du alle Wunder Gottes erleben, denn: „dem Glaubenden ist alles möglich“. So gibt der HErr den Seinigen die Macht, durch Glauben alles erfüllt zu sehen, auch das Wunderbarste, wenn es in heiliger Übereinstimmung mit dem Vaterwillen von ihnen im Gebet ausgesprochen wird. Darum ist es für unser Gebetsleben in erster Linie wichtig, daß wir unsere Bitten in demütiger und abhängiger Übereinstimmung mit dem Willen des Vaters halten und dabei in Freimütigkeit im Namen Jesu beten. Der HErr hat uns mit dem Gebet einen Schlüssel in die Hand gegeben, mit dem wir die Schatzkammern der göttlichen Wunder aufschließen können. Es ist unbegrenzt, wie weit die Macht des Glaubensgebetes eines Gott völlig hingegebenen Menschen reicht. Voraussetzung ist, daß unser Wollen und Begehren völlig hingegeben ist und wir vor allem im Bitten nicht Gewinn oder eigene Ehre suchen. Die Leitlinie ist uns Joh. 15,7 gegeben: „Wenn ihr in Mir bleibet und Meine Worte in euch bleiben -“, die daraus gewirkte Frucht wirkt auch das rechte Bitten (Joh. 15,16 und 16,23.24.26). Johannes sagt uns in seinem Brief 1. Joh. 3,21.22: „Wenn uns unser Herz nicht verurteilt, so haben wir Freimütigkeit zu Gott, und was irgend wir bitten, empfangen wir“. In dieser Zuversicht (Freimütigkeit) treten wir vor den HErrn, und in der Übereinstimmung mit Seinen Gedanken wird unser Herz auch so bitten und dann die Bestätigung des Geistes haben, daß die Bitten im Glauben geschehen. Wie Gottes Geist unserem Geist Zeugnis gibt, daß wir Gottes Kinder sind, so erkennen wir auch die im Geiste getanen Bitten, die alsdann durch den Glauben Erhörung finden.

Ph. W.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu diesen schönen Antworten zunächst der Hinweis auf die Fragen 6 in Jahrbuch II (über „im Namen Jesu Beten“) und 3 in Jahrbuch V!

Fragesteller(in) weiß aus der Schrift, daß zum Empfangen des Erbetenen Glaube gehört, möchte aber eine sichere innere Gewißheit oder ein Kennzeichen dafür haben, ob ihr Glaube rechter Art ist, so daß sie wirklich erhörlich betet. Offenbar handelt es sich im einzelnen Falle nicht um klar in der Schrift verheißene Dinge, bei denen ein Zweifeln an der Erhörung gleich einem Zweifel an Gottes Treue wäre (also Unrecht!) - sondern die Frage ist: Kann man, auch ohne bestimmte Verheißung der Schrift, etwas als unbedingt mit dem Willen Gottes übereinstimmend erkennen, so daß man es „glaubend begehren“ darf und auch sicher erhält? - Nun scheint es z. B. nach Mark. 11,24 so, als ob wir „nur“ zu glauben brauchten, um irgend etwas uns Erwünschtes durch Gebet zu erlangen; tatsächlich haben viele Gläubige diese Stelle so aufgefaßt und - sind jämmerlich zuschanden geworden. Wenn diese Auffassung der Stelle richtig wäre, dann bedürfte man nur der Festigkeit der eigenen Überzeugung, um das gewünschte Kennzeichen zu haben. Und in diese Festigkeit kann man sich durch Einbildungskraft des Fleisches (wobei der Feind seine unheilvolle Unterstützung dem armen Opfer der Einbildung, diesem selbst natürlich unbewußt, nicht versagen würde!) künstlich hineinsteigern - und dann „glaubt“ man, ohne von Gott dazu geleitet zu sein, und die Folge ist Zuschandenwerden. Wieviel besser ist solch „hohlem“ Glauben gegenüber doch das demütig

Zuschandenwerden. Wieviel besser ist solch „hohlem“ Glauben gegenüber doch das demütig abhängige Gebet eines Paulus in 2. Kor. 12, der nicht durch selbst gewirkten Glauben etwas erzwingen wollte, was Gott ihm versagen mußte!

Denn was ist eigentlich Glauben? Hebr. 11 gibt uns mancherlei Auslegung dafür. Vor allem scheint mir wichtig zu betonen, daß der Glaube unter allen Umständen ein vertrauensvolles, gehorsames Eingehen auf eine zuvor geschehene Offenbarung Gottes ist (vergl. z. B. V. 7 u. 8-9!). Das gibt uns ja gerade die Festigkeit des Glaubens gegenüber in der Schrift verheißenen Dingen, die, weil sie der Wille Gottes, von uns erbeten und genommen werden sollen. Handelt es sich aber um nicht verheißene Dinge, sondern nur um solche, die wir (in unserer mangelnden Einsicht) für wichtig halten, dann ist dem Selbstbetrug und der Einbildung Tor und Tür geöffnet, sobald wir nämlich unsere (vielleicht sehr ernsten) Herzenswünsche ansehen als eine an uns ergangene oder uns geschenkte Offenbarung des Willens Gottes. Grundsätzlich erscheint es selbstverständlich, daß Gott solche Offenbarung Seines Willens geben könnte - und wenn Er sie gibt, dann gibt Er sicher dazu auch die innere Überzeugung, so daß kein Zweifel Raum zu haben braucht. In der Praxis aber ist dies ein sehr gefährliches Gebiet, da wir so leicht geneigt sind, uns selbst zu betrügen. Das sogenannte „innere Licht“ (ohne Schriftgrund) hat manche schon betrogen, manche ungesunde Schwärmerei nahm hier ihren Anfang. Wenn aber, wie Antwort B ausführt, Joh. 15,7 unsere Leitlinie ist, dann ist alles einfach, unser Glaubensgebet ungehindert und unsere gottgeschenkte Freimütigkeit durch Seinen Geist ein sicheres Kennzeichen, eine Gewißheit für die Berechtigung unseres Glaubensgebetes. Denn wenn Seine Worte in uns bleiben, dann ist mit ihnen gewissermaßen auch die vorausgegangene Offenbarung vorhanden, auf die hin wir glauben dürfen. Es läuft also alles immer wieder darauf hinaus: Es ist kein wahres Glaubenkönnen möglich und darum auch keine innere Gewißheit rechten Glaubens, wo keine innere Übereinstimmung mit Seinem Wort und Willen ist.

Wenn man also Mark. 11,24 so auffassen will, daß man „nur“ zu glauben brauche usw., so weiß man nicht, was Glauben ist („Glauben, wie die Schrift gesagt hat“, Joh. 7,38), und verwechselt den eigenen Willen mit Gottes Willen. Wissen wir aber durch Sein Wort (das uns beleuchtet wurde durch Seinen Geist): Das und das ist Sein Wille, dann können wir glauben, und unser Nicht-zu-zweifeln-brauchen (Hebr. 11,1ff.) ist uns Kennzeichen des rechten Glaubens genug; oder umgekehrt: Können wir - wenn zwischen Gott und uns (1. Joh. 3,21.22) und den Menschen und uns (Mark. 11,25f.) von uns aus nichts steht - glauben, ohne daß irgend Zweifel aufstehen, dann wissen wir, daß wir „glaubend begehren“ (Matth. 17,20), um das empfangen zu können, was wir erbitten. Die Hauptsache ist, nicht ins uferlose Blaue unserer Wünsche sich hineinzuglauben, sondern den festen Grund Seines Wortes und Willens unter den Füßen zu haben, dann kommt die innere Gewißheit rechten Glaubensgebetes von selbst. Will letztere aber nicht eintreten, so laßt uns prüfen, ob vor allem zwischen Ihm und uns und zwischen den Menschen und uns, soweit es an uns liegt, alles in Ordnung ist und ob Sein Wort und Wille unbedingt unser Wille ist, d. h. ob wir Glaubensgrund haben! - In zweifelhaften Fällen ist es ungleich besser und sicherer, statt sich in Glaubenwollen hineinzusteigern, ohne rechten Glaubensschriftgrund zu haben, in demütiger, wahrlich nicht weniger gläubiger Hingebung und Abhängigkeit von Ihm zu sprechen: „HErr, nicht mein Wille, sondern Dein Wille geschehe mit mir!“ (Vgl. Luk. 22,42.) Dann ist der Friede des Herzens gewahrt, auch wenn Gott in Seiner Weisheit anders handelt, als wir für gut hielten. - Unser Gott und Vater schenke uns, Seinen Willen immer besser zu verstehen, um diesem gemäß beten zu können in Jesu Namen!

Frage 6

Worauf erstreckt sich Kol. 2,8?

Antwort A

Hier sind die Kolosser gewarnt vor der Philosophie, d. h. Welt- oder Menschenweisheit, vgl. 1. Kor. 1,19-22; Matth. 11,25.26 (Philosophie heißt Weisheitsliebe). Hier bezeichnet sie der Apostel Paulus selbst als eine Weisheit nach den Überlieferungen der Menschen. Es ist die menschliche Weisheit und Wissenschaft ohne das Licht des heiligen Geistes Gottes. Da können ja auch schöne, gute und edle Gedanken entwickelt werden, aber sobald sie in göttliche Gebiete eintreten, ziehen sie das Göttliche ins Menschliche herab und werden so zur losen Verführung. Viele sind dadurch entgleist. Der natürliche Mensch, wenn er auch gebildet und weise ist, vernimmt eben nichts vom Geiste Gottes, es ist ihm eine Torheit. 1. Kor. 2,14; 1,18.23.

Wenn das Törichte Gottes weiser als die Menschen ist (1. Kor. 1,25), dann reicht die Menschen- und Weltweisheit in ihrer höchsten Entwicklung noch nicht bis an das Göttliche hin. Die Menschen können eine Ahnung davon haben, aber etwas Gewisses und Sicheres haben sie nie. Die göttliche Torheit fängt also da an, wo die menschliche Weisheit aufhört; somit muß die Weisheit Gottes viel höher sein, sie ist eben auch wie der Friede Gottes höher denn aller Menschen Vernunft.

Damit weist der Apostel Paulus die Kolosser an, daß sie mehr nach Gottes Weisheit (Jak. 3,17) als nach der Menschen Weisheit trachten sollen.

F. Th. H.

Antwort B

Die beste Antwort Hierauf gibt uns der Schluß desselben Kapitels (V. 18-23). Da wird uns gesagt, daß es sich bei dem „Wegführen“ (Luther übersetzt treffend „Berauben“) um ein Ablenken vom Ziel (V. 19) und deshalb um ein Verlieren des Kampfpreises (V. 18) handelt, also um Dinge, die nach unserer Errettung erst einsetzen. (Vergl. 1. Kor. 9,24-27 und 1. Kor. 3,11-15.) Das Erlösungswerk ruht nicht in uns, sondern Er allein hat es vollbracht und uns das Leben geschenkt, und zwar ewiges, kein zeitliches, begrenztes Leben. Da gibt es kein Verlieren und kein Rauben. Was der HErr getan hat, ist vollkommen. Daran vermag niemand etwas zu ändern. (Joh. 10,28.) Es ist dies die objektive, außer uns liegende, in dem Opfergegenstande begründete Seite unserer Erlösung. Titus 3,4-7.

Diesem steht gegenüber die subjektive, in unserer eigenen Person liegende, daher schwankende Seite der Erlösung, das heißt das mehr oder weniger praktische Eingehen in die durch das Wert des HErrn für uns zugänglich gemachten Kräfte. Hierbei kann es noch „jemand“ geben, der wegführt oder beraubt.

„Philosophie“ bedeutet „Weltweisheit“. Die Überlieferungen der Menschen und die Elemente der Welt sind unzählbar.

Zu „Philosophie“ vergleiche: Luk. 16,8; Matth. 7,15; 16,6; 2. Petri 3,17; Hohel. 2,15; Jer. 29,8.9; Röm. 16,17.18; Eph. 5,6; Hebr. 13,9; 2. Joh. 8 (voller Lohn); Apg. 17,18-21.32.33; Röm. 1,21.22; 1. Kor. 1,19-23; 1. Kor. 3,18-20; 1. Tim. 6,20.21; 2. Tim. 2,16-21 („der feste Grund Gottes steht“, das

ist objektiv); 2. Tim. 3,13.

Zu „Überlieferungen“ vergleiche: Matth. 15,2-9, Gal. 1,14; 1. Petri 1,18.

Zu „Elemente der Welt“ vergleiche: Gal. 4,3.9; Eph. 2,2. Hier sehen wir auch, wer hinter den Elementen der Welt als Triebkraft steht.

Als Fingerzeig, um bewahrt zu bleiben, mögen uns die Worte dienen: Eph. 4,20-24; Kol. 2,20-23; 2. Kor. 10,4.5.

K. G.

Anmerkung des Schriftleiters

Man wolle die in den obigen Antworten angeführten Schriftstellem treulich nachlesen, damit man sehe, wie ernstlich die Schrift diesen uns allen drohenden Gefahren begegnet.

Vers 8 steht dem V. 5gegenüber, wo den Kolossern Lob zuteil wird, während in V. 8 (vgl. V. 4) die Möglichkeit angedeutet ist, daß sie durch gewisse philosophische Lehren „als Beute weggeführt“ werden könnten. Nur das „als Beute Weggeführt werden“ „gemäß Christo“ ist berechtigt, vor allem anderen sollen die Gläubigen sich ängstlich hüten als vor Weltweisheit, die nichts als leerer Betrug ist, der ein Ausfluß der menschlichen Überlieferungen ist. Und woher sind diese überliefert? Aus jenen verhängnisvollen Stunden, da der Mensch seine Abhängigkeit von Gott aufgab und sich freiwillig in die Gefolgschaft des großen Verführers, des „Lügners von Anfang“, des Satans, begab (1. Mose 3). Außerdem verknüpfte die Weltweisheit und deren Forschung die Gläubigen eng mit den physischen Grundelementen (naturhaften Grundstoffen) dieser Welt, dem materiellen (stofflichen, äußerlichen) Sein und Leben (vgl. V. 20-23), statt mit dem, das droben ist (Kol. 3,1-4!), und zog sie daher von Christo ab. Welche Gefahren! - Aber, sind sie heute weniger vorhanden denn damals, als die Kolosser durch Irrlehren, die anscheinend die Person Christi und die Offenbarungen in Ihm betrafen, hindurchgehen mußten? Nein, wir sind vielmehr umgeben von solchen! Nicht nur ist die liberale (freisinnige) „Theologie“ mit ihrem vielfältigen, „den HErrn der Herrlichkeit“ Seiner Herrlichkeiten entkleidenden Unglauben und Christushaß auf dem Plan und eine schwere Gefahr für solche Gläubigen, die sich auch heute noch nicht von den großen Landeskirchen (in denen alles Platz hat!) trennen zu können und zu dürfen meinen (2. Kor. 6,14-18), sondern auch andere Irrlehrer treiben ihr verderbliches Spiel zum Schaden solcher, die sich nicht nahe dem Herzen des HErrn halten lassen und die nicht alles, was ihnen in den Weg kommt, prüfen an Ihm und Seinem Wort, dem alleinigen Maßstab für uns! - Ich möchte bei dieser Gelegenheit einmal wieder ernstlich warnen vor dem etwas Wahrheit und viel Betrug sehr schlau vermischenden philosophischen System des amerikanischen Russelianismus („Millenniums-Tagesanbruch-Lehren der sogenannten Vereinigung ernster [??!] Bibelforscher“), ferner vor den Sabbatariern (Adventisten), denen nicht Christus, sondern das alttestamentliche Gesetz (vor allem der Sabbat) die Hauptsache ist (siehe Galaterbrief, Kol. 2,16.17 u. a.), sowie u. a. auch vor den „Neuapostolischen“, denen ihre selbstgewählten Apostel hoch über Christus stehen usw. usw.

Möchten wir bei allen, besonders auch bei neu wiederauftauchenden, das Fleisch und Gefühl bestrickenden Lehren stets wohl zusehen, welchen Platz Christus in ihnen hat und wie Sein allein untrügliches, aber auch unbeugsam klares Wort gewertet wird! - Kol. 2,6.7!

untrügliches, aber auch unbeugsam klares Wort gewertet wird! - Kol. 2,6.7!

Das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden!“ Joh. 1,17.

Ermuntert einander! 1. Thess. 5,11. Neues und Altes. Matth. 13,52.Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 51.)

Ein anderer sehr wichtiger Punkt, auf den die Schrift uns aufmerksam macht, ist, daß der Heilige Geist in unserem Leibe wohnt. Nicht in unserem Gewissen, nicht in unserer Seele, sondern in unserem Leibe! Welche Belehrungen mußten die Korinther durch Paulus empfangen haben, daß er sie fragen konnte: „Wisset ihr nicht, daß euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt?“ (1. Kor. 6,19.) Als der Herr Jesus hier auf Erden wandelte, da war Sein Leib der Tempel des Heiligen Geistes. Er sprach von Seinem Leibe als dem Tempel (Joh. 2,19): „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten“. Jetzt ist unser Leib gewürdigt, der Tempel des Heiligen Geistes zu sein. Unser Leib ist miterlöst, auch für ihn ist Sühnung geschehen; er gehört dem HErrn; er ist für Ihn da, und nicht für unseren Willen. Sind wir uns dessen gewußt, daß unser Leib die Wohnstätte des Heiligen Geistes ist? Welche Wichtigkeit empfängt dadurch unser Leib! Wenn wir uns dessen mehr bewußt wären, wie würden die Werke des Fleisches: Eigenwille, Selbstsucht, Hochmut usw. (Gal. 5,19-21) fern von uns sein! Wie ganz anders würden wir mit unserem Leibe handeln in bezug auf Essen und Trinken, Arbeiten und Ruhen; wie sorgfältig würden wir wachen über unsere Augen, was sie sehen - unsere Ohren, was sie hören - unsere Füße, wohin sie gehen - unsere Hände, was sie tun - unsere Zunge, was sie spricht; wie würden wir besorgt sein, daß alles zur Ehre Gottes ist, „und unser ganzer Geist, Seele und Leib tadellos bewahrt sei bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“ (1. Thess. 5,23). Aus unserer Kraft können wir uns nicht bewahren, aber wenn wir in den Anfechtungen und Versuchungen unsere Zuflucht zum Thron der Gnade nehmen, so empfangen wir Barmherzigkeit und finden Gnade zur rechtzeitigen Hilfe. (Hebr. 4,14-16.)

Und wie die Gläubigen einzeln die Wohnung des Heiligen Geistes sind, so sind die Gläubigen gemeinsam der Tempel des Heiligen Geistes. So wie den Korinthern einzeln gesagt wird: „Wisset ihr nicht, daß euer Leib der Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt“, so wird auch der ganzen Gemeinde in Korinth gesagt: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1. Kor. 3,16; vgl. 2. Kor. 6,16!) Die Gemeinde ist die Stätte der Offenbarungen des Geistes Gottes, und dort soll Gott die Anbetung dargebracht werden.

Geistes Gottes, und dort soll Gott die Anbetung dargebracht werden.

v. d. K.

Hingabe.

„Aber Ittai Antwortete dem König und sprach: So wahr Jehova lebt und mein Herr König lebt, an dem Orte, wo mein Herr, der König, sein wird, sei es zum Tode oder zum Leben, daselbst wird auch dein Knecht sein“ (2. Sam. 15,21). Das waren die herrlichen Worte, die Ittai sprach, als der König auf der Flucht vor Absalom war. Er war ein Gathiter, einer der sechshundert Mann, die in Davids Gefolge von Gath gekommen waren (V. 18). Dort hatte David den gewaltigen Sieg über Goliath errungen und ihn erschlagen, ein Vorbild von dem größeren Siege, den unser HErr am Kreuzesstamm errang. Der Riese von Gath wurde mit seinem eigenen Schwert erschlagen, ebenso wie Christus durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat (Hebr. 2,14). Gath bedeutet „Weinpresse,“ d. h. Zorn. Aus Gath ging Ittai zu David, um bei ihm zu wohnen. Er war ein Fremder und Eingewanderter (V. 19). In seinen Worten an David drückt er seine Hingabe an den König aus und seine Bereitschaft, bei ihm zu bleiben, sei es zum Tode oder zum Leben.

Diese Worte erinnern uns an unsere gesegnete Verbindung mit unserem Herrn Jesus Christus, in die uns die Gnade gebracht hat, und dieselbe gesegnete Hingabe sollen wir Ihm erweisen, der uns befreit hat von der Macht der Finsternis und von dem kommenden Zorn. Ittai sprach von seiner Gleichgestaltung mit David im Tode oder im Leben. Auch wir sind gleichgestaltet mit Christo in Seinem Tode und in Seinem Leben, in Seinem Auferstehungsleben und in Seiner Herrlichkeit, die damit verbunden ist. Er starb an unserer Statt. Er Selbst hat unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze getragen. Er nahm unsere Last auf Sich Selbst und wurde für uns zur Sünde gemacht. Er hat uns befreit von dem Fluch des Gesetzes. Und mehr als das, „Wir sind mit Ihm eins gemacht worden in der Gleichheit Seines Todes“ (Röm. 6,5). „Indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen.“ Wir sind mit Christo in Seinem Tode gleichgestallet worden. Er starb für uns, und wir starben in Ihm. „Ich bin mit Christo gekreuzigt“, das sollte das Bekenntnis unseres Glaubens sein. Der Tod Christi hat uns von der Welt in allen ihren verschiedenen Gestaltungen getrennt. Wir sind tot für die Welt, und die Welt ist tot für uns. Alle diese Worte sind allen den Christen vertraut, die mit Aufmerksamkeit die gesegneten Wahrheiten des Evangeliums aufgenommen haben.

Und ebenso ist es wahr, daß wir Christo auch in Seinem Leben gleichgestaltet sind. Wir haben das Leben, das Er hat, empfangen, indem wir an Ihn glaubten. Sein Leben, ewiges Leben, ist unser Teil. Jeder einzelne von uns besitzt diese unbezahlbare Gabe. Daher ist unser Leben verborgen mit dem Christus in Gott (Kol. 3,3). Wir sind auferstanden mit Christo. „Denn wenn wir mit Ihm eins gemacht sind in der Gleichheit Seines Todes, so werden wir es auch in Seiner Auferstehung sein“ (Röm. 6,5). Ja, wir gehen noch weiter; wir sind in Christo gesetzt in die himmlischen Örter (Epheserbrief). All die Herrlichkeit, die unser Herr Jesus Christus erwarb, teilen wir mit Ihm. Wir erwarten die Sohnschaft als Auferstandene. Wir teilen Sein Erbteil, das Er empfangen hat. Wir sind die Miterben und Genossen unseres HErrn. Wir haben teil an Seinem Priestertum. Wir sollen Seinen herrlichen Thron teilen an dem Tage Seiner Macht und Herrlichkeit. Gepriesen sei Gott, der uns berufen hat in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn (1. Kor. 1,9). Wie nötig ist es, daß

wir uns an diese herrlichen Tatsachen unserer Erlösung erinnern! Hier sind Tiefen, die wir nicht ergründet haben. Auf diesen einfachen Wahrheiten unserer Gleichheit mit Christo in Seinem Tode, in Seinem Leben und in Seiner Herrlichkeit beruhen unsere Gewißheit, Frieden und Ruhe. Sie stärken, bewahren, beleben und halten aufrecht.

Die Welt haßt Christum und sucht durch Zweifel und Kritik einen Dolch in das Herz des treuen Gläubigen zu stoßen. Alle Angriffe des Satans sind auf den anbetungswerten Namen gerichtet, den Namen, der über alle Namen ist. Dieser herrliche Name soll in den Staub gezogen werden. Demgegenüber ist es unsere Aufgabe, uns mehr und mehr mit der Person Christi zu beschäftigen (2. Kor. 3,18; Hebr. 3,1; 12,2.3). Wir wissen, daß Seine Schönheit, Sein unausforschlicher Reichtum, Seine Gnade, Sein Wert, Seine Kraft, Seine Herrlichkeit nicht zu hoch erhoben werden können.

Unsere Gleichgestaltung mit Christo, unsere Gemeinschaft mit Ihm, unsere Wertschätzung Seiner herrlichen Person müssen ihren Ausdruck in Gehorsam und Hingabe an Ihn in unserem täglichen Leben finden. Ittai sprach das aus, indem er zu David sagte, daß er an jedem Platze sein wolle, wo David wäre. Die Verwerfung des Königs und die Flucht vor Absalom veranlaßten diese edle Erklärung. Und er sagte das nicht nur, sondern er wurde an der Seite des Königs gefunden. Viele Kinder Gottes kennen diese Wahrheit von der Gleichgestallung mit Christo. Sie bekennen Ihn mit den Lippen und schauen aus nach der zukünftigen Herrlichkeit. Aber sie lassen es nur zu oft fehlen an der praktischen Verwirklichung ihrer Vereinigung mit Christo in Tod und Leben. Ihr Wandel bezeugt nicht die Tatsache ihrer Einheit mit Christo. Unterwerfung unter den Herrn Jesus Christus und unerschütterlichen Gehorsam findet man nicht bei ihnen. Wir alle müssen uns unseres eigenen Zukurzkommens bewußt sein. Aber wir wissen, daß der Heilige Geist die wahren Kinder Gottes treibt, dem Herrn Jesus Christus den rechten Platz im Leben zu geben. Er ist der Verworfene. Welch eine Ehre ist es, Ihn zu bekennen, an Ihn sich zu hängen, Seiner Person ergeben und Seinem Wort gehorsam zu sein in diesen Tagen! Laßt uns Ihm dienen wie nie zuvor. Seine eigenen Worte sollten uns mit heiligem Eifer erfüllen, Ihm zu dienen und Ihn zu ehren auf allen unseren Wegen.

Laß dies Wort sich tief dir einprägen: „Wenn Mir jemand dient, so folge er Mir nach; und wo Ich bin, da wird auch Mein Diener sein. Wenn Mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren“ (Joh. 12,26). Ittai folgte David an jeden Platz. Er sagte zu David: „Daselbst wird auch dein Knecht sein“. Unser HErr, der Herr vom Himmel und im Himmel, mahnt uns, Ihm zu folgen, und versichert uns, daß wir bei Ihm sein und vom Vater geehrt werden sollen. Der HErr sei gepriesen! Und der, den wir bald von Angesicht zu Angesicht sehen, dessen Herrlichkeit und dessen Thron wir teilen werden, ist Er, der kommen wird. „Denn noch über ein gar kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen“ (Hebr. 10,37). So ist unsere herrliche Hoffnung. Er kann jeden Augenblick kommen. Vielleicht nur ein paar Tage, und wir müssen und dürfen erscheinen in Seiner wunderbaren Gegenwart. Laßt uns täglich daran gedenken. Möchten wir im Glauben uns der Gleichgestaltung mit unserem geliebten Herrn erfreuen und ebenso unsere Gemeinschaft mit Ihm durch ein Leben der Hingabe, Ehrerbietung und des Gehorsams beweisen, „bis Er kommt“.

G.- O. v. Br.

Die Knechtschaft des Christus.

„Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus!“ In diesem

bekannten Gruß des Apostels tritt uns grundlegend unser Verhältnis zu Gott und zu Seinem Sohne entgegen. Gott unser Vater und Christus unser Herr. Das eine ist mit dem anderen so untrennbar verbunden, daß es selbstverständlich sein sollte, daß jedes Kind Gottes auch ein Knecht Christi ist. Und wie sieht es in Wirklichkeit aus?

Wenn ein Mensch in Erkenntnis seines sündigen Zustandes die ihm in Christus angebotene Errettung ergreift, an Jesum als Herrn glaubt (Apgesch. 16,31), übergibt er in der Stunde seiner Bekehrung seinen ganzen Willen, ohne jede Einschränkung, rückhaltlos dem HErrn. Würde der Mensch mit dem kleinsten, nichtigsten Vorbehalt zum Heiland kommen, könnte er nicht Sein Jünger sein (Luk. 9,57-62; 14,33). Gott könnte nicht das Siegel Seines Geistes auf jene Stunde drücken, der Mensch hätte eine Erweckung, aber keine Wiedergeburt erlebt. Wer sich aber aufrichtigen Willens in die Knechtschaft des Christus begab, dem gab Er das Recht, ein Kind Gottes zu werden.

Was geschieht nun? Sein Geist gibt Zeugnis unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind (Röm. 8,16). Ein Wiedergeborener erlebt jene volle Gnade, jene Herrlichkeit, ein Kind Gottes zu sein. Über diesem Bewußtsein beachtet er aber oft nicht, daß er zugleich ein Sklave Jesu Christi ist, daß er gebunden ist an Ihn.

Haben wir es nicht alle erlebt, wie wir zuerst in dem Gedanken der Gotteskindschaft diese Knechtesstellung außer acht ließen? Sieht man nicht heule viele Kinder Gottes, die sich ihrer kostbaren Kindesstellung freuen und gar nicht daran denken, daß sie in Christus ihren Herrn haben? Daß sie, obgleich nicht unter dem Gesetz als Knechte (Gal. 4), dennoch dem Christus gesetzmäßig unterworfen sind? (1. Kor. 9,21.)

So sehen wir es als traurige Tatsache, wie Kinder Gottes, richtige Kinder Gottes, es fertig bringen, die Gedanken Gottes, die uns Sein Wort doch so klar und einfach mitteilt, zu korrigieren, solche Korrekturen (z. B. über die Gemeinde Gottes, die Taufe, das Brechen des Brotes, die Ordnung des Gottesdienstes) als zu Recht bestehend anzuerkennen und mitzumachen, und die sich nicht scheuen, zu den Korrekturen noch Ergänzungen (Konfirmation, Beichten u. a. m.) hinzufügen, als ob Gottes Wort so unvollkommen oder so unmodern und unpraktisch wäre, daß sie es verbessern müßten.

Oder: Kinder Gottes bleiben ruhig in ungöttlichen Verbindungen, sie halten am „Geschichtlichgewordenen“ fest, sie mögen sich von ihren religiösen Gefühlen, Gewohnheiten, Überlieferungen nicht trennen. Ja, sie verachten ihre Brüder, die es genauer nehmen mit Gottes Wort, sie nennen sie engherzig, gesetzlich, Sektierer, warnen andere vor solchen und lassen Geschwister lieber ohne Gemeinschaft, lieber in die Welt zurückgehen, als zu den freistehenden Brüdern.

Das alles bekommen Kinder Gottes fertig! Ganz abgesehen von den schweren Folgen, die das Beharren im Ungehorsam nach sich zieht. Ganz gewiß sind das noch Kinder Gottes, noch unsere Brüder und Schwestern, die wir in Liebe tragen sollen, aber es sind keine Knechte Christi mehr.

Ein Knecht des HErrn ist gebunden wie Paulus, gebunden an seinen HErrn und die kostbaren Gedanken Seines Wortes. Er hat Römer 7 erlebt, weiß, daß er ein elender Mensch ist, unfähig, etwas für seinen HErrn aus eigener Kraft zu tun. Er gründet keine Vereine und wähnt nicht, auf Grund seiner Kenntnisse (oder gar Studiums) und Fähigkeiten irgend eine Arbeit tun zu können. Sein HErr kann ihn nur in Schwachheit benutzen, aber Er benutzt ihn, wenn er sich in Demut beugt unter Seine

Gedanken. Er ist ein unbedingter Knecht des Herrn Jesus. Aber er kann kein Menschenknecht mehr sein, er steht frei da gegenüber der Welt, frei von Religion und jedem eigenwilligen Gottesdienst. Er kann nicht anders, als die klaren Befehle des HErrn auszuführen, und er steht, angetan mit der ganzen Waffenrüstung Gottes (Eph. 6,10-20).

Sag' an, lieber Bruder, liebe Schwester, bist du wirklich ein Knecht Jesu Christi? Trägst du Seine Schmach, Sein Kreuz, folgst du Ihm auf dem schmalen Wege? Oder ist dein Pfad noch etwas breiter, hast du vergessen, daß du Jesu deinen ganzen Willen übergeben hast? Wie willst du dann vor Gott bestehen? Als einer, der das Holz, Heu, Stroh (1. Kor. 3,12) der eigenen Gedanken und Werke auf dem gelegten Baugrund ausführte, oder als der, welcher in Treue und im Gehorsam Gold, Silber und Edelsteine baute, die im Feuer sich bewähren?

Paulus war ein Knecht Christi. Er hatte in Schwachheit und törichter Predigt mehr gearbeitet als irgend ein anderer Apostel und wußte doch, daß sein ganzer Lauf vergeblich gewesen wäre und die weitere treueste Arbeit wertlos sein müßte, wenn er sich eines Ungehorsams schuldig gemacht hätte (Gal. 2,2). Vielleicht war es kein leichter Schritt für den Apostel, nach Jerusalem zu gehen, vielleicht hätte er Ungehorsam vor sich selber mit der dringenden Arbeit unter den Nationen entschuldigen können, aber rückblickend erkennt er, daß der eine Ungehorsam in einem scheinbar so gleichgültigen, äußeren Punkt ihn um seinen ganzen Lohn gebracht haben würde.

Welch ein furchtbarer Ernst in einem Verse! Wie riesengroß die VerAntwortung des einzelnen, welche Mahnung zum Gehorsam!

Wenn also ein Gotteskind in einem erkannten Punkte untreu ist, nicht die Konsequenzen zieht, baut es Holz, Heu, Stroh und wird Schaden nehmen, ganz gleich, ob der HErr ihn auch in dieser in Ungehorsam getanen Arbeit in Seiner Liebe zu den Verlorenen gesegnet hat oder das Werk zugrunde gehen ließ. Reden nicht auch die Bilder Mose, Saul und des „Alten Propheten“ (1. Kön. 13) eine deutliche Sprache?

David hatte auch gesündigt, aber David demütigte sich über seine Sünde und tat Buße. Kinder Gottes sind oft untreu, aber wenn sie umkehren und ihre Schuld bekennen, vergibt der HErr (1. Joh. 1,9). Wenn du, lieber Bruder, bisher auf dem Wege des geheimen Ungehorsams beharrtest, willst du dich nicht beugen und Buße tun, daß völliger Friede einziehe in deinem Herzen?

Nichts macht ein Gotteskind glücklicher, als ein Knecht seines geliebten HErrn sein zu dürfen. Außerhalb des Lagers Seine Schmach tragend, schreitet es aufwärts auf dem engen Pfade, gehaßt von der Welt, besonders von der religiösen Welt, ausgestoßen, verleumdet und verachtet. Was am meisten schmerzt, ist die Befeindung von seiten der Brüder. Ein Knecht ist nicht über seinem Herrn. Auch Er wurde verworfen, und Seine Apostel waren ein Schauspiel den Engeln und den Menschen (1. Kor. 4,9).

Aber der HErr Selbst hat Seinen treuen Knechten herrliche Verheißungen gegeben (z. B. Luk. 12,37; Offenb. 22,3.4). Sie wissen, daß sie Ihm einst dienen werden in Ewigkeit, daß sie Sein Angesicht sehen werden und daß Sein Name an ihren Stirnen sein wird.

P. B.

Was meine Uhr mich lehrte!

oder

„Erprobt“! und „Bewährt“?

(Röm. 16,10.)

Ich hatte eine Uhr, eine silberne Taschenuhr, - so schön, wie ich vor oder nach dem nie wieder eine gesehen! Ich hatte sie als Lehrerin in der Französischen Schweiz vor vielen Jahren einmal in einer Bankiersfamilie zu Weihnachten bekommen.

Lange war sie meine treue Begleiterin auf meinen Reisen gewesen! Da, eines Tages drängte es mich, dem HErrn diese Uhr, meine liebe kleine Uhr, für die Kamerun-Mission zu Füßen zu legen, und ich tat es. -

Wo sie heute ist, weiß ich nicht, aber eins weiß ich, daß sie mich gestern auf meinem Krankenbett nach wohl über 20 Jahren noch eine Lektion gelehrt, - und wenn ich sie wiedergebe, so ist es in der Hoffnung, daß auch anderen damit gedient sein möchte! Eine Schwester im HErrn besuchte mich im Krankenhaus, wo ich zurzeit mit Herzklappenfehler liege, und sagte, den Blick auf mich gerichtet: „Ach, welch schöne goldene Uhr Sie da haben, Schwester M.!“ „Ja,“ erwiderte ich, „sie ist das Geschenk einer lieben Freundin und sehr kostbar! Aber ich hatte einmal eine silberne, die war erprobt, „au four et àla glace“, wie man mir auf französisch versicherte.“ „Was meinen Sie damit?“ sagte die Betreffende.

„O,“ sagte ich, „au four“ bedeutet im „Glutofen“ oder in der Feuersglut und „àla glace“ „im Eise“.

„Man hatte einfach geprüft, ob sich diese Uhr in der größten Hitze wie in der größten Kälte ‚bewähren‘ würde, ‚standhalten‘ würde, und hatte sie zu diesem Zweck in die Hitze und in die Kälte gelegt.“

„Wenn wir so standhalten würden!“ war ihre schlichte Antwort; aber - o, wie viel hatte sie mir zu sagen!

Hatte ich standgehalten?

Hatte ich mich „bewährt“ in dieser meiner Krankheit?

Ich hatte mich gerade anklagen müssen wegen Ungeduld mit einer Krankenschwester, durch die meine Geduld, wie ich meinte, auf eine harte Probe gestellt worden war!

Dem HErrn sei Dank für Seine erlösende und zurechtbringende Gnade, vermöge deren ich ihr ein freundlicheres Gesicht zeigen durfte, als sie wieder ins Zimmer trat und ich auch innerlich beruhigt wurde.

Ja, „standhalten“ in der Glut und Trübsalshitze!

Und „standhalten“ im Eise, wenn uns nach Liebe und Teilnahme verlangt und wir keine erfahren und verspüren!

Standhalten, wenn wir in unseren guten Absichten nicht verstanden werden, standhalten, wenn

unsere christlichen Freunde zu versagen scheinen und wir Enttäuschungen erleben, standhalten, wenn wir nichts von Gottes Nähe und Eingreifen verspüren, wenn alles zu versagen und jede Stütze zu brechen scheint!

Haben wir also standgehalten? Haben wir uns bewährt?

„Grüßet Apelles, den Bewährten in Christo!“ (Röm. 16,10.)

M. B.

„Gebt ihr ihnen zu essen!“

(Matth. 14,16b.)

„Sie“ - wer? die fünftausend Männer, die mit den Ihren vielleicht fünfzehn- bis zwanzigtausend Menschen ausmachten - „sie haben nicht nötig, wegzugehen“ - nein, gewiß nicht, denn Ich, der HErr, bin ja da! Sagte Er so? Hätte Er es gesagt, es wäre allerdings, menschlich angesehen, der vollwertigste Grund gewesen zu Seinem beruhigenden Wort, und gewiß hätte kein Jünger, auch ein Thomas nicht, eine Einrede noch für am Platze gehalten. Aber so lauten Seine Worte, die Worte Dessen, der bei allem, was Er tat und sagte, auch eine erziehende Wirkung auf die Seinen bezweckte - war Er doch der „Lehrer“, der „Meister“ - so lauteten Seine Worte nicht, vielmehr legt Er die VerAntwortung ihnen aufs Herz: „sie haben nicht nötig wegzugehen - gebt ihr ihnen zu essen!“ Welch eine Aufforderung! welch eine VerAntwortung! Wie erklärlich die sofortige Antwort: „Wir haben nichts!“, wie erklärlich die kopfschüttelnde Resignation: „nichts als nur ...“

Und dann dürfen diese schwachen, damals noch so schwer belehrbaren Jünger (vergl. Mark. 6,51.52; 8,14-21) erleben, wie unter den Händen des HErrn die wenigen Brote und Fische zu einem solchen Nahrungsreichtum werden, daß nicht nur alle, alle gesättigt werden, sondern daß noch ganze Haufen von Brocken übrigbleiben. Und wer hatte die Speisen austeilen dürfen? Sie selbst! Unfaßbare und doch kostbare Tatsache! Wie leicht war da ihre VerAntwortung geworden!

Und wo lag die Lösung? In Seiner Person und dem gehorsamen, vertrauensvollen Sichverbinden mit Ihm: „bringet sie Mir ...! Er gab den Jüngern, die Jünger der Volksmenge“ (V. 18, 19). Ist das so unfaßbar? Keineswegs, die lebendige Glaubensgehorsamsverbindung mit dem HErrn bewirkt auch heute noch Wunder. Der HErr sucht auch heute noch nur Menschen, die sich Ihm hingeben und sich brauchen lassen wollen so, wie Er will. Sind wir solche Ihm hingegebene Menschen? Möchten wir's mehr und mehr werden wollen!

Aber da ist noch etwas, das sehr wohl zu beachten ist. Der Heiland schafft nicht einfach aus dem Nichts, was die Menge bedarf, Er bedient Sich vielmehr dessen, was da ist. Das Wunder freilich wäre kaum größer zu nennen, wenn Er, wie einst das Licht (1. Mose 1), so hier die Nahrung aus dem völligen Nichtsein ins Dasein gerufen hätte, aber er tat es nicht, und damit gibt Er uns eine wichtige Belehrung und Ermunterung. Er benutzt das Vorhandene. Das tat Er öfter (vergl. z. B. Joh. 2,7; 4,6ff.; Mark. 8,5-7; auch „die Geißel aus Stricken“ [Joh. 2,15] gehört in etwa hierher u. a.). Und wenn manchmal das Vorhandene auch nur für Seine allsehenden Augen da sein mochte, wie einst die Steuermünze (Matth. 17,27), so nimmt Er doch gern das, was da ist, um, wie ich glaube, uns (unter anderem) zu zeigen, daß auch die natürlichen Dinge Seine Segenskräfte vermitteln können, wenn sie

nur angewandt werden in Verbindung mit dem Glauben an Ihn (man vergl. hierzu 1. Tim. 5,23; Jes. 38,21 u. dergl.).

Und dazu nunmehr noch eine geistliche Anwendung für uns! Es hat sich wohl schon jeder angesichts einer nach dem Brot des Lebens hungernden Welt arm und unfähig gefühlt, um andere zu speisen, sei es in einer Versammlung oder auch in der Bahn, auf der Berufs-Arbeitsstelle oder wo auch immer. Vielleicht haben wir nicht die vorpfingstliche Gesinnung der Jünger gehabt: „Entlaß sie!“, sondern wir wollten jenen gern geben, was wir selber als das allein Sättigende kennen lernten, aber ach: wir hatten nichts! Bruder, Schwester - haben wir denn nichts? wirklich nichts? Nehmt doch das Vorhandene (Christus, „das Brot vom Himmel“)! Aber - wenn nichts vorhanden ist? Dann laßt uns sorgen, daß etwas da ist, d. h., daß wir etwas von Ihm im Herzen vorrätig haben, gesammelt in stiller Morgenstunde, ehe wir unter die Menschen traten! Wie wichtig ist das! (2. Mose 16,13.21; Ps. 90,14 usw.)

Und wenn etwas vorhanden ist - was zagst du? Wag's mit dem, was im Herzen vorhanden ist, in kurzem, innerem Flehen dich an den HErrn zu wenden, gläubig Ihm zu vertrauen, daß Er das „wenige“ segnen wird - und dann teile es mutig aus an die Nächsten und weiterhin, und du, wir alle, werden merken: es reicht, es langt aus für viele, und es bleibt noch übrig! Mit anderen, deutlicheren Worten gesagt: Laßt uns es wagen, mutig unseren teuren HErrn mit den „schwächsten“ Worten zu bekennen, mit „fünf Broten und zwei Fischen“ im Vertrauen auf des HErrn Kraft und Gnade den Menschen entgegenzutreten, und wir werden spüren: das, was uns so gar nichts erschien, wird zu einer Fülle von Gedanken und kostbarsten Zeugnissen, mit denen viele gespeist werden können! Viele werden staunend hören, wie der, der eine „schwere Zunge“ zu haben vermeinte, sich gar nicht genug tun kann im Bezeugen des herrlichen Heilands, vielen wird die Fülle unserer Worte unangenehm werden, so daß sie es nicht mehr ertragen können, andere werden sich um so mehr, wenn auch vielleicht nur im geheimen, daran erquicken, und eine Fülle von Brocken bleibt übrig, und wenn wir schon längst außer Sichtweite sind, werden die Brocken noch erzählen von der Macht, Herrlichkeit und Gnade Dessen, von dem zu reden wir nicht lassen konnten (vgl. Apg. 4,20)!

Es kommt nur darauf an, Geschwister, daß wir dem HErrn gebräuchliche, gehorsame, aufmerksame Werkzeuge mit geöffneten Ohren sein und Ihm gläubig und mutig vertrauen wollen, dann werden wir im Benutzen und Verwerten des Vorhandenen ebensowenig enttäuscht werden wie jene die Volksmenge unermüdlich speisenden Jünger! Trat dort etwa Mangel ein? Nein, vielmehr Überfluß! -

Um uns herum hungert die Welt! Bei uns heute weniger nach irdischem Brot als vielmehr geistlicherweise nach Ruhe vom bösen Gewissen und Friede für die gequälte Seele, wenn allerdings auch den meisten selber unbewußt. Was wollen wir tun? Sie fortsenden? Uns nicht um sie kümmern? Sie womöglich zusehen lassen, wie wir uns nähren und satt werden (Joh 6), indessen sie, die Millionen ärmster Armen, verhungern?! - O, möchten wir es durch die Gnade des HErrn immer besser verstehen, was Paulus sagt mit dem kostbaren Wort: „Als Arme, aber viele reich machend“ (2. Kor. 6,10; vgl. 8,9!) und was der HErr Selber uns zuruft: „Gebt ihr ihnen zu essen!“

F. K.

Das Lied von der Errettung.

(2. Mose 15,1)

(2. Mose 15,1)

Israel, das alttestamentliche Gottesvolk, kam durch die mächtige Hand Jehovas aus der Knechtschaft Ägyptens heraus. Die in 2. Mose 12 geschilderte Nacht war ihnen unvergeßlich; jedenfalls sollte sie ihnen unvergeßlich sein. Unter dem Zeichen des Blutes waren sie gesichert vor dem kommenden Gerichte, und als Hinwegeilende (die Lenden umgürtet, die Füße beschuht und den Stab in der Hand) nährten sie sich von dem geschlachteten Lamme.

Pharao, ihren Bedrücker, aber reute es, daß er das Volk ziehen ließ, und er machte sich mit seiner Heeresmacht auf, um Israel wieder unter seine Knute zurückzubringen. Das Volk Gottes kam in eine sehr gefährliche Lage. Jehova aber sagte, daß Er für sie streiten werde, und sie sollten stille sein. (2. Mose 14,14.)

Welch eine kostbare Unterweisung, wenn sie gelernt ist: „Ihn streiten zu lassen und stille zu sein!“

Für den Augenblick wollte es jedoch sehr gefährlich werden. Rechts und links kein Ausweg, vorn das Meer und hinten die Macht der Ägypter. So war es in den Augen des Volkes Gottes. In den Augen Jehovas gab es aber keine gefährlichen Augenblicke. Durch Sein Eingreifen gab es einen Weg durch das Meer. „Und die Kinder Israel gingen mitten durch das Meer auf dem Trockenen“. (2. Mose 14,22.)

Derselbe Weg, auf welchem Israel an das jenseitige Ufer kam, wurde für seine Feinde zum Weg des Todes. Die ganze Heeresmacht Pharaos wurde vernichtet.

So kam das Lied in 2. Mose 15,1 zustande: „Das Roß und seinen Reiter hat Er ins Meer gestürzt“. Es ist das Lied von der Errettung und hat den Erretter zum Gegenstand.

Unser Erretter ist Christus. Wir haben noch viel mehr Grund und Ursache, das Triumphlied von der Errettung zu singen und unseren Erretter Christus zu preisen. -

Der Meeresboden, auf welchem die Füße Israels standen, war ein gefährlicher Boden. Die Ägypter kamen auf diesem Boden um. Nach Verdienst gehandelt, hätte es Israel ebenso ergehen müssen. Die Gnade aber brachte sie an das jenseitige Ufer, auf den Boden der Auferstehung und zum Siegeslied von der Errettung.

Römer 6,5 spricht von dem „Einsgemachtsein“ in der Gleichheit Seines Todes und von dem „Einsgemachtsein“ Seiner Auferstehung. Dieses Erlebnis ist gleichbedeutend dem Erlebnis Israels und führt zu Hebr. 2.14, wo triumphierend von dem Zunichtemachen dessen die Rede ist, der die Macht des Todes hat, und ebenso von der Befreiung derer, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren. „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor. 15,57.)

Angesichts Seines Todes und Seiner Auferstehung dürfen wir unseren Stand einnehmen als solche, die nach Röm. 6,10.11 sich der Sünde für tot, Gott aber lebend halten in Christo Jesu. So sind wir auch mit Ihm begraben in der Taufe, in welcher wir auch mitauferweckt worden sind durch den Glauben an die wirksame Kraft Gottes, der Ihn aus den Toten auferweckt hat mit dem Endresultat, wie wir es in Kol. 2,14.15 geschildert finden: Die uns entgegenstehende Handschrift (und damit auch die Verpflichtung) ist ausgetilgt und ist hinweggenommen, indem Er sie an das Kreuz nagelte. Die Fürstentümer und Gewalten sind ihrer Macht entkleidet und öffentlich zur Schau gestellt, indem Er

einen Triumph über sie hielt.

Israel betrat gleichsam am jenseitigen Ufer den Boden der Auferstehung, und sie sangen dort, obwohl in der Wüste, das Triumphlied der Errettung. So stimmen auch wir in der Wüste schon das Triumphlied der Errettung an, und Er, der Erretter, ist der Gegenstand unseres Liedes, und das dreifache Rühmen (wie es in Röm. 5,1-11 zum Ausdruck gebracht wird) durchklingt immer wieder neu das Lied der Errettung, und die Seele jubelt: „Alles vermag ich in Dem, der mich kräftigt“ (Phil. 4,13).

Singst du dieses Lied? Kennst du die Melodie? Wenn wir dieses Lied singen, dann verschwinden die Dinge, die von unten sind, mit allem, was der Mensch und seine Weisheit ist, aus unseren Augen, und wir sind Kinder Gottes, die glücklichen Herzens durch diese Wüste hindurchgehen.

W. W.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 7

Ist Sosthenes in Apg. 18,17 gläubig? In 1. Kor. 1,1 wird er als Bruder den Korinthern vorgestellt.

Antwort A

Es scheint, nachdem Krispus gläubig geworden war, daß er sein Amt als Vorsteher der Synagoge aufgab und Sosthenes sein Nachfolger wurde. Als die Juden Paulus griffen und vor Gallion führten, merkte dieser bald, daß die Anklage der Juden nur aus ihrem Haß gegen Paulus hervorging, und ließ sie von seinem Richterstuhl wegtreiben. Diese (die Juden wegtreibenden Griechen) bemächtigten sich nun des Sosthenes, der sich jedenfalls bei der Anklage gegen Paulus besonders hervorgetan und vielleicht die ganze Anklage in Szene gesetzt hatte, und verprügelten ihn. Vielleicht spielte auch der Judenhaß hier mit, daß die Griechen den Sosthenes schlugen, jedenfalls aber war Sosthenes einer von denen, die Paulus verklagten und die ihm eine Grube graben wollten, in die er nun selbst hineinfiel. Gott waltete auch über dieser Sache. Der Mann, der Paulus bei Gallion verklagen wollte, bekam dafür seine Hiebe. Wenn er derselbe Sosthenes ist, den wir in 1. Kor. 1 finden (was ich glaube), so hat diese Lektion, die er durch die Fäuste der Griechen empfing, jedenfalls mitgewirkt, daß er sich zum Herrn Jesus bekehrte und ein treuer Genosse des Mannes wurde, den er einst verklagte.

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Wenn der in 1. Kor. 1,1 genannte „Bruder Sosthenes“ der gleiche Mann ist wie der in Apg. 18,17 genannte, so wäre damit erklärt, warum ein sonst unbekannter Name durch die Inspiration des Geistes mit in die Grußüberschrift eines so wichtigen Briefes aufgenommen ist. Denn sein Einverständnis mit dem Inhalt des Briefes mußte, wenn er der ehemalige Synagogenvorsteher in Korinth gewesen war, auf die Korinther einen besonderen Eindruck machen. Vielleicht erfuhren sie gar erst durch diesen Gruß, daß ihr einst um Pauli willen mißhandelter Mitbürger sich Paulus angeschlossen und sein Gehilfe - womöglich der Schreiber, dem Paulus den Brief diktiert hatte (vergl. Röm. 16,22 und 1. Kor. 16,21) - geworden sei. Das mußte sie mit Dank gegen den HErrn und Ehrfurcht vor Seinem allmächtigen Walten erfüllen. Es ist mir somit wahrscheinlich, daß es sich um die gleiche Person handelt. - Aber die Frage, ob Sosthenes in Apg. 18 schon gläubig gewesen sei, ist wohl zu verneinen. Vielleicht aber war er schon innerlich erweckt und bekam durch die Prügel nun einen Vorschmack davon, wieviel er würde leiden müssen um des Namens Jesu willen (vergl. Apg. 9,16).

Noch eins: Die spätere unheilvolle Verbindung von „Kirche und Staat“ oder „Religion und Politik“ gab es damals noch nicht! Es ist stets wichtig für uns, zu beachten, was „im Anfang“ war! (Vergl. 1. Joh. 2,24!)

Frage 8

Gibt es für Menschen, die keine Juden sind, auch wenn sie schon das Evangelium gehört haben, nach der Entrückung der Gläubigen (1. Thess. 4,13ff.) noch eine Zeit der Errettung?

Antwort A

An der Entrückung werden vor allem die Toten in Christo teilnehmen. Sie werden, wenn der HErr vom Himmel herniederkommt, zuerst auferstehen. Es kann die Auferstehung zur Entrückung nicht die nach Offb. 20,4-6 sein, an der die Seelen derer teilhaben, die enthauptet sind um des Zeugnisses Jesu und um des Wortes Gottes willen, die nicht angebetet hatten das Tier noch sein Bild und nicht genommen haben sein Malzeichen an ihre Stirn und auf ihre Hand. Offensichtlich sind es Märtyrer aus der antichristlichen Drangsalszeit, die durch die erste Auferstehung zum Tausendjährigen Reich als mit Christo Regierende offenbar werden. An der Auferstehung zur Entrückung dagegen nehmen alle in Christo Entschlafenen teil, also nicht nur Märtyrer. In erster Linie handelt es sich in 1. Thess. 4,13-16 um Entschlafene in Christo, die eines natürlichen Todes durch Krankheit, Altersschwäche usw. starben, in zweiter Linie erst um Märtyrer, also um Gläubige, denen Christus Leben und Sterben Gewinn (Phil. 1,21) ist, die, wenn sie abscheiden, bei Christus sind (Phil. 1,23). Aller Wahrscheinlichkeit nach sind es die bis dahin gestorbenen Kinder Gottes, und zwar alle Kinder Gottes, ob sie als Väter, als Jünglinge oder als Kindlein in Christo gestorben sind. Es sind die Glieder Christi, die Glieder Seines Leibes, Seiner Gemeinde, berufen zu Seiner Herrlichkeit. Während nun die in Christo Entschlafenen alle auferstehen, werden die dann lebenden und überbleibenden Gläubigen alle verwandelt werden nach 1. Kor. 15,51.52 in einem Augenblick. Beide zugleich, die Auferweckten und die Verwandelten, werden dann in Wolken dem vom Himmel kommenden HErrn entgegengerückt

und die Verwandelten, werden dann in Wolken dem vom Himmel kommenden HErrn entgegengerückt in die Luft und werden bei dem HErrn sein allezeit. Aus 1. Kor. 15,51 ist das Wörtchen „alle“ sowohl auf die Auferweckung als auch aus die Verwandlung zu beziehen. Mit dem „wir“ sind alle Gläubigen, alle Glieder Christi, alle Kinder Gottes gemeint. Also der Leib Christi wird bei der Entrückung wie auch das Haupt (Apg. 1,9; Mark. 16,19; Luk. 24,51) in Wolken gen Himmel fahren. Der Leib Christi ist die Herauswahl aus den Nationen mit Einschluß Israels (Apg. 15,14; Eph. 2,14-18), die Erstlingsernte (Jak. 1,18) Seiner Schöpfung, die Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind (Hebr. 12,23). Ihrem Zeugnis werden viele glauben (Joh. 17,20.21) und auch zur Gemeinde hinzugetan (Apg. 4,4). Jedoch sind es im Verhältnis zur großen Masse der Welt nur wenige, sie bilden zusammen eine kleine Herde (Apg. 20,28; 1. Petri 5,2; Luk. 12,32). Wie die Gläubigen aus Israel, die mit zum Leibe Christi gehören und mit teilhaben an der Entrückung der Gemeinde, das Angeld sind auf eine große Ernte in Israel (ganz Israel soll errettet werden, wenn die Vollzahl aus den Nationen eingegangen ist nach Röm. 11,25.26), so sind die Gläubigen aus den Nationen ebenfalls das Angeld auf eine noch größere Errettung in der Völkerwelt. Ein flüchtiger Blick in die Offenbarung kann uns dies näher zeigen. In Offb. 7 werden uns zwei Kreise von Seligen geschildert, die augenscheinlich während der großen Drangsalszeit zur Errettung gelangen: 144000 Versiegelte aus Israel und eine große unzählbare Schar aus allen Nationen, Völkern und Sprachen. Daß die große unzählbare Schar nicht „der Leib Christi“ ist, erhellt schon daraus, daß sie gekommen sind aus der großen Drangsalszeit und vor dem Thron und vor dem Lamm stehen in weißen Kleidern und mit Palmen in den Händen. Der Leib Christi wird seine Himmelfahrt nach 1. Thess. 1,9.10 erleben vor der großen Trübsalszeit, er wird mit Christo auf dem Thron sitzen (Offb. 3,21; Kol. 3,4) und mit Kronen auf dem Haupt (Offb. 4,4; 1. Kor. 9,25) zur Herrlichkeit erhoben (Röm. 8,17). Auch die 144000 Versiegelten sind nicht der Leib Christi, weil sie uns ganz klar als Juden beschrieben werden. Es können auch nicht die zum Leibe Christi gekommenen gläubigen Juden sein, da sonst die angegebenen Zahlen 12 x 12000 nicht unterzubringen sind.

Können wir also die Frage so beAntworten, daß es ganz gewiß noch eine Zeit der Errettung gibt für Menschen, die keine Juden sind, nach der Entrückung der Gläubigen, so ist die Frage etwas schwieriger, wenn es sich um Menschen handelt, die schon das Evangelium gehört haben. Es kommt dann ganz darauf an, wie man das Hören des Evangeliums auffaßt. Soviel steht fest, daß vieles als Evangelium gilt, was gar kein Evangelium ist, daß viele Menschen hören und doch nicht hören (Matth. 13,13-15). Nach Röm. 10,9-17 ist der göttliche Weg zur Errettung eines Sünders der: Gott sendet Seine Kinder als Prediger des Evangeliums, des Wortes vom Glauben. Durch das Hören der Predigt entsteht der Glaube. Der Glaubende ruft den Namen des HErrn an und wird errettet. Von Herzen an Jesus, den Auferstandenen, glauben macht gerecht, und mit dem Munde Ihn als HErrn bekennen errettet. Ob jede Predigt solche glaubenwirkende, errettende Gottestat ist, bleibt dahingestellt. Ebenso bleibt dahingestellt, ob alle unter der Predigt Sitzenden solche Hörer sind, die das Evangelium auch glauben. Ganz gewiß gibt es solche, die dem Evangelium nicht gehorsam sind (Röm. 10,16), die da hören und das Evangelium ablehnen aus irgend einem Grunde (Luk. 7,29.30), denen das Wort vom Kreuz eine Torheit ist und die verloren werden nach 1. Kor. 1,18. Nach 2. Kor. 4,3 ist denen das Evangelium verdeckt, die verloren werden; das kann doch nur heißen: Verlorene (Luk. 19,10) bleiben im verlorenen Zustande, für sie gibt es keine Errettung mehr. Also das Hören des Evangeliums allein ist nicht ein Grund, daß Menschen nach der Entrückung der Gemeinde keine Zeit der Errettung mehr haben. Anders ist es, wenn es sich um bewußtes Hören des Evangeliums handelt, das zur bewußten Ablehnung aus irgend einem Grunde führt. Solche Menschen gehen verloren.

das zur bewußten Ablehnung aus irgend einem Grunde führt. Solche Menschen gehen verloren.

A. C.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese höchst beachtenswerte Antwort verdient eingehendes Forschen, sie enthält sehr klare Belehrungen.

Zu den mannigfachen in ihr berührten Punkten, wie überhaupt zu unserer Frage, verweise ich auf folgende Fragen früherer Jahrbücher: Jahrb. I/41; II/42; IV/7; V/17, 27 und 28; Vl/1.

Ich weiß nicht, welches die Beweggründe zu dieser Frage gewesen sein mögen, doch liegt die Vermutung nahe, daß dem Fragenden die einfachen, unbeugsamen Schriftaussagen über das Verlorensein der ungläubig gebliebenen Menschheit Schwierigkeiten gemacht haben, zumal wenn es sich vielleicht für ihn um teure Anverwandte handelt. Kenne ich doch ein liebes Gotteskind, das ehemals in solchen Dingen ganz klar stand, das nun aber im Blick auf die eigene Mutter, die das oft gehörte Evangelium der Gnade wissentlich abweist, der unseligen Lehre im Herzen Raum gegeben hat, daß es - wenigstens für ihre Mutter! - in der Ewigkeit noch eine Entscheidungszeit geben müsse! Möchte sie - auch Leserin der „Handr.“ - beim Lesen dieser Zeilen ihren schriftwidrigen Standpunkt aufgeben - nein, vielmehr „nach dem (einmaligen) Tode das Gericht!“ (Hebr. 9,27.) Wir können unseren unbekehrten Verwandten auch nur dann wirklich nützen, wenn wir die unwiderruflichen Schriftaussagen klar ins Auge fassen und uns unter dieselben rückhaltlos beugen, denn dann, aber auch nur dann wird unser Zeugnis an die Unseren unerschütterlich ernst, unsere liebende Fürbitte gleichbleibend anhaltend und das scheinbar Unmögliche dennoch von Gott fest erwartend (vergl. Mark. 11,24 und Fr. 5 ds. Js.) und unser dem HErrn-Anhangen vonganzem, ungeteiltem Herzen sein, worauf Er Antwortet (vergl. 2. Chron. 16,9!). Dürfen, können Gläubige das Wort beugen aus falscher Liebe zu Menschen? Ist uns der HErr und Sein Wort nicht mehr?!

Alle solche und ähnlichen Versuche, Gottes Wort zu korrigieren, barmherziger zu sein als Gott, Seine Liebe und heilige Gerechtigkeit auf den Standpunkt menschlicher Gedanken und Hypothesen (das sind Vermutungen ohne klaren Schriftgrund) herabzudrücken, sind von vornherein durch das Wort selbst gerichtet! Mag es sich nun um solch schüchterne Ausflüchte wie die oben genannten handeln oder etwa um die verderbliche satanische sogen. „Wiederbringungslehre“, eine Irrlehre, der so manche Kinder Gottes zum Opfer gefallen sind, oder auch um die „Bibelforscher“-Irrlehre von dem schließlichen Vernichtetwerden aller Ungläubigen - einerlei, diese Lehren, die auf Hypothesen (Annahmen, „Wenns“ und „Abers“) aufgebaut sind, werden zu seiner Zeit alle ihr unfehlbares Gericht finden, und ihre Anhänger werden erzittern, wenn sie sehen - was sie jetzt von uns nicht annehmen wollen-, wie sie sich und andere getäuscht haben, vielmehr sich selbst betrügen ließen von dem, der der „Lügner ist von Anfang“.

Die genannte Wiederbringungslehre, derzufolge alle Verlorengehenden doch einmal errettet werden sollen - trotzdem es im Feuersee keinen Heiligen Geist gibt, der von Sünde überführt, trotzdem das Wort ohne „Wenns und Abers“ sagt: „Draußen sind die Hunde usw.“ (Offb. 22,15), also die beständige Gegenwartszeitform gebraucht für die ewig Verlorenen, trotzdem ebenso in beständiger Gegenwart der Zorn Gottes als bleibend über dem nicht dem Sohne Glaubenden verheißen wird (Joh. 3,36) usw. usw. - diese Lehre beschäftigt ohne wahren stichhaltigen Grund, aber eben durch

Satans List, gegenwärtig so viele Gemüter von Gläubigen, daß es denkbar ist, daß der Frager auch von solchen Gedanken angesteckt sein könnte. Aber auch, wenn dem - was ich um seinetwillen hoffe - nicht so sein sollte, so füge ich hier doch noch in Weiterführung obiger Antwort Ein paar Gedanken aus der Schrift an, die ihm eine Hilfe sein möchten. (Der ausnahmsweise große Umfang dieses Artikels ist durch seine Wichtigkeit wohl gerechtfertigt!) Obige Antwort sagt, daß nicht alles „Hören“ heute wahrhaftes Hören sei. Auch ich glaube, daß denen, die nicht so hören konnten, daß es ihnen zum Heil ausschlagen konnte, noch seitens des bekehrten Israel das Evangelium vom Reich, seitens des Engels in Offb. 14,6.7 (vergl. Fr. 42 in Jahrb. II) das „ewige Evangelium“ verkündigt werden dürfte. Wenn diese letzteren „frohen Botschaften“ auch kein Anrecht auf Zugehörigkeit zum Leibe Christi geben, so doch, wie oben gesagt, Zugehörigkeit zur großen Schar von Offb. 7, überhaupt Zugehörigkeit zu Gott (statt zum Teufel und seinen Engeln). Aber solche, die gehört haben, ja, schon allein hören konnten, die in Gottes Augen das Heil hätten annehmen können (vergl. Bd. 5, S. 241/42) - Er allein ist Herzenskündiger und sieht das Herz an! Wie ernst! -, aber nicht wollten, die werden nach der Hinwegnahme der Gemeinde (durch die Entrückung) sich nicht mehr bekehren können. Das geht unzweideutig aus 2. Thess. 2,10-12 hervor. Vielleicht läßt sich hier auch auf die ernste Verheißung Offb. 3,15-17 hinweisen, obwohl hier nicht eigentlich von dem einzelnen, sondern von der Gesamtheit der lauen Namenchristenheit die Rede ist. Jedoch wendet sich V. 20 an den einzelnen! - Wir dürfen doch nicht aus dem Auge verlieren, daß mit der Hinwegnahme der Gemeinde die Zeugen Christi die Erde, den Wohnplatz aller von Natur Verlorenen, verlassen: die einzelnen Gläubigen und vor allem der in uns und in Seinem Tempel, der Gemeinde, wohnende Heilige Geist (vergl. z. B. Joh. 14,17 und Offb. 22,17a). Israel tritt aber noch lange nicht sofort nach der Entrückung der Gemeinde auf den Plan, sondern erst infolge der großen (antichristlichen) Drangsal, wenn es zum HErrn umgekehrt ist; „die zwei Zeugen“ von Offb. 11, die Vertreter des gläubigen Überrestes aus Israel, kommen hier auch nicht in Betracht - also können wir uns eine Bekehrung von solchen, an die der Fragesteller denkt, nicht so leicht vorstellen. Wenn die Gemeinde fort ist und der Satan ungehemmt seine Macht wirksam werden lassen kann als „Fürst der Welt“, dann ist die Bekehrung nicht mehr so einfach wie heute, wo treue Liebe dem durch den Heiligen Geist überführten Sünder nachgeht und heilige Fürbitte für ihn eintritt! Möchten wir doch dies klar und unzweideutig bezeugen und im Blick auf andere weder uns selbst auf die Zukunft vertrösten noch den Sündern diese Hintertür offen lassen, von der wir nicht wissen, ob sie wirklich für jeden oder auch nur für viele offen sein wird!

Und zum Schluß noch dies: An Gottes Liebe und Gerechtigkeit brauchen wir nicht zu zweifeln, aber wenn wir rückwärts blicken werden aus der Ewigkeit in die vergangene Zeit, dann werden wir sehen, wie Er an allen Menschen mit allen Mitteln gearbeitet hat, um ihre Seele herumzuholen vom Verderben, was uns schon Hiob 33 bezeugt wird. Wer ewig (d. h. für immer) verloren geht, der wird nie eine Entschuldigung haben. Gott wollte - der Mensch wollte nicht: daher ist sein Los zum Verzweifeln für ewig. - Ich verweise nochmals auf Fr. 7 in Jahrb. 4. - Der HErr aber gebe uns allen, Seinem Worte zu glauben und zu gehorchen und es gelten zu lassen, auch wenn das natürliche (seelische) Gefühl, das so leicht von unten bestimmt ist, sich dagegen sträubt. Möchten wir Gnade haben, „jeden Gedanken gefangen zu nehmen unter den Gehorsam Christi“! (2. Kor. 10,5.)

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 62.)

Wie wir im Laufe unserer Betrachtungen gesehen haben, empfangen nicht alle Menschen den Heiligen Geist, sondern nur die an den Herrn Jesus Gläubiggewordenen, sie sind „für Gott erkauft durch Sein Blut“ (Offenb. 5,9), und der Heilige Geist kommt und nimmt Besitz von ihnen.

In der Stunde, als wir uns den Armen des Heilandes glaubend überließen und den Heiligen Geist empfingen, ahnten wir nichts von der Größe dieser Gabe. Wie ein neugeborenes Königskind nichts von seinem Stand und Besitz weiß, so kannten auch wir nicht die Größe des uns gewordenen Besitzes. Wir wußten nur das eine, gerettet zu sein, und es machte uns so glücklich, als zum ersten Male Sein Geist Zeugnis gab unserem Geiste, daß wir Kinder Gottes seien. (Röm. 8,16.) Die Segensfülle, die wir mit der Gabe des nun in uns wohnenden Geistes empfangen hatten, lernten wir erst später stückweise kennen nach dem Maße, wie wir heranwuchsen „zum vollen Wuchse“. Wohl uns, wenn wir heranwachsen und nicht Unmündige bleiben, denn Gott will, „daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind“. (1. Kor. 2,12 und 14,20.)

Die Korinther werdet von Paulus unterwiesen, daß sie von Gott

gesalbt, versiegelt und das Unterpfand des Geistes

empfangen haben. (2. Kor. 1,21.22.) Laßt uns hier ein wenig stille stehen!

Der erste, der mit dem Heiligen Geiste gesalbt und versiegelt wurde, war der Herr Jesus. Von Ihm berichtet uns die Schrift, daß Gott Ihn mit Heiligem Geiste gesalbt und versiegelt hat. (Apg. 10,38; Joh. 6,27; Luk. 4,18; Apg. 4,27.) Die Salbung und Versiegelung des HErrn geschah in einer besonderen, einzig dastehenden Art und Weise. Als Er in die Welt kam und im Gehorsam Seinen Weg wandelte, da war ein absolut vollkommener Mensch hier auf Erden, ein Mensch, auf dem das Auge Gottes mit Wohlgefallen ruhen konnte. Über diesen öffneten sich die Himmel, und der Heilige Geist kam in Gestalt einer Taube auf Ihn herab.

Es ist uns nicht schwer zu verstehen, daß Gott Ihn, den Heiligen und Reinen, auf Grund Seiner Vollkommenheit mit dem Heiligen Geiste salben und versiegeln konnte. Wie aber uns? Auf diesem Grunde der eigenen Vollkommenheit und Heiligkeit können wir nicht versiegelt werden. Kann Gott den gefallenen Menschen, den Menschen im Fleische, mit dem Heiligen Geiste salben? Unmöglich! Was nun? Er, der Reine, starb für die Unreinen und vollbrachte ein Werk, auf dessen Grund Gott die mit Seinem Geiste salben kann, die durch das teure Blut Christi gereinigt sind.

mit Seinem Geiste salben kann, die durch das teure Blut Christi gereinigt sind.

So finden wir es schon in den Schattenbildern des Alten Testamentes. Aaron, als Hoherpriester, ist ein Vorbild von Christus. Aarons Söhne dagegen sind ein Vorbild von uns. Der Herr Jesus allein wurde gesalbt, lange bevor das Werk auf Golgatha vollbracht war. So auch Aaron. Auch er wurde abgesondert und allein gesalbt, bevor das Blut des Opfers floß. Aarons Söhne dagegen konnten erst nach der Blutbesprengung und, nicht abgesehen von Aaron, sondern nur in Verbindung mit Ihm das Salböl empfangen. (2. Mose 29,7 u. ff.)

Nach dem Tode, der Auferstehung und Himmelfahrt empfing der HErr für die Seinigen die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater und goß den Geist aus über die, die durch Glauben und Taufe das Todesurteil Gottes über das Fleisch angenommen hatten. So verkündete es Petrus den Juden in Apgesch. 2,33: „Nachdem Er nun durch die Rechte Gottes erhöht worden ist und die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater empfangen hat, hat Er dieses ausgegossen, was ihr sehet und höret.“ Das kostbare Salböl rann herunter von dem Haupte auf den Saum Seines Kleides. (Ps. 133,2.) Den Kindlein in Christo schreibt Johannes, daß sie die Salbung von dem Heiligen haben, und knüpft Unterweisungen daran, die uns einen tiefen Blick in

die Segnungen der Salbung

mit dem Heiligen Geiste geben: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles ..., ihr bedürfet nicht, daß euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist ..., so werdet ihr in Ihm bleiben“ (1. Joh. 2,20.27).

Aus diesen Worten ersehen wir, daß die Salbung (der Heilige Geist) allein unser Lehrer ist. Keinen anderen Lehrer bedürfen wir. Menschenweisheit kann uns in den Dingen Gottes nicht unterweisen.

Vielleicht sagt jemand: „Hat Gott aber nicht Seiner Gemeinde Lehrer gegeben, und haben wir solche nicht nötig?“ Sicher! „Er hat gegeben Evangelisten, Hirten und Lehrer.“ (Eph. 4,11.) Hierin liegt durchaus kein Widerspruch. Die vom HErrn gegebenen Lehrer sind nur Werkzeuge des alleinigen Lehrers, des Heiligen Geistes. Sie sind von Ihm belehrt und werden von Ihm gebraucht, die Weisheit Gottes in Christo so zu entfalten, wie sie durch den Heiligen Geist in der Schrift niedergelegt ist. Diese vom HErrn gegebenen Lehrer sind nicht Männer, die sich selbst zum Lehrer bestimmt haben oder die die Gemeinde sich selbst gewählt hat, sondern sie sind Gaben, die der HErr Seiner Gemeinde gegeben hat „für die Auferbauung des Leibes Christi“ (Eph. 4,12).

Jedes Glied an diesem Leibe hat diese Gaben, die der HErr auch zu seiner Auferbauung gegeben hat, nicht gering zu achten. Kein Glied des Leiber darf sagen, ich bedarf des Dienstes der Lehrer und Hirten nicht, oder: ich will nicht durch die Gaben, sondern ohne Werkzeug, direkt vom Heiligen Geiste durch das Lesen der Bibel unterwiesen werden. Die solches sagen, zeigen damit nicht nur ihre Torheit an, sie handeln auch gegen die Anordnungen Gottes in Seiner Gemeinde. Der HErr läßt es sich von uns nicht vorschreiben, wie jeder auferbaut sein will. Er handelt nach Seinen Anordnungen. Solche Kinder Gottes sind einseitig und gleichen dem Kuchen, „der nicht umgewendet ist“. (Hos. 7,8.9.)

Wenn Lehrer1 Dinge lehren, die nicht in der Schrift enthalten sind, so haben wir die Salbung, die uns lehrt, solche zu meiden, sofern sie sich nicht unter das Wort beugen und vom Worte zurechtbringen

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Unbekehrte Menschen hat der HErr Seiner Gemeinde nie als Lehrer gegeben. Solche gehören überhaupt nicht in die Gemeinde Gottes, noch viel weniger können sie Lehrer in der Gemeinde sein. Kann der Heilige Geist einen Toten und Blinden nur deshalb, weil er die Sprache Kanaans gelernt oder vielleicht ein Schriftstudium hinter sich hat, als Lehrer in Gottes Gemeinde benutzen?

lassen. Durch die Salbung sind wir befähigt, Wahrheit und Trug - des Hirten Stimme und des Fremden Stimme - zu unterscheiden und wissen die Wahrheit und den Charakter aller Dinge. „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und

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Unbekehrte Menschen hat der HErr Seiner Gemeinde nie als Lehrer gegeben. Solche gehören überhaupt nicht in die Gemeinde Gottes, noch viel weniger können sie Lehrer in der Gemeinde sein. Kann der Heilige Geist einen Toten und Blinden nur deshalb, weil er die Sprache Kanaans gelernt oder vielleicht ein Schriftstudium hinter sich hat, als Lehrer in Gottes Gemeinde benutzen?

wisset alles.“

Damit soll uns nicht gesagt werden, daß wir vollkommen in unserem Wissen und Erkennen sind. Unser Wissen und Erkennen ist nur Stückwerk (1. Kor. 13,9). Aber durch die Salbung wissen wir die Wahrheit, das wahre Wesen aller Dinge. Unser Wissen steht ganz im Gegensatz zu dem der Ungläubigen. Die Salbung lehrt uns, alles in Verbindung mit Christo zu bringen. Wir sehen und beurteilen alles, wie es in der Verbindung mit Christo und Seinem Worte ist und erkennen daran das wahre Wesen aller Dinge.

„Der geistliche Mensch unterscheidet alles.“ (1. Kor. 2,14-16.) Ein solcher weiß, „daß keine Lüge aus der Wahrheit ist“. (1. Joh. 2,21.) Trug und Wahrheit kann nicht aus einer Quelle kommen. Der Heilige Geist kann nicht beides vereint wirken. Durch die Salbung bleiben wir bewahrt vor den Verführungskünsten solcher, die ein Gemisch von Lüge und Wahrheit darbieten. Solchen leihen wir nicht unser Ohr. Die Salbung bewahrt uns, solchen Lehren überhaupt Beachtung zu schenken. Der Heilige Geist sagt uns ausdrücklich, daß der Abfall von dem Glauben damit beginnt, daß man den Lehren der Dämonen Beachtung schenkt: Etliche werden abfallen, „achtend auf betrügerische Geister“. (1. Tim. 4,1.) Können wir die Gedanken des HErrn von solchen empfangen, die Wahrheit und Irrtum zugleich verkünden? Können wir von ihnen die Wahrheit lernen? Warum setzen sich Kinder Gottes zu den Füßen solcher und öffnen ihr Ohr für ein Gemisch von Trug, Irrtum und Wahrheit. Die gefährlichste Lüge ist die, die der Wahrheit am nächsten kommt. Möchten wir uns vor der Verführung bewahren lassen und aufhören mit dem „Achten auf betrügerische Geister“.

Dieses „Alles-wissen“ ist ein inneres geistliches Empfinden, welches wir durch die Salbung besitzen, wenn wir „geistlich“ sind und nicht etwa „fleischlich“ geworden sind. (1. Kor. 3,1.3.) Ein Kind Gottes mag manches nicht „logisch“ erklären können, aber es weiß instinktiv durch die Salbung, was Christo gemäß ist - was dem „Heiligen“ gemäß ist, von dem es die Salbung hat. Eben weil die Salbung von dem „Heiligen“ ist, kann es nichts vom Fleische, noch was vom Fleische kommt, anerkennen.

Welch einen Schutz hat uns doch Gott in der Salbung gegeben. Wir können die betrügerischen Geister unterscheiden. Wieviel Lüge, mit Wahrheit vermengt, wird in unseren Tagen dargeboten! Denken wir an die Millenniums- und andere betrügerische Lehren. Wie scharen sich die Mengen derer, „die nicht aus der Wahrheit sind“ (Joh. 18,37), um solche Darbietungen. Das sind Lehren, die dem Menschen im Fleische gefallen und von der Welt mit willigem Herzen aufgenommen werden. So versteckt ist die Lüge oftmals, daß Kinder Gottes sich haben von ihrem Betruge fortreißen und täuschen lassen, und man sieht sie mit der Welt zusammen aus einer Quelle trinken. Wie sich aber auch der Betrug mit Wahrheit umhüllen mag, mehr oder weniger wird er immer an dem Prüfstein der Person des Sohnes Gottes erkannt werden.

Als der Apostel die Gläubigen über die Salbung belehrte, da sagte er ihnen frei heraus: „Dies habe ich euch betreffs derer geschrieben, die euch verführen“(1. Joh. 2,26). Möchte er es uns nicht vergebens geschrieben haben. Gerade in unseren Tagen und Lagen, wo der Satan die Gestalt eines

Engels des Lichtes annimmt und die Dämonen aus der Hölle als Lichtlehrer am Werke sind (1. Tim. 4,1), da lernen wir erst recht die Gnade der Salbung schätzen und verstehen, was Gott uns in ihr geschenkt hat. Das ist es ja, was der Name „Christ“ ausdrückt. Dieser kostbare Name (den die Schrift für die Gläubigen gebraucht [1.Petr. 4,16] und der uns deshalb auch zu tragen erlaubt ist) bedeutet „Gesalbter“. „Christen“ sind „gesalbte“ Menschen.

Kennzeichnet uns die Salbung? Sind wir „Geistliche“? (1. Kor. 2,15; 3,1.) Nur dann besitzen wir dieses geistliche Licht, dieses innere Wissen und Erkennen, Christo gemäß.

Dieses „Wissen“ hat aber nichts gemein mit der Sprache des Selbstbewußtseins: „Ich weiß alles“, „ich erkenne alles“. Solchen Antwortet die Schrift: „Wenn jemand sich dünkt, er erkenne etwas, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll.“ (1. Kor. 8,2.) Eine solche Sprache ist nicht die Sprache des Geistes, sondern des Aufgeblasenseins.

Wenn wir uns jetzt dem

Versiegeltsein mit dem Heiligen Geiste

zuwenden, so dürfen wir nicht denken, daß „Salbung“ „Versiegelung“ und „Unterpfand des Heiligen Geistes“ verschiedene Akte Gottes seien, die zu verschiedenen Zeitpunkten (je nach unserem Glaubensstande) an uns vollzogen würden. So ist es nicht. Nicht verschiedene Akte sind es, sondern verschiedene Segnungen. Wir vermögen die Vielseitigkeit des Segens in der Gabe des Heiligen Geistes nicht mit einem Blick zu überschauen, so wenig, wie wir ein Haus nach allen vier Seiten mit einem Blick überschauen können. Aber doch ist es ein Haus und bleibt dasselbe Haus, wenn es auch vier ganz voneinander verschiedene Seiten hat. So zeigt uns Gott die verschiedenen Seiten des Segens, die uns mit der Gabe des Heiligen Geistes geworden sind. Der Geist, der uns, als wir an den Herrn Jesus gläubig wurden, das Zeugnis gab, Gottes Kinder zu sein, ist derselbe Geist, der uns auch „salbt“ und „versiegelt“ und der das „Unterpfand“ unseres Erbes ist. In dem Leibe der Niedrigkeit muß Gott uns die Herrlichkeit und den Reichtum in der Gabe des Heiligen Geistes so stückweise vor Augen führen, da wir es sonst nicht verstehen würden.

Zweimal (Eph. 1,13 und 4,30) schreibt Paulus den Ephesern, daß sie versiegelt seien mit dem Heiligen Geiste. Eph. 1,13 erinnert er sie daran, daß dieses stattfand, nachdem sie geglaubt hatten - nicht erst eine Zeit danach. Die Schrift kennt keinen Zeitraum zwischen Glauben und Versiegeln. Sie sagt: „Nachdem ihr geglaubt habt, seid ihr versiegelt worden mit dem Heiligen Geiste der Verheißung.“ Als wir an den Herrn Jesus gläubig wurden, empfingen wir die Vergebung unserer Sünden und zugleich drückte Gott uns das Siegel Seines Eigentums auf. Mit dem Siegel des Heiligen Geistes nimmt Gott Besitz von uns als Seinem Eigentum und werden wir Seine Wohnung. Das Siegel bezeugt uns, daß wir Sein sind: „Wer den Geist Christi nicht hat, ist nicht Sein.“ (Röm. 8,9.)

In großen Schafherden sah ich zuweilen Schafe, die ein Brandsiegel auf dem Rücken trugen. Diese Schafe waren von einem anderen Herrn gekauft worden. Der neue Besitzer nahm seine Schafe nicht sofort aus der Herde heraus. Aber als er den Preis für sie bezahlt hatte, drückte er ihnen das Siegel, die Initialen Seines Namens, auf, als Zeichen seines unverbrüchlichen Eigentums. Nicht durch das Siegel wurden sie sein Eigentum, sondern durch den bezahlten Kaufpreis. Das Siegel aber kennzeichnet jedes einzelne Schaf. Obgleich es mit tausend anderen zusammen auf dem Felde ist, so ist doch keine Verwechselung möglich, es trägt das Siegel, und dieses zeigt, wessen Eigentum es ist.

ist doch keine Verwechselung möglich, es trägt das Siegel, und dieses zeigt, wessen Eigentum es ist.

So ist es auch mit dem Gläubigen. Erkauft durch das Lösegeld des kostbaren Blutes Jesu Christi, ist er jetzt ein Schaf Christi und Gottes unverletzbares Eigentum, auf das Gott Sein Eigentumssiegel gedrückt hat. Obgleich wir inmitten der Welt des Unglaubens gehen und stehen, gehören wir ihr doch nicht mehr an, sondern sind eines anderen geworden, „des aus den Toten Auferweckten“, dessen Siegel wir jetzt tragen.

Wir wissen nicht, wie lange Er uns hier unten läßt inmitten einer ungläubigen Welt, aber wir wissen, daß wir Sein unantastbares Eigentum sind. Sobald ein Beamter das Staats- oder Gerichtssiegel einem Gegenstande anlegt, ist der Gegenstand für jeden anderen unantastbar. So sind auch wir Sein unverletzliches Eigentum. Die Macht eines Staates mag nicht hinreichen, die Unverletzbarkeit seines Siegels zu schützen; der aber uns versiegelt hat auf den Tag der Erlösung, dessen Macht reicht aus, jedes Schaf bis zum Tag der Erlösung zu bewahren.

Für unsere Seelen haben wir schon die Erlösung. (Kol. 1,14.) Aber die Schrift spricht noch von einer anderen Erlösung, und auf diese warten wir. „Erwartend die Sohnschaft: die Erlösung unseres Leibes.“ (Röm. 8,23.) Er, der Anführer unserer Errettung, bringt die vielen Söhne zur Herrlichkeit. (Hebr. 2,10.) Auf diesen Tag der Erlösung hin hat Gott uns Sein Eigentumssiegel angelegt. Und welche Hand will dieses Siegel entfernen?

Gibt es mächtigere Hände als die Seinen, die dies zu tun vermöchten? Oder kann das Schaf selbst das Siegel entfernen? Niemand, sagt der HErr, wird sie aus Meiner Hand rauben, und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben. (Joh. 10,28.29.) Diese vier unvergleichlich mächtigen Hände, diese allmächtigen Hände halten das Schaf Christi, das Er versiegelt hat, auf den Tag der Erlösung. (Eph. 4,30.)

Gleichwie der Heilige Geist „Salbung“ und „Siegel“ ist, so ist Er auch das Unterpfand unseres Erbes (Eph. 1,14), die sichere Bürgschaft, daß alles, was Gott irgend uns gegeben und verheißen hat, unser ewiges Teil sein wird.

In dem Heiligen Geiste als Siegel sagt Gott gleichsam zu uns: Du bist Mein. In dem Heiligen Geiste als Unterpfand dürfen wir sagen: Das Erbe ist unser.

Damit, daß uns Gott den Heiligen Geist auch als Unterpfand gegeben hat, verbürgt Er sich gleichsam, uns in den Besitz des Erbes zu bringen. So schreibt auch Petrus den Fremdlingen (uns, die wir keine Heimstätte hier haben), daß Gott uns „wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung, zu einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, welches in den Himmeln aufbewahrt ist für euch, die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung“. (1. Petr. 1,3-5.)

In dieser Welt, wo wir unsere Schwachheit so tief empfinden und sie so oft geschaut wird, da nimmt Gott unsere Sache in Seine mächtigen Hände, uns hindurchzubringen zur Besitznahme des herrlichen Erbes. Wir haben noch nicht die Erlösung unseres Leibes, aber wir haben das Unterpfand dafür. (2. Kor. 5,1-5.) Wir haben noch nicht unser herrliches Erbe, aber wir haben bereits das Unterpfand. (Eph. 1,14.) Bis zur Besitznahme des Erbes trägt Seine Treue Sorge für uns, daß wir nicht ermüden und ermatten - und hält und schützt uns Seine Macht vor den Schlingen und Anstürmen der Gewalt der Finsternis.

Finsternis.

Welch einen weiten Blick dürfen wir in das Meer Seiner Gnade und Liebe tun! Wie wenige denken über die Gabe des Heiligen Geistes nach! Der HErr gebe, daß sich Leser und Schreiber dieser kostbaren Gabe mehr erfreuen!

v. d. K.

Vergebliches Netzausspannen.

(Spr. 1,17).

Wir wollen heute an der Hand von ein paar Beispielen aus dem Leben uns den wertvollen Rat zu Gemüte führen, den uns Salomo in seinen Sprüchen gibt: „Vergeblich wird das Netz ausgespannt vor den Augen der Vögel“ (Spr. 1,17).

*

Da begleitet eine gottesfürchtige Mutter ihren heranwachsenden Sohn in die Stadt, um ihn bei einem Kaufmann, dem Herrn S..., in die Lehre zu geben. Der Kaufmann ist ein lebendiger Christ und als solcher weithin durch redliche Geschäftsgepflogenheiten bekannt. Es war daher für die Mutter des Lehrlings sehr wertvoll, für ihren Sohn Max in diesem angesehenen Geschäftshause ein Plätzchen gefunden zu haben.

Jetzt tritt sie mit ihrem Jungen ins Bureau; er ist ein großgewachsener blonder Bursche mit eigenartig sinnendem Blick. Die Mutter stellt ihn Herrn S... vor und bemerkt dann: „So wollen wir denn hoffen, Herr S..., daß sich Max unter Ihrem Dach bekehren wird“. Der Junge stutzt und setzt ein trotziges Gesicht auf. Herr S... sagt nur: „Das steht bei Gott allein! Ihm wollen wir es anheim stellen“.

Im Sohne aber regt sich etwas wie Zorn. Seine Mutter ist ganz traurig, als sie von ihm Abschied nimmt, und sein unfreundliches Gesicht kann sie noch lange nicht vergessen. Ist es in diesem Falle verwunderlich, wenn die Herzensgüte des Chefs, sein gesunder christlicher Einfluß und seine wohlmeinenden Ermahnungen auf den jungen Mann ohne Eindruck bleiben? Hier ist „das Netz ausgespannt vor den Augen des Vogels“. Er wird sich hier schwerlich jemals fangen lassen.

*

Eine andere Begebenheit aus dem Alltagsleben: Der Anstaltsvorsteher A... ist ein gläubiger Mann, der den großen Ernst dieses Lebens für sich und die Seinen voll erfaßt hat. Schade ist nur, daß seine Hausandachten sich so weit über die Gebühr in die Länge ziehen. Wenn er mit seiner großen Hausgemeinde betet, so breitet er jede einzelne Verfehlung seiner Schützlinge vor Gott aus, jede kleine Nachlässigkeit der Dienstmägde. Dann fleht er Gott mit tiefern Ernst an, Er möge diese Sünde vergeben. - Anna, die Tochter, ist drauf und dran, das Zimmer zu verlassen, denn es schmerzt sie tief, wie es ihr Vater vor der ganzen Hausgemeinde im Gebet berichtet, daß sie im Laufe des Tages eine Unwahrheit gesagt hat. Diese Untreue hat ihr selbst großen Kummer bereitet, und unter vier Augen hatte sie der Mutter ihren Fehler bekannt. Daß aber jetzt der Vater alles vor die große Öffentlichkeit bringt, vermag sie nicht zu verstehen. Sein Gebet bleibt für sie ohne jeglichen Segen, weil sich in ihrem Inneren etwas gegen den Vater auflehnt.

weil sich in ihrem Inneren etwas gegen den Vater auflehnt.

Die übrigen Hausgenossen machen fast täglich die nämlichen Erfahrungen, und Herr A... ist traurig, daß so wenig Fortschritte im geistlichen Wachstum der Seinen zu erkennen sind. Ist dies absonderlich, wenn so sichtbarlich „das Netz vor den Augen der Vögel ausgespannt“ worden ist? Ein derartiger Vogelsteller wird schwerlich jemals eine Beute davontragen.

*

Wir sind im Krankenzimmer einer alten Frau. Die Tür geht auf, und es erscheint ein junges Mädchen, das schon auf der Schwelle ruft: „Tante L..., Mama hat mir gesagt, ich soll heute Nachmittag zu Dir gehen und ein bißchen lieb mit dir sein! Morgen Vormittag will sie kommen und Dir aus der Bibel vorlesen. Was soll ich jetzt anstellen, um Dich zu erfreuen?“

Das Mädchen ist in der Tat voll guten Willens, und doch merkt es nicht, daß das Feuer der Tante im Ofen ausgegangen ist und daß die kalte Luft des Zimmers die Kranke husten macht.

„Du willst lieb mit mir sein“ murmelt die alte Frau, „ich bedarf Deiner Liebe nicht, geh nur ruhig wieder heim; ich brauche nichts.“

Ganz verblüfft steht das Mädchen da. „Wahrhaftig, die Tante ist wieder einmal in herzlich schlechter Laune, und ich habe doch lieb zu ihr sein wollen!“

Die Tochter hätte es den Krähen absehen können, daß keine in ein Vogelnetz geht, das vor ihren Augen aufgestellt worden ist.

Die Tür hat sich hinter dem Mädchen geschlossen. Die kranke Frau liegt wieder einsam in ihrer kalten Stube, sie hustet und brummt für sich: „Ach, deshalb nur wollen sie mir ihre Liebe beweisen, damit sie nachher das Recht bekommen, mir aus der Bibel vorzulesen; aber weder nach dem einen noch dem anderen trage ich Verlangen!“

*

Wahrhaftig, es ist schade, jammerschade, wie es so vielen wirklich treuen und aufrichtigen Kindern Gottes an der „Schlangenklugheit“ (Matth. 10,16) gebricht. So oft werden „die Netze vor den Augen der Vögel ausgespannt“ ... Diese merken die Absicht, fliegen eilends davon, um manchmal für immer den Blicken zu entschwinden. Es ist ein „vergebliches Unterfangen“, spricht Salomo, der große Menschenkenner.

Aus „C. V. a. B.“.

Die Verwaltung Gottes oder das Walten Gottes mit dem Menschen.

(Aus dem Schwedischen übersetzt.)

Als Gott den Menschen schuf, schuf Er ihn in Seinem Bilde. Alles, was Gott gemacht hatte, war sehr gut. Wie lange alles gut blieb, wissen wir nicht. Die Schlange kam zum Menschen und betrog ihn. Argwohn gegen Gott fand Raum in seinem Herzen, und die Folge war die Sünde. Gott hatte gesagt: „An dem Tage, an dem du von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen issest, sollst du

sterben“. Der Tod ist Trennung, und Trennung kam nun zwischen Gott und den Menschen. Adam wurde aus dem Garten Eden vertrieben. Aber das Herz Gottes brannte von Barmherzigkeit. Er kleidete die Menschen in Röcke von Fell, ein Beweis dafür, daß Tiere mußten geschlachtet worden sein. Von dem Fell der Tiere bekamen sie Kleider. Dies war schon ein Hinweis darauf, daß Christus um unserer Übertretungen willen zerschlagen und wir mit den Kleidern der Gerechtigkeit Gottes bekleidet werden sollten.

Außerhalb des Gartens Eden gebiert Eva einen Sohn. Sie nennt ihn Kain und sagt: „Ich habe mit des HErrn Hilfe einen Mann geboren“. Sie fühlte die Not, in die sie durch die Sünde gekommen war, und im Glauben an die Verheißung Gottes über den Samen des Weibes dachte sie, daß Kain derjenige sei, welcher der Schlange den Kopf zermalmen sollte. Aber sie mußte es bald sehr schmerzlich erfahren, daß er nicht der verheißene Mann war. Im ersten Johannesbrief heißt es, daß Kain von dem Bösen war.

Anstatt der Schlange den Kopf zu zermalmen, wurde er von der Schlange überwunden. Die Prophezeiung wartete noch ihrer Erfüllung. Dann wurde Abel geboren. Er wurde ein Schafhirte. Sein Opfer bewies, daß er das Wort bedachte: „Verflucht sei der Erdboden!“ Wenn diese Worte für uns lebendig werden, so verstehen wir, daß von dieser verfluchten Erde nicht viel zu erwarten ist. Dann kam eine Stunde, wo beide, Kain und Abel, fühlten, daß sie Gott opfern sollten. Kain opferte Gott von dieser Erde, die verflucht war - von dem, was er durch seiner eigenen Hände Arbeit hervorgebracht hatte. Er brachte damit sein eigenes Werk vor Gott. Abel opferte Gott das Erstgeborene seiner Schafe. Darin lag das Bekenntnis, daß er jemand nötig habe, der für ihn sterben müsse. Er brachte Gott das, was ihm von Gott gegeben war, und nicht das, was er durch die Arbeit seiner eigenen Hände hervorgebracht hatte. Gott sah auf Abel und sein Opfer. Von wem hatte Abel gelernt, ein solches Opfer zu opfern? Wahrscheinlich von seinen Eltern. Von wem hatten diese es gelernt? Von Gott. Sie mußten verstanden haben, was Gott in den „Röcken von Fell“ für sie getan hatte.

*

Den Charakter der Haushaltung Gottes vor der Sintflut finden wir ausgedrückt in den Worten: „Mein Geist soll nicht ewiglich mit den Menschen rechten“ (1. Mos. 6,3). Wir finden, daß in der Zeit vor der Flut der Heilige Geist in ganz besonderer Weise tätig war. Gott wurde auf der Erde anerkannt, gefürchtet und geehrt. Sowohl Kain als auch Abel opferten. Kain fürchtete Gott, daß Er den an seinem Bruder begangenen Mord an ihm rächen würde. Zur Zeit Seths rief man den Namen des HErrn an. Henoch wandelte mit Gott, prophezeite und wurde entrückt, ohne den Tod zu sehen. Er hatte das Zeugnis, daß Gott ihn anerkannte. Lamech sehnte sich nach Trost, er fühlte die Öde in dieser Welt und erkannte: „Gott hat die Erde verflucht“. Noah predigte Gerechtigkeit. Er baute eine Arche für seine und seines Hauses Rettung. Hieraus ersehen wir, welch ein kräftiges Zeugnis es schon vor der Sintflut gab. Aber die Bosheit war groß. Satan triumphierte. Sie wollten die Stimme des Geistes Gottes nicht zu sich reden lassen. Viele meinen, daß die Menschen vor der Sintflut einen Vorzug gehabt hätten, siehe 1. Petr. 3.20! Hatten sie nicht einen Vorzug? Eins ist gewiß, daß der Geist in einer ganz besonderen Weise zu diesem Zeitpunkt wirksam war. Die Flut nahm sie schließlich alle weg, aber Noah fand Gnade vor Gott.

*

Ein neuer Zeitabschnitt trat nun in der Verwaltung Gottes oder dem Walten Gottes mit den Menschen

ein. Wir finden nicht mehr dieses besondere Wirken des Geistes, Gott ließ es zu, daß die Heiden ihre eigenen Wege gingen. Er tat ihnen Gutes, aber der Mensch bleibt sich gleich. Er geht seine eigenen Wege ohne Gott, und die Sünde macht Fortschritte. Städte werden gebaut. Nimrod ist ein gewaltiger Mann und baut Babel. Wir sehen, was die Menschen mit dem Bau des Turmes zu Babel beabsichtigten: Der Mensch wollte Gott gleich sein. Das beweist, daß sie die Ehrfurcht vor Gott aufgegeben hatten. Sie wollten auf derselben Stufe stehen wie Er. So war ihr Sinn. Gleichzeitig verehren sie Abgötter. Melchisedek war der Priester Gottes des Höchsten (1. Mos. 14,18.19), woraus wir erkennen, daß noch andere Götter von den Menschen verehrt wurden.

*

Babel wurde durch das Herabkommen des HErrn der Platz der Verwirrung. Nun wählte Sich Gott Abraham aus, um durch ihn Sich ein Volk zu bilden, unter welchem Er gekannt sein wollte. Abraham hatte nichts besonderes an sich, weshalb Gott ihn auserwählte. In 5. Mos. 26 heißt es, daß er ein umherirrender Aramäer gewesen sei, und Jos. 24,2.3 sagt, daß er anderen Göttern gedient habe.

Wenn Gott jemandem Gnade erweisen will, macht Er es nicht so wie die Menschen, die nach irgend etwas Verdienstvollem an dem Gegenstand ihrer Huld blicken. Gott nimmt solche heraus, um sie nahe bei Sich zu haben. Hieraus geht hervor, wie Sich Gott danach sehnt, von Menschen auf der Erde verstanden und gekannt zu werden. Er nahm Abraham heraus, damit dieser der Vater vieler Völker werde. Apgesch. 7 berichtet uns, daß der Gott der Herrlichkeit ihm erschienen sei. In dieser wunderbaren Erscheinung erkannte Abraham Ihn als „den Gott der Herrlichkeit“, der herrlicher war als all der Glanz der irdischen Abgötter. Dieser Gott rief ihn heraus aus seinem Lande, aus seinem Volke und seines Vaters Hause. Aber obwohl der Gott der Herrlichkeit vor ihm erschienen war, wurde es ihm nicht leicht, aus seiner Verwandtschaft wegzugehen. 1. Mos. 11 wird gesagt, daß Tarah von Ur nach Haran zog, dies beweist, daß Abraham mit seinem Vater über die Erscheinung und den Auftrag Gottes gesprochen hatte und daß, als sein Vater bereit war, mit ihm zu ziehen, er ihn mitnahm.

(Forts. folgt.)

Kleine Gedanken.

Röm. 13,8.

Kinder Gottes sollten niemals Schulden machen, weder bei Menschen noch auch - gewissermaßen - bei Gott! Warum vor Dessen heiligem Angesicht auch nur bis zum Abend stehen lassen, was nach 1. Joh. 1,9 sofort aus dem Wege geräumt werden kann?! -

Es gibt nur eine Sorte Schulden, die wir haben dürfen und die nie das Leben unruhig und friedlos macht, obschon wir diese Art Verpflichtungen nie ganz abtragen können: Liebesschulden untereinander! Diese, und diese allein, sind kostbare Schulden.

F. K.

Apgesch,12,5.

Die Schrift ist voll der herrlichsten „Aber“. Es ist nicht gut für uns, „Wenns“ und „Aber“ in geistlicher

Hinsicht zu gebrauchen, wo sie es nicht tut. Jedoch die „Aber“, die sie anwendet, sollten wir recht genau prüfen, damit sie uns und durch uns anderen zum Segen dienen.

Dieses „Aber“ zeigt uns, wo unsere Kraft liegt gegenüber einer Welt voll satanischer Macht und Tücke. Möchten wir Gnade haben, sowohl einzeln wie als Gemeinde, der Macht des Feindes solch eisernes „Aber“ entgegenzusetzen, indem wir in treuem Gebet und anhaltender Fürbitte den allmächtigen Arm Gottes bewegen, während damit zugleich der den Gläubigen entgegenstehende Arm Satans gehemmt oder gelähmt wird! (vgl. Dan. 10.) Eph. 6,18!

F. K.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 9

Auf wen bezieht sich Joh. 10,8?

Antwort A

Auf alle falschen Propheten und falschen Christi, die vor der Erscheinung Christi auftraten und verführten. In jenen Tagen der ersten Erscheinung Christi waren in Israel viele, die auf den Trost Israels warteten, auf den Messias. Sie hatten beim Studium der Propheten herausgefunden, wo (Matth. 2,3-5) und wann (Gal. 4,4) Christus geboren werden sollte. Auch Verführer hatten sich die Zeit voll gespannter Erwartungen zunutze gemacht und traten mit dem Ansinnen auf, der Messias zu sein. So wird uns Apgesch. 5,36.37 durch Gamaliel mitgeteilt, daß ein gewisser Theudas 400 Anhänger gesammelt hätte. In den Tagen der Schätzung (Luk. 2,1-5) trat ein gewisser Judas aus Galiläa auf, der auch viel Volks als Anhang gewann. Beide Männer sind jedoch elend zuschanden geworden, und ihr Anhang ist zerstreut. Beide haben sich als Diebe und Mörder ausgewiesen. Die wahren Schafe des guten Hirten haben ihnen nicht gehorcht.

Sinngemäß findet das Wort auch Anwendung auf alle falschen Propheten und falschen Christi, die nach der ersten Erscheinung Christi auftraten.

A. C.

Antwort B

Der Herr Jesus will sagen, daß alle die Hirten, die durch eine andere Tür denn durch Ihn in den

Der Herr Jesus will sagen, daß alle die Hirten, die durch eine andere Tür denn durch Ihn in den Schafstall eingedrungen und das Führeramt an sich gerissen hätten, seien es Propheten der Vergangenheit oder die damals gegenwärtigen aufgeblasenen Pharisäer, Sadduzäer und Essäer, vor Seinem heiligen Auge gerichtet als Diebe und Morder dastünden. Es sind Verführer, die mit weltlicher Weisheit ihre Selbsterlösung u. a. predigen, die viel Anhang finden, aber die Seelen nicht zur Buße, Bekehrung und zum neuen Leben führen, wozu allein Jesus Christus die Tür ist.

Der HErr redet in Gleichnissen, und zwar vom Zweck der Tür und von der Pflicht der Hirten. Beides wendet Er auf Sich an und führt dann den Beweis von der Unzuverlässigkeit der falschen Propheten und bösen Hirten.

Jesu Schafe erkennen aus all den Stimmen (auch den heutigen) die des guten Hirten heraus und folgen Ihm. Die nicht Jesu Schafe sind, hören und folgen den verlockenden Stimmen, weil ihre Ohren danach Verlangen tragen (vgl. 2. Tim. 4,3) und ihr Herz ungebrochen ist. Jesu Stimme und die Stimme des Heiligen Geistes (der die Sünder und Abtrünnigen sucht, ihnen nachgeht und sie gleichsam „beißt“) finden sie hart. Verblendet lieben sie die Zuchtlosigkeit, bis sie darinnen umkommen. - Jesus allein ist der gute Hirte, Er führt durchs Todestal (des alten Menschen) zur Lebensquelle ewiger Gemeinschaft mit Ihm und dem Vater.

A. H.

Anmerkung des Schriftleiters

Dies Wort des HErrn erscheint durch das „alle“ schwierig. Aber wenn man es auf alle alttestamentlichen Führer anwenden wollte, z. B. - wie es sogar schon gelegentlich geschehen ist - auf Mose (!! warum?, etwa weil durch ihn das Gesetz gegeben ist? Joh. 1,17), so würde man den eigenen erhabenen Worten des HErrn über dieselben (an anderen Stellen) doch geradezu ins Gesicht schlagen (z. B. Joh. 5,45.46; Luk. 16,29.31 u. a.!). Aber es heißt ja auch gar nicht: „sie waren Diebe ...“, sondern „sie sind...“. Da liegt es doch näher, sich die ganze Sachlage, in der der HErr dies Wort ausspricht, vor Augen zu halten: Er redet doch zu Seinen ausgesprochenen Gegnern (vgl. 9,39-41) und verurteilt „diese“. „Diese“ nehmen ihre Berechtigung zur Führerschaft nicht (wie Johannes der Täufer, vgl. 1,23-34) vom Messias, sondern von sich selbst aus (vgl. Matth. 23,2 und Luk. 11,37-54). Deswegen führen sie die Menschen (die Schafe) auch nicht zu Ihm hin, sondern zu sich selbst. Wehe denen, die sich ihrer Führung anvertrauen!

In dieser Deutung, die auch obige Antworten vertreten, hat dies ernste Wort aus Jesu Mund in Seiner heiligen Ausschließlichkeit auf alle Seine Feinde auch Beziehung auf die heutige Zeit! Nur wer zu der alleinigen Tür führt, hat Führerberechtigung, ist ein echter Hirtencharakter. Wer Umwege, Abwege, gewaltsames Übersteigen oder Umgehung der gottgewollten Trennungsmauer und heiligen Grenzlinie zwischen Gottes Volk und der Welt versucht, Christus Jesus als einziger Tür ausweicht, ohne durch diese in Gottes Gemeinschaft zu gelangen oder andere hineinzuleiten trachtet, ist geistlicherweise mit „Dieb“ und „Räuber“ zu bezeichnen. Vor solchen muß gewarnt werden, und zwar mit der gleichen Entschiedenheit, mit der man vor einem Räuber in irdischer Hinsicht warnt und sich gegen solchen mit Weisheit und Energie zu schützen sucht. (Hier nur nebenbei eine Bemerkung: mit Schmähungen und Schimpfreden gegen solche [geistlicherweise] „Diebe“ und „Räuber“ genannten falschen Führer ist es nicht getan!) Dem Schaden, den die mit diesen ernsten Worten Gekennzeichneten zu allen

Zeiten anrichten, ist dadurch mit am wirksamsten beizukommen, daß man die durch jene falschen Führer Gefährdeten immer wieder ernsthaft und in Liebe belehrt und sie davor warnt, den verschiedenen Stimmen zu folgen. Was braucht einer, der die Stimme des guten Hirten kennen lernte, noch andere Stimmen zu kennen? Darin besteht nicht unsere Sicherheit, sondern darin, durch die einzige Tür in die Lebens- und Liebesgemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus gelangt zu sein und darin sich erfreuen. (1. Joh. 1,1-4).

Ich verweise noch auf Frg. 16 in Bd. VII und 20 in VI!

Frage 10

Wie kann in 1. Kor. 15,20 vom Erstling die Rede sein, wo doch Jairi Töchterlein, der Jüngling zu Nain und Lazarus schon vom Tode auferweckt waren?

Antwort A

Zu dieser Stelle muß Vers 23 und Röm. 6,9.10 hinzugezogen werden mit ihrer ganzen Bedeutung von 1-11, auch für uns.

Alle vor und nach dem Herrn Jesus auferweckten Toten Alten und Neuen Testaments mußten wieder sterben, der Tod herrschte noch über sie. Bei der Ordnung Gottes aber, die uns 1. Kor. 15,20 über die Auferstehung gegeben ist, gibt es nachher keinen Tod mehr. In dieser Ordnung ist Jesus der Erstling, der nach Seiner Auferstehung nicht mehr stirbt noch sterben kann. Er ist also auch hier der Erstling, der Vorläufer, der „Durchbrecher“ (Micha 2,13). „Danach die, welche Christo angehören, wenn Er kommen wird“, ist dann die folgende Ordnung in der Auferstehung (vgl. 1. Kor. 15,51-58), nämlich wir, die Gläubigen, andere hat der Apostel hier nicht im Sinn. 1. Thess. 4,16: „Die Toten in Christo zuerst“; Offenb. 20,4-6: für die zur zweiten Ordnung, d. h. für uns jetzt, nachdem die Auferstehung Jesu als des Erstlings hinter uns liegt, gilt das Wort von der „ersten Auferstehung“. Selig und heilig ist, wer daran teilhat!

„Danach das Ende“, wie es uns Offenb. 20,11-15 näher beschrieben ist: Der große und letzte Gerichtstag, an dem auch die Auferstehung der Ungerechten stattfindet (Apgesch. 24,15). Also in Hinsicht auf diese Auferstehungen ist Jesus der Erstling geworden unter den Entschlafenen (vgl. Kol. 1,18!).

F. Th. H.

Antwort B

Jairi Töchterlein, den Jüngling zu Nain und Lazurus hat der Heiland für eine Spanne Zeit wieder auferweckt und den Ihren zurückgegeben, aber sie mußten doch wieder sterben, als ihre Erdenzeit abgelaufen war. Jesus dagegen, der Sieger über Tod und Leben, ist darum der Erstling genannt unter denen, die da schlafen, weil Er Selbst die Auferstehung und das Leben ist und nicht wieder sterben mußte, sondern aufgenommen wurde zu Seinem himmlischen Vater, ja, der nun von Sich sagen kann: Joh. 11,25 oder, wie der Apostel Paulus es ausdrückt: 2. Tim. 1,10.

S. E. H.

S. E. H.

Antwort C

Bei den Totenauferweckungen des HErrn handelte es sich um die Wiederbelebung der natürlichen Leiber. Das gleiche war durch die Propheten im Vorbild geschehen (1. Kön. 17,21f.; 2. Kön. 4,33-36). Die kommende Totenauferstehung ist ganz anderer Art, ein Auferstehen der Leiber in himmlischer Gestalt (1. Kor. 15,42-44), nicht mehr in Schwachheit des Fleisches wie bei Lazarus usw. Der HErr ist der Erstling dieser Auferstehung. Sein geistiger Leib ist nicht mehr gebunden an Raum, Zeit und Stoff. Trotz verschlossener Türen ist Er im Jüngerkreis. Der HErr aß und trank (z. B. Luk. 24,43) in diesem Leibe; auch die Erwählten werden einst das Hochzeitsmahl des Lammes feiern (s. a. Luk. 12,37). Dort wird auch Lazarus sein in seinem himmlischen Leibe; das Mahl Joh. 12,2 hielt dieser noch in verweslichem Fleisch.

P. B.

Antwort D

Schon das Alte Testament berichtet von Totenauferweckungen: so z. B. 1. Kön. 17,17-24 und 2. Kön. 4,18-37. Ja, in 2. Kön. 13,20.21 wird sogar berichtet, daß ein Leichnam, den man in das Grab des Elisa geworfen hatte, wieder lebendig wurde.

Die Totenauferweckungen durch den HErrn, von denen das Neue Testament berichtet, sind ja bekannt. Diese drei: des Jairus Tochter (Matth. 9,18-26), der Jüngling zu Nain (Luk. 7,11-17) und Lazarus (Joh. 11,41-44) werden durch Jesum von den Toten auferweckt.

Nun will Fragesteller wissen, wie es kommt, daß der Herr Jesus in 1. Kor. 15,20 „Erstling“ genannt wird, da doch vor Seiner Auferstehung aus den Toten mehrere andere Totenauferweckungen gewesen sind. Jesus wird auch Apgesch. 26,23, Kol. 1,18 und Offenb. 1,5 der Erstgeborene aus den Toten, der Erste aus der Auferstehung von den Toten genannt.

Der Unterschied der Totenerweckungen vor Christus und der Auferstehung Christi, der sich in dem Worte „Totenerweckung“ und „Totenauferstehung“ zeigt, mag nicht so schwerwiegend sein, da auch von Jesus berichtet wird, daß Er auferweckt worden ist aus den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters (Röm. 6,4). Wenn jedoch Röm. 6,9von Christus gesagt ist, nachdem Er aus den Toten erweckt ist, Er hinfort nicht stirbt, der Tod über Ihn hinfort nicht herrschen wird, so ist damit der Unterschied und Gegensatz zwischen Christi Auferstehung und den Totenerweckungen vor Christi Tod und Auferstehung deutlich gezeigt. Die sechs berichteten Fälle im Alten wie im Neuen Testamente waren derart, daß die vom Tode Erweckten doch wieder starben, der Tod herrschte weiter über sie. Keiner von ihnen nahm dem Tode die Gewalt (2. Tim. 1,10) und brachte Leben und unvergängliches Wesen ans Licht. Keiner von ihnen konnte dem die Macht nehmen, der des Todes Gewalt besaß, das ist der Teufel nach Hebr. 2,14. Das tat aber der Herr Jesus und erwies Sich durch Totenauferstehung nach Röm. 1,4 als Sohn Gottes. Er war nach Offenb. 1,18 tot und lebt nun von Ewigkeit zu Ewigkeit und hat jetzt die Schlüssel des Todes und des Totenreiches. Er ist der Erstling unter den Entschlafenen, der des Todes Gewalt völlig brach. Damit harmoniert auch Matth. 27,52.53: sie gingen nach Seiner Auferstehung aus den Gräbern. Während es sich bei den oben bezeichneten sechs Fällen um die Auferweckung zum Weiterleben im Fleisch handelt, dem schließlich ein zweiter Todestag ein Ende

Auferweckung zum Weiterleben im Fleisch handelt, dem schließlich ein zweiter Todestag ein Ende machte, handelt es sich bei Christo und den Heiligen aus Matth. 27 um das Weiterleben in Herrlichkeit. Der Herr Jesus ist tatsächlich der Erstling unter denen, die entschlafen sind, und hat des Grabes Macht durchbrochen.

A. C.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu diesen ausführlichen Antworten weise ich zunächst hin auf folgende früheren Fragen: Frg. 2 in Bd. Il (über die in Antwort D genannte Stelle Matth. 27,52.53!); 34/ll; 11/IIl; 35/Ill; 10/Vl; 10/Vll. Und ohne jemanden veranlassen zu wollen, sich obige Bände anzuschaffen, muß ich doch noch einmal wegen der Wichtigkeit vorliegender Frage hinweisen auf die damaligen höchst umfassenden Ausführungen zu Frg. 2/II und 11/III. Was dort auf reichlich zur Verfügung stehendem Raum gesagt ist, konnte jetzt nicht mehr so ausführlich gebracht werden. Aber betonen möchte ich hier nur auszugsweise ein wenig von dem, was Br. v. d. K. z. B. über die vermeintlichen, aus Jud. V. 9 und Matth. 17,3 fälschlich gefolgerten „Auferstehungen“ des Mose und des Elias vor der des HErrn geschrieben hatte: „... In ihrer Persönlichkeit werden Mose und Elias redend mit dem HErrn gesehen. Redend mit dem HErrn, der Selbst noch nicht durch den Tod gegangen war und noch nicht,Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht' hatte. Konnte das Verwesliche an Mose Unverweslichkeit anziehen, ehe Er Unverweslichkeit ans Licht gebracht hatte? Mußte Er (Christus) nicht der Erst geborene aus den Toten (Kol. 1,18; Offenb. 1,5), der Erstling der Entschlafenen zuerst werden, ehe auch nur ein Leib der Niedrigkeit konnte umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit des Leibes Seiner Herrlichkeit? (Phil. 3,21.) Konnte jemand den Herrlichkeitsleib in Auferstehung haben, ehe Er ihn hatte? Er muß in allen Dingen den Vorrang haben! (Kol. 1,18) ...“ Soweit der kleine Auszug aus jener Antwort vom Jahre 1914!

Von den drei durch den HErrn Auferweckten (Jüngling zu Nain usw.) ist nie ähnlich Herrliches gesagt wie von Mose und Elias: „sie erschienen in Herrlichkeit“ (Luk. 9,31), und doch waren auch letztere noch nicht auferstanden, konnten es noch nicht sein, weil der Erstling, Christus, noch nicht aus (es heißt nicht „von“, sondern „aus“!) den Toten auferweckt war! Laßt uns die Schrift recht teilen (2. Tim. 2,15), auch hierin! Alles in seiner Ordnung! Jene drei Totenerweckungen im Alten Testament geben uns kostbare Vorbilder von Christo, zum Teil mit Bezug auf Israels dereinstige innere Wiedererweckung und Wiederherstellung, während die drei durch den HErrn vollzogenen im Neuen Testament gewissermaßen geistlicherweise andeuten, daß Er als Sieger nicht nur über Krankheit und dämonische Besessenheit (Mark. 5), sondern auch über den Tod, die an Ihn Glaubenden völlig zu erretten vermag aus dem geistlichen Tode, in dem wir von Natur alle stecken, indem wir „tot in Sünden“ sind (Eph. 2, vgl. auch Hebr. 7,25!).

Aber Seine eigene Auferstehung zeigt Ihn als Den, der das Leben in Person ist und - „wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1. Joh. 5,11.12). Haben wir, teure Leser, alle dies Leben? Haben wir Ihn?!

Jesus sprach zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an Mich glaubt, wird leben,auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an Mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du dies?“ Joh. 11,25.26.

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer. Klotzsche b. Dresden.

„Große Furcht - große Freude.“

(Luk. 2,9.10.)

Die bekennende Christenheit feiert das Fest der Weihenacht, der Nacht, die als geweiht angesehen wird durch das größte Ereignis der Weltgeschichte, das Kommen des Herrn Jesus im Fleisch. „Anerkannt groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott geoffenbart im Fleisch ...“ (1. Tim. 3,16). Wie köstlich - diese Tatsache! Wissen wir auch geschichtlich nicht den genauen Jahreszeitpunkt, wann dieses geschah - was tut's? Hat es Gott nicht gefallen, uns den Zeitpunkt, da den „Hirten zuerst“ dies Geheimnis kund ward, mitzuteilen - schließt dies aus, uns dessen zu freuen, daß es geschah, und uns dann gerade besonders dessen zu erfreuen, wenn so viele sich dessen freuen, d. h. besonders auch viele Gläubige? „Wer den Tag achtet, achtet ihn dem HErrn“ (vgl. Röm. 14,5.6; Kol. 2,16). Laßt uns einander deswegen nicht richten und ein gewisses „Feiern“ dieser Weihenacht nicht als ein Sichgleichstellen mit der Welt verurteilen! Es kommt bei allem doch auf die Beweggründe und die Stellung zum HErrn an.

Genug hiervon! Nicht, um mich mit den Anschauungen solcher, die das Feiern von Festen wie des Weihnachtsfestes verwerfen, auseinanderzusetzen (wozu sollte das dienen?), schreibe ich diese Zeilen, sondern um all denen, welche - als vor dem HErrn - „Weihnachten feiern“, die ernste und herzliche Frage vorzulegen: Ist in deinem Herzen die „große Freude“ lebendig? Ist in deinem Leben, deinem Zeugnis, deinem Wesen etwas zu spüren von der „großen Freude“, der Freude im und am HErrn?

Als jene drei Weisen aus ihren fernen Ländern nach Jerusalem pilgerten, um den „neugeborenen König der Juden“

anzubeten, da war ihr Wegweiser „Sein Stern“, als sie daheim abreisten, und ebenfalls wieder, als sie in nächster Nähe des Verheißenen waren, und da heißt es von ihnen: „sie freuten sich mit sehr großer Freude“ (Matth. 2,10) und - hatten doch noch nicht geschaut, was sie erahnten. Aber sie glaubten und - freuten sich! Es war mit ihnen ähnlich wie später mit den „Fremdlingen in der Zerstreuung“, an die Petrus schreibt (1. Petr. 1,1): „An welchen glaubend, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, ihr mit unaussprechlicher Freude frohlocket“ (1. Petr. 1,8).

Tust du das auch, mein teurer „Mitpilger auf der schmalen Bahn“? Oder lassen die Sorgen und Mühen der schmalen Bahn, die Beschwerden der Nachfolge Jesu, die Kämpfe und Nöte der Gegenwart, die Befürchtungen vor der ungewissen, trüben Zukunft die „große Freude“ nicht so recht aufkommen, dämpfen dieselbe vielleicht immer wieder und setzen an ihre berechtigte -durch des Herrn Jesus Kommen im Fleisch, durch Seinen Tod auf Golgatha, durch Seinen Sieg am Ostermorgen, durch Sein

Kommen im Fleisch, durch Seinen Tod auf Golgatha, durch Seinen Sieg am Ostermorgen, durch Sein Weilen für uns im Heiligtum, durch die Erwartung Seiner baldigen Wiederkunft für die Seinen so sehr berechtigte Stelle, an die Stelle der so „großen Freude“ eine „große Furcht“? Sage, wie ist es damit? Ist die große Furcht noch nicht besiegt? Mein Bruder, meine Schwester, wie lautet die Verheißung aus dem Munde des Zacharias (Luk. 1,67-79): „... daß wir, gerettet aus der Hand unserer Feinde, ohne Furcht Ihm dienen sollen in Frömmigkeit und Gerechtigkeit vor Ihm alle unsere Tage...“ Gilt das nur den gläubigen Juden? Gilt das nicht allen denen, die in Finsternis und Todesschatten saßen (V. 79; vgl. Kol. 1,12-14 u. a.), gilt es nicht mir und dir, uns allen, denen die „Sünden vergeben sind in Seinem Namen“? Wollen wir uns da einschüchtern lassen von der Macht eines besiegten Feindes? (Vgl. Joh. 12.31; Hebr. 2,14; Kol. 2,13-15 u. a.)

Freilich, wer sich nur vorübergehend anstrahlen läßt von dem Stern von Bethlehem, wer nur gefühlsmäßig „Weihnacht feiert“, ohne wirklich von Herzen und ständig in lebendiger Gemeinschaft zu stehen mit dem, der einmal „in der Fülle der Zeit“ gekommen ist (Gal. 4,4), der kann nichts wissen von der „großen Freude, die für das ganze Volk sein soll“ (Luk. 2,10), dem genügt solch äußerlich Fest kaum, um ihn für einige Stunden vergessen zu lassen das Elend eines Lebens ohne Gott - wie arm eine Christenheit ohne Christus, eine äußerlich Christi Geburt feiernde Menschheit ohne Liebe und Hingabe an Den, dessentwegen Paulus jubelt: „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!“ (2. Kor. 9,15), Seine Gabe der Liebe, denn „also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ (Joh. 3,16). Mein Leser, der du vielleicht noch nicht zu diesen glückseligen Leuten gehörst, deren große Furcht vor dem ewigen Gericht, dem ewigen, endlosen Verlorensein, schon beseitigt ist, eine Furcht, die unendlich berechtigter ist als die für den Ungläubigen berechtigte irdische Furcht vor der heutigen irdischen Zukunft - mein unbekehrter Leser, laß das diesjährige Weihnachtsfest nicht verstreichen, ohne in Buße und Glauben als Sünder zu Ihm zu kommen, der „gekommen ist, zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Luk. 19,10) - dann vertauschst du die große Furcht mit der großen Freude, der Freude am HErrn, die unsere Stärke ist (Neh. 8,10). Dann, erst dann hat des Heilandes Kommen im Fleisch, dessen Erinnerung du feierst, einen praktischen Wert für dich, für dein Leben hienieden wie für deine Ewigkeit!

Und ihr, meine Leser, wir alle, die wir Sein Eigen sind - laßt uns nicht törichter Furcht Raum geben! „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die völlige Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein ...“ (1. Joh. 4,18). Laßt uns Ihn, der uns geliebet und Sich Selbst für uns gegeben hat, Ihn, den Geliebten, in dem wir angenehm gemacht sind (Eph. 5,1.2; 1,6), nicht entehren durch eine Furcht, die mit dem Sichtbaren rechnet statt mit Ihm, dem Unsichtbaren (vgl. Hebr. 11,27; 2. Kor. 4,16-18), noch durch eine Furcht, die auf die doch durch Sein kostbares Blut bedeckte Vergangenheit blickt, noch durch eine solche, die vor Satans Listen zittert, statt daß wir ihm schriftgemäß begegnen (Eph. 6,10-18), sondern laßt uns nur schauen auf Ihn, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens (Hebr. 12,1ff.), und, durch Seine Gnade dazu berechtigt und befähigt, verwirklichen, was Paulus sagt: „Freuet euch im HErrn allezeit“ (Phil. 4,4), d. h. nicht nur in lieblichen Tagen eines irdischen Weihnachtsfestes, auch nicht nur auf sogenannten Höhepunkten des Lebens, sondern - als von Furcht befreit - vor Ihm alle Tage unseres Lebens (Luk. 1,75) - bis Er kommt!

F. K.

 

Das Vorrecht und der Segen des Gebens.

(Ein Wort von Georg Müller, dem bekannten Glaubensmann und

Gründer der großen Waisenhäuser in Bristol.)

Viele Kinder Gottes gehen des köstlichen Segens für ihre Seelen verlustig, der in dem Vorrecht liegt, am Werke des HErrn und „an den Bedürfnissen der Heiligen“ (Röm. 12,13) teilzunehmen, weil sie nicht gewöhnt sind, regelmäßig zu geben. Sie mögen nicht geizig sein, sie mögen auch nicht die gegenwärtige böse Welt liebgewonnen haben, und doch handeln sie durchaus nicht als Verwalter des HErrn, sondern als ob sie bereits Eigentümer wären, weil sie nur nach Gefühlsantrieben oder unter dem Einfluß besonderer Umstände geben. Und so geht das Leben vorbei, ehe sie des gewahr sind und ohne daß sie das eine kurze Leben hier auf Erden gut dazu ausgenützt haben, ihre Mittel für den HErrn zu gebrauchen, wie sie es hätten tun können.

Wie soll ich es denn machen, mag ein Christ fragen, um meine Mittel am besten für den HErrn zu gebrauchen? Meine Antwort Darauf ist:

1. Suche dir vor Augen zu halten, daß der Herr Jesus uns erlöst hat und daß wir infolgedessen nicht unser eigen sind, denn wir sind um einen Preis erkauft, nämlich durch das kostbare Blut Christi. Alles, was wir sind, und alles, was wir haben, gehört also Ihm, und wir haben unsere Besitztümer so anzusehen, wie es ein treuer Verwalter tun würde, dem Güter oder Geld von einem reichen Eigentümer anvertraut worden sind.

2. Als nächstes ist zu beachten, daß wir unsere Mittel gewohnheitsmäßig gebrauchen und regelmäßig mitteilen, so wie der HErr uns Gedeihen gibt. Wir sollten dies wöchentlich tun, wenn es irgendwie ausführbar ist, entsprechend dem Worte:

An jedem ersten Wochentage lege ein jeder von euch bei sich zurück und sammle auf, je nachdem er Gedeihen hat.“ ( 1. Kor. 16,2.)

Das ist ein Punkt, der für jeden Christen der ernstesten Erwägung in der Furcht Gottes wert ist. Es ist ein Grundsatz Gottes, der in Seinem Worte aufs klarste ausgesprochen ist. Wenn aber durch ganz besondere Umstände dieses regelmäßige Geben im Verhältnis zum Einkommen undurchführbar ist, dann sollten wir jedesmal, sobald wir feststellen können, wie unser Geschäft steht, wieviel unser Beruf uns einbringt usw., vor Gott festsetzen, wieviel wir dementsprechend für das Werk des HErrn oder für die Armen geben können.

3. Es ist auch zu beachten, daß diese Aufforderung des Heiligen Geistes durch den Mund des Apostels Paulus nicht nur sagt, daß dieser oder jener so handeln, sondern daß jeder danach verfahren sollte, die Reichen, die Angehörigen der mittleren Stände und ebenso die Armen.

4. Bezüglich des Betrages, den der Einzelne geben soll, kann keine feste Regel aufgestellt werden, weil alles, was wir tun, nicht in einem gesetzlichen Geiste geschehen sollte, sondern aus Liebe und Dankbarkeit für den Gesegneten, der für uns starb. Gott will, daß wir in dem Geiste der Sohnschaft handeln und als solche, die von der Liebe Christi gedrungen werden. Denen, die Er erlöst und denen Er vergeben hat und die Er zu Seinen Kindern, Seinen Erben und Miterben Christi gemacht hat, gibt Er daher kein Gebot hinsichtlich dieses Punktes.

Er daher kein Gebot hinsichtlich dieses Punktes.

Aber sieh wohl zu, lieber christlicher Leser, daß du nicht den Segen verlierst, weil dir nicht gesagt ist, daß du von dem, was Gott dir gibt, den zehnten Teil oder den fünften oder den dritten Teil oder die Hälfte oder drei Viertel geben mußt. Ich habe für meine Person mir nichts geringeres als dies eine vorgesetzt: mit allem, was ich habe, ständig vor Gott zu stehen als Sein Verwalter und zu sagen: „HErr, alles, was ich habe, ist Dein: Gebrauche es, wie es Dir gefällt!“ Gott hat mir Gnade gegeben, 44 Jahre lang nach diesem Grundsatz zu handeln; und ich bin nicht imstande, das unaussprechliche Glück und den Segen zu schildern, die die Folge dieses Handelns waren.

Wenn aber der Leser sagt: „das kann ich nicht tun“, so ist die Antwort: Dann tue so viel du kannst, und laß dir Gnade dazu schenken. Gib den Zehnten oder ein Fünftel oder ein Drittel oder die Hälfte von dem, was Gott dir gibt, nach dem Maße, wie du gerade jetzt Licht und Gnade in dieser Frage hast. Nur setze einen, wenn auch noch so geringen Betrag deines Einkommens fest, den du geben willst, und gib ihn regelmäßig; und in dem Maße, wie es Gott gefällt, dir Licht und Gnade zu mehren - und in dem Maße, wie Er dir Gedeihen gibt, im gleichen Maße gib mehr! Wenn du das gewohnheitsmäßige, regelmäßige - das grundsätzliche und schriftgemäße Geben vernachlässigst und es nur dem Gefühl, dem Impuls oder besonderen sich ergebenden Umständen überläßt, so wirst du sicherlich selbst Schaden leiden. Der kleinste festgesetzte Betrag mag ständig überschritten werden; aber es ist trotzdem besser, diesen kleinsten Betrag festzusetzen, als daß du nichts oder so gut wie nichts tust.

In Verbindung mit diesem Gegenstand laßt uns folgendes bedenken:

1. Es gibt ein „Säen“ und ein „Ernten“ nach 2. Kor. 9,6. - Kinder in den Wegen des HErrn unterweisen, Hausbesuche machen, um Menschen leiblich oder geistig wohlzutun, Brot, Geld, Kleider und anderes den Armen geben, unser Geld und Gut für den HErrn und zu Seiner Ehre verwenden, das heißt nach dieser Stelle „Säen“. Der Lohn, den der HErr in der Zeit und in der Ewigkeit dem zur Vergeltung gibt, der da säet, wird „Ernten“ genannt. Dieser Lohn mag uns mehr oder weniger schon in diesem Leben zuteil werden. Zehnfach, ja hundertfach vergilt der HErr oft in zeitlichen Dingen, indem Er uns Freunde erweckt oder Seinen offenbaren Segen auf unseren irdischen Beruf legt usw. Aber gesetzt, der HErr ließe aus einer bestimmten Absicht solch ein Ernten hier auf Erden nicht eintreten, so wird ganz sicherlich die Ernte in der zukünftigen Welt sein. Das leitet mich zu dem zweiten Punkt in diesem Vers.

2. „Dies aber sage ich: Wer sparsam säet, wird auch sparsam ernten, und wer reichlich säet, wird auch reichlich ernten.“ Das sind Worte des Heiligen Geistes, durch den Mund des Apostels Paulus. Das hier gebrauchte Bild ist für jedermann leicht verständlich. Der Landmann, der sparsam säet, erntet sparsam. Das eine bedingt das andere. So werden alle, die nach dem Maße ihrer Zeit, Fähigkeit, Gelegenheit und Mittel nur wenig tun (zeitlich oder geistlich), auch nur wenig ernten, sei es in diesem oder in dem zukünftigen Leben. Das sagt Gott, und das glaube ich. In tiefster Seele glaube ich's! Wohlan, laßt uns nicht sparsam, sondern reichlich säen! Wer das tut, der wird auch reichlich ernten, jetzt sowohl wie auch in der zukünftigen Welt; das heißt, wenn das Säen für den HErrn geschieht und nicht aus irdischen Beweggründen, wie etwa aus dem Wunsche nach Menschenlob und anderem.

Das ist sicher, wir werden nichts verlieren in diesem Leben, wenn wir als treue Verwalter des HErrn

handeln, was sollen wir aber sagen, wenn wir auf den „Tag Christi“ sehen, da selbst der Trunk frischen Wassers vergolten werden wird, der einem Jünger in eines Jüngers Namen gegeben ist. Wenn wir mehr gewohnt wären, die Tatsache uns vor Augen zu halten, wie kurz dieses Leben ist im Vergleich zur Ewigkeit und wie herrlich und unaussprechlich kostbar die Segnungen sind, die den Gläubigen am Tage Christi erwarten, wie gerne würden wir danach streben zu geben, ja mehr, auch selbst für Ihn hingegeben zu werden! Vergegenwärtigen wir uns nur einmal recht die Eitelkeit der irdischen Dinge und die Kostbarkeit der himmlischen Schätze, so werden wir danach ringen, für die Ewigkeit zu leben, und es wird uns eine Wonne sein, „Schätze im Himmel zu sammeln“.

Manche Kinder Gottes möchten nicht, wenn der HErr es fordern sollte, daß alles, was sie haben, dem HErrn gehören soll. Sie sind oft noch nicht einmal zu dem Standpunkt Jakobs gelangt, der im Alten Bunde lebte und der doch, als geistiges Licht in ihm zu tagen begann, zu Gott sagte: „Von allem, was Du mir geben wirst, werde ich Dir gewißlich den Zehnten geben“ (1. Mos. 28,22).

Sie geben nicht einmal wie Jakob von allem, was Gott ihnen gibt, den Zehnten zurück. Sie sind schnell bereit, große Summen zum Kauf eines Hauses und Tausende jährlich für die Erziehung jedes ihrer Kinder hinzugeben, auch reichliche Dienerschaft zu haben, und in jeder Beziehung ihrem Einkommen entsprechend zu leben, und geben dabei tatsächlich kaum einige Tausend für das Werk des HErrn oder für die Bedürfnisse der Heiligen usw. Was ist die Folge? Da sie mehr für sich selbst und für ihre Kinder als für Gott leben, sind sie nicht wahrhaft glücklich in Gott, und der eine klare Zweck, für den Gott sie hier auf Erden läßt, wird verfehlt.1

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Manche andere, die nicht verschwenderische Ausgaben machen, sind in den Fallstrick des „Anhäufens“ gefallen. Solche, deren Gewissen nicht erwachte und die nicht zum Bewußtsein ihres Unglaubens und zur Umkehr kamen, haben den oft mit vielen Sorgen aufgehäuften Reichtum auf ihrem Totenbett als eine fast unerträgliche Bürde empfinden müssen.

Das gilt aber nicht nur für die Reichen oder die mäßig begüterten Klassen, sondern auch für die Armen unter den Kindern Gottes. Der Christ mit einem kleinen Gehalt oder mit einem kleinen Geschäft oder der Reisende, der nur seinen Lohn erhält, sagt vielleicht: „Ich habe so wenig, ich kann nichts davon sparen; oder wenn ich etwas spare, so kann es nur eine ganz unbedeutende Kleinigkeit sein“. Und was ist das Resultat? Alles, oder fast alles gibt er für sich selbst aus, oder was nicht gebraucht wird, wird für die Zukunft beiseite gelegt. Die Folge davon ist, daß solche Leute nicht geistlich glücklich sind und auch zeitlich oft nicht voran kommen. Es kann nicht anders sein! Wenn sie über das wenige, welches Gott ihnen anvertraute, nicht treu sind, wie kann Gott ihnen mehr geben! es sei denn, daß Er es, wie einst bei Israel (Ps. 106,15), zu ihrer Züchtigung tut und Magerkeit in ihre Seelen sendet, um sie zur Erkenntnis der Eitelkeit solcher Dinge zu führen. Oft muß Gott auch (sowohl bei Reichen wie bei Armen) Krankheit, schwere Verluste, Verlust des ganzen Geschäftes usw. senden, um Seinen Kindern das zu nehmen, was sie nicht freiwillig, gedrungen durch die Liebe Christi, Ihm zu Füßen legen wollten.

Ich habe viele Jahre im Dienste des HErrn gestanden. In dieser Zeit, namentlich während der letzten vierzig Jahre, bin ich mit vielen tausend Gläubigen bekannt geworden, von denen ich viele hundert genau gekannt habe, und ebenso auch ihre Verhältnisse. Mehr noch; viele, sehr viele haben meinen Rat in ihren privaten Angelegenheiten verlangt. Und was habe ich (neben anderen Dingen) dabei gelernt? Dieses: „Da ist einer der ausstreut, und er bekommt noch mehr; und einer der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel. Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbstgetränkt“ (Spr. 11,24.25). Viele Beispiele habe ich gesehen, daß Kinder Gottes „ausstreuten“, und doch mehr bekamen - ja, viel ausstreuten, und doch überfließend mehr bekamen. Aber viel häufiger habe ich gesehen, daß sie mehr sparten als recht war, aber es war nur zum Mangel.

zum Mangel.

Beachte hier die Worte „mehr als recht“. Es wird nicht gesagt: „der alles spart“, wohl aber: „mehr als recht ist“. Das heißt, Er gibt zwar, aber es ist so wenig im Vergleich mit dem, was es sein könnte und sein sollte, daß es nur zum Mangel ist. Bei dem Begehren, vorwärts zu kommen, und weil sie nur für sich selbst lebten, sparten sie mehr als recht ist, und so war es nur zum Mangel und diente dazu, sie arm zu halten. Säumige Schuldner, unerwartete und unerklärliche Verluste, schwere Nöte in der Familie usw., nahmen das Geld fort, das sie für sich selbst behalten wollten, entgegen dem Willen Gottes.

Andererseits habe ich viele Christen gekannt, die, nachdem sie anfänglich 10 % gegeben hatten, auf 15 und 20 % hinaufgingen, ja auf 25 und 33 , und ich weiß selbst von Fällen, in denen 60 und 75 % des ganzen Einkommens gegeben wurden, weil diese Christen Schätze im Himmel und nicht auf Erden zu sammeln begehrten. Wenn wir auch niemals geben sollten, um vom HErrn wieder zu erhalten, so wird dies dennoch geschehen, wenn wir aus richtigen Beweggründen geben. Gott hat Selbst erklärt, daß es so sein wird. Das geht klar aus folgenden Stellen hervor: „Ehre Jehova von deinem Vermögen und von den Erstlingen all deines Ertrages; so werden deine Speicher sich füllen mit Überfluß und deine Kufen von Most überfließen“ (Spr. 3,9.10). „Gebet, und es wird euch gegeben werden. Ein gutes, gedrücktes und gerütteltes und überlaufendes Maß wird man in euren Schoß geben“ (Luk. 6,38). „Wer des Armen sich erbarmt, leiht Jehova; und Er wird ihm seine Wohltaten vergelten“ (Spr. 19,17).

Wenn dieses im Verhältnis zum Einkommen wöchentliche Geben von dir übersehen wurde, willst du es nicht jetzt ernstlich beachten? Diese Blätter wollen dich hinweisen auf den Willen des HErrn, so wie Er ihn in der Schrift offenbart hat. Möchtest du Gnade erlangen, Seinen Willen von Herzen zu tun, und daran gedenken, daß Gott einen fröhlichen Geber lieb hat! (2. Kor. 9,7).

Erlöst durch das kostbare Blut Christi gehörst du nicht mehr dir selbst an, sondern du und alles, was du hast, gehört dem HErrn. Du bist nur Verwalter, nicht Besitzer von dem, was dir anvertraut ist. Bist du ein treuer Verwalter? Verwendest du dein Geld so, daß es dich mit Freude erfüllen wird, wenn du dein Haupt aufs Sterbekissen legst?

Das Bewußtsein und der Genuß der Liebe Gottes bewahre dich vor dem Übel und mache dich zu einem solchen Erben der Herrlichkeit, dem es Lust und Wonne ist, alles zu Jesu Füßen zu legen! Am Richterstuhl Christi, wo wir Rechenschaft von unserer Verwaltung zu geben haben, werden wir dann die frohen Worte hören: „Ei, du guter und getreuer Knecht, über weniges warst du treu, über vieles werde Ich dich setzen; gehe ein in die Freude deines HErrn“ (Matth. 25,21)!

(Übersetzt von E. L.)

Die Obrigkeit ist „von Gott“ verordnet.

Röm. 13,1-7.

Zufolge des Sündenfalles und des Überhandnehmen des Bösen hat Gott in Seiner Weisheit die Obrigkeit eingesetzt. Wir lesen zuerst davon in 1. Mose 9,6: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bilde Gottes hat Er den Menschen gemacht.“ Der

Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bilde Gottes hat Er den Menschen gemacht.“ Der Zustand vor der Flut war Verderbnis und Gewalttat (1. Mose 6,11). Gott setzte deshalb nach der Flut die obrigkeitliche Gewalt ein inmitten einer sich neu ausbreitenden Menschheit. Sie war gesetzt als eine Dienerin Gottes zur Bestrafung des Bösen und zur Belobigung des Guten (1. Mose 9,6; Röm. 13,3.4).

Obgleich wir nun im Worte Gottes sehen, daß die bisherigen Obrigkeiten nur wenig den Gedanken Gottes entsprochen haben, so ändert dieses aber doch nichts daran, daß sie von Gott verordnet sind. Als der Apostel Paulus den Brief an die Römer schrieb, war auch eine Obrigkeit im Regiment, die den Gedanken Gottes bei der Ausübung ihrer Gewalt nicht entsprach. Hatte dieselbe doch in Ungerechtigkeit durch Pilatus unseren HErrn schuldlos zum Kreuzestode verurteilt. Der Herr Jesus erkannte sie aber dennoch als solche an, die ihre Gewalt von Gott empfangen hatte (Joh. 19,11; siehe auch Matth. 22,21), wie der HErr auch die Pflichten der Obrigkeit gegenüber anerkennt.

Wohl entsprach es nicht den ursprünglichen Absichten Gottes, daß Israel unter die Herrschaft der Römer kommen sollte; doch mußte es Gott der Untreue Seines Volkes wegen geschehen lassen. In gleicher Weise handelt Gott auch heute noch mit den Völkern, indem Er sie in ähnlicher Weise heimsucht.

Es heißt nun in Röm. 13,1.2: „Jede Seele unterwerfe sich den obrigkeitlichen Gewalten; denn es ist keine Obrigkeit, außer von Gott, und diese, welche sind, sind von Gott verordnet. Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil über sich bringen.“ Dieses Wort Gottes sagt uns in besonders klarer Weise, daß die Obrigkeit, welche ist, „von Gott“ verordnet ist, auch die zurzeit bestehende. Wohl sind die Mängel, die wir sehen, nicht nach Gottes Gedanken; auch ist die Gewalt, mit deren Hilfe sich Männer zur Obrigkeit erheben, keineswegs immer mit Gerechtigkeit verbunden. Doch wir wissen, „Wer“ über dieses alles Richter ist. Auch möchten wir daran denken, daß wir nur Fremdlinge und Pilgrime hier auf dieser Erde sind. Möchte uns der HErr davor bewahren, daß wir nicht die Obrigkeit richten oder der Mängel halben verachten oder mit einstimmen in das jetzt so sehr übliche Übelreden von derselben. Das Wort ermahnt uns, „niemanden zu lästern“ (Tit. 3,2).

In den folgenden Versen, Röm. 13,3-5, finden wir die Obrigkeit zweimal als „Gottes Dienerin“ bezeichnet. In V. 3 und 4a sehen wir sie als solche dargestellt, die das Gute belobigt, in V. 4b als solche, die das Böse bestraft (siehe auch 1.Petr. 2,13.14).

Nach V. 3 sind die Regenten nicht als ein Schrecken für das gute, sondern für das böse Werk gesetzt. Wer das Gute tut, braucht sich vor der Obrigkeit nicht zu fürchten, vielmehr hat er von ihr Lob zu erwarten. Sie ist als Dienerin Gottes gesetzt dir zum Guten. Auch wie viele irdische Segnungen genießen wir durch dieselbe; denken wir nur an die wirtschaftlichen Ordnungen, an die Gesetze, an die Ordnung und an die Ruhe, an die schönen Straßen und Plätze und Anlagen. Dies alles haben wir nächst Gott der Obrigkeit zu verdanken. Sie ist Gottes Dienerin uns zum Guten.

Sie ist auch: „... Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut“ (V. 4b). Wie gut und wie nötig ist dieses. Wie würde das Böse und die Gewalttat überhandnehmen, wenn die Obrigkeit nicht den Bösen bestrafen würde. Die öffentliche Sicherheit von Leben und Eigentum, wo würde sie sein? Wohl sehen wir, wie schon erwähnt, in unserer Zeit viele Schäden und Mängel, die uns tief betrüben, ja erregen könnten; besonders ist es die „Duldung“ von Bösem in vielerlei Form, worunter

wir besonders mit zu leiden haben. Dennoch aber sollten wir nicht nur unzulängliche Männer, sondern vielmehr hinter diesen die von Gott uns gegebene Obrigkeit erblicken, wie sie uns in V. 1 durch das „von Gott verordnet“ dargestellt wird.

„Denn dieserhalb entrichtet ihr auch Steuern; denn sie sind Gottes Beamte, die eben hierzu fortwährend beschäftigt sind“ (V. 6). Möchten wir besorgt sein, daß wir dieser Pflicht zur rechten Zeit genügen können, soweit uns der HErr dazu begnadigt hat. Sie sind „Gottes Beamte“. Möchte auch dieses uns bewußt bleiben, und wir die Steuer nicht als eine Abgabe ansehen, die Menschen gebracht wird, sondern der „von Gott verordneten Obrigkeit“.

Es ist durchaus nicht unwichtig, der Obrigkeit gegenüber unsere Pflicht zu tun, indem wir uns den staatlichen oder auch städtischen Verordnungen unterwerfen. „Unterwerfet euch nun aller menschlichen Einrichtung um des HErrn willen: es sei dem Könige als Oberherrn oder den Statthaltern als denen, die von ihnen gesandt werden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun“ (siehe 1. Petr. 2,13-17).

Möchten wir durch die „Gnade“ bewahrt bleiben vor dem Geiste dieser Welt, indem wir die Obrigkeit so ansehen, wie Gottes Wort es uns lehrt: als von Gott verordnet, als Gottes Dienerin, dir zum Guten, und als Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut. (1. Tim. 2,1.2.)

O. D.

Die Verwaltung Gottes oder das Walten Gottes mit den Menschen.

(Aus dem Schwedischen übersetzt.)

(Fortsetzung.)

Nach dem Tode des Vaters Abrahams sagte Gottes Stimme wieder: „Gehe aus“, und Abraham handelte demgemäß, aber er nahm Lot mit sich, welcher, wie wir aus 1. Mos. 13 sehen, ihm nur Schwierigkeit brachte. Mächtige Männer waren in dem Lande, wohin Abraham als Fremdling kommen sollte. Aber Gott offenbarte Sich ihm als „der Allmächtige“, mächtiger als alle großen Männer zusammen. Ps. 105,14 sagt, er ließ keinem Menschen zu, sie zu unterdrücken. Er züchtigte Könige ihretwegen. Wir sehen, wie Gott zu Abraham kam, wie Er ihn behandelte als einen Freund, wie Er mit ihm über kommende Dinge sprach, und dasselbe finden wir bei den Patriarchen Isaak und Jakob.

*

Gott hatte für Sich einen Mann herausgenommen, damit Er durch diesen ein Volk für Sich bekomme, in dessen Mitte Er wohnen wollte. Dieses Volk mußte erprobt werden. So kam es nach Ägypten. Wir sehen, wie es in dieser Zeit harter Sklavenarbeit nicht mehr auf seinen Gott achtete. Die Götter Ägyptens fanden Eingang in ihren Herzen. Das goldene Kalb, das sie in der Wüste machten, ist ein Beweis dafür. Aber als sie zum HErrn riefen, war Er bereit, ihnen zu helfen und sie zu befreien.

Mose wurde Sein Werkzeug dazu. Aus dem 2. Buch Mose wissen wir, wie Gott ihn herausnahm und Sich ihm offenbarte; doch Mose zögerte. Pharao war mächtig und Herr über das ganze Volk Ägyptens. Aber Mose mußte lernen, daß Gott den Namen HErr, der Eine, der Starke, der

Anbetungswürdige trug, der stärker war als Pharao und der als alleiniger HErr Herrscher über alle Herrscher war, und so ging er zu Pharao.

Ehe Gott aber die Befreiung geben konnte, mußte für jedes Haus ein fehlerfreies Lamm geschlachtet werden. Das ist ein Vorbild auf Christus, das wahre Osterlamm. Danach wurde das Volk herausgeführt, und Gott schützte es auf herrliche Art und Weise vor Pharao sowohl als auch vor den Widerständen, die ihm begegneten.

*

Diesem Volke gab Gott Sein Gesetz: „du sollst“ und „du sollst nicht“. Das Volk nahm es auf sich, dies zu halten, indem es sagte: „Alles, was Gott sagt, wollen wir tun.“ Sie fühlten nichts von ihrer Unvollkommenheit. Das Gesetz hatte sie noch nicht erreicht, da war es schon übertreten. Diese Zeit der Verwaltung Gottes empfing ihren Charakter durch das Gesetz und geht weiter bis zum Kreuze Christi.

(Fortsetzung folgt.)

 

Dornen.

(Mark. 4,18.19.)

Dornen ersticken das Wort. Als Dornen bezeichnet der HErr die Sorgen, den Reichtum und die Begierde nach den Dingen der Welt. Der HErr stellt Sorgen und Reichtum nebeneinander. Sorgen umkleidet man so oft mit dem Mantel der „Pflichten“ und Habsucht mit „Sparsamkeit“ und die Dinge der Welt mit „harmlosen Freuden“.

Es ist gewiß gut und recht, in seinem Beruf allen Fleiß anzuwenden und treu zu sein. Aber solche „Pflichten“ und solche „Sparsamkeit“ und die „harmlosen Freuden“ der Welt sind sehr gefährliche Dinge für uns. Sie ersticken nach und nach das Wort, so daß es seine praktische Frucht in uns nicht zur Reife bringen kann. Sie sind Dornen für unsere Seelen, die uns an der gänzlichen Übergabe des Herzens an den HErrn hindern.

Es ist eine ernste Sache, den Grund unseres Herzens vor dem HErrn aufzudecken und solche verborgenen Wurzeln zu richten. Die Sorgen des Lebens, das Verlangen nach Besitz und die Liebe zur Welt schleichen sich gar leicht und unbemerkt in das Herz eines Kindes Gottes ein, und ebenso unbemerkt verliert dann das Wort des HErrn seine Kraft in uns; die Gemeinschaft mit dem HErrn nimmt ab, das Leben des Glaubens wird erstickt, und die Seele wird müde und matt. Solche Kinder Gottes verlieren dann das Licht der Wahrheit, und bald begnügen sie sich mit einem niedrigen Stande in ihrem Wandel und ihrer Stellungnahme für den HErrn und Sein Wort.

„Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern ... wachet; euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widerstehet standhaft im Glauben...!“ (1. Petr. 1,13 u. 5,8.9.)

v. d. K.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 11

Wie begegnet der Gläubige praktisch gegebenenfalls dem Unglauben im öffentlichen Verkehr? (Ps. 14,1; 1; Kor. 1,18.)

Antwort A

Diese Frage kann besonders dazu dienen, uns Gläubige in unserem praktischen Christentum etwas vorwärts zu bringen. Da die Antworten darauf so vielseitig sein können, will ich nur einige Gedanken äußern, welche mir besonders wichtig sind. Am besten kann man dem Unglauben begegnen durch deinen lebendigen Glauben. Und dieser äußert sich in einem Lebenswandel, welcher anders ist als der der Ungläubigen oder auch der Namenschriften. In erster Linie gehört dazu vielleicht das „Bekennen“. Wir dürfen unser Christentum nicht in der Tasche tragen; denn mit dem Munde wird bekannt zum Heil (Röm. 10,10). Zu unserem Heil, - aber auch die Ungläubigen haben etwas von unserem „Bekennen“ (vgl. 2. Kor. 2,16). In der Ewigkeit wird es einmal offenbar werden, daß beides der Fall war. Dazu gehört aber auch, daß die Gläubigen bekannt sind bei den anderen Menschen. O, möchte es uns ähnlich gehen wie unserem HErrn in Mark. 7,24: „Er konnte nicht verborgen sein“. Vielleicht ist es uns manchmal ganz angenehm, daß unser Christentum bei gewissen Spöttern verborgen bleibt, sei es, damit unsere Person nicht abfällig beurteilt werde, oder sei es aus irgend einem anderen Grunde. Aber ist das richtig? Es ist eine bekannte Tatsache, daß man mitunter sofort die Verachtung und den Haß der Welt auf sich lenkt, wenn man etwas von dem Herrn Jesus sagt. Der HErr sagt ja in verschiedenen Stellen, zum Beispiel in Matth. 10,22: „Ihr werdet von allen gehaßt werden um Meines Namens willen“. Und doch ist auch das Gnade, wenn wir ein wenig um Seines Namens willen leiden können. Die Apostel gingen voll Freude hinweg, weil sie gewürdigt waren, für den Namen des HErrn Schmach zu leiden (Apgesch. 5,41). Glückselig sind wir, wenn das auch bei uns Tatsache ist (vgl. Phil. 1,29). Das ist unser Vorrecht, denn in welchem Maße wir mitleiden, in dem Maße werden wir auch mitverherrlicht werden (vgl. Röm. 8,17), also auch noch Lohn empfangen. Wie gut ist der HErr, wo es eigentlich sich nur um unsere Pflicht handelt. Vielleicht beherzigen wir das noch zu wenig. Auf etwas möchte ich den Finger noch besonders legen, weshalb wir der Schmach Christi manchmal aus dem Wege gehen. Das ist die Scham. Liebe Geschwister, laßt es einmal ausgesprochen werden: In unserem Leben kommen Situationen vor, wo wir uns schämen, den Namen des Herrn Jesus zu bekennen. Das grenzt an Verleugnung. Lieber Bruder, liebe Schwester! Warst du einmal in der Fabrik, Werkstätte oder auf der Reise, in einem Kreise, wo der Name des HErrn in den Kot gezogen wurde? oder in einem Kreise von Fluchern oder auch nur „Ach-Gott“

Sagern? Hast du da die Menschen unaufgefordert aufmerksam gemacht? Vielleicht entgegnen mir einige Geschwister: man solle die Perlen nicht vor die Schweine werfen (Matth. 7,6). Ja, mit diesem Wort entschuldigen wir uns so gern. Aber wenden wir das oft nicht falsch an? Wohl gehört Weisheit zum Reden wie auch zum Schweigen. Aber wenn wir einmal eine Gelegenheit, wo wir etwas von Ihm sagen konnten, verpaßt haben, dann pocht das Gewissen, dann mahnt der Heilige Geist. Aber das Reden und Bekennen tut es allein nicht. Es müssen auch gute Werke dabei sein. Auch die Ungläubigen haben ein Recht, nächst Gott und den Gläubigen, gute Werke von uns zu verlangen (Gal. 6,10). Durch eine Aufmerksamkeit, Gelindigkeiten (Phil. 4,5) oder Wohltaten, welche man ihnen tut, kommt man weiter als durch alleiniges Reden. Überhaupt müssen Wort und Tat Hand in Hand gehen. Dazu ein kleines Beispiel: Wenn man in der Bahn fährt im vollbesetzten Wagen und an die Umstehenden Traktate verteilt, kann man die Wahrnehmung machen, daß dieselben oft zerknittert in die Tasche geschoben oder gar weggeworfen werden. Woran liegt das? Ich glaube, zum Teil an uns. Ich möchte gern einen Fingerzeig geben, wie es besser ist. Man steht zuvor auf (natürlich, wenn es die Gesundheit erlaubt), überläßt einem anderen seinen Sitzplatz, und überreicht mit einem guten Wort einen Traktat. Da kann man die Erfahrung machen, daß er in Ruhe gelesen wird. Oft kommt man auch dadurch in ein anregendes Gespräch, wobei man den Seelen den Weg zum Heil zeigen kann. Solcher Gelegenheiten gibt es viele. Es gibt aber auch Ungläubige, welche sich erhaben dünken und uns als „Dumme“, ja als geistig „Zurückgebliebene“ bezeichnen. Das sollte uns nicht stören. Diese richtet Gottes Wort. „Der Tor spricht in seinem Herzen: Es ist kein Gott.“ Wie verhalten wir uns nun solchen gegenüber? Im großen Ganzen trifft das schon Gesagte auch für sie zu. Wohltaten erweisen, auch wenn sie uns verlachen! Und wenn sie es fordern, Rechenschaft ablegen von der in uns wohnenden Hoffnung (1. Petr. 3,15), dazu gibt Gott bestimmt Gnade. Oder wenn jemand eine ernsthafte Aussprache haben will, sie ihm unter allen Umständen zu gewähren, natürlich unter Gebet (vgl. Nehem. 2,4). Wir haben keinen Grund, uns davor zu fürchten. Der Herr reicht ungeahnte Kraft dar. Aber alles mit dem HErrn tun, und sich stets unter Seine Geistesleitung stellen, dann führt Er alles herrlich hinaus.

W. B.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu dieser leider einzigen eingegangenen Antwort möchte ich hinzufügen: „Gehe hin und tue desgleichen!“

Ferner ein paar praktische Winke.

Wenn wir nicht durch des HErrn Wort, das „unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Pfad ist“ (Ps. 119), unterwiesen und durch Seine genügende Gnade befähigt (2. Kor. 9,8 und 12,9) uns getrennt halten vom Wesen der Welt, so können wir der Welt nichts sein, kein Salz, kein Licht! während der HErr uns sagt, daß wir beides sind (Matth. 5,13-16). Wie wichtig also, selbst im Lichte zu wandeln, wie Er im Lichte ist, und das reinigende Wort des Christus reichlich in uns wohnen zu lassen! (1. Joh. 1,7[-9]; Kol. 3,16 u. a.)

Es ist wichtig, daß die uns umgebende Welt uns nicht nur kennt als „Fromme“, sondern als treue Menschen, treue, freudige Christen (vgl. Daniel und seine drei Freunde!). Soll unser Zeugnis, sowohl das freiwillige wie das geforderte, Wert haben, so muß unser Wandel sich sehr deutlich unterscheiden

von dem der anderen, und das bezieht sich auf alle Lebensgebiete! Ein Christ sollte nicht in religiöser und politischer Hinsicht praktische Gemeinschaft machen mit gott- oder gar christusfeindlichen Genossenschaften! „Was nicht aus Glauben ist, ist Sünde“ für uns, so oder so!

Bei christlichen Unterredungen sowohl mit ganz Fernen wie schon christlich Angefaßten befleißige man sich eines herzlichen Tones -! Schimpfen soll ein Christ nicht, auch nicht auf die Obrigkeit, selbst nicht, wenn sie seiner Ansicht nach alles verkehrt zu machen scheint. (Wie ernst redet das Wort in 1. Petr. 2,13ff.; Röm. 13,1ff.; 1. Tim. 2,1ff. - Fürbitte!- Titus 3,1! u. a.) Das schon in Antw. A erwähnte Wort von dem „Werfen der Perlen vor die Säue“ wird meist ganz falsch gebraucht, vgl. Jahrb. V, Frg. 16 - vielmehr sollten wir die Wahrheit verkündigen „zur gelegenen und zur ungelegenen Zeit“, was aber nicht bedeutet, daß wir ungezogen sein dürften. Aber möchten wir auch nie die halbe Wahrheit predigen, sondern wirklich versuchen, wie der vor sechs Jahren entschlafene teure Br. v. Viebahn auf seinem Sterbebett einem jungen Bruder zum Abschied sagte, „die Menschen mit dem Herrn Jesus in Berührung zu bringen“. - Möchten wir ihnen den Gekreuzigten und Auferstandenen bringen, wenn das Wort vom Kreuz auch den meisten eine Torheit oder ein Ärgernis ist (1. Kor. 1,18). Möchten wir ihre Gewissen zu treffen versuchen! Über Sünde und Gnade müssen wir mit ihnen reden!

Die Schrift müssen wir kennen, geliebte Geschwister. Eine wissenschaftliche Waffenrüstung kann gewissen Menschen gegenüber eine Hilfe sein, aber nur, wenn solche, die in solcher Rüstung „gehen“ können (1. Sam. 17,39), sie brauchen. Sie darf nie Hauptsache sein, andererseits darf der Zweifler auch nicht denken müssen, die Heilige Schrift hätte das echte Licht der Wissenschaft zu fürchten, enthält sie selbst doch die tiefste Erkenntnis, nämlich die Erkenntnis Gottes und Seines Willens! (Kol. 1,9.10 u. a.) Und der wahre Glaube an Christus ist - so widersinnig das klingt - das höchste und erhabenste Wissen, man vgl. nur Hebr. 11! Vorträge etwa von Ungläubigen u. dgl. zu besuchen, möchte ich nie anraten, wenn eszu dem Zwecke geschehen soll, um anderen damit zu helfen, es sei denn, daß man selber genügend wissenschaftlich durchgebildet ist, um solchen - oft satanischen, dämonischen - Gefahren zu begegnen, und wenn man weiß, daß man um jemandes willen einmal (nie öfter!) hingehen soll (nach 1. Kor. 10,27ff.); aber man täusche sich ja nicht selber! man bilde sich nichts ein! Wer sich - leichtfertig - in Gefahr begibt, kann darin leicht umkommen. Und ebenso wie der Apotheker nicht die Aufgabe hat, seinen Giftschrank durchzukosten, um zu wissen, wie das Gift wirkt und ob's überhaupt Gift ist, so auch wir nicht, die wir in vielleicht 99 von 100 Fällen vorher ganz genau wissen, um was es sich dabei handelt, und die wir vor der Lüge warnen können, weil wir die Wahrheit kennen und haben, und nicht etwa, weil wir jede Form der Lüge kennen oder kennen müßten (vgl. Joh. 10,4.5; das oft verkehrt angewendete Wort 1. Thess. 5,21 ist in Jahrb. VI, Frg. 20 behandelt!).

Sich an öffentlichen Diskussionen zu beteiligen ist meist ganz zwecklos (2. Tim. 2,23-26). Wo man glaubt, es tun zu sollen oder nicht ausweichen zu können, muß man es auch haben hinauszuführen, damit nicht Schande auf den Namen des HErrn kommt; besser, man geht, soweit man es vermeiden kann, gar nicht an solche Plätze! Ps. 1! Manchmal ist „Fliehen“ besser als Kämpfen! Es ist manchmal auch entschieden besser, offen zuzugeben, daß man etwas nicht weiß oder kennt, als immer und überall „in allen Sätteln gerecht“ erscheinen zu wollen! Aber was wir Gläubige wissen, das dürfen und sollen wir auch anderen mitteilen, soweit der HErr uns Gelegenheit gibt. Und dann mutig vorwärts, Sein Geist gibt uns das Reden von Dem, den unsere Seele liebt (vgl. meinen Aufsatz: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ in Heft 4 d. J.!). Noch eins: Bibeln und wirklich gute Bücher, wie z. B. solche von Bettex, verschenken, soweit Möglichkeit, ist auch ein gutes Verhalten des Gläubigen dem

solche von Bettex, verschenken, soweit Möglichkeit, ist auch ein gutes Verhalten des Gläubigen dem modernen Unglauben gegenüber. Aber man gebe Bibeln, Testamente, Bücher, Traktate nur betend weiter!

Genug mit diesen Winken, die sich jeder leicht durch weiteres ergänzen kann.

Der HErr schenke jedem von uns an seinem Teile Gnade in dieser finsteren, sündigen, ungläubigen Welt, Seine Zeugen zu sein durch Wort und Werk und alles Wesen! (Vgl. noch Kol. 4,5.6!) Frage 12

Wie ist Joh. 12,31 zu erklären?

Antwort A

Das Verlangen der Griechen (Joh. 12,20.21), Jesum zu sehen, veranlaßt den Herrn Jesus, auszusprechen, daß Sein Sterben vorher notwendig sei, ehe die Nichtjuden zum Heil in Christo gelangen können. Und diese Zeit verkündigt Er jetzt für gekommen. Das Weizenkorn muß in die Erde, ehe es Frucht bringen kann. Von diesem Seinem Leiden und Sterben redet Er hier. Wenn der Vater durch den Sohn verklärt werden soll, muß das Gericht für die Welt über den Sohn gehen, damit sie vom Fluch der Sünde frei werde.

In Jesu ging bei Seinem Kreuzestod das Gericht über die Welt. Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm Selber (2. Kor. 5,19). Was dem Gesetz unmöglich war, das tat Gott und verdammte (= richtete hin) die Sünde im Fleisch Seines Sohnes, den Er in der Gestalt des südlichen Fleisches sandte (Röm. 8,3). Er ward ein Fluch für uns (Gal. 3,13).

Der Fürst dieser Welt ist der Teufel (vgl. Joh. 14,30; 16,11; Eph. 2,2; 2. Kor. 4,4); er ist in Christo Jesu gerichtet; Jesus ist der verheißene Schlangentreter (1. Mos. 3,15; Offenb. 12,9); der Heilige Geist überführt nun, seit Er ausgegossen ist, jeden Glaubenden, daß der Fürst dieser Welt gerichtet ist (Joh. 16,8.11). Also ging auch das Gericht, welches den Teufel von seiner Macht und Herrschaft absetzt, über Jesum, den Sohn Gottes.

Wer sich nun im Glauben mit dem Herrn Jesus und Seinem vollen Heil verbunden hat, für den ist auch der Teufel ein gerichteter Fürst und kann ihm nichts mehr anhaben. Das Urteil ist gefällt, seiner Macht und Herrschaft ist er in Jesu, dem Sieger über ihn, verlustig erklärt, ins Gefängnis ist er verurteilt, nur die Vollstreckung des gerichtlichen Urteils steht noch aus, aber bevor (vgl. Offenb. 20,1-3).

F. Th. H.

Antwort B

Mit dem Einzug Jesu in Jerusalem beginnt für den HErrn die Leidenszeit, und Er weiß, daß mit Seiner Kreuzigung die Sünde der Menschheit ihren Höhepunkt erreicht und die Welt in ihrem Unglauben und ihrer Verwerfung des Sohnes Gottes gerichtet wird, daß aber auch durch Seinen Erlösungstod dem Fürsten dieser Welt, dem Teufel, die Macht genommen wird. Wohl stehen wir noch unter der Gegenwart und dem Einfluß der Sünde, aber nicht mehr unter ihrer Herrschaft, sobald wir das Blut Jesu, als für uns vergossen, im Glauben annehmen (Hebr. 2,14).

S. E. H.

Antwort C

Der Herr Jesus nahm die Sünde der Welt hinweg (Joh. 1,29). Am Kreuz auf Golgatha trug Er die Sünde der Menschen, Er, der Sündlose, nahm damit das Gericht dieser Welt (den Tod, Röm. 6,23) freiwillig auf Sich (Matth. 27,46; Joh. 19,30). Damit war Satan gerichtet (Joh. 16,11.). Seine Macht ist gebrochen, alle Gewalt im Himmel und auf der Erde ist dem HErrn gegeben. Seither hat jeder Mensch den freien Willen, sich trotz der Knechtschaft Satans für die des Herrn Jesus zu entscheiden. Selbst der Fürst dieser Welt kann die Erlösten nicht mehr aus der Hand des Vaters rauben.

P. B.

Anmerkung des Schriftleiters

Ja, es ist so, wie diese Antworten klar bezeugen: die Macht des Feindes ist grundsätzlich besiegt. Sie ist in Gottes Augen beseitigt, und obwohl der Feind noch ungeahnte Kräfte entwickelt in unseren Tagen, denen noch ganz andere Kräfte in den Tagen des Antichristen folgen werden (vgl. z. B. 2. Thess. 2), so sind doch alle diese Versuche Satans, die Herrschaft an sich zu reißen, grundsätzlich vergebens. Nur die, die sich freiwillig - obwohl sie es besser haben können - in seine Gefolgschaft begeben bezw. darin bleiben, werden seine Macht noch spüren, d. h. seine Todesmacht, seine auf Zerstörung allen Glücks, allen Friedens, aller Hoffnung gerichtete Macht, aber sie haben keinen Gewinn davon, denn sie werden auf ewig sein Los teilen im Feuersee („dem andern Tode“, von dessen Beseitigung die Schrift nichts weiß). Die schriftwidrige, verderbliche Wiedebringungslehre (vgl. Heft 4, Frg. 8!), wagt es trotz eines Wortes wie Hebr. 2,16a, die endliche Beseligung des Satans und seiner Engel zu lehren, aber ihre Vermutungen und Schriftverdrehungen (z. B. die von Kol. 1,20 und 1. Kor. 15,24ff.) stoßen die oft genug klar ausgesprochene Schriftlehre von der endlosen Verdammnis aller derer, die nicht des HErrn sind, nicht um. Die verschrobenen Begriffe, die der gefallene Mensch von Gottes Heiligkeit wie von Seiner Liebe hat, können nicht aufheben, was Gott Selber sagt. Wie furchtbar ist dieses Sichselbertäuschenlassen durch den Satan, dem diese Irrlehre die allerwillkommenste sein muß, und das natürlich ungewollte, unbewußte Täuschen anderer! Der Satan wie alle die, welche sich für ihn entschieden haben, alle diese Menschen, die nicht „versöhnt sind in dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod“ (Kol. 1,21), werden die volle Erfüllung dieses Wortes (von dem Gericht über den Fürsten der Welt) erfahren. Aber wie kostbar ist es auch für alle, die des HErrn Eigentum sind, zu wissen, daß sie „jetzt“ rechnen dürfen damit, daß der Feind tatsächlich besiegt ist (Hebr. 2,14), daß die Macht der Sünde praktisch gebrochen ist für den durch Glauben sich der Sünde für tot Haltenden (Röm. 6)! Wie kostbar, gemäß Röm. 8 in der Freiheit der Kinder Gottes wandeln zu dürfen trotz eines Feindes, dem Gott noch Raum gibt, jetzt sich auszuwirken in den Söhnen des Ungehorsams (Eph. 2,2), die uns mit ihrem Haß verfolgen, weil wir Seine Jünger sind; wie kostbar, „ohne Furcht Ihm dienen zu dürfen alle unsere Tage“ (Luk. 1,74f.; vgl. 1. Petr. 3,14.15!). Wie wäre das möglich, wenn der „Stärkere nicht dem Starken seinen Hausrat

genommen“ hätte (Matth. 12,29; Luk. 11,22)?! Gott sei gepriesen, daß der Fürst der Welt schon jetzt hinausgeworfen ist aus seinem ehemaligen Herrschaftsgebiet, indem er durch das Kreuz und die Auferstehung des Herrn Jesus grundsätzlich gerichtet ist! Und mehr: daß der HErr, der HErr aller Herren, Seine Herrschaft angetreten hat, während derer alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden (1. Kor. 15,25), während grundsätzlich für alle der Weg zu Ihm, Seine Herrlichkeit zu teilen, eröffnet ist. Wer dem Fürsten der Welt gehört, wird mit ihm hinausgestoßen, wer dem Sieger gehört und sich von Ihm ziehen läßt, wird mit Ihm erhöht! Er sei gelobt!

... Jetzt aber sehen wir Ihm noch nicht alles unterworfen. Wir sehen aber Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt ...“ (Hebr. 2,8.9.)

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 88.)

Wir wenden uns jetzt zu den letzten Unterredungen des HErrn mit Seinen Jüngern. Vor Seiner Seele steht Sein Tod und Heimgang zum Vater. Er wußte alles, was über Ihn kommen würde, und es berührte Ihn so tief, daß Er im Geiste erschüttert wurde. (Joh. 13,21.) Zu Seinen Jüngern aber spricht Er nicht von Seiner Bekümmernis. Zu ihnen redet Er von den Segnungen, die sie empfangen sollten - vom Vaterhaus und von der Liebe des Vaters. Sie tröstet Er: „Euer Herz werde nicht bestürzt ... Ich will den Vater bitten, und Er wird euch

einen anderen Sachverwalter

geben, der bei euch sei in Ewigkeit.“ (Joh. 14.)

Bisher war Er ihr Sachverwalter gewesen, der sie geleitet hatte und für sie eingetreten war. Und diesen Dienst übte Er ihnen noch bis zum letzten Augenblick Seines Hierseins aus. Wie trug Er Sorge um sie und bereitete sie auf Seinen Weggang vor! Er tröstet sie in ihrer Betrübnis, daß sie nicht allein gelassen und auf sich selbst angewiesen sein sollen. Größeres soll ihnen zuteil werden. Ein anderer

Sachverwalter soll zu ihnen kommen, der in ihnen sein und bleiben werde. Und Er? Er will droben im Himmel für sie als Hoherpriester eintreten und Seinen Dienst beim Vater als Sachverwalter und Fürsprecher fortsetzen. (1. Joh. 2,1.)

Ja, uns ist Größeres zuteil geworden als den Jüngern in jenen Tagen. Wir haben jetzt auf Erden und im Himmel einen Sachverwalter. Beide haben wir nötig, denn unser Verkehr ist an beiden Plätzen. Wir wandeln nicht nur auf dieser Erde, unser Wandel ist auch im Himmel.

Für die Erde brauchen wir einen Sachwalter, den Heiligen Geist, der als Leiter und Lehrer uns in die ganze Wahrheit leitet. Er ist es, der uns das selige Bewußtsein von der Liebe Gottes gibt, die ausgegossen ist in unsere Herzen durch den Heiligen Geist. Unser Weg geht durch eine finstere Welt, durch Trübsale und Tiefen, aber durch Ihn haben wir eine Kraft in unserem Herzen, die Kraft der Liebe Gottes, welche uns in Neuheit des Lebens wandeln läßt. Er stärkt uns am inneren Menschen, daß wir das Fleisch in dem Tode halten und Christus in unserem Herzen wohnt und regiert.

Er ist es auch, der die Gaben wirkt, die zu unserer Auferbauung und für unser Wachstum nötig sind, auf daß wir nicht Unmündige seien, die von jedem Wind der Lehre hin und her geworfen werden. Alle die mannigfaltigen Gaben für unsere Auferbauung wirkt ein und derselbe Geist. (1. Kor. 12,11.) Er ist gleich dem Knechte Abrahams, der die Braut durch die Wüste geleitet bis zur seligen Vereinigung mit dem Bräutigam. Dieses und vieles andere ist das Werk des Sachwalters in und an und für uns hienieden.

Aber auch im Himmel brauchen wir einen Sachwalter, Jesum Christum; durch Ihn vermögen wir jetzt schon unser Leben dort oben zu führen in der Gemeinschaft mit dem Vater, während unsere Füße hier unten noch wandeln. Er bittet für uns und reicht als Hoherpriester uns Barmherzigkeit, Gnade und Hilfe dar zum Überwinden. Und nicht allein bewahrt und trägt Er uns durch die Schwierigkeiten der Wüste hindurch, sondern führt uns auch in das Heiligtum hinein, daß wir dort Seine Herrlichkeit schauen und dem Vater die Anbetung darbringen. (Hebr. 4,15.16; 10,19-22.) Und noch mehr! Wenn wir unwachsam sind und Befleckung und Sünde das Leben der Gemeinschaft mit dem Vater stören, so zieht Er Seine Hand nicht von uns, sondern tritt für uns ein bei dem Vater als unser Fürsprecher. Wir brauchen nicht zu sündigen, denn wir stehen nicht mehr unter der Herrschaft der Sünde, obwohl noch Sünde als Natur in uns ist; aber wenn wir gesündigt haben, so tritt Er als der Gerechte für uns ein, um durch Überführung, Buße und Bekenntnis uns wieder in die Gemeinschaft mit dem Vater zurückzuführen.

So haben wir einen Sachwalter für alles, was unseren Gang durch diese Welt betrifft, und einen Sachwalter für alles, was unseren Wandel im Himmel - die selige Gemeinschaft mit dem Vater - betrifft.

Welche Gottes-Liebe und -Sorge umgibt uns! Sollten wir nicht stille stehen und nachdenken über das, was Gott an uns getan? Er gibt uns Seinen Sohn! Er legt Ihn in den Staub des Todes für uns! (Ps. 22.)

Hoherpriester und Fürsprecher! Was ist an uns gewandt! Wie wert sind wir Ihm! Und wie wenig sind wir uns solcher Gottesliebe bewußt, die uns so völlig nach allen Seiten umgibt. Ja, Gott ist treu, durch den wir berufen worden sind in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn. (1. Kor. 1,9.)

Diese Fülle von Segen, über welche wir anbeten, sah das Auge des HErrn schon voraus, als Er den trauernden Jüngern sagte: „Es ist euch nützlich, daß Ich hingehe.“ Sie konnten es damals noch nicht ertragen, denn der Sachwalter war noch nicht gekommen. Sie standen unter dem Dunkel jener Stunde und der Gewalt der Ereignisse, durch welche sie hindurchzugehen hatten. Wir können uns ja kaum eine Vorstellung machen von dem, was es für sie sein mußte, als Er, auf dem ihr Glaube ruhte, von Sünderhänden gekreuzigt wurde und starb! Dann kam der herrliche Wechsel am Ostermorgen, als Gott den großen Hirten der Schafe wiederbrachte und die zerstreuten Schafe um den Auferstandenen gesammelt wurden. Wunderbar müssen jene vierzig Tage gewesen sein, in denen Er von ihnen gesehen wurde und „als Er mit ihnen versammelt war“. (Apg. 1,4.) Und doch nicht wunderbarer, als Ihn heute in unserer Mitte zu haben! - Mit ihnen war Er versammelt als der Auferstandene; mit uns ist er versammelt als der Verherrlichte, der inmitten der Versammlung als der Erstgeborene vieler Brüder dem Vater den Lobgesang anstimmt. (Hebr. 2,12.)

Dann kam ihr letztes Zusammensein mit dem Auferstandenen. Sie sahen Ihn gen Himmel fahren, und ihre Augen geleiteten Ihn dorthin. Was hatten sie nun noch mit dieser Welt und ihren Dingen zu tun, die Er verlassen hatte? Sie stiegen hinauf in den „Obersaal“; als Abgesonderte von der Welt und im Gebet verharrend, warteten sie nach Seinem Wort auf die Verheißung des Heiligen Geistes.

So brach der Pfingsttag an.1 Laßt uns die Schrift zur Hand nehmen und auf die ersten Verse des zweiten Kapitels der Apostelgeschichte ein wenig näher eingehen.

1

Der Name Pfingsten ist von dem griechischen Worte „pentecoste“, d. h. der Fünfzigste (Tag), ableitet worden. In der Reihe der jüdischen Feste ist Pfingsten das Fest der Wochen. Es folgte dem Feste der Erstlingsgabe (Ostern) nach vollen sieben Wochen am fünfzigsten Tage.

Der Hauptinhalt der beiden ersten Kapitel der Apostelgeschichte ist: Der HErr verläßt die Erde und geht hinauf in den Himmel, und zweitens: der Heilige Geist verläßt den Himmel und kommt herab auf die Erde.

Das erste, worauf wir unsere Aufmerksamkeit richten, ist, daß die Gläubigen am Tage der Pfingsten

alle an einem Orte

(in einem Hause) beisammen waren. (Vers 1.) Dann berichtet uns der 2. Vers, daß plötzlich in der Frühe des Tages ein Brausen aus dem Himmel geschah und

das ganze Haus erfüllte,

wo sie saßen. Alle im Hause wurden somit als Gesamtheit in dem Geiste, der das Haus erfüllte, getauft. Gleich als wenn Wasser in ein Schiff eindringt und alle, die im Schiffe sind, in dem in das

gewesen sein, als sie sich plötzlich als Gesamtheit nach dem Worte des HErrn in den Heiligen Geist hineingetaucht - getauft sahen.

Wie in der Taufe mit Wasser der Täufling in das Element des Wassers hineingetaucht wird, so fand hier in dieser Stunde die Taufe mit Heiligem Geiste an der Gesamtheit der Gläubigen statt, damit sie in Neuheit, zu einem Leibe vereinigt, hervorgingen; so wie Paulus schreibt: „In einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden.“ (1. Kor. 12.13.) Wir kommen nun zum 3. Vers unseres Kapitels. Hier finden wir ein anderes, neues Ereignis. Eine ganz neue Erscheinung wurde ihnen plötzlich sichtbar. Wir lesen: „Es ,erschienen' ihnen zerteilte Zungen (wie von Feuer) und sie ,setzten' sich auf jeden ,Einzelnen' von ihnen.“

Jeder Einzelne von ihnen empfing persönlich jetzt den Heiligen Geist. In Gestalt zerteilter Zungen setzte Er sich - ließ Er sich nieder - auf einen jeden von ihnen, um auf immer wohnend in ihnen zu bleiben.

Beachten wir es hier noch einmal: in Vers 1 und 2 steht die Gesamtheit der Gläubigen („alle beisammen“ - „sie“) in dem Vordergrund. Der „Einzelne“ wird nicht erwähnt. Im 3. Verse dagegen treten die einzelnen Personen („auf jeden Einzelnen“) in den Vordergrund.

Das erste Ereignis, die Taufe (Vers 1 und 2), wurde an den Gläubigen als Gesamtheit vollzogen. Das zweite Ereignis, die Gabe des Heiligen Geistes (Vers 3), wurde allen Gläubigen einzeln, persönlich zuteil.

Der 4. Vers berietet uns dann in Verbindung mit diesem zweiten Ereignis von einer gewaltigen Auswirkung des Heiligen Geistes in den Gefäßen, in welchen Er Wohnung genommen hatte: „Sie wurden alle mit dem Heiligen Geiste erfüllt ...“ Dieses „Erfülltwerden“ mit dem Heiligen Geiste vollzog sich später wiederholt bei den Einzelnen. Es ist mit unserer VerAntwortlichkeit verbunden, denn wir können ermahnt wenden: „Seid mit dem Geiste erfüllt“. (Eph. 5,18.)

Dagegen finden wir in der Schrift nie eine Wiederholung der Taufe mit Heiligem Geiste, noch der Gabe des Heiligen Geistes. Einmalig fand die Taufe mit Heiligem Geiste an der Gesamtheit der Gläubigen statt, sie zu einem Leibe bildend, der wachsend ist bis zur Ankunft des HErrn. Und einmalig empfängt jeder Gläubige persönlich den Heiligen Geist als Siegel und Unterpfand auf den Tag der Erlösung. Das „Erfülltwerden“ mit dem Heiligen Geiste fand dagegen an den gleichen Personen wiederholt statt.

So haben wir also in den drei ersten Versen des zweiten Kapitels der Apostelgeschichte zwei Ereignisse, die zur gleichen Stunde stattfanden. Das eine betraf die Gesamtheit, das andere die Einzelnen:

1. Das Haus wurde erfüllt vom Heiligen Geist und sie (alle als Gesamtheit) wurden „in einem Geiste zu einem Leibe getauft“. (1. Kor. 12,13.)

2. Jede einzelne Person empfing den Heiligen Geist, nicht in Gestalt einer Taube, wie bei dem HErrn, sondern in einer feuerähnlichen Zunge.

Diese zwei Ereignisse waren die Erfüllung zweier Verheißungen:

1. Daß sie mit Heiligem Geist getauft werden würden und

2. daß sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen sollten, der bei und in ihnen bleiben würde. Diese beiden Verheißungen wurden in der Frühe des Pfingsttages erfüllt.

Es ist wichtig zu beachten, daß „Taufe“ und „Gabe“ des Heiligen Geistes nicht ein und dieselbe Sache ist. Wohl fanden beide Ereignisse zur gleichen Zeit am Pfingsttage statt, aber sie dürfen deshalb nicht miteinander verwechselt werden. Wir müssen sie unterscheiden, so wie wir „Salbung“, „Versiegelung“ und „Unterpfand“ des Heiligen Geiste unterscheiden, obgleich auch sie uns gleichzeitig mit der Gabe des Heiligen Geistes zuteil werden.

Viel Verwirrung und schriftwidrige Meinungen sind dadurch entstanden, daß kein Unterschied zwischen diesen beiden gemacht wurde. Wenn wir von „senden“, „geben“, „empfangen“ zu reden beabsichtigen, so würde es uns nicht in den Sinn kommen, für diese Dinge das Wort „Taufe“ zu gebrauchen. Wir drücken uns über das, was wir meinen, sinngemäß aus und wahrlich, Gott tut es nicht weniger. Wenn Gott von „taufen“ spricht, so meint Er taufen; und wenn Er von „senden“, „geben“ und „empfangen“ des Heiligen Geistes usw. spricht, so meint Er das, was Er sagt. Die Schrift ist göttlich genau. Und wir sollten solche sinn- und grundverschiedenen Worte nicht behandeln, als seien sie gleichbedeutend. Verwechseln wir sie, so müssen wir in Verwirrung kommen.

Über die jedem einzelnen Gläubigen gegebene Gabe des Heiligen Geistes ist bereits in den früheren Abschnitten geschrieben worden. Vieles wäre darüber noch zu sagen, aber wir müssen uns auf jenes wenige beschränken, um uns noch kurz mit der

Taufe mit Heiligem Geiste

zu beschäftigen.

Die Schrift spricht sehr wenig über die Taufe mit Heiligem Geiste. Außer Apg. 2, in welcher wir den geschichtlichen Bericht dieses wunderbaren Ereignisses finden, den wir bereits betrachteten, haben wir nur noch sieben Stellen in der Heiligen Schrift, in welchen die Taufe mit Heiligem Geiste erwähnt wird.

In drei Stellen (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16) finden wir das Zeugnis Johannes des Täufers, der prophetisch anzeigt, daß der nach ihm Kommende, der Herr Jesus, mit Heiligem Geiste und mit Feuer taufen würde.

In der vierten Stelle (Joh. 1,33) berichtet er von einer Offenbarung, die ihm über die Person des HErrn wurde: „Auf welchen du sehen wirst den Heiligen Geist herniederfahren und auf Ihm bleiben, dieser ist es, der mit dem Heiligen Geiste tauft.“

Die fünfte Stelle finden wir in Apg. 1,5. Hier ist es der HErr Selbst, der Seine Jünger auf die Taufe mit Heiligem Geiste hinweist und ihnen sagt, daß dieses Ereignis „nunmehr nach nicht vielen Tagen“ stattfinden werde.

Die sechste Stelle ist Apg. 11,16. Dort blickt Petrus zurück auf die Taufe mit Heiligem Geiste am Pfingsttage. Er sagt: „Ich gedachte aber an das Wort des HErrn, wie Er sagte: Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet getauft werden mit Heiligem Geiste.“

Die siebente und letzte Stelle, 1. Kor. 12,13, belehrt uns, was in der Taufe mit Heiligem Geiste stattfand, nämlich die Bildung des Leibes Christi auf Erden. In einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen ... Weiteres verbindet die Schrift nicht mit der Taufe mit Heiligem Geiste.

So finden wir, daß sechs Stellen auf das Pfingstereignis hinweisen und eine Stelle uns die innere Seite, das Wesen der Taufe zeigt. Johannes der Täufer war der erste, der sie anzeigt, der HErr (und später Petrus) weisen auf den Pfingsttag hin, an dem sie stattfand, und Paulus belehrt uns, daß alle Gläubigen in dieser Taufe, die die Bildung des Leibes Christi ist, eingeschlossen sind: „denn in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden.“

In der nächsten Lieferung gedenken wir, so Gott will, noch näher auf diesen Gegenstand einzugehen.

v. d. K.

„Kohlenfeuer.“

Zweimal ist im N. T. von „Kohlenfeuern“ die Rede1, und beide Male im Johannes-Evangelium, das erstemal vor, das zweitemal nach dem Kreuz. (Joh. 18,18 und 21,9.) Und wie diese beiden Stellen zeitlich so verschieden sind, so auch ihrem Wesen nach. Kurz gekennzeichnet ist das erste „Kohlenfeuer“ das der Welt, der Sünde, des Todes; das zweite aber das des HErrn, des Lebens, der Ruhe. Laßt uns kurz die Sachlagen betrachten, in denen dies eigentümliche Wort gebraucht ist (auch im griechischen Urtext eigentümlich)!

1

Und von „Feuerkohlen“ einmal, nämlich in Röm. 12,20, nach Spr. 25,21.22.

Ausgenommen im Matthäus-Evangelium (vgl. 26,58 und 69-75), ist in allen Evangelien ein besonderes Gewicht darauf gelegt, daß Petrus sich an das Feuer der Knechte des Hohenpriesters (ja, „in ihre Mitte“) setzte und sich wärmte. (Mark. 14,54 und 67; vgl. Luk. 22,55.56.) Somit ist die Sachlage im wesentlichen die gleiche wie in Johannes-Evangelium, wo allein aber nur dies typische Wort durch die Inspiration des Heiligen Geistes gebraucht ist, wie ich glaube, mit der gesegneten Absicht der Gegenüberstellung der beiden verschiedenartigen „Kohlenfeuer“. Sicherlich hat Petrus etwas dabei empfunden, als er des HErrn Kohlenfeuer sah, dessen Anblick ihn erinnerte an die

etwas dabei empfunden, als er des HErrn Kohlenfeuer sah, dessen Anblick ihn erinnerte an die Stunde seines tiefsten Falles.

Wie konnte es nur zu solchem Falle bei ihm kommen? Er war gewarnt, und mit wieviel Liebe gewarnt, aber es war, wie wenn unsichtbare Gewalten ihn in jenen Kreis hineingezogen hätten, in dem er nichts zu suchen hatte. Freilich leitete ihn wohl ein edler Gedanke nach Matth. 26,58; er wollte „das Ende sehen“; freilich ist er auch nicht ohne äußere Veranlassung in den Hof gekommen, denn Johannes verschaffte ihm dort, kraft seiner Bekanntschaft mit dem hohenpriesterlichen Haus, Eingang (ein nicht guter Dienst, den Johannes ihm tat, aber er tat ihn ohne Arg), aber alles in allem ist es doch wohl satanischer Macht zuzuschreiben, daß Petrus sich so ins Netz locken ließ. Unser Widersacher, der Teufel, der dem HErrn gegenüber sich als Löwe, der Ihn zu verschlingen suchte (1.Petr. 5,8), zeigte, erwies sich dem Petrus gegenüber gleich einem Engel des Lichts (2. Kor. 11,14), um ihn, der sich so sicher dünkte (Matth. 26.35; Luk. 22,34; vgl. 1. Kor. 10,12), desto unfehlbarer in die Falle zu locken, wo er ihn hatte verderben können wie den Judas Ischariot, wenn der HErr nicht für Seinen Petrus gebetet hätte. (Luk. 22,31.32.) Anbetungswürdiger Heiland!

Welche Rolle spielt nun bei dieser Sachlage das „Kohlenfeuer“? Ist es uns noch nie aufgefallen, daß von Johannes, nachdem er Petrus hereingeholt hatte, nicht mehr die Rede ist? Johannes war auch in dem Raum der Knechte, aber in die Gefahr, den HErrn zu verleugnen, kam er nicht. Man könnte sagen, er sei den Dienern ohnehin als Jünger Jesu bekannt gewesen! Ja, aber vielleicht hätte trotzdem irgendeiner, der ihn noch nicht kennen mochte, ihn gefragt und in Versuchung oder wenigstens in Verlegenheit gebracht; aber nein, Johannes ging nicht ans Feuer, um sich zu wärmen! Armer Petrus, warum tatest du das? Warum begabst du dich in Gefahr? Warum suchtest du eine Gesellschaft auf, in die Johannes nicht ging und in die auch du nicht hineinpaßtest? - und zwar ohne Not - oder machte dir das leibliche Frieren doch eine solche Not, daß du sie beseitigen mußtest um solchen Preis?

Geliebte Leser, Petrus hatte noch nicht den Heiligen Geist in sich wohnend, wie später am Pfingsttag alle an den HErrn Gläubiggewordenen (Joh. 7,39 und Apg. 19,2a); und wenn auch das, was uns der Heilige Geist ist, ihm das persönliche Wort und Warnen des HErrn hätte gewesen sein sollen, so war er gleichwohl damals noch nicht so gut daran, wie nach Pfingsten er und wir alle; aber Hand aufs Herz, Geliebte, sind nicht viele Gläubige heute auch manchmal in Gefahr, es zu machen wie Petrus - oder tun's gar -, und zwar trotzdem die innere mahnende Stimme des Heiligen Geistes sie treulich warnt? Ja oder nein? Woran liegt's? Wenn nicht immer, so doch oft daran, daß auch Gläubige, echte, wahre Kinder Gottes von heute sich oft leichtfertig in Gefahr begeben, indem sie die Kohlenfeuer der Welt ohne Not, ohne göttliche Erlaubnis (wie etwa bei beruflicher Verpflichtung), also ohne zwingenden Grund, der sich biblisch rechtfertigen ließe, aussuchen und sich womöglich dort Wohlfühlen. Ist es nötig, noch deutlicher zu reden? Weltliche Vergnügungen wie Theater, Kino, Tanzboden, sogenannte „feine Abendunterhaltungen“, „ein Spielchen“ in weltlicher Gesellschaft. Lustbarkeiten weltlichen Umgangs, Wirtshausgelage und dergleichen mehr sind selbstverständlich solche „Kohlenfeuer“ - aber ganz gewiß nicht allein solche Dinge! Religiöse Feiern dieser Welt

gehören ebensogut dazu (z. B.: „Kindtaufen“, „Konfirmation“ u. dgl. m.); und schon mancher Christ hat bei solcher Feier, bei der er als entschiedener, von der Welt, auch der Religion der Welt, abgesonderter Christ nichts zu suchen hat (2. Kor. 6,14-18), eine innere Beengung gespürt, wenn es galt, seinen geliebten (? Joh. 14,21) HErrn zu bekennen. „Rühret Unreines nicht an!“ „Lasset uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend!“ (Hebr. 13,13.) Sicher wird man uns dann als „rückständig und lieblos“ oder „zu schroff“ verschreien; aber das ist doch ungleich besser, als dem HErrn Schande zu machen und Ihn zu verleugnen, nämlich entweder Seine Person zu verleugnen oder mit der Tat verleugnen, daß Er uns „erlöst hat von dem eitlen Wandel nach väterlicher Weise“ (1. Petr. 1,18), erlöst durch Sein Blut - verleugnen, daß wir mit Ihm gekreuzigt und gestorben sind, daß wir als mit Ihm Auferstandene auf dem Boden der neuen Schöpfung stehen (2. Kor. 5,17) und gelöst sind von den Elementen dieser Welt. (Kol. 2,8.) Brauchen wir uns noch zu „wärmen“ an den Dingen einer Welt, die Ihn ans Kreuz brachte? Brauchen wir noch etwa die ungesunde, so sehr schädliche Wärme menschlicher Philosophie, Theologie und Kanzelrednerei oder die „geistreicher“, witziger Unterhaltung oder die vermeintliche „Wärme“ sozialer, ethischer Vorträge oder die der politischen (leeres Stroh-) Drescherei oder die der sinnenaufpeitschenden Genußsucht usw.? Was brauchen wir, geliebte Geschwister, d. h. wir, die wir durch Seinen Willen geheiligt sind durch Sein Opfer (Hebr. 10,10), abgesondert von der Welt und dem Wesen des Fleisches?

Ihn brauchen wir und Sein Kohlenfeuer!

Zu diesem Kohlenfeuer (Joh. 21,9), dem auf dem Boden der Auferstehung, hatten die Menschen, auch die Jünger, nichts hinzugebracht. Ihr Fischfang, ihre Arbeit und Sorge tat nichts zu dem hinzu, was der HErr ihnen bereitet hatte an Fisch und Brot. „Kommet her, frühstücket!“ Ach, daß wir uns nährten von Ihm Selbst, an Seinem Tisch alle Tage unseres Lebens! (Ps. 23.) Er ist genug für uns! An Seinem Feuer gibt's Wärme, eine wohligere, innere Wärme als an dem Kohlenfeuer der Welt, wo das Ihn-Verleugnen so leicht und selbstverständlich ist. Aber nicht nur Wärme finden wir dort, sondern auch Speise, Nahrung für die dürstende Seele, Nahrung von Ihm zubereitet und schmackhaft gemacht für jeden so, wie er's braucht, und darum gesundes Wachstum; und da gibt's auch selige Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, denen Er alles ist. Kennen wir die Gemeinschaft an Seinem Kohlenfeuer, mit Ihm als Gastgeber und „Tonangeber“ in der Mitte?

Daß wir aus diesen beiden Bildern der zwei Kohlenfeuer lernten, und zwar: uns mehr lösen zu lassen von ungöttlichen Beziehungen zur Welt und zur Religion des Fleisches, in denen wir verleugnen, was Er uns ist und was wir für Ihn sind! Daß wir uns mehr hineinziehen ließen in Seine Gemeinschaft, wo Er alles in allem ist, und wo wir (mit J. N. D.) freudig bekennen:

„Teurer Heiland, durch Dein Lieben

Bin ich von der Welt geschieden,

Tret' ich auf die Pilgerbahn.

Jeder Schritt mich näher leitet

Jeder Schritt mich näher leitet

Heim zu Gott, von Dir begleitet

Freudig schreite ich mit Dir voran.“

F. K.

„Alles neu!“

(Gedanken aus einem Gespräch mit Junggläubigen.)

„Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ (2. Kor 5,17.)

Was heißt das: „alles“ ist neu geworden? Ist nicht in unserem Fleische noch manches Gute zu finden? Hat nicht vor unserer Bekehrung schon das Sehnen in uns gelegen, das Gute zu tun, Gott wohlzugefallen? Da konnte doch der Heilige Geist schon Anknüpfungspunkte in uns finden, wir suchten doch Gott und liebten Ihn schon? Wohl waren wir verloren, aber daß nichts in uns sein soll, was gut ist, kann ich nicht glauben, wir tragen doch vom Paradies her noch einen Keim von Gottes Natur in uns. Wohl gebe ich zu, daß die Macht des Teufels groß in meinem Leben war und ich der Sünde diente, bis Jesus mich befreite von Satans Macht. Aber doch finde ich in meinem Leben noch Gutes, was aufrichtig Gott dienen wollte, und das soll ich nun als untauglich erklären? Schon als Kind liebte ich Gottes Wort und betete zu Ihm, immer trug ich das Sehnen nach Erlösung in mir. So glaube ich doch, daß Gott dies Gute in uns anerkennt und dann daran anknüpft durch den Heiligen Geist und uns so zur Erlösung hinführt. - Auch in meinem Leben ist nach der Bekehrung alles neu geworden, aber in einem ganz absoluten Sinn ist es doch wohl nicht zu verstehen? Denn ich finde vieles in mir, was auch vor der Bekehrung schon vorhanden war, nur jetzt ist es reiner und geheiligter, viel schöner tritt es hervor, weil wir unsere alte, sündige Natur täglich durchheiligen lassen und sie unters Kreuz bringen!

Solche und ähnliche Gedanken habe ich manchmal von Gotteskindern aussprechen hören, und immer hat es mich tief geschmerzt, solche traurigen Dinge zu vernehmen. Gläubige, die so sprechen, haben die Erlösung und das Kreuz von Golgatha und die Auferstehung noch nicht voll und ganz verstanden! Aber sie haben auch sich selbst noch nicht erkannt in dem Lichte eines heiligen Gottes. Sie haben, trotz der Erkenntnis ihres verlorenen Zustandes und ihrer aufrichtigen Bekehrung, sich mehr mit dem beschäftigt, was an ihnen noch Gutes sein könnte und was sie noch alles aus ihrer alten Natur machen könnten durch Heiligung, um damit Gott zu gefallen. Statt sich soviel mit dieser verkehrten Heiligung des Fleisches zu beschäftigen, sollten die teuren Geschwister sich versenken ins Anschauen Seiner Person und die Herrlichkeit des HErrn in ihr Herz aufnehmen, um zu wachen in der Erkenntnis Jesu Christi, sie würden gar bald merken: „in mir, d. h. in meinem Fleische, wohnt nichts Gutes“. Unser ganzes Leben ist durch die Sünde völlig verdorben, und für den heiligen Gott (vor dem die Seraphim ihre Angesichter bedecken und rufen: „Heilig, heilig, heilig ist Jehova ...“) gibt es nichts

die Seraphim ihre Angesichter bedecken und rufen: „Heilig, heilig, heilig ist Jehova ...“) gibt es nichts in uns, wo Er hätte einen Anknüpfungspunkt finden können. Dann hätte Gottes Sohn nicht ans Kreuz zu gehen brauchen.

Das vermeinte, sogenannte Gute in uns war nur ein unflätiges Kleid, in dem wir vor Gott nicht erscheinen konnten. Es war so verdorben, daß es den Sohn Gottes ans Kreuz brachte. Alle deine Sehnsucht, die du schon, als du noch Kind warst, in deinem Herzen spürtest, war das Erbarmen Gottes, der dich schon frühe, in deiner Jugend, zum Sohn ziehen wollte. Nichts ging von dir aus, alles von Gott; denn das Fleisch, deine alte sündige Natur suchte nicht Gott. Es war schon das zarte Werben des Heiligen Geistes in dir, der an dir arbeitete, bis du Ihm dein sündiges Leben gabest und „ja“ sagtest zu Gott, als Er dich rief durch Sein Evangelium. Und dort bei der Bekehrung erkanntest du grundsätzlich an, daß unser alter Mensch mit Christo gekreuzigt worden ist und du als Mensch im Fleische dort dein Ende gefunden hast. Du machst ja das Kreuz Christi zunichte, wenn du in dir selber noch etwas anerkennst von der alten Natur! Dein Fleisch bringt nie göttlich gewirkte Frucht und Leben hervor. Dein Fleisch verbessern wollen bis vielleicht zur Sündlosigkeit desselben ist eine völlig falsche Heiligung, die niemals biblisch ist. Das Fleisch ist am Kreuz für immer gerichtet worden. Beschäftige dich nicht mehr mit deiner alten Natur, sondern mit Christus, und du wirst Kraft haben durch den Heiligen Geist, die alte Natur (die noch in unserem sterblichen Leibe ruht, solange, bis die Erlösung vollendet und wir diesen Leib der Sünde vertauschen dürfen mit dem Herrlichkeitsleib, Phil. 3,20.21) im Tode halten zu können und dich zu erfreuen der neuen göttlichen Natur in dir, des Auferstehungslebens! Mit Christo gestorben, begraben und auferstanden! Wo das alte Wesen wieder hervorkommt bei uns und der Satan, der uns täglich zu Fall bringen möchte, uns versucht, da hat Gottes wunderbare Liebe Sorge getragen, daß wir nicht zu verzagen brauchen. Wir haben einen großen Hohenpriester und einen Fürsprecher beim Vater, Christus, der in Seiner eigenen Person für uns eintritt und für uns Fürbitte tut. - Lieber Bruder, liebe Schwerer, lies in deiner Bibel einmal alle Stellen durch, die sich auf unsere himmlischen Segnungen beziehen, und du wirst erkennen, wieviel dir durch Christi Leiden, Sterben und Auferstehung geschenkt worden ist; du mußt diese himmlischen Güter nur in Besitz nehmen und endlich dein nutzloses Ringen und Mühen, dein Fleisch bessern zu wollen und aus ihm Gott Frucht hervorbringen zu wollen, aufgeben. „Siehe, es ist alles neu geworden“, das Alte ist vergangen! Freue dich dieses köstlichen Wortes! In Christo bist du zu einer neuen Schöpfung geworden - was hat diese neue Schöpfung noch mit deiner allen Natur zu tun? Kann Finsternis sich vermischen mit dem Licht? Niemals! So wie die Finsternis völlig hinweggetan wird, wenn die Tageshelle mit ihrem Sonnenglanz hervortritt, so wenig hat die neue Schöpfung, die wir in Christo besitzen, etwas gemeinsam mit unserer alten Natur; dieselbe ist völlig aus Gottes Augen hinweggetan worden, und darum haben wir auch kein Recht mehr, uns mit ihr zu beschäftigen.

„Siehe! Alles ist neu geworden!“ Wie kostbar, wie anbetungswürdig ist das! Der HErr schenke uns Gnade, bewußter im Auferstehungsleben zu stehen und würdig der neuen Schöpfung zu wandeln, der wir in Christus teilhaftig geworden sind. „Ihn anschauend“ (laßt es uns nicht vergessen!), „werden wir verwandelt in Sein Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist“! (2. Kor. 3,18.) Und nur auf diesem Wege können wir Ihm Frucht bringen, die Ihn preist! Darum laßt uns

3,18.) Und nur auf diesem Wege können wir Ihm Frucht bringen, die Ihn preist! Darum laßt uns einander erinnern: „in uns, in unserem Fleische wohnt nichts Gutes“, es bleibt Fleisch und darum unverbesserlich. Demgegenüber steht das köstliche Wort: „Daher, wenn jemand in Christus ist, da ist eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“

E. K.

Die Verwaltung Gottes.

(Aus dem Schwedischen übersetzt.)

(Fortsetzung.)

In dieser Zeit des Gesetzes suchte Gott ihnen zu begegnen. Er gab ihnen Opfer und das Priestertum. Ohne Opfer und Priester durfte das Volk Ihm nicht nahen. Der Priester sollte die Opfer entgegennehmen, das Blut tragen und es sprengen. Auf diese Weise gab es einen großen Unterschied im Volke. Der Stamm Levi war ausersehen, Gott zu dienen und Ihm zu nahen. Aus dem Stamm Levi war wieder ein Haus auserwählt zu Priestern und immer einer von diesen als Hoherpriester. Alles war stufenweise geordnet! Das Volk, Leviten, Priester und Hoherpriester. Jeder Israelit mußte vor dem Hohenpriester eine große Achtung haben.

In dieser Zeit der Haushaltung des Gesetzes finden wir Richter, Könige, Propheten und Gelehrte unter dem Volke. Die Geschichte dieses Volkes ist eine Geschichte des Abfalles. Für kurze Zeiten nahmen sie das Wort Gottes an, aber dann wurden bald ihre Herzen wieder davon weg zu anderen Dingen hingezogen. Sie sahen, wie andere Völker Götzendienst trieben, und sie folgten ihrem Beispiel und verfielen der Verehrung von Götzen. Auf die Warnungen der Priester hörten sie nicht.

In kurzen Umrissen haben wir bis jetzt das Walten Gottes vor der Flut gesehen, wo der Geist Gottes auf besondere Weise wirksam war. In der Zeit zwischen der Flut und Abraham finden wir nur schwache Schimmer von Gottesfurcht, z. B. Melchisedek (den König von Salem) und Hiob (welcher zu dieser Zeit gelebt haben wird). Dann fanden wir das Walten Gottes mit den einzelnen, mit den Patriarchen Abraham, Isaak, Jakob und Joseph. Diesem folgte die Zeit des Gesetzes und Israels.

In dem Zeitalter des Gesetzes wurde der Herr Jesus, der Messias, geboren, denn es steht geschrieben: „Unter Gesetz geboren“. Aber auch Seiner Stimme wurde nicht gehorcht. Sie sagten: Das ist der Erbe. Kommt, laßt uns Ihn töten, so bekommen wir das Erbe. Das Kreuz war die Belohnung, die Ihm von ihrer Seite zuteil wurde. Das ganze Volk, Hohepriester, Älteste und das gemeine Volk, alle riefen einmütig: „Hinweg mit Ihm!“ Aber „wo die Sünde überströmend ist, ist die Gnade noch überströmender geworden!“ Was tut Gott? Er bringt Christus, den Hirten der Schafe, aus dem Grabe hervor und läßt Ströme der Gnade ausgehen über alle Völker, Juden und Heiden, Selbstgerechte und Götzendiener, indem Er ihnen allen Rettung anbietet.

Von den Propheten wissen wir, daß unter der Oberhoheit der Juden auch den Heiden Segnungen

verheißen sind. Damit werden wir hingewiesen auf jenes herrliche Zeitalter, wo Christus über diese Erde regieren wird und die Juden auf Grund der den Vätern gegebenen Verheißungen den Vorrang haben werden.

Aber die Zeit und Verwaltung, welche mit dem Kommen Christi den Anfang nahm, ist alleinstehend, getrennt von dem, was vorher geschrieben ist. Wenn der Jude Vorzüge hatte durch seinen Messias, so wurden diese seine Vorzüge durch die Verwerfung des Messias zunichte gemacht. Deshalb wird uns jetzt alles aus Gnade geschenkt: Das ist die Verwaltung des Glaubens. Er kam und verkündigte Frieden den Nahen und Frieden den Fernen (Ephes. 2). Und es soll geschehen, daß jeder, der den Namen des HErrn anruft, gerettet werden soll. (Apgesch. 2,21.) Ein jeder, der an Ihn glaubt, empfängt Vergebung seiner Sünden im Namen des HErrn. Die Türen sind geöffnet für Juden sowohl als Griechen, dasselbe Recht, dieselbe Gnade für alle. Wir haben gesehen, daß sie sich während der Zeit des Gesetzes nur stufenweise Gott nahen durften. Das Geschlecht der Hohenpriester stand stets durch die natürliche Geburt am höchsten, dann folgten die anderen Priester, dann die Leviten und dann das Volk. Aber in der gegenwärtigen Haushaltung des Glaubens ist das alles beiseite gesetzt, so daß an Stelle des Abstandes, welcher damals war, es nun heißt: „nahe geworden durch das Blut Christi“ (Eph. 2,13). Alle sollen den HErrn kennen, vom Kleinsten bis zum Größten unter ihnen. (Hebr. 8,11.) Obgleich die volle Erfüllung dieses Wortes in dem noch zukünftigen Zeitalter stattfinden wird, so will der HErr doch jetzt schon von allen gekannt werden und alle nahe bei Sich haben. Er möchte alle unterweisen. „Ich bin gekannt von den Meinen.“ Die Heiden in ihrem Götzendienst und die Juden in ihrer Selbstgerechtigkeit waren beide gleich weit von Gott entfernt. Aber sie können beide jetzt durch Glauben gleich nahe kommen und die Segnungen der Errettung auf demselben Wege der Gnade genießen, indem sie dem Evangelium Gottes glauben. Wenn noch Werke hierzu nötig wären, so wäre das eine Verneinung der Unfähigkeit des Menschen und der Vollkommenheit des Werkes Christi. Niemand ahnte etwas von einer solchen Gnade, die auf Grund des Werkes am Kreuze von Gott ausging. Die Juden, die sich ihrer Vorzüge rühmten, hatten keinen Vorzug mehr und die verachteten Nationen keinen Nachteil. Beiden begegnet Gott jetzt auf einer Grundlage, der des Kreuzes Christi, in Gnade.

(Fortsetzung folgt.)

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Hand der Schrift durchforschen!

Frage 13

Was bedeutet Röm. 3,31? Hat das alttestamentliche Gesetz etwa doch noch Gültigkeit für die Gläubigen?

Antwort A

Nein! Denn Paulus und die Apostel verkündigen Christus, welcher die Erfüllung gebracht hat (Matth. 5,17), also auch des Gesetzes Ende ist. (Röm. 10,4; siehe auch Hebr. 8.) Das Gesetz konnten nicht Menschen halten, noch weniger erfüllen, der HErr hat beides aus Liebe zu den Menschen getan. Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes (Röm. 13,8-10; Gal. 6,1.2). Man lese recht aufmerksam Hebr. 8 und dann den Brief an die Galater, dann wird kein Zweifel mehr übrig bleiben. Und aus Eph. 5 lernen wir, wie wir uns zu verhalten haben.

J. K.

Antwort B

Derselbe Apostel schreibt an den Timotheus (1. Tim. 1,8.9): „Wir wissen aber, daß das Gesetz gut ist, wenn es jemand gesetzmäßig, d. h. dem Sinn Gottes gemäß, braucht, indem er dieses weiß, daß für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist; für Gesetzlose aber und Ungehorsame usw.“ In Röm. 3 und 4 redet der Apostel Paulus von dem gerechtmachenden Glauben bezw. von dem Glaubensgesetz (Röm. 3,27). Das Glaubensgesetz steht in gewissem Sinne dem mosaischen Gesetz entgegen und scheint es aufzuheben, weil es die Gerechtmachung eines Menschen nicht von den Gesetzeswerken herleitet, sondern von der vollbrachten Erlösungstatsache durch Christum, den Sohn Gottes, und von dem gläubigen Annehmen derselben. Durch diesen Glauben macht Gott Juden und Nichtjuden gerecht, und zwar beide auf Grund des Glaubens an Jesum und Sein Heil (Apgesch. 4,12). Damit ist die Gesetzesgerechtigkeit aufgehoben, aber noch nicht das Gesetz. Beim Gesetzesgerechten steht das Gesetz außerhalb seiner Person auf steinernen Tafeln und macht seine Forderung: Du sollst und du sollst nicht. Beim Gerechten durch den Glauben kommt das Gesetz, d. h. der Wille Gottes ins Herz und Leben, auf die fleischernen Tafeln des Herzens als Geistesgesetz (2. Kor. 3,3; vgl. Hes. 11,19; Jer. 31,33; Hebr. 8,10; 10,16). Wenn nun der Apostel Paulus hier schreibt: „Wir heben das Gesetz nicht auf; wir richten es auf“ (vgl. Matth. 5,17), so will er damit sagen, daß der durch den Glauben Gerechte so mit dem HErrn und Seinem Willen eins ist, daß er keines geschriebenen Gesetzes mehr bedarf, weil ihm der Wille des HErrn zu seinem Lebenselement geworden ist. Und gerade dadurch wird das Gesetz Gottes im Gläubigen aufgerichtet (Elberf. Übers. „bestätigt“), daß er, ähnlich gemacht dem Herrn Jesus, den Willen des HErrn gerne und freiwillig tut (vgl. Ps. 40,7-11; Hebr. 10,5-10; Joh. 4,34).

F. Th. H.

Antwort C

Das alttestamentliche Gesetz hat keine Gültigkeit für die Gläubigen (s. Röm. 7,6; 8,2; 10,4; Gal. 2,19; 3,10.13.23.24; 4,5.21-28; 5,13.14.18.23; Eph. 2,15; 1. Tim. 1,9; Hebr. 7,12). In Röm. 3,31 ist uns durch den Heiligen Geist gesagt, daß wir das Gesetz nicht aufheben, sondern das Gesetz bestätigen in Übereinstimmung mit dem Worte des HErrn, Matth. 5,17.18, daß Er gekommen ist, das Gesetz zu erfüllen, aber nicht aufzulösen; es soll vielmehr nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist. In Röm. 7,4 ist uns gesagt, daß wir dem Gesetz getötet worden sind durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten. Nach Gal. 2,20 bin ich mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; Christus aber ist des Gesetzes Erfüllung und Ende (Röm. 10,4). Das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich freigemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm. 8,2). Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit, wider solche gibt es kein Gesetz (Gal. 5,22.23). Wir heben also durch den Glauben das Gesetz nicht auf, sondern wir bestätigen es.

P.

Antwort D

Kinder Gottes sind nicht unter dem Gesetz. Röm. 3,21.28; 6,15; 7,6; 1. Kor. 9,21; Gal.2,19; 3,10-13; 4,21 und viele andere Stellen bezeugen das ganz klar. Wir sind zur Freiheit berufen, und gesetzliches Tun betrübt den HErrn. Denn Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit (Röm. 10,4). Er ist nicht gekommen, das Gesetz aufzulösen, sondern zu erfüllen (Matth. 5,17), und wehe dem, der ein kleinstes Gebot auflöst. Matth. 5,21ff. zeigt uns etwas über die praktische Erfüllung: nicht den Buchstaben zu beobachten, sondern den Geist, die Liebe (Luk. 10,27). Christus hat uns durch Seinen in Liebe vollkommenen Wandel ein Vorbild gegeben zur Erfüllung des Gesetzes. Wir, die wir dem HErrn nachfolgen, sollten immer bedenken, daß die Liebe die Summe des Gesetzes ist (Röm. 13,10).

Deshalb wurde den Galatern, die zum Buchstaben zurückkehren wollten, Kap. 6,2gesagt: „Einer trage des anderen Last, und also erfüllt das Gesetz des Christus.“ Das Gesetz des Todes hat noch kein Mensch erfüllen können. Wir sind „recht frei“ (Joh. 8,36), und als freie Kinder Gottes haben wir keinen Geist der Knechtschaft empfangen, der ängstlich auf Beobachtung des Buchstabens gerichtet ist, sondern die Liebe Christi treibt uns, die Dankbarkeit gegen Den zu beweisen, der uns liebte, ehe wir lieben konnten, und dessen Gnade uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft vor Grundlegung der Welt. Möchte diese herrliche Tatsache uns frei machen von jeder Spur fleischlicher Gesetzlichkeit und unsere Liebe und Dankbarkeit gegen den Befreier überströmen lassen!

P. B.

Antwort E

Der Mensch im Paradiese wollte sein wie Gott. Da fiel er, und zwischen Gott und Mensch besteht seitdem eine tiefe Kluft. Der heilige Gott kann mit dem unreinen Menschen nicht mehr Gemeinschaft haben, wenn nicht die Sünde des Menschen beseitigt wird. Der Mensch glaubt, dies selbst tun zu können. Um ihn von diesem Wahn zu heilen, gab Gott das Gesetz. Es fordert vollkommene Gerechtigkeit und Heiligkeit. Diese Forderungen kann aber kein Mensch erfüllen. Vielmehr muß er einsehen, daß er niemals den Vorsatz Gottes erreichen kann. Also bewirkt das Gesetz Erkenntnis der Sünde, gibt aber kein Leben, sondern verurteilt jeden, der seine Forderungen, die völlig zu Recht bestehen, nicht erfüllen kann (Röm. 7,7-11; Gal. 3,10). Zugleich aber erweckt es in dem Herzen des Aufrichtigen den Wunsch, daß ein Stellvertreter sich finden möge, der es an unserer Statt erfülle (Gal. 3,24). Dies ist geschehen. Der Herr Jesus hat das Gesetz erfüllt. Die gerechten Forderungen desselben sind beglichen und beunruhigen uns nicht mehr (Röm. 10,4). - Wir anerkennen oder bestätigen also einerseits, daß die Forderungen des Gesetzes völlig zu Recht bestehen, machen uns aber auch andererseits die Erfüllung des Gesetzes durch den Herrn Jesus zu eigen. Das ist Glauben; denn „glauben“ heißt: Gott rechtgeben (Röm. 3,4; 4,18-22). Indem wir glauben, erkennen wir den Standpunkt Gottes als den allein richtigen an und stellen uns auf diesen Boden. Das rechnet uns Gott zur Gerechtigkeit, weil hiermit das Geschöpf Ihm, dem Schöpfer, die Ihm gebührende Ehre erweist und selbst den dem Geschöpf zukommenden Platz einnimmt. - Die Gerechtigkeit, die Gott unbedingt von uns fordern mußte um Seiner Selbst willen, hat Er uns in Christo geschenkt. Aber es ist nicht nur eine zugerechnete Gerechtigkeit. In Ihm, dem Geliebten, sind wir Gottes Gerechtigkeit, und weil Christus durch den Glauben in uns wohnt (Eph. 3,17), so wohnt auch diese Gerechtigkeit in uns, und ihr Dasein macht sich bemerkbar an ihrer friedsamen Frucht, die von den Menschen wahrgenommen werden kann. - So werden die gerechten Forderungen des Gesetzes in uns erfüllt, nicht durch das Fleisch, an das sich das Gesetz wandte, sondern durch den in uns wohnenden Heiligen Geist. Also heben wir das Gesetz nicht auf, sondern bestätigen es, ja, noch mehr, wir erleben praktisch seine Erfüllung in uns (Röm. 8,4). - Wir erfüllen also das Gesetz nicht, um die Gerechtigkeit Gottes zu erlangen, sondern wenn wir die Gerechtigkeit Gottes aus Gnaden durch den Glauben. erlangt haben, wird das Gesetz, der Wille Gottes, wachstümlich durch den Geist in uns erfüllt. - Das Gesetz hat also keine Gültigkeit mehr, insofern es etwas von uns fordert. Das sahen selbst die Apostel der Beschneidung, die es doch in erster Linie mit solchen zu tun hatten, die ursprünglich unter Gesetz standen, schon frühe ein (Apgesch. 15,1-33; 16,4), obwohl es ihnen als Juden schwer fallen mußte, sich von den väterlichen Überlieferungen freizumachen (Apgesch. 10,9-29; 11,1-18).

Alle Kinder Gottes, die sich über die Stellung des Gesetzes in dem jetzigen Zeitalter der Gnade, dem Tag des Heils, im unklaren sind, mögen den Galaterbrief lesen! Vor allem aber sollte es uns, den Gläubigen aus den Nationen, die nie unter Gesetz standen, gar keine Frage sein, ob das Gesetz noch Gültigkeit für uns hat, weil es nie Gültigkeit für uns hatte (Röm. 3,30; 4,9-12), wenn auch der Weg der inneren Erfahrung auch für uns oft der ist: Vom Gesetz zur Freiheit der Kinder Gottes. - Es

ist die traurige Arbeit einer ungeistlichen Weltkirche, die Nationen unter die unerfüllbaren Forderungen des Gesetzes zu bringen, anstatt ihnen das Evangelium, die Frohbotschaft Gottes, zu verkündigen. Leicht sinkt selbst der Gläubige von der Höhe der geistlichen Betrachtungsweise herab, denn der Mensch sieht, was vor Augen ist. Wie macht Paulus hiergegen im ganzen Galaterbrief Front! Besonders Gal. 2,20.21.

Möge die Salbung, die bei uns bleibt, uns frei halten von Fleischeslinien!

K. G.

Anmerkung des Schriftleiters

Ich denke, jeder Leser wird sich freuen über diese schönen Antworten. Sie geben auch gute Waffen für die Abwehr der Sabbatarier - Adventisten. Für solchen Zweck dienen auch u. a. folgende Fragen älterer Jahrbücher: 1/39; II/17; IlI/26; IV/19; V/13; VIl/15; man vergleiche außerdem meinen Aufsatz über Gal. 5,22 in Band Vl, Seite 37; 69; 92 u. a.

Nun noch etliche Bemerkungen, die mir ebenfalls besonders wichtig sind im Blick auf die schriftwidrige Adventistenlehre, durch die heute viele verführt werden - und zwar um so leichter, als sich in diesen Kreisen bisweilen wahrhaft Gläubige befinden, die durch ihren ernsten Wandel einen großen Einfluß ausüben.

Wie hätte wohl ein Mensch, und sei es auch ein Paulus, sagen dürfen, auch nur der Lehre nach das Gesetz aufzuheben?! Einer, der wie er den Willen Gottes kannte und achtete, konnte es nur bestätigen, aufrichten, zur vollen Geltung bringen. Und dem ganzen Zusammenhang von Kap. 3 und 4 nach ist das Gesetz hier (das übrigens, wie oft, so auch hier in 3,31 im Urtext ohne Artikel steht) mehr als nur das Gesetz im engeren Sinne, also das der beiden Gesetzestafeln vom Sinai nebst den Opfer- und Kultusvorschriften - es ist vielmehr die ganze geoffenbarte göttliche Ordnung des Alten Bundes, die nach Gal. 3,19.23 erzieherische Ziele hatte und vorbereitend war für das Heil in Christo. (Dafür, daß das Gesetz häufig in diesem das ganze A. T. umfassenden Sinne gebraucht wird, vergl. Röm. 3,19.21 und 1. Kor. 14,21!) Das Gesetz wandte sich nur an den Menschen im Fleisch, und wenn es eine Gerechtigkeit aus dem Gesetz gäbe, so wäre es also lediglich eine Werkgerechtigkeit. Wie stimmt aber dazu die Gerechtigkeit, die Abraham zugerechnet ist? (Kap. 4.) Hier ist Fleischesruhm, Werkruhm völlig ausgeschlossen. Es ist eine Gerechtigkeit aus Glauben allein, eine Gerechtigkeit, die für Juden und Nationen das gleiche Heil brachte (Kap. 3.). In Kap. 4 - ich fasse mich so kurz wie möglich - ist an Abraham bewiesen, wie die Schrift diese Grundordnung Gottes enthält, daß es nämlich nur eine vor Gott geltende Gerechtigkeit gibt, die aus Glauben: er wurde gerechtfertigt ohne die gesetzliche Beschneidung (V. 9-12); er empfing die Verheißung ohne Gesetz (V. 13-16); er glaubte an Gott, der die Toten lebendig macht (V. 16-25), wodurch er zum Vater vieler Völker, zum Vater der Gläubigen wurde. - Wenn somit das A. T. so klar die Grundsätze der Rechtfertigung aus Glauben enthält und beweist - wie könnte man dann annehmen, Paulus setze das Gesetz (den

göttlich geoffenbarten Willen im Alten Bunde) außer Kraft? Im Gegenteil zeigt Paulus durch die Predigt des Glaubens: 1. daß es stets Gottes Wille war, auch im A. T. Menschen aus Glauben zu rechtfertigen, 2. daß die erhabenen Forderungen des Gesetzes nicht durch den Menschen im Fleisch erfüllt werden können. Denn entweder gilt bei Gott Werkgerechtigkeit oder Glaubensgerechtigkeit. Das Gesetz - Gottes Wille - wird durch den Glauben an Christus erst recht zur Geltung gebracht (weil in Christus das Gesetz in vollkommener Weise zur Darstellung gebracht, „erfüllt“ ist), während bei der jüdischen und - dürfen wir sagen, auch bei der sabbatarischen Werkgerechtigkeit das Gesetz Gottes in seinen unbeugsamen Forderungen, deren Übertretung den Fluch nach sich zieht, abgeschwächt ist. Der Sabbatarier übertritt das Gesetz Gottes, aber einerseits glaubt er durch das Sabbathalten, dessen den Juden zugesprochenen Lohn er auf sich übertrage, bei Gott in besonderer Gnade zu sein, andererseits gebraucht er Christus als „Lückenbüßer“ für seine Übertretungen, und dabei sieht er nicht, daß er dadurch sowohl das Gesetz mißachtet („wer diese Dinge getan hat ...“), als auch - und wie sehr! - Christus entehrt und das Kreuz entleert. Die Schrift spricht ganz unzweideutig: entweder Gesetz oder Gnade (Galaterbrief, z. B. 2,19.20!), entweder Gesetzesgerechtigkeit oder Gerechtigkeit aus Glauben. Vermischung des Evangeliums mit der Religion des Fleisches gibt es nicht. Gesetzliches Judentum und Christentum aus Glauben zu Glauben schließen einander aus. Da aber keine Gerechtigkeit aus Gesetzeswerken möglich ist nach Gottes Urteil (vgl. u. a. Gal. 2,16.21; 3,10.11 usw.), so bleibt nur übrig, um für gerecht erklärt zu werden, an Christus allein zu glauben und dann - und das wagen uns Sabbatarier ins Gesicht zu sagen! - „durch den Glauben an Christus Freiheit zu haben, das Gesetz zu übertreten“? Nein, nimmermehr: das Gesetz an sich ist nicht beseitigt, der Wille Gottes ist vielmehr bestätigt durch die Predigt vom Glauben an Christus und durch diesen Selbst. Aber eine Gerechtigkeit aus dem Halten des Gesetzes gibt es nicht; dann wäre Christus umsonst gestorben. Wer an Ihn glaubt, ist gerecht; das Gesetz hat nichts mehr von dem Gläubigen zu fordern. Wer sich unter die Forderungen des Gesetzes stellt (z. B. Sabbat, Beschneidung, Opfer), der steht auch unter dem Fluch des Todes für den Übertreter einer einzelnen Forderung des Gesetzes (Jak. 2,10). - Wollten sich das doch die durch die Sabbatarier Verführten sagen lassen! - Aber auch für uns behält der ewige Wille Gottes seine Gültigkeit! Ja, wir Gläubigen an Christo machen ihn erst geltend, wir bestätigen ihn, indem wir uns nicht unter die Forderungen des Gesetzes stellen, somit z. B. den Sabbat nicht halten; denn das Sabbatgesetz ist dem Menschen im Fleisch, und zwar dem Juden (ihm allein!) gegeben (2. Mos. 31,12-17; vgl. Gal. 4,9-11; Kol. 2,16.17 - wie ernst ist dies!), ebenso wie die Beschneidung, welche die inkonsequenten Sabbatarier nicht bei sich anwenden, wodurch allein schon sie das Gesetz übertreten!! - Und wie können wir den für den Gläubigen geltenden Willen Gottes, ja, mehr: Sein Wohlgefallen, wissen und tun? Indem wir nach dem Geiste wandeln und nicht nach dem Fleisch (Röm. 8,4; Röm. 8 - wie wichtig ist dieses Kapitel!). Und wie haben wir den Geist empfangen? Durch Gesetzeswerke? Nein! Sondern aus der Glaubensbotschaft (Gal. 3,2.6). Geliebte Leser! Wenn Sabbatarier - Adventisten, wie sie durchschnittlich sind, euch sagen wollen, wir Gläubige könnten ja gar nicht Gottes Willen wissen und tun, ohne uns zu beugen unter das Gesetz in Satzungen, und unser vermeintlicher Glaube sei ein bequemer Deckmantel für das Sündigen, so sagt ihnen nur etwa: „Also Ihr bestehlt oder gar

ist?! Und das soll Christentum sein? Wenn das gottgewolltes Christentum wäre, so stünde der Heide mit seinem Gewissensgesetz und dem Handeln danach noch höher als Ihr! Sagt Gott etwa: ‚Wandelt im Gesetz, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht vollbringen?‘ Nein, aber ‚im Geiste‘ (Gal. 5,16), und das kann Er sagen, da wir den Geist haben - durch Glauben, nicht durch Gesetz! Entweder Christus und mit Ihm und durch Seinen Geist das Leben oder das Gesetz und damit den Fluch, den Tod! - aber auch die Unvollkommenheit, während bei und in Ihm Vollkommenheit ist.“ Der Beweggrund zum Handeln und Wandeln des Gesetzesknechtes und der des neutestamentlichen Gläubigen ist nach der Lehre der Schrift grundverschieden: dort das Gesetz des Buchstabens, das den Menschen im Fleische gegeben ist, mit den unbeugsamen Forderungen - hier „das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo, das uns frei gemacht hat von dem Gesetz der Sünde und des Todes“ (Röm. 8); dort Zwang zum Tun - hier Freiheit und Fähigkeit zum Handeln im Geist und in der Wahrheit gemäß dem Wohlgefallen Gottes. Das sagt uns das Neue Testament. Aber nicht dieses allein, sondern auch das Alte - Beweis: Abraham, David, Abel und so viele aus Glauben Gerechtigkeit erlangten (vergl. Hebr. 11!). Und welches war das Los der Übertreter? Das, was immer die Übertretung des Gesetzes nach sich zieht: Gericht und Strafe, Tod (vgl. Rotte Korah). -

Somit habe ich in möglichster Kürze zu zeigen gesucht, wie durch die Verkündigung der Gerechtigkeit aus Glauben der heilige Wille Gottes, das unbeugsame Gesetz „das Recht des Gesetzes“, nicht nur nicht beseitigt wird, sondern bestätigt wird, indem erst der an Christus Glaubende (der durch das den Tod des Übertreters fordernde Gesetz gestorben ist für das Gesetz [„das Gesetz herrscht nur über den Menschen, solange er lebt“! Siehe Röm. 7,1 u. 6; Gal. 2,19], indem er mit Christus starb) sowohl in Ihm, dem Gerechten, eine ewiggültige Gerechtigkeit besitzt als auch durch Seinen Geist willig wie fähig wird, Gottes Willen, wenn auch in Schwachheit, zu tun. Und für den Übertreter gibt es hier Leitung durch Christi Fürsprecherschaft (1. Joh. 2,1; 1,9), während für Gesetzesübertretung kein Opfer mehr vorhanden ist, indem die Gnade ungültig gemacht wurde durch dieses Sichstellen unter das Gesetz des Buchstabens, d. i. des A. T. (Gal. 2,20!)

Welch wunderbare Verschiedenheit zwischen Gesetz und Evangelium - aber auch welch tiefe, nicht an der Oberfläche liegende Übereinstimmung in dem heiligen Willen Gottes, wie er in beiden Haushaltungen dem Glaubenden geoffenbart ist! - „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes!“ Röm. 11,33.)

Frage 14

Was für ein Gericht ist „das Gericht am Hause Gottes“? (1. Petr. 4,17.)

Antwort

Vor allem müssen wir wissen, was unter dem Hause Gottes zu verstehen ist. Nach 1. Tim. 3,15 ist das Haus Gottes die Gemeinde des lebendigen Gottes. Dieses Haus ist ein geistliches Haus nach 1.

Petr. 2,5, das gebildet ist aus lebendigen Steinen, den Abbildern von dem Stein, den die Bauleute verworfen haben, der zum Eckstein geworden ist. Es ist auch das Haus Christi nach Hebr. 3,6. Der Vater und der Sohn wie auch der Heilige Geist haben Wohnung genommen in diesem Hause nach Joh. 14,23. Vor allem in den Herzen der einzelnen Gläubigen nach Eph. 3,17, in ihren Leibern, 1. Kor. 3,16; 6,19, wie auch in der Gesamtheit der Gläubigen nach 2. Kor. 6,16. Da zu dem Hause Gottes nur die Wiedergeborenen gehören (die Menschen „in Christo“, 2. Kor. 5,17), denen zugesagt ist von ihrem HErrn, daß sie nicht in das Gericht kommen nach Joh. 5,24, so fragt es sich, was Petrus unter dem Gericht am Hause Gottes versteht. Zu beachten ist, daß Jesus in Joh. 5,24 sagt, die an Ihn Glaubenden kommen nicht in das Gericht. Darunter ist das Gericht vor dem großen weißen Thron aus Offenb. 20,11-15 zu verstehen. Von einem Richterstuhl für Gläubige redet deutlich 2. Kor. 5,10. Wir (die Gläubigen) müssen alle offenbar werden vor dem Richstuhl (Preisrichterthron) Jesu. Auch in 1. Kor. 3,12-15 ist von diesem Gericht die Rede. Ebenso in 1. Kor. 4,4.5. Bei diesem Gericht geht es gerecht zu. Genau wird da geurteilt werden, so daß es schon für die Gerechten schwierig ist, in diesem Gericht zu bestehen. Nicht über Seligkeit oder Verdammnis wird da entschieden, sondern über die Frage des Lohnes, der Herrlichkeit wird geurteilt. Wieviel von unserem Leben in der Nachfolge Jesu wird dann im Feuer dieses Gerichtes verbrennen! So es nun für den Gerechten schon schwierig ist, diesem Gericht zu begegnen, wievielmehr muß der Gottlose und Sünder das endliche Gericht Gottes fürchten. Daß es Zeit ist für dieses Gericht am Hause Gottes, schließt Petrus aus der Trübsal, durch die die Gläubigen zu gehen hatten (1. Petr. 4,12-19). Erst Trübsal und Leiden, dann Herrlichkeit und Kronen, so war's mit Ihm, dem Erstgeborenen unter vielen Brüdern, so auch mit uns.

A. C.

Anmerkung des Schriftleiters

Vorstehende, allein eingegangene schöne Antwort, die manch kostbare und ernste Wahrheit enthält, sieht in dem Gericht am Hause Gottes in erster Linie das zukünftige Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi (2. Kor. 5,10), und obwohl ich annehme, daß es sich wohl mehr um ein gegenwärtiges Gericht handelt, lege ich doch sehr gern jene Antwort nebst der meinen zur Prüfung vor.

Ich glaube, daß „die Leiden der Jetztzeit“ (vergl. Röm. 8,18 und 2. Kor. 4,17) in gewisser Weise ein „Gericht“ darstellen; sie dienen nämlich zur Bewährung des Echten und zur Ausscheidung alles Unechten. Das Wort, das für „Gericht“ im griechischen Grundtext steht, heißt mehr „richterliche Entscheidung“, es ist das gleiche wie z. B. in 1. Kor. 11,29 (hier allerdings ohne Artikel). Im „Hause Gottes“ können unechte Hausgenossen sein, die sich aus selbstischen oder unlauteren Gründen eingeschlichen haben, ohne dem Wesen nach durch Wiedergeburt (1,3; vergl. Jud. V. 4!) wirklich hineinzugehören. Der ganze erste Petribrief handelt sehr viel von Leiden, und schon Kap. 1,6.7 zeigt uns, wozu die Leiden geschickt worden waren. Da liegt es meines Erachtens nahe, diese zeitlichen Leiden als solches Gericht anzusehen, durch das die Reinheit der Gemeinde gefördert und die

gottgewollte Trennung vom Bösen für die wahren „Fremdlinge“ (1,1 u. 2,11) in seiner Bedeutung und Notwendigkeit erkannt werden sollte und konnte. - Man beachte auch den Zusammenhang und das „Denn“ zu Anfang des Verses! Das Leid hienieden drängt uns dazu, uns zu bergen an dem Herzen Gottes (vergl. Vers 19), während auch die bloßen Bekenner sich durch solch Prüfungsleiden erweisen als das, was sie sind, aber dann nach und nach ausscheiden. Ihr „Ende“ wird das gleiche sein wie das derer, welche auch sonst Feinde Gottes waren und sind (2. Petr. 2,1ff.!)

Auch im ersten und zweiten Timotheusbrief ist uns „das Haus Gottes“ geschildert als die Gemeinde des HErrn in ihrer VerAntwortlichkeit hienieden, wo verschiedene Elemente beisammen sein können, die allmählich offenbar werden (vergl. z. B. 1. Tim. 5,15 und 2. Tim. 2,20.21; 3,8 u. a.! Siehe auch Frage 5 in Bd. Vl!).

Der HErr schenke uns Gnade, daß durch die mancherlei Prüfungen der Jetztzeit „die Bewährung unseres Glaubens erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“! (1,6.7.)

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 128.)

Mehr sagt uns die Schrift nicht über „Taufe mit Heiligem Geiste“. Aber haben wir die Größe dieses wunderbaren Ereignisses erfaßt? Eine ganz neue Sache wurde auf Erden in der Taufe mit Heiligem Geiste aufgerichtet. Der Bau, von dem der HErr gesagt hatte: „auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen“ (Matth. 16,18), nahm damit seinen Anfang. Der „eine Leib“ wurde gebildet, der da wächst und der jedes Glied umschließt bis zur Ankunft des HErrn.

Von dieser Stunde an hörte die kleine Schar der Gläubigen in Jerusalem auf, eine Schar von einzelnen Gläubigen zu sein. Von jetzt an waren sie unlöslich zu „einem Leibe“ zusammengefügt und untrennbar mit dem himmlischen Haupte verbunden. Dieses war etwas ganz anderes als das Beisammensein einer Anzahl von Gläubigen,

Beisammensein einer Anzahl von Gläubigen,

sie bildeten jetzt einen Körper.

Als das wunderbare Brausen vom Himmel das Haus erfüllte, da wurden sie zu dieser nie zuvor gekannten Einheit getauft, die keine Gewalt und Macht je zerstören kann und von der der HErr sagt: „Die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen“ (Matth. 16,18). Der Feind mag durch Sünde, Spaltungen usw. (Apg. 5; 1. Kor. 3) diese Einheit zu zerstören suchen, und es mag ihm gelungen sein, das äußere Bild der Einheit zu verderben, aber die Einheit selbst, die dort in der Taufe mit Heiligem Geist gebildet wurde, ist unzerstörbar. Sie ist eine Tatsache, die nie aufgehoben werden kann: „Da ist ein Leib“ (Eph. 4,4).

Nie zuvor gab es derartiges in der Welt. Henoch, Noah, Abraham, Mose, David, diese alle waren Gläubige, die mit Gott wandelten, aber sie waren einzelne Männer des Glaubens: niemals waren sie zu einem Leibe, zu einer Einheit zusammengefügt, nie mit dem himmlischen Haupte als der Leib Christi verbunden. Ein solcher Gedanke lag ihnen gänzlich fern und konnte auch nie in eines Menschen Herzen aufkommen; aber in Gottes Herz lag dieser Gedanke schon vor Grundlegung der Welt.

In Adam und Eva legte Gott diesen in Seinem Herzen verborgenen Plan schon als ein Geheimnis nieder. Hierauf deutet Paulus hin, als er den Ephesern schreibt: „Dieses Geheimnis ist groß; ich aber sage es in bezug auf Christus und die Gemeinde“. (1. Mose 2,24; Eph. 5,32.) Weiter lesen wir 1. Mose 5,1.2: „An dem Tage, an dem Gott Adam schuf, machte Er ihn im Gleichnis Gottes. Mann und Weib schuf Er sie, und Er segnete sie und nannte ihren Namen Adam, an dem Tage, da sie geschaffen worden“. Evas Selbständigkeit ging auf in der Einheit mit ihrem Manne: „Gott nannte ihren Namen Adam“ (Mensch).

In seinen Belehrungen über die Gemeinde des Herrn weist Paulus hin auf den menschlichen Leib und spricht: „Gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus“ (1. Kor. 12,12). Wir würden gesagt haben: also auch die Gemeinde. Gott aber sagt von der Gemeinde: „also auch der Christus“. Kann die Einheit der Gläubigen untereinander und mit Christo enger, unlösbarer ausgedrückt werden als in diesem Worte? Sie, die Gemeinde, wird mit dem Namen Dessen genannt, aus dem sie geworden ist. So wie der Name des Weibes in dem Namen des Mannes aufgeht, so wie Er ihren Namen Adam nannte, so verbindet die Schrift die Gemeinde mit Christo in dem einen Namen: Christus. Und der Apostel gibt in dem folgenden Verse den Grund dafür an: „denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen, es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geiste getränkt worden“. (1. Kor. 12,13.)

Wenn die Schrift uns in der Taufe mit Heiligem Geiste den „einen Leib“, die eine Gemeinde - Seine Gemeinde vor Augen stellt, die dort ihren Anfang nahm, warum kennen wir heute so

Gemeinde vor Augen stellt, die dort ihren Anfang nahm, warum kennen wir heute so

viele verschiedene Gemeinden

und woher kommen diese? Warum gehört heute ein Glied des Leibes dieser Gemeinde und ein anderes jener Gemeinde an? Sind wir nicht alle in einem Geiste zu einem Leibe getauft? Warum verwirklichen wir diese Wahrheit so wenig? Ist nicht jede Zugehörigkeit zu einer Denomination oder einer Volkskirche eine Verleugnung des einen Leibes? Wenn wir Glieder des einen Leibes sind, können wir dann auch noch Glieder eines anderen Leibes sein? Oder kann das Glied verbunden sein mit etwas, womit das Haupt nicht verbunden ist? Die Schrift kennt keine andere Mitgliedschaft als die „an dem Leibe“ Christi (1. Kor. 12,18); warum kennen wir solche, und kann es dem HErrn wohlgefällig sein, solche Mitgliedschaften (die die Schrift nicht kennt) aufrecht zu halten? Solche Fragen prüfen unser Herz, wie es zum HErrn und Seinem Wort steht. Wir mögen fühlen, daß, wenn wir den Weg nach der Wahrheit wandeln wollen, uns ernste und schmerzliche Kämpfe bevorstehen; aber es ist besser, mit dem Worte Gottes in Übereinstimmung zu stehen, als mit Dingen verbunden zu sein, die nicht nach dem Worte Gottes sind. Bin ich durch Gottes Gnade ein Glied des Leibes Christi, so bin ich als solches verbunden mit allen Gliedern Seines Leibes, sowohl in dieser Stadt, in diesem Lande, wie in der ganzen Welt. Jede Sonderverbindung aber ist eine Verleugnung der Einheit der Gemeinde Gottes - des Leibes Christi. In der Freude über diese köstliche Wahrheit schrieb mir kürzlich ein junger Bruder im HErrn: „... Ich bin ein ernster Bibelforscher geworden und habe viel Segen davon. Außerdem bin ich ein Adventist und Baptist, ein Heiliger der letzten Tage, ein christlicher Wissenschaftler, ein Evangelischer, Reformierter und ein Glied der ‚katholischen‘ Kirche. Im gewissen Sinne bin ich auch ein Jude und gehöre zu den Freireligiösen, also alles mögliche, nur kein Parteimann“.

Anderseits aber hebt die köstliche Wahrheit der Einheit des Leibes Christi nicht unsere VerAntwortlichkeit auf, von der Ungerechtigkeit abzustehen. (2. Tim. 2,19.) In dem Bilde der Gemeinde als des „einen Leibes“ zeigt uns die Schrift u. a. die Einheit der Glieder und unsere alleinige Mitgliedschaft; aber sie spricht auch von der Gemeinde als dem „Hause Gottes“, dem Hause des Gottes, der „nicht ein Gott der Unordnung ist“. (1. Kor. 14,33.) In Seinem Hause herrscht Zucht und Ordnung; nicht Ordnungen, die nach den Statuten und Einrichtungen der Menschen sind, sondern Ordnungen, die Er und nicht Menschen gegeben haben. So sind wir verAntwortlich, sowohl voll und ganz für die unverbrüchliche Einheit des Leibes einzutreten, als auch verAntwortlich, keine Anordnungen und Dinge mitzumachen oder gar anzuerkennen als nur die, die Er gegeben hat. Doch hierüber ist an anderer Stelle eingehender geschrieben worden.1

1

Siehe „Christus und die Gemeinde“ in Band V und „Ein unbeliebtes Schriftwort“ in Band VII.

Ob und wie weit es die Gläubigen am Pfingsttage verstanden haben, daß der HErr in der Taufe mit Heiligem Geiste den „einen Leib“ - Seine Gemeinde - aufgerichtet hatte, wissen wir nicht. Das Wesen des einen Leibes: „ein Herz und eine Seele“ aber wurde in ihrer Mitte durch den innewohnenden Geist gewirkt und geschaut. Die Weite dieses großen Ereignisses aber, daß es sich auch auf die Gläubigen aus den Nationen (die noch ferne waren) ausstrecken würde, ja, diese schon mit

umschloß, konnten sie noch nicht verstehen noch ahnen.

Einen Hinweis darauf dürfte man schon in dem jüdischen Pfingstfeste finden. An diesem Pfingsttage mußten zwei Webebrote vor Gott gebracht werden. Diese beiden Brote können als ein Vorbild angesehen werden von den Juden und von den Heiden, von denen Paulus sagt: „Er hat aus beiden eines gemacht und abgebrochen die Zwischenwand der Umzäunung“. (Eph. 2,14.) Diese Einsmachung der beiden Brote fand an dem Neutestamentlichen Pfingsttage statt, wie wir lesen: „In einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, es seien Juden oder Griechen“.

Daß aber die Gläubigen aus dem Judentum dieses weder verstanden noch ahnten, sehen wir aus der Bestürzung, wie sie außer sich gerieten, als auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde und der Heilige Geist auf diese fiel, wie auch auf sie im Anfang. (Apg. 10,45.)Nicht als ob sich das Ereignis von Pfingsten im Hause des Cornelius wiederholt hätte, aber an dem plötzlichen „in Sprachen Reden“ und dem „Gott Erheben“ erkannten sie, daß auch auf die Nationen die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen war, „denn“ sie hörten sie „in Sprachen reden“ und „Gott erheben“. (Apg. 10,45.46.) Diese Wirkungen des Heiligen Geistes in diesen Erstlingen aus den Nationen müssen denen am Pfingsttage so geglichen haben, daß Petrus offenkundig den Zusammenhang mit der Taufe des Heiligen Geistes am Pfingsttage sah, so daß er an das Wort des HErrn gedenken mußte (welches dieser im Blick auf den Pfingsttag gesagt hatte): „Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit Heiligem Geiste getauft werden“. (Apg. 1,5; 11,16.) Durch diese eigentümliche Übereinstimmung der Wirkungen des Heiligen Geistes führte der HErr Petrus und die Gläubigen aus dem Judentum Schritt für Schritt zur Erkenntnis, daß auch die Nationen in dem durch die Taufe mit Heiligem Geiste gebildeten Leib eingeschlossen waren.

Weil nun hier in dieser Stelle von einem auf sie

„Fallen“ und „Ausgießen“

des Heiligen Geistes gesprochen wird, haben manche angenommen, daß Cornelius und die mit ihm waren eine neue Taufe mit Heiligem Geiste empfingen und sich so das gleiche Ereignis von Pfingsten wiederholt habe. Die Schrift aber sagt solches nicht. Wohl sehen wir, daß Gott bei diesen Erstlingen aus den Nationen in einer besonderen Weise die Verbindung mit der Taufe des Heiligen Geistes am Pfingsttage dartat, aber die Schrift spricht nie wieder von einer „Taufe“ mit Heiligem Geiste, sondern fernerhin von der „Gabe“ des Heiligen Geistes, durch welche alle Gläubigen der einmal am Pfingsttage gegründeten und wachsenden Familie Gottes hinzugetan werden.

Doch gehen wir noch etwas näher auf die Worte „fallen“ und „ausgießen“ ein. Zunächst ist es beachtenswert, daß wir diese Worte nur finden während der Entwicklung der Gemeinde, bis daß ihr Aufbau aus Juden und aus Nationen erreicht war, und weiter finden wir, daß diese Worte dann auch nur auf die Erstlinge aus den Juden (Apg. 11,15), aus den Samaritern und aus den Nationen angewandt werden. (Als eben Gott ganz außergewöhnliche Wege ging, um die Jünger in den Plan Seiner Gemeinde einzuführen.)

Seiner Gemeinde einzuführen.)

Am Pfingsttage hatte Gott verkündigen lassen, daß die Verheißung des Heiligen Geistes nicht allein für die Kinder Israel sei, sondern auch für alle, die noch in der „Ferne“ seien, so viele irgend der HErr, unser Gott, herzurufen würde. (Apg. 2,39.) Als nun Gott in außergewöhnlicher Weise die „Erstlinge dieser „Fernen“ herzurief, tat Er es unter Begleiterscheinungen, wie sie „im Anfang“ (am Pfingsttage) gesehen wurden. Wir ersehen dieses aus den Worten: „die den Heiligen Geist,empfangen' haben, gleichwie auch wir“. (Apg. 10,47.) Und ferner: „Der Heilige Geist fiel ‚auf‘sie, wie auch ‚auf‘ uns im ‚Anfang‘ “. (Apg. 11,15.) Hiermit werden wir hingewiesen auf Apg. 2,3.4, als sich der Heilige Geist „auf“ jeden Einzelnen niederließ und sie anfingen in Sprachen zu reden. (Siehe auch Seite 125.)

Durch diese außergewöhnlichen, nur hier gefundenen Geschehnisse mußte Petrus usw. zu der Erkenntnis geführt werden, daß auch die Heiden in dem am Pfingsttage durch die Taufe mit Heiligem Geiste gebildeten Leib eingeschlossen waren; oder wie Paulus es später ausdrückt: daß alle, „es seien Juden oder Griechen“, in einem Geiste zu einem Leibe getauft seien.

Die Stellen, in denen wir das Wort „fallen“ des Heiligen Geistes finden, sind: Apg. 8,16; 10,44; 11,15.

Vom „Ausgießen“ des Heiligen Geistes wird gesprochen in Apg. 2,17.33; 10,45; und Paulus wendet das Wort noch einmal allgemein auf alle Gläubigen an in Tit. 3,6.

Mit diesen Worten ist durchaus nicht gesagt, daß „fallen des Heiligen Geistes“ bzw. „ausgießen des Heiligen Geistes“ an sich auch äußerlich wahrnehmbar gewesen sein muß. Wir lesen z. B.: „Furcht fiel auf alle“ (Apg. 19,17; vergl. Röm. 15,3; Apg. 13,11). Damit ist natürlich nicht gesagt, daß man das Fallen der Furcht usw. äußerlich wahrnahm. Ebenso ist es mit dem Worte „ausgießen“. Das gleiche Wort, welches in Joel 2,28 und Apg. 2,17.33 für „Geist ausgießen“ (ausschütten) gebraucht wird, finden wir auch in Ps. 42,4; 62,8; 69,24 u. a. m. für „Seele ausgießen“, für „Grimm ausgießen“ usw. gebraucht, womit kein äußerliches Wahrnehmen verbunden werden kann. So drücken auch diese Worte mehr das Plötzliche und Überraschende aus als ein äußeres Wahrnehmen des Fallens des Heiligen Geistes. Die Verse 44-46 bestätigen uns auch dieses; Nur wenige Worte hatte Petrus geredet, da wurde er plötzlich unterbrochen, und mit Bestürzung wurden sie inne, daß die Nationen den Heiligen Geist empfangen halten, „denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott erheben“. Diese Wirkungen gaben ihnen den Beweis, daß sie den Heiligen Geist empfangen hatten. Sie sahen eine gewisse Fortsetzung dessen, was am Pfingsttage geschehen und was sie z. T. an sich selbst erlebt hatten.

In diesen Erstlingen aus den Nationen hatte nun die Gemeinde ihr Ausmaß als ein Zusammengefüge von Gläubigen aus Juden und aus Nationen gefunden. Zwar finden wir in der Schrift noch weiterhin das „in Sprachen reden“ und „Gott erheben“ als Wirkungen des Heiligen Geistes, aber von nun an niemals mehr in Verbindung mit „fallen“ oder „ausgießen“ des Heiligen Geistes.

v. d. K.

v. d. K.

„Er sah und glaubte.“

Joh. 20,8.9 [vgl. V. 29!].

War der Auferstehungsglaube eines „zweifelnden“ Thomas wirklich soviel geringwertiger als der der übrigen Jünger? Zugegeben, daß des Thomas Glaube (V. 26-29) uns den dereinstigen Glauben Israels vorbildet, wie er sein wird, wenn es seinen Messias erkennt und anerkennt - aber so sehr viel unterschied sich der Glaube des „anderen Jüngers“ am Auferstehungsmorgen nicht von dem des Thomas. Allerdings: letzterer hätte eher glauben sollen, nachdem ihm von allen Seiten bezeugt war: „wir haben den HErrn gesehen!“ Jedoch, man tue auch dem Thomas nicht Unrecht: er zweifelte nicht, um zu zweifeln, wie etwa der sogenannte „Gebildete von heute“, sondern er zweifelte, da er die unendliche Herrlichkeit eines auferstandenen Messias nicht zu fassen wagte. Solche aufrichtigen Zweifler lassen sich durch die Macht und Wucht der erlebten Tatsachen leicht und gern überzeugen (vgl. auch Nathanael, Joh. 1,45-49). Und wie kostbar dann sein Bekenntnis: „Mein HErr und mein Gott!“ (V. 28.)

Daß wir alle dieses Bekenntnis mit der Tat und der Wahrheit als das unsere auslebten!

Zurück zu dem „anderen Jünger“ von V. 8! „Er sah und glaubte, denn“ - und so müßte es V. 9 weitergehen: „sie kannten die Schrift, daß Er aus den Toten auferstehen mußte“. Aber so schreibt Johannes nicht, vielmehr muß er schreiben, und zwar über sich selbst, denn er ist ja „der andere Jünger“: „denn sie kannten die Schrift noch nicht ...“ Ich bin überzeugt, daß er dies in tiefer Beschämung geschrieben hat, indem er sich, als er es, geleitet vom Geist, niederschrieb, seines damaligen Unglaubens erinnerte, während doch der HErr ihnen über Seine Auferstehung so oft Belehrung gegeben (vgl. z. B. Matth. 17,9; 20,19; 26,32; Mark. 9,31; Luk. 18,31ff; Joh. 2,18-22 und Kap. 17) und die Schrift so deutlich davon gesprochen hatte (vgl. Jes. 53; Ps. 16 u. 22 u. a.). Die Schrift berichtet uns Tatsachen, somit ist es eine Tatsache, daß auch Johannes (und Petrus) nur durch den Augenschein überzeugt wurden von Jesu Auferstehung, nicht durch die Schrift und nicht durch das, was der HErr ihnen gesagt hatte. Erst später wurde die Schrift ihnen klar als eine Bestätigung ihres Auferstehungsglaubens und zur Bestärkung darin (vgl. Joh. 2,18-22; Luk. 24,25-27.44ff.). Für unseren Glauben ist das übereinstimmende Zeugnis der Schrift und der persönlichen Erfahrung der Jünger von größter Bedeutung, denn wir, die wir jene Tatsachen nie mit unseren Augen gesehen haben, sind auf jenes übereinstimmende Zeugnis allein angewiesen, da für uns der Auferstehungsglaube noch ungleich mehr denn für jene „ein Überzeugtsein von Dingen ist, die man nicht sieht“ (Hebr. 11,1) - deren Wirklichkeit wir aber dann, „wenn wir glauben, wie die Schrift sagt“, praktisch erfahren und ausleben (können) - ein Rechnen mit dem Unsichtbaren, „als sähen wir Ihn“, nach Hebr. 11,27. Darum, mochten jene Jünger mit Beschämung bekennen, daß sie erst, nachdem sie gesehen hatten, hätten glauben können - für uns ist das Schriftzeugnis davon von größtem Wert und auch von bleibender Kostbarkeit - denn, was sahen sie? was rief bei ihnen den Glauben an Jesu

Auferstehung hervor, was war es, was so überzeugend auf des Johannes Herz wirkte, daß „er glaubte“? Das war es: er sowohl wie der nachfolgende Petrus „sahen die leinenen Tücher liegen“ (dreimal ist in den drei Versen 5-7 von den leinenen Tüchern die Rede!) „und das Schweißtuch besonders zusammengewickelt an einem Orte“, mit anderen Worten: sie sahen die kostbare Bestätigung dessen, daß „Gott nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens“ (und der Ruhe) ist (1. Kor. 14,33). Sie sahen das, was schon früher namhafte Schriftforscher als einen der augenfälligsten Beweise für die Zuverlässigkeit des Auferstehungsberichtes angesehen haben (siehe Torrey: „Meine Überzeugung“) - denn wenn die Berichte erfunden wären, wer hätte dann wohl solchen „Nebensächlichkeiten“ irgendeine Beachtung geschenkt?! Aber auch diese nur scheinbaren Nebensachen verkünden laut: „Der HErr ist wahrhaftig auferstanden!“ Wenn, wie Maria Magdalena in ihrer Unwissenheit, aber auch in ihrer grenzenlosen Liebe fürchtete, der Leib des HErrn gestohlen wäre, dann wären Spuren von Unordnung in der Grabkammer gewesen, auch wären dann die Tücher mit fortgenommen gewesen; daß sie dalagen, zeigte den aufmerksamen Jüngern, daß der HErr auferstanden sein müsse - aber daß sie wunderbar fein gesondert lagen und reinlich zusammengewickelt, das ist ein wahrhaft Gott würdiges Zeugnis Seines Wesens und Seiner Vollkommenheit, und dieser inspirierte Bericht lieblichster Kleinmalerei ist (mir) wie ein ganz besonders köstliches Kleinod in dem herrlich erhabenen, lebendigen Wort unseres Gottes. Welche Schönheit und welche Tiefe der Gedanken! Unser geliebter Heiland verließ den Ort, in dem Seine Selbsterniedrigung ihren Abschluß fand, nicht in Unruhe, sondern Seine oder Seiner Diener, der Engel, sorgsame Hände legten Zeugnis dafür ab, daß gotteswürdiger Friede, gotteswürdige Ruhe, Ordnung, Reinheit den Beginn der neuen Zeit, der neuen Schöpfung kennzeichneten. Was jene Jünger dort in der Grabkammer, die gewürdigt war, den Leib des HErrn zu beherbergen, sahen, hat sich ihnen sicher unauslöschlich eingeprägt, war es doch damals die Ursache und der Grund ihres Auferstehungsglaubens.

Aber mehr, auch kostbare Belehrung für unseren Wandel gibt uns dieses Erlebnis der beiden Jünger: Johannes betont ja später die gotteswürdige Weise (3. Joh. V. 6) sowie immer wieder in seinen Briefen unseren praktischen Wandel in Wahrheit und Liebe, und Petrus lehrt uns in seinem 1. Brief, Kap. 2,9, wie wir, „das auserwählte Geschlecht“ usw., hienieden dazu da sind, die Vortrefflichkeiten Dessen zu verkünden („in Wort und Werk und allem Wesens“), der uns berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht - und, geliebte Leser, auch hier, gleich zu Beginn des Auferstehungsbodens, sehen wir eine gotteswürdige Weise usw. und haben etwas von Seinen Vortrefflichkeiten vor uns!1 Ist unser praktisches Leben in Haus, Beruf und Versammlung ein Zeugnis von des HErrn Vortrefflichkeiten, wie sie uns in jenem Frieden und in jener gottgemäßen Ordnung (vgl. Kol. 2,5) vor Augen gestellt sind? (Vergl. noch 2. Petr. 3,11.14!)

1

Nur beiläufig: Möchte unsere irdische Wohnung auch die äußeren Kennzeichen der Ordnung und Ruhe aufweisen, wenn anderer Augen sie plötzlich zu sehen bekommen, und - da wir nie wissen, wann wir zuletzt unser Haus und unsere Hinterlassenschaft ordnen - möchten wir stets alles in Ordnung hinterlassen haben! (vgl. Fr. 3. in Band VI). (F. K.)

Wir gehören zur neuen Schöpfung, werden selber so genannt (2. Kor. 5,17) - sind aber auch jene (und andere) Kennzeichen derselben bei uns zu finden?

Genug davon! Sicher werden wir noch andere Belehrungen aus dieser Stelle für unser praktisches Glaubensleben finden, z. B. auch in der Hinsicht, die jenes Lied anführt: „Seele, dein Heiland ist frei

Freiheit von allen Gebundenheiten, was jene daliegenden Tücher bezeugen (ein Vorbild davon gibt uns Joh. 11,44; vgl. meinen Aufsatz „Lazarus, der Gestorbene“ in Band V), aber ich will darüber nichts mehr sagen. Mir kam es vor allem darauf an, zu zeigen, was jene Jünger sahen, woraufhin sie glaubten, daß der Herr Jesus auferstanden sei. Und wir sehen es gleichsam mit ihnen stets aufs neue, und wir hören diese kostbaren und lieblichen Tatsachen wieder und wieder, und wir erleben fortgesetzt ihre lebendige Kraft und Herrlichkeit, und unsere Herzen werden erfüllt mit Lob und Preis unseres geliebten Heilands, und anbetend und jubelnd bezeugen auch wir: „Der HErr ist wahrhaftig auferstanden!“ Halleluja!

F. K.

Ein Zeichen.

Der HErr Selbst wird euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau ... wird einen Sohn gebären, und wird Seinen Namen Immanuel nennen. Jes. 7,14.

Ich habe nicht vor, dieses Ereignis vom wissenschaftlichem Standpunkte aus zu erörtern, so fesselnd solches auch sein möchte. Die Zeiten sind zu ernst, um zu tändeln mit einer Sache, die eine der wesentlichen Grundlagen des Christentums ist. Als christlicher Arzt und demütiger Nachfolger des Lukas möchte ich bestimmte Punkte der Reihe nach besprechen, um die Gewißheit der Dinge zu beweisen, in denen wir unterrichtet worden sind. Ich werde nicht versuchen, solche Gründe anzuführen, die aus dem vorgefaßten Gedanken hervorgehen, die Jungfrauengeburt sei wünschenswert, ja durchaus notwendig, wenn wir einen Heiland der Welt haben sollen. Ich werde nur Schriftzeugnisse anführen, welche die Tatsache der Jungfrauengeburt bezeugen.

Der Berichterstatter diesem Ereignisses.

Zuerst möchte ich die Aufmerksamkeit darauf richten, daß Lukas, der Arzt, gerade besonders zum Berichterstatter dieses Ereignisses geeignet war. Wir haben den Bericht nicht aus der Feder eines gewöhnlichen Mannes und nicht - und dieses ist beachtenswert - aus der Feder eines Juden, von dem jemand annehmen könnte, daß er ein Vorurteil in der Sache habe. Wir erhielten ihn durch einen Heiden, den geliebten Arzt, und jeder muß einsehen, wie geeignet diese Wahl war. Wir sind daher nicht überrascht von der wunderbaren Schönheit, Zurückhaltung und dabei der Genauigkeit der Erzählung, die uns jeden kleinen Zug schildert, der uns zu wissen nottut, und nichts vorbringt, was nicht uns betrifft, und dadurch sich günstig von allen falschen Evangelien unterscheidet.

Einzelheiten nur in zwei Evangelien.

Einzelheiten über die Jungfrauengeburt sind uns nur in Matthäus und Lukas gegeben, nicht in Markus oder Johannes, und der Grund dafür ist nicht schwer zu finden. Im Neuen Testament haben wir nicht so sehr vier Evangelien als ein Evangelium, von vier Seiten aus betrachtet. Wende dich nach der

einen Seite, zum Evangelium des Matthäus, und du findest einen König mit seiner Geburt und seinem Stammbaum; wende dich nach einer anderen, zu dem des Lukas, und du findest einen Menschen mit seinen Eltern und seiner Familie; wende dich zu Markus, und du findest einen Knecht; und wer fragt nach der Geburt und dem Stammbaum eines Knechtes?! Und nach der vierten Seite - zum Evangelium des Johannes - und du findest den Sohn Gottes, dessen Leben gemeinsam und gleich dem Gottes ist durch alle Ewigkeit. Hier gibt's daher keine Einzelheit über Geburt und Stammbaum. Es ist daher Matthäus und Lukas, den Geschichtsschreibern des Königs und des Menschen, überlassen, uns in dem einen Evangelium die königliche Herkunft und in dem anderen die Abstammung von Adam zu zeigen.

Der Bericht des Matthäus spricht mehr von den äußeren Dingen, es ist die Geschichte Josephs, und sein Stammbaum entspricht dem Wesen dieses Evangeliums. Der des Lukas bringt mehr die innere Seite, es ist die Geschichte Marias selbst, und der Stammbaum, der dazu gehört, ist der von Maria und nicht der von Joseph gemäß dem Wesen von Lukas' Evangelium.

Die Stammbäume.

Von den Stammbäumen steht einer im Matthäus, der andere im Lukas. Der in Matthäus beginnt mit Abraham und enthält die königliche Linie der Juden und führt den Stammbaum herunter bis zu Joseph. Was Lukas betrifft, so muß man wissen, daß bei den Juden kein Stammbaum mit einem Weibe enden durfte. Wenn die Linie mit einer Tochter endete, so wurde stets ihres Mannes Name an Stelle ihres eigenen eingesetzt und ihr Mann wurde ihres Vaters Sohn genannt. Es gab zwei Veranlassungen dazu in dem Stammbaum des Lukas. Die erste finden wir, wenn wir Luk. 3,27 mit Matth. 1,12 vergleichen. In Matthäus ist Salathiel der Sohn Jechonias und im Lukas ist er der Neris. Aber wie ist das zu verstehen, daß Salathiel der Sohn Neris und der Sohn Jechonias war? Es ist bemerkenswert, daß das Wort „zeugte“ in Matthäus nur in diesem Evangelium gebraucht wird, nicht aber in dem des Lukas. Ohne Zweifel zeugte wirklich Jechonia den Salathiel, und Salathiel war der wirkliche Sohn Jechonias. Aber in Lukas wird er der Sohn Neris genannt, und in beiden Fällen ist sein Sohn Zorobabel, was zeigt, daß es derselbe Salathiel ist. Ich bin der Ansicht, daß dies ein deutlicher Fall ist, wo ein Schwiegersohn Sohn genannt wird. Salathiel war nicht der Sohn, sondern der Schwiegersohn von Neris, aber im Lukas wird er, da die Nachfolge nicht auf ein Weib übergehen kann, der Sohn Neris genannt.

Die zweite Veranlassung dazu ist der Fall des Joseph selbst. Wir lesen Luk. 3,23 von Jesus, daß Er, „wie man meinte“, ein Sohn des Joseph war. Damit wird gemeint, daß Joseph genau so der Schwiegersohn des Eli war, wie Salathiel der des Neri, obwohl Joseph Sohn des Eli genannt wird.

Der Stammbaum der Maria.

Diese zwei eben angeführten Fälle sind gleich, und beide kommen in dem Stammbaum der Maria vor. Man kann vernünftigerweise nicht daran zweifeln, daß es der Stammbaum Marias ist. Nun war

Christus allein Erbe durch Maria, und daher mußte ihre Stammtafel in die Bibel aufgenommen werden, wenn Er nicht der Sohn Josephs war; oder Er würde überhaupt nicht der Erbe des Thrones Davids gewesen sein. Es gibt viele, die sagen, daß Christus den Thron allein durch Joseph erbte. Das ist nicht der Fall. Selbst wenn Maria nie verheiratet gewesen wäre, so wäre Christus Erbe von Davids Thron nur durch Seine Mutter Maria gewesen, wie ich später zeigen werde.

Meine zweite Anmerkung bezieht sich auf Matth. 1,16: „Jakob aber zeugte Joseph, den Mann der Maria“. Es heißt aber nie, daß Eli den Joseph zeugte. Das Wort „zeugte“ kommt in Marias Stammbaum gar nicht vor, wohl aber in dem Josephs. Jakob zeugte den Joseph, aber es geht nun nicht weiter, daß Joseph Christus gezeugt hätte, sondern es folgt dieser merkwürdige Satz, der meines Erachtens unmöglich hätte geschrieben werden können, wenn es keine Jungfrauengeburt gäbe: „Den Mann der Maria, von welcher Jesus geboren wurde, der Christus genannt wird“. Diese umschreibende Art und Weise, die Geburt Christi darzustellen, ist ohne Sinn und Verstand, wenn Christus nicht von einer Jungfrau geboren ist.

Die Jungfrauengeburt ist vorausgesagt.

Wenn wir die Jungfrauengeburt mit 1. Mose 3,15 vergleichen, so finden wir, daß sie eine Erfüllung dieser wunderbaren Schriftstelle ist. Es erregt Staunen, wenn man findet, daß schon in dem ersten Buche des Wortes Gottes die Jungfrauengeburt vorausgesagt ist: „Und ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe, und zwischen deinem Samen und ihrem Samen“. Ihr Same! Einen solchen Gedanken wie eines Weibes Samen findet man anderswo nicht. Wohl hundertmal lesen wir von dem Samen (Einzahl) oder den Samen (Mehrzahl), dem Samen Abrahams usw.; und stets ist es der Same eines Mannes. Aber von dem Samen eines Weibes ist nur dieses eine Mal die Rede und kann nur verstanden werden als ein Hinweis auf die Jungfrauengeburt, und sehr zu beachten ist es, daß wir ihn hier finden. Ich denke, daß, wenn unser HErr nicht von einer Jungfrau geboren wäre, Adam angeredet worden und von seinem Samen geredet worden wäre (Matth. 1,18).

Mein nächster Beweis steht in Matthäus 1,23: „Siehe, die Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären“. Aber in Lukas 1,13 sagt der Engel dem Zacharias: „Dein Weib Elisabeth wird dir einen Sohn gebären“. Das Wort „dir“ ist im Matthäus ausgelassen, weil Maria nicht den Sohn Josephs gebar, wohl aber Elisabeth den des Zacharias. Dieses eine Wörtchen „dir“, das das eine Mal hinzugefügt und das andere Mal ausgelesen ist, ist unserer Aufmerksamkeit wert.

Wenn der Gedanke einer Jungfrauengeburt nicht von den Juden herstammt, so stammt er noch weniger von den Heiden. Wenn sie kein Teil der allgemeinen messianischen Hoffnung gewesen ist, dann ist es um so merkwürdiger, daß Matthäus die Stelle Jes. 7,14 anführt als völlig erfüllt in der Geburt unseres HErrn.

(Fortsetzung folgt.)

Die Verwaltung Gottes.

(Aus dem Schwedischen übersetzt.)

(Fortsetzung.)

Als Israel nicht in seiner Stellung verblieb als eine Wohnung für Gott, wollte Gott doch eine Wohnung haben für Seinen Namen auf der Erde. Deshalb nahm Gott aus den Juden und aus den Heiden ein Volk für Seinen Namen, getrennt vom Gesetz, unter der Heiligung der Gnade. Unter ihnen wollte Er hier eine Wohnung haben. Er schenkte ihnen die Mitbürgerschaft in den Himmeln und zeigte ihnen damit, daß sie nicht ein irdisches, sondern ein himmlisches Volk seien.

Diejenigen, die unter der Zeit des Glaubens zum HErrn gekommen sind, werden „Gemeinde“ genannt. In der Gemeinde kommen die verschiedenen Seiten der Gnade Gottes zum Vorschein. Sie wird bezeichnet als: „der Leib Christi“, als „Gottes Haus“, als „die Braut“ u. a. m. Die „Gemeinde Gottes“ sagt uns zunächst, wessen sie ist, daß sie Gottes und nicht unsere Gemeinde ist. Wenn wir sie zu unserer machen, so nehmen wir uns ein Recht, das uns nicht zukommt. Die Gemeinde als Gottes Haus ist der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit. Gottes Wahrheit wohnt dort, weil der Heilige Geist dort wohnt. Die Gemeinde als der Leib Christi zeigt, daß Gott in besonderer Weise in ihr dargestellt werden will. Christus in Herrlichkeit ist ihr gesegnetes Haupt, die Folge davon ist eine vollkommene Abhängigkeit von Ihm. Die Gemeinde als die Braut Christi zeigt die Nähe und innige Liebe sowie ihre Teilhaberschaft mit Christo.

In der Zeit des Alten Bundes kannte man dieses alles nicht. Es war zu jener Zeit ein Geheimnis, welches in Gott verborgen war. Die Propheten des Alten Testaments standen sozusagen auf einer Bergeshöhe und schauten hinüber nach einer anderen Bergeshöhe, nach dem Tausendjährigen Reiche mit seinen Segnungen für Israel. Aber sie sahen nicht das Tal, das zwischen den beiden Höhen lag - diese gesegnete Zeit der Gemeinde Gottes, in der Gott eine Schar herausnimmt, der Er herrliche Segnungen in den himmlischen Örtern gibt und die Er zu Miterben Christi macht. Ist es nicht wunderbar, daß geschrieben steht: „Was kein Auge gesehen, was kein Ohr gehört hat und was in keines Menschen Herz gekommen ist“, das hat Gott uns bereitet und durch den Geist geoffenbart?

Eine neue Grundlage der Errettung und eine neue Grundlage für unser Zusammenkommen wurde gelegt; Christus ist HErr und Haupt. Der Heilige Geist ist Führer.

Kein bestimmtes Geschlecht mehr. Kein Gesetz und keine Satzungen der Ältesten mehr. In der Gemeinde sind Gaben und Dienste, aber der HErr ist der Geber der Gaben und der Heilige Geist ihr Führer. Im Blich auf das, was der HErr gegeben und angeordnet hat, verstehen wir, daß viele Dinge in unserer Zeit nicht recht sind. Der Mensch setzt Hirten und Vorstände ein, schreibt Satzungen vor und erhöht sich dadurch selbst und schaltet die Leitung des Heiligen Geistes aus, indem er gleichsam sagt: „Wir verstehen das viel besser!“ Jede Gabe ist dem HErrn als Haupt verAntwortlich. Der Mensch

hat nicht über die Gabe zu verfügen, sondern der Heilige Geist. Jeder Dienst muß das Gepräge der Leitung des Heiligen Geistes tragen. Wir müssen zurückkehren zur Grundlage der Schrift. Da es in unserer Zeit neben dem Namen, den Gott erhöht hat, noch viele andere Namen gibt, so ist es unser Vorrecht, uns in diesem kostbaren Namen zu versammeln, indem wir Seine Rechtsansprüche anerkennen. Da gibt es keinen Rangunterschied mehr. Wir versammeln uns auf der Grundlage der Einheit des Leibes Christi. Wenn Könige und Adelige mit in der Gemeinde wären und sich mit um den Namen des HErrn versammelten, so wären sie dort nicht als solche, sondern als Glieder des Leibes, dessen Haupt Christus ist. Wären wir außerhalb des Versammlungsplatzes, so würden wir sie ehren als die, die sie sind, aber nicht, wenn wir zusammengekommen sind in des HErrn Namen. Wenn diese nun nicht begabt wären, um für die Heiligen eine Hilfe zu sein, aber ein in dieser Welt nicht angesehener Mann wäre von Gott begabt und hätte etwas zur Ehre des HErrn zu sagen, welcher wäre da wohl der Größere?

Diese Zeit der Verwaltung findet ihren Abschluß mit der Entrückung der Heiligen. Der HErr Selbst wird kommen, um Seine Heiligen zu Sich zu holen, damit sie allezeit bei Ihm seien. Hernach werden jüdische Grundsätze wieder zugelassen werden. Das Gesetz wird dann wieder die Richtschnur sein, aber die Zeit, in der wir jetzt leben, ist die Zeit der Gnade.

(Schluß folgt.)

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 15

Handelt es sich in 1. Mose 1 um 24-stündige Tage oder um Zeitperioden?

Antwort A

Da die Schöpfungsgeschichte 1. Mos. 1,1 sechs Tage umfaßt, und die jedesmalige Wiederholung folgt „und es ward Abend und es ward Morgen“ je ein Tag, so läßt sich nicht allein schlußfolgern, sondern bestimmt sagen, daß dabei tatsächlich ein vierundzwanzigstündiger Zeitraum ablief und die Zeit vom Ende des Sonnenunterganges bis wieder zum Ende desselben als die Laufzeit eines vollen Tages

gekennzeichnet ist. Psalm 33,6 u. 9 führt uns die Schöpferkraft vor Augen, und es hieße einen Zweifel in diese Kraft und Allmacht des allgewaltigen Gottes setzen, wollten wir annehmen, daß Zeitperioden zur Vollendung der Schöpfung hätten ablaufen müssen.

Ps. 50,1; Hiob 26,7.8; Jes. 40,12 öffnet unseren Blick, in die Tiefen des Reichtums sowohl der Weisheit als der Erkenntnis Gottes hineinzuschauen, um verstehen zu lernen, was Jes. 66,1 uns sagt.

A. K.

Antwort B

Um 24-stündige Tage handelt es sich sicher nicht. Es ist nicht unseres Gottes Art, unvermittelt unter Überspringung vieler Entwicklungsstufen etwas Neues plötzlich zu schaffen, sondern nach Seinen weisen Gesetzen entwickelt sich alles organisch nach und nach. Der, dem Ewigkeiten zur Verfügung stehen und vor dem 1000 Jahre wie ein Tag sind, sollte binnen 24 Stunden überstürzt eine ganze Schöpfung entstehen lassen? Es sei zudem wieder daran erinnert, daß die Bibel kein Naturkundebuch sein will und der Schöpfungsbericht für den Glaubenden (Hebr. 11,3) eine Anleitung ist, die Entwickelungsperioden zu erkennen und in ihnen die Weisheit Gottes. Dem aufmerksam Forschenden kann es auch nicht verborgen bleiben, daß er in den sieben Schöpfungstagen ein Vorbild für göttliche Zeitalter hat. Er erkennt im ersten Tag das Licht als die Gegenwart Gottes im Paradiese, im zweiten die alte Welt, die durch Wasser verging und in der der Himmel das Gericht selbst ausübte über die Erde. Der dritte Tag zeigt uns im Abbild das Zeitalter der Patriarchen und Israels, ihre irdischen Segnungen, zum erstenmal einen Ort auf der Erde, wo Gott Fuß faßte. Und ist nicht im vierten Tag die Gemeinde (die wir in der Offenbarung als sieben Sterne sehen) als Mond (der sein Licht von der Sonne hat und aus Verbindung mit ihrem Lichte in der Finsternis auf die Erde leuchtet, Matth. 5,14-16) zu erkennen, und ist nicht die gottgesetzte Scheidung zwischen Licht und Finsternis an diesem Tage für uns eine Mahnung? Die Segnungen der Gemeinde sind himmlischer Art. Im fünften Tag erblicken wir die Drangsalzeit, und die Bilder der lebendigen Wesen, der Vögel und der übrigen unreinen Tiere zwingen uns geradezu zu Vergleichen mit der Offenbarung. Der sechste Tag zeigt uns den Menschen, wie er im 1000-jährigen Reich nach Gottes Bild und Gottes Gedanken dargestellt sein wird - und der siebente Tag endlich den ewigen Äon der Ruhe.

Fürwahr, das ist mehr als Naturgeschichte, welche Tiefen öffnen sich dem Blick des Gläubigen! Möchten wir durch die Gnade des HErrn immer mehr Verständnis gewinnen für die göttlichen Dinge.

P. B.

Antwort C

Es gibt zwei extreme Lehrauffassungen.

1. Die ganz veraltete, die die Tage schon von Vers 1 an rechnet und meint, die Erde bestände ca.

6000 Jahre.

2. Die andere, die, nachdem die Geologie die erstere für viele Schriftforscher unhaltbar gemacht hat, in den Tagen die sogenannten geologischen Zeitalter sucht. Sie stellt die sechs Tage als große Zeitperioden hin. Dadurch versucht sie, natürlich fälschlicherweise, die Bibel mit der Wissenschaft in Einklang zu bringen.

Dann gibt es noch eine neutrale, ausgleichende Lehrrichtung. Sie behauptet, daß wohl die drei ersten Tage als große Zeitperioden oder erdgeschichtliche Zeitalter zu betrachten seien, aber die drei letzten nur als Tage von 24 Stunden angenommen werden müssen, da vom vierten Tage die Erscheinung der Sonne diese Begrenzung verlangt.

Die Frage ist nun, ob sich obige Auffassungen 1. biblisch und 2. geologisch behaupten lassen. Die erste Auffassung wird nur noch von wenigen aufrecht erhalten, weil sie weder der biblischen Lehre noch den Tatsachen entspricht. Selbst Augustinus erkannte schon auf Grund des hebräischen Textes, zu einer Zeit, wo Geologie als Wissenschaft noch nicht geboren war, daß zwischen Vers 1 und 2 ein großer Zeitraum liegen müsse. Da nun viele Gläubige, die die erste Lehrauffassung vertreten, oft gegenteilige Anschauungen mit folgenden Worten abweisen: „Kann Gott in Seiner Allmacht nicht in sechs buchstäblichen Tagen alles schaffen usw.“, so sei hier erst einmal vor allem festgestellt, daß es keine Frage der Allmacht Gottes ist, sondern des Zeugnisses Gottes in Seinem Worte und in Seiner Schöpfung. Sein Wort bezeugt für jeden lernenden Menschen, daß die in Vers 1 geschaffene Erde, die ohne allen Zweifel eine Sonnenwelt war, sich in Vers 2 im entgegengesetzten Zustande befindet. Wir brauchen nur Stellen wie Jes. 45,18; 34,11; Jer. 4,23 usw. zum Vergleich heranziehen, um das zu erkennen. Auch die Erdkruste gibt Zeugnis. Die Geologen sagen uns, daß sie fast durchweg von Pflanzen und Tierleichen gebaut ist. Obwohl die Geologie von uns gläubigen Christen nur vorbehaltlich angenommen wird, weil sie nichts von Satans Fall und von den gewaltsamen Gerichten und Eingriffen eines heiligen Gottes berichtet, die wir unbedingt zwischen Vers 1 und 2 anzunehmen gezwungen sind, dürfen wir doch ihr Zeugnis von der Schöpfung nicht unterschätzen. Wir können überzeugt sein, daß es Gott nicht entspricht noch Seiner würdig ist, Fossilien (Versteinerungen) geschaffen zu haben, also Scheinwesen, die nie als Lebewesen existierten. Wir müssen daher die erste Lehranschauung biblisch und geologisch als vollständig unhaltbar bezeichnen. Hingegen ist die zweite Auffassung die Überzeugung der meisten gläubigen, selbst wissenschaftlich hochgebildeter Männer. Sie ist wohl die weitverbreitetste Anschauung. Jahrelanges Forschen und ernstes Studium hat uns zu der Überzeugung gebracht, daß auch die zweite volkstümliche Auffasse weder im Lichte der Bibel noch in geologischer Einsicht aufrecht zu erhalten ist. Obwohl Männer von Ruf, denen wir viel zu verdanken haben, wie Bettex, Keerl, Hoppe, Urquhart usw. diese Überzeugung vertreten, ist es trotzdem unsere Pflicht und unser Vorrecht, an der Hand des Wortes Gottes zu prüfen, ob es sich also verhält. (Apgesch. 17,11.)

Wie wir bereits erwähnt haben, liegt zwischen Vers 1 und 2 eine große Zeitperiode. Wie lang sie war, weiß weder der beste Bibelforscher noch der größte Geologe, weil Gott es für gut fand, den

Menschen es vorzuenthalten. Nach unserer Auffassung liegt hier der Schlüssel zur Lösung der so wichtigen und vielumstrittenen Frage. Unsere feste Überzeugung ist, daß die geologischen Zeitalter nur zwischen Vers 1 und 2 zu legen sind. Eine andere Auslegung läßt das Wort Gottes nicht zu. Auch die Geologie ist dagegen. Dies zu beweisen wäre die Aufgabe eines mit der Erdgeschichte sehr vertrauten gläubigen Mannes. Wir können diese äußeren Dinge nur streifen.

Oft werden die sechs Tage als Schöpfungstage dargestellt. Die Schrift tut dies nicht. 2. Mos. 20,11 wird ausdrücklich gesagt, daß Gott die Erde in sechs Tagen gemacht hat - nicht geschaffen. Daß ein großer Unterschied zwischen Machen und Schaffen besteht, wird jeder Bibelleser wissen. Der Geist Gottes nimmt in der angeführten Bibelstelle nicht auf 1. Mos. 1,1 Bezug, sondern auf die nachfolgenden Verse 3-31. Es ist die Neugestaltung oder Neuordnung der Erde zum Wohnsitz für den Menschen. Ps. 104,30.

Das Wort „schuf“ kommt im 1. Kapitel nur in Verbindung mit drei Gegenständenvor.

1. Vers 1 - Schöpfung des Alls: Stoff.

2. Vers 21 - Schöpfung der lebendigen Wesen: Seele oder bewußtes Leben.

3. Vers 27 - Schöpfung des Menschen: Geist oder verAntwortliches Leben.

Auf Grund des bereits Ausgeführten haben wir in Vers 2 nicht den Anfang der geologischen Zeitalter, sondern das Ende derselben. Nicht die Urzeit, sondern die Neuzeit der Erdgeschichte.

Wenn uns Vers 1 die Schöpfung der Erde zeigt, so haben wir in Vers 2 das Grab der Erde: Wüste, Leere, Finsternis, und als Folge Kälte und Tod. Wir haben hier das Diluvium, das sogenannte Eiszeitalter. Darum brütet der Geist Gottes über dem Erdenei zur Neubelebung. Auch wissen wir nicht, ob nach Vers 2 wieder eine kürzere oder längere Zeitperiode einseht, nur das eine ist aus dem Worte ersichtlich, daß das Brüten des Heiligen Geistes die sechs Tage einleitet.

Wir möchten nun dem Leser einige Beweise für unsere Behauptungen bringen und sie ihm zur betenden Prüfung empfehlen.

1. Im Worte Gottes wird nie das Wort „Tag“ für eine Periode in Verbindung mit Grund- oder Ordnungszahlen gebraucht, z. B. finden wir 1. Tag, 2. Tag usw. in 1. Mos. 1; vgl. 1. Mos. 8,3; 4. Mos. 13,25; Ev. Joh. 2,1; 1. Kor. 15,4. Hingegen wenn „Tag“ eine Periode ist, drückt sich die Schrift anders aus; vgl. Jes. 61,2; 2. Kor. 1,14; 6,2; 1. Petr. 2,12; 2. Petr. 3,10 usw. Aus 2. Mos. 20,11 geht ganz klar hervor, daß es Tage von 24 Stunden sind.

Es ist der schlagendste Beweis gegen die Periodenlehre. Nie hätte ein Israelit an Tage von Millionen Jahren gedacht, auch finden wir die sechs Tage im Worte Gottes nie so angewandt. Es ist eine grobe Verletzung der wichtigsten exegetischen Grundsätze.

Die Behauptung, daß der Sabbat bis jetzt anhalte, weil kein Abend und Morgen genannt wird, ist

dadurch hinfällig, daß die Ruhe Gottes am Sabbat immer nur in der Zeitform der Vergangenheit gebraucht wird. Vgl. 1. Mos. 2,2.3 und Hebr. 4,4. Niemand wird wohl im Ernst meinen, daß der Sabbat kein Tag von 24 Stunden gewesen sei. Das Auslassen von Abend und Morgen beim siebenten Tag hat eine prophetische Bedeutung, auf deren Einzelheiten wir hier nicht eingehen können. Es sei nur hier flüchtig bemerkt, daß die buchstäblichen sechs Tage die Weltzeiten prophetisch vorbilden. Auch kann die Frage nicht mit der Entgegnung gelöst werden, daß man sagt: 1000 Jahre seien vor Gott wie ein Tag. Mit solch einer Schriftauslegung dient man weder den Gläubigen noch den Ungläubigen.

2. Wir finden nie im Worte Gottes, daß ein Zeitalter mit einem buchstäblichen Abend und Morgen eingeleitet oder beendet wird. Auch gebraucht hier der Heilige Geist die umgedrehte Ordnung, wie der jüdische Tag beginnt, mit dem Abend. Wollte Gott uns mitteilen, daß es Zeitalter wären, so würde Er dies angedeutet haben und Sich nicht Worte bedient haben, die gerade das Gegenteil besagen.

3. Wenn man annimmt, daß das in den Periodentagen Geschaffene in den Periodennächten untergegangen ist, so würde dies Gott in Seinem Worte erwähnt haben.

Ganz abgesehen davon, daß die Nächte von Millionen von Jahren jegliches organische und bewußte Leben zu einer Unmöglichkeit gemacht hätten und Gott jeden Tag mit einer völligen Neuschöpfung hätte beginnen müssen. So eigentümlich, wie dies dem Leser erscheinen mag, ist es doch der uns aufgezwungene Schluß, wenn man die erdgeschichtlichen Zeitalter in die Tage hineinlegt. All diese Ausflüchte, welche besagen, die Bibel sei kein wissenschaftliches Buch, müssen energisch zurückgewiesen werden. Es kann und wird niemals auch nur die kleinste Disharmonie zwischen dem Worte Gottes und der Schöpfung Gottes bestehen. Wenn sich das Wort Gottes auch nicht auf Einzelheiten der Schöpfung einläßt, wird es doch immer mit den Tatsachen- nicht aber mit den Hypothesen - der Forschungen im Einklang stehen. Eine diesbezügliche Disharmonie ist uns ebenso unmöglich wie zwischen dem geschriebenen und dem lebendigen Wort Gottes.

4. Das Sechstagewerk hat ohne allen Zweifel die Krone der Schöpfung zum Ziele. Sieht man in den Tagen lange Zeitalter, so wird das Haupt: Adam, von der ihm untergebenen Schöpfung getrennt. Außerdem wäre die 6000-jährige Menschheitsgeschichte im Vergleich zu den 10 oder 100 Millionen von Jahren nur die letzte Sekunde in der letzten Minute des letzten Periodentages. Zieht man noch das Alter Adams zum Vergleich heran, welches in 1. Mos. 5,5 auf 930 Jahre angegeben wird, so erscheinen die Schwierigkeiten noch viel größer und unlösbarer. Wenn uns gesagt wird, das Alter Adams sei erst vom Sündenfall an berechnet, so wird diese Annahme durch das Wort Gottes selbst widerlegt, weil auch vor dem Sündenfall mit Zeit gerechnet wurde und uns auch nicht der geringste Beweis aus der Schrift für diese merkwürdige Annahme erbracht werden kann. Vgl. 1. Mos. 1,14.

5. Ferner werden in 1. Mos. 1,14 Sonne, Mond und Sterne zum Zeichen, Zeiten, Tagen und Jahren gesetzt. Dies kann sich doch nur auf den Menschen beziehen. Aber welche Bedeutung hätte dies, wenn der Mensch, für den diese Zeichen sind, erst nach Millionen von Jahren erschienen wäre? Es ist

uns wohl bekannt, daß die Vertreter der Periodenlehre nicht mehrere Millionen Jahre für einen Tag beanspruchen, sondern eine viel kürzere Zeitdauer. Aber gerade dies ist ihnen zum Verhängnis. Einerseits wünschen sie die Tage mit der Geologie in Harmonie zu bringen, andererseits lehnen sie die von der Geologie geforderte Zeit mehr oder weniger ab. Bekennen wir uns zu der einen nur möglichen Auffassung, so sind derartige Schwierigkeiten gar nicht zu lösen, zumal selbst unter den Geologen und Physikern die allergrößten Unterschiede über die Zeitdauer der erdgeschichtlichen Zeitalter und Alter der Erde bestehen. Nur beiläufig bemerken wir, daß am vierten Tage die Sonne, der Mond und die Sterne nicht geschaffen wurden, sondern in das richtige Verhältnis zur Erde gebracht wurden, ihr das zu sein, was sie heute noch für sie sind.

6. Wenn die Tage diese Zeitalter in sich schlössen, würde Gott uns auch die Dauer derselben zu erkennen gegeben haben, wie es mit jedem vergangenen Weltzeitalter bisher geschehen ist. Gott hat sie aber darum in Seinem Worte übersprungen, weil sie nicht unmittelbar mit der Geschichte des Menschen in Beziehung standen.

7. Niemand wird sich der Tatsache verschließen können, daß die vorgeschichtliche Pflanzen- und Tierwelt im Blick auf ihre Größe, Fülle und Ungeheuerlichkeit in keinem angemessenen Verhältnis zum Menschen stand. Denken wir nur an die Saurier, die wie lebendige, gepanzerte Festungen die damalige Erde füllten. Die Kohlenlager geben uns auch Zeugnis nicht nur von einer anderen und gleichmäßigen, über die ganze Erde verbreiteten Atmosphäre, sondern auch von einer anderen Pflanzenwelt, die an Üppigkeit die unsere weit überragte. Eine Fülle von Gegenbeweisen könnte noch ins Feld geführt werden, doch verbietet uns dies der enge Raum. Wo z. B. weisen die Fossilien Haustiere und Obstbäume auf? Um noch eine Schwierigkeit für den gläubigen Leser zu heben, möchten wir noch erwähnen, daß die am 5. und 6. Tage geschaffenen Tiere in der Schrift nie als erst geschaffene ausdrücklich bezeichnet werden; somit läßt das Wort unseres Gottes Raum für die vorgeschichtlichen Tiere. Hingegen wird Adam ausdrücklich als erster Mensch bezeichnet. (Vergl. Röm. 5,14.15; 1. Kor. 15,45-47.) Dies schließt einen vorgeschichtlichen Menschen aus. Darum wird der Mensch keinen versteinerten vorgeschichtlichen Menschen entdecken, weil es keinen gibt. Alle Gegenbeweise sind Hypothesen, die nie durch Tatsachen gestützt werden können. Gott sei Dank für die Unfehlbarkeit Seines Wortes!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Die sämtlichen eingegangenen Antworten, welche auch gerade die in Antwort C genannten drei Hauptanschauungen vertreten, habe ich aufgenommen, damit der gewissenhafte Schriftforscher genügend Stoff zum Prüfen habe. -

Noch ein paar Bemerkungen im Sinne der Antwort C (deren Grundanschauung seit Jahren auch die meine ist, trotz Bettex, dessen Standpunkt ich lange vertreten habe und dessen Untersuchungen ich

in vieler Hinsicht auch jetzt noch hochschätze).

Neben anderem schon in Antwort C Genanntem möchte ich fragen: wenn Gott täglich ansah, was Er gemacht hatte und es als „gut“ (zweckmäßig) befand, zuletzt alles als „sehr gut“ (V. 31) - ist dies Urteil etwa leicht verständlich, wenn man es auf die gewaltigen geologischen Umwälzungen anwenden muß? Deuten die Fossilien (Versteinerungen) nicht oftmals furchtbare Kämpfe in der damaligen Natur an, Tod, Verderben, Katastrophen, die kaum als etwas „Gutes“ anzusprechen sind? Wieviel natürlicher, diese Dinge, dieses Chaos, dieses „Tohuwabohu“ (hebr. Urtext V. 2) der geologischen Gestaltungsformen (wie es sich den Augen des Laien zeigt) als Begleiterscheinungen oder als Folgen des Abfalls jenes „Lucifer“, des Lichtfürsten der Welt (vgl. Hes. 28; Joh. 14,30), des Satans anzusehen, Folgen, trotz deren Gott in dem Sechstagewerk die Erde bewohnbar macht für den Menschen, den Er erschaffen wollte! Genug darüber!

Die Bibel ist kein „Naturkundebuch“ - nein! und doch! denn sie ist weit mehr: das Buch, in dem Gott Seine Weisheit, Sein Licht, Seine Liebe offenbart, daher es nie Widersprüche geben kann zwischen den wissenschaftlich erforschten Tatsachen und den geoffenbarten Taten Gottes! Vergessen wir das nicht und geben wir ja der menschlichen Wissenschaft keine biblische Position preis! Was weiß die Weisheit dieser Welt gegenüber dem allweisen Gott?

2. Petr. 3,8 (Ps. 90,4) meint ganz etwas anderes, wie, wenn daraus gefolgert wird, daß die sechs Tage von 1. Mos. 1 6000 Jahre seien! Wenn es hieße, daß ein Tag (rechnerisch) dasselbe wie 1000 Jahre wäre, könnte (nicht müßte) man so schlußfolgern, aber es heißt „wie“ (Vergleichung), und so besagt die Stelle in ihren zwei Wechselgliedern und im Zusammenhang nur, daß Gott über der Zeit steht, daß es für Ihn keinen Unterschied in Länge und Kürze der Zeit gibt (und wir sollten mehr lernen, zu denken wie Er!). Gott ist zeitlos, ewig!

Genug mit diesen kurzen Schlußbemerkungen. Möge Gott uns durch Seinen Geist Licht geben, Sein Wort zu erforschen auch im Blick auf diese wunderbaren Höhen und Tiefen der Erkenntnis Gottes!

Frage 16

Warum lief der andere Jünger „schneller als Petrus“ zur Gruft? Joh. 20,4.

Antwort A

Es läuft sich nicht gut, wenn jemand eine Last trägt, und Petrus trug eine schwere Last auf seinem Herzen und Gewissen. Er hatte seinen HErrn verleugnet, Den, den er wirklich liebte. Der Mann mit dem Selbstvertrauen im Herzen konnte dem Ansturm der Gewalt der Finsternis nicht widerstehen. Was mochte in Petri Herz vorgehen, als er weniger schnell lief und Johannes den Vorsprung ließ! Scheute er sich, den toten oder gar den lebendigen HErrn wiederzusehen? Oder wollte er wenigstens nicht der Erste sein?

Ist es nicht so auch mit uns? Wird nicht auch unser Lauf gehemmt, wenn uns eine Last drückt und auf dem Gewissen liegt? Petrus war nicht glücklich, und wir sind es nicht, bis, wie bei ihm, unsere Sache in des HErrn Gegenwart geordnet ist.

Johannes geht nicht gleich in die Gruft, Petrus aber geht hinein. Das jüdische Empfinden, sich durch das Betreten des Grabes zu verunreinigen (welches Johannes zurückhalten mochte), hatte für Petrus seine Kraft verloren. Was bedeutete für ihn, der sich so sehr verunreinigt wußte, noch eine äußere Verunreinigung durch das Grab! Was sollte ihm noch die Stellung eines „reinen“ Juden, nachdem er seinen HErrn verleugnet und Ihn verloren hatte! Aber der HErr ließ Seinen Petrus nicht!

Finden wir in Petri Geschichte nicht unser eigenes Herz und Erleben wieder?

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Es ist auch schon gesagt worden, Johannes sei der jüngere gewesen und deshalb habe er schneller laufen können. Aber ich glaube, daß der in Antwort A angegebene Grund weit mehr Berechtigung hat, denn mochte Petrus auch schon älter sein - er war doch überall sonst voran gewesen, und er verleugnete diesen Charakterzug auch nicht nach seiner Wiederherstellung: Joh. 21,7f. (denn aus 1. Kor. 15,5a geht hervor, daß der HErr auch einmal ihm allein erschienen ist, woseine Wiederherstellung in seiner persönlichen Stellung zum HErrn geschah - gegenüber der in seiner Stellung zu den übrigen Jüngern, Joh. 21,15ff.). Aber damals am Ostermorgen war für ihn der Stein noch nicht weggewälzt, d. h. der Stein, den er tragen mußte, bis der treue HErr ihn würdigte, vor Seinem Angesicht sich beugen zu können. Doch fing seine innere Beugung schon an, da er nach dem letzten Hahnenschrei und dem Blick des HErrn im Richthaus aus dem Hofe ging und bitterlich weinte (Matth. 26,75; Mark. 14,72; Luk. 22,61.62).

Welche Stunden: jene, wo Johannes und Petrus zusammen im Hofe des Hohenpriesters weilten und wo nur Petrus mit dem Munde voran war, seinen HErrn zu verleugnen, weil auch nur er voran war darin, am „Kohlenfeuer“ sich zu wärmen (vgl. meinen Aufsatz in voriger Lieferung!) - und diese am Auferstehungsmorgen, da die gleichen Jünger ihren geliebten HErrn suchten, wo „der andere Jünger“ voran war! Wie ungleich hoffnungsreicher diese letztere, da der Sieg über die Gewalt der Finsternis errungen war und der auferstandene Siegesheld, den geliebten Seinen freilich noch unsichtbar, die beiden durch Maria Magdalenens Botschaft zur größten Eile angespornten zur Gruft laufenden Unzertrennlichen sah, und Seinen Petrus nicht an der Spitze! O Petrus, nicht lange mehr - und du nahmst deinen alten Platz ein durch die unendliche Gnade Dessen, der dich geliebt und Sich Selbst für dich hingegeben!

Welche unfaßbare Gnade und Herrlichkeit, Sein Eigen sein und unter Seiner nimmermüden Geduld und Treue wandeln zu dürfen bis zur Heimat!

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 151.)

Einigen Lesern mag die Unterscheidung zwischen „Taufe“ und „Gabe“ des Heiligen Geistes in dem Ereignis am Pfingsttage für einen Augenblick befremdend sein. Wenn der HErr aber vom „Geben“, „Kommen“ und „Empfangen“ des Heiligen Geistes redet, meint Er dann, was Er sagt? Ist„geben“, „kommen“, „empfangen“ für Ihn wirklich „geben“, „kommen“ und „empfangen“? Und andererseits, wenn Er von der „Taufe“ mit Heiligem Geiste redet, meint Er dann wirklich „taufen“? Wir können sicher sein, der HErr sagt, was Er meint, und meint, was Er sagt. Die Verheißung des Vaters (welche das Geben, das Kommen, das Empfangen des Heiligen Geistes umfaßt) und die Taufe mit Heiligem Geiste sind niemals ein und dasselbe.

Zu einer Gabe gehört ein Geber; zum Kommen eine Person; zum Empfangen ein Empfänger; zum Taufen ein Täufer. Die Schrift unterscheidet dieses alles sehr genau. Wenn sie von der Gabe des Heiligen Geistes redet, so sagt sie uns, daß der Geber sowohl der Vater als auch der Sohn ist. (Joh. 14,16; 15,26; Apgesch. 11,17.) Wenn sie aber von der Taufe mit Heiligem Geiste redet, so nennt sie uns allein den HErrn als den Täufer. (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16; Joh. 1,33.) Niemals aber sagt sie, daß der Vater auch dieses tut, und noch viel weniger der Heilige Geist. Gedankenlos bitten manche, vom Heiligen Geiste getauft zu werden, als ob der Heilige Geist mit Heiligem Geiste taufe.

Wenn wir ferner beachten, daß der HErr Seinen Jüngern sagte, daß sie sich nicht von Jerusalem entfernen sollten, bis Er ihnen die Verheißung des Vaters gesandt habe, so ersehen wir daraus, daß ihnen diese in Jerusalem zuteil werden sollte - und ebenso sagte der HErr von der Taufe, daß sie „nach nunmehr nicht vielen Tagen“ mit (wörtlich „in“) dem Heiligen Geiste getauft werden sollten. Diese Worte sagen uns deutlich, daß der HErr schon den Pfingsttag vor Augen hatte, an welchem das Herabkommen des Heiligen Geistes und die Taufe mit Heiligem Geiste und ebenso das Empfangen des Heiligen Geistes stattfinden sollte.

Liegt es uns nun nicht nahe, den Bericht des Pfingsttages aufmerksam zu betrachten, um zu forschen, wie diese großen, bedeutungsvollen und doch so grundverschiedenen Ereignisse zur Ausführung gebracht wurden? Sollte nichts davon in dem Berichte enthalten sein? Ich meine, es sei nicht schwer, (wie wir auf Seite 124ff. bereits betrachteten), diese Dinge in dem göttlichen Pfingsttagsbericht klar zu unterscheiden.

Wenn diese verschiedenen Ereignisse am Pfingsttage nicht stattfanden, wann fanden sie dann statt? Denn nach dem Pfingsttage wird von ihnen als von geschehenen Tatsachen berichtet. Paulus schreibt: „Wir alle sind in einem Geiste zu einem Leibe getauft worden“; und er erinnert die Gläubigen daran, daß sie den Heiligen Geist empfangen und in sich wohnend haben.

Über die Taufe mit Heiligem Geiste bestehen heute viele Anschauungen, und wir bedürfen der Gnade, um nicht über das, was die Schrift sagt, hinauszugehen. So wurde mir wiederholt geäußert, daß durch die Taufe mit Heiligem Geiste

ein Werk in den Gläubigen

geschehe und jeder sich deshalb nach der Taufe mit Heiligem Geiste auszustrecken habe, und weiter, daß in der Taufe jeder ein gewissem Teil von dem Geiste empfange, in welchem er getauft werde.

Wenden wir uns aber zur Schrift, so finden wir nichts derartiges, daß durch die Taufe ein Werk in uns geschieht. Nicht um ein Werk in uns handelt es sich in der Taufe, sondern um ein Werk an und mit uns. Durch die Taufe mit Heiligem Geiste wurde ein Werk an den Gläubigen gewirkt: Sie wurden alle zu einem Leibe verbunden.

Dem

Sichausstrecken nach der Taufe

mit Heiligem Geiste liegt der Gedanke zugrunde, daß diese Taufe heute noch stattfinde und Einzelnen zuteil werde. Die Schrift aber, und das ist sehr beachtenswert, kennt keine Taufe mit Heiligem Geiste, die an einzelnen Personen vollzogen wurde. Die Taufe mit Heiligem Geiste fand nach den Worten des HErrn am Pfingsttage in Jerusalem statt und wurde (im Gegensatz zur Wassertaufe) nicht an einzelnen Personen, sondern an den Gläubigen in ihrer Gesamtheit vollzogen. Sie wurde nicht (wie die Wassertaufe) an den einzelnen - bald hier, bald dort - ausgeführt, sondern sie war eine einmalige Handlung des HErrn an alle in Gesamtheit; sie war das einmalige Werk des HErrn, womit Er Seine Gemeinde aufrichtete und in welcher alle, die den Heiligen Geist empfangen, eingeschlossen sind, so wie die Schrift sagt: „In einem Geist sind wir alle zu einem Leibe getauft“.

Und nie spricht die Schrift von anderen Taufen mit Heiligem Geiste, als ob solche öfter stattfinden könnten. Können wir noch einmal zu einem Leibe getauft werden? Kann die Gemeinde öfter als

einmal gegründet werden? Das ist kein guter Baumeister, der seinen Bau öfter als einmal anfängt. Wenn die Gemeinde am Pfingsttage errichtet wurde, kann sie dann wieder aufgerichtet werden? Kann der Leib Christi noch einmal seinen Anfang nehmen? Niemals! In der Taufe mit Heiligem Geiste am Pfingsttage fand diese Vereinigung der Glieder zu dem einen Leibe, dem Leibe Christi statt, und nie redet die Schrift von einer Wiederholung. Wohl offenbarte der HErr in der Anfangs- und Entwicklungszeit durch besondere Ereignisse (wie wir sie in Apgesch. 10 bereits sahen) ihre Weite und Bedeutung, aber nie finden wir eine Wiederholung. Jeder Gläubige, der das Siegel des Heiligen Geistes empfängt, ist dem einen Leibe, der am Pfingsttage seinen Anfang nahm, hinzugetan. Das Kind, welches geboren wird, tritt in die Familie ein, welche an einem früheren Tage gegründet wurde, aber es findet keine neue Familiengründung für jedes Kind statt, das geboren wird. Alle sind in dem einmal vollzogenen Akt der Familiengründung eingeschlossen. So findet auch keine neue Taufe für jeden einzelnen statt, sondern alle sind durch die Gabe des Heiligen Geistes in diese einmal geschehene Taufe, durch welche die himmlische Familie gegründet wurde, eingeschlossen, so daß Paulus selbst den fleischlich wandelnden Korinthern schreiben konnte, daß sie in einem Geiste zu einem Leibe getauft seien. Es war das Teil aller und nicht etwa nur einzelner, nach dem Urteil der Menschen besonders geförderter Gläubigen.

Noch ein Wort zu dem letzterwähnten Punkte des Empfangens in der Taufe. Wo auch das Wort Taufe in der Schrift gebraucht wird, nie finden wir den Gedanken damit verbunden, daß den Getauften etwas

von dem Elemente,

in welchem er getauft wird, zuteil wird. Also von dem Geiste, weil er im Geiste getauft wird, oder vom Wasser, weil er im Wasser getauft wird, oder von der Wolke und dem Meere, worin Israel getauft wurde. Der Gedanke, den die Schrift mit der Taufe verbindet, ist nicht der des Etwas-Empfangens, sondern mehr der des Verbundenseins und des Herausgehens aus einem Gebiet und des Hinübergehens in ein anderes. Z. B., Israel wurde in der Wolke und im Meere getauft. Es wurde ihnen nichts von der Wolke und dem Meere zuteil, aber es war das Herausgehen aus der alten Verbindung und der Eintritt in eine neue. Durch die Taufe in der Wolke und dem Meere wurden sie in der Wolke verbunden mit der Herrlichkeit und Gegenwart Gottes, und das Meer trennte sie von Ägypten, und so betraten sie die Wüste. In der Wassertaufe wird uns nichts von dem Wasser zuteil, aber indem wir „mit Ihm einsgemacht“ sind (Röm. 6,4.5), ist sie für uns das Verlassen des ganzen Lebensgebietes des ersten Menschen und das Eintreten in den Lebenskreis des zweiten Menschen, sie ist gleichsam der Trennstrich zwischen zwei Menschen (dem alten und dem neuen) und ihren Lebenskreisen (dem irdischen und dem himmlischen). So auch in der Taufe mit Heiligem Geiste. Wir empfangen durch sie nichts vom Heiligen Geiste. Sie ist das Herausgehen aus dem, was wir zuvor waren: Juden, Griechen, Sklaven oder Freie, und die Einverleibung mit hinein in den einen Leib, welcher die Gemeinde Christi ist.

Andere haben in der Taufe mit Heiligem Geiste

das Reden in Sprachen

verbunden und dieses als ein Kennzeichen des Getauftseins mit dem Heiligen Geiste hingestellt. Diese Ansicht beruht auf einer falschen Folgerung. Die Korinther, denen Paulus schrieb, daß sie alle mit Heiligem Geiste getauft seien, redeten durchaus nicht alle in Sprachen. (1.Kor. 12,29.30.) Die Schrift lehrt uns deshalb weder, daß der einzelne Gläubige mit dem Heiligen Geiste getauft wird, noch, daß dieser Taufe das Reden in Sprachen folgen muß. Selbst am Pfingsttage finden wir das Reden in Sprachen nicht mit der Taufe, sondern mit dem „Erfülltwerden“ des Heiligen Geistes verbunden. Aber auch für das „Erfülltsein“ mit dem Heiligen Geiste ist das Reden in Sprachen kein Kennzeichen. Als später viele gläubig wurden und mit dem Heiligen Geiste erfüllt wurden (Apgesch. 4,31), finden wir nicht, daß sie in Zungen redeten. Auch als Paulus mit Heiligem Geiste erfüllt wurde (Apgesch. 9,17), wird uns wohl von der Freimütigkeit seines Zeugnisses berichtet, aber nicht, daß er mit Zungen redete.

Wieviel wird heute im Gegensatz zur Schrift aus dem Sprachen- und Zungenreden gemacht! In dem ganzen Zeitraum, vielleicht zehn Jahren, der zwischen Pfingsten und der Bekehrung des Kornelius (Apgesch. 10) liegt, finden wir in der Apostelgeschichte wohl Berichte von großen Zeichen und Wundern, aber keine Erwähnung oder Andeutung vom Sprachen- und Zungenreden. Und wieder in dem folgenden Zeitraum von ca. vierzehn Jahren zwischen Kornelius und den Jüngern in Ephesus (Apgesch. 19) finden wir keine Erwähnung vom Reden in Sprachen. Und wiederum von Apgesch. 19 bis zum Schluß der Apostelgeschichte (ein Zeitraum von ca. sieben Jahren) wird uns nichts vom Reden in Sprachen oder Zungen berichtet. Diese drei Fälle, die wir in der Apostelgeschichte finden, standen, wie wir bereits betrachtet haben, in einer besonderen Beziehung zu Unterweisungen, die der HErr den Seinigen in jenen Tagen gab. Dann finden wir, außer in dem ersten Korintherbriefe, in keinem Buche der Bibel mehr etwas vom Reden in Sprachen und Zungen. Und welchen Platz geben heute manche den Zungen, von welchen die Schrift sagt, daß sie aufhören werden. (1. Kor. 13,8.)

Wer aus der Schrift erkannt hat, daß der HErr in der Taufe mit Heiligem Geiste die Vereinigung der Seinigen zu einem Leibe vollzog, für den sind alle diese Fragen betreffs Pfingstens keine Schwierigkeiten mehr. Wohl wissen wir, daß die Verheißungen, welche Gott durch den Mund Joels Israel gegeben hat, an einem späteren Tage ihre volle Erf üllung noch finden werden. Aber in der gegenwärtigen Verwaltungsperiode Gottes haben wir keine Wiederholung des Pfingstereignisses zu erwarten.

v. d. K.

Die Leiden der Gläubigen im 1. Petribrief.

Einige Hinweise zum Weiterforschen.

Der erste Brief des Petrus ist so recht ein Leidens-Nachschlagebuch. Wollen wir in der Schrift etwas über Leiden lesen, so laßt uns zu diesem so überaus köstlichen Brief greifen und uns nur hineinversetzen - wir werden viel geistlichen Gewinn für unser Leben, das Fremdlingsleben hienieden (Kap. 1,1; 2,11; 1,17; vgl. meinen Aufsatz „Fremdlinge“ in Heft 2 des laufenden Jahrbuches!) davontragen! Das Kostbarste sind die mannigfachen Anführungen des vorbildlichen Leidens unseres geliebten HErrn, der der größte Fremdling in dieser Wüste war und dessen Vortrefflichkeiten zubezeugen wir berufen sind (2,9).

Im folgenden einige kurze Hinweise, sozusagen eine planmäßige Aufstellung der verschiedenen sich steigernden Arten von Leiden, deren wir, wenn Gott es für gut hält, gewürdigt werden und durch deren hingegebene Erduldung wir unseren geliebten HErrn verherrlichen dürfen!

In Kap. 1,6.7 haben wir gleichsam eine Zusammenfassung: Wir werden betrübt - hoffentlich empfinden wir solche Betrübnis! -, wenn es nötig ist, eine kleine Zeit durch mancherlei Versuchungen zu dem Zweck, daß unser Glaube sich bewährt, was zur Ehre des HErrn dient, hier und dort. Ich muß es mir versagen, auf Einzelheiten einzugehen; die mögen dem Weiterforschen des teuren Lesers vorbehalten bleiben! In Kap. 1,11 finden wir den Hinweis auf die im Alten Testament geweissagten Leiden des Christus. Aber hier, wo der Apostel zum erstenmal von den Leiden Christi spricht, sehen wir auch die kostbare Verbindung von Leiden und Herrlichkeit, wie wir sie wiederfinden im Kap. 4,12-14 und gleichsam als Höhepunkt auch für uns sehen.

Das zweite Kapitel zeigt uns zuerst unsere unsagbar herrliche Berufung und dann deren praktische Wirkungen auf unser irdisches Leben, und da finden wir nun die erste Art unseres Leidens in Vers 19: „das ungerechte Leiden um des Gewissens vor Gott willen“. In V. 20a sehen wir sofort den Gegensatz - verdientes Leiden -, so daß wir in jener ersten Leidensart gleich etwas ungemein Kostbares erblicken dürfen. Freilich kann Gott, unser Vater, uns manchmal leiden lassen müssen, um uns zu strafen. Aber diese gottgewollten Leiden, die ich hier in sieben Punkten vorzuführen beabsichtige, sind nie Strafleiden, wohl aber Prüfungs-, Erziehungs-, Bewährungsleiden, sie dienen uns selber und durch uns anderen, sie dienen auch zur Ehre Dessen, „der uns berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht“ (2,9). Zu solchen Leiden (insbesondere zu dem V. 20b) sind wir „berufen“, so heißt es V. 21. Sind wir mit solcher Berufung einverstanden? Freuen wir uns ihrer, oder jammern wir darüber? Ungerecht leiden, weil wir um unseres Gewissens vor Gott willen handelten und die Welt - in diesem Falle zunächst der „verkehrte“ Gebieter dem gläubigen Knecht (Magd) gegenüber - uns dafür Beschwerden auflegt! Mögen wir das? „Es ist wohlgefällig“, sagt der Apostel! Noch mehr aber das nächste (zweite) Leiden: „Gutes tun und - leiden“. Soweit ich verstehe, ist dies Leiden (zu dem insbesondere wir berufen sind!) ein solches, das nebenbei unser Teil ist, während wir Gutes tun (3,17 geht noch viel weiter.). Wir möchten vielleicht, während wir Gutes tun (an Menschen oder für den HErrn oder auch in unserem täglichen Beruf) vom HErrn erwarten, daß Er in Anerkennung des Guten bei uns uns vor Beschwerden körperlicher oder geistlicher Art bewahre, aber Seine Gedanken sind höher als unsere. Er sendet uns Leiden, vielleicht

Krankheit oder Beschwerden, Schmähungen seitens der Welt, so daß wir dieser „Hemmschuhe“ (wie nötig sind oft Hemmschuhe!) wegen nicht leicht und rüstig vorwärts schreiten können - aber gleichwohl erwartet Er von uns weiteres Gutestun! Sind wir damit einverstanden? Möchten wir's sein ohne Murren, es ist wohlgefällig bei Gott. Und in diesen Arten von Leiden sehen wir Christus als unser erhabenes Vorbild (V. 21-23). O, daß wir von Ihm lernten, wir, die wir durch Sein für uns unnachahmliches Leiden (V. 24.25) erlöst sind, den Sünden abgestorben sind, heil geworden und zu Ihm, unserem Hirten, gekommen sind, der uns nie eine falsche Nahrung geben wird, sondern der treulich auf unsere Seelen acht hat („Aufseher“). Welch ein Vorbild ist Er, und Seine Gnade macht uns fähig, so in der Welt zu sein, wie Er ist!

In Kap. 3,1ff. haben wir das Leiden der gläubigen Weiber als Beispiel für obengenannte ersten zwei Arten von Leiden, und Mittel, solche Leiden abzukürzen, sind in V. 2-6 gezeigt. 3,13 spricht von der dritten Art Leiden, von dem „Leiden, wenn man Nachahmer des Guten geworden ist“ (oder „Eiferer um das Gute“). Welches Gute hier gemeint ist, zeigen uns die Verse 8-12, in denen wir gewissermaßen ein Bild Christi (des Einen, der wirklich gut war) vor uns sehen. Wer solchem Guten nachjagt, hat Gott für sich (V. 12) und hat am wenigsten die Bosheit der Menschen zu fürchten. Gleichwohl - das liegt auch in diesem Vers - kann es möglich sein, daß wir, trotzdem wir dem Guten (im Wort und im Werk) nachstreben, Böses erfahren müssen seitens der Welt, vor allem aber - und das ist die Erweiterung dieses Wortes -, wir können 4. „um der Gerechtigkeit willen leiden müssen“. „Gerechtigkeit“ (im praktischen Sinne) bedeutet mehr als nur das Gute, das schon in den Augen der Menschen gut ist, sondern es ist das Sich üben und das Sich betätigen in solchen Dingen, die vor dem Urteil Gottes sind. Kurzsichtige Menschen mögen unser gerechtes Tun nicht als gut ansehen und mögen uns darum in Leiden bringen, aber was tut's?! Wenn wir um der Gerechtigkeit willen leiden müssen - wir werden glückselig gepriesen (vgl. Matth. 5,10-12). Mögen die Menschen „unseren guten Wandel in Christo“ verleumden - wenn es für uns nur wahr bleibt, daß wir ein gutes Gewissen haben (V. 16), dann sind wir „glückselig“. Hieraus folgt nun das fünfte noch weit schwerere, aber so köstliche Leiden, in welchem unser HErr uns wiederum ein ganz besonderes Vorbild ist (V. 18): „das Leiden für Gutestun!“ Wir brauchen uns solch Leiden nicht suchen, aber wenn der Wille Gottes es will, so ist dies Leiden wahrlich ein besseres als das Leiden, das auch unser Teil sein könnte als Strafe für Bösestun! Jenes ist ein wahrhaft schweres Leiden. Aber wie sehr hat Christus es durchgekostet, dies Leiden für Gutestun! Wie haben Ihm die, denen Er nichts als Gutes tat, vergolten?! Wie vergalt Ihm Judas Iskariot, der Sein Brot aß und dann die Ferse wider Ihn erhob (Joh. 13,18), der geradezu ein Abbild für das undankbare, unbußfertige Volk Israel war!

Aber wenn der Wille Gottes es will, so ist es gut; wer solches erlebt hat, weiß es zu bestätigen. Darum Bruder, Schwester, weiche diesem Leiden ja nicht aus! Tue den Menschen Gutes, selbst wenn du weißt, daß sie dich für dein Gutes schlagen, treten, anspeien und moralisch oder gar körperlich mißhandeln werden. Vielleicht läßt der HErr für Seine Gemeinde hienieden noch hier und da (wie zurzeit in Südrußland) solche Glaubens- und Leidensbewährungszeiten hereinbrechen. Möchte Seine Gnade auch uns befähigen, uns in solcher Art Leiden treulich zu bewähren gemäß dem Vorbild

Christi!

Im 4. Kapitel kommen wir nunmehr nach dem eingangs genannten vorbildlichen Leiden Christi (4,1.2) zu den beiden höchsten Arten von Leiden für uns Gläubige, deren wir gewürdigt werden können: 6. „den Leiben des Christus“ und 7. „dem Leiden als Christ“ (4,12-16). Das erstere dieser beiden Leiden geschieht mit der bestimmten Betonung „im Namen Christi“, das zweite ist mehr allgemein so zu denken, daß man leidet nur deswegen, weil man Christ ist. (Gegensatz V. 15.) Diese Leiden sind in ganz besonderer WeiseLeiden nach dem Willen Gottes (V. 19), obwohl natürlich der Wille Gottes für alle genannten sieben Leiden den Ausschlag gibt. Diese letzteren Leiden sind auch solche, die für die Reinigung des Hauses Gottes von größter Bedeutung sind, da erst durch Bewährung in solchen Leiden offenbar wird, wer wirklich zum Hause Gottes gehört (vgl. übrigens Fr. 14 ds. Js.). Diese Leiden enthalten Herrlichkeiten für uns Gläubige schon hienieden (wieviel mehr droben!), von denen die Welt nichts ahnen kann, da sie den Geist Christi, der uns diese Herrlichkeiten innerlich vermittelt, nicht hat noch kennt. Möchten wir uns schenken lassen (vgl. Phil. 1,29!), reiche Erfahrungen in diesen Arten von Leiden zu machen, in solchen Leiden, wie etwa um des Samens Christi geschmäht und verfolgt zu werden (V. 12), in Leiden, die Prüfungen für uns bedeuten und zu unserem Christenstand gehören (nicht etwa etwas „Fremdartiges“ sein sollten).

Je mehr solche Leiden, desto mehr innere Freude am und im HErrn! Wie kostbar, wenn Er, nach dessen Willen wir leiden und dem wir unsere Seelen im Gutestun befehlen sollen (V. 19), uns Erfahrungen der Wüste und Fremdlingsschaft machen läßt, in denen wir durch die Stimme des Geistes ganz genau belehrt werden: jetzt bist du wert geachtet, zu leiden als Christ!

Besondere Beispiele zu nennen, fehlt der Platz. Das meiste Leiden dieser Art erwächst den Seinen aus dem treuen Gehorsam gegen Sein ganzes Wort. Die religiöse unbekehrte Welt mit ihren „blinden Blindenleitern“ bereitet den dem Worte Gottes unbedingt, „ohne Wenn und Aber“ unterwürfigen Kindern Gottes oftmals die größten Leiden, aber es sind Herrlichkeitsleiden, die erdulden zu dürfen eine Ehre ist. Solche Leiden sollten die Gläubigen nie abhalten können, den Pfad der Treue nach Hebr. 13,13 und 2. Kor. 6,14-18 u. a. zu gehen, wenn auch das Ergebnis hienieden manchmal dem Wege und Ausgang des Stephanus nach Apgesch. 7 oder dem des Paulus nach 2. Tim. 4 ähneln mag - „welcher Ausgang des Wandels schauet an und ahmet ihren Glauben nach“ (Hebr. 13,7). Welche Gnade, wenn Gott uns solche Leiden „zumutet“, uns solcher Leiden um Christi willen würdigt. Der HErr leite uns hinein in praktische Erfahrungen, die dem inneren, geistlichen Verständnis im Befolgen Seines Wortes dienen! Und Er bewahre uns in Gnaden vor Leidenserfahrungen auf Grund der in dem so ernsten Vers 15 vor Gläubigen(!!) genannten Dinge!

Ich eile zum Schluß!

Wie in Kap. 1 gewissermaßen eine Einleitung in das Leidensverzeichnis („Katalog“) des 1. Petribriefes gegeben ist, so in Kap. 5 ein herrlicher Abschluß.

In V. 1 nennt sich Petrus einen „Zeugen der Leiden Christi“, und als solcher, ja als einer, der einst

durch seine Verleugnung dem HErrn tiefes Leid zugefügt hat - wie wenig handelte er damals nach 3,10! -, hat er wohl eine ganz besondere Aufgabe, vom Leiden zu reden! In V. 9 spricht das Wort des Apostels von den gleichartigen Leiden bei allen Gläubigen, worin ein mächtiger Ansporn zum standhaften Glaubenswiderstand gegen die Machtwirkungen des „brüllenden Löwens“ liegt, während der Heilige Geist uns durch Seines Knechtes Feder im V. 10 den Gott aller Gnade vor Augen stellt, der unbedingt das letzte Wort bei allen unseren Leiden hat und der uns nicht länger leiden läßt als „eine kleine Zeit“.

Wahrlich, wir haben ein herrliches Recht, diese letzteren Tatsachen wie alle Tatsachen dieses wunderbaren Briefes, auch die Leidenstatsachen, zu beschließen mit dem dann folgenden Wort (V. 11): „Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

F. K.

Ein Zeichen.

(Fortsetzung von Seite 158.)

Der HErr Selbst wird euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau ... wird einen Sohn gebären, und wird Seinen Namen Immanuel nennen“. Jes. 7,14.

Die Jungfrauengeburt und der Thron.

Der Gegenstand, zu dem ich nun komme, wird, denke ich, viele Leser erschrecken. In Matth. 2,2 lesen wir: „Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist?“ Nun konnte keine Frau ein Erbteil erhalten. Der Thron Davids konnte wohl bis auf Maria kommen, aber Maria konnte ihn nach dem gewöhnlichen Gesetz nicht ererben, sondern er würde nach dem Gesetz an den nächsten männlichen Geschlechtsverwandten übergehen. So scheint es fast, daß unser HErr auf keine Weise der Erbe des Thrones Davids sein konnte, weder durch Joseph, denn Er war nicht der Sohn Josephs, noch durch Maria, weil ein Weib den Thron nicht erben konnte. Und durch diesen einen bemerkenswerten Umstand wäre es Ihm unmöglich geworden, König der Juden zu sein. In der Tat, es scheint fast so, als ob die Jungfrauengeburt an sich Ihn von dem Throne fernhalten müsse.

In den Schreibern der Bibel, den Verfassern dieser Bibliothek von 66 Büchern, haben wir etwa 50 verschiedene Männer. Aber jedem spürt man den Geist des Meisters an, der dahinter steht und bewirkt, daß alle in eine große Harmonie zusammenklingen, in die wunderbare Schöpfung des Wortes Gottes. Um die Erklärung zu finden, warum Christus doch auf dem Throne Davids sitzen wird, müssen wir zurückgehen bis auf 4. Mose 27. An dieser Stelle allein finden wir die Lösung dieser Schwierigkeit.

Die fünf Frauen.

Mose hatte es auf seinem vierzigjährigen Wege durch die Wüste mit dem streitsüchtigsten Volke der Welt, den Israeliten, zu tun und in dieser Zeit viele tausend Streitigkeiten unter ihnen zu schlichten. Aber von den vielen gesetzlichen Fragen und Streitereien, die vor Mose gebracht wurden, ist uns nur eine zu unserer Belehrung berichtet. Sie steht in 4. Mose 27. Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, daß hier, wo fünf Frauen vor Mose kamen, genau ihre Namen genannt werden: Machla, Noa und Chogla und Milka und Tirza. Diese fünf Frauen - ihr Vater Zelophchad war ein sehr reicher Mann gewesen, aber bereits gestorben - fragen, warum der Name ihres Vaters abgeschnürt werden solle aus der Mitte seines Geschlechtes, weil er keinen Sohn habe, wie es damals Brauch war; bis zu dieser Zeit hatten die Frauen nicht erben können. In den gewöhnlichen Fällen konnte Mose die Fragen, die ihm vorgelegt wurden, beAntworten, aber in diesem Falle fühlte er, daß es sich um eine Rechtssache von solch höchster Wichtigkeit handelte, daß er sie vor Jehova brachte. Und Jehova Antwortete ihm folgendermaßen: „Die Töchter Zelophchads reden recht; du sollst ihnen sicherlich ein Erbbesitztum unter den Brüdern ihres Vaters geben und sollst das Erbteil ihres Vaters auf sie übergehen lassen. Und zu den Kindern Israel sollst du reden und sprechen: Wenn ein Sohn stirbt und keinen Sohn hat (wie in dem Falle Eli, dem Vater der Maria), so sollt ihr sein Erbteil auf seine Tochter übergehen lassen.“ (4. Mose. 27,7.8.) Diese Bestimmung wurde damals zum ersten Male festgesetzt, und wenn sie nicht festgesetzt worden wäre, so hätte Maria nicht erben können. So beruht Christi Stellung und sein Erbrecht auf den Thron Davids auf dieser alten Entscheidung der Bücher Mose.

Aber wir finden noch mehr darüber, wenn wir uns 4. Mose 36 zuwenden. Von diesen Töchtern Zelophchads wird noch ein zweites Mal erzählt. Die Frage, um die es sich dieses Mal handelt, war diese: „Die Entscheidung vom vorigen Mal zeigte uns den Weg, solange wir ledig waren. Was hat aber nun zu geschehen, wenn wir heiraten?“ Es würde die ganzen Stämme Israels durcheinander bringen, wenn eine Frau ihr Erbteil an einen Mann aus einem anderen Stamm bringen könnte. Die Antwort Des Mose lautete: „Dies ist das Wort, welches Jehova betreffs der Töchter Zelophchads geboten hat, indem Er sprach: Sie mögen dem, der in ihren Augen gut ist, zu Weibern werden; nur sollen sie einem aus dem Geschlechte ihres Vaters zu Weibern werden, damit nicht ein Erbteil der Kinder Israel von Stamm zu Stamm übergehe.“ Daher war Maria gezwungen, Joseph zu heiraten, einen Mann aus dem Stamme Juda. Ich denke, daß die Belehrungen, die ich aus 1. Mose 3 und 4. Mose 27 über die Geburt unseres HErrn gegeben habe, jedes Herz mit Ehrfurcht und Staunen erfüllen müssen, da sie die Gegenwart Gottes in diesem Buche, seines wahren Urhebers, offenbaren.

Zwei übernatürliche Geburten.

Unser nächster Punkt findet sich in Luk. 1,14: „Und er wird dir zur Freude und Wonne sein, und viele werden sich über seine Geburt freuen.“ Dies wurde zu einem Vater im Orient gesprochen, und die, welche den Orient kennen, werden verstehen, was das zu bedeuten hat. Diese Verheißung wurde dem Zacharias gegeben, aber nichts von solcher Verheißung bei Joseph. Wenn wir fragen, warum das so, so kommen wir wieder auf die Jungfrauengeburt. Man vergleiche Luk. 1,18 mit 1,27: „Und Zacharias sprach zu dem Engel: „Woran soll ich dies erkennen? Denn ich bin ein alter Mann, und

mein Weib ist weit vorgerückt in ihren Tagen“, mit den Worten: „Zu einer Jungfrau, die einem Manne verlobt war mit Namen Joseph ... Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht!“ Beide Geburten waren übernatürlich: die der Elisabeth, weil sie zu spät; die der Maria, weil sie zu früh war. Durch diese Übernatürlichkeit unterscheidet sich die Jungfrauengeburt völlig von den schrecklichen Erzählungen der heidnischen Götterlehre und all den Berichten über orientalische und ägyptische Könige, in denen nichts sich findet, was an eine Jungfrauengeburt erinnert. All die heidnischen Erzählungen sind wider die Natur, die der Bibel übernatürlich. Es ist kein Wunder daher, daß man sie genau prüft. Ich nehme es den Kritikern nicht übel, daß sie die Beweise der Jungfrauengeburt genau und eingehend prüfen, denn es handelt sich ja um ein allein in seiner Art dastehendes Ereignis. Mit der Auferstehung ist es nicht ebenso; bei ihr handelt es sich nicht um einen einzigen Fall. Ebenso gab es nicht nur einmal einen Tod am Kreuz. Die Jungfrauengeburt steht einzig da und fordert daher die äußerste Kritik heraus, der zu begegnen diese Zusammenstellung dienen soll.

Heilig vor der Geburt.

Mein nächster Punkt steht in Luk. 1,35: „Darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“ Es gab viele, die heilig waren, nachdem sie geboren waren. Christus allein war heilig vor Seiner Geburt. Aber hierin liegt enthalten das ganze Geheimnis der Jungfrauengeburt des HErrn. „Das Heilige, das geboren werden wird.“

Der Sohn der Magd.

Mein nächster Grund ist wieder sehr lehrreich und meinem Herzen zugleich lieblich. In Luk. 1,38 heißt es: „Maria aber sprach: Siehe, ich bin die Magd des HErrn“. Das Wort bedeutet eigentlich: „die Sklavin des HErrn“. Wenn wir Psalm 86,16 aufschlagen, einen messianischen Psalm, wo der Geist Christi redet, so lesen wir die bemerkenswerten Worte: „Wende Dich zu mir und sei mir gnädig! Gewähre Deinem Knechte Deine Kraft und rette den Sohn Deiner Magd.“ Es gibt keinen anderen solchen Ausdruck in der Schrift, der sich auf einen Mann bezöge, als nur den „Sohn Deiner Magd“, und so finden wir in lieblichem Lichte hier die Jungfrauengeburt. In Psalm 116,16, einem anderen messianischen Psalm (derselbe Vers in beiden Psalmen), finden wir die Worte: „Bitte, Jehova! Denn ich bin Dein Knecht, der Sohn Deiner Magd.“ Wer war die Magd des HErrn? Maria allein. Allen, die ihren HErrn lieben und wissen, in welche Tiefen Er für uns hinabgestiegen ist, wird bei solchen Worten wie diesen das Herz wärmer schlagen.

Das zweimalige Lobpreis Gottes im Lukas.

Nun möchte ich auf die zwei Lobpreisungen Gottes, Luk. 1,46ff. und 68ff. hinweisen. Die zweite ist von Zacharias und die erste, die von allen Geschlechtern auf der Erde redet, von Maria. Wenn wir den Lobpreis des Zacharias und des Joseph hätten, so könnten wir das verstehen; denn wir wissen, wie im Orient ein Vater mit Freuden singt, dem ein männliches Kind geboren ist; aber es ist stets der

Vater, der singt, nie die Mutter. So geht aller Gesang bei der Geburt des Täufers von Zacharias, bei der Geburt des Christus aber von Maria aus. Joseph ist völlig sturnm; er singt nicht einen Ton. Ein Vater im Heiligen Lande ist sonst nie stumm, denn Kinder sind dort willkommen. Er ist vielleicht manchmal stumm wie auch ein Vater bei uns, wenn er sich keine Kinder gewünscht hat; aber so ist es meist nicht im Orient, besonders nicht unter Gottes auserwähltem Volk. Diese Tatsache allein genügt, die Jungfrauengeburt gewiß zu machen. Auf andere Weise sind die beiden Lobpreisungen unerklärlich. Es gibt keinen anderen Weg, sie zu erklären, als daß eben Joseph nicht der Vater unseres HErrn war, wohl aber Zacharias der von Johannes dem Täufer. Dieser ist nach meinem Dafürhalten der zwingendste dieser Beweise indirekter Natur. Was für Bedürfnis haben wir noch nach anderen Zeugen?!

*

Die Verwaltung Gottes.

(Aus dem Schwedischen übersetzt.)

(Schluß.)

Wir kommen nun zu 2. Tim. 2,15. Oft fragt man, warum diese Wahrheiten so wenig bekannt sind. Die Antwort liegt in diesem Verse. Sie teilen das Wort nicht recht, sondern vermischen Israel und die Gemeinde, die jetzige Verwaltung und die Zeit des Gesetzes. Die Folge davon ist natürlich, daß alles unklar wird. Beim Zubereiten von Speisen mischt man Verschiedenes zusammen, und das gibt ein schmackhaftes Gericht, aber das ist nicht der Fall, wenn wir das Gesetz und die Gnade vermengen. Die Dinge und Segnungen, welche Israel gehören (irdischen Dinge), müssen wir Israel lassen. Wir sollen durch das Licht des Wortes und des Geistes Gottes in die Vorrechte und Ordnungen der Gemeinde eindringen. Wir werden nichts dabei verlieren. Wenn wir den Platz Israels und dessen irdische Vorrechte einnehmen wollen, so müssen wir auch bereit sein, den Fluch Israels auf uns zu nehmen, dieses aber möchte wohl keiner tun. Im Buche der Könige lesen wir, daß sie wilde Koloquinthen pflückten, die den echten sehr ähnlich waren, und legten sie beide in den Topf, aus welchem das Volk essen sollte. Die Folge war: „Der Tod war im Topfe“. Genau so ist es in unserer Zeit. Bei den Galatern finden wir diese Vermischung von Gesetz und Gnade, von Werken und Glauben, und wir sehen, wie ernst und scharf sie der Apostel zurechtweist. Timotheus sollte sich „Gott bew ährt darstellen“. Die Menschen mochten sagen, was sie wollten, vor Gott sollte er aber bewährt sein, „ein Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat“.

Derjenige, der das Wort nicht so teilt, wie Gott es tut, der muß sich schämen. Gott will ein Volk sehen, das Seine Gedanken und Pläne, Seine Absicht und Herrlichkeit versteht und kennt, um das Wort der Wahrheit darzustellen.

Das Einsetzen einer Priesterschaft von Männern, die von Menschen eingesetzt sind, Satzungen und

dergleichen, gehören einer vergangenen Zeit an, aber Christus als „HErr“ und der Heilige Geist als „Leiter“ gehören zu der gegenwärtigen Zeit. Judas ermahnt in seinem Brief, „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben zu kämpfen“. Das zeigt, wie gewisse Kräfte tätig sind, nicht nur allein diese kostbaren Wahrheiten zu verdunkeln, sondern auch sie ganz und gar von uns wegzunehmen. Als die Kinder Israel aus Ägypten zogen, folgte ihnen viel loses Volk. Dieses wurde ihnen zu einer Schlinge und zog ihre Herzen nach Ägypten zurück und verführte sie, über das, was Gott mit dem Volke tat, zu murren. Aus dem Judasbrief ersehen wir, daß sich Männer unter die Gläubigen eingeschmuggelt hatten, welche nicht vom Volke Gottes waren, und diese wollten die Handlungsweise Gottes verdunkeln und verachten und Menschen an Stelle Christi einführen und erhöhen. Gebe Gott Gnade, daß wir darüber wachen möchten!

J.-S.

Wenn jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird Er euch in die ganze Wahrheit leiten; ... das Kommende wird Er euch verkündigen. Er wird Mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird Er nehmen und euch verkündigen. Alles, was der Vater hat, ist Mein; darum sagte Ich, daß Er von dem Meinen nimmt und euch verkündigen wird.“ Joh. 16,13-15.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petr. 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 17

Wie sind die Worte des Herrn Jesus zu dem Schächer: „Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein!“ aufzufassen? (Luk. 23,43.)

Antwort A

Die gewöhnliche, dem Wortlaut und Sinn entsprechende Auffassung dieser Worte Jesu ist wie die Frage selbst gegeben ist: „Heute wirst Du mit Mir im Paradiese sein“, womit gemeint ist, daß der Schächer noch an demselben Tage an diesen seligen Ort mit dem Herrn Jesus hingekommen ist.

Die Auffassung, welche die Adventisten in spitzfindiger Weise durch Veränderung des Kommas im Satze konstruieren wollen, entspricht weder dem Sinn Jesu noch der Sprachweise. Wenn es so gemeint wäre, würde, wie bei den Stellen, wo das „heute“ auch den gleichen Tag des Ereignisses oder der Aussage bezeichnen soll, noch die Beifügung wie in Apgesch. 20,26 und Mark. 14,30: „an dem heutigen Tag“, „heute, in dieser Nacht“ dabeistehen. Da die alten Handschriften keine Satzzeichen haben, so kann der Sinn nur aus dem Zusammenhang ermittelt werden. Da der Herr Jesus an jenem „heute“ zu dem Schächer gesprochen hat, bedarf es nicht eines besonderen Hinweises auf denselben Tag.

F.Th. H.

Antwort B

„Wahrlich, Ich sage euch: wer irgend das Reich Gottes nicht aufnehmen wird wie ein Kindlein, wird nicht in dasselbe eingehen“ (Luk. 18,17). Wenn man mit kindlichem Glauben die Worte des HErrn zu dem Schächer (Luk. 23,43) liest, kann man nur zu der Auffassung gelangen, daß die Seele des Schächers noch am gleichen Tage mit dem HErrn im Paradiese sein würde, wie es auch geschehen ist. Nach Joh. 19,31 muß bei dem Schächer der Tod eingetreten sein, bevor der Sabbat anbrach (6 Uhr abends). Bei Eintritt des Todes verläßt die Seele ihr irdisches Haus, „diese Hütte“ (2. Petr. 1,13), um ihren Aufenthalt entweder im Paradiese beim HErrn zu nehmen, nämlich wenn wir im Herrn entschlafen sind wie dieser Schächer am Kreuz, oder im Hades, dem Aufenthaltsort der Toten, die Christi Geist nicht haben und daher nicht Sein Eigen sind (Röm. 8,9).

P.

Antwort C

Die Worte sind einfach so aufzufassen, wie sie lauten. Der Übeltäter hatte zuerst gleich seinem Genossen den Herrn Jesus geschmäht (Matth. 27,44). Dann aber war sein Herz durch Gottes Gnade erreicht worden, und es war eine große Wandlung in ihm vorgegangen. Er erkannte glaubend, daß der Herr Jesus der Messias, der Gesalbte Jehovas, war, von dem das Wort sprach; er erkannte auch, daß dieser leiden mußte um der Übertretungen Seines Volkes und seiner - des Übeltäters - eigenen Sünden willen und daß dieser auferstehen würde. Er glaubte auch, daß er selbst auferstehen werde. Das alles bezeugen seine Worte, mit denen er seinen anderen Genossen zurechtweist (Vers 40,41) und die er an den Herrn Jesus Selbst richtet (Vers 42). Wie hätte er sonst den Herrn Jesus bitten können, seiner zu gedenken, wenn Er in Seinem Reiche komme? Es ist wunderbar und kostbar, was wir da sehen: welche Umwandlung, welcher Glaube! Und welches Vertrauen zu dem Herrn Jesus von einem Menschen mit einem Leben schwerer Sündenschuld hinter sich und dem Tode vor sich, ohne jede Möglichkeit, noch irgend etwas zu tun außer dem einen: glaubend seine Zuflucht zu Ihm zu nehmen! „Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überschwenglicher

geworden“ (Röm. 5,20b). Das beweist die Antwort Des Herrn Jesus. Der Übeltäter hatte Ihn gebeten, seiner zu gedenken, wenn Er in Seinem Reiche komme, der HErr aber Antwortete ihm etwas, was weit über sein Bitten und Verstehen hinausging: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“. Also nicht erst dann, sondern „heute“ - noch an diesem selben Tage - sollte seine Bitte erfüllt werden, und nicht nur in Seinen Reiche, sondern im Paradiese sollte er sein - mit Ihm! Wunderbare Gnade!

Menschen, die den „Seelenschlaf“ lehren und denen obige Auslegung ein unangenehmer Widerspruch ist, behaupten, die Worte des Herrn Jesus lauteten: „Wahrlich, Ich sage dir heute: Du wirst mit Mir im Paradiese sein“, womit der Herr Jesus dem Übeltäter die Zusage gegeben habe, daß seine Bitte einst werde erfüllt werden; bis dahin aber sei die Seele des Übeltäters - und jedes anderen Entschlafenen - in dem Zustande des Schlafes. Wenn letzteres wahr wäre, müßten freilich die Worte des Herrn Jesus dementsprechend lauten; aber außer dem Grunde, durch obenerwähnte Verstellung der Worte ein Hindernis für jene Lehre aus dem Wege zu räumen, ist unmöglich eine vernünftige Ursache für die von diesen Leuten behauptete Vorstellung zu entdecken. Nein, das Wort Gottes lehrt nicht den Seelenschlaf, sondern das Gegenteil. Von dem reichen Mann und dem armen Lazarus in Lukas 16 lesen wir, daß der arme Lazarus vor den Engeln in Abrahams Schoß getragen wurde und der reiche Mann seine Augen in dem Hades aufschlug, als er in Qualen war. Ist das Seelenschlaf? Keineswegs! Und für Kinder Gottes ist es köstlich zu wissen, daß sie beim HErrn sind von dem Augenblick an, wo ihr Erdenlauf zu Ende ist, wie das Wort Gottes in der den Gegenstand dieser Betrachtung bildenden Stelle Luk. 23,43 sowie in 2. Kor. 5,6-8

und Phil. 1,23 einfach, klar und bestimmt sagt. Nur der Leib, „die Hütte“, „das Verwesliche“, wird in die Erde gelegt, aber Geist und Seele gehen zum HErrn, wo es „weit besser“ ist, um einst in der Auferstehung einen Herrlichkeitsleib zu empfangen (1. Kor. 15,35-55).

Weiter sagen uns die erwähnten Worte des Herrn Jesus zugleich auch, wohin der Herr Jesus vom Kreuze ging. Viele Menschen - darunter auch Kinder Gottes - haben die Vorstellung, der Herr Jesus sei vom Kreuze „hinabgefahren in die Hölle“. Aber was hätte dies für einen Zweck gehabt? Zu leiden? Nein, denn Er sagte: „Es ist vollbracht“ (Joh. 19,30). Den Abgeschiedenen das Evangelium zu verkünden? Letzteres meint man aus 1. Petr. 3,18-20 und 4,6 schließen zu müssen, aber mit Unrecht, denn diese Schriftstellen - in richtiger Übersetzung - sagen nicht, daß den Abgeschiedenen „im Gefängnis“ gepredigt und im Totenreich gute Botschaft verkündigt worden sei, sondern setzen voraus, daß der Leser Gottes Gedanken über diesen Gegenstand kennt und daher weiß, daß ihnen gepredigt und gute Botschaft verkündigt worden ist, als sie im Leibe auf der Erde lebten. Daß nur dieses zutrifft und den Menschen nach ihrem Abscheiden aus diesem Erdenleben keine Gelegenheit mehr zur Bekehrung und Errettung gegeben ist, sehen wir deutlich aus Luk. 16,19-31; Joh. 5,29; Hebr. 9,27 und anderen Stellen des Wortes Gottes. Die Annahme, der Herr Jesus sei bei Seinem Tode „hinabgefahren in die Hölle“, ist also ganz unbegründet, vielmehr zeigen Seine Worte zu dem Übeltäter wie auch Seine Worte in demselben Kapitel V. 46, daß Er vom Kreuze zum Vater, in die Herrlichkeit ging.

Die Worte des Herrn Jesus zu dem Übeltäter haben letzteren sicherlich sehr glücklich gemacht; sie haben aber auch auf unser Herz dieselbe Wirkung, wenn wir ihren kostbaren Inhalt ein wenig verstehen.

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu dieser ernsten Frage war außer diesen klaren Antworten noch eine Antwort Eingegangen, die aufzunehmen ich keine innere Freiheit hatte, da sie ganz und gar im Sinne der adventistischen Irrtümer gehalten ist. Möchte jener Einsender, dem ich im übrigen für seine Mitarbeit gern zu danken bereit bin, sich belehren und seine Irrtümer fahren lassen, die in keiner Hinsicht dem Sinn der Schrift gerecht werden, die vielmehr die klaren Worte des HErrn verdunkeln. Es ist überhaupt ernst und traurig, daß so viele teure Kinder Gottes an dem Wort des HErrn deuteln, statt es zu nehmen, wie es dasteht.

Wie viele lesen in diese Stelle ein Hinabgefahrensein des HErrn in den Scheol oder Hades (Totenreich), um dort den Toten zu predigen, hinein, während doch das Wort deutlich genug sagt: „im Paradiese“, nicht „im Hades“! Mag bis zur Auferstehung des HErrn das Paradies gleichbedeutend mit „Abrahams Schoß“ in Luk. 16 als die Scheol-(Hades-)Abteilung der Seligen anzusehen sein (vgl. hierzu Frage 39 in Bd. II), so ist doch mit keinem Worte gesagt, daß der HErr in den Hades gegangen sei, sondern in das Paradies. Und wenn auch, nochmals sei's gesagt, das Paradies eine Abteilung des Hades war und Er also, um ins Paradies zu gelangen, in den Hades gehen mußte - es steht nicht so da, und darum, teure Geschwister, haben wir kein Recht, solche Folgerungen zu machen. Er ging ins Paradies, und der Schächer sollte „heute“ mit Ihm dort sein. Aus Luk. 23,46 und Joh. 19,30 aber wissen wir, daß Er Seinen Geist in des Vaters Hände übergab, während Sein Leib in Josephs Grabhöhle gelegt ward, also ist es zum mindesten zweifelhaft, ob das Paradies nach dem leiblichen Tode des HErrn noch eine Hadesabteilung war! Vielleicht war - ich behaupte das aber nicht - nicht erst mit der Auferstehung des HErrn, sondern schon mit dem vollbrachten Werk („Es ist vollbracht“) auch das Paradies, das wir in 2. Kor. 12,2.3 gleichbedeutend mit dem „dritten Himmel“ sehen, schon aus dem unvollkommenen Stande als Abteilung des Hades versetzt worden in die unmittelbare Nähe und Gemeinschaft Gottes, des Vaters, so daß der Schächer der erste Mensch war, der nach Christus in die Neuordnung der Dinge einging. Der Herr Jesus ging dem Geiste nach sofort nach dem Tode zum Vater - hiergegen spricht natürlich nicht Joh. 20,17, wo es sich um ganz andere Dinge handelt, vgl. Frg. 4, Bd. 7! -, nicht aber in die Unterwelt, um dort Evangelium zu verkündigen! Letztere, m. E. ganz irrtümliche Auffassung wird gefolgert aus Ps. 68,18 mit Eph. 4,8.9, einer Stelle, die doch nur einfach bezeugt, daß Er „in das Untere der Erde“ herabbestiegen ist, worunter m. E. überhaupt die unteren Regionen, d. i. die Erde selbst und das Grab in ihr zu verstehen ist. Auch auf 1. Petr. 3,19.20 sowie 4,6 wird verwiesen, um jene Meinung zu stützen. Ich kann darauf hier nicht eingehen, in Frg. 41, Bd. 1 (auch oben in Antw. C) ist ausführlich über diese Dinge geschrieben worden. Warum

bringen wir Gläubigen von heute, die wir doch zumeist längst die Hohlheit der kirchlichen Überlieferungen eingesehen haben, diese alten katholischen Irrtümer nur immer wieder ans Licht? Sehen wir denn nicht, wie sehr damit dem Teufel und seinen Zwecken gedient wird, indem auf diese Weise immer wieder die Irrlehre Nahrung bekommt, daß es noch Möglichkeiten der Bekehrung nach dem Tode gäbe?! Nein und abermals nein, „nach dem Tode das Gericht“. Andererseits lehnt die Schrift mit diesem und anderen Worten ebenso klar auch die adventistische Seelenschlafslehre ab. Die Lehrer dieses Irrtums wagen sogar, von dem Herrn Jesus zu behaupten, daß Er nach dem Tode im Seelenschlaf gelegen habe!

Es bleibt noch übrig, mit einigen Worten die ebenso schriftwidrige wie törichte Lehre zu beleuchten, die ebenfalls oben in Antwort A und Cschon abgelehnt ist, nämlich die, daß der HErr gesagt habe: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir heute: usw.“. Dieser Irrtum ist erwachsen aus jenem des Seelenschlafs, der sich auf mißverstandene Stellen des Alten Testaments gründet. Da tatsächlich keine Satzzeichen im Urtext waren, so ist den Menschenmeinungen Tor und Tür geöffnet, und ein Fehler zieht dann leicht andere nach sich. Dieser Irrtum mit dem „Heute“

ist schon viele Jahrhunderte alt, die Adventisten u. a. haben ihn nur wieder aufgefrischt, nicht etwa erfunden! Seit der Reformation ist gegen diesen Irrtum gekämpft worden, doch immer wieder taucht er auf, aber satanisches Unkraut wächst nur bis zur Ernte! Denen, die sich helfen lassen wollen, möchte ich die Aufgabe stellen, die Evangelien fleißig zu durchsuchen, ob sie auch nur eine einzige Stelle finden, wo eine der vielen feierlichen Ankündigungen des Herrn Jesu, die Er einleitet mit „wahrlich, wahrlich, Ich sage dir“, den nicht nur unnötigen, sondern sehr abschwächenden Zusatz des „Heute“ aufweist! Was man sagt, sagt man eben heute, das versteht sich von selbst. Es hätte nur danneinen Sinn, wenn das Heute-Sagen zu einem Gestern- oder Früher-Gesagthaben in Beziehung stünde. Aber gestern konnte Er es ihm noch nicht gesagt haben, da gestern zwischen Ihm und dem Räuber noch keinerlei Beziehungen bestanden. Was aber sollte die Betonung eines „Heute“, das keine Beziehung zu einem Gestern hatte, während das Morgen schon der zeitlosen Ewigkeit angehörte?! Wieviel köstlicher ist die Verheißung des HErrn, die weit die Hoffnungen des Räubers überstieg! Nicht erst, wenn Ich in Meinem Reiche komme, sondern schon heute wirst du mit Mir sein, und zwar im Paradiese! Aber wenn man von falschen Voraussetzungen über letzteres sowie über den Zustand nach dem leiblichen Tode ausgeht, dann ist einem das „Heute“ dort, wo wir es richtig lesen, unbequem, da muß jene sinnlose Lesart angewandt werden, die das Wort des HErrn seiner Kraft, Schönheit und Kostbarkeit entleert und Seine Liebesabsichten verdreht.

Lieber Leser, wohin möchtest du, wenn du heute deine Augen für diese Welt schließen darfst? Möchtest du wie Paulus „bei Christo“ sein (Phil. 1,23) - wie Stephanus deinen Geist in des Herrn Jesus Hand geben (Apgesch. 7,59) und einheimisch bei dem HErrn sein nach 2. Kor. 5? (Vgl. Antw. C!) Siehe, alles dies sind nur verschiedene Ausdrücke für dieselbe Sache, die auch des Räubers seliges Teil ward durch die Gnade des HErrn, der an jenem „Heute“ das große Erlösungswerk vollbrachte. Oder möchtest du dem Seelenschlaf anheimfallen? Aber irre dich ja nicht: Es gibt ja keinen Seelenschlaf! Aber es gibt ein herrliches: „bei-dem-HErrn-Sein-allezeit“!Zu Ihm! ist unser

herrliches Ziel; dieses Ziel anschauend, laßt uns alles, was dahinten ist, vergessen und vorwärts eilen, Ihm entgegen! (Phil. 3.)

Frage 18

Handelt es sich in Luk. 7,36-50 um die gleiche Begebenheit, wie in Joh. 12,1-8 (vgl. Mark. 14,3-9 u. Matth. 26,6-13) berichtet wird?

Antwort A

Aller Wahrscheinlichkeit nach, ja! sowohl in Mark. 14 als auch in Luk. 7 fand das Mahl im Hause des Simon statt (Mark. 14,3; Luk. 7,40), während in Joh. 12,7 und Mark. 14,8der Zweck dieser Handlung von unserem HErrn Selbst bekannt gegeben wird und ein und derselbe ist. In den verschiedenen Evangelien wird diese Tat eben von verschiedenen Seiten behandelt, in verschiedenem Lichte gezeigt und gegenseitig ergänzt.

J. K.

Antwort B

Luk. 7 ist weder die Maria Magdalena, von der uns Mark. 15,40 und Mark. 16,9 sowie Joh. 20,1 erzählt wird, die ihren Namen aus ihrem Heimatsort Magdala am See Genezareth hatte, noch Maria von Bethanien, die Schwester des Lazarus, deren Salbung uns Joh. 12,1-8 und Matth. 26,6-13, auch Mark. 14,3-9, berichtet, gemeint. Sondern Luk. 7 erzählt von der großen Sünderin, deren Namen nie genannt wird. Die Verwechselung der beiden ganz verschiedenen und zu ganz verschiedenen Zeiten erfolgten Salbungen erklärt sich daraus, daß beide im Hause eines Simon geschehen sind. Die der großen Sünderin (Luk. 7) im Hause des Pharisäers Simon, die der Maria von Bethanien dagegen (Joh. 12) im Hause des Simon des Aussätzigen. Das erfahren wir aus Matth. 26,6 und Mark. 14,3.

S. E. H.

Antwort C

Luk. 7,36-50 und Joh. 12,1-8 (Mark. 14,3-9; Matth. 26,6-13) können nicht die gleiche Begebenheit berichten aus folgenden Gründen:

1. Zeit: Nehmen wir an, daß der Todestag Jesu (nach einer wissenschaftlichen Berechnung) am 14. Nisan, d. i. am Freitag, den 6. April im Jahre 30 nach Christi Geburt stattfand, so fand die Salbung Jesu durch Maria in Bethanien am 31. März 30 statt, dagegen die Salbung durch die Sünderin (ohne Namen!) fand ungefähr ein Jahr früher im April 29 nach Christi statt. Ob die Sünderin Maria Magdalena war, die Luk. 8,2 zu den Weibern gehörte, welche Jesu nachfolgten und Ihm vor ihrer Habe Handreichung boten, das kann bestritten, aber kann vielleicht auch angenommen werden, da

diese Maria eigentlich Maria von Magdala (daher „Magdalena“) genannt wird, also einem Ort in Galiläa, wo der Herr Jesus dem Zusammenhang nach bei Lukas in dieser Zeit wirkte.

2. Damit sind wir auch an den Ort gekommen, der in Luk. 7 in Galiläa, in Joh. 12,1ff. (u. parall.) in Bethanien bei Jerusalem, also in Judäa zu suchen ist. Daß der Pharisäer in Galiläa gerade Simon hieß und die Salbung in Bethanien im Hause Simons stattfand, ist kein Grund zur Annahme, daß dies die gleiche Begebenheit wäre. Der Name Simon ist ein in Israel häufiger Name, der Apostel Petrus hieß auch Simon. Hier sind aber die Namen noch unterschieden, indem der Simon zu Bethanien als aussätzig gewesen und jedenfalls von Jesu geheilt worden bezeichnet wird. Dieser war ein Freund des Herrn Jesus, jener aber in Luk. 7 ein Feind, wenigstens ein Kritiker oder gar ein Fallensteller für den HErrn, denn er scheint Ihn zu dem Zweck eingeladen zu haben, Ihn in eine Falle zu locken.

3. Die Umstände der Salbung sprechen auch dafür, daß hier zwei verschiedene Begebenheiten vorliegen. Die Sünderin salbte nur Jesu Füße und trocknete ihre Tränen mit ihren Haaren zuvor ab; Maria in Bethanien, die Schwester des Lazarus und der Martha (vgl. Luk. 10,38-42; Joh. 11,5), salbte das Haupt (Matth. 26,7; Mark. 14,3) und die Füße Jesu (Joh. 12,3).

Daß beide die Füße Jesu mit ihrem Haar abtrockneten, scheint ein Notbehelf in Ermangelung eines Tuches zu sein, oder aber es ist eine höchste Ehrenbezeugung, aber auch eine orientalische Sitte.

Der Hauptbeweggrund beider Salbungen ist die reine unverfälschte Liebe zu dem Herrn Jesus, welche von dem Herrn Jesus anerkannt und gewürdigt wurde, bei der Sünderin durch die Versicherung der Sündenvergebung, bei Maria in Bethanien durch die Anerkennung ihres prophetischen Sinnes (vgl. Offb. Joh. 19,10), und des bleibenden Denkmals ihrer Tat (Matth. 26,12.13; Mark. 14,8.9).

F. Th. H.

Antwort D

Es handelt sich nicht um die gleiche Begebenheit. Wie aus Luk. 7,37 hervorgeht, war es eine Stadt (wahrscheinlich Kapernaum), in welcher die Sünderin zu Jesu kam in das Haus des Pharisäers Simon, während in Joh. 12,1-8 (vgl. Mark. 14,3-9) Bethanien, ein Dorf in der Höhe Jerusalems, als Schauplatz ausdrücklich genannt wird (Joh. 12,1; Mark. 14,3), in welchem Lazarus, der Gestorbene, war, welchen Jesus aus den Toten auferweckt hatte.

In Luk. 7,38 wird uns ein Weib, weinend, zu den Füßen Jesu stehend, gezeigt, welches sich nach Vergebung ihrer Sünde sehnt, in Joh. 12,3 kommt Maria, die Schwester des Lazarus, um dem HErrn aus Dankbarkeit eine Huldigung, ein Dankopfer darzubringen. Es handelt sich in Luk. 7,36-50 gewissermaßen um ein Sündopfer, in Joh. 12,1-8 und Mark. 14,3-9 um ein Dankopfer. Die Sünderin in Luk. 7,36-50 suchte Jesum, Maria hatte ihn gefunden.

P.

[i]



[i][i][i] Anmerkung des Schriftleiters

Sicher wird jeder Leser sich freuen über die klaren Antworten B bis D, während die kurze Antwort A nur veröffentlicht ist als Beweis dafür, daß es tatsächlich Gläubige (und zwar häufiger als man denkt) gibt, die jene beiden grundverschiedenen Begebenheiten verwechseln. Das ist eigentlich schmerzlich, denn wenn solche, die den Heiligen Geist haben, Geschichten mit derartigen Verschiedenheiten einander gleichstellen, wie und womit können sie dann überhaupt noch die Glaubwürdigkeit der Schrift beweisen, sobald sie einmal mit wirklichen Kritikern zu tun haben?

Und von Bibelkritikern, freisinnigen Theologen und Genossen hauptsächlich stammt auch die schon seit langem behauptete Identität (Gleichsetzung) beider Ereignisse, also der Geschichte Luk. 7,36-50 einerseits und der in Matth. 26,6-13; Mark. 14,3-9 und Joh. 12,1-8 berichteten Begebenheit anderseits. Von Bibelkritikern, die dem Herrn Jesus, dem Sohne Gottes und dem vollkommenen Menschen, das Recht streitig machen, sich bei verschiedenen Anlässen gleicher oder ähnlicher Ausdrücke zu bedienen. Tun wir Menschen das nie? Können wir nicht etwa bei einem Krankenbesuch ähnliche Worte gebrauchen wie vielleicht kurz vorher bei einem Beileidsbesuch in einem Trauerhause?! Werden die Geschichten des Herrn Jesus geringwertiger, wenn Er, der Mund der Wahrheit, ähnliche oder gleiche Worte gebraucht oder wenn die Schrift gleiche Ausdrücke anwendet bei zwei verschiedenen Gelegenheiten? Ich meine, sie werden wertvoller dadurch, sie regen umsomehr zum Vergleichen an. Ich möchte hier hinweisen auf die zwei verschiedenen und so ähnlichen Speisungswunder (der 5000 und der 4000); wie gerne wirft eine bibelkritische ungläubige Theologie diese Ereignisse zusammen! Ja, ihr ist die Ausführlichkeit der Evangelien ein Dorn im Auge, je kürzer, desto besser; mit sehenden Augen sehen sie und verstehen nichts! -

Noch ein paar Worte zum Vergleich jener beiden Geschichten. Ist es ganz belanglos, daß „der Pharisäer Simon“ und „Simon, der Aussätzige“ genannt werden? Ein Pharisäer mochte, tatsächlich oder geistlich verstanden, aussätzig sein, aber ein Aussätziger, der vom HErrn geheilt war, wurde niemals ein Pharisäer!! Im Neuen Testament werden neun Personen mit Namen Simon genannt. Dieser Name - neben Judas - war wohl der häufigste zur Zeit des HErrn. Der Zeitgenosse Jesu, der jüdische Schriftsteller Josephus, führt in seinen Schriften etwa 20 Simon an! Also der gleiche Name bietet keinen Beweis, da der Name beide Male durch Zusatz so klar unterschieden ist. Und wieviel sonstige Verschiedenheiten sind vorhanden! In Luk. 7 liegt das Hauptgewicht im Benetzen der Füße mit Tränen, im Weinen und Küssen; in Bethanien ist davon gar nicht die Rede. Spräche es für die Glaubwürdigkeit der biblischen Begebenheiten, wenn Jesu Füße das eine Mal mit Tränen benetzt und das andere Mal mit Salbe gesalbt werden und beides die gleiche Sache „von verschiedenen Seiten behandelt“ (Antwort A) darstellte? Welches wären denn da die verschiedenen Seiten? O, daß wir gründlicher die Schrift läsen! Ich will nicht noch einmal die in obigen Antworten genannten Punkte berühren, sondern nur noch nicht genannte betonen. Eine sehr bedeutsame Verschiedenheit, die auch durchaus nicht mit verschiedenen Seiten derselben Sache erklärt werden kann, liegt in der beiderseitigen Wirkung der Tat auf die übrigen, die Zuschauer: In Luk. 7 gibt nur die Anrüchigkeit der

Frau Anlaß („eine Sünderin!“ Paßt das etwa auf Maria nach der Schrift?) zum tadelnden Einspruch, und zwar wessen? des Gastgebers Simon! Dagegen in Joh. 12 (und Mark. 14), in Bethanien (der Ort ist genannt, in Luk. 7 aber ist keiner genannt!), aber ist es der ungeheure Wert der Salbe, die „verschwendet“ sei, der Anstoß gibt zur Rüge, aber wessen? etwa des Gastgebers? nein, sondern eines Jüngers (vor allem, der vielleicht die anderen mit sich riß, Matth. 26,8), nämlich des Judas Iskarioths. Ist das alles dasselbe?! Doch wohl nicht! Die ziemlich geringen Verschiedenheiten in den drei Berichten über die Salbung in Bethanien lassen sich recht gut als von „verschiedenen Seiten aus gesehen“ erklären, aber die Gegensätze zwischen der Salbung im Hause Simons des Aussaugen und der Benetzung im Hause Simons des Pharisäers nimmermehr, sondern sie zeigen zwei in ihrer Bedeutung, ihren Personen, ihren Folgen, ihrem Ort, ihren Einzelheiten der Tat, ihrer Zeit usw. völlig verschiedene Begebenheiten aus dem Leben unseres geliebten HErrn, der aber, mögen die Verschiedenheiten noch so gewaltig sein, doch überall der Mittelpunkt sowie der Beweggrund zur Liebe derer ist, die Er zuerst geliebt hat. Möchten wir uns freuen der kostbaren Gelegenheiten, Ihn hier wie da in allen möglichen Lagen und Verhältnissen als „denselben“ zu betrachten! Welch' Gewinn gibt das für uns! Ihm sei Preis und Ehre und Lob!

Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit!“ Hebr. 13,8.

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 174.)

Nun noch ein Wort über die „zerteilten Zungen, wie von Feuer“. Manche haben in diesen Worten die von Johannes dem Täufer angezeigte

Taufe mit Feuer

erblickt. Solche meinen, der Gläubige empfange durch die Taufe mit Feuer in geheimnisvoller Weise eine besondere Zubereitung und Ausrüstung für den Dienst, und daß dadurch die alte Natur und die in uns wohnende Sünde verzehrt werde.

Prüft man aber solche Anschauungen an der Schrift, so muß man feststellen, daß die Schrift solches weder lehrt, noch uns den geringsten Anhalt gibt, das Pfingsttagsereignis als eine „Feuertaufe“ zu bezeichnen. Es ist so schmerzlich zu sehen, wie oft nur auf den Gleichklang von Worten hin unbesonnene Lehren und Anschauungen entstehen, die die Schrift nicht kennt.

Die Tatsache schon, daß niemals der HErr und nie die Apostel ein Wort von der Taufe mit Feuer reden, sollte den Vertretern solcher Ansichten etwas sagen. Nur Johannes der Täufer, als er seine Botschaft an Israel ausrichtete, spricht von der Taufe mit Feuer: „Er wird euch mit Heiligem Geist und mit Feuer taufen“. (Matth. 3,11; Luk. 3,16.)

Als der HErr nach Seiner Auferstehung zu Seinen Jüngern von der Taufe Johannes sprach, wie nahe lag es da, ihnen zu sagen: „Ihr werdet mit Heiligem Geiste und mit Feuer getauft werden“; aber Er sagt nur: „Ihr werdet mit Heiligem Geiste getauft werden“ und fügt den Nachsatz „und mit Feuer“ nicht hinzu (Apgesch. 1,5).

Ebenso Petrus. Auch er läßt, als er auf dieses Wort in Apgesch. 11,16 Bezug nimmt, die Worte „und mit Feuer“ fehlen. Wenn die Jünger am Pfingsttage mit Feuer getauft wären, würde nicht Petrus eine solch wichtige Sache erwähnt haben, als er diese Worte anführte? Oder würden wir nicht irgendwo in der Schrift eine Erwähnung der Taufe mit Feuer finden?

Wenn weder der Herr noch die Apostel die Taufe mit Heiligem Geiste mit der Taufe mit Feuer verbinden, welches Recht haben wir, es zu tun? Dies schon sollte genügen, die Taufe mit Heiligem Geiste und die Taufe mit Feuer nicht als etwas Gleichbedeutendes anzusehen. Es sind

zwei ganz verschiedene Ereignisse.Aber keineswegs zwei Ausdrücke für eine Sache. Die Taufe mit Heiligem Geiste hat ihre Erfüllung am Pfingsttage gefunden, aber die Taufe mit Feuer ist noch zukünftig. Sie bedeutet das Feuer des Gerichts, welches über die Verwerfer der Gnade kommen wird.

Laßt uns die Worte Johannes des Täufers in ihrem Zusammenhange betrachten.

Zuvor aber wollen wir uns aus der Schrift noch sagen lassen, daß, als Johannes Buße predigte und mit der Taufe der Buße taufte, es zu dem Zweck geschah, damit Israel seinen Messias erkennen und aufnehmen möchte. (Joh. 1,31.)

Nun kommen wir zu unserer in Frage stehenden Stelle (Matth. 3,11.12; Luk. 3,15-18). Wir sehen aus Vers 11, wie Johannes von seiner Taufe aus hinweist auf die Taufen, mit welchen der „Nach-ihm-Kommende“ sie taufen würde. Die Taufe Johannes war keine bedeutungslose Sache für sie; sie hatte Beziehung zu den Taufen, mit welchen der „Nach-ihm-Kommende“ sie taufen würde. Von der Annahme oder Verwerfung seiner Taufe hing es ab, mit welcher Taufe sie von Ihm getauft würden: ob mit dem Heiligen Geiste zu ihrem Segen, oder mit Feuer zu ihrem Gericht. Die, welche sich taufen ließen, rechtfertigten Gott in Seiner Forderung der Buße; und die sich nicht taufen ließen, machten den Ratschluß der Gnade Gottes für sich selbst wirkungslos und brachten das Gericht über sich. (Luk.

7,29.30). Denn mit der Annahme oder Verwerfung seiner Taufe hing natürlich die Annahme oder Verwerfung Christi zusammen. Die einen waren Weizen, die anderen Spreu. Und was Johannes mit der Feuertaufe meint, das erklärt er im Zusammenhange selbst: „Die Spreu wird Er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer“ (V. 12).

Wie gesagt, manche haben gemeint, die Taufe mit Feuer sei mit Segnungen und Kraftwirkungen verbunden. Aber ist es nicht töricht, den Zusammenhang des Wortes außer acht zu lassen und Feuer im 11. Verse als Segen und Feuer im 12. Verse als Gericht auszulegen? Feuer hat keine andere Kraft, als zu verzehren. Durch die ganze Schrift finden wir Feuer als das Symbol des Gerichtes und des Verzehrenden. Denken wir nur an die Worte des HErrn: „Es ist besser, als Krüppel in das Leben einzugehen, als mit zwei Händen in die Hölle hinabzufahren in das unauslöschliche Feuer“ (Mark. 9,43-48). Und Paulus sagt, daß der Herr Jesus vom Himmel kommt „mit den Engeln Seiner Macht in flammendem Feuer, wenn Er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen; welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben usw.“(2. Thess. 1,7-9; vergl. auch Hebr. 10,27; 12,29.)

Und so auch heute noch - alle, welche in Buße und Glauben den HErrn angenommen haben, haben teil an der am Pfingsttage geschehenen Taufe mit Heiligem Geiste. Für die aber, welche das göttliche Zeugnis verwerfen, bleibt nur noch die Taufe mit Feuer.

Johannes sah diese beiden Taufen weissagend zuvor und er bezeugte mit Nachdruck, daß der, der sie ausführen werde, bereits mitten unter ihnen stehe. (Joh. 1,26.)

Der lange Zeitraum,

der zwischen diesen zwei Taufen lag, mochte den Blicken Johannes des Täufers verborgen sein, wie es den Propheten des Alten Bundes verborgen war, daß das „Jahr des Heils“ und der „Tag der Rache“ durch einen langen Zeitraum voneinander getrennt sein würden und daß sie ein erstes und ein zweites Kommen Christi in sich schlossen. Sie ahnten nichts von diesem dazwischen liegenden Zeitraum und noch weniger davon, daß in diesem Zeitraume der herrliche Plan Gottes - die Sammlung Seiner Gemeinde zur Ausführung kommen würde.

Was wußte Jesaja davon, als er schrieb: „Der Geist des HErrn ist auf mir ... um auszurufen das Jahr der Annehmung Jehovas und den Tag der Rache unseres Gottes ...“ (Jes. 61,1-3), daß zwischen diesem mit einem „und“ verbundenen „Jahr des Heils“ und „Tag der Rache“ (ebenso wie bei der mit einem „und“ verbundenen „Taufe mit Heiligem Geiste“ und „mit Feuer“) ein Zwischenraum von bald 2000 Jahren liegen würde?

In Nazareth schlug der HErr absichtlich diese Stelle auf, die Er erklären wollte. Und als er sie „fand“, da zog Er die Scheidung zwischen diesen durch ein „und“ in einem Satze eng verbundenen zwei Ereignissen. Er las die Stelle vor, aber nur bis zum „Jahr der Annehmung des HErrn“. Dann schloß Er das Buch und erklärte, daß diese Worte, soweit Er sie vorgelesen und sie sie mit ihren Ohren gehört

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Luk. 4,16-21 ist eine sehr beachtenswerte Stelle.

hatten, erfüllt seien (Luk. 4,21). Mit Vorsatz, wohl überlegt, schloß er das Buch vor dem Nachsatz: „Und den Tag der Rache unseres Gottes“. Dieser Tag liegt noch wie die von Johannes angekündigte „Taufe mit Feuer“ in der Zukunft. Wenn der HErr das mit sieben Siegeln versiegelte Buch in Seine Hand nehmen wird, dann wird dieser Tag des Zorns seinen Anfang nehmen. (Offb. 5,1-7; 6,1.)1 Er nimmt das ungeöffnete Buch, öffnet es und erklärt den Anbruch des Jahres der Annehmung. Dann schließt Er das Buch (welches in der Fortsetzung den „Tag der Rache“ enthielt) und übergibt es wieder dem Diener. Dann „setzt“ Er sich, und die Augen aller werden auf Ihn gerichtet.

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Luk. 4,16-21 ist eine sehr beachtenswerte Stelle.

Ein tiefer, tiefer Sinn liegt in dieser Stelle. Er ist es, der die Schriften öffnet; und Er ist es, der den Tag der Gnade anzeigt und mit Worten der Gnade beginnt, so daß der Mensch sich verwundert (Vers 22). Dieses Buch mit dem geöffneten Tag der Gnade legt Er in die Hand des „Dieners“. Dann setzt Er Sich zur Rechten der Majestät in der Höhe, und alle Augen wenden sich Ihm zu.

Verstehen wir, daß wir in Seiner Person den Schlüssel für das Verständnis der Schrift haben? Haben wir es erfaßt, daß wir an dem Tage der Gnade sind? Wissen wir uns als „Diener“, in deren Hand Er das Buch mit dem geöffneten Gnadentag gelegt hat? Was ist es für uns, daß Er zur Rechten Gottes sitzt?

Sind unsere Augen auf Ihn gerichtet? Die Welt schaue nach Menschen und großen Ereignissen aus; unsere Augen aber schauen nach Ihm aus. Das nächste große Ereignis, das wir erwarten, kommt vom Himmel. In Offb. 5 sehen wir, wie Er wieder das Buch in die Hand nimmt. Aber nicht aus der Hand des „Dieners“, sondern aus der Hand dessen, der auf dem Throne sitzt, und zwar nicht auf dem Throne, von dem So finden wir in der Schrift oft Dinge und Ereignisse eng in einem Satze zusammengefügt, zwischen welchen aber lange Zeiträume liegen, ohne daß diese uns genannt werden. So ist es auch mit der Taufe mit Heiligem Geist und mit der Taufe mit Feuer. (Vergl. Joh. 5,29; 2. Tim. 4,1.) Bald 2000 Jahre sind vergangen, seitdem die Taufe mit Heiligem Geiste stattfand. Die Taufe mit Feuer aber hat noch nicht stattgefunden. Wenn sie stattfindet, dann hat die gegenwärtige Zeitperiode, in der die Gemeinde Gottes gesammelt wird, ihr Ende gefunden und der Tag des Zornes ist angebrochen.

Manche Kinder Gottes bitten töricht, daß der HErr ihnen die Feuertaufe möge zuteil werden lassen, wie es auch in einem Liede heißt: „O tauf' mit Feuer mich“, und wissen nicht, daß sie damit das Gericht und den Feuereifer Gottes über sich erbitten.

Vergleichen wir noch einmal kurz Matth. 3,11 mit Apg. 2,3. In der ersten Stelle wird geredet vom „Getauftwerden“ mit „Feuer“, in der anderen vom „Erscheinen“ zerteilter Zungen, und zwar nicht Zungen von Feuer, sondern vergleichsweise „wie von Feuer“. Besteht da nicht ein gewaltiger Unterschied zwischen einem „Getauft werden mit Feuer“ und einem „Erscheinen von Zungen wie von Feuer“?

Wer den dritten Vers von Apg. Kap. 2 mit Nachdenken liest, sieht sofort, daß das, was der Heilige Geist vor unser Auge stellen will, die Zungen sind, und weiter, daß diese ohne Unterschied sich auf

jeden Einzelnen setzten; aber nicht stellt Er in den Vordergrund die vergleichende Beschreibung der Zungen, daß sie „wie von Feuer“ waren. Welchen Zusammenhang aber hat der Nachsatz „wie von Feuer“ mit der von Johannes erwähnten „Taufe mit Feuer“?

Weisen uns die Zungen, statt auf die Taufe mit Feuer, nicht vielmehr hin auf das Zeugnis, welches durch die Jünger vollführt werden sollte? Daß diese Zungen „zerteilt“ waren, dürfte uns vielleicht ein Hinweis sein, daß das Zeug-

Gnade abgeht, sondern auf dem Throne, von dem Blitze, Stimmen und Donner ausgehen. Alsdann folgt die Fortsetzung der durch Jesaja niedergeschriebenen Worte „und der Tag der Rache“ usw. Welche Umwälzungen werden dann auf dieser Erde stattfinden, wenn Er durch Gerichte Sein Erbe reinigt und zubereitet für den Tag Seiner Herrschaft!

nis der Gnade nicht länger auf Israel beschränkt, sondern in allen Sprachen und Zungen den Menschen gebracht werden soll; und daß sie „wie von Feuer“ waren, dürfte uns die Wirkung des Zeugnisses Gottes zeigen, wie es gleich dem Feuer alles offenbart und richtet, was der Heiligkeit Gottes entgegen ist.

Wie einfach ist der göttliche Bericht in Apg. 2. Einerseits wurde das ganze Haus mit dem Heiligen Geist erfüllt und somit wurden, die im Hause waren, alle in dem Heiligen Geiste getauft, zu einem Leibe vereint, und andererseits, als der Heilige Geist in den Zungen Sich auf jeden Einzelnen niederließ, empfingen alle ohne Unterschied die Gabe des Heiligen Geistes, durch welche sie befähigt wurden, Seine Zeugen in dieser Welt zu sein. (S. Seite 124-126.)

Dann wird uns berichtet, daß sie alle mit Heiligem Geist erfüllt wurden und anfingen, das Zeugnis der Gnade Gottes zu verkündigen, „wie der Geist ihnen gab auszusprechen“ (Apg. 2,4). Das

Erfüllt-werden mit Heiligem Geiste

ist nicht eine Sache, die ein für allemal geschieht, sondern die sich wiederholt in den Erfahrungen des Lebens für den HErrn. Es darf auch nicht verwechselt werden mit der Taufe in Heiligem Geiste oder mit der Gabe des Heiligen Geistes. Wir können ermahnt werden: „Werdet mit dem Geiste erfüllt!“ (Eph. 5,18.) Aber wir können nicht ermahnt werden: Werdet mit dem Heiligen Geiste getauft, begabt oder versiegelt! Dieses können wir nicht wirken. Das Erfülltwerden aber hängt mit unserer Hingabe für den HErrn und mit unserem täglichen Glaubens- und Gehorsamsleben zusammen.

„Erfüllt-werden“ mit Heiligem Geiste finden wir nicht erst von Pfingsten ab, als der Heilige Geist in den Gläubigen Wohnung machte. Es fand schon in den frühesten Zeiten statt und ist durchaus kein Teil oder Zubehör zur Taufe oder Gabe des Heiligen Geistes und ist deshalb auch nicht gleichbedeutend mit dem „Wohnen“ des Heiligen Geistes in uns, wie etliche gemeint haben, daß das Wohnung-machen des Heiligen Geistes in einem Menschen das Erfüllt-werden sei.

Das „In-uns-wohnen“ des Heiligen Geistes unterscheidet die Gläubigen der Jetztzeit von den

Gläubigen des Alten Bundes. (S. Seite 23.) Aber obgleich nach Pfingsten der Heilige Geist in den Gläubigen Wohnung gemacht hatte, wurden sie doch noch erfüllt mit dem Heiligen Geiste, und andererseits sehen wir auch, obgleich der Heilige Geist in den Gläubigen des Alten Bundes nicht „wohnte“, wurden doch auch sie „erfüllt“ mit Heiligem Geiste.

So finden wir vor Pfingsten Bezaleel, daß er mit Heiligem Geiste erfüllt war, um in Seiner Kraft die ihm anvertrauten Arbeiten an der Stiftshütte zu vollenden. (2. Mose 31,23; 35,31.) Elisabeth wurde mit Heiligem Geiste erfüllt, in Seiner Freude zu lobpreisen, und Zacharias, um zu weissagen. (Luk. 1,41.67.)

So auch nach Pfinsten. Die Jünger, in denen der Heilige Geist Wohnung gemacht hatte, wurden mit dem Heiligen Geiste erfüllt, das Zeugnis der Gnade Gottes zu verkünden. (Apg. 2,4.) Petrus wurde etwas später wieder erfüllt, in der Stunde der Verfolgung den Namen des HErrn zu verherrlichen. Wieder ein wenig danach wurde die ganze Schar erfüllt, in Seiner Kraft, ohne Furcht und mit Freimütigkeit das Wort zu reden. (Apg. 4,31.) Weiter lesen wir von Saulus und den Jüngern, daß sie mit Heiligem Geiste erfüllt wurden (Apg. 9,17; 13,9). Sodann nennt uns die Schrift Männer wie Stephanus und Barnabas, die „voll Heiligen Geistes“ waren (Apg. 6,3.5; 7,55; 11,24). Und wir werden ermahnt, gleichfalls mit dem Heiligen Geiste erfüllt zu sein. (Eph. 5,18.)

Das Erfülltsein der Gläubigen des Alten Testamentes mit dem Heiligen Geiste schloß natürlich nicht die Einheit mit Christo in sich als dem Haupte Seines Leibes. Diese Einheit ist mit der Gabe und Innewohnung des Geistes verbunden. Sie ist nur das Teil der Gläubigen der Jetztzeit, die den Leib Christi bilden.

So sehen wir also, daß ein Gläubiger des Alten Bundes, der den Heiligen Geist nicht in sich „wohnen“ hatte, mit dem Heiligen Geiste erfüllt sein konnte, und andererseits, daß ein Gläubiger des Neuen Bundes, der den Heiligen Geist in sich „wohnen“ hatte, gleichwohl nicht mit dem Heiligen Geist erfüllt sein konnte. Die Epheser, denen Paulus schrieb, daß sie mit dem Heiligen Geiste versiegelt seien, wurden deshalb ermahnt, auch mit dem Heiligen Geiste erfüllt zu sein.

Bei den Gläubigen des Alten Bundes lag das Erfülltwerden auf der Linie des Auf- oder Über-sie-Kommens des Heiligen Geistes (S. Seite 23), während bei den Gläubigen der Gemeinde Gottes das Erfülltwerden mehr die ausgehende Kraftwirkung des in ihnen wohnenden Geistes ist.

Wir kommen jetzt zu der wichtigen Frage, die so manches Herz bewegt:

Wie kann ich mit dem Heiligen Geiste erfüllt werden?

Diese Frage wird uns nicht mit einem Bibelverse beAntwortet. Aber die Schrift zeigt uns die Personen, die mit dem Heiligen Geiste erfüllt wurden, wie deren Herzen und Leben zum HErrn standen, und damit empfangen wir Unterweisung und Antwort Auf unsere Frage.

Gott stellt sie vor unser Auge als solche, die im Glaubensgehorsam sich dem HErrn so hingaben und

sich Seiner Herrschaft willig so unterstellten, daß sie Wege des Sterbens gingen. Ihre Augen waren auf den HErrn allein gerichtet, Christus wohnte in ihren Herzen, und ihre Lippen gingen über von Seinem Lobe. Glückliche Menschen! Von der Welt zwar verachtet, gehaßt und getötet und von denen, die ihre Freude nicht kannten, verkannt und gemieden - aber gekannt und geehrt von dem HErrn, dessen Liebe sie genossen.

Das waren die Personen, die voll Heiligen Geistes waren oder die mit dem Heiligen Geiste erfüllt wurden, um für besondere Aufgaben in besonderen Zeiten und Umständen in Seiner Kraft zu wirken, zu zeugen und Stellung für Ihn zu nehmen, so daß Gott Seine Herrlichkeit in und durch sie offenbaren konnte.

In manchem Herzen mag der Wunsch aufsteigen: So möchte ich sein! Wie komme ich dahin? Man weiß sich gerettet und mit Seinem Geiste versiegelt, und doch fühlt man, es stimmt im Herzen nicht, und man betet, mehr von Seinem Geiste zu haben. Aber es handelt sich weniger darum, mehr von Seinem Geiste zu haben, als vielmehr darum, daß der Heilige Geist mehr von uns haben will. Jeder Gläubige empfängt die Gabe des Heiligen Geistes, aber nicht jeder Gläubige gibt dem Heiligen Geiste sein Herz und Leben.

Laßt uns ein Bild gebrauchen: Ich verreise und bitte dich, meine Wohnung für den Sommer zu nehmen. Als du kommst, übergebe ich dir die Schlüssel für Küche, Wohn- und Schlafzimmer; die anderen Räume aber halte ich verschlossen. So können wir es auch mit dem Heiligen Geiste machen. Unser Verhalten mag dankenswert genug für einen Gast sein, aber wenn Er zu uns kommt, um Wohnung bei uns zu machen, so will Er in uns nicht Gast, sondern Inhaber und Gebieter sein, der unser ganzes Leben und Sein regiert und für Christus umgestaltet. Jeder Raum unseres Herzens muß Ihm offen stehen. Wir wollen Ihn oft beschränken auf das, wowir Ihn haben möchten. Es genügt uns, wenn Er uns das Zeugnis der Liebe Gottes gibt und uns in gewissen Grenzen auch für Seinen Dienst gebraucht, aber unser Haus, unsere Familie, unser Geschäft, unser inneres und äußeres Leben - zu diesen Räumen möchten wir Ihm nicht den Schlüssel geben. Kurz, unser ganzes Herz zu regieren und alles für Christus zu gestalten, dazu sind wir nicht bereit.

Mit dem Geiste erfüllt zu werden wird uns nicht einfach auf unser Gebet hin zuteil, sondern nur auf dem Wege der Hingabe - auf dem Wege dem Lamme nach. Das Gebet um „Erfüllt-werden“ kann bei allem Ernst doch aus einem Herzen kommen, in welchem noch allerlei böse Wurzeln verborgen gehalten werden wie Habsucht, Selbstsucht, Hochmut usw. Das menschliche Herz neigt stets dahin, sich in den Vordergrund gestellt zu sehen, und es findet Gefallen daran, als ein „Geisterfüllter“ angesehen und bewundert zu werden. Es ist sehr ernst, die Beweggründe für solches Bitten zu prüfen.

Mußten wir nicht zuweilen sehen, daß die, die ständig die Bitte um „Erfüllt-werden“ auf ihren Lippen hatten, solche waren, die nicht einmal in der Absonderung (2. Kor. 6,14-18) Wege des Gehorsams gingen oder deren Benehmen, ach, nur zu deutlich zeigte, daß sie ihr „Ich“ liebten und es nicht

ertragen konnten, wenn es nur leise angerührt wurde?! Wenn wir die kleinen verborgenen Wurzeln des Hochmutes, des eigenen Willens, der Habsucht (und wie die Dinge heißen mögen) schonen und nicht mit Herzensentschluß dem Geiste Gottes über uns Raum geben oder dem Worte des HErrn folgen, werden wir (allein auf unser Gebet hin) nie mit dem Heiligen Geiste erfüllt werden.

Die Schrift sagt uns nicht, daß wir in erster Linie (wie viele meinen)

um Erfülltsein beten

müssen. Sie sagt vielmehr: „Werdet mit dem Geiste erfüllt“ (Eph. 5,18). Ihr Verhalten, ihr geistlicher Zustand sollte so sein, daß sie mit dem Heiligen Geiste erfüllt würden. Wir finden nie, daß die Jünger um „Erfülltsein“ mit dem Heiligen Geiste beteten, noch, daß jemand als Antwort Auf solche Bitte mit dem Heiligen Geiste erfüllt wurde. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß die, welche mit Heiligem Geiste erfüllt wurden, nicht Beter waren. Ohne Zweifel waren es ernste und ringende Beter - Männer des Glaubens und des Gebetes.

In Apgesch. 4,23-31 finden wir eine solche betende Schar, von der wir lesen, daß sie „alle mit Heiligem Geiste erfüllt wurden“. Aber beteten sie etwa darum, erfüllt zu werden? Sie wurden alle erfüllt! Gott hat uns ihr Gebet niederschreiben lassen, aber wir finden darin keine Bitte um „Erfüllt-werden“. Der Inhalt ihres Gebetes war die Herrlichkeit Seines Namens, und ihre einzige Bitte war: „Gib Deinen Knechten, Dein Wort zu reden mit aller Freimütigkeit ...“ In dem Bewußtsein ihrer Kraftlosigkeit baten sie, an dem Tage der Drangsal Sein Wort ebenso frei zu reden wie vordem an dem Tage der Freiheit.

Welche Liebe, Hingabe, Glaubensentschlossenheit und doch Abhängigkeit leuchtet aus diesem Gebet heraus! Es erinnert uns an Daniel, der angesichts der Löwengrube „betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vordem getan hatte“ (Dan. 6,11). So gänzlich hatten auch sie sich aus den Augen verloren, daß sie ihre schwierige Lage und Versorgung nicht einmal vor Gott erwähnten. Vom eigenen Willen und Kraft entleert, aber in der ganzen Herzensentschlossenheit bei dem HErrn zu verharren, erhoben sie einmütig ihre Stimme zu dem „Herrscher“. Ihre Bitte wurde ihnen zuteil, indem sie mit dem Heiligen Geiste erfüllt wurden, wie wir lesen: „Sie wurden alle mit Heiligem Geiste erfüllt und redeten das Wort Gottes mit Freimütigkeit“. Hier gibt uns die Schrift ein Musterbeispiel für die Ermahnung des Apostels: „Werdet mit dem Geiste erfüllt“, indem sie uns den Herzenszustand solcher zeigt, die der Heilige Geist erfüllen und für Seines Namens Herrlichkeit gebrauchen kann.

Wenn ein Gefäß mit etwas gefüllt werden soll, so ist die erste Bedingung, daß es von anderem Inhalte entleert sein muß.

Du sagst zu deinem Sohne: Fülle die Flasche dort mit Öl!

Es ist Säure in der Flasche, Vater.

Schütte sie fort, reinige die Flasche und fülle sie mit Öl! ist deine Antwort.

So ist es mit dem Gläubigen. Wenn wir mit dem Geiste wollen erfüllt sein, müssen wir leer und gereinigt sein von den Dingen, die nicht in die Gemeinschaft Seines Sohnes passen. Solange in unserem Herzen noch etwas von der Welt und was in der Welt ist, die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens“ (1. Joh. 2,16), beherbergt wird, können wir nicht mit dem Heiligen Geiste erfüllt werden. Haben wir uns aber durch Seine Gnade von diesen Dingen reinigen lassen, dann wird Er das vom fremden „Wein“ geleerte Herz erfüllen. Um dieses handelt es sich, als Paulus die Epheser ermahnt: „Berauschet euch nicht mit Wein ..., sondern werdet mit dem Geiste erfüllt ...“

Unser Herz ist nie leer, entweder ist es mit dem Wein des eigenen Willens und den Dingen der Welt oder mit dem Heiligen Geiste erfüllt. Die Frage in dieser Sache ist nicht, ob wir den Heiligen Geist besitzen, sondern ob Er uns besitzt. Wir ringen um diese Sache oft wie einst Jakob, von dem wir sowohl lesen, daß Gott mit ihm rang, als auch, daß Jakob mit Gott rang. (1. Mos. 32,24-28.) Jakob, rang, um etwas von Gott zu erlangen, aber Gott mußte mit Jakob ringen, ihn zu überwinden, um ihm den erbetenen Segen geben zu können. Wir ringen um „Erfüllt-werden“, aber Er ringt mit uns, um uns erfüllen zu können. Gott mußte erst das Gelenk der Kraft Jakobs ausrenken, um ihn segnen zu können.

Als Er ihn nicht anders „übermochte“, da geschah es auf dem schmerzlichen Wege der Verrenkung des Gelenkes seiner Hüfte. Und Gott muß oft auf sehr schmerzlichen Wegen die Gelenke unseres eigenen Willens, unserer eigenen Kraft, unserer Selbstliebe, unseres Hochmutes, unserer Habsucht usw. berühren und zerbrechen, bis wir Ihm die in den Falten unseres Herzens verborgenen Dinge (die unsere Götzen sind) ausliefern.

Wenn wir auf die mit dem Geiste erfüllten Gläubigen der Schrift sehen, so treten uns

die Wirkungen des Erfülltseins

in köstlicher Schönheit vor Augen. Der zuvor von sich selbst, von seiner Liebe und seiner Hingabe für den HErrn erfüllte Petrus - wie ist er verändert, als er von dem Heiligen Geiste erfüllt war! Er spricht nicht mehr von sich: „Ich ... ich ...“, „ich will“, „ich werde“ ...! So sprach er zuvor - jetzt kommt kein „Ich“ mehr über seine Lippen. Jetzt ist Christus der Name seines Mundes; Jesus gekreuzigt ... auferweckt ... erhoben ... Jesus gemacht zum HErrn und Christus (Apgesch. 2,22-36). Stephanus und Paulus wurde es erlaubt, für sich zu reden, aber sie sprachen von Ihm (Apgesch. 7,1; 26,1).

Und ebenso ist es heute. Der von sich selbst erfüllte Mensch spricht von sich - von seinen wunderbaren Erfahrungen - von dem, was er geredet und getan hat. Wenn aber der Heilige Geist sein Herz erfüllt, dann findet er keine Freude mehr daran, von sich zu reden, dann reden die Lippen von Ihm und von den Dingen, die Gott geoffenbart hat.

Aber nicht allein dieses, auch das Benehmen und

der Verkehr im Hause Gottes ...

- alles wird die Kennzeichen der Geisteswirkung tragen.

Als Paulus den Korinthern von den Geisteswirkungen in der Gemeinde schrieb, leitet er seine Worte ein mit einem Hinweis auf ihren früheren Zustand, als sie noch unter einer anderen Geistermacht standen. Auch damals wurden sie „geführt“ und „geleitet“. Jeder Mensch steht unter Geisterleitung. Die dämonischen Geister leiten die Menschen nach ihrem Sinn zu den „Götzen“ usw. (1. Kor. 12,2; Matth. 17,15; Mark. 5,1-20). Aber Gottes Geist leitet uns den göttlichen Gedanken gemäß und in Übereinstimmung mit Seinem Worte.

Wer vom Geiste erfüllt und geleitet wird, in dem findet das Wort eine lebendige Darstellung (Phil. 2,16). Ein solcher steht in ständiger Wachsamkeit über sich selbst (1. Kor. 9,26.27). Er läßt das Licht des Wortes in erster Linie nicht auf andere, sondern auf sich fallen, - auf sein Leben nach außen und innen - als auch auf die Mitarbeit im Werke des HErrn und den Dienst am Wort usw. Wir wollen nur über diese

drei Punkte

einiges beispielsweise nennen, was einen vom Geiste geleiteten Gläubigen kennzeichnet:

1. Das Leben nach außen und innen. Sich selbst, sein Haus, sein Geschäft usw., alles wird er unter das Auge des HErrn stellen und Sorge tragen, daß alles Ihm geheiligt und „ehrbar ist, nicht allein vor dem HErrn, sondern auch vor den Menschen“ (2. Kor. 8,21). Denn „Gerechtigkeit und Recht üben ist Jehova angenehmer als Opfer“ (Spr. 21,3). Er „überwacht sein Herz mehr als alles“ andere (Spr. 4,23), denn er weiß: „wer seinem Herzen vertraut, der ist ein Tor“ (Spr. 28,26), sein „Herz ist nicht hoch, noch tragen sich hoch seine Augen, und er wandelt nicht in Dingen, die zu groß für ihn sind“ (Ps. 131,1; Jer. 45,5).

2. Die Mitarbeit im Werke des HErrn. Wenn der Herr seinen Dienst segnet, so ist er nicht von seinem Dienst erfüllt, noch macht er etwas aus sich oder mißt sich Wichtigkeit bei. Es ist ihm vielmehr ein Schmerz, wenn sich die Blicke auf ihn richten: „Was sehet ihr auf uns, als hätten wir aus eigener Kraft oder Frömmigkeit ihn wandeln gemacht“ (Apgesch. 3,12). „Auch wir sind Menschen von gleichen Empfindungen wie ihr“ (Apgesch. 14,15). - Und wenn er, statt bewundert, verkannt oder ihm Unrecht getan und seine Liebe mit Lieblosigkeit beAntwortet wird, so birgt er dieses und sein Verletztsein nicht in seinem Herzen auf, um es an einem geeigneten Tage wieder herauszuholen. Er hat für solche Dinge wie auch für seine verletzten Gefühle (die doch nur mit dem „Ich“ verbunden sind) keinen Raum mehr im Herzen. Sie sind ihm vielmehr ein Anlaß, noch größere Liebe zu erweisen. „Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet werden für eure Seelen,

wenn ich auch, je überschwenglicher ich euch liebe, um so weniger geliebt werde“ (2. Kor. 12,15).

In seiner Mitarbeit im Werke des HErrn wird er seinen Weg nicht selbständig gehen, sondern sich als Mit arbeiter wissen und benehmen. Wo der HErr auch in Seiner Gnade ihm den Dienst angewiesen haben mag, nie wird er das Werk als sein Werk, als seine Gemeinde, als sein Ackerfeld ansehen. In Demut ist er sich bewußt: es ist des HErrn Werk, Seine Gemeinde und Sein Ackerfeld, auf dem er nur als ein Mit arbeiter hingestellt ist (1. Kor. 3,9; 1. Thess. 3,2; Philem. 24 u. a. m.).

So wird er bewahrt, nicht unabhängig von seinen Brüdern und Mitarbeitern im Werke des HErrn seinen Weg zu gehen und zu handeln (Apgesch. 14,26; 15,4; 3. Joh. 8; Gal. 2). Auch wird er den Rat und die Unterweisung von Brüdern, die ein geistliches Urteil und geistliches Verständnis vom HErrn empfangen haben, nicht beiseite setzen. (Gal. 2,9.10; 1. Kor. 14,32.33; Eph. 5,21; 1. Kor. 16,16; Phil. 2,3; Apgesch. 18,26.27; Gal. 2,14; Ps. 141,5; Spr. 9,8; 25,12; 27,6.)

Er wird sich selbst und sein eigenes Urteil nicht höher einschätzen als das seiner Brüder (Phil. 2,3; Röm. 12,10; Luk. 18,14). Ein Kind Gottes, welches sich vom Geiste Gottes hat erfüllen lassen, wird mit jedem Tage in der Demut wachsen. Als Paulus seinen ersten Brief an die Korinther schrieb, da nennt er sich den geringsten der Apostel. Einige Jahre später nennt er sich den allergeringsten von allen Heiligen (Eph. 3,8). Und wieder etwas später nennt er sich den vornehmsten unter den Sündern (1. Tim. 1,15). So werden auch wir, je mehr wir in dem Lichte wandeln, kleiner in unseren Augen werden und in der Demut wachsen.

3. Der Dienst am Wort. Ein vom Geist erfüllter Diener des Wortes wird verständlich reden (1. Kor. 14,6.9.19) und was zur Auferbauung der Gemeinde dient (1. Kor. 14,5.12.26), und zwar nicht nach eigenem Willen, sondern wie der Geist ihm gibt auszusprechen (Apgesch. 2,4). Er wird in allem die Schrift reden lassen (Röm. 4,3; 9,17; 10,11; 11,2; Mark. 12,10; Jes. 8,20) und die Schrift erforschen und mit Sorgfalt wachen, das Wort recht zu teilen (2. Tim. 2,15) und nicht Dinge zusprechen, die nicht mit der Schrift übereinstimmen (1. Kor. 14,36-38). Bereitwillig wird er seine Worte von anderen beurteilen lassen (1. Kor. 10,15; 14,29) und sich nicht über Einrichtungen und Anordnungen, die Gott zur Wohlfahrt Seiner Gemeinde gegeben hat, hinwegsetzen. (1. Kor. 11,1-16; 14,34; Apgesch. 10,47.48 usw. usw.)

Möchten wir die Ermahnung: „Werdet mit dem Geiste erfüllt“ mehr in unser Herz aufnehmen, wieviel mehr würde der HErr und das Wirken Seines Geistes in uns und in Seiner Gemeinde gesehen werden!

Jemand möchte fragen: Wie konnten die Apostel, nachdem sie so wenige Tage zuvor mit dem Heiligen Geiste erfüllt waren,

wiederum neu erfüllt werden?

Wir dürfen doch nicht annehmen, daß die Apostel untreu waren, so daß der Heilige Geist sie hätte

nicht länger erfüllen können. Wenn ein Gefäß voll ist, kann es noch mehr gefüllt werden?

Kinder Gottes sind nicht tote, sondern lebende und wachsende Gefäße des Heiligen Geistes. Wenn das Gefäß wächst, so kann es wiederum gefüllt werden. Die Schrift spricht vom Wachsen des Glaubens. Der Glaube wächst nur auf dem Wege der Treue zum HErrn. So wie der Glaube wächst, so erweitert sich auch das Herz und das Gefäß wächst, so daß es wieder erfüllt werden kann mit dem Geiste der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit (2. Tim. 1,7).

Wir wachsen nur auf Wegen des Glaubens. Gott stellte Abraham vor immer neue Glaubensproben. Warum tut Gott so? Wir sind in der Schule Gottes (Joh. 6,45; 1. Thess. 4,9) und werden wie Schüler um unseres Wachstums und unserer Erstarkung willen vor immer neue Aufgaben und Proben gestellt. Ein Kind versteht oft nicht, warum der Lehrer es immer neu vor Aufgaben, Wiederholungen und Proben stellt. Der Meister aber hat sein Ziel dabei im Auge. Gottes Ziel war, Abraham zu segnen. Um ihn für die Aufnahme des Segens fähig zu machen, konnte Er Abraham nichts besseres tun, als ihn immer wieder vor neue Proben zu stellen. Der natürliche Mensch liebt solches nicht; aber es ist das Beste, was Gott uns für das Wachstum des inneren Menschen tun kann. Bestehen wir die Probe, so werden wir gewachsen und erstarkt daraus hervorgehen und für größere Aufgaben befähigt sein. Bestehen wir sie nicht, so werden wir und die Ursachen unseres Zukurzkommens aufgedeckt werden, und wir können durch Buße und Bekenntnis dann zurechtgebracht werden.

Wo wir auch in der Schrift von neuem „Erfüllt-werden“ lesen, da können wir auch Glaubensentscheidungen und Glaubensausharren im Widerstand den Finsternismächten gegenüber feststellen. Als die Thessalonicher in überaus großen „Verfolgungen und Drangsalen“ voll „Ausharrens und Glaubens“ feststanden, da lesen wir, daß ihr Glaube „überaus wuchs“ (2. Thess. 1,3.4). Und wächst der Glaube, so auch der ganze innere Mensch, und neuer Raum ist gemacht für die in uns wohnende Quelle- den Heiligen Geist -, sich neu zu ergießen und uns neu zu erfüllen.

v. d. K.

Ein Zeichen.

(Fortsetzung von Seite 183.)

Der HErr Selbst wird euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau ... wird einen Sohn gebären, und wird Seinen Namen Immanuel nennen“. Jes. 7,14.

Die Reise und die Eile.

Nun kommen wir zu Luk. 1,39: „Maria aber stand in selbigen Tagen auf und ging mit Eile nach dem Gebirge.“ Auch diese ist schwer zu erklären, ohne daß die Jungfrau im Begriff gestanden hätte, Mutter zu werden. Man hätte es von keinem Weibe erwartet, daß es allein eine weite Reise von 100 Kilometern machte, und gar einem verlobten Mädchen war so etwas ganz und gar unerlaubt. Man

sah die Verlobung für ebenso heilig wie die Heirat selbst an. Und warum „in Eile“? Weil Joseph durch ihre Freunde von ihrem Zustande benachrichtigt war und weil sie nirgends anders Trost wußte für ihr zerspringendes Herz als bei ihrer Verwandten auf den Bergen Judäas, die sie trösten würden: darum ging sie mit Eile zu Elisabeth. Die Jungfrauengeburt veranlaßte beides, die Reise und die Eile.

Der nächste Punkt bezieht sich auf Luk. 2,5, wo erzählt wird, daß Joseph nach Bethlehem ging, um sich einschreiben zu lassen mit Maria, seinem verlobten Weibe. Nur weil sie ihr Erbrecht auf den Thron Davids aufrechterhalten wollte, ging sie nach Bethlehem und ließ sich dort einschreiben.

Himmel und Erde in Einigkeit.

Wenn die Geburt des HErrn, wie ich glaube, im September stattgefunden hat,1 dann hat über dem Stall der Herberge von Bethlehem, in dem der HErr geboren wurde, am Himmel das Sternbild der Jungfrau aus dem Tierkreis gestanden. Die Sonne stand in jenem Jahre im September in der Jungfrau, und hat man Psalm 19,1-6 gelesen, so weiß man, daß der Geist Gottes die Himmel ausschmückt. Dieser Tierkreis hat wahrscheinlich eine große Bedeutung. Die Jungfrau am Himmelsgewölbe, die über der Jungfrau in Bethlehem stand, hat in ihrer Hand einen Zweig. Es gibt im Hebräischen über zwanzig verschiedene Worte für Zweig, aber das Wort für den Zweig in der Hand der Jungfrau hieß im Hebräischen stets „Zemach“, und das ist dasselbe Wort, das in der Schrift viermal für Christus, und zwar für Christus allein, gebraucht wird. Jeremias spricht von dem gerechten Sproß (Zemach 23,5 und 33,15), der Christus in Seiner Geburt ist, und Zemach war der Zweig, der in der Hand der Jungfrau in dem Tierkreis war, der über Bethlehem stand. - In der anderen Hand hält die Jungfrau im Tierkreis eine Garbe Ähren, und in dieser Garbe ist ein Korn, der herrliche Stern Spika, der zur Erde fällt und Christi Tod darstellt: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt!“ Aber damit nicht genug: Jedes Sternbild aus dem Tierkreis hat drei Begleitsterne, und einer dieser Begleitsterne, der sich um die Jungfrau dreht, ist eine zweite Jungfrau mit einem Kind auf dem Arm. Es ist nicht zu bezweifeln, daß wir in diesen Sternbildern eine Darstellung am Himmel haben von den Dingen, die auf Erden geschahen. Wenn wir in Luk. 1,78 lesen: „Durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, in welchem uns besucht hat der Aufgang aus der Höhe“, so verstehen wir, daß der Aufgang aus der Höhe dieser Sproß ist. Dort stand er am Himmelsgewölbe, und als der Sproß kam Er, uns unten in Bethlehem zu besuchen. Das sind Wunder am Himmel und Abbilder der wunderbaren Wege Gottes, mit denen wir erst wenig vertraut sind.

1

In Joh. 1,14 lesen wir: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte (eigentlich zeltete) unter uns.“ Die Ankündigung erfolgte etwa um Weihnachten, und das Zelten war etwa um Ende September. Man hat berechnet, daß das Laubhüttenfest (das Fest der Zelte) Ende September gefeiert ist, und so hat man angenommen, daß es sich bei diesem Ausdruck: „Er zeltete unter uns“ um eine Anspielung auf dieses Fest gehandelt habe. Zudem konnte die Einschreibung nur zu der Zeit stattfinden, wo die Ernte vorbei war, und so die einzelnen in ihre Stadt ziehen konnten.

Ich schließe mit der Feststellung, daß die einzige Lösung in Sache der Jungfrauengeburt für jeden, der einen gesunden und unbefleckten Verstand hat, der sich auch nicht auf vorgefaßte Meinungen stützt, die ist, daß sie tatsächlich stattfand. Und das haben wir auch durch die vorstehenden Ausführungen bewiesen.

A. T. S. - O. v. B.

„Der im verborgenen sieht.“

Matth. 6,4.6.18.

Dreimal steht dieser ebenso kostbare wie ernste Ausdruck in Matth. 6, und zwar in den drei Verbindungen mit unserem Geben, unserem Beten, unserem Fasten. Wie redet das zu unserem Herzen! Es zeigt uns, daß alles, was wir in der Öffentlichkeit sind in unserem Geben, Beten (z. B. in Gebetsversammlungen!) und gottgeheiligten Entsagungsleben vor Ihm ohne Wert ist, wenn wir nicht vor allem und zuerst dasselbe sind im Kämmerlein, in der Stille, mit Ihm allein vor Seinem alles durchdringenden Auge. Wie unsagbar ernst ist das doch, aber auch welch ein Trost! Vor Ihm gibt es ebensowohl keine Heuchelei, kein Frommscheinen, überhaupt kein Scheinleben (ohne wahres echtes Sein) als auch von Seiner Seite kein Verkanntwerden, keine falsche, mißgünstige Beurteilung, kein Übelwollen. „Der im Verborgenen sieht“ - unser Gott und Vater in Christo - was sieht Er bei uns? Was sieht Er in unserem „Kämmerlein“? Wie verbringen wir, wenn wir uns überhaupt die Zeit genommen haben, die kostbaren Minuten im Verborgenen, wo Er ist? O, Ihm können wir nichts vormachen, wie die Menschen den Menschen gegenüber so gern tun! Ananias und Sapphira (Apgesch. 5) dachten in ihrer Torheit menschlich und wollten in der offenbaren Gegenwart des Heiligen Geistes mehr scheinen, als sie wirklich waren, und ihr Leben ward vor der Zeit in der erschütternsten Weise abgeschnitten. Sagt uns dies nichts heute?

Geliebte, nur was wir im Verborgenen vor Ihm sind im Geben, Beten und abgesonderten Leben, nur das sind wir in Wahrheit, und nur das hat Ewigkeitswert, nur das macht auch unser öffentliches Leben, Reden, Handeln und Dienen zu einem gesegneten und fruchtbaren, denn: „Er wird dir vergelten öffentlich!“ (Vgl. auch Luk. 8,17!) Möchten wir also durch Seine Gnade gesegnete, für Seines Namens Verherrlichung gebrauchte Knechte, ja Freunde Gottes sein, so laßt uns viel im Verborgenen weilen, wo Er allein uns sieht! O, daß wir vor allem mehr die treue verborgene „Kniearbeit“ üben und pflegen würden, welch Segen brächte es für uns in unserem ganzen praktischen Leben und wiederum durch uns für andere!

„Er wird (uns) vergelten öffentlich!“

Sein Name sei gepriesen!

F. K.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man

die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 19

Gibt es im Himmel verschiedene Stufen für Gläubige, und mit welchen Schriftstellen laßt sich dies etwa belegen?

Antwort A

Die von Gott in Christo Auserwählten, das sind die durch das Wort und den Geist der Wahrheit gezeugten und wiedergeborenen Kinder Gottes, sind dazu verordnet, daß sie gleich sein sollen dem Ebenbilde Seines Sohnes (vgl. Röm. 8,29; 1. Petr. 1,23; Jak. 1,18; Kol. 3,10.) Wie der Sohn Gottes die Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters und das Ebenbild Seines Wesens war (Hebr. 1,3; Kol. 1,15), so ist die Gemeinde des HErrn, welche da ist Sein Leib, an dem Er Selbst das verklärte Haupt ist, in allen ihren Gliedern dazu berufen, die ganze Sohnesfülle und -herrlichkeit in Sich aufzunehmen und auszustrahlen. Wie das geschieht, sagt der Apostel in 2. Kor. 3,18: „Nun aber spiegeln wir alle mit unverhülltem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn wieder und werden umgewandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, nämlich von des HErrn Geist.“ (Min.-Bibel.) Je nachdem nun der Geist Gottes ein Menschenkind von dem „finsteren Alten“ in persönlicher Heiligung in das Bild Jesu umgestalten und erneuern und für die Ewigkeitswelt fruchtbar machen konnte, wird der Grad der Herrlichkeitsstellung im Reiche des Lichtes und der Vollendung ein verschiedener sein. Wie die Klarheit von Sonne, Mond und Sternen eine abgestuft verschiedene ist und ein Stern den anderen an Klarheit übertrifft, wird die Lichtgestalt des geistlichen Auferstehungsleibes - ähnlich dem verklärten Leibe des Sohnes Gottes eine verschiedene sein (1. Kor. 15,41.49).

In dem Gleichnis von den anvertrauten Pfunden in Luk. 19,11-28 weist der HErr dem einen der Knechte ein Herrschaftsgebiet über zehn Städte, dem anderen ein solches über fünf Städte zu, je nach ihrer Verwaltertreue im Kleinen und Geringsten mit den ihnen von Gott anvertrauten Gaben und Aufgaben (Pfunden).

In Matth. 13,23 spricht der HErr von einer hundertfältigen, sechzigfältigen oder nur dreißigfältigen Frucht, den der göttlich gute Same in dem Ackerboden der Menschenherzen je nach ihrer geistlichen Qualität und Aufnahmefähigkeit hervorbringt.

Zusammenfassend erscheint mir nun im Lichte der Schrift das eine unzweifelhaft, daß unser Leben hienieden den Gradmesser abgeben wird für die Herrlichkeitsstellung, die wir drüben im Reiche der Ewigkeit je nach unserer Glaubensstellung, Bewährung und unserer Christusähnlichkeit in Gesinnung, Wesen und Wandel einnehmen werden.

F. W.

Antwort B

In Offenb. 4 sehen wir die Gemeinde im Bilde der 24 Ältesten auf Thronen sitzen mit weißen Kleidern und goldene Kronen auf ihren Häuptern. Im siebenten Kapitel sehen wir die Menge derer, die aus „der großen Drangsal“ kommen; sie haben weiße Kleider erhalten, aber weder Throne noch Kronen (Bild für Herrschaft); sie stehen und dienen. Vielleicht scheint es uns ungerecht, da doch die Überwinder aus der Drangsalzeit mehr zu leiden haben als wir, aber Gott mißt anders. Während die Gläubigen der späteren Periode ein sicheres, beglaubigtes Zeichen, die Entrückung der Gemeinde, haben werden, leben wir in einer Zeit, wo der Weltgeist triumphiert und die „Spötter“ auf die Ewigkeit der Naturgesetze hinweisen (2. Petr. 3,3f.), wo die Gemeinde Gottes klein und zerrissen, ihre Zerrbilder groß dastehen, wo jede Irrlehre und falsche Lehre Scharen von Anhängern findet und nur wenige die schlichte Torheit vom Kreuz annehmen. Wer Hebr. 11 auf sich wirken läßt und den Wert erkennt, den das Vertrauen für Gott hat, wird Ihm mehr danken für die Gnade, trotz der überlegenen Weltmeinung auf den Unsichtbaren schauen zu dürfen, der allein den Vertrauensglauben und seine Früchte belohnt. (Daß in Zeiten äußerer Not viel mehr nach Gott gefragt wird, nur nebenbei!)

Damit haben wir einmal den Maßstab vor Augen. Möchten wir ihn recht gründlich an unser Leben und seine Werke anlegen. Alles nun, was aus diesem Glauben heraus geschieht, wird belohnt werden: z. B. das Wachen (Luk. 12,47), das Schmach-Leiden (Matth. 5,11.12), das Aufgeben (Luk. 18,29.30), die Liebesbeweise an Brüdern (Matth. 10,41.42), das Werk, das jeder baut (1. Kor. 3,8.14; Phil. 3,14 usw.). Alle diese Stellen (auch Offenb. 22,12) reden von einer speziellen Belohnung außer der Errettung, einer Belohnung von Ewigkeitswert.

Vertrauen wir dem Wort des HErrn wirklich? Wenn der HErr heute kommt, wird wohl die fleischliche Schwachheit hinweggetan, aber meine Liebe zu Ihm nicht plötzlich größer sein. In welcher Täuschung leben doch hierin viele Gläubige, die meinen, dann sei noch genug Zeit für den HErrn, und die deshalb hier ihren Angelegenheiten um so mehr nachgehen! Nein! Dann darf ich nicht mehr um Seinetwillen Verachtung tragen, dann darf ich Ihm nicht mehr Seine große Treue durch meine Liebe, den Gehorsam zu Seinen Geboten (Joh. 14,15.21.23, dreimal!) beweisen, dann darf ich nichts mehr für Ihn aufgeben. „Dies tat Ich für dich - was tatst du für Mich?“ - wird Er dann fragen können, und dann wird es uns zu spät einfallen, wie wenig treue Verwalter und Nachfolger wir waren, dann ist es zu spät, alle jene Anordnungen zu verwirklichen, die uns doch so klar in der Schrift gezeigt waren.

Doch zurück zu unserer Frage, gibt es „im Himmel“ verschiedene Stufen für Gläubige? Paulus schaut empor zum unendlichen Sternenzelt und sagt: es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit. Also ist auch die Auferstehung der Toten (1. Kor. 15,41). Sie leuchten alle herrliches Licht, aber einer überstrahlt den anderen an Herrlichkeit. Verstehen wir das Bild? Je mehr uns der HErr hier unten geworden ist, um so inniger dort unsere Gemeinschaft mit Ihm. Keine Stufen „im Himmel“, aber verschiedene Fähigkeit, Seine Liebe zu genießen! Wer sich noch auf den „Himmel“ freut, der wird weniger vom Herrn haben als der, der wie Paulus Lust hatte, abzuscheiden, um bei Christo zu

sein. Dort ist dann kein Beneiden, wohl aber ein „Unterschied“, und jeder wird seinen natürlichen Platz einnehmen und strahlen in der Nähe des HErrn; aber Stern von Stern wird sich unterscheiden an Herrlichkeit.

P. B.

Antwort C

Daß es auf Erden unter den Gläubigen, d. h. den Kindern Gottes (nach Gal. 3,26), verschiedene Stufen gibt, ist dem denkenden Bibelleser ohne weiteres klar. Wie sollten denn sonst wohl Schriftstellen verstanden werden wie z. B. 1. Kor. 3,1-4 und Hebr. 5,11-14? Vor allem ist es die Hauptstelle in 1. Joh. 3,12-14, die hierfür in Frage kommt. Es ist klar, daß es nicht Kindlein, Jünglinge und Väter nach dem irdischen Lebensalter sind, an die der Apostel diesen Abschnitt richtet, vielmehr handelt es sich um Kindlein in Christo („jetzt geborene Kindlein“ nach 1. Petr. 2,2!), Jünglinge und Väter in Christo („nicht viele Väter“ 1. Kor. 4,15!). Die Praxis des Lebens zeigt uns diese Unterschiede unter den Gläubigen ja auch ganz deutlich. Gibt es doch in ein und derselben Gemeinde von Gläubigen etliche, die es wirklich ernst und treu meinen, die alles drangeben und entschieden für unseren hochgelobten HErrn und Meister da sind. Andere wieder lassen sich gehen, sind lau und träge, oberflächlich und untren. Nun soll nach 2. Kor. 5,10 ein jeder von uns empfangen, nachdem er gehandelt hat bei Leibesleben. Der Herr Jesus wird nach Apgesch. 17,31 mit Gerechtigkeit richten. Nach Röm. 2,16 wird Er das Verborgene der Menschen richten. Wir werden nach Röm. 14,10 alle vor den Richtstuhl Christi dargestellt, und ein jeglicher wird für sich selbst Gott Rechenschaft geben nach Röm. 14,12. Da Gott gerecht richtet, wird Er auch für die verschiedenen Stufen unter den Gläubigen, die sich schon auf Erden deutlich zeigen, für die verschiedene Treue im Dienste für Ihn einen gerechten Ausgleich schaffen müssen. Es muß also auch im Himmel verschiedene Stufen der Herrlichkeit geben. Daß alle nur selig werden (errettet!) um des Blutes des Lammes willen, ist klar. Aber nicht nur von Seligkeit redet die Schrift, sondern auch von Herrlichkeit. Läßt sich dies nun aber auch biblisch rechtfertigen?

Schauen wir in das Buch der Vollendung, in die Offenbarung Jesu Christi (Offenb. 1,1), so nehmen wir verschiedene Gruppen von Seligen wahr. So wird Offenb. 3,21 den Überwindern ver-heißen, einst auf dem Throne des Lammes zu sitzen. Die 24

Ältesten aus Offenb. 4,4.10.11; 5,8-10 tragen goldene Kronen, sitzen auf Thronen und tragen weiße Kleider. Dagegen ist die große, unzählbare Schar aus Offenb. 7,9-17 vor dem Throne. Sie tragen weiße Kleider und haben Palmen in den Händen. Die goldenen Kronen fehlen hier. Also „auf dem Thron“ und „vor dem Thron“, „goldene Kronen“ und „Palmen“, diese kurzen Hinweise zeigen schon den Gradunterschied an zukünftiger Herrlichkeit der Seligen im Himmel.

Auch der Apostel Paulus schreibt 1. Kor. 15,41.42 davon: „Eine Herrlichkeit hat die Sonne, eine andere der Mond, eine andere die Sterne; ein Stern überstrahlt den anderen. Also auch die Auferstehung der Toten“ (vgl. auch Dan. 12.2.3; Matth. 13,43.)

Auferstehung der Toten“ (vgl. auch Dan. 12.2.3; Matth. 13,43.)

Die Herrlichkeit (Lichtfülle?) der Seligen wird und muß im Himmel eine verschiedenartige sein, je nach der Treue, mit der man hier gedient hat. „Denn nicht mehr wird an den Haushaltern gesucht, denn daß sie treu erfunden werden“ (1. Kor. 4,2). Auch in Luk. 12,42-44; Matth. 25,14-30 wird die persönliche Treue des einzelnen betont. Die Treuen erhalten Kronen (Offenb. 2,10). Selbstverständlich wird die verschiedene Herrlichkeit der Seligen die Harmonie und Eintracht im Himmel nicht stören, da die Bewohner des Himmels vermöge des neuen (Auferstehungsleibes!) Wesens ohne Neid und Mißgunst Gott und das Lamm in Glückseligkeit anbeten.

A. C.

Antwort D

Beim ersten Teil der Frage müssen wir weiter fragen: „Wo ist der Himmel?“ Paulus hat nicht Lust abzuscheiden, um „im Himmel“ zu sein. Sein Wunsch ist es, nur bei Christo zu sein (Phil. 1,23). Und der Psalmist sagt: „Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach dem Himmel“ (Ps. 73). Unser Blick sollte einzig und allein gerichtet sein auf Ihn Selbst. Ungewollt schleicht sich bei dem Gedanken an „in den Himmel kommen“ etwas Selbstsucht ein. Wenn Er allein aber vor unserem Auge steht, dann ist unser ganzes Sehnen und Begehren auf Sein Interesse gerichtet. Wir dürfen unser Leben verlieren um Seinetwillen und kommen doch nicht zu kurz.

Nun ist aber das große Ziel Gottes, des Vaters, das Gebet Seines Sohnes zu erhören: „Vater, verherrliche Mich!“ (Joh. 17,5.) Diese große Aufgabe, den Sohn herrlich zu machen, will Gott lösen. Das Haupt - an dem Christus, der aus Haupt und Gliedern besteht - hat der Vater herrlich fertig gestellt auf dem Wege des Leidens (Phil. 2,9). Darum - wegen des Leidens - noch herrlicher gemacht (Hebr. 2,9) - wegen des Todesleidens mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt! Sollten da die Glieder des Leibes auf einem anderen Wege herrlich gemacht werden können? Aber - wunderbar, wenn wie das Haupt jetzt die Glieder durch Leiden herrlich werden, so sind diese Glieder auch die Herrlichkeit des Christus, denn sie sind ja Sein Leib (Eph. 1,23). Also wir, die Glieder, sollen etwas sein zu Lob Seiner Herrlichkeit (Eph. 1,6.12.14). - Ist das unser Sehnen und Begehren? Wenn so unsere Innenwelt erf üllt ist, dann kommt der Himmel als Ort etwas in den Hintergrund, und wir wünschen: wo Christus ist, da möchte ich sein, denn wo Christus ist, da ist für mich der Himmel!

Nun zur Frage selbst! Ich glaube, es läßt sich aus der Schrift leicht zeigen, daß es Unterschiede im Himmel gibt. Im Alten Bunde sagt die Schrift 2. Mos. 19,5: „Ihr sollt vor allen Völkern Mein Eigentum sein.“ In diesem Wort liegt schon der Gedanke der Auserwählung. Israel ist Sein auserwähltes Volk. Auch „die übergebliebenen der Menschen werden den HErrn suchen und alle Völker, über die Sein Name angerufen worden“ (Apgesch. 15,17); aber Israel hatte eine Sonderstellung im Haushalt Gottes. Ihnen waren die Worte Gottes anvertraut, ihnen gehören die Bündnisse, uns die Verheißungen usw. (Röm. 3 u. 9). Das Heil kommt von den Juden (Joh. 4,22). Auf dem Boden der Rechtfertigung, der Erregung, nützte ihnen dieses alles nichts, aber es waren Auszeichnungen, die

Rechtfertigung, der Erregung, nützte ihnen dieses alles nichts, aber es waren Auszeichnungen, die keinem anderen Volk zuteil wurden.

Bei Abraham und Lot finden wir den gleichen Unterschied. Lot war eine gerechte Seele (2. Petr. 2,7.8), und doch welch ein Unterschied zwischen ihm und Abraham. Dem Lot konnte der HErr nur sagen: „Errette deine Seele.“ (1. Mos. 19,17.) Dem Abraham konnte Er Geheimnisse offenbaren (1. Mos. 18,17). Abraham war ein Auserwählter und Lot ein „nur Geretteter“, „nur selig“ (1. Mos. 19,20!! vgl. Min.-Bibel!). Daniel zeigt Stufen nach Dan. 12,3. Auch Paulus spricht von Unterschieden (1. Kor. 15,41). In 1. Kor. 3,11-15 ist deutlich von Lohn oder Auszeichnung einerseits und von Errettung andererseits die Rede. Petrus schreibt 2. Petr. 1,3: Alles geschenkt - aber dann V. 5 - reichet dar - und V. 11 - und je nachdem wie wir dargereicht haben, wird uns - reichlich oder ärmlich - verschafft der Eingang in das Reich unseres HErrn. Wir wollen aber nicht vergessen, daß der HErr gesagt hat Joh. 15,16: „Nicht ihr habt Mich auserwählt, sondern Ich habe euch auserwählt“; sonst kommen wir ins Selbsttun und Selbstmachen hinein.

Ich weiß wohl, daß man zum Beweis der Gleichheit im Reiche Gottes das Wort anführt aus Matth. 20,9: „Sie erhielten jeder einen Denar“. An dieser Stelle handelt es sich aber nicht um Auszeichnung, sondern um übereingekommenen Lohn (V. 2!). Es wäre gut, wenn diese Frage auch einmal in der „Handr.“ behandelt würde! (Siehe die neu veröffentlichten Fragen dieses Heftes! Der Herausgeber.)

Doch welch ein Unterschied besteht zwischen einem Geretteten und einem Auserwählten? Bei Abraham heißt es nicht nur: „Ich will dich segnen!“, sondern auch: „Du sollst für andere ein Segen sein“. Dem Lot hat Gott diese Verheißung nicht gegeben. Wir finden daher auch nicht, daß Lot einen Altar gebaut hätte. Auch bittet Lot nur für sich (1. Mos. 19,20), während Abraham für andere bittet (Kap. 13,23ff.).

Möchten wir uns unseres Berufs als Auserwählte bewußt werden, damit wir würdig darinnen wandeln! Möchten wir erleuchtete Augen des Herzens bekommen (Eph. 1,17ff.).

In diesem Zeitalter möchte Gott Auserwählte zubereiten, die - wie im nächsten Zeitalter auch Israel - mit Ihm herrschen werden. Aber es wird auch solche geben, die keine Herrschenden, keine Kronenträger, sondern Dienende sind (vgl. Offenb. 7,13ff.).

W. Pl.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese Frage haben alle vier Antworteinsender in der gleichen Weise verstanden, und nicht so, wie sie vielleicht der Fragende verstanden wissen wollte, nämlich, ob es „im Himmel“ Weiterentwicklung, d.h. Entwicklungsstufen zu größerer, höherer Vollkommenheit in sittlicher Hinsicht gäbe, wie der Spiritismus, Russellianismus, die Theosophie und andere Irrlehren behaupten, und zwar durchaus entgegen der Schrift (während die traurige, den HErrn entehrende, Sein klares Wort mißachtende

und Sein Kreuz entehrende sogenannte Wiederbringungslehre ähnliches für die in Ewigkeit Verlorenen annimmt, die dann schließlich noch begnadigt würden).

Die Schrift gibt uns keine Erlaubnis, derartige Vermutungen zu hegen, geschweige denn zu lehren, die in das Gebiet menschlicher Spekulation und religiöser Philosophie gehören (Kol. 2,6ff.).

Wo der Baum fällt, da bleibt er liegen!“ (Pred. 11,3.)

Wenn das Vollkommene gekommen sein wird, so wird das, was stückweise ist, weggetan“ (1. Kor. 13,10).

Da aus der Frage aber nicht klar hervorgeht, wie sie zu verstehen ist, schließe ich mich den gegebenen Antworten an. Da wird nun jeder Leser gewiß zugeben: was für kostbare, aber auch ernste Antworten sind uns hier geschenkt!

Wegen des Ernstes, den sie atmen und der uns allen, die wir errettet sind, heute ganz besonders viel zu sagen hat, ja, der imstande ist, manchen Schläfriggewordenen einmal gründlich aufzuwecken - deswegen habe ich alle diese Antworten aufgenommen trotz ihrer Ähnlichkeit. Es erübrigt sich daher, noch näher auf den Gegenstand einzugehen.

Wie wichtig ist doch das Beherzigen der Tatsache, daß das, was ich hienieden bin, entscheidend ist für den Genuß und Grad der Herrlichkeit, die mir droben zuteil wird. „Gott ist ein Vergelter!“ (Hebr. 11.) Möchten wir die Tage hienieden auskaufen, treu zu sein in allem, zu glauben, zu leiden, richtig zu kämpfen, zu ringen, zu beten, zu dienen, zu zeugen, zu lieben, zu harren, zu entsagen usw., kurz: dem HErrn treu nachzufolgen, und zwar auf dem persönlichen Pfad unseres Glaubenslebens in Haus, Familie, Beruf und Geschäft sowohl als auch auf dem gemeinsamen im Bande des Friedens mit den Geliebten des HErrn, die Er durch Seinen Geist verbunden hat zu „Seiner Gemeinde“ - bis „Er kommt und Sein Lohn mit Ihm, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird“ (Offenb. 22,12)! „Dann werden wir eingehen in die Freude unseres HErrn und werden schauen, was wir geglaubt, und je treuer wir hienieden waren, desto reichlicher wird unser Eingang sein“ (2. Petr. 1,11.), Ihm allein zum Ruhm und zur Herrlichkeit. Gepriesen sei Sein Name in Ewigkeit!

Ermuntert einander!

1. Thess. 5,11.

Neues und Altes.

Matth. 13,52.

Schriftleiter: Alb. v. d. Kammer, Klotzsche b. Dresden.

Der Heilige Geist, der in uns wohnt.

(2. Tim. 1,14.)

(Fortsetzung von Seite 208 und Schluß.)

Wenn wir uns so mit der herrlichen Gabe des Heiligen Geistes beschäftigen und die Fülle der Segnungen betrachten, die uns in Ihm geworden sind, wie berührt es dann unser Herz, daß Gott uns ermahnen muß, Ihn nicht zu betrüben. Ja, mit Scham muß es uns erfüllen, daß Er sogar noch über Lüge, Diebstahl, Zorn, faule Worte usw. zu denen reden muß, die Er mit dem Heiligen Geiste versiegelt hat (Eph. 1,13; 4, 25-32.30!).

Wer den Satan und sein eigenes Herz noch nicht kennt, der mag fragen, ob solche Dinge bei Kindern Gottes noch vorkommen können; aber hier zeigt uns Gott, zu welchen Dingen wir fähig sind, wenn wir den Heiligen Geist betrüben.

Und wenn Er über diese Dinge mit uns spricht - welche Gnade! -, so droht Er nicht, den Heiligen Geist von uns zu nehmen, sondern Er bringt die Tatsache vielmehr uns zum Bewußtsein, daß wir mit dem Heiligen Geiste versiegelt sind auf den Tag der Erlösung. Diese Gnade soll uns bewahren und bewegen, nicht nach dem Fleische zu wandeln, sondern im Geiste, und Ihn nicht zu betrüben. Wenn wir

im Geiste wandeln,

so werden wir die Lust des Fleisches nicht vollbringen (Gal. 5,16). Der Wandel im Geiste ist kein Wandel unter Gesetz: „Du sollst ...! berühre nicht, koste nicht, betaste nicht!“ (Kol. 2,21.) Es ist vielmehr ein Wandel in der Kraft des Heiligen Geistes, Christo gemäß, so wie Er gewandelt hat.

Manche Kinder Gottes sind zufrieden mit einem anständigen Wandel. Es genügt ihnen, wenn sie gewisse Grenzen nicht überschreiten und sich als Männer und Frauen ehrbar bewegen. Der Wandel im Geiste aber ist etwas ganz anderes. Das ist kein Wandel als ehrenhafte Männer und Frauen, sondern ein Wandel als solche, die den Heiligen Geist haben und Gott kennen. Die Erkenntnis Gottes ist ihnen der Maßstab für alles. Alle Dinge werden so beurteilt, wie sie in der Verbindung mit Ihm aussehen. Unser Verhalten, Handel und Wandel ist dieser Kenntnis gemäß, die wir von Gott haben.

Ich fragte einmal den gläubigen Diener eines früheren deutschen Königs, der ihn fast täglich zu bedienen hatte, ob der König zu den Dienern immer seine Wünsche äußere.

Er Antwortete: „Er sagt uns kaum ein Wort.“ „Aber,“ fragte ich, „wie können Sie dann wissen, was er will?“

„O,“ sagte er, „wir kennen ihn so genau, daß wir wissen, was er will und was wir ihm zu tun haben.“

So ist es auch mit uns, wenn wir Gott kennen. Unser Wandel ist dann dieser Kenntnis gemäß, die wir von Gott haben, durch Seinen Geist.

Durch Anstrengung des Fleisches können wir den Wandel im Geiste nicht hervorbringen. Der Wandel im Geiste ist ein ganz selbsttätiges Ergeben des Wirkens des Heiligen Geistes in uns, wenn Er die Herrschaft über uns hat. Durch Ihn gestärkt am inneren Menschen, wohnt und thront Christus in unseren Herzen (Eph. 3,17), und die natürliche Folge ist, daß auch Christus in unserem Wandel sichtbar wird. Wenn aber der Heilige Geist durch uns betrübt ist, so können wir nicht im Geiste wandeln. Oftmals beachten wir nicht, daß wir Ihn betrübt haben, und vergeblich strengen wir uns dann an, einen Wandel nach dem Geiste zu führen. Wie ernst ist deshalb die Ermahnung:

Betrübet nicht den Heiligen Geist (Eph. 4,30).

Manche haben gemeint, das Betrüben des Heiligen Geistes geschehe, wenn wir lügen, stehlen oder dergleichen Dinge tun. Sicher wird der Heilige Geist betrübt, wenn wir in solche Sünden fallen; aber wird Er nicht auch betr übt, wenn wir dem Lichte des Wortes nicht gehorsam sind oder wenn wir auf Seine Stimme nicht achten und uns mit den eitlen Dingen der Welt beschäftigen?

Denke dir, du hättest einen Brief von den Deinigen. Voll Freude liest du mir daraus vor und erzählst mir von denen, die deinem Herzen so teuer sind. Indem du noch liest und sprichst, blickst du einen Augenblick zu mir hin und siehst, daß ich die Zeitung lese und gar nicht mehr acht habe auf das, was du liest und sprichst. Schmerzt es dich nicht, daß ich so wenig Interesse für das habe, was dir so teuer ist? Betrübt hörst du auf, von den Deinigen zu reden, und still legst du deinen Brief beiseite.

So auch der Heilige Geist. Er spricht zu uns von der Liebe des Vaters, von der Herrlichkeit des Sohnes und macht uns bekannt mit den himmlischen Segnungen, die Gott uns bereitet hat. Aber, statt auf Seine Stimme zu achten, ist unser Herz mit den Stimmen der Menschen und den Dingen der Welt beschäftigt.

Betrüben wir da nicht den Heiligen Geist? Muß Er nicht, statt von Christo zu reden, uns strafen über unsere Achtlosigkeit und Lauheit?

Im Buch der Offenbarung ruft der HErr noch einmal Seiner Gemeinde zu: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offb. 2 und 3). Dieses Wort zeigt uns, daß nicht mehr alle Ohren hatten, auf die Stimme des Heiligen Geistes zu hören. Haben wir Ohren? Wollen wir uns nicht prüfen?

Wenn du nicht mehr Ohren hast für die Stimme des Geistes, wunderst du dich dann, daß du nichts mehr von der himmlischen Freude schmeckst, die dich einst so glücklich machte? Welche Freude fandest du da in dem Gebetsumgang mit dem HErrn und im Betrachten Seines Wortes! Wie glücklich machte es dich, wenn beim Forschen des Wortes ein neuer Strahl Seiner Herrlichkeit in dein Herz fiehl! Sind diese Tage dir nur noch Erinnerungen an das, was du einst hattest, aber jetzt verloren

hast? Welche Dinge nehmen jetzt dein Herz ein? Sind es Sorgen oder der Reichtum des Lebens? Ist es die Familie, das Geschäft oder die Welt? Oder sind es Personen, denen Er hat Platz machen müssen?

Wenn es so ist, dann magst du noch beten, aber dein Umgang mit dem HErrn ist ohne dein Herz, dein Lesen der Schrift ohne Genuß, und ein Überfließen deines Herzens in der Freude an Ihm, in Lob und Anbetung ist dir fremd geworden. Woher dieser Wechsel? Ist es nicht, weil der Heilige Geist betrübt worden ist? Er kann nicht mehr von der Liebe des HErrn und den himmlischen Dingen zu dir reden, aber Er will dich aus dem Schlafe wecken, daß du Seine Stimme wieder vernimmst.

Vielleicht gebraucht Er diese Worte, ein schlafendes Herz zu berühren. Höre auf Seine Stimme sofort! Beuge dich in Buße und Bekenntnis vor Ihm und, wo es nötig, auch vor Menschen! Richte, was Ihn betrübt! Laß die Dinge fahren, die dich binden! Räume Ihm wieder die Herrschaft über dich und dein Leben ein, und Gottes Liebe wird der Sonnenschein deiner Seele sein. Du wirst wieder trinken aus der Quelle lebendigen Wassers, und Herz und Mund werden voll sein im Lobe und Bekenntnis Seines Namens.

Wie unsagbar groß ist der Verlust eines Kindes Gottes, das den Heiligen Geist betrübt! Möchten wir mit mehr Sorgfalt wachen, Ihn nicht zu betrüben, damit durch Ihn Christi Bild und Wesen in uns sichtbar werde!

v. d. K.

„Schüttet euer Herz aus!“

(Ps. 62,8.)

Jeder von uns weiß, wie man einen Wassereimer ausschüttet: man gießt das Wasser aus und damit genug? Nein, sondern nun dreht man den Eimer um und läßt sozusagen auch die letzten Tropfen abfließen. Erst dann ist der Eimer leer. Das ist nur ein alltägliches Bild, erscheint manchem vielleicht noch nicht einmal glücklich gewählt, ist aber anschaulich!

„Schüttet euer Herz aus!“ Ermuntert uns dies Wort nicht, alle Sorgen und Kümmernisse, gerade auch in heutiger Zeit, alles, was uns quält, alles, was uns zu schwer ist, ja auch das, was uns leicht dünkt, einmal gründlich auszupacken, uns vom Herzen zu reden, auszuschütten, und zwar so, daß keine „Tropfen“ mehr zurückbleiben, die bei der Grundveranlagung unseres Herzens: „Trotz und Verzagtheit“ nach Jer. 17,9 (Luther) - „Arglist und Verzagtheit“ (Elberf. Übers.) doch nur zu leicht zu Quellen neuer Sorgenströme werden können? Schüttet aus! Verbeißt nicht euer Leid, freßt nicht euren Schmerz in euch hinein, schüttet aus, aber bis zum letzten! Ja, aber wo? Nur ja nicht zuerst vor Menschen! Gott kann uns natürlich solche, die Lasten tragen können nach Gal. 5,2, in den Weg, ins Haus senden oder uns zu ihnen, damit wir mit ihnen reden und sie mit und für uns beten - und das ist ein köstlicher Dienst - aber unser Psalmwort meint‘s gerade anders: „Schüttet vor Ihm aus

euer Herz!“ Ist dies Wort, vorzüglich im Zusammenhang gelesen, nicht fast wie ein leiser Vorwurf, daß manche Gläubigen zu viel von Menschen erwarten, zu leicht zu Menschen von ihren Herzensgeheimnissen, Sorgen und Leiden reden, zu oft nach Menschentröstungen haschen und dadurch in etwa des unsagbar großen Vorrechts verlustig gehen, sich von Ihm, „dem Gott alles Trostes“ und dem „Vater der Erbarmungen“ (2. Kor. 1,3) trösten, ermuntern, belehren, warnen, strafen, beleben und erquicken zu lassen? Wann hast du, teurer Leser, dein Herz zuletzt vor Ihm ausgeschüttet? Ich frage nicht, wann du zuletzt gebetet hast - das hast du heute schon getan, wo du dies liesest, nicht wahr? -, sondern wann du zuletzt dein Herz ausgeschüttet hast vor Ihm. Möchten wir uns darin üben, unser Herz auszuschütten vor Ihm! Möchten wir Ihn ehren durch ein großes Vertrauen, das da weiß; Er kann alles verstehen und vertragen und tragen, und Er kann helfen, wo Menschenhilfe, Menschentrost versagt! Möchten wir Ihm aber auch den letzten Untergrund mit eröffnen, das, dessen wir uns schämen, was lieber drin bleibt und weiter wuchert als Schädling - was es für den einzelnen auch sei: etwa unseren Trotz und inneren Ärger, unseren Kleinmut, Launenhaftigkeit, unser geheimes Murren, Seufzen und Besserwissen (sogar manchmal als die Schrift!), unsere Empfindlichkeit und Sich-nicht-sagen-lassen-können, unseren Eigenwillen, unsere Selbstsicherheit, unseren Selbstruhm, Selbstbewunderung und Eitelkeit, unser Erhabensein über andere, unser geheimes Nichtvergebenmögen oder -können dem, der uns wehe getan, unsere vielleicht nach außen wohl verdeckten Lieblosigkeiten, unsere „bösen Gedanken“ (nach Matth. 15,19) und Begierden, unser „Ich“ (das im Englischen stets groß geschriebene und von vielen Gläubigen aller Länder gern groß gedachte „Ich“), unsere Charakterfehler und Unausgeglichenheiten desselben und unsere Temperamentseigenheiten, deren wir uns vielleicht sogar rühmen („ich bin nun einmal so! andere müssen mich so verbrauchen, wie ich bin!“), kurz alles, was zum Untergrund des Herzens, ja, unseres geistigen Seins.gehört, woraus alle die Folgen und bösen Dinge („Werke des Fleisches“, Gal. 5,19) hervorwachsen, die uns das Leben für uns selbst und für andere manchmal schwer machen! Schüttet aus euer Herz, nicht also nur das Schwere (warum nicht auch das Leichte?!), sondern auch das, was in uns oftmals die innerste, bisher sogar vor uns selbst uneingestandene Ursache zu diesem und jenem Schweren war, kurz alles heraus vor Ihm, seien es Sünden nach 1. Joh. 1,9, seien es Schwachheiten nach Hebr. 4,15.16 (Sein Hohepriesterdienst!), seien es Rätsel unseres inneren Seins, die wir kaum oder nicht in Worte fassen können, seien es unreine, ungöttliche Beweggründe im Handeln und Dienen, geheime Wünsche, habsüchtige Begehrlichkeiten und Neigungen, was auch immer - aber auch unser tiefes Sehnen, dem HErrn Wohlgefallen zu können in Wort und Wesen, im Wandel und Dienst in Seinem Werk, unser tiefstes, von Seinem Geist gewirktes Verlangen, Ihn auszuleben; ja: „Schüttet vor Ihm aus euer Herz! - Gott ist unsere Zuflucht.“ Er wird fertig mit uns, Er versteht uns zu nehmen, Er reinigt uns (Joh. 15,2), Er heilt uns, Er nimmt, was uns quält, und gibt, was uns fehlt! Christus starb für uns, und wir starben mit Ihm und dürfen uns der Sünde für tot halten, Gott aber lebend in Christo (Röm. 6). Aber verstehen wir uns nicht falsch! Römer 6 und 8 sind keine gemachten Einbildungen, sondern wollen Wirklichkeiten des Glaubenslebens sein für uns. Wenn wir im biblischen Glaubensleben keine praktischen Erfahrungen machen, so sind Gründe dafür vorhanden, und die liegen in uns, nicht in Christo! Der Fehler steckt stets in uns. Darum hinein ins Kämmerlein und die Tür zu und dann aus

geschüttet! Hinaus mit den tiefinnerlichsten Feinden unserer Freude im HErrn, den Ursachen unseres Mangels und Zukurzkommens im praktischen Leben und Dienst für Ihn, unseres Unfriedens im Verhältnis zu anderen, unserer Gleichgültigkeit im Warten auf Sein Kommen u. a. Schütte aus vor Ihm! Tue es, Bruder! Versäume es nicht, Schwester! Und dein „Friede wird wieder sein wie ein Wasserstrom“, deine Freude an Ihm (nicht, wie so leicht, an dir und deiner Vortrefflichkeit!) wird wieder deine Stärke sein (nach Neh. 8,10) usw.

Der HErr schenke uns allen durch Seinen Geist, der uns antreibt (Röm. 8!), Gnade sowie Licht über uns selbst und die verborgenen Schäden unserer Herzen, damit wir willig und bereit werden, vor Ihm unsere Herzen auszuschütten, so daß Er uns füllen könne, ja, wir in Wahrheit mehr und mehr erfüllt würden mit dem Geiste der Gesinnung Jesu Christi! (Eph. 5,18; Phil. 2,5.)

Schüttet vor Ihm aus euer Herz! Gott ist unsere Zuflucht ... Und Dein, o HErr, ist die Güte!“ (V. 8 und 12.)

Preis sei Dir, Herr Jesu, Preis Dir und Ehr'!

F. K.

Nur ein Gefäß, dem Hausherrn nützlich.

(2. Tim. 2, 21.)

Alle, welche dem HErrn auf irgend eine Weise zu dienen suchen, werden auch zuzeiten Gefahr laufen, selbständig in eigener Kraft zu wirken, anstatt sich zu begnügen, nur Gefäße Seiner Hand zu sein. Wir vergessen so leicht, daß der HErr allein alles wirkt und schafft.

Diese Wahrheit muß beständig in unserem Gedächtnis sein! Gott ist es, der wirkt, aber wir sind nur Gefäße Seiner Hand. Fangen wir an, die Wirkenden zu sein, so machen wir sicher Fehler und arbeiten statt zur Ehre und zur Verherrlichung Gottes dem Feinde in die Hände; ja noch mehr, wir selbst sind in Gefahr, in den Fallstrick des Teufels zu fallen und unserer eigenen Seele und der Sache Christi zu schaden.

Unsere einzige Sicherheit ist, in Demut zu den Füßen des HErrn zu bleiben, für Ihn bereit zu stehen und auf Ihn zu warten, für welche Arbeit Er uns als Gefäße, die Ihm geheiligt und nützlich sind, irgend bedarf. Sind wir in natürlicher Energie und mit ungebrochenem Willen tätig, dann werden wir viel unternehmen und uns vorkommen, als seien wir zum Bewundern hingebend und fleißig;

aber wir werden uns über kurz oder lang über uns selbst und über die Resultate unserer Arbeit zu demütigen haben.

Wir leben in Tagen, wo der eigene Wille des Menschen sich in besonderer Weise geltend macht, und diese traurige Erscheinung macht sich auch im Werk des HErrn bemerkbar. Wie nötig ist deshalb ein

unterworfener Wille, Niedriggesinntheit und eine heilige Nüchternheit für alle, welche dem HErrn dienen wollen. Wir können uns gar nicht genug vor den Grundsätzen und dem Geist der uns umgebenden Welt hüten. Nur in dem demütigen Bewußtsein unseres gänzlichen Nichtsseins werden wir zu den Füßen des HErrn bleiben und Ihm in allen Dingen unterworfen sein; nur so sind wir sicher und auch wahrhaft glücklich und in einem Zustande, daß der HErr uns als Gefäße in Seiner Hand nehmen und zu Seiner Verherrlichung gebrauchen kann.

Wenn wir so in wahrer Abhängigkeit und Demut, leer von uns selbst, in des HErrn Gegenwart wandeln, werden wir auch vor der Versuchung bewahrt bleiben, den Dienst des HErrn zu benützen, um uns selbst hervorzutun. So schrecklich es auch ist, aber selbst eine solche Versuchung liegt unserem törichten und verkehrten Herzen nahe. Wem würde es beim Betrachten eines kostbaren Schatzes einfallen, das Gefäß zu bewundern, in dem der Schatz enthalten ist, oder beim Betrachten eines Kunstwerkes, die Werkzeuge zu loben, mit denen es ausgeführt wurde? Welche Torheit, ja, Sünde ist es, irgendwie mit uns selbst beschäftigt zu sein, als ob wir etwas vollbracht hätten, während es doch nur das Herablassen des HErrn ist, uns in Seine Hand zu nehmen. Es ist nichts als Gnade, wenn Er solche arme Geschöpfe, wie wir sind, für Sein kostbares Werk gebraucht. Welchen Dienst wir auch tun, sei er in den Augen der Mitmenschen groß oder klein, stets ist es Sein Werk, nie das unsrige, wir sind nur Gefäße, nur Werkzeuge, nie selbständig Wirkende. Wenn ein Gärtner seine Pflanzen tränkt und sie dadurch zum Wachsen, Blühen, Duften bringt, so lobt doch sicher niemand dafür die Gießkanne, die er gebraucht hat. Und doch, sagst du, hat auch die Gießkanne ihr Verdienst. Gewiß hat sie es, aber sie ist eine Gießkanne und nicht der Gärtner, das Werkzeug und nicht der Wirker.

Diese Gesinnung ist das Geheimnis unserer Freude in dem HErrn, unseres Fruchtbringens im Dienst und unserer Sicherheit gegen die Listen des Feindes. Nur in der Nähe des HErrn sind wir sicher, zufrieden und fähig und bereit, Seine Aufträge auszuführen. Seine Aufträge sind sehr verschieden. Die einen will Er gebrauchen, den Sündern das Evangelium zu bringen oder die Seinigen zu erbauen und in die Erkenntnis Seines Wortes und Willens einzuführen; die anderen wieder gebraucht Er, um durch Not und Trübsal Heimgesuchte zu trösten oder um ein Wort zur rechten Zeit mit dem Müden zu reden; andere wieder, um die Bedürfnisse der Armen oder derer, die im Werke des HErrn arbeiten, zu stillen und Hilflosen Hilfe zu sein. Bist du willig, als ein Werkzeug Ihm für die Arbeit, die Er durch dich getan haben will, bereit zu stehen? und wenn dieselbe getan ist, wieder deinen Platz zu Seinen Füßen einzunehmen im Preisen Seiner Gnade, die dich für einen solchen Dienst gewürdigt hatte?

Blieben wir mehr in der Demut und in dem Bewußtsein, daß in jeder Art von Arbeit, in jedem Dienst Gott der Wirkende ist, dienten wir mehr in der Kraft dieser Tatsache, wie anders würde es dann oft in uns und um uns her aussehen, und welche Resultate zu Seiner Ehre würden sichtbar werden! Aber ach, welche Wichtigkeit haben wir oft in unseren eigenen Augen, und wie leicht und gern beschäftigen wir uns dann mit unserer Arbeit, unserer Gabe und unserem Dienst. Der HErr kann dann unsere Arbeit nicht anerkennen, der Heilige Geist wird betrübt und Christus verunehrt. Ja, wir nötigen den HErrn, uns als Werkzeuge beiseite zu setzen und (in Seiner Treue) unsere Eigenliebe und

Fehltritte aufzudecken. Aber auch solche für uns schmerzlichen Wege sind nichts anderes als Gnade von Seiner Seite. Wenn Er Sich mit unserem Zukurzkommen, unseren Fehlern und Irrtümern beschäftigt, so geschieht es, um uns davon zu befreien und für Seinen heiligen Dienst brauchbar zu machen.

Wie gesegnet ist es doch, daß wir es so unmittelbar mit Ihm zu tun haben und so ganz und in jeder Beziehung in Seinen Händen sind! Wer wollte Ihn nicht preisen, Ihm vertrauen, Ihn lieben, Ihm dienen? Denn „von Ihm und durch Ihn und für Ihn sind alle Dinge; Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen“. (Röm. 11,36.)

M. (v. d. K.)

Ich, Jesus ... Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der glänzende Morgenstern. Und der Geist und die Braut sagen: Komm! und wer es hört, spreche: Komm! - Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ich komme, bald! - Amen, komm, Herr Jesu!“ Offenb. 22,16.17.20.

Schriftforschung in Fragen und Antworten.

Psalm 119; Joh. 5,39; Apgesch. 17,11; 2. Petri 3,18.

Schriftleiter: Fritz Koch, Klotzsche bei Dresden.

Antworten.

Wir bitten dringend, man möge die in den Fragen angeführten Schriftstellen nachlesen, bevor man die Antworten liest; und sollen diese letzteren wirklich zum Segen dienen, so muß man sie an der Hand der Schrift durchforschen!

Frage 20

Handelt es sich in Mark. 10,14 um wirkliche Kinder oder um Erwachsene, die (nach anderen Stellen) Kindesart haben?

Antwort A

Der in Mark. 10,13-16 berichtete Vorfall wird auch Matth. 19,13-15 und Luk. 18,15-17 wiedergegeben. Es handelt sich nach Luk. 18,15 um junge Kindlein, die nach Mark. 10,13 getragen wurden. In welchem Lebensalter die Kinder waren, wird nicht gesagt. Also nicht um Erwachsene mit Kindesart handelt es sich hier, sondern um wirkliche Kinder. Die Mütter wollten, der Herr Jesus möchte die Kindlein anrühren, die Hände auf sie legen und beten. Jesus tut das dann auch, Er herzt sie, legt die Hände auf sie und segnet sie. Wenn also gläubige Mütter bezw. Väter oder Eltern ihre

Kinder dem HErrn darbringen, daß Er sie segne, daß Er gleichsam Seine Hand auf sie Iege, dann tun sie etwas dem HErrn Wohlgefälliges. In diesem Sinne ist wohl auch 1. Kor. 7,14 zu verstehen: Eure Kinder sind geheiligt, d. h. dem HErrn geweiht, dargebracht (abgesondert), unter den segnenden Einfluß des Wortes und Geistes Christi gekommen. Daß man aus diesem Umstande die Berechtigung, ja, die Pflicht und Notwendigkeit der Kindertaufe herleitet, heißt etwas in das Wort Christi hineintragen, was nicht drin liegt. Die Jünger wehren den Müttern ihr Vorhaben. Sie fahren sie dabei an und bedräuen sie sogar. Jesus legt Sich dann ins Mittel und sagt zu den Jüngern: „Laßt die Kindlein zu Mir kommen.“ Also nicht nur den Erwachsenen will Jesus der Helfer und Heiland sein, sondern auch den Kindern. Zu Ihm sollen auch sie kommen. Wehret ihnen (den Müttern und den Kindern!) das nicht, daß sie zu Mir kommen. Denn solcher ist das Reich Gottes, das Himmelreich. Die kindliche Gesinnung, der kindliche Glaube ist nötig, um ins Reich Gottes zu kommen. Wer das Reich Gottes nicht in kindlicher Weise, als ein Kindlein, hilflos, voll Vertrauen empfängt, der wird nicht hineinkommen. Erwachsene, die ins Reich Gottes kommen wollen, müssen das Reich Gottes als Kindlein empfangen mit Kindesart, Kindesgesinnung. Das Kindliche ist's, was der Heiland verlangt, nicht etwa das Kindische. (1. Kor. 13,11.)

A. C.

Antwort B

Diese Stelle kommt in den drei ersten Evangelien vor, Matth. 19,13-15; vgl. 18,1-17; Mark. 10,13-16; Luk. 18,17. Es handelt sich in diesen Stellen um beides, um wirkliche Kindlein und auch um solche, die diesen geistlich gleichen. Der HErr nimmt ein Kindlein und stellt es als ein Muster hin, um uns zu zeigen, daß wir umkehren und wie Kindlein in Kraftlosigkeit und Abhängigkeit zu Ihm kommen müssen. Mit der Umkehr nehmen wir diesen Stand der Hilflosigkeit vor dem HErrn ein.

Aus Matth. 18 ersehen wir klar, daß der HErr von diesen beiden redet. Vers 3 spricht Er geistlich vergleichend: „ihr“ ... „wie Kindlein“, in Vers 4 und 5 spricht Er von dem wirklichen Kindlein „dieses Kindlein“, „ein solches Kindlein“, und in Vers 6 wiederum spricht Er von den Kleinen im geistlichen Sinne, denen, „die an Ihn glauben“. Die wirklichen Kindlein werden in dieser Stelle als verlorene betrachtet. (Vers 11.) Aber des Vaters Wille ist es, daß sie nicht verloren gehen (Vers 14), und deshalb ist der Sohn des Menschen gekommen, das Verlorene zu erretten, und wir haben somit die glückliche Gewißheit, daß alle die Kinder, die noch nicht durch das Wirken des Heiligen Geistes vor eine klare Entscheidung über die Annahme des Heils in Christo gestellt worden sind, nicht verloren gehen. Wenn der HErr von Erwachsenen redet, so fügt Er hinzu „zu suchen und zu erretten, was verloren ist“ (Luk. 19,10).

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Die Frage ist gründlich genug nach ihrer natürlich-ursprünglichen wie auch ihrer geistlichen Seite hin

Die Frage ist gründlich genug nach ihrer natürlich-ursprünglichen wie auch ihrer geistlichen Seite hin beleuchtet, so daß ein weiteres Eingehen unnötig ist. Nur eine beiläufige Bemerkung sei gestattet! Wie bekannt, stützen die großen Religionsgemeinschaften ihre Lehre von der Kinder-, d. i. Säuglingstaufe, z. T. mit auf diese Stelle (vgl. Antw. A!). Wie töricht das ist, zeigt die einfache Tatsache, daß der Mund der untrüglichen Wahrheit keineswegs den Jüngern befiehlt, die Kindlein, „deren das Reich der Himmel sei“, zu taufen. Wie einfach wäre das gewesen, und kein Irrtum hätte später darüber walten können. Aber nein! Die Kindertaufe, d. h. das Taufen unwiedergeborener, nicht (im Glauben) mit Christo gekreuzigter und gestorbener Menschen (nur Gestorbene können und müssen begraben werden!), Röm. 6; Kol. 2,12 u. a., in welcher Form oder unter welcher Begründung und aus welchen Beweggründen es auch geschehen mag, ob von ungläubigen oder gläubigen Eltern, findet in der Schrift nicht die leiseste Stütze oder Beweis und sollte daher von den Geliebten des HErrn, die dem ganzen Wort rückhaltlos folgen wollen, ja, in echter Kindeseinfalt allein vom HErrn abhängig sein möchten, einmal restlos aufgegeben und dafür die Schriftlehre von dem Getauftwerdenmüssen aller Gläubiggewordenen angenommen werden! Warum gehen so viele Kinder Gottes noch immer an dieser Schriftwahrheit vorbei? Ist das Kindeseinfalt? Gott schenke den Seinen Augensalbe, um Seinen geoffenbarten Willen zu erkennen!

Frage 21

Haben wir das Recht, auf Grund von 1. Tim. 2,7 Brüdern, die das Wort predigen, als Standesbezeichnung den Titel „Prediger“ beizulegen?

Antwort A

Diese Stelle wird gern von Brüdern herangezogen, um die Predigerstellung zu rechtfertigen. Die Schrift gebraucht dieses Wort nur als Bezeichnung für die Tätigkeit der Verkündigung des Zeugnisses des HErrn; nie aber braucht die Schrift dieses Wort als eine Standesbezeichnung. Gewiß wird niemand etwas dagegen haben, wenn das Wort im Sinne der Schrift als Tätigkeitsbezeichnung gebraucht wird, aber als Standesbezeichnung muß es abgelehnt werden. Daß das Wort aber heute zu einer Standesbezeichnung geworden ist, geht klar daraus hervor, daß man nicht alle Brüder, die das Wort das HErrn predigen, „Prediger“ nennt. In einer Gemeinde üben vielleicht drei oder auch mehr Brüder den Dienst am Worte aus, warum spricht man von dem einen als „Prediger X“ und von dem anderen als „Bruder Y“? Zeigt dieses nicht, daß aus der Tätigkeit ein Stand gemacht worden ist? In der Welt ist das, was wir tun, auch oft unser Stand und wird uns zum Titel. Der lehrt, ist der „Herr Lehrer“, der dirigiert, der „Herr Direktor“. So ist es aber nicht in der Gemeinde Gottes. Der HErr hat Seiner Gemeinde (nicht der Welt) Evangelisten, Hirten (Pastoren) und Lehrer (aber nicht „Prediger“) gegeben, dieses sind Gaben vom HErrn, die in der Gemeinde ihre Ausübung finden. Der Empfang einer Gabe gibt uns aber kein Recht, diese zu einem Stand oder Titel zu machen.

Es sind gewiß Tausende von Brüdern, die im schriftgemäßen Sinne vom HErrn begnadigte Prediger

des Wortes sind, die sich gleich Paulus vom HErrn berufen wissen, als Prediger und Lehrer des Wortes zu predigen zur gelegenen und zur ungelegenen Zeit (2. Tim. 4,2), die aber die unbiblische „Standesaufrichtung“ ablehnen und nicht daran denken, sich als „Prediger“ anreden zu lassen.

Wie diese völlig unbiblische Predigerstellung unter den Gläubigen Fuß gefaßt hat, sehen wir an der „Predigerwahl“, „Predigeranstellung“, „Predigerversorgung“, „Predigervorsitz“, den „Predigerkonferenzen“ usw. usw. Alle diese Dinge kennt die Schrift nicht. Es gab keinen Bruder, der der Prediger von Ephesus, von Philippi oder Kolossä war; aber es gab Brüder, die vom HErrn die Gabe eines Evangelisten, Hirten oder Lehrers empfangen hatten und der ihnen anvertrauten Gabe gemäß das Wort predigten.

v. d. K.

Anmerkung des Herausgebers

Wenn die großen Religionsgemeinschaften dieses Zeitlaufs ihren Beamten, Dienern und Vertretern Titel geben, die vor den Menschen mit Autorität umkleidet sind, so ist das ihr gutes Recht, zeigt aber, wie sehr sich Religion und Welt ähneln. Wenn aber Christen, die fertig zu sein bekennen mit der Religion des alten Menschen, des Fleisches und der menschlichen Vernunft, sich im Rahmen ihrer christlichen Berufstätigkeiten Titel und Anreden beilegen oder beanspruchen, die die Heilige Schrift nicht kennt, so ist das ein trauriger Beweis daf ür, wie sehr sowohl die Weltförmigkeit wie die geistliche Unwissenheit auch in die christliche Gemeinde Eingang gefunden hat. Zu diesen christlichen Berufstätigkeiten gehört das „Predigen des Wortes“ (2.Tim. 4,2; vgl. das vom Heiligen Geist inspirierte Buch des Predigers, des Königs Salomo; will man übrigens etwa aus jenem Buch und jenem inspirierten Ausdruck die Berechtigung eines christlichen Titels „Prediger“ ableiten? Das wäre doch eine ernste Verirrung!); aber mehr: auch das „Apostelamt“ in der ersten Gemeinde, auch die Ältestenschaft, auch die Diakonie u. a. gehören dazu. Fragen wir uns nun doch einmal, ob in der Schrift stehen könnte: „Morgen wird Herr Apostel Paulus in Troas das Wort verkünden“ oder „In Philippi war Herr Apostel Paulus von seinem Gehilfen Herrn Prediger Silas begleitet“. Ja, es klingt lächerlich - aber nur das? Zeigt es uns nicht, daß wir Christen uns heute zu schämen haben wegen unserer unchristlichen christlichen Titelsucht? „Herr Gemeindeältester“, „Herr Sendbote“, „Herr Evangelist“! Beinahe klingt's wie „Herr Superintendent“ und „Herr Subdiakonus“ (schrecklich!) oder gar „Herr Amtsbruder“ - aber wie oben gesagt, das sind Ausdrücke des Weltkirchen-Systems. Was aber haben wir damit zu tun? Wie sagt der Herr Jesus: „Ihr aber, laßt ihr euch nicht Rabbi nennen, denn einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder!“ (Matth. 23,8). Wohl ist nichts dagegen zu sagen, wenn „Prediger“ angegeben wird, sobald es sich um irdische Standesamts- und ähnliche Fragen handelt, wie es übrigens auch in der Ordnung ist, daß ein Christ oder eine Christin außerhalb der Gemeinde mit ihren irdischen Titeln oder Ämtern geehrt und angeredet werden (Röm. 13,7 Schluß), aber innerhalb der Gemeinde sind wir Brüder und Schwestern, und eine Standesbezeichnung ist da nicht am Platze, wo wir als „neue Schöpfung“ beisamen sind; ganz besonders aber ist weder in der Gemeinde noch außerhalb ein Titel berechtigt, der aus der größten

Gnade, die uns armen Menschen zuteil werden kann - Sein Wort verkünden zu dürfen-, eine menschlich-irdische Bevorzugung macht. Was sagt der von sich, den der Herr Jesus unter allen bis dahin Gekommenen den Größten nennt, als er von ungläubigen Menschen gefragt wird, was er sei? „Ich bin die Stimme eines Rufenden“ (Joh. 1,23). Bruder - möchtest du mehr sein? und als mehr geehrt werden? geehrt werden von Menschen, denen dienen zu dürfen eine solche unendliche Gnade ist, aber auch eine so tiefe VerAntwortung in sich schließt, daß wir uns in tiefster Demut darunter beugen sollten!? O daß wir heutigen Christen uns selbst und unsere christliche Titelsucht recht hassen lernten, daß alle, die es angeht, sich verbäten, mit „Herr Prediger“ über die bluterkaufte Gemeinde, Seine Gemeinde erhoben zu werden! Möchte uns dieser innere Gegensatz, der in den Worten „Herr“ und „Prediger“ liegt, einmal so gründlich zum Bewußtsein kommen, daß wir in dieser letzten ernsten Zeit vor dem baldigen, täglich zu erwartenden Kommen des HErrn einmal mit geistlichem Mut aufräumten mit solchen und anderen Entlehnungen aus einer religiösen, dem Verderben geweihten Welt und in hingebender Treue außerhalb des Lagers pilgerten, bis Er kommt!

Er gebe uns Seine Gnade dazu!

Frage 22

Was sind „geistliche Schlachtopfer“ nach 1. Petr. 2,5?

Antwort A

Wie die Empfänger dieses Briefes V. 9 „das auserwählte Geschlecht usw.“ sind, so sind sie auch geistlich die lebendigen Steine an dem geistlichen Hause, welches zu einer Behausung Gottes im Geist erbaut wird (Ephes. 2,21.22); der heilige Tempel in dem HErrn, das Haus Gottes (Hebr. 3,6); die Gemeinde des lebendigen Gottes, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit (1. Tim. 3,15).

Die geistlichen Schlacht- oder Brand- oder Ganzopfer bedeuten das, was der Apostel Paulus in Röm. 12,1 angibt, wo dasselbe Wort gebraucht wird. Also ein geistliches Schlacht- oder Brandopfer bedeutet hier die gänzliche Hingabe an den HErrn nach Geist, Seele und Leib und allem, was wir sind und haben. Dies wird ein vernünftiger Gottesdienst genannt. Aller Gottesdienst, bei dem sich niemand dem HErrn übergibt noch Ihm leben und dienen will, ist somit unvernünftig, denn er hat weder Sinn noch Zweck, noch Ziel. Ein Tier könnte gleichsam ebensogut dann Gottesdienst halten, denn es geht hinaus, wie es gekommen ist. So kann es im Heiligen Tempel Gottes nicht zugehen!

F. Th. H.

Anmerkung des Herausgebers

Eine ernste Frage, da sie unser ganzes Sein umfaßt! Und da es die letzte Frage, der letzte Artikel des jetzt abgeschlossenen Jahrbuches ist, so laßt uns uns fragen, ob wir bereit sind, mit allem, was wir sind und haben, in der unbekannten Zukunft, die vor uns liegt - in der aber das baldige, jeden Tag zu

sind und haben, in der unbekannten Zukunft, die vor uns liegt - in der aber das baldige, jeden Tag zu erwartende Kommen des HErrn für die Seinen (d. h. natürlich vor dem Beginn der antichristlichen Drangsalszeit!) uns gewiß ist - geistliche Schlachtopfer darzubringen, die Gott wohlannehmlich sind in Christo Jesu! Er brachte solch Opfer dar, Er „stellte Seinen Leib dar“ nach Röm. 12,1 (vgl. obige Antwort) „als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“, als Er nach Hebr. 10,5ff. Sich einen Leib bereiten ließ, um Gottes Willen zu tun. „Durch diesen Willen sind wir geheiligt durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“ (V. 10, vgl. V. 14), und darum können wir nun geistliche Schlachtopfer darbringen, die Gott annehmlich sind. Aber die Frage ist, ob wir bereit dazu sind, ob wir es wollen, ob wir nicht nur Opfer des Lobes und des Dankes, ja des Wohlgefallens nach Hebr. 13,16, wie z. B. besonders beim Mahl des HErrn, darbringen wollen in Aufrichtigkeit des Herzens, sondern ob wir uns selber geben (vgl. 2. Kor. 8,5; vgl. auch Kol. 1,24), uns aufgeben wollen, uns entleeren lassen wollen, damit Er uns füllen kann durch Seinen Geist und unser ganzer neuer Mensch in heiliger Hingabe widerstrahlt, was Christus ist, der in uns wohnt und wirkt. Das ist wahre Anbetung, die Gott wert ist von uns zu empfangen. O, möge Er uns durch Seinen Geist passender dazu machen, möge Er in uns wachsen, damit wir abnehmen (Joh. 3,30), möge Christus in uns gestaltet werden (Gal. 4,19), mögen wir durch Anschauen Seiner Herrlichkeit mehr in Sein Bild verwandelt werden (2. Kor. 3,18), damit wir befähigter werden, den heiligen Priesterdienst auszuüben, zu dem, wie auch zu dem königlichen, wir berufen sind in Gnade! Ihm sei Preis und Ruhm und Anbetung jetzt und immerdar!

Zur Beachtung!

Wir weisen ganz besonders hin auf das unten folgende Schriftstellenverzeichnis! Erst hauptsächlich durch dieses wird aus dem Jahrbuch ein Nachschlagewerk, das für die Schriftforschung bleibenden Wert behält.

 

 

 

9. Jahrbuch (1923/24)

Der Richterstuhl Christi.

(2.Kor. 5,10.)

Manche Kinder Gottes, die esernst in ihrem Wandel nehmen, sind in Zweifel und Sorge darüber, was ihnen der Richterstuhl Christi bringen wird, und andere, die mit Ernst an den Richterstuhl Christi denken sollten, gehen gleichgültig daran vorüber.

Diese kleine Betrachtung möchte beiden Klassen dienen, aber doch besonders denen zu helfen suchen, die sich „beeifern, Ihm wohlgefällig zu sein“ (2. Kor. 5,9),aber, über ihrer Mangelhaftigkeit und ihr Zukurzkommen unglücklich, mit Furcht und Sorge an den Richterstuhl Christi denken. Im

und ihr Zukurzkommen unglücklich, mit Furcht und Sorge an den Richterstuhl Christi denken. Im Glauben erfaßten sie einst das Wort des HErrn: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und glaubt Dem, der Mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen“ (Joh. 5,24), und ihre Seele ruhte voll Freuden in der Zuverlässigkeit Seines Wortes. Dann aber lasen sie: „Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor. 5,10), und Furcht und Zweifel beschlich ihr Herz, ob nicht doch noch einmal die Frage ihrer Sünden aufgerollt und sie von dem Richter zur Linken gestellt werden könnten.

Solche Gedanken kommen aus der falschen Annahme, daß an einem bestimmten Tage der Richterstuhl Christi aufgerichtet und alle Menschen, gläubig und ungläubig, durch das Sieb einer peinlichen Untersuchung hindurchgehen müssen, um dann zu erfahren, ob man selig werde oder verloren gehe.

Wohl werden alle Menschen einmal vor dem Richterstuhle Christi offenbar werden, und es mag deshalb so erscheinen, als widerspräche dies dem Worte des HErrn, daß der Gläubige nicht ins Gericht komme. Aber auch betreffs dieses scheinbaren Widerspruches dürfen wir mit voller Gewißheit sagen: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden“ (Joh. 10,35).

Vielleicht sagt jemand, wenn alle Menschen vor den Richterstuhl Christi zustehen kommen, so ist esdoch klar, daß alle, Gläubige und Ungläubige, gleichzeitig vor dem Richterstuhle Christi stehen werden?! Durchaus nicht! Niemals werden Gläubige mit Ungläubigen zugleich vor dem Richterstuhle Christi offenbar werden.

Die oft vertretene Meinung, daß der Richterstuhl Christi ein allgemeines Gericht bedeute, vor dem alle Menschen zugleich versammelt werden, hat keinen Grund in der Schrift.

Der „Richterstuhl“ Christi ist ein sehr weitgehender Begriff, der mehr umfaßt als eine einmalige Handlung. In diesem Ausdruck „Richterstuhl des Christus“ ist jede Richterhandlung des HErrn einbegriffen, die der HErr über Personen oder Werke vollziehen wird. Der Richterstuhl Christi ist sowohl der „Thron der Herrlichkeit“ (Matth. 25,31), vor dem alle Nationen versammelt werden, als auch der „große weiße Thron“ (Offenb. 20,11), vor dem die unerretteten Toten stehen werden. In dem Hinweis auf den Richterstuhl Christi, vor dem alle offenbar werden müssen, bringt der Apostel den göttlichen Grundsatz zum Ausdruck, den wir schon im Alten Testament (Pred. 12,14) finden, daß „Gott jedes Werk, es sei gut oder böse, in das Gericht über alles Verborgene bringen wird“.

Aber, könnte jemand sagen,

sind die Ungläubigen eingeschlossen

in das Wörtchen „alle“ in 2. Kor. 5,10?

Ohne Zweifel. Wir brauchen nur den folgenden, den 11. Vers zu lesen: „Da wir nun den Schrecken des HErrn kennen, so überreden wir die Menschen“. Warum sollte der Apostel die Menschen überreden, wenn sie nichts mit dem Richterstuhl Christi zu tun haben?

Er sieht (und ich folge z. T. den Ausführungen eines anderen) den Ernst, das Furchtbare des Augenblickes, wenn ein Mensch vor dem Richterstuhl Christi offenbar wird. Mit tiefem Ernst denkt er an den Unbekehrten, wenn dieser in seinen Sünden vor dem Richter zu erscheinen hat. Er zittert, aber er zittert nicht für sich. Er ist erschrocken, aber der Schrecken des HErrn berührt nicht ihn selbst. Dadurch daß der HErr das Gericht für ihn erduldet und entfernt hat, ist das Gericht mit seinen Schrecken für ihn hinweggenommen. Aber für den Ungläubigen ist das Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi eine Stunde der Furcht und des Schreckens. Von der Liebe Christi gedrängt, überredet der Apostel deshalb die Menschen, dem Gericht zu entfliehen. So zeigt uns dieser 11. Vers, daß er sowohl an Gläubige als auch Ungläubige denkt. Keineswegs aber wird uns damit gesagt, daß dieses Offenbarwerden der Gläubigen und der Ungläubigen gleichzeitig geschieht.

Laßt uns nun ein wenig näher auf einige Stellen der Schrift eingehen, die auf den Richterstuhl Christi Bezug haben:

In 2. Tim. 4,1 lesen wir: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christo Jesu, der da richten wird Lebendige und Tote, und bei Seiner Erscheinung und Seinem Reiche“. Hier wird uns gesagt, daß der Herr Jesus richten wird 1. Lebendige und 2. Tote. Über das Gericht der Lebendigen wird uns in Matth. 25 berichtet, und über das Gericht der Toten finden wir näheres in Offenb. 20. Laßt uns diese beiden Stellen aufmerksam lesen! Zunächst Matth. 25,31-46.

Das Gericht der Lebendigen.

Der Richterstuhl ist der „Thron der Herrlichkeit“. Alle kennen das Wort des HErrn von den „Schafen und Böcken“. Leider ist diese Stelle dazu gemißbraucht worden, eine gleichzeitige Auferstehung aller Toten zu beweisen, die Schrift aber lehrt solches nicht. (Offenb. 20,5.) Man sagt, in der Auferstehung sind die Guten die „Schafe“ und die Bösen die „Böcke“. Aber die ganze Stelle hat gar nichts mit der Totenauferstehung zu tun. Es findet sich darin weder ein Wort noch ein Gedanke an Totenauferstehung. Es handelt sich überhaupt nicht um auferstandene Menschen, sondern um Nationen, um die lebenden Völker auf Erden, die zu der Zeit leben, wenn der Herr Jesus als König in Seiner Herrlichkeit zur Erde herabkommen wird.

Noch ein anderer Punkt in dieser Schriftstelle ist wichtig zu beachten. Vers 40 lesen wir: „Wahrlich, Ich sage euch, insofern ihr es einem der geringsten dieser Meiner Brüder getan habt, habt ihr es Mir getan“. Es ist oft mit Recht gesagt worden: „Wenn die,Schafe' die Guten sind und die,Böcke' die Bösen, wer sind dann die, welche der HErr ,diese Meine Brüder' nennt?“ Der HErr unterscheidet hier nicht zwei, sondern drei Klassen. Wohl werden die vor Ihm versammelten Völker in zwei Klassen, in Schafe und Böcke geteilt. Aber dann richtet Er den Blick der „Schafe“

auf eine dritte Klasse, die Er „diese Meine Brüder“ nennt. Wir sehen, eine solche Auslegung (wie oben) stimmt nicht.

In jener Klasse, die Er „diese Meine Brüder“ nennt, erkennen wir die Boten, die nach der Entrückung der Gemeinde in der „großen Trübsalszeit“ treu zu Ihm gestanden haben. Diese Treuen werden in jener Zeit ausgehen und das Evangelium des Reiches predigen. (Matth. 24,14.) Sie werden es in einer ähnlichen Weise verkündigen, wie es die Jünger in der Zeit taten, als der HErr hier auf Erden war.

Je nachdem wie die „Nationen“ (Völker) sie annahmen oder verwarfen (Matth. 24,14), werden sie, wenn der König kommt, von Ihm den Segen oder den Fluch empfangen; denn die Annahme oder Verwerfung „dieser Seiner Brüder“ war gleichbedeutend mit Seiner Annahme oder Verwerfung.

Dieses ist der Richtersitz, den der Herr Jesus einnehmen wird, wenn Er die Lebendigen richten wird.

Nun laßt uns hinblicken auf

das Gericht der Toten

in Offenb. 20,11. Der Richterstuhl dort ist „ein großer weißer Thron“. Wir lesen Vers 11: „Und ich sah einen großen weißen Thron und Den, der darauf saß, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden“. Dieses Gericht findet nicht in der Erdenzeit statt, sondern dann, wenn die Ewigkeit ihren Anfang genommen hat. Es ist wichtig zu beachten, daß die Erde und der Himmel, wie wir sie jetzt sehen, dann bereits entflohen sind. Sie haben ihren Zweck erfüllt und sind hinweggetan worden, aber der unbekehrte sündige Mensch ist nicht mit hinweggetan. Der Sünder, der in seinen Sünden stirbt, wird nach der Auferstehung in seinem Leibe vor dem „großen weißen Thron“ stehen. Er wird als Mensch gerichtet und „wird empfangen, nach dem er in dem Leite getan, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor. 5,10). Und wer ist der Richter auf diesem Throne? Es ist der Herr Jesus! Der Apostel sagt (Apgesch. 10,42): „Daß Er der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der Toten ist“. Derselbe, der im Leben ihr Heiland sein wollte, derselbe ist dann ihr Richter.

Beachte auch die Worte: „Die Bücher wurden aufgetan“ (Offenb. 20,12). Man möchte diese Bücher die „Bücher der VerAntwortlichkeit“ nennen, denn sie enthalten alles, worüber der Mensch von Gott zur Rechenschaft gezogen werden wird. Ein sorgfältiger Mann führt Bücher über alles, damit er alles sicher weiß und nichts vergißt. Und warum wird uns gesagt, daß Gott gleichsam Bücher führt? Sicher um uns damit zu zeigen, daß nichts von Ihm vergessen wird. Der Mensch denkt, er kann Sünde auf Sünde häufen, und redet sich vor, daß Gott keine Notiz davon nimmt. Aber er irrt sehr! Gott zeigt uns in diesen „Büchern“, daß das Spiegelbild unseres Lebens dort unverwischbar niedergelegt ist und jeder sein Leben dort wiedersehen wird. Auf den Seiten jener Bücher ist gleichsam jedermanns Name eingetragen, und darunter ist alles aufgezeichnet: Der Besitz Seines Wortes, das Hören des

Evangeliums, die Bemühungen der Liebe, die angewandt sind, der Seele den Weg zu Jesus zu zeigen; dann die Sünden, Sünden und Sünden und die letzte Sünde: die Vernachlässigung der Errettung und die Verwerfung Christi. Wer möchte, daß sein Name in diesen Büchern stände?! Wer möchte gerichtet werden „nach dem, was in den Büchern geschrieben steht“? Wer gerichtet werden nach seinen Werken?

Was die Vorrechte, die ein Mensch in dieser Welt empfangen hat, in jener Welt am Tage des Gerichts bedeuten, das lernen wir aus den Worten des HErrn in Luk. 12,47.48: „Jener Knecht aber, der den Willen seines Herrn wußte und sich nicht bereitet, noch nach seinem Willen getan hat, wird mit vielen Schlägen geschlagen werden; wer aber nicht wußte, aber getan hat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden. Jedem aber, dem viel gegeben ist - viel wird von ihm verlangt werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man desto mehr fordern“. Da ist ein Heide im dunklen Afrika, Gottes Stimme hat auch zu ihm geredet (Hiob 33,14.29.30), aber ihm ist niemals die kostbare Botschaft der Gnade Gottes verkündigt worden, - er wird mit wenigen Schlägen geschlagen werden; und da ist ein Mann in unserem Lande, er hörte die frohe Botschaft und wurde mit vielen Vorrechten gesegnet, aber er wandte dem HErrn den Rücken - er wird mit vielen Schlägen geschlagen werden. Wir erinnern uns, wie der HErr jene Städte schalt, in welchen Seine meisten Wunderwerke geschehen waren: „Wehe dir, Chorazin! wehe dir, Bethsaida! denn wenn zu Tyrus und Sidon die Wundermerke geschehen wären, die unter euch geschehen sind, längst hätten sie in Sack und Asche Buße getan“ (Matth. 11,21). Dies sollte genügen, jeden Sünder zum Nachdenken zu bringen.

In diesem Gericht vor dem großen weißen Thron wird außer „den Büchern“ noch „ein anderes Buch“, das „des Lebens“ erwähnt. Uns wird nicht gesagt, daß die Toten aus diesem Buche gerichtet werden. Das Buch des Lebens enthält sozusagen das Namenverzeichnis der Gläubigen. Der Name jedes Erretteten steht hier angeschrieben. Wenn wir uns fragen, zu welchem Zwecke das Buch des Lebens hier geöffnet ist, wo doch „jeder nach seinen Werken“ gerichtet wird, „nach dem, was in den Büchern geschrieben ist“ (ein Gericht, welches auch dem Besten unter den Sündern keine Hoffnung läßt), so finden wir eine Antwort in der Mitteilung, daß, wenn ein Name in diesem Buche „nicht gefunden wurde“, das Gericht ausgeführt wurde. Es war das letzte, was geschah - gewissermaßen eine feierliche Feststellung und Bestätigung dafür, daß der Name nicht im Buche des Lebens gefunden wurde. (Luk. 10,20.)

Dieses Gericht der Toten vor dem großen weißen Thron in Offenb. 20,11-15 muß klar unterschieden werden von dem zuvor betrachteten Gericht der lebenden Nationen in Matth. 25,31-46. Die Verschiedenheiten beider sind leichter zu überblicken, wenn wir sie nebeneinander stellen.

Das Gericht der Lebendigen. Das Gericht der Toten.

(Matth. 25,31-46.) (Offenb. 20,11-15.)

Wo findet es statt?

Wo findet es statt?

Auf Erden. Nicht auf Erden.

Vor dem Thron der Vor d. großen weißen Throne,

Herrlichkeit (V. 31.32). nachdem Himmel und Erde

vergangen sind (V. 11).

Wann findet es statt?

Wenn der Herr Jesus zur Erde Nach dem 1000-jährigen Reiche

herniederkommt (V. 31). (V. 7-11).

Beim Eintritt in das 1000- Beim Eintritt in die Ewigkeit
jährige Reich (V. 34). (V. 10.11).

Wer wird gerichtet?

Die lebenden Völker (V. 32). Die Toten (V. 12.13).

Wonach wird gerichtet?

Nach der Annahme oder der „Nach dem, was in den

Verwerfung der Brüder und Büchern geschrieben war,

Boten des HErrn (V. 40.45). nach ihren Werken“ (V. 12).

(Darin war natürlich die (Es ist kein Boden der

Annahme oder die Verwerfung Gnade mehr.)

des HErrn eingeschlossen.)

Wie ist das Urteil?

Das Urteil ist verschieden. Das Urteil ist nicht verschieden.

Die einen gehen in die Alle werden in den Feuersee

ewige Pein, die anderen in geworfen (V. 14.15).

das ewige Leben (V. 46). (Ein Urteil nach den Werken muß

Verdammnis sein [Ps. 143,2].)

Wir wenden uns nun der Frage zu: „Was geschieht mit den Gläubigen der Gemeinde Gottes?“ Auch sie „müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor. 5,10).

Manche haben gemeint, vor dem Richterstuhl Christi falle

die Entscheidung,

ob ein Mensch selig werde oder verloren gehe. Solche denken, daß an einem Tage nach dem Tode alle sogenannten „guten Taten“ eines Menschen in die eine Waagschale gelegt werden und die „schlechten“ in die andere und darnach die Frage des Seligwerdens entschieden werde. Wenn das Gewissen dem Menschen dann bezeugt, daß er wenig Aussicht habe, in das ewige Leben einzugehen, so tröstet man sich mit der Gnade Christi, der Sein Verdienst hinzulegen und so die Waage zu seinen Gunsten neigen werde. Diese Vorstellung ist ein gefährlicher Irrtum. Wer seine Seligkeit darauf baut, baut auf Sand. Die Schrift kennt solche Gedanken nicht. Sie sagt uns klar, daß unser ewiges Los hier auf Erden entschieden wird durch die Buße und den Glauben an den Herrn Jesus. Der HErr kennt schon jetzt die Seinen, und die Seinen kennen Ihn. Er sagt: „Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen“ (Joh. 10,14), und weiter: „Der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu erretten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichtes, um bestraft zu werden“ (2. Petr. 2,9). Beide, die „Gottseligen“ wie auch die „Ungerechten“, sind jetzt schon von Ihm gekannt. Mit den „Gottseligen“ hat „der Tag des Gerichtes“ nichts zu tun, den „Ungerechten“ aber bringt er nicht die Entscheidung, ob er selig wird oder verloren geht, sondern die Bestrafung.

Der Gläubige weiß ohne jeden Zweifel schon jetzt, wo er in der Ewigkeit sein wird, und erfährt dieses nicht erst vor dem Richterstuhl Christi. Er weiß aufs gewisseste, daß er bei Christo in der Herrlichkeit sein wird: „Ich habe Lust, abzuscheiden, und bei Christo zu sein“ (Phil. 1,23). Ferner sehen wir, daß „ausheimisch aus dem Leibe“ heißt „einheimisch bei dem HErrn sein“ (2. Kor. 5,8); und Stephanus befahl seinen Geist in die Hände des Herrn Jesus (Apgesch. 7,59). Solche Worte der Schrift sagen uns aufs deutlichste, daß Paulus, der Schächer (Luk. 23,43) und alle, die im Glauben an den Herrn Jesus starben, bei dem HErrn sind. Können denn Paulus, Petrus, Stephanus usw. es erst vor dem Richterstuhl Christi erfahren, ob sie errettet seien oder nicht? Oder können Mose und Elias, die mit dem HErrn auf dem Berge der Verklärung waren, es erst am Richterstuhl wissen, ob die Herrlichkeit oder die Verdammnis ihr Teil sein wird? Wohl sind die Seligen noch nicht in ihrem Vollendungszustande bei dem HErrn, noch nicht in dem Auferstehungs- und Herrlichkeitsleibe bei Ihm. Erst an dem Tage der Ankunft des HErrn wird Sein Machtruf sowohl die lebenden Gläubigen „umgestalten“ als auch die Entschlafenen auferwecken zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit: „Es wird gesät in Unehre, es wird auferweckt in Herrlichkeit“ (1. Kor. 15,43).

Noch andere Fragen betreffs des Richterstuhles haben die Kinder Gottes (besonders die jüngeren) beschäftigt, und wir wollen einige an Hand der Schrift betrachten.

Wird der Gläubige gerichtet,

wenn ervor dem Richterstuhle Christi erscheinen muß?

Lies aufmerksam 2. Kor. 5,10. Der Geist Gottes sagt nicht, wir müssen „alle gerichtet werden“, sondern „alle offenbar werden“. Hieße es „alle gerichtet werden“, so würde es ein Widerspruch mit den Worten des HErrn sein, daß der Gläubige „nicht ins Gericht kommt“ (Joh. 5,24). Aber „alle müssen offenbar werden“, das heißt, daß das Leben eines jeden Menschen, „alles, was er in dem Leibe getan“ hat, ans Licht und in das göttliche Urteil kommen wird. Die Folge dieses Offenbarwerdens wird für den Ungläubigen das Gericht sein, für den Gläubigen dagegen wird es Lohn oder das Einbüßen des Lohnes sein, je nachdem wie er gehandelt hat.

Warum wird der Gläubige nicht gerichtet?

Weil das Gericht über seine Sünden schon vollzogen ist. Für den Ungläubigen muß das Offenbarwerden notwendig Gericht zur Folge haben, aber nicht für den Gläubigen. Dessen Gericht ist schon vollzogen. Als Jesus als unser Stellvertreter am Kreuze hing, als Ihn das göttliche Gericht traf, als Er um unserer Sünden willen von Gott verlassen wurde, in dieser Stunde fand das Gericht des Gläubigen statt. Müßte die Frage seiner Sünden noch einmal richterlich geordnet werden, so wäre das Opfer Christi nicht vollkommen, und der Ruf: „Es ist vollbracht!“ würde nicht bedeuten, daß es für uns vollbracht ist. Gott aber sagt uns Selbst: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde Ich nie mehr gedenken“ (Hebr. 10,17). Wenn du sagen kannst: Er ist um meiner Übertretungen willen verwundet und um meiner Missetaten willen zerschlagen, wie kannst du dann denken, daß Gott noch einmal deine Sünden ins Gericht bringen wird! Durch den Glauben sind wir mit dem für uns Gerichteten einsgemacht, und so völlig sieht Gottes Auge uns mit Ihm verbunden, daß wir auch mit Ihm in der Auferstehung und in der Herrlichkeit einsgemacht sind. So gewiß wie Tod und Gericht hinter Ihm liegen, so sicher liegen Tod und Gericht hinter uns, und so gewiß Er in der Herrlichkeit ist, so gewiß werden wir dort sein. Wir sind mit Ihm „eingebunden in das Bündel der Lebendigen“ in der Herrlichkeit (1. Sam. 25,29).

Wie kann gesagt werden:

„Ihrer Sünden will Ich nie mehr gedenken“?

(Hebr. 10,17), wenn vor dem Richterstuhl alles nochmal offenbar werden soll?

Laßt uns die Stelle (Hebr. 10) im Zusammenhang lesen! Im 3. Vers wird uns gesagt: „In jenen Opfern ist alljährlich ein Erinnern an die Sünden, denn unmöglich kann Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen“, darum mußte in jedem Jahre immer wieder neu die Frage der Sündenschuld von Gott erhoben werden. Dem entgegen wird nun das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi gezeigt, durch welches die Sünde „hinweggenommen - abgeschafft“ ist (Hebr. 9,26) und wir

auf „immerdar vollkommen gemacht“ sind. Auf Grund der ewigen Kraft des Blutes Christi kann für den Gläubigen die richterliche Forderung der Sühnung der Sünden durch den Tod nie mehr vor Gott erhoben werden. Es gibt (wie im Alten Bunde) kein „Erinnern“ mehr an die Sünden, so daß Gott den Gläubigen sagen kann: „Ihrer Sünden werde Ich nie mehr gedenken“. Wir mögen daran gedenken, aber Gott wird es nie tun. Unsere Sünden mögen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, aber nie wird die Frage der Zurechnung oder des Gerichtes für den Gläubigen erhoben werden.

Wie wir schon gesehen haben, geschieht das Offenbarwerden des Gläubigen am Richterstuhl Christi nicht (wie bei den Ungläubigen) zum Zweck des Gerichtes, sondern damit wir unsere ganze Lebensgeschichte im Lichte der Herrlichkeit (in der wir dann schon zu Hause sind) erkennen.

Wird dort alles offenbar werden, sowohl die Sünden vor wie die nach der Bekehrung, und wird nicht der

Rückblick Furcht und Schrecken

bewirken?

Der HErr sagt (Luk. 12,2.3): „Es ist aber nichts verdeckt, was nicht aufgedeckt, und verborgen, was nicht kund werden wird; deswegen, soviel ihr in derFinsternis gesprochen haben werdet, wird im Licht gehört werden, und was ihr ins Ohr gesprochen haben werdet in den Kammern, wird auf den Dächern ausgerufen werden“. Das sind ernste Worte. Alles, was den Augen und Ohren der Menschen verborgen blieb, wird offenbar werden. Da ist nichts verdeckt, was nicht aufgedeckt, und verborgen, was nicht kund werden wird.

„Alles kommt ans Licht, alles, was eingeschlossen ist in die Dinge, „die getan sind in dem Leibe“. Wenn dich im Blick auf den Richterstuhl Christi Dinge ängstigen, ob sie geschehen sind vor oder nach der Bekehrung, so laß mich dich fragen: „Bist du mit allem, was du von Natur bist und was du getan hast, unter dem Kreuze Christi ins Licht gekommen, und hast du deine Sünden ohne Rückhalt vor Gott gerichtet und abgetan?“ Wenn das geschehen ist, so sind sie durch das kostbare Blut Christi hinweggetan, und du darfst im Glauben an Ihn auf Grund Seines vollbrachten Werkes in Seiner Gnade ruhen.

Das Offenbarwerden der Ungläubigen wird zwar mit Schrecken verbunden sein, das der Gläubigen aber mit Lob und Dank. Wenn ein im Glauben lebendes Kind Gottes heute auf sein früheres Leben zurückblickt, so sieht es eine Menge von Unrecht und Sünden, aber wird es dadurch beunruhigt und beängstigt? Durchaus nicht. Es weiß, alle Sünden sind durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi hinweggetan, nicht Furcht, sondern vielmehr die Größe Seiner Gnade erfüllt sein Herz. Wenn schon in diesem Leibe ein im Glauben wandelndes Kind Gottes ohne Furcht auf sein Leben zurückblicken kann, wieviel mehr wird es der Fall sein, wenn wir im Leibe der Herrlichkeit sind und von dort aus unser Leben auf Erben sehen! Und wenn heute ein Rückblick in dieser Welt schon unser Herz über Seine Gnade mit Lob und Dank erfüllt, wieviel mehr wird es dort geschehen! Wie

könnten wir dort, gleichförmig dem Leibe Seiner Herrlichkeit, noch Furcht haben!

(Schluß folgt.)

Psalm 31,15a.

Dieses Wort las ich eben als Grußwort in einem alten Feldpostbriefe unseres Mitarbeiters und Freundes K. O. St. aus der Endzeit des für unser Vaterland so traurig ausgegangenen Krieges - dieses Wort sei allen lieben Lesern der „Handreichungen“ ein Geleitswort für das uns Deutschen so dunkel beginnende Jahr 1923!1 „In Deiner Hand sind meine Zeiten (oder Geschicke)!“ Welch kostbarer Trost für jedes einzelne gläubige Herz wie auch für die ganze Gemeinde des HErrn, die nicht nur die Prüfungen des Weltkrieges, sondern fast noch ernstere Zeiten des nachfolgenden „Friedens“ durchmachen mußte und, wenn der HErr will, noch weiter durchmachen muß, ehe Er kommt! Aber wie lange auch noch du, mein lieber „Mitpilger auf der schmalen Bahn“, und ich, wir alle, die wir zu des geliebten HErrn Brautgemeinde gehören dürfen, auf Ihn zu warten haben werden - wieviel Leiden wir (wie hier in unserem Psalm David) um Seinetwillen und Seiner Gerechtigkeit willen (vgl. 1. Petribrief und meinen Aufsatz im 8. Jahrbuch, S. 174ff.!) noch ertragen sollen, ehe Er für die Seinen kommt, um uns vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen soll, zu bewahren (Offenb. 3,10) - einerlei: unsere Zeiten und zeitlichen Geschicke stehen in Seiner Hand, nicht etwa in der des Feindes und Fürsten der Finsternis und seiner dämonischen und irdischen Helfershelfer! Was immer auch noch geschehen mag: „Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Guten mitwirken!“ (Röm. 8,28.)

1

Dieser Aufsatz ist Anfang Januar geschrieben!Inzwischen ist die äußere Lage noch viel ernster und schwerer für uns geworden, doch der HErr ist Derselbe! - Wir sollten übrigens jetzt 1. Tim. 2,1.2mehr und mehr zu beherzigen lernen! (Der Verfasser.)

So ist unser Psalmgrußwort uns zuerst ein Wort unwandelbaren Trostes, da es uns in Verbindung bringt mit dem Ewigen („Jehova“) und Treuen, der gestern, heute und in Ewigkeit Derselbe ist (Heb. 13,8) und der uns zu Anfang des Psalms als der „Fels der Zuflucht“, das „befestigte Haus“ vorgestellt wird (V. 2).

Aber es ist auch ein Wort ernster Mahnung. Wozu? Dazu, daß wir handeln wie David: daß wir Ihm völlig vertrauen angesichts aller Bemühungen des Feindes, uns zu schaden, daß wir ... Ihn anrufen, bewegen dazu durch Seine Güte (V. 14.16ff.) und daß wir gleichsam nach Hebr. 10,24 „aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken“ (vgl. V. 23). Wenn in Seiner Hand unsere zukünftigen Zeiten sind, was sorgen wir uns noch um Nahrung und Bedeckung oder um das, was sonst auf dem Wege des einzelnen liegt? „Sorget nichts - sondern ... betet!“ (Phil. 4,6.) Zum vertrauenden Gebet also mahnt uns jenes Wort. Aber eben nicht nur uns, sondern auch alle unsere Geschwister im HErrn! Uns und ihnen allen gilt es, und darum laßt uns einander ein gutes Beispiel geben im betenden Glaubensgehorsam, und laßt uns einander helfen, Vertrauen zu lernen und zu üben, nämlich Vertrauen auf Den, der alle unsere Zukunft in Seiner treuen, gütigen Hand hält, laßt uns einander dienen, damit keiner seine Zuversicht setzt auf den „Betrug des Reichtums“ (Matth. 13,22) und durch Geldliebe vom Glauben abirrt und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt (1. Tim. 6,10), laßt uns lernen, Ihn über alles zu lieben, der uns geliebt und Sich Selbst für uns gegeben

hat und der unsauch in so trüben, menschlich hoffnungslos scheinenden Zeiten, wie die jetzigen sind, alles sein will und sein kann - Er, der unsere Zukunft in Seiner Hand birgt - Erist wert, daß wir Ihm völlig traun! Gepriesen sei Sein Name!

F. K.

Markus 16,3.4.

Was fehlt uns so oft, teure Geliebte des HErrn?

Der Aufblick, das Aufwärtsblicken auf unserem Wege! Wir verstehen wohl, daß jene Frauen auf ihrem Pfad der Liebe zu ihrem toten Meister den Blick nicht emporrichten konnten! Sie mögen leise geflüstert haben mit halberstickter Stimme, und ihre noch an das Nachtdunkle gewöhnten Augen mögen trauernd am Boden gehaftet haben - wie verständlich ist das! -, aber warum machen wir ihnen das nach? Warum gehen wir so oft durch dies Tränental mit abwärts gerichtetem Blick, als sollte uns Heil werden von dieser armen Erde aus, in deren Gruft einst unser geliebter Heiland eingeschlossen lag? Warum denken wir so oft an die (sicherlich!) so sehr großen Sorgensteine und so schwer und zögernd daran, daß der Heiland nicht mehr zwischen denselben eingeschlossen liegt, sondern daß „der Stein weggewälzt“ ist? Müssen wir jener Weiber Weg nachempfinden und nacherleben? Es ist gut, sich in die Leiden anderer versetzen, tief zu ihnen hinabblicken und hinabsteigen zu können unter ihre Last (Gal. 6,2), um ihnen dienen zu können. Aber was uns selbst betrifft- uns gebührt der aufwärts gerichtete Blick, wie uns auch Hebr. 12,1ff. mahnt und viele andere kostbare Worte. Haben wir diesenBlick und üben wir uns in demselben, so sehen wir manchen Sorgenstein vielleicht erst, wenn wir an ihm vorbeigeführt sind, und er darf uns kein Leid bereiten, da unser Blick und damit unser Herz an sehenswerteren Dingen hängt, ja an Ihm Selbst, den „der große Stein“ nicht halten konnte im Grabe, d. h. im Bereich dieser Welt und dieser Zeit, sondern der als auferstandener Siegesheld alles überwunden hat, was den Seinen den Pilgerpfad durch die Wüste und den Glaubenskampf erschweren konnte, Sünde und Tod, Sorge und Leid dieses Zeitlaufs. „Sursum corda!“ Die Herzen empor! Die Blicke empor! Der HErr ist nahe - sorget nichts! Lasset uns dem teuren herrlichen Herrn Jesus, dem um unserer Sünden willen Gekreuzigten und um unserer Rechtfertigung willen Auferweckten, dem Sieger über Satan, Welt und Sünde, Dem, der bald wiederkommt, mit dem wir schon jetzt innig und ewig verbunden sind, keine Schande machen, indem wir nutzlosen kleinlichen Sorgen Raum geben, selbst nicht in solch ernster Zeit, in der wir heute leben, sondern laßt uns den Blick aufwärts gerichtet halten über die Steine dieser Welt und dieser Zeit hinweg, wissend, daß sie denen kein Hindernis bereiten dürfen, die da gelernt haben und im Glauben zu verwirklichen trachten, was 2. Kor. 5,15 steht: „Und Er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern Dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden!“ Nicht mehr uns selbst und unseren Sorgen und Leiden, sondern Ihm, und Ihm allein! - Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

Hirten- und Aufseherdienst.

David wurde von den Hürden der Schafe genommen, um das Volk Israel zu weiden. Und so weidete er sie nach der Lauterkeit seines Herzens und leitete sie mit der Geschicklichkeit seiner Hände (Psalm 78,70-72). Als Jakob die Herden Labans weidete und irgend eins verloren ging, so trug er den Verlust selbst (1. Mose 31,38-40). Weder er noch David waren Mietlinge, sondern hatten beide Hirtenherzen. David trat dem Löwen und dem Bären entgegen und entriß seine Lämmlein ihrem Rachen (1. Sam. 17,34-36). Jakob scheute für seine Herde nicht die Hitze des Tages noch den Frost der Nacht, und er wachte darüber, daß sie auch nicht einen Tag übertrieben wurde (1. Mose 33,13).

Das war die Gesinnung unseres Meisters. Er liebte Seine Schafe. Er ließ Sein Leben für Seine Schafe. Er ging vor Seinen Schafen her. Er trat dem Wolf entgegen. Er weidete Seine Schafe (Joh. 10; 21,15-17; Jes. 40,11; Hes. 34,23). Welch herrliches Vorbild in allen Dingen! Wenn dies nun die Wege des guten Hirten, des großen Hirten, des Erzhirten waren, so müssen das auch die Wege derer sein, denen als Seinen Knechten die VerAntwortung für Seine Herde anvertraut ist und die rechte Hirten zu sein suchen.

Ein Mann, der sich nicht selbst verleugnen kann, kann kein Hirte sein. Er muß noch die erste Lehre der Jüngerschaft lernen. Ein Mann, der Anstoß nimmt, kann kein Hirte sein. „Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet werden für eure Seelen, wenn ich auch, je überschwenglicher ich euch liebe, um so weniger geliebt werde“ (2. Kor. 12,15). Ein Mann, der sich nicht selbst beherrscht, kann kein Hirte sein. „Langsam zum Reden, langsam zum Zorn“, das sind zwei wichtige Stücke, die für einen Hirten nötig sind. O welche Schande und welche Beschämung, wenn in einer Zusammenkunft solcher, die Hirten und Aufseher in Gemeinden sein wollen, das Temperament zum Vorschein kommt und ärgerliche Worte fallen! Ein Mann, der sein eigenes Haus nicht in Zucht und Ordnung hält, ein Mann, dessen Kinder sich seiner liebevollen, aber festen Erziehung nicht fügen, „wie wird er die Versammlung Gottes versorgen“? Ein Mann, der kein gutes Zeugnis unter den Ungläubigen hat, kann kein Aufseher sein, „auf daß er nicht in Schmach und in den Fallstrick des Teufels falle“ (1. Tim. 3,1-7).

Ist dieser Standpunkt nicht zu hoch? fragt vielleicht jemand. Wo sind die Männer mit solchem Herzen und solchem Leben? Ja, leider gibt es wenige, sehr wenige! Aber ich will eine weitere Frage stellen. Wünschen sich wirklich die Heiligen solche Hirten und Aufseher? Würden sie sich solchen unterwerfen? Würden sie sie in Liebe hochachten ihrer Arbeit wegen? Würden die, die im Worte belehrt werden, dem, der sie belehrt, „von allerlei Gutem“ mitteilen?

(1. Kor. 16,16; 1. Tim. 5,17.18; Hebr. 13,17; Gal 6,6.) Wie oft ist's leider so, daß, statt für sie zu beten, ihnen zu helfen und sie zu unterstützen, man sie beobachtet, neidisch auf sie ist, sie lächerlich macht, ihnen allerlei Widerstand entgegensetzt, keine Unterwürfigkeit anerkennt und nur schlechte Beweggründe bei denen sieht, die die Heiligen zu leiten und zu führen suchen?

Hat nicht der HErr des Weinbergs auch heute noch dieselben Gaben, und kann Er sie nicht schenken wie einst, wenn wir darum bitten?

Aus „The Witness“.

Maria und Martha.

Dreimal sehen wir Maria zu den Füßen Jesu:

1. In ihrem eigenen Hause (Luk. 10,38-42); 2. am Grabe ihres Bruders (Joh. 11); 3. bei dem Abendessen, das für den Herrn Jesus in Bethanien bereitet wurde (Joh. 12,1-8). Beachte die Reihenfolge! Zuerst persönlich, in ihrem Hause, dann in ihrem Schmerz, zuletzt öffentlich in Gegenwart anderer. Zweimal wird Maria über ihr Verhalten zu Seinen Füßen von solchen getadelt, die fleischlich und irdisch gesinnt waren, und zweimal muß der HErr für sie eintreten und die zurechtweisen, die sie tadeln.

Nun sieh Martha an! Sie war auch dreimal bei dem HErrn, aber mir lesen niemals, daß sie zu Seinen Füßen saß noch daß sie wie Maria von ungeistlich Gesinnten getadelt wurde, dagegen aber erhält sie zweimal von dem HErrn zurechtweisende Belehrungen, zuerst zu Hause, dann am Grabe.

Martha war sehr energisch und diente eifrig ihrem HErrn. Bei ihrer Unterhaltung mit Ihm über ihren gestorbenen Bruder finden wir keine Tränen, und am Grabe kann sie, als der HErr den Stein wegnehmen ließ, Ihm ihr Bedenken und Empfinden frei äußern (Joh. 11,20-27.39.40). Dagegen berührten die wenigen Worte Marias und ihr Weinen zu Seinen Füßen so Sein Herz, daß Er Tränen vergoß. Sie lernte Sein Mitgefühl und die Innigkeit Seiner Liebe zu ihr und ihrem Bruder kernen.

Als Maria die Füße des HErrn salbte und der Geruch der Salbe das Haus erfüllte, konnten alle sich miterfreuen des Wohlgeruches, den ihr „gutes Werk“ hinterließ. Aber wenige schienen Freude daran zu haben. Welch einen Gegensatz bilden diese beiden Schwestern! Beide liebten den Herrn Jesus, beide waren oft mit Ihm zusammen, beide standen bereit, Ihm zu dienen, aber wie ungleich schnell lernten sie, Ihm wohlgefällig zu dienen! Jeder Christ kann der Martha und auch der Maria gleichen.

Leser, frag' dich selbst: „Wem gleiche ich, der Martha oder der Maria?“

W. (Sch.)

Der Name „Sohn“ im Matthäusevangelium.

Ein großer, weltlicher König führt viele Namen, und jeder Name ist ein Ausdruck seiner Größe und Macht. So ist es auch mit unserem himmlischen HErrn und König. Er trägt viele herrliche und bedeutungsvolle Namen, die Er aber nicht Sich Selbst beilegte wie ein irdischer König, sondem die Ihm Sein himmlischer Vater und das Wort Gottes gaben. „Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben und

Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus HErr ist, zur Verherrlichung Gottes des Vaters“ (Phil. 2,9-11). „Und sie wird einen Sohn gebären, und du sollst Seinen Namen Jesus heißen; denn Er wird Sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Matth. 1,21). Das ist der kostbare Name, der über jedem Namen ist, vor dem wir uns schon heute beugen dürfen und der uns Leben und Errettung gebracht hat.

Wir wollen uns jetzt nur mit dem Matthäusevangelium beschäftigen, und zwar auch nur mit den Namen, die den HErrn als „Sohn“ bezeichnen. So hören wir bei Seiner Taufe aus den Himmeln die Stimme Seines Vaters erschallen: „Dieser ist

Mein geliebter Sohn,

an dem Ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Matth. 3,17). Und zum zweiten Male, bei Seiner Verklärung, erschallt dieselbe Stimme aus der Wolke: „Dies ist Mein geliebter Sohn, an dem Ich Wohlgefallen gefunden habe; Ihn höret!“

(Matth. 17,5.) So gibt Gott aus den Himmeln Seinem geliebten Sohn Zeugnis, der hier in Niedrigkeit und Knechtsgestalt einherging, daß Er Gottes geliebter und eingeborener Sohn ist! Wir sehen Ihn, wie Er als Sohn Seine Augen emporrichtet zu dem Vater, dem HErrn des Himmels und der Erde, und zu dem Willen Seines Vaters Sein „Ja“ sagt. Wie Er sagt, daß Sein Vater Ihm alles übergeben habe und daß nur Er den Vater erkenne und Er der Einzige sei, der den Vater offenbare. (11,26.27.) Und als einige Zeit darauf Petrus das wunderbare Bekenntnis ablegte: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes“, da konnte Er ihm Antworten: „Glückselig bist du, Simon, Bar Jona; denn Fleisch und Blut haben es dir nicht offenbart, sondern Mein Vater, der in den Himmeln ist“ (16,16.17). Wie wunderbar, der Sohn offenbart den Vater und der Vater den Sohn! Und wiederum erhob Er Seine Augen zum Vater, als die Stunde der Versuchung kam und es wieder hieß, zu dem Willen Seines Vaters Ja zu sagen. (26,39-46.) Er redet von der Liebe und dem Willen Seines Vaters, der in den Himmeln ist. (5,48; 6,8.32; 7,11.21; 18,14.) Staunend fielen die, die in dem Schiffe waren, vor Ihm nieder, als sie sahen, daß Ihm Wind und Wellen untertan waren, und sprachen: „Wahrhaftig, Du bist Gottes Sohn“. Selbst die Dämonen erkannten, mit wem sie es zu tun hatten. (8,29.) Das letzte, wunderbare Zeugnis legte Er Selbst in ernster Stunde vor dem Hohenpriester und dem Hohen Rat ab: „Ich beschwöre Dich bei dem lebendigen Gott, daß Du uns sagest, ob Du der Christus bist, der Sohn Gottes? - Jesus spricht zu ihm: Du hast es gesagt“. Welch ein letztes Zeugnis an die Führer des Volkes! Und doch blieben die Herzen verstockt. (26,63-65.)

Ein zweiter Name, den wir im Matthäus für den HErrn finden, ist der Name

„Sohn des Menschen“.

Es ist der Name, den Er Selbst brauchte, wenn Er von Sich sprach. Wir finden nicht, daß Matthäus oder ein anderer Ihn mit diesem Namen genannt hätte, sondern Er allein nennt Sich so. Dieser Name

oder ein anderer Ihn mit diesem Namen genannt hätte, sondern Er allein nennt Sich so. Dieser Name bezeichnet Den, „welcher in der Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem Er, in Gleichheit der Menschen erfunden, Sich Selbst erniedrigte, indem Er gehorsam ward bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze“ (Phil. 2,6-8). Schon bei der Austreibung aus dem Paradiese war von dem Weibessamen gesprochen. (1. Mose 3,15.) Und dann redet der 8. Psalm deutlich von Ihm, und zwar von Seiner Erniedrigung wie von Seiner Erhöhung: „Was ist der Mensch, daß Du sein gedenkest, und des Menschen Sohn, daß Du auf ihn acht hast? Denn ein wenig hast Du ihn unter die Engel erniedrigt; und mit Herrlichkeit und Pracht hast Du ihn gekrönt“ (V. 4.5). Wie im Philipperbrief und in Ps. 8 die zwei Seiten im Leben des Herrn Jesus, Seine Erniedrigung und Seine Erhöhung, gezeigt werden, so treten diese zwei Seiten auch im Matthäusevangelium hervor, schon wenn wir nur die erste Stelle, wo der Menschensohn von Sich Zeugnis ablegt, mit der letzten vergleichen. Die erste: „Und Jesus spricht zu ihm: Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege“ (8,20); und die letzte vor den Hohenpriestern und Ältesten und dem ganzen Hohen Rat: „Doch Ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen aus den Wolken des Himmels“ (26,64). Dabei hatte aber doch der Sohn des Menschen schon „auf Erden Gewalt, Sünden zu vergeben“. (9,6.) „Er war gekommen, um das Verlorene zu retten, nicht um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als ein Lösegeld für viele“ (18,11; 20,28). „Und als Jesus nach Jerusalem hinaufging, nahm Er die Jünger auf dem Wege besonders zu Sich und sprach zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden Ihn zum Tode verurteilen; und sie werden Ihn den Nationen überliefern, um Ihn zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen, und am dritten Tage wird Er auferstehen“ (20,17-19). Und schließlich: „Dann kommt Er zu den Jüngern und spricht zu ihnen: So schlafet fort und ruhet aus; siehe, die Stunde ist nahe gekommen, und der Sohn des Menschen wird in Sünderhände überliefert“.

(26,45; 12,40; 17,9.12.22; 26,1.2.4.24.25.) Und dann von Seiner Herrlichkeit. Die Stelle 26,64 ist ja schon oben angeführt von Seinem Sitzen zur Rechten Gottes in der heutigen Zeit seit Seiner Himmelfahrt. Dann noch zwei Stellen von Seiner Herrlichkeit, Seinem Thron und dem Gericht: „Denn der Sohn des Menschen wird kommen in der Herrlichkeit Seines Vaters und mit Seinen Engeln, und dann wird Er einem jeden vergelten nach seinem Tun“ (16,27). „Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in Seiner Herrlichkeit und alle Engel mit Ihm, dann wird Er auf Seinem Throne der Herrlichkeit sitzen; und vor Ihm werden versammelt werden alle Nationen, und Er wird sie voneinander scheiden, gleichwie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet“ (25,31.32; lies auch 25,33-46; 13,41; 19,28; 24,30).

Aber nicht nur als von einem Sohn des Menschen war vom HErrn im Alten Testament geredet, sondern auch von Ihm als dem

Sohn der Jungfrau,

Sohn der Jungfrau,

und das sollte ein besonderes Zeichen für Israel sein. „Darum wird der HErr Selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Jungfrau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und wird Seinen Namen Immanuel heißen“ (Jes. 7,14). Die Erfüllung davon lesen wir in Matth. 1,18-25. „Die Geburt Jesu Christi war aber also: Als nämlich Maria, Seine Mutter, dem Joseph verlobt war, wurde sie, ehe sie zusammengekommen waren, schwanger gefunden vom Heiligen Geiste.“ „Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, dein Weib, zu dir zu nehmen; denn das von ihr Gezeugte ist vom Heiligen Geiste.“ „Und er erkannte sie nicht, bis sie ihren erstgeborenen Sohn geboren hatte; und er hieß seinen Namen Jesus.“

Auch bei dem Namen

„der Sohn Davids“

(1,1) handelt es sich um eine Verheißung aus dem Alten Testament. Als David einst den Plan faßte, einen Tempel zu bauen, da wird ihm von Gott geAntwortet, daß Gott nicht ihn, sondern seinen Sohn, der aus seinem Leibe kommen würde, dazu ausersehen habe, daß er Seinem Namen ein Haus baue. Aber nicht nur von seinem Sohne Salomo redet Gott hier zu ihm, sondern Er öffnet ihm die Augen „in die Ferne hin“ und spricht zu ihm von einem größeren Sohn, Dessen Thron Er auf ewig befestigen wird, so daß Davids Haus und Königtum beständig sein werden auf ewig und sein Thron fest sein auf ewig. (2. Sam. 7,1-16.) Wie kostbar ist es, wenn David in den Königspsalmen von diesem König, seinem Sohne, redet und seine Herrlichkeit, Macht und Schönheit schildert. (Ps. 2, 45, 72, 132, 145.) Auch die späteren Propheten haben von Ihm, dem Sproß Isais (Jes,11,1) und dem Sproß Davids geredet: „Siehe, Tage kommen, spricht Jehova, da Ich dem David einen gerechten Sproß erwecken werde; und Er wird als König regieren und verständig handeln und Recht und Gerechtigkeit üben im Lande. (Jer. 23,5; lies auch 33,14-22.) Und nun war die Stunde gekommen und die Zeit erfüllt, und Der wurde geboren, der hier ausdrücklich als der von den Propheten verheißene Sohn Davids bezeichnet wird. (1,1.20-23.) Und Er Selbst nahm diese Namen und die auf Davids Sohn gegebenen Verheißungen für Sich in Anspruch. (22,41-46.) Wie wunderbar ist es: „Davids HErr“ und „Davids Sohn“ zugleich oder, wie es in der Offenbarung heißt (22,16): „Ich bin die Wurzel und das Geschlecht Davids“. Es war der Name, mit dem Seine Schafe aus Israel, die in Ihm den Messias sahen, Ihn nannten, und zwar besonders die, welche in ihrer Not bei Ihm Hilfe suchten, wie die zwei Blinden (9,27), das kananäische Weib (15,22), die zwei Blinden an dem Ausgang von Jericho (20,30.31), die ganze Volksmenge (12,23) und schließlich die Volksmenge bei dem Einzug in Jerusalem und die Kinder im Tempel (21,9.15).

Nun noch etwas über das erste Vorkommen des Namens „Sohn Davids“ und seine Zusammenstellung mit dem Namen „Sohn Abrahams“ in den ersten Worten des Evangeliums. „Buch des Geschlechtes Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ Beide Namen

verbinden den Heiland mit Israel, der erste Name „Sohn Davids“, wie wir schon sahen, mit Israels Thron, der andere „Sohn Abrahams“ mit Israels Land. (1. Mose 17,8.) Ferner beschränkt der Name „Sohn Davids“ Ihn auf Israel, während der Name „Sohn Abrahams“ einen weiteren Gesichtskreis hat und die Nationen mit einschließt, indem Gott Abraham zu Anfang die Verheißung gab: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (1. Mose 12,3). Schließlich entsprechen die zwei Namen und ihre Aufeinanderfolge dem inneren Aufbau des Evangeliums. In dem ersten Teile wendet sich die Botschaft „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe gekommen“ vornehmlich an die Juden. Im zweiten Teile aber tritt die Verwerfung der Juden und die Begnadigung der Nationen sowie das Leiden und der Tod des HErrn in den Vordergrund. So heißt es in Matth. 16,21: „Von der Zeit an begann Jesus zu zeigen, daß Er nach Jerusalem hinaufgehen müsse und von den „Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden, und getötet und am dritten Tage wieder auferweckt werden müsse“. Sein Leiden und Seinen Tod sehen wir vorgebildet in Isaak, dem Sohne Abrahams, der auf den Altar gelegt wurde.

Ferner spricht der HErr von Sich Selbst im Gleichnis (Matth. 22,1.2) als von dem

Sohne eines Königs.

„Das Himmelreich ist einem Könige gleich geworden, der seinem Sohne Hochzeit machte.“ Schon im Alten Testament war von diesem großen König und von Seinem Sohne geredet. „Denn Jehova, der Höchste, ist furchtbar, ein großer König über die ganze Erde ...; denn Gott ist der König der ganzen Erde ... Gott regiert über die Nationen; Gott hat Sich auf den Thron Seiner Heiligkeit gesetzt.“ Von dem Sohne hören wir dann in dem 72. Psalm: „O Gott, gib dem Könige Deine Gerichte, und Deine Gerechtigkeit dem Sohne des Königs. Er wird Dein Volk richten in Gerechtigkeit.“ Im 145. Psalm hören wir den Sohn Selbst des Königs herrliche Pracht, Wunderwerke, Kraft und Güte preisen. - Das Gleichnis von des Königs Sohn in Matth. 22 gibt uns eine vollständige Schilderung von dem Reich der Himmel in dem jetzigen Zeitalter. Der hervorstechende Zug in diesem Gleichnis ist nicht die Erniedrigung Christi als unseres Heilandes, sondern die Erhöhung, Ehre und Verherrlichung des Sohnes des Königs: „Auf daß alle den Sohn ehren, wie sie den Vater ehren. Wer den Sohn nicht ehrt, ehrt den Vater nicht, der Ihn gesandt“ (Joh. 5,23). „Ich aber suche nicht Meine Ehre; es ist einer, der sie sucht und richtet“ (Joh. 8,50). „Mein Vater ist es, der Mich ehrt“ (Joh. 8,54).

Dies waren Namen, die von Gott und den Propheten vorausgesagt waren, und die Gläubigen in Israel sahen in Ihm die Erfüllung dieser verschiedenen Weissagungen. Nun gibt es aber im Matthäusevangelium noch einen Namen in Verbindung mit dem Worte „Sohn“, der nicht von dieser Seite kam, sondern von seiten derer, die nicht glaubten, sondern sich an Ihm ärgerten: „Und Er kam in Seine Vaterstadt und lehrte sie in ihrer Synagoge, so daß sie sehr erstaunten und sprachen: Woher diesem diese Weisheit und diese Wunderwerke? Ist dieser nicht der

Sohn des Zimmermanns?

Heißt nicht Seine Mutter Maria und Seine Brüder Jakobus und Joseph und Simon und Judas? Woher nun diesem dies alles? Und sie ärgerten sich an Ihm“ (Matth. 13,54-57).

Möchte die Betrachtung dieser verschiedenen Namen des HErrn dazu dienen, etwas von der unausforschlichen Herrlichkeit des HErrn zu zeigen.

O. v. Br.

Frage und Antwort

Apgesch. 17,11. Kol. 4,6.

Frage 1

Können wir unter dem „kleinen Horn“ in Daniel 8 dasselbe verstehen wie unter dem in Daniel 7?

Antwort A

Das kleine Horn in Daniel 7 und des in Daniel 8 werden zwei verschiedene Persönlichkeiten sein. Um über beide Verständnis zu erlangen, ist es nötig, kurz auf den Inhalt von Kap. 7 und 8 einzugehen.

In Kap. 7-12 erzählt der Prophet die vier Gesichte, die er gesehen hat, während er bis zum 6. Kap. die Träume der babylonischen Könige und deren Zeitgeschichte mitteilt.

In Kap. 7 beschreibt der Prophet das erste Gesicht über die vier Tiere, die aus dem Meere heraufsteigen und die dem Traum Nebukadnezars in Kap. 2 entsprechen. Daniel sieht wie Nebukadnezar vier Weltreiche: das babylonische, das medopersische, das griechische und das römische Reich. Diese vier Universalreiche werden die Menschheitsgeschichte ausfüllen, bis der Messias kommt (Dan. 7,27). Das vierte Tier, das das römische Reich versinnbildlicht, ist schrecklich, furchtbar und sehr stark und war verschieden von allen Tieren. Das römische Reich wird am Ende der Tage wieder erstehen und in furchtbarer Weise die Welt beherrschen. In den Ereignissen der gegenwärtigen Zeit müssen wir einen Übergang auf diese Endzeit des römischen Reiches erkennen.

Das vierte Tier hatte zehn Hörner. Das römische Reich wird in seiner letzten Epoche zehn Königreiche hervorbringen, von denen drei durch einen anderen nach ihnen aufstehenden König erniedrigt werden. Dieser König ist das kleine Horn in Kap. 7,8. Er wird Worte reden gegen den Höchsten und die Heiligen der höchsten Örter vernichten; und „er wird darauf sinnen, Zeiten und Gesetz zu ändern“. Aber seine Herrschaft wird durch den Sohn des Menschen weggenommen werden. Jener König entspricht dem Tier in Offenbarung 13,1, das aus dem Meere aufsteigt. Es hat zehn Hörner und sieben Köpfe. Er ist der letzte Großkönig des römischen Reiches, das Haupt der Weltmacht am Ende der Zeit, die letzte Macht des Bösen, die ohne Zweifel mit dem Antichristen, dem zweiten Tiere in Offenbarung 13, Vers 11, das aus der Erde aufsteigt, in Verbindung sein wird.

Offenbarung 13, Vers 11, das aus der Erde aufsteigt, in Verbindung sein wird.

Das Gesicht im achten Kapitel gibt in den zwei Bildern vom Widder und Ziegenbock eine nähere Beschreibung der zweiten und dritten Weltmacht von Kap. 7, die hier mit einem Pardel und einem Bären verglichen wird. Der Widder mit seinen zwei Hörnern ist ein Bild des medopersischen Reiches, während der Ziegenbock, der vom Westen her mit großer Schnelligkeit über die ganze Erde kommt, das griechische Reich versinnbildlicht. Der Ziegenbock hatte ein großes Horn (Vers 8), das bald zerbrach und an dessen Stelle vier ansehnliche Hörner wuchsen. Alexander der Große starb in jungen Jahren, und in seine Herrschaft teilten sich hauptsächlich vier seiner ehemaligen Feldherren. Aus einem dieser vier Hörner kam nun ein kleines Horn hervor, das ausnehmend groß wurde gegen Süden, Osten und die Zierde (Palästina). „Und es wurde groß bis zum Heere des Himmels, und es warf von dem Heere und von den Sternen zur Erde nieder und zertrat sie“ (Vers 10). Aus dieser Schilderung geht nun klar hervor, daß es nicht das kleine Horn des vierten Reiches ist - nicht der letzte König des römischen Reiches -, vielmehr ein hervorragender Nachfolger Alexanders des Großen, des Hauptes des dritten Weltreiches. Allgemein nehmen die Ausleger des Propheten Daniel an, daß die Prophezeiung dieses kleinen Hornes seine vorläufige Erfüllung in Antiochus IV Epiphanes, einem Nachfolger des Seleucus, gefunden hat. Er wird „ein König sein frechen Angesichts und der Ränke kundig“ (Vers 23). Er schafft das Opfer ab und handelt nach Gutdünken; aber er wird „ohne Menschenhand zerschmettert werden - er wird ein plötzliches Ende nehmen“. Das Buch der Makkabäer erzählt uns von den furchtbaren Gerichten, die durch diesen König über die Juden kamen. Er war aber nur ein Vorläufer eines Königs, der am Ende der Weltzeit für die Juden große Gerichte und Heimsuchungen mit sich bringen wird. Er ist der „König des Nordens“ oder der Assyrer (Dan. 11 und Jes. 10).

Unterschieden von diesen beiden Persönlichkeiten - dem Repräsentanten des römischen Reiches und dem König des Nordens - ist der Antichrist, der am Ende der Tage aus den Juden hervorgehen wird. Wir finden, wie schon oben angegeben, seine Beschreibung in Offenbarung 13,11-18; es ist das Tier, das aus der Erde aufsteigen wird (siehe auch Dan. 11,36-39!).

C. S.

Antwort B

Man könnte auf den ersten Augenblick wohl der Meinung sein, daß das kleine Horn von Daniel 8 dasselbe wie von Daniel 7 sei, doch ist dies bei tieferem Forschen ausgeschlossen. Das kleine Horn in Kap. 7 wird uns in Verbindung mit dem römischen Weltreich gezeigt, und zwar in seiner zukünftigen Gestalt (vergl. Dan. 7,7-11 mit Offenb. 18,1-8; 17,12-14; 19,20). Hingegen das kleine Horn in Kap. 8 in Verbindung mit dem griechischen oder mazedonischen Weltreich bezw. mit dessen Ausläufern (vergl. Dan. 8,8-12.21-26). Das erste Horn befindet sich imWesten: Europa; das zweite im Osten: Asien. Wir möchten gleich vorausschicken, daß bei den zwei Hörnern (das sind machtvolle politische, zum Teil auch religiöse Persönlichkeiten) keineswegs der Antichrist inFrage kommt, der

bekanntlich in Daniel, Kap. 11,36-39 zum ersten Male genannt wird und unter „dem König“ zu verstehen ist. Den Grund, warum der Antichrist oder falsche Messias nicht so häufig erwähnt wird, glauben wir darin zu sehen, weil Daniel vorwiegend das Werden, die sittlichen, religiösen Zustände und das Ende der vier Weltreiche uns vorstellt und ihre Beziehungen und ihr Verhalten dem auserwählten Volke (Juden) gegenüber. Die vier Weltreiche sowie auch das Reich des Nordens (Assyrien) und das Reich des Südens (Ägypten) waren mehr oder weniger die äußeren Feinde der Juden und werden es zum Teil (das römischs Weltreich, das Reich des Nordens und das des Südens) in der Zukunft wieder sein. Diedrei letztgenannten Reiche werden, ja müssen, nach dem Worte Gottes wieder erstehen und, wie es den Anschein hat, in größerem (wenn auch nicht direkt geographisch, so doch politisch) und mächtigerem Umfange als vordem. In den letzten Kapiteln Daniels beschäftigt sich der Geist Gottes mit dem religiösen Zustand der Juden sowie mit dem Glauben des Überrestes dieses Volkes und stellt inÜbereinstimmung mit dem Aufrollen des inneren Zustandes dieses Volkes und des treuen Überrestes auch den inneren Feind der Gläubigen, den Antichristen, denfalschen König, dar. Der falsche Messias muß zweifellos ein Jude sein, und zwar von königlichem Geschlechte (vergl. Dan. 11,37), der aber alles, was seine Väter (Juden) geglaubt und gehofft haben, über Bord wirft, indem er sich zum Messias erhebt. - Unter dem kleinen Horn in Kap. 7 verstehen wir das Haupt des wieder erwachenden römischen Weltreiches. Das kleine Horn, der zukünftige römische Kaiser, erhebt sich, wiees scheint, aus ganz unscheinbaren Anfängen (wie einst Napoleon) zum Beherrscher des Tieres. Der „Kaiser“ vertritt, ja verkörpert das Tier. Was für eine Ausgeburt der Tiefe und der Finsternis (vergl. Offenb. 13,2b; 17,8) muß das Haupt dieses Reiches sein! Der Geist Gottes kann sich bei der Beschreibung des Charakters dieses Reiches nicht einmal eines Tieres aus der Raubtierwelt bedienen, wie er es bei den ersten drei Tieren mit einigen Hinzufügungen getan hat, sondern gebraucht Worte, die dahin gedeutet werden können, daß es seinesgleichen nie gegeben hat noch geben wird (vergl. Dan. 7,7b.23). Ein Ungeheuer von einem Raubtier, ein Weltreich, dessen Schrecklichkeit, Furchtbarkeit, Grausamkeit und Gottlosigkeit alles, was die Geschichte der Reiche und sogar dieser gegenwärtigen furchtbaren Zeit weit hinter sich läßt. Das ist der Ausblick, den uns die Heilige Schrift gibt; ein grauenhafterer Fernblick könnte uns gar nicht gewährt werden. Doch wir Gläubigen blicken nicht nur über diese heutige „böse Zeit“ mit ihren Bergen von Sorgen, sondern auch über die heute noch zukünftigen schauerlichen Ereignisse hinauf und hinan zu Ihm, der da thront über den gewaltigen Wogen des ausgewählten Völkermeeres (Ps. 93,2-4) und dessen Licht und Liebe bald diese Erde erfüllen wird mit Seinem Glanze und Seiner Herrlichkeit. Harren wir auf Ihn, der uns jetzt schon mit Seinem Lichte und Seiner Liebe erfüllt, bis wir Ihn sehen von Angesicht zu Angesicht bei Seinem Kommen!

K. O. St.

Frage 2

Welche Bedeutung liegt in den Ausdrücken: „der erste Mensch“, „der alte Mensch“, „der neue Mensch“, „der letzte Adam“, „der zweite Mensch“?

Antwort

Der erste Mensch“ (1. Kor. 15,45).

Dieser Ausdruck wird gebraucht im Gegensatz zu Christo, dem „zweiten Menschen“ und „letzten Adam“. Es istAdam persönlich und, eingeschlossen in ihm, seine ganze Nachkommenschaft. Mit diesem „ersten Menschen“ muß Gott der Sünde wegen als Richter handeln.

Der alte Mensch“ (Röm. 6,6; Eph. 4,22; Kol. 3,9).

Der „alte Mensch“ bezeichnet den gefallenen Menschen mehr seiner Natur nach. Der durch die Sünde verdorbene alte Mensch ist es, der mit Christo gekreuzigt ist (Röm. 6,6). Durch das Gericht in dem Tode Christi hat Gott ihn für immer beseitigt. Der „alte Mensch“ ist nicht tatsächlich tot. Die alte Natur ist noch in uns. Der alte Mensch ist am Kreuze von Gott gerichtet und abgetan. Der Gläubige erfaßt diese Tatsache für sich selbst als eine Wirklichkeit: „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir“ (Gal. 2,20), Tag für Tag verwirklicht er im Leben diese am Kreuz geschehene Tatsache, d. h. er hält ihn im Tode und trägt jetzt die Züge des neuen Menschen (Kol. 3,9-17).

Der neue Mensch“ (Eph. 2,15; Eph. 4,24).

Damit bezeichnet die Schrift alle Gläubigen in ihrer neuen Vereinigung mit dem auferstandenen Christus. In den Begriff „der neue Mensch“ sind alle Gläubigen eingeschlossen: „Er hat die zwei (Juden und Heiden) in Sich Selbst zu einem neuen Menschen geschaffen und die beiden in einem Leibe mit Gott versöhnt durch das Kreuz“ (Eph. 2,15.16). Gott sieht gleichsam nur zwei Menschen, den „alten“ und den „neuen“ Menschen. Von dem „alten“ sind wir durch den Tod Christi gelöst und mit dem „neuen“, der nach Gott geschaffen ist „in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit“ in dem auferstandenen Christus, verbunden. In Eph. 4,22-24 werden wir ermahnt, dem alten Menschen als „abgelegt“ nichts mehr zu erlauben und in der Wahrheit und dem Wesen des neuen zu leben.

Der letzte Adam“ (1. Kor. 15,45)

bezieht sich auf den HErrn im Gegensatz zu Adam, „dem ersten Menschen“. Damit wird ausgedrückt, daß Er „das Haupt einer Nachkommenschaft“ ist. Der gefallene Adam war das Haupt eines gefallenen Geschlechtes, und so wurde Christus nach Seiner Auferstehung das Haupt eines neuen Geschlechtes. Damit, daß der HErr der „letzte (nicht der „zweite“) Adam“ genannt wird, wird uns gesagt, daß nicht ein dritter nach Ihm kommt: „Der letzte Adam“ ward ein lebendig machender Geist. Kein anderes Haupt kommt mehr nach Ihm. Alle Ratschlüsse Gottes haben in Ihm ihre Erfüllung gefunden. Da sind zwei Häupter von zwei Menschenklassen. Jeder Mensch auf Erden ist mit dem Haupte einer dieser beiden Menschenklassen verbunden, mit Adam oder Christus, dem „letzten Adam“.

Der zweite Mensch“ (1. Kor. 15,47)

steht im Gegensatz zum „ersten Menschen“. Es ist Christus und, eingeschlossen in Ihm, Sein Geschlecht. Im Zusammenhang mit diesem Ausdruck wird uns in 1. Kor. 15,47-49 die Wesensart des „ersten“ und des „zweiten“ Menschen gezeigt. „Der erste Mensch“ ist aus der Erde, „der zweite Mensch“ aus dem Himmel. Das zeigt uns ihr Lebens element: Das des einen ist irdisch, das des anderen ist himmlisch. So kann der Apostel sagen: „Wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind“, d. h. daß alle, die den ersten Menschen als Haupt noch haben, irdisch sind, sie leben in dem irdischen, und andererseits: daß alle, die mit dem Himmlischen als ihrem Haupte verbunden sind, himmlisch sind, sie leben in dem Himmlischen (Kol. 3,2). Und so völlig erfaßte der Apostel die vollendete Loslösung von dem einen Haupte und das Verbundensein mit dem anderen, daß er sagen konnte: „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so (sicher) werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen“, wenn der Fleisch- und Blutzustand sein Ende gefunden hat (1. Kor. 15,49.50).

v. d. K.

Frage 3

Deuten in Apg. 16,6 u. 7 die Ausdrücke „der Heilige Geist“ und der „Geist Jesu“ einen Gegensatz an, oder sagen sie das gleiche?

Antwort

Beides nicht! Weder ist hier ein Gegensatz, noch soll das gleiche gesagt sein.

In jenen bedeutungsvollen Tagen, als Paulus ohne sein Wissen in ein ganz neues, ihm völlig unbekanntes Arbeitsgebiet - auf ein weites Feld, „weiß zur Ernte“ (Joh. 4,35), in unseren Erdteil Europa geführt werden sollte, kam es, wenn irgendwo, besonders darauf an, daß nicht der Geist Satans irgendwelchen Einfluß auf die neue Arbeit gewinnen möchte (vgl. V. 16-18!). Darum wird, soweit ich sehe, der Beginn der europäischen Arbeit in ganz besonderer Weise mit der Leitung durch den Heiligen Geist in Verbindung gebracht. Es muß für Paulus und seine Begleiter sehr schwer und schließlich unverständlich gewesen sein, daß jedes Gebiet, das er besuchen wollte, ihm verschlossen blieb, und ich kann mir denken, daß jener so treue, bewährte Arbeiter oftmals auf den Knien sich Weisung vom HErrn erfleht hat: Wohin denn nur soll ich noch gehen? - ohne daß er eine andere Antwort Bekommen hätte als die: Hierher nicht, dorthin nicht! Schwer für einen Arbeiter, doppelt schwer gewiß für einen so arbeitsamen, hingegebenen Paulus! (Um so viel köstlicher muß dann für ihn das Gesicht in jener Nacht gewesen sein, in einer Nacht, der sicher ein ganz besonders bewegtes Gebetsringen vorausgegangen ist!)

Da ist es nun sehr wichtig, daß Lukas, der „geliebte Arzt“, betonen muß, es sei der Heilige Geist

gewesen, der Paulus so den Weg verzäunt habe; das Wirken des Heiligen Geistes ist derart deutlich gewesen, daß für den im Merken auf Seine Stimme geübten Apostel durchaus kein Zweifel daran walten konnte. Das ist auch hochbedeutsam für uns, denen diese Stelle genau so gut wie die gegensätzliche 1. Thess. 2,18 viel zu sagen hat! - Also, soweit ich sehe, zeigt uns V. 6 den objektiven, tatsächlichen Sachverhalt, daß nämlich die Inangriffnahme der Arbeit in Europa ganz allein auf der Leitung durch den Heiligen Geist ohne irgendwelche menschlichen oder gar feindlichen Einflüsse beruhte.

Was besagt daneben nun V. 7? Im wesentlichen sicher nichts anderes, aber es handelt sich hier mehr um das Persönliche (subjektive Seite!). Man beachte: es heißt nicht „der Geist Christi“, sondern „der Geist Jesu“! Jesus ist der persönliche Name unseres teuren HErrn, den Er als Mensch und Retter hatte (und hat), als Er, der ewige Sohn, Sich Selbst erniedrigte und auf dem Wege der Selbstverleugnung und ständigen Abhängigkeit von Seinem Gott und Vater über diese Erde wandelte und ans Fluchholz ging. Der Geist Jesu ist Seine Gesinnung, eine Gesinnung der Abhängigkeit, des Gehorsams, der Demut und Sanftmut, der Niedrigkeit, ohne eigenen Willen, ohne Sein Recht zu behaupten usw. Wenn hier in dieser auch für einen Paulus höchst schwierigen Sachlage, wo sein eigener Wille leicht einen Strich durch den göttlichen Ratschluß zu machen hätte versuchen können - in bester Absicht (wie einst Petrus, als er den HErrn warnte vor dem Kreuz, Matth. 16,22!) -, ich sage, wenn hier nun von dem Geiste Jesu gesprochen wird vermöge der göttlichen Inspiration, durch die Lukas schrieb, so besagt das, soweit ich verstehe, daß Paulus geleitet wurde (und sich leiten ließ!) durch ebendieselbe Gesinnung, in der der geliebte Herr Jesus als Mensch hienieden wandelte und handelte; mit anderen Worten, daß Paulus keinen eigenen Willen haben durfte noch hatte und zur Geltung zu bringen suchte, sondern daß die Gesinnung Jesu ihn zu bestimmen suchte und daß er derselben gehorsam war. Wir sehen hier etwas von dem, wozu er uns ermahnt Phil. 2,5: „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war“ oder wie in 1. Kor. 11,1: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi“! Wie wunderbar, daß er - ein Mensch - unter Geistesleitung solches schreiben darf! Aber in unserer Stelle, Apgesch. 16,7, sehen wir, wie tatsächlich der Geist Jesu ihn beeinflußt, und die weitere Folge der Geschichte zeigt, wie dieser Geist in ihm Sieger ist und daß das, was Paulus, der Mensch, denken, fürchten und wünschen mochte, nicht beachtet noch überhaupt genannt wird! Wieviel hat auch dieses uns zu sagen! Möchten wir alle willige Hörer sein!

So kam das Evangelium nach Europa - und damit auch zu uns! Unserem Gott sei ewig Dank und Lob!

F. K.

Der Richterstuhl Christi.

(Schluß.)

Bei einem Rückblick jetzt überschauen wir nur sehr wenig von unserem Leben. Wohl steigen Handlungen, Begebenheiten vergangener Tage vor unserem Auge auf, und wir ahnen im

Hintergrunde mancher Ereignisse auch dunkel die Einwirkungen unsichtbarer Gewalten, aber das Offenbarwerden, das volle Licht und Erkennen aller Vorgänge, Sünden usw. unseres Lebens würden wir indiesem Leibe nicht ertragen können. Als Paulus bei seiner Bekehrung sein Leben im Lichte Gottes sah, wurde er soerschüttert, daß er drei Tage nicht aß und trank. Und doch wie wenig ist das, was wir heute sehen, im Vergleich zu dem, was wir vor dem Richterstuhl Christi schauen werden!

Wir kommen nun zu der Frage: Wenn unsere Sünden nicht mehr gerichtet werden,

warum werden wir dann überhaupt vor den Richterstuhl Christi gestellt?

Alles, was Gott mit Seinen Kindern tut,ist Segen und muß Segen für sie sein. Am Richterstuhl Christi läßt Gott uns unser ganzes Leben sehen, so wie es von Ihm gekannt ist. In diesem Leibe würden wir esnicht ertragen, aber in dem Leibe der Verklärung sind wir so gänzlich von unserer einstigen sündigen Kreatur gelöst und mit dem Herrn verbunden, daß wir selbst in der Beurteilung unseres eigenen Lebens in völliger Übereinstimmung mit Ihm sein werden. Jede Handlung, jeden Weg, jeden Umstand werden wir so wie Er beurteilen. Dort werden wir erst erkennen, wie verdorben und untauglich wir waren und wie Er es vermocht hat, über all unsere Verfehlungen hinweg die Vorsätze seiner Gnade über uns zur Durchführung zu bringen.

Wunderbar wird die Stunde sein,wo wir in dem verklärten Leibe den Lauf unseres Lebens schauen, wie wir ihn nie zuvor gesehen haben! Welch ein Mangel wäre es für uns, wenn uns dieser Blick in alle Dinge, Werke und Wege unseres Lebens nicht gegeben und wir Sein Walten über uns nicht erfahren würden! Meinst du, du könntest dort wünschen, daß gewisse Geschehnisse deines Lebens zugedeckt bleiben möchten? Würde dann nicht auch die Gnade zugedeckt bleiben, mit der Er dich darin trug? Käme nicht alles ans Licht, wir würden nicht die Hälfte wissen von dem Walten Seiner Gnade, von der Macht und Treue Seiner Liebe, die uns hindurchgebracht hat. Manche denken gar nicht daran, daß an diesem Tage der Offenbarwerdung in ganz besonderer Weise auch Gottes Liebe und Treue über uns hervorkommen und Grund legen wird für den ewigen Lobgesang Seiner Gnade (Eph. 1,6.12.14). „Wem viel vergeben, liebt viel.“ Dort erst werden wir wissen, wieviel uns vergeben ist, und dort wird das Wort des HErrn: „Ich bin in ihnen verherrlicht“ erst zur vollen Darstellung kommen.

Und nicht allein dieses, auch alle

Seine Wege mit uns

werden wir verstehen: werden verstehen, warum Er uns durch Krankheit, Tod und Trübsal führte und daß die schmerzlichen Wege, die wir in unserer Kurzsichtigkeit für Leid und Unglück hielten, doch nur Liebe und Segensführungen waren, werden Sein Bewahren sehen in Gefahren und in den „Anläufen“ Satans. Wir haben ja kaum eine Vorstellung von den Schlingen, die die Finsternisgewalten uns stellen - von den „Pfeilen des Bösen“, die auf uns gerichtet sind, uns zu verderben - von den „schlüpfrigen Wegen im Finstern“ (Jer. 23,12), auf die unsere Füße gedrängt werden, wie der Psalmist sagt: „Wenig fehlte, so wären meine Füße abgewichen, um nichts wären ausgeglitten meine Schritte“ (Ps. 73,2).

fehlte, so wären meine Füße abgewichen, um nichts wären ausgeglitten meine Schritte“ (Ps. 73,2). Aber auch Seine Treue und Seine Macht werden wir sehen, mit der Er „unsere Seele am Leben erhalten und nicht zugelassen hat, daß unsere Füße wankten“ (Ps. 66,9). So wie die Psalmen nach allen Anfechtungen und Leiden mit „Halleluja!“ schließen, so wird auch der Tag der Offenbarwerdung mit einem herrlichen „Halleluja!“ enden.

Aber noch eine andere, und zwar sehr ernste Tatsache ist mit dem Richterstuhl Christi verbunden. Wir lesen, daß

jeder empfangen wird,

„was er in dem Leibe getan hat, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor. 5,10). Damit wird uns gesagt, daß mit dem Offenbarwerden der Empfang von Lohn

am Richterstuhl Christi verbunden sein wird. In der Schrift wird oft von diesem „Lohn“ geredet. Der HErr Selbst sagt: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir“ (Offenb. 22,12). Diesen Lohn können wir dort erlangen, aber auch einbüßen. Wenn beim Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi den Gläubigen auch kein Gericht erwartet, ja seine Errettung und Verklärung schon vollendet ist und nie mehr in Frage gestellt werden kann, so wird die Zuteilung des Lohnes doch eine für die Ewigkeit bedeutungsvolle Sache sein. Mit welchem Ernst die Apostel sich nach dem Empfang des Lohnes ausstreckten, sehen wir an Johannes, wenn er schreibt: „Sehet auf euch Selbst, auf daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen!“ (2. Joh. 8.) Das „Verlieren“ des Lohnes war ihm eine tiefernste Sache. Er wollte „vollen“, unverkürzten Lohn empfangen. Und heute? Ach, wie wenige Kinder Gottes denken an den Lohn, den der HErr, wenn Er kommt, den Treuen geben will! Viele sind zufrieden, „nur selig“ zu werden, auf Lohn wollen sie verzichten. Dies kann aus Gleichgültigkeit geschehen, oft aber geschieht es aus Unwissenheit. Sie wollen damit ihre Unwürdigkeit ausdrücken, Lohn zu empfangen, und sind sich nicht bewußt, daß sie damit einer gewissen Geringschätzung des Lohnes Ausdruck geben und sich im Widerspruch mit der Schrift befinden. Solche Anschauungen entstehen, wenn man das „Werk der Gnade“ und den „Lohn der Treue“ verwechselt und nicht unterscheidet.

Um den Unterschied zwischen der Errettung aus Gnaden und dem Lohn für Treue klar zu erfassen, müssen wir

zwei verschiedene Stellungen

der Kinder Gottes beachten und unterscheiden. Die Schrift spricht von uns als von „Söhnen Gottes“ und auch als von „Knechten Gottes“. Unsere Stellung als „Söhne Gottes“ hängt mit der neuen Geburt und der Gnade zusammen, unsere Stellung als „Knechte Gottes“ aber mit der Berufung Gottes und unserer VerAntwortlichkeit.

Laßt uns zum leichteren Verstehen ein Bild gebrauchen: Ein Landwirt hat seine erwachsenen Söhne in

seiner Landwirtschaft angestellt. Jedem teilte er nach Alter und Fähigkeiten den Dienst zu. Wie jeder Sohn nun seine Arbeit tut, danach empfängt er Lohn. Seine Söhne sind somit zugleich auch seine Arbeiter und Knechte. Dem Vater gegenüber sind sie Sohne, ihm als Herrn gegenüber sind sie Knechte. In der Familie ist zwischen dem Ältesten und dem Jüngsten kein Unterschied, alle gleich sind Söhne durch die Geburt. Auf dem Ackerfelde aber sind, je nach der Bestimmung und Berufung, Unterschiede, sowohl in der Stellung als auch in der Arbeit und dem Lohn. Wie jeder nun sein Werk tut, ob treu oder untreu, danach wird er Lohn empfangen oder ihn einbüßen.

So sind auch wir „Söhne“ und „Knechte“ zugleich und dürfen das, was die Schrift von „Söhnen“ und dem „Werk der Gnade“ redet, nicht verwechseln mit dem, was von „Knechten“ und dem Lohn gesagt wird. Jedes hat und gehört an seinen Platz. Durch Arbeit und Dienst können wir uns keine Gnade erwirken noch die Sohnschaft erwerben. Gott führt den ewigen Vorsatz Seiner Gnade, uns zur Herrlichkeit zu führen, auf Grund des kostbaren Blutes Christi aus, aber nicht auf Grund unserer Treue oder Arbeit.

Ganz anders aber ist die Lohnfrage. Als „Knechte“ und „Verwalter“ Gottes hängt der Empfang des Lohnes von uns ab, von dem ab, was jeder „in dem Leibe getan hat“. Wie wir gehandelt haben, ob gehorsam Seinem Wort oder ungehorsam, ob treu oder nachlässig usw., jenachdem werden wir den Lohn empfangen.

Unser Seligwerden aber hängt von Seiner Gnade ab, von dem, was Er für uns getan hat. Der Lohn aber hängt von unserer Treue ab, von dem was wir (gehorsam Seinem Wort) für Ihngetan haben.

Wie wenig sind wir uns der Bedeutung bewußt, die unser irdisches Leben für die Ewigkeit hat. Wenn wir mehr darüber nachdenken würden, daß wir dort empfangen werden, was wir hier im Leibe getan, wir würden uns wie Paulus „beeifern“, Ihm wohlgefällig zu sein. Wie wertvoll dieser Lohn sein wird, können wir daran ermessen, daß der HErr denen, die um Seinetwillen Schmach tragen, sagt, daß sie schon hier sich „freuen“ und „hüpfen“ sollen, weil ihr „Lohn groß sein wird“ (Luk. 6,23.35). O daß uns die Wirklichkeit dieser Dinge mehr vor Augen stehen möchte!

Welcher Art der Lohn

sein wird, wissen wir nicht. Aus der Schrift sehen wir aber, daß er sehr verschieden sein wird. Die Mutter der Söhne des Zebedäus wünschte in ihrer Mutterliebe und ihrem Mutterstolz für ihre beiden Söhne den Platz zur Rechten und Linken des HErrn in Seinem Reiche.

Solche Sitze der Ehre werden einst in dem ewigen Reiche unseres HErrn und Heilandes Wirklichkeiten sein (Matth. 20,23). Den wachenden Knechten verheißt Er als Lohn, daß Er sie sich zu Tische setzen lassen und sie bedienen wird (Luk. 12,37). Den Überwindern in Pergamus will Er „das verborgene Manna“, „einen weißen Stein“, „einen neuen Namen“ geben (Offenb. 2,17). „Throne“ und „Kronen“ hat der HErr für uns bereit. Und können wir uns heute eine Vorstellung davon machen, was es dort sein wird, das „Lob“ unseres HErrn zu empfangen? (1. Kor. 4,5.) Was wird es sein, wenn Er

uns mit: „Ei, du frommer und getreuer Knecht!“ begrüßen wird.

Wie hoch schätzte Paulus den Lohn seines HErrn ein! Wie sollten wir ihn schätzen! Er ließ auf seinen Wandel, auf all sein Tun und Lassen ständig das Licht des Richterstuhles Christi fallen. Er wollte den „Preis erlangen“! (1. Kor. 9,25; 2. Kor. 5,11.) Soll es nicht auch mit uns so sein? Wollen wir das Licht des Richterstuhles nicht auch auf unser Leben fallen lassen?

Wie wird der HErr urteilen

an jenem Tage, wenn Er Sein Auge auf dein Verhalten in der Welt richtet, von der Er dich durch Seinen Tod trennte? (Gal. 6; 1. Kor. 6.) Wie wird Er urteilen über dein Verhalten im Hause Gottes, Seiner Gemeinde, mit der Er dich durch Seinen Geist verband? (1. Tim. 3,15.) Wie über dein Abtreten von den Dingen, die mit Seinem Worte im Widerspruch sind? (2. Tim. 2,19 - 3,5.) Was wird Er sagen, wenn Er auf deine Liebe blickt zu den Heiligen, die Seinem Herzen so teuer sind? Eph. 1,15; Kol. 1,4.) Wie wird Er urteilen über deine Hingabe in der Ausbreitung des schriftlichen und mündlichen Zeugnisses zur Erbauung der Seinigen und zur Rettung der Verlorenen? (Phil. 1,5; 1. Kor. 15,58.) Wie über die Erziehung deiner Kinder, die Er dir anvertraute, sie in der Furcht und Ermahnung des HErrn zu erziehen? (Eph. 6,4.) Einmal wird der Tag kommen, da dieses alles Wirklichkeit sein wird! Was werden wir dann sagen zu dem Zank und Streit, zu dem Hader und Neid, zu unserer Selbstliebe und dem Selbstvertrauen, zu dem Hochmut und Stolz, der Ehr- und der Habsucht, wenn wir Ihm ins Auge schauen, der nicht schalt, wenn Er gescholten, der Sich Selbst erniedrigte und arm wurde um unsertwillen, und der uns bat, in Seinen Fußstapfen zu wandeln? Was werden wir sagen über unsere Teilnahme an dem Mangel der Armen, an den Nöten und Bedürfnissen Seiner Arbeiter, für die zu sorgen Er uns geboten? (1. Kor. 9,14; Phil. 4,10-18). Was werden wir sagen, wenn wir Ihn, den Treuen, sehen, über den Gebrauch unserer Gaben und Fähigkeiten, unserer Zeit und Mittel, die Er uns zur Verwaltung anvertraute? Wenn wir so das Licht des Richterstuhles Christi auf unser Leben fallen lassen, dann fühlen wir uns unter dem Blick des HErrn wie einst Petrus, als er gefallen war, und auch aus unserem Auge mögen Tränen der Reue geweint werden. Und wohl uns, wenn es hier geschieht und wir unser Leben so gestalten, daß wir den Lohn dort nicht verlieren!

Der Richterstuhl Christi läßt uns wachsam sein über unser Leben, der Lohn ermutigt uns, auszuharren auf dem Pfade des Glaubens, aber die alles bewegende Kraft in uns, dem HErrn zu leben, ist die Liebe Christi. „Die Liebe Christi“, sagt Paulus, „drängt uns“ ... dem zu leben, „der für uns gestorben und auferweckt worden ist“. (2. Kor. 5,14.15.) Ist die Liebe Christi nicht der Antrieb für unser Leben, sind der Lohn oder auch andere Dinge die bewegende Kraft unseres Lebens, so sind die Beweggründe nicht rein, und die Werke, die aus ihr hervorgehen, werden vor dem Richterstuhl Christi nicht bestehen. Sie mögen wie in Ephesus (Offenb. 2,2-4) nach außen hin tadellos scheinen, aber Sein Auge sieht den Mangel der „ersten Liebe“.

Johannes wachte sorgfältig über sich und die Arbeit, damit er nicht durch seine oder anderer Untreue etwas vom Lohn verliere. Er wünschte, „vollen Lohn“ zu empfangen.

Sicher sind manche da, die „vollen Lohn“ empfangen werden, aber ach, auch andere, die „Schaden leiden“ werden. (1. Kor.3,15.)

Hier möchte gefragt werden: „Ist es nach 1. Kor. 3,15 möglich, daß ein Kind Gottes am Richterstuhl Christi

alles verlieren und keinen Lohn

empfangen kann?“

Wir finden keinen Grund in der Schrift für eine solche Annahme. Auch in der angeführten Stelle wird weder von allen Werken geredet noch gesagt, daß alle Werke und jede Arbeit verbrennen wird.

Die Schrift spricht von „Pflanz“- und „Begieß“-Arbeit und dem „Lohn“ dafür (1. Kor. 3,6-8); von „Bau“-Arbeit und dem „Lohn“ dafür (1. Kor. 3,10-15); von „Verwalter“-Treue und dem „Lob“ Gottes dafür (1. Kor. 4,1-5); vom „Kampf und „Ausharren“ und der „Krone“ dafür (1. Kor. 9,25; Offenb. 2,10; 3,11); dann von verschiedenen „Kronen“, „weißen Kleidern“ usw.

Es mag das Werk jemandes an dem „Bau“ der Gemeinde, wie in 1. Kor. 3,15, „verbrennen“ und er „Schaden leiden“, an anderen Arbeiten aber mag er Lohn empfangen. „Denn Gott ist nicht ungerecht, eures Werkes zu vergessen und der Liebe, die ihr gegen Seinen Namen bewiesen, da ihr den Heiligen gedient habt und dienet“ (Hebr. 6,10). Und der HErr sagt: „Wer irgend euch mit einem Becher Wassers tränken wird in Meinem Namen, weil ihr Christi seid, wahrlich, Ich sage euch: er wird seinen Lohn nicht verlieren“ (Mark. 9,41). Jemandes Verlust mag groß und sein Lohn klein sein, es ist aber kaum anzunehmen, daß es ein Kind Gottes geben kann, welches nicht das geringste in seinem Leben für Ihn und um Seines Namens willen getan hätte, um Lohn empfangen zu können. Für diese Annahme finden wir Grund in den 24 Ältesten, den Repräsentanten der ganzen himmlischen Schar, die alle mit „Kronen“ gesehen werden, und alle, die ganze verherrlichte Gemeinde, ist gekleidet in „feine Leinwand“, welche „die Gerechtigkeiten der Heiligen“ sind. (Offenb. 19,8.)

Kann das

Verlieren des Lohnes als Strafe

für das Kind Gottes angesehen werden?

Wie mir bereits betrachtet haben, folgt auf das Offenbarwerden der Ungläubigen das Gericht, und das „Empfangen“ für sie ist Strafe (2. Thess. 1,9 u. a. m.); aber nirgends in der Schrift finden wir den Gedanken einer Strafe des Gläubigen, nachdem er bei dem HErrn ist. Laßt uns beachten: Der Gläubige 1. als schuldiger Sünder empfing sein Gericht am Kreuz; 2. als Kind Gottes wird er vom Vater gestraft und gezüchtigt in diesem Leben; und 3. als Arbeiter wird jedes seiner Werke im Feuer der Heiligkeit Gottes geprüft werden (1. Kor. 3,10-15) - und um letzteres handelt es sich vor dem

Richterstuhl Christi, um das, „was jeder getan hat in diesem Leibe“. Die Schrift spricht nun vom „Schadenleiden“ und vom „Verlieren“ des Lohnes; daraus sehen wir, daß das „Empfangen“ des Gläubigen vor dem Richterstuhl wohl mit „Schadenleiden“ und „Verlust“ verbunden sein kann, aber nicht mit „Strafe“. Wie könnte auch bei Kindern Gottes in der Herrlichkeit und in der Gleichförmigkeit des Leibes Seiner Herrlichkeit noch an Strafe gedacht werden!

Wir lesen auch, daß der HErr Sich schämen will derer, die sich Seiner hier geschämt haben. (Luk. 9,26.) Das kann natürlich nicht in dem Sinne sein, daß Er Sich schämen will, sie als die Seinigen anzuerkennen, sondern so wie sich ein Vater der ungeziemenden Führung seiner Kinder schämt, eben weil sie seine Kinder sind. So ermahnt auch Johannes die Gläubigen, treu bei dem HErrn zu bleiben, damit die, welche an ihnen gearbeitet haben, bei der Ankunft des HErrn nicht möchten beschämt werden ihrer Führung halber. (1. Joh. 2,28.)

Der Verlust des Lohnes wird größeres „Schadenleiden“ sein, als manche jetzt denken. Es ist etwas gewaltig Ernstes, den Lohn zu verlieren, den wir hätten empfangen können; „Kronen“, die andere tragen, die wir empfangen konnten, verloren zu haben wegen unserer Untreue in diesem Lande! Wer kann heute diesen Verlust ermessen!

Und doch wird keine Mißstimmung oder Verschiedenheit in der Beurteilung unseres Lebens zwischen dem HErrn und uns bestehen. So völlig werden wir von irdischen Gefühlen und irdischer Denkart gelöst sein, daß wir in völliger Harmonie mit Seinem Urteil werden Werke in Rauch aufgehen sehen, die dem Feuer Seiner Heiligkeit nicht standhalten. Ja, ich denke, wir werden glücklich sein, daß sie ihr Ende im Feuer finden, so daß am Richterstuhl nur bleibt, was Er loben und belohnen kann.

Noch einige Fragen mögen hier Platz finden.

Wird das Offenbarwerden vor den Blicken aller geschehen?

Wohl sagt der HErr, daß Er „die Ratschläge der Herzen offenbar“ machen wird (1. Kor. 4,5), aber Er sagt nicht, wem Er sie offenbar machen wird. Und wenn es so wäre, daß es vor allen geschähe, würde es nicht zur Verherrlichung Seiner Gnade dienen? Als die Sünden Davids, Petri und anderer Männer Gottes offenbar wurden in dieser Welt, trübte das ihr Glück? Wurde, soweit ihre Sünde bekannt wurde, nicht auch die Herrlichkeit Seiner Gnade bekannt? Warum erscheint uns der Gedanke des Offenbarwerdens auch der Ratschlüsse des Herzens so schrecklich? Ist es nicht, weil wir noch mit uns selbst beschäftigt sind? Bei der Offenbarwerdung dessen, was uns das Lob des HErrn einbringt, würde es uns nichts ausmachen, wenn es vor den Augen aller geschieht, aber bei der Offenbarwerdung dessen, was dem Feuer anheim fallen muß, möchten wir es nicht. Beweist dieses nicht, daß wir fürchten, bloßgestellt zu werden, und daß wir noch nicht frei von dem „Ich“ sind?

Dort aber werden wir vom „Ich“ frei sein! Andererseits sehen wir aus der Belohnung, die der HErr dem Überwinder in Pergamus gibt, daß niemand „den neuen Namen“ kennt, als nur der, der ihn empfängt. Wie niemand den Inhalt und den Wert der Belohnung kennt, als nur der, der sie empfängt,

so dürfen wir wohl schließen, daß auch niemand den Inhalt der Offenbarwerdung kennt, als nur der, den sie betrifft, und daß sie ein Vorgang ist zwischen der Seele und dem HErrn allein.

Ist unter dem

Richterstuhl Gottes

in Röm. 14,10 etwas anderes zu verstehen als unter dem Richterstuhl Christi in 2. Kor. 5,10?

Wir finden nie in der Schrift „Gott“ dargestellt als auf dem Richterstuhl sitzend. Alles Gericht hat Er dem Sohne übergeben. Es ist der Richterstuhl Gottes in dem Sinne, daß es der „göttliche Richterstuhl“ ist, auf dem Christus als der Ausführer des göttlichen Gerichtes sitzt. Wir haben somit bei dem Richterstuhl Gottes nicht an einen vom Richterstuhl Christi verschiedenen Richterstuhl zu denken.

Wann werden die Gläubigen vor dem Richterstuhl Christi stehen?

Der HErr sagt, daß, wenn Er kommt, Sein Lohn mit Ihm kommt. So erwarten wir, daß es geschehen wird in der Zeit zwischen Seiner Ankunft, wenn wir Ihm entgegengerückt werden in die Luft, und dem Tage Seiner Erscheinung, wenn Er herabkommen wird inmitten Seiner heiligen Tausende (Jud. 14), die Nationen zu richten und Sein Reich aufzurichten.

Wie nahe mag diese Stunde sein - näher vielleicht, als wir alle ahnen! Darum laßt uns mit ungeteiltem Herzen dem HErrn anhangen und im Lichte des Richterstuhles über unser Leben wachen, damit wir, wenn Er kommt, „vollen Lohn“ empfangen. Alle, die Er dort als „gute und getreue Knechte“ begrüßen wird, haben hier als „gute und getreue Knechte“ gewandelt. Was wir hier für Ihn waren, das werden wir dort sein, und wie wir dort wünschen werden, unser Leben zu finden, so müssen wir es hier leben.

Der HErr schenke uns Gnade, die Zeit auszukaufen und mit jedem anvertrauten Pfunde so zu wirken, daß Er uns als getreue Knechte empfangen kann.

v. d. K.

Zwei schlichte Wahrheiten.

Diese zwei Dinge, die ich hier kennzeichnen möchte, sind von großem Werte für das praktische Gemeinschaftsleben der Kinder Gottes, sie dienen dazu, „die Einheit zu bewahren in dem Bande des Friedens“ (Eph. 4,3), und sie verhindern, wenn jeder sie erkennt und anwendet, ein gut Teil Unfrieden, wie er so leicht entsteht unter uns Gläubigen.

Die erste dieser beiden Wahrheiten ist folgende: Einerlei Gesinnung bedeutet nicht einerlei Erkenntnis. Zu einerlei Gesinnung werden wir nachdrücklich in der Schrift ermahnt, besonders in

Erkenntnis. Zu einerlei Gesinnung werden wir nachdrücklich in der Schrift ermahnt, besonders in dem so kostbaren Philipperbrief, z. B. Kap. 2,2 u. 20, und in 2,5ff. wird uns gezeigt, daß unsere Gesinnung der des Herrn Jesus entsprechend sein soll, indem es die Gesinnung der Demut, Selbsterniedrigung, Hingabe usw. sei, die unter uns herrschen solle. Und dabei ist es einerlei, wie alt wir im Glauben sind: in dieser Art Gesinnung können wir einmütig sein, denn der Geist Jesu Christi wohnt doch in uns, wir sind Tempel des Heiligen Geistes geworden, und des Geistes vornehmste Tätigkeit ist die, Christus in uns und vor uns zu verherrlichen (Joh. 16,14). Aber Erkenntnis ist durchaus abhängig von unserem Wachstum im Glauben. Einerlei Erkenntnis in allen möglichen, ja auch nur schon in wenigen Punkten der Wahrheit kann nicht gut vorhanden sein, da wir alle verschiedene geistliche Entwickelungsstufen durchgemacht haben, ja schon eine in ihren Einzelheiten ganz verschiedene geistliche Geburt erlebten und unter verschiedenen Umständen geistlich aufwuchsen, nicht in uniformierter Entwicklung gleichmäßig vorwärts kamen wie etwa Soldaten auf dem Kasernenhof, sondern jeder nach seiner Eigenart vom HErrn besonders ausgebildet wurde und wird. Erst dann, wenn wir bei Ihm sind, sind wir wirklich und völlig hingelangt zu einerlei Erkenntnis (Eph. 4,13); bis dahin wirken die mannigsfachsten Kräfte und Gaben an unserem inneren Erkenntnisaufbau, und je nach unserer Auffassungs- und Anpassungsfähigkeit, aber auch je nach unserem Gehorsam und Gehorchenwollen wachsen wir teils schneller, teils langsamer in der Erkenntnis und in dem aus der gesunden Erkenntnis heraus sich entwickelnden praktischen Leben. Erkenntnis ist nicht das gleiche wie Gesinnung. Ein schwaches, geistlich noch sehr ungelehrtes Kind Gottes mag viel tiefer in der Kostbarkeit der Gesinnung des HErrn in Demut, Liebe und Hingabe vorgeschritten sein als ein anderes, das vielleicht ob seiner hohen Erkenntnis sich aufbläht (1. Kor. 8,1). Es sollte uns nicht schwer fallen, gleichgesinnt zu sein, wenn's uns auch schwer ist, in dem Wachstum der Erkenntnis gleichen Schritt miteinander zu halten. Wenn wir aber in der gleichen Gesinnung, der Gesinnung des Herrn Jesus Christus, uns üben, so werden wir einander tragen und uns Zurechtbringen können, uns ermahnen können „durch die Sanftmut und Gelindigkeit des Christus“ (2. Kor. 10,1.2), uns nicht gegenseitig wehe tun noch „beißen und fressen“ (Gal. 5,15), sondern auch bei verschiedener Erkenntnis (sofern es sich nicht um falsche Lehren, welche die Grundlagen antasten, handelt, Lehren und Dinge, die natürlich gerichtet werden müssen) einander beistehen oder wenigstens friedlich nebeneinander hergehen können, indem wir uns dessen bewußt sind: nur „die Liebe erbaut“. (1. Kor. 8,1 und Kap. 13!)

Noch einmal: Verwechseln wir nie Gesinnung und Erkenntnis! Beides ist wichtig und unerläßlich für uns (2. Petr. 3,18); aber während wir einerlei Erkenntnis in vielen Dingen hienieden mit den wenigsten Brüdern nur haben und genießen können, ist einerlei Gesinnung mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen, kein so schwer erreichbares Gut, wenn wir nur den Heiligen Geist in uns nicht betrüben (Eph. 4,30) und Ihm nicht im Wege sind, uns in das Bild Christi hineinzuverwandeln (2. Kor. 3,18), indem wir Seine Herrlichkeit anschauen, die sich hienieden am wunderbarsten offenbarte in Seiner Sich Selbst zu nichts machenden Demut und völligen freiwilligen Hingabe und Abhängigkeit von Seinem Gott und Vater. (Phil. 2,5ff.; vgl. Frage 3 ds. Js.)

Der zweiten schlichten Wahrheit möchte ich Ausdruck geben durch folgenden Grundsatz: Verlange

Der zweiten schlichten Wahrheit möchte ich Ausdruck geben durch folgenden Grundsatz: Verlange nie von anderen, daß sie im Lichte deines Gewissens wandeln! - Mit anderen Worten: du hast dein Gewissen von irgend einer Sache, und daß du es so und nicht anders hast, ist sowohl Gnade als auch eine Sache deiner schwachen oder geförderten oder gereiften Erkenntnis - und der andere hat auch sein Gewissen davon, und von ihm fordern wollen, daß er in jener Sache handelt wie du, hieße sein Gewissen vergewaltigen! Welch ernste Unterweisungen geben uns hierin Röm. 14 u. 15 und 1. Kor. 8 u. 10! Wieviel ist in dieser Hinsicht schon gesündigt worden, wie oft die Liebe verletzt, wie oft üble Nachrede gepflogen, wie leicht die Ehre eines anderen in den Schmutz gezogen, statt daß einer den anderen höher geachtet hätte denn sich selbst. Beispiele zu nennen erübrigt sich angesichts der in jenen genannten Kapiteln der Schrift angeführten. Es ist sehr ernst, daß die Schrift nicht bei jeder und jeder Sache sagt „dies darfst du, dies darfst du nicht“, sondern daß sie es in manchen Dingen - aber gewiß nicht überall - dem geistlichen Verständnis des Gläubigen überläßt, das Rechte zu tun, d. h. das, was seinem inneren Erkennen gemäß das Rechte ist, was aber in solch einer zweifelhaften Sache für einen anderen ein ganz anderes, vielleicht sogar sündiges Aussehen hat. Ob einer dies oder jenes tut - er tue es dem HErrn nach Röm. 14,6-8, und die Gläubigen, die anders in dem betreffenden Punkte denken und handeln würden, auch sie mögen es dem HErrn tun - aber wie traurig, wenn da menschliche Gesetze aufgerichtet werden und man den Bruder verurteilt in einer in der Schrift durchaus offen gelassenen Sache (Röm. 14,12-18) und einen Rückschluß auf seinen Herzenszustand vornimmt, weil er nicht so gehandelt habe, wie man selber es für richtig gehalten hatte. Fast wird es mir schwer, hier nicht praktische Beispiele anzuführen, aber es ist besser, es zu unterlassen, damit keinem wehe getan werde. Leider liegen die Beispiele reichlich geradezu auf der Hand. O, geliebte Geschwister, laßt uns der Schrift und der Gesinnung Christi gemäß einander achten, und nicht nur das, sondern auch nicht gering von- und übereinander denken, wenn nicht jeder handelt so, wie andere es für sich für richtig halten in an sich nebensächlichen Dingen des praktischen Wandels. (Bestimmte Stücke der Lehre der Apostel und klar als Sünde bezeichnete Dinge gehören natürlich nicht hierher!) Laßt uns einander tragen und anerkennen und stets zuerst und solange wie irgend möglich nur das Beste voneinander denken und loben, was irgend zu loben ist (Phil. 4,8f.!), und laßt uns uns selber nie zum Gewissen des Bruders machen!

Geliebte, möchte der HErr Gnade geben, daß diese beiden einfachen Wahrheiten uns sozusagen in Fleisch und Blut übergehen, es würde sehr zum praktischen Frieden untereinander, besonders innerhalb der einzelnen Kreise, beitragen und dadurch zur Verherrlichung des HErrn, und die Welt würde etwas weniger berechtigten Anlaß haben, sich über die Christen aufzuhalten und würde eher dazu gezwungen sein, wie in dem ersten christlichen Zeitalter, erstaunt zu sagen: Wie haben sie einander so lieb!

Ja, möchte mehr unter uns Ps. 133 verwirklicht werden! Der HErr gebe uns Gnade dazu! „Er gibt größere Gnade!“ (Jak. 4,6.) Laßt uns sie nur auch im Glaubensgehorsam nehmen und gebrauchen!

F. K.

Selbstsucht.

1. Kor. 10,24: „Niemand suche das Seine, sondern das des anderen.“

Sünde ist im tiefsten Grunde Selbstsucht. So lesen wir von Engeln, daß sie ihre eigene Behausung verließen (Jud. 6); sie wollten selbst Herren sein ohne Gott. So auch beim ersten Sündenfall: „Ihr werdet sein wie Gott.“ Dies Schlangenwort reizte die Menschen, eigenmächtig und selbstisch zu handeln. Jesajas sagt: „Wir wandten uns, ein jeder auf seinen Weg“ (53,6). Das ist das Wesen der Sünde - Selbstsucht. Sie stellt sich nur auf das eigene Ich. Was machte den Heiland so herrlich und groß? Er dachte nie an Sich, nicht an Seine Ehre, an Seinen Vorteil, an Seine Bequemlichkeit. Er dachte nur an Seinen Vater und an die, die Ihm der Vater gegeben hatte. Das tritt uns besonders in den Abschiedsstunden entgegen, von denen wir in Joh. 13-17 lesen. Schon in dem ersten Verse kommt das zum Ausdruck: „Vor dem Feste des Passah aber, als Jesus wußte, daß Seine Stunde gekommen war, daß Er aus dieser Welt zum Vater hingehen sollte - da Er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebte Er sie bis ans Ende.“ So sollen auch wir nicht dem eigenen Ich dienen, sondern dem Herrn Jesus und unseren Brüdern.

Aber das liebe Ich spielt eine große, ja, meist ausschlaggebende Rolle. Wir ahnen gar nicht, wie wir uns dadurch um unser Glück betrügen und um viel Segen bringen. So ist's im Leben der Völker: Was war das Begehren der Pharisäer, obenan zu sitzen und von den Leuten gesehen zu werden, anderes als Selbstsucht? Ebenso die Verachtung der Samariter bei den Juden und die Meinung der alten Griechen, alle anderen Völker seien Barbaren, die Sucht der Welteroberer, alles unter ihre Füße zu treten: alles Auswüchse der Ichsucht und Selbstüberhebung.

Die kalte, rücksichtslose Selbstsucht zeitigt noch viel schlimmere Dinge, ja, ist die Quelle aller Übel. Wir spüren sie als den ärgsten Volksfeind am eigenen Leibe in den schändlichen Auswüchsen des Wuchers, der Preisverteuerung und rücksichtslosen Ausbeutung jeder Gelegenheit, um nur für sich Gewinn und Genuß zu haben; andere läßt man kalten Blutes entbehren und hungern. Ungerechtigkeit und Lieblosigkeit sind die Folgen der Selbstsucht und des Eigennutzes. Die Nächstenliebe ist geschwunden. Es ist deshalb notwendig, daß ein jeder sein eigenes Werk prüfe (Gal. 6,4) und aus seinem Herzen alles selbstsüchtige Wesen ausrotte. Möchten wir doch bereit sein, Opfer zu bringen und Verzicht zu leisten auf eigenen Profit und Genuß. „Einer trage des anderen Last, und also erfüllet das Gesetz des Christus. Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst“ (Gal. 6,2.3). Laßt uns Nachfolger Dessen sein, der Sich Selbst für uns hingegeben hat, wie es in Eph. 5,1.2 heißt: „Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch.“

O. v. Br. (Nach einem Aufsatz im „Ev. Bayr. Sonntagsblatt“.)

„Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater. (Matth. 11,27.)“

(Aus einem Briefe.)

Unser gesegneter Heiland war ein Mensch, so wahr und wirklich Mensch, wie wir es sind, doch ohne Sünde, auf wunderbare Weise durch göttliche Kraft geboren, und mehr noch, Er war „Gott geoffenbart im Fleisch“.

Indem ich aber dieses sage, möchte ich Sie dringend bitten, die Person unseres hochgelobten Heilandes nicht zu zergliedern oder ihr Geheimnis zum Gegenstand von Diskussionen machen zu wollen. Das würde den Wohlgeruch Christi für Sie zerstören, und an seine Stelle würden nur fruchtlose, menschliche Gedanken treten, welche die Liebe zu Ihm im Herzen nicht fördern. Für den Menschen, weil er nur mit seinen eigenen Hilfsquellen arbeiten kann, ist dieser Gegenstand ein Labyrinth. Es ist, wie wenn man den Körper seines Freundes zergliedern wollte, anstatt sich seiner Liebe und seiner Vortrefflichkeit zu freuen. Es ist eines der schlimmsten Symptome, die sich in der Gemeinde Gottes zeigen können, und sehr traurig, daß man überhaupt vor ihnen warnen muß. Ich habe eine so tiefe Überzeugung davon, daß der Mensch ganz unfähig ist, in dieses Geheimnis einzudringen, und daß es nicht nach dem Sinn des Geistes ist, uns über die Art der Vereinigung von Gottheit und Menschheit in Jesu zu belehren, daß ich ganz bereit bin, anzunehmen, daß ich selbst schon im Sprechen darüber zu weit gegangen bin, so ernstlich ich auch wünsche, dieses zu vermeiden.

Daß Er wahrhaft Mensch, der Sohn des Menschen und als Solcher abhängig von Gott war, und daß Er ohne Sünde in dieser abhängigen Stellung verharrte und zugleich wahrhaft Gott war in all Seiner unendlichen Vollkommenheit, diese Überzeugung ist mir teurer als mein Leben. Doch Ihn und Sein Wesen weiter zu definieren, maße ich mir nicht an. „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater.“ Und ich würde irgend etwas, das die eine oder andere dieser Wahrheiten schwächen oder Ihn, der ihr Gegenstand ist, vemnehren könnte, mit aller Macht bekämpfen, so wie Gott mich dazu berufen mag.

Möge Er es Ihnen schenken, alles das zu glauben, was das Wort uns in bezug auf Jesum sagt. Es ist unsere Speise und Kraft, das zu erfassen, was der Geist uns von Ihm zu verstehen gegeben hat. Aber laßt uns nie das zu erklären suchen, was Gott uns nicht zum Zergliedern gegeben hat, sondern zum Gegenstand der Anbetung, davon wir uns nähren und den wir wiederum in unserem Leben darstellen sollen nach der Gnade und der Wirksamkeit des Heiligen Geistes in uns.

D.

Das Kreuz.

Das Kreuz ist der Mittelpunkt von allen Ratschlüssen Gottes. Dort endet die Geschichte des Menschen unter VerAntwortung des Kindes Adams, und dort beginnt eine neue in Gnade, herrschend durch

unter VerAntwortung des Kindes Adams, und dort beginnt eine neue in Gnade, herrschend durch Gerechtigkeit. Dort sind Gut und Böse zu einem völligen Abschluß gekommen, der Haß der Menschen und die Liebe Gottes, die Sünde und die Gerechtigkeit Gottes gegen sie. Alles dieses ist von größter Tiefe und Fülle. Wir sehen den Menschen ganz und gar böse, voll Haß gegen Gott, der Sich in Güte geoffenbart hat; den Satan mit aller seiner Gewalt über alle Kinder Adams; den vollkommenen Menschen, Christus, in Liebe zu Seinem Vater und in vollkommenem Gehorsam; Gott in Seiner Gerechtigkeit gegen die Sünde und in Seiner Liebe zu dem Sünder; und alles dies an dem Platze der Sünde, wo der Mensch war. Daher ist alles, was darauf gegründet ist, unerschütterlich fest. Das Ergebnis ist: ein auferstandener Christus der menschlichen Natur selbst nach, und als Erfolg davon der Mensch in einem neuen, ewigen Zustand, erhaben über Sünde, Tod, Satans Macht und Gericht.

Dort ist Gott vollkommen verherrlicht und der Mensch gerichtet in Sünde und erkauft in Gerechtigkeit. Die Herrschaft des Bösen ist zerstört und die des Menschen aufgerichtet in Gerechtigkeit, wie Gott wollte, daß es sein sollte. Der Tod und der, der seine Gewalt hat, sind beiseite gesetzt, und zwar das alles durch eine Tat der Liebe, welche den Sohn Gottes als Menschen zum Haupt über alle Dinge setzte in Gerechtigkeit. Alles, was durch das Kreuz geschah, bleibt daher sicher und unerschütterlich auf Grund der Erlösung. Was wird das Ende derer sein, die dies verachten?!

Aus D. „Synopsis“ (übersetzt von O. v. Br.).

Frage und Antwort

Apgesch. 17,11. Kol. 4,6.

Frage 4

Haben gewisse Irrlehren einen Schein von Recht, wenn sie in Sprüche 8,22-31 und Kol. 1,15 Gegenbeweise sehen gegen die ewige Göttlichkeit des Sohnes Gottes, unseres Herrn Jesus Christus? Wie begegnet man ihnen am besten?

Antwort A

Die gewaltigen Irrtümer unserer Zeit greifen das Allerheiligste an. Was Jahrtausende der tragende Grund des göttlichen und geistlichen Lebens gewesen ist, wird mit der getrübten Brille menschlicher Vernunft beschaut, mit unreinen Händen betastet und in das Gewöhnliche hinabgezogen. Geradezu verhängnisvoll werden diese Irrtümer, wenn sie sich in den Deckmantel der Schrift hüllen. Das geschieht leider auch in den Kreisen, die den Herrn Jesum nicht als von Ewigkeit her bei Gott, sondern als im Beginn der Schöpfung geschaffen betrachten. Also als eine Schöpfung und nicht als eine ungeschaffene, von Ewigkeit in Gott her und von Gott aus wirkende göttliche Person. Um diesen Irrtum zu stützen, greift man nach verschiedenen Bibelstellen, von denen hauptsächlich drei zu

erwähnen sind:

Zuerst Sprüche 8.

Es ist hauptsächlich die Stelle von Vers 24-26, die man als Beweis für die zeitliche Schöpfung Christi anführen zu können glaubt. Sie lautet: „Ich war geboren, als die Tiefen noch nicht waren, als noch keine Quellen waren, reich an Wasser. Ehe die Berge eingesenkt wurden, vor den Hügeln war Ich geboren; als Er die Erde und die Fluren noch nicht gemacht hatte, und den Beginn der Schollen des Erdkreises.“ Wer das Wort richtig teilen will und vor Gott die Pflicht und VerAntwortung übernimmt, andere zu lehren, darf keine Stelle der Heiligen Schrift aus ihrem Zusammenhange herausnehmen. Er muß achten auf das, was vorher ist und was nachher folgt, und überhaupt, ob die Schriftstelle, die er anführt oder auf die er seine Lehre begründet, nicht auch andere, gleichlautende in der Bibel hat, welche sie vertiefen, erweitern und erklären. Wer nun diese oben angeführte Schriftstelle im Zusammenhange betrachtet, der muß sagen, daß es sich vorwiegend darum handelt, den Wert, die Bedeutung und Erhabenheit der göttlichen Weisheit für das menschliche Leben richtig einzuschätzen. Der Redner in den Sprüchen ist ein alter, reich an Gnaden- und Lebenserfahrungen in Gott betagter Lehrer. Als seine Zuhörer hat er zunächst die Jugend im Auge und redet jeden Jüngling als Sohn an. (Vgl. 1,8; 2,1; 3,1; 4,1; 5,1; 6,1; 7,1 usw. und besonders 7,24-27.) Die letzten Verse von Kap. 7 schließen mit den Worten: der Jüngling möge sich hüten, den Weg zu betreten, auf dem seine Seele und sein Leib befleckt werden konnten. Um den Schlingen und der List der verführerischen fleischlichen Lust zu entgehen, ist es nötig, daß er sich bemühe, Erkenntnis und Einsicht für das zeitliche und ewige Leben zu erwerben. Diese erlangt er aber nur durch die göttliche Weisheit. So ist es nun einfach die göttliche Weisheit als geistige und geistliche Macht, welche in diesem Abschnitte geschildert wird. Wie hoch erhaben und göttlich groß diese Weisheit ist, wird dadurch gezeigt, daß sie vor aller Schöpfung gewesen ist und gleichsam die göttliche Vernunft war, durch welche der Plan für die Weltschöpfung entworfen worden ist. Es ist also hier nicht von einer Person, die geboren werden soll, die Rede, sondern von einer rein geistigen Macht: der Weisheit, die verkörpert dargestellt wird, die Rede. Fein und mit tiefer Einsicht wird das Wort „geschaffen“ vermieden, denn die in Gott lebende Kraft kann nicht geschaffen, sondern nur erzeugt werden, daher finden wir zweimal das Wort „geboren“. Diese Personifizierung der Weisheit hat mit der Person Christi und ihrem ewigen vorweltlichen Dasein bei Gott nur insofern etwas Gemeinsames, als 1. beide, die Weisheit und Christus, von Ewigkeit her bei Gott sind, und 2. wie Christus, als Er in die Welt eintrat, gezeugt wurde, so wird die Weisheit gezeugt durch die Verwirklichung der göttlichen Gedanken in der Geschichte und im Leben des Menschen. Es wäre auch gedankenlos, von einer rein geistigen Macht, die ungreifbar und unfaßbar ist, zu sagen, sie sei geschaffen. Schaffen kann man nur etwas aus Stoff, aus Materie. So ist es ganz klar, daß diese Stelle zwar als Vorbild auf Christum, aber nur als Vorbild betrachtet werden kann: 1. durch das Vorhandensein der Weisheit von Ewigkeit her, und 2. dadurch, daß sie in die Geschichte eintretend „gezeugt“ wird. Wäre hier die Rede von einem Geschaffensein der Weisheit, so müßte das in dem Text ausgedrückt sein. Das ist aber nicht vorhanden, und dann, wie schon gesagt, handelt es sich nicht um die Person Christi in diesem Abschnitt, sondern um die göttliche Weisheit für das menschliche Leben.

Abschnitt, sondern um die göttliche Weisheit für das menschliche Leben.

Die zweite Stelle, die man in mißbräuchlicher Weise als Beweis für die zeitliche Schöpfung Christi anführen zu können glaubt, ist die im Briefe an die Kolosser Kap. 1,15. Sie lautet: „Welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung“. Auch hier ist wohlzumerken nicht die Rede von der Schöpfung des Erstgeborenen, sondern von dem Erstgeborenen, der der Träger und der Grund aller Schöpfung ist. Diese Wahrheit wird wiederum durch die von seiten der Irrlehrer arg verstümmelte und mißverstandene Stelle in Offenbarung 3,14 bestätigt, da heißt es: „Dieses sagt Amen, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes“. Das ist nicht gleich mit der Meinung „die erste der Kreaturen Gottes“, sondern der Grund und der geistliche Lebensträger aller Kreatur. Das Wort „arche“ bedeutet im Griechischen „Grundlage, Ursache und Träger eines Werkes“ oder der Schöpfung.

Es sind also auf Grund der Schrift alle Bezeichnungen des Herrn Jesus als einer kreatürlichen Schöpfung unbiblisch und als widergöttlich abzuweisen.

N. R.

Antwort B

Es gibt im Alten Testament eigentlich nur zwei Stellen, die uns zurückführen zur vorweltlichen Tätigkeit des Herzens Gottes und die uns zugleich eine Andeutung geben, als die Zeit noch nicht gekommen war zur vollen Entfaltung, was Gott in Seinen ewigen Ratschlüssen beschlossen hatte.

Wir finden dies in Psalm 40,6-8 und in Sprüche 8,22-31. Letztere Stelle enthüllt uns das Geheimnis der personifizierten Weisheit Gottes. Wir setzen es als selbstverständlich voraus, daß diese Stelle nur im vollen Lichte des Neuen Testamentes richtig gewürdigt und verstanden werden kann. Wir dürfen Gott dafür anbeten, daß Er uns diese herrlichste und einzigartige Person Seines Sohnes gesandt hat und dies ausführte, was in Spr. 8,31 uns geoffenbaret wird: „Meine Wonne war mit den Menschenkindern“. Christus, die Weisheit Gottes, durchwandert in Spr. 8 nicht nur mit Seinem Auge das Weltall, welches durch Ihn geschaffen, noch nur mit Seinem Herzen, sondern mit Seiner Person, um das praktisch auszuführen, was in Seinem Hetzen war, indem Er Mensch wurde und alles dies auf Sich nahm, was Seine Menschwerdung mit sich brachte: Armut, Leiden, Verachtung und Tod, indem Er es in der Tat zeigte: Meine Wonne war mit den Menschenkindern. Die sittliche Schöpfung gab ihm Gelegenheit, Sein Herz der Liebe zu betätigen und zu entfalten, und nur sie war fähig, in Herzensgemeinschaft, durch Seine Gnade, mit Ihm zu treten. Hier kommen wir in Berührung mit den größten Geheimnissen und Wundern unseres Gottes in Christo.

Es ist nicht möglich, im Rahmen einer bemessenen Antwort Eine Auslegung zu geben, noch können wir all den Spitzfindigkeiten, die man aus diesem Schriftwort abzuleiten versucht, ausreichend begegnen, doch vertrauen wir dem HErrn, daß das geistliche Gemüt des Fragestellers voll befriedigt wird.

Daß hier der Herr Jesus als die Weisheit Gottes 1. in der Schöpfung und 2. in der Erlösung vorgestellt wird, ist uns über allen Zweifel erhaben; denn Jehova hat durch Weisheit die Erde gegründet und durch Einsicht die Himmel festgestellt, Spr. 3,19. Wir halten dafür, daß das gesamte Universum des Herrn Christi Herrlichkeit in verhüllter Form jetzt schon für das erleuchtete Auge zeigt, wie es in vollkommener Enthüllung sein wird, wenn das Weltall nicht nur Seine Schöpferherrlichkeit zeigen wird, sondern bekleidet sein wird mit der allüberragenden Herrlichkeit Seiner Erlösung. Alle Dinge, geistlich und stofflich, sichtbar und unsichtbar, haben Beziehung zu Ihm, Der der Mittelpunkt des geistigen, sittlichen und materiellen Weltalls ist. Nichts ist geschehen ohne den Herrn Jesus. Kein Atom wurde geschaffen, in Bewegung gesetzt, nach einem Ziele bestimmt ohne Ihn. Er ist das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende aller Wege Gottes mit der unsichtbaren und sichtbaren Schöpfung. Mit dieser dreifachen Doppelbenennung belegt Sich der HErr am Ende der Bibel, im letzten Buch, wo wir die Erfüllung aller Wege Gottes finden. Das siebenfache „Ich“ im letzten Buche - im letzten Kapitel der Bibel verdrängt jedes andere „Ich“, weil Er der einzige Mittelpunkt ist, um den sich alles dreht, und der dann den Ihm von Gott gegebenen Platz ewig eingenommen hat. Wenn wir Spr. 8 aufmerksam lesen, finden wir, daß alles in der Zeitform der Vergangenheit gehalten ist. Vers 22: „Jehova besaß mich ... vor Seinen Werken von jeher“. Vers 23: „Ich war (nicht ich wurde) ... vor...“

Vers 24: „Ich war geboren“. Hier finden wir einen Ausdruck, der häufig dazu benutzt wird, den HErrn Seiner göttlichen Herrlichkeit zu entkleiden. Was sich der Mensch nicht alles geleistet hat! Dies besagt keineswegs, daß Christus in Seiner Person einen Anfang hatte, sondern, daß Er als Weisheit in der Schöpfung erst dann in Tätigkeit trat, als sie geschaffen wurde; vorher wäre es Ihm nicht möglich gewesen, als solche Sich zu betätigen. Christus ist noch viel mehr als die Weisheit Gottes in der Schöpfung. Die Herrlichkeit Seiner Person, die unerschöpflich ist, ist doch nicht mit dieser einzigen Tätigkeit erschöpft! Wir nehmen vielmehr an, daß Christus als Weisheit geboren war, als die Quellen geboren wurden. Gegenüber allem Geschaffenen ist Er der Schöpfer - allem Werdenden das Ewigseiende. Er war, als alles wurde.

Wenn wir Stellen wie Ev. Joh. 1,1-3; Hebr. 1,2; Kol. 1,17 heranziehen, dann werden wir erkennen, daß Er ist (nicht „wurde“; Gott kann kein Geschöpf werden!) Gott über alles, gepriesen in Ewigkeit.

In 2. Sam. 22,36 sagt David: „Deine Herablassung machte mich groß“. Heute wird von allen möglichen Irrlehrern der Sohn Gottes infolge Seiner Herablassung - Menschwerdung, Knechtsgestalt und Armut - klein gemacht, indem man Ihm Seine göttliche Herrlichkeit rauben möchte. So geschieht es auch mit der Bezeichnung „Erstgeborener“. Ein Ausdruck, der siebenmal im Neuen Testament auf den HErrn angewandt wird.

In Matth. 1,25 und Luk. 2,7 wird der HErr so bezeichnet, weil Er das erste Kind der Maria war; aber in diesen zwei Evangelien, wo Er so bezeichnet wird, ist uns auch gesagt, daß Maria eine Jungfrau war, etwas, was es sonst gar nicht gibt, weil eine Jungfrau ihre Jungfreuschaft durch die Geburt eines Kindes verliert. Doch Maria war Jungfrau, weil sie schwanger wurde durch den Heiligen Geist. Vgl.

Kindes verliert. Doch Maria war Jungfrau, weil sie schwanger wurde durch den Heiligen Geist. Vgl. Matth. 1,20.23. Wie geheimnisvoll ist allein schon die Geburt des HErrn, wie viel geheimnisvoller noch ist Seine Person! Profane Hände wollen dieses Geheimnis lüften und verunehren dadurch den HErrn der Herrlichkeit. Niemand durfte die Bundeslade schauen. Selbst wenn der Hohepriester am großen Versöhnungstag hineinging in das Allerheiligste, bedeckte eine Weihrauchwolke die Bundeslade, und auf der Reise mußte sie ständig bedeckt sein. Hätte jemand die Decken gelüftet, so wäre er sofort gestorben. Wenn nun das Bild vom HErrn, die Bundeslade, so geheimnisvoll war, wieviel mehr Er, der in diesem Bilde vorgestellt wurde. Die Seraphim in Jes. 6 bedeckten ihre Angesichter in Seiner Gegenwart, aber die Menschenkinder erdreisten sich, Ihn Seiner Herrlichkeit zu entkleiden. In Hebr. 1,6 wird der HErr als Erstgeborener in Seiner göttlichen Herrlichkeit gezeigt; denn alle Engel Gottes sollen Ihn anbeten. Anbetung wird nur einer göttlichen Person erwiesen, nie einem Geschöpf. Vgl. Offb. 19,10. Diese eine Stelle müßte genügen, um zu beweisen, daß dem HErrn als Erstgeborenem göttliche Herrlichkeit eigen ist, ja daß, weil Er als Erstgeborener bezeichnet wird, Er Gott sein muß. Als „Erstgeborener“ wird nicht Seine zeitliche Erscheinung in geschöpflicher Gestalt in Seiner Schöpfung hervorgehoben, sondern Sein Rang und Seine Würde. Der HErr mußte notgedrungen als Schöpfer, als Gott, den ersten Platz in Seiner Schöpfung einnehmen, wenn Er Selbst als zweiter Mensch und letzter Adam zeitlich später erschien in Gestalt des Geschöpfes als der erste Mensch.

Der HErr nimmt daher den ersten Platz den Engeln gegenüber ein; in der Geistesweit werden darum alle Engel Gottes den Erstgeborenen anbeten.

Nach Kol. 1,15 ist Er der Erstgeborene aller Schöpfung. Dies wird begründet durch den darauf folgenden Vers, der mit einem „denn“ anfängt. Weil Er der Schöpfer der unsichtbaren und sichtbaren Schöpfung ist, nimmt Er den ersten Platz ein, denn Er muß in allen Dingen den Vorrang haben.

Wer die Verse Kol. 1,15-19 liest und dann noch an der ewigen Gottheit Christi zweifeln kann, dem kann nach unserer Auffassung auch die verständlichste, lehrhafte Abhandlung über die Person des HErrn keine Hilfe bieten, weil er verblendet ist.

In Kol. 1,18 und Offb. 1,5 wird Er uns als der Erstgeborene aus den Toten vorgestellt. Er nimmt den ersten Platz in der Welt der Auferstehung, der neuen Schöpfung ein. Dieser Platz gründet sich nicht nur auf die Herrlichkeit Seiner Person, sondern auch auf Seine heilige, vollkommene Menschheit und Sein vollbrachtes Erlösungswerk. Hier erst finden wir, nie vorher, daß Menschen mit Ihm ewiglich in dem Segen des Auferstehungslebens verbunden werden, so daß sie eine neue Lebenseinheit vor Gott bilden. Doch finden wir nach Röm. 8,29, daß Er auch in diesem Kreis des neuen Lebens denen gegenüber, die mit Ihm als Mensch daran teilhaben, die Rang- und Würdestellung als Erstgeborener einnimmt. Als Gott nahm der HErr außerhalb der Schöpfung Seinen Platz ein, d. h. Er stand über der Schöpfung als Schöpfer. Vgl. 1. Kön. 8,27. Als Er aber Mensch wurde, mußte Er gemäß den Rechten Seiner Gottheit den ersten Platz als Erstgeborener der Engelwelt oder geistigen Welt gegenüber, - in der sichtbaren Schöpfung, in der geistlich-sittlichen Schöpfung (Röm. 8,29) und in der neuen Schöpfung durch Seine Auferstehung einnehmen. Wie wenig verstehen wir Seine Herrlichkeit, ja wie

wenig ahnen wir sie! Wir, die wir Sein sind, freuen uns mit ewiger Freude, daß Er in allen Dingen den Vorrang hat gemäß der ewigen Herrlichkeit Seiner Person und auf Grund dessen, was Er getan hat. - Anbetung Ihm!

K. O. St.

Antwort Des Schriftleiters

Vorstehende zwei Antworten werden in ihrer Mannigfaltigkeit und gleichwohl Einmütigkeit, was die Hauptsachen anbelangt, hoffentlich dem Frager (in der Schweiz) wie allen Lesern gesegnete Dienste tun! Eine dritte Antwort, die mir versprochen war, ist (leider) ausgeblieben; sie wird, so der HErr will, im nächsten Heft als besonderer Aufsatz erscheinen. Da diese Antwort Fehlt, muß ich noch näher auf die Stelle eingehen und dazu weiter ausholen.

Auch ich bin seit langem überzeugt, daß wir zunächst nach dem Zusammenhang der Stelle in Spr. 8 an die in Person redende Weisheit zu denken haben und nicht in erster Linie an Christus. Darum würde mir auch eine Übersetzung, wie etwa die der französischen Bibel oder auch der katholischen von Leander van Eß (die vielleicht nach der oft ungenauen „Septuaginta“, der griechischen Übersetzung des A. T. - vergl. Jahrbuch I, Frg. 44 -, sich richten) zu V. 22: „Der HErr hat mich geschaffen, das erste Seiner Werke“ (wonach meines Wissens u. a. jene bekannte Irrlehre ihren Jesus „das vornehmste der Geschöpfe Gottes“ nennt) keine Schwierigkeit machen. Denn ich würde diese Stelle, wenn sie nur so lauten könnte, nie und nimmer auf den Christus Jesus der Schrift anzuwenden in Gefahr kommen, da ich Ihn kenne als das ewige Wort, als den, der nach Joh. 1,1-3 1. im Anfang war, 2. bei Gott war, 3. Selbst Gott war. Er hat also genau wie Gott ewige Existenz, war gleichwohl von Gott unterschieden und war, wie ewig, so auch Selbst Gott. Und in Ihm war Leben und Licht nach V. 4 u. ff., und nach V. 14 „ward das Wort Fleisch und zeltete unter uns, und wir sahen Seine Herrlichkeit“. Eine einzige (und es ist nicht die einzige!) solche Stelle genügt völlig, um alle Irrlehren gegen die ewige Gottheit unseres teuren HErrn wie leere Spreu zu verwehen. Will man aber an obiger Übersetzung von Spr. 8,22 als einzig haltbarer festhalten und sie dennoch auf Christus anwenden, nun wohl dann bezieht die Steile sich lediglich auf Ihn als die Weisheit, wie sie da auftrat, als überhaupt Weisheit walten mußte, als es sich um die Grundlegung der Welten handelte und in einer diesen Welten verständlichen Weise von dem Schöpfer derselben geredet werden sollte (man vergesse auch nicht, daß die Sprüche in dichterischen Formen reden!): Christus, durch den alle Dinge sind, wurde gleichsam in Seinem Charakter als Weisheit geschaffen (nicht etwa in Seiner Person oder in Seinem Wesen - furchtbarer Gedanke, echt satanischen Ursprungs!), um als solche in Seiner Schöpferherrlichkeit erkannt zu werden, wie Er einst am Kreuz uns zur Weisheit gemacht wurde (1. Kor. 1,30), um in Seiner Erlöserherrlichkeit von uns erkannt zu werden. In dieser Weise könnte sich in etwa jene natürlich mögliche Übersetzung rechtfertigen lassen, eine Übersetzung, die noch wörtlicher, als dort gegeben, so hieße: „Jahve (Jehova) hat mich geschaffen - den Anfang Seines Weges, das Früheste (zeitlich) Seiner Werke von jeher“. Wie gesagt, auf die Weisheit bezogen, die Jehova (das ist der Ewigseiende) geschaffen hat, hat diese Übersetzung Sinn, auf den

ewigen Sohn bezogen aber nur etwa in Seinem in die Erscheinung tretenden Charakter der göttlichen Weisheit in ihrer Schöpferherrlichkeit. Keineswegs aber darf eine solche alttestamentliche Stelle, in der durchaus nicht klar gesagt ist, daß es sich um Christus handelt, mißbraucht werden, um klare, unzweideutige, im vollen Lichte des N. T. geoffenbarte Lehren zu entkr äften. Aber nun noch eins: Ich kann nach bestem Wissen und Gewissen diese Übersetzung auch nicht als die allein haltbare gelten lassen, im Gegenteil! (Der Einsender der Antwort A, als Judenmissionar ein äußerst hervorragender Kenner des Hebräischen, wäre allerdings zuständigergewesen als ich, sich dazu zu äußern!). Soweit ich weiß, hat das hebräische Wort, auf das es ankommt, ebensowohl die volle Bedeutung von „sich verschaffen“ und „erwerben“ und (übertragen) „besitzen“. Man vergl. dazu: 1.Mose 4,1: „ich habe erworben ...“ und Spr. 4,5.7, wer könnte hier wohl sagen: „schaffe Weisheit!“, und 16,16; in Jes. 1,3 steht das Partizip (Mittelwort) des Zeitworts in der Bedeutung von „Besitzer“; ein Ochse aber kann nicht seinen Schöpfer kennen, jedoch seinen Besitzer sehr wohl! - Weiter - das, was jene Übersetzung als „das Vornehmste Seiner Werke“ (doch vergleiche meine Übersetzung „das Früheste“, also zeitlich, wohl nicht dem Range nach) wiedergibt, kann ebensowohl als adverbialer vierter Fall gebraucht, wie in Ps. 119,152, „von altersher“ heißen. Was inder Elberfelder Übersetzung in V. 23 übersetzt ist „vor den Uranfängen der Erde“, enthält das gleiche Wort. Somit erhielten wir die Übersetzung, ähnlich der Elberfelder: „Jehova besaß mich als Anfang Seines Weges, von altersher Seiner Werke, von jeher“. Von dieser Übersetzung aus ist es leicht zu übertragen „vor Seinen Werken“ oder, wie die Miniaturbibel hat: „ehe Er etwas machte“, heißt doch das hebräische Wort ursprünglich nur „was vorn ist“ (Ps. 139,5 „vorn“). Beziehen wir bei letzterer Übersetzung diese Stelle auf Christus als die persönliche göttliche Weisheit, so ist danach ihre und somit Seine Ewigkeit unleugbar. Doch ich betone, wie eingangs erwähnt (vgl. Antwort A), es handelt sich meines Erachtens zunächst um die Weisheit, nicht um Christus, und erst im Lichte des N. T. gesehen, steht es uns zu, diese ganze Stelle übertragen auf den Herrn Jesus Christus zu beziehen, und wie kostbar ist sie dann! - Aber noch einmal: Lassen wir uns nicht durch scheinbare Unklarheiten solcher und anderer alttestarnentlicher Stellen, die eine ganz andere ursprüngliche Bedeutung haben, neutestamentlich klar offenbarte Lehren verdunkeln!

Auf die Stellen aus den Kolosserbrief und Offb. 3,14 ist oben gründlich genug hingewiesen, was meine volle Zustimmung hat; insbesondere lese auch ich in Offb. 3,14: „der Ursprung, die Ursache der Schöpfung Gottes“. Doch läßt sich die Stelle ebensogut beziehen auf den Anfang der Schöpfung Gottes, im Sinne der neuen Schöpfung, begonnen mit „dem zweiten Menschen“ (in Laodizea herrscht der erste Mensch). Zu dem Würdetitel „Erstgeborener“ sei noch hingewiesen auf 2. Mose 4,22; Ps. 89,27; Jer. 31,9; vgl. auch Hebr. 12,23! Aber in Antwort B ist dieser Gegenstand voll und klar ins Licht gestellt. Also genug davon! Zu der ganzen Frage bitte ich noch zu vergleichen Jahrbuch I, Frage 10 und VI/17!

Es ist von erschütterndem Ernst, daß die Russell'sche Milleniums-Tagesanbruchlehre, „die Zions-Wachtturm-Gesellschaft“ (sogen. „ernste Bibelforscher“), die meines Erachtens weitaus gefährlichste Irrlehre der heutigen Zeit, stark an Anhang und Bedeutung gewinnt. Ganz abgesehen von manchen anderen Gründen dafür ist ihre Ausbreitung mit auf den Umstand zurückzuführen, daß viele unklare

anderen Gründen dafür ist ihre Ausbreitung mit auf den Umstand zurückzuführen, daß viele unklare Gläubige (und Halbgläubige) verschiedener Richtungen es für ihre Pflicht halten, um alles zu „prüfen“, überall hinzugehen, wo es etwas Neues, Bestechendes zu hören gibt (vgl. Jahrbuch VI, Frage 20!), ohne zu bedenken, daß ein Christ durchaus keine Freiheit hat, zu tun oder zu lassen, was er will, sondern, daß er dem HErrn und Seinem Worte in allem unterworfen ist. Und durch solch meist ganz urteilsloses „Prüfen“ werden sie dann dem Irrtum zur Beute. Nun wird aber behauptet, in jener Lehre sei mancherlei Wahrheit (wenn auch stark mit Irrtum vermischt), besonders über zukünftige Dinge u. a., und man könnte auch von dieser Lehre etwas lernen und annehmen, man diene der Wahrheit nicht, wenn man wirklich vorhandene Wahrheiten verwerfe, nur weil Russell sie lehre usw. Solche Worte, besonders von bekannten Männern ausgesprochen, haben viel Verführerisches an sich. Aber ich möchte uns dem gegenüber fragen: Haben wir ein biblisches Recht, Gutes und Wahres von einer Lehre anzunehmen, welche die einige Göttlichkeit des Sohnes und Seine leibliche Auferstehung sowie die Göttlichkeit des Heiligen Geistes leugnet und sich dabei auf die Schrift beruft? Die unseren herrlichen Heiland, den ewigen Sohn, Gott von Ewigkeit her (Joh. 1,1ff.) als ein geschaffenes Wesen, einen Engelfürsten hinstellt und von Seiner leiblichen Auferstehung in Worten redet, die man als bibelgläubiger Christ kaum aussprechen mag? In solcher Lehre Gutes und Wahres anzuerkennen und sich anzueignen, in einer Lehre, die die Grundlagen der Wahrheit völlig zerstört, welche die Wahrheiten der Schrift nur nimmt, um sie in jeder Hinsicht zu verdrehen (vielleicht machen viele ihrer Anhänger mit aus Unkenntnis dessen, was sie tun, aber das gibt uns doch kein Recht, ihnen darin zu folgen!), das heißt nichts anderes, als vom Satan selbst Wahrheiten oder gar nur Halbwahrheiten und Gutes anzunehmen, und dagegen sollten wir doch schon durch des Herrn Jesus Versuchungsgeschichte und durch Pauli Verhalten in Apg. 16,16-18 (vgl. des Herrn Jesus Dämonenaustreibungen) gefeit sein!

Aber muß man jene Lehre nicht kennen, um ihr begegnen zu können? Geschwister, wir müssen die Schrift, die Wahrheit kennen, das ist die Hauptsache, dann können wir der Lüge begegnen, wo immer wir mit ihr zu tun bekommen. Wir müssen vor allem Christus kennen und alles, was Ihn betrifft, dann sind wir über jene Lehre bald im klaren, und weder ihre „verführerisch wirken sollende“ (?), höchst komplizierte und doch sehr oberflächliche Erlösungslehre mit ihrer Werkgerechtigkeit noch ihre Lehre von den letzten Dingen (die ganz und gar schriftwidrige „Vernichtungslehre“ eingeschlossen) usw. kann uns etwas anhaben. Wer überhaupt auf die Frage: „Was und wer ist für Sie Jesus Christus?“ nicht eine ganz sonnenklare biblische Antwort zu geben weiß, wer irgendwie Zweifel an Seiner ewigen Gottheit durchblicken läßt und für uns offenbar ist als einer, der Irrlehren bringt, mit dem haben wir zu handeln nach 2. Joh. 7 und 9-11! Wir haben dann auch gar kein Recht, uns über seine sonstigen Lehren noch weiter mit ihm zu unterreden. Wer die Wahrheit, den Christus der Schrift, nicht kennt und bringt, wie kann der sonst die Wahrheit bringen? - Laßt uns wachsam und gehorsam dem Worte sein und mehr werden, als betend erfunden werden und gerüstet sein mit der Waffenrüstung nach Eph. 6,12-18 - dann werden wir allezeit, auch was dieses und andere satanische Gebiete anbelangt, Überwinder sein. Der HErr gebe uns Licht und Gnade dazu!

F. K.

 

Ein Name.

„Machen wir uns einen Namen“ (1. Mose 11,4).

„Darum hat Gott Ihm einen Namen gegeben“ (Phil. 2,9).

Gott hatte in der Flut ein gewaltiges Gericht über die damalige Welt ergehen lassen, aber dasselbe hatte keine Änderung in dem Dichten und Trachten des Herzens des Menschen hervorgebracht.1 Es war in seinem Sinnen und Denken das gleiche geblieben. Wenn auch für kurze Zeit eine ernüchternde Wirkung sichtbar gewesen sein mochte, so war diese doch bald verschwunden, und der Mensch wandelte wieder abseits und unabhängig von Gott dahin. Er selbst wollte groß und bewundert sein. Hochmut und Sünde wurzeln unausrottbar tief in seinem Herzen und kommen in seinen Worten und Werken zum Ausdruck. In welch kurzen und schlichten Worten wird uns dieses in 1. Mose 11 gezeigt. Der Heilige Geist allein konnte uns eine solche bündige und genaue Beschreibung des Menschen geben. Kein Mensch hätte mit so wenigen Strichen uns ein solch wahrheitsgetreues Bild zeichnen können.

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Solches läßt sich auch von der jetzigen Welt sagen. (v. d. K.)

Wir wollen uns jetzt nicht mit der Stadt und dem Turm beschäftigen, den die Menschen bauen wollten, dessen Spitze den Himmel erreichen sollte, sondern wollen den Namen betrachten, welchen sie sich zu machen wünschten. Wie oft hören wir das Wort: „Er hat sich einen Namen in der Welt gemacht“; und wie stolz ist der, dem es gelingt, das zu tun, sei es in der politischen, geschäftlichen oder religiösen Welt. Wie wird ein solcher beneidet! Gerade dieses wollten auch jene von Gott abgefallenen Menschen tun. Ihre Absicht war, sich hoch und erhaben zu machen, berühmt und bewundert zu werden. Ist dies nicht das Bild unserer Tage? Geht das Sinnen und Trachten der Welt nicht heute noch nach solchen Dingen? Aber legen wir uns einmal die Frage vor, ob wir, die wir doch Christi Eigentum sind und mit Ihm außerhalb des Lagers sein wollen, noch etwas von diesem Bilde an uns tragen? Ein Blick in die religiöse Welt läßt uns diesen Geist in dem vollen Maße in Rom erkennen, aber kann man nicht herunter bis zu den bescheideneren Kirchensystemen etwas davon erblicken? Die sogenannten Gotteshäuser müssen harmonisch und bewunderungswürdig sein, die Prediger gelehrt und beredt; das Streben ist, von der Welt anerkannt und bewundert zu werden, und wenigstens macht man sich einen Namen und legt sich einen hochklingenden Titel bei!

Gott stieg herunter, und in einem gnadenvollen Gericht verhindert Er die stolzen Pläne der Menschen auf Sinears Ebene. In Seiner wunderbaren Weisheit stürzte Er ihre eitlen Einbildungen um. Und auf welche einfache Weise brachte Er alles zum Stillstand! Er verwirrte die Sprache. Und die Solidarität des Menschen, von welcher man so sehr begeistert war, war dahin! Welche Ironie liegt darin! Man wollte sich einen Namen machen und erlangte einen unerwarteten, nämlich „Babel“, das bedeutet: „Verwirrung“. Man kann diesen Namen nicht loswerden. Er sitzt fest wie ein Blutegel. Die großartigste Hauptstadt des imposantesten Reiches der Menschen wurde „Babylon“ genannt, aber in Gottes Augen

Hauptstadt des imposantesten Reiches der Menschen wurde „Babylon“ genannt, aber in Gottes Augen war es nur „Verwirrung“, und so bleibt es, bis es endlich auf ewig zuschanden wird. Der Name ist unauslöschlich. Johannes las ihn deutlich an der Stirn der in Purpur und Scharlach gekleideten Hure in Offenbarung 17. Er hatte den Sinn Christi, und deshalb war er imstande zu erkennen, was an ihr geschrieben stand, obwohl er selbst sich mit großer Verwunderung verwunderte. Wie wenige - sogar unter den Gläubigen - erkennen jenen fluchbergenden Namen an den gepriesenen weltlich-religiösen Systemen der Menschen! Ihre Augen sind geblendet vom Weltsinn. Und weil sie keine Augensalbe gekauft haben von Dem, dessen Augen wie Feuerflammen sind, sehen sie auf so vielem, was sie unterstützen, nicht den Namen „Babylon“ mit unauslöschlicher Schrift geschrieben. Jene Urmenschen wünschten einst, sich selbst einen Namen zu machen, und erlangten einen, den sie nicht wollten. Dieser Name hat die Jahrhunderte überdauert, aber endlich wird er vernichtet werden, der religiöse Teil zuerst und danach der politische Teil bei der herrlichen Erscheinung des großen Gottes und unseres Heilandes Jesus Christus: „Also wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden“ (Offenb. 18,21). Wie steht es mit uns? Begehren wir einen Namen? Haben deine Augen Licht, diesen fluchtragenden Namen an den großen hochfahrenden Ideen der Menschen in der politischen und religiösen Welt deutlich zu erkennen? Oder werden wir geblendet von dem, was der Mensch in dieser Welt ohne Gott erreichen will? Ja, es gibt sogar Gläubige, die enttäuscht sein würden, wenn der HErr jetzt käme, weil damit ein Strich durch ihre Hoffnungen für den Aufbau dieser Welt gemacht sein würde und dieses doch nach ihrer Ansicht sehr unerwünscht wäre im Hinblick auf den Fortschritt der Menschheit. Das, was die Menschen nach der Sintflut beabsichtigten, ist eben dasselbe, was sich auch in diesen letzten Tagen in den Vordergrund drängt: der Mensch macht einen Kreislauf. Er ist wieder da, wo er anfing. Das Resultat ist und muß immer sein: „Verwirrung“; „Babel“ ist mit eingebrannter Schrift allen menschlichen Bestrebungen aufgeprägt.

Wie gut, daß wir unsere Augen von diesem widrigen Bilde der Auflehnung gegen Gott abwenden und mit erleichtertem Herzen zu dem Einem hinblicken können, an dem Jehova Wohlgefallen gefunden hat und den Er „Meinen Knecht“ nennt. Sein Weg, Sein Sinn steht im geraden Gegensatz zu dem der Menschen und zu dem, wonach sie eifern. Er macht Sich Selbst zu nichts, obwohl Sein Name ein ausgegossenes Salböl ist, Er füllt das demütige und gläubige Herz mit himmlischem Duft! Welch ein Gegensatz zu der aus Babylon aufsteigenden Luft! Er suchte nichts für Sich, Er hatte kein Verlangen, Sich einen Namen zu machen, Er sitzt nicht auf einem bunten Tiere, Er reitet auf die niedrigste Art, auf dem Füllen einer Eselin, und die religiösen Führer fragen mit spottender Herablassung: „Wer ist dieser?“ Sein Name wurde mit Schmach und Schande belegt, als er über dem Kreuz auf Golgatha in drei Sprachen geschrieben wurde. Kann wohl der Gegensatz zwischen Leben und Tod oder Licht und Finsternis größer sein als zwischen Ihm und dem stolzen Menschen? Er wendet Sich ab von dem, was der Mensch so sehr begehrt: das alles hat nichts Anziehendes für Sein Herz. Laßt uns in Liebe beständig Ihn anschauen und achtgeben auf Seine Wege, damit wir in Sein Bild verwandelt werden! Gerade weil Er keinen Namen für Sich suchte, hat Gott Ihn auch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist.

Indem wir diese beiden Bilder vor uns haben (und beide sind von dem Heiligen Geiste gezeichnet), fragen wir uns: welches finden wir anziehend und welches abstoßend?

Wir bekennen, Christi Eigentum zu sein, und sind dankbar und froh, durch Ihn vom ewigen Zorn gerettet zu sein. Doch ist das alles? Sollen wir nicht auch bereit sein, Seine Gedanken und Sein Urteil über den Menschen und das Trachten seines Herzens anzunehmen? Wenn wir in Seiner Gegenwart weilen und Ihn anschauen, so werden wir Ihm ähnlich werden, denn wir werden an all den großzügigen Plänen der Menschen das anderen Augen unsichtbare, von Sinears Ebene ererbte verhängnisvolle Wort „Babel“ sehen. Ja, was der Mensch einstmals vollbringen wollte, und was er jetzt noch durchführen will, und zwar ohne Gott, und sogar in Auflehnung gegen Ihn, trägt sein Zeichen. Wir wissen gewiß, daß es dem modernen Menschen ebensowenig gelingen wird, wie es dem Urmenschen gelang, die Stadt und den Turm am Ufer des Phrat zu bauen; und wenn es am Ende unter dem Antichristen, dem Menschen der Sünde, auch den Anschein haben wird, als ob der Mensch sein Ziel erreicht hätte, so wird die faule Frucht nur zur Ausreife gekommen sein und wird von einer allmächtigen Hand in die große Kelter des Grimmes Gottes geworfen werden. Dann wird Er erscheinen und einen Namen tragen, den niemand kennt als nur Er Selbst; und Sein Name heißt: „Das Wort Gottes“, und auf Seinem Gewande und auf Seiner Hüfte trägt Er einen Namen geschrieben: „König der Könige“ und „HErr der Herren“. Das ist Der, der für nichts galt auf Erden, Der, den man „einen König“ spottweise nannte!

Er aber hat verheißen, Seinen Namen auf die Überwinder von Philadelphia zu schreiben, weil sie Seinen Namen nicht verleugnet haben. Sie widerstanden der Versuchung und dem Ansinnen, sich selbst hienieden einen Namen zu machen. Fragen wir uns: Sind wir zufrieden, Ihm auch hierin gleich zu sein und Gemeinschaft mit wenigen armen verachteten Brüdern zu pflegen, die einem verworfenen HErrn nachfolgen? Ist es zu demütigend für uns, eine namenlose Gemeinde von Heiligen zu sein und nicht herangezogen und beachtet zu werden unter den großen Kirchen und Gemeindeorganisationen dieses Zeitlaufs? Sicher, je treuer wir Ihm auch in diesem Stücke hienieden folgen, mit desto mehr Freude wird Er Seinen neuen herrlichen Namen auf uns schreiben! Die Welt kann unsere nichtsgeltende Stellung und einen ehrgeizlosen Sinn nicht begreifen, so wie sie auch Ihn nicht verstehen konnte. Dem Jünger aber ist es genug, daß er sei wie sein Herr. Kommen wir aber unter den Einfluß des Zeitlaufes dieser Welt (und wie leicht geschieht es), dann werden wir wünschen, etwas zu gelten und uns einen Namen zu machen. Wie bald hören wir dann auf, mit geistlichen Waffen zu kämpfen und die Festungen zu zerstören; dann nehmen wir die Vernunftschlüsse und jede Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken nicht mehr gefangen unter den Gehorsam Christi (2. Kor. 10,3-6).

Als Jakob gedemütigt, gelähmt und hilflos zu den Füßen Dessen lag, dessen Namen ihm nicht geoffenbart wurde, erlangte er einen neuen Namen: „Ein Fürst Gottes“. So laßt auch uns durch Seine Gnade den natürlichen Neigungen unseres Herzens widerstehen, in dieser Welt nach Bedeutung zu streben, damit Seine Gesinnung von uns Besitz nehmen und Christus Gestalt in uns gewinnen kann.

Wenn wir von Ihm, dem Sanftmütigen und Demütigen, lernen, dann finden wir Ruhe für unsere Seelen, Ruhe von allen ehrgeizigen Plänen und Bestrebungen, denn Er hatte keine. Ihn, der Sich Selbst zu nichts machte, hat Gott hoch erhoben, und bald kommt der Tag, wo Er die Seinigen erhöhen wird. Das ist unseren Herzen genug.

F. Btch.

Die ersten und die letzten Kapitel der Bibel.

Der Anfang und das Ende, der Erste und der Letzte.

Zwischen dem Anfang und dem Ende der Bibel bestehen eine Anzahl Beziehungen, die uns zeigen, daß die Bibel ein Ganzes ist mit einem Verfasser und einem Plan.

1. 1. Mose 1,1. Am Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.

Offenb. 22,13. Ich bin der Anfang.

2. 1. Mose 1,1. Die Himmel und die Erde.
Offenb. 21,1. Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde.

3. 1. Mose 1,2. Und Finsternis war über der Tiefe.
Offenb. 22,5. Und Nacht wird nicht mehr sein (vergl.Offenb. 21,25).

4. 1. Mose 1,3. Und Gott sprach: Es werde Licht! undes ward Licht.

Offb. 21,23. Denn die Herrlichkeit hat sie erleuchtet und ihre Lampe ist das Lamm.

5. 1. Mose 1,10. Und die Sammlung der Wasser nannte Er Meer.

Offenb. 21,1. Und das Meer ist nicht mehr.

6. 1. M. 1,14-16. Die Sonne und der Mond, um der Erde Licht zu geben.

Offb. 21,23. Die Stadt bedarf nicht der Sonne und des Mondes, auf daß sie ihr scheinen.

7. 1. Mose 1,16. Die Sterne dazu.

Offb. 22,16. Ich bin der glänzende Morgenstern.

8. 1. Mose 2,4.5. Alle Dinge geschaffen und gemacht.

Offenb. 21,5. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, Ich mache alles neu.

9. 1. Mose 2,9. Der Baum des Lebens in der Mitte des Gartens.

Offenb. 22,2. In der Mitte der Straße der Stadt ist der Baum des Lebens.

10. 1. Mose 2,10. Und der Strom ging aus von Eden,den Garten zu bewässern.

Offenb. 22,1. Ein Strom des Lebens, glänzend wie Kristall, der hervorging aus dem Throne Gottes und des Lammes.

11. 1. Mose 2,11. Das Land Hawila, wo das Gold ist; und das Gold dieses Landes ist gut. Offb. 21,18. Die Stadt reines Gold, gleich reinem Glase.

12. 1. Mose 2,12. Kostbare Steine.

Offb. 21,19. Die Grundlagen der Stadt waren geschmückt mit jedem Edelstein.

13. 1. Mose 4,17. Eine Stadt, die von Kain erbaut war.

Offenb. 21,2. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herniederkommen von Gott, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.

14. 1. Mose 2,15. Gemeinschaft Gottes mit dem Menschen.

Offenb. 21,3. Und Er wird bei ihnen (Menschen) wohnen.

15. 1. M. 2,21-23. Eine Braut ihrem Manne zugeführt.

Offenb. 21,2. Wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.

16. 1. Mose 3,1. Die Schlange beginnt ihre Tätigkeit als Betrüger.

Offb. 20,10. Die alte Schlange, die die Nationen verführt, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen.

17. 1. Mose 3,4. Die Lüge kommt herein.

Offb. 21,27. Und nichts wird in die Stadt eingehen, was Greuel und Lüge tut.

18. 1. Mose 3,7. Und sie erkannten, daß sie nackt waren, und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen.

Offenb. 19,8. Und es ward ihr gegeben, daß sie sich kleide in feine Leinwand, glänzend und rein; denn die feine Leinwand sind die Gerechtigkeiten der Heiligen.

19. 1. Mose 3,7. Die Menschheit verloren.

Offb. 21,24. Die Nationen errettet.

20. 1. Mose 3,8. Und der Mensch und sein Weib versteckten sich vor dem Angesicht Jehova Gottes mitten unter die Bäume des Gartens.

Offenb. 21,3. Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen.

21. 1. M. 3,17-19. Mühe und Arbeit verhängt.

Offenb. 21,4. Und Er wird jede Träne von ihren Augen abwischen. Keine Trauer, kein Geschrei, kein Schmerz.

22. 1. Mose 3,19. Der Tod verhängt.

Offenb. 21,4. Der Tod wird nicht mehr sein.

23. 1. Mose 3,17. Ein Fluch ausgesprochen.

Offenb. 22,3. Und keinerlei Fluch wird mehr sein.

24. 1. M. 3,22-24. Da das Gebot übertreten war, war der Mensch abgeschnitten von dem Baume des Lebens.

Offb. 22,14. Glückselig, die ihre Kleider waschen, daß sie ein Recht haben an dem Baume des Lebens.

25. 1. Mose 3,15. Die große Verheißung.

Offb. 20-22. Die Verheißung erfüllt.

(Aus dem Englischen von O. v. Br.)

Einige Gedanken

über den Tod und die Auferstehung des

HErrn in dem Lichte der Evangelien.

Wenn wir über das Kreuz und den Tod unseres Herrn Jesus Christus nachdenken, so fühlen wir, wie unergründlich tief diese Leiden für uns sind und daß niemand als nur Gott sie ergründen kann. Er allein ist fähig, sowohl ihren Wert zu erfassen als auch die Herrlichkeit, mit der Er darin verherrlicht wurde. Weil Er in Seinem Tode verherrlicht und die Sünde gerichtet wurde, wird an einem zukünftigen Tage die Schöpfung vom Fluche freigemacht und in Segen, Gerechtigkeit und Herrlichkeit aufgerichtet werden. An dem gegenwärtigen Tage indessen steht der Sünder, welcher an den Herrn Jesus gläubig geworben ist, in dem ganzen Wert jener Leiden vor Gott.

Die Leiden des HErrn

können wir anschauen, ergründen können wir sie nicht; unerforschlich sind uns jene Worte: „zur

können wir anschauen, ergründen können wir sie nicht; unerforschlich sind uns jene Worte: „zur Sünde gemacht“. Kein Mensch kann sie ergründen, der Heilige Geist aber, der sie uns geschrieben hat, befähigt uns, in etwa zu erfassen, wie Gott auf Grund Seiner Wertung dieses uns unergründlichen Gerichtes jetzt in Gnaden handeln kann.

Durch die Feder von vier Evangelisten hat Gott uns von dem Leiden Christi am Kreuze Bericht gegeben. Wenn wir die Beschreibung, so wie sie uns in den Evangelien gegeben ist, betrachten, können wir etwas von Seinen wunderbaren Gedanken über den Tod Jesu am Kreuze verstehen. Der Tod des HErrn hat seine tiefe Bedeutung sowohl für Gott wie auch für uns als Sünder und wiederum auch für uns als Gläubige. Jeder der vier Berichte in den Evangelien trägt seinen eigenen, speziellen Charakter.

In dem Berichte des

Matthäus und Markus

über die Kreuzigung des HErrn tritt als leitender Zug uns sofort der Ruf entgegen: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ Lange zuvor waren diese Worte schon prophetisch durch den Heiligen Geist niedergeschrieben und in die Beschreibung Seiner Leiden an die erste Stelle gestellt worden (Ps. 22,1). Am Kreuze wurden sie aber erst dann ausgerufen, als alle die verschiedenen Leiden, die in diesem Psalm prophetisch angezeigt wurden, von Ihm bereits getragen waren. Diese auffallende Tatsache, daß der Heilige Geist diesen Ausruf in dem Psalm allen Leiden voranstellt, zeigt uns, daß in den Augen Gottes die Leiden, die in diesem Schrei des HErrn lagen, alle anderen Leiden übertrafen und in den Schatten stellten. Auch die anderen Leiden waren wirkliche Leiden für den HErrn, es war ein voller Kelch, den der HErr zu trinken hatte, aber die Leiden dieses Schreies trugen einen anderen Charakter, dies waren Leiden der Sühnung für uns. Als Er von Gott verlassen wurde, stieg Er, der Heilige, in die Tiefen des Gerichtes über die Sünde hinab. Er allein wußte, was Sünde in dem Lichte der Heiligkeit Gottes ist, und dort unterzog Er Sich dem Gerichte, in welches kein anderer für uns eintreten konnte. Dort verherrlichte Er Gott in Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit und Liebe. Und Gott beAntwortete diesen Schrei am Kreuze mit dem Zerreißen des Vorhanges, der den Menschen von Seiner Gegenwart trennte. Nichts steht jetzt mehr trennend zwischen Gott und dem Sünder, welcher durch den Tod Christi zu Ihm kommt; der trennende Vorhang wurde entfernt in der Stunde, als Jesus von Gott verlassen wurde. Von oben, vom Himmel her, gab Gott diese Antwort: der Vorhang wurde von oben zerrissen, aber auch die Felsen zerrissen; der Tod als das Gericht Gottes über die Sünde wurde zunichte gemacht in dem Tode Dessen, der für uns verlassen wurde; die Gräber öffneten sich, und viele Leiber der Heiligen gingen nach Seiner Auferstehung aus den Grüften.

Im Lukas-Evangelium

tritt uns in dem Berichte der Leiden Christi in einer besonderen Weise die Gnade entgegen, die durch

tritt uns in dem Berichte der Leiden Christi in einer besonderen Weise die Gnade entgegen, die durch den Sohn des Menschen sich Menschen offenbart. Diesem Charakterzug entsprechend ist es auch allein Lukas, der uns die Fürbitte Christi für die Übertreter (Israel) und die Antwort Der Gnade auf das Gebet des sterbenden Schächers an Seiner Seite berichtet. Die Bitte der Gnade: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ und ebenso das gnadenvolle Wort an den Schächer: „Wahrlich, Ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“ konnte nur ausgesprochen werden auf Grund jener Sühnung, die in dem Rufe: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen“ (im Matthäus- und Markus-Evangelium) ihren Ausdruck fand. Auf Grund dieser Fürbitte wird einst Israel Gnade zuteil werden. Und Paulus, dem größten Sünder, wurde Barmherzigkeit zuteil, damit die ganze Langmut Gottes an ihm möchte gesehen werden als Muster der Gnade Gottes, die den größten Sünder unter den Menschen, der an Ihn glaubt, erretten kann zum ewigen Leben.

Dort am Kreuze, wo die Sühnung vollbracht wurde, enthüllte sich die Gnade zum ersten Male in solch einer herrlichen Art, daß zwei Menschen, einer, der vollkommen, und einer, der gänzlich verdorben und des Todes schuldig war, Seite an Seite hingen in einem Lose. Welch' wunderbare Gnade! Der, der das Böse getan, durfte sich klammern an Den, der nichts Böses getan hatte, und die Worte hören: „Wahrlich, Ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein.“ Und auf welcher Grundlage war solche Gnade möglich? Wir fanden sie bereits im Matthäus- und Markus-Evangelium in dem Rufe: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ und in der Antwort Gottes, in dem Zerreißen des Vorhanges, der den Menschen von Gott trennte.

Im Johannes-Evangelium

sehen wir Ihn als den vom Vater Gesandten, der das Werk vollendet, welches Er Ihm gegeben hatte, daß Er es tun sollte (Joh. 17,4). Er ist Der, den der Vater liebt, weil Er Sein Leben läßt. Niemand nimmt es von Ihm, sondern Er läßt es von Sich Selbst, Er hat Gewalt, es zu lassen, und Gewalt, es wiederzunehmen. Solches Gebot hatte Er von Seinem Vater empfangen (Joh. 10,17.18). Pilatus mochte Ihn den Kriegsknechten überliefern, und sie mochten Ihn fortführen, aber Johannes zeichnet Ihn als Den, der das Werk vollendet und den Vater verherrlicht, und deshalb lesen wir: „Er ging hinaus“ (es war Seine eigene Handlung) nach der Stätte, genannt „Schädelstätte“, wo sie Ihn alsdann kreuzigten.

Als die Kriegsknechte Seine Kleider verteilten, wird speziell auf die Erfüllung der Prophezeiung hingewiesen, daß „die Kriegsknechte nun dieses getan haben“ (Joh. 19,24): „Sie haben Meine Kleider unter sich verteilt, und über Mein Gewand haben sie das Los geworfen.“ Wie gut hatte Johannes diese Kleider an dem Leibe Seines geliebten HErrn während Seines Erdenlebens gekannt! Diese Kleider und das nahtlose Gewand, in welchen der Heilige Gottes den Pfad des Gehorsams und der Absonderung gewandelt, eigneten sich jetzt die heidnischen Kriegsknechte an. Johannes sah, wie sie Jesus die Kleider nahmen und dann sich teilten und das Los darüber warfen. Wie schwer mußte dies für das Herz des Jüngers sein, den Jesus liebte. Jene Kleider wird Er nie wieder gebrauchen; Sein

Pfad in dieser Welt in heiliger Hingabe für seinen Gott war beendet. So wie Johannes Ihn nach dem Fleische gekannt hatte, so wird er Ihn nie wieder kennen. Erhöht von der Erde, übergibt Er dann Seine Mutter nach dem Fleische der Sorge des geliebten Jüngers.

Er ging jetzt zu Seinem Vater. Als Maria Magdalena Ihn, den Auferstandenen, wiedersah, glaubte sie, daß Er zu dem Leben auf Erden wieder zurückgekehrt sei. Aber Er offenbart ihr und läßt es durch sie Seinen Jüngern verkündigen, daß sie mit Ihm verbunden jetzt einer anderen, himmlischen Welt angehören und in eine ganz neue Verwandtschaft mit dem Vater geführt seien (Joh. 20,17). Alle Bande mit dieser Welt waren gelöst. Johannes berichtet uns dann, daß Jesus rief: „Es ist vollbracht!“ Er, dessen Geist jedes Wort der Weissagung geschrieben hatte und wußte, daß alles durch Ihn Seine Erfüllung finden mußte, rief: „Mich dürstet!“ Als Er den Essig genommen hatte, verkündigte Er die Vollendung alles dessen, was in den Propheten über Ihn geschrieben war, als auch des Werkes, das der Vater Ihm gegeben hatte zu tun. Der Kelch war leer. Er hatte ihn getrunken, und Er läßt uns nun den Boden des geleerten Kelches sehen in den so wohlbekannten, und doch Unausschöpfbahren Worten:

„Es ist vollbracht!“

*

So wie die Grundlage (Gottes Gerechtigkeit gemäß) für jede Segnung des sündigen Menschen das Kreuz Christi ist, so sehen wir die Gewißheit, Sicherheit und Vollführung aller Segnungen in der

Auferstehung Christi.

Sei es unsere Rechtfertigung, seien es die himmlischen Segnungen, die mit der Gemeinde, oder die irdischen Segnungen, die mit Israel in Verbindung stehen (die gewissen Gnaden Davids, der ewige Bund usw.), alles findet seine Sicherstellung und Vollendung in dem aus den Toten auferstandenen Christus (Röm. 4,25; Eph. 1,3; Apgesch. 13,34; Hebr. 13,20).

Dies wird uns schon im Vorbilde in der Geschichte Abrahams angedeutet. Er mußte lernen, daß alle ihm gegebenen Verheißungen ihre Erfüllung in Isaak finden sollten. Aber nicht in dem im Fleische geborenen, sondern in dem Isaak, der auf den Altar gelegt werden mußte und den er von dort her im Bilde als aus den Toten zurückempfing.

Wir können an die herrliche Tatsache der Auferstehung Christi glauben und die damit verbundenen Segnungen in ihrer Weite sehen, aber etwas ganz anderes ist es, wenn der Gläubige im Glauben so mit dem Auferstandenen verbunden ist, daß er in der Wahrheit und Kraft Seiner Auferstehung lebt. Petrus und Johannes können wir als ein Beispiel anführen (Joh. 20,3-10). Beide liefen zum Grabe und erfuhren dort, daß der HErr nicht mehr im Grabe sei; von Johannes wenigstens sagt die Schrift, daß er an die Wirklichkeit Seiner Auferstehung glaubte. Beide aber konnten in ihr Heim zurückkehren. Wenn sie die Wirklichkeit Seiner Auferstehung auch in ihren Seelen verwirklicht hätten, glaubst du,

sie wären in ihr altes Heim zurückgekehrt? Würde nicht die Erwartung, Ihn, den Lebendigen, sehen und Ihm begegnen zu können, sie an der Stätte Seiner Auferstehung zurückgehalten haben? Doch hierauf wollen wir später eingehen.

Bei einer sorgfältigen Betrachtung des Auferstehungsberichtes in

Matthäus

werden unsere Herzen in besonderer Weise berührt von der Gewalt und Macht, die in der Auferstehung des HErrn offenbar wurde: Ein großes Erdbeben geschieht, ein Engel des HErrn kommt aus dem Himmel hernieder, der Stein, der den HErrn im Grabe festhalten sollte, wird hinweggerollt, und der Engel setzt sich darauf. Das Ansehen des Engels ist wie der Blitz, das Kleid ist blendend wie Schnee, die Hüter beben vor Furcht. Alle diese Einzelheiten offenbaren uns die überwältigende Kraft, mit der Seine Auferstehung in Erscheinung trat, und sie bezeugten, daß in dieser Welt, wo die Sünde zum Tode herrschte, die Kraft des Todes gebrochen sei.

Die Anstrengungen des Feindes, den Ratschluß Gottes zu hindern und das Grab zu sichern, dienten nur zur Bestätigung der Tatsache Seiner Auferstehung und des Zeugnisses des Engels: „Er ist nicht hier, Er ist auferstanden“.

Israel soll durch den großen Hirten der Schafe gesammelt werden (Hes. 34,11-13) - und wiedergebracht aus den Toten in dem Blute des ewigen Bundes erneuert Er (nach dem Matthäusevangelium), nachdem Er die Kraft des Feindes gebrochen hat, als der Auferstandene Seine Verwandtschaft und Beziehungen mit den Armen der Herde in Israel (Matth. 28,9.10). Die Jünger werden als Seine jüdischen Brüder gesehen, als die Kinder, die Ihm Gott gegeben, als Er dem Volke Israel ein Stein des Anstoßes war.

Er geht vor ihnen her nach Galiläa und, dort am Berge mit ihnen versammelt, offenbart Er ihnen, daß Ihm, dem Auferstandenen, alle Gewalt gegeben sei im Himmel und auf Erden, und als solcher gibt Er ihnen den Auftrag, alle Nationen zu Jüngern zu machen und sie in der Offenbarung des ganzen Namens Gottes: des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, zu taufen. Jehova war Sein Bundesname mit Israel, den Nationen aber sollte jetzt der Name Gottes in Gnade bekannt gemacht werden: Vater, Sohn und Heiliger Geist.

Durch die jüdischen Brüder des HErrn werden an einem späteren Tage den Völkern Segnungen gebracht werden, die sie als Nationen auf dieser Erde genießen werden, Segnungen, die mit dem Namen Christi verbunden sind, Segnungen, die die Nationen in einem gewissen Maße schon heute gleichsam als Angeld haben (insofern, als sie der Wurzel und des Fettes des Olivenbaumes teilhaftig geworden sind).

Ebendaher vor diesem zukünftigen Tage der tausendjährigen Segnung genießen heute an diesem Tage (wo uns, der Gemeinde, die besseren, die himmlischen Segnungen zuteil werden) gewisse

Völker durch die äußere Annahme des Christentums schon etwas von den Segnungen, die dann im Tausendjährigen Reiche durch die wahre Erkenntnis des HErrn (Jes. 11,9) in vollem Maße über die Nationen kommen werden.

Im Markus-Evangelium

finden wir die Auferstehung nicht in den Begleiterscheinungen der Macht wie in Matthäus, sondern als den Anbruch eines neuen Tages, eines neuen Zeugnisses und einer neuen Kraft, die von oben her wirkt.

Durch den Heiligen Geist geleitet, gebraucht Markus in seinem Auferstehungsbericht die bezeichnenden Worte: „Als die Sonne aufgegangen war“ (16,2), so wie er in seinem Bericht über den Anfang des öffentlichen Dienstes des HErrn die Worte gebrauchte: „Als die Sonne unterging“ (1,32). Jener Tag hatte mit Seiner Auferstehung sein Ende gefunden, und das Licht eines neuen Tages war aufgegangen - die Sonne, die (in Verbindung mit dem Ausspruch Maleachis [4,2]) nie wieder untergehen wird. Die Jünger mochten durch den Auferstandenen die Fortführung der Dinge in der alten Weise auf Erden erwarten, aber der HErr wird ihnen gezeigt als von oben wirkend (16,19.20). Sein Dienst war durch das Kreuz auf Golgatha nicht beendet. Er wirkt jetzt von dem Platze der Kraft zur Rechten Gottes aus.

Die Erscheinung des Engels ist nicht wie in Matthäus in den Zeichen der Macht, sondern als die eines Jünglings (nicht eines kraftvollen Mannes). Er verbindet das Zeugnis und den Namen des Auferstandenen mit einem verachteten Platze („Jesus von Nazareth“) und mit der Kreuzigung („den Gekreuzigten“). Dieser Jüngling als der Träger des Zeugnisses Seiner Auferstehung ist mit einem weißen Gewande angetan. Er bezeugt weiter, daß der Auferstandene an dem verachteten Platze, dem Platze außerhalb der Zentrale der Religion der Menschen („Jerusalem“), in Galiläa gefunden werden wird.

Der Jüngling ist das Bild des Dieners und Zeugen der Auferstehung des verachteten und gekreuzigten Jesus. Das Zeugnis muß in einem fleckenlosen Gewande der Welt bezeugt werden, und der Zeuge muß dieses für das Zeugnis passende Gewand tragen. „Den Jünglingen“ gilt die Ermahnung: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist“ (1. Joh. 2,15). Alle, die das Kreuz und die Auferstehung des HErrn verwirklichen, gehen zu Ihm hinaus an den verachteten Platz außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend (Hebr. 13,13). Der Jüngling sowohl als auch seine Kleidung zeigen uns den Charakter und die Kraft dieses neuen Tages, dessen Sonne aufgegangen war. Der Jüngling sitzt zur „Rechten“, an der Stätte der Auferstehung, so wie der HErr uns (in Markus) auch als sitzend zur Rechten (dem Symbol der Kraft) gezeigt wird (Kap 16, V. 5 u. 19).

In den beiden Gruppen (Kap. 16, V. 9-11 u. 12-14) sehen wir den Unglauben; den Unglauben, der die Jünger damals und heute noch hindert, den Aufgang der Sonne zu sehen.

Lukas

Lukas

berichtet uns die Wirkungen, die hervorgerufen wurden durch die Botschaft jener, die das Grab Jesu leer fanden. Er zeigt uns die Auferstehung nicht bloß als die Antwort Gottes in Kraft auf das vollendete Werk Christi, sondern der leitende Zug in seinem Berichte ist, daß die Auferstehung in dem Plane Gottes und in den Schriften enthalten war und daß sie nach den Schriften geschehen mußte. Weder die Weiber noch irgend einer Seiner Jünger kannten die Schriften, daß Er aus den Toten auferstehen mußte. Die Weiber waren in Bestürzung. Die Jünger waren trägen Herzens. Sie verstanden nicht, daß die Auferstehung ein Teil der Ratschlüsse und des Planes Gottes war, den Er über die Menschen hatte, und daß sie in den Schriften enthalten waren.

Mit dem Sinn und Verstand der Menschen konnte niemand die Auferstehung erfassen. Der HErr offenbarte Sich deshalb auch den zwei Emmaus-Jüngern nicht in einer solchen Weise, daß sie Ihn mit ihren Sinnen hätten erkennen können. Sie unterhielten sich miteinander über die Dinge, die sich zugetragen hatten, als Er Sich zu ihnen gesellte. Er wendet Sich nun nicht an ihre Sinnes- und Verstandesfähigkeit, Ihn zu erkennen, Ihre Augen werden im Gegenteil gehalten, Ihn nicht zu erkennen; hätten sie Ihn erkannt, so wäre es durch das Sehen ihrer Augen gewesen, Seine Absicht aber war eine ganz andere. Nicht durch ihre natürlichen Sinne sollten sie Ihn erkennen, sondern Er will durch das Wort ihr Herz und ihr geistliches Auge öffnen, denn sie waren ohne Verständnis und trägen Herzens, zu glauben an alles, was die Propheten geredet hatten. Von Mose und den Propheten anfangend, erklärt Er ihnen alles, was Ihn betraf. Nicht durch unsere natürlichen Sinne, sondern durch das Wort Gottes müssen unsere Seelen in die Gedanken Gottes eingeführt werden.

Wie die Erklärungen des Wortes in ihnen wirkten, das drückten die Jünger aus, als sie zueinander sagten: „Brannte nicht unser Herz in uns, als Er auf dem Wege zu uns redete und als Er uns die Schriften öffnete?“ Von den Schriften aus zeigte Er ihnen die Notwendigkeit Seines Sterbens und Auferstehens. Wie konnte Er nach den Gedanken und dem Vorsatze Gottes in Seine Herrlichkeit eingehen anders als durch Leiden und Auferstehen? So lehrte Er sie den Platz, welchen Seine Auferstehung in dem großen Plane Gottes für die Herrlichkeit Christi hatte, zu verstehen, und so bereitete Er sie zu, Ihn in Seinem neuen Auferstehungszustande zu erkennen, einem Stande, in dem Er nicht von der Welt noch mit den Sinnen des Menschen erkannt werden kann.

Dann lesen wir: „Er ging hinein, um bei ihnen zu bleiben“. Er ist noch derselbe Jesus, dessen Herz mit den Seinigen hienieden verbunden war. Sie sind in der Gemeinschaft mit Ihm, dem Auferstandenen, ohne es zu wissen. Er ißt mit ihnen zu Tische, und als Er das Brot bricht, werden ihre Augen geöffnet, und sie erkennen Ihn. Und dann verschwindet Er vor ihnen, sie aber gehen zurück nach Jerusalem mit brennenden Herzen und voll von den Mitteilungen, die Er ihnen aus den Schriften gemacht hatte. Dort finden sie die Jünger versammelt, bei denen sich jetzt auch alles um Ihn, den Auferstandenen, drehte, denn Er war dem Simon erschienen. Und der HErr enttäuschte ihre Erwartungen nicht, Er kommt Selbst in ihre Mitte.

Es ist so köstlich, die Mühe zu sehen, welche der HErr Sich macht, um sie zu überführen, daß Er es Selbst, ihr auferstandener HErr, sei, der bei ihnen war. Auch jetzt wird wieder offenbar, wie unfähig die Sinne des Menschen sind, Ihn in Seinem Auferstehungszustande zu erfassen. Verwirrt und sich fürchtend, meinen sie, sie sähen einen Geist, und ungelöste Fragen steigen in ihrem Herzen auf. Als der HErr dann in so niederbeugender Güte ihrer Furcht und ihren Überlegungen begegnet und sie überführt, daß Er Selbst es sei, erfüllte ein natürliches Gefühl der Freude, aber ohne Glauben, ihr Herz, denn: „sie glaubten nicht vor Freude und verwunderten sich“. Wieder leitet der HErr sie weg von dem Gemisch ihrer Gefühle und hin zu den Worten, die Er zu ihnen geredet hatte, als Er noch bei ihnen „war“ (denn Er war jetzt nicht mehr in dem Stande wie früher bei ihnen); sie mußten es lernen, Ihn zu erfassen und zu erkennen als in einem Zustande außerhalb des Gebietes des nur natürlichen Verstehens und Erkennens. Schon damals, als Er bei ihnen war, hatte Er ihnen gesagt, daß alles, was im Worte Gottes über Ihn geschrieben sei, erfüllt werden müsse, und von dem Worte ausgehend überführte Er sie nun von Seiner Auferstehung als der Erfüllung alles dessen, was über Ihn geschrieben stand. Mit solcher Langmut öffnete Er ihnen das Verständnis und befestigte Er sie in dem: „Also stehet geschrieben“. Möchten auch unsere Herzen Ihm so zugetan sein, daß Er auch uns das Verständnis öffnen und uns in dem: „Es stehet geschrieben!“ befestigen kann.

So in die Gedanken und Pläne Gottes eingeführt und mit der Kraft des Wortes in ihren Seelen sollten sie die Zeugen Seiner Leiden und Auferstehung sein. Sie sollten die Botschaft der Buße und der Vergebung der Sünden zu allen Nationen tragen und damit anfangen bei dem schuldigen Jerusalem, sobald sie mit der Kraft aus der Höhe angetan seien. -

Als Er dann von ihnen schied, sehen wir sie nicht in Trauer. Sie hatten jetzt die Gedanken Gottes verstanden und in Anbetung und mit großer Freude kehrten sie nach Jerusalem zurück, Gott lobend und preisend, denn sie hatten Ihn in Auferstehung erkannt, Ihn, der der Mittelpunkt aller Ratschlüsse und Wege Gottes war und ist und der jetzt in den Himmel „hinaufgetragen“ war.

(Schluß folgt.)

Kleine Gedanken.

1. Petr. 1,8a:„Welchen ihr, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, liebet.“ - Ist es nicht etwas Wundersames, daß wir wie jene Briefempfänger des Petribriefes die Fähigkeit haben, den Herrn Jesus, den wir nicht gesehen, der in der Welt nur verachtet, wenn nicht gar gehaßt wird, zu lieben? Das sollte uns größer werden, dann würde von dieser Fähigkeit mehr praktischer Gebrauch gemacht, d. h. die Liebe würde sich mehr offenbaren. Wie denn? Einmal darin, daß wir mehr die liebten, die in gleicher Weise wie wir erkauft und erlöst sind, die den gleichen Geist empfangen haben, die mit uns zusammen Sein Eigentum hienieden darstellen, mit denen daher Seine Gedanken in Liebe beschäftigt sind - darum sollten's auch die unseren sein! -, und dann darin, daß wir mehr und willig-freudiger handeln nach Joh. 14,15-21! Bedenken wir wohl, was Sein Wort sagt in 1. Joh. 3,18: „Kindlein, lasset

uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit!“ Laßt uns dies Wort anwenden auf Joh. 14 und 1. Petr. 1,8, und der HErr wird verherrlicht werden durch uns. Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

*

Offb. 3,18a:„Ich rate dir!“ Wer? Der Herr Jesus als Richter unter den sieben Leuchtern (Gemeinden nach 1,20). Wem? Den Lauen und Trägen in Laodizea, der Gemeinde der Endzeit. Gehörst du, lieber Leser, zu den Lauen? Gott geb's, daß es nicht so sei! Mußt du, muß irgend eines von uns sich aber anklagen dieser Sünde, so höre, was Er sagt: „Ich rate dir!“ Unser deutsches Sprichwort „wem nicht zu raten ist, dem ist auch nicht zu helfen“ ist sehr ernst, und das ganz besonders, wenn es sich um solchen Ratgeber handelt. Menschen, die sich nicht raten lassen, sind arme Menschen. Sie mögen sich reich vorkommen wie eben jene in Laodizea, aber sie wissen nicht (V. 17!), wie arm sie sind! Menschen, die sich nicht sagen lassen können, büßen viel ein, solche, die sich sagen, raten und helfen lassen, machen nicht so wie jene den Eindruck hochmütiger Leute, gewinnen viel und werden mehr fähig zum Dienst als solche, die „sich dünken“, alles zu wissen, zu haben, zu können, niemandes zu bedürfen, in „allen Sätteln gerecht zu sein“, nichts mehr von anderen annehmen und zu lernen nötig zu haben. Aber wieviel wichtiger noch, sich raten zu lassen von Ihm! Und muß man da erst zu den Lauen gehören, um von Ihm Rat annehmen zu brauchen? Gewiß nicht! Ach, möchten wir viel wie Maria zu Seinen Füßen sitzen und bereit sein, uns von Ihm raten, zurechtweisen und unterweisen zu lassen! Möchten wir doch gerne lernen und ja nie und nimmer V. 17 zu unserer Richtschnur gemacht haben! Das ist „Tod im Topf“! O HErr, rate Du uns, rate Du mir - wir wollen hören und gehorchen!

F. K.

*

2. Thess. 2,5:„Erinnert ihr euch nicht?“ Hatten die Thessalonicher ein kurzes Gedächtnis? Es scheint fast so, sonst wäre das von V. 2 nicht eingetreten. Aber laßt uns uns nicht über sie erheben! Der Gegenstand von Kap. 2 im 2. Brief ist sehr ernst, und worüber sie im unklaren waren - aber vor, gewiß nicht mehr nach Empfang dieses Briefes, darüber sind leider heute nicht wenige Gläubige im unklaren, trotz dieser kostbaren Thessalonicherbriefe. Aber mehr: wie viele Gläubige haben noch ganz andere Dinge vergessen, an die sie sich erinnern sollten: Wie ernst unter vielen anderen z. B., „die Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen zu haben“! (nach 2. Petr. 1,8.9.12)! Möchten wir doch ja darin kein kurzes Gedächtnis haben! Und noch mehr: wie manche gleichen so leicht den Jüngern, die nach Matth. 14 die wunderbare Speisung der 5000 erlebt hatten und kurz darauf nach Matth. 15 besorgt und kleinmütig fragten: „Woher nehmen wir Brot?“ (V. 33), und noch ein wenig weiter, in Kap. 16,8, offenbaren sie eine Kleingläubigkeit, die beschämend wirkt angesichts solcher gehabten Erlebnisse, und hier muß der HErr wie später Paulus fragen: „Erinnert ihr euch nicht?“ (V.

gehabten Erlebnisse, und hier muß der HErr wie später Paulus fragen: „Erinnert ihr euch nicht?“ (V. 9.) Brüder, Schwestern, die Zeiten sind höchst schwierig, vielleicht sogar schwieriger denn je, aber sind sie größer als der HErr? Erinnern wir uns nicht häufiger, wunderbarer Durchhilfen, - und wollen dann doch noch ins Zagen, Klagen oder gar Murren geraten? „Erinnert ihr euch nicht?“ Möge der HErr in Seiner Gnade unser Gedächtnis stärken! - Laßt uns auch daran denken, daß Er Sich sehnt, wir möchten uns Seiner erinnern, Seiner gedenken! und im Blick darauf sagt Er bei Einsetzung Seines Erinnerungsmahles: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ (Luk. 22 und 1. Kor. 11.) Wann taten wir es zuletzt? Am vorletzten oder sogar letzten Sonntag? Möchte es so sein! - Und schließlich überhaupt: „Halte im Gedächtnis Jesum Christum!“ (2. Tim. 2,8.) „Erinnert ihr euch nicht?“

F. K.

Frage und Antwort

Frage 5

Was bedeutet die Stelle 2.Kor. 3,6:„Der Buchstabe tötet ...“?

Antwort A1

1

Diese schöne Antwort kam unmittelbar vor Drucklegung des Heftes in meine Hand, daher konnte ich in meiner Antwort nicht darauf Bezug nehmen. (F. K.)

Mit dem Buchstaben sind die Gesetzesworte in Steine eingegraben gemeint (2. Kor. 3,7), welche die Grundlage und Kraft für die Segnungen des Alten Bundes waren und im Alten Testamente die zehn „Worte“ genannt wurden (2. Mos. 34,28; 5. Mos. 4,13; 10,4). Sie töten, indem sie über jeden Gesetzesübertreter das Todesurteil aussprachen (5. Mos. 27,26).

Der Neue Bund gründet sich nicht auf den Gesetzesbuchstaben, sondern auf den Willen Gottes in Gnade. Er enthält die neuen Bedingungen, unter denen Gott mit Israel handeln will, - die Verordnungen, auf deren Grund Gott jetzt in Beziehung zu dem Menschen tritt, um ihn zu segnen. Der Heilige Geist ist die bewegende und Leben wirkende Kraft desselben.

Welche Torheit ist es, hier den „Buchstaben“ anzuwenden auf die buchstäblichen „Worte“ Gottes. Niemals tötet der Buchstabe der Schrift. Wie kann man nur den an dieser Stelle gemeinten „Buchstaben“ des Gesetzes auf die buchstäblichen „Worte“ Gottes anwenden; Worte, die Gott gewählt hat, um uns zu sagen, wie wir vor Ihm in dieser Welt wandeln und uns verhalten sollen! Der Heilige Geist ist es, der diese „Worte“ in uns zur lebendigen Darstellung bringt, so daß diese buchstäblichen Worte Gottes in uns zu Leben werden, wie Paulus sagt: „darstellend das Wort des Lebens“ (Phil. 2,16).

v. d. K.

Antwort Des Schriftleiters

Der Einsender dieser Frage schreibt zu derselben, daß ihm oft von Versammlungsbesuchern, die er auf den Ernst des Wortes aufmerksam mache, die Antwort gegeben werde: „Ach, der Buchstabe tötet!“ - Mit solch oberflächlichen Entgegnungen entziehen sich allerdings viele Menschen der VerAntwortlichkeit, die sie gegenüber dem Worte Gottes beim Hören desselben haben sollten. Das aber kann den wahren Sinn dieser Stelle nicht beeinträchtigen, im Gegenteil! Denn solche oberflächlichen Sünder werden einmal im Gericht ganz genau wissen, daß sie sich einst mit Willen und wissentlich dem Ernst des Wortes entzogen haben, und da sie sich demselben gegenüber verstockt haben, kann man das Wort auf sie anwenden: „Welche sich, da sie nicht gehorsam sind, an dem Worte stoßen, wozu sie auch gesetzt worden sind“ (1. Petr. 2,8). Aber wir tun gut, sie zu warnen, und um das wirksam tun zu können, müssen wir den Sinn dieser Stelle ganz genau wissen und erklären können, wenigstens denen, die noch hören wollen!

Zunächst einiges über das vorkommen des Wortes „Buchstabe“ im N. T. (d. h. im griechischen Urtext) und die verschiedenen Bedeutungen und dann über den Zusammenhang unserer Stelle und deren Bedeutung. Ich denke, daraus wird unzweifelhaft hervorgehen, was sicher der Fragesteller und die meisten Leser längst wissen, daß man diese Stelle nie und nimmer auf das Wort Gottes allein anwenden darf und etwa, weil jedes Wort aus „Buchstaben“ bestünde, sagen dürfte, daß das Wort Gottes und der Gehorsam gegen dasselbe tötete, während der Geist - worunter solche „Ausleger“ meist den menschlichen Geist, womöglich ihren eigenen, verstehen -, also das, was der irregeleitete menschliche Geist als den Sinn des jeweiligen Wortes der Schrift ansehe, lebendig mache. Wenn man aber solche Leute fragt, was sie bei solcher Auslegung unter „lebendig“ verstünden, so bekommt man entweder gar keine oder eine höchst materielle und oberflächliche Antwort, die einem zeigt, daß es den Betreffenden eben nur darum zu tun ist, den göttlichen Forderungen auszuweichen in klarer Erkenntnis dessen, daß ein Befolgen derselben das ganze Leben umgestalten würde. Übrigens ist es meist zwecklos, mit Unwiedergeborenen über diese Stelle zu reden oder gar zu streiten, da ihnen das Organ fehlt, das Wort zu verstehen. Aber wir Gläubigen müssen die Stelle verstehen, nicht allein um unserer selbst willen, sondern um solchen, die sich dienen lassen wollen, dienen und helfen zu können.

Das „Wort „Buchstaben“ kommt im N. T. zunächst in äußerer Hinsicht gebraucht vor in Luk. 23,38, wo es sich auf die Buchstaben der in drei Sprachen abgefaßten Kreuzesinschrift, und in Gal. 6,11, wo es sich auf die bedeutungsvoll-großen Buchstaben der eigenhändigen Namensunterschrift des Apostels (vgl. 2. Thess. 3,17 u. 1. Kor. 16,21) bezieht. Weiter ist von Buchstaben, d. h. also in der Mehrzahlsform, nicht die Rede, wenigstens nicht in diesem Sinne, denn in Apgesch. 26,24, wo das Wort in der Mehrzahlsform vorkommt, muß dem Zusammenhang nach - ähnlich wie in Stellen des A. T., wo die griechische Übersetzung („Septuaginta“, vgl. Bd. 1/41) das Wort anwendet, z. B. in Dan. 1,4 und Jes. 29,11f. - „Kenntnisse“ oder „Wissenschaft“ („Bildung“) heißen; ebenso in Joh. 7,15. In 2. Tim. 3,15 kommt das Wort in Mehrzahlsform auch vor, aber mit dem Zusatz „heilige“, woraus hervorgeht, daß es sich lediglich auf die heiligen Schriften der Heiligen Schrift bezieht (vgl. Joh. 5,47). Ein eigentümlicher Gebrauch des Wortes in Mehrzahlsform kommt noch in Luk. 16,6 vor:

Der Einsender dieser Frage schreibt zu derselben, daß ihm oft von Versammlungsbesuchern, die er auf den Ernst des Wortes aufmerksam mache, die Antwort gegeben werde: „Ach, der Buchstabe tötet!“ - Mit solch oberflächlichen Entgegnungen entziehen sich allerdings viele Menschen der VerAntwortlichkeit, die sie gegenüber dem Worte Gottes beim Hören desselben haben sollten. Das aber kann den wahren Sinn dieser Stelle nicht beeinträchtigen, im Gegenteil! Denn solche oberflächlichen Sünder werden einmal im Gericht ganz genau wissen, daß sie sich einst mit Willen und wissentlich dem Ernst des Wortes entzogen haben, und da sie sich demselben gegenüber verstockt haben, kann man das Wort auf sie anwenden: „Welche sich, da sie nicht gehorsam sind, an dem Worte stoßen, wozu sie auch gesetzt worden sind“ (1. Petr. 2,8). Aber wir tun gut, sie zu warnen, und um das wirksam tun zu können, müssen wir den Sinn dieser Stelle ganz genau wissen und erklären können, wenigstens denen, die noch hören wollen!

Zunächst einiges über das vorkommen des Wortes „Buchstabe“ im N. T. (d. h. im griechischen Urtext) und die verschiedenen Bedeutungen und dann über den Zusammenhang unserer Stelle und deren Bedeutung. Ich denke, daraus wird unzweifelhaft hervorgehen, was sicher der Fragesteller und die meisten Leser längst wissen, daß man diese Stelle nie und nimmer auf das Wort Gottes allein anwenden darf und etwa, weil jedes Wort aus „Buchstaben“ bestünde, sagen dürfte, daß das Wort Gottes und der Gehorsam gegen dasselbe tötete, während der Geist - worunter solche „Ausleger“ meist den menschlichen Geist, womöglich ihren eigenen, verstehen -, also das, was der irregeleitete menschliche Geist als den Sinn des jeweiligen Wortes der Schrift ansehe, lebendig mache. Wenn man aber solche Leute fragt, was sie bei solcher Auslegung unter „lebendig“ verstünden, so bekommt man entweder gar keine oder eine höchst materielle und oberflächliche Antwort, die einem zeigt, daß es den Betreffenden eben nur darum zu tun ist, den göttlichen Forderungen auszuweichen in klarer Erkenntnis dessen, daß ein Befolgen derselben das ganze Leben umgestalten würde. Übrigens ist es meist zwecklos, mit Unwiedergeborenen über diese Stelle zu reden oder gar zu streiten, da ihnen das Organ fehlt, das Wort zu verstehen. Aber wir Gläubigen müssen die Stelle verstehen, nicht allein um unserer selbst willen, sondern um solchen, die sich dienen lassen wollen, dienen und helfen zu können.

Das „Wort „Buchstaben“ kommt im N. T. zunächst in äußerer Hinsicht gebraucht vor in Luk. 23,38, wo es sich auf die Buchstaben der in drei Sprachen abgefaßten Kreuzesinschrift, und in Gal. 6,11, wo es sich auf die bedeutungsvoll-großen Buchstaben der eigenhändigen Namensunterschrift des Apostels (vgl. 2. Thess. 3,17 u. 1. Kor. 16,21) bezieht. Weiter ist von Buchstaben, d. h. also in der Mehrzahlsform, nicht die Rede, wenigstens nicht in diesem Sinne, denn in Apgesch. 26,24, wo das Wort in der Mehrzahlsform vorkommt, muß dem Zusammenhang nach - ähnlich wie in Stellen des A. T., wo die griechische Übersetzung („Septuaginta“, vgl. Bd. 1/41) das Wort anwendet, z. B. in Dan. 1,4 und Jes. 29,11f. - „Kenntnisse“ oder „Wissenschaft“ („Bildung“) heißen; ebenso in Joh. 7,15. In 2. Tim. 3,15 kommt das Wort in Mehrzahlsform auch vor, aber mit dem Zusatz „heilige“, woraus hervorgeht, daß es sich lediglich auf die heiligen Schriften der Heiligen Schrift bezieht (vgl. Joh. 5,47). Ein eigentümlicher Gebrauch des Wortes in Mehrzahlsform kommt noch in Luk. 16,6 vor:

„Schuldverschreibung“. Ferner noch in Apgesch. 28,21 („Briefe“). Weitere Stellen mit diesem Worte in Mehrzahlsform sind meines Wissens im N. T. nicht.

Dagegen nun das Wort „Buchstabe“, d. h. in Einzahlsform! Die Stellen, wo „Buchstabe“ gebraucht ist, sind alle höchst eindeutig und stehen durch den Zusammenhang durchaus in wechselseitiger Beziehung zueinander: Röm. 2,27.29; 7,6; 2. Kor. 3,6a u. b u. 7; also sechsmal kommt das Wort in diesem Sinne vor (sicherlich ist es bezeichnend, daß es sechsmal vorkommt!).

Nun, und in welchem Sinne? In einem Satze gesagt: im Sinne der den Menschen verpflichtenden und verurteilenden, durchaus festgesetzten Vorschrift des in Kraft stehenden göttlichen Gesetzes, das Gott einstmals öffentlich hat verkündigen lassen, indem Er es in Steine eingrub, die in die Hände der Ihm verpflichteten Menschheit (an Israel vollzogen) gelegt wurden. Es ist der verpflichtende Gesetzesbuchstabe, der in obigen Stellen dem Leben wirkenden göttlichen Geist entgegengestellt ist, unter welch letzterem „dienen“ zu dürfen (Röm. 7,6), nachdem wir durch den Tod Christi, der unser Tod ist (vgl. Röm. 7,1ff. u. Gal. 2,20.21), dem Gesetz gestorben und dadurch von demselben losgekauft sind, etwas ungleich köstlicheres ist als das Schmachten unter dem den Tod dem Übertreter androhenden ehernen Gesetzesbuchstaben! (Vgl. Apgesch. 15,10!) In Röm. 2 ist gezeigt, wie der Jude von dem Heiden gerichtet wird, da jener trotz solcher Vorzüge wie der Beschneidung und des klar formulierten Gesetzes (denn wo ein Buchstabe des Gesetzes ist, da ist klare Formulierung und daraus erwachsende Kenntnis der Forderungen und der Sünde der Übertretung) doch zum Übertreter geworden ist, während der Heide ohne solche Vorrechte vielleicht das Gesetz beobachtet. Darum kann erst der als echter Jude gelten vor Gott (hier nicht und nirgends ist etwa von den Heidenchristen als einem neutestamentlichen „geistlichen Israel“ die Rede, sondern von Juden, die wirtlich vor Gott Juden sind!), der geistlicherweise am Herzen beschnitten ist, nicht der, der es ist kraft gesetzlicher Buchstaben Vorschrift, die ja nicht in Wahrheit hervorrufen kann, was die Beschneidung sinnbildlich vorschatten sollte: die heilige Absonderung für Gott.

„In den drei Korintherstellen im 2. Kor.-Brief wird uns in dem Zusammenhang des so überaus köstlichen 3. Kapitels der Dienst des Geistes gegenüber dem des Todes und der Verdammnis gezeigt. Es ist immer wieder der gleiche Kampf, den Paulus durchfechtet, nämlich der um die Freiheit des Gläubigen von der Forderung des Gesetzes; der Kampf, der auch heute noch nicht ausgekämpft ist und der durch die Predigt des Gesetzes seitens der Sabbatarier immer wieder neue Nahrung erhält, indem Ungläubige und Gläubige solcher falschen Lehre, die Paulus so klar bekämpft, zum Opfer fallen. (Ich weise hier hin auf Fragen älterer Jahrbücher, wie Jahrbuch 1/39; 2/17; 3/26; 4/19; 5/13; 7/15 und vor allem 8/13!) In 2. Kor. 3 spricht der Apostel von sich und den Aposteln als von „Dienern des Neuen Bundes“, den er den Bund „nicht des Buchstabens“, sondern „des Geistes“ nennt. Der Bund des Buchstabens war der des Gesetzes, das wegen der Übertretungen dem Bunde, den Gott mit Abraham auf Grund seines Glaubens geschlossen hatte, hinzugefügt wurde. (Lies Gal. 3,15ff.) Durch das Gesetz aber, d. h. durch die unbeugsamen Forderungen eines heiligen Gottes, die buchstabenmäßig aufgefaßt werden wollten und sollten (wie es auch heute zunächst ganz genau auf den buchstäblichen Wortlaut eines Gesetzes ankommt, um es recht befolgen zu können), wird über jeden Übertreter das Urteil, ja, das Todesurteil ausgesprochen, wie es ja natürlich ist. Denn wenn ein Gesetz nicht durch die Autorität des Gesetzgebers die Macht hat, sich durchzusetzen und den Übertreter zu verurteilen, so braucht es gar nicht gegeben zu werden und dient nur zur Bloßstellung oder gar zur Verhöhnung des Gesetzgebers; wenn aber die Autorität dieses Gesetzes der heilige Gott ist, so hat das Gesetz nicht nur die Kraft, sich zur Geltung zu bringen, sondern es spricht über den Übertreter sogar notwendigerweise das Todesurteil aus, da im Falle der Übertretung des göttlichen Gesetzes Gott herausgefordert wird, der Sich Selbst gleichsam gebunden hat, nach Seinem eigenen Wort zu handeln: „Die Seele, die sündigt, die soll sterben!“ (Hes. 18,4.19-32; vgl. 1. Mos. 2,16.17; 5. Mos. 27,26 mit Gal. 3,10ff.; 2,19; 5. Mos. Kap. 28-30; 30,19.20 u. a.!) Und wenn Gott nicht in Seiner Gnade im Blick auf das große Sünd- und Schuldopfer von Golgatha auch im Alten Bunde Opfer für Sünden verordnet hätte, also die Dahingabe eines anderen Lebens für das durch die Sünde verwirkte

- so wäre schon mit der ersten Übertretung nach jener Selbstverpflichtung des Volkes zum Gehorsam (2. Mos. 19,8) das ganze Volk (und damit die Menschheit) verloren gewesen. So ist also der Dienst des Buchstabens (in Steine gegraben, lithographiert) ein Dienst der Verdammnis und des Todes? Ja, das Wort sagt es und die jahrtausendelange Erfahrung bestätigt es. Dennoch ist es ein Dienst, der in Herrlichkeit begann (wie konnte es anders sein, da Gott der Urheber war!), aber es war verhüllte Herrlichkeit; Mose mußte die Decke auf sein Angesicht legen (2. Mos. 34,29-35), das unreine Volk konnte Jehovas Herrlichkeit nicht anschauen. Wie ganz anders im Neuen Bund, dem des Geistes des Lebens in Christo (Röm. 8)! Hier ist unverhüllte Herrlichkeit, wie sie strahlt im Angesicht Jesu Christi, ohne Decke, eine „überschwengliche Herrlichkeit“ (V. 10;vgl. Kap. 4,6). Es könnte ja auch nicht anders sein, denn es ist doch die Herrlichkeit eines Dienstes der Gerechtigkeit! Christus ist unsere Gerechtigkeit (1. Kor. 1,30), und durch Glauben an Ihn stehen wir vor Gott als „Gerechtigkeit Gottes“ da (2. Kor. 5,21), und grundsätzlich wird keine Übertretung des Gesetzes an uns, den Glaubenden, gesehen - vielmehr ist die gerechte Forderung des Gesetzes befriedigt (siehe Röm. 8,4!) -, denn „Christus ist des Gesetzes Erfüllung (Ende), jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit“ (Röm. 10,4). Wer da etwa meint, daß er durch Glauben an Christus zur Gesetzeserfüllung gekommen ist und nun Kraft dazu bekommt, das Gesetz zu halten, vermischt 1. Gesetz und Gnade (Galaterbrief!), 2. versteht nicht die Bedeutung des Gesetzes als des Zuchtmeisters bis auf Christus (Gal. 3,21-26), 3. würdigt nicht den Ernst des Gesetzes („wer das ganze Gesetz hält und sündigt an einem, ist es ganz schuldig“ [Jak. 2,10] ); 4. sieht nicht, daß das Gesetz, obwohl in sich geistlich (Röm. 7,14), sich nur an den unwiedergeborenen Menschen im Fleisch, an Israel, wendet; es ist nicht uns gegeben! vgl. auch 1. Tim. 1,5-11; 5, erkennt nicht, daß er den Schatten dem Wesen, der Person vorzieht! (Hebr. 10,1; Kol. 2,16.17), das, was hinweggetan werden sollte, dem bleibenden (2. Kor. 3,11); 6. leugnet praktisch, daß er durch das den Tod über den Übertreter aussprechende Gesetz gestorben ist, und zwar nach Röm. 7,1ff. gestorben ist für das Gesetz, und ferner, daß er in und mit Christo gestorben und zu einer Neuheit der Schöpfung auferstanden ist, um Ihm zu leben (2. Kor.

viele vermehren ließen! - 7. er hat sich noch nicht freuen gelernt des Dienstes der Herrlichkeit, des Geistes, hängt noch am tötenden Buchstaben des Gesetzes, während er doch durch den Geist das Leben hat - Christus! (Gal. 5,25; 2. Kor. 3.) Welche Unterschiede! Einst tot in Sünden und Übertretungen (Eph. 2,5) - jetzt lebend in Christo im Neuen des Geistes, „einst ferne“ (vgl. Hebr. 12,19.20; 2. Mos,19,12.13; Eph. 2,13) - „jetzt nahe durch das Blut des Christus“, „zu Gott“ gebracht (1. Petr. 3,18 u. a.), ruhend an Seinem Herzen, das uns in Christo aufgetan - „das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit ist durch Christum geworden“ (Joh. 1,17) usw. usw. - welche unschätzbaren Reichtümer haben wir in Ihm, der uns durch den Geist immer mehr verherrlicht wird (Joh. 16,14ff.), auf daß wir immer mehr erkennen - die Breite und Länge und Tiefe und Höhe und die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus (Eph. 3,18.19} und Ihn ehren durch einen praktischen Wandel des Glaubens (2. Kor. 5,7) in Licht und in Liebe durch die Kraft des Heiligen Geistes (Gal. 5), damit wir - wovon das Kapitel, in dem von dem tötenden Buchstaben des Gesetzes die Rede ist, ausgeht - in Wahrheit werden: Briefe Christi, gekannt und gelesen von allen Menschen, ausgefertigt durch den apostolischen Dienst, geschrieben mit dem Geist des lebendigen Gottes in die lebendigen Herzenstafeln hinein! (Vgl. V. 1-3!) Der HErr mache uns allen Sein Wort lebendig und köstlich, daß wir verstehen, mit dem Dienst des Todes, dem tötenden Gesetzesbuchstaben, durch Christum ein für allemal fertig zu sein und in dem Dienst der Herrlichkeit des Geistes zu leben, das ist aber: „mit aufgedecktem Angesicht Seine Herrlichkeit anzuschauen und dadurch nach demselben Bilde verwandelt zu werden (praktisch!) von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist!“ (2. Kor. 3,18.)

Sein Name sei gepriesen und verherrlicht!

F. K.

Den Geist dämpfet nicht.

viele vermehren ließen! - 7. er hat sich noch nicht freuen gelernt des Dienstes der Herrlichkeit, des Geistes, hängt noch am tötenden Buchstaben des Gesetzes, während er doch durch den Geist das Leben hat - Christus! (Gal. 5,25; 2. Kor. 3.) Welche Unterschiede! Einst tot in Sünden und Übertretungen (Eph. 2,5) - jetzt lebend in Christo im Neuen des Geistes, „einst ferne“ (vgl. Hebr. 12,19.20; 2. Mos,19,12.13; Eph. 2,13) - „jetzt nahe durch das Blut des Christus“, „zu Gott“ gebracht (1. Petr. 3,18 u. a.), ruhend an Seinem Herzen, das uns in Christo aufgetan - „das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit ist durch Christum geworden“ (Joh. 1,17) usw. usw. - welche unschätzbaren Reichtümer haben wir in Ihm, der uns durch den Geist immer mehr verherrlicht wird (Joh. 16,14ff.), auf daß wir immer mehr erkennen - die Breite und Länge und Tiefe und Höhe und die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus (Eph. 3,18.19} und Ihn ehren durch einen praktischen Wandel des Glaubens (2. Kor. 5,7) in Licht und in Liebe durch die Kraft des Heiligen Geistes (Gal. 5), damit wir - wovon das Kapitel, in dem von dem tötenden Buchstaben des Gesetzes die Rede ist, ausgeht - in Wahrheit werden: Briefe Christi, gekannt und gelesen von allen Menschen, ausgefertigt durch den apostolischen Dienst, geschrieben mit dem Geist des lebendigen Gottes in die lebendigen Herzenstafeln hinein! (Vgl. V. 1-3!) Der HErr mache uns allen Sein Wort lebendig und köstlich, daß wir verstehen, mit dem Dienst des Todes, dem tötenden Gesetzesbuchstaben, durch Christum ein für allemal fertig zu sein und in dem Dienst der Herrlichkeit des Geistes zu leben, das ist aber: „mit aufgedecktem Angesicht Seine Herrlichkeit anzuschauen und dadurch nach demselben Bilde verwandelt zu werden (praktisch!) von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist!“ (2. Kor. 3,18.)

Sein Name sei gepriesen und verherrlicht!

F. K.

(1. Thess. 5,19-21.)

Wir können den Heiligen Geist betrüben, wenn wir Dinge tun oder erlauben, die Seiner heiligen Natur entgegen sind, und wenn wir auf Seine Stimme nicht achten. In dem obigen Schriftwort handelt es Sich um etwas anderes, nicht um das Betrüben, sondern um das

Dämpfen des Geistes

in Seiner Wirksamkeit, sei es in uns selbst oder in anderen - ein Dämpfen, wie man ein Feuer dämpft, um es nicht aufkommen zu lassen.

Als der Heilige Geist am Pfingsttage in „jedem einzelnen“ der Jünger Wohnung machte, wurde dieses sichtbar an dem Erscheinen der Zungen wie von Feuer, und bald finden wir dann die Jünger in heiliger Geisteskraft, die großen Taten Gottes bezeugend in allen Zungen der Menschen. Apgesch. 2,3-11.

So wie damals, so wirkt der Heilige Geist auch heute noch in den Herzen derer, in denen Er Wohnung gemacht hat. Da ist nicht ein einziges Glied am Leibe, welches Er nicht gebrauchen will zum Nutzen anderer; und wie mannigfaltig sind die Gaben und Dienste, die Er inSeiner Kraft zur Verherrlichung Gottes gebrauchen will. So wie Petrus schreibt: „Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes“ (1. Petr. 4,10). Wo der Geist Gottes Sich offenbart und ein Feuer anzündet, da sollen wir uns hüten, es zu dämpfen und zu unterdrücken.

In einer besonderen Weise finden wir den Heiligen Geist wirken

in der Gemeinde Gottes,

wenn sie zusammenkommt. Wie sollten wir da wachsam sein, Ihn nicht zu dämpfen! Alles, was inder Gemeinde geschieht, wenn sie versammelt ist, muß zur Erbauung und von Ihm gewirkt sein. Wir können das 12. und 14. Kapitel des ersten Korintherbriefes gar nicht lesen, ohne den Nachdruck zu fühlen, den der Apostel darauf legt, daß Er Seine Gefäße und Werkzeuge wählt, so wie Er will (1. Kor. 12,11.18). Und möchten wir fragen: „Tut Er solches heute noch?“ Sicher, wenn wir Ihm in Seinem Wirken nicht hindernd in den Weg treten! Er wählt aber Seine Werkzeuge nach anderen Gesichtspunkten als der Mensch. Er sieht das Herz an und nicht, was vor Augen ist.

Schon in den Tagen der Apostel ging die Neigung der Gläubigen dahin, nach menschlicher Weisheit und Beredsamkeit zu trachten, so daß Er dieselben ermahnen mußte: „Den Geist dämpfet nicht. Weissagungen verachtet nicht“. Man verlangte nach schwungvollen, formvollendeten Reden - und nach Diensten, die mit äußeren Würden und Titeln geschmückt sein sollten. Das, was in jenen Tagen Neigung war, ist heute aber allgemeiner Brauch geworden. Gaben, die nicht in einer dem Fleische gefallenden Form dargeboten werden, sagen nicht mehr zu, und den Diensten hat man eine dem Fleische gefallende Gestalt gegeben.

Das, was der Heilige Geist tun will, Seine Gefäße zu wählen und die Lippen zu bewegen, wie Er will, das hat der Mensch in seine Hand genommen. Er hat die verschiedenen Gaben und Dienste gewissen Personen übertragen und solche, deren Rede nicht korrekt und grammatikalisch tadellos ist, lehnt er ab und verweigert ihren Dienst. Solche Einrichtungen und Anordnungen setzen Gottes Ordnung völlig beiseite und sind ein tatsächliches Auslöschen der Wirksamkeit des Heiligen Geistes. Damit, daß solche Eingriffe in die Rechte des Heiligen Geistes heute eine Gewohnheit und sogar eine allgemeine Ordnung geworden sind, damit haben sie nicht aufgehört, Böses zu sein.

In dem Hause Gottes, Seiner Gemeinde, will der Heilige Geist

volle Freiheit

volle Freiheit

haben, zu gebrauchen, wen Er will. Der Apostel schließt deshalb die Ermahnung daran: „Weissagung verachtet nicht“. Wenn Er den einfachsten Bruder gebrauchen will, ein Wort der Erbauung, Tröstung oder Ermahnung zu reden, so sollen wir dasselbe durch hartes Kritisieren nicht verachten.

Mit dem Worte

„Weissagung“

ist hier natürlich nicht das Voraussagen zukünftiger Dinge gemeint (wie wir auch solches in der Schrift finden), sondern das Reden in Aussprüchen Gottes, die Gott Selbst durch Seinen Heiligen Geist dem Betreffenden darreicht zu Seiner Verherrlichung. „Wenn jemand redet, so rede er als Aussprüche Gottes; wenn jemand dient, so sei es als aus der Kraft, die Gott darreicht.“ Solches ist nicht das, was wir nach der Schrift eine „Gabe“ nennen, sondern ein Mitteilen der Dinge und Erleuchtungen, die wir in der Vertrautheit unserer Seele mit Ihm, von Ihm empfangen. Es mag sein, daß ein solcher durch den Heiligen Geist eine Schriftstelle liest oder „fünf Worte“ redet, die Herz und Gewissen berühren, und jeder in der Versammlung spürt, daß es ein Wort, vom Heiligen Geiste gewirkt, war. Selbst auf einen Ungläubigen vermag ein solches von Gott gegebenes Wort so zu wirken, daß er auf sein Angesicht fällt und verkünden muß, daß Gott in der Mitte Seiner Gemeinde ist (1. Kor. 14,24.25). Der Apostel wünscht deshalb, daß alle weissagen und danach „eifern“ möchten (1. Kor. 14,5.31.39).1

1

Wir sehen darin den Unterschied zwischen einer „Gabe“ und dem, was der Apostel mit „weissagen“ meint. Wenn alle „weissagen“ konnten und danach eifern sollten, so kann dieses „Weissagen“ nicht als „Gabe“ gemeint sein, weil damit dann die Verschiedenheit der „Gaben“-Austeilung aufgehoben sein würde, denn gerade die Verschiedenheit in der Austeilung der „Gaben“ machte den Dienst aller Gaben notwendig, „Gabe“ ist eben eine Gabe, die wir uns nicht durch unseren „Eifer“ erwerben können. Dadurch, daß wir uns Kenntnisse durch ein Studium erwerben, werden wir niemals „Evangelisten“, „Hirten“ oder „Lehrer“ in dem Sinne von Eph. 4,11. Wohl aber können wir, wenn wir eine solche „Gabe“ empfangen haben, diese „vernachlässigen“ (1. Tim. 4,14), wie wir sie auch durch den Gebrauch und durch Fleiß und Kenntnisse anfachen und stärken können.

Der Ermahnung „den Geist dämpfet nicht“ fügt der Apostel noch hinzu:

„Prüfet aber alles,

das Gute haltet fest“ (1. Thess. 5,21). Er will uns damit sagen, daß wir immer im Auge behalten sollen, von einem listigen Feinde umgeben zu sein, der die geraden Wege des HErrn verkehrt (Apgesch. 13,10) und uns Fleischeswesen als Geisteswirkungen vorzutäuschen sucht. Dem uns von Gott gegebenen Guten mag durch unsere Untreue Böses beigemengt worden sein. Wir sollen dann nicht das uns von Gott gegebene Gute mit dem Bösen zugleich aufgeben, sondern das Böse ausscheiden und das Gute festhalten. Wie leicht finden sich durch den Betrug Satans fleischliche Elemente in der Gemeinde Gottes, die sich selbst für geistlich halten und die die Ordnung, die Gott für den Dienst im Heiligen Geiste gegeben hat, für sich und ihre fleischlische Gesinnung und Art in Anspruch nehmen wollen. Solche möchten die Gemeinde Gottes zu einer Stätte der

Redefreiheit für jeden

machen. Die Gemeinde Gottes ist aber nicht ein Platz, wo jedes Glied Freiheit hat zum Reden, wann es will, sondern ist der Ort, wo der Heilige Geist Freiheit hat, zu gebrauchen, wen Er will. Er aber kann eben, weil Er der Heilige Geist ist, nur „Geistliche“, aber nicht „Fleischliche“ für Seinen Dienst gebrauchen. Welche Personen auch immer der Heilige Geist Sich zu Seinem Gebrauch erwählen mag, immer werden es Seinem Wesen entsprechende Gefäße sein, deren Leben in Übereinstimmung mit dem Worte und deren Benehmen, Verhalten und Reden die Kennzeichen des Heiligen Geistes tragen. Solche, die Redefreiheit fordern, zeigen damit schon, daß sie nicht solche sind, die der Heilige Geist zu Seinem Munde machen kann. Die Gegenwart Christi wie auch die des Heiligen Geistes in der Gemeinde legt jedem Gliede den Zügel an und stellt jedes Glied unter Kontrolle. Das Wort Gottes und der Heilige Geist sind der Prüfstein für jedes Reden und für jeden Dienst. Nie aber ist die Gemeinde Gottes eine Tummelstätte für jeden Geist und für zügellose Schwätzer. So wie wir von dem HErrn lesen, daß Er den Sadduzäern den Mund stopfte, so wurde Titus ermahnt, auch den Schwätzern in der Gemeinde den Mund zu stopfen (Tit. 1,11). Wie traurig ist es, wenn in der Versammlung leere Worte geredet werden, die weder Herz noch Gewissen berühren. „Alles geschehe

steht unter dem Urteil dieses Wortes. Dient das Reden eines Bruders nicht zur Erbauung, so hat er kein Recht zum Reden.

Eine andere Seite und Gefahr ist diese, daß wir in dem Verlangen nach Redegewandtheit

lieblose Kritik

an Brüdern üben, die in wahrer Liebe zum HErrn und Selbstverleugnung angesichts des Fehlens von „Gaben“ nach dem ihnen zugeteilten Maße in aller Demut und Schwachheit den Heiligen zu dienen suchen. Solche lieblose und harte Kritik ist eine betrübend ernste Sache. Sie zeigt uns nicht nur den traurigen Herzenszustand dessen, der sie ausübt, sie ist auch eine böse Saat, aus der Murren, Unfrieden und Verderben hervorwächst und durch welche das Wohl und Gedeihen einer ganzen Versammlung untergraben und zerstört werden kann. Wie wichtig ist auch hier die Ermahnung, „den Geist nicht zu dämpfen und die Weissagungen nicht zu verachten“.

Ständige Wachsamkeit und Achthaben auf sich selbst ist nötig für jeden, der einen Dienst in der Gemeinde Gottes ausübt. Ehe Paulus dem Timotheus sagt, auf die Lehre acht zu haben, sagt er ihm: „Habe acht auf dich Selbst“. Brüder, die ein kleines Maß der Gabe von dem HErrn empfangen haben, werden leicht vom Feinde versucht, es denen, die ein größeres Maß empfangen haben, gleichzutun. Hier heißt es, acht auf sich Selbst zu haben. Wie leicht sind wir da in Gefahr, aus fünf Worten, die der HErr uns zur Auferbauung der Gemeinde und zur Unterweisung anderer gegeben hat, zehntausend zu machen (1. Kor. 14,19). Wenn du das, was du vom HErrn empfangen hast, in fünf, zehn oder fünfzehn Minuten sagen kannst, so

dehne es nicht aus

auf eine Stunde, damit du nicht im Geiste anfängst und im Fleische vollendest. Wenn du mehr geben

auf eine Stunde, damit du nicht im Geiste anfängst und im Fleische vollendest. Wenn du mehr geben willst, als du vom HErrn empfangen hast, so wirst du durch dein Hinzufügen nur den Segen verderben, und du brauchst dich nicht zu wundern, wenn du bei denen, die dich hören, keine Aufmerksamkeit findest. Wie manches Seufzen geht durch die Versammlung, wenn die empfangene Erbauung durch ein nachfolgendes langes und leeres Gerede wieder weggenommen wird. Ein Blick auf die Hörer würde manchmal genügen, dem Redenden zu sagen, daß er über das Maß des ihm Gegebenen hinausgegangen ist. Zuweilen sind die Gedanken, die der HErr gegeben hat, dem Redenden so köstlich geworden, daß er in dem Eifer, sie zur noch tieferen Erbauung der Gemeinde weiterzugeben, nicht weiß, sie breit genug zu machen, und die Folge ist, daß er ihnen durch solche Breite die Kraft nimmt. Alles das sind Dinge des Fleisches, durch welche wir oft in der besten Meinung den Geist dämpfen.

Wie die Gemeinde der Tempel des Heiligen Geistes ist, so wird auch von unserem Leibe gesagt, daß er ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Aus unserem Leibe sollen Ströme lebendigen Wassers fließen. (Dies sagte der HErr im Hinblick auf den Geist, welchen die an Ihn Glaubenden empfangen sollten [Joh. 7,38.39].) Geschieht dieses nicht, so sind auch in uns persönlich dämpfende Hindernisse vorhanden, und wir sollten uns ernstlich prüfen, diese zu sehen und abzulegen.

Welche Verluste haben wir persönlich und welche Verluste die Gemeinde, wenn der Heilige Geist gedämpft wird! Welche Ströme von Segen, vom HErrn gegeben, würden fließen, wenn in den Zusammenkünften der Heiligen die Dinge und Kräfte hinweggetan sein würden, die den Heiligen Geist hindern. Laßt uns darum mit Sorgfalt die Ermahnung beachten:

„Den Geist dämpfet nicht“.

v. d. K.

 

Eine Lanze in der Hand!

(4. Mos. 25,7 und 1. Sam. 19,9.)

Wenn zwei dasselbe tun, so ist es damit noch lange nicht immer dasselbe! Eine Lanze in der Hand des Pinehas und ein Speer in der Hand Sauls sind sehr verschiedene Dinge. Des Pinehas Lanze bedeutet Entschiedenheit für Gott, und Sauls Lanze oder Speer zeugte von Feindseligkeit und grimmem Haß gegen den Gesalbten des HErrn. Wahrlich, sehr verschiedene Dinge!

Aber „alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“ (Röm. 15,4), und somit haben wir aus dieser Gegenüberstellung gewiß etwas zu lernen. Sicher ist es gut für uns, uns zu fragen, ob wir die Lanze des Pinehas, wenn auch unsichtbar, geistlicherweise in der Hand tragen, d. h. fertig und jederzeit bereit, sie zu entsenden, und ebenso gewiß haben wir es mit Feinden, ja, religiösen Feinden - gleich Saul - zu tun, die jederzeit uns an die Wand zu spießen versuchen können, so daß wir auf der Hut sein müssen. Dann aber auch müssen wir andererseits uns ebensowohl hüten, nicht zu solchen zu gehören, welche die stets bereite Lanze des Pinehas treffen könnte, als auch davor, daß wir in keiner auch noch so feinen Beziehung dem ähneln, der dem Gesalbten Jehovas so hinterlistig zu schaden, ihn gar zu töten versuchte! Das Letztere ist für wahrhaft Gläubige wohl nicht denkbar, doch vergessen wir nicht, daß der HErr sagt, „was ihr denen getan habt, die an Mich glauben, das habt ihr Mir getan“. Auch Gläubige können gegen andere Gläubige in etwa in der Gesinnung Sauls handeln, reden oder wenigstens so denken. Und der die Herzen erforscht, kennt all die lieblosen Gedanken in den Herzen von Gläubigen gegen ihre Brüder oder Schwestern; Er sieht die Sauls-Lanzen in manches Gläubigen Hand, Er sieht aber auch die Leiden solcher bedrängten Gläubigen und weiß sie - wie einst David - zu erretten. Aber, um nicht mehr von solchen zu schreiben, die nach dem ersten Johannesbrief von ihrer Liebe zu Gott reden, ohne die Brüder in Wahrheit zu lieben - Er sieht vor allem auch die Speere in der Hand der Feinde des Volkes Gottes, die

Geliebte - Er wird zu Seiner Zeit das Recht Seiner Auserwählten ausführen, Er vergißt nichts von den Leiden der Seinen durch die Speere ihrer und Seiner Feinde, und Er wartet mit der Vergeltung nicht länger, als nötig ist (Luk. 18,7.8). Laßt uns nur still und demütig harren auf Sein Erscheinen! (Vgl. 2. Thess.!)

Ehe wir uns die Lanze des Pinehas anschauen, noch eine Frage! Wie kam es dazu, daß Saul, der einst solch guten Anfang gemacht hatte, zur Lanze gegen David griff, daß seine Hand die Waffe des Mordes erfaßte, während die Hand Davids bemüht war, den schwermütigen König zu erfreuen? Ach, Saul hatte dem Feinde seiner Seele Raum gegeben in seinem Herzen, hatte Neid, Eifersucht hineinziehen lassen in sein Herz, das sich einst gefreut hatte (1. Sam. 19,5!) an den Großtaten Davids. Er war nicht wachsam gewesen über sein Herz. O, Geliebte, unser Herz! Was ist doch unser Herz! Ein trotziges, verzagtes Ding und der Ausgangspunkt vieler böser Dinge (Matth. 15,19). Der böse Geist, der über Saul in jener schrecklichen Stunde, da er seinen jungen Wohltäter töten wollte, kam, hatte allzu leichtes Spiel, denn die bösen, eifersüchtigen Gedanken, der verderbliche Neid steckte schon drin, war schon vorher genährt und gepflegt worden (Kap. 18), und allzu gern ließ und läßt ein Saul sich reizen zur Eifersuchtstat! O, Geschwister, laßt uns Gnade haben und suchen „zur rechtzeitigen Hilfe“ nach Hebr. 4,14-16, damit die böse Lust im Herzen in nichts Gewalt über uns gewinnt und damit wir dem Teufel, wenn er uns angreift so oder so, uns gelegentlich gar den Speer des Neides, des Hasses in die Hand drücken will, „widerstehen“ können - so daß er von uns fliehen muß (Jak. 4,7, vgl. 1. Petr. 5,8.9!); laßt uns wachen und beten, daß uns der große Feind, der seinerseits stets den Speer in der Hand hat gegen uns, „nicht übervorteile, denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt“ (2. Kor. 2,11); laßt uns „nicht aus unserer eigenen Festigkeit fallen“ (2. Petr. 3,17), indem wir vergessen, im Glauben zu verwirklichen, daß wir mit Christo gestorben und auferstanden sind und, im Geist wandelnd (Gal. 5,25), über die Lüste des Fleisches wie über die Ichsucht des eigenen Herzens Sieger sein können! (Röm. 6; Gal. 5!)

Geliebte - Er wird zu Seiner Zeit das Recht Seiner Auserwählten ausführen, Er vergißt nichts von den Leiden der Seinen durch die Speere ihrer und Seiner Feinde, und Er wartet mit der Vergeltung nicht länger, als nötig ist (Luk. 18,7.8). Laßt uns nur still und demütig harren auf Sein Erscheinen! (Vgl. 2. Thess.!)

Ehe wir uns die Lanze des Pinehas anschauen, noch eine Frage! Wie kam es dazu, daß Saul, der einst solch guten Anfang gemacht hatte, zur Lanze gegen David griff, daß seine Hand die Waffe des Mordes erfaßte, während die Hand Davids bemüht war, den schwermütigen König zu erfreuen? Ach, Saul hatte dem Feinde seiner Seele Raum gegeben in seinem Herzen, hatte Neid, Eifersucht hineinziehen lassen in sein Herz, das sich einst gefreut hatte (1. Sam. 19,5!) an den Großtaten Davids. Er war nicht wachsam gewesen über sein Herz. O, Geliebte, unser Herz! Was ist doch unser Herz! Ein trotziges, verzagtes Ding und der Ausgangspunkt vieler böser Dinge (Matth. 15,19). Der böse Geist, der über Saul in jener schrecklichen Stunde, da er seinen jungen Wohltäter töten wollte, kam, hatte allzu leichtes Spiel, denn die bösen, eifersüchtigen Gedanken, der verderbliche Neid steckte schon drin, war schon vorher genährt und gepflegt worden (Kap. 18), und allzu gern ließ und läßt ein Saul sich reizen zur Eifersuchtstat! O, Geschwister, laßt uns Gnade haben und suchen „zur rechtzeitigen Hilfe“ nach Hebr. 4,14-16, damit die böse Lust im Herzen in nichts Gewalt über uns gewinnt und damit wir dem Teufel, wenn er uns angreift so oder so, uns gelegentlich gar den Speer des Neides, des Hasses in die Hand drücken will, „widerstehen“ können - so daß er von uns fliehen muß (Jak. 4,7, vgl. 1. Petr. 5,8.9!); laßt uns wachen und beten, daß uns der große Feind, der seinerseits stets den Speer in der Hand hat gegen uns, „nicht übervorteile, denn seine Gedanken sind uns nicht unbekannt“ (2. Kor. 2,11); laßt uns „nicht aus unserer eigenen Festigkeit fallen“ (2. Petr. 3,17), indem wir vergessen, im Glauben zu verwirklichen, daß wir mit Christo gestorben und auferstanden sind und, im Geist wandelnd (Gal. 5,25), über die Lüste des Fleisches wie über die Ichsucht des eigenen Herzens Sieger sein können! (Röm. 6; Gal. 5!)

Dieses Priestertum des Pinehas sollte (ebenso wie die Kennzeichen des aaronitischen als auch die des königlichen Priestertums an uns gefunden sein sollten nach 1. Petr. 2) auch uns kennzeichnen: heilige Entschiedenheit gegenüber aller Vermischung der Sache und des Volkes Gottes mit der Welt, in welcher Hinsicht es auch immer sein mag! Eine Entschiedenheit nach 2. Kor. 6,14ff. - aber eine Entschiedenheit und daraus folgende Entschlußfähigkeit und Tatkraft, die gewachsen ist nicht auf dem Boden des Selbstruhms und der Eigenliebe, des Etwas-sein-wollens, sondern auf dem der Liebe zum HErrn und des praktischen Glaubens an Ihn, einer Liebe, die es nicht ertragen kann, daß die geliebte Person frech geschmäht und verleugnet wird (vgl. V. 6a), eines Glaubens, der da rechnet mit der Gegenwart des Unsichtbaren so, als sähe er Ihn (Hebr. 11,27 nach Luther). Eine Entschiedenheit und Tatkraft aber auch, die auf dem Boden der Liebe zum Volke Gottes entstanden ist, die nicht ansehen kann des Volkes Sterben, die in den Riß springen muß, die alles tun will, was sie kann, um den Zorn Gottes über die Sünde Seiner Auserwählten zu besänftigen. Was Pinehas tat, als er die Lanze nahm, war viel, viel mehr als eine gewöhnliche israelitische Rachetat - Gott wertet sie ja unendlich viel höher! -, es war Liebe im höchsten Sinne, Liebe zur Ehre Gottes, heilige Eifersucht für Ihn (nicht wie bei Saul für sich selbst!) und Liebe zu dem sündigen Volk, das dennoch Gottes Volk war.

Kennen wir nun die Lanze, die Pinehas „ergriff“, die er einlegte für Gott und für Sein Volk? Ist diese Lanze in unserer Hand, oder liegt sie gleichsam wenigstens in erreichbarer Nähe, so daß sie sofort ergriffen werden kann? Wissen wir sie zu handhaben? Oder haben wir etwa aus Furcht vor falschem Gebrauch derselben sie noch nie genommen oder sie tatenlos wieder aus der Hand gelegt? Aus unentschiedener Furcht etwa, daß wir anderen damit „wehetun“ könnten? Aus selbstsüchtiger Furcht davor, daß der eine oder andere nicht mehr „mit uns“ gehen könnte, wenn ihn diese Lanze ritzen würde? Aus sklavischer Furcht womöglich, sie könnte auf uns zurückfliegen? Geschwister, was ist uns die Ehre Dessen, der Seine Ehre mit keinem anderen teilt? Was gebietet uns die Liebe zu Ihm und zu Seinem Volk? Möchten wir den geraden Weg des Pinehas zu gehen wagen gegenüber allem heute,

was die Ehre des Namens Christi befleckt unter Seinem Volk, was sich mit der Liebe zu Ihm nicht verträgt, was geistlichem Ehebruch, wenn auch nur in Gedanken, nahekommt, was aber auch dem Volke Gottes schadet, wenn es darin bleibt, was denen, mit denen wir Gemeinschaft haben, innerlich Einbuße tut, als da sind geduldete Irrtümer oder gar Irrlehren, ungöttliche Verbindungen mit der religiösen oder sinnlichen Welt, Liebäugeleien mit dem, was nicht dem Worte Gottes entspricht, Trachten nach dem, „was auf der Erde ist“, Ungehorsam gegen den klar offenbarten Willen Gottes usw. Aber, teure Geschwister, laßt uns die Lanze nicht ohne Grund erheben, nicht bei den sogenannten „zweifelhaften Fragen“ (Röm. 14,1ff.) mit der Lanze drohen, nicht die Schwachen im Glauben damit schrecken, nicht die Armen der Herde verwirren! Laßt uns auch wohl bedenken, daß es stets auf die Beweggründe zu unserem Tun ankommt, daß Gott, der Herzenskündiger, nicht ein Lanzenschwingen als das des Pinehas werten wird, wo wir uns selbst suchen oder unsere eigenen Gedanken und Meinungen anderen aufzwingen wollen oder uns zum Gewissen anderer machen. „Vor Ihm gar nichts gilt, als Sein eigen Bild!“ Er muß durch Seinen Geist die Werke zuvor in uns wirken, die wir nach Seinem Willen tun sollen (Eph. 2,10; Hebr. 13,21), und dann müssen wir bereit sein, die Lanze zu erheben und zu handeln nach Seinem Willen, ungeachtet der „Weinenden“ (vgl. V. 6 am Schluß) und ungeachtet derer, die durch die Pinehas-Lanze für immer oder für eine Zeit aus den Reihen der Streiter Gottes (vgl. „Israel“ - den Streiter Gottes -!) hinausgetan werden. - Mögen wir uns also fragen, ob wir geistlicherweise eine Lanze in der Hand oder neben uns haben und ob - was wichtiger ist - es die Lanze des Pinehas ist, keine fleischliche Waffe wie die des Saul (vergl. hierzu Paulus nach 2. Kor. 10,1-6!), sondern eine wahrhaft geistliche, durch die zur rechten Zeit am rechten Ort Gericht geübt werden kann und muß, worauf nach Gottes Gedanken und Seiner Gnade gemäß neue Segnungen flüssig werden, die ohne Anwendung der Pinehas-Lanze nicht hätten eintreten können, nämlich die Segnungen „größerer Gnade“ zur Auferbauung Seines Volkes auf dem Grunde, der gelegt ist, Christus.

Der HErr lasse diese Betrachtungen zu unser aller Segen geschrieben sein! Er helfe uns in Gnaden, „Täter Seines Wohlgefallens“ zu werden, wie es einst ein Pinehas sein durfte, mit der gottgegebenen

„Lanze in der Hand“!

F. K.

Einige Gedanken

über den Tod und die Auferstehung des

HErrn in dem Lichte der Evangelien.

(Schluß von Seite 70.)

Im Matthäus-Evangelium sahen wir die Auferstehung in ihrer machtvollen Tatsache; im Markus-Evangelium als den Anbruch eines neuen Tages und eines neuen Zeugnisses. In Lukas sahen wir den Platz, welchen die Auferstehung im Worte Gottes einnimmt. Im Johannes-Evangelium finden wir die Auferstehung in ihrer Auswirkung auf unser Verhältnis zum HErrn als auch zu Seinem Gott und Vater.

Wir haben bereits gesehen, daß der Glaube an die Tatsache der Auferstehung Jesu Petrus und Johannes nicht von dem Zurückkehren in ihr Heim abhielt. Sie kannten weder die Schriften noch Christus als Den, in welchem sowohl Gottes Herrlichkeit als auch Gottes Segensvorsätze über den Menschen ihre Vollendung finden sollten. Hätten sie erkannt, daß alle Beziehungen zu Ihm dem Fleische nach durch Seinen Tod ihr Ende gefunden hatten und daß Er in Auferstehung jetzt der Vollender aller Pläne Gottes sei, sie würden nicht heimgegangen sein.

Maria wurde durch ihre Liebe zum HErrn am Grabe zurückgehalten. Die Frage des HErrn an sie war: „Wen suchest du?“ Sie suchte den toten Leib ihres Heilandes, und sie weinte, weil sie ihn nicht finden konnte. Der HErr offenbarte Sich ihr nicht so, daß sie Ihn mit ihren Augen erkannte, auch unterwies

Er sie nicht aus den Schriften, aber Seine Stimme sprach in einem Tone der Vertrautheit zu ihrer Seele, so daß das Schaf den Hirten erkannte. Sie hörte Seine Stimme, und in dem Augenblick sieht sie sich in der Gemeinschaft mit ihrem auferstandenen HErrn. Kein Verwundern, keine Bestürzung, kein Fragen finden wir bei ihr. Als Er sie bei Namen rief, da erkannte sie Ihn und Antwortete: „Rabbuni“. Sie dachte natürlich, daß Er nun Sein Leben auf der Erde wieder fortsetzen werde. Sie kannte nicht die Ratschlüsse Gottes, daß Er, durch die Herrlichkeit des Vaters auferweckt, Seinen Platz zur Rechten Gottes einnehmen mußte, ehe Er Seine Beziehungen zu Seinem irdischen Volke aufnehmen konnte. Der HErr sagt deshalb zu ihr: „Rühre Mich nicht an, denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater.“ Statt die irdischen Beziehungen wieder aufzunehmen (wie sie es hoffte), betraut Er sie mit einer Botschaft an Seine Jünger, in der die neuen und himmlischen Beziehungen enthalten waren, in welche sie jetzt eingeführt werden sollten: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, und zu Meinem Gott und zu eurem Gott.“ Diese Botschaft enthielt für die Jünger die herrliche Kunde, daß sie jetzt Seine Brüder seien, denen Er den Namen Seines Vaters kundtun wolle.

In dem Auferstehungsberichte des Johannes wird uns diese unsere neue Verwandtschaft mit Ihm und mit Seinem Vater gezeigt, eine Verwandtschaft, die wir wohl auf Erden kennen, die aber nicht dieser Erde, sondern der Herrlichkeit angehört. In diese himmlische Verwandtschaft, die Christus als Mensch zu dem Vater eingenommen hat, sind wir nach dem ewigen Vorsatz der Liebe jetzt eingeschlossen.

Nachdem uns so die Herrlichkeit unserer persönlichen Stellung gezeigt ist, finden wir auch die gemeinsamen Vorrechte. Wir sehen die Jünger des HErrn vereint und versammelt hinter den verschlossenen Türen (von ihren Zweifeln wird in diesem Evangelium nichts erwähnt). Daß sie die Türen aus Furcht vor den Juden verschlossen, zeigt uns deutlich, daß sie sich mit dem verworfenen Jesus verbunden und von der Religion der Welt hinausgestoßen wußten. Er ist noch nicht in ihrer Mitte.

Am ersten Wochentage aber kommt Jesus, der auferstandene HErr, in ihre Mitte. Dieses gibt ihrer Genossenschaft ein neues Gepräge, den Charakter, den heute die Gemeinde Jesu Christi trägt als die Herausgerufene aus der Welt (obwohl in der Welt), in deren Mitte Christus, der Auferstandene, ist. In ihrer Mitte werden nun die köstlichen Vorrechte einer solchen Genossenschaft geschaut: „Frieden“, als die Frucht Seines Todes für ihre Sünden; „Freude“, weil Er in ihrer Mitte ist. Das Wort des HErrn vor Seinem Tode: „Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch“ wurde hier für sie erfüllt. In diesem Frieden, der ihr Teil jetzt war, sendet Er sie aus, gleichwie auch Er einst von dem Vater ausgesandt wurde. Aber ihnen wird nicht bloß eine Botschaft anvertraut, Er verleiht ihnen auch dafür die Kraft Seines eigenen Lebens: indem Er heiligen Geist in sie haucht. Jede Segnung und jedes Vorrecht wird Wirklichkeit für uns, wenn es in der Kraft des Lebens, in welches wir durch Christi Auferstehung eingeführt sind, verwirklicht wird. Dazu war das tatsächliche Kommen des Heiligen Geistes, der in ihnen wohnen und wirken sollte, nötig. In dem Hauche des HErrn finden wir auch dieses schon angedeutet. So sendet der HErr sie, ausgerüstet mit der Kraft Seines Lebens, aus für den Dienst der Vergebung der Sünden.

In Thomas erkennen wir das Bild Israels, welches glauben wird, wenn es sieht. Aber auch das Bild mancher wahrhaft Bekehrten können mir in Thomas erblicken, die in ihrem Seelenzustande gleichsam auf jüdischem Grunde stehen.

Solche haben noch nicht dieses neue Verwandtschaftsverhältnis mit dem Vater im Glauben erfaßt, in welches uns der HErr in Seiner Auferstehung eingeführt hat. Solche stehen abseits (wie Thomas), wenn die verworfene Jüngerschar versammelt ist, und genießen deshalb auch nicht die Segnungen, die den Heiligen gemeinsam geschenkt sind, obschon sie zu ihnen gehören. Manches Kind Gottes ist zufrieden, den HErrn als seinen Heiland zu besitzen und mit Thomas zu sagen: „Mein HErr und mein Gott“, und es ist noch unwissend über seine wahre christliche Stellung zu dem Vater und zu der Familie Gottes, in welche Christus es gebracht hat. Es steht abseits von den Mitteilungen Seines Friedens, Seiner Freude und Seines Lebens und Dienstes in der Kraft des Heiligen Geistes.

Zum Schluß dieser Betrachtung erwähnen mir nur noch die völlige Wiederherstellung der Seele des einst sich selbst vertrauenden Petrus (Kap. 21). Von der Tatsache der Auferstehung des HErrn überzeugt, sahen wir ihn mit Johannes wieder heimgehen. In diesem Kapitel finden wir ihn mit sechs anderen Jüngern wieder fischen gehen. Der HErr benutzt nun die Umstände, sie zu unterweisen. In Seiner Gnade gebraucht Er manchmal unsere Wege des Unglaubens oder der Untreue, um uns zu belehren. Die erfolglose Arbeit während der Nacht und der Fischzug am Morgen war eine gute Lektion für die Jünger, um zu lernen, daß sie ohne den HErrn nichts tun können. Der Ruf des Johannes: „Es ist der HErr“ läßt Petrus Boote und Fische aufgeben, um die Gemeinschaft des auferstandenen HErrn zu haben. Seine Nähe zieht Petrus hin zu Ihm. Der einzige Platz unserer Kraft und Sicherheit ist, bei Ihm zu sein. Der HErr aber will uns mit einem ungetrübten und völligen Vertrauen bei Sich haben, deshalb stellt Er ihm die sein Herz erforschende Frage: „Hast du Mich lieb?“ Möchte diese Frage in ihrer ganzen Kraft auch unsere Seele berühren und die Antwort Bewirken, die über Petri Lippen ging: „HErr, Du weißt alle Dinge - die Verleugnung, den Mangel an Glauben, das Selbstvertrauen, das Wegwenden von Dir -, aber Du weißt, daß ich Dich lieb habe.“ Wenn diese Antwort in Wahrheit aus unserem Herzen kommt, kann der HErr auch uns (wie einst Petrus) Seine Schafe und Lämmlein anvertrauen, die Seinem Herzen so teuer sind. Petrus sah seinen auferstandenen HErrn hier auf der Erde; wir sehen Ihn jetzt in der Herrlichkeit und kennen Ihn durch den vom Himmel herniedergekommenen Heiligen Geist. Sein Wunsch ist, auch uns in ungetrübter Vertrautheit bei Sich zu haben. Möchte deshalb auch Seine Frage an Petrus uns lief ins Herz dringen:

„Liebst du Mich?“

R. - v. d. K.

„Ihrem Glauben folget nach!“

(Hebr. 13,7.)

In dunklen und schweren Zeiten leuchten Taten des Glaubens und der Liebe am hellsten, gleichwie helle Farben auf dunklem Hintergrund am deutlichsten hervortreten. Die Geschichte Davids ist voll von Beispielen rührender Hingebung und Treue, die um so mehr auffallen, als es oft Fremde waren, die sie ihm entgegenbrachten.

Nehmen mir z. B. das köstliche Bild der Liebe Ithais, des Fremdlings im Lande Israel! (2. Sam. 15,19-23.) Er verband sich so fest mit dem heimgesuchten König, daß er seinen Schmerz, seine Schmach und Flucht mit ihm teilte. O, daß wir doch mehr lebende Beispiele solcher Treue heute hätten! Es wurde ihm völlig freigestellt, zurückzukehren, ja, er hätte diesen Weg mit des Königs Zustimmung und Wohlgefallen einschlagen können. Aber des Königs Gunst und Wohlgefallen allein war es nicht, was sein Herz begehrte. Sein Herz hing viel mehr an ihm selbst. Er konnte nur in seiner Genossenschaft glücklich sein, ob dies nun zum Leben oder zum Tode führte.

Der Herr Jesus sagte: „Wenn Mir jemand dient, der folge Mir, und wo Ich bin, da wird auch Mein Diener sein.“ (Joh. 12,26.) Einen solchen Ithai, einen solchen hingebenden Nachfolger sehen wir in Paulus. Sein höchstes Verlangen war es, den Weg Dessen zu gehen und das Los Dessen zu teilen, der nicht nur sein HErr war, sondern Dem auch sein ganzes Herz gehörte. Ihn allein wünschte er zu verherrlichen an seinem Leibe, „sei es durch Leben, sei es durch Tod“. (Phil. 1,20.) O, möchten uns diese beiden in ihrem treuen, ungeteilten Anhangen, der eine an David und der andere an Davids HErrn, doch mächtig „anreizen zur Liebe und zu guten Werken“. (Hebr. 10,24.)

Noch ein anderes Bild: Da sind drei Männer, Schobi, Makir und Barsillai; „Sie brachten Betten und Becken und Töpfergefäße, und Weizen und Gerste und Mehl, und geröstete Körner und Bohnen und Linsen und Geröstetes davon, und Honig und geronnene Milch und Kleinvieh und Kuhkäse zu David und zu dem Volke, das bei ihm war, daß sie äßen; denn sie sprachen: Das Volk ist hungrig und matt und durstig in der Wüste.“ (2. Sam. 17,28.29.) Sieh, wie diese Männer an die Bedürfnisse Davids und seiner Leute in der Wüste denken und ihre Gedanken zu Taten werden lassen! So manches geht den

Heiligen verloren, weil sie die Gedanken, wie sie anderen Liebe und Güte erweisen könnten, oft so schnell wieder aus ihrem Sinn fahren lassen, statt sie festzuhalten und sie zu Taten werden zu lassen!

Welch einen Gegensatz bildet dieser Schobi, der Ammoniter, zu seinem Bruder Hanun in 2. Sam. 10,1-19! Auch Makir, von Lodebar, der Mephiboseth aufgenommen hatte, kommt hier David und seinen Männern zu Hilfe. Barsillai, der Gileaditer, ist ebenfalls im rechten Augenblick auf dem Platz, um mit seiner Habe dem hungrigen und müden Volke in der Wüste zu dienen. Welch eine Erquickung mußte es für David sein, solcher Liebe zu begegnen, und das gerade in einem solchen Augenblick!

Leben wir nicht auch in schwierigen Lagen, Geliebte, und ist der wahre David nicht auch noch verworfen? Auch uns bieten sich unzählige Gelegenheiten, Ihm Liebe und Treue zu beweisen, nachdem Er uns so geliebt, daß Er Sich Selbst für uns hingegeben hat. Sollten wir nicht Seinem Herzen diese Freude zu machen suchen, bis Er kommt? Wir können wirklich unseren teuern HErrn damit erfreuen, wenn wir unsere Gemeinschaft und Teilnahme ausdrücken an den Dingen und der Arbeit, womit Sein Herz und Sein Name verbunden ist. Solches ist für Ihn das, was Ihm einst die köstliche Narde war, deren Wohlgeruch in Bethanien das Haus erfüllte! Er will nicht, daß diejenigen vergessen werden, die Sein Herz erquicken! Er ließ die Tat Marias niederschreiben wie auch die Handreichungen jener Frauen, die Ihm mit ihrer Habe dienten (Luk. 8,3), ebenso auch die Hingabe des Gajus, der sein Haus öffnete für diejenigen, die um Seines Namens willen ausgingen und nichts nahmen von den Nationen. (3. Joh. 7 u. 8.)

Und der Heilige Geist nennt die Paulus gesandte Gabe der Philipper „einen duftenden Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott wohlgefällig“ (Phil. 4,18). Hast du beachtet, wie Gott alles, was die drei Männer David und seinem Volke brachten, einzeln aufzählt, von den Betten an bis zum Kuhkäse herab? Ist es nicht, als ob Er uns damit sagen will, wie genau Er alles beobachtet und welche Freude Er daran gefunden, daß diese Männer so an den Bedürfnissen Seines Gesalbten und derer, die mit ihm waren, teilnahmen? Sollten solche Dinge heute nichts für Ihn sein? O glauben wir es nur, alles

dieses wird der wahre David nicht vergessen; es wird seinen Platz und seine Belohnung finden, wenn Er Seine Getreuen und ihre Taten einst aufzählen wird! (2. Sam. 23,8-39; Röm. 16,1-16.)

Welch eine Menge Bilder gibt uns das Wort Gottes, Bilder, welche, in Gemeinschaft mit dem HErrn und unter Leitung des Heiligen Geistes betrachtet, uns zum reichen Segen werden. Erinnern sie uns nicht an das Wort und das Beispiel Desjenigen, der uns zuruft: „Gehe hin und tue desgleichen!“? (Luk. 10.37.) Wir haben es so nötig, von dem Geiste, der in diesen Heiligen wirkte, durchdrungen zu werden, um auch ihrem Glauben, ihrer Liebe und Hingebung nachzufolgen!

E.

Geistliche Anpassungsfähigkeit.

„Ich bin den Juden geworden wie ein Jude, auf daß ich die Juden gewinne; denen, die unter Gesetz sind, wie unter Gesetz (wiewohl ich selbst nicht unter Gesetz bin), auf daß ich die, welche unter Gesetz sind, gewinne; denen, die ohne Gesetz sind, wie ohne Gesetz (wiewohl ich nicht ohne Gesetz vor Gott bin, sondern Christo gesetzmäßig unterworfen), auf daß ich die, welche ohne Gesetz sind, gewinne. Den Schwachen bin ich geworden wie ein Schwacher, auf daß ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, auf daß ich auf alle Weise etliche errette.“ 1. Kor. 9,20-22.

Der Apostel Paulus hat uns in diesen Worten die Regel hinterlassen, nach welcher er arbeitete. Seine Wirksamkeit unter den Menschen entsprang nicht seinem Kopfe, sie entfloß vielmehr einem Herzen, das von Liebe zu seinem HErrn brannte. Alles drehte sich um die Verherrlichung seines Gottes und HErrn und das ewige Glück seiner Mitmenschen, ob es nun Juden oder Heiden waren. Die obigen Worte schrieb er den Korinthern, die auf ihre geistlichen Gaben so stolz waren und in ihrer Ausübung sich selbst suchten, während er nur daran dachte, wie er anderen am besten dienen könne. Möchten seine Worte in unserem Herzen etwas von dem gleichen Eifer und der gleichen Willigkeit wecken, alles so zu tun (was es auch sei), daß es zur Verherrlichung Gottes und zum Segen der Seelen dient!

Wenn wir die Briefe Pauli lesen, so können wir nicht anders als staunen über die wunderbare Gabe seiner Beweisführung, über die Kraft der Sprache und die tiefe, allseitige Auffassung der Wahrheit Gottes, Dinge, welche ihm geschenkt waren. Aber die herzliche Wärme, die alles durchdringt, der Ernst seiner Gebete, wenn er seine Knie vor dem Vater beugt, zeigen uns ihn als einen, der sich mit all seinen großen Gaben nicht selbst erhob, sondern sie nur dem Dienst anderer widmete. O wie viele, die nicht ein Zehntel der Erkenntnis Pauli besitzen und nicht ein Hundertstel des Ungemachs auszuhalten haben, das er auf Reisen und in Gefahren zu Wasser und zu Lande, unter Juden und Heiden und falschen Brüdern, in der Stadt und in der Wüste, in Hunger und Durst und Kälte, in Wachen und Fasten oft zu ertragen hatte (2. Kor. 11,26.27), fühlen sich in geistlichem Hochmute oft über andere erhaben und schauen auf ihre Mitchristen hinunter, die in irgend welchem Irrtum befangen sind oder durch die Welt angezogen werden. Ja, dazu sind unsere Herzen nur allzubereit, während dieser so hochbegabte und begnadigte Apostel sich zu allen herabließ, sich allen Umständen und Personen anpaßte, um allen, mit denen er in Berührung kam, von dem größtmöglichen Nutzen sein zu können. Aber nie gab er dabei ein Titelchen der Wahrheit auf oder tat er der Würde des Evangeliums und der Kraft seines göttlichen Auftrages Eintrag. Seine Sorge um die Ehre Gottes verbot ihm dieses; so weit er es aber tun konnte, studierte er die, mit denen ihn Gott zusammenführte, und wußte ihnen mit seltenem Geschick darzureichen, was für sie paßte und was sie verstehen konnten.

So waren seine Ansprachen in den jüdischen Synagogen sehr verschieden von seiner Rede auf dem Areopag in Athen, und ohne Zweifel sprach er auch ganz anders zu einer Lydia, deren Herz der HErr für die Wahrheit geöffnet hatte, als zu dem geldliebenden Felix oder zu einem Agrippa, der von den Sitten und Gebräuchen der Juden Kenntnis hatte.

Wie dringend und energisch sind seine Worte an die Heiligen in Korinth über die Sünde, die sie in ihrer Mitte duldeten! In dem zweiten Brief an sie freut er sich und bringt ihnen aufs neue sein Vertrauen entgegen, ermutigt durch den Eifer, den sein erstes Schreiben bei ihnen hervorgerufen

hatte (2. Kor. 7,7). Und so konnten noch viele Beispiele angeführt werden. Die Wahrheit bleibt immer und überall Wahrheit; wenn sie aber den Seelen auf ungeschickte Weise gebracht wird, so kann ihnen dadurch Schaden geschehen. Ein Kindlein könnte an einem Stück Fleisch ersticken, das für einen Erwachsenen die passendste Speise wäre. O möchte uns allen geistliche Weisheit geschenkt sein, um denen zu helfen, mit denen wir zu tun haben, anstatt daß wir sie hindern. Wir erinnern uns, wie jemand, der jetzt beim HErrn ist, zu sagen pflegte: „Die Hauptsache ist, daß man den Seelen gerade da, wo sie sich befinden, hilft, vorwärts zu kommen“. Gläubige, die Erkenntnis, aber im Mitteilen derselben nicht Weisheit haben, schaden oft viel mehr, als sie nützen, während jemand, der weislich mitzuteilen versteht, wie es für den Zustand des anderen paßt, auch ohne große Erkenntnis ihm sehr nützen kann. Paulus sagt seinem zur Furchtsamkeit geneigten Timotheus: „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Tim. 1,7). Die Kraft ohne Liebe würde uns schnell zur Anmaßung führen, vielleicht sogar zu der Anmaßung, selbst über das Gewissen der Brüder zu herrschen. Die Liebe allein könnte in bloße menschliche Zuneigung ausarten, in welcher wir vielleicht nur noch an das denken würden, was andere erfreuen und ihnen gefallen könnte. Aber der Geist der Besonnenheit erhält uns in dem richtigen Geleise.

Wieviel erst können wir lernen, wenn wir uns von dem Diener zu dem HErrn Selbst wenden! Wie gnädig und liebreich sucht Er das Vertrauen der Samariterin zu gewinnen!

Wie nimmt Er Sich der zwei Jünger auf dem Wege nach Emmaus an, indem Er ihnen das Verständnis für das öffnet, was in den Schriften Ihn Selbst betraf. In dieser Weise bereitet Er sie vor, Ihn nun bald Selbst zu erkennen in dem Brechen des Brotes. Diese wunderbare, göttliche Art, sich allen anzupassen, war es, welche die Zöllner und Sünder in Seine Nähe zog, zu dem Licht der Welt, in welchem sie doch offenbar werden mußten. Und Paulus lernte diese heilige Kunst, wenn wir so sagen dürfen, von seinem geliebten HErrn. Auch für uns liegt der Weg, sie uns anzueignen, nicht etwa in eigenen Anstrengungen, sondern in der Beschäftigung mit dem Herrn Jesus Christus. In der

Gemeinschaft mit Ihm lernen wir, vielleicht unbewußt, am sichersten, Seine Gesinnung und Seine Art in uns aufzunehmen.

O daß wir Ihm doch ähnlicher werden möchten! Wir würden dann nicht andere hindern oder abstoßen, weil wir ihnen nicht das zu geben verstehen, was für sie passend oder verständlich ist, sondern vielmehr durch Seine Gnade imstande sein, ihnen zu helfen, sie zu innigerer Gemeinschaft mit dem HErrn und den Seinen zu führen und in der Erkenntnis Seiner Wahrheit zu fördern.

P.

 

 

Jakobs Prophezeiung.

(Jes. 42,9; 43,13; 45,21;46,10.11.)

Wenn wir das Leben des Erzvaters Jakob betrachten, so sehen wir, wie manches Mal himmlisches Licht auf ihn und durch ihn scheint, aber nur zu oft ist es verdunkelt durch Wolken dieser Erde. Der Kampf zwischen Fleisch und Geist in ihm war hart und langwierig. Aber je näher das Ende kam, desto mehr wurden der Sieg der Gnade und der Glaube, der die Welt überwindet, offenbar. Nirgends ist das deutlicher als in 1. Mos. 49. Es war lange Jahre her, seit Gott verheißen hatte, das Land Kanaan Abraham und seinen Nachkommen zu geben. Die Verheißung war Isaak bestätigt und Jakob erneuert. Aber bis zu diesem Augenblick war kein Anzeichen vorhanden, daß diese Verheißung in Erfüllung gehen werde. Abraham und Isaak waren nur Fremdlinge und ohne Bürgerschaft in Kanaan gewesen und hatten nicht mehr davon besessen als eine Begräbnisstätte für ihre Angehörigen, und auch diese hatten sie gekauft. Abraham hielt sich auf in dem Lande der Verheißung wie in einem fremden und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob (Hebr. 11,9). Und nun mußte Jakob sterben, sterben nicht in dem Gelobten Lande, sondern viele Meilen davon entfernt, in Ägypten, einem fremden Lande. Aber bei aller Schwachheit der Natur offenbarte sich in ihm eine wunderbare Kraft des Glaubens.

Jakob rief seine zwölf Söhne an sein Bett zusammen und verkündigte ihnen in wunderbarer Weise Zukünftiges. Diese Prophezeiungen des sterbenden Erzvaters haben wie die meisten anderen im Alten Testament eine doppelte Erfüllung. In ihrer letzten Erfüllung reden sie von dem Geschick der Nachkommen Jakobs am Ende der Tage (1. Mos. 49,1), in der siebzigsten Woche der Trübsal und weiter in der Zeit des Tausendjährigen Reiches (Jer. 23,19.20 und Jes. 2,2). Von dieser Erfüllung in der Endzeit können wir heute noch nicht schreiben. Aber wir können verfolgen, wie genau die vergangene Geschichte der Nachkommen Jakobs mit den Vorhersagungen ihres sterbenden Vaters übereinstimmt.

In 1. Mos. 49,3.4 finden wir den Ausspruch Jakobs über

Ruben.

Drei Dinge werden von ihm darin gesagt: 1. Als Jakobs Erstgeborener hatte er Vorzug an Hoheit und Vorzug an Macht nach dem natürlichen Erbrecht. 2. Diese bevorzugte Stellung aber hatte er eingebüßt, da er das Lager seines Vaters entweiht hatte, und daher kündigte Jakob an, daß der Stamm Ruben keinen Vorzug haben solle. 3. Schließlich nennt er den Namen: „Überwallend wie die Wasser“. Luther übersetzt „leichtfertig dahin wie Wasser“, wie die Flüsse in Kanaan unbeständig, die in der Hitze des Sommers austrocknen.

Wenden wir uns nun zu der Geschichte des Stammes Ruben und lesen als Erstes 1. Chron. 5,1.2. Da hören wir, wie erzwar der Erstgeborene war, daß aber sein Erstgeburtsrecht den Söhnen Josephs gegeben wurde. So empfingen die Söhne Josephs den Platz des Vorzuges und das doppelte Erbteil, das dem Erstgeborenen zustand. Auch nicht aus Ruben kam der Fürst, sondern aus Juda, der die Oberhand hatte unter den Brüdern. Verfolgen wir die Geschichte des Stammes weiter, so finden wir, daß er sich in nichts vor den anderen Stämmen ausgezeichnet hat. Aus ihm kam kein Richter, kein König, kein Prophet. Er zog nicht mit über den Jordan, sondern blieb auf seinem Wüstenufer und

sagte zu Mose: „Laß uns nicht über den Jordan ziehen“ (4. Mos. 32,5). Aus den vorhergehenden Versen geht hervor, wie das Herz der Kinder Ruben mehr an ihrem Vieh als an dem Lande Kanaan hing. Und ebenso blieb es später; denn Debora und Barak sangen in ihrem Liede von Ruben, daß bei ihm wohl große Beratungen und Beschlüsse des Herzens seien, daß er aber, statt mit gegen Sisera zu ziehen, bei den Hürden geblieben und auf das Flöten bei den Herden gehört habe (Richter 5,15.16). Auch die dritte Ankündigung fand bereits ihre Erfüllung. Ruben hatte auch keinen Vorzug in der Zahl seiner Kinder. Mose sagt von ihm: „Ruben lebe und sterbe nicht, und seiner Männer sei eine Zahl“ oder, wie Luther übersetzt, „er sei ein geringer Haufe“, was auch verständlicher ist. Als zum ersten Male in Israel die zum Heer ausziehenden Männer gezählt wurden, hatte Ruben 46500 Mann (4. Mos. 1,21). Als sie aber das nächste Mal gezählt wurden, konnten sie nur 43730 Mann stellen (4. Mos. 26,7). Das ist beachtenswert, da bei den meisten Stämmen die Zahl der Wehrfähigen gewachsen war. Ruben steht an erster Stelle der sechs Stämme, die am Berg Ebal standen zum Fluchen, und war nicht unter den sechs Stämmen, die zum Segnen auf dem Berge Gerisim standen. (5. Mos. 27,12.13). Weiter finden wir in 1. Chron. 26,31.32, daß man im vierzigsten Jahre der Regierung Davids nach den Hebronitern forschte und tüchtige und wackere Männer zu Jaser-Gilead fand, 2700 Häupter der Väter. „Und der König bestellte sie über die Rubeniter und die Gaditer und den halben Stamm Manasse für alle Angelegenheiten Gottes und für die Angelegenheiten des Königs.“ Schließlich ist es sehr bezeichnend, daß in jenen Tagen, als Jehova begann, unter Israel abzuhauen, es heißt: „Und Hasael schlug sie im ganzen Gebiete Israels, vom Jordan an gegen den Sonnenaufgang, das ganze Land Gilead, die Gaditer und die Rubeniter und die Manassiter, von Aroer an, das am Flusse Arnon liegt, sowohl Gilead als Basan.“ (2. Kön. 10,32.33.) - So hatte Ruben keinerlei Vorzug. Seine Kraft, seine Hoheit, seine Macht schwanden immer mehr dahin.

Fortsetzung folgt s. G. w.!

 

Wie kommst du

in die Versammlung? Gehst du gewohnheitsmäßig ohne Nachdenken? Sah der HErr dich, wie du im Verborgenen heilige Hände für die Versammlung emporhobst? Kennst du deine VerAntwortlichkeit? Weißt du, daß auch du ein „Gelenk der Darreichung“ unter den Gliedern des Leibes Christi bist? (Eph. 4,16). Ist dein Erscheinen in der Versammlung eine Ermutigung? Ist dein Verhalten und Betragen ein Vorbild und eine Stärkung für andere? Stehst du wie Josua im Kampf oder wie Moses, Aaron und Hur vor Gott? (2. Mose 17,8-13.)

v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 6

Was bedeutet 1. Kor. 9,14?

Antwort Des Schriftleiters

Einsender(in) dieser Frage bezieht die „Handreichung“ noch nicht lange, sonst wäre diese Frage kaum gestellt worden, da sie in Jahrbuch 5,Frage 8außerordentlich klare BeAntwortung erfahren hat durch Behandlung der „Versorgungsfrage der Diener Gottes“.

Ich beschränke mich daher auf wenige Bemerkungen.

Der einfache Wortsinn der Stelle besagt nicht mehr und nicht weniger als das, daß kraft göttlicher Verordnung die Diener am Evangelium von ihrem Dienst an demselben bezw. von dem Ertrag des Dienstes den äußerlichen, leiblichen Lebensunterhalt haben sollen. Diese Verordnung des Herrn gibt also den Dienern an Seinem Wort das Recht, ihren Lebensunterhalt durch ihren Dienst zu erwerben

und zu erwarten (vgl. V. 12 und 18). Beweis V. 13: Die Diener am alttestamentlichen Heiligtum hatten Teil am Opfer, und es mußte so sein, da sie keinen anderen Lebensunterhalt beziehen konnten als den aus ihrem Tempeldienst. - Paulus führt aber auch noch andere Vergleiche an, die dieses Recht zeigen: V. 7 und 10! Aus diesem Recht folgert der Apostel nun aber nicht nach Menschenweise: also habe der Diener am Evangelium das Recht, seinen Unterhalt aus diesem Dienst zu fordern - von denen, denen er diene, zu verlangen, daß

sie ihm gäben, was er bedürfe -, sondern er folgert in göttlicher Weise 1. die Freiheit, von jenem Rechte keinen Gebrauch zu machen - wie er selber bei den Korinthern handelte, deren Einzel- und Gemeindezustand nicht gut war (anders war's mit Philippi, Phil. 4!); 2. in Beziehung auf die, denen gedient werde, daß es nichts Besonderes sei, wenn die Diener, die „Säeleute am Geistlichen das Fleischliche (d. h. das irdische Gut) der Hörer ernteten“ (V. 11). Aus dieser doppelten, sich aus dem Zusammenhang des Kapitels ergebenden Folgerung ist nun ein doppelter Schluß für die Praxis auch heute zu ziehen: 1. daß der Diener am Wort und im Werk des HErrn über dem Trachten nach irdischem Entgelt für seinen Dienst stehen solle und könne, indem er sowohl bereit sei - wie Paulus in Korinth -, für seinen Lebensunterhalt praktisch zu arbeiten (neben seinem geistlichen Dienst, vgl. Apgesch. 18,3 und 20,32-35), als auch in völligem Glaubensvertrauen auf den HErrn sich in allem, was er bekäme und was er entbehren solle, von Ihm abhängig wisse (vgl. Phil. 4,13f.! 1. Kor. 9 ganz) - 2. daß die, denen der Dienst am Wort getan werde („Dienst am Evangelium“ - im weitesten Sinne), sich verpflichtet wissen sollten, für die, die an ihnen dem HErrn dienen, in ausreichender Weise zu sorgen und sie zu unterhalten mit dem, was irdisch nötig ist. Und zwar sollte diese Verpflichtung weder auf den Arbeiter den Eindruck einer ziffernmäßigen Bezahlung machen, wodurch der Dienst beeinträchtigt und der Diener sich gedemütigt fühlen könnte, noch sollte sie denen, auf denen die Verpflichtung liegt, den Charakter eines schwer drückenden Joches haben. Vielmehr zeigt uns die Art, wie - nicht die Korinther, von denen Paulus nichts nahm - die Philipper ihm mitteilten, daß sie verstanden, daß es sich um ein Mitteilhaben (Gemeinschaft) mit dem Evangelium (vgl. Kap. 1,5.27; 4,14ff.) handelte. Solch ein Geben erquickt und dient allen, sowohl dem HErrn wie den Gebern, wie

auch den Empfängern. Auf solches Mitteilhaben war der ganze Dienst des Apostels gerichtet, was uns eben auch 1. Kor. 9 zeigt (siehe V. 23 in dem ganzen Zusammenhang, vgl. V. 13!).

Vieles ließe sich über diese Sache noch sagen, aber ich verweise auf die oben genannte Frage 8 in Bd. 5. Was diese Stelle 1. Kor. 9,14 wie das ganze Kapitel dem einzelnen Leser, jedem von uns, sagen soll - das möge der HErr durch Seinen Geist, der uns in die ganze Wahrheit führen will (Joh. 16), uns klar machen zum Segen für Sein Werk und Sein Volk und damit zum Preis Seines Namens. Möchten wir alle nur willig sein, uns belehren zu lassen!

F. K.

Die Sünde wider den Heiligen Geist.

(Matth. 12,22-32; Mark. 3,28-30; Luk. 12,10.)

Manche, besonders junge Kinder Gottes, sind durch die falsche Auffassung der Worte der Überschrift in große Beunruhigung gekommen und haben sich angeklagt, die Sünde wider den Heiligen Geist begangen zu haben und dadurch des ewigen Heils verlustig gegangen zu sein.

Wenden wir uns zur Schrift, so finden wir zunächst, daß die Schrift diesen allgemeinen Ausdruck „die Sünde wider den Heiligen Geist“ nicht gebraucht, sondern von der

Lästerung des Geistes

spricht. Das Lästern des Heiligen Geistes ist Sünde, wie auch das Widerstreben - das Betrüben - das Dämpfen des Geistes Sünden wider den Heiligen Geist sind. Hier jedoch handelt es sich um eine ganz spezielle Sünde, um „Lästerung des Geistes“, und allein von dieser Sünde, des lästernden Redens wider den Heiligen Geist, sagt der HErr, daß sie nicht vergeben wird, weder in diesem noch in dem zukünftigen Zeitalter.

zukünftigen Zeitalter.

Um zu verstehen,

was der HErr damit meint:

„Lästern des Geistes“, müssen wir seine Worte in dem Zusammenhang der Ereignisse betrachten.

Ein Besessener, der blind und stumm war, wurde zum HErrn gebracht. Der HErr trieb den bösen Geist aus, und der Mann konnte reden und sehen. Durch dieses Wunder ließ der Heilige Geist der Volksmenge das Licht aufgehen, daß Jesus der erwartete Messias sei. In dieser ihnen aufgehenden Erleuchtung fragen sie: „Dieser ist doch nicht etwa der Sohn Davids?“ (d. h. der Messias).

Die Feinde des HErrn, die Pharisäer, konnten das Wunder nicht leugnen. Alle hatten es mit ihren Augen geschaut. Ihnen blieb keine Wahl, als entweder die Kraftwirkung des Heiligen Geistes in dem HErrn anzuerkennen oder sie dem Satan zuzuschreiben. Um in ihrem Haß gegen Ihn die Wirkung des Wunders nicht aufkommen zu lassen, schreckten sie (trotz besten Wissens der Wahrheit) nicht davor zurück, die in Ihm wirkende Kraft des Geistes als von dem höllischen Fürsten Beelzebub ausgehend zu bezeichnen.

Das war kein übereiltes oder unbedachtes Reden, waren keine aus Unwissenheit, aus Unwachsamkeit, aus schwacher Stunde entsprungene Worte, sondern es war eine aus dem Hasse des Herzens geborene, voll überlegte Lästerung. Diese „Lästerung des Geistes“ geschah unter der vollen Erleuchtung, daß der Heilige Geist auf Ihm und Er der Gesandte des Vaters sei, geschah bei vollem Bewußtsein, daß sie aus Haß gegen Ihn zu Unrecht lästerten, und mit dem klaren Vorsatz, anderen das Licht zu verdunkeln, um sie in der Finsternis zu halten.

Mit dieser schrecklichen und lästernden Tat der Pharisäer stehen die Worte des HErrn in Verbindung: „Die Lästerung des Geistes wird dem Menschen

nicht vergeben werden ...

weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen.“ Jede Tür der Hoffnung war damit geschlossen, und Markus bestätigt, daß sie sich „ewiger Sünde“ schuldig gemacht, „weil sie sagten: Er hat einen unreinen Geist.“ (Mark.3,30.) Sie stießen das Licht des Heiligen Geistes lästernd mit Füßen von sich und besiegelten damit ihr Los, da es außer Ihm keine Kraft gab, die sie zur Buße leiten und einer Vergebung hätte den Weg bahnen können.

Ob diese gleiche Sünde, die uns in der Tat der Pharisäer gekennzeichnet ist, heute am Tage der Gnade und der Abwesenheit des HErrn möglich ist und in unserem Zeitalter gefunden werden kann, darüber gehen die Meinungen der Schriftforscher auseinander.

Zu beachten ist, daß der HErr von dieser Sünde nicht sagt: Dem wird nicht vergeben werden weder vor noch nach dem Tode, sondern daß Er sagt:

„Weder in diesem Zeitalter noch in dem zukünftigen.“

Diese Worte haben durchaus nicht den oft hineingelegten Sinn von „weder vor noch nach dem Tode“. Der Sinn nach dem Zusammenhang der ganzen Stelle ist, daß die Sünde der Lästerung, ob sie in diesem oder dem zukünftigen Zeitalter begangen wird, nicht vergeben werden wird.

Auf Grund dieser Worte des HErrn glauben manche Forscher des Wortes sagen zu können, daß diese spezielle Sünde, die mit „Lästerung des Geistes“ bezeichnet ist, die Anwesenheit des HErrn bedinge und in unserem Zeitalter der Gemeinde und der Abwesenheit des HErrn in der in der Schrift gezeichneten Weise nicht gefunden werden könne. Wenn der HErr das Nichtvergeben dieser Sünde (worin natürlich das Begehen der Sünde eingeschlossen ist) mit

zwei Äonen

(Weltzeiten, Zeitaltern) verbindet, so stehe es uns nicht zu, diese Grenze einfach zu überschreiten oder zu beseitigen und sie auch in anderen Zeitaltern suchen zu wollen.

Sicher, die Worte des HErrn konnten von denen, an die sie gerichtet waren, gar nicht anders verstanden werden, als daß der HErr mit „diesem Zeitalter“ die damals gegenwärtige Zeit meinte, als Er in Niedrigkeit unter ihnen wandelte - und ebenso, daß das „zukünftige Zeitalter“ sich auf das Zeitalter der Herrschaft des Messias auf Erden beziehe. Von diesem zukünftigen Zeitalter hatten die Propheten geweissagt, und nach diesem schauten die Schriftgelehrten in den Tagen des HErrn aus (Joh. 3). Von diesem Zeitalter wußten sie, daß dann ihre Sünden vergeben und ihrer Ungerechtigkeiten nie mehr gedacht werden würde (Jer. 31,34). Der HErr aber sagte ihnen nun, daß für die Lästerung des Geistes weder in diesem (damals gegenwärtigen) noch in dem zukünftigen Zeitalter (der Herrschaft Christi auf Erden) Vergebung sei. Niemals aber konnte mit diesem Hinweis auf das zukünftige Zeitalter das heutige Zeitalter der Sammlung Seiner Gemeinde gemeint sein noch verstanden werden, denn dieses war zu der Zeit, als der HErr diese Worte redete, noch gar nicht geoffenbart, sondern war noch ein Geheimnis, „verborgen in Gott“ und „den Söhnen der Menschen nicht kundgetan“. (Eph. 3,5-9.)

Bemerkenswert ist es auch, daß nie wieder in der Schrift, weder in der Apostelgeschichte noch in den Briefen, eine Erwähnung dieser Sünde der Lästerung geschieht. Wohl spricht sie vom „Schmähen“ des Geistes der Gnade (Hebr. 10,28.29) und vom „Widerstehen“ des Heiligen Geistes (Apgesch. 7,51) (beides Dinge, die nicht von Kindern Gottes gesagt werden; die allmächtigen Hände des HErrn bewahren solche davor), aber nirgends finden wir die „Lästerung“ des Geistes wieder erwähnt.

Ob diese spezielle Sünde nur jener Zeit des persönlichen Dienstes des HErrn und weiter der Zeit Seiner Herrschaft auf Erden angehört oder nicht, das festzustellen ist nicht das Wichtigste. Sicher ist,

daß wir ein gleiches Bild dieser Sünde infolge der Abwesenheit des HErrn in dem heutigen Zeitalter der Sammlung Seiner Gemeinde nicht haben können. Im Spiritismus finden wir wohl manches, was dieser Sünde nahe kommt, oder es ist das umgekehrte Bild: das, was dort der Satan wirkt, schreiben Menschen Gott zu. Sehr viele aber tun solches aus Unwissenheit, während bei der vom HErrn gekennzeichneten Sünde der Lästerung Unwissenheit ausgeschlossen ist.

Niemals geben uns aber die Worte des HErrn eine Berechtigung, unbußfertige oder von ihren Sünden gequälte Menschen dieser Sünde heute zu beschuldigen, geschweige denn sie auf Seelen anzuwenden, die über ihre Sünden bekümmert sind. Solches wäre ein Mißbrauch der Worte des HErrn und widerliche Anmaßung.

Damit wird jedoch

die furchtbare Tatsache

nicht verwischt, daß Menschen des gegenwärtigen Zeitalters durch überlegte Wahl des Bösen mit wissentlicher und willentlicher Verwerfung des HErrn und der Erleuchtung des Heiligen Geistes dem Wesen jener Lästerung des Geistes sehr nahe kommen. Ein solch bewußtes und letztes Von-sich-stoßen der geoffenbarten Gnade Gottes, nachdem der erlösende Wert des Blutes Christi einmal erkannt war, schließt, wie zu allen Zeiten, so auch heute ewige und unabänderliche Folgen in sich, denn mit der Verwerfung des einen Namens, der den Menschen gegeben ist, um errettet zu werden (Apgesch. 4,12), ist jede Möglichkeit der Vergebung für immer ausgeschlossen. An Warnungsstimmen vor solchem „Abfall“ vom lebendigen Gott und dem „Schmähen“ des Geistes der Gnade hat Gott es in Seinem Worte nicht fehlen lassen. (Hebr. 6,4-6; 10,25-31.) So nahe solche Sünden jener Lästerung auch kommen mögen, so müssen sie doch von dieser unterschieden werden.

Oft sind, wie schon gesagt, unbefestigte Kinder Gottes vom Feinde

mit Furcht gepeinigt

worden, die unvergebbare Sünde der Lästerung des Geistes begangen zu haben. Durch Unwachsamkeit und Untreue irrten sie vom Wege ab und fielen in Sünden.1 Als dann durch die Gnade des HErrn ihr Gewissen erwachte, kam der Feind und flüsterte ihnen ins Ohr: „Du hast wider den Heiligen Geist gesündigt. Wie oft hat dich der Heilige Geist gemahnt und gestraft, du aber hast widerstanden. Jetzt ist keine Hoffnung für dich.“ - Solche mögen aus dem Vorhergehenden lernen: So sehrsie auch gesündigt und so tief sie gefallen, diese Sünde der Lästerung mit ihren ewigen Folgen trifft sie nicht.

1

Zwischen „fallen“ und „abfallen“ muß sorgfältig unterschieden werden (vergl. 1. Kor. 10,12 mit Hebr. 6,6). Ein Gläubiger kann fallen wie Petrus. Ein wurzelloser Bekenner (Luk. 8,13) kann vom Christentum abfallen. Fallen ist das Fallen eines Gläubigen in Sünde, in Rückkehr und Liebe zur Welt usw. Abfallen ist das Abfallen eines bloßen Bekenners im Von-sich-stoßen der Person des Sohnes Gottes und der durch Ihn vollbrachten Erlösung (welches die Grundlagen des Christentums sind) (Hebr. 6,4-6; 10,29). Die Zeit des Endes wird durch solchen „Abfall“ gekennzeichnet (2. Thess. 2,3).

Und selbst wenn Finsternisgewalten solche Gedanken der Lästerung deiner Seele einhauchten, sage, hast du sie mit dem Haß deiner Seele gegen Christus ausgebreitet und sie Ihn hassenden Herzens anderen Menschen eingegeben? Haft du Christum als einen vorn unreinen Geist besessenen Satansknecht verkündigt? Ist nicht im tiefsten Grunde deine Seele darüber bekümmert, Ihn betrübt zu haben und der Stimme des Heiligen Geistes nicht gefolgt zu sein? Was würdest du Antworten, wenn dir jetzt die Frage vorgelegt würde: Wer wohnte in dem Herrn Jesus, der Heilige Geist oder der Satan? Könntest du die Antwort Der Pharisäer geben: Er hat einen unreinen Geist? (Mark. 3,30.) Würde deine Seele vor einer solchen Frage nicht erbeben? Dieses aber war das Kennzeichen der unvergebbaren Sünde. Deine Bekümmernis darüber, diese Sünde begangen zu haben, ist gerade der Beweis, sie nicht getan zu haben, da sonst keine Bekümmernis darüber empfunden würde.

Für jede Sünde ist Vergebung, wenn der Sünder Ihn als Heiland annimmt. Der Feind aber will durch solche Einflüsterungen Seelen abhalten und mutlos machen, zu Dem zu kommen, der gesagt hat:„Kommet her zu Mir, alle ihr Mühseligen und Beladeren, und Ich werde euch Ruhe geben“ (Matth. 11,28), und sie hindern, die Vergebung von Ihm anzunehmen, Dessen Blut reinigt von aller Sünde. Wenn aber der Feind dich mit dieser Sache antastet, weil du in einer Sünde lebst, die du liebst, so beuge dich in Buße und Bekenntnis und vertraue dem HErrn. Mache Bruch, es koste, was es wolle!

beuge dich in Buße und Bekenntnis und vertraue dem HErrn. Mache Bruch, es koste, was es wolle! Du wirst die erlösende Gnade und die mächtigen und errettenden Hände des HErrn erfahren.

Der HErr wolle in Seiner Gnade diese Zeilen segnen und dazu dienen lassen, geängstigten Seelen den Weg zum Frieden zu weisen.

v. d. K.

„Außerhalb des Lagers!“

(Hebr. 13,13.)

Außerhalb des Lagers sollte der Platz aller wahrhaft an Christus Gläubigen sein, die erkannt haben, daß Er es wert ist, von den Seinen, die Er Sich mit Seinem Blute erkauft hat, nicht allein gelassen zu werden in einer Welt, die Ihn verworfen und getötet hat. Außerhalb des Lagers zu Ihm hinausgegangen zu sein, um dort Seine Schmach zu tragen (nicht drinnen im Lager, wie es gern viele leidensscheue Christen tun möchten!), ist ein für viele vielleicht schwerer, aber nichtsdestoweniger köstlicher Schritt, bei dem das Wohlgefallen des Vaters auf denen, die also handeln, ruht. Das sehen wir aus 2. Kor. 6,14-18 u. a. St.

Außerhalb des Lagers ist Christus, unser geliebter HErr, nicht nur gekreuzigt, sondern schon geboren! Und wenn die Weisen aus dem Morgenlande (Matth. 2,1-11) wirklich Seiner begehrten, um Ihn anzubeten, so mußten sie Jerusalem, das religiöse Lager, das Hoflager dieser Welt, so schnell wie möglich verlassen und nach Bethlehem eilen, wohin allein der göttliche Wegweiser, „Sein Stern“, sie hinweisen konnte, wie Sein Wort uns Ihn jetzt auch nur „außerhalb des Lagers“ aufsuchen heißt. Gingen die „redlichen Hirten“ ins Lager, um den Erretter, Christus den HErrn, zu finden? (Luk. 2,15.16.) Nein, auch sie fanden Ihn nur außerhalb des Lagers und glaubten an Ihn. Aber war der HErr später nicht oft „im Lager“? Sicher! aber was genoß Er dort? Verwerfung! In Jerusalem - der

religiösen Zentrale des Judentums - Verwerfung, in Bethanien, gleichsam außerhalb des Lagers, Liebe und Hingabe. In Jerusalem, im Lager, sehen wir Ihn „Seines Vaters Haus“ reinigen (Joh. 2; Matth. 21); in Jerusalem, im Lager, sehen wir Ihn in dem beständig erneuerten, aber von Ihm nicht hervorgerufenen Kampf wegen der Lagerbollwerke, vor allem wegen des Sabbats (z. B. Joh. 5), dessen Herr, nicht dessen Knecht Er war (Matth. 12,8); in Jerusalem, im Lager, suchen Seine Feinde, die satanisch beeinflußten Juden, Ihn zu töten (Joh. 8); über Jerusalem, das Lager, hören wir Ihn die ernstesten Drohworte aussprechen (Matth. 24), nachdem Er zuvor die Herren des Lagers verurteilt und für alle Zeiten gebrandmarkt hatte (Matth. 23); über Jerusalem, das Lager, sehen wir Ihn weinen! Bruder, Schwester, was geht durch unser Herz, wenn wir den HErrn weinen sehen? O, das Lager!, das Lager wollte nicht sehen, was zu seinem Frieden diente (Luk. 19,41.42), darum mußte es äußerlich vernichtet werden - und lebt und steht in anderen Formen doch heute da, fest, selbstbewußt, dem Glauben an Christus ein Hindernis, alles wie ehedem!

Bruder, Schwester, kennst du das Lager? Das Lager, in dem ein Christus, der die nationalen fleischlichen Ansprüche der Juden - und der heutigen sogenannten „deutschen Christen“! - nicht befriedigt, keinen Platz hat noch haben kann und von wo Er hinausgeführt wird, um draußen zu leiben und zu sterben und begraben zu werden, damit das „heilige“ Lager nicht durch einen Toten verunreinigt werde? Kennst du das Lager? Fühlst du dich drinnen wohl, wo Christus keinen Platz hat, oder wenn vielleicht Er darinnen eine Zeitlang gleichsam äußerlich geduldet ist, so ist doch Sein Wort, Seine Wahrheit, Sein Geist innerhalb des Lagers wenig beliebt und beachtet, und Menschenmeinung, fleischliche Rücksichten, verwandtschaftliche Bande, die schönen Formen, Gebäude, Gewänder, die überlieferten „gottesdienstlichen“ Gebräuche, Liturgien, Glocken, Orgeln, Chöre, Taufbecken und Abendmahlsgeräte usw., die „verordneten Diener der Kirche“, sowie die „Herren Prediger“, Menschen, „die doch auch das Beste wollen“, die jahrhundertealten Überlieferungen, so altehrwürdig und so rührend - all dieses und noch viel mehr, was das „Lager“ kennzeichnet, spielt dort eine solche Rolle, daß Sein Wort unter diesem Wust des Lagerlebens erdrückt wird. Bist du im Lager zu Hause, Bruder? oder sehnst du dich heraus dorthin, wo der einsame Meister zu finden ist, der, wie einst

David auf der Flucht vor Saul, nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlegen sollte? Liegen deine Wurzeln, deine Verbindungen im Lager, wie einst bei dem armen Jonathan, der wohl David liebte wie seinen Bruder, der ihn anerkannte als den zukünftigen König, der ihn warnte vor seinem gottlosen Vater Saul, der gerne bei ihm gewesen wäre - wenn nur nicht das Lager mit den Verführungen der Verwandtschaft, der Bequemlichkeit des Hofes, auch vielleicht den althergebrachten „Gottesdiensten“ usw. usw. gewesen wäre! Armer, armer Jonathan, du, einer der Heiligen des Alten Bundes, warum fehlst du in der Reihe der Glaubenszeugen in Hebr. 11? In Hebr. 11, wo sogar eine Hure Rahab einen Platz hat? Warum? Ach, Jonathan kannte nicht, wollte nicht kennen lernen den Platz außerhalb des Lagers, wo es galt, die Schmach, die vorübergehende Schande des zukünftigen Königs, die Verwerfung Davids mitzutragen. Er liebte ihn, wie so viele teure Kinder Gottes heute den HErrn lieben in allen Ständen und christlichen Kreisen, Vereinen, Denominationen usw., gewiß, er liebte ihn, und das wird ihm nie vergessen werden, und so wird denen, die Christus Jesus lieben, es nie vergessen werden vom Vater (Joh. 16,27), und kein Gläubiger wird dies gering achten - aber, o, du armer Jonathan, warum mußtest du auf Gilboa mit deinem gottlosen Vater Saul umkommen, du, der du zu Besserem dich berufen glaubtest (1. Sam. 23,17), warum? Weil du selbst da, als du David ein kostbares „Fürchte dich nicht!“ zurufen durftest, selbst da noch nicht den Weg der Verwerfung Davids mit ihm teilen konntest, selbst da noch nicht, obwohl du wußtest, daß keine Furcht ihm zu nahen brauchte! Nein, „David blieb im Walde, Jonathan aber ging nach seinem Hause“! (1. Sam. 23,18, vgl. 20,43.) Des Nächste, was wir von Jonathan hören, ist sein schmählicher Tod! Es ist zum Weinen! Es war das Lager, das ihn festhielt! Und wenn er dann doch nur wenigstens im Lager ein Vorbild auf Christus gewesen und geblieben wäre, indem er durch seine Gegenwart das Lager verurteilt hätte und deshalb hinausgeworfen worden wäre (wie später der Blindgewesene in Joh. 9), wie kostbar hätte dann sein erst (1. Sam,18-20) so herrliches Zeugnis ausklingen können! Wie herrlich, wenn das Ende seines Glaubens wie sein Anfang gewesen wäre! (Hebr. 13,7.) Aber nein: Gilboa - das Ende eines Freundes und Genossen Davids! Wie traurig und wie verAntwortungsvoll für uns heute!

Warum bleiben so viele Gläubige heute im Lager, obwohl sie längst wissen, daß die Schrift sagt: „Laßt

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Vergl. auch 2. Mos. 33,7ff.

uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend“? Einige warten, ob sie nicht hinausgeworfen werden. Aber bezeugen sie wirklich die ganze Wahrheit? Oder beugen sie sich lieber stillschweigend den Überlieferungen? Solche letztere werden nicht erleben, hinausgetan zu werden wie der HErr Selber, der treu war im Kleinen und durch Sein Zeugnis sich schon getrennt hatte vom Lager! Weiter aber, mein Bruder, hast du gar kein Recht, zu denken, weil Christus und die Apostel zuerst im Lager waren, daß du dies auch dürftest, denn 1. war das jüdische Lager ursprünglich gottgewollt, und der HErr hatte dort Seine Aufgabe, das sogenannte christliche, etwa das landeskirchliche, das religiöse Lager der Jetztzeit ist aber keineswegs gottgewollt, da es in nichts mit der Schrift übereinstimmt noch auf ihr aufgebaut ist; und 2. wird dir und mir deutlich genug gesagt: „Gehe hinaus!“ (2. Kor. 6,14-18 u. a.!) Was willst du im Lager, wenn das Wort sagt, daß Der, den du liebst, der vor allem dich liebte und Sich Selbst für dich dahingab, außerhalb des Lagers ist? „Gehe hinaus!“ hörte einst Abram und - gehorchte. Das war Glauben, „Gehe hinaus!“ verstand einst Ruth und - gehorchte. Gehe hinaus! war der Weg Davids, wie es vordem der Weg Moses gewesen war,1 der dadurch der Mann Gottes wurde, daß „er lieber wählte, mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden (Hebr. 11,25) als die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben“. Der Sünde? sagst du, ja, die Ergötzung der Sünde will ich auch nicht, aber damit habe ich dort, wo ich bin, im Lager, auch nichts zu tun, wir gehen da auch ganz ernst den Weg der Heiligung usw. Ja, mein Bruder, was moralische Dinge anbelangt, das glaube ich wohl, aber meinst du, es sei ein Weg der Heiligung, in Dingen zu bleiben, die die Schrift verurteilt als Dinge des religiösen, eigenwilligen Gottesdienstes? (Kol. 2,23.) „Eigenwille ist Götzendienst“, sagt 1. Sam. 15,23. „Gehet hinaus!“ „Rühret Unreines nicht an!“ (2. Kor. 6,17.)

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Vergl. auch 2. Mos. 33,7ff.

Außerhalb des Lagers! Bruder, Schwester, sicher willst du gerne des HErrn Schmach tragen aus Liebe zu Ihm, ich bin fest davon überzeugt. Aber des HErrn Wort sagt, daß dies außerhalb des Lagers geschehen soll! Also, entweder du trägst sie dort oder aber -? O, glaube dem Wort! Denke nicht, daß der HErr, der Selber den Platz außerhalb des Lagers kennt und zu einem kostbaren durch Seine Gegenwart gemacht hat, wie ihn einst die Getreuen Davids in der Höhle Adullam kennen lernten (1.

Sam. 22,1ff.), denke nicht, daß Er etwas Böses, Verkehrtes von dir erwarten oder etwas dir Schädliches von dir wünschen könnte! Glaubst du Ihm? Er weiß, wo wir am besten aufgehoben sind. Paulus wußte das auch, als er alles, auch das Lager, für Schaden und Dreck achtete, um Christus zu gewinnen (Phil. 3,7.8; vgl. Gal. 1,10), und du meinst, du könntest das Lager nicht verlassen? Überlege, was der HErr dir wert ist, und dann handle nach Seinem Wort! Denke an Gilboa und vergleiche es mit 1. Kor. 3,11-15 und Offenb. 22,12 und wähle den richtigen biblischen Weg, hinausgehend zu Ihm außerhalb des Lagers, wo Er dich sucht, und vergiß nicht: „... wenn wir anders mitleiden, auf daß wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm. 8,17). Deine Seligkeit, wenn du wirklich Sein Eigen bist, steht da nicht in Frage, aber ob du einen „reichlichen Eingang“ hast (nach 2. Petri 1,11) oder nicht, ob du mit Christo in besonderer Weise verherrlicht wirst oder Schaden leidend, ja vielleicht gar nur „wie durch's Feuer“ errettet wirst (1. Kor. 3) - das ist die Frage! Wie ernst und wichtig!

Möge der HErr uns in diesem neuen Jahre 1924 allen Gnade schenken, mehr zu erkennen und in Treue - „Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?“ (Jer. 5,3) - zu verwirklichen, daß „so wie Er ist, auch wir sind in der Welt“ (1. Joh. 4,17), indem wir durch die Belehrung des Heiligen Geistes mittels des Wortes der Schrift immer besser und völliger lernen, das Lager dieser Welt zu verlassen und verlassen zu haben und - zu Ihm hinausgegangen - „außerhalb des Lagers Seine Schmach zu tragen“, bis Er kommt!

F. K.

 

 

Leuchte!

(Phil. 2.15.)

Die gegenwärtigen Tage sind schwere Zeiten für die Kinder Gottes, aber köstliche Tage für den Glauben, um sich lebendig zu erweisen. Je größer die Schwierigkeiten, desto größer das Vorrecht,

den HErrn darin verherrlichen zu können. Henoch lebte in einer Zeit, die an Dunkelheit sich mit der unsrigen vergleichen läßt. Die Welt in seinen Tagen war nahe reif für die Flut, wie sie heute reif ist für das Gericht. Aber die Dunkelheit, die ihn umgab, ließ das Licht seines Wandels mit Gott nur um so heller leuchten, so wie auch die Sterne im Dunkel der Mitternacht am hellsten strahlen.

Die Worte des HErrn: „Ihr seid das Licht der Welt“ (Matth. 5,14) zeigen uns deutlich, wie diese Welt ist. Sie ist ein dunkler, unter Finsternisgewalten stehender Ort. Wir lassen das Licht der Lampe nicht am hellen Mittag, sondern in der Dunkelheit der Nacht leuchten. Wenn der HErr uns deshalb dazu gesetzt hat, Lichter in der Welt zu sein, so kennzeichnet der HErr damit die Welt als eine Stätte der Finsternis. An diesem Platze, inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes sollen wir scheinen als Himmelslichter. (Phil. 2,15.)

Dieses Leuchten für Jesus, unseren HErrn, ist nicht nur das Vorrecht einiger weniger, sondern das gesegnete Teil aller, die den HErrn kennen, selbst des jüngsten Kindleins in Christo. So wertvoll auch Talente und Gaben sind, hierfür sind sie nicht notwendig. Was bedarf es, um eine Lampe scheinen zu lassen? Nichts weiter, als daß sie rein und mit Öl gefüllt ist! Unter dem Öl laßt uns den Heiligen Geist verstehen. Wie nötig ist es, mit dem Heiligen Geiste erfüllt zu sein. Gewiß, jeder Gläubige hat den Heiligen Geist wohnend in sich; aber wir bedürfen, erfüllt zu sein mit dem Heiligen Geiste. Ist dies dein Verlangen? Steht dieses Begehr allem, was du auch sonst wünschen möchtest, voran? Es ist das Größte und Beste, wonach sich dein Herz ausstrecken kann. Und Er möchte dein ganzes Herz besitzen und erfüllen. Ist es dir ernst damit? Dann habe acht auf dich selbst, auf dein Innen- und Außenleben, daß du Ihn nicht betrübest und Hemmnisse in deinem Herzen beherbergst, die Ihn hindern, es ganz zu erfüllen. Die Lampe muß rein sein. Wenn Sünde geduldet, wenn dem Weltsinn Raum gelassen wird, wenn Dinge, die dem HErrn zuwider sind, nicht gerichtet werden, so ist die Lampe nicht sauber gehalten, und sie kann den klaren, hellen Schein des Lichtes nicht ausstrahlen lassen, der für die Darstellung Christi inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes nötig ist. Nur wenn wir in der rechten Beschaffenheit sind, kann das Licht in seiner ganzen Klarheit

leuchten.

Eine Lampe ist ein stiller Lichtspender. Sie bemüht sich nicht, zu scheinen. Sie selbst weiß nicht, daß sie scheint. Sie scheint, weil sie eben nicht anders kann als scheinen. Welche Belehrung liegt hierin für uns, die wir dem HErrn angehören.

Solche scheinenden Himmelslichter sind in der Dunkelheit so not. Vielleicht fragst du: „Was kann ich für den HErrn tun?“ Du kannst leuchten. Laß das Licht der Liebe Gottes durch dich leuchten im Hause, im Geschäft, im Dienst, im Amt, in der Werkstatt, auf der Arbeit. Der HErr sagt: „Laßt euer Licht leuchten vor den Menschen“ (Matth. 5,16).

Wie viele unwissende Seelen sind auf dem Meere des Lebens. Wie manche spähen in dem Sturme der Dunkelheit aus nach dem Schimmer des Lichtes der Liebe Gottes, der ihnen den Weg zum Hafen zeigen möchte. Was würde es sein, wenn ein solcher Lichtstrahl von dir aus einer solchen müden Seele den Weg zur Herrlichkeit zeigte? Würde das am Tage des HErrn nicht mehr wert sein, als eine ganze Welt gewonnen zu haben?

Ein Leuchtturmwächter weiß wenig von den Schiffern, die auf dem Meere an ihm vorüberfahren, sie aber sehen sein Licht und sind dankbar dafür. So magst auch du nicht viel davon wissen, wem du in dieser Weit leuchtest. Aber leuchte! Die Zeit ist dunkel - laß das Licht leuchten! Und größer noch wird die Dunkelheit - laß in vollem Glanze das Licht leuchten! Achte auf das Öl! Halte die Lampe rein! Wie die Schiffer das Licht des Leuchtturms, so werden die Menschen deinen Weg kreuzen. Willst du ihnen nicht leuchten? Du magst sie nicht kennen, deren Blick auf dich gerichtet ist, und die Herzen nicht kennen, die durch dich ermutigt sind. Und wenn dir selbst Worte der Ermutigung nicht zuteil werden, was macht es? Fahre fort, für deinen HErrn zu leuchten. Bald ist das jenseitige Ufer erreicht. Wie wirst du dich dann freuen, jene zu finden, deren Leben und deren Pfad durch dein Licht erhellt wurde.

G. - v. d. K.

Philemon.

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Vergl. Jahrbuch V, S. 54.

Der kleine Brief an Philemon wird oft von Bibellesern übersehen. Derselbe enthält eine gar liebliche Geschichte und zeugt von der unendlichen Gnade Gottes. Paulus schrieb diesen Brief als eine Art Privatbrief an den lieben Bruder Philemon. Natürlich ist der Brief durch die Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben. Paulus war in Rom und schickte diesen Brief an Philemon durch einen Sklaven, welcher dem Philemon gehörte. Aus diesem Briefe lernen wir, daß dieser Sklave Onesimus dem Philemon entflohen war. Er war ein unbrauchbarer Mensch und hatte wahrscheinlich auch gestohlen. In Rom war der entflohene Sklave mit dem Apostel Paulus zusammen, und dieser predigte ihm das Evangelium, und durch die Predigt des Evangeliums wurde der Sklave bekehrt. Dieses gibt uns einen Blick in die Tätigkeit des Apostels. Nur ein Sklave! möchte ein anderer gesagt haben; aber die Sklavenseele ist ebenso kostbar wie die Seele des Millionärs. Und nun ist der bekehrte Sklave auch willig, zu dem Herrn, den er betrogen hatte, zurückzukehren und sich ihm wieder zur Verfügung zu stellen. Das konnte allein die Gnade bewirken.

Der Brief an Philemon ist ein köstliches Zeugnis von dem, was die Macht der Gnade an den gläubigen Seelen zu tun vermag. Wie Onesimus ein armer Sklave war, so sind wir alle von Natur Sklaven der Sünde und haben eine Natur, die nicht anders als sündigen kann. Was wir brauchen, ist eine neue, eine göttliche Natur. Eine solche hatte Onesimus erhalten durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus. Paulus spricht von ihm, daß er ihn gezeugt habe in seinen Banden. Dieses bedeutet, er wurde wiedergeboren. Er nennt ihn seinen Sohn. Aber Onesimus wurde noch mehr als ein gläubiger Sünder, er wurde ein Kind Gottes. Unsere Gotteskindschaft beruht auf unserem persönlichen Glauben an den HErrn. Paulus nennt den Onesimus, der unnütz war, nun nützlich. So sind wir alle von Natur unnütze Menschen, aber die Gnade Gottes kann etwas aus uns machen. Paulus nennt Onesimus „einen geliebten Bruder“, als solcher sollte er von Philemon und der Gemeinde aufgenommen werden. Als Onesimus mit dem Brief zu seinem Herrn Philemon kam, hat dieser ihn ohne Zweifel

aufgenommen als einen geliebten Bruder, und am ersten Wochentage, als die kleine Gemeinde das Mahl des HErrn feierte, da saß auch der Sklave als ein lebendiges Glied am Leibe Christi und nahm den Kelch aus der Hand des Philemon. Da war es eine selige Verwirklichung der Wahrheit, daß in der Versammlung, der Gemeinde Gottes, weder Freier noch Sklave ist, sondern alle eins sind. Ein anderes schönes Wort schrieb Paulus: „Wenn er dir etwas Unrechtes getan hat oder etwas schuldig ist, so rechne dies mir an“. Paulus will seine Schuld, die Schuld des Sklaven, auf seine eigene Rechnung geschrieben haben. Wie uns das an unseren Heiland erinnert! Er ist dort und sagt zu Gott: „Wenn er Dir etwas Unrechtes getan hat oder etwas schuldig ist, rechne dies Mir an“. Ja, wieviel schulden wir, aber Er hat alles recht gemacht. Es ist Sein Verdienst, welches alles ausgleicht. Gott sei Dank für Sein teures Evangelium.

G.

Zu Seinen Füßen.

(Matth. 26 und Joh. 12.)

Der HErr saß im Hause Simons. Die dankbare Liebe des einst Aussätzigen hatte Ihm ein Mahl bereitet. Draußen ratschlagte die Welt, Ihn zu töten. Drinnen war die Liebe, draußen war der Haß. Das ist das „Drinnen“ und „Draußen“, wie es noch ist.

Die Liebe drinnen tritt uns in ihrer ganzen Schöne in der Maria entgegen. Sie sitzt zu Seinen Füßen. Da ist ihr Platz. Sie lauscht Seiner Rede. Ihr Herz trinkt Seine Worte. Marthas Herz geht im Dienen auf, Marias Seele hängt an Ihm, dem Sohn der Liebe des Vaters. Sie hat schon auf Erden die Quelle entdeckt, die der Born aller Freude im Himmel ist. Sie trinkt von dem Wasser, das in das ewige Leben quillt. Ihr alles ist Jesus. Der Platz zu Seinen Füßen ist ihre Schule, und Ihn kennen zu lernen ihre einzige Aufgabe. Je mehr sie Ihn anschaut, desto mehr verliert sie das Gesicht für alles um sie herum.

Was sie zuSeinen Füßen dort empfand, das durchlebte später Paulus in seiner Seele. Seitdem sein Auge Ihn geschaut, wünschte er nur eins, Ihn mehr zu erkennen; und um der unübertrefflichen Herrlichkeit der Erkenntnis Christi willen achtete er alles andere für Verlust. So ging es auch Maria. Ihr Auge war nicht mit den Jüngern, nicht mit Simon, nicht mit Lazarus noch mit dem Mahl beschäftigt, sie geht ganz in Ihm auf. Was in ihrem Herzen an Liebe für Ihn ist, das drückt sie nicht in Worten aus, sie nimmt die Flasche mit der echten, sehr kostbaren Narde und gießt sie aus über Sein Haupt und über Seine Füße. Sie nahm das ganze Pfund der kostbaren Narde; sie erwog nicht, ob ein halbes oder ein viertel Pfund genüge, um einen guten Geruch hervorzubringen. Sie gab alles; Er war ihr mehr wert als alles, was sie besaß an Kostbarkeiten. Diese Narde war die stille Sprache ihres Herzens, eines Herzens, zu voll, um in Worten auszudrücken, daß Er ihrer Seele der Kostbarste sei.

Was mußte in dieser Stunde des Hasses jener draußen Seinem Herzen diese Sprache der Liebe sein! Ja, Er empfand es, wenn Er geliebt und wenn Er nicht verstanden würde. Er klagte einst, als Er nicht verstanden wurde: „Niemand kennt den Sohn, als nur der Vater“, und Er fand Seinen Trost darin, daß der Vater Ihn kenne. Aber hier in dem Hause Simons, da war ein Herz, das in die Freude des Wohlgefallens des Vaters an Seinem geliebten Sohn einging. Und was mußte das für den Vater sein, als Seine Augen in dieser Welt des Hasses in diesem stillen Weibe solche Hingabe für den Sohn Seiner Liebe erblickte.

Willst du dich nicht fragen, welchen Platz Er in deinem Herzen hat? Ich frage nicht, wieviel du gleich der Martha mit dem Dienen beschäftigt bist. Der Wert des Dienens wird von Ihm nach dem Maße der Liebe bemessen, die in deinem Herzen zu Ihm ist. Soviel Er dein Herz einnimmt, soviel sitzest du zu Seinen Füßen und bringst du Ihm die Narde deiner Liebe dar.

Dieses Beispiel der Maria hat der HErr für uns in Seinem Worte aufgenommen. Möchten wir die Sprache desselben zu unserem Herzen verstehen!

v. d. K.

v. d. K.

Jakobs Prophezeiung.

(Jes. 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11.)

(Fortsetzung von Seite 99.)

Wenden wir uns nun zu den Weissagungen über

Simeon und Levi. (1. Mos. 49,5-7.)

Diese Verse beweisen klar, daß die Schriften durch den Heiligen Geist inspiriert sind. Wäre es Mose allein überlassen gewesen, was er niederschrieb, so würde er gewiß diesen Teil der Prophezeiungen Jakobs ausgelassen haben; denn er selbst stammte von Levi. Simeon und Levi sind hier miteinander verbunden. Werkzeuge der Gewalt sind ihre Waffen. 1. Mos. 34,25.26 zeigt, warum Jakob das sagte: „Da nahmen die zwei Söhne Jakobs, Simeon und Levi, ein jeder sein Schwert und kamen kühn wider die Stadt und ermordeten alles Männliche, auch Hemor und seinen Sohn Sichem ermordeten sie.“ Da Simeons Name zuerst genannt wird, so war er wohl der Anführer in dieser Bosheit. Es wurde schon angenommen, daß Simeon auch der war, der seine Brüder anstiftete, sich Josephs zu entledigen (1. Mos. 37,20), denn er war der einzige, den Joseph binden ließ (1. Mos. 42,24), bevor er seine Brüder zu Jakob zurücksandte. Es ist auffallend, wie die späteren Erwähnungen des Stammes Simeon eine Gesinnung offenbaren, die die gleiche wie die ihres Stammvaters ist. Als z. B. Juda auszog, um sein Erbteil zu erobern, da rief er den Stamm Simeon zu Hilfe, der dieselbe wilde Rauheit hatte wie sein Stammvater (Richt. 1,1-7). Und ebenso lesen wir in 1. Chron. 4,42.43: „Und von ihnen, von den Söhnen Simeons, zogen 500 Mann zu dem Gebirge Seir hin; und Pelatja und Nearja und Rephaja und Usiel, die Sohne Jischeis, waren an ihrer Spitze; und sie schlugen den Überrest, die Entronnenen von Amalek, und haben daselbst gewohnt bis auf diesen Tag.

Amalek, und haben daselbst gewohnt bis auf diesen Tag.

Nun zu den Söhnen Levis! Als Mose nach den ersten vierzig Tagen von dem Berge herab kam, fand er Israel um das goldene Kalb versammelt. Auf seinen Ruf: „Her zu mir, wer für Jehova ist!“ versammelten sich zu ihm an dem Tor des Lagers alle Söhne Levis. Auf sein Geheiß fielen an jenem Tage von dem Volke bei 3000 Mann durch das Schwert Levis. So trat Levi in ernster Stunde auf Gottes Seite. Dieser heilige Entschluß und diese Weihung brachten den Segen Gottes auf Levi (lies 2. Mos. 32,25-29). Die gleiche Hingabe an den HErrn und den gleichen Mut, für Ihn einzutreten, finden wir in der Tat des Pinehas (4. Mos. 25,1-13). „Und siehe, ein Mann von den Kindern Israel kam und brachte eine Midianiterin zu seinen Brüdern vor den Augen Moses und vor den Augen der ganzen Gemeinde der Kinder Israel, als diese an dem Eingang des Zeltes der Zusammenkunft weinten. Und als Pinehas, der Sohn Eleasars, des Sohnes Aarons, des Priesters, es sah, da stand er auf aus der Mitte der Gemeinde und nahm eine Lanze in seine Hand; und er ging dem israelitischen Manne nach in das Innere des Zeltes und durchstach sie beide, den israelitischen Mann und das Weib durch ihren Bauch. Da ward die Plage von den Kindern Israel abgewehrt. Und es waren der an der Plage Gestorbenen 24000.“ Und nun kommen die kostbaren Worte Jehovas an Pinehas, in denen er den Eifer, in dem Pinehas in Israels Mitte für Ihn geeifert und so den Grimm von Israel abgewendet hat, anerkennt und mit ihm und seinem Samen Seinen Bund des Friedens und einen Bund ewigen Priestertums schließt. Anstatt unter dem Fluche Jakobs stand jetzt Levi unter dem Segen Jehovas. So war Levi, der einst mit Simeon in Gewalttat verbunden war, jetzt vereint mit dem HErrn in Gnade.

Noch eins spricht Jakob in seiner Prophezeiung über Simeon und Levi deutlich aus: „Ich werde sie verteilen in Jakob und sie zerstreuen in Israel“ (1. Mos. 49,7). Und das ist buchstäblich erfüllt. Als das Land in den Tagen Josuas verteilt wurde, erhielt Simeon keinen besonderen Landstrich, sondern erhielt sein Erbteil mitten in dem Erbteil der Kinder Juda (Jos. 19,1-9). So lebten die Kinder Simeons verteilt und zerstreut inmitten der Städte Judas. Ebenso war es mit den Leviten. Ihr Erbteil waren die 48 Städte, die über das ganze Erbteil der anderen Stämme verstreut waren (4. Mos. 35,8; Jos. 14,4

und Jos. 21). So geschah Jahrhunderte später mit diesen zwei Stämmen, was Jakob genau so und nur von diesen zwei Stämmen vorausgesagt hatte.

Die Voraussage Jakobs an

Juda (1. Mos. 49,8-12)

findet ihre abschließende Erfüllung in Christus. Mit ihr muß man zusammen lesen 1. Chron. 5,2: „Denn Juda hatte die Oberhand unter seinen Brüdern, und der Fürst kommt aus ihm.“ Dasselbe Wort Fürst (nagid) finden wir für ihn in Dan. 9,25: „bis auf den Messias, den Fürsten.“ Aus diesem Stamme stammte unser HErr.

Von Juda wird als erstes gesagt: „Dich Juda, dich werden deine Brüder preisen.“ Es gibt im Hebräischen oft verschiedene Worte für ein einziges deutsches. Hier ist das gebraucht, was man benutzte, wenn man Gott Preis und Anbetung darbrachte. Christus ist der Eine, der Preis und Anbetung von Seinen „Brüdern“ nach dem Fleische (von Israel) empfangen wird. Weiter ist gesagt: „Deine Hand wird sein auf dem Nacken deiner Feinde, vor dir werden sich niederbeugen die Söhne deines Vaters.“ So ist Christus auch der Eine, der die Herrschaft über Israel haben und der Israels Feinde unterwerfen wird. Diese Herrschaft des Stammes Juda begann in den Tagen Davids, der der erste König aus diesem Stamme war, und unter seiner Regierung war Juda „auf dem Nacken seiner Feinde“. Drittens wird hier die Zukunft Judas unter dem Bilde eines Löwen betrachtet, und das erinnert uns sofort an Offenb. 5,5, wo der Herr Jesus ausdrücklich „der Löwe, der aus dem Stamme Juda ist,“ genannt wird.

Wenn wir uns nun der Zukunft des Stammes Juda unter diesem Bilde zuwenden, so finden wir, daß seine Geschichte in drei Abschnitten verläuft; wir lesen zuerst von dem jungen Löwen, d. h. von Juda in den Zeiten von Josua und Saul, dann von dem Löwen, wie er voll ausgewachsen ist, d. h. von den Tagen des mächtigen Kriegers David, schließlich von der alten Löwin, d. h. von Salomos und den späteren Zeiten.

späteren Zeiten.

„Nicht weichen wird das Zepter von Juda, noch der Herrscherstab zwischen seinen Füßen hinweg, bis daß Schilo kommt, und ihm werden die Völker gehorchen“ heißt es dann weiter in 1. Mos. 49,10. Das hebräische Wort, das hier „Herrscherstab“ übersetzt wird, wird in Vers 16 und 28 desselben Kapitels mit „Stamm“ übersetzt. In der Schrift bedeutet dieses Wort den Stab jedes Stammes, den Amtsstab, den jeder Stamm besaß, ein Zeichen der Hoheit. Dieser Teil der Prophezeiung Jakobs besagt also, daß dieser Stab nicht von Juda weichen werde, bis ein gewisser mächtiger Fürst kommen werde, d. h., daß Juda seine Besonderheit als Stamm und seine besondere Hoheit behalten werde, bis der Messias erscheinen wird. Und wunderbar ist diese Verheißung in Erfüllung gegangen, denn das Zehnstämmereich wurde schon früh zerstört, aber Juda war noch in dem Lande, als der Messias kam. Das Wort „Herrscherstab“ kann nach der Fußnote in der Elberfelder Bibel auch mit „Gesetzgeber“ übersetzt werden. Nun ist es eine Tatsache, daß, nachdem der Schilo gekommen war, die diesem Stamm gegebene Hoheit schwand, denn wir lesen in Joh. 18,31: Da sprach Pilatus zu ihnen: „Nehmet ihr Ihn und richtet Ihn nach eurem Gesetz.“ Da sprachen die Juden zu ihm: „Es ist uns nicht erlaubt, jemanden zu töten.“ Welch ein beachtenswertes Bekenntnis! Es war das Zugeständnis, daß sie nicht mehr ihre eigenen Herren waren, sondern unter der Herrschaft einer fremden Macht standen. Der, der die Macht hat, einen Übertreter zum Tode zu verurteilen, ist der Herrscher und der Gesetzgeber des Landes. „Es ist uns nicht erlaubt,“ sagen Kajaphas und seine Genossen, „du, der römische Landpfleger, du allein kannst das Todesurteil über Jesus von Nazareth fällen.“ Nach ihrem eigenen Ausspruch hatte sich somit die Aussage von 1. Mos. 49,10 erfüllt. Aus ihren eigenen Worten wurden sie verdammt (Matth. 12,37). Das Zepter war gewichen und der Gesetzgeber geschwunden. So mußte der Schilo kommen.

„Ihm werden die Völker gehorchen“ weist in der Zukunft auf das zweite Kommen des HErrn hin und ebenso die nächsten Worte: „Er bindet an den Weinstock sein Eselsfüllen und an die Edelrebe das Junge seiner Eselin; er wäscht im Weine sein Kleid und im Blute der Trauben sein Gewand. Die Augen

sind trübe von Wein und weiß die Zähne von Milch“ (1. Mos. 49,11.12). Es scheint, als ob die Prophezeiung von verschiedenen spräche: zunächst von dem Stamme Juda und dann von Christus Selbst. Judas Erbteil war das Land der Weinberge im Süden (2. Chron. 26,9.10). Im Hohenliede lesen wir von den Weingärten von Engedi, und Jos. 15,62 gibt an, daß Engedi in dem Erbteil Judas lag. Auch der Karmel lag darin.

Die Anwendung von Vers 11 und 12 finden wir in dem Bilde, das uns Jesajas in Kapitel 63,1-3 von dem HErrn gibt, wie Er von Edom kommt, von Bozra in hochroten Kleidern.

Forts. folgt, s. G. w.!

Das Kreuz auf Golgatha.

(Joh. 19,30.)

Mein Heiland, Dir zu Füßen am Kreuze will ich stehn,

Dir in Dein göttlich-schönes, verhöhntes Antlitz sehn;

Nur da kann ich es fassen, was Du für mich erwarbst,

Als Du, der Fürst des Lebens, für mich, den Sünder, starbst;

Ich war dem Tod verfallen und dem Gericht geweiht,

Du hast von Höllenqualen Dein armes Kind befreit;

Als dort am Kreuz ertönte Dein Ruf: „Es ist vollbracht!“

Hast Du zum Vaterherzen den Weg mir frei gemacht!

Wie soll ich es Dir danken, o heil'ges Gotteslamm,

Daß Du mein ganzes Elend gesühnt am Kreuzesstamm?

Nimm hin mein Herz, das schwache, mein Heiland, nimm es hin,

Weil Du es Dir erkauftest und ich Dein Eigen bin!

Gib Du mir Kraft zur Treue, bleib mir, Herr Jesus, nah,

Und laß mich nimmer weichen vom Kreuz auf Golgatha!

M. v. B.

Frage und Antwort

Frage 7

Ich bitte um eine kurze Darlegung von 1. Mose 2,4-9 verglichen mit der Reihenfolge in der Schöpfungsurkunde 1. Mose 1.

Antwort A

Der zweite Abschnitt des 1. Mose beginnt mit Kapitel 2 Vers 4. Jeder Abschnitt im Worte Gottes bringt neue Offenbarungen von Gott, Seinen Gedanken und Ratschlüssen.

Man kann das erste Kapitel im 1. Mose den Embryo (Keimkörper) der ganzen Bibel nennen; denn alle Gedanken und Vorsätze, die Gott später entfaltet, finden sich dort keimhaft.

Doch würden wir den Embryoabschnitt des Wortes nicht als solchen verstehen, wenn uns Gott in der ganzen Schrift Seine Gedanken nicht näher mitgeteilt hätte. Das Wort Gottes ergänzt und beleuchtet seine Gegenstände von verschiedenen Gesichtspunkten, weil wir Menschen nur stückweise lernen können und einen Gegenstand in seiner Vielseitigkeit nicht auf einmal schauen und begreifen.

Das zweite Kapitel behandelt die sittlichen und verAntwortlichen Beziehungen des Menschen zu Jehova Gott.

Im 1. Buch Mose Kapitel 1 wird uns Gott als Schöpfer vorgestellt, darum wird durchweg von Ihm als Gott, dem Schöpfer, geredet. Doch in diesem Abschnitt wird Er erstmalig Jehova Gott genannt. Dies bildet den Schlüssel zum Verständnis dieses Kapitels. Darum finden wir hier auch die Schöpfung des Weibes und ihre Beziehung zum Manne näher geschildert. In Kapitel 1,27 wird dies nur angedeutet. Die unüberbrückbare Kluft zwischen dem Menschen und dem Tiere wird uns in den Versen 18-20 im 2. Kapitel treffend gezeigt. Alles steht im Einklang mit dem Hauptgedanken dieses Abschnittes, den sittlichen Beziehungen des Menschen zu Jehova Gott.

Nachdem uns im 1. Kapitel 1. gezeigt wird, daß Gott den Menschen schuf, 2. ihn machte, wird uns 3. in diesem Abschnitt gezeigt, wie er gebildet wurde. Ist in diesen drei Worten nicht die Dreieinigkeit des Menschen dargestellt?! (Vgl. Jes. 43,7, wo diese drei Worte wieder vorkommen, mit 1. Thess. 5,23.) In Kapitel 2, Vers 7 wird seine irdische Abstammung hervorgehoben, aber in Kapitel 1,27 seine Gottesebenbildlichkeit. Durch den Geist unterscheidet sich der Mensch vom Tiere. Gott hauchte in seine Nase den Odem des Lebens, und der Mensch wurde eine lebendige Seele. Obwohl der Mensch eine Seele hat, was vom Tiere auch gesagt wird, empfing er sie ganz anders als die Tiere; denn keinem Tiere wurde der Odem des Lebens in die Nase gehaucht, nur dem Menschen, darum kann seine Seele nicht sterben (Matth. 10,28).

Dann ist uns die Abhängigkeit des Menschen von Gott in dem Baume des Lebens, dem Baume der Erkenntnis und dem Strome geschildert. Hier haben wir ein Bild von der Dreieinigkeit Gottes.

Erkenntnis und dem Strome geschildert. Hier haben wir ein Bild von der Dreieinigkeit Gottes.

Ferner wird uns in der Schöpfung des Weibes die Ergänzung des Mannes gezeigt.

Die drei Hauptgedanken des 2. Kapitels sind: 1. die Bildung des Menschen; 2. die Abhängigkeit des Menschen; 3. die Ergänzung des Menschen.

Wir haben hier auch die Dreiteilung des Bodens oder der Erde:

1. Eden, es scheint ein besonderer Ort zu sein. Vers 8.

2. Garten, er war eine besondere Pflanzung Jehovas.

3. Feld, welches den äußeren Kreis bildete, Vers 5.

Erinnert uns dies nicht an die Dreiteilung der Stiftshütte? Wie hier, so auch dort wird der Verkehr des Menschen mit Gott geregelt. In dem Abschnitt wird die Bildung des Menschen und der Tiere gezeigt, Vers 7 und 19. Zugleich aber das Unterscheidende. Weiter die Pflanzung und das Wachstum, Vers 8 und 9, und die Teilung der Erdoberfläche, Dinge, die im 1. Kapitel nicht genannt werden.

Dieser Abschnitt ist eine notwendige Ergänzung des 1. Kapitels. Der Hauptgedanke ist hier, die Schöpfung in Beziehung zum Menschen zu bringen und den Menschen in Abhängigkeit von Jehova Gott, zugleich werden uns die Beziehungen der beiden Geschlechter gezeigt. Der Schöpfungsbericht vom 1. Kapitel wird nur insoweit berührt, zum Teil vertieft und verschieden beleuchtet, wie es dem Menschen, der die Krone und das Herz der Schöpfung Gottes ist, entspricht.

Welche Weisheit Gottes offenbart sich in jedem Vers Seines Wortes!

K. O. St.

Antwort Des Schriftleiters

Eine kostbare, wertvolle Antwort ist uns hier geschenkt, die der HErr vielen segnen wolle!

Doch auf eines noch hinzuweisen scheint mir nötig. Es kommt mir so vor, als ob der Fragende einen Gegensatz zwischen den zwei Darstellungsweisen von Kapitel 1,26ff. und 2,4ff. vermuten könnte, insofern nämlich als nach Kapitel 1 der Mensch doch am Schluß der „Schöpfung“ geschaffen sei, während nach Kapitel 2 des Menschen Erschaffung vor der der Kräuter und Bäume gedacht werden könnte.

Aber das ist bei genauerem Forschen und Vergleichen keineswegs so, auch ist keinerlei Gegensatz vorhanden. Zunächst verweise ich auf Frage 15 in Band 8, wo in Antwort C klar nachgewiesen ist, daß es sich in Kapitel 1 nicht eigentlich um die Schöpfung handelt, sondern vor allem um die in jenen sechs (wirklichen) Tagen geschehene Bewohnbarmachung der Erde für den Menschen. Sie ist aus dem Zustand ihrer einstigen Schöpfungsherrlichkeit (Jes. 45,18 „nicht als Öde“) in der Zeit, die zwischen V. 1 und 2 in Kapitel 1 liegt, durch den Abfall Satans, des „Fürsten der Welt“, herausgefallen und in den trostlosen Zustand des „Tohuwabohu“ geraten und bedurfte dessen, neu gestaltet (gemacht“ 2. Mose 20,11) zu werden, um dem Menschen als Wohnplatz dienen zu können. Geschaffen wurden Stoff, Seele und Geist (1,1.21.27). Die übrigen Dinge wurden gemacht. Alles mußte für den da sein, der als Krone der Schöpfung gegeben wurde. Ehe der Mensch da war, da waren wohl die Kräfte in und auf der Erde wirksam, die dem zukünftigen Beherrscher unterworfen sein sollten, aber was die Erde in ihrer Schönheit sein sollte, das konnte sie nicht sein, ehe ihr Beherrscher auf den Plan getreten war. Erst als der da war, der die Erde zu bebauen hatte, da konnten die Kräfte, die keimhaft in der Erde lagen, sich entwickeln und wachsen. Ehe der Mensch da war, gab Gott keinen Regen, also keine „fruchtbaren Zeiten“, nur Nebel, gleichsam als Vorbereitung auf die einige Tage später einsetzende Zeit, da der Mensch die Regenzeiten wie überhaupt wohl die Jahreszeiten würde ausnützen können. Der Abschnitt von der Bildung des Menschen, nachdem im 1.

Jahreszeiten würde ausnützen können. Der Abschnitt von der Bildung des Menschen, nachdem im 1. Kapitel einfach seine Erschaffung mitgeteilt ist, besagt also als Ergänzung zu den Vorgängen von Kapitel 1 folgendes: als vom Pflanzenreich erst keimhafte Anfänge vorhanden waren - nichts kann ja wachsen, wozu nicht der Keim, das Leben da ist! -, aber kein Wachstum, weil kein Regen (äußere Notwendigkeit zur Bebauung) und kein Mensch (innere Notwendigkeit zur Bebauung) da war, da bildete Gott den Menschen aus Staub von der Erde und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens ... Während also in Kapitel 1 der Mensch als Teil der Schöpfung vorgestellt ist, so in Kapitel 2 in seinem persönlichen Verhältnis zu Jehova Gott, durch das er fähig wurde, den Zweck zu erfüllen, zu dem er im Bilde Gottes geschaffen war: in Abhängigkeit von Jehova Gott, als lebendige Seele, zu der er geworden war, die materielle Erde mit den (seelischen) Wesen darauf zu beherrschen.

Das war unsere herrliche Bestimmung, und wie kostbar ist die erste Ausführung dieser Bestimmung verlaufen (Kapitel 2)! Aber dann wurde das Bild Gottes hienieden aufs schrecklichste beschmutzt durch den Fall des „ersten Adam, der von der Erde war“ (1. Kor. 25,47a). Gleichwohl hörten die Beziehungen nicht auf zwischen Jehova Gott (die Schlange kann nur sprechen von Gott: 3,1.5) und dem Menschen (V. 8ff.), und in „dem zweiten Menschen“, „dem letzten Adam“, „dem Menschen“ nicht von der Erde, sondern „vom Himmel“ (1. Kor. 15,47b), dem, der gegenüber Adam, der lebendigen Seele „ein lebendig machender Geist ist“ (1. Kor. 15,45) - in Ihm sind die Ratschlüsse Gottes erfüllt, und das durch den ersten Adam zerstörte Bild Gottes ist aufs herrlichste neuerstanden, und „durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit werden auch wir verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist“ (2. Kor. 3,18).

Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott, wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Psalm 139,17).

F. K.

Frage 8

Römer 16,26: Welches sind die prophetischen Schriften, durch die das verschwiegen gewesene Geheimnis jetzt geoffenbart ist? Wenn es nicht alttestamentliche Schriften sind, welche neutestamentlichen? Und wenn alttestamentliche, wie kann es erst jetzt geoffenbart sein? (vgl. Eph. 3,2-11; Eph. 5,32; Kol. 1,25-27; 1,23). Ich stoße darauf beim Studium einer Offenbarungs-Auslegung von Bullinger, in der es unter anderem in einem Unterabschnitt „Die Kirche ist nicht Gegenstand alttestamentlicher Weissagung“ heißt: „Es finden sich im Alten Testament Stellen, die zur Veranschaulichung dessen gebraucht werden können, was später offenbart worden ist; aber nur als Anwendung, nicht als Lehre oder Auslegung sind sie zu benutzen. Von dem Geheimnis, die christliche Kirche (Gemeinde, Versammlung) betreffend, wird uns gesagt, daß es von der Welt her verschwiegen gewesen ist (Röm. 16,25)“ usw.

Antwort A

Wenn auch in dem Bullingerschen Buche über die Offenbarung manche Auslegungen, die sich auf dessen Sonderideen gründen, entschieden abgelehnt werden müssen, so ist der angeführte Ausspruch, daß die Gemeinde nicht Gegenstand der alttestamentlichen Weissagung ist usw., eine allgemein anerkannte Wahrheit, mit der Römer 16,26 nicht in Widerspruch steht; denn die Schrift kennt nicht nur Propheten des Alten Testamentes, sondern auch Propheten der Gemeinde. Gott hat der Gemeinde gegeben: Apostel, Propheten, Lehrer usw. (1. Kor. 12,28; Eph.4,11; Eph. 2,20.)

Paulus schreibt den Ephesern (Eph. 3,3-11), daß das Geheimnis (des Leibes Christi - Seiner Gemeinde) in anderen Geschlechtern nicht kundgetan worden ist, wie es jetzt Seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste geoffenbart worden ist, und in dieser Schriftstelle, Röm. 16,26, sagt er klar und deutlich, daß das Geheimnis in den Zeiten der Zeitalter verschwiegen war, aber jetzt geoffenbart sei. Wie kann er, wenn er in dem gleichen Zusammenhang von „prophetischen Schriften“ redet, etwas anderes meinen als die Schriften der Apostel und Propheten, die der HErr jetzt Seiner Gemeinde gegeben hatte und auf deren Grundlage Seine Gemeinde jetzt auferbaut wurde?

Gemeinde gegeben hatte und auf deren Grundlage Seine Gemeinde jetzt auferbaut wurde?

Die Schriften der Apostel sowohl wie auch die Schriften der Propheten der Gemeinde sind insofern prophetische Schriften, als sie den Menschen jetzt die neuen Wege und Pläne Gottes offenbaren. Die Schriften von Männern wie Markus, Lukas usw., die nicht Apostel waren in dem Sinne wie die Zwölfe, sind wohl als prophetische Schriften anzusprechen.

An welche prophetischen Schriften Paulus in seinem Briefe an die Römer dachte, vermögen wir nicht zu sagen. Aus den Worten aber scheint hervorzugehen, daß die Gläubigen in Rom solche kannten. Nicht alles, was die Apostel und Propheten geschrieben haben, ist uns aufbewahrt geblieben, wie wir das z. B. aus Kol. 4,16 ersehen. Aber die Schriften, die (nachdem die Gemeinde durch die Apostel und neutestamentlichen Propheten ihre Gründung erhalten hatte) für die weitere Auferbauung der Gemeinde nötig waren, hat Gott uns in Seinem heiligen Buche zugeteilt.

v. d. K.

Antwort Des Schriftleiters

Der genaue Wortlaut dieser Stelle nötigt zunächst nicht dazu, hier an das im Epheserbrief genannte Geheimnis von der Gemeinde zu denken, denn 1. fehlt im griechischen Grundtext vor den beiden Worten „Offenbarung“ und „Geheimnis“ der Artikel, der in der Elberfelder Übersetzung (aber z. B. nicht bei Wiese) steht; 2. deutet der Ausdruck „Glaubensgehorsam“ in nichts auf den Epheserbrief hin, wohl aber auf Röm. 1,5, wo unleugbar von dem sich auf alle Nationen erstreckenden Evangeliumspredigtdienst Pauli die Rede ist; 3. ist der sich auf die Nationen erstreckende Heilsratschluß in Christo doch auch ein Geheimnis (vgl. das Geheimnis des Evangeliums Eph. 6,19), für das es in den prophetischen Schriften des Alten Testaments wohl viele Andeutungen gab (siehe z. B. Jes. 49,5.6 u. vgl. Röm. 11,25 u. Röm. 15,9-12), aber doch durchaus keine so klaren Enthüllungen wie in den neutestam. prophet. Schriften; 4. kann der in der Elberf. Übers. mit „Zeiten der Zeitalter“

übersetzte Ausdruck ebensogut mit „in ewigen Zeiten“ wiedergegeben werden, wobei er sich gar nicht auf das Alte Testament zu beziehen braucht, sondern es handelt sich um ein Geheimnis, welches in ewigen Zeiten verschwiegen war, dann aber schon durch alttestamentliche prophetische Schriften angedeutet wurde und jetzt durch neutestamentliche prophetische Schriften enthüllt ist.

Ich habe diese vier Punkte nur angeführt, um denen zu helfen, denen die Frage nach den neutestamentlichen prophetischen Schriften größere Schwierigkeiten macht, da sie wissen, daß bei der Abfassung des Römerbriefes der Epheserbrief noch nicht vorlag. An Briefen Pauli waren erst die beiden Thessalonicher- und allerdings auch die beiden Korintherbriefe geschrieben, in welch letzteren ja auch viel von der Gemeinde, dem Leibe des HErrn die Rede ist (siehe aber auch im Römerbrief Kap. 12,4.5!). Wenn man aber trotz dieser prophetischen, d. h. die Aussprüche und den Willen Gottes verkündenden Schriften und trotz der Tatsache, die auch Antwort A berührt, daß einige Schriften verloren gegangen sind, hier nicht an neutestamentliche Schriften denken zu können glaubt, so geben obige vier Punkte auch die Möglichkeit, hier ein anderes Geheimnis, einfach das des Evangeliums für alle, zu sehen, das bis zu seiner Enthüllung und Kundmachung unvordenklich lange Zeiten verschwiegen geblieben war. (Das Hineinschauenwollen der Engel in diese Dinge wird dann m. E. auch noch verständlicher, 1. Petr. 1,12.) Übrigens kannman (muß man sogar vielleicht) im Geheimnis des Heilsratschlusses, wie es durch Paulus enthüllt ist (Römerbrief usw.), das Geheimnis des Leibes Christi, aus Juden und Nationen gebildet, stets eingeschlossen sehen. Der Römerbrief gab mehr die Grundlage der Gemeinde, der Epheserbrief die Ausgestaltung. Und so hat sicher die in Antwort A vertretene Anschauung wenigstens ebensoviel für sich, oder sie ist gar die richtige und verdient jedenfalls gründlichste Prüfung.

Ich empfinde bei dem Forschen über dieser Stelle, wie „unser Wissen und Verstehen Stückwerk“ ist, und schon diese Empfindung allein läßt mich das Kommen des Vollkommenen und Aufhören des Stückwerks herbeisehnen (1. Kor. 13). Dann werden wir hineinschauen in jene ungeahnten Ratschlüsse Gottes von Ewigkeit her (Eph. 1,3), und Staunen und Anbetung wird unsere Herzen

erfüllen, mehr noch, ja viel völliger, als einst des Paulus Herz erfüllt war am Schluß des kostbaren Römerbriefes (V. 27).

Gepriesen sei Gott, der uns Sein Wort in die Hand gab und uns nicht im Dunkel lassen wollte über Seine Gedanken, die so unendlich viel höher sind als die unseren!

F. K.

„Die Nacht ist weit vorgerückt.“

(Röm. 13,12.)

Gott hat uns eine „Lampe“ gegeben für den „dunklen Ort“ (2. Petr. 1,19). Der dunkle Ort ist diese Welt, die Lampe ist das prophetische Wort. Als der HErr in die Welt kam, sagte Er: „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh. 8,12). Die Welt aber verwarf Den, der das wahrhaftige Licht war. Seitdem ist es Nacht, und die Welt steht unter der Gewalt und Macht der Finsternis (Kol. 1,13).

Dieser Nacht jedoch folgt ein Morgen und ein Tag, der dem HErrn gehört. Edomiter fragten einst den Propheten: „Wächter, wie weit ist es in der Nacht?“, und heute fragen die Spötter: „Wo bleibt die Verheißung Seiner Ankunft?“ Nicht um es zu wissen, fragen sie, sondern aus Spott. Die Wiederkunft des HErrn ist ihnen alberne Torheit. Im Verkennen der Langmut Gottes brüsten sie sich: „Seitdem die Vater entschlafen sind, bleibt alles so, wie von Anfang der Schöpfung an“ (2. Petr. 3,4) und verhöhnen die, welche die Wiederkunft und das Gericht des HErrn bezeugen. Das Wort des HErrn ist ihnen nichts. Sie vertrauen auf das, was ihre Augen sehen, und doch konnten sie es wissen, daß Gott schon einmal in der Flut über diese Erde Gericht gehalten hat, aber sie suchen, es zu leugnen, um auch damit das zukünftige Gericht leugnen zu können. Der Wunsch ist der Vater ihrer Gedanken, daß der HErr nicht wiederkomme, denn sie fühlen, daß dann die Stunde der Abrechnung für sie schlagen wird.

Wir aber wissen, daß der HErr kommt und die Nacht ihr Ende finden wird durch den Tag des HErrn. Die Lampe des prophetischen Wortes beleuchtet uns den dunklen Ort, und wir erkennen die Dinge der Welt, wie sie dem kommenden Gerichte entgegenreifen und finden den schmalen Pfad, der uns den Gefahren der Vermischung entfliehen läßt. Das Licht der Lampe zeigt uns, daß die Nacht weit vorgerückt und der Tag nahe ist, und getrosten Herzens gehen wir durch die Schrecknisse der Nacht hindurch, Ihm, dem Bräutigam, entgegen.

Manche Kinder Gottes haben gemeint, die Erwartung des HErrn müsse nach dem prophetischen Worte eingestellt werden und sei nicht eher am Platze, bis dieses uns die Nähe des HErrn anzeige.

Ist das der Zweck des prophetischen Wortes, daß wir den HErrn erst zur Zeit des Anbruches des Tages erwarten sollen? Wie konnten die Gläubigen der ersten Zeit dann schon „Seinen Sohn aus den Himmeln“ erwarten? (1. Thess. 1,10.)

Das prophetische Wort wird uns als eine Lampe gezeigt, die den dunklen Ort beleuchtet, aber nicht die himmlischen Dinge. Wem würde es einfallen, das Himmelsgewölbe mit der Lampe abzuleuchten, um die Nähe des Aufganges des Morgensternes zu entdecken? Und wie sollte es uns in den Sinn kommen, die Lampe für den dunklen Ort zu nehmen, um damit die Nähe der himmlischen Dinge zu entdecken, die der göttliche Liebesplan über die beschlossen hat, die Er „die Himmlischen“ nennt? Für die Erwartung des wiederkommenden Heilandes ist uns die Lampe des prophetischen Wortes nicht gegeben. Das sehnende „Komm“, das die bräutliche Liebe dem „glänzenden Morgenstern“ zuruft (Offb. 22,16.17), hängt nicht davon ab, daß wir durch das prophetische Wort erst die Nähe des Tages erkennen müssen.

So wie der HErr in Seiner Liebe auf den Tag der Vereinigung mit den geliebten Seinigen harrt, um ihnen den „Morgen ohne Wolken“ zu bringen, so rechnet der HErr auch auf unsere ausharrende Liebe. Um Ihn zu erwarten, brauchen wir nicht das prophetische Wort, sondern ein Herz der Liebe, ein Herz, in dem „der glänzende Morgenstern“ so leuchtet, daß es ununterbrochen wachend und

ein Herz, in dem „der glänzende Morgenstern“ so leuchtet, daß es ununterbrochen wachend und wartend nach Ihm ausschaut. Liebe braucht nicht erst durch Zeichen der Nähe des Geliebten geweckt zu werden, den Geliebten zu erwarten. Die Braut wartet und sehnt sich immerwährend nach der Ankunft dessen, den ihre Seele liebt.

Wir können in dem Versuch, die Erwartung des HErrn auf die Erfüllung prophetischer Ereignisse zu verschieben, nur einen Trick des Feindes erblicken, die himmlische Berufung und den himmlischen Charakter der Gemeinde zu verdunkeln und die bräutliche Liebe erkalten zu lassen.

Wir blicken nach Ihm aus und nicht nach Zeichen. Wir erwarten Ihn Selbst. Und wenn uns das prophetische Wort mehr als in vergangenen Zeiten erkennen läßt, daß der Tag nahe ist, so wissen wir, daß unsere Errettung um so viel näher gekommen ist, und mit um so größerer Wachsamkeit warten wir auf Ihn, der uns in Wolken zu Sich entrücken und uns bewahren will vor der Stunde (nicht in der Stunde) der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird (Offb. 3,10).

Wenn wir nun für die Erwartung des HErrn, uns zu Sich zu nehmen, auch nicht von der Erfüllung prophetischer Worte abhängig sind, so bedürfen wir aber um so mehr der Lampe, die Zeichen der Zeit zu erkennen, die dem Tage des HErrn voraufgehen, wenn Er mit den Seinigen herabkommt Sein Reich aufzurichten. Durch das Licht des prophetischen Wortes sehen wir die Geschehnisse und die Entwicklung des dunklen Ortes in dem göttlichen Lichte, damit wir als Kinder des Lichts von den Dingen fern stehen, „um welcher willen der Zorn Gottes kommt über die Söhne des Ungehorsams“ (Eph. 5,6), auf daß wir in keiner Weise mit ihnen verbunden sind, sondern als Söhne des Tages die rechte Stellung ihnen gegenüber einnehmen.

Wenn Paulus den Thessalonichern schreibt: „Der Tag des HErrn kommt nicht, es sei denn, daß zuvor der Abfall komme (2. Thess. 2,3), so haben wir in diesem Worte ein „prophetisches Wort“, von welchem der HErr uns sagt, daß wir „wohl“ tun, darauf zu achten.

Laßt uns einmal die Lampe nehmen und in dem Lichte dieses prophetischen Wortes den dunklen Ort

Laßt uns einmal die Lampe nehmen und in dem Lichte dieses prophetischen Wortes den dunklen Ort ableuchten. Wie sehen in diesem Lichte die Moderne Theologie, die Christliche Wissenschaft, die Lehre der Millenniumsleute (sogenannte „Bibelforscher“), der Spiritismus, der Bund der Kämpfer, die Theosophie usw. aus? Betrachte sie! Alle tragen das Zeichen des Abfalls, alle sind sich gleich in der Verleugnung der Gottheit des Herrn Jesus und des Wertes Seines Sühnungstodes. So verschieden sie auch nach außen hin aussehen, wie sie sich auch gegenseitig bekämpfen und ablehnen, in dem Lichte der Lampe sehen wir sie alle auf einer Linie, der der Verwerfung des Herrn Jesus, als Gott geoffenbart im Fleisch. So verschieden auch Herodes und Pilatus waren, in der Geringschätzung und Verwerfung Christi aber waren sie eins. So wirken und inspirieren verborgen unter den verschiedensten Gestaltungen satanische Geister den Abfall. Unter schönen Gewändern versteckt, mit der Bibel in der Hand, mit dem Namen Christi auf den Lippen und einer scheinbaren Verehrung und Huldigung Jesu treten sie auf, so fein und bibelkundig, daß selbst Kinder Gottes, von ihren Vernunftschlüssen geblendet, den Abfall nicht sehen. Das Licht der Lampe aber enthüllt uns den dunklen Untergrund des Abfalles in der Verwerfung des Herrn Jesus, „welcher über alles ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5).

Wohl finden wir zu allen Zeiten Spuren des Abfalles, heute aber tritt uns der Abfall entgegen in Zügen, die schon das Gepräge tragen von dem, was uns in der Schrift als „der Abfall“ gekennzeichnet ist, der dem Kommen des Menschen der Sünde (dem Antichristen) den Weg bahnt und der dem Tage des HErrn voraufgeht.

Mit Recht richten wir die Lampe des prophetischen Wortes auf Israel, um zu sehen, wie weit es in der Nacht ist, aber auch das Licht dieses prophetischen Wortes zeigt uns, daß die Nacht weit vorgerückt und der Tag nahe ist.

Je heller das Licht des „glänzenden Morgensternes“ in unserem Herzen leuchtet, desto größer ist die Aufmerksamkeit, mit der wir die Zeichen der Zeit in dem Lichte der Lampe des prophetischen Wortes

beobachten. Und je größer die Sehnsucht nach Ihm, unserem HErrn, ist, desto entschiedener ist das Hinwegwenden und Sich-Reinigen von jeder Verbindung, wo der Sauerteig des Abfalls, und wenn auch nur keimend, gefunden werden mag.

Wie nahe ist unser geliebter HErr! Wie bald wird Er kommen, um uns, die Er mit Seinem kostbaren Blute erkauft hat, zu Sich zu nehmen - dorthin, wo Er ist (Joh. 14). Bald, teurer Bruder und teure Schwester, bald werden wir Ihn sehen und auf immer bei Ihm sein. Nur noch einige Tage, nur noch Augenblicke mögen es sein. Wie wollen wir diese kurze Zeit, diese Augenblicke noch verwenden? Wenn Er kommt, so vollzieht Er als Erstes die ewige Absonderung der Gläubigen von den Ungläubigen. Die einen gehen in Seine Herrlichkeit, die anderen gehen hinweg „vom Angesichte des HErrn“ (2. Thess. 1,9). Wie soll Er uns finden? Soll Er uns mit der Welt, mit den Ungläubigen vermischt finden? Soll Er uns finden verbunden mit Dingen und Traditionen, die nicht nach Seinem Willen und Seinem Worte sind? Soll Er uns nicht finden als solche, die da wandeln nach Seinem Worte - die ihre Mitknechte ermuntern zum Wandel in der Wahrheit und die den Verlorenen den Weg zum Heiland weisen?

Maleachi berichtet uns, daß unter dem von Gott abgewichenen und irregeleiteten Volke etliche waren, die Jehova fürchteten. Diese trugen Leid über den Abfall, sie achteten den Namen des HErrn und unterredeten sich miteinander. Der HErr „merkte auf“, und Er erfreute Sich ihrer und verheißt ihnen, daß sie Ihm zum Eigentum sein sollen an dem Tage, den Er machen wird, und wiederum sagt Er diesen, die Seinen Namen fürchten, daß ihnen die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird mit Heilung unter ihren Flügeln und daß sie ausziehen und hüpfen werden gleich Mastkälbern (Mal. 3,16; 4,2).

So dunkel auch im Alten Testament die Geschichte Israels abschließt, unsere Tage, die Tage der Offenbarung der größten Gnade Gottes, enden dunkler als jene. Aber so wie in den Tagen Israels, so findet Er auch heute solche, die Ihn fürchten. Die ernste Frage für uns ist, ob wir unter diesen sind. Jenen Treuen in Philadelphia ruft Er zu: „Du hast eine kleine Kraft, du hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet“ (Offb. 3,8), und ihnen gibt Er, gleich den Treuen des Alten

Bundes, die köstlichsten Verheißungen.

Der HErr schenke uns Gnade, daß wir auf Seinen Ruf: „Ich komme bald“ Ihm mit dem ungeteilten Herzen der Liebe Antworten: „Amen; komm, Herr Jesus!“

„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.“ .d. K.

Das Morgen- und Abendlamm.

(4. Mose 28.)

Es ist wunderbar, wie Gott Sich herabläßt, uns im Alten Testament in Vorbildern und im Neuen Testament in Tatsachen zu zeigen, wie köstlich der Wert des Opfers Christi für Ihn ist.

Das erste Opfer, welches im dritten Buche Mose erwähnt wird, ist das Brandopfer. Dieses zeigt uns den HErrn, wie Er freiwillig Sich Selbst Gott opfert. Das Opfer, welches Er darbrachte, war zur Sühnung für andere, und als solches stieg es als ein „lieblicher Geruch“ zu Gott empor. Damit, daß es Ihm ein lieblicher Geruch war, sagt uns Gott, daß Er Seine Freudeund Befriedigung darin gefunden, und zwar auch in bezug auf uns, für die das Opfer dargebracht wurde. Denn wir lesen von dem, der seine Hand auf den Kopf des Brandopfers legte, daß es „wohlgefällig für Ihn sein werde, um Sühnung für ihn zu tun.“ (3. Mos. 1,4.)

Diese köstliche Tatsache, daß das Opfer Christi ein „lieblicher Geruch“ für Gott ist, wird uns in einer besonderen Weise in 4. Mos. 28 in dem Morgen- und Abendopfer vor Augen geführt. Immer wieder wird uns dort gesagt, daß es Ihm ein Opfer „lieblichen Geruches“ ist (4. Mos. 28,6.8.13.24.27). So sehen wir aus diesem und dem nächsten Kapitel, daßChristus Gottes immerwährende Wonne und Freude ist.

So wie jeder Tag des Waltens Gottes über Israel mit dem Morgenopfer begann und jeder Tag mit dem Abendopfer endete, so beginnt Gott jeden Tag über Sein Volk mit Christo, dem „lieblichen Wohlgeruch“, und schließt jeden Tag Seines Waltens mit Christo. Dieses anzuschauen, gibt unserem Herzen eine wunderbare Ruhe. Diese Opfer waren die Höhepunkte jedes Tages.

In einer besonderen Weise bringt Er diese Seine Wonne anChristus in dem vermehrten Opfer am Sabbath (V. 9) zum Ausdruck, und ebenso geschah dieses im Anfang eines jeden Monats (V. 11) und bei ihren Festen (V. 19.27 usw.).

Das erste, was immer Ihm dargebracht werden mußte, war Christus, das Opfer „lieblichen Geruches“. An jedem Tage mußte Gott das Lamm dargebracht werden: das Lamm am Morgen und das Lamm am Abend. Das läßt uns erkennen, daß Christus, so wie Er Sich Selbst Gott geopfert hat, der immerwährende Ruheplatz der Wonne und der Befriedigung des Herzens Gottes ist. Gott allein vermag die Herrlichkeit und die Vollkommenheit des Herrn Jesus in Seinem Opfertode zu erfassen. Aber Erwill, daß wir es wissen sollen, daß in dem „lieblichen Geruche“ Seines Opfers wir angenommen sind. Deshalb will auch Gott, daß wir beständig Christus vor Ihn bringen und so Teilhaber seien an Seiner Freude über Ihn. Beachte die Worte in Vers 2 und 3 unseres Kapitels. „Meine Opfergabe ...“, „dies ist das Feueropfer, das ihr Jehova darbringen sollt.“ Wenn Israel sich Gott nahte, so sollte es in dem Bewußtsein geschehen, daß sie in dem Brandopfer Ihm das darbrachten, was Ihn vollkommen befriedigte und was Ihm „ein lieblicher Geruch“ war. Und Gott will, daß auch wir wissen sollen, daß Christus in Seinem vollendeten Werke allein es ist, in dem Gott Seine Befriedigung gefunden hat, und daß wir in Ihm angenommen worden sind.

Wie fangen wir unsere Tage an? Gott beginnt sie mit Christus. Wie enden wir sie? Gott endet sie mit Christus. Wenn der Tag sich schließt, müssen wir uns da nicht fragen, was sein Inhalt war? Wie leer lassen wir oft den Tag dahingehen. Wenn wir nur auf eine Tagesreise in dem Gang durch diese Wüste blicken, wieviel Mangel und Fehlen muß da schon oft Sein Auge bei uns sehen. Und doch steht ein

Thron der Gnade uns zur Hilfe bereit. Aber ach, vielleicht war der Tag nicht einmal mit dem Morgenlamm, mit dem Brandopfer des „lieblichen Geruches“ für Gott begonnen!

Vielleicht seufzt du, wohin nehme ich meine Zuflucht? Zu Ihm, in dem Gott Sein Wohlgefallen, auch in bezug auf uns, gefunden hat! Vielleicht ist der Tag vorübergegangen, Fehltritte und Wege des eigenen Willens, die andere nicht geschaut haben, haben Seine Augen gesehen. In Beugung und Bekenntnis nehmen wir unseren schuldigen Platz vor Gott ein. Aber, indem wir uns vor Ihm beugen, lassen wir (so wie an jedem Abend im Lager Seines geliebten, fehlenden Volkes) den Wohlgeruch des Brandopfers zu Gott emporsteigen. Und in diesem Opfer „lieblichen Geruches“ wissen wir uns einzeln und gemeinsam von Ihm angenommen. Welche Gnade! Er will, daß unsere Seele ihren Ruheort dort haben soll, wo Er ihn hat.

Da, wo Gott mit Wonne ruhet,

Bin auch ich in Ruh' gesetzt.

Mit einer uns unfaßbaren Liebe bezeugt Seine Gnade uns jeden Morgen neu und jeden Abend neu den „lieblichen Geruch“ des Opfers des Geliebten, in Dem Er uns begnadigt hat und in dem wir Ihm angenehm gemacht worden sind. (Eph. 1,6.)

Manche von uns beginnen den Tag mit Gebet und schließen ihn mit Gebet, und wer wollte etwas dagegen sagen? Aber deine Gebete werden ein schmerzvolles Bekennen und ein hoffnungsloses Klagen sein, wenn du es noch nicht erfaßt hast, daß du durch das vollkommene Werk Jesu Christi auf immer begnadigt und angenommen vor Gott stehst. Dies ist es, was uns in dem Morgen- und Abendopfer so deutlich vor Augen geführt wird. Wenn ich nicht die Gewißheit meiner persönlichen Annahme in meinem Herzen trage, bevor ich mich Gott im Gebet nahe, welchen Wert hat dann mein Christentum?

Hier liegt oft der Grund der zweifelnden Gedanken, ob Gott auf das, was wir bitten, Antworten wird.

Man geht mit sich und seiner Armseligkeit zu Gott, aber nicht mit Christus. Ich bin nichts und habe nichts. Wie würdig aber ist Er! Wird Gott uns etwas vorenthalten, was zur Verherrlichung Seines Sohnes dient, der Ihn auf Erden verherrlichte? Selbst wenn mir auf das, was wir in Seinem Namen bitten, nicht die Antwort Erhalten, die wir erwarteten, so nimmt Er uns doch die Last von der Seele, und Er läßt uns Ihn schauen, in welchem Er Sein Wohlgefallen gefunden, und wir wissen, daß Er alles so führt, daß Sein herrlicher Name an unserem Leibe hoch erhoben werde, und so werden unsere Gebete nach Phil. 4,6.7 in Lob und Dank ausklingen.

Wenn es Gottes Wille ist, daß wir alle unsere „Zeiten“ mit Christo anfangen und mit Christo beschließen, so ist darin auch enthalten, daß unsere Herzen allezeit und völlig in Ihm ruhen sollen; wie der Psalmist sagt: „In Deiner Hand sind meine Zeiten“ (Ps. 31,15). Dann werden die Opfer des Lobes durch Ihn Gott dargebracht werden (Hebr. 13,15), so wie Er es will, daß wir sie Ihm „darbringen zu ihrer bestimmten Zeit“ (4. Mos. 28,2b). Tun wir dieses? Dann erfahren wir die Wahrheit des Wortes in unseren Seelen: Du machst jauchzen die Ausgänge des Morgens und des Abends (Ps. 65,8), denn der Grund unseres Jauchzens ist Christus.

Das, was wir im Alten Testament betrachtet haben, können wir mit den Worten des Neuen Testamentes beschlie ßen: „Wandelt in Liebe, gleichwie Christus uns geliebet und Sich Selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch“ (Eph. 5,2). Und dieser Wohlgeruch steigt ununterbrochen zu Gott auf. Gott sagt uns dieses, damit wir es wissen sollen. Warum?

A. (v. d. K.)

Jakobs Prophezeiung.

(Jes. 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11.)

(Fortsetzung von Seite 119.)

Dann geht Jakob in seiner Weissagung von seinem vierten Sohn auf

Sebulon,

seinem zehnten Sohne, über. Warum tut er das? Alles in der Schrift ist vollkommen. Nicht nur ist jedes Wort von Gott eingegeben, sondern auch die Anordnung der Worte beweist die Tätigkeit des heiligen Geistes. Wir sahen, wie bei dem vierten Sohne die Augen des sterbenden Erzvaters deutlich auf Christus Selbst gerichtet waren, der dem Fleische nach aus Juda kam. Die innige Verbindung, in der unser HErr nun während der ersten Zeit Seines Wandels auf Erden mit dem Lande Sebulon stand, finden wir in der Nebeneinanderstellung dieser beiden Stämme in dem Segen Jakobs wieder. Nachdem von dem Stamme gesprochen ist, aus dem der HErr geboren wurde, wird als nächster der genannt, in dem Er die ersten dreißig Jahre Seines Lebens verbrachte. Das dürfte unserer Ansicht nach wohl der Hauptgrund sein, warum der zehnte Sohn gleich hinter dem vierten genannt wird. Der Stamm Sebulon hatte keinen besonders angesehenen Platz in der Geschichte des Volkes Israel; er ist nur seiten einmal genannt, aber dann stets in ehrenvollem Zusammenhang. Zunächst lesen wir von ihm in Richter 5, wo Debora ihr Lied von dem Siege Israels über Jabin und Sisera singt. „Sebulon ist ein Volk, das seine Seele dem Tode preisgab“ (Vers 18), und „von Makir zogen hinab die Führer, und von Sebulon, die den Feldherrnstab halten“ (V. 14). In 1. Chron. 12 finden wir die Männer aufgezählt, „welche zu David nach Hebron kamen, um ihm das Königreich Sauls zuzuwenden nach dem Befehle Jehovas“ (V. 23).

Dabei heißt es: „Von Sebulon, die zum Heere auszogen, mit allen Kriegswaffen zum Kampfe bereit, 50000, und zwar, um sich in Schlachtreihen zu ordnen mit ungeteiltem Herzen“ (V. 33). Und schließlich wird gesagt, daß die, die der in Hebron bei David versammelten Menge nahe wohnten, bis nach Issaschar und Sebulon und Naphtali hin Lebensmittel, Wein und Öl herbeischafften, so daß sie

drei Tage bei David zusammenblieben, weil ihre Brüder so für sie sorgten (V. 39).

Jakobs Weissagung über Sebulon handelt hauptsächlich von der Lage des Erbteils, das sie im Lande Kanaan haben sollten. Die Weissagung des Mose über die zwölf Stämme (5. Mos. 33) ist betreffs Sebulon der des Jakob ähnlich: „Freue dich, Sebulon, deines Auszuges (zur See), und du, Issaschar, deiner Zelte. Sie werden Völker zum Berge (Zion) laden, daselbst werden sie Opfer der Gerechtigkeit opfern, denn sie werden saugen die Fülle der Meere und die verborgenen Schätze des Sandes“ (18.19). Der Charakter Sebulons, den Jakob hier beschreibt, ist ganz verschieden von dem Issaschars, von dem er sagt, daß er zwischen den Hürden lagert, daß er sieht, daß Ruhe gut ist, und er seine Schulter zum Lasttragen beugt (1. Mos. 49,14.15). Sebulon dagegen war ein Handel treibendes und seefahrendes Volk. Es hatte Sidon, die große Handelsstadt, zum Nachbarn (V. 13).

Das Erbteil, das dem Stamme Sebulon zuteil wurde (Jos. 19,10.11), und das Erbteil von Naphtali, welches daneben lag, trug später den Namen „Galiläa der Nationen“ (Matth. 4,15). Diese Galiläer waren ein kräftiges, unternehmendes Volk, das sich reichlich mit den Nationen vermischt hatte. Die schon oben erwähnte Weissagung des Mose spricht klar die Tatsache aus, sie weist hin auf die Zeiten des Neuen Testamentes, wo Galiläa die Mehrzahl der ersten Boten des Kreuzes stellte. Mose sagte: „Freue dich, Sebulon, deines Auszuges!“ Ist es da nicht bemerkenswert, daß von den zwölf Jüngern elf aus Galiläa waren? Judas allein war eine Ausnahme. Und wie lieblich sind die folgenden Worte des Mose: „Sie werden Völker zum Berge laden; daselbst werden sie Opfer der Gerechtigkeit opfern“.

„Es wird an der Anfurt des Meeres wohnen“, „an der Anfurt der Schiffe“ übersetzt Luther 1. Mos. 49,13. Galiläa war dazu da, ein Hafen, ein Zufluchtsort, ein Platz zu sein, wo vom Sturm hin und her geworfene Schiffe Ankergrund und Ruhe fanden. Und hier war es, wo Joseph und Maria mit dem Jesuskinde einen Ruheplatz nach der Rückkehr aus Ägypten fanden. Hier weilte der Herr Jesus bis zu Seinem öffentlichen Auftreten. Schließlich lesen wir in Joh. 7,1: „Und nach diesem wandelte Jesus in Galiläa, denn Er wollte nicht in Judäa wandeln, weil die Juden Ihn zu töten suchten“. Galiläa war also auch Ihm zum Zufluchtsort.

Über

Issaschar,

dem fünften Sohn, ist es schwierig, die genaue Bedeutung und Kraft der Aussprüche Jakobs zu verstehen. Auch ist es nicht leicht, ihre Erfüllung in der Geschichte des Stammes, der von ihm entsprang, nachzuweisen. Eins ist sicher: einen Mann mit einem Esel zu vergleichen ist heute ein Tadel, aber das war nicht so zu Jakobs Zeit. In Israel war der Esel kein verachtetes, sondern ein angesehenes Tier. Er trug nicht nur Lasten, sondern die Vornehmen benutzten ihn als Reittier (Richt. 10,4; 12,14). Bis zu Salomos Zeit hatte Israel keine Rosse; davor waren sie von Jehova gewarnt (5. Mos. 17,16). Aber der Esel war damals so häufig und so nützlich bei ihnen, wie heute bei uns das Pferd. Der Esel sollte Israel daran erinnern, daß es ein abgesondertes Volk sei, dessen Vertrauen der Herr war und nicht Wagen und Rosse, auf die die anderen Völker jener Zeit ihr Vertrauen setzten.

„Issaschar ist ein knochiger Esel“, sagt Jakob, und die Erfüllung dieses Teiles der Verheißung können wir in der Geschichte des Stammes verfolgen. In 4. Mos. 26 wird uns von der zweiten Zählung derer erzählt, die zum Heere auszogen in Israel. Da finden wir dann, daß von den zwölf Stämmen nur Juda und Dan stärker als Issaschar waren, und zwar hatte Dan nur hundert streitbare Männer mehr. Und in den Tagen der Könige war der Stamm Issaschar noch kräftiger geworden. Während er in 4. Mos. 26,25 64300 Männer hatte, die zum Heere auszogen, lesen wir von ihm in 1. Chron. 7,5: „Und ihre Brüder, nach allen Geschlechtern Issaschars, streitbare Männer, waren 87000, die Gesamtzahl der Verzeichneten.“ Lies zu Issaschar noch 5. Mos. 33,18.19; Richt. 5,15; 1. Kön. 15,27 und 1. Chron. 12,32 u. 40.

Forts. folgt, s. G. w.!

Erste Schritte im Glaubensleben.

Einige Winke zur Belehrung für Neubekehrte.

„Glückselig, die Seine Zeugnisse bewahren, die von ganzem Herzen Ihn suchen!“ Ps. 119,2.

Die Jahre 1923 und 1924 erscheinen dem Diener am Evangelium besonders dadurch gekennzeichnet, daß unser Gott und Vater in ganz außerordentlich bemerkenswerter Weise bemüht ist, teure unsterbliche Menschenseelen dem ewigen Verderben zu entreißen und sie zu Seinem Sohne zu ziehen (Joh. 6,44), die somit, zu diesem kommend, von Ihm angenommen werden (Joh. 6,37) und durch Glauben an Ihn Vergebung der Sünden und Gotteskindschaft empfangen durch Seinen Namen (Apgesch. 10,43; vergl. Joh. 1,12), diesen kostbaren Namen, in welchem allein Errettung ist (Apgesch. 4,12).

Die Tatsache, daß durch die vereinigte Wirksamkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (Luk. 15) viele Sünder das „Licht der Welt“ erblicken, indem sie Ihn, der das wahre Licht der Welt ist, Christus (Joh. 12), kennen lernen, legt der Gemeinde des HErrn mehr und mehr die Verpflichtung auf, die Kindlein in Christo in der rechten Weise aufzuerziehen im Worte der Wahrheit und ihnen die ersten Glaubensschritte in einer für ihr junges geistliches Alter verständlichen Weise so beizubringen, daß sie sich „gesund im Glauben“ entwickeln. Der Verfasser dieses Aufsatzes, der selber alsMitarbeiter am Evangelium mancher Seele durch die Gnade des HErrn solche Helferdienste tun durfte und darf, ist darum auch vonmehreren größeren Kreisen angegangen worden, ihnen einfache Unterweisungen an die Hand zu geben, die zu dem gesegneten Zwecke, Junggläubigen weiterzuhelfen, mit beitragen könnten. Diesen Anregungen zufolge entstand die vorliegende Arbeit, die den doppelten Dienst tun möchte: 1. Solchen, die sich um das gesunde Wachstum der Jungbekehrten in den einzelnen Gemeinden kümmern, zu helfen, bei ihren Unterweisungen jener auf einige der wichtigsten Punkte den Finger zu legen; 2. aber auch solchen jungen Kindern Gottes, die

durch die Belehrungen des Heiligen Geistes von der Notwendigkeit des Zunehmens an geistlichem Alter und Gnade bei Gott und den Menschen überzeugt worden sind, zu Hilfe zu kommen, daß sie sich selbständig nach der Schrift zu unterrichten vermögen über allerlei erste Schritte auf dem neuen lebendigen Wege, dem Glaubenswege in der Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus (1. Joh. 1,3).

Möchte der HErr, des wir sind und dem dienen zu dürfen eines der kostbarsten Vorrechte ist, diese kleinen, schlichten „Bemühungen der Liebe“ (1. Thess. 1,3) segnen zu Seiner eigenen Verherrlichung!

1.

Die wichtigste Frage für den Junggläubigen, der in Buße (d. i. Sinnes- und daraus folgender Wegänderung), Bekehrung und Heilsglauben an den Herrn Jesus Christus zu diesem gekommen ist und, gerechtfertigt von seinen Sünden, „Frieden mit Gott“ hat (Röm.5,1), ist die: „Wie behalte ich Heilsgewißheit?“ Ich nehme an, daß die Heilsbelehrung dem Betreffenden klar gemacht hat, daß er sich als gänzlich verlorener Sünder allein auf das kostbare, für ihn geflossene Blut Jesu Christi, das Sühnungsblut des Mittlers, verlassen und den untrüglichen Aussagen des Wortes Gottes über das Blut Jesu und den Wert desselben in Gottes Augen trauen sollte. Über diese Dinge mit dem Heilssuchenden zu reden liegt ja zuerst dem christlichen Helfer ob, der solcher Seele den Liebesdienst tut, sie auf den Weg des Friedens zu weisen. Kein Helfer kann in dieser Hinsicht zu deutlich und unzweideutig reden. Manche unklare Bekehrung hat ihren Grund in mangelhafter Heilsunterweisung. Manche „Kinderkrankheit“ ist die Folge solchen Mangels an Klarheit über den ewigen unantastbaren Grund des Heils in Christo. Möchten wir alle, die wir hierin Dienst zu tun haben, uns durch die Gnade fähig machen lassen, diesen Dienst so ernst, so treu, so schriftgemäß wie möglich zu tun! Nur dann helfen wir mit dazu, daß die teuren Seelen von Anfang an Heilsgewißheit haben. Diese kann ihnen ja nur der Heilige Geist geben (den die empfangen, die an

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Vgl. das sehr empfehlenswerke Schriftchen von A. v. d. Kammer: „Wie wird's mein?“, das von dem gleichen Schriftenversand zu beziehen ist!

Christus gläubig werden; Joh. 7,39; Röm. 8,14-16; V. 9!), nicht wir, aber eben darum ist unser Hilfsdienst auch so verAntwortungsvoll. Aber wenn wir nun auch in aller Schwachheit diesen Dienst so treu wie möglich getan haben, wie helfen wir den Junggläubigen, Heilsgewißheit zu behalten? Nur auf dem gleichen Wege behalten sie sie, wie sie sie bekamen: Das Blut Jesu Christi gibt ihnen die ewige Sicherheit (2. Mose 12,21-23; 1. Joh. 1,7; Kol. 1,20), während ihnen allein das Wort Gottes die ewige persönliche Gewißheit verbürgt1 (1. Joh. 5,9-13 u. a.). Wir können dem Blute Christi und dem, was Gott von demselben denkt und über dasselbe in Seinem Worte sagt, nie zuviel trauen! Das Blut und Sein Wort! Bruder, Schwester, denke daran! „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19,30.) Er hat's getan, und Er hat's gesagt, - das ist und sei deine Sicherheit im Leben und im Sterben und deine herrliche Gewißheit! - Er hält Sein Wort für ewig!

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Vgl. das sehr empfehlenswerke Schriftchen von A. v. d. Kammer: „Wie wird's mein?“, das von dem gleichen Schriftenversand zu beziehen ist!

2.

Wie begegne ich aber den Angriffen des Teufels, der mir zuflüstert: „Du bist ja gar nicht errettet, denn du fühlst ja nichts!“? Eine Frage, die vielen zu schaffen macht. Mein Bruder, meine Schwester, ich rate dir: höre nie auf diese Einflüsterungen des Feindes! Er will dich mutlos machen, dir die Freude am HErrn nehmen, die doch unsere einzige Stärke ist (Neh. 8,10), die aber nichts mit Gefühlen zu tun hat. Gefühle können nie einen sicheren Heilsgrund abgeben. Gefühle sind wechselnd wie Sonne und Regen und hängen oft von den Nerven, vom Wetter und anderen Stimmungen ab. Erfahrene Christen geben nichts auf Gefühle, so schön sie mitunter sein mögen. Gefühle schwinden, wenn man sie auf ihre Beständigkeit und ihren Wert prüft. Gefühle sind seelisch, aber nicht geistlich. Das „Zeugnis des Geistes“, das dem echten Glauben an Christus als Siegel aufgedrückt wird, äußert sich nicht in Gefühlen, sondern in innerem Überzeugtsein und Haben dessen, was der Glaube an Christus gibt: „Freude, Friede ...“ usw., Dinge, die keine Einbildungen sind, sondern Besitztümer, die ihre Kraft gerade dann am besten beweisen, wenn alle seelischen und fleischlichen Gefühle vergehen. Möchten wir nie diese Frucht des Geistes: „Freude, Friede, Liebe ...“ (Gal. 5,22) mit Gefühlen verwechseln! Tretet, Geschwister, dem Feinde entgegen mit dem Wort des HErrn und der

Tatsache, daß Christus euch angenommen hat (Joh. 6,37). Dankt dem HErrn auf den Knien täglich aufs neue für diese köstliche Gewißheit in Ihm und Seinem Wort! Damit schlagt ihr den ohnehin auf Golgatha besiegten Feind!

3.

Mit Gebet und Dank täglich, so oft wie möglich („wachet und betet!“), und mit dem kostbaren Gotteswort, das jeder Gläubige als tägliche Nahrung braucht (- jedes Kind Gottes muß seine eigene Bibel haben, womöglich neben Luthers eine der neueren wortgetreueren Übersetzungen, wie die Elberfelder oder die Miniaturbibel -), vermögen wir überhaupt die meisten Angriffe des Feindes, der Welt und unseres eigenen Fleisches siegreich zu überwinden. Zu solch letzteren Angriffen gehören die, uns in die Lüste der Welt und des Fleisches hineinzuverstricken. Aber diese Dinge vergehen (1. Joh. 2,15-17) und haben nichts Schönes für den, der durch die Liebe Christi dem Wesen der Welt entflohen ist (vergl. 2. Petr. 2,20). Möchten wir auch bedenken lernen, wenn wir dies auch erst nach und nach verstehen, daß Christus so völlig an unserer Stelle starb, daß wir uns im Glauben als mit Ihm gestorben betrachten dürfen. Wem aber starb Er? Er starb der Sünde! (unserer Sünde!) Und wem lebt Er? Er lebt für Gott (Röm. 6,10.11). Also auch mir! Durch Glauben an Ihn befinden wir uns auf dem Auferstehungsboden, wo wir uns im Glauben der Sünde für tot halten dürfen und in einem neuen Leben für Gott leben können. Also heißt es für uns immer mehr: Sein Wort lesen, um Ihn und Seine Kraft mehr kennen, schätzen und gebrauchen zu lernen! Christus ist alles für uns! (1. Kor. 1,30!)

Sein Wort! Ein Christ wird überhaupt je länger je mehr sich darüber belehren lassen, bei allem, was er liest, sich zu fragen: wie stimmt das Gelesene mit dem Wort Gottes, paßt es dazu? Geziemt es sich auch für mich als Kind Gottes, Schriften und Bücher zu lesen (beispielsweise Schriften von allen möglichen religiösen Richtungen, Bücher widergöttlichen Inhalts, wie die meisten Romane es auch sind, Zeitungsromane usw.), die dem Sinn und Geist Christi nicht entsprechen oder ihm

widersprechen? Möchte es dem Heiligen Geist gelingen, in dieser Hinsicht mehr die Herrschaft über unser Leben zu bekommen! Liebes junges Kind Gottes, lerne vor allem schätzen und lesen das teure Wort Gottes!

4.

Der Christ, jung wie alt, muß auch täglich mehr lernen, auf Christum zu schauen, dann würden ihm die Welt, die Sünde, das eigene alte „Ich“, die Verführungen der Menschen usw. - alles klein, und im Glauben an Christus gewinnt er Kraft (Phil. 4,13), ein Überwinder in dieser Welt zu sein. Dann wird er auch Sieger sein in einer ganz besonders schweren Frage: Wie verhalte ich mich in den Leiden dieser Zeit? Ja, Geschwister, da gibt's nun zweierlei große Arten von Leiden: 1. verschuldete und 2. unverschuldete Leiden! Wir sehen die erstere Art nie bei Christus, und darum sollten wir diese Art auch nie durchmachen müssen! Darüber belehrt uns 1. Petr. 2,20; 4,15. Und wenn das Wort uns solche Belehrung gibt, so gibt es auch die Möglichkeit dazu, durch die innige Gemeinschaft mit Christus in solchem Leben ohne verschuldetes Leid zu wandeln. Lest recht treu in der Schrift, so findet ihr manches Licht über diese Sache. Nun, und unverschuldete Leiden? Die müssen wir durchmachen! Machen wir sie nicht durch, so gleicht unser Christentum nicht dem der ersten Zeugen Christi! (Apostelgeschichte! 1. Thess. 3,3.4; 1. Petr. 2,19; 4,12.13 usw.) Am wichtigsten aber ist, daß unser geliebter HErr sehr viel leiden mußte von seiten der ungerechten Welt, und Er hat uns verheißen, daß es so auch unser Teil sein werde (Joh. 15,18-21; Matth. 5,11.12 u. a.). - Wollen wir's besser haben in der Welt, die Ihn verworfen hat, als Er Selber? Möchten alle Jungbekehrten frühzeitig etwas lernen von dem Tragen Seiner Schmach außerhalb des Lagers dieser Welt (Hebr. 13,13)!

5.

Solche Leiden um der Gerechtigkeit willen, um Christi willen seitens der ungläubigen Welt werden besonders die Gläubigen durchzumachen haben, die dem HErrn auch da treu folgen wollen, wo es

1

Vergleiche das Schriften von A. v. d. Kammer: „Ein unbeliebtes Schriftwort“!

gilt, der religiösen Welt den Abschied zu geben. Mit der Bekehrung hat man eigentlich der Religion dieser Welt sozusagen einen Faustschlag ins Gesicht gegeben. Man hat das, was die sogenannten „Kirchen“ über Taufe und Abendmahl sagen (was aber nicht das Wort Gottes sagt!), praktisch als ungültig verworfen. Denn wenn man durch die Kindertaufe ein Christ würde und durch das Abendmahl Vergebung der Sünden bekäme, bedürfte es keiner Bekehrung. Die Notwendigkeit der letzteren ist aber in der Schrift sehr ernst betont, z. B. auch zu dem Zwecke, Vergebung der Sünden zu bekommen (Apgesch. 3,19; 26,18). Wenn man sich also schriftgemäß bekehrt, so hat man dadurch jenen kirchlichen (aber nicht biblischen) Belehrungen und Handlungen praktisch jeden Wert abgesprochen. Wenn man nun, was durchaus biblisch ist, einer unschriftgemäßen „Kirche“, die solche falsche Lehren über das Seligwerden lehrt, praktisch den Rücken kehrt - wie das Wort uns ermahnt z. B. in 2. Kor. 6,14-181 -, so wird man - unverschuldet, auf rein biblischem Grunde stehend, wie zuerst Christus, wie später Paulus usw. - den Haß der religiösen Welt erfahren und manches um des Wortes des HErrn willen leiden müssen, zumal wenn man sich bei wachsender eigener Erkenntnis mit der Tat des Glaubensgehorsams unter die biblischen Wahrheiten der Gläubigentaufe und des Gedächtnismahles des Herrn Jesus (Röm. 6; 1. Kor. 11) beugt. Solche Leiden sind also durchaus schriftgemäß; wir befinden uns da in guter Gesellschaft, wie die ganze Apostelgeschichte, ja schon die Leidensgeschichte des HErrn beweist. Denn Er litt am meisten seitens der religiösen Welt, seitens der Leute, die Er Selber „blinde Blindenleiter“ nennt, und die es noch heute sehr reichlich gibt.

1

Vergleiche das Schriften von A. v. d. Kammer: „Ein unbeliebtes Schriftwort“!

6.

Eine andere Art solcher unverschuldeten, aber biblischen Leiden machen viele Christen, besonders Frauen, aber auch Kinder, auch zeitweise Männer durch seitens ihrer unbekehrten Verwandten. Hier haben gläubige Frauen oft unsagbar von seiten ihrer Männer zu leiden. Was ist da zu tun? Ich glaube, manchmal könnten Frauen diese - wie gesagt - biblischen Leiden abkürzen oder verringern, wenn ihnen klar würde, daß es für sie keinen biblischen Grund gibt (etwa den einer falsch verstandenen „Heiligung“), in irgend etwas ihre gottgewollte Unterwürfigkeit unter ihre Männer „in allem“ zu

unterlassen. Nur da, wo der Mann etwas ganz klar dem Willen Gottes Zuwiderlaufendes verlangt, heißt es für das Weib wie für jeden Gläubigen: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apgesch. 4,19), sonst tut sie gut, tatsächlich dem Manne um des HErrn willen unterworfen zu sein in allem (Eph. 5,24). Auch sollten die gläubigen Frauen - wenn auch bei Gelegenheit den HErrn bekennen - nie auf ihre ungläubigen Männer einpredigen! Das nützt nichts. Sie sollten nicht viel mit ihren ungläubigen Männern über den HErrn reden, aber viel mit dem HErrn über ihre ungläubigen Männer, also: für sie beten! Das hilft viel. Sie haben dann auch die kostbare Verheißung 1. Petr. 3,1-4 für sich.

7.

Eine verkehrte Art von Leiden entsteht oft daraus, daß junge Christen glauben, ihren irdischen Beruf verlassen zu sollen. Das ist nur in den allerseltensten Fällen biblisch. Nur sehr selten nimmt der HErr Selber junge Gläubige aus ihrem irdischen Beruf, um Ihm im Besonderen zu dienen; allermeistens müssen sie sich, wo sie sind, erst im praktischen Wandel bewähren, ehe Er sie, wenn überhaupt, für Sich und Seinen Dienst aus ihrem irdischen Beruf, in dem und neben dem mancher Ihm am besten dienen kann, herausholen sollte. Unser ganzes Leben, in welchem Berufe auch immer (wenn es kein allgemein unehrenhafter, sündiger, unsittlicher und darum natürlich unbiblischer ist), dürfen wie ja für Ihn leben und zu Seiner Ehre (Kol. 3,23.24)! Warum also uns selber des Segens berauben, den Er uns an unserem Platze zuteil werden lassen will?

8.

Überhaupt gibt es für alle und jeden Gläubigen einige Dienste für den HErrn, die jeder ausüben kann. Möchten meine junggläubigen Geschwister diese frühzeitig lernen, ich nenne sie nur kurz:

1. Den allerwichtigsten zuerst: Bekenne den HErrn und was du in Ihm und durch Ihn hast! Bekenne Ihn von Anfang deines Glaubenslebens an ohne Scheu durch Wort und Wandel, leuchte für Ihn und

Ihn von Anfang deines Glaubenslebens an ohne Scheu durch Wort und Wandel, leuchte für Ihn und zeuge von Ihm, auch ohne Furcht vor verständlicherweise einsetzenden Leiden! Das sind ja biblische Leiden, die uns nicht erspart werden (1. Petr. 1,6ff.). Bekenne Ihn! Denke daran, daß Er sagt: „Wer Mich bekennet vor den Menschen, den werde Ich bekennen vor Meinem himmlischen Vater“ (Matth. 10,32)! Das hat nichts zu tun mit Gerettet- oder Verlorengehen - ein wahres Kind Gottes, ein Schäflein Jesu Christi wird nie wieder aus Seiner Hand geraubt (Joh. 10,27ff.)! Die Hände Jesu Christi und die Hände des Vaters sind stark genug, uns zu bewahren auf ewig! - aber es behandelt die Frage des Lohnes! Und ist Er, der herrliche HErr, der uns so wunderbar errettet hat, nicht wert, daß wir Ihn, der Sich zu uns herabgeneigt hat, bekennen vor den Menschen? „Mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde wird bekannt zum Heil“ (Röm,10,10). Sage den Menschen aus Liebe zum HErrn und zu ihnen, daß auch sie Ihn haben müssen! (Vgl. 2. Kor. 5,11.)

2. Wohl ebenso wichtig wie das Bekennen ist der Dienst der Fürbitte, den jeder Gläubige ausüben kann. „Flehen, Gebet, Fürbitte, Danksagungen,“ sagt der Apostel, erwartet Gott von uns (1. Tim. 2,1ff.), aber nicht allein für uns, sondern für alle Menschen - auch die Obrigkeit, was sehr ernst ist! - und sonderlich für die Gläubigen (Eph. 6,18); Paulus bittet sogar sehr oft darum, z. B. 2. Thess. 3,1; Kol. 4,2-4, und wir haben auch das Recht, für uns um Fürbitte zu bitten bei anderen und unsererseits anderen ganz persönlich diesen Dienst der Liebe zu tun, z. B. auch den Missionaren sowie leidenden Gläubigen usw., und aus Luk. 22,31.32.61.62 und Apgesch. 12,5 sehen wir ein wenig, was solcher Fürbittedienst bewirkt.

3. Eine weitere Art von Dienst, die so gut wie jeder Gläubige ausüben kann, ist das Verteilen von christlichen Blättern, sog. Traktaten (man achte darauf, daß es nur solche ganz entschiedenen christl. Inhalts seien!), unter Gebet und in christlicher Liebe und Weisheit, Takt und Besonnenheit, in Treue und Demut.

4. Weiter: Haus- und Krankenbesuche („ihr habt Mich besucht!“), wozu besonders viel Liebe und Demut, also auch besonders viel Gebet um Weisheit und Fürbitte gehört.

Und so gibt es noch anderes, was wir tun können für Ihn. Aber vergessen wir ja nicht: am meisten kommt es bei allen unseren Diensten auf unseren Wandel vor der Welt an (Eph. 4,1 u. a.)!

9.

Leider wird oft etwas als Dienst („Gottesdienst“) angesehen, was nach der Schrift keiner ist. Hier spielen alte falsche Begriffe oft eine Rolle: Es ist der Besuch der christlichen Versammlungen, in denen wir Gläubigen zusammenkommen, um uns gegenseitig zu belehren, zu ermuntern und zu erbauen im Worte der Wahrheit, jenachdem Gott den einzelnen geistliche Gaben gegeben hat (1. Kor. 12; Eph. 4). In der Gemeinsamkeit unseres Glaubens und der Liebe untereinander, wozu Gott uns die Fähigkeit gab (lest und bedenkt 1. Joh. 3,14! welch ein Beweis unseres Glaubens!) durch den Heiligen Geist (Röm. 5,5), offenbaren wir, was Gemeinschaft ist nach der Schrift, und dies sollte nie von Junggläubigen gering geschätzt werden, wenn sie auch manches erst wenig verstehen, „Versäumt nicht eure Versammlungen!“ heißt es Hebr. 10,25. Versäumt nicht euer Zeugnis, das euch zusammenhält (1. Kor. 1,9)! Gemeinschaft brauchen wir Christen in dieser christusfeindlichen Welt fast so nötig wie das tägliche Brot.

10.

Aber lauft nicht hierhin und dahin, wo angeblich neue schmackhafte Wahrheiten verkündigt werden! Wenn ihr die Wahrheit, Christus, gefunden habt, was braucht ihr anderes, was sich als die Wahrheit ausgibt? Denkt nicht, ihr müßtet „alles prüfen, um das Beste behalten“ zu können. Diese Stelle (1. Thess. 5,21) bedeutet im Zusammenhang ganz etwas anderes, als was oberflächliche Menschen daraus gemacht haben. Junge Christen vermögen überhaupt nicht fremde Lehren zu prüfen, sie fallen da leicht auf schwere Irrtümer herein1. Denkt daran, daß ein Apotheker auch nicht seinen Giftschrank durchprobiert, um zu erfahren, was Gift ist und was nicht! Laßt euch gründen im Worte der Wahrheit und sucht und betrachtet mehr und mehr Christum im Wort, so werdet ihr bewahrt vor

1

Laßt euch besonders warnen vor den fälschlich sogen. „Ernsten Bibelforschern“ („Tagesanbruchleuten“, „Milleniumsleuten“), den Sabbatarier-Adventisten, den sogen. „Gesundbetern“ (Christ. Science) u. a. Lest „Den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums“, zu haben bei A. v. d. Kammer, Klotzsche.

der Wahrheit und sucht und betrachtet mehr und mehr Christum im Wort, so werdet ihr bewahrt vor verderblichen teuflischen Irrlehren, die jetzt, je mehr das Ende der gegenwärtigen Gnadenzeit herannaht, auftauchen! Streitet euch auch nie mit Andersdenkenden herum! Denkt an 2. Tim. 2,24: „Ein Knecht des HErrn soll nicht streiten ...!“ Der HErr stritt Sich auch nicht! Junggläubige sind sowieso nicht fähig, Irrlehrern entgegenzutreten! Besser schweigen!

1

Laßt euch besonders warnen vor den fälschlich sogen. „Ernsten Bibelforschern“ („Tagesanbruchleuten“, „Milleniumsleuten“), den Sabbatarier-Adventisten, den sogen. „Gesundbetern“ (Christ. Science) u. a. Lest „Den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums“, zu haben bei A. v. d. Kammer, Klotzsche.

11.

„Fliehen“ ist in solchem Falle, ebenso wenn die Welt mit losen Vergnügungen, wie etwa Tanzen, an euch herantritt, oft die allerbeste Kampfesweise (2. Tim. 2,16.22). Manchmal heißt es auch: „Widerstehet dem Teufel, so wird er von euch fliehen“, aber diese Praxis aus Jak. 4,7 steht dort in Verbindung mit dem Wort: „Unterwerfet euch Gott!“ und ist nie als in eigener Kraft möglich zu denken!! Vielleicht wird es manchem Gläubigen, der so vor den Dingen der Welt, auch vor der religiösen Welt und auch vor Irrlehren flieht, der auch den Besuch mancher sogenannten hochaktuellen, religiösen oder politischen oder kulturellen Vorträge (Aufklärungsvorträge) ablehnt, oder etwa auch, wenn's ihm klar ist, Theaterbesuch u. dergl., weil er weiß, daß ihm solche Dinge innerlich schaden, vielleicht, sage ich, wird's ihm dann von der Welt, den einstigen Freunden, die er um Christi willen aufgegeben hat usw., sehr verübelt werden, und sie werden ihn einen „Dummen“, einen „Mucker“, einen „Pietisten“ schimpfen und ihn auslachen - was schadet es? Das wären auch nur wieder gottgewollte Leiden, deren er sich freuen dürfte. Wir, die wir uns um des HErrn willen hüten, in das Lachen und Witzeln der Welt einzustimmen - vom Mitlachen bei zweideutigen Witzen der Welt natürlich ganz zu schweigen! -, wir werden einmal eine Freude kennen lernen, gegen die die reinsten Freuden dieser Welt Traurigkeiten sind! Schon hier auf Erden ist, wie ich schon einmal betonte, die Freude am HErrn unsere Stärke, auch im Sieg über ganz persönliche Sündengebiete unseres eigenen Lebens und Charakters! - Aber wie wird's erst sein, wenn wir droben ziehen ein?!

12.

Wann wird das sein? Teure Junggläubige, wenig kann ich euch hier darüber sagen, aber zweierlei solltet ihr alle wissen: 1. Wenn der einzelne Gläubige „entschläft“ (dies Wort wendet die Schrift nie anders als auf Gläubige an!), dann wird wohl der Leib ins Grab gelegt und wartet auf den Tag der ersten Auferstehung (vgl. 1. Kor. 15), Geist und Seele aber, also das eigentliche Sein des Wiedergeborenen (Joh. 3,3), geht zu Christus, worüber uns Luk. 23,43; Apgesch. 7,59; 2. Kor. 5,1ff. und Phil. 1,21 klar genug belehren (jeder sollte diese Stellen jetzt sofort nachlesen!). - 2. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist - und derselbe kann jeden Augenblick eintreten -, daß der Herr Jesus Sein Verheißungswort erfüllt: „Siehe, Ich komme bald!“ und: „Ich komme wieder!“ nach Joh. 14,1ff.; Offenb. 3,11 und 22,7.12.20, dann wird der HErr die Leiber der entschlafenen „Heiligen“ (das sind nach der Schrift die wahrhaft Gläubigen) erwecken und die dann noch lebenden Gläubigen (vielleicht bist du und ich noch dabei, ohne daß wir noch erst entschlafen müßten!) verwandeln und alle die Seinen, die im Herrlichkeitsleibe Auferweckten und die lebend Verwandelten „zu Sich in die Luft entrücken, und wir werden dann bei dem HErrn sein allezeit“ (1. Thess. 4,13-18). Nie wird der Gläubige gerichtet (Joh. 5,24); wenn er mit seinen Werken auch vor dem Richterstuhle Christi offenbar werden wird nach Seiner Aufnahme,1 gibt es doch in Ewigkeit keine Verdammnis und kein Gericht für die, die in Christo Jesu sind (Röm. 8,1). Welche Freude und Herrlichkeit wird dann unser ewiges Erbe mit Christo sein! Um deswillen können wir hienieden auch leiden und verfolgt werden wie Er! Und die Erwartung Seines baldigen Kommens bildet einen mächtigen Antrieb für die Seinen, sich zu reinigen von allen Befleckungen des Fleisches und des Geistes (siehe 2. Kor. 7,1 und 1. Joh. 3,1-3).

1

Vergl. das Schriftchen von A. v. d. Kammer: „Der Richterstuhl Christi.“

F. K.

(Schluß folgt s. G. w.!)

Frage und Antwort

Frage 9

Hat der achte Tag in der Schrift eine besondere Bedeutung, und worin besteht diese?

Antwort A

Ohne Zweifel hat der achte Tag (ebenso wie andere Tage) eine tiefere Bedeutung. Wie Sieben die Zahl des Vollständigen, Vollkommenen ist, so ist Acht die Zahl des neuenAnfanges,derart wie der achte Tag der erste Tag einer neuen Woche ist. Die Schrift verbindet den achten Tag in besonderer Weise mir dem Anfang des Neuen, mit dem, was jetzt ist, im Gegensatz zu dem, was alt und vergangen ist.

Das Alte Testament ist reich an bedeutungsvollen Hinweisen auf den achten Tag. So haben wir z. B. den achten Tag in der Anordnung der Darbringung der Erstlingsgarbe, die ein Vorbild von der Auferstehung Christi ist. Am achten Tage ... - am „Tage nach dem Sabbat“ - wurde die Erstlingsgarbe vor Jehova gewebt. Der achte Tag - der Tag nach dem Sabbat - der erste der Woche - war der Auferstehungstag, der neue Anfang, mit dem Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht wurden.

Der achte Tag - der erste der Woche - führte den Pfingsttag ein, den neuen Tag des Heiligen Geistes, den Anfang der Gemeinde Gottes, des Leibes Christi.

Am achten Tage fand die Beschneidung statt. Auch darin finden wir den Übergang vom Alten zum Neuen. - In Kol. 2,11.12 wird in bezug auf uns von der Beschneidung gesprochen. Sie ist auch für uns der Trennschnitt vom Alten zum Neuen hin. Der Tag der Beschneidung trennte Abraham von seinem Verbundensein mit den Nationen und bildete den Anfang einer ganz neuen Segensstellung. Diese Bedeutung des achten Tages kommt auch in unserer Beschneidung zum Ausdruck. Sie ist der Trennschnitt, die Loslösung vom Leibe des Fleisches, dem ersten Menschen und der neue Anfang der

Lebensverbindung mit dem neuen Menschen in Auferstehung.

Noch viele Beispiele aus dem Alten Testamente ließen sich anführen, die eine geistliche Übereinstimmung im Neuen Testament finden, z. B.: nach siebentägiger Einweihung des Priesters war der achte Tag der Anfang seines priesterlichen Dienstes. (3. Mose 8,33; 9,1.) In ähnlicher Weise war es auch mit dem gereinigten Aussätzigen; der achte Tag brachte ihm den neuen Anfang. (3. Mose 14,8.9.)

In der Verklärung Jesu auf dem heiligen Berge wurde den Jüngern im „Gesicht“ das neue Zeitalter, das „Reich des Sohnes des Menschen, das Kommen des Sohnes des Menschen in seinem Reiche gezeigt, der Herrlichkeitstag der Macht und der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus“. (Matth. 16,28; 17,1-9; 2. Petr. 1,16-18.) Matth. und Mark. bringen dieses wunderbare Gesicht mit dem siebenten Tage (nach sechs Tagen, den Tagen der Arbeit), mit dem Tage der Ruhe - Lukas aber mit dem achten Tage, der Zahl der Neuheit, dem Standpunkte des Auferstehungstages, inBeziehung. In ebenso bedeutungsvoller Weise läßtuns der achte Psalm den Tag Seines Königreiches sehen.

Man hat versucht, den „achten Tag“ als eine Grundlage zu nehmen für die Behauptung, daß dem Tausendjährigen Reiche als dem siebenten Tage noch als achter Tag eine weitere Zeitperiode folge, eine Annahme, die aber als ein Aufbau auf Schlußfolgerungen wenig Aufnahme gefunden hat; eher kann der achte Tag als der (endlose neue) Tag der Ewigkeit aufgefaßt werden.

v. d. K.

Antwort B

Um den achten Tag nach dem Worte Gottes verstehen zu lernen und ihm den richtigen Platz zu geben, müssen wir uns vor allem darüber klar werden, ob derselbe einen Platz in den Zeitaltern hat oder ob er nur einen Zeitabschnitt von einemZeitalter ausmacht. Die nächste Frage würde dahin gehen, ob wir imWorte Gottes eine sichere Grundlage haben, einen Schriftabschnitt, der uns die Zahl,

gehen, ob wir imWorte Gottes eine sichere Grundlage haben, einen Schriftabschnitt, der uns die Zahl, den Charakter und die Dauer der Zeitalter oder Weltzeiten bestimmt vorstellt. Wir gehen nicht fehl, wenn wir in 1. Mose 1 dieses Schriftwort dafür erblicken.

Man hat Zeitabschnitte mit Zeitaltern verwechselt und dadurch in beliebiger Weise Zeitalter gebildet, für die eigentlich kein Schriftgrund vorhanden ist. Z. B.: Zeitalter des Gesetzes, der Gnade, des Gerichtes usw. Das ist geschehen, weil man gewisse Gedanken und Wege Gottes mit den Menschen erkannt und den organischen Aufbau der Zeitalter, wie er uns in 1. Mose 1 von Gott gegeben ist, weniger beachtet hat, so daß man zu einem falschen Ergebnis kam. Daß wir in 1. Mose 1, den Embryo (Keimkörper, vgl. Antwort A. in Frg. 7 ds.) der Bibel, die einzig berechtigte Einteilung der Zeitalter haben, kann kaum eingehend und gründlich im Rahmen einer Antwort Bewiesen werden. Doch hoffen wir, daß es uns durch die Gnade Gottes gelingt, einige Gedanken niederzulegen, die dem einen oder anderen eine Hilfe oder Anregung zum weiteren Forschen sein können. Viele Ausleger sehen mit uns im ersten Tage (1. Mose 1) das Zeitalter von Adam bis Noah vorgebildet, im zweiten Tage das Zeitalter von Noah bis Abraham. Doch vom dritten Tage an gehen die Erklärungen auseinander. Die einen lehren, daß der dritte Tag das Zeitalter von Abraham bis zum Gesetz vorbilde, die anderen meinen von Abraham bis Christus. Die letzteren kommen zu dieser Lehrmeinung, weil sie im vierten Tage den heutigen Zeitabschnitt (die Parenthese [Einschiebung] in den Wegen Gottes mit der Welt), das Zeitalter der Gnade, der Gemeinde und die Verherrlichung Christi erblicken.

Wir aber sind zur Überzeugung gekommen, daß der vierte Tag das Königtum, welches in 1. Sam. eingesetzt wurde und mit 2. Chron. sein Ende in dem verAntwortlichen Menschen erreichte, vorbildet, aber seine Fortsetzung in dem Herrn Jesus bezw. seine wahre Erfüllung und Bedeutung in Seiner Herrschaft als der Sonne der Gerechtigkeit im Millennium finden wird. Dreimal wird in 1. Mose 1,16-18 vom Herrschen gesprochen in Verbindung mit Sonne und Mond. (Der Mond wird in der Bibel nie als ein Bild von der Gemeinde gebraucht, sondern steht immer nur mit Israel in Verbindung. Obwohl wir die Nutzanwendung dieses Bildes von Israel auch für die Gemeinde passend finden.) Man

vergleiche folgende Stellen: 2. Mose 37,9-11; Mal. 4,2; Matth. 17,2; Offenb. 1,16; 10,1. Der Herr Jesus als Sonne steht stets und nur in Verbindung mit Seinem Reiche der Herrlichkeit und Macht. Diesen Charakter wird Sein Reich tragen, wenn Er wiederkommt in Herrlichkeit. Jetzt trägt es einen geistlichen Charakter, verql. Röm. 14,17, weil Er abwesend ist. Dann aber wird Er anwesend sein als Sonne der Gerechtigkeit und sichtbarlich herrschen über alle Reiche der Welt.

Zweimal wird von leuchten gesprochen, 1. Mose 1,15.17. (Man vgl. damit 1. Kön. 15.4; 2. Sam. 21,17; 23,3.4.)

Auch die jeweilige Offenbarung Gottes in jedem Zeitalter entspricht dieser Deutung. Im vierten Zeitalter offenbarte Sich Gott als Jehova der Heerscharen. Wir begegnen diesem Ausdruck zum ersten Male in 1. Sam. 1,3, also in dem Buch, wo das Königtum eingeführt und in Verbindung mit dem Manne, der die ersten Könige Israels salbte. Diese Offenbarung Gottes als Jehova der Heerscharen, die wir zirka 280 mal im Alten Testament und nur zweimal im Neuen Testament, Röm. 9,29 und Jak. 5,4, finden, wird in der Schrift für die Heerscharen Israels sowie auch für die Heerscharen der Sterne, die am vierten Tage besonders genannt werden, und der Engelwelt gebraucht. Z. B. wird Gott nie Jehova der Heerscharen in Daniel und Hesekiel genannt, welche in Babel prophezeiten, d. h. als Gott auch sie, die Propheten, in die Hände der Heiden gegeben hatte. Hingegen finden wir diesen Gottesnamen in Jesaias, besonders aber in Jeremia, also bei Propheten, die im Lande weissagten. Wie wunderbar ist doch Gottes Wort! Man hat geglaubt, daß der Titel: „Gott des Himmels“, den besonders Daniel in seinem zweiten Kapitel häufig gebraucht, das gleiche wie „Jehova der Heerscharen“ bedeute. Doch ist dies keineswegs der Fall. Gerade als Gott des Himmels offenbart Er Sich im fünften Zeitalter, den Zeiten der Nationen, die heute noch andauern und ihr Ende erst durch die Erscheinung des Herrn Jesus erreichen. (Luk. 21,24.) Diese Offenbarung Gottes zeigt uns deutlich, daß Gott I. Sein irdisches Volk Seines (Gottes) Thrones beraubt hat (infolge seiner Untreue); II. hat darum die Herrlichkeit Jehovas den Tempel verlassen (vgl. Hes. 9,3; 10,4.18.19; 11,23-25); III. hat Er die Macht den Heiden gegeben, anfänglich Nebukadnezar. Darum finden wir Ihn

zum ersten Male als Gott des Himmels bezeichnet in 2. Chron. 36,23. Kores (Cyrus) mag wenig von der Bedeutung dieser Offenbarung Gottes verstanden haben, doch spricht er etwas aus, was den Schlüssel dieses Zeitalters bildet. Gott hat Sich gleichsam in die Himmel zurückgezogen und überläßt die Erde den Menschen, obwohl Er Seine Vorsätze der Gnade weiter ausführt. Wir müssen uns leider versagen, auf die lehrhafte und praktische Bedeutung dieser Offenbarung Gottes näher einzugehen. Wir möchten nur betonen, daß Gott als Gott des Himmels Sich zeigen wird, bis Er Seinen Thron in Israel wieder aufrichtet.

So finden wir am fünften Tage, im fünften Zeitalter, daß Gott die Wasser, welche ein Bild von den Nationen sind (Jes. 17,12; Offenb. 17,15), belebt. In dieses Zeitalter, das mit Babylon begann und mit dem römischen Weltreich in seiner zukünftigen Gestalt durch die herrliche Erscheinung des Herrn Jesus beendet wird, fällt der Zeitabschnitt (die Herausrufung aus der Völkerwelt) der Gemeinde. Der sechste Tag bildet das Millennium (Tausendjähriges Reich) vor. Wie Adam erscheint, wird Christus als wahrer Herrscher erscheinen. Der siebente Tag, welcher ohne Abend und Morgen begrenzt wird, bildet die Einigkeit vor. Wir müssen nun feststellen, daß der achte Tag keinen Platz findet in den durch die sechs Tage prophetisch vorgebildeten Zeitaltern. Er kann nach der Schrift nicht als ein Zeitalter oder Weltzeit angesehen werden. Wir haben einen ziemlich großen Weg zurückgelegt, um diesen einen Punkt, so gut es möglich war, biblisch zu beleuchten. Wir fragen nun, welchen Platz findet denn der achte Tag? Wir möchten aber erst fragen, ehe wir diese Frage beAntworten, welchen Platz nimmt der Zeitabschnitt der Gemeinde ein? Wir haben gesehen, daß dieser Zeitabschnitt nicht als ein Zeitalter betrachtet werden kann, weil es die Schrift nicht tut. Der Grund ist darin zu suchen, weil die Gemeinde vor weltlich, vor geschichtlich und himmlisch ist. Ihre Berufung und Segnungen sowie ihr Wesen und ihre Hoffnung sind himmlisch. Dieser Zeitabschnitt bildet eine Parenthese (Einschaltung) in den Zeitaltern, Weitzeiten oder Wegen Gottes mit den Menschen. Die Gemeinde ist etwas ganz Neues. Es sind Ratschlüsse Gottes, die Er vor Grundlegung der Welt beschlossen hatte, demnach vor den Weltzeiten oder Zeitaltern. (Vgl. Eph. 1,4; 2. Tim. 1,9; Tit. 1,2 mit Matth. 25,34. Beachte „vor“ und „von“!)

Man spricht oft von diesem Zeitalter als dem Tage der Gnade. Doch Gottes Wort tut es nicht. Eph. 3,2 wird von der Verwaltung der Gnade gesprochen, nicht aber von einem Tag. Selbst der Ausdruck in 2. Kor. 6,2: Tag des Heils, ist nur eine Anwendung, nicht aber die Erfüllung, welche im Tausendjährigen Reiche nach Jes. 49,3 sein wird. Es mag spitzfindig erscheinen, in dieser Weise darüber zu schreiben, doch wissen wir, warum wir es tun, weil vieles auf einer unbiblischen Grundlage aufgebaut worden ist.

Die Gemeinde ist etwas Neues, und so rücken wir der Bedeutung des achten Tages näher; denn auch der achte Tag war etwas Neues. Ein neuer Anfang. Christus wurde am achten Tage aufgeweckt. Der Heilige Geist wurde am achten Tage ausgegossen. Pfingsten wird im Tausendjährigen Reiche nicht gefeiert. Es hat seine Erfüllung ist der Gemeinde gefunden. Man hat mit dem achten Tage auf Grund von Joh. 7,37 die Fülle des Geisten verbunden, die nach Ablauf der oben behandelten sieben Zeitalter gegeben werden soll. Haben wir nicht die Fülle des Geistes durch den Herrn Jesus bekommen? Wir müssen leider gestehen, daß wir keinen richtigen Gebrauch von der Fülle machen. Doch dies ändert nichts an der Tatsache, daß wir in Christo zur Fülle gebracht sind (Kol. 2,9.10). Eph. 1,23 sagt uns, was wir nicht wagen würden zu denken, viel weniger auszusprechen, wenn es uns nicht durch Sein Wort geoffenbart worden wäre, daß wir Christi Fülle oder Ergänzung sind, Dessen, der alles in allem erfüllt. Eph. 3,19 wird gebetet, daß wir erfüllt sein mögen zur ganzen Fülle Gottes. Ist dies nicht die Fülle, oder haben wir auf eine größere Fülle zu warten?

Mit dem achten Tage wird auch Eph. 1,10 die Fülle der Zeiten in Verbindung gebracht. Doch ist es ganz augenscheinlich, daß wir hier die letzte Weltzeit des Millenniums (Tausendjähriges Reich) vor uns haben. Wenn alles Ihm unterworfen wird, hat Er das erfüllt, was Adam im sechsten Tage vorbildete. Wie man diese Stelle und Offenb. 21,9 - 22,5 auf den neuen Zustand der Erde anwenden kann, ist uns unverständlich. Man muß den organischen Aufbau der Offenbarung gröblich verletzen, weil es ganz offenkundig ist, daß von Offenb. 21,9 - 22,21 ein Anhang ist. Mit Offenb. 21,1-8 erreichen wir im Worte Gottes den extremsten Punkt, sagen wir: die Ewigkeit; 21,9 - 22,5 haben wir

das Millennium und 22,6-21 die gegenwärtige Zeit. Der Geist Gottes führt uns zum Ausgangspunkt von Kap. 1,1-5 zurück. Offenb. 21,9 - 22,5 auf die neue Erde anzuwenden, wie es Trench tut, kann durch viele Punkte widerlegt werden. Doch müssen wir diesen Gegenstand verlassen. Wir nehmen an, daß der achte Tag ein Bild von dem Geistigen, Neuen ist, das auf das Natürliche und Alte folgt. (1. Kor. 15,45.46.) Das hat seine Erfüllung in der Gemeinde, die durch geistliche Regungen sowie durch den Geist Gottes besonders gekennzeichnet ist.

Doch wenn man von Zeitabschnitten redet, wie die Tage in Joh. 1,29.35.43; 2,1, wo der dritte Tag zu Kana eigentlich der siebente Tag war (ein Bild von der Wiederherstellung Israels), oder in Joh. 11,6, wo der zweite Tag diese 2000 Jahre, in welchen wir leben, vorbildet und Seine Erscheinung den dritten Tag = der Auferstehung Israels im Tausendjährigen Reiche (wie auch Hosea 6,2), dann kann man den achten Tag als ein Bild der Ewigkeit betrachten. Aber jene Tage bilden keine Zeitalter vor, sondern nur Zeitabschnitte. Wie kostbar ist doch das Wort unseres HErrn!

K. O. St.

Schlußbemerkung des Schriftleiters

In diesen zwei kostbaren Antworten ist uns gleichsam ein Bibelkurs geschenkt, den kein aufmerksamer Leser, ohne besonders gesegnet zu werden, durchforschen kann. Er muß sich aber auch die Mühe geben, alle Stellen und Zusammenhänge nachzuschlagen!

Auf die Frage selbst noch einzugehen erübrigt sich angesichts dieser Ausführlichkeit. Ich möchte nur noch betonen, wie auch mir seit langem die Tatsache sehr wichtig ist, daß wir im achten Tage der Schrift einen neuen Anfang sehen dürfen.

Aber nicht nur in Verbindung mit „Tag“ zeigt uns die Zahl 8 etwas Neues als beginnend. Es gibt auch eine Stelle, in der die Zahl 8etwas Neues andeutet, wo sie in ganz anderem Zusammenhang steht, nämlich 1. Sam. 17,12.14: David war von den 8 Söhnen Isais der jüngste, also der achte, und mit

nämlich 1. Sam. 17,12.14: David war von den 8 Söhnen Isais der jüngste, also der achte, und mit ihm begann ein ganz Neues in der Geschichte Israels. Finden sich von dieser Stelle aus nicht Verbindungslinien zu dem wahren David, der „der Erstgeborene aus den Toten“ heißt (Kol. 1,18), der am achten Tage auferstanden ist und mit dem, wie einst vorbildlich in dem ersten David, ein völlig Neues begann?!

Wir sollten uns mehr mit der sinnbildlichen Bedeutung der Zahlen in der Heiligen Schrift beschäftigen! Wir würden sehen, daß auch die oft so wenig verstandenen Zahlen uns ungeahnte Herrlichkeitsstrahlen Christi Jesu enthüllen, - und wir würden gewiß öfter in staunende Bewunderung geraten angesichts der sich überall offenbarenden Herrlichkeiten Gottes. „O, Tiefe des Reichtums!“

F. K.

Menschen oder Gottes Wort?

„So rühme sich denn niemand der Menschen.“ (1. Kor. 3,21.)

„Die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8,32.)

Menschen oder Gottes Wort; Personen oder Prinzipien (Grundsätze); nach welchen von diesen beiden wollen wir uns richten? Im allgemeinen findet man es leichter, sich einer starken Persönlichkeit anzuschließen, der man folgen kann, als über die Grundsätze der Schrift und die Wahrheit Gottes ein geübtes Herz zu haben.

Menschen laufen Menschen nach, das kann man Tag für Tag in der politischen wie auch in der religiösen Welt sehen; aber ob das auch in der Gemeinde Gottes gesehen werden soll, ist eine andere Frage. Leider wird aber solches auch hier gefunden, als Wirkung des verkehrten menschlichen Willens.

Als die Jünger Johannes des Täufers zu ihm kamen und berichteten, daß alle zu Jesu kämen - wie wohltuend ist es da zu hören, wie er zu ihnen von der Freude des Freundes des Bräutigams spricht. (Joh. 3,28ff.) Sein Ziel war nicht, Jünger um sich zu sammeln, ihm war es eine Freude, zu sehen, daß seine Jüngerschar zerschmolz und sich Jesu anhängte. Und wiederum von der anderen Seite, wie zart und feinfühlend war der HErr Johannes gegenüber, denn „als Er erkannte, daß die Pharisäer gehört hatten, daß Jesus mehr Jünger mache und taufe ... verließ Er Judäa und zog wieder nach Galiläa“ (Joh. 4,1-3). Johannes wollte keinen Anhang für sich selbst gewinnen; dies wäre ihm ein Leichtes gewesen; er stellte vielmehr seine Person in den Hintergrund und starb einsam unter dem Henkerbeil im finstern Verließ von Machärus, und doch war er mehr als ein Prophet.

Wie erfreulich ist es, wenn junge Brüder und Schwestern in Christo heranwachsen und man sieht, daß ihr Glaube nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Wort und Kraft beruht. Solche lassen sich auch von hervorragenden Menschen nicht leicht hin und her bewegen, denn sie stehen auf dem unbeweglichen Grunde des Wortes des HErrn. Sie erkennen die Wahrheit, und die Wahrheit macht sie frei, und solche sind wahrhaftig Seine Jünger.

Das Bestreben des Apostels Paulus war immer, die neubekehrten Seelen von ihm selber unabhängig zu machen.

Heutzutage scheint es fast, als ob das Bestreben vieler Arbeiter im Weinberge des HErrn sei, die Jünger an sich zu fesseln. Aber nicht in allen Fällen sind Diener am Worte schuldig, es kann auch vorkommen, daß Seelen sich diesen so anschmiegen und sich in solche Abhängigkeit von ihnen stellen, daß sie in eine falsche Stellung geraten ohne eigenen Willen und eigenes Zutun. Wie nötig ist es deshalb, daß Brüder und Schwestern in die befreiende Wahrheit eingeführt werden, um die biblischen Gründsätze zu erkennen. Nur auf diese Weise kann man der Gefahr vorbeugen, sich an Menschen zu hängen.

Immer wieder tritt die Frage an uns heran, ob wir uns nach Menschen oder nach dem Worte des

Immer wieder tritt die Frage an uns heran, ob wir uns nach Menschen oder nach dem Worte des HErrn richten wollen. Jesaja, vom Heiligen Geiste inspiriert, ruft aus: „Lasset ab von dem Menschen, in dessen Nase ein Odem ist, denn wofür ist er zu achten?“ (Jes. 2,22.) Wie nötig und heilsam ist uns diese Ermahnung auch heute!

Paulus tat sein möglichstes, die erretteten Seelen so zu erziehen, daß sie nicht von ihm abhängig sein sollten. In unseren Tagen spricht man zuweilen von Arbeitern, die einen schönen Kreis von Geschwistern um sich gesammelt haben. Von Paulus konnte solches nicht gesagt werden. Er stellte seine Person niemals in die Mitte oder an die Spitze, und ihn stellt uns die Schrift als das Musterbild eines Arbeiters dar. Das natürliche Menschenherz strebt danach, Anhang für sich zu haben. Diese Neigung hat es geerbt von dem Vater der Lüge. Entdecken wir, daß unser eigenes trotziges Herz danach trachtet, und sei es auch nur ganz leise, dann laßt uns den HErrn um Gnade anflehen, daß durch Seinen in uns wohnenden Geist solches Begehren getötet werde.

In der Gemeinde Gottes in Korinth hatten die Gläubigen an keiner Gnadengabe Mangel, sie waren reich gemacht in allem Wort und aller Erkenntnis, aber diese fleischliche Neigung kam stark in ihrer Mitte zum Ausdruck. Paulus schrieb fast vier Kapitel, um dieser traurigen Erscheinung entgegenzuwirken und sie zu bekämpfen. Die Gläubigen dort hingen gewissen hervorragenden Lehrern an. Es waren sicher beredte Männer und starke, anziehende Persönlichkeiten, doch auch solche können irren und ihren Anhang auf Nebenwege führen. Sind die Heiligen Gottes aber in der Schrift gegründet, so werden sie gern annehmen, was begabte Brüder ihnen bringen, aber sie werden kein Bedürfnis fühlen, sich ihren Personen anzuhängen; und andererseits wieder, solche führenden Brüder, wenn sie die Gesinnung Christi haben, wünschen niemals eine Nachfolge von Menschen, höchstens dürften sie mit Paulus sagen: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi“ (1. Kor. 11,1). Aber auch selbst in dieser Ermahnung des Apostels liegt die Forderung eines geübten Herzens, denn nur soweit darf man ein Nachahmer eines begabten Bruders sein, wie er Christi Nachahmer ist. Paulus schreibt zwar auch: „Seid zusammen meine Nachahmer“ (Phil. 3,17).

Hier aber will er die Gläubigen vor der Uneinigkeit bewahren, sich nicht in Parteien zu zersplittern, wie es gewisse Brüder in Korinth taten, indem man sich aufbläht für den einen wider den anderen, worin sich ihre Unmündigkeit und fleischliche Gesinnung offenbarten.

Das Sichrichten nach Menschen ist ein gefährliches Spiel! Wieviel Mühe bedarf es oft, Neubekehrte von Menschen zu lösen; und wie verhängnisvoll ist es, wenn Gläubige das ganze Leben hindurch in der Menschenabhängigkeit stehen. Wie viele würden nach ihrer Bekehrung gern dem Taufbefehl des HErrn folgen; aber da ist ein begabter Bruder oder eine einflußreiche Schwester; sie ist nicht getauft und spricht geringschätzig von dieser Anordnung des HErrn, und die Folge ist, man richtet sich nach der Person und nicht nach dem Worte; und wieder andere würden sich von der religiösen Welt absondern, aber Bruder Soundso bleibt in der Volkskirche, und so wagt man nicht, den Schritt zu tun. Wieder ist es die Person und nicht die Wahrheit, die maßgebend ist. Viele hätten Freudigkeit, sich in dem Namen des HErrn nach dem biblischen Muster zu versammeln, aber durch einen bekannten Bruder ist solcher Wunsch verpönt; es unterbleibt, und so ist die Persönlichkeit stärker als der geoffenbarte Wille des HErrn.

Wollen wir uns nicht fragen, wie wir geleitet werden, ob von Menschen oder von dem Worte des HErrn? Wie wichtig ist es, daß wir lernen, uns nach der Schrift zu richten, und zwar mit aller Demut im Herzen. Denn wenn wir durch des HErrn Gnade gelernt haben, uns dem Worte zu beugen, so geschieht dieses doch sicher nur in Schwachheit und auf mangelhafte Art und Weise. Und nichts Besonderes haben wir damit getan, sondern nur, was wir zu tun schuldig sind, und wir sind doch unnütze Knechte.

Noch ein anderes Bild: In irgend einer Stadt ist ein hochbegabter Prediger, der einen großen Anhang um sich gesammelt hat. Und in derselben Stadt ist ein kleiner Kreis einfacher, unbegabter Geschwister mit Schwierigkeiten in ihrer Mitte und ohne einflußreiche Brüder, die aber Gottes Wort als alleinige Richtschnur in ihrer Mitte anerkannt sehen möchten. Was soll man nun in einem solchen Falle tun? Das Fleisch flüftert: Setze dich zu den Füßen des großen Predigers! Hat man jedoch

gelernt, sich nicht der Menschen zu rühmen, sondern die befreiende Wahrheit über alles zu setzen, so verliert die lockende Persönlichkeit ihren Reiz, und man richtet sich nach der Schrift. Denn bald kommt „der HErr, der das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird. Und dann wird einem jeden sein Lob werden von Gott“. (1. Kor. 4,5.)

Wer die Brüder in Korinth eigentlich waren, die einen Anhang für sich gewonnen hatten, wissen wir nicht. Paulus hatte zuviel Takt, das öffentlich in einem Briefe zu sagen, der überall und nicht nur in Korinth gelesen wurde. Er hatte seinen eigenen Namen und den des Apollos angegeben, als ob er und Apollos sich Anhänger gewonnen hätten! Aber die Korinther selber werden sicher gewußt haben, welchem hervorragenden Bruder jeder geneigt war, sich anzuhängen. Paulus aber schrieb ganz offen, daß er das Gesagte auf sich und auf Apollos bezogen hatte um ihretwillen, auf daß sie an dem Apostel und an Apollos lernen möchten, nicht über das hinauszudenken, was geschrieben ist, und auf daß sie sich nicht aufblähen sollten, der eine wider den anderen (1. Kor. 4,6).

In den dann folgenden Versen wendet er sich besonders an solche, die durch ihre Begabung und durch ihren Einfluß einen Anhang für sich gewonnen hatten, und zeigt ihnen den Unterschied, der zwischen ihm und ihnen bestehe. Die Gläubigen in Korinth sollten fühlen, wie töricht und ungereimt es war, zu sagen: „Ich bin des Paulus“, denn er war ein solcher, der Hunger und Durst litt, der nackt war und keine bestimmte Wohnung hatte, der sich abmühen mußte, arbeitend mit seinen eigenen Händen, um kümmerlich sein Brot zu verdienen. Sie hingegen waren gesättigt, schon reich geworden, und ohne den Apostel herrschten sie schon. Welch ein Gegensatz zwischen ihm und diesen! Er bittet sie vielmehr, seine Nachahmer zu werden (1. Kor. 4,16). Wären diese hervorragenden Brüder ihm ähnlich, so würden sie keinen Anhang haben. Ihre Persönlichkeit würde in den Hintergrund treten und sich verbergen, und der HErr, in dessen Gemeinschaft Gott sie berufen hatte, würde den Ihm gebührenden Platz in ihrer Mitte haben. Die Gläubigen würden lernen, sich nach der Wahrheit, nach göttlichen Grundsätzen zu richten und nicht nach Menschen.

Die Person des Menschen, auch die unserer begabten Brüder, möge sie durch des HErrn Gnade mehr

und mehr in den Hintergrund treten, so wie Elisa unsichtbar blieb, als Naeman mit Gepränge zu ihm kam! O, daß die Gläubigen überall sich möchten von Menschen lösen lassen, indem sie die Wahrheit festhalten, „denn alles ist ihrer, es sei Paulus oder Apollos ..., aber sie sind Christi, Christus aber Gottes“ (1. Kor. 3,21-23).

Wieviel Herzeleid ist schon dadurch entstanden, daß man Menschen nachgelaufen ist! Dadurch sind führende begabte Brüder aufeinander eifersüchtig geworden, und teure, geliebte Kinder Gottes sind dadurch auseinander gerissen worden. Haben die Gläubigen aber gelernt, sich nicht nach Menschen, sondern nach dem Worte zu richten, so wird man durch Seine Gnade vor dieser gefährlichen Klippe bewahrt bleiben. Paulus war sicher eine starke und anziehende Persönlichkeit, und leicht hätte er die Seelen an sich fesseln können, aber es ist, als ob er sie mit liebevoller Hand von sich abwehrte und auf den HErrn zurückwies. Er befahl sie Gott und dem Worte Seiner Gnade. Er ermahnte sie, ihre eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern auszuwirken, statt sich auf ihn zu stützen. Er schrieb den Galatern, ihm keine Mühe mehr zu machen.

Laßt uns zu Christus heranwachsen und die Wahrheil in Liebe festhalten! Seien wir nicht hin und her geworfen von jedem Winde der Lehre durch die Betrügerei der Menschen! Wie herrlich ist der Weg, wenn wir von dem HErrn und Seinem Worte abhängig sind und unsere Gemeinschaft miteinander in Seinem Lichte ist!

F. Btchr.

Das Zusammenkommen der Gläubigen.

(Apgesch. 8,33 vergl. mit 1. Kor. 11,17-27.)

Im Betrachten der beiden obigen Schriftstellen finden wir wertvolle Unterweisungen. Die Stelle, welche der Kämmerer las, redete von der Verwerfung des Messias. Der, der hier in Niedrigkeit, in

Knechtsgestalt umherging, dem mehr als zwölf Legionen Engel zur Verfügung standen, dem wurde von seiten der Menschen kein gerechtes Gericht zuteil. In Seiner Erniedrigung wurde Sein Gericht weggenommen. Gericht und Gerechtigkeit gehören zusammen. Er aber fand keine Gerechtigkeit im Gericht. Die Zeit wird kommen, wo das Gericht zur Gerechtigkeit zurückkehren wird. (Ps. 94,15.) Aber dem hier in Niedrigkeit wandelnden Christus wurde das Gericht weggenommen. Die Ungerechtigkeit saß auf dem Thron und schied die Gerechtigkeit vom Gericht.

Sein Leben wurde von der Erde weggenommen. Wo war Seine Nachkommenschaft, Sein Geschlecht? Die Flut der Bosheit und Ungerechtigkeit riß alle mit sich fort, selbst der kleine Kreis Seiner Jünger wurde zerstreut, und der am lautesten bekannte, Ihn nicht zu verlassen, war der, der Ihn dreimal verleugnete; wohl wissen wir, daß das Weizenkorn in die Erde fallen und sterben muß, um Frucht, Nachkommenschaft zu haben, aber es gehört mit zu den Leiden des HErrn, daß Seine Jünger, die Er so innig liebte, alle Ihn verließen, und das sollte unsere Herzen tief berühren.

Diese Liebe zu Seinen Jüngern kommt so recht zum Ausdruck, als Er das letzte Mal in ihrer Mitte saß und ihnen dann Sein Herz enthüllte in den Worten: „Mit Sehnsucht habe Ich Mich gesehnt, dieses Passah mit euch zu essen, ehe Ich leide“ (Luk. 22,15). Aus diesen Worten sprach Seine Liebe, die ihr Genüge in der Mitte der geliebten Jünger finden wollte. Und doch, wenige Stunden später, wo waren diese Jünger, in deren Mitte zu sein Ihn so herzlich verlangte? Keiner war geblieben!

Als das Passah in Seinem Tode seine Erfüllung fand, da wurde der Grund gelegt für die Sammlung der Seinigen zu einer ganz neuen Genossenschaft, in der Sein herzliches Verlangen, in ihrer Mitte zu sein, gestillt werden sollte. Auf Erden hatten alle Ihn verlassen, niemand war geblieben, aber Sein Tod legte die Grundlage zu einer neuen Genossenschaft.

In der zweiten angeführten Stelle (1. Kor. 11,17-27) finden wir diese neue Genossenschaft, Seine Gemeinde. Das erste, was uns aber von dieser Gemeinde berichtet wird, ist die Uneinigkeit unter den Gläubigen in Korinth. (Kap. 1-4.) Man möchte fragen, ob es überhaupt möglich ist, daß so

verschiedenartige Gläubige wie Juden und Heiden, Reiche und Arme, Sklaven und Freie, Fürsten und Arbeiter so in eins zusammengefügt sein können, daß Er Sein herzliches Verlangen, in ihrer Mitte zu sein, in wirklicher Freude Seines Herzens stillen kann. Es ist klar, daß dieses nur auf einem Grunde möglich ist, auf dem das Fleisch und alle fleischlichen Unterschiede gänzlich ausgeschlossen sind. Eine solche Grundlage gibt der Tod; er hebt jeden Unterschied auf. In Korinth hatten in den Zusammenkünften der Gemeinde die fleischlichen Unterschiede zwischen Reichen und Armen Raum gefunden. Gewiß ist es recht, Ehre dem zu geben, dem Ehre gebührt, aber in dem Lichte des Todes Christi (mit dem jeder Gläubige eins gemacht ist) ist niemand etwas anderes als ein Sünder, der durch Seinen Tod errettet worden ist.

Wie oft mußte der HErr auf Erden die Jünger über ihren fleischlichen Sinn zurechtweisen. Einmal wollten sie, daß Feuer vorn Himmel falle, und ein anderes Mal stritten sie, wer der Größte unter ihnen sei. Seine Langmut trug sie, so schmerzlich Ihm ihre fleischliche Gesinnung auch sein mußte. Sein Leben ist nicht mehr hier auf Erden, und Seine Jünger sind nicht mehr so wie damals um Ihn versammelt. Die Grundlage, auf der jetzt die Seinigen um Ihn versammelt sind, ist Sein Tod. Sie kommen zusammen aus verschiedenen Orten, aus verschiedenen Verhältnissen, aber sie versammeln sich auf dem einen Grunde der Erlösung durch Seinen Tod. Jeder hat die persönliche Erfahrung Seiner Liebe gemacht, die in ihrer Süße nur der kennt, der sie geschmeckt hat. Der Reiche schmeckte Seine Liebe, als er errettet wurde von seinem Stolz - der Selbstgerechte, als er erlöst wurde von seiner Aufgeblasenheit - der Arme, als er Den im Glauben erfaßte, der da reich war und um seinetwillen arm wurde; alle kommen zusammen und sind versammelt auf dem einen gleichen Boden der Erlösung durch den Tod Christi. Jeder hat seine eigene und besondere Erfahrung, die nicht in der gemeinsamen Freude untergeht, aber diese persönliche Freude und Erfahrung der Liebe Christi führt zur gemeinsamen Freude und zu der Gemeinschaft der Liebe Christi in dem Versammeltsein um Ihn. Sein Tod beseitigt alle Unterschiede des Fleisches, alles dessen, wessen sich das Fleisch noch rühmen möchte, und entfernt jedes Hindernis für eine Genossenschaft nach dem Wunsche Seiner Liebe.

Im Anfang kamen die ersten Gläubigen zu gemeinsamen Mahlzeiten zusammen, und das erste Murren, welches in ihrem Kreise entstand, betraf die Verteilung der Nahrung und Speise (Apgesch. 6). So scheint es auch, daß die Korinther ihr Zusammenkommen zur Feier des Mahles des HErrn mit dem gemeinsamen Essen verbanden, wobei dann die fleischlichen Unterscheidungen hervortraten. Der Apostel belehrt sie deshalb über den wahren Charakter des Mahles des HErrn und zeigt ihnen den Unterschied zwischen ihrem Abendmahl und des HErrn Abendmahl. Er legt es ihnen tief ins Herz und Gewissen, daß, wenn sie zusammenkämen, sie als Gottes Gemeinde zusammenkämen. Jeder einzelne war ein Teil der Gemeinde Gottes und in die Gemeinschaft Seines Sohnes berufen. Jeder in dieser Gemeinde war dort auf dem Grunde des Todes Christi, des Todes, durch den jeder Unterschied nach dem Fleische beseitigt war. Das Kreuz Christi hatte das Todesurteil auf das Fleisch und auf jeden Anspruch des Fleisches geschrieben. In Gottes Gemeinde sollte deshalb auch nichts davon gefunden werden.

Die Paulus gewordene Offenbarung über das Mahl des HErrn bringt er in besondere Verbindung mit der Nacht, in welcher der HErr verraten ward. Herodes und Pontius Pilatus, Judas und die Pharisäer, alle hatten sich verbunden, den HErrn dem Tode zu überliefern. Sein Leben wurde von der Erde hinweggenommen, das aber war der Augenblick, wo Er den Grund legte für Seine Gemeinde, die zusammenkommen sollte auf dem Boden der Gemeinschaft Seines Todes. Welch eine köstliche Tatsache ist es, auf diesem Grunde zusammenkommen zu können, auf dem das Fleisch und die Welt völlig ausgeschlossen sind und wo jedes Auge nur Ihn sieht, jedes Ohr Ihn hört, jedes Herz Sein gedenkt, dessen Leben von der Erde hinweggenommen ist, und wo alle Seinen Tod verkündigen, bis daß Er kommt.

In den Kapiteln 11-14 des ersten Korintherbriefes empfangen wir Belehrungen über das Zusammenkommen der Heiligen als Gemeinde Gottes. Ehe der Apostel über das Zusammenkommen zur Erbauung schreibt, belehrt er sie über das Zusammenkommen zum Mahle des HErrn. Er beginnt seine Belehrungen mit dem Abendmahl des HErrn, und dann erst folgen an

zweiter Stelle die Unterweisungen über den Dienst, die Gaben und das Zusammenkommen zur Erbauung. Wenn der Heilige Geist so dem Mahle des HErrn den ersten Platz gibt und es den anderen Zusammenkünften der Heiligen voranstellt, dann hat diese Anordnung uns sicher manches zu sagen. Gehört das Abendmahl des HErrn nicht an erste Stelle schon dadurch, daß es das Zusammenkommen ist, in welchem wir den Tod des HErrn verkündigen - den Tod, der allen weiteren Zusammenkünften der Gemeinde Charakter gibt?

Zu welcher Zeit und zu welchem Zweck die Gemeinde auch zusammenkommen mag - in dem Zusammenkommen zum Brechen des Brotes an jedem „ersten Tage der Woche“ wird (in der Verkündigung Seines Todes) Sein Tod als die große göttliche Grundlage (Basis) vor aller Herz und Augen gestellt - auf dieser Grundlage muß jede Zusammenkunft der Gemeinde die ganze Woche hindurch stattfinden, - und so wird jede neue Woche „am ersten Tage“ immer wieder mit der Verkündigung Seines Todes in dem Brechen des Brotes begonnen. Jede Auferbauung der Heiligen, jede Freude der Gemeinschaft Seines Sohnes können wir nur empfangen, wenn wir in Wahrheit versammelt sind auf dem Grunde Seines Todes. Möchten wir lernen, dieses besser zu verstehen!

R. - v. d. K.

Die Fortsetzung des Aufsatzes „Jakobs Prophezeiung“ folgt, so der HErr will, in der nächsten Lieferung.

Erste Schritte im Glaubensleben.

Einige Winke zur Belehrung für Neubekehrte.

13. (Schluß.)

Auf unserem Wandel durch die Welt kommen leicht noch Unwachsamkeitssünden vor. Diese müssen nicht sein; aber wenn sie vorkommen, so müssen sie auch wieder beseitigt werden. Sie bedingen

nicht sein; aber wenn sie vorkommen, so müssen sie auch wieder beseitigt werden. Sie bedingen keine neue Bekehrung. „Gott gedenkt unserer Sünde nie mehr“ (Hebr. 10,17). Das Lamm Gottes hat alle unsere Sünde beseitigt (Joh. 1,29), aber solche kleinen oder größeren Sünden auf dem Wege erfordern das Eintreten des Heiligen Geistes, unseres Sachwalters (Rechtsanwalts) hienieden (während Christus als Sachwalter und Hoherpriester uns droben vertritt und Sich in unseren Schwachheiten für uns droben verwendet, Röm. 8,34; Hebr. 7,25), der uns unsere Verfehlungen zum inneren Bewußtsein zu bringen sucht und uns beugt. Durch solche Sünden bringen wir etwas zwischen Gott und uns. Gott liebt uns nach wie vor, aber unsere köstliche lebendige Herzensgemeinschaft mit Ihm wird von uns aus unterbrochen. Wie wird sie von unserer Seite aus wiederhergestellt? Durch Selbstgericht und Bekennen (vgl. 1. Kor. 11,31 und 1. Joh. 1,9). Das ist sehr wichtig und viel mehr als nur ein Ihn-um-Verzeihung-Bitten, wovon in dieser Stelle gar nichts steht. Bekennen! Ihm bekennen! Die Sünde vor Ihm in ernstem Sichbeugen mit Namen nennen! Dann ist Er treu und gerecht, daß Er uns vergibt und uns reinigt. Er reinigt durch das Wasser, welches in der Schrift ein Bild Seines Wortes ist. Die Fußwaschung (Joh. 13) zeigt uns bildlich, wie Er das tut, und so dürfen und sollen wir mittels des Wortes einander die sich so leicht auf dem Wege durch die Welt beschmutzenden Füße waschen; nicht den Kopf, wozu wir uns hochmütig über den anderen stellen müssen, sondern die Füße, was Demut erfordert, die wir nur lernen bei Dem, der von Heizen demütig ist (Matth.11,29). Die Sünden der Gläubigen, auch die Gedankensünden, sind nichts Gleichgültiges. Sie trennen uns freilich nicht (wie den Ungläubigen) für ewig von Gott und Seiner Gnade, aber sie unterbrechen hienieden unsere praktische Gemeinschaft mit Ihm! Wie ernst sollten wir's damit nehmen und kurze Rechnung darin halten! Nicht warten bis zum Abend, ehe wir Ihm unsere begangenen Sünden bekennen, sondern es gleich in Ordnung bringen, gleichsam in der Stille des Herzenskämmerleins, das jedes Kind Gottes außer dem wirklichen Gebetskämmerlein daheim kennen sollte. (Vgl. Matth. 6,6!)

14.

Wie aber ist es mit Sünden, die wir an Menschen begangen haben, d. h. in Fällen, die vor unserem eigenen Gewissen ein Wiedergutmachen an jenen zu erfordern scheinen? Diese Frage macht vielen Gläubigen mehr Schwierigkeit, als sie sollte. Wenn der Fall stets so klar läge, wie eben geschildert, so wäre es leicht zu sagen: Handle wie Paulus nach Apgesch. 24,16: „Darum übe ich mich auch, allezeit ein Gewissen ohne Anstoß zu haben vor Gott und den Menschen“. Dies Wort hat in meinem Leben manche gesegnete Wirkung erzielt. Und wenn da auch der eine oder andere sagen wird: „Dann komme ich ins Gefängnis“, so würde doch dies Wort im Prinzip stehen bleiben müssen, und Gott kann Sich dann auch wunderbar gnädig zeigen, wenn man im Vertrauen auf Sein Wort in diesem Sinne handelt. Er kann alle bösen Folgen für uns verhindern. Aber nicht immer liegt der Fall so ganz klar; auch sind wir lange nicht immer imstande, alte Dinge in Ordnung zu bringen, zumal sie oft nicht einmal mit Geldeswert in Ordnung gebracht werden können. Was dann tun? Nun, meine teuren Geschwister, Gläubige des Neuen Bundes stehen nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. Und nur die Gnade kann die Folgen unserer alten Sünden, die uns durch Glauben an Christus alle vergeben sind, austilgen oder in Ordnung bringen. Laßt uns also, wenn wir an solche Dinge aus der Zeit vor der Bekehrung erinnert werden, sie zuerst unserem Gott und Vater im Namen Jesu im Gebet bringen! („alle Sorgen werfet auf Ihn!“ [auch die selbstverschuldeten!], 1. Petr. 5,7; Phil. 4,6), und Ihn um Licht und Weisheit bitten, wie wir uns verhalten sollen. Und wenn Er den Seinen den inneren Herzensfrieden läßt oder gibt nach solchen Gebeten, so ist es vielleicht nicht nötig, solche alte Sache, die man am Ende gar nicht ordnen kann, aufzurollen. Wenn Er aber diesen Frieden nicht gibt, so bitte um Licht, um zu handeln nach Seinem Willen, aber handle nicht unbesonnen! Und hier glaube ich, solchen teuren, angefochtenen Seelen noch einen Rat geben zu sollen, der sich auch anwenden läßt, wenn man mit anderen Sachen nicht zurechtkommen kann, wie etwa mit irgendwelchen Gebundenheiten und sündigen Gewohnheiten:

15.

Römer 12,17-21:

17 Vergeltet niemand Böses mit Bösem; seid bedacht auf das, was ehrbar ist vor allen Menschen. 18 Wenn möglich, soviel an euch ist, lebt mit allen Menschen in Frieden. 19 Rächt nicht euch selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn; denn es steht geschrieben: „Mein ist die Rache; ich will vergelten, spricht der Herr.“ 20 „Aber wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen; wenn er durstig ist, gib ihm zu trinken; denn wenn du dieses tust, wirst du feurige Kohlen aSatansdingen, besonders nachdem sie gewarnt sind, nicht brechen, unter einen gefährlichen Bann. „Rühret Unreines nicht an“, sagt die Schrift 2. Kor. 6,17. Lies auch Apgesch. 19,18-20!

17.

Mit solchen Dingen zu brechen heißt nicht, sich ein neues Gesetz auf den Hals laden zu lassen. Das alttestamentliche Gesetz ist in Christo erfüllt, und wer an Ihn glaubt, ist gerecht! (Röm. 10,4; Galaterbrief!) Wir stehen nicht unter dem Gesetz des alttestamentlichen Gesetzesbuchstabens, der sich nur an den unwiedergeborenen Fleischesmenschen wandte, aber wir wollen dem Worte des HErrn gehorsam sein, das Er den wiedergeborenen Seinen, die Er um den Preis Seines Blutes aus der Welt erkauft hatte (1. Kor. 6,20; 1. Petri 1,18.19), durch den Mund Seiner heiligen Apostel gab, und von dem Er sagt: Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort! (Vgl. Joh. 14,21.24.) Und nach diesem Wort sollte der Gläubige, auch der neugeborene (vgl. 1. Petri 2,1ff.), seinen Wandel einrichten. Dies Wort zeigt uns, daß mancher meint, ihm sei alles erlaubt! Ja, sagt Paulus, „aber nicht alles nützt!“ (1. Kor. 6,12 u. 10,23; ob wohl jedem jungen oder gar alten Bruder z. B. seine geliebte Zigarre, Zigarette oder Pfeife nützt?); und manch anderer meint wieder: „alles ist mir erlaubt“! Ja, sagt Paulus wiederum, „aber ich will mich von keinem überwältigen lassen“ (1. Kor. 6,12; möchten wir uns doch von keiner Leidenschaft überwältigen lassen!), und noch ein anderer sagt: „alles ist mir erlaubt“! - Ja, sagt Paulus nochmals, „aber nicht alles dient zur Auferbauung“ (1. Kor. 10,23), weder zu meiner noch zu deiner, du lieber Bruder, der du deine Freiheit so gern betonst! Und dann sagt Paulus, und welch kostbare Regel sollte uns allen dies Wort sein: „Ob ihr nun esset oder trinket oder was irgend ihr tut, tut alles zur Ehre Gottes!“ (1. Kor. 10,31.) O möchten wir alle, ihr lieben jungen Kinder Gottes und wir Älteren, das doch so recht lernen!

18.

Ja, möchten mir alles zu Seiner Ehre tun: auch unsere äußere Lebenshaltung unter diesem

Gesichtspunkt betrachten, unsere Geldausgaben, unsere Verwaltung! Gott sucht Verwalter, die treu sind im Kleinen. Und die Schrift sagt: „Wer im Geringsten treu ist, ist auch im Großen treu“ (Luk. 16,10), nicht umgekehrt! In dieses Gebiet gehört die schöne, sehr zu empfehlende, weil biblische Gewohnheit der Christen, von ihren gesamten Einkünften stets einen gewissen Teil allein dem HErrn und Seiner Sache sowie den Armen, besonders denen in Seinem Volk, zu widmen (vgl. 1. Kor. 16,1.2). Wieviel - das zu erkennen ist Sache der einzelnen. Geben sie sich zuerst selbst dem HErrn, wie es 2. Kor. 8,5 so köstlich heißt (und zwar aus Liebe zu Ihm), so werden sie dann schon nach und nach durch Gottes Geist belehrt, ob sie ihrer Habe gemäß den 25., 20. oder 12., 10. oder etwa den 8. oder gar den 5. Teil oder noch mehr dafür zurücklegen sollten (zu dem gesetzlichen alttestamentlichen „Zehnten“ möchte ich persönlich keinem raten!). Aber sie sollten lernen zu geben, und zwar zu geben, wo und wie der HErr es von ihnen wünscht, gemäß der ihnen gewordenen Erkenntnis! Über die gesegnete Tätigkeit des Gebens lese man Stellen wie Spr. 11,24.25; 3,9.10; Luk. 6,38; Röm. 12,13 u. a. Und keiner möge fürchten, durch das Geben zu kurz zu kommen. Gott läßt Sich nichts schenken, was Er nicht überströmend vergilt. (Hebr. 6,10; 2. Kor. 9,6-9; Spr. 19,17; Gal. 6,6.9.10.)

19.

Ehe ich Schluß mache, gebe ich noch einen praktischen Rat, dessen Befolgung uns Gläubige vor mancher ernsten Zucht seitens unseres Gottes bewahren würde: Möchten wir lernen, Ihm schnell zu gehorchen, nachdem wir irgend etwas als Seinen Willen mit uns erkannt haben. Eine wunderbare Unterweisung gibt uns hierin z. B. das Leben des Mannes, der „der Vater der Gläubigen“ heißt und ist nach Gal. 3 und Röm. 4. Es ist Abraham. Lesen wir nur u. a. das 22. Kapitel von 1. Mose, wo es sich um Isaaks Opferung handelt! Sofortiger Gehorsam gegen den erkannten Willen Gottes ist die Grundlage köstlicher Segnungen von Seiner Seite, wie sie eben auch Abraham erfuhr und Paulus usw. Und nie wird Gott etwas von uns verlangen, was uns schädlich wäre. Er hat stets nur Gedanken des Friedens mit uns, wenn Er auch aus Liebe zu uns oft unseren Glauben prüft!

20.

Und nun komme ich mit meinen Winken zum Ende, indem ich allen teuren Lesern, jungen wie alten im Glauben, auch mir selber zurufe: „Lasset uns wegschauen von allem auf Jesum hin, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens!“ (Hebr. 12,2.) Hienieden leben wir aus Glauben (2. Kor. 5,7). Hienieden sollen wir durch das geistliche Anschauen der Herrlichkeit Jesu Christi in Sein Bild verwandelt werden durch Seinen Geist (2. Kor. 3,18). Die Zeit des wahren Schauens kommt auch, und sicher sehr bald. Nur hier auf Erden können wir Christus verherrlichen durch Glauben, droben nicht mehr. Bis wir bei Ihm sind allezeit, haben wir hienieden in Christo Jesu alles: Leben, und zwar Leben im Überfluß (Joh. 10,10), Seinen Geist als Führer, Sachwalter und Kraft zum Wandel (Gal. 5,25), Gnade, Freude, Friede, Liebe, eine gewisse Hoffnung und ein herrliches Ziel, worüber Paulus sagt: „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorne ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben ... Unser Bürgertum (unsere Heimat) ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus als Heiland erwarten, der unsern Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit ...“ (Phil. 3,14 und 20.21.) Wie wird das sein!

Der HErr aber segne Sie, mein teurer Leser, Bruder und Schwester, aus Seiner Fülle zur Ehre Seines herrlichen Namens! Ihm sei Preis, Dank und Anbetung in Ewigkeit!

F. K.

Frage und Antwort

 

Frage 10

Wie haben wir als Christen (nach der Schrift) uns zu verhalten gegenüber a) der Todesstrafe; b) der Leichenverbrennung?

Antwort A

Zu a: Dieser Teil der Frage ist doch wohl dahin zu verstehen, ob wir die Todesstrafe, von der Obrigkeit verhängt und ausgeführt, als dem Worte Gottes entsprechend anerkennen oder ob wir dies nicht tun und uns an Bestrebungen, die auf ihre Beseitigung gerichtet sind, beteiligen sollen. Daß die Todesstrafe dem Alten Testamente entspricht, ist ja leicht zu sehen, denn in 1. Mose 9,6 lesen wir: „Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“; und im späteren Gesetz Moses finden wir noch mehrfach, für verschiedene Fälle, die Todesstrafe angeordnet (z. B. 2. Mose 21,12.14-17.29; 3. Mose 24,14.16.17.21 usw.). Das Gesetz Moses war von Jehova allerdings nur Seinem auserwählten Volke Israel gegeben und beschränkte sich auf dasselbe, aber die ersterwähnte Anordnung 1. Mose 9,6 gab Gott als der Schöpfer, ganz allgemein in ihrer Geltung, und sie wurde durch das spätere Gesetz Moses nicht etwa aufgehoben, sondern bestätigt. Wir sehen in 1. Mose 9,6 auch nicht nur die Anordnung der Todesstrafe - etwas Neues, bis dahin Ungekanntes - für den Fall, daß ein Mensch eines anderen Blut vergießt, sondern auch die Bevollmächtigung zur Ausführung derselben und damit zugleich die Einsetzung der Obrigkeit mit dieser Gewalt, indem es heißt: „durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden“. Diese Worte schließen gleichsam die ganze der Obrigkeit verliehene Gewalt in sich, wie ein Fruchtkern den ganzen Baum, der einmal daraus entsteht; sie zeigen die äußerste Grenze ihrer Gewalt, zeigen aber auch gleichzeitig, daß ihr diese Gewalt von Gott anvertraut ist. Und das Neue Testament, was sagt dieses darüber? Auch da finden wir keineswegs eine Aufhebung der bestehenden Obrigkeit und ihrer Einrichtungen oder eine Einschränkung der ihr verliehenen Gewalt, sondern im Gegenteil deren Bestätigung mit der Ermahnung, der Obrigkeit unterworfen zu sein. Ich bitte hierzu Röm. 13,1-7; Tit. 3,1 und 1. Petri 2,13.14 sorgfältig zu lesen. Und wenn es in Röm. 13 u. a. in bezug auf die Obrigkeit heißt, sie ist „ein

Schrecken für das böse Werk“ und „trägt das Schwert nicht umsonst; denn sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut“ (V. 3.4), so ist m. E. daraus deutlich zu erkennen, daß sie immer noch das nach 1. Mose 9,6 ihr verliehene Recht hat, im gegebenen Falle die Todesstrafe zu verhängen und auszuführen. Nach allem diesem unterliegt es keinem Zweifel, daß wir auf Grund des Wortes Gottes die Todesstrafe als eine von Gott bestimmte Einrichtung anzuerkennen haben und es uns nicht zukommt, an irgendwelchen auf Beseitigung dieser Einrichtung hinauslaufenden Bestrebungen uns zu beteiligen. Es gibt eben Einrichtungen, die Gott zum Wohle der Menschheit und zur Aufrechterhaltung der menschlichen Ordnung ohne Rücksicht auf die persönlichen Beziehungen des einzelnen zu Gott getroffen hat und die darum für alle Menschen gelten und für alle Zeiten bestehen - eben ihres erwähnten Zweckes wegen und weil sie von Gott sind und gewisse Grundsätze Gottes darin zum Ausdruck kommen. Eine solche Einrichtung ist die Ehe, die Familie, und ebenso die Obrigkeit. Das sind Säulen, auf denen die menschliche Ordnung ruht. Uns Kindern Gottes ziemt es, diese Einrichtungen zu achten und ihnen in Seinem Geiste zu entsprechen.

Zu b: Nachdem Adam gesündigt hatte und damit der Tod in die Welt gekommen war (Röm. 5, 12), sagte Jehova Gott zu ihm: „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren“ (1. Mose 3,19). Wenn man vom „Zurückkehren zur Erde“ liest, vonder der Mensch genommen ist, denkt man nicht an ein Verbrennen, sondern unwillkürlich an das Begraben des Leibes, also an ein Übergeben des Leibes an die Erde in dem Zustande, in dem er sich nach Eintritt des Todes befindet. Das Letztere ist offenbar Gottes Gedanke, wobei aber, wie ich nicht zweifle, Gott noch einen besonderen Gegenstand im Auge hat: die Auferstehung. Der Herr Jesus hat gesagt: „Es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören und hervorkommen werden: die das Gute getan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts“ (Joh. 5,28.29). Alle werden auferstehen, sowohl die gläubig Entschlafenen als auch die ungläubig Gestorbenen! Und dem Auferstehungsgedanken entspricht nicht

das Verbrennen, sondern das in die Erde Legen des Leibes, wie denn auch in 1. Kor. 15, wo so ausführlich von der Auferstehung gesprochen wird, der Apostel den Gegenstand ganz von diesem Standpunkt aus behandelt, indem er den Leib mit einem Samenkorn vergleicht, das gesäet, also in die Erde gelegt wird. Ein schönes Beispiel dafür, wie der Glaube handelt, finden wir in 1. Mose 23, wo berichtet wird, wie Abraham sein Weib Sara begrub - wie er zu diesem Zwecke die Höhle zu Machpela erwarb als Erbbegräbnis, um darin Sara, sein Weib, zu begraben und auch später selbst darin begraben zu werden (1. Mose 25,9). Abraham, der von dem ihm verheißenen Lande keinen Fußbreit besaß, sondern als Fremdling darin weilte, handelte im gläubigen Vorausblick auf die Auferstehung. Das Wort Gottes zeigt uns aber etwas noch unendlich herrlicheres: Wir sehen, wie der Leib des Herrn Jesus in das Grab gelegt wurde, um dann am dritten Tage in einem neuen Zustande aufzuerstehen! Was brauchen wir noch, um uns zu zeigen, welcher Weg biblisch ist? Keine Verbrennung für uns! Wohl ist es physisch am Ende gleich, ob der Leib durch Verwesung in der Erde oder durch Verbrennung im Feuer aufgelöst wird, und ebenso ist dies für die in der Auerstehung wirksame Kraft Gottes völlig gleich - Er wird ganz gewiß auch alle die auferwecken, deren Leiber verbrannt worden sind, und wäre die Asche auch in alle Winde zerstreut worden, ebenso gewiß, wie Er alle übrigen auferwecken wird; aber dieses ändert nichts an unserer Überzeugung in dieser Sache, weil wir aus Gottes Wort heraus erkennen dürfen, was Gottes Gedanken über diesen Gegenstand sind, und nur diese für uns bestimmend sind. Auch wissen wir, daß nicht wir über unseren Leib im Leben und im Tode zu bestimmen haben, sondern nur Gott allein; die durch die Leichenverbrennung vorgenommene Zerstörung des Leibes stellt sich daher als ein Vorgreifen Gott gegenüber dar, - als eine Handlung, zu der der Mensch überhaupt kein Recht hat! Wir aber wollen nicht zu denen gehören, die sich über die Gesetze Gottes hinwegsetzen in eigenwilligem Handeln, sondern uns an das halten, was Sein kostbares Wort uns zeigt. Th. K.

 

Schlussbemerkungen des Schriftleiters

Diese Frage entsprach ursprünglich nicht dem festen Grundsatz, den wir von Anfang an in den „Handreichungen“ befolgt haben: nur biblische Fragen, also solche, die unmittelbar Schriftstellen betreffen, aufzunehmen. Um sie aber einmal dem teuren Bruder im Auslande, der sie einsandte, zuliebe und dann, weil sie in der heutigen, die Ordnungen Gottes so vielfach aufhebenden Zeit nicht unwichtig ist, ausnahmsweise doch im Rahmen der „Handreichungen“ behandeln zu können, habe ich den Zusatz eingefügt, der in der Klammer steht: „Nach der Schrift“.

Da haben wir nun in obiger Antwort Eine klare biblische Auslegung in Verbindung mit vielen in Betracht kommenden Stellen vor uns, die dem gehorsamen Kinde Gottes vollauf deutlich genug den Weg weist, wie es sich angesichts der sich immer mehr in der Namenchristenheit verbreitenden Rebellionen gegen die göttlichen Grundordnungen verhalten soll, die doch schon im Gewissen jedes Menschen, z. B. auch im Heidentum, verankert sind. Ich möchte aber noch einiges anfügen, und zwar zunächst zu a:

Die auch oben behandelte Grundstelle 1. Mose 9,6 redet für uns Christen eigentlich so bestimmt, daß es uns klar sein müßte, auf welche Seite wir uns zu stellen hätten, wenn in irgendeinem Kreise die Frage aufgeworfen würde, wie wir uns zur Todesstrafe zu verhalten hätten. Es wird nun wohl kaum irgend ein Leser der „Handreichung“ sich in solcher öffentlichen Stellung befinden, daß seine Stimme für oder wider ernstlich ins Gewicht fiele, auch ist wohl keinem zu raten, in politischer Hinsicht nach solcher einflußreichen Stellung zu streben. Aber es ist stets von großer Bedeutung, daß wir Gläubigen, wo auch immer unser von Gott angewiesener Platz in der Familie, im Beruf und in der Öffentlichkeit ist, uns bewahren in unserem moralischen Charakter als „das Licht der Welt“ (Matth. 5,14), so wie Christus das wahre „Licht der Welt“ ist (Joh. 12,46). Demnach haben wir stets, ob wir nun im Hause, am Familientisch mit solchen Fragen (vgl. besonders auch Punkt b!) in Berührung kommen (etwa beim Lesen eines Zeitungsartikels), oder ob man uns in der Offentlichkeit daraufhin anredet, uns zu beweisen und zu bewähren als solche, die göttliches Licht, göttliche Wahrheit um sich her verbreiten können, weil wir herausgenommen sind aus der Welt, die „im Bösen liegt“ (1. Joh.

1

Wie furchtbar wäre es für ein Land, in dem die Todesstrafe aufgehoben würde! Mit dieser Aufhebung würde ja auch die Furcht vor dem Todesurteil vorbei sein, und noch viel mehr Bluttaten und weit größere Sitten- und Gemütsverrohung würden die verderblichen Folgen sein! (F. K.)

5,19) und die tagtäglich mehr offenbart, wer in ihr die Gemüter beeinflußt: der Satan, „der Fürst der Finsternis“, der „Lügner von Anfang“, der „Menschenmörder“. Die Welt kann im allgemeinen gar nicht anders denken als ihr Fürst, sie steht unter der „Obrigkeit der Finsternis“, daher das immer größer werdende Abweichen von den göttlichen Grundgesetzen! „Wir aber haben Christi Sinn!“ (1, Kor. 2,16.) Was die göttlich eingesetzte Todesstrafe anbelangt, die in den Zeitperioden seit der Sintflut dem Menschen übertragen ist - während im Zeitalter vor der Flut Gott Selber die Strafe vollziehen wollte (siehe 1. Mose 4,15 und vgl, Jahrbuch 1, Frage 11!) -, so braucht man nur die Wissenschaft zu fragen (auch z. B. die theologische), um zu erfahren, welche Anstrengungen die sündigen, an ihrem Verstande verfinsterten, in ihrem Gewissen oftmals sehr befleckten Menschen gemacht haben und fortgesetzt machen, um die ehernen Grundsätze, die Gott aufgestellt hat, umzustoßen. Und so gehen auch neuerdings wieder sehr starke Bestrebungen durch die sogenannten Kulturvölker, z.B. sogar durch England, um von den Parlamenten die Aufhebung der „unhumanen“ Todesstrafe zu erwirken. Wehe dem Gläubigen, der da mitmacht, wenn auch vielleicht nur in seinem Herzen, oder auch öffentlich, um Ehre vor Menschen zu haben! Er würde sich einer Verleugnung des göttlichen Willens schuldig machen, was der HErr nicht ungestraft lassen würde! Wir haben hier nichts mit menschlicher Meinung zu tun. Daß der arme unvollkommene Mensch, daß die menschliche Obrigkeit, die des „Schwert nicht umsonst trägt als Rächerin des Bösen“ (Röm. 13), manchmal Fehler macht, da sie weder Herzenskennerin noch sonst allwissend ist, ist klar und sollte uns Christen um so mehr zur Fürbitte für die Obrigkeit anregen (1. Tim. 2,1ff.), aber deshalb die göttlichen Regierungsordnungen umstoßen zu dürfen steht uns nicht zu. - Es ist oben darauf hingewiesen, daß das Gesetz Israel gegeben wurde, nicht uns, d. h. den Gläubigen, daß wir dagegen im Gesetz nur die Bestätigung des 1. Mose 9,6 ausgesprochenen Grundsatzes hätten und daß das Neue Testament besonders in Röm. 13 u. a. uns auf jenen Grundsatz verpflichtet (vgl. Jahrb. 2, Frage 24!). Ich schließe mich dieser Anschauung vollauf an, möchte aber hinzufügen, daß das den Willen des Schöpfers bestätigende Gesetz auch nach dem N. T. an denen gehandhabt werden soll, für die es bestimmt ist, z. B. für den Mörder, wie uns 1. Tim. 1,8-10 zeigt. Diese göttliche Allgemeinbestimmung des Gesetzes (nicht für die an Jesus Christus wahrhaft Gläubigen, sondern für Menschen im Fleisch, wie im A. T.) findet ihre

die an Jesus Christus wahrhaft Gläubigen, sondern für Menschen im Fleisch, wie im A. T.) findet ihre Bestätigung in den Staatsgrundgesetzen der Menschen seit ältester Zeit, so auch bei den alten Griechen und Rörmern (z. B. im älteren „römischen Recht“), so auch z. B. bei unseren Vorfahren! Sie findet ihre Ausgestaltung bei den alten Völkern in der Anwendung der Blutrache, von der wir Spuren überall in der Kulturgeschichte der ältesten Zeit finden. Spiegelt sich in ihr nicht, wenn auch in Unvollkommenheit, der Wille Gottes von 1. Mose 9,6 wieder? Und reden die gewaltig ernsten Kapitel der Schrift, in denen von der Blutrache und den Freistädten für Totschläger (nicht für Mörder) usw. die Rede ist (4. Mose 35 und 5. Mose 19), nicht auch zu uns eine gewichtige Sprache, die wir umgeben sind von den weichlichen, verweichlichenden Abschwächungen des Willens Gottes, den man sogar in gewissen gläubigen Kreisen für viel zu „human“ hält (weil man weder Seine Liebe noch Seine Gerechtigkeit nach der Schrift versteht), um einen Gott und Christo hartnäckig widerstrebenden Menschen für ewig und immer zu verdammen!? Laßt uns mehr Unterwürfigkeit unter das ganze Wort Gottes beweisen und nicht die verrotteten, verdrehten Gerechtigkeitsbegriffe einer von Satan beherrschten Welt zur Richtschnur unseres Denkens und Handelns nehmen!

1

Wie furchtbar wäre es für ein Land, in dem die Todesstrafe aufgehoben würde! Mit dieser Aufhebung würde ja auch die Furcht vor dem Todesurteil vorbei sein, und noch viel mehr Bluttaten und weit größere Sitten- und Gemütsverrohung würden die verderblichen Folgen sein! (F. K.)

Und in dieser Verbindung noch einiges über Punkt b! Was ich im allgemeinen über unsere, des Christen Stellung zu Punkt a) geschrieben, gilt auch hier. Nur könnte jemand sagen, wir hätten kein solch klares Wort wie in jenem Falle, das uns den göttlichen Willen anzeigte - als ob in obigem Falle der göttliche Wille nur allein klar durch jenes Wort 1. Mose 9,6 zum Ausdruck käme, und nicht vielmehr durch die ganze Schrift hin bezeugt wäre! Was bedürfen wir eines solchen Befehls angesichts göttlicher Worte wie „Staub bist du und zum Staube wirst du zurückkehren“ (1. Mose 3,19) oder „Es wird gesäet verweslich“ (1. Kor. 15,42; vgl. das ganze Kap.!), während der Herr Jesus bezüglich Seiner Selbst sagt: „Es sei denn, daß das Weizenkorn in die Erde falle ...“ (Joh. 12,24) - ich sage, was bedürfen wir angesichts solcher Worte noch weiterer ausdrücklicherer Bezeugung des göttlichen Willens? Obige Antwort A weist auf ähnliche Stellen hin, in denen einerseits der göttliche Wille gezeigt ist, daß die Leiber der Verstorbenen ins Grab gelegt werden sollen, während andererseits Gott darin auch andeutet, daß in dieser Art des Bestattens die Auferstchungshoffnung

ihre größte Berechtigung hat. Nun ist es ja klar, daß die Macht Gottes über den Tod nicht gehindert wird durch das Verbranntsein vieler Leiber, wie ja auch obige Antwort zeigt (vgl. Jahrbuch 3, Frage 35!), aber es handelt sich doch darum, ob diese Art des Bestattens, die je länger, je mehr Anhänger findet, und vielfach unter solchen Ungläubigen, die von Auferstehung nichts wissen wollen und die sie dadurch für unmöglich halten (möchten) - ob diese Art des Bestattens den Gedanken Gottes entspricht oder nicht. Und da zeigt uns die Schrift sehr unzweideutig, daß es nicht nach dem Willen Gottes ist, wenn das Feuer, das in seiner geistlichen Bedeutung nach der Schrift stets Gericht bedeutet (Beweise dafür erübrigen sich wohl? Es genügen vielleicht Stellen wie Offb. 20,14.15; 1. Chron. 14,12 u. a. Matth. 3,11.12; 5,22; 18,8; 25,41; 1. Kor. 3,13 usw. usw.), Anwendung findet auf die Leiber derer, denen Gott Sein „Kehret zurück, ihr Menschenkinder!“ zugerufen hat und die Er zum Staube zurückkehren läßt (Ps. 90,3)! Welch ein Recht nimmt sich der sündige Mensch heraus, die der Fürsorge Gottes zu überlassenden Leiber zu zerstören? Im Alten Testament ist uns gezeigt in ungezählten Worten (vgl. auch Antwort A), daß die gebräuchliche Bestattungsform die Beerdigung war. Gott hielt diese Weise für die richtige und am meisten verheißungsvolle, darum mußten und konnten die Menschen in der Bibel auch nicht anders handeln! Nur in besonderen Fällen kam Verbrennung vor, und sicher ist damit etwas wie Gericht angedeutet, vgl. z. B. 1. Sam. 31,12; Jos. 7,25 und folgende Stellen aus dem Gesetz: 3. Mose 20,14; 21,9! (Anscheinend eine Verschärfung der Todesstrafe!) Sehr bemerkenswert ist auch die offensichtlich gottlose Tat Simris 1. Kön. 16,18.19. Gegenüber den klaren Aussagen der Schrift - was bedeutet da also das unehrerbietige, freche und doch so ohnmächtige Handeln der Menschen, die sich der hygienischen Vorzüge der Leichenverbrennung rühmen und dadurch klüger als Gott sein wollen? Nichts! Es bedeutet auch nichts hinsichtlich der absoluten Tatsache, daß alle Menschen leiblich auferstehen werden, „die einen zum ewigen Leben, die anderen zur ewigen Schande“. Mag der stolze Mensch so oder so sich gegen Gottes Ordnungen auflehnen - Gott wird ihn finden! Aber wir Gläubigen, die wir „den Schrecken des HErrn kennen“ (2. Kor. 5,11), die wir wissen, daß „unser Gott ein verzehrendes Feuer“ (Hebr. 12,29) ist - laßt uns treu und gehorsam den Überlieferungen sein und in jeder Hinsicht „das Wort festhalten“ und in der dunklen Welt das Licht des Wortes Gottes verbreiten! - und nicht und nirgends mit unserer

und in der dunklen Welt das Licht des Wortes Gottes verbreiten! - und nicht und nirgends mit unserer Person und unserem Einfluß zustimmen, wo etwas den klaren Bezeugungen des ewigen Willens Gottes zuwiderläuft! Unser Gott allein hat recht und behält recht. Sein Name sei gelobt!

F. K.

Frage 11

Wie ist der Unterschied zwischen Apgesch. 1,18 und Matth. 27,3-10 zu erklären? Ist Apgesch. 1,18 wörtlich oder bildlich zu verstehen?

Antwort A

Der Fragesteller sieht in den beiden Schriftstellen einen Widersprach, weil nach dem einen Bericht Judas, nach dem anderen die Hohenpriester den Acker gekauft hätten. Wenn man aber nun diese beiden Stellen genau liest, dann findet man, daß es in der Apgesch. heißt: „den Acker erworben“ und in Matth.: „den Acker gekauft“. Wir wissen aus dem Alten Testament und aus den Ausgrabungsfunden in Vorderasien und Judäa, daß der Kauf von Ländereien schon damals durch besondere schriftliche Verträge festgelegt wurde, daß sie also, wie wir heute sagen würden, dadurch erst rechtsgültig wurden. In Jer. 32,6-15 ist der Kauf eines Feldes beschrieben. Da heißt es V. 10: „Ich schrieb einen Kaufbrief und versiegelte ihn und nahm Zeugen, und ich wog das Geld auf der Waage dar.“ Hier wird also zuerst der Kaufbrief ausgestellt und dann das Geld gegeben. Der Kaufbrief wurde in einem irdenen Krug aufbewahrt (V. 14). Prof. Deißmann bringt in seinem bemerkenswerten Buch „Licht vom Osten“ Lichtabdrücke über zwei aufgefundene Kaufverträge, die ebenfalls in irdenen Krügen aufbewahrt wurden (3. Aufl., S. 25ff. Der eine wurde im Jahre 88 v. Chr., der andere 22/21 v. Chr. abgefaßt und beide auf Pergament geschrieben. Sie wurden im Jahre 1909 von einem Bauern im persischen Kurdistan in einem hermetisch verschlossenen Krug gefunden.)

Beim Ackerkauf des Judas wird es nicht anders gewesen sein. Wir müssen deshalb ausden beiden Berichten der Schrift entnehmen, daß Judas wohl den Acker erwarb, aber ihn noch nicht bezahlt hatte. Als er wahrscheinlich im Begriff war, die 30 Silberlinge für den Acker zu bezahlen, kam die Verzweiflung über ihn. Sein schändlicher Verrat am HEnn kam ihm mehr und mehr zum Bewußtsein und brachte ihn zur Verzweiflung, so daß er das Geld nahm und in den Tempel warf, als wenn er es seinen Geldgebern vor die Füße hätte werfen wollen. Dann ging er hin und erhängte sich auf dem erworbenen Acker, wobei der Strick riß und er abstürzte und mitten entzwei geborsten ist. Für die Hohenpriester entstand nun die überaus peinliche und schwere Frage, was sie mit diesem „Judaslohn“ anfangen sollten. Daß sie das Geld nicht einfach wieder in ihre Kasse, den Korban, vereinnahmten, beweist, daß sie über das Geschäft mit Judas ebenfalls kein gutes Gewissen hatten. Es war Blutgeld, und so verfielen sie auf den Ausweg, den von Judas bereits erworbenen Acker mit diesen 30 Silberlingen zu bezahlen. Sie „hielten Rat“, da sie sich in Verlegenheit befanden. Sie nannten den Acker Blutacker und begruben auf ihm die Fremdlinge; so wird auch verständlich, warum sie einen Acker für das Geld kauften. Sie erfüllen dadurch, ohne zu wissen, die Schriften (Sach. 11,12.13).

In dem Wort Gottes sind keine Widersprüche, diese liegen in uns selbst. Im Gegenteil zeigen solch genaue Unterscheidungen der Schrift, wie die Verfasser aufs eingehendste unterrichtet waren, denn die Schrift ist von Gott eingegeben. Sie ist eine ebenso wunderbare Schöpfung Gottes wie die sichtbare Welt, die durch Sein Wort erschaffen wurde.

C. S.

Schlussbemerkungen des Schriftleiters

Was für eine deutliche, einleuchtende Antwort! Und obwohl der Verfasser auf den zweiten Teil der Frage nicht besonders einzugehen für nötig gehalten zu haben scheint, so ist dieser Teil der Frage doch mit berührt. Denn wenn durch diese Unterscheidung von „erworben“ und „gekauft“ die leider

doch mit berührt. Denn wenn durch diese Unterscheidung von „erworben“ und „gekauft“ die leider sehr beliebte Methode völlig überflüssig geworden ist, Apgesch. 1,18 zu „vergeistigen“, als ob Petrus die Tatsachen bildlich ausgelegt hätte, so erscheint es doch auch unzulässig, den letzten Teil des Verses bildlich aufzufassen! Diese bildliche Auffassung, als ob das Geborstensein des Bauches des Judas gar nicht wörtlich zu verstehen sei, sondern so, als ob durch seinen Selbstmord sein Inneres offenbar geworden sei, ist eine etwas gefährliche Methode, geschichtliche Darstellungen, sobald man sie mit anderen Stellen nicht ohne weiteres in Einklang bringen kann - was durch Antwort A aber sehr leicht ist! -, so zu pressen und zu formen, daß sie ihres eigentlichen Inhalts entleert werden! Davor möchte ich warnen, und davor hätte ich gewarnt, selbst wenn nicht eine solche Antwort wie die obige dies verbildlichende Verfahren als völlig unnötig gezeigt hätte. Wohin kommen wir, wenn wir einen geschichtlichen Bericht (dessen Tatsächlichkeit doch auch anderen als nur Petrus bekannt sein mochte) verbildlichen? Möchten wir wohl diese Auslegungsart auch auf den unleugbaren Tod von Ananias und Sapphira (Apgesch. 5) oder auf den des Stephanus (Apgesch. 7) anwenden? Sicherlich nicht! Warum denn also bei Judas? Ist es so sehr schwer, in Apgesch. 1,18 eine Erweiterung des Berichtes der Evangelisten zu sehen? Man kann dann ja diesem Bericht auch gewissermaßen eine bildliche Bedeutung geben, aber die uneingeschränkte Tatsächlichkeit des Vorgangs muß man zunächst zugeben. Über die Frage, warum Matthäus diesen Vorgang nicht mitberichtet habe, haben wir nichts zu bestimmen; höchstens glaube ich sagen zu dürfen: Matthäus berichtet von der Verzweiflungstat des Judas, Lukas in der Apgesch. aber betont das Gericht Gottes, das den Leib des Selbstmörders vor aller Augen traf, und infolgedessen die von Petrus angeführte Notwendigkeit, daß ein anderer an die Stelle des Judas treten müßte, womit auch die Schrift erfüllt werden mußte.

Wenn wir einmal eine schwierige Stelle nicht gleich erklären können, wollen wir demütig unser Unvermögen zugeben, aber nie in dem ewigen Wort unseres Gottes auch nur Unstimmigkeiten für möglich halten, denn: „Dein Wort ist geläutert“.

F. K.

Frage 12

Was bedeutet Johannes 20,22?

Antwort A

Der HErr tritt nach Seiner Auferstehung in die Mitte Seiner Jünger und offenbart Sich ihnen als der Auferstandene. In einer ganz anderen und neuen Weise steht Er jetzt vor ihnen als vor Seinem Tode. Er hat Sein Werk auf der Erde vollbracht und bringt den Seinen den Frieden, den Er auf dem Kreuze für sie erworben hat (Vers 19 und 21). Sie, die Glaubenden, sind durch Sein Werk erlöst und gerechtfertigt, aber noch fehlt ihnen die Kraft, um in diesem neuen Verhältnis zu leben. Um ihr Verbundensein mit dem auferstandenen HErrn ganz zu verstehen und verwirklichen zu können, bringt Er sie in eine neue Lebensgemeinschaft mit Sich Selbst. Der HErr haucht sie an und spricht: „Empfanget Heiligen Geist“. Sie empfangen jetzt Seinen Geist, denn Er ist ein lebendig machender Geist, wie Paulus in 1. Kor. 15,45 von Ihm, dem letzten Adam, schreibt.

Beachten wir auch die Ähnlichkeit mit der Erschaffung des ersten Menschen im Paradies (1. Mose 2,7). Gott hauchte dem ersten Menschen den Odem des Lebens in seine Nase, und er wurde eine lebendige Seele. Hier haucht der HErr Seine Jünger an, und sie werden lebendige Geistesmenschen. Er steht in diesem Geschehen so recht vor uns als der Anfänger eines neuen Menschengeschlechts, das seine Abstammung von einem auferstandenen Christus ableitet und das erst durch Ihn, den lebendig machenden Geist, Leben erhalten hat. Seine Jünger konnten jetzt wahre Zeugen des von den Juden verworfenen, aber auferstandenen Christus sein. Wir sehen sie auch von da an als solche geistesgewaltigen Zeugen vor den Juden auftreten. Wenn wir die Bedeutung dieser Handlung des HErrn kurz zusammenfassend bezeichnen wollen, so möchten wir sagen: Der HErr offenbart Sich hier

1. als der Christus, der Sohn Gottes, der Sein Werk für die Seinen vollbracht hat und ihnen Frieden

1. als der Christus, der Sohn Gottes, der Sein Werk für die Seinen vollbracht hat und ihnen Frieden bringt;

2. als der zweite Mensch vom Himmel, der als der Auferstandene den Seinen neues Leben, ewiges Leben, gibt und dadurch als das Haupt eines neuen Menschengeschlechts Sich erweist, das Er aus dem Tode ins Leben führt.

Am Pfingsttage handelt es sich um das Ausgießen des Heiligen Geistes vom Himmel her, um die an Jesus Glaubenden mit Einem Geiste zu einem Leibe zu taufen. Von hier an baut der HErr Seine Gemeinde auf dieser Erde. In Joh. 20 gibt Er Seinen Jüngern Seinen Geist und verbindet sie mit Sich Selbst.

C. S.

Antwort B

Diese Stelle hat schon zu mancherlei Auslegungen Veranlassung gegeben. Dies ist darum möglich, weil man den Charakter dieses Evangeliums zu wenig erkannt hat und die einzelnen Stellen nicht im Rahmen des Ganzen zu verstehen gesucht hat. Die einen Ausleger meinten, in dieser Mitteilung seien apostolische Vorrechte und Autorität in Frage und daß mit dem Ableben der Apostel auch diese Autorität erloschen sei. Besonders bestimmte sie der nachfolgende Vers, welcher vom Vergeben und Behalten von Sünden spricht, zu dieser Annahme. Auch müßten die Wunder bis auf diesen Tag beibehalten worden sein, wenn diese Schriftstelle noch heute eine Gültigkeit habe, weil sie (die Wunder) die Vergebung der Sünden begleiteten. Die anderen Ausleger, die hierarchisch gerichteten, behaupten, daß sich diese apostolische Autorität auf eine besondere Klasse von Männern bis auf die heutige Zeit übertragen habe und sie dieses Amt mit aller göttlichen Vollmacht auszuführen berufen seien.

Wie köstlich ist es, sich zum Worte Gottes wenden zu dürfen, um Licht, Klarheit und Wahrheit zu empfangen! Daß diese Stelle nichts mit apostolischer Autorität zu tun hat, geht schon daraus hervor, daß bei dieser fünften und letzten Erscheinung am Auferstehungstag nicht nur die Apostel anwesend waren, sondern andere mit ihnen. Vgl. dazu Luk. 24,33-42. Es ist dieselbe Erscheinung wie in Joh. 20,19 bis 23. Und hier wird uns in Vers 33 ausdrücklich berichtet: „Und sie fanden die Elfe und dir mit ihnen waren versammelt“. Aber unsere Gegenbeweise sind damit nicht erschöpft.

Um ein klein wenig auf den Charakter des Evangeliums Johannes, wo diese fragliche Stelle allein gefunden wird, einzugehen, möchten wir nicht verfehlen zu erwähnen, daß das Wort „Apostel“ im Evangelium Johannes überhaupt nicht vorkommt. Kap. 13,16, wo im Urtext, im Griechischen, „apostolos“ vorkommt, trägt es keinen ausgesprochenen apostolischen, amtlichen Charakter, sondern ist allgemein gehalten. Dies wird auch der Grund sein, warum die besten Übersetzungen dieses Wort nicht mit „Apostel“ wiedergeben. Wir dürfen in gläubiger Weise fragen: Warum ist es so? Wir können noch ein wenig weiter gehen und fragen: Warum wird nichts von der christlichen Taufe (wohl von der Taufe Johannes) und dem Abendmahl erwähnt? Ja, wir fragen weiter: Wie kommt es, daß in diesem Buche nicht mal von Buße noch von Vergebung (mit Ausnahme der in Frage kommenden Stelle) gesprochen wird? Ist dies alles zufällig, oder liegen hier nicht besondere Belehrungen für uns? Ja, wir haben hier das zu lernen, daß weder ein Amt: Apostel noch christliche Vorrechte wie Taufe und Abendmahl, noch Buße Leben zu geben vermag, sondern das dieses nur erlangt wird durch Glauben1 an den Sohn, an Ihn, der das Leben ist. Leben, Leben, Leben ist das Problem, welches dieses wunderbare Buch offenbart, behandelt und löst. Darum überall Glaube - Leben; Unglaube - Tod. Von apostolischer Macht zu reden ist falsch; von einer Übertragung dieser Macht auf eine gewisse Klasse von Männern ist antichristlich; von einer mit Wundern (Johannes gebraucht für Wunder stets „Zeichen“, mit Ausnahme 4,48)begleitenden Vergebung zu reden ist mindestens unbiblisch und kann nicht mit Schriftstellen belegt werden. (Näheres finden wir im Jahrbuch I,Frage 26.)

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Ev. Johannes gebraucht für „glauben“ nie des Hauptwort, sondern stets das Tätigkeitswort, weil, der da glaubt, göttliche Tätigkeit und Zeichen desLebens entfaltet. (K. O. St.)

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Ev. Johannes gebraucht für „glauben“ nie des Hauptwort, sondern stets das Tätigkeitswort, weil, der da glaubt, göttliche Tätigkeit und Zeichen desLebens entfaltet. (K. O. St.)

Als darum der Herr Jesus Seine Jünger versammelt fand, brachte Er ihnen nicht nur Frieden, sondern Auferstehungsleben. Und dieses Leben teilte Er mit in der Kraft des Heiligen Geistes. Es handelt sich hier um den Geist des Lebens, nicht um den Heiligen Geist als Person, wie Er uns in Apostelgeschichte 2 vorgestellt wird. Obwohl es nicht zu trennen ist, müssen wir es doch unterscheiden. Es ist nicht der gesandte Heilige Geist, der Gaben mitteilt, sondern der Leben gibt; nicht als Kraft, sondern als Geist des Lebens. (Vergl. Röm. 8,2.) Wir können unsere Segnungen nur durch den Heiligen Geist mitgeteilt bekommen, weil sie geistlichen Charakter haben (vergl. Eph. 1,3). Der Herr Jesus sagt doch ausdrücklich, daß es für die Jünger nützlich sei, daß Er weggehe, damit der Sachwalter zu ihnen kommen könne. Vgl. Ev. Joh. 7,39; 16,7; Apgesch. 2,33. Es kann sich hier darum nicht um den Geist als Person handeln, sondern als Geist des Lebens, weil Christus noch auf Erden war.

Christus als letzter Adam und zweiter Mensch ist in der Mitte der Jünger als lebendig machender Geist (1. Kor. 15,45-47) und vereinigt Seine Jünger mit Sich in der Stellung, die Er einnimmt als auferstandener Mensch, durch die Kraft jenes Lebens der Auferstehung, das Ihn kennzeichnet. Er teilt den Seinen Leben in Überfluß mit. Joh. 10,10.

Diese Handlung des HErrn ist einzigartig im Worte Gottes. Obwohl Er sie als auferstandener Mensch vollbringt, trägt sie unverkennbare göttliche Züge, Züge, die nur Gott eigen sind, weil Christus der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. Es gibt im Worte Gottes noch eine Stelle, die im Einklang steht mit dieser und uns hilft, sie besser zu verstehen und zu würdigen. Wir finden sie in 1. Mose 2,7. Was dort Christus als Schöpfer tat (denn Jehova Gott ist der Herr Jesus; alle Handlungen, die Jehova im Alten Testament vollbringt, werden im Neuen Testament dem Herrn Jesus zugeschrieben). Weil Er Jehova ist (vgl. Joh. 12,37-41; 8,56; 1. Kor. 10,4), tut Er hier als Erlöser, als Lebensspender.

Dort handelt es sich um physisches Leben, hier um geistliches Leben.

Dort um den Menschen, der das Herz und die Krone der materiellen, seelischen und sittlichen

Dort um den Menschen, der das Herz und die Krone der materiellen, seelischen und sittlichen Schöpfung ist, hier handelt es sich um die Gemeinde, das Herz und die Krone der geistlichen, erlösten und versöhnten Schöpfung. Dort um den ersten Menschen, hier um den zweiten Menschen.

Doch Leben ist das Thema beider Bücher. Nirgends wird so viel von Leben gesprochen wie in 1. Mose und Ev. Johannes.

Dort von irdischem und physischem Leben, hier von himmlischem und geistlichem Leben. Dort finden wir, wie der Tod alles verdorben hat. Hier finden wir, wie der Tod beseitigt wird durch Ihn, der den Tod zunichte gemacht, aber Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat. So ist dieses Leben, welches der HErr am Auferstehungstag Seinen Jüngern mitteilte, Gemeingut aller Kinder Gottes in dieser Zeit, weil sie als Jünger durch den Glauben an Ihn alle Teil haben an diesem Leben, an dieser neuen Lebens schöpfung. Ihm sei Dank und Preis!

K. O. St.

Schlussbemerkungen des Schriftleiters

Ich bin dem HErrn sehr dankbar, daß ich diese zwei köstlichen Antworten in den „Handr.“ veröffentlichen darf; möchten sie vielen zum bleibenden Segen dienen!

Auf Jahrbuch I, Frage 26 ist in Antwort B schon hingewiesen. In gegenwärtigem Jahrbuch, Lieferung 5, Seite 89 ist von Br. v. d. K ebenfalls diese Stelle (Joh. 20,19-23) berührt.

Noch einige Worte! - Damit die Jünger hienieden ein geistgewirktes Tun und Lassen entfalten können - auch wo es sich um zeitliches Vergeben und Behalten von Sünden (das ewige Vergeben und Behalten ist allein Gottes Sache!) handelt -, macht der HErr sie sofort, nachdem Er das Leben ans Licht gebracht hat, Seines Lebens teilhaftig. Wir heute (seit Pfingsten) empfingen Seinen Geist durch

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Ich glaube hier hinweisen zu dürfen auf das Büchlein von A. v. d. K. „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“! (F. K.)

Glauben an den Herrn Jesus (vergl. Joh. 7,37ff.; Apgesch. 19,2; Gal. 3,2.3 u. a.), und indem wir denselben bekommen haben, haben wir auch teil an des Herrn Jesus Auferstehungsleben. Aber während die Schrift uns in den Briefen über alle die verschiedenen Beziehungen unterrichtet, in denen wir uns befinden durch den Heiligen Geist, während uns in den Briefen auch alle möglichen Kostbarkeiten offenbart werden, die wir mit und in dem Heiligen Geist haben usw.1, so ist doch die Tatsache, daß der Herr Jesus die Seinen durch Seinen Geist mit Sich Selber verbindet, indem Er ihnen nach Seinem Sieg über Grab und Tod Sein Leben einhaucht, nur hier berichtet, d. h. 1. nur in dem Evangelium, dessen Thema „das Leben“ ist („wer es ist“, Joh. 4,10, in Verbindung mit dem Wasser des Lebens!), und 2. nur als aus dem Munde des Herrn Jesus Selbst, also nur in einer Zeit, da Er Selber noch auf der Erde war. Mit anderen Worten: wie gleichsam nach der Bildung des Menschen aus Staub nicht der Tag vergehen durfte, ehe Jehova Gott ihm den Odem des irdischen Lebens eingehaucht hatte, so durfte der herrliche Auferstehungstag nicht vorbeigehen, ehe der sinnbildliche Vollzug der Lebensgemeinschaft der Jünger mit dem Auferstandenen, dem Haupt der neuen Schöpfung, geschehen war. Jener erste Mensch konnte nicht herrschen, konnte nicht das Bild Gottes auf der Erde tragen ohne Leben, diese, die Nachkommen des zweiten Menschen, können nicht auf der Erde Sein Bild tragen noch in dasselbe verwandelt werden (2. Kor. 3,18) ohne Sein Leben, den lebendigmachenden Geist. Bedenken wir wohl: vom ersten Tage an, und zwar vom ersten Tag, der der achte Tag war, der Beginn „des Neuen des Geistes“ (vgl. Frage 9 des Jahrbuchs!), der Gemeinde! Welche Kostbarkeit liegt in diesem kleinen Verse! Möchten wir uns freuen lernen, daß auch wir am Abend dieses Tages - am Abend? kurz vor dem Abschluß des Tages? wird damit wohl auch angedeutet, daß wir wie auch jene Jünger nicht lange mehr zu warten brauchen, bis Er wiederkommt? - eingefügt worden sind in das „Bündel der Lebendigen“ durch Empfang Seines Geistes, durch den wir für ewig der himmlischen Verwandtschaft mit unserem Haupt angehören, um, solange wir noch hienieden weilen, Sein Leben zu offenbaren in einer toten, aber nach Leben dürstenden Welt! Dem Namen unseres geliebten HErrn sei Preis und Anbetung!

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Ich glaube hier hinweisen zu dürfen auf das Büchlein von A. v. d. K. „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“! (F. K.)

F. K.

Fünf Hindernisse für das Wachstum des Glaubens.

1. Nachlässigkeit.

Eine große Gefahr für die Gläubigen ist die Neigung, lässig zu sein. „Wer mit lässiger Hand schafft, wird arm“ (Spr. 10,4). Immer wieder werden wir ermahnt „fest zu halten“ (Hebr. 4,14; 10,23; Offenb. 2,25; 3,11). Wenn nicht große Gefahr für uns wäre, die Dinge des HErrn in lässigen Händen zu halten, so wäre die Ermahnung nicht nötig: „halte fest!“ Das, was Israel kennzeichnete, nachdem sie in das Land eingegangen waren, war „Lauheit und Nachlässigkeit“.

Obgleich ihnen das Land gegeben und der HErr sie hineingebracht hatte (Er brachte sie heraus aus Ägypten und Er brachte sie hinein ins Land), so war doch die Besitzergreifung des Landes ihre Sache. Sie hatten im Glauben ihre Füße auf das zu stellen, was Gott ihnen gegeben hatte, und das war mit Kampf verbunden. „Jeder Ort, auf den eure Fußsohle treten wird, euch habe Ich ihn gegeben“ (Jos. 1,3).

In Jos. 18 sehen wir, obgleich die ganze Gemeinde versammelt und sie die Stiftshütte zu Silo aufgeschlagen hatten und das Land vor ihnen unterworfen war, daß doch sieben Stämme noch kein Erbteil hatten. Nur zwei und ein halber Stamm hatten wirklich ihr Erbteil im Lande in Besitz genommen und ihre Fußsohle darauff gestellt; die anderen zwei und einhalb Stämme wählten die Wüstenseite des Jordans für sich, und obwohl sie in dem Lande kämpften, waren ihre Herzen anderwärts. „Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein“ (Luk. 12,34).

Wie gesagt: Sieben Stämme hatten kein Erbteil, zwei und ein halber Stamm hatten es an dem Ort, den sie sich nach ihrem Gefallen selbst gewählt hatten, und nur zwei und ein halber Stamm hatten das ihnen von Gott gegebene Erbteil wirklich ergriffen und in Besitz genommen, so daß Josua klagen mußte: „Wie lange werdet ihr euch lässig zeigen hinzugehen, um das Land in Besitz zu nehmen,

mußte: „Wie lange werdet ihr euch lässig zeigen hinzugehen, um das Land in Besitz zu nehmen, welches Jehova, der Gott eurer Väter, euch gegeben hat?“ (Jos. 18,3.)

Solche Nachlässigkeit war damals, und die gleiche Laßheit und Lauheit sieht man heute. Petrus warnt uns in seinem zweiten Briefe davor. Er ermahnt uns, unserem Glauben hinzuzufügen die sieben Dinge des ersten Kapitels und uns zu hüten vor dem Irrtum der Ruchlosen, um nicht davon mit fortgerissen zu werden, sondern zu wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus. (2. Petr. 3,17.18.)

In Epheser 1 sehen wir, was unser wahres und ewiges Teil ist - das Teil aller Gläubigen. „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo“; und in Kolosser 3 werden wir ermahnt, zu suchen und zu sinnen auf das, was droben ist.

2. Trägheit.

Ein anderes der Nachlässigkeit ähnliches großes Hindernis ist Trägheit. Trägheit in den Dingen Gottes, in himmlischen Dingen, kennzeichnet viele Heilige Gottes in dieser Zeit. „Faulheit versenkt in tiefen Schlaf, und eine lässige Seele wird hungern“ (Spr. 19,15). Wenn dieses schon in den irdischen Dingen wahr ist, wieviel mehr noch in den geistlichen und himmlischen Dingen. Und ach, wie träge sind Kinder Gottes in den Dingen, die droben sind zur Rechten Gottes, wo Christus sitzt. Mit Recht ermahnt sie der Heilige Geist, „nicht träge zu werden“ (Hebr. 6,12).

In dem Buche der Richter lesen wir von den Danitern, daß sie sich ein Erbteil zum Wohnen suchten, „denn es war ihnen nichts als Erbteil zugefallen“ (Richt. 18,1). „In jenen Tagen war kein König in Israel; ein jeder tat, was recht war in seinen Augen“ (17,6). Wie gleicht dieses unserer Zeit! Man tut nicht, was man für unrecht hält. Durchaus nicht! Aber jeder tut, was recht ist in seinen Augen (Spr. 12,15; 14,12). „Ein Weg erscheint recht dem Menschen, aber das Ende sind Wege des Todes.“ Hiskia

tat, was gut und recht und wahr war vor Jehova, seinem Gott (2. Chron. 31,20). Was für ein Gegensatz zwischen dem, was recht ist in unseren Augen, und dem, was recht ist in Gottes Augen!

Die Ursache, weshalb die Daniter „nichts“ empfingen, war ihre Trägheit - zu träge, ihr Erbteil in Besitz zu nehmen; „seid nicht träge ..., das Land in Besitz zu nehmen“ (Richt. 18,9). Ihre Herzen waren in diesem Zustande nicht befriedigt, „sie suchten ein Erbteil zum Wohnen“, aber sie suchten nach einem solchen, welches sie ohne Kampf und Anstrengung haben konnten, und so nahmen sie schließlich das in Besitz, was zu erreichen ihnen nicht schwer fiel.

Herzen, die nicht Fleiß anwenden, ihr Erbteil ganz in Besitz zu nehmen, fallen dem Feinde sehr leicht zur Beute. So sehen wir denn auch, wie in Dan Abfall und Götzendienst eine Wohnstätte fand. Schon im 17. Kapitel finden wir beides in dem Hause Michas. Ein Levit ließ sich für Geld als Hauspriester anstellen. Als sich ihm dann später (Kap. 18) ein besserer Platz darbot, verließ er seine erste Anstellung, um Priester eines ganzen Stammes zu werden. Und wie zeigt sich heute der Abfall und Götzendienst nach allen Seiten hin! Habsucht ist Götzendienst (Eph. 5,5). Wie viele haben sich für Geld anstellen lassen, um in geistlichen Dingen der Menschen Knechte zu sein. Wie ermunternd sind solchem Tun gegenüber die Worte der fünf Männer, welche das Land gesehen hatten! Sie sprachen: „Machet euch auf und laßt uns wider sie hinaufziehen, denn wir haben das Land besehen, und siehe, es ist sehr gut. Und ihr bleibet stille? Seid nicht träge, hinzugehen, um hineinzukommen, das Land in Besitz zu nehmen; ... denn Gott hat es in eure Hand gegeben: es ist ein Ort, wo es an nichts mangelt von allem, was auf Erden ist“ (Richt. 18,9.10).

Sicherlich brachten sie einen guten Bericht. Und in der gegenwärtigen Zeit bedürfen es die Kinder Gottes überall, ermuntert zu werden. Stehe auf, komme heraus und löse dich von deiner Trägheit! Manche Gläubige kommen nie weiter. Da wo sie im Anfang standen, da stehen sie noch; sie nehmen das himmlische Land nicht in Besitz. „Die Tür dreht sich in ihrer Angel: so der Faule auf seinem Bette“ (Spr. 26,14). Er liegt auf dem gleichen Fleck und kommt aus seinem Bett nie heraus! Ehe Jehova zu Abram sagen konnte: „Hebe doch deine Augen auf und schaue von dem Orte, wo du bist,

gegen Norden und gegen Süden und gegen Osten und gegen Westen! ... mache dich auf und durchwandle das Land“ (1. Mos. 13,14.17), mußte er herausgehen aus seinem Lande, aus seiner Verwandtschaft und aus seines Vaters Hause. Er konnte nicht in seinem Bette bleiben, er mußte heraus, wenn er den Segen haben wollte. Die Trennung mußte vollzogen werden. Erst nach der Trennung Lots von Abram zeigte ihm Gott sein wahres Erbteil. „Und Abram schlug Zelte auf und kam und wohnte unter den Terebinthen Mamres, die bei Hebron sind, und baute daselbst Jehova einen Altar“ (1. Mos. 13,14-18).

Wenn wir uns unseres gesegneten Platzes in des HErrn Gegenwart erfreuen wollen, dürfen wir nicht träge stehen bleiben, sondern müssen gleich den Leviten ganz auf die Seite des HErrn treten und das Schwert gebrauchen gegen alles, was nicht auf des HErrn Seite ist. Auch das scharfe Messer der Beschneidung muß an unser eigenes Fleisch gelegt werden, ehe wir das alte Korn und die Frucht des Landes essen können. Wenn wir für uns erfaßt und in Besitz genommen haben, was das ist, mit Christus gestorben und auferstanden zu sein (Kol. 2,20; 3,1-4), dann suchen und sinnen wir auf das, was droben ist, wo Christus ist.

3. Schlaf.

Ein anderes großes Hindernis für die wirkliche Besitzergreifung und Freude der himmlischen Dinge ist der Schlaf. „Liebe nicht den Schlaf, damit du nicht verarmst; tue deine Augen auf, so wirst du satt Brot haben“ (Spr. 20,13). Faulheit und Schlaf gehen sehr nahe zusammen. Der armselige Stand, mit dem manche Gläubige sich begnügen, und die geistlich ungesunden, traurigen Dinge und Umstände, in denen sie stecken, sind die Folgen ihres Schlafes. Während die Menschen schliefen, kam der Feind und säte Unkraut. Als der Bräutigam verzog, wurden die Jungfrauen schläfrig und schliefen ein. Dem HErrn sei Dank, die Stunde des Aufwachens ist gekommen. Aus Röm. 13,11; 1. Thess. 5,6; Eph. 5,14 ersehen wir, daß Gläubige eingeschlafen waren. Schlafende sind bewußtlos über ihren Zustand. Sie gehen unbekümmert dahin, und ihre Lampen stehen unter dem Bett oder dem Scheffel (Mark. 4,21;

Luk. 11,33). Das, was der HErr dem Türhüter einschärfte, war, daß er wachen solle, und Seine eigenen Worte an alle sind: „So wachet nun ...“ (Mark. 13,34.35).

Von den drei Jüngern, welche Er mit auf den Berg nahm, lesen wir, daß sie in der Gegenwart Seiner Herrlichkeit vom Schlaf beschwert waren (Luk. 9,32), und dieselben drei Jünger schliefen in dem Garten in der Gegenwart Seines ringenden Kampfes (Luk. 22,44.45).

„Ich schlief,“ sagt die Braut im Hohenliede, „aber mein Herz wachte“ (Kap. 5,2). In dem Herzen des Gläubigen bleibt immer ein Gehör, ein Empfinden für Christus. Aber Er erwartet, daß Geist, Seele und Leib wach und zu Seinem Gebrauch bereit sind. Wir sehen, wie durch ein wenig sich dem Schlafe Überlassen die Braut den Blick auf ihren Geliebten verlor. Sie wollte ihn suchen in der Stadt und fiel in die Hände der Wächter zu ihrer Schande. Wer kann den Schaden nennen, welcher durch Schlaf über die Heiligen Gottes gebracht worden ist! (Spr. 6,10.11.) „An dem Acker eines faulen Mannes kam ich vorüber und an dem Weinberge eines unverständigen Menschen. Und siehe, er war ganz mit Disteln überwachsen, seine Fläche war mit Brennesseln bedenkt und seine steinerne Mauer eingerissen. Und ich schaute es, ich richtete mein Herz darauf; ich sah es und empfing Unterweisung: Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen, und deine Armut kommt herangeschritten und deine Not wie ein gewappneter Mann“ (Spr. 24,30-34; 6,10.11).

4. Eigenliebe.

Eine andere Sache, die mit dem Schlafe verbunden ist, ist die Eigenliebe und Selbstsucht, das Streben nach Wichtigkeit und Höherkommen.

Es ist das, was Paulus von Gläubigen seiner Tage sagt: „Alle suchen das Ihrige, nicht das, was Jesu Christi ist“ (Phil. 2,21). Unter den Kennzeichen der schweren Zeiten in den letzten Tagen wird uns als erstes genannt: „Die Menschen werden eigenliebig sein“ (2. Tim,3,1.2). Auch in dem letzten Kapitel des Römerbriefes, wo uns die Namen vieler genannt werden, die dem HErrn dienten, Phöbe als erste

in der Liste; Priska und Aquila (die Frau und ihr Mann), welche für Paulus ihren eigenen Hals preisgaben, diese Gläubigen werden ermahnt: „Habet acht auf die, welche Zwiespalt und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab. Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christus, sondern ihrem eigenen Bauche, und durch süße Worte und schöne Reden verführen sie die Herzen der Arglosen“ (Röm. 16,17.18). Wem dienen wir, unserem Ich oder Christus? Ist Er der Anfang und das Ende unseres Dienstes - ist Er Mittelpunkt, Beweggrund und Gegenstand alles dessen, was wir tun? Man mag bekennen, des HErrn Werk zu tun, und doch sich selbst zum Mittelpunkt haben gleich den nichtigen Hirten, die sich selbst weiden (Sach. 11,16.17). Einem guten Hirten aber ist sein Leben nicht zu teuer; die Liebe zum HErrn treibt ihn, sich der Herde hinzugeben. Diotrephes aber in seiner Eigenliebe wünschte den ersten Platz zu haben (3. Joh. 9). Wo dies unter Kindern Gottes geschieht, daß jemand für sich selbst etwas sucht und in eigener Wichtigkeit und Wertschätzung einen Platz einnehmen will, der wird nicht nur die Herde leidend machen, sondern auch selbst eine Niederlage erfahren. „Wer sich selbst erhöht, soll erniedrigt werden.“ „Der Erste in seiner Streitsache hat recht, doch sein Nächster kommt und forscht ihn aus“ (Spr. 18,17). Wie vieles, was heute als ein Dienst dem HErrn gilt, ist nur Eigenliebe. Das zweite Kapitel an die Philipper gibt uns ein vollkommenes Beispiel für den Dienst. „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war.“ Unter dem Gesetz war der Maßstab: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, unter der Gnade aber ist Christus der Maßstab. Alsdann wird in der Demut einer den anderen höher achten als sich selbst und ein jeder nicht auf das Seinige sehen, sondern ein jeder auch auf das des anderen. Das Ich muß ganz beiseite treten. „Wenn wir außer uns sind, sind wir es Gott; sei es, daß wir vernünftig sind - euch; denn die Liebe Christi drängt uns“ (2. Kor. 5,13.14).

5. Sünde.

Wenn Laßheit, Trägheit, Schläfrigkeit und Selbstsucht Hindernisse für das Wachstum der Heiligen sind, so ist es noch ein anderes (welches nie unter den Gläubigen genannt werden sollte): Sünde.

Leider im einzelnen wie im allgemeinen, immer wieder zeigt sich Sünde, die nicht sein sollte. Sünde hat kein Anrecht auf den Leib des Gläubigen. Römer 6 zeigt, wie wir befreit werden von der Herrschaft der Sünde, Kapitel 8, daß der Leib tot ist der Sünde wegen, Kapitel 12 ermahnt uns, unsere Leiber Gott als ein lebendiges Schlachtopfer darzustellen, und Epheser 5 lehrt uns, zu „wandeln in der Liebe“ und zu „wandeln als Kinder des Lichtes“. Böse Taten und schlechte Worte sollen nicht einmal genannt werden unter den Gläubigen, „denn die Frucht des Geistes ist in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit“.

Ein Grund, weshalb Johannes seinen ersten Brief schrieb, war: „auf daß ihr nicht sündiget“ (Kap. 2,1). Es gibt keine Entschuldigung für ein Kind Gottes, wenn es sündigt; und doch keiner kann sagen, daß er ohne Sünde ist oder daß er nicht gesündigt hat. Wer solches sagt, betrügt sich selbst, und die Wahrheit ist nicht in ihm, und er macht Gott zum Lügner (1. Joh. 1,8-10). Wenn wir aber dem HErrn die Sünden bekennen und in Selbstgericht nach Seinem Worte wandeln, so werden wir bewahrt und rein bleiben.

Aus der Seite Jesus, des Sohnes Gottes, floß Blut und Wasser. Das Blut als die Sühnung ordnet die Frage unserer Sünden und der Gerechtigkeit Gottes und macht uns fähig, im Lichte zu wandeln. Das Wasser- Sein Wort - bewahrt und reinigt uns auf dem Wege, um mit Christo Gemeinschaft zu haben (1. Joh. 1,7.9). Ein Israelit konnte sich leicht verunreinigen, aber es gab keine Entschuldigung, in einem unreinen Zustand zu bleiben - das Wasser der Reinigung war für ihn da. Machte er keinen Gebrauch davon, daß er sich entsündigte, so verunreinigte er das Heiligtum Gottes, und er sollte ausgerottet werden aus der Mitte der Gemeinde (4. Mos. 19,20). In Joh. 13 sagt der HErr: „Wenn Ich dich nicht wasche, so hast du kein Teil mit Mir.“ (In diesem Kapitel wird nichts vom Blute gesagt.)

Durch das Blut Seines Kreuzes hat Christus „Frieden gemacht“, und durch den Glauben an Sein Blut (Röm. 3,25) ist jeder Gläubige passend gemacht, danksagend jetzt in dem Lichte zu wandeln, wie Gott im Lichte ist (Kol. 1,12.20; 1. Joh. 1,7). Aber in den Kapiteln 13-17 des Ev. Johannes sehen wir, daß Er durch das Wasser des Wortes unsere Füße reinigt, damit wir Gemeinschaft mit dem Vater und

dem Sohne und untereinander haben und damit wir in dem Leibe der Niedrigkeit Ihm Gefäße seien, geheiligt, nützlich und zu jedem guten Werke bereitet.

Das Wort Gottes und das Priestertum Christi finden wir in Hebr. 4,12-16 zusammen als Hilfen, uns zu bewahren vor der Sünde. Sünde in Wort und Tat war die Ursache der traurigen Geschichte des Volkes Gottes, welches in der Wüste hingestreckt wurde. Kaum hatte Israel das Land betreten und den ersten Sieg über den Feind erlangt, da hören wir schon den HErrn sagen: „Israel hat gesündigt“ (Jos. 7,11). Und so war es auch nach dem herrlichen Anfang der Gemeinde: Ananias und Sapphira, sein Weib, sündigten (Apgesch. 5). Die Habsucht brachte das Gericht Gottes über Achan und Ananias. Ebenso sehen wir Gottes Gericht in Korinth. „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“ (1. Kor. 5,6). Und weil sie sich nicht selbst richteten, kam Gottes Gericht über sie, und viele von ihnen waren schwach, krank und ein gut Teil entschlafen (1. Kor. 11,30.31). Ihre Leiber fielen sozusagen in der Wüste. Der HErr richtete sie, weil sie aufgeblasen waren und nicht Leid trugen und sich demütigten vor dem HErrn. Die, welche schwach und krank und entschlafen waren, mögen nicht gerade die einzelnen gewesen sein, die da gesündigt oder persönlich schuldig waren. Der HErr handelt nicht nur mit einzelnen, sondern mit der Versammlung als Ganzem. Wir sehen, daß der, welcher nach Kapitel 5 der Böse war, nicht durch Tod hinweggenommen wurde, sondern die Gläubigen hatten ihn als einen „Bösen“ aus ihrer Mitte hinauszutun. Wenn der HErr richtet, so betrifft es die Versammlung als ein Ganzes. Und wenn Schwachheit, Krankheit, Tod unter den Gläubigen herrscht, spricht Er zu allen, und jeder hat sich zu fragen: „Bin ich es, HErr?“

Der Vater richtet den einzelnen, das ist persönlich. Er richtet jeden Menschen nach seinen Werken (1. Petr. 1,17). Ist es eine Sünde zum Tode (dem Tode des Leibes, 1. Joh. 5,16), wo der Vater sieht, Sein Kind kann in dieser Welt nicht länger bleiben, so kann die Bitte um Verlängerung seines Lebens ihn nicht erhalten. Der HErr bittet in Joh. 17 nicht, daß der Vater sie aus der Welt herausnehmen möchte, sondern daß Er sie bewahren möchte vor dem Bösen. Wenn jemand seinen Bruder sieht sündigen nicht zum Tode, so wird er für ihn beten. Das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen (Jak.

5,15). Auch von dem HErrn sehen wir, wie Er für Petrus betete und Petrus wiederhergestellt wurde (Luk. 22; Joh. 21).

Er ist der Fürsprecher bei dem Vater, und nichts kann jemals das Band der Verwandtschaft des Gläubigen mit dem Vater verändern.

Was ist das erste, was wir tun sollen, wenn wir einen Gläubigen sündigen sehen? Beten - beten für ihn - für ihn zum Vater gehen. Wenn wir unserem HErrn und Meister gleichen, so werden wir mit Ihm allein sprechen, so wie der HErr allein mit Petrus sprach. „Der HErr ist wahrhaftig auferstanden und ist Simon erschienen“ (Luk. 24,34). Warum findet man oft so wenige von den gefallenen und irrenden Schafen zurechtgebracht? Weil soviel Böses über sie gesprochen wird, statt zum Vater zu gehen und zu dem, der von dem Fehltritt übereilt wurde. Die Schrift unterweist uns, Sünde zu verhüten und den Sünder zu gewinnen und wiederherzustellen: „Habet acht auf euch selbst: wenn dein Bruder sündigt, so verweise es ihm, und wenn er es bereut, so vergib ihm“ (Luk. 17,3). „Wer nun weiß, Gutes zu tun, und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jak. 4,17). Nicht nur was getan ist, sondern auch was unterlassen ist, ist Sünde. Der Mensch, welcher seine Gabe nicht benutzt, wird nicht gerichtet für eine böse Tat, sondern für den Nichtgebrauch dessen, was er empfangen hat. Wieviel sind der Unterlassungssünden! „Und wisset, daß eure Sünde euch finden wird“ (4. Mos. 32,23). Die Sünde, von welcher in dieser Stelle die Rede ist, ist Nachlässigkeit; wenn die zwei und einhalb Stämme sich nicht bewaffneten vor dem HErrn, um für die Brüder in dem Lande zu kämpfen, sondern sich zur Ruhe setzten, bevor ihre Brüder ihr Erbteil in Besitz hatten, so würde es Sünde für sie sein. „Wer seine Übertretungen verbirgt, wird kein Gelingen haben; wer sie aber bekennt und läßt, wird Barmherzigkeit erlangen“ (Spr. 28,13). „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünde vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9). Liebe bedeckt eine Menge von Sünden, aber auch ein völliges Bekenntnis vor Gott wird gefordert, und wo nötig „bekennet einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet“. Ist Sünde in der Gemeinde Gottes, so kann kein Wachstum sein, das Böse muß hinweggetan werden,

und wenn ein Gläubiger mit Sünde belastet ist und das Wasser der Reinigung nicht angewandt wird (4. Mos. 19), so wird die Gemeinde verunreinigt, und jene Seele muß hinausgetan werden aus der Mitte der Gemeinde Gottes. „Die da sündigen, überführe vor allen, auf daß auch die übrigen Furcht haben“ (1. Tim. 5,20).

Möchten wir wachsam sein und mit umgürteten Senden Dem in Gehorsam folgen, der gesagt hat: „Seid heilig, denn Ich bin heilig!“ (Röm. 12,1.2; 1. Petr. 1,13-16.)

W. - v. d. K.

Die Stellung des HErrn zur Schrift.

„Und von Mose und allen Propheten anfangend, erklärte Er ihnen in allen Schriften das, was Ihn betraf.“ (Luk. 24,27.)

Unser HErr hatte die größte Achtung vor der Schrift. Er stellte Sich völlig unter das geschriebene Wort. Die Schrift war Ihm in allen Sachen vollständig maßgebend. Niemals finden wir ein überlegenes Lächeln auf Seinem Gesichte, wenn ein Schriftwort in Betracht kommt. Moderne Menschen halten sich für solche, die dem Worte überlegen sind. Er aber nicht! Ihm waren die Schriften kein poetischer Erguß oder Menschenmachwerk, sondern immer das untrügliche und unauflösbare Gotteswort. Er Selbst sagte: „Bis daß der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“ (Matth. 5,18).

In der Rolle des Buches steht von Ihm geschrieben. Er Selbst ist der Gegenstand des Wortes. Auch das Kleinste in dem Gesetz oder in den Propheten, was Ihn betraf, mußte erfüllt werden, sei es in Seinem irdischen Leben oder in Seinem Opfertode oder in Seiner kommenden Herrlichkeit. Ein unerfülltes Schriftwort war Ihm durchaus undenkbar. Er ging niemals leichtfertig mit den Schriften um. Als Er in dem Garten Gethsemane ergriffen wurde, sagte Er zu dem dreinschlagenden Petrus:

„Meinst du, daß Ich nicht jetzt Meinen Vater bitten könne, und Er Mir mehr als zwölf Legionen Engel stellen werde?

Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, daß es also geschehen muß?“ (Matth. 26,53.54). Bei dem letzten Passahmahl sagte Er: „Ich sage euch, daß noch dieses, was geschrieben steht, an Mir erfüllt werden muß:,Und Er ist unter die Gesetzlosen gerechnet worden'; denn auch das, was Mich betrifft, hat eine Vollendung“ (Luk. 22,37). Er kannte die Schrift vollkommen, und welche Freude mußte es Ihm sein, wenn eine Schrift nach der anderen an Ihm ihre Erfüllung fand.

Ein Schriftwort war Ihm das Ende alles Widerspruches und Streites. Nichts war Ihm unwesentlich. Stand etwas geschrieben, und wenn es auch einem modernen Menschen bedeutungslos vorkäme, so stellte Er Sich mit Seinem ganzen Wesen darunter. Die Juden dagegen hatten das Wort nicht in sich bleibend, und obwohl der HErr ihnen Zeugnis gab, daß sie die Schriften erforschten und daß diese Schriften von Ihm zeugten, so beugten sich dennoch ihre Herzen nicht darunter, und also kamen sie nicht zu Ihm, auf daß sie das Leben hätten (Joh. 5,38.40); denn um die Schrift richtig zu verstehen, muß man sich dem Worte völlig unterwerfen. Den Sadduzäern zeigte Er ihre Unkenntnis der Schriften, als Er ihnen sagte: „Ihr irret, indem ihr die Schriften nicht kennet, noch die Kraft Gottes“ (Matth. 22,29; Mark. 12,24), und bewies ihnen dann die Wahrheit der Auferstehung aus der Schrift einfach durch die Zeitform eines Zeitwortes! (Matth. 22,31.32.) Die Schrift zu kennen war Ihm so wichtig, daß Er schon als zwölfjähriger Knabe in dem Tempel inmitten der Lehrer saß und ihnen zuhörte und sie befragte. (Luk. 2,46-48.) Wie harmonisch ist diese aus Seiner Jugend erzählte Begebenheit. Wie stimmt sie so getreu mit Seinem wunderbaren Wesen überein!

Sein Pfad als gehorsamer Mensch hier auf Erden war in den Schriften beschrieben, darum beachtete Er genau, was über Ihn berichtet war, denn jedes Wort mußte in Erfüllung gehen. So sagte Er einmal zu den Juden: „Die Schrift kann nicht aufgelöst werden“ (Joh. 10,35). Er fühlte die VerAntwortung, dem Worte gehorsam zu sein. Kein einziges Stücklein durfte ungeschehen bleiben. Darum steht von Ihm geschrieben, daß Er bis zum Tode gehorsam war, ja, zum Tode am Kreuz (Phil. 2,8); das

bedeutet, daß Sein Herz Seinem Gott unterworfen war und daß Er Sich unter das Wort in jeder Sache stellte, die Ihn betraf. Jeder, auch der scheinbar unbedeutendste Punkt mußte erfüllt werden, ehe Er sagen konnte: „Es ist vollbracht“.

Als der HErr anfing, Seinen Jüngern zu zeigen, was Ihm bevorstand, da strafte Ihn Petrus, indem er sagte: „Gott behüte Dich, HErr! Dies wird Dir nicht widerfahren.“ Aber Petrus erhielt eine scharfe Zurechtweisung vom HErrn, denn der bloße Gedanke, daß Er den Schriften ausweichen könnte, war Ihm ein Ärgernis und erkannte Er als vom Satan kommend. Es war nicht ein Sinnen auf das, was Gottes ist, sondern auf das, was der Menschen ist. (Matth. 16,22.23.) Diesen völligen Gehorsam des HErrn beobachten wir schon, als Er an den Jordan zu Johannes kommt, um getauft zu werden. Ihm lag daran, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Er beugte Sich unter den Willen Seines Vaters, und alsbald kam eine Stimme aus dem Himmel: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen habe“ (Matth. 3,13-17). Was von Esra erzählt wird, durfte auf vollkommene Weise von unserem HErrn gesagt werden: „Er hatte sein Herz darauf gerichtet, das Gesetz Jehovas zu erforschen und zu tun und in Israel Satzung und Recht zu lehren“ (Esra 7,10).

Ein wunderbares Beispiel von der Hochachtung unseres HErrn den Schriften gegenüber finden wir, als Er in unsäglichen Leiden auf dem Kreuze, verlassen von Seinem Gott, für unsere Sündenschuld schmachtete. Der Augenblick, in welchem Er sagen durfte: „Es ist vollbracht“, war nahe, und wie mußte Sein Herz sich danach sehnen, diese bedeutungsvollen Worte zu sprechen. Aber Er konnte es nicht, bis alles erfüllt war, wie sehr Er auch danach verlangen mochte. Johannes, als einer, der dabei stand, vom Heiligen Geiste inspiriert, beschreibt uns dies, wie Er Seinen Geist nicht eher übergab, bis auch kein Jota mehr unerfüllt war. Er berichtet: Als der HErr wußte, „daß alles schon vollbracht war, spricht Er, auf daß die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet!“ Im Psalm 69,21 stand geschrieben, daß man Ihm Galle in Seine Speise geben und in Seinem Durste Ihn mit Essig tränken würde. Wir wissen nun, daß sie Ihm, bevor die grausamen Nägel durch Seine Hände getrieben wurden, Wein oder Essig mit Myrrhe oder Galle vermischt gegeben hatten, aber Er wollte es nicht trinken.

(Matth. 27,34; Mark. 15,23.) So war die erste Hälfte dieser Schrift (Ps. 69,21) in Erfüllung gegangen; einer, der das Wort nicht genau nimmt, würde gesagt haben: Das ganze Wort ist schon geschehen; aber nicht unser HErr. Er wußte, daß man Ihn in Seinem Durste noch nicht mit Essig getränkt hatte. Er wußte auch, daß dieser 21. Vers die letzte Sache in Seinen Leiden enthielt und daß dann mit Vers 22 die Wendung der Dinge, die Gerichte der Widersacher kommen würden. So furchtbar und groß Seine Leiden auch waren, in dem, was die Schrift geredet, hieß es für Ihn auszuharren und gehorsam zu sein bis zum Tode. Und so in Seinem schrecklichen Durst flüstert Seine verschmachtende Zunge: „Mich dürstet“, und dann vollführten Seine Widersacher die Weissagung und füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und brachten ihn zu Seinem Munde. Als nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach Er: „Es ist vollbracht!“ „Und Er neigte das Haupt und übergab den Geist“ (Joh. 19,28-30). So sehen wir, wie Er bis zum Tode am Kreuze verharrte in unwandelbarer Hochachtung und Ehrerbietung vor der Schrift. Das kleinste Schriftwort mußte erfüllt werden. Hätte Er den Geist übergeben oder gerufen: „Es ist vollbracht“, bevor dieser kleine Punkt: die zweite Hälfte des 21. Verses, erfüllt war, so wäre die Schrift aufgelöst. Er wäre nicht (wir sprechen mit der größten Ehrerbietung) bis zum Tode gehorsam gewesen, und dann wäre Gottes Gerechtigkeit nicht befriedigt, und alle, die auf Gott gehofft hatten, wären auf ewig beschämt (Ps. 69,6)! Doch es war nicht so, Er blieb treu bis ans Ende, es konnte nicht anders sein, denn Er war Gott von Ewigkeit! Wie freut sich das Herz in Ihm! Wie froh sind wir, daß unser treuer HErr jetzt hoch erhoben ist von Seinem Gott, der Ihm einen Namen gegeben hat, der über jeden Namen ist, und daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beugen soll.

Viele andere Beispiele finden wir in der Schrift über die Stellung des HErrn zum Worte Gottes; aber wir haben genug geschrieben. Fragen wir uns nun selbst: Was sind die Schriften uns? Sind sie unseren Herzen köstlich? Stehen wirauch mit solcher Ehrerbietung vor dem Worte unseres Gottes? Beugen wir uns unter das Wort in allen Sachen. Nehmen wir dieselbe Stellung zur Schrift wie Er?

Muß uns nicht Entrüstung packen, wenn moderne Bibelkritiker das Wort auflösen und mit

überlegenem, spöttischem Lächeln ihren Unglauben und Torheit auf den Kanzeln und in den Hörsälen der Theologie hochmütig und laut verkündigen, sie, die niemals daran denken, dem Worte untertänig oder dem HErrn gehorsam zu sein?! Wie himmelweit ist der Gegensatz zwischen solchen und dem demütigen Gottessohn, der, obwohl Er Sohn war, an dem, was Er litt, den Gehorsam lernte (Hebr. 5,8). Wie leichtfertig wird die Schrift in unseren Tagen aufgelöst! Aber die unauflösbare Schrift bezeugt uns auch, daß Gott solchen die Plagen hinzufügen wird und ihr Teil an dem Baum des Lebens und der heiligen Stadt wegnehmen wird, die Sein untrügliches Wort ändern (Offenb. 22,18.19). Aber leider auch bei vielen Gläubigen ist die Hochachtung vor dem Worte nicht mehr vorhanden, und weit stehen sie hinter dem HErrn in dieser Sache zurück. Wie mancher setzt sich leicht über das Wort hinweg mit einfältigen, törichten Bemerkungen wie: „Ach, das ist ein unwesentlicher Punkt“ oder „das ist nicht nötigt“, „wir wollen keinen Buchstabendienst“! Wie schamlos und frech zeigt sich in solchen Worten der alte Mensch! Man hält sich für zu geistlich, um zu tun, was geschrieben steht, und so überlegen lächelt man dabei! Bei dem HErrn aber war es anders! Er unterstellte Sich jedem Worte der Schrift, sogar bis in den Tod. War das bloßer Buchstabendienst bei dem HErrn? Hing nicht meine und deine Errettung davon ab?

Sollten wir nicht, statt solche törichten Schlagworte in den Mund zu nehmen, lieber lernen von unserem HErrn, dessen Jünger wir bekennen zu sein? Er wenigstens hat niemals von einem Strichlein des Wortes gesagt: „Das ist nicht wesentlich“. Lieben wir Ihn, so wollen wir tun, was Er wünscht; Er schätzt den Gehorsam der Seinigen sehr hoch, so wie Sein Vater Seinen unentwegten Gehorsam schätzte und ehrte. Das Wort sollte uns ebenso heilig sein, wie die Schriften Seinem Herzen waren. Saul verscherzte sein Königreich, gerade weil er auf den Wortlaut des Befehls Gottes nicht achtete, und war so des Ungehorsams dem Worte gegenüber in den Augen Gottes schuldig (1. Sam. 15,22.23), und was wird unser Verlust sein, wenn wir es mit dem Worte nicht genau nehmen?!

F. Btchr.

Kleine Winke für Bibelleser.

1. In Luk. 18 finden sich sieben verschiedene Arten von Vertrauen: 1. Gottvertrauen, V. 1-8; 2. Selbstvertrauen, V. 9-12; 3. Vertrauen auf Gnade, V. 13.14; 4. Kindesvertrauen, V. 15-17; 5. Geldvertrauen oder Vertrauen auf Besitz, V. 18ff.; 6. Vertrauen auf das Wort und die Verheißungen Gottes, V. 31-34; 7. Glaubensvertrauen, V. 35-43. Wie sieht unser Glaube, unser Vertrauen aus? Beachte 2. Kor. 5,7!

2. In Luk. 18,32.33 finden sich sechs Dinge, die der Mensch mit unserem geliebten HErrn tun durfte; die Zahl 6 aber ist in der Schrift die Zahl des Menschen. Diese sechs Dinge sind: 1. Er wird den Nationen überliefert werden; 2. Er wird verspottet; 3. geschmäht; 4. angespien werden; 5. wenn sie Ihn gegeißelt haben, 6. werden sie Ihn töten! Jedoch das siebente Stück tut Gott, steht doch die Zahl 7 in der Schrift stets mit der göttlichen Vollkommenheit Seiner Gedanken und Taten in Verbindung: 7. Am dritten Tage wird Er auferstehen! Gepriesen sei Er!

3. Beachte in Luk. 18,39, daß es die „Vorangehenden“ waren, die den glaubensvoll rufenden Blinden bedrohten, nicht die Nachfolgenden! Lerne daraus, daß keiner, der vor dem Herrn Jesus herläuft, wissen kann, was Er tut, was Er will. Jene wußten nicht, daß Er bei dem Rettung Suchenden stillstand (welche Gnade!); wieviel versäumten sie durch ihr Vorlaufen! Wie mancher sogar Gläubige büßt viel ein, wenn er, statt still und treu dem HErrn nachzufolgen, Ihm vorangeht! Nur der Herr Jesus weiß den rechten Weg, weiß im rechten Augenblick stille zu stehen, wo man Ihn braucht, weiß voranzugehen. Glaube Ihm und folge Ihm still und gehorsam - dann braucht Er dich vielleicht auch, andere zu Sich zu führen (V. 40). Wie kostbar ist solch Dienst - aber Ihm „Vorangehende“ sind dazu nicht zu gebrauchen.

4. „Bringet hier herein!“ sagt das Wort Luk. 14,21. Also nicht zu irgendeinem, wenn auch noch so gutem System, nicht zu einer „Kirche“, Denomination, Gesellschaft, Vereinigung, sondern dorthin, wo

der HErr der Mittelpunkt ist, in Seine Gemeinschaft (1. Kor. 1,9!), in Seine Gemeinde, in Sein Haus (1. Tim. 3,15), das voll werden soll (V. 23). Welch ernster Dienst! Wie oft wird er nicht so ernst aufgefaßt, wie er ist, wie oft ist der Mensch zufrieden mit Geringerem, als der HErr, der Hausherr, wünscht! Hier herein! Wo sind wir zu Haus? „Meister, wo bist Du zur Herberge? Kommet und sehet! Sie kamen und blieben ... bei Ihm!“ (Joh. 1,39.)

5. Genau so wie zu der köstlichen Geschichte von Naeman (2. Kön. 5) die Geschichte von dem durch eigene Schuld unglücklichen, fromm scheinenden, aber durch und durch bösen Gehasi gehört - genau so gehört zu den lieblichen Gleichnissen vom verlorenen Schaf und dem verlorenen Denar und der Geschichte des jüngeren verlorenen, aber gefundenen Sohnes (Luk. 15) die schrecklich ernste Schlußgeschichte von dem älteren verlorenen, aber ungerettet bleibenden Sohn, der trotz innigster suchender Liebe seitens des Vaters nicht hineingehen wollte! Gehasi wurde äußerlich das, was er in Gottes Augen längst durch und durch war: „Aussätzig“, und mußte als solcher „hinaus“ - er hatte sich selber ausgeschlossen; und der ältere verlorene Sohn blieb gleichfalls nach eigenem Willen draußen, weil er, der Selbstgerechte, die Freude des Geretteten im Vaterhause nicht teilen wollte noch konnte. Wie unsagbar ernst! „Draußen sind ...“, sagt die Schrift (Offenb. 22,15). „Draußen sind“- d. i. die Zeitform der beständigen Gegenwart! Draußen für immer! Nach eigenem Willen draußen!

6. Zehn ist die Zahl der menschlichen VerAntwortlichkeit, das zeigt uns die Schrift immer wieder und wieder (z. B. mit den zehn Geboten!). Zehnmal, soweit ich sehe, zeigt der Apostel Paulus den Korinthern in seinem ersten Briefe ihre sträfliche oder wenigstens tadelnswerte Unwissenheit; 3,16; 5,6; 6,2; 6,3; 6,9; 6,15; 6,16; 6,19; 9,13 und 9,24! Haben uns diese Mahnungen wohl auch etwas zu sagen? Müssen nicht auch wir diese verschiedenen Dinge wissen, und zwar wissen durch die Belehrung des Heiligen Geistes sowie des Apostels im Worte Gottes? Beherzigen wir dies „Wissen“, oder sind wir nachlässig wie die „fleischlichen“ Korinther in so manchem? Der HErr bewahre uns davor und mache uns wachsam, weise und wacker, zu handeln nach Seinem Willen und Seinen

Gedanken zu Seiner Ehre!

7. Während es in Matth. 20,28 nach dem Grundtext heißt: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ im Sinne von „anstatt vieler“, „an Stelle von vielen“, heißt es in 1. Tim. 2,6: „Der Mensch Christus Jesus, der Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle“, im Sinne von „im Hinblick auf alle“, „zugunsten aller“. Weit entfernt also, daß - was nie in der Heiligen Schrift vorkommt, nur in unserem mangelnden Verständnis! - zwischen diesen beiden Stellen ein Gegensatz konstruiert werden könnte, ergänzen sie sich vielmehr in wunderbarster Weise. Ja, „im Hinblick auf alle“ gab Er Sich als Lösegeld, aber nur die, welche das Liebesopfer Seiner Selbst jeder für sich selbst als stellvertretend annehmen, haben ewig Teil daran; die sich selbst als so verderbt erkannten, daß nur Sein stellvertretendes Sühnopfer sie retten konnte, die sind errettet - die anderen könnten dessen teilhaft werden, ist Sein Opfer dort auch für sie, zu ihren Gunsten, im Hinblick auf sie alle gebracht, aber sie nehmen es nicht an und gehen deshalb ewig verloren. Wie ernst und wunderbar ist die ganze Schrift! Möchten wir nur ihr ein unterwürfiges, demütiges Herz entgegenbringen und im Glaubensgehorsam treu erfunden werden, allezeit und überall! Der HErr gebe uns Gnade dazu!

8. Es besteht ein bemerkenswerter Unterschied zwischen den Stellen Luk. 24,27 und 45. Der ersteren zufolge „erklärte Er ihnen alles in den Schriften, was Ihn betraf“, und dies drückten die Emmausjünger in Vers 32 so aus: „... als Er uns die Schriften öffnete“. Aber der letzten Stelle, Vers 45, zufolge „öffnete Er ihnen das Verständnis, um die Schriften zu verstehen“. Sicherlich ist dies viel mehr als das erstere! Er öffnete ihnen die Fähigkeit, die Schriften zu verstehen. Wodurch vermochten sie es jetzt? Da müssen wir beachten, daß „an dem Abend jenes Tages, des ersten in der Wochen, nämlich des Auferstehungstages, der Herr Jesus ihnen teil an Seinem Leben gegeben hatte durch Einhauchung Seines Geistes (Joh. 20,19-23, vergl. Antwort 12 d. Jahrgs.). Die Verse ab 36 in Luk. 24 betreffen dasselbe Beisammensein der Jünger mit dem HErrn. Nachdem Er ihnen teil an Seinem Auferstehungsleben gegeben hatte, indem sie heiligen Geist empfingen, konnte Er sie auch lehren,

die Schriften zu verstehen! Wie hätte Er sonst auch mit ihnen, die in den Tagen Seines Fleisches Ihn bei keiner Gelegenheit verstanden. die auch „die Schriften nicht kannten“, über die Dinge des Reiches Gottes reden können in jenen 40 Tagen (Apgesch. 1,2.3), wenn sie nicht mittels heiligen Geistes ein inneres Verstehen gehabt hätten?!

Und genau so haben wir heute die Fähigkeit, die Schriften zu verstehen; nur mittels des Heiligen Geistes, nicht irgendwie anders, etwa durch wissenschaftliche Mittel, Universitätsstudium oder persönliche geistige Fähigkeiten ... (vgl. 1. Kor. 2,1-16!) Ist uns diese Tatsache so kostbar, wie sie uns sein sollte? Und wenn ja, hat sie dann zur Folge, daß wir mit stets wachsender Freude und Liebe zum HErrn und Seinem Wort dieses durchforschen, um zu allererst Ihn darin zu finden? Er ist der Schlüssel zujedem Verständnis der Schrift, wie denn auch der in uns wohnende Heilige Geist bemüht ist, immer wieder Ihn uns zu zeigen und Ihn zu verherrlichen (Joh. 16,12-15). Je zarter und treuer unser inneres Verhältnis zu dem in uns wohnenden Geiste ist, desto mehr wachsen wir in dem Verständnis der Schriften! Möge es so sein!

F. K.

Jakobs Prophezeiung.

(Jes. 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11.)

Fortsetzung von Seite 135.

Dan.

„Dan wird sein Volk richten, wie einer der Stämme Israels. Dan wird eine Schlange sein am Wege, eine Hornotter am Pfade, die da beißt in die Fersen des Rosses, und rücklings fällt sein Reiter.“ so sagt Jakob in 1. Mos. 49,16.17. Und dazu wollen wir lesen, was Mose in seinem Segen sagt 5. Mos.

1

In Hes. 48 finden wir aber bei der Verteilung des Erbteils und den Namen der Tore der Stadt auch Dan wieder genannt.

33,22: „Dan ist ein junger Löwe, der hervorspringt aus Basan.“ Man sieht, wie von beiden diesem Stamme anscheinend Übles vorausgesagt ist. Als erstes wird uns in der Schrift von Dan seine niedrige Geburt von Rahels Magd, Bilha, erzählt (1. Mos. 30,1-6). Das nächste Mal erscheint er bei den Söhnen Bilhas und bei den Söhnen Silpas (1. Mos. 37,2-4), wenn auch sein Name nicht genannt wird. Es ist bemerkenswert, daß Dan der älteste der vier Söhne Bilhas und Silpas war. Er mag damals etwa 20 Jahre alt gewesen sein. Wahrscheinlich war er der Anstifter der üblen Nachrede dieser vier, die Joseph seinem Vater hinterbrachte. Das nächste Auffallende finden wir in 1. Mos. 46. Dort werden uns die Namen der Söhne und Enkel Israels genannt, die nach Ägypten zogen. Bei allen Söhnen Jakobs werden die Namen ihrer Söhne genau aufgeführt, nur bei Dan finden wir statt der Namen der Söhne nur das Wort: „Und die Söhne Dans: Huschim“ (V. 23). In 4. Mos. 26,42 finden wir das gleiche Verfahren. Dort sind alle Söhne von Jakobs Söhnen genau aufgezählt, nur bei Dan fehlt diese Aufzählung der Söhne, und es wird nur der Name und die Zahl der Schuchamiter (hier Schucham statt Huschim in 1. Mos. 46) gegeben. Dieses Verschweigen der Namen der Söhne Dans ist das erste Anzeichen von der stillschweigenden Auslöschung dieses Namens, welche uns in dem völligen Fehlen dieses Namens sowohl in den Stammbäumen, die in 1. Chron. 2-9 niedergeschrieben sind, wie in Offenb. 7 uns entgegentritt, wo ebenfalls von keinem Versiegelten aus dem Stamme Dan berichtet wird. Es scheint so, als ob es dem Heiligen Geiste widerstanden hätte, diesen Namen überhaupt zu erwähnen. In Fällen, wo die Namen aller zwölf Stämme genannt werden, steht Dan meist weit hinten oder gar als letzter in der Liste. So lesen wir z. B. in 4. Mos. 10,25: „Und das Panier des Lagers der Kinder Dan, welches die Nachhut aller Lager bildete, brach auf nach ihren Heeren.“ Auch bei der Verteilung des Landes war Dan der letzte Stamm, der ein Erbteil empfing. (Jos. 19,40-48.) Auch in 1. Chron. 27,16-22, wo die Stämme aufgezählt werden, ist Dan der letzte.1

1

In Hes. 48 finden wir aber bei der Verteilung des Erbteils und den Namen der Tore der Stadt auch Dan wieder genannt.

Stellen wir die Weissagungen von Jakob und Mose zusammen, so finden wir zwei Charaktereigenschaften bei Dan genannt: Betrügerei, „eine Schlange am Wege, eine Hornotter am Pfade“, und Grausamkeit: „Dan ist ein junger Löwe, der hervorspringt aus Basan.“ In Richt. 18 hat der Heilige Geist ausführlich erzählt, wie diese Eigenschaften sich zuerst offenbarten. Der Angriff auf

das Volk von Lais war ebenso schlangengleich in seiner List wie löwenähnlich in seiner grausamen Ausführung. Damals war es, daß Dan aus Basan hervorsprang und sich auf die Abhänge des Hermon stürzte (dieser Berg lag in dem Gebiet von Lais), wie ein junger Löwe oder eine Otter sich auf ihre Beute stürzen. Aus Vers 30 und 31 ersehen wir, wie Dan der erste Stamm war, der mit Götzendienst begann. Anscheinend blieben sie in diesem traurigen Zustande bis zur Zeit Jerobeams, denn als der abgefallene König die zwei Kälber aufstellte und zu dem Volke sagte: „Siehe da, Israel, deine Götter“, da stellte er das eine in Bethel auf und das andere setzte er in Dan. (1. Kön. 12,28.29.) Und schließlich, zur Zeit Jehus, standen die zwei goldenen Kälber noch an ihrem Platze. Dies ist eine ernste und bezeichnende Tatsache, denn in Jehus Tagen war eine große Reformation in Israel, so daß die Propheten und Anbeter des Baal getötet, seine Bilder verbrannt und sein Haus niedergerissen wurde. Trotzdem blieb Jehu bei den Sünden Jerobeams, und die Kälber in Bethel und Dan blieben weiter stehen. (2. Kön. 10,28.29.)

Ein anderer Gegenstand der Weissagung Jakobs über Dan muß noch erwähnt werden: „Dan wird sein Volk richten“. Dies fand zum Teil seine Erfüllung in den Tagen Simsons. Aber es ist zweifellos, daß diese Prophezeiung erst in der großen Trübsal ihre ganze Erfüllung erfahren wird. Jos. 19,41 zeigt, das unter den Städten, die Dan zugeteilt waren, sich Zorha und Eschtaol befanden. Dann zeigt uns Richter 13,2, daß Simsons Eltern vom Stamme Dan waren und in Zorha wohnten. Wie wunderbar vereinen sich doch des Jakobs und des Mose Weissagungen in Simson. Schlangenart und Löwenkraft kennzeichnen jeden Schritt von Simsons Weg. Wie hat er noch bei seinem Tode seine Zähne „in die Fersen des Rosses gebissen“!

Nachdem Jakob seine Prophezeiung über Dan ausgesprochen hat, sagt er, bevor er mit der Prophezeiung für einen neuen Stamm beginnt: „Auf Deine Rettung harre ich, Jehova“ (1. Mos. 49,18). Das ist auffallend, aber gerade an der rechten Stelle kommen diese Worte. Nachdem Jakob von Dan gesagt hat „die Schlange am Wege“, scheint ihn der Heilige Geist an die Worte erinnert zu haben, die Gott einst zu der alten Schlange, dem Teufel in 1. Mos. 3,15, sagte. Das Auge des

sterbenden Erzvaters sieht von der „Schlange“ zu Dem, der ihr „den Kopf zertreten“ soll, und darum sagt er: „Auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“ Ohne Zweifel wird es so eines Tages aus dem Munde des gläubigen Überrestes Israels klingen. Wenn wirklich, wie im allgemeinen von alten und neuen Liebhabern des Wortes Gottes, jüdischen wie christlichen, angenommen wird, der Antichrist dem Stamm Dan entspringen wird, dann wird die alte Weissagung Jakobs über seine Söhne auch in diesem Sohne zu ihrem Abschluß kommen. Alsdann wird Dan in der Person des Antichristen „richten“ und herrschen „über sein Volk“, d. h. Israel. Dann wird er „eine Schlange am Wege, eine Hornotter am Pfade“ sein, dann wird er verräterisch und grausam „in die Fersen des Rosses beißen“. Und dann wird jene treue Schar, die sich weigert, das Tier anzubeten und sein „Zeichen“ anzunehmen, ausrufen: „Auf Deine Rettung harre ich, Jehova!“

Gad.

„Scharen werden ihn drängen, und er, er wird ihnen nachdrängen auf der Ferse.“ (1. Mose 49,19.) Das hebräische Wort für „Scharen“ bedeutet einen „sengenden und brennenden Trupp“. Ein verwandtes Wort ist in 2. Kön. 5,2: „Und die Syrer waren in Streifscharen ausgezogen und hatten aus dem Lande Israel ein junges Mädchen gefangen weggeführt“, und ebenso in 2. Kön. 24,2: „Und Jehova sandte wider ihn Scharen der Chaldäer und Scharen der Syrer und Scharen der Moabiter und Scharen der Kinder Ammon; Er sandte sie wider Juda, um es zu vernichten, nach dem Worte Jehovas, das Er durch Seine Knechte, die Propheten, geredet hat.“ Bei seiner Prophezeiung über Gad meint Jakob also offenbar, daß Scharen über Gad kommen und Niederlage und Sieg wechseln würden. Der Stamm befand sich stets im Kriegszustand und führte wie die Beduinen in Arabien ein wildes, unruhiges Wanderleben. Man fragt sich bei der gewundenen Redewendung der Prophezeiung über Gad, ob diese nicht in dem Charakter des Stammes ihre Begründung hat.

Auch bei Gad können wir feststellen, wie die Weissagungen von Jakob und von Mose einander ähnlich sind. „Und von Gad sprach er:,Gesegnet sei, der Gad Raum schafft! Wie eine Löwin lagert er und

zerreißt Arm und Scheitel. Und er hat das Erste des Landes sich ersehen, denn dort war der Anteil des Gesetzgebers aufbewahrt, und er ist an der Spitze des Volkes gezogen, hat ausgeführt die Gerechtigkeit Jehovas und Seine Gerichte mit Israel‘ “ (5. Mos. 33,20.21). Der erste Teil dieser Prophezeiung hebt das unruhige und kriegerische Wesen Gads hervor. Die zweite Voraussage: „Und er hat das Erste des Landes sich ersehen“, bezieht sich darauf, daß dieser Stamm sein Erbteil an der Ostseite des Jordans suchte und erhielt und zwar, bevor Josua das Land Kanaan an die Stämme verteilte (5. Mos. 3,12-17). Beachten wir auch, daß Mose sagte: „Gesegnet sei, der Gad Raum schafft.“ Die Erfüllung davon sehen wir in 1. Chron. 5,16, daß die Kinder Gads „in allen Weidetriften Sarons bis an ihre Ausgänge wohnten“. Dagegen ist in Josua 13,24-28 bei der Beschreibung des Erbteils des Stammes Gad Saron noch nicht erwähnt. So wurde Gad Raum geschafft.

Die Lage, in der sich der Stamm Gad befand, war eine gefährliche. Durch den Jordan war er von den anderen Stämmen geschieden, und so stand er vereinzelt dort. Das Land war jederzeit offen für die Angriffe der Banden und Trupps, die sich in der Wüste herumtrieben, wie die Ammoniter und Midianiter; es war ein dauerndes Kriegsleben. Jakobs Prophezeiungen wurden wiederholt erfüllt. Gad hatte viel zu leiden durch seinen Mangel an Glauben und Mut, indem er jenes Land jenseits des Jordans wählte. Seine Wahl war ebenso schlecht wie die Wahl Lots, denn er war unter den ersten Stämmen, die in die Gefangenschaft fortgeführt wurden (1. Chron. 5,26).

Eine besondere Erfüllung der Prophezeiung finden wir noch in den folgenden Begebenheiten: „Und es geschah nach einiger Zeit, da stritten die Kinder Ammon mit Israel.“ Und gegen welches Land wendeten sie sich? „Und es geschah, als die Kinder Ammon mit Israel stritten, da gingen die Ältesten von Gilead hin (Gilead im Erbteil Gad), um Jephtha aus dem Lande Tob zu holen ..., da ging Jephtha mit den Ältesten von Gilead, und das Volk setzte ihn zum Haupte und zum Anführer über sich. Und Jephtha redete alle diese Worte von Jehova zu Mizpa. Und Jephtha sandte Boten an den König der Kinder Ammon und ließ ihm sagen: „Was haben wir miteinander zu schaffen, daß du gegen mich gekommen bist, mein Land zu bekriegen?“ (Richt. 11,4.5.11.12.) „Und Nahas, der Ammoniter, zog

herauf und belagerte Jabes-Gilead. Und alle Männer von Jabes sprachen zu Nahas: „Mache einen Bund mit uns, so wollen wir dir dienen“ (1. Sam. 11,1). Aber in der Endzeit, da wird Gad ihm „nachdrängen auf der Ferse“. Dann wird kommen, was in Jerem. 49 geschrieben steht: „Über die Kinder Ammon. So spricht Jehova: Hat denn Israel keine Söhne, oder hat es keine Erben? Warum hat ihr König Gad in Besitz genommen, und warum wohnt sein Volk in dessen Städten? Darum siehe, Tage kommen, spricht Jehova, da ich wider Rabba der Kinder Ammon Kriegsgeschrei werde erschallen lassen; es soll zum Schutthaufen werden, und seine Tochterstädte sollen mit Feuer verbrannt werden. Und Israel wird seine Erben beerben, spricht Jehova.“ In Zeph. 2,8.9 lesen wir: „Ich habe gehört die Schmähung Moabs und die Lästerungen der Kinder Ammon, womit sie mein Volk geschmäht und großgetan haben wider dessen Gebiet. Darum, so wahr Ich lebe, spricht Jehova der Heerscharen, der Gott Israels, soll Moab gewißlich wie Sodom und die Kinder Ammon wie Gomorra werden, ein Besitztum der Brennesseln und der Salzgrube und eine Wüste ewiglich. Der Überrest Meines Volkes wird sie berauben und das Überbleibsel Meiner Nation sie beerben.“

Forts. folgt, s. G. w.!

Frage und Antwort

Frage 13

Wie stimmt die Geschlechter-Zählung nach Matth. 1,17 (also 3mal 14) mit Vers 2-16, wo für die dritte Reihe sich nur 13 Geschlechter ergeben?

Antwort A

Nach unseren Begriffen vom Zählen sind es überhaupt nur 40 Geschlechter von Abraham bis Jesus. Von Abraham auf Isaak das erste Geschlecht, von Joseph auf Jesus das letzte, macht mit den

übrigen 40. Wir müssen nach dem Brauch der Hebräer rechnen. Da wird der erste und der letzte Name, die erste und die letzte Zahl einer Reihe mit je 1 gesetzt. Die zwei treffendsten und zugleich bekanntesten Beispiele seien hergesetzt: 1. Kön. 18,1: Das Wort Jehovas geschah zu Elia im dritten Jahre. In Luk. 4,25und Jak. 5,17 wird dies ausgedrückt als 3Jahre und 6Monate! In Matth. 16,21 und Luk. 9,22 muß der HErr am dritten Tage auferweckt werden, in Mark. 8,31 nach 3Tagen auferstehen. Der Heilige Geist benutzt die Redeweise der Menschen, denen Er etwas vorträgt. Die müssen die Späteren oder die Fremden eben kennen zu lernen versuchen. Sagen wir nicht auch „drittehalb“ und meinen 2½? Ein Fremder, der diese Ausdrucksweise nicht kennt, würde es sich so zurechtlegen: dritte = 3, und ein halbes dazu = 3½. Oder wir sagen „8 Tage“ und meinen 7. Der Franzose sagt 15 Tage und meint, wie wir richtig sagen, 14. Vergl. noch 1. Mos. 42,17.18; 1. Kön. 12,5.12a.12b; 1. Kön. 22,1.2;

Esther 4,16 u. 5,1. Also sind zunächst Abraham und Jesus mitzuzählen. Dann die Hauptsache: Die Zählung geht von Abraham ununterbrochen bis zur Wegführung nach Babylon. Hier wird die Reihe durchschnitten. Das Geschehene war zu furchtbar, als daß es in der Genealogie (Geschlechtsfolge) nicht hätte hervorgehoben werden sollen. Man lese, was der Geist in Ps. 89 Jahrhunderte vorher gesagt hatte. Vergl. Vers 19-37 mit 38-45. Füge an Vers 38Klagelieder 4,20 an, um ein Gefühl von dem für den treuen Juden Schrecklichen zu bekommen. Die Nachkommen des Gesalbten Jehovas waren von da an nur noch Privatleute. Darum ist die Geschlechterreihe nach diesem Einschnitt eine in ihrem Werte von der vorhergehenden ganz verschiedene. Der Jechonia auf dem Throne ist ein anderer seiner Stellung nach als der Jechonia, dessen „Krone zu Boden entweiht“, der ein Gefangener der Nationen war. Der Gefangene der Nationen ist in der zweiten Zählung, in der nach dem Einschnitt, der Erste in der Reihe; nach dem oben dargelegten Begriff des Zählens zählt er frisch mit; „der Christus“ als letzter der Reihe ebenfalls gezählt: es ergeben sich tadellos 14 Geschlechter!

F. Kpp.

Schlussbemerkung des Schriftleiters

Es ist also, wie aus der obigen klaren Antwort hervorgeht, in Vers 11 die gewaltsame Wegführung oder Umsiedelung die Grenze der beiden Geschlechterreihen, nicht etwa die Person des Jechonia, die vielmehr anläßlich dieses einschneidendsten Ereignisses in der Geschichte Israels zweimal gezählt wird. Wir sehen daraus, daß dieses Ereignis noch tiefgreifender in seiner Bedeutung war als die Thronbesteigung Davids in Vers 6; denn hier bildet nicht etwa diese die Grenze, sondern Davids Person, der in der Geschlechterfolge nur einmal zu zählen ist, d. h. nur als letztes Glied der ersten Reihe.

Wenn wir, wie die meisten Ausleger annehmen, in diesem Geschlechtsregister den Stammbaum Josephs zu sehen haben (vgl. Jahrb. 6, Frg. 19!), also des Vaters Jesu vor dem Gesetz, so ist es besonders bedeutsam, daß die Schrift so großes Gewicht auf die Feststellung dieser 3mal 14 Geschlechter legt. Denn durch diese Häufung heiliger Zahlen (3 x 2 x7!) soll wohl gezeigt werden, daß auch, was die Abstammung des vor dem Gesetz anerkannten irdischen Vaters (des Pflegevaters) des HErrn anbelangt, das vollkommene Walten der göttlichen Vorsehung deutlich zu erkennen sein soll, damit vor den Menschen kein Schatten auf die Familie der irdischen Eltern des HErrn, und somit auf diesen Selbst, fallen kann.

Die Zahl 3 ist die Zahl der göttlichen Dreieinheit, also die Zahl der Vollkommenheit in der Person Gottes, die Zahl 7 dagegen die der Vollkommenheit in Seinen Plänen und Vorsätzen, während die Zahl 2 in der Hauptsache die Zahl der vollgültigen Bezeugung ist („aus zweier Zeugen Mund wird eine Sache bestätigt“, 5. Mos. 19,15; Joh. 8,17). Wie wunderbar sind auch die oft so schwer zu verstehenden Zahlenbeispiele und -berechnungen in der Schrift!

„Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott! wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Ps. 139,17.)

F. K.

F. K.

Gottes Gemeinde.

(1. Kor. 1,2.)

Wer aufmerksam die ersten Kapitel des ersten Korintherbriefes betrachtet, dem wird es auffallen, wie der Apostel sich bemüht, den Korinthern die Gemeinde als das zu zeigen, was sie in den Augen Gottes ist. Wir sind immer geneigt, die Wahrheiten der göttlichen Dinge von unserer Seite aus anzuschauen, aber nicht von der Seite Gottes aus. Die Gemeinde ist nicht, wie wir sie so gern ansehen, eine Versammlung von Gläubigen gleicher Überzeugung und gleichen Glaubensbekenntnisses oder eine Zusammenkunft von Gläubigen zur gegenseitigen Erbauung, sondern sie ist Gottes Gemeinde. Die, aus denen sich Gottes Gemeinde zusammensetzt, sind „aus Ihm“ (1. Kor. 1,30), d. h. aus Gott. In Gottes Gemeinde ist der Mensch vollständig ausgeschlossen (Gott hat ihn am Kreuz für immer abgetan). Christus ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Christus ist uns von Gott geworden Weisheit, Gerechtigkeit, Heiligkeit, Erlösung (1. Kor. 1,24.30). Wir haben, sagt der Apostel, den Geist empfangen, der aus Gott ist, auf daß wir die Dinge erkennen, die uns von Gott geschenkt sind (1. Kor. 2,12), und im dritten Kapitel sagt der Apostel, daß wir Gottes Mitarbeiter, Gottes Ackerfeld, Gottes Bau sind (V. 9), und er fragt: „Wisset ihr nicht, daß ihr Gottes Tempel seid und Gottes Geist in euch wohnt?“ (V. 16.)

Jemand mag sagen, die Tage der Apostel sind längst dahin, und die Gemeinde ist tief gesunken und hat durch ihre Untreue ihre Herrlichkeit verloren. Aber wessen Herrlichkeit trug sie? Ihre eigene oder Gottes? Sicherlich Gottes! So wie Gott durch den Propheten Hesekiel (16,14) Sein irdisches Volk daran erinnerte: „Meine Herrlichkeit habe ich auf dich gelegt, spricht der Herr Jehova“, so auch mit der Gemeinde. Israel mochte das vergessen haben, aber Gott hatte es nicht vergessen. Und können wir es vergessen, daß die Gemeinde „Gottes Gemeinde“ ist, die in Christo Jesu in allem reich

gemacht worden ist? (1. Kor. 1,2.5.)

Die Schrift spricht oft von dem Überrest. Was den Überrest zu allen Zeiten kennzeichnet, ist, daß er zurückkehrt zu Gott und zu Seinen Gedanken. Auch wir müssen zurückkehren zu den Gedanken Gottes über Seine Gemeinde, zu dem, „was wir von Anfang gehört haben“ (2. Joh. 2,24). Der Heilige Geist, der durch den Apostel Paulus es den Korinthern vor Augen führte, daß sie Gottes Gemeinde seien, der ruft auch uns zu dieser großen Wahrheit und Tatsache zurück.

Laßt uns einen Augenblick auf Israel, das Volk Gottes nach dem Fleische, blicken. Moses sagt 5. Mose 7,7: „Ihr seid das geringste unter allen Völkern“. Die Herrlichkeit dieses „geringsten“ aller Völker aber war, daß es Jehova angehörte; Israels Wert lag allein darin, daß es Gottes Volk war. Abgesehen von dieser Tatsache war es nichts. Was hätte es der Klage bedurft, daß der Eber aus dem Walde den Weinstock zerwühlte, wenn es nicht Gottes Weinstock gewesen wäre, den Er Sich aus Ägypten herausgerissen hatte (Ps. 80,8-13). Und ist es nicht ebenso mit der Gemeinde? Nach dem Fleische gesehen, finden wir in ihr nicht viele Weise, Mächtige und Edle, sondern das Unedle und Verachtete (1. Kor. 1,26-31). Was der Gemeinde aber den Wert verleiht, ist, daß sie Gottes Gemeinde ist. Und wie in den vergangenen Tagen, so kehrt auch heute der Überrest (die Treuen) zu Gott und zu Seinen Gedanken zurück.

Ein schönes Beispiel für die Rückkehr der Treuen zu Gott und Seinen Gedanken finden wir bei Elia. Die Weise, wie der Heilige Geist ihn uns vor Augen führt, ist sehr bemerkenswert. Die ersten Worte, die wir von ihm hören, sind: „So wahr Jehova lebt, der Gott Israels, vor dessen Angesicht ich stehe.“ (1. Kön. 17,1.) Über seine Beziehungen und Umstände wird uns nichts mitgeteilt als nur, daß er von den Beisassen Gileads war. Warum? Der Heilige Geist hatte nicht nötig, weiteres zu berichten. Er stand so abseits von dem Abfall, der ihn umgab, daß Er nur das eine niederschreiben ließ, was Elia kennzeichnete: daß er vor Jehova stehe, und zwar stand er vor Jehova als dem Gott Israels. Niemand stand ihm zur Seite; ganz allein trat er für die Rechte Jehovas ein.

In dem vorhergehenden Kapitel sehen wir die Könige Israels, die das Volk in den Abfall von Jehova führen. Hier sehen wir einen einzelnen Zeugen, der für Gott Stellung nimmt als für den Gott Israels und der das Volk zu seinem Gott zurückruft. Die Frage für ihn war: Wem gehört Israel, diesen Königen und Baal oder Jehova? Sieh, wie völlig Elia für die Rechte Jehovas in Israel eintritt! Obschon das Volk in zehn und zwei Stämme zerspalten war, baut er doch den Altar aus 12 Steinen nach der Zahl der Stämme der Söhne Jakobs, zu welchen das Wort Jehovas geschehen war und Er gesprochen hatte: „Israel soll dein Name sein“ (1. Kön. 18,31). Israel war der Name Jakobs, in dem das Verbundensein mit Gott lag. Er empfing ihn von Gott, als er Ihm von Angesicht zu Angesicht begegnete, und dieser Name wurde ihm bestätigt, als Gott ihm in Bethel erschien (1. Mose 32,28-30; 1. Mose 35,10). Beachte auch, wie Elia in seinem Gebet Ihn anredet als „Jehova, Gott Abrahams, Isaaks und Israels. Heute werde kund, daß Du Gott in Israel bist“ (1. Kön. 18,36). So behauptete Elia das Verbundensein dieses Volkes mit Gott, und als Jehova der rechte Platz zuerkannt wurde, da Antwortete Er durch einen fruchtbaren Regen, mit dem Er Sein mattes Erbteil erquickte.

An Elias Nachfolger, Elisa, sehen wir, wie er, um mit Elia verbunden zu bleiben, alle Plätze verlassen mußte, die die Zeichen des Abfalls trugen (Gilgal, Bethel, Jericho), wie er dann aber auf der anderen Seite des Jordans das doppelte Maß des Geistes Elias' empfing. Und in den köstlichen Kapiteln Joh. 13-17 sehen wir, wie der HErr sucht, die Jünger aus den jüdischen Verbindungen zu lösen und sie mit den himmlischen Dingen zu verbinden. Er sagt ihnen, daß der Vater Ihm alles in die Hände gegeben und daß Er von Gott ausgegangen und zu Gott hingehe. Sie hatten Ihn kennen gelernt in Seinem Wandel in der Welt, getrennt von der Welt, Gott lebend. Nun ging Er fort, und Er will, daß sie auch dort, wohin Er ging, Teil mit Ihm haben sollten, aber mit Befleckungen von der Welt konnten sie kein Teil mit Ihm dort haben, deshalb mußten ihre Füße gewaschen sein.

In den ersten Kapiteln unseres Briefes (1. Kor.) stellt der Apostel den Heiligen vor Augen, daß sie Gottes Gemeinde sind, um sie zur Höhe ihrer Berufung zurückzuführen. Er sagt ihnen, daß sie aus Gott in Christo Jesu sind und von Gott berufen worden seien in die Gemeinschaft Seines Sohnes

Jesus Christus (1. Kor. 1,9.30).

In den folgenden Kapiteln zeigt Er ihnen dann, wie unvereinbar es damit sei, daß sie fleischliche und böse Dinge in ihrer Mitte hatten (1. Kor. 3-6).

Und in dem zehnten Kapitel will er, daß sie nicht unkundig sein sollen über die Gnadenerweise, die die Väter empfingen, wie auch über die Gerichte Gottes, die den Vätern zuteil wurden, als sie ihrer Berufung nicht entsprachen, weil alles das, was Gott mit Israel tat, für sie niedergeschrieben war zur Warnung und Ermahnung.

Ob Israel sich der Gnadenerweisungen Gottes bewußt war oder nicht, die Tatsache blieb, daß die Wolke der Gegenwart Gottes alle überschattete und daß alle durch das Meer gingen und alle auf Moses in der Wolke und in dem Meer getauft wurden, d. h. auf Moses als dem von Gott erwählten Mittler, der Seine Vorsätze zur Ausführung bringen sollte und durch dessen Mittlerschaft sie offensichtlich mit Gott und seiner befreienden Macht verbunden waren. Wenn ihr Wandel und Verhalten später im Widerspruch zu dieser Tatsache stand, indem sie sich von Gott und dem von Gott erwählten Mittler und Führer abwandten und einen anderen Führer begehrten, so hob das die Tatsache nicht auf, daß sie als Sein Volk mit Seiner Gegenwart und Kraft verbunden waren (4. Mose 14,4).

Und noch mehr: Tag für Tag empfingen sie ihre Nahrung von Gott. Sie mochten sagen: „Gar nichts ist da, nur auf das Man sehen unsere Augen“ (4. Mose 11,6; 21,5). Aber das Manna war vor ihren Augen, und sie hatten tiefes Gnaden-Vorrecht, von Gott gespeist zu werden und aus dem Felsen, der ihnen nachfolgte, zu trinken, welcher Christus war. Sie mochten gedankenlos über diese großen Vorrechte hinweggehen, und ihr Verhalten mochte damit im Widerspruch stehen, aber sie hatten diese Gnadenerweisungen und konnten sie nicht leugnen. Und eben, weil sie sie hatten und sich nicht demgemäß verhielten, war ihr Verhalten so überaus böse. Alle diese Beispiele führt der Apostel den Korinthern vor Augen, speziell mit Bezug auf das Böse, welches in ihrer Mitte war, in der Mitte derer,

die das Vorrecht hatten, Gottes Gemeinde in Korinth zu sein.

Ein Bruchteil der Gläubigen kann heute nicht beanspruchen, an irgend einem Orte Gottes Gemeinde zu sein, aber suchen wir als solche, die ein Teil der Gemeinde Gottes sind, das Wesen der Gemeinde nach den Gedanken Gottes zu erfassen und zu verwirklichen? Die Korinther verstanden und verwirklichten wenig von dem Charakter der Gemeinde Gottes, und doch waren sie Teilhaber des Tisches des HErrn, dies war ihr Gnaden-Vorrecht. Aber sie bewiesen sich nicht als solche, die Teilhaber des Tisches des HErrn waren. Der Kelch, den sie segneten, war die Gemeinschaft des Blutes des Christus, und das Brot, das sie brachen, die Gemeinschaft des Leibes des Christus, aber sie verhielten sich nicht als solche, die Gemeinschaft mit dem Blut und Leib Christi hatten. Der Apostel wollte nicht, daß sie Gemeinschaft mit den Dämonen hätten, und zeigte ihnen deshalb in so ernster Weise die hohen Gnadenerweisungen, die ihnen als Gottes Gemeinde zuteil geworden waren, und warnt sie, Gott zur Eifersucht zu reizen (1. Kor. 10,14-22). Und wiederum in einer anderen Sache spricht er: „Wir haben solche Gewohnheiten nicht, noch die Gemeinden Gottes“. (1. Kor. 11,16.)

Der Gemeinde Gottes gehört jeder Gläubige an, in dem der Heilige Geist wohnt; durch den einen Geist sind alle zu einem Leibe getauft worden. Diese Tatsache, daß jeder wahrhaft Gläubige der Gemeinde Gottes angehört, muß ebenso festgehalten werden, wie Elia es in den vergangenen Tagen festhielt, daß das von Jehova abgewichene Israel Jehovas Volk war. Jeder Gläubige ist berufen in die Gemeinschaft des Sohnes Gottes. Der wirkliche Überrest - die Treuen - werden erkannt in der Verwirklichung der Wahrheil, daß wir Gottes Gemeinde und in die Gemeinschaft Seines Sohnes berufen sind. Der Tisch,1 an dem Christen teilhaben, ist des HErrn Tisch,und die des HErrn Tisches teilhaftig sind, können nicht in Gemeinschaft mit Bösem sein.

1

Jemand möchte fragen, was der „Tisch“ in 1. Kor. 10,21 bedeutet. Der Apostel stellt hier zwei „Tische“ nebeneinander, den Tisch des HErrn und den Tisch der Dämonen. Er gebraucht das Wort „Tisch“ als einen bildlichen Ausdruck - in einem geistlichen Sinne - für die Gemeinschaft, das ununterbrochene Verbundensein mit den Dingen des HErrn oder den Dingen der Dämonen. Solche Gedanken, den „Tisch“ als einen hölzernen Tisch anzusehen oder den „Tische mit einem Platze, Lokale oder Zusammenkommen zu verbinden, sind dieser Stelle fremd. Die Schrift kennt deshalb auch nichts von einem „zum Tisch des HErrn gehen“, sondern sie spricht von „des HErrn Tisches teilhaftig sein“. Es handelt sich in dieser Stelle auch gar nicht um das Zusammenkommen zur Feier des „Mahles des HErrn“, sondern um die Frage der Götzenopfer und der Beteiligung an solchen, über welche der Apostel Belehrungen gibt. Dieser Gegenstand umfaßt die Kapitel 8 bis 10. Das, was der Apostel ihnen in Verbindung mit dem „Tisch des HErrn“ vor Augen stellt, ist, daß das

Möchte der HErr unsere Herzen so nahe zu Sich ziehen, daß wir alle Dinge so erkennen, wie sie von Seiner Seite aus gesehen werden. Mit allem, was für Gott köstlich ist und womit Er Seine Herrlichkeit verbunden hat, sind wir gewürdigt, Gemeinschaft zu haben. Der Kelch, den wir segnen, und das Brot, das wir brechen, bezeugen uns dieses. In Seinem Tode verherrlichte Er Gott und legte Er die

Grundlage für die Offenbarung Seiner Herrlichkeit in Ewigkeit. Möchte das Erkennen und Schauen der Dinge von der Höhe Seiner Gedanken unsere Herzen so durchdringen, daß bei aller Schwachheit doch nur ein Verlangen in uns ist, Seinen Gedanken gemäß gefunden zu werden!

(R.-) v. d. K.

Bekenntnis mit dem Wandel und Verhalten übereinstimmen muß. Es handelt sich hier um die Frage der Gemeinschaft mit den Dingen des HErrn und der Gemeinschaft mit den Dingen der Dämonen, um das Teilhaftigsein des Tisches des HErrn und um das Teilhaftigsein des Tisches der Dämonen. Der Apostel überführt sie von der grundsätzlichen Unmöglichkeit, an zwei sich entgegenstehenden „Tischen“ teilzuhaben, und daß, wenn sie dieses geistlich Unmögliche durch ein tatsächliches Teilnehmen verleugnen würden, sie die Eifersucht des HErrn herausfordern und Gericht über sich bringen würden.

In dem bildlichen Ausdruck „Tisch“ finden wir ausgedrückt, was bereitet und dargeboten wird von dem, dessen Tisch es ist. Wir sagen zuweilen: „Frau X...' Tisch ist vorzüglich“. In dem allein hier gebrauchten bildlichen Ausdruck „Tisch des HErrn“ sehen wir die Dinge, die der HErr darreicht. Die, die Seines Tisches teilhaftig sind, sind immer im Genuß desselben; es ist das sich-beständig-Nähren der Gläubigen vom „Tische“ des HErrn - eine beständige Teilhaberschaft Seines Tisches, so wie Mephiboseth „beständig“ am „Tische“ Davids war (nicht bloß zur Mittagsmahlzeit) und so wie David singt: Du bereitest vor mir einen „Tisch“ angesichts meiner Feinde. (2. Sam. 9,7.10.13 und Ps. 23,5.)

Und ebenso sehen wir in dem „Tische der Dämonen“ die Dinge, die die Dämonen darreichen. Die, die des „Tisches“ der Dämonen teilhaftig sind, sind immer im (oft bitteren) Genuß desselben. Es ist das sich-beständig-Nähren der Welt vom „Tische der Dämonen“ - eine beständige Teilhaberschaft ihres „Tisches“.

Wir sollten es vermeiden, das Zusammenkommen zur Feier des „Mahles des HErrn“ mit „Tisch des HErrn“ zu bezeichnen oder vom „Tisch des HErrn“ als von einer zweiten Seite des Brotbrechens zu

HErrn“ zu bezeichnen oder vom „Tisch des HErrn“ als von einer zweiten Seite des Brotbrechens zu reden. Die Schrift tut solches nicht. Wir verdunkeln dadurch die klaren Belehrungen des Apostels.

v. d. K.

Rechenschaftsberichte.

Luk. 14,21a und Hebr. 13,17.

Als ich kürzlich in einer Evangelisationsversammlung einmal wieder über Luk. 14,15-24 sprach, bewegten mich plötzlich durch den Geist Gottes die Worte „und der Knecht kam und berichtete dies seinem Herrn“. Dies Wort wurde mir sehr ernst und wichtig. Was liegt doch auch darin! Luther, der die Stelle übersetzt: „Der Knecht sagte es seinem Herrn wieder“, empfand sicher auch das Klagende in den Worten des Knechtes, der tief betrübt war oder gar für seinen Herrn sich beleidigt fühlte durch die wegwerfende Art der nichtigen Entschuldigungen jener zum Abendessen Eingeladenen, von denen einige just an jenem Abend ihren Acher besehen oder ihre Ochsen erproben mußten u. a., gerade als ob es so besonders praktisch wäre, dies abends zu tun!

Vor meinem inneren Auge standen plötzlich die vielen, vielen Knechte des Herrn Jesus, die Sein Wort auszurichten haben vor Ungläubigen und Gläubigen, und ich fragte damals und frage heute: Was berichten wohl alle jene dienenden Knechte dem HErrn? Wie manche mögen heute abend auf den Knien vor dem HErrn liegen und vielleicht gar mit Weinen (vgl. Phil. 3,18) Ihm berichten von der Herzenshärtigkeit der Menschen, die sie eingeladen hätten, unter das Wort oder zum Heiland zu kommen. Wie mancher mag heute, tief betrübt um des teuren HErrn willen, der diese allgemeine Nichtachtung wahrlich nicht verdient hat, vor Ihm sein Herz ausschütten (Ps. 62,8; vgl. Jahrb. 8, S. 220ff.!) und Ihm „berichten“ („wiedersagen!“), wie die Menschen ihn ausgelacht, verspottet, geschmäht oder gar geschlagen hätten, als er ihnen den kostbarsten aller Namen angepriesen hätte. Wie gut, daß wir diesen Platz kennen, den Platz zu Jesu Füßen, wo wir abladen können, was uns

beschwert (Ps. 37,5; 1. Petr. 5,7), aber wie ernst für die Menschen, um derer willen ein Knecht Gottes vor Ihm klagen muß!

In Luk. 14,21 wird der Hausherr zornig. Wir wissen, daß es sich damals um das Volk Israel, vornehmlich seine selbstgerechten Obersten, Pharisäer und Schriftgelehrten handelte, von denen Gott sich nunmehr wegwandte (vgl. V. 24!), um sich zu den Armen, Zöllnern und Sündern aus Juden und vor allen den Nationen zu wenden - aber wie ist es heute in der Gnadenzeit? Ist es da gleichgültig, ob ein Diener Gottes klagen muß über die, „die da nicht kommen wollen“? O nein, der „zukünftige Zorn“ wird nicht vorbeigehen an denen, die heute hartnäckig das Suchen und Locken der Boten Gottes abgewiesen haben. (2. Thess. 2,10; Hebr. 2,3 u. a.) Wir aber, die wir solches und anderes unserem teuren HErrn täglich zu berichten haben, wollen nicht müde werden zu arbeiten, solange es Tag ist, und hinausgehen an „Hecken, Zäune“ und „an Kreuzwege“ (Matth. 22,9), um in der Liebe Christi „hereinzunötigen“ die, die irgend sich nötigen lassen wollen!

Was aber berichten die Boten Gottes dem HErrn über die Aufnahme ihres Dienstes seitens der Gläubigen? Gibt uns hierin wohl jenes Wort in Verbindung mit Hebr. 13,17 auch Fingerzeige, und haben wir Gläubigen alle uns hierin wohl noch etwas sagen zu lassen?

Brüder, Schwestern, die ihr dieses leset, haben gotterwählte „Führer“ oder sonstige Boten Gottes, die euch das Wort der Wahrheit kündeten, wohl schon Ursache gehabt, über euch zu seufzen, zu klagen vor den hörenden Ohren des HErrn? O wieviel sich-nicht-Sagen-lassen-können und -wollen findet sich oft unter Gläubigen! Wieviel Trotz, Eigenwille, Besserwissen, Ichsucht, ungebrochener Stolz benimmt den Arbeitern im Werke des HErrn an Seiner Gemeinde oft fast den Mut zum Weiterarbeiten! Wieviel Parteisucht (1. Kor. 3!), Kliquenwesen, Scheelsehen auf andere, Gebetsmangel usw. usw. raubt oft dem ausgestreuten Wort jegliche segenbringende Macht und erfüllt das Herz des treuen Boten mit tiefster Trauer! Bruder, ist schon über dich einmal solche Trauer gewesen oder gibst du jetzt vielleicht gerade solchen Anlaß einem, der dir zu dienen berufen war mit dem Wort der Wahrheit?

Es ist erschütternd zu sehen, daß ungezählte Kinder Gottes in Irrlehren und sonstige böse Dinge kommen, einfach, weil sie sich von ihren gottgegebenen Führern nicht sagen lassen, das Bestehen von wahren, gottgegebenen Führern womöglich nicht anerkennen oder selber sich vordrängen wollen. (Vgl. 3. Joh. 9.10.) Daher das Umsichgreifen solcher satanischer Irrlehren wie der sogenannten Wiederbringungslehre („Allversöhnungslehre“) oder gewisser Lehren der fälschlich sogenannten „ernsten Bibelforscher“ u. a., weil die mit solchen bösen Lehren und Dingen Spielenden nicht auf die hören, die Gott ihnen vorher zu Führern gab! Wie mancher Lehrer, Hirte oder Ältester usw. muß klagen und seufzen über die, die nach dem Willen des HErrn auf ihn hören („gehorchen“) sollten, die aber sich für klug genug dünken, selbst ihren Weg durch die mancherlei Versuchungen des Lebens finden zu können (2. Tim. 4,3.4; 3,7-9). Wir leben in ernsten Zeiten, in denen „die gesunde Lehre“ nicht nach jedermanns Geschmack ist, auch nicht bei den Gläubigen. Aber wir Gläubigen, - besonders wir, die wir am Worte dienen dürfen, sollten „acht haben auf uns selbst und auf die Lehre“, „damit wir ... die erretten, die auf uns hören“ (1. Tim. 4,16). Wer aber dann nicht hören will, um den seufzen wir in ringendem Fürbittekampf, wenn wir dem HErrn berichten über die Aufnahme des von uns verkündigten Wortes an Sein Volk. Und noch einmal möchte ich fragen: Wieviel seufzende Klagen gehen wohl seitens der Boten Gottes an einem Tage hinauf zum Thron der Gnade über Ungläubige - ja - aber auch über Gläubige, über solche, „die um einen Preis erkauft sind“ und dabei vergessen und vernachlässigen, was sie sind und haben? Und ist solch Seufzen der Führer etwa gleichgültig? Jener klagende Bericht des Knechtes in Luk. 14 verhallte nicht ungehört, er rief Zorn bei dem Hausherrn hervor, und dies Seufzen über Gläubige bleibt wahrlich nicht erfolglos! Das Wort sagt vielmehr, „dies wäre euch nicht nützlich“. Es zieht VerAntwortung nach sich und schmälert den Lohn! Noch einmal darum diese Fragen, teurer Leser: Wird über dich geklagt und geseufzt vor dem HErrn (nicht vor Menschenohren - davon will ich hier nicht reden)? Oder aber - wird „mit Freuden“ Rechenschaft über dich abgelegt, heute schon und einst vor dem Richterstuhl?

O, möchte es dem HErrn durch Seinen in uns wohnenden Geist gelingen, so über uns alle zu

herrschen, daß unser Leben, unser Zeugnis, unser Wandel, unser Gehorsam (vgl. Röm. 16,19!) unsere „Bemühungen der Liebe“ (1. Thess. 1,3), kurz unser Tun und Lassen, unser Glauben, Lieben, Hoffen, unser Leiden und Kämpfen ein solches sei wie das so vieler Glieder in den einzelnen Gemeinden, deretwegen Paulus in den meisten seiner Briefe stets zuerst in lauter Dank und Freude ausbricht und wovon seine Gebete voll waren - seine Gebete! So sind es auch unsere Gebete, in denen wir reden dürfen mit unserem Gott und Vater oder mit unserem geliebten HErrn, wie die Apostel einst nach Mark. 6,30, und in denen wir Ihm berichten können, was wir erleben in Seinem Dienst, Schmerzliches und Köstliches; möchte das Köstliche, was wir als durch des HErrn Gnade gewirkt erkennen und bewundern, überwiegen! Er aber hat stets in allem ein Ohr für uns (PS. 65,2!); wie kostbar ist das!

F. K.

Drei und fünf.

Die Person und das Werk unseres teuren HErrn und Heilandes sind von dem Heiligen Geist tief und unzertrennbar in das Gewebe der Heiligen Schrift gewoben; in dieser Tatsache liegt die Ursache der tödlichen Feindschaft des Teufels und des unerneuerten Menschenherzens wider die Schrift; warum stürmt die sogenannte Wissenschaft gegen die Bibel? Gerade, weil „in der Kette und dem Einschlag des Stoffes“ die Person Christi liegt. Kann man beweisen, daß das Wort Gottes nur eine fabelhafte Grundlage hat, von irrenden Menschen gedichtet, so hat man Seine Person in den Staub gezogen. Darum ist jeder Angriff gegen das geschriebene Wort im Grunde genommen ein Angriff auf die Person Christi, nämlich auf das lebendige Wort selber, welches ja Gott ist (Joh. 1,1). Hält man einen Geldschein gegen das Licht, so sieht man das Wasserzeichen im Papier, und oft ist die Zahl des Wertes nicht nur auf das Papier gedruckt, sie liegt auch zugleich in der Fabrikation des Papiers; so liegt die Person des HErrn noch unvertilgbarer in der Schrift. Nicht nur haben wir im Alten Testament direkte Weissagungen und allerlei herrliche Vorbilder auf Ihn, nein, Seine Person ist unauslöschbar

eingeprägt darin.

Wir wissen, daß Zahlen in der Schrift geistliche Bedeutung haben, also haben diese oben angeführte Zahlen gewiß etwas zu sagen, weil sie so oft zusammenstehen. Wir glauben, daß diese zwei Zahlen zusammen uns unseren HErrn als die wunderbare geheimnisvolle Person Jesu Christi, Gott und Mensch oder das das ewige, Fleisch gewordene Wort, darstellen (Joh. 1,14). Die Zahl drei redet von Seiner wahren Gottheit und fünf von Seiner wunderbaren Menschheit. Wie gern möchte der Mensch diese zwei Zahlen auseinander reißen, aber der Heilige Geist hat sie unzertrennbar zusammengeflochten. Die Russelliten1 behaupten, daß unser HErr auf der Erde nur Mensch war, nicht Gott; so wollen sie diese beiden Zahlen scheiden. Wie furchtbar ist doch ein solcher Irrtum, wie unheilbringend ist das! Beachten wir ein wenig diese beiden Zahlen im Alten Testament; es gibt ja nur ein Kapitel in der ganzen Schrift mit diesen Zahlen, nämlich Jes. 53, und das ist eins der wunderbarsten Kapitel in der Bibel, es steht gerade in der Mitte des geschriebenen Wortes, und es ist nicht ein bloßer Zufall, daß seine Zahl 53 ist, denn hier haben wir die Person und das Werk des HErrn, und Jehova Selbst lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Ihn. So überzeugend redet der heilige Geist hier von Christo, daß die Juden gerade dieses Kapitel beim Lesen in ihrer Synagoge überschlagen! Weiter bemerken wir, daß das Kapitel sich in fünf Teile zerlegt, denn die drei letzten Verse von Kap. 52 gehören dazu, und jeder Teil hat drei Verse. So findet man drei und fünf hineingewoben, denn hier ist der wunderbare Gott und Mensch, der Seine Seele als Schuldopfer darstellte; der Sich Selbst erniedrigte, der aber auch bald viele Könige in Staunen setzen wird. Wenn man nun Ihn als Opferlamm betrachtet, welches Seinen Mund nicht auftat, so denkt man an den Brandopferaltar von Akazienholz, mit Erz überzogen, den Mose in der Wüste nach dem Muster des HErrn gemacht hatte (2. Mos. 27,1). Aber hier kommen diese Zahlen wieder vor, denn der Altar war fünf Ellen breit, fünf Ellen lang, quadratförmig, und drei Ellen hoch; die Zahlen des Altars waren also fünf und drei. Ist das Zufall? Sicherlich nicht, denn das redet von dem geheimnisvollen Gott und Menschen Christus, der durch den ewigen Geist Sich Selbst ohne Flecken Gott geopfert hat (Hebr. 9,14). In den Zahlen dieses Brandopferaltars sehen wir hineingewoben in den Text der Schrift die

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Die fälschlich sogen. „Ernsten Bibelforscher“. (Der Schriftleiter.)

Person des HErrn als den wahren Gott und wahren Menschen; Gott Selbst wählte diese Zahlen, damit wir Seinen Sohn darin erblicken sollen als das vollgültige Opfer, welches das Herz Jehovas beruhigt hatte, denn es stieg beständig von dem ehernen Altar ein lieblicher Geruch zur Befriedigung Gottes zu Ihm empor (1. Mos. 8,21); und Christus hat uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem lieblichen Wohlgeruch (Eph. 5,2).

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Die fälschlich sogen. „Ernsten Bibelforscher“. (Der Schriftleiter.)

Wir finden diese wunderbaren Zahlen auch in der von Noah bereiteten Arche, denn sie sind ein klares Vorbild Christi; Gott Selbst gab Noah das Maß der Arche (1. Mos. 6,15). So wählte er wieder die Zahlen fünf und drei, obwohl in diesem Falle die multiplizierten Zahlen. Die Arche war 300 Ellen lang, 50 Ellen breit und 30 Ellen hoch. So in dem Gefüge der Arche erblicken wir die herrliche Person des HErrn. Die einfache Tatsache ist, daß der Heilige Geist die Person Christi überall zeigen will, denn in der Rolle des Buches steht von Ihm geschrieben, und Er als Mensch und doch Gott hat der unbeugsamen Gerechtigkeit Jehovas Achtung verschafft. Darum kam aus dem Himmel die Stimme: „Dieser ist Mein lieber Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe“ (Matth. 3,17).

David, als er auszog den Philistern entgegen, hatte aus dem Bache fünf Steine genommen, und drei Sachen trug er bei sich, nämlich: seinen Stab, seine Hirtentasche und seine Schleuder (1. Sam. 17,40). Er ist ein herrliches Vorbild Christi, der hinauszog, den zunichte zu machen, der die Macht des Todes hatte, das ist der Teufel (Hebr. 2,14.15). In David nehmen wir den großen Sieger wahr, also wundern wir uns nicht, daß die geheimnisvollen Zahlen an ihm zu finden sind, als er allein auszog, Krieg mit dem stolzen und grausamen Feinde zu führen; die fünf Steine geben uns die menschliche Seite; aber als guter Hirte hat Er den Stab, der Seinen Schafen so tröstend ist, als der große Hirte hat Er die Hirtentasche und als Erzhirte hat Er die Schleuder. In diesen drei Gegenständen haben wir die göttliche Seite.

Gehen wir nun mit ausgezogenen Sandalen in das Allerheiligste hinein, denn der Vorhang ist zerrissen; hier im Lichte des goldenen Leuchters erblicken wir die Bundeslade, und auf derselben liegt der Sühnedeckel mit gesprengten Blutstropfen darauf. Aber jetzt beschäftigen wir uns nur mit

dem Maß dieser heiligen Gegenstände, mit den von Gott geordneten Zahlen. Die Bundeslade hatte eine Länge von 2½ Ellen, also die Hälfte der Fünfzahl, und die Breite hatte 1½Ellen, die Hälfte der Dreizahl, aber die zwei Längen machen fünf und die zwei Breiten drei; der Sühnedeckel ist ebenso groß (2. Mos. 25,10-17). Hier kommt unser teurer HErr wieder zum Vorschein, und gerade hier kann ein heiliger Gott mit den Menschen zusammenkommen, denn es steht geschrieben: „Daselbst werde Ich mit dir zusammenkommen von dem Deckel herab“ (2. Mos. 25,22); und Paulus fügt hinzu: „Welchen (nämlich Christum Jesum) Gott dargestellt hat zu einem Sühnmittel durch den Glauben an Sein Blut, zur Erweisung Seiner Gerechtigkeit wegen des Hingehenlassens der vorhergeschehenen Sünden unter der Nachsicht Gottes“ (Röm. 3,25). Ja, in Christus allein ist es möglich, daß ein armer Sünder einem heiligen Gott nahen darf, denn vor der Bundeslade und auf dem Sühnedeckel mit ihren Zahlen von fünf und drei sind Blutstropfen, und es ist das Blut, welches Sühnung tut für die Seele (3. Mos. 17,11).

Dürfen wir uns nicht freuen, und das recht herzlich, daß unser HErr - Seine herrliche Person, Sein vollbrachtes Werk - vom Heiligen Geiste in das Gewebe der Schrift hineingewoben sind? Er - als Gott von Ewigkeit - hat die Zahl drei und als Sohn des Menschen die Zahl fünf, aber diese zwei sind unzertrennbar, und so bleibt Er in Ewigkeit. Er Selbst sagte, „daß die Schrift nicht aufgelöst werden kann“ (Joh. 10,35); und kein Bein von Ihm, dem lebendigen Worte, wird zerbrochen werden (Joh. 19,36). Beten wir an, jubeln wir Ihm zu, dem herrlichen HErrn, dem wunderbaren Retter! Andere werden sicher an andere Stellen in der Heiligen Schrift denken, wo der Geist diese zwei Zahlen zusammengeflochten hat, denn in der Bibel ist nichts Willkürliches, alles ist nach der unergründlichen Weisheit Gottes.

F. Btchr.

 

Jakobs Prophezeiung.

(Jes. 42,9; 43,13; 45,21; 46,10.11.)

Fortsetzung und Schluß von Seite 195.

Aser.

„Von Aser kommt Fettes, sein Brot; und er, königliche Leckerbissen wird er geben“ (1. Mose 49,20). Asers Nachkommen wohnten gemeinsam mit Sebulon, Naphtali und Issaschar im nördlichen Teil von Palästina, der mit dem gemeinsamen Namen „Galiläa der Nationen“ genannt wurde. Dieser Name paßte besonders gut auf Aser, denn von Anfang bis Ende war er ein halbheidnischer Stamm. Asers Gebiet lag in dem äußersten Norden Palästinas zwischen Libanon und dem Mittelländischen Meer, und es umfaßte mit seinen Grenzen die zwei berühmten Städte Tyrus und Sidon (Jos. 19,24-31). Das Besitztum dieses Stammes ist besser unter dem Namen Phönizien bekannt, und das bedeutet „Palmenland“, von den herrlichen Palmen her, die überall im Lande wachsen. Auf dieses Land, das außerordentlich reich und schön war, sah Jakob in seiner Weissagung.

Nun zu der Erfüllung der Weissagung: „Und Hiram, der König von Tyrus, sandte Boten zu David und Zedernholz und Zimmerleute und Mauerleute; und sie bauten David ein Haus“ (2. Sam. 5,11). Tyrus lag, wie gesagt, im Gebiet von Aser, und hier sehen wir, wie der König von Tyrus an David zum Bau seines Hauses königliche Gaben sandte. Und in 1. Könige 5,10: „Und so gab Hiram dem Salomon Zedernholz und Zypressenholz nach all seinem Begehr“. (Lies 1. Kön. 5,1-10.) - Jakob sagt: „Von Aser kommt Fettes, sein Brot“. Und in der Hungersnot zur Zeit Elias sandte Gott Seinen Propheten nach Zarpath und sagte: „Siehe, Ich habe daselbst einer Witwe geboten, dich zu versorgen“. Zarpath lag in Sidon (Luk. 4,26), und Sidon lag in Asers Gebiet (Jos. 19,28). Als unter Hiskia die Läufer auszogen, um zum Passah nach Jerusalem einzuladen, heißt es: „Und die Läufer zogen von Stadt zu Stadt durch das Land Ephraim und Manasse und bis nach Sebulon, aber man verlachte und verspottete sie. Doch einige Männer von Aser und Manasse und von Sebulon demütigten sich und

kamen nach Jerusalem“ (2. Chron. 30,11).

Das Neue Testament erzählt uns in Luk. 2,36-38 von einer Lieblichkeit, die vom Namen Aser herkam. Es heißt dort von der Prophetin Anna, einer Tochter Phanuels, aus dem Stamme Aser: „Und sie trat zu derselben Stunde herzu, lobte den HErrn und redete von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“.

Naphtali.

„Naphtali ist eine losgelassene Hindin; er, der schöne Worte gibt“ (1. Mose 49,21). Es soll das heißen, daß Naphtali wie eine Hindin ist, die von den Jägern im Netz gefangen ist, aber sich durch ihr mächtiges Kämpfen aus den Banden der Jäger befreit hat. Das Wort „losgelassen“ hat eine doppelte Bedeutung. Im Hebräischen hat es zunächst die Bedeutung von „gesandt“ oder „ausgesandt“, wie ein Hirsch, der seinen Zufluchtsort verläßt und seine Verfolger zerstreut. Aber das Wort bedeutet auch „freigelassen“. Dasselbe Wort ist gebraucht, als Noah den Raben und die Taube aus der Arche ausließ; ebenso, wenn der Priester bei der Reinigung eines Aussätzigen einen Vogel fliegen ließ. Dieses Wort drückt die Freude eines Tieres aus, das gefangen war und seine Freiheit wieder erhielt, volles Glück und Freude, wie man oft einen Hund hat springen sehen, wenn man ihn von seiner Kette befreit hat. So schildert Jakob Naphtali, der sich freut wieeine befreite Hindin; „er, der schöne Worte gibt“. Wenn er seine Freiheit wiedererlangt hat, wird der Stamm ein Loblied singen.

Die wunderbare Erfüllung dieser Verheißung des sterbenden Erzvaters sehen wir in dem Siege Baraks, dem großen Helden dieses Stammes (Richt. 4,6), der wie eine Hindin aus seinem Versteck auf den Bergen Galiläas ausgesandt war und von der Spitze des Tabor herniederkam, um zu Fuß Siseras Scharen und seinen 900 Wagen von Eisen entgegenzutreten. Wie eine losgelassene Hindin war Barak zuerst zaghaft zweifelnd, ob er Deboras Rufe folgen solle. Er würde es nicht gewagt haben, mit seiner kleinen Handvoll Männer auszuziehen, wenn nicht Debora zu ihm geschickt und ihn des Erfolges versichert hätte. Siehe, wie er dann mit der Geschwindigkeit einer Hindin seinen Angriff

des Erfolges versichert hätte. Siehe, wie er dann mit der Geschwindigkeit einer Hindin seinen Angriff die Hänge des Tabor hinunter macht. Es ist bedeutsam, daß der Name Barak „Blitz“ bedeutet, und wie ein Blitz und wie ein Sturm brach er in Siseras erschrockene Scharen ein, die durch die Hand Gottes bei seiner unerwarteten Annäherung verwirrt wurden. „Und Barak stieg von dem Berge Tabor hinab, und 1000 ihm nach,“ nicht mit ihm, sondern er rannte allen voran. Die Schlacht war nicht auf Baraks Verlangen hin geschlagen, vielmehr war sie ihm von Debora aufgezwungen. In den Höhen des Tabor waren Barak und seine Männer unerreichbar für Siseras Reiter und Wagen, aber unten im Tal zu Fuß waren sie einem wehrlosen Rudel Hirsche gleich, unbewaffnet, ohne Speer und Schild zum Angriff und Verteidigung (Richt. 5,8). So wehrlos und im Stich gelassen von den Brüdern (5,15-18), in der eigenen Mitte behindert durch die unter ihnen wohnenden Kananiter, waren sie ein Bild der Hilflosigkeit. Trotz alledem war der Arm des Unterdrückers gebrochen, Gott trat dazwischen, und Naphtali wurde befreit, und das Übermaß der Freude fand in dem Gesang von Debora und Barak in Richter 6 ihren Ausdruck. Das waren die schönen Worte, die Jakob vorausgesagt hatte. Naphtali war die Hindin, die in doppeltem Sinne losgelassen war: ausgesandt von Debora und freigemacht von dem Joch der Kananiter durch Gottes Hand.

Ist die Erfüllung der Verheißung für diesen Stamm im Alten Testament schon wunderbar, so ist sie im Neuen Testament noch wunderbarer. Das Land Sebulon war ein Ruhehafen für den Herrn Jesus während der ersten 30 Jahre, die Er unter den Menschen wandelte. In den Grenzen Naphtalis, in Kapernaum, Bethsaida, Chorazin und anderen Orten, tat Er Gutes und predigte das Wort des Lebens. Seine Worte vom Evangelium waren die „schönen Worte“, von denen einst Jakob sprach.

Joseph.

Die Weissagung über Joseph hat zwei Abschnitte. Der erste (1. Mose 49,22-24) betrifft hauptsächlich die Vergangenheit und der zweite die Zukunft (25.26). Das sieht man an dem Wechsel in der Zeit des Zeitwortes. In dem ersten ist es die Gegenwart; Joseph lebte damals. In dem zweiten wird die

Zukunft gebraucht. Bei seinem Rückblick auf die Vergangenheit erwähnt Jakob drei Dinge von seinem Lieblingssohn. In Vers 22 sehen wir Joseph als einen Jüngling in seines Vaters Hause, für dessen Herz er ein Gegenstand zarter Fürsorge und Wohlgefallens war. Davon spricht das schöne Bild von dem „Sohn eines Fruchtbaumes am Quell“. Danach spricht er von der bitteren Feindschaft und dem grimmigen Haß, die sich gegen Joseph richteten. Es befehdeten ihn die Bogenschützen, sie schossen auf ihn mit ihren grausamen Pfeilen, sie setzten ihm zu mit ihrem ungerechten Spott. Aber durch alles hindurch wurde Joseph durch Jehova aufrecht erhalten. Die Arme des ewigen Gottes waren unter ihm, und der Enget des HErrn lagerte um ihn. „Aber sein Bogen bleibt fest, und stark sind seine Hände durch die Hände des Mächtigen in Israel.“ Der Vers 24 ist verschieden ausgelegt. Manche nehmen an, darin läge eine Verheißung auf den Herrn Jesus. Aber andere Stellen zeigen, daß das nicht die Meinung dieser Stelle sein kann. Kurz vorher steht doch, daß der Schilo aus Juda kommt (49,10), wie noch viele andere messianische Weissagungen zeigen. Es müßte heißen (anders als die Elberfelder Übersetzung): „Aber sein Bogen bleibt fest, und gelenkig ist die Kraft seiner Hände durch die Hände des Mächtigen Jakobs, von dannen der Hirte und der Stein Israels; von dem Gott deines Vaters; und er wird dir helfen; und von dem Allmächtigen, und er wird dich segnen.“ Die Elberfelder Übersetzung läßt meines Erachtens im Zweifel, ob man das „von dannen“ auf das Geschlecht Josephs oder den Mächtigen Jakobs beziehen soll. Die hier angegebene Übersetzung ähnelt der Lutherschen, in der vor „von dannen“ ein Komma steht und dahinter das „ist“ fehlt und der Satz in einem Zuge weitergeht. Von dannen, von dem Hirten und Stein Israels kamen alle Kraft und aller Segen Josephs.

Das auffälligste Kennzeichen der Weissagung über Joseph ist seine Fruchtbarkeit, und diese fand ihre Erfüllung in den zwei Stämmen, die von ihm herkamen. Die Stämme Ephraim und Manasse, zwei Stämme aus dem väterlichen Stamm. Joseph empfing ein doppeltes Erbteil im Lande, das Erstgeburtsrecht, das ihm von Ruben übertragen wurde (1. Chron. 5,1.2). So wird es auch im Tausendjährigen Reiche sein. „So spricht der Herr Jehova, dies ist die Grenze, nach welcher ihr euch das Land als Erbe verteilen sollt nach den zwölf Stämmen Israels, für Joseph zwei Lose“ (Hes.

47,13). Der Name Ephraim bedeutete „Fruchtbarkeit“. Zudem hatte Jakob von Manasse gesagt: „Sein Same wird eine Fülle von Nationen werden“ (1. Mose 48,19). Schließlich ist noch zu bemerken, daß Josua aus dem Stamme Ephraim abstammt, und in ihm findet Jakobs Prophezeiung über seinen Lieblingssohn seine Haupterfüllung.

Benjamin.

„Benjamin ist wie ein Wolf, der zerreißt; am Morgen verzehrt er Raub, und am Abend verteilt er die Beute“ (1. Mose 49,27). Welch ein überzeugender Beweis von der Beiseitesetzung des natürlichen Menschen vor Gott. Wäre Jakob den Neigungen seines Herzens gefolgt, so würbe ergewiß nicht dies von Benjamin, seinem jüngsten und inniggeliebten Sohn gesagt haben. Aber diese Verheißungen sind unmißverständlich erfüllt, wie die Stellen bezeugen, die von diesem Namen reden.

Benjamin wird hier mit einem Wolf verglichen, mit seiner Schnelligkeit und Wildheit. Benjamin war der wildeste und kriegerischste der Stämme. Zum Beweise lese man Richt. 19 und 2. Sam. 2,15.16, ferner 1. Chron. 8,40; 12,2 und 2. Chron. 17,17. Die Helden dieses Namens zeichneten sich aus durch Stolz und wölfische Betrügerei. Ehud gehörte zu diesem Stamme (Richt. 3,15-23). König Saul stammte von Benjamin (1. Sam. 9,1.2). Wie die Wölfe fielen sie über die wehrlosen Schafe her (2. Sam. 4,1-6). Saulus von Tarsus, der zuerst die Versammlung verfolgte, war auch aus diesem Stamme (Phil. 3,5).

*

Zum Schluß wollen wir noch betrachten, wie alles Gute, das sich in der Weissagung des sterbenden Jakob auf seine einzelnen Söhne verteilt findet, vereint und in seiner Verwirklichung in der Person des Herrn Jesus zu sehen ist.

1. Die Weissagung über Ruben erinnert uns an die Hoheit und den Vorzug an Macht des HErrn. Er ist der Erstgeborene;

der Erstgeborene;

2. u. 3. die Weissagung über Simeon und Levi spricht von Christus am Kreuz. Denn „Werkzeuge der Gewalttat“ waren es, die gegen Ihn gebraucht wurden. Jakob sagt: „Meine Seele komme nicht in ihren geheimen Rat.“ Jakob wollte mit ihnen nichts zu tun haben. So war Christus am Kreuz von Gott und Menschen verlassen. Ein Fluch ist hier von Jakob auf seine zwei Söhne ausgesprochen; so wurde Christus zum Fluch an unserer Statt. - Levi wurde als Priesterstamm in Israel verteilt. Dies weist auf des HErrn Priestertum hin;

4. die Weissagung über Juda spricht von Seiner Königsherrschaft;

5. die über Sebulon erblickt in Christus den Zufluchtsort und Ruhehafen;

6. die über Isaschar zeigt Seinen Dienst in Niedrigkeit;

7. die von Dan zeigt Ihn als den Richter;

8. die von Aser sieht in Ihm das Brot des Lebens, den Einen, der die Herzen der Seinigen befriedigt;

10. die über Naphtali sieht ihn als Gottes vollkommenen Propheten, der schöne Worte gibt;

11. die Weissagung über Joseph ist ein Abbild Seiner Herrschaft im Tausendjährigen Reich;

12. die Weissagung über Benjamin zeigt Ihn als furchtbaren Kriegsmann (Jes. 63,1-3).

A. P. - O. v. B.

„Ich bitte für sie.“

(Joh. 17,9.)

Es ist gar nicht auszudenken, welch ein Trost, welche Stärkung für uns Gläubige, die wir tagtäglich im Glaubenskampf stehen und uns darin bewähren sollen, in dieser Tatsache liegt, daß unser geliebter HErr für uns bittet. (Matth. 14,23ff.) - Die Zeitform, in der Er hier redet, ist nicht die der Vergangenheit oder der Zukunft, nein, es ist die der Gegenwart. Es ist Seine gegenwärtige hohepriesterliche Tätigkeit für uns (vgl. Hebr. 7,25). Freuen wir uns derselben? Oder ist sie uns nicht genug? Fürchten wir doch, zu unterliegen und den Versuchungen dieses bösen Zeitlaufs oder unseres eigenen Fleisches, des alten Menschen (dem wir uns doch im Glauben für gestorben halten dürfen!) noch schutz- und kraftlos ausgesetzt zu sein? Es braucht wahrlich nicht so zu sein. Seine Fürbitte ist mächtig genug, uns hindurch zu bringen durch die gefahrvolle Welt (die viel gefahrvoller für uns Gläubige ist, als die meisten denken, da sie heute mehr denn je unter so starken dämonischen Einflüssen steht, Eph. 6!) und uns das herrliche Ziel sicher und ohne Verlust erreichen zu lassen. Aber wir müssen Ihm vertrauen und Ihm glauben! An Petri Verleugnungsgeschichte sehen wir, was es heißt, sich selbst zu vertrauen und dann jämmerlich zu kurz kommen, - aber wir sehen daran auch, was des treuen Hohenpriesters Fürbitte vermag (Luk. 22,31ff. u. 61f.). Wo wäre Petrus geblieben, wenn sein Heiland nicht für Ihn gebetet hätte?! Und wo blieben wir? wir, über die gerade Petrus durch den Geist das Wort schreiben muß: „alles Fleisch ist wie Gras ...“ (1. Petri 1,24)?! Aber Er trägt uns auf den mächtigen Armen Seiner treuen Fürbitte und läßt uns nicht verderben! Laßt uns ihn ehren durch ein immer größeres Vertrauen! Er ist es wert, Er ist und bleibt völlig treu!

F. K.

Befestigt eure Herzen!

...denn die Ankunft des HErrn ist nahe gekommen“ (Jak. 5,8). Überall umgibt uns Unruhe, Ratlosigkeit und die Erwartung, daß „etwas“ geschehen muß. Welch Elend ist über die einst Reichen gekommen, ihr Gold und Silber ist verrostet, und das Geschrei der Arbeiter ist lauter als je.

Wie sollte angesichts dieser Dinge alles „Seufzen widereinander“ aufhören, und wie sollten unsere Herzen auf die nahe Ankunft des HErrn gerichtet sein! Bei dem ersten Kommen des HErrn waren es nur einige wenige, die da wußten, daß Sein Kommen nahe sei. Ein alter Simeon und eine alte Hanna erwarteten Ihn, der da kam, um zu suchen und selig zu machen, was verloren sei. Sein zweites Kommen steht jetzt vor der Tür, Er kommt nicht, um zu suchen und selig zu machen, sondern um die Seinigen zu Sich zu nehmen und mit ihnen das Gericht zu halten. Was bedeutet Sein Kommen für dich, lieber Leser? Sein Kommen ist nahe! Wirst du unter jenen sein, die auf Grund Seines vollendeten Werkes Ihm entgegengerückt werden, oder hast du keinen Gebrauch von dem Ruf Seiner Gnade gemacht und wirst für das Gericht zurückgelassen werden?

v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 14

Wie kann man in einzelnen Fällen des praktischen Lebens wissen, was man nach dem Willen des HErrn tun soll? (Vergl. z. B. Ps. 32,8.)

Antwort A

Der HErr ist auch in dieser Frage unser Vorbild. Er kam in die Welt, um in Abhängigkeit und Gehorsam als wahrer Mensch den Willen Gottes zu tun. Wie wußte Er den Willen Gottes? Er hatte ihn nicht in Vorschriften und Paragraphen; auch kannte und tat Er hienieden den Willen Seines Vaters nicht in der Kraft und den Eigenschaften Seiner göttlichen Person, d. h. nicht durch Seine Allwissenheit und Allmacht usw., sondern in der Entäußerung alles dessen, was Er in Seiner göttlichen Person war, allein in Seiner Stellung als wahrer Mensch in Abhängigkeit und Gehorsam, so daß Er

Person war, allein in Seiner Stellung als wahrer Mensch in Abhängigkeit und Gehorsam, so daß Er sagen konnte, daß Er „von jenem Tage oder der Stunde“ nicht wisse, sondern nur der Vater (Mark. 13,32), und weiter, daß Er rede, was Er von Gott höre (Joh. 8,26.40), und tue, was Er den Vater tun sehe (Joh. 5,19.20.30). In völliger Abhängigkeit von Seinem Gott und Vater empfing Er von Ihm die Belehrungen für den Weg durch diese Welt (Jes. 50,4.5; Joh. 8,28). Wenn der HErr für Seinen Wandel durch diese Welt irgendwie Gebrauch gemacht hätte von Seiner Allmacht, Allwissenheit usw., so könnte uns nicht gesagt werden, daß wir Seinen Fußstapfen nachfolgen sollen und wandeln sollen, wie Er gewandelt hat (1. Petr. 2,21; 1. Joh. 2,6), da wir keine Allmacht usw. besitzen.

Wie nun kannte der HErr den Willen Seines Vaters? Er kannte Seinen Willen, weil Er Ihn Selbst kannte. Was Er von Ihm sah und hörte, das tat auch Er. Auch wir besitzen die Kenntnis des Willens Gottes nicht einfach in Vorschriften und Paragraphen, sondern so wie der HErr als abhängiger Mensch hienieden durch die Kenntnis Seines Vaters auch dessen Willen kannte, so auch wir. Wir von uns selbst aus können Gott nicht erkennen, aber der eingeborene Sohn und der Heilige Geist haben Ihn uns kundgetan. In der Person des Herrn Jesus, in Seinem Wandel, Tun und Lassen und in dem Worte Gottes erkennen wir Gott. In dem Maße, wir wir im Umgang mit dem HErrn, in dem Ihn-Anschauen und in dem Worte der Schrift leben, lernen wir Gott kennen und Seine Wege und Seine Gedanken. Diese Erkenntnis, die wir so von Gott empfangen, gibt uns das Licht, Seinen Willen zu wissen und das rechte Verhalten in allen Dingen zu finden.

Im Alten Testament war Gott hinter dem Vorhang verborgen. Gott konnte Sich dem Menschen im Fleische nicht in Seiner Herrlichkeit offenbaren. Es war die Güte Gottes, daß Er Sich Mose, der da begehrte, Seine Herrlichkeit zu schauen, verhüllte, denn die Herrlichkeitsoffenbarung Gottes hätte den Menschen im Fleische, den Sünder, im Gericht verzehren müssen. Aber nachdem am Kreuz auf Golgatha der Mensch im Fleische durch das Gericht abgetan worden ist, konnte Gott den Vorhang zerreißen und Sich in Seiner Herrlichkeit offenbaren. Wir wandeln nicht mehr wie im Alten Testament in dem Lichte von Geboten und Satzungen, sondern in dem Lichte der Herrlichkeit Gottes, nicht mehr

in Gesetzlichkeit, sondern in völliger Freiheit und Freude, so wie es der Herr Jesus als wahrer Mensch in dieser Welt tat.

Daß in den äußeren Dingen des Lebens es manchmal schwer ist, den Willen des HErrn zu erkennen, das sehen wir aus Erfahrungen, wie sie Paulus Apgesch. 16,6-10 machte. Wie dankbar können wir sein, daß uns der HErr aus dem Leben Seines treuen Knechtes diese seine Schwierigkeit hat aufzeichnen lassen.

Viel können wir daraus lernen! Besonders, wie frei Paulus von eigenem Willen war. Wie ähnlich war er seinem HErrn und Meister, der da sagte: „Ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun“ (Hebr. 10,7.9) und der in dunkler Gethsemanestunde betete: „Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe“ (Luk. 22,42). Wie oft ist in unserem Herzen ein eigener Wille, ein eigener Vorsatz, ein eigenes Ziel, und wir stehen somit im Gegensatz zu Dem, der da sagte: „Ich suche nicht Meinen Willen, sondern den Willen Dessen, der Mich gesandt hat“ (Joh. 5,30); dann sind unsere Herzen nicht fähig, den Willen und die Weisungen und Führungen des HErrn aufzunehmen.

Wenn wir mehr in der Erkenntnis Gottes gewachsen und durch Sein Wort besser mit den Vorsätzen, Gedanken und Wegen Gottes vertraut und vor allem frei vom eigenen Willen wären, so würden wir in vielen, ja in den meisten Fällen sofort wissen, was der Wille des HErrn ist. Diese drei Punkte sind außerordentlich wichtig, um den Willen des HErrn zu erkennen. Aber mit eigenem Willen und eigenen Plänen im Herzen vernehmen wir nicht die Wirkungen des Heiligen Geistes, noch können wir wandeln nach Seinem Willen.

Wie fein achtete Paulus auf die Wirkungen des Heiligen Geistes! Wir wissen nicht, in welcher Weise der Heilige Geist Paulus und seine Genossen verhinderte, in Asien das Wort zu reden, und auch nicht, in welcher Weise der Geist Jesu es ihnen nicht erlaubte, nach Bithynien zu reisen. Die Art, wie Gott uns Weisungen gibt, kann sicher sehr verschieden sein. Wir sehen aus 1. Thess. 2,18, daß unter der Zulassung Gottes Paulus auch durch den Satan verhindert wurde, während wir hier lesen, daß sie

durch den Heiligen Geist verhindert wurden. Wenn uns auch nicht gesagt wird, worin diese Hindernisse bestanden, so konnte Paulus doch an dem Charakter, den sie trugen, klar erkennen, ob sie vom Heiligen Geist oder vom Satan ausgingen. Alles dieses aber erfordert Verständnis der Gedanken und Wege Gottes, Wachsamkeit und Gelöstsein vom eigenen Willen.

Wenn der HErr uns nicht gleich Roß und Maultier mit Zaum und Zügel bändigen und führen, sondern uns vielmehr mit Seinen Augen raten und leiten soll, dann müssen unsere Augen beständig auf den HErrn gerichtet sein (Ps. 32,8).

Wir können überzeugt sein, daß Paulus in dieser seiner Ungewißheit betend um Weisung vor dem HErrn stand. Er wartete nicht auf ein Gesicht oder dergleichen, und wir sollten nicht auf ungewöhnliche Dinge warten, sondern nur auf Ihn, daß Er uns Wegweisung gebe, wie es Ihm gefällt; aber nie sollten wir zu solch törichten Dingen greifen wie Spruchkästchenziehen, Bibelaufschlagen und dergleichen, um uns Wegweisung zu suchen.

Das Nachtgesicht, durch welches Paulus die Weisung vom HErrn empfing, enthielt kein direktes Wort, nach Mazedonien zu gehen. Paulus aber hatte ein tiefes geistliches Verständnis und einen geübten Sinn zur Unterscheidung (Hebr. 5,14), und er sah, daß der ihm gewordene Auftrag (die Botschaft des Heils zu bringen) und der Hilferuf des mazedonischen Mannes sich begegneten, und ohne ein direktes Wort von dem HErrn zu haben, lesen wir, daß sie daraus „schlossen“, daß der HErr sie gerufen habe, das Evangelium dort zu verkündigen. Und daß sie richtig „geschlossen“ hatten, wurde dann durch den vom HErrn geebneten Weg bestätigt.

Wie manchmal handeln wir dagegen in Eile und gehen Wege, ohne dafür klare Weisungen von dem HErrn in unserem Herzen zu besitzen. Möchte der HErr uns ein Herz geben, welches willig ist zu gehen, wenn Er ruft, und zu verharren, so lange, bis Er uns zu anderem ruft.

v. d. K.

Antwort B

Sicherlich scheint es manchem recht schwer, den bestimmten Willen Gottes in irgendeinem praktischen Fall zu kennen und danach zu handeln, und weder Antwort A noch vorliegende erhebt den Anspruch, allgemein anwendbare Regeln zu geben, die wie ein Zaubermittel unbedingten „Erfolg“ versprechen. Gleichwohl gibt es biblische Grundsätze, nach denen zu handeln sich stets segensreich zeigen wird. Leider aber ist es vielen Gläubigen zu unbequem, nach bestimmten biblischen Grundsätzen zu leben, und daher zeigt sich bei ihnen auch oft eine erschreckende Unklarheit bei ganz einfachen Gelegenheiten. Menschen ohne Grundsätze sind schon in der Welt haltlose Menschen - im Christentum aber gilt dies vor allem.

Das auserwählte alttestamentliche Volk Gottes lebte ein ganzes gottesdienstliches und praktisches Leben unter dem so gut wie jede Stunde des Tages und jede Handlung regelnden Gesetz Gottes. Freilich konnte das Gesetz, das sich nur an unwiedergeborene Menschen richtete, damit diese ihre Hilflosigkeit erkennen und sich ganz auf Gott statt auf sich selbst verlassen möchten, ihnen keine Kraft geben, so zu leben, wie es Jehova wohlgefällig war, aber dennoch: sie wußten den Willen Gottes und waren verAntwortlich, ihn zu tun. In wieviel höherem Maße sind wir verAntwortlich, wir aus Wasser und Geist wiedergeborenen Gläubigen! Stehen wir denn auch unter Gesetz? Nein, keineswegs, „Christus ist des Gesetzes Ende (und Erfüllung), jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit“ (Röm. 10,4), aber uns wie den gläubigen Hebräern gilt die Verheißung von Hebr. 10,16: „Indem Ich Meine Gesetze in ihre Herzen gebe, werde Ich sie auch auf ihre Sinne schreiben“, mit anderen Worten: wir wissen nicht nur im Herzen (dem Sitz unseres Willens) um Seinen Willen, sondern wir haben auch die Gesinnung, ja, richten unseren Sinn darauf, diesen Willen zu tun! Mit dem Römerbrief, Kap. 8, dürfen wir es so ausdrücken: wir werden getrieben und geleitet durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt und der uns fähig macht, auch im Geiste zu wandeln (nicht im Fleische!). Sind wir nun darin treu, sind wir wachsam, den Geist nicht zu betrüben (Eph. 4,30),

nehmen wir es genau, mit dennoch begangenen Sünden sofort zu verfahren nach 1. Joh. 1,9, damit nichts zwischen Gott und uns tritt, dann dürfen und können wir in Fällen, wo der Wille Gottes für uns nicht ohne weiteres aus der Schrift zu erkennen ist, uns im Glauben an - wie ich sie nennen möchte - allgemeine Reichsgrundsätze halten und vom HErrn Licht erbitten für den jeweiligen schwierigen Fall.

Solche Grundsätze sind u. a. folgende:

1. „Bittet, so wird euch gegeben“ (Matth. 7,7), und was zum Beispiel? „Wen Weisheit mangelt, der bitte von Gott, und sie wird ihm gegeben werden; er bitte aber im Glauben!“ (Jak,1,5f.). Dies gilt ebensowohl für die Abfassung eines wichtigen Briefes wie für die Fragen eines Umzugs, einer Reise, einer Geschäftsreklame, einer Familienangelegenheit, eines Hauskaufs oder einer Arzt- oder Medizinwahl usw. „Alles ist euer“, alles muß uns dienen und alles dürfen wir benutzen, sofern wir nur handeln nach einem anderen Grundsatz:

2. „Alles, was immer in Wort und Werk ihr tut, tut alles im Namen des Herrn Jesus und zur Ehre Gottes“ (Kol. 3,24 und 1. Kor. 10,31), d. h. wir müssen uns bei allem unbedingt darüber klar sein, ob wir das Betreffende tun oder lassen wollen allein zur Ehre Gottes, so daß wir den Namen, die Autorität, den Auftrag Christi darin sehen. Sind wir der Stimme des uns treibenden Geistes gehorsam, so können wir nichts gegen die Autorität Christi und gegen den Willen Gottes tun, denn der Geist ehrt stets Christus! Wir müssen uns bei solchen praktischen Fragen fragen, ob wir dies oder das tun oder lassen sollen dem eigenen Fleisch zuliebe (welches wir doch gekreuzigt haben nach Gal. 5,24!), oder ob uns die Ehre des HErrn über alles geht (vgl. auch Kol. 1,9.10). Freilich kann man sich auch da noch leicht selber täuschen (niemand läßt sich leichter täuschen als unser „Ich“!), und manchmal wäre es gut, nach dem englischen Grundsatz zu handeln: „Tue immer das, wovor du dich fürchtest, das ist das Richtige!“, denn dieser Grundsatz enthält letzten Endes die Erkenntnis, daß wir Menschen hienieden nicht zum Genießen und zur Bequemlichkeit da sind, sondern zum Kämpfen, insbesondere wir Gläubige dazu, den „Kampf des Glaubens“ zu führen und darin „mehr als Überwinder“ zu sein (Röm. 8,27)! In gewisser Weise können wir auch das Wort des HErrn:

„Widerstehe nicht dem Übel!“

(Matth. 5,39) hiermit in Verbindung bringen. Noch einmal die Frage: Wollen wir wirklich alles zur Ehre Gottes tun? Sind wir unbedingt auch bereit, in dem jeweiligen Fall das zu tun, was unserem Fleisch nicht angenehm ist?

3. Dan. 2,21: „Er gibt den Weisen Weisheit und den Verständigen Verstand“ oder „wer da hat, dem wird gegeben“ usw. (Matth. 13,12). Ein merkwürdiger Reichsgrundsatz und doch ganz einfach der Grundsatz der Treue, des treuen Haushaltens mit dem, was Gott uns schon gegeben an Licht und Gnade für den Weg. Und wer da im Kleinen treu ist, dem vertraut Gott auch Größeres an, auch was Verständnis für den praktischen Willen Gottes anbetrifft.

Diese drei Grundsätze gehören eng zusammen, also 1. im Glauben um Weisheit bitten; 2. bereit sein, nichts zu tun, was der Ehre und dem Namen des HErrn zuwiderläuft, wenn es auch unserem Fleische strikte entgegen ist, und 3. mit der schon gegebenen Erkenntnis treu umgehen, damit Gott weiteres Licht geben kann.

4. Matth. 6,22.23: Wenn das leibliche Auge einfältig und gesund ist, so daß es das Bild dessen, was es schaut, getreu nach innen vermittelt, so sind die Handlungen des Leibes auch licht. Wie anders im gegenteiligen Falle eines bösen, kranken Auges! Was bedeutet das nun für unsere Frage? Dies: Wenn unsere Augen des Herzens einfältig und klar sind und offen für die Wirkungen des Geistes auf unser Herz, dann wird dieses unbedingt befähigt sein, dem Geiste gemäß zu wandeln, und dann werden die „guten Werke, die für uns, die wir in Christo Jesu zu guten Werken geschaffen sind, bereit liegen“ (Eph. 2,10), einfach von innen heraus getan werden in jedem einzelnen Fall - wenn aber unsere innere Augen krank sind, etwa getrübt durch das Anschauen von Dingen, die für uns Gläubige des Anschauens nicht wert oder gar schädlich sind, dann kann unser Herz nicht den Willen des HErrn erkennen, und wir machen Fehler über Fehler in vielfach ganz einfachen Dingen und Fragen des täglichen Lebens, des Berufs, des Geschäfts usw. Darum laßt uns stets dafür sorgen, daß unsere

Augen des Herzens einfältig seien, daß wir unseren inneren Sinn gerichtet halten auf göttliche Dinge, auf Sein Wort (um danach zu tun!), auf für geistliche Menschen sehenswerte Dinge, die uns bilden nach Christo und nicht nach den Elementen der Welt (Kol. 2,8).

Noch manches ließe sich anführen, was für uns Gläubige nötig ist, um den Willen des HErrn von Fall zu Fall zu erkennen, so z. B. das Ihm-gehorsam-folgen-Wollen, die demütige Anhängigkeit von Ihm: z. B. nicht vorzulaufen (vgl. dieses Jahrb. S. 187, Punkt 3!), wobei man für selbsterwählte Wege dann nachträglich Seinen Segen erbittet, statt stille auf die Offenbarung Seines Willens zu warten usw., usw. (Ps. 37,7a), aber in dieser und vor allem der kostbaren Antwort A ist genug gesagt, um über diese Frage weiter zu forschen!

Möge ein auf die Stimme des HErrn achtendes Herz, das gelernt hat gläubig zu fragen: „HErr, was willst Du, daß ich tun soll?“, in den Ausführungen dieser Antworten einiges Licht finden für den Weg hindurch durch gewisse Schwierigkeiten dieser Wüste, auf dem selbst da, wo bestimmte, klar umrissene Anweisungen schwer zu finden sein mögen, dennoch „Sein Wort unseres Fußes Leuchte ist“ (Ps. 119,105), Sein Wort, d. i. Christus Selbst! Will Er uns doch leiten mit Seinen Augen (Ps. 32,8). Gepriesen sei Sein Name!

(Die Schriftl.)

„Kommet und sehet!“

(Ev. Joh. 1,35-39.)

Der Apostel Johannes ist der Schreiber dieses Evangeliums. Im Gegensatz zu anderen Schreibern der Heiligen Schrift nennt er in seinem Evangelium nie seinen Namen. Wo wir in diesen Evangelien den Namen „Johannes“ finden, da ist es immer der Name Johannes des Täufers.

In der vor uns liegenden Stelle begegnen wir ihm, dem Schreiber des Evangeliums, zum ersten Male.

In der vor uns liegenden Stelle begegnen wir ihm, dem Schreiber des Evangeliums, zum ersten Male. Er ist der eine von den zwei Jüngern, die mit Johannes dem Täufer auf Jesum blickten. Aber während er uns den Namen Andreas als den des einen Jüngers nennt, geht er an dem anderen (der er selbst ist) ohne Namennennung still vorbei. Als er später den HErrn kennen gelernt hatte und mit Ihm wandelte, da nennt er sich „der Jünger, den Jesus liebte“. Unter dieser Bezeichnung finden wir ihn dann beim letzten Passahmahl an der Brust Jesu liegen; unter diesem gleichen Namen sehen wir ihn dem gefangenen HErrn folgen und später unter Seinem Kreuze stehen und finden wir ihn auch als den Ersten, der zu Seinem Grabe kam. Weshalb nannte er sich so? Liegt es nicht nahe, daß er sich mit diesem Namen bezeichnet, der die Freude und den ganzen Inhalt seines Lebens ausdrückt? (Vergl. Bd. VII, S. 40.)

Durch das Leben Johannes des Täufers geht angesichts seiner hohen Stellung ein Zug köstlicher Demut. Wie hoch hatte Gott diesen Mann geehrt. Er war bestimmt, der Vorläufer des Herrn Jesus zu sein und Ihm den Weg zu bereiten. Der HErr Selbst sagt uns, daß er mehr war als ein Prophet. Keinem der Propheten war es gegeben, den HErrn so von Angesicht zu schauen wie ihm. Aber er selbst lehnte die Ehre des Propheten von sich ab. In diesem Kapitel sehen wir, wie der Ruf seines Namens über das ganze Land ging. Eine Abordnung von Priestern und Leviten kam zu ihm, um zu erfahren, was für eine Persönlichkeit er sei. Wie nahe lag die Versuchung, etwas aus sich zu machen und seine wichtige und große Ausgabe in ein für sich günstiges Licht zu stellen. Aber Der, für den er hier stand, den er kannte und bekannte als den Sohn Gottes, erfüllte sein Herz so, daß alle Selbstwichtigkeit ihm fern lag.

Kurz beAntwortet er ihre Fragen:

„Ich bin nicht der Christus.“

„Wer denn? Bist du Elias?“

„Ich bin's nicht.“

„Bist du der Prophet?“

„Nein.“

Wie klar und kurz sind seine Antworten. Von fünf Worten in seiner ersten Antwort kommt er auf drei und von drei auf nur ein Wort. Man fühlt es seinen Worten ab, wie unangenehm ihm dieses Fragen und Beschäftigtsein mit seiner Person ist und wie er solche Fragen zu Ende zu bringen wünscht.

Wieder fragen sie in Ungeduld: „Wer bist du? Was sagst du von dir selbst?“

Wie schön ist die Demut in seiner Antwort: „Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste.“

Er sagt nicht: „Ich bin ein Rufer“, er sagt nur: „die Stimme eines Rufenden“ usw. Er bringt seine Persönlichkeit damit ganz zum Verschwinden; nur die Botschaft, die er bringt, die soll bleiben.

Wie klein sind wir, wenn Seine Herrlichkeit unser Auge und Herz erfüllt, und wie häßlich zeigen wir unsere Gestalt, wenn wir von unserer eigenen Wichtigkeit erfüllt sind. Wir sehen dies an den Jüngern, als sie sich stritten, wer der Größte sei. Beschämt mußten sie schweigen, als der HErr fragte, was sie auf dem Wege verhandelt hätten (Mark. 9,33.34). Wenn Demut in unserem Herzen ist, dann brauchen wir keine Sorge dafür zu tragen, daß sie in unserem Leben zum Ausdruck kommt. Herzens-Sanftmut und Demut wird dann bei uns gefunden werden. Fehlt aber unserem Herzen diese Demut, so wird unser Ich in häßlicher Ehrsucht, Empfindlichkeit und Härte immer wieder hervortreten, so sehr wir uns auch bemühen mögen, einen Schein von Demut und Sanftmut zu tragen. Es wird doch immer wieder offenbar werden, daß diese nicht in unserem Herzen sind. O, wie würden Bitterkeit, Aufbrausen, Beißen und Fressen verschwinden, wenn wir diese Herzensdemut von dem „von Herzen Demütigen“ lernen wollten.

*

Aus dem Zeugnis Johannes des Täufers, wie er den HErrn bekannte als „das Lamm Gottes“, als Den, „der mit Heiligem Geiste tauft“ und als „den Sohn Gottes“, können wir ersehen, in welchem Lichte der HErr vor seiner Seele stand. In diesen Herrlichkeiten Seiner Person erkannte und bewunderte er Ihn. - In unserem Abschnitt beginnt ein anderer Tag, und wieder neue Schönheiten tauchen vor seinem Auge auf. An diesem Tage schaut er die Herrlichkeit Seines Wandelns. Welche unaussprechlichen Eindrücke und Gedanken mußten durch seine Seele gehen, als er Ihn, den er in Seiner Hoheit bezeugt hatte, hier als das Lamm Gottes wandeln sah. Seine Blicke versenkten sich in Ihn. Wir lesen: „Des folgenden Tages stand wiederum Johannes und zwei von seinen Jüngern, hinblickend auf Jesum, der da wandelte.“ Das war kein im Vorbeigehen flüchtiger Blick, den er auf den HErrn warf. Das war ein Stille stehen und An schauen. Er stand und schaute Jesum an, das Lamm Gottes, so wie es hier wandelte, und bewundernd ruft er: „Siehe das Lamm Gottes“.

Kennen wir etwas von einem solchen Stehen und Anschauen Jesu? Das sind keine flüchtigen Blicke, das ist ein Versenken des Auges und Herzens in die Herrlichkeit Seiner Person.

Von diesem Stehen und Anschauen des HErrn hängt so viel für das KennenSeiner Person ab. Alle Gläubigen kennen Ihn als ihren Heiland, aber soll das alles sein? Möchten wir von Johannes dieses Stillestehen und Anschauen Seiner Person lernen. Wie würde unser geistliches Wachstum voranschreiten und Gnade und Friede uns vermehrt werden! Wie oft wünschen wir, daß gerade Gnade und Friede uns vermehrt sein möchten. Haben wir nie gelesen, daß diese uns vermehrt werden in der Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres HErrn? (2. Petr. 1,2.)

Paulus kannte seinen HErrn und Heiland schon viele Jahre, als er den Philippern von dem Verlangen seines Herzens schrieb: „Ihn zu erkennen“ (Phil. 3,10). Wie weit kennen wir Ihn? „Ihn zu erkennen“ ist mehr als etwas von Ihm und von Seinem Werke zu kennen. Wohl können wir den HErrn nicht so anschauen, wie Johannes es tat; er sah Ihn mit seinen leiblichen Augen, wir aber

HErrn nicht so anschauen, wie Johannes es tat; er sah Ihn mit seinen leiblichen Augen, wir aber sehen Ihn mit den „Augen des Herzens“ in Seinem Worte. Warum kennen wir Ihn so wenig? Ist es nicht, weil wir uns so wenig mit Ihm in Seinem Worte beschäftigen? Er ist der große Inhalt des ganzen Wortes. Laßt uns das Wort nicht lesen, um unser Wissen zu bereichern, sondern mit dem Herzensverlangen, Ihn darin zu finden und anzuschauen. Das, was Er in solchem Betrachten unserem Herzen schenkt, das vermögen wir dann auch anderen wieder mitzuteilen.

*

Vers 35 finden wir das im Zusammenhange bedeutungsvolle Wörtchen „wiederum“. „Des folgenden Tages stand wiederum Johannes ... hinblickend auf Jesum.“ Es genügte ihm nicht, es am vorhergehenden Tage getan zu haben, er mußte Ihn wiederum anschauen. Er hatte Ihn zuvor erkannt als „das Lamm Gottes“, als „den Täufer mit Heiligem Geiste“, als „den Sohn Gottes“. Als er wiederum dastand, hinblickend auf Jesum, da enthüllten neue Herrlichkeiten sich seinem Blick, und so schritt er fort von Erkenntnis zu Erkenntnis. So spricht er später von Ihm als Dem, „der von oben kommt, der über alles ist“, und wiederum von Ihm als „dem Sohn, den der Vater liebt“usw.

Redet dies kleine Wort nicht eine Sprache auch zu uns? Soll jeder neue Tag nicht auch uns finden als solche, die wiederum hinblicken auf Jesum? Je mehr wir auf Ihn blicken, je mehr enthüllt Er Sich auch unserem Auge und wird Sich eine Erkenntnis Seiner Herrlichkeit an die andere reihen. Hast du Ihn einmal angeschaut als den Sohn Gottes? Ihn betrachtet als den Sohn des Menschen? Hast du Seine Herrlichkeit gesehen als Sohn Davids? Hattest du einen Tag, wo du Ihn schautest als den Hohenpriester? Als den Fürsprecher? Als den HErrn? Als das Haupt usw.? Gewiß, niemand kennt den Sohn als nur der Vater. So groß und herrlich ist Er, daß nur der Vater die Größe Seiner Herrlichkeit kennt, aber des Vaters Freude ist es, Ihn uns zu offenbaren. O, möchten wir von Johannes dieses „wiederum stehen und anschauen Jesum“ lernen!

*

„Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.“ So war es auch bei Johannes. Das, was er in Ihm erblickte, das kam über seine Lippen. Wir lesen, „es hörten ihn die zwei Jünger reden“. Diese beiden hörten ihn von dem reden, was seine Seele in Jesus, dem Lamme Gottes, genoß. Werden nicht auch unsere Worte von anderen gehört? O, möchten wir uns des mehr bewußt werden, daß andere auch uns reden hören! Wie würden wir unsere Lippen bewahren vor eitlen Dingen, und wie würden wir bedacht sein, unsere Lippen von dem Geiste Gottes gebrauchen zu lassen, von Dem zu reden, den der Vater liebt. Jedes Reden unserer Lippen hat eine Wirkung. Diese zwei Junger hörten ihn reden, und die Wirkung war, daß sie Jesum nachfolgten. Wovon reden wir? Was ist die Wirkung unseres Redens? Ist die Wirkung bei denen, die uns hören, auch diese, daß sie Jesum nachfolgen?

*

Meinst du, daß es Johannes ein Schmerz war, daß die beiden Jünger in dieser Stunde ihn verließen und Jesum nachfolgten? Dann verstehst du noch nicht das Herz eines Dieners, der dem HErrn den Weg bereitet. Von den Johannesjüngern verstanden gar manche nicht den Dienst ihres Meisters. Wir sehen dieses, als sie an einem Tage kamen und ihm berichteten, daß Jesus taufe und alle zu Ihm kämen. (Joh. 3,26.) Diese Worte zeigten ihren Unmut, daß ihr Meister durch Jesus in den Schatten gestellt wurde, und sie kamen, seine Eifersucht zu reizen, daß er für sein Ansehen eintreten möge. Sie verstanden nicht, daß in dem Wachsen der Größe Jesu gerade die Krönung des Dienstes ihres Meisters lag. Sie verstanden nichts von seiner Freude als der Freude „des Freundes des Bräutigams“. Wie tritt bei dieser Gelegenheit wieder die köstliche Demut Johannes des Täufers ans Licht. Neidlos räumt er Ihm sofort den ersten Platz ein und verwirklicht den Wahlspruch eines Knechtes Christi: „Er muß wachsen, ich aber abnehmen“. Es muß eine wunderbare Freude für das Herz des Johannes gewesen sein, als er sah, daß diese beiden Jünger jetzt Jesum nachfolgten. Und ist dieses nicht die Freude aller, die dem HErrn in Wahrheit dienen?

Diese Freude klingt auch aus den Worten des Apostels Johannes hervor, als er schreibt: „Ich habe

keine größere Freude als diese, daß ich höre, daß meine Kinder in der Wahrheit wandeln“ (3. Joh. 4.) Ob sich Johannes wohl da an die Freude seines früheren Meisters erinnerte, als erihn verließ und Jesum nachfolgte?

*

In dieser Stunde verknüpften diese beiden Jünger ihr Leben und ihr Los mit dem Herrn Jesus. Sie wußten nicht, was der Weg ihnen bringen würde. Getrost vertrauen sie sich Ihm an und wandeln Ihm nach. Und der HErr in Seiner niederbeugenden Güte wendet Sich um, sieht sie nachfolgen und fängt an, mit ihnen zu sprechen! Ja, Er hat ihnen etwas zu sagen. Er muß sie fragen, was sie in Seiner Nachfolge suchen. Sieht Jesus uns nachfolgen? Welche Freude mußte es Ihm sein, als Er diese zwei Ihm nachfolgen sah. O, möchte Er auch uns als solche sehen. Seine Augen blicken hernieder auf diese Erde, Er sieht uns wandeln. Wandeln wir „Ihm nach“? Er hat an die, die Ihm nachfolgen, eine sehr ernste, ihr Herz erforschende Frage zu richten: Was suchet ihr? Bis dahin hatten sie in demScheine der „brennenden Lampe“ gewandelt, jetzt kamen sie zu Ihm, der leuchtenden Sonne, „dem wahrhaftigen Lichte, welches in die Welt gekommen, jeden Menschen erleuchtet“ und jedes Herz erforscht. Er wandte Sich um, und sie stehen vor Ihm, „der die Herzen erforscht“ und der „das Verborgene der Herzen ans Licht bringt“, und so fragt Er: „Was suchet ihr?“ Wenn wir gleich diesen Jüngern Ihm nachfolgen, dann richtet Er diese Frage auch an uns: „Was suchest du, was ist dein Ziel?“ Suchst du einen Platz in dieser Welt? Suchst du einen Platz in der Gemeinde? Suchst du dort Ehre, Ansehen, Freude? Was suchst du? Suchst du Gewinn und Nutzen für dich?

Sie öffnen Ihm ihr Herz und Antworten fragend: „Lehrer, wo hältst Du Dich auf?“ Sie wollen Seine Adresse haben, sie wollen die Stätte wissen, wo sie Ihn immer finden, wo sie Ihn immer haben können. Sie wollen wissen, wo Er Sein Heim hat. Diese Antwort sagte Ihm, saß sie bei Ihm zu sein wünschten. Ist es so bei uns? Ist Er uns alles, was wir suchen? Oder suchen wir noch etwas neben Christus? Hier liegt das Geheimnis so manchen Fehltrittes, so manchen Schmerzes. Ist es nicht deshalb, weil noch andere Interessen neben dem HErrn in unserem Herzen stehen, daß in

unserem Leben so wenig Freude und Kraft ist, so wenig die Trennung von der Welt gefunden wird?

*

Seine Antwort Auf den Wunsch ihres Herzens ist: „Kommet und sehet!“ Eine solche Einladung, ein solches Willkommen aus Seinem Munde hatten sie sicher nicht erwartet. Wie herzlich wurden sie von Ihm eingeladen, bei Ihm zu sein. Auf ihre Frage: „Wo hältst Du Dich auf“ nennt Er ihnen nicht einfach einen Ort, Er sagt: „Kommet und sehet“. Konnte Er ihnen in Worten Sein Heim angeben? In welchen Worten menschlicher Zunge hätte Er ihnen das sagen sollen? Sein Heim war nach diesem Evangelium der Schoß des Vaters. In Wirklichkeit waren Seine Worte eine Einladung zum Himmel, Ihn dort an dem Platze der Liebe des Vaters kennen zu lernen. Aber welchen Ort sollte Er ihnen auf Erden nennen, wo Er Sich aufhielt? Er, der hier ein Fremdling war, der da sagen mußte: „Die Füchse haben Gruben und die Vögel unter dem Himmel Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er Sein Haupt hinlege“.

Mit den Worten: „Kommet und sehet“ ladet Er sie ein, dort zu sein, wo Er Sich aufhält - jeden Platz mit Ihm zu teilen. In der Welt findest du keinen Platz, wo Er Sich aufhält, und doch hat Er eine Stätte hienieden, wo du Ihn finden und haben kannst. Kennst du diese Stätte? Wo zwei oder drei in Seinem Namen versammelt sind, da ist Er in ihrer Mitte. Siehst du Ihn wandern inmitten Seiner Gemeinde? Der HErr sagt: „Komm und sieh“. Bist du dort, wo Er ist? Kennst du Seine Gemeinde? Das ist nicht Seine Gemeinde, wo Gläubige und Ungläubige vermischt sind. Er will in der Mitte derer sein, die in Seinem Namen versammelt sind. Aber wir sind nicht in Seinem Namen versammelt, wenn wir in der Mitte unseres Versammeltseins Dinge erlauben und dulden, die mit Seinem Namen unvereinbar sind. Womit nicht Sein Name verbunden sein kann, damit kann Er auch Seine Gegenwart nicht verbinden.

In diesem Evangelium spricht Er zu uns von dem Vaterhaus, wohin Er geht, uns eine Stätte zu bereiten. Bald werden wir die geöffnete Tür in dem Himmel schauen und von Ihm wieJohannes eingeladen werden: „Komm hier herauf“ (Offenb. 4,1). Wie herrlich wird das „Kommet und sehet“

sein, wenn wir in der Herrlichkeit den Ort schauen, wo Er Sich aufhält, und diesen mit Ihm teilen. Jetzt aber teilen wir noch mit Ihm den Platz der Verwerfung.

*

Am Schluß unseres Abschnittes lesen wir: „An jenem Tage blieben sie bei Ihm. Es war um die zehnte Stunde.“ Kennen wir einen solchen Tag? Vielleicht auch eine Stunde, von der an wir bei Ihm blieben? Die Schrift sagt nicht, daß sie wieder von Ihm gingen; so wie sie bei der Rückkehr des verlorenen Sohnes von einem Anfang des Fröhlichseins spricht, aber nicht von einem Ende. Das Fröhlichsein im Vaterhaus hört eben nie auf.

Wer je einen solchen Tag mit Ihm erlebt hat, wer gekommen ist und gesehen hat, wo Er Sich aufhält, für den hat diese Welt ihren Reiz verloren - der spricht mit Petrus: „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens“.

Und wendet sich Seine Einladung „Komm und sieh“ nicht noch heute an alle Herzen, die nach Seiner Nähe und Gemeinschaft verlangen? Mache es wie diese Jünger. Sage Ihm dein Sehnen und verbinde dein Los und dein Leben mit dem Seinen. Teile den Platz Seiner Verwerfung mit Ihm jetzt außerhalb des Lagers, wie du auch bald den Platz Seiner Herrlichkeit mit Ihm teilen wirst. Sein Ruf „Komm und sieh“ macht uns jetzt zu Trägern Seiner Schmach, führt uns aber auch zugleich hinein ins Heiligtum und in das priesterliche Verbundensein mit Ihm, dem großen Hohenpriester, um Gott die geistlichen Opfer des Lobes und die Anbetung darzubringen.

Laßt auch uns ein Ohr haben für Seine Einladung: „Kommet und sehet!“

v. d. K.

 

Einige herzliche Ratschläge.

Sprüche 1,5.

1. Es ist tief beschämend für uns Kinder Gottes, daß unter uns, die wir dem Wesen der Welt entronnen sind, noch so leicht Unstimmigkeiten vorkommen. Das muß aber nicht sein, und würden wir in solchem Falle, ja schon, wenn wir das Herannahen solcher Gefahr spüren, jeder von Herzen danach streben, nicht das letzte, sondern das vor letzte Wort zu behalten, dann würden Streitigkeiten und Schlimmeres völlig vermieden und im Entstehen erstickt. Lassen wir uns dazu ermuntern, indem wir auch bedenken, daß „ein Knecht des HErrn nicht streiten, sondern milde“ sein soll. (2. Tim. 2,24; vgl. Tit. 2,9!)

2.„Laßt euere Gelindigkeit kundwerden allen Menschen!“ (Phil. 4.5.) Ja, auch z. B. den Gläubigen! Gläubige erwarten von ihresgleichen, den Gotteskindern, leicht mehr, als sie selber geben. Das ist nicht in der Ordnung. Gott macht es entgegengesetzt, wie uns vor allem das in dieser Jahreszeit wieder viele Herzen neu besch äftigende wunderbare alte Ereignis in der „stillen, der heiligen Nacht“ zeigt. Er gab zuerst, und zwar das Größte! Und wir erwarten zuerst immer von anderen etwas - so z. B.

3. erwarten wir zu viel Liebe! Wir sollten aber jeder in die Gemeinde viel Liebe bringen, statt sie zu erwarten! Bringe du ein Herz voll Liebe nach 1. Kor. 13 mit in die Gemeinde und ermuntere andere auch dazu (Hebr. 10,24) - wie sehr würdest du nützen. Wenn alle Gläubigen so täten - gäb's dann nicht fast den Himmel auf Erden?

4.„Ja, aber ich kann nicht so lieben, vor allem nicht den und den lieblosen Bruder oder die und die unliebenswürdige Schwester ...“ - fast hören wir so sagen. Stimmt‘s? Können wir nicht lieben? lieben mit der Tat und Wahrheit? Ja, wir können. Du kannst doch, Bruder, Schwester! Denn „die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben ist“. (Röm. 5,5.) Siehe auch einmal an, was uns nach 2. Petr. 1 alles geschenkt ist, und dann benutz das dir und allen Gläubigen Geschenkte, im Glauben nütze es aus und wende es an, und dann kannst du nicht nur die

Gläubigen Geschenkte, im Glauben nütze es aus und wende es an, und dann kannst du nicht nur die dir vorher unsympathischsten Geschwister lieben, sondern du freust dich, es tun und ihnen praktisch, wo du Gelegenheiten findest, deine gottgeschenkte Liebe beweisen zu dürfen. Und wie sehr hilfst du ihnen dadurch! Denn ebenso gewiß, wie „die Wahrheit frei macht“, ebenso gewiß ist es, daß „die Liebe erbaut“.

5. Christliche Kolporteure sind wohl gut, und ihr Dienst ist oft sehr zum Segen - nie aber der Dienst von Kolporteuren „böser Gerüchte“ und „übler Nachrede“. Hüte dich vor solchen Kolporteuren! Gehe ihnen selbst, ihren Reden und Briefen aus dem Wege, wo du nur kannst, auch wenn sie dir sonst als „liebe Brüder“ bekannt sein mögen! Glaube ihnen nie! Ihr Dienst ist ein Dienst dessen und für den, der „der Verkläger der Brüder“ genannt wird. Aber laßt uns uns auch ängstlich hüten, selber unter diese Art Kolporteure zu gehen! (1. Petr. 2,1.) Wie gern will der Feind die Gläubigen dazu mißbrauchen, kann er doch durch solche Werkzeuge am besten „Zwietracht und Ärgernis“ (Röm. 16,17) anrichten, und darauf gehen ja immer seine Pläne, uns zu „übervorteilen“. (2. Kor. 2,11.)

6. Halte nie etwas für unwichtig, was Gott für wichtig genug hielt, dir zu sagen! so z. B. wenn der HErr die Seinen bittet: „tut dies zu Meinem Gedächtnis!“ (1. Kor. 11) - oder wenn Sein Wort die Seinen ermahnt, alle verpflichtenden Verbindungen mit Ungläubigen, religiöse Verbindungen eingeschlossen, zu lösen (2. Kor. 6. 14-18) und in heiliger Absonderung zu wandeln - oder wenn Er die Taufe der Gläubigen als Sinnbild des mit Christo Begrabenseins (Röm. 6) Seinen Jüngern aufträgt - oder wenn der inspirierte Apostel Paulus „will“, daß ... die Weiber bedeckten (so gut wie die Männer unbedeckten) Hauptes beten, andernfalls jene geschoren werden sollen (1. Kor. 11) - oder wenn das Wort Gottes ebensowohl „Witzelei“ und dergl. verbietet wie „Gemeinschaft mit bösen Werken“, die „das Licht“ zu scheuen haben (Eph. 5,4.11.12) und viele andere Dinge gleichfalls - oder wenn es die Männer ermahnt, „an jedem Orte heilige Hände aufzuheben“ (1. Tim. 2,8) usw. usw. - immer und immer ist es der gleiche HErr, der da redet, und der Hebräerbrief ermahnt uns sehr ernstlich: „sehet zu, daß ihr den nicht abweiset, der da redet! (Hebr. 12,25.) Kein Gläubiger wird ohne Verlust ein ihm

geltendes Wort des HErrn mißachten! Und Gott, der uns so liebte, daß Er das Beste, was Er hatte, für uns gab: Seinen Sohn, wird nie etwas Verkehrtes oder Schädliches von den Seinen verlangen! Möchten wir ein gehorsames Herz haben, zu hören und zu tun nach allem, was Gottes Wort uns sagt: es kann unser Schade nie sein!

7. Denke stets von deinem Bruder, deiner Schwester, bluterkauft wie du, das allerbeste! Tue es, solange irgend es möglich ist - nicht etwa nur dir, sondern Gott! Denn Er, „der gerechte Richter“, wird an den Seinen stets etwas Gottgemäßes, etwas von der Gnade Gewirktes, etwas durch den Geist Erzeugtes finden, wenn auch Menschen, die sich selbst so gern zum Maßstab machen, nichts finden zu können behaupten. Handle bezüglich deiner Mitgläubigen stets, zuallererst und solange Gott dir Gnade dazu gibt, nach Phil. 4,8. Dann hast du die köstliche Verheißung der Gemeinschaft mit „dem Gott des Friedens“, die in so besonderem Maße das Vorbild der Philipper, den Apostel Paulus kennzeichnete (V. 9!). Der HErr gebe uns Gnade - und Er gibt so gern „größere Gnade“ (Jak. 4,6) - dies Wort zu beherzigen, wie auch in Verbindung damit das wenig verstandene Jer. 15,19, das uns mahnt, „das Köstliche vom Gemeinen auszuscheiden“. Das Umgekehrte liegt uns leider oft näher - davor bewahre uns der treue HErr!

8. Und nun ein Letztes! Nun sage nicht: „Ach, das alles weiß ich schon lange, das ist mir gar nichts Neues!“ Das glaube ich gerne; ich bilde mir auch gar nicht ein, etwas Neues gesagt zu haben. Aber möchten alle teuren Leier, denen diese Dinge vielleicht allzu bekannt scheinen, auch bemüht sein durch die Gnade des HErrn, auf diese Dinge das klare, unzweideutige Wort anzuwenden und sich selber darunter zu stellen: „Gehe hin und tue desgleichen!“ Das sage ich vor allem zuerst mir selber. Laßt uns also alle, die wir den HErrn und „Seine Erscheinung lieb haben“, in Seiner Kraft mehr und mehr werden. „Nicht Hörer allein, sondern Täter des Wortes!“ (Jak. 1,22).

F. K.

Jahreswende.

Jahreswende.

(Mel.: Jesu, Dir wir Dankeslieder singen.)

Sinnend stehn wir an des Jahres Grenze,

Blicken vor uns in das neue hin -

Ob Erwünschtes uns entgegenglänze,

Ob es kommen wird nach unserm Sinn?

Oder ob der Feind den Haß will wecken,

Ob uns Angst und Kummer zugedacht?

Unser Auge kann es nicht entdecken;

Vor uns ist es jetzt noch finstre Nacht.

Aber hinter uns, da scheint die Sonne -

Kehren wir uns um und schaun zurück;

So erblicken wir - o welche Wonne! -

Nichts als Gnade, nichts als wahres Glück.

Als ein Wunder stehn wir da und zeugen

Von der reichen Liebe, von der Treu,

Von der Macht, die unserm Gotte eigen,

Vom Erbarmen, alle Morgen neu.

Die Vergangenheit ist eine Probe

Seiner Weisheit, unerforschlich tief.

Wache auf, mein Herz, zum Dank, und lobe

Den, der dir so viele Lieb' erwies!

Sinned stehn wir an des Jahres Grenze;

Blicken vor uns in das neue hin -

Ob uns auch kein Stern entgegenglänze,

Nie sich ändert unsers Gottes Sinn.

Unserm Vater kann uns nichts entrücken

Und nichts trennen uns von Jesu Herz.

Laßt den Glauben in die Zukunft blicken!

Hebt die Augen fröhlich himmelwärts!

J. K.

Frage und Antwort

 

Frage 15

Muß zum Mahl des HErrn ungesäuertes Brot genommen werden? (1. Kor. 11,23-26.)

Antwort A

In der letzten Zeit sind wiederholt Beunruhigungen durch solche Fragen in die Reihen der Kinder Gottes getragen worden.

Daß der HErr beim Passahmahl ungesäuertes Brot hatte und Er dieses bei der Einsetzung Seines Mahles gebrauchte, daran besteht wohl kaum ein Zweifel, ob aber ungegorenen Wein, das ist eine andere Frage.

Diese Fragen aber haben für uns heute keine Bedeutung, da wir in der Feier des Mahles nicht ein Schattenbild des Alten Testamentes zu wiederholen haben. Beim Passahmahl mußte ungesäuertes Brot sein, aber des HErrn Mahl ist kein Passahmahl.

Das Passahmahl gehörte der Zeit der Schatten und Vorbilder an, aber nicht mehr der Gemeinde Gottes. Für uns ist es wichtig, daß wir - wie unser ganzes Leben - so auch das „Fest“ des Gedächtnisses unseres HErrn „halten nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit“ (1. Kor. 5,8). Wenn wir so bei dem Mahl des HErrn gefunden werden, dann verwirklichen wir das, wovon das ungesäurte Brot im Alten Testament ein Symbol und Vorbild war.

Niemals aber in der Schrift finden wir, daß wir die Schatten und Vorbilder des Alten Testamentes wieder aufzurichten haben. Die Schrift sagt nichts von gegorenem und ungegorenem Wein, von gesäuertem und ungesäuertem Brot in bezug auf das Mahl des HErrn. Manche sehen darin, daß in der bekannten Stelle 1. Kor. 11,20-26 etliche der Korinther trunken waren, einen Beweis, daß in

der bekannten Stelle 1. Kor. 11,20-26 etliche der Korinther trunken waren, einen Beweis, daß in Korinth gegorener Wein genommen wurde.

Für die Feier des Mahles bedürfen wir des Brotes und des Kelches. In diesen sehen wir die Liebe des HErrn, der Sich für uns in den Tod gab und dessen wir in dem Essen und Trinken gedenken. Was wir in dem Segnen des Kelches und dem Brechen des Brotes ausdrücken, das finden wir in 1. Kor. 10,16: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi?“

Wenn die Schrift nur vom „Brot“ und dem „Gewächs des Weinstockes“ redet, welches Recht haben wir dann, dem noch etwas hinzuzufügen oder gar zu dem Schatten des alttestamentlichen Passah zurückzukehren?

Etliche haben sich so weit verirrt, daß, wenn sie nicht ungesäuertes Brot oder ungegorenen Wein bei der Gedächtnisfeier des HErrn finden, sie nicht daran teilnehmen; sie machen so die äußere Art des Brotes und Weines zum Band der Gemeinschaft.

Wir sehen daraus, wohin solche Streitfragen über die Symbole führen, wenn sie zu Spekulationen gemacht und durch menschliche Schlüsse und Folgerungen zu Lehrsätzen erhoben werden.

Die Schrift spricht kein Wort davon, daß wir dasselbe Brot und denselben Wein beschaffen müssen, den der HErr zu jener Stunde in dem Obersaal vor sich hatte. (Zu welcher Haarspalterei würde das führen!) Ein solches über-die-Schrift-Hinausgehen dient nur dazu, die Herzen von dem geistlichen Charakter Seines Mahles und von Ihm, der der Inhalt des Festes ist, abzulenken und uns mit den Symbolen zu beschäftigen.

Die, welche solche Spekulationen des menschlichen Geistes pressen und dafür bis zur Spaltung und Trennung der Kinder Gottes streiten, zeigen in dem Reiten auf diesen Dingen nur ihren Eigenwillen und sektiererischen Geist.

Der HErr bewahre uns davor. Lassen wir uns auch in dieser Sache warnen durch das Wort Kol. 2,16-23.

v. d. K.

Antwort B

Daß der HErr bei der Einsetzung des Abendmahles ungesäuertes Brot nahm, ist selbstverständlich; es war das Nächstliegendste, anderes Brot war nicht da, und die Schrift zeigt uns bei ungezählten Gelegenheiten, daß Gott sehr oft das nimmt, was gerade vorhanden ist (vgl. z. B. 2. Kön. 4,2; Mark. 8,5; Richter 15,15;Joh. 2,15a; Matth. 22,19 usw.). Aber daraus zu folgern, daß wir heute beim Herrenmahl1 ungesäuertes Brot zu nehmen verpflichtet seien, würde uns eigentlich auch die Verpflichtung auferlegen, das Passahmahl vor dem Abendmahl zu feiern; doch wird wohl zu solcher Verirrung und Vermischung kein Gläubiger gelangen. Wohl aber gibt es nicht wenige Gläubige, die das Passahmahl als Vorbild für das Abendmahl ansehen, indem sie aus der Tatsache, daß beide Erinnerungsmahle sind, folgern, daß beide in jeder Hinsicht gleichzusetzen seien. Aus dieser völlig verkehrten Gleichsetzung, die dem Volke Israel nimmt, was allein diesem gehörte, und die das verflacht, was der Gemeinde gegeben ist, folgen für jene Gläubigen allerlei verkehrte Gebräuche beim Abendmahl, z. B. das Herumreichen des Broten und Kelches, bis alles genossen ist - weil beim Passahmahl nichts übrigbleiben sollte u. a. Aber es ist leicht zu sehen, daß, wenn das Herrenmahl wirklich dem Passahmahl gleichzusetzen wäre, wir statt des Brotes und Kelches ein Lamm haben müßten usw. Ja, aber heißt es nicht „auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet“? (1. Kor. 5,7.) Ja, also wir haben auch ein Lamm, durch dessen Blut wir gedeckt sind vor dem Zorn, der an uns „vorübergeht“ (Bedeutung des „Passah“). Also - werden vielleicht die auf den Gebrauch von ungesäuertem Brot achtenden Brüder sagen - also, wenn wir ein Lamm haben -und als Sinnbild davon Brot und Wein, dann muß es ja ungesäuert sein, denn gerade das sagt ja 1. Kor. 5.

1

Wir sollten vielleicht mehr so sagen, wie die Apostel-Belehrung es uns sagt (1. Kor. 11), als „Brotbrechen“, wie es in der Apostelgeschichte (nicht der Lehre) vorkommt. - Ein Bruder fragte übrigens kürzlich (brieflich), warum die Schrift vom „Brechen des Brotes“ rede, wenn das Abendmahl gemeint sei, und nicht vom „Trinken des Kelches“ (1. Kor. 11,26), warum man also lese „Brotbrechen“ und nicht „Kelchtrinken“. Ich glaube, weil diese Handlung des Brechens des Brotes am meisten die Gemeinschaft untereinander zum Ausdruck brachte (vgl. 1. Kor. 10,17 mit V. 16!). Und dann war nach Lukas, der doch, vom Geist inspiriert, auch die Apostelgeschichte schrieb, der HErr den Jüngern gerade durch die Art des Brechens des Brotes so besonders wohlbekannt (Luk. 24,30.35), so daß vom Brotbrechen zu reden ihnen vertrauter war als vom Kelchtrinken.

1

Wir sollten vielleicht mehr so sagen, wie die Apostel-Belehrung es uns sagt (1. Kor. 11), als „Brotbrechen“, wie es in der Apostelgeschichte (nicht der Lehre) vorkommt. - Ein Bruder fragte übrigens kürzlich (brieflich), warum die Schrift vom „Brechen des Brotes“ rede, wenn das Abendmahl gemeint sei, und nicht vom „Trinken des Kelches“ (1. Kor. 11,26), warum man also lese „Brotbrechen“ und nicht „Kelchtrinken“. Ich glaube, weil diese Handlung des Brechens des Brotes am meisten die Gemeinschaft untereinander zum Ausdruck brachte (vgl. 1. Kor. 10,17 mit V. 16!). Und dann war nach Lukas, der doch, vom Geist inspiriert, auch die Apostelgeschichte schrieb, der HErr den Jüngern gerade durch die Art des Brechens des Brotes so besonders wohlbekannt (Luk. 24,30.35), so daß vom Brotbrechen zu reden ihnen vertrauter war als vom Kelchtrinken.

Gemach, liebe Brüder! Wo ist denn in 1. Kor. 5 etwas vom Abendmahl als solchem gesagt? Zeigt uns nicht vielmehr dies Kapitel, daß in der Mitte der Gemeinde wie in dem Wandel des einzelnen - geradeso wie bei dem Volke Israel vorbildlich durch die Art, wie sie nach 2. Mose 12 das Passah essen sollten - kein Böses vorhanden sein durfte, zumal wir nicht durch das Blut nur eines wirklichen Lammes erlöst sind vom Zorngericht Gottes, sondern durch das Blut unseres „Passahs“, Christus! Der Sauerteig des Bösen - wie denn „Sauerteig“ in der ganzen Schrift stets Böses bedeutet, auch in Matth. 13! - darf bei uns nicht gefunden werden, er soll aus unserer Mitte entfernt werden und bei unserer „Festfeier“ (die nicht wie bei Israel eine Woche, sondern bei uns das ganze Leben umfaßt) entfernt worden sein, wie es vorbildlich geschah beim Passah.1

1

Der Ausdruck „Festfeier halten“hat gar nichts mit der Feier des Abendmahles zu tun. Er bezieht sich dem Zusammenhang und auch dem Urtext nach auf „das Fest“, und damit ist im Neuen Testament stets das Passah gemeint. Für uns Gläubige auf dem Boden der Gemeinde (nicht Israels) ist esebenso ein geistlicher, sinnbildlicher Ausdruck wie „Sauerteig“ und „Passah“ selbst; ihn auf das Abendmahl direkt beziehen heißt, die ganze Belehrung mißverstehen!

Das Passahmahl hat mit dem Herrenmahl nichts anderes gemein, als daß beide Mahle Erinnerungsmahle sind. Natürlich deutet die Segnung in Verbindung mit dem geschlachteten Lamm stets auf ihre wahre Erfüllung in Christus hin. Aber die Beziehungen sind völlig verschiedene. Ungesäuertes Brot beim Herrenmahl verlangen heißt, das Vorbild verkennen und die geistliche Anwendung des Bilden vom Sauerteig in 1. Kor. 5 entleeren! Wenn örtliche Gemeinden gleichwohl, etwa aus Pietät gegen die Schrift, ungesäuertes Brot verwenden, so stehen und fallen sie dem HErrn, und es gäbe kein Hindernis, mit ihnen das Gedächtnismahl in Einmütigkeit des Geistes zu feiern. Wenn aber Gemeinden sich selbst unter ein neues Gesetz gestellt haben, nämlich zu fordern, daß nur ungesäuertes Brot verwandt wird, andernfalls sei es kein Mahl des HErrn - dann hatte mit vollem Recht mancher nicht die Freiheit, mit ihnen das Mahl zu feiern, da er sich dann auch unter die verpflichtende Macht eines Gesetzes stellen und vor allem praktisch die Gemeinschaft verleugnen würde mit solchen, die diese Menschensatzung nicht anerkennen. Wenn nun gar Glieder solcher in diesem Punkte gesetzlich stehenden Gemeinden anderswo, wo kein ungesäuertes Brot genommen wird und wo kein Gesetz darüber aufgerichtet und anerkannt ist, das Mahl nicht mitfeiern können, so machen sie sich zu einer Partei und verkennen ganz und gar den Charakter des Mahles des HErrn, in dem wir den Tod Dessen verkünden, der starb, „um die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu

versammeln“ (Joh. 11,52); Sein Tod trennt uns aber auch von uns selbst und von allen Menschensatzungen (Gal. 5,1) usw. Laßt uns das Wort recht teilen!

Auch 1. Kor. 11 zeigt uns, daß Paulus den Korinthern nichts gesagt haben kann von dem Verwenden nur ungesäuerten Brotes, denn sonst hätten sie stets beim „Zusammenkommen an einem Orte“ zum Abendessen (Liebesmahl) ungesäuertes Brot essen müssen. Sie verbanden ja das Herrenmahl (freilich ungeziemenderweise) mit solchen Mahlzeiten, so daß der Geist Gottes durch Paulus sie belehren muß, das Essen „dieses Brotes“ von dem gewöhnlichen Essen des Brotes zu unterscheiden. Denn „dieses Brot“, in welchem sie den Leib des „in jener Nacht überlieferten“ Christus unterscheiden sollten, hatte geistlicherweise nichts gemein mit gewöhnlichem Brot.

Wie heilig und hehr ist die schlichte Feier des Herrenmahles nach den Liebesgedanken und den Wünschen des geliebten HErrn! Und was hat der Feind daraus gemacht in den großen religiösen Weltkirchensystemen! Freilich, damit haben jene Brüder, die auf ungesäuertes Brot und vielleicht auch, ebenso ohne Schriftgrund, auf ungegorenen Wein dringen, nichts zu tun. Aber jedes wesentliche Anhängsel an die einfache Feier, wie wir über sie belehrt werden durch den Geist in 1. Kor. 11, jede über die Schrift hinausgehende Forderung, jede Satzung verwischt den klaren Willen des HErrn und liegt den Anfängen nach auf der gleichen Linie wie alle religiösen Irrtümer: auf der des ersten Menschen, des Menschen im Fleisch, der etwas machen will, was Gott nicht geboten hat, um dadurch etwas zu sein und vielleicht gar gehorsamer zu scheinen als andere. Arglistig ist das Herz! Tun wir den Sauerteig aus unserem Herzen hinaus!

Wenn der HErr gewünscht hätte, daß Sein Gedächtnismahl mit ungesäuertem Brote gefeiert werden sollte, so hätten Sein Wort und Seine Apostel uns darüber keinen Augenblick im Zweifel gelassen. Denn Er wünscht doch bei all den Seinen Gemeinsamkeit im Handeln, besonders da, wo es sich um Seinen in jener Nacht ausgesprochenen Herzenswunsch handelt, den wir durch unsere Gegenliebe erwidern dürfen. Muß es Ihn nicht tief betrüben, daß so viele Gläubige Sein Mahl, das Gedächtnismahl Seiner Liebe, kaum je feiern und - wenn schon, dann nicht nach Seinem Wort und

womöglich mit der Welt zusammen und daß andere, die es getreu nach Seinem Wort feiere wollen, sich dann um nichtiger Dinge willen untereinander spalten und gar um dieser gesegneten Sache willen befehden?! Ach, möchte es nicht so bleiben - angesichts der Nähe Seines Kommens! Möchte die sehnliche Erwartung des bald Kommenden solche biblisch unnötig trennenden Zäune niederreißen und, soweit es durch Seine Gnade irgend möglich ist, lange Getrenntgewesene aufs neue verbinden zu einmütigem Handeln nach Seinem teuren Wort: „Dieses tut zu Meinem Gedächtnis! ... denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch des HErrn trinket, verkündigt ihr den Tod des HErrn, bis Er kommtl“

F. K.

 

 

 

 

10. Jahrbuch (1925)

Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.

(Hebr. 11,1-6.)

Dieses Kapitel trägt einen ganz besonderen Charakter, ganz verschieden von den vorhergehenden und den nachfolgenden. Es ist gleichsam ein Kommentar - eine Erläuterung - zu den Worten am Schlusse des zehnten Kapitels: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“.

Der Brief an die Hebräer führt den Gläubigen gewissermaßen in das Heiligtum durch das Blut Jesu. Wir möchten dabei sagen, nichts ist so schwer zu erfassen und festzuhalten, als daß der Gläubige zu allen Zeiten und in allen Umständen mit Freimütigkeit den Eintritt in das Heiligtum hat. Gläubige stehen oft gleichsam vor der Tür des Heiligtums. Sie halten sich nicht für passend, hineinzugehen, und geben dadurch dem Satan und der Welt Zeit und Gelegenheit, sie anzutasten. Hast du gefehlt?

Eile ins Heiligtum! Fühlst du dich nicht passend? Fliehe im Glauben durch das Blut Jesu ins Heiligtum! Bist du in Trübsal oder in Kummer über dein eigenes böses Herz und über die Welt, die dir zu schaffen macht, entfliehe geradenwegs ins Heiligtum, dort allein ist Sicherheit und Ruhe. Sind wir dort zu Hause, so sind wir es nicht in der Welt. Die Welt kann uns nichts anhaben, wenn wir in Christo geborgen sind. Unser Glaube an den Sohn Gottes ist der Sieg, der die Welt überwindet (1. Joh. 5,5).

Das vorhergehende zehnte Kapitel zeigt uns die Gläubigen der vergangenen Tage, die den Raub ihrer Güter mit Freuden aufnahmen, da sie wußten, daß sie für sich selbst eine bessere und bleibende Habe besaßen. So sei es auch mit uns. Wenn die Welt dir alles nimmt, deine Habe, dein Leben - alles -, willst du dann „danke“ dazu sagen? Dem Auge des Glaubens ist es das Beste, was die Welt dem Gläubigen tun kann, aber vom Fleische aus gesehen das Ärgste.

Ein anderer wichtiger Zug, den wir in diesem Briefe finden, ist, wie der Heilige Geist, wenn Er von dem Opfer und dem Priestertum Christ spricht, Seine Herrlichkeit als „Sohn Gottes“ vor unser Herz führt. Es ist Jesus, der Sohn Gottes, der als großer Hoherpriester durch die Himmel gegangen ist (Hebr. 4,14). Diese Weise finden wir besonders bei dem Apostel Paulus, wenn er von Christus redet. Unmittelbar nach seiner Bekehrung lesen wir, er predigte in den Synagogen Jesum, daß Er der Sohn Gottes sei (Apg. 9,20), und in seinem Briefe an die Galater sagt er: „Was ich jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes“ (Gal. 2,20). Würde es nicht genügt haben, zu schreiben „an den Herrn Jesus“? Nein, es genügte nicht. Das würde nur gesagt haben, daß Jesus als Mensch zur Rechten Gottes erhöht worden sei. Gewiß, es ist dieselbe herrliche Person, aber es ist eine unendliche Kraft in der Tatsache, daß der Sohn Gottes es ist, der unser Leben und unser alles ist.

Doch kehren wir zu unserem Kapitel zurück. Der erste Vers gibt uns eine Darlegung des Glaubens in seiner praktischen Kraft und Wirksamkeit. Der Glaube ist es, durch den man die Dinge, die man nicht sieht, als wesenhafte Wirklichkeiten erfaßt. Der Glaube ist das völlige Überführtsein von den Dingen, die man hofft; sie sind dem Herzen Tatsachen - Wirklichkeiten; obgleich sie äußerlich noch

nicht sicht- und wahrnehmbar sind, so sind doch unsere Seelen durch Glauben von der Tatsächlichkeit und Wirklichkeit der Dinge überführt.

Der zweite Vers lehrt uns, daß der Glaube die Kraft war, durch welchen die Heiligen in den vergangenen Tagen Gott lebten und durch den sie Zeugnis von Gott erlangten. Hieran reihen sich dann charakteristische Beispiele, die eine ganz spezielle und bemerkenswerte Anordnung haben.

Vers 3 beginnt zunächst damit, daß wir durch Glauben verstehen, daß die Welten durch Gottes Wort bereitet worden sind. Die Philosophen unserer Tage bei allem Rühmen ihrer wissenschaftlichen Forschungen verstehen es nicht. Alles, was wir über die Entstehung der Welt zu wissen brauchen, hat uns Gott gesagt. Diese Welt, aus der herauszugehen wir warten, wurde bereitet durch das einfache Machtwort Gottes - „Er sprach, und es war. Er gebot, und es stand da.“ (Ps. 33,6-9; Ps. 148,5.) - Sie wurde von der Flut überschwemmt, und nun ist sie durch Gottes Wort aufbewahrt für das Feuer (2. Petr. 3,7). Wenn wir dieses in der Gewißheit des Glaubens erfassen - daß alles dem Feuer übergeben werden wird -, dann werden wir uns um die Dinge der Welt nicht viel sorgen, unsere Gedanken werden vielmehr auf den Hinausgang aus dieser Welt gerichtet sein. Die Weltweisen spekulieren Tag und Nacht, wie die Welt entstanden ist und wie sie untergehen wird. Aber bringe ihnen Gott und sage ihnen, daß du weißt, wie sie bereitet wurde, daß Gott sprach und es geschah und daß wieder ein Wort von Gott geschehen und sie verbrennen wird; dann wirst du spüren, daß sie es sich zwar gestehen müssen: „Wir wissen es nicht“; aber daß sie es nicht lieben, Gott in diese Frage hineingebracht zu sehen und Ihn anzuerkennen.

Der vierte Vers zeigt uns, wie der Glaube in einem Menschen wirkt, der sich Gott in Anbetung naht, in Gegendsatz zu solchen, die ohne Glauben sich Ihm nahen. Kain und Abel, beide waren von einem Elternpaare, aber der eine wußte durch Glauben den Weg, wie er sich Gott zu nahen hatte, und der andere (ohne Glauben) war in Blindheit darüber. Beide wußten durch ihre Eltern von dem Todesurteil Gottes über die Sünde und von dem Fluche, der um der Sünde des Menschen willen auf dem Erdboden ruhte, und beide wußten, daß sie Sünder seien.

Kain ging über die Tatsache seiner Sünde und den Urteilsspruch Gottes hinweg. Er beachtete nicht, daß Sünde eine Kluft zwischen ihm und Gott gemacht hatte, und er wagte es als einer, der unter dem Gerichte Gottes stand, das Resultat seiner Mühe - die Frucht von dem verfluchten Erdboden - Gott zu bringen. Sicher war es das Beste, was er von der Frucht des Landes brachte, und ohne Zweifel gefiel sie Kain, und weil sie ihm gefiel, dachte er, daß sie auch Gott gefallen müsse - aber Gott verwarf sein Opfer. Und was sind heute alle die gefeierten Formen und Zeremonien an den sogenannten Stätten der Gottesverehrung - die religiösen Übungen, frommen Gebete, guten Werke ohne Glauben - sind sie nicht dieselbe Sache?!

Abel wußte, daß Sünde zwischen ihm und Gott stand. Er glaubte, was er von seinen Eltern gehört, und erkannte Gottes Gericht über sich an, und so nahte er sich Gott als ein schuldiger Sünder, der nichts von sich aus Gott zu bringen hatte. Er nimmt ein Lamm und stellt das Blut und den Tod eines unschuldigen Opfers zwischen sich und Gott. So brachte er (natürlich im Vorbilde) den Tod Christi vor Gott. Als er sich Gott so nahte, empfing er das Zeugnis, daß er gerecht sei. Gott gibt dieses Zeugnis nur jenen, die mit dem Blute Seines Sohnes in Seine Gegenwart treten. Was du auch immer tun oder Gott bringen magst, du wirst dieses Zeugnis, daß du gerecht bist, auf keinem anderen Wege erlangen (vergl. Röm. 3,24-26).

In Vers 5 finden wir den Glauben Henochs. In ihm haben wir das vollkommenste Bild eines gottseligen Wandels in der Schrift (den Herrn Jesus natürlich ausgenommen). Viel ist uns gesagt worden über David, Salomo, Josia und viele andere Heilige des Alten Bundes. Alles, was wir von Henoch hören, ist nur dieses: „Er wandelte mit Gott; und er war nicht mehr, denn Gott nahm ihn hinweg“ (1. Mos. 5,22-24), und daß er „vor seiner Entrückung das Zeugnis gehabt hat, daß er Gott wohlgefallen habe“. Ohne Zweifel hatte er auch seine Fehler, wie wir alle solche haben, aber was sein Leben kennzeichnete, war, daß er wandelte mit Gott, und dies ist es, welches der Heilige Geist uns zweimal aufgezeichnet hat. Geliebte, wandeln wir mit Gott? Was mir in dieser Geschichte so köstlich ist, ist, daß Henoch uns nicht gezeigt wird als ein Mann, der in allem und jedem erhaben über uns

stand, sondern als einer, der mit Gott wandelte in der Werktätigkeit des Lebens, in seiner Familie usw. Er weidete, wie alle in jener Zeit, seine Herden als ein einfacher Hirte, und das Wort sagt uns: „Er zeugte Söhne und Töchter“, und in allen diesen Beziehungen wandelte er mit Gott.

Es ist ein großer Unterschied zwischen einem Gläubigen, der da weiß, daß Gott für ihn ist, und einem Gläubigen, der für Gott hier ist. Ich will versuchen, zu zeigen, was ich damit meine. Laßt uns von diesen beiden Gesichtspunkten einen Augenblick auf Abraham und Henoch schauen.

Abraham wußte und machte immer wieder neu die Erfahrung, daß Gott für ihn war und daß Seine Augen in Gnade und Segen auf ihn gerichtet waren. Aber statt mit dem Gott der Herrlichkeit zu wandeln und allein mit Ihm beschäftigt zu sein, war er fast immer in diese oder jene Schwierigkeit verwickelt. Gott hatte ihm gesagt, daß er sein Land und seine Freundschaft verlassen solle, aber er führte diesen Auftrag erst völlig aus, als Tarah, sein Vater, gestorben war (Apg. 7,2-4). Dann, als er im Lande war, von dem Gott ihm doch gesagt hatte: „Deinem Samen will ich dieses Land geben“, und Hungersnot kam, entschloß er sich ohne Anweisung von Gott, das Land zu verlassen und nach Ägypten zu ziehen. Seiner schönen Frau wegen, die Gott ihm doch auch gegeben hatte, fürchtete er aber für sein Leben, und noch in dem Lande der Verheißung nahm er seine Zuflucht zur Lüge und ging und erzählte solche in Ägypten (1. Mos. 12,9-20). Wieder gab Gott ihm eine große Verheißung, aber er kann die Erfüllung nicht abwarten. In fleischlicher Weise sucht er sie herbeizuführen und bringt durch Ismael Unruhe und Verwirrung über sein Haus (1. Mos. 16).

Henoch dagegen erscheint vor uns als einer, der in dieser Welt nur für Gott da ist. Gott hatte es ihn wissen lassen, daß Er ihn entrücken wolle. Konnte er mit dieser Hoffnung vor sich nach den Dingen der Welt trachten? Glaubst du, daß seine Gebete sich um die Bitte drehten: „O Gott, gib mir dieses oder jenes“? Meinst du, daß sein Gebet nicht vielmehr war: „Wenn Du mich entrücken willst, dann hilf mir, dein Wohlgefallen zu haben, solange ich hier bin.“ Wenn ER unsere Freude ist und ER unsere Herzen füllt, ist es dann nicht ganz natürlich, daß wir wünschen, Ihm wohlzugefallen? Dann wird dieses unser einziges Verlangen sein.

In der Reihenfolge sehen wir, wie auf Abel Henoch folgte. Henoch begann seinen Lauf gleichsam von Abels Lamm aus, um ihn droben in der Herrlichkeit zu beenden. So haben wir als Anfang das Kreuz Christ hier unten und als Ende das Lamm in der Mitte des Thrones oben und den Raum zwischen diesen beiden, den Wandel mit Gott zu Seinem Wohlgefallen. Steht das Kreuz Christi als unser Ausgangspunkt und der Herr Jesus Christus als kommend, uns zu Sich zu nehmen, vor unserer Seele, so werden wir für nichts mehr Sorge tragen, als Ihm wohlzugefallen. Dies ist weit mehr, als bekehrt und glücklich in dem HErrn zu sein. Manche, die dieses lesen, mögen erst kürzlich ihre Errettung und Freude in Christo gefunden haben. Solche möchte ich warnen (wie mich selbst und alle), bei unserer Freude stehen zu bleiben. Ich möchte jedem sagen, halte dich nahe zu Christo, hange dem HErrn an, aber beschäftige dich nicht mit deiner Freude. Das Gefühl deiner Freude kannst du verlieren; was willst du dann? Hange Ihm an, Ihn kannst du nicht verlieren; deine Freude kann zusammenbrechen, aber Er nicht. Halte Ihn, wandele mit Ihm, und wenn das nicht Freude ist, dann gibt es keine. Laß die Augen deines Herzens Ihn anschauen, deine Seele wird mit Freude erfüllt sein, die Worte nicht ausdrücken können. Das meint Petrus, wenn er schreibt: „Welchen ihr, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, liebet, an welchen glaubend, obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket.“ (1. Petr. 1.8.)

Es ist etwas Wunderbares, in dieser Welt zu sein ohne Angst, ohne Sorge, ohne jeden Wunsch, nur ein Verlangen im Herzen zu tragen, mit Ihm zu wandeln durch Glauben, von dem es heißt, daß ohne Glauben es unmöglich ist, Ihm wohlzugefallen. Allein durch Glauben können wir Ihm wohlgefallen (V. 6). Wofür ist all der Schmuck, der Zierrat und Putz in den Kirchen und Kapellen? O, sagst du, das Haus Gottes muß doch schön sein, und Gott hat doch sicher Seine Freude daran, wenn Er Sein Haus schön sieht. Es wäre besser, wenn du sagen würdest: Uns gefällt es so. Aber denke nicht, daß es deshalb auch Gott gefallen muß. Vielleicht sagst du: „Sieh doch den Tempel an“. Wo ist der Tempel jetzt? Nicht ein Stein ist auf dem anderen gelassen. Was hat Gott mit der Welt vor? Die Schrift sagt uns, daß Er sie verbrennen will, und zwar nicht allein das Holz und das Heu und das Stroh, auch alle

die herrlichen Bauten, die Kunstwerke, die schönen Bilder, welche die Menschen gemacht haben. Sieht das danach aus, als ob Gott an diesen Dingen Freude hat? Steckst du, was dir Freude macht, ins Feuer? Menschen mögen solche Dinge für sich zur Freude und Anregung ihrer Gefühle herstellen, aber wenn sie glauben würden, daß Gott alles dem Feuer übergeben will, so würden sie solche Dinge nicht an den Stätten ihrer Anbetung zur Freude für das Auge Gottes errichten. Und was mit all der Wissenschaft der Welt, der Redeweisheit, den frommen Konzerten, der Musik und Gesangskunst, mit der man Gott die Anbetung angenehm machen will? Hat Gott an diesen Dingen Wohlgefallen? Sicherlich nicht! Es sind die Dinge der Welt, die dem Gericht verfallen sind. Können wir Gott etwas zum Wohlgefallen darbringen, was vermischt ist mit den Dingen, die unter Seinem Gerichte stehen? Laßt uns unseren Dienst, unsere Lobopfer, die wir Gott darbringen, nicht mit solchen Dingen vermischen (Amos 5,21-24). Wir können nicht Gott etwas als Gabe darbringen, was unter Seinem Fluche ist. Er kann darauf nicht blicken, wie Er auch nicht aus Kains Opfergabe blicken konnte. Wir mögen solche Dinge bewundern, aber wir können sie nicht dem HErrn zum Wohlgefallen darbringen. Gott will nichts anderes annehmen als Abels geschlachtetes Lamm. In dem „lieblichen Geruch“ dieses Opfers sind wir angenommen worden, und auch jede Opfergabe, die wir Gott darbringen, muß, wenn sie Gott wohlgefällig sein soll, durch Glauben den Wohlgeruch des Opfers Christi tragen, aber nicht den Verwesungsgeruch des Menschen im Fleische.

Aber nicht nur müssen wir Glauben haben, um Ihn zu erfreuen, wir sollen Ihn auch kennen als den Belohner derer, „die Ihn suchen“. Denke nicht, daß dies nur denen gilt, die Ihn suchen in den Verfolgungen und Leiden, und nicht denen, die in der Alltäglichkeit des Lebens stehen. Nein, auch in den kleinsten Dingen unseres täglichen Lebens will Gott gesucht sein. „In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden“ (Phil. 4,6). Er will, daß wir alles, auch das Kleinste, in Verbindung mit Ihm bringen, und wir sollen uns gewiß sein, daß Er ein Belohner ist denen, die dieses tun. Gott, der uns ewiges Leben gegeben hat, meinst du, daß Er nicht auch eine Nadel oder einen Becher kalten Wassers gibt, wenn wir Ihn darum bitten? Er wird uns das Geringste wie das Größte unter Verherrlichung Seines Namens geben.

Wie steht es um uns? Glauben wir? Suchen wir Ihn? Nehmen wir alles von Ihm? Warum machen die Leute Schulden? Warum stehlen sie? Weil sie Gott nicht glauben. Wenn wir glauben, daß Er uns gibt, was wir bedürfen, würden wir dann von unserem Nachbarn leihen? Gewiß nicht. Nimm an, da ist ein Vater, der sieben Kinder hat und keine Arbeit, und die Kinder leiden Not. Er geht aus. Dort im Laden ist Brot; der Bäcker hat den Rücken hingewandt; er nimmt es und bringt es seinen Kindern. Wenn er Gott glaubte, und daß er Ihn um Brot zu bitten habe, würde er solches tun? Er würde Gott bitten um Brot, und Er würde ihm auf diese oder jene Weise geben, soviel er bedarf. Ihm ist es ebenso leicht, hundert Brote zu geben, wie eins. Höre, was Gott zu Israel sagt Mal. 3,10: „Bringet den ganzen Zehnten in das Vorratshaus, auf daß Speise in Meinem Hause sei, und prüfet Mich doch dadurch, spricht Jehova der Heerscharen, ob Ich euch nicht die Fenster des Himmels auftun und euch Segen ausgießen werde bis zum Übermaß“. Das, was der HErr von uns haben will, ist ein ungeteiltes Herz des Glaubens und Gehorsams Ihm gegenüber, und so werden wir die Erfahrungen Seiner Treue machen.

Eine arme alte Frau wurde gefragt: „War Gott immer gut zu Dir?“ Ihre Antwort war: „Gut! O, so gut, daß ich manchmal denken möchte, Er habe kein anderes Kind in der Welt mehr als mich, so hat Er für mich gesorgt.“ Das ist Glaube, durch den wir Ihm wohlgefallen. Sie hatte nichts als ein armseliges Bett und einen leeren Schrank, aber ihr Glaube kannte den lebendigen Gott, Seine Kraft und Seinen Trost, und in Ihm besaß sie alle Quellen Seiner Hilfe und Seines Trostes. Sie suchte Ihn nicht, um Wohlleben oder Besitz zu haben, aber sie suchte Ihn, um Gnade und Kraft für jeden Tag zu erlangen. Menschen sammeln ihr Geld und übergeben es der Bank oder legen es in eiserne Schränke, damit es ihnen nicht gestohlen werde. Wir, in unserem Lande, haben es in einer ganz besonderen und nachdrücklichen Weise erfahren, daß Gott für die Gläubigen eine größere Sicherheit ist als alle Banken und Geldschränke. Und haben wir Glauben für uns, so können wir auch Glauben für andere haben, wie Paulus sagt: „Mein Gott wird alle eure Notdurft erfüllen nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christo Jesu“ (Phil. 4,19).

O, daß wir mehr davon kennen möchten, was es heißt, Ihn im Glauben zu suchen!

W. - v. d. K.

Leben für Leben.

In N..., einer orientalischen Stadt, ereignete sich vor Jahren etwas so Aufsehenerregendes und zugleich Rührendes, daß ich es auch in der deutschen Sprache wiedererzählen möchte.

Dort lebten in einem Hause zwei ganz verschieden geartete Brüder beisammen. Der Jüngere der beiden, ein gewalttätiger Mensch, führte ein zügelloses, ausschweifendes Leben. Von früh bis spät in die Nacht hinein gab er sich dem Laster hin, und kein Gedanke daran kam ihm, dieses sündhafte Leben aufzugeben.

Der Ältere dagegen war ein stiller, gottesfürchtiger Mann, demütig und fleißig, der sich von den Sünden der Welt fern hielt und ein wirklich gottseliges Leben lebte. Tief betrübt über das Leben seines Bruders, ermahnte er ihn oft unter Tränen. Dieser aber achtete weder auf seine Bitten noch auf seine Tränen, sondern führte sein Leib und Seele verderbendes Leben fort. Fast Tag für Tag gab er sich bis in die Nacht hinein der Lust der Sünde hin, währenddessen sein Bruder zu Hause in herzlicher Fürbitte zu Gott auf ihn wartete.

Einmal, nach Mitternacht, hörte der ältere Bruder ein heftiges Klopfen an der Wohnungstür. Schnell öffnete er, und hastig, bleich und zitternd und mit blutigen Kleidern trat der Jüngere ein: „Rette mich!“ „Verbirg mich!“ flehte er, „man verfolgt mich!“ - „Ich habe einen Menschen getötet“ - „Sieh, das Blut!“ ... „O, sieh hier sein Blut!“ ...

Aber wie ihn verbergen, daß man ihn nicht finden könnte? Ohne ein Wort zu verlieren, ergriff der Ältere die blutigen Kleider seines Bruders und zog sie sich an. Dann kleidete er ihn mit seinem

eigenen reinen Anzug und stieß ihn schnell in ein Nebenzimmer und schloß die Tür hinter ihm zu. In demselben Augenblick hörte er es auch schon klopfen, und Polizisten drangen herein: „Genau, wie wir es vermuteten! Hier ist der Mörder,“ rief einer dem anderen zu, „schon anderer Dinge wegen hatten wir diese Wohnung in Verdacht“.

Sie traten an den älteren Bruder heran, sahen ihn finster an, und dann, auf seine Kleider blickend, fragten sie ihn: „Bist du der Mörder?“ Er aber Antwortete nichts.

„Was fragst du noch lange, du siehst doch, daß seine Kleider ganz blutig sind,“ sagte ungeduldig ein anderer Polizist, „laßt uns ihn binden und mitnehmen!“ Daraufhin banden sie ihm die Hände, zogen ihn auf dunklen Wegen mit sich, um ihn ins Gefängnis zu bringen, in welchem sie ihn dann bis zum Morgen in eine dunkle Zelle steckten.

Während der ganzen Vorgänge redete der Gefangene nicht ein einziges Wort.

Am folgenden Morgen kamen sie, um ihn zur Untersuchung zu führen. Er gab aber auch dort keine Antwort, sondern wiederholte nur: „Ich weiß, daß ich wegen dieses Verbrechens sterben muß, und je eher, desto lieber.“

Nach Verlauf einiger Tage wurde er dem Gericht zugeführt. Die Richter zeigten auf seine blutbefleckten Kleider und sagten: „Hier bedarf es keiner Zeugen, die Sache liegt ja ganz auf der Hand!“ - „Hast du einen Verteidiger?“ fragten sie den Angeklagten.

„Ich habe keinen“, Antwortete er.

„Hast du etwas zu deiner Rechtfertigung zu sagen?“

„Nein“, Antwortete er mit fester und entschlossener Stimme und neigte scheu sein Haupt, damit seine Augen nicht seine Unschuld verraten möchten.

So wurde das Gerichtsverfahren bald beendet und er zum Tode verurteilt.

Am Vorabend der Urteilsvollstreckung fing der Verurteilte ganz unerwartet an zu sprechen. Er bat, daß der Gefängnisdirektor zu ihm kommen möchte.

Als dieser in seine Zelle trat, sagte der Gefangene: „Wollen Sie die Güte haben, die Bitte eines dem Tode nahen Menschen zu erfüllen? Geben Sie mir bitte Papier, Feder und Tinte, daß ich einen Brief schreiben kann, und Siegellack, ihn zu versiegeln, und versprechen Sie mir vor Gott, daß Sie die Siegel nicht brechen, sondern den Brief nach meinem Tode an die Adresse schicken werden.“ - „Seien Sie versichert, daß keine böse Absicht damit verbunden ist - wird doch meine Seele morgen vor Gott erscheinen - ich werde gewiß in meiner letzten Stunde nicht lügen.“

Der Direktor beobachtete das Gesicht des Verurteilten, Er konnte nicht an der Wahrheit seiner Worte zweifeln und fand nicht das Herz, ihm seine Bitte abzuschlagen. Es schien, als hätte er seine ganze Seele in diese Bitte gelegt. Er war so ruhig, so sanft, und in seinen Augen leuchtete es wie ein überirdisches Licht.

Der Direktor brachte ihm eigenhändig, was er brauchte, und versprach, die angesichts des Todes an ihn gerichtete Bitte gewissenhaft zu erfüllen.

Als man am Abend den Rundgang bei den Zellen machte, nahm man dem zum Tode Verurteilten stillschweigend den versiegelten Brief ab.

Die Nacht verging; eine Nacht der Ruhe für manche - eine Nacht der Schmerzen und der Sünden für viele - für den Eingekerkerten eine Nacht zwar ohne Schlaf, aber des vollen Friedens. Auf seinen Knien in seiner Zelle, an der Schwelle der Ewigkeit stehend, redete seine Seele mit Gott! - und in dem Frieden der Versöhnung des Blutes Christi schaute er hinüber in die vor ihm liegende andere Welt.

Ein neuer Tag brach an, die Menschen machten sich an ihre Arbeit, auch diejenigen, welche den vermeintlichen Verbrecher zum Tode führen sollten. Nur noch eine Stunde verging, und dann war alles vorbei.

Bald danach wurde jemand beauftragt, den Brief an die aufgegebene Adresse zu überbringen. Mit dem Briefe in der Hand klopfte er an die Tür der Wohnung der „zwei Brüder“.

Ein Mann mit blassem und verwirrt-erregtem Gesicht übernahm den Brief. Er schaute ihn lange starr an, als sei er unrichtig zugestellt, dann endlich brach er die Siegel. - Er las - und Laute des Schmerzes rangen sich aus seiner Brust! -

Dann stürmte er zur Tür ... und wieder zurück ins Zimmer - wie wahnsinnig. Am ganzen Körper zitternd fing er laut an zu jammern.

Was stand denn in dem Briefe? Nicht viel, nur einige Worte. Sie lauteten:

„Morgen, mit deinen Kleidern angetan, sterbe ich für dich, und du, mit meiner Kleidung angetan, führe im Gedenken meiner ein gerechtes und heiliges Leben!“

Ich sterbe für dich!“ Diese Worte erschütterten den von der Sünde und der Todesfurcht wie Versteinerten und Erstarrten bis in die Tiefe seines Herzens. Gleich einem, der zum Erwachen kommt, wiederholte er immer wieder: „Ich sterbe für dich!“

„Vielleicht ist er noch nicht gestorben?!“ Er stürzte zur Tür hinaus, um seinen Bruder zu retten. Er kam bis zum Gefängnis. Dort wurde er angehalten. Flehentlich bat er immer wieder, den Direktor zu sprechen, bis man sich seiner erbarmte und ihn zu demselben führte.

Der Direktor las den Brief. Die Worte: „Ich sterbe für dich“ bewegten sein Herz tief. Er erinnerte sich der inständigen Bitte des dem Tode geweihten Gefangenen, des ruhigen, friedevollen Blickes, dem er

nicht hatte widerstehen können. In großer Gemütsbewegung brachte er den Brief jenem Richter. Auch dieser las ihn und begann dann den Schuldigen auszufragen. Dieser bekannte alles: Das vergangene Leben - das letzte Verbrechen - die Furcht vor der Entdeckung - sein schändliches Schweigen - und schloß mit der Bitte: „Tötet mich! Bitte, laßt mich sterben!“

Aber das Wort des Hingerichteten: „Ich sterbe für dich“ war dem Richter heilig - heilig in seiner ganzen Tragweite. Ein so großes Opfer durfte nicht verloren und vergeblich sein. Tief gerührt schaute er auf den Schuldigen, der der Gegenstand einer solch großen Liebe gewesen, und er urteilte, daß er kein Recht mehr habe, ihn zu töten, ja nicht einmal das Recht, ihn gefangen zu setzen.

Leben und Freiheit waren ihm somit verbürgt. Mit dem Briefe in der Hand kehrte der nun auf Grund des Todes seines Bruders Begnadigte und Freigesprochene in seine Wohnung zurück. Mit zerknirschtem Herzen schrie er in Schmerz und Buße zu Gott. Inbrünstig flehte er unter Tränen: „Laß mich nicht in meinen Sünden sterben! Erbarme dich meiner!“

Wenn er auch durch den Tod seines Bruders nun dem irdischen Richter entgangen war, die Stimme des Gewissens rief ihm laut ins Herz, daß die Frage seiner Sünden, ja, seines ganzen sündenbefleckten Lebens noch vor einem anderen - dem himmlischen und göttlichen Richter -geordnet werden müßte.

Sein ganzes dunkles Sündenleben stand wie vom Strahl des göttlichen Lichtes überflutet, aufgedeckt vor seinem Auge, und in tiefem Abscheu vor sich selbst sank er zu Boden. - Ich bin verloren - ewige Verdammnis ist mein Los -, so hallte es wie ein Schrei in seiner Seele. Kein Glied wagte er zu rühren, stumm lag er in Reue und Schmerz vor Gott.

„Ich starb für dich!“ Wie eine leise Stimme tönte es in seinem Herzen. Was er nie zuvor gesehen, ging seinem Geistesauge wie ein neues Licht auf: Noch ein anderer - Jesus - starb für dich; Jesus stand an deiner Stelle dem göttlichen Richter gegenüber. Furcht und Zweifel - Schuld und Hoffen wogten und rangen in seiner Brust.

wogten und rangen in seiner Brust.

Wie nie zuvor enthüllte sich ihm das Werk der Liebe Gottes. Er sah Jesum, den Sohn Gottes, am Kreuze für seine Sünden sterben. „Ich starb für dich! Ich, der Gerechte, für dich, den Ungerechten!“ so klang es, wie von einer Stimme gesprochen, sanft in sein Herz hinein. Still, in heiliger Scheu, überwältigt von der Liebe Christi, die sich für ihn, den Gottlosen, hingab, erfaßte im Glauben seine Seele den Heiland, der am Kreuze auf Golgatha die Frage seiner Sünden vor Gottes Richterstuhl gelöst hatte. So, auf seinen Knien vor dem Auge des Allsehenden, rang sich seine Seele durch zum Glaubenserfassen des für ihn gekreuzigten Heilandes.

Furcht und Zweifel schwanden, und ein über das andere Mal kam es in der Glaubensgewißheit über seine Lippen: „Herr Jesus, Du starbst für mich!“ - „Du nahmst mein sündiges Lebenskleid!“ - „Du starbst für meine Schuld!“ Und in das Stammeln des Dankes für Seine Liebe mischte sich nur noch die einzige Bitte: „HErr, hilf mir, daß ich nicht nur die Kleider meines Bruders würdig trage, hilf mir, daß ich jetzt Dein Leben lebe. Hilf mir, bewahre mich vor jeder Befleckung und Sünde!“

Von dieser Zeit an war er nicht wiederzuerkennen, so gänzlich war er in seinem Leben und Wesen verändert. Wohl bemühten sich anfangs seine früheren Kameraden, ihn wieder für sich zu gewinnen und ihn an die Orte der Sünde zurückzuziehen; aber seine Antwort war stets in Sanftmut und Demut: „Mit dieser Kleidung angetan, vermag ich nicht, mit euch zu gehen. Mein Bruder und mein Heiland würden niemals an solchen Orten sein.“ Nach und nach sahen sie ein, daß es verlorene Mühe sei, noch länger auf ihn einzureden, und verließen ihn.

Andere aber traten ihm näher. Sie sahen mit Ehrfurcht auf die Kleider, die er trug; sie sahen sein umgewandeltes, jetzt Gott geweihtes Leben und wandten sich auch zu Dem hin, von dem er als seinem Retter und Heiland zeugte und der die Kraft seines neuen Lebens war.

So vergingen die Jahre, die er nun seinem HErrn lebte, und viele fanden durch ihn den Weg zum Frieden mit Gott. Aber sein Verlangen war, heim zu seinem HErrn zu gehen, und der HErr erhörte

Frieden mit Gott. Aber sein Verlangen war, heim zu seinem HErrn zu gehen, und der HErr erhörte seine Bitte und nahm ihn frühzeitig zu Sich in Seine Herrlichkeit, wo die beiden Brüder nun für immer vereinigt sind.

Seinem Wunsche gemäß wurde er in den Kleidern seines Bruders zu Grabe getragen, und allen, die seine Geschichte kannten, war die Bedeutung seines Wunsches unvergeßlich.

Meine Erzählung ist nun zu Ende, aber ihre Nutzanwendung ist bedeutungsvoll und wichtig für jeden Menschen, insonderheit für dich, der du diese Zeilen liest.

Vielleicht hat Gottes Gnade dich vor einem Leben in den Tiefen der Sünde bewahrt, aber du weißt, daß auch dein Lebenskleid durch Sünde befleckt ist und du mit Gott versöhnt werden mußt. Hast du nie die gute Botschaft von der Gnade Gottes gehört, daß ein anderer - Jesus - für Sünder starb? Vielleicht hat diese Botschaft kaum die Oberfläche deines Herzens berührt. Aber willst du dich nicht einmal darin vertiefen, was Gott über das Leben und Sterben Christi, unseres Heilandes, sagt? Er liebt dich so, daß Er für dich litt und die Strafe zu deinem Frieden auf Sich nahm. Er gab Sein Leben für dein Leben, um dich, wenn du an Ihn glaubst, von dem kommenden Gericht zu erretten und dich von der Herrschaft der Sünde zu befreien, damit du Ihm jetzt leben und dienen könntest.

Lieber Leser, hast du beachtet, wie dieser Mann sich in Selbstgericht und Buße vor Gott beugte? Willst du nicht auch dich vor deinem Gott beugen und im Glauben Jesum als deinen Heiland und Retter für dich annehmen? Bedenke, angetan mit deinen Kleidern, beladen mit deinen Sünden - starb Er für dich. In dem Augenblick, da du im Glauben zu Ihm als zu deinem Heiland kommst, umhüllt Er dich mit Seinen Kleidern des Heils, und in Seiner Kraft kannst du gerecht und heilig leben zu Seinem Preise.

Welche Antwort willst Du Ihm geben auf Seinen Brief an dich?

„Er, der Gerechte, litt für die Ungerechten, auf daß Er uns zu Gott führe (1. Petr. 3,18).

„Er, der Gerechte, litt für die Ungerechten, auf daß Er uns zu Gott führe (1. Petr. 3,18).

„Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm“ (Jes. 53,5). „Er, der Sünde nicht kannte, wurde für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm“ (2. Kor. 5,21).

„Er Selbst hat unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze getragen, auf daß wir, den Sünden abgestorben, der Gerechtigkeit leben, durch dessen Striemen wir heil geworden sind“ (1. Petr. 2,24).

„Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt hat“ (1. Joh. 3,16).

Was willst du tun? Er schreibt dir: „Jeder, der irgend den Namen des HErrn anrufen wird, wird errettet werden“ (Apg. 2,21). „Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen“ (Apg. 10,43).

Nach einer Übertragung aus dem Griechischen von Ad. F. Eoll bearbeitet.

v. d. K.

Petri Fall.

(Lukas 22.)

Petrus war tief gefallen. Der HErr hatte ihn gewarnt. Wie treu ist der HErr in Seinen Warnungen an uns! Zweimal nannte Er seinen Namen: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat euer begehret, euch zu sichten wie den Weizen.“ Aber Simon hatte kein Ohr für die Warnungen des HErrn. Er vertraute seinem eigenen Herzen. Er liebte den HErrn, und er hielt sich nicht für fähig, seinen HErrn zu verleugnen.

Sein Selbstvertrauen war das Geheimnis seines Falles. Und wie oft ist es so mit uns. Hätten die Worte

des HErrn Eindruck auf Petrus gemacht, er wäre bewahrt geblieben. Aber indem er seinem eigenen Herzen vertraute, zitterte er nicht unter dem Worte des HErrn, und hier liegt der Anfang seines Falles. Er ist mit seinem eigenen Herzen, mit der Stärke seiner Liebe zum HErrn beschäftigt; statt daß die Warnung des HErrn ihn erschreckte und bitten ließ: „HErr, halte mich, laß mich nicht fallen, erlaube es dem Satan nicht, mich zu sichten“, führt er die Sprache des Selbstbewußtseins und des Selbstvertrauens: „HErr, mit Dir bin ich bereit, auch ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“. Wie nahe sind wir dem Falle, wenn wir von uns voll sind und den Warnungen des HErrn und Seines Geistes in unserem Herzen kein Gehör schenken!

Petrus kannte nicht die Macht des Satans und die Unfähigkeit und Kraftlosigkeit des Fleisches, ihm widerstehen zu können. Und wie wenig sind wir uns unseres Nichts bewußt!

Es ist bemerkenswert, daß der HErr sagte, als Er ihn warnte, daß der Satan begehre, sie zu sichten wie den Weizen. Sie waren Weizen. Petrus war Weizen und nicht Spreu. Satan begehrt nicht Spreu ins Sieb zu legen, die Spreu ist ihm sicher, aber er will den Weizen verderben. Petrus war Weizen, köstlicher Weizen, bestimmt für Gottes Scheune. Aber der HErr ließ es zu, daß Petrus von dem Feinde ins Sieb gelegt wurde, nicht, damit er durch das Sieb falle, sondern daß er gereinigt werden möchte von der Spreu des Selbstvertrauens. Dieses mußte noch in ihm zerbrochen werden. Der HErr konnte Petrus nicht gebrauchen, solange Selbstvertrauen in Seinem Herzen war. Was sieht der HErr bei uns, das noch zerbrochen werden muß? Bei Hiob war es eigene Gerechtigkeit, die zerbrochen werden mußte. Der Weg war sehr schmerzlich, aber am Schlusse desselben legte er die Hand auf seinen Mund (vergl. Hiob 27,6 mit 39,34) und bekannte: „Seitdem mein Auge Dich gesehen, verabscheue ich mich.“ (Hiob 42,5.6.) Halten wir noch in unserem Herzen etwas fest, was wir nicht fahren lassen wollen? Ist es Weltliebe, Fleischeslust, Eitelkeit, Unversöhnlichkeit, Rechthaberei, Habsucht, Härte, Zorn, Hader, Eifersucht, Eigenwille? Wenn solche Dinge in unserem Herzen noch Herberge haben, dann werden auch wir in das Sieb gelegt werden, damit diese Dinge in uns zerbrochen werden.

Wie viel hätte Petrus sich ersparen können. Und wie manche schmerzliche Erfahrung und manchen schweren Weg würden wir uns ersparen, wenn wir auf die Stimme des HErrn achteten. Noch einmal sagt der HErr, als sie nach Gethsemane kommen: „Betet, daß ihr nicht in Versuchung kommet.“ Aber es wird uns nicht gesagt, daß sie beteten, wohl aber, daß sie eingeschlafen waren. Wie oft finden wir den HErrn betend! Wie oft betest du und ich? Hier sehen wir so recht, was der Mensch ist! Er kann schlafen auf dem Berge der Verklärung, da, wo sich die Herrlichkeit des HErrn offenbart, und Er kann schlafen in Gethsemane, wo die Mächte der Finsternis ihre ganze Stärke offenbaren.

Dann naht sich Judas mit dem Kuß des Verrates. Als die Jünger sahen, was es werden würde, fragen sie den HErrn, ob sie mit dem Schwerte dreinschlagen sollen. Petrus wartete nicht einmal die Antwort Des HErrn ab; in fleischlicher Kraft zieht er das Schwert, und statt stille zu warten, schlägt er ungeheißen darein, und der HErr muß heilen, was Petrus verwundet hatte. Mit dem Schwerte dreinzufahren, zu schlagen und zu verwunden ist das Fleisch sofort bereit; es kann verletzen, aber nicht heilen. Der HErr hält Petri Arm zurück, das Schwert noch weiter zu gebrauchen, und rührt dann das Ohr des Verletzten an und heilt den Schaden, den Petrus gemacht hat. Welche Milde und Gnade sah Petrus bei seinem HErrn. Was mußte sein Herz empfinden, als er sah, daß der HErr heilte, was er zerschlagen hatte!

Aber alles dieses brachte ihn nicht zur Besinnung. Statt daß es ihn nahe zum HErrn trieb, lesen wir von nun an, daß er „von ferne“ folgte. (Luk. 22,54.) Dann finden wir ihn „in der Mitte“ der Feinde des HErrn sitzen. Da, wo er fern bleiben sollte, war er in der Mitte, und dem HErrn, dem er nahe sein sollte, dem folgte er von ferne. Wie schnell geht es abwärts, wenn wir einmal die abschüssige Bahn betreten haben! Wir sehen ihn dann an dem gleichen Feuer sitzen und „sich wärmen, an welchem die Feinde des HErrn sich wärmten. Er, der so ruhmredig mit Ihm sterben wollte, fand, in ihrer Mitte sitzend, nicht die Kraft, zu bekennen, daß er Ihn kenne, und so verleugnet er Ihn, nicht nur einmal, sondern auch zum zweiten Male und zum dritten Male. Wie furchtbar ist der Gedanke - er verleugnet den HErrn in dessen Seh- und Hörweite. Petrus hatte seinen Platz hinter Seinem Rücken genommen.

2,2.7.12). Darauf weiter einzugehen erübrigt sich hier. Aber auf die Gegenüberstellung von zwei Ausdrücken möchte ich noch besonders hinweisen, nämlich die von „Werken“ und „guten Werken“. Wir Gläubigen wissen, daß der Mensch kein Werk tun kann, wodurch er errettet werden könnte, und daß alle Werke des Menschen im Fleisch die Errettung des Sünders nur aufhalten statt fördern. Welches Werk könnte der Mensch wohl tun zu seiner Rettung, wenn nur ein Werk, das des HErrn Jesus Christus, ihn zu retten vermag? Wie kann Gott Werke des ersten Menschen annehmen, wenn vor Ihm nur das Werk des zweiten Menschen, des Menschen Christus Jesus, Wert hat?! Aber anders ist es, wenn Menschen in Christo vor Ihm stehen, wenn wir - einst Sünder - Kinder Gottes, „Auserwählte“ nach 1,2 geworden sind, wenn wir „Sein Werk sind, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Er zuvorbereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen“ (Eph. 2,10). Dann erwartet Gott, wie uns diese letztere Stelle schon mahnt, Werke von uns, „gute Werke“, natürlich nicht, damit wir durch dieselben errettet werden - wir sind ja errettet durch das Werk Christi - sondern als praktischen Erweis unseres Glaubens (vgl. Jak. 2,14-26). Und das zeigt uns in ganz besonders eindringlicher Weise der Titusbrief in seiner Gegenüberstellung von „Werken“ und „guten Werken“. Zwei Stellen - gleichsam „zweier Zeugen Mund“ (Joh. 8,17) - bringen das Wort „Werke“ in nicht mißzuverstehender Weise: die erste Stelle in klarer Gegenüberstellung zu „guten Werken“, die zweite Stelle im Gegensatz zu dem Werke Christi, wenn der Ausdruck „Werk Christi“ auch nicht vorkommt. Diese zwei Stellen sind 1,16 und 3,5! Dagegen ist sechsmal (gleichsam dreimal „zweier Zeugen Mund“) der Ausdruck „gute Werke“ gebraucht, und zwar in 1,16; 2,7 u. 14; 3,1.8.14, und noch viel öfter ist von der Tatsache guter Werke die Rede. Die angeführten Stellen reden wohl für sich selbst; darum nur einige Winke! Titus wird ermahnt, „sich selbst in allem als Vorbild guter Werke darzustellen“ (2,7). Welch ernste Mahnung! Sie gilt uns allen, die wir nicht vorgeben, Gott zu kennen, wie die Personen von 1,15, sondern die Ihn wirklich kennen und somit zu jedem guten Werke bewahrt sind (1,16!); sie gilt aber nach 2,6.7 ganz besonders denen, die den Jünglingen vorangehen! Jedoch wenn wir der unendlichen Gnade teilhaftig geworden sind, zu Seinem Eigentum zu gehören dadurch, daß Er uns für Sich Selbst gereinigt hat, dann sind wir es darum, daß wir „eifrig seien in guten Werken“ (2,14). Worauf, Geschwister, erstreckt sich unser Eifer, auf einen

seien in guten Werken“ (2,14). Worauf, Geschwister, erstreckt sich unser Eifer, auf einen gottgeheiligten Wandel? Oder leben wir für uns selbst? - In Kapitel 3 ist uns gleich zu Anfang gezeigt, daß wir den obrigkeitlichen Gewalten unterworfen sein sollen und Gehorsam zu leisten haben, und in Verbindung damit werden wir erinnert, zu jedem guten Werke, das zu den obrigkeitlichen Verordnungen in Beziehung steht, bereit zu sein. Dies kann sich nicht auf Dinge beziehen, in denen wir einfach zu gehorchen haben (wie im Steuerzahlen u. a. nach Röm. 13), sondern auch da, wo die Obrigkeit nicht direkt befiehlt noch zum Befehlen ein Recht hat, sollten die Angehörigen des erlösten, gereinigten Eigentumsvolkes bereit sein, so zu handeln, daß sie die Obrigkeit gleichsam in ihrem Bemühen um Ordnung und Zucht unterstützen, insbesondere durch ein Verhalten nach Vers 2 (im Gegensatz zu Vers 3!). In Vers 8 wird die Ermahnung wieder aufgenommen und Titus aufgetragen, darauf zu dringen, daß die wahrhaft Gläubigen sich sorgfältig bemühen, gute Werke zu tun. Schließlich wird in Vers 14 (nach Vers 13!) sehr ernstlich betont, daß „die Unsrigen“ lernen müssen, für die notwendigen Bedürfnisse (in der Gemeinde) in der Weise gute Werke zu betreiben, daß denen, die ihnen am Wort dienen, nichts mangele; sonst seien jene unfruchtbar. Ernste, wichtige Ermahnungen, die sicher allen Gläubigen auch heute etwas zu sagen haben. Möchten wir alle uns darunter beugen! Was für den einzelnen die seitens Gottes von ihnen erwarteten „guten Werke“ sind, das ist in dem Brief deutlich gezeigt in den Einzelermahnungen, sowohl in denen, welche die Ältesten in der Gemeinde nach Kapitel 1 empfangen, als auch in denen, die jedem bürgerlichen und Berufsstand gelten: den alten Männern, den alten Frauen, den jungen Frauen, den Jünglingen, den Knechten und jedem, der durch die Gnade unterwiesen ist (vgl. Kapitel 2). Jeder, der, wenn auch nicht im bürgerlichen Leben ein Knecht, eine Magd, sich doch als Knecht Gottes (wie Paulus: Knecht Christi 1,1) verAntwortlich weiß, „die Lehre, die unseres Heiland-Gottes ist, zu zieren in allem“ (2,10), jeder, der nach dieser Stelle an seinem bescheidenen Teile der kostbaren Lehre (die ihren Wert behält, selbst wenn keiner nach ihr leben würde) durch seine guten Werke, seinen treuen Wandel sozusagen Schmuckstücke, gottgemäße Kleinodien und Juwelen hinzufügen will - jeder wird durch die Gnade unterwiesen und befähigt, nach 2,12f. zu handeln und sich zu bewähren als ein auf die glückselige Erscheinung des HErrn Wartender.

glückselige Erscheinung des HErrn Wartender.

Möchte unser aller praktisches Leben auch in diesem neuen Jahr ein solches sein, durch das Christus, unser wunderbarer Gott und Heiland, der Sich Selbst für uns gab, verherrlicht wird! „Die Gnade sei mit euch (uns) allen!“ (3,15b).

F. K.

Lied.

Seid nüchtern, wachet, euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge. Dem widerstehet standhaft im Glauben (1. Petr. 5,8.9a).

Es herrschen des Satans Gesellen

Mit List in der Welt und mit Macht;

Dämonische Wächter umstellen

Das Herz, das nicht betet und wacht!

Sag', kennst du den himmlischen Meister,

Der einst durch Sein göttliches Wort

Verscheuchte die höllischen Geister?

Wo Er steht, ist heiliger Ort!

Dem Locken der Teufelsgewalten

Verschließe das Herz in der Brust

Und fliehe die Engelsgestalten,

Die Sünde dir zeigen als Lust!

O rufe den himmlischen Meister!

Er scheucht durch Sein göttliches Wort

Die bösen, dich lockenden Geister!

Wo Er steht, ist heiliger Ort!

Und liegst du gefesselt in Ketten,

Und weißt du nicht aus und nicht ein:

Dein Heiland, Er will dich noch retten,

Er will dein Befreier noch sein!

Ergreife die Hand, die dein Meister

Dir reicht mit erlösendem Wort!

Dann weichen die höllischen Geister,

Wo Er steht, ist heiliger Ort!

M. v. B.

Frage und Antwort

Frage 1

Kann man wohl aus Hes. 37,24-25 schließen (sowie Hes. 34,23), daß die erste Auferstehung der Toten und die Entrückung der Gemeinde jener Zurückbringung Israels vorangeht? Ist David zu der Zeit auferstanden oder ist die Stelle auf Jesum zu beziehen, und wo sind die schriftgemäßen Anhaltspunkte für ein solches lnbeziehungsetzen?

Antwort

Die „Zurückbringung Israels“ ist ein Vorgang, der sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt. Schon jetzt sehen wir einen starken Zug unter den Juden nach dem Lande ihrer Väter, aber wir dürfen wohl annehmen, daß nach der Entrückung der Ecclesia (Kirche oder Gemeinde) das Zurückströmen der Vertriebenen Israels noch in ganz anderem Umfange stattfinden wird - s. z. B. Jes. 43,5; 49,17.18; Jer. 23,3; 29,14 usw. -, denn die Voraussetzung für die Herrschaft des Antichristen und die damit zusammenhängenden Vorgänge ist die Wiederherstellung des Volkes Israel zu einem vereinigten Volk in Palästina. Aber selbst nach dem Erscheinen des HErrn für Sein irdisches Volk wird das Zurückbringen der zerstreuten Söhne und Töchter Israels noch fortdauern, wie viele Schriftstellen andeuten (Jes. 35,10; 60, bes. V. 4.8.9; 66,20; Jer. 31,8-12 usw.). Dieses alles zusammengefaßt finden wir unter dem Bilde einer Auferstehung in Jes. 26,8-21 (bes. V. 19); Hes. 37,1-14 und Dan. 12,1-3. In diesen Schriftstellen ist keineswegs die Auferstehung Gestorbener gemeint, sondern dieses Bild ist nur angewendet auf das jetzt infolge seiner Zerstreuung unter die Völker der Welt gleichsam „im Staube“ und „im Grabe“ liegende Volk, das durch seine Zurückbringung und Wiedervereinigung zu einem Volkskörper eine „Auferstehung“ als Volk erlebt. Hes. 37 zeigt uns diese Wiederherstellung Israels in seinem ganzen Umfange bis zu der Vollendung unter der gesegneten

Jeremia 33,14-16:

14 Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da ich das gute Wort erfüllen werde, das ich über das Haus Israel und über das Haus Juda geredet habe. 15 In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich David einen Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen lassen, und er wird Recht und Gerechtigkeit üben im Land. 16 In jenen Tagen wird Juda gerettet werden und Jerusalem in Sicherheit wohnen; und dies wird derJeremia 33,14-16:

14 Siehe, Tage kommen, spricht der HERR, da ich das gute Wort erfüllen werde, das ich über das Haus Israel und über das Haus Juda geredet habe. 15 In jenen Tagen und zu jener Zeit werde ich David einen Spross der Gerechtigkeit hervorsprossen lassen, und er wird Recht und Gerechtigkeit üben im Land. 16 In jenen Tagen wird Juda gerettet werden und Jerusalem in Sicherheit wohnen; und dies wird derDer siebente Vers unseres Kapitels zeigt uns in einfacher und klarer Weise den Glauben als die treibende Kraft, die uns zur Errettung bringt. Dieser errettende Glaube wird keinem Menschen angeboren, er wird allein gewirkt durch das Wort und den Geist Gottes, und nur der Mensch besitzt diesen Glauben, der annimmt, was Gott den Menschen sagt. Paulus schreibt: der Glaube ist nicht aller Teil (2. Thess. 3,2), und weiter Röm. 10,17: der Glaube kommt aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch Gottes Wort.

Noah ist das treffende Bild eines Menschen, der mit seiner ganzen Seele das annimmt, was Gott ihm kundtut. Die Offenbarungen, die Gott ihm machte, bewirkten in ihm den errettenden Glauben, von dem auch in der Schrift als dem „Glaubensgehorsam“ gesprochen wird. Er wurde gerettet durch Glauben, diese bewegende Kraft, durch welche er tat, was Gott ihm sagte. Gott sprach zu Noah: „Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen ... siehe, Ich bringe die Wasserflut über die Erde, zu verderben unter dem Himmel alles Fleisch, in welchem ein Hauch des Lebens ist. (1. Mos. 6,13.17.) Furcht vor dem kommenden Gerichte bewirkte ohne Zweifel in ihm wie bei dem Kerkermeister in Philippi die Frage: „Was muß ich tun, daß ich errettet werde?“ Als dann Gott ihm sagte: „Mache dir eine Arche“, tat er sofort nach dem Worte Gottes, ohne auch nur eine Frage zu stellen. Er glaubte, er fürchtete sich und war gehorsam.

Wir finden hier zwischen Noah und Henoch einen großen Unterschied. Gott sagte Henoch, daß Er ihn entrücken werde. Henoch glaubte und wurde durch diese Hoffnung bewegt. Sein ganzes Leben in allen Einzelheiten stand unter dem Einfluß dieser Hoffnung, daß Gott ihn entrücken wolle. Zu Noah sprach Gott von dem Gericht. Noah glaubte und wurde „von Furcht bewegt“, und sein ganzes Leben bis zum Eingang in die Arche stand unter der Einwirkung des kommenden Gerichtes und der Errettung seines Hauses. Du und ich, wir würden zuerst vom Gericht gesprochen haben. Gott aber spricht zuerst von der Hoffnung der Herrlichkeit und nicht von der Furcht. Dies ist Seine Weise.

Köstlich ist es auch, in Verbindung mit der Errettung Noahs die Gedanken der Gnade Gottes über alle

die zu sehen, die unserem Herzen so teuer sind. Gott sagte zu Noah, daß er eine Arche bauen solle, in die er und seine Söhne und sein Weib und die Weiber seiner Söhne mit ihm hineingehen sollten. Und Noah tat so, wie ihm der HErr befohlen hatte. Die Welt mochte lachen und ihn für verrückt erklären. Meinst du nicht, daß sie ihn fragten: „Noah, was baust du da? Warum baust du das Schiff? Welch ein Unsinn, solch großes Schiff zu bauen! In deinem ganzen Leben wirst du das nicht gebrauchen. Wo soll all das Wasser herkommen, um diesen gewaltigen Kasten schwimmen zu lassen? Wie willst du ihn zu Wasser bringen? Solche Torheit: ein Schiff weit ab vom Meere mitten im Lande zu bauen!“ Bei allem Spott fuhr er von Furcht erfüllt unentwegt fort, die Arche zur Rettung seines Hauses zu bauen, und zwar nicht ein oder zwei oder zehn Jahre, sondern 120 Jahre. So predigte er durch Wort und Tat der lachenden, spottenden Welt die Gerechtigkeit Gottes. Jeder Nagel, der in die Arche geschlagen wurde, verurteilte die Welt. Jedes Wort, jede Tat seines Lebens verkündigte den Menschen, daß er das Gericht über die Welt, aber Errettung für sich erwartete.

Geliebte Leser, ist dies das, was wir tun? Wenn wir das Wort unseres Gottes nicht für uns selbst, für unser persönliches Leben annehmen, so hat es keinen Nutzen, es zu lesen, es bläht nur auf und wird zu einem leeren Wissen unseres Kopfes, das nur zu Selbstzufriedenheit führt. Was wir nötig haben ist, daß wir Sein Wort, welches schärfer ist als jedes zweischneidige Schwert, so in uns wirken lassen, daß wir im Lichte der Heiligkeit Gottes wandeln. Wie steht es um uns, um unser inneres und äußeres Leben? Es ist ohne Wert, der Welt zu sagen: „ich bin errettet“, wenn wir sie dieses nicht durch unser Leben, durch jedes Wort und durch jede Handlung sehen lassen.

Und noch einmal laßt uns beachten: Noah wurde nicht gesagt, seine Arche nur für sich selbst zu bauen, sondern auch alle die Seinigen sollten mit ihm in die Arche gehen. Ich halte nicht viel von jemand, der da sagt: „ich bin errettet“, und der dann mit ineinander geschlagenen Armen sich hinsetzt und sagt: „Wenn meine Kinder errettet werden sollen, dann wird es auch geschehen.“ Wie schrecklich hart muß das Herz sein, das für die Errettung und Nicht-Errettung seiner Kinder weder Sorge noch VerAntwortung trägt. Was würden wir von Noah gedacht haben, wenn er, während er die

Arche baute, sich um seine Söhne nicht gekümmert und zugeschaut hätte, wie sie es sich gut und bequem in der Welt machten, die Gott verderben wollte, und so getan hätte, als ob das, was er für sich tat, keine Bedeutung für sie hätte und sie nichts anginge. Würden wir nicht denken, er glaube in Wirklichkeit gar nicht an die Flut, denn wenn er an sie glaubte, dann würden doch seine Kinder mit ihm sein? Nein, wir können überzeugt sein, daß er in der ganzen Kraft seiner Liebe und Sorge alle die Seinigen mit sich verband in dem Bau der Arche. Möchte es so bei uns sein und in unseren Häusern. Oder sind wir, während wir selbst errettet sind, zufrieden, wenn unsere Kinder es nur gut in dieser Welt haben, auch wenn sie unerrettet ihren Weg gehen? Geliebte Leser, laßt uns auch in diesem Stücke etwas von Noah lernen!

In den Versen 8 und 9 finden wir den Glauben als die treibende Kraft in dem Gläubigen, durch die er, Gott gehorsam, den Weg zu seinem Segen wandelt. Abraham wird hierin als leuchtendes Beispiel gezeigt. In 1. Mos. 12 finden wir die Geschichte seiner Berufung. Das, was der Heilige Geist in Ap. 7 in der Rede des Stephanus darüber berichtet, gibt uns noch weiteres Licht darüber. Abrahams Geschichte beginnt in der Zeit nach der Flut, als die Menschen Götzendiener geworden waren und Satan in den Herzen der Menschen den Platz Gottes eingenommen hatte. Abraham gehörte zu denen, die Holz und Stein anbeteten. (Jos. 24,2.) Abel, Noah und Henoch kannten Gott, aber Abraham war ein Mann, der nichts von Gott wußte bis zu dem Tage, wo Gott Sich ihm persönlich offenbarte und ihm sagte, daß er in ein Land gehen sollte, welches Er ihm zeigen würde. Er sagte ihm im Anfang nicht einmal, welches Land es sein würde. Gott wollte, Abraham sollte Ihm folgen, ohne zu wissen, wohin Er ihn führe. Ein solches Folgen erfordert unbedingtes Vertrauen zu dem, der führt. Denken wir uns, ein uns bis dahin Fremder forderte uns auf, ihm zu folgen, ohne uns zu sagen, wohin, welches Vertrauen müßten wir zu dieser Person haben, um das zu tun! Gewiß, Abrahams Vertrauen war im Anfang schwach und strauchelnd. Er folgte erst ganz, als Tarah gestorben war, aber dann wandelte er einfach Gott gehorsam und wußte nicht, wohin.

Seine Nachbarn und Bekannten hielten ihn sicherlich für sehr töricht. Wir lesen, daß Abraham eine

Verwandtschaft hatte, und wir können uns denken, daß sie besorgt fragten: „Wo gehst du hin?“ Abraham konnte ihnen nichts weiter sagen, als daß er gehen wolle, wohin ihn Gott führe; ob nach Osten, Westen, Norden oder Süden, er konnte es ihnen nicht sagen. Und wenn sie ihn fragten: „Wer ist dein Gott? Wo ist Gott? Wir sehen Ihn nicht“, so vermochte Abraham ihnen nicht seinen Gott zu zeigen. Er konnte ihnen nichts weiter sagen: „Wohin ich gehe, weiß ich nicht, aber ich will dem Gott, der mir erschienen ist, folgen.“ Sicherlich, die Welt verstand ihn nicht. Wenn uns die Welt versteht, dann können wir gewiß sein, daß wir ihr ähnlich sind. Ein Herausgeber einer weltlichen Zeitschrift schreibt einmal: „Christen! ich finde kaum einen Unterschied zwischen ihnen und der übrigen Welt; sie tun dieselben Dinge, nur daß sie ein wenig ernster sind und nicht gerade die äußersten Extreme mitmachen.“

O, geliebte Leser, möchte unser Glaube mehr in den Dingen des täglichen Lebens sichtbar werden, die Welt würde nicht in einer solchen traurigen Weise die Kinder Gottes beschreiben. Ich frage dich, wie ich mein eigenes Herz frage: Bist du ein Abel? Bringst du das Opfer „lieblichen Geruches“ vor deinem Gott? Bist du ein Henoch? Wandelst du mit Gott? Bist du ein Noah? Verurteilst du durch dein Leben die Welt? Bist du ein Abraham? Bist du ein Zeugnis für Gott? Gleichst du den Thessalonichern, die sich mit ihrem Herzen zu Gott bekehrten, um Ihm, dem lebendigen und wahren Gott, zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten? (Vergl. Jos. 24,2-14 mit 1. Thess. 1,9.10.)

Ich fürchte, wir sind uns alle dessen nicht genügend bewußt, was es heißt, ein Christ zu sein. Es genügt uns so leicht, zu wissen, daß wir vom Gericht errettet sind und einst beim HErrn sein werden. Aber wie steht es um unsere himmlische Berufung? Wie Abraham, so haben auch wir eine Berufung, und Gott will, daß diese Berufung Wahrheit und Wirklichkeit in unserem Leben ist; wenn wir bekennen, daß unser Wandel, unser Bürgertum in den Himmeln ist (Phil. 3,20), so will Er nicht, daß wir unseren Wandel, unsere Bande in der Welt haben. Die alten Bande sind gelöst und neue sind angeknüpft. Wir gehören dem Himmel an. Auf Erden sind wir nur noch Fremdlinge und Pilgrime. Wir suchen gern es uns hier unten bequem und angenehm zu machen. Gott aber kennt die Gefahr für

uns und macht es umgekehrt. Wenn wir beten: „Mach uns Deinem Bilde gleich“, meinen wir dann damit: „Nimm uns alles fort, HErr, was uns daran hindert?“ Er will, daß das, was wir von Ihm erbitten, Wahrheit und Wirklichkeit in uns ist. Abraham zog aus, nicht wissend, wohin er ging. Er wandelte allein mit Gott. Das ist, was wir zu tun haben, und dafür dürfen wir glauben.

Die Weise, wie uns im 9. Verse Abrahams Glaube entgegentritt, wird uns sicher oft strafen, denn wir sind so geneigt, unsere Kinder außerhalb des Pfades des Glaubens gehen zu lassen. Dieses 11. Kapitel des Hebräer-Briefes gibt uns zwei gute Beispiele, daß die Kinder dort gefunden werden sollen, wo die Eltern sind. Noah baute eine Arche für sich und für alle die Seinigen. Abraham wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben der Verheißung, und laßt uns auch beachten, daß hier nicht bloß von Isaak, seinem Sohne, gesprochen wird, sondern auch von seinem Enkel Jakob. Wie sehr fehlt es uns doch an einem solchen Glauben. Welche Segnungen würden wir für uns selbst und für andere haben, wenn wir mehr im Glauben lebten. Abraham hatte ein solches Bewußtsein der Gegenwart und Führung Gottes, daß er Gott auf Pfaden folgte, von denen er nicht wußte, wohin sie führten, und daß er seine ganze Familie auf diesen Pfaden mit sich nahm. Gibt es etwas in der Welt, was sicherer ist, als daß Gott bei uns ist? Ist uns Seine Gegenwart sicherer als der Boden, auf dem wir stehen, und die Sonne, die über uns leuchtet? Ach, wie oft ist es nicht so! Gab es an diesem Tage eine Stunde oder eine halbe Stunde oder sagen wir fünf Minuten, wo wir dieses Bewußtsein Seiner Gegenwart verloren haben? Wie nötig haben wir es, daß unsere Herzen und Sinne ständig sich Seiner Gegenwart bewußt sind!

Beim Betrachten dieses Kapitels finden wir, wie der Glaube auch die einfachsten und natürlichsten Dinge mit Gott verbindet. Der Glaube erkennt an, daß weder der Mensch noch Satan irgend etwas aus sich selbst hervorbringen können. Dieses tritt uns in dem 10. Vers vor Augen. Aber, möchte jemand sagen, hat denn Gott auch dieses oder jenes, wodurch Er verunehrt wird, hervorgebracht? Alle Dinge wurden erst böse durch ihren Gebrauch. Sie sind gemißbraucht und verdorben worden durch den Menschen. Gott war der Urheber der Städte. In Seinem Plane war es, eine Stadt zu

bauen; dieser Gedanke war nicht zuerst im Menschen. Und so schaute Abraham aus nach einer Stadt, aber nach einer solchen, die Grundlagen hatte und deren Baumeister und Schöpfer Gott ist. Als der Mensch anfing, eine Stadt zu bauen, da tat er es sozusagen in Auflehnung gegen Gott, Seinem Urteilsspruch „unstet und flüchtig sollst du sein“ entgegen. (1. Mos. 4,12.17.) Und wieder lesen wir, daß der Mensch, entgegen dem Willen Gottes, die Erde zu füllen, eine Stadt bauen wollte, sich einen Namen zu machen, um nicht über die ganze Erde zerstreut zu werden. Gottes Zeit, eine Stadt zu bauen, war damals noch nicht gekommen. Er verwirrte ihre Sprache, und sie konnten ihren Vorsatz nicht ausführen. (1. Mos. 11,4ff.).

Gott hatte damals keine Stadt, und Abraham wollte keine von Menschen erbaute, er wohnte in Zelten. Er war bereit, in Zelten zu wohnen und auf Gottes Stadt zu warten. Es würde sehr böse für Abraham gewesen sein, wenn er an einer solchen Stadt teilgenommen hätte. Hierin liegt eine sehr praktische Belehrung für uns. Sind wir bereit, ohne Stadt und ohne Bürgerschaft zu sein, oder wünschen wir hier unten einen Namen zu haben. Die Welt hat ihre Chroniken und zeichnet die Namen der Menschen auf, die in ihren Augen sich groß gemacht haben. Gott hat auch eine Chronik, worin Er alles aufzeichnet, was wir tun, Gutes oder Böses. Ein Beispiel von Gottes Chronik haben wir in den vier Evangelien. Sie enthalten die göttliche Aufzeichnung des Lebens unseres Herrn Jesus, soweit es Gott gefallen hat, es zu unserer Segnung und gegenwärtigen Freude aufzeichnen zu lassen. Das Weitere werden wir einst im Himmel erfahren. Aber nichts ist von Seinem Leben verloren gegangen oder übersehen worden. Gott weiß und Gott hat alles aufbewahrt, alles, was Sein geliebter Sohn getan und gesagt hat. Von der Größe dieses Schatzes können wir uns ein Bild machen, wenn wir lesen: „Es sind aber auch viele andere Dinge, die Jesus getan hat, und wenn diese alle einzeln niedergeschrieben würden, so würde, dünkt mich, selbst die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen“ (Joh.21,25). Und, lieber Leser, Gott bewahrt auch unsere Taten und Worte und Gedanken alle auf, und gemäß allem, was gefunden ist in Seinen Büchern, wird einst unser Platz und unser Lohn in dem Himmel sein.

Niemand verstehe mich falsch, hier handelt es sich nicht um Errettung, sondern um Lohn. Ich möchte

Niemand verstehe mich falsch, hier handelt es sich nicht um Errettung, sondern um Lohn. Ich möchte an einem Bilde zeigen, wie ich es meine: Bismarck war nicht Reichskanzler, weil er ein Deutscher war, sondern er erlangte seinen Platz und Rang durch sein Wirken. Alle, die errettet sind, werden in der Herrlichkeit sein, aber nicht alle sind dort gleich. Ich glaube, Abraham wird sehr unterschieden sein von anderen. Der Herr Jesus wird natürlich den höchsten Platz haben, und zwar nicht nur deshalb, weil Er der Sohn Gottes ist, sondern weil Er den niedrigsten Platz hier unten einnahm und Gott zum Wohlgefallen diente. Nicht der, welcher der Größte hienieden war, wird auch der Größte oben sein. Manche, die hier zu den Geringsten und Ärmsten zählten, werden dort zu den reichst Belohnten gehören. Ich will damit nicht sagen, daß wir uns diesen Platz im Himmel durch Werke erkaufen, aber es ist sicher, wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses. (2. Kor. 5,10.) Ein Stern unterscheidet sich von dem anderen Stern an Herrlichkeit. Also ist auch die Auferstehung der Toten. (1. Kor. 15,40.41.) Solche, die um Christi willen hier unten alles eingebüßt haben, werden reichlich dort wieder empfangen. Der spanische Märtyrer Matamoras, den man ins Gefängnis warf, dem man Weib und Kind und alles nahm, erduldete dieses mit Freuden und sagte: „Christus können sie mir nicht nehmen“ und war glücklicher als je. Sein Lohn wird groß sein.

Im 11. Vers wird uns der Glaube in seiner Kraft im Familienleben gezeigt. Gott berichtet uns, daß Sarah das, was wir als eine natürliche Sache ansehen würden, durch Glauben von ihrem Gott empfing. Gott zeigt uns hier, daß sie durch Glauben ihren Sohn durch Seine Kraft empfing. Gott wartete mit der Erfüllung der Verheißung, bis vom natürlichen Standpunkte alle Hoffnung geschwunden war. Er hatte Abraham verheißen, ihn zu einer großen Nation zu machen, und doch hatte er keinen Sohn. Wie sollte dieses geschehen? Der Glaube blickt für die Lösung dieser Frage auf Gott, und so wurde Sarah in einer Hinsicht die Mutter Jesu, denn aus Isaak hervor kam Juda und aus Juda stand Christus auf. Es ist so schön zu sehen, wie Gott in Seinem Worte über so manches Zukurzkommen, sowohl bei Abraham als auch bei Sarah, hinweggeht. Er übergeht hier Sarahs

Lachen und berichtet nur von ihrem Glauben.

W. - v. d. K.

Das Verhalten des HErrn dem gefallenen Petrus gegenüber.

Wenn wir auf den HErrn blicken, wie Er dem fallenden Petrus gegenüber handelte, so sehen wir eine solche Tiefe der Liebe und Treue, daß unser Herz nur anbeten kann. Zuerst warnte Er ihn, dann betete Er für ihn, dann blickte Er ihn an, dann starb Er am Kreuz für ihn, dann sendet Er ihm eine Botschaft des Gedenkens, dann die Begegnung mit Ihm allein und dann schenkt Er ihm Sein volles Vertrauen.

Die Größe Seiner Liebe zu Seinen Jüngern tritt uns erst recht vor Augen, wenn wir daran denken, was diese „Stunde“ für den HErrn war. Vor Ihm lagen die Schatten des Kreuzes und des Gerichtes Gottes über die Sünde. David betete einst: „Gehe nicht ins Gericht mit Deinem Knechte“, aber Er mußte in dieses Gericht hineingehen. Er wußte alles, was über Ihn kommen würde, und Er sagt: „Jetzt ist Meine Seele bestürzt“ (Joh. 12,27); „Vater, rette Mich aus dieser Stunde“, und als die Stunde näher kam, fing Er an, sehr bestürzt und beängstigt zu werden (Mark. 14,33). Aber Er, der Selbst bestürzt war, tröstete bis zum letzten Augenblick Seine Jünger: „Euer Herz werde nicht bestürzt“ (Joh. 14,1). Er konnte sie trösten, weil Er ihre Bestürzung auf Sich nahm.

Doch auch sie mußten in einem gewissen Maße an dieser „Stunde“ teilnehmen, und Er mahnte sie: „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommt! ...“ „Die Stunde ist gekommen, der Sohn des Menschen wird in die Hände der Sünder überliefert“ (Mark. 14,38-41). Das einzige Mittel, in dieser Stunde vor der Gewalt der Finsternis bewahrt zu bleiben, war: Wachsamkeit und Gebet. Wie treu der HErr sie warnte! Er kannte das Begehren Satans, sie zu sichten wie den Weizen. Er wollte den Weizen - das, was Gottes Werk in ihnen war - wegnehmen, und was Spreu war, lassen. Der HErr aber wollte, daß die Spreu durchs Sieb fallen und der Weizen bleiben solle.

Petrus sah keine Notwendigkeit, zu wachen und zu beten. Ihm war es völlig ernst, für und mit dem HErrn zu sterben. Er kannte weder die Macht Satans noch seine eigene Schwachheit, und deshalb hatte er kein Bedürfnis, über sich zu wachen und für sich zu beten. Und weil er nicht betete, tat der HErr es für ihn, und Er sagte ihm: „Ich habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht aufhöre.“

Es gibt kaum etwas, was das Herz mehr berührt, stärkt und ermutigt, als wenn uns jemand sagt: „Ich habe für dich gebetet“. Wie innig ist das Band der Liebe, das uns mit denen verbindet, von welchen wir wissen, daß sie aus dem Herzen der Liebe heraus für uns beten. Wie manchmal kommt mir der Wunsch, die zu kennen, die für mich beten. Wir sollten noch viel mehr füreinander beten und auch auf Fürbitte rechnen!

Aber, ach, zu dieser Stunde hatte das Wort des HErrn: „Ich habe für dich gebetet“ für Petrus keinen Wert. Er war zu sehr mit seinem eigenen Herzen und seiner Liebe zum HErrn beschäftigt. Der HErr hatte Petrus gesagt alles, was er tun würde, daß er dreimal leugnen würde, Ihn zu kennen. Betete der HErr nun darum, daß erIhn nicht verleugnen, sich nicht verfluchen und verschwören möchte? Um was betete der HErr? Er betete, daß sein Glaube nicht aufhören möchte. Petrus hatte Glauben, aber sein Glaube war in Gefahr, aufzuhören, durch das Sieb zu fallen. Wenn der HErr nicht gebetet hätte, daß sein Glaube nicht aufhören möge, wer weiß, wo Petrus gelandet wäre! Man möchte fragen, hörte sein Glaube nicht auf? Nein, niemals! Petrus fiel, aber sein Glaube fiel nicht. Sein Glaube wurde auch in der dunkelsten Stunde von der unsichtbaren Macht Gottes bewahrt. Ob Petrus wohl daran dachte, als er in seinem Briefe schrieb Kap. 1,5: „Die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werdet zur Errettung?“ In uns ist keine Macht, den Glauben zu bewahren; aber die Fürbitte des HErrn bewirkte, daß sein Glaube an Gottes Gnade und Liebe nach dem schrecklichen Falle nicht aufhörte.

Wir wissen nicht, als Petrus hinausging und weinte, wo er hinging. Wie elend muß es in seiner Seele ausgesehen haben und was muß es für ihn gewesen sein, als er später hörte, wie sie den HErrn geschlagen, gekrönt, bespien und schließlich ausgezogen und gekreuzigt hatten. Wie schrecklich muß

er da seine Verleugnung empfunden haben, wie müssen ihm immer wieder seine Worte ins Gedächtnis gekommen sein: „Wenn ich mit Dir sterben müßte, würde ich Dich nicht verleugnen“ (Matth. 26,33.35), „mit Dir bin ich bereit ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“ (Luk. 22,33), „mein Leben will ich für Dich lassen“ (Joh. 13,37). Wie furchtbar ist doch die Sünde, wenn sie der Seele ins Gedächtnis kommt!

Wie es einem dann ums Herz ist, das sehen wir bei David, der uns nach seinem tiefen Falle einen Blick in sein Herz tun läßt. Seine Gebeine verzehrten sich durch sein Gestöhn den ganzen Tag (Ps. 32,3). In den Worten: „Meine Sünde ist beständig vor mir“ (Ps. 51,3) enthüllt er uns den ganzen Jammer und das Herzeleid Seiner Seele. Aber wie er sich auch vor Gott schämt und verbergen möchte, so ist doch Der, gegen Den er gesündigt hat, seine einzige Zuflucht, das einzige Hoffnungslicht in der Dunkelheit seiner Seele. Er ruft: „Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt und getan, was böse ist in Deinen Augen“ und hängt doch zugleich sein Herz so an Gottes Gnade und an die Größe Seiner Erbarmungen, daß er bittet: „Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und reinige mich von meiner Sünde“ (Ps. 51.1.2). Sein Glaube klammert sich daran, daß einen zerbrochenen Geist, ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz Gott nicht verachten werde (Ps. 51,17).

Meinst du, daß es in dem Herzen des Petrus in dieser Zeit anders aussah als in dem Herzen Davids? Petri Sichtung ist kein vereinzelter Fall. Solche Sichtungen sind immer wieder notwendig, weil wir unserem Herzen so leicht vertrauen. Der HErr möchte uns diesen Weg der Bitterkeit ersparen. Er möchte uns lieber mit Seinen Augen leiten, als uns wie Rossen und Maultieren Zügel und Gebiß in den Mund legen (Ps. 32,8.9). Aber wenn wir von uns selbst so voll sind, daß wir kein Auge mehr für Sein Auge haben, dann muß Er uns einen solchen Weg gehen lassen, damit unsere Augen wieder einfältig werden, den Blick Seines Auges aufzunehmen. Hat der HErr Sich nicht auch nach uns umwenden müssen, um uns ins Herz zu blicken, damit wir wieder möchten zur Besinnung kommen?

Aber Jesu Herz und Jesu Liebe blieben unverändert. Wie groß steht der HErr in Seiner Liebe vor uns,

wenn wir sehen, daß Petri tiefer Fall nicht vermochte, Seine Liebe auszulöschen. Er vergaß Petrus nicht. O, möchten wir uns eng an dieses Herz der Liebe schmiegen!

Das Letzte, was Petrus tat, war, daß er den HErrn verleugnete, und das Erste, was der HErr tat, war, daß er für Petrus starb. Geistlich betrachtet mußte der HErr zuerst am Kreuze sterben, ehe Er den ganzen Segen der Vergebung Petro zuteil werden lassen und Sein Wort in Erfüllung bringen konnte, daß Er, wenn Er zurückgekehrt sei, Seine Brüder stärken solle. Der Gerechte mußte für die Ungerechten sterben, um ihnen den Frieden zu bringen, den Er ihnen brachte, als Er ihnen Seine Hände und Seine Füße zeigte, die Er Sich zu ihrer ewigen Erlösung durchnageln ließ.

In Petri Geschichte können wir die beiden Dienste des HErrn, sowohl als Hoherpriester wie auch als Fürsprecher, unterscheiden. Von Seinem Dienste als Hoherpriester, der mit unserer Schwachheit Mitleid hat, machte Petrus keinen Gebrauch. Die Stunde der Versuchung und des Ansturmes des Satans fand Petrus nicht in Schwachheit, sondern in eigener Kraft. Wenn er den Gewalten der Finsternis in bewußter Schwachheit hätte gegenübergestanden, so würde erden Thron der Gnade benutzt und Barmherzigkeit, Gnade und rechtzeitige Hilfe gefunden haben und wäre vor Sünde und Fall bewahrt geblieben. So aber machte er keinen Gebrauch von der helfenden Hand des HErrn, und so wurde nun der Fürsprecherdienst des HErrn für ihn notwendig. In dem HErrn als dem Hohenpriester finden wir Hilfe vor dem Fall; in Ihm als dem Fürsprecher finden wir Hilfe nach dem Fall. Dieser Dienst beschäftigt sich mit der Reinigung des Gefallenen.

Doch laßt uns auf den Gang der Ereignisse weiter eingehen. Nachdem Petrus hinausgegangen war, sagt die Schrift uns nichts weiter, als daß er bitterlich weinte. Das nächste, was die Schrift uns dann berichtet, ist, daß Maria Magdalena zu ihm kommt und wir ihn mit Johannes zusammenfinden (Joh. 20,2). Wenn uns auch nichts darüber gesagt wird, so spricht doch dieses Zusammensein von Petrus und Johannes eine Sprache zu uns. Seine tiefe Reue war Johannes nicht unbekannt geblieben, und wir können hieraus das herzliche Erbarmen sehen, mit welchem Johannes sich des unglücklichen Petrus annahm. War auch nicht er selbst geflohen? Hatte er nicht auch sein Gewand in den Händen

der Feinde gelassen und war nackt davongelaufen? (Mark. 14,52.) Wie macht das Bewußtsein der eigenen Schwachheit und des eigenen Fehlens uns sanft und demütig! Auch daß Maria Magdalena zu Petrus kommt, zeigt uns etwas von dem herzlichen Erbarmen und ihrem Vertrauen dem trostlosen Petrus gegenüber.

Der Auferstehungstag war angebrochen. Die Weiber gingen in der frühen Morgenstunde, als es noch dunkel war, zur Gruft. Maria erblickt das erste Zeichen Seiner Auferstehung, den weggewälzten Stein, aber sie hält es für eine Tat des Hasses der Feinde. Sie meinte, sie hätten Seinen leblosen Leib geraubt, und läuft in ihrem Schreck zu Petrus und Johannes. Beide sehen wir dann zur Gruft eilen, Johannes läuft voran. Was mochte in Petri Herzen vorgehen, als er zur Gruft ging? Wie das Schuldbewußtsein auf seiner Seele lastete! Er, der immer allen voran war, er konnte jetzt nicht voranlaufen. Als Johannes zur Gruft kommt, beugte er sich vornüber, er sieht das zweite Zeichen Seiner Auferstehung: er sieht das leere Grab. Dann kommt Petrus, er geht hinein in die Gruft. Dann ging Johannes auch hinein in die Gruft. Ob Johannes anfänglich vor dem Betreten der Gruft zurückschreckte, weil er nach dem jüdischen Gesetz sich dadurch verunreinigte? Wir wissen es nicht.

Petrus ging sofort hinein. Was sollte ihm noch die Stellung eines reinen Juden, wo er Christus verloren hatte? Er wußte sich so verunreinigt, daß er durch das Betreten des Grabes sich nicht noch mehr verunreinigen konnte.

In der Gruft sehen wir dann das dritte Zeichen Seiner Auferstehung, die leinenen Tücher, geordnet und zurechtgelegt, das Schweißtuch zusammengefaltet am einem besonderen Ort. Da sahen sie, daß hier von einem Herausreißen des Leichnams - von einem Leichenraube, wie Maria meinte - keine Rede sein könne. Dann wären gewiß die Leinentücher, in welche der Leichnam eingewickelt war, mit hinweggenommen worden. Da fingen sie an zu ahnen, daß etwas anderes geschehen sei, als was Maria vermutete.

Der Glaube an Seine Auferstehung fing an zu glimmen durch das, was ihre Augen hier sahen, aber

er gründete sich noch nicht auf die Schrift (Joh. 20.9). Was nach diesem Besuch im Grabe in Petri Herzen vorgehen mochte, können wir nur ahnen, wenn wir uns in seine Lage versetzen. Wie mußte das Verlangen in seiner Seele brennen, nur noch einmal den HErrn wiederzusehen und Ihm sagen zu können, wie leid ihm seine Sünde sei.

Aber was wollen wir von dem Verlangen in dem Herzen Petri reden? Laßt uns lieber von dem Verlangen in dem Herzen des HErrn reden, Petrus zu begegnen! Wie Er sein gedachte, das sehen wirander Botschaft, die Er ihm besonders durch den Mund der Weiber ausrichten ließ.

Früh am Auferstehungsmorgen war jene kleine treue Schar von Weibern ausgezogen, um nach dem Grabe zu schauen, allen voran Maria Magdalena. Sie sollten die ersten sein, die getröstet wurden. Als der ersten trocknet Er die Tränen der Maria; dann tröstet Er die Weiber und gibt ihnen die Botschaft an Petrus mit auf den Weg. Und dann sucht Er Seinen unglücklichen Petrus auf, und danach begegnet Er den Emmaus-Jüngern. Als diese dann nach Jerusalem zurückkehren, um den Jüngern die Botschaft Seiner Auferstehung zu bringen, kommen diese ihnen schon entgegen mit der Botschaft, daß Er auch Petrus erschienen sei, so daß der HErr zwischen der Erscheinung bei den Weiber und der bei den Emmaus-Jünger die Begegnung mit Petrus gehabt haben muß.

Wenn uns in 1. Kor. 15,5 gesagt wird, daß Er Kephas erschienen sei, danach den Zwölfen, so sehen wir daraus, welch ein Verlangen in dem Herzen des HErrn gewesen sein muß, Petrus wiederzusehen, daß Er ihm vor allen anderen Jüngern zuerst erschien. Wenn in dieser Stelle vom „Erscheinen“ geredet wird, so ist kein Grund vorhanden, darunter ein flüchtiges Erscheinen zu verstehen. Es war nicht weniger als bei den Weibern, die Seine Knie umfaßten. Wo dieses stattfand, wissen wir nicht. Ob Petrus nach dem Besuch des Grabes, von Furcht und Hoffen umhergejagt, irgendwo einsam umherirrte, genug, die Augen des HErrn waren auf ihn gerichtet.

Was da zwischen ihm und dem HErrn geschehen ist, das ist ein heiliges Geheimnis zwischen beiden geblieben, das haben selbst seine Mitapostel respektiert und nicht zu erforschen gesucht. Wie völlig

aber die Vergebung gewesen und die Liebe wiederhergestellt war, das sehen wir, als der HErr den Jüngern auf dem Meere erschien, wo Petrus sich ins Meer stürzte, um zu dem geliebten HErrn zu kommen.

Diese geheime Begegnung mit dem HErrn war nötig und vorbereitend für den öffentlichen Beweis des Vertrauens und der Wiedereinsetzung Petri in die Arbeit in Seinem Werke.

v. d. K.

„Bei Nacht.“

Richt. 6,27; Joh. 3,2.

Oft ist in der Schrift die Rede von der Nacht, und viele Stellen werden jetzt vor den geistigen Augen der lieben Leser stehen, ohne daß sie ihre Bibel erst aufzuschlagen brauchen. Gewiß werden manche unter anderem an jene Nacht denken, jene schaurige Nacht, von der unser geliebter Jesus vorher gesprochen hatte (vgl. Matth. 26,31.34), in der der erste Mensch seine ganze Bosheit entfalten konnte, indem erin der Person des vom Satan in Besitz genommenen Judas Ischarioth mit dem Kuß, dem höchsten äußeren Zeichen menschlicher Zuneigung, Seinen Feinden Den verriet, der nur wahre Liebe und Gnade offenbart hatte, den Herrn Jesus, den Sohn Gottes, den zweiten Menschen, in dem Gott Seiner sündigen Schöpfung in Gnade begegnete. Welch eine Nacht! Wie erschütternd in dieser Beziehung nur das eine Wort in Joh. 13,30: „er (Judas)

ging alsbald hinaus; es war aber Nacht“! - Wir, die wir das hohe Vorrecht erkannt haben, des Herrn Jesus nach Seinem eigenen Willen zu gedenken, indem wir nach 1. Kor. 11 das Brot brechen und den Kelch trinken am ersten Tage der Woche, wir werden auf diese Weise auch Sonntag für Sonntag erinnert an jene Nacht des Verrats und zugleich der unsagbaren Hingabe des HErrn in der Sünder Hände, nachdem Er zuvor in der gleichen Nacht den Kelch des Leidens aus der Hand des Vaters

genommen hatte. Gepriesen sei Er in alle Ewigkeit! - Und noch anderer Gelegenheiten gedenken wir, bei denen der Nacht in besonderer Weise Erwähnung getan wird, so Luk. 2,8 oder jener Nacht, in der der Würgengel durch Ägypten ging, die Erstgeburt zu schlagen, oder der vielen Psalmworte, in denen die Nacht genannt ist usw., usw.

Aber in obigen zwei Stellen Richt. 6,27 und Joh. 3,2 haben wir den Ausdruck „bei Nacht“ in Zusammenhängen, die bei aller äußeren Verschiedenheit doch in einem Punkte große Ähnlichkeit miteinander haben: es handelt sich in beiden Stellen um Menschen, die großen Mut hatten - ja, wirklich! -, aber einen Mut, der nur im Finstern sich betätigen konnte. War es Mut? Gewiß! Denn um mit der zweiten Stelle anzufangen: als Schriftgelehrter, Mitglied des Synedriums, ohne Begleitung zu dem von Gott gekommenen Rabbi zu gehen, um sich mit Ihm zuunterreden, erforderte einen Mut, eine Entschlossenheit, ja geradezu eine Selbstverleugnung, deren so leicht keiner fähig war, und tatsächlich ist nach der Schrift Nikodemus der einzige Mann seiner Zunft geblieben, der persönlich zu dem Herrn Jesus mit seinen Fragen gegangen ist. War es so schwer, zu Dem zu gehen, der die Mühseligen und Beladenen stets so liebevoll einlud? Sicher nicht, wenn man mühselig und beladen war! Aber das war Nikodemus doch eigentlich auch? Ja, eigentlich! wie heute so viele, aber das zuzugeben, das sich selber und dem HErr einzugestehen - das war's! Das ist doch so arg schwer! dies sich selbst Erniedrigen und Beugen und Nichtswissen- und Sichsagenlassenwollen! Ach, wie ist das so schwer! Und das, ja das brachte Nikodemus fertig und - daß er erhöht wurde für sein Sicherniedrigen, zeigt uns Joh. 19,39! Alle Bibelleser dürfen sich für allezeit an ihm freuen!

Freilich, bei Tage brachte er es nicht fertig! Seine Zunftgenossen und vor allem auch das Volk durften es nicht sehen, daß er jene so bloßstellte, ihre Unwissenheit einzugestehen. (Denn wenn er diese Unwissenheit auch bemäntelte mit dem „Rabbi, wir wissen ...“, so ist dies Wissen doch nur recht fadenscheinig gewesen, die ungelehrte Volksmenge wußte noch mehr als jene wissensstolzen Männer und Hüter der überlieferten Religion!) Nein, nicht bei Tage - aber doch wenigstens bei Nacht! Laßt uns nicht klein denken von diesem damals doch noch unwiedergeborenen Manne, wir, die wir

wiedergeboren sind und doch oft recht zaghaft (gibt's nicht noch ein stärkeres Wort?!) sind in unserem Bekenntnis des Namens Jesu, in dem allein Heil und Leben ist für eine in Wissens- und Tugendstolz, Religion, Technik und Kunst, Spiritismus und Zauberei, Unzucht und Lügen usw. sterbende Welt! Laßt uns lieber jenes fragenden Mannes Mut und Selbstverleugnung bewundern und uns fragen, was wir in der Nacht dieser Welt fertig bekommen für Den, der an unserer Stelle die Nacht des Ihm verhüllten Antlitzes Gottes ertragen hat! Vielleicht wäre es gut für uns, wenn wir öfter mal stille Nachtstunden Ihm opferten, um vor Ihm uns zu beugen in Beschämung über unsere Unfähigkeit, unseren mangelnden Mut im Bekennen Seines über alles erhobenen Namens, und um Kraft zu schöpfen in jener Ihm geweihten Stille für den Glaubenskampf des Lebens mit Ihm und für Ihn! In diesem Sinne laßt uns uns gegenseitig ermuntern, mehr Nikodemus-Mut zu beweisen und mehr Segen aus Nikodemus-Nächten zu gewinnen und zu verwerten in unserem praktischen Leben!

Aber da ist noch ein anderer, ein tapferer Mann, dessen Mut den vieler Kinder Gottes, die auf dem Boden der Gnade stehen, zu Seiner Gemeinde gehören und Größeres kennen als jener, übertrifft: Gideon zu Beginn seiner gottgeschenkten Laufbahn und seines Dienstes zur Rettung der Kinder Israel von der Hand Midians. Sollte er sich als fähig erweisen, und zwar vor Jehova und vor seinen Stammes- und Volksgenossen, so mußte erst Treue gegenüber dem einen wahren Gott bei ihm gefunden werden, und wie anders konnte das geschehen als dadurch, daß er offen und klar brach mit dem damals so verbreiteten Götzendienst seines Hauses wie seines Volkes?! Es geht nicht an, daß die, derer Sich Gott bedient, um Seine Pläne auszuführen, Götzen in ihrem Hause beherbergen, gleich als ob Gott Gemeinschaft mit Belial machen könnte (2. Kor. 6,14-18). Das Ausführen der Gedanken Gottes fängt im eigenen Herzen und Hause an. Aber - aber! Das ist nicht so leicht, Gideon! Du magst in deinem Herzen keinem Götzen huldigen - genügt das denn nicht? Muß denn auch äußerlich der „arme“ Götze, „der einem doch nichts zuleide getan hat“, über den Haufen geworfen werden? Ist diese Forderung nicht zu weitgehend, zu schroff? Wenn ich in meinem Herzen von dem Götzendienst der Gegenwart gelöst bin, so von den fälschlich sogenannten Kirchen und allem, was dazu gehört, und von allen religiösen Formen oder von sonstigen Formen modernen Götzendienstes,

Zaubereidingen, Lust der Welt, Liebhabereien ohne Gott usw. - genügt das denn nicht? Muß ich vielmehr davon auch öffentlich Kunde geben? öffentlich aus mir liebgewesenen Organisationen, „die mir doch nichts getan haben“, austreten, meinen Namen streichen lassen, den „Baal“, dem einst mein Herz neben Gott diente, verbrennen? Geht das nicht zu weit? Gewiß fragen manche Gläubigen von heute so, gewiß möchten manche gern „Gott über alle Dinge“ lieben, aber in ihrem Herzen - wo es sicher auch zuerst geschehen muß! -, doch nicht öffentlich mit klarer Bezeugung der absoluten Wertlosigkeit alles nicht mit der Schrift völlig in Einklang stehenden sogenannten Gottesdienstes usw. Aber siehe, mein Bruder, meine Schwester, das genügt nicht! Der HErr kann von dir mehr erwarten, nachdem Er Selber außerhalb des Lagers (Hebr. 13,12.13) als der Verworfene gelitten hat von den religiösen Vertretern eines Volkes, dessen religiöse Gebräuche im Gegensatz zu denen der Christenheit ursprünglich sogar von Jehova angeordnet waren. Und Er erwartet wirklich mehr von uns. Lernen wir doch von Gideon! Wollte er Holz haben zum Brandopfer für Jehova, seinen Gott, so mußte er nach dem Willen Jehovas die Götzen von Holz umhauen und dies Holz seiner gottgewollten Verwendung zuführen: der Verbrennung! Ist das Holz vielleicht dazu da, um Götzen daraus zu machen? (Vgl. z. B. Jes. 44! u. a. auch 40,16 bis 20!) Nein, Gideon sah ein, daß dieser falschen Verwendung des Holzes ein Ende gemacht werden mußte, dieses sündig gebrauchte Holz konnte einem besseren Zwecke dienstbar gemacht werden: umgehauene, niedergerissene Götzen sind das beste, natürlichste Material, der beste Brennstoff für die Darbringung von gottgewollten Brandopfern! Merken wir uns das, geliebte Geschwister! Mit anderen Worten: Erst nachdem wir unsere uns liebgewordenen „Götzen“, wer und was sie auch seien, umgehauen und der Vernichtung preisgegeben haben, werden wir fähig, Gott wohlgefällig zu dienen und von Ihm nach Seinem Willen gebraucht zu werden. Und dies Niederreißen muß geschehen ohne Rücksicht auf andere. Ob andere treu sind oder es durch unser Zeugnis werden, ist nicht unsere Sache, wir haben treu zu sein mit dem, was Gott uns sagt und von uns erwartet! Werden einige religiöse Leute, deren Religion Götzendienst ist, unsere Feinde, wenn sie sehen, was wir tun, so ist das nur ein schriftgemäßes Ergebnis, wie wir es nach Gideons Nachtwerk sehen. Wenn wir nur handeln wie Gideon! Und ob wir mit unseren Götzen ein Ende machen bei Tage, d. h. vor aller Augen, oder ob wir in der Stille einer

mit unseren Götzen ein Ende machen bei Tage, d. h. vor aller Augen, oder ob wir in der Stille einer Nacht vor unserem Vater, „der im Verborgenen sieht“, damit aufräumen - offenbar muß es werden, daß wir wirklich geistlicherweise in nichts mehr Götzen bei uns dulden, daß wir uns nach 1. Joh. 5,21 vor ihnen hüten und daß wir nur noch Ihm dienen mit Wort und Werk und Wesen, „der uns geliebt und Sich Selbst für uns gegeben hat“ (Eph. 5,1.2). Schilt Gideon nicht feige, er war es nicht, er war sich nur seiner Ohnmacht bewußt, vor aller Welt das Erste zu tun, was getan werden mußte. Was Gott gefordert hatte, mußte offenbar werden vor aller Welt, und wie wurde es - am Morgen - offenbar! Aber ob die grundlegende Tat bei Tage oder bei Nacht geschah - wenn sie nur geschah! Und als sie geschehen war, da wurde auch offenbar, wer es getan hatte. Gott sorgte durch den neuen Namen, den man Gideon beilegte (V. 31.32), dafür, daß keiner vergessen konnte, was er getan in jener Nacht, die - wenn auch seine damals noch berechtigte Angst vor Menschen - so doch noch mehr seine Abhängigkeit von dem wahren Gott zeigte. Das ist höchster Mut und Selbstverleugnung! O, laßt uns solchen Mut haben! Laßt uns nicht den Leuten als mutige Menschen gegenübertreten mit großen Worten, was wir alles für den HErrn opfern wollen - laßt es uns tun in der Stille der Nacht, und dann wird's bald offenbar, was Er uns wert ist. Und noch einmal: es genügt nicht, im Herzen von etwas los zu sein - es muß auch tatsächlich offenbar werden, daß wir los sind- uns vielleicht eines Nachts losgerungen haben, sei es von einem Baal, sei es von einem Isaak (1. Mos. 22), von allem, was an die Stelle treten könnte oder an der Stelle stand, die allein Ihm gebührt, unserem Gott und HErrn!

Bedenke, zweimal steht in V. 27: „er tat“. Tue du auch! Tu's heute nacht, und der morgende Tag wird ein Tag größerer Kraft, Freude und Siegesgewißheit sein (vgl. V. 34!), und du wirst frei sein zum Dienst, freier denn du je warst, ehe das wertlose Holz des Götzendienstes seiner wahren Bestimmung zugeführt war.

Nikodemus kam zu Jesu bei Nacht.

Gideon tat, was Jehova ihm befahl, bei Nacht.

Wie kostbar, daß unser Gott nichts vergißt, was Menschen um Seinetwillen getan haben - Er ist ein Belohner! (Hebr. 11,6) -, und Er hat's Gideon und Nikodemus nicht vergessen, was sie taten - wohl bei Nacht -, aber wenn sie's nur taten! Er kannte ihre Schwachheit, und Er würdigte durch Sein ewiges Schriftzeugnis ihren Mut.

Sieht Er auch bei uns solchen Mut? Laßt uns um Seinetwillen solchen Mut beizeiten beweisen - noch diese Nacht! -, denn auch in diesem Zusammenhange dürfen wir Worte wie folgende anwenden: „es kommt die Nacht, da niemand wirken kann!“ (Joh. 9,4) und „die Nacht ist weit vorgerückt“ (Röm. 13,12).

Unsere Werke des Glaubens sind bald für immer zu Ende getan, denn der HErr kommt bald! Wie wird das sein?! Dann wird offenbar, was wir für Ihn hienieden taten und waren. Wie ernst und zugleich wie kostbar! (2. Kor. 5,7-10.)

F. K.

Ein ernstes Wort.

Erlaube mir, lieber Leser, ein ernstes Wort an dich zu richten, als in der Gegenwart Dessen, dem wir beide verAntwortlich und vor dem unsere Gedanken und Wege völlig aufgedeckt sind. Petrus wünschte durch seinen zweiten Brief, durch Erinnerung die lautere Gesinnung der Gläubigen zu erwecken. Und das ist auch mein Wunsch, daß unsere Gesinnung zur Lauterkeit und zur Energie der neuen Natur erweckt werde, um mit mehr Eifer uns dem Dienste des HErrn hinzugeben.

Wir leben in einer sehr ernsten Zeit. Der Tag der Langmut und Gnade Gottes neigt sich schnell seinem Ende zu, und der Tag des Zornes steht vor der Tür. Und während die Dinge der Welt einem schrecklichen Gerichte entgegeneilen, treiben unaufhörlich unsterbliche Seelen auf dem Strom der Zeit in das endlose Meer der Ewigkeit.

Zeit in das endlose Meer der Ewigkeit.

Laßt uns angesichts dieser Dinge uns selbst fragen: Wie berühren sie uns? Was tun wir inmitten der uns umgebenden Vorgänge? Wie entledigen wir uns unserer vierfachen VerAntwortlichkeit, nämlich unserer VerAntwortlichkeit gegen Gott, gegen Seine Kinder, gegen Sünder, die in ihr Verderben rennen, und gegen unsere eigene Seele? O, laßt uns doch mit dieser ernsten Frage in die Gegenwart Gottes gehen, um sie dort in ihrer ganzen Bedeutung zu umfassen. Tun wir wirklich alles, was wir können, um die Sache Christi, die Wohlfahrt Seiner Gemeinde, die Verbreitung Seines Evangeliums zu fördern? Ich fürchte sehr, daß wir nicht den rechten Gebrauch von all der Gnade, dem Licht und der Erkenntnis machen, welche Gott uns in Seiner Güte gegeben hat. Ich fürchte, wir handeln nicht treulich mit den uns anvertrauten Talenten, mit denen wir in Fleiß wirken sollen, bis unser HErr zurückkehrt. Wie oft sehen wir, daß Gläubige mit viel weniger Erkenntnis praktischer und fruchtbarer sind und mehr von Gott gebraucht werden in der Bekehrung kostbarer Seelen. Woher kommt dies? Sind wir, du und ich, leer genug von uns selbst? Sind wir nüchtern, eifrig und inbrünstig im Gebet? Haben wir ein einfältiges Auge?

Du sagst vielleicht: Das ist doch etwas armseliges, sich mit sich selbst und seinen Werken zu beschäftigen. Gewiß, aber wenn unsere Wege und Werke, unser Zeugnis und unsere Hingabe nicht sind, was sie sein sollten, so müssen wir uns damit beschäftigen und müssen sie richten. Der HErr fordert Sein Volk durch den Propheten Haggai (1,5) auf: „Richtet euer Herz auf eure Wege“, und der Herr Jesus sagt zu jeder der sieben Gemeinden in Offenb. 2 und 3: „Ich kenne deine Werke.“ Es ist große Gefahr vorhanden, daß wir uns mit unserer Erkenntnis und unserer Stellung zufrieden geben und in einem weltlichen, selbstsüchtigen, gleichgültigen Geiste wandeln. Möge der Heilige Geist betreffs dieser Dinge mit Macht in unseren Seelen wirksam sein!

C. H. M.

Frage und Antwort

Frage 2

Was meint Thomas mit seinen Worten Joh. 11,16: „Laßt auch uns gehen, daß wir mit Ihm sterben!“?

Antwort

Thomas war kein feuriger Petrus, kein Sanguiniker, aber darum auch keiner, der „den Mund voller nahm“, als sein Herz ihn antrieb! Er war jedoch auch kein sogen. Pessimist oder „Schwarzseher“, auch kein moderner Zweifler (vgl. Jahrb. 8, Seite 151!), auch kein Durchschnittsmensch, der den Ereignissen kühl und gleichgültig gegenüberstand, auch kein berechnender etwa religiöser Politiker usw., usw. Man verstehe nicht falsch! Es sei beileibe kein Schatten geworfen auf andere Jünger des HErrn, sie alle, soweit sie echte Jünger waren, hatten ihre Vorzüge wie auch ihre Fehler (und es ist heute ebenso) - aber dem Charakter des Thomas wird man meistens wenig gerecht. Er scheint ein sehr tief veranlagter Mensch gewesen zu sein, der alles sehr ernst nahm und sich nicht mit weniger als ganzer Hingabe - so wie er sie verstand -zufrieden gab. Ist es nicht wunderbar zu sehen, welche unsagbar tiefen Unterweisungen gerade auf die uns überlieferten Worte des Thomas an den Herrn Jesus aus dessen holdseligem Munde hervorkommen? Man vgl. Joh. 14,5ff. und 20,28f.! Das erste Wort, welches wir von Thomas hören, ist das obiger Frage. Es ist ein Wort an seine Mitjünger und beschließt den ersten Abschnitt jener Reise des HErrn nach Bethanien, die - obwohl Leben in sich bergend, Leben für Lazarus - für den HErrn am Kreuz endete. Thomas in seiner tiefen Herzensliebe dachte wohl noch an das, was die Jünger vorher zum HErrn gesagt hatten (V. 8), um Ihn zu warnen. Er, dessen erkenntnisarme Liebe ihn selbst am Ostertage trauernd in Zweifel ferne sein hieß, so daß er erst acht Tage nach Ostern der Seligkeit, den Auferstandenen zu sehen, teilhaftig wurde, er sieht in dem Wege des geliebten Meisters nach Bethanien nur Unheil, aber nicht wie ein „Schwarzseher“,

der sich diesem Unheil zu entziehen trachtet, sondern wie ein liebender Freund, der den größten, treusten aller Freunde nicht einen Augenblick allein lassen will. Er sagt nicht wie später der sich selbst zu wenig kennende, wenn auch so gern treu sein wollende, aber vom HErrn gewarnte Petrus: „Und wenn ich mit Dir sterben müßte, so werde ich Dich dennoch nicht verleugnen“ - und wie hat er Ihn verleugnet! -, sondern er ist tatsächlich bereit, den Todesweg mit dem HErrn zu gehen und fordert die anderen dazu mit auf. Daß dieser Todesweg über die Station des größten Wunders einer Totenerweckung gehen würde, verstand Thomas nicht (V. 11-13), es hätte ihn auch kaum viel berührt, wenn er es verstanden hätte - er sah den Tod des Meisters voraus und war bereit, dessen Los zu teilen. Welche Liebe und Treue!

Sind wir's auch, geliebte Geschwister? D. h. für uns heute, die wir Tod und Auferstehung des HErrn hinter uns wissen und als Grundlage unserer ewigen Rettung, unseres ewigen Geborgenseins vor dem Gericht und dem zweiten Tode, sind wir bereit, mit Ihm als geistlicherweise Gestorbene (vgl. „Lazarus, der Gestorbene“, nach Joh. 12,1 in dem gleichbetitelten Aufsatz in Jahrbuch 5!) gekannt zu sein, die nicht nur in dem Werte Seines Todes vor Gott stehen, sondern die durch diesen Tod geschieden sind von der Welt und ihrem Wesen? Der Tod bedeutet stets Trennung! Sein Tod bedeutet Trennung, Gelöstsein von jeder Form der Welt, durch die Seine freiwillig an die Erde gebundenen Füße schritten, Trennung von einer Welt im moralischen und religiösen Sinne, der Sein Wesen strikte entgegengesetzt war, die Er stets und ständig verurteilte, weswegen Er von ihr hinausgetan wurde. Sind wir bereit, mit Ihm den Weg des Todes und der Verwerfung zu gehen? Wollen wir als Menschen, denen geistliches Verständnis zuteil geworden ist, hierin dem Thomas gleichen, daß wir aus Liebe zu Dem, der für uns starb, auch mit ganzer Herzens- und Lebenshingabe Seinen Platz, den Er hienieden einnahm, mit Ihm teilen wollen? Sterbenwollen, geistlich Sterben kostet Aufgeben alles dessen, was einem natürlich und seelisch lieb und wert ist. Aber Er ist es alles wert. Und „wenn wir mit Ihm leiden, werden wir auch mit Ihm verherrlicht“ (Röm. 8,17). Er sei gepriesen!

So lehre uns das Wort des einfältigen, aber so innig seinen HErrn liebenden Jüngers Thomas das

rechte täglich und immer neue Bereitsein und Ausleben, uns im Glauben als mit Christo für gestorben zu erachten, auf daß wir auch mit Ihm und für Ihn leben! (Röm. 6.) So möge des Thomas Wort, durch das dem Apostel Johannes inspirierte Wort Gottes uns überliefert, uns zu bleibendem Segen sein.

F. K.

Frage 3

Was ist ein sektiererischer Mensch? (Tit. 3,10.)

Antwort A

Bei einem sektiererischen Menschen handelt es sich nicht immer um böse Lehren. Ein solcher mag durchaus die fundamentalen Wahrheiten behaupten. Oft werden nur gewisse Wahrheiten der Schrift aus ihrem Rahmen und Ganzem herausgenommen und oft auch nur Ansichten und Meinungen so einseitig zum Sammelpunkt gemacht, daß dadurch Parteiungen in Gottes Gemeinde hineingetragen werden.

Es handelt sich bei einem sektiererischen Menschen im allgemeinen weniger um die Frage der Lehre als vielmehr um den Geist und die Gesinnung, die in einem solchen wirkt.

Die Dinge, die die Schrift uns zeigt, woran wir einen sektiererischen Menschen erkennen können, werden uns in Vers 9 genannt: „Streitfragen“, „Zänkereien“, „unnütze“ und „eitle“ Dinge. Jedes einzelne dieser Worte ist kennzeichnend und voller Bedeutung.

Ein sektiererischer Mensch (ob gläubig oder ungläubig) ist ein widerspenstiger, starrsinniger, eigenwilliger Mann. Dies wird daran gesehen, daß er eine „Zurechtweisung“ nicht annimmt. Er sucht nicht, was zum Frieden dient, sondern er trägt seine Sache in die Gemeinde, um andere für seine

nicht, was zum Frieden dient, sondern er trägt seine Sache in die Gemeinde, um andere für seine Ansichten und Sondermeinungen zu gewinnen und bringt Unruhe, Zwietracht, Betrübnis und Sorgen in die Gemeinde.

Er ist ein „verkehrter“ Mann, weil er seinen eigenen Weg geht und als solcher draußen und unabhängig von der Gemeinde steht. -

Er „sündigt“ durch sein eigenwilliges Verhalten und seine Streitsucht; und weiter sagt die Schrift, daß er „durch sich selbst verurteilt“ ist. Sein Weg und sein Tun verurteilt ihn selbst, kein anderer braucht dies mehr zu tun. Sein Eigenwille und sein unruhiger Geist zeigen das Niveau seines geistlichen Standes an.

Paulus spricht von solchen in Phil. 1,17, daß sie aus Streitsucht Christus verkündigen, und ermahnt uns, nichts aus Streitsucht zu tun (Phil. 3,2).

Paulus ermahnt Titus, sich mit einem sektiererischen Menschen nicht zu befassen, wenn derselbe ein- oder zweimal zurechtgewiesen ist, ihn abzuweisen, da ein solcher durch seinen Weg beweist, daß er „verkehrt“ ist. Paulus sah solche Männer schon prophetisch aufstehen, verkehrte Männer, „die verkehrte Dinge reden“, um die Jünger anzuziehen hinter sich her. Solchen verkehrten Männern gegenüber konnte Paulus die Gläubigen nur „Gott und dem Worte Seiner Gnaden anbefehlen.

v. d. K.

Antwort B

Ein sektiererischer Mensch braucht durchaus kein Angehöriger und Vertreter einer der „verderblichen Sekten“ (2. Petr. 2,1ff.) zu sein, ja, er ist es nach diesem Zusammenhange kaum. Denn mit einem solchen war nach 2. Joh. u. a. doch wohl noch viel ernster zu verfahren als nur mit Abweisung oder Ablehnung (vgl. Paulus in Gal. 1). Natürlich kann ein sektiererischer Mensch, nachdem er - etwa von

einer Ortsgemeinde - abgelehnt ist, sich sehr wohl als Irrlehrer entpuppen, aber es muß nicht so sein! Vielmehr, glaube ich, sind hier die Art Menschen, Scheingläubige oder auch wirkliche, aber ungeistliche, ungehorsame Gläubige gemeint, die mit sehr treffendem deutschem Wort: „Quertreiber“ oder „Querköpfe“ genannt zu werden verdienen, und solche gab es schon zu Pauli Zeiten, und sie sind heute noch nicht ausgestorben, sondern betreiben in manchen Gemeinden ihre oft sehr lichtscheue, d. h. im Geheimen wirkende Tätigkeit mit solchem Erfolge, daß ganze Kreise durch ihre Sünden (Paulus sagt „er sündigt“! V. 11) vergiftet werden, indem Bitterkeitswurzeln wachsen und üppig gedeihen, wenn die besonneneren älteren Brüder nicht wachen und beizeiten solchen Quertreibern oder Widersprechenden (1,9!), die sich nie belehren lassen wollen, sondern alles besser wissen, den Mund stopfen. (1,11.)

Ein Hauptkennzeichen dieser Leute, das dem Paulus das Recht gibt, sie „sektiererisch“ zu nennen, ist das, daß sie mehr oder weniger verhüllt darauf aus sind, sich Anhänger zu verschaffen, bei denen sie ihre verkehrten Grundsätze, wo nicht gar bösen Lehren oder auch bösen Wege, rechtfertigen und Proselyten dafür gewinnen können (Apgesch. 20,29.30). Dieses Kennzeichen wird sich immer wieder offenbaren, und damit sprechen diese Menschen sich selbst das Urteil. Diese eine Tatsache schon - außer anderen Dingen - macht sie immer wieder offenbar, und wer sich ihnen anschließt, fällt unter gleiches Urteil.

Paulus, der inspirierte Apostel, gibt hier dem Titus, der innerhalb der aus schwierigen Charakteren bestehenden kretischen Gemeinde (vgl. 1,11-14!) eine ernste Aufgabe hatte, klare Unterweisung, wie er sich gegenüber solchen Leuten verhalten sollte. Heute besteht die Gemeinde nicht mehr in ihrer Vollkraft, alles ist ja in Verfall geraten; Älteste können nicht mehr angestellt werden, denn wo ist ein Titus, der vom Apostel diesen Auftrag bekommen hätte? (Vgl. 1,5.) Aber der HErr wird in jeder im Lichte des Wortes vom Anfang sich bildenden Ortsgemeinde solche haben, die für die Ordnungen der Gemeinde im Sinne auch des Titusbriefes (vgl. den Aufsatz im vorigen Heft über denselben) ein wachsames Auge haben (vgl. 1. Thess. 5,12-14!), und wenn sektiererische Menschen

sich von diesen nicht zurechtweisen lassen, so fallen sie unter das Urteil von 3,10. Wenn sie sich nicht zurechtweisen lassen! Ach, möchten solche, die es auch nur in den allerersten Anfängen angeht, falls sie dieses lesen, sich doch zurechtweisen lassen, und möchten die, welche diesen so schweren, oft verkannten Dienst zu tun haben, ihn doch nur tun in voller Abhängigkeit vom HErrn, damit nicht in irgendeiner noch so feinen, unbeabsichtigten Weise das Fleisch triumphiere, sondern nur der Geist Christi! Aber wenn sich der Quertreiber nicht nach ein- bis zweimaliger Zurechtweisung in seinem Verhalten ändert, wenn er sich von dem Geist, der in der Gemeinde des HErrn wohnt und wirkt (1. Kor. 3,16), nicht zurechthelfen läßt, so steht er unter einer gewissen Zucht, und nur tiefe, nachhaltige Buße kann ihn wieder zurechtbringen. Wie ernst sollten uns Gläubigen alle Formen der Zucht und Gemeindezucht sein, wie sollten wir wachen, daß kein fremder Geist der Gemeinde, dem Tempel Gottes, schadet! (1. Kor. 3,17.)

Der HErr gebe uns Gnade, zu wachen und besonnen zu sein!

F. K.

Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.

(Hebr. 11,13.14.)

Im 13. Verse unseres Kapitels finden wir, daß alle diese im Glauben gestorben sind. Selbst der Tod wird hier als ein Akt des Glaubens bezeichnet. Es heißt hier nicht „durch Glauben“, sondern „im Glauben“. Ihr Glaube umfaßte die fernen, unsichtbaren Dinge, und mit der Gewißheit des Besitzes dieser Dinge, die in unsichtbarer Ferne lagen, starben sie. Ihr Tod war nicht eine Bezahlung des „Tributes der Natur“, sondern in der Kraft des göttlichen Lebens, das sich selbst im Tode offenbarte. Es ist etwas Verschiedenes, eine Sache in der Ferne zu sehen oder von einer Sache überführt zu sein, und noch etwas anderes, eine Sache zu umfassen. Ein Umfassen ist, wie man eine Person mit seinen Armen umfaßt, so wie es der Vater bei dem verlorenen Sohne tat. So umfaßte Abraham die

Verheißung, und das machte ihn zu einem Fremdling und Pilgrim. Wir sind nicht eher Fremdlinge und Pilgrime hienieden, als bis wir den Schatz in Ihm und Seiner Liebe umschlungen haben. Damit ist nicht gesagt, wenn wir „Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde“ sind, daß es unrecht ist, ein Haus zu haben oder in einer Stadt zu wohnen, sondern die Frage ist: „Welchen Platz haben die Dinge in unserem Herzen?“ Ich denke nicht daran, unnatürlich oder schwärmerisch zu sein. Aber bekennen wir in unseren Wegen und in unserem Wandel, daß wir Fremdlinge sind? Drückt unser Leben es deutlich aus, daß wir ein Vaterland suchen? Man kann oft, wenn man in ein Haus hineintritt, das Herz dessen erkennen, dem es gehört. Man sieht es in der Einrichtung der Kleidung und tausend anderen kleinen Dingen. Natürlich müssen wir irdische Dinge haben, aber sind unsere Herzen mit diesen Dingen verknüpft? Selbst sehr kleine Dinge haben Kraft, uns zu überwältigen und unsere Seelen aus der Gemeinschaft mit dem HErrn zu bringen. Ein Löffel, wie er auf den Tisch gelegt ist - wie die Stühle gestellt sind, solche kleinen Dinge haben Kraft, uns so zu erregen und zornig zu machen, daß der Mund unbedachte Worte redet. Als das Land es nicht ertrug, daß Abraham und Lot mit ihren Herden beieinander wohnen konnten, da stand Abraham der Vorrang zu, aber er gab ihn auf. Er sagte: „Laß doch kein Gezänk sein zwischen mir und dir und zwischen meinen Hirten und deinen Hirten!“ Die Dinge hatten keine Kraft über sein Herz, und er konnte sagen, ich will alles andere lieber, aber nur keinen Zank.

Es ist mir oft aufgefallen, wie der Tod für die Gläubigen der Jetztzeit etwas ganz anderes ist als für die Gläubigen des Alten Testamentes. „Diese alle sind im Glauben gestorben und haben die Verheißungen nicht empfangen.“ Sie hatten Verheißungen, und das war sicherlich etwas sehr Großes, aber wir besitzen noch mehr als Verheißungen - wir haben Besseres, als im Glauben jener Verheißungen zu sterben, so herrlich dieses auch war. Wir haben Christum Selbst, und alle Verheißungen sind Ja und Amen in Ihm (2. Kor. 1,20). Deshalb war auch der Tod für jene Gläubigen vor der Vollendung des Erlösungswerkes etwas ganz anderes als für uns. Sie fürchteten den Tod und suchten ihm, wenn möglich, zu entgehen. Und warum? Weil die Sünde damals noch nicht hinweggenommen war und der Tod noch einen Stachel hatte: „der Stachel des Todes ist die Sünde“.

Wie ganz anders jetzt! Der Tod ist für einen Gläubigen, wenn er wahrhaft im Glauben lebt, das Beste, was ihm zufallen kann, ausgenommen natürlich das Kommen des HErrn. Und doch findet man oft Gläubige, die bei dem Gedanken an den Tod sich entsetzen und erschrecken. Es ist traurig, wenn wir, die wir nicht nur Verheißungen, sondern Gottes geliebten Sohn haben, uns durch den Tod erschrecken lassen. Das beweist zweierlei: Erstens, daß das Resultat der Erlösung nicht vollkommen erfaßt ist, und zweitens, daß die Erkenntnis Christi und die Liebe zu Ihm gering sind. Wenn ich meinen Heiland wirklich liebe, so werde ich mich nicht darum sorgen, auf welchem Wege ich zu Ihm gehe, und wenn ich erfaßt habe, was die Erlösung ist und was sie für mich bewirkt hat, kann ich dann den Tod noch fürchten? Die Sünde ist abgetan - das Kreuz Christi hat nicht nur meine Sünden, sondern auch die Sünde hinweggenommen. Der Tod hat deshalb für den Gläubigen jetzt keinen Stachel mehr, ja der Apostel sagt noch mehr, er sagt, „der Tod ist unser“ (1 Kor. 3,22). Einst gehörten wir dem Tode, jetzt gehört der Tod uns. Er ist ein Teil unseres Besitzes, den wir von dem HErrn empfangen haben.

Laßt uns einmal denken, Gott gäbe uns die Macht, diesen unseren Besitz zu gebrauchen (und Er tut es, soweit es unsere Herzen betrifft), wie würden wir ihn gebrauchen? Ich glaube, die meisten von uns, wenn wir ehrlich wären, würden sagen: „Ich würde ihn überhaupt nicht gebrauchen.“ Aber ist das nicht betrübend? Zeigt das nicht, wie wenig Christus das Ziet unserer Herzen ist? Wenn ich mich innig sehne, bei Ihm zu sein, werde ich mich dann darum sorgen, wie ich zu Ihm komme? Manche sagen: „O, ich möchte gern bei Jesu sein, aber ich möchte nicht sterben, um zu Ihm zu kommen.“ Der Weg gefällt ihnen nicht. Gott hat uns den Tod gegeben - er ist unser (als ein Teil von dem, was uns in Christo gehört), nicht damit wir ihn gebrauchen sollen, wie wir wollen, sondern damit wir daran prüfen mögen, wie unsere Herzen zu dem HErrn stehen.

Angenommen, ich hätte 1000 Mark für meine Tochter auf die Bank gelegt; sie gehören ihr, aber ich hätte ihr nicht die Vollmacht gegeben, sie nach ihrem Willen zu gebrauchen, da sie töricht damit handeln und sich selbst schaden könnte. Weil ich wissen möchte, wie sie in bezug auf diesen Besitz

zu mir steht, was sie tun würde, wenn sie darüber verfügen könnte, sage ich zu ihr: „Mein Kind, das Geld ist dein, was würdest du gern damit anfangen?“ Sofort kommt das Geheimnis aus dem Herzen meiner Tochter heraus. Wenn sie nur an sich selbst denkt, wird sie sagen: „Ich möchte gerne das und das“ - irgend etwas, das sie selbst erfreuen würde; wenn sie an mich denkt: „ich möchte gerne das und das, um dich damit zu erfreuen“ - indem sie nach ihrem Verständnis das wählt, was mir am besten gefallen würde. Das ist das Kind, das eines Vaters Herz erfreut.

Wenn wir nun zu wählen hätten, zu leben oder zu sterben, was würden wir tun? Paulus konnte sagen: „Ich habe Lust, abzuscheiden“ (Phil. 1,23), aber während er sich danach sehnte, sagt er auch: „Das Leben ist für mich Christus“. Er würde größeren Lohn haben, wenn er noch länger hier unten dem HErrn diente, und so war Leben Gewinn für ihn, und doch fügte er hinzu: „Das Sterben ist Gewinn.“ Wenn wir von Herzen danach verlangen, bei Christus zu sein, werden wir nicht so viel daran denken, was unser Lohn dort sein wird; wohl weiß ich, daß Er Lohn geben wird, und ich werde diesen nicht gering schätzen, denn dieser Lohn wird uns dort eine besondere und ewige Freude sein, aber mein Verlangen ist nicht nach dem Lohne, sondern nach Ihm Selbst, um bei Ihm zu sein. Wünsche ich Gottes Herz zu erfreuen - „kostbar ist in den Augen des HErrn das Sterben Seiner Frommen“ (Ps. 116,15) -, dann werde ich zu sterben wünschen, obschon natürlich ich nicht den Tod suche, sondern den Herrn Jesus.

Wie steht es heute mit uns? Haben wir heute nach Ihm ausgeschaut? Haben wir Ihn mit solchem Verlangen erwartet, daß wir gleichsam sagen können, wir wundern uns, daß Er nicht gekommen ist; wir schauten so sehnsüchtig nach Ihm aus und harrten Sein und sind bekümmert, daß Er noch nicht gekommen ist. Spricht unser Leben deutlich davon, daß wir den Herrn Jesus erwarten? Ach, sagst du, es macht mich so unruhig, immer in Erwartung zu sein. Durchaus nicht! Ich glaube, niemand wird so ruhig in all seinem Tun und in allen Lebensverhältnissen sein wie der, der wirklich mit dem Herzen Tag für Tag nach dem HErrn ausschaut. Wenn ich wirklich glaube, daß Er kommt, werde ich in jeder Sache das Verlangen haben, Sein Wohlgefallen zu finden in allem, was ich tun mag. Mein Wunsch

wird sein, wenn ich Ihn erwarte, daß alles in Ordnung sei, wenn Er kommt.

In allen Dingen unseres Lebens sollte es zum Ausdruck kommen, daß wir ein anderes Vaterland suchen (V. 14). Der Unterschied zwischen uns und der Welt sollte überall deutlich hervortreten. Der HErr schenke uns diese Gnade, daß es so sein möchte!

W. - v. d. K.

Irrende Jünger und des HErrn Treue.

(Johannes 21.)

Unser Abschnitt beginnt mit: „Nach diesem offenbarte sich Jesus“. Nach diesem! Wonach? Nach allem, was bisher geschehen war. Er hatte Marias Tränen getrocknet, den bekümmerten Weibern die Furcht genommen, den betr übten Petrus getröstet; den niedergeschlagenen Emmaus-Jüngern hatte Er das Verständnis geöffnet und das Herz brennend gemacht; den verzagten Jüngern brachte Er den Gruß des Friedens; Er zeigte ihnen Seine Hände und Füße, den untrüglichen Beweis, daß Er für sie gestorben und das Werk der Erlösung vollendet sei; den ungläubigen Thomas ließ Er den Finger in Seine Hände und in Seine Seite legen. War das alles nicht genug? War noch mehr nötig? Ach, Er kannte Seine Jünger und ihr irrendes Herz, und in Seiner sorgenden Liebe wacht Er über sie.

Der HErr hatte Seinen Jüngern sagen lassen, daß sie nach Galiläa gehen sollten, daselbst würden sie Ihn sehen. (Matth. 28,10.) Eine kleine Jüngerschar, sieben an Zahl, hatte sich hier am See von Tiberias gesammelt. Sicher erwarteten sie hier den HErrn zu sehen, aber der HErr läßt sie warten. Dieser See war die Stätte ihrer früheren Tätigkeit. Hier hatten sie ihre Fischerei betrieben, und von hier hatte der HErr sie hinweggerufen und berufen, Menschenfischer für Ihn zu werden. Nun standen sie hier an dem Platze ihrer alten Beschäftigung und warteten nach der ihnen gewordenen Botschaft auf das Erscheinen ihres auferstandenen HErrn. -

Ebenso ist es mit uns. Auf dem Platze unserer irdischen Beschäftigung warten auch wir auf das Erscheinen unseres verherrlichten HErrn. Wir wissen nicht, wie lange sie dort warteten, aber das Warten auf den HErrn stellte sie auf die Probe, wie dieses auch uns prüft.

Petrus spricht: „Ich gehe hin fischen“. Die Worte unseres Mundes sind die Offenbarungen der Gedanken unseres Herzens. Diese Worte aus Petri Mund lassen uns etwas ahnen von dem Gedankengewoge in seiner Seele. Er will wieder zu dem zurückkehren, wovon der HErr ihn hinweggerufen hatte. Hier hatte er früher gefischt. Sollte er nicht wieder damit anfangen? Alte Gewohnheiten, wie verfänglich sind sie! Was muß durch seine Seele gegangen sein, daß er zu einem solchen Entschluß kam! Ob er sich sagte: „Für dich ist es doch nicht mehr möglich, jemals wieder als Menschenfischer arbeiten zu können; wenn der HErr dir auch (woran ihm kein Zweifel war) alles vergeben hat, so scheidest du nach einem solchen Falle doch für diesen Dienst auf immer aus?“

Wenn du, lieber Leser, einen solchen Fall getan hättest oder du einen anderen hättest einen solchen Fall tun sehen, meinst du nicht, daß solche Gedanken durch dein Herz gegangen wären? Und mit Recht! Es wäre noch viel trauriger gewesen, wenn Petrus, nachdem er die Vergebung des HErrn für seinen Fall empfangen, sich ohne weiteres wieder in den Dienst der Schafe und Lämmer der Herde Christi gestellt hätte, als ob mit der Vergebung auch gleichzeitig die Wiedereinstellung in die Arbeit verbunden sei. Ein solches Verhalten hätte nur gezeigt, wie oberflächlich er seine Sünde behandelt und wie leicht er über seinen Fall gedacht hätte. Aber Petri Reue war tief und von „bitterlichen“ Tränen begleitet. So selbstverständlich und recht solche Gedanken des Zurücktretens als eine Frucht der Buße am Platze sein mochten, so fehlte Petrus jedoch hier in dem Stande der Abhängigkeit von dem HErrn durch die eigene Wahl seines Weges. Er wartete nicht auf die führende Hand seines HErrn, er ging und tat nach den Überlegungen seines eigenen Herzens.

Wie oft gleichen wir doch dem Petrus! Wir handeln nach unseren Überlegungen und fangen wieder an, zu gehen und zu tun, so wie wir taten vor unserer Berufung. Es war sein eigener Wille, mit dem

er jetzt an sein Werk ging. Der HErr hatte ihm ein anderes Werk anvertraut, aber er kehrt zu dem zurück, was er aufgegeben hatte. Welch ein trauriges Bild! Und doch, wie oft sehen wir es in unseren Tagen! Möchte der HErr den Leser und Schreiber dieses davor bewahren!

Diese inneren und äußeren Vorgänge waren dem Auge des HErrn nicht verborgen. Er sah einerseits die heilsame Wirkung des tiefen Falles in Petri Seele, andererseits aber auch sein Irren, einen Weg nach eigener Überlegung zu betreten, und Seine Treue tritt dazwischen.

Gar vieles können wir hieraus lernen. Das natürliche Bewußtsein in dem Herzen des Petrus, nach dem Fall für die Arbeit des HErrn unbrauchbar zu sein, finden wir von dem HErrn bestätigt, indem Er ihm nicht sogleich und ohne weiteres die Sorge für Seine Heide anvertraut. Der Fall war vergeben, und kein Schatten lag dieserhalb auf dem Gewissen des Petrus, noch stand ein solcher zwischen ihm und dem HErrn. Aber so offenkundig sein Fall war, so offenkundig berührte der HErr auch die Wurzel seines Falles vor allen Jüngern durch die Fragen nach seiner Liebe. Der HErr konnte Petrus diese zweite Betrübnis nicht ersparen, aber sie wurde mit dem Anvertrauen der Schafe und Lämmer des HErrn verbunden und mit reicher Gnade beAntwortet. Wie dankbar mußte Petrus später für diese ihm in Gegenwart der Jünger gestellten schmerzlichen Fragen, aber auch für das ihm vor allen Jüngern geschenkte Vertrauen des HErrn gewesen sein.

Doch laßt uns zu dem Gange der Ereignisse zurückkehren! -

Kaum hatte er seinen Entschluß geäußert, da sprechen die anderen zu ihm: „Auch wir gehen mit dir“. Welch eine Wirkung hatte sein Entschluß! Wie leicht ist es für unser Herz, zu den Wegen des Fleisches und zu alten Beziehungen zurückzukehren. Auch nicht einer war unter diesen sieben, der zum Ausharren und Warten auf den HErrn ermutigte, nicht einer, der daran dachte, daß der HErr sie von dieser Arbeit weggenommen und sie ohne ein Wort vom HErrn auch kein Recht hatten, dahin zurückzukehren.

Petri Entschluß, Wort und Weg beeinflußten sie so, daß sie sofort bereit waren, den Weg mit ihm zu

Petri Entschluß, Wort und Weg beeinflußten sie so, daß sie sofort bereit waren, den Weg mit ihm zu gehen. Sind wir uns bewußt, welche Einflüsse wir durch unsere Worte und Taten, durch unser Benehmen und Verhalten auf andere ausüben? Jeder übt einen Einfluß aus, der eine mehr, der andere weniger. Dies ist etwas sehr Ernstes. Möchte der HErr uns Gnade geben, daß wir acht haben auf uns und über uns wachsam sind, daß die Einflüsse, die von uns ausgehen, anderen zum Segen dienen und nicht zum Unsegen! Wenn wir im Geiste wandeln, dann werden andere durch unseren Wandel zum Guten beeinflußt werden. Wandeln wir nach dem Fleische, so werden wir andere sicher zu ihrem Schaden beeinflussen. Wir werden von anderen gesehen und gehört. Die Wirkungen unserer Worte mögen noch leichterer Art sein, aber von dem, was wir tun und lassen, gehen sicher tiefe und nachhaltige Einflüsse und Wirkungen aus auf die, die uns sehen und beobachten. Das eine Wort: „Ich gehe hin fischen“ beeinflußte die anderen sechs Jünger so, daß sie sagten: „Auch wir gehen mit dir“. Sie sagten sich, wenn Petrus es tut, so können wir es auch tun. Ist es nicht so? Man sieht diesen Bruder, jene Schwester etwas tun, und sofort sind andere da, die da sagen: „So können wir es auch tun“.

Und, ach, wie verderbt ist doch das Menschenherz! (Jer. 17,9.) Einflüsse, die uns von dem HErrn und Seinem Worte abziehen, finden viel williger Aufnahme in unseren Herzen als solche, die uns zu dem HErrn hinziehen. Als Johannes der Täufer an einem Tage bewundernd seinen Blick auf den HErrn richtete und aus seinem Herzen der Ruf herauskam: „Siehe, das Lamm Gottes“, da finden wir zwei Jünger, die durch dieses Wort beeinflußt werden, dem Herrn Jesus nachzuwandeln. Hier finden wir, daß auf das Wort der Überlegung Petri: „Ich gehe hin fischen“ dreimal so viele beeinflußt wurden, den Weg des eigenen Willens zu gehen. O, möchten wir Gnade haben, dem HErrn so nahe zu sein, daß von unserem Reden, Tun und Lassen Einflüsse und Wirkungen ausgehen, die andere zu dem HErrn hinziehen!

Kaum waren diese Worte gesprochen, da sehen wir diese kleine Schar von sieben auch schon in das Schiff steigen und in die „Nacht“ hinausfahren. Die Schrift sagt: „Und in jener Nacht fingen sie

nichts“. Es war die Nacht des menschlichen Willens, die Nacht der Tätigkeit des Menschen im Fleische, die Nacht der Arbeit ohne Jesus, die mühevolle Nacht der vergeblichen Arbeit.

Wollen wir uns wundern, daß sie in dieser „Nachtarbeit“ nichts fingen? Auf eigenen Wegen abseits vom HErrn fangen wir nichts. Irdische Dinge, Schlamm und Unrat mögen unsere Netze heraufbringen, aber nichts, was für den HErrn ist. Was sich in solcher „Nachtarbeit“ in unseren Netzen verfängt, das haben wir nötig, „am Tage“ wieder aus unseren Netzen herauszuwaschen, wie wir dieses bei den Jüngern in Luk. 5 sehen. Nach jener Nacht, in der sie nichts gefangen hatten, fand der HErr sie beim Waschen ihrer Netze. (Luk. 5,2.) Er veranlaßte sie dann, auf die Höhe zu fahren und das Netz auf Sein Wort auszuwerfen. (Luk. 5,5.)

Die Jünger hier, in unserem Schriftabschnitt, konnten ihre Berufung aufgeben, aber der HErr konnte Seine Berufung, zu der Er sie berufen hatte, nicht aufgeben. Sein Auge ist auf sie gerichtet. Er wußte um ihre Mutlosigkeit, Er kannte ihr irrendes Herz, Er sah ihre Mühe, ihr leeres Netz. Er, der am Kreuz für ihre Sünden starb, steht am Ufer mit der Sorge Seiner Liebe, um ihrer Not zu begegnen und sie von ihrem Abwege zurückzuführen.

Wir lesen im ersten Vers über diese Seine Begegnung mit dieser kleinen Schar: „Er offenbarte Sich aber also“. Was liegt in diesem kleinen „aber also“. Der Geist Gottes will uns damit die Weise zeigen, wie Er Sich den irrenden Jüngern offenbarte. Es ist so gesegnet für uns, die Weise des HErrn anzuschauen und von Ihm zu lernen, wie Er es machte, um Seine schwachen Jünger wieder auf den rechten Weg zu führen. Wie vieles haben wir doch nach dieser Seite hin von dem HErrn zu lernen.

Die Jünger wußten noch nichts von dieser Seiner Sorge und Seiner Liebe um sie. So ging die Nacht zu Ende, das erste Frühlicht des „Morgens“ brach an. Es sollte nicht bloß der Anbruch eines Morgens in der Natur sein, sondern „ein Morgen“, der die „Nacht“ ihrer Verzagtheit und ihres eigenen Wirkens beenden sollte. Er stand am Ufer, Er, dessen Herrlichkeit den Glanz der Morgensonne übertraf. Das Licht Seiner Liebe wollte einen neuen Morgen in der Dunkelheit ihres Herzens anbrechen lassen.

Haben wir nicht auch schon nach Stunden der Dunkelheit den Anbruch eines solchen Morgens erlebt, an dem die Stimme des HErrn unser Ohr fand?

Als der Morgen anbrach, stand Jesus am Ufer. Das brachte die Wendung. Wir lesen nicht, wie lange Er dort schon gestanden und sie beobachtet hatte. Wir wissen oft nicht, wie lange der HErr schon Sein Auge auf uns gerichtet hat, aber wir wissen, daß Seine Liebe die Seinigen nicht lassen kann.

Die Jünger wußten nicht, daß es Jesus sei. Jedes einzelne dieser Worte zeigt uns unser Bild. Warum wußten sie nicht, daß es Jesus sei? Sie waren so mit ihrer selbstgewählten Arbeit beschäftigt und noch von Dunkelheit umgeben, daß sie Ihn nicht erkannten. Ist es nicht so!? Wenn wir mit Seinem Willen nicht in Übereinstimmung sind, dann sind unsere Augen durch die eigenen Überlegungen so verdunkelt, daß wir Ihn nicht erkennen. Wie klar war das Wort des HErrn für sie gewesen, nach Galiläa zu gehen, dort sollten sie Ihn sehen. Aber dieses Ihn-Sehen war mit Warten für sie verbunden. Hier lernen wir wieder, wie das Abweichen von Seinem Worte und Seinem Willen geistliche Dunkelheit und Blindheit über uns bringt. Wie leicht werden doch unsere Augen trübe! Elis Augen wurden trübe (1.Sam. 3,2); Petrus spricht von Augen, die blind und kurzsichtig sind (2. Petr. 1,9), Simson verlor seine Augen (Richt. 16,21), und der König von Babel löschte das Augenlicht des Königs Zedekia aus (Jer. 52,11). Welche Warnungen liegen in all diesen Beispielen für uns und welche Summe von Unterweisung würden wir finden, wenn wir nur über diese vier Beispiele einmal nachdenken würden.

Die Treue des HErrn wacht über Seine irrenden Jünger. Er will sie segnen. Aber Er kann sie nicht ohne weiteres segnen. Er muß sie erst ihren verkehrten Weg erkennen lassen und sie zum Bekenntnis ihrer eigenen und fruchtleeren Arbeit bringen.

Er fragt: „Habt ihr etwas zu essen?“ Diese eine Frage nötigt sie zum Bekenntnis ihrer vergeblichen Arbeit. Sie Antworten mit einem kurzen: „Nein“. Sie hatten für Ihn nichts, und sie hatten auch nichts für sich selbst. Sie fügen ihrem „Nein“ nichts hinzu. Man fühlt förmlich diesem kurzen „Nein“ den

Mißmut ab, den Unmut, nach der mühevollen Arbeit einer Nacht mit „nein“ Antworten zu müssen. Hat der HErr nicht auch dies kurze „Nein“ uns zur Belehrung niederschreiben lassen? Wenn auf Pfaden abseits vom HErrn durch eine solche Frage unser Herz auf unseren Weg gerichtet wird, wie unmutig, wie kalt abweisend und verschlossen sind dann auch oft unsere Worte, und solche Worte offenbaren dann den Zustand unseres Herzens.

Auf ihr „Nein“ ruft Er ihnen zu: „Werfet das Netz auf der rechten Seite des Schiffes aus, und ihr werdet finden“. Es ist so, als ob Er sagen will: „Die Arbeit, von der ich Frucht haben will, muß auf mein Wort hin begonnen und getan werden. Zur „rechten“ Seite des Schiffes mußte das Netz ausgeworfen werden, dann sollten sie die Fische finden, die sie Ihm bringen sollten, und als sie es so machten, dann vermochten sie das Netz vor der Menge der Fische nicht mehr zu ziehen. Wie nahe waren ihnen die Fische, wie nahe lag der Segen! Aber das Netz mußte auf Sein Wort hin ausgeworfen werden und zu der von Ihm bestimmten Zeit (am frühen Morgen) und an dem von Ihm bestimmten Platz (zur rechten Seite). Wie oft vergessen wir doch dieses und wie nötig haben wir es, immer wieder daran erinnert zu werden, daß wir ganz von Ihm abhängig sind und daß Er bestimmen muß, wann und wo wir das Netz auswerfen sollen, und daß diese Arbeit nicht durch unsere Kraft vollführt werden kann und daß es nicht eine Arbeit für uns ist, sondern wir nur durch Ihn und für Ihn zu arbeiten berufen sind.

(Fortsetzung folgt s. G. w.)

Markus 9,14-16.

Ein Wort über Streitigkeiten.

In dieser einfachen, aber sehr inhaltsreichen Stelle sehen wir die Jünger des HErrn angegriffen von der Volksmenge und den Schriftgelehrten wegen ihrer Unfähigkeit, einen Besessenen zu heilen. Die

Folge dieses Angriffes war - wie es oft zuzugehen pflegt - ein Streit. Freilich steht nicht da, daß die Jünger sich mit jenen stritten, sondern jene stritten sich mit diesen. Aber wenn diese nichts erwidert hätten, sondern sich stille um ihrer Untauglichkeit willen gebeugt hätten, so wäre es nicht zum Streit gekommen, sintemalen zum Streiten immer zwei - Personen oder Parteien - gehören! Möchten wir alle dies doch mehr bedenken!

Aber dies nur nebenbei! Wichtiger ist doch wohl noch der Grund, weswegen die Jünger in diesen traurigen Streit verwickelt wurden. Ihre Unfähigkeit ist, scheint's, doch nur die Veranlassung zu jener Auseinandersetzung, die nach dem inspirierten Wort ein Streit war; der Grund aber liegt tiefer! Und wo?

Der Herr Jesus war abwesend! Er kam erst zurück, nämlich vom Berge der Verklärung - von Tabors Herrlichkeitshöhe kam Er wieder herab und mitten hinein in das tiefste Elend der Welt und der von Satans Macht gequälten Menschen! Welch ein Gegensatz! - Er kam zurück, als der Streit schon in vollstem Gange war. Wäre es zum Streit gekommen, wenn Er nicht fortgewesen wäre? Sicher nicht! Also ist Sein Fortsein schuld gewesen? O nein! Aber durch dasselbe wurden Seine armen Jünger offenbar in ihrem Mangel an praktischem Glauben, d. h. dem Rechnen mit der allezeit vorhandenen Macht des HErrn. Daher mußten sie sich auch Seinen ernsten Tadel gefallen lassen, vergl. V. 29 mit Matth. 17,20.21! Ihr Unglaube war also schuld, ihr Unglaube, der nach V. 32 sich sogar vor dem Fragen nach unverstandenen Dingen fürchtet, ihr Unglaube, der sie in vielleicht wenigen Stunden nach diesem Offenbarwerden ihres schmerzlichen Mangels schon wieder mit ihrer eigenen Größe sich beschäftigen läßt! (V. 33ff.) Glauben heißt praktisch rechnen mit dem lebendigen Gott - Unglauben heißt mit sich selber rechnen! Wie oft muß es da Fehlschläge geben, und wie oft gab es solche bei den Jüngern!

Und solch ein Fehlschlag war jener Streit, zu dem es nicht hätte zu kommen brauchen, wenn die Jünger auf der Höhe des Glaubens gewesen wären! Ja, und wenn selbst das nicht - selbst wenn ihr Glaube für jene schwere Dämonenaustreibung nicht ausgereicht hätte - hätte er dann doch nur

ausgereicht zum stillen, demütigen Sichbeugen! Auch dann wäre, wie oben schon gesagt, der Streit vermieden worden!

Lehren diese Jünger auch uns etwas? Sicher, viel! Sind wir doch vor allem mehr noch als jene auf Glauben angewiesen; „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen!“ (2. Kor. 5,7.) Der Herr Jesus ist nicht da! Wohl aber ist statt Seiner Sein Geist hienieden, und wir, die wir durch den Geist das Leben haben, können und sollen auch durch den Geist wandeln (Gal. 5,25), also durch den Glauben und durch den Geist! Aber wenn wir das nicht tun, wenn wir unvorsichtig sind, den Geist betrüben, uns auf uns selber verlassen, uns selber trauen, uns für etwas hatten (vielleicht sogar für etwas „Großes“, vgl. Apg. 8,9.10, wenn auch nur in den allerfeinsten Anfängen!), dann werden sich für uns durch unsere Schuld ganz gewiß ähnliche Folgen der Abwesenheit des HErrn zeigen wie damals bei den Jüngern.

Sollte es nicht mit daher kommen, daß so oft unter uns Gläubigen Streitigkeiten sind? Streitigkeiten, vor denen wir so vielfach in der Schrift gewarnt werden? Laßt uns uns nur erinnern an 1. Tim. 6,3-5; 2. Tim. 2,14.23ff.; Tit. 3,9; Jak. 4,1! Welch ein Jammer, wenn Gläubige, die mit gleicher Liebe geliebt, durch das gleiche Blut erkauft und erlöst sind von dem eitlen, von den Vätern überkommenen Wandel (1. Petr. 1,18), mit dem gleichen Geist erfüllt sind oder sein sollten und sein könnten (Eph. 5,18) - wenn solche hochbegnadigten Menschen sich streiten, wie sich die Kinder der Welt, die Kinder des Ungehorsams, streiten und zanken! Welch ein demütigendes Bild vor eben dieser Welt, wenn Gläubige, die dem Wesen der Welt gestorben sind und sich praktisch der Welt und Sünde für tot halten dürfen, sich soweit vergessen, daß sie mit fleischlichen Waffen kämpfen und sich bekriegen, ja womöglich in besonderen Fällen mit dem Ruf und Gang zum irdischen Gericht liebäugeln oder drohen! (1. Kor. 6,1ff.; vgl. Apg. 7,26!) Welch ein beschämendes Schauspiel! Ist keiner unserer Leser in Gefahr, solches zu bieten? Betrifft uns diese Gefahr gar nicht?

Und nun, wie wäre es, wenn der Herr Jesus leiblich unter uns wäre? Wäre es da anders? Sicher für die, bei denen Er gerade leiblich wäre, die Ihn bei sich sähen! Aber die, welche Ihn nicht sehen, die

wären eben doch in der gleichen Gefahr, der jene Jünger erlegen sind. Daher müssen wir doch sagen: Wie unendlich viel besser sind wir jetzt nach des Herrn Jesus Auferstehung und nach der Geistausgießung daran, da der HErr jetzt im Geist allezeit bei uns ist, so daß wir wandeln können Augenblick für Augenblick so, als sähen wir Ihn (Hebr. 11,27, nach Luther)! Sähen wir Ihn im Glauben wirklich immer, wo blieben da die Streitereien? Wo blieben da die bösen, traurigen Zungensünden, die so viel Zwietracht anrichten, wo die Lieblosigkeiten in Wort und Werk, durch die ganze Gemeinden zerrissen werden, wo das viele auf seinem eigenen Recht Bestehen und sonstige Fleischlichkeiten?! Aber Geschwister - warum denn sehen wir Ihn nicht so wie wir sollten und könnten? Warum handeln wir nicht völliger nach 2. Kor. 3,18, warum handeln wir so oft so, als seien wir von Ihm allein gelassen in der Welt, warum wandeln wir nicht mehr im Geist, wozu wir doch das Recht und die Gnade haben?! Möchten wir die reichlich vorhandene Gnade nehmen und demütig genug sein, sie uns schenken zu lassen! (1. Petr. 5,5; Jak. 4,6.) Wie köstlich, wenn wir an unserem Teile ein wenig davon verwirklichen würden, was Ps. 133 steht! In der Nähe unseres Hohenpriesters - wird der Duft Seiner Salbung uns so gefangen nehmen und einhüllen, daß wir das Streiten vergessen, frühe benetzt vom Tau des Hermon, vom göttlichen Tau - und der Tau fällt stets morgens! -, werden wir fähig, den Tag über die Gesinnung Christi zu offenbaren und werden so Segenskanäle für andere werden! Ach, möchte es so sein! Möchten wir, jeder Leser an seinem Teile, durch Seine Gnade ein Ende machen mit dem Streiten, sowohl mit den Veranlassungen und dem Veranlassunggeben dazu als auch mit dem Streiten, d. h. dem sein-vermeintliches-Rechtsuchen selbst! (Röm. 12,16ff.; vergl. auch Jahrb. 9, Seite 228, „Ratschläge“ Nr. 1!) Möchten wir uns über das viele Zukurzkommen beugen!

Zum Schluß noch eins: Wie schön ist es, zu sehen, daß unser geliebter HErr, dem die armen, unvollkommenen Jünger hienieden so viel Mühe machten, Sich bei diesem Angriff des durch sie enttäuschten Volkes auf die Seite der Seinen stellt! Dem Feind gegenüber deckt Er die Seinen stets (Mark. 9,16), sogar hier, wo ihr Unglaube solche beschämenden Folgen hat. So hebt auch im Großen der Unglaube Israels Gottes Treue und Berufungen nicht auf. (Röm. 9-11!) Und so steht der treue

HErr, unser großer Hoherpriester, auch heute für die Seinen ein, wenn sie von der Welt angegriffen werden und leiden müssen, weil sie Sein eigen sind. (Apg. 9,4.) Aber wenn Er die Seinen beiseite nimmt, wenn sie geistlicherweise mit Ihm allein sind, dann werden sie durch Zucht unterwiesen! Denn Er läßt uns, den Seinen, nie etwas durchgehen, dazu hat Er uns viel zu lieb. Er reinigt uns z. B. durch Leiden oder durch Sein Wort, damit wir mehr Frucht bringen! Gepriesen sei Sein herrlicher Name und bewundert sei Seine Liebe!

F. K.

Liebe zu allen Heiligen.

(Eph. 1,15.)

Tief im Herzen eines jeden wahren Christen ruht die Liebe zu allen anderen Christen, ganz gleich, auf welchem Erdteil sie auch wohnen, welche Hautfarbe und welchen Namen sie auch tragen mögen. Allerlei Dinge und Umstände mögen zwar das Sichtbarwerden dieser Liebe verhindern, aber das ändert nichts an der Tatsache, daß in dem Herzen jedes wahren Christen Liebe zu den Brüdern wohnt. Paulus schreibt den Thessalonichern (4,9): „Ihr seid von Gott gelehrt, einander zu lieben“, und Johannes sagt (1. Joh. 5,1): „Jeder, der den liebt, welcher geboren hat, liebt auch den, der aus Ihm geboren ist.“ Wenn wir also aus Gott geboren sind, lieben wir jeden, der auch aus Gott geboren ist.

Aber trotz dieser Tatsache ist es dennoch nötig, daß die Gläubigen ermahnt werden, „die Brüder“ zu lieben. Denn diese Liebe soll sich durch nichts unterdrücken lassen, weder durch Gefängnis noch durch Ketten oder Bande, wie es manchmal geschehen ist. Deshalb sind auch Ermahnungen und Aufmunterungen für die Liebe notwendig, und wir finden solche in Fülle in der Schrift: „Kinder, laßt uns nicht lieben mit Worten, noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit.“ (1. Joh. 3,18.) „Geliebte, laßt uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott

geboren und erkennt Gott.“ (1. Joh. 4,7.)

Liebe zueinander soll das unterscheidende Kennzeichen der Jünger des HErrn sein. (Joh. 13,35.) Sind wir mit diesem Kleide, dem schönsten und köstlichsten, geschmückt, so werden wir von allen Menschen als Nachfolger Dessen erkannt werden, in dem die Liebe ihre vollkommene Entfaltung hier auf Erden gefunden hat. „Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen.“ (1. Joh. 3,16.) Seine Liebe zu uns soll der Maßstab sein für unsere Liebe zueinander.

Und wer sind „die Brüder“, denen wir bereit sein sollen zu helfen und zu dienen in Liebe, selbst bis zur Hingabe unseres Lebens? Sind es nur die, mit denen wir in allen Dingen gleichgesinnt und mit denen wir in schattenloser Gemeinschaft verbunden sind? Dann wären „der Brüder“ wahrlich wenige und klein der Kreis, in dem unsere Liebe sich zu erweisen hätte. Aber Gott sei Dank, so ist es nicht! Wohl kennen wir diese Brüder am besten, aber das Herz, das mit dem Herzen Christi in Übereinstimmung schlägt, wird sich sträuben und der Neigung widerstehen, seine Gedanken, Liebe und Zuneigungen von der ganzen Familie Gottes abzutrennen und nur einem kleinen Kreise zuzuwenden. Christi Herz liebt alle, und wir werden ermahnt, mit Inbrunst, aus reinem Herzen und ungeheuchelt die Brüder zu lieben: „Da ihr eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe, so liebet einander mit Inbrunst aus reinem Herzen.“ (1. Petr. 1,22.) Dieses Wort umfaßt jeden „Bruder“, welcher Art und Sprache und Volk und Nation er auch sei.

Wir wissen, daß wir in einer Zeit leben, wo die Gemeinde als das Haus Gottes gleich der „Hütte“ Davids (Apg. 15,16) „verfallen“ und „in Trümmern“ liegt und die Zerrissenheit des Volkes Gottes nach allen Seiten hin geschaut wird. Wir wissen, daß wir im Blick auf diese Dinge ermahnt werden, uns von bösen Menschen, die von der Wahrheit abgeirrt, und von „Gefäßen zur Unehre“ hinwegzureinigen. Wir wissen, daß wir streben sollen nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen. (2. Tim. 2,14-26.) Aber während wir dieses alles

mit der größten Sorgfalt beobachten, darf doch die Liebe nicht erkalten und nicht aufhören, alle „Brüder“ zu umschließen und sich allen zuzuwenden, die unseren Herrn Jesus Christus in Aufrichtigkeit und Wahrheit lieben.

Sicherlich waren es dunkle Tage, als Ahab regierte und Isebel Königin war und die Baalspriester im Schutze des Thrones sich breit und wichtig machten und das einige Reich unter David und Salomon zerfallen und zerteilt war, aber der Mann Gottes, Elias, baute in diesen dunklen Tagen auf dem Berge Karmel seinen Altar von zwölf Steinen. Vor seinem Auge stand das zwölfstämmige Volk als ein Volk in unlösbarer Einheit.

Es ist kaum nötig, zu sagen, daß Gemeinschaft ein viel engerer Begriff ist als Liebe. Im Himmel wird es nicht so sein, aber auf Erden ist es so. Wie manche unserer Brüder haben, ach, in so schriftwidrigen Dingen ihre Hand und stehen in solchen Verbindungen, daß Gemeinschaft in der Tat für den unmöglich ist, der dem HErrn treu und Seinem Worte gehorsam sein will. Christliche Gemeinschaft muß die göttliche Wahrheit zur Grundlage haben, und Gemeinschaft, die auf einem anderen Grunde ruht, ist nicht der Ausdruck der göttlichen Liebe: „Hieran erkennen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und Seine Gebote halten.“ (1. Joh. 5,2.) Ein gewichtiges Wort, das wir gut tun im Gedächtnis zu behalten.

Mit Sorgfalt aber müssen wir über uns wachen, daß wir nicht nach der anderen Seite hin irren und unter dem Vorwande der Treue lieblos und nach dem Fleische handeln. Wie manche Brüder, von denen wir überzeugt waren, daß sie in verkehrten Stellungen standen, sind für immer abgestoßen worden durch ungezügelten fleischlichen Eifer, der dann mit Treue zum HErrn und mit Sorge für Seine Ehre entschuldigt wurde. Zugegeben, daß solche Brüder auf einem Wege waren, den wir nicht mit ihnen gehen durften, aber darf die Liebe deswegen mangeln? Laßt uns nicht Liebe mit Gemeinschaft verwechseln, indem wir meinen, weil wir mit Brüdern in ihren Wegen nicht Gemeinschaft haben können, daß wir deshalb ihnen auch nicht Liebe zu erweisen nötig haben.

„Geliebte, laßt uns einander lieben, denn die Liebe ist aus Gott.“ (1. Joh. 4,7.) Diese Liebe, die aus Gott ist, wird immer die Zeichen des Verbundenseins mit Gott und der Wahrheit tragen und sich nie so zeigen, als sähe sie über Sünden und Ungehorsam hinweg, aber sie wird uns auch stets an das ewige Band erinnern, das uns mit jedem Heiligen verbindet. Ein Band, welches kein Fehlen, weder von unserer noch von ihrer Seite, jemals zerreißen kann. Laßt uns von der Höhe des Felsens mit dem Auge des Allmächtigen das Volk Gottes anschauen. Laßt uns von ihnen immer als Brüdern, als herzlich „geliebten und ersehnten“ Brüdern sprechen, wenn wir ihnen auch mit Herzeleid sagen müssen, daß wir auf solchen Wegen, die von dem Worte der Wahrheit abweichen, nicht mit ihnen zusammen gehen können. Dennoch aber sind sie unsere Brüder, ein Teil der Gemeinde, die Christus geliebt hat und liebt, Kinder derselben Familie, mit denen wir bald auf ewig vor dem Angesichte des HErrn vereint stehen werden. Mit aller Entschiedenheit laßt uns fest den geraden Weg nach der Wahrheit behaupten und auch nicht einmal einen Schein geben, als achteten wir ein auch nur geringes Abweichen von dem Worte als unerheblich, sondern laßt uns vielmehr mit allem Ernst darauf hinweisen, daß durch anfänglich kleine Abweichungen alle die Spaltungen und die Zerrissenheit unter dem Volke Gottes hervorgebracht worden sind. Wenn wir so mit Herzensentschluß dem HErrn anhangen und Sein Wort festhalten, mag es sein, daß wir einsam und unverstanden den schmalen Weg zu gehen haben, aber auf diesem Wege laßt unsere Herzen weit und mit Liebe zu allen Heiligen erfüllt sein.

S. T. - v. d. K.

Einige Worte über Matthäus 24,32-44.

Der Feigenbaum in V. 32 ist das bekannte Symbol der jüdischen Nation, so wie wir es auch im 21. Kapitel finden, wo der Feigenbaum Blätter trug und deshalb dem Fluche übergeben wurde; ein Bild von Israel, welches jetzt unter dem Fluche steht, bis daß Christus kommt und Sein Reich aufrichtet.

Einen kleinen Unterschied finden wir in diesem Ausspruch in dem Lukas-Evangelium; dort heißt es Kap. 21,29: „Sehet den Feigenbaum und alle Bäume.“ Lukas zieht den Gesichtskreis weiter als Matthäus, er schließt die Nationen mit ein und spricht besonders im Blick auf die Zerstörung Jerusalems und auf die Zeiten der Nationen; deshalb der Unterschied. Es ist nicht der vertrocknete Baum, sondern der Baum in den Zeichen des Lebens.

Matthäus schreibt: „Wenn sein Zweig schon weich geworden ist und die Blätter hervortreibt, so erkennet ihr, daß der Sommer nahe ist“ (Vers 32), d. h., daß das Ende dieses Zeitalters und der Anfang des neuen unter der Herrschaft des Messias nahe ist.

Wie feierlich warnt der HErr „dieses Geschlecht“ - dieses ungläubige Geschlecht. Er sagt: „Es wird nicht vergehen, bis alles dieses (was Er zuvor geredet hat) geschehen ist.“ Der Unglaube sieht den Himmel und die Erde als das Allerbeständigste an; aber der HErr sagt: „Der Himmel und die Erde werden vergehen, aber (fügt Er hinzu) Meine Worte (ob es Worte über Israel oder über andere Dinge sind) sollen nicht vergehen.“

So sicher jedes Wort auch seine Erfüllung finden wird, so sagt der HErr doch, daß von dem Tage und der Stunde, wann dieses alles geschehen wird, nur der Vater weiß.

Dann sagt der HErr Vers 37: „Aber gleich wie die Tage Noahs waren, also wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein.“ Mit der Ankunft des Sohnes des Menschen ist nicht Sein Kommen in die Luft gemeint, wohin die Seinigen Ihm entgegengerückt werden, sondern Sein Kommen inmitten Seiner heiligen Tausende, „Gericht zu halten“ und Sein Reich aufzurichten, von welchem wir in Vers 30 und Matth. 25,31 lesen.

Jene Tage vergleicht der HErr in Vers 38 mit den Tagen Noahs. In diesem Vorbilde sehen wir die Errettung Noahs und seines Hauses aus der Sintflut; sie geschah, indem er, eingeschlossen in die Arche, bewahrt durch die Wasserflut, hindurchging und so gelassen wurde für den Segen der neuen Erde. (Für die Errettung der Gemeinde gebraucht der Heilige Geist das Vorbild Henochs, der durch

Erde. (Für die Errettung der Gemeinde gebraucht der Heilige Geist das Vorbild Henochs, der durch seine Entrückung gen Himmel aus dem Gebiete des Gerichtes hinweggenommen wurde.)

„Alsdann werden zwei auf dem Felde sein, einer wird genommen und einer gelassen, zwei werden an dem Mühlstein mahlen, eine wird genommen und eine wird gelassen. (Vers 39.40.) Dieses heißt, der eine wird durch das Gericht hinweggenommen, und der andere wird für die Segnung Seines Reiches hier gelassen. (Wie schon oben angedeutet, ist es umgekehrt, wenn die Gemeinde entrückt wird, die lebenden Gläubigen werden aufgenommen zur Herrlichkeit, und die Zurückgelassenen werden bleiben für die Gerichte in der großen Drangsalszeit.)

Nach der Entrückung der Seinigen wird der HErr auf dieser Erde in den Tagen der großen Trübsal wieder mit Israel zu handeln beginnen, um die Dinge der irdischen Segnungen, die mit der Aufrichtung Seines Reiches auf Erden in Verbindung stehen, vorzubereiten. Wenn Er dann kommen wird inmitten Seiner heiligen Tausende, werden die Bösen (wie in dem Bilde der Tage Noahs) durchs Gericht hinweggenommen und die Gerechten gelassen werden zum Eingang in Sein Reich.

In den Versen 42-44 sagt der HErr: „Wachet, denn ihr wisset nicht, zu welcher Stunde euer HErr kommt.“ Alle, die Ihn „HErr“ nennen, und auch alle, die Ihn als solchen anerkennen, werden in diesem Worte von dem HErrn zur Wachsamkeit ermahnt, da alles in überraschender Schnelle geschehen wird. Seine Handlungen in der Mitte des ungläubigen Geschlechtes enden mit der Befreiung der Gerechten und andererseits mit dem Gerichte der sich in Sicherheit wiegenden Ungläubigen.

Diese Verse 42-44 sind schon Übergangsverse, die ein weiteres Gebiet berühren als allein das der Juden. Die Stimme der Warnung ist eine allgemeine und richtet sich an alle die, die Ihn (ob von Herzen oder nur mit den Lippen) als „Herrn“ bekennen. So wie Israel einst die Offenbarungen Gottes verwarf und das Gericht über sich brachte, so kann man schon hier in dieser Mahnung auch die Christenheit einschließen, die die noch größeren Offenbarungen Gottes verwirft. Alle, die Gott

fürchten, erhalten hier die ernste Mahnung, bereit zu sein, da Sein Kommen ganz plötzlich und unerwartet geschehen wird.

Von Vers 45 bis Kap. 25,30 haben wir Gleichnisse, welche sich in besonderer Weise auf das Reich der Himmel beziehen, jener Zeit der Abwesenheit des HErrn, die das Christentums-Bekenntnis betrifft.

v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 4

Warum ist in 3. Mose 23 in Verbindung mit dem Speisopfer (V. 16) von gesäuerten Webebroten die Rede (V. 17), während doch nach Kapitel 2,4ff. das Speisopfer ungesäuert dargebracht werden sollte?

Antwort

Weil diese Webebrote die Gemeinde darstellen und die, welche dieselbe bilden, die Sünde noch in sich haben. Sie wird im Vorbilde als mit Christo auferstanden betrachtet. Er, „die Garbe der Erstlinge“, sie „ein neues Speisopfer“, „Erstlinge“, 50 Tage nach Seiner Auferstehung durch die Ausgießung des Heiligen Geistes dazu gemacht.

Die zwei Brote wurden wohl dar-, d. h. herzugebracht, aber nicht auf den Altar gelegt, was vorsorglich in V. 12 des 2. Kap. (3. Mose) ausdrücklich festgelegt wird.

Es ist nicht schwer herauszufinden, daß das Speisopfer in seinen verschiedenen Zubereitungsformen die sündlose menschliche Natur unseres HErrn darstellt, welche Sich in allen Erprobungen als ein

Wohlgeruch für Gott erwies. Unsere Natur, die auch „Fleisch“ heißt, ist und bleibt sündig; sie wird daher nicht zum Opfer gefordert, ist vielmehr dem Gericht überliefert worden im Tode Christi. Wohl aber sollen wir unsere Leiber darstellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlacht-Opfer! (Röm. 12,1.)

F. Kpp.

Frage 5

Was bedeutet Eph. 4,8-10? Hat diese Stelle Beziehung zu 1. Petr. 3,18-22 und 4,6?

Antwort A

In Eph. 4 haben wir die Kundgebung des Sieges des Herrn Jesus und die damit verbundenen Gaben und Segnungen, mit denen der Sieger Seine Gemeinde in Seiner unwandelbaren Liebe überschüttet.

Hingegen wird uns in 1. Petr. 3,18-22 mehr die sühnende Seite Seines Werkes gezeigt. Es handelt sich da um Schuld, doch in Eph. 4 um Bildung der Gemeinde, gemäß der Vollständigkeit Seines Sieges und der Vollkommenheit Seiner Liebe zu ihr.

Da im 1. Band dieser Zeitschrift in Frage 41 eingehend über 1. Petr. 3. u. 4 geschrieben worden ist, erübrigt es sich jetzt, näher darauf einzugehen. (Vgl. noch Jahrb. 8, Frg. 17! D. Schriftl.)

Doch wollen wir versuchen, mit des HErrn Hilfe einige Gedanken über eines der merkwürdigsten, inhaltsreichsten und feinsinnigsten Kapitel des Wortes Gottes zu schreiben.

Eph. 4 fängt damit an, daß der größte Apostel, der Träger eines besonderen Zeugnisses und das Gefäß außergewöhnlicher Offenbarungen, ein Gefangener im HErrn ist, d. h. um Seinetwillen, der ausgesprochen in diesem Abschnitte des Wortes Gottes als Sieger über jede feindliche Macht, jedes

antigöttliche Hindernis und jedes Hemmnis uns vorgestellt wird. Wir stehen nicht an zu sagen, daß wohl in keinem Teil der Schriften Sein Sieg in einer solchen Übergröße uns gezeigt wird wie gerade hier. Der Heilige Geist gebraucht hier, wie überhaupt in der ganzen Epistel, die vollendetsten, inhaltschwersten und gedankenreichsten Ausdrücke, um uns einen ahnenden Einblick in die Vollständigkeit und Vollkommenheit des Sieges der Ewigkeit, der von keinem übertroffen wurde, noch je übertreffen wird, zu gewähren. Es ist darum so, weil alles, wie Gott es sieht, dargestellt wird und nicht wie wir es verstehen.

Möge es uns durch Seine Gnade verliehen sein, den HErrn und Seinen Sieg besser verstehen zu lernen!

In Markus 16,19 steht geschrieben, daß der HErr „in die Himmel“ aufgenommen wurde. In Hebr. 4,14 wird Er uns gezeigt als Der, welcher „ durch die Himmel“ geht, dann in derselben Epistel 7,26, daß Er „höher als die Himmel“ geworden ist. Hier aber wird noch eine ausdrucksvollere Sprache gebraucht, „über alle Himmel“ (V. 10). Christus als auferstandener Mensch in Seinem Siegeszuge, der alles Dagewesene für immer in den Schatten stellt, indem Er das gesamte Weltall moralisch unter Sich und hinter Sich läßt und dort als Mensch eingeht, wo noch nie ein Mensch eingegangen ist, in die ungeschaffene Wohnung der Gegenwart des ewigen Gottes. Weil es so ist, wird das gesamte Weltall erfüllt werden von Ihm und Seiner Herrlichkeit; von Ihm und den Segnungen Seines Sieges. In der Ewigkeit werden wir die Tragweite Seines Sieges besser ermessen lernen, dessen Segnungen wir, die wir Seine Gemeinde, Sein Leib sind, jetzt schon teilhaftig werden. In Eph. 4,7 wird uns die Unumschränktheit des HErrn als Mensch - nicht als Gott, darum wird Er auch mit dem Namen oder der Bezeichnung: „Christus“ belegt - vorgestellt. Er gibt jedem, wie Er es für gut findet. Er ist der Geber, weil Er als Mensch der Sieger ist. Darum finden wir in Vers 8die Kundgebung des Sieges. Er hat die Macht des Feindes gebrochen. Dieser, der uns gefangen hielt, ist der Gefangene unseres HErrn geworden. Wir haben es mit einem geschlagenen Feind zu tun. Welche Gnade!

Vers 9 zeigt uns, wie dieser Sieg errungen wurde und wie es möglich war, daß der HErr als Mensch

hinaufgestiegen ist über alle Himmel, weil Er am Kreuze den tiefsten Platz einnahm.

Das Wort in Vers 9: „... hinabgestiegen ist in die unteren Teile der Erde“ bedeutet nicht etwa, daß der HErr nach Seinem Abschiede in Seinem Geiste dahinging, sondern, daß Er, der als Mensch „hinaufstieg“ - ein Geist steigt nicht hinauf noch hinab, vgl. Apgesch. 2,34 -, auch als solcher hinabgestiegen ist und als Mensch am Kreuz moralisch den tiefsten Platz eingenommen hat. Einen noch tieferen Platz konnte der HErr nicht nach Seinem Abscheiden in dem getrennten Zustand der drei Tage Seines Todes einnehmen. Nie wird in der Schrift von einem besonderen Worte des HErrn während der drei Tage gesprochen. Es sei denn, daß man Luk. 23,43 dazu macht. Darum hat Er auch als Mensch den höchsten Platz im Weltall inne. Das Kreuz und Seine leibliche Auferstehung sind die Säulen Seines Sieges, sie stützen den Thron des Allmächtigen und bilden die Grundlage der Unüberwindbarkeit der Gemeinde des lebendigen Gottes.

Christus hat als Mensch gesiegt; obwohl Er Gott ist, mußte die Frage zwischen Gut und Böse, Leben und Tod, Wahrheit und Lüge, Licht und Finsternis in dem Menschen Christus gelöst werden. Als Mensch empfing Er Gaben von Gott - vgl. Apgesch. 2,33 -, und zwar für Menschen, nämlich die Gemeinde, in den Menschen, d. h. in den Gaben: Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer, welche jetzt mit dem wunderbarsten Dienst betraut sind, in der Welt, wo Satan noch ist, Seinen Sieg zu proklamieren. Sie sind die Herolde Seines Sieges in der Welt, wo der Sieg am Kreuz errungen wurde; sie selbst und so auch jeder Errettete sind lebendige, ewige, göttliche Denkmäler Seines Sieges bis zu dem Augenblick, wo nicht nur ein Teil der sittlichen Schöpfung - sondern das gesamte Weltall, auch die stoffliche Schöpfung, erfüllt sein wird von Ihm, von Ihm allein. Er, der es allein wert und würdig ist, Ihm sei Preis, Dank und Anbetung!

K. O. St.

Frage 6

Ist in Phil. 4,5 in den Worten „der HErr ist nahe“ auf das baldige Kommen des HErrn hingewiesen, oder redet diese Stelle von dem für die Seinen allezeit tröstlichen Nahesein des HErrn im Geist?

Antwort

Die Bibelerklärer früherer Tage, besonders „kirchliche“, verstehen dies Wort wohl meist in dem letztgenannten Sinne, da ihnen der Gedanke an das jeden Tag zu erwartende Wiederkommen des Herrn Jesus einfach nicht vertraut, weil noch nicht als biblische Wahrheit bekannt ist. Und da diese Stelle mit dieser Erklärung ja auch einen an sich richtigen Sinn gibt, indem die beständige tröstliche Gegenwart Jesu, wie Er Selber gesagt hat: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage“ (Matth. 28,20), die Gläubigen fähig macht, sowohl einer ungläubigen Menschheit Gelindigkeit zu erzeigen (vgl. den Aufsatz in dieser Lieferung über Mark. 9!), als auch ohne Sorgen durchs Leben zu gehen, so begnügt man sich gern mir dieser Deutung, ohne sich weitere Gedanken zu machen.

Aber diese Bedeutung hat vorliegendes Wort nach dem Zusammenhang nicht. Wir wissen aus vielen Steilen des N. T., daß der Apostel Paulus in der steten Erwartung des Kommens des HErrn für die Seinen lebte und daß er sich erst ganz am Schlusse seines arbeitsreichen Lebens darüber klar war, daß er noch durch den leiblichen Tod zu gehen haben würde. (Man vergl. z. B. den 1. Thessalonicherbrief und 1. Kor. 15,51ff. mit vor allem 2. Tim. 4,6ff.!) Und so weist der Zusammenhang von Phil. 4,5auch deutlich hin auf das Kommen des HErrn, wie ein einfacher Blick auf Kap. 3,20.21 zeigt. Der Apostel sagt uns: weil wir den Herrn Jesus Christus als Heiland unseres Leibes erwarten - denn Geist und Seele sind bereits errettet, der Leib wird es erst durch Christi Wiederkunft, um V. 21 zu verwirklichen -, „daher“ (Kap. 4,1-6) 1. Stehet fest im HErrn! 2. Seid einerlei gesinnt im HErrn! 3. Stehet einander bei! 4. Freuet euch im HErrn! 5. Laßt eure Gelindigkeit kund werden allen Menschen ... 6. Seid um nichts besorgt, sondern 7. betet vielmehr! Und in diesem Zusammenhange steht in V. 5die Ermunterung: „Der HErr ist nahe“. Warum gerade hier? Vielleicht, weil hier der einzige Punkt ist, wo der Blick des Gläubigen auf „alle Menschen“, also auf die Welt in

weil hier der einzige Punkt ist, wo der Blick des Gläubigen auf „alle Menschen“, also auf die Welt in erster Linie gelenkt wird. Im Blick auf die Welt, die Ungerechtigkeit der Menschen, die dem Gläubigen oftmals zu schaffen macht, da mag es diesem manchmal schwer sein, gelinde und nachgiebig zu sein, sein eigenes Recht hintenan zu stellen und sich auch mal treten zu lassen. Da darf das Kind Gattes, das errettet ist aus der Welt und das einem Ziel der Herrlichkeit - Erlösung des Leibes - entgegengeht, gegen das die Dinge hienieden gar nicht in Betracht kommen, sich bewußt sein - gerade als ob es unter den Bedrückungen der Welt das in 3,20.21 Gesagte vergessen hätte -: (dennoch) „der HErr ist nahe!“ Er kommt bald, Er nimmt meinen Leib der Niedrigkeit aus all den irdischen Schwierigkeiten und Demütigungen heraus, und Er wird auch all das Ungerechtleiden hienieden zurechtbringen und lohnen. Um Seinetwegen können wir allen Menschen gegenüber - Ungläubigen und Gläubigen - gelinde sein, denn Er kommt! Andererseits, wenn wir auf unser vermeintliches Recht pochen und nicht gelinde sind, sondern gar zornmütig und sehr irdisch gesonnen - denken wir wohl daran: „Der HErr ist nahe“! Und dann heißt‘s „offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi“ nach 2. Kor. 5,10!

Also nach dem Zusammenhange ist es schon klar, daß diese Stelle nicht von der, wenn auch noch so tatsächlichen und wirksamen, immerwährenden geistlichen Gegenwart des HErrn redet, sondern von der Nähe Seines Kommens, das uns tüchtig macht, gesinnt zu sein im praktischen Leben wie Er (Phil. 2,5!).

Aber nun noch eins: Auch der Wortlaut der Stelle verlangt diese letztere, das Kommen des HErrn betreffende Bedeutung, wie uns ein einfacher Vergleich dieser Stelle mit einigen ähnlichen zeigt. Vergleichen wir bitte folgende Stellen, in denen allen das Wort „nahe“ im absoluten Sinne angewandt ist: Matth. 24,32f. (Mark. 13,28f.; Luk. 21,30f.): „Der Sommer ist nahe“; heißt das, daß er (schon) gegenwärtig ist? Nein, sondern daß er „vor der Tür“ (vgl. V. 33) steht. Ferner Matth. 26,18: „Meine Zeit ist nahe“ (steht vor der Tür!); Offene 1,3: „Denn die Zeit ist nahe“; ist sie schon da? Nein, aber sie kommt bald! Jak. 5,8(.7-11).9: „Die Ankunft des HErrn ist nahe gekommen“. Übrigens ist hier der

Zusammenhang auch ganz ähnlich wie in Phil. 4! Noch eine Stelle: Joh. 2,13!

Also sowohl dem Zusammenhange wie dem Wortlaut nach weist Phil. 4,5 auf die nahe Ankunft des HErrn hin und wird so zur besonderen Kraft für das Handeln im Blick auf Menschen, die an die geistliche Gesinnung der Gläubigen hohe Anforderungen stellen.

Wie steht es nun mit uns? Warten wir praktisch auf unseres geliebten Herrn Jesus persönliche Wiederkunft? Gibt uns der Gedanke an Sein Kommen Kraft, Freude, Mut zum Ausharren und die Bereitwilligkeit, die flüchtig dahineilende Zeit auszukaufen nach Seinem Sinn? (Eph. 5,16.) Laßt uns aus Liebe zu Ihm von Ihm Gnade erbitten, Ihn täglich praktisch und tatsächlich zu erwarten! Das sollte unser vornehmstes, vernehmlichstes, glückseligstes Tun und Verhalten heute und morgen sein! Er kommt bald! „Der HErr ist nahe“. Er Selber spricht am Schlusse des Buches der Offenbarung, Kap. 22,20: „Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ichkomme bald“. Möchten wir mit Herzensverlangen Antworten: „Amen, komm, Herr Jesus!“ Und sicher, bald wird's sein! Wie herrlich!

F. K.

Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.

(Hebr. 11,15-19.) (Schluß.)

Der 15. Vers unseres Kapitels enthält das ernste Wort „zurückkehren“. Es führt uns vor Augen, daß es eine Möglichkeit gibt, zurückzugehen. Von jedem neuen Licht, von jedem neuen Segensweg, den Gott uns zeigt, können wir, wenn wir es wollen, uns zurückziehen. Man verstehe mich nicht falsch, ich meine nicht, daß ein Gläubiger verloren gehen kann, sondern daß, wenn Gott den Gläubigen durch das Wort der Wahrheit weiteres Licht gibt, es an dem Gläubigen ist, durch seinen Gehorsam zu beweisen, daß Gottes Gnade ihn frei gemacht hat von allem eigenen Willen, um dem HErrn zu folgen. Wir sind ein für allemal errettet, aber dann überläßt Er es sozusagen uns, ob wir Ihm von Herzen

folgen wollen. Er zwingt uns nicht, Ihm zu folgen, wir können es tun und auch lassen.

So sehen wir es bei dem blinden Bartimäus; als der Herr Jesus ihm die Augen geöffnet hatte, zwingt Er ihn nicht, Ihm zu folgen. Er sagt: „Gehe hin“. Aber was tut Bartimäus? Wir lesen, er folgte Ihm nach auf dem Wege. Er hätte mit der Volksmenge gehen können, aber er ging mit Jesus. Jesus hatte ihm sein Augenlicht gegeben, und er wollte jetzt Ihm folgen. (Mark. 10,46-52.)

So war es auch bei den Heiligen des Alten Testamentes. Sie kehrten nicht zurück, sondern sie gingen hin, ein besseres Vaterland zu suchen. Heute aber können wir Christen sehen, die, obgleich sie Christum als ihren Heiland angenommen haben, wieder zur Welt zurückkehren. Weil ihr Herz dorthin zurückgekehrt ist, deshalb wandeln sie wieder mit der Welt, als gehörten sie zu ihr, obgleich sie niemals wieder zur Welt gehören können. Das Kreuz, das uns von dem ewigen Verderben befreit hat, hat uns auch für immer von der Welt frei gemacht. Zwischen uns und der Welt steht das Kreuz Christi. Ich muß, wenn ich zur Welt umkehren will, gleichsam über das Kreuz Christi hinwegschreiten. Dies ist ein sehr ernster Gedanke.

Wenn die Heiligen des Alten Testamentes im Glauben die Verheißungen festhielten, wieviel mehr sollten wir, die wir einen lebendigen Heiland haben, der für uns bittet, dieses tun. Sie begehrten ein besseres Vaterland, und deshalb schämte Sich Gott nicht, ihr Gott genannt zu werden. Wie köstlich und gesegnet ist dieses! Abraham vertraute Gott in bezug auf eine Stadt, und Gott schämte Sich nicht, sein Gott genannt zu werden, denn Er hatte ihm eine Stadt bereitet.

Wenn nicht Seine unumschränkte Gnade über uns waltete, ich denke, Gott müßte Sich sehr oft Seines Volkes schämen, Sich schämen, von ihnen als ihr Gott angerufen zu werden. Nicht, weil Er sie nicht als Seine Kinder anerkennen möchte, das tut Er um Seines Sohnes willen, sondern weil Er Sich um ihrer Wege willen schämen muß, ihr Gott genannt zu werden. Wir wissen, was es ist, wenn wir uns des schlechten Wandels wegen eines Bruders oder einer Schwester schämen. Wenn wir mit jemand beisammen sind, an dessen guter Meinung uns viel liegt, und wir dann jenen Bruder oder

jene Schwester treffen, wie gern möchten wir dann an solchen vorübergehen, als hätten wir keine Beziehungen zu ihnen, und werden wir dann zur Rede gestellt, wie möchten wir dann so wenig wie möglich sagen von dem, was wir wissen!

Schämte Sich Gott Lots, als Er nicht in sein Haus gehen wollte? Die Engel wollten nicht in sein Haus hineingehen, als schämten sie sich seiner und seines Hauses. Und als sie hineingingen, taten sie es, um Lot zu schirmen und ihn dann so schnell wie möglich herauszuführen. „Gehet heraus,“ war ihr Wort zu Lot, „gehet heraus aus diesem Ort usw.“ Und sobald sie es konnten, verließen sie ihn. Wie ganz anders war es bei Abraham. Er wird „Freund Gottes“ genannt. (Jak. 2,23.) Gott sagt: „Soll Ich vor Abraham verbergen, was Ich tun will? Wie wenige mag es heute geben, die Gott so nennen und anerkennen kann. Wir jagen oft so unseren eigenen Dingen nach, daß wir Gott gar nicht soviel Raum lassen, daß Er mit uns wandeln und uns zu Seinen Freunden machen kann. Ist das nicht beschämend und demütigend?! Und andererseits wieder, wie gesegnet ist es, daß, obgleich Gott Sich oft Seines Volkes schämen mußte, Er doch niemals etwas von dem zurücknahm, was Er ihnen einmal gegeben hatte. Wen Er errettet, den errettet Er völlig. Sehen wir auf Petrus; er fehlte und er fehlte schrecklich. Nahm der HErr ihm die anvertrauten Schlüssel des Reiches weg? Nein, Er führte ihn zurück, Er stellte seine Seele wieder her und gab ihm noch Größeres, Herrlicheres, als das Reich war, hinzu, nämlich die Sorge für Seine Lämmer und Seine Schafe.

In den Versen 17, 18 und 19 sehen wir den Glauben als die treibende Kraft der Hingabe an Gott. Diese drei Verse enthalten etwas ganz anderes, als was wir bisher betrachtet haben. In den anderen Versen haben wir gesehen, was Gott Abraham gab. In diesen drei Versen finden wir, wie Abraham Gott etwas zurückgab von dem, was Gottes Liebe ihm gegeben hatte. Abraham hatte einen Sohn, einen, der ganz verschieden war von seinen anderen Söhnen. Dieser eine Sohn war ihm nicht auf dem bloß natürlichen Wege gegeben worden, sondern einzig und allein als eine Antwort Auf seinen Glauben an Gottes Verheißung. Gott hatte ihm gesagt, daß in Isaak sein Same gefunden werden solle, so daß mit Isaak alles stand und fiel. Abraham glaubte dies, und er empfing diesen Sohn, als

er hochbetagt und Sarah nicht mehr in dem Alter war, nach der Naturordnung ihm einen Sohn zu schenken. Nun stellte Gott Abraham auf die Probe.

Wir wollen hier beachten, daß Gott den Glauben Abrahams nicht im Anfang prüfte, als Er ihn berief. Er rief ihn zuerst heraus aus Ur in Chaldäa, dann führte Er ihn Schritt für Schritt, bis Er seinen Glauben gestärkt hatte. Dann gibt Er ihm das große Geschenk, den verheißenen Sohn, und alsdann tritt er an Abraham heran und fordert ihn gleichsam auf, Ihm den Sohn wieder zurückzugeben. Und trotzdem alle Segensverheißungen in diesem Sohne ihm gegeben waren, findet Gott Abraham bereit und willig, Ihm Isaak wieder zurückzugeben. Wie wenig wissen wir von solcher Bereitwilligkeit! Wir sind wohl bereit und froh, Ihm unsere Sünden zu bringen, weil wir wissen, daß sie uns in die Verdammnis führen, aber wie wenig sind wir bereit, Ihm etwas von den Segnungen, die Er uns gegeben hat, zurückzugeben!

Gott hatte Abraham in Hülle und Fülle gesegnet; Er konnte ihm nicht mehr geben, als Er ihm gab. Abraham wandelte mit Gott in der Vertrautheit eines Freundes, und Gott prüft jetzt Abraham, ob er bereit sei, Ihm von dem, was Er ihm gegeben, etwas zurückzugeben (1. Mos. 22). Er ruft: „Abraham!“, und Abraham Antwortet sofort: „Hier bin ich!“ Es ist ihm keine Frage, ob Gott auch wirklich ihn meine oder ihn riefe, sondern er erwidert sofort, so wie es einer tut, der im freundschaftlichen Verkehr mit dem anderen steht. Wie einfach spricht er: „Hier bin ich!“ Wie oft hören wir Gläubige miteinander im natürlichen Tone sprechen, sobald wir sie aber mit Gott reden hören, verändern sie ganz den Ton ihrer Stimme und die Weise ihres Sprechens. Warum das? Es mangelt ihnen an der Einfachheit. Sollten wir nicht alle in solcher Vertrautheit mit Gott wandeln, daß wir sagen können: Da ist keiner, mit dem ich so offen reden kann wie mit Gott? Ich meine, es sei niemand da, mit dem wir so einfach, so sachlich, so offen und so ungekünstelt reden könnten, als wie mit Gott.

Man sieht die Leute, wenn sie in die sogenannten Stätten des Gottesdienstes gehen mit geneigtem Haupte und verhaltenem Atem. Was beweist das? Sie wandeln in ihrem täglichen Leben nicht mit

Bewußtsein und aus Gewohnheit vor Gottes Angesicht. Gott steht nicht auf ein geneigtes Haupt; Er sieht auf ein geneigtes Herz. Sicher geziemt es uns, demütig zu sein. „Er ist der Hohe und Erhabene“, der, welcher „bei dem, der zerschlagenen und gebeugten Geistes ist“, wohnt, wie wir lesen in Jesaja 57,15. Wir können gewiß sein, daß Abraham demütig und zerschlagenen und gebeugten Geistes war, aber er war dabei einfach. Und, Geliebte, je mehr und je vertrauter der Verkehr mit Gott ist, desto einfacher werden wir sein. Antwortete Gott dem Pharisäer, der im Tempel, umgeben von den frommen Dingen der Religion, lange Gebete sprach? Wie wirklich sprach Gott aber dagegen mit dem Sünder, als er sich einfach und aufrichtig an Ihn wandte. Sieh den Herrn Jesus an, den niedrig gesinnten Jesus von Nazareth, wie Er mit dem Fischer Petrus redet oder mit Jakobus oder mit Johannes. Sieh, wie Er in Bethanien mit allerlei Leuten beim Mahle sitzt, Martha dient, Maria sitzt zu Seinen Füßen; schau auf Abraham, erbittet Gott, bei ihm zu essen, und Er tut es! Dies zeigt uns, wie einfach Gott mit Seinen Kindern verkehrt. In Jesus, wie Er mit Petrus redet und verkehrt, können wir Gott sehen im Verkehr mit Arbeitsleuten, denn Jesus ist Gott.

Wenn Menschen Abrahams Geschichte geschrieben hätten, so würden sie Einzelheiten und Ausschmückungen für die Bewunderung Abrahams hinzugefügt haben; wie einfach aber ist Gottes Bericht. Es heißt nur: „Abraham!“ und dann folgt Abrahams einfache Antwort: „Hier bin ich“. Gott fährt fort: „Nimm deinen Sohn!“ (Ismael betrachtet Er gar nicht als seinen Sohn.) „Nimm deinen Sohn, deinen einzigen“ - wie mußte das Abrahams Herz prüfen! diesen: „einzigen Sohn, den du lieb hast“ - „und opfere ihn“. Abraham sagt kein Wort; er fragt auch nicht, wie Gott dann Seine Verheißungen zu erfüllen gedenke; er sagt nicht einmal: „Warum?“, sondern ganz einfach und ohne jede Frage gibt er ihn hin. Sofort geht er ans Werk. Er weiß, er hat zu der Stätte zu gehen, die Gott ihm sagen wird, und so macht er sich bereit für die Reise von drei Tagen. Früh am Morgen steht er auf, dann sattelt er den Esel, nimmt zwei von seinen jungen Leuten und seinen Sohn Isaak mit, nimmt Messer und Holz, und ruhig und still bricht er auf. Der Glaube konnte Abraham dies alles tun lassen, die Natur hatte keinen Anteil daran.

In dieser dreitägigen Reise liegt mehr als allein, daß Abraham im Glauben seinen Sohn Isaak an die

In dieser dreitägigen Reise liegt mehr als allein, daß Abraham im Glauben seinen Sohn Isaak an die Opferstätte führt. Ich glaube, wir erblicken in dieser ein Vorbild von Gott Selbst, der Seinen eigenen vielgeliebten Sohn zur Opferstätte führt, um Ihn „für uns alle“ dahinzugeben. Aber doch sehen wir einen großen Unterschied: Er, der Seinen eigenen Sohn nicht verschonte, verschonte den Sohn Abrahams. Was mußte Gottes Herz empfinden während jener drei Jahre, in denen Er Seinen Sohn auf Erden als Opferlamm dem Kreuze auf Golgatha zuführte.

Am dritten Tage hob Abraham seine Augen auf und sah die Stätte in der Ferne. Er spricht mit den beiden jungen Leuten und bittet sie, daselbst zu verweilen, während er dorthin geht, um anzubeten. Isaak und er gehen jetzt allein weiter. Von diesem Augenblick an dürfen wir wohl sagen, treten wir in das Wesen und das Geheimnis des ganzen Vorganges ein. Alles ist jetzt Anbetung. Die wahrhaftigste Anbetung, möchte ich sagen, ist die, die kein Auge sieht und kein anderes Ohr vernimmt als Gottes Ohr. Nichts muß so widerwärtig für Gott sein wie Anbetung, die dargebracht wird, um von Menschen gehört und gesehen zu werden.

Den Gang Abrahams und Isaaks auf dem Wege zum Berge Morija möchte ich mit Gethsemane vergleichen. Dann, angekommen an dem Opferplatze, nimmt Abraham das Holz und legt Isaak darauf. Er ergreift das Messer, um seinen Sohn zu schlachten - er vollführt den Willen Gottes, und Gott sieht es als geschehen an, daß Abraham Ihm gegeben, was Er von ihm verlangt hatte, und Er gibt ihm seinen Sohn wieder.

Wie steht es mit uns? Gehen wir in Abrahams Fußstapfen? Hat Gottes Gnade nicht auch uns manch köstlichen Besitz anvertraut? Er gab ihn uns in Seiner Liebe, und wenn Er jetzt von uns fordert, Ihm denselben zurückzugeben, geben wir ihn bereitwillig und freudig wieder hin? Es mag der teuerste, süßeste, geliebteste Gegenstand unseres Herzens sein, wenn wir durch Gnade ihn dem HErrn hingeben, welch ein Zeugnis ist es für die Kraft des Glaubens! Dies ist etwas, was wir im Himmel nicht haben werden, nur hier auf Erden haben wir Glauben, und Gott versucht und prüft ihn

zu Seiner Herrlichkeit und zu unserem Segen. Er prüft unseren Glauben, um zu erproben, ob wir Ihm vertrauen, und wenn Er sieht, daß wir Ihm vertrauen, dann gibt Er uns viel mehr zurück, als Er von uns genommen hat.

Gottes Schatz wird dauernd vermehrt durch den Glauben Seines Volkes. Er führt uns durch mancherlei Versuchungen, wie Petrus sagt: „Auf daß die Bewährung unseres Glaubens viel köstlicher als die des Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird, erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.“ (1. Petr. 1,7.)

Der HErr gebe, daß wir alle mehr von dem Glauben haben möchten, der mit offenem Herzen den Segen, den Gott uns geben kann, aufnimmt und mit offener Hand Ihm im Geiste der Anbetung zurückgibt, was auch immer Er von uns fordern mag! W. - v. d. K.

Irrende Jünger und des HErrn Treue.

(Joh. 21.) (Schluß.)

Es ist köstlich, den HErrn anzuschauen, wie Er Seinen Jüngern hier in den Weg tritt. Er ließ ihnen die Schätze des Meeres in das Netz gehen. Wer konnte das tun, als nur Er allein! Er greift in unsere verkehrten Wege in einer Weise ein, wie nur Er es tun kann, damit wir Ihn daran erkennen sollen und überführt werden, daß Er es ist.

Johannes, der da schreibt: „Er offenbarte Sich aber also“, ist der erste, der Ihn an dieser Seiner Weise erkennt, und er sagt zu Petrus: „Es ist der HErr“. Der erste aber, der zu Ihm eilt, ist Petrus. Wir möchten denken, er sollte der letzte sein, der sich dem HErrn nahte. Hatte er ganz vergessen, was geschehen war? O nein, er vergaß es nie! Das zeigen uns seine Briefe. Das war keine Oberflächlichkeit, keine Gleichgültigkeit über seine Sünde. Das war die Frucht der Vergebung und die

Oberflächlichkeit, keine Gleichgültigkeit über seine Sünde. Das war die Frucht der Vergebung und die Wirkung seines gereinigten Gewissens.

Als er die Worte des Johannes hörte: „Es ist der HErr“, da konnte er nicht mehr warten, bis das Schiff das Land erreicht hatte. Er verließ, wie einst, das Boot und eilte zu Ihm. Er fragt nicht einmal wie in Matthäus 14: „HErr, wenn Du es bist, so befiehl mir, zu Dir zu kommen auf den Wassern“. Sein Herz zog ihn zu Christo hin. Nach jenen Begegnungen, die er mit dem HErrn hatte, weiß er, daß er dem HErrn willkommen ist. Er denkt nicht: „Ich bin so tief gefallen; es geziemt sich für mich nicht, der erste zu sein; die anderen, die nicht so tief gefallen sind, mögen vorangehen, ich muß der letzte sein“. Nein, niemand hatte Seine Liebe so erfahren wie er. Kein Schatten stand mehr zwischen ihm und dem HErrn. Seine Sünde war vergeben, sein Gewissen war frei. Die unwandelbare Liebe seines HErrn gab ihm die Freimütigkeit des Vertrauens. Möchte ein solches Vertrauen auch in unserem Herzen sein!

Hätte der HErr Sich freuen können, wenn Petrus schüchtern hintenan gestanden hätte, als sei er nicht würdig, Ihm nahe zu sein? Wie oft ist dies in unserem Herzen! Sind wir nicht auch schon gefallen? Liegen nicht Fehltritte und Verleugnungen auch auf unserem Weg? Haben wir nicht auch Seine vergebende Liebe erfahren und Seine reinigende Hand, die uns von der Ungerechtigkeit reinigte? Und doch, wie geschäftig ist der Feind, uns das Vertrauen zu Seiner Liebe und zu Seiner Gnade und zu der Völligkeit der Vergebung zu rauben!

Wie mußte es das Herz des HErrn erfreuen, als Er Petrus zu Sich kommen sah! Laßt uns Sein Herz nicht nach unserem Herzen beurteilen und nicht unser Herz zum Maßstab für das Seine machen! Du magst dich so schämen, daß du deine Augen nicht aufzuheben wagst, aber sieh das Blut und das Wasser, das aus Seiner Seite floß, als Er am Kreuze starb. Sieh Ihn an, wie Er als Sachwalter droben bei dem Vater ist, Er, der Gerechte, der Sich für dich verwendet, der für dich bittet, der da sagt, daß, wenn wir unsere Sünden bekennen, Er nicht nur treu und gerecht ist, daß Er uns die Sünden vergibt, sondern der auch sagt, daß Er uns reinigt von aller Ungerechtigkeit (1. Joh. 1,9; 2,1). Wie wunderbar

ist Seine ewige und unwandelbare Liebe, in der Er droben Sich für uns bei dem Vater verwendet! -

So völlig wußte sich Petrus von seiner Schuld gereinigt, daß einige Wochen später, als in Jerusalem das Volk der Juden zusammenlief, er ihnen sagen konnte, daß sie den Gerechten und Heiligen angesichts des Pilatus verleugnet hätten; zweimal führt er ihnen diese Schuld ihrer Verleugnung vor Augen. Sie hätten ihm Antworten können: „Genau so hast du es gemacht, du hast Ihn verleugnet schon angesichts einer Magd“. Wenn seine Wiederherstellung nicht eine so völlige gewesen wäre, meinst du, er hätte gewagt, diese Anklage zu erheben? Würde er sich nicht gesagt haben: „Gebrauche dieses Wort nicht, es geziemt sich nicht für dich, andere mögen es tun“? Aber kein Schatten seines Falles hinderte ihn an einem klaren Zeugnis für seinen HErrn. Dies zeigt uns die Herrlichkeit der Gnade und der völligen Vergebung. (Apg. 3,13.14.)

Als sie nun ans Land ausstiegen, sehen sie ein Kohlenfeuer liegen und Fisch darauf liegen und Brot. Das, was sie dort am Ufer sahen, war kein Fisch von den 153 Fischen, die sie gefangen, und kein Brot, welches sie bereitet hatten, denn sie hatten nichts zu essen. Das, was sie dort fanden, das hatte alles Seine Liebe für sie bereitet. Die Fische ihrer Arbeit sollten sie zu Ihm ans Ufer bringen. Er sagt: „Bringt her von den Fischen, die ihr jetzt gefangen habt“, und Petrus zog das Netz ans Land. Und dann ladet Er sie ein: „Kommet her, frühstücket“. Alles, was sie für ihre Bedürfnisse brauchen, finden sie durch Seine Liebe für sie bereitet. Die Frucht ihrer Arbeit sollte nicht Speise für sie sein. Ihre Speise war das Werk Christi, das, was Er für sie bereitet hatte. Wie leicht sind unsere Herzen geneigt, die Früchte unserer Arbeit zu genießen und uns zu nähren von dem, was wir auf Sein Wort hin gefangen haben. Aber der HErr zeigt uns hier, daß unsere Speise nicht das sein soll, was wir gefangen haben, sondern das, was Er für uns bereitet hat. Die Früchte unserer Arbeit sollen wir Ihm bringen. Sie sind für Ihn zum Ruhm Seiner Herrlichkeit. Am Ufer des Landes der Ruhe werden sie gezählt, und dort will Er uns zu Tische sitzen lassen und hinzutreten und uns bedienen (Luk. 12,37). Aber auch hienieden hat Er uns schon ein Mahl bereitet, wo wir geladen sind, zu essen und die Frucht Seiner Liebe zu genießen. Aber möchten wir nie begehren, unsere Seele an unserer Arbeit sättigen

zu wollen!

Keiner der Jünger wagte Ihn zu fragen: „Wer bist Du?“ Mit welcher Ehrfurcht blickten sie auf Ihn! Welch heilige Scheu und selige Gewißheit Seiner Gegenwart erfüllte ihre Seele. Keiner wagte Ihn zu fragen, „sie wußten, daß es der HErr sei“.

Am Schlusse dieses Ereignisses berichtet Johannes, daß dies das dritte Mal sei, daß Sich Jesus den Jüngern offenbarte. Johannes übergeht die Begegnungen, die der Auferstandene mit den einzelnen hatte. Diese Offenbarung des HErrn reiht der Apostel an die beiden, die er in dem 20. Kapitel beschrieben hatte, als die dritte an. Die erste war am Auferstehungsmorgen, die zweite fand eine Woche später mit Thomas statt, und die dritte ist diese. In diesen Worten: „Dies ist das dritte Mal, daß Jesus Sich den Jüngern offenbarte“ liegt ohne Zweifel eine tiefere Bedeutung. In dem ersten Male finden wir das Bild der Gemeinde, in dem zweiten Male sehen wir Israel und in dem dritten Male die Nationen, ein Bild des Anfanges des Tausendjährigen Reiches.

Bei dem ersten Fischzug in Luk. 5 sanken die Schiffe, und die Netze rissen, aber hier wird sehr bedeutungsvoll hinzugefügt, daß, obwohl der Fische so viele waren, das Netz doch nicht zerriß. An diesem Tage der dritten Offenbarung Christi im Tausendjährigen Reiche wird kein Zukurzkommen mehr sichtbar werden, das Netz wird nicht zerreißen, und alle die Früchte der Arbeit auf Sein Wort hin werden voll ans Ufer Seiner Gegenwart geführt werden.

Als sie nun gefrühstückt hatten, beginnt der HErr mit Petrus zu reden. Er fragt: „Liebst du mich mehr als diese?“ Welche Erinnerungen mußten diese Worte in Petri Herz wachrufen! Diese Frage, die ihm am Kohlenfeuer vorgelegt wurde, mußte sie ihn nicht erinnern an jenes Kohlenfeuer, an dem er wenige Tage zuvor in dem Kreise der Feinde gesessen hatte? Und doch, welch ein Unterschied! Dort waren es die feurigen Kohlen der Feinde Christi und hier die feurigen Kohlen der Liebe seines HErrn.

Der HErr hatte noch mit Petrus zu reden, aber Er tut es erst, nachdem Seine Liebe ihn gestärkt und erwärmt hatte. Die Tat- der tiefe Fall Petri - war restlos geordnet, aber der HErr hatte noch Tieferes

erwärmt hatte. Die Tat- der tiefe Fall Petri - war restlos geordnet, aber der HErr hatte noch Tieferes zu berühren als allein den Fall, auch dieWurzel mußte entfernt werden. Der Ausgangspunkt, die Wurzel des Falles, mußte aufgedeckt werden. Diese Wurzel war Selbstvertrauen, das sich über alle Jünger erhoben hatte. Er hatte gesagt: „Wenn sich alle an Dir ärgern werden, ich werde mich niemals ärgern“ (Matth. 26,33). Diese Wurzel mußte gerichtet werden, und der HErr fragt: „Liebst du Mich mehr als diese?“ Wie tief mußte diese Frage in Petri Herz hineinschneiden! Dreimal hatte Petrus verleugnet, dreimal fragt der HErr, dreimal legt Er das Messer an. Nichts durfte von der Wurzel geschont werden; das Werk mußte vollkommen sein. Wenn du siehst, daß um den veredelten Rosenstock sich Ausschüsse am Erdboden zeigen, so schneidest du diese nicht nur ab, du weißt, sie würden bald wiederkommen, sondern du gräbst tief hinein, ziehst die Wurzel hervor und entfernst sie. So legt der HErr hier bei Petrus das Messer an die Wurzel seines Falles. Es ist nicht genug, die einzelnen Taten zu verurteilen, auch die Wurzel, aus der die Taten hervorgegangen sind, muß aufgedeckt und gerichtet werden. Es ist nicht schwer, die Taten zu sehen, sie treten im täglichen Leben offen hervor, aber die Wurzeln dieser Taten liegen oft tief in unserem Herzen verborgen und werden sogar oft von uns selbst nicht erkannt und oft noch weniger von anderen, aber der HErr kennt die Wurzel. Sind solche Wurzeln in unserem Herzen? Es ist ein schmerzliches, bitteres Werk, sie aufzudecken. Sie liegen oft so tief und so verzweigt, daß wir der ganzen Gnade bedürfen, sie zu erkennen. Stolz, Eitelkeit, Habsucht, Leidenschaft, Lust usw. sind Wurzeln, die tief verborgen im Menschenherzen stecken. Möchten wir dem HErrn nicht hinderlich sein, wenn Er das Messer ohne Schonung daran legt! Diese Wurzeln haben ihren Ausgang und ihre Nahrung in dem Fleische, mit dem wir, solange wir hienieden sind, es zu tun haben, und beständig müssen sie unter dem Schneidemesser des Gerichts gehalten werden. Diese Stunde war sehr schmerzlich für Petrus, und sie ist nicht weniger schmerzlich für uns, aber sie bereitet uns zu, ein Gefäß zu sein, „geheiligt, nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet“ (2. Tim. 2,21).

Drei Fragen und drei Antworten haben wir in diesem Abschnitt. Der HErr richtet Seine Fragen nicht an Petrus als an Petrus, sondern an ihn als an Simon, Sohn Jonas, und zwar alle drei Male. Er nennt ihn

mit dem Namen seiner natürlichen Herkunft, mit diesem Namen, der das natürliche Gebiet seiner Schwachheit und seines Falles in sich schloß. Alles dieses war nötig für die Bloßlegung und Entfernung der Wurzel.

Petrus übergeht in der Antwort Die Frage, ob er Ihn mehr liebe als die anderen. Er vergleicht sich nicht mehr mit den anderen Jüngern. Er hat es nur noch mit sich zu tun, und er Antwortet: „HErr, Du weißt, daß ich Dich lieb habe“. Der HErr vertraut ihm nun Seine Lämmer an. Das zweitemal fragt der HErr: „Liebst du Mich?“ Es ist die Frage nach seiner Liebe zu Ihm persönlich, wie sein Herz Ihm zugetan sei. Und wiederum sagt Petrus: „Ja, HErr, Du weißt, daß ich Dich lieb habe!“ In den Antworten, welche Petrus dem HErrn gab, gebraucht er dem Urtext nach für „Liebe“ ein anderes Wort, als welches der HErr in Seinen Fragen gebrauchte. Als der HErr nun zum dritten Male fragte: „Hast du Mich lieb?“ da gebraucht der HErr für „liebhaben“ das Wort, welches Petrus in Seinen Antworten gebraucht. Er fragt somit gleichsam: „Ist das, was du sagst, wirklich so?“ „Liebst du Mich?“ Er berührt gewissermaßen noch einmal die Wurzel des Selbstvertrauens in seiner Seele: „Vertraust du dir, daß duMich liebst?“ Diese dritte Frage machte Petrus traurig und er läßt auch sein „Ja“ weg, welches er seinen Antworten bisher vorangestellt hatte. Er sagt jetzt: „HErr, Du weißt alles, Du erkennst, daß ich Dich lieb habe“. Er legt jetzt jeden Winkel Seines Herzens bloß, als ob er sagen will: „Andere können nach meinem Falle Liebe zu Dir in meinem Herzen nicht sehen, aber was andere nicht sehen können, das kannst Du, HErr, sehen, Du weißt alle Dinge, Du erkennst alles, und wenn an dem Maße der Liebe, das Dir gebührt, es auch noch mangeln mag, so hängt doch mein ganzes Herz Dir an, und Dein göttliches Auge vermag es zu erkennen, daß ich Dich lieb habe.

„Weide Meine Schafe.“ Es ist die ganze Herde, die der HErr ihm nun zu weiden übergibt, die Lämmer und Schafe, mit denen Sein Herz verbunden ist. Seine Lämmer, Seine Schafe, ihm vertraut Er sie an. Dem Gedemütigten, dem Petrus, der kein Vertrauen mehr zu sich selbst hat, der sich nicht mehr vergleicht mit anderen Jüngern, der da weiß, daß nur das allsehende Auge seine Liebe kennt und zu kennen vermag, das ist der Mann, dem der HErr Seine Schafe anvertrauen kann. Aber dem von sich

selbst eingenommenen Petrus, dem, der noch auf seine Liebe zum HErrn vertraute, dem konnte Er nicht Seine Schafe anvertrauen, den mußte Er demütigen. Wie sorgsam ist der HErr in der Wahl derer, denen Er Seine Schafe, die Seinem Herzen so teuer sind, anvertraut. Die Frage der Liebe zum HErrn mußte zuerst beAntwortet werden, alsdann konnte Er ihm Seine Schafe anvertrauen.

Der HErr fügt dann weiter hinzu: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir, als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst. Dieses aber sagte Er, andeutend, mit welchem Tode er Gott verherrlichen sollte.“ Wie weit Petrus und die anderen Jünger diese „Andeutung“ des HErrn verstanden, wissen wir nicht. Als Johannes diese Worte niederschrieb, hatte Petrus schon sein Leben für den HErrn gelassen, aber der HErr zeigte ihm dann, daß in jenen Worten schon eine Andeutung des Ausganges seines Lebens enthalten war.

Wir finden hier drei Gegensätze. Der HErr spricht von dem Gegensatz zwischen dem „als er jünger war“ und dem, wenn er alt geworden sein würde, zwischen dem Sich-selbst-gürten und dem sich von einem anderen Gürtenlassen, von einem Gehen, wohin er wollte, und von einem Sich-hinbringen-lassen, wohin er nicht wollte. Welch ein Gegensatz zwischen jung und alt - zwischen dem schnell zufahrenden Petrus und dem gereiften, besonnenen Petrus; zwischen dem, der seinen Weg in eigener Kraft ging wie er wollte, und dem, der alt geworden, seine kraftlosen Hände ausstreckte, um sich gürten und führen zu lassen, wohin sein eigener Wille ihn nicht hätte gehen lassen! Welche Gnade, einen gebrochenen Willen zu haben und mit dem HErrn von Herzen sagen zu können: „Nicht mein, sondern Dein Wille, o HErr, geschehe!“

Als der HErr dies gesagt hatte, spricht Er zu ihm das bedeutungsvolle Wort:

„Folge Mir nach!“1

1

Über die Schlußverse dieses Kapitels siehe Band 4, Seite 210-219; Band 5, Seite 194-199.

v. d. K.

 

 

„Wahrhaftig, dieser war Gottes Sohn.“

(Matth. 27,54.)

Dies waren die Worte des Hauptmannes, der Jesus am Kreuze bewachte. Die Dinge, die sich in jenen Stunden zutrugen, bekundeten, daß Der, der zwischen den beiden Übeltätern hing, kein anderer als der Sohn Gottes war.

Dieser Ausspruch des Hauptmanns führt unsere Gedanken zu anderen Beispielen und Ereignissen in dem Leben des HErrn hienieden, die uns das Gleiche bekunden. Wohl war die Herrlichkeit Seiner Person in der Gleichgestalt des Fleisches der Sünde verhüllt, aber doch leuchtete aus der Knechtsgestalt und bei an sich unscheinbaren Ereignissen oft so viel von dem Glanze Seiner persönlichen Herrlichkeit hervor, daß solche, deren Augen durch Gottes Gnade geöffnet waren, in Lob und Anbetung ihre Stimme erheben mußten. Von einigen solchen Beispielen möchte ich hier berichten.

Zu der Zeit der Geburt des HErrn wurden viele Kinder in Palästina geboren, möglicherweise auch in Bethlehem. Aber obgleich der Ort Seiner Geburt der allergeringste war und Seine Geburt selbst unter allen Zeichen der Nichtachtung stattfand, öffneten sich doch über Ihn und nur über Ihn allein die Himmel, aus dem die Herrlichkeit Gottes herableuchtete. Ein Engel verkündigte den verwunderten Hirten, daß in der königlichen Stadt Davids ein Kind geboren sei - der Heiland, Christus der HErr -, und zugleich sahen sie eine Menge der himmlischen Heerscharen, die über jenes Kindlein ihre Stimme zum Lobe und zur Herrlichkeit Gottes erhoben und „Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen“ verkündigten.

Weiter, viele Kinder wurden der Anordnung des Gesetzes gemäß in den Tempel gebracht, aber nur zu einem wurde der alte Simeon von dem Heiligen Geiste in den Tempel geführt, es zu sehen. Dieser

gottesfürchtige alte Mann hatte lange auf den Trost Israels gewartet. Nun wurde der Wunsch seines Herzens erfüllt. Er nimmt das heilige Kind in seine Arme, und in der Kraft des Heiligen Geistes preist er Gott: „Herrscher, nun entlässest Du Deinen Knecht nach Deinem Worte in Frieden; denn meine Augen haben Dein Heil gesehen, welches Du bereitet hast vor dem Angesicht aller Völker: ein Licht zur Offenbarung der Nationen und zur Herrlichkeit Deines Volkes Israel“. (Luk. 2,29-32.)

Wie herrlich war dieser Tag für Simeon! Ihn zu erleben hatte Gott ihn so alt werden lassen. In diesem kleinen Kindlein, welches er in heiliger Scheu in seinen Armen hielt, schaute er Christus - den Sohn Gottes -, der als der Mensch des Wohlgefallens Gottes der Erstling eines neuen Geschlechtes sein würde.

Laßt uns nun weiter zu den Zeiten Johannes des Täufers gehen (Luk. 3,21.22). Viele wurden in jenen Tagen getauft, die durch nichts besonderes von den anderen unterschieden wurden, aber als Jesus kam (damit Er alle Gerechtigkeit erfülle), um von Johannes getauft zu werden, da öffnete sich, als Er aus dem Wasser herauf kam, der Himmel über Ihm, und der Heilige Geist stieg in der leiblichen Gestalt wie eine Taube auf Ihn herab, und die Stimme des Vaters erklärte von der prachtvollen Herrlichkeit aus: „Du bist Mein geliebter Sohn, an Dir habe Ich Wohlgefallen gefunden.“

Wieder wechselt die Szene. Auf dem trügerischen Meere von Galiläa mit seinen plötzlichen Stürmen liegt dichte Nacht. Ein Boot versucht das andere Ufer zu erreichen, wird aber auf den Wellen von einem widrigen Winde umhergeschleudert. Die kleine Besatzung ist in Lebensgefahr. Um die vierte Nachtwache, als sie fast keine Hoffnung mehr hatte, sehen ihre entsetzten Blicke inder Dunkelheit die Erscheinung eines auf dem ausgepeitschten Meere wandelnden Mannes hervortauchen. Über jede Gefahr von Wind und Wogen erhaben, geht Er auf den Wassern, wie es kein Mensch dieser Welt vermag. Es ist der Mensch himmlischer Herkunft - Jesus Christus, der HErr. Auf Sein Wort hört der Sturm zu wüten auf, und die ruhelosen Wogen glätten sich. Voller Gnade steigt Er zu den Jüngern in das Schiff, überwältigt fallen sie zu Seinen Füßen nieder, und in der Stille, die dem Wüten von Wind und Wellen folgte, rufen sie aus: „Wahrhaftig, Du bist Gottes Sohn“ (Matth. 14,22-33).

In Nain finden wir eine zahlreiche Volksmenge, welche die Witwe, die ihren einzigen Sohn verloren hat, auf dem schweren Gange zum Grabe begleiten. Als der Leichenzug sich dem Tore der Stadt nähert, tritt ein Mitfühlender heran, der nicht nur ein Herz für das Weh der Witwe hat, sondern der auch imstande ist, ihren Kummer zu heilen. In göttlicher Liebe und Kraft tritt Er an den Sarg und bringt Leben und Freude in eine Umgebung von Betrübnis und Tod. Mit Händen der Liebe berührt Er die Totenbahre, mit Worten der Macht ruft Er den Jüngling zum Leben zurück, und in göttlicher Gnade gibt Er das einzige Kind und die einzige Stütze der trauernden Witwe wieder. Das dabei stehende Volk, von heiligem Schauer erfüllt, lobpreist, daß „Gott Sein Volk besucht hat“. (Luk.7,11-17.)

Ein selbstgerechter Pharisäer ladet herablassend den HErrn zum Essen ein. (Luk. 7,36-50.) Die gewöhnlichen Höflichkeiten nach Sitte und Brauch im Orient werden Ihm nicht zuteil. Ihm wird kein Wasser zum Waschen der Füße angeboten - kein Zeichen von Aufmerksamkeit; kein Begrüßungskuß wird Ihm geschenkt - kein Zeichen von Zuneigung; kein wohlriechendes Öl ist für Ihn da, Sein Haupt zu salben - kein Zeichen der Ehrung. Der Pharisäer übergeht diese Zeichen des Anstandes bei seinem Gast.

Ein elendes Weib aus der Stadt, die in Sünde tief gesunken ist, kommt in dieses Haus. Mit unwiderstehlicher Gewalt wird ihr Herz hingezogen zu dem verachteten Fremden, dem Freund der Zöllner und Sünder, an der Tafel des selbstgerechten Pharisäers. Die verächtlichen Blicke der Gesellschaft können sie nicht zurückhalten noch ihre Freude hindern, Den zu sehen, nach dem ihre Seele dürstet. Hinter Ihm stehend fällt sie zu Seinen Füßen nieder; die Füße, denen man das erfrischende Wasser nicht gegeben hatte, badet sie in ihren Tränen und trocknet sie mit den Haaren ihres Hauptes, ihrem einzigen Schmuck. Diesen Füßen gibt sie wieder und wieder den Kuß, den man Ihm nicht gegeben hatte, und salbt sie mit dem Wohlgeruch ihrer Salbe, die der Pharisäer nicht für Ihn hatte. Gott sah die Nichtachtung Seines Sohnes, und in Seiner Unumschränktheit zieht Er jenes tiefgesunkene Weib in dieses Haus, um die Herrlichkeit Seines geliebten Sohnes in der Vergebung ihrer Sünden inmitten Seiner Verachtung zu offenbaren, so daß die Tischgesellschaft sagen muß:

„Wer ist dieser, der auch Sünden vergibt?“ (V. 49.)

Ferner, zwei geliebte Jünger sind auf dem Wege nach Emmaus. Der Eine, den sie so liebten, war ihnen genommen und von bösen Menschen geschlagen und ans Kreuz genagelt worden. Niedergeschlagenen Herzens unterhielten sie sich von allen diesen Dingen. Während sie noch so redeten, gesellt sich ein Fremder zu ihnen; Er kennt ihre Herzen. In wunderbar zarter Weise bringt Er sie dazu, Ihm ihr Herz auszuschütten, und indem Er ihnen die Schriften öffnet, gewinnt Er ihr Vertrauen und ihre Liebe, und sie bitten Ihn, bei ihnen zu bleiben. Am Brechen des Brotes, das Er segnete, brach und ihnen gab, erkennen sie voll Freude den auferstandenen Christus, den Sohn Gottes. (Luk. 24,18-32.)

Zum Schluß laßt uns noch auf die kleine Schar sehen, die nach Bethanien hinausgeht. (Luk. 24,50.) Sie haben Ihn in ihrer Mitte; wie lauschen sie auf die letzten Worte dessen, der nun von ihnen hinauf zur Herrlichkeit genommen wird! Segnend breitet Er Seine Hände über sie aus, und so sehen sie Ihn, in dessen Angesicht die Liebe Gottes strahlte, emporgehoben und hinaufgetragen in den Himmel, wo Er, nachdem Er ein Schlachtopfer für die Sünden dargebracht, Sich auf immerdar gesetzt hat zur Rechten Gottes - als Verwalter aller Ratschläge Gottes -, der eingeborene Sohn Gottes.

S. - v. d. K.

„Wiederum steht geschrieben!“

(Matth. 4,7.)

Wenn es jemals wichtig war, auf das teure Wort Gottes zu achten, um bewahrt zu bleiben gegenüber den ungezählten Irrlehren und Irrtümern, die sich der Gläubigen zu bemächtigen drohen, dann heute, wo wir in besonders „gefahrvollen Zeiten“ (2. Tim. 3,1) leben! Wir können gar nicht peinlich genug den Wortlaut der Schrift uns zum inneren Eigentum machen, denn bei allen möglichen

Gelegenheiten können wir in Gefahr kommen, „aus unserer eigenen Festigkeit zu fallen“ (2. Petri 3,17), so z. B. beim Traktatverteilen in der Eisenbahn, wenn sich - etwa bei längerer Fahrt in einem nicht auf jeder Station haltenden Zuge - ein Mitreisender plötzlich auch als Bibelleser entpuppt, dem wir vielleicht freudestrahlend die Hand geben, um dann nach einigen Augenblicken zu entdecken, daß er - sagen wir - zu den Sabbatariern oder fälschlich sogenannten „Bibelforschern“ gehört! Das Gespräch ist aber einmal angeknüpft, ein vorzeitiges Abbrechenkönnen uns nicht immer gegeben, also heiß‘s beschlagen zu sein in der Schrift, nicht aber, um zu streiten, wozu wir vom HErrn keine Erlaubnis haben, sondern um die Widersacher zurechtzuweisen. (2. Tim. 2,24-26.)

Das ist aber erfahrungsgemäß oft nicht so leicht. Und warum nicht? Weil weitaus die allermeisten Irrlehrer einen sehr ausgiebigen Gebrauch (d. h. Mißbrauch!) von der Heiligen Schrift machen, um ihre grundstürzenden, verderblichen Lehren zu stützen und Unbefestigte dadurch zu verführen. Da ist es also doppelt und dreifach wichtig, „durch Gewohnheit geübte Sinne zu haben zur Unterscheidung des Guten und Bösen“ und um „das Wort Gottes richtig zu teilen“ (vgl. Hebr. 5,14 und 2. Tim. 2,15); und diese unendlich wichtige Fähigkeit erlangen wir nur an der Hand des ganzen Wortes. Kinder Gottes, die sich fürchten vor der Lehre, d, h. der „gesunden Lehre“ (vgl. Tit. 1,9), die stehen bleiben bei persönlicher „Heiligung“ oder womöglich bei seichten christlichen oder gar nur religiösen Geschichtchen, Romanen und Anekdötchen, werden nie fähig, im Kampfe mit meist sehr gut in ihren Lehren beschlagenen Irrlehrern zu bestehen. Wenn die durch Satan, den Lügner von Anfang, schlau und gewitzigt gemachten Vertreter der bösen „verderblichen Sekten“ (2. Petri 2,1ff.) solchen armen unbefestigten Gläubigen begegnen, sie in ihre „Schule“ nehmen, ihnen mit der Schrift beweisen, daß sie recht haben, dann sind jene letzteren gar bald gewonnen und erzählen triumphierend, daß sie jetzt erst „die Wahrheit“ erkannt hätten. Dasselbe kommt heraus, wenn solche haltlos schwankenden Gotteskinder unter dem Deckmantel von „Prüfet alles!“ (1. Thess. 5,21) überall hinlaufen, um schmackhaftere Wahrheiten kennen zu lernen. Wie viele sind durch solchen Mißbrauch jener Stelle, die das Prüfen der innerhalb der christlichen Orts-Gemeinde vorgekommenen Weissagungen den Brüdern anbefiehlt, z. B. in die satanische Zungenbewegung geraten oder in Krankenheilungskreise

oder in andere Irrtümer, die eine unverstandene Seite der Schrift ungebührlich betonen und die Hauptsache vernachlässigen oder gering schätzen!

Geschwister, laßt uns nie vergessen, daß der Teufel bei der Versuchung des Herrn Jesus stets die Schrift im Munde führt! (Matth. 4; Luk. 4.) Die satanischen Irrlehren vermöchten doch gar nicht unter der Christenheit, vor allem nicht unter den wahren Gläubigen, so erschreckend an Boden zu gewinnen, wenn sie nicht stets mit der Bibel als Grundlage auftraten! Man könnte das ja geradezu als einen Ruhm für unsere Bibel ansehen, daß solche teuflischen Lehren nicht verzichten können auf dieselbe, aber das ist nicht der Grund für dies Verhalten der Hölle. Sondern der Grund ist einfach der, daß der Teufel eben gerade bei denen, die des HErrn sind, die Den ehren, den jener mehr haßt denn alles, nichts erreichen kann, wenn er ihnen nicht mit der Bibel kommt! Kommt er aber also und es gelingt ihm dadurch, ihrer einige für seine stets die Person und das Werk Christi heruntersetzenden und das Wort Gottes fälschenden Irrtümer zu gewinnen, so hat er einen großen Sieg errungen, indem dadurch das Zeugnis Christi geschmälert ist - und das ist sein Ziel!

Darum, Geschwister, seid auf der Hut, seien wir alle auf der Hut! Es genügt nicht, daß einer sich angeblich auf die (ganze[?]) Schrift stützt und uns beweist: so steht's geschrieben! Wie schlau konnte der Teufel dies dem HErrn gegenüber, den er nicht anerkennen wollte als den ewigen Sohn Gottes, beweisen: „Es steht geschrieben“. Nützte ihm das etwas? Nein, nichts! Er verkannte völlig die Person, mit der er es zu tun hatte (vgl. Hebr. 4,12,13!), und darum gab's für ihn auch eine völlige Niederlage. Aber wodurch? Dadurch, daß er mit der gleichen Schrift, mit dem gleichen Wort Gottes, das er so mißbräuchlich gebrauchte und verdrehte, geschlagen wurde. Hörst du das „Wiederum steht geschrieben!“? Geschwister, beachten wir dies wohl!

Noch einmal, nicht die bloße Anwendung der Schrift genügt noch genüge für uns, sondern die rechte, gottgemäße Anwendung muß es sein! Wir müssen, wie unser teurer HErr, die „Wiederum“-Menschen (die Kenner des „Wiederum“) sein, die den Irrtum, die Lüge, im Geiste Christi durchschauen und ihr die Antwort geben können aus dem untrüglichen Worte Gottes, die ihr gebührt.

Sicher ist das nicht immer so einfach, und die Fähigkeit dazu kommt auch nicht von selber, sondern wie alle Fähigkeit durch Übung, d. h. durch Leben in der Wahrheit der Schrift, wie der HErr als Mensch in ihr lebte; Gehorsam gegen jedes erkannte Wort Gottes macht uns fähiger zum Kampf des Glaubens. „Von ganzem Herzen“, mit ganzem Willen, „ungeteilt auf Ihn gerichtet sein“ erwirkt für uns, „daß des HErrn Augen, die den ganzen Erdkreis durchlaufen, um sich an solchen mächtig zu erweisen“ (2. Chron. 16,9), auch uns Kraft geben, „jede Höhe, die sich wider die Erkenntnis Gottes erhebt, und jeden Gedanken, Vernunftschlüsse usw. gefangen zu nehmen unter den Gehorsam Christi (2. Kor. 10,3ff.). Übung, d. h. Aufbau auf dem Vorhandenen, Erweiterung des uns schon Gegebenen, des uns schon Klargewordenen und ein praktisches Leben dieser Übung gemäß (Gehorsam; oder auch kurz gesagt, die geistliche Waffenrüstung von Eph. 6), das hilft uns weiter (wie jede Übung, Trainierung im Sport u. a.) zum Ziel, nicht nur um selber zu stehen „wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ (Eph. 6,12ff.), sondern auch anderen zu helfen, frei zu werden, „nüchtern zu werden aus des Teufels Fallstrick“. (2. Tim. 2,26.)

„Es steht geschrieben“ - mag der Teufel manchmal so das Wort mißbrauchen - wir dürfen und sollen ihm und seinen Gefolgsleuten, „ohne Wortstreit zu führen“, Antworten:

„Wiederum stehet geschrieben ...!“

Der HErr lehre uns in Gnaden, Sein Wort: „Das Schwert des Geistes“ (Eph. 6,17) immer besser zu gebrauchen!

F. K.

Frage 7

Wie ist KoI. 2,11.12 zu erklären?

Antwort

Einzelne Verse können in ihrem lehrhaften Sinne nur im Zusammenhange mit dem ganzen Buche oder Briefe, in dem sie stehen, verstanden werden, da jedes Buch und jeder Brief für sich im kleinen ein organisches Ganzes bildet, ebenso wie das gesamte Wort Gottes im großen, und deshalb jeder Vers, ja jedes Wort von dem Charakter beherrscht wird, den das Buch oder der Brief trägt. Aus diesem Grunde möchten wir erst einige Worte über den Charakter des Briefes an die Kolosser sagen, so wie wir ihn verstehen.

Dieser Brief zeigt uns die Erlösten noch hier in dieser Welt, aber verbunden mit ihrem verherrlichten Haupte, Christus, der in ihnen ist, „die Hoffnung der Herrlichkeit“ (1,27), in dem sie alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis besitzen und „vollendet“ sind (2,3.10) und der ihr Leben ist (3,4). Dieses wurde den Kolossern vorgestellt, weil sie trotz all diesem in der Gefahr waren, daß jemand sie „verführe durch überredende Worte“ und „als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christo“ (2,4.8). Um sie vordiesem zu bewahren, zeigt ihnen der Geist Gottes, daß sie in Christo alles besaßen, die ganze Fülle nach der Größe und Herrlichkeit Seiner Person, und erinnert sie daran, daß sie ja zu all dem, was irgend die Welt zu bieten vermag, in keiner Beziehung mehr standen, weil für sie, die Erlösten, das Fleisch - das allein mit diesen Dingen zu tun hat und darin Befriedigung sucht und findet - im Tode Christi als beseitigt galt und sie diese Tatsache in der Taufe anerkannt hatten (2,11.12).

Um letzteres ihnen recht verständlich zu machen, wendet der Geist Gottes ein alttestamentliches Vorbild an, die Beschneidung. Wie wir wissen, bedeutet diese sinnbildlich das Gericht über das Fleisch durch den Tod. Das Fleisch ist durch die Sünde verdorben und daher unbrauchbar für Gott. Deshalb

gibt es für das Fleisch nur eins vor Gott: den Tod. Das sehen wir in 1. Mose 17, wo die Beschneidung zum ersten Male erscheint, und zwar in Verbindung mit dem Bunde, den Jehova mit Abraham machte. Schon vorher hatte Er zwar dem Abraham verheißen, daß Er ihn zu einer großen Nation machen werde und seine Same sein solle wie der Staub der Erde und wie die Sterne des Himmels, und einen Bund mit ihm gemacht, daß Er seinem Samen das Land geben werde (1. Mose 12,2; 13,16; 15,5.18), aber erst in Kap. 17 macht Er den Bund mit ihm und seinem Samen, um ihm zum Gott zu sein und seinem Samen nach ihm (V. 7), und nun gibt Er ihm die Beschneidung als Zeichen dieses Bundes, weil dieser Bund nur gegründet sein konnte auf das Gericht über das Fleisch durch den Tod. Das Fleisch mußte in den Tod gegeben werden, ohne Ausnahme: „Alles Männliche werde bei euch beschnitten“ (V. 10). Das Weibliche war in dem Männlichen mit vertreten. Somit stellt dies das ganze Volk Jehovas auf die Grundlage, auf der allein Jehova Seine in diesem Bunde aufgerichtete Beziehung zu Abraham und seinem Samen nach ihm eingehen und aufrechterhalten konnte. Das war die erste, herrliche Tatsache, die mit der Beschneidung verbunden war. Aber damit hing eine andere wichtige Tatsache untrennbar zusammen, nämlich die, daß das Volk Jehovas dadurch von einer Welt abgeschnitten wurde, die Jehova nicht kannte, weil das, was das Bindeglied mit ihr war - das Fleisch -, in der Beschneidung dem Tode übergeben wurde. Daher war die Beschneidung für das Volk Jehovas das Zeichen nicht nur ihrer Verbindung mit Jehova, sondern zugleich auch ihres Getrenntseins von einer Welt, die von der Beschneidung nichts wußte, mit all ihren Dingen, wie uns das ganze Alte Testament, von Abraham anfangend, deutlich zeigt. Dessen sollte sich das Volt Israel immer bewußt sein und bleiben. Aber wir wissen aus dem Worte Gottes, daß das Volk Israel darin viel fehlte. Schon auf ihrem Wege durch die Wüste - ein Bild von den Erlösten auf ihrem Wege durch diese Welt - hatten sie die Beschneidung nicht geübt, wie wir in Jos. 5,5 lesen: „... das ganze Volk, das in der Wüste geboren war, auf dem Wege, als sie aus Ägypten zogen, hatte man nicht beschnitten“. Das war eine Unterlassung, die dem Zustande derer entsprach, die sich dieser Unterlassung schuldig machten: sie hatten nicht geglaubt und waren nicht gehorsam gewesen und konnten darum nicht in das Land eingehen, sondern waren in der Wüste gestorben (4. Mose 13,31-33; 14,22-35; Jos. 5,4b; Hebr. 3,16-19). Wenn sie geglaubt hätten und gehorsam gewesen

13,31-33; 14,22-35; Jos. 5,4b; Hebr. 3,16-19). Wenn sie geglaubt hätten und gehorsam gewesen wären, hätten sie auch auf ihrem Wege durch die Wüste durch die Beschneidung das Todesurteil über das Fleisch anerkannt, und ihre Herzen hätten sich nicht nach Ägypten und dessen Dingen zurückgewendet, wie es immer und immer wieder geschah. So aber war das Fleisch tätig, und da es in der Wüste nichts fand, was es hätte anziehen oder befriedigen können, sehnte es sich nach Ägypten zurück und gelüstete nach dessen Dingen, und sie taten in der Wüste dasselbe, was in Ägypten getan wurde. Das zeigt uns, daß trotz der Erkenntnis, daß wir durch den Tod Christi von der Welt geschieden sind und die Welt für uns eine Wüste ist, unsere Herzen sich zu der Welt zurückwenden und wir in sie verstrickt und in denselben Dingen erfunden werden können wie die Kinder der Welt, wenn wir nicht beständig dem Fleisch den Platz geben, der ihm zukommt - am Kreuze, wo wir das Urteil des Todes über das Fleisch im Tode Christi vollstreckt sehen. Dort sind wir in Ihm „beschnitten worden mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung“, d.h. nicht durch Menschenhand, wie die dem Abraham gegebene Beschneidung geschah, sondern „in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches“, welches geschehen ist „in der Beschneidung des Christus“ durch Seinen Tod. Er hatte einen Leib wie wir - aber ohne Sünde -, einen Fleischleib, und indem Er starb, zog Er diesen Leib aus. Das ist „die Beschneidung des Christus“, und da sie in Stellvertretung für uns geschah, gilt sie für uns, ist sie unsere Beschneidung und haben wir unseren Leib des Fleisches dort im Tode ausgezogen.

Und noch mehr. Wenn ein Mensch gestorben ist, wird er begraben, und dann ist er ganz beseitigt, und man sieht überhaupt nichts mehr von ihm für immer. So ist auch der Leib des Christus in das Grab gelegt worden, um nie in diese Welt zurückzukehren, und soviele wir dem Worte Gottes gemäß, also nachdem wir gläubig geworden sind, getauft worden sind, haben in unserer Taufe zum Ausdruck gebracht, daß wir nicht nur mit Ihm gestorben, sondern auch mit Ihm begraben worden sind und dadurch unser alter Mensch, das Fleisch - das mit der Welt verbunden war -, vollkommen und für immer hinweggetan sein soll.

Wenn das wahr ist, was haben wir dann noch mit der Welt zu tun - mit ihrer Philosophie und eitlem

Wenn das wahr ist, was haben wir dann noch mit der Welt zu tun - mit ihrer Philosophie und eitlem Betrug, ihren Überlieferungen, ihren Elementen?

Aber der Glaube macht hier nicht Halt, sondern macht uns auch weiter eins mit Christo. Daher wissen wir, daß wir mitauferweckt worden sind mit Ihm durch die wirksame Kraft Gottes, der Ihn aus den Toten auferweckt hat zu einem neuen Leben, das nicht dieser Welt angehört (2,13-23), sondern der Welt droben, „wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes“ (3,1). -

Zum Schluß noch eine Bemerkung über den Ausdruck „Leib des Fleisches“. Das Wort „Fleisch“ ist charakteristisch für diesen Brief, ganz dem eingangs erwähnten Gegenstande desselben entsprechend. Es kommt neunmal vor (1,22.24; 2,1.5.11.13.18.23; 3,22), in Verbindung mit „Leib“ zweimal (1,22 und 2,11), aber mit einem Unterschiede. Das erstemal (1,22) bezieht es sich auf den Leib des HErrn und spricht der Geist Gottes dort ausdrücklich von dem „Leibe Seines Fleisches“, da hier Sein Leib als das Opfer erwähnt wird, durch das wir mit Gott versöhnt sind und welches göttlich vollkommen rein und heilig und ohne Sünde war. Deshalb heißt es an dieser Stelle „Leib Seines Fleisches“, denn der Geist Gottes wacht immer mit Eifer darüber, daß die Herrlichkeit der Person des HErrn gewahrt wird. An der anderen Stelle (2,11) handelt es sich darum, daß wir in Christo „beschnitten“ worden sind und diese Beschneidung „in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches“ besteht, wir also dadurch von dem Fleische erlöst sind. Natürlich geschah dieses „Ausziehen“, wie wir schon früher gesehen haben, „in der Beschneidung des Christus“, indem Er Seinen heiligen Leib in Stellvertretung für uns dahingab. Aber das „Ausziehen“ wird als eine mit uns geschehene Tatsache betrachtet, die unser Fleisch betrifft, und deshalb heißt es hier „Leib des Fleisches“. -

Th. K.

 

Frage 8

Liegt der doch etwas oberflächlich scheinenden Bitte des Apostels Paulus um seinen Mantel in 2. Tim. 4,13 ein tieferer symbolischer Sinn zugrunde?

Antwort

Ich persönlich glaube durchaus nicht, andere mögen darüber anders denken! Aber wenn, wie ich einmal beiläufig in einem kleinen Schriftchen in einer Fußnote las, sich vielleicht für ganz besonders geistvoll haltende „Ausleger“ dahin kommen, in dem Mantel das „Kleid der Gerechtigkeit“ zu sehen, das Paulus in einer Anfechtung des Glaubens in Troas habe fallen gelassen(!!), so sehe ich darin eine nicht zu überbietende Geschmacklosigkeit und Oberflächlichkeit, die in jenem Schriftchen eine gebührende Zurückweisung erfährt. Soviel über das möglicherweise Symbolische dieser Stelle! Bei dieser Gelegenheit fällt mir ein kleines über 20 Jahre zurückliegendes Erlebnis ein, das für mich recht beschämend verlief; aber es war eine gesunde Beschämung! In einer Bibelbesprechung über Philemon wollte ich in V. 9 „ein alter Paulus“ oder „Paulus der Alte“ auch symbolisch (sinnbildlich) aufgefaßt wissen, indem ich in diesen herzbeweglichen Ausdruck den Gedanken hineinzulesen für eine große Weisheit ansah, daß Paulus in seiner alten fleischlichen Natur jene Bitte geschrieben habe(!!). Die Antwort und Zurechtweisung durch den Leiter jener Stunde (einen Stadtmissionar) war außerordentlich liebevoll und milder, als ich sie verdiente. Aber die Lehre, die Gott mir mehr in meinem Innern ais nur äußerlich durch jene Zurechtweisung gab, blieb mir sehr eindrücklich. Ich sah schon von damals an, wie gefährlich oft das Vergeistigen von an sich ganz einfachen persönlichen Vorgängen und Lebensumständen ist und wieviel darauf ankommt, diese letzteren selbst zu verstehen und zu würdigen.

Und so steht es auch mit der freilich sehr einfachen, aber doch nichts weniger als oberflächlichen Bitte des Paulus in der Stelle obiger Frage. Warum soll ein symbolischer Sinn gefunden werden, wo die Lebensumstände so klar liegen?! Diese Stelle symbolisch zu lesen wäre m. E. gerade solche Torheit, wie die Stellen von dem Mantel des Elias (1. Kön. 19 und 2. Kön. 2; vgl. Frage 17, Jahrb. 7)

Torheit, wie die Stellen von dem Mantel des Elias (1. Kön. 19 und 2. Kön. 2; vgl. Frage 17, Jahrb. 7) nicht symbolisch aufzufassen!

Paulus befand sich wiederum in Gefangenschaft, aber nicht mehr unter solchen Verhältnissen wie bei der ersten, während der er, wenn auch an einen Kriegsknecht gefesselt, in seinem eigenen gemieteten Hause wohnen, von Seinen Freunden besucht werden und allerlei Freundlichkeiten genießen durfte (Apg. 28,30; Phil. 1,12ff.; 4,10-20 u. a.). Seine zweite Gefangensetzung, die auch mit seiner Hinrichtung endete, war so viel schwerer, daß wir beim Lesen des zweiten Timotheusbriefes tiefbewegt werden müssen, wenn wir von den Entbehrungen des Treusten der Treuen lesen. Sein größtes Entbehren war das, welches er erlitt durch das Versagen der Brüder (vgl. 4,16 u. a.), wenn auch nicht aller (vgl. 1,16.17!); vieles andere machte seine Lage schwer, besonders wieder und wieder die Enttäuschungen an Menschen, auch durch falsche Lehrer und sonstige Leiden (4,14; 2,17ff. u. a.; 2,9). Um so mehr lernen wir beim Lesen dieses Briefes die Gnade rühmen, die Paulus befähigte, je schwerer die Umstände wurden, desto treuer für seinen geliebten HErrn zu stehen und zu kämpfen und seinen Timotheus zu gleicher Treue zu ermahnen. (Vgl. z. B. die drei „du aber“ 3,10 und 14; 4,5; auch 2,1 u. a. St.) In Zeiten so allgemeinen geistlichen Verfalls (vgl. 2,17ff.), wie ihn der zweite Timotheusbrief uns schildert, ist das Alleinstehen schwerer als in normalen und glücklichen Perioden. Aber wenn altbewährte Brüder uns im Stich lassen - „der HErr bleibt treu“! Das erfuhr Paulus, und das war seine Kraft und Freude in allem Leid.

Dieser an Entbehrungen reiche Paulus bittet um seinen Mantel! Wie über alles rührend, daß in dem inspirierten Wort eine so schlichte Bemerkung Platz gefunden hat! Sie zeigt uns den Grad der äußeren Leiden, die ein Paulus durchmachen mußte, damit er sagen durfte: „Ich habe den guten Kampf gekämpft“ (4,6-8). Es ging in den Winter des Jahres 66/67 hinein, Paulus litt von der Kälte, kaufen konnte er sich nichts mehr zur Bequemlichkeit; wie not tat ihm da der Mantel, den er vielleicht bei einer für später erhofften Rückkehr nach Troas von Carpus abholen wollte, zugleich mit den wichtigen Pergamenten. Dies war ihm nicht vergönnt, darum ist seine Bitte so leicht und gut

verständlich. Er hat auch diese Entbehrung ertragen müssen, und wenn er auch nicht wie unser geliebter HErr beim Anblick des Tuns der rohen Kriegsknechte mit Seinen Kleidungsstücken sich mit einer Weissagung der Schrift trösten konnte (Joh. 19,23.24), so klingt doch seine Erinnerung an seinen ihm so nötigen Mantel fast nicht weniger wehmütig und beleuchtet ebenso wie dort unterm Kreuz die Armut derer, die seitens einer Sünderwelt unschuldig leiden mußten. Aber ihm, dem durch die Gnade so großen, doch vor seinem Tode äußerlich so arm gewordenen Apostel Paulus, gilt auch hierin, d. h. in der scheinbaren Kleinigkeit eines Leidens für und mit Christus durch äußere Armut, sein eigenes Wort: „Wenn wir anders mitleiden, auf daß wir auch mit verherrlicht werden“ (Röm. 8,17).

Wie weit erstreckt sich unsere Fähigkeit zum Mitleiden mit Christo und für Ihn?

F. K.

„Er ändert Zeit und Stunde.“

(Dan. 2,21.)

Die Zeit und Stunde, HErr, sind Dein,

Du kannst sie ändern, Du allein!

Du änderst sie so liebreich oft,

Wenn wir's am mindesten erhofft,

Und Deiner Liebe Licht verklärt

Das Leid, das kurze Zeit gewährt;

Wir schaun durch Nacht und Dunkelheit,

HErr, Deine Macht und Herrlichkeit!

Du änderst Zeit und Stunde wohl,

Sobald der Leidensbecher voll,

Den Deine Hand uns schenkte ein,

Auf daß wir ganz Dein Eigen sein!

Und ob auch bitter war der Trank -

Geliebter Heiland, habe Dank!

Du führtest uns durch Dunkelheit

Zum Anschaun Deiner Herrlichkeit.

M. v. B.

Gottseligkeit.

1

Bruchstücke aus einer Ansprache.

(Tit. 1,1.)

Das Wort Gottseligkeit finden wir nur in den Briefen an Timotheus und Titus und in dem zweiten Petribrief.

Gottseligkeit bezeichnet nicht gerade den allgemeinen äußeren Wandel, sondern vielmehr die Lebensart des Glaubens, die sich aus der Erkenntnis des seligen Gottes ergibt. Diese Lebensart, die

Lebensart des Glaubens, die sich aus der Erkenntnis des seligen Gottes ergibt. Diese Lebensart, die gleichsam in der Seele durch die Erkenntnis der Wahrheit gebildet wird und so von innen heraus in dem äußeren Betragen in Erscheinung tritt.

Gottseligkeit kann deshalb auch nicht durch Ringen und Anstrengungen unsererseits hervorgebracht werden. Gar manche, besonders im Katholizismus, versuchen durch Anspannung des Fleisches, in religiösen Übungen, Kasteiungen usw. gottselig zu leben. Aber Gottseligkeit läßt sich nicht durch die Kraft des Fleisches hervorbringen, sondern nur durch den Heiligen Geist. Gottseligkeit ist ein Resultat des Ruhens der Seele in Gott, wie Er Sich in Christo geoffenbart hat. Die Erkenntnis Gottes, die Freude und das Ruhen in Seiner Liebe übt eine Wirkung in unserer Seele aus, die dann in unserem äußeren Leben hervorkommt. Das ist das Leben der Gottseligkeit.

Dieses Glaubensleben der Gottseligkeit muß immer gemäß der Offenbarung sein, die Gott von Sich gibt. Die Offenbarungen Gottes waren nicht zu allen Zeiten die gleichen. Gott offenbarte Sich z. B. Adam anders als Abraham, und Abraham anders als Mose, und den Gläubigen des Alten Testamentes anders als uns. Aber immer muß, wie schon gesagt, die Gottseligkeit der Gläubigen gemäß der Offenbarung sein, die je in den verschiedenen Zeitaltern Gott von Sich gab, denn sie muß ihr Gepräge, ihren Charakter von dem Licht empfangen, in dem es Gott gefiel, Sich den Menschen zu offenbaren.

Gott offenbarte sich Abraham als der allmächtige Gott, und Abrahams Glaubensleben bewegte sich in dieser Erkenntnis Gottes. Die Gottseligkeit Abrahams empfing ihren Charakter und Stempel von dieser Gottesoffenbarung. Sein Glaube ruhte in dem Gott, der die Allmacht besaß, und er wandelte demgemäß. Er konnte mit wenigen Knechten fünf Königen nachjagen und sie besiegen. Als der König von Sodom dann an ihn herantrat und ihm für seine Tat Anerkennung und Reichtum anbot, konnte er in dieser Versuchung ihm Antworten: „Wenn ich vom Faden bis zum Schuhriemen, ja, wenn ich irgend etwas nehme von dem, was dein ist ...! Auf daß du nicht sagest: Ich habe Abraham reich gemacht.“ (1. Mose 14,23.) Er ruhte in der Allmacht seines Gottes, der fähig war, ihm alles zu geben. Um das zu

erhalten, was ihm angeboten wurde, bedurfte er nicht des Königs von Sodom. Der allmächtige Gott konnte ihm, wenn Er wollte, alles das geben. Aber Sodoms König sollte nicht sagen: „Ich habe Abraham reich gemacht.“ Mose offenbarte Sich Gott als Jehova. Mose und die Väter nach ihm wandelten in Gottseligkeit gemäß der Offenbarung Gottes als Jehova.

Wenn wir die Geschichte der Männer Gottes des Alten Bundes und die Psalmen lesen, so finden wir, daß sich die Gottseligkeit jener Tage in vielen Dingen von der in unseren Tagen unterscheidet. Dieses muß sein, weil wir in dem Lichte einer größeren Offenbarung leben als sie. Wir besitzen die Offenbarungen Gottes nicht mehr in Schatten und Vorbildern, sondern in Christo Jesu. In Ihm haben wir die vollkommene Offenbarung Gottes. Gottseligkeit heute muß deshalb der Offenbarung gemäß sein, die wir jetzt von Gott besitzen, nämlich gemäß der Offenbarung Gottes in Christo. Diese Gottseligkeit können wir nur in dem Anschauen dessen hienieden lernen, in dem die Offenbarungen uns gegeben wurden. Soviel wir auch aus dem gottseligen Leben der Heiligen des Alten Testamentes als Vorbildern lernen können, so ist doch „das“ Vorbild für uns Christus, in dem uns die letzte und vollkommene Offenbarung Gottes geworden ist. Gottseligkeit in unseren Tagen muß sich deshalb in gar manchen Stücken unterscheiden von der Gottseligkeit in den früheren Zeitaltern, weil sie immer der jeweiligen Offenbarung Gottes gemäß sein muß, denn die Erkenntnis Gottes ist es, die unserem Leben Charakter und Gepräge gibt.

Wie wichtig ist es deshalb, in der Erkenntnis Gottes zu wachsen. Sind wir darin unwissend und verkehrt, so kann unser Leben wohl ein ehrbares oder auch ein gesetzliches usw. sein, aber nicht „nach der Erkenntnis der Wahrheit, die nach der Gottseligkeit ist“.

Gott will in unserem Leben gesehen sein. An uns sollen die Menschen Gott lesen. Unser Leben muß deshalb fließen und gebildet werden aus der Erkenntnis Gottes in Christo. Die Erkenntnis Gottes übt ihre wirkende Kraft auf unseren Geist und auf unsere Seele aus, und so kommt von innen, vom Herzen aus ein Leben hervor, das nach dem Bilde Christi gestaltet ist. Gottseligkeit ist somit die Praxis der Erkenntnis Gottes, und sie zeigt, wie weit die Wahrheit in unserem Herzen gewirkt und

Wurzel gefaßt hat. Ist es nicht eine ernste und prüfende Frage für uns, ob Gott Seiner Offenbarung in Christo gemäß in unserem Leben gesehen wird? Geben wir den Menschen das rechte Bild von Gott, so wie Er sich in Christo geoffenbart hat? Wie verschieden werden wir dann von der Welt sein, die nach Geld und Lust jagt und deren Sinn auf das gerichtet ist, was unten ist! Durch uns soll die Welt erfahren, daß Gott in Christo Sich in Gnade geoffenbart hat und daß Er will, daß der Sünder gerettet und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen soll. Ein Bild geben wir immer von Gott, entweder ein rechtes oder ein falsches. Wie verAntwortungsvoll und ernst ist es für uns, wenn wir den Menschen ein falsches Bild von Gott geben. Zeigt unser Leben nicht das rechte Bild Gottes, dann stimmt etwas nicht in unserem Herzen, und dann sind Dinge dort, die nicht gerichtet sind. Und ebenso ist es in dem Zusammenkommen der Kinder Gottes. Die Gemeinde ist Sein Haus, in dem Er gesehen und erkannt werden will. Wenn ein Mensch aus dem Heidenlande, der gehört hätte, daß wir den lebendigen Gott kennen, in unsere Versammlung hereinkäme, würde er dann Gott sehen? Würde es ihm so gehen, wie wir in 1. Kor. 14,25 lesen, daß er auf sein Angesicht fällt und Gott anbetet und verkündigt, das Gott wirklich unter uns ist? Würde ein solcher in dem, wie wir uns benehmen, was wir reden, kurz an dem ganzen Ton und der Art, Gott sehen? Gott schämte Sich nicht, Abrahams Gott genannt zu werden, müßte Er Sich schämen, unser Gott genannt zu werden? Wie wichtig ist deshalb die Ermahnung Petri: „Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesu Christi!“ (2. Petri 3,18.)

v. d. K.

 

 

In der Hoffnung des ewigen Lebens.“

1

Bruchstücke aus einer Ansprache.

(Titus 1,2; vgl. 3,7.)

Beim Lesen dieses Schriftwortes möchte jemand fragen: „Besitzen wir ewiges Leben nicht schon jetzt, wie kann von der Hoffnung des ewigen Lebens geredet werden?“

Inbezug auf „ewiges Leben“ herrscht unter den Kindern Gottes viel Unwissenheit. Manche meinen, ewiges Leben heiße soviel wie ewige Existenz. Dann besäßen alle Menschen ewiges Leben, denn alle haben eine ewige Existenz. Der reiche Mann in der Hölle hat ewige Existenz ebenso wie Lazarus. Ewiges Leben ist auch nicht nur ein geistiges Leben, es ist viel mehr.

Ewiges Leben empfangen wir als die Gabe Gottes, die die Gnade Gottes uns gibt, wenn wir gläubig werden. Der HErr sagt: „Wer Mein Wort hört und glaubt Dem, der mich gesandt hat, hat ewiges Leben“. (Joh. 5,24.) Im einfachen Glauben erfassen wir ein solches Wort. Der HErr hat es gesagt, wir glauben Ihm, und wir haben es - und niemand kann esuns nehmen. „Wer an den Sohn glaubt, hat ewiges Leben.“ (Joh. 3,36.) „Die Gnadengabe Gottes aber ist ewiges Leben.“ (Röm. 6,23.) Eine „Gabe“ kann niemand erwerben oder verdienen (dann wäre sie nicht Gabe, sondern Lohn), aber Gott gibt sie jedem, der an Seinen Sohn glaubt.

Du fragst, wie oder was ist das ewige Leben? Niemand vermag es zu erklären. Uns, die wir zeitlich sind, ist dieses nicht möglich. Wenn wir etwas davon wissen oder lernen wollen, so müssen wir Den anschauen, der „das ewige Leben“ ist - den Sohn Gottes -, „dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“. (1. Joh. 5,20.)

Johannes schaute Ihn an; er sagt uns: „Was wir angeschaut und unsere Hände betastet haben, betreffend das Wort des Lebens“. (1. Joh. 1,1.) In Seiner Person schauten sie das ewige Leben, und in Ihm sehen auch wir es - das Leben, das uns gegeben worden ist. Die Kraft dieses Lebens ist der Heilige Geist, Er ist die „Quelle des Wassers, das in das ewige Leben quillt“. (Joh. 4,14.)

Das ewige Leben war und ist in dem Sohne und bei dem Vater (1. Joh. 1,2; 5,11), aber es wurde in Christo hier auf Erden geoffenbart. Die Stätte Seiner vollkommenen Entfaltung jedoch ist bei dem Vater. Es hat, wenn man so sagen darf, nicht in dieser Welt seine Heimstätte, das Gebiet seiner Entfaltung ist in einer anderen Welt, in der des Vaters. Wir haben ewiges Leben, aber es ist uns gegeben in dem Sohne. „Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in Seinem Sohne.

gegeben in dem Sohne. „Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in Seinem Sohne. Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“. (1. Joh. 5,11.12.) Wir besitzen das Leben, aber nie abgesehen oder getrennt von dem Sohne, es ist immer in Ihm. Obwohl es uns gegeben ist, so ist es doch nicht in uns selbst, sondern in Ihm. Er ist unser Leben, und wir haben Leben nur in Verbindung mit Christus in der oberen Welt. Wir gleichen in etwa dem Taucher, der auf dem Meeresgrunde wirkt. Wohl befindet er sich auf dem Meeresgrund, aber sein Leben und die Stätte seines Lebens ist in der oberen Welt. Er lebt dort unten nur, weil er in der Verbindung mit der oberen Welt ist. Er lebt auf dem Meeresboden - gleichsam in der Welt des Meeres -, aber er atmet die Luft, die einer anderen Welt angehört. Sein Leben wird unterhalten durch das Verbundensein mit einer anderen Welt. Das Leben wird ihm dort unten mitgeteilt, wo sonst nur Tod und keine Lebensmöglichkeit für den Menschen besteht.

Das ewige Leben hat seine Heimstätte bei dem Vater in der Herrlichkeit. Wir leben hier gleichsam auf dem Meeresboden in dem Gebiete der Welt des Todes ein Leben, das hier unten nicht zu Hause ist. Wir leben dieses Leben durch das Verbundensein mit Christus bei dem Vater. Das Leben, dessen Lebensgebiet dort ist, wo der Sohn Gottes und die Ehre und Herrlichkeit Gottes wohnen, das ist das Leben, das wir hier unten leben durch die Lebensverbindung mit dem Sohne Gottes droben.

Dieses Leben lebte Christus, als Er hienieden war. Er offenbarte es in dieser Welt, und „wie der Himmlische, so auch die Himmlischen“; wie Er, so leben auch wir ein himmlisches Leben in dieser Welt. Ein Leben, das sein Leben nicht in dieser, sondern in jener Welt hat, aber in dieser Welt das offenbart, was bei dem Vater ist.

Wir reden im täglichen Leben sowohl vom Leben-haben als auch von dem Leben, welches wir leben. So ist es auch mit dem Leben des Gläubigen. Jeder Gläubige hat das Leben, weil er den Sohn hat, aber nicht jeder Gläubige lebt dieses Leben. Ein irdisch Gefangener z. B. hat Leben, aber in Wahrheit lebt er sein Leben nicht, er ist ein Gefangener, ein Gebundener, der sich des Lebens nicht in seiner Weite erfreuen und es nicht leben kann. Wie wir unser Leben, welches Christus ist, in dieser Welt

leben können, das lernen wir von Paulus: „Ich lebe durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat“. (Gal. 2,20.) Und nur so können auch wir das Leben leben, welches nach dem Bilde des Lebens des HErrn in dieser Welt ist.

Alle Kinder Gottes haben das ewige Leben („Wer an Mich glaubt, hat das ewige Leben“, Joh. 6,47) aber damit, daß wir ewiges Leben haben, ist nicht gesagt, daß wir ewiges Leben kennen. Ich meine, du magst etwas besitzen, aber damit ist nicht notwendig verbunden, daß du deinen Besitz auch wirklich kennst. Du schenkst einem Kinde ein Sparkassenbuch oder sonst etwas von größerem Wert. Das Kind hat und besitzt dasselbe, aber den Wert hat es noch nicht erfaßt. Damit, daß der Gläubige ewiges Leben hat, damit ist nicht verbunden, daß er die Weite des ewigen Lebens kennt. Paulus schreibt Timotheus: „Ergreife das ewige Leben“, obwohl Timotheus es hatte. Es ist zweierlei, es als die Gabe Gottes zu haben und es wirklich in Seiner Weite erfaßt zu haben und es zu genießen. Ein Kindlein in Christo besitzt nicht die Freude und den Frieden des ewigen Lebens wie ein Vater in Christo. Besitz und Genuß ist zweierlei, und wiederum verschieden sind die Auswirkungen des Lebens in dem praktischen Leben und Wandel hienieden. Die gehemmte wie auch die ungehemmte Lebensverbindung mit der oberen Welt zeigt sich in ihrer Ausstrahlung hier in der unteren Welt.

In Joh. 17,3 gibt uns der HErr in den Worten: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren Gott und den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen“ einen Begriff von dem Charakter des ewigen Lebens. Dieses „Erkennen“ ist nicht eine Frage des Kopferkennens, es ist die innere Berührung, ein Ein- und Aufgehen des Herzens in dem Vater und dem Sohne, worin wir uns von Ewigkeit zu Ewigkeit bewegen werden. Den Vater zu erkennen und Jesus Christus, den Er gesandt hat, ist wirkliches und ewiges Leben und ein Leben in Freiheit in dieser Welt und doch zugleich in der Welt des Vaters und des Sohnes.

Wie wir gesehen haben, wird an vielen Stellen der Schrift von dem ewigen Leben als unserem gegenwärtigen Besitz geredet. Unsere Titusstelle redet indessen von der Hoffnung des ewigen Lebens. Paulus sagt uns hier, daß es schon vor Beginn der Welt in dem Herzen Gottes war, Menschen

ewiges Leben zu geben, und er blickt wartend hin auf den Eingang in das Lebensgebiet des ewigen Lebens.

Ich möchte nochmals auf das Bild des Tauchers zurückkommen. Der Meeresgrund ist nicht die Heimstätte oder das Lebensgebiet seines Lebens. Er befindet sich dort als an einem Platze, wo er nicht hingehört; er sehnt sich nach dem Platze seines Lebens, und er wartet und hofft, in kurzer Zeit wieder in sein Lebensgebiet hinaufgenommen zu werden. So spricht auch Paulus von der Hoffnung des ewigen Lebens, und auch wir warten, bald nach oben gebracht und in das Lebensgebiet eingeführt zu werden, das uns schon hier unten erhält. Das ewige Leben ist, wenn ich so sagen darf, nicht zu Hause auf dem Meeresboden, sondern dort, wo Christus ist. Er ist jetzt unser Leben. Das andere Leben hat sein Ende am Kreuz gefunden. Diese Aussicht auf die Zukunft steht vor uns als die herrliche Hoffnung des ewigen Lebens. Sie ist etwas so Seliges, so Glückliches, daß wir es „mit Ausharren in guten Werken suchen“. Wir mögen mühevoll unseren Weg hier unten gehen, aber wir blicken mit Verlangen aufwärts und harren, daheim bei dem HErrn im Hause des Vaters zu sein.

Verschiedene Wesen haben auch einen verschiedenen Lebenskreis. Das Lebensgebiet des Vogels ist ein anderes als das des Fisches. Der Vogel kann nicht leben, wo der Fisch lebt. Das Lebensgebiet des natürlichen Menschens ist ein anderes als das des Kindes Gottes. Das Lebensgebiet des einen ist diese Welt, das des anderen ist Christus in der Herrlichkeit. Wie verschieden sind diese Lebensgebiete, das eine ist unten, das andere oben! Durch den Tod Christi hat unser Leben als Mensch im Fleische sein Ende gefunden. Wenn wir in dem Lebensgebiet der Welt leben, geht es uns wie dem Vogel im Wasser und dem Fische in der Luft. Wir erkranken und sterben, weil die Verbindung mit dem Gebiete unseres Lebens unterbrochen ist.

Das ewige Leben ist uns auch nicht in der Art geschenkt, daß wir es in uns selbst haben. Der Herr, als Er hienieden wandelte, konnte sagen, daß Er das Leben in Sich Selbst habe. (Joh. 5,26.) Das Leben aber, welches uns geschenkt worden ist, besitzen wir nicht unabhängig von Ihm, ebenso wie unsere Glieder das Leben nicht unabhängig von dem Körper haben. Nur ein Leben ist in dem menschlichen

Körper. Dieses durchdringt jeden einzelnen Teil desselben. So sind auch wir Glieder Christi. Das Leben in dem Finger ist nicht unabhängig von dem Körper. Wenn der Finger oder die Hand vom Körper abgetrennt würde, so hat sie kein Leben in sich selbst. So haben auch wir kein Leben in uns selbst, sondern nur in Verbindung mit dem Sohne. Deshalb können wir auch dieses Leben nie verlieren, weil wir es nicht in uns selbst haben, sondern es in dem Sohne besitzen. Dieses ist etwas, wofür wir Gott nie genug werden preisen können. Die Segnungen, die Gott Israel einst anvertraute, wurden ihnen selbst anvertraut. Sie selbst hatten sie zu bewahren, und ihr Erbteil ist durch ihre Untreue befleckt und verwelkt. Wenn wir das ewige Leben in uns selbst empfangen hätten, unabhängig von Christo, so würden wir es durch unsere Untreue ebenso verlieren, wie Israel einst das ihm einst anvertraute Gut verlor. Aber Gott sagt uns, daß Er uns das ewige Leben gegeben hat und daß dieses Leben ist (nicht in uns, sondern) in Seinem Sohne. Und weiter sagt Er: „Wir sind in dem Wahrhaftigen, in Seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“. (1. Joh. 5,20.) Darum kann auch keine Macht uns dieses Leben rauben, denn es ist in Ihm, dem Sohne, und wiederum, wir sind „in dem Wahrhaftigen“, in Seiner Hand, und Er sagt: „Niemand kann uns aus Seiner Hand rauben“. Er Selbst sagt: „Ich gebe ihnen ewiges Leben, und sie (denen Er das ewige Leben gegeben hat) gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand rauben. Mein Vater, der sie Mir gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben“. (Joh. 10,28.29.) Wie wunderbar groß ist die Liebe und Gnade unseres Gottes. Möchten unsere Herzen anbetend darin ruhen!

v. d. K.

Eine „Seuche, die am Mittag verwüstet“.

(Psalm 91,6.)

Auf einem Bahnhofe hörte ich einen Zeitungsjungen rufen: „Der Plauderer! Nur 10 Pf.!“ Das Wort

„Plauderer“ blieb mir haften, und als der Zug seinem Bestimmungsort zufuhr, dachte ich, daß unter den Kindern Gottes manche sind, auf welche dies Wort angewandt werden könnte.

Wenn Satan einen Gläubigen veranlassen kann, ein Müßiggänger zu werden, wird er aus ihm bald einen Plauderer oder Schwätzer machen, und aus dem Schwätzer wird fast immer ein Verleumder. Diese Reihenfolge finden wir in 1. Tim. 5,13. Dort folgt dem Müßigsein das Umherlaufen in den Häusern und das geschwätzige und vorwitzige Reden der Dinge, die man nicht reden soll.

Wer kann das Böse aufzählen, das dadurch unter dem Volke Gottes angerichtet worden ist, und welch ein Hindernis sind solche dem Zeugnisse des Evangeliums! Es ist Zeit, zu erwachen und gegen dieses wachsende Übel auf der Hut zu sein. Solche „vertraulichen Zuflüsterer“ sollten wie die Pest gemieden werden! „Wer die Wahrheit tut, kommt zu dem Lichte.“ (Joh.3,21.)

„Hast du gehört, daß Bruder So-und-so gesehen worden ist, wie er aus einem öffentlichen Hause herauskam? Ich weiß nur, daß es Tatsache ist; aber es ist vielleicht besser, nichts darüber zu sagen. Jedenfalls erwähne meinen Namen nicht, denn ich möchte nicht in Ungelegenheit kommen.“ Wer unter uns hätte ähnliche Worte nicht schon gehört! Sehr oft denkt der Sprecher nicht daran, daß er Schaden anrichtet, weil seine Zunge gewohnt ist, von dem Feuer der Hölle in Bewegung gesetzt zu werden. Ein solcher Sprecher trägt keine Sorge für seines Gottes Ehre und besitzt keine Liebe für seines Bruders Seele. Wären Sorge und Liebe in seinem Herzen, so würden diese ihn zu dem Bruder selbst führen, um festzustellen sowohl die Wahrheit als auch den Zusammenhang der Sache, um ihn zu warnen, falls Warnung oder Ermahnung notwendig sein sollten.

Eine andere Sache: Ein junger Bruder oder eine junge Schwester sehen einen älteren Gläubigen auf Wegen der Sünde. Sie sind sich bewußt, daß sie nicht die passenden Persönlichkeiten sind, mit ihm darüber zu sprechen. Solche mögen, was sie wissen, denen mitteilen, die gekannt sind als solche, die über die Seelen wachen, aber sich hüten, darüber zu einem anderen zu sprechen. Dieses ist kein Klatschen, sondern in Wahrheit das Gegenteil. Geschieht dies wirklich um der Ehre Gottes willen,

dann ist es wahrhaftig auch nicht notwendig, beizufügen: „Aber bitte nenne meinen Namen nicht.“ Wenn wir für die Ehre des HErrn stehen und eintreten, warum sollen wir dann mit unserem Namen ausweichen, wenn wir im Bewußtsein unserer eigenen Schwachheit unser Zeugnis von Gott gebraucht sehen möchten, unseren Bruder oder unsere Schwester zurechtzubringen?! Als Paulus an die Korinther schrieb, um sie wegen ihrer Partei-Streitigkeiten zurechtzuweisen, hielt er nicht damit zurück, zu sagen, wer es ihm berichtet habe: „Es ist mir von euch kund geworden, meine Brüder, durch die Hausgenossen der Chloe, daß Streitigkeiten unter euch sind.“ (1. Kor. 1,11.)

Andere wiederholen bei jedem unbewiesenen Ärgernis oder Anstoß lang und breit: „Solange ich lebe, werde ich über nichts, ganz gleich, was ich sehe oder höre, reden. Ich halte meine Zunge im Zaume, ich werde mich nicht in Ungelegenheiten bringen.“ Eine solche Sprache kommt aus demselben Geiste der Selbstsucht hervor. Die Liebe vermag solche Irrtümer zu korrigieren, „die Liebe denkt nichts Böses, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit“. (1. Kor. 13,5.6.) Liebe wird niemals eine unbewiesene Nachrede gegen einen Bruder glauben noch sie verbreiten, letzteres selbst dann nicht, wenn sie sich als wahr herausgestellt hat. Andererseits wird Liebe den Bruder nicht in der Sünde gehen lassen, nur um in der eigenen Ruhe nicht gestört zu werden. „Besser offener Tadel als verhehlte Liebe. Treu gemeint sind die Wunden dessen, der liebt.“ (Spr. 27,5.6.) „Ein goldener Ohrring und ein Halsgeschmeide von seinem Golde: So ist ein weiser Tadler für ein hörendes Ohr.“ (Spr. 25,12.)

Zwei Dinge finden wir in der Schrift, Seite an Seite gestellt: Erstens: „Du sollst nicht als ein Verleumder umhergehen unter deinen Völkern. Du sollst nicht auftreten wider das Blut deines Nächsten. Ich bin Jehova.“ - Und zweitens: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, daß du nicht seinetwegen Schuld tragest.“ (3. Mos. 19,16.17.) Nur die Gnade Gottes kann uns befähigen, das eine zu unterlassen und das andere zu tun.1

1

Hierzu beachte auch die in diesem Hefte befindliche Frage 9in ihrem zweiten Teile!

H. - v. d. K.

Die herrliche Zukunft für diese Welt.

„Die Wüste und das dürre Land werden sich freuen, und die Steppe wird frohlocken und aufblühen wie eine Narzisse.“ Jes. 35,1.

Ein berühmter englischer Dichter, Browning, schrieb mit poetischer Phantasie: „Gott ist in Seinem Himmel und in der Welt ist alles wohl“; aber diese vielfach angeführte Strophe entspricht nicht der Wahrheit. Gott ist wahrlich in Seinem Himmel, aber mit der Welt steht es nicht gut, denn hier ist alles in größter Unordnung. Wie könnte es in einer Welt in Ordnung sein, die ihren rechtmäßigen HErrn, ihren Schöpfer, zum Kreuzestode verurteilt hat und Ihn noch heute verachtet und verwirft und nicht als HErrn anerkennt? Eine Welt, die sich mit teuflischer Ironie „christlich“ nennt! Wohl hat der Einfluß des Christentums viel Gutes auf Erden gestiftet. Wie unendlich viel schlechter würde es in dieser Welt aussehen, wenn die Gemeinde Christi nicht hier wäre; sie ist das Salz der Erde, das die Fäulnis noch zurückhält, sie ist auch das Licht in der Welt während der Abwesenheit ihres HErrn, aber trotzdem ist die Welt in einem Zustande der Empörung und des Aufruhrs gegen Gott.

Die Frage, die wir in diesem kurzen Artikel behandeln möchten, ist die, ob die arme, rastlose Welt jemals zur Ruhe kommen, ob die Menschheit glücklich und zufrieden werden und einmal wahre Gerechtigkeit hier herrschen wird. Mit einem freudigen „Ja“ können wir dieses beAntworten, und zwar nicht, weil wir an die menschliche Fähigkeit glauben, daß sie durch hohe Entwicklung alles zu schlichten und in Ordnung zu bringen vermag, sondern weil wir Gottes Wort dafür haben, welches uns unzweideutig sagt, wie solches zuwege gebracht werden wird. Denn „wir besitzen das prophetische Wort befestigt, auf welches zu achten wir wohl tun (als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Ort leuchtet), bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in unseren Herzen“. (2. Petr. 1,19.) Wenn wir das prophetische Wort nicht hätten, würden wir an der Zukunft für diese Welt verzweifeln, denn das völlige Unvermögen der Menschen, diese Welt zu regieren, tritt immer

mehr zutage, und die Aussichten sind äußerst düster.

Viele Gotteskinder haben geglaubt, und einige glauben es noch, daß eine herrliche Zukunft für diese Welt durch die Verbreitung des Evangeliums zustande gebracht wird. Sie glauben, daß die christliche Lehre wie ein „Sauerteig“ die ganze Welt durchsäuern wird und man so langsam in das Friedensreich Christi hineingleiten werde, ohne daß man dessen gewahr werde. Die Ereignisse der letzten zehn Jahre haben doch vielen dieses Spinnengewebe zerrissen, und einige sind dadurch in den Unglauben geraten, weil sie auf das prophetische Wort nicht acht gaben; andere hingegen, als sie ihre eitlen Hoffnungen dahinschwinden und ihre Kartenhäuser stürzen sahen, wandten sich wieder zum Worte zurück und fanden dann, daß die Schrift nirgends lehrt, daß die herrliche Zukunft der Welt durch die siegreiche Ausbreitung des Evangeliums eingeführt werden wird. Sie sagt uns vielmehr, daß in diesem bösen Zeitalter Gott die Nationen heimsucht, um aus ihnen ein Volk für Seinen Namen zu nehmen (Apg. 15,14), aber nicht, daß Er die Nationen christianisieren und verbessern will.

So sehen wir, daß weder durch menschliches Können noch durch die Verkündigung der christlichen Lehre der Zustand des Friedens und der Gerechtigkeit der Welt gebracht werden wird. Die Politiker zwar (und viele Pfarrer und Prediger gehören dazu) hoffen noch, daß es ihnen gelingen wird, Ordnung - wenigstens halbwegs - schaffen zu können, und arbeiten mit Begeisterung und menschlicher Geschicklichkeit an dieser hoffnungslosen Aufgabe, die doch ganz aussichtslos ist, weil es nicht der Weg Gottes ist. Die Worte des HErrn dagegen sind: „Auf der Erde Bedrängnis der Nationen in Ratlosigkeit bei brausendem Meere und Wasserwogen, indem die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen.“ (Luk. 21,25.26.) („Die Wasser ... sind Völker und Völkerscharen ...“ Offb. 17,15.) Ein im Reiche der Himmel unterrichteter Knecht des HErrn arbeitet mit Fleiß unter der Leitung des Heiligen Geistes, Seelen zu Christus zu führen, um sie aus der Welt herauszureißen. Er kennt die Wahrheit und vergeudet seine Zeit nicht damit, die Welt mit religiös-politischen Maßnahmen glücklich zu machen, noch die toten Kirchensysteme durch das Fabrizieren von Namenchristen zu unterstützen.

Gibt es nun noch einen Weg, in der Welt alles in Ordnung zu bringen und eine „Wiederherstellung aller Dinge“ herbeizuführen? Jawohl, die Schrift ist voll von diesem einzigen Wege, der Gottes Weg ist. Dieser Weg Gottes ist die alleinige Hoffnung, die dieser ruhelosen und betrogenen Welt bleibt. So gewaltig wird die Umwandlung für die Welt sein, daß der HErr Selber sie die „Wiedergeburt“ nennt. (Matth. 19,28.) Dann wird „Er auf dem Throne Seiner Herrlichkeit sitzen“. Durch dieses Wort fällt schon Licht auf unsere Frage, und wir sehen den Weg, der zu der herrlichen Zukunft führt. Was die Menschen in ihrer Ohnmacht nicht tun können und was die Verbreitung des Evangeliums nicht erzielen wird, das wird der HErr tun, wenn die Schrift sich erfüllt: „Die Erde wird voll sein der Erkenntnis Jehovas, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken ... und es wird geschehen an jenem Tage: der Wurzelsproß Isais, welcher dasteht als Panier der Völker, nach Ihm werden die Nationen fragen; und seine Ruhestätte wird Herrlichkeit sein.“ (Jes. 11,9.10, Hab. 2,14.) Wir wundern uns deshalb nicht, daß der HErr dieses eine „Wiedergeburt“ für diese Erde nennt. Während dieser Zeit wird der gegenwärtige Fürst und Gott dieser Welt mit einer großen Kette gebunden in den Abgrund geworfen sein, der geschlossen und versiegelt ist, so daß er die Nationen für tausend Jahre nicht mehr verführen kann. (Offb. 20,1-3.) Petrus nennt diese herrliche Zukunft „Zeiten der Erquickung vom Angesicht des HErrn“ und auch „Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge“. (Apg. 3,19-21.) Zugleich sagt Er uns, daß, bis diese Zeiten anfangen, der Himmel Jesus Christus aufnehmen muß. Sobald Er in großer Macht und Herrlichkeit erscheint, dann heben diese Zeiten an, und die 24 Ältesten rufen anbetend aus: „Wir danken Dir, Herr Gott, Allmächtiger, der da ist und der da war, daß Du angenommen hast Deine große Macht und angetreten Deine Herrschaft.“ (Offb. 11,17.) Wohl wird die Welt sich dieser machtvollen Besitzergreifung der Herrschaft dieser Erde durch den HErrn bis zum Äußersten, aber vergeblich widersetzen; alle Erfindungen auf dem Gebiete der Kriegskunst sind ja in Wahrheit gegen den kommenden rechtmäßigen Herrscher gerichtet, denn zu allerletzt werden alle Könige sich versammeln zu dem Kriege jenes großen Tages Gottes, des Allmächtigen. (Offenb. 16,14.)

Petrus sagte dem Volke in Jerusalem, daß Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von diesen

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Die „Wiederherstellung“ bezieht sich in dieser Schriftstelle auf „alle Dinge“, und zwar auf die, „von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“. Gott aber hat nie durch den Mund Seiner heiligen Propheten geredet, daß z. B. der Satan selig wird usw. (Die Schriftleitung. v. d. K.)

Petrus sagte dem Volke in Jerusalem, daß Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von diesen Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge von jeher geredet hat; aber wie wenig achtet man auf das, was Gott sagt. Der Teufel nimmt gerade diese bedeutungsvolle Stelle (Apg. 3,21), um daraus eine Irrlehre von der Wiederbringung der Verlorengegangenen zu machen und zu begründen. Jeder unbefangene Leser kann leicht sehen, daß diese Stelle gar nichts damit zu tun hat. „Alle Dinge“ dieser Welt sind durch den Sündenfall verdorben worden, darum will Gott alles dieses wiederherstellen. Er wird dieses auf Grund des Opfers Christi tun, und es wird durch das persönliche Eingreifen Seines geliebten Sohnes geschehen, den Er gesetzt hat zum Erben „aller Dinge“, durch den Er auch „die Welten“ gemacht hat.1 (Hebr. 1,2.)

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Die „Wiederherstellung“ bezieht sich in dieser Schriftstelle auf „alle Dinge“, und zwar auf die, „von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“. Gott aber hat nie durch den Mund Seiner heiligen Propheten geredet, daß z. B. der Satan selig wird usw. (Die Schriftleitung. v. d. K.)

Die Heilige Schrift gibt uns volle Klarheit, wie diese Zeiten eingeführt werden und auch durch wen es geschehen soll, aber sie schweigt über eins, nämlich: wann dies zustande gebracht werden wird. Als die Jünger den HErrn fragten, ob es zu „dieser Zeit“ geschehen würde, Antwortet Er ihnen: „Es ist nicht eure Sache, Zeit oder Zeiten zu wissen, die der Vater in Seine eigene Gewalt gesetzt hat.“ (Apg. 1,7.) Damit ist auch uns gesagt, daß wir kein Datum zu bestimmen haben, sondern geduldig zu warten haben, wie auch der HErr auf dem Throne Seines Vaters sitzend wartet, bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. Der Teufel haßt die Wahrheit von der Einführung der Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge durch den HErrn, denn dann wird er - der Usurpator, der Thronräuber - gestürzt werden. Darum gaukelt er es den Menschen vor, daß sie selbst alles herrlich regeln können, und zwar unter seiner Leitung, die er aber den Menschen geschickt zu verbergen weiß. Die Bewunderung und Anbetung, die die Welt dem aus dem Völkermeer aufsteigenden „Tiere“ entgegenbringen wird, wird daher kommen, daß es ihm augenscheinlich gelingt, Großes auf diesem Gebiete zu leisten, „Ordnungen“ einzuführen, die aus der Hölle kommen, da das „Tier“ durch den „Drachen“ hierzu befähigt wird; Ordnungen, die sich schrecklich erweisen werden.

Anderen aber, die da zweifeln, daß durch menschliche Klugheit bessere Zeiten herbeigebracht werden, oder die durch Licht von oben nach dem HErrn ausschauen und nach Seinem Kommen,

versucht der Teufel diese Hoffnung zu verdächtigen, indem er sie verleitet, ein Datum für die Ankunft des HErrn aufzustellen, obwohl der HErr gesagt hat: „Von jenem Tage und von jener Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel im Himmel, sondern Mein Vater allein“ (Matth. 24,36), und wieder: „So wachet nun, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde.“ (Matth. 25,13.) Der Gründer der Adventistensekte gab ein bestimmtes Jahr für das Kommen des HErrn an, aber Er kam nicht in dem Jahre. Um sich nicht zu blamieren, kam er auf die Idee, daß der HErr in dem Jahre doch gekommen, aber ins Heiligtum gegangen sei, obwohl Hebr. 9,12 diesen unbiblischen Ausdruck als Lüge straft. C. P. Russell, der Gründer der sogenannten und sich selbst so nennenden „Ernsten Bibelforscher“-Sekte, behauptete, daß Christus schon gekommen sei und daß Er Sein Friedensreich im Jahre 1914 antreten würde. Wie ganz anders hat der Ausbruch des schrecklichen Weltkrieges geredet! So schob er es bis 1920 auf. Doch wieder verrechnet! Er machte noch einen eitlen Versuch und gab das Jahr 1925 an. In der Zwischenzeit ist er gestorben. Wir wissen nicht, wie er aus dieser Klemme sich hätte herauswinden können. Hüten wir uns davor, mehr als die Schrift wissen zu wollen!

Es ist genug für uns, zu wissen, daß unser HErr diese herrliche Zukunft für die Welt einführen wird. Denn die Schrift sagt uns: „Wir haben Dich, Jehova, erwartet auf dem Pfade Deiner Gerichte, nach Deinem Namen und nach Deinem Gedächtnis ging das Verlangen der Seele; mit meiner Seele verlangte ich nach Dir in der Nacht; ja, mit meinem Geiste, in meinem Innern suchte ich Dich frühe; denn wenn Deine Gerichte die Erde treffen, so lernen Gerechtigkeit die Bewohner des Erdkreises.“ (Jes. 26,8.9.)

„Und Er wird die Geringen richten in Gerechtigkeit und den Demütigen des Landes Recht sprechen in Geradheit.“ (Jes. 11,4.) Und wenn das wahre Jubeljahr endlich anbricht und die ersehnte Stunde gekommen ist, wird die Schrift erfüllt werden: „Ich hörte wie eine Stimme einer großen Volksmenge und wie ein Rauschen vieler Wasser und wie ein Rollen starker Donner, welche sprachen: Halleluja! Denn der HErr, unser Gott, der Allmächtige, hat die Herrschaft angetreten; laßt uns fröhlich sein und frohlocken und Ihm die Ehre geben.“ (Offb. 19,6.) „Es wird ein Tag einzig in seiner Art sein (er ist

Jehova bekannt) ... und Jehova wird König sein über die ganze Erde.“ (Sach. 14,6-11.) Dann, erst dann wird endlich Ordnung auf dieser Erde sein, die Empörer werden überwunden und alle Vögel werden mit ihrem Fleische gesättigt werden; „denn Er muß herrschen, bis Er alle Seine Feinde unter Seine Füße gelegt hat.“ (1. Kor. 15,25.) „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter unsere Füße zertreten“ (Röm. 16,20.)

Was wir also zunächst zu erwarten haben, ist, daß die Unordnung in dieser Welt und die Ratlosigkeit der Menschen immer größer werden und alles weiter bergab stürzen wird. Ganz besonders beschleunigt sich dieser Absturz zusehends in dem in der Schrift vorhergesagten „Abfall“ vom Glauben. Jeder, der nur ein wenig die Dinge der gegenwärtigen Zeit beobachtet, muß dieses bestätigen. Die Schrift sagt: „Böse Menschen aber und Gaukler werden zu Schlimmerem fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ (2. Tim. 3,13.) Die einzige Hoffnung, die uns für diese Welt bleibt, ist die Übernahme der Regierung durch unseren Herrn Jesus Christus, denn „Er wird richten zwischen den Nationen und Recht sprechen den Völkern; und sie werden ihre Schwerter zu Pflugmessern schmieden und ihre Speere zu Winzermessern. Nicht wird Nation wider Nation das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen.“ (Jes. 2,2-4.) Die Gemeinde des HErrn aber hat die köstliche Zusage, daß ihr HErr zuerst für sie kommen wird, um sie zu Sich in Wolken entgegenzurücken, um ewig bei Ihm zu sein. Wenn wir sehen, wie schnell alles in dieser Welt dem Ende entgegenreift, so erkennen wir, daß Sein Kommen nicht mehr fern ist. Die „Ernte“ der Erde wird bald überreif, auch die Beeren sind reif (Offb. 14,15.18); und „die Ernte ist die Vollendung des Zeitalters“. (Matth. 13,39.)

Die Zeichen der Zeit mehren sich zusehends, und der HErr sagt: „Wenn aber diese Dinge anfangen zu geschehen, so blicket auf und hebet eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht,“ und weiter: „Sehet den Feigenbaum und alle Bäume, wenn sie schon ausschlagen, so erkennet ihr von selbst, indem ihr sehet, daß der Sommer nahe ist.“ (Luk. 21,29.30.) Der Feigenbaum ist ein Sinnbild Israels, und „alle Bäume“ weisen hin auf die übrigen Nationen. Wir können bereits sehen, wie diese

ausschlagen, ihre Unabhängigkeit usw. verlangen, und daran erkennen, daß das Reich Gottes nahe ist. Darum wiederholen wir noch einmal, die herrliche Zukunft für diese Welt liegt allein in den Händen Dessen, der von den irregeleiteten Männern dieser Welt durchstochen wurde! Außer Ihm gibt es keine Hoffnung. Wenn Er nicht eingreifen würde, so würde die Welt in ewige Nacht versinken.

F. Btchr.

„Was hindert mich, getauft zu werden?“

Apgesch. 8,37.

Diese Frage des Kämmerers, auf die er sich keine Antwort zu geben brauchte noch eine Antwort Erwartete, da ihn eben nichts hinderte am Gehorsam gegenüber der Stimme des HErrn, möge dich, lieber Bruder, teure Schwester, die ihr dies leset, ein wenig beschäftigen! Bist du schon getauft oder noch nicht? Bist du etwa bis heute noch der Meinung gewesen - religiöse Meinungen sind aber wertlos vor Gott! - daß jene Handlung, die einst an dir, da du noch ein kleines Kindlein warst, vollzogen wurde, die biblische Gläubigentaufe ersetze? Gott hat Glaube und Taufe miteinander verbunden, hat Seinen Zeugen aufgetragen, die, welche gläubig wurden, zu taufen, und wir dürfen in der Apostelgeschichte wieder und wieder sehen, daß die Apostel diesen Auftrag getreulich ausführten. Der aufmerksame Bibelleser kennt viele solcher Stellen, die dies besagen, z. B. in Apg. 10 oder 16 oder 18! Unser geliebter Herr Jesus hat Sich taufen lassen, „um alle Gerechtigkeit zu erfüllen“. (Matth. 3,15.) Er nahm schon in dieser sinnbildlichen Handlung der Bußtaufe des Johannes, der Er Sich unterzog, den Platz eines schuldigen Sünders abbildlich ein, während Er später tatsächlich an unserer Statt das Gericht und den Tod erduldete. Er ging den Weg des Gehorsams von Anfang Seines Auftretens an, Seine Jünger aber handelten in Seinem Auftrag und Willen an den Gläubiggewordenen, und diese selber waren nicht weniger gehorsam, sondern ließen sich taufen und bezeugten nach Gottes Gedanken (auch wenn sie selber es noch nicht gleich ganz verstanden) durch

die Taufe, d. i. Untertauchung, symbolisch (sinnbildlich), mit Christo begraben zu sein, nachdem sie im Glauben an Ihn mit Ihm gekreuzigt und gestorben waren. (Röm. 6.) Erst Glaube, dann Taufe! Erst gestorben sein, dann begraben werden - erst mit Christo gestorben sein (im Glauben), dann Ihm nach ins Grab gelegt werden, das ist göttliche Ordnung, und nicht umgekehrt, als wenn es einerlei sei, ob man erst stirbt und dann begraben wird oder erst begraben wird und dann stirbt!

Diese Dinge werden den meisten Lesern der „Handreichungen“ ganz geläufig sein. Aber, Geschwister, wie ist es nun praktisch? Sind wir alle getauft nach unserer Bekehrung, oder haben schriftwidrige „Kirchenlehren“ den einen oder anderen so beeinflußt, daß er dem klaren Schriftwort entgegen die biblische Taufe ablehnen zu dürfen meinte? Es ist doch recht beschämend, daß in einem deutschen Schriftchen zur Verteidigung der Kindertaufe der bekannte gläubige Verfasser keine anderen „Beweise“ für die Berechtigung derselben hat, als die in den Schriften der sogen. „Kirchenväter“ sich vorfindenden! Aber was gehen diese, die wohl religions-wissenschaftliche und kulturhistorische Bedeutung haben, uns Bibelgläubige an? Wissen wir nicht, daß der Verfall der Gemeinde Gottes, das Abweichen von der Lehre der Apostel, schon zu deren Lebzeiten begann, und, als der letzte Apostel (Johannes) die Augen schloß, unter den „Kirchenvätern“ reißende Fortschritte machte? Nur in der Schrift finden wir die Richtlinien für das gottgewollte und gotteswürdige Verhalten der Kinder Gottes. Wenn daher einige von uns, sofern sie schon Licht genug haben konnten oder hatten über die Anordnungen Gottes betr. der Taufe (und des Abendmahles), dennoch glauben, hierin anders handeln zu dürfen, und etwas, was die Schrift nie „Taufe“ nennen würde, doch als diese ansehen zu können meinen - so müssen diese Brüder aus der Schrift ihre Stellung beweisen! Das wird ihnen aber schwer werden, ja, unmöglich sein, wenn sie ehrlich sind. Aber ist es ehrlich, zu sagen, wie in einer anderen Kindertaufschrift zu lesen ist: „Gott hätte nirgends die Kindertaufe verboten, darum sei sie erlaubt“ und ähnliches? Wie soll Gott etwas verbieten, was noch gar nicht da war, was der ganzen Schriftlehre so entgegengesetzt ist? In der ganzen Schrift findet sich nicht die leiseste Spur von Kleinkindertaufen (auch nicht bei den sogen. „Haustaufen“!). Warum nur arbeiten so manche teure Brüder gegen diese kostbare Schriftlehre, die sowohl in Röm. 6 wie in Kol. 2 (vergl. Frage 7 dieses Jahrb.) oder 1. Petr. 3

wunderbare Tiefen enthält, die bei der Anwendung der Kindertaufe, d. h. der Taufe unwiedergeborener Menschen, völlig gegenstandslos werden?

Ja, warum wohl? Die Gründe mögen verschieden sein, und wir haben vorsichtig zu sein, keinen Bruder zu verletzen oder ihn zu zwingen, mit unserer Erkenntnis die Dinge zu sehen. Er steht und fällt seinem HErrn! Aber in dieser Hinsicht sei jeder, den es angeht, doch herzlichst gebeten, obiges Wort des Kämmerers auf sein eigenes Herz wirken zu lassen! „Was hindert mich, getauft zu werden?“ Wodurch lasse ich mich hindern, mich taufen zu lassen? Sieh dir nochmals den Mann an! Sieh ihn, wie er so treulich das Wort Gottes liest, wenn er es auch noch nicht versteht! Sieh seine Demut, wie er den einsamen Wanderer zu sich nimmt und an seinen Lippen hängt, sieh, wie er darauf achtet, ob sich Wasser zeigt, damit er seinen jungen Glauben bezeugen kann, sieh, wie er fröhlich seine Straße zieht, reicher denn je zuvor geworden; er, der über einen großen irdischen Schatz gesetzt war als Verwalter, war jetzt Mitbesitzer eines unendlich viel größeren Schatzes geworden, und die Herrlichkeit dieses Schatzes füllt sein Herz so aus, daß er nicht anders kann als handeln nach seinem Glaubensgehorsam! Ihn hinderte nichts! Und dich? Was ist's? Sind's Menschen? Sieh wieder den Kämmerer! Meinst du, die ihn begleitenden Diener, Schreiber, Kutscher, Soldaten usw. hätten sich erst verkriechen müssen, um nicht zu sehen, was ihr Herr tat? Gewiß nicht, sie mögen höchst aufmerksam zugeschaut haben - und warum auch nicht? Getauft werden, sich taufen lassen aus liebendem Gehorsam gegen Den, der Sich aus Liebe zu uns in den Tod gab, ist doch keine Schande! Und sieht's vielleicht die Welt auch so an - was tut's? Gott wertet es anders, und darauf kommt's doch an in Ewigkeit! Was also hindert dich? Deine Verhältnisse, dein Beruf, etwaige Folgen deines Tuns? Sieh den Kämmerer abermals an! Hätten solche Gründe ihn nicht hindern können, ihn, der in ein heidnisches Land zurückzog, fern von allen Glaubensgenossen, um dort auf einsamem Posten seinem Gott zu leben? Nichts hinderte ihn! Und dich so viel, dich, der du in unserem Lande so viele Gleichgesinnte finden kannst und nicht allein zu stehen brauchst? Was hindert dich? Menschenfurcht, Hohn, Spott? Nein, dies alles nicht! aber ...!

„Aber ich halte es nicht für nötig!“ - Ach so - du hältst etwas nicht für nötig, was Gott für nötig genug

„Aber ich halte es nicht für nötig!“ - Ach so - du hältst etwas nicht für nötig, was Gott für nötig genug hielt, dir mitzuteilen, was der „ungefähr 30 Jahre alt gewordene“ (Luk. 3,23) Herr Jesus für nötig hielt, an Sich vollziehen zu lassen, was die Apostel taten im Gehorsam gegen das Wort Gottes und worüber sie kostbare Belehrungen gaben - so - du hältst das nicht für nötig! Du willst wohl mit Christo gestorben und auferstanden, aber nicht begraben sein wie Er? Das also ist dein Hindernis, mein Bruder, meine Schwester? Nun sieh nochmals auf den Kämmerer! Was würdest du wohl sagen, wenn die Sache etwa so verlaufen wäre: statt des Kämmerers hätte Philippus gesagt: „Da ist Wasser, was hindert dich, getauft zu werden?“ und der Kämmerer darauf: „Ach, ich bin ja gläubig, das genügt mir, warum denn nun noch diese - ‚unbequeme' (?), ‚überflüssige’ (?!!), ‚gesetzliche' (?) - Taufe? Nein, die halte ich nicht für nötig.“ Was würdest du, lieber Leser, dazu sagen? Zu solchem Undank gegenüber der Liebe des Heilandes? Der HErr sei gepriesen - so war die Sache nicht, und solange Gläubige die Schrift lesen, dürfen sie von diesem bekenntnisfreudigen Manne lesen, für den es keine Hindernisse gab. Er war geliebt vom HErrn, ja, wie du und ich, vielgeliebt, und er konnte nicht anders: er mußte wiederlieben. Denn wie sagt der Herr Jesus? „Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort!“ (Joh. 14,21ff.) Aber noch einmal suchst dumir zu entgehen und sagst: ja, der Kämmerer mußte natürlich getauft werden, der war ja als Kind noch nicht getauft wie ich! - Sagst du wirklich so? Wagst du es nach dem Lesen dieses Aufsatzes? Wagst du zu reden von der Gläubigentaufe als einer Wiedertaufe? O bitte, bitte, Bruder, tue es nicht, du streitest wider besseres Wissen, wider die Wahrheit! Die Schrift anerkennt keine Taufe ohne Glauben, und schon deswegen, von anderen Gesichtspunkten abgesehen (wie z. B. dem, daß jene Handlung überhaupt nichts mit der schriftgemäßen Handlung gemein hat), war deine Kindertaufe keine biblische Taufe, und du bist in Wahrheit noch gar nicht getauft. Aber du weißt, daß die Schrift die Taufe der Gläubigen verlangt. (Mark. 16,16 u. a.) Was willst du nun tun? Was hindert dich nun noch? Gib Gott die Ehre und weiche Ihm nicht länger aus! Verschanze dich nicht länger hinter Hinderungsgründen, die keine wirklichen sind und die man nur sucht, um sie zu finden, damit man um den unbequemen Gehorsamsakt herumkommt. Ist es eines bluterkauften Gläubigen würdig, Gründe an den Haaren herbeizuziehen,

um nicht gehorsam sein zu brauchen? Solche Gründe, wie etwa schließlich noch den, daß die Geistestaufe die Wassertaufe ersetze? Aber wo steht das? Zumal durch die Geistestaufe die Körperschaft der Gemeinde des HErrn gebildet ist zu Pfingsten (Apg. 2; 1. Kor. 12,13), während der Geistesempfang des einzelnen Gläubiggewordenen (Joh. 7,37.39 u. a.) nie, unter keinen Umständen, „Geistestaufe“ genannt wird! Aber abgesehen davon ist die Wassertaufe doch nötig, wie dir ohne weiteres Apg. 10,44-48 und 19,1-5 zeigen.

Doch nun genug und übergenug! Aus Liebe zu den nie überflüssigen gesegneten Worten unseres teuren HErrn und darum aus Liebe zu den Seinen (1. Joh. 5,2.3; vergl. Frage 10!) mußte ich diese Ausführungen niederschreiben, betr. derer es mein Gebet ist, daß sie ein wenig dazu mithelfen, daß sich geliebte, teuer erkaufte, echt gläubige Leser der „Handreichungen“ finden, welche, sofern sie es nicht schon getan haben, aus Gegenliebe gegen den HErrn, der Sich Selbst für uns gab, das Wort des treuen, gehorsamen Kämmerers mitsprechen und ausleben lernen:

„Was hindert mich, getauft zu werden?“

Der HErr gebe Gnade und Segen dazu! Seine Gnade genügt für uns in allem!

Der Wiederaufbau Jerichos.

(1. Kön. 16,34.)

Alles, was wir uns selbst erlauben, das fördern wir auch in anderen. Wenn wir den Grundsätzen der Welt huldigen, so bauen wir sie auch in anderen auf; aber wir werden dadurch sicher früher oder später Gottes Gericht über uns bringen. Gott ist nicht gleichgültig über das, was Sein Volk tut. Wohl läßt Er die Welt in Mißachtung Seines Namens und Seines Wortes dahingehen, nicht aber so Sein Volk; auf dieses legt Er Seine züchtigende Hand. Aber auch für die Welt ist schon der Tag bestimmt,

Volk; auf dieses legt Er Seine züchtigende Hand. Aber auch für die Welt ist schon der Tag bestimmt, an dem sie gerichtet werden wird. (Apgesch. 17,31.)

Jericho war die Burgfeste des Feindes. Seine Mauern dienten ihm dazu, Gottes Plänen zu widerstehen. Gott vernichtete die Stadt und ließ den Fluch aussprechen über den, der sie wieder aufbauen würde. Der Mann, der Jericho wieder aufbaute, war ein Betheliter. Gott erwähnt dieses besonders, und es liegt eine große Bedeutung für uns darin. Bethel heißt in unserer Sprache: „Gotteshaus“. (1. Mos. 28,16-19.) Dieser Mann, Hiel, war ein Betheliter - er gehörte dem Hause Gottes an. Zweierlei lernen wir von ihm: 1. Er befand sich abseits, fern vom Hause Gottes, und 2. er baute dem Feinde wieder die Stadt des Widerstandes.

Jericho und sein König ist ein Bild von der Welt und ihrem Fürsten. Sein Volk hatte im Glauben gesungen: „Du wirst Dein Volk bringen und pflanzen auf den Berg Deines Erbteils, die Stätte, die Du, Jehova, zu Deiner Wohnung gemacht“ (2. Mos. 15,17), und Gott war willens, dieses jetzt Seinem Volke zu erfüllen und ihm das Land zu geben. Aber der Widersacher, der König von Jericho, sagte gleichsam: „Mein Land ist dies! Hier ist mein Haus! Ich widersetze mich Deinen Plänen mit diesem Volke.“ Gott aber führt Seinen Vorsatz aus. Die Mauern Jerichos fallen, seine Stadt wird zerstört, und Gott bestimmt, daß sie nie wieder aufgebaut werden solle.

Das Land, das Gott damals für Sein Volk erwählte, war Kanaan. Dort richtete Er Sein irdisches Heiligtum auf, dort wohnte Er in der Mitte Seines Volkes. Dies ist ein Vorbild von dem Ort, den Gott jetzt für Sein Volk erwählt hat.

Jakob wandte sich einst weg von diesem Lande, von dem Gott schon Abraham gesagt hatte, daß Er es seinem Samen geben wolle. Nach vielen Wegen der Kümmernisse und Sorgen wandte Gott Jakobs Blick zurück nach der von Ihm bestimmten Stätte und sprach: „Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel und wohne daselbst“ (1. Mos.35.1). Hier sehen wir schon aus der frühesten Zeit, daß Gott die, die Sein sind, dort haben will, wo Sein Haus ist; sie sollen gleichsam bei Ihm in Seinem Hause

sein.

Die Stätte, wohin Gott uns haben will, ist nicht die Erde, sondern der Himmel. Dieses Ziel Seines Herzens, uns so nahe bei Sich zu haben, konnte Er nur vollführen auf der Grundlage eines vollkommenen Erlösungswerkes.

Dieses Ziel Seines Herzens sehen wir auch im Neuen Testament in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn in Lukas 15. Die Freude des Vaters war nicht eher voll, bis der Verlorene in Sein Haus geführt und an Seinem Tische saß. Die Freude „vor“ den Engeln Gottes, von der in diesem Kapitel geredet wird (V. 10), ist diese Freude des Vaters. Sie sind Zeugen, daß Sein Herz erfreut und befriedigt ist.

In der Stelle, die wir betrachten, finden wir Hiel, einen Betheliter. Einen Mann, dessen Platz Bethel, das Haus Gottes war. Aber Hiel war nicht mehr dort. Er hatte sich weggewandt und baute nun dem Feinde wieder die Burgfeste.

Welch ein trauriger Rückgang! Und doch, müssen wir nicht, ach, gestehen, daß solche Rückgänge auch in unseren Tagen geschehen? Die Anfänge sind gar klein. Sie finden verborgen im Herzen statt. Unbemerkt wendet sich das Herz von Bethel weg; man achtet nicht mehr mit Sorgfalt auf das Wort des HErrn, und bald beginnt man nach dem eigenen Willen zu bauen, wie es in den eigenen Augen recht ist, und damit hat man angefangen, dem Feinde die Mauern Jerichos aufzurichten.

In Lukas 10,30ff. zeigt uns der HErr, daß Jericho die „gegenwärtige böse Welt“ ist. (Gal. 1,4.) „Ein Mensch ging ... nach Jericho hinab.“ Dorthin ist von Natur das ganze Menschengeschlecht hinab gegangen; hilflos, hoffnungslos in der Gewalt des Feindes. Als der Mensch am tiefsten Punkte anlangte, dann stieg auch der „barmherzige Samariter“ zu ihm herab. Er kam aus Mitleid herab. Er kam dahin, wo jener „war“. Er rettete den Halbtoten, um ihn von nun an für immer in Seine Sorge zu nehmen. Wie der Hirte hat Er Sein Schaf mit Freuden auf Seine Schultern gelegt. Er allein kannte den rechten Platz für das Schäflein, und Er bringt es heim. Und wenn Er es „nach Hause“ gebracht hat, ruft Er die Freunde und Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: „Freuet euch mit mir, denn ich

ruft Er die Freunde und Nachbarn zusammen und spricht zu ihnen: „Freuet euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.“ (Luk. 15,6.) Es ist wieder in Bethel, dem Hause Gottes, und das Haus ist voller Freude. Ist es nicht köstlich zu hören, daß dieses die Heimstätte des Gläubigen ist? Ist es nicht selig, von Ihm eingeladen zu werden, „daselbst zu wohnen“? Haben wir Teil daran, Teil an der „Musik“ - an dem „Reigen“ in jenem Hause? Wissen wir nicht schon jetzt etwas davon?

Die Grundzüge, die Ordnungen, die Freude des Hauses Gottes droben finden jetzt ihren Widerspiegel in dem Hause Gottes auf Erden. Viele mögen dieses heute vergessen haben, deswegen bleibt es doch das „Muster“, das Gott nicht beiseite gesetzt hat. (Vergl. 2. Mose 25,40 mit der Ordnung in Eph. 5,24.25 usw. und 1. Tim 3.15.) „Heiligkeit ist die Zierde Seines Hauses ewiglich.“ (Psalm 93,5 lutherische Übersetzung.)

Jemand möchte fragen: Was ist, seitdem der Höchste nicht mehr in Tempeln wohnt, die mit Händen gemacht, heute das Haus Gottes? Zunächst wohnt Er in jedem Gläubigen einzeln durch Seinen heiligen Geist; dann aber wohnt Er in der Gemeinde, die Sein Haus ist - „dessen Haus wir sind“ (1. Tim. 3,15; Hebr. 3,6), und an diesem Bau sind wir gewürdigt, „Mitarbeiter“ zu sein.

Jede Gleichgültigkeit oder Nachlässigkeit über das, was und wie wir bauen, ist für uns, die wir dem Hause Gottes angehören und es bilden, eine sehr ernste Sache. Wir sehen, wie Gott in dem Falle Hiels Seine strafende Hand auf das Haus dieses Betheliters legte. In Seinen Wegen abseits vom Hause Gottes (wie wir es im Herzen und in unseren Zielen sein können) baute Hiel dem Feinde die Stadt wieder.

Gottes Wort hatte auf Hiel jede Kraft und Wirkung verloren. Er achtete nicht den Gerichtsausspruch Gottes: „Verflucht vor Jehova sei der Mann, der sich aufmachen und diese Stadt Jericho bauen wird! Mit seinem Erstgeborenen wird er ihren Grund legen und mit Seinem Jüngsten ihre Tore aufstellen.“ (Jos. 6,26.) Dies Gericht ging buchstäblich an dem Betheliter in Erfüllung, wie uns unser Text 1.

Könige 16,34 berichtet; denn (ob ein Mensch ein Kind Gottes ist oder nicht) das Wort des HErrn bleibt fest für alle: „Was ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“ (Gal. 6,7.) So sicher wie das Wort Gottes war, das Er über Jericho geredet hatte, so sicher ist auch Sein Wort, das Er über diese Welt und ihren Fürsten geredet hat. „Alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt. Und die Welt vergeht und ihre Lust, wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (1. Joh. 2,16.17.)

Laßt uns acht haben auf unsere Herzen und auf unser Reden und Wirken, daß wir nicht Jericho wieder aufbauen; daß nicht die Grundsätze und Wege, die Gepflogenheiten und Bestrebungen dieser armen Welt unsere Grundsätze und Wege, unsere Gepflogenheiten und Bestrebungen werden. „Seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung eures Sinnes“ (Röm. 12,2; 2. Kor. 3,18.), damit „das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde.“ (2. Kor. 4,10.)

Alle Menschen sind Bauende. Die Ungläubigen sind oft sehr fleißig, aber sie bauen ihr Haus auf Sand. (Matth. 7,24-27.) Die Gläubigen bauen auf dem Felsen. Ihre Aufgabe ist, die Gemeinde zu erbauen. (1. Kor. 14,12.) Sie können aber, was sie einst abgebrochen haben, wieder aufbauen. (Gal. 2,18.) Wie wachsam sollten wir sein, daß das, was wir bauen, dem Feuer standhält. Wir können „Holz, Heu, Stroh“ bauen, und das Feuer des kommenden Tages wird alles verzehren. Möchten wir alle und jeder sich vor dem HErrn klar sein, was er in seinem eigenen Herzen und in den Herzen anderer baut. Das Feuer wird das Werk eines jeden offenbaren. (1. Kor. 3,13.) Bauen wir an Jericho oder am Hause Gottes? Laßt es uns tief ins Herz fassen; Ein Betheliter baute Jericho!

Ach wie vieles, was heute mit „christlich“ bezeichnet wird, ist nur Aufbau Jerichos, und wie viele „Betheliter“ sind daran beteiligt!

Sind wir uns bewußt, daß wir, so oft wir mit anderen zusammen sind, Bauarbeit tun, entweder göttliche oder weltliche, entweder für den alten Menschen oder den neuen Menschen? „Glückselig, die da wohnen in Deinem Hause! stets werden sie Dich loben.“ (Ps. 84,4.) Solche erbauen sich selbst

und andere. Die, von denen hier gesprochen wird, sind nicht gelegentliche Besucher Seines Hauses, sondern solche, die dort wohnen, die ihren ständigen Ruheplatz dort haben, wo Gott wohnt. Gott hat sie Seinen Ruheplatz finden lassen, wo keine Wolke oder Sorge oder Tod kommen kann, denn Gott ist dort, und es ist Seine Freude, auch uns dort zu haben.

Als einst zwei Jünger den HErrn fragten: „Wo wohnst Du?“, da lud Er sie ein: „Kommet und sehet“! (Joh. 1,38.39.) Dasselbe sagt Er zu einem jeden von uns. Aber statt daß wir Seiner Einladung folgen, muß der Geist Gottes uns oft wie Jakob ermahnen: „Mache dich auf und ziehe gen Bethel und wohne daselbst!“ (1. Mose 35,1.) Jene zwei Jünger blieben jenen Tag bei Ihm. Wenn wir in Bethel wohnen, können wir Jericho nicht aufbauen, und bauen wir an Jericho, so sind wir abseits von Bethel. Wir bauen dort, wo wir sind, und unser Bauen trägt die Merkmale von dem, womit wir selbst erbaut und beschäftigt sind.

Der Psalmist spricht von einem „Sitzen“ unter dem Schirm des Höchsten und einem „Bleiben“ unter dem Schatten des Allmächtigen. (Ps. 91,1.) Dieses „Sitzen“ und „Bleiben“ sehen wir in Vollkommenheit in dem Leben unseres HErrn auf Erden, als Er der „Schlinge des Vogelstellers“, dem „Schrecken der Nacht“, „dem Pfeil, der bei Tage fliegt“ ausgesetzt war. Sein Sitzen unter diesem Schirm droben läßt uns etwas von der Quelle sehen, aus der Sein Leben als des abhängigen Menschen hienieden floß. Er „wohnte daselbst“. „Der Sohn des Menschen, der im Himmel ist.“ (Joh. 3,13.)

Möchten wir im „Hause des HErrn“ droben so wohnen, daß all unser Verhalten in Seinem Hause hier auf Erden die Merkzeichen unseres Wohnens dort oben tragen!

Ich freute mich, als sie zu mir sagten: „Lasset uns zum Hause des HErrn ziehen.“ (Psalm 122,1.)

Frage 9

Wie wendet man Joh. 20,23 und 1. Kor. 4,5 jedes an seinem Platze richtig an?

Antwort

Über die erste Stelle (Joh. 20,23) ist bereits in der „Handreichung“ eingehend geschrieben (Bd. I, S. 91). Es mag darum nur kurz darauf hingewiesen werden, daß es sich hier nicht um eine Sündenvergebung handelt, in der die Frage des ewigen Heils entschieden wird. Diese Vergebung der Sünden wird allen aus Gnaden zuteil, die ihre Zuflucht im Glauben zu dem Sünderheiland nehmen. Diese Vergebung, die der HErr durch das Evangelium verkünden läßt, bedarf keiner Hinzufügung noch Bestätigung durch irgendwelchen Menschen (Apg. 10,43).

Das „Vergeben“ oder „Behalten“ (oder „Lösen“ und „Binden“ nach Matth. 18) bezieht sich hier (wie auch in Matth. 18) auf spezielle Fälle, auf sündige Wege, Sündigen gegen andere usw.; es steht mit dem vergeltenden Walten Gottes auf Erden dem Sünder gegenüber in Verbindung. Solches „Vergeben“ öffnet gleichsam der Gnade die Tür, um die züchtigende Hand Gottes abzuwenden, während das „Behalten“ dem Entgegengesetzten Raum macht. Beispiele für das „Vergeben“ finden wir in Luk. 23,34 (vergl. damit Apg. 3,17ff.); Apg. 7,60; 2. Tim. 4,16; 2. Kor. 2,10.11; Jak. 5,15; 4. Mos. 12,9-11. Beispiele für das „Behalten“ der Sünden haben wir in 2. Tim. 4,14; 1. Tim. 1,20; 1. Kor. 5; Apg. 5,1-11.

Das Nichtvergeben erfordert ein weit größeres Maß geistlicher Kraft als das Vergeben. Dem Fleische liegt das Nichtvergeben näher als das Vergeben. Aber ein Nichtvergeben, welches nicht nach dem Geiste, sondern nach dem Fleische ist (z.B. aus Härte, Unversöhnlichkeit, Zorn, Habsucht usw.),

Geiste, sondern nach dem Fleische ist (z.B. aus Härte, Unversöhnlichkeit, Zorn, Habsucht usw.), bringt die züchtigende Hand Gottes über den, der nicht vergibt. Es bedarf eines großen Maßes von geistlichem Verständnis und von Gemeinschaft mit dem HErrn, Sünden nach dem Geiste Christi zu „behalten“ und zu „binden“.

*

In der zweiten Stelle (1. Kor. 4,5) zeigt der Apostel, von welchem Gesichtspunkte aus die Korinther ihn und die mit ihm am Werke des HErrn arbeitenden Brüder ansehen und beurteilen sollten. Sie sollten sie ansehen als Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes. Das, was man an einem Diener und Verwalter mit Recht sucht und beansprucht, ist Treue. Treue verfährt und geht mit dem Anvertrauten so um, wie es nach dem Willen dessen ist, der es anvertraut hat. Alle Selbstsucht, Selbstwillen, Rücksichtnahme auf andere muß bei Treue hintenan gestellt werden. Das Urteil der Menschen über ihn als Diener und Verwalter Gottes, ganz gleich, ob es abfällig oder lobend sei, ist ihm deshalb „ein Geringes“; aber auch sein eigenes Urteil über sich ist ebenso wertlos. Denn wenn er sich selbst auch keines Bösen oder des Mangels an Treue bewußt wäre, so rechtfertige ihn dieses nicht, denn weder andere noch er selbst, noch sein Gewissen hatten seine Treue als Diener zu beurteilen, hierfür war allein der HErr der untrüglich Entscheidende.

Nun zieht er im fünften Vers den praktischen Schluß: Weil dem HErrn allein das Urteil über Seinen Diener zusteht, sollen wir uns des vorzeitigen Urteilens enthalten. Die dann folgenden Worte sind von größter Wichtigkeit, denn sie zeigen uns, auf welche Dinge er die Warnung vor dem vorzeitigen Urteilen angewandt sehen will, nämlich auf das „Verborgene“, auf die „Ratschläge der Herzen“, auf das „ans-Licht-bringen“ und „offenbaren“-wollen. Alles Urteilen, das auf diesem Gebiete liegt - das Urteilen über Unlauterkeit der Gesinnung, über Nebenabsichten im Dienst, über Unaufrichtigkeit des Herzens, über die Gedanken usw., jedes Urteilen solcher Art ist für Menschen ein Urteil vor der Zeit, da nur der HErr und nicht ein Mensch die „Ratschläge der Herzen“ kennen und offenbaren kann. Ob solches Urteilen oder Richten nun Lob oder Tadel ist, Wert hat doch nur Gottes Urteil.

Welche Warnung liegt für uns in diesen Worten! Wie gedankenlos setzen sich Kinder Gottes oft an den Platz Gottes und sprechen Urteile aus, als ob sie die Herzen erforschen könnten. Sie urteilen über etwas, was der HErr noch nicht ans Licht gebracht hat, was nur in ihren Mutmaßungen liegt und wozu sie kein Recht haben, weil (obgleich es vorhanden sein mag) Gott es noch nicht durch klare Beweise hat sichtbar und offenbar werden lassen.

Er allein ist der Herzenserforscher, aber der Satan wendet den alten Trick: „Ihr werdet sein wie Gott“, mit dem er Eva betörte, mit Erfolg noch heute auf ihre Nachkommen an. Viele Kinder Gottes sind so gedankenlos, daß sie gar nicht wissen, daß sie dem Feinde zum Opfer gefallen sind und das schreckliche satanische Gedankenlesen ausüben, welches sie in den öffentlichen Schaustellungen der Welt ohne weiteres als satanisch verurteilen. Und ach, wieviel Gedankenlesen wird unter dem Volke Gottes geübt! Man mutmaßt, was verborgen, und richtet die Ratschläge des Herzens und tut so, als ob man die Motive kennen und das verborgene ans Licht ziehen und die Gedanken der Herzen lesen und offenbaren könne. Wie schrecklich sind solche Dinge!

Das, was Gott allein für Sich in Anspruch nimmt, die Gedanken von ferne zu kennen (Ps. 139,2), das, was in Finsternis ist, zu wissen und das Verborgene zu offenbaren (Dan. 2,22), das maßt der Mensch, das maßen Kinder Gottes sich an. Ja, manche offenbaren förmlich eine dunkle Sucht darin, das Verborgene ans Licht zu bringen. Das ist Gottes Aufgabe, Er wird das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen, wenn Seine Zeit dafür gekommen ist. Aber nicht der Mensch soll sich überheben, vermutetes Böses ans Licht bringen zu wollen. Kinder Gottes handeln nach der Liebe. „Die Liebe denkt nichts Böses, sie erträgt alles oder deckt alles zu“ (1. Kor. 13,4-7.)

Jemand möchte nun fragen: „Sollen wir denn überhaupt nicht richten?“ Oft ist diese Stelle dazu gemißbraucht worden, auch das Richten des Bösen zu verneinen, und gewöhnlich wird als weiterer Beweis dafür Matth. 7,1 angeführt: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet“.

In bezug auf Böses aber sagt die Schrift: „Richtet ihr nicht, die drinnen sind?“ (1. Kor. 5,12.)

In bezug auf Böses aber sagt die Schrift: „Richtet ihr nicht, die drinnen sind?“ (1. Kor. 5,12.) Derselbe Apostel, der in Kap. 4,5die Korinther warnt vor dem Richten, tadelt sie in Kap. 5,12, daß sie nicht gerichtet haben. Es gibt somit:

Ein Richten, welches unterbleiben muß, oder wir sind böse, und ein Richten, welches stattfinden muß, oder wir sind untreu.

Das Richten, welches unterbleiben muß, ist das Urteilen über alles, was Gott noch nicht offenbart und ans Licht gezogen hat. Das Urteilen nach Mutmaßungen, das Voraussetzen und Unterschieben von Motiven als Ursachen von Handlungen, das Richten von Gedanken und Gesinnungen des Herzens, ein solches Richten beweist nur, daß ein Balken in dem Auge ist: der Balken der bösen Vermutungen oder der Selbstsucht oder des Neides oder der Leidenschaft oder der Eifersucht usw. Gläubige, die solches tun, sind traurige Gestalten unter dem Volke Gottes, und wenn die Gemeinde nicht wacht, kann eine ganze Versammlung durch solche an den Rand des Verfalles gebracht werden.

Was aber gerichtet werden muß, das ist die Sünde und alles sonst, was Gott aufgedeckt hat. Alles, was Wesen der Welt ist, und alles, was dem Worte des HErrn entgegen ist, und nicht nur Dinge, sondern auch Personen, haben wir zu richten. An ihren Früchten sollen wir letztere erkennen. (Matth. 7,16; Röm. 16,17; 2. Tim. 2,21; 1. Kor. 5.) Gottes Heiligkeit erfordert ein solches Richten, und wir sind nicht treu, wenn wir es unterlassen; wir würden dadurch Verderben in Sein Haus bringen. Der Feind sagt uns, um des Friedens willen das Böse zu dulden, aber wir dürfen nicht um des Friedens willen die Rechte und die Heiligkeit des HErrn verleugnen. Über das Böse hinwegzugehen ist keine leichte Sache.

So liegen Gefahren für uns auf beiden Seiten, einmal Gefahr, das offenbare Böse nicht zu richten und, wie David dem Absalom, das von Gott geforderte Gericht sich ersparen wollen und unserer VerAntwortlichkeit der Heiligkeit Gottes gegenüber nicht zu entsprechen, und andererseits Gefahren, dem Geiste der Tadelsucht und der bösen Vermutungen Raum zu geben und uns an den Platz Gottes

dem Geiste der Tadelsucht und der bösen Vermutungen Raum zu geben und uns an den Platz Gottes zu setzen und zum Richter der Gedanken und Gesinnungen der Herzen zu machen. Wie sehr bedürfen wir doch der Gnade und Weisheit nach allen Seiten hin. Der HErr schenke sie uns!

v. d. K.

Frage 10

Wie ist 1. Joh. 5,2 zu erklären?

Antwort

Die Stelle lautet also: „Hieran wissen (oder erkennen) wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und Seine Gebote halten.“

Ohne Frage ist diese Stelle schwerer zu erklären als solche Worte, in denen der Beweis für unsere Liebe zu Gott in unserer praktischen Liebe zu Menschen, d. h. den Brüdern gesehen wird, wie in Kap. 4,20.21 (vgl. z. B. 1. Joh. 3,11-14 oder Joh. 13,34.35 u. a.). Diese letztere biblische Beweisführung ist uns viel geläufiger, und solche Stellen haben das meiste dazu beigetragen, daß in der christlichen Gemeinde die lebendige Bruderliebe treulich geübt wird, und es hat stets auf die ungläubige Welt einen sehr großen Eindruck gemacht, daß die Christen einander praktisch so lieb hatten, daß sie in allem füreinander eintraten und sich halfen, wie Gott ihnen die Möglichkeit dafür gab, ja oft weit mehr über ihr Vermögen. Diese Betonung des praktischen Glaubens (vergl. Jak. 2,15-17) also ist uns Gläubigen viel natürlicher als eine solche Stelle, in der der Wahrheitsbeweis für unsere Liebe zu den Kindern Gottes in unserer Liebe zu Gott gesehen wird, wie in der vorliegenden.

Nun kann man sich die BeAntwortung derselben wohl leicht machen, indem man zunächst folgende Erwägungen anstellt: 1. Gott sagt nach Joh. 14,21ff. und z. B. auch nach dem der Stelle unserer

Frage folgenden Vers (1. Joh. 5,3): „Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort oder Meine Gebote“; 2. das aber ist eines Seiner Gebote (in neutestamentlichem Sinne; im N. T. wird nie unter den „Geboten“ das alttestamentliche Gesetz verstanden), daß wir einander lieben (vgl. 1. Joh. 4,21; Joh. 13,34, wie oben schon angeführt). Gut! Hier an der Stelle wird nun gesagt: „Hieran erkennen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und Seine Gebote halten.“ Wenn nun aber Seine Gebote (z. T.) darin bestehen, daß die Kinder Gottes sich untereinander lieben, und die Liebe zu Gott durch das Halten Seiner Gebote bewiesen wird, so würde der Satz von V. 2 folgendermaßen umschrieben werden können, wobei der Vorder- und der Nachsatz so ziemlich das Gleiche aussagen würden: „Hieran erkennen wir, daß wir die Gotteskinder lieben, wenn wir Gott lieben, was wir damit beweisen, daß wir Sein Gebot der Bruderliebe beobachten“. - Eine solche Auslegung wäre sehr bequem, aber sie ist natürlich falsch, wird dem Ernst des Verses in nichts gerecht, sondern ist fast nur eine Spielerei mit Schriftaussagen, die in anderer Verbindung ihre große Bedeutung haben, hier aber gar keine Erklärung geben, sondern fehlerhafte Schlußfolgerungen. Nein, diese Stelle besagt vielmehr genau das Gegenteil solcher Stellen, die, wie oben gezeigt, in der praktischen Bruderliebe den Tatbeweis für die vorhandene Gottesliebe sehen.

Aber in Gottes ewigem Wort gibt's keine Widersprüche, wenn kurzsichtige Menschen auch oft solche vermuten. Und so ist hier auch nicht nur kein Widerspruch, sondern vielmehr eine wunderbar Ergänzung und Erweiterung der vorherigen Aussagen zu finden. Und zwar, soweit ich sehe, in folgendem Sinne:

Gottesliebe (Liebe zu Gott) und Bruderliebe (Liebe zum Bruder) schließen natürlich einander nicht aus, sondern gehören aufs allerinnigste zusammen (vgl. V. 1!), und zwar so sehr, daß sie sich gegenseitig ausgleichen, sozusagen zusammen auf gleicher Höhe stehen und sich regeln eine an der anderen. Beide könnten ja Einbildung sein! Der Maßstab, an dem sie jede sich auf ihren praktischen Wert hin messen, ist die tätige Liebe zum anderen. Ob die Liebe zum Bruder, d. h. zu dem aus Gott Geborenen (V. 1), wirklich echte Liebe ist, zeigt sich darin, ob sie mit der Liebe zu Gott sich eins

weiß, die darin besteht, Seine Gebote, Sein Wort zu halten. Die letzten Verse (20.21) von Kap. 4 zeigen uns, daß Gott keine Liebe zu Sich anerkennt, die an dem Bruder (dem aus Gott Geborenen!) vorbeigeht, aber unsere Stelle zeigt uns mit der gleichen Betonung, daß eine Liebe zu den Gotteskindern, wobei Gott daneben steht, ganz undenkbar, ungesund und unecht ist. Solche „Liebe“ verdient nicht einmal den Namen! Sie ist Selbstbetrug; sie mag „Sympathie“ sein; sie mag gleich sein der selbstsüchtigen Liebe, mit der unwiedergeborene Menschen lieben (Matth. 5,46ff.), aber sie hat nichts zu tun mit der wahren Liebe zu allen aus Gott Geborenen (auch z. B. zu den äußerlich Unsympathischen, zu den äußerlich Unliebenswerten). Diese wahre Liebe fragt in allem, ob Gott damit gedient werde, ob Er auch nicht in Seinen Liebesforderungen und -erwartungen zu kurz komme, ob Seine Gebote, Sein Wort auch nicht darüber „links liegen gelassen“ werden. Denn eine Liebe zu Brüdern, die nicht an der und durch die Liebe zu Gott, die im Halten Seines Wortes besteht, geregelt und gemessen und mit dem rechten Inhalt gefüllt wird, nützt ja dem Bruder nichts, ja sie kann und wird sogar oft sehr schädlich sein. Beispielsweise: Wenn man aus „Liebe“ zu den Brüdern ein klar erkanntes Gebot des HErrn, z. B. das Sichtaufenlassen, ignorieren, übersehen würde, also aus „Liebe“ zu den Brüdern Gott ungehorsam wäre, so würde man jenen nicht etwa nützen, sondern schaden, könnte man doch - von anderem abgesehen - ihnen nie mehr diese erkannte Wahrheit (die man selber nicht beobachtet!) bezeugen! Man könnte ihnen gegenüber z. B. auch nicht von Gehorsam und praktischer Liebe zu Gott reden, wenn man „ihnen zuliebe“ Gott vernachlässigt und Sein Wort mißachtet. Der Gedanke, daß man durch Nichtbefolgen eines klar erkannten Gebotes des HErrn den Gläubigen Liebe erweise und ihnen zum Segen sein könnte, ist eine sehr geschickt angelegte Falle des Feindes, in die viele Gotteskinder geraten sind, indem sie sich vom praktischen Gehorsam gegen Gottes Wort in ganz bestimmten Punkten abhalten ließen. Dadurch hoffen sie, „um der Liebe, um des lieben Friedens willen“ den Brüdern nützen zu können. In Wahrheit aber sind sie unfähig geworden, das zu sein, was sie, denen Gott mehr Licht als anderen gegeben hatte, nach Gottes Willen jenen sein sollten: nämlich Führer zum Gehorsam gegen Sein Wort und dadurch zu vermehrten Segnungen. Wie mancher hat gefürchtet, sich durch Gehorsam in irgendeiner Sache die „offene Tür“ bei gewissen Brüdern zu verschließen; er war ungehorsam, und Gott hat ihn

„offene Tür“ bei gewissen Brüdern zu verschließen; er war ungehorsam, und Gott hat ihn „kaltgestellt“ oder braucht ihn nicht da und so, wie Er vordem wollte. Denn die „Segnungen“, die man erlebt, wenn man auf Kosten der Wahrheit, auf Kosten der das erkannte Wort des HErrn haltenden Liebe zu Gott, den Brüdern zuliebe wandelt und handelt, diese „Segnungen“ sind ja nur scheinbar und kommen wohl kaum auf die Rechnung des dem HErrn bewußt ungehorsamen Knechtes! Wohl kann Gott stets Sein verkündetes Wort segnen, aber solche Segnungen sind doch nicht eine göttliche Bestätigung jenes Dieners und seines Dienstes, sondern sie liegen gleichsam in der Natur des allezeit lebendigen Wortes, das den göttlichen Segen und die Kraft Gottes in sich trägt!

Laßt uns aber wohl bedenken aus dieser Stelle (1. Joh. 5,2), daß Gottes Wort keine Liebe zu den aus Ihm Geborenen als echt anerkennt, über der Er Selber zurückgesetzt wird. Sowohl wenn über der Liebe zu Gott die Brüder vergessen werden (vgl. übrigens „Korban“, Mark. 7,11f.), als auch wenn über der Liebe zu den Brüdern Gott vergessen wird, indem das Halten Seines Wortes vernachlässigt wird - in beiden Fällen redet die Schrift nicht von der echten Liebe. Liebe ist Tat, Liebe ist Wille für den anderen, Liebe ist Hingabe, wie wir am herrlichsten sehen in der Liebe des Herrn Jesus selbst. Er ist für uns Gläubige in den beiden Arten Liebe das erhabenste Beispiel. In solchen Fällen aber, wie sie oben entwickelt sind, wird die Liebe zu leeren Worten und hohlen Gefühlswerten erniedrigt, die wertlos für die also „Geliebten“ wie auch für und vor Gott sind. Lieben wir aber wirklich, lieben wir Gott wahrhaft, indem wir in Tat und Wahrheit Seine Gebote, Sein Wort halten, so wissen und erkennen wir daran, daß wir auch die Kinder Gottes wirklich lieben, d. h. nicht in Worten allein und zuerst, sondern eben auch vor allem mit der Tat und der Wahrheit. Das ist ein göttlicher Grundsatz von höchster Bedeutung. Dieses Wissen oder innere Erkennen ist nicht auf dem Gefühlsgrunde seelischer Meinungen und Zuneigungen erwachsen, sondern auf dem göttlich sicheren Grunde Seiner eigenen Anerkennung der Echtheit unserer Liebe zu Ihm, durch Seinen Geist und durch Sein Wort (vgl. z. B. 3,24).

Der HErr gebe uns Gnade, Licht und Weisheit, Sein Wort auch hierin „recht zu teilen“ und uns durch

dasselbe dahin leiten zu lassen, aus Liebe zu Ihm „das vor ihm Wohlgefällige zu tun“ (1. Joh. 3,22) zu Seines Namens Verherrlichung!

F. K.

Gottes Hauptplan oder Hauptgedanken mit dieser Erde.

Wenn wir den Hauptplan oder Hauptgedanken Gottes mit dieser Erde nicht kennen, so können wir natürlich die Einzelheiten dieses Planes in dem Laufe der Zeiten nicht verstehen.

Sein Hauptziel bildet die Grundlage für die Einzelheiten in Seinen vorbereitenden Wegen und in Seinem Walten auf Erden. Seine Knechte in den verschiedenen Zeitaltern konnten Ihm nur soweit nützlich sein und nur soweit von Ihm gebraucht werden, als sie in Seine Gedanken und Pläne eingingen. Wenn sie darüber unwissend waren, so waren ihre Bemühungen, Ihm zu dienen, Ihm nur ein Hindernis in der Ausführung Seiner Pläne.

Es ist deshalb auch für uns von der größten Wichtigkeit, aus der Schrift zu erforschen, was Gottes Ziele und Pläne in der gegenwärtigen Zeit sind. Die Schrift zeigt uns deutlich, daß Gott zu allen Zeiten gewisse, bestimmte Vorsätze hatte, die Er dann in den verschiedenen Zeitaltern als Seine jeweils gegenwärtigen Hauptgedanken zur Durchführung brachte.

Einige Beispiele mögen dieses zeigen. In den Tagen Noahs sehen wir ganz klar, daß Sein Hauptplan mit der Arche verbunden war und daß die, welche auf Gottes Gedanken eingingen und ihnen vertrauten, in der Arche vor dem Untergang gerettet wurden. Jeder Nachdenkende muß zugeben, daß die Wenigen, die in den Tagen Noahs gerettet wurden, nur durch die Arche gerettet wurden (ein Vorbild von Christo, der da sagt: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt ... und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu Mir ziehen“ [Joh. 12,31.32]). Das gläubige Eingehen in Gottes Pläne war für diese Geretteten unbestreitbar der größte Gewinn.

Dies, glaube ich, ist ein Grundsatz, der uns durch die ganze Schrift hindurch beständig und nachdrücklichst vor Augen geführt wird. Und ich möchte noch hinzufügen, daß niemand „völlig geschickt“ zu jedem guten Werke ist, der nicht seine ganze Bibel studiert - so wie wir in 2. Tim. 3,16.17 lesen: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“.

Blicken wir nun auf Israel als das Volk Gottes, so sehen wir, daß Gott es aus Ägypten erlöste, um in ihrer Mitte zu wohnen. (2. Mose 29,45.46.) Dieses war für jene Zeit wiederum Sein Hauptplan. Dies ist höchst belehrend für uns. Obschon Sein Wohnen in ihrer Mitte sich nur in der „Wolke der Herrlichkeit“ offenbarte, so sehen wir doch daraus den großen Plan Seines Herzens, den Er zu jener Zeit mit Seinem Volke hatte. Im Zusammenhang mit diesem Seinem Plane rief Er Mose auf den Berg, enthob ihn für vierzig Tage der menschlichen Bedürfnisse und belehrte ihn, Ihm die Wohnung, das Zelt des Zeugnisses, nach dem Muster, das Er ihm auf dem Berge gezeigt hatte, anzufertigen als das „Gegenbild des wahrhaftigen Heiligtums“. (2. Mose 25ff.; Hebr. 9,24.)

Jeder, der nur ein wenig mit den Gedanken Gottes vertraut ist, wird zugeben, daß alle in Israel wußten, daß dieses Zelt des Zeugnisses (ein Vorbild von Christo) im Mittelpunkt des Planes Gottes stand, daß dies die Stätte Seiner Wohnung und Seines Heiligtums war, wo man sich Ihm nahen, wo man Seine Gedanken betreffs des Verhaltens, des Wandels und der Wege Seines Volkes erfahren konnte. In der Tat, ein Mensch hätte ebenso gut versuchen können, ohne die Sonne auf Erden zu leben, wie ein Israelit ohne das Zelt des Zeugnisses hätte Gottes Gedanken und Pläne erfahren können. Dort waren die Urim und die Thummim. Das Zelt des Zeugnisses zeigte ihnen den Weg der Wanderung und den Platz der Ruhe. Alle Gedanken Gottes gingen ihnen von dort aus zu.

Wir können in diesem kleinen Artikel nicht die Segnungen alle aufzählen, die dem Volke durch die Wohnung, das Zelt des Zeugnisses, zuteil wurden. Wenn der Seemann auf wildem, tosendem Meere

nur einen Schimmer von der Sonne erfassen kann, vermag er die Lage und den Lauf seines Schiffes festzustellen. Was dem Seemann die Sonne, das ist den Treuen in den Stunden der Gefahr und Dunkelheit der Hauptplan Gottes. Ein Schimmer desselben, und sie vermögen festzustellen, ob sie in Übereinstimmung mit Gottes Plan und Ziel sind.

Die Schrift berichtet uns von dem Abfall des Volkes Gottes. Die Lade Gottes wurde ihnen durch die Philister geraubt, und Gott schrieb den Namen Ikabod auf den Zustand Seines Volkes. (1. Sam. 4,21.22.) Die Treuen aber verharrten nicht in diesem Zustande der Schmach. David brachte die Lade Gottes zurück und stellte sie wieder auf ihren rechten Platz. Laßt uns einen Augenblick auf die Weise achten, wie dies geschah!

Als Gott David das Königtum bestätigte, war es sein erstes, mit seinen Obersten über tausend und über hundert, mit allen Fürsten Rat zu hatten. Er sprach zu ihnen: „Wir wollen die Lade unseres Gottes zu uns herüberholen; denn wir haben sie in den Tagen Sauls nicht befragt“. (1. Chron. 13,3.) Je näher du dem HErrn bist, desto mehr ist Sein Hauptplan und Ziel deinem Herzen bekannt. Die Lade Gottes war in den Zeiten Sauls nicht beachtet worden, aber David bewies, daß er den HErrn suche, der ihn gesegnet hatte, indem er die Lade Gottes an ihren Platzzurückbrachte.

Die erste Einführung der Lade Gottes durch Mose war im Vergleich zu ihrer Zurückführung durch David eine leichte Sache, weil jetzt die Gleichgültigkeit, mit der sie Jahre hindurch behandelt, überwunden und sie aus der Verlorenheit und dem Dunkel wieder hervorgebracht werden mußte. Wir brauchen uns deshalb auch nicht zu wundern, daß David auf den Gedanken kam, sie auf einem „neuen Wagen“ von den Philistern zu holen, und als er über diesen Irrtum eine so ernste Zurechtweisung empfing, fürchtete er sich, die Lade zu sich in die Stadt Davids zu holen, und ließ sie in das Haus Obed-Edoms, des Gathiters bringen. „Und die Lade Gottes blieb bei der Familie Obed-Edoms, in seinem Hause, drei Monate. Und Jehova segnete das Haus Obed-Edoms und alles, was sein war.“ (1. Chron. 13.)

In 1. Chron. 15,1 wird uns berichtet, daß David seine Absicht, die Lade Gottes zu holen, wieder aufnimmt. Er hat inzwischen gelernt, daß „die Lade Gottes niemand ‚tragen‘ soll als nur die Leviten“. Und Kap. 16,1 lesen wir: „Und sie brachten die Lade Gottes hinein, und stellten sie innerhalb des Zeltes, das David für sie aufgeschlagen hatte. Und sie brachten Brandopfer und Friedensopfer dar vor Gott.“ Alle Schwierigkeiten waren überwunden. Es war ein Tag der Freude und des Segens, als David das Hauptziel Gottes zu seinem Ziele machte. Michal, die einst ihr Leben gewagt hatte, um David zu retten, als er von Menschen verachtet und verfolgt wurde, verachtete ihn an diesem Tage in ihrem Herzen, weil er sich um des HErrn Ehre willen erniedrigte - dieses führte dann zur völligen geistlichen Scheidung und zur Lösung seiner Verbindung mit dem Hause Sauls. (1. Chron. 15,29; 2. Sam. 6,20-23.)

Sind unsere Herzen mit dem Plane Gottes verbunden, so werden wir von dem göttlichen Ziele so hingenommen sein, daß wir von den fleischlichen Einflüssen und Verbindungen (für die wir von Natur so empfänglich sind) befreit werden. So herrlich und wundervoll auch alles ist, was uns in dem Worte in Verbindung mit der Lade Gottes gezeigt wird, so sind es alles doch nur Vorbilder von dem, was wir vollendet und vollkommen in unserem Herrn Jesus Christus haben.

Ferner, als der Tempel gebaut wurde und die Priester die Lade des Bundes des HErrn an ihren Ort brachten, in den Sprachort des Hauses, in das Allerheiligste, unter die Flügel der Cherubim (1. Kön. 8,6), da erfüllte die Wolke das Haus Jehovas (V. 10). Von nun an ist der Tempel Gottes hauptsächlichster Plan auf Erden, und in Salomos Gebet sind alle die Segnungen aufgeführt, die mit ihm verbunden waren und von ihm ausgingen. Ich will nicht auf die Bedeutung der verschiedenen Gnaden eingehen, die Gott, wie Salomo bat, denen erweisen wolle, deren Herz sich diesem Hause zuwende; ob es Gegenstände des Gebets oder des Zwistes zwischen Brüdern oder Geschlagenwerden vom Feinde oder Ausbleiben des Regens oder einer Plage oder Gefangennahme durch den Feind waren, in allen Fällen blieb die Zuflucht das Gebet zu diesem Hause hin. Man kann dieses Gebet Salomos (2. Chron. 6,12-42) nicht lesen, ohne einen tiefen Eindruck zu empfangen von

den reichen Segnungen, die dem Volke Gottes von dem Tempel aus zuflossen.

Wir sehen, wie Daniel in schwerster Stunde in seinem Gemache bei offenem Fenster gegen Jerusalem hin dreimal des Tages auf seinen Knien betete. (Dan. 6,11.) Obwohl er in Babylon war, so blickte seine Seele doch nach dem Orte, mit dem Gottes Plan verbunden war, und von dorther erwartete er Seine Gnade.

Jona hören wir im Bauche des Fisches beten: „Dennoch werde ich wieder hinschauen nach Deinem heiligen Tempel“. (Jona 2,5.) Wir sehen hieraus, wie in jenem Zeitalter die Gläubigen ihr Angesicht nach dem Orte wandten, mit dem Gottes Plan verbunden war, um darin gesegnet zu werden.

Und wer vermag die Stufenlieder - die „Lieder im höheren Chor“ - zu lesen, ohne überzeugt zu sein von dem Wert und der Wichtigkeit des Hauses Gottes, mit dem Gottes Plan verbunden war!

Andererseits sehen wir auch, wie jeder Segen verloren war (wie man auch eifern mochte, ihn zu erlangen), wenn Gottes Haus und Sein Plan nicht beachtet wurde. Gott ließ Seinem Volke durch Haggai sagen: „Ihr habt viel gesäet und wenig eingebracht; ihr esset, aber nicht zur Sättigung; ihr trinket, aber nicht zur Genüge, ihr kleidet euch, aber es wird keinem warm; und der Lohnarbeiter erwirbt Lohn für einen durchlöcherten Beutel“. (Hagg. 1,6.)

Als die Gefangenen aus Babylon zurückkehrten, begannen sie das Haus des HErrn zu bauen, aber der Feind suchte sie daran zu hindern, und 16 Jahre lang hörten sie mit dem Bau auf. Der Prophet Haggai erinnert sie wieder an den Bau und zeigt ihnen, daß alle ihre Anstrengungen, ihre eigenen Pläne auszuführen, verloren seien, solange das Haus des HErrn, Sein Plan auf Erden, nicht ihr Hauptplan sei. Wenn sie aber anfangen würden, Gottes Plan zu dem ihrigen zu machen, so sagt der HErr: „Von diesem Tage an will Ich segnen“. (Hagg. 2,19.) Findet dies alles nicht eine tiefe, bedeutungsvolle Anwendung auf unsere Tage inbezug auf Seinen Tempel, die Gemeinde Christi?

Voll Belehrung ist es auch, auf das Verhalten des HErrn inbezug auf den Tempel zu sehen. (Joh.

2,15.16.) Wir lesen: „Und Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle zum Tempel hinaus, sowohl die Schafe als auch die Ochsen; und die Münze der Wechsler schüttete Er aus, und die Tische warf Er um, und zu den Taubenverkäufern sprach Er: Nehmet dies weg von hier; machet nicht das Haus Meines Vaters zu einem Kaufhause“. Hier erfüllte sich das Wort: „Der Eifer um Dein Haus hat Mich verzehrt“. (Ps. 69,9.) Dieser Sein Eifer war um so bemerkenswerter, als zu jener Zeit alles im Verfall war und der Tempel überdies in ganz kurzer Frist von Ihm Selbst beiseite gesetzt werden sollte, wie Er andeutend sagte: „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tage werde Ich ihn aufrichten“. (Joh. 2,19.) All dieses bestätigt in deutlicher Weise, was wir betrachtet haben, daß, wenn Gottes Hauptplan nicht unser Hauptplan ist, wir nicht im Bereich Seines Segens und in der Ausführung Seines Willens sind.

Ein treffendes Beispiel, wie die Treuen, die in Gottes Plan eingehen, gesegnet werden, finden wir in der Prophetin Anna in Luk. 2.Sie war dem Tempel geweiht und verließ den Tempel nicht, sondern diente mit Fasten und Flehen Nacht und Tag. Der HErr war in Simeons Armen im Tempel, und von ihr lesen wir: „Und sie trat zu derselben Stunde herzu, lobte den HErrn und redete von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“. (Luk. 2,38.) Wenn wir in dem Lichte wandeln, das uns gegeben ist, so sind wir fähig, größeres Licht zu empfangen. So sehen wir es hier bei der alten vierundachtzigjährigen Witwe. Sie war sofort bereit, das Licht, das an dem dunklen Orte schien, zu erfassen, das Licht, das die Schriftgelehrten nicht erfassen konnten und das den Weisen und Klugen der Welt verborgen ist.

Der HErr war „täglich im Tempel“ (Luk. 22,53), und aus Luk. 21,37.38 sehen wir, daß Er ihn bis zuletzt besuchte. Auch die Jünger finden wir nach Seiner Himmelfahrt allezeit im Tempel, Gott lobend und preisend“. (Luk. 24,53.) Ebenso finden wir die Apostel in den ersten Kapiteln der Apostelgeschichte (während der HErr schon täglich der Gemeinde hinzutat) noch ganz mit dem Tempel verbunden; sie hielten an ihm als an Gottes Hauptplan fest, bis ihnen das Offenbarungslicht Gottes über Seine Gemeinde leuchtete. Wir können uns ja kaum eine Vorstellung machen von der

gewaltigen inneren Umwälzung, die ein Jude durchzumachen hatte, wenn ihm das Licht aufging, daß Gott jetzt auf Erden einen größeren Plan hatte als den, der mit dem Tempel in Jerusalem in Verbindung stand. Und gerade die, die am treusten zu dem irdischen Tempel standen, waren es, die Gott zur Gründung Seines jetzigen Tempels aus lebendigen Steinen benutzte. Als der Heilige Geist am Pfingsttage ausgegossen wurde, war die Kraft aus der Höhe da, das neue Haus aufzurichten und den Leib zu bilden (wenn auch die Offenbarungen Gottes über den Leib in jener Stunde noch nicht gegeben wurden). Israel widerstand dem Heiligen Geiste. „Die Bürger haßten Ihn“ und schickten in Stephanus‘ Geschichte gleichsam eine „Gesandtschaft hinter Ihm her“ und sagten: „Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche“. (Luk. 19,14.) Mit der Steinigung des Stephanus wurde Israel beiseite gesetzt.

Christus, zur Rechten Gottes, steht jetzt im Mittelpunkt alles göttlichen Waltens auf Erden. Jerusalem hat aufgehört, dieser Mittelpunkt zu sein. Der Heilige Geist war herangekommen, um jetzt den weiteren Plan Gottes auf dieser Erde zu entfalten. Die Zeit der Schatten und Vorbilder war vorüber. Christus und Seine Gemeinde traten jetzt als Hauptplan Gottes in die Erscheinung. Das lag schon in den Worten von Stephanus, als er rief: „Ich sehe den Sohn des Menschen zur Rechten Gottes stehen!“ (Apgesch. 7,55.) Der erhöhte Christus - Christus in der Herrlichkeit - umfaßt jetzt den Hauptplan Gottes auf Erden. Viele erkennen dieses an, aber ihre Frage ist: Wie kann das sein? Kann Christus im Himmel Gottes Hauptplan auf Erden sein? Ja, weil der Leib Christi, Seine Gemeinde, hier auf Erden ist. Das Haupt ist im Himmel, Sein Leib aber ist auf der Erde. So wirkt Gott heute Seinen wunderbaren Plan aus. Christus Selbst, obgleich im Himmel, ist auf Erden in Seinen Gliedern. Sein Name ist hier auf Erden. Und obwohl Er Selbst das Haupt Seines Leibes ist, ist dennoch Sein Kommen in die Mitte derer, die zu Seinem Namen hin versammelt sind, eine köstliche und wunderbare Tatsache. Sein Platz, obschon im Himmel, ist zugleich auch inmitten der Gemeinde, Gott zu lobsingen. Seine Gegenwart inmitten der Gemeinde ist weit erhabener als die Gegenwart der Wolke in der Stiftshütte oder im Tempel.

So sehen wir, daß Seine Gemeinde - der Leib Christi - Gottes Hauptplan in dem gegenwärtigen

So sehen wir, daß Seine Gemeinde - der Leib Christi - Gottes Hauptplan in dem gegenwärtigen Zeitalter ist. Laßt uns noch einen Augenblick betrachten, wie dieser, Sein jetziger Hauptplan, zuerst enthüllt wurde.

Das erste Licht finden wir bei der Bekehrung Saulus‘ von Tarsus in den Worten des HErrn: „Was verfolgst du Mich?“ Ein aufmerksamer Forscher der Schrift wird finden, daß die Weise, in der eine Wahrheit zum ersten Male in der Schrift enthüllt wird, fast stets mit einem Hauptmerkmal dieser Wahrheit verknüpft ist. Als Saulus von Tarsus das Licht der Herrlichkeit leuchtete und er die Stimme des HErrn hörte, vernahm er zum ersten Male, daß der HErr von Seinen Heiligen auf Erden als von Sich Selbst redet: „Was verfolgst du Mich?“

Mit dem Lichte des Evangeliums der Herrlichkeit, das diesem Feinde Christi leuchtete, wurde zugleich (und untrennbar damit verbunden) die wunderbare Wahrheit enthüllt, daß die errettete Seele ein Teil von Christus im Himmel ist. Christus im Himmel in Verbindung mit Seiner Gemeinde auf Erden ist das große Geheimnis und Wirken Gottes gegenwärtig auf Erden. Seine Gnade offenbart dem verlorenen Sünder den verherrlichten Christus als Heiland und dem Bekehrten zugleich, daß er in dieser Welt schon untrennbar mir dem verherrlichten Christus vereinigt ist. So ist mit der Errettung eines Sünders von Anfang auch zugleich der HauptplanGottes - Seine Gemeinde - Christi Leib verbunden.

Man möchte einwenden, daß der Sünder bei seiner Bekehrung keinen Begriff von dieser seiner hohen Berufung hat. Das ist ohne Zweifel wahr. Aber der Evangelist soll Gottes Plan kennen, und wenn er diesen kennt, dann ist sein Ziel nicht nur die Bekehrung des Sünders, sondern er freut sich, den Bekehrten auch mit dem großen Plane Gottes, mit Seiner Gemeinde, bekannt zu machen, der er jetzt als ein Glied an dem Leibe Christi angehört. Das sind die beiden Dienste, die wir in der Schrift finden; der Dienst des Evangeliums und der Dienst der Gemeinde. Seelen, die nicht in den gegenwärtigen Plan Gottes mit Seiner Gemeinde eingeführt werden, gehen eines großen Anteiles

ihres Segens verlustig.

Der HErr gebe, daß jeder Leser dieses Blattes sehen möge, daß, wenn er über den Hauptplan Gottes in unseren Tagen hinweggeht, er in all seinem Verhalten und seinen Zielen (so gut sie gemeint sein mögen) irren muß! Nur wenn wir Gottes Plan auf Erden, Seine Gemeinde, erfaßt haben, verstehen wir unsere gegenwärtige Berufung und können mit Seinem Plane verbunden, von Ihm gebraucht, in der Kraft des Geistes wirken und Ihm dienen. Als der HErr hier auf Erden war, konnte Er sagen: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und Ich wirke“. (Joh. 5,17.) Möchten wir heute so in Übereinstimmung mit dem Wirken Gottes gefunden werden, daß wir so wie der HErr hienieden sagen können, daß Gottes Wirken auch unser Wirken ist!

V. - v. d. K.

„Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“

Luk. 22,19; 1. Kor. 11,24.25.

Sicher ist es, daß sehr viele Kinder Gottes nach Möglichkeit sonntäglich das köstliche „dem HErrn gehörende Mahl“, das „Herrenmahl“ (1. Kor. 11,20) nach den Gedanken Gottes zu feiern bemüht sind, und wer von den teuren Lesern der „Handr.“ dies noch nicht tut, sondern nach Menschensatzungen sich richtet und somit das Mahl einer Partei, nicht das des HErrn, feiert, der sei hierdurch herzlichst ermuntert, die Rechte und den Willen des HErrn ernstlich zu prüfen, um sich demgemäß zu verhalten, und zwar aus Liebe zu Dem, der uns geliebt und Sich Selbst für uns gegeben hat! (Eph. 5,2.) Das Feiern des biblischen Abendmahles ist eine Frage nicht unseres „Bedürfnisses“, sondern unserer Liebe zum HErrn! (Joh. 14,21ff.!)

Aber wenn auch sehr viele in dieser Hinsicht den Willen Gottes erkannt haben und mit Freuden demselben nachkommen, auch nicht ohne Not beim Mahl des HErrn fehlen, so ist es doch noch eine

große Frage, ob auch alle das „Brotbrechen“ (nach Apgesch. 2,42 u. 20,7) Feiernden es tun, um nach des Herrn Jesus klar ausgesprochenem Wunsche Seiner zu gedenken! Gewiß haben manche der Gläubigen Sein wunderbar liebliches Wort: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ noch nicht so recht verstanden; aber warum eigentlich nicht? ist es etwa mißverständlich und nicht klar genug? - Andere aber haben es wohl verstanden, jedoch durch die Lange der Zeit sind sie matt geworden im Befolgen dieses Wortes, und ihre Anbetung läßt, wie die derer, die des Herrn Jesus Wunsch noch nicht recht begriffen haben, wenig davon erkennen, daß allein der herrliche HErr in Seinem einstigen Leiden und Sterben vor ihrem inneren Auge steht. Es ist manchmal fast so, als hätte der HErr gesagt: „dies tut zu eurem Gedächtnis oder zum Gedächtnis dessen, was ihr durch Mich und Meinen Tod bekommen habt und geworden seid!“ Mit anderen Worten: die Segnungen Seines Todes für uns, die uns wahrlich unser ganzes Leben lang beschäftigen sollten, und die bei der Feier des Herrenmahles gewiß nicht übersehen zu werden brauchen, stehen auch in jener einen bis anderthalben Stunde (wöchentlich!) so sehr im Vordergrund des Interesses vieler Gläubigen, daß derjenige, dessen Liebe alles für uns wirkte, wenn schon nicht vergessen, so doch nicht so betrachtet wird, wie Er ein Recht hat, nach jenem Seinem „in der Nacht, da Er verraten ward“ ausgesprochenen Herzenswunsch zu erwarten.

Woher kommt dies? Woher kommt es, daß wir Seinen leisen Vorwurf von Gethsemane: „also nicht eine Stunde vermochtet ihr, mit Mir zu wachen?“ (Matth. 26,40) auch auf die Stunde des Herrenmahles anwenden könnten? Kommt es etwa daher, daß man unter dem Drange des täglichen Lebens unsere Segnungen zu wenig bewundert, ja, gar vergißt, was wir in Ihm sind, so daß man jene stille, friedevolle Stunde des Herrenmahles als willkommene Gelegenheit des Gedenkens an unsere Segnungen betrachtet? Dies sollte gewiß nicht so sein!

Oder kommt es daher, daß man sich zu wenig darin übt, die Worte des HErrn genau zu beachten, so daß man glaubt, Ihm einen Dienst zu tun, wenn man sozusagen das Gegenteil von dem tut, was Er gewünscht und gesagt hat? Kann das Sein Herz erfreuen? Wenn geliebte Menschen uns bitten würden, in Zeiten der Trennung ihrer zu bestimmter Zeit besonders zu gedenken, ist es dann

gleichgültig, ob wir ihren Wunsch erfüllen oder lieber an uns denken? Gewiß nicht! Und dabei hat es mit dem ja nicht oft, aber darum um so wirkungsvoller ausgesprochenen Wunsche des geliebten HErrn an uns unendlich mehr auf sich als mit dem von Menschen untereinander! Der HErr wußte, wie leicht auch die Seinen Seiner vergessen würden, wie leicht ihnen die Kostbarkeit der Tatsache des „Todes des HErrn“ aus dem Gesichtskreis entschwinden würde, wenn sie erst sich allein (menschlich geredet) überlassen sein würden, und darum läßt Er uns diesen Seinen innigen Wunsch noch so besonders eindrucksvoll durch die dem Paulus gegebene Offenbarung Seines Willens übermitteln vom Himmel her, d. h. als schon etliche Jahre vergangen waren, seit die geliebten Seinen Sein Wort: „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ aus Seinem holdseligen Munde ertönen gehört. Wie wichtig also mußte Ihm dieser Wunsch sein! Und wenn wir oft erfahren müssen, wie wenig die Seinen demselben nachzukommen sich auch nur bemühen, so verstehen wir erst recht, was Ihn bewog, diese Seine Sehnsucht nach der geistgewirkten Gegenliebe Seiner Erlösten uns durch die Feder des Paulus so ernst ans Herz legen zu lassen! Wieviel büßen wir doch ein, wenn wir Seinen Willen nicht völlig beachten! Das ist in allen Dingen so - und wir wissen das auch! -, warum beachten wir es so wenig bei der Feier der letztwilligen Verfügung des aus Gehorsam gegen Seinen Gott und Vater und aus Liebe zu uns, „da wir noch Seine Feinde waren“, in den Tod gehenden HErrn? Der Mensch pflegt doch sonst mit dem letzten Willen seiner Mitmenschen sehr sorgsam umzugehen, weil er weiß, daß er viel einbüßen oder verlieren würde, wenn er es nicht tut! Warum gehen wir mit dem letzten Willen Dessen, der „der zweite Mensch vom Himmel“ (1. Kor. 15,47) ist, und der liebte, wie nie ein Mensch geliebt, so wenig sorgsam um? Ist das in der Ordnung? Ob wir nicht dadurch auch viel verlieren?

Es wird zwar oft betont, daß wir beim Mahl des HErrn nicht zusammenkommen, um gesegnet zu werden, sondern um zu segnen, zu preisen, anzubeten und zu verherrlichen Den, der uns geliebt - gewiß! aber, Geliebte, werden wir etwa nicht gesegnet, wenn wir also zusammenkommen? Du sagt, das sei nicht die Frage, weil nicht der Zweck des Zusammenkommens. Nein, aber - werden wir nicht gerade doch gesegnet? Werden wir nicht, vielleicht gerade weil wir nicht um unsert-, sondern um Seinetwillen uns versammeln, wunderbar innerlich erquickt, und das um so mehr, als wir bestrebt

sind, Ihn zu erquicken durch unsere Liebe zu Ihm? Sicherlich! Der wunderbare Grundsatz der Schrift aus Spr. 11,25: „Die segnende Seele wird reichlich gesättigt, und der Tränkende wird auch selbst getränkt“ und aus Apgesch. 20,35: „Geben ist seliger als nehmen“ kommt, wenn irgendwo, hierbei voll zur Anwendung. Gott bleibt nie unser Schuldner. Und noch einmal sei's gesagt: Wir mögen nicht zusammenkommen um unsertwillen, um unserer Segnungen willen, um beim Brotbrechen Segen zu empfangen - und das ist durchaus recht so -, aber wir werden gesegnet und erquickt, nicht allein bei diesem köstlichen Anschauen des HErrn selbst, sondern in unserem ganzen Leben; denn der HErr vergilt jede Liebe, die wir Ihm erweisen, reichlich. Und je mehr wir beim Mahl des HErrn Ihnbetrachten, desto mehr werden wir in dieser heiligen Wechselwirkung gesegnet, indem je mehr Er durch uns erquickt wird, desto mehr Er uns erquickt.

Nun also, wenn wir dies in dem letzten Absatz Gesagte billigen und beachten, müssen wir dann nicht zugeben, daß wir viel verlieren, wenn wir den letzten Willen und Wunsch des geliebten teuren Herrn Jesus nur mangelhaft beachten, also nicht in erster Linie Seiner Selbst in Seiner Liebe, Seinem Gehorsam, Seinem Tode, Seinem Gericht am Kreuz gedenken, sondern mehr unserer und unserer durch Seinen Tod erlangten Segnungen? Ganz gewiß ist es so! Es kann gar nicht anders sein. Auch unsere herrlichsten himmtischen Segnungen, die kostbarsten Gaben sind nicht größer und köstlicher als der Geber Selbst. Gewiß brauchen wir unsere Segnungen bei der Feier des Mahles des HErrn nicht zu vergessen und können es auch nicht, aber wenn wir zu oft an sie denken und sie in unserer Anbetung (die dann kaum reine neutestamentliche Anbetung ist! Vgl. Joh. 4,20-25!) den ersten Platz einnehmen oder immer nach kurzen Erinnerungen an den HErrn sie wieder in den Vordergrund treten lassen, so handeln wir so, als stellten wir die Gaben über den Geber! Wenn unser HErr gewünscht hätte, daß wir das Brot brechen und den Kelch trinken zum Gedächtnis unserer Segnungen durch Ihn, dann hätte Er wahrlich nicht zu sagen brauchen: „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ Aber Er wußte, wie schwer es uns fällt, von uns abzusehen und auf Ihn unsere Blicke, unsere Gedanken, unser Herz zu richten! Der Mensch, auch der innerlich erneuerte, sieht immer leichter auf das, was ihnangeht, als auf das der anderen (Phil. 2,4.20.21!), so hier auf das den HErr Selbst Betreffende.

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Es ist auch nicht richtig (wie es bei einigen Sitte ist), bezüglich der Feier des Abendmahles zu sagen: „Wir kommen zur Anbetung zusammen“. Das ist nicht der oberste Zweck dieses Zusammenkommens, sondern der ist: Seiner zu gedenken! Auch sollte man nicht reden vom Zusammenkommen zur Verkündigung des Todes des HErrn. Dadurch wird gleichfalls die Hauptsache aus dem Auge verloren. Die Schrift sagt vielmehr (durch Paulus), daß, „so oft wir dieses Brot brechen und den Kelch trinken“ (also zu Seinem Gedächtnis), wir damit „den Tod des HErrn verkünden, bis Er kommt“. Mit anderen Worten: es ist die Handlung des Gedächtnismahles, die im Vordergrund zu stehen hat, und mit ihrer Ausübung verkünden wir den Tod des HErrn.
Lassen wir uns nicht die Hauptsache verrücken! (F. K.)

Der in das verheißene Land gekommene Israelit sollte sich in seiner Anbetung an das erinnern, was er vordem gewesen und wozu er durch Jehova nun gelangt sei (5. Mose 26) - das waren für ihn, den Teilhaber der irdischen Berufung, also auf dem Boden des Alten Testamentes, die Grundsätze der Anbetung, und in gewisser Weise sind sie auch vorbildlich für uns (Röm. 15,4). Aber beim Mahl des HErrn handelt es sich nach dem Willen des HErrn nicht darum, in der Feier des Mahles unserer Segnungen, die wir durch Ihn haben, zu gedenken, sondern Seiner Selbst. Wir, die „Genossen der himmlischen Berufung“ (Hebr. 3,1, vgl. Eph.-Brf.) Stehen doch anders da, als der ins irdische Land der Verheißung gekommene Israelit! Gleichwohl, wenn wir die Grundsätze der Anbetung kennen lernen wollen, so kann uns jener Abschnitt viel lehren - aber das Herrenmahl geht darüber weit hinaus. Das Mahl des Gedächtnisses des HErrn ist gleichsam in sich selbst die höchste und erhabenste Weise der Anbetung, es ist Anbetung im Vollsinne und weniger in Worten, sondern mit der Tat der Gegenliebe und in derWahrheit dessen, was es heißt, mit jener Handlung des Brotbrechens und Kelchtrinkens den Tod des HErrn verkünden zu dürfen, bis Er kommt. Von mündlicher, also hörbarer Anbetung, wie überhaupt von dieser Art des Sichversenkens in Ihn, ist in den vom Abendmahl handelnden Stellen ja auch nicht die Rede, obwohl die Anbetung mit Herz und Mund in Gebet und Lied natürlich, wenn irgendwo, so hier ganz am Platze ist, sondern es ist die Handlung selbst, die zu Seinem Gedächtnis vollzogen wird („dieses tut...!“).1 Wenn aber zu Seinem Gedächtnis, so darf die mündliche Anbetung vor und nach der Handlung nicht im Gegensatz zu der Bedeutung der Handlung selbst stehen, also nicht zumeist eine Erinnerung an uns und unsere Segnungen in Ihm sein! Alles sollte einheitlich sein und dem einen Zweck dienen, der dem Herzen des geliebten Herrn Jesus so wichtig ist; dem des liebenden, anbetenden Gedächtnisses an Ihn Selber, der in Seiner heißen Liebe diesen Weg des Leidens und Todes ging.

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Es ist auch nicht richtig (wie es bei einigen Sitte ist), bezüglich der Feier des Abendmahles zu sagen: „Wir kommen zur Anbetung zusammen“. Das ist nicht der oberste Zweck dieses Zusammenkommens, sondern der ist: Seiner zu gedenken! Auch sollte man nicht reden vom Zusammenkommen zur Verkündigung des Todes des HErrn. Dadurch wird gleichfalls die Hauptsache aus dem Auge verloren. Die Schrift sagt vielmehr (durch Paulus), daß, „so oft wir dieses Brot brechen und den Kelch trinken“ (also zu Seinem Gedächtnis), wir damit „den Tod des HErrn verkünden, bis Er kommt“. Mit anderen Worten: es ist die Handlung des Gedächtnismahles, die im Vordergrund zu stehen hat, und mit ihrer Ausübung verkünden wir den Tod des HErrn.
Lassen wir uns nicht die Hauptsache verrücken! (F. K.)

Doch nun noch einmal die Frage: Was ist der Grund, daß viele derer, die das Herrenmahl feiern, sich so ungleich leichter und lieber, bewußt oder unbewußt, mit dem, was wir Gläubigen in Christo haben und sind, beschäftigen als mit Ihm Selber?

Wenn das oben schon Gesagte nicht der Grund ist, ist er dann vielleicht für manche darin zu suchen,

Wenn das oben schon Gesagte nicht der Grund ist, ist er dann vielleicht für manche darin zu suchen, daß sie fürchten, bei ihren Gedanken und ihrer Herzensbeschäftigung, bei ihrer leisen oder auch lauten Anbetung nichtgenug Stoff zu haben, wenn sie sich „nur“ mit dem HErrn Selbst und Seinem Leiden und Sterben befassen sollen? Kommt es ihnen noch dazu vielleicht auch sovor, als sei dieser immer gleiche Stoff mit der Zeit doch zu eintönig, abgebraucht, - womöglich tot? Meinen sie, man müßte dem HErrn Neues bringen, das Alte sei zu gering für Ihn? Nicht wahr, solche Fragen stellen heißt schon sie verurteilen! Wie könnte das, was in den Ewigkeiten immer aufs neue den Gegenstand der Anbetung bilden wird: das Lamm (vgl. Offenb. 5) und das, was dieses betrifft, jemals an Kostbarkeit verlieren, wenn man es wieder und wieder betrachtet! Verliert ein irdisches Schmuckstück, ein Diamant, durch immer neues Bewundern? Wird er blind und tot dadurch? Kann das sonntägliche immer neue und durch jeden neu hinzukommenden Teilnehmer verstärkte Bewundern der geliebten Person die Schönheiten derselben herabmindern? Ist es nicht vielmehr so, daß die sich im gottgemäßen Feiern des Herrenmahles übende Gemeinde Gottes, so zerrissen sie auf Erden jetzt auch ist, in eben dieser Feier selbst heute noch, also trotz ihres traurigen Zustandes, etwas tun kann, wodurch die Schönheit und Herrlichkeit ihres jetzt erhöhten Hauptes hienieden in das rechte Licht gerückt und gewürdigt wird? Ist doch gerade durch den Verfall der Gemeinde Christi Er so entehrt worden, daß wir nichts tun können, Seine Ehre wiederherzustellen - wir müssen warten, bis Er Selber es tut! Aber in Seinem Gedächtnismahl haben wir die köstlichste, bleibende Verbindungslinie zwischen dem einstigen hohen Stand Seiner Gemeinde hienieden in ihrer Vollkraft (z. B. Apgesch. 2 u. 4) und dem dereinstigen neuen Zustand der Vollendung, wenn Er sie ohne Tadel dem Vater dargestellt hat! Denn in diesem Seinem Mahl, bei dem Er die Gäste bestimmt, eingeladen und empfangen hat, solche, die durch den Wert Seines Todes für Ihn gewonnen und durch Sein Blut gewaschen sind, da leitet Er durch Seinen Geist, der in ihnen ist, ihre Herzen allein auf Ihn Selber hin und macht sie dadurch fähig, das zu tun, was in der Herrlichkeit ihre liebste Beschäftigung sein wird: Ihn anzubeten und Seine Kostbarkeit zu erheben. Wenn wir hierin hienieden fehlen, so machen wir uns dessen mit schuldig, daß die Engelwelt, welche die Gemeinde beobachtet (Eph. 3,10), nicht die

rechte Verkündigung Seines Todes empfängt (1. Kor. 11,26), von den Gläubigen, welche des Herrenmahles Kostbarkeit noch nicht erkannt und allein durch uns und unsere Wortverkündigung davon Kenntnis bekommen sollen und können, ganz zu schweigen. Laßt uns das wohl beachten!

Und der andere erstere Grund, daß man fürchten könnte, nicht genügend Stoff zum Sinnen, zum Gedenken zu haben, wenn man sich nur mit Ihm Selber beschäftigt, ist doch, ernsthaft besehen, ganz und gar hinfällig! Istes nicht köstlich, Sein Armgewordensein (2. Kor. 8,9) von der Krippe bis zum Tode zu betrachten? Gibt das nicht wieder und wieder Stoff genug? Ist Sein Leidensweg vor dem Synedrium wie vor Herodes und Pilatus, kurz Sein Leiden seitens der Menschen, nicht eine unerschöpfliche Quelle für sinnendes, anbetendes „Betrachten Dessen, der so großen Widerspruch von den Sündern gegen Sich erduldet hat“ (Hehr. 12,3)? Und dann Gethsemane, dies ewig tiefe Geheimnis, und dann das Kreuz auf Golgatha - Sein Leiden als Schuldopfer (Jes. 53!) und als Sündopfer, verlassen von Gott (Ps. 22; Matth. 26,45ff.; Mark. 15,33ff.), von Gott zur Sünde gemacht (2. Kor. 5,21), Sein wunderbarer Gehorsam bis zum Kreuze hin (Phil. 2,5ff.) wie Sein Gehorsam am Kreuze (Hebr. 5,7.8) usw. - sind das nicht Gegenstände des anbetenden Betrachtens ohne Ende? Werden wir je damit fertig werden? Werden wir je aufhören können, diese Kostbarkeiten Seiner Liebe, diese verhüllten und doch so offenbaren Herrlichkeiten des Sohnes zu bewundern, uns darein zu versenken? Mangel an Stoff? Solch Mangel, daß man immer gar zu bald wieder bei den Segnungen Seines Todes anlangen müßte? Gewiß sollen und brauchen wir derer nicht zu vergessen, gewiß dürfen wir, die wir doch nicht unter Gesetz sind, auch beim Mahle des HErrn, besonders vielleicht zu Anfang, deren gedenken und dafür den HErrn preisen! Aber wer die Segnungen in den Vordergrund stellt und immer wieder auf sie zurückkommt, auch wer zum Vorlesen vor der Handlung des Mahles oder zum Besprechen vor oder (besser) nach dem eigentlichen Mahl Schriftworte nimmt, in denen die uns zuteil gewordenen himmlischen oder gar irdischen Segnungen vor allem betont sind - der hat nicht verstanden, wieviel unserem teuren HErrn daran liegt und liegen muß, daß Sein Schmerzensweg, Sein Todesleiden und die Bitternis Seiner Seele nicht vergessen werden. Der hat nicht begriffen, was es für das Herz des HErrn ist, wenn Seine Bluterkauften Geliebten Seinem

Herzenssehnen nachkommen: „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ O, Geliebte, daß wir das doch mehr und besser lernten, was es Ihm ist, wenn wir Seiner gedenken, was Ihm unsere Liebe wert ist! Daß wir doch mehr würdigten, was es auch für den Vater ist, wenn wir Seines Geliebten, der die Wonne Seines Vaterherzens ist, gedenken und Ihn ehren, Dessen Ehre dem Vater über alles geht! Ihn ehren heißt aber auch, Seinen Herzenswunsch ehren, Sein letztes Vermächtnis würdigen, so wie es Ihm teuer und wert ist! Ihm wird es nie zuviel, wenn wir liebend Seiner gedenken in Seinem Leiden und Sterben, in Seiner Erniedrigung, Seinem Gehorsam, Seiner treuen Liebe - und uns sollte es zuviel werden? Uns sollte es etwas Altes, Gewohnheitsmäßiges, Totes werden, ja, werden können? Geliebte, was ist Er uns? Betrachten wir, was Er dem Vater ist und welch Wohlgefallen der Vater an Ihm hatte und hat, und lernen wir, daß es auch dem Vater nie zuviel werden kann, wenn wir Den betrachten, der alles für den Vater ist! Versenken wir uns in Worte wie Joh. 10,17.18, so ahnen wir etwas von dem unveränderlichen, ewigen Liebesverhältnis zwischen dem Vater und dem Sohne im Hinblick auf des Letzteren Sterben. Wie unsagbar tief sind Seine Gedanken!

Noch einmal: Wenn es dem Vater nie zuviel wird, in Seiner Liebe an jene Stunden zu denken, da Sein geliebter Sohn also litt und starb, und wenn es unserem herrlichen Herrn Jesus nie zuviel wird, daß wir sonntäglich wieder und wieder Seiner in Seinem Tode gedenken, Seiner, der nie, in alle Ewigkeiten der Ewigkeiten nie wieder leiden und sterben muß - wie kann es uns dann je etwas Altes, gar Unnötiges, nicht so besonders Wichtiges werden, daß wir in liebendem Gehorsam gegen Sein Wort das Herrenmahl feiern nach Seinen Gedanken zu Seinem Gedächtnis?!

O, Er helfe uns, Seinen Bluterkauften, in Seiner Gnade durch Seinen stets Ihn verherrlichenden Geist dazu, daß wir immer besser Seine Liebe verstehen und ihr die Antwort geben unserer durch Ihn in uns gewirkten innigen Gegenliebe, indem wir dem Bedürfnis und dem Verlangen Seines Herzens entsprechen: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“

F. K.

Frage und Antwort

Frage 11

Warum darf Thomas in Joh. 20,27 den HErrn anrühren, während Maria es nach V. 17 nicht darf? Der HErr war doch inzwischen nicht aufgefahren? - Hatte der Herr Jesus in der Zwischenzeit zwischen diesen beiden Erscheinungen Verkehr mit dem Vater oder ging Er bei Seiner Himmelfahrt zum ersten Male wieder in die himmlischen Örter ein?

Antwort A

Zum ersten Teil der Frage, das Anrühren des Herrn Jesus nach Seiner Auferstehung betreffend, finden wir eine schöne, klare Belehrung im 7. Bd. der „G. H.“ (1920), S. 36-39. Für solche aber, die nicht die Möglichkeit haben, nachzuschlagen, möchten wir kurz einige Worte dazu bemerken.

In Joh. 20 werden uns in den verschiedenen Personen Gläubige verschiedener Zeiten in ihrem Zustande und Verhalten gegenüber dem Herrn Jesus vorgebildet. In Maria Magdalena (V. 11 bis 18) sehen wir den gläubigen Überrest aus Israel, der zur Zeit des Todes des Herrn Jesus da war und in die neue Ordnung der Dinge überging und den Anfang der Versammlung oder Gemeinde bildete und in dieser aufging. Diese Gläubigen hatten aus den prophetischen Schriften über den Messias eine Vorstellung, die sich auf Seine Gegenwart in irdischer Leiblichkeit beschränkte, in der man Ihn anrühren konnte, und mußten deshalb erst dahin belehrt werden, daß sie Ihn, nachdem Er gestorben und auferstanden war, nicht mehr und nicht wieder so besitzen konnten wie vor Seinem Tode, sondern in einem ganz anderen, neuen Zustande und Verhältnis. Deshalb sagt Er der Maria Magdalena: „Rühre Mich nicht an!“ Die weiteren, den Grund dieses Verbotes erklärenden Worte des HErrn: „denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater“ zeigen aber, daß es sich keineswegs

hierbei um die Aufhebung der durch die Propheten gegebenen, noch unerfüllten Verheißungen handelte, sondern nur um eine durch Seine Verwerfung bedingte Hinausschiebung - daß Er erst auffahren müsse zu Seinem Vater, ehe Er jene Verheißungen erfüllen könne, wie auch Petrus in Apg. 3 dem Volke sagte: „... welchen freilich der Himmel aufnehmen muß bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat“. (V. 21.) Wir wissen ja, was mit dieser wunderbaren Tatsache Seines Auffahrens zum Vater und Seines Dortseins alles verbunden ist; wir wissen aber auch, daß Er, wenn die Zeit gekommen sein wird, auch Sein Wort inbezug auf Sein irdisches Volk Israel einlösen und dazu wieder auf diese Erde kommen wird. Dann werden sie Ihm als ihrem Messias huldigen und Ihn gleichsam „anrühren“. Letzteres finden wir in Thomas vorgebildet. (V. 24-29.) Dazwischen liegt die jetzige Zeit der Versammlung oder Gemeinde, die wir in V. 19-23 finden. -

Was den zweiten Teil der Frage betrifft, so wird der beste Weg zur Klarheit der sein, daß wir einmal untersuchen, was das Wort Gottes uns über den Herrn Jesus von Seinem Tode am Kreuze bis zu Seiner Himmelfahrt sagt.

Über die letzten Augenblicke des Herrn Jesus und Seinen Tod lesen wir in Luk. 23,46: „Und Jesus rief mit lauter Stimme und sprach: Vater, in Deine Hände übergebe Ich Meinen Geist! Und als er dies gesagt hatte, verschied Er“, und in Joh. 19,30: „Als nun Jesus den Essig genomen hatte, sprach Er: Es ist vollbracht! und Er neigte das Haupt und übergab den Geist“. Diese Worte zeigen, daß der Geist des Herrn Jesus1 bei Seinem Tode am Kreuze zum Vater ging, während Sein Leib am Kreuze zurückblieb und dann abgenommen und ins Grab gelegt wurde. Daß der Geist aus dem am Kreuze hängenden Leibe weg sofort zum Vater ging und nicht erst an den Ort der Abgeschiedenen, um diesen zu predigen, wie manche auf Grund von 1. Petr. 3,19 irrtümlich annehmen - s. hierzu 1. Bd. (1913), S. 167ff., Antwort Bund C-, zeigen uns die Worte des Herrn Jesus an den Räuber am Kreuze in Luk. 23,43 mit überwältigender Klarheit: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“. Nicht im „Gefängnis“, wo die ungläubig Abgeschiedenen sind, sondern im Paradiese!

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Hier handelt es sich nicht um den „Geist Jesu“ nach Apg. 16,7 oder „Christi Geist“ nach Röm. 8,9b, welches immer der Heilige Geist ist, sondern um Seinen menschlichen Geist, denn derHerr Jesus war wirklich Mensch, und der Mensch besteht aus Geist, Seele und Leib (1. Thess. 5,23). Das Wort redet auch ausdrücklich von dem Leibe, der Seele und dem Geiste des Herrn Jesus (s. Joh. 2,21; 12,27; 13,21 u. a. m.).

Das ist doch wahrlich ein Unterschied. Im Paradiese sind nicht die „Geister, welche einst ungehorsam waren“ (oder: „nicht glaubten“), denn das Paradies ist die Herrlichkeit beim Vater, der Platz und der Zustand, den die Erlösten bei Ihm haben, wenn sie aus diesem Leben scheiden, biszum „Tage der Erlösung“ (Eph. 4,30), d. h. bis Er die Seinen von dieser Erde wegnimmt und in das Vaterhaus einführt, wo Er ihnen die Stätte bereitet hat. Dort war Sein Geist, während Sein Leib im Grabe lag, bis zu Seiner Auferstehung, bei welcher Sein Geist wieder mit Seinem Leibe - der hierbei durch die göttliche Macht in einen geistigen Leib verwandelt wurde - vereinigt wurde. Letzteres ist keine Vermutung oder bloße Schlußfolgerung, sondern Gottes Wort stellt Ihn uns so vor unser Auge nach Seiner Auferstehung. Es berichtet uns, daß Er auferstanden und das Grab leer war, daß Er den Seinen erschien, ihnen Seine Hände und Füße und Seine Seite zeigte, mit ihnen redete und vor ihnen aß, um ihnen zu zeigen, daß sie nicht einen Geist vor sich sahen, sondern daß Er es Selbst war und daß Er Sich „in vielen sicheren Kennzeichen lebendig dargestellt hat, indem Er vierzig Tage hindurch von ihnen gesehen wurde und über die Dinge redete, welche das Reich Gottes betreffen“ (Matth. 28; Mark. 16; Luk. 24; Joh. 20 und 21; Apg. 1,1-8; 10,40.41). Dann ging Er als Mensch, im Auferstehungsleibe, in die Herrlichkeit ein (Mark. 16,19; Luk. 24,51; Apg. 1,9), wie Er den Seinen angekündigt hatte.

1

Hier handelt es sich nicht um den „Geist Jesu“ nach Apg. 16,7 oder „Christi Geist“ nach Röm. 8,9b, welches immer der Heilige Geist ist, sondern um Seinen menschlichen Geist, denn derHerr Jesus war wirklich Mensch, und der Mensch besteht aus Geist, Seele und Leib (1. Thess. 5,23). Das Wort redet auch ausdrücklich von dem Leibe, der Seele und dem Geiste des Herrn Jesus (s. Joh. 2,21; 12,27; 13,21 u. a. m.).

Es ist wunderbar, in Verbindung mit dem Obengesagten zu sehen, daß der HErr als Mensch Selbst in allem uns voranging und wir alles mit Ihm teilen: Als Er aus diesem Leben schied, ging Sein Geist dorthin, wo Er als der verherrlichte Mensch jetzt weilt, während und solange Sein Leib im Grabe lag, und genau so ist es mit allen Erlösten, die aus diesem Leben geschieden sind und scheiden, mit dem Räuber am Kreuze anfangend: auch sie haben in der Zwischenzeit ihren Platz dort bei Ihm (Luk. 23,43; 2. Kor. 5,8; Phil. 1,23); Er wurde „aus den Toten auferweckt durch die Herrlichkeit des Vaters“ (Röm. 6,4) - ist auferstanden -, und ebenso werden alle entschlafenen Heiligen auferweckt werden - auferstehen -, wenn Er kommen wird (1. Kor. 15, besonders V. 23 und 42-55; 1. Thess. 4,13-16), und die Lebenden werden im gleichen Augenblick und durch dieselbe Macht verwandelt werden (Joh. 11,26; 1. Kor. 15,51.52; Phil. 3,21); und Er ging ein in die Herrlichkeit und ist dort „verherrlicht“, und

ebenso werden wir einst verherrlicht dort eingehen und dort sein (Joh. 14,3; 17,24; 2. Kor. 5,1-4; Phil. 3,20.21; 1. Thess. 4,17). Welche Liebe und Gnade! Gepriesen sei Er dafür. -

Welchen Verkehr Er als der Auferstandene in der Zwischenzeit bis zu Seiner Himmelfahrt mit dem Vater hatte, darüber sagt das Wort nichts, und deshalb können auch wir nichts darüber sagen. Daß Er Gemeinschaft mit dem Vater hatte, bedarf ja keiner Erwähnung; aber daß ein Verkehr mit dem Vater in dem Sinne anzunehmen wäre, daß Er vor Seiner Himmelfahrt, die Er vor den Augen der Seinen antrat (Apg. 1,9), mit Seinem Auferstehungsleib bereits in die himmlischen Örter eingegangen sei, Er also einmal dort und wieder einmal hier auf der Erde gewesen sei, dazu gibt uns das Wort Gottes keinerlei Anlaß und Recht, denn es spricht von dem auferstandenen HErrn in der Zeit bis zu Seiner Aufnahme immer nur als noch hier auf der Erde befindlich, wie wir aus schon aufgeführten Stellen sehen (s. bes.

Apg. 1,3), und von dem Eingehen des auferstandenen HErrn in die Herrlichkeit immer nur als einem einmaligen Vorgang, der den Abschluß Seines Hierseins nach Seiner Auferstehung bildete, wie ebenfalls die dazu bereits angegebenen Schriftstellen zeigen. Er ging dabei zum ersten Male in die Herrlichkeit ein und „setzte sich zur Rechten Gottes“ (Mark. 16,19). Diesen Platz wird Er erst aufgeben, wenn der langersehnte Augenblick gekommen sein wird, wo Er den Seinen entgegenkommen wird, um sie heimzuholen in das Vaterhaus. Dann wird Er aufstehen und „herniederkommen vom Himmel“, um den Seinen zu begegnen in der Luft (1. Thess. 4,17) und dann alles auszuführen, was auf die Entrückung folgt.

Th. K.

Antwort B

Ohne obige kostbare und an sich keineswegs ergänzungsbedürftige Antwort Erweitern zu wollen, scheint es mir doch nötig, den Schwierigkeiten des Fragenden von einigen anderen Gesichtspunkten

aus zu begegnen.

Wenn der HErr zu Maria sagt: „Rühre Mich nicht an, denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater“, während Er acht Tage später zu Thomas sagt: „Lege ... deine Hände in Meine Seite“ - also mit anderen Worten „rühre Mich an“, so schlußfolgert anscheinend der Frager, daß dem „Denn“ des ersten Satzes zufolge der HErr innerhalb der acht Tage etwas wie Aufgefahrensein erlebt haben könnte. Da aber Jesu Himmelfahrt tatsächlich erst später geschah, so entstand offenbar für ihn die Frage, ob der HErr in jenen acht Tagen einen besonderen Verkehr mit dem Vater gehabt habe, also schon vor der eigentlichen Himmelfahrt in die himmlischen Örter eingegangen gewesen sei, so daß das Berühren des HErrn durch Thomas gemäß des „Denn“ des ersten Satzes gerechtfertigt gewesen sei. Menschlich angesehen hat der Fragende scheinbar recht mit solcher Schlußfolgerung. Aber die menschlichen Verstandesschlüsse werden den göttlichen Gedanken nie gerecht!

Was der HErr der Maria, die Ihn mit „Lehrer“ anredet und als solchen anerkennt, zur Belehrung sagen konnte, damit sie fähig würde, die göttlichen, himmlischen Verwandtschaftsbeziehungen den Seinen mitzuteilen, das konnte Er acht Tage später nicht einem Thomas sagen, der noch nicht eingegangen war in die Verwandtschaft, da er an jenem „ersten Tage in der Woche“ nicht dabei war, als die himmlischen Verwandtschaftsbeziehungen den Jüngern erschlossen wurden. Thomas konnte somit auch nicht so glauben wie die anderen - und darin ist er, wie in Antwort A und in Frg. 4, Jahrb. 7, worauf obige Antwort hinweist, klar gesagt ist, ja ein Vorbild von dem zukünftigen jüdischen Überrest, der erst glauben wird, wenn er schaut.1 Der HErr aber läßt Sich in Seiner unfaßbaren Gnade auch zu einem Thomas herab, und wenn Thomas schon nicht lernen kann, was Maria, die Liebende, die in ihrer hingebenden Liebe dem geliebten Meister huldigen wollte, sozusagen spielend lernte von ihrem Lehrer und was sie den Jüngern mitteilen durfte (und ja auch mitteilte nach V. 18), so darf er doch den HErrn so berühren, wie er es als Beweis für dessen Auferstehung gewünscht hatte. Daß der HErr inzwischen etwas dem Aufgefahrensein ähnliches erlebt haben müßte oder - als der auferstandene zweite Mensch - schon in die himmlischen Örter eingegangen gewesen sein müßte,

1

Vgl. zu Thomas noch Frage 2 des vorlieg. Jahrbuches und Jahrb. 8, Seite 151!

darf nach den vielfachen klaren Aussagen der Schrift über Seine Himmelfahrt auch nicht einmal andeutungs- oder frageweise angenommen werden, es ist aber auch gar keine Nötigung für solche Frage vorhanden, wenn man bedenkt, wem (und wann und unter welchen Umständen) Er jenes „Rühre Mich nicht an“ sagte und wem dagegen (und wann usw.) das „Lege deine Hand in Meine Seite!“

1

Vgl. zu Thomas noch Frage 2 des vorlieg. Jahrbuches und Jahrb. 8, Seite 151!

Es ist auch noch zu beachten, daß die Schrift kein Wort von einer Bitte oder einem hier in diesem Zusammenhang ausgeführten Versuch der Maria, Ihn anzurühren, enthält, während Thomas ausdrücklich gewünscht hatte, seine Hande in Jesu Seite legen zu können, um Ihn als Auferstandenen anzuerkennen. Der HErr begegnet jedem der Seinen, wo er ist. Jeder bekommt die seiner Stellung und seinem Zustand angemessene Belehrung: Maria eine sehr tiefe, uns in ihrem Vollsinne mangels Parallelen in der Schrift hienieden kaum völlig verständliche, Thomas eine einfachere, leichter verständliche, deren Wirkung aber nicht minder bedeutsam ist, wie das kostbare Bekenntnis des Thomas zeigt. Marias vielleicht geheimes Sehnen, dem der HErr durch Sein Verbot begegnet, entsprang aus vollkommenem Glauben (der durch solch Verbot in nichts erschüttert werden konnte), Thomas' offen ausgesprochener Wunsch dagegen aus unverhohlenem Zweifel (der durch Nichtgewähren seines ihm berechtigt scheinenden Begehrens nur noch tiefer geworden wäre). Mit anderen Worten: das Anrühren, das der Maria verwehrt, und das Anrühren, das dem Thomas gewahrt ward (daß er es ausgeführt habe, ist nach dem Wortlaut der Stelle übrigens auch nicht unbedingt sicher!) - diese beiden Arten von Anrühren haben gar keine Ähnlichkeit miteinander - darum hat die mit „denn“ eingeleitete Begründung des Verbots an Maria auch keine Beziehung auf die Szene des HErrn mit Thomas. Jenes Verbot der Maria gegenüber vertiefte die inneren Beziehungen zwischen dem Auferstandenen und uns, den Seinen, während durch die dem Thomas gegebene Erlaubnis oder Gewährung seines Begehrens, Ihn zu betasten (vgl. Matth. 28,9!), die irdischen sichtbaren Verbindungen zwischen dem Auferstandenen und der Klasse der Seinen, die der sichtbaren Zeichen zum Glaubenkönnen bedurfte (Israel, vergl. Joh. 4,48, also im Joh.-Evang.!), im Blick auf die spätere Zukunft neu angeknüpft wurden.

„Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott! Wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Ps. 139,17.)

F. K.

Frage 12

Bitte um eine Auslegung von Offenb. 19,8! Welcher Unterschied besteht zwischen der „feinen Leinwand“ und dem „ Kleide“ Offenb. 3,4a? (Vgl. Jes. 61,3.10; Sach. 3,3-5; Matth. 22,11; Offenb. 3,4b-5; 4,4; 6,11; 7,9.14; 16,15.)

Antwort

Um dieser Frage auf den Grund gehen zu können, ist es vielleicht dienlich, die Bekleidung als solche in der Bibel etwas näher ins Auge zu fassen.

Die Bekleidung des Menschen hat ihren Ursprung im Sündenfall; denn sie wäre nicht nötig gewesen, wenn nicht die Sünde durch den Menschen ihren Einzug gehalten hätte. Darum lesen wir im Worte Gottes, nachdem der Mensch gefallen war, in 1. Mos. 3,21: „Und Jehova Gott machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fell und bekleidete sie“. Doch wird uns hier zum erstenmal klar gezeigt, daß dies nur auf Grund eines Opfers geschehen konnte. Das Leben eines Tieres mußte preisgegeben werden, Blut mußte fließen; denn ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung. Alles das war notwendig, um die Blöße, die Nacktheit des gefallenen Menschen zu bedenken. Dies ist das erste und wichtigste Kleid. Wir müssen dort anfangen, wo Gott anfängt, wenn wir ein klein wenig von den Kleidern der Schrift verstehen lernen wollen. Es mußte ein Opfer gebracht werden, wenn wir bekleidet werden sollten. Keinen anderen Weg kannte der allmächtige, allweise und der allgütige Gott. Wie ernst und doch wie herrlich, daß es so ist! Gott Selbst brachte das erste Opfer, um den Menschen aller Zeiten eine göttliche, eindringliche Unterweisung zu geben, daß ihre Sünden nur

durch das Blut und Leben eines anderen gesühnt und bedeckt werden könnten. Die Gläubigen aller Zeitalter zeigten durch das Darbringen von Tieropfern dem Jehova, daß sie diese erste göttliche Heilsunterweisung nicht nur verstanden, sondern auch im Glauben erfaßt und im Herzen verwirklicht hatten. Ihre Opfergaben bewiesen die Anerkennung der gerechten Forderungen eines heiligen Gottes sowie ihre Entfernung von Gott durch Sünde. Wie aber Gott Selbst das erste Opfer brachte, war es doch nur ein Hinweis auf das von Gott gegebene letzte, größte und eigenartigste Opfer; in der Dahingabe Seines eingeborenen Sohnes, das die Erfüllung aller Opfer in Sich schloß. Darum kein Opfer mehr außer Ihm.

Doch um auf die Kleidung zurückzukommen, möchten wir gleich am Anfang bemerken, daß das Wort Gottes dreierlei Hauptkleidungen der Gläubigen unterscheidet. Wie beschämend für uns, daß wir so wenig vertraut sind mit der göttlichen Kleidung, aber leider nur zu oft mit den Moden dieses Zeitlaufes!

Die erste Art von Kleidung haben wir bereits genannt. Es ist die Fell- und Opferkleidung, die unsere Nacktheit vor einem heiligen Gott bedenkt. (Vgl. 2. Kor. 5,1-4.)

Die zweite Kleidung wird nicht durch ein Opfer gewonnen, sondern durch eine Pflanze. Wir finden sie in 2. Mos. 28,42 und 3. Mos. 16,4. Es ist die sogenannte Linnenkleidung.

Ferner wird in 2. Mos. 25,4 bis 2. Mos. 39,29 das Wort: „Byssus“ca. 32 mal gebraucht. Im hebräischen Text sind dies zwei verschiedene Worte. Nicht alle Übersetzungen halten diese Ausdrücke getrennt, zum Schaden des sorgfältigen Bibellesers. Es besteht ein Unterschied im Gebrauch dieser Stoffe und deren sinnbildlicher Bedeutung. Wie es denn ja keinen Unterschied im Worte Gottes gibt ohne eine geistliche Bedeutung. Wir kommen auf den Unterschied später zurück.

Die dritte Hauptbekleidung wird uns hauptsachlich in der Priesterkleidung der Herrlichkeit, des Schmuckes und der Farbenprächtigkeit in 2. Mos. 28,2ff. vorgestellt. Diese dritte Art von Kleidung schließt sicherlich solche, wiewir sie inJes. 61,3.10 und Matth. 22,11 finden, ein. Obwohl auch

schließt sicherlich solche, wiewir sie inJes. 61,3.10 und Matth. 22,11 finden, ein. Obwohl auch innerhalb der drei Hauptgruppen von Kleidern Unterschiede mit tiefer geistlicher Bedeutung zu erkennen sind, ist jetzt nicht der Platz, auf alle Einzelheiten und Verschiedenheiten einzugehen. Begnügen wir uns mit einer kurzen Charakterisierung der drei Hauptgruppen. Der vollendetste Ausdruck von der dritten Hauptkleidung ist uns in dem „besten Kleid“ von Luk. 15 gegeben. Es ist wohl kaum nötig zu bemerken, daß all die verschiedenen Kleider die Mannigfaltigkeit des Werkes und die Herrlichkeit der Person des Herrn Jesus vorstellen.

Das erste Kleid, das Fell- und Opferkleid, möchte uns besonders die Notwendigkeit des Opfers ans Herz legen. Es bildet naturgemäß die Voraussetzung der zwei anderen Kleider. Wer nicht diese so wichtige Kleidung in diesem Leben durch den Glauben an den Sünderheiland sich aneignet, wird niemals gewürdigt werden, in der Zukunft das weiße Linnenkleid zu tragen.1

1

Daß Engel oft mit reiner, glänzender Leinwand angetan sind, wie wir in Offb. 15,6 und Ev. Joh. 20,12 usw. finden, besagt nicht, daß sie durch das Blut des Christus gereinigt wurden, denn dies wird nie von Engeln gesagt, sondern es hat hier die Bedeutung, das es heilige Engel sind im Gegensatz zu den gefallenen. Daß Weiß die Farbe des sicheren Sieges ist, vergl. Offenb.6,2 und 19,11, kann vielleicht auch besagen, daß Christus über den Tod gesiegt hat, denn sie waren Zeugen hiervon, und sie sind befähigt, die Aufträge Gottes hinauszuführen. Ferner ist Weiß die Farbe des Lichtes; so ist Licht ihr Gewand. Sie erscheinen den Menschen nie ungekleidet.

Die Fellkleidung wird jetzt, in der Wüste, im Leibe der Niedrigkeit getragen. Die Kleidung entspricht ganz den Umständen der Pilger und Fremdlinge in der Welt, die ihnen durch das Opfer des Herrn Jesus und Seiner Verwerfung zur Wüste geworden ist. Wir gehen nicht in der Nacktheit unserer Sünden durch die Wüstenwelt, sondern tragen das Kleid und die Kennzeichen des für uns gestorbenen Christus. Welch eine Gnade! Das weiße Linnenkleid trägt Reichs- und Zukunftscharakter. Wir tragen es noch nicht, obwohl es uns verheißen ist. Offenb. 3,4 und 19,8. Dieses Kleid steht nicht in Verbindung mit Seiner Niedrigkeit und Verwerfung, sondern mit Seiner Erhöhung, Macht, Herrlichkeit und Seinem Reich. Weiß ist die Farbe des Lichtes, des Sieges und der Reinheit. Unser Leib der Niedrigkeit wird umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. Das Licht ist die Sonne der Gerechtigkeit, der Sieg ist im Löwen von Juda uns gezeigt und die Reinheit in dem Heiligen Gottes. „Wenn Er, der Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werden wir mir Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.“ (Kol. 3,4.) Weiße Linnenkleidung trug der Hohepriester am sogenannten Versöhnungstag. Vgl. 3. Mos. 16,4.23. Ins Allerheiligste ging er nie in seinem Prachtgewande. Diese weiße Linnenkleidung stand in enger Beziehung zur Sühnung. Sühnung

- nicht Versöhnung, dies kommt im A. T. kaum vor - ist das immer wiederkehrende Wort in diesem Hauptkapitel des 3. Buches Mose. Blut war notwendig zur Reinigung, um im Lichtweiß und der Lichtreinigkeit einst mit Christo erscheinen zu können. Vgl. Offenb. 7,14. Dieses weiße Kleid trägt Verwaltungscharakter und schließt zugleich VerAntwortlichkeit in sich. Es ist allen Treuen verheißen, die Seine Erscheinung liebhaben. Wir werden in Seinem Reiche der Herrlichkeit so erscheinen, wie wir jetzt für Ihn leben und was wir während Seiner Verwerfung für Ihn sind.

Der Unterschied zwischen dem „Kleid“ und dem „weißen Kleid“ und der „feinen Leinwand“ in Offenb. 3,4.5 und 19,8 scheint der zu sein:

Mit „Kleid“ wird unser Wandel, unser Verhalten in dieser Welt vorgebildet. Vgl. 1. Petr. 1,13; Luk. 12,35; 2. Mos. 12,11.

Das weiße Kleid wird hier als Lohn für die Treue im Überwinden gegeben. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Verheißungen der vier letzten Sendschreiben immer mit dem Reiche in Verbindung stehen. Es werden uns die Dinge als Verheißungen für Treue in Aussicht gestellt, die uns doch nur gegeben werden können auf Grund der Sühnung. Die „feine Leinwand“ in Offenb. 19,8bildet mehr den Charakter des Kleides, wie das „weiße Kleid“ mehr die Art des Kleides, vor. Im weißen Kleid wird die Treue, das Überwinden belohnt. Die „feine Leinwand“ spricht mehr von dem,was wir für Ihn taten und wirkten und wiewir für Ihn lebten. Jede Tat der Liebe, jeder kleine Dienst, jeder verborgene Schmerz um Seinetwillen, jede Regung des Herzens für Ihn, in anderen Worten: Jede „Feinheit“der Liebe, der Zuneigung und Hingabe für Ihn in dieser Zeit Seiner Verwerfung wird in der „feinen“ Leinwand zur herrlichen Darstellung kommen. Alles Verborgene wird der HErr offenbar machen. Also im „weißen Kleid“ das Verneinen der Welt mit ihrer Sünde. In der „feinen Leinwand“ das Bejahen Christi und die Hingabe an Ihn. Offenb. 3,4 ist persönlich. Offenb. 19,8 gemeinsam. Hier scheint auch der Unterschied zwischen der „Leinwand“ und dem „Byssus“ in 2. Mose zu liegen. Die Leinwand steht mehr in Verbindung mit Sühnung, den gerechten Forderungen Gottes, und trägt einen verAntwortlichen Charakter; hingegen der Byssus, welcher im N. T. gleichbedeutend ist mit der

„feinen Leinwand“, mehr das Werk der Liebe für Ihn uns vorstellt. Denn der Byssus wurde zur Stiftshütte verwandt, welche ein Bild des Wohnens Gottes in Gnade unter Seinem Volke ist.

Dann finden wir auch noch einen Gegensatz dieser drei Kleidungen. Das Fellkleid steht im Gegensatz zur Feigenblattschürze; das Kleid der feinen Leinwand in Offenb. 19,8steht im Gegensatz zu dem Prunkkleid der falschen Kirche, Offenb. 17,4;

das beste Kleid in Luk. 15 steht im Gegensatz zu dem Kleid des reichen Mannes in Luk. 16. Der große Unterschied ist, daß den Gläubigen die Kleider von Gott gegeben werden. Vgl. 1. Mos. 3,21; Offenb. 3,5 und 19,8. Die Ungläubigen jedoch kleiden sich selbst und verzichten auf die Kleidung Gottes in Christo Jesu.

Nun haben wir noch nichts über die dritte und letzte Kleidung geschrieben. Sie zeichnet sich aus durch Herrlichkeit, Schmuck und Farbenpracht. Vgl. 2. Mos. 28,2.5. Nur nebenbei möchten wir bemerken, daß alle drei Kleiderarten in der Stiftshütte, dem Bild von dem Werke und der Herrlichkeit des HErrn, zum Ausdruck kommen. Wir vernehmen von Fellen, Leinwand und Byssus sowie von Herrlichkeit, Schmuck und Farbenpracht in den Geräten und dem Bau sowie von Teppichen der Hütte. Was könnte wohl über dies alles geschrieben werden! Wie das Fellkleid unsere Nacktheit deckt vor einem heiligen Gott und das weiße Kleid Sühnungs- und Reichscharakter trägt, so spricht das beste Kleid von der Versöhnung und der neuen Schöpfung. Das Fellkleid spricht zu uns von dem Opfer Christi, das weiße Kleid von dem Blute und der Sühnung des HErrn und das beste Kleid von dem, was Christus, der zweite Mensch, ist für das Herz Gottes. Wir sind nicht nur erlöst, noch nur gereinigt, so kostbar wie dies auch ist, sondern angenehm gemacht in dem Geliebten. Wir stehen in der Vortrefflichkeit, in dem Wort und in der Herrlichkeit Seiner gesegneten Person vor Gott. Wenn wir irgend etwas nicht verstehen und uns dessen nicht erfreuen, so ist es die Versöhnung. Das Priestertum, der verlorene Sohn, der wieder ins Vaterhaus geführt wurde, zeigen uns, was Versöhnung ist. Dieses beste Kleid kann weder beschmutzt noch gereinigt werden, weil es sich hier weniger um Sein Werk als vielmehr um die Annehmlichkeit und Vortrefflichkeit Seiner Person

handelt. Auf Ihm, dem zweiten Menschen, ruht das Wohlgefallen Gottes.

O, daß wir mehr bei Gott zu Hause wären, um praktisch am Genuß der Wertschätzung des Sohnes beim Vater teilzunehmen! Wie der verlorene Sohn gekleidet wurde mit dem besten Kleid und das Alte vergangen und alles neu geworden war, so ist auch der alte Mensch im Gericht beseitigt, so daß wir in dem neuen, zweiten Menschen Christus vor Gott stehen und uns erfreuen dürfen mit Gott in Christo, im Vaterhaus. Möge es unserem Gott und Vater in Christo gefallen, uns Einsicht, Verständnis und Gnade zu geben, praktisch in dieses unser Ziel einzugehen!

O, daß wir mehr verstehen lernten, was es bedeutet, daß wir jetzt in der Wüste das Fellkleid tragen, welches unsere Nacktheit deckt: Sein Opfer, daß wir dann das weiße Kleid tragen in Seinem Reiche und Seiner Herrlichkeit, welches uns an die Reinigung von unseren Sünden erinnert: Sein Blut, daß wir droben im Vaterhaus ewig angetan sein werden nicht nur mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, sondern auch mit der Vortrefflichkeit und Herrlichkeit Seiner Person; wir werden dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig sein: Seine Person! Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!

K. O. St.

„Und in dem Garten ein Grab.“

1

Nach Notizen von einer Ansprache.

„Es war aber an dem Orte, wo Ergekreuzigt wurde, ein Garten, und in dem Garten eine neue Gruft, in welche noch nie jemand gelegt worden war.“ (Joh. 19,41.)

Wie oft bin ich über diese Stelle beim Lesen des Wortes hinweggegangen. Heute früh, am Ostermorgen, blieben meine Gedanken an diesen Worten hängen, und immer wieder ging es durch meine Seele, daß an dem Orte, wo Er gekreuzigt wurde, ein Grab war.

Ich dachte an den Garten, von dem die Schrift zum ersten Male berichtet; in dem Garten gab es kein Grab. Jener Garten war in Eden und dieser an dem Orte, wo der HErr gekreuzigt wurde; können

kein Grab. Jener Garten war in Eden und dieser an dem Orte, wo der HErr gekreuzigt wurde; können wir uns wundern, daß dort ein Grab war?

Das wunderbare Werk der Schöpfung war vollendet; Er Selbst sagte: „Es war sehr gut“. (1. Mos. 1,31.) Aber dieser herrlichen Schöpfung fügte Er noch ein besonderes Werk Seiner Hand ein: „Er pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten und setzte dahin den Menschen, den Er gebildet hatte“ (1. Mos. 2,8). - Nach Jahrtausenden offenbart uns Gott, daß das in Seinem Herzen verborgene Geheimnis von Christus und Seiner Gemeinde in Adam und Eva enthalten sei. Wenn wir so sehen, daß Gott inmitten Seiner Schöpfung einen Garten pflanzt und den Menschen dahinein stellt, so ahnen wir, daß in diesem Garten mit seinen Bäumen und Strömen Geheimnisse Seines Willens und Wohlgefallens verborgen liegen.

In Eden - dem Platze der Wonne und Lieblichkeit - pflanzte Gott diesen Garten als eine besondere Stätte Seiner Freude; wir sehen Ihn darin wandeln, und dorthin setzt Er den Menschen. - Als Repräsentant Gottes in Herrschaft und Hoheit hatte er ihn zu bauen und zu bewahren, und in dem Stande der Abhängigkeit und des Gehorsams durfte er sich an ihm erfreuen und ihn genießen.

Wir kennen die weitere Geschichte. An diesem herrlichen Orte machte Satan sich an den Menschen heran und fing an, mit ihm über das zu reden, was Gott gesagt hatte: „Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baume des Gartens?“ So begann er Gottes Wort und Gottes Liebe in Frage zu stellen und das Vertrauen zu Gott und Seiner Liebe zu untergraben, um ihnen dann zu sagen: „Mit nichten werdet ihr sterben, sondern - ihr werdet sein wie Gott.“ Er sagte den Menschen gleichsam: „So lieb, wie ihr denkt, hat Gott euch nicht. Ihr könnt es viel besser haben; wenn ihr euren Stand der Abhängigkeit und des Gehorsams gegen Gott aufgebt, dann könnt auch ihr wie Gott sein.“ So raubte er ihnen das Vertrauen zu Gott und zu der Liebe Gottes - und die Sünde kam in die Welt und der Tod.

In Gottes Garten aber gab es keine Grabstätte; dort durfte kein Grab sein. Für den Menschen des

Todes konnte deshalb auch kein Bleiben dort mehr sein. Gott schickte ihn hinaus aus dem Garten. Engel waren Zeugen dieser traurigen Stunde. Die Cherubim und die Flammen des kreisenden Schwertes bewahrten den Weg zum Baum des Lebens.

Seit dieser Stunde hat diese Erde kein Eden und keinen Garten der Freude mehr, und doch ist das Verlangen nach dem Garten - nach einem kleinen Gärtchen - in der Seele des Menschen zurückgeblieben. Wie geht die Sehnsucht der Großstädter nach einem grünen Fleckchen - wie strömen sie hinaus in die öffentlichen Gärten! Ein Sehnen, ein zurückgebliebenes Andenken an Eden, an Gottes Garten wohnt in der Menschenbrust. Er verlangt nach etwas Besserem - nach den Bäumen und Strömen, nach den Schönheiten der Schöpfung, er eilt ihnen nach, um immer wieder zu entdecken, daß der Fluch seiner Sünde auf ihnen ruht und die Unruhe und Leere seines Herzens die Folge der Sünde ist, die ihn von Dem getrennt hat, der die Quelle jeder Freude ist.

Wenden wir uns zum Neuen Testament, so finden wir wieder einen Garten - den Garten Gethsemane. Der zweite Mensch, der Same des Weibes, ein Mensch anderer Herkunft geht in den Garten hinein. Auch Er ist (wie einst der erste Mensch) der Repräsentant Gottes, aber in Liebe und Gnade und Wahrheit. So wie der Satan in jenem ersten Garten an den ersten Menschen herantritt, so sah der zweite auch hier ihn in den Garten kommen. Er sagte es Seinen Jüngern zuvor: „Der Fürst dieser Welt kommt“, aber Er fügt hinzu: „Er hat nichts in Mir; aber auf daß die Welt erkenne, daß Ich den Vater liebe und also tue, wie Mir der Vater geboten hat. Stehet auf, lasset uns von hinnen gehen“ (Joh. 14,30.31). Der erste Garten sah die Freude und dann den Ungehorsam des ersten Menschen. Dieser zweite Garten sah die Tränen und dann den Gehorsam des zweiten Menschen. Die Schrift berichtet uns von den Tagen Seines Fleisches, da Er sowohl Bitten und Flehen Dem, der aus dem Tode zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat (Hebr. 5,7). Der Feind aber wurde abgewiesen. Er bewahrte den Stand des Gehorsams und der Abhängigkeit, den der erste Mensch aufgegeben hatte. Er betete: „Nicht Mein, sondern Dein Wille geschehe“ und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuze.

Und wiederum ein drittes Mal finden wir einen Garten. Der Mensch hatte seine Hand an den Gesalbten Gottes gelegt und Ihn gekreuzigt. An dem Orte aber, wo Er gegekreuzigt wurde, war ein Garten und in dem Garten eine neue Gruft. Diese Gruft war noch leer, sie wartete auf die Beute des Todes. Mit einem herrlichen Garten fing die Geschichte des Menschen an, und in dem Garten mit der Gruft endete sie.

Der Mensch hatte Seine Probe nicht bestanden. Gott hatte ihn geprüft ohne Gesetz, unter Gesetz und zuletzt Seinen Sohn gesandt, aber sie hatten Ihn verworfen und gekreuzigt. Dieses Grab an dem Orte, da Christus gekreuzigt wurde, zeigte, daß der Schluß Seiner Geschichte gekommen war. Soll sich das Grab nun über diesem Menschen schließen? Soll dies das Ende des Menschen sein, der einst im Bilde Gottes geschaffen war? Darf der Stein um seines Verwesungsgeruches willen nie hinweggenommen werden (wie selbst die Liebe es nach nur vier Tagen zu verhindern suchte, als Martha sagte: „HErr, er riecht schon!“)? Wenn dies das Ende wäre, es wäre unsagbar traurig! Gott aber hatte Gedanken des Friedens! Dieses neue Grab sollte eine Stätte köstlichen Trostes werden.

Bereitet für den gefallenen Menschen, wartete es auf die Beute des Todes, aber ein anderer als der, für den es bereitet war, nimmt in dem Grabe Platz. Es ist Derselbe, der an dem Kreuze eines anderen, eines Mörders, in Gehorsam starb. An diesem, der am Kreuze des Mörders starb, wurde Gottes Todesurteil über den Menschen vollstreckt, der sich dem „Mörder von Anfang“ (Joh. 8,44) hingegeben, dessen Geschichte in dieser Welt mit dem Morde Abels begann und mit dem Morde des Sohnes Gottes endete. Dieses Grab war von Gott ersehen, die Geschichte des „ersten Menschen“ für immer zu schließen und in Auferstehung der Anfang der Geschichte des „neuen Menschen“ zu werden. Welche Gnade, Er, der am Kreuze des Mörders hing, um die Sühnung zu vollbringen, ging in Seinem Tode in das Grab Josephs, um es zu öffnen und Leben und Unverweslichkeit ans Licht zu bringen!

Freiwillig in Gnade ging Er in den Tod, aber keine Verwesung konnte an Ihn herantreten; so hatte

schon David geweissagt: „Du wirst nicht zugeben, daß Dein Frommer die Verwesung sehe“ (Ps. 16,10, Apgesch. 2,31; 13,35). Und wie sorgfältig berichtet die Schrift, daß dieses Grab, in welches der HErr hineingelegt wurde, ein neues Grab war, worin „noch nie jemand gelegt worden war“. Kein Verwesungsgeruch hatte je diesem Grabe angehaftet. So sorgte Gott dafür, daß dieses Grab keinen Verwesungsgeruch aufwies und somit nach Seinem Herausgange Zeugnis ablegen konnte von der Erfüllung des Wortes, daß keine Verwesung sich Ihm genaht hatte.

Und andere köstliche Linien nach verschiedenen Richtungen hin würden wir finden, wenn wir den Einzelheiten nachgingen. Denken wir nur an den Namen „Joseph“, der uns an den erinnert, der von dem Vater am meisten geliebt, der verworfen in die Grube hinab mußte und der dann der Erhalter seines Geschlechts wurde, oder an diesen „Joseph“ als den „reichen“ „Rats“-Herrn, der das Grab in den „Felsen“ machte und Jesus dort hinlegte. Doch sei dieses nur nebenbei erwähnt.

*

Das 19. Kapitel schließt mit dem Grabe; und dann beginnt ein neues Kapitel mit dem göttlichen „Aber“ eines ganz neuen Tages.

Der Bericht dieses ersten Tages der Woche führt uns wieder in den Garten. Wie in dem ersten Garten, so finden wir auch hier ein Weib, aber nicht wie einst vom Versucher angetastet, sondern ein Weib, von welchem der HErr sieben Dämonen ausgetrieben hatte. Sie war von Satans Gewalt und Macht befreit. Auch Engel sehen wir in diesem Garten, aber keine Cherubim und keine Flamme des kreisenden Schwertes, um die Menschen von dem Baume des Lebens zurückzuhalten.

Wie gesagt, ein neuer Tag des Waltens Gottes war angebrochen. Alles, was mit dem Menschen im Fleische, mit dem Judentum usw. verbunden war, hatte sein Ende gefunden. Der auferstandene Christus, „der Baum des Lebens“, stand im Mittelpunkte dieses Gartens und dieses Tages, des ersten einer neuen Woche, einer neuen Zeitperiode.

Markus beginnt seinen Bericht über diesen ersten Wochentag mit den Worten: „Als die Sonne aufgegangen war“, diese Sonne (geistlich) geht nie wieder unter! Es ist die Sonne der Gerechtigkeit, von der Mal. 4,2 schon schreibt. Ihr Licht leuchtet uns, die wir mit geistlichen Segnungen gesegnet sind, schon vor ihrem Aufgange über diese Welt. Derselbe Markus, der sein Evangelium mit dem Aufgang der Sonne schließt, beginnt seinen Bericht über den Dienst Christi gleichsam mit dem Abend des Tages, „als die Sonne unterging“ (Mark. 1,32).

Während Markus so in Verbindung mit dem Häuflein Frauen berichtet: „Als die Sonne aufgegangen war“, berichtet Johannes in Verbindung mit Maria: „Als es noch finster war“. Dieses Wort, das wohl den äußeren Zeitpunkt berührt, steht doch in herrlicher Harmonie mit Marias innerem Stande. Ihr leuchtete noch nicht das volle Licht der Sonne, während in dem Auferstehungsberichte des Markus die Sonne der Beweise Seiner Gnade und Macht den Weibern voll entgegenstrahlte. Eine wundervolle Harmonie liegt in diesen vier Auferstehungsberichten.

Doch wir kehren zum Garten zurück. Wir sahen wieder wie im Anfang ein Weib - Maria - im Garten. Sie steht noch im Dunkel dieses Tages; ihr Blick ist auf das Grab, aber ihr Herz ist auf den HErrn gerichtet. Sie sucht den Baum des Lebens, der Christus ist. - Evas Blick war auf die verbotene Frucht gerichtet, ihr Herz war mit dem „Lügner“ und dem „Mörder“ beschäftigt, und die Stimme der Schlange bezauberte ihr Herz. Maria hörte die Stimme der Engel, aber Engel konnten ihr Herz nicht fesseln noch ihre Tränen trocknen, und ihre Antwort zeigte, daß sie nur nach Einem, nach ihrem HErrn verlangte.

Von welcher Liebe redeten diese Tränen! Sie vermißte Den, der sie erlöst hatte, und sie weint, weil sie Seine Nähe nicht hat. Besaß sie eine größere Erlösung, besaß sie mehr als wir? Kennt unser Herz etwas von solcher Liebe zu Ihm?! Was mußte es für den HErrn sein, als Er ihre Liebe sah, die ihren Blick im Verlangen nach Ihm in das leere Grab richtet und sich dann unbefriedigt von Engeln abwenden konnte, um Ihn zu suchen! Wie brannte einst Josephs Herz, als er das Bekenntnis seiner

Brüder hörte. Wir lesen, er konnte sich nicht länger bezwingen. Sind wir fähig, zu ahnen, was in dem Herzen des HErrn vorging? Konnte Er Sich noch bezwingen, als Er ihre Liebe sah? Sein erstes Wort ist: „Weib, was weinst du?“, als ob Er sagen will: „Keine Ursache mehr zum Weinen, kein Grund mehr, ins Grab zu schauen!“ Wie köstlich sind diese Worte - die ersten, die über die Lippen des Auferstandenen kommen. Dann nennt Er ihren Namen. Beim Klang ihres Namens aus Seinem Munde schaut und erkennt sie Ihn, und alle Tränen sind getrocknet. Bald werden auch wir unseren Namen aus Seinem Munde rufen hören - sei es wie Maria, sei es wie Lazarus, dann sehen und erkennen wir Ihn, der jedes Seiner Schafe mit Namen ruft und jede Träne von ihren Augen abwischen wird.

Sie will Seine Füße umfassen und in das alte Verhältnis zurückkehren, so wie sie Ihn bisher nach dem Fleische gekannt hat (2. Kor. 5,16), aber Er unterweist sie, daß Seine Auferstehung die Grundlage eines neuen Tages - eines neuen, wunderbaren Verwandtschafts-Verhältnisses zwischen Ihm und den Seinen zu dem Vater geworden ist. Sie soll die Botschaft hiervon den Jüngern überbringen mit den Worten: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott.“ Diese Botschaft brachte die zerstreuten Jünger zusammen. Sie lernten: Wir alle sind Seine Brüder und gehören nicht mehr zur Familie der Welt - wir sind eine neue Familie -, und die Türen wurden zugemacht vor denen, die draußen waren. - Dann trat der HErr in ihre Mitte, und Seine Gegenwart brachte ihnen Friede und Freude.

Hat diese Botschaft, die Er der Maria zum ersten Male anvertraute, nicht auch uns zusammengefügt? Sind wir nicht auf dem gleichen Grunde in der Stunde (wie die Jünger) versammelt, wo wir zusammenkommen, den Tod Dessen zu verkündigen, der Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht hat? Haben wir nicht Ihn in unserer Mitte, der gesagt hat: „Inmitten der Gemeinde will Ich Dir lobsingen?“ So dürfen wir, Ihn in unserer Mitte, als Gemeinde dem Vater den Lobgesang bringen. Es gibt keine Stätte, die dem Himmel näher kommt, als die Stätte, wo Kinder Gottes versammelt sind an dem Mahle des HErrn. Wie nahe sind wir dem Himmel, wenn Christus der Mittelpunkt ist und Lob und Anbetung dem Vater gebracht werden. In einem solchen Zusammenkommen haben wir den

Vorgeschmack von Seiner Liebe und von den ewigen Dingen, die über kurz oder lang unser Teil sein werden. Es ist etwas Wunderbares, daß sowohl in der Erbauung der Gemeinde als auch in der Anbetung der Gemeinde das Singen mit eingeschlossen ist. Wir können einzeln singen, aber das ist nicht gleich dem Singen, welches Ihm dargebracht wird, wenn alle gemeinsam singen und Ihm das Lobgetön von der ganzen Schar, von der Gemeinde, dargebracht wird. Das ist das wahre Singen, mit welchem wir heute schon im voraus Ihm das „neue Lied“ singen, das unserer Seele ein Ahnen und Vorempfinden gibt von dem, was wir in Kürze auf ewig bei dem HErrn tun werden.

Welche Unterweisungen geben uns diese drei Gärten! Wir können nur mit David sagen: „Vielfach hast Du Deine Wundertaten und Deine Gedanken gegen uns erwiesen, Jehova, mein Gott; nicht kann man sie der Reihe nach vorstellen. Wollte ich davon berichten und reden, es sind ihrer zu viele, um sie aufzuzählen.“ „Sie, die köstlicher sind als Gold und viel gediegenes Gold und süßer als Honig und Honigseim“ (Ps. 40,5; 19,10).

v. d. K.

 

Der Triumphzug Gottes in Christo.

(Luk. 8,34-39; 13,11-13; 2. Kor. 1,20; 2,14.)

Wenn wir diese Ereignisse im Lukas-Evangelium mit den angeführten Versen des 2. Korintherbriefes verbinden, so tun wir es indem Gedanken des Triumphes des HErrn über die Welt, die Ihn verachtete und verwarf.

Die ganze Menge der Gadarener ersuchte Ihn, wegzugehen. Sein Bleiben war ihnen lästig, und so ging Er als ein Verworfener von ihnen hinweg. Aber obgleich hinausgeworfen, triumphierte Er doch und triumphiert Er heute noch.

Sehr bedeutungsvoll sind die kleinen Worte „durch uns“ in 2. Kor. 1,20 und 2,14. Es gibt einen

Sehr bedeutungsvoll sind die kleinen Worte „durch uns“ in 2. Kor. 1,20 und 2,14. Es gibt einen „Triumphzug“ Gottes in Christo, aber er ist mit „uns“; und es gibt einen Geruch der Erkenntnis Gottes an jedem Orte, aber er ist „durch uns“. Paulus spricht hier von Sich und seinen Mitarbeitern, und Gott triumphierte in Seinen Knechten, wie Er es in uns und in unserer Schwachheit kann. In der ersten Stelle (2. Kor. 1,20) spricht Paulus von dem, was „Gott zur Herrlichkeit“ ist - aber auch dieses ist „durch uns“.

Wir sind bestimmt, Segen um uns zu verbreiten. Wir sind Segensempfänger und zugleich Segensbringer - Gesegnete, um zu segnen. Es ist nicht genug, nur zu betrachten, was wir von Gott empfangen haben, sondern wir haben auch zu erwägen, was Gott durch uns empfangen will, beides ist natürlich durch Christus.

Wenden wir uns nun zu den Ereignissen im Lukas-Evangelium. Jeder dieser beiden von dem HErrn Geheilten war bestimmt, an dem Orte ein Segen zu sein, wo er am besten bekannt war. Dort sollte jeder ein Zeugnis für den sein, dem er den Segen schuldete. So ist es auch mit uns. Der Sieg der Gnade Gottes über uns wird zu einem Triumphzug Gottes vor den Augen der Welt. In uns, den Besiegten, muß sie den Sieg Seiner Gnade anschauen, und so wird „durch uns Seine Erkenntnis an jedem Orte offenbart“, deren alles durchdringendem „Geruch“ sie sich nicht entziehen kann. Gott empfängt gleichsam den eigenen Sieg Seiner Gnade wieder in uns und durch uns.

Der HErr kam an einen Ort, wo der Feind in besonderer Weise seine Herrschaft ausübte. Wir können deshalb verstehen, daß die Gegenwart des Befreiers als ein Eindringen in den Bereich seiner Oberhoheit betrachtet und Er wegzugehen gebeten wurde. Der Mensch, der unter Satans Gewalt steht, sucht keine Befreiung, so schwer und bitter auch die Knechtschaft sein mag. Anstatt um Befreiung zu bitten, ersucht er den HErrn, fortzugehen. Aber Jesus in dem unumschränkten Rechte Seiner Gnade treibt die Teufel aus, und der Mann sitzt bekleidet und vernünftig zu Jesu Füßen.

Je mehr ich hierüber nachdenke, um so mehr jauchzt und jubelt mein Herz über die Herrlichkeit

Je mehr ich hierüber nachdenke, um so mehr jauchzt und jubelt mein Herz über die Herrlichkeit Seiner Gnade.

Hier sehen wir, was und wo ein Erretteter ist. Wir sehen keinen niedergeschlagenen, zerschmetterten Menschen zu den Füßen eines Gewaltigen, obgleich Er ein mächtiger Sieger ist, sondern einen Menschen zu Seinen Füßen in der Stellung der glücklichen Ruhe. Sein Dasein zuvor war ein lebender Tod - das Dasein eines Sklaven unter dem Druck und der Gewalt des Satans, hin- und hergetrieben nach seinem Willen. Jetzt war alles anders. Sein Befreier hatte alles in Ordnung gebracht, und der einst Gebundene hatte den rechten und besten Platz eingenommen, den Platz zu Jesu Füßen. Er ist „bekleidet“, ein Bild von seinem passenden Verhalten, passend für die, unter denen er lebt. Er ist „vernünftig“. Worüber? Über alles. Was mußte dieser jetzt „Vernünftige“ gedacht haben über die, denen das Verweilen des HErrn um ihrer Schweine willen lästig war und verlustbringend erschien? (Ein Bild von der Welt.) Er ist „vernünftig“ - er hat jetzt ein rechtes Verständnis und ein richtiges Urteil über die Welt, über den Teufel (den Gott dieser Welt), der ihn einst gebunden hielt, und zugleich auch über den HErrn, Seinen Erretter, und über das, was er Ihm jetzt schuldig war. Nur noch in einem wird er unterwiesen - Ihm in der Ihm wohlgefälligen Weise zu dienen: „Kehre in dein Haus zurück und erzähle, wieviel Gott an dir getan hat.“ (Luk. 8,39.)

Ist nicht alles dieses voll Belehrung für uns? Hat derselbe HErr nicht auch „viel“ an uns getan? Sind nicht auch unsere Herzen und Gewissen vor Gott in Ruhe gesetzt? Was ist „vernünftig“ für uns? Ist es nicht, daß wir Gottes Sinn und Seine Gedanken über alles hier unten haben? Was sind Gottes Gedanken über diese Welt - und was sind Seine Gedanken über den Herrn Jesus, den die Welt verworfen hat? O, möchten wir sie immer bester verstehen!

Dieser Mann wurde zu seinen Verwandten und Freunden gesandt, um ihnen in seiner eigenen Person die Gnade und die Kraft des HErrn in seiner Befreiung zu zeigen. Sein Zeugnis war der Aufmerksamkeit wert, und obgleich Jahrhunderte vergangen sind, ist es heute noch unserer

Beachtung wert.

Sein Verlangen war, jetzt für immer bei dem HErrn zu sein. Er bittet, „daß er bei Ihm sein dürfe“. Kannst du sein Auge sehen, wie er den HErrn anschaut und bittet: „Darf ich bei Dir bleiben?“ Aber er durfte es nur für eine oder einige Stunden. Der HErr hatte eine besondere Aufgabe für ihn: er sollte an diesem Orte als ein lebendiges Zeugnis dessen, was Gott an ihm getan hatte, zurückgelassen bleiben. Kannst du dir den Blick vorstellen, mit dem dieser Mann dem abfahrenden Boote nachschaute, das Seinen HErrn hinwegtrug? War das ein Blick, ähnlich dem Blick der Jünger, wie diese gen Himmel schauten, als ihr HErr emporgehoben wurde und die Welt, die Ihn gekreuzigt hatte, verließ? So folgte auch sein letzter Blick seinem HErrn. Wie muß sein Herz voll Anbetung gewesen sein, wie bereit, Seinen Willen - seines HErrn letzten Auftrag - zu tun! Mußte er sich nicht sagen: „Wenn Er mich auch hier zurückgelassen hat, so tat Er es doch nicht, ohne mir zu sagen, warum; und gewiß, ich habe genug zu erzählen, und selbst, wenn ich nicht viel Redegabe habe, so habe ich doch viel zu zeigen: ich kann in dem, was ich bin, allen zeigen, welche großen Dinge Er an mir getan, und Er wird darin verherrlicht werden“?

Im 13. Kapitel findet der HErr eine Frau, die vom Satan niedergebeugt und unfähig war, sich aufzurichten. Ebenso wie bei dem vom Teufel Besessenen erweist Er auch dieser Barmherzigkeit, ohne darum gebeten zu sein. Er löste sie von ihrer Schwachheit, und sie verherrlichte Gott. Aber hat Er nicht auch dich erlöst und dein Herz aufgerichtet? Kannst du dich nicht „freuen“ und „frohlocken“ (Ps. 32,11) und Gott verherrlichen? - Fragst du: Wie kann ich Gott verherrlichen? Sieh dir jenen schönen Vers an: „Jede Zunge soll bekennen, daß Jesus Christus der HErr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“ (Phil. 2.11), und du hast die Antwort. Wenn du der Welt, die nur sich selbst lebt, mit Freuden zeigst, was Er für dich getan hat und daß du jetzt Ihm angehörst und Er das Recht hat, über dich zu verfügen (wie Er es für passend erachtet), so bekennst du Jesus als deinen HErrn, zur Herrlichkeit Gottes, des Vaters, und zur Niederlage des Feindes.

O, laßt uns darüber nachdenken. Laßt uns mit Ernst erwägen, daß es möglich ist, daß Gott durch

solche, wie wir sind - verherrlicht werden kann. Aber es geschieht nur da, wo ein aufrichtiges Herz ist. Wird Er wirklich verherrlicht durch uns? Eines ist sicher: nur zu dem Zwecke sind wir noch hier gelassen. Er hätte uns am Tage unserer Bekehrung, als unser Herz voll Freude und unser Mund voll Rühmens war, heimnehmen können, aber Er tat es nicht, Er ließ uns noch hier, damit wir mit diesem Herzen voller Freude und den Lippen voll Lob in dieser Welt ein Zeugnis für Ihn sein möchten von Seinem Siege über den Feind und Seiner Gnade für eine verlorene Welt: „Gott zur Herrlichkeit durch uns.“ Welch ein herrlicher Abschluß! Satan überwunden! Christus hoch erhoben! Gott verherrlicht! Und alles dieses wird in uns geschaut! Wie herrlich wird Gott Sein Werk vollenden!

Der HErr richte unsere Herzen auf, so wie Er dieses Weib aufrichtete, damit auch wir„Gott verherrlichen“. Dies ist unsere Aufgabe heute. Wir mögen mit Freuden an den kommenden Tag denken, „wenn Er verherrlicht werden wird in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“ (2. Thess. 1,10), - aber der kommende Tag ist nicht alles; es ist nicht dieser Tag. Sicher wird Gott durch Christus in uns an dem kommenden Tage verherrlicht werden für die ganze Ewigkeit: „Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde auf alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ (Eph. 3,21.) Aber Gott wurde durch den HErrn verherrlicht in Seinem Wege und Wandel hienieden - vollkommen verherrlicht -, und Sein Weg ist heute unser Weg. Er will jetzt Gott verherrlichen in uns und durch uns, dieses muß lebendig vor unserer Seele stehen. Wenn Christus mir alles ist, bin ich nichts. Wenn Er mein HErr ist, sage ich freudig „nein“ zu meinem eigenen Willen und überlasse mich Seinem Walten, zu tun, was Er will. Nur so, wenn wir unseren Willen aufgeben und Seinen annehmen, beweisen wir, daß Sein Wille „gut, wohlgefällig und vollkommen ist“. (Röm. 12,2.)

Möge der HErr unsere Herzen ermutigen, auf Seinem Pfade - dem Wege des Willens Gottes - zu wandeln und nichts so sehr zu fürchten, als verstrickt zu werden und zu verleugnen, was Er für uns getan hat. Er wird am meisten dann „durch uns“ verherrlicht werden, wenn wir Ihn in unserem Herzen am meisten bewundern und anbeten.

A. - v. d. K.

Der „Eingeborene“ und der „Erstgeborene“.

„Jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht“ (1. Joh. 2,23.) Das sind ernste Worte der Warnung.

Es ist gut, sie bei der Betrachtung der Beziehungen des Sohnes zum Vater ständig vor Augen zu haben und auch der eigenen Worte des HErrn zu gedenken: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“. (Matth. 11,27.) Diese Worte sollen uns gewiß nicht verhindern, alles das zu beachten und zu erwägen, was die Schrift uns über den HErrn sagt; aber sie erfüllen uns mit solcher Ehrfurcht, daß wir mit heiliger Scheu unsere Herzen auf das richten, was in ihnen geschrieben ist.

Zu allen Zeiten gab es solche, die die ewige Sohnschaft des Sohnes leugneten, und heute geschieht dieses mehr als je in Wort und Schrift, so daß selbst Kinder Gottes, die einst mit aller Entschiedenheit für diese Wahrheit eintraten, verwirrt und in Unklarheit geraten sind.

Da diese Wahrheit ein Fundament „der Lehre des Christus“ ist (2. Joh. 10), so wollen wir uns zur Schrift wenden und hören, was das Wort Gottes als die einzige und allein maßgebende Autorität darüber sagt. Möchte diese Betrachtung dazu dienen, daß uns „die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater voller Gnade und Wahrheit“ mehr und mehr enthüllt werde.

Laßt uns beachten, mit welcher Gewichtigkeit die Schrift Seine Sohnschaft hervorhebt. Wie nachdrücklich weist sie gerade auf Seine Sohnschaft hin, daß sie es ist, die den HErrn Selbst in Seiner Stellung als Mensch hienieden vor den Engeln auszeichnete: „Denn zu welchem der Engel hat Er je gesagt: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeugt?“ (Hebr. 1,5.) Kein Mißverständnis ist möglich, hier wird der Sohn als der in die Welt geborene Mensch angeredet, denn wenn hier von „heute“ geredet wird, so ist es klar, daß ein solches Wort sich auf die Zeit und nicht auf die Ewigkeit bezieht. Dieses wird auch durch das Wort des Apostels (Apg. 13,33) in Antiochien bestätigt. Und dies

ist um so beachtenswerter, weil auch Engel Söhne Gottes genannt werden und man somit in bezug auf die vom Vater der Geister geschaffnen Geistwesen in gewissem Sinne von einer Sohnschaft möchte reden dürfen; Seine Sohnschaft jedoch wird hiervon klar unterschieden durch die wirkliche Verwandtschaft des eingeborenen Sohnes vom Vater mit Ihm. Dies ist sorgfältig zu beachten und wird auch nachdrücklich bei der Verkündigung der Maria durch den Engel hervorgehoben: „Der Heilige Geist wird über dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (Luk. 1,35.) Es erscheint hier Einer in Menschenstellung, der mehr als ein Geschöpf ist. Menschen mögen „göttlichen Ursprunges“ und Engel „Söhne Gottes“ sein, aber keiner von diesen hat einen solchen Platz oder einen solchen Namen ererbt.

Der Apostel stellt weiter fest, daß zu keinem der Engel je gesagt worden ist: „Er soll Mir zum Sohne sein“. Auch hier wird wieder von dem HErrn in Seiner Menschheit geredet. „Ich will Ihm zum Vater sein“ könnte in anderer Beziehung ganz unmöglich von Ihm gesagt werden. Auch hierin ist wieder die wirkliche Verwandtschaft ausgedrückt, die weit über die eines Geschöpfes hinausgeht. Die Grundlage dieser Verwandtschaft findet ihren Ausdruck in der Geburt und ist der Beweis ihrer Tatsächlichkeit. Alles dieses (in dieser Stelle Gesagte) bezieht sich auf den HErrn als Menschen.

Diese Seine Sohnschaft als Mensch und Seine ewige Gottheit ist vielleicht von manchen nicht genügend beachtet worden. Seine Sohnschaft als Mensch gründet sich auf Seine Gottheit und wird doch unterschieden, wie wir gesehen haben. Sein Titel nach der einen Seite ist in der Schrift der „Erstgeborene“ und nach der anderen (der göttlichen Verwandtschaft) der „Eingeborene“.

Sein Titel „Eingeborener“ bezeichnet ausschließlich das, was Sein ist (was allein Ihm eigen ist), während in Seinem Titel „Erstgeborener“ ausgedrückt ist, was Er in Gnaden mit anderen teilen will. Wie wunderbar ist die Gnade, daß noch andere auserwählt sind, aus Gott geboren zu sein (und zwar nicht aus der Engel-, sondern aus der gefallenen Menschenwelt), um teil zu haben an dem, was geistlich ist: der göttlichen Natur. Diese, die Frucht Seines Werkes, sind mit Ihm, dem Erstgeborenen,

verbunden. „Denn welche Er zuvorerkannt hat, die hat er auch zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.“ (Röm. 8,29.) Und ihre Verbindung mit Ihm als Brüder wird damit angegeben, daß „sowohl Der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, alle von Einem sind; um welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen, indem Er spricht: Ich will Deinen Namen kundtun Meinen Brüdern; inmitten der Gemeinde will Ich Dir lobsingen.“ (Hebr. 2,11.12.)

Bei dem Titel „Erstgeborener“ müssen wir beachten, daß derselbe nicht durchaus einen Zeit- oder Altersvorrang (eine Vorangängigkeit der Zeit nach) notwendig bedingt. Aber die Schrift verbindet mit diesem Titel den Vorrang an Hoheit, Macht, Majestät und Würde. (1. Mos. 49,3; 5. Mos. 33,17.) Wir sehen bei Jakob und Esau und bei Joseph und Ruben, wie andere als die der Zeit nach tatsächlich Erstgeborenen den Platz und die Würde des Erstgeborenen einnahmen, und Gott sagt prophetisch in den Psalmen: „So will auch ich Ihn zum Erstgeborenen machen, zum Höchsten der Könige der Erde“. (Ps. 89,27.) Ebenso ist es mit der Gemeinde der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind (Hebr. 12,23), womit ohne Zweifel die Gemeinde des Neuen Testamentes unterschieden ist von den Geistern der vollendeten Gerechten, welche die Heiligen des Alten Testamentes sind. Diese letzteren (die Heiligen des Alten Testamentes) waren der Zeit nach die Erstgeborenen, aber die Jüngeren (die Gemeinde) empfing den Vorrang. Und so spricht der Apostel in Kol. 1,15 von dem HErrn: „daß er das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung“. Als Er in Gleichheit der Menschen geworden, machte Er als Mensch hienieden den Vater kund, aber Er, obwohl Mensch geworden, ist Er doch der Schöpfer aller Dinge, wie der Apostel dann weiter ausführt in dem 16. Vers. Wenn Er nun in Seiner Liebe Sich so herabgelassen hat, inmitten Seiner eigenen Schöpfung einen solchen Platz als Mensch einzunehmen, so kann es gar nicht anders sein, als daß Er als Erster an der Spitze - als Erster allen voran steht. Dieser Sein Titel als Erstgeborener zeigt uns nicht, wie etliche meinen, Seinen Vorrang der Zeit oder dem Alter nach, sondern Seinen Vorrang an Hoheit (Seine Würde): „Und Er ist vor allen, und alle Dinge bestehen zusammen durch Ihn“. (Kol. 1,17.) Es sind zwei Dinge, die in dieser Stelle nicht verwechselt werden dürfen. Im 15. Vers sehen

wir Ihn in dem Stande Seiner Hoheit als den „Erstgeborenen“ aller Schöpfung, und im 18. Vers sehen wir Ihn nach einer anderen Seite hin als den „Erstgeborenen“ aus den Toten.

Wie groß ist Seine Herrlichkeit und Hoheit, die der Heilige Geist so sorgfältig in ihren verschiedenen Strahlen uns vor Augen führt!

Zwischen uns und Ihm ist natürlich der große Unterschied: Wir sind als „Erstgeborene“ die Frucht Seines Werkes, Seine Erstgeburt aber gründet sich auf Seine Gottheit. Der Apostel spricht dies deutlich in den Worten aus: „Welcher das Bild des unsichtbaren Gottes ist, der Erstgeborene aller Schöpfung, denn durch Ihn sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: Alle Dinge sind durch Ihn und für Ihn geschaffen, und Er ist vor allen, und alle Dinge bestehen zusammen durch Ihn“. Auf dieses gründet sich Sein Titel als Erstgeborener und weist zugleich auf Seine Fleischwerdung (nicht auf Seine Auferstehung) hin. Wie klar redet doch die Schrift über diesen so kostbaren Titel unseres HErrn! Wie leuchtet durch alles die Herrlichkeit des wunderbaren (für uns unerforschlichen) göttlichen Verwandtschaftsverhältnisses mit dem Vater hindurch - die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes, der im Schoße des Vaters ist!

Der Titel „ein geborener Sohn“wird ganz allein von Johannes, und zwar fünfmal, gebraucht, während Sein Titel „Erst geborener“ außer im Buche der Offenbarung (welches einen ganz anderen Charakter trägt) nie von Johannes gebraucht wird. Dies ist von Bedeutung, weil die Gottheit des HErrn das besondere Thema des Apostels Johannes ist.

Einer der ersten Sätze seines Evangeliums bestätigt dies: „Und das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns (und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater), voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh. 1,14.) Ich gebrauchte in dieser Stelle in wörtlicher Übersetzung das Wort „zeltete“, weil es den Zusammenhang mit der Stiftshütte des Alten Testamentes ausdrückt. In dieser wohnte (zeltete) einst die Herrlichkeit Gottes, und zwar „im

Dunkel“ (1. Kön. 8,12), nicht im Licht - verschlossen und unzugänglich für den Menschen. Nun aber war ein Zelt, eine Hütte da: „Sein Fleisch“, worin die völlige Herrlichkeit Gottes zeltete, und zwar uns zugänglich, so daß wir uns ihr nahen und sie anschauen konnten, weil sie sich uns in Gnade und Wahrheit offenbarte. Diese uns in Ihm enthüllte Herrlichkeit war die Herrlichkeit des Eingeborenen vom Vater. Das kennzeichnete diese Herrlichkeit. Die Herrlichkeit des Eingeborenen war die Herrlichkeit Gottes Selber.

Johannes wiederholt dieses in seiner eindringlichen Weise im 17. und 18. Verse: „Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden. Niemand hat Gott je gesehen; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat Ihn kundgemacht.“ Hier finden wir wieder den Gegensatz zwischen Gesetz und Gnade. Im Gesetz wohnt Gott unnahbar im Dunkel. In der Gnade und Wahrheit ist Er uns kundgemacht. Und wer ist der, der uns den Vater jetzt also enthüllt und kundmacht? Es ist der eingeborene Sohn, Der, der in des Vaters Schoß ist. Die Kraft dieses Wortes liegt nicht darin, daß Er der ist, der jetzt im Schoße des Vaters ist, sondern daß Er Der ist, der immer und immer dort ist. Zu verleugnen, daß Er immer der Sohn gewesen sei, ist gleich dem, zu verleugnen, daß der Vater immer der Vater war. Es wäre eine Verleugnung der göttlichen Verwandtschaft und die Herabwürdigung des wirklichen Vaternamens Gottes zu einer nur zeitlichen Eigenschaft. - Er aber ist der eingeborene Sohn, der im Schoße des Vaters ist!1, nicht immer Fleisch geworden, aber immer der eingeborene, der ewige Sohn Gottes.

1

Als der Sohn hier auf Erden war, spricht die Schrift doch nie von Ihm als dem, der im Schoße des Vaters war oder im Himmel war, sondern als dem, der, obgleich Er auf der Erde wandelte, doch im Schoße des Vaters ist und im Himmel ist. (Joh. 1,18; 3,13.) (v. d. K.)

Im dritten Kapitel finden wir noch einmal, und zwar in zweifacher Weise, diese uns unerforschliche Tatsache der göttlichen Verwandtschaft festgelegt: Zuerst wird uns in dem bekannten Worte: „Also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“ der unverbrüchliche Beweis Seiner unendlichen Liebe gegeben darin, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, und zugleich gesagt, daß jeder Segen von der Annahme dieser Seiner Gabe abhängt. Und dann weiter: „Gott hat Seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß Er die Welt richte, sondern daß die Welt durch Ihn errettet werde. Wer an Ihn

glaubt, wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht geglaubt hat an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes.“ (Joh. 3,16-18.) Das sind ernste Worte für alle, die die Wahrheit der ewigen Sohnschaft leugnen oder schmälern. In diesem „Namen“ ist die „Lehre“ eingeschlossen - die Wahrheit dieser Lehre.

Johannes spricht in allen seinen Schriften von dem Sohne in Seiner ewigen Sohnesherrlichkeit, dieser Herrlichkeit, die der Glaube durch das Zelt Seiner Menschheit hindurchleuchten sieht. Nur noch einmal in seinen Briefen spricht er von Ihm als dem Eingeborenen, indem er schreibt: „Hierin ist die Liebe Gottes zu uns geoffenbart worden, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, auf daß wir durch Ihn leben möchten.“ (1. Joh. 4,9) Wie klar ist es hier ausgedrückt, daß Er der eingeborene Sohn war, ehe Er in die Welt kam!

Ich habe in diesem kleinen Artikel fast nichts getan, als nur die Bibelstellen angeführt, die aber so klar und deutlich reden, daß eine lange Erklärung sie nur verdunkeln könnte. Erfaßt unser Glaube die Herrlichkeit Seiner Person, so werden wir mit Freuden ins Heiligtum treten, um Ihm unsere Huldigung und unsere Anbetung zu bringen.

Gr.

„Nach Seiner Gewohnheit.“

Mark. 10,1; Luk. 4,16; 22,39; (Apgesch. 17,2).

Oft wird den Gläubigen, die nach Möglichkeit sonntäglich das Mahl des HErrn feiern (vgl. meinen Aufsatz in der vorigen Lieferung!), zum Vorwurf gemacht, daß sie aus dieser Sache eine bloße Gewohnheit machten, daß aber dieses Zusammenkommen viel zu erhaben und feierlich sei, um es so herabzuwürdigen; aus der bloßen Gewohnheit würde doch auch gar zu leicht eine leere, ja, tote Gewohnheit und Sitte! - Dieser Vorwurf, mit den notwendigen Gesten und Mienen vorgebracht, macht

auf manche einfältigen Gotteskinder einen tiefen Eindruck und bewirkt bei ihnen jenes ehrfürchtige Gefühl dem Abendmahl gegenüber, das die die Schrift nicht als alleinige Grundlage gelten lassende „Kirche“ nur zu gerne pflegt. Wird ihr doch dadurch das angemaßte „Recht“ der alleinigen Verwaltung des sogen. „Sakraments“ nur noch mehr gesichert. Darüber ließe sich viel sagen, was ich aber hier unterlasse. -

Doch auch viele solche, die das „HErrenmahl“ (1. Kor. 11,20) nicht mehr als ein kirchliches „Sakrament“ ansehen, sondern als eine Feier, die vom HErrn der gläubigen Gemeinde gegeben ist, um Seiner zu gedenken, lassen sich durch obigen Einwand (es werde leicht zu einer leeren Gewohnheit) manchmal abschrecken, den Worten des HErrn - „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ - so oft und gern nachzukommen, wie sie es um Seinetwillen wohl möchten und könnten. Denen möchte ich zu dienen versuchen.

Nicht allzuoft ist der Ausdruck „nach Gewohnheit“ im Neuen Testament zu finden. Es gibt für denselben im griechischen Grundtext zwei stammverwandte, gleichbedeutende Worte, und ich führe hier einige Stellen, in denen sich dieser Ausdruck findet, an: außer auf die der Überschrift weise ich hin auf Matth. 27,15; Luk. 1,9; 2,42; Joh. 19,40; auch Apgesch. 15,1 gehört hierher (die Sitte, Gewohnheit, Weise des Mose), vgl. 21,21 (Gebräuche, Gewohnheiten, 6,14) und 25,16 (Sitte, Gewohnheit); 26,3 und 28,17.1 Auf noch eine Stelle komme ich später zu sprechen! -

1

In der wichtigen Stelle Hebr. 5,14 steht noch ein anderes Wort im Grundtext, das mit „Fähigkeit“ oder auch „Gewohnheit“ wiedergegeben werden kann (Wiese: „erworbene Befähigung“, Miniatur: „Übung“).

Alle die letztgenannten Stellen zeigen uns schon, daß die Gewohnheit an sich keineswegs etwas Leeres oder Totes zu sein braucht, sondern vielmehr durch ihren Inhalt sehr lebendig sein kann. Wird sie zu einer leeren, toten Form, wie es zweifelsohne die jüdischen Gewohnheiten und Gebräuche geworden waren, so liegt das nach dem Zusammenhang der Stellen an den sie ausübenden Leuten, die ihren ursprünglichen göttlichen Sinn vergessen und - mit und nach ihres Messiaskönigs Tod - verleugnet hatten. Dagegen die ersteren Stellen aus Matth., Lukas und Johannes sind alle Zeugen höchst lebendiger Gewohnheiten, die durch noch so häufige Ausübung nichts an Lebendigkeit einbüßten. Nur beiläufig sei bemerkt: Essen, Trinken und Schlafen, auch Arbeiten und Ruhen u. a.

sind doch gleichfalls Gewohnheiten! Welcher Mensch aber könnte wohl auf den Gedanken kommen, dieselben - da sie so unendlich häufig, beständig und regelmäßig ausgeübt würden - leere, tote Gewohnheiten zu nennen oder sie in Ansehung der unablässigen Ausübung schädlich oder gefährlich zu nennen?! Wie lebensvoll z. B. die Gewohnheit des Essens oder Schlafens ist, sieht man schon daran, daß sich die allermeisten Menschen aufs Essen oder Schlafen gemeinhin recht freuen und sich - hungrig geworden - sehr gern zu Tisch setzen oder - ermüdet - mit Behagen auf ihr Lager zu strecken pflegen!

Sprechen also obige Stellen durchaus nicht zugunsten derer, die in der möglichst häufigen Feier des Mahles zum Gedächtnis des HErrn die Gefahr einer toten Gewohnheit sehen, so ist dies ganz besonders nicht der Fall mit den Stellen, die von der Gewohnheit unseres geliebten HErrn reden, welcher entsprechend Sein großer Apostel Paulus in Apgesch. 17,2 auch „nach seiner Gewohnheit“ handelte. Möchten wir (um noch mit wenigen Worten diese letztere Stelle zu streifen) dem Paulus etwa vorzuwerfen wagen, sein beständiges Besuchen der Synagogen sei eine tote Gewohnheit gewesen - also ihm, der so sehr sein Volk liebte, daß er, obwohl „Apostel der Nationen“ (Röm. 11,13), nach Möglichkeit stets „den Juden zuerst“ (Röm. 1,16) das Evangelium predigte? Wie unrecht täten wir ihm! Wahrlich, wir haben alle Ursache, jene Stelle (Apgesch. 17,2) recht zu beachten, damit wir die lebendige Liebe verstehen, die einen Paulus beseelte zu seinem Volk, das ihn gleichwohl stets enttäuschte! Aber dann! Wie kostbar, wie lebensvoll sind jene Stellen aus Mark. 10,1; Luk. 4,16 u. 22,39! - „Und wiederum kommt eine Volksmenge zu Ihm zusammen, und, wie Er gewohnt war, lehrte Er sie wiederum.“ - „Und Er kam nach Nazareth, wo Er erzogen war, und Er ging nach Seiner Gewohnheit am Sabbattage in die Synagoge und stand auf, um vorzulesen“ - „und Er ging hinaus und begab Sich der Gewohnheit nach an den Ölberg.“ -

Wenn diese drei Stellen uns weiter nichts zu sagen hätten, als daß unser teurer HErr Gewohnheiten hatte, heilige, goldene Gewohnheiten, so sagten sie uns schon genug, um jenen nachzueifern und für immer der Gefahr zu entgehen, Gewohnheiten zu toten Gewohnheiten werden zu lassen. Diese

Stellen adeln für alle Zeiten das Wort „Gewohnheit“! Gläubige, die von „leeren, toten Gewohnheiten“ reden, mögen sich sagen, daß auch von unserem geliebten HErrn gesagt wird, Er habe Gewohnheiten gehabt! Haben wir auch Gewohnheiten, Geliebte? Ich glaube, wohl nicht tote und hoffentlich keine bösen Gewohnheiten! Aber haben wir lichtvolle, lebendige, kostbare Gewohnheiten wie Er, der uns - nach Seinen eigenen Worten - ein Beispiel hinterlassen hat, daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen sollen?

Aber diese drei Stellen sagen uns noch mehr, sie sagen uns anbetungswürdig Großes! Sie zeigen uns die Art Seiner Gewohnheiten, sie machen uns bekannt mit dem, was Er in Seiner vollkommenen Menschheit hienieden gewohnt war zu tun. Was war's? - Die Stellen in ihrer zeitlichen Reihenfolge betrachtet, war es

1. Seine Gewohnheit, am Sabbattage in die Synagoge zu gehen (d. i. persönliche Treue gegen göttliche Grundsätze);

2. war Er gewohnt, die Volksmenge zu lehren (d. i. Dienst);

3. begab Er Sich der Gewohnheit nach an den Ölberg, d. h. wie wir aus anderen Stellen wissen, Seine Gewohnheit war, dort mit Seinem Gott und Vater zu reden (Gebet).Die nächsten Verse dieser Stelle zeigen das ganz besonders.

Nur mit wenigen Worten möchte ich diese drei Punkte ausführen; jeder Leser kann auf Grund derselben weiterforschen.

1. Der Herr Jesus befand sich zur Zeit von Lukas 4 noch ganz auf jüdischem Boden und begegnete Seinem Volke da, wo Er es fand (wie stets!). Obwohl Er „Herr des Sabbats“ ist, was Er bei anderen Gelegenheiten zeigte (z. B. Mark. 2,27.28), so stellt Er sich doch hier ganz unterwürfig an den Platz des Volkes, das am Sabbattage in die nicht den ursprünglichen vor der babylonischen Gefangenschaft gegebenen Offenbarungen Gottes entsprechenden jüdischen Versammlunghäuser

(„Synagogen“) ging, um dort über das Gesetz und die Propheten belehrt zu werden. Da diese Synagogen, wie gesagt, keine ursprünglich gottgegebenen Einrichtungen waren, so hatte auch keiner ein gottgegebenes Recht, das Vorlesen und Besprechen für sich allein zu beanspruchen, sei es nun ein Priester oder sonst ein Schriftgelehrter. Jeder großjährige Jude konnte solchen Posten gelegentlich bekleiden. Jetzt kam Der, in dem der Ratschluß Gottes Gestalt gefunden hatten, Er war der Berufenste, um vorzulesen und das Verlesene zu besprechen, denn Er durfte es auf Sich deuten. Und so wie Er in jener Synagoge Seiner Heimat Nazareth, wo „Er erzogen war“ (wie tief hat Er Sich erniedrigt, gepriesen sei Er! Er ließ Sich erziehen!), erschien, so hatte Er die Gewohnheit, jeden Sabbat in die Synagoge zu gehen, d. h. an solche Plätze, an denen das Wort Gottes öffentlich gelesen wurde.

War das eine leere Gewohnheit? Nicht wahr, diese Frage stellen heißt sie verurteilen! Und, teurer gläubiger Leser, ist es dir eine leere, bloße, tote Gewohnheit, auf dem Boden, nicht mehr des Judentums, sondern der Gemeinde des HErrn „am ersten Tage der Woche“ (Joh. 20,19) mit deinen Brüdern und Schwestern zusammenzukommen, um das Wort Gottes zu lesen, zu betrachten und darüber auch zur Welt zu reden? -

Gewiß nicht! Und warum nicht? O, es ist göttlicher Boden, zusammenzukommen zu Seinem Namen hin (Matth. 18,20), es entspricht den göttlichen Grundsätzen, so wie einst bei dem HErrn, der das Vorhandene nahm, wie sooft (vgl. Jahrb. 9, Seite 232, Antwort B), also hier die Synagoge, und der dem göttlichen Willen völlig entsprach in der ganzen Treue, die in Ihm verkörpert war. Seine Treue ist uns ein Vorbild für unsere Treue im sonntäglichen Versammlungsbesuch und für unsere sonstigen Zusammenkünfte, nicht zum wenigsten für die zum Mahl des HErrn, wo wir Seiner in Seinem Leben und Tode gedenken. Wenn es Ihm nicht zu einer leeren, toten Gewohnheit wurde, Sabbat für Sabbat mit Seinem doch so widerspenstigen Volk da zusammenzukommen, wo Gott in Seiner Nachsicht die Möglichkeit gelassen hatte, sollte es uns, den geisterfüllten und durch den Geist zusammengeschlossenen Gliedern seines Leibes dann zu viel oder zu einer leeren Gewohnheit

werden können, nach Seinem Wunsche uns recht oft zum Mahl Seines Gedächtnisses zu versammeln? (Vgl. Apgesch. 20,7.) Sollte es uns nicht vielmehr eine sehr liebe, vertraute, köstliche Gewohnheit sein, so wie Ihm Selber?! Und hier ist es Zeit, auf jene Stelle hinzuweisen, die ich oben noch absichtlich ausgelassen habe, in der auch das Wort „Gewohnheit“ vorkommt: Hebr. 10,25 „... indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Gewohnheit ist ...!“ Also schon damals kam das vor? Ja! wie beschämend! Aber die Menschen sind stets gleich, und nachdem die ersten Jahrzehnte der ungehinderten Kraft des Geistes dahin waren, fanden manche Unvollkommenheiten in der Gemeinde Raum, die zu Anfang unmöglich gewesen wären.

Und nun Bruder, Schwester, die ihr mit solchen törichten, fadenscheinigen Gründen die Zusammenkünfte der Gemeinde versäumt, also auch das Mahl des HErrn, indem ihr sagt, es würde euch eine tote Gewohnheit - hütet euch, daß ihr nicht unter das Urteil dieser Stelle fallet und euch der Ungehorsam, die Untreue - im Gegensatz zur Treue des Herrn Jesus - zur Gewohnheit, ja, zur schlechten Gewohnheit werde!

Ehe ich noch einpaar Worte zu Punkt zwei und drei sage, möchte ich noch betonen, daß die möglichst häufige Feier des Mahles des HErrn denen nie zu einer toten Gewohnheit werden kann, welche die Bedeutung und den Wert dieses Mahles für den HErrn Selbst verstanden haben (vgl. 7. Lieferung!). Im Gegenteil: Diese Gewohnheit, nach Seinem Wunsche: „Tut dies zu Meinem Gedächtnis!“ (nicht aus eurem Bedürfnis heraus, also um euretwillen) zu handeln, wird ihnen immer köstlicher und lieber. Möchte es dir auch so gehen, lieber Leser!

2. Die zeitlich zweite Stelle redet von Seiner Gewohnheit in Seinem Dienst. Er lehrte! Das war Sein täglicher Dienst. Wenn wir in Mark. 1,21-28 lesen, wie Er in der Synagoge zu Kapernaum den Besessenen heilte - auch wieder am Sabbat! -, so sehen wir, wie zu dieser Seiner Lehrtätigkeit Seine Wunder gehörten (vgl. Vers 22 mit Vers 27: „Was ist dies für eine neue Lehre?“). Seine Lehre war in Kraft mit Gewalt oder Vollmacht, und darum wechselten in Seinem Dienst Rede und Wunder als Zeichen miteinander ab. Und das war Seine Gewohnheit! Welch herrliche Gewohnheit! Wurde sie Ihm

je etwas Altes, Abgestandenes? Nein, nie! Stets, Tag für Tag, „wiederum“ und „wiederum“, wie es in Mark. 10,1 so schön heißt, lehrte Er „nach Seiner Gewohnheit“! Tag für Tag bedurfte die Volksmenge Seiner, wiederum und wiederum stand, saß, wandelte Er unter ihnen, um ihnen das Evangelium in Wort und Tat zu bezeugen, und das, obwohl Er wußte, wie sie Ihn (wie später auch Paulus) enttäuschen würden. Liebreicher HErr, sei gepriesen, daß Dir dieser Dein köstlicher Dienst damals und heute nie zu viel, nie zu einer toten Gewohnheit wurde noch wird! Wir bedürfen Deiner auch heute noch allezeit! Dank sei Dir für deine heilige Gewohnheit! Lehre auch uns, die wir Dir an den Menschen dienen, es zu tun in heiliger, lieber, lebendiger Gewohnheit!

3. Über diesen Punkt möchte ich nichts mehr sagen, wenn irgendwo, so ist hier heiliger Boden, wo es gilt, die Schuhe auszuziehen!

Das Gebetsleben des Herrn Jesus in Seiner vollkommenen Menschheit, das Gebetsleben des „zweiten Menschen“, des „vom Himmel“, des letzten Adam! Welch heilige Gewohnheit sowohl in bezug auf Zeit als auf Ort Seines Gebetslebens hatte der teure HErr! „Frühmorgens, als es noch sehr dunkel war!“ (Mark. 1,35) und dann „wüste Stätten“, „der Berg“, „der Ölberg“ - das sind Seine Gewohnheits-Gebetszeiten und Gewohnheits-Gebetsplätze. Wer denkt da nicht an jenen alttestamentlichen Heiligen, der es fast ebenso hielt: Daniel! (Dan. 6,11!) Was lehrt uns diese Gewohnheit? Das brauche ich dir nicht zu sagen, die Schrift tut's deutlich genug, und der Heilige Geist ist eben jetzt bemüht, dir zu zeigen, was du lernen sollst - aber zurückkehrend zu der Veranlassung dieses Aufsatzes:

Möchte keiner, der bis dahin über dieses oder jenes Zusammenkommen der Gemeinde Gottes, besonders das zum Mahl des HErrn, oberflächliche Gedanken von „toter, leerer Gewohnheit“ hatte, diese Gedanken weiter im Herzen behalten, hegen und pflegen! Sie sind schriftwidrig und beleidigend gegen den geoffenbarten göttlichen Willen! Und sie sind ein Widerspruch gegen Den, der heilige Gewohnheiten in Seinem Leben hienieden übte und der dadurch solchen Gewohnheiten volles Daseinsrecht und mehr als das: Herrlichkeit verlieh. Laßt uns lernen zu denken, zu leben und zu handeln wie Er Selbst, indem wir Ihn betrachten und im Anschauen Seiner verhüllten Herrlichkeit

hienieden und Seiner jetzt nur dem Glaubensauge sichtbaren Herrlichkeit droben verwandelt werden in Sein Bild - und zwar von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist! (2. Kor. 3,18.) Er gebe uns Gnade dazu! Sein wunderbarer Name sei gepriesen!

F. K.

Frage und Antwort

 

Frage 13

Was will Paulus mit 1. Thess.2,7b sagen?

Antwort

Er will, soweit ich verstehe, den Thessalonichern seine ungeheuchelte, uneigennützige Liebe bezeugen (V. 5!) und bedient sich dabei eines überaus rührenden Bildes. Und zwar, meint er, hätten alle Gelegenheit gehabt, ihn in seiner zarten Hingabe kennen zu lernen, denn er sei mitten unter ihnen gewesen, so daß alle ihn beobachten konnten. Er vergleicht sich in seinen Liebesäußerungen mit einer Amme, die ihre eigenen (so wörtlich, was viel deutlicher ist als die Luther-Übers.) Kinder pflegt, nährt oder wärmt. In der Tat, das ist eine besondere Liebe! Eine Amme wird zum Aufziehen fremder Säuglinge geholt, und sie gibt ihnen ihre Kraft; aber wenn sie selber Kinder hat, so genießen diese eine ganz andere Liebe und Hingabe, als die fremden je beanspruchen können. So glaube ich diese Stelle auffassen zu sollen, wodurch wir besser als durch irgend ein anderes Bild die zarte Fürsorge des Apostels für die geistlichen Kinder, die Gott ihm schenkte, für die Gemeinden, die er gründen durfte, erkennen können. Dazu paßt dann auch Vers 8, der von dem sehnlichen Liebesverlangen handelt, das den Apostel trieb, nicht nur das Evangelium, sondern - wie eine säugende Mutter oft ihre eigene Lebenskraft bis zum äußersten ihren Lieblingen opfert - auch sein

eigenes Leben ihnen mitzuteilen, wie Vers 9 es darstellt. Welche Hingabe! Welches Opfer der Liebe!

Wenn wir nun bedenken, daß kein Ausdruck der Schrift lediglich aus dem Herzen der Schreiber geflossen ist, sondern vielmehr letzten Endes durch den Heiligen Geist gewirkt, hervorgerufen und in Buchstaben und Worte geprägt ist, und daß dieser alles von dem Seinen, d. h. dem des HErrn Selbst nimmt (Joh. 16,14.15; vgl. 5,39), so haben wir auch in dieser apostolischen Stelle eine Beschreibung der über alles hinausgehenden, alles, was wir erbitten oder erdenken können, weit übersteigenden Liebe des Christus, der Sich Selbst gab für uns, die Bluterkauften Seinen. Wenn wir das betrachten - welch ein Feld anbetender Bewunderung erschließt sich uns da! Ich möchte da zum Vergleich hinweisen auf die Stelle aus Hebr. 2,13: „Siehe, Ich und die Kinder, welche Gott Mir gegeben hat!“ und dann die folgenden Verse! - Wie sehr sind wir geliebt, geliebt schon von treuen „Menschen Gottes“, geliebt aber vielmehr von Ihm Selbst, der an unseren Platz kam, uns zu retten und für ewig an Sein und des Vaters Herz zu bringen!

Laßt uns Seine Liebe mehr bewundern und sie mit unserer, wenn auch schwachen, so doch geistgewirkten hingebenden Gegenliebe beAntworten in Tat und Wahrheit!

F. K.

Ein weites Herz.

Unser Mund ist zu euch aufgetan, ihr Korinther; unser Herz ist weit geworden. Ihr seid nicht verengt in uns, sondern ihr seid verengt in eurem Innern. Zur gleichen Vergeltung aber (ich rede als zu Kindern) werden auch ihr weit! Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen; denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis ... Nehmet uns auf ... (2. Kor. 6,11-18 bisKap. 7,3.)

In seinem 2. Briefe konnte der Apostel den Korinthern schreiben, daß sein Mund zu ihnen aufgetan

sei. Das konnte er ihnen in seinem 1. Briefe nicht schreiben. Er konnte mit ihnen nicht über das reden, was in seinem Herzen war, weil so viele betrübende Dinge in ihrer Mitte waren, die ihm den Mund schlossen.

In seinem 1. Briefe mußte er ihnen schreiben über die Spaltungen in ihrer Mitte, über das Böse, das sie in ihrer Mitte duldeten, über ihr Rechten vor den Ungläubigen, über ihre Verbindungen mit dem Götzendienst, über ihre Unordnung beim Mahle des HErrn usw. Diese Dinge bereiteten ihm solche Kümmernis, daß ihm der Mund verschlossen wurde, von den tieferen Wahrheiten Gottes zu schreiben. Wie konnte er auch angesichts solcher Dinge in ihrer Mitte von den „Tiefen Gottes“ (1. Kor. 2,10), in denen seine Seele lebte, zu ihnen reden!

Ganz anders aber ist es, wenn wir zum 2. Briefe kommen. Es war in Korinth anders geworden; die Dinge, die er in seinem 1. Briefe rügen mußte, waren gerichtet und geordnet worden. Nun konnte er ihnen schreiben: „Unser Mund ist zu euch aufgetan, ihr Korinther; unser Herz ist weit geworden. Ihr seid nicht verengt in uns, sondern ihr seid verengt in eurem Innern ... werdet auch ihr weit!“

Diese Worte lassen uns erkennen, daß man ihn so hingestellt hatte, als ob sein Herz verengt sei. Schonungslos hatte er ihre Weitherzigkeit gegen das Böse bloßgelegt, und dieses hatte ihm ohne Zweifel den Vorwurf eines verengten Herzens eingetragen. Aber ob andere ihn auch in Argwohn und Stolz wegen seines rücksichtslosen Tadelns ihrer Gleichgültigkeit und Zuchtlosigkeit so darstellen mochten, hier öffnet er ihnen sein Herz und läßt sie einmal in die Weite seiner Liebe hineinblicken. Er sagt ihnen, daß sein Herz weit aufgetan sei, und wünscht, daß auch ihr Herz so weit wie sein Herz werden möchte.

Das verengte Herz war nicht in ihm, sondern in ihnen. Ihr Herz war verengt, sie hatten darin wenig Raum für den, der in einer solchen Entschiedenheit und Absonderung den Weg ging. Er mußte auch jetzt wieder ihnen die Wahrheit sagen, ob sie ihnen gefiel oder nicht: „Ihr seid nicht verengt in uns, sondern ihr seid verengt in eurem Innern ... werdet auch ihr weit!“ Er sagt ihnen gleichsam: „Ihr

habt Raum in unseren Herzen, wir aber haben wenig Raum in euren Herzen. Macht euer Herz auch uns weit auf, so wie unser Herz weit gegen euch ist.“

Er hatte ein weites Herz ihnen gegenüber, aber er hatte durchaus kein weites für die Vermischungen der Gläubigen mit den Ungläubigen - von Christus mit Belial, wofür ihr Herz noch weit war. Sein weites Herz war mit Heiligkeit verbunden, ihr weites Herz mit Unentschiedenheit und Lockerheit. Er wünscht ihnen ein weites Herz, aber nicht nach der verkehrten Richtung hin, sondern ein weites Herz in der rechten Art - den Gedanken Gottes gemäß.

Wenn er ihnen so in dem Drange seiner Liebe zuruft: „Werdet auch ihr weit“, so kann er nicht anders, er muß zugleich daran die Warnung vor einer falschen Weite anschließen und zugleich hinzufügen: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen, denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? Oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis ... oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? ... darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr ...“

Ein solcher Weg ist allerdings dem Fleische nicht angenehm, und er kann nicht umhin, ihnen im Anfang des Kapitels den Weg eines Dieners Gottes zu schildern, der inAbhängigkeit von dem HErrn nach der Wahrheit wandelt. Wie herzbewegend führt er ihnen die Entsagungen und Leiden dieses Weges, aber auch die Herrlichkeit und die Freude des Sieges in der Kraft Gottes vor Augen.

Er redet wie zu Kindern, die dem Vater die Vergeltung der Liebe schuldig sind, und wünscht, daß, wie sein Herz weit ihnen gegenüber war, in gleicher Vergeltung sie auch ihm ihr Herz weit öffnen möchten. - Warum will er ihr weites Herz? Er wußte, wenn ihr Herz weit sein würde ihm gegenüber, dem, der nicht nur predigte: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen ... gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab“, sondern der dieses auch praktizierte, so würden sie ihre unheiligen Verbindungen bald selbst aufgeben und sich absondern. Hatten sie für den Apostel und für seine Mitarbeiter, die diesen Weg der Absonderung mit ihm gingen, ein weites Herz, so konnten sie

natürlich nicht gleichzeitig auch ein weites Herz für solche haben, die den Apostel nach dieser Seite hin ablehnten. Darum schließt er der Aufforderung: „Werdet auch ihr weit“ sogleich die Wegweisung für das göttlich gerichtete weite Herz an: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen ...“

Wieviel Weitherzigkeit nach der falschen Richtung hin finden wir heute! Wie viele lehnen den von Gott verordneten Weg der Absonderung ab, da sie vermeinen, „weitherzig“ sein zu müssen! Ja, sie rühmen sich solcher „Weitherzigkeit“ und gebrauchen sogar die vier aus dem Zusammenhang gerissenen Worte des Apostels: „Werdet auch ihr weit“ zur Rechtfertigung ihrer falschen Stellung. Ist dies Unwissenheit, oder ist es vorsätzlicher Ungehorsam? Gar manchmal fand ich, daß die sich solcher Weitherzigkeit Rühmenden kaum je diesen Vers gelesen und noch weniger ein Ahnen hatten, daß Paulus daran die Belehrungen der Absonderung knüpft, - geschweige denn, daß sie über diese Stelle nachgedacht hätten. Mit welch erschreckender Oberflächlichkeit behandeln Gläubige das Wort Gottes! Wenn das bei Dir, lieber Leser, der Fall war, möchtest du dann angesichts dieses Wortes nicht deine Augen in Beschämung niederschlagen und dich vor dem HErrn über deine Unwissenheit oder deinen Ungehorsam beugen?

Wie ernst trifft diese vermeinten „Weitherzigen“ das Wort des Apostels: „Ihr seid verengt in eurem Innern“ - nicht gegen Menschensatzungen und Würdenträger, aber verengt gegen die Wahrheit und die Apostel. Diesen „verengten“ Weitherzigen gilt das Wort: „Werdet auch ihr weit. Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen ... gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab ... nehmet uns auf usw.“ (2. Kor. 6,11 - 7,3.)

Haben wir nicht nötig, in dem Lichte dieses Wortes einmal unsere Verbindungen zu prüfen? Wenn wir zum Worte unseres Gottes kommen, befinden wir uns unter Gottes Auge. Seien wir ehrlich: Wofür ist unser Herz verengt, und wofür ist es weit? Möchte es weit gefunden werden für die Wahrheit und weit gegen die, die in der Wahrheit wandeln.

Als Beispiel eines weiten Herzens zeigt der Apostel ihnen ein wenig später (Kap. 8) die Gläubigen in

Mazedonien. Er spricht von einer „Gnade Gottes“, die den Gemeinden Mazedoniens gegeben sei und wünscht, daß diese „Gnade“ auch bei ihnen gefunden werden möchte. Diese Gnade, von der er spricht, fand bei den Mazedoniern ihren Ausdruck in ihrem Verbundensein mit denen, die in der Wahrheit wandelten. Ihr weites Herz wurde in diesem Verbundensein und der damit zusammengehenden Teilnahme und Gemeinschaft sichtbar. Sie waren arm an irdischen Gütern, aber „ihre tiefe Armut“ strömte in der Weite ihres Herzens aus in reicher „Freigebigkeit“. Und warum? Damit sie „die Gemeinschaft des Dienstes für die Heiligen“ haben möchten. (2. Kor. 8,4.) Sie hatten kein verengtes Herz, das sich nur um sie selbst bewegte. Ihr Herz war weit für die Gemeinschaft der Heiligen. Dieses trieb sie an, durch ihre Gaben Gemeinschaft, Anteil zu haben „an dem Dienste für die Heiligen“. Sie hatten kein weites Herz für Gemeinschaft mit den Dingen der Finsternis, aber ein so weites Herz, daß sie um die „Gnade“ baten, durch ihre Freigebigkeit Gemeinschaft haben zu dürfen an dem Dienste eines Dieners Gottes, der bemüht war, die Gläubigen aus einer falschen Weitherzigkeit zu der wahren Weitherzigkeit, die mit Heiligkeit verbunden ist, zu führen.

Wie ist es mit uns? Derselbe Apostel, der hier spricht: „Werdet auch ihr weit. Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen ... gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab“, derselbe Apostel sagt zu Timotheus: „Bedenke dieses sorgfältig; lebe darin, auf daß deine Fortschritte allen offenbar seien.“ (1. Tim. 4,15.) Unser Herz kann nicht verborgen bleiben, es wird offenbar werden, wofür es weit ist, ob für Christus oder Belial - ob für die Wahrheit oder für die Überlieferungen der Menschen, ob für solche, die in der Wahrheit wandeln oder für solche, die tun, was recht ist in ihren Augen. Möchten unsere Fortschritte in der rechten Weitherzigkeit allen offenbar werden, mit denen wir Umgang haben, und möchten wir gleich den Mazedoniern die Gnade haben, Gemeinschaft mit denen zu suchen, die in der Wahrheit wandeln!

v. d. K.

Einige Gedanken über den 2. und 3. Johannes-Brief.

In den kurzen persönlichen Briefen des Neuen Testamentes ist viel enthalten, was für uns von praktischer Wichtigkeit ist. Ohne Zweifel hat der Heilige Geist uns dieselben gegeben, um uns in den Einzelheiten des täglichen Lebens durch sie zu ermutigen und zu erleuchten. Johannes, obgleich ein Apostel, spricht hier nicht von dem Stande des hohen Apostels aus, sondern er spricht wie ein älterer Bruder, zu denen, die in der Wahrheit wandeln.

Dieser zweite Brief ist an eine Frau gerichtet, „der auserwählten Herrin“, ohne Zweifel eine Frau, die einen gewissen Rang und Stand in der Welt besaß. Aber das ist in göttlichen Angelegenheiten ohne Bedeutung, obgleich Johannes sie in ihrem Stande anerkennt. Der Grund der Liebe des Apostels zu ihr ist die Wahrheit, „die ich liebe in der Wahrheit“. Der dritte Brief ist an einen Mann gerichtet, an Gajus.

In beiden Briefen wird die Wahrheit uns als ein Schutz gezeigt gegen das Böse, das in jenen Tagen ebenso wirkte, als wie in unseren Tagen. Im zweiten Brief handelt es sich um böse Lehre, in dem dritten Briefe um böse Verbindung. In dem zweiten Briefe des Johannes wird die auserwählte Herrin durch die Wahrheit veranlaßt, ihre Tür zu schließen, und im dritten Briefe wird Gajus durch die Wahrheit veranlaßt, seine Tür zu öffnen.

Eins, das wir aus diesen Briefen lernen sollten, ist, daß wir durch die Wahrheit so erleuchtet werden sollen, daß wir in allen Umständen befähigt sind, der Wahrheit entsprechend zu handeln. Man möchte fragen: Was ist Wahrheit? Eine einfache Antwort ist: Christus - und in Ihm sehen wir, daß Gott den Menschen liebt. Wir werden später sehen, wie diese Wahrheit in dem Titel: „Der Herr Jesus Christus, der Sohn des Vaters“ enthalten ist.

In 1. Mose 3 finden wir eine Frau, die nicht durch die Erkenntnis Gottes befestigt war. Als dann die

Versuchung kam, unterlag sie. Sie machte der Lüge des Versuchers die Tür auf und ließ so die Flut des Bösen herein, die sich dann über ihre ganze Nachkommenschaft ergoß. Satan gab es ihr ins Herz, daß sie für sich selbst besser sorgen könne, als es Gott tue. In seinen verführenden Worten lag es, daß Gott sie nicht liebe, und von diesem Tage an ist diese Lüge (der Eva die Tür öffnete) in den Herzen der Menschen.

In dem neunten Verse zeigt der Apostel, daß jeder, der weiter geht und nicht in der Lehre des Christus bleibt, Gott nicht hat. Dieses Wort wirft ein ernstes Licht auf die heutige Welt. Sie geht in ihrer Selbsterhebung weiter und bleibt nicht in der Lehre des Christus, um das ihr von Satan eingegebene Ziel: „Ihr werdet sein wie Gott“ zu erreichen. Gott will uns aus diesem schrecklichen Betruge herausführen, und um davon frei zu werden, soll nicht nur die Wahrheit uns dienen, sondern auch Gnade, Barmherzigkeit, Friede von Gott, dem Vater, und von dem Herrn Jesus Christus, dem Sohne des Vaters. Dieser Titel des HErrn kommt in dieser Verbindung nirgends wieder in der Schrift vor. Die Wahrheit ist darin eingeschlossen, und ebenso die Liebe und die Verwandtschaft. In diesem Titel sehen wir den Sohn Mensch geworden und den Vater, der den Sohn als Mensch liebt.

Dieser Titel gibt uns auch Gottes Antwort Auf die Lüge des Satans. In Christo sehen wir Gottes Antwort Darauf. Er ist Mensch geworden, und der Vater liebt den Sohn. Warum ging Christus in den Tod? Liebe brachte Ihn dorthin, und diese Liebe ist die Liebe Gottes zum Menschen. Und doch, obgleich der Herr Jesus in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden wurde, war und bleibt Er doch ein Mensch anderer Herkunft. In Gnade nahm Er den menschlichen Zustand an, abgesehen von Sünde, damit Er sterben könnte. Niemand vermochte Ihm das Leben zu nehmen, Er legte es von Sich Selbst nieder. In Seinem Tod fand der erste Mensch sein Ende für immer in den Augen Gottes. Es war die Beseitigung des alten Menschen und seines ganzen Zustandes vor Gott, und ein anderer Mensch, der neue, steht jetzt vor Gottes Auge: Der zweite Mensch, Sein Sohn.

In Christo, dem Sohne des Vaters, dem zweiten Menschen, finden wir nun ein neues Geschlecht, eine neue Verwandtschaft aufgerichtet, die unverletzbar und ewig ist. Nur Er allein, der Sohn des Vaters,

konnte diese neue, ewige Verwandtschaft und Verbindung mit Gott den Menschen bringen.

Als der Herr Jesus als Mensch auf die Erde kam, begann dieser neue Anfang für Gott. Obschon auch für den Menschen der neue Anfang darin eingeschlossen war, so konnte Er doch erst nach Seinem Tode für diesen in Wahrheit wirksam werden. Erst als Er auferstanden war, konnte Er der Maria dieses neue Verwandtschaftsverhältnis, welches sie den Jüngern überbringen sollte, anvertrauen: „Mein Vater - euer Vater, Mein Gott - euer Gott“.

Gottes Liebe zu den Menschen hat sich auf das völligste erwiesen. Die Lüge des Versuchers ist aufgedeckt, und eine neue Welt der Liebe ist der Menschheit in dem Sohne des Vaters erschlossen. Wir sind nun verpflichtet, dieser Liebe Gottes gemäß zu wandeln. Unsere Liebe zeigt sich in dem Halten Seiner Gebote, indem wir nicht von Seinem Worte abweichen, sondern es bewahren an dem Tage, wo viele Betrüger in der Welt sind, die uns sagen, daß die Zeiten verändert sind und Gottes Wort dafür nicht mehr passe - die verleugnen, daß Jesus Christus im Fleisch gekommen ist. Aber Er ist im Fleisch gekommen und hat eine neue Ordnung, eine neue Verwandtschaft uns gebracht, durch welche die alte ihr Ende vor Gott gefunden hat. Die Lehre des Christus schließt den Gedanken von Gottes Welt in sich, deren Mittelpunkt der herrliche Sohn des Vaters ist: „Wer in der Lehre des Christus bleibt, hat beide, sowohl den Vater als auch den Sohn“.

Wenn wir in der Lehre des Christus bleiben, wenn wir Ihn lieben, werden wir außerordentlich empfindlich sein für alles, was für Ihn entehrend ist. Da gibt es kein Unterhandeln mit dem Bösen. Wenn einer zu uns kommt, der nicht diese Lehre bringt, den sollen wir nicht empfangen, noch ihm ein „Grüß Gott“ bieten, wenn wir nicht teilnehmen wollen an seinen bösen Werken. Unser einziger Schutz ist die Erkenntnis der göttlichen Personen. Und die Wahrheit, daß Gott den Menschen liebt, wird uns befestigen gegen die Lüge des Bösen und unsere Freude vollkommen machen.

*

Begeben wir uns nun zum dritten Brief des Johannes, so finden wir wiederum in besonderer Weise die „Wahrheit“ hervorgehoben als das, was unser Herz gegen das Eindringen des Bösen bewahrt. Wie in dem zweiten Brief die auserwählte Frau imstande ist, ihre Tür gegen die böse Lehre zu schließen, so finden wir hier Gajus durch die Wahrheit vor dem Bösen bewahrt und befähig, seine Tür offen zu halten für die, die „für den Namen ausgegangen sind“.

Bei der auserwählten Frau war alles wohl geordnet. Ihre Kinder hatten die Wahrheit erkannt und wandelten in der Wahrheit. Sie selbst wurde durch die Wahrheit geleitet, und infolgedessen waren alle ihre Angelegenheiten und ihr Haus nach der Wahrheit geordnet, so daß falschen Lehren der Eintritt versagt war. Durch die Wahrheit hatte sie ein göttliches Empfinden und Verständnis und konnte so durch Gnade ihre Tür vor falschen Lehren schließen.

Im dritten Johannesbrief empfängt Gajus die Gnade, seine Tür der Wahrheit zu öffnen. Es bestand ein Band zwischen seiner eigenen Seele und jenen, die aus Liebe zur Wahrheit „ausgegangen“ waren. Er empfing sie und half ihnen weiter auf ihrem Wege, weil er wußte, daß es für den „Namen“ war, weshalb sie „ausgegangen“ waren. Die Wahrheit allein ist das Band, das Menschen zusammenhalten kann.

In Gajus sehen wir einen Mann, dem es seiner Seele nach wohl ging, so daß der Apostel Johannes wünschen konnte, daß es ihm in den äußeren Umständen und in seiner Gesundheit ebenso wohl gehe wie seiner Seele. Wir können nicht alle in blühende äußere Umstände gestellt werden. Der HErr hat uns oft ein Gewicht anzuhängen, weil Er sieht, daß wir es benötigen. Solange wir hier sind, bedürfen wir der Erziehung von Seiner Hand. Wir stehen alle mehr oder weniger mit drei Kreisen in Verbindung. Der erste und der wichtigste ist der christliche Kreis, der zweite ist der heimische Kreis,

Verbindung. Der erste und der wichtigste ist der christliche Kreis, der zweite ist der heimische Kreis, der dritte der öffentliche oder der geschäftliche Kreis. Und in diesen Kreisen erzieht der HErr oft in besonderer Weise die Seinigen für die Erkenntnis Seiner Selbst. Bei Gajus war dieses besonders in dem ersten Kreise der Fall.

Dieses Wohlergehen der Seele zeigt sich nicht darin, daß man einen ersten Platz unter den Brüdern einnimmt, sondern in der vermehrten Erkenntnis des Vaters und des Sohnes. Wohl ist dieses geistliche Licht, dieses In-sich-aufnehmen der Erkenntnis der göttlichen Personen durch unsere Fassungskraft beschränkt, aber wir müssen es haben, wenn unsere Seele gesund sein soll. Die Gesundheit der Seele war dem Apostel der Maßstab für Gajus.

Die äußeren Umstände in der Gemeinde konnten für Gajus kaum schwieriger sein, als sie waren, denn er war angewiesen, mit Diotrephes umzugehen, einem Manne, von dem gesagt wird, daß er „gern unter ihnen der erste sein wolle“, und der mit „bösen Worten wider den Apostel und die mit ihm waren „schwätzte“. Aber Gajus war trotz alledem nicht nur glücklich in der Freude der Gnade Gottes, sondern er war auch eine Ermutigung den Brüdern, die zu ihm kamen. Eine Seele, die sich durch die Wahrheit leiten läßt, wandelt mit Gott, wie auch immer die äußeren Umstände sein mögen.

Der dritte Vers spricht von dem Festhalten an der Wahrheit. Buchstäblich heißt es „Deiner“ Wahrheit, d. h., die Wahrheit war so wirksam in Gajus, daß sie ihn gleichsam charakterisierte und ein Teil von ihm selbst geworden war. Er hielt die Wahrheit fest, und die Folge war, die Wahrheit hielt ihn so fest, daß Menschen und Umstände keine Kraft mehr über ihn hatten. Eine sichere Folge des Festhaltens der Wahrheit ist, daß alle unsere Verbindungen, unser Verkehr, unsere Gemeinschaft nach der Wahrheit sind. Derartiges, daß man die Wahrheit festhalten könne, ohne daß ihre Wirksamkeit sichtbar sein würde, kennt die Schrift nicht; deshalb schließt auch der Vers mit den Worten: „Gleichwie du in der Wahrheit wandelst“. Das Äußere wird durch das Innere reguliert. Das Verhalten des Gajus, sei es zu Brüdern oder zu Fremden, wurde durch die Wahrheit geregelt.

Der Apostel wünscht dann, daß er die Heiligen „auf eine gotteswürdige Weise“ geleiten möge. Unsere Neigung geht dahin, Dinge in einer den Menschen würdig erscheinenden Weise zu tun, um die Zustimmung und den Beifall von Menschen zu erhalten. Eine Seele aber, die von der Wahrheit geleitet wird, wünscht alles Gottes würdig zu tun, damit Gott verherrlicht werde.

*

Einen Hauptpunkt in dem 3. Briefe finden wir in Vers 7: „Für den Namen sind sie ausgegangen und nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Dieser Name war in ihnen der alles beherrschende Gedanke, der sie ganz in Anspruch nahm. Dasselbe Wort finden wir wiederholt in der Apostelgeschichte und in den Petri-Briefen. So lesen wir in einer Stelle: „Sie nun gingen aus dem Synedrium hinweg voller Freude, daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden.“ (Apg. 5,41.) Es ist der Name, der jeden Namen in den Schatten stellt, der Name, vor dem jedes Knie sich beugen soll. Alle Quellen der Kraft und der himmlischen Segnungen sind mit diesem Namen verbunden. Die Person, von der dieser Name spricht, ist im Himmel, aber der Name ist hier unten. „Und es ist in keinem anderen das Heil, denn auch kein anderer Name ist unter dem Himmel, der unter den Menschen gegeben ist, in welchem wir errettet werden müssen.“ (Apg. 4,12.) Der Name ist „unter dem Himmel“, aber die Macht des Himmels ist in ihm enthalten. Jede Not kann durch diesen Namen gehoben werden, und alle Herrlichkeit ist mit ihm verbunden. Wenn unser Herz von der Herrlichkeit dieses Namens erleuchtet ist, dann besitzt die Welt keinen Reiz mehr für uns, und mit Freuden sind wir solche, die „für den Namen ausgegangen sind“, d. h. solche, die das Band mit der Welt, die unter Gottes Gericht steht, durchschnitten haben.

Dann lesen wir: „Und sie nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Dies wird dann der Grundsatz sein, nach dem wir handeln, natürlich dieser Ausdruck hat hier eine bestimmte Bedeutung, aber es liegt ein Grundsatz darin: wir nehmen nichts von der Welt. Was du auch immer von der Welt nehmen magst, du hast es zurückzuzahlen. Nimmst du weltliche Grundsätze, weltliche Regeln, weltliche Ziele

an, so sei sicher, daß die Welt ihre Ansprüche an dich geltend machen wird. Genau soviel, wie du von den Wegen und Mitteln der Welt annimmst, wird die Welt ihre Forderungen an dich stellen. Sie wird zu dir sagen: „Was das betrifft, da sind wir gleich.“ Der Grundsatz aber, den jene, die für den Namen ausgegangen sind, befolgen, ist dieser: „Und sie nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ Nur soweit wie wir diesem Grundsatz folgen, werden wir „Mitarbeiter der Wahrheit“ sein.

Als der HErr hier auf Erden weilte, versuchte es der Satan, Ihn mit den Herrlichkeiten der Welt zu fangen. Es war wirklich ein staunen erregendes Wunder, als der Satan in einem Augenblick Ihm alle Reiche des Erdkreises zeigte. Bedenke, wieviel das heißt, nur ein wenig von den Reichen der Welt zu erfahren - vom großen Rebellenreich Nimrods an bis zum Römerreiche, das zu jener Zeit bestand. Alle Reiche der Welt zeigte er Christus mit dem Anbieten: „Ich will Dir alle diese Gewalt und ihre Herrlichkeit geben.“ (Luk. 4,5-8.) Der Name Jehovas aber gab Ihm sichere Leitung, und Er wies die Herrlichkeit einer gegen Gott aufrührerischen Welt zurück.

In 1. Mos. 11 finden wir dagegen die Linie und das Ziel, das der Mensch sich gesteckt hat: „Wohlan, bauen wir uns eine Stadt ..., machen wir uns einen Namen usw.“ Bei Adam und seinen Nachkommen hatte der Satan Erfolg, ihm gelang es, die Menschheit auf die Linie der Selbstüberhebung - Verbesserung - Selbstverfeinerung zu führen und das Ziel vor Augen zu rücken: „Ihr werdet sein wie Gott.“ (1. Mos. 3,5.) Der Mensch nahm das Wort und Angebot Satans an, und seit diesem Tage handelt er auf dieser Linie. Von da an trägt alles den Charakter des Menschen und die Kennzeichen seiner Gedanken und seines Strebens. Kain baute eine Stadt und nannte den Namen der Stadt nach dem Namen seines Sohnes. (1. Mos. 4,17.) Und so ist es geblieben. Jede Verbesserung, jede Entdeckung wird heute noch nach Menschen benannt. Die Welt ist heute ihrem Ziele sehr nahe gekommen, dem Ziele, das sie sich einst beim Bau des Turmes zu Babel stellte. So sehen wir, daß der Grundsatz, der zu jener Zeit zu Babel feierlich eingeführt wurde, heute noch da ist, aber auch ebenso die daraus hervorgehende Folge, das ist: Babel-Verwirrung.

Wir aber müssen beständig wachsam sein und uns erinnern, daß unser Herz ein Widerspiegel dieser

Welt ist und daß wir die Grundsätze der Welt ständig in uns zu richten haben.

*

Dann finden wir in diesem 3. Briefe, wie in der Mitte der Heiligen das Böse am Wirken ist. Diotrephes hatte Grundsätze und Anschauungen der Welt in die Gemeinde gebracht. Den Grund, der ihn dazu leitete, finden wir in den Worten: „Der gern unter ihnen der Erste sein will“. Er wünschte den Vorrang zu haben und den ersten Platz einzunehmen. Es ist ganz recht, einen solchen Platz zu haben, wenn Gott ihn gibt, aber wehe uns, wenn wir ihn uns selbst verschaffen wollen. Es ist eine sehr ernste Sache, in Gottes Haus Grundsätze einzuführen, die wir von der Welt gelernt haben. Von dem Geiste und dem Wesen der Welt bleiben wir nur bewahrt, wenn wir unter der Kraft der Wahrheit bleiben. Wenn aber die Wahrheit nicht in uns wirksam ist, dann werden bald die Grundsätze der Welt in uns und in unserer Mitte herrschen. Wie nötig haben wir es, auf uns zu achten und uns immer wieder zu prüfen, daß wir nicht die Dinge des HErrn nehmen, um uns groß zu machen, und Seinen Namen benutzen, um uns einen Namen zu machen.

Die Weise, wie wir unsere Brüder betrachten, ist eine große Prüfung für uns. Warum lieben wir sie? Ist es darum, weil sie zu unserem Großsein beitragen, weil sie uns einen gewissen Rang, eine gewisse Stellung verschaffen? So war es mit Diotrephes. Seine Seele war gebunden von den Grundsätzen der Welt. Wo er war, wollte er der Erste sein, da mußte er die Führerschaft haben, mußte er hervortreten und das Wort führen. Die ihn anerkannten, mit denen ging er, und die ihm in diesem Geiste entgegenstanden, wider diese „schwätzte er mit bösen Worten“. Ist es nicht schrecklich, daß solche Grundsätze in einer christlichen Gemeinde Fuß fassen können, wo doch Demut alle kennzeichnen soll. In welcher Niedrigkeit kam der HErr in diese Welt. Seine Mutter brachte zu ihrer Reinigung das sogenannte Armenopfer: „Ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben“, welches darzubringen nur den Ärmsten zustand. Welchen niedrigen Platz nahm er in dieser Welt ein! Gott aber gab Ihm den höchsten.

Alle Ehre und allen Ruhm legte Er auf Ihn. Wollen wir in eigener Ehre glänzen? Soll nicht alle Ehre für Ihn sein? Die 24 Ältesten sitzen auf Thronen, rings um den Thron, aber dann sehen wir sie niederfallen und ihre Kronen niederwerfen vor dem, der auf dem Throne sitzt, und anbetend sagen: „Du bist würdig, o, unser HErr und unser Gott, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht, denn Du hast alle Dinge erschaffen, und Deines Willens wegen waren sie und sind sie erschaffen worden.“ (Off. 4,11) Ihre Kronen zeigten ihre Herrlichkeit, aber sie legten sie nieder vor Ihm und bekannten, daß alle Herrlichkeit und Ehre Ihm gebühre.

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Der Apostel nimmt nun Bezug auf die Zustände, mit denen Gajus zu tun hatte, und gibt ihm praktische Unterweisungen. Er sagt: „Geliebter, ahme nicht das Böse nach, sondern das Gute. Wer Gutes tut, ist aus Gott, wer Böses tut, hat Gott nicht gesehen.“ Wenn unser Herz unter der Kraft der Wahrheit steht, dann stehen wir in geistlicher Übereinstimmung mit Gott, und das, was Gott tut, ist dann auch unser Tun. Unser Wirken empfängt dann seinen Charakter von Gott. Gott kann unmöglich Böses tun, und je mehr wir uns in Sein Walten und in Sein Tun versenken, umsomehr werden wir in Seinem Wesen gefunden werden. Eine Seele, die Gottes Wege nicht kennt und darin unwissend ist, wird bald als im Widerspruch mit der Wahrheit gefunden werden. So finden wir es schon bei Israel. Der Herr klagt: „Deshalb zürnte Ich diesem Geschlecht und sprach: Allezeit gehen sie irre mit dem Herzen; aber sie haben Meine Wege nicht erkannt.“ In dieser Klage drückt Gott aus, daß sie aus Seinen Wegen nicht gelernt hatten, Ihn zu sehen und zu verstehen, oder wie hier Johannes schreibt: „Wer Böses tut, hat Gott nicht gesehen.“ Gott ist ein Geist und wohnt in unzugänglichem Lichte und ist Seinem absoluten Wesen nach unsichtbar. Aber Er hat sich in Christo offenbar gemacht. Christus war hier, Gutes tuend und alle heilend, die von dem Teufel überwältigt waren, denn Gott war mit Ihm. (Apg. 10,38.) Gott war in dem Menschen Christus Jesus, und in Ihm wurde Gott sichtbar. Wenn wir Christus sehen, sehen wir Gott, und nach dem Maße, wie wir Gott kennen, tun wir Gutes. Es gibt keinen anderen Weg, Gutes zu tun (ich meine, was in Wahrheit Gutes ist), als nur in Seiner

Erkenntnis.

„Der Älteste“, (Vers 1), Johannes, wünscht mit Gajus von Mund zu Mund zu reden. Er wünschte, daß das innige Band, welches zwischen ihnen bestand, noch mehr gestärkt werden möchte. Meinungsverschiedenheiten oder was es zu besprechen gab, wollte er mündlich mit ihm besprechen. Es ist sehr wichtig, daß wir miteinander in Berührung kommen, und wir sollten dieses viel mehr bedenken und erstreben.

Er schließt dann: „Friede dir! Es grüßen dich die Freunde. Grüße die Freunde mit Namen!“ Wir sind berufen, alle Brüder zu lieben, aber in diesen schwierigen Verhältnissen, in denen Gajus sich befand, waren es Brüder, welchen der Apostel sein Herz anvertrauen konnte. Wenn er hier sagt: „Grüße die Freunde“, so war das keine Clique, kein Parteianhang, aber es waren solche, auf die er im HErrn vertrauen konnte. Kein selbstsüchtiger Zweck lag in diesem seinem Gruße. Er tat nichts seines eigenen Ansehens wegen, sondern er wünschte vielmehr, daß alle so unter der Macht der Wahrheit und des Namens Christi seien, daß alles andere verschwinden und sie von jedem Hemmnis befreit sein möchten.

„Der Name“ ist mächtig genug, jeden von uns vor dem Glanz und Schimmer dieser Welt zu bewahren. Der HErr ließ der Selbsterhebung des Diotrephes den Lauf, um die Treuen zu erziehen, und für uns handelt es sich darum, daß auch wir daraus lernen; erstens, wie wir selbst solchem Diotrephes-Geiste entgehen können, und anderseits, wie wir solchem Geiste gegenüber uns zu verhalten haben. Wie wichtig ist für uns das „Festhalten an der Wahrheit“. Wenn wir aber die Grundsätze und Ordnungen Gottes in Seiner Gemeinde nicht kennen, so sind wir natürlich unfähig, sie anzuwenden. Menschliche Grundsätze haben keinen Platz und keine Anwendung in der Gemeinde Gottes. Unser Vorrecht ist es, Gottes Wege und die Wahrheit zu kennen, und wir sollten sie so kennen, daß auch in den widrigsten Umständen und den schwierigsten Verhältnissen unsere Seele gesund gefunden wird.

M. - v. d. K.

Lukas 9,51.

Einige schlichte Gedanken.

Was wohl das Herz des Lukas bewegen mochte, als er unter der Inspiration des Geistes dieses Wort schreiben mußte?! Können wir etwas davon nachempfinden? Ja, vielmehr: können wir, die wir „Christi Sinn“ haben (1. Kor. 2,16), uns ein wenig in die Seele unseres geliebten HErrn hineinversenken, wie Ihm zumute gewesen sein mochte, als „Er Sein Angesicht feststellte, nach Jerusalem zu gehen“, indem Er wohl wußte, was Seiner dort wartete? (Vgl. Mark. 10,32-34 u. a.!) Dennoch kein Zagen, kein - menschlich-verständliches - Zurückschrecken, kein Gedanke, sich dem Kommenden zu entziehen! Nein, stracks, geradenwegs aufs Ziel zu, „Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“!

Aber in diesem schlichten Eingangssatz seines Leidensweges (nach Lukas) liegt doch noch viel mehr als nur die unbedingte Entschlossenheit zu diesem Wege: „die Tage Seiner Aufnahme erfüllten sich“, sagt der Evangelist. Was heißt das? Dieses Wort zeigt uns, was die Seele des HErrn erfüllte, während Er Sein Angesicht feststellte, nach der Blutstadt Jerusalem (vgl. Luk. 13,33.34), in den Tod am Fluchholz zu gehen. Dies Wort ist ähnlich dem von Hebr. 12,2. Der HErr sah über den Tod hinaus, über das unnennbare Leid, das Ihm werden sollte, hinüber auf den unendlich seligen Tag Seines „Aufgenommenwerdens in Herrlichkeit“ (vgl. 1. Tim. 3,16, wo für „ist aufgenommen“ im griechischen Grundtext das Zeitwort steht, das dem in unserer Stelle vom Heiligen Geist gewählten Hauptworte „Aufnahme“ im Griechischen entspricht! ebenso in Mark. 16,19; Apg. 1,2.11.22). Das war etwas von der vor Ihm liegenden Freude von Hebr. 12,2!

Es sollte uns, den durch Sein Blut von ihren Sünden gewaschenen und von der Macht des Todes

durch Seinen Tod erlösten Seinigen stets aufs neue köstlich sein, Ihn zu „betrachten“ (Hebr. 12,3), wie Er Seinen Leidensweg begann und vollendete! Unsere Herzenszuneigungen sollten sich mit der Tiefe Seiner Leiden anbetend beschäftigen, und wir sollten Ihn im Rückblick auf dieselben stets wieder und wieder unser Mitgefühl schmecken und genießen lassen, - sehnte Er Sich doch danach (vgl. Matth. 26,40 u. a.), wie es auch in Seinem Wunsche bei der Einsetzung Seines Gedächtnismahles, daß wir Seiner in Seinem Tode gedenken möchten, zum Ausdruck kam (Luk. 22,14-20). Aber wenn wir uns hineinversenken in das Wort Luk. 9,51, das, wie gesagt, nach Lukas des HErrn Jesu Leidensweg nach Jerusalem hin einleitet, so müssen und dürfen wir bewundernd schauen, wie unser teurer Heiland - ich rede menschlich, aber in tiefer Ehrfurcht! - Sich sehnte nach Seiner Aufnahme, d. h. danach, wieder heim zu gelangen ins Haus Seines Vaters, heraus zu dürfen aus dieser kalten, sündigen, Ihn, ihren ständigen Wohltäter ständig mißachtenden, hassenden Welt, in der Er nie gelacht, sehr oft aber geweint hatte! „Jesus vergoß Tränen“ (Joh. 11,35 u. a.), wie spricht das zu unserem Herzen! Wir dürfen anbetend schauen, wie Er in Seiner freiwilligen Selbsterniedrigung als Mensch gelitten hat, in Seiner Selbstentäußerung entbehrt hat, in jenen 33 Jahren an allem, was Ihm zukam, gedarbt hat, und wie Er demgemäß ein „sehnliches Verlangen“ trug (so wie später Sein Apostel Paulus nach Phil. 1,23 wörtlich!) nach Seiner Verherrlichung, mit der dann das schwere Werk, dessentwegen Er Mensch ward, für immerdar vollendet sein würde. Wir dürfen nie vergessen, daß Er - obwohl stets „der eingeborene Sohn in des Vaters Schoß“ (Joh. 1,18), stets Gott von Ewigkeit her (Joh. 1,1) - doch völlig Mensch war, „versucht wie wir, ausgenommen die Sünde“ (Hebr. 4,15), und im Besitz menschlicher Empfindungen und Gefühle wie wir und daß Er - darum - Sich sehnen konnte wie wir, nur (weil keinerlei Trübung durch Sünde und Unvollkommenheit vorhanden war) unendlich reiner und heiliger. Wenn wir dies bedenken, so lernen wir, diese kostbare Stelle ein wenig mitzuempfinden, lernen auch, uns im Rückblick mit Ihm zu freuen und zu triumphieren, daß der heiß ersehnte Zeitpunkt nicht mehr fern war, nur noch einige Monate, und daß der Blick hinaus in die Herrlichkeit Ihm, dem Geliebten, den Gedanken an das vor Ihm liegende Leiden und Sterben versüßen mußte (vgl. auch Phil. 2,5-11). Nicht mehr lange - und Er würde als der verherrlichte Mensch „zur Rechten der Majestät in der Höhe“ den Ihm gebührenden Platz „mit Ehre

verherrlichte Mensch „zur Rechten der Majestät in der Höhe“ den Ihm gebührenden Platz „mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt“ einnehmen (Hebr. 2,9) - das war wohl Ursache genug für Ihn, für den „ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes Erniedrigten“ (Hebr. 2,7), sich zu freuen, daß sich „die Tage Seiner Aufnahme erfüllten“.

Über dies „sich Erfüllen“ ließe sich auch noch manches sagen (vgl. Lukas 9,31; Gal. 4,4 u. v. a. St.); ebenso darüber, daß nach dem Lukas-Evang., in dem die Ereignisse nach inneren Gesichtspunkten zusammengestellt sind, der besprochenen Stelle die Verklärungsgeschichte Jesu kurz vorangeht (9,28-36), woraus sich für den Schriftforscher tiefe Zusammenhänge ergeben; aber ich muß hier abbrechen.

Möchten diese wenigen schlichten Gedanken über Luk. 9,51 den Lesern als Anregung dienen, sich mit dieser oft nicht genügend ins Auge gefaßten Darstellung des Beginnes von des HErrn Jesu Leidensweg nach Jerusalem mehr zu beschäftigen! Sicherlich - solche Beschäftigung wird unserem geliebten HErrn Freude bereiten und den Seinen bleibenden Segen bringen!

F. K.

„Den meine Seele liebt.“

(Hohel. 3,3.)

Den meine Seele liebt,

Der hat nicht Seinesgleichen,

Drum muß auch Seiner Lieb'

All' andre Liebe weichen.

Er ist mein bester Freund,

Der immer bei mir bleibt,

Und alle Kümmernis

Von meinem Herzen treibt.

Ein solcher ist mein Freund;

Wie gut sind Seine Gaben,

Mit welchen Er mich will

Ohn' alles Ende laben!

Was ich hier davon weiß,

Ist nicht gering und klein,

Und viel mehr werd' ich sehn,

Wann ich werd' bei Ihm sein.

(„Glaubensharfe.“)

Frage und Antwort

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Frage 14

Wie kommen wir zurecht mit Hebr. 8,8 in bezug auf Jerem. 31,31-34? Diese letztere prophetische Aussage handelt doch nur von Israels Wiederherstellung; aber in Hebr. 8wird sie offenbar auf die Gemeinde angewendet und auf den neuen Bund (vergl. Hebr. 8,1: „Wir haben einen Hohenpriester ...“ usw.).

Antwort

Der Fragesteller bemerkt richtig, daß die Stelle in Jerem. 31 eine Prophezeiung ist, die sich auf das Volk Israel bezieht. Im Alten Testament ist nie von der Versammlung die Rede, denn diese war ein Geheimnis, das verborgen war in Gott (Ephes. 3,9), und gehört zu den ewigen Dingen, die nicht im Alten Testament, sondern nur im Neuen Testament enthüllt sind. Die Dinge im Alten Testament sind irdisch und zeitlich, die Dinge im Neuen Testament himmlisch und ewig; im Alten Testament finden wir die Abbilder und Schatten, im Neuen Testament das Wesen. Das Alte Testament beschäftigt sich mit dem Menschen in Verbindung mit dieser Erde, die einmal aufgelöst werden wird (2. Petr. 3,10-12), und geht über diesen Rahmen selbst dann nicht hinaus, wenn es die Dinge als „ewig“ bezeichnet (z. B. 1. Mos. 9,12.16; 2. Sam. 7,13.16; Jes. 9,7; Dan. 2,44; 7,27, außer vielen anderen Stellen) und von einem „neuen Himmel“ und einer „neuen Erde“ spricht (Jes. 65,17). Darum ist der Gegenstand im Alten Testament niemals die Versammlung, die himmlischer Berufung ist, d. h. deren Platz die himmlische Herrlichkeit ist und deren Segnungen himmlischer Natur sind, sondern immer das Volk Israel, Sein auserwähltes irdisches Volk, das einmal noch unter der Friedensherrschaft seines Messias sich aller irdischen Segnungen erfreuen wird. Mit diesem Volk hat Er, nachdem Er es aus dem Lande Ägypten herausgeführt hatte, am Berge Sinai einen Bund gemacht, der Seine Beziehungen zu diesem Volke feststellte und ihnen Segen zusagte, wenn sie gehorsam waren, und sie mit dem Fluche bedrohte, wenn sie nicht gehorchten - dieses war der „erste Bund“ -, und nur mit diesem Volke wird Er auch den Neuen Bund machen, von dem in Jerem. 31,31-34 gesprochen wird. Das sagt der ganze Wortlaut dieser Stelle und ganz besonders V. 31 u. 33 ganz klar. Warum

der ganze Wortlaut dieser Stelle und ganz besonders V. 31 u. 33 ganz klar. Warum aber in Hebr. 8wird sie offenbar auf die Gemeinde angewendet und auf den neuen Bund (vergl. Hebr. 8,1: „Wir haben einen Hohenpriester ...“ usw.).

unbereubar“

(Röm. 11,29). Deshalb redet Er von einem Neuen Bunde; aber nicht wie der Bund, den Er mit ihren Vätern gemacht hatte und den sie gebrochen haben (Jerem. 31,32) - dieser war in Buchstaben niedergeschrieben und stellte Ansprüche, die zu erfüllen sie unfähig waren -, sondern ganz anderer, neuer Art: durch Seinen Geist, geschrieben nicht auf steinerne Tafeln oder Papier, sondern in ihre Herzen; gegründet nicht auf ihre Tüchtigkeit, sondern auf Seine Gnade, indem Er alles gibt und wirkt, sie in das richtige, Seinem Herzen entsprechende Verhältnis zu Ihm bringt, ihre Missetat vergibt und ihrer Sünde nicht mehr gedenkt (V. 33.34). Diesen Bund wird Er mit dem dann wiederhergestellten Israel machen „am Ende der Tage“, wenn sie durch die große Drangsal hindurchgegangen sein werden und Er „die Gefangenschaft der Zelte Jakobs wenden und seiner Wohnungen Sich erbarmen“ und sie in ihr Land zurückbringen, retten und segnen wird (Jerem. 30 und 31). Das Alte Testament ist voll von Verheißungen auf jene noch zukünftige Zeit, wenn Er kommen wird für Sein irdisches Voll als „die Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Segnungen des Neuen Bundes im voraus genießen, wie in vorstehendem darzulegen versucht worden ist.

Th. K.

 

Wir haben gesehen, daß der Neue Bund noch künftig ist und nicht mit uns gemacht wird. Wie könnte er auch? Sind wir doch Kinder Gottes, und mit seinen Kindern macht doch ein Vater keinen Bund! Wie kommt es aber dann, daß dennoch im Neuen Testament der „Neue Bund“ wiederholt erwähnt ist? Der HErr sagt in Matth. 26,28: „Denn dieses ist Mein Blut, das des Neuen Bundes“; Paulus schreibt 1. Kor. 11,25, als vom HErrn empfangen: „Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blute“, und in 2. Kor. 3,6: „... der uns auch tüchtig gemacht hat zu Dienern des Neuen Bundes ...“, und der Schreiber des Briefes an die Hebräer erwähnt den Neuen Bund zu wiederholten Malen (7,22; 8,6-13; 12,24). Die Erklärung ist einfach. Der Neue Bund, der im Alten Testament angekündigt wird und mit dem alle die herrlichen Verheißungen des Alten Testamentes untrennbar verbunden sind, erfordert eine Grundlage, die der Heiligkeit und Gerechtigkeit Gottes in bezug auf diejenigen, mit denen Er den Neuen Bund macht, vorkommen Genüge leistet. Diese Grundlage konnte nur auf dem Wege einer vollgültigen Sühnung durch ein angemessenes Opfer geschaffen werden. Schon beim ersten Bunde wurde dieses vorgebildet durch die Besprengung des Volkes, der Hütte und aller Gefäße des Dienstes mit dem Blute von Kälbern und Böcken als dem „Blute des Bundes“. Damit wurde damals alles gereinigt (Hebr. 9,19-21). Da aber der Neue Bund ein „besserer Bund“ ist mit „besseren Verheißungen“ (Hebr. 8,6), muß auch die Sühnung eine „bessere“ sein: es muß eine solche sein, die den Ansprüchen Gottes wirklich vollkommen genügt, und das vermag nichts anderes als das kostbare Blut Christi. Auf Grund dieses kostbaren Blutes allein kann Gott vergeben und dem Menschen in Gnade begegnen; auf dieser Grundlage allein kann Gott einst den „Neuen Bund“ mit Seinem irdischen Volk machen. Deshalb ist Sein Blut „das des Neuen Bundes“ (Matth. 26,28). Alle,

die in den Neuen Bund eintreten, müssen mit diesem kostbaren Blute besprengt werden, wie einst beim ersten Bunde das ganze Volk mit dem „Blut des Bundes“ besprengt wurde. Jene Blutbesprengung geschah nur mit Blut von Tieren und geschah äußerlich; die Blutbesprengung bei dem Neuen Bunde aber geschieht mit dem kostbaren Blute Christi im Herzen durch Glauben an dieses kostbare Blut, wie es Hebr. 10,22 heißt: „... so laßt uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewißheit des Glaubens, die Herzen besprengt und also gereinigt vom bösen Gewissen ...“ Das ist es auch, was Petrus meint mit der „Blutbesprengung Jesu Christi“ (1. Petr. 1,2). Sonach ist der Genuß der Segnungen des Neuen Bundes von dieser Blutbesprengung abhängig und damit verknüpft, und jeder, der unter diese Blutbesprengung kommt - durch den Glauben an Sein Blut -, tritt damit in diese Segnungen ein. Das wird einst an dem Volke Israel wahr werden, wenn die Zeit dafür gekommen sein wird. Aber dieses kostbare Blut ist nicht nur für Israel geflossen, mit dem der Neue Bund gemacht werden wird, sondern der HErr sagte: „... welches für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Matth. 26,28); es floß für jeden, der an Ihn glaubt! Und jeder, der an Ihn glaubt, hat durch den Glauben das kostbare Blut Christi auf sich angewendet, an ihm ist die Besprengung mit dem „Blute des Neuen Bundes“ geschehen, und er erfährt die Wirkung dieses kostbaren Blutes: die Segnungen des Neuen Bundes, wiewohl in der Form, die der gegenwärtigen Zeit entspricht, welche die Zeit des Geistes, die Zeit des Glaubens und nicht des Schauens ist - also nicht in äußeren Dingen und irdischen Zuständen, wie es dann sein wird, wenn der Neue Bund mit Israel gemacht sein wird, jetzt aber inmitten einer gottlosen Welt voll Sünde ganz unmöglich ist, sondern in geistlichen Dingen, die der natürliche Mensch nicht sieht, deren aber das gläubige Herz sich erfreut. Darum ist der Kelch für uns „der Kelch der Segnung, den wir segnen“ (1. Kor. 10,16),

und „der Neue Bund in Seinem Blute“ (1. Kor. 11,25), eben weil wir durch Sein Blut alles dessen teilhaftig sind, im voraus und geistlicherweise, was mit dem Neuen Bunde verbunden ist. Aber nicht nur das, sondern wir dürfen auch einer armen Welt um uns her die Botschaft von diesem kostbaren Blute und den damit verbundenen Segnungen bringen, eine Botschaft, deren Gegenstand nicht eine Sache des toten Buchstabens, sondern des Herzens ist, durch den Geist, wie es einst der Neue Bund sein wird, und dürfen in diesem Sinne „Diener des Neuen Bundes“ sein (2. Kor. 3,6). Paulus konnte das von sich sagen; der vollkommene Diener des Neuen Bundes“ aber ist der HErr Selbst. Das zeigt uns in besonderer, herrlicher Weise der Brief an die Hebräer, seiner Eigenart gemäß. Dieser Brief richtet sich offensichtlich an Personen, die früher dem Bundesvolk Jehovas, Israel, angehört hatten, aber an den Herrn Jesus gläubig geworden waren bezw. sich zu Ihm bekannten. Sie hatten wegen ihrer Stellungnahme zu dem von der Welt und vor allem von ihrem eigenen Volke verachteten und verworfenen Jesus „viel Kampf der Leiden erduldet“ (10,32) und standen in der Gefahr, unter diesen schweren Umständen zu „ermüden, indem sie in ihren Seelen ermatteten“ (12,3). Sie bedurften deshalb ganz besonders der Ermunterung und der Ermahnung zum Ausharren. Zu diesem Zwecke bemüht sich der Heilige Geist in diesem Briefe, ihnen zu zeigen, was sie im Herrn Jesus und durch Ihn besaßen - daß Er unendlich größer und herrlicher ist als die Engel und als alle die großen Männer, auf die sie mit Ehrfurcht blickten - Mose, Josua, Aaron, Abraham, Melchisedek -, und daß Er das wahre Wesen aller Dinge ist, jene Männer und Dinge aber nur Vorbilder und Schatten waren, die auf Ihn hinwiesen, und daß daher alles, was sie nunmehr besaßen, dementsprechend „besser“ war als das, was sie vorher im Judentum gehabt hatten, ja, daß Er der Erfüller aller Verheißungen ist und daher gerade sie, weil sie Ihn hatten, die Berufenen waren, welche die Verheißungen empfingen. Es

ist also nicht die Gemeinde, die wir hier vor uns haben - wiewohl die Angeredeten, soweit sie wirklich wiedergeboren waren, ein Teil der Gemeinde waren -, sondern der gläubige Überrest des Volkes Israel, der den gekreuzigten und auferstandenen HErrn als seinen Messias im Glauben anerkennt, Ihn jetzt in der himmlischen Herrlichkeit weiß und Sein Wiedererscheinen „zur Seligkeit“ erwartet (9,28). In diesem Zusammenhang sind die Belehrungen in diesem Briefe zu verstehen, wenngleich sie auch für jedes Kind Gottes von größter Wichtigkeit und Kostbarkeit sind. Hier allein finden wir den HErrn als den Hohenpriester, der Er geworden ist „in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks“ nach Ps. 110,4, und werden eingeweiht in Seinen wunderbaren Dienst als solchen. Dieser Dienst ist nicht der des Alten Bundes, denn unter diesem waren andere zu Priestern bestellt - von den Söhnen Levis, „Menschen, die Schwachheit haben und durch den Tod verhindert waren, zu bleiben“ -, sondern ein soviel höherer, als Er höher ist, als sie waren: Er ist „eines besseren Bundes Bürge geworden“ (7,22); Er ist „ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, welche der HErr errichtet hat, nicht der Mensch“ (8,2); Er hat „einen vortrefflicheren Dienst erlangt, insofern Er auch Mittler ist eines besseren Bundes, der auf Grund besserer Verheißungen gestiftet ist“ (8,6); Er ist „gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter, in Verbindung mit der größeren und vollkommeneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht (d. h. nicht von dieser Schöpfung ist), auch nicht mit Blut von Böcken und Kälbern, sondern mit Seinem eigenen Blute“, und ist „ein für allemal in das Heiligtum eingegangen, als Er eine ewige Erlösung erfunden hatte“ (9,11.12), und darum ist Er „Mittler eines Neuen Bundes, damit, da der Tod stattgefunden hat zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bunde, die Berufenen die Verheißung des ewigen Erbes empfingen“ (9,15). Er ist, wie schon gesagt, der vollkommene Diener des Neuen Bundes! So sollten die Empfänger des Briefes Ihn

erkennen und schätzen lernen, damit ihre Herzen die wunderbare Tatsache erfassen und genießen möchten, daß sie dieses Dienstes und der Segnungen desselben durch Glauben bereits teilhaftig waren, wenn auch die sichtbare Erfüllung der Verheißungen noch in der Zukunft lag und sie hier durch Kampf und Leiden zu gehen hatten. Die letzteren sollten ja nur zu ihrer Erziehung dienen; daher sollten sie mit neuer Kraft ihren Lauf fortsetzen und „dem Frieden nachjagen mit allen und der Heiligkeit“, ihrer Hoffnung gemäß, den HErrn zu schauen. Dazu bedurften sie der Gnade Gottes und zugleich des Bewußtseins ihrer VerAntwortlichkeit dieser Gnade gemäß. Diese Gnade war aber nicht mit dem ersten Bunde verbunden, der am Berge Sinai gemacht wurde und dessen Mittler Mose war, sondern kennzeichnete den Neuen Bund, den Er vom Berge Zion aus machen wird (2. Kön. 19,31; Ps. 14,7;

128,5 u. a. m.) und dessen Mittler der HErr Selbst sein wird. Durch den Glauben an Ihn, der der Mittler ist, und an Sein Blut, welches das des Neuen Bundes ist, war für sie diese Gnade schon erschlossen, und sie brauchten nur darauf zu achten, daß sie keinen Mangel an dieser Gnade hatten und sorgfältig auf Seine Stimme hörten, die zu ihnen vom Himmel her ertönte, wo Er jetzt ist. Deshalb heißt es in Kap. 12: „Denn ihr seid nicht gekommen zu dem Berge, der betastet werden konnte“ usw., „sondern ihr seid gekommen zu dem Berge Zion“ usw. „und zu Jesu, dem Mittler eines Neuen Bundes; und zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel“ usw. (V. 18-29).

Also wo irgend im Neuen Testament der „Neue Bund“ erwähnt wird, wird damit nie gesagt, daß der Neue Bund mit der Gemeinde gemacht sei oder werde, sondern nur, daß wir geistlich die künftigen Segnungen des Neuen Bundes im voraus genießen, wie in vorstehendem darzulegen versucht

Frage 15

Wie haben wir Offb. 3,16b zu verstehen, wenn wir doch in Betracht ziehen, daß die Worte an die Gemeinde gerichtet sind?

Antwort

Obige Frage ist schon oft gestellt worden, zumal viele Ausleger gerade aus den Sendschreiben der Offenbarung das Verlorengehenkönnen der Kinder Gottes abgeleitet haben. Wir wollen damit nicht sagen, daß in der Schrift, besonders aber im letzten Buche der Bibel, nicht Schriftstellen zu finden wären, die scheinbar dieser Auffassung gerecht würden. Aber wenn wir den Charakter des jeweiligen Buches berücksichtigen, dann werden wir zu anderen Ergebnissen gelangen. Das letzte Buch der Bibel ist ausgesprochen ein Buch der Gerichte und der besonderen VerAntwortlichkeit der Menschen dem HErrn als Richter gegenüber. So ist das letzte Sendschreiben an die letzte Gemeinde, die uns im Worte Gottes genannt wird, prophetisch mit dem letzten Zustand der bekennenden Gemeinde auf Erden beschäftigt.1 Die volle Reife des abschließenden Zustandes der bekennenden Kirche ist noch nicht eingetreten, da sonst ein Bußruf, eine Warnung, ein göttlicher Rat, liebende Zucht und

1

Wir bemerken, daß der Verfasser obiger klarer Antwort in den Sendschreiben den prophetisch angedeuteten Gang der Kirchengeschichte sieht, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß diese sieben Gemeinden zunächst damals wirklich vorhandene Gemeinden waren. Jene (wichtigste) prophetische Auffassung von Kap. 2 und 3 der Offenbarung ist in den „Handr.“ ja auch stets gebührend berücksichtigt, vgl. z. B. in Bd. 5, wo besonders oft über Stellen aus diesen Kapiteln geschrieben ist, oder in anderen Bänden! Aber es darf doch betont werden, daß jene sieben Gemeinden damals tatsächlich bestanden, und da ist es von tiefer, tiefer Bedeutung, daß die Gemeinde in Laodicea gut 30 Jahre, nachdem der Kolosserbrief geschrieben ist, in dem Laodicea viermal erwähnt wird (2,1; 4,15 und 16), auf einem solch tiefen Stande angekommen war, daß der HErr als der Richter unter Seinen sieben Leuchtern (= Lichtträgern) von Ausspeien reden muß! (Man vergleiche den Epheserbrief mit seinen 22 Erwähnungen von Ausdrücken der Liebe und das Sendschreiben an Ephesus, das erste der sieben, mit dem so ernsten Vorwurfe „Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen haft!“ [Kap. 2,4]; auch da beträgt der Zeitunterschied nur gut 30 Jahre zwischen der Abfassung der beiden Briefe!) - Wie wichtig ist daher die siebenmalige Ermahnung an den einzelnen, zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt! Wie wichtig aber auch, daß jede einzelne derzeitige Ortsgemeinde sowie auch die ganze Gemeinde des HErrn, wie sie heute ist, sich in dem Lichte dieser Gerichtsschreiben betrachte und sich hüte, diesen Urteilen zu verfallen - Urteilen, die im Laufe der Geschichte der christlichen Gemeinde, also der Kirchengeschichte bis heute hin, ihre unzweifelhafte Bestätigung gefunden haben! (Anmerkung des Schriftleiters F. K.)

noch nicht eingetreten, da sonst ein Bußruf, eine Warnung, ein göttlicher Rat, liebende Zucht und selbst eine Überwinderverheißung nicht mehr am Platze wären. Denn die Form der Gottseligkeit ohne Kraft von Laodicea, das Bekenntnis ohne Leben von Sardes, die Anmaßung ohne Treue von Thyatira finden wir in diesem Buche der Offenbarung im 17. und 18. Kapitel in der vollendetsten und ausgereiftesten Weise wieder. Darum Gericht ohne jede Gnade. Nichtsdestoweniger sind die Umrisse der Zustände bereits klar zu erkennen, und wir sind in der Lage, durch Gottes Wort und Geist die Dinge zu beurteilen, um uns von ihnen zu trennen und fern zu halten. Vor allem ist uns in jedem Sendschreiben, also siebenmal, das Wort: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ aufs Herz und Gewissen gelegt: Daß der Geist Gottes an der Gemeinde Kritik übt und sie mithin nicht mehr als zuverlässig in göttlichen und geistlichen Dingen anzuerkennen ist. Für uns ist jetzt das Wort und der Geist Gottes allein maßgebend und nicht mehr die Gemeinde. Aus der rein persönlichen Ermahnung: „Wer ein Ohr hat“ usw. muß man schließen, daß der Geist Gottes mit dem Ohr und mit dem Herzen der einzelnen Gläubigen rechnet und nicht mehr mit der Gesamtgemeinde. Dies zeigt uns den Verfall der Gemeinde als Ganzes und die ernste VerAntwortlichkeit des Einzelnen. Wir halten das betende Studium der sieben Sendschreiben am Ende der Verwaltung der Gnade für besonders wichtig und zeitgemäß. Das letzte Buch sollte nur aus dem Verlangen heraus studiert werden, den Willen unseres Herrn in allem zu erkennen und zu tun. Seine Wege mit der Gemeinde, mit Israel, mit der Völkerwelt und der gesamten Schöpfung: welch klare Anweisungen finden wir für uns da aufgezeichnet! Mit Ausnahme von Smyrna und Philadelphia, wo wir nur Anerkennung finden und keinen Tadel, wird in den vier vorhergehenden Schreiben beides gefunden. Laodicea macht auch in diesem eine Ausnahme zu ihren Ungunsten, da nichts für das Auge und Herz des HErrn Liebliches

zu finden war und Er nur Tadel aussprechen mußte.

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Wir bemerken, daß der Verfasser obiger klarer Antwort in den Sendschreiben den prophetisch angedeuteten Gang der Kirchengeschichte sieht, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß diese sieben Gemeinden zunächst damals wirklich vorhandene Gemeinden waren. Jene (wichtigste) prophetische Auffassung von Kap. 2 und 3 der Offenbarung ist in den „Handr.“ ja auch stets gebührend berücksichtigt, vgl. z. B. in Bd. 5, wo besonders oft über Stellen aus diesen Kapiteln geschrieben ist, oder in anderen Bänden! Aber es darf doch betont werden, daß jene sieben Gemeinden damals tatsächlich bestanden, und da ist es von tiefer, tiefer Bedeutung, daß die Gemeinde in Laodicea gut 30 Jahre, nachdem der Kolosserbrief geschrieben ist, in dem Laodicea viermal erwähnt wird (2,1; 4,15 und 16), auf einem solch tiefen Stande angekommen war, daß der HErr als der Richter unter Seinen sieben Leuchtern (= Lichtträgern) von Ausspeien reden muß! (Man vergleiche den Epheserbrief mit seinen 22 Erwähnungen von Ausdrücken der Liebe und das Sendschreiben an Ephesus, das erste der sieben, mit dem so ernsten Vorwurfe „Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen haft!“ [Kap. 2,4]; auch da beträgt der Zeitunterschied nur gut 30 Jahre zwischen der Abfassung der beiden Briefe!) - Wie wichtig ist daher die siebenmalige Ermahnung an den einzelnen, zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt! Wie wichtig aber auch, daß jede einzelne derzeitige Ortsgemeinde sowie auch die ganze Gemeinde des HErrn, wie sie heute ist, sich in dem Lichte dieser Gerichtsschreiben betrachte und sich hüte, diesen Urteilen zu verfallen - Urteilen, die im Laufe der Geschichte der christlichen Gemeinde, also der Kirchengeschichte bis heute hin, ihre unzweifelhafte Bestätigung gefunden haben! (Anmerkung des Schriftleiters F. K.)

Laodicea ist gekennzeichnet durch drei bestimmte Züge:

1. Durch Gleichgültigkeit dem HErrn gegenüber, der darum außerhalb der Gemeinde ist. Einen schauerlicheren Zustand kann man sich wohl kaum vorstellen. Ephesus ohne erste Liebe; Pergamus ohne Kraft; Thyatira ohne Treue; Sardes ohne Leben; Laodicea aber ohne Ihn, den HErrn Selbst. Er - draußen! Schrecklich!

2. Ist sie charakterisiert durch Neutralität, die sich vor allem in dem lauen Zustand ausdrückt. Neutralität in göttlichen Dingen gibt es nicht. Wer sie lehrt, ist ein Laodicäer, ein Betrüger, ein falscher Prophet, der Wolf im Schafskleid. Überall, wo man dem Herrn gegenüber gleichgültig ist, da ist Laodicea. Nicht für Ihn und nicht gegen Ihn. Weder kalt noch warm. Es ist die Gemeinde, wo alles geduldet wird und ein jeder denken, glauben, lehren kann, was er will. Es ist die Weltkirche, die jeden aufnimmt und jedem gerecht wird. Sie trägt den Namen in der Tat: „Die Volksgerechte“.

3. Wir finden bei ihr Selbstzufriedenheit und Selbstgenügsamkeit. Sie ist zufrieden mit sich, weil sie meint, alles zu besiten. Sie ist eine Nachahmung von Philadelphia. „Du sagst“ Vers 17 zeigt nur zu deutlich ihre Einbildung. Sie ist zufrieden ohne Christus, hat genug ohne Ihn und ist reich, getrennt von Ihm, in dem alle Schätze und Reichtümer Gottes verborgen sind. Jede Gemeinde, die von sich sagt, daß sie reich sei, zeigt nur ihre große Armut. Wenn der HErr dies von einer Gemeinde sagt, wie Er es tut bei Smyrna, dann ist dies wirklicher, göttlicher und ewiger Reichtum. Da wir hier nur Tadel finden und gar keine Anerkennung, sind wir gezwungen, in Laodicäa die bekennende und leblose

finden und gar keine Anerkennung, sind wir gezwungen, in Laodicäa die bekennende und leblose Masse zu erblicken. Wenn der HErr auch ihr entsprechend ihrem Bekenntnis als Gemeinde begegnet, so ist sie doch in Wirklichkeit keine Gemeinde Gottes, weil der HErr nicht mehr in ihrer Mitte gefunden wird. Nicht, daß einige Kinder Gottes in irgend einem Kreis gefunden werden, macht jenen zu einer Gemeinde Gottes, sondern daß der HErr dort gefunden wird. Laodicäa ist eine christuslose Gemeinde. Können wir uns dann wundern, daß der HErr sie mit der abscheulichsten Verachtung und Strafe bedroht? „So werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.“ Zwei sehr ernste Worte werden von dem HErrn in dem ersten und letzten Sendschreiben gebraucht. In Ephesus: „Die auch Ich hasse“. Das einzige Mal in der Offenbarung, daß der HErr Seinen Haß gegen irgend etwas ausspricht. Kap. 17,16 und 18,2 wird es nicht vom HErrn gesagt. Was müssen das für Werke sein, daß der Herr Jesus sie haßt! Es ist ohne Zweifel eine Verdrehung und ein Mißbrauch der unumschränkten Gnade Gottes, durch die das Christentum vor allen anderen Segenskreisen anderer Zeitabschnitte ausgezeichnet ist. In dem letzten Sendschreiben finden wir, daß Er „ausspeien“ werde. Vgl. 3. Mose 18,28; 20,22. Wenn wir nicht irren, ist es das einzige Mal im Worte Gottes, wo der Herr der Ausführende dieser Handlungen ist. Die bekennende Masse ist Ihm ein Gegenstand solcher Widerlichkeit, daß Er nie wieder etwas mit diesem abscheulichsten aller antigöttlichen Systeme zu tun haben will. Wir finden darum, daß die ausgespiene falsche Kirche als ein solches ekelerregendes Weib und System uns in Kapitel 17 und 18 vorgestellt wird, welches der HErr nicht persönlich, sondern durch das römische Tier richten und vernichten wird, ehe Er kommt als Weltenrichter. So ist der größte Schandfleck, Greuel und Abscheu der Welt aller Zeiten hinweggetan. Auch nichts darf davon übrig bleiben nach dem Worte des HErrn. Niemand vermag den Schrecken des Endes der

falschen Kirche zu schildern. Habe du nichts zu tun mit der Weltkirche! Geh heraus aus ihr, damit du ihrer Sünden nicht teilhaftig wirst (Offb. 18,4). Gern hätten wir noch etwas über die Unterschiede der Gemeinde als Leib, Tempel und Haus Gottes geschrieben, da diese Unterschiede zu wenig verstanden werden. Doch ist der Raum für diese Antwort Erschöpft. Nur eines möchten wir besonders hervorheben, daß in der Offenbarung, besonders in den sieben Sendschreiben, die Gemeinde als Haus in seinem verAntwortlichen Charakter vorgestellt wird. Denn das Gericht fängt an bei dem Hause Gottes. (1. Petri 4,17.) Darum finden wir, daß Gott in dem Buche Seiner Gerichte mit Seinem Hause beginnt. Denn „Seinem Hause geziemt Heiligkeit auf Länge der Tage“ (Ps. 93,5). Alles, was nicht diesem

Charakter entspricht, verfällt dem Gericht des heiligen Gottes. Mögen wir durch Gottes Gnade aus all diesem lernen!

K. O. St. Hütet die Herde!

Tit. 1; 1. Tim. 3 u. 1. Petr. 5,2.

(Nach einem Vortrag.)

Wenn ich im Anschluß an unsere Schriftstellen einige Worte über die Ältesten sage, so tue ich es in dem Wunsche, den Jüngeren in unserer Mitte eine Hilfe zu sein, da über die Frage der Ältesten in unseren Tagen viel Verwirrung und Unklarheit herrscht.

Der 5. Vers unseres Kapitels (Tit. 1) sagt uns, weshalb Titus in Kreta zurückgelassen wurde. Ähnliches finden wir auch in bezug auf Timotheus gesagt. Der Apostel schreibt Timotheus: „Ich bat dich, in Ephesus zu bleiben, auf daß du etlichen gebötest, nicht andere Lehren zu lehren ...“ (1. Tim. 1,3.) In Ephesus war die Gefahr der falschen Belehrungen. Ungesunde Lehren wurden gelehrt, die alles auf den Kopf stellten. In Kreta war die Gefahr der Unordnung. Paulus schreibt Titus: „Deswegen ließ ich dich in Kreta, daß du, was noch mangelte, in Ordnung bringen ... möchtest ...“

„Gott ist kein Gott der Unordnung“ (1. Kor. 14,33), sondern ein Gott, der Ordnung haben will. Wenn Er ein Haus auf Erden hat, dann will Er keine Unordnung in Seinem Hause sehen. Wir wissen, daß alle Gläubigen Hausgenossen Gottes geworden sind. Gottes Haus ist ein Bau aus lebendigen Steinen. Diese lebendigen Steine sind du und ich und alle, die durch Gottes Gnade mit dem „lebendigen Stein“ in Berührung gekommen sind; aus ihnen besteht das Haus Gottes. Wenn nun Gott in unserer Mitte wohnt, will Er, daß alles in Ordnung ist. Gott hat uns über die Ordnungen Seines Hauses Anweisungen

gegeben. Wir sind nicht im Dunkeln darüber gelassen. Der erste Korintherbrief wie auch die Timotheusbriefe sind voll Belehrungen darüber, und hier im Titusbrief empfängt Titus spezielle Anweisung, in Ordnung zu bringen, was noch mangelte.

Titus scheint ein energischerer Charakter als Timotheus gewesen zu sein, denn Paulus mußte den Korinthern schreiben, daß sie zusehen sollten, daß Timotheus „ohne Furcht“ bei ihnen sei. (1. Kor. 16,10.) Titus war dem Apostel ein geeigneter Mann für Kreta, den er heißen konnte: „bringe in Ordnung“. Wir finden den Namen des Titus gar oft da, wo es Schwierigkeiten und etwas zu ordnen gab, so z. B. mit Paulus zusammen in Jerusalem, als es galt, die Beschneidungsfrage zu ordnen, dann auch in Korinth, wo große Schwierigkeiten bestanden und Zucht geübt werden mußte.

Die Gaben und Aufgaben, die der HErr jedem zuteilt, sind ganz verschieden. Das, was ich zu tun habe, hast du vielleicht nicht zu tun, wir alle aber sind immer gern bereit, das zu tun, was einem anderen zu tun aufgetragen ist. Möchten wir lernen, da zu stehen, wo der HErr uns hingestellt, und den Platz auszufüllen, den Er uns zugeteilt hat. Wie viele Schmerzen, Torheit und Aufhalten der Arbeit sind dadurch eingetreten, daß man sich in die Aufgaben anderer hineinmischte! Wenn der HErr nicht so langmütig wäre und in Seiner Gnade das oft abgeschlagene Ohr geheilt hätte, wir hätten schon längst alles verdorben und durcheinander gebracht.

Die Sorge des HErrn über Sein Haus und für die Ordnung Seines Hauses sehen wir in ganz besonderer Weise in den Ältesten, welche Er durch den Heiligen Geist der

Gemeinde gibt. Ehe ich indessen etwas über die Ältesten sage, muß ich auf den

Unterschied zwischen den Diensten der Ältesten und der Gaben,

die der HErr Seiner Gemeinde für ihre Auferbauung gegeben hat (Evangelisten, Hirten, Lehrer), aufmerksam machen. Wird dieser Unterschied nicht beachtet, so müssen natürlich verkehrte Dinge daraus hervorkommen. Es ist deshalb wichtig, etwas näher darauf einzugehen.

Der HErr hat Seiner Gemeinde Gaben gegeben, Er hat Männer ausgerüstet mit Evangelisten-, Hirten- und Lehrer-Gaben für die Auferbauung Seiner Gemeinde. Der Dienst eines Evangelisten, eines Hirten oder eines Lehrers ist ganz anderer Art als der Dienst eines Ältesten. Der Dienst eines Ältesten ist nicht durchaus abhängig von dem Besitz einer solchen Gabe. Wie ersehen dieses aus 1. Tim. 5,17, wo wir lesen: „Die Ältesten, welche wohl vorstehen, laß doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre!“ - woraus klar hervorgeht, daß nicht alle Ältesten begabt waren, in solcher Weise zu arbeiten. Wohl aber waren Liebe, Treue und Hingabe an den HErrn für ihren Dienst erforderlich und weiterhin alle die Eigenschaften, die in 1. Tim. 3 und Tit. 1 aufgezählt sind. Diese Eigenschaften, die für einen Ältesten ein Erfordernis waren, waren aber anderseits wieder kein unbedingtes Erfordernis für die Ausübung der vom HErrn verliehenen Gaben.

Laßt uns einen Augenblick beachten, was in Epheser 4 über die Gaben gesagt ist! Wir finden dort, daß der verherrlichte HErr Gaben für die Auferbauung Seines

Leibes gegeben hat. Obwohl jeder Gläubige den Heiligen Geist als die Gabe Gottes besitzt und durch den Heiligen Geist versiegelt und gesalbt ist und das Unterpfand des Erbes hat, so ist es doch etwas ganz anderes, wenn einem solchen Gläubigen noch eine gewisse Gabe von dem HErrn für die Auferbauung Seiner Gemeinde gegeben wird. Auch das 12. Kapitel des Römerbriefes und das 12. und 14. Kapitel des 1. Korintherbriefes sprechen von solchen Gaben. Im 1. Korintherbrief finden wir weit mehr Gaben angeführt als hier inEph. 4. Dort spricht der Apostel von den Gaben von einem weiteren Gesichtspunkt aus, indem er auch die Wundergaben mit aufführt, durch welche Gott „nach Seinem Willen“ (solange Er es für nötig hielt) das Zeugnis Seiner Knechte bestätigte. (Hebr. 2,4.) Der Epheserbrief spricht dagegen nur von den Gaben für die Auferbauung des Leibes, Seiner Gemeinde. Während Er jene Gaben, durch welche Gott in Zeichen und Wundern das Zeugnis Seiner Knechte bestätigte und „mitzeugte“, nur solange es Ihm gefiel, darreichte, bleiben diese (Evangelisten, Hirten und Lehrer) Seiner Gemeinde erhalten, solange sie in dieser Welt ist.

In unserer Epheserstelle werden uns zuerst die Gaben der Apostel und Propheten genannt. Aus Eph. 2,20: „aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten ...“ sehen wir, daß der HErr durch diese Gaben die Grundlage für den Bau Seiner Gemeinde legte. Dann folgen die Gaben der Evangelisten, Hirten und Lehrer, die bestimmt sind für den Aufbau der Gemeinde auf diese von den Aposteln und Propheten gelegte Grundlage. So konnte Paulus sagen (1. Kor. 3,10), daß er „den Grund gelegt habe“. Der Grund und Eckstein ist Christus. Wie gesagt, die Gaben der Apostel und Propheten waren grundlegend.

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Beachtet, es heißt in Apg. 2,42 nicht: sie verharrten bei oder mit den Aposten, sondern: „sie verharrten in der Lehre der Apostel“. Die Apostel haben wir nicht mehr, aber wir haben noch ihre Lehre, und darin können wir wie im Anfang verharren. (Vergl. 1. Joh. 2,24.)

Nachdem der Grund gelegt war, hat dieser grundlegende Dienst der Apostel und Propheten seinen Abschluß gefunden, und wir haben deshalb keine Fortführung dieser grundlegenden Gaben mehr in noch heute lebenden Personen, weil für einen Bau nicht immer wieder neue Grundlagen zu legen sind, sondern danach die aufbauenden Arbeiten zu folgen haben. Für die aufbauenden Arbeiten auf diesen gelegten Grundlagen hat der HErr die Evangelisten, Hirten und Lehrer gegeben. Diese haben wir heute noch, und diese werden bleiben bis „zur Vollendung der Heiligen“. Die Apostel, Propheten und ihren Dienst haben wir noch in der Heiligen Schrift, aber nicht mehr in lebendigen Personen, und wir verharren, wie im Anfang, in ihrer Lehre. (Apg. 2,42.)1 Dagegen aber haben wir die auferbauenden Gaben noch heute in lebenden Personen, und diese Gaben werden durch die Treue des HErrn Seiner Gemeinde erhalten bleiben, bis Er kommt, um sie zu Sich zu nehmen.

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Beachtet, es heißt in Apg. 2,42 nicht: sie verharrten bei oder mit den Aposten, sondern: „sie verharrten in der Lehre der Apostel“. Die Apostel haben wir nicht mehr, aber wir haben noch ihre Lehre, und darin können wir wie im Anfang verharren. (Vergl. 1. Joh. 2,24.)

Wie schon gesagt, jeder Gläubige hat den Heiligen Geist, aber nicht jeder Gläubige hat durch den Heiligen Geist eine von diesen auferbauenden Gaben empfangen. Wohl besitzt jedes Glied an dem Leibe eine Gnadengabe (1. Petr. 4,10), womit es dienen soll, und jeder hat nach diesem Maße beizutragen für das Wachstum des Leibes, mitzuhelfen in der Ausbreitung des Evangeliums, Mitsorge zu tragen für seine Brüder und seines Bruders Hüter zu sein. Aber damit ist nicht gesagt, daß jeder die Gabe eines Evangelisten, Hirten oder Lehrers habe. Die Gabe eines Evangelisten ist etwas anderes, als nur jemandem den Weg des Heils zeigen zu können. Aber doch hat jedes Glied etwas von dem HErrn empfangen, womit es dienen kann. Und selbst der einfachste und verborgenste Dienst,

der nach dem ihm von Gott zugeteilten Maße und in der Kraft, die Gott darreicht, ausgeübt wird, dient zum Wachstum des Leibes und ist voll Segen und Gewinn, wenn er auch den Augen der Menschen verborgen bleiben mag.

Die Dienste der Ältesten sind rein

örtlich begrenzte

und stehen darin ganz im Gegensatz zu den Diensten der Gaben. Eine Gabe kommt überall zur Anwendung. Ein Evangelist dient überall, wo der HErr ihm Gelegenheit gibt als Evangelist in der Verkündigung des Evangeliums. Ein Lehrer ist überall ein Lehrer, und wo der HErr ihn hinführt, dient er als Lehrer den Heiligen mit seiner Gabe. Ein Ältester aber ist nicht überall ein Ältester und kann nicht überall den Ältestendienst ausüben. Er ist in der Ausübung seines Dienstes an die Ortsgemeinde gebunden, in der ihm dieser Dienst vom Heiligen Geiste anvertraut ist. Ein Ältester in Ephesus hatte seine Aufgaben als Ältester nur in Ephesus, aber nicht in Kreta, und ein Ältester in Kreta konnte nicht in Ephesus oder in einer Nachbarversammlung Ältestendienste tun. Ein Ältester hatte eben nur in der örtlichen Gemeinde seinen Dienst. Ein Bruder, der z. B. Ältestendienste in Berlin tut, kann nicht, weil er solche in Berlin tut, diese auch in Dresden tun. Kommt ein solcher Bruder in eine andere Ortsgemeinde, so kommt er nicht als „Ältester“ in diese Gemeinde, sondern als ein Bruder im HErrn und ist ein Bruder unter Brüdern. Ein Evangelist, Hirte oder Lehrer aber ist dieses überall, und die Schrift zeigt uns, wie solche Brüder hin und her in den verschiedenen

Ortsgemeinden mit ihrer Gabe dienten.

Wenn diese Unterschiede zwischen den Gaben, die zur Auferbauung des Leibes Christi gegeben sind, und dem Dienste der Ältesten, der mit einer Orts-Gemeinde verbunden und auf diese beschränkt ist, nicht unterschieden werden, so müssen natürlich verkehrte Dinge daraus hervorgehen. Wie oft hört man Worte wie: Herr O... ist der Evangelist unserer Gemeinde; oder: der Evangelist der Gemeinde in N. N. wird heute hier das Evangelium verkündigen. Die solches sagen, zeigen, daß sie noch nicht gelernt haben, daß die Gaben der Gesamt-Gemeinde Christi, aber nicht einer örtlichen Gemeinde gegeben sind. Wo auch ein solcher Bruder seinen Wohnsitz haben mag, die ihm verliehene Gabe ist ihm für die Auferbauung des Leibes gegeben. Wo die Glieder dieses Leibes sich auch befinden mögen, die Gaben sind ihm zu ihrer Vollendung gegeben, und der Empfänger der Gabe ist dem HErrn verAntwortlich, sie da auszuüben, wo irgend der HErr ihn hinführt.

Nirgends finden wir in der Schrift etwas derartiges, daß eine Gemeinde sich ihre „Gaben“ (Evangelisten, Hirten usw.) selbst wählte, sondern Gott gibt sie Seiner ganzen Gemeinde (1. Kor. 12,28). Er sendet Arbeiter zum Säen und Arbeiter zum Ernten; aber die Gemeinde beruft sich nicht Kandidaten zu Probepredigten und hält Prüfungen darüber ab und überträgt einem dann das „Amt“, das Wort zu predigen. Solche Dinge kennt Gottes Wort nicht.

Jemand möchte sagen, die Schrift spricht aber doch von einem „Amt des Wortes“ (Apgesch. 6,4), und in Verbindung mit den Evangelisten, Hirten usw. wird in Eph. 4,11 u. 12 doch von dem „Werk des Amtes“ gesprochen,

und weiter möchte jemand sagen, daß in dem Wort „ Amt“ doch ganz folgerichtig ein Angestelltsein, ein Übertragen gewisser Dienste enthalten ist. Ganz sicher wäre dieses richtig, wenn die Schrift von einem „Amte“ sprechen würde, aber dies ist eben nicht der Fall. Luther hat in seiner Übersetzung das griechische Wort „Diakonia“, welches „Dienst“ bedeutet, wohl an einigen Stellen richtig mit Dienst wiedergegeben (Röm. 15,31; 1. Kor. 16,15; 2. Tim. 4,11; Hebr. 1,14), aber an fast allen anderen Stellen dafür „Amt“ gesetzt. Durch diese ungenaue Übersetzung sind manche irre geleitet worden und haben angenommen, daß die Schrift von einem „Amte des Wortes“ (Apgesch. 6,4) usw. rede, während die Schrift jedoch von einem „Dienste des Wortes“ usw. spricht, weil an allen diesen Stellen das griechische Wort „Diakonia“ steht, welches nur die Bedeutung des Dienstes, aber nicht des Amtes hat.

Wenn wir uns nun von dem Unterschied zwischen Gaben und Ältesten-Dienst mehr den Ältesten und ihrem Dienste zuwenden, so mag hier gleich gesagt sein, daß in keiner Gemeinde der Schrift nur ein Ältester gefunden wird. Immer waren in jeder Gemeinde

mehrere Älteste.

Wo die Schrift auch von den Ältesten in den Gemeinden redet, ob in Jerusalem, in Ephesus, in Philippi, in Kreta, überall redet sie von den Ältesten in der Mehrzahl, und wir lesen von den Aposteln, daß sie in jeder Gemeinde Älteste“ wählten, und dasselbe zu tun war auch Titus beauftragt. (Apgesch. 14,23; Tit. 1,5.) Als Paulus den Philippern schreibt, adressiert er seinen Brief an: „Alle

Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern.“ Philippi war keine große Stadt, aber in der Gemeinde waren mehrere „Aufseher“. Wie ganz anders ist es heute! Zur Zeit der Apostel hatte eine Gemeinde mehrere Aufseher oder, wie Luther übersetzt, „Bischöfe“. Heute hat ein Bischof mehrere Gemeinden - oder die Gemeinden eines ganzen Landes.

Die Ältesten werden in der Schrift auch

Aufseher

genannt. Das eine Wort weist mehr auf die gereifte Persönlichkeit, das andere mehr auf die Art ihres Dienstes hin, aber beide bezeichnen dieselben Personen. So ermahnt Petrus die Ältesten, die „Aufsicht nicht aus Zwang zu führen“, und Paulus sagte den „Ältesten“ in Ephesus, daß der Heilige Geist sie als „Aufseher“ gesetzt habe, und ebenso wird zu Titus in bezug auf die „Ältesten“ gesagt, daß der „Aufseher“ untadelig sein muß (Apgesch. 20,28; Tit. 1,5.6). Dieser wechselweise Gebrauch der beiden Bezeichnungen „Älteste“ und „Aufseher“ beweist deutlich, daß mit beiden die gleichen Personen gemeint sind. In den Ältesten oder Aufsehern sehen wir die Sorge des HErrn für Sein Haus. Er läßt Sein Haus nicht ohne Aufsicht. Wenn wir verreisen, so lassen wir unser Haus nicht ohne Aufsicht, und der HErr hat Sein Haus auch nicht ohne Aufsicht gelassen. Für die Zeit Seiner Abwesenheit hat der HErr in Seiner treuen Sorge Seiner Gemeinde Aufseher gegeben, die als „Gottes Verwalter“ die Herde Gottes hüten sollen (Tit. 1,7; 1. Petr. 5,1.2).

Die Aufseher haben darauf zu sehen, daß alles ordentlich im Hause Gottes zugeht; Gottes Haus soll keine Stätte der

Unordnung oder der Willkür der Menschen sein. Du und ich,

wir stehen alle unter Aufsicht.

Manche Kinder Gottes wollen nicht unter Aussicht stehen, sondern nach eigenem Gutdünken leben, handeln und sich bewegen. So etwas gibt es nicht im Hause Gottes. Du erlaubst solche Willkür nicht einmal in deinem Hause, und noch viel weniger ist solche zulässig in Gottes Haus. Wenn du der Gemeinde Gottes angehörst und du dich mit denen, die auf diesem Grunde (als Gottes Gemeinde) zusammenkommen, versammelst, dann bist du da, wo der Heilige Geist Aufseher gesetzt hat, und dieser Dienst findet dann seine Anwendung auch auf dich und mich, und wir sollten darin dankbar die treue Sorge des HErrn über uns anerkennen. Ein Herz aber, in dem noch der eigene Wille wohnt und welches noch nicht gelernt hat, sich jedem Worte des HErrn zu beugen, liebt es nicht, unter Aufsicht zu stehen. Deshalb sieht man heute zuweilen solche traurige Gestalten unter den Kindern Gottes, die gleich Zigeunern leben, die von einem Platze zum anderen ziehen, überall gastieren und sich so jeder Aufsicht entziehen, um nach ihren eigenen Ideen und nach ihrem eigenen Willen leben und sich bewegen zu können. Ihr eigener Wille ist ihr Götze, dem sie huldigen (1. Sam. 15,23). Paulus ermahnt: „Fliehet den Götzendienst“ (1. Kor. 10,14). Möchte der HErr uns vor solchem Zigeunersinn bewahren!

Laßt uns nun, wenn auch nur einen kurzen Blick, auf

den Dienst der Ältesten

richten! Ihre Aufgaben bestanden nicht, wie wir schon gesehen haben, in der Verkündigung des Evangeliums oder in dem Dienste am Worte, ihre Aufgaben waren andere und gar mannigfaltiger Art, die schon in ihrer Bezeichnung als „Aufseher“ ausgedrückt lagen.

Zuerst laßt uns beachten, daß der HErr Selbst uns in der Schrift als „Aufseher“ gezeigt wird. Petrus schreibt: „Ihr seid zurückgekehrt zu dem ‚Hirten und Aufseher‘ eurer Seelen“ (1. Petr. 2,25). Und sicher, in Ihm haben wir das große Vorbild des Aufsehers. So wie Er den Schafen der Herde „Hirte und Aufseher“ ihrer „Seelen“ ist, so bezieht sich der Dienst der Ältesten auch auf die Herde und auf die Seelen der Schafe.1 Wir herrlich ist Gottes Gemeinde! Er rüstet sie mit allem aus, was für die Leiber und Seelen der Seinigen nötig ist. Er gibt Gaben, Er setzt Aufseher, gibt Diener und Dienerinnen. Die Gaben und die Ältesten sind für die Seelen, die Diener und Dienerinnen sind um die leiblichen und irdischen Dinge der Heiligen besorgt. Wie wenig wird heute die Gemeinde Gottes nach den Gedanken des HErrn erkannt!

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Esist auch nicht unwichtig, zwischen der Hirtengabe eines „Hirten“ (nach Eph. 4) und dem Hirtendienst eines „Ältesten“ zu unterscheiden. Beide, die „Hirten“ wie auch die „Ältesten“, haben es mit der Herde zu tun. - Die „Hirten“ führen durch ihre Gabe die Herde auf Auen, wodurch das innere Leben mit Christo genährt wird. Die „Ältesten“ hüten die Herde in dem Sinne von „habet acht ... auf die ganze Herde“ und „hütet die Herde ... indem ihr die Aufsicht führet“ (Apgesch. 20,28; 1. Petr. 5,2). - Der Dienst der „Hirten“ besteht in dem Gebrauch ihrer „Gabe“, die Herde zu weiden in ihrem inneren Wachstum und Verbundensein mit Christo. Der Hirtendienst der „Ältesten“ besteht in achthabender Sorge auf die Herde, daß alles dem Erzhirten gemäß sei. - Der Dienst der „Hirten“ umfaßt alle Schafe der einen Herde des großen Hirten. Der Dienst der „Ältesten“ umfaßt die örtliche ganze Herde, „in welcher der Heilige Geist sie als Aufseher gesetzt hat“.

Die Ältesten hatten der Gemeinde vorzustehen als Gottes Verwalter (1. Tim. 5,17; Tit. 1,7). Deshalb mußten es Männer sein, die untadelig waren und die ihre Fähigkeit zum Vorstehen in ihren eigenen Häusern bewiesen hatten. Denn wenn jemand seinem eigenen Hause nicht wohl vorstehen konnte, wie war er fähig, die Gemeinde Gottes zu besorgen! Würdest du einen Mann nehmen, deinem Hause vorzustehen, der seinem eigenen Hause nicht wohl vorsteht? Wie konnten sie zurechtweisen, wenn sie nicht selbst tadellos waren?!

Sie sollten an ihrem Platze als Gottes Verwalter stehen, und Petrus ermahnt sie deshalb, die Aufsicht zu führen,

nicht als die da herrschen

über ihre Besitztümer. Die Gefahr für den Knecht ist, sich als Herr zu fühlen. Wie ungeziemend ist es, wenn ein Arbeiter von Gottes Ackerfeld als von „seinem Ackerfeld“, von „seiner Gemeinde“ redet. Wie unangenehm und oft lächerlich berührt es schon, wenn ein Arbeiter von dem Besitze seines irdischen Herrn als von seinem Besitz, von seinem Geschäft redet, und doch, wie ungleich widerlicher ist es, wenn ein Knecht Jesu Christi von Gottes Gemeinde als von seiner Gemeinde redet. Solche ungeziemenden Worte sollten nie von uns gehört werden! Die hohen Apostel redeten nicht so; sie sprachen von Gottes Gemeinde, von Gottes Herde, von Gottes Bau, von Gottes Ackerfeld, und der Herr Jesus sagte zu Petrus: „Weide Meine Schafe!“ Wenn das Bewußtsein, an Gottes Gemeinde als Mitarbeiter dienen zu dürfen, tiefer in unseren Herzen wurzelte, mit wieviel mehr hingebender Liebe und sich selbst verleugnender Demut würde dann jeder seine Aufgabe in Gottes Gemeinde erfüllen! Die Lippen aber, die so gewohnheitsmäßig von „meiner Gemeinde“ usw. reden (und oft liegt darin, ach, nur eine zu traurige Wahrheit), offenbaren nur, wie dieses Bewußtsein am Erlöschen ist und dafür Selbstwichtigkeit und Selbstbewußtsein im Herzen Platz genommen haben. Solche sieht man dann auch oft gleich Regenten in ihren Gemeinden herrschen. Wie ernst ist deshalb auch dieses Wort der Ermahnung: „Die Aufsicht zu führen, nicht als die da herrschen über ihre Besitztümer, sondern indem ihr

Vorbilder der Herde seid.“ Nicht das Herrschen, sondern das Vorbild soll bei den Ältesten gefunden werden, und nicht durch Befehl, sondern durch ihr Beispiel sollen sie die Herde leiten und ordnen.

Die Aufseher hatten es mit allen Klassen zu tun: mit den Schwachen, mit den Unwissenden, mit den Widersprechenden, mit den Betrügern, mit den falschen Lehrern usw.; sie hatten zu ermahnen, zu ermuntern, zu stärken, zurechtzuweisen usw. Ein solcher Dienst ist keine Kleinigkeit! Wie ernst und wichtig dem Paulus der Dienst der Ältesten war, das sehen wir aus Apgesch. 20,31. Er hatte die Ältesten der Gemeinde in Ephesus nach Milet gerufen, um ihnen noch einmal die Sorge für die ganze Herde in Ephesus ans Herz zu legen, und dann sagte er ihnen prophetisch voraussehend, daß aus ihrer - der Ältesten - Mitte Jünger aufstehen würden, die verkehrte Dinge reden und die Männer hinter sich herziehen würden. Das sind furchtbare Zeiten für die Gemeinde, wenn es dem Feinde gelingt, aus den Reihen der Ältesten Männer des Vertrauens für sein Ziel zu gebrauchen, die Gemeinde Gottes zu zerstören. Wie groß ist dann die Gefahr für die Arglosen, Unwissenden und Unbefestigten! Der Apostel hatte solche Angriffe des Feindes durchgemacht, und er sah, daß solche Tage und Kämpfe auch für sie kommen würden. Da sollten sie wachsam sein und sich seiner erinnern, wie er Tag und Nacht nicht aufgehört habe, einen jeden mit Tränen zu ermahnen. Solch

ein Nacht- und Tag-Dienst, ein Dienst mit Tränen,

ist der Dienst der Ältesten, insonderheit dann, wenn die Unwissenden und Unbefestigten von der gesunden Lehre

abgezogen und zu Männern, die verkehrte Dinge reden, hingezogen werden. Mit wieviel Schmerz sind dann die Ermahnungen verknüpft, wenn solche Arglosen verführt anfangen, ihre Herzen denen zuzuneigen, „die verkehrte Dinge reden“. Kannst du etwas verstehen von dem Schmerz und den Tränen, die Paulus weinte? Und kannst du verstehen, daß treue Männer weinen, wenn sie sehen, daß ein Herz so vom Irrtum geblendet ist, daß es „das Bild der gesunden Worte“ (2. Tim. 1,13.14) nicht mehr sieht und ihre Ermahnungen nicht mehr verstanden und angenommen werden? Wenn das Ermahnen schon schwer ist, wieviel schwerer noch ist das Zurechtweisen und das Überführen der Widerspenstigen, wo so oft die Liebe mit Haß beAntwortet wird oder wenn es sich darum handelt, Betrügern und zügellosen Schwätzern den Mund zu stopfen.

Dieses Wort in Tit. 1,10 in bezug auf die Schwätzer zeigt uns, daß die Gemeinde nicht zum Tummelplatz für jeden Geist gemacht werden darf, wo Schwätzer reden dürfen. Schwätzern den Mund zu stopfen ist nicht so einfach getan, wie manche denken, die da meinen, das Mundstopfen gut zu verstehen und es mit einem „Halte deinen Mund“ glauben abtun zu können. In dieser Weise soll der Mund von den Ältesten nicht gestopft werden; auch dieses muß von dem Herrn Jesus gelernt werden! Wie manches Beispiel haben wir von Ihm hierfür in der Schrift: z. B. in Matth. 22,31-34 sehen wir, wie Er einst den Sadduzäern „den Mund stopfte“; (Luther: „Wie er den Sadduzäern das Maul gestopft hatte“, - eine gute Übersetzung ist auch „verstummen gemacht hatte“!) Er ließ das Licht Gottes und die Herrlichkeit Seiner Gedanken so auf sie fallen, daß sie einfach stumm sein mußten. Und

so ist die Weise, wie auch heute den Schwätzern der Mund gestopft werden soll; „die gesunden Worte, die unseres Herrn Jesus Christus sind, und die Lehre, die nach der Gottseligkeit ist“ (1. Tim. 6,3), sollen so auf das Herz und Gewissen gelegt werden, daß diese Schwätzer gar nicht anders können, als stille zu sein.

Paulus sagt von diesen Schwätzern, daß sie ganze Häuser umkehren, und wie manches Haus ist schon durch Schwätzer umgekehrt worden, wenn wir denken an die Arbeit der Adventisten, Christlichen Wissenschaftler, Sogen. Bibelforscher. Aber gibt es auch nicht auch andere Schwätzer, törichte, unbedachte und verleumderische Schwätzer? Haben wir nicht schon gesehen, daß Arbeiter im Werke des HErrn entmutigt und ganze Versammlungen durch solche Schwätzer fast zugrunde gerichtet wurden? Wie wichtig ist daher ein solcher Dienst, der durch die Kraft des Wortes die Gewissen berührt und den Schwätzern den Mund stopft!

(Schluß folgt s. G. w.) v. d. K.

Eine traurige Lebensgeschichte in drei Bildern.

Eine kurze aber inhaltsreiche Lebensgeschichte! Nur sich über ca. vier Jahre erstreckend, obwohl es sich um einen reifen Mann handelt, von dem wir wenigstens einen männlichen Lebensausgang hätten erwarten dürfen. Aber nein - was wir zuletzt von ihm hören, trägt durchaus unmännlichen Charakter, ist ein Zeichen von Wankelmut und Treulosigkeit. Ach, möchte keiner von uns, die wir dies lesen, jenem Manne, der auch ein Christ, ein Jünger Jesu war, gleichen! Möchten wir stets, wenn wir seinen

Namen hören oder lesen, zurückschrecken vor dem Wege dieses Mannes, dem das unendliche Glück zuteil ward, einer der Genossen des gewaltigen und doch so demütigen Apostels Paulus zu sein, aber der dieses Glück nicht bis ans Ende schätzte! Und nun wissen wir alle, wer gemeint ist: der unglückliche Demas!

In drei Bildern ist seine Lebensgeschichte niedergelegt? Ja, und hier seien sie vorgeführt in der Reihenfolge, wie sie mir zeitlich richtig zu sein scheint:

Bild 1: Philem. V.23.24: „Es grüßt dich ... Demas, Lukas, meine Mitarbeiter.“

Bild 2: Kol. 4,14: „Es grüßt euch Lukas, der geliebte Arzt, und Demas.“

Bild 3: 2. Tim. 4,9.10: „Befleißige dich, bald zu mir zu kommen, denn Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat, und ist nach Thessalonich gegangen ... Lukas ist allein bei mir!“

Der Philemonbrief und der Brief an die Kolosser, die beide gleichzeitig nach Kolossä gingen, fallen in das Gefangenschaftsjahr 62 der ersten Gefangenschaft des Paulus; aus mehreren inneren Gründen scheint mir der kurze Philemonbrief zuerst abgefaßt zu sein, doch will ich es nicht fest behaupten. Der zweite Timotheusbrief fällt in die Zeit kurz vor dem Ende des Apostels und ist geschrieben in Rom während seiner zweiten Gefangenschaft im Jahre 66.

Ist es nicht merkwürdig, daß jenen drei einzigen Erwähnungen des Namens Demas in ganz besonderer Weise der Name Lukas beigesellt ist? Und zwar sind diese

drei Stellen auch die einzigen, in denen Paulus von Lukas spricht, der doch in der von ihm geschriebenen Apostelgeschichte so oft selbst dabei ist - freilich nicht mit Namen -, wie in den Berichten von „wir“ die Rede ist (vgl. z. B. Kap. 16,10ff.). Jene drei Stellen, die von Demas berichten, tun dies auch von Lukas. Und dabei welche ins Auge fallende Verschiedenheit! Bei ersterem absteigende - bei letzterem aufsteigende Linie! Ersterer verschollen - letzterer dem Paulus zur Seite, soweit wie wir des Apostels Lebensweg verfolgen können. Welch Unterschied! Armer Demas - glücklicher, gesegneter Lukas! Welch trauriges Zeugnis jener - welch kostbares dieser! Welche Mahnung und Warnung der Weg jenes - welche Ermunterung und Erquickung, Beginn, Fortgang und Ausgang des Weges bei Letzterem!

Aber lassen wir für jetzt den Blick auf Lukas, den gesegneten Schreiber des Evangeliums und treuen Begleiter des Paulus, und sehen wir nun Demas an und lernen wir, wie wir's nicht machen sollen, an diesem schmerzlichen Vorbild, denn „alles, was ... geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“! (Röm. 15,4; vgl. 2. Tim. 3,16.17!)

Demas war ein Christ, ein Jünger Jesu - daran ist kein Zweifel! Nie hätte er sonst zu des Paulus Mitarbeitern zählen können, nie hätte Paulus, der in der Schule seines Meisters auch ein Menschenkenner geworden war (vgl. z. B. Phil. 2,19ff.), diesen Mann in seine Gemeinschaft gezogen. Wie lange Demas schon zu Paulus gehörte, wissen wir nicht, aber er nennt ihn in der ersten obiger drei Stellen, der besten, was Demas anbelangt, seinen „Mitarbeiter“. Welch hohe Würde - Mitarbeiter eines

Paulus, der wiederum von sich sagen kann, daß er „Gottes Mitarbeiter“ sei (1. Kor. 3,9), der also auch seine Mitarbeiter unmittelbar in Gottes Mitarbeit hineinzieht. Demas, du Unglücklicher, wie konnte dir je dieser herrliche Dienst gering werden?! Wie kam es nur bei dir dahin? O, wenn du jetzt vernehmbar reden könntest - was würdest du wohl sagen? -

Aber es ist gar nicht nötig! Schon die zweite Stelle, das zweite Bild läßt uns ahnen, daß etwas mit Demas nicht in Ordnung ist. - Paulus hatte in seinem Briefe die Kolosser von Lukas und Demas zu grüßen. Wie gern setzte der Apostel zu den grüßenden Personen, d. h. zu ihren Namen, ehrende, schmückende Beiworte, die aus der Paulus-Feder nie nur Worte sind, sondern - wie es ja auch in dem inspirierten Wort Gottes gar nicht anders sein kann! - stets sehr klare, bestimmte Kennzeichnungen! Und hier, wo er unter der Leitung des Geistes schreiben darf: „Lukas, der geliebte Arzt“, da heißes einfach nur „Demas“! Sagt uns das nichts? Ist es nicht fast so, wie wenn die Schrift hiermit andeuten wolle, daß der Gruß des Demas nicht voller Freude und Freimut gegeben sei? Vielmehr etwa so, wie wenn heute einer an einen Freund schreibt, und bei ihm sitzen zwei andere Freunde, auch Freunde des Empfängers, und er sagt ihnen: „Ich schreibe an unseren lieben N. N.“ - darauf der eine der beiden voll inniger Liebe sagt: „O, da grüße ihn herzlichst von mir!“ der andere kann nun nicht gut anders als halb und halb genötigt hinzuzufügen: „Von mir auch!“ - aber sein Herz ist nicht ganz dabei, was der Briefschreiber auch fühlt, weswegen der Gruß des zweiten Freundes nur noch so gleichsam nebensächlich an den Rand gesetzt wird, während der des ersteren einen Ehrenplatz hat? - So

ähnlich also kommt mir dieser magere, kärgliche Demasgruß an die Kolosser vor, und er läßt mich darauf schließen, daß es mit Demas in jener Stunde nicht so stand wie in jener, als Paulus ihn seinen Mitarbeiter nennt. Sicher wußte der Apostel auch, wo es bei ihm fehlen mochte.

Also war er schon zurückgegangen? Wer weiß? Ich kann es nicht entscheiden. Aber - Bruder, Schwester - frage dein eigenes Herz, wie es ausschaut darin, wenn du äußerlich kühl oder gar kalt grüßest, nur weil es etwa sein muß! Oder wenn du nach einer Versammlung Händedrücke austeilst, denen man es anmerkt, daß du sie lieber verweigertest! oder wenn du gar diesen und jenen geflissentlich übergehst („schneidest“)! Wie schaut es in deinem Herzen dann aus? Ist die Liebe dann noch überströmend, wie es sein sollte? Ach, ich denke nicht! Und sieh, mit dem Nachlassen der Liebe fängt alles Zurückgehen an; mit dem Erkalten der Liebe zum HErrn und daraus folgend der zu den Brüdern! Das lehrt dich das Sendschreiben an Ephesus (Offb. 2,1-7). O, laß dich dann mahnen an Offb. 2,5! Lassen wir uns alle mahnen, auch ganz erkaltete Demasseelen, wenn solche dies lesen sollten!

Es geht ja oft so Schritt für Schritt bergab, wie Bild drei zeigt! Hättest du dem unglücklichen Demas vor vier Jahren gesagt: „Demas, hüte dich, daß ,der gegenwärtige Zeitlauf' nicht wieder Gewalt über dich gewinnt!“ - er hätte vielleicht gelächelt über deine „übertriebene Sorge um ihn“! Übertriebene Sorge? O, die Schrift spricht sehr deutlich davon, daß wir „aufeinander achthaben sollen zur Anreizung zur Liebe ...!“ (Hebr. 10,24.) Nur daß solches

Achthaben gar oft nicht aus der Liebe erwächst, sondern aus Kritiksucht - und dann ist es so sehr falsch und schädlich, dann endet es nicht mit „Füßewaschen“, wobei man sich tief zu den Schwächen des anderen herniederbeugen muß (wie der HErr tat bei Seinem Petrus!), sondern gar oft mit gegenseitigem „Kopfwaschen“, wobei man sich hochmütig über einander erhebt. Ist das Liebe? O nein! Aber angehenden Demasseelen ist nur durch vom HErrn und Seinem Geist gewirkte tiefernste Liebe, die die Schäden sieht und bereit ist, alles zu tun, um sie abzustellen, zu helfen. Darum, Bruder, Schwester, wenn einmal einer in heißer Liebe eine „übertriebene Sorge“ um dich zu haben scheint - nimm es ernst, damit du kein Demas wirst!

Es handelt sich bei Demas nun nicht darum, daß er etwa verloren gegangen wäre! War er errettet, hatte er Christi Geist, war er eins von des Herrn Jesus Schäflein, so war er's für ewig, und niemand, auch er selber nicht in seiner Torheit, konnte ihn aus der Hand des HErrn und der des Vaters rauben (Joh. 10,29-31). Aber dadurch, daß er nicht mehr die Stimme des guten Hirten hörte (V. 28), „durchbohrte er sich selber mit vielen Schmerzen“; auf wie schmerzlichen Wegen mag der HErr ihn einst wieder zurechtgebracht haben - „denn Er ist treu und kann Sich nicht Selbst verleugnen“ (2. Tim. 2,13). Wie wird Demas in seinen selbsterwählten Wegen dieses Zeitlaufs später es haben erfahren müssen, daß der HErr nie die Wege der Sünde der Seinen mitmacht, daß Er die irregehenden Seinen vielmehr durch Zucht mancher Art beugt und zerbricht, bis sie zurechtkommen oder wenigstens gerettet werden „wie durchs Feuer“ (1. Kor. 3,12-15), indem ihr totes Lebenswerk verbrennt im Feuer göttlichen Gerichts,

während ihre ein für allemal dem HErrn gehörende Seele errettet wird.

Aber wenn es sich bei Demas auch nicht um die Frage des ewigen Verlorengehens handelte - und ebensowenig bei untreu wandelnden Gläubigen und Erretteten unserer Tage -, so war sein und ist unser Verlust heute doch ernst genug. Wer möchte wohl errettet werden nur „wie durchs Feuer“? Wer möchte wohl allen Lohn, der den Geber verherrlicht, verlieren und ein Leben fast ohne Frucht gelebt haben?! O so laßt uns uns hüten, nicht den Demasweg zu gehen! Er gewann „den jetzigen Zeitlauf“ (vgl. 1. Tim. 6,17!) wieder lieb, sagt die 3. Stelle - das 3. Bild, und darum verließ

er - den HErrn? nein, das steht nicht da, und wir brauchen es nicht hineinzulesen, brauchen dem Demas nicht Unrecht zu tun - sein Weg bleibt dennoch noch traurig genug! Er verließ den dem Tode geweihten treuen Apostel Paulus! Er fürchtete sich, in das nahe Geschick dessen, der ihn einst, vor vier Jahren noch, seinen Mitarbeiter genannt hatte, mit hineingezogen werden zu können. Dazu fehlte ihm wohl der Mut - dem Lukas anscheinend nicht, obwohl es nicht dazu kam, daß er mit Paulus sterben mußte - doch laßt uns nicht darüber mit Demas rechten! Wer weiß, ob wir alle bereit sind, mit Christo zu leiden, so wie Paulus es tat, und doch ist das die Bedingung für das mit Ihm Verherrlichtwerden! (Röm. 8,17.) Wer weiß, ob wir alle bereit sind, mit dem leidenden Volk Gottes zusammen zu leiden? Wie mancher mag sich schon, wenn es gilt, mit den Gläubigen außerhalb des religiösen Lagers dieser Welt und der sogenannten „Landeskirchen“, in denen nichts wirklich nach Gottes Wort

ist, Schmach zu tragen (Hebr. 13,13), ängstlich zurückziehen, indem er sich hinter allerlei gut scheinenden Gründen verschanzt, einfach weil er keinen Mut hat, gehorsam dem Worte zu sein - stünde er auch ganz allein! (Vgl. Daniel!) Ja, Demas fürchtete sich! Und du und wir? Wo ist unser Glaube, und wozu ist er fähig? Und wieviel ist der HErr, der alles für uns gab und tat, uns wert? Was können wir um Seinetwillen, dessen Blut uns erlöst hat, drangeben, aufgeben, lassen, hassen, tun und wirken? Fürchten wir uns wie Demas vor den Folgen eines entschiedenen Weges mit Paulus, mit dem Herrn Jesus? Aber noch mehr! Diese Furcht bei Demas, die ihn dazu brachte, den treuen Apostel im Stich zu lassen, vielleicht sogar schmählich, hatte einen besonderen Grund: er hatte den gegenwärtigen Zeitlauf wieder liebgewonnen! Dies sein Liebgewonnenhaben des gegenwärtigen Zeitlaufs steht schroff gegenüber dem, was Paulus lieb hatte: die Erscheinung des HErrn, jene Erscheinung, wenn der HErr Vergeltung an jenem Tage gibt als der gerechte Richter (V. 8). Hiermit ist nicht die Entrückung gemeint (1. Thess. 4,13ff.), sondern die darauf folgende Lohnverteilung vor dem Richterstuhl (2. Kor. 5,10). Freuen wir uns darauf, Geliebte? Seht, diese Erscheinung Christi Jesu hatte Demas aus den Augen verloren, statt dessen ruhten seine Blicke wieder mit Wohlgefallen auf den - ach, so vergänglichen - Dingen des „gegenwärtigen Zeitlaufs“, eines Zeitlaufs, der seinen Mittelpunkt hatte in der Verwerfung und Kreuzigung des HErrn. Nicht daß Demas den HErrn verwerfen wollte - sicher nicht! -, aber die Annehmlichkeiten dieses Zeitlaufs, ein verlängertes Leben inmitten der ihm angesichts des bevorstehenden Todes des Paulus, durch den auch er gar zu bald hätte auch

sterben können, ganz besonders verlockend scheinende Weltgenüsse, fesselten sein Herz so, daß er den alternden Paulus verließ und recht weit von Rom weg - nach Thessalonich - ging. Vielleicht tröstete ihn der Gedanke, daß dort ja auch eine christliche Gemeinde sei - dachte er vielleicht Gott und der Welt dienen zu können? Kam er sich noch zu jung vor, um schon für den HErrn alles, auch das Leben, dranzugeben? Wollte er sein Leben noch einmal genießen, oder wollte er nur dem Märtyrertode entgehen? Einerlei - Paulus, die Schrift, sagt, er habe „den gegenwärtigen Zeitlauf wieder lieb gewonnen“. Armer Demas, das ist das Letzte, was die Schrift über dein Lebensbild sagt! wie furchtbar! und welche Warnung für uns!

Und nun zum Schluß die Frage: sind unter den werten Lesern angehende Demasseelen? Solche, die sich fürchten vor Leiden um des HErrn willen? Was ist der tiefere Grund? Liebe zur Welt? Liebe zur Lust der Welt? Ein Nachlassen in der praktischen Heiligung, ein Laßwerden in der Liebe zum HErrn und Seinem Wort (Joh. 14,21ff.), ein Laßwerden in der so unsagbar nötigen Verwirklichung von 2. Kor. 7,1, ein Gleichgültiggewordensein im Bekennen des HErrn in Wort und Wandel, im Wandel vielleicht nach 1. Petr.2,1f. oder Apg. 24,16?

O geliebte Geschwister, möchten wir doch alle vorsichtiglich wandeln, daß wir nicht der Gefahr anheimfallen, auch nur angehende Demasseelen zu werden: wohl Brüder und Schwestern, aber mehr nicht, nicht mehr „Geliebte“ oder „Mitarbeiter“ und dergl. mehr! Man versteht schon, wie's gemeint ist. Nicht Brüder mit erkaltender Liebe und mit Unlust in der Nachfolge!

Möchten wir den kleinen, leisen Anfängen widerstehen, zu denen der Feind uns in jeder möglichen Hinsicht verführen will! Wie bemüht ist er z. B., die Gläubigen vom Gebet und Schriftstudium abzuhalten oder vom Bekennen des kostbaren Jesusnamens; sie dagegen in Sorgen zu verstricken und in Gleichgültigkeit gegen den Willen des HErrn! Wie oft auch weiß er es zu hintertreiben, daß die Kinder Gottes nach vorgekommenen Sünden nur ja nicht sofort gemäß 1. Joh. 1,9 handeln! Wie leicht gelingt es ihm, die trügerische Geldliebe den Gläubigen ins Herz zu legen! (1. Tim. 6,9.10.) Wie gern wiegt er leichtsinnige Jünger (wie Petrus) in falsche Sicherheit ein (vgl. 1. Kor. 10,12.13)! usw. usw.

Aber der HErr sagte zu Paulus - und das gilt auch uns: „Meine Gnade genügt dir!“ (2. Kor. 12,9.) O so laßt uns „Gnade nehmen zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebr. 4,16), daß unser keiner in dieGefahr komme, durch Untreue des Demas' traurige Lebensgeschichte in drei Bildern durch seine eigene zu erweitern - möchte uns vielmehr nach 2. Petr. 1,11 (lies 3-11!) „reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus!“

F. K.

Einige Gedanken über den Judas-Brief.

Der zweite und dritte Johannes-Brief tragen einen persönlichen Charakter, sie sind an einzelne Personen gerichtet. Der Judas-Bries dagegen trägt einen allgemeinen Charakter, er ist an die „in Jesu Christo bewahrten Berufenen“ gerichtet. Obgleich dieser Brief

kurz ist, so ist er doch außerordentlich umfassend in seinem Inhalt und enthält Grundsätze von großer Bedeutung für die Gegenwart. Wir schauen in ihm Gottes wunderbares Walten und wie alle Seine Handlungen in Übereinstimmung mit Seinem Wesen und Seiner Herrlichkeit sind.

Es sind zwei Worte in diesem Briefe, auf die wir besonders hinweisen möchten. Das erste ist „bewahrt“ (Vers 1), und das zweite ist „verwahrt“ oder „aufbewahrt“ (Vers 6 u. 13). In Verbindung mit diesen beiden Worten können wir sehen, wie Gott alles zuvor weiß, wie verborgen das Böse auch wirken mag; da ist nichts, was Gott nicht vorhergesehen und gewußt hätte.

Dieser Brief vermag so recht unseren Glauben angesichts des Abfalles zu stärken. Wir haben keine Ursache, traurig zu sein oder in Furcht über das zu schweben, was kommen mag; denn Gott hat schon alles zuvor gesehen und hat Weg und Mittel, jeder Art des Bösen zu begegnen.

Gott tritt nicht immer dem Bösen sofort entgegen, Er wartet, bis Seine Zeit gekommen ist, bis die Dinge ihre Reife haben und völlig offenbar geworden sind. Dann tritt Er ihnen in göttlicher Macht entgegen und zeigt, daß Er allem, was es auch sein mag, gewachsen ist.

Die Johannes-Briefe mögen später geschrieben sein als der Judas-Brief, aber der Judas-Brief kann, geistlich gesehen, als der letzte Brief des Neuen Testamentes betrachtet werden; er ist gleichsam der letzte Brief vor der Offenbarung Jesu Christi, und in diesem Charakter des letzten Briefes zeichnet er uns die Zustände vor der Wiederkunft Christi und spricht von dem Abfall. Der zweite

Petri-Brief steht auf einem dem Judas-Briefe sehr ähnlichen Grunde, aber er spricht mehr von der Sünde als von dem Abfall. Der Abfall ist das Kennzeichen der letzten Tage; obgleich wir mit dem Abfall heute zu rechnen haben, so ist es doch ein großer Trost für uns, zu wissen, daß, was auch immer geschieht, Gott alles zuvor weiß und daß Er jedem begegnen und Sich verherrlichen wird.

Abfall bedeutet das Aufgeben der von Gott gegebenen Stellung oder des Zustandes, worin Er das Geschöpf (ob Engel oder Mensch) gestellt hat. Im Anfang setzte Gott den Menschen als ein völlig von Ihm abhängiges Geschöpf in die Welt; sein Leben, sein Odem, kurz in allem und jedem war er abhängig von Gott. Durch Satans Betrug: „Du wirst sein wie Gott“ gab Adam diese ihm von Gott gegebene Stellung auf. Jedes Geschöpf, welches die ihm von Gott gegebene Stellung verläßt, steht im Abfall von Gott.

Nur eine göttliche Person hat das Recht, Seine Stellung zu wechseln, und das ist es, was unser Herr Jesus Christus getan hat. Er kam hierher und nahm eine Stellung ein, in der Er nie vorher war. Er wurde Mensch, Er nahm teil an der Stellung der Menschheit, ausgenommen der Sünde. Die Versuchung für Adam war: „Du wirst sein wie Gott.“ Der Satan lockte ihn, den Zustand, in den ihn Gott gestellt hatte, zu verlassen, und als er der Versuchung nachgab, wurde er abtrünnig. Er wünschte, dieses Ziel, gleich Gott zu sein, zu erhaschen. In unserem Herrn Jesus Christus aber sehen wir einen, „welcher, da Er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm, indem Er in Gleichheit der Menschen geworden

ist.“ (Phil. 2,6.7.) Dieses war kein Abfall. Er, die göttliche Person, konnte diese gewaltige Erniedrigung in Liebe vornehmen, und Er tat es, um darin den Willen Gottes zu tun. Wenn wir dieses vor Augen haben, ist es nicht schwer, die Dinge in ihrem Ausgange zu verstehen.

Der Schrift nach können wir annehmen, daß der Mensch etwa 6000 Jahre auf der Erde ist. Seit ca. 1900 Jahren besitzen die Menschen das Licht Gottes in der vollendeten Heiligen Schrift. Dieses wunderbare Buch, geschrieben von verschiedenen Menschen unter den verschiedensten Verhältnissen an verschiedenen Orten und Zeiten, und doch alles von einem Autor, dem Geiste Gottes, hat Gott den Menschen in die Hand gelegt. Gott zeigt in diesem Buche die Geschichte der Welt von dem Augenblicke des Abfalles an bis zu ihrem Ende. -

In diesem letzten kurzen Briefe sehen wir den Abfall und die Weise, wie Gott ihm begegnet. Nur auf drei warnende Beispiele in diesem Briefe möchten wir hinweisen, die wir in den Versen 6, 8, 9und 14-16 finden, Beispiele, von denen wir sonst nirgends etwas in der Schrift finden. Sie waren verborgen in Gott, und Er offenbarte sie erst zu der Stunde, als sie zur Stärkung der Gläubigen dienen sollten.

Von diesem Abfall der Engel hören wir hier zum ersten Male. Es ist uns nur gesagt, daß sie ihren ersten Zustand nicht bewahrten und ihre eigene Behausung verlassen haben. Und doch, welcher furchtbare Ernst liegt in diesem knappen Bericht des Abfalles dieser Geschöpfe Gottes, die ihren Zustand nicht bewahrten und die ihnen von Gott gegebene Behausung verließen und die nun von Ihm mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt sind bis zum Gericht des großen Tages. Die Schrift läßt uns keinen

Raum für den Gedanken einer Wiederherstellung dieser, die im Lichte sündigten. Satan war im Lichte, aber sein Herz war hochmütig, und er strebte nach dem Platze Gottes, und so kam sein Fall. Diese Engel sind mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt, für immer von dem Lichte Gottes ausgeschlossen und warten auf den großen Tag des Gerichtes. Die Schrift sagt uns nicht, wann dieser Abfall der Engel stattfand, aber wahrscheinlich war er vor der Erschaffung der Menschen.

Dieser Brief, der zu uns von dem Abfall redet, zeigt uns, daß der Abfall keine neue Sache für Gott ist und daß Er damit zu handeln weiß.

Fortsetzung folgt s. G. w.

Frage und Antwort

Frage 16

Was bedeutet in Offenb. 20,13: „Das Meer gab die Toten, die in ihm waren; und der Tod und der Hades gaben die Toten, die in ihnen waren“; d. h. besonders der Tod?

Antwort

Die Frage würde wohl besser so formuliert werden: „Warum wird nicht einfach nur der Tod genannt, weil das allumfassend und genügend wäre; warum noch der Hades? und warum, wenn nun doch einmal mehr als der Tod genannt werden soll, nicht in erster Linie die Erde, da in ihrem Schoße nach unserem Dafürhalten mehr Menschen begraben sind, als im Meer ertrunken?“

Hierauf ist zu sagen: Die Schwierigkeit entsteht dadurch, daß die in den Versen 11-15 mitgeteilten Einzelheiten als zeitlich aufeinanderfolgend gelesen werden. So ist es aber nicht, sondern wie folgt: Die Verse 11 und 12 führen summarisch die Gerichtsverhandlung vor: den Thron, den Richter, die Delinquenten. Vers 13 ist nicht eine Fortsetzung, sondern eine Einführung von interessierenden Nebenumständen. Vers 14 ist der summarische Abschluß der Gerichtsverhandlung; Vers 15 wiederum ein erläuternder Umstand dazu, bedingt durch den zweimal getanen Ausspruch: „Die Toten wurden gerichtet nach ihren Werken“ und durch die Nennung des „Buches des Lebens“.

Es sei darauf hingewiesen, daß sich in der Schrift durchgängig der Grundsatz findet: Eine Darlegung, kurz oder lang, wird bis zu ihrem Schlußpunkt vorgeführt; hernach wird auf Einzelnes oder Erläuterndes zurückgegriffen. So geben z. B. die ersten Verse von Kapitel 21 die andere, glückliche Seite des ewigen Zustandes; das Folgende von V. 9 an geht wieder zurück auf das himmlische Jerusalem des Tausendjahrreiches. Oder: In Kap. 11,15-18 geht die Darlegung bis zu dem, was unser Kap. 20,13 enthält, und dann geht Kap. 11,19 bis Kap. 20,10 auf vorher Geschehendes zurück (Kap. 11,18: „... ist gekommen ... die Zeit der Toten, um gerichtet zu werden“ = Kap. 20,13: „... die Toten ... wurden gerichtet ...“).

Es würde wohl nicht als Fälschung des Textes angesehen werden können, wenn des Verständnisses halber übersetzt würde: „Auch das Meer hatte die Toten in ihm gegeben; und der Tod und der Hades hatten die Toten in ihnen

gegeben.“ In V. 11 steht ja, daß die Toten schon stehen vor dem Thron, indem die Erde, also mit ihr das Meer, entflieht oder entflohen ist.

Daß beim Hergeben der Toten die Erde nicht genannt ist, scheint auf Selbstverständlichkeit zu beruhen und erinnert an die Worte des HErrn in Joh. 5,28: „Alle, die in den Gräbern sind ...“: keine Andeutung auf Tote im Meere oder durch Feuer verzehrte, was beides auf Gerettete und Verlorene zutrifft; auch sonst nichts diesbezügliches in der Schrift; und doch wird Sein Machtwort beide Kategorien erreichen, so gut wie die „in den Gräbern“.

„Das Meer gab seine Toten“ steht für sich da; etliche Übersetzer bezeichnen das durch einen dahinter gesetzten Strichpunkt. Es würde einfach bedeuten: das geheimnisvollste, unbekannteste Gebiet der materiellen Welt gibt die Toten heraus. Daß das Meer in bezug auf das Hergeben der Toten nicht auf ein und dieselbe Linie mit Tod und Hades zu setzen ist, ergibt sich daraus, daß nachher, wenn von Tod und Hades gesagt wird, sie würden in den Feuersee geworfen, das Meer nicht dabei genannt wird.

Bleibt als Kernpunkt bezüglich des Hergebens der Toten der Tod und der Hades. Es ist nicht angebracht, in der Frage dem Tod eine Vorzugsstellung zu geben. Tod und Hades sind einander entsprechende Zustände, personifiziert in denen, die sich in dem einen und zugleich in dem anderen befinden. „Tod“ ist der Zustand, der sich auf den Leib bezieht, den die Seele verlassen hat. Scheol (hebräisch) oder Hades (griechisch) hat Bezug auf die Seele als ihrer Behausung, des Leibes entbehrend. Der Begriff ist überaus unbestimmt und könnte am besten

erklärt werden durch: unsichtbarer Bereich der abgeschiedenen Seelen. Es ist kein abgegrenzter Ort, sondern ein Zustand; daher bezeichnet der Ausdruck auch die in diesem Zustand sich Befindenden: Offenb. 6,8; Jes. 14,91-11. - Offenb. 6,8 zeigt deutlich, wie der Tod durch die Lande zieht, d. h. einfach, wie es weiter heißt, daß die Leiber durchs Schwert, durch Hunger, durch Tod = Pest in Hes. 14,21 und durch wilde Tiere zu Leichnamen werden; es folgt mit der Hades, d. h. so viele umgekommen sind, sind, nun leiblos, der Seele nach in den Bereich der Unsichtbarkeit übergegangen. V. 15 in Jes. 14 erklärt die Verfänglichkeit, Scheol oder Hades als umgrenzte Örtlichkeit zu betrachten: die Verbindung mit Grube oder Grab, in die der Leib kommt, gibt Anlaß dazu.

Durch seine Verführungskunst hat der Satan den Zustand „Tod“ in die Welt hereingebracht; er hat dessen Macht (Hebr. 2,14). Dieser Zustand ist der letzte Feind, der weggetan werden wird (1. Kor. 15,26). Nach dem schon Ausgeführten wird der nebenher laufende andere Zustand „Hades“ eben damit auch weggetan, hört auf zu existieren. Insofern der Hades automatisch aufhört zu bestehen, wenn der Tod nicht mehr ist, könnte dem Tod eigentlich zuerkannt werden, daß er den Vorantritt habe in der Aufzählung.

Der HErr, der „tot ward und lebendig ist“, hat nun die Schlüssel des Todes und des Hades, d. h. hat die Gewalt, diese Zustände aufzuheben, aus ihnen herauszuführen (Offenb. 1,18). Nachdem Satan in den Feuersee geworfen ist, säumt der HErr nicht, es dadurch abschließend zu tun (wie Er es anfänglich schon tausend Jahre vorher an den Gläubigen und für sie getan hatte), daß Er die Letzten, die

noch darin sind, zur Wiedervereinigung von Leib und Seele daraus herausruft. Wie natürlich schließt sich hieran an: sie geben die Aufgerufenen heraus und hören also damit auf zu existieren, anders, als nur noch in diesen Unglücklichen, die in den Feuersee geworfen werden und in ihrem früheren Zustande jene (Tod und Hades) darstellten, so daß es so ausgedrückt wird: die Zustände selber werden in den Feuersee geworfen. Es ist die Analogie (Ähnlichkeit) von dem über Offenb. 6,8 und Jes. 14,15 Gesagten: der Ausdruck bezeichnet auch die in dem betreffenden Zustand Befindlichen.

*

Ein ernster, geistreicher und gläubiger Ausleger gibt, unter Vorbehalt, in längeren Ausführungen der Vermutung Ausdruck, daß das Meer identisch sein könnte mit dem „Abgrund“, von dem mehrmals in der Schrift die Rede ist, in den Satan gebunden geworfen wird (Offb. 20,3), in den die Dämonen nicht fahren wollten (Luk.8,31); oder daß der Abgrund mit dem Meer verschlossen sein könnte. Ferner, daß die Dämonen, die nach Hesiod „die Geister von Menschen aus dem goldenen Zeitalter sind“, möglicherweise die Geister derjenigen seien, die die Erde vor dem Verderben, das im zweiten Verse der Bibel beschrieben wird, im Fleische bewohnten und die zur Zeit jener großen Zerstörung von Gott entkörpert und noch in der Macht des Führers belassen wurden, in dessen Sünde sie willigten und dessen Schicksal sie zuletzt teilen sollen. Er führt die Schwierigkeit des Verstehens von Offenb. 20,13 an, die dadurch entstehe, daß nichts davon gehört werde, daß die Erde ihre weit zahlreicheren Toten hergebe, wohl aber, daß das Meer geheimnisvoll mit dem

Tod und der Totenwelt zusammengebracht und in einer Liste von Orten aufgeführt werde, die nicht mit den Überresten materieller Gestalten, sondern mit entkörperten Geistern angefüllt seien. Wenn aber das Meer das Gefängnis der Dämonen sei, so könnten wir verstehen, warum es das erste ist, was seine Toten hergibt. Ein jeder werde in seiner eigenen Ordnung gerichtet werden, und darum hatten diese voradamitischen Wesen einen schreckensvollen Vorrang vor den Gefangenen des Todes und des Hades, deren zahllose Zellen vielleicht ausschließlich mit Verbrechern unserer jetzigen Welt angefüllt seien.

Das wäre eine außerordentlich interessante Lösung, wenn nicht entgegenstünde: a) daß Tod und Hades eben nicht aus zahllosen Zellen bestehende Örtlichkeiten sind; b) daß der Verfasser nicht bemerkt, daß V. 13 keine Fortsetzung, sondern die Einführung interessierender Nebenumstände ist, und c) daß nach dem Wortlaut der Schrift (1. Kor. 15,45) Adam der erste Mensch war; also abgewiesen werden muß, daß in die Katastrophe, deren Ergebnis 1. Mos. 1,2 war, Menschen oder Wesen wie wir verwickelt waren, so plausibel und bestechend die hier nicht näher aufgeführten Ausführungen des Verfassers auch sind. Auch das wäre noch zu erwähnen, daß, wenn das Meer den Abgrund, das Gefängnis verschlösse, es dann nicht heißen würde: die Toten, die in ihm, dem Meere, sondern „die unter ihm“ sind.

F. Kpp.

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Anmerkung

Die Ausführungen des vorletzten Absatzes, dessen wirklich sehr geistvoller, gläubiger Verfasser, G. H. P. (der z. B. viel Wichtiges und vielleicht Unübertreffliches über den Ursprung des Spiritismus und dessen furchtbare Bedeutung und über viele andere Dinge geschrieben hat), auch mir nicht unbekannt ist, habe ich nur deshalb aufgenommen, weil diese Philosophie - wie ich sie nicht anders nennen kann - nachher durch den Verfasser obiger Antwort kräftig widerlegt wird. Aus Luk. 8,31 zu folgern, daß die Dämonen „möglicherweise“ die Geister derjenigen seien, welche die Erde vor dem Verderben von 1. Mos. 1,2 im Fleische bewohnten - 1. Kor. 15,39 etwa „Fleisch der Geister“?! - ist m. E. eine abgeschmackte, weil biblisch völlig unmögliche Anschauung. Man möchte sich wundern, wie jener begabte Schreiber zu solchen Schriftwidrigkeiten kommt. - Aber m. E. muß er dazu kommen! Er verfällt jain einen schweren Fehler: Er will die heidnischen Vorstellungen von Göttern und Dämonen, wie sie die von ihm ausgiebig zitierten heidnischen Philosophen Plato und der Dichter Hesiod (vgl. oben ein Wort!) bringen, als der biblischen Lehre von Dämonen etwa in ähnlicher Weise analog (entsprechend) gelten lassen, wie die philosophisch-theologische „vergleichende Religionswissenschaft“ von heute die sogenannten „Wahrheitsmomente“ der verschiedenen heidnischen und christlichen „Religionen“ dem biblischen Christentum als sozusagen ebenbürtig an die Seite stellt - d.h. ohne bedenken zu wollen, daß letzteres einzigartig, weil göttlich geoffenbart ist. Wie anders verfährt der die heidnischen Lehren wie kaum ein anderer kennende, so hoch gebildete Paulus! (Vgl. z. B. 1. Kor. 8 u. 10,19-21! [worüber übrigens der Verfasser an anderer Stelle - den Spiritismus

betreffend - auch sehr klar schreibt].) Welche Offenbarungen gibt uns Gott durch den Apostel, welche auch schon vorher der HErr Selbst, über die geheimnisvolle Dämonenwelt! Müssen wir da auf weltliche, heidnische Schriftsteller zurückgreifen, um für die Lehren der Schrift Analogien und Grundlagen zu finden oder um die Offenbarungen Gottes damit zu stützen? Das führt sicher zu nichts Gutem. - Man verweise jetzt nicht auf Stellen wie die schon genannte von 1. Kor. 10,19-21, denn gerade in dieser Stelle korrigiert und durchstreicht Paulus ja die heidnischen Anschauungen geradezu durch die ihm gegebenen Offenbarungen. Und wenn man die Stelle Apgesch. 17,23 u. 28 anführt, so vergesse man nicht, daß Paulus dort zu Unbekehrten spricht und darum anknüpft an das ihnen Bekannte, also an das vorhandene (wie die Schrift es so oft tut); aber nicht etwa sieht er die heidnischen Vorstellungen, in denen er, der Kenner göttlicher Geheimnisse, Reste der Uroffenbarung Gottes findet, als Grundlage für seine Offenbarung der Wahrheit an. Anknüpfungspunkte bei Heiden zu suchen heißt für Paulus, „allen alles zu werden, um etliche zu gewinnen“ (1. Kor. 9,22), nicht aber nimmt er diese Dinge als Stützen für die ihm anvertraute Offenbarung. Deren bedarf das Evangelium wahrlich nicht! Deren bedürfen auch wir Schriftgläubige nicht!

Somit kann ich in von jenem gelehrten Verfasser angeführten Mutmaßungen nur Philosophie sehen, vor der zu warnen ich für meine Pflicht halte und über deren klare, wenn auch kurze Widerlegung in der obigen Antwort ich mich sehr freue und mancher Leser hoffentlich mit mir.

Sehet zu, daß nicht jemand sei, der euch als Beute

wegführe durch die Philosophie und eitlen Betrug, nach den Überlieferungen der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christo!“ (Kol. 2,8.)

(Der Schriftl. F. K.)

Hütet die Herde!

Tit. 1; 1. Tim. 3 u. 1. Petr. 5,2.

(Fortsetzung und Schluß.)

Der Aufseher mußte fähig sein,

„mit der gesunden Lehre“

zu ermahnen. Die Lehre war für Paulus eine höchst wichtige Sache. Heute ist es anders geworden, man sagt: nur keine Lehre, Lehre ist nicht wichtig, das Leben ist wichtig; oder „erst das Leben und dann die Lehre“. Ja, manche haben eine förmliche Furcht vor der Lehre und warnen, sich mit der Lehre der Apostel zu beschäftigen, als ob sie etwas Gefährliches für das christliche Leben sei. Die solches sagen, wissen nicht, wie töricht sie reden.

Von welchem Leben reden sie, von dem Leben nach dem Wohlgefallen der Menschen oder von dem Leben nach dem Wohlgefallen Gottes? Kann man nach dem Willen der Menschen leben, ohne die Gedanken der Menschen zu kennen? Und kann man nach dem Willen Gottes leben, ohne den Willen Gottes zu kennen? Wie töricht, das Leben der Lehre voranzustellen oder das Leben von der Lehre trennen zu wollen! Muß nicht durch die Lehre erst dem

Leben der Kinder Gottes die Richtung gegeben werden? „Um dem Willen Gottes zu leben“ (wie Petrus schreibt 1. Petr. 4,2), müssen wir erst die Belehrungen über den Willen Gottes haben. Die Lehre macht uns mit Gottes Willen bekannt. Wie töricht deshalb, das Leben an die erste Stelle und die Lehre an die zweite oder dritte Stelle zu stellen und von dem christlichen Leben als Hauptsache, und von der Lehre als unwichtig oder nebensächlich zu reden!

Lehre und Leben sind untrennbar verbunden. Wird das eine von dem anderen geschieden und stehen beide miteinander nicht im Einklang, so müssen verkehrte Dinge daraus hervorkommen. Ist die Lehre ohne das entsprechende Leben, so wird die Lehre verlästert (1. Tim. 6,1), und ist das Leben des Gläubigen nicht nach dem zuverlässigen Wort der Lehre, so muß sein Leben eine falsche Darstellung des Willens und der Gedanken Gottes sein. Mit welchem Ernst ermahnt Paulus: „Habt acht auf die Lehre“, „haltet fest das Bild gesunder Worte“, „bewahre das schöne anvertraute Gut“. Paulus hatte keine Furcht, immer wieder die Lehre zu berühren.

In diesen kurzen Briefen an Timotheus und Titus spricht er siebzehnmal von der Lehre; er stellt nicht, wie etliche heute, die Sache auf den Kopf; er wußte, wenn Leben und Wandel nach dem Willen Gottes sein sollten, daß dann die Belehrungen darüber voraus zu gehen hatten! Er betete für die Kolosser, „daß sie erfüllt sein möchten mit der Erkenntnis Seines Willens“. Warum? Um würdig des HErrn zu wandeln (Kol. 1,10). Und Epaphras rang für die Kolosser. Um was? Daß sie völlig überzeugt in allem Willen Gottes stehen möchten (Kol. 4,12). Und als Paulus die

Epheser ermahnt, „sorgfältig“ zu wandeln, dann fügt er hinzu, nicht als Törichte, sondern als „Verständige“, die da wissen, „was der Wille des HErrn sei“ (Eph. 5,15-17). Und David betet: „Lehre mich tun nach Deinem Wohlgefallen“ (Ps. 143,10). Alle diese wußten, daß sie für das Tun nach Gottes Wohlgefallen die Lehre nötig hatten.

Aber heute scheint diese Ordnung Gottes, die uns die Schrift zeigt, in den Augen etlicher Kinder Gottes Unordnung und gefährlich zu sein! Sicher ist die Lehre gefährlich, aber nicht für das Leben nach dem Willen Gottes, sondern für das Leben „nach den Überlieferungen und Lehren der Menschen“ (Kol. 2,8.22; Mark. 7,8). Und wieviel „Wind der Lehre“ (Eph. 4,14) umweht uns heute, und wie groß ist die Zahl derer, die durch „mancherlei und fremde Lehren“ fortgerissen sind. Das, „was von Anfang war“, die „gesunde Lehre“, ist heute so fremd geworden, daß dem, der in der Lehre der Apostel bleibt, nichts besonderes passiert, wenn er von den Christen heute wie einst Paulus von den Heiden angesprochen wird: „Können wir erfahren, was diese neue Lehre ist, von welcher du redest? Denn du bringst etwas Fremdes vor unsere Ohren.“ (Apg. 17,19.) Er, der inmitten der sieben goldenen Leuchter wandelte, sagte zu Pergamus: „Ich habe wider dich, daß du solche dort hast, welche die

Lehre Balaams

festhalten ...“ (Offb. 2,14). Zu wie vielen Versammlungen würde der HErr wohl heute dieses sagen? Wie fein wird Christentum und Welt, Wahrheit und Irrtum, Christus und Belial verbunden! Kaum regt sich noch eine Stimme dagegen, und wenn Treugesinnte ein geistliches

Empfinden haben, daß solche Dinge nicht mit dem Worte übereinstimmen, so sagt man ihnen, man dürfe das Wort nicht so buchstäblich nehmen. Und wie der Satan bei der Versuchung des HErrn nicht um ein Schriftwort verlegen war, so beweisen auch diese klipp und klar, daß in der Bibel stehe, der Buchstabe töte (2. Kor. 3,6) (vergl. wie in der Bibel stehe, daß kein Gott sei! [Ps. 14,1]).

Diese Klugen, die Gottes unfehlbare Weisheit meinen verbessern zu können, belehren uns, daß die Bruderliebe es erfordere,

tolerant

gegen die Verdreher der Wahrheit zu sein, und daß es empfehlenswert sei, ihre Lehren zu prüfen (da auch die Schrift sage: „Prüfet alles, und das Gute behaltet“). Zudem könne man gar manches Gute auch noch von diesen lernen, da es hochgebildete, tiefdenkende und ernste Männer seien. Man dürfe wegen kleiner Abweichungen vom Worte sie nicht gleich so streng beurteilen, zumal man auch nicht wissen könne, ob sie nicht bekehrt seien, und wenn sie dieses seien, dann sei es schon das Gebot der Allianz, kleine Meinungsverschiedenheiten über: Absonderung, ewiges Verderben, Wortinspiration, Gottheit Christi usw. usw. mit dem Mantel der Bruderliebe zu bedecken und diese Punkte nicht zu berühren.

Die Schrift aber führt eine andere Sprache. Sie lehrt uns, das Gerede von Menschen, die sich von der Wahrheit abwenden, überhaupt nicht zu beachten, noch uns damit abzugeben noch solchen unsere Aufmerksamkeit zu schenken. (Tit. 1,14; 1. Tim. 1,4; 4,1.7; 2. Tim. 2,23.)

Gott warnt uns vor jedem Abweichen von dem zuverlässigen Worte und zeigt uns an ernsten Beispielen, welche Folgen Abweichungen, die in den Augen der Menschen so klein sind, nach sich ziehen. Denken wir an Mose, der einer kleinen Abweichung wegen den Eingang ins Land verlor, oder an Nadab und Abihu, die dadurch ihr Leben einbüßten. Weiche ein wenig vom Worte ab, und du weißt nicht, wo du enden wirst! Siehe, zwei Schienen, die parallel zu laufen scheinen, aber sie weichen um Haaresbreite voneinander ab, und wie gewaltig groß ist die Abweichung in der Verlängerung! Laßt uns nur ein wenig von dem Worte weichen und ein wenig von den Gewohnheiten der Welt aufnehmen, und schnell geht es bergab auf abschüssiger Bahn.

Halte nur Umgang mit diesen netten, toleranten Leuten, die die fremden und ungöttlichen Lehren in ihrer Mitte dulden und nicht erlauben, daß diese Punkte berührt werden, und du wirst bald spüren, wie schnell sich dein Ohr an die fremden Lehren gewöhnt; es währt nicht lange - und du hast das geistliche Empfinden für die Verletzung der Wahrheit verloren. Die Dinge fangen an, dir so klein und geringfügig zu erscheinen, daß du den Protest dagegen einstellst, und dann noch ein Schritt - und du findest kein Unrecht mehr darin. Weshalb schreibe ich alles dieses? Um zu zeigen, wie wichtig die Ermahnung ist: „Hütet die Herde Gottes!“ Mit welcher Wachsamkeit sollten die Augen der Ältesten auf diese Dinge gerichtet sein!

Aber ist Pauli Ermahnung, dem zuverlässigen Worte nach der Lehre anzuhangen, nur allein auf die Ältesten beschränkt? Gelten nicht allen die Ermahnungen, zu reden, was der gesunden Lehre geziemt, gesund zu sein

im Glauben, in der Liebe, im Ausharren? In diesen wenigen Versen Tit. 1,9 - 2,8 gebraucht der Apostel fünfmal das Wort „gesund“. Mit „gesund“ ist das gemeint, was für die Gesundheit fördernd und gut ist. Wenn wir gesund in der Lehre sein wollen, dann müssen wir Menschenlehren und -satzungen und auch unsere eigene Meinung aufgeben und dem zuverlässigen Wort nach der Lehre anhangen. Und wenn wir gesund im Glauben sein wollen, dann darf nur der HErr vor unserem Auge stehen und nicht mehr Menschen, auch wenn es Brüder sind. (Gal. 1,10.) O, daß unter den Kindern Gottes diese Gesundheit in der Lehre und im Glauben mehr vorhanden wäre! Wie lieblich sieht es in Versammlungen aus, wo die Gläubigen nach dem Worte handeln: „Du aber rede“ (ob in der Versammlung oder in deinem Hause, im Geschäft oder auf der Straße, ganz gleich, wo du bist) - „rede, was der gesunden Lehre geziemt!“

Aus allem diesem ersehen wir, welche hohen und ernsten Aufgaben die Ältesten hatten. Wenn sie „mit der gesunden Lehre“ ermahnen sollten, wie unumgänglich notwendig war es dann, daß sie dem „zuverlässigen Wort nach der Lehre anhingen“. Ein Bruder, der nicht dem zuverlässigen Wort nach der Lehre anhing, konnte keinen Ältestendienst ausüben. Dieses sowohl als auch

lehrfähig

zu sein sind zwei Eigenschaften, die in der Schrift für diesen Dienst gefordert wurden. Und wie notwendig diese beiden Eigenschaften besonders in unseren Tagen sind, wo die Wahrheit so viel um Menschengefälligkeit willen verlassen wird, das haben wir in dem Zuvorgesagten

gesehen. Wie können die Ältesten mit der gesunden Lehre ermahnen und die Widerspenstigen überführen, wenn sie selber die „gesunde Lehre“ nicht kennen und dem zuverlässigen Wort nach der Lehre nicht anhangen. Wer den Ältestendienst ausüben will, der muß seine ganze Aufmerksamkeit der Lehre zuwenden, weil eben sein Ermahnen und Überführen „mit der gesunden Lehre“ sein muß.

Lehrfähig sein darf nicht mit der Gabe eines Lehrers verwechselt werden; lehrfähig sein ist etwas anderes als eine Gabe vom HErrn als „Lehrer“ empfangen zu haben. Wenn ein Altester auch nicht, wie wir bereits gesehen haben, die Gabe eines Lehrers nach Eph. 4 zu haben brauchte, so mußte er aber doch die Linien der Wahrheit kennen und in der Lehre selbst so gegründet sein, daß er fähig war, die Wahrheit zu behaupten und in dem Umgang mit den Einzelnen praktisch anzuwenden. Seine Ermahnungen mußten auf das Wort gegründet sein und nicht auf Weisheit oder menschliche Grundsätze oder dergleichen. In jedem seiner Dienste mußte das Wort Grundlage und Autorität sein.

Wie verAntwortungsvoll sind doch die Aufgaben jener Brüder, die den Ältestendienst in der Gemeinde ausüben! Wieviel Wohl und Wehe hängt von ihrem Dienst für die Gemeinde ab! Es ist deshalb höchst wichtig, sowohl für die Gemeinde wie auch für die, welche diesen Dienst ausüben, sich unter das prüfende Licht des Wortes zu stellen, damit niemand leichthin Seine Hand an einen Dienst lege, zu dem er nicht die

göttliche Qualifikation

besitzt. Jemand kann in weltlichen und irdischen Dingen sehr geschickt und sehr fähig sein, ein Geschäft zu führen, aber damit ist er noch nicht in göttlichen Dingen geschickt und fähig, die Gemeinde Gottes zu besorgen oder zu führen. Und ein Bruder kann jung bekehrt und alt an Jahren geworden sein, aber sein Alter allein befähigt ihn noch nicht, der Gemeinde Gottes vorzustehen. Wohl sagt die Schrift: „Die Tage mögen reden und die Menge der Jahre Weisheit verkündigen“ (Hiob 32,7), aber beachte, es heißt, sie „mögen“, nicht, daß sie es „tun“.

Es mag hier nützlich sein, einmal die Eigenschaften aufzustellen, welche nach der Schrift ein Ältester für seinen Dienst bedarf. Der HErr, der Seine Herde liebt, hat die, welche Seine Herde hüten sollen, genau beschrieben. Ein Aufseher soll sein: 1. untadelig, 2. eines Weibes Mann, 3. nüchtern, enthaltsam, 4. besonnen, 5. sittsam, 6. gastfrei, 7. lehrfähig, 8. nicht dem Wein ergeben, 9. kein Schläger, der Gewalt anwendet, 10. gelinde, nicht zornmütig, 11. nicht streitsüchtig, 12. nicht geldliebend und schändlichem Gewinne nachgehend, 13. der dem eigenen Hause wohl vorsteht und Seine Kinder in Unterwürfigkeit hält mit allem würdigen Ernst, 14. kein Neuling, 15. einer, der ein gutes Zeugnis haben muß von denen, die draußen sind, 16. nicht eigenmächtig, 17. das Gute liebend, 18. gerecht, 19. fromm, 20. anhangend dem zuverlässigen Worte nach der Lehre, auf daß er fähig sei, mit der gesunden Lehre zu ermahnen und zu überführen, 21. fähig, die Herde zu hüten, 22. einer, der die Aufsicht nicht aus Zwang führt, sondern freiwillig, auch nicht um schändlichen Gewinn, sondern bereitwillig, 23. nicht herrschend, 24. ein Vorbild der Herde.

Obgleich diese Beschreibung so einfach und klar ist, finden wir doch an keinem anderen Platze im Hause Gottes mehr Personen,

die nicht dahin gehören,

als an diesem. Woher kommt es? Weil man nicht wartet, bis der Heilige Geist solche gibt, sondern sie sich selbst wählt. Man findet in der Schrift, daß die Gemeinden im Anfang Älteste hatten, und will nun gleichfalls solche haben, und um dieses zu erreichen, macht man es so, wie einst das Volk Israel, als es zu Samuel sagte: „Setze einen König über uns, der uns richte, wie alle die Nationen haben.“ (1. Sam. 8,5.) Dieser mag nun ein Saul oder ein David sein, man will eben jemand haben, der diesen Platz einnimmt, so gut oder schlecht er auch dahin passen mag. Und gar oft muß nach einer solchen Wahl die Gemeinde wie einst Israel die Frucht ihrer Torheit tragen.

Manche fragen:

Sollen denn die Gemeinden sich ihre Ältesten nicht wählen?

Es ist sehr bedeutungvoll, daß wir in der Schrift nirgends ein Wort noch ein Beispiel dafür finden, daß eine Gemeinde sich ihre Ältesten selbst gewählt hätte. Selbst in den letzten Briefen Pauli, als er schon wußte, daß er bald heimgehen würde, machte er nicht die leiseste Andeutung, wie es mit der Fortführung des Amtes dieser apostolisch Angestellten gehandhabt werden sollte. Der HErr hat Vorsorge getroffen, daß uns in der Schrift eine Fülle von Belehrungen für die letzten Tage gegeben würden. Aber

kein Wort hat er gegeben für eine spätere Einsetzung von Männern in das Amt eines Ältesten. Ist dieses in der Schrift vergessen worden? Wer hat die Schrift gegeben? Wenn wir anerkennen, daß der Heilige Geist sie gegeben hat - kann der Heilige Geist etwas vergessen?

Wenn Gott in Seiner Weisheit nichts bestimmt, wollen wir dann bestimmen? Wenn Er schweigt, sollen wir dann reden? Sollten wir nicht daraus lernen, daß, wenn Er uns nicht zu handeln beauftragt, wir dann in einer so ernsten Sache nichts selber tun sollen? Müssen wir uns im Gegenteil nicht vielmehr sagen, daß Gott den Verfall Seines Hauses und die Zertrennung der einen Herde in viele Spaltungen voraussah und daß Er deshalb keine Bestimmungen über die Wahl der Ältesten gab, weil dieses Amt über die eine ungeteilte Herde mit der Zerrissenheit derselben zu Boden fiel?

Wenn eine Gemeinde sich heute ihre Ältesten wählt, so ist es möglich, daß der Heilige Geist nicht einen von diesen dazu gesetzt hat. So wenig, wie ein Kreis von Gläubigen heute Anspruch machen kann, die „eine“ Herde und Gemeinde Gottes an ihrem Orte zu sein, so wenig kann sie sagen, daß ihre Ältesten die Ältesten der Gemeinde Gottes an dem Orte sind. Um Älteste gleich denen in Ephesus zu haben, von denen der Heilige Geist sagt, daß Er sie in die Gemeinde gesetzt hat, müßten wir auch heute die „eine“

ungetrennte Gemeinde haben. Heute ist aber die Gemeinde in viele Sonderkreise zerteilt, und fast jede Sondergemeinde hat ihre Ältesten, die die Interessen ihres Kreises zu vertreten haben.

Haben wir denn heute keine Ältesten mehr?

Nicht Älteste in der gleichen Weise, wie wir sie in der Schrift finden - wohl aber Männer, die den Ältestendientst ausüben. Jemand möchte fragen: Besteht denn

ein Unterschied

zwischen den Ältesten der Apostelzeit und den Männern, die heute den Ältestendienst ausüben? Ganz gewiß, so wie ein Unterschied besteht zwischen der Gemeinde in der Apostelzeit und der Gemeinde heute. Die Gemeinde damals war unzerrissen und an jedem Orte eine einzige Gemeinde. Sämtliche Gläubige, die an einem Orte wohnten, gehörten dieser Ortsgemeinde an; und die Ältesten, die der Heilige Geist gab, waren die Ältesten dieser einen Gemeinde und wurden von allen Gläubigen an dem Orte als solche anerkannt. Dieser einigen Gemeinde gegenüber steht heute die zerrissene und gespaltene Gemeinde. Gewiß, alle Kinder Gottes an einem Orte sind die Gottesgemeinde an diesem Orte, aber sie sind zerspalten und stehen oft kämpfend einander gegenüber. Fast jede dieser Spaltungen hat sich Älteste gewählt, aber diese werden nicht von allen Gläubigen an dem Orte als Älteste anerkannt, sondern jeder nur von dem Kreise seiner Wähler. Kann man von solchen gewählten Männern sagen, daß das die Ältesten sind, die der Heilige Geist diesen Sondergemeinden gegeben hat? So wie ein großer Unterschied zwischen der Gemeinde von einst und heute besteht, so sehen wir auch den großen Unterschied zwischen den Ältesten von einst und heute.

Die Schrift zeigt uns Älteste, die von den Aposteln und von deren Bevollmächtigten gewählt und angestellt wurden, und ihre Amtstellung gründete sich auf die Autorität ihrer Wähler. Die Stellung der verschiedenen Ältesten heute in den verschiedenen Kreisen gründet sich gleichfalls auf die Autorität ihrer Wähler, aber welche gottgegebene Autorität besitzen diese Wähler heute für solche Wahl? Und wenn diese Wähler dazu nicht göttlich autorisiert sind, welchen Anspruch haben dann die von ihnen gewählten Ältesten auf diesen Titel der Schrift? Gar viele haben mit diesem Titel kaum mehr gemeinsam als nur den Klang des Namens.

Es hat jemand einmal gesagt, wenn ich einem Juden sagen würde, daß ich in meinem Garten einen Ysop habe, so würde er jedenfalls in der Erinnerung, daß diese Pflanze beim Passah zum Sprengen des Blutes gebraucht wurde, interessiert sein, dieselbe zu sehen. Wenn ich ihm dann einen Holunderbusch in voller Blüte zeigen würde, so würde er sicher von meiner Botanik überrascht sein. Ich würde ihm gestehen, daß sein Erstaunen gerechtfertigt sei, aber ihm erklären, daß der Ysop doch in der Bibel vorkomme und daß ich alle Pflanzen meines Gartens mit biblischen Namen belege. Jedenfalls würde er mir erwidern, daß es aber sehr verwirrend sei, biblische Namen auf andere Dinge, als wofür die Schrift sie gebraucht, anzuwenden. So ist es auch heute, man gebraucht biblische Namen für allerlei Dinge, die die Schrift nicht kennt, und betrügt sich und andere durch den Klang von Worten, als ob damit die Dinge der Schrift vorhanden wären. Wenn die Schrift uns belehrt, daß der Heilige Geist die Spaltungen verurteilt (1. Kor. 3), so

kann doch niemand daran denken, daß der Heilige Geist in solchen von Ihm verurteilten Spaltungen Älteste anstellt.

Wenn wir so die Unterschiede zwischen den Ältesten jener Tage und unserer Tage sehen undwir somit nicht Älteste mit Titel und Amt wie in den Tagen der ungebrochenen Einheit des Volkes Gottes haben, so haben wir doch Männer, die den Ältestendienst ausüben, und ihre Befugnis dazu beruht nicht auf ihren „Wählern“, sondern auf der Legitimation des Heiligen Geistes in ihren schriftgemäßen Eigenschaften und den Kennzeichen ihres „Werkes“. In ihnen sehen wir die Treue des HErrn zu Seiner Gemeinde trotz ihrer Untreue. Er bleibt Haupt und Heiland Seines Leibes. Er ist treu! Solange der Heilige Geist auf der Erde in Seiner Gemeinde wohnt, solange bleiben nicht nur die zu ihrer Auferbauung nötigen Gaben, solange gibt Er auch Männer, die den Aufseherdienst tun. Seine Treue läßt Seine Gemeinde nicht ohne Aufsicht.

Wir lesen: „Wenn jemand

nach einem Aufseherdienst trachtet,

so begehrt er ein schönes Werk.“ (1. Tim. 3,1.) Dieses Trachten erweckt der Heilige Geist heute noch in den Herzen der Seinigen. Er legt die Sorge um die Schafe des HErrn einem solchen Bruder ins Herz. Und es ist köstlich, wenn ein Bruder nach einem Aufseherdienst trachtet, aber dieses Trachten nach dem Aufseherdienst muß von dem Heiligen Geiste gewirkt sein. Wenn jemand nach einem Aufseherdienste trachtet, um der Erste in der Versammlung zu sein, so ist er von vornherein von diesem Dienste ausgeschlossen. Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes

Werk, aber dieses Werk fordert beständige Selbstverleugnung, Demut, Sanftmut, Gnade, Geduld. Wenn dieses Trachten nicht aus der Liebe zum HErrn hervorgeht, Seiner Gemeinde sich selbstverleugnend und aufopfernd im Dienst hinzugeben, so ist er nicht für dieses Werk brauchbar. Die Welt hat aus dem Dienst eines Ältesten (oder wie Luther übersetzt „Bischofs“) einen hohen, kirchlichen Rang mit reichen Einkünften gemacht, aber die Schrift zeigt uns, daß es ein Werk ist, welches mit Mühe und mit Sorge Tag und Nacht und mit Schmerzen und Tränen verbunden ist. Daß zu einem solchen Werk, welches nur aus dem Drange der Liebe zum HErrn vollführt werden kann, nicht einfach jemand gewählt werden kann, liegt auf der Hand. Man könnte ebenso gut jemand wählen zum Lieben oder jemanden wählen, demütig zu sein und sich selbst zu verleugnen, wie jemand wählen für den Ältestendienst. Das eine ist so unmöglich wie das andere.

Aber, sagst du,

die Apostel wählten

solche oder ließen es durch andere tun, wie wußten sie, daß die, welche sie wählten, diejenigen seien, die der Heilige Geist bestimmt hatte? Obwohl wir wissen, daß die Apostel mit weit höheren Gaben und Kräften als wir ausgerüstet waren und Machtbefugnisse besaßen, die andere nicht hatten, und weiter, daß sie, unter der Inspiration des Heiligen Geistes stehend, die Übermittler der Worte Gottes waren, so sehen wir doch an vielen Beispielen in der Schrift, daß sie in völliger Abhängigkeit, auf die Leitung des HErrn wartend, ihren Pfad wandelten.

Wir brauchen ja nur, um dieses zu sehen, die Apostelgeschichte zu lesen. Ich weise auf Apg. 16,6-10 hin und weiter auf die Wahl der Sieben zur Bedienung der Tische in Apg. 6,1-3. Sie wählten solche nicht ohne weiteres, sondern nach bestimmten Kennzeichen. Diese Männer mußten 1. „ein gutes Zeugnis“ haben und 2. „voll Heiligen Geistes“ und 3. voll „Weisheit“ sein. Das waren die Eigenschaften, die leitend für die Wahl der Männer sein mußten, die die Tische bedienen sollten. Und so, wie sie bei der Wahl dieser sieben Männer nach bestimmten Kennzeichen handelten, so handelten die Apostel ohne Zweifel auch bei der Wahl jener Männer, die den Ältestendienst ausüben sollten, nach bestimmten Kennzeichen und Eigenschaften. Es liegt auf der Hand, daß die Kennzeichen, die Paulus später Timotheus und Titus schrieb, dieselben waren, nach denen er in Verbindung mit Barnabas die Ältesten gewählt hatte. Denn Paulus konnte nicht nach anderen Grundsätzen wählen, als er es Titus befahl.

Warum wählten die Apostel, als die jungen Gemeinden entstanden waren, nicht sofort im Anfang bei ihrem ersten Besuch die Ältesten? Warum ließen sie darüber eine solche geraume Zeit bis zu ihrem zweiten Besuch vergehen? Sicherlich, sie warteten, bis der Heilige Geist die offenbar gemacht hatte, die Er für diesen Dienst gebrauchen wollte. In dieser geraumen Zeit von 1-2 Jahren (die zwischen den beiden Besuchen lag, Apg. 14) war die Entwicklung der einzelnen Gläubigen so offenbar geworden, daß das geistliche Auge der Apostel an ihren Eigenschaften die erkennen konnte, die der Heilige Geist in der Gemeinde als Aufseher gesetzt hatte.

Aber, sagst du,

wenn der Heilige Geist sie setzte, wozu war die Wahl der Apostel

dann noch nötig? Kann die Gemeinde nicht die, welche vom Heiligen Geiste gewählt sind, ohne die Apostel empfangen und erkennen? Heute wohl, aber nicht zu jener Zeit. Wir haben heute die Bedingungen und Eigenschaften der Ältesten in der Schrift, und diese geben uns Klarheit, die zu erkennen, die der Heilige Geist in den Gemeinden als Älteste gesetzt hat, aber zu jener Zeit war das Wort Gottes noch nicht vollendet, und die Gemeinden hatten noch nicht die Instruktionen über die Eigenschaften der Ältesten, wie wir sie jetzt in den Timotheus-, Titus- und Petri-Briefen haben. Es war daher notwendig und ganz natürlich, daß sie durch die Apostel (die die Grundlagen der Gemeinde zu legen hatten) oder durch die von den Aposteln Bevollmächtigten gewählt wurden.

Was haben wir nun zu tun? Wie schon gesagt, wir haben keine Apostel mehr und keine apostolisch Bevollmächtigen und keine Gemeinde in Einheit, aber wir haben den Heiligen Geist, denselben, der einst in der Gemeinde die Ältesten setzte. Und wenn wir auf Ihn warten und Ihm nicht durch unser eigenes Wählen im Wege stehen, so wird Er die Männer kennzeichnen, die Er für diesen Dienst bestimmt hat. Manche zweifeln, ob wir heute noch solche Männer haben. Ist die Gemeinde die Herde Gottes noch auf Erden? Ist der Heilige Geist noch hier? Solange diese noch hier sind und solange das Wort des HErrn noch gilt: „Hütet die Herde Gottes!“, solange gibt der Heilige Geist auch noch Männer, die diesen Dienst

aus Liebe zum HErrn Seiner Gemeinde tun.

Kennst du diese Brüder? Sie sollten von allen in der Versammlung gekannt sein! Wenn du die Photographie eines Bruders hast, fällt es dir dann schwer, diesen Mann in der Versammlung zu erkennen? Eine solche Photographie hat der Heilige Geist uns von den Ältesten deutlich in ihren Kennzeichen gegeben, daß es einem geistlichen Auge nicht schwer ist, die zu erkennen, die Er in der Gemeinde als Aufseher gesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten.

Uns allen gilt die Ermahnung des HErrn, die, welche diesen Dienst tun und uns vorstehen im HErrn und uns zurechtweisen, anzuerkennen und über die Maßen in Liebe zu achten, um ihres Werkes willen. (1. Thess. 5,12.13.) Und die, welche wohl vorstehen, doppelter Ehre würdig zu achten, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre, und keine Klage wider solche Brüder anzunehmen, außer, wenn dieselbe sich auf zwei oder drei Zeugen begründet. (1. Tim. 5,17-19.)

„Lehre mich, HErr, Deinen Weg, daß ich wandle in Deiner Wahrheit; richte mein Herz auf das Eine, daß ich Deinen Namen fürchte!“ (Ps. 86,11.)

v. d. K.

Einige Gedanken über den Judas-Brief.

(Schluß.)

In dem zweiten Beispiel (Vers 9) finden wir eine andere Art des Bösen, nämlich das Lästern von Herrlichkeiten

oder Würden und Gewalten. Dies ist Radikalismus. Gott zeigt uns das Böse desselben in einem sehr beachtenswerten Geschehnis, das an keiner anderen Stelle der Schrift gefunden wird.

In dem ersten Beispiel wollten sie nicht in dem ihnen von Gott gegebenen Zustand und in ihrer Behausung bleiben, und in diesem zweiten Beispiele wollten sie nicht der Herrschaft, der sie unterordnet waren, unterworfen sein. Sie verachteten dieselbe und sprachen lästernd und böse darüber.

Der 9. Vers zeigt uns zweifellos, daß der Teufel eine gewisse Gewalt über die Toten hatte, bis daß Christus sie ihm nahm. Hier fordert der Erzengel Michael aus Gründen, die uns nicht mitgeteilt werden, den Leib Moses, und der Teufel macht seine Ansprüche daran geltend. Manche Fragen sind hierüber aufgeworfen, aber diese Nebengedanken beschäftigen uns hier nicht. Der Hauptpunkt ist, daß Michael kein lästerndes Urteil über den Teufel zu fällen wagte, sondern nur sagte: „Der HErr schelte dich!“ Er kehrt zur höchsten Autorität zurück, zu der des HErrn.

Den Erzengel finden wir in der Schrift mit der Auferstehung in Verbindung gebracht (Dan. 12; 1. Thess. 4,16), und er mit seinen Engeln ist es, der später mit dem Teufel und seinen Engeln kämpfen, sie besiegen und aus dem Himmel treiben wird (Offenb. 12,7.12). Aber in dieser Stunde, von welcher hier geredet wird, unterläßt er es, von seiner Würde, denTeufel zu unterwerfen, Gebrauch zu machen. Er verläßt nicht den Stand des Unterworfenseins dem HErrn und sagt nur: „Der HErr schelte dich!“ Und damit stellte er zugleich auch Satan unter die Oberhoheit

des HErrn. Er wußte, daß Gottes Machtmittel groß genug seien, mit dem Teufel fertig zu werden und ihn für immer stille zu machen, aber die Zeit dafür war noch nicht gekommen. Wenn sie kommen wird, dann wird er für tausend Jahre gefesselt sein. Auf diesen Augenblick wartete der Erzengel und hielt sich fern von jeder Verachtung der Herrschaften und Herrlichkeiten und Gewalten. Möchten wir uns durch diese Beispiele warnen lassen, nicht an den uns heute umgebenden Grundsätzen des Radikalismus in irgend einer Weise teilzunehmen und Würden und Gewalten zu verachten, sondern von dem Erzengel Michael lernen, sie unter die Oberhoheit des HErrn zu stellen, indem wir uns begnügen lassen, zu sagen: „Der HErr schelte dich!“

Wir kommen nun zu dem dritten Beispiele (Vers 14-16). Henoch war der siebente von Adam. Der Tod hielt unter den Menschen seine Beute. Gott aber wollte unter dieses Hinwegraffen der Menschen durch den Tod ein Beispiel stellen, daß Er Macht habe, Menschen nach Seinem Wohlgefallen vom Tode frei zu machen. Er offenbarte dieses an Henoch. Henoch ist es, der weissagte: „Siehe, der HErr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen“. Diese Prophezeiung bezog sich ohne Zweifel zunächst auf die Wasser der Flut, aber ihre volle Anwendung findet sie noch in der Zukunft und steht in Beziehung zu dem Augenblick, wenn Christus mit Seinen Heiligen kommen wird, um über die Menschen, die das Christentum bekannten und davon abfielen, Gericht zu halten. Henoch ist in seiner eignen Entrückung ein Beispiel von der Entrückung der Gläubigen bei der Ankunft des HErrn. Wir sind dem Ende heute sehr nahe, und es ist nicht schwer, das Wirken und die Grundsätze, die am Ende

sich geltend machen, schon zu sehen. Das Ziel, welches der Verführer im Anfang Adam vor Augen malte, ist bald erreicht. Überall sehen wir Gottlose und die Werke ihrer Gottlosigkeit und hören „die harten Worte, welche sie wider Ihn reden“ (Vers 15). „Diese sind Murrende, mir ihrem Lose unzufriedene, die nach ihren Lüsten wandeln. Ihr Mund redet stolze Worte und vorteilshalber bewundern sie Personen“ (Vers 16).

Und was sollen wir tun? Sollen wir die Dinge in Ordnung bringen? Nein; wir hören von Henoch, er richtete seinen Blick auf den HErrn und sagte: „Der HErr kommt, Gericht zu halten“. Und auch wir überlasen die Dinge Seinen allmächtigen Händen und getrösten uns des, daß Er alles weiß und daß Er mit allem zu Seiner Zeit fertig werden wird.

Wir wenden uns nun zu den „bewahrten Berufenen“. Judas redet diese „Berufenen“ an mit „den in Gott, dem Vater geliebten und in Jesu Christo bewahrten Berufenen“. Der Name Jesus Christus verbindet unsere Herzen mit dem demütigen in Abhängigkeit hier wandelnden vollkommenen Menschen, der nach Ps. 16 zu Gott sagte: „Bewahre mich, Gott, denn ich traue auf Dich!“ Christus als Mensch nahm nicht den Platz Jehovas hier ein, sondern Er sagte zu Gott: „Du bist der HErr, Meine Güte reicht nicht hinauf zu Dir“. Und zu den Heiligen, die auf Erden sind, und zu den Herrlichen sagte Er: „An ihnen ist alle Meine Lust“. Diese Worte zeigen uns, daß der HErr hienieden in völliger Abhängigkeit wandelte; Sein Vertrauen war auf Gott, und nicht einen Augenblick wich Er auf Seinen Wegen von Ihm ab. Nie war auf Seinen Lippen der Name eines anderen Gottes, und unberührt von den

Grundsätzen der Welt wies Er alle Ehre dieser Welt ab. Inmitten des Abfalles sah Gott einen Menschen, der Ihm vertraute, der keinen Augenblick Seine Stellung verließ, die Er als abhänger Mensch in Liebe angenommen hatte, und der Gott im Tode verherrlichte, um die Gegenstände der Barmherzigkeit Gottes durch die Sühnung zu „Bewahrten“ zu machen. Diese „bewahrten Berufenen“ stehen an demselben Platze und auf demselben Boden, den Christus einnahm, denn sie sind in Jesu Christo bewahrte Berufene. Das Geheimnis Seiner Bewahrung ist auch das Geheimnis ihrer Bewahrung. In jeder Versuchung und in jedem Bösen, das in der Welt ist, finden sie in Ihm eine Lösung und Antwort.

Während wir in den abgefallenen Engeln jene sehen, die ihren ersten Zustand nicht bewahrten, sehen wir in Ihm den Einen, der getreu Seiner Stellung in Niedrigkeit, die Er auf Sich genommen hatte, Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm und, in Seiner Gestalt als ein Mensch erfunden, Sich Selbst erniedrigte und gehorsam ward bis zum Tode am Kreuze, und darum, lesen wir, hat Gott Ihn erhöht. Er trachtete nicht danach, Gott gleich zu sein, Er suchte nicht Seine eigene Ehre und Herrlichkeit, sondern Er erniedrigte Sich Selbst bis zum Tode, und Gott Antwortete auf Seine Erniedrigung mit Seiner Erhöhung. Als der Satan sich Ihm mit der alten Versuchung von Macht und Ehre der Welt nahte (der Adam einst unterlag), Antwortete Er: „Weiche von Mir, Satan!“ - Er wollte nichts davon haben.

Als Er vor dem ungerechten römischen Landpfleger stand, kam kein Wort der Lästerung über Seine Lippen. Sprach Er böse von der Behörde, vor der Er stand? Weit entfernt

davon! Er bestätigte ihre Gewalt, indem Er zu dem ungerechten Richter sagte: „Du hättest keinerlei Gewalt über Mich, wenn sie dir nicht von oben gegeben wäre“. Er unterwirft Sich einem Manne, der Ihn ungerecht zum Tode verurteilte, und erkennt die Autorität Gottes an. Nun hat Gott Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge (Ps. 2). Er ist der höchste HErr.

In uns ist immer der Wunsch, die Dinge in Ordnung zu bringen. Wir vergessen dabei unser Unvermögen und lassen dem Walten Gottes nicht Raum. Bei Christus sehen wir etwas ganz anderes; Er berührte nicht den Lauf der Dinge, Er überließ alles den Händen des einzigen Herrschers, Gott. Als der Mann im Evangelium Ihm sagte, mit seinem Bruder zu sprechen, daß dieser die Erbschaft mit ihm teile, war des HErrn Antwort: „Mensch, wer hat Mich zu einem Richter oder Teiler über euch gesetzt?“ (Luk. 12,14.) Nur wenn wir mit dem Geiste dieses abhängigen Menschen getränkt sind, können wir in Jesu Christo „Bewahrte“ sein. Dann sind wir Gott geheiligt und kämpfen mit Ernst „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben“. Durch die Erkenntnis Gottes und Seiner Wege werden wir vor dem Bösen bewahrt und befähigt, den geraden Weg zu wandeln; und auf alles, was durch die Sünde und den Abfall in die Welt gekommen ist, lassen wir das Licht des Pfades Jesu Christi fallen.

Möchten wir uns vor dem ersten Schritt zum Abfall hüten, damit wir nicht mit unserem „Lose Unzufriedene“ seien. Unzufriedenheit ist der erste Schritt zum Abfall. „Ihr aber, Geliebte, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben, betend im Heiligen Geiste, erhaltet euch selbst in

der Liebe Gottes, erwartend die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“ (Vers 20.21). Das ist das große Endziel. Durch Erbauung und Gebet erhalten wir uns in der Liebe Gottes und schauen aus nach der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben. Die Gläubigen unserer Tage haben ihren Platz in den himmlischen Örtern. Die Herrschaft Christi wird sich erweisen, wenn alles Böse, von dem hier geredet ist, sein Ende im Abgrund gefunden hat. Auf den Abfall, den wir heute schon so deutlich reifen sehen, folgt die Offenbarung Seiner Macht und Herrlichkeit.

Bis zu diesem Tage sind wirhier gelassen, um in dem Anschauen Seines Pfades, wie Er hier wandelte, zu lernen, in demselben Geiste zu handeln. So werden wir „in Christo Jesu Bewahrte“ sein. „Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heilande, durch Jesum Christum, unseren HErrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter! Amen“ (Vers 24.25).

M. - v. d. K.

Die Gemeinschaft des Glaubens.

Nicht selten kann man aus dem Munde frommer Leute die Rede hören, um ihren Glauben stünde es am besten, wenn sie ihn für sich selbst hätten. Die Gemeinschaft mit anderen störe sie nur. Da bestünden Gegensätze, die ihr Gebet kraftlos machten. Da fehle die rechte Einheit und Übereinstimmung im Geiste. Ihre Andacht würde

gehemmt. Kurz, ihr Glaube könnte am besten bestehen, wenn sie sich absonderten und dem Worte Jesu entsprechend ins stille Kammerlein sich zurückzögen. Daran ist nun ganz gewiß etwas Berechtigtes. Wer nie aus dem großen Kreise heraus und zu stiller Besinnung, zu sich selbst kommt, der wird in seinem Glauben bald matt werden. Allein die gänzliche Absonderung von der Gemeinde der in Christus Geeinten führt auch zu innerer Versandung. Dann hat man bald nur noch einen Lieblingsgedanken, dessen wird man mit der Zeit auch überdrüssig, und es währt nicht lange, so läßt man auch das stille Kämmerlein veröden.

Vielmehr ist es für den Christen unbedingt notwendig, Gemeinschaft zu halten. Wenn einer denkt, er habe es nicht mehr nötig, so zeigt er gerade mit dieser Sinnesart, wie sehr er gerade noch der tragenden Liebe der Gemeinschaft bedarf.

Gewiß, es ist bequemer, auch im Glauben um sein eigenes Ich wie um ein goldenes Kalb zu tanzen, aber dann kommt der alte Mensch wieder durch eine Hintertür hinein geschlüpft, dessen Sünde ja wesentlich in der Ichsucht bestand.

Gemeinschaft fordert Entsagung, Verzicht auf das, was einen vielleicht mehr interessiert, was man selbst wohl für wichtiger hält, was aber aus Liebe zu den anderen vorläufig noch zurückgestellt werden muß. Aber gerade in der Selbst-Verleugnung liegt ja die Nachfolge Jesu (Matth. 16,24!). Auch der Heiland hätte sicher lieber vom Höchsten geredet, als daß Er den Jüngern immer wieder die Elemente des Glaubens an Ihn eingeprägt hätte.

Gemeinschaft fordert Demut und Geduld. Überall, wo Christen zusammenkommen, sind Unfertige, Zögernde, Zurückbleibende. Wer aber von Christus ergriffen ist, der möchte vorwärts, der möchte wie auf Adlersflügeln sich dem HErrn entgegenschwingen. Ihm ist es, als würden durch die Schwachen im Glauben ihm gleichsam Bleigewichte an die Füße gehängt. Aber oftmals wird er hernach spüren, daß auch ihm ein etwas längeres und gründliches Verweilen bei den Grundlagen des Glaubens nur dienlich gewesen ist.

Gemeinschaft fordert Liebe und Treue. Einen im Glauben vollendeten Christen lieben und bei ihm ausharren, das kann jeder, aber in treuer Liebe bei jemandem zu wachen, der praktisch erst ein Fünklein vom Geist im Herzen trägt, dazu gehört Kraft, die nicht von Fleisch und Blut herstammt; das erst ist Erweis lebendigen Glaubens.

Wer diese Pflichten gegen die Gemeinde des Glaubens auf sich nimmt, der wird auch den Segen der Gemeinschaft spüren und dessen gewahr werden, was die Gemeinschaft ihm schenkt (vgl. Röm. 1,12!).

Da ist die Kraft zu nennen, die der Glaube erhält, die Eindringlichkeit, die dem Gebet zuwächst, die Glut, die in der Liebe lebendig wird. Wer an der Gemeinschaft trotz aller Enttäuschungen festhält, wird spüren, wie die Erkenntnis des Glaubens erweitert wird, wie der Reichtum der Erfahrung zunimmt, wie stets neue Seiten am Heiland, an der Schrift, an der Führung Gottes entdeckt werden.

Gemeinschaft erfordert den Dienst dessen, der nicht stolz ist wie ein Sadduzäer, und gewährt einen Lohn, der nicht

fleischlich und irdisch ist wie der der Pharisäer.

H. N.

„In Bereitschaft für Ihn!“

Mark. 3,9.

Ein leicht verständlicher Befehl des HErrn! „Ein Schifflein sollte für Ihn in Bereitschaft bleiben, auf daß die Volksmenge Ihn nicht drängen möchte.“ Dem ist nichts zur Erklärung hinzuzufügen - und doch! wieviel liegt für uns praktisch in diesen einfachen Worten! Man könnte sagen: Glückliches Schifflein, das dem Herrn Jesus als „Kanzel“ gedient hat! Ach, möchten wir alle, die wir Sein Eigen sind, gleichsam solche für Ihn in Bereitschaft befindlichen „Schifflein“ sein, vermittels derer Er zu den Menschen reden kann! Lassen wir uns derart brauchen? Glückliche „Schifflein“! „Schifflein“ für Ihn! -

Aber mehr noch: sollte das Schifflein in Bereitschaft sein können, dann mußten hilfsbereite Leute da sein, die es in Bereitschaft hielten! Und tatsächlich legte Er ja Seinen Jüngern diesen Befehl ans Herz. Ich glaube, das ist es vor allem, was dieses schlichte Wort uns zu sagen hat: daß wir selber in Bereitschaft seien, um für Ihn zu jeder Zeit, da Er deren benötigt, unsere „Schifflein“ bereit halten zu können! Anders gesagt: wir, die Seinen, die Er Sich durch Seine Liebe zu Jüngern erkoren hat, sollen und dürfen unsere Mittel, unser Können, unsere Kraft, unsere gottgegebenen Gaben, unsere Fähigkeiten usw. - ja, alles, was wir haben - Ihm zur Verfügung halten, für Ihn in Bereitschaft haben, damit Seine Pläne, Gedanken und Absichten durch uns zur Durchführung kommen können.

In Bereitschaft für Ihn! Welch hohes Vorrecht! Mancher hat dies vielleicht noch gar nicht recht erkannt; ihn lehre dieser Vers, was der HErr von uns erwarten kann und erwartet! Lassen wir alle uns belehren! Wieviel oder - scheinbar - wie wenig davon abhängt, ob unsere „Schifflein“ in Bereitschaft sind oder nicht, das zu überlegen ist ja nicht unsere Sache, sondern die Seine!

„In Bereitschaft!“ Während des Krieges haben viele von uns an sich selber erfahren, was es hieß“, „in Bereitschaftsstellung“ zu sein, entweder vor dem Ausrücken ins Feld oder vor dem Eingesetztwerden an der Kampffront. Nicht trübe Erinnerungen will ich wachrufen, aber jene Bereitschaftsstellungen lehren uns doch manches, besonders dieses, daß die, welche in Bereitschaft waren, in nichts mehr sich selber oder den Ihren gehörten, sondern nur noch dem Zweck, für den sie eingesetzt werden sollten. Man mochte in der Heimat viele Tage hindurch in Bereitschaft sein, aber man war des Morgens nie sicher, ob man des Abends noch an Ort und Stelle sein würde: ein verAntwortungsvolles Bereitsein! - Wieviel köstlicher aber ist das Ziel, der Zweck, ja die Person vor allem, für die wir Jünger Jesu in Bereitschaft sein dürfen mit Herz und Hand, mit Ohr und Zunge, mit Gut und Blut, mit Leib und Leben! Sind wir es allezeit? Sind wir, Bruder und Schwester, bereit, uns in jedem Augenblick des Lebens „einsetzen“ zu lassen für den Glaubenskampf und für irgendwelchen Dienst zugunsten der Sache unseres geliebten Meisters? „Der Lehrer ist da und ruft dich!“ hörte einst Maria, die Ihn so gut verstand und so gern für Ihn allein lebte (Joh. 11,28), und der nächste Vers (29) zeigt ihre Bereitschaft. Und wie bereit war Maria Magdalena für Ihn in Joh. 20! wie Paulus z. B. in

1. Samuel 1,11:

11 Und sie tat ein Gelübde und sprach: HERR der Heerscharen, wenn du das Elend deiner Magd ansehen und meiner gedenken und deine Magd nicht vergessen wiunserem Gott und Vater wohlgefällt oder nicht -, können wir nur auf Grund des Neuen Testamentes beAntworten. Nur da finden wir das Christentum, „das Bild der Lehre, welchem wir übergeben worden sind“. Deshalb wendet sich vor allem unser Auge dorthin, und wir fragen: Finden wir diese Sache im Neuen Testament? Was sagt dasselbe darüber? So ist es auch mit der Frage betreffs der „Gelübde“. Und das Ergebnis ist, daß wir Gelübde nur zweimal in der Apostelgeschichte erwähnt finden (18,18; 21,23), im übrigen aber diese Sache dem Neuen Testament völlig fremd ist. Letzteres allein genügt, um zu zeigen, daß Gelübde nicht zum Christentum gehören, weil alles, was zum Christentum gehört, im Neuen Testament reichlich betont wird. Und das Nichtdazugehören verstehen wir ohne weiteres, wenn wir das wahre Wesen des „Gelübdes“ ins Auge fassen, nämlich, daß es die Übernahme einer Verpflichtung Gott gegenüber ist, an deren Erfüllung der Gelobende gebunden ist, daß also der Gelobende sich damit ein Gesetz auflegt. Das zeigt uns am besten das Alte Testament, wo soviel von Gelübden geredet ist. Dort finden wir, daß das Gesetz Gelübde nicht forderte - es war eine freiwillige Sache -, daß es aber genaue Bestimmungen über die Gelübde enthielt, an die der Gelobende gebunden war (3. Mose 27; 4. Mose 6; 29,39; 5. Mose 12,11.17.26), und daß es die genaue und pünktliche Erfüllung der Gelübde forderte, da sonst Sünde an dem Gelobenden sein werde (4. Mose 30,1-17; 5. Mose 23,21-23). Deshalb lesen wir auch vielfach vom Bezahlen der Gelübde (Hiob 22,27; Ps. 22,25; 50,14; 61,8; 66,13; 76,11; 116,14; Pred. 5,4; Jona 2,10; Neh. 1,15b) und die Ermahnung, nicht leichtsinnig zu geloben, sondern lieber nicht zu geloben, als zu geloben und nicht zu bezahlen (5.

Mose 23,22; Spr. 20,25; Pred. 5,5). Das Ganze zeigt uns, daß das Gelübde einen völlig gesetzlichen Charakter trägt. Es ist der natürliche Mensch, der etwas tun oder Gott etwas darbringen will in menschlicher Energie, der immer ein Gesetz braucht, aber nicht der Geist Gottes, der nie auf diesem Wege Sein Ziel mit uns zu erreichen sucht, sondern bemüht ist, Christus uns größer zu machen, unsere Augen mehr für Seine Herrlichkeit zu öffnen, damit wir „mit aufgedecktem Angesicht Seine Herrlichkeit anschauen und verwandelt werden nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist“ (2. Kor. 3,18). Das ist der Weg, auf dem der Heilige Geist uns zu wirklicher Heiligung führt, uns wirklich freimacht.

Aber, sagt ein anderer, wenn ich nun aus Dank gegen Gott ein Gelübde tue, einen gewissen Geldbetrag oder Gegenstand oder vielleicht fortlaufend einen gewissen Teil meines Einkommens für das Werk des HErrn zu geben, oder dergleichen - ist ein solches Gelübde nicht richtig? Nein! denn das Wesen der Sache bleibt dasselbe. Wenn dein Herz bewegt ist, ein solches Opfer des Dankes zu bringen, ist das gut; aber warum nun ein Gelübde und dir dadurch ein Gesetz auferlegt, um deinem Vorsatz treu zu bleiben? Ist es nicht viel besser, auch hierin auf den HErrn zu blicken im Bewußtsein unserer Schwachheit, aber im Vertrauen auf Seine Kraft, auf Seine Gnade und Treue? Dann wirst du genau so treu das tun, was du dir vorgesetzt hast - durch Seine Gnade-, und es bleibt eine freiwillige Sache deines Herzens, „nicht als aus Zwang“. Ist es nicht so? (S. 2. Kor. 8,1-15; 9,1-11.)

Wie verhält es sich denn dann mit den Gelübden in

1

Über letztere Stelle vergl. „Handr.“ Jahrb. 4, Frage 28. (F. K., Schriftl.)

Apgesch. 18,18 und 21,23.24? - Diese beiden Stellen ändern keineswegs etwas an dem Vorhergesagten. In der Apostelgeschichte wird uns die erste Zeit der Versammlung Christi und damit gleichsam der Übergang von der jüdischen zur christlichen Haushaltung gezeigt. Wir sagen Übergang, weil nicht sofort der ganze Unterschied so klar zutage trat, wie er sich später, nach Offenbarung der ganzen christlichen Wahrheit bildete, und dies hatte seinen Grund eben darin, daß diese Wahrheit nicht gleich von Anfang an in ihrer ganzen Fülle geoffenbart war, sondern erst nach und nach geoffenbart wurde. So kam es, daß die Gläubigen anfänglich täglich im Tempel verharrten (2,46), Petrus erst durch ein besonderes Gesicht von Gott belehrt werden mußte, daß er die Satzung, die einem Juden verbot, Umgang und Gemeinschaft mit einem Nichtjuden zu haben, durchbrechen mußte und keinen Menschen gemein oder unrein heißen sollte (10,9-16.28) und selbst zu der Zeit des Kap. 21 noch die Gläubigen aus den Juden zu Jerusalem „Eiferer für das Gesetz“ waren und an den jüdischen Gebräuchen hingen und festhielten. Solche Gläubige aus den Juden waren auch die vier Männer in Kap. 21,23, so daß es leicht zu verstehen ist, wenn sie ein Gelübde auf sich hatten. Wie es kam, daß auch Paulus, der die Unterschiede so klar kannte und die Wahrheit so treu vertrat, ein Gelübde hatte (18,18) und sich bei seinem letzten Besuch in Jerusalem dem Verlangen des Jakobus und der Ältesten im Jerusalem fügte (21,20-26), wissen wir nicht und mag hier unerörtert bleiben, aber was für unsere Frage von Bedeutung ist, ist dies: Auch Paulus war ein Jude und handelte in dieser Sache als solcher nach dem Gesetz, Letzteres ist in V. 24 wörtlich

hervorgehoben: „... und alle werden erkennen, daß ... du selbst auch in der Beobachtung des Gesetzes wandelst“. Wir sehen also, daß es sich bei diesen Gelübden um eine rein jüdische Sache, nach dem Gesetz, handelte, die die Gläubigen aus den Nationen gar nicht betraf. Dies wird in V. 25 ausdrücklich festgestellt: „Was aber die Gläubigen aus den Nationen betrifft, so haben wir geschrieben und verfügt, daß sie nichts dergleichen halten sollten ...“ Das genügt wohl vollständig zur Klarstellung dieses Punktes.

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Über letztere Stelle vergl. „Handr.“ Jahrb. 4, Frage 28. (F. K., Schriftl.)

Das Wort in Ps. 15,4: „hat er zum Schaden geschworen, so ändert er es nicht“, zeigt die gottwohlgefällige Lauterkeit, Wahrheits- und Gerechtigkeitsliebe, Geradheit und Treue dieses Herzens; er bleibt bei seinem Schwur, der Wahrheit gemäß, auch wenn er dadurch Schaden erleidet! Möchten wir und alle Kinder Gottes stets in dieser Lauterkeit und Treue vorangehen! Auf Gelübde beziehen sich diese Worte nicht. Was die in Unwissenheit abgelegten Gelübde betrifft, so wäre wohl auch ohne ein besonderes Schriftwort die Lösung der Schwierigkeit einfach. Kann es je Gottes Wille sein, daß eins Seiner Kinder in etwas Falschem bleibt? Wenn es sich um offenbare Sünde handelte, würde jeder sagen: Nein. Jeder würde zugeben, daß selbst ein Eid niemand vor Gott berechtigen und verpflichten würde, in Sünde zu verharren, sondern daß es das einzig Richtige sein würde, von der Sünde abzustehen, auch wenn der Eid dadurch gebrochen wird (vgl. Mark. 6,26! D. Schriftl.). Wieso aber sollte es anders sein, wenn es sich um irgend etwas anderes, Falsches handelt? Alles, was mit dem Worte Gottes nicht im Einklang ist, ist falsch; Gott will aber, daß wir in Seinem Lichte seien und wandeln und daß wir uns reinigen von allem, was nicht in Seinem Lichte bestehen kann.

Lesen wir hierzu einmal 2. Kor. 6,14-18, wo es unter anderem heißt: „Welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen? und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern?“ (V. 14b-16a), und V. 17: „Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an“ usw., und 2. Tim. 2,19b: „Jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit“. Sollte das nicht für jedes Kind Gottes gelten, auch für solche, die sich durch ein in Unwissenheit abgelegtes Gelübde an ungöttliche Dinge gebunden fühlen? Sollte ein solches Gelübde trotzdem Geltung behalten und ein Kind Gottes vor Gott berechtigen und verpflichten, mit ungöttlichen Dingen verbunden zu bleiben? Nein! Solche Gelübde verlieren ihre Gültigkeit für ein Kind Gottes von dem Augenblick an, wo es göttliches Licht über diese Dinge bekommt. Dazu noch ein alttestamentliches Bild aus 4. Mose 30. Als prophetisches Bild bezieht sich dieses Kapitel wohl auf den Herrn Jesus und Sein irdisches Volk Israel, worauf einzugehen wir wegen Mangel an Raum hier unterlassen müssen, aber zunächst hatte es für das Volk Israel eine sehr praktische Bedeutung, indem es die Fälle regelte, in denen ein Weib von einem Gelübde oder Verbindnis befreit werden konnte. Das Weib ist hier ein Bild der Schwachheit, wie oft im Worte Gottes. Sie war sich der Bedeutung der Sache nicht bewußt, aber ihr Vater bezw. ihr Ehemann hatte das notwendige Verständnis und richtige Urteil darüber und durfte das Gelübde oder Verbindnis aufheben, wenn er es hörte bezw. davon

Kenntnis erlangte und es ihm nicht gut erschien. Solange der Vater, oder der Ehemann, nichts davon wußte, galt das Gelübde oder Verbindnis als in Unwissenheit getan; aber der Augenblick, wo er davon Kenntnis erhielt, hob diesen Zustand auf - nun war über die Sache die richtige Erkenntnis vorhanden, und so konnte und mußte das Gelübde oder Verbindnis aufgehoben werden, wenn die Sache in den Augen des Vaters bezw. des Ehemannes nicht gut war. Genau so ist es auch mit dem Kinde Gottes, das in Unwissenheit ein Gelübde getan hat und später göttliches Licht darüber empfängt und nun erst die Sache richtig zu beurteilen vermag. Also kein Kind Gottes soll sich durch irgendein „Gelübde“, das in Unwissenheit getan worden ist, weiter gebunden fühlen, nachdem es durch die Gnade Gottes erkannt hat, daß die Sache nicht nach Seinem Worte und Seinen Gedanken ist (wie z. B. die schriftwidrige sogenannte „Konfirmation“!).

Nun zum Schluß noch einiges über das Nasirgelübde nach 4. Mose 6 und die geistliche Bedeutung der Gelübde im Alten Testament überhaupt. Das erste und kostbarste ist, daß das Nasirgelübde und alle anderen im Alten Testament uns vorgeführten Gelübde in der Person des Herrn Jesus und durch Ihn ihre göttlich vollkommene Erfüllung gefunden haben. Er nahm in wunderbarer Gnade alle Gelübde und Verbindnisse, alles, was der Mensch Gott schuldete, auf Sich und bezahlte alles, als Er hienieden war (s. Ps. 22,25), und Er war der wahre Nasir Gottes. Er tat und war dies aber nicht in äußerlicher Form, sondern geistlich. Die äußeren Formen sind alle ein Beweis der menschlichen Unvollkommenheit; der HErr bedurfte ihrer nicht. Er brauchte keine Gelübde zu tun und hat keine getan (und wir brauchen auch keine zu tun, obwohl wir

noch in unserer Unvollkommenheit hier sind, weil wir neue Menschen in Christo sind und Sein Geist in uns wohnt); Er brauchte nicht die äußeren Zeichen und Beobachtungen des Nasirtums - wir wissen, daß Er z. B. Wein getrunken hat (Matth. 11,19) -, aber Er war in göttlicher Vollkommenheit Gott geweiht und für Gott abgesondert. Und auch wir sollen den geistlichen Sinn dieser Dinge erkennen und verwirklichen. Auch unser Leben soll ein gottgeweihtes sein in wahrer Absonderung für Ihn - wahre Nachahmer des HErrn durch Seine Gnade!

Auf einen in den Gelübden zum Ausdruck kommenden, noch nicht erwähnten Zug möchte ich im Blick auf das eben Gesagte an Hand der im Alten Testament uns gezeigten direkten Beispiele von Gelübden noch hinweisen. Wir finden in 1. Mose 28,20-22 das Gelübde von Jakob, in 4. Mose 21,1.2 ein Gelübde des Volkes Israel, in Richter 11,30.31 das Gelübde von Jephtha (vergl. Jahrb. 2, Frage 23! F. K.) und in 1. Sam. 1,11 das Gelübde der Hanna. Jedes von diesen hat seine eigenen Züge, und vieles ließe sich über sie sagen, was wir uns aber hier versagen müssen. Es gibt aber auch gemeinsame Züge, und einer davon ist der, daß bei allen das, was gelobt wurde, für den Gelobenden ein Opfer war und daß dieses Opfer ein Ausdruck des Dankes sein sollte für das, was der Gelobende von Gott erhoffte oder erflehte. Es war also ein Dankopfer. Dieser Charakter des Gelübdes tritt uns auch an anderen Stellen, besonders in den Psalmen, entgegen und sollte auch unser Leben praktisch mehr kennzeichnen. Der HErr schenke uns auch hierzu Gnade!

Th. K.

Rück- und Ausblick.

1. Sam. 7,12 und 2. Kor. 12,9.

Mit dieser Lieferung, der zwölften des Jahrbuches 1925, dürfen wir die ersten zehn Jahrbücher abschließen. Wir tun es im Rückblick auf die unwandelbare Treue und Gnade unseres Gottes und Vaters in Christo Jesu mit tiefinnerstem Dank und in Beschämung über unsere Kraftlosigkeit und Unvollkommenheit, die Gott nicht gehindert hat, uns und durch uns und unseren schwachen Dienst eine große Zahl von Lesern zu segnen.

Die zehn Jahrbücher erstrecken sich über einen Zeitraum von 13 Jahren; die erste Lieferung erschien zu Anfang des Jahres 1913. Wenngleich es während des Krieges und noch mehr während und nach der Inflationszeit manchmal unmöglich schien, das Werk weiter zu tun, so gab der HErr doch stets neue Gnade und neue Mittel, so daß das Blatt nicht wie so viele andere eingehen mußte, sondern - wenn auch seltener als monatlich - weiter erscheinen konnte. Somit umfassen drei Jahrbücher je einen längeren Zeitraum als ein Jahr.

Während die ersten vier Jahrbücher nur Fragen und Antworten enthalten, sind vom fünften Jahrbuche an auch belehrende und erbauliche Aufsätze hinzugekommen, durch die dem Blatt eine größere Zahl neuer Freunde gewonnen wurden. Kleine Redaktions-Änderungen machten sich im Laufe der Jahre nötig, doch hoffen wir unsere „Handreichungen“ in der jetzigen Art beibehalten zu können, die sich durch die letzten Jahre hindurch als am nutzbringendsten erwiesen hat. Etliche Aufsätze sind

im Laufe der Jahre auch im Einzeldruck erschienen, vielen zum Segen.

Die Hauptsache bei allem soll uns bleiben, wie sie es uns von Anfang an gewesen ist - in Gebundenheit an 2. Kor. 13,8:„Wir vermögen nichts gegen die Wahrheit, sondern für die Wahrheit“ und im Hinblick auf 2. Petri 3,18: Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus!“-, die lautere Schriftwahrheit zu vertreten und zu bringen, soweit uns durch den Heiligen Geist Licht und Erkenntnis zuteil wird, uns in nichts von dem Urteil und den Meinungen der Menschen oder religiösen Parteien abhängig zu machen und allen Gläubigen ohne Unterschied ihrer christlichen Stellung und Überzeugung zu dienen, sofern sie sich durch diese mit Hingabe an den HErrn getane Arbeit dienen und helfen lassen wollten und wollen. In diesem Sinne haben wir auch Ursache genug, dankbar rückwärts und vertrauensvoll vorwärts zu blicken. Er, der uns soweit gebracht hat, uns hindurchgeleitet hat durch Gefahren von rechts und links und immer neu gesegnet und tiefer in Seinem Wort gegründet hat - Ihm vertrauen wir, daß Seine Gnade uns auch weiterführen wird in diesem so verAntwortungsvollen, aber auch köstlichen Dienst an Seinem Wort - für Sein Volk, Seine Gemeinde.

Wir danken den lieben Lesern und Mitarbeitern für alle Liebe, Nachsicht und Treue und jede Art von Hilfe, auch für die stets so wichtige Fürbitte, und befehlen sie alle und uns der Gnade des HErrn Jesus Christus, der heute, morgen und in alle Ewigkeit Derselbe ist! (Hebr. 13,8.)

11. Jahrbuch (1926)

Getragen.

Jes. 46,3.4.

Wenn wir an der Wende eines neuen Jahres hinausschauen in eine ungewisse Zukunft, wie erfreut und tröstet da der Gedanke unser Herz, daß, so dunkel auch das Jahr vor uns liegen mag, wir doch durch Gottes Macht getragen werden sollen. Gottes Vaterhände sind es, die uns wie ein Kind durch allen Kampf und Streit hindurchtragen wollen bis zum Eingehen ins Vaterhaus. Vor alters sagte Er zu Seinem geliebten Volke: „Höre doch auf Mich, Haus Jakob und aller Überrest des Hauses Israel, die ihr von Mutterleibe an aufgeladen, von Mutterschoße an getragen worden seid! Und bis in euer Greisenalter bin Ich Derselbe, und bis zu eurem grauen Haare werde Ich euch tragen, Ich habe es getan, und Ich werde heben, und Ich werde tragen und erretten.“ Wie lieblich sind diese Worte für unser Herz; sie gelten heute noch, und wir haben ein Recht, sie auch auf uns anzuwenden.

Um die Größe und Kraft dieser Worte besser zu erkennen, müssen wir die vorhergehenden Verse beachten. Dort wird gesagt: „Bel krümmt sich, Nebo sinkt zusammen; ihre Bilder sind dem Saumtiere und dem Lastvieh zuteil geworden; eure Tragbilder sind aufgeladen, eine Last für das ermüdete Vieh. Sie sind zusammengesunken, haben sich gekrümmt allzumal und haben die Last nicht retten können; und sie selbst sind in die Gefangenschaft

gezogen.“ (Jes. 46,1.2.) In diesen Worten spricht Gott von dem Sturz der Götzen, auf welche Menschen vertrauten. Anstatt daß jene, die auf ihre Götzen vertrauten, von diesen befreit wurden, wurden sie selbst in Gefangenschaft geführt, und auf dem Wege waren sie eine schwere Last für die Tiere, welche sie trugen. Hierzu im Gegensatz stehen nun die Worte Gottes, die wir im Anfang betrachteten. In diesen spricht Gott von Seiner Liebe und Sorge für Sein Volk. Er sagt ihnen, daß Er sie von der Geburt an bis ins Alter, bis in die Herrlichkeit trägt und sie von allem, was sie auf dem Wege hindern und gefangen nehmen will, errettet.

Die beiden ersten Verse unserer Stelle, die von der Abgötterei reden, sind sehr belehrend für uns. Manche meinen, Abgötterei sei eine Sache, die der Vergangenheit angehöre, oder wenn sie noch irgendwo vorkomme, so sei es doch nur noch in fernen Heidenländern. Solche haben niemals die ernsten Worte der Schrift verstanden, die uns sagt, daß alle Begierden Götzendienst sind (Kol. 3,5; Eph. 5,5), und haben nicht die ernste Gefahr beachtet, der auch Kinder Gottes ausgesetzt sind und von der Johannes am Schlusse seines ersten Briefes so warnend spricht: „Kinder, hütet euch vor den Götzen!“ (1. Joh. 5,21.)

Umgibt uns in unseren christlichen Ländern kein Götzendienst? Ist es nicht eine schmerzliche Tatsache, daß Götzendienst ungerichtet, ungehindert, ja sogar oft unbeachtet von Kindern Gottes ausgeübt wird? Um Götzendienst zu treiben, ist es nicht nötig, ein Bildnis zu haben und sich vor ihm zu bücken, wie es vor alters Israel tat. Wenn der Platz, der in unserem Herzen Gott gebührt, einer anderen Person oder Sache eingeräumt wird und wir

In leicht erkennbarer Weise können wir den Götzendienst in jenen sehen, die das Geld zum Gegenstand ihrer Begierde haben; es ist die in unseren Tagen am leichtesten erkennbare Begierde. Solche arme Menschen, die dem Geldgott huldigen, werden durch ihn beherrscht und geknechtet. Alle ihre Wege, alle ihre Gedanken sind mit dieser einen Begierde erfüllt. Wir sehen solches bei Judas Ischarioth; sein begieriges Herz verlangte nach dem Gelde von Marias sehr kostbarer Narde; er hätte sie gern verkauft, um das Geld zu haben; und dann verkaufte er Ihn, auf den diese kostbare Narde ausgeschüttet wurde, für 30 Silberlinge. Dem Gelde galt die Huldigung seines Herzens; er diente dem Mammon, und Geld beherrschte ihn so vollständig, daß Satan seine schrecklichen Pläne durch ihn ausführen konnte. Viele wenden sich mit Abscheu und Widerwillen von einem solchen Bilde weg und sind doch selbst Götzendiener. Wohl mag es nicht Geld sein, das sie fesselt und leitet, aber andere Sachen oder Personen haben ihre Sinne gefangen genommen und nehmen den Platz im Herzen ein, den nur Gott einnehmen soll; und diese Dinge oder Personen sind die Götzen, von denen sie beherrscht werden. Wir können nicht alle die Götzen aufzählen, die ihre Macht über Menschen ausüben und denen von Menschen gehuldigt wird, denn ihrer sind so viele und so mannigfaltige, wie sie in keinem Götzenladen der Heiden zu finden sind.

Und wenn wir die Ergebnisse solcher Götzendienste betrachten, welche Warnungen empfangen wir dann für unser Herz? So wie die schweren Götzenbilder von Bel und Nebo eine zu schwere Last für die schwachen Tiere waren, welche sie trugen, so brechen auch im geistlichen

Sinne jene, die Gottes Platz in ihrem Herzen an Götzen abtraten, unter der Last ihrer Götzen zusammen. Ihre Götzen sind ihnen eine stete Bürde; ununterbrochen lasten sie auf ihnen. Sie sind ihnen nichts als ein jammervolles Leid, die sie zu ständigem Mühen und Hasten antreiben. Welch ein trauriges Bild und ein Leben des Elends ist dieses! (Und wie sehr wird der Name des HErrn dadurch verunehrt!) Die einen zahlen diesen Tribut durch die Huldigung der Welt, die anderen durch Huldigung des Mammons, der Sinneslust, der Ehre usw. Wie unglücklich sind alle diese Armen in ihren Seelen. Sie jagen und mühen sich ab und werden nie satt. Seufzend unter ihren Götzen sind sie immer am Ringen und kommen nie zur Ruhe. Immer im Streit und Kampf und nie im Frieden; immer den Gegenstand ihrer Begierde - ihren Götzen - vor Augen und immer wieder neu nach dem Truge haschend. Das ist der friedlose Weg des Götzendienstes. Die diesen Götzen huldigen und dienen, müssen erfahren, daß sie weder ihr Herz befriedigen noch sie aus ihrem Elend und ihrer Verzweiflung erretten können.

Wie oft haben die Worte des Apostels meine Seele mit Ernst erfüllt: „Die aber reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Lüste, welche die Menschen versenken in Verderben und Untergang. Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche vom Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben.“ (1. Tim. 6,9.10.)

Wir alle mögen mehr oder weniger einmal offenkundige Götzendiener gewesen sein, Gottes Freude aber war es

und ist es heute noch, unser Herz ganz für Sich zu gewinnen und uns von allem zu befreien, was uns noch von den Dingen der Welt und des eigenen Ichs fesseln mag. Durch Sein kostbares Evangelium offenbarte Er uns, was Er ist. Er wandte einst die Herzen der Thessalonicher von ihren Götzenbildern weg zu Sich hin, und fortan dienten sie nicht mehr ihren Götzen, sondern dem wahren und lebendigen Gott, und warteten auf das Kommen Seines Sohnes vom Himmel. Nichts beherrschte ihr Herz, ihre Gedanken, ihre Wege, als nur Gott allein, und sie hatten keine andere Hoffnung und keine andere Erwartung mehr, die ihr Leben erfüllte, als das Kommen Seines Sohnes vom Himmel. (1. Thess. 1,9.10.)

Und wie bei jenen Gläubigen in Thessalonich, so ist es - der HErr sei dafür gepriesen - bei vielen anderen gewesen. Viele Kinder Gottes können heute durch Glauben sagen: Was haben wir nun noch mit Götzen und Götzendienst zu tun. Gottes Liebe und Gottes Herrlichkeit in dem Angesicht Jesu Christi haben uns frei gemacht von den Dingen, die uns einst anlockten und uns bis zum Zusammenbrechen in Knechtschaft hielten. Es ist mit uns anders geworden; anstatt daß wir seufzend unsere Götzen tragen, werden wir von Seinen Vaterhänden getragen. Wir ruhen in Ihm und genießen den Frieden, den Er durch das Blut Seines Kreuzes gemacht hat. Welch ein Gegensatz! Er, der uns von unseren Gebundenheiten errettet, gestaltet uns auch in Sein Bild um und trägt uns Tag für Tag auf den Armen Seiner Gnade und Liebe bis ans Ende; „bis ins Greisenalter bin Ich Derselbe, bis zu eurem grauen Haare werde Ich euch tragen. Ich habe es getan, und Ich werde heben, und Ich werde tragen und erretten.“

Solange wir Götzen dienen, welcher Art sie auch seien, werden wir von unseren Götzen regiert und wandeln eigene Wege, auf welchen wir nicht nach Seinem Willen und Wohlgefallen fragen, und schleppen die Last der Götzen mit uns bis zum Niedersinken. Steht aber der HErr vor unserer Seele, so werden wir von Ihm regiert, und Sein Wille und Sein Wohlgefallen ist unser Ziel, und getragen durch Seine göttliche Macht genießen wir den Frieden und die Freude des Wandelns mit Ihm.

Ein schönes Bild hiervon finden wir in dem Gleichnis unseres HErrn in Luk. 15. Der HErr zeichnet uns hier den Zustand eines verlorenen Schafes. Welch ein Bild von Eigenwillen und Irregehen bis zur Hoffnungslosigkeit wird uns in dem einen Worte „verloren“ vor die Seele gestellt; und wieviel Ermüdung, Schmerz und Leid sind darin eingeschlossen. So war einst unser Leben. Und dann folgt der köstliche Gegensatz: „Er legt das Verlorene, wenn Er es gefunden hat, mit Freuden auf Seine Schultern.“ Diese Worte zeigen uns die Freude des Heilandes über die Errettung eines Schäfleins. Und sie lassen uns erkennen, wie sanft und sicher das gefundene Schäflein durch die Gefahren und die Dornen des Weges von Ihm hindurchgetragen wird. So ist jetzt unser Leben.

Wenn wir nun wieder an der Schwelle eines neuen Jahres stehen und unsere Augen auf die vielen Tage desselben blicken, wie dunkel liegt dann alles vor uns! Wir wissen nichts von der Länge unserer Pilgerreise; sie kann in ein paar Tagen, in wenigen Augenblicken beendet sein; oder werden wir die ganze Jahresreise noch zu durchschreiten haben? Wir wissen es nicht. Wir wissen nicht, was die vor uns liegenden Tage uns bringen, ob sie hell oder dunkel

sein werden, ob sie Sorge oder Freude für uns enthalten. An Gefahren und Versuchungen durch den Feind wird es uns nicht fehlen. Werden wir Niederlagen oder Sieg darin haben? Eins aber wissen wir: wenn der HErr unseres Herzens Teil ist, so hält die Vollkommenheit Seiner Liebe uns aufrecht, und Seine Gnade und Kraft machen uns fähig, im Lichte zu wandeln und als solche gekannt zu sein, die auf den Schultern Seiner göttlichen Macht getragen werden. Im Ruhen an dem Herzen Seiner Liebe kennen wir keinen Schmerz, keine Ermüdung, keinen Zusammenbruch, sondern erfahren das Heben, Tragen und Erretten Seiner Hände. Und wenn Leiden und Trübsale uns in dem vor uns liegenden Jahre erwarten, an Seiner Brust können wir auch inmitten derselben Ihm lobsingen.

Haben wir nicht zuweilen ein Kind gesehen, wie es, müde des Weges, die Hände zum Vater emporstreckt, um in dessen Arme genommen zu werden? So wollen auch wir an der Jahreswende wieder unsere Hände emporstrecken, daß Er uns in unserer Kraftlosigkeit hebe und trage und errette. Und wenn der Vater sich niederbeugt und sein müdes Kind in die Arme nimmt, wie still ruht das Kind dann in den starken Armen des Vaters. Alle Anstrengungen eigener Kraft, alles eigene Mühen ist beendet; es ruht in seligem Bewußtsein in den Armen der Liebe und weiß sich heimgetragen. So liegen auch wir in den Armen und auf den Schultern des guten Hirten und wissen uns von Seiner Kraft getragen, bis das Vaterhaus erreicht ist.

R. - K.

Timotheus.

Timotheus.

Wenn wir lesen, was die Schrift uns von Timotheus berichtet, dann sehen wir, wieviel ein junger Mann im Werke des HErrn tun kann, ja, was Paulus alles von einem jungen Manne erwartete. Timotheus war jung, so jung, daß Paulus sich veranlaßt sah, zu ermahnen: „Niemand verachte deine Jugend!“ (1. Tim. 4,12.)

An Timotheus können wir somit sehen, was junge Leute, wenn sie ein ungeteiltes Herz für den HErrn haben, in Seinem Werke tun können. Junge Leute, ob männlich oder weiblich, alle können dem HErrn nützlich und brauchbar sein. Die Aufgaben, zu denen die Männer und zu denen die Weiber berufen sind, sind zwar verschieden, aber alle können Gefäße sein, die dem Hausherrn nützlich und zu jedem guten Werke bereitet sind.

Welch großes Vertrauen brachte Paulus diesem jungen Manne entgegen! Können wir nicht in diesem Stücke etwas von Paulus lernen? Wenn wir junge Leute sehen, die im Glauben und mit hingebendem Herzen vor dem HErrn stehen und wandeln, so sollten wir nicht leicht über sie hinwegsehen, als ob sie nicht fähig seien, von dem HErrn gebraucht zu werden. Sollte es heute keine Timotheusse mehr geben?

Allerdings, solche jungen Männer tragen auch die Kennzeichen des Timotheus an sich. Das Vertrauen, das Paulus dem Timotheus schenkte, war nicht blindes Vertrauen. Nicht am Tage seiner Bekehrung machte Paulus ihn zum Mitgenossen der Arbeit am Evangelium. Eine Zeit der Entwicklung war auch für Timotheus nötig. Erst bei seinem zweiten Besuch in Derbe und Lystra, als er ein gutes Zeugnis von den Brüdern über ihn fand, lesen wir,

daß Paulus ihn für den Dienst mit sich nahm. Es ist nicht ohne Bedeutung, daß der Geist Gottes, ehe Er uns sagt, daß Paulus ihn mit in die Arbeit nahm, uns mitteilt, daß er ein gutes Zeugnis von den Brüdern in Lystra und Ikonium hatte. Das gute Zeugnis war die Vorbedingung für das Werk des Dienstes.

Aber noch anderes finden wir bei Timotheus, woran wir junge Männer erkennen, die der HErr für Seinen Dienst gebraucht. Wohl war Timotheus jung, aber voll Interesse für das Werk des HErrn. Oft finden wir die Jugend gleichgültig in bezug auf das Wohl der Gemeinde. Timotheus weinte, als er den Verfall im Hause Gottes sah; Paulus gedachte seiner Tränen. (2. Tim. 1,4.) - Sodann war Timotheus kein unwissender junger Mann; Paulus erinnert ihn, daß er von ihm gelernt hatte, und ermahnt ihn, daß er andere lehren solle. (2. Tim. 2,2; 3,14; 4,2; 1. Tim. 4,13.) Solange jemand nicht selbst gelernt hat und unwissend in den Dingen Gottes und Seiner Gemeinde ist, ist er nicht fähig, andere zu lehren. - Und weiter war Timotheus kein unentschiedener Mann in seiner Stellungnahme für den HErrn und dessen Wort; er trat den fremden Lehren und den ungesunden Worten entgegen. (1. Tim. 1,3; 4,6.) - Aber noch mehr können wir an dem jungen Timotheus sehen; er war kein Mann des Selbstvertrauens. Wohl war er nicht unwissend noch wankend und schwankend, aber er drängte sich nicht in den Vordergrund. Welche Bescheidenheit mußte ihm eigen sein, daß der Apostel, wie schon gesagt, zu schreiben nötig fand, daß nicht jemand ihn seiner Jugend wegen verachte (1. Tim. 4,12; 1. Kor. 16,11), oder wenn er den Korinthern schrieb, darauf zu sehen, „daß er ohne Furcht bei ihnen sei“ (1. Kor. 16,10). Das zeigt uns, daß er kein

junger Mann mit einem großen Mund war, kein junger Mann, der in Selbstvertrauen und in Selbstbewußtsein sich in den Vordergrund stellte, aber er war ein junger Mann, der nicht das Seinige und nichts für sich selbst suchte, sondern für die Heiligen besorgt war und das suchte, „was Jesu Christi ist“ (Phil. 2,20.21).

Wie leuchtend ist das Vorbild dieses jungen Mannes für so viele, die den HErrn wohl als ihren Heiland kennen, aber noch nicht sich selbst und ihr eigenes Ich hingegeben haben, und die noch nicht entschieden in der Nachfolge und Treue zum HErrn wandeln. Wie manche jungen Leute stehen sorglos, nachlässig und unwissend dem Worte des HErrn gegenüber. Wie ganz anders war dieser junge Mann Timotheus! - Diese Kennzeichen, die Timotheus trug, sind die Kennzeichen, die heute jene jungen Männer tragen, die der HErr gebraucht, und wo diese Kennzeichen gefunden werden, da gilt allen das Wort: „Niemand verachte deine Jugend!“

Laßt uns nun auf das Haus blicken, aus welchem Timotheus hervorging. Seine Mutter war eine Jüdin, und sein Vater war ein Grieche. Er hatte das Vorrecht, eine gläubige Mutter zu haben, und nicht allein eine gläubige Mutter, sondern auch eine weise Mutter, die ihn von früher Jugend auf in den heiligen Schriften unterwies. O, daß alle Mütter weise sein möchten, von Timotheus' Mutter zu lernen, ihre Kinder in den heiligen Schriften zu unterweisen! Frage dich, Mutter, welche Unterweisung gibst du deinem Kinde? Wieviel hat Gott doch den Müttern anvertraut! Timotheus' Mutter, Eunike, stammte bereits aus einer Familie des Glaubens, auch ihre Mutter, die Großmutter Lois, war gläubig, und sicher erzog sie ihre

Tochter so, wie diese später ihren Sohn erzog. (2. Tim. 1,5.) Timotheus trat dann in die Glaubensspuren seiner Voreltern. Das, was die Mütter ihren Kindern sind, das trägt oft Früchte für das ganze Leben des Kindes und für noch spätere Generationen.

Die Mutter und die Großmutter hatten noch nicht die Schriften des Neuen, sondern nur die des Alten Testamentes, aber ihr Glaube vertraute auf die den Vätern gegebenen Verheißungen, und als dann das Evangelium der Gnade Gottes in Christo verkündigt wurde, erfaßte der Glaube diese Botschaft. Wie glücklich mußten die Mutter und Großmutter sein, als ihr junger Sohn Timotheus nicht nur gläubig wurde, sondern auch mit ganzem Herzen dem HErrn diente! Sie waren Juden, und im Glauben handelten sie nach dem Gebot Jehovas: „Diese Worte, die Ich dir heute gebiete, sollen auf deinem Herzen sein; und du sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzest und wenn du auf dem Wege gehst und wenn du dich niederlegst und wenn du aufstehst.“ (5. Mos. 6,6.7.) Gott segnete ihre Treue, und sie hatten die Freude, ihr geliebtes Kind in der Furcht des HErrn wandeln zu sehen. Tut Gott heute nicht noch das Gleiche? Gott sei Dank, viele Tausende könnten Zeugnis ablegen, durch die Unterweisung der Eltern den Weg zum HErrn gefunden zu haben; Unterweisungen, die ihnen nicht nur bei Verfehlungen und nur mit den Lippen zuteil wurden, sondern Unterweisungen, zu denen ihnen das Leben der Eltern den Anschauungsunterricht gab. Sie sahen den Glauben, die Treue, die Sanftmut und Demut, das Fernstehen von der Welt in dem Leben der Eltern, und solche Unterweisungen drücken sich mit unauslöschlicher Kraft in das Herz des Kindes ein.

Wohl sehen wir zuweilen auch das traurige Bild, daß Kinder gläubiger Eltern nicht in der Furcht des HErrn wandeln, und wir müssen lernen, daß Glauben nicht auf die Nachkommenschaft vererbt noch den Kindern anerzogen werden kann. Aber andererseits liegt auch eine ernste Mahnung für die Eltern darin, ihr Leben und ihre Erziehung zu prüfen und Weisheit dafür vom HErrn zu erbitten. Gott ist ein Hörer des Gebetes. Eltern, deren größte Sorge die Errettung ihrer Kinder ist und die ihre Kinder nicht in oberflächlicher Gewohnheit, sondern aus vollem Herzen vor den Thron der Gnade tragen, aus deren Fülle des Herzens wird auch der Mund in rechter Weise zu reden wissen. Aber ist es nicht oft so, daß Eltern nur bei Verfehlungen den Kindern mit dem Worte des HErrn kommen und im übrigen die Unterweisung ihrer Kinder anderen überlassen, sei es der Sonntagsschule oder dem Worte in der Versammlung? Der HErr zeigt uns aber, daß das Elternhaus die Stätte der Erziehung der Kinder für den HErrn ist. Nichts liegt mir ferner als der Gedanke, daß Sonntagsschule oder Versammlung nicht Segensstätten für die Kinder seien, aber weder die Sonntagsschule noch die Versammlung entbinden die Eltern von ihrer VerAntwortlichkeit, ihre Kinder in der Zucht und Ermahnung zum HErrn zu erziehen. Das Elternhaus ist die Erziehungsstätte für die Kinder. Die Schrift sagt: „Ihr Väter, reizet eure Kinder nicht zum Zorn, sondern ziehet sie auf in der Zucht und Ermahnung zum HErrn.“ (Eph. 6,4.) Warum geht diesen Worten die Ermahnung voran: „Reizet eure Kinder nicht zum Zorn“? Der Vater ist die Autorität des Hauses (die Mutter ist in dem „ Vater“ mit eingeschlossen); die Väter sollen in dem Gebrauche ihrer Autorität den Kindern gegenüber weise

sein, damit ihre Autorität nicht eine Last und ein Seufzen bei den Kindern wird. Die Inhaber der Autorität sind leicht rauh und gewalttätig, und der HErr kennt diese Gefahr. Sie sollen sich bewußt sein, daß auch sie selbst unter der Autorität des HErrn stehen und so ihre Kinder im HErrn erziehen. Bei aller Zucht soll die Liebe und Sorge, nicht aber der Zorn sichtbar sein, damit nicht Zorn ins Kindesherz gesät werde.

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Die entgegengesetzte Gefahr ist wieder ein „dem Kinde alles Erlauben“: Mit diesem fällt jedes Aufziehen in der Zucht und Ermahnung des HErrn hin. Haben wir nicht gesehen, daß gläubige Eltern ihren Kindern die Dinge der Welt, wie z. B. Tanz, Theater usw., erlaubten, an denen sie doch selbst nicht teilnahmen?! Wie paßt dieses zu einem solchen Worte: „Ziehet sie auf in der Zucht und Ermahnung zum HErrn!“? Können solche Dinge mit der Zucht und Ermahnung des HErrn verbunden werden? Wie viele Eltern haben mit Herzeleid später erkennen müssen, daß diese Dinge, die sie einst ihren Kindern erlaubten, für den Feind die Kette wurde, mit der er ihre Kinder in der Welt festhielt. Und welch ein trauriges Beispiel finden wir hierfür in Eli, der seinen Kindern nicht wehrte, als sie übel in den Augen des HErrn taten. Er verlor seine Kinder, und wie viele Eltern haben ihre Kinder verloren, weil sie ihnen in ihrer Jugend nicht wehrten, die Wege der Welt zu wandeln. Wie ganz anders war es bei Abraham! Gott sah, daß er seinen Kindern befahl, den Weg Jehovas zu bewahren und Gerechtigkeit und Recht zu tun (1. Mos. 18,19); und Josua stand für sein Haus und bekannte: „Ich aber und mein Haus, wir wollen dem HErrn dienen“.

Eunike brachte ihr Kind Timotheus gleich den Müttern in Mark. 10,13.16 früh zum HErrn. Die Jünger hielten es für unpassend, die Kindlein so früh zum HErrn zu bringen, aber der HErr rechtfertigte diese Mütter und sagte: „Lasset die Kindlein zu Mir kommen“. Sein Segen ruhte auf diesen Kindern, die Ihm frühe gebracht wurden, und Sein Segen ruhte auf dem Hause der Eunike und auf ihrem Sohne Timotheus.

Vielleicht sind unter den Lesern solche, die auch eine „Eunike“ zur Mutter hatten, die sie in frühester Jugend in den Schriften und in den Dingen des HErrn unterwies. Dann lerne auch von Timotheus den gesegneten Weg des Dienstes. Lerne, wozu der HErr dich gebrauchen will, wenn du Ihm dein Herz ungeteilt gibst! Gefahren waren für Timotheus, Gefahren sind auch für dich. Paulus aber sagte ihm: „O Mensch Gottes, fliehe diese Dinge (die Dinge, die ihn an der Gottseligkeit hinderten); strebe nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes. Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, zu welchem du berufen worden bist und bekannt hast das gute Bekenntnis vor vielen Zeugen.“ (1. Tim. 6,11.12.)

Und andererseits wie feierlich ernst redet Timotheus zu solchen, die gläubige Eltern, gläubige Mütter hatten und die nicht zum HErrn kamen und nicht Gebrauch machten von der Erlösung, die Christus am Kreuze für Sünder vollbrachte. Sie wurden von liebenden Eltern, betenden Müttern mit der Liebe und Gnade Gottes und dem Evangelium des Heils bekanntgemacht, aber sie gingen daran vorbei. Viel ist solchen gegeben, und viel wird von ihnen gefordert werden.

v. d. K.

Briefe über den Tisch des HErrn.

1

Diese Briefe sind von Bruder M. J. S. in Rotterdam an die Brüder in Holland gerichtet. Sie enthalten so viel zum Nachdenken und Prüfen, daß wir glauben, sie auch den Lesern der „Handreichung“ in Übersetzung bringen zu sollen. (v. d. K.)

Erster Brief.

Geliebte Geschwister!

Als Bruder A. und ich einer Konferenz in L... beigewohnt hatten, besuchten wir nach derselben noch einige Versammlungen. Bei einer Unterhaltung mit den Brüdern kamen wir auf den „Tisch des HErrn“ zu sprechen. Es zeigte sich da, daß die Anschauung dieser Brüder sich von der unsrigen bedeutend unterschied. Sie meinten, die Vorstellung, daß der „Tisch des HErrn“ der Tisch sei, an welchem die Abendmahlsfeier stattfinde, wäre nicht schriftgemäß.

Dieser Gedanke war uns ganz neu. Wir konnten ihn auch nicht sofort aufnehmen und verteidigten die Auffassung, die wir von frühester Jugend gehabt hatten.

Inzwischen ist dieser Punkt auf einer neueren Konferenz in L..., der wir wieder beiwohnen durften, eingehend besprochen worden, und es scheint uns, daß wir unsere Gedanken betreffs des „Tisches des HErrn“ zu ändern haben; wenigstens neigen wir dahin, zu glauben, daß die Ansicht unserer Brüder in Deutschland mehr Grund in der Schrift findet als die unsrige.

Aber das Neue ist immer anziehend, es reizt, es ist interessant, besonders bei einem Gegenstand wie diesem, der einen so bedeutenden Teil unseres geistlichen Besitzes

ausmacht. Es ist deshalb Pflicht, sehr, und nochmals sehr vorsichtig zu sein und sorgfältig zu prüfen.

Es scheint mir am besten zu sein, unsere Aufmerksamkeit mehr im fragenden als im bejahenden Sinne auf diesen Gegenstand zu lenken und unsere Gedanken miteinander auf das zu richten, was die Schrift darüber in den Vordergrund stellt, und alles an der Schrift genau zu prüfen. Der Gegenstand, der uns beschäftigt, ist von großer Wichtigkeit, und nur, wenn wir nach bestem Wissen den festen Grund des Wortes Gottes unter uns haben, kann von einer befestigten Überzeugung die Rede sein.

Wenn die Gedanken unserer Brüder, von denen wir glauben, daß sie mehr als unsere bisherigen nach der Schrift sind, sich als nicht nach dem Worte erweisen sollten, so würden wir uns freuen, mit der Schrift zurechtgewiesen zu werden. Unsere Ausführungen sind also nicht auf den Ton gestimmt: „So ist es“, sondern vielmehr auf die Frage: „Ist es nicht so?“

Im allgemeinen, wenn über den Tisch des HErrn gesprochen oder geschrieben wird, wird an die Einsetzung des HErrn gedacht, als Er mit Seinen Jüngern das Passah feierte, bevor Er litt und starb, die Einsetzung, die als „Abendmahl des HErrn“ oder auch als „Brechen des Brotes“ in der Schrift bezeichnet wird und von der man auch nach 1. Kor. 11,26 als von der „Verkündigung des Todes des HErrn“spricht.

Der Tisch, an welchem man sitzt, auf welchem sich das Brot und der Wein befinden, an dem man die Abendmahlsfeier hält und den Tod des HErrn verkündigt, dieser Tisch wird als „der Tisch des HErrn“ angenommen.

So verschieden man auch in den vielen Gruppen, in welche die christliche Kirche zerteilt ist, über die Bedeutung des „Tisches des HErrn“ denkt, so ist doch die allgemeine Meinung, daß der Tisch, an dem man das Abendmahl feiert, der „Tisch des HErrn“ ist.

Selbst jene Brüder, die in Rede und Praxis zum Ausdruck bringen, Christi Versammlung zu sein, haben diese Meinung, denn sie reden beispielsweise davon, daß sie sich „um den Tisch des HErrn versammeln“, oder, daß soundso viele „zum Tisch des HErrn hinzugekommen sind“, oder „zugelassen werden konnten“, daß der „Tisch des HErrn“ nur in ihrer Mitte sei; oder wenn Gläubige an einem Orte in Gemeinschaft mit ihrem Kreise anfangen, das Brot zu brechen, dann wird diese Tatsache damit angedeutet, daß man sagt: „In N... ist der Tisch des HErrn aufgerichtet“. (Kann jemand mir sagen, wo wir in der Schrift den Ausdruck finden oder auf welche Schriftstelle er begründet sein kann?)

Wohl geht bei diesen Brüdern der Begriff etwas weiter als Tisch im Sinne des materiellen Tisches, aber immerhin ist der Begriff damit verbunden, daß dasjenige, was auf dem Tisch steht und was an demselben geschieht, den Tisch zum „Tisch des HErrn“ macht. Und weiter, wenn so an einem Orte der Tisch einmal aufgerichtet ist, so spricht man (ganz abgesehen von dem Akte der Feier des Abendmahles) von dem „Tisch des HErrn“, als an diesem Orte anwesend. Man sagt, daß der „Tisch des HErrn“ in N... ist und daß dort das Zeugnis von der Wahrheit, der Wahrheit des einen Leibes ist, und dieses Zeugnis ist solange an diesem Platze, als am „Tische des HErrn“ diese Einheit in dem Brotbrechen sichtbar ist oder dargestellt

wird.

Wir nennen diese Dinge nicht aus Streitsucht, sondern weil dieselben in den Herzen vieler Brüder Aufnahme gefunden haben, um bei der Betrachtung unseres Gegenstandes zu prüfen, ob solche Anschauungen in der Schrift gefunden werden. Wir teilen diese Anschauungen nur soweit, als wir glauben, auch in der Feier des Abendmahles des „Tisches des HErrn“ teilhaftig zu sein. Daß aber nur bei einem Kreise von Gläubigen mit Ausschluß anderer der „Tisch des HErrn“ sei, das glauben wir nicht.

Wir müssen aber jetzt sehen, ob unsere Anschauung, ja, ob der allgemeine Begriff vom „Tisch des HErrn“ der richtige ist. Laßt uns zuerst fragen, was in der Schrift mit „Tisch“ gemeint ist. Sehr oft wird das Wort „Tisch“ in derselben Weise gebraucht, wie wir täglich von demselben als von einem Gegenstande reden. Aber weiter ist mit dem Wort „Tisch“ in unserer täglichen Sprache wie auch in der Schrift ein weiterer Begriff verbunden, und es wird damit etwas ganz anderes angedeutet als nur ein Tisch als Gegenstand. Z. B. wenn wir von einem reichen Tisch oder einer reichen Tafel sprechen, so denken wir durchaus nicht an den Gegenstand, der „Tisch“ heißt oder der als „Tisch“ gebraucht wird, sondern an die reiche Auswahl von Speisen, die zum Genuß dargeboten werden.

So finden wir es auch in der Schrift. Wenn z. B. in 1. Kön. 4,27 die Rede von solchen ist, die zum Tisch des Königs Salomo kamen, und in 1. Kön. 18,19 von den Baalspriestern, die am Tische Isebels aßen, dann wird mit dem Worte „Tisch“ gemeint, daß diese Personen von Salomo oder von der Isebel ihren Lebensunterhalt empfingen. Wenn wir ferner im 23. Psalm, Vers 5, lesen:

„Du bereitest vor mir einen Tisch“, so ist offenbar mit „Tisch“ die Zusammenfassung alles dessen gemeint, was die rühmende und preisende Seele von der Güte des HErrn zu genießen empfängt, ohne daß an den Gegenstand, der „Tisch“ heißt, überhaupt gedacht wird.

Wir finden selbst in Maleachi 1,7.12 einen Ausdruck, wo „ Altar“ und „Tisch“ identifiziert werden: „Die ihr unreines Brot auf meinen Altar darbringet und doch sprechet: Womit haben wir Dich verunreinigt? Damit, daß ihr saget: Der Tisch des HErrn ist verächtlich usw.“ Wenn der Herr Jesus in Luk. 22,30 spricht: „Auf daß ihr esset und trinket an Meinem Tische in Meinem Reiche“, wird nicht auch da in „Tisch“ das Ganze der Herrlichkeit zusammengefaßt, alles was der HErr den Seinigen an Segnungen schenken wird?

In Röm. 11,9 wird eine Stelle aus Ps. 69 angeführt, in der das Gericht über Israel wegen der Verwerfung des Heils in Christo angekündigt wird: „Es werde ihr Tisch ihnen zur Schlinge und zum Fallstrick und zum Anstoß und zur Vergeltung!“ Sagen uns diese Beispiele nicht deutlich, daß das Wort „Tisch“ in der Schrift ohne allen Zweifel auch als eine Zusammenfassung von Vorrechten und Segnungen usw. gebraucht wird? Und wenn es so ist, kann dieses dann nicht auch der Fall sein mit dem Ausdruck: „Tisch des HErrn“, der, wie uns ja bekannt ist, nur ein mal im Neuen Testamente in 1. Kor. 10,21 vorkommt?

So der HErr will, werden wir im nächsten Briefe diesen Gegenstand weiter miteinander betrachten. Sollte jemand über das oben Gesagte mir seine Gedanken mitteilen wollen, so könnte auf diese, wenn möglich, Bezug genommen werden.

Euer Bruder in Christo

M. J. S.

„Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“.

Gal. 4,4.

„Gott sandte Seinen Sohn“ - herrliche Tatsache, über die nachzusinnen wir nie müde werden sollten, ebenso wie wir nie aufhören sollten, uns dessen zu freuen und darüber anzubeten, daß wir gerade der Segnungen „der Fülle der Zeit“ teilhaftig geworden sind! Wie unsagbar viel haben wir doch den Heiligen des Alten Bundes voraus! Der Hebräerbrief betont besonders diese „besseren“ Dinge, deren wir vor jenen gewürdigt sind. Aber davon ist jetzt nicht zu reden.

Zwei besondere Ausdrücke gebraucht der Heilige Geist in unserer obigen Stelle in bezug auf Seinen Sohn, den Gott gesandt hat: „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“. Haben wir alle, geliebte Leser, diese Ausdrücke schon eingehend beachtet, oder sind sie uns, die wir sie ja ungezählte Male gehört oder gelesen haben, als Selbstverständlichkeiten erschienen, ohne uns weiter zu bewegen?

Nun wohl, gebe der HErr Gnade, daß sie uns einmal lebendig werden!

„Geboren von einem Weibe“ - ja, ist denn das keine Selbstverständlichkeit? Auf welch andere Weise hätte der HErr, sollte und wollte Er Mensch sein wie wir, „in Seiner

Gestalt als Mensch erfunden“ (Phil. 2,8), denn hienieden erscheinen können? - Selbstverständlichkeit? Ja, Bruder und Schwester, so groß das Wunder jeder einzelnen Menschwerdung an sich auch ist, für uns ist es selbstverständlich, daß wir so und nicht anders in die Welt eintreten: geboren von einem Weibe! Aber - wenn es für den HErrn auch „selbstverständlich“ gewesen wäre, warum betont es denn der Heilige Geist durch des Apostels Feder? Muß man Selbstverständlichkeiten besonders betonen? Würde eine Geburtsanzeige nicht höchst merkwürdig klingen: „Ich zeige hiermit an, daß ich ein Söhnchen bekommen habe, geboren von einem Weibe“?! Ja, Selbstverständlichkeiten zu betonen klingt mehr als abgeschmackt. Gerade darum ist dieser Ausdruck der Schrift keine Selbstverständlichkeit! Es ist vielmehr ein Wunder, ein Geheimnis ohnegleichen, daß der Sohn Gottes, der ewige Sohn, der Eingeborene Sohn, der Schöpfer aller Dinge, als Er in Seine Schöpfung eintrat, es nicht anders tat als du und ich, als Säugling im Mutterschoße! (Vgl. Ps. 22,9.) Ein „Säugling“ so heißt‘s wörtlich in der Engel-Ankündigung in Luk. 2,12! War das nicht für die Engel, die selber nicht so in's Leben gekommen waren, auch ein anbetungswürdiges Geheimnis?! Und für uns sollte es eine Selbstverständlichkeit sein? Nein, tausendmal nein! Daß die Schrift in diesem einen Satz mit solcher Genauigkeit und knappen Kürze das größte Wunder aller Zeiten und Ewigkeiten festlegt: „Sein Sohn - geboren von einem Weibe“ - das ist anbetungswürdig herrlich. Dieser Ausdruck ist an Kürze und Inhalt dem von 1. Tim. 3.16 gleich: „Gott geoffenbart im Fleisch“. Was bei uns allen selbstverständlich ist, das ist bei Ihm der Inbegriff aller

Kostbarkeiten. Denn Er, „der Sohn des Menschen“, blieb stets Gottes Sohn, „Sein Sohn!“ Stets Gott, stets Jehova, der Ewige, stets „der Eingeborene, der in des Vaters Schoß ist“ (Joh. 1,18). Ob als Säugling in der Krippe oder als gekreuzigter „HErr der Herrlichkeit“ (1. Kor. 2,8) oder als Auferstandener oder als Richter der Lebendigen und der Toten usw. - stets ist Er und bleibt Er der Sohn! Nimm hiervon ein Atom hinweg, laß dir einen Gedanken streitig machen, und du zerstörst die Grundlage nicht nur deines Heils, sondern des Heils überhaupt, die Grundlagen der Wahrheit und der Heiligen Schrift! Alles steht und fällt mit der Ewigkeit Dessen, der „das Wort“ ist, das nach Joh. 1,1 sowohl ewiges Sein als auch ewiges Dasein neben Gott hat, als auch selbst ewig Gott ist!

Wenn Menschen geboren werden, freut sich ein winziger Teil der Welt mit den Eltern über die Geburt des kleinen Erdenbürgers, aber nach einigen Ausdrücken der Mitfreude geht man wieder zur Tagesordnung über. Kaum daß in einem größeren Mietshause viele von dem Ereignis in einer der Wohnungen wissen noch Notiz nehmen. Und nach einigen Tagen ist's vergessen. Als der Sohn geboren war von einem Weibe, da nahmen in der Welt auch nur wenige davon Notiz, einige arme Hirten waren die einzigen Vertreter der Menschheit(!), die zu erlösen das Kindlein geboren war, die unmittelbar nach der geschehenen Geburt mit suchenden Herzen „diese Sache“ sahen (Luk. 2,15). Aber war die törichte, in ihren Sünden schlafende Welt auch teilnahmlos - die Himmel waren in Bewegung, und das genügt, um uns zu zeigen, wie unsagbar außergew öhnlich „diese Sache“ war, daß Gott Seinen Sohn gesandt hatte, geboren von einem Weibe.

In 2 Kor. 8,9 ist uns gesagt, daß „Er, da Er reich war, um unsertwillen arm wurde ... (Vgl. Jahrb. 6, S. 137ff.)! Können wir den Reichtum ermessen, den Er drangab um unsertwillen? gewiß niemals! Nun wohl - ebensowenig können wir die Armut nachempfinden, die Er durchmachte, als Er, „das Wort, Fleisch wurde“ (Joh. 1,14), als Er, der Sohn Gottes, als Mensch geboren ward von einem Weibe. Alles Vergleichen mit Säuglingen, wie wir alle einst waren, mit unserer Armseligkeit, der Abhängigkeit von der Mutter, den schweren Bedingungen der Auferziehung usw. läßt uns bei Ihm im Stich, weil wir nie ausdenken können, was Er aufgab, um solcher zu sein, wie wir waren! Welch Wunder! Große Teile der Christenheit beschäftigen sich mehr mit der, die die „Begnadigte“ genannt wird von Gabriel (Luk. 1,28), die die „gesegnete unter den Weibern ist“ (Luk. 1,42), und sicher liegen in Luk. 1 auch in dieser Beziehung hin kostbare, beachtenswerte Linien für die Schriftforschung. Aber wodurch kostbar? Weil es der Sohn ist, der geboren wird - weil „das Heilige, das geboren wird, „Sohn Gottes“ genannt wird“ (V. 35). Dadurch gewinnt das begnadete Leben der Maria solch wunderbare, gesegnete Seite. Ist es da nicht besser, vor allem Ihn zu betrachten, der geboren wurde von einem Weibe, statt das Weib? Ist es nicht köstlicher, Ihn Selber bewundernd anzubeten, der sich ein so armes Gefäß aussuchte hienieden, um aus unendlich reicher Liebe heraus Seine Armut offenbaren zu können?! (Ganz abgesehen davon, daß es natürlich durchaus schriftwidrig ist, Menschen anzubeten!) Was wäre Luk. 1 uns wert, wenn es nicht Sein Armgewordensein in solch überirdisch klares Licht rückte?! Seine Armut! O, gepriesen seist Du, geliebter, teurer HErr!

Aber Seine Armut in der Menschwerdung, die oft Gegenstand der Betrachtung von verschiedenen Seiten aus gewesen ist, hat je und dann auch einzelne Ausleger soweit gebracht, Ihn hienieden uns Menschen in Seinem Wesen gleichzustellen. Sie kamen dann zu den ungeheuerlichsten Aussagen, Aussagen, die dem Erzfeind des HErrn sicher die größte Freude machen, die aber für Ihn, „das Heilige“, eine unausdenkbare Verunglimpfung darstellen.

So, wenn man davon spricht, daß Er als Mensch hätte sündigen können und ähnliches. (So der HErr will, hoffe ich mich in späteren Aufsätzen mit dieser Sache zu beschäftigen1 - für jetzt genüge der erneute Hinweis, daß es der Sohn war, der arm wurde, aber der dennoch auch in der Zeit Seiner Armut stets der Sohn blieb, und so auch stets von dem Vater geehrt ward. Ein kleiner Vergleich mag vielleicht manchem dienen: Ein reicher Fürst möchte den Ärmsten der Hauptstadt seines Reiches eine Freude machen. Da er aber mit Recht fürchtet, in seiner vornehmen Kleidung und umgeben von seinen Großen in jenem Armenviertel nur Furcht und Schrecken zu verbreiten, keinesfalls aber Vertrauen zu finden, so begibt er sich „inkognito“, nämlich in einfachster Kleidung und ohne Begleitung, in jene Gegend und sucht mit den Ärmsten der Armen in Fühlung zu kommen, um sie dann beschenken zu können. - Du verstehst ohne weiteres das Bild, das sicher öfter gebraucht wird! Hat der Fürst mit der Kleidung und den sonstigen Äußerlichkeiten etwa sein Wesen drangegeben? Im Gegenteil, um dieses offenbaren zu können, gab er jene Dinge ja gerade dran! Und Christus Jesus? Gott geoffenbart im Fleisch? Gott, in Seinem Wesen Licht und Liebe, sollte irgend etwas, was

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Vor rund 15 Jahren habe ich ein inzwischen längst vergriffenes Schriftchen „War Jesus versuchlich?“ herausgegeben, das noch oft verlangt wird. So der HErr Gnade gibt, werde ich dasselbe völlig neubearbeiten und verkürzen und es womöglich im Laufe dieses Jahres in den „Handr.“ bringen. - Später würde es, will's Gott, auch wieder im Buchhandel zu haben sein! (Der Verf. F. K.)

Sein Wesen kennzeichnet, drangeben, wenn Er Sich der Attribute Seiner Herrlichkeit entkleidet, um uns, den Ärmsten der Armen, dienen zu können?! Welche Torheit, aber auch welches Unrecht gegen Ihn, solches auch nur in Erwägung zu ziehen! Damit werden die Fundamente des Evangeliums in Frage gestellt, denn damit wird Er Selbst angetastet, der in Person das Leben ist und der in Ewigkeit Derselbe ist! Genug davon für jetzt! Hüten wir uns, das Geheimnis Seines heiligen Menschseins unheilig zu behandeln!

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Vor rund 15 Jahren habe ich ein inzwischen längst vergriffenes Schriftchen „War Jesus versuchlich?“ herausgegeben, das noch oft verlangt wird. So der HErr Gnade gibt, werde ich dasselbe völlig neubearbeiten und verkürzen und es womöglich im Laufe dieses Jahres in den „Handr.“ bringen. - Später würde es, will's Gott, auch wieder im Buchhandel zu haben sein! (Der Verf. F. K.)

Aber das ja gerade macht Sein Geborensein von einem Weibe so abgrundtief wunderbar, zeigt uns Seine Armut so unendlich kostbar und groß, daß Er eben nicht unseres Wesens war und doch unserer Gestalt und Lebensbedingung! Wie ganz anders hat Er das Armgewordensein empfunden als wir unser Armsein empfinden. (vgl. Hiob 14,1ff.) Wir, deren Wesen, nicht nur Gestalt, den Lebensverhältnissen der Welt entspricht, weil wir in Sünden empfangen und geboren sind! (Ps. 51,5.) Er blieb stets „das Heilige“ (Luk. 1,35), umgeben von uns, den Unheiligen! Ist es nicht so: je reiner einer ist, desto mehr empfindet er jede Art und Spur von Schmutz?! So war Sein Leben eine einzige Kette von Armut und Leiden; bis hin in die Tiefen der Gottverlassenheit am Kreuz, die Seine größte Armut zeigt. Seine Augen sahen die Welt anders, als wir sie sehen, Seine Ohren hörten feiner, Sein Herz fühlte tiefer das Erdenleid mit als unseres, und Sein heiliges Wort berichtet uns nicht, daß Er gelacht habe so, wie wir lachen zu können dankbar sein dürfen!

Wie sollten wir doch Seine Armut anbetend betrachten! Welch kostbarer Gegenstand: „Geboren von einem

Weibe“, geboren in tiefster Armut und Niedrigkeit, dazu aber noch „geboren unter Gesetz“ sandte Gott Seinen Sohn! Ihm sei Dank und Preis!

F. K.

Fortsetzung und Schluß folgt, s. G. w.!

Ein guter Rat.

Kürzlich bat in einer Zeitung eine Mutter um Rat für ihren Sohn, der nicht essen wollte, wie er sollte. Sie setzte ihrem Siegfriedchen alles mögliche vor, aber Siegfriedchen will nicht. Da Antwortete der ärztliche Ratgeber einfach: „Lassen Sie ihn eine Zeitlang hungern, danach wird er von selbst Speise begehren“. Dieser Rat ist ebenso einfach, wie er verständig ist. Aber es gibt sehr viele besorgte Mütter, die noch nie auf den Gedanken gekommen sind. Sie möchten ihr Kind am liebsten nudeln. Sie geben ihm sogar allerlei „anregende Medikamente“ - mit dem Erfolg, daß das Kind immer noch weniger mag. Wir geben ihnen obigen Rat weiter: „Laßt sie eine Zeitlang hungern, dann werden sie von selbst Speise begehren“. Esfürchte nur keine Mutter, daßihr Kind inzwischen sterben könnte. Wahrscheinlich ist der Magen des Kindes überreizt und bedarf einer vernünftigen Ruhepause.

Wir haben es oft beobachtet, daß Gott in Seiner Kinderstube ähnliche Wege einschlägt. Da ist eins Seiner Kinder, das hat keinen Appetit mehr. Anden besten Vorträgen mäkelt es herum. Der Besuch der Versammlungen wird ihm zur Last. Da macht Gott kurzen Prozeß: Er verschreibt eine Hungerkur. Sei es, daß Er Sein Kind aufs Krankenlager legt, sei es, daß es an einen

einsamen Ort versetzt wird, sei es, daß es in eine Umgebung kommt, „da des Satans Stuhl ist“, das Ziel wird bald erreicht, es stellt sich nach und nach wieder geistlicher Appetit ein. Jetzt greift man begierig nach jedem christlichen Blatt, man lernt seine Bibel wieder schätzen, man betrachtet jedes Gotteskind, das bei einem vorspricht und etwas geistliche Nahrung darzureichen imstande ist, wie einen Engel Gottes.

Woher kommt aber die Übersättigung mancher Kinder Gottes? Einfach daher, daß sie die Kräfte, die sie durch die Speise empfangen, nicht in Arbeit umsetzen. Geht doch einmal auf einen Bau und seht euch die Steinträger an. Muß man die durch appetitwirkende Mittel zur Aufnahme der Nahrung nötigen? Gewiß nicht! Sie entwickeln vielmehr einen Appetit, daß einem fast unheimlich wird! Und warum?Weil sie schwere Arbeit zu leisten haben.

Entdeckst du also, daß dein geistlicher Magen überladen ist, so erschrick über dich selbst! Deine Arbeit steht nicht im rechten Verhältnis zu der Nahrung, die du aufnimmst. Wie leicht kann Gott auch dir eine Hungerkur verschreiben!

(„Hausfreund“.)

Frage und Antwort

Frage 1

In Matth. 13,30 lesen wir: „Leset zuerst das Unkraut zusammen“, und in Vers 40-41 erklärt uns der Herr Jesus, daß in der Vollendung des Zeitalters die Engel alle

das Gesetzlose tun. Worauf bezieht sich diese Stelle? Nach 1. Thess. 4,13-18 werden doch zuerst die Gläubigen entrückt bezw. auferstehen. Bezieht sich dieses Gleichnis etwa auf das Tausendjährige Reich bezw. dessen Ende?

Antwort

Es ist ohne Zweifel nützlich, einen kleinen Überblick der sieben Gleichnisse in Matth. 13 zu geben, damit die in Frage kommenden einzelnen Punkte besser verstanden werden.

Wie wir in der Offenbarung 2 und 3 prophetisch die Geschichte der Gemeinde als Haus Gottes in ihrer VerAntwortlichkeit auf Erden vorgestellt finden, so wird uns hier in ähnlicher Weise der Verlauf und Charakter und die verschiedenen Phasen des Reiches der Himmel während der Abwesenheit des HErrn in den Gleichnissen veranschaulicht. Viel hängt von dem richtigen Verständnis dieser zwei wichtigen Abschnitte der Schritt für unser Verhalten ab. Doch muß zwischen Reich und Gemeinde unterschieden werden. Im Reich stehen wir als einzelne Persönlichkeiten in der Welt. In der Gemeinde, die himmlisch ist, sind wir in Verbindung mit der Familie Gottes. Im Reiche wird jetzt keine Zucht geübt, sondern dann Gericht, aber nur an den Söhnen des Bösen (vgl. Matth. 13,27-30). In der Gemeinde wird jetzt Zucht geübt an den Kindern Gottes. Wir hören nie von einer Zucht im Reiche, aber von Zucht in der Gemeinde. Es kann jemand von der Gemeinde ausgeschlossen werden, aber dies konnte nicht von dem Reiche geschehen, denn dann müßte der Betreffende ja aus der Welt getan werden, denn der Acker des Reiches ist die Welt, nicht die

Gemeinde (Matth. 13,38). Die Welt kirchen haben Reich und Gemeinde nicht unterschieden, darum finden wir die Welt in diesen Kirchen und die Kirchen verbunden mit der Welt, so daß eine Grenze schwer festzustehen ist. Als Reichsangehörige stehen wir unter des HErrn Schutz. Es ist eine Frage der Macht. Als Kinder Gottes in der Familie sind wir der Liebe und Erziehung unseres Gottes und Vaters in Christo teilhaftig.

Obwohl die Söhne des Reiches zur Gemeinde gehören und die Gläubigen der Gemeinde zum Reiche, müssen diese Unterschiede gemacht werden, um nicht zu ganz falschen Handlungen zu gelangen in bezug auf unsere Absonderung von der Welt und unser Verhalten der Gemeinde Gottes gegenüber. Die meisten Christen - dem HErrn sei es geklagt! - haben wohl Reichscharakter, aber keinen Gemeindecharakter. Diese wichtige Seite weiter zu behandeln würde uns hier über den Rahmen unserer Antwort Führen. Das Reich steht in Verbindung mit den Wegen Gottes in dieser Welt. Die Gemeinde ist himmlisch, da sie vor Grundlegung der Welt erwählt ist und eine ewige Bestimmung hat. Das Reich wird aufgehört haben, in dieser Weise zu bestehen, wenn jede antigöttliche Macht von dem Herrn Jesus beseitigt ist (vgl. 1. Kor. 15,24-28) und keine Notwendigkeit mehr vorliegt, diese Macht zu entfalten. Doch die Gemeinde, der Kreis der Familie, der Liebe und des Lebens Gottes, besteht nach Seinem Vorsatz ewiglich, da sie vorgeschichtlich, überweltlich und himmlisch ist. Das Reich steht immer in Verbindung mit den Rechten und der Macht Gottes dem Feinde gegenüber, die Gemeinde, welche uns den innersten und vertrautesten Kreis Gottes darstellt, in Verbindung mit Seiner Liebe des Herzens, wie sie in Seinem Sohne

ausstrahlt. Das Reich ist das Kampfgebiet, doch werden wir nicht ewig kämpfen. Die Gemeinde ist das Heim, der Ruheort, wo die gegenseitigen göttlichen Zuneigungen gepflegt werden, und da haben wir gleich das Empfinden, daß dies nie aufhören kann. Sie ist dem Herzen Gottes entsprungen, eine Frucht Seiner Liebe; und wie Seine Liebe ewig ist, so ist es die Gemeinde. Gepriesen sei Sein Name!

Wenn man sich die Mühe nimmt, die sieben Gleichnisse mit den sieben Sendschreiben zu vergleichen, wird man viele verwandte Züge finden. Wie bei dem Gleichnis vom Säemann Unlauterkeit der Aufnahme des Wortes gefunden wird, dementsprechend finden wir im Sendschreiben an Ephesus die falschen Apostel, die Werke der Nikolaiten und das Verlassen der ersten Liebe - im Gleichnis drei Klassen, die das Wort nur vorübergehend aufnehmen, und im Sendschreiben drei Haupthindernisse, die denselben Motiven entspringen.

Das zweite Gleichnis und Smyrna sind charakterisiert durch besondere Tätigkeit des Feindes.

Das dritte Gleichnis und Pergamus sind gekennzeichnet durch Weltherrlichkeit und Weltgröße.

Das vierte Gleichnis und Thyatira sind bezeichnet durch die unheilvolle Tätigkeit eines Weibes.

Das fünfte Gleichnis und Sardes sind befreite Überreste; diese von dem ungläubigen Volke Israel und darum ein Schatz für den HErrn, jene von dem Aberglauben der Papstkirche.

Das sechste Gleichnis: die Kostbarkeit der Perle:

Gemeinde, und Philadelphia, die der Berufung der Gemeinde entspricht.

Das siebente Gleichnis: Gericht über die faulen Fische, und Laodicäa, welches ausgespien wird vom HErrn, auch dem Gericht preisgegeben.

Dies sind nur einige Punkte, die den Leser anregen sollen, für sich selbst diese Vergleiche anzustellen. Wir halten dafür, daß die sieben Gleichnisse im ersten Buch des Neuen Testaments mit den sieben Sendschreiben im letzten Buch der Bibel zusammen betrachtet werden müssen. Solche Schriftstudien werden reichlichen Ertrag spenden und dem willigen, betenden und gläubigen Erforscher und Täter des Wortes Gottes großen Lohn und reichen Gewinn bringen. Tue du es!

Doch nun zur eigentlichen Frage! Es gibt nicht wenige lehrende, führende Männer im Christentum, die auf Grund dieser Gleichnisse gelehrt haben, daß die Söhne des Reiches, die Gemeinde, durch die große Drangsal zu gehen haben, weil in V. 30, 40 und 42 scheinbar gesagt wird, daß das Unkraut zuerst verbrannt wird, ehe der Weizen in die Scheune gesammelt wird. Andere sind noch weiter gegangen, weil sie diese Stellen nicht in Harmonie mit 1. Thess. 4,13-18 und 1. Kor. 15,51-58 zu bringen vermochten, und haben einfach gesagt, daß es die Erretteten in der großen Drangsalszeit nach der Entrückung der Gemeinde seien. Wir glauben nicht, daß wir gezwungen sind, zu solchen gekünstelten Auslegungen zu greifen. Obwohl hier nicht die Gemeinde, sondern das Reich in Frage ist, und nicht die Entrückung, sondern das Gericht der Söhne des Bösen (darum das Gleichnis vom Unkraut des Ackers - V. 36 -, nicht aber von den Söhnen

des Reiches, welche nur vergleichsweise genannt werden), glauben wir doch, daß völlige Harmonie mit all den in Frage kommenden Stellen besteht. Wenn den Söhnen des Bösen hier besondere Beachtung gegeben wird und sie fast ausschließlich zuerst und am meisten genannt werden, so geschieht es, weil hier uns in einer anschaulichen Weise die Tätigkeit des Feindes als Nachahmers der Söhne des Reiches geschildert wird. Aber die Voraussetzung zu diesem Zustand finden wir im ersten Gleichnis. Da haben wir vier Klassen von Menschen, und dort ist der Acker das Herz des Menschen (V. 19). Der Same ist das Wort Gottes. Hier haben wir nur zwei Klassen, der Acker ist die Welt, und der Same sind die Söhne des Reiches, wie das Unkraut die Söhne des Bösen sind. Dort handelt es sich um die Wirksamkeit des Wortes, hier um Personen, deren Leben charakterisiert ist einerseits durch den HErrn und andererseits durch den Satan. Hier haben wir einen Fortschritt. Im ersten Gleichnis, welches nicht ein Gleichnis des Reiches der Himmel genannt wird, finden wir die persönliche Tätigkeit des HErrn, als Er auf Erden war, mit der Anwendung, daß sich diese Seine Tätigkeit fortsetzt, bis Er kommt. Wir sollten erst versuchen, diese Gleichnisse in ihrer ursprünglichen Bedeutung zu verstehen, ehe wir sie anwenden. Da ergibt sich, daß das erste Gleichnis den persönlichen Dienst des HErrn schildert, das zweite Gleichnis aber nach Einführung des Christentums die besondere Tätigkeit des Feindes, die sich, je näher wir dem Ende kommen, immer klarer ausprägt als sein Wirken, so daß selbst die Knechte den Scheinweizen von dem wahren Weisen unterscheiden. Dies ist auch der Grund, daß in Verbindung mit dem zweiten und siebenten

Gleichnis von Vollendung des Zeitalters gesprochen wird. Dies bedeutet nichts anderes, als daß schon am Ende der Verwaltung der Gnade diese Erscheinungen für den erleuchteten Christen offenkundig wahrnehmbar sind. Unter dem Zeitalter, von dessen „Vollendung“ hier gesprochen ist, verstehen wir das fünfte Zeitalter, die Zeiten der Nationen, das seinen Anfang mit Nebukadnezar nahm und sein Ende durch die Erscheinung des HErrn finden wird. Die heutige Zeit der Gnade ist nur eine Einschaltung in diesem fünften Zeitalter. Das erste Gleichnis erklärte der HErr auch der Volksmenge, weil es allgemein verständlich ist. Doch das zweite Gleichnis erklärte Er nur Seinen Jüngern im Hause. Dadurch deutet der HErr an, daß nur Seine Knechte (V. 27), Seine Jünger, dieses Gleichnis verstehen können. Man bedarf göttlicher Erleuchtung und geistlicher Gesinnung, um diesen Ausführungen des HErrn verständnisvoll folgen zu können. Die Tätigkeit des Feindes in dem hier beschriebenen Charakter dürfte wohl von sehr wenigen Seiner Knechte verstanden werden. Wir müssen in Seinem Hause mit Ihm sein, abgeschlossen von der Welt und Ihm hingegeben, wenn wir geistliches Verständnis Seiner wunderbaren Gleichnisse erlangen wollen.

So scheint es uns, daß unter den ersten drei Klassen im 1. Gleichnis mehr die Bekenner zu verstehen sind. Im 2. Gleichnis mehr die Söhne des Bösen. Es handelt sich bei diesen nicht um ausgesprochene Gottesleugner, obwohl auch diese dazu gehören, wenn sie nicht Buße tun, sondern mehr um satanisch inspirierte, religiöse Persönlichkeiten. (Vgl. Joh. 6,70; 8,41.44; Matth. 23,15; Apgesch. 13,10; 1. Joh. 3,8-12.) Die Menschen im allgemeinen sind nicht in erster Linie durch Satan

gekennzeichnet, sondern durch die Unkenntnis Gottes, durch Gottesferne und durch die Tätigkeit und das Leben in der Sünde, und stehen als solche natürlich unter der Herrschaft des Satans. Doch ganz anders verhält es sich mit den Söhnen des Bösen. Sie sind nicht nur durch den Irrtum Satans gezeugt, sondern sie glauben, empfangen und werden belebt durch die Lüge des Feindes. Nicht nur dies, sondern sie verbreiten mit größtem Eifer und unvergleichlichem Fanatismus diese Lügen, Irrtümer und Lehren, so daß sie sich für die Knechte Gottes als von Satan inspiriert erweisen. Wenn man in ihnen nur tote Bekenner sieht, nimmt man diesem Gleichnis nicht nur die prophetische Bedeutung, sondern auch die göttliche Belehrung. Nach meiner Erkenntnis lehrt die Schrift nicht, daß wir als Kinder des Bösen geboren werden. Wohl standen wir vor unserer Bekehrung unter seiner Macht und Gewalt und waren von Natur Feinde Gottes. Doch satanisch charakterisiert ist nur der Mensch, der bewußt die Liebe Gottes, den Herrn Jesus und die errettende Gnade verwirft. So er darin verharrt wie die obengenannten, dann reift er aus zu einem Sohn des Bösen. Gottes Wort unterscheidet dies m. E. ganz klar. Je näher wir dem Ende kommen, desto mehr werden die religiösen Irrlehrer und satanischen Systeme sich entwickeln und ausreifen.

Daß den Engeln geboten wird, erst das Unkraut in Bündel zu binden, zeigt sich schon klar in der heutigen Zeit, wo durch die Vorsehung Gottes, die durch die Engel zum Ausdruck kommt, sich ganz bestimmte religiöse Irrsysteme bilden und sich immer mehr voneinander unterscheiden. Die Lehrer und Führer dieser Systeme sind Söhne des Bösen, sie tragen den Charakter ihres Vaters,

des Teufels. Daß hier vorwiegend religiöse Bewegungen in Frage kommen, geht aus der Bezeichnung „Scheinweizen“ hervor. Sie wollen dem wirklichen Weizen ähnlich sein. Welche Gebiete eröffnen sich uns bei diesem Gegenstande! Wir müssen uns leider versagen, näher auf diese so ernste Sache einzugehen. - Es wird gar nicht gesagt, daß das Unkraut vor dem Sammeln des Weizens in die Scheune verbrannt wird. Nur wird der Tätigkeit des Feindes, dem Unkraut, den Söhnen des Bösen, die erste und größte Beachtung geschenkt, weil es sich in diesem Gleichnis besonders darum handelt. Sie werden in Bündel gebunden, um verbrannt zu werden. Das Wort sagt aber nicht, daß es augenblicklich verbrannt wird. Das Gericht wird erst ausgeführt in der besonderen Gerichtszeit, die nach der Entrüstung der Gemeinde beginnt und mit der Aufrichtung des Reiches endet. Dies ergibt sich deutlich aus V. 42 und 43, wo gesagt wird, daß das Unkraut in den Feuerofen geworfen wird und dann- wenn dies geschieht - die Gerechten leuchten werden wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters (jetzt leuchten wir in dieser Nacht wie die Sterne, Phil. 2,15), also wenn wir verherrlicht mit dem HErrn erscheinen werden zum Gericht. Wenn Christus als „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal. 4,2) über dieser armen Erde aufgehe. wird, dann werden wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit. Dies setzt die Entrückung und Verherrlichung voraus. Welch ein köstlicher Ausblick!

K. O. St.

Briefe über den Tisch des HErrn.

Zweiter Brief.

Geliebte Geschwister!

Wir haben gesehen, daß der Begriff „Tisch“ sowohl in der Schrift als auch im täglichen Sprachgebrauch mehr in sich schließt als nur den Gegenstand, der diesen Namen trägt. Verschiedene Beispiele aus dem Worte Gottes zeigten uns, daß das Wort „Tisch“ angewandt wird als Zusammenfassung von Vorrechten, Segnungen usw.

Wir haben uns selbst gefragt, ob nicht dieser weitere Begriff seine Anwendung auch in dem Ausdruck „Tisch des HErrn“ finde, der nur einmal im Neuen Testamente in 1. Kor. 10,21 vorkommt. Zeigt der Zusammenhang nicht auch hier, daß mit dem Worte „Tisch“ mehr das gemeint ist, was mehrere gemeinsam genießen, als nur allein das, was die einzelne Seele für sich empfängt?

Ich denke, es fällt uns allen gar nicht schwer, wenn Namen von Gegenständen für andere Sachen und Begriffe gebraucht werden, unsere Gedanken von dem Gegenstande loszumachen und auf die damit gemeinte Sache zu übertragen. Solches geschieht ja in unserem Sprachgebrauch sehr oft, und wir sind daran so gewöhnt, daß wir durchaus nichts Fremdes darin finden. Denken wir z. B. an das Wort „Haus“ oder „Leib“. In der Schrift sowohl als auch im Sprachgebrauch werden beide oft für ganz andere Begriffe angewandt, als was diese Worte eigentlich bezeichnen. Wenn die Schrift von dem Hause Davids spricht oder wir von dem Hause Hohenzollern sprechen, so denkt natürlich niemand mehr an ein Gebäude; und wenn die Schrift die Gemeinde Christi einen „Leib“ nennt oder wenn wir sagen, daß der Staat ein großer Körper ist, so denkt niemand von uns an einen Organismus von

Fleisch und Blut.

Wenn wir uns jetzt fragen, ob wir, wenn in 1. Kor. 10,21 vom „Tisch des HErrn“ geredet wird, dabei an einen Gegenstand oder an den von uns bezeichneten Begriff zu denken haben, so müssen wir uns zu dieser Frage die weitere Frage stellen: Um was handelt es sich hier in dieser Stelle? Um diese Frage zu beAntworten, ist es nötig, daß wir das 10. Kapitel in Verbindung mit den beiden vorhergehenden Kapiteln betrachten.

Offenbar hatten die Korinther dem Apostel eine Frage vorgelegt betreffs des Essens von Fleisch, das als Götzenopfer gedient hatte. In seiner Antwort (Kap. 8) stellt der Apostel in erster Linie fest, daß ein Götze oder ein Götzenbild nichts sei, d. h. nichts wirklich Bestehendes sei, daß also Fleisch, welches solchen Götzen oder Götzenbildern geopfert und geweiht worden, dadurch kein anderes oder unreines Fleisch geworden, sondern Fleisch sei wie von jedem anderen Tiere, und demzufolge nichts Böses daran sei, wenn man von diesem Fleische esse.

So einfach dieses auch für den sein mochte, der die Erkenntnis hatte, so gab es doch augenscheinlich in der Gemeinde in Korinth solche, die in ihrer Erkenntnis nicht so weit waren und die von ihrem Gewissen beunruhigt wurden, wenn sie von solchem Fleische aßen. Solchen sagt Paulus gleichsam: „Gut, dann esset ihr es nicht, denn durch die Speise haben wir vor Gott keinen Vorzug“. Und du, der du keinen Gewissenszweifel hast, solches Fleisch zu essen, du bist für dich selbst frei, soweit es deine eigene Person anbetrifft, aber du solltest nicht an erster Stelle an dich selbst und an deine eigene Freiheit denken, sondern an das Wohlergehen deines Bruders. Wirst du

deinen Bruder, den Christus so liebte, daß Er für ihn gestorben ist, wirst du den nicht so viel lieben, daß du dir den kleinen Genuß versagen kannst, Fleisch zu essen, das dem Götzenbilde geopfert ist, wenn dein Bruder dadurch in Gefahr gebracht werden könnte?

Im 9. Kapitel gibt der Apostel sich dann selbst als Vorbild. Er beginnt damit, seine persönliche Freiheit festzustellen und ebenso auch, daß er Rechte besitze. Nicht weniger als siebenmal gebraucht er hier das Wort „Recht“. Er hatte ein Recht (ohne dafür zu zahlen) zu essen und zu trinken, ein Recht, zu heiraten, ein Recht, seinen Beruf fahren zu lassen usw. Warum macht er von diesen seinen Rechten keinen Gebrauch? Die Antwort gibt er im 19. Vers: „Denn wiewohl ich von allem frei bin, habe ich mich allen zum Sklaven gemacht, auf daß ich so viele wie möglich gewinne“.

Welch ein Vorbild zur Nachfolge, meine geliebten Geschwister! Wie bestehen wir so oft auf unseren Rechten und Freiheiten! Paulus schließt im 9. Kapitel seine Ausführungen mit den Worten: „Ich zerschlage meinen Leib und führe ihn in Knechtschaft,1 auf daß ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt, selbst verwerflich werde“.

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Als wir in der Arnheimer Konferenz über dieses Kapitel sprachen, bemerkte ein Bruder, daß im Urtext ein Ausdruck gebraucht wird, der bedeutet: „Ich schleppe ihn am Gürtel hinter mir her“. Der Sinn ist also die unbedingte Unterwerfung.

Nun kommt er im 10. Kap. auf die Korinther zurück, um im 14. Verse den Gegenstand des Götzendienstes wieder weiter zu führen. In Vers 19 wiederholt er in Frageform, was wir schon in Kapitel 8 fanden. Er fragt gleichsam: „Bin ich denn jetzt anderer Ansicht, oder sage ich jetzt, daß das einem Götzen Geopferte etwas sei? Oder daß ein Götzenbild etwas sei?“ Und nun kommt er zu der großen und wichtigen Sache, um die es sich handelt: Hinter

diesem (an sich nichts seienden) Götzenbilde und in dem an sich nichts seienden Götzenopfer steckt Satan, stecken unter seiner Anführung böse dämonische Geister.

Ja, es gibt tatsächlich ein geheimnisvolles Gebiet von teuflischen Mächten und bösen Geistern, die sich auf alle mögliche Weise mit Menschen, auch mit Gläubigen, in Verbindung zu bringen suchen. Daher ist es, soweit ich verstehe, die Absicht des Heiligen Geistes, uns zu warnen, auf der Hut zu sein vor „Gemeinschaft“ mit dieser dämonischen Geisterwelt, und der Apostel ermahnt: „Fliehet den Götzendienst“ (V. 14).

Damit kommen wir nun zu der Sache, um die es sich hier handelt, nämlich um „Gemeinschaft“ und was „Gemeinschaft“ ist. In diesen sechs Versen (16-21) finden wir viermal die Worte „Gemeinschaft im Sinne von Teilhaberschaft“ und zweimal das Wort „teilhaben“. Der Apostel will sie überführen, daß durch gewisse Handlungen tatsächlich Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht wird.

Zum Beweis dieser Tatsache führt der Apostel drei Beispiele an - drei Beispiele, die er aus den drei Gruppen der Menschheit nimmt: Christen, Juden und Heiden. Er beginnt mit einem Beispiele aus der Gruppe der Christen, indem er ihnen zeigt, daß sie Gemeinschaft mit dem kostbaren für sie vergossenen Blute des Christus haben und mit Seinem für sie dahingegebenen Leib, daß in allen Segnungen, Vorrechten, kurz in allem, was sie genießen, sind und haben, in allem Christus der Kern- und Mittelpunkt für Zeit und Ewigkeil ist. Und worin brachten die Christen nun diese Gemeinschaft mit Christus zum Ausdruck? Sie sollen selbst die Antwort geben, und er

fragt: „Der Kelch der Segnung, den wir segnen, ist er nicht die Gemeinschaft des Blutes des Christus? Das Brot, das wir brechen, ist es nicht die Gemeinschaft des Leibes des Christus?“ Beachten wir, daß hier nicht vom Trinken des Kelches und nicht vom Essen des Brotes gesprochen wird, auch wird hier nicht zuerst das Brot und dann der Kelch genannt, sondern gerade umgekehrt, erst der Kelch und dann das Brot.

In dem folgenden Kapitel, dem 11., wo es sich um das Abendmahl des HErrn handelt, da geht das Brot dem Kelche voran und da ist vom Essen und Trinken die Rede. Hier handelt es sich aber für den Apostel nicht darum, sie über das Abendmahl, sondern über die Götzenopfer zu belehren und ihnen zu zeigen, was „Gemeinschaft“ bedeutet. Selbstredend haben wir hier in diesen Versen es mit demselben Brot und demselben Kelche zu tun, von welchem im Kapitel 11 die Rede ist. Beide werden aber hier nur als Beispiel gebraucht, um daran zu zeigen, wie, in welcher Weise und wodurch „Gemeinschaft“ an den Tag tritt, Gemeinschaft mit dem HErrn; Gemeinschaft auch miteinander; Gemeinschaft in dem, was alle gemeinschaftlich haben und was alle zu dem gemacht hat, was sie sind; Gemeinschaft in dem Genuß der Segnungen, die alle gemeinschaftlich besitzen und wovon es in dem Liede so schön heißt:

„Deren End' ich nirgends seh' “.

Also Gemeinschaft (Teilhaberschaft) des Blutes des Christus und Gemeinschaft des Leibes des Christus finden ihren Ausdruck in dem Kelch, den wir segnen, und in dem Brot, das wir brechen. In ihnen finden wir in Wahrheit den Kernpunkt von allem, was das Christentum kennzeichnet

im Gegensatz zum Judentum und Heidentum.

Wird aber mit „Kelch“ im 16. und „Kelch“ im 21. Verse dasselbe gemeint? Oder haben wir im 21. Verse in dem Worte „Kelch“ wieder an einen weiteren Begriff zu denken? Laßt uns darüber nachdenken! Vielleicht bringt es uns zu einem anderen, klareren Verständnis auch von dem, was mit „Tisch des HErrn“ gemeint ist. Und würde es sich nicht auch empfehlen, dabei die bedeutungsvolle Tatsache zu beachten, daß in dieser Schriftstelle „Kelch des HErrn“ und „Kelch der Dämonen“ ebenso wie „Tisch des HErrn“ und „Tisch der Dämonen“ einander vergleichend gegenübergestellt sind? Fragen wir uns selbst, ob bei beiden damit ein gewisser „Kelch“ und ein gewisser „Tisch“ gemeint sein kann oder ob wir hier an ein Ganzes zu denken haben, an Mannigfaltiges, das in einem Worte zusammengefaßt ist.

Euer Bruder im HErrn

M. J. S.

Dritter Brief.

Geliebte Geschwister!

In dem letzten Briefe bemerkten wir, daß der Hauptgedanke, um den es sich in 1. Kor. 10,14-21 handelt, die „Gemeinschaft“ ist. Wir sahen, daß der Heilige Geist in diesem Abschnitt uns vor der großen Gefahr warnt, „Gemeinschaft“ mit dämonischen Geistern zu haben. Diese bösen satanischen Mächte benutzen Götzenbilder und Götzenopfer, die in sich selbst nichts sind, um Menschen und sogar Gläubige in ihre Macht zu

bekommen.

Im allgemeinen hat man viel zu wenig beachtet, daß „Gemeinschaft“ das Hauptthema, der Inhalt der Belehrungen dieser Schriftstelle ist. Nicht wahr, haben nicht auch wir uns nahezu ausschließlich mit dem beschäftigt, was hier über den Kelch und über das Brot geschrieben steht? Wir haben es kaum beachtet, daß der Kelch und das Brot hier gar nicht mit der Absicht genannt werden, uns über das Abendmahl des HErrn Belehrungen zu geben (wie es im 11. Kapitel der Fall ist), sondern daß vielmehr der Kelch und das Brot uns als eines der drei Beispiele vor Augen geführt werden, um die Frage der Gemeinschaft klarzustellen, und zwar mit dem bestimmten Zweck, uns vor der Gemeinschaft mit der dämonischen Geisterwelt zu warnen.

Bei dem ersten Beispiele haben wir uns im vorhergehenden Briefe etwas länger aufhalten müssen, als es bei den beiden anderen nötig sein wird, auf die wir jetzt kommen.

Das zweite Beispiel, durch welches uns „Gemeinschaft“ illustriert wird, ist das von Israel im 18. Verse: „Sehet auf Israel nach dem Fleische. Sind nicht die, welche die Schlachtopfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ Der Altar war der Mittelpunkt Israels als Volk Gottes auf Erden.

Als das Volk aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt war, begann man, ehe man anfing, den Tempel oder die Stadtmauer wieder zu bauen, den Altar zu errichten. Auf den Altar kamen die Opfer. Der Altar heiligte die Opfer, sonderte sie ab, machte sie zu dem, was sie sein sollten. Der Altar war der Kern und in ihm die

Zusammenfassung der Segnungen und Vorrechte, die Israels Teil waren.

Wir beschäftigten uns bereits kurz mit der merkwürdigen Stelle in Mal. 1, in der „Altar“ und „Tisch“ eins gemacht, identifiziert werden. Wir müssen noch einen Augenblick dabei stehen bleiben. Das Essen der Opfer drückte „Gemeinschaft“ aus; Gemeinschaft mit dem Altar, Gemeinschaft mit Gott und Gemeinschaft mit dem Volke, das weit über alle Völker der Erde bevorzugt und gesegnet war. So lag in dem Altar der Inbegriff und die Zusammenfassung der Vorrechte und Segnungen. Der Altar war sozusagen der Tisch, an dem Gott Seinem Volke und das Volk Ihm begegnete, der Tisch, der die Wohltaten, die Vorrechte und Segnungen für Sein Volk darbot. Durch das Essen der Opfer, die auf diesem Altar dargebracht wurden, wurde „Gemeinschaft“ mit Jehova Gott, mit Seinem Volke und mit allem, was damit zusammenhing, ausgedrückt.

Das dritte Beispiel ist aus den Nationen, den Heiden, genommen. Auch diese hatten ihren „Tisch“, nach ihrer Meinung einen reichen Tisch; und doch, welch ein Unterschied zwischen diesem und den beiden anderen! Israel war ein für Gott abgesondertes Volk, und die Christen waren in besonderem Sinne abgesondert von der Welt mit ihren Lüsten und Begierden. Der „Tisch der Heiden“ aber bot beides in reichem Überfluß. Die Korinther kannten diesen Tisch allzu gut. Die Stadt war berüchtigt wegen ihrer Sittenlosigkeit, und das Schlimmste war, daß alles dieses mit dem Götzendienst verknüpft war, hinter dem das finstere Reich der Dämonen wirkte. Wie schneidend scharf wird ihr Tisch als „Tisch der Dämonen“

bezeichnet! Welche Übereinstimmung und Verbindung konnte es geben zwischen dem „Tisch des HErrn“ und dem „Tisch der Dämonen“? Sie waren voneinander getrennt wie Himmel und Hölle.

Den Gläubigen in Korinth aber drohte eine Gefahr. Aus diesem Heidentum war ihre Herkunft. Von diesem „Tisch der Dämonen“ hatten sie früher ihr Teil empfangen. Reichlich hatten sie getrunken aus dem Kelch der Dämonen, jetzt aber hatten sie durch den Glauben an Christum ihr Teil an den Segnungen des „Tisches des HErrn“ empfangen. Der „Kelch des HErrn“ mit der Fülle der Seligkeit war jetzt ihr Teil, aber - der alte „Kelch“ und der alte „Tisch“ hatten noch ihren Einfluß, ihre Anziehung, wie bei Israel, nachdem es aus Ägypten erlöst war. Deshalb werden uns auch die Geschehnisse mit Israel im ersten Teil des zehnten Kapitels als tiefernste Beispiele der Warnung vor Augen gestellt.

Fragen wir uns nach diesen drei Beispielen: Um was handelt es sich also hier? Handelt es sich in dieser Stelle nicht für den Apostel darum, den Korinthern an dem, was „Gemeinschaft“ ist, zu zeigen, daß, was auch der christlichen Freiheit erlaubt sein mochte, doch nicht alles nützlich noch erbauend, noch zur Ehre Gottes sei (1. Kor. 10,23.31). Ja, daß gerade denen, die soweit gekommen waren, zu verstehen, daß ein Götzenbild nichts und ein Götzenopfer nichts sei, die Gefahr drohe, auch die List und Macht Satans als nicht bestehend zu erachten und dadurch gerade um so leichter in seine Stricke zu geraten. Sie beteiligten sich an den heidnischen Opfermahlzeiten, sie saßen dort und waren teilhaftig des Dämonen-Tisches und hatten Gemeinschaft mit den Dämonen, eine

Gemeinschaft, durchaus unvereinbar mit der Gemeinschaft, die sie hatten und von der sie Zeugnis gaben in dem Segnen des Kelches der Segnung und dem Brechen des Brotes.

Wenn es auch ein wenig außerhalb des Rahmens unseres Gegenstandes liegt, finden wir hier nicht auch eine Warnung vor der Gefahr für uns und unsere Zeit? Haben wir es nicht auch mit tatsächlichen Götzenbildern und Götzenfesten zu tun? Sind nicht die gleichen bösen dämonischen Mächte heute noch tätig? So wie sie damals die Gläubigen in Korinth durch die Teilnahme des Tisches der Dämonen zu umstricken suchten, so tun sie es heute noch. Der „Tisch der Dämonen“ ist noch da. Satan stellt noch immer seine für das Fleisch so verführerischen Gerichte zur Schau und ladet auch die Gläubigen ein, davon Gebrauch zu machen. Was meinst du, was z. B. der Spiritismus anders sein könnte als eine Verführung Satans? Die Geister, die, wie sie vorgeben, Geister von Abgestorbenen, Blutsverwandten seien, sind nichts anderes als dieselben Dämonen, die hinter dem Götzenbild und hinter dem Götzenopfer sich verstecken.

Wie mancher hat geistlich Schiffbruch gelitten, wie viele haben ihren Verstand dadurch verloren, daß sie sich gütlich taten am Dämonentisch.

Wir wollen aber zu unserem Gegenstand zurückkehren und kommen jetzt zu der Frage: „Ist es nicht klar, daß, wenn hier die Rede ist von dem Tisch der Dämonen, wir dabei nicht an einen Gegenstand, der Tisch heißt, zu denken haben? Ist es nicht augenscheinlich, daß in dem „Tisch der Dämonen“ das ganze teuflische Gewebe mit allem, was es darbot, zusammengefaßt ist? Wenn dies nun

der Fall ist, was folgt dann daraus? Folgt nicht daraus, daß es mit dem „Tisch des HErrn“, der dem „Tisch der Dämonen“ gegenübergestellt wird, genau so ist und daß mit dem „Tisch“ des HErrn nichts anderes gemeint sein kann, als die Zusammenfassung von allem, was uns Christen als Gläubigen und Kindern Gottes geschenkt worden ist?

Am Schluß des vorigen Briefes fragten wir, ob mit dem Worte „Kelch“ im 16. und im 21. Vers ein und dasselbe gemeint sein könne; ohne den Unterschied behaupten zu wollen, möchte ich eure Aufmerksamkeit auf die Bedeutung des Wortes „Kelch“ oder „Becher“ lenken. Wenn z. B. der Psalmist sagt: „Mein Becher fließt über“ oder „Jehova ist das Teil meines Erbes und Bechers“, dann ist es doch klar, daß „Becher“ gebraucht wird, um eine Fülle von Segnungen anzudeuten. Finden wir Vers 21 im „Kelch des HErrn“ und „Tisch des HErrn“ nicht denselben Gedanken? Ist „Kelch des HErrn“ in Vers 21 nicht der Ausdruck der Fülle und der Herrlichkeit der Segnungen, die uns in Ihm zuteil geworden sind? Ist nicht der „Tisch des HErrn“ die Darstellung der unendlichen Verschiedenheit der Vorrechte, Segnungen, Herrlichkeiten, die unser Teil sind und von denen wir, nach dem Maße der Erkenntnis, die wir davon haben, genießen dürfen: Erlösung, Vergebung aller Sünden, Sohnschaft, Freimachung von der Macht Satans, von der Todesfurcht, von Sünde und Gesetz, von Welt und Tod, gegenwärtige tägliche Bewahrung, zukünftige ewige Herrlichkeit, Gotteskindschaft, Erben Gottes, Miterben Christi? - Müssen wir nicht sagen: „Wo wollen wir anfangen, und wo wollen wir aufhören?“ Steht nicht alles gleichsam auf dem Schaubrot-Tisch vor uns? Wird nicht alles uns dargeboten

an und aus dem herrlichen „Tisch des HErrn“?

Gewiß, eine der vielen Kostbarkeiten des „Tisches des HErrn“ ist auch das Abendmahl. Auch diese herrliche Gabe und Anordnung unseres geliebten HErrn wird uns auf dem überreichen Tisch des HErrn dargeboten. Ist es deshalb nicht so, daß, anstatt etwas zu verlieren, wir außerordentlich viel gewinnen, sobald wir verstehen, daß der „Tisch des HErrn“ nicht beschränkt ist auf einen gewissen Tisch, an dem wir sitzen und das Mahl des HErrn genießen? Ist es nicht unendlich viel herrlicher, zu wissen, daß wir unaufhörlich sitzen und genießen von den Segnungen des „Tisches des HErrn“, als daß wir höchstens ein paar Stunden in der ganzen Woche dort einen Platz haben?

Wenn nun dieses die schriftgemäße Bedeutung des Wortes ist, wenn wir also bei dem Begriff „Tisch des HErrn“ nicht ausschließlich an die Feier des Abendmahles zu denken haben, dann bringt dieses natürlich eine Änderung hervor in vielen Dingen, die wir in unserer Mitte bis jetzt in Verbindung mit dem „Tisch des HErrn“ gebracht haben. Darüber aber in dem nächsten Brief. Ich wiederhole, daß ich mich freuen würde, zurechtgewiesen zu werden, wenn gegen das, was wir bis jetzt betrachtet haben, durch die Schrift bewiesen wird, daß unsere Ansicht nicht nach dem Worte ist.

Euer im HErrn verbundener Bruder

M. J. S.

Timotheus.

Timotheus.

(Fortsetzung von Seite 11.)

Wir kommen nun zu dem Abschnitt in dem Leben des Timotheus, wo er ganz in den Dienst des HErrn trat. Nach Apg. 16,1 scheint es, daß Lystra seine Heimatstadt war. Er hatte dort ein gutes Zeugnis von den Brüdern, aber nicht allein von den Brüdern in Lystra, sondern auch von denen in Ikonium. Wir können daraus entnehmen, daß Timotheus sowohl in Lystra als auch in Ikonium sich schon an dem Dienste des HErrn beteiligt hatte. Sein Wandel und seine Gaben wurden von den Brüdern dort anerkannt, und er stand in hoher Achtung bei ihnen.

Paulus kommt nun zum zweiten Male nach Lystra und richtet sein Auge auf den jungen Mann, der von allen in Lystra und Ikonium so geschätzt wurde. Vom Geiste des HErrn geleitet, tritt Paulus an Timotheus mit der Aufforderung heran, ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Markus hatte ihn auf der ersten Reise verlassen und sich nicht einem Dienst, der soviel Selbstverleugnung forderte, gewachsen gezeigt. Hier gab der HErr ihm einen anderen Bruder als Ersatz zur Seite.

Daß die Aufgaben des Dienstes auch Thimotheus nicht leicht wurden, sehen wir aus manchen Stellen in den Briefen an Timotheus; z. B. Paulus ermutigt ihn, den guten Kampf zu kämpfen, indem er ihn an die Weissagungen erinnert, die über ihn geschehen waren, daß der HErr ihn durch diese für den Dienst bestimmt habe. In dieser ganz besonderen, prophetischen Weise machte Gott es offenbar, daß Er diesem jungen Manne eine besondere Gnadengabe für den Dienst gegeben habe. Vielleicht wäre Timotheus viel zu furchtsam gewesen, in diesen Dienst zu

treten und von der Gnadengabe Gebrauch zu machen, wenn der HErr es nicht in einer solchen Weise (durch eine Weissagung) offenbar gemacht hätte. Dieser Weissagung zufolge legte dann Paulus in Verbindung mit der Ältestenschaft ihm die Hände auf. Nicht als ob ihm diese Gnadengabe durch das Auflegen der Hände gegeben wurde, sondern Gott gab sie, und Gott zeigte sie durch Weissagung an. Durch das Auflegen der Hände brachten Paulus und die Ältesten ihre Gemeinschaft mit seinem Dienst zum Ausdruck und befahlen ihn dem HErrn an. (1. Tim. 1,18; 4,14; 2. Tim. 1,6.) Wann dieses stattfand, ob hier in Lystra, wissen wir nicht; die Schrift schweigt darüber, und wir müssen schweigen.

Mit welchem hingebenden und selbstverleugnendem Herzen Timotheus in die Arbeit trat, das sehen wir daran, daß er sich freiwillig von Paulus beschneiden ließ. Der Grund, warum Paulus ihn beschnitt, wird uns in Apg. 16,3 genannt: Er „beschnitt ihn um der Juden willen, die in jenen Orten waren, denn sie kannten alle seinen Vater, daß er ein Grieche war.“

Manche haben hierin einen Widerspruch gefunden mit seiner Handlung in bezug auf Titus, den er nicht beschnitt. (Gal. 2,3-5.) Aber die Sache war in beiden Fällen sehr verschieden. Titus war ein Grieche, Timotheus aber konnte mütterlicherseits als ein Jude gelten, und die Unterlassung seiner Beschneidung konnte bei den Juden anstößig sein. Um dem Evangelium hierdurch kein Hindernis zu bereiten, nahm er Timotheus und beschnitt ihn um der Juden willen, um ihm so einen leichteren Eingang mit der Botschaft der Gnade bei den Juden zu ermöglichen.

Dieses stand nicht im Widerspruch mit dem Beschluß im 15. Kapitel der Apostelgeschichte, daß die Beschneidung niemand als notwendig zur Seligkeit auferlegt werden solle.

Diese Beschneidung des Timotheus als des Sohnes eines römischen Vaters war nicht geboten durch das Gesetz, und somit war sie auch nicht einmal eine Beschneidung „nach dem Gesetz“, sondern er vollzog sie auf dem Grunde der Gnade, um einen Stein des Anstoßes und des Ärgernisses für die Juden hinwegzuräumen, nach seinen Worten in 1. Kor. 9,20: „Ich bin den Juden geworden wie ein Jude, auf daß ich die Juden gewinne; denen, die unter Gesetz sind, wie unter Gesetz (wiewohl ich selbst nicht unter Gesetz bin), auf daß ich die, welche unter Gesetz sind, gewinne“.

Wie schon gesagt, ganz anders lag die Sache mit Titus, da wurde die Beschneidung von den Judenchristen auf Grund des Gesetzes gefordert und so für Paulus zu einer Prinzipienfrage gemacht. (Gal. 2,4.5.) Er sah, daß die Beobachtung des Gesetzes wieder aufgerichtet werden sollte und die „Wahrheit des Evangeliums“ auf dem Spiele stand. Und dieser Forderung gab er auch nicht eine Stunde durch Unterwürfigkeit nach.1

1

Siehe auch „Handreichung“ Band II, Seite 63-67.

Was mußte dies alles für Timotheus sein! Welch heiliger Ernst mußte seine Seele erfüllen, als er an der Seite des Apostels in den Dienst trat! Hieran können wir etwas lernen und uns prüfen, ob wir in dem Dienst des HErrn mit einem solchen heiligen Ernst und Eifer stehen. Der HErr bereite uns dazu zu!

v. d. K.

„Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz.“ Gal. 4,4.

(Fortsetzung.)

Ist es für uns Menschen selbstverständlich, „vom Weiber geboren zu sein, so für den Juden, daß er „unter Gesetz“ geboren ist. Ja, auch für den Heiden gab es Gesetze. - Grundsätze, unter denen er geboren war, so daß wir schlechthin sagen können: es ist selbstverständlich für uns Menschen, „unter Gesetz“ zu sein - warum das betonen? Aber bei Ihm, dem HErrn Jesus, war es das Unselbstverständlichste, was sich denken läßt. Er war frei vom Gesetz! Wenn Er den Seinen schon sagt: „die Söhne sind frei“ (Matth. 17,24-27.26!) - wieviel mehr Er, der Sohn! Und Er ist nicht nur Sohn - auch nicht nur „Davids Sohn“, sondern auch „Davids HErr“ (Matth. 22,41-46). - Er ist „der HErr der Herrlichkeit“ (1. Kor. 2,8), „der HErr, reich über alle, die Ihn anrufen“ (Röm. 10,12), ja, Er ist „aller Herr“ (Apg. 10,36) - wie konnte Er je unter Gesetz geboren werden? Nein nimmermehr, wenn Er selber es nicht so wollte, wenn Er Selber Sich nicht freiwillig unter Gesetz stellte, freiwillig zum Knecht machte, freiwillig „in Gleichheit des Fleisches der Sünde“ (Röm. 8,3) erschien! Und das tat Er, gepriesen sei Sein Name! Er, der Seinen Jüngern nicht nur sagte, sondern mit der Tat bewies: „Ich bin in eurer Mitte wie der Dienende“ (Luk. 22,27), Er hatte freiwillig Knechtsgestalt angenommen (Phil. 2,7) und damit auch freiwillig das Gesetz, ja, Grundsätze dieses Zeitlaufs über Sich anerkannt und Sich darunter gebeugt.

Welche Gnade, welche Herrlichkeit!

„Es geschah aber in jenen Tagen, daß eine Verordnung vom Kaiser Augustus ausging, den ganzen Erdkreis einzuschreiben. Die Einschreibung selbst geschah erst, als Cyrenius Landpfleger in Syrien war“, d. h. sie geschah erst ca. zehn Jahre später. Gleichwohl veranstaltete Herodes „der Große“, der - sehr ehrgeizig - keine Gelegenheit vorbei gehen ließ, sich bei den Römern in Gunst zu setzen, eine (Steuer-) Voreinschätzung in Palästina, und das ist die Einschreibung, die, nach jüdischem Gebrauch vollzogen, jeden Juden veranlaßte, in seine Heimatstadt zu ziehen, um sich dort einschreiben zu lassen, und die es mit sich brachte, daß „Joseph mit Maria, seinem verlobten Weibe,“ nach Bethlehem zog (Luk. 2,1-5). Es mußte somit die römische gesetzliche Verordnung des zeitweiligen Herrschers des vierten Weltreichs, Augustus, und die jüdische Sitte, zum Zweck einer Steuereinschätzung „in die eigene Stadt“ zu gehen, zusammentreffen, um Ihn, der Sich freiwillig zum Knecht gemacht hatte, „als die Zeit erfüllet war“, in Seiner prophetisch bestimmten Geburtsstadt Bethlehem (Micha 5,1) in die Welt eintreten zu lassen. Heidnisches und jüdisches Gesetz mußten sich verbinden, um Ihn, den Sohn, sich nach göttlichem Ratschluß in bestimmter Zeit freiwillig unter Gesetz stellen lassen zu können - ein mir köstlicher Gedanke! Er nahm in allem unseren Platz ein, und da wir des Gesetzes in allem schuldig sind und restlos den Tod verdient haben, so trat Er von Anfang an an unsere Stelle „unter Gesetz“, um uns loszukaufen und uns die Sohnschaft zuteil werden zu lassen (Gal. 4,5; vgl. Matth. 3,15; Luk. 12,50 im Blick aufs Kreuz!).

So war Sein ganzes Leben eine Kette des freiwilligen Gehorsams gegen das Gesetz. Nicht nur stellte Er Sich unter die Satzungen des göttlichen Gesetzes, das Er vollkommen erfüllt hat, und zwar so, wie Gott es verstand (Matth. 5-7), sondern auch Sein irdisches Leben zeigte die freiwillige Abhängigkeit des Sohnes von all den gesetzlichen Gebundenheiten, denen ja der Mensch durch seine Menschheit unterworfen ist. - So vollkommen, wie Er z B. Seinen (irdischen) Eltern untertan war (Luk. 2,51), womit Er das göttliche „Gesetz in Satzungen“ erfüllte, ebenso vollkommen wurde Sein Leib hungrig, durstig, müde, wenn Er in Seinem unermüdlichen Dienst gearbeitet hatte wie nur irgendeiner (Joh. 4,6!). So gut, wie Er Sich freiwillig unter das göttliche Gesetz der Beschneidung stellte (Luk. 2,21), so bereitwillig unterwarf Er Sich dem Lebensgesetz, das in Seiner Knechtsgestalt begründet lag; ein langes 33jähriges Leben - ein menschliches Durchschnittsleben - hindurch in Seinem täglichen Leben zu verwirklichen, daß „aus Abend und Morgen ein Tag“ wird und daß der Tag zur Arbeit und die Nacht im allgemeinen zum Schlafen da ist! Denken wir doch daran, Geliebte, 33½ Jahre, das sind über 12000 Tage, hat unser hochgelobter HErr hienieden unter dem Gesetz des Menschseins zugebracht, täglich hat Er es erlebt, daß „ein jeder Tag seine eigene Plage“ hat (Matth. 6,34!), täglich hat Er Tausende von Schritten gemacht wie du und ich, Schritte, deren jeder Ihn - den Sohn, den HErrn der Herrlichkeit! - praktisch erleben ließ, was es heißt, ein Mensch zu sein, d. h. ein Kämpfer, der sich Tag für Tag durch den zähen Staub dieser Erde den Weg bahnen muß, Schritte, deren jeder einzelne Ihn - und wer ist Er! - wie uns haften ließ an dieser armen

fluchbeladenen Erde, ohne Sich über sie erheben zu können - weil Er freiwillig Knecht war! Bruder, Schwester, denke daran - für uns ist es selbstverständlich, daß wir durch das Gesetz dieser Erde, z. B. durch die Schwerkraft, an die Erde gekettet sind, wir erheben bei jedem Schritt unseren Fuß wenige Zentimeter über den Boden, aber wir müssen wieder herunter in den Staub, den Schmutz und, wenn wir fliegen wollten, im Flugzeug höher und immer höher, wir müßten doch wieder herunter, das Gesetz der Erde hält uns Staubgeborene fest, und Er, der Ewige, der Sohn, der Umwandelbare, der HErr aller, „der starke Gott“, der „Vater der Ewigkeit“ (Jes. 9,6), Er hat Sich freiwillig dem Gesetz unterworfen, und in vielen Millionen von Schritten hienieden verwirklichte Er Seine freiwillige und doch sündlose Abhängigkeit von unserer armen Erde und zeigt uns zugleich, wie ein gotthingegebener Mensch auch das schwerste irdische Leben in ungetrübtem Gehorsam und tiefinnerster Abhängigkeit von seinem Gott und Vater tragen kann (1. Petr. 2,21-23).

Wie wunderbar und anbetungswürdig groß ist es, Ihn, den Sohn Gottes und Sohn des Menschen durch den Staub dieser Erde wandeln zu sehen! Wahrlich, was uns selbstverständlich ist, das war es nicht für Ihn! Aber Er hat diese unreine Erde wahrhaft kennen und uns verstehen, mit uns fühlen gelernt. Gerade weil Er der Reine, Sündlose, „das Heilige“ (Luk. 1,35), immer der „Sohn“ (Hebr. 1,1ff.; 5,8) war, - wie muß Er es da besonders empfunden haben, über diese staub-, elend- und leidenbedeckte Erde zu wandeln als „der mit Leiden Vertraute“ (Jes. 53,3!). Wunderbarer Heiland, Dir sei ewig Dank und Anbetung, daß Du nicht zurückschrecktest vor diesem Pfad, daß Du ihn vielmehr gingest und

vollendetest bis zum äußersten!

„Geboren unter Gesetz“ - ja, das göttliche und menschliche Gesetz bestimmte Seinen freiwilligen Gehorsamsweg von der Krippe bis zum Kreuz. Als „der Mensch“ und als „Jude“ (Joh. 4,9) stand Er unter Gesetz und erwies sich in allem als vollkommen. Auch wo die Strahlen Seiner göttlichen Herrlichkeit hier und da Sein Knechtsgestalts-Leben durchbrachen, wie z. B. in Mark. 4,39 oder „auf dem Berge“ (Matth. 17,1-8) oder bei Seiner Gefangennahme (Joh. 18,6) usw. - nie gab Er Seine freiwillige Unterordnung unter das Gesetz, dessen Gewalt und Autorität Er anerkannte, auf. Er ging - Preis sei Ihm! - den Weg bis zum Ende, „Er war gehorsam bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuz“ (Phil. 2,8).

F. K. (Schluß folgt, s. G. w.)

Die drei Männer im Feuerofen.

In dem Buche „Bibelwunder und Wissenschaft“ von Dr. med. H. Hoppeler spricht der Verfasser über die Wärme im menschlichen Körper und im Anschluß daran über das Wunder an den drei Männern im Feuerofen (Dan 3). Es machte dieses einen tiefen Eindruck auf mich, und ich möchte es den Lesern der „Handr.“ mitteilen. Hoppeler sagt:

„In der Schule und im Samariter-Unterricht lernte man: die Temperatur des Menschen beträgt 37 Grad. Wer denkt sich viel dabei? Und doch wollen wir einen Augenblick stille stehen bei diesen 37 Grad. Besinnen wir uns einmal: ist es nicht wunderbar, daß alle Menschen zu allen Zeiten, im Sommer wie im Winter, diese gleiche Temperatur haben?

Die Afrikaner wie die Eskimos, die Rothäute wie die Blaßgesichter, sie alle haben stets diese Körperwärme. Und ob wir bei einer Außentemperatur von 30 Grad Kälte und 30 Grad Wärme das Thernometer in unsere Achselhöhle stecken, stets zeigt es 36 bis 37 Grad. Wo findet sich auf der Welt ein Regulierofen von gleicher Exaktheit? Ein Ofen, der sofort sein Feuer dämpft, sobald es draußen wärmer wird, und alsbald kräftiger heizt, sobald die äußere Temperatur sinkt? Ja, ein mit wunderbarer Exaktheit arbeitender Regulierofen ist der menschliche Körper. Tag und Nacht arbeitet derselbe mit der gleichen Sicherheit.“

Hoppeler erklärt dann in seinem Buche, wie es kommt, daß bei der Kälte von außen die Körperwärme die gleiche bleibt, und geht über zur Erklärung des entgegengesetzten Falles, wie es kommt, daß bei großer Hitze der menschliche Körper die obigen Wärmegrade nicht übersteigt. Er sagt:

„Aber auch im umgekehrten Falle, in heißen Julitagen, bleibt die Temperatur die gewohnte. Da werden alle Gefäße der Haut stark erweitert, damit recht viel Blut darin zirkulieren und Wärme nach außen abgegeben werden könne. Und wenn das nicht genügt, wenn durch Marschieren oder andere Anstrengungen mehr Wärme produziert als abgegeben wird, dann steht dem Wärmezentrum noch ein weiteres, ein wichtiges Hilfsmittel zu Gebote, um das notwendige Gleichgewicht aufrecht zu erhalten: der Appell an die Schweißdrüsen. Kaum haben diese den Befehl zur Aufnahme der Tätigkeit erhalten, so treten am ganzen Körper klare Tropfen wie tausend Perlen auf die Haut und verdunsten an der Oderfläche. Und

indem sie zum Verdunsten wie jede andere Flüssigkeit Wärme brauchen, wird die Haut kühler, denn sie ist es, die den Tropfen die zur Verdunstung nötige Wärme liefern muß. Denn wir schwitzen nicht nur, um Stoffwechselprodukte aus dem Körper auszuscheiden, sondern sehr häufig allein deswegen, daß durch die entstehende Verdunstungskälte einer Überhitzung des Blutes vorgebeugt werde.

Und nun frage ich: Ist diese Regulierfähigkeit, dieses allezeit wachsame und tätige Wärmezentrum mit seinen Hilfseinrichtungen nicht etwas wunderbares? Geht es uns nicht wie dem großen Keppler, der mehr als einmal, überwältigt von der Zahl, dem Lauf und den Gesetzen der Himmelsgestirne, auf die Knie sank, um seinem Gott, dem Schöpfer dieser herrlichen Werke, zu danken, Ihm Preis und Anbetung darzubringen? Ja, geht es uns nicht wie dem Sänger des 139. Psalms, der in die Worte ausbricht: „Ich danke Dir, HErr, daß ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind Deine Werke, und das erkennet meine Seele wohl!“ Ist es nicht tief beschämend für unsere Zeit, daß sie, die mit Mikroskop und zahlreichen technischen Hilfsmitteln ausgestattet, nie geahnte Blicke in die Tiefe und Herrlichkeit der Schöpfung tun darf, sich täglich mehr von dem majestätischen Urheber all dieser Werke entfernt, während die alten Psalmsänger, die kein Zehntel des heutigen Wissens besaßen, so begeisterte Worte fanden zum Preise des Schöpfers?

Und wenn wir nun die Tatsache unserer stets gleich bleibenden Temperatur als eine wunderbare Einrichtung, ein Wunder der Schöpfung kennen gelernt haben, so denken wir unwillkürlich an ein anderes Wunder ähnlicher

Art, wie es uns in der Bibel berichtet ist: das Wunder von den drei Männern im Feuerofen. Dort waren die drei Jünglinge Sadrach, Mesach und Abednego um ihres Glaubens willen ins Feuer geworfen, aber von Gott gnädig erhalten worden, so daß sie unversehrt wieder aus dem Ofen hervorgingen. Der Ungläubige spottet: Wie wäre solches möglich, wo doch das menschliche Gewebe vorwiegend aus Eiweiß besteht, und Eiweiß sofort gerinnt in hohen Hitzegraden? Ist es nicht jeglicher Vernunft zuwider, solches zu glauben? Wir aber sagen: Hat der Allmächtige das Wunder zustande gebracht, daß unser Körper innerhalb weiter Grenzen jeder Temperatur sich anpassen und dabei immer dieselbe Wärme behalten kann, sollte Er nicht die Macht haben, diese Grenzen in einem besonderen Fall, wenn Er einen besonderen Zweck damit erreichen will, weiter zu stecken? Er, der auf unendlich scharfsinnige Weise erreicht hat, daß weder die afrikanische Sonne noch die Hitze des Maschinen-Heizraumes dem Menschen bei genügender Vorsicht etwas anhaben kann, Er findet sicherlich Wege, auch gegen 100 oder 120 Grad den Körper unverletzlich zu machen, wenn es Sein Wille ist. Hat Er das eine Wunder zustande gebracht, so trauen wir Ihm auch das andere zu. Denn keineswegs ist das zweite Wunder größer als das erste; nur sehen wir das erstere jeden Tag und haben uns daran gewöhnt. Beide Wunder, das von der Konstanz unserer Temperatur und dasjenige der drei Männer im Feuerofen, sind qualitativ nicht verschieden; wer sich in das eine vertieft hat, dem kommt auch das zweite nicht unglaublich vor. Beide Wunder sind überaus groß und herrlich. Und wenn manche meinen, dieses Bibelwunder sei wider alle Vernunft; ist's nicht gerade umgekehrt? Zeigt nicht gerade

vernünftige und logische Überlegung, daß ein solches Geschehnis sehr wohl geglaubt werden kann? Gott ist ein Gott, der Wunder tut.“

Frage und Antwort

Frage 2

Wie ist Eph. 4,4-6 aufzufassen? Hat eine gewisse Auslegung Berechtigung, wonach die ersten drei Stücke den engeren Kreis der Gläubigen umfassen, während die vier letzten den weiteren Kreis der verweltlichten „Kirche“ betreffen - eine Auslegung, durch welche die „Kindertaufe,“ noch dazu von ungläubigen Pastoren vollzogen, als gerechtfertigt angesehen wird? Oder sollte man nicht vielmehr diese sieben Stücke als ein göttlich vollkommenem Band um alle Gläubigen betrachten dürfen?

Antwort

In Eph. 4,3 werden die Heiligen ermahnt, sich zu befleißigen, „die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens“. In den V. 4-6 wird uns dann die Grundlage für diese Einheit gezeigt: die Anerkennung der hier genannten Dinge genau nach der Lehre des Wortes Gottes, so wie der Geist Gottes sie lehrt und zeigt. Der Geist Gottes ist gekommen, uns „in die ganze Wahrheit zu leiten“ (Joh. 16,13), und Er benützt dazu das geschriebene Wort Gottes. „Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh. 17,17). Er lehrt auch nicht über einen Gegenstand den einen so und den anderen so, sondern jeden dasselbe, so verschieden auch das Maß unserer Erkenntnis sein mag: Er lehrt jeden

einzelnen denselben Leib, denselben Geist, dieselbe Hoffnung, denselben HErrn, denselben Glauben, dieselbe Taufe, denselben Gott und Vater, in welche sieben Stücke hier die ganze Lehre zusammengefaßt ist. Daher ist für alle, die Seiner Lehre folgen, ein Leib und ein Geist, eine Hoffnung ihrer Berufung; ein HErr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater. Das ist die erste und unerläßliche Voraussetzung für die Einheit des Geistes, die bewahrt werden sollte; jede Abweichung davon muß notwendigerweise die Einheit des Geistes zerstören, weil dann etwas Fremdes vorhanden ist, etwas was nicht von diesem Geiste ist. Das wußte der Feind sehr wohl, und darum ist es von vornherein sein Bemühen gewesen, falsche Lehre hereinzubringen - und jede Abweichung von der Lehre, die der Geist Gottes uns durch das Wort Gottes lehrt, ist falsch! -, „Sauerteig“ (Matth. 13,33; 16,12; Gal. 5,7-9), „Lehre, die durch die Betrügerei der Menschen ist, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum“ (Eph. 4,14), „Lehren der Dämonen“ (1. Tim. 4,1), „mancherlei und fremde Lehren“ (Hebr. 13,9), und so die „Einheit des Geistes“ - und als Folge davon die sichtbare Einheit - unter den Kindern Gottes zu zerstören. Daß dieses ihm nur zu gut gelungen ist, beweisen die vielen „Kirchen“, Gemeinden, Versammlungen usw., die es heute gibt; und mit der „Einheit des Geistes“ ging natürlich auch der Friede untereinander verloren - war auch „das Band des Friedens“ zerrissen. Es ist deshalb von größter Bedeutung, daß wir die Tatsache verstehen, daß nur die reine Lehre des Wortes Gottes, wie sie der Geist Gottes allein uns bringt, die Grundlage für die „Einheit des Geistes“ ist und sein kann, und daß darum die „Lehre“ von großter Wichtigkeit ist! Das lehrt uns nicht nur die

Erfahrung, sondern auch das Wort Gottes zeigt uns die grundbildende Wichtigkeit der Lehre: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel“ usw. (Apg. 2,42), „... aber von Herzen gehorsam geworden seid dem Bilde der Lehre, welchem ihr übergeben worden seid“ (Röm. 6,17), „... auf daß wir nicht mehr Unmündige seien, hin- und hergeworfen und umhergetrieben von jedem Winde der Lehre“ (Eph. 4,14), „auf daß du etlichen gebötest, nicht andere Lehren zu lehren“; „auferzogen durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre, welcher du genau gefolgt bist“; „habe acht auf dich selbst und auf die Lehre“; „wenn jemand anders lehrt und nicht beitritt den gesunden Worten, die unseres Herrn Jesus Christus sind, und der Lehre, die nach der Gottseligkeit ist, so ist er aufgeblasen und weiß nichts“ (1. Tim. 1,3; 4,6.16; 6,3.4); „Halte fest das Bild gesunder Worte, die du von mir gehört hast“; „was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das vertraue treuen Männern an, welche tüchtig sein werden, auch andere zu lehren“; „Du aber hast genau erkannt meine Lehre, ...“; „Predige das Wort, ... mit aller Langmut und Lehre. Denn es wird eine Zeit sein, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen, ...“ usw. (2. Tim. 1,13; 2,2; 3,10; 4,2.3); „anhangend dem zuverlässigen Worte nach der Lehre, auf daß er fähig sei, sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen, als auch die Widersprechenden zu überführen. Denn es gibt viele zügellose Schwätzer und Betrüger, ... indem sie ... lehren, was sich nicht geziemt“; „du aber rede, was der gesunden Lehre geziemt“; „... inder Lehre Unverderbheit“ (Tit. 1,9-11; 2,1.7); „Jeder, der weitergeht und nicht bleibt in der Lehre des Christus, hat Gott nicht; wer in der Lehre bleibt, dieser hat sowohl den Vater als auch den Sohn.

Wenn jemand zu euch kommt und diese Lehre nicht bringt, so nehmt ihn nicht ins Haus auf und grüßt ihn nicht. Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“. (2. Joh. 9-11.) Diese Schriftstellen - und andere mehr - zeigen, welchen Wert der Geist Gottes auf die „Lehre“ legt und wie wichtig es für jedes Kind Gottes ist, mit der Lehre des Wortes Gottes vertraut zu sein. Wie kann jemand auch anders die Gedanken und den Willen Gottes kennen? Und wie kann jemand danach leben und würdig des HErrn wandeln, wenn er Seine Gedanken und Seinen Willen nicht kennt? (Siehe Kol. 1,9.10.) Aber nicht nur das. Wie kann er ohne Kenntnis der Lehre die herrliche Wahrheit Gottes kennen? Die Wahrheit von dem einen Leib, dem einen Geist, der einen Hoffnung unserer Berufung, dem einen HErrn, dem einen Glauben, der einen Taufe, dem einen Gott und Vater aller? Wie kann er ohne die Kenntnis dieser kostbaren, herrlichen Wahrheit sich alles dessen freuen in Gemeinschaft mit den anderen Kindern Gottes? Und wie kann er ohne diese Kenntnis bewahrt bleiben vor Irrtum, vor falscher Lehre? Daher die große Wichtigkeit und Notwendigkeit der „Lehre“ und unseres Bekanntseins mit ihr! -

Schon zur Zeit der Apostel tauchten allerhand falsche Lehren auf, denen die Apostel entgegentreten mußten und in ihren uns von Gott gegebenen Schriften entgegentraten, wodurch den Kindern Gottes bis zum Ende hin, und so auch uns, die göttliche Wahrheit als Waffe gegen alle Lüge und allen Irrtum in die Hand gegeben worden ist. So ist es auch mit der uns vorliegenden Schriftstelle. Die Epheser waren noch in der „Einheit des Geistes“ und waren noch umschlossen von „dem Bande des Friedens“, aber sie waren in der Gefahr,

daß beides durch das Eindringen falscher Lehre zerstört und zerrissen wurde. Deshalb erinnert sie der Geist Gottes daran, daß - nach Seiner Lehre, die sie empfangen hatten - nur „ein Leib und ein Geist“ usw. ist und daher jede Abweichung davon ein Abweichen von Ihm und somit ein Verlassen der „Einheit des Geistes“ sein würde. Die falsche Lehre, „durch Betrügerei der Menschen, durch ihre Verschlagenheit zu listig ersonnenem Irrtum“, bedrohte als ein mächtiges Bollwerk Satans den Fortgang der Epheser auf dem Wege des Glaubens, der nun in der Verwirklichung des Ratschlusses Gottes in ihrem Wandel bestehen sollte, nachdem sie diesen Ratschluß durch Glauben erfaßt hatten; und dieses Bollwerk Satans mußte unbedingt und vor allem überwunden und zerstört werden, wenn sie der Ermahnung nachkommen wollten, „daß ihr würdig wandelt der Berufung, mit welcher ihr berufen worden seid ...“, genau so, wie einst Jericho, diese gewaltige Festung des Feindes, dem Volke Israel den Weg versperrte, nachdem sie durch den Jordan gezogen waren, und erst überwunden und zerstört werden mußte, ehe sie das Land in Besitz nehmen konnten (Jos. 6). Und so wie damals nur Gott die Mauern der Festung zu Falle bringen und den Sieg über den Feind geben konnte und Israel nichts zu tun hatte, als genau auf Sein Wort zu achten und genau nach diesem Worte zu tun, so war es auch für die Epheser und ist es noch immer für uns: sie konnten und sollten nichts weiter tun, und wir können und sollen nichts weiter tun, als genau auf Sein Wort achten und genau diesem Worte folgen und bei diesem Worte bleiben. Dann wird allem Irrtum, aller Lüge und falscher Lehre mit der Kraft Gottes begegnet, und wir werden befähigt, würdig zu wandeln der herrlichen Berufung, mit

welcher wir berufen worden sind, und mit allen, die das gleiche tun, die Einheit des Geistes zu bewahren in dem Bande des Friedens.

In bezug auf den angezogenen Vergleich mit Jericho und dessen Einnahme möchten wir nur ganz kurz zeigen, daß dieser Vergleich ganz im Rahmen der Vorbilder liegt, die uns im Buche Josua für den Brief an die Epheser gegeben sind. Wir finden in Epheser 1,3-14 den Ratschluß Gottes (Jos. 1,1-9), in 1,15-18 das Aussenden der zwei Kundschafter (Jos. 2), in 1,19-23 den Durchzug durch den Jordan (Jos. 3), in Kap. 2,1-3 die zwölf Steine im Jordan - den alten Menschen, der im Tode Christi sein Ende gefunden hat (Jos. 4,9),1 in 2,4-10 die zwölf Steine aus der Mitte des Jordan, aufgerichtet zu Gilgal - der neue Mensch in Christo (Jos. 4,1-8.20-22), in 2,11-22 die Beschneidung mit den Steinmessern, die Abwälzung der Schande Ägyptens, und die Passahfeier (Jos. 5,1-12), in Kap. 3 den „Obersten des Heeres Jehovas“ - die Fülle, Herrlichkeit und Kraft (V. 8.16.20) Dessen - Christus Jesus - der unser herrlicher Anführer geworden ist in dem Kampfe gegen die Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern (Jos. 5,13-15), und in Kap. 4Jericho und dessen Einnahme (Jos. 6). Mit diesem Abschnitt beginnt der Kampf: „Ich ermahne euch nun“ usw. Es würde uns zu weit führen, wenn wir versuchen wollten, die Einzelheiten dieses Gegenstandes zu besprechen; nur darauf möchten wir noch hinweisen, daß offensichtlich die sieben Dinge in V. 4-6 den sieben Hall- oder Jubelposaunen entsprechen, die sieben Priester beim Umziehen Jerichos vor der Lade Jehovas hertrugen und in die sie hierbei fort und fort stießen. Darin kommt die Verkündigung und Aufrechterhaltung dieser Dinge nach der unverfälschten Lehre des Wortes Gottes zum

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Das Aufrichten der zwölf Steine inmitten des Jordan, die ja nur für das Glaubensauge sichtbar sind, kann, soweit ich sehe, auch noch anders aufgefaßt werden, ohne daß aber dadurch obige schöne vorbildliche Auffassung beeinträchtigt werden könnte, die vielmehr allen Gläubigen ans Herz gelegt werden sollte. Also: bezogen auf uns Gläubige, sehes wir in diesen zwölf Steinen als Vorbild auf Christi Tod unser Hinweggetansein (des alten Menschen) aus Gottes wie der Menschen Augen, so daß wir uns im Glauben der Sünde für tot halten dürfen (vgl. Röm. 6, wo diese Seite des Todes Christi in Beziehung gesetzt ist zur Taufe der Gläubigen, wofür diese zwölf Sterne auch ein Vorbild sind), aber auf unseren teuren HErrn bezogen, der den Tod wirklich erlitten hat, können wir m. E. in dem Aufgerichtetsein dieser Steine - die wir nur mit dem Auge des Glaubens, die Gott aber tatsächlich sieht - auch ein Denkmal dafür finden, wie Gott, der Vater, niemals vergißt, daß Sein Sohn im Tode gewesen ist (und darum wollen auch wir es nicht vergessen, sondern so oft wie möglich sonntäglich zum Gedächnismahl des Herrn Jesus nach 1. Kor. 11,23-28 zusammenkommen). Somit glaube ich persönlich, in diesen Steinen auch eine Erinnerung dafür erblicken zu dürfen, was „der Tod des HErrn“ für das Herz Gottes ist und bleibt. (Anmerkung des Schriftl. F. K.)

Ausdruck. Wie damals die Mauern Jerichos fielen, nachdem sie mit den sieben immerfort ertönenden Hallposaunen dem Worte Jehovas gemäß umzogen worden waren, so sollte bei den Ephesern und wird auch heute noch überall dort das Bollwerk falscher Lehre besiegt und zerstört und die Einheit des Geistes bewahrt oder auch wiederhergestellt und dann aufrechterhalten werden, wo die göttliche Wahrheit über jene sieben Stücke zur Geltung gebracht und festgehalten wird. -

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Das Aufrichten der zwölf Steine inmitten des Jordan, die ja nur für das Glaubensauge sichtbar sind, kann, soweit ich sehe, auch noch anders aufgefaßt werden, ohne daß aber dadurch obige schöne vorbildliche Auffassung beeinträchtigt werden könnte, die vielmehr allen Gläubigen ans Herz gelegt werden sollte. Also: bezogen auf uns Gläubige, sehes wir in diesen zwölf Steinen als Vorbild auf Christi Tod unser Hinweggetansein (des alten Menschen) aus Gottes wie der Menschen Augen, so daß wir uns im Glauben der Sünde für tot halten dürfen (vgl. Röm. 6, wo diese Seite des Todes Christi in Beziehung gesetzt ist zur Taufe der Gläubigen, wofür diese zwölf Sterne auch ein Vorbild sind), aber auf unseren teuren HErrn bezogen, der den Tod wirklich erlitten hat, können wir m. E. in dem Aufgerichtetsein dieser Steine - die wir nur mit dem Auge des Glaubens, die Gott aber tatsächlich sieht - auch ein Denkmal dafür finden, wie Gott, der Vater, niemals vergißt, daß Sein Sohn im Tode gewesen ist (und darum wollen auch wir es nicht vergessen, sondern so oft wie möglich sonntäglich zum Gedächnismahl des Herrn Jesus nach 1. Kor. 11,23-28 zusammenkommen). Somit glaube ich persönlich, in diesen Steinen auch eine Erinnerung dafür erblicken zu dürfen, was „der Tod des HErrn“ für das Herz Gottes ist und bleibt. (Anmerkung des Schriftl. F. K.)

Nun wird es gut sein, diese sieben Stücke einmal in Kürze einzeln zu betrachten, wie nach unserer Erkenntnis das Wort Gottes sie uns lehrt.

Ein Leib.“ Das ist „Sein Leib, die Fülle Dessen, der alles in allem erfüllt“ (1,23). Jedes Kind Gottes seit jenem Pfingsten, als der Heilige Geist herabkam und in den an einem Orte versammelten Gläubigen Wohnung machte (Apg. 2,1-4), bis zu dem Augenblicke, wo der HErr die Seinen heimholen wird ins Vaterhaus, gehört zu diesem herrlichen Leibe. Wie kostbar, zu wissen, auch ich bin ein Glied dieses Leibes, und sich so eins zu wissen mit allen dazugehörenden Erlösten! - „Und ein Geist“, der in jedem einzelnen wohnt und wirken möchte, der ein Glied dieses wunderbaren Leibes ist. Das ist der Heilige Geist, der auch „der Geist der Wahrheit“ „der Geist des HErrn“, „der Geist Jesu“, „der Geist Christi“, „der Geist Gottes“ „der Geist der Sohnschaft“ genannt wird (Joh. 14,17 usw.; Apg. 5,9; 16,7; Röm. 8,9; 8,9.14.15 u. a. m.). Durch Ihn allein kennen wir die Wahrheit, kennen wir den HErrn, können wir „Abba, Vater“ sagen; mit Ihm sind wir versiegelt, durch Ihn haben wir Zugang zu dem Vater. Welche wunderbare Gabe! - „Wie ihr auch berufen worden seid in

einer Hoffnung eurer Berufung.“ Die Hoffnung unserer Berufung ist die Herrlichkeit - mit Ihm vereint zu sein in Herrlichkeit dort, wo Er uns die Stätte bereitet hat. Diese Hoffnung erfüllte die Herzen der ersten Christen und ist heute genau noch so die Hoffnung, die uns und allen unseren Miterlösten gegeben ist - das eine herrliche Endziel unseres Pilgerlaufes, gleichviel ob wir es verstehen und uns dessen freuen oder nicht. - Diese drei Dinge sind Tatsachen, die auf Gottes ewigem Vorsatz beruhen und deshalb unantastbar und unzerstörbar sind. Weder alle Macht und List des Feindes noch die Verkehrtheit und Untreue der Kinder Gottes hat etwas daran zu ändern vermocht noch wird je etwas daran zu ändern vermögen - gepriesen sei Gott dafür! -, so daß es immer noch wahr ist und weiter wahr bleibt: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung“, so wenig diese kostbaren Dinge auch verstanden werden mögen und so verschieden und zum Teil verkehrt auch die Anschauungen und Gedanken der Kinder Gottes darüber sein mögen. In diesen drei Dingen finden wir die wesenhafte, innere, menschlich nicht wahrnehmbare, also unsichtbare Einheit der Kinder Gottes, die aber gerade darum ungeachtet aller äußeren, sichtbaren Zustände wirklich und bleibend ist, weil sie nicht von dem Menschen und dessen Treue abhängig, sondern auf Gottes Ratschluß und Seine unwandelbare Treue gegründet ist.

In den folgenden drei Stücken finden wir das „Bekenntnis“, die sichtbare Einheit: „Ein HErr, ein Glaube, eine Taufe“. Aber nicht ein totes Bekenntnis, eine bloße Form, sondern ein Bekenntnis, das aus dem Erleben des Vorangegangenen geboren, darauf gegründet und deshalb

lebendig und wahr ist. -Wir bekennen den Herrn Jesus nicht nur als unseren Heiland, sondern auch als unseren HErrn, dem wir gehorchen und dienen. Das gilt von jedem einzelnen Kinde Gottes - „für uns ist ein HErr, Jesus Christus“ (1. Kor. 8,6). - Der Glaube, mittels dessen wir errettet sind und durch den wir leben, ist der Glaube an Ihn nach Seinem Wort. Glaube ist Annahme des Wortes Gottes, völlige Beugung unter dasselbe, verbunden mit Vertrauen und Gehorsam. Nur das ist der Glaube, den Gott in Seinem Wort anerkennt - nicht die Vorstellungen, Einbildungen und Erfindungen des Menschen. Darum ist das, was vor Gott Glaube ist, tatsächlich ein Glaube! - Darauf folgt die Taufe, über die wir im Worte Gottes viel Belehrung finden. Wir finden erstens, daß der HErr Selbst sie angeordnet hat (Matth. 28,19; Mark. 16,16), was genügen sollte, sie nicht gering zu achten oder als unnötig beiseite zu schieben. Daß die Apostel und ersten Christen das nicht taten, zeigen uns viele Beispiel in der Apostelgeschichte (2,38.41; 8,12.36-39; 9,18; 10,47.48 usw.), während wir in den Briefen Belehrung über den tiefen Sinn der Taufe finden (Röm. 6,3-6; Gal. 3,27; Kol. 2,12; 1. Petr. 3,21.). Diese Belehrungen zeigen uns, daß die Taufe ein Sinnbild ist, welches das Begrabenwerden des - durch den Glauben des zu Taufenden - im Tode Christi zu Ende gekommenen alten Menschen vorstellt, und daß deshalb die notwendige Voraussetzung für die Taufe erstens der persönliche Glaube des zu Tausenden und zweitens das Untertauchen im Wasser ist. Anders ist es nicht die Taufe, die das Wort Gottes uns zeigt, denn dasselbe kennt nur eine Taufe. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß wir diese Taufe verschieden bezeichnet finden: In Matth. 28,19 als „auf den Namen des

Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“; in Apg. 2,38 „auf den Namen Jesu Christi“; in Apg. 10,48 „in dem Namen des HErrn“, in Apg. 19,5„auf den Namen des Herrn Jesus“, in Röm. 6,3 „auf Christum Jesum“ und „auf Seinen Tod“, in Gal. 3,27 „auf Christum“, da diese verschiedenen Bezeichnungen nur verschiedene Seiten, Beziehungen und Gedanken je nach den Umständen zum Ausdruck bringen; die Handlung selbst aber bleibt immer dieselbe „eine Taufe“. - Wie sieht es heute in bezug auf diese Dinge unter den Kindern Gottes aus? Sehr trübe! Wieviel Unwissenheit über den HErrn, wieviel Abweichung vom biblischen Glauben und wieviel Verwirrung und Verirrung bezüglich der Taufe ist doch vorhanden, und welche Zerrissenheit unter den Kindern Gottes ist doch die traurige Folge hiervon! -

Das letzte, siebente Stück: „Ein Gott und Vater aller“ zeigt eine Einheit, die wir die „familiäre“ Einheit nennen möchten, in der Gemeinsamkeit unserer Beziehung zu Gott, in die wir durch unseren HErrn und Heiland zu Ihm gebracht worden sind, wie sie uns das ganze neue Testament zeigt und wie sie der HErr in Seinen Worten zu Maria Magdalena in Joh. 20,17 zum Ausdruck bringt: „Gehe aber hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott“. Wie kostbar ist diese Beziehung für unsere Herzen, wie macht es uns so glücklich, zu wissen: Sein Gott ist unser Gott, und Sein Vater ist unser Vater - durch Ihn! Diese wunderbare Tatsache findet immer und immer wieder Ausdruck im Worte Gottes, indem wir von dem „Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ und von „Gott unserem Vater“ oder „unserem Gott und Vater“ lesen (Röm. 1,7; 15,6; 1. Kor.

1,3; 2. Kor. 1,2.3; Gal. 1,4; Eph. 1,3 usw.). Dessen darf jedes Kind Gottes sich freuen, und es ist derselbe Gott und Vater für alle Kinder Gottes - „ein Gott und Vater aller“! -

Nachdem wir im Vorstehenden versucht haben, uns klar zu machen, welche Gedanken in den V. 4-6 liegen, wollen wir nun versuchen, daraufhin die Antwort Auf die gestellte Frage zu finden. Außer Zweifel ist, daß die in V. 4-6 genannten Dinge auf die in V. 3 ermahnte „Einheit des Geistes“ Bezug haben und daher diejenigen betreffen, die ermahnt werden, diese Einheit zu bewahren. Das sind die gläubigen Epheser, also die Kinder Gottes. Dieses gilt nicht nur von den ersten drei Stücken, sondern von allen sieben. Die Frage ist nun, ob alle sieben Stücke nur die Kinder Gottes betreffen, oder ganz oder teilweise auch andere Menschen, die nicht Kinder Gottes sind, sondern bloße Bekenner, bloße Namenchristen. Daß bezüglich der ersten drei Stücke (V. 4) letzteres zu verneinen ist, sie also sich nur auf Kinder Gottes beziehen, ist klar und außer Frage. Anders ist es mit den anderen vier Stücken (V. 5und 6). Hinsichtlich dieser besteht, wie die uns vorliegende Frage zeigt, eine Auffassung, nach der diese vier Dinge nicht nur die Gläubigen, sondern auch die bloßen Bekenner, eine verweltlichte „Kirche“, mit umfassen soll, weil es sich in den drei Stufen in V. 5 um das „Bekenntnis“ handelt und weil es in V. 6 „ein Gott und Vater aller“ heißt. Diese Auffassung müssen wir entschieden ablehnen, weil sie auch nicht die leiseste Berechtigung hat. Schon das, was wir in den obigen Ausführungen über die in Frage kommenden Dinge gesehen haben, schließt diese Auffassung vollkommen aus, aber wir wollen kurz die Unrichtigkeit dieser

Auffassung noch an folgenden zwei Punkten beleuchten. Der erste ist der, daß alle sieben Stücke in organischem Zusammenhang miteinander stehen und man die V. 5 und 6 aus diesem Zusammenhang abtrennen müßte, wollte man sie nicht wie V. 4 allein auf Kinder Gottes, sondern auch auf die tote Namenchristenheit mit ausdehnen. Denn wenn wir auch in den V. 4-6 eine Dreiteilung finden, wie wir in dem Vorhergehenden schon gesehen haben, so stehen doch alle sieben in diesen Versen genannten Stücke unverkennbar in Beziehung zu der „Einheit des Geistes“ in V. 3, und „Einheit des Geistes“ setzt selbstverständlich das Innewohnen des Geistes, also die Gotteskindschaft, voraus. Nie kann „Einheit des Geistes“ mit solchen und unter solchen in Frage kommen und bewahrt werden, in denen der Geist Gottes überhaupt nicht wohnt. Es bedeutet also ein Herausnehmen der V. 5und 6 aus ihrer Beziehung zu V. 3 und aus ihrem organischen Zusammenhang mit V. 4, wenn man sie auf eine tote Bekennermasse, eine verweltlichte „Kirche“ ausdehnen will. Der zweite Punkt ist der, daß überhaupt kein Gedanke an andere als Kinder Gottes Raum hat, wenn wir den wahren Sinn der genannten sieben Stücke, nach dem Worte, wie wir ihn zu zeigen versucht haben, im Auge behalten und ihnen nicht einen Sinn beilegen, der sie ihres wahren Charakters beraubt und in das verwandelt, was der Mensch in seiner Untreue, Verkehrtheit und Unwissenheit daraus gemacht hat. Nur Kinder Gottes kennen jetzt diesen „einen HErrn“ wirklich als ihren HErrn und können Ihn wirklich als solchen bekennen, weil nur ein Herz dazu imstande ist, dem der Heilige Geist den Herrn Jesus verherrlichen und in das Er einziehen konnte (vgl. 1. Kor. 12,3b!). Nur Kinder Gottes haben diesen

„einen Glauben“, weil jeder, der ihn hat, durch ihn zu einem Kinde Gottes geworden ist! Nur für Kinder Gottes ist diese „eine Taufe“ bestimmt, weil sie nach den Worten des HErrn und der Lehre der Apostel den eben erwähnten Glauben voraussetzt. Und nur Kinder Gottes können Gott wirklich ihren „Gott und Vater“ nennen, weil nur sie durch den Herrn Jesus in diese innige Beziehung zu Ihm gebracht sind. Das alles ist klar, wenn wir bei dem Worte bleiben und nicht menschliche Gedanken hineinbringen. Welchen Platz hat hier ein leeres „HErr, HErr“-Sagen? - ein bloßer Formglaube, mehr oder weniger von der Wahrheit abweichend, der aber von vielen Namenchristen nicht einmal festgehalten, von vielen sogar verachtet, geschmäht, in den Schmutz getreten wird? eine unbiblische Taufe - z. B. Säuglingsbesprengung -? ein „Gott-und-Vater-Sagen, ohne den Sohn zu kennen? Auch von dieser Seite aus betrachtet finden wir, daß das Teilhaben an den Dingen in V. 4 die Voraussetzung für die Beziehung zu den Dingen in V. 5 und 6 ist, und folglich, daß auch diese Dinge sich allein auf die Kinder Gottes beziehen und der Gedanke an eine verweltlichte „Kirche“, die zu jener Zeit übrigens auch noch nicht bestand, völlig unberechtigt und angeschlossen ist. Welche Absicht sollte der Geist Gottes damit verbunden haben, bloße Bekenner hier mit einzuschließen? Daß die Kinder Gottes sich mit ihnen eins wissen, die „Einheit des Geistes“ mit ihnen bewahren sollten??! Daß letzteres überhaupt nicht in Frage kommen kann, haben wir im Vorstehenden klar genug gesehen, und daß Gott nicht will, daß wir uns mit solchen eins wissen, sondern das Gegenteil, lehrt uns das Wort Gottes auch deutlich genug (z. B. 2. Kor. 6,14-18; 2. Tim. 2,19-21; 3,5). Nein, totes

Bekennertum und falsches Formwesen hat hier nichts zu suchen! Es ist nur eine List des Feindes, der auf diese Weise versucht, falschen, von ihm erfundenen Dingen Anerkennung auf Grund des Wortes Gottes zu verschaffen. Lassen wir uns nicht von ihm den Blick trüben und die Linien verwischen, die der Heilige Geist gezogen hat! -

Bei dieser Betrachtung können wir nicht anders, als wiederum den tieftraurigen Zustand der Zerrissenheit der Kinder Gottes schmerzlich zu empfinden. Daß wir diesen Zustand nicht beseitigen können, wissen wir, aber nichtsdestoweniger bleibt unsere VerAntwortlichkeit, den uns geoffenbarten Gedanken Gottes nachzukommen, soviel an uns liegt. Dies gilt auch hinsichtlich der „Einheit des Geistes“. Versuchen wir es wenigstens da, wo der HErr uns hingestellt hat und wo Er uns die Gelegenheit gibt. Der Weg dazu ist einfach und klar: das Eingehen auf die göttliche Wahrheit, die wir in Seinem Wort finden! (Vgl. z. B. Joh. 14,15-26.) Insoweit der Geist Gottes uns in die Wahrheit leiten kann, wird die „Einheit des Geistes“ vorhanden sein, und das Band des Friedens uns umschließen.

Th. K.

Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus! Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ 2. Petr. 3,18.

 

Briefe über den Tisch des HErrn.

Vierter Brief.

Geliebte Geschwister!

Nach der Meinung, die wir vorher vom Tisch des HErrn gehabt hatten, war dieses der Tisch, an welchem wir bei der Abendmahlsfeier sitzen. Nicht als ob wir diesem Tisch als solchem einen besonderen Wert beilegten, aber immerhin doch, daß wir Abendmahl und Tisch des HErrn als ein und dasselbe ansahen. In unserem Denken war beides nicht geschieden.

Ist es uns aber aus dem, was wir bis jetzt betrachtet haben, nicht klar geworden, daß „Tisch des HErrn“ ein unendlich viel mehr umfassender Begriff ist? Sagt er uns nicht (angenommen, daß unsere jetzige Anschauung richtig ist), daß mit „Tisch des HErrn“ die Zusammenfassung aller Segnungen, die unser Teil sind, gemeint ist und daß wir somit unser ganzes Leben, sowohl in der Woche wie am Sonntag, des Tisches des HErrn teilhaftig sind?

Ich sage, angenommen, daß unsere Anschauung richtig ist, und deshalb untersuchen wir ja die Schriften, denn keine andere Absicht leitet uns hierin als diese, die Gedanken des HErrn besser verstehen zu lernen. Der Psalmist bittet im 119. Psalm siebenmal: „Lehre mich Deine Satzungen!“ Diese Bitte muß ständig das Begehren und das Bedürfnis unserer Herzen sein.

Es ist selbstverständlich (und im Anfang unserer Untersuchung haben wir uns einander darauf aufmerksam gemacht), daß wir nicht etwas annehmen, weil es neu ist,

und daß, wenn neues Licht und neue Gedanken uns werden, wir auf der Hut zu sein haben, damit wir nicht durch die Anziehungskraft des Neuen unsere Nüchternheit verlieren.

Aber es gibt auch eine Gefahr nach der anderen Seite hin, nämlich, daß wir festhalten, was alt ist, eben weil es alt ist und auch dann, wenn wir keinen Schriftgrund dafür haben. Die Frage unseres Herzens muß immer sein: „Was sind, nach unserem besten Wissen und Erkennen, die Gedanken des HErrn in Seinem kostbaren Worte?“

Und ebenso müssen wir auf der Hut sein, nicht unsere Gedanken, unsere Auffassung als mit dem Worte Gottes gleichbedeutend zu achten. Dieses liegt uns so nahe, wenigstens ist die Gefahr da. Es muß uns stets vor Augen bleiben, daß nicht unsere Gedanken über die Schrift, sondern nur die Schrift selbst unfehlbar ist. Daher ist es wichtig, immer bereit zu sein, uns durch den Heiligen Geist unterweisen zu lassen, der uns in die ganze Wahrheit leitet.

Zu meinen, daß wir „die Wahrheit haben“, daß wir soweit gekommen seien, über andere Kinder Gottes in der Erkenntnis hervorzuragen, ist nichts als eitle Torheit. Solange wir hier sind, bleiben wir Lernende.

In diesem Geiste des Lernens haben wir auch unsere Betrachtungen in diesen Briefen angefangen, nicht indem wir sagten: „Es ist so“, sondern indem wir fragten: „Kann es so sein?“

Wir wollen aber jetzt einen Schritt weiter gehen und von der Voraussetzung ausgehen, daß unsere Anschauung

richtig ist, daß also mit dem „Tisch des HErrn“ nicht die Abendmahlsfeier gemeint ist, sondern im Gegenteil, daß „Tisch des HErrn“ ein charakterisier Ausdruck ist, mit dem so passend das Ganze der Segnungen, Vorrechte und Wohltaten (von welchen das Abendmahl eine ist) bezeichnet wird.

Wir sahen, wie der Heilige Geist in diesem Abschnitt (1. Kor. 10,14-21) uns davon überführen will, daß wir durch den Kelch, den wir segnen, und das Brot, das wir brechen, zu erkennen geben, Gemeinschaft mit dem Blute und dem Leibe Christi zu haben; ebenso wie auch Israel durch das Essen der Schlachtopfer ausdrückte, „Gemeinschaft“ mit dem Altar zu haben und wie die Heiden durch ihre Opfer „Gemeinschaft“ mit den Dämonen hatten.

Der Schluß des Apostels war: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt“. Denn eine solche Gemeinschaft war völlig unvereinbar mit der Gemeinschaft des Blutes und des Leibes Christi. Konnten Licht und Finsternis miteinander Gemeinschaft haben? Welche Übereinstimmung hat Christus mit Belial und welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen und welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzenbildern? (2. Kor. 6,14.15.)

Im 21. Verse faßt dann der Apostel das Vorhergesagte zusammen und zeigt ihnen, daß sie nicht beides haben und mit beiden verbunden sein könnten: „Ihr könnt nicht des HErrn Tisches teilhaftig sein und des Dämonen-Tisches“.

Dies ist die Sache, um die es sich klar und unwiderlegbar in dieser Stelle handelt; und dieses wird den Gläubigen in

Korinth eingeschärft und mit allem Ernst auf Herz und Gewissen gelegt, und dies ist es, was alle Gläubigen an allen Orten und zu allen Zeiten, also auch wir uns selbst und einander immer wieder einzuschärfen haben: Gemeinschaft mit dem Dämonen-Dienst der Welt und Gemeinschaft mit dem HErrn schließen sich gegenseitig aus. Wie auch Jak. 4,4 sagt: „Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, der stellt sich als Feind Gottes dar“.

Auf der einen Seite ist der Kelch des HErrn mit seiner Fülle des Segens - der Tisch des HErrn mit allem, was Gottes unaussprechliche Liebe uns zu schenken vermag, und auf der anderen Seite ist der Kelch der Dämonen mit seinem Taumelwein - der Tisch der Dämonen mit seinen anziehenden und verführerischen Angeboten. Gemeinschaft mit dem einen schließt Gemeinschaft mit dem anderen aus. Wie außerordentlich ernst ist das!

Wenn wir jetzt die Voraussetzung machen, daß tatsächlich der „Tisch des HErrn“ nicht der Tisch ist, an dem wir das Abendmahl empfangen, sondern daß er der Inbegriff, die Zusammenfassung des ganzen Reichtums von Segen und Herrlichkeit ist, an welchem die Gläubigen teilhaben und der den Christen eigen ist, dann zeigen sich auch sofort die notwendigen Folgen - Folgen für eine ganze Reihe von Vorstellungen und Begriffen, die viele Kinder Gottes heute mit dem Begriff „Tisch des HErrn“ verbunden haben.

Beschäftigen wir uns zunächst mit der „Aufrichtung des Tisches des HErrn“, einer Sache, die heute noch bei einem Kreise von Brüdern beliebt und in Gebrauch ist, die wir aber vergeblich in der Schrift suchen. Wie kann man von einem Aufrichten dessen reden, was, solange es Kinder Gottes gab, immer da war!

Doch wir müssen uns noch etwas länger bei dieser schriftwidrigen Sache aufhalten, in der Hoffnung, sowohl uns als auch anderen zu dienen.

Wäre es richtig (wie von diesen Brüdern oft angedeutet wird), daß der Tisch des HErrn vor jetzt ungefähr hundert Jahren wieder aufgerichtet sei, dann muß daraus der Schluß gezogen werden, daß es jahrhundertelang keinen Tisch des HErrn gegeben habe. Und daraus folgt dann notwendig, daß die Kinder Gottes Jahrhunderte hindurch das Vorrecht, den Tisch des HErrn zu genießen, haben entbehren müssen. Aber dieses ist noch nicht alles. Wenn die Behauptungen solcher teuren Brüder richtig wären, dann säßen von allen Kindern Gottes auf Erden allein nur die am Tische des HErrn, die mit diesen Brüdern in Gemeinschaft seien. - Leider machen die, die solches reden, wie es scheint, diese Schlußfolgerung nicht. Täten sie es, so müßte das Schriftwidrige dieser Dinge und eines solchen Standpunktes bald erwiesen sein. Solche Reden und solches Verhalten müssen natürlich zu obigen Schlußfolgerungen führen.1

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Nach vielem Hingewiesenwerden auf das Schriftwidrige dieser Sache haben diese Brüder unlängst zugegeben, daß der Ausdruck unrichtig sei und die Väter nicht den Tisch des HErrn wieder aufrichteten, aber daß sie, in der vorbildlichen Sprache von Esra 3 zu reden, den Altar wieder an seiner Stelle aufgerichtet hätten. Danach scheint es, daß die Brüder noch nicht die Sache des Tisch-Aufrichtens als schriftwidrig verurteil, sondern nur den Ausdruck für diese Sache ein wenig geändert haben. Wie schmerzlich, demütigend und zugleich warnend ist es für uns alle, immer wieder sehen zu müssen, wie der Nebel der Traditionen Kindern Gottes den Blick für die Wahrheit nimmt!

Gott aber sei Preis und Ehre, es ist nicht so; der Tisch des HErrn brauchte nie errichtet zu werden. Er kann durch keinen Menschen und auch nicht durch eine Versammlung von Menschen, und wäre diese Versammlung auch wirklich die Versammlung Gottes, errichtet werden.

Der Tisch des HErrn ist seit dem Tage da, als der Herr Jesus sein Werk vollbracht und der Heilige Geist ausgegossen war. Für alle Zeiten ist den Gläubigen dieser Tisch bereitet, und sie haben an diesem Tische teilgenommen. Sie tun es heute, und sie werden es tun

ewiglich. Am Tische des HErrn nehmen sie teil an dem Reichtum der Herrlichkeit von Gottes Gnade alle Tage ihres Lebens.

Das kleinste Kindlein, das sein Herz dem HErrn gegeben hat, das mit aufgenommen werden wird, wenn Er kommt, hat teil an den unaussprechlichen Segnungen, die der Tisch des HErrn darbietet, und ebenso der Greis, der im Dienst des HErrn ergraut ist; auch er erfreut sich der Fülle, die der HErr auf Seinem Tische den Seinigen schenkt.

Diese Segnungen, die der Tisch des HErrn uns darbietet, genießen wir nach dem Maße des geistlichen Verständnisses. Nach diesem Maße nehmen wir an dem überfließenden Reichtum, den der Kelch des HErrn für die Seinigen enthält und den der Tisch des HErrn uns in unabsehbarer Herrlichkeit vor Augen stellt, teil.

Was sagen wir dazu, Geliebte? Erfreut es nicht unser Herz, zu sehen, wie weit, wie groß, wie frei, wie herrlich, wie alles und alle umfassend die Segnungen vom Tische des HErrn sind? Wird nicht das Herz weit und leicht, die beschränkende Auffassung, die den Tisch des HErrn zu einem Tische machte, an welchem wir uns nur ab und zu hinsetzen konnten, aufgeben zu können und statt dessen uns zu erfreuen in dem seligen, köstlichen Bewußtsein, daß wir Tag für Tag, ungestört, in Freude und Schmerz, in guten wie bösen Tagen an dem Tische des HErrn teilhaben und unsere Seele da erquicken?

Wir sind aber noch nicht am Ende unserer Betrachtungen in bezug auf die Folgen, die das veränderte Verständnis des Tisches des HErrn in sich schließt. Wir kommen, so

der HErr will, in dem nächsten Briefe darauf zurück.

Euer im HErrn verbundener Bruder

M. J. S.

 

Fünfter Brief.

Geliebte Geschwister!

Im Nachsinnen über den Gegenstand, mit dem wir uns beschäftigten, denke ich, daß es Euch wie mir ergangen ist, nämlich, daß wir unsere Gedanken, die wir bis jetzt über den Tisch des HErrn hatten, geändert haben.

Im Anfang unserer Betrachtungen stand ich für mich selbst noch immerhin zögernd diesem mir neuen Lichte gegenüber, während wir aber tiefer auf diesen Gegenstand eingingen, hat sich in mir mehr und mehr die Überzeugung befestigt, daß die jetzt entwickelten Gedanken in bezug auf den Tisch des HErrn die schriftgemäßen sind, nämlich die Erkenntnis, daß wir unter „Tisch des HErrn“ eine bildliche Benennung, einen übertragenen Ausdruck zu verstehen haben, wo uns in einem Worte die Fülle, das zusammenfaßte Ganze der Reichtümer, der Wohltaten, der Segnungen, die unser Teil sind, vorgeführt werden.

Welch ein Tisch! Wie wichtig ist es für uns, daß er den Namen „Tisch des HErrn“ trägt, der Tisch von Dem, dessen Name uns über alles geht und über altem lieb und kostbar ist. Ihm, der uns Seinen Tisch geschenkt hat, singen wir:

Jesus Nam', wer kann ergründen

Deine Tiefen, Deine Höh'?

Wer die Gnad' und Lieb' verkünden,

Deren End' ich nimmer seh'?

Ja, wahrlich, deren End' ich nimmer seh'. Diese Worte beziehen sich voll und ganz auf die nicht zu ergründenden, nicht zu ermessenden Vorrechte und Wohltaten, die der Tisch des HErrn uns in Hülle und Fülle darbietet.

Ohne Zweifel ist die Feier des Abendmahles des HErrn, in der wir Sein gedenken und Seinen Tod verkünden, eine der kostbarsten Segnungen des Tisches des HErrn; es ist aber weit entfernt davon, daß in dieser Segnung der Reichtum von dem „Tische des HErrn“ allein bestehen und aufgehen sollte. Wie ungemein größer, reicher, seliger ist doch das Bewußtsein, daß der Tisch des HErrn uns alles, alles darbietet, was Gottes unendliche Güte uns zu schenken vermag! Wie kostbar, zu wissen: der Tisch des HErrn ist immerdar für mich gedeckt, für mich und für alle, die desselben kostbaren Glaubens teilhaftig sind! An diesem Tische darf ich mit allen Mitgläubigen teilhaben „alle Tage meines Lebens“, ja, in alle Ewigkeit.

Beschränken wir den „Tisch des HErrn“ auf die Abendmahlsfeier, dann ist es klar, daß seine Dauer nur zeitlich ist. Nicht wahr, wir verkünden den Tod des HErrn, bis Er kommt? Nachher nicht mehr. Werden wir aber nicht immerfort des ewigen Reichtums der Segnungen des „Tisches des HErrn“ teilhaftig sein? Sicher, bald wird alles, was jetzt noch hindernd in den Weg tritt, verschwunden und unser Genuß vom „Tische des HErrn“ vollkommen sein. Ist dieser Gedanke schriftwidrig?

Wenn der Herr Jesus sagt: „Auf daß ihr esset und trinket an Meinem ‚Tische‘ in Meinem Reiche und auf Thronen sitzet, richtend die 12 Stämme Israels“ (Luk. 22,30), spricht Er da nicht von Seinem herrlichen Reiche in der Zukunft? Kann der HErr damit meinen, daß Seine Segnungen in dieser Zeit beschränkt sind auf Essen und Trinken? Faßt Er nicht vielmehr auch hier in diesem Worte mit „essen und trinken an Seinem Tische“ die ganze Fülle jener zukünftigen Zeit zusammen? Die Antwort wird nicht schwer sein.

Gewiß, was der HErr hier sagt, bezieht sich auf das Reich hier unten und nicht auf die Ewigkeit, aber in jedem Falle umfaßt es auch die Zeit nach der Entrückung der Gemeinde. Die Verkündigung Seinen Todes mag dann ein Ende genommen haben, keineswegs aber der Genuß, den der „Tisch des HErrn“ den Seinigen immer darbieten wird.

Wie wir schon bemerkten, müssen große Umstellungen, sowohl in den Gedanken wie in den verschiedenen Dingen, die wir bis jetzt mit dem Tisch des HErrn in Verbindung gebracht haben, bewirkt werden, sobald wir einsehen, daß es etwas ganz anderes ist, als was wir bisher damit meinten. Der „Tisch des HErrn“ ist für uns eine ganz andere Sache geworden.

Wir beschäftigten uns schon mit dem, was man das „Aufrichten des Tisches des HErrn“ genannt hat. Ein anderer Ausdruck, der auch in unseren Kreisen üblich ist, ist das Wachen über die Reinheit des Tisches des HErrn. Man meint damit, daß wir Sorge tragen sollen, daß nicht Ungläubige noch solche, die einen schlechten Wandel führen oder ketzerische Lehren bringen, mit am Tische

des HErrn sitzen. Aber auch diese Redewendung ist in der Schrift nicht zu finden. Wenn wir eingesehen haben, was mit „Tisch des HErrn“ gemeint ist, verstehen wir sofort und ist es selbstredend, daß sowohl das „Aufrichten des Tisches“ wie auch das „Wachen über die Reinheit des Tisches“ unmögliche Handlungen sind.

Sage ich damit etwas gegen die Sorge, die wir zu tragen haben in bezug auf die, mit denen wir den Tod des HErrn gemeinsam verkündigen? Weit entfernt davon. Es ist selbstredend, daß wir nur mit Gläubigen, die einen guten Wandel führen und keine Irrlehren haben in bezug auf die Person und das Wort des HErrn, das Abendmahl feiern können. Aber was hat das mit dem „Tisch“ des HErrn zu tun? Kann dieser durch jemanden oder durch etwas (irgendwo und wann) verunreinigt werden? War er oder konnte er je Menschen anvertraut sein? Hat je ein Ungläubiger einen Augenblick am Tisch des HErrn gesessen? Vermögen wir jemanden von ihm abzuhalten oder ihn zuzulassen? Steht er nicht den Kindern Gottes zur Verfügung, um von seinen Reichtümern zu nehmen? Der schwächste Gläubige, das kleinste Kind in Christo kann sich von ihm nähren und von seinen herrlichen Gaben nehmen und sich daran laben, und zugleich vermögen auch die Väter in Christo und die am weitesten in der Erkenntnis Gottes Gewachsenen Seine Schätze nie zu erschöpfen.

Noch auf einen anderen Ausdruck, der bei vielen gebräuchlich ist, komme ich, nämlich, daß der Tisch des HErrn die Darstellung der Einheit ist. Manche Kinder Gottes, die diese Worte fast beständig im Munde führen, sind der Meinung, daß nur diejenigen, die mit ihnen in

Gemeinschaft wandeln und mit ihnen den Tod des HErrn verkünden, die Einheit „in sichtbarer Weise“ zum Ausdruck bringen. Solche Meinung muß mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Aber auch selbst bei solchen, die diesen anmaßenden Gedanken zurückweisen, lebt doch noch die Vorstellung und der Gedanke, als sei der „Tisch“ die Darstellung der Einheit. Das findet seinen Grund darin, daß 1. Kor. 10,17 auf den „Tisch“ des HErrn bezogen wird. Es heißt aber in diesem Verse nicht, daß wir, die vielen, ein „Tisch“ sind, sondern vielmehr: „Ein Brot, ein Leib sind wir, die Vielen“, „denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig“.

Ist nun mit dem einen Brot das Abendmahlsbrot gemeint, oder wird, abgesehen vom Abendmahlsbrot, damit das Bild eines ganzen Brotes als Vorbild gebraucht? Wir wissen und haben bereits gesehen, daß der Heilige Geist des öfteren gleiche Worte in verschiedenem Sinne und verschiedener Bedeutung gebraucht. In Vers 16 ist von dem Brote, das wir brechen, in der Weise die Rede, daß es die Gemeinschaft des Leibes Christi ist. In 1. Kor. 12 und ff. ist ebenfalls von dem Leibe Christi die Rede. Wenn wir uns fragen: „Ist in beiden Fällen mit ‚Leib‘ ein und dasselbe gemeint?“ so müssen wir Antworten: „Durchaus nicht“, denn in 1. Kor. 12,12 usw. wird davon in vergleichendem Sinne geredet, und das zeigt sofort klar, daß „Leib Christi“ in diesen beiden Stellen nicht ein und dasselbe ist. Es kann auch nicht ein und dasselbe sein, weil in 1. Kor. 10,16 von dem für uns geopferten Leibe Christi geredet wird (denn es wird in dieser Stelle nicht nur von dem Leibe allein, sondern zugleich auch von dem Blute des Christus gesprochen), in 1. Kor. 12,12(.27) dagegen wird das Wort „Leib“ vergleichsweise in

Verbindung mit der Gemeinde gebraucht, und in dieser Weise finden wir es auch im 17. Vers vom 10. Kapitel. Demgemäß sind auch mit „Brot“, je nach seinem Zusammenhange mit „Leib“, zwei verschiedene Gedankengänge verbunden.

Im 16. Vers ist es der für uns hingegebene Leib, im 17. Vers sind es die Gläubigen in ihrer Zusammengehörigkeit.

Das „eine Brot“ und der „Tisch des HErrn“ sind zwei ganz verschiedene Begriffe, die wir getrennt zu halten haben.

Wenn wir zusammenkommen, um den Tod des HErrn zu verkünden, und wenn auch nur wenige zugegen sein mögen, so fühlen wir uns doch mit allen Gläubigen eins. Wir wissen, daß wir mit ihnen und sie mit uns eins sind. Dies ist ein kostbares Bewußtsein, ein Bewußtsein und eine Wahrheit, die wir aber nicht nur haben, wenn wir zusammengekommen sind, um Brot zu brechen, sondern die fortwährend vor unseren Augen stehen, eine Wahrheit, die wir zu verwirklichen berufen sind, trotz aller äußerlichen Verschiedenheit und aller Trennung. Diese Tatsache der Einheit der Kinder Gottes ist auch eine der vielen herrlichen Wirklichkeiten, die der Tisch des HErrn darbietet.

Aber so, wie es keinem in den Sinn kommt, zu meinen, daß eine der vielen kostbaren Speisen auf dem Tische eines Fürsten der Tisch selbst sei, ebensowenig kann es uns in den Sinn kommen, daß der Tisch des HErrn die Darstellung der Einheit der Gläubigen sei.

Wir müssen uns noch mit einigen anderen Vorstellungen, die mit unserer früheren Anschauung vom „Tisch des

HErrn“ in Verbindung stehen, beschäftigen. Ich denke, daß wir damit unsere Betrachtungen beenden können. Gebe der HErr Seinen Segen zu dieser Arbeit um Seines Namens willen!

Euer im HErrn verbundener

M. J. S.

„Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz.“ Gal. 4,4.

(Fortsetzung.)1

1

Umständehalber können wir den Schluß diesem Aufsatzes erst, s. G. w., in der nächsten Lieferung bringen! (D. Schriftl.)

Freiwillig nahm Er unsere menschliche Gestalt an und damit, wie ich oben sagte, das Gesetz des Menschseins. Aber Er war demselben nicht naturhaft unterworfen. Das lehrt uns eine Frage, die wir nur zu stellen brauchen, um sie zu verneinen: Mußte unser geliebter HErr sterben, weil Er Mensch war? Mußte Er sterben, wie es „dem Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben“? (Hebr. 9,27.) Nimmermehr! Wer da sagen würde, Er sei - weil Mensch - auch sterblich gewesen, der verunglimpft Ihn so, wie wenn er Ihm die Fähigkeit des Sündigens zuschriebe (vgl. den Aufsatz in der ersten Lieferung!) Wir Menschen, unter Gesetz geboren, fühlen das Gesetz der Sünde und des Todes auf uns, wie wir von Natur sind, lasten - aber Er konnte Sich nicht freiwillig unter das Gesetz des menschlichen Sterbenmüssens stellen, wenn Er auch freiwillig unter Gesetz geboren wurde und unter Gesetz lebte; denn ein Gesetz des Todes gibt es erst, seit es durch die Sünde des ersten Menschen ein sich forterbendes Gesetz der Sünde gibt für alle die, die unter

5,12). - Er aber istnach 1. Kor. 15 der „zweite Mensch vom Himmel“, „der letzte Adam“!

Also nie und nimmer hätte Christus sterben müssen, wie wir vermöge unseres menschlichen Wesens, unserer Natur, dem Tode gesetzmäßig unterworfen sind. Wohl „ward das Wort Fleisch“, aber nicht fleischlicher Natur (nahm nicht die Natur des Menschen an), wenn auch fleischlicher (menschlicher) Gestalt mit all den Eigenschaften, die letztere zur Folge haben. Um unter uns „zelten“ zu können, mußte Er Fleisch werden (Joh. 1,14), nicht aber mußte Sein Wesen, Seine Natur der unseren gleich sein, vielmehr, wenn sie es gewesen wäre, so hätte Er zum wenigsten nicht das zweite Haupt „vom Himmel“, das Haupt des neuen Menschengeschlechtes (1. Kor. 15; Röm. 5) sein können, von allen anderen Punkten hier abgesehen!

Und doch mußte Er sterben? Nein - denn so sagt m. E. die Schrift nicht (s. unten!), und ja, denn freiwillig ging Er auch an diesen Platz, den wir verdient, nicht also den Platz des menschlichen Sterbenmüssens - das konnte Er nicht, wie wir oben sehen, Er war nicht sterblich -, aber an den des Sterbenkönnens an unserer Statt, die wir als Übertreter des Gesetzes sterben müssen. Damit in uns „das Recht des Gesetzes, d. i. die gerechte Forderung des Gesetzes, erfüllt werden“ könnte (Röm. 8,4), hat Er Sich an unseren Platz stellen lassen als Der, „der unter die Gesetzlosen gerechnet wurde“ (Jes. 53,12 und Luk. 22,37). Wie wunderbar! Hochgelobt sei Sein Name!

F. K. (Schluß folgt, s. G. w.)

Das heilige Muß.

(Matth. 26,54.)

Wer hat Not gern? Und doch liegt in der Not auch ein Segen, ein Segen besonderer Art: Sie treibt uns aus dem inneren Versteck der Selbsttäuschung heraus, so daß wir in unverhüllter Größe unser wahres Bild sehen. Die Not wird zum Dolmetscher unseres inneren Gesinnungszustandes, zum Gradmesser unseres Glaubens, unserer Demut, unserer Geduld, unserer Hoffnung, kurz unseres Verhältnisses zum HErrn.

So, wie uns der Ernst der Not trifft und uns dann offenbart, so sind wir wirklich. Aus unserer Haltung, unseren Worten und Handlungen in der Not, offenbart sich die Echtheit unserer inneren Einstellung im Glaubensleben.

Es gibt ein Wort unseres HErrn, das Er sprach, als die bittere Not hart an Ihn herantrat, und dies Wort ist eine köstliche Richtlinie für das unentwegte gottergebene Wandeln hier im Jammertal:

„Wie sollten denn die Schriften erfüllt werden, daß es also geschehen muß.“

Die Schrift, der Wille des Vaters, mußte erfüllt werden. Der HErr ist Sich völlig klar über die ganze Tragweite Seiner Entschlüsse, über ihre Folgen, und freiwillig wollte Er diesen Weg gehen. - Wo gab es eine Macht im Himmel und auf Erden, die Ihn entgegen Seinem Erkennen und Willen hätte aufhalten können (Joh. 10,18; 7,30; 17,1)?! Sein Weg und Wesen standen in Übereinstimmung mit

dem bestimmten Ratschluß Gottes und mit der Schrift (Matth. 26,54).

Und nun den Blick auf uns! Tragen wir in unseren Zügen den Ausdruck heilig-stiller Ergebenheit und freiwillig-demütiger Bejahung der Wege Gottes, weil wir erkennen, welche Ziele Gott mit uns hat und daß unser Weg so sein muß, damit der Ratschluß Gottes mit uns erfüllt werde? Erkennen wir Gottes weise Voraussicht zu unserem Heil? (Jes. 46,10).

Darum steht uns das dumpfe Hinbrüten, die kalte Resignation, die tote Ruhe nicht an. Auch das „sich-Fügen“, weil man nicht widerstehen kann, der finstere Geist schlecht verhaltener Verzweiflung sind nicht nach Gottes Willen und Plan mit den Ereignissen in unserem Leben zu verbinden! Nein, an dem Wege Jesu sollen wir lernen, daß es ein heiliges Muß Gottes auch in unserem Leben gibt, um Gottes Gedanken mit uns zum Abschluß zu bringen.

Nun Er überwunden hat, kann Er uns die Fußtapfen in Seinem Leben auf dieser Erde zeigen, in die wir treten müssen. In dem vorhergehenden Verse (Matth. 26,53) sehen wir die volle Freiheit des HErrn, zu handeln, und zugleich Seine volle Einstimmung in diesen Weg.

„Soll Ich den Kelch nicht trinken, den Mir der Vater gegeben hat?“ - „Doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst.“

Er hat Sich (uns ein Beispiel lassend) an den Willen Seines Vaters gehangen, Sich Ihm anvertraut und an dem, was Er litt, den Gehorsam gelernt. Wie wenig beschäftigen wir

uns mit dem niedergelegten Willen Gottes, dem Wort der Weissagung, den allertreuesten Verheißungen. Seine Tage hatten ein bestimmtes Ziel: „Auf daß die Welt erkenne, daß Ich den Vater liebe und also tue, wie Mir der Vater geboten hat.“ Darum Sein Wort: „Es muß also geschehen!“

Das heilige Muß in unserem Leben will uns zu der unerschütterlichen Überzeugung führen, daß Gottes Wille souverän ist und daß unsere Liebe zu Ihm darin besteht, daß wir Seinen Willen zu dem unsrigen machen.

Jesus sah das Ziel und die Krone, sah die dankbaren Millionen geretteter Sünder, sah Seine Gemeinde, die kämpfende und triumphierende, sah auch dich und mich überwinden in Ihm.

Sehen auch wir das Ziel Gottes über uns, dann erweist sich dieses: „Es muß also geschehen“ als Nahrung unserem Glauben, als Probe unserer Liebe zum HErrn, als Leitstern unserer Hoffnung bis zur Ablegung der Hütte. Das Siegeswort des HErrn an die zagenden Emmausjünger: „Mußte nicht Christus dies leiden und in Seine Herrlichkeit eingehen?“ (Luk. 24,26; Jes. 50,5.6) ist Ermutigung für uns.

Wir folgen Ihm nach in die Gemeinschaft Seiner Leiden, weil über unserem Leben ein Rat Gottes schwebt, der in Ewigkeit vor der Zeit über uns gefaßt und in der Zeit Seines Vollzuges durch uns wartet.

Es ist der Ratschluß zu unserer Erlösung, zum ewigen Heil, der sich in unserer ganzen Lebensführung erweist. Wie schwer geht es uns ein, daß, wenn dieser Weg für unseren Herrn kein anderer sein konnte, auch wir einen kampf-

und mühevollen Weg gehen müssen und Schmerzen und Tränen auf demselben finden werden. Lautet nicht die Losung, daß wir durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen? „Es muß also geschehen“! Kein dunkles Labyrinth der rätselhaften Fügungen, sondern Licht, Liebe und Gnade, die schon da waren, ehe wir ins Dasein gerufen wurden. Und Er, der das „Muß“ in unser Leben legte, sorgt auch für die Kraft zum „Können“.

Ed. v. d. K.

Wie Gott Sein Volk sieht.

4. Mose 23 und 24.

Mehr denn 40 Jahre waren vergangen, seitdem die erlöste Schar an den Ufern des Roten Meeres gestanden und ihren Lobpreis Jehova gesungen hatte. Niemand dachte damals auch nur im geringsten daran, daß nach so vielen schweren Jahren Kanaan noch nicht in Besitz genommen sein würde. Es würde auch nicht so gewesen sein, wenn es nicht um ihres Unglaubens willen geschehen wäre.

Vierzig Jahre! das ist eine lange Spanne, ob es damals war oder ob es heute ist, teurer Leser! Diese 40 Jahre haben uns viel zu sagen. Was waren das für Jahre! Jahre des Verdrusses, der Ungeduld, des Gelüstens, des Neides, der geistlichen Unfruchtbarkeit und des Götzendienstes. Die traurige Geschichte dieser Jahre ist uns, wenn jemand sie lesen möchte, in Psalm 106 berichtet. Doch Gott war gnädig und treu. Wohl züchtigte Er sie, aber die Wolkensäule Seiner Gegenwart verließ sie nie. Täglich fiel das Manna, ihren Durst stillte Er aus dem geschlagenen Felsen, ihre Kleidung alterte nicht, noch schwollen ihre

Füße in diesen vierzig Jahren! (5. Mose 8,4.)

Nun war die Zeit gekommen, wo sie den Jordan kreuzen sollten. Die Kinder Israel lagerten in der Ebene von Moab und Balak; Moabs König rüstete sich zum großen Widerstand, um ihren Einzug in das Land der Verheißung zu verhindern. Wird es ihm gelingen? Wenn Jehova wie vor alters vor ihnen herzog, so würden die Feinde nichts wider sie vermögen. Aber wird Er vor ihnen herziehen? Die Erfahrungen und Prüfungen in der Wüste hatten offenbart, was in ihren Herzen war; und würde Gott im Gedenken aller dieser traurigen Dinge noch ihr Gott sein? Hatten ihr Wankelmut, ihre Sünde und ihr Unglaube sie Ihm nicht entfremdet? Waren sie trotz alledem noch das Volk Seiner Wahl?

Mancher Leser wird mir bezeugen, daß ähnliche Fragen auch heute die Seele bewegen. Bei der Bekehrung, wenn die Bedeutung des kostbaren Blutes Christi erkannt und erfaßt wird und die Freude der Errettung von Satans Macht das Herz erfüllt, ist alles lichter Sonnenschein um uns. Aber wenn eine Zeit darüber vergangen ist, kommt ein Wechsel. Man macht die niederdrückende Erfahrung, daß das „Fleisch“ noch da ist, ja, daß es unverändert ist und bei jeder Veranlassung sein Vorhandensein in schmerzlicher Weise zeigt, und die bekehrte Seele sieht mit Betrübnis, daß Sünden auf dem Wege liegen. Gedemütigt, bekümmert, den Reichtum der Gnade Gottes noch nicht kennend, blickt sie mit Furcht auf sich und fängt an zu fragen, wie sie nun nach solchen Erfahrungen zu Gott steht. Sie mag vielleicht nicht an ihrer Errettung zweifeln, aber was gäbe sie drum, wenn sie die Gewißheit haben könne, daß ihr Gottes Liebe unverändert geblieben

sei!

Dieses Schriftwort wird solche Fragen beAntworten und unsere Seele befestigen in der Gnade, in welcher wir stehen. Die Stelle enthüllt uns Gottes Gedanken über Sein Volk und zeigt uns die Art und Weise, in welcher Er es anblickt. Laßt uns beachten, daß alles, was uns hier mitgeteilt wird, nicht stattfand, als sie unter dem Schutze des gesprengten Blutes in Ägypten waren, noch im Anfang ihrer Befreiung am Roten Meer, sondern nach vierzig Jahren des Lebens in der Wüste, als all das Böse ihrer Herzen völlig ans Licht gekommen war. Wir bitten um genaue Beachtung dieses Punktes, weil sich die Herrlichkeit der Gnade in besonderer Weise auf dem Wege durch die Wüste enthüllt.

Es wird für diesen kurzen Aufsatz genügen, wenn wir einige Worte aus jeder der vier Prophezeiungen Bileams betrachten. Der Mann selber war erschreckend gottlos; dies beweist uns sein späterer schrecklicher Rat, das Volk zu verderben, und sein Ende. (Kap. 31,8-16.) Er wurde durch Balak bestochen, dem Volke zu fluchen. Aber Gott zwang Bileam, und der Mund, der beabsichtigte, zu verfluchen, wurde gezwungen, zu segnen.

Vier Dinge finden wir in Bileams Worten:

1. Die Absonderung des Volkes Gottes von der Welt für Gott. (Kap. 23,9.)

2. Die vollkommene Rechtfertigung Seines Volkes und die Unveränderlichkeit der Gnade Gottes ihm gegenüber. (Kap. 23,19-23.)

3. Die völlige bedingungslose Annahme des Volkes. (Kap.

24,5.6.)

4. Die Herrlichkeit, die das Volk erwartet. (Kap. 24,16-19.)

So viele es auch vergessen mögen, aber der Gläubige an den Herrn Jesus ist von der Welt abgesondert und Gott geweiht. Diese so köstliche Wahrheit sollte natürlich zu einem Wandel führen, der damit übereinstimmt. Aber wir sprechen jetzt nicht von dem Wandel, sondern von der Wirklichkeit dieser Tatsache an sich. Der Gläubige ist durch göttliche Macht abgesondert und für Ihn beiseite gesetzt worden, und wir wissen, daß das, was Gott tut, für ewig sein wird. (Pred. 3,14.) Geradesowenig wie ein Felsstück, wenn es einmal von dem großen Felsblock losgelöst ist, wieder an seinen früheren Platz zurückkehren kann, ebensowenig kann je ein Gläubiger in Gottes Augen irgendwie wieder ein Teil von der Welt werden, von der Gott ihn abgesondert hat. Er mag weltlich in der Gesinnung, in seinen Wegen werden und auf diese Weise verleugnen, was er in Wirklichkeit ist, so wie wir es bei Lot sehen. Er mag so wandeln, daß er die harte Zucht Gottes über sich bringt, ja, daß Gott ihn vor der Zeit aus dieser Welt herausnehmen muß; das ist alles wahr, aber dennoch ist es unmöglich, daß er jemals wieder „unter die Nationen gerechnet“ werden kann. Laßt uns das klar sehen und festhalten! Wenn Israel durch irgend etwas seinen Stand als ein abgesondertes Volk für den HErrn hätte verlieren können, seine Laufbahn durch die Wüste hätte sicherlich und vollständig genügt, um dieses zu tun. Aber wie groß ist die Gnade Gottes! Der Mann geöffneten Auges, der die Worte Gottes hört, die Gesichte des Allmächtigen sieht (24,4), muß das erlöste Volk sehen, wie es „abgesondert“ wohnt und nicht „unter die Nationen

gerechnet wird“ (23,9). Es ist herausgerufen, abgesondert für Gott, und Er wird niemals aufhören, es als Sein Eigentum zu beanspruchen.

Sollten diese Zeilen das Auge jemandes erreichen, dessen Pfad einstmals in dem Lichte des HErrn war und der jetzt in dem Lichte des Feuers wandelt, das seine eigene Hand angezündet hat, dann gedenke, armes Kind Gottes, daran, daß du noch Sein Eigen bist und Er dich so ernst bittet, zurückzukehren. Beständig ist auf deinem Ohr, deiner Hand und deinem Fuß das reinigende Blut und das Salböl, so wie es bei dem Aussätzigen war an dem Tage, an dem er gereinigt wurde. Das Ohr wurde gleichsam abgesondert, um Seine Stimme zu hören; die Hand, um Sein Werk zu treiben; der Fuß, um zu wandeln in Seinen Wegen und die Botschaften Seiner Gnade weiter zu tragen. Zu welchem Zweck hast du deine Glieder an diesem Tage gebraucht? Lerne aus der Schriftstelle, die wir betrachten, daß du beständig in Seinen Augen kostbar und mit ewiger Liebe geliebt bist, daß Gott dich hinfort als Sein Eigentum gekennzeichnet hat, und das für ewig. O, laß Seine Gnade, so voll, so unumschränkt, so reich und so frei, dich doch befreien von jeder unwürdigen Sache und Fessel! Sei doch eingedenk, wovon du abgefallen bist! Öffne dein Herz und deinen Mund und wende dich zum HErrn und bekenne Ihm deine Sünde, und Er wird dich reinigen von aller Ungerechtigkeit und dich gnädiglich wieder annehmen. Er wird deinen Schaden heilen, und du wirst Seine Liebe schmecken.

In der zweiten Prophezeiung Bileams wird sogleich gesagt, daß „Gott nicht ein Mensch ist, daß Er lüge, noch ein Menschensohn, daß Er bereue. Sollte Er gesprochen

haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten? Siehe, zu segnen habe ich empfangen; und Er hat gesegnet, und ich kann es nicht wenden“. (4. Mose 23,19.20.) Bei Gott ist keine Veränderung noch ein Schatten von Wechsel. (Jak. 1,17.) Darum wird gesagt: „Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Anrecht in Israel“. Was sind das für Worte nach vierzig Jahren der Widerspenstigkeit und der Herausforderung Seiner Gnade! In dem praktischen Wandel des Volkes konnten Ungerechtigkeiten, Eigenwille über die Maßen viel geschaut werden, und wiederholt mußte Er dieserhalb in Seinem Walten über sie züchtigend eingreifen, aber den Blicken des Feindes zeigt Er ihre Rechtfertigung, und Sein Auge sieht das alles nicht. Warum nicht? Weil das Blut, welches sie rechtfertigt, beständig vor Seinem Auge steht und sie deckt. Zu ihrer Zeit war das Blut noch nicht geflossen, jetzt aber ist es vergossen worden. Aber ob damals wie jetzt: vor Gott steht die Sühnung, und Er sieht das große Opfer, auf Grund dessen Er gerechterweise rechtfertigen kann. Der Wert jenes Sühnungsblutes bleibt ewig derselbe, und bei Gort ist kein Wechsel. Bei uns ist viel Veränderung. Unser Leben, ach, statt daß es seit der Bekehrung in gerader Richtung aufwärts ging, gleicht einem traurigen Zickzackwege. Wenn wir dabei verweilen müßten, würden wir bald niedergedrückt und verzagt sein; aber mit Abscheu wenden wir uns von uns selbst weg und erfreuen uns an der Größe der Gnade Gottes, an der Unveränderlichkeit Seiner Liebe und an dem kostbaren Opfer unseres Herrn Jesus Christus, durch welches wir vollkommen gemacht worden sind auf immerdar. (Hebr. 10,14.)

Es ist so wichtig, zu sehen, daß nichts den Gläubigen aus

seiner Stellung, die er in Christo vor Gott hat, bringen kann. Sie beruht auf dem unerschütterlichen Fundament des vollkommenen Werkes Christi. Wäre sie gegründet auf irgend etwas in ihm selber - auf seine Liebe, seinen Gehorsam, auf seine treue Nachfolge -, er müßte wohl zittern und bange sein, und keine Sicherheit wäre möglich. Alle Sicherheit und alles Vertrauen, das sich selbst zum Grunde hat, ist ein Trug und eine Schlinge Satans. Unser Stand in der göttlichen Gegenwart aber hat seine Grundlage in der unendlichen Gnade Gottes und der vollkommenen Sühnung, die auf Golgatha durch das Leiden und Sterben des eingeborenen Sohnes Gottes vollbracht worden ist. Da hat Gott in Seiner Heiligkeit eine ewige, vollkommene Genügeleistung in bezug auf die Sünden und Verfehlungen Seines Volkes gefunden. Auf jenem wunderbaren Werk von Golgatha ruht das Auge Gottes für ewig, und dort wird die Antwort Für jede Anklage, die der Ankläger oder unser eigenes Herz vorbringen könnte, gefunden.

Die dritte Prophezeiung trägt uns eine Stufe weiter: „Wie schön sind deine Zelte, Jakob, deine Wohnungen, o Israel! Gleich Tälern breiten sie sich aus, gleich Gärten am Strome, gleich Aloebäumen, die Jehova gepflanzt hat, gleich Zedern am Gewässer!“ (4. Mose 24,5.6.) Sie sind schön in den Augen Gottes, lieblich in der Lieblichkeit, die Er ihnen aufgedrückt hat. So steht der Gläubige vor Gott! Nicht nur seine Sünden sind hinweggenommen, sondern er ist auch einsgemacht mit dem Einen, der sie für immer hinweggetan hat. Er ist eins mit Christus, angenommen beim Vater in der ganzen Wertschätzung Christi. Diese große erhabene Wahrheit hat der Heilige Geist in vielen anderen Schriftsteller niedergelegt, sie zieht sich wie ein

köstlicher Faden durch die ganze Heilige Schrift. Wir möchten nur drei dieser Stellen anführen: „... wie der Himmlische ist, so auch die Himmlischen“. (1. Kor. 15,48.) „Denn sowohl Der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, sind alle von Einem.“ (Hebr. 2,11.) „... daß, gleichwie Er ist, auch wir sind in dieser Welt.“ (1. Joh. 4,17.) Es ist kaum nötig, auf den unendlichen Unterschied zwischen unserem praktischen Zustand und dem, was wir sind, wie Gott uns sieht als einsgemacht mit Christus, hinzuweisen; aber wir dürfen durch den Blick auf unseren mangelhaften Zustand uns nicht hindern lassen, das anzunehmen, was Gott in bezug auf unsere Stellung vor Ihm in Christo sagt. Wohl haben wir gerechterweise uns über uns zu beugen, und doch dürfen wir uns in dem Neuen mit unaussprechlicher Freude freuen.

Die vierte Prophezeiung spricht von der zukünftigen Herrlichkeit. Das „Zepter“ und die „Herrschaft“ wird in der Mitte des irdischen Volkes Gottes gefunden werden, wenn Gott die herrlichen Verheißungen, welche Er den Vätern gegeben hat, erfüllen wird. Für uns liegt die Herrlichkeit in einer himmlischen Sphäre. Wir erfreuen uns in der Hoffnung der vor uns liegenden Herrlichkeit, in die wir bald eingeführt sein werden. „... Welche Er berufen hat, diese hat Er auch gerechtfertigt, welche Er aber gerechtfertigt hat, diese hat Er auch verherrlicht.“ (Röm. 8,30.) Gott wird alles vollenden, was Er Sich zu tun vorgesetzt hat, „denn Er ist nicht ein Mensch, daß Er lüge, noch ein Menschensohn, daß Er bereue“. (4. Mose 23,19.) Darum, alle diese Verheißungen sind sicher und gewiß.

Noch einmal bitten wir den gläubigen Leser, sich zu erinnern, daß dieses, was wir betrachtet haben, die

Gedanken Gottes über Sein Volk am Ende ihrer Wüstenreise - nach den vierzig Jahren - waren. Hätte Gott diese Worte im Anfang, beim Auszug aus Ägypten ausgesprochen, so könnten wir versucht sein, zu denken, daß sie damals, als das Volk noch nicht so oft gesündigt hatte, für dasselbe passend waren, aber daß dies später, nachdem sie so vielfältig gefehlt hatten, nicht mehr der Fall sei. Diese Schriftstelle aber zeigt uns, daß es nicht so ist. Er sieht Sein Volk abgesondert, gereinigt von jeder Anklage, umhüllt mit unverwelklicher Schönheit in dem Werte des Blutes Christi, Seines Sohnes. Das ist Gottes Volk in Ewigkeit! So wird es von Ihm geschaut und nichts - weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges - kann Gottes Vorsatz zunichte machen oder ihn aufheben.

Frage 3

Wie ist die SchriftstelIe Jes. 24,21-23 zu verstehen?

Antwort

„An jenem Tage“ ist der Tag, der in Jesajas zum erstenmal, 2,11, so genannt und in den Versen 12-17 durch das, was Jehova tut, gekennzeichnet wird. Aller Beachtung wert ist, daß diese stereotype Formel in dem ersten Hauptabschnitt, Kap. 1-12, mindestens ein Dutzendmal, im zweiten, Kap. 13-23, mindestens elfmal und in dem Anhang zu diesem, 24-27, sechsmal vorkommt. Es ist der Mühe wert, die Stellen auf ihren

Inhalt hin zu prüfen. Sie sind leicht zu entdecken, wenn man den Blick über die Zeilen hinstreifen läßt. Im übrigen Teil der Propheten, Kap. 28-66, kommt die Formel nur noch zirka viermal vor.

Es ist der dem Schriftforscher wohlbekannte „Tag des HErrn“.

Kap. 13-23 geben übersichtlich die Gerichte über die Welt, so wie sie sich als nach 5. Mos. 32,8.9 geworden darstellt: Israel als Mittelpunkt, aber untreu geworden, und die Nationen um dasselbe herum: zehn Aussprüche über zehn Gebiete, die in ihren hervorstechenden Eigenschaften eine Gesamtcharakterisierung der Welt ergeben. Das Ganze ist der hereinbrechenden Katastrophe verfallen. Die damaligen Nationen und Zustände geben den Anlaß, setzen sich aber fort in den Nationen und Zuständen der Endzeit. Der Abschluß liegt in der jetzt noch zukünftigen Gesamtkatastrophe. Die dazwischen liegende Zeit der Sammlung der Kirche (Gemeinde Christi) ist als nicht dazugehörend übersprungen.

Kap. 24-27 sind ein Nachtrag zu 13-23 unter der Form einer zusammenfassenden Darstellung mit Hinzufügung von bis dahin unerwähnten Punkten. In Kap. 24 beginnt die Prophezeiung mit dem Lande Israel und geht dann auf die ganze Erde über.

Damit die auf die Katastrophe folgenden Segnungen „jenes Tages“ eingeführt werden und Bestand haben können, muß die Ursache der Behinderung an der Wurzel gepackt und beseitigt werden. Die Ursache sind „die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern“ (Eph. 6,12), hier „die Heerschar der Höhe“ genannt; „die

Kräfte der Himmel“ in Matth. 24,29. „Friede im Himmel“ muß sein, ehe „Friede auf Erden“ sein kann. (Luk. 19,38 und 2,14.)

Wie dieser „Friede im Himmel“ durch „Kampf in dem Himmel“ hergestellt wird, zeigt Offenb. 12,7-9. Der „Kampf“ dort entspricht der „Heimsuchung“ in Jes. 24; das „in dem Himmel“ der Offenbarung dem „in der Höhe“ im Propheten.

Die auf die Erde geworfene „Heerschar der Höhe“ wiegelt zum großen Kampfe auf Erden auf mit dem Ergebnis, daß „der König der Könige und HErr der Herren“ Seine Gegner: „Könige, Oberste und Starke“ vernichtet. (Offenb. 19.) „Die Könige der Erde“ im Propheten Jesajas entsprechen den „Königen, Obersten und Starken“ im Gesicht des Sehers Johannes. Und da, wo die einen und die anderen „in der Höhe“ und „auf der Erde“ ihr Spiel des Verderbens getrieben haben, daselbst trifft sie das Gericht, werden sie heimgesucht.

Kap. 24 Vers 22 hat eine direkte Parallele nur für den Anführer der Heerschar der Höhe, „den Drachen, die alte Schlange, welche der Teufel und der Satan ist“, der gebunden in den Abgrund geworfen wird. (Offenb. 20,1-3.) Indirekt aber dürfen wir auf dasselbe Verhängnis für seine Heerscharen schließen. Begründung: Die bösen Geister im Evangelium bitten den HErrn, Er möge sie nicht in den Abgrund schicken; Engel, welche in früherer Zeit auf besondere Art gesündigt hatten, sind in den Abgrund hinabgestürzt und Ketten der Finsternis überliefert worden, um für das Gericht des großen Tages aufbewahrt zu werden. (2. Petr. 2,4 und Judas Vers 6.)

„Sie werden in die Grube eingesperrt usw.“ ist eine ganz allgemein gehaltene Redewendung, die sich auf die Heerschar der Höhe und auf die Könige der Erde bezieht. Was damit gemeint ist und die Gebräuchlichkeit der Redewendung ist aus Jes. 14,3-20 (bes. V. 15.19) ersichtlich. Für Satan und seine Heerscharen bedeutet es das Eingeschlossenwerden in den Abgrund, bis er nach seiner Freilassung am Ende der 1000 Jahre und seinem letzten, mißglückten Aufwiegelungsversuch in den Feuersee geworfen wird. (Offenb. 20,7-10.) Für die Könige der Erde bedeutet es das Sein im Scheol bis zum Gerichtetwerden mit den anderen Toten vor dem weißen Thron und das Ergebnis davon: ebenfalls in den Feuersee geworfen zu werden. Eine Ausnahme bilden ihre beiden Rädelsführer, das Tier und der falsche Prophet, die gleich beim ersten Zusammenstoß mit dem König der Könige in den Feuersee geworfen werden. (Offenb. 19,19.20.)

Ob die mit dem Satan in den Abgrund eingeschlossenen Heerscharen der Höhe mit ihm losgelassen oder bis zum Tage des Gerichts eingeschlossen bleiben, ist aus der Schrift nicht direkt zu belegen. Es muß dahingestellt bleiben, wenn es auch wahrscheinlich ist. Grund zu der Annahme ist aber vorhanden, daß wir sie und die übrigen eingeschlossenen Engel richten werden. (1. Kor. 6,3.)

Dieses über Satan, seine Heerscharen und die Könige der Erde ausgeführte Endgericht mit dem Ergebnis, daß sie in den Feuersee geworfen werden (Matth. 25,41!), entspricht dem „nach vielen Tagen werden sie heimgesucht werden“ des Propheten in Kap. 24 Vers 22.

Nachdem die große Endauseinandersetzung Jehovas mit

Seinen Widersachern in wenigen Zügen bis zum Schlußpunkt gezeichnet worden ist, führt uns die Schilderung in Vers 23 zurück zur Herrschaft des Königs Jehova der Heerscharen über die Erde. Es ist das so oft, besonders in Jesaja beschriebene, herrlich dargestellte 1000 Jahre währende Friedensreich. (Sach. 14,9.)

Unwillkürlich denken wir an 2. Mos. 19,5.6 und 24,9-11 und sagen: Seine Gnadenabsichten erfüllen sich doch, mögen auch Satan und der Mensch zunächst den Weg dazu durch ihr Tun und Verhalten versperren!

F. Kpp.

Frage 4

Was bedeuten die „Räder“ im Thronwagen der göttlichen Herrlichkeit nach Hesekiel Kap. 1,15-21?

Antwort

Ehe wir es versuchen, diese Frage zu beAntworten, müssen wir das Schriftwort selbst zu uns reden lassen. In der Hoffnung, daß jeder seine Bibel beim Lesen dieser Zeilen zur Hand und vor sich haben wird, gebe ich der Deutlichkeit halber eine sich streng an den Wortlaut haltende eigene Übersetzung: „Und ich sah die Lebewesen und siehe: ein Rad auf der Erde an jeder der vier Vorderseiten neben den Lebewesen. Das Aussehen der Räder und ihre Zusammensetzung war wie der Anblick eines Chrysoliths; und allen vieren war gleiche Gestalt eigen, so daß ihr Aussehen und ihre Zusammensetzung erschien, als wäre ein Rad in das andere gestellt. Auf allen

ihres Gehens; sie wandten sich nicht bei ihrem Gang. Und ihre Felgen waren von einem Reifen gehalten und hatten Sehvermögen, da ihre Felgen von allen vier Seiten ringsherum voller Augen waren. Und beim Gehen der Lebewesen gingen auch die Räder neben ihnen, und erhoben sich die Lebewesen von der Erde, erhoben sich auch die Räder neben ihnen. Überallhin bestimmte der Geist den Gang, und sie gingen, wohin der Geist das Gehen lenkte. Und gleichlaufend mit den Lebewesen erhoben sich die Räder; denn der Geist der Lebewesen war in den Rädern. Mit ihrem Gehen gingen auch sie, und wenn sie Halt machten, blieben auch sie stehen; wenn sie sich aber erhoben, so stiegen gleichlaufend mit ihnen auch die Räder empor. Denn der Geist der Lebewesen war in ihnen.“

Das erste, worauf wir zu achten haben, ist die Zusammengehörigkeit des Räderwerkes mit den vier Lebewesen. Das Räderwerk bildet an allen vier Außen- oder Vorderseiten eine Umfriedung für die Lebewesen; nicht außerhalb des Räderwerkes, sondern innerhalb seiner Grenzen stehen die Lebewesen. Ferner sind die Räder nicht bloß äußerlich angehängt, so daß sie abgenommen oder abgestreift werden könnten, sie zeigen vielmehr eine innere Zusammengehörigkeit mit den Lebewesen und sind durch die Einheit des sie regierenden Geistes verbunden. Unzertrennlich mit den Lebewesen bewegen sie sich auf Erden und steigen neben ihnen und gleichlaufend mit ihnen zum Himmel. Der Thronwagen Gottes ist ein Werk aus einem Guß, wo keine fremden Elemente geduldet und keine Zufälligkeit zugelassen sind.

Endlich ist auf das Aussehen des Räderwerkes zu achten.

Es erstrahlt in dem Farbenschmelz des Tarschith, eines Chrysoliths mit goldglänzender Färbung, und voller Augen.

Die Verbindung der Lebewesen, die, wie wir später aus demselben Propheten erfahren (10,18-20), Cherubim sind, mit den Rädern ist auffallend und kommt nur hier bei Hesekiel vor. überall in der Schrift erscheinen die Cherubim ohne Räder und treten auf als Hüter und Bewahrer göttlicher Lebens- und Machtfülle. So der Cherub mit kreisendem Schwert am Eingang des Paradieses, um den Baum des Lebens von der sündigen Menschenhand fernzuhalten (1. Mos. 3,24), an dem Sühndeckel im Allerheiligsten (2. Mos. 37,6-9 u. a.), um anbetend das Lebensgeheimnis der Versöhnung anzudeuten usw. Die Cherubim vereinigen in sich die Herrlichkeits- und Lebensfülle der mit dem göttlichen Thron verbundenen Kreatur. Was bedeuten die Räder? Sind sie in diesem wunderbaren Bilde nur eine bildlicherweise dargestellte Sache? Oder umgekehrt, durch ein dingliches Bild dargestellte Geisteswesen: Engel?

Das Rad war von jeher ein Sinnbild der Ewigkeit, wovon noch sprachlich im Hebräischen die Bezeichnung Ewigkeit mit dòr (Kreis) und des „Lebens“ zeugt, was aus Jakobi 3,6 zu ersehen ist, wo der Urtext „das Rad des Seins“ hat. Also das Rad als die Umrahmung des Seins, des Entstehens, des Werdens, d. i. des Lebens. Danach bilden die Räder die nach unten und in die Welt hinein ausstrahlende Herrlichkeit Gottes, deren Träger die Cherubim für die verklärte Schöpfung sind. Mit anderen Worten: um zum Leben zu kommen, das in Verbindung mit dem Throne steht, muß man sich erst in das Räderwerk

einstellen. Es vermittelt und stellt auf der Erde das Leben dar. Das Räderwerk ist voller Augen. Um keine fremde Deutung in das Heiligtum der Schrift einzuführen, wollen wir uns umsehen, was das Auge nach der Schrift bedeutet und darstellt. Das Auge ist die Allgegenwart Gottes und Sein in Liebe nach den Menschenseelen stets ausspähender Retterwille, der nach Glauben und Treue sucht. Seine Augen aber sehen auch das, wovon sie sich abwenden müssen (2. Chron. 16,9; Jer. 5,3; Hab. 1,13; Sprüche 15,3). [Die gegenwärtige Fülle des Lebens.] Die Augen oder das Auge stellt die höchste Intelligenz und die tiefste Einsicht in das Wesen der Dinge dar: die Weisheit (Sprüche 22,12; Pred. 2,14).

Die goldglänzende Chrysolith- oder Jaspisfarbe ist m. E. Sinnbild der Treue und des Glaubens. In diesem Glanze erscheint der Engel dem Daniel (10,5-15), um ihm die Annahme seines gläubigen Gebets mitzuteilen - und Geheimnisse, die der Zukunft angehören.

Aus diesen Andeutungen und Winken für die Bedeutung der „Räder“ entnehmen wir: 1. das Räderwerk“ schließt in sich das himmlische Leben und stellt seinen Kreislauf dar; 2. es läßt dieses Leben auf Erden leuchten und lockt zur Himmelfahrt: „und sie erhoben sich“; 3. es spiegelt die große, reiche Fülle der göttlichen Weisheit von geistig-geistlichen Wesen in leiblicher Gestalt wider; 4. der Hauch und Schmelz dieser Wesen ist das Goldartige des Glaubens und der Treue. (Offenb. 3,18a.)

So sehe ich für mich in diesem „Räderwerk“ das Sinn- und Vorbild des Leibes Christi, der Gemeinde, auf Erden.1 Daß wir ein Recht dazu haben, ergibt sich aus folgenden Stellen, die ich nur kurz andeute: 1. Sach. 3,9 heißt es:

1

Ich betone und unterstreiche, daß der Verfasser in diesen geistvollen, tiefsinnigen Ausführungen über das Räderwerk dieses als Sinn- oder Vorbild der Gemeinde Jesu Christi sieht, daß er aber keineswegs sagt, in dem Räderwerk sei die Gemeinde geoffenbart! Das wäre ja auch eine ganz unmögliche, schriftwidrige Auffassung, da das Geheimnis von der Gemeinde erst dem Paulus geoffenbart und zur Verwaltung anvertraut worden ist (Eph. 3).
Während diese letztere Tatsache mit aller Entschiedenheit festgehalten werden muß, so ist es doch auch Tatsache, daß das durch den Geist Gottes erleuchtete Auge des demütigen Schriftforschers dennoch im Alten Testament manche Stellen findet, die vorbildlich auf die neutestamentlich geoffenbarte Gemeinde hinweisen oder in denen wenigstens einige Züge vorbildlich angewandt werden dürfen auf die Gemeinde Gottes. Beispielsweise ist oft im Alten Testament, etwa in den Psalmen, von der Gemeinde (Elb. Übersetzung: „Versammlung“) die Rede. Gemeinde ist dort natürlich stets Israel, d. h. der Überrest, aber solche Stellen können Anwendung finden auf die neutestamentliche Gemeinde (den Leib) des HErrn (für viele nur einige Anführungen: Ps. 89,5; 149,1; 22,22! vgl. auch Ps. 93,5!) Zu solchen Abschnitten gehört z. B. auch das herrliche Brautwerbungskapitel 1. Mose 24 als Vorbild auf die durch den Geist geschehende Sammlung der neutestamentlichen Brautgemeinde Jesu Christi. Und so finden sich geradezu unzälige „Schatten“ und „Vorbilder“ im Alten Testament für spezifisch neutestamentliche Offenbarungen.
Aber man hüte sich mit allem Ernst, der nötig ist, „das Wort Gottes recht zu teilen“ (2. Tim 2,15), davor, erst im Neuen Testament geoffenbarte klare Lehren schon im Alten Testament als begründet, bewiesen underklärt finden zu wollen! Welche Irrtümer sind dadurch in die Gemeinde Gottes hineingetragen worden! Sinn und Vorbilder, „Schatten“, haben bei allem Recht, sie geistlicherweise anzuwenden, nicht die Aufgabe, geoffenbarte Lehren, die lediglich dem Neuen Testament angehören, zu „erleuchten“ und zu erklären!
(Anmerkung d. Schriftl. F. K.)

„Denn sehet diesen Stein, den ich vor Josua gelegt, auf diesen einen Stein sind sieben Augen gerichtet“. Dieser Stein ist die Grundlage der neuentstandenen Gemeinde, die der HErr aus der Verbannung zurückgeführt hat. Denn in Kapitel 4 desselben Propheten, wo die zukünftige Gemeinde unter dem Bilde des goldenen Leuchters gezeigt wird, ist in zwiefacher Weise von den Augen des HErrn, die die ganze Welt durchleuchten, die Rede. - Die mit Geschenken nach Jerusalem gekommenen Glieder der Verbannten (7,2-4 und 6,9-12), diese Jerusalems Wohl und die Ehre des HErrn suchenden Israeliten, sind gleichsam Augen des HErrn. In ihnen spiegelt sich die wunderbare Kraft göttlicher Macht, Weisheit und Liebe, wie das Leben der Seele im Auge des Menschen, wider, wie die himmlischen Kräfte in Gottes leuchtendem Auge.

1

Ich betone und unterstreiche, daß der Verfasser in diesen geistvollen, tiefsinnigen Ausführungen über das Räderwerk dieses als Sinn- oder Vorbild der Gemeinde Jesu Christi sieht, daß er aber keineswegs sagt, in dem Räderwerk sei die Gemeinde geoffenbart! Das wäre ja auch eine ganz unmögliche, schriftwidrige Auffassung, da das Geheimnis von der Gemeinde erst dem Paulus geoffenbart und zur Verwaltung anvertraut worden ist (Eph. 3).
Während diese letztere Tatsache mit aller Entschiedenheit festgehalten werden muß, so ist es doch auch Tatsache, daß das durch den Geist Gottes erleuchtete Auge des demütigen Schriftforschers dennoch im Alten Testament manche Stellen findet, die vorbildlich auf die neutestamentlich geoffenbarte Gemeinde hinweisen oder in denen wenigstens einige Züge vorbildlich angewandt werden dürfen auf die Gemeinde Gottes. Beispielsweise ist oft im Alten Testament, etwa in den Psalmen, von der Gemeinde (Elb. Übersetzung: „Versammlung“) die Rede. Gemeinde ist dort natürlich stets Israel, d. h. der Überrest, aber solche Stellen können Anwendung finden auf die neutestamentliche Gemeinde (den Leib) des HErrn (für viele nur einige Anführungen: Ps. 89,5; 149,1; 22,22! vgl. auch Ps. 93,5!) Zu solchen Abschnitten gehört z. B. auch das herrliche Brautwerbungskapitel 1. Mose 24 als Vorbild auf die durch den Geist geschehende Sammlung der neutestamentlichen Brautgemeinde Jesu Christi. Und so finden sich geradezu unzälige „Schatten“ und „Vorbilder“ im Alten Testament für spezifisch neutestamentliche Offenbarungen.
Aber man hüte sich mit allem Ernst, der nötig ist, „das Wort Gottes recht zu teilen“ (2. Tim 2,15), davor, erst im Neuen Testament geoffenbarte klare Lehren schon im Alten Testament als begründet, bewiesen underklärt finden zu wollen! Welche Irrtümer sind dadurch in die Gemeinde Gottes hineingetragen worden! Sinn und Vorbilder, „Schatten“, haben bei allem Recht, sie geistlicherweise anzuwenden, nicht die Aufgabe, geoffenbarte Lehren, die lediglich dem Neuen Testament angehören, zu „erleuchten“ und zu erklären!
(Anmerkung d. Schriftl. F. K.)

2. Nach dem ausdrücklichen Wort des Apostels ist die Gemeinde nicht allein die Trägerin des göttlichen Lebens, sondern auch die Werkstätte der göttlichen Weisheit, die millionenfach in den Felgen der Räder voller Augen, der Glieder Seines Leibes, hervorstrahlt. Es ist nur notwendig, in stiller Sammlung Epheser 1,8-23 zu lesen und das Bild der Räder am Thronwagen sich zu vergegenwärtigen, so wird man vielleicht sofort herausfühlen, daß die Worte des Apostels ein in klarer, erleuchteter Sprache aufgelöstes Geheimnis von den himmlischen Rädern (hebr. Ophanim) sind.

Man müßte noch auf den geraden, alle Hindernisse überwindenden Gang der Räder hinweisen usw. Auch könnte noch, was ich leicht andeutete, gesagt werden, daß die späteren Juden die Räder als eine besondere Engelklasse (der „Ophanim“) betrachteten.

Mehr läßt sich über diesen Gegenstand in einer kurzen Antwort nicht geben. Der Geist aber, der in den Rädern und Lebewesen war und der im Wunderwerk des Leibes Jesu Christi ist, wolle uns weiter führen und noch größere Herrlichkeiten zeigen.

N. Rudn.

Briefe über den Tisch des HErrn.

Sechster Brief.

Geliebte Geschwister!

Als wir anfingen, uns miteinander mit dem Tische des HErrn zu beschäftigen, hat wohl keiner von Ihnen (und auch nicht der Schreiber) daran gedacht, daß unsere Betrachtung so umfangreich werden würde.

Ich hoffe aber, daß es Ihnen wie dem Schreiber ergangen ist, nämlich, daß im Laufe der Betrachtung die Bedeutung und Wertschätzung der Sache, mit welcher wir uns beschäftigen, gewachsen ist und daß der Tisch des HErrn in unserem Herzen einen Platz gewonnen hat, den er vorher nicht hatte.

Damit soll jedoch nicht gesagt sein, daß in unserer früheren Auffassung keine Wertschätzung für den Tisch des HErrn vorhanden war. Keineswegs! Wir hielten ihn hoch, wir achteten ihn und schätzten ihn, aber bei diesem allen haben wir für „Tisch des HErrn“ gehalten, was nur eine Seiner vielen und reichen Segnungen war.

Wir müssen uns aber noch mit einigen Anschauungen, die

wir früher in Verbindung mit dem Tische des HErrn hatten, beschäftigen.

Es besteht eine gewisse Vorstellung über den „einen“ Tisch des HErrn (wir streiften diese bereits kurz), die sich darauf gründet, daß die Schrift nicht in der Mehrzahl von „Tischen“ des HErrn, sondern nur in der Einzahl von einem, dem „Tische des HErrn“ rede.1 Zur Bestätigung dessen, daß es nur „einen“ Tisch des HErr gäbe, wird gern der Schaubrote-Tisch als Beispiel gebraucht, indem man sagt: „Im Heiligtum durfte nur ein Tisch sein. So ist es auch mit dem Tisch des HErrn. Nur ein Tisch kann eine Vorstellung (Darstellung) von Christus und Seiner Gemeinde geben. Verschiedene Tische zerstören diesen Gedanken; d. h.: verschiedene Tische, die nicht miteinander in Gemeinschaft sind, und die deshalb nicht als ein Tisch betrachtet werden können. Man konnte in Jerusalem in verschiedenen Häusern das Brot brechen, aber die verschiedenen Tische waren ein Tisch.“2

1

So wie sie auch nur von einem, dem „Tische der Dämonen“ redet.

2

Diese Zeilen sind dem Buche „Einheit und Gemeinschaft“ von Br. J. N. V. entnommen.

Aus dem Vergleich mit dem Tisch der Schaubrote sehen wir zunächst, daß ein tatsächlicher Tisch gemeint ist. Dieser Tisch wird je nach Ausbreitung und Umfang vergrößert, ist und bleibt aber ein Tisch, und zwar der „eine“ Tisch.

Wie sonderbar es auch klingt, man spricht doch von Tischen, und zwar von solchen, die miteinander und wieder von solchen, die nicht miteinander in Gemeinschaft sind.

Im Blick auf die Geschichte der Gläubigen, in deren Mitte solche Worte oft gebraucht werden, möchten wir die Frage stellen: „Als Br. Darby sich von den Gläubigen, mit denen

er so lange am Tisch des HErrn gewesen, trennte und einige Wochen später einen anderen Tisch ‚aufrichtete‘, wo war dann der ‚eine‘ Tisch?“ Auf eine solche Frage habe ich von unseren Brüdern, die Br. Darby folgen, nie eine klare Antwort gehört. Aber beweist dies nicht, wie diese Vorstellung von dem einen Tisch und mehreren Tischen (Tischen, die mit - und nicht miteinander in Gemeinschaft) ganz und gar außerhalb und entgegen der Schrift sind?

Gewiß, auch wir glauben, daß es nur einen Tisch des HErrn (wie auch nur einen Tisch der Dämonen) gibt und daß es auch nur ein Tisch sein kann; aber dieser Tisch ist, wie wir gesehen haben, etwas ganz anderes als das Abendmahl, welches unsere Brüder sich darunter vorstellen. Einen solchen Tisch, mit dem verschiedene Tische in Gemeinschaft sind oder nicht sind, einen solchen Tisch kennt die Schrift nicht.

Der Tisch des HErrn, den die Schrift kennt, ist unsagbar herrlich und steht über jedem Gedanken von Zerteiltheit, über jedem Maß und jedem Unterschied von Erkenntnis, ist über jeden menschlichen Einfluß erhaben und schließt für alle Gläubigen alles in sich, was wir kennen, besitzen und was uns verheißen ist.

O, welch ein Tisch ist doch der Tisch des HErrn! Wie unaussprechlich glücklich sind wir doch, an dem Tische des HErrn teilnehmen zu dürfen! Wer kann seinen Reichtum ermessen?!

Eng verbunden mit dem Vorhergehenden ist die Anschauung, daß es Gläubige gäbe, die ihren Platz - und solche, die ihren Platz nicht am Tische des HErrn einnehmen.

Gehen wir in unserer Auffassung auch nicht so weit wie diese unsere Brüder, so finden wir doch diesen Ausdruck des öfteren gebraucht. Nach allem, was wir bisher miteinander überdacht haben, wird es kaum nötig sein, darauf hinzuweisen, daß auch diese Vorstellung nicht nach der Schrift ist.

Es gibt ja keinen einzigen Gläubigen aus der ganzen Erde, der nicht (um das Wort zu gebrauchen) einen Platz am Tische des HErrn einnimmt, und dies der einfachen Tatsache wegen, weil niemand ein Gläubiger sein kann, ohne an dem Tische des HErrn teilzunehmen.

Vielleicht aber wird jemand die Einwendungen machen: es steht doch in 1. Kor. 10,21: „Ihr könnt nicht am Tische des HErrn teilnehmen und am Tische der Dämonen“. Wir haben ja bereits im Anfang unserer Betrachtung die Bemerkung gemacht, daß das eine das andere ausschließt. Gewiß, aber wer will sagen, daß es einen Gläubigen geben könne, der nicht am Tisch des HErrn teilnähme? Sollen die Gläubigen mit jener Stelle nicht gewarnt sein, vor den Schlingen und Lockungen des Tisches der Dämonen auf der Hut zu sein, um nicht dahinein zu geraten?

Wer ist ein Gläubiger? Ist es nicht der, der das Zeugnis Gottes über Seinen Sohn durch den Heiligen Geist auf sich selbst angewandt und für sich selbst im Glauben angenommen hat? Dadurch lernte er sich selbst und den Herrn Jesus kennen. Aber ist dieses nicht schon eine Segnung, die ihm vom Tische des HErrn wurde, und je mehr die Seele es verstehen und erkennen lernt, wie unaussprechlich die Reichtümer und Segnungen sind, um

so mehr genießt sie von dem, was der Tisch des HErrn darbietet.

Auf dem Tische des HErrn findet die gläubige und dankbare Seele alle Gnadengaben, die das liebende Herz unseres Gottes uns durch den Herrn Jesus Christus so reich und herrlich bereitet hat.

Sollen wir eine Liste Seiner Fülle zusammenstellen? O, wie viel würde ungenannt bleiben! Der Reichtum Seines Tisches, an dem alle die Seinigen teilnehmen, ist so überaus groß, daß niemand ihn überschauen kann. Und obwohl er aller gemeinsames Teil ist, so nimmt und genießt doch jede einzelne Seele von Seiner überreichen Fülle für sich besonders und anders, je nachdem die Umstände, Erfahrungen usw. verschieden sind. Nehmen wir als Beispiet eine kranke Schwester: 25 Jahre ist sie an ihr Bett gebunden. Mit einem vor Freude strahlenden Angesicht spricht sie von der herrlichen Freude des Naheseins des HErrn. Sie konnte in diesem Vierteljahrhundert nicht teilnehmen an der Verkündigung Seines Todes; wäre das der Tisch des HErrn gewesen, wie wir es uns immer gedacht haben, so hätte sie alle diese langen Jahre seiner entbehren und darben müssen. Aber nein! Sie hatte alle Tage teil an demselben und genoß mit vollen Zügen aus dem „Kelche des HErrn“ und erfreute sich der Segnungen, die der „Tisch des HErrn“ ihr darbot.

Ein anderes Beispiel: Da wohnt in einer Villa ein wohlhabender Bruder; aber mehr als mit irdischen Gütern hat der HErr ihn mit einem einfältigen und treuen Herzen gesegnet, das mit den Nöten der Kinder Gottes fühlt. Sein Verlangen und seine Freude sind, seine irdischen Schätze so anzuwenden, daß der HErr dadurch verherrlicht,

Seinem Werke und den Seinigen damit gedient werde. Meinst du nicht, daß sein Genuß vom Tische des HErrn ein anderer ist als der jener kranken, bedürftigen Schwester?

Der bekehrte Sklave Onesimus und sein Herr, der gläubige Philemon, nahmen beide teil an ein und demselben „Tische“ des HErrn, und beide genossen sowohl gemeinsam als auch wieder jeder für sich besonders von dem Reichtum Seines Tisches.

Als die Jünger mit dem HErrn in Bethanien zu Tische waren, genossen alle die gemeinsame Freude Seiner Gegenwart und Seiner Liebe, und doch, was Johannes empfing, als er sein Haupt an Jesu Brust legte, oder Maria, als sie Ihn salbte und Seine Anerkennung empfing, das genoß jeder wieder einzeln, persönlich für sich.

Und so in der Zukunft, wenn „Er sie wird zu Tische sitzen lassen“ und alle gemeinsam die Liebe Gottes und die Erlösung, die wir in dem Sohne haben, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes genießen werden, wird doch jeder einzelne die Freude, Seines Tisches teilhaftig zu sein, besonders und persönlich genießen (denn unsere Persönlichkeit geht selbst in der Herrlichkeit nicht in der Allgemeinheit unter), und so auch jetzt.

Ja, in Wahrheit, der „Tisch des HErrn“ ist reich beladen mit allem, was Sein Herz für die Seinigen ausdenken konnte.

Gelobt und gepriesen sei Sein herrlicher, nie genug erhobener Name!

Lasset uns, Geliebte alle, Tag für Tag, Nacht für Nacht, mit vollen Zügen trinken aus dem „Kelch des HErrn“ und mit dankbaren Händen und Herzen nehmen, was der „Tisch

des HErrn“ uns darbietet!

Euer im HErrn verbundener Bruder

M. J. S.

Das Wachstum Gottes oder das Gedeihen Laodicäas.

Der ganze Leib - das Wachstum Gottes wächst.“ Kol. 2,19.

Ich bin reich und reich geworden und bedarf nichts.“ Offenb. 3,17.

Der natürliche Mensch ist nicht imstande, Wachstum auf geistlichem Gebiet zu würdigen noch wahrzunehmen, um so mehr schätzt er und imponiert ihm aber ein anderes Wachstum, das des Reichtums, der hohen Zahlen usw. David - der sonst so geistlich gesinnt war - ließ Israel zählen, damit er mit seiner militärischen Übermacht prahlen könne, obwohl er aus dem Nationalliede wußte, daß einer Tausend jagen und zwei Zehntausend in die Flucht treiben konnten. (5. Mose 32,30.) Gottes Wachstum ist nicht der Menschen Wachstum, denn „von Ihm werden die Handlungen gewogen“. (1. Sam. 2,3.) „Der Kleinste wird zu einem Tausend werden, und der Geringste zu einer gewaltigen Nation.“ (Jes. 60,22.) Es wäre für David und sein Volk besser gewesen, wenn er nach dem geistlichen Wachstum seines Volkes gefragt hätte, aber das ließ er außer acht; er wollte sich des Zunehmens seines Volkes nach der Weise in Laodicäa rühmen. Wie beschäftigen wir uns mit dem Wachstum des Leibes Christi? Nur wenige Gläubige bekümmern sich überhaupt

um den Leib Christi; einige wissen gar nicht, was er ist, und wenn man noch die Wahrheit darüber theoretisch hat und sie auch vielleicht schätzt, so wird man, ach, nur zu oft von Nebendingen in Anspruch genommen, so daß man über jenes hinweggeht.

Ignoriert man aber den Leib Christi und schafft nur fleißig, um das eigene Kirchensystem oder die Denomination, zu welcher man gehört, zu vergrößern oder zu verherrlichen, so ist das entschieden nicht das Wachstum Gottes. Man holt emsig „Holz, Heu und Stroh“ herbei, um etwas Großes und Imposantes zu bauen, denn es handelt sich um große Zahlen für die eigene Benennung; doch solches Baumaterial hält dem Feuer jenes Tages nicht stand; es wird einfach in Rauch aufgehen, und der Arbeiter wird Schaden leiden und bekennen müssen, daß er sich nicht um das wahre Wachstum Gottes bekümmert hat. Man wollte vor der Welt glänzen oder suchte den Führern der Denomination zu gefallen und ließ darüber Gottes Lob aus dem Auge. Wie groß wird das Bedauern und auch die Schande sein vor dem Richterstuhl Christi!

Doch trotz der Verblendung so vieler vorgeblicher Arbeiter im Werke des HErrn wächst der Leib - die Gemeinde - unaufhörlich fort, denn Christus Selbst ist das Haupt und der Heiland Seines Leibes, „aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles, für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe“. (Eph. 4,16.) Welch ein Verlust ist es, einen Nebenleib oder eine Nebenkörperschaft vor Augen zu haben, welche auf menschliche Art und Weise organisiert und nach

menschlichen Paragraphen und Statuten formuliert ist! Die Diener oder Beamten einer solchen Körperschaft können akademisch ausgebildet werden, Mitglieder können dafür gewonnen, Beiträge reichlich gesammelt und schöne sogenannte Gotteshäuser gebaut werden. Man schaut dann mit Stolz darauf, schreibt begeisterte Berichte darüber und prophezeit eine hervorragende Zukunft dafür. Es kommt sogar vor, daß man sich nicht scheut, hinterlistige Kniffe, oder sagen wir lieber „nicht ganz lautere Dinge“, zu tun, um seine Körperschaft zu vergrößern. Doch in Wahrheit ist das alles nur ein Gedeihen nach der Gesinnung Laodicäas, denn Gottes Wachstum des Leibes Christi ist es nicht.

Hätten wir nur den wahrhaftigen Leib Christi vor Augen, so würden wir unsere Zeit nicht mit einem Bau von Holz, Heu oder Stoppeln vergeuden! Eine vom Geiste Gottes wiedergeborene Seele hat mehr Wert als zehntausend Mitläufer, in denen die Wurzel der Sache nicht zu finden ist. Nur das Haupt, der HErr Selber, hat das Recht, Glieder in den Leib aufzunehmen, und unsere VerAntwortung ist es gerade, solche auch aufzunehmen und als Mitglieder Seines Leibes - Seiner Gemeinde - anzuerkennen (Röm. 15,7), aber nicht sie einer Denomination oder einem Verein als Mitglieder einzuverleiben, was die Schrift nicht kennt. „Der HErr tat täglich zu der Gemeinde hinzu“ (Apgesch. 2,47), und Er tut es heute noch. Eine Ortsgemeinde, die nach dem Muster des Wortes sich richtet, wird solche als Mitglieder Seines Leibes anerkennen, sie lieben und pflegen, ihnen helfen und dienen, um sie vor den Dogmen und Traditionen und Systemen der Menschen zu bewahren. Wie traurig ist das Hasten und Werben anzusehen, nur um die Mitgliederlisten

schnell zu füllen (das, was der HErr in solchen Seelen tut, wird kaum beachtet), nur daß sie bald in ihrer menschlichen Organisation aufgenommen sind, wo dann das geistliche Leben - wenn überhaupt solches vorhanden war - kümmerlich dahinsiecht oder wenigstens nicht mehr wächst. Der Geist Laodicäas herrscht in diesen Tagen, aber der HErr sagt: „So werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde“. (Offenb. 3,16.) Ihm gegenüber ist man weder kalt noch warm - gleichgültig -, aber heiß ist man, groß zu werden, um der Welt zu imponieren.

In der Ewigkeit wird nur der eine Leib Christi - die eine Gemeinde des HErrn sein; die menschlichen Systeme und Körperschaften werden alle dem Urteil verfallen, denn nur das, was der HErr Selber durch den Heiligen Geist vollbringt, hat ewigen Bestand und dauernden Wert.

Was ist denn eigentlich das Wachstum Gottes? Das Wort wird in Verbindung mit dem Leibe Christi angewandt; und drei Sachen werden in dem Ausdruck „Wachstum Gottes“ gefunden, nämlich: „Die Vollendung der Heiligen“, „das Werk des Dienstes“ und „die Auferbauung des Leibes Christi“. (Ephes. 4,12.) Zunächst müssen wahrhaftige Glieder aus der Welt genommen werden, und solche, die der auferstandene HErr als Evangelisten gegeben hat, haben in erster Linie diese Aufgabe, und zwar durch die Verkündigung der Heilsbotschaft in der Kraft des Geistes, aber auch jedes Kind Gottes darf sich daran beteiligen als ein lebendiger Zeuge Christi. Das ist aber nicht alles, das ist nur der Anfang; denn auch Hirten und Lehrer hat das Haupt gegeben. Die Lämmer müssen geschützt und geweidet werden, die neugeborenen Kindlein brauchen geistliche Pflege; Paulus durfte schreiben: „Wir sind in

eurer Mitte zart gewesen, wie eine Amme ihre eigenen Kinder pflegt“. (1. Thess. 2,7.) Der Apostel wirkte nicht nur als Evangelist, sondern auch als Hirte und Lehrer, doch trachtete er nicht nach einem Gedeihen auf die Weise Laodicäas.

Einige bündige, vom Heiligen Geiste gegebene Beschreibungen dieses Wachstums Gottes finden wir in der Apostelgeschichte: „Und das Wort Gottes wuchs, und die Zahl der Jünger in Jerusalem vermehrte sich sehr“ (6,7). „Die Gemeinde ... wurde erbaut und wandelte in der Furcht des HErrn und wurde vermehrt durch den Trost des Heiligen Geistes“ (9,31). „Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich“ (12,24). „Also wuchs das Wort des HErrn mit Macht und nahm überhand“ (19,20). Das alles sind aber andere Dinge und ein anderes Wachstum als das Wachstum von Kirchensystemen!

Haben wir ein anderes Wachstum vor Augen und nicht das biblische Muster, so werden wir große Enttäuschungen an jenem Tage erfahren. Mitglieder auf eine oberflächliche Art und Weise zu gewinnen ist sicher nicht das Wachstum Gottes, das kann nur ein menschliches Zunehmen sein. Also zuerst muß Leben aus Gott in der Seele sein; aber, ach, wie ist man so geneigt, Gott vorauszulaufen. Als wir noch Kinder waren und die schönen Blumenknospen im Garten sahen, versuchten wir mit unseren eiligen Fingerchen, den Knospen zu helfen, sich aufzutun, und doch haben wir sie damit nur aufgehalten oder gar verdorben; die Sonne versteht diese Arbeit am besten, und ihr muß sie überlassen bleiben. Wie leicht nötigt man Seelen, vielleicht nach begeisterten Versammlungen, wo die Gefühle erregt wurden, durch Handaufheben oder

dergleichen etwas zu tun und zu bezeugen, bevor die Reife da ist. In vielen, vielen Fallen erweist sich dann solches nur als menschliches Machwerk, und wir müssen immer wieder lernen, daß solches nicht genügt und ein tiefes Werk des Heiligen Geistes im Herzen unbedingt notwendig ist.

Ist eine Seele aber vom Tode zumLeben hinübergegangen, ist der Mensch tatsächlich wiedergeboren, so ist die „unverfälschte Milch“ des Wortes als Nahrung unentbehrlich, damit man wachse. Hier aber kommt der Dienst der Hirten und Lehrer zur Geltung. Möchte der HErr noch viele mit echten Hirtenherzen unter uns erwecken! Der Samariter, der dem Wirte den erretteten Menschen anvertraute, hat gute Einsicht für dessen Aufgabe, er sagte ihm nichts weiter als: „Trage Sorge für ihn!“ (Luk. 10,35), aber darin lag alles. Unser HErr befahl den Eltern, deren Tochter Er auferweckt hatte, daß sie ihr zu essen geben sollten. (Luk. 8,55; vgl. auch Joh. 11,44: „Löset ihn auf und laßt ihn gehen!“)

Gottes Wachstum hat mit Leben zu tun, nicht mit Organisation. Die Welt organisiert, die politischen Parteien tun das, aber der Leib Christi kann gar nicht organisiert werden. Will man unbedingt den eitlen Versuch machen, das zu tun, so wird das natürliche und göttliche Wachstum gehindert, und Erstarren setzt ein. Man ist ein Mitglied dieses oder jenes „ismusses“, dieser oder jener „...aner“ oder „...isten“ geworden, und wozu braucht man dann noch das Wachstum Gottes? Man ist fix und fertig, und nur ein Gedeihen nach der Weise Laodicäa wird geschätzt, um - aus dem Munde des HErrn ausgespien zu werden.

Das Wachstum Gottes hat mit der Ewigkeit zu tun, denn

der Leib Christi hat ewiges Bestehen. Selbst eine Ortsgemeinde ist nur eine Art „Herberge“ (Luk. 10,34) und besteht nicht ewig, denn in einer Ortsgemeinde - die nach dem Muster des Wortes sich richtet - werden die Geretteten gepflegt. Dort warten sie auf das Wiederkommen ihres HErrn, dort dienen sie dem lebendigen und wahren Gott und lernen sich nach göttlicher Ordnung zu verhalten im Hause Gottes, „welches ist die Gemeinde des lebendigen Gottes“. (1. Tim. 3,15.) Denn wenn wir hier nicht lernen, uns in Gottes Gemeinde richtig zu verhalten, wie können wir dann dort in der Herrlichkeit als Sterne in vollem Glanze gefunden werden?! (Dan. 12,3.) „Denn es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit.“ (1. Kor. 15,41.)

Möchten wir uns mehr mit dem wahrhaftigen Wachstum Gottes beschäftigen und nicht mit einem künstlichen menschlichen Wachsen und Zunehmen! Wohl wird die Welt nur diesem Anerkennung zollen, denn die Welt hat nur Sinn für großartige Kirchen, große Zahlen, Reichtum, Gelehrsamkeit, Beredsamkeit usw., aber Gottes Reich kann sie weder sehen noch wahrnehmen, dafür fehlt ihr vollständig Licht, Klarheit und Verständnis. Doch wir wundern uns nicht darüber, denn sie hat auch unseren HErrn weder erkannt noch verstanden. Darum ist es besser, mit Ihm in Seiner Verachtung zu verharren um dann mit Ihm in Seiner Herrlichkeit offenbar zu werden bei Seiner Erscheinung in Seinem Reiche.

F. Btch.

Das Gebet Jabez'.

1. Chron. 4,9.10.

Sehr wenig ist über Jabez in der Bibel gesagt, aber in diesem Wenigen ist viel, sehr viel enthalten. Ein kurzes Lebensbild von diesem frommen Sohn Judas ist uns gegeben in einer kurzen Stelle, welche ungefähr in der Mitte von vierhundert Versen liegt, die fast gänzlich mit Namen, Familien- und Geschlechtsregistern ausgefüllt sind.

Ich erinnere mich, daß ein Christ erzählte, als er nach seiner Bekehrung anfing, seine Bibel fortlaufend durchzulesen (wie es jeder junge Gläubige tun sollte), und als er dann bei 1. Chron. ankam, dachte: „Welchen Nutzen hat es, diese ersten neun Kapitel durchzulesen, da sie ja fast nur Namen und keine Nahrung für deine Seele enthalten?“ Aber er erinnerte sich daran, daß in Röm. 15,4 geschrieben steht: „Alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“; er ließ sie nicht aus, sondern las weiter, bis er zu der Stelle von dem Segen Jabez kam. „Und“, sagte er, „ich bekam auch einen Segen - und was für einen Segen!“

Brüder, laßt uns unsere Bibel durchlesen, denn „alle Schrift ... ist nützlich“. (2. Tim. 3,16.) Es mag nicht alles uns selbst betreffen, aber alles ist für uns geschrieben. Wir können nicht den geringsten Teil von unserem gottgegebenen „Erbteil“ entbehren. David hatte nur einige wenige Äcker im Vergleich zu dem uns gewordenen Erbteil, aber er schloß diese Rechtsurkunden in sein Herz und rief: „Deine Zeugnisse habe ich mir als Erbteil genommen auf ewig!“ (Ps. 119,111.) Können wir seine Worte nachsprechen? Das Erbteil seiner Zeugnisse ist uns

jetzt zuteil geworden; aber haben wir es in Besitz genommen oder begnügen wir uns damit, hin und wieder kleine Besuche bei einigen Lieblingsstellen und -plätzen des Erbes zu machen?

Jabez hatte keine Bibel, kein göttlich-schriftliches Erbe, keine vollendeten Offenbarungen Gottes, wie wir sie haben. Er lebte in einer dunklen und bösen Zeit, und weil Dunkelheit ihn umgab, leuchtete um so heller sein persönlicher Glaube.

Aber Jabez war ein Mann des Gebetes! Darin lag das Geheimnis seinem Gelingens. Er hatte es mit Gott zu tun, der Quelle jeder Segnung, und er wurde gesegnet. Er nahm den niedrigsten Platz der Abhängigkeit vor Gott ein, und zur rechten Zeit erhöhte Gott ihn. (1. Petri 5,6.) Jabez war geehrter als seine Brüder, stieg zu Ehren und Ruhm auf auf der Leiter des Gebetes.

Wir wollen kurz einige Hauptzüge von dem Gebet betrachten, welches diesen Mann für alle Zeiten auszeichnete. Um jeden dieser Punkte besser unserem Gedächtnis einzuprägen, wollen wir sie einzeln hervorheben.

Er betete

ohne Furcht.

„Jabez rief zu dem Gott Israels.“ Sein Gebet war nicht ein gedämpftes, furchtsames Murmeln. Er flehte frei zu Gott, so daß es nicht verborgen blieb, auf wen er sein Vertrauen setzte. Sein Gebet betraf sowohl das Walten Gottes wider das Übel als auch seine eigene Segnung. Es war ein

Zeugnis - ein Zeugnis an alle, die es hörten, und Gott beachte es und ehrte ihn. (1. Sam. 2,30.)

Auch jetzt gibt es zwar noch solche, die an den Straßenecken beten, um von den Menschen gesehen zu werden - Gott möge uns bewahren, nicht zu dieser Zahl zu gehören! -, und dennoch ist das Gebet oft ein klares Zeugnis für Gott gewesen.

Welch ein Zeugnis war das Gebet von Salomo (1. Kön. 8,22-53), von Asa (2. Chron. 14,11), von Josaphat (2. Chron. 20,6-12) und von Daniel (Dan. 6,11)!

Denken wir weiter an die inhaltsvollen Zeugnisse der Gebete des Stephanus (Apg. 7,60), des Epaphras (Kol. 4,12) und der Gebete von Paulus und Silas in Apostelgeschichte 16,25!

Laßt uns diese Gebete einmal mit Ernst überdenken und auch beachten, wie sowohl die alttestamentlichen wie auch die neutestamentlichen Schreiber immer wieder und wieder auf ihre Knie gingen. Und wer von uns kann ermessen, wie diese Gebete, die in der Schrift erwähnt sind, für Gott gezeugt haben?

Und nun laßt uns zu unseren Tagen kommen! Was kann bewegender und eindrucksvoller sein, als wenn Kinder Gottes sich nicht scheuen, ihre Knie vor Gott zu beugen im Gebet; wenn ein Christ in einem öffentlichen Restaurant sein Haupt neigt in Gebet und Danksagung, ehe er seine Speise einnimmt; oder wenn ein junger Streiter des Kreuzes Christi an seinem Bette niederkniet in der Gegenwart seiner Schlafkameraden, ehe er sich zur Ruhe niederlegt?

Möchten wir uns hüten, daß wir uns nicht schämen oder fürchten, in der Stellung des Gebetes gesehen zu werden!

Solch eine Warnung ist durchaus nicht überflüssig.

Jabez betete

im Glauben.

Wie „ein wahrer Israelit“ erhob er sich zur Höhe seiner Berufung! Gott war ihm nicht nur der Gott Abrahams, der Gott Isaaks oder der Gott Jakobs, sondern der Gott Israels. Israel - Streiter Gottes - war der neue Name, den Gott lange zuvor Jakob gegeben hatte; Gott zeigte damit an, was Er aus ihm machen wollte und machte. Und Jabez rief Israels Gott an, der aus Jakob - Israel gemacht hatte.

Finden wir nicht eine innere Ähnlichkeit bei Jabez - dem „Schmerzensreichen“ - mit seinem Vater Jakob - dem ringenden „Gottesstreiter“ -, der sich in seiner Schwachheit an Gott klammerte und wie ein „Streiter Gottes“ mit Gott und mit Menschen rang und obsiegte? Und beide, Jabez und Jakob erfuhren dann an sich das, was David in so köstlicher Weise zum Ausdruck bringt in Ps. 113,7.8: „Der aus dem Staube emporhebt den Geringen, aus dem Kote erhöht den Armen, um ihn sitzen zu lassen bei den Edlen, bei den Edlen seines Volkes“.

Wir wenden uns jetzt nicht an den Gott Israels, denn wir kennen Ihn in einem höheren Charakter, wir beten zu Ihm als zu „dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Der Glaube, wie schwach wir auch sein mögen, erkennt Ihn in diesem Titel an, und im Gebet bemessen wir den Reichtum Seiner Liebe und Segnung nicht nach dem, was

wir sind oder was Gott zu uns ist, sondern nach dem, was Gott zu Ihm ist - zu Seinem Sohne, den zu ehren Seine Freude für ewig ist. Möchten auch wir wie Jabez in einem solchen Glaubensumgange mit dem wunderbaren Gott gefunden werden, der in einer solchen herablassenden Weise sich zu uns in Seinem Sohne geoffenbart hat!

Ein anderer Zug des Gebets Jabez' war die

Inbrunst.

Das erste, was uns von Jabez gesagt wird, ist sein Ruf zu Gott, ein Anruf tiefen Verlangens und heißen Sehnens nach dem Segen Gottes.

Wir lesen: „Das inbrünstige Gebet eines Gerechten vermag viel“. (Jak. 5,16.) So war es vor alters und so ist es noch. Solche Inbrunst braucht nicht viele Worte in sich zu schließen. Das Gebet von Jabez war sehr kurz. -

Wir hörten von einem einfachen Bruder, der in einer Gebetsversammlung aufstand und mit bebenden Lippen nur zwei Worte äußerte: „Herr Jesus!“ Aber alle, die dort waren, spürten die Inbrunst, mit der dieser Name angerufen wurde, und eine Kraft und ein Segen kam an diesem Abend über die Versammlung, den keiner sobald vergaß. Es war nicht das, was der Bruder sagte, sondern der inbrünstige Geist, in welchem er sprach und der jedes Herz zur Inbrunst zog.

Innigkeit im Gebet zeigt sich nicht im lauten Schreien oder in seelischen Erregungen und Äußerungen. Ein Seufzer (Röm. 8,23-26) oder eine Träne (Ps. 56,8) genügt oft, um Gottes Hand zu bewegen, auch wenn nur das Herz redet

und keine Worte gesprochen werden. Der stumme bittende Blick eines Bettlers mag beredter sein als eine Bitte in vielen Worten. „Dennoch werde ich wieder hinschauen zu Deinem heiligen Tempel“, sagte der arme Jona (2,5), und er tat es und bekam Befreiung.

„Ich ging durch eine Zeit großer Prüfungen und Drangsale, seitdem wir uns zuletzt sahen“, sagte ein teurer Mitpilger, „sie waren so schwer, daßich selbst nicht zu beten fähig war; aber“, fügte erhinzu, „ich bin in mein Zimmer gegangen, dort kniete ich nieder, Worte fand ich nicht, ich blickte nur hin zu meinem Gott. Und o, ich kann dir nicht sagen, welch ein Friede und Segen da in mein Herz einzog. Es war, als ob meine Seele hinauf in die Atmosphäre des Himmels gehoben würde, obgleich meine Lippen keine Worte fanden.“

Geliebte, laßt uns nicht träge sein im Gebet! Der Prophet klagte einst: „Und da war niemand, der Deinen Namen anrief, der sich aufmachte, Dich zu ergreifen“. (Jes. 64,7.) Ach, ist das nicht auch zuweilen unsere Klage? Möchten unsere Gebete inbrünstig im Geiste erfunden werden, ob sie im Verborgenen sind oder öffentlich, ob für uns selbst oder für andere!

Aber das Gebet Jabez' kann auch

bildlich

angesehen werden, indem wir einen geistlichen Sinn mit mit seinen Bitten verbinden. Er als ein irdischer Heiliger bat um irdische Segnungen, während unsere eigentlichen Segnungen himmlisch sind. (Ephes. 1,3.)

Jabez bat, daß seine Grenzen erweitert werden möchten.

Bitten wir in geistlicher Hinsicht um Erweiterung unserer Grenzen der Liebe, des Verständnisses und der geistlichen Besitztümer? Sind nicht viele arm in ihrer Seele und zufrieden mit der einfachen Tatsache ihrer Errettung vom Verderben? Sollten wir nicht mehr im Glauben unseren Fuß auf himmlisches Gebiet setzen, um unseren Besitz in den Dingen Gottes zu erweitern, um zu suchen und zu entdecken, zu lernen und zu erforschen, uns anzueignen und uns zu erfreuen an den Dingen, die uns in Christo geschenkt sind?

Jabez betete, daß Gottes Hand mit ihm sein möge. Begehren und schätzen auch wir die göttliche Gegenwart über alles andere? O, wenn Gottes Hand mit uns ist, so fallen alle Hindernisse, der Feind wird geschlagen, und die Türen des Segens, die niemand schließen kann, öffnen sich uns, und wir erfahren die schützende und tragende Kraft Seiner Hand.

Jabez bat, daß er vor dem Übel bewahrt bleiben möge.

Besitzen wir jene Abhängigkeit des Geistes, wie wir sie so vollkommen in dem Herrn Jesus sehen, als Er hier war? „Bewahre mich, Gott, denn ich traue auf Dich.“ (Ps. 16,1.) Welch ein Leben würden wir leben, wenn ein solches Gebet die Gewohnheit unserer Seele wäre und wir den Weg mit dem tiefen Bewußtsein wandelten, daß nur Gott allein uns zu bewahren vermag vor all dem Bösen, welches uns umgibt!

Zum Schluß sei noch bemerkt, daß das Gebet Jabez'

angenommen

wurde. „Und Gott ließ kommen, was er erbeten hatte.“ Sein Name mochte „Jabez“, der „Schmerzensreiche“, sein, aber er betete, daß das Leid, welches in seinem Namen eingeschlossen lag, nicht sein Teil werden möchte. Wie bewegend sind seine Worte: „Daß Du mich doch bewahren wollest vor dem Übel, daß kein Schmerz mich trifft!“ Jakob in seinen Tagen, nach einer langen Zeit schmerzlicher Zucht, hörte auf, ein „Ringender“ zu sein, und Jabez in seinen Tagen, obgleich von Geburt an ein Schmerzensmann, hörte auf, der „Schmerzensreiche“ zu sein. Beide waren fähig, durch die Macht und Wirkung des Gebetes in den Stand der Segnungen Gottes einzugehen.

Geschwister! Gebet ist nicht ein Sondermittel für gewisse Leiden, sondern es ist das Erfassen Seiner Liebe und Seiner Macht im Glauben, in allen Umständen unseres Lebens. So machen wir das „Tränental“ um uns her zu einem „Quellenort“ des Trostes, wo Ströme des Segens von oben sich über uns ergießen. (Ps. 84,6.)

„Der Segen Jehovas, er macht reich, und Anstrengung neben ihm fügt nichts hinzu.“ (Spr. 10,22.) Solches war der Segens Jabez'; möchte uns ein solcher werden!

C. - v. d. K.

„Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz.“

Gal. 4,4.

(Schluß.)

Unser geliebter Herr Jesus mußte also nicht sterben, weil Er etwa sterblich gewesen wäre - als Mensch, wie wir sterblich sind, weil wir unter die Sünde verkauft sind, aber Er ward Mensch, um sterben zu können. Wäre Er als Engel für uns auf die Welt gekommen, wie ja die fälschlich sogenannten „ernsten Bibelforscher“ (Bibelfälscher) in Ihm den Erzengel Michael sehen, dann hätte Er nicht sterben können (Luk. 20,36), aber Er ward Mensch, in „Seiner Gestalt“ und daraus folgenden Lebensbedingungen „als ein Mensch erfunden“, wie schon mehrfach betont, und darum konnte Er Sich freiwillig „erniedrigen bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze“. (Phil. 2,2.8.) Niemand hätte Ihm, der „das Leben“ ist, das Leben nehmen können, weder damals in Luk. 4,29.30 noch zu irgend einer Zeit, noch auch am Kreuze oder durch dasselbe. Er, der bereit war, „Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Matth. 20,28), konnte nicht desselben beraubt noch gezwungen werden, es zu „lassen“, wenn Er es nicht freiwillig dahingeben wollte, und das tat Er auf Golgatha zu Seiner Zeit, wie uns das Erstaunen des Pilatus zeigt, der sich wunderte, daß Er schon, nämlich vor dem üblichen Brechen der Beine, gestorben war. (Mark. 15,44; vgl. Joh. 19,32.33.36.) Joh. 10,17.18 gibt uns die ewig köstliche Belehrung über diese freiwillige Hingabe Seines Lebens, die dann eintrat, als alles vollbracht war, nicht zu früh, nicht zu spät, wie alles in Seinem Leben (vgl. z. B. Joh. 7,6a!), so auch dies am richtigen Platz, im richtigen Zeitpunkt, gleichsam wie Seine Geburt „von einem Weibe, unter Gesetz, als die Zeit erfüllet war“, so auch Sein Tod zur rechten Zeit, in göttlich-gesetzmäßiger

Vollkommenheit, ohne Hast und Unruhe, aber auch ohne die geringste Verzögerung. Wie kostbar ist das alles! Obwohl „unter Gesetz, so doch nicht in dem Sinne, daß ein sterblicher Leib dem Tode hätte seinen Tribut zahlen müssen, sondern: „Ich habe Gewalt- Vollmacht -, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen! dieses Gebot habe Ich von Meinem Vater empfangen“. (Joh. 10,18.) Und stets hieß es für Ihn: „Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust“. (Ps. 40,6-8; vgl. Hebr. 10,5-10!)

Also obwohl „unter Gesetz“, so doch nicht unter dem Gesetz des Sterbenmüssens (weil nicht unter dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm. 5,12; vgl. vorige Lief.!). Aber sagt die Schrift, ja Er Selber nicht öfter, z. B. Luk. 24,26: „Mußte nicht der Christus ...?“ - Ja, aber „leiden“ - nicht „sterben“! Nirgends, soweit ich sehe, steht, daß Er hätte sterben müssen. In keiner Seiner Leidensankündigungen sagt Er: „Der Sohn des Menschen muß sterben!“ Wohl sagt die Schrift: Er muß in die Hände sündiger Menschen überliefert werdet, ja auch: „Er muß getötet werden“, was uns unseren menschlichen Anteil an Seinem Tode zeigt - den Justizmord der Juden, der nicht möglich gewesen wäre, wenn Er eben nicht freiwillig Sein Leben gelassen hätte - aber nirgends läßt die Schrift einen Ausdruck sehen, der auch nur, wenn mißverstanden, die Deutung zuließe, daß Er hätte sterben müssen. Zum Vergleich hier wohl sämtliche Leidensverheißungen, voraus- und rückblickend: Matth. 16,21; 17,10-13.22.23; 20,17-19; 26,24.45; Mark. 8,31; 9,12; 10,32-34; 14,21; Luk. 9,22.44; 17,25; 18,31-34; 22,20-23.37; 24,7.26.44.46; Apgesch. 17,3; Apgesch. 1,16; Joh. 3,14; 12,32-34; 20,9. Es ist, als ob die Schrift sich so vorsichtig

wie möglich ausdrückte, damit ja keiner etwas Falsches herauslesen könnte. Gottes Wort wacht über die Ehre des Sohnes Gottes und Sohnes des Menschen. Der Vater Selber wacht darüber, „daß alle den Sohn ehren“! (Joh. 5,23; 8,50.)

Aber gibt's nicht doch Stellen, die andeutungsweise übelwollenden, oberflächlichen Lesern recht geben, wenn sie sagen, Jesus habe doch sterben müssen wie wir? Meines Wissens nicht, denn Joh. 12,33 sagt nicht, daß Er „sterben mußte jenes Todes“, am Kreuze „erhöht“, sondern daß Er jenes Todes sterben sollte, d. h. bestimmungs-, verheißungsgemäß sollte Er oder (wörtlich): „war Er im Begriff“, „erhöht“ zu sterben. Das bedeutet diese Stelle, nicht aber darf man hineinlesen, daß hier etwas von „Müssen“ stünde, d.h. von naturhaftem Sterbenmüssen. Und genau ebenso ist es mit der wunderbaren Stelle Joh. 11,49-53. Was aber die Stelle Joh. 19,7 anbelangt, so verbietet der Wortlaut ebenfalls das „Sterbenmüssen“, einmal schon durch den Zusammenhang und dann ebenso sehr durch das Wort, das im Grundtext für „muß“ steht; es heißt nämlich im Zusammenhang mit jener Gesetzesauslegung: „Er ist schuldig, zu sterben“. (Übrigens ist diese ganze Stelle auch bemerkenswert im Blick auf unser Thema.)

Ich habe mich bei diesen Darlegungen so lange aufhalten müssen, um nach allen Seiten hin die böse Meinung zu widerlegen, die der Feind immer wieder aufbringt, als habe unser herrlicher HErr wie wir sterben müssen. Nein, nun und nimmer! In Ihm lag kein Todeskeim der Sünde, und auf Seinem Wege lag kein noch so leises Abweichen, und ebensowenig wie Er („Das Heilige“- Luk. 1,35; vgl.

1. Lief.!) hätte sündigen können, ebensowenig hätte Er sterben müssen, ja auch nur können, wenn Er nicht freiwillig auch diesen Gipfelpunkt des stellvertretenden Sühneleidens auf Sich genommen hätte: „Seine Seele“, d. i. Sein Leben, „auszuschütten in den Tod“. (Jes. 53,12!)

Aber Er ward „geboren unter Gesetz“ und konnte Sich freiwillig auch da dem Gesetz unterstellen, wo es nun und nimmer über Ihn hätte seine zwingende Gewalt ausüben können - auf dem Gebiete des Todes. Nicht daß Er hätte um Seinetwillen sterben müssen - war Er doch kein Gesetzesübertreter, sondern vielmehr der erste, der es wirklich hielt! Ja, Er war dazu gekommen (Matth. 5,17.18) - aber Er und nur Er, der Gerechte und Heilige, konnte freiwillig an den Platz der Ungerechten und Sünder treten und ihre Gesetzesübertretung freiwillig auf Sich nehmen, so daß Er auf diese Weise nicht nur dem Tode preisgegeben wurde, sondern sogar rechtlich (nicht naturhaft!) sterben mußte, das ist aber: „getötet werden“ mußte! Noch einmal! Nicht mußte Er sterben naturhaft, denn Er trug nicht unsere Natur - Preis sei Ihm! -, nicht mußte Er sterben um Seinetwillen, denn „Er tat nicht Sünde“ - Anbetung sei Ihm! - Aber - in tiefster Ehrfurcht sei's gesagt:

Da Er den Platz des Sünders einnahm, der als Sünder unter „dem Gesetz der Sünde und des Todes“ steht (Röm. 8,2), da Er an den Platz der Seele trat, von der es heißt: „Die Seele, die sündigt, soll sterben!“ (Hes. 18,4); da Er deinen und meinen Platz einnahm; mein und dein Stellvertreter ward, für mich und dich „zur Sünde gemacht“ ist (2. Kor. 5,21); unser Schuld- und Sündopfer (Jes. 53) geworden ist - so mußte Er stellvertretend

sterben, damit „die gerechte Forderung des Gesetzes“ (unter dessen Kraft Er Sich freiwillig stellte bei Seiner Geburt!) „erfüllt würde in uns“ (Röm. 8,1-4)! Das tat Gott, das, was uns unmöglich war, ermöglichte Gott, durch Seinen eigenen Sohn (V. 3!); Preis und Anbetung Seinem herrlichen Namen!

Um aber uns durch Sein stellvertretendes Opfer „loskaufen“ zu können (Gal. 4,5), uns, die wir als aus den Juden sowohl wie aus den Nationen „unter Gesetz“ waren, „geknechtet unter die Elemente der Welt“ (V. 3, vgl. V. 9.10), darum ward auch Er mit Seiner Geburt „von einem Weibe“ - „geboren unter Gesetz“! Er gab, obwohl stets der Sohn, Seine Freiheit freiwillig auf, um an dem Platze, in dem Zustand, in dem wir waren, uns kennen, ja, mit uns fühlen zu lernen: „unter Gesetz“! Und wie vollkommen ging Er den Weg des Gesetzes! Was muß für Ihn, den Vollkommenen, dieser Weg ständiger Abhängigkeit, ständigen Gehorsams gewesen sein unter solchen, die nichts als Gesetzesübertreter waren - das war auch ein Leiden! Doch Er ging den Weg „unter Gesetz“ bis ans Ende, und da Er ihn nicht beenden konnte, wie wir, bis Er kam, es mußten - nämlich durch den Tod, durch das Sterbenmüssen -, so hat Er ihn stellvertretend für uns in gleicher Weise beendet; mit Seinem Tode „am Fluchholz“, indem Er wurde ein Fluch für uns“! (Gal. 3,13.) Aber dieses Sterben beruht auf einem anderen Muß als das unsere; es ist das heilige „Muß“ nicht der Natur, aber auch nicht nur und nicht so sehr nur das der sittlichen Pflicht, sondern in erster Linie das „Muß“ der Liebe (wie in Joh. 4,4 und Luk. 19,5), und mit diesem hat Er uns „losgekauft (befreit) von dem Fluche des Gesetzes, auf daß der Segen Abrahams in Christo Jesu zu den

Nationen käme, auf daß wir die Verheißung des Geistes empfingen durch den Glauben“. (Gal. 3,13.14.) Gepriesen sei Sein herrlicher Name! Welch eine Erlösung, welch ein Opfer, welch ein Heil, welch ein Rettergott, welche Liebe!

„O Gott sei gelobt für die Liebe im Sohn,

Der mit Blut uns erkauft, und dann aufstieg zum Thron!

Halleluja, sei gepriesen!“

Und nun bin ich endlich am Schluß! So haben wir durch Seine Gnade ein wenig „sehen und schmecken“ dürfen von dem Reichtum dieser kostbaren Stelle Gal. 4,4: „Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“. Möchte es den lieben Lesern wie mir zum Segen gedient haben!

„Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott, wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Ps. 139,17.)

F. K.

Das normale im Leben eines Gotteskindes.

Der Wille Gottes ist in der Heiligen Schrift als die Lebensnorm für das einzelne Gotteskind niedergelegt. Normal ist unser inneres Leben, wenn Gottes Wille sich in uns verkörpern kann:

„In Wort und Werk und allem Wesen,

Sei Jesus und sonst nichts zu lesen!“

Aber schon Hiob hat es ausgerufen: „Siehe, unter Seinen

Heiligen ist keiner ohne Tadel!“ (Hiob 15,15.) Und die Schrift, welche so meisterhaft das Leben der Erzväter und Patriarchen, ja bis zu den Aposteln hin skizziert, bestätigt die Wahrheit, die Hiob tief empfand. Und doch hat unser Gott und Vater ein Ziel mit uns. Einer ist ohne Sünde, Einer ragt über alle hinaus: Jesus Christus, der Anfänger und Vollender unseres Glaubens. „Ihr seid vollkommen in Ihm“ (Kol. 2,10), sagt Paulus und gibt damit das tausendfältige Echo unserer Herzen wieder. Der Ausdruck unseres Vertrauens heißt: In Ihm!

Wenn wir den normalen Adam vor dem Sündenfall betrachten und damit das Ziel, so können wir daraus gar manches für das Leben eines normalen Gotteskindes lernen. Es heißt in 1. Mose 2,15, daß Gott den Menschen in den Garten Eden setzte, daß er ihn baue und bewahre. So war also der erste Mensch ein Pfleger und Hüter des Gartens. Wie der Garten Eden, so bedarf Pflege und Schutz auch unser inneres Leben, um zu Gottes Wohlgefallen heilig zu sein in allem Wandel. Sehen wir Adam hierauf hin an: Der einzige Verkehr, den Adam hatte, bestand darin, daß Gott mit ihm redete, ihm sagte, was er tun und lassen sollte. Es ist Pflege, Seelsorge, wenn der große Gott durch Seinen Heiligen Geist mit uns redet, und wir sollten unserem inneren Leben mißtrauen, wenn Seine Stimme in unseren Lebensgebieten nicht mehr hörbar ist. Mit den anderen Geschöpfen hatte Adam keinen Verkehr. Es war keines da, das ihm entsprochen hätte. Es ist nicht normal, wenn das Geschöpf und die Schöpfung uns mehr ausfüllen, als Gott und Sein Wille und Plan mit uns.

Das einzige Wort, die volle Autorität für und in Adams

Leben, war Gottes Wort. Er hat sich vor dem Sündenfall nur diesem Gotteswort hingegeben und stand gehorsam darunter. Es war sein Schutz die Bewahrung für ihn, wie es auch für Christus die Waffe gegen Satan war.

Gemeinschaft mit Gott und Hingabe an das Wort unseres Gottes sind im Leben eines Gotteskindes immer das Normale.

So wollen wir uns auch aus den ersten Menschheitstagen belehren lassen, was für uns das Normale ist. Und darum wurde auch Jesus unser Erlöser, um alles das zu beseitigen, was durch den Sündenfall über uns kam. Sein Leben auf Erden zeigt uns, welchen Wert Er auf die Gemeinschaft mit dem Vater und auf den in den Schriften geoffenbarten Witten Gottes legte, Seine Fußstapfen beweisen uns, daß Pflege und Schutz auch in Seinem Leben hienieden (als dem eines von Gott abhängigen Menschen) gefunden wurden (Luk. 22,42; Luk. 4,8.12), und sie sind uns ein Beispiel für unsere normale Einstellung.

So liegt auch in unserem Leben das Normale in dem Umgang mit dem HErrn und im Erkennen und Ausleben Seines Willens. Nicht, daß wir einen Entschluß fassen, den HErrn mehr aufzusuchen in unserem Kämmerlein, nein, daß wir zu Hause sind, wenn Er kommt! Am Abend, erwartet von Adam, kam der HErr. - Wenn die Hitze des Tages vorbei, Schöpfung und Mensch die Ruhe gefunden, dann kam der HErr. Es ist so unsere Art, wenn wir in der Hitze des Tages, in Kampf und Leid stehen, unsererseits die Gemeinschaft mit dem HErrn zu suchen, und sicher mit Recht, aber es gibt auch noch etwas anderes. Adam ging aus der Gemeinschaft mit Gott gestärkt in den neuen Tag

mit seinem ihm von Gott angewiesenen Aufgaben und hatte als Freude, am Abend Gott wiederzusehen. - Dann schwieg er, und Gott konnte reden. - Bauen und bewahren, Erhaltung (nicht Verlust unserer geistlichen Beziehungen), Sieg (nicht Niederlage) ist Gottes persönliches Ziel mit uns.

Und es blieb bei ihm auch noch normal, als Gott dem Adam die Gehilfin zugesellte. (1. Mose 2,18.) Die Eva war kein Hindernis für ihn im Umgang mit Gott und im Ausleben Seines Willens. Der reine Schmelz der Ehe, ja, selbst der Genuß im früchtereichen Garten, stand in keinem Widerspruch zu dem von Gott Erlaubten. Wer erkennt nicht, daß er Pflege von Gott und Schutz durchs Wort braucht, gerade in dieser Beziehung?!

Adam sollte bauen und bewahren. Er fehlte darin völlig. Jesus kam, der zweite Mensch, und in Ihm sehen wir die vorbildliche Glaubenshingabe und den vollkommenen Gehorsam (Röm. 5,19), und durch Ihn ward es uns wieder möglich, in jenem gesegneten Zustand der Gemeinschaft mit Gott und der Erkenntnis und Ausübung Seines Willens zu leben. Der Glaube nimmt diese Tatsache an. Wir öffnen uns der herrlichen Gnade Gottes, der Heilige Geist kann wieder wirken, und unser Leben füllt das von oben „Gegebene“ aus. (Röm. 6,12.13; 1. Kor. 10,31; 1. Joh. 2,24.25.27.) Christus ist nun da und wohnt in unserem Herzen und bestimmt uns in unserem Handeln, Denken und Wollen, und wir finden uns zurück in das Normale des geistlichen Lebens.

Die Fingerzeige für das Leben in der Heiligung stehen in der Schrift und werden uns deutlicher, je mehr der HErr uns weisen kann.

Ed. v. d. K.

Frage und Antwort

 

Auf die Frage 4 nach der Bedeutung der Räder in Hes. 1 bekam ich kurz nach Drucklegung der dritten Lieferung von unserem Br. und alten Mitarbeiter Th. K. völlig unerwartet noch eine Antwort, die ich unseren w. Lesern nicht vorenthalten möchte - ausnahmsweise freilich, da es nicht zu unseren Gepflogenheiten gehört, schon beAntwortete Fragen in der nächsten Lieferung noch einmal aufzunehmen. - Der HErr aber wolle Gnade geben, daß auch diese zweite Antwort Den Lesern, die nach Art derer von Beröa (Apgesch. 17,11) „die Schriften untersuchen“, zur Klärung dieser schwierigen Frage (betr. welcher angesichts unseres „stückweisen Erkennens“ [1. Kor. 13,12] wohl verschiedene Abfassungen denkbar sind!) diene - und damit zum bleibenden Gewinn und Segen!

Der Schriftl. F. K.

Zu der Frage betreffs der Räder in Hes. 1.

Antwort B

Die Räder können selbstverständlich nicht für sich allein erklart werden, sondern nur in Verbindung mit dem ganzen Gesicht, zu dem sie gehören. Über dasselbe gibt es mancherlei Deutungen. Wir maßen uns nicht an, das Gesicht deuten zu können, sondern möchten nur einige Gedanken darüber äußern, die wir als Anregung zum eigenen Nachdenken aufzufassen bitten.

Aus Kap. 1,28b - 3,27 sehen wir, daß der Prophet in Verbindung mit dem Gesicht den Auftrag empfing, zu dem „Hause Israel“ zu gehen und Seine - Jehovas - Worte zu ihnen zu reden, und die folgenden Kapitel zeigen weiter, daß es sich hierbei ganz ausschließlich um Israel handelt. Schon dieses deutet darauf hin, daß das Gesicht in Beziehung zu Israel steht. Mehr noch tritt letzteres durch die Verbindung zutage, in der wir das in Kap. 1 gesehene Bild in Kap. 8,4; 10,1-22 und 11,22-24 und dann nochmals in Kap. 43,1-6 wiederfinden. In ersteren drei Stellen finden wir es in Verbindung mit dem Weggang der Herrlichkeit Jehovas aus dem Hause Jehovas und der Stadt Jerusalem infolge der Untreue und Abtrünnigkeit des Volkes Israel, und in der letzteren Stelle finden wir es in Verbindung mit der Rückkehr der Herrlichkeit Jehovas in „das Haus“. Diese Stellen und der ganze übrige Inhalt des Buches Hesekiel machen es uns zur Gewißheit, daß dieses Gesicht lediglich in Beziehung zu Israel steht, und zwar zeigt uns der Inhalt der durch den Propheten gegebenen Weissagungen, daß es sich um Seine Wege des Gerichts mit diesem Volke in Seiner Regierung, aber am Ende auch um die Erfüllung Seiner Segensverheißungen - beides nach Seinem untrüglichen Worte - handelt. In dieser Überzeugung werden wir weiter bestärkt, wenn wir die Beschreibung der vier lebendigen Wesen hier und derjenigen in Offenb. 4,6-8 vergleichend betrachten. Wir haben keinen Zweifel, daß es sich an beiden Stellen um dieselben vier lebendigen Weisen handelt, aber wir finden eine große Verschiedenheit, nicht nur darin, daß in Offenb. 4keine Räder gesehen werden, sondern auch in ihrer Gestalt, ihren Angesichtern und der Zahl ihrer Flügel: In Offenb. 4 ist das erste lebendige

Wesen „gleich einem Löwen“ - hat also nicht nur das Angesicht eines Löwen, sondern auch dessen Gestalt -, das zweite „gleich einem Stiere“, das dritte hatte „eines Menschen Angesicht“, und das vierte ist „gleich einem fliegenden Adler“, und jedes hat sechs Flügel, während in Hes. 1 alle vier - jedes von ihnen - die Gestalt eines Menschen haben und jedes vier Angesichter - Mensch, Löwe, Stier und Adler - und jedes vier Flügel hat. Diese Unterschiede in ihrer Erscheinung sind u. E. durch die Beziehung bedingt, in der die vier lebendigen Wesen an der betreffenden Stelle gezeigt werden, und zwar glauben wir, daß - abgesehen von den anderen Unterschieden - die Menschengestalt der lebendigen Wesen und das Vorhandensein der Räder in Hes. 1 Dinge sind, die auf die besondere Beziehung zu dem Menschen, und zwar dem Volke Israel, und dessen Berufung entsprechend auf besonderes Verbundensein mit der Erde hindeuten. Diese Feststellung - daß das Gesicht auf Israel Bezug hat - ist wichtig, weil wir daraus ersehen, daß auch in den Rädern etwas dargestellt wird, was mit Israel zu tun hat.

In der Beschreibung des Gesichtsunterscheiden wir drei Hauptteile: oberhalb der Ausdehnung den Thron und darauf „eine Gestalt wie das Aussehen eines Menschen“ (V. 26); unterhalb der Ausdehnung die vier lebendigen Wesen (V. 5-14.22-25), und „auf der Erde neben den lebendigen Wesen“ die vier Räder (V. 15-21). In dem ersten Teile sehen wir „das Bild der Herrlichkeit Jehovas“ (V. 28b), und in den vier lebendigen Wesen, die nach Kap. 10,1.3.5ff. Cherubim sind, in ihrer Stellung und Beziehung hier die Darstellung der Gegenwart Jehovas und die Vollstrecker Seines Willens, sei es in Seiner Regierung im allgemeinen oder im Gericht im besonderen, auf welches

letztere das „Feuer“ in V. 4 und die Beschreibung in V. 13 und 14 besonders hindeuten. Aber was stellen die Räder dar? Daß sie „voll Augen ringsum“ waren und daß „der Geist des lebendigen Wesens“ in ihnen war (V. 18.20), läßt uns klar ernennen, daß die Räder die Darstellung nicht einer toten Sache, sondern lebender Wesen sind, die eine Aufgabe zu erfüllen hatten, welche größte Aufmerksamkeit und Einsicht erforderte und die sie in Gehorsam gegen die vier lebendigen Wesen und in Abhängigkeit von diesen ausübten. Letzteres ergibt sich aus der Stellung der Räder zu den lebendigen Wesen und der Tatsache, daß sie durch „den Geist des lebendigen Wesens“ vollständig beherrscht wurden. Natürlich kann es sich nur um Geistwesen handeln, dem ganzen Bilde und Zusammenhange nach. Daß sie in der Form eines Rades (Ring, Kreis) dargestellt sind, bringt vielleicht zum Ausdruck, daß ihr Dienst ein fortgesetzter, ununterbrochener ist und daß Diener ohne Zahl, ohne Ende, zur Verfügung stehen. Wir sehen also in den Rädern Geistwesen, die den vier lebendigen Wesen unterordnet und gehorsam sind, welch letztere wiederum dem Willen Dessen gehorchten, der auf dem Throne saß. Aber was für Geistwesen sind es? Unseres Erachtens können es nur die nichtgefallenen Engel sein, da außer diesen uns nach dem Worte Gottes keine Geistwesen bekannt sind, die in dem hier gezeigten Verhältnis zu den vier lebendigen Wesen, und somit zu Gott, stehen konnten. Wenn wir uns nun daran erinnern, daß dieses Gesicht, wie wir am Anfang festgestellt haben, in Beziehung zu Israel steht und daß mit diesem Volke der Dienst der Enget in ganz besonderer Weise verbunden ist (s. z. B. 2. Mos. 14,19; 23,20; 33,2; 2. Sam. 24,16; 1. Kön. 19,5; 2. Chron.

32,21; Luk. 1,11.26; 2,9.13; Joh. 5,4; Apgesch. 7,53 u. a. m.) und daß Ps. 103,20.21 es von den Engeln heißt: „... ihr Gewaltigen an Kraft, Täter Seines Wortes, gehorsam der Stimme Seines Wortes“, „ihr Seine Diener, Täter Seines Wohlgefallens“, und in Ps. 104,4: „Der Seine Engel zu Winden macht, Seine Diener zu flammendem Feuer“, dann liegt der Schluß sehr nahe, daß die Räder eine Darstellung der den vier lebendigen Wesen untergeordneten Engel sind als der Werkzeuge, deren die lebendigen Wesen sich zur Ausführung des Willens Jehovas bedienten und bedienen. -

Es läßt sich wohl auch eine Anwendung des Gesichts auf neutestamentliche Dinge machen, z. B. auf die Gemeinde, aber es kann eben nur eine Anwendung sein, keinesfalls aber kann es als der wirkliche Gegenstand angenommen werden, da diese Dinge im Alten Testament nicht geoffenbart sind, sondern nur im Neuen. Das Gesicht hat nicht die Zeit der Gemeinde zum Gegenstand, sondern die Zeit des Volkes Israel, die jetzt nicht ist, sondern in der Vergangenheit und in der Zukunft liegt; und ebensowenig stimmt es in seinem Charakter mit der Gemeinde überein, denn diese ist durch Gnade allein gekennzeichnet, jenes aber durch ausführende Macht und Gericht.

Th. K.

Eine Bibelstunde über die Sünde und die Sünden.

Es ist keine Haarspalterei, wenn wir zwischen der „Sünde“ und den „Sünden“ sorgfältig unterscheiden. Obgleich beide eng miteinander verbunden sind, besteht doch ein bedeutender Unterschied zwischen beiden.

In Röm. 5,12 finden wir diese beiden Seiten in einem Verse der Schrift: „Gleichwie durch einen Menschen die ‚Sünde‘ in die Welt gekommen und durch die Sünde der Tod und also der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil sie alle ‚gesündigt (Sünden begangen) haben‘.“ Die „Sünde“ ist das, was durch Adams Fall in die Welt kam; gerade wie das Gift einer Schlange, wenn es in den Körper eines Menschen gekommen ist, sein ganzes System durchläuft und sein tödliches Werk tut, so hat auch die „Sünde“, das Gift jener alten Schlange, des Teufels, des Menschen Sinne durchdrungen und verdorben, und die Folge davon ist: „Alle haben ‚gesündigt‘.“

Die „Sünde“ ist also der sündige Naturtrieb, die Quelle, die treibende Wurzel. Die „Sünden“ dagegen sind die schädlichen Früchte, die daraus hervorkommen. Dies dürfte klar sein.

Laßt uns nun einen Schritt weiter gehen und fragen, was diese „Sünde“ ist, die in die Welt eingedrungen ist. Die Antwort gibt uns 1. Joh. 3,4: „Die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“, d. h. die Sünde ist ihrem Wesen nach Gesetzlosigkeit. Aber dieser Vers berührt auch die andere Seite, die der Sünden, das Tun der Sünde. Der Vers lautet: „Jeder, der die Sünde tut (ausübt), tut (übt aus) auch die Gesetzlosigkeit, und die Sünde ist die Gesetzlosigkeit“. Wir sehen auch an dieser Stelle wieder den großen Unterschied, den die Schrift zwischen diesen beiden Dingen „Sünde“ und „Sünde tun“ macht.

Fragen wir uns nun: „Was ist Gesetzlosigkeit?“ Gesetzlosigkeit ist die Beiseitesetzung jedes Gesetzes, die Ablehnung aller in göttlicher Oberhoheit gegebenen

Gebote und Verordnungen, und das Durchsetzen des eigenen Willens im Verwerfen des göttlichen Willens. Das ist die Sünde, und genau dasselbe kommt auch in dem „Sünde tun“ zum Ausdruck. Wir sehen dieses schon bei Adam, als er die erste Sünde tat, indem er von der verbotenen Frucht aß.

Wie furchtbar waren die Folgen dieser ersten Sünde Adams und des damit zusammenhängenden Eintrittes der „Sünde“ in die Welt. Statt daß der Mensch einem leuchtenden Planeten gleich, durch die Sonne beherrscht, sich aufwärts bewegte, ist er dem Irrsterne gleich geworden, von dem die Schrift so bezeichnend sagt: „Irrsterne, denen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist“. (Jud. 13). Statt ein Herrscher zu sein, wird er nun durch das Böse beherrscht, welchem er sich selber ergeben hat. Die „Sünde“ hat die Herrschaft über ihn gewonnen und bringt fortgesetzt „Sünden“ hervor. Dabei übt sie einen solchen abstumpfenden, tötenden Einfluß auf das Gewissen des Sünders aus, daß dieser das rechte Bewußtsein über seinen Zustand verliert.

Wenn Gottes Gnade in einem Menschen zu wirken anfängt und der Heilige Geist an einer Seele arbeitet, so wird er zum Bewußtsein seines wahren Zustandes zurückgeführt. Er sieht sein vergangenes Leben in dem Lichte Gottes, und seine Sünden werden ihm zu einer brennenden Frage. Die erste Wirkung ist dann ein Schrei des Schmerzes und der Not; und seine Unruhe hört nicht eher auf, bis er den Wert des kostbaren Blutes Christi erkannt hat und durch Glauben sagen darf: „Meine Sünden sind mir vergeben um Seines Namens willen“.

Später dann (und dies ist die Erfahrung der meisten

Gläubigen) erhebt sich die Frage der „Sünde“. Er macht die schmerzliche Entdeckung, daß, obgleich seine Sünden vergeben sind, ein Prinzip, eine Natur, eine Wurzel in ihm ist, aus welcher immer wieder das Sündenübel hervorkommt. Und es ist bereits ein Schritt vorwärts, wenn ein Gläubiger anfängt, zu sehen, daß die in ihm wohnende „Sünde“ (das Gesetz der Sünde in seinen Gliedern, Röm. 7,20.23) die Quelle seines Schmerzes und seiner Sorge ist. Manche Gläubigen sind so ausschließlich mit ihren Sünden (den traurigen Früchten) beschäftigt, daß sie die Wurzel, aus der diese kommen, gar nicht beachten.

Vor einigen Jahren wandte sich ein junger Mann an einen älteren Bruder und klagte ihm, daß trotz aller Gebete und Anstrengungen immer wieder Sünden sich in sein Leben und Betragen einschlichen. Sünden und wieder Sünden war der Refrain seiner Klage.

„Auf welchem Baume wachsen Äpfel?“ war die einzige Antwort, die er erhielt.

„Nun, auf einem Apfelbaum“, sagte der erstaunte junge Mann. Die Frage schien ihm so unpassend und lächerlich.

„Und auf was für einem Baume wachsen Pflaumen?“

„Auf einem Pflaumenbaum.“ Sein Erstaunen nahm zu.

„Und auf welchem Baume wachsen Sünden?“, war die nächste Frage.

Es entstand eine Pause, dann sagte er mit einem Lächeln: „Auf einem Sündenbaume, müßte ich meinen“.

„Du hast recht geAntwortet, mein Junge,“ sagte sein

Freund, „gerade dort wachsen sie.“

Merke dir den Punkt! Die Sünden, die die Gläubigen zu beklagen und zu bekennen haben, sind nicht einzelne lose Sünden, die der Feind ohne Zusammenhang nur so einzeln in unser Leben hineinstreut, sondern sie sind Früchte einer in uns liegenden Wurzel, und diese Wurzel ist die „Sünde“. Die Schrift sagt: „Wenn wir sagen, daß wir keine ‚Sünde‘ haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns“. (1. Joh. 1,8.) Wenn die Schrift solches sagt, so haben wir nichts anderes zu sagen.

Nun liegt die Frage nahe: „Wie werden wir frei von dieser in uns wohnenden Sünde?“ Die Antwort liegt in dem einen Wort: „Tod“.

Der Tod oder noch besser, die Auferstehung oder Verwandlung, welche unser Teil sein wird, wenn der Herr Jesus kommt, wird die Sünde, soweit sie uns betrifft, auf immer beseitigen. Jeder Gläubige blickt wartend und mit Freuden danach aus; aber blicken wir auch mit derselben Freude zurück auf den Tod des Herrn Jesus, der die Grundlage unserer Befreiung von der Sünde ist?

Laßt uns einen Augenblick unsere Gedanken auf Röm. 6 richten. Wir lesen dort Vers 10: „Denn was Er gestorben ist, ist Er ein für allemal der Sünde gestorben; was Er aber lebt, lebt Er Gott“. Er starb nicht nur für unsere „Sünden“ (indem Er sie sühnte), sondern Er starb auch der „Sünde“, und der Heilige Geist belehrt uns, daß, einsgemacht mit Ihm in Seinem Tode, auch wir uns deshalb der Sünde für tot zu halten haben. Durch Glauben dürfen wir Seinen Tod als den unseren uns aneignen, so daß, wenn Er ein für allemal der Sünde gestorben ist,

auch wir der Sünde gestorben sind. Beachten wir in den Versen 10 und 11 die Worte: „also auch ihr“. „Was Er gestorben ist, ist Er ein für allemal der Sünde gestorben; was Er aber lebt, lebt Er Gott. Also auch ihr(!) haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu.“

Dieses heißt nicht, daß ich in mir selbst tot bin, sondern Christus starb der Sünde, und darin liegt mein Recht, mich der Sünde für tot zu halten und Gott zu leben in Christo Jesu. Die „Sünde“ ist auch nicht tot in mir, aber ich bin für die Sünde tot. Als ein mit Christus Gestorbener bin ich nicht mehr unter ihrer Herrschaft.

Manche möchten tot in sich selbst sein, und sie sehen prüfend in sich hinein, ob sie gestorben sind. Aber die Wahrheit ist: Wir sind nicht in uns selbst tot, sondern, einsgemacht mit Ihm, sind wir gestorben mit Christo. Christus starb, dies war eine Tatsache, und das, was von Ihm tatsächlich wahr ist, ist in der Aneignung des Glaubens auch wahr für mich. Es ist eine große Sache, wenn der Glaube dies erfaßt. Wir sind nicht in uns selbst gestorben, nicht in uns selbst auferweckt, nicht in uns selbst lebendig gemacht, sondern wir sind mit Christus gestorben (Röm. 6,8), mit Christus auferweckt (Kol. 3,1), mit Ihm lebendig gemacht (Kol. 2,13).

So wie niemand in sich blicken wird, ob Er auferstanden ist, so gibt es auch für uns kein Gestorbensein der Sünde ohne Ihn - ohne die Todesgemeinschaft mit Christus - und kein „Gott leben“, ohne die Lebensgemeinschaft mit Christus. Wir können nicht Gott leben in Adam, sondern nur in Christus Jesus. Und in unserem Glaubensleben gibt es auch nur die eine Reihenfolge: 1. Er starb der Sünde, 2. Er lebt Gott. Das ist die Ordnung auch für uns.

Wichtig zu beachten ist ferner auch, daß die Sünde, der Er starb, nicht in Ihm war; sie war um Ihn, sie umgab Ihn, aber „Sünde ist nicht in Ihm“. (1. Joh. 3,5). Bei uns ist es anders, nicht nur umgibt sie uns als das herrschende Prinzip in der Welt, sie ist auch drinnen in uns das herrschende Prinzip in unseren Gliedern.

Der Tod Christi war auch die völlige Verurteilung und Verdammung der Sünde. Wir lesen Röm. 8,3, daß „... Gott, Seinen eigenen Sohn in Gleichgestalt des Fleisches der Sünde und für die Sünde sendend, die Sünde im Fleische verurteilte ...“ Am Kreuze wurde die Sünde in ihrer ganzen Schrecklichkeit offenbar (denn die Gesetzlosigkeit erreichte dort ihren Höhepunkt), und dort fand in dem heiligen Opfer Christi auch ihre Verurteilung statt.

Merke dir sorgfältig diese Unterscheidung! Die „Sünden“ sind getragen, gesühnt, und ihr Gericht hat stattgefunden. Die „Sünde“ in ihrem Wesen ist enthüllt und verurteilt worden, und wir sind ihr gestorben im Tode Christi. Dies alles bedeutet das Kreuz und noch viel mehr. Welche Gerechtigkeit, Gnade und Liebe Gottes umfaßt doch das Kreuz! Wie steht es in seiner Bedeutung unerreicht und unerreichbar vor uns!

*

Wir lesen in Joh. 1,29 von der „Sünde der Welt“, und in Röm. 8,3von der „Sünde im Fleisch“. Ist zwischen diesen beiden Stellen ein Unterschied, und wie sind sie von den Sünden der Einzelnen zu unterscheiden?

Der Ausdruck „die Sünde der Welt“ in Joh. 1,29 umfaßt

alles; er ist so allumfassend, wie er überhaupt nur sein kann. Alles, die Sünde, die Wurzel wie auch jeden Sproß, kurz alles, was in der Welt von der Sünde berührt ist, nimmt das Lamm Gottes auf Grund Seines Kreuzes hinweg. Der HErr wird dieses tun, so wie es uns in Offenb. 19-21 beschrieben ist.

„Die Sünde im Fleische“ ist davon unterschieden. Wohl ist die Sünde, wo sie auch immer im Weltall Gottes gefunden werden mag, ob in Dämonen oder Menschen, im Grund und Wesen immer gleich. Aber in der „Sünde im Fleische“ wird uns die alte gefallene Adamsnatur als der Träger gezeigt, in der sie wohnt und wirkt.

Stelle dir eine große elektrische Kraftstation vor, von der aus sich ein ganzes Netzwerk von ungeschützten, unisolierten Drähten über eine Stadt verbreitet, Schrecken und Tod würden die Folge sein. So möchte ich die „Sünde“ mit der elektrischen Kraft vergleichen, die sich nach allen Richtungen geltend macht. - Die Drähte sind die Träger dieser furchtbaren Kraft, und damit möchte ich das Fleisch vergleichen, durch welches die Sünde wirkt. Die Sünden der Einzelnen möchte ich mit den Auswirkungen des Stromes vergleichen, die Schrecken und Tod zur Folge haben.

„Die Sünde der Welt“ umschließt alles zusammen, gleichsam das ganze Getriebe, den elektrischen Strom, die Drähte und die Auswirkungen, alles zusammen. Das Lamm Gottes ist es, welches die Sünde der Welt (das ganze Getriebe) hinwegnimmt. Wie groß ist der Wert des Kreuzes! Wir können verstehen, wenn Johannes bewundernd sagte: „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt wegnimmt“.

Wir sprechen allgemein von der Vergebung der „Sünden“, können wir nicht auch ebenso richtig von der Vergebung der „Sünde“ sprechen?

Nein, denn die Schrift spricht nie derartiges. Sie spricht an vielen Stellen von der Vergebung der „Sünden“ und ebenfalls auch von der Vergebung einzelner Sünden, aber von der Vergebung der „Sünde“ niemals. Ein einfaches Bild mag uns helfen.

Eine Mutter ist sehr bekümmert um ihren kleinen Sohn, der ein zügelloses Temperament entwickelt. Eines Morgens, durch seine Schwester gereizt, die sich mehr für ihre Puppe als für seinen Wagen interessiert, will er mit Gewalt ihren Blick darauf richten. Bei dem Ringen stößt er ihren Kopf gegen das Fenster und verletzt sie schwer.

Der Knabe wird von seiner Mutter ins Zimmer geschickt, und nachdem der Vater gekommen, empfängt er seine Strafe.

Nach einiger Zeit kommt er in Tränen zu seinen Eltern und bekennt sein Unrecht. Sie sehen, daß er aufrichtig bereut und vergeben ihm die böse Tat. Aber vergeben sie das böse Temperament, aus dem die Tat entstand? Keineswegs. Solches würde ja mehr oder weniger eine Anerkennung desselben sein. Im Gegenteil, sie verurteilen es streng. Sie zeigen ihm liebevoll, aber mit Verurteilung, seine häßliche Naturanlage und deren Folgen und suchen ihn dahin zu führen, sie ebenso zu verabscheuen und zu verurteilen, wie sie es tun.

„Gott ... verurteilt die Sünde im Fleisch“. Er verzeiht sie nicht, noch vergibt Er sie, und das Wirken des Heiligen

Geistes will uns dahin führen, sie ebenso zu verurteilen, wie Gott sie verurteilt, damit wir von ihrer Macht befreit werden möchten.

Wie ist die Verurteilung der Sünde im Fleische damit in Einklang zu bringen, daßGläubige noch Sünde tun können?

Es handelt sich nicht um ein in-Einklang-Bringen. Eine Verurteilung der Sünde im Fleische ist nicht gleichbedeutend mit einer Ausrottung derselben. Dieselbe Bibel, welche von der Verurteilung der Sünde im Fleische spricht, spricht ebenso auch von der Tatsache, daß Sünde noch in uns ist, und berücksichtigt weiter, daß der Gläubige sündigen kann, indem sie auf die göttliche Vorsorge in solchem Falle hinweist (1. Joh. 2,1), und spricht sogar offen als von einer Tatsache, daß wir alle oft straucheln (Jak. 3,2).

Das Fleisch und die Sünde hat Gott, solange wir noch hienieden sind, in uns gelassen. Wir lernen auf dem Wege beide in ihrer wahren Natur praktisch kennen, und oft verurteilen wir sie erst nach sehr schmerzlichen Erfahrungen. Wenn wir aber dahin kommen, die Sünde im Fleisch zu verurteilen, so wie Gott sie am Kreuz verurteilt hat, so gelangen wir zur Befreiung, und wir können dann in Antwort Auf den Schrei unseres Herzens: „Wer wird mich retten von diesem Leibe des Todes“ sagen: „Ich danke Gott durch Jesum Christum, unseren HErrn!“ (Röm. 7,24.25).

Es steht in 1. Joh. 3,9geschrieben: „Jeder, der ausGott geboren ist, tut nicht Sünde etc.“. Muß nach diesem Wort nicht die Sünde aus einem Gläubigen hinweggenommen sein?

Wie schon gesagt, nach dem Tode, wenn ein Gläubiger ausheimisch aus dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn ist (2. Kor. 5,8), ist er für immer von der Sünde frei. Bei dem Kommen des HErrn werden alle Gläubigen einen verherrlichten Leib empfangen, der keine Spur von Sünde trägt. Bis dahin haben wir die Sünde in uns, obgleich es unser Vorrecht ist, von ihrer Herrschaft befreit zu sein. Der angeführte Vers steht in keiner Weise in Widerspruch mit dem, was wir bereits betrachtet haben. Diese Stelle zeigt und stellt uns die Natur eines Menschen, der aus Gott geboren ist, vor Augen. Ein solcher kann nicht Sünde tun - es liegt nicht in seiner Natur, solche zu tun. Der Apostel zeichnet in diesen Worten einzig und allein den Gläubigen in seiner Natur als aus Gott geboren, ohne irgendwie auf den Kampf, die Versuchungen und das Zukurzkommen im Leben des Gläubigen Bezug zu nehmen.

Ein Beispiel: Du gehst in einem Fischerdorfe mit einem Freund an die Küste. Dort siehst du ein langes Netz mit daran befestigten Korkstücken, und du sagst: „Wie wertvoll ist doch für den Fischer dieser Kork, der nicht untergehen kann. „O“, Antwortet dein Freund, „der Kork kann doch untergehen. Vor einer Stunde beobachtete ich die Männer, welche dieses Netz vom Grunde der See heraufholten. Nur einzelne Korke schwammen oben, aber die meisten waren gesunken.“ - Wie kam das? Das Blei, welches an der Unterseite des Netzes hing, war so schwer, daß das Netz mit dem Kork in die Tiefe gezogen wurde.

Wer hatte nun recht? Beide hatten recht, jeder von seinem Gesichtspunkte aus. Der erste sprach von der Natur des Korkes, der zweite sprach von demselben in einem unnormalen Zustande. So spricht auch der Apostel

Johannes ausschließlich von dem aus Gott Geborenen seiner neuen Lebensnatur nach. Sünde ist für den aus Gott Geborenen eine unnormale Sache. Er kann nicht willig in einem Zustand verharren und fortgesetzt Dinge tun, die seiner Natur entgegen sind.

Die Gläubigen sündigen aber leider oft. Gehen sie dadurch nicht ihrer Errettung etc. verlustig?

Nein, denn das Kreuz Christi ist die Grundlage ihrer Errettung. Alles, was ihnen auf diesem Grunde zuteil wurde, ist allein die Gabe der göttlichen Gnade, und „die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“ (Röm. 11,29), das heißt: sie sind keinem Wechsel von seiten Gottes aus unterworfen, sie sind für ewig.

Aber jede Sünde nach der Bekehrung der Gläubigen zerstört die Glückseligkeit und die Freude der Vergebung und der Gotteskindschaft, bis daß die Sünde in Selbstgericht bekannt und die Vergebung des Vaters durch den Fürsprecherdienst Christi wiedererlangt ist. (1. Joh. 1,9 u. 2,1.) Solche schmerzlichen Erfahrungen lassen uns immer bitterer die wahre Natur des Fleisches und der Sünde erkennen, und der einzige Weg, vor den Lüsten und Leidenschaften bewahrt zu bleiben, ist der Wandel im Geist. (Gal. 5,16.)

Kann man aus der Stelle Joh. 1,29, daß der Herr Jesus die Sünde der Welt hinwegnimmt, schließen, daß, als Er starb, Er die Sünden aller Menschen getragen hat?

Die Schrift unterscheidet sehr deutlich zwischen dem Tod des HErrn als dem Werk der Sühnung für alle und als der Stellvertretung für jeden einzelnen Gläubigen. Sie

sagt uns von der Sühnung, daß sie für die ganze Welt ist. „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unsrigen, sondern auch für die ganze Welt“. (1. Joh. 2,2.) (Nicht „für die Sünden der ganzen Welt!“) Der Gläubige darf durch Gnade sagen, daß alle seine Sünden gesühnt sind, und kann hinzufügen, daß diese Sühnung, die seine Sünden gesühnt hat, in ihrem Werte sich auf die ganze Welt erstreckt.

Und weiter sagt sie, daß die Erlösung für alle da ist: „Alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch Seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist“. (Röm. 3,22-25.)

Und weiter, daß Er für alle gestorben ist (2. Kor. 5,14).

Und weiter, daß ein Mittler ist, der sich selbst zum Lösegeld gab für (im Blick auf) alle ... (1. Tim. 2,5.)

Diese Aussprüche zeigen uns die Weite Seines Sühnungswerkes. Eine Sühnung ist gemacht, die für alle hinreicht. Sein Blut genügt für Gott, die Sündenfrage jedes Einzelnen in Gnade zu ordnen. Die Tragweite Seines Werkes ist somit allumfassend.

Diesem allumfassenden Werke der Sühnung gegenüber steht nun die andere Seite des Todes des HErrn als des Stellvertreters derer, die im Glauben von dem Werke der Sühnung für sich selbst Gebrauch gemacht haben. Von diesem Gesichtspunkte der Stellvertretung aus spricht die Schrift nicht, daß diese für alle geschehen ist. Sie sagt nicht, daß Er die Sünden „aller“ an Seinem Leibe auf dem Holz getragen hat, sondern: „welcher selbst unsere (der

Gläubigen) Sünden an Seinem Leibe aus dem Holze getragen hat. (1. Petr. 2,24.)

Und weiter: „Er aber hat die Sünden vieler (nicht „aller“) getragen“ (Jes. 53,12) und ebenso: „nachdem Er einmal geopfert worden ist, um vieler Sünden zu tragen“ (Hebr. 9,28), und bei der Einsetzung des Abendmahles sagt der HErr: „Dieses ist mein Blut ..., welches für viele vergossen wird.“ (Matth. 26,28.)

„Er ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden“. (Röm. 4,25.)

„Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns (nicht für alle) zur Sünde gemacht“. (2. Kor. 5,21.)

„Christus ist für unsere Sünden gestorben“ (1. Kor. 15,3), „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute, und uns gemacht hat zu einem Königtum ...“ (Offenb. 1,5.) Usw.

Sühnung und Stellvertretung verwechselt die Schrift nicht miteinander. Die Sühnung ist für alle ausreichend; Stellvertretung aber ist das Eintreten der einen Person für die andere, indem sie für deren Rechte und Verpflichtungen eintritt. Stellvertretung ist in Verbindung mit Einzelwesen, man kann nicht von Stellvertretung für „die ganze Welt“ reden. - So dürfen wir mit der Schrift sagen, daß eine Sühnung, eine Erlösung, ein Mittler für alle da ist, aber die Schrift erlaubt uns nicht, zu sagen, daß Christus die Sünden aller trug, sondern sie sagt, daß Er die Sünden vieler getragen hat.

Gepriesen sei Gott, daß wir unter diesen vielen sind!

(H.) v. d. K.

Notizen aus zwei Vorträgen.

Erster Vortrag.

(1. Mose 35,1-5.)

Im Neuen Testament wird uns gesagt, daß alle Schrift von Gott eingegeben ist und daß sie nütze ist „zur Lehre ... zur Unterweisung in der Gerechtigkeit“. Auch dieser Teil des Wortes Gottes enthält reiche Belehrungen für uns, und wir können großen Gewinn daraus ziehen.

In diesem Abschnitt der Geschichte Jakobs gibt Gott uns einen Einblick in dessen Haus und Familie. Wir kennen alle die Geschichte Jakobs. Ein großer Teil seines Lebens lag hinter ihm. Eine lange Wegstrecke war er, wie das Wort uns zeigt, nach eigenen Gedanken und eigenem Willen gegangen. Ja, wir dürfen vielleicht sagen, daß bis zu dieser Stelle sein ganzer Weg ein eigener Weg war. Das vorhergehende Kapitel ist gleichsam der Abschluß dieses traurigen Weges mit seinen mannigfachen und schrecklichen Folgen. Am Ende desselben, 1. Mose 34,30, muß er über seine Söhne klagen, daß sie ihn stinkend gemacht hätten unter den Bewohnern des Landes und er und sein Haus von ihnen vertilgt werden würden. Wie erschütternd ist es,auf ein solches Leben der eigenen Wege zu blicken! Wie tief kann doch das Leben und das Haus eines Kindes Gottes herabsinken!

Wenden wir aber unseren Blick zu Gott hin, so ist es köstlich, Seine gnädige Hand in Jakobs Leben zu sehen.

Wir gedenken dabei Seines Wortes: „Ich habe Jakob geliebt“ (Mal. 1,2). Es ist nicht schwer, Gottes Liebe in Jakobs Geschichte zu sehen, aber auch den traurigen Gegensatz, wie wenig Jakob in dem Bewußtsein der Liebe Gottes lebte. -

Als Jakobs Geschichte diesen traurigen Stand von Kap. 34 erreicht hatte, greift Gott ein. Er spricht zu Jakob: „Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel und wohne daselbst“. Es waren nur wenige Worte, aber Er brauchte nicht mehr zu sagen. Diese wenigen Worte genügten, eine gewaltige Wirkung in Jakobs Seele auszuüben. Gott gebot ihm nicht, die fremden Götter hinwegzutun; es genügte, zu sagen, daß er nach dem Orte hingehen solle, wo Er ihm erschienen und wo Jakob Ihm sein Gelübde abgelegt hatte. Als Jakob diese Worte hörte, wußte und fühlte er sofort in seiner Seele, daß sein Familienleben und die Zustände in seinem Hause derart waren, daß er nicht ohne weiteres dorthin gehen könne. Der Gedanke an den Gott, der ihm in Bethel erschienen war, als er vor seinem Bruder Esau floh, war entscheidend für Jakob. Er sprach zu seinem Hause und zu allen, die bei ihm waren: „Tut hinweg die fremden Götter, die in eurer Mitte sind, und reinigt euch und wechselt die Kleider“. Diese Worte geben uns einen Einblick in sein Haus. Welch trauriges Bild bot seine Familie! Wir möchten sagen, wie ist es möglich, daß das Haus jemandes, der mit Gott in Verbindung steht, in solchen betrübenden Zustand geraten kann. Und Jakob ist nicht das einzige Beispiel der Warnung, welches Gottes Wort uns nach dieser Seite hin gibt. Es muß genügen, wenn wir uns heute nur an Lot und sein Haus erinnern. Die Schrift nennt auch ihn einen Gerechten, und wie traurig war sein Leben, und welch ein Tiefstand herrschte in

seinem Hause. Ich denke, wir alle wissen es sehr gut, daß unser Leben und unser Zeugnis für Gott in erster Linie in unserer eigenen Familie seinen Anfang finden muß.

Jakob empfand nach diesen Worten seines Gottes sofort, daß sein Leben und der Zustand in seinem Hause nicht mit den Gedanken Gottes übereinstimmten. Viel Zeit war darüber hinweggegangen, daß Jakob nicht mehr an sein Versprechen gedacht hatte. In Kap. 28,20 lesen wir: „Und Jakob tat ein Gelübde“. Aber wie wenig hatte er an dieses Gelübde gedacht! Er hatte es nicht gehalten, aber Gott hatte gehalten, was Er Jakob versprochen hatte. Er hatte ihm zugesagt: „Ich bin mit dir, und Ich will dich behüten überall, wohin du gehst, und dich zurückbringen in dieses Land; denn Ich werde dich nicht verlassen, bis Ich getan, was Ich zu dir geredet habe“ (1. Mos. 28,15). Ja, Gott hatte Sein Wort gehalten!

Jakob hatte in reichem Maße Seine Treue und Barmherzigkeit in seinem Leben erfahren. Als er von Laban schied und Esau entgegenging, muß er selbst bekennen: „Ich bin zu gering all der Gütigkeiten und all der Treue, die Du erwiesen hast an Deinem Knechte“. Wir sehen, daß Gott alles hielt und erfüllte und zu dem, was Er verheißen, noch hinzufügte. Jakob mußte aber durch das Wort: „Mache dich auf, ziehe hinauf nach Bethel“, an sein Gelübde erinnert werden.

Welch eine lange und ach, verlorene Zeit lag dazwischen! Hat uns dieses nicht viel zu sagen? Wir denken so wenig daran, daß wir nur einmal auf dieser Erde leben, um dem HErrn zu dienen und wohlzugefallen. Wie wenig achten wir darauf, den Tag zu benutzen und uns zu erinnern, daß jeder Tag, der vergangen, nie wieder zurückkehrt. Hätte

Jakob daran gedacht, so wäre sein Leben ein anderes gewesen. Und wenn wir mehr daran dächten, würde auch unser Leben ein ganz anderes sein.

Jakob mußte seiner Familie sagen: „Reinigt euch, wechselt eure Kleider“. Wir sehen daraus, wie beschämend es innerlich und äußerlich in Jakobs Familie aussah. Wenn es innerlich in unserem verborgenen Leben mit Gott nicht stimmt, dann wird es gar bald auch äußerlich nicht recht sein. Wir sprechen über diesen Teil der Geschichte Jakobs nicht, um nur über sein Leben Bemerkungen zu machen, sondern wir möchten für uns selbst Belehrungen daraus ziehen und uns gegenseitig unterweisen, wie unser Leben als Kinder Gottes in dieser Zeit, in der wir hier auf Erden wallen, sein soll. Wir wollen uns auch einander ermutigen und einander an die Barmherzigkeit Gottes erinnern, wie Er uns in Seiner Liebe und Treue gehalten hat, aber auch wie wir so oft wie Jakob gehandelt haben. Gott konnte Jakob diesen traurigen Weg nicht weiter ziehen lassen, und Er rief ihn nach Bethel zurück. Gott will so gern, daß Seine Kinder glücklich sind und daß Sein Name in ihrem Leben verherrlicht werde.

Als Jakob und sein Haus sich gereinigt hatten, dann heißt es so bedeutungsvoll: „Und sie brachen auf. Und der Schrecken Gottes kam über die Städte, die rings um sie her waren, so daß sie den Söhnen Jakobs nicht nachjagten.“ Welch ein Unterschied zwischen Kap. 34,30 und Kap. 35,5. Jakob war über die Ungerechtigkeiten seines Hauses verzagt und zweifelte an der Erhaltung seines Lebens. Als sie sich aber vor Gott gebeugt und gereinigt hatten, trat Gott für sie ein, und Sein Schrecken kam über die Städte, so daß sie den Söhnen Jakobs nicht

nachjagten.

In Sichem war Jakobs Haus kein von der Welt abgesondertes Haus, nun aber fand die Absonderung statt. Jakob zog hinauf nach Bethel, an den Ort, der den Namen „Gottes Haus“ trug. Verwirklichen wir, ein abgesondertes Volk zu sein? Laßt uns in unser eigenes Herz und in unsere eigene Familie schauen! Hier muß es zuerst in Ordnung sein, wenn wir dem HErrn dienen wollen. Wenn es aber in unserem Herzen und in unserer Familie nicht stimmt, wenn es dort nicht so ist, wie es dem HErrn entsprechend ist, wie können wir Ihm dann nach außen hin dienen? Dieser Abschnitt des Wortes Gottes zeigt uns klar und deutlich den Weg, den wir zu gehen haben. Laßt uns nicht an diesem Worte vorübergehen, als ob es keine Anwendung auf uns fände! So wie es damals war, so ist es auch heute. Diese Welt ist voll Gefahren und voller Stricke, die der Feind uns legt, und nur, wenn wir in Gemeinschaft mit dem HErrn wandeln, bleiben wir bewahrt. In der ganzen Zeit, die Jakob in Sichem verbrachte, finden wir keine Gemeinschaft zwischen Jakob und seinem Gott. Als aber Jakob nach Bethel kam, da baute er einen Altar dem Gott, der ihm erschienen war.

Wie wichtig ist es (und möchten wir es nie vergessen), daß wir als Kinder Gottes berufen sind, in Absonderung von der Welt zu leben und für Gott da zu sein. Welche VerAntwortlichkeit tragen wir für unser Haus, und wie verAntwortlich sind die gläubigen Eltern, auf ihre Kinder zu achten; auch darauf, wie sie gekleidet sind! Jakob sprach zu seiner Familie und zu allen, die bei ihm waren: „Wechselt eure Kleider!“ Hat dieses Wort uns heute nichts zu sagen? Liegt nicht auch eine Warnung für uns Eltern

darin in bezug auf die Kleidung unserer Kinder? Soll unsere Absonderung von der Welt nicht auch in unseren Kindern geschaut werden? Traurig, wenn es nicht so ist! Traurig, wenn es so ist, daß man keinen Unterschied sehen kann zwischen denen, die sich Kinder Gottes nennen, und der Welt! „Wechselt eure Kleider!“ ist ein ernstes Wort für uns, besonders in diesen Tagen. Laßt uns das Wort Gottes zu Herzen nehmen, so wie es uns hier in Jakobs Geschichte gezeigt wird!

L. A.

Zweiter Vortrag.

(1. Joh. 2,29 - 3,6.)

Zu dem, was wir aus 1. Mos. 35 betrachtet haben, möchte ich einige Verse aus dem Johannes-Brief, Kap. 2,29 - 3,6 lesen. Diesen herrlichen Schriftabschnitt haben wir gewiß schon alle oft für uns selbst und miteinander gelesen, aber jedesmal ist er unserem Herzen von neuem kostbar.

Als der Apostel diese Worte niederschrieb: „Wenn ihr wisset, daß Er gerecht ist, so erkennet, daß jeder, der die Gerechtigkeit tut, aus Ihm geboren ist“, tritt ihm eine wunderbare, herrliche Tatsache vor Augen, und er ruft aus: „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater gegeben, daß wir Kinder Gottes heißen sollen“. Diese kostbare, für den menschlichen Verstand unbegreifbar große Wahrheit, Kinder Gottes zu sein, steht vor seiner Seele. Kinder Gottes!

Aus Gott geboren! Wie ein Kind geboren, so ist der Gläubige aus Gott geboren, ein wirkliches und

wahrhaftiges Kind Gottes. Wenn wir uns damit beschäftigen und bedenken, was das enthält, was damit verbunden ist, dann fangen wir an zu ahnen, wie unsagbar groß und wunderbar diese Tatsache ist. Der Apostel ruft aus: „Sehet!“ Und wir rufen uns einander zu: „Sehet!“ Laßt unser Auge und unser Herz darauf gerichtet und uns damit beschäftigt sein; laßt uns darüber sinnen und nachdenken! „Sehet!“ „Sehet, welch eine Liebe! Welch eine wunderbare Liebe - eine Liebe, die nicht zu beschreiben ist!“ Arme, gottlose, feindselige Sünder, die nicht nach Gott fragten, die Ihn nicht suchten, deren Herz nicht nach Ihm ausging, die kein Verlangen nach Ihm hatten, die vielmehr sagten: Gehe von uns, wir haben keine Lust an der Erkenntnis Deiner Wege; solche sind jetzt Kinder Gottes! Ist es möglich? Und nicht adoptierte Kinder Gottes, sondern wirkliche, geborene Kinder Gottes! Das ist wunderbar groß und der Liebe des Herzens Gottes gemäß. Wir können es dem Apostel nachfühlen, wenn er ausruft: „Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!“

Die Welt erkennt jetzt die Kinder Gottes nicht; ihr Platz ist auch nicht in dieser Welt, sie sind Fremdlinge hienieden. Wohl sind sie in der Welt, aber nicht von der Welt. Was die Welt bietet, das befriedigt ihr Herz nicht, und sie suchen auch nicht die Dinge der Welt. Deswegen erkennt uns die Welt nicht, weil sie Gott nicht erkannt und auch den Herrn Jesus nicht erkannt hat, als Er auf Erden war. Er war nicht von der Welt, und die Seinigen sind nicht von der Welt, und so, wie Er nicht von der Welt erkannt wurde, so werden auch die Seinigen jetzt nicht von der Welt erkannt. Welch ein Vorrecht liegt hierin und welch ein Wunder, uns als Kinder Gottes zu wissen! Müssen wir

nicht, wenn wir um uns blicken, staunen und uns fragen: „War ich besser? War ich ein anderer Mensch? Tausende gehen um mich her Wege des Verderbens. Bin ich ein anderes Wesen? Was unterscheidet mich?“ Muß nicht jeder von uns in Anbetung niederfallen und bekennen: „O Gott, Du hast es so gewollt, nicht von mir aus ist dies geschehen, Du hast mich herausgezogen und abgesondert und zu Deinem Kinde gemacht und mich in der Stunde des Wohlgefallens aus Dir geboren.“ Von dieser Stunde an begann der neue Anfang, der Glaube, die Bekehrung, das neue Leben. Alles ist neu und wunderbar geworden. Nichts geschah aus uns, Du hast es getan. Gelobt und gepriesen sei Dein herrlicher Name! Deswegen sind wir Fremdlinge, und die Welt kennt uns nicht. Aber Gott kennt uns als Seine geliebten Kinder. Wir sind Seine Kinder nicht erst, wenn wir droben sind, nein, Johannes sagt, jetzt sind wir Kinder Gottes.

In den äußeren Umständen des Lebens mag es nicht zu sehen sein, daß wir Kinder des großen Gottes sind. Es gibt unter den Kindern Gottes viele Arme, viele, die durch Trübsal und Leiden gehen, und doch haben wir einen wunderbar reichen und mächtigen Vater. Er ist der Besitzer des Goldes und des Silbers und des Viehes auf tausend Bergen (Hagg. 2,8; Ps. 50,10). Woher kommt es dann, daß so viele Kinder Gottes arm in dieser Welt sind? Ein Bruder wurde einmal gefragt, warum Gott, der doch so reich ist, es zulasse, daß so viele Seiner Kinder so arm seien, während es den Kindern der Welt und den Gottlosen oft an irdischem Gut nicht mangle. Er Antwortete: „Gott ist sicher reich genug, alle Seine Kinder in Kutschen mit sechs Pferden fahren zu lassen, aber Er weiß auch, daß viele Seiner Kinder von Ihm fortkutschieren würden, und

Er läßt sie deshalb zu Fuß gehen“. Es ist zu ihrem Besten, wenn Er nach Seinem weisen Ratschluß sie eine kurze Zeit leiden läßt. Wir dürfen ganz getrost sein, unser treuer und reicher Vater, der Seinen geliebten Sohn nicht geschont hat, der wird uns sicher alles schenken, was wir für dieses kurze Erdenleben bedürfen. Sei nur ruhig, gehe im Glauben deinen Weg! Unser Vater sorgt.

„Jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden.“

Manche lesen, als ob da stünde: „Wir wissen noch nicht, was wir sein werden“. Aber es heißt: „Es ist noch nicht offenbar geworden“, d. h, es ist noch nicht sichtbar geworden, aber es wird sichtbar sein, wenn es offenbar werden wird; und dann wird es sich zeigen, daß wir Ihm gleich sein werden. Dies wird geschehen, wenn Er in Seiner Herrlichkeit kommt und Er hier auf dieser Erde, die Ihn verworfen hat, gesehen werden wird. Alsdann werden wir, die Gläubigen, mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit (Kol. 3,4).

Als der Sohn Gottes vom Himmel herniederkam, wohnte Er hier auch nicht in einem schönen Hause oder Palast. Bei Seiner Geburt fand Er kein schönes, Ihm zubereitetes Bettchen. Er ging durch dieses Leben und sagte: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege“ (Matth. 8,20). Er, der so reich war, ward arm um unseretwillen, so arm wie keiner von uns, damit wir reich würden durch Seine Armut (2. Kor. 8,9).

Wir sind jetzt schon überaus reich gemacht, aber auch die äußere sichtbare Herrlichkeit kommt ganz gewiß. „Wir

wissen, daß, wenn Er geoffenbart wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“ Welch eine Zukunft! Das ist unsere herrliche Erwartung! Wir warten auf den wiederkommenden HErrn, der uns zu Sich nehmen wird. Dann werden wir mit Ihm herabkommen auf diese Erde, und die Welt wird Den, den sie verworfen hat, sehen in Seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit. Und die Kinder Gottes, die wie Er keine Stätte hienieden hatten, werden dann Seine Herrlichkeit mit Ihm teilen. Das ist unsere selige Hoffnung, und sie übt ihren ernsten und absondernden Einfluß auf uns aus. So heißt es auch in Vers 3: „Und jeder, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleich wie Er rein ist“.

Wir haben soeben durch unseren Bruder etwas über die Reinigung Jakobs gehört. Er sollte Gott begegnen. Diese Begegnung mit Gott stand vor seinem Herzen, und ohne daß Gott einen Befehl dazu gab, hatte doch die bevorstehende Begegnung mit Gott einen solchen Einfluß und solche Wirkung auf Jakob, daß er sich sofort sagte: „So geht es nicht; so wie es jetzt ist, kannst du Gott nicht begegnen“. Die ihm bevorstehende Begegnung mit Gott trieb ihn dazu, sich und auch seine Familie zu reinigen, und alles, was mit Gott nicht zu vereinigen war, hinweg zu tun.

Auch hier im Johannesbrief wird kein Befehl gegeben, daß wir uns reinigen müssen. Es ist eine ganz natürliche Sache. Es kann gar nicht anders sein. Sobald diese Hoffnung in ihrer Herrlichkeit und Wirklichkeit klar vor unserem Herzen steht, übt sie ihre reinigende Wirkung auch auf uns aus. Wie wichtig ist es, daß diese Hoffnung lebendig vor unserer Seele steht! Und ist es nicht möglich,

daß der Herr Jesus noch diesen Abend kommt?

Möchten wir Ihn doch jeden Tag erwarten! Wenn wir dies mit unserem Herzen tun, so wird diese Hoffnung eine große Wirkung auf unser Leben haben. Laßt uns am Abend mit diesem Gedanken und Wunsch zur Ruhe gehen, daß Er in der nächtlichen Stunde kommen möge; und wenn wir am Morgen erwachen, so laßt uns wieder an unsere Arbeiten und Aufgaben gehen mit dem Bewußtsein Seines nahen Kommens. Dies ist uns kein Hindernis in unserer Arbeit, im Gegenteil, wir werden viel gewissenhafter und treuer darin sein, wenn diese Tatsache vor unserem Herzen steht.

Vor ungefähr 40 Jahren war bei uns in R. ein Dienstmädchen. Wenn sie abends zu Bett ging, legte sie ihre Kleider sorgfältig, schön und ordentlich auf den Stuhl. Einmal fragte sie jemand: „Warum machst du das so?“ Sie Antwortete: „Wenn der HErr in dieser Nacht kommt, so möchte ich gern, daß alles in bester Ordnung sei“. Diese Worte haben mir später oft gedient. Das ist eine praktische Folge der lebendigen Erwartung der Ankunft des HErrn. Und so wird es auch sein im Geschäft, in der Familie, in der Haushaltung usw.

Je näher wir dem hellen Lichte kommen, je mehr sehen wir, was nicht in Ordnung ist. Wenn ich mich in einem finsteren Winkel befinde, so mag Staub und Schmutz mein Kleid bedecken, ohne mich zu beunruhigen. Je mehr ich aber dem Lichte nahe, um so mehr werde ich acht geben, daß es rein ist. Das ist praktisch. Die Schrift ist praktisch; sie ist niemals nur Lehre, sie ist immer Praxis; wenn sie das nicht für uns ist, dann hat sie ihre Bedeutung für uns verloren. Der HErr gebe auch zu dieser kurzen

Betrachtung Seines Wortes Seinen Segen nach Seinem Reichtum in Christo!

M. J. S.

Verschiedene Kronen.

„Krone des Lebens“ Jak. 1,12.

„Krone der Gerechtigkeit“ 2. Tim. 4,8.

„Krone der Unvergänglichkeit“ 1. Kor. 9,25.

„Krone der Herrlichkeit“ 1. Petr. 5,4.

„Die Lebenskrone für die, die Ihn lieb haben.“

„Die Gerechtigkeitskrone für die, die Sein Erscheinen lieb haben.“

„Die Krone der Unvergänglichkeit dem Preisgewinner.“

„Die Krone der Herrlichkeit für Vorbilder der Herde bei Seinem Erscheinen.“

Nur dank der Dornenkrone, die der HErr getragen, können Gläubige dieser Krone teilhaftig werden! Und: Ohne Kreuz keine Kronen! - Er jetzt gekrönt mit Preis und Ehre! (Hebr. 2,9.)

Unser Blick ist oft zu sehr auf das Irdische gerichtet. Eine bekehrte Jüdin in Bukarest sagte einmal zu mir: „Wir wühlen zu sehr im Staube dieser Erde und sehen nicht die Kronen, die der HErr uns anbietet!“

M. B.

Ernste Fragen.

Wir leben in einer ernsten Zeit. Der Tag der Langmut und Gnade Gottes neigt sich dem Ende zu, und der Tag des Zornes naht heran. Die Dinge dieser Welt gehen einem schrecklichen Ende entgegen, und Millionen unsterblicher Seelen treiben auf dem Strome der Zeit in das endlose Meer der Ewigkeit.

Müssen wir angesichts dieser Dinge uns nicht fragen: „Wie berühren diese unser Herz? Was tun wir in einer solchen ernsten Zeit, und wie entledigen wir uns unserer VerAntwortung gegen Gott, gegen Seine Kinder, gegen verlorene Menschen, die ins Verderben rennen, und gegen unsere eigene Seele?“ Wollen wir nicht mit diesen ernsten Fragen in Gottes Gegenwart gehen, um sie uns von Ihm in ihrer ganzen Bedeutung zeigen zu lassen?

Tun wir wirklich alles, was wir tun können, um das Wohl Seiner Gemeinde und die Ausbreitung Seines Evangeliums zu fördern? Machen wir einen rechten Gebrauch von all der Gnade, dem Lichte und der Erkenntnis, welche Gott in Seiner Gnade uns gegeben hat? Ich fürchte, wir handeln oft mit den uns anvertrauten Talenten nicht treulich und fleißig genug.

Was ist es, was der HErr dir anvertraut hat, lieber Leser? Kannst du gar nichts tun für Ihn? Hast du nichts vom HErrn empfangen? Jene arme Witwe weihte ihren ganzen Besitz dem HErrn, und sehen wir nicht heute noch, daß solche mit wenig Erkenntnis praktischer und fruchtbarer sind in guten Werken und oft mehr für Gott gebraucht werden zur Bekehrung kostbarer Seelen als solche, denen

der HErr viel Erkenntnis anvertraut hat? Woher kommt dieses? Wenn wir nicht leer von uns selbst sind und kein einfältiges Auge haben, kann der HErr uns nicht gebrauchen.

Der HErr fordert Sein Volk auf: „Richtet euer Herz auf eure Wege“ (Hagg. 1,5), und zu jeder der sieben Gemeinden sagt der HErr: „Ich kenne deine Werke.“ Wollen wir diese Worte nicht in unserem Herzen vor dem Herrn erwägen und uns prüfen? Bald kommt der HErr, und dann haben wir keine Gelegenheit mehr, für Ihn etwas tun zu können.

v. d. K.

Eine Lilie inmitten der Dornen.

(Hohelied 2,2.)

„Fremdling hier - und dort zu Haus! -

Hier geht man nur ein und aus! -

Willst du wahre Ruhe finden,

Mußt dich mit dem HErrn verbinden! -

Nur bei Ihm wird dir zuteil

Friede, Freude, ew‘ges Heil! -

Und hast du Ihn gefunden schon,

So sei auch Seiner Schmerzen Lohn!

Der Lilie unter Dornen gleich,

Ein Wohlgeruch in Seinem Reich!“ -

M. B.

Frage und Antwort

Frage 5:

Wie weit erstreckt sich das alttestamentliche Verbot, Abbilder Gottes usw. herzustellen (z. B. 5. Mose 4,15.16.23.25; 5. Mose 27,15; vgl. auch Apg. 17,29)? Kann man die Herstellung der vielen sogenannten Christusbilder damit rechtfertigen, daß man sagt, sie seien ja nur Bilder der irdisch-menschlichen Gestalt des HErrn? (Gibt es überhaupt ein als echt anerkanntes zeitgenössisches Bild des HErrn?)

Antwort

Das Verbot des Bilderdienstes ist durchaus deutlich. Aus 2. Mose 20,1-17 (vgl. 5. Mose 4,16; 5,8ff.; 3. Mose 26,1ff.), insbesondere aus Vers 4-6 ist klar zu ersehen, daß Gott jede Art von bildlicher Darstellung zum Zwecke der Verehrung verbietet. Die Anbetung Gottes sollte geistlicher Art sein! Während in den heidnischen Tempeln die Götter in allerlei bildlichen Darstellungen ihren Verehrern vor Augen gestellt wurden und allerlei Hausgötzen in den Wohnungen zu finden waren, sollen innerhalb des priesterlichen Volkes Israel solche Dinge nicht gefunden werden.

Aus diesem klaren Verbot ist aber nicht der Schluß zu ziehen, als ob jede künstlerische Darstellung von

Gegenständen aus der unbelebten Welt oder von Tieren und Menschen verboten und als Greuel vor Gott anzusehen sei.

Wir finden sogar in dem Heiligtum Israels bildliche Darstellungen, z. B. die Cherubim, in plastischer Darstellung aus Gold getrieben auf dem Deckel der Bundeslade und als gewirkte (oder gestickte) Bilder im Vorhang vor dem Allerheiligsten und in der Decke.

In der Wüste, wo die Anfertigung und Aufstellung des goldenen Stieres das Strafgericht Gottes bewirkte, weil es als Symbol Jehovas zur Verehrung aufgestellt worden war, gab Gott selbst einen Befehl zur Herstellung der ehernen Schlange (4. Mose 21,4-9), natürlich nicht zum Zwecke der Verehrung. Erst als diese nach Jahrhunderten doch geschah, ließ der fromme König Hiskia dieses Bild, das bis dahin zur Erinnerung aufgehoben worden war, zerstören (2. Kön. 18,1-4).1 Man vgl. auch z. B. die Symbole der 12 Rinder unter dem „ehernen Meer“ (1. Kön. 7,25).

1

Wer von den Lesern Jahrbuch 7 der „Handr.“ hat, wolle darin meinen Aufsatz „Nechustan“ auf Seite 192ff. vergleichen! (F. K.)

Aus diesen Tatsachen ergibt sich klar, daß es sich bei dem Verbote hauptsächlich um die Verehrung der Bilder oder Symbole handelte. Das „du sollst dir kein geschnitzten Bild machen, noch irgend ein Gleichnis“ ist nicht ohne den Nachsatz zu lesen, der die Begründung enthält: „du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen!“

Keineswegs ist damit jede künstlerische Verwendung von Bildern restlos verboten. Wäre es so, so dürften wir als entschiedene Christen, die Gottes Verordnungen anerkennen, keine illustrierten Blätter halten, keine Bilder aufhängen noch uns photographieren lassen, dürften auch keine Bilder zu Unterrichtszwecken verwenden. Eine

solche Konsequenz zieht der Koran (vgl. Sure 5 und 6) und ziehen bis heute die strengen Mohammedaner.

Man kann dagegen nicht etwa einwenden, daß jene strengen Bildverbote nur für die Zeit des Alten Bundes Geltung hätten, denn das Neue Testament enthält keinerlei Widerruf des Verbotes oder eine Aufhebung des göttlichen Grundsatzes. Eine Anfertigung von Bildern zu Zwecken der Verehrung war stets verboten. Eine Verwendung von Bildern zu Zwecken des Schmuckes oder der Belehrung war nie verboten. Freilich ist die äußerste Beschränkung auch zu diesen Zwecken da geboten, wo die Gefahr einer falschen Wertschätzung oder Verehrung besonders groß ist. So war es zur Zeit des jüdischen Volkes in den Tagen Moses bis in die Zeit der Apostel inmitten einer heidnischen Umgebung. Es ist daher zu verstehen, daß in den urchristlichen Gemeinden eine so große Abneigung gegen alle Bilderverehrung bestand, daß man weder Altäre noch Bilder noch Weihrauch duldete. Es ist eine auffallende geschichtliche Tatsache, daß trotz des verhältnismäßig schnellen Aufkommens so mancher Irrtümer in Lehre und Praxis es mehrere Jahrhunderte gedauert hat, bis sich der Bilderdienst in den bereits stark verweltlichten Kirchen wieder einbürgern und nach langen, schweren Kämpfen durchsetzen konnte.

Noch im vierten Jahrhundert verabscheute man es als heidnisch, Bilder in den Kirchen zu haben. Als Epiphanius († 403), ein Vertreter der strengen Orthodoxie, in Palästina irgendwo einen Vorhang mit dem Bilde Christi oder eines Heiligen fand, zerriß er ihn, da es gegen die Autorität der Heiligen Schrift sei. Selbst Eusebius, der Hoftheologe Kaiser Konstantins, lehnte den Gebrauch der

Bilder scharf ab. Um 390 fing man aber an, Bilder aus der Bibel oder aus der Märtyrergeschichte zum Schmuck und zur Belehrung aufzuhängen. Zu Beginn des achten Jahrhunderts hatte dann nach schweren Kämpfen und Abwehrversuchen das Unwesen der Bilderverehrung einen solchen Grad erreicht, daß es nicht mehr ausgerottet werden konnte, sondern sich in den orientalischen und katholischen Kirchen bis heute behauptet hat. Es kam zur Proskynese, d. i. kniefälligen Verehrung (proskynein = anbeten, z. B. Offb. 4,10; 5,14), zum Küssen der Bilder, zum Räuchern vor den Bildern, schließlich zum Abkratzen der Farbe zur Verwendung in Krankheiten oder im Abendmahlswein. Schließlich behauptete man sogar allerlei Wunder, die die Bilder bewirkt hätten. Auch wollte man das „echte Bild“ des HErrn besitzen. Verschiedene „wahre Bilder“ wurden gezeigt, werden bis heute hier oder dort in katholischen Kirchen gezeigt. -

So sehen wir also, wie die anfängliche Verwendung von Bildern lediglich zum Schmuck oder zur Belehrung doch wieder zum heidnischen Mißbrauch führte. So kann man es verstehen, daß die Gläubigen in Rußland, die aus der orthodoxen Kirche stammen, alle Heiligenbilder aus ihren Wohnungen entfernen und erst recht in den Versammlungsräumen keine Bilder dulden. Auch der Bildersturm zur Zeit der Reformation erscheint entschuldbar als eine Reaktion gegen den kirchlich sanktionierten Bilderdienst.

Es ist ohne Zweifel auch dort, wo nicht die Gefahr einer Verehrung der Bilder besteht, eine Ablehnung von Christus- und Apostelbildern für Versammlungsräume zu empfehlen. Eine Darstellung Gottes oder des Heiligen

Geistes wird wohl von jedem Gläubigen als ungeziemend und abstoßend empfunden werden. Aber auch die Darstellungen Christi - über deren Zulassung die Gläubigen nicht einer Meinung sind - dienen gewiß nicht zur Förderung der Andacht und wirklicher Erbauung - künstlerischen Zwecken zu dienen sind aber unsere Versammlungsräume nicht da! Ob und in welchen Grenzen solche Bilder in der Sonntagsschule oder in unseren Wohnräumen Raum finden können oder dürfen, ist wohl eine Frage der Erziehung, des geistlichen Verständnisses und Geschmackes. Sicher ist, daß wir bei allen bildlichen Darstellungen des HErrn es nur mit Phantasiebildern der Künstler zu tun haben. Denn wir haben keine Nachrichten über die äußere Gestalt des HErrn, wie Er auf Erden wandelte. Die ältesten Bilder stellen den HErrn bartlos dar. Der heute übliche Typus entstammt den byzantinischen Künstlerwertstätten. Ein direktes Verbot, die Apostel oder den HErrn bildlich darzustellen, finden wir im Neuen Testament nicht, auch nicht in Apg. 17,29, wo nur eine Tatsache betont wird. Aber je mehr ein Gläubiger im Worte lebt und im Glauben an den unsichtbaren HErrn wandelt, um so weniger wird er Geschmack finden an irgendwelchen Phantasiebildern, die nur falsche Vorstellungen hervorrufen!

J. W.

Einige Bemerkungen der Schriftleitung

Manche Gläubige, die Abbildungen des Herrn Jesus als unbiblisch und ungeistlich ablehnen, sie auch für sich in ihren Wohnungen im allgemeinen nicht anbringen - auch kaum für Unterrichts- und Belehrungszwecke -, begründen

ihre Ablehnung oft damit, daß es doch gänzlich unmöglich sei, den, der „der Schönste unter den Menschensöhnen“ sei (Ps. 45,2 nach Luther) und der doch „so entstellt war, daß man das Angesicht vor Ihm verbarg“ (Jes. 53), bildlich darzustellen. Aber so gemütvoll und schön diese Begründung auch ist (auch für mich persönlich!), so ist sie es doch nur für solche, die in gleicher geistlicher Weise empfinden, und nur das Gewissen und das geistliche Verständnis des einzelnen ist darin maßgeblich, und wir können niemand zwingen, im Lichte unseres Gewissens oder unserer Schrifterkenntnis zu handeln. Aber wir sollten denen, die darin anders als wir denken, lieber ernstlich die in der obigen klaren Antwort so ernst betonte Gefahr vor Augen halten, daß durch alle sinnenfällige, abbildliche Darstellung des HErrn einer äußerlichen, ungeistlichen, ja abgöttischen Verehrung Vorschub geleistet wird, wodurch das geistliche Glaubensleben gehindert wird, weil der Mensch den Glaubensblick auf den Unsichtbaren, Verherrlichten verliert. „Wir kennen Christum nicht nach dem Fleische“, sagt Paulus in 2. Kor. 5,16; dies Wort darf auch auf diese Frage bezogen werden. Paulus würde nie und nimmer ein Bild des Gekreuzigten und Auferstandenen geduldet haben! Er sah stets auf den verherrlichten, der ihm einst vor Damaskus erschienen war, und genau wie er das „Verwandeltwerden in Sein Bild durch Anschauen Seiner Herrlichkeit“ lehrt (2. Kor. 3,18), so lehrt Johannes das dereinst „Ihm Gleichsein, wenn wir Ihn sehen werden, wie Er ist“ (1. Joh. 3,1ff.). Ebenso weist Petrus hin auf die Freude derer, „die Ihn nicht gesehen haben und doch lieben“ (1. Petr. 1,8), während der ganze Hebräerbrief und zumal in dem köstlichen Glaubenskapitel 11 uns erst recht zeigt, wie

nicht das Sichtbare, sondern das Unsichtbare die Grundlage für unser Glaubensleben ist (vgl. z. B. 11,27, aber auch Kap. 2,9 u. a.). „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen“ sagt uns 2. Kor. 5,7! Das sinnenfällige Bild ist viel eher ein Hindernis als eine Hilfe für dies Leben des Glaubens.

Wenn jetzt aber unter den gläubigen Lesern, eher Leserinnen, behauptet wird, daß durch die äußere Anschauung die Andacht gehoben werde, so glaube ich hiervon als vor einer gefährlichen Gefühlstäuschung ernstlich warnen zu müssen. Wie oft kommt man in der praktischen „Seelsorge“ mit Ungläubigen oder Erweckten, ja sogar Gläubigen, meist aber weiblichen Geschlechtes, zusammen, die einem in gefühlsseliger Weise vorschwärmen, sie hätten „den lieben Heiland daheim in ihrer Kammer oder an der Wand“, und wenn sie beteten, so gäbe das Anschauen dieses Bildes oder Kreuzes (kath. Kruzifix in Häusern sogar von Nicht-Katholiken!) ihrem Gebet eine besondere Andacht, Weihe und Kraft. Solche teuren, meist in arger Selbsttäuschung lebenden Seelen müßte man fragen, ob sie ohne jene Bilder usw. nicht beten könnten, und man würde etwa zu hören bekommen: „Ja, aber nicht mit solcher Andacht und Seligkeit“. (!) Man mache einmal die Probe, und man wird erschrecken, wieviel krasser Katholizismus sich unter „Protestanten“ findet auf diesem und anderen Gebieten. (Gebetbücher, Hausaltäre u. a.) Wenn solche Seelen auch das Bild zu verehren weder wünschen noch glauben, sondern den darauf Dargestellten, so ist ihre „Anbetung“, ihr „Gottesdienst“ usw. doch in Wirklichkeit nicht weit von grobsinnlichem, religiösem Bilderdienst entfernt! Ihr Glaube braucht Stützen und Krücken und droht

zusammenzubrechen, wenn die Krücken fehlen oder verloren gehen! Wie ernst zu nehmen sind daher die klaren Belehrungen obiger Antwort!

Und wenn zuletzt hingewiesen wird auf die falschen Vorstellungen, die solche Bilder erwecken, so möchte ich auch dies unterstreichen. Wohl kann man von der Art und Weise manchen Bildes lernen, was der bekehrte oder unbekehrte Künstler sich gedacht hat, ja, man kann diese Männer bewundern lernen (statt der Person, die sie darstellen!!) ob ihrer mehr oder weniger klaren künstlerischen Erfassung ihres Gegenstandes - jedes Christusbild ist gleichsam eine Schriftauslegung (aber was für eine?) -, doch man kann und wird sehr oft, wenn nicht meistens, falsche Begriffe lernen. Ob nicht sehr viele Gemeinschaftschristen zum Teil deswegen eine ganz unbiblische Vorstellung von der Weise der christlichen Taufe haben, weil sie an Bilder denken, wie z. B. an das in einer bekannten Bilderbibel (!), in der bei der Taufe des Herrn Jesus der Täufer Johannes dasteht mit einer Schale Wasser in der erhobenen Hand?! -

Schließlich schreibt der Verfasser der Antwort: „Je mehr ein Gläubiger im Worte lebt“ usw. - Ja, laßt uns im Worte leben! In diesem haben wir eine unendliche Fülle der herrlichsten, unübertrefflichsten, wahrheitsgetreusten „Bilder“ des HErrn, ja - Ihn Selber vor uns, und welchem wahren Gläubigen ist es wohl nicht schon einmal und oft so ergangen, daß er beim betenden Betrachten dieser „Bilder“, dieser Seiner Person, in staunender Bewunderung sich gebeugt hätte und in reinste, tiefste Anbetung ausgebrochen wäre?! Und das ist dann wahre biblische Anbetung „in Geist und in der Wahrheit“

(Joh. 4,24), und zu dieser sind wir berufen und befähigt durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist und der gleichsam der wahre göttliche „Maler“ und „Künstler“ ist, der nur Christum verherrlicht und Ihn uns so zeigt, wieEr ist (Joh. 16,7-16). Darum laßt uns mehr leben in Wort und in Liebe und Gehorsam (Joh. 14,21ff.) im praktischen, geistlichen Wandel und in Gemeinschaft mit unserem (geistleiblich) noch abwesenden, aber bald wiederkommenden geliebten Herrn Jesus Christus, der gleichwohl im Geist „bei uns ist alle Tage“ (Matth. 28,20)! Er gebe uns Gnade dazu, Ihn hienieden stets besser zu schauen mit den Augen des Glaubens - bald werden wir Ihn schauen von Angesicht zu Angesicht! (1. Kor. 13,12.) Wie wird das sein!

F. K.

Eine Betrachtung über 1. Kor. 8-10.

Die Gemeinde in Korinth war durch den Dienst des Apostels Paulus entstanden; fast zwei Jahre hatte er dort gewirkt. Nach seiner Abreise stellten sich Schwierigkeiten ein, die das Werk in Gefahr brachten. Man wandte sich dieserhalb an den Apostel, der ihnen dann einen Brief schrieb, welcher uns nicht erhalten geblieben ist (vergl. 1. Kor. 5,9). Auf diesen Brief, den, wie gesagt, wir nicht besitzen, wandten sich die Korinther nochmals mit Fragen an den Apostel. Der 1. Korintherbrief des Neuen Testamentes ist die Antwort Auf die verschiedenen Fragen und Mitteilungen. Wir sehen dieses deutlich aus den Worten: „Denn es ist mir von euch kund geworden ... durch die Hausgenossen der Chloe, daß Streitigkeiten unter euch sind“ (1,11). Und wenn er in diesem Briefe auf

die ihm vorgelegte Frage betreffs der Ehe eingeht, so schreibt er ausdrücklich: „Was aber das betrifft, wovon ihr mir geschrieben habt“ (1. Kor. 7,1), und ebenso leitet er auch seine Antwort im 8. Kap. über die Götzenopfer ein, indem er wieder schreibt: „Was aber die Götzenopfer betrifft“, und dieselben Worte finden wir wieder in Kapitel 12,1 und 16,1.

Wir finden deshalb in diesem Briefe eine Fülle von Belehrungen über allerlei Fragen und strittige Punkte. Der Apostel schreibt über die Streitigkeiten, Parteibildungen, über die Diener am Worte, über die Zucht, über Prozesse, Ehefragen, Götzenopfer und christliche Freiheit, über verschiedene gottesdienstliche Fragen, Auferstehung des Leibes, über Sammlungen, und andere Einzelheiten könnten noch genannt werden.

Wir beschäftigen uns heute insonderheit mit dem 10. Kapitel, das den Schluß seiner Antwort über die Götzenopfer und die christliche Freiheit, daran teilnehmen zu können, enthält. -

Ernste Meinungsverschiedenheiten wegen Kaufes und Genusses von Götzenopferfleisch und der Teilnahme an Götzenopfermahlzeiten waren in der Gemeinde entstanden.

Die einen, im Bewußtsein der Nichtigkeit der Götzen, behaupteten ihre christliche Freiheit, Götzenopfer-Fleisch auf dem Markte kaufen, zubereiten und, wo es ihnen vorgesetzt wurde, auch essen zu dürfen, und gingen in ihrer Freiheit sogar so weit, auch im Götzentempel an dort stattfindenden Götzenopfer-Mahlzeiten teilnehmen zu können. Sie beriefen sich darauf, daß Götzen keine

wirklichen Wesen seien, sondern nur in der Einbildung existierten, und deshalb Fleisch, welches diesen geopfert, gleich jedem anderen Fleische sei; zugleich stützten sie sich auf das, wie es scheint, von dem Apostel gebrauchte Wort: „Alles ist mir erlaubt“ ( 1. Kor. 6,12).

Die anderen meinten dagegen, in den Götzen doch noch wirkliche Wesen und dämonische Gewalten sehen zu müssen; deshalb müsse jedwede Teilnahme an Dingen, die mit Götzen verbunden waren, auch Verunreinigungen und Befleckungen bewirken und die Gläubigen unter die Einflüsse der Dämonen bringen.

Wie ernst der Apostel diese Frage nahm, sehen wir aus der langen und eingehenden Antwort, die er darauf gibt. Wir möchten uns darüber wundern, daß er drei, z. T. lange Kapitel (die Kap. 8-10) über diese Frage schreibt. Wir verstehen es aber, wenn wir uns in die schwierige Lage dieser Gläubigen versetzen, die vom Götzendienst völlig umgeben waren. Wurde jemand gläubig, so hörten damit nicht zugleich die Familienbande und Verwandtschafts-Beziehungen auf. Diese heidnische Umgebung und Verwandtschaft trugen aber ernste Versuchungen für den Gläubigen in sich. Die größten Schwierigkeiten boten aber die Einladungen zu den heidnischen Opfer-Mahlzeiten.

Im Mittelpunkt des Götzendienstes standen die Opfer und die damit verbundenen Mahlzeiten. Diese wurden im Götzentempel, in den Götzenhainen oder in den Häusern der Opfernden zugerichtet. Meistens wurde auch das Fleisch der Opfertiere auf dem Markte verkauft.

Solche Opfer fanden sowohl bei frohen als auch bei Trauer-Ereignissen statt. Zu den dann damit verbundenen

Opfermahlzeiten wurden die Verwandten und Freunde eingeladen. Wenn nun unter diesen Gläubige waren, so können wir uns denken, welche ernsten Fragen in den Herzen derselben entstanden: Konnten sie daran teilnehmen oder nicht?

Auf diese Fragen zu Antworten war keine einfache Sache. Die einen behaupteten ihre Freiheit, die anderen meinten, daß man sich verunreinige. Auf der einen Seite lag die Gefahr der Freigeisterei, auf der anderen die des Aberglaubens. Schwerwiegende Entscheidungen hingen von der Antwort Des Apostels ab, insonderheit für die, die sich auf ihre christliche Erkenntnis beriefen, daß Götzen keine wirklichen Wesen und somit die Opfer bedeutungslos seien und sie deshalb die Freiheit hätten, in diesen rein äußerlichen Dingen von dem Worte: „Alles ist erlaubt“ Gebrauch machen zu können. Konnten sie an den Götzenopfer-Mahlzeiten nicht mehr teilnehmen, so war das für sie ein völliger Bruch mit der Vergangenheit, der Verwandtschaft und den Freunden.

Wenn wir jetzt die Antwort Des Apostels betrachten, so sehen wir, daß er voll und ganz die christliche Freiheit behauptet; aber er tadelt das rücksichtslose Durchsetzen der Freiheit.

Was den Korinthern fehlte, war das Verständnis der Gemeinschaft („Teilhaberschaft“). Sie mußten lernen, daß keiner in seinem Verhalten für sich allein stand. Sie hatten Gott erkannt als „Vater“ und Jesum als „HErrn“ (Kap. 8,6), und damit hing die Gemeinschaft, die Bruderschaft zusammen, das Verbundensein mit den Brüdern. Wenn jemand meinte, das Recht und die Freiheit zu haben, hier- und dorthin zu gehen und von den

Götzenopfern essen zu können, so mußte er sich bewußt sein, daß sein Tun nicht ihn allein betraf, sondern daß auch die Gemeinschaft dadurch berührt und in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das, was der einzelne tat, berührte auch die Brüder (Vers 9-13).

Wenn sich jemand nur durch die Erkenntnis leiten ließ (Vers 1 u. 2), so mochte er Dinge tun, die an sich nicht unrecht waren, und trotzdem nicht gottgemäß handeln. Deshalb zeigt der Apostel ihnen im 8. Kapitel, daß der Gebrauch der christlichen Freiheit und des Rechtes durch die Liebe zu Gott und zu den Brüdern reguliert werden muß. Sie kannten Gott und den HErrn, und deshalb hatten sie Seiner Natur und Ihm gemäß zu handeln. Stehen wir in der Liebe und in dem rechten Geiste, so achten wir auf unsere Brüder und regulieren unser Recht und unsere Freiheit (die wir durch die Erkenntnis haben) durch die Liebe. Der Gläubige, der in dem rechten Geist und in der rechten Freiheit steht, ist kein an sein Recht Geknechteter. Er beweist dieses dadurch, daß er um seines schwachen Bruders willen keinen Gebrauch von seinem Recht und seiner Freiheit macht. Denn die wahre Freiheit ist die, die auf Freiheit verzichten kann. Der wirkliche Maßstab für das, was wir sind, wird nicht in unserer Erkenntnis, sondern in unserer Liebe gesehen. Wahre Erkenntnis ist Erkenntnis Gottes, und diese wird durch den Heiligen Geist die göttliche Natur (Licht und Liebe) in uns zur Auswirkung bringen.

Im 9. Kapitel sucht der Apostel sie zu ermutigen, in dieser wirklichen Freiheit zu stehen, indem er ihnen einen Einblick in sein eigenes Verhalten gibt, wie er aus Liebe, um der Gemeinde und des Evangeliums willen, keinen

Gebrauch macht von seiner Freiheit, seinen Rechten und seiner Macht. Sein Verhalten sollte ihnen Beispiel und Vorbild für den rechten Gebrauch der christlichen Freiheit sein.

Sodann zeigt er ihnen aber auch im ersten Teile des 10. Kapitels an schrecklichen Beispielen in der Geschichte des Volkes Israels die Gefahren des Götzendienstes. Solche Gefahren drohten denen, die in falscher Sicherheit ihre Segnungen aufs Spiel setzten und auf ihrem Wege durch die Wüste den Genüssen einer götzendienerischen Welt nicht entsagten. Der HErr, das himmlische Manna, genügte und befriedigte diese nicht mehr, und es gelüstete sie nach bösen Dingen; und die Folge war, daß Gottes Gericht über sie kam.

Der jetzt folgende Teil des 10. Kapitels, Vers 14-22, wird in manchen Kreisen der Kinder Gottes fast ständig bei der Feier des Mahles des HErrn gelesen. Viele Gläubige haben dadurch den Zusammenhang dieser Verse ganz aus dem Gesicht verloren und vergessen, daß es sich in dieser Stelle nicht um Belehrungen über des HErrn Abendmahl, sondern um Belehrungen über den Götzendienst handelt. Später, als der Apostel zur BeAntwortung der gottesdienstlichen Fragen übergeht, die mit dem Zusammenkommen der Gemeinde verbunden sind, belehrt er sie auch über das Abendmahl. In dieser Stelle aber handelt es sich überhaupt nicht um das Zusammenkommen und das Verhalten der einzelnen in der Gemeinde, sondern um das Verhalten der einzelnen in der Welt. Sie sollten durch ihr Verhalten die Gemeinschaft („Teilhaberschaft“) nicht kompromittieren (bloßstellen); eine Gemeinschaft, welche sich auf die Gemeinschaft mit

Christo in Seinem Tode gründete. Sie hatten Gemeinschaft mit dem Blute und dem Leibe des Christus. Die notwendige Folge war, daß alle, die mit Christo in Seinem Tode Gemeinschaft hatten, auch miteinander Gemeinschaft hatten. Der Apostel drückt diesen Gedanken in den Worten aus: „Denn ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen, denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig“.

Einige haben aus dieser Stelle einen Lehrsatz geprägt, daß im Abendmahl die sichtbare Darstellung der Einheit des Leibes Christi stattzufinden habe, eine Sache, von der die Schrift nichts redet.1 Sie sagt: „Ein Brot, ein Leib sind wir, die vielen“, aber von einer sichtbaren Darstellung oder einem Zum-öffentlichen-Ausdruck-bringen unsererseits sagt sie uns nichts. Solche Worte sind menschliche Hinzufügungen.

1

Diese Auffassung ist in einer Schrift von F. Br. „Sind alle Kinder Gottes des Tisches des HErrn teilhaftig?“ und in einer anderen Schrift von C. S. „Die Darstellung der Einheit“ eingehend behandelt worden. Verlag: C. Zeuner & Co., Bad Homburg. (Beide Schriften sind bei den Herausgebern der „Handreichungen“ zu haben.)

Es ist eine unumstößliche Tatsache, daß alle, die des einen Brotes (welches Christus ist, das vom Himmel herabgekommene Brot in Seinem für uns dahingegebenen Leib) teilhaftig geworden sind, ein Leib sind. Weil nur ein Brot (ein für uns gegebener Leib) ist, deshalb sind wir alle, die vielen, die des einen Brotes teilhaftig sind, ein Leib geworden - so wie ein Brot, so auch ein Leib. (Mit dem Brote, des wir teilhaftig geworden sind, ist natürlich nicht das Abendmahlsbrot gemeint, denn dann würde ja durch die Teilnahme am Abendmahlsbrot der eine Leib gebildet.)

Wir müssen das Wort „Leib“ im 16. und 17. Vers in seiner verschiedenen Bedeutung unterscheiden:

Im 16. Vers wird „Leib“ gebraucht für den Leib, den Christus für uns dahingab;

Gläubiger, welcher so gefallen, aus seinem sündigen Traume erwacht! Er wird sich seiner Sünde bewußt und der Schande, die er dem zugefügt hat, dessen Namen er trägt; mit Schmerz sieht er, daß er Ungläubigen Anlaß gegeben hat, das Bekenntnis, welches er einst bekannte, zu verspotten und zu verhöhnen. Gott ist bereit, zu vergeben, aber es gibt Sünden, deren Narben niemals ganz fortgenommen werden auf dieser Erde, selbst wenn der Gefallene bittere Tränen wie Petrus weint.

Hüte dich, dich mit der Sünde einzulassen! Hüte deine Gedanken und Sinne! Erlaube ihnen nicht, sich mit der Sünde zu beschäftigen, damit sie dich nicht ins Verderben locken. Achan sah den Klumpen Gold, die Seckel Silber und die guten babylonischen Gewänder (Feierkleider), dann begehrte er sie, und dann nahm er sie und verbarg sie in seinem Zelt. Er sah, er begehrte, er nahm, er verbarg. Solches waren die Fußtapfen auf dem Wege des Falles. Aber seine Sünde kam an den Tag. Da gab es kein Entrinnen, „ganz Israel steinigte ihn mit Steinen in dem Tale Achor“ (Jos. 7).

Und dann ein Simson. Obgleich er der Mann des Glaubens war, in einer unglücklichen Stunde legte er sein Haupt in den Schoß der Delila, und die Locken seines Nasiräertums wurden ihm genommen. In derselben Stunde verlor er seine Kraft, obgleich er es nicht wußte. So fiel er in die Hände der Philister. Diese stachen ihm die Augen aus und banden ihn mit ehernen Fesseln. Im Gefängnis mußte er für sie arbeiten, und schließlich holten sie ihn, und er mußte auf ihrem Freudenfeste vor ihnen spielen (tanzen). (Richt. 16,18ff.) Armer Simson! „Wie sind die Helden gefallen und umgekommen die Rüstzeuge des Streites“

(2. Sam 1,27). Ach, daß wir uns doch hüten vor dem ersten Schritt auf dem schlüpfrigen Wege der Sünde und mit dem Anfang brechen möchten!

Vielleicht werden diese Zeilen von einem Gläubigen gelesen, der gesündigt hat - eine verborgene Sünde, die noch nicht vergeben ist. Ich brauche dich nicht zu fragen, ob du glücklich bist. Du kannst es nicht sein, es sei denn, daß dein Gewissen noch von der Sünde betäubt liegt. Wenn dem so ist, wie traurig ist dein Zustand! Aber wenn dein Gewissen erwacht - wenn deine Sünde gleich einem brennenden Feuer in deinen Gebeinen lodert, wenn sie dich Tag und Nacht verfolgt, dann laß mich dich fragen: „Was willst du tun?“ Da ist einer, dessen Namen ich dir nicht zu nennen brauche, den du gut kennst. Dieser Eine, laß es mich dir sagen, liebt dich, und Seine Liebe ist unverändert zu dir geblieben. Er kann dir helfen und sonst niemand. Früher oder später mußt du zu Ihm zurückkehren. Laß es frühe sein, damit das Verlangen Seines treuen Herzens nach dir bald erfüllt werde. Seine Tür steht dir offen, gehe hinein und sprich mit Ihm über deinen Fall.

Das ist es, was David tat, als unter dem Worte Nathans sein Auge geöffnet wurde für die Größe seiner Sünde und ihm sein Gewissen schlug. Er ging an den verborgenen Ort des Gebetes und schüttete sein reuevolles und zerbrochenes Herz in Flehen und mit Tränen vor Gott aus. Lies den 51. Psalm - du kennst ihn wohl -, dennoch schlage deine Bibel auf und lies ihn wieder, es wird dir gut tun. Es mag wie der Schnitt des ärztlichen Messers in das klopfende, brennende, eiternde Geschwür sein. Seine Worte sagen deutlich, wie tief sein Herz bewegt war und

welch ein Kummer ihn niederbeugte. So muß es auch bei dir sein. Halte nichts zurück! So groß auch deine Sünde war, Seine Gnade ist größer. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9). Welche köstlichen Worte sind dies!

Zur rechten Zeit wird Er dir die Freude Seiner Rettung wieder schenken. - Zur rechten Zeit! - sage ich, denn Seine vollkommene Liebe ist mit Weisheit vereint, die sich niemals irrt. Die Vergebung folgt sofort dem Bekenntnis, und du kannst ihren Trost genießen, aber du kannst nicht so leicht den Schmerz vergessen, den du Dem bereitest hast, der dich liebt und dessen Namen du trägst. Bittere Kräuter mußten von den Israeliten mit dem am Feuer gebratenen Lamme gegessen werden. Aber fürchte dich nicht, überlasse dich Seiner Hand! Keiner ist so stark und doch so zart wie Er. Wer weiß, wann jene verlorene Freude wieder dein Teil ist, wie dein Mund dann Übertretern Seine Wege lehren wird und wie Sünder zu dem HErrn umkehren werden. So sagte David Ps. 51,13, und du wirst ebenso sagen können.

Es ist gut, uns recht daran zu erinnern, daß, wenn wir Ihn als Vater anrufen, wir damit ausdrücken, Seiner Familie anzugehören und somit auch Seiner Zucht unterstellt zu sein. Er richtet ohne Ansehen der Person nach eines jeden Werk. Hiermit ist nicht das Endgericht gemeint, denn in jenes wird kein Gläubiger eintreten; von dem Gericht ist er durch das Sühnungswerk des Heilandes freigemacht worden. Von jenem Gericht heißt es: „Der Vater richtet niemanden, sondern das ganze Gericht hat Er dem Sohne gegeben“ (Joh. 5,22). Aber der Vater richtet Seine Kinder;

Er tut dies in Seiner unfehlbaren Weisheit jetzt, indem Er ermutigt, zurechtweist und vergilt. „Was irgend ein Mensch säet, das wird er ernten.“ (Gal. 6,7.)

Über ein solches Wort sollten wir nicht leicht hinweggehen, denn es zeigt uns den Grundsatz, nach dem Gott in Seinen Wegen mit uns waltet. Wenn ein Mensch auf das Fleisch säet, so erntet er von dem Fleische das Verderben, er erntet Sorgen, Leid, Angst und Kummer und andere Übel. So war es bei David. Seine Sünde war vergeben, aber das Schwert wich nicht von seinem Hause. So bei Salomo, Widersacher über Widersacher traten ihm entgegen. So bei Ussija, der Aussatz hing ihm an, solange er lebte. Wenn aber ein Mensch auf den Geist säet, erntet er von dem Geiste ewiges Leben, Segnung über Segnung macht seinen Becher überfließend; vielleicht nicht in irdischen Gütern, aber in Segnungen, wie sie der Heilige Geist uns gibt.

Der HErr wolle uns Gnade geben, die Zeit unserer Fremdlingschaft in Furcht zu wandeln, nicht in sklavischer Furcht, aber in heiliger kindlicher Furcht, die uns wachen und beten läßt, nicht in Sünde zu fallen und den Heiligen Geist zu betrüben, damit nicht die Zucht Gottes über uns komme.

B. (v. d. K.)

Einige Gedanken über Joh. 5 u. 6.

Gesammelt auf der Osterkonferenz in Homburg 1926.

Kap. 1-4: Offenbarung des fleischgewordenen Wortes.

Kap. 5-12: Kampf der Juden gegen diese Offenbarung. Feindseliger Widerstand der Religion des Fleisches gegen die geoffenbarte Herrlichkeit Gottes in Christo, in Gnade und Wahrheit (= Wirklichkeit), in Licht und Liebe.

Der Sohn Gottes ist die Exegese des Vaters:

Kap. 5: Feindschaft gegen den Sohn Gottes. Nach dem Wunder am Teiche Bethesda - Gnadenhaus.

Kap. 6: Feindschaft gegen den Sohn des Menschen (aus Bethlehem = Brothaus), das Brot des Lebens. Nach der Speisung der 5000.

Kap. 7 u. 8: Feindschaft am „Laubhüttenfest“ gegen Den, der größer war als das Fest, der durch Seine Gabe - 7,37-39 - allein zur wahren Ruhe bringt. Das Laubhüttenfest ist ja ein Bild dieser Ruhe. Die Herrschaft Christi macht das Glück des Tausendjährigen Reiches aus. Unser Herz soll schon jetzt eine Darstellung dieses Reiches sein.

Der feindselige Widerstand:

Kap. 9 u. 10: nach der Heilung des Blindgeborenen,

Kap. 11: nach der Auferweckung des Lazarus,

Kap. 12: nach dem Einzug in Jerusalem.

Ev. Joh. Kap. 5 zeigt uns also die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Kap. 6 dagegen die Herrlichkeit des Sohnes des Menschen. In Kap. 5 vertritt der Sohn Gottes die Rechte Gottes vor uns. In Kap. 6 vertritt Er uns vor Gott.

Kap. 5,18: Die Feindschaft der Juden hatte zwei Gründe;

a) Heilung am Sabbat (Gesetz) gegenüber der Offenbarung der Gnade;

b) Gott, Sein Vater = Offenbarung der Wahrheit (Wirklichkeit) als Sohn Gottes, 1,14.

Wir sehen diesen zwei Gründen für die Feindschaft der Juden in 5,21.22 zwei Ausstrahlungen Seiner Herrlichkeit als Sohn Gottes gegenübergestellt, nämlich:

1. Er gibt Leben = Gnade,

2. Er ist Gerichtsherr = Wahrheit.

„Richtet nicht nach dem Schein“, das taten die Juden, und so urteilt das Fleisch, „sondern richtet ein gerechtes Gericht!“ So handelt der HErr des Sabbats. Vergl. 5,30 mit 7,24. Die Beschneidung - 7,22.23; 3. Mos. 12,3 - geschah am achten Tage, auch wenn dieser ein Sabbat war; sie war schon den Vätern gegeben 1. Mos. 17,12. Der HErr des Sabbats (Mark. 2,27.28) hatte am Sabbat den ganzen Menschen gesund gemacht; die Beschneidung bedeutete nur den Eintritt in eine vorbildliche Bundesgemeinschaft. (Bild der Anwendung des Todes auf das Fleisch.) Die Tat des HErrn am Teiche Bethesda hatte innere Heilung und Wiederherstellung der Gesundheit zur Folge. Vergl. 5,14 und 7,23.

Kap. 5,31-47 enthält ein vierfaches Zeugnis Seiner Offenbarung als Sohn Gottes:

a) das Zeugnis des Täufers, V. 31-35,

b) das Zeugnis Seiner Werke, V. 36,

c) das Zeugnis des Vaters, V. 37,

d) das Zeugnis der Schriften, V. 38-47.

Das 5. Kapitel schließt mit dem Nichtglauben der geistlichen Führer in Israel. Grund: Sie wollten nicht auf eigene Ehre verzichten, verbunden mit dem Sterben des eigenen Ich. 5,40-44; 6,66.

In diesem Kapitel finden wir die Worte „Leben“ siebenmal, „Gericht, richten“ siebenmal, „tun“, vom HErrn gesprochen, siebenmal, „Werke“ dreimal, leben, „lebendigmachen“ dreimal. -

Kap. 6,1-14: Speisung der Fünftausend. Das ist ein Bild der Gnadenzeit. Innerlich befriedigt ist nur ein Mensch, der sich von Christo nährt. Satt sind wir erst droben, wenn wir Ihn sehen. Wir wollen Jesum genießen, um Ihn darzustellen. Wir wollen Brot essen, nicht nur darüber reden. Jer. 15,16; 2. Mos. 29,33; Hes. 3,1-3; Offenb. 10,9. Im Munde ist das Wort „süß“, aber beim Nachdenken und Anwenden desselben auf Herz und Leben oft „bitter“.

Kap. 6,15-21:

Die Jünger auf dem Meere,

der HErr auf dem Berge.

Auch wir sind heute auf dem Meere; die See erhebt sich; ein starker Wind weht. Es ist finster, und der HErr ist noch nicht wieder zu uns gekommen. Aber Er verwendet Sich auf dem „Berge Gottes“ für uns und kommt bald, um uns in den ersehnten Friedenshafen zu führen.

Vers 22-59:

Jesus als das Brot des Lebens = Offenbarung der Gnade.

Vers 60-71:

„Diese Rede ist hart!“ = Offenbarung der Wahrheit.

Vers 26.27 und 35:

Essen des Wortes = aneignen, aufnehmen,

Nachdenken = kauen,

Anpassen, Tun = Kraft.

Gott will, daß wir mittels der Gaben zum Geber gehen. Er wirkt durch die Gabe das Verlangen nach Ihm Selbst.

Im 6. Kapitel finden wir das Wort „Brot“ in seiner Bedeutung als irdische Speise siebenmal; in seiner Anwendung auf den HErrn vierzehnmal, davon siebenmal „Brot aus dem Himmel“.

Ferner können wir auch in diesem Kapitel vier Glaubensstufen unterscheiden:

1. Vers 35: Kommen,

2. Vers 40: Sehen, Anschauen,

3. Vers 53: Leben durch Glauben, sich nähren vom HErrn, von der Frucht Seines Todes, Ihn aufnehmen. Das Brot des Lebens kann man nur mit leeren Händen nehmen.

4. Vers 54: Nahrung dieses Lebens.

Vers 57: Unser HErr lebte auf dieser Erde in

vollkommener Abhängigkeit vom Vater, so auch wir. Jede Glaubenshandlung hat in Ihm ihre vollkommene Darstellung. Er ist die Verkörperung des Glaubens, der große Glaubende. (Sein Glaubensleben als abhängiger Mensch begann bei Seiner Geburt, Ps. 22,9.10; 16,1; unser Glaube beginnt bei der Wiedergeburt.) Der HErr lebte als vollkommener Mensch durch Vertrauen. „Er hat Gott vertraut“, Hebr. 2,13; Matth. 27,43; vergl. mit Röm. 1,17.

v. W.

Onesimus.

1

Nach einer Ansprache auf der Osterkonferenz 1926 in Zwickau.

Der Philemonbrief ist der kürzeste Brief, den wir in der Heiligen Schrift von der Hand des Apostels Paulus haben. Die Veranlassung zu diesem Briefe war die Flucht und die spätere Bekehrung und die damit verbundene Zurücksendung des entflohenen Onesimus.

Onesimus war ein Sklave des gläubigen Philemon, war aber seinem Herrn, wie es scheint, aus Furcht vor Strafe wegen einer begangenen Veruntreuung entflohen. (V. 18.) Wie wunderbar sind doch die Wege Gottes! Onesimus entfloh seinem gläubigen Herrn, aber Gottes Auge ging mit diesem entlaufenen Sklaven, und Er führte es so, daß er mit dem gefangenen Paulus in Berührung kam. Das Heil seiner Seele, welches er im Hause Philemons, seines gläubigen Herrn, nicht fand, das wurde ihm zuteil, als er in Rom als Flüchtling umherirrte. Die Gnade Gottes gebrauchte seinen gefangenen Knecht, den geketteten Paulus, den armen Sklaven auf den Weg des Friedens zu führen.

Als nun aber Onesimus bekehrt war, entstand die Frage: Was muß nun geschehen? Muß das Eigentumsrecht Philemons anerkannt werden, muß er zu seinem Herrn als dessen Sklave zurückkehren?

Damit kommen wir zu einer Sache, von der wir uns sagen müssen, daß sie ihren Ursprung nicht in dem Willen Gottes hatte, und doch finden wir in der Schrift so oft von Sklaven geredet.

Das in der Schrift mit „Knecht“ oder „Magd“ übersetzte Wort bezeichnet den Sklaven, denn es schließt die Leibeigenschaft in sich. In der Elberfelder Übersetzung finden wir deshalb in der Fußnote auch oft dafür das Wort „Sklave“ angegeben.

Die Sklaverei bestand schon in den frühesten Zeiten. Abraham hatte Sklaven (1. Mos. 12,16). Die Zahl seiner Sklaven muß sehr groß gewesen sein, sie betrug allein an „hausgeborenen“ Sklaven, die mit der Waffe geübt waren, 318. Außerdem aber hatte er noch „für Geld erkaufte“ Sklaven (1. Mos. 17,23). Die Zahl der Sklaven vermehrte sich ständig durch die Kinder aus den Ehen von Sklaven und Sklavinnen. Solche „hausgeborene“ Sklaven bezeichneten sich zuweilen mit dem Ausdruck „dein Knecht, deiner Magd Sohn“; sie galten als die treuesten und zuverlässigsten. Vielleicht nahm Abraham deshalb nur diese in den Streit, Lot zu retten (1. Mos. 14,14).

Es mag uns befremden, daß ein Mann wie Abraham Sklaven hatte, und wir möchten fragen, ob solches nach dem Willen Gottes sein konnte. Sicherlich war es von Anfang an nicht die Bestimmung Gottes, daß ein Mensch

über den anderen herrschen solle. Wenn der Mensch nicht gefallen wäre und die Sünde das Verderben nicht über den Menschen gebracht hätte, würde es nicht Herren und Knechte, Reiche und Arme geben. Die Knechtschaft ist eine Strafe, ist eine Folge der Sünde.

Das Gericht der Sintflut war über die Welt gegangen. Mit der Familie Noah begann die neue Bevölkerung der Erde. Die Sünde Hams trug den Fluch der Knechtschaft in das neu erstehende Menschengeschlecht (1. Mos. 9,25-27). Von da an finden wir Herren und Knechte, Freie und Sklaven, Reiche und Arme. Von Abraham lesen wir, daß er sehr reich war an Vieh, Silber und Gold (1. Mos. 13,2). Gott machte ihn reich (1. Mos. 14,23). So zeigte Gott neu, daß Er Sünde bestraft; aber so wie Seine Hand die einen strafte, so segnete Er die, die Ihm vertrauten.

Im Anfang gab Gott dem Menschen die Herrschaft über die Tiere, aber nie bestimmte Er, daß er ein Herr über seine Brüder sein solle. Wie gesagt, erst durch die Sünde kam dies Verderben, dieser Zustand in die Welt, daß ein Bruder dem anderen Knecht wurde. Gott erkannte den Fluch Noahs über die Sünde an.

Bei den Heiden des Altertums war der Sklave seinem Herrn gegenüber ganz rechtlos. Er konnte ihn nach Gutdünken verstümmeln oder töten. Wir sehen dieses bei Pharao, der den Befehl gab, daß alle Söhne der Hebräer bei der Geburt getötet werden sollten. Gott führte Sein Volk aus der Sklaverei Ägyptens heraus; aber auch bei den Juden blieb die Sklaverei. Selbst ein geborener Jude konnte seinem Stammesbruder ein Sklave werden. Am häufigsten geschah dieses unter dem Zwang der Not (2. Mos. 21,2.7; 22,3; 3. Mos. 25,39).

War jemand mit einem Weibe in die Leibeigenschaft gekommen, so wurde sie mit ihm frei; hatte aber sein Herr ihm von seinen Sklavinnen ein Weib gegeben, so mußte er sein Weib und seine Kinder zurücklassen. Wollte er aber aus Anhänglichkeit zu seinem Herrn und aus Liebe zu Weib und Kindern von seinem Recht auf Freilassung verzichten, so mußte er für immer auf seine Freiheit Verzicht leisten. Dies geschah dann in öffentlicher, feierlicher Weise, indem er an den Türpfosten des Hauses treten mußte und sein Herr seinen Ohrlappen mit dem Pfriemen an den Pfosten des Hauses durchbohrte und heftete. 2. Mos. 21,6; 5. Mos. 15,17.

Im Neuen Testament wurde wiederholt zu den Brüdern geredet, die Sklaven waren, z. B. 1. Kor. 7,21: „Bist du als Sklave berufen worden, so laß es dich nicht kümmern, wenn du aber auch frei werden kannst, so benütze es vielmehr usw.“ Dieses Freiwerden konnte nicht durch Fortlaufen, sondern mußte auf dem rechtlichen Wege geschehen. Deshalb sandte Paulus Onesimus zurück. Das ganze Sklavenleben war, wie schon gesagt, nicht nach dem Willen Gottes, es kam wegen der Sünde in die Welt. Ebenso wie es nicht nach dem Willen Gottes war, sein Weib zu entlassen. Als Jesus dieserhalb gefragt wurde, Antwortete Er ihnen: „Mose hat wegen eurer Herzenshärtigkeit euch gestattet, eure Weiber zu entlassen; von Anfang aber ist es nicht also gewesen.“ (Matth. 19,8.)

Wohl kehren wir in der Gemeinde, der Gott Seine Gedanken anvertraut hat, zu den Ursprungsgedanken Gottes zurück, und in der Christenheit hat sowohl die Sklaverei wie die Vielweiberei ihr Ende gefunden; aber wir

sehen aus der Schrift, daß, wer mehrere Weiber oder Sklaven hatte, diese nicht, wenn er gläubig geworden, entlassen mußte. Der Apostel erkannte den Stand und die Rechte Philemons an und forderte deshalb nicht die Freilassung seines Sklaven. In seiner Liebe bittet er für ihn, und mit feinem und zartem Takt deutet er an, daß er ihn „nicht länger als einen Sklaven, sondern mehr als einen Sklaven, als einen geliebten Bruder“ besitzen möge.

Die Wirkungen der Sünde sehen und finden wir in der Welt. Gott führte das Christentum nicht ein, um die Dinge der Welt in Ordnung zu bringen, noch um dem Gläubigen das Recht zu geben, Dinge, die Folgen der Sünde sind, mit eigener Hand zu seinem Nutzen ändern zu können, aber Er läßt das Licht Seiner Gedanken uns leuchten, und Sein Geist, der Geist der Gnade und der Liebe (der in diesem Briefe so besonders hervortritt), unterweist uns, demgemäß zu handeln. So sehen wir in dem Philemon-Brief, wie in einer Sache, die die Sünde in die Welt gebracht hat, durch „Liebe“ und „Gnade“ Wendung geschafft wurde.

v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 6

Worauf bezieht sich Jes. 53,9a und b? Wo hatte man Sein Grab bestimmt? Und wenn man 9b in Joseph von Arimathias Grab erfüllt sieht, das er für sich ausgehauen hatte (Matth. 27,60) - kann man (darf man) dann sagen, daß ein anderer (Jesus Christus) für ihn (auch für uns!)

ins Grab (Gericht) gegangen sei?

Antwort

Die Worte „Und man hat Sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt; aber bei einem Reichen ist Er gewesen in Seinem Tode“ werden unseres Wissens allgemein dahin verstanden, daß sie prophetisch von dem Platze sprechen, an den der Leib des Herrn Jesus gelegt wurde, nachdem man Ihn von dem Kreuze genommen hatte. Wenn es nach dem Willen derer gegangen wäre, die Ihn an das Kreuz gebracht hatten, so wäre der HErr dort begraben worden, wo die Gesetzlosen begraben wurden, mit denen zusammen Er gekreuzigt worden war. „Man hatte Sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt.“ Aber Gott ließ es nicht zu. Er ließ es nicht zu, daß Seinem Geliebten auch nur einen Augenblick länger und auch nur im allergeringsten mehr Schmach angetan wurde, als zur Vollbringung des wunderbaren Werkes des HErrn nötig war. Wohl mußte es geschehen, daß der Leib des HErrn in das Grab gelegt wurde - das gehörte mit zu Seinem Werke, weil Er gekommen war, die Stelle des Menschen, der gesündigt hat, vor Gott von Anfang bis Ende einzunehmen, und nach dem Urteil Gottes das Grab das Ende des Weges des Menschen auf der Erde bildet, wie wir 1. Mose 3,19 lesen: „Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren.“ Aber dieses Urteil Gottes findet seine Erfüllung genau so vollkommen in dem Grabe des „Reichen“ wie in dem Grabe des „Gesetzlosen“. Daher bedurfte es zur Vollkommenheit des Werkes des HErrn keineswegs Seines Begrabenwerdens „bei Gesetzlosen“,

ebensowenig wie es deinem Werke auch nur das geringste hinzugefügt haben würde, wenn Seine Beine gebrochen worden wären (Joh. 19,32-37). Und weil diese Dinge dem Werke nichts hinzugefügt haben würden, also nicht nötig waren und daher nur eine unnötige Verunehrung der Person Seines geliebten Sohnes gewesen wären, wachte Gott darüber, daß sie nicht geschahen. Daher ließ Er nicht zu, daß Er „Sein Grab bei Gesetzlosen“ erhielt, wie die Menschen es bestimmt hatten, sondern sorgte dafür, daß Er „bei einem Reichen war in Seinem Tode“. Joseph von Arimathia kam und nahm den Leib des Herrn Jesus ab, und Nikodemus kam auch dazu und brachte „eine Mischung von Myrrhe und Aloe, bei hundert Pfund“, und sie nahmen den Leib des Herrn Jesus und wickelten ihn in leinene Tücher mit den Spezereien, wie es bei den Juden Sitte ist, zum Begräbnis zuzubereiten, und sie legten Ihn in seine - des Joseph - in dem Felsen ausgehauene neue Gruft, die in einem nahegelegenen Garten war (Matth. 27,57-60; Joh. 19,38-42). Ist nicht dadurch das Wort Jes. 53,9a und b buchstäblich erfüllt worden? Wir sind überzeugt, daß es so ist.

Was den anderen Teil der Frage betrifft, so scheint es, daß der Fragesteller dem Grabe einen Sinn beilegt (Gericht), der ihm unseres Erachtens nach der Schrift nicht zukommt, und daß diese Vorstellung die Ursache für die in diesem Teil gestellte Frage bildet. Das Gericht trug der Herr Jesus nicht, als Sein Leib im Grabe lag, sondern in den drei Stunden der Finsternis am Kreuze, während deren Er von Gott verlassen war (Matth. 27,45.46).1 Das bezeugen Seine Worte am Ende dieser drei Stunden: „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19,30), und: „Vater, in Deine Hände übergebe Ich Meinen Geist“ (Luk. 23,44-46), die Er nicht

1

Der Frage scheint der schwere Irrtum zugrunde zu liegen, als ob das Grab Jesu stellvertretend sühnende Bedeutung habe, wie es denn je und dann solche gegeben hat, die in den sämtlichen begleitenden Umständen des Lebens Jesu sühnenden Charakter gesehen haben, z. B. auch in Seiner Taufe oder in den Ihn betreffenden Gerichtsverhandlungen vor dem Hohen Rat oder vor Herodes und Pilatus. - Vor vielen Jahren hörte ich einen Prediger des Evangeliums bei Betrachtung von Jes. 53 sagen (so etwa): Mit Seinem Schweigen vor Seinen Richtern (V. 7) büßte Jesus für unsere Zungensünden! - Das ist eine biblisch ganz unhaltbare Anschauung. Gewiß ist der HErr Jesus in Seinem Verhalten vor Seinen Richtern unser erhabenes Vorbild, dem wir, nachdem wir gläubig geworden sind, nacheifern sollen (1. Petr. 2,20-23), aber stellvertretend gelitten, gebüßt, gesühnt, was wir verschuldet, hat Er erst am Kreuz und nur da, und dort und nur dort hat Er das Gericht und den Fluch für uns stellvertretend getragen, wie es in der obigen klaren Antwort ja auch betont ist. „Auf dem Holze trug Er unsere Sünden“ (1. Petr. 2,24) und nirgends anders! „Am Fluchholz ward Er ein Fluch für uns“ (Gal. 3,13) und nirgends anders! Wer Seinen sonstigen Lebensumständen, u. a. Seiner vorbildlichen Taufe, Seinem abbildlichen Grab usw., sühnenden Charakter beimißt, entleert das Kreuz in seiner einzigartigen Bedeutung. Man verbinde nicht tiefere Gedanken mit Jesu Grab usw., als die Schrift tut, sonst verfällt man in ungeistliche Phantasie und Philosophie und schadet sich und anderen! Der HErr bewahre uns davor! Wer Gelegenheit oder Möglichkeit hat, vgl. hierzu Jahrb. II, Frage 46! (Die Schriftl. F. K.)

hätte sagen können, wenn nicht das Gericht vorüber gewesen wäre. Und Seine Worte an den Räuber: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“ (Luk. 23,43) zeigen klar, daß der HErr vom Kreuze ins Paradies ging, denn wenn Seine Worte sich erfüllen sollten, mußte Er ja Selbst auch dort sein! Demnach war Er im Paradies - nicht etwa in der Hölle, um dort für uns zu leiden, oder an dem Orte der ungläubig Abgeschiedenen, um ihnen das Evangelium zu verkündigen, wie viele infolge irriger Belehrung auf Grund von 1. Petr. 3,19 und 4,6 denken -, während Sein Leib im Grabe lag. Darum können wir in dem Grabe des Herrn Jesus bezw. in dem Im-Grabe-Liegen des Leibes des Herrn Jesus nicht das Gericht sehen - denn dieses war vorher -; aber wir sehen darin eine andere Tatsache, die damit im Zusammenhange steht und für uns von großer Bedeutung ist: den Abschluß unserer Geschichte als Sünder - das vollkommene Beseitigtsein des Menschen, der mit der Sünde zu tun hatte, vor Gottes Augen hinweg. Denn wie wir Ihn als unseren Stellvertreter im Gericht am Kreuze leiden sahen und wissen, Gott rechnet es uns zu, als ob wir selbst dort gerichtet worden wären, so sehen wir auch in Seinem Tode unseren Tod und in Seinem Begrabensein unser Begrabensem in bezug auf unseren alten sündigen Menschen, denn wir sind „mit Ihm einsgemacht in der Gleichheit Seines Todes“ und deshalb auch „mit Ihm begraben worden“, wie die biblische Taufe der Gläubigen es sinnbildlich zum Ausdruck bringt (Röm. 6,4.5). Das ist einerseits sehr tröstlich und kostbar für uns, da unser göttlich erneuerter Sinn den alten, sündigen Menschen ablehnt und in Neuheit des Lebens, nach dem Geiste, zu wandeln begehrt, und andererseits sehr ernst

und verAntwortungsvoll, weil wir nun auch schuldig sind, diese Tatsache in unserem Wandel zu verwirklichen.

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Der Frage scheint der schwere Irrtum zugrunde zu liegen, als ob das Grab Jesu stellvertretend sühnende Bedeutung habe, wie es denn je und dann solche gegeben hat, die in den sämtlichen begleitenden Umständen des Lebens Jesu sühnenden Charakter gesehen haben, z. B. auch in Seiner Taufe oder in den Ihn betreffenden Gerichtsverhandlungen vor dem Hohen Rat oder vor Herodes und Pilatus. - Vor vielen Jahren hörte ich einen Prediger des Evangeliums bei Betrachtung von Jes. 53 sagen (so etwa): Mit Seinem Schweigen vor Seinen Richtern (V. 7) büßte Jesus für unsere Zungensünden! - Das ist eine biblisch ganz unhaltbare Anschauung. Gewiß ist der HErr Jesus in Seinem Verhalten vor Seinen Richtern unser erhabenes Vorbild, dem wir, nachdem wir gläubig geworden sind, nacheifern sollen (1. Petr. 2,20-23), aber stellvertretend gelitten, gebüßt, gesühnt, was wir verschuldet, hat Er erst am Kreuz und nur da, und dort und nur dort hat Er das Gericht und den Fluch für uns stellvertretend getragen, wie es in der obigen klaren Antwort ja auch betont ist. „Auf dem Holze trug Er unsere Sünden“ (1. Petr. 2,24) und nirgends anders! „Am Fluchholz ward Er ein Fluch für uns“ (Gal. 3,13) und nirgends anders! Wer Seinen sonstigen Lebensumständen, u. a. Seiner vorbildlichen Taufe, Seinem abbildlichen Grab usw., sühnenden Charakter beimißt, entleert das Kreuz in seiner einzigartigen Bedeutung. Man verbinde nicht tiefere Gedanken mit Jesu Grab usw., als die Schrift tut, sonst verfällt man in ungeistliche Phantasie und Philosophie und schadet sich und anderen! Der HErr bewahre uns davor! Wer Gelegenheit oder Möglichkeit hat, vgl. hierzu Jahrb. II, Frage 46! (Die Schriftl. F. K.)

Dieser Gegenstand hat aber auch noch eine andere, kostbare Seite für uns. Wir können nicht an das Grab unseres HErrn denken, ohne dabei an Seine Auferstehung erinnert zu werden. Er ist nicht im Grabe geblieben, sondern ist auferstanden und in die Herrlichkeit gegangen; und so wird es auch mit all den Erlösten geschehen, die durch Ihn entschlafen sind: sie werden auferstehen, wenn Er kommt, um die Seinen heimzuholen (Joh. 5,29; 1. Kor. 15; 1. Thess. 4,13-17).

Das Grab ist ein rechtes Bild von der furchtbaren, zerstörenden Wirkung des Todes als Lohn der Sünde. Es ist der Platz, an den die Sünde uns gebracht hatte, und der HErr mußte an diesen Platz gehen - in die tiefste Tiefe, in Tod und Grab hinabsteigen -, um uns von da, wo wir waren durch die Sünde, heraufzuholen, mit Sich zu bringen in Seiner Auferstehung. Er nahm all die Folgen der Sünde auf Sich an unserer Stelle, bis in das Grab hinab, und befreite uns davon, so daß nicht mehr das Grab, sondern das Leben unser Teil ist, selbst wenn noch unser Leib sollte den Weg durch das Grab gehen müssen. Das letztere ist noch möglich, weil unser Leib dieser vergänglichen Schöpfung angehört und „die Erlösung unseres Leibes“ (Röm. 8,23) erst dann wirksam werden kann, wenn der HErr kommt, um die Seinen aus dieser vergänglichen Schöpfung wegzunehmen. Auf dieses Kommen warten wir, und wenn dasselbe geschieht, während wir noch hier sind, brauchen wir überhaupt nicht durch den Tod und in das Grab zu gehen, sondern werden verwandelt werden! (Joh. 11,25.26; 1. Kor. 15,51.52; 2.

Kor. 5,1-8; Phil. 3,20.21.) -

Wir bilden uns nicht ein, mit obigen Ausführungen die Gedanken erschöpft zu haben, die mit dem Grabe des Herrn Jesus verbunden sind, möchten andererseits aber auch nicht unerwähnt lassen, daß wir uns hüten müssen, Gedanken damit zu verbinden, die Gott nicht damit verbindet. Möchte uns das Licht darüber vermehrt werden! -

Th. K.

Frage 7

Was meint der HErr damit, wenn Er in Matth. 11,29.30 von Seinem „Joch“ spricht? Welches Joch wohl?

Antwort A

Das Wort „Joch“ ist 1. den Dingen des Ackerbaues entnommen und wird 2. oft bildlich gebraucht. Zu 1. lies 1. Kön. 19,19; Luk. 14,19; Hiob 42,12. Zu 2. lies 5. Mose 28,48; Jer. 27,8; Klagel. 3,27; 2. Kor. 6,14; 1. Tim. 6,1. Genannte Stellen lassen eine Erklärung wie „Lasttragen“ - „unter Herrschaft und Dienst stehend“ zu. Ehe man „des HErrn Joch“ tragen kann, muß man zur „Ruhe des Gewissens“ gelangt sein (V. 28). Die „Ruhe des Herzens“ erlangt man nur in der Befolgung von Vers 29 und 30. „Lernet von Mir!“ Als wir unter der Macht (Joch) Satans standen, waren Tod - Hoffnungslosigkeit - Knechtschaft und Gericht unser Teil. Jedoch unter Ihm stehend empfingen wir Freiheit - Friede - Hoffnung - Erbrecht, ja „alles Gute“. Unter dem Joche eines „solchen HErrn“ zu

werden. „Sein Joch“ war die stete Dienstbereitschaft für Seinen Gott und Vater und Sein völliges Ergebensein. Er konnte jedes menschliche Bedürfnis stillen, sei es an Geist, Seele oder Leib. Ebenso verurteilte Er schonungslos das Böse. Alles zur rechten Zeit. Lies Matth. 12,18-21; 23,13-33. - Somit offenbarte Er die Liebe und Gnade wie auch die Heiligkeit Gottes. Als „Solche“, die „aus Ihm geboren“ sind, können wir durch den in uns wohnenden Heiligen Geist in jeder Lebenslage ebenso handeln, wie Er handelte. Natürlich nur in der „kleinen Kraft“. Wenn wir in Schwachheit so handeln, wie folgende Stellen besagen, so tragen wir „Sein Joch“ inmitten einer christusfeindlichen Welt (1. Petr. 2,21-24; Hebr. 13,12-16; Joh. 13,15-17; Matth. 5,11.12; 2. Tim. 3,5 u. a.

Wst.

Antwort B

Ein „Joch“ ist ein Gerät, das einem Zugtier (Rind) oder einem Paar von Zugtieren angelegt wird, um mittels desselben eine Last zu ziehen bezw. eine Arbeit zu verrichten. Wenn die Last oder Arbeit schwer ist, wird dadurch das Joch zu einem „schweren Joch“. Auch kann es sein, daß dabei das Joch infolge seiner Beschaffenheit besonders drückt und schmerzt und dadurch zu einem „harten Joch“ wird. Deshalb ist dieser Gegenstand ein geeignetes Bild für Knechtschaft, Unterworfensein und Dienst, und wir finden das Wort in dieser bildlichen Anwendung vielfach im Worte Gottes. Besonders im Alten Testament wird dieses Bild oft angewendet; z. B.: 1. Mose 27,40; 3. Mose 26,13; 5. Mose 28,48; 1. Kön. 12,4; Jer. 2,20; 5,5; 27,2.8.12; 28,2.4.10.13.14 u. a. m. Im Neuen

Testament finden wir es, abgesehen von der uns vorliegenden Stelle, noch Apgesch. 15,10; 2. Kor. 6,14; Gal. 5,1; 1. Tim. 6,1. Aus diesen Schriftstellen sehen wir deutlich, was mit „Joch“ in seiner Anwendung auf Menschen gemeint ist. Wenn der HErr von „Seinem Joch“ spricht, meint Er demnach Sein Unterworfensein, indem Er als Mensch Seinen Weg durch diese Welt ging und Seinen Dienst tat - Sein Unterworfensein unter den Willen Seines Vaters. Es war ein vollkommenes Unterworfensein in Abhängigkeit und Gehorsam, inmitten aller Mühsal und Last dieses Lebens, sanftmütig und von Herzen demütig Seinen Weg gehend. Nachdem Er alle Mühseligen und Beladenen eingeladen hat, zu Ihm zu kommen und sich von Ihm Ruhe geben zu lassen, die Er ihnen dadurch schenkt, daß Er sie von ihrer Mühsal und Last befreit, fordert Er diese zu Ihm Gekommenen, durch Ihn zur Ruhe Gebrachten auf, Sein Joch auf sich zu nehmen und von Ihm zu lernen: Sie sollen wie Er sich ganz dem Willen Seines Vaters unterstellen und in Abhängigkeit und Gehorsam ihren Weg durch diese Welt gehen und sollen von Ihm lernen, in all den Umständen und Schwierigkeiten dieses Lebens diese völlige Beugung unter des Vaters Willen dadurch zu beweisen, daß sie sanftmütig und von Herzen demütig sind. Wenn sie dies tun würden, würden sie Ruhe finden für ihre Seelen, also zu der Ruhe, die sie durch die Befreiung von ihrer Mühsal und Last empfangen hatten, noch etwas hinzu, was sie vollkommen befriedigte.

Welche kostbare Belehrung hierin für uns liegt, ist ja bekannt: Als wir mit unserer Mühsal und der Last unserer Sünden zu Ihm kamen und Er sie uns abnahm, gab Er uns Ruhe - Ruhe für unser Gewissen, den kostbaren Frieden mit Gott (Röm. 5,1.). Das ist aber nicht alles, was Er uns

gibt und was wir zur völligen Befriedigung unserer Herzen bedürfen: Er hat uns durch den Heiligen Geist fähig gemacht, den „guten und wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes“ (Röm. 12,2) zu erkennen und zu tun nach Seinem herrlichen Vorbilde, und in dem Maße, wie wir dies tun, erfahren und genießen wir den über alles kostbaren Frieden Gottes, der allen Verstand übersteigt (Phil. 4,7) und unser Herz zur Ruhe bringt. Es ist ein Unterschied zwischen dem „Frieden mit Gott“ und dem „Frieden Gottes“: der erstere bleibt uns immer, den letzteren aber besitzt und genießt unser Herz nur dann, wenn unser Wandel in Gehorsam ist, in Seinen Fußstapfen - wenn wir „Sein Joch auf uns nehmen und von Ihm lernen“.

Dann sagt der HErr noch: „Denn Mein Joch ist sanft, und Meine Last ist leicht“. Ja, wie kostbar - „sanft“ und „ leicht“ - es ist, in „Seinem Joch“ zu gehen und „Seine Last“ zu tragen, das kann jedes Kind Gottes bezeugen, das gefolgt ist und weiter folgt Seinem Rufe: „Nehmet auf euch Mein Joch und lernet von Mir!“

Th. K.

Frage 8

Was schließen die drei Ausdrücke in Röm. 12,11 in sich? Stehen die ersten beiden in besonderer Beziehung zum dritten: „dem HErrn dienend“?

Antwort

Auf der Grundlage, die der Apostel in den vorangehenden

Ermahnungen, die zum Ziele haben, daß das praktische, tägliche Leben der Kinder Gottes der ihnen zuteil gewordenen Gnade entsprechen möchte. Es gibt Schriftstellen, die beim Lesen auf das Herz wirken wie ein Spiegel, in dem man sich betrachtet und der einem zeigt, daß manches nicht ist, wie es sein sollte. Man liest die Schriftstelle und empfindet, daß es bei einem in vielen Stücken mangelt, und man wird erneut angespornt und mit dem Verlangen erfüllt, das Gelesene zu verwirklichen. Eine solche Schriftstelle ist auch Röm. 12, besonders Vers 9-21. Die Ermahnungen, die wir da lesen, sind überaus kostbar und dabei so praktisch und einfach, daß sie fast kaum einer Auslegung bedürfen.

Was die drei Dinge in Vers 11 anbelangt, so sind wohl kleine Abweichungen in der Auffassung möglich, obwohl auch dann der Hauptgedanke derselbe bleibt. Das sieht man an den verschiedenen Übersetzungen. Wir wollen deren drei vergleichen. In der „Elberfelder“ Bibel heißt es: „Im Fleiße (Eifer) nicht säumig, inbrünstig im Geist; dem HErrn dienend“; Dr. Wiese übersetzt: „Seid unverdrossenen Eifers, seid glühenden Geistes, dienet dem HErrn“, und Dr. Luther übersetzt: „Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brünstig im Geiste. Schicket euch in die Zeit.“ 1 Die erste der drei Ermahnungen ist hiernach ganz klar: Wir sollen alles, was uns obliegt und zu tun zukommt und worin wir erfunden werden sollten, mit Fleiß (Eifer) tun. Aber so unerläßlich und wertvoll dies auch ist, so ist es doch nicht genug, sondern der HErr wünscht mehr: mit dem Fleiß soll sich auch Hingabe verbinden. Das ist wohl der Sinn der zweiten Ermahnung. Wir sollten mit unserem ganzen Herzen dabei sein, unser Inneres, unser Geist, sollte sich dafür erwärmen, ja, sollte

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Der luth. Übersetzung liegt bei diesem dritten Gliede des V. 11 eine andere griechische Lesart zugrunde. Den ursprünglichen Text, in dem Paulus durch Tertius (16,22) den Brief an die Römer geschrieben hat, also den eigentlichen Urtext, haben wir - wie auch von allen Büchern des Neuen Testaments - bekanntlich nicht mehr. Die ältesten, weit in den Anfang des christlichen Zeitalters hinaufreichenden Handschriften - Abschriften von den damals noch vorhandenen Urtexten - wurden nun immer wieder abgeschrieben, und dabei waren trotz peinlichster Vorsicht kleine, aber im wesentlichen unbedeutende Abweichungen wohl möglich durch die Arbeit von doch nur unvollkommenen Menschen! Obwohl bei den vielen Christenverfolgungen der ersten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung ungezählte Handschriften mitsamt den Urschriften verloren gegangen sind, hat Gott, der über Sein Wort wachte, doch Gnade gegeben, daß uns über 1100 Handschriften neutestamentlicher Bücher erhalten geblieben sind, worunter vom ganzen Neuen Testament 40 und von Pauli Briefen etwa 300. Diese Handschriften wurden später mit allen Mitteln eifrigster und treuester Forschung miteinander verglichen, damit die bestbezeugtesten, dem ersten Grundtext wohl am nächsten kommenden, gesondert würden und als Grundlage dienen konnten für die Übersetzungen in alle möglichen Sprachen. - Luther hat natürlich nicht so viele Handschriften vergleichen können, wie es später möglich war, wo mehr aufgefunden waren. - Im Griechischen ist nun zwischen dem Wort für „Herr“ und dem für „Zeit“ eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit, so daß ein Abschreiber das erstere Wort für das zweite oder umgekehrt gelesen haben kann; auch noch andere Möglichkeiten können in Betracht kommen; jedenfalls aber beruht die wirkliche Verschiedenheit der Übersetzungen hier wie oftmals auf solchen kleinen Unterschieden der Lesarten (sogen. „Varianten“), über die jedoch Gott auch gewacht hat, so daß die Hauptsachen in nichts durch diese menschlichen Unvollkommen-

dafür erglühen. So lesen wir in Apgesch. 18,25 von Apollos: „Und brünstig im Geist, redete und lehrte er sorgfältig die Dinge von Jesu ...“, und Petrus sagt in seinem ersten Briefe in bezug auf die Liebe: „... so liebet einander mit Inbrunst“ (1,22), und: „... habet untereinander eine inbrünstige Liebe“ (4,8). Immer ist der Gedanke: Wärme, ganze Hingabe; das Gegenteil von Kälte, Gleichgültigkeit. Unser Inneres, unser Geist, soll ganz darin aufgehen. Daran schließt sich die dritte Ermahnung wunderbar passend an. Denn wenn auch alles mit Fleiß und brünstigem Geiste (ganzer Hingabe) geschieht, würde es doch des Wertes und der Wohlgefälligkeit vor dem HErrn ermangeln, wenn es nicht im Dienste für Ihn geschieht: „dem HErrn dienend“. Was irgend es auch sei - über alles soll geschrieben stehen: „Dem HErrn!“ Das stimmt auch mit Dr. Luthers „Schicket euch in die Zeit“ überein, denn das, was unser HErr uns zu tun heißt, wird auch immer den wahren Bedürfnissen der Zeit entsprechend sein.

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Der luth. Übersetzung liegt bei diesem dritten Gliede des V. 11 eine andere griechische Lesart zugrunde. Den ursprünglichen Text, in dem Paulus durch Tertius (16,22) den Brief an die Römer geschrieben hat, also den eigentlichen Urtext, haben wir - wie auch von allen Büchern des Neuen Testaments - bekanntlich nicht mehr. Die ältesten, weit in den Anfang des christlichen Zeitalters hinaufreichenden Handschriften - Abschriften von den damals noch vorhandenen Urtexten - wurden nun immer wieder abgeschrieben, und dabei waren trotz peinlichster Vorsicht kleine, aber im wesentlichen unbedeutende Abweichungen wohl möglich durch die Arbeit von doch nur unvollkommenen Menschen! Obwohl bei den vielen Christenverfolgungen der ersten Jahrhunderte christlicher Zeitrechnung ungezählte Handschriften mitsamt den Urschriften verloren gegangen sind, hat Gott, der über Sein Wort wachte, doch Gnade gegeben, daß uns über 1100 Handschriften neutestamentlicher Bücher erhalten geblieben sind, worunter vom ganzen Neuen Testament 40 und von Pauli Briefen etwa 300. Diese Handschriften wurden später mit allen Mitteln eifrigster und treuester Forschung miteinander verglichen, damit die bestbezeugtesten, dem ersten Grundtext wohl am nächsten kommenden, gesondert würden und als Grundlage dienen konnten für die Übersetzungen in alle möglichen Sprachen. - Luther hat natürlich nicht so viele Handschriften vergleichen können, wie es später möglich war, wo mehr aufgefunden waren. - Im Griechischen ist nun zwischen dem Wort für „Herr“ und dem für „Zeit“ eine gewisse äußerliche Ähnlichkeit, so daß ein Abschreiber das erstere Wort für das zweite oder umgekehrt gelesen haben kann; auch noch andere Möglichkeiten können in Betracht kommen; jedenfalls aber beruht die wirkliche Verschiedenheit der Übersetzungen hier wie oftmals auf solchen kleinen Unterschieden der Lesarten (sogen. „Varianten“), über die jedoch Gott auch gewacht hat, so daß die Hauptsachen in nichts durch diese menschlichen Unvollkommen-

Mit Obigem beAntwortet sich auch der zweite Teil der Frage, denn wir sehen, daß die ersten beiden Dinge in Vers 11 in Beziehung zueinander und zusammen in besonderer Beziehung zu dem dritten: „dem HErrn dienend“, stehen. Wir glauben indessen, daß dieses „dem HErrn dienend“ diese besondere Beziehung nicht nur zu den vorangegangenen zwei Dingen, sondern ebenso zu den anderen vorangegangenen Dingen in Vers 9 und 10 hat, wie es ja auch, wie jede der anderen Ermahnungen, für sich betrachtet werden kann und selbständig seine Bedeutung hat. Aber auch so betrachtet, muß es immer wieder auf jede andere Sache seine Wirkung haben und zeigt uns damit seine ganz besondere Bedeutung. -

Möchten wir alle gekennzeichnet sein in unserem ganzen Wandel durch dies Wort „dem HErrn dienend“! Er gebe uns Gnade dazu!

Th. K.

heiten leiden konnten. - Also auch die verschiedenen Übersetzungen dürfen wir als „Sein Wort“ ansehen, das wir zu bewahren haben (Offb. 3,8), wenngleich weder die Abschriften noch die Übersetzungen unmittelbar göttlich inspiriert („gottgehaucht“ nach 2. Tim. 3,16) sind, sondern nur die Urschriften (der einzelnen Schreiber), die wir vom Neuen Testament ja nicht mehr haben. Diese letzteren aber sind im Neuen wie im Alten Testament wörtlich eingegeben (1. Kor. 2,13; 1. Thess. 2,13; 2. Petr. 1,21 usw.), und es ist für uns, die wir „durch das lebendige und bleibende Wort Gottes wiedergeboren“ sind (1. Petr. 1,23; Jak. 1,18), keine Frage, daß unser Gott, der das Verschwinden der Urschriften zugelassen hat, auch dafür gesorgt hat, daß die Abschriften, die für die Übersetzungen die Grundlage bilden (und diese letzteren selbst, besonders die neueren, die sich möglichst genau an den Grundtext halten), so wortgetreu wie nötig hergestellt und überliefert sind, so daß der gläubige Christ auch von ihnen reden kann ohne Besinnen und ohne Zweifel als von „Gottes Wort, das lebendig und wirksam und schärfer ist als jedes zweischneidige Schwert usw.“ (Hebr. 4,12) im Neuen wie im Alten Testament, und das für uns „das Schwert des Geistes“ ist (Eph. 6,17). Möchten wir nur Gnade haben, es immer fleißiger, treuer und tatkräftiger zu gebrauchen! Und möchten wir handeln nach des Herrn Jesus Wort: „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort bewahren (halten)“! (Joh. 14,23).

Die Schriftl. F. K.

Eine Betrachtung über 1. Kor. 8-10.

(Fortsetzung.)

Warum sagt der Apostel dieses alles? Was ist sein Ziel in dieser Beweisführung? Handelte es sich für ihn darum, ihnen Belehrungen über das Abendmahl zu geben? Durchaus nicht! Sondern es handelte sich darum, daß die Gemeinschaft mit Christus in Seinem Tode auch das Verbundensein der Vielen zu einem Leibe bewirkt hatte und daß sie darum diese Gemeinschaft nicht durch Teilnahme an den Götzenmahlzeiten bloßstellen sollten.

Der Apostel beginnt deshalb diesen Abschnitt mit den Worten: „Fliehet den Götzendienst“. Er wollte sie klar überführen, daß die Teilnahme an den Götzenopferfesten im Widerstreit stehe mit der Gemeinschaft Christi und daß solche das Gericht Gottes sicher über sie bringen würde.

Er wendet sich nun in unserem Abschnitt (Vers 15) an ihre Verständigkeit und ihre Einsicht, seine Darlegungen zu beurteilen, und lenkt zu diesem Zweck ihren Blick auf einen vergleichenden Vorgang in der Gemeinde Gottes. Er fragt sie, ob das, was sie bei der Feier des Abendmahles tun, nicht Gemeinschaft („Teilhaberschaft“) sei. Durch diese Frage nötigt er sie, es sich selbst zu gestehen, daß der Kelch, den sie segnen, und das Brot, das sie brechen, Gemeinschaft des Blutes und des Leibes Christi sei.

Alsdann richtet er ihre Aufmerksamkeit auf einen zweiten

Vorgang, der mit dem jüdischen Kultus in Verbindung stand. Und wiederum fragt er sie: „Sind nicht die, die das Opfer essen, in Gemeinschaft mit dem Altar?“ Auch dieses mußten sie zugeben. Nachdem er so das Licht von zwei Beispielen aus dem christlichen und dem jüdischen Kultus auf ihr Herz und Verständnis hatte fallen lassen, zeigt er ihnen nun, daß das, was die Nationen opfern, sie den Dämonen opfern, und er fügt hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt“.

Jemand hätte nun einwenden können, wenn die Nationen ihre Opfer nicht den Götzen, sondern den Dämonen darbringen, dann seien die Götzen doch etwas, und Paulus stehe mit seinen eigenen Worten, daß ein Götzenbild nichts sei (Kap. 8,4), im Widerspruch. Einer solchen falschen Folgerung kommt er in dem 19. u. 20. Vers zuvor.

Im 15. Vers hatte er sie aufgefordert: „Beurteilet ihr, was ich sage“, und jetzt fragt er: „Was sage ich nun? sage ich, daß ein Götzenbild etwas sei?“ Sicherlich nicht. Aber hinter diesen Götzen standen die Dämonen, und deshalb konnte er sagen: „Das, was die Nationen opfern, opfern sie den Dämonen und nicht Gott“.

Eine Teilnahme an den Götzenopfermahlzeiten war somit tatsächlich Gemeinschaft mit den Dämonen, genau so Gemeinschaft, wie in den beiden zuvor angeführten Beispielen aus dem christlichen und jüdischen Kultus, so wie die Teilnahme bei den Christen Gemeinschaft mit dem Christus und bei den Juden Gemeinschaft mit dem Altar war, so war sie bei den Heiden auch Gemeinschaft mit den Dämonen.

Wenn sie auch bei den Götzenopfermahlzeiten selbst nicht

mitwirkend tätig sein mochten, so nahmen sie doch durch ihr Dabeisitzen und Mitessen daran teil, und darin lag eben Gemeinschaft. Seine liebende Sorge konnte nicht zulassen, daß sie sich solcher Gemeinschaft hingaben, und er fügt in apostolischer Machtvollkommenheit hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft mit den Dämonen habt“.

*

Laßt uns hier einen Augenblick unsere Betrachtung unterbrechen und uns fragen, ob nicht auch wir heute in einer götzendienerischen Welt leben. Die äußere Form der Götzenbilder und der Götzentempel mag verändert sein, die Dämonen aber, die dahinterstehen, sind dieselben geblieben.

Der Apostel hatte sie an Israel erinnert (Vers 6.7) und ermahnt, nicht wie jene Götzendiener zu werden. Aber die Christenheit ist (wie Israel) nicht dem Götzendienst entflohen. Wie kam es? Genau so wie bei Israel: in dem Gelüsten nach den bösen Dingen. Auch jetzt umgeben uns Dinge, Gebräuche, die uns anziehen und reizen. In der Warnung, nicht Götzendiener zu werden wie etliche von ihnen, kennzeichnet er auch zugleich ihren Götzendienst mit den Worten: „Das Volk setzte sich nieder, zu essen und zu trinken, und sie standen auf, zu spielen“.

Ernste Unterweisungen empfangen wir, wenn wir dieses Wort aus 2. Mos. 32,6 im Zusammenhang betrachten und auf uns anwenden. Mose war auf den Berg zu Gott gegangen, so wie der HErr jetzt oben bei dem Vater ist. In dieser Zeit seiner Abwesenheit wandte sich das Herz des Volkes gar schnell von Gott ab, und sie fingen an, dem Laufe der Welt zu huldigen. Sie machten sich ein Kalb

nach dem Bilde der Welt, und dieses Kalb verbanden sie mit dem Namen Gottes und bauten Ihm einen Altar. Mit diesem Kalbe im Mittelpunkt riefen sie Jehova ein Fest aus und brachten Brand- und Friedensopfer dar. Was mußte dieses für das Herz Gottes sein?!

Gott erwähnt diese Sache noch einmal im Neuen Testament (Apg. 7,41), und dort spricht Er von dem Kalbe als von „den Werken ihrer Hände, an denen sie sich ergötzten“. „Die Werke ihrer Hände“ wurden ihre Götzen. Kein Götze ist so verbreitet, wird so verherrlicht und keinem wird so gehuldigt wie diesem, der „Menschenwerk“ heißt. Und wie geneigt sind unsere Herzen, die Werke der Hände der Menschen anzustaunen und anzubeten, und wie viele Werke haben Menschenhände errichtet und mit dem Namen Gottes verbunden und geweiht. Fromm rufen sie Jehova ein Fest aus, bringen ihre Opfer und huldigen ihren Götzen. Mit Ergebenheit nach außen naht man sich Gott, aber „das Werk ihrer Hände“ steht im Mittelpunkt, und das Wesen dieser Welt: Essen, Trinken, Spielen1 kennzeichnet ihr Fest, auf dem „die Werke ihrer Hände“ verherrlicht werden, Werke, in denen Gott nur das Kalb - das Werk ihrer Hand - sieht, das, verbunden mit Seinem Namen, Ihm nur ein Schmerz ist und über welches Er auch heute sagen müßte: „Sie ergötzen sich an den Werken ihrer Hände“. Wie hängt doch das Menschenherz an dem Werke der eigenen Hand. Selbst die Werke, die wir dem HErrn tun, können für unser Herz zum Götzen werden und es so einnehmen, daß der HErr daneben steht.

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Essen, Trinken, Spielen ist an sich nichts Böses, aber diese Dinge nahmen ihr Herz so ein, daß sie ihnen zu Götzen wurden; so daß Gott uns warnt: „Werdet nicht Götzendiener wie etliche von ihnen, wie geschrieben steht: das Volk setzte sich nieder zu essen und zu trinken und stand auf, zu spielen“.

Johannes schließt seinen ersten Brief mit den Worten: „Kinder, hütet euch vor den Götzen“ (1. Joh. 5,21), und Paulus schreibt: „Darum, Geliebte, fliehet den

Götzendienst“ (Kap. 10,14) und fügt weiter hinzu: „Ich will nicht, daß ihr Gemeinschaft habt mit den Dämonen“. Möchten wir uns bewahren lassen, nicht durch Teilnahme an solchen Götzenkulten Gemeinschaft mit den Dämonen zu haben!

Fragst du, was Götzen sind, so laß mich dir sagen, daß es alle sichtbaren und unsichtbaren Dinge sind, die den Platz Gottes in unserer Seele einnehmen und unser Herz gefangen halten. Wenn wir daraufhin uns prüfen, so werden wir bald entdecken, mit welchen Götzen Satan unser Herz gefangen nehmen will, um uns zu ihrem Dienst und ihrer Huldigung zu bringen. Es fehlt ihm nicht an Götzen. Wir brauchen nicht nur an Habsucht zu denken, von der die Schrift sagt, daß sie Götzendienst ist, Götzen können auch Kunst, Wissenschaft, Sport, Ehre, Geschäft usw., ja selbst unsere Kinder u. a. sein.

*

Kehren wir nun zu unserem Abschnitt zurück!

Nachdem der Apostel in dieser Weise den Korinthern klar gezeigt hatte, was Gemeinschaft ist, stellt er sie vor die Unmöglichkeit, Gemeinschaft mit Christus und zugleich Gemeinschaft mit den Dämonen haben zu können. Das eine schloß das andere aus. Es war unmöglich, mit zwei sich einander entgegenstehenden Dingen zugleich Gemeinschaft haben zu wollen. „Ihr könnt nicht des HErrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des HErrn Tisches teilhaftig sein und des Tisches der Dämonen.“

Er stellt das, was des HErrn ist, und das, was der

Dämonen ist, einander gegenüber, und beides bezeichnet er mit den gleichen Worten „Kelch“ und „Tisch“. Gerade diese Gegenüberstellung und die Bezeichnung der beiderseitigen Dinge mit den gleichen Worten beweisen uns, daß „Kelch“ und „Tisch“ mehr in sich schließen als nur das Abendmahl bezw. das Götzenopfer und daß es sich nicht um einen buchstäblichen „Kelch“ und „Tisch“ handelt, sondern daß diese im bildlichen Sinne verstanden werden müssen.

Es sollte nicht schwer sein, dieses zu sehen, denn das Trinken des Kelches der Dämonen oder das Teilhaftigsein ihres Tisches geschah doch nicht einzig und allein nur dann, wenn sie vom Götzenopfer aßen, das geschah doch auch durch jede Teilnahme an Dingen, hinter denen Dämonen standen, und war Gemeinschaft mit den Dämonen.

Jedes Genießen der Dinge der Welt, jede Teilnahme daran, war ein Trinken aus der Dämonen Kelch, ein Teilhaftigsein ihres Tisches und Gemeinschaft mit den Dämonen. Niemand wird doch sagen wollen, daß nur die Teilnahme an einer Götzenopfer-Mahlzeit im Götzentempel ein Trinken aus ihrem Kelche und Gemeinschaft mit den Dämonen sei. Es ist doch klar, daß in dem Trinken des Dämonenkelches usw. alle Dinge eingeschlossen sind, hinter denen Dämonen stehen. -

Wenn diese viel weitergehende Bedeutung für den „Kelch“ und „Tisch“ der Dämonen anerkannt werden muß, so dürfen wir dem Sinn und Zusammenhang gemäß auch „Kelch“ und „Tisch“ des HErrn nicht allein auf das Abendmahl beschränken wollen.

Abendmahl und Götzenopfer sind sicher in „Kelch“ und „Tisch“ mit eingeschlossen, wie alles darin enthalten ist, jede Sache, hinter der auf der einen Seite der HErr und auf der anderen Seite die Dämonen gesehen werden.

„Kelch“ und „Tisch“ des HErrn umfassen alle Dinge und Segnungen, die der HErr für die Seinigen in dieser Welt hat, die für sie zu einer öden Wüste geworden ist; ebenso wie „Kelch“ und „Tisch“ der Dämonen alle Dinge umfassen, die der Satan für die Kinder der Welt hat. Die Analogie (Gleichartigkeit) in dieser Stelle zeigt uns, daß das eine mit dem anderen steht und fällt, daß das, was mit „Kelch“ und „Tisch“ auf der einen Seite gemeint ist, auch auf der anderen Seite gemeint sein muß.

Auf die Ansicht, daß „Kelch“ und „Tisch“ des HErrn die Abendmahlsfeier bedeute, sind mancherlei Schlüsse und Lehren aufgebaut worden, z. B. weil die Schrift nur in der Einzahl vom „Tisch“ des HErrn - also nur von einem und nicht von mehreren Tischen - rede, deshalb gebe es an jedem Orte auch nur einen „Tisch“ des HErrn, nur einen Platz an jedem Orte, wo der „Tisch“ des HErrn sei.

Nach solcher materialistischen Auffassung wäre dann folgerichtig auch an jedem Orte nur ein Platz, wo der „Kelch“ und der „Tisch“ der Dämonen wäre; denn, was für den einen „Kelch“ und „Tisch“ gilt, muß notwendig auch für den anderen gelten.

Dies eine Beispiel mag genügen, zu zeigen, wie haltlos solche Auffassungen sind und wohin man kommt, wenn man den bildlichen Sinn von „Kelch“ und „Tisch“ nicht festhält. Wie leicht kommt man dann dahin, „Kelch“ und

„Tisch“ zu einer Platzfrage zu machen, d. h, wo diese seien.

Wir müssen uns bei der Betrachtung dieser Stelle eben immer des Zusammenhanges bewußt bleiben. Wenn der Apostel auch Vers 16 u. 17 einzelne Stücke der Abendmahlsfeier für seine Beweisführung heranzieht, um klar zu machen, was Gemeinschaft (Teilhaberschaft) ist, so handelt es sich doch für ihn nicht darum, Belehrungen über das Abendmahl zu geben - was wir auch immer daraus lernen mögen.

Durch das bei der Abendmahlsfeier oft gebräuchliche Zusammenlesen von 1. Kor. 10,14-22 mit 1. Kor. 11,23-32 wird die Gedanken-Richtung derart auf das Abendmahl eingestellt, daß viele sich völlig daran gewöhnt haben, in dieser Stelle nur das Abendmahl zu sehen. Für die rechte Teilung des Wortes ist es deshalb notwendig, uns darauf zu besinnen, daß der Apostel hier eine ganz andere Frage behandelt als die des Abendmahls, damit wir seine Worte nicht von einem falschen Gesichtspunkte aus, sondern von der Sache aus, um die es sich handelt, betrachten. Wir dürfen nicht deshalb, weil Einzelheiten von der Abendmahlsfeier im 16. u. 17. Verse herangezogen werden, das Abendmahl zum Hauptgegenstand dieser Stelle machen. Hier handelt es sich um etwas anderes, nämlich darum, wie der einzelne Gläubige sich in der Welt des Götzendienstes und der Dämonen zu verhalten habe, und er erklärt ihnen dies vom Standpunkte der Gemeinschaft aus, die wir mit Christus haben. Und dies ist der Gesichtspunkt, von dem aus auch wir diese Stelle betrachten und verstehen müssen.

Wie schon gesagt, „Kelch“ und „Tisch“ des HErrn und der

Dämonen werden hier gleichartig gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung und gleichartige Bezeichnung sollte allein schon genügen, uns vorsichtig prüfen zu lassen, ob die in solcher Zusammenstellung mit Dämonen gebrauchten Ausdrücke von uns auf das Brotbrechen zu übertragen sind, zumal das Brot in diesem Verse nicht einmal erwähnt wird!

Hätte der Apostel mit „Kelch“ des HErrn nur an den Abendmahlskelch gedacht, würde er dann nicht (wie Vers 16) auch das Brot erwähnt haben, welches doch nicht vom Kelch geschieden werden kann? Anstatt aber vom „Kelch“ und „Brot“ zu sprechen, spricht er hier von „Kelch“ und „Tisch“ (und beachte: ebenso in Bezug auf die Dämonen).

Wenn jemand hierauf sagen möchte, daß das Brot zu erwähnen nicht nötig sei, weil der folgende Ausdruck „Tisch“ des HErrn das Brotbrechen sei, so möchten wir fragen: „Wozu brauchte er dann den Kelch zuvor zu erwähnen, da doch dieser ebenso wie das Brot im Abendmahl schon enthalten und eingeschlossen war?“

Wie einfach und verständlich ist dagegen alles, wenn wir sehen, daß der Apostel „Kelch“ und „Tisch“ des HErrn und ebenso der Dämonen als bildliche Ausdrücke gebraucht für das, was auf der einen Seite von dem HErrn und auf der anderen Seite von den Dämonen dargeboten wird. Ja, muß die gleichartige Bezeichnung von „Kelch“ und „Tisch“ sowohl des HErrn als der Dämonen uns nicht sagen, daß beide Ausdrücke nur in diesem bildlichen und allgemeinen Sinne verstanden werden können? Spricht die Schrift nicht auch in diesem bildlichen Sinne vom „Kelche“ im Garten Gethsemane (vgl. auch Offb. 16,19) und ebenso vom „Tisch“ in Luk. 12,37; Ps. 23 und anderen Stellen mehr?

Und sprechen wir nicht heute im täglichen Leben noch von „Kelch“ und „Tisch“ im bildlichen Sinne? Aber es ist, als ob manche durch den Gleichklang des Wortes „Kelch“ so befangen sind (zumal im 16. Vers der Abendmahlskelch gemeint ist), daß es ihnen schwer wird, hier in diesem Verse nicht auch ausschließlich den Abendmahlskelch zu sehen. Und doch müssen sie zugeben, daß der Apostel den Sinn eines Wortes sogar im engen Zusammenhange wechselt, wie wir es in dem 16. u. 17. Verse sahen, wo er einmal mit „Leib“ den tatsächlichen Leib und das nächste Mal mit „Leib“ den geistlichen Leib meint.

(Schluß folgt, s. G. w.)

v. d. K.

Das Gewissen und die Schrift.

Die Inspiration der Heiligen Schrift ist eine in den Kreisen der Kinder Gottes vielbesprochene Frage. Immer zahlreicher werden die Stimmen, die das geschriebene Wort Gottes antasten und vermeintliche Irrtümer oder sogenannte Widersprüche glauben gefunden zu haben. Solche Stimmen geben sich den Anschein der Wichtigkeit, Wahres und Irrtümliches scheiden und so für die Wahrheit kämpfen zu wollen.

In dieser Gegnerschaft muß man aber unterscheiden zwischen ausgesprochenen Feinden und irregeführten Brüdern. Erstere werden offenbar als Feinde Gottes durch ihre gehässige Sprache gegen alle, die den Namen des HErrn anrufen aus reinem Herzen, während letztere in Aufrichtigkeit meinen, das Werk des HErrn zu treiben, obgleich sie Schulter an Schulter mit den Feinden stehen.

Die Ersteren sind Unbekehrte, „verfinstert am Verstand, entfremdet dem Leben Gottes“ - Eph. 4,18 -, und wissen daher das Wort dem Wesen nach nicht zu schätzen, ja, sie vernehmen nichts vom Geiste Gottes. „Was vom Fleisch geboren ist, ist Fleisch“ (Joh. 3,6); daher vermögen wir auch nicht, ihnen Dinge verständlich zu machen, die wir selbst auch erst von dem Tage an zu erfassen vermochten, als der Heilige Geist unseren Verstand erleuchtete.

Solche Menschen stoßen sich an der göttlichen Offenbarung im Worte und im Sohne (1. Petr. 2,8). Das Licht will ihre Finsternis zerstreuen, aber sie lieben die Finsternis mehr als das Licht und kommen nicht zum Lichte.

So entbrennt der Kampf. Das für den Augenblick aufgerüttelte Gewissen wird zum Schweigen gebracht, und man gibt sich der Vernunft mit ihren törichten Verirrungen hin. Von allen Seiten tauchen sie auf, jene zahllosen Haufen von Rationalisten, Freidenkern, Materialisten ... Menschen, „dahingegeben in einen verworfenen Sinn“ (Röm. 1,28), Feinde Gottes in Gedanken und Werken, „Menschen, die den Geist nicht haben“ (Jud. 19), deren Ende Verderben ist.

Aber ihnen zur Seite sehen wir, wie gesagt, auch Brüder, zwar irregeleitete, aber immerhin und trotz alledem Brüder, Gott sei Dank dafür! Wie sollen wir uns ihre Anwesenheit im Lager der Feinde erklären?

Diese Brüder haben eine Bekehrung erlebt wie wir. An dem Tage, als das Gewissen ernst zu ihnen redete, haben

sie sich verurteilt und zerbrechen lassen. Sie sind ebenso wie wir durch den Geist Gottes zu dem gekreuzigten und auferstandenen HErrn geführt worden. Vergebung der Sünden, Friede mit Gott, Gemeinschaft mit Ihm, das Recht der Gotteskindschaft wurde ihr Teil.

Aber leider kam dann ein Tag verhängnisvollen Abgleitens vom Wege.

Durch irgendwelche Umstände, die bei den einzelnen sehr verschieden sein mögen, ließen sie sich von dem durch die Fußspuren des guten Hirten bezeichneten Pfad abwenden: zunächst vielleicht kaum merklich, aber dann bald auffälliger. Seine Stimme schien ihnen nicht mehr klar und deutlich zu sein, und sie fingen an, ihr Ohr der Stimme der Fremden zu öffnen. Ohne es zu wollen und es zu erkennen, gingen sie gar bald auf einem anderen Wege als auf dem Seiner Zeugnisse (Ps. 119,14).

Woher kommt dieser Irrweg? Durch einen leicht erklärlichen Mangel an Wachsamkeit. Als sie ihren verlorenen Zustand erkannt und den Heiland angenommen hatten, beugten sie sich gern vor der Autorität des HErrn, der durch Sein geschriebenes Wort zu ihnen sprach. Ist es doch gerade das geschriebene Wort, welches sich am erweckten Gewissen durch seine göttlichen Wirkungen als die Wahrheit erweist. Dieses Wort der Wahrheit war für sie so innig mit Dem verbunden, von dem es ausging, daß sie keinen Augenblick daran gedacht haben würden, einen Unterschied zwischen der Person und dem Worte zu machen. In der Schrift begegnete Er ihnen, durch die Schrift sprach Er zu ihnen, in ihr sahen sie Ihn; der Heilige Geist nährte sie von Ihm durch das Wort.

Sie standen in der ersten Liebe, in der das Herz offen ist für das göttliche Leben, das dann nicht nur den ganzen Organismus beherrscht, sondern auch die Vernunft völlig zufrieden stellt und zugleich in Schranken hält, nicht Rechte geltend zu machen, die der Schöpfer ihr zu ihrem eigenen Wohl nicht gegeben hat. (Gal. 3,3.)

Eines Tages verirrten sie sich. - Wie kam das? - Sie hielten ihre Augen für das Licht und meinten, sie könnten geben, was sie ja doch empfangen mußten! Mit anderen Worten, sie räumten dem Gewissen einen Platz ein, der allein dem HErrn und Seinem Worte gebührt. Sie hatten solche beweisführenden Erfahrungen mit dem HErrn gesammelt, daß sie ihre Erfahrungen als leitend und bestimmend für ihr ferneres Leben hielten. Aber konnten ihre Erfahrungen etwa an die Stelle der Lichtquelle selbst treten? Erhob eine gewisse Kenntnis des Wortes sie über das Wort selbst?

Das Gewissen - es sei ferne von uns, seine Wichtigkeit herabsetzen zu wollen! - hat eine große Aufgabe in unseren Beziehungen zu Gott, denn durch das Gewissen können wir das vom Kreuz auf Golgatha strahlende Licht aufnehmen und die Tiefe unseres Falles entdecken und ebenso auch die Dinge, welche Gott wohlgefallen, aber doch alles nur in dem Maße, wie der Heilige Geist den Lichtglanz der Herrlichkeit im Angesichte Jesu Christi auf uns strahlen läßt. (Ps. 4,6; Eph. 5,14; 2. Kor. 4,4-6.)

Das Auge ist nicht in sich selbst Licht, und ebenso ist auch das Gewissen nicht in sich selbst Licht.

Beides sind wunderbare Organe; das eine dient dem

Körper für das irdische Leben, das andere der Seele für das geistliche Leben. Beide leisten uns im normalen Zustande unschätzbare Dienste; beide wunderbar eingerichtet zum Aufnehmen, zum Empfangen, aber nicht zum Geben, sondern nur zum Vermitteln.

Das Auge ist ein sicherer Führer, jedoch nur, wenn das Licht ihm leuchtet; wird es aber finstere Nacht, so verliert es ohne die Hilfe einer Lampe völlig seinen Nutzen. Ebenso ist es mit dem Gewissen: durch das Wort und den Heiligen Geist erleuchtet, nur in dem Lichtglanz der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi ist es fähig, uns den geraden Weg zu zeigen. Leuchtet dem Gewissen aber aus irgend einem Grunde das Licht nicht mehr - so daß es Nacht um uns wird - in welch ein Labyrinth (Irrgarten) führt es uns dann!

Und die Nacht kommt leicht.

Sobald unser Wille, unsere Lüste wirken und das Ich sich meldet, naht die Nacht, und das Gewissen wird umdunkelt. Aber Gott sei gepriesen! wir sind nicht auf uns selbst, auf unsere eigene Kraft und Fähigkeit angewiesen, den rechten Pfad zu finden. Sein unwandelbares Wort, die von Gott eingegebenen Schriften, sind unsere Leuchte und unsere unantastbare Autorität. Jedes Herz, das sich Seiner Stimme öffnet, wird vom Heiligen Geist geleitet, sich der Schrift zu unterstellen. Nur in der Schrift offenbart sich die Person des HErrn, nur dort enthüllt sich dem Gewissen der Weg, die Wahrheit und das Leben. Abseits von der Schrift plagen und quälen wir uns vergeblich, den geraden Weg zu finden, und geraten sicher auf Abwege.

Jene erwähnten Brüder stellen die Autorität des Gewissens

über die des inspirierten Wortes und ändern so den Kurs des christlichen Lebens; ohne es zu bemerken, geben sie ihrem Gewissen den Platz des Wortes und öffnen die Tür zu „einem anderen Evangelium“, das man etwa wie folgt ausdrücken könnte:

„Das Gewissen sagt: Ich bin das Licht der Welt“.

„Das Gewissen sagt: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“.

„Mein Gewissen ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege.“

„Wodurch wird ein Jüngling seinen Pfad in Reinheit wandeln? Indem er sich bewahrt nach seinem Gewissen“.

„In meinem Herzen habe ich mein Gewissen bewahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige.“

„Das Gewissen der Gläubigen ist vollkommen, erquickend die Seele.“

„Ihr erforscht euer Gewissen, denn ihr meint, in ihm ewiges Leben zu haben ...“

„Das Gewissen ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert ...“

So könnte man fortfahren, aber diese wenigen Beispiele mögen genügen, uns ein Bild zu machen, welche Gefahr man läuft, wenn man den festen Boden der Schrift verläßt und sich auf sein Gewissen, die Vernunft oder andere Dinge der Menschen stützt.

Wir wollen uns gegenseitig warnen, nicht diesem Irrtum zu

verfallen. Jede Seele, die sich einfältig und aufrichtig an den HErrn hält, wird nicht fehlgehen. Im geschriebenen Wort erkennen wir bald die leitende und tröstende Stimme des guten Hirten. Wenden wir uns aber von der Schrift, so trennen wir uns von Ihm. Erschrickt unser Herz nicht vor dieser Gefahr? Um so mehr wird sie uns anspornen, „zu lesen, zu hören und zu bewahren, was in ihr geschrieben ist“. (Offenb. 1,3.)

Ch. A. - A. v. W.

Bewahrt, belehrt, geliebt.

(Matth. 14,28-31; Luk. 10,38-42; Joh. 13,1-23.)

Diese Stellen der Schrift erinnern uns an drei der gesegnetsten Stellungen, die ein Christ einnehmen kann. Wir finden einen Mann, der von den Händen Christi gehalten wird, eine Frau, die zu Seinen Füßen sitzt und einen Mann, der an Seiner Brust ruht. Der erste lernte Ihn in Seiner Kraft als Erretter kennen, die zweite schätzte Ihn als ihren Lehrer und lauschte Seinen Worten, der dritte erkennt Ihn in Seiner Liebe und lehnt sich an Seine Brust.

1.

Petrus, der auf dem See wandelte, ist ein Bild der Gläubigen auf ihrem Pfade durch diese Welt. Die stürmischen Wogen des Meeres schildern uns treffend die Versuchungen und Schwierigkeiten, die uns auf dem Wege entgegentreten.

Eine unserer größten Gefahren entspringt aus der Tatsache, daß das Fleisch, welches wir noch an uns tragen,

in seinen Neigungen mit der Welt und ihren Dingen übereinstimmt und daß der Teufel darauf ausgeht, die Dinge, die draußen sind, uns in das Herz hineinzutragen. Möge doch keiner versuchen, in eigener Kraft solchen Versuchungen zu widerstehen, die Versuchung wird dann ohne Zweifel in einer Niederlage enden.

Was tat Petrus, als er gerade daran war, zu sinken? Er schrie: „HErr, rette mich!“ Wir müssen uns immer wieder bewußt werden, daß unser hochgelobter HErr und Heiland uns nicht nur von der Hölle und dem kommenden Gericht errettet hat, sondern daß Er uns auch Tag für Tag durch dieses Leben hindurch errettet. Er lebt immerdar und ist uns ein gegenwärtiger Heiland, der uns auf unserem Pfade durch diese Welt mit der Sorge Seiner Liebe umgibt. Sein Auge ruht ständig in unaussprechlicher Liebe und Erbarmen auf uns. Seine Hand hält uns, und wir brauchen Ihn jeden Tag unseres Lebens.

Die Rettung, die wir gestern aus der uns vom Satan gelegten Schlinge erfuhren, kann uns nicht für heute nützen. In dem Augenblick, wo die Versuchung in irgend einer Gestalt an dich herantritt, blicke auf zu Ihm in der Herrlichkeit! Es ist eine wirkliche Tat, wenn du dein Auge zu dem Herrn Jesus hinwendest; und dieses sich-zu-Ihm-Hinwenden wendet zugleich auch deinen Blick von der Versuchung ab, welche dich überfällt. Wie nötig haben wir es doch, in dieser steten und lebendigen Berührung mit Ihm zu bleiben, der es übernommen hat, und der es vermag, uns „völlig zu erretten, indem Er immerdar lebt und Sich für uns verwendet“ (Hebr. 7,25); durch alle Widerstände hindurch will Er uns bis zum seligen Ende völlig erretten.

Wir dürfen uns versichert halten, in Seiner Hand zu ruhen und daß keine Macht und Gewalt auf Erden noch in der Hölle ist, die uns aus Seiner Hand zu reißen vermag. Noch nie hat Er ein Schäflein verloren, und niemals wird Er eins verlieren.

Da war ein weitbekannter Alpenführer, der die Reisenden über die schwierigen Höhen der Berge leitete. Auf einem der Berge gab es eine Stelle, wo der Weg an der Seite eines Felsens an einem grausigen Abgrund ganz schmal dahinführte. Ein Reisender wurde aufgeregt, als er an diese Stelle kam, der Führer aber sagte: „Ich werde um die Ecke gehen und meine Hand ausstrecken, dann müssen Sie Ihren Fuß auf meine Hand setzen und ich werde Ihnen dann um die Ecke herumhelfen.“ Der Führer verschwand um die Ecke, legte sich nieder und streckte seine Hand aus. Der Reisende blickte nieder in den Abgrund - ein falscher Fußtritt und er würde in den Abgrund stürzen. Doch der Führer sagte: „Sehen Sie diese Hand? Diese Hand hat noch nie einen Menschen abstürzen lassen!“ Der Reisende setzte seinen Fuß auf diese Hand, und so wurde er sicher an der furchtbaren Stelle vorübergeführt.

Von dem Heiland in der Herrlichkeit können auch wir sagen: Er verlor noch niemals einen, der Ihm vertraute. Wenn wir Ihm vertrauen, wird Er uns durch die schwersten Gefahren hindurchführen. Machen wir es wie Petrus auf dem stürmischen, wogenden Meere! Wenden wir uns doch in der Stunde der Gefahr sofort an den HErrn! Versuche nicht erst in eigener Kraft, durch die Schwierigkeiten der Stunde hindurchkommen zu wollen!

2.

In Lukas 10 finden wir Maria zu Jesu Füßen sitzen als eine Lernende. Wir haben das gleiche Vorrecht. Wir sind zu Ihm als unserem HErrn und Lehrer gekommen; und welch ein geduldiger und gütiger Lehrer ist Er! Nimm deine Bibel, lies sie als die lebendige Stimme deines Heilandes, die zu dir spricht. Wenn du sie öffnest, sage: „HErr, sprich zu mir, ich möchte Deine Stimme hören; gib mir etwas, was ich heute von Dir lernen soll!“

Es gibt immer neue Lektionen und Aufgaben, die wir zu lernen haben. Je mehr ich von diesem Buche weiß, desto wunderbarer wird es mir; und je mehr du darin forschest, um so mehr wirst du entdecken, daß es eine Mine von unerschöpflichem Reichtum ist, ein Meer, ein Ozean unendlicher Segnungen, voll Tiefen, so unermeßlich, daß wir die darin verborgenen und heiligen Dinge niemals ergründen können.

Wie liest du deine Bibel? Liest du sie so, wie ein Lauschender lauscht zu den Füßen des Herrn Jesus? Es ist so köstlich, wenn wir unsere Aufgabe direkt von den Lippen unseres Meisters lernen. Wenn du Ihm nicht so nahe bist, daß du Seinen Willen weißt, wie kannst du Ihm in einer wohlgefälligen Weise dienen? Zu Seinen Füßen sitzend lernen wir aus Seinem Worte, was Ihm angenehm und was für uns recht ist.

3.

In Joh. 13 finden wir keine lauschende Jüngerin zu Jesu Füßen, auch keinen zitternden Jünger in Seiner Hand. Wir

finden einen Jünger, der den besten und gesegnetsten Platz, den ein Mensch überhaupt haben kann, den Platz an Seiner Brust einnimmt. Samuel Rutherford pflegte zu sagen: „Es gibt viele Häupter, die an Jesu Brust ruhen, aber es ist noch Raum genug auch für mein Haupt da“. Ich hoffe, auch du legst dein Haupt dorthin, d. h. daß auch du dich von deinem HErrn lieben läßt.

Dieses Kapitel beginnt mit dem kostbaren Zeugnis, daß der Herr Jesus die, die Er einmal zu lieben angefangen hat, niemals zu lieben aufhören wird. Laß dein Herz, teurer gläubiger Leser, in diesem sicheren Worte ruhen, daß du von Ihm geliebt und mit der ganzen Liebe Seines Herzens geliebt bist und geliebt bleiben wirst. Niemals wird Seine Liebe ein Ende finden. Obgleich wir Seine Liebe zu uns nicht zu begreifen vermögen, werden wir doch von Ihm geliebt. Seine Liebe ist gleich der Sonne, die immerdar scheint, selbst wenn wir ihre warmen Strahlen nicht fühlen. Sie ist gleich einer Quelle, die immerdar quillt, obgleich wir ihr Wasser nicht immer trinken mögen.

Vielleicht fragst du: „Wie fange ich es an, mich Seiner Liebe zu erfreuen?“ Nun, gerade dadurch, daß du dein Haupt an die Brust Jesu legst, indem du sagst: „Ich bin der Jünger, die Jüngerin, die Er liebt“. Wir dürfen nicht denken, daß Johannes dieses allein war, auch du kannst sagen: „HErr, ich bin der, den Du liebst!“ Wenn der Sohn Gottes dich so liebte, daß Er Sich Selbst für dich dahingab, wahrlich, wie groß muß Seine Liebe zu dir sein! Wenn Er dich so liebt, daß Er Tag und Nacht ohne Aufhören an dich denkt und auf dich blickt, wie innig und mit welcher vollkommenen Treue muß Er dich lieben!

Eine alte Dame, die den größten Teil des Tages ganz allein

war, wurde gefragt, was sie während des ganzen Tages tue. „Nun,“ sagte sie, „ich nehme mein Liederbuch und singe ein kleines Lied zum Preise des HErrn. Und“, fügte sie hinzu, „dann nehme ich meine Bibel und lasse den HErrn zu mir reden. Wenn ich dann müde bin vom Lesen und wenn ich nicht mehr singen kann, dann setze ich mich still hin und lasse mich von dem HErrn lieben.“

Kennst du etwas von diesem Stillesitzen in der Gegenwart deines HErrn? Und hörst du Seine Stimme zu deinem Herzen sagen: „Ich liebe dich, Ich habe dich geliebt, Ich werde dich lieben bis ans Ende?“ Laßt uns diese Liebe Seines Herzens trinken, diese unveränderliche Liebe genießen, die nie wankte und nie wanken wird. Was auch immer geschehen mag auf dem Wege unserer Pilgrimschaft, wir dürfen uns Seiner unvergänglichen Liebe versichert halten. Welch ein Trost ist das! Welch ein Balsam für die Tage der Kümmernisse, der Schmerzen und der Leiden.

Seine Kraft, Sein Wort, Seine Liebe sind unser Teil. Sind wir nicht wohl geborgen?

N. - v. d. K.

Seine Hände oder die unsrigen?

„Und er warf die Tafeln aus seinen Händen und zerbrach sie unten am Berge.“ (2. Mose 32,19.)

Nichts ist sicher in den Händen des Menschen. Hat Gott ihm etwas anvertraut, so mißbraucht er es, oder er läßt es aus seinen unbeständigen Händen fallen; trotzdem ist der Mensch aber überzeugt, daß er fähig ist, alles zu

bewahren, ja sogar zu verbessern, was er hat oder was ihm ursprünglich übergeben wurde.

Nur in den Händen des zweien Menschen, des letzten Adam, ist alles sicher; Er hat nichts mißbraucht, nichts dem Feinde ausgeliefert, nichts verloren; Er ist der Löwe aus dem Stamme Juda, dem niemals der Böse etwas entreißen konnte. Er Selbst sagte: „Alles ist Mir übergehen von Meinem Vater“ (Matth. 11,27), und weiter: „Als Ich bei ihnen war, bewahrte Ich sie in Deinem Namen, den Du Mir gegeben hast; und Ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren gegangen“. (Joh. 17,12.)

Am Anfang setzte Jehova den aus Staub gebildeten Menschen in den Garten Eden, ihn zu bebauen und ihn zu bewahren; aber es dauerte nicht lange, bis der Mensch durch seinen Ungehorsam den herrlichen Garten verloren hatte. Seit der Zeit hat der Mensch in seinem natürlichen Zustande immer das verloren oder gebrochen, was ihm von Gott übergeben wurde.

Aber unser HErr - der lebendigmachende Geist - wird einmal hienieden alles übernehmen, und in Seinen Händen wird es bewahrt werden; „Denn Er muß herrschen, bis Er alle Feinde unter Seine Fuße gelegt hat“. (1. Kor. 15,25.) „Denn nicht Engeln hat Er (Gott) den zukünftigen Erdkreis unterworfen, sondern Dem, der wegen des Leidens des Todes erniedrigt war.“ (Hebr. 2,5-9.) Wenn unser HErr einmal diese Welt in Besitz genommen haben wird, so wird es dem Teufel nicht mehr gelingen, sie aus Seinen Händen zu reißen, obwohl es ihm durch Gottes unausforschliche Weisheit gestattet wird, einen gewaltigen Versuch zu machen. (Offenb. 20,7-10.) Das mit sieben Siegeln versiegelte Buch, welches Er allein imstande ist, zu

nehmen und zu öffnen, ist vielleicht das Eigentumsdokument dieser Erde; ja, das „Grundbuch“ gehört Ihm. Der Mensch bewahrte die Welt nicht, und bis zum heutigen Tage liegt sie in der Macht des Feindes, den unser HErr Selbst „den Fürsten dieser Welt“ nannte. (Joh. 14,30.) Jehova wird dem letzten Adam die Erde übergeben, und Er wird sie mit großer Macht und Herrlichkeit feierlich in Besitz nehmen und bewahren, bis sie einer neuen Erde Platz machen wird.

Jehova Gott übergab Mose das heilige und gute Gesetz auf dem Berge Sinai, geschrieben auf zwei Tafeln mit dem Finger Gottes. Das Volk hatte versprochen: „Alles, was Jehova geredet hat, wollen wir tun“ (2. Mose 19,8); aber schnell wandte es sich in seinem Herzen nach Ägypten zurück (Apgesch. 7,39); und bald lagen die zwei steinernen Tafeln zertrümmert unten auf den felsigen Abhängen des Horeb! Das Gesetz war nicht sicher in den Händen eines Menschen, denn ein gefallenes Geschöpf kann nie und nimmer den Willen des heiligen Gottes erfüllen.

Als aber Mose zum zweiten Male die geschriebenen Tafeln aus den Händen Jehovas empfing, hatte er, nach der Anordnung des HErrn, eine Lade aus Akazienholz bereitet, und Jahre später berichtete er darüber: „Ich legte die Tafeln in die Lade, die ich gemacht hatte; und sie sind daselbst, wie Jehova mir geboten hat“. (5. Mose 10,5.) Dort waren sie wohlbewahrt, dort, in der Lade, konnten sie nicht zerbrochen werden.

Die Lade ist ein Bild von unserem teuren HErrn. In Ihm ist das Gesetz, welches heilig und gut ist, sicher bewahrt. Er Selbst sagt durch den Mund Davids: „Dein Gesetz ist im

Innem Meines Herzens“. (Ps. 40,8.) Sogar in den Händen eines Mose wurden die steinernen Tafeln nicht bewahrt, aber unser HErr hält und bewahrt die Worte und das Gesetz bis ins Kleinste. „Darum hat Gott, Dein Gott, Dich gesalbt mit Freudenöl, mehr als Deine Genossen“ (Ps. 45,7); „denn wahrlich, Ich sage euch: Bis daß der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“. (Matth. 5,18.)

Ein Land, das von Milch und Honig fließt, hat Jehova den Patriarchen geschworen, ihren Nachkommen zum ewigen Besitztum zu geben. (1. Mose 17,8.) Wir lesen 5. Mose 11,12: „Ein Land, auf welches Jehova, dein Gott, acht hat; beständig sind die Augen Jehovas, deines Gottes, darauf gerichtet, vom Anfang des Jahres bis zum Ende des Jahres“. War das Volk Israel fähig, das gute Land zu halten und zu bewahren? Kann ein Mensch, kann ein gefallenes Geschöpf etwas behüten, was Gott ihm anvertraut? Ach, wie traurig ist die Geschichte! Längst hat das Volk Israel das Land verloren; durch Untreue und durch Sünde ist es den Händen Israels entrissen worden, und die Nationen sind bis auf den heutigen Tag darin und treten es nieder; kein Wunder, daß Asaph klagt: „Gott! Die Nationen sind in Dein Erbteil gekommen ...“ (Psalm 79,1.)

Doch die Verheißungen Gottes bleiben bestehen: „Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar“. (Röm. 11,29.) Und wieder ist es unser HErr, der alles wiederherstellen wird. Er als der rechtmäßige König, als der große Sohn Davids, wird das verlorengegangene Land bald in Besitz nehmen, und Jehova sagt: „Habe doch Ich Meinen König gesalbt auf

Zion, Meinem heiligen Berge“. (Ps. 2,6.) Wird das Land dann in Seinen Händen sicher sein? Könnte ein Nebukadnezar, Alexander, Titus oder Saladin Jerusalem wieder erobern? Ist ein Gog, Fürst von Rosch, Mesech und Tubal, imstande, etwas auszurichten? (Hes. 38 und 39.) „Siehe, allesamt werden sie zerfallen wie ein Kleid, die Motte wird sie fressen.“ (Jes. 50,9.) „Dein Thron steht fest von alters her, von Ewigkeit her bist du!“ (Ps. 93,2.) Wohl bewahrt wird das Land nur in Seinen Händen sein, und zwar zu einem immerwährenden Besitztum.

Fragen wir uns: Ist der Mensch in seinem eigenen Schutze sicher? Kann jemand seinen Bruder erlösen? Wird mein Seelenheil von meinen eigenen Händen bewahrt oder von den Händen eines meiner Mitmenschen? Wir müssen „nein“ Antworten, auch die Hände des höchsten „Kirchenfürsten“ könnten es nicht bewahren. Ach, wie bitter werden der Betrug und die Enttäuschungen derer sein, die Sich Menschen anvertraut haben (Jer. 17,5.6), oder die da glauben, daß die Errettung ihrer Seele in der eigenen Frömmigkeit liege! Nein, in den durchbohrten Händen des HErrn allein ist die Seele glücklich und sicher auf ewig geborgen. Wie gut, wenn wir mit Paulus sagen können: „Ich schäme mich nicht, denn ich weiß, wem ich geglaubt habe, und bin überzeugt, daß Er mächtig ist, das Ihm von mir anvertraute Gut auf den Tag zu bewahren“. (2. Tim. 1,12.)

Und unser HErr Selbst sagte: „Meine Schafe - Ich kenne sie, und sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand rauben“ (Joh. 10,28.29); „ja, in Seine beiden Handflächen hat Er uns eingezeichnet“ (Jes. 49,16); die Nägel haben das grausam getan, und wer

könnte die Nägelmale ausradieren? Der Mensch kann nichts halten, und auch ein Gotteskind kann nicht sein eigenes Seelenheil bewahren; der treue Zeuge aber, der letzte Adam, verliert nichts, Er bewahrt alles getreu auf ewig.

F. Btch.

Frage und Antwort

Frage 9

In Matth. 16,24; Mark. 8,34; Luk. 9,23 redet der Herr Jesus von 1. „sich selbst verleugnen“ und 2. „das Kreuz aufnehmen.“ Bitte um Auslegung beider Punkte!

Antwort A

Zu 1: Im täglichen Leben der Welt kommt es oft vor, daß jemand am Telephon oder an der Tür einem nach ihm Fragenden erklären läßt, er sei nicht da. Er hat sich verleugnen lassen. „Verleugnen“ bedeutet also „das Dasein leugnen“. Demnach bedeutet „sich selbst verleugnen“ das Leugnen des Daseins der eigenen Person. Der Herr Jesus sagt also, wer Ihm nachfolgen will, muß seine eigene Person so betrachten und behandeln, als wäre sie nicht da. Warum? Weil sie das Nachfolgen unmöglich macht. Die Neigungen und Wünsche und der Wille unseres alten Menschen, des Fleisches, unserer alten Natur, sind dem Willen Gottes entgegengesetzt und daher mit der Nachfolge unseres HErrn unvereinbar. Der HErr hatte davon gesprochen, daß Er leiden müsse; das war Gottes Wille. Petrus aber sagte: „Gott behüte Dich, Herr!

dies wird Dir nicht widerfahren“. Das waren die Gedanken des natürlichen Menschen, der den Leidensweg nicht gehen will - die Gesinnung des Fleisches, die immer gegen Gott ist (vgl. Röm. 8,7), unbewußt dem Satan, dem Feinde Gottes dienend. Daher sagte der HErr zu Petrus: „Gehe hinter Mich, Satan! du bist Mir ein Ärgernis, denn du sinnest nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist“. So ist die Gesinnung des Fleisches immer nie gottgemäß. Deshalb ist sie nie mit dem Wege des HErrn einverstanden, und darum kann jemand dem HErrn nur dann nachfolgen, wenn er sich selbst verleugnet - seinen alten Menschen mit seinen Neigungen und Wünschen und seinem Willen gänzlich als nicht vorhanden behandelt.

Zu 2: Das Sich-selbst-Verleugnen allein genügt aber nicht, da es nur die Beseitigung des Hindernisses ist, das der Nachfolge im Wege steht, aber noch nicht die Nachfolge selbst. Die Nachfolge selbst besteht in dem gehorsamen Tun des Willens Gottes, und mit diesem ist Leiden verbunden, da der Weg durch eine sündige, gottfeindliche Welt führt. Der Weg des HErrn war ein beständiger Leidensweg und endete am Kreuze. Das Kreuz ist der umfassendste, sprechendste Ausdruck für diese Leiden. Und jeder, der dem HErrn nachfolgt, hat die Leiden dieses Weges durch diese feindliche Welt zu tragen, wie gerade sein - des nachfolgenden - Weg sie mit sich bringt. Das ist „sein Kreuz aufnehmen“. Nicht „das Kreuz“, als ob es sich um das Kreuz des HErrn handelte - wiewohl es „Seine Schmach“ ist und es die „Leiden Christi“ sind, die er trägt (Joh. 15,18-20; 2. Kor. 1,5-7; Hebr. 13,13; 1. Petri 2,19-23; 4,12-16) -, sondern „sein Kreuz“, nämlich dessen, der Ihm nachfolgt, weil er, der nachfolgende, es

ist, welcher die in dieser Nachfolge ihm begegnenden Leiden erdulden muß. Diese Leiden sind „sein (des Nachfolgenden) eigenes Kreuz“.

Es ließe sich über diesen Gegenstand noch sehr viel sagen, aber andererseits wieder kann nur der Heilige Geist es unseren Herzen recht aufschließen, was der HErr uns mit diesen Worten sagen will. Der Gegenstand ist von großer Einfachheit, und doch auch von großer Tiefe und Kostbarkeit, und immer wieder, wenn wir uns damit beschäftigen, werden wir neu mit dem Wunsche erfüllt: Ich möchte dieses Wort besser verstehen und in meinem Leben mehr verwirklichen!

Th. K.

Antwort B

Zu 2: Die doppelte Feststellung des vorletzten Absatzes der schönen obigen Antwort ist sehr wichtig, darum möchte ich sie noch einmal ernstlich unterstreichen.

Recht häufig hört man noch heute, wo die Erkenntnis der Wahrheit bezüglich der notwendigen Leiden des Volkes Gottes für Christum doch wirkliche Fortschritte gemacht hat, Meinungen des Inhalts, als seien alle die Leiden, die wir Gläubigen - ebenso wie die ungläubige Welt - zu erdulden hätten, wie besonders Krankheiten, Siechtum, Todesfälle der Angehörigen, Lasten und Verluste, etwa durch Kriege u. dgl. mehr, unter „unserem Kreuze“ zu verstehen. Das ist nach der Schrift ganz und gar unrichtig. Wohl haben wir Gläubigen diese Art Leiden durchzumachen, die Gott zur Prüfung des Glaubens oder zur Erziehung oder zur Bewahrung oder gar zur

Züchtigung anwendet, wie uns manche Stellen der Schrift zeigen (z. B. 2. Kor. 12,7ff., Hebr. 12,4-11; 2. Tim. 4,20; Phil. 2,26-28 u. a.), und die Gnade genügt, um uns in denselben bewähren zu lassen (2. Kor. 12,9) und sie wahrlich anders zu tragen, als wie die Welt sie trägt, und uns auch darin als „mehr denn Überwinder“ zu beweisen. (Röm. 8,37.) Ist es doch ein gewaltiger Unterschied, ob man solche allgemeinen Leiden erträgt in Gemeinschaft mit Christo und unter Seinen segnenden Händen, die nie mehr auflegen, als wir ertragen können (1. Kor. 10,13), oder ob Ungläubige, die den HErrn Jesus nicht kennen und darum auch nicht die Liebes-, Kraft- und Trostquellen in Ihm, solche Leiden durchmachen! Wir wissen unter allen Umständen, daß sie uns, die wir „Gott lieben, zum Guten mitwirken müssen!“ (Röm. 8,28.) Welche Gnade und Kraft zum Leiden gibt das doch! Was weiß die Welt davon?!

Aber so wichtig diese Betrachtungsweise unserer Leiden allgemeiner Art auch ist, so tragen letztere doch keineswegs den biblischen Charakter dessen, was unter unserem „Kreuz“ zu verstehen ist - es sei denn, daß sie in Verbindung mit diesem oder als Folge desselben eingetreten wären.

Der Zusammenhang sämtlicher in der Frage angegebenen Stellen, wozu ich noch Matth. 10, im ganzen, besonders aber Vers 34-39 hinzuziehen möchte, zeigt uns klar genug, daß unter „unserem Kreuz“ - d. h. ganz richtig, wie in obiger Antwort Dargestellt ist: unter dem eigenen Kreuz eines Nachfolgers des Herrn Jesus - die Leiden und Verfolgungen um Seines Namens willen zu verstehen sind. Diese Leiden entstehen fast ausschließlich so wie auch die Leiden, die Er, unser hochgelobter HErr und Heiland Jesus

Christus, auf Seinem Wege hienieden durchzumachen hatte und die ihre Krönung fanden am Kreuze auf Golgatha. Und wodurch entstanden sie? Etwa durch die Feindschaft der römischen Welt oder der Welt im allgemeinen? Keineswegs. Es ist eher zu beobachten, daß die Welt im allgemeinen, die römische wie die jüdische, Ihm eine gewisse Achtung nicht nur nicht versagte, sondern sie Ihm oft genug bezeugte. (Man vergleiche hierzu unter vielem das Urteil des Pilatus, das seines Weibes und das des einen Räubers am Kreuze - Matth. 27,19.24; Luk. 23,14.41 u. a.) Und hierzu paßt wunderbar das Wort Spr. 16,7: „Wenn eines Mannes Wege Jehova wohlgefallen, so läßt Er selbst seine Feinde mit ihm in Frieden sein“. Wir Gläubigen sollten viel mehr nach der Verwirklichung dieses Wortes trachten und nicht so leicht ein Leiden um Untreue willen (vgl. 1. Petri 2,20) verwechseln mit dem Leiden um der Gerechtigkeit oder um Christi willen! Wir Gläubigen haben kein Recht, trotzig, lieblos, ungerecht, feige, klatschsüchtig, schwatzhaft, verleumderisch, übelnehmerisch, unversöhnlich, ungezogen, träge, faul, oberflächlich, hinterlistig, ungenau, unehrlich, fleischlich usw. zu sein (vgl. Gal. 5,16-26), und wenn wir dann dieserhalb seitens der Welt zu leiden haben, zu sagen, womöglich mit Märtyrermiene: „Ja, wir Gläubigen müssen viel leiden um des HErrn willen!“ Das ist eine arge Heuchelei, die bei der Welt nur Schande auf den Namen des HErrn bringt. Wie vieles ließe sich darüber sagen! Welche ernsten praktischen Belehrungen gibt uns da z. B. der ganze Titusbrief!

Nein, die Leiden unseres geliebten HErrn entstanden (wenn auch die durch die jüdischen Machthaber aufgestachelte Volksmenge die römische ungerechte

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Wie z. B. daß sie die groben Sünden, die Unsittlichkeit, den Alkoholismus und die meist mehr als zweifelhaften Vergnügungen dieses Zeitlaufs und ähnliches scharf brandmarken und darin nicht mit den Weltkindern mitmachen, u. a. m.

Urteilsfällung erzwang, welche den letzten Ausschlag für die Kreuzigung gab) eben hauptsächlich durch die Feindschaft jener religiösen Führer des jüdischen Volkes, denen nicht nur Jesu moralische Reinheit, sondern noch vielmehr Seine Verachtung ihrer religiösen (Schein-)Frömmigkeit von Anfang an ein Dorn im Auge war. Das, was in Seiner Strafrede Matth. 23,13-39 seinen äußersten Niederschlag fand, was durch seine ganze Diensttätigkeit hindurch immer aufs neue zum Gegensatz gegen die religiösen Machthaber des auswählten Volkes Israel führte, das erregte die Feindschaft des selbstbewußten Judentums, das sich seiner Abstammung von Abraham rühmte und dabei Ihn, den wahren Samen Abrahams, zu töten suchte. (Joh. 8!) Dieser Gegensatz läßt sich auf eine Grundformel bringen, die damals wie heute die Leiden, welche die Schrift unter dem „Kreuz“ Seiner Nachfolger versteht, hervorrief, zuerst für Ihn, den HErrn Selbst, und seither stets aufs neue in allen möglichen Abstufungen, Arten und Weisen für uns, die wir Ihm nachfolgen sollen und dürfen, indem wir „unser Kreuze auf uns nehmen - nämlich auf die Grundformel: „Religiöser Irrtum oder christliche Wahrheit?“ Die erstere umfaßt alle die religiösen, frommen, und dabei so heuchlerischen „gottesdienstlichen“ Übungen, zuerst des Judentums zur Zeit Jesu, dann während der Jahrzehnte des Dienstes der Apostel, dann der nachapostolischen Jahrhunderte bis heute hin, all die einander oft entgegengesetzten „Gottesdienste“ der Namenschristenheit, ob protestantisch oder katholisch oder wie immer, alle die religiösen Irrtümer der „verderblichen Sekten“ (2. Petri 2,1), alle die Nachahmungen ursprünglich, nämlich in der Zeit des Alten

Testaments, gottgewollter israelitischer Frömmigkeitsbezeugungen (Tempel, Altäre heilige Personen, heilige Kleidung, Orte, Zeiten, Tage, Formen, Liturgien, Opfer, Sakramente usw., usw.), wie auch das Hineintragen götzendienerischer, ja teuflischer Elemente aus dem Heidentum (Buddhismus, Theosophie, Mazdazman, Spiritismus, Okkultismus) in die Namenchristenheit u. a. m. (wie z. B. Freimaurertum u. a.) - während die letztere, die christliche Wahrheit nur in dem geschriebenen Worte Gottes zu finden ist; deswegen müssen solche, die dem HErrn wahrhaft nachfolgen wollen, zurückkehren zu dem, „wie es im Anfang war“. Die christliche Gemeinde, das wahre Haus Gottes, die echte Gemeinde Jesu Christi ist „der Pfeiler und die Grundlage der Wahrheit“ (1. Tim. 1,15). Ihr gehört jeder wiedergeborene Mensch an (man lese die Apostelgeschichte!), ob aus dem Judentum, dem Heidentum, dem Islam oder der Namenchristenheit, und in dem Maße, wie er Front macht gegen die religiösen Irrtümer dieser Welt, gegen die falschen „Gottesdienste“ und gegen die religiösen Mischmasch-Einrichtungen der Zeit vor seiner Bekehrung - in dem Maße wird er zu leiden haben, wie Christus auf dem gleichen Grunde litt, und dies „sein Kreuz“ soll er, der Nachfolger Jesu, auf sich nehmen „täglich“ und so dem HErrn nachfolgen! Diese Leiden kommen vielfach von den eigenen Angehörigen (Matth. 10,35.36 u. a.) - wie es beispielsweise die Gläubiggewordenen aus dem Judentum noch heute, aber auch aus dem Heidentum und dem Islam immer wieder erfahren; so aber auch die Bekehrten aus der Christenheit. Denn das kann die religiöse Weltchristenheit, so manches sie den entschiedenen Christen sonst

vielleicht „gnädig“ nachsehen mag, durchaus nicht verzeihen, daß sie ihre religiösen, menschlich doch so „gutgemeinten“ Einrichtungen als schriftwidrig oder unbiblisch verurteilen, verwerfen und sich davon offen lossagen! - Aber leider: Viele, die aus der Namenchristenheit sich zumHErrn bekehrt haben, meinen, ihre überkommenen religiösen Irrtümer, ihre vermeintlich nur von der Welt befleckten traditionellen Heiligtümer nun, nachdem sie sich bekehrt haben, mit neuem Inhalt füllen zu können (im Gegensatz zu Luk. 5,37ff.!!) und in ihnen bleiben zu sollen, statt aus ihnen herauszugehen, wie uns 2. Kor. 6,14ff. und viele andere Stellen lehren. Während man in der Mission von einem Heidenchristen mit Recht erwartet, daß er seinen religiösen Götzendienst restlos verläßt, bleibt man häufig in der Christenheit in dem viel gefährlicheren religiösen Götzendienst der Gegenwart stecken und verunehrt so den HErrn, der uns durch Sein Blut „von dem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel (der religiösen Tradition!) erlöst hat“. (1. Petri 1,18.19.) Damit aber gehen sie auch, zu einem großen Teil wenigstens, jener Leiden verlustig, die Glückseligkeit in sich tragen (vgl. Luk. 6,22.23; Apgesch. 5,40.41; 1. Petri 4,12-14 u. v. a. St.), und verunehren auch dadurch den HErrn, indem sie eben dieses ihr „Kreuz“ nicht auf sich nehmen und so Ihm nachfolgen können, dieweil sie eben es nicht haben, oder doch nicht so, wie Sie sollten! Möchten sich doch alle lieben Leser fragen, ob sie schon diese Art Schmach des Christus (Hebr. 13,13) tragen, die darin liegt, „außerhalb des Lagers“ (vgl. meinen Aufsatz Jahrbuch 9, Seite 106ff.!), außerhalb des religiösen Lagers ihrer eigenen Vergangenheit, ihres eigenen „Einst“ (Eph. 2) zu leiden seitens der frommtuenden Welt! Wir sind

gewürdigt, solche Leiden zu ertragen, wie Christus Jesus sie trug, der „außerhalb des Lagers“ litt! „Es ist uns geschenkt, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden.“ (Phil. 1,29.) Was ist uns dieses? Was bewegt unser Herz, wenn wir Abel erschlagen werden sehen durch den religiösen Kain? Wenn wir die Propheten Israels, wenn wir Stephanus, wenn wir die Gemeinde durch den hochreligiösen, für Gott eifernden Saulus, wenn wir diesen selber als Paulus durch die jüdischen religiösen Obersten leiden sehen? Was empfinden wir beim Lesen der Martyrerakten der ersten christlichen Jahrhunderte wie auch der Inquisitionsepoche? O, daß wir alle mehr lernten, jenes „Schwert“, das unser HErr brachte, zu fühlen, zu erfahren (Matth. 10,34), das uns aber nicht scheiden kann von Ihm (Röm. 8,35-39)! Daß wir mehr bereit wären, unser „Kreuz“, nämlich dieses Kreuz des um Seinet-, d. i. aber um der ganzen Wahrheit Seines Wortes willen Leidens und Leidendürfens auf uns zu nehmen und so ihm nachzufolgen! O, daß wir mehr danach trachteten, uns selbst zu verleugnen (vgl. obige Antwort), ja, alles das, was der erste Mensch ist, zu verleugnen - ob es auch vorhanden ist, es für uns als nicht vorhanden zu betrachten, damit Er, der Sohn Gottes, der zweite Mensch, der Mensch vom Himmel (1. Kor. 15,45ff.), mehr in uns gesehen werde, indem „wie Er ist, auch wir sind in der Welt“. (1. Joh. 4,17.) Er gebe uns Gnade dazu!

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Wie z. B. daß sie die groben Sünden, die Unsittlichkeit, den Alkoholismus und die meist mehr als zweifelhaften Vergnügungen dieses Zeitlaufs und ähnliches scharf brandmarken und darin nicht mit den Weltkindern mitmachen, u. a. m.

Der Schriftl. F. K.

Frage 10

Welchen buchstäblichen und welchen tieferen Sinn oder welche geistliche Bedeutung hat das Schreiben des Herrn

Jesus auf die Erde in Joh. 8,6 und 8? Inwiefern mag es wohl zu der in dieser Geschichte geschilderten Sachlage in Beziehung stehen, zumal doch sonst über ein Schreiben des HErrn nichts in der Schrift berichtet ist?

 

Antwort

Die vorstehende Frage ist eine durchaus gerechtfertigte. Handelt es sich doch um ein Schreiben des HErrn, des vollkommenen Dieners Gottes, dessen Tun stets tieferen Sinn und Bedeutung haben muß.

Der Mittelpunkt in dem angeführten Abschnitt ist der HErr, und um Ihn ist eine Anzahl Menschen geschart, einmal eine Gruppe, die Schriftgelehrten und Pharisäer, und sodann ein Weib, eine Ehebrecherin, welche von ihnen in Seine Gegenwart gebracht wird, und zwar gewaltsam, also gegen ihren Willen. Einen ähnlichen Fall haben wir in Luk. 5,17, woselbst in bezug auf die dort anwesenden Pharisäer und Gesetzlehrer gesagt wird:

„Und des HErrn Kraft war da, um sie zu heilen.“

Dies muß auch die Grundlage sein zum Verständnis für unser zu besprechendes Wort. Des HErrn Kraft war stets da, um alle zu heilen. Auch für die Pharisäer und Schriftgelehrten war diese Kraft ausreichend, wie sie auch heute noch ausreichend ist. Hätten jene nur gewollt und wollten heute nur alle!

Die genannte Gruppe von Menschen hatte ein gewisses Beurteilungsvermögen über „gut“ und „böse“. Ihr Fehler war dabei nur, daß sie bei ihrer Beurteilung einen falschen Maßstab anlegten, demgemäß das Endresultat falsch

werden mußte. - Beweis: Richtig war, daß Mose in bezug auf den Ehebruch vom „Steinigen“ gesprochen hatte, d. h. diese Sünde sollte den Tod nach Sich ziehen. Dies stand in der Schrift, und sie, die Schriftgelehrten, wußten davon. Es stand aber noch mehr in der Schrift, das doch natürlicherweise von den Schriftgelehrten auch gewußt werden mußte. So steht beispielsweise in Hes. 18,4 geschrieben:

„Siehe, alle Seelen sind Mein; wie die Seele des Vaters, so auch die Seele des Sohnes: sie sind Mein; die Seele, welche sündigt, die soll sterben.“

Das heißt: Gott erhebt auf alle Anspruch, auf den Vater und auf den Sohn, und die Seele, welche sündigt, die soll sterben. Demgemäß sollen nicht nur die Ehebrecher sterben, sondern alle Sünder sollten sterben. Die Schriftgelehrten hatten nun bei ihrer Beurteilung wohl die erste Schriftstelle vom Moses herangezogen, nicht aber die zweite vom Hesekiel, weshalb ihre Beurteilung eine falsche werden mußte.

Was tut nun der HErr? - Seine Art zu Antworten und die Taktik in Seinem Benehmen ist stets überwältigend und zum Anbeten; so auch hier.

Er Antwortet ihnen nicht!

Doch Er Antwortet ihnen! -

Seine Antwort ist eine solche ohne Worte. Sein Angesicht von ihnen abwendend, bückte Er Sich nieder und schrieb mit dem Finger auf die Erde. Durchaus mit Recht dürfen wir uns fragen: „Was mag wohl hier der Herr Jesus auf die Erde geschrieben haben?“ Der Antwort Auf diese Frage

werden wir näher kommen, wenn wir uns der Tatsache erinnern, daß das ganze Reden, Schweigen und Handeln des HErrn mit der Schrift im Einklang stand.

Lesen wir nun eine Schriftstelle im Propheten Jeremia im 17. Kapitel, im 13. Verse:

„Und die von Mir weichen, werden in die Erde geschrieben werden; denn sie haben den Born lebendigen Wassers, Jehova, verlassen.“

Sie waren ja Schriftgelehrte und mußten als solche auch diese dritte Schriftstelle kennen. Jedenfalls waren sie aber in der inneren Verfassung, Ihn, den Born lebenden Wassers - in dessen Nähe sie gerade waren - zu verlassen. Dieserhalb wollte der HErr durch Sein Schreiben auf die Erde, in liebevoller Weise, sie mahnend und warnend an die Folgen solchen Handelns erinnern.

Eine Schrift in die Erde ist eine Schrift, die bald verwischt oder verweht wird, also wertlos ist, und steht im Gegensatz zu der Schrift, wie wir sie etwa in Luk. 10,20; Phil. 4,3; Offenb. 3,5 und Offenb. 13,8 angegeben finden. Die Erdenschriften und die Erdenbücher sind wertlos und stehen im Gegensatz zu der Schrift in dem Lebensbuch des Lammes oder zu den Sonderschriften wie in Maleachi 3,16, woselbst von einem göttlichen Gedenkbuch die Rede ist, in welchem die Namen einzelner besonders notiert und einschrieben waren.

Was machen nun die Pharisäer und Schriftgelehrten? Sie verstehen diese zarte und doch deutliche Sprache nicht und fahren fort, Ihn zu fragen. Daraufhin richtet sich der HErr auf und spricht nunmehr zu ihnen, und dies klar und

deutlich:

„Wer von euch ohne Sünde ist, werfe zuerst den Stein auf sie!“

Das sollte heißen: „Es ist recht, was Mose sagte, wer ist aber zum Steinigen zuständig? Denn nach Hesekiel haben doch alle Sünder den Tod verdient.“ - In zarter Rücksichtnahme und auch wohl im heiligen Ernst bückt sich darauf der HErr zum zweiten Male und schrieb wieder auf die Erde. Damit will Er sie nochmals warnen und wieder an Jer. 17,13 erinnern, jedenfalls ihnen nochmals Zeit zum Überlegen geben.

Vergeblich! - Einer nach dem anderen ging hinaus, sie verschwanden, sie verließen Ihn, den Born lebendigen Wassers! -

In ihrer offensichtlichen Verlegenheit vergaßen sie das zu Anfang mitgebrachte Weib mitzunehmen. - Sie, das Weib, war nun frei, ihre Ankläger waren weg. Da der HErr immer noch zur Erde schaut, hatte sie die denkbar beste Gelegenheit, nunmehr auch zu verschwinden. Nein, das tut sie nich, sie bleibt. - Welch ein Augenblick, eine Sünderin, eine Ehebrecherin in Seiner heiligen Nähe! - Gewaltsam wurde sie zu Ihm geschleppt, freiwillig bleibt sie da, und in der weiteren kurzen, aber feierlichen Begebenheit kommt sie hin zum Born lebendigen Wassers, und damit war auch ihr Name in den Himmeln angeschrieben.

Schriftgelehrte und Erdenschrift, Ehebrecherin und Himmelsschrift, welch ein Unterschied!

W. W.

Freuet euch, daß eure Namen in den Himmeln angeschrieben sind! Luk. 10,20b.

Eine Betrachtung über 1. Kor. 8-10.

Obgleich in beiden („Kelch“ und „Tisch“) uns im bildlichen Sinne das Dargebotene gezeigt wird (also in einer Hinsicht beide die gleiche Bedeutung haben), so sind doch beide keine überflüssigen Begriffswiederholungen. Mit dem „Kelch“ verbindet die Schrift das Trinken und mit dem „Tisch“ das Teilhaftigsein.

„Ihr könnt nicht des HErrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch.“ Hier wird das Trinken, das Genießen in den Vordergrund gestellt. Wir trinken das, was uns von Dem dargeboten wird, dessen der Kelch ist. Der Apostel sagt deshalb, daß sie nicht beides genießen können. Sie können nicht heute trinken, was der HErr in Seinem Kelche darreicht und morgen das, was die Dämonen in ihrem Kelche darreichen. Sie würden ja sonst den HErrn mit den Dämonen verbinden.

Bei dem „Tisch“ steht das Teilhaftigsein, das Anteilhaben im Vordergrund. Durch das Teilhaftigsein des Tisches trat ihr Verbundensein mit Dem zutage, an dessen Tisch sie teilnahmen. Wenn sie nun mit Christus in Seinem Tode verbunden waren, so mußte dieses in ihrem Verhalten im Verkehr mit der Welt sichtbar werden. Sie konnten nicht des HErrn Tisches teilhaftig sein und des Tisches der Dämonen. Die Gemeinschaft Seines Todes brachte sie an einen Platz außerhalb dieser Welt und hob jede Gemeinschaft mit dem Tisch der Dämonen auf.

Boas sagte einst zur Ruth: „Hörst du, meine Tochter? Gehe nicht auflesen auf einem anderen Felde.“ (Ruth 2,8.) Boas nannte sie „seine Tochter“; darin drückte er ihr Verbundensein mit ihm aus. Alles, was sie bedurfte, sollte sie auf seinem Felde finden. Sie sollte nicht auf einem anderen Felde auflesen gehen. Als Tochter Boas' fand sie alles, was sie bedurfte, auf seinem Felde, an seinem Tische, und deshalb sollte sie sich nicht eines anderen Tisches teilhaftig machen und aus keinem anderen Gefäß trinken als aus dem, aus dem seine Knaben tranken. Sie war für immer an seinem Tisch, so wie Mephiboseth „beständig an den Tisch des Königs aß“. (2. Sam. 9,13.) Hätte sie auch auf einem anderen Felde noch aufgelesen, würde sie nicht Boas zur Eifersucht gereizt haben? Und wenn wir solches tun und des Tisches der Dämonen teilhaftig sind, so fragt der Apostel: Reizen wir den HErrn zur Eifersucht? Sind wir etwa stärker als Er? (1. Kor. 10,22.)

In dem Schlußabsatz unseres Kapitels (V.26) führt der Apostel ein Psalmwort an, welches bei den Juden auch als Tischgebet gebraucht wurde: „Die Erde ist des HErrn und ihre Fülle.“ (Ps. 24,1.) Aller Augen sollten für ihre Speise nach Ihm ausschauen. (Ps. 145,15.) Jeden Segen, jede Speise soll der Mensch von Ihm, dem HErrn der Erde, empfangen. Als aber Satan den Menschen zum Fall gebracht hatte, maßte er sich den Besitz der Erde an, und der Mensch nahm seine Speisen und Genüsse vom Satan.

Ist es nicht köstlich, daß der Apostel dieses Psalmwort in Verbindung mit der Götzenopferfrage bringt? Christi Tod und Versöhnung ist das Zeugnis, daß die Erde Sein ist, und denen, welche in der Gemeinschaft Seines Todes sind,

ist sie mit allem, was sie hervorbringt, das Eigentum ihres HErrn; deshalb ist sie und ihre Fülle ihnen geheiligt, und sie nehmen jede Speise und jeden Genuß von Ihm.

Mit diesem einen Wort: „Die Erde ist des HErrn und ihre Fülle“ tut sich dem Christen (wie ein anderer gesagt hat) ein unerschöpflicher Reichtum von Freude und Genuß auf. Ist die Erde mit allem, was sie hervorbringt, des HErrn, Sein Eigentum, so darf der Christ in allem Irdischen, was ihn erhält und erquickt, die Freundlichkeit und Güte seines Gottes schmecken. (Ps. 136,1; 34,9.) Und in seinem Forschen und Sinnen darf er die Fußtapfen göttlicher Weisheit und Größe, göttlicher Treue und Fürsorge wahrnehmen. Überall offenbaren sich ihm Gottesgedanken, welche in den mancherlei Erzeugnissen der Erde ausgeprägt sind. Ja, die Erde selbst mit ihrer Fülle wird ihm eine Offenbarung göttlicher Herrlichkeit, und je tiefer er forscht, um so mehr schließt sich ihm diese Herrlichkeit auf und wird ihm ein Heiligtum.

Ist es nicht so, als ob der Apostel mit den Worten: „Die Erde ist des HErrn und ihre Fülle“ uns den unerschöpflichen Reichtum Dessen zeigen wolle, der solchem Reichtum gemäß den Seinigen auch einen wirklich gefüllten Kelch und einen reichen Tisch darzubieten vermag? Die des Tisches des HErrn teilhaftig sind, haben wirklich nicht nötig, nach den Genüssen des Kelches der Dämonen zu verlangen, auf einem anderen Felde aufzulesen und sich nach dem Tische der Dämonen umzublicken, von dem die Kinder der Welt sich nähren. Teilhaberschaft am Tische des HErrn schließt Teilhaberschaft am Tische der Dämonen aus.

Laßt uns nun noch kurz einige Augenblicke bei dem

Schluß-Absatz des 10. Kapitels verweilen.

Aus dem, was wir bisher betrachteten, haben wir gesehen, wie eingehend und sorgfältig der Apostel ihre Frage betreffs der Götzenopfer behandelt. In dem 23. u. 24. Vers faßt er alles in den drei Kapiteln zuvor Gesagte kurz zusammen: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich; alles ist erlaubt, aber nicht alles erbaut; niemand suche das Seine, sondern das des anderen.“

Er kommt damit nochmals auf seinen Ausspruch in Kap. 6,12 zurück: „Alles ist erlaubt, aber -“. Manche Dinge sind an und für sich kein Unrecht, aber damit allein ist die Frage noch nicht erledigt. Ich habe nicht die Sache anzusehen, wie sie an sich ist, sondern auch, wie ihre Auswirkung ist, ob sie nützlich ist, ob sie erbaut usw.

Zum besseren Verständnis des Ganzen müssen wir beachten, daß der Apostel bisher besonders und eingehend die Frage der Teilnahme an den Götzenopfermahlzeiten behandelt hatte; jetzt am Schluß des Kapitels kommt er noch auf den Genuß von Götzenopfer-Fleisch (im allgemeinen) zu sprechen und berührt die Frage, 1. ob man alles auf dem Fleischmarkt Angebotene kaufen und essen dürfe und ebenso, ob man 2. alles essen dürfe, was einem als Gast im Privathause (nicht bei Götzenopfermahlzeiten) vorgesetzt werde.

Auch in diesen beiden Punkten tritt der Apostel ebenso wie bei der Frage der Götzenopfermahlzeiten wieder voll für die Freiheit der Kinder Gottes ein und sagt in bezug auf den ersten Punkt: „Alles, was aus dem Fleischmarkt verkauft wird, esset, ohne zu untersuchen um des Gewissens willen.“ Warum? Weil die Erde des HErrn ist und

ihre Fülle.

In bezug auf den zweiten Punkt: Wenn jemand von einem Ungläubigen in sein Haus als Gast geladen wird, sagt er nicht einfach: „So gehet hin“, sondern er sagt: „Wenn ihr hingehen wollt“, wenn sie sich dazu entschlossen hatten (in diesem Worte liegt, wenn sie sich vor dem HErrn darüber klar geworden waren, daß sie zu Seiner Ehre hingehen wollten), „so esset alles, was euch vorgesetzt wird, ohne es zu untersuchen um des Gewissens willen“ (V. 27).

Wenn nun aber in einem solchen Falle der Gläubige von jemand aufmerksam gemacht werden würde, daß das Fleisch Götzen geweiht gewesen und geopfertes Fleisch sei, und der Betreffende somit anzeigt, daß er in dem Essen davon eine Anerkennung der Götzen sähe, so solle der Gläubige die Liebe und den Mut haben, um dessentwillen, der es anzeigt, nicht davon zu essen (V. 28).

Durch ein solches Zurücktreten gab er weder seine Überzeugung noch sein Recht auf. Aber warum sollte er dann zurücktreten? Um des Gewissens des anderen willen! Er sollte es nicht dazu kommen lassen, seine Freiheit von einem anderen Gewissen, welches nicht fähig war, ihn zu verstehen, beurteilen oder gar verlästern zu lassen. „Denn warum wird meine Freiheit von einem anderen Gewissen beurteilt? Wenn ich mit Danksagung teilhabe, warum werde ich gelästert über das, wofür ich danksage?“ In diesem „Denn“ finden wir diesen Grund. Er soll nicht essen, um nicht von dem anderen beurteilt und gelästert zu werden.

Diese Worte sind nicht als rechthaberischer und trotziger Einwand aufzusagen, sondern als geistliches Verständnis, als eine Reise, die in der Gegenwart schwacher Gläubiger oder gar der Welt von der Freiheit keinen Gebrauch macht, um nicht unbedacht das Schauspiel zu geben, daß der eine lästert über das, wofür der andere dankt (V. 29.30).

Ein geistliches Kind Gottes geht in dem Gebrauch seiner Rechte nicht so weit, sich leichtfertig, nur um sein Recht zu behaupten, der Gefahr auszusetzen, von einem schwachen oder unwissenden Gläubigen um einer Speise willen als ein schlechter Christ verlästert zu werden.

Durch solche anstößigen Dinge würde die Ehre Gottes leiden, und der Apostel sagt deshalb: „Ob ihr nun esset oder trinket oder irgend etwas tut, tut alles zur Ehre Gottes.“ Wir sollen jedermann ohne Anstoß sein, seien es Juden oder Heiden oder Angehörige der Gemeinde. (V. 31.32.) So verhielt sich der Apostel, und darin sollen wir seine Nachahmer sein, gleichwie er Christi Nachahmer war. (V. 33; 11,1.)

Vieles können wir für unser praktisches Verhalten aus diesem Abschnitt lernen. Oft werden wir in Lagen gebracht, wo nach der einen Seite kein Unrecht und nach der anderen Seite Unrecht zu sehen ist. Wir können fehlen, indem wir keine Rücksicht auf den schwachen Bruder nehmen und ihm dadurch zum Anstoß werden, und wir können fehlen, indem wir die Freiheit unseres Bruders nach dem Stande unseres Gewissens beurteilen oder gar verlästern. Wie leicht sind wir geneigt, entweder den Schwachen zu verachten oder den Starken zu richten.

(Röm. 14,3.) Beides ist gleich verkehrt und böse.

Dieser Schrift-Abschnitt zeigt uns, daß wir in schwierigen Lagen und zweifelhaften Fragen den rechten Weg finden können, wenn wir sorgfältig prüfen:

1. Ist es nützlich? (Vers 23.)

2. Dient es zur Erbauung? (Vers 23.)

3. Suche ich das Wohl des anderen? (Vers 24.) (Suche ich das meinige, so bin ich schon verurteilt.)

4. Dient es zur Ehre Gottes? (Vers 31.)

5. Bin ich ohne Anstoß in der Sache? (Vers 32.)

6. Gerate ich dadurch in Gebundenheit oder unter die Kraft des Bösen? (1. Kor. 6,12.)

Wenn wir uns diese Fragen mit einem geistlichen Sinn und aufrichtigen Herzens beAntworten, dann werden wir bald das rechte Verhalten für uns finden.

Damit wären wir zum Schluß unserer Betrachtung gekommen. Es dürfte jedoch am Platze sein, noch einige Worte über den „Tisch des HErrn“ hinzuzufügen, da viele Gläubige über mancherlei Lehrsätze, die der Mensch über den „Tisch des HErrn“ aufgestellt hat, beunruhigt sind.

Wenn wir einen Ausdruck nur einmal in der Schrift finden, müssen wir dann den Sinn desselben nicht aus dem Zusammenhang jener Stelle entnehmen, in der das Wort gebraucht wird? Der Ausdruck „Tisch des HErrn“ kommt allein in 1. Kor. 10,21 vor, und zwar in Analogie (Gleichartigkeit) mit dem „Tisch der Dämonen“.

Wir haben nun gesehen, wie in der Reihe der Kapitel 8, 9 und 10 (und zwar im ganzen zehnten Kapitel vom Anfang bis zum Ende) das Verhalten der Gläubigen dem Götzendienst gegenüber behandelt wird. Müssen wir uns da nicht fragen: „Wie kommen wir dazu, diesen Ausdruck aus dem Zusammenhang der Belehrungen über unseren Verkehr in der Welt herauszureißen und mit dem Abendmahl des HErrn, dem Zusammenkommen der Gläubigen als Gemeinde Gottes zu verbinden?!

Es möchte jemand sagen: „Der Apostel nimmt aber doch vorher auf den Kelch und das Brot des Abendmahles Bezug?“ Ja; aber in welcher Weise nimmt er darauf Bezug?! In einer Weise, die uns sofort beweist, daß er nicht von der Abendsmahlsfeier selbst redet, sondern nur Einzelheiten daraus zur Bekräftigung seiner Beweisführung in der Götzenopferfrage heranzieht. Er nimmt nicht einmal Rücksicht auf die Reihenfolge von Brot und Kelch in der Abendmahlsfeier, sondern ohne Rücksicht auf die Abendmahlsordnung führt er zuerst den Kelch an, welches er nie hätte tun können, wenn er hier von dem Abendmahl als solchem geredet hätte oder wenn es sich für ihn um die die Feier desselben oder um Belehrungen darüber in diesem Abschnitt gehandelt hätte.

Und nicht allein dieses, er vermeidet sogar sorgfältig, das zu erwähnen, worin das Abendmahl besteht: das Essen und Trinken. Er verbindet mit dem Brote und dem Kelche nicht das Essen und das Trinken. Wie nahe lag es, wenn er in diesem Abschnitt von der Abendmahlsfeier hätte sprechen wollen, zu sagen: „Das Brot, das wir essen und den Kelch, den wir trinken“. Aber er spricht nicht nur in der umgekehrten Reihenfolge, sondern in auffallender

Weise vermeidet er auch die Worte „essen“und „trinken“. Er sagt nicht: „Der Kelch, den wir trinken“, sondern der Kelch, den wir segnen“, und vom Brote nicht: „Das Brot, das wir essen“, sondern „das Brot, das wir brechen“.

Alles das hätte er nicht tun können, wenn es sich für ihn um die Abendmahlsfeier gehandelt hätte, er hätte nicht in solcher Weise die Ordnung derselben außer acht lassen können.

In diesem Abschnitt will der Apostel ihnen zeigen, daß Gemeinschaft mit Christus und zugleich Gemeinschaft mit den Dämonen eine Unmöglichkeit ist.

Die Grundlage sowohl für die Versöhnung als auch für die Gemeinschaft ist das Blut, und weil es sich für den Apostel in dieser Stelle nicht um das Abendmahl handelt, sondern darum, daß die Korinther verstehen lernen möchten, was Gemeinschaft ist und was Gemeinschaft in sich schließt, stellt er ohne Rücksicht auf die Abendmahls-Einsetzung und -Ordnung das Blut als Grundlage der Gemeinschaft obenan und fragt, ob der Kelch, den sie segnen, nicht Gemeinschaft des Blutes des Christus sei und das Brot - Gemeinschaft des Leibes Christi, und das Essen der Opfer - Gemeinschaft mit dem Altar.

In bezug auf das Abendmahl finden wir in dieser Stelle nichts mehr als nur ein Heranziehen einiger Teilstücke und Ausschnitte aus der Handlung des Brotbrechens, (was wir auch immer daraus lernen mögen). Der Apostel zieht Einzelheiten aus der Abendmahlsfeier wie auch aus dem jüdischen Opferdienst heran, um an Hand derselben seine Ausführungen in bezug auf Gemeinschaft zu erhellen und ihnen das Verständnis dafür zu öffnen und zu erleichtern.

Man sollte meinen, der ganze Zusammenhang müßte es jedem klar zeigen, daß wir den Gedanken des Abendmahles und der Anbetung nicht in diese Stelle hereintragen und dem „Tisch des HErrn“ nicht die Bedeutung des „Abendmahles“ geben dürfen. Solche Gedanken sollte man nicht in eine Stelle hineintragen, die vom Götzendienst handelt und in der der Apostel sie in das Verständnis der Gemeinschaft mit Christus in Seinem Tode und miteinander einführen will.

„Man hat versucht“ - wir geben in diesem und den nächsten beiden Absätzen die Worte eines anderen (Fr. Koch) wieder -, „die Übersetzung: ‚Denn wir alle sind des einen Brotes teilhaftig‘, zu ändern in: ‚Denn alle nehmen teil an dem einen Brote‘, und zwar mit dem Hinweis, daß das Wort ‚teilnehmen‘ den Sinn des ‚Genießens‘ habe; man behauptet, daß nach dem griechischen Grundtext der Ausdruck ‚wir alle nehmen teil an dem einen Brote‘ gleichbedeutend wäre mit: ‚wir genießen von dem einen Brote‘.

Also dieser Meinung nach läge in dem ‚Teilhaben‘ das ‚Essen‘ mit eingeschlossen. Dies ist aber nichts als eine in den Grundtext hineingetragene falsche Vorstellung, die von dem Irrtum ausgeht, als sei in 1. Kor. 10 von einer besonderen Seite des Abendmahles die Rede. Das griechische Wort ‚metéchein‘ heißt wörtlich ‚teilhaben‘ (nicht in erster Linie ‚teilnehmen‘); das Wort bedeutet zuerst ‚teilhaben‘, gewiß auch je nach dem Zusammenhange ‚teilnehmen‘, aber der Ton liegt stets auf ‚teil...‘, nicht auf ‚haben‘ oder gar auf ‚nehmen‘, im Sinne des äußerlichen ‚Habens‘ oder ‚Nehmens‘ (gleich ‚Essens‘).

Wenn hier in diese Stelle das ‚Genießen‘ hineingetragen wird, um das ‚Essen‘ (wie beim Abendmahl) einzuführen, von dem hier eben nicht geredet wird, so verwischt man den tiefen Sinn der ‚Gemeinschaft‘, d. i. ‚Teilhaberschaft‘, und bringt Irrtum über Irrtum in diese klare Stelle. Vom Genießen, d. i. Essen, kann und darf bei diesem griechischen Wort überhaupt nicht geredet werden, wenn man das Verständnis der Stelle nicht erschweren oder den ‚Tisch des HErrn‘ mit dem ‚Abendmahl des HErrn‘ verwechseln will!“

Vieles könnten wir hierüber sagen; es mag aber an dieser Stelle genügen, nur noch einige weitere Unterschiede zwischen dem 10. und 11. Kapitel in bezug auf den „Tisch“ und das „Mahl“ des HErrn anzuführen.

Es handelt sich

im 10. Kap. um Götzendienst, („Fliehet den Götzendienst“, V.14);

im 11. Kap. um das Zusammenkommen der Gemeinde; („Wenn ihr als Gemeinde zusammenkommt“, V.18.20);

im 10. Kap. um „Tisch des HErrn“ und „Tisch der Dämonen“;

im 11. Kap. um das Abendmahl des HErrn;

im 10. Kap. um Belehrungen über Gemeinschaft in bezug auf die Götzenopferfrage;

im 11. Kap. um Belehrungen über die Feier des Abendmahles;

im 10. Kap., wie die Gläubigen sich dem Tisch der Dämonen gegenüber zu verhalten haben;

im 11. Kap., wie die Gläubigen in würdiger Weise des HErrn Abendmahl essen sollen;

im 10. Kap. um das Verhalten der Gläubigen draußen in der Welt des Götzendienstes;

im 11. Kap. um das Verhalten der Gläubigen drinnen in der Gemeinde.

Das 10. Kap. berührt das Persönliche (es handelt sich um den Einzelnen, daß er in seinem persönlichen Leben nicht die Gemeinschaft kompromittiere - bloßstelle);

das 11. Kap. berührt das Gemeinsame (es handelt sich um die heiligen Dinge in der Gemeinde Gottes, die nicht verletzt werden sollen);

im 10. Kap. ist das charakteristische Wort „Gemeinschaft“ (Teilhaberschaft); es erscheint viermal in den Versen 10-20;

im 11. Kap. ist das charakteristische Wort „Zusammenkommen“; fünfmal erscheint es in dem Abschnitt 17-34.

Bei einer sorgfältigen Betrachtung dieser Kapitel finden wir, daß wir dem Tisch des HErrn nicht die Bedeutung des Brotbrechens geben können, sondern daß in dem Ausdruck „Tisch des HErrn“ vielmehr das gemeint ist, was der Herr täglich den Seinigen darreicht - der tägliche Tisch des HErrn, zu dem wir berufen und eingeladen sind. Von ihm dürfen wir täglich unsere Speise, täglich unser Manna

nehmen, welches wir für den Weg durch die Wüste bedürfen.

Er gebe uns Gnade, auf Sein Wort zu achten und uns allein an Sein Wort zu binden, darüber zu sinnen Tag und Nacht, und daß wir alles, was nicht mit Seinem Worte in Übereinstimmung ist, als wertlos fahren lassen, damit nichts von unseren Gedanken die Herrlichkeit Seiner Gedanken verdunkle!

v. d. K.

Zielbewußter Glaube.

Luk. 5,18.19.20.

Es war an einem jener wunderbaren Tage, an denen der Herr Jesus hienieden im Kreise einer großen Zahl von Menschen lehrte und die kostbaren Wahrheiten des Reiches Gottes verkündigte. Pharisäer und Schriftgelehrte waren auch zur Genüge zugegen, sie mochten von allen Seiten zusammengeströmt sein, vielleicht, um durch ihre (vermeintliche) Autorität zu verhindern, daß die ungelehrte Volksmenge dem neuen Rabbi allzu ungehindert Beifall zolle. Sie wußten es nicht, jene tugendstolzen und dabei so sündenkranken Volksführer und Volksverhetzer, daß der Heilige Geist über jene Szene die Worte schreiben lassen würde: „und des HErrn Kraft war da, sie zu heilen“ (Luk. 5,17). Sie waren sich ja leider keiner Krankheit bewußt, sie kannten ja ihre Sündenleiden nicht und hätten sie nie zugegeben, wenn Er sie darüber belehrt hätte (vgl. Joh. 9,41). Wie jammervoll traurig ist das doch, daß ungezählte Menschen damals wie heute des Heiles verlustig gehen, weil sie sich nicht heilsbedürftig

vorkommen! (Sollte irgend jemand dies lesen, der auch noch bis jetzt versäumt hat, den rettenden Heiland um Gnade anzuflehen, so sei er ernstlich auf das in diesem Kapitel vom Herrn Jesus gesagte Wort hingewiesen: „Die Gesunden bedürfen nicht eines Arztes, sondern die Kranken! Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße!“ Luk. 5,31.32.) Obwohl nämlich zwischen damals und heute gewaltige Unterschiede in politischer, kultureller, wirtschaftlicher und religiöser Hinsicht bestehen - in dieser Beziehung sind sich die Menschen von damals und heute ganz genau gleich: ihre Leiber sind heute nicht weniger krank denn damals, ihre Gewissen sind heute ebenso beschwert wie einst, und die Herzen der Menschen sind gegenwärtig genau so heilungsbedürftig wie ehedem. Jedoch ebenso wie damals fehlt heute den selbstgerechten (wie auch den weltseligen) Menschen der Wille, geheilt, gerettet zu werden - und dennoch ist in unseren Tagen wie zu jener Zeit die Kraft des HErrn da, zu retten die, die in zielbewußtem Glauben Gebrauch machen von der Rettermacht Jesu Christi, des Sohnes Gottes und Sohnes des Menschen.

Plötzlich wird die Sachlage völlig verändert, man könnte auch sagen: in der kurzweiligsten Weise gestört! Aller Blicke vereinigen sich auf vier Männer - eigentlich aber fünf -, deren absonderliches Tun wohl fähig ist, die Aufmerksamkeit zu erregen: „Und siehe, Männer“ (nach Mark. 2,3 „vier“), „welche auf einem Bette einen Menschen bringen, der gelähmt war; und sie suchten ihn hineinzubringen und vor Ihn zu legen. Und da sie nicht fanden, auf welchem Wege sie ihn hineinbringen sollten wegen der Volksmenge, stiegen sie auf das Dach und ließen ihn durch die Ziegel hinab mit dem Bettlein in die

Mitte vor Jesu. Und als Er ihren Glauben sah, sprach Er: Mensch, deine Sünden sind dir vergeben!“ (Luk. 5,18-20.)

„Siehe!“sagt der Heilige Geist. An diesen glaubensstarken Menschen nimm dir ein Beispiel! Sie können uns viel lehren, diese tatkräftigen „Männer“! Gewiß, auch Frauen können solche Glaubensmenschen sein, aber es kommt auf den Charakter derselben an, dieser „Männer“, die jedes Hindernis überwinden, die genug Tragfähigkeit und Liebe haben, um ihr Ziel: „die Mitte vor Jesus“ zu erreichen. War es nicht auf gewöhnlichem Wege möglich, dann auf ungewöhnlichem. Liebe ist erfinderisch, und genau wie später in Luk. 19,1ff. der suchende Zachäus sein Ziel, „Jesus zu sehen, wer Er wäre“, auf dem Umwege über den Maulbeerfeigenbaum völliger, als er ahnte, erreicht, so gewinnen diese vier oder fünf „Männer“ es auf dem Umwege über das Dach. Ein solcher Umweg zu solchem Ziel ist der direkteste Weg, den es gibt; um solch ein Ziel zu erreichen, ist kein Umweg zu weit, zu umständlich - für jedermann? O nein, sondern nur für Glaubensmänner!

Der HErr gebe Gnade, daß wir aus dem Verhalten dieser Männer für uns lernen! Siehe!

Wie sah ihr Glaube aus?

1. Es war echter Glaube an den Herrn Jesus (vgl. Apg. 16,31). Freilich gewiß nicht so sehr Heilsglaube als Wunderglaube, aber der letztere war ja damals auch das für sie Nächstliegende, einmal weil ihr Freund oder Nachbar, der Kranke, ihrer Meinung nach, (nicht seiner anscheinend nach V. 20!) vor allem Heilung brauchte und dann, weil sie damals den HErrn schon kennen gelernt

hatten als den Wunderheiler. Denn diese Geschichte geschah in Kapernaum (Mark. 2,1), und dort waren nach Mark. 1 schon mancherlei Wunder geschehen. Und sie hatten jenen echten Glauben an Ihn, der da rechnet mit Seiner Liebe und mit Seinem Willen, zu heilen die, die sich Ihm nahen nach Ps. 50,15. Der Glaube, wenn er rechter Art ist, vertraut sich, ohne irgend zu zweifeln, dem Retter an. Das taten sie, oder vielmehr: das wollten sie tun, und bis sie ihr Ziel erreichten, hielt dieser ihr Glaube durch.

Wie ist es darin um unseren Glauben bestellt?

2. Es war ein Glaube, der da wußte, was er wollte. Sie behielten ihr Ziel unentwegt im Auge, ohne Zögern, ohne Schwanken, ohne durch die Hindernisse im mindesten aufgehalten zu werden in der Verwirklichung ihrer Glaubenszuversicht. Siehe, wie sie mit ihrer kostbaren Last, einem ebenso wie sie gläubigen - aber anscheinend heilsgläubigen - Manne, der krank daniederlag, daherkommen! Kein Gedanke daran, daß die Tür durch Menschen verrammelt sein könnte! Aber sie war es! Was tun? Hintenherum! Die gleiche Kalamität! Geht nach Hause, ihr guten Leute! Kommt morgen wieder! Heute, hier läßt euch keiner durch - wie später den Zachäus auch nicht - keiner will etwas versäumen, keiner hat ein Herz für euch! (Wirklich keiner? O doch, Einer, aber dieser Eine weiß, was der „Glaube, der durch die Liebe tätig ist“ fähig ist, noch zu tun!) - Nach Hause? Warum nicht gar? Männer des Glaubens gehen nicht, ohne ihr gestecktes Ziel erfaßt zu haben, nach Hause. Also was dann? - Was? Hinaus aufs Dach! (Die Treppen auf die platten Dächer führten vom inneren Hof aus außen an der Hausmauer hinauf.) Wußten unsere Freunde, was sie wollten? O gewiß, denn das Dach

allein hätte ihnen ja auch nichts genützt, - sie müssen von vornherein ihren Plan fertig gehabt haben!

Wissen wir, was wir wollen?

3. Ihr Glaube war eingestellt auf die einzige Person, die solchen Glauben beanspruchen konnte: auf den Herrn Jesus, und darum, und nur darum, war diesem Glauben kein Preis zu hoch: er überwand alle äußeren Hindernisse, gab jede Bequemlichkeit auf, war bereit, Kosten zu übernehmen - oder meinst du, das Aufbrechen des Daches wäre kostenfrei gewesen?! Versuche mal, in einem fremden Hause das Dach aufzubrechen - kostet das nichts!? Vielleicht haben sie es nachher selber wieder geschlossen? Vielleicht ja - aber aufbrechen ist sicher leichter als wieder heilmachen, weißt du!? Vielleicht haben sie dies doch lieber Fachleute machen lassen, und das kostet etwas! Aber mehr! Meinst du, die erstaunten Menschen, die von unten zuschauten, hätten ganz still geschwiegen? Ich glaube, einige höhnische oder hämische Bemerkungen haben die Vier doch zu hören bekommen! Vielleicht haben einige gelacht - wie sicher auch in der Zachäusgeschichte! Verlacht oder auch nur belächelt zu werden vertragen manche Leute schlecht - Glaubensmänner ficht dies wie jenes nicht an, sie zahlen jeden ihnen nur möglichen Preis, um ihr Ziel - Jesus- zu finden, zu gewinnen (vgl. Paulus nach Phil. 3).

Und ich - und du?

4. Solcher Glaube, der nur an einer Person, nur an dem Herrn Jesus hängt, blickt auch nicht auf sich, vergeht nicht in Selbstbewunderung und Selbstruhm - „wer sich rühmet, der rühme sich des HErrn!“ 1. Kor. 1,31 - er ist sich nicht

selbst interessant; das wäre ja Zielverrückung! Wer hätte von diesen Männern geredet, wenn nicht der Heilige Geist?! Sie selber reden nicht von sich, nicht ihre Ehre ist ihr Ziel, sondern Jesus allein! „Vor Jesus mit dem Kranken!“, das ist dieses zielbewußten Glaubens Parole!

Welche Lehre für uns?

5. Wie wir schon sahen, sucht solcher Glaube gangbare Wege, einerlei wie beschwerlich sie sind, denn er ist durchtränkt mit brennender Liebe. Und da bewundere diese zu allem fähige Liebe, der eine enge Stiege nicht zu unbequem ist, um den Kranken hinaufzubringen! Hast du schon einmal eine Krankenbahre mitgetragen? oder bist du schon einmal getragen worden? Weißt du, wie weh jeder Stoß tut, welche Leiden solch ein Transport eine schmale Treppe hinauf dem Kranken bereiten kann? Siehe jene glaubensfrohen, liebenden Männer, wie vorsichtig und zart sie den, der sich ihnen anvertraute, damit sie ihn zu Jesus brächten, zu tragen bemüht sind, um ihm den Weg nicht saurer zu machen, als er schon ist: sie selber nehmen alles Saure mit in den Kauf, sie gehen den gangbaren Weg in vorbildlicher Weise; wie nur sie diesen Liebesdienst überhaupt tun können, so tun sie ihn auch mit hingebender Treue (vgl. Frage 11!), treu auch im Kleinen, nämlich jeder an seiner Ecke!

6. Denn einmütig muß solcher Glaube sein, und einmütig handelten auch diese Vier. Keiner beanspruchte die Ecke eines der anderrn; jeder tat seine Pflicht an seiner Ecke, und jeder hatte „Tragfähigkeit“ genug, um bemüht zu sein, sein redliches Teil an der gemeinsamen Last und der Beschwerde zu tragen, ohne Murren und „Seufzen widereinander“ (Jak. 5,9), in gegenseitiger Unterordnung

untereinander, je nachdem wie die gegenseitigen Zurufe beim Tragen es verlangten. Sie handelten in wahrer Gemeinschaft, das ist: „Teilhaberschaft“ am gemeinsamen Werk, an dem keiner überflüssig war und keiner mehr tun sollte und tun konnte als der andere. So gingen sie in bewußtem (nicht nur behauptetem) Einssein voran, alle von dem gleichen Wunsche beseelt, sowohl die Vier, wie auch der Fünfte: „Vor Jesus!“Keiner kritisierte den anderen - ist doch Kritik so oft der Tod der Liebe; keiner hielt das Tun des anderen für unnötig - stand doch jeder mit seinem Glauben fest an seinem ihm angewiesenen Posten und tat dort sein möglichstes, seine inneren Augen gerichtet auf den HErrn, der ihrer aller Ziel war - und war Er's nicht, so war ihre Arbeit und Mühe wertlos! -

Welche Predigt doch halten uns und unserer Arbeit in der Gemeinde des HErrn diese „treuen Männer“! Verstehen wir ihre Predigt, Brüder? - Welche Belehrung noch geben sie uns auch für zielbewußtes Gebet, zu dem wir übereingekommen sein mögen (Matth. 18,19)! Sind wir darin so treu wie jene in ihrer dem inneren Sinne nach so ähnlichen Tätigkeit, mit der sie äußerlich genau so, wie die Beter geistlicherweise, einen Menschen vor Gott brachten?! O, daß wir von ihnen lernten, was Gemeinschaft, Teilhaberschaft in der Schrift ist!

7. Für diesen Glauben endlich gab es keine „nebensächlichen Dinge“. Alles, was dem Gelingen ihres Planes, der Zielgewinnung, diente, war wichtig genug, um getan und benutzt zu werden, galt es doch, „die Mitte vor Jesus“ zu finden, um den Freund an die rechte Stelle, nicht aber etwa auf die Köpfe der Menschenmenge fernab vom Meister herniederzulassen! Nicht jeder der Vier mochte die

Fähigkeit haben, genau den Punkt zu erwägen, wo das Abdecken des Daches zu geschehen hatte, aber wer da genügend „mathematischen Sinn“ hatte, um es zu „berechnen“, unter welchem Punkt, - wer da wußte, wo Sich der HErr befand, dem haben die anderen nicht zugerufen, wie es heute manchmal geschieht, wenn der eine oder andere diese oder jene Wahrheit der Schrift betont: „Ach, das ist nicht so nötig“ - oder gar: „das ist nebensächlich!“ (Hat Gott uns Nebensächliches durch den Heiligen Geist mitteilen lassen??) Nein, sie hörten aufeinander - handelte es sich doch um ein kostbares Ziel! - Und dann mußten sie nach Aufbrechung des Daches an dem großen Loch rings herum einen festen Standort haben, um den Kranken herniederzulassen (- auch Seile mußte ihre zielstrebige Liebe mitgebracht haben! Ihr Glaube hatte die praktische Liebe mobil gemacht und ihre Liebe den praktischen Glauben! -) und um nicht selber nachzustürzen - meinst du, sie haben so kurz vor dem Ziel gegenseitige Ermahnungen zum Feststehen auf dem festen Grunde (Welches ist unser fester Grund?

vgl. 1. Kor. 3,11; 2. Tim. 2,19; Off. 3,8 usw.) für überflüssig gehalten (für „nicht so wichtig?“ vgl. Jahrbuch 7, S. 160!)? -

O Bruder, Schwester, was lehrt uns doch alles der Glaube dieser vier, nein, dieser fünf Männer!

Und dieser zielbewußte „Glaube“, der, wie schon oben betont, „durch die Liebe tätig“ war (Gal. 5,6), erreichte das Ziel seiner Hoffnung: den Retter, den Meister Jesus! Und damit war die Arbeit jener Vier getan. Sie werden ihres Lohnes in der Ewigkeit nicht verlustig gehen, Gott vergißt ihr Tun gewiß nicht, wie auch der HErr ihren

Glauben nicht vergißt (V. 20; Hebr. 6,10). Aber nun traten sie zurück vom Schauplatz. Nun das Ziel erreicht ist, tritt Er, der das Ziel ihres Glaubens, ja des fünffachen Glaubens war, ganz in den Vordergrund. Als der Herzenskundige, vor dessen sehendem Auge wir alle wie ein aufgeschlagenes Buch sind, greift Er das Übel an der Wurzel an, macht Er das Herz des Fünften offenbar! Er Antwortet dem stillen Herzensglauben dieses Mannes, den seine Sünden mehr quälen als seine körperlichen Lähmungen, und jene treuen Männer, die ihn „in die Mitte vor Jesus“ gebracht hatten, dürfen Zeuge sein des ewig denkwürdigen Wortes, das jeder von uns für sich mit den Ohren des Glaubens vernommen haben muß: „Deine Sünden sind dir vergeben!“ Gepriesen seist Du, teurer HErr, daß Du durch Deinen Geist dieses dein Wort auch uns lebendig gemacht und versiegelt hast, uns, die wir glauben gelernt haben an Dich, den Sohn Gottes und Heiland der Sünder - an Dich, unseren Heilandgott!

Er aber gebe uns Gnade, für unser praktisches Glaubensleben in persönlicher Hinsicht wie im Blick auf unsere Teilhaberschaft innerhalb der Gemeinde einiges aus diesen noch sehr unvollkommenen Bemerkungen über jene fünf Männer gelernt zu haben und auch noch weiter darüber zu forschen, - können sie uns doch noch manches lehren!

„Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht für meinen Pfad!“ (Ps. 119,105.)

F. K.

Hebräer 11,23-29; 2. Mose 2.

Hebräer 11,23-29; 2. Mose 2.

Gott führt Seine Pläne mit den Menschen unter allen Umständen durch zu Seiner Verherrlichung. Er kommt immer zum Ziele, selbst wenn der Mensch in Unwissenheit, Verblendung oder bewußter Auflehnung handeln sollte. Die Folge des Widerstandes gegen Gott ist stets eine Benachteiligung des Menschen, ein Zurückhalten des Segens, den Gott ihnen in Seiner Liebe zugedacht hat.

Die Eltern des Mose waren beide aus dem Stamme Levi, aus der Kaste der Priester. Im Glauben hatten sie ihr Leben lang auf Gott geschaut, hatten innige Lebensgemeinschaft mit Gott gehabt; sie kannten den Glaubensgehorsam und den daraus resultierenden Frieden. Und nun, da Gott ihnen ein Kind, einen Sohn schenkte, waren sie ganz besonders aufmerksam: sie sahen, „daß das Kind schön war“. Im Glauben erkannten sie, daß Gott ihnen etwas damit sagen wollte, daß Er etwas Besonderes mit diesem Kinde vorhaben mußte.

Die Israeliten waren in Ägypten ein Sklavenvolk. Der Sklave, und somit das ganze Volk Israel, war seinem Herrn auf Gnade und Ungnade preisgegeben. Der Herr hatte Gewalt über Leben und Tod eines Sklaven. Er hatte nicht nötig, Rechenschaft über ihn abzulegen.

In dieser Vollmacht hatte der Pharao geboten, alle Knäblein in den Strom zu werfen und zu ertränken. Kein neugeborenes Kind männlichen Geschlechts durfte am Leben bleiben. Ein entsetzliches Gebot!

Schon vorher hatte er versucht, auf hinterlistige Weise durch die Hebammen die Knaben zu töten, aber diese

taten es nicht. Gott sah es, und Er belohnte sie, indem Er ihre Tat durch den Mund der Wahrheit uns überliefert hat.

Jetzt aber trat der Feind ganz offen auf mit einem grausamen Gesetz, das Kummer und Entsetzen über jede Mutter bringen mußte.

Das war die Situation, in der sich die Eltern des Mose befanden. Es war ein unerhörtes Wagnis, ihr Kind nicht zu töten. Aber im Glaubensgehorsam gegen Gott ließen sie es am Leben. Sie fragten nicht nach menschlichen Geboten. Sie wußten den Willen Gottes und verwirklichten schon damals, was uns heute so sehr schwer wird: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ (Apg. 5,29.)

In diesem Glauben zogen sie das Kind drei Monate auf, und in dieser Zeit geschah dem Kinde nichts. Kein Häscher nahte sich ihm; Gott rechtfertigte ihr Vertrauen.

Aber das Kind wuchs heran, und Kinder sind nicht immer still und daher nicht zu verbergen. So zogen allmählich die Überlegungen des Unglaubens in das Herz der Eltern ein und damit auch die Furcht und Sorge, entdeckt zu werden. Sie fanden es nicht mehr möglich, ihr Kind länger verborgen zu halten.

Freilich, es ist menschlich verständlich, daß sie nun nach einem Ausweg suchten. Aber damit verließen sie den schmalen Pfad des Glaubens! Hätten sie nun gerade erst recht unentwegt im Glauben ausgehalten, so ist kein Zweifel, Gott würde in wunderbarer Weise auf ihren Glauben geAntwortet haben, denn Gott führt Seine Ratschlüsse aus, für Ihn bestehen keine Schwierigkeiten.

Der menschliche Ausweg, den die Mutter fand, indem sie ein Kästchen aus Schilf machte, es verpichte und das Kind darin am Nil aussetzte, brachte großes Leid über sie. Es ist nicht schwer, zu sehen, daß sie sich in diesem Ausweg dem Gebot des Königs anzupassen suchte, um straflos ausgehen zu können.

Mit welch banger Sorge wird sie von fern das Kästchen beobachtet haben! Was mag in ihrem Herzen vorgegangen sein, als sie sah, wie die Tochter des Pharao auf dasselbe aufmerksam wurde!? Wie mag ihr Herz gebebt haben, wie mag sie zu Gott gefleht haben in Herzensangst!

Wenn sie in ihren Zweifeln und Überlegungen kein Kästchen gemacht, wenn sie das Kind nicht ausgesetzt hätte, sicher, Gott würde es nach Seinem Rat geleitet haben, und die spätere Trennung von ihrem Kinde würde ihr erspart geblieben sein. Freilich durfte sie es noch aufziehen, bis es entwöhnt war, dann aber mußte sie es der Tochter des Pharao abtreten als deren Sohn.

Moses Eltern werden in der Schrift nicht mehr erwähnt außer hier im Hebräerbrief. Aber es ist bezeichnend für die vergebende Gnade, daß nur ihre Glaubenshandlung erwähnt wird, ihr eigenmächtiges Handeln dagegen nicht. So verfährt Gottes Gnade mit allen Gläubigen. Er macht Sein Wort wahr: „Ihrer Sünden will Ich nie mehr gedenken“.

Wohl deckt Gott ihre Sünden auf, aber wenn diese gerichtet und vergeben sind, so gedenkt Er ihrer nie mehr. Gott konnte der Sünden eines Esau, Bileam und anderer im Neuen Testament gedenken, aber nie der Sünden eines

Abraham, Mose, David usw., niemals finden wir eine nochmalige Erwähnung von Sünden, die Gott vergehen hat. Welch wundersame Aussicht und welche Bestätigung auch unseres Glaubens!

Mose wurde nun von der Tochter des Pharao adoptiert. Er wird groß in dem Bereich der Welt, abseits vom Volke Gottes in der Mitte seiner Feinde und Unterdrücker. Ganz unmöglich, daß dort die Eltern irgendwelchen Anspruch an ihn geltend machen konnten.

Er sollte ganz und gar auf die Seite des Pharao gebracht und durch die Unterweisung in allen Künsten und Wissenschaften Ägyptens zu einem Ägypter umgewandelt werden; es sollte verwischt werden, daß er ein Sklavenkind war. Man veranschlagte die Kraft der weltlichen Bildung so hoch, daß man meinte, durch sie einen ganz neuen Menschen machen zu können. 40 Jahre lang wurde er in der Weisheit Ägyptens unterwiesen. Aber Gottes Hand waltete über ihm. Gott hatte Seinen Plan mit ihm.

Alle menschliche Weisheit vermochte nicht, in seinem Herzen die Liebe zu seinem Volke auszulöschen. Gott ließ sie nicht erlöschen. Wir lesen 2. Mos. 2,11: „Da ging er aus zu seinen Brüdern und sah ihren Lastarbeiten zu“. Und sogleich stellt ihn das von Gott erweckte Gewissen vor die Frage, ob er sich entscheiden will für das Volk Gottes oder für die Schätze Ägyptens.

Die Schätze Ägyptens waren ungeheuer groß, so groß, daß uns selbst die neueren Funde noch in Erstaunen setzen über ihr Ausmaß. Wie unglaublich diese Schätze damals gewesen sein müssen, davon können wir uns

überhaupt keinen Begriff machen. Sind doch allein die Bauten, die gewaltigen Pyramiden und die Sphinx, solche Meisterwerke, daß sie von keinem Könige, von keinem Meister nachgemacht werden können. Welche Genialität steckt darin! Einer solchen sind die Menschen der ganzen Welt nicht mehr fähig. Es wäre töricht, unsere sogenannte Kultur für besser und leistungsfähiger zu halten als die damalige der Ägypter. Mose kannte alle diese Schätze und großen Fähigkeiten. Und was sah er bei seinen Brüdern? Lastarbeiten, Schande und Unterdrückung, Willkür seitens der Herren des Landes und Verachtung, alles Demütigende, was sich der Mensch nur denken kann.

Unvermittelt war er vor die Wahl gestellt - er mußte wählen! Er war der einzige seines Volkes, der überhaupt wählen konnte, denn die Schrift berichtet uns nicht, daß noch irgend ein anderer Israelit frei war oder die Stellung eines Sohnes der Tochter des Pharao inne hatte. Alle waren sie Sklaven. Er aber wählte: „Und er wählte, lieber mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden, als die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben, indem er die Schmach des Christus für größeren Reichtum hielt als die Schätze Ägyptens“.

Wiederum gedenkt hier das Neue Testament nicht des Totschlages, den er an dem Ägypter beging, sondern sie betont nur seine entschiedene Wahl. Und diese Entscheidung war so verblüffend, daß nun der Pharao ihn verfolgt und zu töten sucht. Aber er vermag es nicht.

Gott nimmt ihn nun in Seine Schule. Er schickt ihn jetzt nach den 40 Jahren der Bildung in Ägypten 40 Jahre in die Wüste, zu den Herden seines Schwiegervaters Jethro. Erst jetzt konnte der Schaden ausheilen, den der Mensch sich

selbst zugefügt hatte durch Unglauben. Jetzt lernt er Gehorsam. Gott kann ihm im Dornbusch begegnen. Seine Heiligkeit überwältigt ihn derart, daß er die Wut des Königs nicht mehr fürchtet, sondern zu ihm geht und den Auftrag Gottes ausrichtet.

Er tut vor dem Pharao die Zeichen, die Gott ihn zu tun heißt. Menschenfurcht kennt er nicht mehr. Der Gewaltherrscher, der ihn zu töten suchte, er muß, als er die Plagen an seinem eigenen Leibe erfahren muß, zu dem Manne Gottes kommen und ihn anflehen, daß er zu Gott bitte um Abwendung der Seuchen.

Und wie war das schließliche Ende? Die Tochter des Pharao, die in Mose einen Adoptivsohn erziehen wollte, sie mußte erleben, daß gerade dieser Moses von Gott gebraucht wurde, um die Ihrigen, ja das ganze stolze Heer der Ägypter zu vernichten. 2. Mos. 14,27 lesen wir: „Da streckte Mose seine Hand über das Meer, und das Meer kehrte beim Anbruch des Morgens zu seiner Strömung zurück, und die Ägypter flohen ihm entgegen; und Jehova stürzte die Ägypter mitten ins Meer“. Vertrauen wir uns im Glauben nur jeden Tag von neuem diesem Gott an, dann werden wir uns für Zeit und Ewigkeit sicher schützen vor jeder Enttäuschung, vor jedem Umwege, vor jedem Verlust.

Durch Unglauben war Mose 40 Jahre am Hofe des Pharao gewesen. Aber auch in diesen 40 Jahren waltete Gott in Seiner Gnade über ihn und über den Beruf, zu dem Er ihn bestimmt hatte. Aus Unglauben mußte das Volk Israel 40 Jahre in der Wüste bleiben, weil es Ihm nicht treu war und sich vor den Bewohnern des Landes Kanaan fürchtete. Gott hatte ihnen nichts von diesen gesagt, sondern ihnen

nur das Land verheißen, das von Milch und Honig fließt; die Kundschafter bestätigten, daß es so sei. (4. Mos. 13,16 oder 26-33.) Kaleb hatte Glauben, und er ganz allein und Josua gingen schließlich ins Gelobte Land über den Jordan. Alle anderen Männer, die einst ausgezogen waren, mußten vorher sterben. Hätten sie geglaubt, sie wären allesamt sogleich im Gelobten Lande gewesen, und Gott hätte ihnen Rettung gegeben, wie Er sie aus der Hand der Ägypter gerettet hat.

Welch eine eindringliche Mahnung für uns! Welchen tiefen Frieden können wir schon hier in dieser bösen Welt genießen, wenn wir nur Glauben haben an das ein für allemal vollbrachte, vollkommene Opfer unseres HErrn und Heilandes! Wir haben nicht nötig, alsdann einen mühsamen und unfruchtbaren langen Weg zu machen, um schließlich doch am Ende einsehen zu müssen, daß all die Mühen vollkommen umsonst waren. Das volle Heil ist uns angeboten umsonst. Wir haben dem nichts hinzuzufügen. Alles ist für uns getan. Wir haben nur nötig, im Glauben zu nehmen!

Eines der vielen Vorbilder auf Christus ist auch Mose. Es heißt 5. Mos. 18,15: „Einen Propheten aus deiner Mitte, aus deinen Brüdern, gleich mir, wird Jehova, dein Gott, dir erwecken; auf Ihn sollt ihr hören“. Jesus Christus ging über diese Erde als Gott, geoffenbart im Fleisch. Er ging den ganzen Weg des Menschen, den ganzen Weg des Volkes Gottes. Von Herodes verfolgt, mußte Er nach Ägypten hinab und gleichsam 40 Jahr-Tage Sich in der Wüste aufhalten. Er wandelte in vollem Gehorsam gegen Gott. Er machte Sich Selbst zu nichts. Er nahm Knechtsgestalt an, Er erniedrigte Sich Selbst ... (Phil.

2,5-8.) In voller Abhängigkeit vom Vater widerstand Er den Versuchungen Satans, nicht in der Kraft Seiner göttlichen Allmacht, sondern durch die Kraft des Wortes Gottes: „Es stehet geschrieben ...“ Dieser Kraft können auch wir uns bedienen. Wir haben das ganze Wort. Lasset es uns fleißig benutzen!

F. v. Br.

Beten.

Hüten wir uns, in nachlässiger, gedankenloser Weise zu beten, zu beten, nur um gebetet zu haben, wie jemand, der seine Arbeit tut, nur um sie getan zu haben. Die Schrift ermahnt uns, zu beten in dem Heiligen Geiste (Jud. 20) und ohne Unterlaß zu beten (1. Thess. 5,17). Laßt uns in aufrichtigem Ernst und in einfachem Glauben beten als solche, welche meinen, was sie sagen, und wünschen, was sie bitten, und zugleich erwarten, daß sie es empfangen.

Frage 11

Ist Kol. 4,17: „Saget dem Archippus: Siehe auf den Dienst, den du vom HErrn empfangen hast, damit du ihn erfüllest!“ als Tadel aufzufassen? Was haben wir aus dieser Stelle zu lernen?

Antwort

Ich möchte nicht annehmen, daß es sich um einen Tadel handelt, vor allem deswegen nicht, weil Paulus den

Archippus in dem zu gleicher Zeit nach Kolossä gesandten Philemon-Brief seinen „Mitkämpfer“ nennt (Philem. V. 2). Außerdem bekam Timotheus ähnliche Ermahnungen, wie z. B. 1. Tim. 4,11-16 und 5,22; 2. Tim. 4,5 „vollführe deinen Dienst!“ u.a.m. Wem käme es wohl in den Sinn, in solchen Ermahnungen einen Tadel zu sehen?! Freilich kann aus dem Ausdruck „siehe auf ...“ ein leiser Unterton herausgehört werden, als ob Archippus es an der nötigen Sorgfalt habe mangeln lassen, wie wenn ihm nicht genügend daran gelegen habe, seinen im HErrn überkommenen Dienst treulich zu erfüllen, aber es muß nicht herausgehört werden! Es läßt sich vielmehr vermuten, daß Archippus in Abwesenheit des sonst um die Gemeinde besorgten Epaphras, der mit Paulus in Rom gefangen war (vgl. Kol. 1,7.8und 4,12.13 mit Philem. V. 23!), einen derart schweren Dienst innerhalb der Gemeinde unter der Autorität des HErrn bekommen hatte, daß er einer ebenso ernsten wie liebevollen Ermahnung bedurfte, um seine Aufgabe überhaupt erfüllen zu können, ohne mutlos zu werden. Vielleicht deutet der Ausdruck „Mitkämpfer“ in Philem. V. 2 darauf hin, daß er seinen Mann zu stehen wußte in solchen Kämpfen, wie sie in des Apostels Leben so reichlich vorhanden waren: in Kämpfen gegen Irrlehrer um der Wahrheit willen (vgl. z. B. Kol. 2). (Der Ausdruck „Mitstreiter, Mitkämpfer“ wird sonst nur noch im Blick auf Epaphroditus, Phil. 2,25, gebraucht; vgl. Phil. 1,27-30!)

Die Ermahnung selber sollte aber von der Gemeinde ausgehen, an die dieser Brief gerichtet war, d. h. von den „heiligen und treuen Brüdern in Christo, die in Kolossä sind“ (1,2), so daß, wenn diese den Auftrag des Apostels ausgeführt hatten an Archippus und wenn dieser den Brief

selbst gelesen hatte, er sich auf doppelte Weise ermahnt und gestärkt fühlen mußte zu seinem Dienst. Der Ton der Ermahnung liegt auf dem „Siehe auf ...“, „Achte auf ...“. Dadurch bekam der Empfänger derselben einen Wink, wie er den überkommenen Dienst würde erfüllen können: durch besondere Sorgfalt, durch Achthaben auf alle Umstände, durch Treue im Beachten der Erfordernisse gerade dieser Aufgaben, die ihm geworden waren. Mit anderen Worten: Wenn du auf alle Umstände dieses Dienstes treulich achtest, so wirst du imstande sein, ihn völlig und ganz zu erfüllen! - Ob wohl Archippus diese freundlich-ernste doppelte Ermunterung seitens der „heiligen und treuen Brüder“ wie vor allem seitens des Apostels Paulus, der ihn ja in dem anderen nach Kolossä gehenden Briefe „unseren Mitstreiter“ nennt, mißverstanden haben kann, als wenn man ihn öffentlich getadelt, bloßgestellt habe? Ich denke nicht! Vielmehr wird er „das Wort der Ermahnung“ ertragen haben (Hebr. 13,22), und es wird ihm eine Stärkung gewesen sein, zu sehen, wie der Apostel seinen Dienft würdigte und die Brüder gleichsam aufforderte, dasselbe zu tun. Paulus verstand es in Nachahmung des HErrn (1. Kor. 11,1 u. a.), das rechte Wort am rechten Platz zu sagen, und er „ermahnte durch die Sanftmut und Gelindigkeit des Christus“ (2. Kor. 10,1) - es war nichts weniger als ein Vorwurf, von ihm ermahnt zu werden, eher Anerkennung.

Was wir aus dieser Stelle zu lernen haben? Nun, einiges ist oben schon angedeutet, z. B. die richtige Art des Ermahnens: zart und doch entschieden und bestimmt, anerkennend - aber auch aufmunternd! Dann auch, daß es Dienste im HErrn, in Seiner Autorität gibt innerhalb der Gemeinde, die nur wir, d. h. der einzelne tun kann, dem

der HErr sie aufgetragen hat; mit anderen Worten: die Schrift kennt nicht die heute vielfach geübte Praxis, daß einer alles zu tun habe und in allen Gemeindefragen und Angelegenheiten zuständig sei. „Derselbe HErr“ - aber „Verschiedenheiten von Diensten“! (1. Kor. 12,5.) Wie wichtig ist das doch, und wie sehr wird der Gemeinde Gottes geschadet, wenn alle Angelegenheiten in einer Person vereinigt sind! - Dann auch ist es bezeichnend, daß aus dieser Stelle in Verbindung mit der letztgenannten hervorgeht, wie die Inhaber der verschiedenen Dienste einander zu achten und anzuerkennen hatten. Fehlt es daran heuten nicht auch oft?

Auf eines, was wir hier lernen können, möchte ich noch besonders hinweisen!

Wie eben gesagt: nur Archippus hatte diesen Dienst, worin er auch bestanden haben mag, bekommen, und nur er konnte ihn erfüllen - aber er war auch verAntwortlich, ihn zu erfüllen! Kein anderer! Wie ernst ist dies doch! Erfüllt werden mußte der Dienst (das liegt schon in dem „damit“, „auf daß“) - wer sollte, wer konnte ihn tun, wenn nicht Archippus, der ihn im HErrn empfangen hatte! Ob er nun träge war - so wäre es vielleicht gewesen, wenn man in dieser Stelle einen Tadel sehen müßte (was ich, wie gesagt, nicht tue), oder mutlos - einerlei: der Dienst mußte getan werden, und zwar durch ihn - und darum die Ermahnung des Paulus und der Brüder. Wieviel lehrt uns dies doch! Wie leicht wird einmal ein Arbeiter (nicht träge - davon laßt uns hier absehen, denn wir sehen es, meine ich, eben nicht in Archippus!) in dem kostbaren Werke des HErrn mutlos und darum säumig! (Röm. 12,11, vgl. Frage 8dieses Jahrganges.) Wie leicht setzt sich ein sonst

tatkräftiger Mann Gottes „unter den Ginsterstrauch“ wie Elias (1. Kön. 19,4.5), weil ihn die vermeintliche Erfolglosigkeit seines treuen Dienstes niederdrückt, wie leicht verzagt das Herz, werden die Hände laß im Kampf, wenn der Blick gerichtet ist auf den mächtigen Feind, auf Enttäuschungen der Arbeit, auf Mißverstehen seitens der Mitarbeiter, auf inneres Vereinsamtsein, auf Unvollkommenheiten des eigenen Tuns trotz besten Wollens, auf Trübungen und Trennungen unter Gottes Volk usw., usw.! Was ist zu tun? Wie ist dem abzuhelfen? Wie ist den daraus entstehenden Schäden zu steuern? Unsere Stelle gibt uns ein sehr einfaches Heilmittel. Nur du, Archippus - nur du, Bruder, kannst und sollst diesen Dienst, den du vom HErrn bekamest (es sei denn, du hättest ihn von Menschen, nicht vom HErrn!!), erfüllen, also siehe auf ihn, siehe auf den Dienst, achte auf den Dienst! Siehe ihn an, siehe, beachte seine Herrlichkeit - seinen Umfang - seine Schönheit - seine Zweckmäßigkeit - seinen Nutzen für des HErrn Sache, in Seinen Augen - sein Ziel - seine Erfordernisse zwecks Durchführbarkeit und Überwindung aller Schwierigkeiten, welche sich auch bilden mögen - seine Gelegenheiten wie seine Beschränkungen, die er dir, deiner Kraft, deiner Zeit auferlegt usw. - sieh dir deinen vom HErrn dir und nur dir übertragenen Dienst an - mit der Gründlichkeit eines „Facharbeiters“ (nicht mit der Ungenauigkeit eines „Gelegenheitsarbeiters“!), mit der Sorgfalt eines „Kenners“, mit der hingebenden Liebe und Treue eines „Bevorzugten“ (nämlich vom HErrn!), mit der heiligen Furcht eines göttlich-bevollmächtigten „Vertrauten“, der sich seiner Würde bewußt ist, mit der eisernen Willensenergie des für diesen Dienst allein in Betracht

Kommenden, der gleichsam vom HErrn das Monopol dieses Dienstes bekam - und du wirst keine Zeit, keine Kraft übrig haben für den Blick auf Dinge, die der Feind dir in den Gesichtskreis rückt, um dir das Erfüllen deines einzigartigen, dir allein anvertrauten Dienstes unmöglich zu machen!

(Vgl. die Männer in Luk. 5,18-20!) Mutlosigkeit, welche Säumigkeit gebiert, ist nicht am Platze, wo es sich um den Dienst im HErrn handelt, den Er uns aufgetragen hat! Er Selber, unser geliebter HErr, ist uns das erhabenste Vorbild (und Ihm nach Sein Apostel Paulus!), in welcher Weise ein Dienst erfüllt werden muß und kann, selbst unter den allererschwerendsten Umständen bis hin zu dem: „Es ist vollbracht“ von Joh. 19,30. Laßt uns „ Ihn betrachten“ in Seinem Dienst und in Seinem Dienen, in Seinem Ernst, Seiner Treue, Liebe und Hingabe, dann lernen wir für unseren Dienst alle Mutlosigkeit zu vergessen (Hebr. 12,1-3) und treu zu sein im Kleinen und über das Wenige, das Er in Seiner Gnade und Weisheit uns anvertraut hat! (Matth. 25,21.23; Luk. 12,42; 16,10; 1. Kor. 4,1.2; Jer. 5,3a usw.)

Sicher hat Archippus die treue Ermahnung verstanden und beherzigt - und wir? Der HErr gebe auch uns Gnade, uns sagen zu lassen und zu lernen, was Er uns mit dieser Stelle sagen will - Ihm allein zur Ehre!

D. Schriftl. F. K.

Glaubensproben.

„Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um

Meinetwillen, wird es finden.“ (Matth. 16,25.)

Die Wahrheit dieses Wortes hat schon manches Gotteskind in seinem Leben erfahren. Unzählige Heilige, besonders in der ersten Christenheit, haben ihr Leben für nichts geachtet und es freudig dahingegehen, um ein besseres Leben dafür einzutauschen, wie es zuerst dem Schächer am Kreuz zugesagt wurde: „Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“ (Luk. 23,43). Aber auch im Alten Testament treten uns schon Männer entgegen, welche die Wahrheit dieses Wortes in ihrem Leben erfuhren.

Denken wir an Abraham. Es ist sehr kostbar, sein Leben zu betrachten. Im 12. Kapitel des 1. Buches Mose wird uns berichtet, wie Abram den von Jehova erhaltenen Auftrag ausführt: „Gehe aus deinem Lande und aus deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause, in das Land, das Ich dir zeigen werde. Und Abram nahm Sarai, sein Weib, und Lot, seines Bruders Sohn, und alle ihre Habe, die sie erworben, und die Seelen, die sie in Haran gewonnen hatten, und sie zogen aus, um in das Land Kanaan zu gehen“ (V. 1 und 5). Abram glaubte Jehova und vertraute Seinem Worte, daß Er ihn in das verheißene Land bringen werde. Und sein Vertrauen wurde nicht beschämt. Er kam in das Land Kanaan und erhielt die Zusage: „Deinem Samen will Ich dieses Land geben“. (V. 7.) „Und daselbst baute er Jehova einen Altar und rief den Namen Jehovas an“ (V. 8b).

Wie gleicht dieser Weg Abrams unserem Glaubenswege! Sind nicht auch wir herausgerufen aus dieser bösen Welt? Haben nicht auch wir Vater und Mutter zu verlassen und auch unsere Verwandtschaft, um dem Herrn Jesus nachzufolgen? Mit Ihm verbunden, gehören wir einem

anderen Lande, einer anderen Welt an. „Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten“ (Phil. 3,20). So stimmen die Glaubenswege aller Zeiten und aller Gläubigen wunderbar überein. Auf solchen Wegen des Glaubens werden unsere Herzen mit dem Frieden Gottes und der völligen Freude im HErrn erfüllt. Wir sehen dieses bei Abram, als er in Freude und Dankbarkeit über die ihm gewordenen Verheißungen Jehova einen Altar baute und den Namen Jehovas anrief.

Weiter lesen wir: „Und Abram zog fort, immer weiter ziehend, nach dem Süden. Es entstand aber eine Hungersnot im Lande; und Äbram zog nach Ägypten hinab, um sich daselbst aufzuhalten, denn die Hungersnot war schwer im Lande“ (V. 9.10). Warum zog Abram fort? Hatte er Auftrag von Jehova, nach Ägypten zu ziehen? Nein! Er sorgte um sein Leben und suchte der Hungersnot zu entgehen. Sein Auge blickte nicht mehr auf den Gott der Herrlichkeit, der ihm erschienen war, sondern auf die Hungersnot. Und um sein Leben zu erhalten, zog er nach Ägypten. Es kam ihm vielleicht nicht einmal zum Bewußtsein, daß er damit den festen Untergrund des Glaubens verlassen, daß er schwach im Glauben geworden und nicht mehr Gott vertraute, ihn in den Tagen der Hungersnot erhalten zu können. So konnte es nicht ausbleiben, daß Abram fiel. Auf dem selbstgewählten Wege nach Ägypten lief er Jehova aus der Schule, und nun mußte er die schmerzliche Erfahrung machen, daß er in die Gefahr, sein Leben zu verlieren (die er fliehen wollte), erst recht hineingeraten war.

Er wußte, daß sein Weib Sara von großer Schönheit war;

dies hatte ihn bis dahin nicht beunruhigt, aber nun, auf dem Wege nach Ägypten, wurde er mit Furcht erfüllt, daß sie ihn um ihrer Schönheit willen töten möchten, um sie zu besitzen. Eben erst auf dem Wege, dem vermeintlichen Hungertode zu entrinnen, tauchte eine neue Gefahr auf, durch welche er sein Leben bedroht sah. Ehe er das Land Ägypten betrat, erfuhr er schon auf dem Wege etwas von der Wahrheit des Wortes: „Wer sein Leben erretten will, wird es verlieren“. Und dieselben Erfahrungen machen wir, wenn wir uns auf Abwegen von Gott in der Welt befinden.

Kehrte nun Abram um, um sich in Buße wieder unter den Schutz des allmächtigen Gottes zu stellen? Im Gegenteil, er suchte, ehe er das Land Ägypten betrat, einen Ausweg, und er meinte, dieser Gefahr mit einer Lüge begegnen zu können. Wie töricht ist doch das Menschenherz! Der Gefahr der Hungersnot konnte er nicht mit einer Lüge entgegentreten, da war er allein auf die allmächtigen Hände seines Gottes angewiesen, aber in der Gefahr der Gewaltt ätigkeit der Menschen glaubte er sich mit einer Lüge helfen zu können. Wenn wir einmal die abschüssige Bahn betreten haben, wie schnell geht es dann doch bergab! Gott deckt das vertraute Gespräch der Ehegatten auf. Wie traurig war diese Abmachung mit seinem Weibe. Lag nicht darin, daß sie sich gefaßt machten, voneinander getrennt zu werden? Und so geschah es. Sein Weib wurde in das Haus des Pharao geholt (V. 15).

Jehova aber gab Sarai nicht preis, Er trat ins Mittel. Bis soweit hatte Er Seinen Knecht gehen lassen. Er sollte erkennen, wohin ihn seine eigenen Wege und die Sorge um sein Leben führen würden. In Seiner Gnade befreite Er ihn samt seinem Weibe aus dieser sich selbst geschaffen

habenden bösen Lage und brachte ihn nach Bethel zu dem Ausgangspunkt (wo er Jehova verlassen hatte) zurück. In dieser Rückkehr nach Bethel, dem Ausgangspunkte seines verkehrten Weges, liegt ein göttlicher Grundsatz, der für alle Abgeirrten eine Wegweisung enthält. Wie groß ist die Güte Jehovas! In Seiner Treue wacht Er über alle unsere Fehler, Mängel und Schwachheiten, und „wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit“ (1. Joh. 1,9). Und „Er ist Derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr. 13,8).

Auch die Irrwege der Gläubigen von heute gleichen oft denen Abrahams. Von Stufe zu Stufe geht es oft abwärts bis nach Ägypten - zur Welt zurück. Der Pharao dieser Welt hat viele Helfershelfer, und er erweist seine Macht oft erschreckend an denen, die vom Glauben abirren und ihr Leben erretten wollen.

Auch Jakob ging einen ähnlichen Weg der Selbsthilfe, um das Erstgeburtsrecht zu erlangen. Wir wissen, der Name Jakob bedeutet „Ränkeschmied, Überlister“, und solch einer war er sowohl seinem alten Vater als auch Esau und später Laban gegenüber, und schließlich war er selbst der Überlistete, als Laban ihm die Lea statt der Rahel gab.

Solche Jakobswege und Enttäuschungen gehen und erfahren heute noch manche. Jahre des Lebens wenden sie daran, um nach Menschenweise ihr Ziel zu erreichen, und Enttäuschung ist das Ergebnis. Ihr Lohn ist eine Lea. Aber wieder geben sie sich daran, um ihr Ziel zu erreichen und die Rahel zu verdienen, und finden schließlich bei ihr Götzen, Trübsal und Schmerz.

Eins aber finden wir bei Jakob: er rang mit Gott und ließ nicht los, bis er, in sich selbst zerbrochen, gesegnet wurde und einen anderen Namen empfing. Aus dem Jakob wurde ein Israel.

Auch Abram kehrte um, zwar ausgewiesen von Pharao, doch unter dem ehrenvollen Geleite seiner Männer.

Vielleicht liest ein abgeirrtes Gotteskind diese Zeilen, welches Gottes Schule entlaufen und den Boden des Glaubens verlassen hat, um sein Leben zu retten oder bessere Tage zu sehen. Lerne von Jakob und von Abraham, die Bedenken des Unglaubens aufzugeben, und stelle dich wieder unter den Schutz deines Gottes im Wandel nach Seinem Wort!

Wir wissen, Abraham fiel später noch einmal in denselben Fehler. Wir lesen im 20. Kapitel: „Und Abraham brach auf von dannen nach dem Lande des Südens ... und hielt sich auf zu Gerar. Und Abraham sagte von Sara, seinem Weibe: Sie ist meine Schwester. Da sandte Abimelech, der König von Gerar, und ließ Sara holen.“

Aber Gottes Güte trat auch in dem Lande der Philister für Seinen Knecht ein. Welch ein Gott! „Ja, barmherzig und gnädig ist Er und von großer Güte! Ihm sei Lob, Preis und Ehre bis in Ewigkeit!“

Auch Abimelech mußte Abraham sein Weib unversehrt zurückgeben. Aber was mußten Abraham und sein Weib von ihm hören? Wie beschämend waren seine Worte für Abraham: „Was habe ich wider dich gesündigt, daß du über mich und mein Reich eine große Sünde gebracht hast? Dinge, die nicht getan werden sollten, hast du mir

angetan“ (V. 9). Und zu Sara sprach er: „Siehe, ich habe deinem Bruder 1000 Silbersekel gegeben; siehe, das sei dir eine Augendecke vor allen“ (V. 16). Das war eine tiefe Demütigung, die Abraham vor diesen Heiden empfing. Was mußten sowohl Abrahams wie Saras Herz bei diesen Worten eines Heiden empfinden!

Aller Erkenntnis geht ein Kennenlernen voraus. So schmerzlich solche Wege auch sind, aber auf denselben lernen wir Gott kennen. Abraham erfuhr, daß er es mit einem Gott der Errettung und der Erbarmungen zu tun hatte, bei dem viel Güte und viel Vergeben war. Auf diesen Wegen der Glaubensprüfungen wuchs und erstarkte sein Glaube bis zum Bestehen der letzten großen Glaubensprobe, seinen einzigen Sohn, den er lieb hatte, Jehova zu opfern. Gott hatte Sein Ziel an Abraham erreicht: „Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet, und er wurde Freund Gottes genannt“ (Jak. 2,23).

Gleicht nicht unsere Lebensgeschichte oft denen der Gläubigen des Alten Bundes? Müssen nicht auch wir bekennen, daß wir so langsam sind, nach Bethel zurückzukehren? Ja, machen wir den Weg von Pharao zu Abimelech nicht oftmals, den Abraham nur einmal ging? Solche schmerzlichen Wege müssen auch zum Guten mitwirken. Sie sind oft vorbereitend, uns bereitwillig zu machen, im Glaubens-Gehorsam den Weg nach Morija zu gehen. Alle Gläubigen, die den Weg des Glaubens betreten, haben auch solche Glaubensproben zu bestehen.

Wie steht es mit uns? Sind auch unsere Herzen von Menschenfurcht und Leidensscheu erfüllt? Haben auch wir etwa zur Lüge unsere Zuflucht genommen? Lassen wir uns

doch zurecht- und nach Bethel zurückbringen! Glaube, vertraue deinem Gott! Er wartet darauf, dir helfen zu können! Bitte Ihn, wie es auch David tat: „Sende Dein Licht und Deine Wahrheit; sie sollen mich leiten, mich bringen zu Deinem heiligen Berge und zu Deinen Wohnungen! So werde ich kommen zu dem Gott, der meine Jubelfreude ist, und werde Dich preisen mit der Laute, Gott, mein Gott!“ (Ps. 43,3.4.) Und hast du Unrecht getan, Er wird dir auch die Wurzel desselben aufdecken, damit du diese richtest, um völlig geheilt zu werden.

Der Herr Jesus sprach einst zu Seinem Jünger: „Simon, Simon! siehe, der Satan hat euer begehret, euch zu sichten wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht aufhöre; und du, bist du einst zurückgekehrt, so stärke deine Brüder“ (Luk. 22,31.32). Jakobus aber schreibt in seinem Briefe: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet, da ihr wisset, daß die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt“. (Jak. 1,2.3).

„Denn wer irgend sein Leben erretten will, wird es verlieren; wer aber irgend sein Leben verliert um Meinetwillen, wird es finden“ (Matth. 16,25).

E. M.

Nachtarbeit.

(Luk. 5,5.)

Unter der Zeit wirtschaftlicher Enge, Enttäuschung und Einbuße leiden jetzt auch viele Kinder Gottes. Auch in unserem Leben sind wir gewohnt, bescheidene

Wahrscheinlichkeits-Berechnungen unserem irdischen Tun zugrunde zu legen. Manches erscheint uns zwecklos und vergeblich und wiederum, manche erwartungsvolle Anstrengung endet mit einem Mißerfolg. Und doch sind diese gegenwärtigen schweren Zeiten nur Gelegenheiten unseres Gottes, Seine Macht zu beweisen, Seine Pläne mit uns und mit der Welt nach Seinem Wohlgefallen durchzuführen.

Es geht zurzeit manchem wie dem Simon Petrus nach Luk. 5,5: „Meister, wir haben uns die ganze Nacht bemüht und nichts gefangen“. Und dann sinken die oft jahrelang gehegten Wünsche, entschwinden so nahe Ziele in nichts, und Vermögen und Existenz und der Glaube werden so klein, so kraftlos und unternehmungsarm.

Wenn wir die Schrift aufmerksam lesen, finden wir in Petri Antwort Auch unser Bekenntnis, nämlich eigenen zielstreblichen Tuns: „Wir haben uns die ganze Nacht gemüht“! Wenn in unserem Leben bergehohe Schwierigkeiten sich zeigen, dann gilt's zu prüfen, ob wir nicht doch die Veranlassung zu solchen gegeben haben. Wir selbst beschlossen, führten persönlich aus, aber es war „Nachtarbeit“. Wieviel Sorge, Kummer, Angst und Verzweiflung kann doch eigene Willenskraft in eigenen Wegen hervorrufen, und die Furchen der Sorge und Enttäuschung in Menschenangesichtern sind Beweis genug, daß man sich noch immer zerarbeitet in der Menge seiner Wege. O, wer kennt nicht die „Nacht“ seines eigenen menschlichen Willens, die „Nacht“ seiner Tätigkeit im Fleische, die „Nacht“ seiner Arbeit ohne Jesus, so manche mühevolle „Nacht“ vergeblicher Arbeit.

Kein Wunder, daß unsere Netze Schlamm und Unrat

heraufbringen, nichts, was bei uns und der Welt den Eindruck erwecken könnte, daß wir gesegnete Leute sind. Wie traurig kann dann unsere geistige Einstellung sein, so daß wir nach solchen „Nächten“ weitere Mühe haben, unsere Netze wieder rein zu bekommen.

Und doch werden wir wie Petrus vom HErrn gesehen und beobachtet und kommen in Seine unmittelbare Führung und Unterweisung: Noch einmal von vorn anfangen! Wie viele Gotteskinder mag es in diesem Augenblick geben, welche irdisch und geistlich wieder von vorn anfangen müssen! Petrus begriff es schnell, daß des Meisters Wort auch in Fragen des irdischen Tuns maßgebend sein muß, wenn auch aus unserer Arbeit Ersprießliches kommen soll.

Je ernster die Zeiten, desto enger müssen wir uns an Sein Wort anlehnen, desto mehr muß alles irdische Streben und Mühen die Bejahung des HErrn fühlen, „als am Tage“.

Der Segen des HErrn für Petrus und seine Gefährten war da, aber sie suchten denselben erst auf ihre Art und fühlten nicht, erkannten nicht ihre Abhängigkeit von dem Willens Gottes. Der vorhandene Segen aber war, als er sichtbar wurde, so groß, daß die Netze zerreißen konnten; die Schiffe sinken, ja der sündige Petrus selbst bricht überwältigt zusammen.

Hier haben wir die Lösung so mancher Frage auch in unserem Leben. Der Segen hängt mit bestimmten Voraussetzungen zusammen. Der Segen muß innerlich nützen, wie auch vergebliche Arbeit, ein innerliches Zusammenbrechen Segen verbreitet. Nicht nur ein Petrus, auch Jakobus, sogar ein Johannes mußten durch diese Enttäuschung gehen, um zu dem vollen Segen zu

gelangen.

Lieber Bruder! Jesus sagt: „Fahre hinaus auf die Tiefe“ oder wie ein anderer übersetzt: „tiefer in den See hinein“! Abhängiger werden von dem HErrn! Und fühlen und erkennen, daß wir gar nichts sind! Am Tage wandeln und glaubend Seine Stimme hören: „Fürchte dich nicht!“

Ed. v. d. K.

Krankheit und Heilung.

Ein Wort an die Gläubigen unserer Tage.

Wenn ich als Christ und Arzt es unternehme, über dieses Thema zu schreiben, tue ich das aus einer tiefen Betrübnis heraus. Es geht mir in diesen Zeilen nicht um die Ehre meines Berufes, sondern um die Ehre Jesu Christi. Und die wird ganz gewiß oft verletzt, wo es sich um das Verhalten eines Christen bei Krankheit und ihrer Heilung handelt.

Da ich ja diese Zeilen für Gotteskinder schreibe, brauche ich nur zu streifen, daß Krankheit, Trübsal und Leiden erst durch die Sünde in die Welt gekommen sind. Doch ist das so zu verstehen, daß im einzelnen Falle die Krankheit nicht etwa durch eine besondere Sünde des Betreffenden hervorgerufen sein muß. Das kann wohl der Fall sein, muß es aber nicht. Krankheit ist in der Hand des Fürsten dieser Welt ein Mittel zur Versuchung; man denke an Hiob. Krankheit ist aber auch ein Mittel in Gottes Hand zur Bewährung, zur Offenbarmachung Seiner Herrlichkeit usw. (Hiob, Joh. 11,4.) Auch zur Zucht läßt Gott Krankheit an uns herantreten (1. Kor. 11,30); wir kennen das grausige

Beispiel des Hymenäus und Alexander, von dem Paulus 1. Tim. 1,20 spricht. Auch im Alten Testament finden wir dieses Zuchtmittel zur Warnung angeführt. Bis zu einem gewissen Grade ist Krankheit bei der Welt wohl auch „natürliche“ Folge vorausgegangener Einwirkungen, so wie es uns natürlich scheint, daß ein Stein, der unserer Hand entgleitet, zur Erde fällt.

Betrachten wir einmal den Herrn Jesus. Mit heilender Hand zog Er durch Städte und Dörfer. Und von den Aposteln lesen wir, wie Gott durch Zeichen und Wunder mitwirkte und das Wort der Predigt bestätigte. Da kommt auch uns das Verlangen, die Leibesnot des Nächsten zu lindern. Und dieses Verlangen kommt ganz gewiß von dem Meister, der selbst Barmherzigkeit übte. Aber wie helfen wir? Den Hungernden speisen, den Durstigen tränken, den Nackten kleiden, das können wir heute so wie vordem. Doch ist es damit nicht immer getan. Von „Blättern zur Heilung der Nationen“ spricht die bildliche Ausdrucksweise des letzten Buches der Bibel (Offb. 22,2), und nach derartigen Dingen verlangt wohl manchen, der krank auf seinem Lager ruht. Was aber nehmen wir, um es dem Nachbar zu bringen? Wen wollen wir um Rat bitten bei den Schmerzen des Bruders oder bei eigener Pein?

Auch in die geschlossenen Ohren wird es hineingeschrien, was die Menschen da haben: Ton, Kräuter, Tees, Salze, Wasser, Lustkuren, Tröpfchen, Kügelchen und Plätzchen, Allopathie, Homöopathie, Elektrohomöopathie, Biochemie, Magnetismus, Augendiagnose, Diagnose aus Harn und aus Haaren, aus den Linien des Kopfes oder der Hand. Vielleicht lächelst du, wenn ich hier einiges aufzähle aus der Fülle von Schlagworten, die du reichlich vermehren

kannst, wenn du die Anzeigen irgend einer politischen oder unpolitischen, unchristlichen und christlichen Zeitung aufschlägst. Und doch ist es nicht zum Lächeln. Nein, in allem Tun eines Gläubigen wird der Name des Herrn Jesus verherrlicht oder - verlästert.

Damit wir nun nicht unbedacht unsern HErrn betrüben, müssen wir einmal über diese Dinge ernsthaft nachdenken, um zu einer begründeten Meinung kommen zu können. Es liegt mir ganz fern, jemand für ein bestimmtes Heilsystem gewinnen zu wollen. Das wird am Ende dieser Zeilen ganz klar werden. Nein, dann könntest du dir lieber die Flugschrift eines beliebigen Heilkünstlers auf der Straße in die Hand drücken lassen. Der wird dir mehr versprechen, als ich das kann. Ganz nüchtern wollen wir zusammen einmal sehen, was wir bei Krankheit zu tun haben.

Es ist sicher ein unrechter Standpunkt, wenn eine gläubige Kranke zum gläubigen Arzt sagt: „Herr Doktor, ich komme zu Ihnen, aber ich weiß noch nicht, ob ich Ihren Rat annehmen soll oder ob ich nur auf den HErrn mein Anliegen werfen soll.“ Diese Frage hätte schon vorher beAntwortet sein müssen. Der Gang zum Arzt sollte zur Voraussetzung haben, daß man sich innerlich darüber klar ist, ob man menschliche Hilfe in Anspruch nehmen soll oder nicht.

Jedenfalls besteht diese Frage, und wir müssen jedesmal uns darüber klar werden. Prinzipiell spricht nichts dagegen, solche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Wenn der HErr sagt, daß die Schwachen eines Arztes bedürfen (Matth. 9,12), so ist das ein Anerkennen des ärzlichen Standes. Und wenn der Mensch sich „die Erde soll untertan

machen“ (1. Mos. 1,28), so schließt dieses Wort ja das Streben nach Beherrschung der Heilkräfte der Natur auch in sich.

Jedoch mag auch im einzelnen Fall der HErr es Seinem Kinde ans Herz legen, nur auf Ihn zu schauen. Und in diesem Glauben wird es geheilt werden. Aber die Entscheidung darüber, ob dieser Weg des nackten Glaubens eingeschlagen werden soll, hat doch gewiß nur der Betreffende selbst. Ihm selbst zeigt der HErr den Weg, nicht einem anderen, der vielleicht in vielen Dingen sonst sein Lehrer sein mag.

Hüten wir uns ja, unsere Meinung einem anderen aufdrängen zu wollen oder auch uns zum Knecht der Meinung eines anderen zu machen! Das gibt Feuer, die nur einen Augenblick hochschlagen und dann in sich zusammensinken. Nein, jeder steht und fällt seinem HErrn. Machen wir uns nicht zum Vormund für andere!

Und wenn nun jemand Menschenhilfe sucht, wohin soll er sich wenden? Da möchte ich einmal erst die Zustände, die im Bereiche unseres Vaterlandes auf dem Gebiete der Heilkunst bestehen, kurz schildern. Auf der einen Seite sehen wir den angehenden Arzt viele Jahre mit angespannter Vorarbeit und schwierigen Prüfungen zubringen, oder sehen, wie die staatlich ausgebildete Hebamme sich neuen Kursen wieder unterziehen muß, um ihre Praxis weiter ausüben zu dürfen. Aus der anderen Seite darf jeder Mensch, ohne daß eine Ausbildung oder auch nur Unbescholtenheit von ihm verlangt wird, eine Heilpraxis eröffnen. Er muß das nur dem Kreisarzt mitteilen. In welchem Maß das geschieht, ist den Lesern vielleicht noch unbekannt. Jeder Mensch, auch jeder

arbeitsscheue Mensch, jeder Betrüger hat hier ein freies Feld der Wirksamkeit.

Da heißt es für Gläubige: Prüfen! Und das geschieht so selten. Aber wir Christen sollten auch darin uns von der Welt unterscheiden.

Für die Errettung unserer Seele kann nie Heilung aus uns selbst kommen. Die konnte nur der Heiland uns bringen. Bei körperlichen Leiden dagegen macht der Körper selbst seine Kräfte mobil, und er erreicht auch aus sich, gewiß in den meisten Fällen, eine Wiederherstellung der Gesundheit.

Auch trotz unpassender Maßnahmen kann ein Kranker gesund werden und wird es oft. Noch ehe wir selbst von einer Störung im Körper Kenntnis genommen haben, stemmt sich der Körper mit seinen Abwehrkräften dagegen. Und das ist doch sehr viel mehr, als wir Menschen mit aller Weisheit und Torheit erreichen können.

Der Körper hilft sich selbst, ja er muß sich selbst helfen. Denn wir Menschen können doch gar nicht viel mehr, als daß wir die Heilkräfte des Körpers leiten oder unterstützen und daß wir Schädlichkeiten erforschen und fernhalten. Ja, selbst der Chirurg, der doch einen kranken Teil mit dem Messer fortnehmen kann, braucht die dem Körper innewohnende Kraft. Denn sonst würden die Wunden, die er schaffen muß, ja immer bestehen bleiben, nie vernarben.

Möchten wir doch lernen, bescheiden und demütig zu werden, bescheiden und demütig zu denken über alles, was der Mensch leisten kann!

Über den Weg zum Vater sagt der Sohn Gottes: es gibt nur einen Weg. Menschen glauben, viele Wege gehen zu können; jeder könne nach seiner Fasson selig werden. Zur Gesundung unseres Leibes jedoch können meist verschiedene Wege gegangen werden.

Fanatische Menschen aber sagen grundsätzlich: Nur ein Weg! Ein Mensch mit offenen Augen jedoch wird das Gute nehmen, wo er es findet, und sich nicht zum Sklaven eines einzigen Heilmittels oder Systems machen. Aber Menschen, die man dann ganz sicher nur als Unverständige oder ihren-Vorteil-Suchende bezeichnen kann, schreien: Nur Lehm! oder: Nur Wasser! oder nur dies und jenes. Und sie versprechen bedingungslos Erfolg. Sie kennen gar keine Grenzen in ihrem Wirken.

Das mögen sie nun ja auch ruhig tun. Darüber wäre gar kein Wort zu verlieren. Aber dann wird es bedenklich, wenn Kinder Gottes sich mit solchen Dingen einlassen. Denn sie übernehmen meist in gleicher Weise wie jene diese hochtrabenden Behauptungen. Sie meinen, nun auch alles heilen zu können und überall helfen zu müssen. Auch sie kennen nun keine Grenzen mehr in ihrer Heilkunst. Waren sie bisher ruhige, besonnene Menschen, jetzt werden sie erregt, wenn ihnen jemand mit einer anderen Meinung entgegentritt. Dachten sie früher gering über sich, mit ihren Arzeneischätzen glauben sie jetzt alles meistern zu können. Der Geist des Hochmuts hat im Herzen des lieben Gotteskindes seinen Einzug gehalten und wird dafür sorgen, daß er in solch übertölpelten Herzen weiter Raum gewinnt auch auf anderen Gebieten des Lebens. Nicht das ist betrübend, daß es so viele Schreier und Kurpfuscher gibt, sondern daß Gotteskinder

sich von ihnen den Geist der Welt ausdrängen lassen.

Und bist du noch so sehr überzeugt von der Wirksamkeit deiner Mittel, du kannst es nie beweisen, daß deine Mittel es waren, die geholfen haben. Wenn ein anderer behauptet, die Krankheit hatte gerade ihren Höhepunkt überschritten, der Körper hat sich selbst gewehrt oder Gott hat der Krankheit ein Ziel gesetzt, wie willst du beweisen, daß die Hilfe in deinen Medikamenten lag?

Sieh, da kommen wir zu dem zweiten Gegenstand, den ein Gotteskind so leicht außer acht läßt, wenn es von einem weltlichen Heilkünstler ins Schlepptau genommen ist. Gläubige scheuen sich gar nicht, auszusprechen: „Wir haben jenes Mittel eingegeben, das hat geholfen“. Und wenn nun jemand einwendet: „Habt ihr nicht auch gebetet?“, so setzen sie doch noch immer aus Liebe zu ihrem Heilsystem die Heilung auf das Konto ihrer Maßnahmen.

Ist es nicht im höchsten Grade bedauerlich, daß ein Kind Gottes so sehr vergißt, den Wert des Gebetes hochzuhalten, obwohl der Herr Jesus an so vielen Beispielen uns klarmacht, wieviel ein Gebet vermag, wenn es ernstlich ist? Wenn Gott uns Krankheit schickt, um Seine Herrlichkeit an uns zu offenbaren oder uns zu vollenden, und sich wiederum in rechtzeitiger Hilfe offenbart, wie schön ist es dann, wenn wir Ihm danken für die Erhörung unserer Gebete! Ein unschönes Zeichen größten Mißverstehens unseres Gottes ist es aber, wenn solche Heilung nur zum Anlaß wird, daß Gotteskinder den Ruhm von Menschenwerk erheben.

Ja, noch einen Schritt weiter gehen oft Gläubige - ich

schreibe das nach mehrfacher Erfahrung: Sie verlernen sogar, als obersten Gesichtspunkt festzuhalten, daß Gott wirkt, daß Gott Seine Hand im Spiele hat bei allem Geschehen.

Wie das Kind in der Rechenstunde lernt, Beträge durch Subtraktion zum Verschwinden zu bringen, so meint mancher nach Art eines Rechenexempels das Geschehen im Leben des Menschen gestalten zu können. Und wo bleibt Gott? Muß Er dann nicht auch sagen wie bei Seinem Volke Israel: „Sie haben Mich hinter ihren Rücken geworfen“? (1. Kön. 14,9.)

Er will Sich verherrlichen in unserem Leben durch Krankheit, und er wird erniedrigt!

Möchten wir doch aufwachen und dem Weltgeist die Gefolgschaft kündigen! Aber das ist für viele nicht leicht. Die Heilkunft ist für manchen ein heißgeliebtes Kind. Er will es nicht aufgeben. Und wie alles durch die Bibel scheinbar zu stützen ist, wenn man ihrem Geist Gewalt antut, so werden auch hier Stützen gesucht. Es schneidet mir ins Herz, wenn jemand, um nur ein Beispiel zu nennen, sagt: „Der Geistliche beurteilt alles“ (1. Kor. 2,15), also darf ich mir ein Urteil über Krankheit und Heilung erlauben, auch wenn ich keinerlei Sachkenntnis habe.

Wenn wir die Bibel durchsuchen, um Licht für unsere Frage zu bekommen, da sehen wir keine Empfehlung eines besonderen einheitlichen Weges. Wenige Beispiele nur möchte ich kurz nennen.

2. Kön. 20: Hiskia wird krank zum Sterben. Der Prophet

sagt zu ihm: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen“. Hiskia weint im Gebet vor Jehova. Nun muß der Prophet zurückkehren und verkünden: „So spricht Jehova; Ich habe dein Gebet gehört, Ich habe deine Tränen gesehen, siehe, Ich will dich heilen“; und Jesaja sprach: „Holet einen Feigenkuchen, und sie holten ihn und legten ihn auf das Geschwür, und er genas“. - Was hatte nun geholfen? Der Feigenkuchen?

Als weiteres Beispiel mag Joram uns dienen (2. Chron. 21,18). „Jehova plagte ihn mit einer unheilbaren Krankheit in seinen Eingeweiden.“ - Ob da ein Mensch wohl hätte Hilfe bringen können? Mit welchem Heilsystem? Ich glaube, du mußt schweigen.

Höre eine weitere Geschichte vom König Asa (2. Chron. 16,12): „Er erkrankte an seinen Füßen, so daß er überaus krank war; aber auch in seiner Krankheit suchte er nicht Jehova, sondern die Ärzte. Und Asa legte sich zu seinen Vätern“. - Die Kunst der Ärzte konnte den überaus kranken Mann nicht heilen. Aber es wird uns angedeutet, wo die Hilfe für ihn gelegen hätte. Doch leider suchte er Jehova nicht. Und er starb. - Ob wohl ein Heilkünstler unserer Tage ihn hätte heilen können? Ich glaube, wir Antworten bescheiden mit einem Nein. Doch wendet vielleicht jemand ein: Das war im Alten Bund, wir Jünger Jesu aber leben nicht mehr im Alten Bund. Auch da können schon wenige Beispiele uns als Antwort genügen.

Paulus mußte einst, wie wir 2. Tim. 4,20 lesen, seinen Begleiter Trophimus krank in Milet zurücklassen. Warum hat Paulus seinen Gefährten nicht geheilt, ihm nicht die Hände aufgelegt, über ihm gebetet? War es Mangel an Liebe? Mangel an Glauben? O nein, es war ein Verstehen

der Absichten Gottes, ein Harren auf Gottes Wink, ohne den er nicht eingreifen konnte.

Sehr lehrreich ist auch Pauli Wort an Timotheus (1. Tim. 5,23): „Trinke nicht länger nur Wasser, sondern gebrauche ein wenig Wein, um deines Magens und deines häufigen Unwohlseins willen“. Auch Timotheus wurde nicht einfach von seinem Leiden befreit, sondern ihm wird nur empfohlen, ein wenig Wein zu gebrauchen.

Es kommt mir nicht auf die Aufzählung aller Fälle von Krankheit in der Bibel an, sondern auf die Darstellung der Prinzipien. So mag nur noch ein Punkt beleuchtet werden.

Die letzten beiden Beispiele führten uns schon darauf hin. Wir vermißten hier die von Paulus im 1. Korintherbrief (Kap. 12) genannten Gnadengaben der Heilungen. Das zeigt uns, daß die Gaben der Heilung nicht unterschiedslos sich auswirkten an denen, die gerade krank waren, also auch nicht an unserem Timotheus und Trophimus. Das ist sehr wichtig.

Wenn nun heute Gnadengaben der Heilung wirksam werden sollen, wie leichtfertig wird da meist zuwege gegangen. Ohne Unterschied werden denen die Hände aufgelegt, die sich dazu melden. Es ist sicher schwer, ein grundsätzliches Wort dazu zu sagen, doch das ist sicherlich notwendig, daß wir hier nicht weniger zurückhaltend sind als die Apostel.

Paulus sagt dem Timotheus: „Die Hände lege niemandem schnell auf“ (1. Tim. 5,22), während in der allerersten Zeit, als das Evangelium in besonderer Weise durch Zeichen bestätigt wurde, noch ganz allgemein den

Glaubenden verheißen wurde: „Schwachen werden sie die Hände auflegen, und sie werden sich wohl befinden“. (Mark. 16,18.)

Beachtlich ist auch in der bekannten Jakobusstelle (Kap. 5,14), daß die Ältesten sie salben sollen, statt ihnen die Hände aufzulegen. Die Ältesten kannten die betreffenden Menschen genau, während heute diese Krankenheiler oft einer ganz anderen örtlichen Gemeinde oder überhaupt keiner Gemeinde angehören und die Betreffenden gar nicht oder nur ganz oberflächlich kennen, denen sie die Hände auflegen.

Überhaupt ist die Bibel sehr sparsam mit Äußerungen auf diesem Gebiet. Und an dem Jakobuswort ist auch weiterhin noch zu beachten, daß da von vorausgegangenen Sünden die Rede ist, die jene Krankheit zur Folge hatten, und vom Bekennen der Sünden.

Jedenfalls ist ein genaues Kennen der Verhältnisse und ein Erforschen des göttlichen Willens im einzelnen Fall wohl die schriftgemäße Voraussetzung für das Auflegen der Hände.

Wenn nun gläubigen Kranken irgendwo ein bestimmter Ort genannt wird, wo in besonderer Weise Gaben der Heilung wirksam sein sollen, so ist es gewiß nötig, auch daran zu denken, daß der Teufel gern die Gestalt eines Engels des Lichts annimmt (2. Kor. 11,14). Nicht alle Wunderheilungen gehen von Gott aus, sondern sie können auch von dem Fürsten der Finsternis kommen, der aber das Aussehen und die Sprache eines Kindes des Lichts annimmt. Da müssen wir sehr auf der Hut sein. Erfolge beweisen gar

nichts, wenn auch die Menschen so gern sagen: „Es hat doch geholfen, also muß es doch gut und von Gott sein“. Nein, eine gründliche Erforschung des Geistes, der an solcher Stätte waltet, ist wohl unbedingt erforderlich, bevor man einen solchen Weg beschreitet.

Kehren wir nun also zu unserer Frage zurück: „Was soll ein Kind Gottes im Krankheitsfall tun?“ Es wird sich prüfen, ob die Erkrankung die Folge einer Sünde ist, und wird in solchem Falle diese Sünde vor Gott bekennen und richten. Erhält es keinen Wink vom HErrn, daß es den Weg des nackten Glaubens gehen soll, so wird es sich auch nach menschlicher Hilfe umtun. Und da ist ein wenig Vorsicht am Platze. Nicht der leistet am meisten, der den Mund am weitesten aufreißt. Denke daran, daß in unserem Lande jeder Mensch ohne irgendwelche Schulung eine Heilpraxis ausüben darf. Gehe zu dem, der genügend Kenntnisse und Erfahrung auf solchem Gebiete hat und der in seiner Arbeit zuverlässig und wahr ist. Am schönsten ist es natürlich, wenn der Betreffende gläubig ist. Ein unbedingtes Erfordernis dürfte das jedoch nicht sein. Bleibe bei allem dir der Unzulänglichkeit des menschlichen Tuns bewußt! Und ist Genesung eingetreten, so danke dem, der dir behilflich war, danke aber vor allem Dem, der ein Hörer der Gebete ist! Dann wird auch Krankheit in deinem Leben dienen zur Verherrlichung unseres Herrn Jesus Christus.

Dr. G. H.

Kurze Gebete.

General von Viebahn pflegte bei Gelegenheiten zu sagen:

„Gott und Menschen lieben kurze Gebete“. (Vgl. Pred. 5,2.)

Dem „Gemeinschaftsblatt“ entnehmen wir folgende Gedanken: Es kommt vor, daß der Besuch der Versammlungen deswegen nachläßt, weil Brüder zu lange und zu weitschweifig reden. Da spricht vielleicht ein Bruder in den ersten 20 Minuten trefflich, so daß die Geschwister wirklich Segen von seinen Worten haben. Aber nun kann er den Schluß nicht finden, wiederholt sich infolgedessen beständig und verwischt so selbst durch sein allzulanges Reden den Segen, der anfänglich seine Worte begleitete.

Die Brüder aber, die in ihren Reden so schwer ein Ende finden, können meist auch in ihren Gebeten zu keinem rechtzeitigen Schluß kommen. So häufen sie zu dem ersten Übel noch ein zweites, schlimmeres. Sie beten mitunter so lange, daß es eine Ermüdung ist, ihnen zuzuhören. Ein Gebet aber, bei dem die Mitbetenden denken müssen: „Wenn nur endlich einmal das Amen käme!“, hindert den Segen.

Manchmal meinen auch Brüder, die nicht zum Reden gekommen sind, sie müßten alle die Gedanken, die sie so gern gesagt hätten, nun in ihren Gebeten aussprechen, und so wird ihr Gebet eine lange Predigt, die andere geradezu abstößt.

Woher kommen diese Übelstände? Sind sie nicht ein Zeichen der mangelnden Geisteszucht? Denn der Heilige Geist ist kein Schwätzer, Er ist vielmehr ein Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. (2. Tim. 1,7.)

Es tut not, auf diese Übelstände immer wieder hinzuweisen, denn einmal sind wir so vergeßliche Leute, und zum anderen sind wir auch oft von uns so eingenommen, daß

wir diese Fehler bei anderen sehen, aber nicht bei uns selbst.

Leider gibt es auch Brüder, die es einem übelnehmen, wenn man sie darauf aufmerksam macht. Andere lassen sich's zwar sagen, aber nachher ist's doch wieder wie vorher. Wollen wir nicht diesen Übelständen, wo sie sich einnisten wollen, in allem Ernst begegnen, damit des HErrn Werk aufgebaut und nicht gehindert werde? Möchte gerade an uns, den dienenden Brüdern, gesehen werden, daß wir den Gläubigen Vorbilder sind im Wort, im Wandel, in Liebe usw.!

(1. Tim. 4,12.)

Frage und Antwort

Frage 12

Welche Übersetzung von Hebr. 10,12 ist die dem Grundtext und dem Sinne nach richtigere - diese: „Er aber, nachdem Er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht hat, hat Sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes“ (so z. B. die Elb. Üb.) - oder: „Er aber, nachdem Er ein Schlachtopfer für Sünden auf immerdar (vgl. Luther: „das für immer gilt“) dargebracht hat, hat Sich gesetzt zur Rechten Gottes“? Die letztere Übersetzung hat doch manchen Leuten, besonders

Katholiken, gegenüber mehr Gewicht!

Antwort

Diese Frage, eingesandt von einem teuren deutschen Bruder, der in Südwesteuropa neben seinem irdischen Beruf im Werke des HErrn, vielfach unter Katholiken, arbeitet, läßt sich zunächst ganz verschieden beAntworten, wie ein Blick in die verschiedenen deutschen Übersetzungen beweist; denn man findet tatsächlich in denselben sowie auch in fremdsprachigen Übersetzungen, besonders in katholischen Ländern, die letztere fast ebenso oft wie die erstere.

Es handelt sich also darum, ob der Ausdruck „auf immerdar“ zu beziehen ist auf das Sichgesetzthaben des Herrn Jesus zur Rechten Gottes (also auf das Hohepriestertum des HErrn) oder auf das Dargebrachthaben des einen Opfers (also auf die Ewigkeit der Erlösung). Wenn man diese Frage so stellt, so fühlt mancher sich vielleicht versucht, zu sagen, das „für immerdar“ müsse sich doch zunächst auf das eine Opfer beziehen, das schiene doch das Leichtverständlichste zu sein. Ja, aber -! Aber

1. ist es ein Geistesgesetz, daß nicht gerade immer das Leichtverständlichste das Richtigste ist, und dann 2. ist es hier wie überall doch vor allem nötig, den Zusammenhang der betreffenden Stelle anzusehen daraufhin, ob die eine oder andere Beziehung des Ausdrucks „auf immerdar“ zu wählen ist. - Wenn der Wortlaut des Grundtextes uns darin bestimmte Anweisung gäbe, so hätten wir uns dem ja ohne weiteres zu beugen - aber das tut er eben nicht, wie

selber bestätigen kann: man dürfte m. E. für beide Übersetzungen Anhaltspunkte finden können. Also sind wir angewiesen auf sinngemäße Betrachtung der Stelle, um das Richtigste zu entdecken.

Da möchte ich nun zuallererst denen, die glauben, mit der obigen zweiten Übersetzung am besten den Katholiken gegenüber (mit ihrem ganzen Wust von Messe und sonstigen unbiblischen Zeremonien) einen besonders festen Standpunkt zu haben, folgendes zu erwägen geben: Bei welcher von beiden Übersetzungen ist die Tatsache der anderen mit eingeschlossen? Deutlicher gesagt: Ist bei der zweiten Übersetzung, bei der sich das „für immerdar“ auf das Opfer bezieht, die Tatsache, daß der HErr Sich „für immerdar“ zur Rechten Gottes gesetzt hat, miteingeschlossen, oder ist bei der ersteren, bei der sich das „für immerdar“ auf das Gesetzthaben zur Rechten Gottes bezieht, das „für immerdar“ gültige Opfer miteingeschlossen? Ein wenig sinnende Überlegung wird dem Leser ohne weiteres zeigen, daß die Übersetzung, bei der sich das „für immerdar“ auf das Gesetzthaben usw. bezieht, beiden Tatsachen völlig gerecht wird, während die andere jene wichtige Tatsache des Sichgesetzthabens des HErrn zur Rechten Gottes „für immerdar“, nicht einschließen kann. Mit anderen Worten: Unser geliebter HErr kann sich nicht „für immerdar“ zur Rechten Gottes gesetzt haben, wofern Er nicht ein ewig gültiges Opfer vollbracht hat, wohl aber wäre es denkbar, daß Er nach Vollbringung dieses Opfers Sich immer noch nicht endgültig als Hoherpriester gesetzt hätte!

Ich hoffe, daß diese einfache Erwägung manchem für das Verständnis der Stelle dient.

Nun einen Schritt weiter! Nachdem wir also festgestellt haben, daß unser HErr Sich als Hoherpriester nur gesetzt haben kann, nachdem Er das ewig gültige Opfer vollbracht hatte - also nicht, solange noch irgend etwas zu tun gewesen wäre -, müssen wir weiter feststellen, daß wir aus keiner anderen Schriftstelle wüßten, daß Er Sich „auf immerdar“ gesetzt hat, wie aus dieser! Das Neue Testament enthält der Verheißung von Ps. 110,1 entsprechend zehn Aussagen darüber, daß der HErr jetzt zur Rechten Gottes weilt: Mark. 16,19; Apgesch. 7,55 (noch stehend); Römer 8,34; Eph. 1,20; Kol. 3,1; Hebr. 1,3; 8,1; 10,12; 12,2; 1. Petr. 3,22 - und nur in unserer Stelle 10,12 steht, daß Er Sich „auf immerdar“ dort gesetzt hat! Ist dies nicht eine sehr wichtige notwendige Feststellung?

Ich denke, wir haben jetzt zwei gewichtige Gründe für die Übersetzung, derzufolge das „auf immerdar“ sich auf das Sitzen des HErrn als Hoherpriester zur Rechten Gottes bezieht, ja beziehen muß, sach- und sinngemäß.

Nun noch einen Schritt weiter! Der griechische Ausdruck „auf immerdar“ hat die Bedeutung des „Fortdauerns“, des „Ununterbrochenen“, nicht etwa den des „Ewigen“, welches nie und nimmer aufgehoben werden könnte. Ist das nicht sehr beachtlich? Wenn wir dies annehmen, so werden wir schon gar nicht mehr so sehr geneigt sein, das Wort auf das Opfer zu beziehen, als wenn wir aus dieser Stelle herauslesen müßten, daß dies Opfer „ für ewig „ gilt. Nein, das steht gar nicht da. Warum auch? Das steht ja in so vielen anderen Stellen des Hebräerbriefes, daß wir es hier gut entbehren können. Denken wir nur an Hebr. 9,26 oder auch an das unserer Stelle voraufgehende

und das folgende Wort V. 10 und 14! (Vgl. z. B. Kol. 1,20; 2,14, Römerbrief usw.)

Hier soll uns also nicht so sehr die Ewigkeit unserer Erlösung, d. h. des Schlachtopfers für dieselbe, gezeigt, als vielmehr die noch viel zu wenig verstandene Tatsache klar werden, daß Christus als Hoherpriester den Platz der Ruhe, des Sitzens - während doch sonst jeder Priester beständig stehen mußte im Heiligtum (vgl. 9,6.25; 10,1.11 usw.) - inne hat, ohne immer von neuem wieder aufstehen zu müssen! Das, was in 8,1 als Summe, als Hauptstück festgestellt und dann in den nächsten Kapiteln bewiesen wird: „Wir haben einen solchen Hohenpriester, der Sich gesetzt hat“ - das sehen wir hier in 10,12 als etwas ununterbrochen, in völliger Ruhe Fortdauerndes für so lange, bis- ja bis? Wenn das große: „Bis Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt sind“ (V. 13; Ps. 110) erfüllt ist, dann steht Er auf, um das Gericht über sie zu vollziehen - aber solange ruht Er!

O, unser wunderbarer Hoherpriester!

Dieser Ausdruck, daß Er „auf immerdar“, also fortdauernd, ununterbrochen sitzt zur Rechten Gottes (Sich gesetzt hat), ist somit m. E. ein Ausdruck, in dem ein Doppeltes liegt: 1. Die Fülle und Größe unserer Erlösung, die wir „auf immerdar“, fortdauernd vollkommen gemacht sind (V. 14; hier das gleiche Wort, das nur vorkommt 7,3; 10,1.12.14), was Seine Grundlage hat darin, daß unser Hoherpriester Sich für immerdar gesetzt hat - oben als Hoherpriester, während sonst der jüdische Hohepriester beständig dienstlich zu stehen hatte. „Ein solcher Hoherpriester geziemte uns ... der nicht Tag für Tag nötig hat ... Schlachtopfer darzubringen ..., denn

dieses hat Er ein für allemal getan, als Er Sich Selbst geopfert hat“ (7,26.27). Es ist der Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks, der immerdar (hier ein anderes Wort im Grundtext!) lebt, um Sich für uns zu verwenden, der ein unveränderliches Priestertum hat (wie Melchisedek, nicht wie Aaron)! (7,24.25.) Er lebt und verwendet Sich nicht nach der Ordnung Aarons, indem Er immer erneut „stehen“ und „opfern“ müßte, sondern indem Er sitzt zur Rechten Gottes in fortdauernder Macht und Herrlichkeit, wo Er für uns eintritt und für uns bittet! Welch einer wunderbaren, vollkommenen Erlösung sind wir teilhaftig geworden! - So zeigt uns also Sein fortwährendes Sitzen zur Rechten Gottes zuerst die Größe und Kostbarkeit unserer Erlösung, aber weiter vor allem 2. auch die Herrlichkeit Seines Hohepriestertums für Ihn Selber. Der Ausdruck: hat Sich „auf immerdar“ (also „fortdauernd bis ...“) gesetzt zur Rechten Gottes, ist zugleich ein richterlicher Ausdruck der Regierung Gottes, ein Ausdruck, würdig des Thrones Gottes! In 5,10 wird Christus „von Gott ‚begrüßt‘ als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks“, und hier in Kap. 10,12 sehen wir Ihn, wie Er diesen Ihm zukommenden Platz der Herrlichkeit „für immerdar“ - für die Fortdauer bis zum Gerichtstag - tatsächlich eingenommen hat, gleichsam als gerechte Belohnung für das völlig vollbrachte Werk der Erlösung derer, deren Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks, also deren unveränderlicher Hoherpriester Er geworden ist! Es ist Sein Ihm in dieser Eigenschaft als Hoherpriester gebührender Platz der Ruhe, des Sitzens im Gegensatz zu der Ordnung Aarons. Ein Platz offenbarter Herrlichkeit, wie sie Aaron und seine Nachfolger nie kennen lernen konnten. Ein Platz einer Würde und Größe,

wie sie nur „ein solcher Hoherpriester“verdiente, wie sie Ihm aber auch unbedingt zuteil werden mußte angesichts der Gerechtigkeit des auf dem Thron sitzenden Gottes, dessen Sohn dieser Hohepriester ist!

Ich hoffe, daß nach diesen freilich noch sehr unvollkommenen Darlegungen es dem Einsender der Frage wie auch anderen Lesern klar geworden sein möchte, welcher Übersetzung der Vorzug zu geben ist. Der HErr gebe uns Licht, Weisheit und Gnade, Ihn stets besser zu erkennen!

Schließlich aber will ich nicht unterlassen, hinzuzufügen, daß natürlich auch die andere doch immerhin wohl mögliche Übersetzung, derzufolge sich das „auf immerdar“ auf das Opfer bezieht (nur nicht im Sinne von „auf ewig“, was das Wort nicht bedeutet), hier und da in bestimmten Fällen benutzt werden kann, wo es gut erscheint. „Alles ist euer“, darf man hier vielleicht sagen! -

Aber das Größere scheint mir zu sein, dem Sinne der Stelle und des ganzen Hebräerbriefes gemäß dieses kostbare Wort 10,12 so zu lesen: „Er aber, nachdem Er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht hat, hat Sich auf immerdar („fortdauernd“) gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend, bis ...!“-

Laßt uns „aufschauen zu Ihm“ und Ihn anbetend bewundern, da wir in Ihm „einen solchen Hohenpriester haben, der Sich „für immerdar gesetzt“ hat! Ihm sei Preis und Ruhm in Ewigkeit!

D. Schriftl. F. K.

Da wir nun einen großen Hohenpriester haben, der

durch die Himmel gegangen ist, Jesus, den Sohn Gottes, so laßt uns das Bekenntnis festhalten!“ (Hebr. 4,14.)

Worte an Fremdlinge.

(1. Petri 1,1.2.)

Gott richtet Sein Volk und regiert alles nach ewigen Gesetzen Seines Wohlgefallens. In den Petribriefen können wir etwas von Seinem Regieren und Walten lernen, und zwar im ersten Briefe über Sein Volk und im zweiten Briefe über die Gottlosen.

Im 1. Kapitel des 1. Briefes sehen wir, wie Gott in Seiner Gnade und Heiligkeit jetzt über Sein Volk waltet, um es auf dem Pilgerpfade hienieden in den mannigfachen Versuchungen und Prüfungen aufrecht zu erhalten und zu ermutigen. Im 2. Kapitel - werden wir dagegen mit Vorrechten der Gläubigen bekannt gemacht.

In diesem Briefe vollführt Petrus den Auftrag Seines HErrn: „Weide Meine Lämmer!“ Schon vor dem Fall hatte der HErr ihm gesagt: „Und bist du einst zurückgekehrt, so stärke deine Brüder.“ (Luk. 22,32.) Aber nach seinem Fall und nach seiner öffentlichen Wiederherstellung gab Er ihm vor allen Jüngern den Auftrag: „Weide Meine Schafe!“

Dreimal hatte Petrus geleugnet, seinen HErrn zu kennen, und dreimal gab der HErr ihm den Auftrag, Seine Schafe zu weiden. Als er den HErrn verleugnete, traute er sich selbst. Selbstvertrauen ist die Wurzel all unserer Fehltritte. Aber als Petrus sich selbst nicht mehr traute, da konnte der HErr ihm vertrauen und ihm die Sorge für Seine

Schafe übergeben. (Joh. 21,15-17).

In dieser feierlichen Stunde fand nicht die erste Begegnung mit dem auferstandenen HErrn statt. Aus Luk. 24,34 können wir ersehen, daß der HErr bereits früher eine solche mit ihm hatte. Wir wissen nicht, was in diesem Zusammensein zwischen Petrus und dem HErrn stattfand; der HErr hat einen Schleier darüber gezogen. Aber wir können etwas davon ahnen, wenn wir an Stunden zurückdenken, in welchen wir nach Fehltritten unsere erste Begegnung mit dem HErrn wieder hatten und wie alles vor Ihm aufgedeckt wurde.

Bei der öffentlichen Wiederherstellung in Joh. 21 schenkte der HErr ihm vor allen Jüngern Sein volles Vertrauen wieder, indem er ihm das, was Er am meisten liebte - die Lämmer und Schafe Seiner Herde - in seine Hände legte. Kann ich mein Vertrauen einem Freunde mehr und deutlicher beweisen, als wenn ich bei meinem Weggange das mir Teuerste und Kostbarste in seine Hand lege? Dies tat der HErr dem Petrus. Welche Gnade!

Wie teuer muß dem Petrus dieser Auftrag des HErrn gewesen sein! Er konnte ihn nie vergessen. Und haben nicht auch wir alle einen Auftrag vom HErrn empfangen? Sollen wir nicht Seine Zeugen sein? Wie teuer ist uns der Auftrag unseres HErrn? Können wir ihn vergessen? Petrus vergaß ihn nicht. Konnte er die Schafe der Herde nicht mehr mündlich ermahnen, trösten, lehren, so tat er es schriftlich. Er sagt uns selbst, daß dies der Zweck seines Briefes ist: „Ich habe euch mit wenigem geschrieben, euch ermahnend (oder ermunternd), daß dies die wahre Gnade Gottes ist, in der ihr stehet.“ (1.Petri 5,12.)

Sichtungszeiten waren über die Gläubigen hereingebrochen. Sie hörten das Brüllen des Löwen, der sie verschlingen wollte (Kap. 5,8). Petrus sucht sie nun schriftlich in ihren Leiden zu trösten und zu heiligem Wandel zu ermuntern. Er ermahnt sie, besonnen und nüchtern zu sein (Kap. 4,7), und richtet ihren Blick auf das himmlische Erbe und den nahen Tag der Herrlichkeit, der allem Leiden dieser Zeit ein Ende machen wird, und sucht ihnen zu zeigen, daß Gott noch über Sein Volk waltet und im Regimente sitzt. Es ist ein Brief des Trostes und der Ermahnungen.

Laßt uns nun beachten, an wen Petrus seinen Brief richtet. Er schreibt ihn an die „Fremdlinge von der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadozien, Asien und Bithynien“ (V. 1). Sie waren in erster Linie gläubige Juden, die z. T. durch die Verfolgung, die sich nach dem Tode des Stephanus erhob, außer Landes weithin zerstreut worden waren.

Als Petrus diesen Brief schrieb, stand bereits alles, was dem Judentum angehört, unter dem Gericht Gottes. Die dem Judentum eigene nationale irdische Berufung war beiseite gesetzt und an deren Stelle die himmlische Berufung (Hebr. 3,1) getreten. Er wendet sich in diesem Briefe nun an die, welche einst dem Judentum angehörten, um ihnen die himmlische Berufung zu entfalten.

Die himmlische Berufung umfaßt mehr als nur die Gemeinde. Abraham z. B. gehörte nicht zur Gemeinde, dem Leibe Christi, aber er war ein Genosse und Teilhaber der himmlischen Berufung. „Denn er erwartete die Stadt,

welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist.“ (Hebr. 11,10).

Es ist wichtig, zu sehen, wie der Heilige Geist in diesem Briefe die Herzen der Zerstreuten und Vertriebenen durch den Apostel der Beschneidung nach dem Himmel richtet.

Er beginnt seinen Brief mit der Versicherung, daß sie „auserwählt sind nach der Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi.“ (V. 2). Sie sollten nicht nur wissen, zu welcher herrlichen Stellung sie durch Gottes Gnade gebracht seien, sondern auch dieses zu ihrer Freude und Stärkung in ihren Herzen tragen.

In dem 2. Verse können wir auch etwas von der wunderbaren Dreieinigkeit sehen. Es sind nur wenige Stellen der Schrift, in denen wir die Dreieinigkeit finden. Hier wird geredet von der Auserwählung des Vaters, der Heiligung des Geistes und dem Blute des Sohnes.

Die Auserwählung ist persönlich. Der Vater ist es, der die einzelne Person erwählt. Diese Auserwählung fand statt „vor Grundlegung der Welt“ (Eph. 1,4), und zwar auf Grund der Vorkenntnis Gottes des Vaters.

Manche sprechen davon, daß die Gemeinde auserwählt sei, und berufen sich darauf, daß im 5. Kap., V. 13 von der Gemeinde in Babylon als von der „Miterwählten“ gesprochen wird. Dies ist aber nicht der Fall. Wohl haben einige Übersetzer das Wort „Gemeinde“ in diese Stelle eingeschoben, es steht aber nicht im Grundtext. Dort steht nur: „Es grüßt euch die Miterwählte in Babylon“, womit wahrscheinlich eine in jener Zeit wohlbekannte Schwester

(vielleicht auch die Brüderschaft, V. 9!) gemeint ist. Aber wie dem auch sei, das „Geheimnis“ (die Gemeinde) war „vor den Zeitaltern her verborgen inGott“ (Eph. 3,9), und in der ganzen Schrift finden wir nicht einen solchen Gedanken, daß die Gemeinde „auserwählt“ ist.

Die Auserwählung ist eine Sache, die der Familie Gottes angehört, und jedes Kind Gottes sollte mit dem, was die Schrift darüber sagt, vertraut sein. Manche aber haben sich über die Auserwählung beunruhigt, statt sich ihrer zu erfreuen. Sie gehört zu den Perlen der Kinder Gottes, die nicht vor die Säue geworfen werden sollen, da diese ihren Wert und Inhalt nicht verstehen können. Der Welt haben wir nicht die Auserwählung, sondern das Evangelium zu bringen. Für die Gläubigen aber ist die Auserwählung unaussprechlich kostbar. In ihr sehen wir den Anfang und Ursprung all unserer Segnungen.

Zum leichteren Verständnis möchte ich ein oft gebrauchtes Bild benutzen: Da ist ein Haus des Überflusses. Alle Bewohner desselben leben in Frieden und Freude. Ich komme zur Tür des Hauses und finde daran die Worte geschrieben: „Wer da will, der komme herein!“ Dies ist das Evangelium; es ladet alle ein, die draußen sind, und gibt jedem, der da will, das Recht des Eintrittes. Ich mache Gebrauch von der Einladung und trete ein. Drinnen, an der inneren Seite der Tür lese ich nun zu meinem Erstaunen die Worte: „Auserwählt vor Grundlegung der Welt“ und erfahre, daß, wer hier hineingegangen ist, nie hinausgehen noch hinausgestoßen wird. Da sehe ich meine völlige und ewige Errettung, und daß der Ausgangspunkt meiner Errettung nicht erst die Stunde meines Kommens, sondern die Auserwählung war,

daß meine Errettung auch nicht auf dem Kreuz auf Golgatha ihren Ursprung, sondern ihren Urgrund längst zuvor in der Ewigkeit - in der Auserwählung vor Grundlegung der Welt hatte. Die Schöpfung, das Erlösungswerk Christi, meine Errettung usw., alles waren die Folgen der Auserwählung Gottes des Vaters.

Die Wahrheit der Auserwählung enthält nichts, was den Gläubigen beunruhigen oder ungewiß machen könnte, sondern im Gegenteil, sie dient zu seiner Befestigung; sie macht ihn los von sich selbst und läßt ihn ruhen in den ewigen Ratschlüssen und Erbarmungen der Liebe Gottes.

Manche wollen in der Torheit ihres Herzens zuerst wissen, ob sie auserwählt sind, und dann wollen sie dem Evangelium glauben, gerettet zu sein. Die Reihenfolge ist aber umgekehrt. Zuerst haben wir dem Evangelium zu glauben. Die Annahme des Heils in Christo bringt mir die Errettung. Und in der Annahme des Heils und der Errettung finde ich zugleich die Gewißheit meiner Auserwählung. Daran, daß die Thessalonicher das Evangelium angenommen hatten, daran wußte Paulus, daß sie auserwählt waren, und daran wissen wir, daß wir auserwählt sind. (1. Thess. 1,4-6). Was ich wissen muß, um errettet zu werden, ist, daß ich ein verlorener Sünder bin, aber nicht, daß ich ein Auserwählter bin; denn nicht als ein Auserwählter habe ich zu Christus zu kommen, sondern als ein Sünder, der aus Gnaden die Vergebung seiner Sünden haben möchte. Danach, wenn ich in das Haus der Gnade eingetreten bin, komme ich zur Erkenntnis meiner Auserwählung, aber nicht zuvor.

Der Vater trifft Seine Auswahl gemäß Seiner für uns unerfaßbaren Vorkenntnis. In der Ewigkeit, ehe du da

warst, sah Sein Auge dich schon - erkannte Er dich, dein ganzes Dasein und Leben nach innen und außen; und gemäß dieser Seiner Vorkenntnis erwählte Er dich. „Die Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvor bestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein ... die Er aber zuvor bestimmt hat, diese hat Er auch berufen; und welche Er berufen hat, diese hat Er auch gerechtfertigt; welche Er aber gerechtfertigt hat, diese hat Er auch verherrlicht“ (Röm. 8,29.30).

Das „Zuvorerkennen“, „Auswählen“ und „Zuvorbestimmen“ geschah in der Ewigkeit (vor Grundlegung der Welt). - Das „Berufen“ und „Rechtfertigen“ aber geschieht jetzt, in der Zeit, durch das Wort Gottes und die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.

Der 2. Vers steht im direkten Gegensatz zum Judentum, denn der Name Gottes als „Vater“ ist nur dem Christentum eigen.

El Schaddai, Gott der Allmächtige, ist der Name, in welchem Gott Sich Abraham offenbarte; Abrahams Vollkommenheit zeigte sich darin, als ein Pilgrim inAbhängigkeit vor „Gott dem Allmächtigen“ zu wandeln. - Jehova war der Name, in welchem Er von Seinem Volk Israel gekannt wurde; die Vollkommenheit des Volkes zeigte sich in dem Gehorsam Seiner Gebote. - Aber „Vater“ ist der Name, in dem Gott Sich uns geoffenbart hat - und in dem Ihm-gleich-sein zeigt sich unsere Vollkommenheit: „Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Matth. 5,48).

Es ist etwas Wunderbares für meine Seele, zu denken, daß Gott mein Vater ist, zu erkennen und das Bewußtsein

zu haben, daß ich durch das Werk des Sohnes Gottes als Mensch mit Gott dem Vater in Verwandtschaft gebracht bin.

Diese wunderbare Verwandtschaft wurde den Jüngern zum ersten Male verkündigt, als der HErr ihnen durch Maria die Botschaft sandte: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater“ (Joh. 20,17). Hast du, lieber Leser, diese kostbare Verwandtschaft, in der du Gott als „Vater“ anreden darfst, in deinem Herzen erkannt?

In diesem 2. Verse finden wir an erster Stelle die Auserwählung Gottes des Vaters und an zweiter die Heiligung des Geistes. Manche mögen denken, daß die Blutbesprengung Jesu Christi vor der Heiligung des Geistes kommen müsse - aber Gott bringt diese Reihenfolge. Warum? Weil es überaus köstlich ist, zu sehen und zu wissen, daß wir bei unserer Bekehrung direkt unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes standen. Wir müssen unterscheiden zwischen der Wirksamkeit des Heiligen Geistes an einem Menschen und der Innewohnung des Heiligen Geistes in einem Gläubigen. Dieses sind zwei ganz verschiedene Dinge.1 Der Heilige Geist ist es, der den Anfang in uns macht und uns heiligt - unsere Herzen absondert - zur Aufnahme Seines Wortes.

1

Diese und andere Unterschiede sind in dem Büchlein „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“ eingehend behandelt. Zu haben bei A. v. d. Kammer, Kl.

Hierin stehen wir in einem bemerkenswerten Gegensatz zum Judentum. Israel wurde durch äußere Verordnungen für Gott abgesondert, wir aber werden durch das innere Werk des Heiligen Geistes in unserer Seele abgesondert zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi. Dies ist die Reihenfolge, in der wir wohl alle geführt wurden und in der wir das Bewußtsein der Vergebung

durch das Blut Jesu Christi erlangten.

In Saulus von Tarsus haben wir in der Schrift gleichsam das Musterbeispiel einer Bekehrung. Als er den Herrn Jesus „HErr“ nannte, wirkte der Heilige Geist in ihm, denn niemand kann Ihn in Wahrheit „HErr“ nennen ohne den Heiligen Geist (1. Kor. 12,3). Da ließ er seinen eigenen Willen fahren und fragte: „Was willst Du, das ich tun soll, HErr?“ (Apgesch. 22.10.) Hier fing der Gehorsam an. Wohl verstand er noch nicht die Reinigung durch das Blut Jesu, aber der Wille seines Herzens war gebrochen, und er war nun bereit, den Willen Gottes zu tun. Drei Tage stand er noch in tiefer Seelennot, alsdann wurde er durch den Dienst des Ananias weiter geführt zur Gewißheit der Vergebung seiner Sünden. Dies ist im allgemeinen Gottes Weg.

Jede Seele, die unter dem gnadenvollen Wirken des Heiligen Geistes steht, begehrt dem Worte des HErrn gehorsam zu sein und kommt zu der Erfahrung der Vergebung der Sünden „durch den Glauben an Sein Blut“, und „Gnade und Friede“ wird ihr „vermehrt“. (V. 2.)

(W.) v. d. K.

Falsche Weichenstellung.

(Luk. 4,15-22.)

Eine Umstellung der Weiche - und ohne daß der Reisende es merkt, wird seiner Fahrt eine andere Richtung gegeben. So wichtig die Weiche für die rechte Fahrtrichtung ist, so verhängnisvoll ist sie bei einer falschen Stellung. Wieviel Unheil ist schon dadurch geschehen!

Eine falsche Weichenstellung kann aus Versehen, aus Unwissenheit, aber auch bewußt in verbrecherischer Absicht geschehen. In allen Fällen ist aber das Resultat das gleiche: Unheil.

Auch auf geistlichem Gebiet finden wir, in diesem Bilde gesprochen, solche falschen Weichenstellungen. Ob solche bewußt oder unbewußt geschehen, immer steht der Verderber, der Satan dahinter. Er ist ein sehr geschickter Weichensteller und vollführt sein Werk, ohne daß der „Reisende“ bemerkt, daß er auf ein falsches Geleise geführt wird, in verkehrter Richtung dahinfährt und um die Erreichung des rechten Zieles, des Lobes seines HErrn, gebracht wird.

Der HErr war in Nazareth. Sein Mund hatte gute Botschaft verkündigt, und die Worte der Gnade waren nicht ohne Wirkung auf die Herzen der Hörer geblieben. Er hatte den Gefangenen Freiheit verkündigt, aber der Feind wollte seine Gefangenen nicht ziehen lassen. Er wußte besser als diese, daß, wenn die Worte des HErrn in ihren Herzen wirken und Aufnahme finden, sie seiner Gefangenschaft entrinnen und zur Freiheit gelangen würden. Wollte er dieses verhindern, so mußte er die Herzen der Hörer und ihre Gedanken nach einer anderen Richtung ablenken und so den Worten des HErrn die Kraft nehmen.

Um dieses zu tun, legte er gleichsam die Hand an den Hebel, stellte die Weiche um und leitete den Zug ihrer Gedanken auf ein anderes Geleise - auf das Geleise: „Ist dieser nicht der Sohn des Zimmermanns? Heißt Seine Mutter nicht Maria? Ist dieser nicht ein Bruder des Jakobus und Joses und Judas und Simeons? Sind nicht Seine

Schwestern hier bei uns? Woher diesem diese Weisheit?“ Das war die Weiche, durch die er ihre Gedanken auf ein falsches Geleise brachte und von der Botschaft der Gnade ablenkte. Nicht mehr das Wort des HErrn und ihre Befreiung, sondern die Niedrigkeit Seiner Person beschäftigte ihre Herzen. Die Sache, um die es sich handelte, war ganz ihrer Beachtung entrückt.

Genau so wie in Nazareth, als der HErr Selbst die frohe Botschaft verkündigte, macht der Feind es heute noch. Haben wir es nichts oft gesehen, wenn Worte der Gnade geredet, den Gefangenen Befreiung verkündigt und die Wirksamkeit des Geistes verspürt wurde, daß der Feind dann die Praxis von Nazareth wiederholte und die Gedanken der Hörer von der Botschaft ab- und auf die rang- und titellosen Knechte des HErrn hinlenkte? Oder wie er sie mit Sakramenten, Traditionen oder mit anerkanntem Männern der Wissenschaft beschäftigte? Nur, um ihren Gedanken eine andere Richtung zu geben und so das Wort kraftlos zu machen und den Segen zu vereiteln.

Solche Weichenstellerkünste übt er aber nicht allein bei der Verkündigung des Evangeliums aus, wenn es sich um die Bekehrung der Ungläubigen, sondern auch, wenn es sich um den Wandel und die treue Stellungnahme der Gläubigen nach dem Worte der Wahrheit handelt. Und leider, bewußt und unbewußt, tun oft selbst Gläubige ihm Weichenstellerdienste.

Ich will nur einige wenige Beispiele aus dem Leben nehmen. Da sind die Einsetzungen, die der HErr uns für die Zeit Seiner Abwesenheit hinterlassen hat: Taufe und Abendmahl. Was aber hat der Mensch daraus gemacht. Wieviel verkehrte Dinge, wieviel falsche Lehren, wieviel

Philosophie hat er damit verbunden! Und doch ist Sein Wort darüber so klar und einfach, daß, wenn jemand Seinen Willen tun will, der HErr sagt: „Der wird wissen, ob die Lehre aus Gott ist“. (Joh. 7,17.)

Geschickt aber lenkt der Feind die Herzen von der Einfachheit des Wortes ab und zu den Lehren der Menschen hin; oder er richtet ihren Blick auf Männer, die Gott zu großen Dingen in Seinem Werke gebrauchte, die aber in dem einen oder anderen Stück hinter dem Worte zurückblieben. Wenn er sonst auch den Blick nicht auf Knechte Gottes richtete, um ihren Wandel anzuschauen, aber in ihrem Zukurzkommen sind sie ihm ein willkommenes Vorbild und dienen sie ihm als Weiche, um den Blick von dem Worte des HErrn wegzuleiten.

Bei solchen armen irregeleiteten Seelen findet man die Rede: „Wenn solche großen Männer diese Dinge nicht erkannten oder nicht den geraden Weg nach der Wahrheit wandelten: Wer sind dann wir?“ Diese Weiche ist so in den Mantel der Demut versteckt, daß solche Seelen gar nicht merken, wie der Feind durch diesen Ablenkungskniff Brüder vor den HErrn und Menschenwort vor Gottes Wort stellt. Möchten doch alle die, welche die Augen der Wahrheitsuchenden auf Menschen richten, sich bewußt werden, daß sie damit dem Feinde traurige Weichenstellerdienste tun!

Wir alle müssen von Menschen gelöst werden, auch wenn sie Kinder Gottes sind. Wie recht hatte David, wenn er (wie Luther übersetzt) sagt: „Große Leute fehlen auch“ (Ps. 62,9) (oder nach der Miniaturbibel): „Große Herren trügen auch“. Wir wundern uns nicht über diese Erfahrung Davids. Auch wir müssen lernen, daß alle Menschen

unvollkommen und in das Wort des Jakobus eingeschlossen sind: „Wir alle straucheln oft“. (3,2.) Selbst ein Petrus kam in die Gefahr, auf Menschen zu blicken, und aus Furcht wandelte er nicht den geraden Weg nach der Wahrheit. Das ist uns als Warnung niedergeschrieben, damit wir nicht auf Menschen blicken möchten. (Gal. 2,12.)

Wir urteilen nicht über die Knechte des HErrn, das steht allein dem HErrn zu. Aber wenn der Feind damit, daß auch große Männer Gottes hinter dem Worte des HErrn zurückgeblieben sind, unserem Gewissen eine Deckung und Beruhigung geben will, dann Antworten wir: „Der HErr ist mehr!“ „Sein Wort ist mehr!“ „Der HErr ist unser Vorbild, und kein Bruder darf vor den HErrn gestellt werden!“

Wenn wir nun auf das Gebot der Absonderung blicken (2. Kor. 6,14-18) - auf den Befehl des Herausgehens der Gläubigen aus all den Systemen, Organisationen usw., in denen Gläubige und Ungläubige zusammen verbunden sind, da fragen wir uns: Warum wandeln so wenige diesen Weg nach der Wahrheit? Spricht die Schrift nicht deutlich genug? Fordert sie nicht das Abstehen von der Ungerechtigkeit? (2. Tim. 2,19.) Sollen nicht alle, die den Namen des HErrn nennen, von den Dingen abstehen, die nicht recht in den Augen Gottes sind und mit denen der Name des HErrn nicht verbunden werden kann? Warum sind so manche Kinder Gottes, die da suchen, der Heiligkeit nachzujagen, in diesem Punkte so lax? Ist es nicht, weil der Feind so viele Weichen hat und man irgend einer solchen zum Opfer gefallen ist? Ich will nicht viel hierüber sagen, da ich in der kleinen Schrift „Ein

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Zu erhalten bei Alb. v. d. Kammer, Klotzsche.

unbeliebtes Schriftwort“ 1 darüber bereits geschrieben habe.

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Zu erhalten bei Alb. v. d. Kammer, Klotzsche.

Auf einen Punkt nur möchte ich hinweisen, in welchem Gläubige oft unbewußt dem Feinde in die Hände arbeiten, und zwar Gläubige, die die Forderung der Absonderung zu Recht anerkennen und vielleicht selbst auch den Weg der Absonderung wandeln, die es aber doch nicht lieben, wenn mit ganzem Ernst und voller Entschiedenheit auf diese Forderung des Wortes hingewiesen wird, und meinen, daß man bei solchen Hinweisen doch auch das Gute in den Systemen usw. anerkennen müsse. Mit diesem „Guten“ meinen sie die Gnadenwirkungen Gottes, die auch in den Systemen gesehen werden. Ohne sich dessen bewußt zu sein, bringen sie die Wirkungen des Wortes und der Gnade Gottes mit den Systemen in Verbindung, als ob dieselben in diesen ruhten.

Was aber haben Gottes Gnadenwirkungen und Segnungen mit den Systemen zu tun, die das Wort verurteilt? Was hatten Gottes Segnungen über Abraham in Ägypten mit Ägypten zu tun? Gott segnete ihn mit Reichtum in dem Lande, in welchem er nicht sein sollte und in dem er sich mit einer Lüge aufhielt. (1. Mose 12.) Ja, Gott konnte ihn in Seiner Gnade in diesem Lande segnen, in dem er nicht wohnen sollte und in dem er sein Leben in Gefahr brachte. Würde jemand im Blick hierauf von den Segnungen und dem Guten in Ägypten reden? Würden wir nicht vielmehr von der Gnade Gottes an Abraham sprechen? Wer würde das, was Gott in Seiner Güte an Abraham oder an Israel in Ägypten und Babylon tat, Ägypten oder Babylon zuschreiben, als hingen diese Segnungen mit Ägypten oder Babylon zusammen? Nicht in Babylon, nicht in

Ägypten soll Gottes Volk gesegnet werden, sondern in dem Lande seiner Berufung.

Wenn Gott Sein Volk in Babylon segnete wie Abraham in Ägypten, so ist es nur Seine Gnade, und wir bewundern Seine Gnade, aber wir denken nicht an Ägypten oder an Babylon, als ob deshalb etwas Gutes in diesen Gebieten läge, weil Gott Gefäße Seiner Gnade dort segnete.

Drohen nun keine Gefahren denen, die durch Gnade zum Worte des HErrn zurückkehrten? Große Gefahren und mehr, als wir denken! Eine solche ist die Selbstzufriedenheit. Wenn der Feind uns auf dieses tote Geleise hat bringen können, dann sind wir „zur Ruhe gekommen“.

Viele Weichen stehen ihm zur Verfügung, um Kinder Gottes auf dieses tote Geleise zu bringen. So z. B. berauscht er die Herzen mit dem Dünkel: „Wir haben die Wahrheit“. Die Folge ist, man hört auf, täglich die Schritten zu erforschen, „ob es sich also verhält“. (Apg. 17,11.) Wohl wird das Wort gelesen und auch erforscht, aber nicht mehr prüfend (ob sich die Sache also verhält), sondern in dem Lichte der Voreingenommenheit: „So ist es.“ „Wir haben das Richtige.“ Wieviel wird mit solchen Worten dem Feinde Helferdienst getan und einer nach dem anderen auf das Geleise der Selbstzufriedenheit, Sattheit und Sicherheit geführt. So kann es kommen, daß nicht nur einzelne auf diesem toten Geleise stehen, sondern ganze Gemeinden und Kreise.

Wenn es dahin mit Kindern Gottes gekommen ist, dann hat der Feind leichtes Spiel, sie aus ihrer Selbstzufriedenheit und Selbstüberhebung nicht zum

Erwachen kommen zu lassen. Brüder mögen über solche trauern - und wenn Liebe ermahnt, wie einst Paulus die Korinther: „Ihr seid aufgeblasen“, (1. Kor. 5,2; vergl. 1. Kor. 4,6.18.19; 8,1; 13,4), so hat der Feind schon die Weiche zur Hand und leitet die Gedanken auf das Geleise der „Lieblosigkeit“, um solche Zurechtweisung kraftlos zu machen. Das ist eine alte Sache. Wenn dem Paulus nicht der gleiche Vorwurf der Lieblosigkeit gemacht worden wäre, hätte er sich nicht dagegen zu verwahren brauchen, daß er die Korinther nicht liebe. (2. Kor. 11,11.)

Und als er den Dünkel und die Aufgeblasenheit dieser Korinther (die an keiner Gnadengabe Mangel hatten, 1. Kor. 1,7) treffen wollte, schrieb er ihnen mit einem Anflug von Ironie: „Ihr seid klug, ihr seid stark, ihr seid herrlich“ (1. Kor. 4,10) und im 2. Briefe zeigt er ihnen, daß dieses „weise“- und „klug“-Sein solcher Art war, daß sie sich die Toren gern gefallen, sich knechten und ins Gesicht schlagen ließen. (2. Kor. 11,19.20.) Es befremdet uns nicht, daß solche, die sich getroffen fühlten, Paulus als nach dem Fleische wandelnd erachteten. (2. Kor. 10,2.)

Ist es nicht heute noch so? Gibt es keine Aufgeblasenheit mehr unter dem Volke Gottes? Müssen unsere Herzen nicht taub und aufgeblasen werden, wenn wir uns dafür halten, auf der Höhe der Erkenntnis zu stehen, und es vergessen, daß unser Erkennen nur stückweise ist?

Wenn es so in unserem Herzen aussieht, dann lieben wir es nicht, auf Verkehrtheiten und Irrtümer hingewiesen zu werden, und besonders dann nicht, wenn dabei (um die tauben Ohren zu erreichen) der scharfe und treffende Ton der Ironie gebraucht wird. Dann erklären wir solches leichthin als „ungeistlich“ und als „böse“ und lassen uns

durch diese Weiche vom Feinde von der Sache unserer Verkehrtheiten ablenken und fahren auf dem toten Geleise der Selbstzufriedenheit und des Selbstbewußtseins weiter.

Gewiß, es schmerzt, wenn das Steinmesser von Gilgal an das Fleisch gelegt wird. Aber statt die Dinge in dem Lichte der Wahrheit zu prüfen, den Schaden zu richten und das Fleisch in den Tod zu geben, beschäftigt man sich mit angeblicher „Lieblosigkeit“ und „Unredlichkeit“. Es geht nach dem alten Muster. So wie es einst hieß: „Ist dies nicht der Sohn des Zimmermanns?“, so heißt es jetzt: „Ist das Liebe?“ „Ist das geistlich?“ Und so werden die Gedanken von der Sache weg - und aufs andere Geleise überführt: „Die Rede ist hart, wer kann sie hören!“ (Joh. 6,60.)

Welche Gefahren umgeben uns, wenn wir anfangen, zu vergessen, daß unser Wissen Stückwerk ist! Wie schnell hören wir dann auf, klein und demütig zu sein; dann bedürfen wir einander nicht mehr, noch des Dienstes der Gaben, die der HErr dem Leibe gegeben hat. Dann haben wir es nicht mehr not, uns gegenseitig zu ermahnen, zurechtzuweisen, aufmerksam zu machen durch Wort und Schrift auf die mancherlei Gefahren, Schäden und Irrungen - auch in der Erkenntnis.

Man läßt es wohl noch angeben, sich auf Schäden und Verkehrtheiten im Wandel hinweisen zu lassen, aber man liebt es nicht, daran erinnert zu werden, daß, solange wir hier unten sind, unser Erkennen Stückwerk ist und wir in der Schule sind.

Die Welt spricht auf politischem Gebiet von Ablenkungs-Manövern, aber arbeiten die Mächte der Finsternis nicht

auch auf geistlichem Gebiet mit solchen Ablenkungs-Manövern? Wie ernst sind diese Dinge für uns alle, die wir Kinder Gottes sind! Wie mahnen sie uns zur Wachsamkeit, Nüchternheit, Besonnenheit über uns selbst, um die Listen des Feindes zu erkennen, ihnen zu entfliehen und den geraden Weg nach der Wahrheit zu wandeln!

v. d. K.

„... Treue, Sanftmut ...“

Gal. 5,22.

Diese beiden Stücke der herrlichen, unteilbaren „Frucht des Geistes“1, wie sie uns durch Paulus in Gal. 5,22 gezeigt wird, gehören natürlich auch mit den übrigen Stücken unauflöslich zusammen, aber, daß sie gerade nebeneinander gestellt werden, hat uns sicher etwas zu sagen - wie auch dieses, daß das Wort: „Treue“ eingerahmt ist durch „Gütigkeit“ und „Sanftmut“!

1

Vergleiche dazu den Aufsatz des Verfassers „Gedanken über Gal. 5,22“ in Jahrbuch 6, S. 37, 69, 92! Die Schrift redet nicht von „Früchten des Geistes“! das müssen wir beachten! „Die Frucht des Geistes“ ist ein unteilbares Ganzes! - (F. K.)

Beschäftigen wir uns hier nunmehr mit der Zusammenstellung „Treue, Sanftmut“! Der HErr gebe uns Gnade zu lebendigem, praktischem Verständnis!

Fragen wir uns zunächst, warum wohl Gottes Wort diese beiden Stücke so eng aneinander rückt! Selbstverständlich scheinen sie nicht zusammenzugehören. Ist nicht vielmehr in ihnen etwas Gegensätzliches? Kann man sich nicht sehr gut einen sehr treuen Menschen vorstellen, der von Sanftmut wenig weiß, oder einen sanftmütigen, bei dem es in puncto „Treue“ hapert? Um ein Beispiel zu gebrauchen: Da ist ein Bruder, der über die göttlichen Grundsatz der Absonderung belehrt ist und der nun in

aller Treue dem Worte der Wahrheit in allen erkannten Teilen unbedingt gehorsam sein will; er hat die biblische Wahrheit der Gläubigentaufe erkannt und zögert auch in diesem Stück nicht, gehorsam zu sein; die Trennung von den schriftwidrigen religiösen Systemen, Landeskirchen oder Freikirchen steht mit all ihren Folgen vor seinem Auge, aber er ist treu dem, was er erkannt hat, und handelt demgemäß. Und tut er etwa nicht recht? Freilich, denn der HErr sucht und erwartet von den Seinen Treue, wie unter vielen Stellen Ps. 101,6 sagt: „Meine Augen werden gerichtet sein auf die Treuen im Lande, damit sie bei Mir wohnen ...“ (vgl. Jer. 5,3a und 2. Chron. 16,9; Luk. 16,10ff.; 1. Kor. 4,2; 2. Tim. 2,2 usw.). Wohl dem, der treu und gehorsam ist! Dieses Stück der Geistesfrucht ist unentbehrlich! Aber - aber die anderen sind es nicht weniger! Da kommt der treue Bruder eines Tages mit einem lieben Gotteskinde zusammen, das durch andere geistliche Erziehung gegangen ist, vielleicht auch geistliche Krankheiten hinter sich hat, indem es geradezu durch „verfälschte Milch“ (vgl. 1. Petri 2,2) lange Zeit hindurch genährt ist, und statt nun „in Sanftmut“ letzteren „zurechtzuweisen“ (2. Tim. 2,25; sogar „die Widersacher in Sanftmut!“) fährt ersterer auf seinen armen Bruder, seine erkenntnisschwache Schwester los und sucht ihn oder sie mit Worten, die nicht durch „die Sanftmut des Christus“ gelehrt sind (2. Kor. 10,1), von seiner verkehrten Stellung - und hat er nicht recht? ja - aber! - zu überzeugen und seine sicher törichten Einwände zu übertäuben, statt sie in Sanftmut zu widerlegen mit dem Worte der Wahrheit. Statt in Sanftmut zu dienen - „streitet“ er, was das Wort verbietet! (2. Tim. 2,24.) Deine Treue in allen Ehren, Bruder, Schwester!, und sie soll und

darf in nichts leiden noch zu kurz kommen, und du darfst nicht auf Kosten der Wahrheit und Treue sanftmütig sein wollen - aber denke daran, wie oft und eindringlich die Schrift die Sanftmut betont, und vergiß nicht, daß du, ebensogut wie du die Treue als Stück der Geistesfrucht mit dem Geist bekommen hast und auswirken darfst und sollst, so auch geistliche Fähigkeit zur Gültigkeit und Sanftmut bekamst! Der HErr erwartet von dir, daß du „aus dem guten Wandel deine Werke in Sanftmut der Weisheit“ zeigest (Jak. 3,13) und daß du deinen irrenden Bruder „im Geiste der Sanftmut“ zurechtbringst (Gal. 6,1). Auch zu jeglicher VerAntwortung gehört die Sanftmut! (1. Petri 3,15.) Beachte auch 1. Kor. 4,21; Eph. 4,2; 1. Tim. 6,11.12; Tit. 3,2.3!

Aber auch das Umgekehrte ist leicht möglich! Da ist einer, dem die geistliche Sanftmut aus Augen, Blick und jedem Verhalten leuchtet. Es ist etwas Wunderbares um solch Sanftmütige, gelinde Christen! (Vgl. z. B. Spr. 16,32; 15,1; 25,15 usw.) Wie erquickend ist es, mit ihnen umzugehen, welche Ruhe und Stille geht oft von ihnen aus, wie schweigen in ihrer Gegenwart selbst harte, hämische, verleumderische und zornmütige Zungen! Aber gibt es für diese Sanftmütigen keine Gefahr? O wohl! Wenn sie schon nicht leicht der Gefahr erliegen, ihre Worte nicht zu hüten, so doch gelegentlich der, daß sie mit nicht am Platze befindlicher Sanftmut untreu wandelnde Gläubige entschuldigen und dadurch selber untreu werden! Ja, es gibt eine „Sanftmut“, die weiß von sich, wie sanftmütig sie ist, und die „macht“ alles mit Sanftmut, sie gerät nie in innere Erregung, wenn das Wort der Wahrheit mißachtet wird, kann nie den Vorwurf geistlicher Schroffheit ertragen, die doch gelegentlich so berechtigt sein kann

(vgl. Matth. 23,13-39 u. a.), bleibt stets gleichmäßig sanftmütig jeder Untreue der Schrift gegenüber, legt größtes Gewicht auf ihre angebliche Heiligung in Bewahrung der Zunge, aber keine oder wenig Bedeutung hat ihr die Treue im Gehorsam gegen das ganze Wort Gottes! Es mag sein, daß sie nicht echt, nicht geistgewirkt, vielmehr Karikatur ist; diese Art „Sanftmut“, aber auch echte geistliche Sanftmut kann ungeistlich-einseitig werden und die persönliche Treue vernachlässigen!

Das sind zwei Beispiele aus dem Leben. Laßt uns diese wie jene Klippe zu vermeiden suchen in Abhängigkeit vom HErrn! Wie wunderbar ist das Leben solcher Gläubigen, bei denen am rechten Platz Gütigkeitund Sanftmut, am rechten Platz aber auch Treue in geistlicher Entschiedenheit, Treue im Gehorsam und im täglichen Glaubenskampf sich finden! Von solchen geht ein reicher Segen aus.

Wir haben köstliche Beispiele in der Heiligen Schrift von Menschen, bei denen Treue und Sanftmut nebeneinander gefunden werden, ohne daß ein Stück auf Kosten des anderen zu kurz kommt. Eines der bemerkenswertesten Beispiele liefert uns Mose in 4. Mose 12. In diesem Kapitel steht Vers 3 eine Anerkennung, wie sie keiner sonst bekommen hat: „der Mann Mose aber war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren“ - und in dem gleichen Kapitel steht Vers 7.8 das auch im Neuen Testament teilweise zitierte Wort (Hebr. 3,2.5): „Er ist treu in Meinem ganzen Hause; mit ihm rede Ich von Mund zu Mund ... und das Bild Jehovas schaut er“. Es würde hier zu weit führen, wollten wir das Kapitel besprechen, aber laßt es uns lesen und uns

belehren lassen, wie Sanftmut und Treue jede zu ihrem Recht kommt in dem Leben dieses Mannes, und sogar bei einer Gelegenheit, wo das eine Stück leicht hätte verletzt werden können.

Die Tatsache dieser beiden Worte, wenn auch nicht diese selber, sehen wir auch in dem Leben des Paulus (und bei anderen) oftmals in hellstem Licht erstrahlen, so in der Abschiedsrede zu Milet in Apgesch. 20,17-35 oder in dem oben schon angeführten ganzen Kap. 10 in 2. Kor. oder in dem Zusammenhang des ganzen gewaltig ernsten und doch „im Geiste der Sanftmut“ geschriebenen Galaterbriefes. Wie lieblich auch kommen beide Dinge zu ihrem Recht im Philemonbrief! Und dann in den Johannesbriefen! usw.

Doch nicht nur bei Knechten Gottes sehen wir solche geistlich abgemessenen Eigenschaften, wie sie bei biblisch „Geistlichen“ sich zur rechten Zeit, am rechten Ort finden müssen, sondern vor allem bei Ihm, unserem herrlichen HErrn und Heiland, unserem großen Vorbild Selbst! Ihn laßt uns betrachten, dann werden wir durch den Geist hineinverwandelt in Sein Bild (2. Kor. 3,18).

Nur ein paar Hinweise zu unserem Thema im Blick auf Ihn, der „sanftmütig und von Herzen demütig war“ (Matth. 11,29), und der ebenso zu aller Zeit treu im Kleinsten war, ob es sich nun um das Aufsammeln der Brocken (Joh. 6,12; im Joh.-Evang.!!) handelt oder um die Entrichtung der üblichen Steuerdoppeldrachme (Matth. 17,24-27) oder um Seine Taufe durch Johannes, um „alle Gerechtigkeit zu erfüllen“ (Matth. 3,15) oder um was auch immer - Er war treu und Er ist treu, wie Hebr. 3,1ff. (vgl. 2. Tim. 2,13!) uns sagt! Wie unsagbar wunderbar und vollkommen

kamen bei Ihm Treue und Sanftmut zu ihrem Rechte in ungezählten Beispielen! So, um nur einiges zu nennen, in Luk. 22,32 und 61 mit 47-51: Treue dem sich rühmenden und irrenden Petrus gegenüber, Sanftmut sogar gegen den Feind! oder in Matth. 21: „Sanftmütig“ kommt der König nach „Zion“ (V. 5), und dann in voller Treue gegen „Sein Haus“ (vgl. Hebr. 3,2!), reinigte Er den Tempel, zugleich aber wieder in hingebender Gütigkeit und Sanftmut bereit zu heilen und zu segnen! (V. 12ff.) Welch liebliche Beispiele! Wie treu war Er schon als Knabe in Seines Vaters Hause, und wie sanftmütig war Er wieder den irdischen Eltern untertan! (Luk. 2,41-52.) Und so ließe sich noch vieles finden; genug davon! Aber Er sagt: „Lernet von Mir!“ (Matth. 11,29.) Wieviel Anschauungsstoff gibt Er uns, und wie gern würde uns der Geist, der stets nur Ihn verherrlicht (Joh. 16,14), hineinverwandeln in Sein Bild, wenn wir Ihn mehr betrachteten! „Betrachtet Jesum!“ (Hebr. 3,1.)

„... Treue, Sanftmut ...“ - welch liebliche Stücke der köstlichen „Frucht des Geistes“! O, daß wir mehr verwirklichten davon zur Ehre Dessen, dessen Geist uns gegeben ist! Die Kraft ist da: Der Geist Selber! Paulus sagt: „Wenn wir durch den Geist das Leben haben, so laßt uns auch durch den Geist wandeln“, und „wandelt im Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen“ (Gal. 5,25.16). Durch den Geist, „der in uns wohnt“ (2. Tim. 1,14), werden wir befähigt, in diesen Dingen, ja, der ganzen Frucht des Geistes gemäß, die so recht das Wesen, die Gesinnung Christi Jesu darstellt, zu wandeln. Laßt uns „aus Seiner Fülle Gnade um Gnade“ dazu nehmen! (Joh. 1,16.) Es ist genügend da für uns, wenn wir bereit sind, uns füllen zu lassen! „Laßt uns

Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen!“ (Hebr. 12,28.) Seine Verherrlichung sei unser Ziel!

Der HErr aber segne Sein Wort an unser aller Herzen, daß wir mehr zu „Tätern“ desselben werden möchten! (Jak. 1,22.)

F. K.

„Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ich komme bald.“ (Gedicht.)

Offb. 22,20.

Drei Worte sind's, die mich beglücken,

Ein Himmelstrost in schwerer Zeit!

Drei Worte sind's, die mich entrücken

Im Geist der Erde Dunkelheit!

Aus Himmelshöh'n es lieblich hallt;

Die Worte sind: „Ich komme bald!“

Ein Himmelsgruß in trüber Stunde

Und Balsam für das schwache Herz

Ist dieser Gruß aus Seinem Munde,

Der tragen hilft gar manchen Schmerz!

Schon lauter er herniederschallt,

Der Himmelsgruß: „Ich komme bald!“

Voll Sehnsucht warten schon die Seinen

Des Morgensternes, Ihn zu schauen!

Bald wird Sein lichter Glanz erscheinen,

Wird leuchten durch das nächtlich Graun!

Sie sehen Seine Lichtgestalt!

O selig' Schaun! HErr, komme bald!

Cl. K.

Frage und Antwort

Frage 13:

Welche Beziehungen (nach der Schrift) bestehen zwischen Noah, Daniel und Hiob, die in der merkwürdigen Stelle Hes. 14,12-20 so eigenartig zusammengestellt werden?

Antwort A

Jeder dieser drei Männer hat seine besonderen Charakterzüge.

Noah „war ein gerechter, voltkommener Mann unter seinen Zeitgenossen“, er „wandelte mit Gott“ in einer bösen, gottlosen Welt (1. Mose 6,1-12) und legte dieser gegenüber ein klares Zeugnis ab (Hebr. 11,7; 2. Petr. 2,5).

Bei Daniel finden wir eine vorbildliche Treue gegen Gott in allen Dingen und unter den schwierigsten Verhältnissen (Dan. 1,8-16; 6,5.6.11-14) und ein Herz voll Verlangen,

die Gedanken Gottes zu erkennen und zu verstehen, und zwar in einer Zeit schlimmsten Verfalls und tiefster Erniedrigung des Volkes Gottes (Dan. 8,15; 9,2.22.23; 10,1.12.21), welches er innig liebte und für das er sich demgemäß in treuer Fürbitte verwendete, indem er sich selbst unter dessen Schuld stellte (Dan. 9,4-20).

In Hiob sehen wir das Ausharren im Glauben in den schwersten Leiden und Prüfungen (Hiob 1,20-22; 2,9.10; 19,25-27; 42,1-6; Jak. 5,11) und priesterliche Fürbitte für die, die ihn verurteilten und ihm wehe taten (Hiob 42,9.10).

Diese dreierlei Charakterzüge sind es, die den treuen Gläubigen jeder Zeit kennzeichnen, indem er inmitten einer gottlosen Welt lebt, den Verfall und die tiefe Erniedrigung des Volkes Gottes sieht und durch die Leiden und Prüfungen dieser Zeit geht. So war es zu der Zeit, in welcher der Prophet Hesekiel lebte und jenes niederschrieb; so ist es in der gegenwärtigen Zeit, und so wird es auch in der kommenden Zeit der Gerichte und der großen Drangsal sein.

So sind die drei Genannten vereinigt die Darstellung derer, die „durch ihre Gerechtigkeit ihre eigene Seele erretten“ (Hes. 14,14 usw.), und daraus ergibt sich ihre Erwähnung hier und ihre Beziehung zueinander.

Vielleicht sind diese Gedanken nur eine Anwendung, ohne den wirklichen, tieferen Sinn zu treffen, der in der Aufführung und Gruppierung dieser drei Männer an genannter Stelle liegt. Falls dem so ist, würden wir sehr dankbar sein, wenn eine andere Antwort Den wirklichen Sinn dartun würde.

Th. K.

Antwort B

Die geschichtliche Reihenfolge der drei Männer ist: Noah, Hiob und Daniel, denn so wird uns das Leben dieser Männer im Worte Gottes vorgestellt.

Da nun Gott eine andere Reihenfolge als die Geschichte wählt, sind wir wohl berechtigt zu fragen: Warum tut dies der Heilige Geist, und was will Er uns damit sagen? Vergleichsweise können Stellen wie Matth. 1 herangezogen werden, wo der Geist Gottes auch die geschichtliche Linie verläßt und David vor Abraham nennt. Dies prägt sich besonders im Evangelium Matthäus aus, wo wir David siebzehnmal finden, allein im ersten Kapitel sechsmal; hingegen Abraham nur siebenmal im ganzen Buche. Wir sehen hieraus, daß es sich besonders und vornehmlich um die Königsrechte des HErrn handelt, aber verbunden mit den geistlichen Segnungen für Israel und die Völkerwelt; darum wird Abraham, dem die Verheißungen gegeben wurden, auch mitgenannt. Der Leser wolle auch die Versuchungen des HErrn in Matth. 4 und Luk. 4miteinander vergleichen, so wird er finden, daß wir in Matthäus die geschichtliche, in Lukas aber die geistliche, sittliche Ordnung haben. So bezieht sich bei Lukas die erste Versuchung auf den Leib, die zweite auf die Seele und die dritte auf den Geist des Menschen.

Wenn nun Daniel, welcher ein Zeitgenosse Hesekiels war, zwischen Noah und Hiob genannt wird, geschieht es nicht aus Zufall, sondern mit bestimmter Absicht. Wenn wir auch nicht vorgeben, diese göttliche Absicht und

Belehrung erkannt zu haben, wollen wir jedoch einige Gedanken weitergeben, die uns beim Sinnen über diese Stelle gekommen sind, um andere dadurch anzuregen, weiter darüber nachzudenken.

Es ist nun nicht möglich, eine Lebensbeschreibung oder Lebenserklärung dieser drei Männer zu geben, doch gehen wir nicht fehl, wenn wir in ihnen das Leben der Gläubigen vorgebildet finden. Wenn wir die Bedeutung ihrer Namen berücksichtigen, wird dies uns besonders klar.

So bedeutet Noah „Ruhe“, „Trost“. Dies ist das erste, was ein Mensch benötigt, Frieden mit Gott, und in Christo (Arche) werden wir in eine neue Welt eingeführt.

Daniel bedeutet: „Mein Richter ist Gott“. Man überläßt alles Gott, wie es Daniel tat zu seiner Rechtfertigung vor seinem König und seinen Feinden. Vergl. 1. Petr. 2,23 mit Röm. 8,33.

Hiob nun bedeutet: „Angefeindeter“, „Gehaßter“.

Ein Mensch, der im Frieden durch diese Welt des Unfriedens geht (Noah), wird verleumdet und versucht wie Daniel. Doch wie sich Daniel nicht selbst rechtfertigte, sondern alles Gott anheimstellte, wird man selbst von Freunden und Bekannten gehaßt wie Hiob und besonders wie der Herr Jesus Selbst.

Noah wurde hindurchgerettet durch die Flut; Daniel wurde bewährt während der Gefangenschaft, und Hiob wurde erprobt in den Trübsalen. Vergleiche dazu 2. Kor. 1,10: eine dreifache Errettung, die wohl passend ist auf diese drei Männer, wie auch auf uns persönlich.

Noah Daniel Hiob

1. steht in Verbindung mit 1. steht in Verbindung mit 1. spricht das Gericht über

dem Gericht über die Welt; dem Gericht über sein Volk; sich selbst;

2. zeigt Trennung von 2. Absonderung von seinem 2. wird verkannt von

der Welt; Volke, das untreu war; seinen besten Freunden;

3. predigt das Ende alles 3. prophezeit das Ende 3. zeigt das Ende alles

Fleisches; aller Reiche; Leides;

4. war damals der einzige 4. war seinerzeit der einzige 4. der einzige, von Gott

Gerechte, 1. Mose 6,9; Weise. Dan. 1,20; 2,24-30; verordnete Fürsprecher und

4,9; 5,11; Hes. 28,3; Bittende. Hiob 42,8;

5. ist durch Glauben 5. ist durch Liebe zu seinem 5. ist durch Hoffnung

gekennzeichnet. Darum Volke gekennzeichnet. Darum gekennzeichnet. Denn das Buch

wird er im Glaubenskapitel betet er inbrünstig für sein Hiob ist gleichsam durch das

Hebr. 11 gefunden, Volk und tat Buße für Wort Hoffnung

charakterisiert.

Daniel und Hiob nicht; dasselbe. Dan. 9; Zwölfmal kommt es vor. Jak. 5,11

finden wir die hoffende Geduld

Hiobs erwähnt;

6. ist der Vater der Nationen. 6. der Prophet der Nationen, 6. ist der Vertreter der

1. Mose 10,32. die er uns in den vier Nationen, deren Hoffnung

Weltreichen zeigt. Gott ist.

Die Dreiklänge dieser Charakterbilder des Alten Testaments könnten vermehrt werden, doch wollen wir uns vorläufig mit dem Angeführten begnügen; mögen die lieben Leser selbst darüber nachdenken!

Doch noch etwas allgemeines über diese drei Zeugen Gottes und deren Ordnung in der Bibel!

Noah wird außer in dem geschichtlichen Bericht über seine Person im ersten Buch Mose noch fünfmal im Alten Testament und achtmal im Neuen Testament genannt.

Daniel wird außer in dem geschichtlichen Buche seiner Person dreimal im Alten Testament genannt, und zwar nur im Propheten Hesekiel, der wie er ein Gefangener der Nationen war, und nur einmal im Neuen Testament: Matth. 24,15.

Hiob wird außer in dem geschichtlichen Buche gleichen Namens nur zweimal im Alten Testament, und zwar nur in

Hesekiel, genannt und einmal im Neuen Testament, und zwar Jak. 5,11. Wenn wir alle die Stellen durchsprechen wollten, wo die Namen vorkommen und warum sie dort und nicht wo anders genannt werden, welche Perspektiven würden sich unserem Auge eröffnen!

Nun noch einiges über die Zahlen!

Noah fünfmal im A. T. spricht von Gnade und Gehorsam. Vgl. 5. Mose, wo wir diesen Gedanken immer wieder finden. Darum kommt Gnade zum erstenmal in Verbindung mit Noah vor. (1. Mose 6,8.)

Achtmal im N. T. spricht von der neuen Schöpfung, in die Noah durch die Arche eingeführt wurde, und wie sie uns besonders im N. T. in Christo gezeigt wird.

Daniel, der dreimal genannt wird im A. T., in dem Buche, wo uns in so herrlicher Weise der neue Tempel, das neue Heiligtum beschrieben ist, ist der Mensch der Auferstehung, wie uns dies im Dan. 6 bildlich gezeigt wird, und der Mensch des Heiligtums und des Gebets, Dan. 9. Dies ist z. T. die Bedeutung der Zahl 3. (Vgl. 3. Mose.) Und einmal im N. T. spricht davon, daß Gott den ersten Platz in seinem Herzen, in seinem Leben hatte.

Hiob, der nur zweimal im A. T. und auch nur in Hesekiel genannt wird, spricht von Knechtschaft, Feindschaft, Freundschaft und Erlösung. (Vgl. 2. Mose!) Alles das findest du im Leben Hiobs wie auch besonders im 2. Mose wieder. So wurde Hiob gleichsam der Freund Gottes. (Vgl. Hiob 42!) Daß nun Hiob auch nur einmal im N. T. genannt wird, könnte die Bedeutung haben, daß Gott für ihn der Erste wurde, was Er bisher nicht war. (Vgl. 1. Mose.) Auch

das Zahlengeheimnis dieser drei Männer ist bei weitem nicht erschöpft. Es sollen ja nur Anregungen sein!

Zum Schluß sei noch erwähnt, daß in Jer. 15,1 Moses und Samuel genannt werden in ähnlicher Beziehung wie diese drei Männer in Hesekiel. Beide Männer werden nicht im Hesekiel genannt, wie jene drei Männer nicht im Jeremia genannt werden. Wie wichtig ist es, darauf zu achten! Dies ist nicht zufällig. Einige Gedanken auch noch darüber, die zum Ansporn dienen mögen, weiter über diese Geheimnisse nachzusinnen.

Noah, Daniel und Hiob stehen in Beziehung zu den Nationen, darum werden sie vor dem Propheten genannt, der unter den Nationen in Gefangenschaft lebte.

Moses und Samuel waren Männer, die im Volke Israel ganz besonders wirkten. Der eine hatte das Land zum Ziel, der andere diente Israel im Lande, darum werden sie in dem Buche des Propheten gefunden, der während der Gefangenschaft im Lande blieb und da weissagte. Wie vollkommen ist doch das Wort unseres Gottes! Wir hoffen, daß wir einen Eindruck von der geistlichen, sittlichen, schönen Reihenfolge der Nennung dieser Männer bekommen!

Über die Stelle im Hesekiel selbst haben wir nichts geschrieben.

Doch möge der HErr andere Brüder ermuntern, uns etwas darüber und deren geistliche und praktische Bedeutung für uns zu sagen. Der HErr mache uns Sein Wort groß und herrlich!

K. O. St.

Einige Bemerkungen des Schriftleiters

Diese kostbaren Antworten regen hoffentlich zu weiterem Forschen über diese Stelle Hes. 14,12-20 an, besonders die zweite ausführlichere!

Zweimal, bemerkenswerterweise, werden „diese drei Männer“ (vgl. V. 14.16.18) mit Namen genannt, in V. 14 und 20! Gleich zwei Zeugen (vgl. 5. Mose 17,6; 19,15; Joh. 8,17) stehen diese beiden Verse mit den drei Namen vor uns, um zu bezeugen, wie ausnehmend ernst diese Gerichtsandrohungen über Jerusalem (V. 21) gemeint sind. Denn wenn „diese drei Männer“ keinen zu retten vermögen würden außer sich selber, so gab es einfach keine Rettung mehr für das abtrünnige, von Jehova abgefallene Volk. (Vgl. Abrahams Bitte für Sodom in 1. Mose 18!) Jene drei Männer nämlich sind in besonderer Weise als Retter gekennzeichnet:

Noah rettete sein Haus (vgl. Hebr. 11,7 „zur Rettung seines Hauses“) und die Tierarten (1. Mose 7,7-9);

Daniel verhinderte vor allen die Hinrichtung der Weisen von Babel (Dan. 2,12.16.18.24);

Hiob war der einzige, durch dessen Fürbitte seine Freunde vor schwerer Strafe für ihre ungeziemende Sprache bewahrt oder gerettet werden konnten (Hiob 42,8).

Wenn solche Männer keinen Einfluß haben würden auf die Rettung anderer, ja, nicht einmal Angehörige würden retten können, dann war die Stadt eben rettungslos dem Verderben preisgegeben - und zwar durch Gottes „4 bösen Gerichte“ (V. 21). Die Zahl „4“ ist auch sehr wichtig,

da sie die Vollständigkeit in der Schöpfung, d. h. in der Welt, wie wir sie sehen, bezeichnet, vgl. z. B. die 4 Himmelsrichtungen (1. Mose 13,14) oder das vierfache Ackerland, auf das der Same des Wortes Gottes gesäet wird (Matth. 13) oder die 4 Winde. (Matth. 24,31 u. a.).

Vielleicht darf auch darauf hingewiesen werden, daß in der Vollkommenheitszahl Gottes, der 3, keine Gewähr für Rettung ist, wenn Gott die Welt richtet in Verbindung mit der Zahl 4. Sein Gericht wird vollständig sein; d. h. wenn es erst soweit ist, daß der Gottlose Seinem (Gottes) Gericht anheimfällt, dann nützt keine Fürbitte mehr, auch nicht „das inbrünstige Gebet des Gerechten“ (Jak. 5,16). Wie völlig ist durch diese Hesekielstelle doch der satanische Betrug der katholischen Kirche verurteilt, die auf die Fürbitte der sogenannten Heiligen vertraut im Blick auf das Gericht nach dem Tode, wie überhaupt das zukünftige Gericht!

Was die Gerichtsmittel anbelangt, vgl. Offenb. 6,8!

Aber wird nicht doch aus Israel ein „Überrest“ errettet? Ja, aber „nach Wahl der Gnade“, nicht nach Verdienst (vgl. Röm. 11,4.5). Doch redet auch das Kap. 14 in Hesekiel gleichsam von einem „Überrest“, aber dieser steht im Gegensatz zu den 3 Männern (nicht im inneren Einklang mit ihnen, wie jene 7000 in 1. Kön. 19,18 und Röm. 11,4 mit Elia, von denen dieser bis dahin nichts wußte). Nein, der Überrest von Hes. 14,22.23 („Entronnene“, die nach Babel „hinausziehen“ würden), der sollte vielmehr durch sein böses Wesen die Treuen, die in der Verbannung über die Zerstörung Jerusalems trauern würden, überzeugen, daß Jehova „nicht ohne Ursache alles getan habe“, was an Unglück über Jerusalem gekommen sei. Also hier handelt

es sich nicht um einen Überrest, der die Gnadenwege Jehovas offenbaren sollte, sondern der zur Rechtfertigung der Handlungen Gottes in den Augen des wahren Überrestes, der in Babel sei, dienen mußte. -

Daß Daniel in Hes. 14 mitgenannt ist, ist ein köstliches Zeugnis für seinen Wandel und das Ansehen, das er bei den „Weggeführten“ (vgl. Hes. 1,1-3) trotz seiner Jugend genoß. Er gehörte ja auch zu den Gefangenen in Babel, genau wie Hesekiel. Daniel war bei der ersten Wegführung nach Babel gekommen als Jüngling, und zwar sieben Jahre früher als Hesekiel (letzterer im Jahre 599, ersterer 606 vor Chr.). Nach Kap. 1,5 wurde er drei Jahre lang am Hofe erzogen; dann, vielleicht schon vor Ablauf derselben, nachdem Nebukadnezars Alleinregierung begonnen hatte, im zweiten Jahre der letzteren, nämlich im Jahre 603, hatte der König jenen Traum, welcher der Anlaß wurde zur Rettung der Magier durch Daniel, dessen Oberster dieser wurde nach Kap. 2,48, da er nicht nur des Traumes Deutung, sondern auch diesen selbst angezeigt hatte. Daher auch Hes. 28,3! Daniel war, wie wir aus seinem Buche wissen, ein ganz außergewöhnlich treuer Mann. Aber diese Hesekielstellen zeigen, wie hoch er auch unter dem treuen jüdischen Überrest, der am Flusse Chebar mit Hesekiel wohnte, geschätzt ward. So, daß der Geist Gottes uns durch diesen eine Bestätigung für die Treue und den Wandel jenes noch jungen Mannes geben läßt. Denn Daniel konnte damals noch keine 25 Jahre alt sein! Ein „Timotheus“ gleichsam des Alten Testaments! Welch eine lebendige Mahnung ist uns „dieser Daniel“ (6,4) schon in seiner Jugend, und wie kostbar, daß Gott, nicht nur in dem Buche seines Namens, sondern durch den - bei den Juden hochgeachteten - zweiten Propheten des Exils, Hesekiel,

uns solche Zeugnisse für die Frömmigkeit, Treue und Entschiedenheit dieses jugendlichen Vorbildes gibt. Mit Noah und Hiob in eine Reihe gestellt! Was wir auch immer daraus zu lernen haben, wie obige Antworten andeuten, - was auch immer, wie Antwort B zeigt, die Reihenfolge uns lehrhaft und praktisch zu sagen hat - dies darf auch nicht unterschätzt werden: wenn ein so junger Mann mitten hinein in die gewissermaßen erlauchte Reihe zweier so ausgezeichneter, geliebter, geachteter Vorbildergestellt wird, dann will uns Gottes Geist damit sagen, wie Gott die Treue wertet und würdigt. Treue sucht Er auch bei uns! „Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?! (Jer. 5,3a; vgl. Ps. 101,6.) Er sucht Treue bei dem Haushalter (1. Kor. 4,2) und sagt uns durch Paulus, daß Treue ein Stück der Geistesfurcht ist (Gal. 5,22; vgl. den Aufsatz über „Treue und Sanftmut“ von d. Verf. in dieser Lieferung!). Sind wir treu? Laßt uns lernen von Daniel, laßt uns vor allem lernen von Ihm, dem Herrn Jesus Selbst, von Dessen Treue der Heilige Geist uns in Hebr. 3,1-6 besonders Zeugnis ablegt! - Wie versteht Gott doch zu ehren! Wir sollten solche Zusammenstellungen stets beachten! (Vgl. z. B. Paulus und Sosthenes in 1. Kor. 1,1!)

Zum Schluß noch ein Hinweis: Vielleicht stehen „diese 3 Männer“ auch insofern noch in Beziehung zueinander, als sie alle drei eins der hervorstechendsten Merkmale des „Überrestes“ an sich tragen, wie er zu allen Zeiten zu finden ist: die heilige Absonderung (Antwort Bweist in anderem Zusammenhang auch darauf hin). Dies war mein erster Gedanke, als ich über diese Frage nachsann.

Von einem treulosen Überrest ist, wie oben schon bemerkt, in Hes. 14 am Schluß die Rede, aber in diesen 3

Männern sehen wir, denke ich, das Vorbild von einem treuen Überrest!

1. Noah lebte abgesondert von der Welt, in der er der Prediger der Gerechtigkeit war; 2. Daniel lebte mit seinen Freunden abgesondert von dem unreinen Heidentum der Nationen wie auch von seinem Volk, das gleichwoht stets „sein Volk“ genannt wird (vgl. u. a. Dan. 12,1); 3. Hiob lebte geistlicherweise abgesondert von den praktischen Sünden seiner Zeit, wie es sich zeigt in seinem Opfern für seine Kinder (1,5!!), als auch von seinem unfrommen Weibe, als sie ihn auffordert, sich von Gott loszusagen; auch in seinen Antworten auf die Reden seiner Freunde tritt eine gewisse innere Absonderung von ihnen zutage. Bei Noah und Daniel erscheint ja diese Überrest-Absonderung besonders auffallend, aber so findet sie sich auch bei Hiob, und gerade daß er durch solche tiefe Läuterung gehen muß, zeigt, was er in Gottes Augen für Gottes Herz war (vgl. Hebr. 12,4-11), denn nicht jene „seine 3 Freunde“ mußten durch solche Läuterungen, wohl aber er! Und so wird der wahre Überrest zu allen Zeiten durch das Feuer der Trübsal geführt (vgl. den Überrest aus Israel in der Zeit der „großen Drangsal“, Dan. 12; Matth. 24; Sach. 13,9!). So dürfen wir vielleicht in „diesen 3 Männern“ Abbilder des wahren „Überrestes“ sehen im Gegensatz zu den „Entronnenen“ von Hes. 14,22.23, die in nichts solche Kennzeichen tragen und deren „Rettung“ nur zeitlich ist und nur zum Zweck einer Rechtfertigung der göttlichen Gerichtswege. An „diesen 3 Männern“ aber sieht man, wie beschaffen die sind, „deren Gedächtnis nicht ausgerottet werden wird“ (vgl. Ps. 34, bes. V. 15-20; 109,15; Jes. 14,22; Ps. 112,6u. a. Deren Namen haben in Seinem „ Gedenkbuch“ einen gesegneten Platz! (Mal.

3,16-18; vgl. u. a. Phil. 4,3.) Solche Namen, deren Er gedenkt in Ewigkeit, sind auch die „dieser 3 Männer“. „Das Gedächtnis der Gerechten bleibt im Segen!“ (Spr.10,7.) -

Ihm sei Preis und Dank für Sein wunderbares Wort!

F. K.

Worte an Fremdlinge.

(Fortsetzung.)

Die Heiligung des Geistes, von der wir sprechen, führt uns zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi - zur Lebens- und Todesgemeinschaft mit Ihm. Ein ganz neues Leben, das des Gehorsams Jesu Christi, beginnt auf Grund der Blutbesprengung. Diese beiden, der Gehorsam und die Blutbesprengung, gehören zusammen.

Wenn die Priester geheiligt wurden, so wurde das Blut an Ohr, Hand und Fuß gebracht. Jede Sünde und Befleckung war vor den Augen Gottes hinweggetan. Ihre Sinne, ihr Hören, Handeln und Wandeln stand unter der Blutbesprengung, und alles mußte derselben entsprechend sein. So hat auch die Blutbesprengung Jesu Christi jede Frage unserer Sünden vor Gott geordnet; auch unser Leben steht unter dem Zeichen der Blutbesprengung, und ebenso ist sie die Grundlage für unsere tägliche Reinigung durch das Wasser des Wortes.

Der „Gehorsam Jesu Christi“, zu dem wir durch Heiligung des Geistes geführt werden, ist nicht gleich dem Gehorsam eines Juden, der das Gesetz hielt. Gesetzes-Gehorsam und der Gehorsam Jesu Christi ist zweierlei.

Ich möchte hierfür ein bekanntes Bild gebrauchen: Ein Kind will spielen und schickt sich eben an, es zu tun. Da kommt die Mutter und sagt: „Gehe jetzt und mache deine Schulaufgaben“, und sofort gehorcht das Kind.

Wir sprechen in solchem Falle von dem Gehorsam des Kindes, aber wir können nie in dieser Weise von dem Gehorsam des Herrn Jesus Christus reden. Er hatte nie wie wir in bezug auf den Willen des Vaters einen eigenen Willen, der in Gehorsam unterordnet werden mußte, noch suchte Er je Seinen Willen zu tun, sondern den Willen Dessen, der Ihn gesandt hatte (Joh. 5,30). Sein Wille, als Er hier als ein Mensch in Niedrigkeit wandelte, war: „Nicht Mein Wille, sondern der Deine geschehe“ (Luk. 22,42), und Er sagt: „Ich bin vom Himmel herabgekommen, nicht auf daß Ich Meinen Willen tue, sondern den Willen Dessen, der Mich gesandt hat.“ (Joh. 6,38.)

Der Gehorsam Jesu, von dem hier geredet wird, ist deshalb etwas anderes, als was wir im allgemeinen unter Gehorsam verstehen.

Sein Gehorsam bestand nicht in einem Aufgeben oder in einem Zurückgehaltenwerden von dem, was Er tun wollte. In all Seinem Tun war nie Sein eigener Wille die bewegende Kraft, sondern der Wille Gottes. Dieser allein war die Quelle all Seiner Handlungen. „Siehe, Ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun.“ (Hebr. 10,7.) Ohne den Willen Gottes tat Er nichts. Dieses tritt uns auch besonders in der Versuchung vor Augen: Als Ihn hungerte, versuchte der Teufel Ihn, Seinen eigenen Willen zu tun, indem er zu Ihm sagte: „Sprich, daß diese Steine Brot werden“. Er tat es nicht. Gott hatte es zu bestimmen. Sicher hätte Er es

können, aber Er hatte dafür nicht den Willen - das Wort Seines Vaters -, und so tat Er es nicht. Er Antwortete: „Nicht von Brot allein soll der Mensch leben, sondern von jedem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht.“ (Matth. 4,4.) Er sagte damit gleichsam: „Ich lebe von dem Worte, das durch den Mund Gottes geht - Ich lebe, um den Willen Gottes zu tun“. Er tat nichts, ohne den Willen Gottes zu haben. Gottes Wille war die alleinige Triebkraft und der Inhalt Seines Lebens und die Freude Seines Herzens.

Wie ganz anders bei dem Menschen im Fleische! Der Inhalt seines Lebens ist der eigene Wille, und dieser ist das Wohlgefallen seines Herzens. Nach dem Willen Gottes fragt er nicht. Auch für den gesetzestreuen Juden blieb noch Raum für den eigenen Willen. Er hatte sich nur in dem Rahmen des Gesetzes zu halten und die vom Gesetz gezogenen Grenzen nicht zu überschreiten. Wir aber, die nach Vorkenntnis Gottes des Vaters Auserwählten, sind durch Heiligung des Geistes abgesondert zum Gehorsam Jesu Christi, und statt des eigenen Willens ist nun der Wille Gottes die alleinige Triebkraft und der Inhalt unseres Lebens und die Freude unserer Herzen.

Wie einfach, licht und klar ist unser Leben und Verhalten, wenn nicht mehr unser Wille, sondern der Wille des Vaters die alles bewegende Kraft unseres Lebens ist. Wir praktizieren dann den Gehorsam Jesu Christi, und unser Leben ist dann ein Wandeln in der Abhängigkeit von Gott, frei von allem unruhvollen Hasten, in der köstlichen Ruhe des Herzens, welches weiß: „Deine Rechte hält mich“. (Ps. 18,35; 63,8.)

Der Weg des Gehorsams Jesu Christi ist ein Weg der Freude, weil er ein Weg der Liebe ist - der Liebe, die den

Willen Gottes tut. Wer diesen Weg betreten hat, möchte ihn nie wieder aufgeben - denn er ist voll Friede und voll Freude. Als der HErr diese Welt verließ, sagte Er Seinen Jüngern, daß Er ihnen Seinen Frieden lasse und daß Seine Freude in ihnen sei - auf dem Wege des Gehorsams Jesu Christi finden wir beides: Seinen Frieden und Seine Freude.

Weil wir uns bereits etwas eingehender mit der Auserwählung beschäftigten, möchte ich hier noch auf den Unterschied zwischen unserer Auserwählung und der Erwählung des Volkes Israel hinweisen. Dem Gläubigen aus dem Judentum war die Erwählung Gottes nichts Unbekanntes; hatte doch Gott in Seiner Unumschränktheit das Volk der Juden ohne jedes Verdienst aus allen Völkern als „Sein“ Volk erwählt, aber von dieser Auswahl, von der Petrus ihnen schrieb, wußten die Juden nichts. Kein Prophet hatte je davon geredet.

Durch die Verwerfung ihres Messias ist das Volk der Juden für eine Zeit als „Sein Volk“ beiseite gesetzt, aber die Gnadengaben und Berufung Gottes sind unbereubar. Seine Gnade wird dies Volk Seiner Auswahl unter dem Messias und dem Neuen Bunde zu seiner Segensstellung zurückführen. Es wird dann nicht mehr „Lo-Ammi“ - „Nicht Mein Volk“ heißen und nicht mehr ein unter allen Nationen zerstreutes Volk sein, sondern wie Jes. 60,21.22 sagt: „Und Sein Volk, sie werden alle Gerechte sein, werden das Land besitzen auf ewig, sie, ein Sproß Meiner Pflanzungen, ein Werk Meiner Hände, zu Meiner Verherrlichung. Der Kleinste wird zu einem Tausend werden, und der Geringste zu einer gewaltigen Nation. Ich, Jehova, werde es zu seiner Zeit eilends ausführen.“

Heute ist dieses erwählte Volk noch ein zerstreutes Volk, aber aus diesem für eine irdische Berufung erwählten Volke hat Gottes Gnade (ebenso wie aus den Heiden) nach Seiner Vorkenntnis etliche auserwählt für die himmlische Berufung und zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein.

Diese beiden Auswahlen müssen wir klar unterscheiden:

Die eine fand statt in den Erzvätern (5. Mos. 4,37; 10,15; Röm. 11,28), die andere vor Grundlegung der Welt. (Eph. 1,4.)

Die eine war die Auserwählung eines Volkes aus allen Völkern (5. Mos. 14,2),

die andere war die Auserwählung einzelner Personen aus Juden und Heiden. (Eph. 1,4; Röm. 8,29-33; 1. Thess. 1,4.5.)

Die eine war mit dem Messias auf Erden,

die andere mit Christus im Himmel verbunden.

Die eine sonderte in der äußeren Weise der Beschneidung ein Volk ab, um als Sein Volk das höchste unter allen Völkern zu sein (5. Mos. 26,18.19),

die andere sonderte durch Heiligung des Geistes usw. Personen ab, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein. (Röm. 8,29.30.)

Die eine war mit Segnungen auf dieser Erde (Jes. 65,9.22),

die andere mit Segnungen in den himmlischen Örtern

verbunden. (Eph. 1,3.4.)

Die eine war die Erwählung eines Volkes und schloß nicht die Errettung der Seele des einzelnen Volksgliedes noch den Geist der Sohnschaft in sich,

die andere war die Erwählung einzelner Personen und schloß beides ein.

Von den Teilhabern jeder dieser Auswahlen spricht die Schrift als von den Auserwählten. Die einen finden wir in Jes. 65,9.15.22; Matth. 24,22.24.31; Röm. 11,28 und vielen Stellen des Alten Testamentes, die anderen in Röm. 8,29.30; Eph. 1,4 und vielen anderen Stellen des Neuen Testamentes.

Diese beiden Auswahlen Gottes müssen von uns klar unterschieden werden, wenn wir das Wort recht teilen wollen.

Was mußten die Herzen der Gläubigen aus dem Judentum empfinden, als sie, die einst dem auserwählten Volke angehörten, sich nun von Gott zu weit höheren Segnungen auserwählt sahen als zu den Segnungen des irdischen Volkes. Ja, das hatte Gott getan! In Seiner großen Barmherzigkeit hatte Er sie wieder gezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi.

Der Himmel freilich mußte Ihn aufnehmen bis zu den Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von welchen Gott durch den Mund Seiner heiligen Propheten von jeher geredet hat (Apgesch. 3,21). In jenen Zeiten der Wiederherstellung wird auch das irdische Volk Seiner Auswahl zu Seiner Berufung (als Sein Volk das höchste unter allen Nationen zu sein) wiederhergestellt werden,

jetzt aber waren sie Fremdlinge hienieden - Fremdlinge in der Zerstreuung.

Fremdlinge sind Leute, die sich an einem fremden Orte nur vorübergehend aufhalten, die nicht Bürger, sondern nur Beisassen daselbst sind und keine Bürgerrechte besitzen. Möchten wir nie vergessen, daß auch wir dieses sind! (Hebr. 11,13.) Nicht immer waren wir Fremdlinge, einst gehörten wir dieser Welt an, waren „Bürger dieses Landes“ und fühlten uns in ihr zu Hause. Aber seitdem wir den HErrn gefunden, sind wir Fremdlinge hienieden geworden, es kann nicht anders sein. An dem Platze, wo Er verworfen und ein Fremdling war, können wir nicht zu Hause sein. Sein Los ist unser Los. Wir sind hienieden Genossen des Christus geworden, und bald werden wir Seine Genossen droben sein. So drückte der HErr es schon in den Worten aus, als Er zu Seinem Vater sagte: „Sie sind nicht von der Welt, gleichwie Ich nicht von der Welt bin.“ (Joh. 17,16.)

Petrus richtete seinen Brief an die Fremdlinge in der Zerstreuung. Dies war zu jener Zeit eine allgemein gebräuchliche Bezeichnung für die außerhalb des Landes Kanaan unter den Heiden wohnenden Juden. (Joh. 7,35.)

Diese „Zerstreuung“, in der sie sich befanden, war ein Zeugnis von der Macht des Feindes, von ihrer Untreue und von dem Gericht Gottes.

Paßt dieses Wort „Fremdlinge in der Zerstreuung“ nicht auch heute in mehr als einer Beziehung auf uns? Sind wir nicht in fremdem Lande, zerstreut unter denen, die Gott nicht kennen - Fremdlinge, die hier keine bleibende Stadt haben und wie Abraham, Isaak und Jakob die zukünftige

suchen?

Gleich den Kindern Israel pilgern wir durch die Wüste nach Kanaan. Das Vaterland, das wir suchen, ist nicht hier unten, sondern droben, wo Christus ist. Und so, wie Israel auf seiner Reise durch die Wüste von Feinden umgeben war, so sind auch wir auf unserer Pilgerreise von Feinden umringt, die mit List und Macht uns dahin bringen wollen, den Weg aufzugeben.

Wenn wir einen beschwerdevollen und langen Weg zu machen haben, so schauen wir oft nach dem Ende des Weges aus. Wie ermuntert es uns, wenn wir sehen, daß wir dem Ziele näher kommen. Das ist es, was der Heilige Geist in diesem Briefe tut. Er richtet den Blick des müden Wanderers auf das herrliche Ziel. Der Weg ist dornenvoll, aber das Ziel ist nahe und das herrliche Erbteil bald erreicht. Er zeigt es uns in Seiner unverwelklichen und unvergleichlichen Schöne. Nur noch ein wenig, dann hören alle Beschwerden auf, dann sind alle Mühen und aller Kampf beendet, und wir sind dort, wo Gott jede Träne von unseren Augen abwischen wird, wo kein Tod mehr sein wird, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz, wo Fülle von Freude ist vor Seinem Angesicht. (Offenb. 21,4.)

Dorthin richtet Petrus den Blick der Gläubigen (V. 4). Wir können verstehen, daß, als sein Auge auf dieses Erbteil blickte, ein Strom des Lobes über seine Lippen floß. Überwältigt von der Gnade ruft er aus: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach Seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten.“ Er kann nicht anders, er muß die große Barmherzigkeit seines Gottes preisen, denn alle

ihre Hoffnungen, die sie einst als Juden hatten, waren mit der Verwerfung ihres Messias zu Grabe getragen. Gott aber in Seiner großen Barmherzigkeit hatte sie (die Gläubigen) durch die Auferstehung Jesu Christi zu einer lebendigen Hoffnung wiedergezeugt. Sie mußten wiedergeboren werden; ohne Wiedergeburt konnten sie keinen Anteil an dem himmlischen Erbe haben. Ein Verdienst daran hatten sie nicht; es war allein das Werk der großen Barmherzigkeit Gottes, die sie durch die Auferstehung zu einer lebendigen Hoffnung wiedergezeugt hatte.

Indem er von der Auferstehung Jesu Christi aus den Toten spricht, berührt er die Grundlage ihrer Wiedergeburt, den Tod des HErrn für unsere Sünden und den herrlichen Sieg über das ganze Machtgebiet des Fürsten der Finsternis, und zugleich öffnet er ihnen damit auch den Blick für jene Welt, wo kein Tod, kein Verderben je hinkommen kann, und zeigt ihnen das unverwesliche Erbteil.

Das Erbteil, welches Gott vor alters Israel gab, ist verwest. Ihre Greuel haben es verunreinigt und verdorben, und das Land hat sie ausgespieen nach dem Wort des HErrn: „... damit das Land euch nicht ausspeie, wenn ihr es verunreinigt, so wie es die Nation ausgespieen hat, die vor euch war.“ (3. Mos. 18,28.)

Ihr Erbteil ist befleckt. Das schöne Land, von dem Gott sagt: „Ich brachte euch in ein Land der Fruchtgefilde“ und klagt: „Ihr kamet hin und verunreinigtet Mein Land, und Mein Erbteil habt ihr zum Greuel gemacht.“ (Jer. 2,7.)

Ihr Erbteil ist verwelkt. Ihre Sünde befleckte es, und sie wurden von demselben ausgespieen, in die

Gefangenschaft geführt, und vor ihren Augen trauerte und welkte das Land hin. (Jes. 24,4.) Das herrliche Erbteil wurde zum Entsetzen und zum ewigen Gezisch aller, die an demselben vorüberzogen, so wie der HErr gesagt hatte: „Jeder wird sich entsetzen und den Kopf schütteln“. (Jerem. 18,16.) Bis auf diesen Tag ruht der Fluch ihrer Sünde auf dem Lande. Der Hauch Jehovas hat es verzehrt. Alle Anstrengungen und alle Mühen der Menschen vermögen nicht den Ertrag des Landes, den es einst hatte, als Jehova es „Sein Land“ nannte, wieder hervorzubringen. Und so wird es bleiben, bis Sich Gott Seines Volkes wieder erbarmt.

Ist es nicht köstlich und zugleich tröstlich, daß der Heilige Geist ihren und unseren Blick von diesem Lande weg - und zu dem Erbteil hinwendet, welches unverweslich und unbefleckt und unverwelklich in dem Himmel aufbewahrt ist?

Dieses Erbteil kann nie verwesen, nie verdorben werden. Warum nicht? Weil es im Himmel ist. Es ist nicht, wie einst Israels Erbteil, unseren Händen anvertraut. Wäre es uns anvertraut, wir würden es ebensowenig (wie Israel sein Erbe) bewahrt haben. Gepriesen sei Gott! Unser Erbe, unsere Segnungen sind in den himmlischen Örtern! Wir können es weder bewahren noch verderben. Gott bewahrt es für uns. Und wenn Gott es für uns bewahrt, so kann keine Gewalt des Todes es verderben, keine Unreinigkeit und Sünde es beflecken, noch Seine ewige Unerschöpflichkeit verwelken.

Und wer will es uns rauben, wenn Gott es für uns aufbewahrt? Kein Feind, keine Macht im Himmel und auf Erden kann dieses Erbteil antasten, es ist sicher in den

Himmeln aufbewahrt für uns. Welch einen herrlichen Ausblick schenkt der Heilige Geist dem müden Wanderer auf seinem Wege durch die Wüste dieser Welt! Er läßt ihn das unverwesliche und unverwelkliche Erbteil anschauen in seiner ewigen Reinheit und in seiner ewigen Freude und Schönheit, die nie ihre Frische verlieren kann. So weiß der HErr die Fremdlinge und Pilgrime auf ihrem Leidenswege durch den Anblick jener Herrlichkeit zu stärken. Darum laßt uns mit neuem Mut den Glaubenspfad ziehen, indem wir wissen, daß all die Leiden dieser Zeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit jener Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll. (Röm. 8,18.)

Und ist dies alles? Nein, noch Größeres, Herrlicheres wird uns geoffenbart. Unser Herz möchte im Blick auf die eigene Schwachheit und Unvollkommenheit seufzen: „Ja, das Erbteil ist sicher, daran ist kein Zweifel, es ist in den Himmeln aufbewahrt, aber wie ist es mit uns? Werde ich das Ziel erreichen? Wird der mächtige und listige Feind mich nicht hindern, es zu erlangen? Muß nicht gerade die Herrlichkeit des Erbes uns mit Furcht und Sorge erfüllen, ob wir es auch erreichen werden?“

Sicher, der Feind ist da und die Gefahren sind groß und der Versuchungen viele, aber Ihm sei Preis und Dank, der das Erbteil in dem Himmel für uns aufbewahrt, bewahrt auch uns zum Empfang des Erbteils! Wie das Erbe, so sind auch die Erben in Gottes Hut. Die Erreichung des Erbteils liegt nicht in der Größe unserer Anstrengungen, sondern hängt von Gottes Macht ab. Ja, es ist so, als ob der Heilige Geist der Sorge und den Überlegungen unserer kleingläubigen und furchtsamen Herzen zuvorkommen wolle. Er wendet sich deshalb an die Erben und bringt

ihnen die frohe Zusage, daß auch sie selbst durch Gottes Macht, durch Glauben bewahrt werden zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden.

Zweimal gebraucht der Heilige Geist das Wort: „bewahrt“. Einmal, indem Er sagt: „Das Erbteil, welches in den Himmeln ist, wird aufbewahrt für uns“ (Vers 4), und das zweite Mal: „daß wir bewahrt werden durch Gottes Macht zur Errettung“. Gott Selbst ist in beiden Fällen der Bewahrende. Müssen solche Worte unseres Gottes uns nicht glücklich machen? Müssen nicht auch unsere Herzen sich in Anbetung beugen und ausrufen: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der nach Seiner großen Barmherzigkeit uns wiedergezeugt hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten“?

Kann uns nach solchen Worten noch bange sein vor dem Feinde? Umgeben uns nicht die starken und mächtigen, ja allmächtigen Hände unseres Gottes? Es will uns manchmal so gehen wie dem Knaben Elisas, der nur das Heer der Feinde sah, die die Stadt mit ihren Rossen und Wagen umringten, der aber nicht die Gottesmacht sah, mit der sie geschützt waren. Sein Auge mußte erst dafür geöffnet werden, sie zu sehen. Diese Gottesmacht war aber für ihn schon da, ehe sein Auge sie sah. Unsere Augen müssen für die unsichtbare Welt geöffnet sein, sonst haben wir keine Kraft. Der Diener des Mannes Gottes war in großer Sorge, solange er die Macht Gottes nicht kannte. Aber Elisa war ohne Sorge. Sein Auge schaute eine andere Welt, und er betete: „HErr, öffne die Augen des Knaben“. Und so öffnet der Heilige Geist uns die Augen für die unsichtbare Welt, daß wir das dort für uns aufbewahrte

Erbteil sehen und zugleich auch die Macht Gottes, die uns durch Glauben bewahrt zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden.

v. d. K.

Der Tag des Fastens.

„Und dann, an jenem Tage, werden sie fasten.“ Mark. 2,20.

Man fragte den HErrn im Tone des Vorwurfes, warum die Jünger des Johannes und die der Pharisäer fasteten, aber Seine nicht. Auf diese Frage Antwortete Er ihnen mit der Gegenfrage: „Können etwa die Söhne des Brautgemaches fasten, während der Bräutigam bei ihnen ist?“ Alsdann spricht Er von Tagen, da der Bräutigam von ihnen genommen sein wird, dann, an jenem Tage werden sie fasten. Der HErr gab den Seinigen in bezug auf das Fasten keine Anordnungen, keinen Befehl, noch setzte Er etwa bestimmte Fasttage fest, sondern Er sprach einfach prophetisch die Tatsache aus: „An jenem Tage werden sie fasten“.

Der Bräutigam ist längst von den Söhnen des Brautgemaches weggenommen, und bis zum heutigen Tage weilt Er fern von ihnen. Die wahren Söhne des Brautgemaches empfinden tief und schmerzlich Seine Abwesenheit. Sie fühlen instinktiv, daß Er ihnen fehlt. Sie können sich nicht leicht darüber hinwegsetzen wie andere, deren Benehmen sagt (wenn es der Mund auch nicht sagt): „Wir haben uns schon an die Abwesenheit des Bräutigams gewöhnt; wenn Er auch nicht hier ist, es geht uns auch ohne Ihn nicht so sehr schlecht, und fast wäre es

schade, wenn Er jetzt zurückkehrte und unsere großartigen Pläne für die Besserung der Welt und die Hebung der Menschheit unterbrechen würde“. Nein, die echten Söhne des Brautgemaches fasten heute noch so, wie Er es Selbst von ihnen vorausgesagt hat. Sie können verstehen und nachfühlen, was das Herz Maria Magdalenas bewegte, als sie, nach der Ursache ihres Weinens gefragt, unter Tränen Antwortete: „Weil sie meinen HErrn weggenommen haben“. (Joh. 20,13.)

Die Welt fastet nicht, aber die Söhne des Brautgemaches sollten durch Fasten gekennzeichnet sein. Der HErr Selber sagte: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch, daß ihr weinen und wehklagen werdet, und die Welt wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, aber eure Traurigkeit wird zur Freude werden“. (Joh. 16,20.) Die Gemeinde Christi sollte diese ganze Zeitspanne in dem Stande des Fastens gefunden werden, denn darin offenbart sich die wahre Herzensgesinnung der Söhne des Brautgemaches. Wie könnte es auch anders sein, da ihr HErr und Haupt nicht hier ist! Wohl haben sie verborgene unaussprechliche Freude, die die Welt nicht kennt noch verstehen kann, aber doch, ihr HErr ist weggenommen, und also fasten sie.

Das bedeutet gewiß nicht, sich ab und zu des Genusses der täglichen Speisen zu enthalten, das wäre bloß eine äußere Form und eine vermeinte fromme Pflicht. Das Fasten der Söhne des Brautgemaches ist vielmehr ein Seelenzustand, eine Gesinnung, eine Stellung des Herzens. Es ist ein Fasten und Schmachten des Herzens nach Dem, den man liebt und der nicht hier ist.

Dieses Fasten ist nur eine Frage der Liebe. Stehen unsere Herzen in der rechten Liebe zum HErrn, dann wird ohne

Anstrengung, ohne Gesetzlichkeit, ja, ich möchte sagen, unbewußt, dieser Seelenzustand des Fastens bei uns vorhanden sein. Meinst du, es wäre dem Bräutigam lieb, wenn Er während Seiner Abwesenheit die Söhne des Brautgemaches ganz froh, gleichmütig und unbekümmert sähe? Haben wir nicht von den Tieren, z. B. Hunden, gehört, daß sie nichts fraßen, wenn ihre Herren, denen sie anhingen, auf Reisen waren? Das war gewiß nichts Künstliches oder Erzwungenes bei diesen. Und bei uns sollte es nicht etwas ganz Natürliches sein? Fastengesinnung sollten wir, so lange der Bräutigam von uns weggenommen, in unserer Seele tragen.

Aber leider, die Gemeinde Christi hat nicht in dem Fasten ausgeharrt. Sie hat die Fremdlingschaft aufgegeben, das Pilgergewand abgelegt und das Fasten eingestellt; sie hat angefangen, die Knechte und Mägde zu schlagen. Paulus schrieb in seinen Tagen sogar: „Schon seid ihr gesättigt, schon seid ihr reich geworden, ihr habt ohne uns geherrscht“. (1. Kor. 4,8.) Ja, man fing schon an, sich zu benehmen, als ob der Bräutigam nicht weggenommen sei. Die Apostel und die Treuen fasteten, denn er fügte hinzu: „bis auf die jetzige Stunde leiden wir sowohl Hunger und Durst und sind nackt und werden mit Fäusten geschlagen und haben keine bestimmte Wohnung ... nicht euch zu beschämen schreibe ich dieses, sondern ich ermahne euch als meine geliebten Kinder“. (1. Kor. 4,11-14.)

Die Gemeinde in Laodicäa hatte diese Herzensgesinnung so völlig verloren, daß sie sich rühmte: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts“. (Offb. 3,17.) Ach, wie traurig ist es, wenn die Söhne des Brautgemaches es sich bequem und behaglich in dieser Welt machen oder

sich der Mode dieses Zeitlaufes anpassen! Die ernste Ermahnung des HErrn lautet: „Hütet euch aber, daß eure Herzen nicht etwa beschwert werden durch Völlerei und Trunkenheit und Lebenssorgen, und jener Tag plötzlich über euch hereinbreche“. (Luk. 21,34.) Möge der HErr uns in einem Zustand des geistlichen Fastens bei Seiner Ankunft finden!

Es gibt jedoch auch Kinder Gottes, die das Schriftwort anführen: „Der uns alles reichlich darreicht zum Genuß“ (1. Tim. 6,17) und die auf Grund dieses Schriftwortes meinen (obwohl sie theoretisch die Wahrheit festhalten, daß der Bräutigam weggenommen ist), sich der weltlichen Freuden oder Genüsse nicht enthalten zu brauchen, aber trotzdem hört man sie mit andachtsvoller Stimme mit Tersteegen singen: „Wir entsagen willig allen Eitelkeiten, aller Erdenlust und Freuden“.

Jawohl, die Söhne des Brautgemaches fasten und entsagen willig den Eitelkeiten und der Erdenlust und Freuden, und zwar aus Liebe zu ihrem abwesenden HErrn. Treten wir mit diesem Prüfstein an zweifelhafte Sachen heran, so kommen wir bald zur Klarheit. Dann fragen wir nicht mehr, ob wir dieses oder jenes dürfen, dann entscheidet die Liebe zu Ihm, die das Herz die rechte Fastenstimmung einnehmen läßt.

Ein Bruder mag die Freiheit in Anspruch nehmen, zu rauchen, denn Gott reiche Tabak dar zum Genuß. Die Welt mag diesen eitlen Genuß haben, ein geistlich Gesinnter aber fühlt, daß das nicht zum Fasten gehört, denn die Sehnsucht nach dem abwesenden HErrn und qualmender Tabak passen nicht zusammen. - Gehört das zum Herzensfasten, wenn Schwestern ihre Haare, die Gott

ihnen anstatt eines Schleiers gegeben hat, abschneiden lassen? Es schaut gar nicht aus, als ob man die Abwesenheit des Bräutigams vermisse, wenn man im Aussehen denen gleich zu sein begehrt, die in die Grube hinabfahren.

Zwei herrliche Beispiele für rechtes Herzens-Fasten finden wir in der Zeit der Regierung Davids. Urija, der Hethiter, Antwortete dem König, als dieser ihn fragte, warum er nicht nach der Reise in sein Haus gegangen sei: „Die Lade und Israel und Juda weilen in Hütten, und mein Herr Joab und die Knechte meines Herrn lagern auf freiem Felde, und ich sollte in mein Haus gehen, um zu essen und zu trinken?“ (2. Sam. 11,11.) So etwas wollte Urija nicht tun. Er legte sich lieber mit den übrigen Knechten auf die harten Steine am Eingang des Hauses des Königs nieder, als daß er sich der Bequemlichkeit seines Hauses hingab. Wir bewundern die edle Gesinnung des Urija; er hatte volle Freiheit, in sein Haus zu gehen und es sich bequem zu machen, aber er konnte es nicht übers Herz bringen, so etwas zu tun, solange es Kriegszeit war. Er ist das treffliche Bild eines guten Kriegsmannes Jesu Christi, der Teil an den Trübsalen nimmt, obwohl er nur ein Hethiter war.

Wissen wir nicht, daß unser abwesender HErr alles genau beobachtet? Und wenn Er ein wenig Fasten bei uns aus Liebe zu Ihm sieht, so ist das für Sein liebendes Herz Freude, und niemals in aller Ewigkeit wird Er das vergessen.

Das zweite Beispiel ist Mephiboseth, der in vollen Zügen die Gnade Davids schmeckte und beständig am Tische des Königs Brot aß. David wurde von seinem Throne

vertrieben, und gern wäre ihm Mephiboseth in die Verbannung gefolgt, aber durch den Betrug des Ziba wurde dieser Wunsch vereitelt; doch wie benahm er sich während der Abwesenheit des Königs? Eine Vorschrift für sein Verhalten gab es nicht, aber sein für den vertriebenen David treu schlagendes Herz zeigte ihm das rechte Verhalten; der Schmerz um ihn spiegelte sich darin. Die Liebe und Sehnsucht nach David ließ ihn die Erfrischungen seiner eigenen Person so vergessen, daß er seine Füße nicht reinigte, seinen Bart nicht machte und seine Kleider nicht wusch, bis sein König in Frieden nach Jerusalem zurückgekehrt war.

Man könnte sagen, daß das alles nicht nötig war. Aber Mephiboseth konnte nicht anders. Sein Seelenzustand in der Zeit der Abwesenheit seines geliebten Königs brachte dieses hervor. So mag auch jemand sagen, daß es nicht nötig sei, daß die Söhne des Brautgemaches an dem Tage, da der Bräutigam fortgenommen, fasten. Aber der HErr sagte einfach: „Sie werden es tun.“ Er wußte, Seine Liebe zu ihnen würde Liebe zu Ihm in ihrem Herzen erzeugen und dann würden sie es sich nicht in dieser Welt, die Ihn verworfen hat, behaglich machen.

Diese ganze Zeitspanne ist ein Tag des Fastens, denn Er ist weggenommen. Er sagt Selber: „Ich werde euch wiedersehen, und euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch“. (Joh. 16,22.) Hätten die Jünger, als Er bei ihnen war, gefastet, so wäre es so gewesen, als sei der Bräutigam nicht bei ihnen, als wäre ein Flicken von neuem Tuch auf einem alten Kleide oder neuer Wein in alten Schläuchen. Jetzt aber fastet die Gemeinde des HErrn, und diese Herzensgesinnung, dieses

geistliche Fasten, wird bis zu Seiner Ankunft bei den Seinigen gefunden werden. -

Bald wird der Tag des Fastens zu Ende sein, und dann wird Er mit den Seinigen neu vom Gewächs des Weinstockes trinken in dem Reiche Seines Vaters. (Matth. 26,29.)

Als Er diese Worte in jener dunklen Nacht beim letzten Passahmahle in so schlichter Weise sagte, wollte Er damit nicht zart andeuten, daß der Bräutigam mit den Söhnen des Brautgemaches eins sei - daß Er mit ihnen faste? Er sagte so feierlich, daß Er nicht mehr von dem Gewächs des Weinstockes trinken werde bis an jenem Tage; dann wird das Fasten gebrochen, und denen, die mit Ihm in Seinen Versuchungen ausgeharrt haben, verordnet Er ein Reich, gleichwie der Vater Ihm verordnet hat, auf daß sie essen und trinken an Seinem Tische in Seinem Reiche. (Luk. 22,30.)

Das Gewächs des Weinstockes ist ein Sinnbild der Freude und ist ein Genuß bei der Hochzeit; dürfen wir nicht sagen (weil Er davon nicht mehr trinken wird bis an jenem Tage), daß Er Selber in einer gewissen Hinsicht mit den Seinigen fastet? Denn nicht nur sie empfinden Seine Abwesenheit, auch Sein liebendes Herz fühlt, daß sie Ihm fehlen. Könnte Er von dem Gewächs des Weinstockes trinken, solange die Söhne des Brautgemaches sich davon enthalten? Konnte David von dem Wasser aus der Cisterne von Bethlehem trinken, als es in seiner Hand war? (2. Sam. 23,13-17) Er wollte es nicht trinken. Will der HErr die völlige Freude genießen, solange Seine Gemeinde noch im Zeichen des Fastens steht? Nein, Er trinkt nicht von dem Gewächs des Weinstockes, bis Er es neu mit ihnen trinkt.

Bald trinken wir mit Ihm, und mit dieser herrlichen Hoffnung im Herzen fasten wir weiter, anders schickt es sich nicht, denn Er ist abwesend: „Denn gleichwie Er ist, sind auch wir in dieser Welt“. (1. Joh. 4,17.)

F. Btch.

Mitarbeiter Gottes.

Wenn wir an dem Bau Gottes mitarbeiten wollen, so müssen wir mit göttlichem Material und in göttlicher Weise arbeiten. Das sind zwei Erfordernisse, die, wenn sie bei uns mangeln, verhängnisvoll für den Bau werden. Das einzige gute Material ist das reine, unverfälschte Wort Gottes, und die göttliche Weise, zu bauen, ist in der Liebe und Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und in der Gemeinschaft mit Ihm empfangen wir das geistliche Verständnis Seiner Gedanken und Wünsche.

Wenn eins der genannten beiden Dinge fehlt, so ist ein Mangel in dem wirklichen Dienst für die Heiligen. Wir mögen den Wunsch und den Vorsatz in unserem Herzen tragen, Mitarbeiter Gottes zu werden, und doch noch nicht für diesen Dienst von Gott zubereitet sein.

Mose war durchaus aufrichtig in seinem Vorsatz, Jehova zu dienen, und er hatte Opfer dafür gebracht, aber im Anfang schlug ihm alles fehl, erst als er er nach Verlauf von 40 Jahren nach Ägypten zurückkehrte, wurde er mit dem Worte des HErrn betraut und besaß die Geduld und Gnade eines wahren Dieners. Dann erst war sein Dienst wirksam, wenn sich ihm auch oft große Schwierigkeiten entgegenstellten, daß er fast davon überwältigt wurde. Es

ist nicht selten, daß eifrige Diener im Anfang oft Fehler machen, daß sie wie Petrus, der auch sehr eifrig war, irgend ein rechtes Ohr abhauen.

David hatte auch den aufrichtigen Wunsch, Jehovas Tempel zu bauen. Obwohl es recht war, daß er diesen Gedanken in seinem Herzen trug, Gott in dieser Weise zu dienen, so wurde ihm doch vom HErrn das Bauen nicht gestattet, weil der Charakter seiner früheren Dienste ihn davon ausschloß.

Salomo anderseits, obschon er hoch mit Weisheit begabt war, die ihn völlig zum Dienst befähigte, mangelte es an der rechten göttlichen Weise, weil er seine eigene Befriedigung suchte.

Es ist köstlich, zu sehen, welche Mühe der HErr Sich oft gibt, um Seine Diener zur Mitarbeit an dem großen Bau Gottes geschickt zu machen. Auch die genannte Erkenntnis des Wortes Gottes wird keinen wirklichen Erfolg haben, wenn sie nicht in der Liebe angewandt wird (1. Kor. 13.) Jemand mag das rechte Wort haben und doch nicht fähig sein, es in seiner Kraft darreichen zu können, weil es ihm an jener Selbstlosigkeit mangelt, durch welche allein das Wort Gottes wirksam dargestellt werden kann. Wenn die Wahrheit in unserem Leben nicht lebendig dargestellt wird, so schwächen wir die Kraft der Wahrheit.

Wirksame Belehrungen finden statt, wenn jemand mit Gideon sagen kann: „Wie ich tue, so tut auch ihr“, oder wie der Apostel: „Wir gaben uns selbst euch zum Vorbilde, um uns nachzuahmen“ (2. Thess. 3,9), und wiederum: „Seid zusammen meine Nachfolger, Brüder“ (Phil. 3,17), und weiter: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich

Christi“ (1. Kor. 11,1).

Möchten wir doch auf uns achten, daß nichts in uns sei, wodurch das Wort in seiner Wirkung gehindert werden könne! Dem Diener des HErrn ist die Verheißung gegeben: „Wenn du das Köstlichste vom Gemeinen ausscheidest, so sollst du wie Mein Mund sein“ (Jer. 15,19).

Wir müssen in erster Linie selbst in unserem Herzen und in unserem Leben praktisch dem Worte Gottes unterworfen sein, denn bei uns, die wir das Wort lehren, muß die Wirkung desselben zuerst gesehen werden. Wenn das nicht der Fall ist, so werden wir anderen nicht von Nutzen sein können. Jakobus (3,1.) sagt deshalb: „Seid nicht viele Lehrer, meine Brüder, da ihr wisset, daß wir ein schwereres Urteil empfangen werden“, und er begründest dieses damit, daß er hinzufügt (V. 2): „Denn wir alle straucheln oft“.

Ein Mitarbeiter Gottes zu sein ist eine für das Fleisch mühevolle Sache. Der Apostel sagt über seinen Dienst in Ephesus: „Gedenkt, daß ich drei Jahre lang Tag und Nacht nicht aufgehört habe, einen jeglichen von euch mit Tränen zu ermahnen“ (Apgesch. 20,31). An diesem Fleiß und dieser Ausdauer sollen wir uns ein Beispiel nehmen.

Unser erstes Ziel sollte sein, daß das Wachstum der Heiligen in der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus gefördert werde, und nicht nur, Seelen zum Anschluß an die Gemeinde zu bringen. Ist das unser erstes Ziel? Dann wird durch den Dienst des Wortes die Schläfrigkeit in der Gemeinde verschwinden und sich mehr Tätigkeit für den HErrn und Liebe und Gnade untereinander zeigen.

Wenn wir nicht Anstoß oder Ärgernis geben wollen, auf daß der Dienst nicht verlästert werde, so bedarf es vieler Gnade und Selbstbeherrschung auf unserer Seite. Welch eine Macht der Gnade Gottes offenbarte sich in Paulus, der da sagen konnte: „In allem erweisen wir uns als Gottes Diener, in vielem Ausharren, in Drangsalen, in Nöten, in Ängsten, in Streichen, in Gefängnissen, in Aufständen, in Mühen, in Wachen, in Fasten, in Reinheit, in Erkenntnis, in Langmut, in Gütigkeit, im Heiligen Geist, in ungeheuchelter Liebe, im Worte der Wahrheit, in der Kraft Gottes; durch die Waffen der Gerechtigkeit zur Rechten und zur Linken; durch Ehre und Unehre, durch böses Gerücht und gutes Gerücht, als Verführer und Wahrhaftige, als Unbekannte und Wohlbekannte, als Sterbende, und siehe, wir leben; als Gezüchtigte und nicht getötet; als Traurige, aber allezeit uns freuend; als Arme, aber viele reich machend; als nichts habend und alles besitzend“ (2. Kor. 6,4-10).

Wir sehen oft, daß Diener am Wort, die zwar wenig Licht und Erkenntnis haben, deren Leben aber unter der Kraft des Wortes steht, viel geschickter und wirksamer in dem Dienste sind als andere, die vielleicht mehr Licht besitzen, aber deren Leben nicht so sehr der Spiegel des Wortes ist. Es ist eine sehr ernste Tatsache, daß die Fehler des Dieners dem Worte die Kraft nehmen und seine Fehler sich oft noch vergrößert in denen zeigen, denen er dient. Der Knecht sagte in seinem Herzen: „Mein Herr verzieht zu kommen“, und dann finden wir ein wenig später: „Und sie wurden alle schläfrig und schliefen ein“ (Matth. 24,48; 25,5).

Der HErr hält gewissermaßen den Diener für den Zustand

der Heiligen verAntwortlich, welchen er dient. Johannes ermahnt die Gläubigen, indem er es ihnen als einen Beweggrund zur Treue darstellt: „Daß wir nicht beschämt werden vor Ihm bei Seiner Ankunft“. Möchten wir, so viele wir am Worte dienen, dieses recht in unser Herz nehmen, nicht beschämt zu werden vor dem HErrn bei Seiner Ankunft wegen des Zustandes der Gläubigen.

Wenn das lebendiger vor unserem Herzen steht, so werden wir um das geistliche Wohlergehen der Heiligen besorgt sein. Paulus sagt: „Denn wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei Seiner Ankunft? Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude“ (1. Thess. 2,19.20). Und Johannes sagt: „Sehet auf euch selbst, daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen“. Und weiter lesen wir Hebr. 13,17: „Denn sie wachen über eure Seelen, als die da Rechenschaft geben sollen“. Solche Schriftstellen legen uns den Ernst des Dienstes tief ins Herz. Und doch ist es ein gesegnetes Werk, das unsagbar köstlichen Lohn mit sich bringt.

Bauen wir aber „Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden, denn der Tag wird es klarmachen, weil er in Feuer geoffenbart wird; und welcherlei das Werk eines jeden ist, wird das Feuer bewähren. Wenn das Werk jemandes bleiben wird, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen; wenn das Werk jemandes verbrennen wird, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird errettet werden, doch so wie durchs Feuer“ (1. Kor. 3,13-15). Jenes Material, welches das Feuer nicht aushält, ist das, was dem natürlichen Sinn und dem Herzen der Menschen entspricht. Es paßt sich unserem

Auge und unserem natürlichen Geschmack an, aber es ist nicht göttliches Material und göttliche Weise.

Die sieben Sendschreiben in Offenb. 2 und 3 zeigen uns den fortschreitenden Verfall der Gemeinde, und wir können darin Grad für Grad die zunehmende Entfremdung von Christus sehen. Ephesus verließ, obwohl es die Bösen nicht ertragen konnte, die erste Liebe. Nach der äußeren Seite hin war man bedacht, alles Böse fern zu halten, nach der inneren Seite fehlte es jedoch an der Treue. Der größte Schatz wurde preisgegeben, und trotz aller Antipathie gegen das Böse wurden sie doch in der Folge unfähig, noch als Leuchter da zu stehen. Klein war der Anfang, aber er führte Schritt für Schritt hin zum Zustand von Laodicäa, welches sich des mit dem natürlichen Verstand erworbenen Besitzes von Lehren und Schriftkenntnis rühmte und auf große, in den menschlichen Augen glänzende Resultate hinweisen konnte, während Christus Selbst draußen stand. Laodicäa ist das Bild der Welt, die durch das Christentum Wohltaten empfängt, aber Christus Selbst vollständig übersieht.

Möchten wir alle, die wir berufen sind, dem HErrn zu dienen, von Ihm Gnade erflehen, daß wir davor bewahrt bleiben, mit menschlichem Material und menschlicher Geschicklichkeit zu arbeiten, um dem Geschmack der Ungeistlichen zu gefallen. Möchte das göttliche Material, das reine Wort Gottes und die göttliche Bauweise der Liebe und der Gnade unseres Herrn Jesus Christus bei uns zum Segen des Volkes Gottes gefunden werden!

S. (v. d. K.)

Frage und Antwort

Frage 14

Wie ist Ps. 118,27 zu verstehen?

Antwort

Ps. 118 blickt voraus auf den herrlichen Zeitpunkt, wann der HErr Sich Seines Volkes Israel - d. h. des gläubigen Überrestes, der dann sein wird - annehmen und es erretten und befreien wird aus aller Bedrängnis und es dann mit Dank und Lob Ihm zujubeln und Ihn preisen wird. In diesem Vorausblick sieht der gläubige Überrest sich durch die große Drangsal gehen und alle Feinde überwinden (V. 5-13), jubelt er über die erfahrene Errettung (V. 14-18), preist er den herrlichen Erretter (V. 19-21), den er erkennt als den Stein, den die Bauleute verworfen haben, der aber zum Eckstein - wörtlich: Haupt der Ecke - geworden und in seinen Augen wunderbar ist (V. 22.23), sieht er Seinen Tag und frohlockt und freut sich in ihm (V. 24) im Bewußtsein seiner Nichtigkeit und Abhängigkeit (V. 25), begrüßt er lobpreisend Ihn, den Kommenden (V. 26), und schließt mit Dank und Anbetung gegen Gott (V. 27-29).

V. 27 lautet (nach Elberfelder Übersetzung): „Jehova ist Gott, und Er hat uns Licht gegeben; bindet das Festopfer mit Stricken bis an die Hörner (oder: bis zu den Hörnern) des Altars“. Gott bedeutet hier „El“ = „der Starke“. Jehova wird also als „der Starke“ gepriesen im Blick auf die erfahrene große Errettung und Seine mächtigen Taten, die vorher rühmend erwähnt werden (V. 5-17). Dann wird Er gerühmt als der Spender des Lichts: „und Er hat uns Licht

gegeben“. Wie kostbar ist doch Licht! Finsternis wirkt lähmend, tötend - Finsternis ist Tod; darum ist Finsternis schrecklich. Licht aber ist herzerfreuend, belebend - Licht ist Leben! Darum lieben wir das Licht und können wir nur im Lichte glücklich sein. Deshalb wird auch der errettete Überrest einst dankerfüllt sagen: „Er hat uns Licht gegeben“, indem sie zurückblicken auf die Tiefen, durch die Er sie geführt hat, und in welchen Er ihren Weg erhellt und sie durch Sein Licht getröstet und belebt hat (vgl. auch Ps. 18,28; 27,1; 36,9; 56,13 u. a. m.).

Dann wird von dem „Festopfer“ gesprochen. Dieser Teil des Verses wird verschieden übersetzt. Luther z. B. übersetzt: „Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars“. Wiese übersetzt: „Bindet das Festopfertier mit Stricken, bringt's zu den Hörnern des Altars“ und bringt in der Anmerkung unten als Übersetzung anderer: „Schließt den Festzug (geht in geschlossenem Festzug) mit Laubwerk (und geht) bis zu den Hörnern des Altars“, und weiter: „Besuchet das Fest mit Laubwerk (in den Händen) und kommet bis zu den Hörnern des Altars“. In allen diesen Lesarten ist der Gedanke eines Festes hervortretend, so daß, wenn wir die Lesart nach Elberfelder Übersetzung und Wiese annehmen wollen, es sich offenbar um ein Opfer handelt, welches von dem erretteten Überrest einst als ein Dankopfer dargebracht werden wird zum Gedächtnis an das herrliche Opfer des HErrn auf Golgatha, welches dieser gläubige Überrest dann kennen wird als das eine, vollkommene Opfer, durch welches sie erlöst und auf Grund dessen sie errettet sind. Das Opfertier soll auf dem Wege zur Opferung mit Stricken gebunden sein „bis an die Hörner des Altars“, d. h. bis es an dem Platze ist, wo es geopfert

wird. Dadurch ist dieses Opfertier so recht ein Bild des zur-Schlachtung-bestimmt-Seins, des dem- Tode-geweiht-Seins, und infolgedessen ein treffender Hinweis auf den Herrn Jesus als das vollkommene Opfer. Denn ganz so sehen wir Ihn hienieden auf Seinem Wege durch diese Welt, zum Kreuze hin: gefesselt durch die Liebe zum Vater und zu verlorenen Menschen für den einzigen Zweck, den Vater zu verherrlichen und die Seinen zu erlösen durch das Opfer Seiner Selbst am Kreuze (Joh. 4,34; 14,31, Eph. 5,2; Phil. 2,6-8). Wir wissen, das Werk ist vollbracht - gepriesen sei Er! - und gedenken Seiner im Abendmahl als Dessen, der aus Liebe für uns starb und jetzt dort weilt, wo Er uns eine Stätte bereitet hat, „bis Er kommt“. Der gläubige Überrest nach unserer Entrückung, der durch die große Drangsal hindurchgerettet wird und in das Tausendjährige Reich eingeht, wird Ihn dann auch kennen, wie schon gesagt ist, doch werden sie nicht Seiner gedenken als eines Abwesenden, wie wir durch das Abendmahl, sondern sie werden die in Hes. 43-46 angeordneten Opfer darbringen als Gedächtnis an Sein Opfer auf Golgatha (vgl. Jahrb. 10, Frg. 1 am Schluß!). Unter dem ersten Bunde waren die Opfer Schattenbilder, hinweisend auf das kommende Opfer des HErrn, unter dem Neuen Bunde aber sind sie Gedächtnisbilder, hinweisend auf das ein für allemal geschehene Opfer. Ein solches zukünftiges Gedächtnisopfer ist u. E. das Festopfer, von dem Ps. 118,27 spricht.

Will man hingegen die Lesart nach Luther annehmen: „Schmücket das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars“, so treten die vorstehend entwickelten Gedanken in bezug auf das Opfer zurück und tritt der Gedanke der Freude in den Vordergrund, wie sie im Laubhüttenfest, das

fünf Tage nach dem „Versöhnungstage“ seinen Anfang nahm und sieben Tage gefeiert wurde (3. Mose 23,33-43), vorgebildet ist und die Israel einst genießen wird, wenn es nach seiner Wiederannahme, errettet von allen Feinden und aus aller Not, im Tausendjährigen Reiche zur Ruhe gelangt sein wird.

Th. K.

Frage 15

Was bedeutet die Händeauflegung in Apg. 6,6?

Antwort

Das Problem des Händeauflegens hat stets viele Christen beschäftigt, und auch heute in dieser geistig und geistlich bewegten Zeit hat man diesen Gegenstand häufig erörtert. Leider sind bei diesen Abhandlungen die Grenzen und der Geist des Wortes Gottes oft wenig berücksichtigt worden. Möge der HErr uns vor dem leisesten Abweichen vom Worte bewahren, damit wir auf keine falsche Bahn gelangen!

Natürlich sind mit dem Händeauflegen verschiedene Gedanken Gottes verbunden. Obwohl sie miteinander geistlich verwandt sind, werden wir auch große Verschiedenheit wahrnehmen. Auch können wir uns in unserer BeAntwortung nicht auf Apgesch. 6,6 beschränken, sondern wir möchten vielmehr versuchen, einen kleinen Überblick über die Art und das Wesen des Händeauflegens zu geben.

Hebr. 6,2 steht von der Lehre des Händeauflegens

geschrieben. Aus dieser Stelle erkennen wir, daß es eine israelitische, biblische, göttliche Einrichtung war, die bei dem Volke Gottes im Alten Testament gehandhabt wurde.

So lesen wir 1. Mose 48,14-20 von dem Händeauflegen Israels (Jakobs) auf seine Enkelsöhne, um sie zu segnen. Also eine Mitteilung des Segens wird uns in dieser Stelle, wo wir wohl das Händeauflegen zum ersten Male in der Bibel finden, wenn wir keine Stelle übersehen haben, vorgestellt. Der erste Gedanke wäre der des Segens, den die Schrift uns vorstellt. Wie lieblich ist dies, wenn man noch andere Stellen heranzieht, die uns ähnliche Handlungen vorstellen (vgl. Luk. 24,50!). Dies scheint der Hauptgedanke beim Händeauflegen zu sein. Nur daß der Segen sich verschiedentlich offenbarte, wie wir dies besonders im Neuen Testament sehen.

Weiter finden wir in 2. Mose 29,10-16 und 3. Mose 1,4; 3,2.8.13; 16,21 mehr den Gedanken des Sicheinsmachens mit dem Opfertier, welches an ihrer Statt starb. Hier haben wir den Gedanken der Stellvertretung. 4. Mose 27,18-23 (vgl. 5. Mose 34,9!) dürfte eine Parallelstelle von 2. Tim. 1,6 sein. -

Im Neuen Testament wird das Händeauflegen und das Berühren von Personen mit Händen zuerst vom Herrn Jesus berichtet. Als ob die Schrift uns dadurch die Dringlichkeit, ja die unbedingte Notwendigkeit wirklicher Geistesverbindung mit dem HErrn als Voraussetzung des Segensempfangens ans Herz legen wollte. Andererseits finden wir durchweg, daß dem Händeaufgelegten die Abhängigkeit von und die Gemeinschaft mit dem Händeaufleger ebenfalls eine naturgemäße und geistliche Notwendigkeit ist. Wie wenig verspüren wir von diesem

Geist heutzutage!

Wir finden mit dem Händeauflegen im Neuen Testament sieben Dinge verbunden:

1. Reinigung von Aussatz. Matth. 8,3; Mark. 1,41. Die erste Segenswirkung der Berührung mit dem HErrn ist wohl, daß

die Sünde beseitigt und die Macht der Sünde gebrochen wird. Dies ist wohl die erste Erfahrung des Sünders mit dem Heiland.

2. Heilung. Vgl. Mark. 6,5; 7,32; 8,23; Luk. 4,40; 13,13. Von den Aposteln finden wir nur einzelne Fälle berichtet, wo Gebet, d. h. Einverständnis Gottes, die Voraussetzung war. Apgesch. 9,17; 28,8 (14,3; 19,11); vgl. dazu Mark. 16,18! Heilung ist der zweite Segensgedanke.

3. Auferstehungsleben. Matth. 9,18(.25). Leben ist der dritte (die Zahl 3 ist die Auferstehungszahl) Segensgedanke.

4. Segensspendung. Matth. 19,15. Wenn wir wie die Kinder sind, wird sich der Segen dementsprechend vermehren. Der Segensstrom wird dem ständig fließen, der sich ein kindliches Gemüt und kindliches Vertrauen in dieser hochmütigen Zeit bewahrt. -

5. Apostolische Vermittlung des Heiligen Geistes. Apgesch. 8,17; 19,6. Die Samariter mußten lernen, daß der Heilige Geist kein Unabhangigkeitsgeist ist, sondern der alle Gläubigen, auch die Samariter, mit den Juden, die von Natur feindlich gesinnt waren, für ewig verband.1 Welch eine Lehre für die Samariter, daß sie erst nach

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Vergl. A. v. d. Kammer: „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“, Seite 20! - (Der Schriftl. F. K.)

dem Auflegen der Hände der Apostel, welche Juden waren, den Heiligen Geist empfingen! Jene Jünger in Ephesus mußten lernen, daß nur ein gestorbener, auferweckter und verherrlichter Christus uns die Fülle des Geistes erschließt. Welch ein Segen ist in der Gabe des Heiligen Geistes uns gegeben - wer kann ihn ermessen? Obwohl niemand mehr den Heiligen Geist durch Händeauflegen bekommen kann, sind doch die Belehrungen dieser beiden Begebenheiten ebenso wahr wie damals, daß der Heilige Geist die natürliche Feindschaft beseitigt, weil Christus, der verherrlichte Mensch, uns die Fülle des Geistes, die Fülle göttlicher Freude in Ihm und an Ihm schenkt.

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Vergl. A. v. d. Kammer: „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“, Seite 20! - (Der Schriftl. F. K.)

6. Apostolische Mitteilung einer besonderen Gabe. 2. Tim. 1,6 und 1. Tim. 4,14. Beide Stellen beziehen sich auf dieselbe Sache. Nur mit dem Unterschiede, daß in 1. Tim. die Ältestenschaft die besondere Gabe des Timotheus anerkennt und Gemeinschaft in dem Händeauflegen ausdrückt (s. u.!), während 2. Tim. uns zeigt, daß der Apostel Paulus und nicht die Ältestenschaft die Gabe dem Timotheus verlieh durch vorhergegangene Weissagung, d. h. göttliche Anordnung. Wenn wir im Geiste wandeln, werden wir auch - ein jeder von uns - unsere Aufgabe - Gabe -, unseren besonderen Dienst kennen und ihn auch in der Furcht des HErrn ausüben. Wie würden die Gemeinden blühen, wenn dies der Fall wäre! Welcher Schaden ist angerichtet worden dadurch, daß man Dienste an sich riß, die einem nicht zukamen! Obwohl es keine solche Sonderstellungen eines Timotheus mehr gibt, weil keine Vertreter der Apostel von Gott durch Weissagung mehr verordnet sind, können wir doch ungemein vieles lernen, wenn wir im Geiste der Demut suchen, dem HErrn

zu dienen mit der uns von Ihm zugeteilten Gabe.

7. Gemeinschaft und der Gnade Gottes Befehlen. Das ist wohl bei weitem das am meisten Geübte. Es ist der Segen des Sichfreuens über den geistlichen Erfolg anderer. - Hier kommen wir auf ein sehr heikles Gebiet. Vgl. Apgesch. 6,6; 13,3; 1. Tim. 4,14; 5,22.

Wir haben es zuletzt genannt, nicht nur darum, weil es - geistlich genommen - wohl das einzige ist, was heute besondere gehandhabt wird - ach, möchte es mehr geistlich geübt werden! -, sondern weil zur Ausübung dieser besonderen Gemeinschaft die größte Forderung an den geistlichen Zustand des Kindes Gottes gestellt und die größte Selstverleugnung erheischt wird. Es sei kurz gesagt: Nur geistliche Männer, die die Herrlichkeit Christi, das Wohl der Gemeinde und das Wachstum der Kinder Gottes im Auge haben und es zur Aufgabe ihres Lebens gemacht haben, sind fähig, diese Gemeinschaft von Herzen zu betätigen. -

Wir sind nicht imstande, dies in einer würdigen und dem Ernst des Gegenstandes entsprechenden Weise zu behandeln, doch flehen wir zum HErrn, daß Er Sein Wort an unser aller Herzen lebendig und machtvoll machen möge, daß wir mehr fähig werden, diese spezielle und zeitgemäße Gemeinschaft ausgiebig zu üben.

1. Tim. 5,22 hat nichts mit Heilung zu tun, sondern mit Einsmachung. Der Zusammenhang müßte jedem dies zeigen.

Apgesch. 6,6 (wonach gefragt wurde) zeigt, daß die Apostel mit der Wahl der Brüder einverstanden waren. Es

waren Männer, die ein gutes Zeugnis hatten, voll Glaubens und Heiligen Geistes. Doch erst nachdem die Apostel gebetet hatten, d. h. Gott darum angefleht, um Gewißheit zu erlangen, legten sie ihre Hände auf sie. Daß es von Gott war, zeigt uns Stephanus. Obwohl auch dies nicht mehr in der Gemeinde geübt werden kann, weil wir eben keine Apostel mehr haben, sind doch die Belehrungen außergewöhnlich tief und ernst. Das Murren der Hellenisten gegen die Hebräer brachte einen neuen Schatten (nach dem von Apgesch. 5) in die Gemeinde. Doch wurden gerade diese sieben Männer von der Schar, die gegen die Hebräer murrte, gewählt - obwohl sie sich nicht des Murrens mit schuldig gemacht hatten. Sie waren zumeist Hellenisten. Die anderen hatten ein solches Vertrauen zu ihnen, daß sie in der Versorgung auch der hebräischen Witwen durch sie keinen Nachteil für sie erblickten. Können wir hier die Weisheit und Gnade Gottes nicht erkennen? O, daß wir immer so weise wären! Und die Apostel, die alle Hebräer waren, erkannten sie an. Der Sieg war errungen durch die Macht des Geistes, der Feind geschlagen, und die Frucht der Liebe reifte, wie uns V. 7 zeigt. Laßt uns also handeln, und Gott wird mit uns sein!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Ohne diese reichhaltige Antwort Erweitern zu wollen, möchte ich doch um derer willen, die die Handauflegung zum Zwecke der Heilung (verg. Punkt 2 der obigen Antw.!) sehr betonen und in der heutigen Zeit mehr betont wissen wollen, einiges hinzufügen.

Obige Antwort zeigt, daß in der Schrift solche Heilungen

einen ganz besonderen Charakter tragen. Darf man das übersehen? Ich meine nicht. „Aber Mark. 16,16-18?“ wird sofort eingewendet, „diese Stelle trägt doch einen ganz allgemeinen Charakter und ist anwendbar auf uns alle?!“ - Es ist selbstverständlich, daß, wenn wir mit Recht auf Vers 16 Gewicht legen, mit dem gleichen Recht Vers 17.18 beachtet und angewendet werden müssen. Gewiß, aber nur gemach, ihr lieben Brüder, die ihr glaubt, nach dieser Stelle handeln zu sollen und zu dürfen! In dem kürzlich in den „Handr.“ gedruckten, demnächst in Sonderdruck erscheinenden Aufsatz von Dr. G. H. „Krankheit und Heilung“ wird darauf hingewiesen, daß „die Bibel sehr sparsam ist mit Äußerungen auf diesem Gebiet“, wie es denn auch sehr bemerkenswert ist, daß Paulus z. B. den Trophimus 2. Tim. 4,20 nicht durch Handauflegung heilt, gleichfalls nicht den Timotheus (1. Tim. 5,23), und ganz offenbar auch nicht den Epaphroditus (Phil. 2,26ff.) - und zwar, obwohl Paulus als Apostel sehr wohl bei anderer Gelegenheit die Hände auflegte (vgl. obige Antw.!).

Also hier sehen wir sehr deutlich eine weise Zurückhaltung, eine Beschränkung, die jene Brüder, die dem „Handauflegen zum Zwecke der Heilung“ breiteren Boden einräumen zu sollen glauben, ernstlich zu denken geben sollte!

Aber haben die Apostel jenes Wort des HErrn aus Mark. 16 denn nicht verstanden? O wohl, besser - das glauben wir hoffentlich! - als wir es heute, wo die Gemeinde auf Erden so zerrissen ist, verstehen können! Und sie haben diese Stelle darum auch in dem Charakter, den sie trägt, anwenden können, dürfen und müssen, wo der HErr es wollte, wie z. B. Apgesch. 9,17! Und in welchem? In dem

einzigen, den sie offenbart: in dem des Zeichens! „Diese Zeichen werden folgen denen, die da glauben!“ Und sie folgten, wie V. 20 noch mitteilt!

Die Handauflegung zum Zwecke der Heilung gehört zu den Zeichen! Nicht zu den Wundern, obwohl sie in Wundern bestehen, wie es z. B. Apgesch. 14,3 und 19,11 auch zeigen. Zeichen sind Wunder, aber Wunder nicht immer Zeichen! Durch die Zeichen wurde einer ungläubigen Welt, zunächst dem zu überführenden Volke Israel angekündigt, daß eine neue Zeit angebrochen war, daß der Messias, der Christus Gottes, lebte und daß Er durch Seinen Geist Macht hatte, mehr noch als ehedem bei Seinem leiblichen Weilen auf Erden, alle Mächte der Finsternis zu durchbrechen. Das Christentum ward eingeleitet und beglaubigt durch Zeichen! Das möge man doch bitte beachten bei dem skrupellosen Anwendenwollen dieser Markusstelle! Denn heute bedürfen wir der Zeichen ebensowenig mehr, wie sie damals unbedingt nötig waren! Vielleicht wird man dann ein wenig zurückhaltender und vorsichtiger, indem man dann auch noch besser die Warnung jenes Aufsatzes „Krankheit und Heilung“ versteht, daß „der Fürst der Finsternis (leicht) das Ansehen und die Sprache eines Kindes des Lichts annimmt“. Und der Verfasser warnt noch, und wie sehr mit Recht: „Erfolge beweisen da gar nichts.“

Gewiß: wir können auch heute noch kostbare, wahrhaft göttliche Wunder erleben, auch in Krankheitsfällen - aber in Mark. 16,16-18 ist nicht von Wundern die Rede.

Doch dann wird gern noch hingewiesen auf die „Gabe der Heilungen“. Nun, ich will, da dies nicht mehr zur vorliegenden Frage gehört, darauf nicht mit mehr

eingehen als mit dem einen kurzen, aber nicht minder ernsten Hinweis, daß die Schrift nirgends die Meinung zuläßt oder stützt, daß die „Gnadengaben der Heilungen“ (1. Kor. 12,9.29.30) mittels „Handauflegung“ wirkten. Es wird zwar im allgemeinen behauptet, aber der Beweis fehlt, die Schrift sagt es nicht. (Auch sind die Gnadengaben nicht abhängig vom „Gebet des Glaubens“!)

Auch in Jak. 5,14ff. (vgl. Handr. Jahrb. 3, Frg. 31), einer Stelle, die außerdem noch sonst recht beachtliche Punkte enthält (z. B. wo sind die „Ältesten der Gemeinde“ heute in den Tagen der Zerrissenheit der Gemeinde?!)1 - auch hier ist, streng genommen, nicht von Handauflegung - dem Sicheinsmachen - die Rede!

1

Vergl. v. d. Kammer „Hütet die Herde!“ Ein Wort über Älteste!

O, daß wir keuscher und treuer umgingen mit dem Worte Gottes! Daß wir doch nicht in das Wort hineinlegen, was nicht darin steht, und Stellen und Dinge miteinander verwechseln oder vertauschen möchten, die jede und jedes für sich beachtet und betrachtet sein wollen! „Gnadengaben des Geistes“ sind nicht dasselbe wie „Handauflegung“ - und umgekehrt! Der HErr gebe uns Licht, „Sein Wort recht zu teilen“! (2. Tim. 2,15.)

Noch eins! Wieviel Schaden entsteht fortgesetzt im Werke des HErrn dadurch, daß man im Gegensatz zu 1. Tim. 5,22 sich zu eilig mit Brüdern eins erklärt (also gleichsam ihnen „die Hände auflegt“), die noch nicht erprobt und - wenn sie anderswoher kamen - nicht von dorther oder sonst empfohlen sind! Dann gibt es nachher schmerzliche Erfahrungen und Schädigungen, die leicht hätten vermieden werden können, wenn man - nicht lieblos, aber um der Ehre des HErrn willen ernst-zurückhaltend gewesen wäre, ehe man die Betreffenden leichthin etwa

öffentlich reden oder sonstwie hätte dienen lassen. Wie mancher „fremde Bruder“ tritt höchst gewandt auf und - läßt man sich täuschen durch sein Auftreten, so wird man nachträglich dessen inne, daß man sich durch das eilige Sich-mit-ihm-Einserklären „teilhaftig gemacht hat fremder Sünden“!

Zum Schluß unterstreiche ich das in obiger Antwort über Apgesch. 6,6 Gesagte noch einmal mit der Mahnung, auch stets so, wie dort die Apostel taten, ehe sie die Hände auflegten, zu handeln, ehe wir ernste, wichtige Dinge in der Gemeinde tun - nämlich: zu beten! Kein wirklich gottgesegnetes Handeln persönlich und in der Gemeinde ohne Gebet und Flehen, d. i. Sicheinsmachen mit Gottes Gedanken und Willen, um danach zu tun!

Laßt uns Gnade haben, Sein kostbares Wort immer besser zu verstehen!

F. K.

Schulden.

Röm. 13,8.

Schulden zu haben ist schon in der Welt ein häßlich Ding, und mancher ist daran zugrunde gegangen. Ob wohl alle Kinder Gottes ein Gefühl dafür haben, wieviel häßlicher noch Schulden für „Diener Gottes“ (2. Kor. 6,4) und „Gesandte für Christum“ (2. Kor. 5,20) sind, die ihren hohen „in ein fernes Land gereisten HErrn“ in dieser im Bösen liegenden Welt würdig vertreten sollen? Denn wie der Vater den Sohn in die Welt gesandt hatte, also hat der Sohn uns in die Welt gesandt (Joh. 17,18).

„Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Matth. 5,48), hat unser HErr zu uns gesagt. Gott aber ist uns nichts schuldig geblieben. Er, der uns doch nichts schuldig war, hat für solche, die Seine Feinde und Ihm viel, ja alles schuldig waren, den Sohn Seiner Liebe gegeben. Seine Liebe, fast möchte ich sagen, hätte sich in der Schuld gewußt, wenn Er nicht alles gegeben hätte, um Seine Feinde mit Sich zu versöhnen, Verlorene zu retten, und so gab Er Sein Kostbarstes, den eingeborenen, geliebten Sohn.

Wir Menschen aber können wirklich etwas schuldig sein: Steuer, Zoll, Furcht, Ehre (Röm. 13,7), auch Geld als Leistung für Dienste oder empfangene Ware. Darüber sagt uns „die Schrift, die nütze ist zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen, sei zu jedem guten Werke völlig geschickt“. (2. Tim. 3,16.17.)

„Seid niemanden etwas schuldig, als nur einander zu lieben“ (Röm. 13,8). „Mensch Gottes“, hat dir das Wort etwas zu sagen? Steuer und Zoll der Obrigkeit zu geben, und zwar ein gerüttelt und geschüttelt Maß, auch wenn sie uns vielleicht nicht paßt, weil sie uns politisch zu weit rechts oder links steht, ist doch wohl jedem Kinde Gottes selbstverständlich. Auch Furcht zu geben an Gott, die Eltern und wem immer Furcht gebührt, haben wir wohl ein wenig gelernt, wenn wir auch darin zu lernen nicht aufhören. Wie steht es aber mit dem: „Erweist allen Ehre“ (1, Petr. 2,17)? Nachfolger des Herrn Jesus achten nicht nur einer den anderen höher als sich selbst (Phil. 2,3)

und beeifern sich, in Ehrerbietung(!!) einer dem anderen

voran zu gehen (Röm. 12,10), sondern sie erweisen auch denen, die nicht zum Hause Gottes gehören, alle Ehre, auf daß die Lehre Christi nicht verlästert werde, sondern die Menschen zu Christo gezogen werden. Welch einen häßlichen Eindruck macht doch der Mensch, der behauptet, für Gott ermahnen zu dürfen: „Wir bitten an Christi statt: Laßt euch versöhnen mit Gott“ (2. Kor. 5,20), wenn er gegen die gewöhnlichen Formen guter Sitte an Höflichkeit und Ehrerbietung verstößt! Wie mancher ist dadurch schon abgestoßen statt angezogen worden. Auch das ist eine Schuld, die wir nicht schuldig bleiben sollten. Da heißt es z. B.:

„Ihr Knechte unter dem Joch, achtet eure eigenen Herren aller Ehre schuldig, sonderlich, die da gläubige Herren haben“ (1. Tim. 6,1.2), so werdet ihr die Lehren eures Heilandes zieren (Tit. 2,10). Manchem gläubigen Dienstmädchen wird es schwer, das Wort „gnädige Frau“ ihrer Herrin gegenüber auszusprechen, und doch ist das in der vornehmen Welt so Brauch, und deine Herrin darf erwarten, daß du ihr diese Ehre gibst.1 Ist es nicht ungebrochenes Wesen des adamitischen, nicht des himmlischen Menschen, das es uns so schwer macht, uns in Ehrerbietung unter andere zu stellen? Doch nur wer sich selbst verleugnet, kann des Herrn Jesus Jünger sein.

1

Wem diese Anredeform törichterweise ganz unnötige Schwierigkeit macht, weil er meint, nur Gott, nicht ein Mensch sei „gnädig“, der bedenke einmal, wie oft er ein anderes Wort stets und selbstverständlich gebraucht, das für uns Gläubige einen besonderen Klang hat: das Wort „Herr“! Es ist nun einmal Brauch in der Welt, Männer, selbst solche, die nicht im geringsten äußerlich Herren sind, mit „Herr“ anzureden, und auch wir Gläubige tun es ohne Schwierigkeit, obwohl eigentlich diese hohe Anrede nur dem HErrn gebührt. Er allein ist doch für uns wirklich Herr! (1. Kor. 8,6.) Aber solchen allgemeinen gebräuchlichen Formen haben wir uns ebenso wie die Welt unterzuordnen aus Gründen, wie sie obiger Aufsatz so ernst betont. Tun wir es nicht, so machen wir dem HErrn mehr Schande, als wenn wir aus vermeintlicher christlicher „Entschiedenheit“, vielleicht aber gar aus Trotz oder Rechthaberei, solche Formen des Anstandes umgehen oder auch verweigern. (Der Schriftl. F. K.)

Noch eins! Gott gibt dem mangelhafteren Gliede reichlichere Ehre in dem Leibe (1. Kor. 12,24). Handeln wir als Nachahmer Gottes (Eph. 5,1) ebenso? Behandeln wir die unansehnlicheren Glieder Christi, die sozial niedriger Gestellten, auch die jung Bekehrten, die noch manche törichte (?) Frage stellen und allerlei weltliches Wesen an sich haben - behandeln wir diejenigen, die keine Gabe zu

haben scheinen, mit reichlicherer Ehre?

Aber laßt uns auch das andere Wort nicht vergessen: „Die Ältesten, welche wohl vorstehen, laßt doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre. Denn die Schrift sagt: ‚Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden‘, und: ‚der Arbeiter ist seines Lohnes wert‘.“ (1. Tim. 5,17.18.) O, Brüder, laßt uns an Ehre nichts schuldig sein!

Aber auch nicht an Geld! Schon der Israelit mußte lernen: „Du sollst deinen Nächsten nicht übervorteilen und sollst ihn nicht berauben; der Lohn des Tagelöhners soll nicht bei dir über Nacht bleiben bis an den Morgen.“ (3. Mos. 19,13.) Wenn jemand dem, der auf seiner Hände Arbeit angewiesen ist, den Lohn vorenthält, und sei es auch nur eine Nacht, so ist das also Raub. Wenn das schon so unter dem Gesetz war, wie soll es denn unter dem Gesetz der Liebe sein? (Lies Matth. 5,21-48.) Wer seinen Nächsten liebt wie sich selbst (Matth. 22,39; Gal. 5,13.14), versetzt sich in die Lage des anderen. Wie sehnlich wartet doch mancher Arbeiter und Handwerker auf die Bezahlung seiner Arbeit, besonders in dieser schweren Zeit, weil seine Kinder hungrig sind oder er von den Gläubigern bedrängt wird, der Schuldner aber denkt nur an sich selbst und läßt ihn hungern oder gar bankrott werden, weil er sich in seinen vielleicht nur eingebildeten „Bedürfnissen“ etwas einschränken müßte, wenn er die Rechnung gleich bezahlen würde.

Eine Schuld, welche so leicht übersehen wird, ist die gegen die, welche im Worte unterweisen. Man nimmt so leicht als selbstverständlich hin, was doch tiefe Dankbarkeit auslösen sollte. Nicht nur Ehre sind wir denen

1

Zu diesen Worten an die Galater finden wir eine Illustration in Römer 15,26.27. Die griechischen Gemeinden hatten das Evangelium von den Judenchristen empfangen, und in dankbarer Anerkennung des durch sie empfangenen Segens hatten sie Sammlungen veranstaltet, deren Betrag Paulus selbst nach Jerusalem überbringen wollte.
Obwohl in den Worten: „Es hat ihnen wohlgefallen“, die Freiwilligkeit ihrer Gaben betont wird, so weist der Apostel doch mit Nachdruck darauf hin, daß sie dazu verpflichtet waren, weit sie dafür tatsächlich Schuldner waren, und er beweist dieses damit, daß, wenn sie, „die Nationen, ihrer geistlichen Güter teilhaftig sind, sie schuldig sind, ihnen auch in den leiblichen zu dienen.“ Die geistlichen Güter sind unendlich höherer Art als die fleischlichen, und wenn sie deshalb auch nicht durch irdische und leibliche erstattet werden können, so sollen sie doch durch solche erwidert werden. Die Abtragung dieser Dankes- und Liebesschuld war dem Apostel so wichtig und köstlich, daß er sie selbst nach Jerusalem bringen wollte.
Diesen hier niedergelegten Grundsatz, daß das Teilhaftigwerden der geistlichen Güter die Schuldverpflichtung, mit den leiblichen zu dienen, in sich schließe, hat Gott an vielen Stellen des Alten und Neuen Testamentes niedergelegt.
Wie wenige unter den Kindern Gottes beachten es, daß der HErr „verordnet“ hat, daß die, die das Evangelium verkündigen, auch vom Evangelium leben sollen. (1. Kor. 9,14.) Gilt diese „Verordnung“ des HErrn dem Volke Gottes heute nicht mehr? Die Schrift fragt: „Wer einen Weinberg pflanzt, ißt er nicht von dessen Frucht, und wer eine Herde weidet, isset er nicht von der Milch der Herde?“, und sie fragt weiter, ob Gott für die Ochsen besorgt ist, wenn Er spricht: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“ „Spricht Gott das nicht durchaus um unsertwillen?“ (1. Kor. 9,7-9.)
Wenn die Korinther etwa meinen sollten, daß dies etwas Großes sei, so zeigt ihnen Paulus, daß das wirklich Große nicht das Leibliche, sondern das Geistliche sei. Sie sollten es sich einmal selbst be
Antworten, ob, „wenn sie ihnen das Geistliche gesät hätten, es ein Großes sei, wenn sie ihr Fleischliches ernteten“. (1. Kor. 9,11.)
v. d. K.

schuldig, die uns in dem Worte unterweisen, sondern auch „allerlei Gutes“ (Gal. 6,6).1 Welch eine Hingabe erfordert doch oft solch ein Dienst nach ermüdender Berufsarbeit; mit wieviel Tränen und Schmerzen ist er oft verbunden, denn der da im Worte unterweist, hat, wenn anders der Dienst recht geschieht, das hohe Ziel im Auge, alle hingelangen zu lassen „zur Einheit des Glaubens und zur Erkenntnis des Sohnes Gottes, zu dem erwachsenen Manne, zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus, auf daß sie nicht mehr Unmündige seien“. (Eph. 4,13.) Er trägt deshalb die, die da unterwiesen werden, mit all ihren Fehlern und Schwächen auf liebendem Herzen, wie Paulus die Korinther ermahnt und belehrt wie ein Vater „seine geliebten Kinder“ (1. Kor. 4,14). Ein solcher hat gar oft abermals Geburtswehen, bis Christus in euch gestaltet ist. (Gal. 4,19.)

1

Zu diesen Worten an die Galater finden wir eine Illustration in Römer 15,26.27. Die griechischen Gemeinden hatten das Evangelium von den Judenchristen empfangen, und in dankbarer Anerkennung des durch sie empfangenen Segens hatten sie Sammlungen veranstaltet, deren Betrag Paulus selbst nach Jerusalem überbringen wollte.
Obwohl in den Worten: „Es hat ihnen wohlgefallen“, die Freiwilligkeit ihrer Gaben betont wird, so weist der Apostel doch mit Nachdruck darauf hin, daß sie dazu verpflichtet waren, weit sie dafür tatsächlich Schuldner waren, und er beweist dieses damit, daß, wenn sie, „die Nationen, ihrer geistlichen Güter teilhaftig sind, sie schuldig sind, ihnen auch in den leiblichen zu dienen.“ Die geistlichen Güter sind unendlich höherer Art als die fleischlichen, und wenn sie deshalb auch nicht durch irdische und leibliche erstattet werden können, so sollen sie doch durch solche erwidert werden. Die Abtragung dieser Dankes- und Liebesschuld war dem Apostel so wichtig und köstlich, daß er sie selbst nach Jerusalem bringen wollte.
Diesen hier niedergelegten Grundsatz, daß das Teilhaftigwerden der geistlichen Güter die Schuldverpflichtung, mit den leiblichen zu dienen, in sich schließe, hat Gott an vielen Stellen des Alten und Neuen Testamentes niedergelegt.
Wie wenige unter den Kindern Gottes beachten es, daß der HErr „verordnet“ hat, daß die, die das Evangelium verkündigen, auch vom Evangelium leben sollen. (1. Kor. 9,14.) Gilt diese „Verordnung“ des HErrn dem Volke Gottes heute nicht mehr? Die Schrift fragt: „Wer einen Weinberg pflanzt, ißt er nicht von dessen Frucht, und wer eine Herde weidet, isset er nicht von der Milch der Herde?“, und sie fragt weiter, ob Gott für die Ochsen besorgt ist, wenn Er spricht: „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden.“ „Spricht Gott das nicht durchaus um unsertwillen?“ (1. Kor. 9,7-9.)
Wenn die Korinther etwa meinen sollten, daß dies etwas Großes sei, so zeigt ihnen Paulus, daß das wirklich Große nicht das Leibliche, sondern das Geistliche sei. Sie sollten es sich einmal selbst be
Antworten, ob, „wenn sie ihnen das Geistliche gesät hätten, es ein Großes sei, wenn sie ihr Fleischliches ernteten“. (1. Kor. 9,11.)
v. d. K.

Und welch eine Entsagung setzt der so nötige Reisedienst zur Verkündigung des Evangeliums und zur Ermunterung und Befestigung der Gläubigen voraus; wochen-, ja monatelange Trennung von Weib und Kindern, die auch des Mannes und Vaters bedürfen, Ermüdung der Reise, Frost und Hitze, mangelnde Körperpflege, dazu die ständige Sorge um die Versammlungen und die zur Aussprache kommenden Seelen, das alles muß der Diener am Wort freudig auf sich nehmen. Sind wir uns dessen bewußt, daß das alles uns eine große Schuld auferlegt, die wir abzutragen haben in der Liebe Christi?

Ein Bruder sagte mir einmal: „Als ich mich entschloß, ganz in den Dienst des HErrn zu treten, da war mir klar, daß wir trocken Brot essen müßten.“ Und er hat sich nicht getäuscht. Welch eine Schuld ist da unbeglichen geblieben!

Zur Unterweisung im Worte gehört aber auch der schriftliche Dienst. Auch er kann nur mit viel Gebet und aus einem liebenden Herzen getan werden, das von Eifer für das Werk des HErrn und Sein geliebtes Volk erfüllt ist. Lies einmal in Kol. 1,20 - 2,3, wie das Herz eines wahren Dieners Christi bewegt ist. Da läßt sich mancher jahrelang Schriften schicken, ohne je zu bedenken, was sie den Herausgeber und Verfasser an Liebesarbeit gekostet haben, gar nicht zu sprechen von den Kosten des Papiers, des Druckes und des Versandes. Wenn die Liebe Christi die Herzen erfüllte, so hätte jener auch an den Lohn gedacht. Gedankenlosigkeit ist auch Lieblosigkeit. Denn das ist doch wohl nicht der Gedanke gewesen: „Gehet hin in Frieden, wärmet euch und sättigt euch.“ (Jak. 2,16.) Sonst ist ja der Glaube tot!1

1

Auf ausdrücklichen Wunsch des teuren Verfassers haben wir auch diesen Absatz seines ernsten Aufsatzes - wie überhaupt den ganzen! - unverändert gelassen! Wir glauben das sagen zu müssen, damit keiner der Leser unserer „Handreichungen“ meine, wir wollten ihn auf diese Weise „mahnen!“ (A. v. d. K. u. F. K.)

Christus wird uns keinen Lohn vorenthalten. Er sagt: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird.“ (Offenb. 22,12.) „Irret euch nicht, Gott läßt Sich nicht spotten! Denn was irgend der Mensch sät, das wird er ernten.“ (Gal. 6,7.) Das steht in Verbindung mit der Schuld gegen die, die da im Worte unterweisen. Das wollen wir wohl beachten. Wie wird unsere Ernte sein? „Wer da sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten.“ (2. Kor. 9,6.) O, daß unsere Ernte doch reich sei! Ja, Brüder, laßt die Liebe Christi unsere Herzen und unser Leben regieren, laßt uns alles selbstsüchtige Wesen, das nur an sich selber denkt und für sich selber besorgt ist, als mit Christo Gestorbene verurteilen, und daß Christus durch den Glauben in unserem Herzen wohne, indem wir in Liebe gewurzelt und

gegründet sind. (Eph. 3,17.) Er, der in Gestalt Gottes war, hielt das Seine nicht wie einen Raub fest, sondern entäußerte Sich Selbst bis zum Tode am Kreuze. (Phil. 2,6-8.) So hat auch Paulus gehandelt. Deshalb kann er schreiben: „Seid meine Nachahmer, wie auch ich Christi.“ (1. Kor. 11,1.)

Wir sind schuldig, für die Brüder selbst das Leben darzulegen, denn Er hat Sein Leben für uns dargelegt (1. Joh. 3,16.) Und da sollten wir nicht an den Bedürfnissen der Heiligen teilnehmen, die uns dienen in der Liebe Christi, wenn Gott uns allerlei Gutes zur Verwaltung anvertraut hat?! „Brüder, laßt uns nicht lieben mit Worten, noch mit der Zunge, sondern in der Tat und Wahrheit.“ (1. Joh. 3,18.) So werden wir keinem anderen etwas schuldig bleiben als nur Liebe. Diese Schuld freilich endet nie; aber da wir in Christo sind, dem ewigen Quell unveränderter Liebe, dürfen wir auch aus Seiner Fülle täglich schöpfen Gnade um Gnade, um diese Schuld einzulösen. Seine Liebe aber höret nimmer auf!

W. v. S.

„Was suchst du?“ -

„Ich suche meine Brüder!“

1. Mos. 37,15.16.

Unser geliebter HErr hatte mit der Samariterin am Jakobsbrunnen (Joh. 4) jene kostbare Unterredung gehabt, die deren Bekehrung zur Folge hatte, wodurch dann in den nächsten zwei Tagen „noch viele mehr“ (V. 41)

die Stadt gegangenen Jünger von ihren Einkäufen zurückkehrten und den HErrn im Gespräch mit einem Weibe fanden, da heißt es, „verwunderten sie sich ...; dennoch sagte niemand: was suchst Du?...“ (Joh. 4,27.) Ach, die Geliebten des HErrn verstanden ihren Meister damals noch so gar nicht. Hätten sie Ihn doch gefragt! Vielleicht dachte später Johannes, als er diese Worte unter der Inspiration des Geistes niederschreiben mußte, daran, daß er und seine Mitjünger dem teuren HErrn damals nicht den Liebesdienst getan hätten, den jener Mann in der Geschichte 1. Mos. 37 dem Joseph, dem wunderbaren Vorbilde auf den Herrn Jesus, tat, als er den suchenden jungen Mann in dem bunten Leibrock fragte: „Was suchst du?“ Joseph, der wie der Herr Jesus das ganze Wohlgefallen seines Vaters hatte - wovon der so oft erwähnte Leibrock ein Bild ist -, war von Jakob ausgesandt, nach dem Wohlergehen seiner Brüder zu sehen, und voll heiligen Eifers machte der getreue Sohn und liebevolle Bruder sich auf, den Dienst der Liebe auszuführen. Welch ein Vorbild ist er doch auf den herrlichen Heiland, der auch gesandt wurde vom Vater, um nach denen zu sehen, die das Wort „Sein Eigentum“ - die Seinen (das bezog sich zunächst auf Israel) nennt, die Ihn aber nicht aufnahmen (Joh. 1,11ff.). In noch unendlich höherem Maße lag Seinem himmlischen Vater wie Ihm Selber unser Wohlergehen, die wir einst „Seine Brüder“ von Ihm geheißen werden sollten (Hebr. 2,11), am Herzen! Wie sehr, das sehen wir z. B. am Jakobsbrunnen! Und hätten Seine Jünger Ihn gefragt, gleichsam in biblischer Erfüllung jenes vorbildlichen Wortes aus 1. Mos. 37,15: „Was suchst Du?“ - welch köstliche Antwort wäre ihnen wohl geworden! Aber sie fragten nicht! Ob sie es

nicht wagten? Oder ob sie zu teilnahmslos waren, wie später, als der HErr wünschte, gefragt zu werden: „Wo gehst Du hin?“, und Ihm auch dort diese Liebesfrage nicht zuteil wurde? (Joh. 16,5.) Einerlei - aber Er konnte ihnen nicht das sagen, was Sein liebendes Herz wie einst das des Joseph erfüllte - sie hätten Ihn damals doch nicht begriffen.

Aber in Joseph - dem Vorbild - sehen wir die Gefühle Seines Herzen: „Ich suche Meine Brüder!“ An diesem köstlichen Wort können auch wir alle für uns lernen, sei es, daß wir's anwenden auf den Dienst der Liebe, des Besuchens, des Stärkens, Ermutigens, den wir denen zuteil werden lassen, die schon unsere Brüder sind, auf jenen Dienst, den Paulus und Barnabas (Apgesch. 15,36) tun wollten, oder daß wir nach unseren Brüdern Sehnsucht haben, um selber durch sie und ihren Dienst der Liebe ermutigt zu werden - wie es dem Paulus geschah in Apgesch. 28,15 -, sei es, daß wir die zu finden uns bemühen, die Gott uns aus der Welt als unsere Brüder schenken will, an denen Seine Gnade wirkt, um sie zu erretten.

Doch laßt uns jetzt nicht so sehr an das denken, was, wie gesagt, wir für uns aus jenem Wort lernen können - laßt uns vielmehr noch ein wenig schauen und bewundern, wen und wie Er suchte - sowohl Joseph im Vorbilde als auch Er, Jesus, der HErr und Heiland der Sünder!

Wir lesen, daß Joseph auf dem Felde herumirrte! Warum? Ach, er fand seine Brüder nicht da, wo er sie suchte! Sie hatten sich von dem Platz - Sichem -, wo sie nach des Vaters Meinung waren, seine Herden zu hüten, eigenmächtig entfernt und waren nach Dothan gezogen.

1

Ich glaube, wir dürfen diese praktische Nutzanwendung von jenem Platzwechsel der Brüder Josephs wohl machen, wenngleich für uns Gläubige auch „Sichem“ nicht der Ort ist, an dem Gott uns sehen will. Jakob hatte vordem dort ein Feld gekauft und wohnte daselbst, ja, er errichtete sogar einen Altar dort - und befand sich dennoch nicht nach dem Willen Gottes in jener Gegend, sondern mußte vielmehr auf Gottes Geheiß nach Bethel ziehen (vgl. 1. Mos. 33-35 und siehe Seite 106ff. des Jahrbuches!); das war Gottes Platz der Absonderung für ihn und ist es im Grunde gleichsam auch für uns. Aber dennoch - die Brüder Josephs kannten damals Gott noch wenig und fragten nicht nach Seinem Willen, und so war es zunächst das Natürlichste für sie, dort die Herdedes Vaters zu hüten, wo des Vaters Besitztum lag. Der Vater jedenfalls mußte sie daselbst vermuten, sie aber zogen in Eigenwilligkeit noch weiter nördlich, d. h. noch weiter vom Vater fort, nach Dothan, und Jakobs Sorge um sie war nur zu berechtigt. (F. K.)

Welch trauriges Abbild sind sie doch von uns Menschen im allgemeinen wie auch von uns, „Seinen Brüdern“, die wir uns gleich den Menschen im Fleische oft noch so leicht entfernen von dem Platze des demütigen Gehorsams, auf dem unser Gott und Vater uns und unseren Dienst sehen will! Die ganze Menschheit hat ihren Platz, wo Gott sie sehen und segnen will, aufgegeben, und wir Gläubigen verstehen leider auch noch allzugut, uns Seinem Willen zu entziehen und Dinge zu tun, Wege zu gehen, die Er uns nicht geboten hat. Wie leicht vertauscht der Mensch „Sichem“ mit „Dothan“! Wo sind wir, geliebte Leser? Sind wir da, wo Gott uns sehen will, gehorsam Seiner Stimme? Weiden wir gleichsam Seine uns anvertrauten „Herden“ nach Seinem Willen da, wo die beste Weide für sie ist?1

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Ich glaube, wir dürfen diese praktische Nutzanwendung von jenem Platzwechsel der Brüder Josephs wohl machen, wenngleich für uns Gläubige auch „Sichem“ nicht der Ort ist, an dem Gott uns sehen will. Jakob hatte vordem dort ein Feld gekauft und wohnte daselbst, ja, er errichtete sogar einen Altar dort - und befand sich dennoch nicht nach dem Willen Gottes in jener Gegend, sondern mußte vielmehr auf Gottes Geheiß nach Bethel ziehen (vgl. 1. Mos. 33-35 und siehe Seite 106ff. des Jahrbuches!); das war Gottes Platz der Absonderung für ihn und ist es im Grunde gleichsam auch für uns. Aber dennoch - die Brüder Josephs kannten damals Gott noch wenig und fragten nicht nach Seinem Willen, und so war es zunächst das Natürlichste für sie, dort die Herdedes Vaters zu hüten, wo des Vaters Besitztum lag. Der Vater jedenfalls mußte sie daselbst vermuten, sie aber zogen in Eigenwilligkeit noch weiter nördlich, d. h. noch weiter vom Vater fort, nach Dothan, und Jakobs Sorge um sie war nur zu berechtigt. (F. K.)

Aber waren die Brüder auch ungehorsam und eigenmächtig fortgezogen, da war einer, der war gehorsam. „Komm, daß ich dich zu ihnen sende!“ - „Hier bin ich!“ (V. 13.) Das ist stets die Sprache derer gewesen, die Gott über alles lieben und im Gehorsam gegen Seinen Willen leben wollen (vgl. Abraham u. a.). So sprach Joseph - so sprach der wahre Joseph: „Siehe, Ich komme, um Deinen Willen, o Gott, zu tun“. (Hebr. 10,7 u. 9.) So ließ Joseph sich senden - so Christus Jesus!

„Bringe mir Antwort!“ sagte Jakob zu Joseph (V. 14). Antwort, worüber? Über das Wohlergehen der Brüder und über das Wohlergehen der Herde! Ach, was ist aus denen geworden, denen Gott einst den Garten anvertraute, ihn „zu bebauen und zu bewahren“?! (1. Mos. 2,15) Wir sehen es in 1. Mos. 3,16-19, was aus dem werden mußte, was Gott uns anvertraute: Unsere Sünde hat alles verderbt. Was konnte der HErr, gleichsam unser himmlischer

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Vgl. des Verf. Aufsatz „Rechenschaftsberichte“ in Jahrb. 9, S. 203ff.!

„Joseph“, wohl für Antwort Bringen? Was für welche brachte Er wohl, wenn Er nachts auf dem Berge mit dem Vater redete? Jener Joseph, der Sohn Jakobs, brachte gar keine, er konnte es nicht, denn Er kam nicht zu Jakob zurück - und Christus brachte Seine letzte entscheidende Antwort Am Kreuze und mit dem Kreuze! Das ist die göttliche Antwort, der göttliche „Rechenschaftsbericht“ (Hebr. 13,17)1 auf unser vermeintliches „Wohlergehen“ - unsere Sünde, unseren Jammer und das Herzeleid, das wir selber verschuldet!

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Vgl. des Verf. Aufsatz „Rechenschaftsberichte“ in Jahrb. 9, S. 203ff.!

So sehen wir Joseph herumirren auf dem Felde, da seine Brüder sein sollten, wo sie aber nicht waren. So suchte Joseph - in heißer Liebe und Sehnsucht - und fand nicht, was er suchte, da die Gegenstände seiner Liebe fort waren, und als er ihnen nachging, um sie auf das Wort jenes Mannes hin in Dothan zu finden, da war es zu seinem Verderben. So schlecht waren sie, daß sie die ihn treibende Liebe nicht erkannten, sondern gegen ihn den Anschlag, ihn zu töten, ersannen. Aber der Ratschluß Gottes ging weiter, und so konnten sie das Ärgste nicht tun. Aber was im Vorbild nicht möglich war (wie in 1. Mos. 22), das wurde im göttlichen Urbilde, in Christo Jesu, Tatsache. Sie, die Er zu retten kam, deren Wohlergehen Er suchte, denen Er in heißer Liebe nachging von Sichem nach Dothan gleichsam, die suchten Ihn zu töten! So sind wir Menschen, lieber gläubiger Leser, gewesen, und so sind die Ungläubigen heute noch! Wie hat Er gesucht! Wie bereitwillig kam Er auf den Willen des Vaters hin! Wie bereit war Er, Sich Selbst zu nichts zu machen, mit der Krippe vorlieb zu nehmen, Sich nach Ägypten flüchten, aus Ägypten wieder zurückbringen zu lassen (Matth. 2,19ff.), einen langen Weg äußerster Demütigung zu

gehen, ja, bis zum Tode am Fluchholz! Und warum? Alles, weil Er gekommen war wegen unseres Wohlergehens! „Ich suche Meine Brüder!“ So hast Du uns gesucht, teurer HErr, und wir sind Dir oft aus dem Wege gegangen, haben Dich verworfen und gekreuzigt, aber dennoch - Du hast uns gesucht und gefunden, Preis sei Dir! Aber wie Joseph im Vorbilde gleichsam für den Vater tot sein mußte, bis er einst die Brüder wirklich fand, ja, ihre Herzen gewann - so mußte Er, der geliebte HErr und Heiland, tatsächlich Sein Leben lassen für uns, um uns zu finden und zu „Brüdern“ gewinnen zu können. Ihn, Joseph, haßten seine Brüder um des Wohlgefallens des Vaters willen an ihm, vermochten ihn nicht einmal zu grüßen (1. Mos. 37,3), und Ihn, den HErrn, „grüßte“ einer Seiner Jünger mit dem Kuß, als er Ihn verriet (Matth. 26,48-50; Mark. 14,44.45; Luk. 22,47.48) - welche Heuchelei! Schlimmer noch als jener Haß, der die Brüder hinderte, Joseph zu grüßen. Und dennoch suchte Joseph seine Brüder, ging ihnen nach ohne Erbitterung, in Liebe und Treue, ja, und wie hat Er, der Heiland, am Kreuz für Seine Feinde gebetet und ihnen nach Seinem Hingang durch den Heiligen Geist das Evangelium verkündigen lassen, die Frohbotschaft der Liebe Gottes!

O, daß wir diese Liebe mehr bewunderten und anbeteten im Staube vor Ihm, der uns zu suchen kam in dieser feindlichen Welt, deren Haß Er vom ersten Tage Seines Menschseins erfuhr! O, daß wir dankbarer wären für diese uns nachgehende Liebe, mit der Er uns - Seine Feinde, aber dereinstigen Brüder - suchte trotz unserer bösen, abtrünnigen Wege, trotz unseres Eigenwillens und unserer Feindschaft gegen Seinen Vater und gegen Ihn! (Vgl. die üble Nachrede über den Vater, die Joseph, den die Sünde

Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar Seine Wege!“ (Röm. 11,33.)

Nicht nur schauen wir Seine Vollkommenheit in Seinen Wegen, wir sehen auch eine zu bestaunende Harmonie in den Absichten und Auswirkungen Seiner Wege, die Er uns, nachdem wir Sein Eigentum geworden sind, gehen läßt, damit wir lernen, den schmalen Pfad des Glaubens in der Absonderung von der Welt zu wandeln und bewußter als solche zu leben, die mit Christo gestorben sind. - Und noch mehr: wir lernen auch durch die Schriften die Art der Wege Gottes kennen, daß sie in tiefe Wasser gehen (Ps. 77,19; 130,1) und daß sie doch eitel Güte und Weisheit sind. (Ps. 25,10.) Wohl gehören wir, die Kinder Gottes der endgeschichtlichen Zeit, nicht dem Alten Bunde an; aber deswegen, weil wir begnadigt sind, Glieder Seines Leibes, Seiner Gemeinde zu sein, dürfen wir uns doch nicht falschen Vorstellungen hingeben, wenn Gottes Weisheit auch mit uns Wege durch tiefe Wasser geht.

Wenn die Schrift in Spr. 8,22 vom Anfang Seines Weges spricht, so berichtet sie uns als erstes, daß Seine Weisheit da war - in Erscheinung trat, sich kund gab1. Die göttliche Weisheit fand ihr Entzücken bei den Menschenkindern (V. 31), und so vollkommen offenbarte sie sich in ihrem Walten über Menschenkinder, daß (so dunkel auch ihre Wege uns sein mögen) der Psalmist bekennen muß: „Jehova ist gerecht in allen Seinen Wegen und gütig in allen Seinen Taten“ (Ps. 145,17). Wohl tönen von diesen Wegen auch Seufzer und Klagen heiliger Menschen Gottes zu uns herüber, aber wenn wir das Ende des HErrn mit ihnen anschauen, so werden wir ermutigt, auf den Wegen

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Von der Weisheit wird hier personifiziert - verkörpert gesprochen.

Gottes mit uns nicht mutlos noch müde zu werden. Beispiele der Schrift in Fülle sagen uns, wie andere aus- und durchgehalten haben zu ihrem Heile und zu ihrer Vollendung.

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Von der Weisheit wird hier personifiziert - verkörpert gesprochen.

Den Erzvater Jakob führte der HErr so tief hinab, daß der werdende Israel klagte, sein Leben sei ein Weinen gewesen. Gottes Weg war mit ihm deshalb so tief, weil der Weg von „Jakob“ zu „Israel“ so weit war. -

Dem Hiob schlugen die Wogen der Trübsale so über sein Haupt zusammen, daß er einmal wünschte, er wäre nie geboren. Und doch ist er ein Bild der Geduld; eine Tatsache, daß der HErr mit jedem Seiner Kinder noch viel vorhat. Hiob ist eine Verwerfung aller Versuche, dem Menschen das Recht zu gestatten, die Wege zu richten, die der HErr nach Seiner ewigen Weisheit und Gnade zu gehen Sich vorgenommen hat.

Mose, der treue Knecht Gottes, beschreibt sein Leben als Mühe und Arbeit; welche eigenartigen Wege ging der HErr mit ihm. Und was war das Ergebnis der Erziehung Gottes? Ein großer Charakter mit lebendigem Rechtsgefühl, Ehrlichkeit und Sittenreinheit, aber auch tiefer Ehrfurcht, Gehorsam gegen seinen Gott, zu dem er ein wunderbares Vertrauen hatte, sowohl hinsichtlich seines Volkes wie seiner eigenen Person.

Elias, einer der autoritätvollen Vertreter der Sache Gottes, liegt unter dem Wacholderbusch und klagt lebens- und missionsmüde: „Es ist genug!“ Auch er, der gewaltige und vornehme Prophet, hat gelernt, daß Gott nur seine Stärke ist, daß die Erquickungen des HErrn köstlich sind, wenn man in Schwermut geraten, nicht hinter die Absichten

Gottes gelangen kann. -

David, der Pilger auf ungebahntem Wege, seufzt wie keiner zuvor; wie schwere Bußstunden brachte ihm sein irrendes Fleisch, wie planmäßig hob ihn Gott von Stufe zu Stufe, wie abhängig war er von seines Gottes Gnade. Er klagt, daß hier eine Tiefe und dort eine Tiefe sei, in die zu fallen ihm drohe.

Aber diese waren alle werdende, in der Zubereitung und Gottes Schule stehende Menschen. - Aber auch unser vollkommener, hochgelobter HErr und Heiland Selbst stieg in dieses Meer der Leiden herab, und an seiner tiefsten Stelle rief Er aus: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?!“ Seine Galle und Essig hatten wir verursacht. Seine Leiden hatten wir veranlaßt. - Und doch wollte Ihn Gott also zerschlagen, - damit wir Frieden hätten, ja noch mehr, Gott wollte durch Ihn unsere zerbrochenen Herzen heilen, alles Bittere in unserem Leben süß, alles Leid lieb, alles Schwere leicht machen. Kein menschlicher Mund kann die Tiefe des Weges Gottes, als alle Wogen und Wellen über Sein heiliges Haupt gingen, schildern; wir können nur anschauen und anbeten, daß auch der Sohn des Hauses uns in unvergleichlichem Vorbilde in den vorgezeichneten Wegen Gottes voranging.

Er hat Seine Nachfolger gefunden. Die Apostel gingen einher in Mangel und Blöße, ständig standen sie in der Zubereitung, sie wurden nicht nur geachtet wie Schlachtschafe, sie suchten auch geradezu in Leiden ihrem HErrn näher zu kommen.

Und auch die Geschichte Seiner Gemeinde ist ein Weg, auf dem das Blut der Treuen, die „standhaft festhielten“ (Hebr.

3,14; 12,27), floß; ja selbst die Feinde Gottes haben es anerkennen müssen, daß der HErr in Seinem Volke zum Ziele kommt.

Und wie war nun unser Weg bisher? Haben unsere Herzen es verstanden, daß der Weg, den wir gehen, Gottes Weg mit uns ist? - Wie wird Sein Weg in der Zukunft mit uns sein? So fragen wir uns beim Beginn des neuen Jahres. Nicht anders als der der werdenden Menschen in der Vergangenheit. Gottes Wege gehen durch Sündennot, Seelennot, Todesnot, durch all das ganze tiefe Elend, das mit uns aus der Sünde heraus in die Welt gekommen ist und nun in Gottes Hand benutzt wird, uns auf die Wege unseres Gottes zu bringen. Und diese Wege Gottes, welche in tiefe Wasser gehen, führen tatsächlich in den Untergang!!! Aber nur dessen, was unsere Plage ist, - woraus all unser Elend entspringt. Aus den tiefen Wassern gehen wir immer wieder gereinigt, gestärkt, geklärt und geheiligt hervor. Es wird uns klar, daß der HErr Seine besonderen Wege hat für das Erwerbsleben, das Familienleben, in den Krankheiten unserer Lieben und des eigenen Leibes. Auch die Zeiten mit ihrem Druck, ihren Leiden sind nichts anderes als Wege unseres Gottes. Gerade durch Sündennot, durch Heiligungskämpfe, durch innere und äußere Schwierigkeiten sollen wir auf den Weg gebracht werden, der der richtige heißt. Bis dahin gibt's schwerwiegende Entscheidungen an „Kreuzpunkten“ unseres Lebensweges, innere Zusammenbrüche, Sondierungen zwischen Fleisch und Geist, ringende Gemeinschaft mit dem HErrn, Opfer, Anbetung usw. Wie wird's sein, wenn der Vorhang fällt -!? Meine Wege gingen durch tiefe Wasser, ich mußte klagen: der HErr hat mein vergessen, der HErr hat mich verlassen; aber sie waren

eitel Gnade und Treue. Er ist in allen Seinen Wegen heilig und löblich in allen Seinen Werken. Er hat alles wohl gemacht. Gebt unserem Gott die Ehre!

Aber bis dahin gibt's auch Erquickungen vor und von Seinem Angesicht. Jakob wartete „nur noch“ auf das Heil; Mose bewunderte bis in seine letzte Stunde die Liebe Gottes „zu Seinen“ Heiligen; Hiob sah in den verschlungensten Pfaden den Erlöser, der als „letzter Mann“ auf der Erde stehen würde; Elias wurde „reif für die Himmelfahrt“; Paulus weiß es noch herrlicher auszudrücken: „Ich weiß, wem ich mein Vertrauen geschenkt habe“. Er läßt sich genügen an der Gnade, die in den Schwachen mächtig ist.

Und wir? Wir wollen unsere Augen fleißig salben in der Erkenntnis des HErrn, uns vorn Staub der Erde reinigen und auf den HErrn mit kindlichem Vertrauen blicken. Er, unser Vater in Christo Jesu, hält die Zügel der Weltregierung fest in der Hand und wird das Recht der Erziehung Seiner Kinder Sich nicht aus den Händen nehmen lassen. Er rettet, auch wenn Er richtet, segnet, auch wenn Er straft, ja, Er kann selbst das Übel in den Dienst Seiner Liebe stellen, Selbst die Torheiten und Sünden der Menschen zu ihrem Heile lenken. Darum ruhe, liebes Gotteskind, wie ein Kind in deines Vaters Rat und Willen; du bist nicht verlassen in den Nächten und Stürmen deines Weges! Er gibt dir Brot vom Himmel und Wasser in der Wüste aus dem Felsen, dein Mara und dein Elim sind dir von Ihm bestimmt. Seine Wege können nur von hinten im Nachschauen gesehen und verstanden werden. Darum lies aus deinem vergangenen Leben die Gnade und Treue deines Gottes und wandere fröhlich

weiter! - (Ps. 55,22.)

Ed. v. d. K., H.

Der Hirte und Aufseher unserer Seelen.

(1. Petr. 2,25.)

„Hirte und Aufseher unserer Seelen“ wird der Herr Jesus in 1. Petr. 2,25 genannt, und wahrlich, Er ist das, was dieser Titel von Ihm sagt. Er Selbst bezeichnet Sich in Joh. 10,11 als „den guten Hirten“. Es ist der Mühe wert, Ihn in dieser Tätigkeit als Hirten anzuschauen. Wir werden Seinen Hirtendienst am besten verstehen, wenn wir einige Vorbilder des Alten Testamentes betrachten.

Der erste Hirte, den uns die Schrift zeigt, war Abel (1. Mos. 4,2.4). Von ihm lesen wir, daß er ein Schaf seiner Herde opferte. Ein Schaf starb dort für seinen Hirten. Auf Golgatha aber starb der gute Hirte für Sein Schaf.

Jakob war ein Hirte, und bei ihm finden wir den besonderen Charakterzug der VerAntwortlichkeit des Hirten, und darin ist er ein Vorbild auf den HErrn. In der Antwort, die er Laban gab, kommt diese persönliche VerAntwortlichkeit für die Sicherheit eines jeden Schafes zum Ausdruck. Er erkennt an, daß Laban den Verlust eines jeden Schafes, mochte es bei Tage oder Nacht gestohlen sein, von seiner Hand fordere (1. Mos. 31,39; Hes. 34,10a). Wie köstlich ist uns diese Tatsache, wenn wir sie auf den guten Hirten anwenden, der uns Selbst versichert, daß Er Seinen Schafen ewiges Leben gibt und daß sie nicht verloren gehen ewiglich und niemand sie aus Seiner Hand rauben wird. (Joh. 10,28.)

Eine solche weitgehende Sicherheit vermochte Jakob seinen Schafen nicht zu bieten; ihm sind sicher Schafe verloren gegangen. Aber unser Hirte sagt: „Ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ist verloren“ (Joh. 17,12). Welche Sicherheit finden wir bei Ihm! Darum dürfen wir mit Paulus sagen: „Ich bin überzeugt, daß Er mächtig ist, das Ihm von mir anvertraute Gut auf jenen Tag zu bewahren“ (2. Tim. 1,12). Der Herr Jesus, der am Kreuze Sein Leben für uns ließ, macht aller Furcht ein Ende. Wir dürfen Ihm völlig vertrauen.

Ferner lernen wir an Jakob die Mühen eines Hirten kennen (1. Mos. 31,40). Er erduldete die Hitze des Tages und den Frost der Nacht, und seine Augen kannten keinen Schlaf, wenn es galt, seine Herde zu bewahren. Welch ein herrliches Vorbild von dem aus den Toten wiedergebrachten großen Hirten der Schafe! (Hebr. 13,20.) Von den Hirten zu Bethlehem (Luk. 2,8) wissen wir, daß sie ihre Schafe in der Nacht hüteten. Der Schlaf muß also wirklich von ihren Augen geflohen sein. Von unserem großen Hirten, der nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlegte, lesen wir, daß Er die Nächte im Gebet für die Seinen verbrachte. In jener Sturmesnacht, als die Jünger auf dem Meere waren, trat Er betend auf dem Berge für sie ein (Mark. 6,46.47). Da finden wir das Wort des Psalmisten bestätigt: „Dein Hüter schlummert nicht. Siehe, der Hüter Israels, nicht schlummert noch schläft Er“ (Ps. 121,3.4).

Eine andere Seite, die Treue des Hirten, finden wir in Lukas 15,4: „Er geht dem Verlorenen nach, bis Er es findet“. Seine Treue kennt keine Grenzen. Hast du es nicht schon erfahren, daß der Herr Jesus dir so wie einst dem

Petrus nachging? Bist du nie von Ihm zurückgebracht worden? Er spricht: „Du hast Mir zu schaffen gemacht mit deinen Sünden, du hast Mich ermüdet mit deinen Missetaten“ (Jes. 43,24b). Aber Er scheute keinen Weg, bis Er dich fand. Gelobt sei Gott, unser Vater, der uns einen solchen großen Hirten aus den Toten wiedergebracht hat. Sage, lieber Leser, möchtest du einen anderen Hirten haben?

Wieviel hatte Paulus in diesen Dingen von seinem HErrn gelernt. Auch er wußte etwas von Arbeit und Mühen, von Wachen oft, von Hunger und Durst, von Fasten oft, von Kälte und Blöße, von Mühen und Beschwerden, von Arbeit der Nacht und des Tages zu sagen. (2. Kor. 11,27; 1. Thess. 2,9; 2. Thess. 3,8.) Möchten auch wir etwas davon lernen, damit der HErr auch uns Seelen anvertrauen kann!

In den wenigen Worten Jakobs an Laban finden wir aber auch die Freude eines Hirten ausgesprochen. Freilich, von dieser Freude konnte Laban nicht viel verstehen und Jakob nicht viel mit ihm reden, aber er deutet sie an, indem er sagt: „Ich diente sechs Jahre um deine Herde“ (1. Mos. 31,41). Welche Mühsal schlossen diese sechs Jahre in sich; sechs Winter mit seinem Frost und sechs Sommer mit sengender Glut und viele Nächte ohne Schlaf. Aber alles das erduldete er um der Freude willen, eine eigene Herde zu besitzen. Wie läßt uns dies das Herz unseres HErrn und Heilandes verstehen, wenn wir von Ihm lesen: „Welcher, der Schande nicht achtend, für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz erduldete“ (Hebr. 12,2). Das gibt uns einen Blick in das Herz unseres HErrn. Nicht nur Mühsal, nicht nur Frost und Hitze, nicht nur Schmach, Schande, Spott und Hohn, Hunger und Durst,

sondern sogar den schrecklichen Tod am Kreuze, das Verlassensein von Seinem Gott, konnte Er erdulden um dieser Freude willen. Um dieses Schatzes willen verkaufte er alles und erwarb den Acker (Matth. 13,44.46).

Müssen wir uns angesichts dieser Tatsache nicht die Frage vorlegen: verstehen wir den Wert, den Seine Gemeinde in Seinen Augen hat? Wenn wir davon etwas verstehen, wie werden wir dann auf diese Seine Freude eingehen und durch die Sorge um Seine Gemeinde suchen, Ihm diese Freude zu vergrößern. Paulus wußte und teilte etwas von dieser Freude seines HErrn. Er konnte seine geliebten und ersehnten Brüder seine Freude und Krone nennen und ihnen zurufen: „Stehet fest in dem HErrn, Geliebte!“ (Phil. 4,1.)

Schließlich spricht Jakob auch von dem Lohn eines Hirten. Es waren ernste Worte, als er zu Laban sagte: „Du hast meinen Lohn zehnmal verändert ... du würdest mich leer entlassen haben“ (1. Mos. 31,41.42). Mit wieviel Mühe und Arbeit hatte Jakob dem Laban gedient, aber zehnmal veränderte er seinen Lohn; er wollte ihn leer ausgehen lassen. Lieber Miterlöster, wieviel Mühe und Arbeit hat der HErr mit dir gehabt! Nun frage ich dich, welchen Lohn hat Er von dir empfangen? Womit hast du Seiner Liebe und Treue gelohnt? Was tust du für Ihn? Ach, wie oft gleichen wir Laban, der den Lohn zehnmal verändert. Möchten diese Worte zu unserem Herzen reden! Ich denke an die große Zahl derer, denen unser Hirte in Seiner Treue in der Kriegszeit nachging, auf dem Krankenbette oder an einem offenen Grabe, die Ihm den Lohn der völligen Hingabe versprachen. Aber wie ist er verändert worden. Laban erwiderte nichts auf die Worte Jakobs; er wußte, sie waren

Wahrheit. Wie oft müssen auch wir schweigen, wenn der HErr uns fragt und unserem Herzen unseren Undank aufdeckt. Wie steht es mit unserer Liebe zum HErrn? Er sagt: „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten“ (Joh. 14,23).

Wenn Laban auch gedachte, Jakob leer zu entlassen, so sorgte Gott doch für ihn. So wird es auch mit unserem großen Hirten sein; Er wird von der Mühsal Seiner Seele Frucht sehen und Sich sättigen. Gott wird Ihm die Großen zuteil geben, und mit Gewaltigen wird Er die Beute teilen; dafür, daß Er Seine Seele ausgeschüttet hat in den Tod und den Übertretern beigezählt worden ist. (Jes. 53,11.12.) Und der HErr spricht von uns, den Seinigen, als von denen, die der Vater Ihm gegeben hat. (Joh. 17.) Ja, bald wird Er als der Erz- und Oberhirte (1. Petr. 5,4) wiederkommen, und dann wird Sein Lohn offenbar werden. Aber unser gesegnetes Teil ist es, jetzt schon zu erkennen, daß wir Ihm geschenkt sind. Können wir dann noch für einen anderen da sein? Denke daran, du bist Ihm gegeben. Was wird das sein, wenn der HErr erscheint, um verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben!

Nun laßt uns noch zum Schluß die Antwort Jakobs an Esau betrachten. Sie zeigt uns die zarte Sorge eines Hirten um Seine Herde. Er sagt: „Mein HErr weiß, daß die Kinder zart sind und ich säugende Schafe und Kühe bei mir habe. Wenn man sie nur einen Tag übertriebe, so würde die ganze Herde sterben“ (1. Mos. 33,13). Mit welcher sorgenden Liebe umgab er das Kleine und das Schwache in seiner Herde. Sie sind seinen Augen nicht zu gering, über sie hinweg zu sehen. Er selbst sagt: „Sehet zu, daß

ihr nicht eins dieser Kleinen verachtet“. Und Jesaja sagt prophetisch von Ihm: „Er wird Seine Herde weiden wie ein Hirt, die Lämmer wird Er in Seinen Arm nehmen und in Seinem Busen tragen, die Säugenden wird Er sanft leiten“ (Jes. 40,11). Jakob sagte: „Wenn man sie nur einen Tag übertriebe, so würde die ganze Herde sterben.“ Wie anbetungswürdig sind diese Worte, wenn wir sie auf den HErrn deuten. Gibt es etwas, was uns mehr Freude geben könnte als der Gedanke: „Der HErr hat das Weh und die Last dieses Tages abgemessen, damit sie nicht über meine Kräfte gehen“? (Ps. 68,19.) David preist den HErrn dafür. Er sagt: „Gepriesen sei der HErr! Tag für Tag trägt Er untere Last.“ Wir möchten gern die Lasten von zwei Tagen auf uns nehmen, aber der HErr sagt: „Jeder Tag hat an seinem Übel genug“ (Matth. 6,34). Laß dies Wort, mein teurer Mitpilger, zu deinem Herzen reden! Nicht „einen Tag“ wird er uns „übertreiben“. Glaubst du dies? Sage es dir auf deinem Schmerzenslager, rufe es deinem Herzen zu in der Bedrängnis oder Verfolgung; sage es dir täglich: der HErr geht keinen Schritt mit dir weiter, als du es zu ertragen vermagst.

Jakob sagte ferner: „Nach dem Gange der Kinder will ich einhergehen“ (1. Mos. 33,14). Ja, so viel Sorgfalt wendet der Hirte den Schwachen zu. O, daß wir doch auch hierin von Ihm lernen möchten und den Gang der Schwachen im Glauben nicht übertreiben. Auch in diesem Stücke hat Paulus von dem HErrn gelernt.

Nur einige Augenblicke haben wir uns mit dem HErrn als den „Hirten und Aufseher unserer Seelen“ beschäftigt. Und wie haben wir es bestätigt gefunden, daß Er diesen Titel in Wahrheit trägt. Gelobt sei Sein Name!

B. Tpk.

Nicht mehr Fremdlinge, und doch Fremdlinge.

„Also seid ihr denn nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht, sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.“ (Eph. 2,19.)

„Und sie bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde seien.“ (Hebr. 11,13.)

„Geliebte, ich ermahne euch als Fremdlinge und als die ihr ohne Bürgerrecht seid.“ (1. Petri 2,11.)

Wenn wir Epheser 2,19 mit Hebräer 11,13 und 1. Petri 2,11 aufmerksam vergleichen, so finden wir einen kostbaren Gegensatz, der uns einen Ausblick eröffnet über unseren einstigen und jetzigen Zustand. Im 2. Kapitel des Epheserbriefes führt Gottes Geist uns diese beiden Zustände in wunderbarer Weise vor die Seele. Wie tief muß doch Paulus, dieser einst so stolze Pharisäer, die Verdorbenheit des gefallenen Menschen erkannt haben, daß Gott ihm diese Dinge offenbaren konnte. Die Verse 1-3 und 11-12 beschreiben in geradezu erschütternder Weise, was wir einst waren. Einen Gedanken möchte ich daraus besonders hervorheben.

Nach Vers 12 waren wir „Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung“. Wir hatten keinen Anteil daran. Gott hatte Sie Israel gegeben, kostbare Verheißungen in der Form eines Bundes. Wir aber waren ohne Hoffnung und ohne Gott in der Welt. - Israel war nicht ohne Gott in der Welt; sie kannten Gott, der ihr

Leben, ihr Verhalten, ihre Gottesdienste, ihr Erbe bestimmt hatte, aber wir, die Nationen, hatten weder Teil noch Los daran. - So entfremdet waren wir den Bürgerrechten des Volkes Gottes, daß wir wohl hier und da etwas von der Herrlichkeit der Kinder Gottes hörten, aber einen kostbaren Schatz sahen wir nicht darin. Achtlos gingen wir daran vorüber. So wie ein heimatloser, müder Wanderer die staubige Landstraße entlang pilgert, so gingen unsere Tage, so floß unser Leben dahin. Der Staub dieser Erde war unser Element. Wir waren Fremdlinge!

Aber der Apostel bleibt nicht bei diesem „Einst“. Er kennt auch ein „Jetzt“. Die Verse 4-10 und 13-22 reden in herrlicher Weise davon. In bezug auf unsere obigen Gedanken heißt es dann in Vers 19: „Also seid ihr denn nicht mehr Fremdlinge und ohne Bürgerrecht.“ Die Zeit unserer Fremdlingschaft ist vorüber. Wir sind keine heimatlosen Wanderer mehr. Wir haben Ihn, die Kostbarkeit (1. Petr. 2,7). In Ihm ist uns alles geschenkt. In Ihm haben wir, die Heimatlosen, die Fremdlinge, eine Heimat gefunden. Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, so nennt uns Sein Wort. Welch eine Gnade ist uns zuteil geworden! Im Philipperbrief sagt der Apostel: „Unser Bürgertum ist im Himmel“. (Phil. 3,20.) Ja, das dürfen wir sagen. Nicht in Stolz, als hätten wir einen Verdienst daran, nein, in tiefer Ehrfurcht wollen wir dies kostbare Recht hinnehmen. Unser HErr und Heiland hat uns von den vielen Wohnungen im Vaterhause gesagt. Durch Sein Sterben und Auferstehen hat Er uns eine Stätte dort bereitet, und bald wird Er uns dahin aufnehmen. Dem HErrn sei Lob und Dank, daß wir nun keine Fremdlinge mehr sind! Unser wartet ein Heim, ein herrliches Heim. Das Vaterhaus steht uns offen. Kind

Gottes, freue dich und frohlocke, Gott hat dir eine Heimat bereitet, so herrlich, so schön, daß keine menschliche Zunge sie beschreiben kann.

Im 21. Kapitel der Offenbarung lüftet Gott ein wenig den Schleier und läßt uns einen Blick tun in die Herrlichkeit, die Er für uns bereitet hat. Dank sei Ihm, daß wir dies kostbare Kapitel haben! Aber doch, wie arm ist unsere Vorstellungskraft, wie nichtig unsere Begriffswelt! Können wir dies fassen, was Gott uns hier sagt? Vielleicht das eine: Sie muß unbeschreiblich schön sein, diese herrliche Himmelsheimat. Und doch:

„Nicht zur Stadt mit ihren goldenen Gassen

Geht des Herzens tiefste Sehnsucht hin.

Ewig möchte Ihn ich nur umfassen,

Dessen teures Eigentum ich bin.“

Und das schönste ist: Ihre (nämlich der himmlischen Stadt) Lampe ist das Lamm. Weil Jesus der Heimat erst den wahren Wert verleiht, darum gilt es auch jetzt schon: Nicht mehr Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes; denn Er ist gegenwärtig, mitten unter uns, und bei uns alle Tage.

*

Obwohl nun der HErr gemäß Seiner Verheißung mitten unter uns ist, erblickt Ihn doch nur unser Glaubensauge. Noch sind wir nicht zum Schauen gekommen. Zwischen Ihm und uns steht noch als letzte Scheidewand der Leib der Niedrigkeit. Erst wenn dies irdische Haus, diese Hütte,

Hausgenossen Gottes sein. Jetzt haben wir alles durch den Glauben.

Weil nun unser Glaube auf die ewigen Dinge gerichtet ist, ergibt sich hieraus unsere Stellung zu den zeitlichen Dingen. Die Glaubensmänner aus Hebr. 11 hatten diese Stellung erkannt und verwirklicht. Sie waren „Fremdlinge und ohne Bürgerrecht auf dieser Erde“. Auch der Apostel Petrus mahnt die Empfänger seines Briefes, Fremdlinge und ohne Bürgerrecht zu sein. Wahrlich, das ist eine ganz andere Fremdlingschaft als die vorhin betrachtete; aber sie ist durchaus folgerichtig. Sind wir wahrhaft zu Gott bekehrt und wahrhaft mit Seinem Geist getauft, ist Christus unser Leben geworden, dann ist's uns bitterernst mit dem Wort: „Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde; wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist Du doch, Gott, allzeit meines Herzens Trost und mein Teil.“ (Ps. 73,25 u. 26.) Dann sind wir „nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen“, dann gehen wir „heraus aus ihrer Mitte“ und „sondern uns ab“. (2. Kor. 6,14-18.) Dann sind uns die Freuden und Genüsse der Welt gleich einer Schale fauligen Wassers. Man mag sie nicht. Sie sind ja doch nur elende Surrogate der einen wahren Freude.

„Ein jeder liebe, was er will,

Ich liebe Jesum, Ihn, mein Ziel.“

„Wie kommt es bloß, daß ihr so gar nichts mehr mitmacht?“ so fragt man uns oft. Folgenden Fall zur Erklärung. Unter den Angestellten einer Bank befanden sich einige Gläubige. Man veranstaltete einen sogenannten „Bunten Abend“. Diejenigen von den Gläubigen, die sich

ihrer Fremdlingschaft bewußt waren und sie zur Ehre des HErrn verwirklichen wollten, machten natürlich nicht mit. Sofort Opposition bei den anderen, die sich in Spötteln, Witzeleien, oft genug auch in Gemeinheiten äußerte. Ja, woher kam es, daß diese Gotteskinder an einem so „interessanten Fest“ gar kein Gefallen fanden, daß sie sich weigerten, an Ägyptens Freudenmahl teilzunehmen? Es gibt nur eine Antwort: Für ein Kind Gottes, dem Seine unaussprechliche Gnade das Himmelsbürgerrecht geschenkt hat, geziemt es sich nicht, Dinge mitzumachen, durch welche der Fürst dieser Welt geehrt wird. Was würde man wohl von einem Deutschen halten, der im vom Feinde besetzten Gebiet entblößten Hauptes die Nationalhymne des Feindes mitsingen würde?

Geliebte im HErrn, wir sind Himmelsbürger und folglich Fremdlinge auf Erden. Möchten wir dies nie vergessen! Und sollten wir es je vergessen und uns in Lagen hineinbegeben, wo wir unseren Fremdlingscharakter verleugnen müßten, so haben wir nur den Schaden davon. Abraham hätte sich viel Herzeleid erspart, wenn er nicht auf den Rat Saras gehört hätte (1. Mos. 16,2). Laßt uns abstehen von aller Ungerechtigkeit (2. Tim. 2,19) und auch eingedenk sein des Wortes unseres HErrn und Heilandes: „Wer Mich verleugnet vor den Menschen, den will Ich auch verleugnen vor Meinem himmlischen Vater.“ (Matth. 10,33.) „Draußen sind die Feigen“. (Offb.21,8.)

Sollte es uns je schwer fallen, als Fremdlinge zu wandeln, laßt uns an das bittere Leiden und Sterben unseres Heilandes gedenken. Das tat Er für dich und für mich. Teure Schwester und teurer Bruder, sollten wir da nicht diese Zeit für Ihn als Fremdlinge in Treue und Hingebung

aushalten?

Spräch gleich das Fleisch voll Trauer:

„Denk' dir das nicht so leicht;

Der Weg ist gar zu sauer,

Das Ziel wird nie erreicht!“

Dann will ich fröhlich preisen

Die Gnade, sie reicht aus,

Will Satan von mir weisen,

Die Gnade bringt nach Haus.

Eine doppelte Fremdlingschaft konnten wir kurz betrachten. Möge der HErr uns Gnade schenken, daß wir immer mehr die Liebe erkennen lernen, die uns arme, heimatlose Fremdlinge zu Mitbürgern der Heiligen und Hausgenossen Gottes gemacht hat! Möchte unser schwacher Dank sich in einem treuen, hingebungsvollen Leben äußern, darüber geschrieben steht:

Nicht mehr Fremdlinge,

und doch Fremdlinge.

W. Hckst.

 

Das Recht der Auserwählten.

„Gott aber, sollte Er das Recht Seiner Auserwählten nicht ausführen, die Tag und Nacht zu Ihm schreien?“ (Lukas 18,7.)

Haben denn Gottes Auserwählte überhaupt in dieser Welt Rechte? Sollen sie sich mit irdischen Mitteln wehren, wenn ihnen ein Unrecht geschieht? Ist es im Einklang mit ihrem Bekenntnis als Nachfolger des Herrn Jesus, wenn sie solche, die ihnen Gewalt antun, vor's Gericht zerren? Unser HErr Selber sagte: „Widerstehet nicht dem Bösen, sondern wer irgend dich auf deinen rechten Backen schlagen wird, dem biete auch den anderen dar; und dem, der mit dir vor Gericht gehen und deinen Leibrock nehmen will, dem laß auch den Mantel.“ (Matth. 5,39.40.) Es sieht so aus, als ob die Gläubigen niemals für ihre irdischen Rechte einstehen sollen, daß sie einfach wie Schafe unter Wölfen ihren Weg zu gehen haben.

Wenn wir unseren HErrn Selber betrachten, so sehen wir, daß Ihm das allergrößte Unrecht geschah, dessen diese Welt überhaupt fähig ist, ja, sie verurteilte das fleckenlose Lamm Gottes zum schändlichsten Tode, zum Tode am Kreuze; Er Antwortete nichts darauf, sondern neigte Sein Haupt und ließ sich stumm zur Schädelstätte hinführen, betend für Seine Peiniger, als grausam die Nägel durch Seine Hände und Füße getrieben wurden.

War Er denn absolut ohne Rechte in der Welt, die durch Ihn gemacht wurde? Petrus schrieb: „Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern Sich Dem übergab, der recht richtet.“ (1. Petr. 2,23.) War Er denn als volgelfrei von der Welt erklärt? Es scheint, als ob es so wäre; ein jeder erlaubte sich, mit Ihm zu tun, was man wollte. Rechte? Haben denn die Gotteskinder Rechte, wo ihr HErr gar keine hatte? Darf nicht jeder kecke Straßenbub spöttische Bemerkungen über sie machen? Werden sie nicht als Schlachtschafe gerechnet werden?

(Römer 8,36.) Können Schafe überhaupt auf ihre Rechte pochen? Das wäre einem Schafscherer lächerlich, wenn sie das täten; ohne einen Funken von Gefühl schert er die Wolle ab, und ohne Empfinden stößt man das Schlachtmesser in den zitternden Hals.

Isaak, der ein köstliches Vorbild des Herrn Jesus ist, litt oft Gewalt in dem Lande, welches Gott ihm verheißen und auch tatsächlich gegeben hatte. Ais der König der Philister zu ihm sagte: „Ziehe weg von uns!“, zog er von dannen; hatten seine Knechte einen Brunnen gegraben und Wasser gefunden, so zankten die Hirten von Gerar darüber und nahmen ihn weg. Zweimal wenigstens geschah das, bis Gott endlich es dem nachgiebigen Isaak ermöglichte, einen Brunnen ohne Hader für sich zu behalten. (1. Mos. 26,18ff.) Ja, diese Welt möchte den Auserwählten Gottes alles wegnehmen, nicht nur Hab und Gut, sondern auch den ehrlichen Namen und den guten Ruf, und dann sagt die Schrift dazu: „Rächet nie euch selbst, Geliebte ... denn es steht geschrieben: ‚Mein ist die Rache; Ich will vergelten, spricht der HErr‘.“ (Römer 12,19.)

„Nehmen sie den Leib, Gut, Ehr', Kind und Weib,

Laß fahren dahin, sie haben‘s kein' Gewinn;

Das Reich muß uns doch bleiben.“

Was für Rechte haben denn Gottes Auserwählte? Gewiß, sie haben solche, denn ihr HErr spricht von solchen. Wir müssen sie aber auf einem anderen Gebiete suchen, in einer anderen Sphäre finden wir sie. Nicht in den weltlichen Dingen liegen sie, sondern auf dem geistlichen Gebiete. Unsere Rechte liegen auf dem Gebiete, das der

HErr uns durch Seinen Opfertod und Seine Auferstehung erworben hat. Gottes Auserwählte haben das Recht, von ihren Sünden errettet zu werden, d. h. nicht nur von der Strafe der begangenen Übertretungen, sondern auch von der Macht und Herrschaft der Sünden in dem täglichen Leben. Der Apostel schrieb: „So herrsche denn nicht die Sünde in eurem sterblichen Leibe, um seinen Lüsten zu gehorchen. - Denn die Sünde wird nicht über euch herrschen.“ (Röm. 6,12.14.) Aber es muß oft geklagt werden, daß die Sünde doch die Übermacht hat; sie verkürzt das Recht der Auserwählten Gottes. Hier denn dürfen die Gläubigen nicht ruhig sein in bezog auf ihre geistlichen Rechte; nein, sie schreien Tag und Nacht zu Gott, weil es ihr Recht ist, auf Grund des Triumphes ihres HErrn auf Golgatha über die Sünde zu herrschen. Und unser HErr fügt sofort hinzu: „Ich sage euch, daß Er ihr Recht schnell ausführen wird.“ (Luk. 18,8.)

Unser Widersacher, der Teufel selber, will immer die Auserwählten in ihren Rechten kürzen; er setzt sich gern in den allerauserlesensten Plätzen unseres Erbes in Christo fest; er will nicht zulassen, daß die Gläubigen zum vollen Genuß ihres Heils in Christo gelangen; ja, er behauptet sich sogar in Jerusalem, der Hauptstadt. Wohl nahmen die Kinder Judas die Stadt ein und steckten sie in Brand, doch trotzdem waren bald die Jebusiter wieder dort, denn es steht geschrieben: „Aber die Kinder Benjamin trieben die Jebusiter, die Bewohner von Jerusalem, nicht aus“. (Richt. 1,21.) Viele Jahre später zog David mit seinen Männern nach Jerusalem wider die Jebusiter, doch hohnweise riefen sie ihm zu: „Die Blinden und die Lahmen werden dich wegtreiben“. Aber der, welcher den Goliath geschlagen hat, nahm die Burg Zion

ein; und er wohnte in der Burg, denn David war ein Mann nach dem Herzen Gottes, also wurde er immerfort größer, und Jehova, der Gott der Heerscharen, war mit ihm. (2. Sam. 5,6-10.)

Wie viele sind zufrieden, jenseits des Jordans zu bleiben, wie Ruben, Gad und der halbe Stamm Manasse. Sie besitzen nicht geistliche Energie genug, um das verheißene Land in Besitz zu nehmen; andere kommen noch weiter und ziehen über den Jordan, doch ist die Burg in der Macht der Jebusiter, und leider lassen sie ihre Rechte in Christo fahren.

Gottes Auserwählte müssen damit rechnen, daß der Feind sich ihnen widersetzt, damit sie in ihren himmlischen Rechten verkürzt werden. Ist es im Einklang mit unseren geistlichen Rechten in Christo, daß wir so oft gleichsam in Ohnmacht sagten, daß der Feind bei dem Wiederaufbau des Tempels uns zur Einstellung der Arbeit bringt, daß die Kinder bis an die Geburt gekommen sind und keine Kraft, zu gebären, da ist? Oder daß sogar die Könige und Führer nach Babel in die Gefangenschaft geschleppt werden? Im Grunde genommen hat der Feind alle Rechte über die Gotteskinder ein für allemal verloren, indem unser HErr ihn mit seinem eigenen Schwert - nämlich durch den Tod - zunichte gemacht hat.

Wie kommen wir denn zur Verwirklichung des Sieges am Kreuze? Wie können wir dazu gelangen, daß wir nicht mehr in unseren geistlichen Rechten verkürzt werden? Unser HErr sagt uns klar, daß wir dazu kommen, indem wir Tag und Nacht zu Gott schreien. Paulus schrieb: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“. (Röm. 16,20.) Petrus ermahnte:

„Dem widerstehet standhaft im Glauben“. (1. Petr. 5,9 ) Und Jakobus schrieb: „Widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen“. (Jak. 4,7.)

In bezug auf unsere irdischen Rechte dürfen wir wohl mit den drei Glaubenshelden Antworten: „Wir halten es nicht für nötig, ein Wort darauf zu erwidern“. (Dan. 3,16.) Doch in den unsichtbaren Sachen, wo der Feind uns nicht zu unseren Rechten in Christo gelangen lassen will, da dürfen wir uns bis zum Äußersten versteifen; denn er hat kein Recht, Gottes Auserwähle zu beunruhigen, ihre geistliche Sehkraft zu verdunkeln, ihre Freude zu dämpfen, ihren Eifer im Dienst des HErrn zu lähmen und ihr Leben und ihren Wandel in den Kot zu ziehen. Nein, Gott wird ihre in Christo erworbenen Rechte in ihrem täglichen Wandel durch Seine Gnade und Kraft sichtbar hervorkommen lassen, wenn sie nur die Glaubenshände beständig zu Ihm ausstrecken; ja, Er wird das Recht Seiner Auserwählten schnell ausführen. Warum gehen sie trauernd einher wegen der Bedrückung des Feindes? (Psalm 42,9.) Ach, wie schade ist es, daß so manche von uns eingeengt und gehemmt werden von unserem Widersacher, da er doch den Todesstoß von unserem HErrn bekommen hat! Rufen wir nur aus: „Möge Gott aufstehen! Mögen sich zerstreuen Seine Feinde!“ (Psalm 68,1.) Und dann erfahren wir, daß die Könige der Heere fliehen, sie fliehen, und die Hausbewohnerin verteilt die Beute.

Und dürfen wir nicht auch sagen, daß jede Ortsgemeinde geistliche Rechte hat? Zunächst die Gegenwart des HErrn in der Mitte zu haben, wenn auch nur zwei oder drei schwache Seelen in Seinem Namen versammelt sind. Weiter die Leitung und Führung des Heiligen Geistes,

Gaben und Dienste austeilend, wie Er will. Andere Rechte sind wohl, Licht auszubreiten in der Finsternis dieser Welt, Salz der Erde zu sein, helfende Hände in jeder Richtung auszustrecken. Wieviel sind der geistlichen Vorrechte und Rechte der Gemeinde der Heiligen!

Aber gerade hier setzt der Feind seinen Widerstand ein, und leider durch Betrug, List und teufliche Schlauheit sind viele Gemeinden in ihrem himmlischen Recht verkürzt. Das Recht der Auserwählten in jeder Gemeinde ist es, daß ihre Herzen mit der Liebe zusammengeschmiedet sein sollen, denn die Liebe ist das Band der Vollkommenheit. Es ist ihr Recht, daß sie einmütig und eines Sinnes sind und einer den anderen höher achtet als sich selbst.

Der Widersacher will nicht, daß solches zustande komme, aber sein Recht, es zu verhindern, hat er verloren, nur tut er es noch, weil er ein Lügner ist und weil die Auserwählten Gottes in ihrem gemeinschaftlichen Leben geistlich zu träge oder gleichgültig sind, ihm auf ihren Knien zu widerstehen und die Stirn zu bieten. Es sollte nicht die ständige Erfahrung oder der ständige Zustand einer Gemeinde sein, ein halbkrankes Dasein zu fristen, und daß kein Jubelgeschrei wie um einen König in ihrer Mitte vernommen wird und die Mannschaft nur stehend den Schritt markiert, um dann schmählich das Terrain zu verlieren. Nein, jede Gemeinde soll wissen, was für geistliche Rechte sie in Christo besitzt, und dann dieselben bis zum äußersten verteidigen und behaupten. Dann werden die Ältesten der Gemeinde lernen, gemeinschaftlich die Füße auf die Hälse der fünf überwundenen Könige zu setzen und sie ohne Erbarmen an fünf Bäume zu hängen. (Jos. 10,24-26.)

F. Btch.

Frage und Antwort

Frage 1

Nach 3. Mose 13,9ff. ist derjenige unrein, bei dem nur ein Teil „weiß“ (nämlich von Aussatz!) ist, während derjenige, dessen ganzer Körper weiß ist, reingesprochen wurde. Wie ist das zu verstehen?

Antwort A

Daß im Alten Testament uns in sichtbaren, materiellen Dingen bildlich das gezeigt wird, was wir im Neuen Testament als unsichtbare, geistige Dinge finden, und daß auch der Aussatz- diese schreckliche, unheilbare und darum unabwendbar zum Tode führende Krankheit1 - zu diesen alttestamentlichen Bildern gehört und uns die Sünde in ihrer ausschließenden und todbringenden Wirkung zeigt, bedarf wohl nicht erst näherer Ausführung. Das zeigen uns die Schriftstellen, die vom Aussatz reden oder die Heilung Aussätziger berichten, wie 3. Mose 13 u. 14; 2. Kön. 5,6.7; Matth. 8,2-4; 11,5; Mark. 1,40-44; Luk. 5,12-14; 7,22; 17,11-19.

1

Siehe „Anmerkung des Schriftleiters“!

Der Aussatz ist eine leibliche Krankheit, deren unvermeidliche Folge der leibliche Tod ist. Wenn wir nun in dieser leiblichen Krankheit das Bild der Sünde erblicken - und es gibt kein anderes so treffendes, vollkommenes Bild wie dieses -, so müssen wir auch in dem durch sie bewirkten leiblichen Tode das Gegenbild desselben,

nämlich den als Lohn der Sünde folgenden „zweiten Tod“ (Offenb. 20,6.14; 21,8) erblicken. Dieses immer festzuhalten ist sehr wichtig! So betrachtet, ist der Aussätzige ein Bild des Sünders in seinem Zustande des Verlorenseins, also vor seiner Errettung, und der vom Aussatz Geheilte ein Bild des Erlösten, der von seinen Sünden gereinigt ist durch das kostbare Blut Christi und dadurch errettet ist vom zweiten Tode und ewiges Leben hat in Christo Jesu. „Denn der Lohn der Sünde ist der Tod, die Gnadengabe Gottes aber ewiges Leben in Christo Jesu, unserem HErrn“ (Röm. 6,23).

Wenn dieses wahr ist, wie kann dann der Aussätzige auch ein Bild eines Kindes Gottes sein, das gesündigt hat, wie manche lehren? Gibt uns das Neue Testament, in dessen Lichte wir immer die Dinge des Alten Testamentes betrachten müssen, je einen Anhalt für eine solche Anwendung? Wir finden nie im Neuen Testament das Bild des Aussatzes gebraucht, wenn es sich um Sünde von Kindern Gottes handelt, sondern das Bild vom „Sauerteig“ (1. Kor. 5,6-8; Gal. 5,9). Überhaupt finden wir im Neuen Testament „Aussatz“ oder „Aussätzige“ nie mehr erwähnt nach den Evangelien, und in letzteren nur in Verbindung mit Heilung durch den Herrn Jesus (siehe oben genannte neutestamentliche Schriftstellen) oder durch Seine Jünger (Matth. 10,8) oder in bezug auf Personen, die vom Aussatz geheilt worden waren (Matth. 26,6; Mark. 14,3; Luk. 4,27), und in allen diesen Fällen wird anerkanntermaßen ein Bild der Errettung des verlorenen Sünders vom ewigen Verderben bezw. ein Bild des von seinen Sünden gereinigten Erlösten gesehen. Darum können wir in dem Aussätzigen nie ein Kind Gottes, das gesündigt hat, dargestellt sehen, sondern immer den nicht

erretteten Menschen in seinem sündigen Zustande, in welchem er dem Tode verfallen ist und keinen Platz in der Gemeinde Gottes hat, wie 3. Mose 13 zeigt.

Die Verse 10-17 des eben erwähnten Kapitels haben wohl schon jedem sorgfältig Lesenden zu denken gegeben. Man fragt sich: Wie konnte ein Aussätziger für rein erklärt werden, wenn der Aussatz sein „ganzes Fleisch“ bedeckt? War er dann nicht in Wirklichkeit schlimmer aussätzig als vorher? Wir glauben, daß Gott uns gerade damit eine kostbare Belehrung geben will: Wenn ein solcher Aussätziger sich betrachtete, sah er an sich nichts Heiles mehr, sondern nur Aussatz, wohin immer er blicken mochte. So war er ein rechtes Bild von dem Sünder, der sich im Lichte Gottes sieht in seiner völligen Sündigkeit und seinem Verlorensein und sich nach Vergebung und Errettung sehnt. Und gerade in diesem Zustande ist er angenehm vor Gott, und so kann Gott ihm Vergebung schenken. Wenn diese Auffassung richtig ist, würde die Erklärung der Verse 10-17 folgendes sein: Wenn nur ein Teil des Körpers von Aussatz bedeckt war, ist der Aussätzige ein Bild des Sünders, der sich nicht im Lichte Gottes sieht und darum nicht seine Sündigkeit und sein Verlorensein erkennt und infolgedessen nicht als verlorener Sünder seine Zuflucht zum Herrn Jesus nimmt; er bleibt deshalb in seinem verlorenen Zustand (V. 10 u. 11). Der Aussätzige aber, bei dem der Aussatz die ganze Haut bedeckte, von seinem Kopf bis zu seinen Füßen, und bei dem sich das Übel „ganz in weiß verwandelt“ hatte, stellt den Sünder dar, der sich im Lichte Gottes erkannt hat in seiner ganzen Sündigkeit und seinem Verlorensein und darum in Buße und Glauben zum Herrn Jesus flieht. Ein solcher empfängt Vergebung und ist „rein“ (V. 12 u.

13). Ein Beispiel hiervon haben wir in der Sünderin in Luk. 7,36-50. Wenn aber bei einem solchen Aussätzigen „rohes Fleisch“ sich zeigte - ein Bild der „Gesinnung des Fleisches“ (Röm. 8,6-8) - so stellt er in diesem Zustande einen Sünder dar, der wohl sich im Lichte Gottes erkannt hat, bei dem aber die wahre Verurteilung der Sünde fehlt und daher die Gesinnung des Fleisches wieder Raum gewinnt; daher bleibt er in seinem sündigen Zustande und Verlorensein - er ist „unrein“ (V. 14 u. 15). Wenn jedoch das „rohe Fleisch“ sich änderte und „in weiß verwandelt“ wurde, so sehen wir in diesem Aussätzigen das Bild eines Sünders, der sich im Lichte Gottes erkannt hat, aber der Gesinnung des Fleisches nachgab, schließlich aber doch sich in Aufrichtigkeit beugt und zum Herrn Jesus wendet und dann Vergebung empfängt; er ist dann „rein“ (V. 16 u. 17).

Daß in den besprochenen Versen es scheinbar immer dieselbe Person ist, an der die verschiedenen Zustände gezeigt werden, soll nicht sagen, daß das darin vorgebildete Verschiedene die Erfahrung ein und derselben Person sei, denn das würde ja bedeuten, daß die Vergebung, die ein Mensch von Gott empfangen hat, und damit auch die Errettung und die Gotteskindschaft (V. 13), wieder rückgängig gemacht und aufgehoben werden könnte (V. 14.15!). Letzteres ist aber durchaus nicht der Fall, wie Gottes Wort uns zeigt (siehe Joh. 6,37-40; 10,27-30; Röm. 8,29-39 u. a. m.). Es ist vielmehr so, daß in unserem Schriftwort an ein und derselben Person verschiedene Zustände gezeigt werden, die die Erfahrung ganz verschiedener Personen sind, wie wir dies oben bei der Betrachtung der einzelnen Verse zu zeigen versucht haben. Wohl ist der in Vers 10 und 11 gezeigte Zustand

erst einmal der Zustand auch der in den folgenden Versen vorgebildeten Personen gewesen, aber die V. 10 und 11 zeigen auch den Sünder, der in dem Zustande der Sünde verharrt. Ferner ist richtig, daß die in den V. 16 und 17 vorgebildete Person vorher in dem Zustande war, der in V. 14 und 15 gezeigt wird; aber damit ist nicht gesagt, daß diesem Zustande in jedem Falle der in den V. 16 und 17 geschilderte Zustand folgen müßte, darum ist in den V. 14 und 15 zugleich der Sünder vorgebildet, der in dem gerade hier gezeigten Zustande bleibt. Nicht aber ist etwa die in den V. 12 und 13 vorgebildete Person mit den in den folgenden Versen vorgestellten Personen einszumachen, denn in ihr wird uns ein Mensch gezeigt, der sich aufrichtig vor Gott beugt als ein verlorener Sünder, und darum Vergebung empfängt: er „ist rein“ und bleibt es! Der Herr sei gepriesen!

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Wenn in den letzten Monaten Nachrichten durch christliche Blätter gingen (vgl. auch „Handr.“ 1926, 11. Lief., Umschau!), denenzufolge neuerdings ein Heilmittel gegen den Aussatz gefunden sei, das in dem Asyl „Jesushilfe“ in Jerusalem mit Erfolg angewendet worden sei, so ändert der Bericht, daß seit drei Jahren im ganzen vier Kranke geheilt seien, doch nichts an der durch die Schrift begründeten Annahme der Unheilbarkeit des Aussatzes. Denn

1. sind die Erfolge, angesichts der ungeheuren Verbreitung der Krankheit im Orient, doch noch zu gering, um darauf

werde, des Aussatzes auch nur in engen Grenzen Herr werden zu können, zumal ein späteres Widerausbrechen der Krankheit bei den Geheilten doch wohl sicher im Bereich des Möglichen liegt;

2. aber dürfen wir in diesen Einzelheilungen, wie sie in jenem Asyl zu verzeichnen sind und weiterhin vorkommen werden, vielleicht Voranzeichen der bald anbrechenden neuen Zeit des Tausendjährigen Reiches sehen, da auch die „Wüste wieder zum Fruchtgefilde“ werden soll, da der „Früh- und Spätregen“ wieder in Palästina fallen wird, da das lange dürr gewesene Land zu „Wasser-Quellen“ werden wird usw. (vgl. z. B. Jes. 35,1ff.; 41,17-20; 43,18-20; Joel 2,21ff. und viele andere Stellen!). Von all diesen zukünftigen Herrlichkeiten sind schon seit einiger Zeit leise Anzeichen vorhanden, beginnt doch sogar am Toten Meer hier und da ein Gräslein und Blümlein zu sprießen, wo jahrtausendelang alles erstarrt war.

Somit sind jene Aussätzigenheilungen, die Gott in Gnaden geschehen ließ, kein Widerspruch gegen die in der Schrift bekundeten Beweise, daß der Aussatz unvermeidlich zum Tode führe. Die Zeit ist nahe, da „Aussätzige rein werden“, wie einst zur Zeit, da der Messias, wenn auch von den meisten unerkannt, auf der Erde weilte. Daß sie es wurden, daß überhaupt keine Krankheit vor Ihm standhielt, das ward dem im Gefängnis mutlos gewordenen Herold des HErrn, dem Johannes, als Zeichen mitgeteilt dafür, daß Jesus Der, „der da kommen sollte“, auch wirklich sei! (Matth. 11,2-6.)

In den Kapiteln 13 und 14 von 3. Mose wird die Heilungsmöglichkeit noch vorausgesetzt, aber die Verordnungen geschehen ja auch zu einer Zeit, wo Israel

- wenn auch oft widerspenstig - sich doch der Gegenwart Jehovas in seiner Mitte erfreute, die (außer durch Mose in bestimmten Dingen) durch das Priestertum dem Volke vermittelt wurde. Darum war auch nur der Priester als einziger göttlich bevollmächtigter Sachverständiger medizinisch und verwaltungsmäßig zuständig für die Fragen, ob einer wirklich aussätzig sei, ob Hellung möglich sei und wie - beachte das mehrfache Einschließen für sieben Tage zur Beobachtung und gleichsam zum Abwarten, was Gott tun werde! -, ob er aus der Gemeinschaft, aus dem Lager auszuschließen, wann er wieder aufnahmefähig sei (vgl. außer 3. Mose 13 u. 14 auch 4. Mose 5,2ff. mit 5. Mose 24,8.9!).

Deswegen war es hochbedeutsam, als der Herr Jesus in der Geschichte Matth. 8,1-4 (Mark. 1,40-45; Luk. 5,12-16) dem durch Seine Hand geheilten Aussätzigen unter „Bedrohung“ befiehlt (Mark. 1,43), ohne jemand etwas zu sagen, zum Priester zu gehen und sich „ihnen zu einem Zeugnis“ zu zeigen und dann die von Mose vorgeschriebenen Opfer zu bringen (3. Mose 14). Wohlgemerkt: zu dem allein zuständigen Sachverständigen sollte der Geheilte gehen! Also noch damals, nachdem durch viele Jahrhunderte die Schrift keine Aussätzigen-Heilung berichtet hatte (vgl. auch 2. Kön. 5 mit Luk. 4,27.28!), hält Sich Jehova-Jesus an Seine eigene Verordnung, nachdem Er wieder unter Sein Volk getreten ist! Ähnlich in Luk. 17,11-19. Aber während diese Geschichte in die Endzeit Seines Wirkens fällt, wo die religiösen Führer des Volkes längst schlüssig waren, Ihn zu beseitigen, geschah jene erstere Geschichte bald nach Seinem Auftreten, wo - menschlich angesehen - viel Aussicht vorhanden war, daß Israel als Volk seinen

Messias hätte erkennen können. Ich bitte, mich nicht mißzuverstehen: ich weiß natürlich, daß die Entwicklung nicht anders kommen konnte. Nie hätte Christus über ein innerlich unerneuertes Volk König sein können; ohne Sein Kreuz gab es gleichsam keine Krone für Ihn, da ohne Sein Kreuz keine Rettung war für den Menschen im Fleisch. Und „wie hätten denn die Schriften erfüllt werden können, daß es also geschehen mußte?!'' (Vgl. Matth. 26,54.) Aber das ist erst die eine Seite, die andere ist die der menschlichen VerAntwortlichkeit, und da ist es nicht von der Hand zu weisen, daß die Entwicklung im einzelnen einen anderen Verlauf hätte nehmen können, wenn z. B. jener Geheilte gehorsam gewesen wäre und sich dem an jenem Tage diensttuenden (Luk. 1,8f.) Priester gezeigt hätte! Was hätte wohl der Priester, der, wie betont, allein zuständig war, zu beurteilen, ob jener Mann vom Aussatz geheilt sei, gesagt, wenn er ihn hätte untersuchen sollen?! Was wären für Fragen durch sein Herz gegangen?!

Was? - ein Aussätziger geheilt? Unerhört! oder - hat Jehova Sein Volk wieder besucht? - sind die Tage Elisas wiedergekommen, oder - oder ist der Tag angebrochen, von dem Moses sagte: „Einen Propheten wie mich wird der HErr euch senden ...“? (5. Mose 18,15.) Vielleicht wäre jener Priester gläubig geworden an den Messias, vielleicht durch ihn auch andere, so daß schon damals „eine große Menge der Priester dem Glauben gehorsam“ worden wäre wie Apgesch. 6,7 ...! Welch ein Segen wäre das für das arme Volk gewesen und welche Verherrlichung des teuren HErrn! - Aber der geheilte Aussätzige war nicht gehorsam! Er legte dieses „Zeugnis“, für das er VerAntwortung hatte, ihnen gegenüber nicht ab, er lief vielmehr in die Stadt, er posaunte die Tat Jesu aus im Ungehorsam gegen Ihn, und

zwar ohne daß er eine amtliche Bestätigung für seine Heilung hatte seitens derer, die berufen waren, solche zu geben. -

Wieviel Schaden wird doch oft auch heute verursacht durch ungehorsame Gläubige!

Genug davon, aber wir sehen aus diesem allem (darum habe ich so viel davon geschrieben), wie auch Antwort A zeigt, daß nur Gottes Gnade in Christo Jesu einen Aussätzigen heilen kann, d. i. aber einen Sünder, der sich, wie oben klar gesagt ist, seines Verlorenseins bewußt ist und sich zu Dem wendet, der Sünder zu erretten herniederkam.

Denn, was den Hauptteil der Frage und die obige BeAntwortung anbelangt, so bin auch ich überzeugt, daß es sich darum handelt, sich (wie ganz aussätzig) auch als ganz verloren zu sehen, um dann von dem ganzen Heiland und Seinem ganzen Opfer Gebrauch zu machen. Wer glaubt, auch nur etwas selber tun zu können („rohes Fleisch“, V. 14.15) zu seiner Rettung, der ist gerade so verloren wie einer, der nichts dazu tun kann! Aber wer dies eingesehen hat, der kann und wird eher zum Retter kommen als ein solcher, der noch irgendwie gute Werke hat, die er glaubt, Gott als Preis darbringen zu können.

Wir haben, so scheint mir, für diese Stelle im Neuen Testament eine merkwürdige Parallele in Joh. 9,39-41.

Und in dem Zöllner in Luk. 18,9-14 sehen wir - wie in der oben genannten Sünderin von Luk. 7,36-50 - einen ganz Aussätzigen, der volle Rettung und Rechtfertigung erhält, als er in dem Bewußtsein, nichts als ein Sünder zu

sein, im Tempel Gott zu begegnen sucht.

Gepriesen sei der teure Name des HErrn, der mit dem furchtbaren fressenden Aussatz der Sünde des Menschen ebenso fertig wird - aber Er allein! - wie mit dem leiblichen Aussatz, der von jeher das vollkommenste Abbild ist, das die Schrift uns gibt! Wie wunderbar ist doch Gottes Wort, und wie kostbar die herrliche Erlösung in Christo Jesu, unserem HErrn! Sind alle Leser ihrer teilhaftig?

F. K.

 

 

Frage 2

In Offenbarung 21,14 steht, daß auf den zwölf Grundlagen des Heiligen Jerusalem die Namen der zwölf Apostel des Lammes geschrieben sind. Ist der zwölfte von diesen nun der für den ausgeschiedenen Judas Ischarioth durch das Los gewählte Matthias (Apg. 1,26), oder Paulus?

Antwort

Es ist ohne allen Zweifel klar, daß Matthias an Stelle Judas von Gott bestimmt wurde. Man hat wohl das Los beanstandet.1 Doch dürfen wir nicht vergessen, daß es selbst von Gott verordnet war und von Gott anerkannt wurde (vgl. 3. Mose 16,8; 4. Mose 26,55.56; 34,13; Jos. 7,14-18; 1. Sam. 10,20.21; 14,41.42). Bezeichnend ist es, die Wahrnehmung zu machen, daß weder während Mose lebte, das Los in bezug auf eine Person geworfen wurde, noch während der HErr auf Erden war; obwohl über Sein Gewand gelost wurde (Matth. 27,35). Dies zeigt uns wieder einmal die Bedeutung von 5. Mose 18,15 und

1

Vergl. „Handr.“, Jahrb. II, Frg. 45! (D. Schriftl. F. K.)

Testament ist so ein Ausspruch gemacht worden, noch wird die Autoritäts stellung des HErrn von einem anderen Propheten so vorgeschattet, wie von Mose. Aus diesem allen ist aber nicht der Schluß zu ziehen, daß sich die Apostel geirrt hätten, indem sie Matthias durch das Los erwählten, sondern genau das Gegenteil. Sie bewiesen ihre Abhängigkeit von Gott, als der HErr die Erde bereits verlassen hatte und der Heilige Geist noch nicht ausgegossen war. Wir hören nie mehr etwas von einem Los, welches in göttlichen Dingen entscheiden durfte, nachdem der Heilige Geist gesandt war. Sie hatten die Schrift und das Los, wir haben jetzt, wie auch sie nach Pfingsten, die Schrift und den Heiligen Geist. Warum im Alten Testament durchs Los in vielen Fällen entschieden werden mußte und es ihnen nicht einfach vom HErrn offenbart wurde, auch der HErr vor Seiner Himmelfahrt nicht einfach den Jünger, welcher an Stelle Judas Apostel sein sollte, bestimmte, ist eine biblische Untersuchung, die wir in dieser Antwort nicht machen können, obwohl auch sie uns wichtig erscheint. Man hat auch die Einwendung gemacht, daß Matthias, weil er nach der Zeit von Apgesch. 1 nie wieder mit Namen genannt wird, nicht der von Gott bestimmte Apostel sein könnte, sondern vielmehr der Apostel Paulus es sein müsse. Wir erwidern darauf, daß einige von dem HErrn Selbst erwählte Apostel auch nie mehr mit Namen genannt werden. Doch finden wir die Zahl zwölf immer wieder erwähnt (Apgesch. 2,14; 6,2). So klar ist die Schrift, daß die Zwölf als Zahl selbst von Apostel Paulus 1. Kor. 15,5 genannt wird für eine Zeit, in der er selbst als Apostel noch nicht berufen war.

1

Vergl. „Handr.“, Jahrb. II, Frg. 45! (D. Schriftl. F. K.)

Unsere Beweise sind aber damit noch nicht erschöpft, um die Richtigkeit der Wahl in Apgesch. 1,23-26 zu

1

Hierbei ist, wie mir scheint, noch etwas zu beachten, denn diese Stelle 1. Kor. 15,5: „... dann den Zwölfen“ geht ja auch in eine Zeit zurück, wo nur elf Apostel vorhanden waren. Ist nun, wie manche meinen, der Sprachgebrauch der „Zwölfe“ ein so feststehender Begriff gewesen, daß auch für die - vorübergehend - unvollständige Zahl der Apostel die Zwölfzahl angewendet wurde, oder haben wir hier an anderes zu denken?
Ich will es nicht fest behaupten, aber ich stelle es zur Erwägung, ob nicht der Heilige Geist durch Paulus uns andeuten läßt, daß bei jener Gelegenheit, als der Auferstandene den „Zwölften“, d.h. äußerlich tatsächlich nur den Elfen, erschien, der zwölfte Apostel entweder (unbekannt) wirklich oder wenigstens in den Augen des HErrn dabei war! Und als das Los über die beiden geworfen ward, also als die Elfe sich gleichsam der Vorsehung Gottes überließen - weil ihnen in jenen Übergangstagen kein anderer Weg offen war - da stand Matthias längst, unerkannt und ohne es selbst zu wissen, als der Zwölfte in ihrer Mitte! Ihr Gebet „Du HErr, Herzenskündiger aller, zeige von diesen beiden den einen an, den Du auserwählt hast“ (V. 24) zeigt ja klar, daß sie selber diese Auserwählung vom HErrn als schon vollzogen hielten. - Laßt uns hierüber nachsinnen!
Wunderbar ist auch, daß sie, noch nicht unter bewußter Geistesleitung stehend, aber doch geleitet vom HErrn, dem „Herzenskündiger“, von denen, die „von Anfang an mit ihnen gegangen“ waren (V. 21), gerade diese beiden als Apostel-Anwärter aufstellten! Unser großer Gott hat Seine verborgenen Mittel, um durch die Menschen, und vorzüglich die Seinen, Seinen Ratschluß durchzuführen (vgl. Apg. 4,27-28 und 2.
Kor. 1,20 u. a.).
Der Schriftl. F. K.

begründen. Das Merkwürdigste von allem ist, daß während des Dienstes des Apostels Paulus die Zahl „zwölf Apostel“ überhaupt nicht in der Schrift erscheint. Also nur vor seiner Berufung und nach seinem Abscheiden, in Offenb. 21,14, mit Ausnahme der Stelle, die er selbst bringt in 1. Kor. 15,5, die sich aber geschichtlich auf eine Zeit vor seiner Berufung bezieht.1 Wer bestätigt in ganz besonderer Weise die Wahl des Matthias zum zwölften Apostel? Der Apostel Paulus, welcher nicht dazu gehört, den man aber gern dazu zählen möchte!!

1

Hierbei ist, wie mir scheint, noch etwas zu beachten, denn diese Stelle 1. Kor. 15,5: „... dann den Zwölfen“ geht ja auch in eine Zeit zurück, wo nur elf Apostel vorhanden waren. Ist nun, wie manche meinen, der Sprachgebrauch der „Zwölfe“ ein so feststehender Begriff gewesen, daß auch für die - vorübergehend - unvollständige Zahl der Apostel die Zwölfzahl angewendet wurde, oder haben wir hier an anderes zu denken?
Ich will es nicht fest behaupten, aber ich stelle es zur Erwägung, ob nicht der Heilige Geist durch Paulus uns andeuten läßt, daß bei jener Gelegenheit, als der Auferstandene den „Zwölften“, d.h. äußerlich tatsächlich nur den Elfen, erschien, der zwölfte Apostel entweder (unbekannt) wirklich oder wenigstens in den Augen des HErrn dabei war! Und als das Los über die beiden geworfen ward, also als die Elfe sich gleichsam der Vorsehung Gottes überließen - weil ihnen in jenen Übergangstagen kein anderer Weg offen war - da stand Matthias längst, unerkannt und ohne es selbst zu wissen, als der Zwölfte in ihrer Mitte! Ihr Gebet „Du HErr, Herzenskündiger aller, zeige von diesen beiden den einen an, den Du auserwählt hast“ (V. 24) zeigt ja klar, daß sie selber diese Auserwählung vom HErrn als schon vollzogen hielten. - Laßt uns hierüber nachsinnen!
Wunderbar ist auch, daß sie, noch nicht unter bewußter Geistesleitung stehend, aber doch geleitet vom HErrn, dem „Herzenskündiger“, von denen, die „von Anfang an mit ihnen gegangen“ waren (V. 21), gerade diese beiden als Apostel-Anwärter aufstellten! Unser großer Gott hat Seine verborgenen Mittel, um durch die Menschen, und vorzüglich die Seinen, Seinen Ratschluß durchzuführen (vgl. Apg. 4,27-28 und 2.
Kor. 1,20 u. a.).
Der Schriftl. F. K.

Nun muß die Frage behandelt werden, warum der Apostel Paulus nicht zu den Zwölfen gerechnet werden kann und darum auch nicht in der fraglichen Stelle Offenb. 21,14 in Betracht kommt.

Obwohl, wie es uns scheint, wir nicht buchstäblich an die Namen der zwölf Apostel, die mit dem HErrn in Seinem Erdenleben genannt werden, gebunden sind, da die ZwöIfzahl, die Zahl der Herrschaft, für uns das Wichtigste ist, müssen wir doch die Dienste und Aufgaben der Apostel unterscheiden. Das ist nach unserer Erkenntnis der Schlüssel zur Lösung dieser Frage. Man hat oft gesagt, daß darum, weil der Apostel Paulus nie den HErrn als Lamm bezeichnet, er in keiner Weise mit der himmlischen Stadt in der Offenbarung in Beziehung gebracht werden dürfte. Diese Behauptung ist schon dadurch hinfällig, daß nur einzig und allein der Apostel Paulus von allen Briefschreibern - von den Evangelien abgesehen - das Passah nennt: 1. Kor. 5,7 und Hebr. 11,28 (Verf. hält den Hebräerbrief unbedingt für paulinisch; die Schrift sagt nichts darüber, aber man darf es wohl annehmen! F. K.); und das Lamm war unstreitig

das Wichtigste bei der Passahfeier; oder wer wollte das Gegenteil behaupten? Wir können uns nicht zu der einseitigen Lehrauffassung bekennen, die zu beweisen sucht, daß Christus als Lamm nur in Verbindung mit Israel zu betrachten sei. Diese lieben Brüder möchten wir vielmehr fragen, wie es kommt, daß Lukas, der einzige heidnische Schreiber in der Bibel, den Herrn Jesus ausdrücklich als Lamm für einen Heiden durch den Mund eines Hellenisten, wie Philippus sicherlich war, bezeichnet. (Apgesch. 8,26-35.) Wir sind uns selbstverständlich klar darüber, daß, wenn uns Christus als Lamm vorgestellt wird, mehr das Walten und die Wege Gottes mit der Schöpfung, wo wiederum Israel, das irdische Gottesvolk, einen besonderen Platz einnimmt, in Frage sind. Dies ist vielleicht auch der Grund, warum Er nur in Joh. 1; Apgesch. 8; 1. Petr. 1 ausdrücklich als Lamm bezeichnet wird, wo es sich offensichtlich um die Wege Gottes mit Seinem irdischen Volk, zugleich aber auch um den göttlichen, geistlichen Überrest Seines Volkes handelt. In der Offenbarung, wo Er ausdrücklich 28mal als „Lämmlein“ - im Urtext ein anderes Wort als in den vier anderen Stellen - genannt wird, handelt es sich doch nicht nur um Israel, sondern um die ganze Schöpfung und auch die Gemeinde Gottes, die alle nur auf Grund des Blutes des Lammes erlöst werden konnten. Der große Fehler ist, wenn gewisse Ausleger alles gleichmachen, wodurch sie die verschiedenen Herrlichkeiten, die Segensbestimmungen der verschiedenen Berufungen und Kreise der Heiligen verwischen und dadurch die mannigfaltigen Herrlichkeiten Gottes in Seinen Erlösten nicht unterscheiden.

Die Gemeinde ist die Krone der erlösten Schöpfung und

aller Heiligen. Höhere, tiefere, breitere und allumfassendere Segnungen, wie die Gemeinde kennzeichnen, gibt es nicht. Die Gemeinde hat Teil an allen geistlichen (nicht allen irdischen, materiellen) Segnungen aller Zeitalter, aller Heiligen, aber nicht umgekehrt. Obwohl alle Heiligen vieles gemein haben mit der Gemeinde, wie Erlösung durch Blut, Macht, Vergebung und Frieden, Auferstehung und Herrlichkeitsleib, nehmen sie niemals teil an dem, was die Gemeinde auszeichnet als den Leib, die Fülle Dessen, der alles in allem erfüllt (Eph. 1,23).

Wie Gott nicht außer Christo, so kann Christus nicht außer der Gemeinde geschaut, erkannt und vernommen werden. Dies sind so wunderbare Dinge, daß wir viel mehr Raum haben müßten, um sie nur in ihren einfachsten Grundzügen zu beschreiben.

Apostel Paulus zeigt uns mehr, was die Gemeinde für Gott und für Christus ist, ähnlich dem, was ein Weib für den Mann ist; so als Leib für Christus.

Apostel Johannes zeigt uns die andere Seite, nämlich was die Gemeinde als Segensstätte für die Welt ist, darum als Stadt aus dem Himmel - Paulus als Gefäß für den Himmel.

Sämtliche Schriften des Apostels Paulus tragen unverkennbar in hervorragender Weise diesen Charakter, wie die Schriften des Apostels Johannes den anderen Charakter tragen.

Man hat die zwei Seiten derselben Sache in der Gemeinde zu trennen versucht und, anstatt die wunderbare

Harmonie dieser zwei Seiten zu sehen, hat man die Gemeinde aus der Offenbarung verbannt. Wenn auch der Name des Apostels Paulus nicht mit den Grundlagen der Mauer der himmlischen Stadt besonders genannt wird, weil sein Werk der inneren Herrlichkeit der Gemeinde angehört, ist doch sein und unser aller Name ewig mit jener Stadt verbunden, die das Gefäß der Herrlichkeit Gottes ist. Ihm sei Anbetung!

K. O. St.

Worte an Fremdlinge.

Petrus hatte den Fremdlingen nicht nur ihr herrliches Erbteil gezeigt, das unverwelklich in den Himmeln für sie aufbewahrt wird, sondern auch, daß sie selbst zur Erreichung des herrlichen Zieles „durch Gottes Macht bewahrt“ würden. Daß Gottes Macht dazu gehörte, um vor dem mächtigen und listigen Feinde bewahrt zu werden, das hatte Petrus erfahren, als er einst sich selbst und seiner Kraft und Treue vertraute und die warnende Stimme des HErrn: „Der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen“, nicht beachtete.

Auch wir haben es so not, uns beständig bewußt zu halten, daß keine geringere Macht als „Gottes Macht“ dazu gehört, uns zu bewahren. Wir ersehen daraus, welche Finsternisgewalten uns umgeben und wie unmöglich es ist, ihnen in unserer Kraft zu begegnen.

Gottes Macht bewahrt uns nun nicht in der Weise, daß Er es dem Feinde nicht mehr erlaubt, uns anzutasten, oder daß Er die sündhaften Neigungen unseres trotzigen und verzagten Herzens von uns nähme, nein, diesem allen

bleiben wir ausgesetzt; denn wenn wir den verderblichen Einflüssen der List und Macht des Feindes entrückt wären, welchen Sinn hätte es dann noch, vom „Bewartwerden“ zu reden?

Aber Gottes Macht bewahrt uns! Wie köstlich ist es, und wie dankbar dürfen wir für dieses Wort sein, welches Gott für uns hat niederschreiben lassen! Es macht uns stark und glücklich inmitten der Prüfungen und Leiden. Wir wissen: „Der HErr ist treu, der uns befestigen und vor dem Bösen bewahren wird“ (2. Thess. 3,3). Von Seiner Macht umgeben, können wir kühn den Weg des Glaubens gehen, Er, der uns ohne Straucheln zu bewahren vermag, wird uns ganz, Geist, Seele und Leib, tadellos bewahren bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Treu ist, der uns ruft; der wird es auch tun (1. Thess. 5,23.24).

Wenn wir nun, solange wir hier sind, den Angriffen des Feindes ausgesetzt bleiben, so ist es wichtig, zu wissen, wie Er uns bewahrt. Wir lesen (1. Petr. 1,5): „Die ihr durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt

werdet zur Errettung“. Das kleine Wort „durch Glauben“ zeigt die Art und Weise, wie Seine Macht uns bewahren will. Er will uns durch Glauben bewahren, indem Er uns den Glauben bewahrt. Er errettete uns mittels des Glaubens (Eph. 2,8), und mittels des Glaubens bewahrt Er uns fort und fort zur „Errettung“. Das war für die Gläubigen aus dem Judentum eine besonders wichtige Belehrung. Ihr Volk wandelte einst den Weg durch die Wüste, durch die sichtbare Führung der Wolken- und Feuersäule; sie aber hatten den Weg zur Herrlichkeit durch Glauben und nicht durch Schauen zu wandeln (2. Kor. 5,7).

Ob Petrus, als er diese Worte schrieb, „bewahrt durch Glauben“, an seine eigene Geschichte dachte? (Man kann ja durch den ganzen Brief Anklänge seines eigenen Lebens finden.) Er war nicht bewahrt worden, weil er sich selbst vertraute. Aber der HErr hatte ihm gesagt: „Ich habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht aufhöre“ (Luk. 22,32). Gottes Macht wirkt und tritt nicht unabhängig von unserem Glauben für uns ein. Durch die Kraft Seines Geistes hält Er unseren Glauben lebendig und in Tätigkeit. Es ist der Glaube, der die Allmacht Gottes erfaßt, und durch ihn offenbart Gott Seine Macht in unserer Schwachheit.

Wie wichtig ist es für uns, zu beachten, daß wir durch Gottes Macht bewahrt werden durch Glauben. Wenn wir im Glauben wandeln, blicken wir nicht auf die Schwierigkeiten noch auf die Macht des Feindes, auch nicht auf die eigene Schwachheit, sondern auf den allmächtigen und lebendigen Gott.

Als die „große Menge“ der Feinde über Josaphat kam, wußte er, daß er gegen diese nicht bestehen könne, aber Sein Glaube erfaßte Gott, und er bekannte: „In Deiner Hand ist Kraft und Macht; und niemand vermag gegen Dich zu bestehen.“ (2. Chron. 20,6.) Und so lebendig ergriff sein Glaube das Wort seines Gottes, daß er statt der Waffen Sänger bestellte, die angesichts der Feinde Jehova Lob sangen in heiligem Schmuck (2. Chron. 20,21.22). Und was geschah?: Als sie mit dem Lobgesang begannen, begann Jehova Seine Macht zu offenbaren.

Auch Hiskia wußte am „Tage der Bedrängnis“ (2. Kön. 19,3), daß er dem König von Assyrien gegenüber verloren

sei. Sein Glaube aber wandte sich an Jehova. Er breitete den Brief der Feinde vor Jehovas Augen aus, und Jehova offenbarte in Hiskias Schwachheit Seine Macht und bewahrte ihn und das Volk durch Glauben.

Das ist uns zum Vorbilde und zur Ermunterung geschrieben, damit auch wir am „Tage der Bedrängnis“ den im Glauben erfassen, der gesagt hat: „Ich will dich nicht versäumen noch dich verlassen“, so daß wir kühn sagen mögen: „Der HErr ist mein Helfer und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Hebr. 13,5.6.)

So werden wir „durch Gottes Macht bewahrt zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden“. Damit weist uns Petrus auf das Endziel unserer Errettung, die Herrlichkeit, hin. Er sieht die Errettung (die Herrlichkeit) nicht in weiter Ferne, sondern schon so nahe gerückt, als in der letzten Zeit, als bereit, offenbart zu werden durch die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus.

Das Wort „Errettung“ in der Schrift umfaßt mehr als die zukünftige Herrlichkeit, es umfaßt die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft und findet in diesen ihre praktische Auswirkung, so daß z. B. Petrus in bezug auf die Errettung in der Gegenwart die Gläubigen ermahnt, zu „wachsen zur Errettung“ (1. Petr. 2,2). „Errettung“ umfaßt das ganze Gebiet der Erlösung: die Errettung der Seele, die Errettung aus der Gewalt der Finsternis, der Sünde, des Todes usw. bis hin zum Vollendungs-Zustand.

Mußten die Herzen der Gläubigen über eine solche Fülle von Gnaden, wie der Heilige Geist sie in den Versen 4 und

5 enthüllte, nicht frohlocken? Dieses Frohlocken sollte nicht verstummen, „wenn sie auch jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig sei, betrübt würden durch mancherlei Versuchungen“ (V. 6).

Damit berührt der Apostel den Gegensatz, der zwischen der „zukünftigen Herrlichkeit“ und den „Leiden der Jetztzeit“ besteht (Röm. 8,18). Das Glaubensfrohlocken in der Jetztzeit ist noch mit der Betrübnis durch mancherlei Versuchungen verknüpft, aber die Betrübnis hindert die Seele nicht, Gott zu frohlocken.

Es ist etwas wunderbares, daß ein Kind Gottes in den dunkelsten Stunden betrübt sein und zugleich frohlochen, weinen und zugleich jubeln kann. Das ist etwas, was die Welt nicht kennt und auch nicht versteht. Haben wir nicht Zeiten erfahren, in denen wir niedergeworfen wurden, aber nicht umkamen, als Traurige gesehen wurden, die sich zugleich freuten, wo unser Auge weinte und die Augen des Herzens Ihn sahen und der Mund in heiliger Freude frohlockte?

So ist es, wenn unser Glaube den lebendigen Gott erfaßt und Seine Macht uns in den Stunden der Gewalt der Finsternis aufrecht hält. Da erlebt der Glaubende seinen Gott. Er rühmt sich der Trübsale, durch die er, vom eigenen Willen und der eigenen Kraft gelöst, die Macht Gottes erfährt. In der Löwengrube erlebte Daniel Gottes Macht und des Königs Ohnmacht.

Wir sollen mit dem Frohlocken nicht warten, bis der HErr kommt. Gewiß, wir werden Ihm entgegengehen mit Jauchzen, und keine Träne wird sich dann, wie jetzt, mit unserem Frohlocken vermischen. Dann wird jede Träne

von unseren Augen abgewischt, und kein Tod noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein (Offb. 21,4). Aber laßt uns unser Frohlocken nicht erst dem HErrn bringen, wenn Er kommt, sondern schon jetzt, wo wir, wenn es nötig ist, eine kleine Zeit betrübt sind durch mancherlei Versuchungen. Wenn die himmlischen Dinge unserer Seele Wirklichkeiten sind und unser Herz sich mit ihnen beschäftigt, so wird dieses Frohlocken bei uns gefunden werden!

Als die Kinder Israel, aus Ägypten gerettet, die Reise durch die Wüste antraten, stand die Güte Gottes in ihrer Erlösung und das Geführtwerden zur Wohnung Seiner Heiligkeit so vor ihrem Herzen, daß sie mit einem Triumphgesang in die Wüste gingen. Aber, ach, ihr Gesang verstummte bald, und statt des Frohlockens fingen sie an zu klagen und zu murren. Das ist uns zur Warnung geschrieben, so soll es nicht bei uns sein, die wir eine weit größere Errettung erlangt haben.

Gewiß, der Weg durch die Wüste ist nicht leicht. Beschwerden, Versuchungen, Kämpfe überall! Obwohl wir alle durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen müssen, so sind die Trübsale doch nicht für alle gleich; der eine hat durch größere Prüfungen zu gehen als der andere. Es mag sein, daß du auf deinem Glaubenspfade durch solche Leiden zu gehen hast, daß dein Schmerz sich in den Worten des HErrn ausdrückt: „Meine Seele ist betrübt bis zum Tod“ (Mark. 14,34). Wenn „der Fürst der Welt kommt“ (Joh. 14,30), dann umfängt uns Nacht. Wie furchtbar sind solche Gethsemane-Stunden, in denen wir in die Hände der Feinde fallen, die Freunde uns verlassen und wir den Kuß eines Judas zu ertragen haben! Das alles ertrug der

HErr vor uns. Deshalb, Er kennt den Weg und ist voll innigen Mitgefühls und barmherzig (Jak. 5,11). Aber der Weg über Gethsemane und Golgatha führt zur Herrlichkeit.

Wenn du unter dem Weh der Leiden, unter der Last des Kreuzes hinsinkst, laß den Tränen ihren Lauf! Weine dich wie Maria zu den Füßen deines Heilandes aus! Weinen ist nicht klagen und auch nicht murren. Tränen sind ein Ausdruck des Schmerzes der Seele. Auch der HErr weinte, als Er das Weh der Schwestern über den Tod ihres Bruders teilte. Und von den „Tagen Seines Fleisches“ lesen wir, daß Er „sowohl Bitten als Flehen Dem, der Ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat“ (Hebr. 5,7).

Kinder Gottes sind nicht Menschen, die empfindungslos über Leiden hinweggehen. Trübsale sind auch für sie Trübsale, und wenn Gott es für nötig findet, uns Wege der Betrübnis gehen zu lassen, so will Er, daß sie auch als solche von uns empfunden werden, damit, wenn wir durch sie geübt sind, sie die friedsame Frucht der Gerechtigkeit zu Seiner Ehre hervorbringen.

Der Apostel sagt: „Die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt seid“. Die Betrübnis durch mancherlei Versuchungen ist nur für eine „kleine Zeit“.

Wenn wir auf der Reise sind, wie willig ertragen wir Mühen und Beschwerden, sie befremden uns nicht. Mit einer kleinen Kammer, die keine Bequemlichkeit bietet, sind wir zufrieden. Es ist ja nur für „eine kleine Zeit“; wir sind ja nicht daheim, sondern auf der Reise. - So ist auch das Betrübtsein jetzt nur für „eine kleine Zeit“. Bald ist das herrliche Ziel erreicht, und wir sind zu Hause. Wie tröstlich

ist dies!

Im Anblick des Erbteils und der uns bewahrenden Macht frohlocken wir, die wir „jetzt eine kleine Zeit, wenn es nötig ist, betrübt“ sind „durch mancherlei Versuchungen“.

Hieraus ersehen wir, daß unser Pilgergang nicht eine ununterbrochene Reihe von Prüfungen ist, sondern daß diese nur über uns kommen, wenn es „nötig“ ist.

Und wer bestimmt dieses Nötigsein? Wenn wir es zu bestimmen hätten, wir würden Prüfungen für uns selbst kaum für nötig halten; aber sicher würden wir es für nötig finden, daß dieser oder jener einmal in den Schmelztiegel käme. - Gelobt sei Sein Name! Das „Nötig“ hat Er Sich vorbehalten. Er - der uns liebt, wie nie ein Mensch geliebt, und der uns besser kennt, als wir uns selbst kennen, Er bestimmt das „Nötig“, und Er bestimmt auch die Zeit und das Maß.

Er legt uns nicht mehr und nicht länger Last auf als „nötig“. „Ihr werdet Drangsal haben zehn Tage“, so ließ der HErr der Gemeinde in Smyrna schreiben (Offb. 2,10). Zehn Tage! Nicht einen Tag weniger und nicht einen Tag länger durfte sie dauern. Er macht keinen Fehler! Er weiß, was Er tut! „Gott ist treu, der nicht ‚zulassen‘ wird, daß ihr über Vermögen versucht werdet, sondern mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen wird, so daß ihr es ertragen könnt“ (1. Kor. 10,13). „Wenn Er betrübt hat, erbarmt Er sich nach der Menge Seiner Gütigkeiten. Denn nicht von Herzen plagt Er und betrübt Er die Menschenkinder“ (Klagel. 3,32.33).

Wenn die Schrift von Versuchungen spricht, so redet sie

davon in dreiertei Weise: 1. von Versuchungen, die von Gott ausgehen, 2. von Versuchungen, die von Menschen ausgehen, Gott zu versuchen, und 3. von Versuchungen, die vom Satan ausgehen. Die erstgenannten Versuchungen, die von Gott ausgehen, sind zum Guten. Die zweiten sind böse und die dritten sind zum Bösen.

Die Versuchungen, mit denen Gott uns versucht, tragen immer den Charakter der Prüfungen, des auf-die-Probe-Stellens, so daß wir statt Versuchungen auch Prüfungen sagen könnten. Z. B. Gott versuchte Abraham, d. h. Er stellte seinen Glauben auf die Probe, als Er ihn nach Morija gehen hieß, seinen einzigen Sohn zu opfern (1. Mose 22).

Beispiele von Versuchungen, mit denen Menschen Gott versuchen, finden wir in der Geschichte Israels: „Sie versuchten Gott in ihrem Herzen, indem sie Speise forderten für ihr Gelüst“ (Ps. 78,18). Der HErr verweigerte es, Gott zu versuchen, als der Satan Ihn dazu veranlassen wollte, sich von der Zinne des Tempels herabzustürzen, da geschrieben stehe, daß die Engel Ihn bewahren würden (Matth. 4,5-7).

Die Versuchungen, die vom Satan ausgehen, sind zum Bösen. Alle seine Versuchungen haben das Ziel, den Menschen zu verderben und in die Sünde zu verstricken. Wir sehen dies bei der Schlange, die Eva verführte (2. Kor. 11,3). Solche Versuchungen treten sowohl durch äußere Einwirkungen an uns heran, wie auch von innen durch die eigene Lust (Jak. 1,13.14).

Von diesen letzteren Versuchungen können wir nie sagen, daß sie von Gott ausgehen. „Niemand sage, wenn er

versucht wird: Ich werde von Gott versucht, denn Gott kann nicht versucht werden vom Bösen, und Selbst versucht Er niemand. Ein jeder aber wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird“ (Jak. 1,13.14). Gott kann uns nie zum Bösen versuchen, Er kann nie sündige Lust in uns hervorrufen.

Wenn die Schrift von Versuchungen von Gottes Seite redet, so geschieht es stets, wie gesagt, in dem Sinne von Prüfungen, zur Bewährung unseres Glaubens, um unsere Treue zu erproben und die Festigkeit unseres Glaubens zu erhöhen. Warum werden die Schüler immer wieder neu geprüft? Geschieht es nicht, um die Festigkeit des Gelernten zu erkennen und diese zu erhöhen?

Abraham wird in der Schrift „Freund Gottes“ genannt. Obgleich er Gott so nahe stand, wurde er doch von Ihm auf die Probe gestellt. Warum? Es war das Beste, was Gott ihm tun konnte. Der HErr hat auch uns Seine Freunde genannt, und Er stellt auch uns auf die Probe. Gott hatte Abraham nicht lieber, als Er uns hat. Was Er Abraham tat, das tut Er auch uns. Und es ist das Beste, was Gott uns zur Bewährung und zur Befestigung des Glaubens tun kann.

Bestehen wir die Probe, so wird unser Glaube gestärkt aus der Prüfung hervorgehen und zu größeren und herrlicheren Glaubensproben zu Gottes Ehre heranreifen. Bestehen wir sie nicht, so werden wir offenbar werden, und die Wurzeln unseres Unglaubens und unserer Treulosigkeit kommen ans Licht, und wir werden durch Selbstgericht und Bekenntnis vor dem HErrn davon geheilt und für neue Proben zubereitet.

An Hiob sehen wir, daß ein Mensch zur gleichen Zeit von Gott und auch vom Satan versucht werden kann; vom Satan zu dem Zwecke, Gott aufzugeben und sich selbst zu leben und der Sünde zu dienen; von Gott, um ihn zur Selbsterkenntnis und zu höheren Stufen des Segens zu führen.

Und aus der Geschichte Davids sehen wir weiter, daß Gott auch Versuchungen zum Bösen zuläßt und es nicht (wie bei Hiob durch Seine Gnade) verhindert, daß Satan sein Ziel erreicht und den Gläubigen zu Fall bringt. Hochmut und Eigenwille hatten in Davids Herz einen Platz gefunden. Wenn böse Dinge unser Herz gebunden halten, so kann es sein, daß sie für Gott in der Erreichung Seines Zieles weit größere Hindernde sind als ein offener Fall in die Sünde, so daß Gott uns der Macht Satans preisgibt, um durch Zucht unterwiesen zu werden (1. Tim.1,20; 1. Kor. 5,5). Gott demütigt uns auf diesem schmerzlichen Wege, damit wir die Hindernisse für das Wirken Seines Geistes richten und beseitigen (2. Sam. 24).

Ohne die Zulassung Gottes widerfährt uns nichts. Als Satan Hiob antasten wollte, mußte er dazu erst von Gott die Erlaubnis haben. Gottes Zulassung wurde somit auch Seine Bestimmung. So drückten es auch die Jünger vor dem HErrn aus, als sie in bezug auf das Toben und Drohen der Feinde beteten: „Alles zu tun, was Deine Hand und Dein Ratschluß zuvor bestimmt hat, daß es geschehen sollte“ (Apg. 4,28).

Die „mancherlei Versuchungen“, von denen Petrus hier spricht, waren Prüfungen, die zur Bewährung ihres Glaubens dienen sollten. Prüfungen sind auch nicht

Züchtigungen, obgleich Prüfungen gleichfalls zu unserer Erziehung dienen. Gott belehrt uns nicht bloß, Er will, daß das, was wir durch Sein Wort und Seinen Geist gelernt haben, auch in unserem Leben sichtbar dargestellt wird. Die Frucht des Geistes: Liebe, Freude, Friede, Sanftmut usw. soll von uns getragen werden (Gal. 5,22). Damit diese Frucht hervorkomme, erzieht Er uns wie ein Gärtner den Baum, an dem Er das Messer nicht spart. Das unfruchtbare Holz und die Schößlinge des Fleisches müssen dem Tode überliefert werden.

Ist die Ehre und Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus das Begehren unserer Seele, so werden die „mancherlei Versuchungen“ unserem Herzen „lauter Freude“ sein (Jak. 1,2). Denn diese Versuchungen oder Prüfungen kommen uns wie Freunde auf dem Wege des Sterbens zu Hilfe, damit „das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde“, in der Bewährung unseres Glaubens (2. Kor. 4,10.11).

Die mancherlei Versuchungen, die den Fremdlingen (denen Petrus schrieb) widerfuhren, gingen von dem brüllenden Löwen aus. Ihr Glaube wurde „durch Feuer erprobt“. Petrus ermahnt sie: „Geliebte, laßt euch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Prüfung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes“ (1. Petr. 4,12). Die Trübsale, die Verfolgungen, die Lästerungen (Kap. 4,4), die Scheltworte (3,9), die Leiden um der Gerechtigkeit und des Gutestuns willen (3,14.17) usw., diese waren das Feuer, und ihr Glaube das Gold, welches durch das Feuer bewährt werden sollte.

So wie das Gold zu seiner Läuterung ins Feuer muß, so müssen auch wir in das Feuer der Trübsale, Leiden und Verfolgungen, damit unser Glaube bewährt und viel

köstlicher als das Gold, das vergeht, erfunden werde zu Lob und Herrlichkeit und Ehre Jesu Christi (V. 7).

Über diesem Feuer aber wacht sorgsam das Auge des Schmelzers. Sein Blick ist unverwandt auf das Gold gerichtet. Keine Mutter kann mit solcher Sorgfalt auf ihren Liebling achten, wie Er auf uns, wenn Er es für „nötig“ findet, uns in das Feuer der Prüfung zu führen. Wie achtet Er auf die Flamme, sie zu löschen, sobald die Schlacken entfernt und der Glanz des Goldes hervorkommt.

Auch das Feuer ist in Seiner Hand. Wir sind kein Spielball der Menschen noch der „Weltbeherrscher dieser Finsternis“, noch irgend eines Geschickes oder Zufalles. Um uns ins Feuer zu bringen, muß auch der Satan erst (wie bereits gesagt) Erlaubnis einholen. Er durfte Hiob nicht eher antasten, bis er diese von Gott empfangen hatte, und nicht allein Erlaubnis, Gott setzte ihm auch die Grenzen fest, wie weit er gehen durfte, und diese konnte er nicht überschreiten.

Nie ist Gott uns näher, als wenn wir im Feuer der Prüfungen sind. Nie empfanden die drei Männer Gottes Nähe so wie im Feuerofen (Daniel 3). Er ließ durch das Feuer die Stricke verbrennen, womit die Feinde sie gebunden hatten. Das war die Grenze, weiter durfte es nicht gehen. Gott erlaubte dem Feuer nicht einmal, einen Geruch an ihren Kleidern zu hinterlassen. Wie groß ist unser Gott! Und wiederum, nie waren die Engel Gottes Daniel so bewußt nahe wie in der Löwengrube. Löwen umgaben ihn, aber Engel standen zwischen ihm und ihnen. Er hatte eine Nacht in Gesellschaft der Engel (Daniel 6). Und wie köstlich empfand Paulus das Nahesein des HErrn, als alle ihn verlassen hatten und er allein vor Nero stand.

Was sprechen die wenigen Worte: „Der HErr aber stand mir bei!“ (2. Tim. 4,16.17). Er enttäuschte ihn nicht!

v. d. K.

Forts. folgt, s. G. w.!

Sieben Kennzeichen eines „Dieners und Zeugen“ des HErrn nach Apgesch. 26,14-18.

In seinem wunderbaren Bekehrungs-Bericht - anläßlich seiner VerAntwortung vor Agrippa (und Festus), Apgesch. 26 - zeigt uns Paulus durch den Heiligen Geist im Worte des HErrn Selbst, wie beschaffen ein wahrer „Diener und Zeuge“ Christi Jesu sein müsse, wenn er das Wohlgefallen seines HErrn haben wolle.

Ich will nun nicht etwa behaupten, daß es sich in jenem Zusammenhange gerade um sieben Punkte handele; es mag sein, daß andere weniger, noch andere mehr Kennzeichen aus obiger Stelle herausfinden; mir jedoch wurden die folgenden sieben sehr wichtig, und es ist mein Wunsch und Gebet, daß sie auch manchem Leser wichtig werden - und beherzigenswert!

Das erste, grundlegende Kennzeichen, überhaupt die Vorbedingung, um Christi „Diener und Zeuge“ sein zu können, ist: gleichsam eine Damaskus-Stunde (V. 14) erlebt zu haben, d. h. also nach Joh. 5,25 die Stimme des Sohnes Gottes, des Gekreuzigten und Auferstandenen, gehört zu haben, der die geistlicherweise „Toten“ (Eph. 2,5) aus der Nacht der Sünde und Gottferne ruft, um sie zu Seinem bluterkauften Eigentum zu machen. Diese Bedingung dafür, Christi „Diener und Zeuge“ sein zu

können, kann durch nichts ersetzt werden - weder durch einen noch so guten Willen noch durch Studium auf einer Universität, noch durch sonstigen theologischen Unterricht, noch durch Ordination seitens „kirchlich“ bevollmächtigter Personen (die noch dazu selber meistens unbekehrt sind!), noch durch Protektion (Gunst) bedeutender, einflußreicher oder vermögender Menschen, noch durch sonst irgend etwas. Eine „Damaskus-Stunde“ (wenn auch nicht in gleicher Weise geschehen wie bei dem nachmaligen großen Apostel des verherrlichten Christus) ist die selige Erfahrungstatsache aller derer, die früher oder später sich vom HErrn Selber in den Zeugendienst für Ihn gestellt wissen. - Laßt uns dieses vorbereitende, grundlegende Kennzeichen unter keinen Umständen aus dem Auge verlieren! Die unter biblischem Gesichtspunkt geradezu unentwirrbar-trostlosen Verhältnisse in der sogenannten Christenheit haben mit als Hauptgrund die Außerachtlassung dieses ersten Kennzeichens eines wahren „Dieners und Zeugen“. Wer den auferstandenen und verherrlichten Menschen Christus Jesus, den Sohn Gottes, ja Ihn, den die Schrift „den wahrhaftigen Gott und das ewige Leben“ nennt (1. Joh. 5,20), nicht kennt - wie kann der Sein Diener und Zeuge sein?! Und wie können Gläubige sich von solchen Leuten das Wort Gottes predigen und sich durch sie belehren lassen?! Kind Gottes, wenn du weißt von solchen unbekehrten falschen Dienern und Zeugen und gehst doch hin, sie auch nur anzuhören, so verunehrst, ja, verleugnest du deinen HErrn und Heiland! - Über den „Dienst am Wort“ solcher Menschen lies Ps. 50,16.17!

Das zweite Kennzeichen hängt mit dem erstgenannten auf's engste zusammen, und dadurch, daß manche, die

jenes wohl erlebt haben, in diesem nicht treu sind, werden oft große Schädigungen in den öffentlichen Zeugendienst hineingetragen. Dieses so wichtige Kennzeichen ist das Aufgegebenhaben jeglichen Widerstandes gegen den HErrn und Seinen Willen, oder mit anderen Worten, der unbedingte Gehorsam Ihm gegenüber. Dieses entnehme ich aus dem zweiten Teil des 14. Verses. Saulus hätte vielleicht versuchen können, wie ein störrisches Zugtier gegen den Stachel auszuschlagen, um sich zu wehren, aber der HErr in Seiner Gnade zeigt ihm mit diesen Worten: Es hat nicht nur keinen Zweck, es ist sogar schädlich! Das Zugtier wurde damals durch Stecken angetrieben, an deren Ende sich ein scharfer Dorn befand, ein Stachel, der, wenn sich der Gebrauch dieses Antriebmittels nötig machte, dem Tiere empfindliche Wunden zufügen konnte - doch warum das? weil es nicht gehorchen wollte! Nun ward dem Saulus gezeigt, daß Gott Mittel habe, Seinem Willen solchen Nachdruck zu verleihen, daß der Widerspenstige es zu fühlen bekommen würde, wenn er in seinem Widerstande beharrte: schwer, hart, schmerzlich würde es für ihn sein, gegen den Stachel auszuschlagen. Lieber gehorchen, lieber sich sagen, sich führen, sich leiten lassen, als durch Strafe zum Gehorchen gezwungen zu werden! Lieber freiwillig den Dienst, zu dem man verordnet sei, erfüllen und dann den Segen des Gehorsams genießen, als Gott zwingen, mit dem Stachel zu strafen das, was das ungefügige Herz verschuldete!

Ach, daß doch alle Jungbekehrten, denen die Stimme Jesu, des Gekreuzigten und Auferstandenen, durch's Herz gegangen ist, so daß sie Ihm sich hingaben, es in ihrer geistlichen Jugend lernen möchten, wie Saulus-Paulus den

nutzlosen und zugleich so schädlichen Widerstand gegen den allezeit guten Willen ihres HErrn ein für allemal aufzugeben! Welch ein Schmerz ist es, Gläubige zu sehen, die, ihren eigenen Willen starrköpfig behauptend, oft dem Zeugnis für den HErrn Abbruch tun und dann herbe Züchtigungen des heiligen Gottes erdulden müssen, um endlich in die gottgewollte Demut und Abhängigkeit gebracht zu werden! Wie oft wiederholt sich doch im Leben der Gläubigen die Geschichte Israels! Es sollte nicht so sein, liebe Brüder! Es sollte so sein wie bei dem großen Paulus, dessen Leben den Liedervers bezeugte: „Mein Wille ist gestorben, ich bin nun nicht mehr mein! Er hat um mich geworben, ich ward durch Gnade Sein!“ - Das also ist das zweite Kennzeichen eines „Dieners und Zeugen“ des HErrn: Gehorsam, unbedingter Gehorsam, wie wir ihn bei Paulus auch in diesem Zusammenhang sehen: Vers 19!

Und nun folgt - gleichsam auferbaut auf der festen Grundlage der zwei ersten eng zusammengehörenden Dinge - das dritte Kennzeichen, wie es uns in Vers 15 vor Augen tritt! Das ist die wunderbare Erkenntnis, daß der Herr Jesus, der Verherrlichte, mit den Seinen eins ist, woraus sich als unabwendbare Folgerung für uns die Tatsache herleitet, daß es nur ein Volk Gottes gibt, eine Gemeinde, unauflöslich mit Ihm verbunden wie der Leib mit dem Haupte. Wir wissen, daß keinem diese Dinge so klar geoffenbart waren wie dem Apostel Paulus, ja, daß viele Wahrheiten über „die Gemeinde Gottes“ (1. Kor. 1,1) nur ihm anvertraut waren, wie uns der Epheserbrief und andere Teile des Neuen Testaments zeigen. Wie unsagbar herrlich z. B. zeigt uns der Epheserbrief, was die Gemeinde für Ihn - für das Haupt - ist, wie ebenso

wunderbar dagegen der Kolosserbrief, was Christus, das Haupt für Seine Gemeinde, Seinen Leib ist! Wie ernst und auch kostbar sind die Unterweisungen über die Gemeinde als das Haus Gottes, worüber Paulus uns z. B. im 1. und 2. Timoth.- und im Titusbrief belehrt, wie jeder Frage entsprechend andererseits die vielen Kapitel des 1. Korintherbriefs, der uns die Ordnung in der Gemeinde - dem Organismus Seines Leibes, des Leibes Christi offenbart, usw.! „Woher diesem dieses“? Alles war ihm, dem Paulus, anvertraut nach dem Ratschluß Gottes (vergl. Eph. 3), aber die Grundlage für diese ihm zuteil gewordenen Wahrheiten sehen wir in seiner Damaskus-Stunde, in der er eine Begegnung haben durfte mit dem Verherrlichten, den er in jener Stunde kennen lernte als den Auferstandenen. Da brach seine ganze seitherige Religion mit einem Male zusammen, da, als er sehen mußte: Dieser Jesus, den ich in Seinen Anhängern verfolgen zu müssen glaubte als den Gehenkten, den Gestorbenen, als ein Hirngespinst, das nicht existiert, als eine Wahnidee, eine Einbildung - dieser Jesus lebt! und nicht sie, die Seinen, sind die Irrenden, sondern ich bin es, ich in meinem Unglauben, in meinem religiösen Eifer, in dem ich die Gemeinde der Christen verfolgt habe (vergl. 1. Tim. 1,12-15). Da, sage ich, brach seine Religion zusammen, ja, da brach er selber zusammen - vor Ihm, den Selbst verfolgt zu haben, als er die Seinen verfolgte, jetzt mit niederschmetternder und zugleich erhebender Deutlichkeit vor seinem geistigen Auge stand. Da wurde ihm die Erkenntnis geboren: Er und sie sind eins! Christus der Verherrlichte, der Mensch vom Himmel (1. Kor. 15), einst der verachtete Jesus von Nazareth - den, wie Petrus sagte, Gott „zum HErrn und zum Christus

gemacht hatte“ Apgesch. 2,36) -, Er, der Herr Jesus und die, denen Er alles in allem ist, Er und sie sind eins für immer! „Ich bin Jesus, den du verfolgst!“ Was für eine Erkenntnis! Welch ein Zusammenbruch - aber auch was für eine Herrlichkeit! Auf dieser Grundlage erwuchsen dem geretteten, gehorsamen „Saulus, der auch Paulus heißt“ (Apgesch. 13,9), d. i. „der Kleine“, jene unendlichen Herrlichkeiten, die der Heilige Geist ihm enthüllte, die alle mit der Person dessen zusammenhingen, der für ihn „das Leben“ ward und war: mit Christus Jesus, den zu verherrlichen der Geist hienieden wirkt (Joh. 16,9ff.).

Dieses also ist das dritte Kennzeichen eines Dieners und Zeugen: die Erkenntnis und darauf fußende Predigt von dem einen neutestamentlichen Volk Gottes, der einen Gemeinde Gottes. Welche Perspektiven eröffnet uns dieses Kennzeichen! Wie sind durch diese Tatsache alle jene Bestrebungen vieler, die „Diener Christi“ zu sein wünschen, verurteilt, die da für ihren Kreis, für ihre Gemeinde, für ihren Verein, für ihren Zaun oder Schafstall (Joh. 10!) usw. werben und wirken! Wie verwirft jene Tatsache all das hierarchische (Priesterherrschafts-) Streben gewisser Kirchenorganisationen, all das Trachten nach Ansehen und zahlenmäßiger Machtfülle inmitten einer Welt, die Ihn, „den HErrn der Herrlichkeit“, nicht erkannt, sondern verworfen hat (1. Kor. 2,8). Wie zerbricht die Wahrheit von Seiner Gemeinde all die falschen unbiblischen Hoffnungen auf weltliches Wohlleben des sich hienieden - im Machtbereich Satans! - Sonnens in den vermeintlichen Errungenschaften religiöser Kultur und religionspolitischer Macht! Wie vieles ließe sich über dieses und jenes noch sagen! Was würde Paulus wohl heute sagen, wenn er den religiösen Mischmasch, die Irrlehren,

das Blendwerk Satans usw. sähe, womit die Weit angefüllt ist?! Wir wissen es, was er sagen würde, wir wissen es, was der HErr Selber durch ihn sagt zu uns, die wir Sein Eigen sind und die wir „Seine Diener und Zeugen“ zu sein begehren: „Seid nicht im ungleichen Joch mit Ungläubigen ... welche Übereinstimmung hat Christus mit Belial ... welchen Zusammenhang der Tempel Gottes mit Götzen? Denn ihr seid der Tempel Gottes ... Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an! ...“ (2. Kor. 6,14-18).

Bruder, Schwester - wer sind Christi Diener und Zeugen? Das sind solche, die da wissen, was Seine Gemeinde ist, und die selber zu ihr gehören und eine klare, scharfe, durch nichts zu verwischende Scheidung zwischen ihr und der Welt (und den Weltreligionen) machen. Gehörst du zu Seinen Dienern und Zeugen?

Und nun das vierte Kennzeichen! Meinst du, jene herrliche Erkenntnisfülle, die ein Paulus uns vermitteln durfte, machte ihn und uns zu Phantasten, zu unnatürlichen Schwärmern, zu unpraktischen Träumern? O nein, keineswegs, im Gegenteil! Vers 16 wird ihm gesagt: „aber richte dich auf und stelle dich auf deine Füße!“ Hast du das schon beachtet? Nicht viel will ich darüber sagen, nur dir kleine Winke geben, wie ich das Wort auffasse! Dort am Boden liegen bleiben konnte und sollte Saulus nicht - zwecklos das beständige am-Boden-Liegen, praktisch wertlos eine nie zum glücklichen Glaubensleben sich durchringende Buße, töricht das sich-Abschließen von der Wirklichkeit, wie das Mönchs- und Nonnenleben es z. T. gepredigt hat, und wie auch neuere religiöse Bewegungen befürworten. Nein! Aufgerichtet! Blick und

Herz vorwärts und aufwärts gewandt! Mit beiden Füßen auf der Erde! Diener und Zeugen Christi sollen mitten in der Wirklichkeit dieser Welt stehen als ganze, aufrechte Charaktere, die sich nicht fürchten vor den Gefahren von rechts und links, vor den tausend Fragen des Alltags, vor den auf sie - die von der Welt mit ihrem Wesen Gelösten - gerichteten hämischen, schadenfrohen, prüfenden, zweifelnden, heuchlerischen, haßerfüllten Blicken und Mienen, vor den erhobenen Fäusten der Feinde Jesu, vor den Ketten der Häscher, deren Hände sich einst auch an Ihm Selber vergriffen! Stelle dich auf deine Füße! Das ist wahrlich ganz persönlich und ganz praktisch! Damit bist auch du, auch ich gemeint! Sieh dir den Lebenserfolg dieser Worte im Leben des Paulus an! Da war nichts Phantastisches, Träumerisches, Mystisches, Zauberisches - o über die Zauberei-Sünden heute! - in seinem Leben und Wirken. Alles ist ganz natürlich bei ihm - wie bei dem HErrn Jesus, dem Urbild der „Weisheit, die von oben ist“ (Jak. 3,17!)! So natürlich ist er, der große Apostel, der Gelehrte, der einst an den reichsten Quellen irdischer Weisheit getrunken und doch nicht eher befriedigt war, bis er zu der wahren Lebensquelle Jesus Christus gekommen - so natürlich, so schlicht, so einfach - so ganz im Gegensatz zu der weltlichen Wissenschaft und Philosophie, die schon in ihren Worten fast nur von Weltgelehrten verstanden wird! Und worüber spricht und lehrt denn Paulus? Schau hinein, Bruder, der du ein Diener und Zeuge Christi sein möchtest, gehe hinein in das Buch Gottes: Ebenso natürlich, wie er spricht, wenn er über die höchsten Weisheiten von der Gemeinde Gottes Belehrung gibt, ebenso natürlich spricht er über häusliche, berufliche, eheliche, obrigkeitliche, gerichtliche, soziale, z. B.

Sklaven- und Herrschaftsfragen usw. Welch intime Dinge behandelt er und mit welcher Offenheit und Geradheit! Ja, so ist das inspirierte, gottgehauchte Wort Gottes! Keine Prüderie, keine Angst vor politischen Außenseitern, kein Ersterben in Ehrfurcht vor Hoch und Gewaltig (und doch „Ehre dem Ehre gebührt!“ Röm. 13,7 - alles an seinem Platze!), keine sozialen Bedenken gegenüber den Armen dieser Welt, ihnen Dinge zu sagen, die man nicht gerne hört, usw. usw. - Worte, Stellen anzugeben erübrigt sich bei der Fülle derselben ! - So ist das Wort Gottes, aber es ist dem anvertraut, der mit beiden Füßen auf dieser Erde steht, nicht einem Engel, sondern einem Menschen! So steht das echte Christen- und Zeugentum des HErrn mit beiden Füßen in den praktischen Fragen dieser Zeit, aber es bringt überall einen Faktor, eine Macht, mit hinein in diese Fragen, einen Faktor, den die Welt nicht kennt und verwirft: Jesus Christus! Aufrechte, gerade Menschen sind die echten Diener und Zeugen Christi, „Menschen Gottes“ (vergl. 1. Tim. 6,11 und 2. Tim. 3,17!), die nichts tun und wollen ohne Ihn, ohne Sein Wort, ohne Gebet, ohne Seinen Willen. Das ist ihre Kraft im Stehen auf beiden Füßen inmitten dieser Welt, in der die Lüge herrscht.

Und daran anknüpfend das fünfte Kennzeichen! Dieses liegt für mich im Anschluß an Vers 16 darin, daß er, Paulus, eben nicht mehr und nicht weniger als ein Diener und Zeuge sein sollte, d.h. nicht heißen sollte er so, nein, sein sollte er's! Sein Leben sollte dartun, was er sei. Was denn? Ein Diener? Ja, nichts mehr! Kein Herr! aber unterworfen dem HErrn als seinem Herrn. Für einen wahren Diener hat nur einer zu sagen: sein Herr! Nur von ihm ist er abhängig, nur seines Winks gewärtig, nur ihm

hat er zu gehorchen. Daraus folgt, daß er bei den mancherlei Stimmen, die ihn zu beeinflussen suchen könnten - vielleicht um ihn zu bestechen! -, darauf zu achten hat, die Stimme seines Herrn nicht zu überhören, nicht zu verpassen, seinen Willen nicht zu mißachten. Bruder, Schwester, sehen wir unsere Aufgaben und die Gefahren, sie zu versäumen? Sind wir wirklich Diener? oder gebärden wir uns als Herren? Nichts weiter davon, nur sieh dir den Paulus an, wie er „Diener“, ja „Sklave“ nicht nur wieder und wieder in den Briefen sich nennt, nein, wie er's ist! (z. B. in Röm. 15,16.25.31.32 - wieviel ließe sich darüber sagen!).

Und „Zeuge“! Sieh, das gehört mit zu dem fünften Kennzeichen eines Dieners und Zeugen Christi, daß man ein „Diener“ und „Zeuge“ ist! Was ist ein Zeuge? Vers 16 sagt es uns klar genug! - In der gerichtlichen Öffentlichkeit gibt's Zeugen. Vielleicht war einer der Leser schon einmal „Zeuge“! Ja? Nun, was hattest du denn zu bezeugen ? Dinge, die du dir einbildetest? Dinge, die man dir vortäuschte um Vorteils willen? Dinge, die man oder du selber sich zurechtlegte? Dinge, die gefolgert werden konnten? oder was? - Nichts von alledem! Nein, du hattest einfach zu bezeugen, was du gesehen oder gehört hattest. Du hattest einfach erfahrene Tatsachen zu berichten, keine Märchen, keine Folgerungen, keine Einbildungen, keine Träumereien - sondern Tatsachen, und dann war das Zeugnis, deine Zeugenschaft in jener Sache beendet. Tatsachen, nackt, wie sie waren, zu berichten, ist nicht immer leicht, manche haben deshalb solche Furcht vor gerichtlichen Zeugenaussagen, weil sie sich ihrer selbst nicht sicher sind und weil sie leicht ins Phantasieren geraten. Das ist auch eine sehr ernste Gefahr für die

Zeugen Christi, daß sie mehr sagen, als sie wirklich wissen, d. h. erkannt haben, daß sie übertreiben, daß sie, „nachdem sie anderen gepredigt haben, selbst verwerflich werden“ (1. Kor. 9,27), d. h. daß ihr Zeugnis des Mundes sich nicht deckt mit dem ihres Wandels. Der HErr decke unser Zukurzkommen darin zu und mache uns zu treuen Zeugen, gleichsam zu Augenzeugen, wie Paulus einer war, der z. B. hier in Apgesch. 26 solch herrliches Zeugnis ablegt und es durch Seine Treue, durch sein Leiden um Christi willen bestätigt!

Also so seien wir „Diener und Zeugen“, daß wir dies fünfte Kennzeichen erweisen: was wir durch Seine Gnade sein dürfen, auch in Wahrheit zu sein: abhängig allein von unserem HErrn, dem wir dienen mit unserem treuen Zeugnis - einem Zeugnis von erfahrenen und aus Seinem Worte erkannten Wahrheiten Seiner Person und Seines Werkes, Seiner Liebe, Seiner Wiederkunft und Seiner Herrlichkeit (vergl. 2. Kor. 4,1-6).

Und nun zum sechsten Kennzeichen! Nicht weniger wichtig ist dieses für die Praxis denn die übrigen. Vers 17 nennt es uns! Der Herr Jesus sagt zu Saulus vom Himmel her: „Indem Ich dich heraus nehme aus dem Volk und den Nationen“! Welch ein ernstes Wort! So wie einst Abraham herausgenommen wurde 1. aus seinem Lande, 2. aus seiner Verwandtschaft und 3. aus seines Vaters Hause (1. Mose 12,1), so ward Saulus-Paulus herausgenommen aus dem Volk, d. i. aus Israel, und aus den Nationen, zu denen Paulus freilich nicht gehörte, aber insofern das zu Gottes Volk erwählte Israel eine abgefallene Nation unter anderen war, insofern - darf man vielleicht sagen - gehörte auch Paulus zu den Nationen.

Paulus war herausgenommen aus dem Volke - was heißt das? O, sein Volk, das Volk Israel war der Hort der Religion, ja, ursprünglich eines gottgewollten Kultus gewesen, und die religiösen Obersten des Volkes, mit denen Saulus einst engste Fühlung gehabt hatte (Gamaliel!), vermeinten noch jetzt die Hüter gottgewollter religiöser Güter und Grundsätze zu sein. Israel war doch das erwählte Volk Gottes, sein waren die Bündnisse und die Verheißungen und andere Herrlichkeiten (vergl. Röm. 9,1ff.!), zu ihm zu gehören war unvergleichlich an Segen und Bedeutung. Ja, so war's einst, ehe es seinen Messiaskönig verwarf - aber jetzt „lag die Decke Mosis auf seinem Herzen“ (2. Kor. 3), und es sah nicht seine zeitweilige Verwerfung! Mit diesem Volke durfte ein Paulus nicht vorangehen! Er mochte es lieben (Röm. 9-11!), er mochte ihm wieder und wieder Christus anbieten (Apgesch.!), aber er mußte innerlich gelöst sein von einem Volke, das in nichts mehr imstande war, Gottes Gedanken zu verstehen noch in dieser Welt zu offenbaren, und so ward er heraus genommen. Das war weit mehr und weit ernster, als was den anderen, die „vor ihm Apostel waren“ (Gal. 1,17), zuteil geworden war, die noch lange den Zusammenhang mit dem Tempel aufrechterhielten. Das war eines Paulus, der den Verherrlichten gesehen hatte, nicht würdig! Er ward herausgenommen aus dem ganzen religiösen Zusammenhang seines Volkes. Er mußte wie Abraham den Weg völligster Absonderung gehen, losgelöst von der einzigen Religion seiner Zeit, die noch einen Anspruch erheben konnte darauf, einmal in der Vorzeit göttlichen Ursprungs gewesen zu sein - was keine andere der Religionen, der religiösen Gedanken des Menschen über

Gott, wie sie auch heute heißen mögen, von sich behaupten darf! -, er mußte hassen lernen, was er einst über alles liebte, und er mußte lernen, sich selbst um Jesu willen hassen zu lassen von seinem Volk, und so nur konnte er ein „Diener und Zeuge“ sein! Wie viele vermeintliche und auch wirklich gläubige Diener und Zeugen Christi heute haben nie eine solche Lösung von der Religion und den Religionsvertretern ihrer, d. h. unserer Zeit durchgemacht oder für nötig erachtet!

Und die Religion von heute, auch die „christliche“, hat nicht solche ehemalige biblische Existenzberechtigung nachzuweisen wie die jüdische!! Aber wie hängen die Herzen vieler Gläubigen von heute an dem „von den Vätern überlieferten eitlen Wandel“, von dem sie doch durch das Blut Christi erlöst sind (1. Petr. 1,18), wie hängen die Herzen auch vieler Arbeiter in Seinem Werk noch an solchen schriftwidrigen Dingen wie Kindertaufe, Konfirmation, kirchlichem Abendmahl usw., und bittet man sie, sich endlich von diesen Dingen und von kirchlichen Personen, die nach der Schrift keine Berechtigung für ihr „Amt“ haben, zu trennen, zu lösen, dann reden sie von Lieblosigkeit, Schroffheit und Intoleranz! Als wenn die Liebe zu toten, schriftwidrigen Dingen und die Anerkennung religiöser Menschen und Beamten ohne göttliche Bevollmächtigung die Liebe zum HErrn und zu Seinem Wort ersetzen könnte! (Joh. 14,21ff.; 1. Joh. 5,2 u. a.). O Bruder, laß dich herausnehmen aus der Religion deiner Zeit, aus den religiösen (aber keineswegs christlichen) Fesseln und „Grabtüchern“ (Joh. 11,44), die deinen Dienst, deine Zeugenschaft für den HErrn nur zu hindern, nimmermehr zu fördern imstande sind und die den HErrn verunehren! Denke an Punkt 5! Hast du zu

bestimmen oder der HErr und Sein Wort? Hat der Mensch noch irgendwie für dich eine bestimmende Kraft - dann in dem Punkte nicht der HErr und Sein Wort! Laß dich herausnehmen aus dem religiösen, aber nicht göttlichen Wesen dieser Welt, die vom Satan beherrscht wird, in Sachen der Religion so gut wie in Sachen der Politik!

Denn siehe: Paulus ward herausgenommen nicht nur aus seinen religiösen Zusammenhängen (des Volkes Israel), sondern auch aus den sonstigen Zusammenhängen mit den Nationen, obenan aus den politischen. Das ist auch sehr ernst. Weder die Religion dieses Zeitlaufs noch die Politik desselben hat den Dienst und das Zeugnis des wahren Dieners und Zeugen Christi irgend zu beeinflussen! Es spielt keine Rolle, was für eine politische Richtung es ist, die auf uns in unserem Dienen und Zeugen Einfluß ausüben könnte - tut irgend eine Richtung dieses, so ist unser Dienst unbrauchbar, unser Zeugnis geschwächt oder verhindert. Ob es sich um den Antisemitismus handelt oder um den kirchenpolitischen Kulturkampf, um Ultramontanismus oder Kommunismus oder Kapitalismus oder was sonst, ganz einerlei - die Religion und die Politik dieser Welt sind dem wahren Christentum, das sich in Gehorsam gegen jedwede Obrigkeit (Röm. 13) zu bewähren hat und bewähren kann, unbedingt hinderlich. Die persönliche Stellung des Gläubigen mag so oder so sein, sein Dienst, sein Zeugnis hat davon in jeder Hinsicht unberührt zu bleiben - er ist nach Gottes Gedanken heraus genommen, abgesondert von allem, was Weltwesen heißt, von den Sündengebieten jeder Form und jeder Art, und hat als „Diener und Zeuge“ wie Paulus nur ein Recht, und das heißt - zu fragen: „HErr, was willst Du, daß ich tun soll?“

(Apgesch. 22,10a.) Möchten wir uns darin bewähren und beweisen als nur für Ihn da in dieser Welt, bis Er kommt!

Und damit komme ich zum siebenten und letzten Kennzeichen eines „Dieners und Zeugen“, soweit ich sie in diesen Versen sehe. Von diesem siebenten Kennzeichen ist in V. 17b u. 18 die Rede, in denen dem Paulus seine Aufgabe gezeigt und anvertraut wird. So gut wie er heraus genommen ist aus dem Volke und aus den Nationen, d. h. aus dem religiösen und dem politischen Zusammenhang seiner Tage, so ist er von dem erhöhten HErrn hinein gestellt in diese Nationen, um ihnen die Wahrheit zu verkünden, d. i. aber, um ihre Augen aufzutun ..., „auf daß sie sich bekehren ..., auf daß sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbteil ...“, und zwar durch Glauben! (V. 18.) Durch Glauben sollen die Menschen geheiligt, d. i. abgesondert werden für Gott. Heraus fallen sie aus der Gewalt Satans, heraus aus der Finsternis, - hin zu Gott - hin zum Licht! Die Welt liegt im Argen (1. Joh. 5,19), aber sie weiß es nicht. Der „Diener und Zeuge“ hat unsagbar ernste Aufgaben: jenen die Augen aufzutun! Er soll den Menschen Licht geben über sich selber, über Gott, über Ewigkeit, Sünde, Tod, Verdammnis, Seligkeit usw. usw., sie können erst dann durch Buße (V. 20!), Bekehrung und Glauben errettet werden, erst dann von der Sünde und Sündengebundenheit zur Wahrheit, zum Licht, d. i. Christus Jesus, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, dem Sohne Gottes und Sünderheiland, kommen; die Augen müssen sie geöffnet bekommen, damit sie sehen, daß sie unter Satans sie knechtender Herrschaft stehen, daß sie aber berufen sind, für ewig unter Gottes gnädige Herrschaft zu kommen. Welch eine ernste Aufgabe! Kam

Paulus ihr nach? Und wie!! Die Apostelgeschichte ist voll davon, z. B. Kap. 16; 17; 18; 24. Ein wahrer „Diener und Zeuge“ redet klar von Buße, Bekehrung und Glauben sowie von praktischer Heiligung, d. h. einem Leben in treuster Nachfolge Dem nach, der uns erkauft und erlöst hat, ja, der uns abgesondert hat für Sich, abgesondert von einer Welt, die in allen ihren Betätigungen Feindschaft gegen Gott und Seinen Christus ist.

Welch deutliches Kennzeichen für wahre, echte „Diener und Zeugen“ Christi! Sie können nicht in einer verlorenen Welt leben, ohne ihr das Evangelium zu verkünden, aber sie dürfen es auch nicht, sie dürfen nicht die Welt im Dunkel lassen! Sie müssen den Menschen die Augen auftun, müssen Buße und Bekehrung predigen, müssen von „Gerechtigkeit, Keuschheit und Gericht“ reden wie Paulus in Apgesch. 24,24ff.; sie müssen von Sünde und Gnade zeugen, gehorsam dem ganzen Wort und treu ihrem eigenen Zeugnis als solche, die selbst diesen Weg der Buße, Bekehrung und des Glaubens an den Herrn Jesus (Apgesch. 16,30.31, vergl. Punkt 1!) gegangen sind und Vergebung der Sünden und Frieden mit Gott haben. Wer sich „Diener und Zeuge“ Christi nennt und diese Dinge nicht bezeugt mit seinen Worten und seinem Leben, von dem wende dich weg, er ist nicht Christi „Diener und Zeuge“ - er dient vielleicht auch seinem eigenen Bauch wie die in Röm. 16,17.18, er tut dem Teufel Handlangerdienste und betrügt sich selbst und andere!

Geliebte, sind wir„Diener und Zeugen“ Christi? Laßt uns ernstlich den HErrn bitten, uns durch diese schwachen Worte über Apgesch. 26,14-18 Licht zu geben über den „guten, wohtgefälligen und vollkommenen Willen Gottes“

(Röm. 12,2) und uns durch Seine Gnade zu Menschen zu machen, die in Wahrheit sein dürfen und sind

Seine Diener und Zeugen!

Er sei gepriesen, daß Er auch uns dazu machen und gebrauchen will!

F. K.

Nichts ist umsonst.

Nichts ist umsonst! Das kleinste Wort,

Ob sanft, ob rauh, mag wohl verwehen;

Sein Einfluß aber wirket fort,

Es kann und wird nicht untergehen;

Da ist ein Herze, das es trifft;

Die Folgen kennt nur Gott allein!

Vielleicht ist's ein verzehrend Gift,

Vielleicht ist's warmer Sonnenschein.

Nichts ist umsonst! Die kleinste Tat

Hat eine Macht, die wir nicht ahnen,

Und wird sich sicher ihren Pfad

Hinauf zum Throne Gottes bahnen;

Wie Wellenreife auf der Flut,

Bewegt sich rings der Strom der Zeit:

Das Resultat, ob schlecht, ob gut,

Verkündet einst die Ewigkeit.

Frage und Antwort

Frage 3

Sind wir Kinder des neuen Bundes? (Apg. 3,25.)

Antwort

Es ist dies ein weit verbreiteter Ausdruck, der wieder einmal zeigt, wie wenig man über diese Dinge nachdenkt. Die Gemeinde Gottes gehört nicht dem neuen Bunde an. Der neue Bund gehört dem Hause Juda und Israel. Gott wird den neuen Bund mit diesem Volke aufrichten, wenn die Gemeinde vollendet ist. Das Wort „neu“ hat nur eine Bedeutung in Verbindung mit „alt“. Mit der Gemeinde gibt es keinen alten und gibt es deshalb auch keinen neuen Bund (Hebr. 8,8-13).1

1

Man vergl. die eingehende Antwort von Th. K. auf Frage 14 in Jahrb. 10. (F. K.)

Der neue Bund ist die neue Willensbestimmung, auf der Gott mit dem Haus Juda und Israel verkehren und handeln wird (die Gemeinde ist aber nicht das „Haus Juda und Israel“, noch wird sie je unter dieser Bezeichnung in der Schrift genannt). Der alte Bund hatte seine Grundlagen: das Blut der Opfer, das Gesetz usw. Auch der neue Bund hat seine Grundlagen, auf denen er aufgerichtet werden wird. Sie bestehen 1. in dem Blute des neuen Bundes; 2. in dem Mittler des neuen Bundes; 3. in dem Geiste des

neuen Bundes. Diese Grundlagen des neuen Bundes sind da, ehe der neue Bund da ist. Auf diesen Grundlagen wird Gott den neuen Bund mit dem Hause Israel und Juda an einem späteren Tage aufrichten. Vor der Aufrichtung des neuen Bundes mit Juda und Israel sind wir gleichsam im voraus mit den Segnungen des neuen Bundes gesegnet worden, mit denen später, wenn der neue Bund aufgerichtet sein wird, das Haus Juda und das Haus Israel gesegnet werden wird. Wir sind damit gesegnet worden, nicht, indem wir zum neuen Bunde gekommen sind, sondern indem wir, wenn ich so sagen darf, zu den Grundlagen des neuen Bundes gekommen sind. Wir sind gekommen zu dem Mittler des neuen Bundes (nicht zum neuen Bunde! das ist doch ein großer Unterschied) und zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel. Der „Mittler“ des neuen Bundes und das „Blut“ des neuen Bundes sind in ihrer Wirksamkeit nicht beschränkt auf die Grenzen des „neuen Bundes“, sondern sie sind auch erreichbar für die, welche außerhalb des „Bundes“ stehen. Der Bund wird mit dem Hause „Israel“ errichtet werden, das „Blut“ des neuen Bundes aber ist vergossen für „viele“ (Matth. 26,28).

Wir werden Diener des neuen Bundes genannt (2. Kor. 3,6), weil wir das, was der neue Bund ist, nämlich die Bedingung und Bestimmung, auf Grund deren Gott mit den Menschen in Gnade verkehren und handeln will, verkündigen. Wir laden die Menschen ein, zum Blut und zum Mittler des neuen Bundes zu kommen, um die Segnungen des neuen Bundes vor dem Tage seiner Aufrichtung mit Israel zu empfangen. Die Segnungen, die wir durch die Verkündigung der Bedingungen (auf Grund deren Gott jetzt schon segnen will) anbieten, sind die

Segnungen des neuen Bundes, die später Israel zuteil werden, nämlich 1. die Vergebung der Sünden („Gott gedenkt unserer Sünden nicht mehr“), 2. die Gabe des Heiligen Geistes (durch den Er Sein Gesetz in das Herz schreibt) und 3. die Erkenntnis Gottes (alle erkennen den HErrn) (Hebr. 8,10-12).

Obgleich wir so Diener des neuen Bundes sind, d. h. die Verkündiger der Bestimmungen, auf Grund deren Gott mit den Menschen in Gnade handeln will, so stehen wir, die Glieder der Gemeinde Gottes, doch in einem viel engeren Verhältnis zu Gott als in einem Bundes-Verhältnis. Unser Verhältnis zu Gott ist das der Kinder zum Vater. Wir nennen Ihn „Vater“ und sind Seine geliebten Kinder. Das ist ein Verhältnis, bei dem von einem Bunde keine Rede sein kann. Diese Unterscheidungen mögen für solche, die sich noch nicht damit beschäftigt haben, anfänglich nicht leicht sein, aber sie sind wichtig.

v. d. K.

Worte an Fremdlinge.

(Fortsetzung.)

Wenn Gott uns in den Prüfungstiegel legt, wissen wir, daß wir dann in einer ganz besonderen Weise unter Seinem Auge und in Seiner Nähe sind? Aber wissen wir auch, wenn der Satan uns zur Sünde versucht, daß wir dann gleichfalls in besonderer Weise unter dessen Auge und dessen (Satans!) Nähe sind?

Spüren wir solche Nähe nicht, wenn wir in das Haus eines

Gläubigen treten, wo Satan mit seinen Versuchungen und Lockungen zur Welt und Sünde am Werke ist? Merken wir nicht die Atmosphäre des Fürsten dieser Welt, den Dunst, der den Atem der Seele benimmt?

Und wiederum, wie anders empfinden wir, wenn wir in das Haus eines Kindes Gottes kommen, wo das Feuer der Trübsal brennt und Gott am Schmelzen ist. Spüren wir nicht Seine Nähe? Merken nicht unsere Herzen sofort, hier ist heiliger Boden, den wir nicht mit den Schuhen dieser Welt betreten dürfen, denn Gott ist da?

Wie verschieden! In dem einen Hause mag der Gifthauch der Nähe des Versuchers und der Dunst der Welt unseren Mund am Sprechen hindern, in dem anderen mag das Feuer der Prüfungen derart sein, daß unsere Lippen nichts zu reden wissen, weil wir den Vater der Erbarmungen und den Gott alles Trostes in eigenen Drangsalen noch nicht so erfahren haben, „daß wir die trösten können, die in allerlei Drangsal sind, durch den Trost, mit welchem wir selbst von Gott getröstet werden“ (2. Kor. 1,3.4). Als der HErr auf dem Wege war, die Schwestern über den Tod ihres Bruders zu trösten, sprach Er mit Martha, mit Maria sprach Er nicht. Es scheint, ihr Schmerz war zu tief. Wir lesen nur, daß Er weinte. Tränen reden auch!

Wir mögen Gottes Wege nicht allezeit verstehen und mit Petrus fragen: „Warum, HErr ...?“ (Joh. 13,37.) Aber eins werden wir selbst auf Wegen, die wir nicht verstehen, wissen: daß unser Glaube im Ausharren geprüft wird. Auf solchen Wegen fragt uns der HErr: „Hast du Mich lieb, vertraust du Mir?“ Genügt es dir, zu wissen - welchen Kelch du auch zu trinken hast -, daß des Vaters Hand und des Vaters Liebe darin ist?

Wenn der Glaube es erfaßt hat, daß alle Dinge von Seiner Hand überwaltet werden, daß kein Haar von unserem Haupte, kein Sperling vom Dache fällt ohne Seinen Willen, können wir dann voll Sorge, Unruhe und Hast sein? Sind das nicht Zeichen des Mißtrauens und des Unglaubens? Steht nicht der Feind dahinter? Er ist es, der uns mit den Umständen und Ursachen der Leiden beschäftigt. Listig benutzt er die Prüfungen, um Mißtrauen an Gottes Liebe und Weisheit ins Herz zu säen, um uns den Blick zu verdunkeln, daß auch die „bösen und schlechten Menschen“ (2. Thess. 3,2) von Gott gebraucht werden zu unserer Läuterung von dem, was uns von der Welt, dem Fleisch, Eigenwillen usw. noch anhaftet.

Daß wir doch mehr der Wirklichkeit ins Auge schauen möchten, daß wir „durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen müssen“ (Apg. 14.22), daß Prüfungen und Versuchungen uns auf dem Wege begegnen müssen! Und warum? Gott Selbst gibt die Antwort: „Auf daß die Bewährung eures Glaubens erfunden werde

zu Lob und Herrlichkeit und Ehre

in der Offenbarung Jesu Christi.“

Damit zeigt Gott uns den Zweck der Prüfungen. Siehst du das Ende, das Ziel derselben? Lob, Herrlichkeit, Ehre in der Offenbarung Jesu Christi! Er will, wenn Er kommt, den Lohn geben, aber nicht ohne die Bewährung unseres Glaubens. Es ist zu unserem Gewinn, daß Gott uns durch das Feuer der Prüfungen gehen läßt.

Möchtest du Lob vom HErrn empfangen? Möchtest du von

Ihm begrüßt werden: „Ei, du guter und treuer Knecht! ... Gehe ein in die Freude deines HErrn“? (Matth. 25,21; 1. Kor. 4,5.) Möchtest du die unverwelkliche Krone der Herrlichkeit haben? (1. Petr. 5,4.) Liegt dir etwas an der Ehre, von der der HErr sagt: „Wenn Mir jemand dient, so wird der Vater ihn ehren“? (Joh. 12,26.) Lob, Herrlichkeit und Ehre liegen vor uns, aber auch der Weg, sie zu erlangen. Ist es nicht der Mühe und des Ausharrens wert?

Sorgfältig vermeidet der Heilige Geist in unserer Stelle, den Empfänger des Lobes, der Herrlichkeit und Ehre zu nennen. Er sagt nur: „Zu Lob, Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“, ohne zu sagen, wer sie empfangen wird. Sollen wir daraus erkennen, daß, wenn am Tage der Offenbarung Jesu Christi der Lichtglanz der Herrlichkeit Seiner Gnade in den Gläubigen bewundert werden wird, daß dann Er „in allen denen“ verherrlicht werden wird, „die geglaubt haben“? (2. Thess. 1,10.) Ihr Lob, ihre Herrlichkeit und Ehre wird Sein Lob, Seine Herrlichkeit und Ehre sein. Ihre Kronen werden sie niederlegen vor dem Throne und sagen: „Du bist würdig, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre“ (Offb. 4,11).

Sage, lohnt es sich nicht, durch das Feuer der Prüfungen zu gehen, damit unser Glaube bewährt und köstlicher als Gold erfunden werde?

Wir verstehen so wenig und sind so wenig geübt, die Dinge der Zeit in dem Lichte der Ewigkeit zu sehen, die Kurswerte der Dinge hienieden in die der zukünftigen Welt umzuwerten. Die ersten Christen waren uns darin weit voran. Sie sahen die Leiden dieser Zeit sofort in dem Werte und der Bedeutung der Ewigkeit. Schmach hier war Würde dort; und Leiden um Seines Namens willen: Kronen

des Lebens!

Ist unser Wandel im Himmel, so sehen wir auch alles in dem Lichte des Himmels. Als die Apostel geschmäht, geschlagen wurden, gingen sie voll hoher Freude hinweg, „daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden“ (Apg. 5,41). Im Gefängnis, mit den Füßen im Stock, frohlockten sie Gott! (Apg. 16,25.) Fühlten sie keine Schmerzen? Litten sie nicht unter den körperlichen Mißhandlungen? Sicher! Paulus schreibt den Thessalonichern, daß er nach den Mißhandlungen im Gefängnis zu Philippi nur mit großer Anstrengung (oder Kampf) reden konnte (1. Thess. 2,2). Aber die Würde, daß sie durften um Seines Namens willen geschmäht, geschlagen, gemißhandelt werden, machte ihr Herz jubeln und ließ ihren Mund lobsingen. Wie konnte das sein? Ihr Glaube setzte die Dinge der Zeit in den Ewigkeitswert um.

Die Gelegenheit, zu solcher Würde zu gelangen, haben wir nur einmal - nur für die Zeit unseres Lebens in dieser Welt. Kronen und Lohn und Lob und Ehre und Herrlichkeit können wir nur hier auf Erden erwerben. Hier unten ist die Saatzeit, droben ist die Ernte. Der HErr will die, die Ihn hier bekennen, wieder bekennen vor Seinem Vater und vor den Engeln Gottes (Matth. 10,32; Luk. 12,8). Haben wir eine Vorstellung davon, was das für uns sein wird, wenn der HErr uns vor Seinem Vater und vor den Engeln bekennen wird? Wie groß, wie herrlich ist der Lohn, wenn die Prüfungen ihr Ziel bei uns erreichen! Diese vor uns liegende Freude läßt uns jetzt schon in den Leiden frohlocken.

Wenn wir die Prüfungen und die Leiden um Seines Namens willen so ansehen, wie sie uns hier gezeigt werden, wie

ganz anders erscheinen sie uns dann! Dann fühlen wir, daß unser Leben nur einen Inhalt hat: Ihm in Treue zu leben und von Ihm bewährt erfunden zu werden.

Die Apostel hatten den HErrn gesehen. Petrus schrieb Seinen Brief an solche,

die Ihn nicht gesehen

hatten, die Ihn aber dennoch liebten (V. 8). Sicher muß es für die Gläubigen jener Zeit etwas Köstliches gewesen sein, den HErrn gesehen zu haben. Der HErr Selbst sagte einst zu Seinen Jüngern: „Glückselig die Augen, welche sehen, was ihr sehet“ (Luk. 10,23). Aber nach Seiner Auferstehung sagte Er: „Glückselig sind, die nicht gesehen und geglaubt haben“ (Joh. 20,29). Das war es, was Petrus von diesen Gläubigen sagen konnte; sie liebten Ihn, obgleich sie Ihn nicht gesehen hatten, und sie glaubten an Ihn, obgleich sie Ihn jetzt nicht sahen.

Auch wir haben Ihn nicht gesehen, aber wir haben deshalb keinen Verlust. Wir kennen den Weg Seiner Liebe in dieser Welt, Seine Leiden, Sein Sterben und Auferstehen. Wir sehen Ihn droben mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt und kennen Ihn in Seinem Dienst als Hoherpriester für uns zur Rechten Gottes. Von dort her leuchtet uns das Licht Seiner Liebe. Seine Liebe ist die Quelle unserer Liebe; wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat (1. Joh. 4,19). Gibt es ein Kind Gottes, welches Ihn nicht liebt? Die Schrift sagt: „Wenn jemand den Herrn Jesus Christus nicht lieb hat, der sei Anathema; Maran atha!“ (1. Kor. 16,22).

Gewiß, unser Herz sagt uns, daß wir Ihn nicht so lieben, wie wir Ihn gern lieben möchten. Aber obgleich wir fühlen,

daß Er unendlich viel mehr wert ist, von uns geliebt zu werden, so dürfen wir doch mit Petrus sagen: „HErr, Du weißt alles; Du erkennst, daß ich Dich lieb habe“ (Joh. 21,17). Ja, der HErr liest unser Herz; Er sieht unsere Liebe, deren Verlangen ist, Ihn mehr zu lieben. Er sieht aber auch, wenn die Liebe zu Ihm erkaltet, wenn andere Dinge den Platz in unserem Herzen einnehmen, den Er haben soll. Unsere Liebe offenbart sich in dem Bekennen Seines Namens, in der Treue und in den Leiden für Ihn.

Alsdann erwähnt Petrus

ihren Glauben

an Ihn, den sie jetzt nicht sehen. Glauben steht im Gegensatz zum Schauen. Alles, was wir jetzt besitzen, haben wir nur im Glauben. Wir können niemanden etwas von unserem Besitz in sichtbarer Weise zeigen. Aber obgleich wir noch nichts wesenhaft und offenkundig, sondern nur in Hoffnung besitzen, so sind die Dinge, die uns Gott geschenkt hat, uns doch durch den Glauben solche Wirklichkeiten, daß wir sie für kein Gold dieser Welt hingeben würden.

Alles, was wir besitzen, jede Hoffnung ist verbunden mit der Person des Herrn Jesus Christus. Welches Vertrauen zu Ihm wohnte doch in den Herzen dieser Fremdlinge in der Zerstreuung, daß der Heilige Geist ihnen schreiben konnte: „An welchen glaubend, obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet, ihr mit unaussprechlicher und

verherrlichter Freude

frohlocket!“

Ihr Glaube an Ihn und ihr Vertrauen zu Ihm war so groß, daß sie angesichts des Brüllens des Löwen und mitten im Feuer der Prüfungen mit einer unaussprechlichen und verherrlichten Freude frohlocken konnten. Alle Prüfungen und Leiden verwandelten sich durch den Glauben an Ihn in frohlockende Freude. Ist es so bei uns? Sind diese Fremdlinge in der Zerstreuung uns nicht eine Illustration zu dem Ausruf des Apostels Paulus: „Wer wird uns scheiden von der Liebe Christi? Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?“ (Röm. 8,35.)

Ist es nicht beschämend, wenn diese Freude, die Gott bei diesen zerstreuten, verfolgten Heiligen sah, nicht bei uns gefunden wird? Haben wir keinen Grund, uns zu freuen? O, daß es mehr der Fall sein möchte! Wie selten hört man in unseren Tagen diesen Ton des Glaubens-Frohlockens. Hat der HErr sich verändert? Liebt Er uns weniger, oder gibt Er uns weniger Anlaß, Seinen Namen zu preisen?

Das Frohlocken, von dem hier die Rede ist, galt Ihm, Seiner Person. Laßt uns das recht beachten. Ihr Frohlocken galt nicht so sehr dem, was Er an ihnen getan hatte, sondern Ihm, dem HErrn, „an welchen glaubend, sie mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlockten“.

Diese Freude, mit der sie frohlockten, wird „unaussprechliche“ und „verherrlichte“ Freude genannt, weil sie schon etwas von dem Jubel der Herrlichkeit in sich trug; dem Jubel, der anfing, als der einst verlorene Sohn ins Vaterhaus geführt wurde und der Vater sagte: „Bringet das beste Kleid her“. Da hieß es: „Und sie fingen an,

fröhlich zu sein“. Und wann hörten sie auf? Der HErr sagt, daß sie anfingen, aber Er sagt nicht, daß sie aufhörten (Luk. 15,24). Diese „verherrlichte“ Freude beginnt schon hier unten, und wenn wir ins Vaterhaus eintreten, wird sie voll sein, aber nie aufhören.

Wieviel kennen wir von dieser Liebe und von diesem Glauben, die mit Ihm, unserem verherrlichten HErrn, verbunden sind und die uns mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocken lassen? Woher kommt es, wenn sie so wenig bei uns gefunden wird? Ist es nicht deshalb, weil unser Glaube so wenig Jesum sieht, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt? Wir mögen durch Glauben uns unserer Errettung erfreuen, aber der Glaube, der unser Herz frohlocken macht, ist etwas ganz anderes.

Die Freude, von der hier geredet wird, kann durch nichts in dieser Welt getrübt werden. Sie entrückt unser Herz von der Erde und zieht uns dorthin, wo Jesus ist. Sie trägt schon ein Stück der zukünftigen Herrlichkeit in sich und gibt uns einen Vorgeschmack von der ewigen Freude, deren Grund und Ziel Er und Er allein ist. Bald werden wir Ihm droben mit Frohlocken zujubeln, aber laßt uns schon jetzt in diesen Jubel der Herrlichkeit einstimmen, und möge die Freude der Ewigkeit unsere Freude sein!

v. d. K.

Forts. folgt, s. G. w.!

Die Weisheit der Kinder des Lichts.

Weisheit ist eine rühmliche Eigenschaft, sowohl des Willens, wie auch des Verstandes und der Vernunft. Wir,

die Kinder des Lichts, sollen aber „als Weise“ eine uns eigene, von Gott empfangene Weisheit in unserem Leben betätigen. Über diese finden wir einige Hinweise in Epheser 5,15-21, die wir um so sorgfältiger zu beachten haben, weil sie unserem inneren und irdischen Leben eine gottgewollte Gewandtheit, eine Zielsicherheit, eine Beständigkeit und seelische Erhebung verleihen, ohne welche wir erlahmen in unserer Bedeutung als Darsteller der Weisheit, die von oben ist. Wie die Sonne am Morgen mit einem wunderbaren Glanz unseren Weg erleuchtet, so ist uns von dem HErrn das Licht: Die Weisheit, für jeden Tag des Jahres gegeben, so daß keiner in seinen Handlungen im Irrtum befangen zu sein braucht. Wir brauchen also nicht wie die Kinder dieser Welt erst nach Weisheit und Wahrheit zu suchen, sondern sollen sie in dem Licht, des wir Kinder sind, beweisen. (Jak. 3,13; 1. Kor. 2,15.16.)

Weisheit läßt uns zunächst genau auf unseren Wandel achten und hält uns ständig in der Selbstbeobachtung: „Sehet nun zu, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise. (Vers 15.) Wir wachen über uns selbst und legen uns Rechenschaft über unser Wesen, Reden, Gebaren usw. ab, denn unser Handeln soll offenbaren, daß wir göttliche Weisheit besitzen. Unsere Neigung geht so leicht zur Schlauheit der Welt statt zur Klugheit der Gerechten. (Matth. 10,16.)

Aus den folgenden Versen ersehen wir sodann, daß Weisheit alle Gelegenheiten in der Zeitlichkeit erfaßt und sie auskauft für die Ewigkeit: „Die gelegene Zeit auskaufend, denn die Tage sind böse“. Vers 16.) Die Weisheit der Kinder des Lichtes verlangt, daß wir es uns

etwas an Selbst- und Weltverleugnung kosten lassen. Und warum? Weil wir als „Weise“ fähig sind, die Zeit in ihrer Flüchtigkeit richtig zu beurteilen und sie nicht für Zeitvertreib, sondern zum Auskaufen der uns in ihr gegebenen Gelegenheiten gebrauchen. - Die Tage sind böse, weil die Sünde in dieser Zeit herrscht, ja, die Herrschaft autonom (selbstherrlich) führt. Weisheit aber bewahrt uns vor ihren verderblichen Versuchungen und läßt uns vornehmlich die Stunden auskaufen, in denen der Heilige Geist an unseren Herzen arbeiten will und muß. Es ist doch Sein Werk, uns in alle Wahrheit und Tiefe göttlicher Weisheit zu leiten. Wer hätte nicht erkannt, daß der weise wird, der solche herrlichen Stunden benutzt? -

Weiter erweist sich die Weisheit der Kinder des Lichtes darin, daß wir verständig sind, den Willen des HErrn zu kennen und Ihn selbst zu erkennen: „Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des HErrn sei.“ (Vers 17.) In Röm. 12,2 legt der Apostel Wert darauf, daß wir über den Willen Gottes ein sicheres Urteil gewinnen, nämlich, daß derselbe in unserer Lebensführung das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene Seines Willens bezweckt. Je mehr die Weisheit uns leitet, desto verständiger werden die Kinder des Lichtes über den Willen des HErrn auch in den kleinsten Dingen sein und nicht in Widerspruch mit demselben kommen.

Wenn wir uns fragen, wo die Hindernisse in unserem Leben zu finden sind, daß wir in solcher Weisheit, in der Urteilskraft usw. noch nicht gereifte Menschen sind, so finden wir eine Antwort in dem 18. Vers: „Und berauschet euch nicht mit Wein (ein Bild der Freuden), in welchen Ausschweifung ist, sondern werdet mit dem Geiste erfüllt.“

Welche Hindernisse liegen in der Üppigkeit und zu starken Betonung unserer äußeren Lebensform! Welch einen Teil unserer Zeit nimmt doch die Sorge um Essen und Trinken, um Kleidung und Wohnung ein!

In den Versen 19-21 finden wir sodann die Dinge, die bei den Kindern des Lichtes gefunden werden, die als „Weise“ wandeln. Sie sind mit dem Geiste erfüllt, und ihr Mund geht über von dem, was der HErr ist, und zwar nicht nur in Stunden der unmittelbaren Gemeinschaft mit dem HErrn, sondern auch im gegenseitigen Verkehr mit ihren Brüdern und Schwestern. (Dieses sagen uns auch deutlich Schriftstellen wie: Ps. 33,2.3; Apg. 2,47; 1. Kor. 14,26;

Kol. 3,16.) Der Weisheit entquillt ein dauernder Dank, denn Weisheit erkennt überall und allezeit den Segen des HErrn und den eigenen Unwert.

„Wer waren wir? Wir waren fern von Gott und Seiner Gnad'.

Wer sind wir nun? Erlöst vom HErrn und auf dem sel'gen Pfad.“

Neben der Dankbarkeit geht die aufrichtige Demut. Wir finden sie im 21. Vers: „Einander unterwürfig in der Furcht Christi“. Wer in der Demut wandelt, dankt für alles. Ein solcher erfüllt den 20. Vers: „Danksaget allezeit für alles dem Gott und Vater im Namen unseres Herrn Jesus Christus“. Es gibt eigentlich nur ein Gewand, in dem wir vor Gott und unseren Brüdern erscheinen dürfen, das, welches unser eigentlichstes Dienstgewand ist: die Demut. (1. Petr. 5,5.6a.) Die Ehrfurcht vor Christus, welcher uns gedient hat (als wir in unserem Blute lagen

und nach einem Retter seufzten, dem wir nicht genug Ehre entgegenbringen können), soll die Triebfeder sein, daß wir uns einander unterordnen, ja, einander untertan sind. Wir sollen das herrliche Werk der Erlösung in dem Bruder sehen und anerkennen und versuchen, demselben irgendwie dienstfertig zu sein.

Alles, was wir einst droben wünschen werden, das der HErr bei uns finden möge, das müssen wir hier unten durch Gottes Gnade werden und sein. Laßt uns weise sein, alle Schlacken des Eigensinns, der Eigenliebe usw. zu entfernen und den Willen des HErrn freudig zu bejahen! Die Seligen vor dem Throne sind ganz durchwohnt von dem HErrn, und alle Erlösten sind dort untereinander vollkommen eins. Sollte es nicht auch hier unten so sein? Wir wollen füreinander beten, daß wir treuer in der Schule des Heiligen Geistes lernen, damit wir etwas zum Lobe Seiner Herrlichkeit werden.

Ed. v. d. K., H.

Ihr seid das Licht der Welt.

(Matth. 5,14.)

Der Tag neigt sich dem Ende,

Die Nacht kommt schnell herbei.

Drum eile, sei behende,

Kauf' aus die Zeit noch treu!

Sieh' an, das Dunkel breitet

Erschreckend schnell sich aus!

Wo ist ein Licht, das leuchtet

Auf sich‘rem Pfad nach Haus?

:,: Der HErr hat dich berufen,

Ein Licht der Welt zu sein.

Laß Jesu Liebe strahlen

In's Menschenherz hinein.:,:

Wie viele wandern müde

Dahin in Leid und Schmerz.

Sie kennen nicht die Liebe,

Die glücklich macht das Herz.

Sie wissen nichts vom Frieden,

Den Jesus uns erwarb,

Als Er für solche Müden

Am Holz des Kreuzes starb.

:,:Der HErr hat dich :,:

Aus Liebe zu uns Armen

Kam Er aus lichten Höh'n,

Und du willst ohn' Erbarmen

Am Wege müßig steh'n?

Geh', such' das Lahme, Blinde,

Schau an den Zäunen aus!

Kannst du nicht solche finden,

Die möchten heim nach Haus?

:,: Der HErr hat dich :,:

Bitt', nötige und lade -
Sie ein zum Großen Mahl.
Sag', daß für sie noch Gnade -
Noch Raum im Hochzeitssaal.
Dies soll von uns geschehen,
Der HErr hat es gesagt.
Und mit Gebet und Flehen
Tut es der Knecht, die Magd.
:,: Der HErr hat dich :,:

A. v. d. K.

(Mel.: Eh' ich den HErrn gefunden.)

Frage und Antwort

Frage 4

Was soll man denen Antworten, welche behaupten, gestützt auf die Geschichte, Geologie und dergleichen Wissenschaften, das Menschengeschlecht bestehe schon über 6000 Jahre, jedenfalls mehr oder weniger länger, als die Bibel angebe?

Antwort1

1

Vgl. des Verf. Artwort auf Frage 15 in Jahrb. 8 über 1. Mose 1! (Schriftl.)

Keine Frage, kein Gegenstand und kein Problem wird in

der Bibel so eingehend, allumfassend und vollständig behandelt wie das Woher? Wozu? und Wohin? des Menschen. Man merkt es der Bibel schnell ab, daß sie für den Menschen von Menschen unter göttlicher Geistesleitung zum Heil des Menschen geschrieben wurde. Daß der Mensch die Krone alles Erschaffenen ist, geht schon aus der Tatsache hervor, daß der Sohn Gottes in der Gestalt des Menschen auf Erden erschien. Darum findet der Mensch die größte Beachtung vor allem Erschaffenen in der Bibel. Die drei tiefen Fragen hat man ja versucht - besonders die erste -, von einem wissenschaftlichen, philosophischen Gesichtspunkte aus zu beAntworten, und zwar getrennt von der uns in der Bibel von Gott gegebenen Offenbarung. Wohin dies geführt hat, wird uns nicht nur in der naturphilosophischen Literatur zur Genüge gezeigt, sondern besonders in der inneren Verelendung und Hoffnungslosigkeit und in dem Unglauben der breiten Masse der Menschen.

Wer seine Bibel genau und sorgfältig betend liest, findet dort immer wieder neue Methoden des Feindes, um den Menschen von der göttlichen Bestimmung und deren Erkenntnis in Christo abzuhalten. Satan ist der größte Feind des Menschen, weil dieser Satans Rivale geworden, da er an seiner Stelle von Gott auf der Erde eingesetzt wurde, der Beherrscher derselben zu sein. Die Menschen wissen nichts davon und leider selbst die Christen herzlich wenig. So finden wir die Erfahrung, die die ersten Menschen mit Satan machten, in 1. Mose 3 klar geschildert. Diese Erfahrungen können wir immer wieder in allen möglichen Färbungen, Variationen und Methoden machen.

Das erste ist, Zweifel in das Herz des Menschen zu pflanzen. Darum ist die Menschheit verzweifelt. Vers 1 haben wir das erste Fragezeichen in der Bibel, und Satan macht hinter allem, was von Gott ist, seitdem ein Fragezeichen.

Das zweite ist Vers 4: freche Behauptung ohne Tatsachenbeweis. Wir kommen auf dieses später näher zurück.

Das dritte ist Vers 5: dreiste Lüge. Wir merken hier eine nach unten fortschreitende Linie.

Das vierte ist Vers 15: die Feindschaft. Im engeren Sinne ist seine Feindschaft gegen den Samen der Gottesfürchtigen gerichtet, doch im weiteren Sinne gegen jeden Menschen, besonders aber, wenn er sich auf seine Gottesbestimmung besinnt und sie durch den Glauben an den Herrn Jesus zur tatsächlichen Wirklichkeit machen will.

Kap. 4,8 finden wir den tödlichen Haß, der zum Morde führt. Beides, Lüge und Mord durch Satan, wird uns im Ev. Joh. 8,44 vom HErrn klar gezeigt.

Diese fünf satanischen Geistesmächte finden wir seit der Erscheinung des HErrn auf der Erde mit einer Macht und einem Fanatismus hervorbrechen wie ein Vulkan, der alles mit seiner Lava zu überschütten und zu vernichten droht. Vgl. Ev. Matth. 2,13-18.

Diese satanischen Geistesoffenbarungen finden wir mehr oder weniger in den verschiedenen Zeitabschnitten wirksam, zugleich aber können wir feststellen, daß ein

Zug die anderen überragt.

So finden wir in der apostolischen und nachapostolischen Zeit besonders die Feindschaft und den tödlichen Haß, der sich in den brutalen Verfolgungen besonders auswirkte. Satans besondere Methode vom 4. Jahrhundert ab bis ins dunkle Mittelalter war die Lüge und vollständige Verdrehung des Wortes Gottes. Dann kam die Zeit der Reformation und mit ihr die Belebung der Naturwissenschaften und Entdeckungen.

Nachdem Gott der Menschheit das Wort Gottes gab, fast jedem Volke in seiner Sprache, und jeder das Wort Gottes für sich lesen konnte, kam der alte Feind damit, der Vernunft des Menschen zu schmeicheln, indem er die Vernunft, den Verstand, das Denken und den Geist des Menschen zur Beurteilung, zur Kritik und zuletzt zur Verwerfung der Offenbarung Gottes in Seinem Worte veranlaßte.

Zweifel des Unglaubens und Behauptungen ohne Tatsachenbeweis kennzeichnen besonders den letzten Zeitabschnitt, den der Gemeinde Gottes. Wir sehen, daß Satan mit Zweifel und Behauptung sein Werk an den Menschen begann, und müssen feststellen, daß dies besonders seine Tätigkeit in dieser letzten Zeit ist. Niemand kann zu einer richtigen, göttlichen Beurteilung der naturphilosophischen Bewegungen gelangen, wenn er die Feindesmacht unterschätzt oder gar ignoriert.

Das „Woher“ des Menschen hat die darwinistische Schule zu lösen versucht - nein, behauptet, sie gelöst zu haben. Obwohl sie auch nicht eine einzige Tatsache zum Beweise ihrer anspruchsvollen Behauptungen ins Feld führen kann,

beansprucht sie dennoch von allen Gehör, Annahme und Begeisterung für ihre Hypothesen. Eine große Zumutung! Sie fordert einen blinden Glauben, der wirklich von keinem Christen in bezug auf göttliche Tatsachen gefordert wird!! Die Bibel fordert nur Glauben für ihre lückenlosen und wahrhaftigen Tatsachen und Zeugnisse.

Die Naturphilosophie beansprucht Annahme ihrer lückenhaften und hypothetischen Theorien. Wir sehen nicht in dem sittlichen Niedergang der Völker Satans größtes Werk, sondern vielmehr in der naturphilosophischen Gedankenvergiftung des Menschen. Der sittliche Niedergang der Völker ist in großem Maße dem Raub der Menschenwürde durch die Evolutionstheorie (Entwicklungslehre) zuzuschreiben.

Eine größere Lüge und Behauptung konnte wohl kaum mit dem Schein wissenschaftlicher Glorie aufgestellt werden, als daß der Mensch sich von dem niedrigsten Lebewesen zu seiner jetzigen Macht- und Fähigkeitsgestaltung entwickelt habe. Was bezweckt der Feind damit? Seine offene Feindes- und Verfolgungstaktik hatte fast gar keinen wirklichen Dauererfolg; so kam er mit dieser seiner größten, mächtigsten und zugleich verlockendsten Lehre. Drei Hauptziele verfolgte er damit:

1. Die Bibel kann niemals die Offenbarung Gottes sein, denn sie stimmt ja gar nicht mit der Wissenschaft überein. So beseitigte der Feind die Bibel, Gottes Wort.

2. Das sittliche VerAntwortlichkeitsbewußtsein in dem Gewissen des Menschen mußte unbedingt beseitigt werden. Dies wurde ebenfalls durch diese satanische Lehre erreicht, weil die Entwicklungslehre die sittliche

Beziehung des Menschen zu Gott leugnet.

3. Die notwendige Folge dieser Theorie ist nicht nur die Leugnung der Offenbarung Gottes in dem Menschen Christus Jesus, sondern des Daseins Gottes Selbst.

Damit hat der Feind des Menschen das Ziel erreicht, das er sich gesteckt hatte.

Kein Wunder, daß ungezählte Menschen dieser Lehre huldigen, da sie scheinbar von ihren quälenden Zweifeln über Gott und Ewigkeit - von der Unruhe ihres Gewissens - und von der Beschränkung oder gar Unterbindung ihrer sündigen Triebe befreit werden. Kein Wunder, daß man dem Evangelium Satans huldigt, trotzdem es tausendfach bewiesen ist als Lüge und größtes Verbrechen an der Menschheit.

Wer sich ernsthaft mit diesen Lehren beschäftigt hat, wird zur Genüge wissen, wie sie von bedeutenden Forschern widerlegt worden sind.

Ja, Darwin selbst hat sie auf seinem Sterbebett als ganz unreif hingestellt.

Sein gelehrigster Schüler Häckel, der mit Fanatismus und fiebernder Phantasie diese Lehre der Masse durch seine „Welträtsel“ zugänglich machte, mußte, um seine Theorien zu stützen, zu den gröbsten und grundlegendsten Fälschungen greifen, in der Weise, daß er dasselbe Klischee für Hund-, Affen- und Menschenembryo gebrauchte, um seine Lehre durch diesen Betrug zu rechtfertigen.

Obwohl viele Gelehrte von Ruf, wie Bastian, Virchow,

Ranke, nie mit ihm und seiner Lehre einverstanden waren und eine große Anzahl von ihnen, zirka fünfzig, nach der Entdeckung seiner Fälschungen öffentlich Stellung gegen ihn nahmen, gibt es heute genug Menschen in der sogenannten gebildeten und ungebildeten Weit, deren Devise immer noch aus oben angeführten Gründen diese Lehre des Evangeliums des Gottes dieser Welt ist. Wie groß ist die Macht des Feindes! Hier erfüllen sich die Worte 1. Kor. 1,20b und 2. Thess. 2,10-12.

Nicht, daß wir die Tatsachen der exakten Wissenschaft gering schätzten, aber dennoch ziehen wir die Zeugnisse der Schrift ihnen vor. Auch sind wir der festen Überzeugung, daß das Buch der Offenbarung Gottes, die Bibel, stets das Buch der Natur bestätigt und Gegensätze niemals vorkommen können.

Die Schädelfunde von 1856 im Neandertal bei Düsseldorf, auf dem Gibraltarfelsen 1863, in Kalifornien 1879, auf Java 1892, bis zu den letzten Funden 1925 am See Tiberias in Palästina und in Ehrungsdorf (Deutschland) ändern nicht das geringste an dem biblischen Alter des Menschengeschlechts. Sie beweisen auch nicht im geringsten etwas anderes, als die Bibel uns sagt. Der Raum verbietet uns, auf die Funde und deren Bedeutung näher einzugehen. Nur eins kann noch gesagt werden: daß kein einziger Tatbestand gegen die Bibel aufgebracht wurde. Zu der Meinung, die allgemein verbreitet ist, daß man vollständige Fossilmenschen gefunden habe, sei nur noch bemerkt, daß dies nie der Fall war. Einen wirklichen Fossilmenschen kann es ja auch gar nicht geben. Man hat nicht einmal bis jetzt einen tadellosen, vollständigen Schädel gefunden, vielmehr meist nur ganz geringe

Schädelteile, und man hat versucht, sie mit Gips zu rekonstruieren, doch wer will behaupten, die wirkliche, ursprüngliche Form getroffen zu haben? Welch große Meinungsverschiedenheiten sind gerade in der Fachgelehrtenwelt wegen dieser Rekonstruktionen entstanden! Und wenn man von einem diluvialen, ja sogar von einem tertiären Menschen spricht, so sei hier darauf hingewiesen, daß die noch heute lebenden Eskimos durch die Massigkeit ihres Unterkiefers fast alle Schädelfunde nicht nur erreichen, sondern übertreffen. So weisen uns Gegenwarts tatsachen selbst die Grenzen der Geschichte des Menschengeschlechts. Man könnte mit vollem Recht in dem Eskimo von dem noch lebenden Diluvialmenschen sprechen, da das Diluvium auf beiden Erdpolen noch besteht. Wer sich etwas eingehend mit diesen Funden und deren Abbildungen und dem Streit der Gelehrten über sie beschäftigt hat, wird zu der Erkenntnis gelangt sein, die David in Psalm 12,6 ausspricht: „Die Worte Jehovas sind reine Worte - Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde fließt, siebenmal gereinigt.“

Ihm sei Dank und Preis für die Vollständigkeit Seines Wortes!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese klare, ausführliche Antwort Bedarf keiner Ergänzung, und die unzweideutigen Ausführungen über die Methoden Satans nach 1. Mose 3 auch keiner weiteren Unterstreichung.

Nur zwei Gedanken glaube ich hinzufügen zu sollen, um dem Fragenden zu dienen.

1. Diluviumschädelfunde!!

Ich will es nicht als Behauptung aufstellen - da die Bibel nichts darüber sagt -, aber seit langem bin ich überzeugt, daß diese Schädel von vorsintflutlichen, aber nicht prähistorischen (vorgeschichtlichen) Menschen herrühren, die, wie die Eskimos heute noch (siehe obige Antwort!), aus bestimmten Gründen der Nahrung eine andere massigere Schädelform hatten als die späteren im allgemeinen. Ich scheue mich durchaus nicht, mich als bibelgläubiger Christ zu der biblischen Sintflut (nicht -Sage, sondern) -Geschichte zu bekennen und zu bezeugen, daß ich diese Menschenreste als in untere Schichten hineingeraten (ins Diluvium oder auch noch weiter hinein in die Erdkruste) mir sehr wohl erklären kann. Denn wenn „alle Quellen der großen Tiefe aufgebrochen sind'' (1. Mose 7,11), dann entstanden naturgemäß - wenigstens glaube ich dies - solche Risse und geologischen Verschiebungen in den unteren Schichten, daß es nicht schwer sein dürfte, anzunehmen, in diese Schichten seien viele Menschenleichen hinabgespült und mehr oder weniger vollständig aufbewahrt worden.

Ganze, unversehrte Gerippe hat man im Diluvium noch nicht gefunden, aber auch wenn man sie fände, so spräche nichts gegen die eben vorgetragene Meinung. Wie würde aber die Wissenschaft triumphieren, wenn man einen Fossilmenschen (ein völlig versteinertes Gerippe eines Menschen) fände. Aber das ist unmöglich - glauben

wir nur dem teuren Worte Gottes, das auch in seiner vermeintlichen Torheit weiser als die Menschen ist! - Also was ich mit diesen wenigen Worten bezweckte, ist das: Wir dürfen, wie ich glaube, in dem biblischen Bericht über die Sintflut einen Schlüssel für die diluvialen Schädelfunde sehen.

2. So nützlich es sein mag, wenn die, denen wissenschaftliche Forschungen möglich sind, sich unterrichten über die angeblich gesicherten - und sich dabei so oft widersprechenden - Ergebnisse der exakten Wissenschaft, so überflüssig ist es für ungelehrte „Laien'', sich mit solchen Dingen abzuplagen. Wir haben das zweischneidige Wort Gottes, das für alles genügt; auch für die Naturkunde der Welt und des Menschen vom göttlichen Gesichtspunkt aus. Wir wissen, daß die Menschen zu allen Zeiten nichts vom Worte Gottes, das sie verurteilte, wissen wollten, aber um so lauter und unerschrockener sollten wir wagen, das ganze Wort zu bezeugen, auch dieses von der Erschaffung des Menschen, der aber in seiner Verblendung lieber vom niederen Tier abstammt, weil er dadurch jeder VerAntwortung Gott gegenüber entgehen zu können meint. Denn auch das höchstentwickeltste Tier hat keine sittliche VerAntwortung dem Schöpfer gegenüber. Trefflich hat der Satan es verstanden, seine Untertanen von der ihnen lästigen Fessel der VerAntwortlichkeit vor Gott zu befreien! Aber das Wort Gottes bringt den Menschen in Abhängigkeit von Gott, stellt ihn unter Gericht, fordert seine Buße und den Glauben an Christum. Laßt uns uns nichts von dem Worte Gottes rauben, weder das erste noch das letzte Buch der Bibel, weder das erste noch das letzte Kapitel derselben! „Du hast Mein Wort bewahrt und Meinen Namen nicht

verleugnet“, dies Wort aus Offenb. 3,8 gelte uns auch in der freudigen Bezeugung der göttlichen Erschaffung des Menschengeschlechtes! Laßt uns auch da „mit voller Gewißheit“ (1. Thess. 1,5) auf dem ganzen Worte stehen, indem wir der guten Zuversicht sind, daß, wer „die Liebe zur Wahrheit annehmen will“ (2. Thess. 2,10), durch das lebendige Wort (Hebr. 4,12ff.) zur Wahrheit geführt wird. Wer aber die Liebe zur Wahrheit nicht annehmen will, dem können wir mit den wissenschaftlichsten Beweisen auch kaum helfen!

Aber Sein Wort weckt Leben und bringt zum Leben; laßt uns treulich mit diesem „Schwert des Geistes“ umgehen (Eph. 6,17) - bei ehrlichen Wahrheitssuchern wird es nie seine Kraft verfehlen, auch nicht seine Beweiskraft!

Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb.“ Ps. 119,140.

F. K.

Frage 5

Warum sind die Worte: „... Ich will euch in ein Land bringen, das von Milch und Honig fließt“ (2. Mose 3,8), etwa 15mal in den Büchern Mose angeführt, und was ist ihr geistlicher Sinn?

Antwort

Die Antwort möge 5. Mos. 11,9-12 geben. Die Formel ist von 2. Mos. 3 an deswegen so oft wiederholt, weil das Herz Gottes seine Wonne darin findet, das Gute, das Er schenken will, recht anziehend für Ohr und Auge zu

machen, um das Herz des Volkes Seines Ratschlusses zu gewinnen.

Es ist nicht angebracht, hinter allem Natürlichen etwas Geistliches zu wittern, das erst herauszuklauben wäre. Milch und die daraus gewonnenen Produkte sind die Hauptnahrungsmittel nomadisierender oder auch ackerbautreibender, auf eigener Scholle seßhafter Menschen. In 1. Mos. 49,12 und Jes. 55,1 wird sie neben den Wein gestellt. Honig deutet außer auf Nahrung auf Wohligkeit im Genießen hin, wie viele Stellen zeigen. Der Überfluß an Milch und Honig soll die natürliche Fruchtbarkeit des verheißenen Landes gegenüber der künstlichen Fruchtbarkeit Ägyptens hervorheben. Es soll ausgedrückt werden, daß in Kanaan alle physikalischen und klimatischen Vorbedingungen zu besagter Fruchtbarkeit gegeben waren.

Milch und Honig haben nun wohl auch eine geistliche Bedeutung, aber nicht in Verbindung mit dem Lande im Alten Testament, sondern in Verbindung mit alt- und neutestamentlicher Lehre.

Milch: 1. Kor. 3,2 und Hebr. 5,12: elementarste Wahrheiten für Unmündige in Christo, 1. Petr. 2,2: allgemein geistliche Speise. Honig: 3. Mos. 2,11, bildlich verstanden: rein natürliche, seelische Süßlichkeit der Gefühle Gott gegenüber. Sie sind nicht geziemend, daher bei den Opfern verboten. Beim HErrn, den die Opfer vorbildeten in Seiner Hingabe, waren sie nicht; vielmehr war bei Ihm eine gewisse Herbheit der Weihe an Gott. Zu den Beziehungen zu Gott gehört ein Gefeitsein gegen Verderbnis, klare Nüchternheit im Geiste. Daher war, Vers 13, Salz erforderlich, das Sinnbild davon, im Gegensatz zu

Honig, d. i. zu unangebrachter seelischer Süßlichkeit, und zu Sauerteig, d. i. zu innerliche Zersetzung bewirkendem verborgenem Bösen (vergl. u.a. Matth. 16,6.11.12; Luk. 12,1; 2. Mos. 12; 1. Kor.

5,6.8). Eine beherzigenswerte Lektion für die heutige Zeit, wo so viel seelische Süßlichkeit und Weichlichkeit an die Stelle geistlich-gesunden, nüchternen Christentums tritt.

F. Kpp.

Frage 6

Bezugnehmend auf Frage 1 d. Js. möchte ich fragen, ob die Absonderungsvorschriften in 3. Mose 13,46; 4. Mose 5,2; 5. Mose 24,8.9 (doch vergl. 4. Mose 12,10.15) auf solche Aussätzige keine Anwendung fanden, die, obwohl ganz aussätzig, nach 3. Mose 13,12.13 und 17 „rein“ waren, wie in Frage 1 ausgeführt ist. Steht vielleicht die Tatsache, daß nach Luk. 5,12 ein Aussätziger in einer Stadt war, hierzu in Beziehung, oder was ist dazu zu sagen?

Antwort

Das Wort Gottes sagt uns nichts darüber, wie mit einem nach 3. Mos. 13,13.17 für rein erklärten Aussätzigen weiter verfahren wurde, so daß auch wir darüber nichts sagen können. Doch möchten wir auf einiges aufmerksam machen, was wohl etwas Licht über diesen Gegenstand geben könnte.

Wenn wir in Kap. 14 das „Gesetz des Aussätzigen am Tage seiner Reinigung“ lesen, finden wir, daß für die Rückkehr

in das Lager und Wiederaufnahme in die Gemeinschaft die wirkliche Heilung des Aussätzigen von dem Übel des Aussatzes die Voraussetzung war: „ ... und besieht ihn der Priester, und siehe, das Übel des Aussatzes ist heil geworden an dem Aussätzigen, ...“ (V. 3). Also nur, wenn er von dem Aussatz geheilt war, konnten die für die Reinigung vorgeschriebenen Opfer und Handlungen, die erstens der Rückkehr in das Lager (V. 8b) und ferner der vollen Wiederaufnahme in die Gemeinschaft (V. 20, Schluß) vorangehen mußten, dargebracht und vorgenommen werden. Diese Voraussetzung fehlte aber bei dem nach Kap. 13,13.17 für rein erklärten Aussätzigen, denn er war nicht geheilt, sondern der Aussatz bedeckte ihn vollständig, über und über. Das zeigen die Verse 12 und 13 ganz deutlich. Also konnte unmöglich das „Gesetz des Aussätzigen am Tage seiner Reinigung“ auf ihn Anwendung finden und nach demselben mit ihm verfahren werden, und folglich konnte er auch nicht in das Lager zurückkehren, sondern blieb weiter ausgeschlossen, solange er nicht von dem Übel des Aussatzes geheilt war. Wie hätte er auch, über und über mit Aussatz bedeckt, wieder in das Lager aufgenommen werden können?!

Daß das Verwandeln des Aussatzes „ganz in weiß“ kein Zustand der Heilung war, sehen wir auch aus anderen Stellen des Wortes Gottes: 2. Mos. 4,6b und 4. Mos. 12,10a, wo wir beide Male lesen: „Aussätzig wie Schnee“ - also ganz weiß -; und an letzterer Stelle lesen wir dann in V. 12, daß Aaron in bezug auf Mirjam, die „aussätzig wie Schnee“ war, sagt: „Möge sie doch nicht sein wie ein totes Kind, dessen Fleisch ... zur Hälfte verwest ist“, woraus wir sehen, daß dieser Zustand der Krankheit ein schrecklicher

ist. Warum nun der Priester den Aussätzigen gerade in diesem Zustande „für rein erklären“ sollte, ist in der Antwort zu Frage 1 zu erklären versucht worden: weil der Aussätzige gerade in diesem Zustande ein treffendes Bild des Sünders ist, der sich in seiner Sündigkeit und seinem vollkommenen Verlorensein vor Gott erkennt und daher gerade in dem Zustande ist, in dem Gott ihm Vergebung schenken - ihn „für rein erklären“ - kann. Nur so weit geht das Bild in 3. Mos. 13,12.13.16.17, und nicht weiter, d. h. es zeigt nicht den Erlösten, wie er in Christo Jesu vor Gott ist, denn hierzu gehörte die wirkliche Heilung von dem Aussatz, wovon aber an eben erwähnter Stelle nicht die Rede ist, sondern erst in Kap. 14 (V. 3). Daher müssen wir auch genau an dem Punkte Halt machen, bis zu welchem das Bild uns führt, und dürfen nicht darüber hinausgehen. Die Fortsetzung des Bildes finden wir, wie schon gesagt, in Kap. 14, wo wir das Verfahren mit einem von dem Übel des Aussatzes Geheilten finden und darin die kostbaren Dinge vorgebildet sehen, die den angehen, der den Herrn Jesus wirklich erkannt und im Glauben angenommen hat.

Wir glauben also, daß die Absonderungsvorschriften auch für die nach 3. Mos. 13,13.17 für rein erklärten Aussätzigen weiter in Kraft blieben, solange sie nicht in Wirklichkeit von dem Aussatz geheilt waren.

Auf Grund des vorher Gesagten können wir auch die Tatsache, daß nach Luk. 5,12 ein Aussätziger in einer Stadt war - und nach Luk. 17,12 zehn aussätzige Männer in einem Dorfe waren -, nicht mit 3. Mos. 13,13.17 in Beziehung bringen, ganz abgesehen davon, daß von den in Luk. 5 und 17 erwähnten Aussätzigen auch nicht gesagt

ist, daß der Aussatz „ihre ganze Haut“ bedeckte und das Übel „sich ganz in weiß verwandelt“ hatte. Vielmehr können wir diese Tatsache, daß zur Zeit des Hierseins des Herrn Jesus offenbar die Absonderung der Aussätzigen von den übrigen Menschen, oder richtiger der Ausschluß der Aussätzigen aus der Mitte der anderen, überhaupt nicht mehr oder doch nicht mehr nach der Vorschrift des Gesetzes durchgeführt wurde - siehe z. B. auch Matth. 8,1.2; Mark. 1,40 -, nur damit erklären, daß die Juden in der Befolgung des Gesetzes ein wenig lässig geworden waren und Einrichtungen getroffen und Gewohnheiten angenommen hatten, die nach ihren Gedanken und ihrem Gutdünken waren, ohne danach zu fragen, was Gott in Seinem Worte über die Sache sagt.

Ebenso ist es ja auch heute in der Christenheit in allen Sachen und auch in bezug auf die Absonderung: allerhand nicht wirklich gläubige und daher von ihren Sünden nicht gereinigte Menschen - „Aussätzige“ - sind gleichsam in dem Lager, wenn man dieses Bild darauf noch anwenden darf, und man denkt gar nicht daran, sie hinauszutun. Dadurch ist das „Lager“ zu einem solchen geworden, in dem die „Aussätzigen“ die weitaus größte Mehrheit bilden, so daß für die, welche die gottgewollte Absonderung anerkennen und verwirklichen möchten, nichts anderes übrig bleibt, als selbst dieses „Lager“ zu verlassen, aus ihm hinauszugehen, wie das Wort Gottes auch sagt: „Darum gehet aus aus ihrer Mitte und sondert euch ab, spricht der HErr, und rühret Unreines nicht an“ (2, Kor. 6,17). Das erweckt zwar die Feindschaft derer im Lager und bringt infolgedessen Schmach auf die, die sich absondern, aber Gott ermuntert uns hierzu unter Hinweis auf unseren HErrn, der die Feindschaft der Welt in ganz

anderem Maße als wir erfahren mußte und „außerhalb des Tores gelitten“ hat: „Deshalb laßt uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend!“ (Hebr. 13,12.13). Ja, laßt uns darauf achten, daß nicht auch wir das Wort Gottes beiseite setzen und menschlichen Gedanken und Empfindungen nachgehen und in Verbindungen gefunden werden, die nicht nach Seinem Willen sind, sondern treu nach Seinem Worte in dieser Welt stehen und handeln, in allem - auch in bezug auf unsere Absonderung!

Th. K.

Frage 7

In meiner innerlichen Anfechtung habe ich sehr zu leiden durch Stellen aus dem Prediger Salomo, wie z. B. 1,13 und 3,10 (nach luth. Übers.). Vielleicht verstehe ich das Buch des Predigers nicht richtig und wäre dankbar für eine kurze Belehrung über den Sinn und die Aufgabe desselben; dann werden mir obige Stellen wohl auch klar werden!

Antwort A

Es ist wahr: Ein Aufschrei entringt sich der durchs Mitempfinden beim Lesen gequälten Seele. Es ist so! stellt sie fest. Denn was dasteht, ist zu sehen; und sie hat es beim Nachdenken selber schon so empfunden, und es hier in diesem Buche viel geschickter geschildert zu finden, als sie es schildern könnte, füllt sie vollends mit Bitternis.

Nämlich vergeblich wartet der Lesende auf einen

hat nichts vernommen, als was „unter der Sonne“ ist. Selbst der eine oder andere Anlauf, den der Prediger nehmen zu wollen scheint, um über das, was „unter der Sonne“ ist, hinauszugehen, bleibt in den Anfängen stecken. Sogar „die Hauptsumme aller Lehre“, das „Endergebnis“ 12,13.14, klingt mehr an vernunftgemäße Überlegung und Folgerung an, als daß es sich anhörte, nachdem man das Büchlein in einem Zuge gelesen hat, wie die Forderung im Gesetz, die Gebote Gottes zu erfüllen, um, wenn die Erfüllung möglich sein sollte, das Leben zu haben.

Nichts, rein nichts bietet sich dem suchenden Geiste dar, das ihn über das Lichtlose und Geschöpfliche hinaushöbe und den Bedürfnissen seiner nach Gott lechzenden Seele entgegenkäme.

Das ist göttliche Absicht.

Das Buch ist selbstverständlich göttlich eingegeben wie irgend eines der anderen Bücher der Bibel. Gott weiß aber, wie der Mensch von Natur an der Erde hängt und an den Genüssen auf ihr, deren Boden doch verflucht ist. Darum will Er ihn aufklären über die Nichtigkeit alles Dargebotenen. Die Seele muß verstehen lernen: das Problem „Leben“ bleibt ein unlösbares Rätsel, wenn Gott nicht eingeführt wird und eine Erlösung. Die Welt, so wie sie und das Geschehen auf ihr sich darbietet unter Ausschaltung Gottes, kann den Nöten und Bedürfnissen der Menschen nichts bieten.

„Unter der Sonne“ lesen wir nahezu dreißigmal. Dieser Ausdruck ist sozusagen der Schlüssel des Buches. Er

„Eitelteil“ findet sich ca. dreidutzendmal. Ebenso oft „Mühe“, „Arbeit“, „Werke“. Und, was an Röm. 7 mit seinen über 30 „Ich“ erinnert: in einem einzigen Kapitel, dem zweiten, hören wir ebenfalls dreidutzendmal „Ich“, ohne die ebenso zahlreichen „mich“, „mir“, „mein“ zu zählen. - Die Welt, so wie sie um mich her ist, und „Ich“: kein Wunder wird unglücklich und kommt in Anfechtung, wer nicht weiß oder nicht verwirklicht, daß er, als in Christo seiend, aus beiden hinausgehoben ist! Salomo und auch sonst keiner, der in der Zeit vor dem HErrn lebte, konnte etwas anderes wissen als die Verheißungen, soweit sie jeweils gegeben waren, und die zermürbende Wirklichkeit, wie sie der Prediger beschreibt.

Nun aber Christus gekommen ist und ewige Güter gebracht hat, die nicht in diese Weltzeit hereingehören: ist Ursache vorhanden, sich an der „unseligen Mühe, die Gott den Menschenkindern gegeben hat, daß sie sich darinnen müssen quälen“, aufzuhalten? nicht vielmehr Ursache, sich in dankbarer Freude zu rühmen, daß man herausgenommen ist aus dem gegenwärtigen bösen Zeitlauf (Gal. 1,4), eben dem im Prediger beschriebenen, in welchem die Regierung Gottes sich nicht auswirkt dahin, dem Menschen ein Glück hienieden sicherzustellen, das doch nur aus den Dingen hierunten genommen sein könnte?

Wenn und nachdem die Seele die Lektion dieses Buches, „daß kein Gewinn ist von aller Mühe unter der Sonne“, gelernt hat; wenn und nachdem sie begriffen hat, „wer von diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten“, dann ist sie begierig, von dem Wasser zu trinken, das Jesus gibt, das „in ihr eine Quelle Wassers wird, das ins ewige

Leben quillt“ (Joh. 4,13.14), wie der Genuß davon im Gegensatz zum Buche des Predigers im Hohenliede zu sehen ist.

Das Buch des Predigers so verstanden, werden die bisherigen Anfechtungen aus demselben wohl verschwinden.

F. Kpp.

Antwort B

„Der Predigern hat von jeher vielen Lesern des Wortes Gottes Schwierigkeiten gemacht, weil darin manches vorkommt, was mit der im Worte Gottes geoffenbarten Wahrheit nicht im Einklang zu stehen scheint. Wie soll man z. B. es verstehen, wenn im „Prediger“ gesagt ist: „Es gibt nichts besseres unter den Menschen, als daß man esse und trinke und seine Seele Gutes sehen lasse bei seiner Mühe“ (2,24; 3,13; 5,18; 8,15), und: „Ich habe erkannt, daß es nichts Besseres unter ihnen gibt, als sich zu freuen und sich in seinem Leben gütlich zu tun“ (3,12), wo doch das Wort Gottes uns sagt, daß wir allem entsagen, den Dingen dieser Welt gestorben sein und die Welt und was in der Welt ist nicht lieben sollen? Oder wenn wir lesen: „Wegen der Menschenkinder geschieht es, ... damit sie sehen, daß sie an und für sich Tiere sind. Denn was das Geschick der Menschenkinder und das Geschick der Tiere betrifft, so haben sie einerlei Geschick: wie diese sterben, so sterben jene, und einen Odem haben sie alle; und da ist kein Vorzug des Menschen vor dem Tiere, denn alles ist Eitelkeit. Alles geht an einen Ort; alles ist aus dem Staube geworden, und alles kehrt zum Staube zurück. Wer weiß

und von dem Odem der Tiere, ob er niederwärts zur Erde hinabfährt?“ (3,18-21), wo wir doch aus dem Worte Gottes wissen, daß der Mensch ein sittliches, viel höher stehendes Geschöpf ist als das Tier, und durchaus nicht „einen Oden“ mit letzterem hat, indem Gott ihn in Seinem Bilde geschaffen und den Odem des Lebens in seine Nase gehaucht und ihn berufen hat, zu „herrschen über die Fische des Meeres und über das Gevögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das sich auf der Erde regt“ (1. Mose 1), und daß wohl der Leib, der von der Erde genommen ist, wieder zur Erde werden soll, daß es aber eine Auferstehung gibt für alle Menschen und bis dahin Geist und Seele der Abgeschiedenen je nach ihrer Stellung zum HErrn entweder zu diesem in die Herrlichkeit oder an den Ort der ungläubig Abgeschiedenen gehen? Oder wenn es heißt: „Denn die Lebenden wissen, daß sie sterben werden; die Toten aber wissen gar nichts, und sie haben keinen Lohn mehr ...“ (9,5), während das Wort Gottes uns sagt, z. B. in der Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus und an anderen Stellen, daß die Abgeschiedenen - die geglaubt haben sowohl wie die nicht geglaubt haben - sehr wohl etwas wissen und daß es Lohn und Vergeltung gibt? Diese und manche andere Fragen ergeben sich beim Lesen des „Predigers“, wenn der eigenartige Charakter dieses Buches dem Lesenden nicht bekannt ist. Alle diese Schwierigkeiten aber zerfließen in nichts, sobald wir in dem Bewußtsein, daß auch der „Prediger“ das Wort Gottes ist, der immer wahr ist und sich immer treu bleibt, also sich nie widersprechen kann, dieses Buch im Lichte des übrigen Wortes Gottes betrachten, denn dann sehen wir, daß in diesem Buche der

Geist Gottes uns die Dinge nicht vom göttlichen Standpunkte aus, sondern vom Standpunkte des natürlichen Menschen aus betrachtet zeigt - so wie das Auge des Menschen sie sieht, die Sinne des Menschen sie wahrnehmen, der Geist des Menschen sie erfaßt, im Rahmen des rein menschlichen Wissens, das sich auf die mit den Sinnen wahrnehmbaren und mit dem Verstande faßbaren Dinge dieses Lebens beschränkt, also nur bis zum Tode, aber nicht über diesen hinaus, reicht. Diesen Charakter sehen wir in dem ganzen Buche, und ganz besonders in den oben angeführten Stellen (2,24; 3,12.13.18-21; 5,18; 8,15; 9,5) und manchen anderen. Einige dieser anderen Stellen wollen wir noch hervorheben, da es so sehr darauf ankommt, den vorstehend bezeichneten Charakter dieses Buches zu erkennen. Z. B. finden wir immer wieder - nach unserer Feststellung neunundzwanzigmal - die Worte „unter der Sonne“ (1,3.9b.14; 2,11 usw.) und dreimal „unter dem Himmel“ (1,13; 2,3; 3,1) in Verbindung mit dem Tun des Menschen und dem Geschehen auf der Erde. Ebenso ist charakteristisch, was Kapitel 1,4 von dem Gehen und Kommen der Geschlechter und von dem „ewigen“ Bestehen der Erde gesagt ist und Vers 5 von der Sonne, Vers 8-10 von dem Abmühen aller Dinge und ihrer Wiederkehr in beständigem Kreislauf, Kapitel 2,18-23 von dem Abmühen des Menschen nur für die Nach-ihm-Kommenden (siehe auch 3,9; 4,4.8). Ferner weisen wir auf 6,3.7.11; 9,1-6 hin. In allen diesen und noch anderen Stellen finden wir den oben gezeigten Charakter des Buches klar zutage treten.

„Der Prediger“ betrachtet von diesem rein menschlichen Standpunkte aus „alles, was unter der Sonne geschieht“,

und kommt zu der Erkenntnis: Alles ist Eitelkeit! Der Mensch müht und plagt sich ab sein Leben lang, aber alle Weisheit, aller Reichtum, alle Freuden, alle Herrlichkeit dieser Welt können das Verlangen des menschlichen Herzens nicht stillen, sondern lassen es leer und unbefriedigt - „alles ist Eitelkeit und ein Haschen nach Wind.“ Diese Erkenntnis lenkt den Sinn weg von diesen eitlen Dingen hin zu Gott, in dem allein das Herz des Menschen Befriedigung zu finden vermag, da Gott „die Ewigkeit hineingelegt“ hat (3,11b). Darum mahnt der „Prediger“ am Schlusse (Kap. 12): „Gedenke deines Schöpfers in den Tagen deiner Jugendzeit, ehe die Tage des Übels kommen“, das Alter mit seinen Beschwerden und seiner Schwachheit, und „fürchte Gott und halte Seine Gebote ... Denn Gott wird jedes Werk, es sei gut oder böse, in das Gericht über alles Verborgene bringen.'' Das ist es, was auch heute noch der Geist Gottes durch dieses Buch wirken möchte: den Menschen dahin führen, daß er die Eitelkeit all der Dinge dieser Welt erkenne und sich zu Gott hinwende, um sich von lhm das schenken zu lassen, was sein Herz wahrhaft und ewig befriedigt.

Wenn unser Versuch, in Kürze den Charakter des vorliegenden Buches zu zeigen, gelungen ist, wird manche Schwierigkeit damit ihre Lösung finden - auch die in der Frage berührte, indem wir verstehen lernen, daß auch das in den Versen 1,13 und 3,10 Gesagte die Sache so zeigt, wie der Mensch sie ansieht, ja, ansehen muß. Gott quält und plagt die Menschenkinder nicht, sondern der Mensch bereitet sich selbst die Qual und die Plage in seiner Verkehrtheit; aber Gott läßt es zu, damit der Mensch zur Erkenntnis der Eitelkeit alles irdischen und aller seiner Bemühungen komme und sich zu Ihm wende.

Noch eine kurze Bemerkung zum Schluß! Im Neuen Testament finden wir keine Anführung aus dem „Prediger“. Sollte das nicht vielleicht damit zusammenhängen, daß „der Prediger“ - wie oben ausgeführt - die Dinge nicht vom göttlichen, sondern vom menschlichen Standpunkt aus betrachtet zeigt? Aus diesem Grunde ist der „Prediger“ mehr als irgend ein anderes alttestamentliches Buch ungeeignet, über irgendwelche Dinge, die außerhalb dieses irdischen Lebens liegen, Aufschluß zu geben. Wenn dennoch Menschen einen solchen Gebrauch davon machen - z. B. sich auf 3,18-21; 9,4-6 und 11,3b beziehen, um zu beweisen, daß auch die Seele des Menschen stürbe -, so geschieht das von ihnen nur, weil sie kein anderes Schriftwort haben, um ihre falsche Lehre zu begründen, und darum zu solcher Verdrehung des Wortes Gottes greifen müssen. Es ist von größter Wichtigkeit, daß wir immer den Charakter und Grundgedanken eines Buches erkennen und diesem entsprechend die einzelnen Teile desselben auslegen und anwenden. -

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Es wird wohl keiner unter den Lesern der „Handreichungen“ sein, der sich nicht freute über die Ausführungen beider Antworten, die uns so klar über das Grundsätzliche, über Sinn und Aufgabe des „Predigers“ unterrichten.

Nur einige Bemerkungen seien mir noch gestattet! Der „Prediger“ ist, wie in beiden Antworten ausdrücklich betont

ist, wie jedes Buch der Heiligen Schrift inspiriertes („gottgehauchtes“, vgl. 2. Tim. 3,16.17) Wort Gottes, und das erklärt die überzeugende Macht dieses Buches, wenn man sich darein vertieft (vgl. Abs. 1 der Antwort A!). Wer könnte die von uns so oft und schmerzlich empfundene Wahrheit von der Vergänglichkeit alles Irdischen, von der vergeblichen Mühe „unter der Sonne“, wohl so beschreiben, so darstellen, so herausmeißeln, so malen wie Gott Selbst! Darum können wir diesen „Prediger“ nicht hören, nicht lesen, ohne stets und immer wieder von der Wucht der demütigenden Tatsachen im tiefsten Innern erschüttert zu werden. Im vorigen Jahre wohnte ich anläßlich eines längeren Dienstes am Wort in einem lieben christlichen Hause, dessen Hausvater abends nach dem Abendessen fortlaufend in jenen Tagen erst die „Sprüche“, dann den „Prediger“ las. Wie hat uns dieser ergriffen! Wie oft schauten wir uns an und vermochten nur zu sagen: „Ja, das ist wahr!“ - Und so ist es mir schon sehr viel ergangen, redet doch der Prediger so eindringlich zum Gewissen und zum Herzen der Menschen, wie er so im Durchschnitt ist, und zeigt er uns Gläubigen, die wir in Christo Jesu zur Ruhe von unseren Werken gekommen sind, doch so klar, so überwältigend den Unterschied zwischen „Einst“ und „Jetzt“ auch in unserem irdischen Dasein! Möge dieses der teure Bruder, der durch Stellen dieses Buches angefochten wurde, recht deutlich sehen dürfen, wozu wir gekommen sind - dann wird es ihm vielleicht auch so gehen, daß ihm das Buch des Predigers, im Lichte des Neuen Testamentes gesehen, köstlich wird als Erbauungsbuch für die, die über die Mühe und Enttäuschungen dieses Zeitlaufes, so sehr sie auch um ihrer Erziehung willen da hindurch müssen, die Worte aus

2. Kor. 4,16-18 oder Röm. 8,18 setzen und sich „rühmen in der Hoffnung der zukünftigen Herrlichkeit“ (Röm. 5,2); darüber hatte uns Salomo nichts zu offenbaren, aber in dem wahren „Salomo“, dem wahren Friedenskönig - in Ihm haben wir das alles, „was kein Auge gesehen, was kein Ohr gehört, was in keines Menschen Herz gekommen ist“ - was, kurz gesagt, nicht „unter der Sonne“, sondern gleichsam über ihr ist - ja „was Gott bereitet hat denen, die Ihn lieben“ (1. Kor. 2,9).

Also kann der „Prediger“ auch ein Erbauungsbuch sein? Ich denke es, und mir ist er es oft.

Ist es für uns, die wir das „Bessere“ haben (vgl. Hebr.), nicht oft heilsam und förderlich, im Blick - etwa - auf den Stolz, das Selbstbewußtsein des natürlichen Menschen, zu lesen, wie das alles zunichte wird, vielfach schon hienieden?! Welche geistliche Ironie liegt z. B. in 6,2 oder 10,5-7!

Oder ist es nicht gesegnet auch für uns, deren Zeit in Gottes Händen ist, zu lesen und sich zu erbauen an den 28 (4 x 7; oder mit dem 1. Verse: 3 x 10 ) Gliedern von Kap. 3,2 (oder 1) bis 8, die uns zeigen, daß alles „eine Zeit“ oder „seine Zeit“ hat? Ob Stephanus in Apgesch. 7 nicht auch einen kleinen Augenblick daran gedacht haben könnte: „auch dies ‚Steinewerfen hat seine Zeit‘ - und dann folgt für mich die lichte Ewigkeit - Zeit ohne Zeit -?!“ O wie oft haben mich diese acht Verse von Pred. 3 erbaut, getröstet, ja erquickt! Ist es doch Gottes Wort! - Auch deine Plage, durch die du hindurchmußt, lieber Bruder, teure Schwester, geht einmal zu Ende (vgl. 5,18), aber auch dein „Lachen“ und „Tanzen“, du armer, friedeloser, irdischer Mensch, „hat seine Zeit“, und dann wirst du

vergeblich die Hände ausstrecken nach den verlorenen armseligen Freuden einer für immer versunkenen Welt! „Eitelkeit der Eitelkeiten!“ (12,8 [6-8!])

Oder ich denke an eine Trauerfeier in einem geliebten, durch den Heimgang der Mutter geprüften Hause, in dem ich am Wort dienen durfte. Hat uns da nicht Kap. 7,1-4 wunderbar erfreut, ja, getröstet?

Wie viele köstliche und ernste Sinnsprüche enthält der „Prediger“, die für uns Glaubende an Christum Jesum nie ihre Bedeutung verlieren, solange Gläubige auf Erden wohnen. Da denke ich z. B. (in bunter Folge) an: 3,14.15; 4,13(!!); 5,6; (6,7;) 7,6.8; 8,17; 10,4; 11,1.9; 12,6 (wer kann dies so sagen wie Gott?!). Jeder, der dies Buch des „Predigers“ öfter mit Muße und Treue durchforscht, wird jedesmal Worte finden, die ihn packen und nicht loslassen, mit denen er sich auseinandersetzen muß, die keine Neutralität zulassen.

Und wie über den Anfang des armseligen Zustandes die Menschen auf der Erde „unter der Sonne“, so auch über das Ende desselben spricht der Prediger gleich klar und unzweideutig. Welch eine Bestätigung in der tatsächlichen Wirklichkeit fand der Prediger für 1. Mose 3-4 in Kap. 7,29, und welch einen Ausblick gibt er uns in dem erschütternden, auch im Lichte des Neuen Testamentes unantastbaren Worte 12,14, dem letzten des Buches!

So redet Christus, der wahre Sohn Davids (vgl. den ersten Vers des Buches Kap. 1,1), zu einer verlorenen Welt, wie sie ist, sowohl, wie auch zu uns, die, von oben geboren, durch den Geist alles erforschen. Lassen wir den „Prediger“ durch uns zu einer wegen der Sünde sich

abplagen müssenden Menschheit reden, damit wir auf Grund solcher „Worte der Wahrheit“ (12,10; vgl. Joh. 14,6 u. Apgesch. 26,25!) die Mühseligen und Beladenen rufen können zu Ihm, der uns Ruhe gab und ihnen Ruhe gibt für ihre Seele! (Matth. 11,28.)

Lassen wir dieses Buch der Prediger-Weisheit (an die 50mal enthält es die Worte „Weisheit“ und „weise“!) aber auch zu unserem Gewissen, zu unserem geistlichen Verstande, zu unserem Herzen reden - es wird bleibenden Gewinn bringen, denn auch die Worte dieses Weisen, der uns dies Buch zu geben hatte, sind „gegeben von einem Hirten“ (12,11), ja wahrlich, von einem weisen, treuen, guten Hirten! Sein Name sei ewig gepriesen!

F. K.

Gottes Auserwählung und des Menschen VerAntwortlichkeit.

Bei Betrachtungen über die Auserwählung hört man oft Bedenken laut werden, die sich dahin ausdrücken, es könne durch die Lehre der Auserwählung dem Evangelium die Kraft genommen, die VerAntwortlichkeit des Menschen ausgestrichen und unsere Errettung als eine Tat unseres Willens nicht anerkannt werden.

Wir können gut verstehen, daß sich beim Betrachten der souveränen Gnade Gottes im Blick auf die VerAntwortlichkeit des Menschen auch bei Gläubigen Schwierigkeiten einstellen, besonders, wenn man versucht, diese

beiden Tatsachen in Einklang zu bringen.

Die Schrift bezeugt an vielen Stellen beides sehr deutlich: Nebukadnezar z. B. sagt über Gottes Souveränität (Unumschränktheit): „Nach Seinem Willen tut Er mit dem Heere des Himmels und mit den Bewohnern der Erde; da ist niemand, der Seiner Hand wehren und zu Ihm sagen könnte: Was machst Du?“ (Dan. 4,35); und Paulus behandelt in Röm. 1,18 - 3,19 eingehend die VerAntwortlichkeit des Menschen.

Fangen wir aber an, diese beiden Zeugnisse der Schrift (das eine an die Gläubigen, das andere an die Ungläubigen gerichtet) miteinander zu verbinden, so entstehen sofort Schwierigkeiten. Da kommt die Frage: Wenn Gott vor Grundlegung der Welt jeden Gläubigen auserwählt hat und der HErr sogar sagt: „Niemand kann zu Mir kommen, es sei denn, daß der Vater ihn ziehe“ (Joh. 6,44), sind dann nicht alle Bemühungen in der Verkündigung des Evangeliums zwecklos? Wer auserwählt ist, wird doch errettet und wer nicht auserwählt ist, muß verloren gehen. -

Man kann nicht verstehen, daß die Apostel, die die Gläubigen über die Auserwählung belehrten, trotzdem die Ungläubigen mit allem Ernst noch ermahnten: „Tut Buße - laßt euch retten von diesem verkehrten Geschlecht“. (Apg. 2,38.40.) „Glaube an den Herrn Jesus, und du wirst errettet werden“ usw. (Apg. 16,31.) Man meint, sie hätten vielmehr sagen müssen: „Der Mensch ist tot in Sünden und muß auf Gott warten, der ihn errettet, wenn er auserwählt ist“.

Diese Beispiele mögen genügen, zu zeigen, welche Schwierigkeiten entstehen, wenn wir die VerAntwortlichkeit des Menschen mit der souveränen Gnade Gottes in Einklang bringen wollen, anstatt beide Wahrheiten, und zwar

jede an dem Platze,

den Gott ihr in dem Worte angewiesen hat, stehen zu lassen und in ihrer ganzen Tragweite anzuerkennen.

Das Evangelium hat sein besonderes Gebiet, und die „Weisheit Gottes im Geheimnis“ hat gleichfalls ihr besonderes Gebiet. Die Schrift unterscheidet genau zwischen dem Evangelium und was mit demselben verbunden ist und der Offenbarung der Dinge, die Gott den Gläubigen geschenkt hat. Jedes hat sein eigenes und besonderes Gebiet, wo es entfaltet werden soll.

Das Gebiet für das Evangelium ist die Welt; es soll allen Menschen gebracht werden. „Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung. (Mark. 16,15.)

Das Gebiet für die Offenbarung der verborgenen Weisheit Gottes aber ist nicht die Welt, sondern die Gemeinde. Die Gläubigen sollen damit vertraut gemacht werden, damit sie die Dinge kennen, die ihnen von Gott geschenkt sind. (1. Kor. 2,12.)

Suchen wir aber diese für zwei gesonderte Gebiete, für zwei ganz verschiedene Personenklassen bestimmten Dinge auf ein gemeinsames Gebiet zu bringen und der menschlichen Vernunft anzupassen, so werden wir, anstatt

beide (die VerAntwortlichkeit des Menschen und die souveräne Gnade Gottes) in ihrer ganzen Weite anzuerkennen, von dem einen oder dem anderen nur soviel gelten lassen, als es uns nach unseren Gedanken vereinbar zu sein erscheint.

So haben manche gemeint, den goldenen Mittelweg wählen zu sollen, indem sie glaubten, die Wahrheit müsse in der Mitte liegen, und sie lehren, die Auserwählung sei nicht eine Auserwählung bestimmter Personen, sondern nur eine solche im allgemeinen Sinne. Jeder Mensch könne nach Seiner freien Wahl und seiner Fähigkeit das Gute erwählen und sich dadurch der Schar der Auserwählten hinzutun, und deshalb hätten wir in Übereinstimmung mit der Auserwählung allen Menschen das Evangelium zu verkündigen.

Wir können verstehen, daß die, die solcher Meinung sind, ängstlich jedes Wort und jede Schrift, die rückhaltslos von der Auserwählung Zeugnis gibt, meiden und verurteilen. Sie begründen dieses damit, daß, wenn ein solches Zeugnis einem Ungläubigen in die Hand käme, es ihm zu einem Anlaß werden könne, seine VerAntwortlichkeit abzulehnen.

Sollen wir nun deshalb, weil etliche die Schrift „zu ihrem eigenen Verderben verdrehen“, die Wahrheit, die Gott nicht den Unbekehrten, sondern den Gläubigen gegeben hat, unter den Scheffel stellen? Und warum? Weil etwa ein Ungläubiger Worte, die ihm überhaupt nicht gelten, auf sich anwenden könnte, der aber die Worte, die Gott an ihn richtet, nicht annimmt?

Wie leicht sind wir doch bereit, von der göttlichen Tat der

Liebe in der Auserwählung, von ihrer wunderbaren Größe, etwas abzustreichen, damit auch für unsere Seite genügend Platz bleibt! Als ob unser Errettetsein nicht allein Sein Werk, Gottes Gnade und Gabe wäre, sondern auch unser Tun und Wille darin Raum und Ruhm haben müsse. Im Himmel werden wir nicht singen: „Du und ich“, sondern allein: „Du bist würdig ... denn Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft durch Dein Blut usw.“ Dort werden wir die Tat unseres Willens nicht neben die Tat Seines Willens stellen. Warum hier?

Welchen Grund haben Gläubige, wenn in der Auserwählung die göttliche Seite unserer Errettung betrachtet wird, so ängstlich bedacht zu sein, daß auch ja gleich daneben die Tat unseres Willens und der VerAntwortlichkeit des Menschen betont wird? Tut dieses etwa die Schrift? Gehören diese beiden Dinge zusammen? Als Gottes Liebe uns (ich rede zu Gläubigen) erwählte, hatten wir da überhaupt schon etwas getan, das zu unseren Gunsten hätte berücksichtigt werden können? Fand unsere Auserwählung nicht statt, ehe wir das Geringste getan hatten? Warum denken wir denn, wenn von der Auserwählung geredet wird, sofort daran, auch unsere Seite, die Seite der VerAntwortlichkeit des Menschen, dabei zu erwähnen? Als ob durch die Lehre der Auserwählung diese könnte abgeschwächt oder gar mit der Auserwählung verbunden werden; oder als ob die Herrlichkeit Seiner souveränen Gnade nicht ohne die Betonung unserer VerAntwortlichkeit betrachtet werden dürfe. Solche Richtlinien gibt uns die Schrift nicht.

Die Schrift gibt beiden, der souveränen Gnade Gottes in der Auserwählung und der VerAntwortlichkeit des

Menschen für das Angebot der Gnade ihren bestimmten Platz. Sie bringt beide in ihrer ganzen Tragweite voll zur Geltung. Die eine Seite enthält das, was von seiten Gottes geschehen ist, und sie ist allein für die Kinder Gottes bestimmt. Die andere enthält das, was von seiten der Menschen zu geschehen hat, und betrifft die ganze Welt des Unglaubens.

Es dürfte für manche unserer Leser, besonders für die jüngeren, von Nutzen sein, noch einige Worte mehr über diese beiden Seiten in unserer Errettung zu sagen.

Ich möchte, um ein Bild zu gebrauchen, unsere Errettung mit einer Linie vergleichen. Jede Linie hat zwei Endpunkte. Wir können eine solche Linie von dem einen und auch von dem anderen Endpunkte ausgebend anschauen; wir können aber in einer Linie nicht feststellen, wo beide Endpunkte sich vereinen, d. h. wo in der Linie der eine Endpunkt aufhört und der andere beginnt.

So, möchte ich sagen, spricht die Schrift von

zwei verschiedenen Gesichtspunkten

aus über unsere Errettung. Sie zeigt uns die Linie unserer Errettung gleichsam als von zwei sich scheinbar entgegenstehenden Endpunkten ausgehend. Von dem einen Ausgangspunkt geschaut, sehen wir unsere Errettung in der Verkündigung des Evangeliums und der Annahme des Heils in dem Glauben an den Herrn Jesus als eine Tat unseres Willens. Von dem anderen Ausgangspunkt geschaut, sehen wir dagegen unsere Errettung in der souveränen Gnade Gottes, in unserer Auserwählung und der Zuvorbestimmung des Lammes vor

Grundlegung der Welt.

Die eine Seite wendet sich an den Menschen als das verständige und Gott verAntwortliche Wesen, dem die Botschaft der Gnade vorgelegt und gesagt wird: „Wer da will, der nehme!“

Die andere Seite beginnt mit Gott und dem Ratschluß Seiner Liebe und Gnade in unserer Auserwählung nach Seiner Vorkenntnis vor Grundlegung der Welt.

Wir wenden uns noch einmal zur ersten Seite. Sie zeigt uns

die VerAntwortlichkeit des Menschen

und Sünders. Er ist Gott voll verAntwortlich für seine Sünden und für jede Ablehnung der ihm angebotenen Gnade. Ein Baum, ein Tier kann nicht verAntwortlich gemacht noch zur VerAntwortlichkeit verpflichtet werden. Der Mensch ist aber für sein Tun Gott verpflichtet; ob er fähig oder nicht fähig ist, seine Verpflichtung zu erfüllen, das ändert nichts an der Sache.

Der natürliche Mensch möchte sich gern dieser seiner Verpflichtung Gott gegenüber durch Vorgabe seiner Unfähigkeit und Kraftlosigkeit entziehen. Was würde aber en Mensch Antworten, wenn jemand, der ihm 1000 Mark schuldet, sagen würde, weil er nicht fähig sei, seinen Verpflichtungen nachzukommen, deshalb trage er keine VerAntwortlichkeit mehr für seine Schuld ihm gegenüber?

Oder der Mensch gibt vor, weil er in Sünden geboren sei, Gott nicht verAntwortlich zu sein. Aber ist er Gott nicht verAntwortlich für seinen Willen? Sagt ihm nicht schon sein

eigenes Gewissen, daß sein Wandel nach eigenem Willen böse ist, und ebenso, daß er für das Böse, daß er nach seinem Willen tut, verAntwortlich ist? Und ist er nicht verAntwortlich, wenn er Gott nicht glaubt?

Wir sehen also, daß Gott den Sünder nicht errettet gleich einem leblosen Gegenstande, sondern als eine verständige Person, die verAntwortlich für ihr Tun ist. Gott stellt jeden Sünder vor die Entscheidung. Es ist kein Mensch in der Welt, zu welchem Gott nicht spräche. Die Art und Weise, wie Gott mit dem Einzelnen spricht, ist sicher sehr verschieden. Das sehen wir aus Hiob (Hiob 33,29.30). Aber jeder Mensch vernimmt Seine Sprache. Das Wort des Glaubens wird seinem Munde und Herzen nahe gebracht, und so trägt jeder völlig und uneingeschränkt die VerAntwortung für die Folgen seiner Entscheidung.

Derselbe Heilige Geist, der die Welt überführt von Sünde, von Gerechtigkeit und Gericht, bringt durch die Predigt des Evangeliums auch den Menschen das Heil in Christo nahe und stellt sie vor die Willens-VerAntwortlichkeit, dasselbe anzunehmen oder abzuweisen.

Gott fordert eine klare Willensentscheidung:

„Willst du gesund werden?“ (Joh. 5,6.) „Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Offb. 22,17). Jeder einzelne muß Gott auf das Angebot Seiner Gnade ein „Ja“ oder „Nein“ sagen. Welche Geistesmächte in solchen Entscheidungsstunden auf dem Plane sind und welche Kämpfe um die Seele und in der Seele eines Menschen stattfinden, davon können wir etwas sehen in

13,4-12.) Der Heilige Geist in Paulus und der Satan in Elymas warben und standen im Kampf um dessen Seele. Er selbst aber mußte sich entscheiden, „dem einen anzuhangen und den anderen zu verachten“ (Matth. 6,24). Er war weise und öffnete dem Wirken des Heiligen Geistes sein Herz. Entgegengesetzt haben wir aber auch Beispiele dafür, daß Menschen dem Heiligen Geiste widerstehen und das Angebot der Gnade Gottes von sich stoßen können. (Apg. 7,51 und 13,46.)

Alle Menschen befinden sich im Bereich der Gnade Gottes. Jeder kann aus Gnaden selig werden. Gott will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen (1. Tim. 2,4). Von Seiten Gottes ist dem Sünder kein Hindernis, zu Ihm zu kommen, in den Weg gelegt. „Wo die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden.“ (Röm. 5,20.) Jede Schwierigkeit, errettet zu werden, ist durch Gottes Hand beseitigt. Das Hindernis liegt im Willen des Menschen. Er ist Gott so entfremdet, daß er nicht kommen will. „Ihr wollt nicht zu Mir kommen, auf daß ihr Leben habet.“ (Joh. 5,40.) „Wie oft habe Ich deine Kinder versammeln wollen ... und ihr habt nicht gewollt.“ (Luk. 13,34.)

Der Auftrag des HErrn an Seine Knechte, alle ohne Unterschied, ob gut, ob böse, einzuladen (Matth. 22,9.10), gilt den Knechten des HErrn heute noch. Das ist für uns nicht schwer zu verstehen. Jeder aber, der die Einladung hört, ist verAntwortlich dafür und entscheidet selbst durch die Annahme oder Verwerfung über sein ewiges Los.

Nachdem wir die Seite der VerAntwortlichkeit des Menschen für das Angebot der Gnade und ebenso die

Verpflichtung der Gläubigen, alle ohne Unterschied, Gute und Böse, einzuladen, betrachtet haben, laßt uns nun noch einen Augenblick die andere Seite der

unumschränkten Gnade Gottes in der Auserwählung

anschauen.

Ehe wir darauf eingehen, möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß die Auserwählung Gottes nicht zu der Botschaft gehört, die wir der Welt zu bringen haben. Sie ist allein an die Gläubigen gerichtet. Wo sich auch die Apostel an die Ungläubigen wandten, nirgends finden wir auch nur eine Spur von Andeutung an die Auserwählung, um so mehr aber finden wir sie in ihren Belehrungen an die Gläubigen.

Wenn wir auf den Brief an die Römer blicken, in welchem Paulus wie in keinem anderen das Evangelium entfaltet - so finden wir, daß er erst im 8. Kapitel, als er von dem Menschen in Christo spricht, die Auserwählung berührt. Wer sind diese Auserwählten in Römer 8,33? Es sind die, die ihr völliges Verdorbensein als Menschen im Fleisch nach Römer 1-3 erkannten und Gottes Gerechtigkeit durch Glauben an Jesum Christum erlangten.

Von der Stunde an, wo der Sünder das „Wort des Glaubens“ annimmt, ist er errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. Er gehört nicht mehr zu den „Sündern“, sondern zu den „Kinder Gottes“. (Kol. 1,13; Röm. 5,8; Röm. 8,16.) Von jetzt an empfängt er ganz andere Belehrungen als zuvor, da er noch zur Welt gehörte. Jetzt wird er

unterwiesen in Gottes geheimnisvoller, verborgener Weisheit. Jetzt soll er die Dinge kennen lernen, die uns von Gott geschenkt sind. (1. Kor. 2,7.12.)

Aber nicht jedes Kind Gottes ist für diese Belehrungen aufnahmefähig. Um in die „verborgene Weisheit Gottes“ eingeführt zu werden, müssen wir zuerst zur Klarheit gelangen über den Zustand, in den der Mensch durch die Sünde gekommen ist. Dieses ist

eine Grundbedingung

für das geistliche Verständnis des Reichtums Seiner Gnade, welche Er gegen uns hat überströmen lassen. (Eph. 1,8.) Diese Grundlage fehlte den Korinthern. Der Mensch im Fleisch, den Gott am Kreuze Christi beseitigt hatte, galt ihnen noch etwas; seine Kraft und Weisheit hatte noch Wert in ihren Augen. Damit zeigten sie, daß sie die Wahrheit des Kreuzes Christi, in welchem der Mensch als gänzlich verdorben für immer abgetan war, noch nicht erfaßt hatten. Das war der Grund, warum Paulus noch nicht zu ihnen als zu Geistlichen über die verborgenen Dinge der Weisheit Gottes reden konnte, sondern ihnen als Unmündigen in Christo Milch zu trinken geben mußte.

Und so ist es auch mit uns. Erst dann, wenn wir durch die Belehrungen des Wortes den völlig hilf- und hoffnungslosen Zustand des Menschen als tot in Sünden erkannt haben, ist uns die Tür des Verständnisses für die „verborgene Weisheit Gottes“ geöffnet.

Dann erkennen wir, daß der Mensch aufgehört hat, ein freies Wesen zu sein, und deshalb auch

keinen freien Willen

mehr hat. (Unter „Freisein“ verstehen wir, nicht unter Zwang oder dem hemmenden Einfluß einer Macht zu stehen.) Der Mensch aber ist ein Sklave Satans und verkauft unter die Sünde (Röm. 7,14); er ist ein Gebundener und steht unter Herrschaft und kann nicht selbstbestimmend wählen.

Die Schrift erkennt an, daß er sowohl einen Willen als auch, daß er Verstand hat. Sein Wille wie sein Verstand sind nicht durch die Sünde zerstört. Aber von einem freien Willen redet die Schrift nicht, und von seinem Verstand sagt sie, daß derselbe verfinstert ist (Eph. 4,18) und daß der Gott dieser Welt den Sinn der Ungläubigen verblendet hat. (2. Kor. 4,4.) Der natürliche Mensch mag sich dem Namen nach frei nennen und von seinem freien Willen reden, der Tatsache nach aber ist er verfinstert, verblendet und ein Gebundener Satans. Er will frei sein, aber nur frei und unabhängig von Gott, um seinen eigenen Willen zu tun. Ein solcher „freier“ Wille ist Gesetzlosigkeit, ist Sünde und stammt vom Satan.

So war es nicht von Anfang. Im Paradiese war er frei im Gebrauch seines Willens. Er traute aber Satan mehr als Gott. Er stellte seinen Willen unter Satans Leitung und wurde ein Sünder. Von da an leitet Satan den Willen des Menschen so völlig, daß auch nicht einer gefunden wird, der Gott suche. Er will weder Gott noch das Gute und zieht die Dinge der Weit der Gnade Gottes vor. Wir sehen dieses ja in der Absage der Einladung Gottes zum großen Abendmahl.

Dem Jungbekehrten ist dies eine furchtbare Entdeckung. Und manche Gläubige sträuben sich, einen solchen Abgrund des Verlorenseins, wie das Kreuz Christi ihn uns zeigt, anzuerkennen. Aber es bleibt nur ein „Entweder - Oder“. Entweder der alte Mensch kann verbessert, zurechtgebracht und geheiligt werden, oder er ist verloren, tot in Sünden und so unter der Macht Satans, daß ihm nur durch das Eingreifen einer anderen Hand Rettung werden kann. Nun, die Schrift läßt uns keinen Zweifel, daß der Mensch nicht aus sich selbst, sondern allein durch das Dazwischentreten der souveränen Gnade Gottes gerettet werden kann.

Das ist eine wichtige Lektion, die wir meistens als Jungbekehrte lernen. Haben wir sie gelernt, dann erkennen wir, daß unser Kommen zu Christo eine Folge des Zuges des Vaters zum Sohne war, daß wir aus uns selbst gar nicht den Willen und die Kraft zum Kommen hatten, so wie der HErr sagt:

„Niemand kann zu Mir kommen,

es sei denn, daß der Vater ihn ziehe.“ (Joh. 6,44.)

Ein Bruder sagte einmal: „Jeder kann in die Versammlung kommen“. Ein anderer erwiderte: „Nein, nicht jeder kann kommen; der, dessen Beine gebrochen sind, kann nicht kommen“.

Von solchem Gesichtspunkte aus sagt der HErr: „Niemand kann zu Mir kommen“. Nicht, als ob Gott jemand am Kommen hindere - sondern der Mensch ist tot in Sünden, daß, wenn Gott nicht eingreift, er aus sich selbst sich nicht

von der ihn beherrschenden Macht befreien und zu Christo kommen kann. Gott muß den Anfang machen. In dem Ziehen des Vaters wird uns die göttliche, anfängliche Seite, in dem Kommen unsere Seite gezeigt. Wir mußten „kommen“, aber unser Kommen war die Wirkung des Zuges des Vaters.

Das erkannten wir noch nicht in der Stunde, als wir verloren zum Heiland kamen. Damals sahen wir in unserem Kommen nur die Tat unseres Willens, jetzt aber sieht der Gläubiggewordene den Zug dessen, der uns errettet hat „nach Seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christo Jesu vor den Zeiten der Zeitalter gegeben ist“ (2. Tim. 1,9), den Zug des Vaters, der uns „von Anfang erwählt hat zur Errettung“ (2. Thess. 2,13), der uns auserwählt hat vor Grundlegung der Welt.

Hätte Gott Sich nicht nach Seinem Ratschluß und Vorkenntnis vor ewigen Zeiten über uns erbarmt, so wäre „kein Fleisch vor Ihm gerechtfertigt worden“. (Röm. 3,20.) Da wäre keiner gefunden, der aus eigener Wahl Gott geglaubt hätte. Der Mensch glaubte Satan, aber nicht Gott.

Gott Selbst sagt: „Da ist kein Verständiger, da ist keiner, der Gott suche“. (Röm. 3,11.)

So war es von dem Tage an, als Gott den Menschen aus dem Garten Eden treiben mußte. So gänzlich verdorben war sein Geschlecht, daß nur Gnade eine Familie in der Arche rettete. Und als dies neue Geschlecht wieder in Götzendienst sank, führte Gnade wieder einen Mann heraus und machte ihn zum Stammvater des auserwählten Volkes, und dieses Volk in Verbindung mit

den Nationen tötete den Heiligen und Gerechten.

Und ist es nicht Gnade, unfaßbare Gnade, daß Gott aus dieser Welt, die Seinen Sohn kreuzigte, Menschen erwählte, sie rettet und bestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein? Dieser Liebesplan entstand in Seinem Herzen, und Er ganz allein führte ihn aus. Er ist es, der auserwählt, Er ist es, der zuvorerkannte und zuvorbestimmte, der beruft, rechtfertigt und verherrlicht - alles ist Gott! (Röm. 8,29.30.) Die Engelwelt staunt, und es gelüstet sie, da hineinzuschauen. Und müssen wir nicht staunen? Voll Bewunderung darüber ruft Paulus aus: „Was sollen wir hierzu sagen?“ „Wenn Gott für uns ist, wer wider uns?“ Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben? (Röm. 8,31.33.) Müssen wir nicht über einen solchen Vorsatz der Gnade vor Grundlegung der Welt, „vor den Zeiten der Zeitalter“, anbeten?

Um mich nicht zu wiederholen, möchte ich weiteres über die göttliche Seite unserer Errettung in der Auserwählung nicht mehr schreiben, sondern nur auf das früher Gesagte (Handr. 1926, S. 215) hinweisen. Ich komme deshalb nur noch kurz auf den Anfang unserer Betrachtung zurück.

Wir haben gesehen, welche Schwierigkeiten entstehen, wenn wir beides, Gottes Auserwählung und die VerAntwortlichkeit des Menschen, in Einklang bringen wollen. Beides sind Wahrheiten, über welche die Schrift mit großer Klarheit spricht, aber Gott hat jeder ihren bestimmten Platz angewiesen, wo wir sie lernen und wo sie bezeugt werden sollen.

Wenn uns die Schrift

die Harmonie der beiden nicht enthüllt

(die ohne Zweifel besteht und die Gott kennt), wollen wir uns dann anmaßen, sie enthüllen zu können?

Die Schrift enthält manche Dinge, wo der Mensch fragt: „Warum?“ Gott sagt uns nicht alles; Er ist Gott, und wir müssen uns bewußt bleiben, daß wir nur Geschöpfe sind. Selbst der stolze König Nebukadnezar, wohl der größte Herrscher, den je die Welt gesehen, mußte lernen, daß es auch ihm nicht zustehe, zu fragen: „Was tust Du?“ (Dan. 4,35.) Und wenn Gott es uns sagen würde, wären wir fähig, mit dem bißchen Menschenverstand Seinen Gedanken zu folgen?

Die eine Seite, die der VerAntwortlichkeit des Menschen, können wir gut verstehen, weil wir Menschen sind; die andere Seite der Auserwählung Gottes vermögen wir nicht mit unserer Vernunft zu erfassen. Nicht als ob sie wider, sondern weil sie über der menschlichen Vernunft ist. Könnten wir sie erfassen, dann hätte der Lügner von Anfang die Wahrheit gesprochen: „Ihr werdet sein wie Gott“. (1. Mos. 3,5.) Unserem Erfassungsvermögen aber sind Grenzen gezogen, und wir sind auf Glauben angewiesen.

Wenn Gott uns die beiden Seiten einzeln, jede für sich an ihrem Platze, zeigt, dann sollte uns das schon deutlich genug sagen, daß wir nicht fähig sind, beide zugleich mit einem Blick in ihrem Zusammenhang zu erfassen, sondern nur einzeln, stückweise; und es sollte uns weiter Beweis genug sein, daß die Wahrheit nicht in der Mitte zu suchen ist, wie etliche sagen, sondern die Wahrheit beider

Seiten in ihrer ganzen Tragweite und Bedeutung an dem Platze gefunden wird, wo Gott jede hingestellt und sie uns offenbart hat.

Die Söhne Korahs sangen: „Gerechtigkeit und Frieden haben sich geküßt“. (Ps. 85,10.) Beide begegneten sich im Kreuze Christi. Wenn wir auch Gottes Auserwählung und des Menschen VerAntwortlichkeit nicht in ihrer Harmonie zu erfassen vermögen, so führen doch beide - und das können wir sehen - zu Christus.

v. d. K.

Die Inspiration der Schrift und die Errettung.

Wie in unseren Tagen Christen über die Inspiration (göttliche Eingebung) der Schrift urteilen, können wir aus nachstehendem Satze ersehen: „Christus ist der einzige Name, der den Menschen gegeben ist, durch welchen sie errettet werden können; an Ihn glauben ist die Grundlage des Heils, Ihm folgen der höchste Zweck des christlichen Lebens. Dagegen mag die vielumstrittene Frage der Inspiration der Schrift wohl an sich Bedeutung haben, ist aber doch nur von untergeordneter Art und sollte die Christen weder beunruhigen noch gar untereinander spalten; jedenfalls ist diese Frage ganz unabhängig von derjenigen der Errettung.“

So urteilt eine erhebliche Anzahl Christen, so predigen und schreiben sie. Die Seelen hören zu und lassen sich leicht überzeugen, ohne zu ahnen, daß sie statt des „Evangeliums des Christus“ „ein anderes Evangelium“ annehmen, welches dem ersten ebenso entgegengesetzt ist, wie die Dunkelheit der Nacht dem Licht der Sonne.

(Siehe Gal. 1,6-8.)

Ein solches Urteil wird manchem sehr hart erscheinen, denn die Schrift selbst erklärt ausdrücklich, daß der Mensch nur gerettet wird allein durch den Glauben an Jesum Christum. (Gal. 2,16.)

Wo lesen wir denn - wird man sagen -, daß man an die Inspiration der Schrift glauben muß?

In der Tat lesen wir nicht, daß wir verpflichtet sind, an die Inspiration zu glauben, um errettet zu werden. Kein Mensch wird jemals gerettet werden allein durch den Glauben an die Inspiration der Schrift. Wir werden indessen sehen, daß gerade das biblische Zeugnis der Errettung durch den Glauben an Jesum Christum mit der göttlichen Eingebung (Inspiration) der Heiligen Schrift aufs engste verbunden ist. Und warum? Weil Glauben an den Herrn Jesus Glauben an eine Person heißt, von der allein die Schrift spricht.

Unter allen anderen Büchern finden wir, daß die einen nichts über den HErrn sagen, und die anderen reden von Ihm nur nach dem, was die Schrift von Ihm bezeugt; und zwar nehmen sie entweder das an, was die Schrift sagt oder weisen es mit entsprechender Auslegung nach ihrem Belieben ab.

Wenn sich nun das Zeugnis der Schrift über den HErrn als nicht fehlerlos herausstellt, welchen Wert hat dann der Glaube an Seinen Namen? Könnte er irgend jemand vom ewigen Verderben erretten?

Gott sei gepriesen, das Zeugnis der Schrift ist die genaue Wahrheit; wäre sie es nicht, so hätte der HErr Selbst Sich

getäuscht, als Er zu den Juden sagte: „Sie sind es (die Schriften), die von Mir zeugen“. (Joh. 5,39.) Durch dieses Wort bestätigt Er Sein volles Vertrauen auf die Schrift, durch die es Gott gefallen hat, uns Ihn zu offenbaren. Was kann der Mensch also besseres tun, als sich diesem untrüglichen Führer anzuvertrauen, um durch ihn dann dem Sohne Gottes zu begegnen?

*

„Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gebe, sondern ewiges Leben habe.“ (Joh. 3,16.) - In diesem Worte haben wir das ganze Evangelium, darin sind wir einig. Genügt dieses Evangelium nicht, um den Sünder zu erretten?

Ganz gewiß. Stellen wir uns jetzt aber einmal einen Augenblick vor, Gott hätte Seinen wunderbaren Erlösungsplan ersonnen und ausgeführt und keinen Menschen - Prophet oder Apostel - getrieben, darüber auch nur ein einziges Wort niederzuschreiben! Was wüßten wir dann heute vom Heiland? Nichts, durchaus nichts; von allen Weltweisen, die Zeitgenossen des „Propheten von Nazareth“ waren, ist es keinem einzigen eingefallen, uns auch nur irgend einen Bericht, der von Ihm spräche, zu hinterlassen. Ihre „große“ Intelligenz war mit anderen Fragen beschäftigt, die für die Menschen ihrer Zeit weit interessanter und aktueller waren.

Hätte Gott uns nicht Sein Wort gegeben, so würde die moderne Theologie ihre Aufgabe wesentlich leichter finden. Das mißliche, unangenehme Problem der Inspiration existierte nicht für sie: aber ich frage nun, was

bliebe dann der heilsverlangenden Seele? Wohin sollte sie sich wenden? Zu welcher Quelle sollte sie gehen, um ihren Durst zu stillen? Ach, sie sähe sich in den tiefsten Jammer versenkt. Christus ohne Hilfe der Schrift ist ihr ebenso unerreichbar wie unsichtbar; wie sollte man Ihn betrachten, Sein Fleisch essen, Sein Blut trinken? (Joh. 6,40.53.) Welchen Mittels sollte Sich der Heilige Geist bedienen, um zwischen dem HErrn und uns jene lebendige Verbindung zu vermitteln, die uns zur Wiedergeburt führt? Ist es nicht das geschriebene Wort, durch das die Seele sich dem göttlichen Liebeswerben erschließt?

*

Man wird uns zustimmen, jawohl, Gott hat uns die Heilige Schrift gegeben, aber man fügt sofort hinzu, Er hat sie aber nicht vor Irrtümern geschützt, die die menschliche Schwachheit hineingebracht hat.

Wenn das der Fall wäre, welchen praktischen Wert hätte dann der Glaube an den Herrn Jesus Christus? Wir haben das Angebot der Gnade Gottes in Seinem geliebten Sohne nur durch das Zeugnis der heiligen Schriftsteller; haben diese sich geirrt, sei es auch nur im Geringsten, dann sind alle Gläubigen irregeführt!

Es bedarf keiner großen Überlegung, um zu verstehen, daß mit einer solchen Behauptung Tür und Tor für jede mögliche Unsicherheit und für die bedenklichsten Zweifel geöffnet sind! ... Das ist ein fruchtbarer Boden für das Eindringen verderblicher Irrlehren; und die, welche sich dazu bekennen, sind unfähig, „das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen zu bewahren“. (1. Tim. 3,9.)

Ein einziges Beispiel als Beweis des Gesagten! Es bezieht sich auf die grundlegende Lehre der Sühnung. Diese ist in der Schrift in so klarer Weise niedergelegt, daß kein denkender Leser Zweifel an ihrem Wesen hegen kann. „Ohne Blutvergießen ist keine Vergebung.“ (Hebr. 9,22.) Diese Erklärung zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Schrift, vom 1. Buche Mose bis zur Offenbarung. Immer wieder finden wir den unaussprechlichen Wert des kostbaren Blutes des geschlachteten Lammes betont, das der Gegenstand allen Lobpreises der Erlösten in Ewigkeit ist!

In unseren Tagen redet man nun zwar vom Glauben an den gekreuzigten Herrn Jesus Christus; gleichzeitig aber weisen viele offen die Lehre von der Sühnung zurück, da sie weder mit ihrer menschlichen Vernunft noch mit der Liebe des himmlischen Vaters in Einklang zu bringen sei. Vor kurzem noch hat einer der eifrigsten Verteidiger dieser Auffassung erklärt: „Sowohl das Alte Testament wie die Evangelien sprechen von der Errettung nur als von einem bedingungslosen Geschenk, ohne Sühne ... Paulus predigt allerdings die Sühnung als einen dem Pharisäertum geläufigen Begriff ..., aber was kann denn das stellvertretende Leiden noch zu der Reue hinzutun, die doch die alleinige Sühne ist, welche Gott in Wahrheit fordert?“

Der Verfasser dieser Worte beruft sich auf das Alte Testament und auf die Evangelien für seine ungeheuerlichen Behauptungen, d. h. also, auf zwei Teile der Offenbarung, welche völlig genügen, um seine irreführenden Sätze gründlich zu zerstören. Das Alte Testament weissagt „von den Leiden, die auf Christum

kommen sollten“ (jeder kann sich davon leicht überzeugen durch das Lesen des Kap. Jes. 53), und die Evangelien zeigen uns, daß alles erfüllt ist. Der HErr Selbst gibt uns bei der Einsetzung des Abendmahles eine ganz unzweideutige Ankündigung von Seinem Leiden und Sterben. Matth. 26,28: „Denn dieses ist Mein Blut, das des Neuen Bundes, welches für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“.

Ferner bemerken wir, daß derselbe Verfasser von einer „geschenkweisen Errettung“ und von „Buße“ redet. Beide sind an ihrem Platze und in richtigem Sinne wichtige Wahrheiten von höchster Bedeutung; stellt man sie jedoch in Gegensatz zur Lehre von der Sühnung und Versöhnung, so werden sie zur Unterstützung einer trügerischen Behauptung gemißbraucht. „Der Glaube an Christus“ ist zugleich „der Glaube an Sein Blut“ (Röm. 3,25ff.); wenn das nicht aufrecht erhalten wird, so wird der unschätzbare Wert des Blutes Christi verachtet, der Ernst der Sünde abgeschwächt und der Mensch in seinen eigenen Augen erhoben und ihm geschmeichelt, sich selbst erretten zu können, da seine Buße ja ein Verdienst zu seinen Gunsten sei.

Und die Quelle alles Übels? Sie liegt in dem Aufgeben des Glaubens an die Inspiration der Schrift. In dem Augenblick, wo man das reine Licht dieser Lampe durch den trüben Schein menschlicher Weisheit ersetzen will, geht der Weg ins Ungewisse, und wir laufen Gefahr, daß unser Boot in der Nacht an einer der zahlreichen versteckten Klippen zerschellt.

Haben wir also übertrieben, wenn wir behaupten, daß zwischen dem „Glauben an Christus“ und dem „Glauben

an die Inspiration der Schriften“ ein so inniges Band besteht, daß wir beide verlieren, wenn wir den einen beibehalten und den anderen gering achten wollen?! Der erste ohne den zweiten ist nicht mehr der Glaube an den geoffenbarten Christus, „welcher Selbst unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holz getragen hat“ (1. Petr. 2,24), der einzige Glaube, der retten kann; das ist vielmehr der Glaube an einen eingebildeten Christus, das ist Leichtgläubigkeit ... und Unglaube.

Wir erinnern zum Schluß an ein Zeugnis des auferstandenen HErrn, als Er die Emmaus-Jünger ermahnte: „Also steht geschrieben; und also mußte der Christus leiden und am dritten Tage auferstehen aus den Toten, und in Seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden gepredigt werden allen Nationen ...“ (Luk. 24,46.47.) Diesem Zeugnis wollen wir das des Apostels Paulus hinzufügen. (Zwar für pharisäisch gehalten, aber sehr viel näher den Worten des Meisters als die Behauptungen der modernen Theologen!!) „... Denn ich habe euch zuerst überliefert, was ich auch empfangen habe, daß Christus gestorben ist für unsere Sünden, nach den Schriften; und daß Er begraben wurde, und daß Er auferweckt worden ist am dritten Tage, nach den Schriften ...“ (1. Kor. 15,3.4.)

Befleißigen wir uns, den Schriften dieselbe Bedeutung beizulegen, wie es der HErr und Seine Apostel getan haben, so werden wir befähigt sein, „das Geheimnis des Glaubens in reinem Gewissen“ zu bewahren.

Ch. A. (A. v. W.)

„Bist Du der einzige Fremdling?“

(Luk. 24,18. Min. Übers.)

„Bist Du der einzige Fremdling?“ So fragte Kleophas den fremden Wanderer, der ihn und seine Genossen angeredet hatte, als sie auf ihrer Reise nach Emmaus an jenem ereignisvollen ersten Tage der Woche waren.

Drei Tage waren verflossen, seitdem der Herr Jesus gekreuzigt worden war. Das waren Tage der Trauer für die betrübten Jünger, nicht allein um ihren Verlust, sondern auch um ihre vernichtete Hoffnung auf die Erlösung des Volkes Israel.

Und nun, am Morgen dieses Tages, welche wunderlichen Dinge waren ihnen zu Ohren gekommen! Einige Frauen waren früh zum Grabe ihres geliebten HErrn gegangen, um Seinen Leib mit Spezereien zu salben, aber sie fanden die Gruft leer, ihr HErr war nicht dort! Statt dessen hatten sie Engel gesehen, die ihnen gesagt hatten, daß Er lebe!

Und wiederum, auch einige Jünger waren am Grabe gewesen und hatten den Bericht der Weiber bestätigt gefunden, aber „Ihn selbst sahen sie nicht“!

Diese aufregenden und wunderlichen Dinge bewegten die Herzen der beiden Jünger auf dem 60 Stadien langen Wege von Jerusalem nach Emmaus. Und warum gingen sie fort von Jerusalem? Warum verließen sie die kleine Gemeinschaft der Jünger zu einer solchen Zeit? Ihre niedergeschlagenen traurigen Herzen geben uns die Antwort: Sie hatten jede Hoffnung aufgegeben, und

deshalb gingen sie mutlos zurück.

Aber Jesus nahte sich ihnen, indem Er denselben Weg ging. Er sah ihre sorgenschweren Herzen und fragt: „Was sind das für Reden, die ihr wandelnd miteinander wechselt und seid niedergeschlagen?“ (Lukas 24,17.)

Ach, die Ursache ihrer Mut- und Hoffnungslosigkeit war ihr Unglaube, der in ihren Überlegungen zum Ausdruck kam. Ihre Traurigkeit, der schwere Weg wäre ihnen erspart geblieben, wenn sie dem geglaubt hätten, was sie so oft gehört hatten. Und wieviel Trauer, Schmerz und Weh würde uns erspart bleiben, wenn wir dem Worte Gottes mehr glauben würden! Wie leicht aber geben wir das helle Licht des Wortes auf und verfallen in eitle Überlegungen; Spekulationen und Kummer und Elend erfüllen bald unser Herz.

Aber die beiden Jünger waren unter dem Auge des treuen HErrn, wie auch wir es sind. Er sah sie, Er sieht auch uns. Er zählt unsere Haare. Er weiß, was wir essen und trinken, Er sorgt für das, was wir anzuziehen nötig haben; aber Er will, daß wir Ihm die Dinge, die uns niederdrücken, sagen; Er fragt: „Warum seid ihr so niedergeschlagen?“ Nichts ist so klein, daß wir es Ihm nicht sagen könnten.

Kleopas konnte nicht verstehen, daß es jemand in Jerusalem geben könne, der unwissend über die Dinge sei, die sich dort zugetragen und die aller Herzen beschäftigten, und so Antwortet er dem HErrn: „Bist Du der einzige Fremdling in Jerusalem, der nicht weiß, was in ihr geschehen ist in diesen Tagen?“

Kleopas ahnte nicht, wie vertraut dieser Fremdling mit

diesen Dingen war. Ein wenig später erfuhren sie es, als ihre Herzen brannten, als der unbekannte Fremde sie gleich einem Magneten hinzog zu den Schriften, über welche sie im Unglauben hinweggegangen waren. Was war das für ein wunderbarer Augenblick, als sie Ihn erkannten und Er vor ihren Augen unsichtbar wurde!

Aber dieser Augenblick genügte, um sie wie mit Adlersflügeln zurückeilen zu lassen zu dem Platze, den sie verlassen hatten, um dort das wunderbare Gespräch zu erzählen und als Augenzeugen die Tatsache Seiner Auferstehung zu verkündigen. Als sie zurückkommen, finden sie die Elfe versammelt und werden von diesen mit dem Rufe begrüßt: „Der HErr ist wirklich auferweckt worden und dem Simon erschienen.“ (Lukas 24,34.)

So erfahren sie, daß ihre Neuigkeit nicht mehr neu ist. Simon hatte Ihn bereits gesehen. Wäre ihr Weg kürzer gewesen, so wären sie ihm vielleicht mit der Botschaft zuvorgekommen. Nun sahen sie, wie unnötig ihr Weggang gewesen und welche Mühe sie dem HErrn gemacht, und weiter, daß sie nicht die einzigen und ersten Augenzeugen der Auferstehung des HErrn waren.

Aber der Titel „Fremdling in Jerusalem“, den Kleopas in Unwissenheit gebrauchte, hatte eine Bedeutung, von der er sich noch keinen Begriff machen konnte. Es war nur zu wahr, daß Jesus der einzige Fremdling in Jerusalem war. Er war zu den Seinigen gekommen, und die Seinigen hatten Ihn nicht aufgenommen. Er war der HErr des Tempels, - Diebe, Geldwechsler und habsüchtige Händler hatten Platz darin gefunden, aber Er fand keinen. Er war gekommen, der Sohn, Frucht zu suchen von den Weingärtnern, denen Er Seinen Weinberg anvertraut hatte, aber Er wurde

empfangen mit dem Ruf: „Kommt, laßt uns Ihn töten!“

Wirklich, Er war „der Fremdling“ in Jerusalem! Für Ihn war kein Raum in der Herberge. Er hatte nichts, wo Er Sein Haupt hinlegte. Ein Räuber wurde Ihm vorgezogen. Für Seine Liebe empfing Er Haß. Wie rührend ist Seine Klage: „Jerusalem, Jerusalem ..., wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein unter die Flügel, und ihr habt nicht gewollt“. (Lukas 13,34.) Er wollte! Sein Herz verlangte, sie zu segnen, aber sie wollten nicht von Ihm gesegnet werden. Nun blieb nichts als Gericht für sie übrig.

Aber Er, der ein Fremdling in Jerusalem war, suchte einen Platz in den Herzen der Seinigen. „Wenn jemand Mich liebt,“ sagt Er, „so wird er Mein Wort halten, und Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ (Joh. 14,23.) Und Paulus schreibt: „Daß Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne!“ (Eph. 3,17.) Möchte Christus nicht ein Fremder in unseren Herzen sein, auch nicht nur ein Besucher, sondern einer, der da wohnt in unseren Herzen durch Glauben, dessen Gegenwart uns wirklicher ist, als wenn unsere Augen Ihn sähen und unsere Hände Ihn berührten!

Als Er ein Fremdling in Jerusalem war, suchte Er einen Wohnplatz in den Herzen der Seinigen. Als Er von Jerusalem nicht erkannt und verstanden wurde, wollte Er von den Seinigen gekannt und geliebt sein. Da, wo Haß und Unglaube einen Barabbas Ihm vorzog, wo ein Judas Ihn verkaufte und eine Welt Ihn verwarf, da heißt der Glaube Ihn willkommen und ruht in der Liebe Dessen, der starb, uns zu erretten, und der lebt, uns zu bewahren, und

der wiederkommt, um uns in die Wohnungen einzuführen, die Er uns im Vaterhause bereitet hat.

J. W. S. (v. d. K.)

Frage und Antwort

Frage 8

Läßt Matth. 5,29.30 und 18,8.9 nicht den Gedanken an eine Selbstbesserung zu?

Antwort

Ehe ein Wort gesagt werden soll über eine etwaige Möglichkeit einer Selbstbesserung, erst einige Ausführungen über den Sinn genannter Stellen!

Matth. 5,29.30: Die Kapitel 5-7 zeigen uns die Grundsätze des Reiches der Himmel. Der HErr stellt diese den harrenden Jüngern sowie der unkundigen Volksmenge vor. In Seinem Reiche müssen unbedingt andere Gesetze herrschen als in dem jüdischen Buchstabenreiche. „Gnade und Wahrheit“ sind die Grundfesten dieses Reiches.

Als der Gesetzgeber in Person eines Menschen ohne Sünde zeigt Er das wahre Verständnis des Wesens Gottes. In Ihm wohnt die Fülle Gottes leibhaftig. Das Gesetz kam durch Mose, die Gnade und Wahrheit aber nur durch den Sohn. Das Gesetz ließ den Menschen so, wie er war - sündig. Nur das Fleisch wurde geheiligt. (Hebr. 9.) Darum, wegen seiner Nutzlosigkeit, wurde es abgeschafft. (Hebr. 7.) In diesem Zustande befand sich das Volk, als Er herniederkam. Das Gesetz ist für Gottlose bestimmt, aber

Seine Worte für solche, die unter der Last ihres unvollkommenen Gewissens seufzten und nach Erlösung hungerten. Der Mensch im gefallenen Zustande war von Gott unter den günstigsten Verhältnissen erprobt worden. Auf mancherlei Art und Weise hatte Gott geredet; aber der Mensch blieb genau so verderbt wie ehedem. Nun redete Er zuletzt im Sohne, „Ihn höret.“ Aber das Hören Seiner Worte allein tut's nicht! „... und sie tut!“ heißt es in Matth. 7,24. Der Anfang zu dieser Ausführung ist in Matth. 7,13 gegeben. Getrennte Reiche, Menschen und Wege sehen wir. Nicht aber eine Vermischung von menschlichem und göttlichem Wirken. - Die Ehescheidung wurde in Israel als nicht ungesetzlich erfunden. (Matth. 19,7.) Er aber zeigt den Urgedanken Gottes, „... zu Anfang war es nicht so“. Wer nicht nach diesem göttlichen Willen handelt, kommt immer unter den Fluch seiner Tat. Folgt in diesem Leben keine Umstellung der Gesinnung, so bleibt nur das „Werfen in die Hölle“ übrig. - Das Wort „ärgern“ bedeutet auch „zum Fallstrick werden“. Warum sind im Textwort nun Auge und Hand erwähnt? Das Weib ist oft gleichsam die Augenlust des Mannes. (Hes. 24,16.) Diese ist aber oft sehr zum Fallstrick. Erwähnt sei Davids Fall! Wie leicht greift die Hand unter dem Einfluß des Auges nach einem anderen Weibe und vergißt, daß man schon einer anderen die Hand gereicht hat. Diese bösen Dinge herausreißen ist darum nützlicher für die Seele.

In Matth. 18,8.9 kann man wohl in prophetischer Weise die große Drangsal Israels erblicken. Die Kleinen, die an Ihn glauben, werden gehaßt werden. Den ihnen Helfenden aber wird großer Lohn. (Matth. 10,39-42.) Wiederum sind diese Worte allgemein (18,8.9) gehalten. Ein Kind Gottes kann durch diese Stelle veranlaßt werden, das Hindernis

zu beseitigen, um alle Geliebten zu lieben. Gerade die als schwach Erscheinenden umgibt Gott mit reichlicherer Ehre und Liebe. Jedoch der Mensch, der diesen Kleinen etwas in den Weg legt, wird gerichtet werden. Wie viele solch Letztere gibt es heute! Die Gnade ist wirksam genug, um solche Menschen zu überführen, wenn sie wollen. Da gilt es „herauszureißen“, was zum Fallstrick wird. Somit kann man also in „Auge, Hand und Fuß ausreißen“ ein Ablassen vom Bösen verstehen. Dafür als Gegenwert ein In-Besitz-nehmen von geistlichen, göttlichen Werten.

Gottes Wort besteht nicht auf Verbesserung, wohl aber auf Neugeburt. (Joh. 3.) Folgende Stellen reden in sich selbst von dem Einst und Jetzt: Röm. 7,5-7; 8,6.7; Eph. 2,5; 5,8; Kol. 3,9.10. Wir aber wollen uns Tag für Tag an unserer Gesinnung erneuern lassen! Kol. 3,10; Eph. 4,23; 2. Kor. 4,16.

W. Wst.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese Antwort zeigt die fraglichen Stellen in ihrem klaren schriftgemäßen Zusammenhang, und es ist nötig für uns, diesen zu beachten, dann fällt der Gedanke an Selbstbesserung ohne weiteres in nichts zusammen. Nicht mehr und nicht weniger erwartet Gott von denen, die zu Seinem Reiche gehören wollen, als eine Vollkommenheit, die Seinem Wesen entsprechend ist. (Matth. 5,48!) Alles, was dem entgegensteht, alles, was den Reichsgenossen oder denen, die es werden wollen, zum Ärgernis werden könnte, d. i. zum Fallstrick, zum Stein, über den sie fallen, der ihnen ewigen Schaden bringen könnte, muß restlos

verstanden) das Auge, die Hand oder der Fuß ist!

In solchen Dingen, wie sie die Zusammenhänge zeigen, müssen wir, die wir des HErrn sind, radikal, entschieden mit uns selber sein. Ich glaube jedoch, daß wir die Stellen auch außerhalb des Zusammenhanges überall da anwenden dürfen und sollen, wo irgendeines unserer Glieder, in sündige Tätigkeit gesetzt durch die Lust des Fleisches (Gal. 5; Jak. 1) uns Schaden bringen will. Insofern möchte ich freilich nicht dem, was man landläufig unter „Selbstbesserung“ versteht, das Wort reden - aber ich möchte darauf hinweisen, daß wir, die wir errettet sind durch Gnade, die wir die „Hölle des Feuers“ nicht mehr zu erwarten haben, wohl auch diese Stellen für uns wirksam werden lassen sollten; denn wir sollen in unserem praktischen Wandel „der Heiligkeit nachjagen“ (Hebr. 12,14), sollen „heilig sein, wie Er heilig ist“ (1. Petr. 1,15) - vgl. oben Matth. 5,48! - usw., und wie oft sind da die Augen, die Hände, die Füße, ja, wie in Matth. 5 gesagt ist, gerade die rechtsseitigen Gliedmaßen uns ein schweres Hindernis! Da heiße es für uns in unserem Wandel oftmals: Reiße aus das Auge! Haue ab die Hand, den Fuß!, nicht sowohl um uns selber zu bessern, aber um uns als solche, die in Christo Jesu geheiligt, abgesondert sind für Gott, erweisen zu können, ungehemmt durch solche geistlicherweise uns zum Fallstrick werdenden sündigen Dinge, denen wir gestorben sind, denen wir uns im Glauben für tot halten dürfen! (Röm. 6,12 [1-14].) Nicht Selbstbesserung im allgemein religiösen Sinne ist es, was uns solche Stellen zeigen, aber sie ermuntern uns, einen praktischen Wandel zu führen, angemessen dem, was wir in Christo Jesu geworden sind. Es ist sehr ernst für Gläubige, zu sehen, wie oft die Schrift uns (d. h. eben den

Gläubigen, die mit Christo gestorben, begraben [in der Taufe]und auferstanden sind) ermahnt, unsererseits alles zu tun, was in unserer (geistlichen) Macht, in unserem (erneuerten) Willen liegt, um praktisch-wirklich zu sein, was wir in Ihm sind: „Geheiligte durch Wahrheit“ (Joh. 17,14-19). Ich weise nur hin auf folgende Stellen, die uns unsere VerAntwortung zeigen: 2. Kor. 7,1: „Laßt uns uns selbst reinigen ...!“ 1. Joh. 5,18b: „... der aus Gott Geborene bewahrt sich selbst ...“ 1. Petr. 2,1: „Leget nun ab ...!“ oder Kol. 3,1-17 und viele andere Stellen mehr! Im Lichte solcher Stellen gesehen, sind die beiden Stellen unserer „Frage“ wunderbare Hilfsmittel für unseren Weg praktischer Heiligung, praktischer Reinigung, praktischen geistlichen Wandels im Licht. So wenig wie der natürliche Mensch ohne Gott sich durch das Ausreißelt des Auges usw. selbst innerlich „bessern“ kann, um etwas für Gott zu sein - nein, wahrlich, Gott fordert Neugeburt! (vgl. obige Antwort Am Schluß) -, so sehr ist von dem Wiedergeborenen, dem aus Gott Geborenen, zu erwarten, daß er nicht (etwa nur) sich selbst bessert, sondern daß er „im Lichte wandelt, wie Er im Lichte ist“ (1. Joh. 1,7), und daß er dazu alles vermeidet und wegtut, was ihm darin hinderlich ist. Darum, Bruder, Schwester, laßt uns wachsam sein über unser Herz, über unser Leben, auf daß wir unseren Gliedern nichts erlauben, was nicht zur Ehre des HErrn ist - lieber sonst: weg mit ihnen! Der HErr gebe uns Gnade, zu wandeln im Geist (Gal. 5,25), nach Seiner Wahrheit!

F. K.

Frage 9

Wie sind die Worte des HErrn in Luk. 22,36-38 zu verstehen, insonderheit „kaufe ein Schwert!“ und „es ist genug“; ferner: „das, was von Mir geschrieben ist, hat ein Ende“ (so nach Luther, nach Elberf. Übers.: „eine VolIendung“)?

Antwort

Der HErr stand im Begriff, von den Seinen wegzugehen, und Er wußte, daß dieser Weggang eine gänzliche Umwandlung ihres Glaubenslebens mit sich bringen mußte und daß die dahin führenden, nun beginnenden Ereignisse die Zertrümmerung ihrer bisher in ihren Herzen gehegten fleischlichen Vorstellungen und daher eine tiefgehende Erschütterung ihres schwachen Glaubens mit sich bringen würden. Auch wußte Er, welche Absicht der Feind bei dieser Gelegenheit in bezug auf Seine Jünger hatte. Deshalb drängte Ihn Sein liebendes Herz, sie auf alles dieses vorzubereiten und ihnen Worte der Belehrung, der Warnung, des Trostes und der Ermunterung zu sagen. Das finden wir in den Versen 24-30, 31-32, 33-34 und auch in den Versen 35-38, auf die sich unsere Frage bezieht. Die letzteren Verse enthalten einen Rückblick auf die Zeit bis zu jenem Tage und einen Hinweis auf die nun beginnende Zeit. Sie hatten Ihn bisher leiblich, sichtbar als den Messias in ihrer Mitte gehabt, und Er hatte als solcher für alle ihre Bedürfnisse gesorgt (V. 35), und sie hatten sich um nichts gekümmert, da Er ja da war und Menschen da waren, die sie als Boten des Messias aufnahmen und die in Unterwerfung unter den Messias ihnen alles gewährten, was sie bedurften, so daß sie weder Börse noch Tasche brauchten. Das konnte natürlich nur sein, während der

Messias da war. Nun aber war der Zeitpunkt gekommen, an dem das, was betreffs Seiner Verwerfung über Ihn geschrieben steht, erfüllt werden und damit ein „Ende“ (oder eine „Vollendung“) finden sollte durch Seinen Tod am Kreuze, so daß Er dann nicht mehr sichtbar unter ihnen sein würde; deshalb würde es dann anders sein: Sie konnten nun nicht mehr auf ihre Versorgung durch Menschen rechnen, die sich dem Messias unterwarfen, da dieser ja nicht mehr gegenwärtig, sondern verworfen war, sondern sie mußten nun selbst „Börse“ und „Tasche“ nehmen, d. h. durch Glauben aus des unsichtbaren HErrn Hand nehmen, was sie bedurften, auf welchem Wege irgend Er es ihnen darreichte. Aber auch noch in einer anderen Beziehung würde Seine Abwesenheit eine Änderung für sie bedeuten, wie V. 36 uns zeigt: In dieser Welt, die Ihn verworfen hat, würde es auch Kampf für sie geben und würden sie deshalb eines Schwertes bedürfen. Während Er da war, brauchten sie nicht zu kämpfen, weil Seine Anwesenheit ihr Schutz war; mit Seinem Weggang aber verloren sie diesen Schutz, und damit begann auch der Kampf. Das ist es, was die Worte „kaufe ein Schwert“ bedeuten. „Schwert“ spricht von Kampf. Es heißt hier nicht „Schwert des Geistes“, welches nach Eph. 6,17 Gottes Wort ist, sondern einfach „Schwert“ als Sinnbild von Kampf. Daß es kein Kampf mit materiellen Waffen ist, sondern mit geistlichen, und ein Kampf, den der Glaube führt, bedarf ja keiner weiteren Ausführung. Und daß die Notwendigkeit eines Schwertes hier so dringend gemacht wird, daß, wer sonst keine Mittel hat, ein Schwert zu kaufen, sein Kleid - das es doch so sehr nötig bedarf! - verkaufen soll, um ein Schwert dafür zu kaufen, bedeutet, daß es ohne den Kampf des Glaubens überhaupt nicht

geht - dieser Kampf unerläßlich ist.

Die Jünger hatten den HErrn nicht verstanden, was ja auch nicht von ihnen zu erwarten war, und meinten, Er rede von materiellen Schwertern. Der HErr tadelt sie deshalb nicht - Er ist ja von solcher unendlichen Langmut und Liebe! -, sondern läßt Sich in den Worten: „Es ist genug“ zu ihrem Unverstände herab, indem sie aus denselben erkennen konnten, daß sie nicht etwa noch mehr solcher Schwerter zu kaufen brauchten. Zugleich mochten sie aus diesen Worten empfinden, daß sie den HErrn nicht verstanden hatten und Er nichts weiter über diesen Gegenstand sagen wollte.

Die Worte des HErrn: „Denn was von Mir geschrieben ist, das hat ein Ende“ (nach Luth.; oder: „Denn auch das, was Mich betrifft, hat eine Vollendung“, nach Elberf. Übers.), bedeuten, daß das, was das Wort Gottes über den HErrn vorausgesagt hat, zur Ausführung kommt - wie alles andere im Worte Gottes Vorausgesagte - und damit ein Ende (oder eine Vollendung) findet. So war über Ihn vorausgesagt, daß Er unter die Übeltäter (oder Gesetzlosen) gerechnet werden sollte. Dieses ist am Kreuze erfüllt worden, und damit hat dieses Wort ein Ende (oder eine Vollendung) gefunden. Und so ist es mit allem anderen, was über Ihn geschrieben steht - alles hat ein Ende, eine Vollendung durch seine Erfüllung, sei es, daß es schon geschehen ist in der Vergangenheit oder daß es noch geschehen wird in der Zukunft. Beides ist für uns sehr kostbar.

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Nur noch wenige Worte zu dieser klaren Antwort!

Wie sehr die Jünger ihren Meister mißverstanden hatten, zeigte sich nur allzu deutlich bei der Gefangennahme des HErrn, bei welcher Petrus mit dem Schwerte dreinschlug (Matth. 26,51-54; Mark. 14,47; Luk. 22,49-52; Joh. 18,10.11; erst im Johannes-Evangelium ist der Name des mit dem Schwerte Dreinschlagenden: Petrus, und der des Verwundeten: Malchus, genannt!). Wie kostbar, daß der treue HErr das Verfehlen Seines Petrus so liebevoll heilte! - Aber so hat die spätere Christenheit, als sie längst nicht mehr aus Gläubigen bestand, die Worte des HErrn hier immer wieder mißverstanden, indem sie den (vermeintlichen) Glauben mit dem stählernen Schwerte verteidigen zu müssen meinte. Die unseligen Religionskriege, Kreuzzüge, Inquisitionsgreuel u. a. in den verschiedenen Jahrhunderten christlicher Zeitrechnung sind ein Beweis dieses grundlegenden Mißverständnisses. Aber auch die Tatsache, daß gläubige Christen hin und her auf Matth. 26,51-54 (die Folge von Luk. 22,36-38!) hin den irdischen Kriegsdienst (als Gehorsam gegen die Obrigkeit, Römer 13) verweigern zu müssen glaubten, zeigt, wie solche geistlich zu verstehenden Worte des HErrn mißverstanden sind. Vor beiden Abwegen sollten wir uns hüten, wenn wir „das Wort der Wahrheit richtig teilen“ wollen (2. Tim. 2,15). Wir sollten dagegen um so treuer lernen, die ganze Waffenrüstung geistlicher Art zu gebrauchen, die uns not ist, die wir täglich in schwerem geistlichem Glaubenskampf stehen! (Eph. 6,12-18.) Und dazu gehört (V. 17) das scharfe „Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist“ (vgl. Hebr. 4,12.13).

Wie köstlich im Hinblick auf die Leiden unseres geliebten

HErrn, die Er im Blick auf die vor Ihm liegende Freude erduldete (Hebr. 12,2), ist dies Wort doch: „Auch das, was von Mir geschrieben ist, was Mich betrifft, hat eine Vollendung“! In diesen Tagen wird die Christenheit wieder besonders daran erinnert; wenn sie es nur beachten wollte!

Ja, alles was die Schrift von Ihm zuvorsagte, mußte sich vollenden, so z. B. sowohl das Wort von den „30 Silberlingen“ (Sach. 10,12; Matth. 26,14.16; 27,3-10) wie das „sie teilen Meine Kleider unter sich, und über Mein Gewand werfen sie das Los“ (Ps. 22,18; vgl. Joh. 19,23.24!), wie auch vor allem das ernste, uns in seinen Tiefen nie völlig verständliche, aber uns stets zur Anbetung mahnende: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?!“ (Ps. 22,1; Matth. 27,46; Mark. 15,34) oder Ps. 69,20.21 (vgl. Jahrb. 9, Seite 182ff.) usw.; aber auch Ps. 16,8-11 und 110,1 -Worte, die von Seiner Auferstehung reden, auf die sich Petrus in seiner Pfingstpredigt (Apgesch. 2) beruft (vgl. auch Luk. 24,44-48), u. a.

Gepriesen sei unser teurer HErr, dessen Wort Alten wie Neuen Testaments unantastbar wahr ist, mag es sich nun auf die Welt, die Seinen oder auch auf Ihn Selbst beziehen! Sein Name sei gelobt!

F. K.

Jakob habe Ich geliebt, Esau aber gehaßt.

(Röm. 9,13.)

Steht es nicht im Widerspruch mit Gottes Gerechtigkeit,

wenn Gott Jakob liebte und Esau haßte? Weil die Gesinnung des Fleisches seit dem Fall des Menschen Feindschaft gegen Gott ist, liegt es dem menschlichen Herzen so nahe, in Gott den harten Mann zu sehen, der da erntet, wo er nicht gesät hat. (Luk. 19,21; Röm. 8,7.)

Diese und andere Stellen des 9. Kap. des Römerbriefes bereiten vielen Schwierigkeiten, weil sie scheinbar im Gegensatz zu Gottes Liebe und Gerechtigkeit stehen. Es dürfte deshalb besonders für die jüngeren Leser der „Handreichungen“ nützlich sein, sich etwas eingehender mit diesem Kapitel zu beschäftigen.

In den ersten Kapiteln dieses Briefes hatte Paulus bewiesen, daß alle, Juden und Heiden, gesündigt und dem Gericht Gottes verfallen waren und nur aus Gnaden gerettet werden konnten. Das traf den Stolz der Juden. Wenn alle ohne Unterschied, Juden und Heiden, als Sünder auf eine Stufe gestellt wurden und alle gleich nur auf dem einen Grunde des Blutes Christi aus freier Gnade gesegnet werden konnten, was wurde dann aus den Verheißungen, die Gott speziell Israel durch den Mund der Propheten gegeben hatte? War das

Wort Gottes hinfällig

geworden? (Röm. 9,6.) Keineswegs! Paulus beweist ihnen, daß Gott in der Unumschränktheit Seiner Gnade auch die Heiden zu den Segnungen berufen kann, ohne damit die Israel gegebenen Verheißungen zu beschränken. Ferner zeigt er ihnen an Hand ihrer eigenen Geschichte, daß auch die Israel gegebenen Verheißungen nur auf dem Grunde der souveränen Gnade Gottes in Seiner Auswahl ihr Teil

Abstammung von Abraham rühmen konnten, waren Kinder der Verheißung.

Ismael war ebenso gut wie Isaak ein Sohn Abrahams und hätte ein Erbe der Verheißung sein können. Aber Gott erwählte nach der Souveränität Seiner Gnade Isaak und nicht Ismael. Niemand konnte leugnen, daß ihre ganze Geschichte ein Akt der Gnadenwahl Gottes war. Gnade war es, daß Gott Abraham berief und segnete, und Gnade war es wiederum, daß Er Isaak und nicht Ismael zum Stammhalter Abrahams erwählte. Und noch auffallender trat Seine Unumschränktheit in der Erwählung1 Jakobs vor Esau hervor. In der Wahl Isaaks hätte jemand noch eine gewisse Berechtigung finden können, weil Ismael der Sohn der Sklavin war. Bei

1

Wichtig ist es, auch zu beachten, daß es sich in Röm. 9 nicht um die Auserwählung zur Seligkeit vor Grundlegung der Welt handelt, sondern um die Auserwählung der Personen, die die Stammväter des irdischen Volkes sein sollten. Wenn dieses Kapitel deshalb bei einer Betrachtung der Auserwählung zur Seligkeit (2. Thess. 2,13), die vor Grundlegung der Welt stattfand, auch weniger in Frage kommt, so finden wir doch darin den Grundsatz der Auserwählung Gottes so klar dargelegt wie kaum in einer anderen Stelle der Schrift.

Jakob und Esau

aber lag völlige Ebenbürtigkeit vor. Beide waren Kinder einer Mutter und von einem Vater, von Isaak, und zudem noch Zwillinge. Der Erstgeborene war Esau. Aber noch ehe die Kinder geboren waren, ehe sie Gutes noch Böses getan hatten, bestimmte Gott nach der Auswahl Seiner Gnade, daß der Größere dem Kleineren dienen solle. (Röm. 9,10-12.) Nichts von ihrer Seite, weder ihre Werke noch ihr Glaube, sondern allein Sein eigener souveräner Wille, leitete Gott in dieser Wahl.

Wenn ein Jude nun auf den Vorzug seiner leiblichen Abstammung von Abraham pochen wollte, so mußte er zugeben, daß ohne die Auswahl Gottes, allein auf dem Grunde des Rechtsanspruches der leiblichen Abstammung, nicht ihm die Segens-Vorrechte, sondern den

aus gesehen, den Nachkommen Esaus.

So bewies Paulus den Juden an ihrer eigenen Geschichte, daß Gottes Gnade ebenso frei sei, auch die Heiden zu den Segnungen des Evangeliums herzurufen, wie Er in Seiner freien Wahl Jakob gesegnet hatte.

Wir könnten vielleicht sagen, daß Gott alles vorher wußte, aber auch nicht einmal die Vorkenntnis Gottes wird hier erwähnt. Paulus stellt einfach ohne jeden Nebengedanken den Grundsatz der Auserwählung fest, nämlich, daß der Vorsatz und die Vorherbestimmung Gottes nach Seiner freien Auswahl allein von Ihm, dem Berufenden, und nicht von irgendwelchem Werk oder Verdienst des Menschen abhängig ist. Obwohl nun kein menschliches Verdienst den Willen des allein weisen Gottes beeinflußt, so müssen wir uns doch immer bewußt bleiben, daß Seine Auswahl keine lose Willkür, sondern stets in Übereinstimmung mit Seiner göttlichen Natur ist und das Gepräge Seiner Heiligkeit und Weisheit trägt. Jede Willensäußerung Gottes offenbart uns Ihn Selbst, Sein Wesen, Sein Wohlgefallen, Sein Herz.

Viele hundert Jahre später erinnerte Gott durch Maleachi Sein Volk an diese Seine Auswahl, indem Er ihnen sagen ließ: „Ich habe euch geliebt,“ (Mal. 1,2.3), und als das abtrünnige Volk fragt: „Worin hast Du uns geliebt?“, weist Er sie hin auf Esau, den Erstgeborenen, und spricht: „Ich habe Jakob geliebt,

Esau aber habe Ich gehaßt.“

Wie oft werden diese Worte ganz entstellt wiedergegeben. Man spricht so, als ob Gott diese Worte gesagt hätte, ehe die Kinder geboren waren. Einen solchen Gedanken, daß

Gott Esau von seiner Geburt an gehaßt habe, finden wir nirgends in der Schrift. Dieses Wort: „Ich habe Jakob geliebt, Esau aber habe Ich gehaßt“ wurde nicht der Rebekka zur Zeit der Geburt gesagt, sondern mehr als 1300 Jahre später, am Schluß des Alten Testamentes durch den Propheten Maleachi, als Esau und seine Nachkommen sich völlig als Feinde Gottes und des Volkes Gottes erwiesen hatten. Beide, Jakob und Esau, hatten keinen Anspruch auf Gottes Liebe, beide waren Sünder und in Sünde geboren. Gottes Gnade allein war es, daß Er Jakob und sein Geschlecht liebte.

Der Mensch folgert nun gern, daß Liebe gegen den einen Haß gegen den anderen ausdrücke. Als ob wir nicht selbst dem einen unsere Liebe erweisen könnten, ohne den anderen zu hassen oder zu verachten. Eine solche Folgerung, daß, wenn Gott Jakob liebte, Er im Gegensatz dazu Esau von Anfang an gehaßt habe, ist völlig haltlos. Wenn Gottes Zorn einen Menschen trifft, so ist es die Folge seiner Sünden, aber nicht eine Folge des Vorsatzes oder der Zuvorbestimmung Gottes.

Wenn Gott, nachdem Er mehr als 1300 Jahre in großer Langmut mit Esau und seinen Nachkommen gehandelt hatte, durch Maleachi sagen läßt, daß Er Esau (und sein Geschlecht ist in dem Namen eingeschlossen) gehaßt habe, so sagt Er uns auch zugleich, daß der Grund Seines Hasses ihre Gesetzlosigkeit war, die so groß war, daß ihr Gebiet „Gebiet der Gesetzlosigkeit“ genannt wurde. (Mal. 1,5.)1

1

Das Wort „hassen“ ruft bei uns das Gefühl einer bösen Gesinnung hervor. Aber die Schrift spricht auch in einem anderen Sinne vom Hassen, z. B. Luk. 14,26 lesen wir: „... und haßt nicht seinen Vater und seine Mutter ...“ oder in Joh. 12,25: „Wer sein Leben in dieser Welt haßt ...“, wo der Begriff der bösen Gesinnung ausgeschlossen und nicht etwa mit Abscheu gegen die Person verbunden ist, sondern wo der Sinn ist, daß man unser gegebenen Verhältnissen sich so entschieden von Menschen und anderen Dingen zurückzieht, wie man das, was man haßt, verläßt und von sich weist.

Ist es unrecht, wenn Gott sagt, daß Er den Gesetzlosen haßt? (Ps. 11,5.) Nichts aber ist dem Menschen so zuwider wie die Anerkennung der Souveränität Gottes in der

Auserwählung. Der Mensch in seiner Feindschaft gegen Gott sucht nach Ungerechtigkeit bei Gott und bekrittelt Sein Wort und Seine Wege. Paulus fragt deshalb:

„Ist Ungerechtigkeit bei Gott?“

Wie furchtbar! Der Ungerechte erkühnt sich, nach Ungerechtigkeit bei dem Gerechten zu suchen! Und so ist es bis auf den heutigen Tag. Der Sünder tritt an Gott heran mit der Frage nach Seiner Gerechtigkeit. Mit bösen Worten lästert er Gottes Gerechtigkeit: „Wenn es einen gerechten Gott gäbe!“ Die Ungerechtigkeit aber ist bei uns und nicht bei Gott. Wenn Gott mit einem solchen Menschen, der sich über Seine Gerechtigkeit beschwert, in Gerechtigkeit handeln würde, so wäre die Verdammnis sein sicheres Los. So wenig aber erkennt der Mensch sein sündiges Leben und seinen verlorenen Zustand vor Gott, daß er nicht weiß, wenn er mit Gott Seiner Gerechtigkeit wegen hadert, daß er damit das Urteil der Verdammnis über sich herausfordert. Gott aber hat Gedanken des Friedens. Er hat einen Weg, auf dem Seine Gnade in Gerechtigkeit walten kann, und Er spricht:

„Ich werde begnadigen, wen Ich begnadige,

und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarme.“ (Röm. 9,15.) Wie gesegnet ist dies. Wie gut ist Gott. Um diese Worte zu verstehen, die Gott einst zu Mose redete (2. Mos. 33,19), müssen wir den Zusammenhang kennen, in welchem sie gesprochen wurden. Gott hatte das Volk mit mächtiger Hand aus Ägypten geführt; kaum aber war es seiner schrecklichen Sklaverei entronnen, so sündigte es wider Gott und tanzte um das goldene Kalb. In dieser

Stunde verlor es jedes Anrecht auf Segnungen von seiten Gottes. Ihnen blieb nur ein furchtbares Erwarten des Gerichtes, das die Widersacher verschlingen würde. Wenn ihnen noch irgend etwas Gutes von Gott zuteil werden sollte, so konnte es ihnen nur unverdient aus dem freien Triebe des Erbarmens Gottes heraus zuteil werden. Und dies ist es, was Gott in Seinen Worten an Mose zum Ausdruck bringt: „Ich werde begnadigen, wen Ich begnadige, und werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarme.“ Der Mensch, der kein Erbarmen mit sich selbst hat, der in seiner Feindschaft gegen Gott ins Verderben geht, der sein Anrecht als Sünder an Gottes Gnade verachtet, dessen Laufen und Wollen nicht nach den Gedanken Gottes ist, von dem und zu dem sagt Gott: „Ich werde Mich erbarmen, wessen Ich Mich erbarmen werde.“ So liegt es nun nicht an dem Wollenden noch an dem Laufenden, sondern an dem begnadigenden Gott, denn mit seinem eigenen Laufen und Wollen, Rennen und Wirken geht der Mensch an dem begnadigenden Gott vorbei.

Auf diesem Grunde handelte Gott damals mit Israel, und auf dieser Grundlage handelt Gott heute mit uns. Wo ist einer, der auf Gottes Segnungen Anspruch machen könnte? Ruft die Welt nicht heute noch: „Hinweg mit Diesem, gib uns den Barabbas los!?“ Ist es Ungerechtigkeit von Gott, wenn Er aus solcher Menschheit heraus Sünder errettet und beruft „mit heiligem Rufe, nicht nach unseren Werken, sondern nach Seinem eigenen Vorsatz und der Gnade, die uns in Christo Jesu vor den Zeiten der Zeitalter gegeben ist“? (2. Tim. 1,9.) Wer sich selbst erkannt hat, der bekennt, daß seine Errettung allein das unverdiente Erbarmen Gottes und nicht die Frucht

seines Laufens und Wollens ist.

Der mit Gott hadernde Mensch sagt nun: „Gott mag Sich erbarmen, über wen Er will“, es steht aber auch geschrieben, daß

„Er verhärtet, wen Er will“.

In unserer Schriftstelle stellt Paulus den Begnadigungen in Israels Geschichte die Verhärtung des Pharao gegenüber und faßt die Souveränität Gottes in beiden Fällen in das Wort zusammen: „Wen Er will, begnadigt Er, und wen Er will, verhärtet Er.“ (Röm. 9,18.)

Wenn wir nun diese von Paulus gebrauchten Beispiele gleichsam als Musterbeispiele sowohl der Begnadigung als auch der Verhärtung anschauen dürfen, so bemerken wir einen auffallenden Unterschied. Während in der Schrift in den Beispielen der Begnadigung kein anderer Grund gefunden wird als allein der souveräne Wille Dessen, der nicht will, daß irgendwelcher verloren gehe, sondern daß alle zur Buße kommen (2. Petr. 2,9), finden wir in dem Beispiele der Verhärtung andere Gründe angegeben, nämlich: „Eben hierzu habe Ich dich erweckt, damit Ich Meine Macht an dir erzeige, und damit Mein Name verkündigt werde auf der ganzen Erde.“ (Röm. 9,17.)

Die Schrift zeigt uns damit einerseits die Größe der göttlichen Gnade und Langmut, anderseits aber auch den Ernst, solche auf Mutwillen zu ziehen, weil Er, der begnadigt, auch Derselbe ist, der richtet.

Laßt uns nun hören, was die Schrift über Pharao sagt. Zunächst hören wir, daß dieser „andere Pharao“ nicht wie

sein Vorgänger ein Helfer und Beschirmer, sondern ein Hasser und grausamer Verfolger des Volkes Gottes war.

Sodann ist es sehr wichtig, zu beachten, daß Gott, ehe Mose zu Pharao ging, ihm

alles zuvor

sagte, sowohl, was Pharao, als auch, was Er Selbst an Pharao tun würde. Er sagte: „Ich weiß wohl, daß der König von Ägypten euch nicht ziehen lassen wird, auch nicht durch eine starke Hand.“ (2. Mos. 3,19.) Und gleichsam als eine Antwort Auf den Widerstand Pharaos sagte Gott: „Und Ich will sein Herz verhärten, so daß er das Volk nicht ziehen lassen wird.“ Diesen Ausspruch in 2. Mos. 4,21 und 7,3 gebraucht der Mensch, um Gott die Schuld an der Verhärtung des Pharao zu geben und sie als Willkür Gottes hinzustellen, so daß Pharao sein Herz verstocken mußte, und Gott somit für seinen Widerstand verAntwortlich sei.

Aber beachten wir wohl, daß das, was Gott in Seiner Vorkenntnis hier zu Mose sagte, noch nicht geschehen war. Gott verhärtete Pharaos Herz nicht von Anfang, sondern trug diesen Gottlosen vielmehr in einer so wunderbaren Langmut und gab ihm Warnung über Warnung, aber „Pharao nahm es nicht zu Herzen“. (2. Mos. 7,23.)

Als Mose und Aaron dann zum ersten Male zu Pharao gingen, erfüllte sich die erste Voraussage Gottes: Er beAntwortete die Forderung Gottes mit Hohn und der trotzigen Gegenfrage: „Wer ist Jehova, auf dessen Stimme ich hören soll?“ (2. Mos. 5,2.) Dann fordert er einen Wunderbeweis, aber er nahm diesen nicht zu Herzen, sondern achtete mehr auf die Zauberer als auf Gottes

Stimme. (2. Mos. 7,23.) Dann klopfte Gott in Seiner Langmut in einer solch erschütternden Weise an sein Herz, daß er die Hand und Stimme Jehovas erkennen mußte, und selbst seine Zauberer mußten ihm bekennen: „Das ist Gottes Finger“. (2. Mos. 8,8.19.) Bis zu diesem Zeitpunkt von 2. Mos. 9,7 handelte Gott in Langmut mit ihm; aber sein Herz verhärtete sich bis zur Verstockung. Er selbst, so lesen wir, verstockte sein Herz und hörte nicht auf die Stimme Jehovas. (2. Mos. 7,13.14.22; 8,15.19.32.) Erst von der sechsten Plage an, als alle Rufe und alle Langmut Gottes abgewiesen wurden, war Gottes Geduld zu Ende. Nun finden wir zum ersten Male, daß

Jehova das Herz des Pharao verhärtete.

Er ließ ihm durch Mose sagen, daß er jetzt von der Erde vertilgt worden wäre, Er ihn aber noch aus zwei Gründen stehen lasse: 1. um Seine Macht an ihm zu erweisen und 2., daß Sein Name verkündigt würde auf der ganzen Erde. (2. Mos. 9,12.16; Röm. 9,17.)

Wenn wir nicht wüßten, daß die Gesinnung des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist, so wäre es nicht zu verstehen, daß der Mensch mit Gott hadert, weil Er Pharao richtete. War es ungerecht, daß Gott diesen Mann, der gegen die Regierung und Autorität Gottes sich auflehnte, bestrafte? Jeder irdische Richter bestraft den Aufrührer und Rebellen, aber Gott gesteht man dieses Recht nicht zu, daß Er den bestraft, der Ihn herausfordert und sich gegen Ihn auflehnt. Und welch ein schrecklicher Mann war dieser König, vielleicht der schrecklichste Despot, den je die Welt gesehen hat - ein grausamer Mensch, der anordnete, alle männlichen Kinder zu töten? Welch ein Geschrei stieg über

diesen Mann zum Himmel empor, so daß Gott sagte: „Ich habe das Elend Meines Volkes gesehen ... und sein Geschrei gehört ... Ich kenne Seine Schmerzen.“ (2. Mos. 3,7.) Sollte die Welt sich nicht vielmehr wundern, daß Gott mit diesem Menschen noch in Langmut handelte, statt daß sie Gott Ungerechtigkeit zuschieben will?

(Schluß folgt.)

Malchus und sein Verwandter.

In einem Geiste der Unbesonnenheit, der schlecht zu dem Augenblick paßte, hatte Petrus nach dem Knecht des Hohenpriesters geschlagen und ihm das Ohr abgehauen. Seinem energischen Temperament gemäß hatte er seine Zuflucht zum Schwert genommen, um Seinen HErrn vor dem Feinde zu schützen. Aber das Schwert war für die Verteidigung des HErrn nicht die rechte Waffe. Der HErr stand im Begriff, Sich in die Hände sündiger Menschen zu überliefern, um Seinen Auftrag hienieden zu erfüllen. Selbstverteidigung war kein Stück dieses Planes Seiner Gnade; Er gab Sich hin, die Schrift zu erfüllen; während die Jünger schliefen, war Er im Geiste schon durch die furchtbarsten Proben hindurchgegangen und zubereitet für alles, was über Ihn kommen sollte. Er hatte den Kelch aus Seines Vaters Hand genommen, bereit, ihn zu trinken.

Das unbesonnene und vorschnelle Eingreifen des Jüngers hielt Ihn nur auf dem Wege auf. Der Schlaf hatte Petrus für solche Prüfungen schlecht vorbereitet. Als er vom Schlaf erwachte, wußte und ahnte er nicht, welcher Art die Versuchungen sein würden, die seiner warteten, und kannte er nicht sein eigenes Unvermögen, diesen zu

begegnen. Gleich dem geschorenen Simson griff er zum Schwert, der Waffe, die Menschen gebrauchen. Ohne Zweifel tat er es in guter Absicht, aber sein Verhalten war eine traurige Verirrung.

Er schlug und hieb Malchus das Ohr ab. Wer war Malchus? Er war der Diener des Hohenpriesters. Ist dies nicht bemerkenswert? War nicht der Schall der Schritte seines Herrn hinter ihm? Sicherlich, wenn derselbe auch nicht da war. Die Würde seines hohen Berufes verhinderte ihn, sich bei Nacht diesem blutdürstigen Haufen anzuschließen, der mit Fackeln und Waffen nach dem dunklen Gethsemane zog. Er blieb in seinem Palast zurück, aber er schickte Malchus, um seine Stelle einzunehmen, und der war es, der unter dem Schwertstreich des Petrus litt. Wäre der Hohepriester selbst dabeigewesen, der Schlag, den sein Knecht erhielt, würde ihn getroffen haben. Nun aber stieß der Diener des Hohenpriesters mit dem Jünger Jesu im Kampf zusammen, und der erstere wurde verwundet. (Joh. 18,10.)

So vollführte Petrus Taten, aber sie paßten nicht zu der Zeit und den Umständen. David hatte „seine Helden, seine mächtigen Männer“, und die Berichte über ihre Tapferkeit sind auf den Blättern des heiligen Buches eingetragen. Sie fochten und siegten durch den Gebrauch der menschlichen Waffen, aber ihre Waffen paßten zu der Zeit und den Umständen.

Der Herr Jesus kam nicht, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu erretten. (Joh. 12,47.) Sein Jünger handelte entgegengesetzt.

Wie träge sind wir doch, zu lernen, was Gnade ist, und die

himmlische Natur des Christentums zu erfassen. Wie langsam lernen wir die Verschiedenheiten in den Zeitaltern oder Verwaltungen Gottes mit Menschen unterscheiden! Das Gesetz und das Schwert paßten wohl zueinander, aber die Gnade und das Schwert stehen sich einander entgegen. Unserer menschlichen Natur nach verstehen wir ersteres gut und sind gern bereit, mit Gesetz und Schwert zu handeln, aber als Gotteskinder sollen wir lernen, das letztere zu verstehen und in Gnade zu handeln. Petrus handelte nach dem Gesetz und zog das Schwert, aber sein liebreicher Meister handelte in Gnade und heilte des Malchus Ohr. Wie herrlich ist der Gegensatz!

Sein ganzes Leben hindurch trug von nun an der Diener des Hohenpriesters die heilende Berührung des HErrn an sich. Wie muß er fähig gewesen sein, den Unterschied zu beschreiben zwischen dem impulsiven und harten Jünger und dem stillen und sanften Meister! War sein Herz berührt worden? Kehrte er zu seinem Herrn zurück und berichtete ihm von der sanften Gnade Jesu, die ihm zuteil geworden war? Wir wissen es nicht.

Nicht der verwundete oder geheilte, nicht der dankbare oder undankbare Malchus fesselt in dieser Stunde unser Auge, sondern der liebreiche HErr in Seiner unendlichen Gnade, dessen vergebende und heilende Hand sich sanft auf den Diener Seines größten Feindes legt. Solche Beweise Seiner Gnade nehmen unser Herz gefangen und zeugen von dem, was Er ist. So zeigen uns die Schriften den Herrn Jesus in Seiner ganzen Vollkommenheit nicht in einer mit uns vergleichenden Weise, sondern als im Gegensatz zu uns und zu den Besten der Menschen. Die Menschen treten in vielen verschiedenen Charakteren vor

uns, aber auch im besten Falle doch nur, um zu zeigen, daß sie leichter sind als ein Hauch. (Ps. 62,9.) Wie so anders dagegen der Herr Jesus, der Sohn des Menschen und der Sohn Gottes. Er tritt voller Gnade und Wahrheit vor uns, damit wir erkennen möchten, was für ein Gott der Gott ist, gegen den wir gesündigt haben und der uns entfremdet worden ist; denn Er war in Wahrheit Gott geoffenbart im Fleisch. Wie wunderbar ist es, Ihn so anzuschauen!

Sinnet darüber nach, geliebte Leser: Gott geoffenbart im Fleisch! Gott offenbart Sich so, damit wir, die gefallenen Schuldigen und durch die Sünde Verblendeten, Ihn erkennen möchten.

Die Schöpfung mit ihren unzähligen Wundern und Schönheiten vermochte Ihn (Gott) nicht zu offenbaren, obgleich sie von Seiner Macht und Größe zu uns reden kann.

Der Herr Jesus, nur Er offenbart Ihn; der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat Ihn kundgemacht. (Joh. 1,18.) Er war Gott geoffenbart im Fleisch, und wenn auch im Fleisch ein vollkommener Mensch, versucht in allem, gleichwie wir, ausgenommen die Sünde, war Er vollkommen sowohl in Gnade als auch vollkommen in Wahrheit, so daß auch das in einer solchen Stunde geheilte Ohr des Malchus in lieblichem Einklang mit allen Seinen Wegen von der Krippe an stand. Welch eine herzgewinnende Gnade!

Petri Voreiligkeit trug ihm eine bittere Frucht. Damit, daß er sein Schwert in die Scheide steckte, war sein voreiliges Handeln für ihn in seinen Folgen nicht abgeschlossen.

Als er seinem nun gefangenen Meister in den Hof des Hohenpriesters folgt, nimmt er seinen Platz in der Mitte der anderen Knechte ein, in deren böser Gesellschaft er sich diesen gleichmacht. Er wird beschuldigt, ein Jünger Jesu zu sein, aber bestimmt und fest verleugnet er es.

Aber einer aus dem Kreise sagt: „Sah ich dich nicht in dem Garten bei Ihm?“ Wie empfindlich, gleich einem Dolchstich, muß das Petrus durchdrungen haben, und wer versetzte ihm diesen Stich? Es ist tief berührend: „Es war ein Verwandter dessen, dem Petrus das Ohr abgehauen hatte.“ (Joh. 18,25.26.) Der Verwandte des Malchus erkannte den Mann wieder, der das Schwert gebraucht hatte. Hier war ein Augenzeuge von dem traurigen Eifer und dem mörderischen Schlage des Petrus.

Es scheint fast so, als ob Malchus und sein Verwandter die Führer der Bande waren, die dem Verräter Judas Ischariot folgten. In dem Eifer, den Wunsch ihres hohenpriesterlichen Herrn zu erfüllen, befanden sie sich wahrscheinlich in der Vorhut und waren dadurch dem Widerstand, der sich bei der Gefangennahme des HErrn erheben konnte, in erster Linie ausgesetzt. Malchus hatte durch den fleischlichen Eifer des Petrus gelitten, und sein Verwandter gab Zeugnis, daß er ihn wiedererkenne, und Petrus, der im Garten irrte, irrte in dem Palast noch viel mehr. Dort schlug er einen Feind, hier verleugnete er seinen HErrn.

Aber berichtete der Verwandte jetzt, wo er Petrus wiedererkennt, nicht auch von jener heilenden Berührung Jesu? Hatte er nichts zu sagen, wie schnell, wie völlig, wie zart der Fehler des Jüngers von demselben Meister wieder

gutgemacht wurde, den Petrus jetzt so verleugnete? Wir lesen nichts davon.

Aber ist es nicht so: Kleiner Fehler erinnert man sich, aber große Taten der Güte und Liebe werden vergessen? Das ist das menschliche Herz! So verdorben ist es durch die Sünde. So mag es auch bei dem Verwandten des Malchus gewesen sein. Die Gnade des HErrn war seinem Sinne entschwunden als eine geringfügige, nur ganz natürliche Sache.

Gott sei gepriesen, Er hat in dem Buch der Inspiration eintragen lassen: „Er rührte sein Ohr an und heilte ihn“. (Luk. 22,51.) Wie viele Jahre mag Malchus vor seinem gottlosen hohenpriesterlichen Herrn gestanden haben mit diesem sichtbaren Zeichen der gnadenvollen, heilenden Berührung des Herrn Jesus, dem unvergänglichen Zeichen der Liebe und des Erbarmens dessen, „der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern sich Dem übergab, der recht richtet“. (1. Petr. 2,23.) Wie groß, wie kostbar wird der HErr uns, wenn wir Ihn so in Seiner Gnade anschauen.

S. (K.)

Jesus, der Retter.

In Matth. 1,21 haben wir die Deutung des Namens Jesus, wie ihn die Schrift gibt: „Du sollst Seinen Namen Jesus heißen, denn Er wird Sein Volk erretten von ihren Sünden“. Heißt das der Name „Jesus“? Streng genommen nicht, sondern der Name besagt wie der gleiche in alttestamentlicher Fassung, „Josua“, nur Retter; aber die Schrift geht weiter, als daß sie uns nur den

Namen übersetzte, sie deckt zugleich die Fülle der Bedeutung desselben auf: „Retter von den Sünden Seines Volkes“.

Auch uns ist der Name „Jesus“, der Name unseres geliebten HErrn, der Inbegriff der Rettung geworden. Er ist der Heiland, der Retter auch für uns. Wir haben „in Ihm die Erlösung durch Sein Blut, die Vergebung der Vergehungen“. (Eph. 1,7.) Er ist wahrlich auch für uns der Retter von unseren Sünden geworden. Aber nicht nur das! Sondern wie dort in Matthäus 1,21 uns nicht nur die Übersetzung Seines Namens gegeben ist, sondern vielmehr seine Bedeutung hinsichtlich Seines Volkes, so bedeutet der Name „Jesus“ auch für uns „Retter“ und, je nach dem Zusammenhang, „Retter“ in verschiedenen Beziehungen:

Er ist in der Vergangenheit unser Retter von unseren Sünden geworden! Wir haben durch Ihn eine geordnete Vergangenheit!

Er ist aber auch in der Gegenwart unser Retter, wie uns Hebr. 7,(22.)25 sagt: „Daher vermag Er auch völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden“.

Welch köstliche gesicherte Gegenwart haben wir durch unseren Hohenpriester Jesus, der immerdar uns vertritt und dadurch uns in der täglichen Gegenwart durch alles hindurchrettet!

Er ist aber auch in der Zukunft unser Retter-, „wir erwarten Gottes Sohn aus den Himmeln, den Er aus den Toten auferweckt hat: „Jesus, der uns errettet von dem

kommenden Zorn“ (1. Thess. 1,10; Röm. 5,9), so daß wir gar nicht in diesen hineinkommen (Offb. 3,10), indem Er uns zuvor zu Sich Selbst hin entrückt (1. Thess. 4,13-18), auf daß wir bei Ihm seien allezeit - und das alles durch Ihn, den Herrn Jesus Christus, den Retter und Heiland, den wir erwarten dürfen, „welcher unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit ...“ (Phil. 3,21.) Sind wir uns dessen gewiß? Freuen wir uns dessen? Erwarten wir solche Zukunft? Wir haben ein volles Recht dazu, wir, die Begnadigten, die wir glauben an Ihn, unseren Retter, unseren Herrn Jesus!

Sein Name sei hochgelobt!

F. K.

Frage und Antwort

Frage 10

Können die Schwestern in den Versammlungen, Gebetsstunden und nach dem Brotbrechen den HErrn öffentlich in Gebeten anrufen? Wo zeigt uns die Schrift in diesem Stück einen klaren Weg?

Antwort A

Diese Frage läßt sich nicht mit einem einfachen Ja oder Nein unter Angabe gewisser Schriftstellen beAntworten, da es keine Schriftstelle gibt, wo wir ein diesbezügliches Gebot oder Verbot finden oder wo uns ein Beispiel hierfür gezeigt wird. Aber trotzdem zeigt uns die Schrift auch

hierin den Weg, wie wir sehen werden.

Die Betonung in dieser Frage liegt auf dem Wort „öffentlich“. Es sind Unterschiede in den Gelegenheiten, bei welchen jemand öffentlich betet oder danksagt, und in der Form, in der er es tut: Wenn nur Kinder Gottes eines gewissen Kreises miteinander versammelt sind, trägt es nicht so ausgeprägt öffentlichen Charakter, als wenn auch Kinder Gottes aus anderen Kreisen gegenwärtig sind oder es gar eine gemischte Versammlung ist, in der auch Kinder der Welt zugegen sind; und wenn der öffentlich Betende oder Danksagende nur in der Ichform betet oder danksagt - was zwar weniger in die Öffentlichkeit als vielmehr in das Kämmerlein mit verschlossener Tür gehört, aber doch auch in öffentlichen Versammlungen vorkommt -, ist sein Hervortreten nicht von solcher Bedeutung, als wenn er in der Wirform betet oder danksagt, denn in ersterer Form beschränkt er sich auf seine eigene Person, in der letzteren aber schließt er die anderen Versammelten mit ein und macht sich gleichsam zum Mund aller Versammelten bezw. derer, auf die das „Wir“ sich bezieht. In jedem Falle aber tritt die Person, welche öffentlich betet oder danksagt, damit aus der Verborgenheit heraus in die Öffentlichkeit. Deshalb ist es bei der BeAntwortung unserer Frage von großer Bedeutung, ob eine Schwester nach Gottes Wort zu einem solchen In-die-Öffentlichkeit-treten berufen ist oder nicht. Das Wort Gottes verneint diese Frage, wie auch schon die Natur uns lehrt, daß der Platz des Weibes daheim in der Stille und Zurückgezogenheit des Hauses ist, der des Mannes aber draußen im öffentlichen Leben mit seinen Stürmen und Kämpfen. Das kommt schon in 1. Mos. 3,16-19 zum Ausdruck und tritt uns das ganze Wort

hindurch als göttliche Ordnung entgegen. Im Neuen Testament sind es besonders folgende Stellen, auf die hierbei unsere Aufmerksamkeit sich richtet: 1. Kor. 11,2-16; 1. Kor. 14,34.35; 1. Tim. 2,9-15 und 1. Petr. 3,1-6. Wir wollen diese Schriftstellen einmal kurz daraufhin ansehen, was sie uns über die Stellung des Weibes im Verhältnis zum Manne zeigen.

In 1. Kor. 11,3 ist gesagt, daß der Mann des Weibes „Haupt“ ist - sie also ihm unterstellt ist -; darum soll sie „eine Macht“, d. h. eine Bedeckung als Zeichen der Macht oder Gewalt, unter der sie steht, auf dem Haupte haben, „um der Engel willen“ (V. 10), da diese Wesen, die die Erlösten beständig beobachten, die Ordnung Gottes in Seiner Schöpfung kennen; und es wird auf das dem Weibe gegebene lange Haar hingewiesen, daß es ihr „anstatt eines Schleiers gegeben ist“ (V. 15), worin ihre Stellung der Unterwürfigkeit und Zurückgezogenheit sinnbildlich zum Ausdruck kommt. Es handelt sich hier nicht um Mann und Weib in der Ehe, sondern um Mann und Weib im allgemeinen, ganz gleich, ob verheiratet oder nicht, in ihrer Stellung, die ihnen Gott in Seiner Schöpfung gegeben hat.

In 1. Kor. 14,34.35 finden wir das bekannte Verbot, daß die Weiber in den Versammlungen schweigen sollen, „denn es ist ihnen nicht erlaubt, zu reden, sondern unterworfen zu sein, wie auch das Gesetz sagt“. Wieder der Grundsatz des Unterworfenseins und des Zurücktretens des Weibes in der Offentlichkeit!

In 1. Tim. 2,9-15 wird den Weibern gesagt, wie sie sich Gott wohlgefällig schmücken sollen und daß ein Weib in der Stille in aller Unterwürfigkeit lernen solle und einem

Weibe nicht erlaubt sei, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen. Also: Stille, Unterwürfigkeit, nicht über den Mann herrschen!

In 1. Petr. 3,1-6 endlich tritt dieser Geist der Unterwürfigkeit, Stille und Zurückgezogenheit in einem „in Furcht keuschen Wandel“, der jede Schwester schmücken sollte, besonders köstlich vor unser Auge. Wenn diese Schriftstelle auch nur von dem Verhalten des Weibes in ihrer Familie, in ihrem Hause, spricht und nicht von dem Verhalten in der Öffentlichkeit, zeigt sie doch gerade den eigentlichen Ausgangspunkt für letzteres, denn in der Familie fängt das richtige Verhalten an, und eine Schwester, die in dem Geiste wandelt, wie er hier gezeigt wird, wird auch in ihrem Verhalten außerhalb ihrer Familie, sei es in der Versammlung oder bei irgendwelcher anderen Gelegenheit, denselben Geist offenbaren.

Wir haben aus den obigen Schriftstellen nur auf das hingewiesen, was unsere Frage betrifft, und haben gesehen, daß eine Schwester, ganz gleich, ob verheiratet oder nicht, nicht offentlich hervortreten, sondern die ihr zukommende Stellung der Zurückgezogenheit bewahren sollte. Tut sie dies, wenn sie öffentlich betet oder danksagt? Wir können hierauf nur nein Antworten; sie tritt aus ihrer Stellung der Zurückgezogenheit heraus in die Öffentlichkeit und macht sich - wenn sie in der Form der Mehrzahl betet - zum Mund der Versammlung, was ihr als Weib nicht zukommt, wie die vorstehend herangezogenen Schriftstellen deutlich zeigen.

Vielleicht wendet jemand ein: Aber in 1. Kor. 11 ist doch vom Beten und Weissagen des Weibes die Rede! Ja; und wir sagen ja auch gar nicht, daß ihr dies verwehrt werden

solle, sondern nur, daß sie hierbei nicht aus der ihr von Gott gegebenen Stellung heraustreten soll. Nach unserem Verständnis ist in 1. Kor. 11,2-16 noch nicht von dem Zusammenkommen die Rede - dies ist erst von V. 17 an der Fall - und sind die dort gegebenen Belehrungen allgemeiner Art, auf alle Fälle des Betens und Weissagens bezüglich, bei welchen Gelegenheit es auch sein mochte. Gewiß galten diese Belehrungen auch für das Zusammenkommen als Versammlung; aber damit ist nicht gesagt, daß in den Versammlungen Weiber öffentlich beten oder weissagen sollten, sondern daß in jedem Falle des Betens oder Weissagens die göttliche Ordnung anerkannt und zum Ausdruck gebracht werden sollte. Es ist gar kein Grund und kein Recht dafür ersichtlich, sich auf diese Schriftstelle als Beispiel dafür zu stützen, daß Schwestern öffentlich in Versammlungen beten sollten, denn daß letzteres geschah oder geschehen sollte, ist dort nicht gesagt.

Ebensowenig kann aus 1. Tim. 2,9.10 der Anspruch begründet werden, daß Schwestern öffentlich beten sollten. Das „Desgleichen auch“ (Elberf. Übers.) oder „Desselbigen gleichen“ (Luth.) sagt nicht, daß auch die Weiber „an jedem Orte beten“ sollen, wie es in V. 8 den Männern gesagt wird zu tun, sondern bedeutet: So wie ich will, daß die Männer an jedem Orte beten, usw., so will ich gleicherweise, daß die Weiber in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sich schmücken usw.

Dagegen verdient die Weisung in 1. Kor. 14,34.35, daß die Weiber in den Versammlungen schweigen sollen, sehr ernste Erwägung! Es ist dort nicht vom Beten gesprochen, sondern vom „Reden“, und darin ist selbstverständlich ein

Unterschied, aber das, was der Apostel sagt, läßt erkennen, daß es sich nicht nur darum handelt, daß die Weiber nicht einen Vortrag halten oder sich nicht in die Besprechung mischen sollten in den Versammlungen, sondern daß sie überhaupt schweigen sollten, ihre Stimme überhaupt nicht gehört werden sollte in den Versammlungen! Denn sie sollten sogar, wenn sie etwas zu fragen hatten, um zu lernen, dieses Fragen nicht in der Versammlung tun, sondern sollten „daheim ihre eigenen Männer fragen“, und es wird nochmals hervorgehoben: „denn es ist schändlich für ein Weib, in der Versammlung zu reden“. Sie soll schweigen - ihre Stimme soll nicht gehört werden in der Versammlung! Wenn nun eine Schwester in der Versammlung öffentlich betet, ist das zwar kein bloßes „Reden“, aber sie verstößt dennoch gegen dieses Wort hier, denn sie schweigt nicht - ihre Stimme wird gehört in der Versammlung; und das sollte nicht geschehen!

Wir können es verstehen, wenn Schwestern bei den Danksagungen beim Mahle des HErrn und in Gebetsstunden das Verlangen in sich empfinden, auch laut auszusprechen, was ihr Herz erfüllt und bewegt, und wir wissen, daß Gott unumschränkt ist und auch eine Schwester gebrauchen kann, wozu Er irgend will, durch Seinen Geist, wie wir auch im Alten Testament solche Ausnahmen finden, wie z. B. die Debora in Richter 4. Aber wir sehen bei diesen alttestamentlichen Beispielen auch immer einen erschreckenden Tiefstand des Volkes Gottes damit verbunden. Wenn kein Mann da ist zu dem, was dem Manne zukommt, dann kann Gott auch eine Ausnahme machen und an Stelle eines Mannes ein Weib dazu gebrauchen; aber wie traurig und beschämend ist

solches! Und so sehen wir auch jetzt ein Zeichen geistlichen Tiefstandes darin, wenn der Geist Gottes Schwestern dazu benutzen muß, ihre Stimme in einer Versammlung hören zu lassen, um das auszusprechen, was Er vorgebracht haben will, anstatt daß Er Brüder dazu benutzen kann. Aber es kann auch so sein, daß nicht der Geist Gottes die Schwestern dazu treibt, sondern ihr eigener Geist! Das zeigt, daß solche Schwestern nicht geistlich sind, denn wenn eine Schwester die ihr von Gott gegebene Stellung kennt und versteht und wahrhaft geistlich ist, wird sie sich scheuen, ohne wirkliche Not aus der ihr zukommenden Stellung der Verborgenheit in die Öffentlichkeit hervorzutreten, sondern wird vielmehr das, was ihr Herz bewegt, in ihrem Geiste Gott darbringen und das öffentliche Beten den Brüdern überlassen. Die Brüder aber andererseits sollten sich ihres Vorrechts und ihrer VerAntwortlichkeit bewußt und immer in dem Zustande sein, daß der Geist Gottes sie zur Verherrlichung Gottes gebrauchen kann.

Th. K.

Antwort B

In der Schrift finden wir klare Anweisungen auch betreffs des Betens. In 1. Kor. 11,2-16 werden wir belehrt über die Weise, wie es sich für uns schickt, vor Gott zu erscheinen, wenn wir im Gebet mit Ihm reden: Der Mann soll mit unbedecktem Haupte beten, das Weib mit bedecktem Haupte. Wenn Gott uns erlaubt, mit Ihm zu reden, so hat Er auch zu bestimmen, wie unsere Haltung vor Ihm sein soll.

In dieser Stelle (1. Kor. 11,2-16) wird sowohl vom Beten

und Weissagen des Mannes als auch des Weibes geredet. Kein Verweis, kein Ton der Mißbilligung wird dem Weibe über ihr Beten oder Weissagen ausgedrückt. Wo aber auch immer das Weib beten und weissagen mag, an einem Platze will Gott, daß sie schweigen soll, und das ist in Seiner Gemeinde: „Eure Weiber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt, zu reden, sondern unterwürfig zu sein, wie auch das Gesetz sagt ... es ist schändlich für ein Weib, in der Versammlung zu reden“ (1. Kor. 14,34.35).

Gott gibt uns, wie schon gesagt, in 1. Kor. 11,2-16 Anweisung, wie die Engel uns sehen sollen, wenn wir zu Ihm beten. Vom 17. Verse dieses Kapitels bis zum Schluß des 14. Kapitels empfangen wir Belehrungen über das Zusammenkommen der Gemeinde, und hier sagt der HErr: „Eure Weiber laßt schweigen usw.“ Er, der uns erlaubt, mit Ihm zu reden, Er allein hat auch das Recht, zu bestimmen, wie, wo und wann wir mit Ihm reden sollen; und Er bestimmt (die Schrift sagt uns mit Nachdruck, daß dies ein Gebot des HErrn ist), daß das Weib in dem öffentlichen Gemeinde-Zusammenkommen schweigen soll, ganz gleich, ob dieses Reden ein Reden über das Wort oder ein Reden mit Gott oder auch ein Lobpreis ist.

Eine Schwester, die dieses in der versammelten Gemeinde tut, macht sich zum Führer und zum Mund der Gemeinde, die zu ihren Worten das „Amen“ sagen soll. Einen Platz der Führerschaft hat Gott dem Weibe in der Gemeinde nicht gegeben. Gott ist in Seiner Gemeinde gegenwärtig, und Er will das Weib nicht als Führerin und Sprecherin Seiner Gemeinde haben. Übernimmt eine Schwester die Führerschaft, indem sie der Mund der Versammlung wird,

die das Amen zu ihren Worten sagen soll, so verletzt sie die Ordnung Gottes, die Gott von der Schöpfung an festgelegt hat und die auch das Gesetz sagt. Sagt die Gemeinde kein Amen zu ihrem Gebet, so hat sie inmitten der versammelten Gemeinde als eine Einzelne für sich allein mit Gott geredet und ihren Platz in der versammelten Gemeinde mißbraucht.

Von der Schöpfung an stellte Gott den Mann in den Vordergrund, dem Weibe gab Er den Platz des Untertanseins dem Manne. Zuerst schuf Er Adam, alsdann brachte Er das Weib zum Manne. Sie wurde seiner Liebe und Sorge übergeben. Das Evangelium hat diese Schöpfungsordnung Gottes nicht aufgehoben, sondern vielmehr vom höheren Gesichtspunkte aus bestätigt, indem wir in dem Manne und dem Weibe das Bild von Christus und Seiner Gemeinde sehen. (Eph. 5,22-33.)

Diese Ordnung Gottes, in der Schöpfung niedergelegt, hat die Sünde verdorben. Die Gemeinde aber, die ihrem Haupte unterworfen ist, soll die Stätte sein, wo alle Seine Gedanken wieder sichtbar werden. In der Gemeinde soll das Weib vor den Blicken der Engel den ihr von Gott gegebenen Platz in Unterworfensein einnehmen. Ihr Verhalten soll das Bild von Christus und der Gemeinde zeigen. Sie wird belehrt, aber sie lehrt nicht. Sie verharrt in Abhängigkeit, aber sie führt nicht. Ihr Verhalten zeigt das Verhalten der Gemeinde Christo gegenüber. Ihre Abhängigkeit ist das Bild der Abhängigkeit der Gemeinde von Christo, die Seine Liebe in Tätigkeit setzt, Sich Selbst für sie hinzugeben, sie zu nähren und zu pflegen. (Eph. 5,24-29.) Es ist deshalb nicht schwer zu verstehen, wenn die Schrift sagt: „Es ist schändlich für ein Weib, in der

Versammlung zu reden“, ganz gleich, worin dieses Reden besteht.

Manche, die den tieferen Sinn dieses „Wortes des HErrn“, das dem Weibe Schweigen auferlegt, nicht erfaßt haben, suchen es zu umgehen, indem sie auf Grund anderer Stellen der Schrift meinen, Gegenteiliges tun zu können, als ob man ein klares Gebot des HErrn durch andere Schriftstellen auflösen könne. Man sagt z. B.: „Es steht geschrieben: Da ist weder Mann noch Weib.“ Aber wo? Die Schrift sagt: „In Christo Jesu!“ Sicher: vor Gott in Christo ist weder Mann noch Weib, aber in der Gemeinde, solange wir auf Erden sind, ist Jude und Grieche, Sklave und Freier, ist Mann und Weib. Oder man sagt, wenn das Weib in der Gemeinde schweigen soll, so darf es auch nicht singen. Es gehört nicht viel Schriftkenntnis dazu, um zu sehen, daß das Schweigen des Weibes in dieser Schriftstelle im Gegensatz zum Reden, Beten usw. in der Versammlung geboten ist. 24mal finden wir das Wort „reden“ in diesem 14. Kapitel und immer in der Bedeutung des Gedankenausdrückens einer einzelnen Person in der Gemeinde, und zwar berührt der Apostel in diesem Kapitel nicht bloß das Weissagen, sondern auch das öffentliche Beten und Danksagen vor versammelter Gemeinde, wozu die versammelten das Amen sprechen. Dieses aber hat gar keine Beziehung zu dem gemeinsamen Lobgesang der Gemeinde. Dieser Vorwand ist so gesucht, daß er selbst von denen, die ihn vorbringen, selten ernst gemeint ist, denn der gemeinsame Lobgesang, den alle zusammen und miteinander Gott gemeinsam darbringen, hat gar keinen Zusammenhang mit dem Reden, Beten und der Danksagung des einzelnen, zu welchem die Gemeinde Amen sagt.

Wenn uns Paulus sagt, daß diese Anordnung ein Gebot des HErrn ist, dann sollten wir es nicht leicht nehmen (V. 37). Der HErr sagt: „Wer Meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der Mich liebt“ (Joh. 14,21-24). In dem ersten Timotheusbrief finden wir die gleichen Belehrungen mit fast noch größerer Bestimmtheit ausgesprochen. In diesem Briefe werden wir speziell über unser Verhalten in der Gemeinde, dem Hause Gottes, unterwiesen (1. Tim. 3,15), und da wird zu den Männern gesagt: „Ich will nun, daß die Männer an jedem Orte beten, indem sie heilige Hände aufheben ohne Zorn und zweifelnde Überlegung.“ Und zu den Weibern wird unter anderem gesagt: „Ein Weib lerne in der Stille in aller Unterwürfigkeit. Ich erlaube aber dem Weibe nicht, zu lehren, noch über den Mann zu herrschen, sondern stille zu sein“ (1. Tim. 2,8ff.). In einigen wenigen Übersetzungen finden wir zwar den Vers: „Ebenso will ich, daß die Frauen beten in züchtiger Kleidung“; aber dieses ist Hinzufügung. In dem Grundtext stehen solche Worte nicht, sondern nur das verbindende Wort „desgleichen“ oder „ebenso“ oder „gleichermaßen“, ohne die Hinzufügung: „will ich, daß die Frauen beten“. Nach meiner Meinung verbindet sich das Wort „desgleichen“ mit „ich will nun“ im 8. Verse, aber nicht mit dem, was Paulus den Männern im 8. Verse sagt, daß sie an jedem Orte beten und heilige Hände aufheben sollen usw. Wenn „desgleichen“ sich auf das bezieht, was Paulus zuvor den Männern gesagt hat, wohin würde man kommen, wenn man in anderen Stellen dieses Briefes und des Titusbriefes das Wort „desgleichen“ in dem gleichen Sinne anwenden würde. Dann würde sich alles, was Paulus über die Ältesten sagte, sich „desgleichen“ auch auf die Diener beziehen (1. Tim. 3,8), und weiter auf die

Weiber (1. Tim. 3,11), und ebenso im Titusbrief, Kap. 2, würde das, was Paulus den alten Männern sagt, „desgleichen“ auch den alten Frauen gelten (V. 3) und dieses „desgleichen'' wieder den Jünglingen (V. 6)!!

Wenn nun Paulus will, daß die Männer an jedem Orte beten, welchen Sinn hätte es, dieses den Männern zu sagen, wenn er will, daß die Weiber dasselbe tun sollen? Hier kann kein Zweifel sein, daß das, was er hier den Männern sagt, er ihnen im Gegensatz zu den Weibern sagt. Wenn es ganz gleich wäre, wer da betet, ob Mann oder Weib, wenn alle ohne Unterschied an jedem Orte, wo die Gemeinde zusammenkommt, öffentlich beten sollen, warum denn soll hier gesagt sein: „Ich will nun, daß die Männer an jedem Orte beten“? Liegt es hier nicht klar ausgesprochen, daß das öffentliche Gebet das kennzeichnende Vorrecht ist, welches den Männern und nicht den Weibern gehört?

Und welche Übereinstimmung finden wir mit dem in 1. Kor. 14 Ausgesprochenen, daß die Weiber in der Gemeinde in dem Schmuck der Sittsamkeit und durch gute Werke gekennzeichnet in der Stille, in aller Unterwürfigkeit in der Gemeinde lernen sollen! Die Schrift sagt uns auch den Grund, warum es so sein soll. Nicht als ob das Weib dem Manne gegenüber geringwertiger sei. Darin ist kein Unterschied; sondern Gottes Weisheit ordnete es so, daß das Weib eine andere Herrlichkeit tragen und offenbaren soll als der Mann. Dieses wird uns, wie schon zuvor gesagt, in der Schöpfungsordnung gezeigt. Als das Weib ihren von Gott angewiesenen Platz in Unterwürfigkeit verließ, wurde sie betrogen, und dieses führte Paulus auch als Grund an, daß ein Weib nicht lehren noch herrschen,

sondern stille sein soll.

Das Bild der göttlichen Ordnung sollte immer vor unserem Auge stehen, auch in dieser letzten Zeit, wo in Gottes Gemeinde Spaltungen und Zerrissenheit eingedrungen sind. Wenn das Normale und Ursprüngliche nicht vor unserem Auge steht, so sind wir in Gefahr, das Abnormale zum ReguIären zu machen. So finden wir heute Kreise, die nur aus Schwestern bestehen, aber Gottes Haus in der Schrift ist ein Platz, wo Brüder und Schwestern gesehen werden und wo die Männer und die Weiber ihre bestimmten Aufgaben haben. In der Mitte einer solchen Schwestern-Versammlung (die die Schrift nicht kennt) kann natürlich die Ordnung des Hauses Gottes nicht zum Ausdruck kommen. Wenn solche Schwestern auf dem Grunde der Gemeinde Gottes zusammenkommen, d. h. wenn sie nicht in Eigenwilligkeit sich versammeln, so haben auch sie die Verheißung der Gegenwart des HErrn, denn Er hat nicht gesagt: „Wo zwei oder drei Brüder versammelt sind“, sondern: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte“ (Matth. 18,20).

Dann finden wir Gemeinden, die aus nur einigen wenigen Brüdern und vielen Schwestern bestehen. Eine solche Versammlung trägt oft (nicht immer) schon nach außen den Stempel der Schwachheit. An eine solche Versammlung hätte Paulus kaum einen Brief adressieren können: „Allen Heiligen in Christo Jesu ..., mit den Aufsehern und Dienern“. (Phil. 1,1.) Bei einer so kleinen Brüderzahl kann es sein, daß die Männer, die an jedem Orte beten sollen, durch das Herauskommen aus dem Getriebe der Welt oder auch durch Untreue „nicht heilige

Hände ohne Zorn und zweifelnde Verlegungen“ aufzuheben vermögen, und der Heilige Geist, der nur heilige Gefäße gebrauchen kann, kann ihren Mund nicht öffnen, der Mund der Versammlung zu sein. Der Heilige Geist wird nie den Mund eines Bruders öffnen nur deshalb, weil er männlich ist, sondern nur, wenn er heilige Hände emporzuheben vermag.

In solchen Fällen wird die Stimme des Gebetes in dem Hause Gottes (welches ein Gebetshaus ist) doch nicht verstummen; da vermag der Heilige Geist wohl den Mund von Schwestern, „die sich zur Gottesfurcht bekennen“, zu gebrauchen. Wir sehen dieses an Beispielen des Alten Testamentes; aber immer wird dieses unnormal sein und der Gebetsversammlung einen unnatürlichen Charakter geben. Solche Fälle sollten immer den Charakter der Ausnahme bewahren und können nur ohne Beschämung der Brüder und der Versammlung eine gewisse Rechtfertigung finden in der geringen Anzahl der Brüder.

Im allgemeinen ist es ein großer Unterschied, ob Schwestern bekannt sind als solche, die ständig öffentlich beten, oder ob Schwestern nur gelegentlich beten. Schwestern, die in jeder Gebetsversammlung glauben, beten zu müssen, zeigen nur, daß sie die Aufgabe, die Gott den Schwestern in Seiner Gemeinde zugeteilt hat, noch nicht verstanden haben. Solche verwischen das Un natürliche und Ab normale ihres Tuns und geben ihm das Gepräge des Normalen. Und dieses ist eine große Gefahr! Ein solches ständiges Beten der Schwestern stumpft das geistliche Empfinden für die Ordnung des Hauses Gottes ab; das Gefühl geht dafür verloren, und man empfindet es bald nicht mehr, daß solches nicht mit dem Worte des

HErrn im Einklang ist. Man fängt bald an, es als klein und geringfügig anzusehen, und schließlich sieht man auch darin nichts Schriftwidriges mehr. Das Abirren von der Wahrheit vergleicht die Schrift mit dem Krebs, der das gesunde Leben zerstört, und mit dem Sauerteig, der alles, wohin er kommt, sicher durchsäuert. Wenn der HErr uns Licht über die Ordnung Seines Hauses gegeben hat, laßt uns wandeln in dem Lichte und die göttlichen Grenzsteine innehalten, damit nicht das Licht von uns genommen werde und wir nicht die Zartheit des Gewissens für das, was nicht nach der Schrift ist, verlieren!

Das Alte Testament zeigt uns, daß Gott unter gewissen Umständen Seine dem Volke Gottes gegebene Ordnung Selbst durchbrach. Wenn Gott vereinzelt das Weib an dem Platze des Mannes gebrauchte, so war dieses eine Beschämung für den Mann und ein Zeugnis für den Tiefstand und für die Untreue des Volkes Gottes. Als die Debora durch den Unglauben Baraks in den Vordergrund trat und zur Führerin des Volkes wurde, trug sie in ihrer Seele das tiefe Bewußtsein, daß Gott sie zu etwas gebrauchte, wozu Gatt die Männer gebrauchen wollte. Sie wußte und sprach es aus, wenn Gott das, was der Mann tun sollte, durch die Hand eines Weibes tun würde, dem Manne die Ehre genommen werde (Richt. 4,9). Schwestern, die ihren Mund zum öffentlichen Gebet in der versammelten Gemeinde Gottes öffnen, sollten wie die Debora ein tiefes Bewußtsein davon in ihrer Seele haben, daß ihr Gebet entweder ein Zeugnis des unnormalen Verhältnisses der Versammlung (in der geringen Anzahl der Männer) oder der Ungeistlichkeit der Männer ist, denn sie treten in die Ehre ein, die Gott dem Mann als Vorrecht gegeben hat.

Wie nahe muß eine Schwester dem HErrn sein und unter der Leitung des Heiligen Geistes stehen, wenn sie als der Mund der Versammlung vor Gott tritt! Wenn eine Schwester unter normalen Verhältnissen in der versammelten Gemeinde betet, so müßte nach meinem Empfinden die ganze Gemeinde wie elektrisiert werden, daß der Heilige Geist jetzt die Ordnung Seines Hauses durchbricht und einen Mund gebraucht, den Er zu dieser Aufgabe nicht bestimmt hat. Die ganze Gemeinde wird mit einer ganz besonderen Aufmerksamkeit auf das achten, was die Schwester als Mund der Versammlung dem HErrn zu sagen hat, und sie wird beurteilen können, ob das Verhalten der Schwester vom Heiligen Geiste oder vom Fleische war, Und wenn der Heilige Geist sie gebraucht hat, dann werden die Männer in Demut zu ihrem Gebet „Amen“ sagen und sich in Beschämung über ihre Gleichgültigkeit oder ihre Untreue beugen, und ebenso wird die versammelte Gemeinde darüber zur Beschämung gebracht werden, daß keine heiligen Hände bei den Männern vorhanden waren, die vom Heiligen Geiste zu dem Vorrecht gebraucht werden konnten, an jedem Orte, wo die Gemeinde zusammenkommt, zu beten.

Nicht minder wichtig aber ist es auch für die Männer, daß sie nicht gleichgültig leichthin, weil sie Männer sind, ihren Mund öffnen, sondern acht auf sich selbst haben, damit sie gereinigte, geheiligte Gefäße, nützlich zu Seinem Gebrauche, sein mögen.

v. d. K.

Anmerkung des Schriftleiters (vom Fragenteil)

Zunächst sei verwiesen auf die mit dieser Frage verwandte Frage über die Bedeckung der Frauen, Jahrbuch l, Seite 147, und über das Beten derselben, Jahrbuch II, Seite 210.

Wie schön ist die innere Übereinstimmung obiger zwei Antworten. Aber es kann ja auch eigentlich nicht anders sein, denn wer wirklich dem Worte Gottes unterwürfig sein will, wer sich nicht bestimmen lassen will durch Menschenmeinung, religiöse Tradition (Überlieferung) oder durch Eigenwilligkeit des oft so fromm tuenden, dabei so selbstgefälligen Fleisches, der muß zu obigem Ergebnis an Hand der Schrift kommen. Darüber sind sich auch nicht nur viele treue, allein das Wort anerkennende Brüder, sondern auch viele, viele teure Schwestern vollkommen klar. Solche Schwestern haben eben die Belehrung des Geistes, wie die Heilige Schrift sie uns bietet, verstanden, die dem Weibe eine andere Herrlichkeit (!) als dem Manne zuschreibt, und sie wünschen nicht die göttliche Ordnung zu verkehren und die Herrlichkeit des Mannes sich anzueignen, welche, da es nicht die ihre ist (nach Gottes Willen!), ihnen auch vor Seinem Angesicht nie Ehre einbringen kann, sondern vielmehr Schande (1. Kor. 14,35), es sei denn, daß der Heilige Geist Sich ihrer bedienen muß, da kein Mann die ihm zukommende Würde vertritt, also wie oben gezeigt in beiden Antworten: in unnormalen Fällen!

Es gibt aber auch viele Schwestern und auch nicht wenige Männer, die gern geneigt sind, das Unnormale zum Normalen zu machen - Gott aber geht da nicht mit, Er bricht nie Sein Wort zugunsten menschlicher, armseliger Meinungen! -, und zwar, weil sie sich einbilden, es gingen

Segnungen verloren, wenn den Schwestern verwehrt würde, ihre Gebetsgegenstände in Versammlungen öffentlich vor Gott kundwerden zu lassen. Solche Gläubigen haben über das Wesen von Gebetsversammlungen oft ganz irrige Vorstellungen. Haben wir da etwa die Aufgabe, aus uns selbst heraus die Gebetsgegenstände zu erfinden oder unsere, d. h. uns wichtig erscheinende Dinge, vor Gott laut werden zu lassen? Ist es nicht vielmehr so, daß Gott uns zu Mitarbeitern Seines Werkes macht und uns darum die Gegenstände aufs Herz legt, die wir Ihm bringen sollen in „Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung“ (1. Tim. 2,1), von der Anbetung ganz zu schweigen, die, wenn Er sie nicht gewirkt hat, durchaus wertlos ist?! Wenn dem aber so ist, ist es dann nicht klar, daß Gott nur denen Seine Gegenstände aufs Herz legt, die Er bestimmt hat, der Mund der Versammlung zu sein: Männer mit „heiligen Händen“ (1. Tim. 2,8)?! So ist es normal, und wie oben gesagt in Antwort B, es ist eine Beschämung für die Männer, wenn sie - streng genommen nach dem Wort - kein göttliches Recht zum Beten haben! Daher ist manchmal so wenig „Gebetsgeist“ in Versammlungen der Gemeinde, daher kommt's auch, daß in manchen Versammlungen immer die gleichen Brüder beten und manchmal sehr wenig in lebendiger Frische und Freimütigkeit. - Was sollen da nun die „gottesfürchtigen Weiber“ tun? Die Ordnung Gottes durchbrechen und einfach selber öffentlich beten? Das hieße einen unnormalen Zustand (den der Männer) durch einen anderen ablösen oder gar heilen wollen! Es kann sein, daß Gott in dem Falle, wenn Er keinen Mann gebrauchen kann, ein Weib gebraucht, aber das Weib, das von Ihm

gebraucht wird, ist kein solches, das sowieso gern öffentlich reden und beten möchte - ist kein solches, das fleischlich ist und auch sonst nicht gern untertänig (wovon manchmal das Fehlen „der Macht auf dem Haupte um der Engel willen“, 1. Kor. 11,10, em Beweis ist!) - ist kein solches, das daheim nicht gern „in der Stille lernt“ - ist kein solches, das gern bei allen Gelegenheiten und Ungelegenheiten eine öffentliche Rolle spielt usw., sondern es ist ein Weib, dem die Bezeichnung „ein heiliges Weib“ nach 1. Petr. 3,5 zukommt, ein für Gott wie Sara (V. 6) abgesondertes Weib, das sich nicht drängt, etwas zu tun, was Gott nicht geboten hat, das aber bereit ist, für Ihn da zu sein. Ein solches Weib betet vielleicht nach wochenlangem Kampf daheim einmal in einer Gebetsstunde, und ihr Beten übt eine so heilsame Wirkung auf die Männer aus, daß diese auf lange Zeit hinaus nicht mehr den Mut haben, mit unheiligen Händen, mit Zorn usw. in der Gemeinde Gottes zu erscheinen!! Schwestern aber, die das Unnormale zum Normalen stempeln wollen, sind mitschuldig an dem Dauertiefstand der Gemeinde!

„Ja, aber ich hatte etwas so Wichtiges auf dem Herzen, und da kein Bruder es vorbrachte und wir Schwestern es nicht sollen, so blieb es ungesagt“. Liebe Schwester, sprichst du so? Bitte, laß dich fragen: Hört Gott nur das laute Gebet? Und wenn Er auch das leise hört, warum hast du diese Sache, wenn sie von Ihm war, Ihm nicht in der Stille gebracht? Und wenn du meinst, es wäre doch besser, wenn alle mitbeteten nach Matth. 18,19, so ist das wohl gut, aber nicht in jedem Falle notwendig, und außerdem ist das „Einswerden“ nach dieser Stelle doch wohl nur dann wirklich vorhanden, wenn man sich vor dem Gebet über die betreffende Sache unterredet hat, nicht aber schon

nur durch das Aussprechen von einer Seite, besonders nicht von einer solchen, die nach Gottes Willen nicht diese Aufgabe hat. Ist die Sache aber wirklich so wichtig, dann bitte nachher einen oder zwei, mit dir irgendwo außerhalb der Gemeinde diese Sache noch gemeinsam Gott darzubringen, und bei nächster Gelegenheit sage vorher einem Bruder davon, damit der Punkt zum gemeinsamen Gebet vorgebracht wird. Vielleicht aber war der Punkt gar nicht vom HErrn, sondern er entstand in dir selbst, und dann braucht er nicht genannt zu werden, sein Nennen ist sonst eher ein Hindernis!

Das Wort Gottes, das zwar das öffentliche Beten der Frauen nicht wörtlich verbietet, aber dem geistlichen Sinn deutlich genug den Willen Gottes vermittelt (vergl. obige Antworten über 1. Kor. 14,34-38!), bringt uns natürlich im Neuen Testament auch kein öffentliches Gebet der Frau in der Gemeinde Gottes, denn solche Stellen, die von gemeinsamem Erheben der Stimme reden (Apgesch. 4,24), können schon deswegen nicht dazu mißbraucht werden, das öffentliche Einzelgebet der Schwestern zu rechtfertigen, weil es eben eine gemeinsame Handlung war (ähnlich wie das Singen). Dann aber: wenn hierbei die Schwestern wirklich laut mitgebetet haben (also nicht nur einmütig, eines Sinnes, vergl. 1,14), dann müssen sie auch alle gleichzeitig die gleichen Worte laut mitgesprochen haben (wie es bei einem gemeinsam gesungenen Psalm oder Lied naturgemäß war und ist, da jeder es kennt oder mitliest); ich glaube, wir täten der Schrift Gewalt an, wenn wir behaupten wollten, dies sei geschehen!

Genug! Die ganze Frage ist leicht für geistlich gerichtete

Gläubige zu beAntworten, aber schwer für solche, die ihre ihnen zukommende Stellung nicht verstehen wollen. Die VerAntwortung beider Geschlechter in der Gemeinde ist groß, und wenn jedes so vor Gott stünde, wie es sich nach dem Worte geziemt, dann würde jedermann glückselig sein in der ihm obliegenden Stellung, und keiner würde nach dem trachten, was Gott ihm nicht zuerkannt hat. Wie glückselig macht einen der Gedanke, das tun zu dürfen, was der HErr wünscht; da zu sein, wo Er uns sehen will; zu reden oder zu schweigen, je nachdem, wie es Ihm lieb ist, und Ihm so zu dienen, wie es Seinem Herzen teuer ist! Was wollen wir mehr?! Wir sind um einen kostbaren Preis erkauft (1. Kor. 6,20) - etwa um „unser selbst“ (V. 19) zu sein?, nein, auf daß wir Dem dienen, „der uns zu Seiner ewigen Herrlichkeit berufen hat“ (1. Petr. 5,10). Möchte jeder und jede so dienen, wie der HErr einem jeden zugeteilt hat! Möchten die Gemeinden auch mehr Nutzen haben von einem echten Phoebe-Dienst (Röm. 16,1f.) - solcher und ähnlicher Dienst ist Schwesterndienst, Frauendienst - aber nicht das öffentliche Beten in der Gemeinde! Ob wohl Paulus der Phoebe und anderen Schwestern sein hohes Lob hätte zollen dürfen, wenn sie gegen die Ordnungen Gottes verstoßen hätten?!

Der HErr gebe uns allen Licht, zu handeln nach Seinem Wort und Willen! „Laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen in Frömmigkeit und Furcht!“ (Hebr. 12,28.)

F. K.

„... denn von dem Meinen wird Er nehmen ...!“

Joh. 16,14.

In Joh. 14,16ff. kündigt der Herr Jesus den Seinen das Kommen des Geistes der Wahrheit an, und am Schluß von Kap. 15 offenbart Er ihnen, daß jener von Ihm zeugen werde. In Kap. 16 aber erweitert der HErr Seine kostbaren Mitteilungen, indem Er Seine Jünger über die Tätigkeit des Sachwalters (des Trösters, des Fürsprechers) belehrt. Und zwar sagt Er uns zunächst etwas über das Wirken des Geistes in der Welt und dann über das unter ihnen, denen Er jetzt noch nicht alles mitteilen könne, da sie nicht imstande seien, es zu tragen.

Nun ist es wichtig zu sehen, daß alle Tätigkeit des Heiligen Geistes, des Geistes der Wahrheit, sich konzentriert, ihren Mittelpunkt hat in Christo Jesu Selbst. Er, der Geist, die dritte göttliche Person, wesenseins mit dem Vater und dem Sohne, Er hat hier auf der Erde, sobald Er gekommen sein wird, kein wichtigeres Ziel, keine höhere Aufgabe, als von Christo Jesu zu zeugen (15,26), oder noch deutlicher gesagt: „Ihn zu verherrlichen“, ja, „von dem Meinen wird Er nehmen“. Und wie wird Er's tun? Genau wie der Sohn alles vom Vater nahm, nichts tat von Sich selber, also ohne den Vater nichts sagte, außer was Er vom Vater hörte (vgl. z. B. Joh. 5,19ff.; 12,49 u. a.), so wird auch der Geist nicht von Sich Selber aus, sondern nur reden, was Er hören wird, Er wird nehmen vom Sohne, was Sein ist - und was ist Sein? was der Vater hat! Welche köstliche „Drei-Einheit“! Die Wesenseinheit, das Einssein der drei Personen in Gott, ist in dieser Stelle (V. 12-15) klar bezeugt und für jeden, der geistliches Verständnis hat, deutlich zu sehen! -

Das also ist des Geistes Tätigkeit: „von dem Meinen wird Er nehmen“. Dies Wort ist aber eingeleitet durch das Wörtchen „denn“; also dieser Satz enthält die Begründung des Vorhergehenden. Mit anderen Worten: weil der Geist der Wahrheit alles, was Er uns verkündet, von dem nimmt, was des Herrn Jesus ist, deswegen verherrlicht Er den Sohn, oder: die Verherrlichung Jesu Christi durch den Geist zeigt sich darin, daß dieser nur von dem Seinen (was Christi ist) nimmt. Das ist eine herrliche Tatsache, die uns gläubigen Lesern natürlich vollauf bekannt ist, die uns aber in der Praxis nie zu wichtig werden, nie zu viel von uns gewürdigt und geschätzt werden kann.

Alles, aber auch alles, was der Geist Gottes verkündigt, hängt mit dem, was den HErrn betrifft, zusammen. Das ist uns in dem, was Seine Tätigkeit in der Welt anbelangt, mit wenigen knapp und klar umrissenen Worten mitgeteilt (16,8-11) in dem, was die Seinen angeht, in einigen alles umfassenden, ewigkeitsweiten Ausdrücken wie „die ganze Wahrheit“ und „das Kommende“. Was die Welt anbelangt, so liegt Ihm daran, sie davon zu überführen, daß der Unglaube Jesu Christo gegenüber die größte, ja, die Sünde ist - daß Sein Hingang zum Vater der göttliche Erweis der Gerechtigkeit ist (d. h. Seiner, Christi Rechtfertigung vor der Welt, vgl. u. a. Apg. 2,36; 3,15; 5,30) - daß das am Kreuz vollzogene Gericht die Besiegelung des Gerichts über den Fürsten der Welt, den Satan ist. Diese dreifache Überführungstätigkeit des Geistes hat also unmittelbar und mittelbar mit Christo zu tun, und wer sich überführen läßt, findet in Ihm seinen Heiland und Erretter, der ihn für immer aus dem

Machtbereich Satans befreit und ihn zum Teilhaber ewiger Herrlichkeit macht. -

Was die Seinen anbetrifft, so sind die Ausdrücke absichtlich unbestimmt, besser: unbegrenzt gehalten. Weil den Seinen ja erst nach und nach die volle Wahrheit Seiner herrlichen Person durch den Geist erschlossen werden kann und weil die Zukunft - von dem Tage der Herniederkommens des Geistes am Pfingsttage an bis, ja - bis in die Ewigkeiten der Ewigkeiten hinein - sich überhaupt nicht in Worte fassen läßt. „Das Kommende“ sowohl wie die jeweils „gegenwärtige Wahrheit“ (vgl. 2. Petr. 1,12) - alles besteht in Ihm, in dem „die Fülle“ ist, „der alles in allem erfüllet“ (vgl. Eph. 1,23 und Kol. 2,9.10) und zu dessen Fülle wir hingelangen sollen, „zu dem Maße des vollen Wuchses der Fülle des Christus“ (Eph. 4,13). Ja wahrlich, alles, was uns der Geist mitzuteilen hatte und was Er uns mitgeteilt hat in den neutestamentlichen Schriften, hat Ihn, den Herrn Jesus Christus, bald Ihn als den Sohn Gottes, bald Ihn als den „Menschen Christus Jesus“, „den Mittler“ (1. Tim. 2,5), das Haupt Seines Leibes (Eph. 5,23; 4,15; Kol. 2,19), das Haupt eines neuen Menschengeschlechtes (Röm. 5), „das Haupt jedes Mannes“ (1. Kor. 11,3), „das Haupt über alles“ (Eph. 2,22) oder „Ihn, den Sohn über Sein Haus“ (Hebr. 3,6), Ihn, den Sohn, das Haupt über jede Gewalt (Kol. 2,10), Gott von Ewigkeit (Hebr. 1,8; Tit. 2,13), Ihn, den Baumeister Seines Tempels, den Herrn Seines Hauses (1. Tim.), das Vorbild für die Seinen, den großen Hirten, den Erzhirten usw. usw. - alles, was der Geist mitteilte, hat bald diesen, bald jenen Zag der Herrlichkeit des Sohnes zum Inhalt, und erst die ganze Offenbarung des geistgehauchten Wortes Gottes gibt uns das Gesamtbild dessen, den wir anschauen

dürfen, um durch den Geist Sein moralisches Wesen hienieden zu tragen (2. Kor. 3,18).

„... denn von dem Meinen wird Er nehmen ...“ Prüfen wir die Dinge, die wir hören, die uns verkündet werden, ob sie mit dem Seinen: mit Seinem Wesen, mit Seiner Vortrefflichkeit, Seiner Natur, Seiner Niedrigkeit, Seiner Schmach, Seinen Leiden, Seiner Herrlichkeit, Seiner Schönheit, Seiner Macht, Seiner Demut, Seiner Sanftmut, Seiner Geduld, Seiner Gnade, Seiner Treue, Seiner Wahrheit usw. usw. zusammenklingen, zusammenpassen, oder ob da ein Riß ist, ein Auseinanderklaffen, ein Widerspruch gegen das, was das Wort uns über Ihn sagt. Was Ihn nicht preist, ist nicht vom Geist! Wo Er nicht der Mittelpunkt, da mag Menschengeist oder Satansgeist den Menschen zum Mittelpunkt machen - und wie sehr strebt der Mensch danach! -, aber da wirkt nicht der Geist Gottes. Jede Lehre, die sich nicht auf Ihn zurückführen läßt, die nicht stimmt mit Ihm und dem Worte über Ihn, die nicht „die Lehre des Christus“ (2. Joh. V. 9) ist, haben wir ohne weiteres abzulehnen. Es ist uns nach Seinem Worte „denn von dem Meinen wird Er nehmen“ und „alles, was der Vater hat, ist Mein“ nicht schwer, zu erkennen, was vom Geist ist und was vom Fleisch oder von unten ist. Der Feind kann nicht Christum verherrlichen, und das Fleisch kann's auch nicht. Das Fleisch macht stets etwas aus dem Menschen, und der Feind verkleinert Christum und macht Fragezeichen hinter Seiner alleinigen Herrlichkeit, Macht, Wahrheit, Liebe, Heiligkeit usw.

Der Geist spricht im Worte Gottes aber doch auch viel von uns, den Gläubigen? Ja natürlich, denn wir gehören doch zu dem Seinen! Wer Christi Geist hat, ist doch Sein Eigen

(vgl. Röm. 8,9), und Sein Geist spricht deshalb so viel von uns, weil Er wünscht, daß wir auch praktisch so seien, wie Er ist in der Welt (vgl. 1. Joh. 4,17). Wir haben ja „durch den Geist das Leben“ - „das Leben aber ist Christus“! -, folglich sollen wir auch „durch den Geist wandeln“ (Gal. 5,25), und wie? „in Neuheit des Lebens“, und zwar weil Christus auch auferstanden ist! (Röm. 6,4). Der Geist spricht nie von uns Gläubigen um unsertwillen, sondern um Seinetwillen; was wir sind, sind wir „in Christo“, sonst sind wir im Fleische und können nichts für Gott sein, brächten und bringen dann vielmehr eine Frucht, deren wir uns schämen müssen (vgl. Röm. 6). Der Geist nimmt's von dem Seinen - herrlich! Wir sind die Seinen, weil wir des Vaters sind und der Vater uns dem Sohne gegeben hat (Joh. 17), wie wir auch durch den Sohn zum Vater gekommen sind, und darum redet Er, der Geist, von uns!

Und nicht nur von uns einzelnen, sondern auch von uns in der Gesamtheit, von Seinem Leibe, Seiner Gemeinde! Wie viele Abschnitte der Schrift handeln davon, mit welcher Liebe verbreitet sich der Geist der Wahrheit über diese Dinge! Aber wenn's nicht „Seine Gemeinde“ (Matth. 16) wäre, „die Gemeinde Gottes“ (1. Kor. 1,2), die Gemeinde als „Leib Christi,“ als „Sein Haus“, „der Tempel Seines Geistes“ usw., dann hätte der Geist uns nichts darüber zu offenbaren! Er gibt nicht armen Menschen das Recht, von „ihrer Gemeinde“ zu reden - nur „Seine Gemeinde“ ruft des Geistes Bewunderung und Beschreibung hervor.

Und so redet Er auch von unserem Versammeltwerden zu Ihm hin, wenn Er uns zu Sich entrückt bei Seiner Ankunft (2. Thess. 2,1 und 1. Thess. 4,13-18), weil das für Ihn selber, für den Herrn Jesus, der Augenblick höchster

Freude ist, weshalb auch der Geist in den sehnsüchtigen Ruf der Braut (der Gemeinde Jesu Christi) einstimmt: „Komm, Herr Jesus!“ (Offb. 22,17a). Aber wenn der HErr noch verzieht, so ist auch unser Tod ein Entschlafen in Christo. Und unsere Leiden hienieden werden uns von dem Geist gezeichnet und verklärt durch den Blick auf Jesum, oder sie werden in Vergleich gesetzt zu zukünftiger Herrlichkeit bei Ihm, und so wird alles, was von uns gesagt wird, in irgendwelche Beziehung zu Ihm gebracht. Und darum müssen wir sagen: alles und jedes, was der Geist uns verkündigt, steht in Verbindung so oder so mit Ihm, dem Urheber des Lebens und Herrn der Herrlichkeit.

Und darum kann es für uns auch keine neuen Offenbarungen geben als wie die, die das Wort für uns enthält, da Sein Wort in die fernste Ewigkeit hinausreicht und alle Offenbarungen des Wortes bis in diese Ewigkeit verknüpft sind mit dem „Namen, der über alle Namen ist“ (Phil. 2,9-11). Wenn daher jemand auftritt mit dem Anspruch, etwas über die Heilige Schrift Hinausgehendes uns als Wahrheit anzubieten, so erkennen wir sofort einen solchen als Lügner oder Irrlehrer, „der weitergeht und nicht bleibt in der Lehre des Christus“ (2. Joh. V. 9), und verwerfen Ihn und Seine Lehre. Dieser Punkt ist unsagbar wichtig, und zwar heute mehr denn je! -

Ich komme zum Schluß!

Wieviel wird heute geredet: „mehr Geist, mehr Geist!“ Ja, möchten wir alle mehr erfüllt sein mit dem Geiste Christi - „werdet mit dem Geist erfüllt!“ Eph. 5,18 -, möchten wir treuer wandeln im Geist (Gal. 5,16 u. 25), daß „die Frucht des Geistes“ mehr in uns gestaltet werde (Gal. 5,22), möchten wir uns einzeln und gesamt mehr erweisen als

Tempel des Heiligen Geistes (1. Kor. 6,19 und 3,19) usw. - aber wer da meint, daß wir mehr eines „Geistes“ benötigten, der sich von dem einfachen klaren Worte Gottes lösen dürfte, der bewegt sich nicht auf dem Boden der Wahrheit, und der vergißt, daß Christus „das Wort“ ist (Joh. 1,1ff.) und daß Sein Wort unbedingt mit Ihm zusammenstimmt - das aber ist das Wort, welches heilige Männer Gottes, getrieben vom Heiligen Geist, geredet und geschrieben haben. (2. Tim. 3,16; 2. Petr. 1,21; 1. Kor. 2.)

Sein Wort ist der Ausdruck des Geistes Christi, und dieser, der Sohn, ist „der Abdruck des Wesens Gottes“ (Hebr. 1,3)! In Seinem Worte haben wir Ihn Selbst, wie Er verherrlicht ist vom Geiste, der von dem Seinen genommen und uns verkündet hat. Was brauchen wir mehr?! Was gäbe es Herrlicheres?!

Sein Name allein sei ewig gepriesen!

F. K.

Jakob habe Ich geliebt, Esau aber gehaßt.

(Römer 9,13.)

(Schluß.)

Wir haben in den vergangenen Tagen etwas von der Gewalttätigkeit der regierenden Männer in Rußland gehört. Man nehme an, da wäre ein Mensch, der seine Mitmenschen so wie dieser Pharao unterdrückte, würde man es unrecht finden und es beklagen, wenn ein solcher von einer rechtmäßigen Regierung hingerichtet würde? Gott ist der Regent dieser Erde, und Gott ließ diesen Mann

noch stehen, um in seinem Widerstand und Untergang jeden Menschen in der Welt

ein Warnungsbeispiel

zu geben, sein Herz nicht gegen Gott zu verhärten. Das war der Zweck, warum Gott ihn noch eine Zeit lang unter dem Gericht der Verhärtung leben ließ und Seine Macht an ihm offenbarte.

Gott erreichte Sein Ziel. Das Wort bestätigt es uns, daß die Völker die warnende Stimme Gottes in dem Gericht und Untergang des mächtigen Pharao vernahmen. Israel sang: „Es hörten's die Völker, sie bebten; Angst ergriff die Bewohner Philistäas“. (2. Mos. 15,14.)

Wir wissen nicht, wie viele die Warnung Gottes zu ihrem Heile benutzt haben, aber eine arme Hure hatte Gottes Stimme gehört und bekannte: „Wir haben gehöht, daß Gott die Wasser des Schilfmeeres vor euch ausgetrocknet hat, als ihr aus Ägypten zoget ...“ (Jos. 2,10.) Sie wußte, daß, wenn Gott Sich im Gericht offenbare, auch sie verloren sei, und sie klammerte sich an die Boten des Volkes Gottes, als diese als Kundschafter in ihr Haus kamen, und suchte Rettung bei dem Gott dieser Männer. Und ebenso taten es die Bewohner Gideons. Auch sie kamen zu Josua und sagten: „Wir haben den Ruf Jehovas gehört und alles, was Er getan hat in Ägypten“. (Jos. 9,9.)

So hat Gott an diesem Gewaltigen der Erde gezeigt, was es bedeutet, Seiner Stimme nicht zu gehorchen. Ist nun Pharao das einzige Beispiel des Gerichtes der Verhärtung? Ist das gleiche Gericht nicht auch über Israel gekommen? Jesaja warnte das Volk vor diesem Gericht der

Verhärtung, daß sie hören und nicht verstehen würden ... (Jes. 6,9.) Dann sprach der HErr dieses Gericht über das Volk aus, als Er in Gleichnissen zu ihnen redete. (Matth. 13,13.14; Joh. 12,37-43.) Und schließlich bestätigte der Heilige Geist es durch den Mund des Paulus. (Apg. 28,25-29.) Ist dies nicht auch das Gericht, welches über die christuslose Christenheit kommen wird? Wird nicht Gott auch denen, die die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden, eine wirksame Kraft des Irrtums senden, daß sie der Lüge glauben? (2. Thess. 2,10-12.)

Wie viele Pharaos sind in unseren Tagen, die sich wider Gott erheben und höhnend und trotzig fragen: „Wo ist der Gott, dessen Stimme ich gehorchen soll?“ Auch sie hören mehr auf die Stimme der Zauberer als auf Gottes Stimme, und die Güte und Langmut Gottes bewirken auch bei ihnen nicht Buße, sondern wie bei Pharao Verhärtung ihrer Herzen. Wie wahr ist doch, was Salomo sagt: „Weil das Urteil Gottes über die bösen Taten

nicht schnell vollzogen

wird, darum ist das Herz der Menschenkinder in ihnen voll, Böses zu tun; weil ein Sünder hundertmal Böses tut und doch seine Tage verlängert ... usw.“. (Pred. 8,11 usw.)

Ja, so ist es. Weil Gott in Seiner Langmut auf Buße wartet und Sein Gericht immer wieder hinausschiebt, ist die Wirkung Verhärtung statt Buße. Je größer die Gnade, um so größer die Sünde. Pharao verachtete den Reichtum Seiner Gnade, und die Folgen blieben nicht aus. Paulus wiederholt deshalb noch einmal mit Nachdruck, daß Gott

daß sich jede Seele hüten mag, Seinen Zorn herauszufordern. Er zeigt, welche Torheit es ist, wenn der gefallene Mensch mit dem allein weisen und allein guten Gott rechten will. Muß er nicht verschwinden vor dem Glanze Seiner Weisheit und Herrlichkeit? Sind wir nicht Geschöpfe Gottes, dem wir verAntwortlich sind, unterworfen zu sein?

Paulus fragt: „Wer bist du, o Mensch, der du das Wort nimmst wider Gott? Wird etwa das Geformte zu dem Former sagen: Warum hast du mich also gemacht? Oder hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen?“ Gott warnt, ehe Er richtet!

Möchten auch wir uns warnen lassen, daß, wenn Er in Gnade und Langmut uns trägt, wir nicht unser Herz verhärten und Seine Gnade auf Mutwillen ziehen. Die Sonne, die das Eis schmilzt, macht den Ton hart.

v. d. K.

Errettung.

(1. Petr. 1,8.9.)

Das kleine Wörtchen „jetzt“ in Vers 8: „Obgleich ihr Ihn jetzt nicht sehet“ wendet unseren Blick hin auf den herrlichen Tag, da wir Ihn sehen werden. Die Schrift sagt uns: „Seine Knechte werden Ihm dienen, und sie werden Sein Angesicht sehen“. (Offb. 22,3.) Freut sich unser Herz auf diesen Tag? Vermögen wir uns vorzustellen, wie es sein wird, wenn wir Sein Angesicht sehen werden?

Noch wandeln wir im Glauben an Den, den wir nicht sehen. In dem Leibe der Niedrigkeit pilgern wir durch eine gottfeindliche Welt, aber wir tragen bereits das Endziel des Glaubens,

die Errettung der Seele,

davon.

Bei der Betrachtung dieses Briefes müssen wir uns immer bewußt bleiben, daß der Apostel insonderheit zu den Gläubigen aus dem Judentum spricht. Die Errettung ihrer Seele stand im Gegensatz zu der leiblichen und zeitlichen Errettung Israels aus der Hand seiner Bedrücker. Bei den Israeliten war das Endziel ihres Glaubens-Gehorsams die leibliche Errettung aus dem Lande der Knechtschaft. Die weitere Geschichte aber lehrt uns, daß ihre Seele zu den Fleischtöpfen und Melonen Ägyptens zurückkehrte.

Bei uns, den Gläubiggewordenen an den Herrn Jesus, ist es umgekehrt. Das Evangelium verkündigt uns die Errettung, und unser Glaube bringt uns als erstes nicht (wie bei Israel) die Herausführung und Erlösung unseres Leibes aus der Welt Ägyptens, sondern die Errettung der Seele. Die Erlösung des Leibes empfangen wir bei der Wiederkunft des HErrn. Aber wir brauchen nicht bis dahin auf unsere Errettung zu warten. Vor der Erlösung des Leibes haben wir die Errettung unserer Seele. Dem Leibe nach sind wir noch in der Welt, wenn wir auch nicht mehr von der Welt sind. Unsere Errettung ist kein offenkundiges, in der Welt sichtbares Ereignis wie bei Israel. Eine äußere Veränderung unserer Umstände findet bei unserer Errettung nicht statt. Unsere Errettung beginnt

mit dem inneren Menschen. Das, was wir als das Ende unseres Glaubens jetzt davontragen, ist die Errettung unserer Seele. Unsere Seele wird gerettet und befreit von dem Gericht über unsere Sünden zur Erlangung der Seligkeit; aber nicht allein das, sondern sie wird auch errettet und befreit von der Macht, unter der sie durch den gefallenen Zustand des Menschen gefesselt lag. Sie wird befreit von der Todesfurcht und der Macht des Teufels, und wir sind versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe.

Manche beschränken ihre Errettung auf ein nur einmaliges Geschehen, als empfinge man die Errettung wie ein Geschenk, das man nur anzunehmen braucht und dann für immer besitzt. Hierin liegt die Erklärung für das Rückwärtsgehen so mancher Kinder Gottes. Solche sehen nicht, daß die Schrift in anderen Weisen von der Errettung redet.

Die Errettung ist mehr als nur ein einmaliges Werk Seiner Gnade. Wir bedürfen ihrer auch Tag für Tag, solange wir hienieden sind. Die Kinder Israel waren aus Ägypten von der Macht Pharaos errettet, aber sie bedurften

Errettung Tag für Tag

auf ihrem ganzen Wege durch die Wüste. Auch wir sind, solange wir in dem Leibe sind, von Gefahren und den Schlingen des Feindes umgeben. Satan kann den Acker, die Ochsen, kann Weib, Kind und Geschäft als Schlingen gebrauchen, uns zu fesseln. Wir bedürfen deshalb, solange wir hienieden sind, der ständigen und völligen Errettung von dem ganzen System dieser Welt.

Von dieser Seite der Errettung redet die Schrift an vielen Stellen. In Hebr. 7,25 lesen wir: „Daher vermag Er auch völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden“. Dies ist Errettung Tag für Tag durch den Dienst des Hohenpriesters. Der Gläubige trägt nicht nur das freudige Bewußtsein seiner Errettung in seinem Herzen, er weiß auch, daß er durch den hohenpriesterlichen Dienst des HErrn in dieser Errettung immerdar aufrecht erhalten werden muß, weil er noch in dem Gebiete der Sünde und Macht des Satans ist. Aber ein Thron der Gnade ist zu seiner Hilfe da, und er findet auf jedem Wege, in allen Lagen (nach Geist, Seele und Leib) Kraft, Trost und Rettung auf seiner Pilgerschaft durch diese Welt.

In dem letzten Verse von Hebr. 10 lesen wir: „Wir aber sind nicht von denen, die sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen, die da glauben zur Errettung der Seele“. Darauf folgt das 11. Kapitel, in welchem uns die Männer des Glaubens gezeigt werden, jene Helden des Glaubens, die dem eitlen Wesen, den toten Werken und den verweslichen und befleckten Dingen dieser Welt entflohen in den ewigen und himmlischen Dingen lebten.

Wie wenig denken wir an den liebenden Dienst des sich für uns verwendenden Hohenpriesters. Und wie oft gehen wir achtlos an dem Thron der Gnade vorüber und nehmen die uns errettende Hilfe nicht in Anspruch! Wir haben hier unten keine Ahnung davon, wieviel im Himmel unser gedacht wird und wie oft unser Name fürbittend von dem HErrn genannt wird.

Aber noch in anderer Weise spricht die Schrift von der Errettung. In 1. Thess. 1,10 wird uns gesagt, daß Jesus uns errettet von dem kommenden Zorn. Hier finden wir die Errettung mit der Entrückung verbunden. Diese Errettung findet bei der Ankunft des HErrn statt, wenn, ehe der Zorn Gottes über die Welt kommt, wir von der Erde dem HErrn in Wolken entgegengerückt werden in die Luft.

Ferner sahen wir schon im 5. Verse von 1. Petr. 1, daß dort von der Errettung gesprochen wurde als bereit, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden. Diese Offenbarwerdung unserer Errettung weist hin auf die Erscheinung unseres Herrn Jesus Christus, bei der auch wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit, und damit zugleich auch unsere Errettung. Unser gegenwärtiges Teil ist die Errettung der Seele. Noch gilt uns das Wort: „In Hoffnung sind wir errettet worden“. (Röm. 8,24.) Wir haben noch nicht die Erlösung unseres Leibes, wir erwarten sie, aber wir erwarten nicht die Errettung der Seele. Diese haben wir jetzt, und sie ist uns ein Angeld und Unterpfand auf die Vollendung der Errettung, wenn uns die Sohnschaft, die Erlösung des Leibes gebracht wird und wir in dem Leibe der Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit vor den Blicken des ganzen Universums offenbart werden.

Wir sehen also, von wie verschiedenen Gesichtspunkten die Schrift von unserer Errettung spricht. Die ganze Größe dessen, was das Wort „Errettung“ in sich schließt, vermögen wir hier unten nicht zu überschauen und zu würdigen. Ihre ganze Größe und Fülle wird erst in der letzten Zeit offenbar werden, wenn die Erlösung des

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Vgl. auch den Artikel „Jesus, der Retter“, S. 108-109!

Leibes zur Gleichförmigkeit mit dem Leibe Seiner Herrlichkeit unser seliges Teil geworden ist. So umfaßt unsere Errettung die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.1

1

Vgl. auch den Artikel „Jesus, der Retter“, S. 108-109!

v. d. K.

Hingabe in schwerer Zeit.

(1. Chron. 12,1-18.)

Dieser Schriftabschnitt führt uns zu den Tagen Davids zurück, als er verworfen und verachtet war. David ist ein Vorbild von Christus, und weil er ein Vorbild ist, wird Christus im Alten Testament wiederholt „David“ genannt. (Jer. 30,9; Hes. 37,24.25; Hos. 3,5.) Laßt uns deshalb, wenn wir jetzt von David reden, unsere Herzen auf Christus richten und Ihn in David anschauen.

David war der gesalbte König, aber verworfen und verachtet mußte er sich vor Saul, dem Sohne Kis, verborgen halten bis zu dem Tage, da Gott ihn zum König Seines Volkes machte. Der Thron in Israel, welcher ihm gehörte, wurde von dem Manne des eigenen Willens eingenommen.

Etliche Männer aber kamen zu David, um sich mit ihm zu verbinden und seine Verwerfung mit ihm zu teilen. Sie waren dem Herzen Gottes so teuer, daß Gott ihre Namen aufzeichnen ließ. Warum? Weil sie sich zu Seinem Gesalbten hielten. Nicht ohne Absicht fügt die Schrift ihrem Kommen zu David die Worte hinzu: „Als er sich noch vor Saul, dem Sohne Kis, verborgen hielt.“ Gott sah ihren Glaubensmut und ihr Herz, das für David schlug. Wie

hätten sie sonst ihren Stamm, ihre Familie und ihr Wohlergehen in dem Reiche Sauls aufgeben können, um ihr Los und Schicksal mit dem Lose Davids zu verbinden? Was konnte David ihnen bieten? Nichts als nur Leiden und Verachtung.

Hätte David schon als König geherrscht, so wäre kein Glaube nötig gewesen, sich mit ihm zu verbinden, und Tausende hätten sich gern an seine Seite gestellt; aber jetzt wurde er von Saul „wie ein Rebhuhn auf den Bergen“ gejagt. Welch ein Glaube war nötig, um in diesem Verworfenen den gesalbten König zu sehen, dem Thron und Reich gehörten! Diese Männer aber kannten Gottes Ratschluß über David. Sie besaßen das Zeugnis Samuels, der ihn zum König über Israel gesalbt und der auch das Gericht über Saul und sein Reich ausgesprochen hatte. Und so wie diese, so besitzen wir das Zeugnis des Heiligen Geistes über den großen Sohn Davids.

Diese Männer zögerten nicht, das Reich Sauls zu verlassen und ihr Los mit David zu verbinden. Sie vertauschten alle Aussichten der Gegenwart mit denen der fernen Zukunft. Welch ein Beispiel ist dies für uns! Jesus, der Sohn Davids und der Sohn Gottes, ist heute der Verworfene, der Sich, wie einst David vor dem Sohne Kis, im Himmel verborgen hält. Der Glaube aber erkennt in dem verworfenen und gekreuzigten Jesus den Gesalbten Gottes, dem das Reich gehört und der bald wiederkommt, um es in Macht und Herrlichkeit aufzurichten.

So wie jene Männer an Davids Seite traten, so treten auch heute noch Männer des Glaubens an die Seite des verworfenen HErrn. So tat es der sterbende Räuber am Kreuz. Als der HErr in Schwachheit gekreuzigt zwischen

den beiden Übeltätern hing, da bekannte er Ihn als den König und Erben des Reiches. In dieser Stunde Seiner größten Erniedrigung nahm dieser arme Schächer seinen Platz an der Seite des HErrn. Der Tag Seiner Verwerfung ist noch nicht beendet. Wie ist es mit uns? Kennen wir Ihn als den Gesalbten Gottes? Sehen wir Ihn bereits mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt? Stehen wir an Seiner Seite?

Die erste Gruppe, die sich um den verworfenen David scharte und die der Heilige Geist uns mit Namen nennt, ist die Gruppe der Brüder Sauls vom Stamme Benjamin.

Ist es nicht wunderbar, daß von den Brüdern Sauls etliche Gnade fanden, sich im Glauben David anzuschließen? Mußte es ihnen nicht viel näher liegen, das Haus Sauls, ihren Stamm Benjamin, ihr Haus und ihre Familie zu erhöhen, als sich zu David zu gesellen und ihn und sein Haus und seinen Stamm groß zu machen?

Hier empfinden wir etwas von den Hindernissen, die in der natürlichen Verwandtschaft und in den Blutsbanden liegen. Wie gern nimmt das menschliche Herz Rücksicht auf die, die zur Familie gehören. Diese aber verließen Saul und ihren Stamm und verbanden sich mit dem verachteten David. Meinst du, daß sie nicht überlegten, was dieser Schritt ihnen eintragen werde? Mußten sie sich nicht sagen, daß sie dadurch die Verachtung und den Haß ihrer Brüder und den Zorn des Königs über sich bringen würden? Und sagte der HErr uns nicht Selbst: „Des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein?“ Und „wer Vater und Mutter mehr liebt, ist Meiner nicht würdig; und wer Sohn und Tochter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig. Und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht würdig“?

(Matth. 10,37.38.)

Diesen Weg, den die Brüder Sauls gingen, kann nur der Glaube gehen. Ihr Glaubensauge sah den verworfenen David und den herrschenden Saul in dem Zukunftslichte der Gedanken Gottes. Dieser Glaubensblick machte sie fähig, die natürlichen Bande zu zerreißen und das eigene Haus zu verlassen. Sie sahen in David den Gesalbten Gottes und liebten ihn mehr als Vater und Mutter und Sohn und Tochter. Und wenn der HErr uns größer ist als Vater und Mutter und mehr ist als alle, die unserem Herzen teuer sind, dann nehmen auch wir das Kreuz auf uns und folgen Ihm nach.

Nachdem uns die Namen der „Brüder Sauls von Benjamin“ aufgezählt sind, nennt uns der Heilige Geist die Namen einer anderen Schar, die Schar der Gaditer. Von den Gaditern wissen wir, daß sie sich ihr Erbe mit dem Stamme Ruben und dem halben Stamme Manasse jenseits des Jordans erbaten und einnahmen. Gottes Vorsatz war, ihnen in dem Lande „voll Milch und Honig“ ein Besitztum zu geben; sie aber hielten für ihr Vieh das Land jenseils des Jordans für besser, und um ihres Viehes willen wählten sie dieses und nahmen das Erbe nach dem Vorsatz Gottes in dem verheißenen Lande nicht in Besitz.1

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Um ihrer Schweine willen gaben die ungläubigen Gadarener den HErrn auf (Mark. 5,17); und hier verzichteten zweieinhalb Stämme des Volkes Gottes auf die Besitzergreifung des verheißenen Landes.

Von diesem Stamme, der so hinter dem Vorsatz Gottes zurückblieb, der nicht über den Jordan ging, um dort ein Erbteil in Besitz zu nehmen, von diesem Stamme fanden etliche Gnade, über den Jordan zu gehen, nicht um ein Erbteil in Besitz zu nehmen, sondern um sich von ihren Stammesgenossen zu David abzusondern und die Beschwerden der „Bergfeste“ und der „Wüste“ mit ihm zu teilen. Es waren „tapfere Helden, Männer des Heeres zum

Kriege, mit Schild und Lanze gerüstet, deren Angesichter wie Löwenangesichter, und die den Gazellen auf den Bergen gleich waren an Schnelle“ (V. 8) - Männer, stark in dem HErrn und in der Kraft Seiner Stärke, gerüstet für den Kampf mit den Feinden des Gesalbten Gottes.

Es ist gewiß nicht von ungefähr, daß der Heilige Geist uns die Namen dieser beiden Scharen (der Brüder Sauls und der Gaditer) nennt. Um Davids willen nahmen die einen keine Rücksicht auf Verwandtschaft und die anderen keine Rücksicht auf ihr Vieh, ihr Geschäft, ihren Beruf. Sie gaben alles daran, um mit David verbunden zu sein. Bei jeder Schar finden wir die so bezeichnenden Worte: „Diese sind es, welche zu David kamen“ (V. 1), - „Diese sind es, welche über den Jordan gingen“. (V. 15.) Wie achtete Gott auf diese, die zu David kamen und die über den Jordan gingen! Wie teuer waren sie Seinem Herzen! Es ist so, als ob Gott mit diesem zweimaligen „diese sind es“ uns auf die Heldenschar hinweist, indem Er sie uns gleichsam vorstellt und uns sagt: „Diese sind es, die zu Meinem verworfenen und geschmähten Gesalbten gingen, und diese sind es, welche über den Jordan gingen, als er alle seine Ufer überflutete.“ Sind nicht heute noch solche auf Erden, von denen der Heilige Geist sagen kann: „Diese sind es ...“? Gehörst du dazu?

Sie kamen zu ihm nach Ziklag. Ziklag ist die Stadt, wo die Feinde David alles geraubt hatten. An diesem Platze gesellten sie sich zu ihm.

v. d. K.

(Forts. folgt.)

Eine gelinde Zunge.

„Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt, um zu wissen, wie ihr jedem einzelnen Antworten sollt.“ (Kol. 4,6.)

Von Demosthenes, dem berühmten, hinreißenden griechischen Redner, wird erzählt, daß er mit Kieselsteinen im Munde auf Bäume kletterte, um seine schwere Zunge geläufig und gewandt zu machen. Wir wollen jedoch nicht über eine gewandte, sondern über eine gelinde Zunge schreiben, was etwas ganz anderes ist.

Die Schrift spricht von einer Zunge, die gleich einem scharfen Schwerte ist. (Ps. 64,3.) Eine solche Zunge ist das Gegenteil von einer gelinden Zunge. Wieviel Unheil vermag eine scharfe und spitzige Zunge anzurichten! Wie kann sie Herzen wehe tun und verwunden! Vielleicht rühmt sich der unglückliche Besitzer einer solchen Zunge, daß er nur aus Treue zum HErrn und um Seiner Ehre willen von diesem unbändigen Gliede Gebrauch mache! - Von unserem HErrn aber steht geschrieben, als Er siegreich aus der Wüste in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurückkehrte und in der Synagoge zu Nazareth das Wort vorlas und auslegte, daß „alle Ihm Zeugnis gaben und sich über die Worte der Gnade verwunderten, die aus Seinem Munde hervorgingen“. (Luk. 4,22.) Und dazu bezeugt die Schrift: „Holdseligkeit ist ausgegossen über Deine Lippen.“ (Ps. 45,2.) Und die Braut rühmt von ihrem Geliebten: „Seine Lippen Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe ... Sein Gaumen (d. h. Seine Rede) ist lauter Süßigkeit.“ (Hohel. 5,13.16.)

Zwar wird die Stunde kommen, in welcher ein scharfes, zweischneidiges Schwert aus Seinem Munde gehen wird, „auf daß Er damit die Nationen schlage“. (Offb. 19,15); doch jetzt gießt Er Öl und Wein auf die eiternden Sündenwunden jeder reumütigen Seele, die sich zerschlagenen Herzens an Ihn wendet. Und wie versteht Er als einer, dem Jehova eine Zunge der Belehrten gegeben hat, den Müden durch ein Wort aufzurichten. (Jes. 50,4.)

Wie gut wäre es, wenn wir - Seine Nachfolger - uns Mühe geben würden, eine heilende und gelinde Zunge zu erlangen! Jakobus schreibt: „Die Zunge kann keiner der Menschen bändigen“, doch was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott. Eine gebändigte Zunge wendet den Zorn ab, denn „eine gelinde Zunge zerbricht Knochen“. (Spr. 25,15.) Haben wir nicht aber, ach, nur zu oft den Zorn im Herzen eines Bruders oder einer Schwester durch das kleine, sich großer Dinge rühmende Glied angefacht? Es ist, als ob etliche eine besondere Fähigkeit darin besäßen, den alten Menschen, das Fleisch in unseren Mitbrüdern zu erregen und dabei stolz darauf zu sein, wie sie sagen, nur die Wahrheit gesprochen zu haben. Mit rauher Hand berührt man irgend eine schmerzende geistliche Wunde, als ob das zur Heilung dienen würde, und doch weiß jeder verständige Mensch, daß man auf solche Weise eine Eiterbeule nur noch mehr entzündet. Und wie oft sind durch eine giftige oder nicht gelinde Zunge Herzen von Brüdern auf lange Zeit voneinander in Bitterkeit getrennt worden.

Von unserem HErrn singen wir:

„Du hast, von Gott zur Erd' gesandt,

nur Segen ausgeteilt,

Dein armes Volk mit linder Hand

getröstet und geheilt“.

(B. K.)

Zwei sehr lehrreiche Beispiele darüber haben wir in dem Buche der Richter, das erste von einer gelinden und das zweite von einer scharfen Zunge.

Gideon war nicht nur ein Glaubensheld, sondern er war ein weiser und verständiger Mann. Nach dem großen Siege über die Midianiter stieg Eifersucht in den Herzen der Ephraimiter aus; sie fühlten sich gekränkt und beleidigt, und das Wort berichtet, daß sie heftig mit Gideon zankten. (Richt. 8,1.) Wie gut war es doch, daß er sich nicht hinreißen ließ, eine mit Pfeffer gewürzte Antwort zu geben! Sanft und schön erwiderte er: „Was habe ich nun getan im Vergleich mit euch? Ist nicht die Nachlese Ephraims besser als die Weinlese Abiesers? usw.“ „Und was habe ich tun können im Vergleich mit euch? Da ließ der Zorn von ihm ab, als er dieses Wort redete.“ (Richt. 8,2.3.) Sicher wäre es zu einem verhängnisvollen Bruderkrieg gekommen, wenn er hitzig geAntwortet hätte. Das war eine Versuchung des Feindes, den Sieg über die Midianiter zu neutralisieren und zu verderben, aber es gelang ihm nicht; Gideon verhütete es durch seine gelinde Zunge.

Wie wahr ist das Wort des Weisen: „Eine gelinde Antwort

den Zorn“. (Spr. 15,1.) Ach, daß wir alle lernen möchten, unsere Zunge zu bändigen! Wieviel Unheil und Zerwürfnis hat der Feind unter den Gläubigen aller Zeiten anstiften können, indem er sich der scharten und spitzen Zungen der Gotteskinder bedient hat; und dann flüsterte er ihnen zu, daß die Ehre des HErrn und die Rechtfertigung der Wahrheit bissige Worte erheische und fordere.

Jephtha war auch ein tapferer Held, aber ihm fehlte die gelinde Zunge, die Gideon besaß. Nach seinem herrlichen Sieg über die Ammoniter versammelten sich wieder die vermeintlich zurückgesetzten Ephraimiter und drohten ihm, sein Haus über ihm mit Feuer zu verbrennen. (Richt. 12.) Wieder wollte der Feind, nämlich der Teufel, den Glaubenssieg annullieren oder aufheben, und diesmal gelang es ihm, denn Jephtha fiel es nicht ein, eine beschwichtigende Antwort zu geben. Wir spüren darin den barschen Klang: „Ich rief euch, aber ihr habt mich nicht aus ihrer Hand gerettet. Und als ich sah, daß du nicht helfen wolltest, da setzte ich mein Leben aufs Spiel“ usw. (Richt. 12,2.3.) Das war ja die Wahrheit, und die Ephraimiter verdienten den Vorwurf, doch es war nicht die Wahrheit in Liebe. (Eph. 4,15.) So kam es zu einem traurigen Brudermord, einem Bürgerkrieg. Kränkende Worte auf beiden Seiten brachten das zuwege. Das alles hätte so leicht mit einer gelinden Zunge vermieden werden können. Jephtha ging mit den Gileaditern noch weiter. Er stellte ein „Schibboleth“ auf und schlachtete alle Brüder, die nicht ein bestimmtes Wort so aussprechen konnten, wie sie es aussprachen. „Und es fielen in jener Zeit von Ephraim zweiundvierzigtausend.“ (Richt. 12,6.)

Ist das nicht alles äußerst lehrreich und zugleich auch eine

ernste Warnung für uns? Wäre es nicht unendlich besser gewesen, wenn Jephtha seine Gelindigkeit allen Menschen hätte kundwerden lassen? (Phil. 4,5.) Paulus ermahnte die Philipper, das zu tun, weil der HErr nahe ist. Sicher, der HErr ist nahe, Sein Kommen steht vor der Tür. Aber ist Er uns nicht auch immer nahe? Ist Er nicht immer bei uns nach Seiner eigenen Verheißung in Matth. 28,20? Und wenn wir uns Seines Naheseins bewußt sind, können wir dann anders als gelinde sein? Wollen wir nicht alle Starrköpfigkeit, alle kränkenden Worte einer scharfen Zunge meiden? Solche Dinge passen nicht in Seine heilige Gegenwart.

Wie innig und dringlich ist die Ermahnung: „Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt“. Salz ist ein Symbol der Wahrheit und durfte bei keinem Opfer im Alten Bunde fehlen: „Bei allen deinen Opfergaben sollst du Salz darbringen“. (3. Mos. 2,13; Mark. 9,49.) Wenn Brüder aber meinen, daß es ihre Pflicht sei, ihr Wort oder ihre Antwort mit Pfeffer oder Paprika zu würzen, so ist das ein gewaltiger Irrtum, und sie werden sicher früher oder später wie „Essig auf Natron“ eine große Explosion hervorrufen. Wohl entschuldigen sich einige fleischlich Gesinnte mit der ganz unangebrachten Ausrede, daß es ihre Natur und Veranlagung sei, jedem die Stirn zu bieten und geradeaus zu sagen, was sie denken!

Wie versuchte man, den HErrn zu verwunden und zu kränken, als Er am Kreuze in unsäglich körperlichen und geistlichen Schmerzen schmachtete: „Es reizen Ihn und schießen und es befehden Ihn die Bogenschützen, aber Sein Bogen bleibt fest“. (1. Mos. 49,23.) Er schoß nicht zurück. „Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht

drohte“ (1. Petr. 2,23), klagte wohl Seinem Vater und Gott: „Du, Du kennst Meinen Hohn und Meine Schmach und Meine Schande; vor Dir sind alle Meine Bedränger“ (Ps. 69,19); aber Er Selbst schleuderte keine berechtigten Bannflüche gegen Seine Bedränger. Könnte das stille Gotteslamm Sich hinreißen lassen, ein ungeziemendes Wort zu sprechen? Diese Frage bedarf keiner Antwort. Nach diesem Beispiel des HErrn dürfen wir uns fragen, ob je ein Bruder berechtigt sei, seinem Mitbruder in Christo eine kränkende Antwort zu geben, auch wenn es die Wahrheit wäre? Solche erregt nur Zorn und stiftet nur vermehrtes Unheil an, dessen konzentrische, umkreisende Wellen immer weiter schlagen bis an die Ufer der Ewigkeit. Lernen wir vielmehr, den Stein in der geballten Faust hinwegzutun, damit wir ihn nicht werfen und Unheil anstiften, welches wir vielleicht nie wieder gutmachen könnten.

„Die Worte des Mundes eines Weisen sind Anmut“ (Pred. 10,12), „Tod und Leben sind in der Gewalt der Zunge“. (Spr. 18,21.) Laßt uns immer Leben wählen, d. h. Lindigkeit der Zunge, die ja ein Baum des Lebens ist. (Spr. 15,4.) Unser HErr sagte: „Aus deinen Worten wirst du gerechtfertigt werden, und aus deinen Worten wirst du verdammt werden“. (Matth. 12,37.)

F. Btch.

Frage und Antwort

Frage 11

Wie ist die Unstimmigkeit Matth. 12,40 zu lösen? Der Herr war doch keine vollen drei Tage und drei Nächte in der Erde!

Antwort

Aus dem Zusammenhang, in dem wir den Ausspruch des HErrn in Matth. 12,40 finden, ersehen wir, daß der HErr mit dem „Zeichen Jonas', des Propheten“, Seinen Tod am Kreuze und Seine Auferstehung meint, und wenn wir Jona 2 lesen, sehen wir dieses im Bilde deutlich vor uns: Wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauche des großen Fisches war, in der tiefsten Finsternis, abgeschnitten vom Leben, so hing der HErr am Kreuze in den Stunden der Finsternis und lag Sein Leib dann im Grabe, und wie Jona von dem großen Fische - aus diesem Orte des Todes - an das Land ausgespien wurde und dadurch in das Leben zurückkehrte, so ist der HErr aus den Toten auferstanden.

Das ist leicht zu erkennen, aber schwieriger ist es mit den „drei Tagen und drei Nächten in dem Herzen der Erde“. Wir denken dabei an das Im-Grabe-gewesen-Sein des HErrn, stoßen aber hierbei auf die Schwierigkeit des Fragestellers, nämlich, daß es unmöglich ist, in der Zeit, während welcher der Leib des HErrn im Grabe lag, drei Tage und drei Nächte zu erblicken oder herauszurechnen, wie irgend man auch rechnen und es zu erklären versuchen mag. Der Leib des HErrn wurde am Abend vor dem Sabbat in das Grab gelegt (Matth. 27,57-60; Mark. 15,42-46; Luk. 23,54; Joh. 19,31.38-42) und hat offenbar den vollen Sabbat über im Grabe gelegen, aber am Morgen nach dem Sabbat, dem ersten Tage der Woche, war das Grab leer, weil der HErr auferstanden war (Mark. 16,1.2ff.; Luk. 23,56 - 24,1ff.; Joh. 20,1ff.). Es kommt demnach als Zeit, während welcher der Leib des HErrn im Grabe lag, nur in Frage der Schluß des Tages vor dem Sabbat, dann der Sabbat selbst und schließlich noch der Anfang des Tages nach dem Sabbat, also des ersten Wochentages; mehr auf keinen Fall. Das wären also, wenn man den Tag vor dem Sabbat und den Tag nach dem Sabbat als „Tag“ rechnen will - obwohl von beiden nur je ein geringer Bruchteil in Frage kommt und daher eine solche Berechnung nicht recht befriedigend ist -, wohl „drei Tage“, aber ganz ohne Zweifel nur zwei Nächte, nämlich die Nacht vom Tage vor dem Sabbat zum Sabbat und vom Sabbat zum ersten Tage der Woche, dem Auferstehungstage; keinesfalls also drei. Aber auch hinsichtlich der „Tage“ ist die Wirklichkeit anders, denn wenn als Zeitberechnung „Tage und Nächte“ angegeben sind, sind selbstverständlich mit „Tagen“ nicht 24-Stunden-Tage gemeint, sondern nur der von der Sonne erleuchtete Zeitraum (vgl. Joh. 11,9), im Gegensatz zu dem finsteren Zeitraum, der Nacht. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet sind es nur zwei „Tage“, denn der HErr war am ersten Wochentage bereits auferstanden, ehe der „Tag“ anbrach, wie uns Joh. 20,1 zeigt, wo uns berichtet wird, daß Maria Magdalena am ersten Wochentage früh, „als es noch finster war“, zur Gruft kam und sah, daß der Stein von der Gruft weggenommen war. Aber wie immer man auch rechnen mag, ist es unmöglich, in der Zeit von der Grablegung bis zur Auferstehung des HErrn „drei Tage und drei Nächte“ zu finden. Es bleibt daher nur der Schluß übrig, daß der HErr die drei Tage und drei Nächte nicht buchstablich, als Zeitangabe, sondern sinnbildlich gemeint hat, und wenn wir Jona 2 lesen, ist es nicht schwer, zu erkennen, daß es tatsächlich so ist. Und dabei wird uns zugleich klar, daß der HErr bei Seinen Worten in Matth. 12,40 nicht nur an Seinen Tod und das Grab dachte, sondern auch an die drei Stunden der Finsternis am Kreuze, in denen Er das Gericht für die Sünde und für unsere Sünden erduldete und von Gott verlassen war. Das sehen wir aus dem Gebet Jonas', das er aus dem Bauche des großen Fisches zu Jehova, seinem Gott, betete. Denn in diesem Gebete finden wir Ausdrücke gebraucht, die wir nur auf die drei Stunden der Finsternis am Kreuze beziehen können, unmöglich aber auf die Zeit vorher oder nachher; denn vorher war der HErr ununterbrochen in Gemeinschaft mit dem Vater (Joh. 8,29; 16,32), auch noch am Kreuze (Luk. 23,34), und nachher ebenso, denn Er ging vom Kreuze ins Paradies (Luk. 23,43.46). In den Stunden der Finsternis aber - und nur in diesen - durchlebte Er das, was wir bildlich in Jona 2 in dem Gebet Jonas' ausgedrückt finden: „Ich schrie aus dem Schoße des Scheols“ (V. 3b); „Denn Du hattest mich in die Tiefe, in das Herz der Meere geworfen, und der Strom umschloß mich; alle Deine Wogen und Deine Wellen fuhren über mich hin“ (V. 4); „Und ich sprach: Verstoßen bin ich aus Deinen Augen“ (V. 5a); „Die Wasser umfingen mich bis an die Seele, die Tiefe umschloß mich, das Meergras schlang sich um mein Haupt. Ich fuhr hinab zu den Gründen der Berge; der Erde Siegel waren hinter mir auf ewig“ (V. 6.7a.b). So finden wir in Jona im Bauche des großen Fisches in erster Linie den HErrn in den drei Stunden der Finsternis am Kreuze vorgebildet. Aber damit ist das Bild nicht erschöpft, weil der Mensch durch die Sünde auch dem leiblichen Tode verfallen ist und darum der HErr für die Seinen auch diesen erleiden mußte, Er mußte sterben und in das Grab gelegt werden. Auch das ist in das Bild von Jona im Bauche des großen Fisches mit eingeschlossen. Aber wie Jona nicht im Bauche des großen Fisches blieb, sondern an das Land ausgespien wurde, so ist auch der HErr nicht im Tode geblieben, sondern auferstanden.

Aus dem vorstehend Gesagten, und besonders aus der Betrachtung der drei Stunden der Finsternis in diesem Bilde, wird es uns klar geworden sein, welche sinnbildliche Bedeutung die „drei Tage und drei Nächte“ haben. „Drei“ ist die Zahl der göttlichen Vollkommenheit (und der Auferstehung! Anmerkung des Schriftl.) und darum zugleich der Ewigkeit. Die Leiden des Gerichts der Gottlosen werden ewig sein, wie Gottes Wort uns klar sagt (Matth. 25,41.46; 2. Thess. 1,8.9; Offenb. 14,10.11; 20,10.15; 21,8). Für die Erlösten hat der HErr diese Leiden erduldet. In dem Vorbild durch Jona faßte Gott dieses in die drei Tage und drei Nächte zusammen, die für Jona im Bauche des großen Fisches eine schreckliche Zeit tiefster Finsternis, des Verschlungenseins vom Tode, des Verlorenseins „auf ewig“ (2,7b) waren. Die stellvertretenden, sühnenden Leiden des HErrn am Kreuze waren zusammengefaßt in drei Stunden, in denen der HErr für die Seinen alles erlitt, was sonst sie hätten ewig erleiden müssen; und am dritten Tage ist Er auferstanden. Das ist der Sinn, in welchem der HErr die „drei Tage und drei Nachte“ von Jona auf Sich anwendet.

„Im Herzen der Erde“ würde materiell, örtlich, der Mittelpunkt der Erde, also der tiefste Punkt der Erde sein, In diesem Sinne sind diese Worte ebenfalls sinnbildlich zu verstehen. Der HErr ist in die tiefste Tiefe hinabgestiegen - „in die untersten Teile der Erde“ (Eph. 4,9) -, als Er für

uns im Gericht und im Tode war. Das haben wir schon in Jona 2,1.4.6.7 bildlich gesehen und können wir auch noch aus Ps. 63,9 und Hes. 31,14.16.18b; 32,18.24 verstehen lernen. Welch eine wunderbare Tatsache ist es doch, daß der HErr „drei Tage und drei Nächte im Herzen der Erde“ war! Und wir wissen: „Der hinabgestiegen ist, ist Derselbe, der auch hinaufgestiegen ist über alle Himmel, auf daß Er alles erfüllte“ (Eph. 4,10). Gepriesen sei Er!

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Es macht für diese überaus kostbare Antwort, für die dem HErrn zu danken wir alle Ursache haben, nichts aus, wenn ich der Vollständigkeit halber folgendes hinzufüge:

Auch diejenigen, welche diese sinnbildliche Bedeutung in bezug auf das Kreuz nicht zu erfassen vermögen, haben keinen Grund, in dem nicht mit den drei unvollständigen Tagen (zwischen Christi Tod und Auferstehung) buchstäblich stimmenden Ausdruck eine Schwierigkeit oder gar einen Widerspruch oder Fehler bei den Worten des HErrn zu sehen. Denn es war hebräischer Sprachgebrauch (wie es bisweilen auch deutscher ist!), angefangene Zeiten rund zu rechnen. Das läßt sich aus dem jüdischem Schrifttum leicht nachweisen, z. B. dem Talmud wie aus den Apokryphen (z. B. Tob. 3,12.13) - die für uns hier nur kulturgeschichtliches Interesse haben! Vor allem sind aber auch in der Schrift dafür Beweise vorhanden! Man lese z. B. Esth. 4,16 - 5,1; 2. Chron. 10,5-12 u. a. Was Paulus in 2. Kor. 11,25 sagt, deutet auf einen ähnlichen Sprachgebrauch im Griechischen hin, wo sagen: „einen Tag und eine Nacht''; er sagt eigentlich nur „nachttägig“! Auch die eigentümliche Stelle Matth. 27,63.64 zeigt uns ganz klar, daß den Juden in ihrem Sprachgebrauch „nach drei Tagen“ und „am dritten Tage“ gleichlaufende Begriffe waren und daß sie nicht etwa daran dachten, Pilatus solle für eine Zeit von dreimal 24 Stunden eine Wache bewilligen! In Mark. 8,31 sagt auch der HErr: „Nach drei Tagen!“ -

Aus allen diesen Stellen geht m. E. hervor, daß uns der Ausdruck in Matth. 12,40 auch dann keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten muß, wenn wir jene kostbare sinnbildliche Auffassung nicht kennen. Und Unbekehrten gegenüber, die diese Stelle als Waffe gegen die Schrift gebrauchen, können wir kaum von jener herrlichen Bedeutung sagen, wir können ihnen aber mit dieser Erklärung auf Grund des Sprachgebrauchs wohl „den Mund stopfen“. Für uns Gläubige aber ist diese sinnbildliche Bedeutung in Verbindung mit dem Gebet Jonas und den Leiden des HErrn am Kreuz usw. die richtigere, weil in der Tiefe der göttlichen Tatsachen liegende, und darum die wichtigere Erklärung der Stelle. Dem HErrn sei Dank für Sein wunderbares sich durch sich selber auslegendes göttliches Wort!

F. K.

Frage 12

Was meint der Herr Jesus, wenn Er sagt: „... auf daß Meine Freude in Euch sei.“ (Joh. 15,11 vergl. 17,13.)

Antwort A

Das Erfassen des Sinnes dieser Frage ist für das Herz eine köstliche Erfahrung, obgleich dieselbe nur Schritt für Schritt gemacht werden kann.

Die Freude, die im Johannesevangelium und in seinen Briefen erwähnt ist, kann als tiefste im Vollsinn des Wortes betrachtet werden. Sehr oft ist im Worte von „Freude“ die Rede. Der Anfang der wahrhaftigen Freude ist uns wohl in Jesu Geburt und deren Ankündigung gegeben (Luk. 2,10 u. a.). In den ersten drei Evangelien wird, soweit es sich um Menschen handelt, meist von Freude äußerer Art berichtet, z. B.: an Geschehnissen, Erfahrungen usf. Die Jünger des HErrn hatten gewiß manche kostbare Erfahrung gemacht, die ihr Herz erfüllte, aber trotz allem mußte ihnen gesagt werden, „... daß Meine Freude in euch sei und eure Freude völlig werde“. Die Einführung in das Verständnis dieser Worte blieb meines Erachtens dem Heiligen Geiste übrig, „... Er wird euch in die ganze Wahrheit führen“ (Joh. 16,13). Der HErr hatte sie aus der Knechtes- in die Freundesstellung gebracht. Durch Sein Sterben aber wurden sie Kinder Gottes - der Tempel des Heiligen Geistes - Glieder Seines Leibes - Seine himmlische Braut. Zu einer völligen Freude seitens der Jünger gehört andererseits ein vollbrachtes Werk. Wenn nun auch die Erkenntnis unserer vorrechtlichen Stellung viel Freude bereiten kann am inneren Menschen, so ist es doch das Wichtigere, Seine Freude zu verstehen und darin zu wandeln. Es sei ganz kurz einiges über die Kapiteleinteilung gesagt: Joh. 1-11 ist zur Welt gesprochen; Joh. 12-17 redet mehr zu Seinen Jüngern; Joh. 17 bildet eine besondere Lieblichkeit für sich. Der Sohn übergibt das vollbrachte Werk dem Vater. Auch

handelt und redet der HErr so, als wäre Er schon von dieser Welt durch Sein Sterben geschieden (17,11). Joh. 18-21 Leiden und Auferstehung.

Dem Herzen des HErrn lag viel daran, daß Seine Jünger in Seine Worte der Belehrung eingingen. Ja, daß sie ein Ahnen von dem kostbaren Verhältnis des Sohnes zum Vater bekämen. Wohl in keinem Evangelium wird die Innigkeit desselben so betont wie hier. Der Leser möge selbst nachforschen über die Stellen, wo der Sohn vom Vater und zum Vater redet. Nehmen wir uns Zeit, auch so zu handeln? Gerade Johannes hebt die Gemeinschaft mit Vater und Sohn hervor. Was bedeutet Gemeinschaft anderes im praktischen Sinne als dies: wie Johannes an Seiner Brust zu liegen! Das ist der göttliche Ort für einen jeden der Erlösten. Als zwölfjähriger Knabe spricht Er: „Muß ich nicht in dem sein, was Meines Vaters ist“, und an Seinem Ende: „Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist“. - Seine Speise war es, den Willen Dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte (Joh. 4,34). Das war der Inhalt Seines Lebens, Seine Freude.

Eine gewisse Freude war vorhanden bei den Jüngern durch die Annahme Seiner Person (17,7.8). Diese war in ihnen. Bisher waren sie die Begleiter des HErrn und als Seine Geliebten von Ihm äußerlich erquickt worden. Von nun an sollten sie auf eigene Füße gestellt werden. Darum die lieblichen Ermahnungen und Belehrungen in Joh. 13-16. Joh. 15, aus dem die Frage ist, hat als höchstes Ziel, „... viel Frucht bringen“. Er hat uns dem Vater als Frucht gebracht unter Hingabe Seines Lebens. Der HErr ist gleichsam in Joh. 17 am Ende Seines Wirkens. „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde ...“, „Ich habe Dein Werk

vollbracht“. Wir sehen also, wohin wir auch blicken mögen, ein „Aufgehen in den Gedanken des Vaters“.

Sind es nun besonders geistliche Geschwister, in denen Seine Freude ist? Nein! Jeder, der sich unter Sein ganzes Wort beugt, wird angenommen und drückt damit aus, „des HErrn Wege, als des Menschen, von Gott gesandt, waren notwendig um meinetwillen, damit ich zu Gott käme. Sie bilden jetzt meine Freude“. Das ist aber nur der Anfang. Der Wille Gottes ist es, daß wir auf dem Wege fortschreiten, den Er uns vorgezeichnet hat. Dieser führt ganz naturnotwendig zur völligen Freude. Hier gibt es kein verstandesmäßiges Erfassen, sondern ein fühl- und sichtbares Hineinwachsen. Wenn der HErr etwas vorstellt, so zeigt Er auch grundsätzlich den Weg (1. Petr. 2,21). Sein Wille ist, daß wir Seine Gebote halten. Die Kraft dazu liegt darin, daß wir „in Ihm bleiben“. Denn „ohne Ihn“ können wir nichts tun (Joh. 15,5). Die Wirksamkeit des Zeugnisses der Seinen liegt darin, daß sie „eins“ sind wie der Sohn mit dem Vater (Joh. 17,11.21.22.23). Dies im voraus sehend, ermahnt und gebietet Er in Joh. 15,12 und 15,17: „Liebet euch untereinander. Denn daran wird euch die Welt erkennen, daß ihr Meine Jünger seid“. Streuen wir untereinander Liebe aus!, o, wie ernst! Wer die Kinder Gottes als solche unterschiedslos liebt, hat einen großen Schritt vorwärts getan auf dem Wege zur völligen Freude. Denn um das auszuüben, muß Er das Herz füllen; muß Er bei uns den ersten Rang oder die erste Liebe besitzen. Traurig ist es, daß Satan dieses „Einssein“ zerissen hat. Aber Ihm sei Dank, Er kommt doch zum Ziele! Wir aber wollen es sehr ernst nehmen mit dem Wort: „Laßt uns die Einheit des Geistes bewahren in dem Bande des Friedens!“ (Eph. 4,1-3.)

W. Wst.

Anmerkung des Schriftleiters

Nur eins möchte ich betonen und unterstreichen! Wie auch aus dieser lieblichen Antwort hervorgeht, handelt es sich bei „Seiner Freude“ nicht so sehr um die Freude durch Ihn, auch nicht die an Ihm oder die in Ihm! Hierüber ist in anderen Stellen der Schrift viel gesagt, vgl. z. B. Phil. 4,4! Sondern der HErr meint die Freude, die Er Selber genießt und genoß mitten in der gleichsam äußeren Freudlosigkeit Seines beschwerlichen Leidensweges. Seine Speise wie Seine Freude und Kraft war der ständige ununterbrochene Umgang mit dem Vater, und diese Freude wünschte Er den Seinen damals und heute zuteil werden lassen zu können. Den Weg dazu ist Er Selber gegangen (vgl. z. B. Joh. 15,10 mit 11!), und auf diesem Wege wird auch uns der Genuß Seiner Freude zuteil, der Genuß und die Kraft dessen, worin Er zu einer Zeit, wo keine andere Freude Sein Teil war, Seine Freude hatte, die Sein Herz erfüllte.

Es gab für Ihn auch eine „vor Ihm liegende Freude“ (Hebr. 12,2) - wunderbar! -, und auch für uns gibt es eine vor uns liegende Freude (vgl. z. B. Röm. 8,18) - aber diese vor Ihm liegende Freude und die vor uns liegende Freude ist nicht ganz gleichbedeutend mit der Freude, die mitten in Zeiten äußerster Entbehrung ihre Kraft und Herrlichkeit erweist - und das war und tat Seine Freude! Diese Seine Freude entspricht Seinem Frieden von Joh. 14,27. Wie Er von einer ganz ureigenen Freude spricht, so auch von Seinem eigenen Frieden, den Er uns gibt. Beide - Seine Freude und Seinen Frieden - schmeckte Er persönlich, und

inmitten einer Zeit, die beides so besonders vermissen läßt. Wie wenige Gläubige doch genießen beides! Wer ist daran schuld? nur die Gläubigen selber sind daran schuld, wie uns ja schon in Antwort A gesagt ist - das Halten Seiner Gebote (Seines Wortes), das Eingehen auf Seine Gedanken, das praktische Einssein mit dem Vater und dem Sohne, das fehlt uns so leicht.

Möge die vorliegende Frage uns in dieser Hinsicht eine herzliche und ernste Mahnung sein, diese Seine kostbare Freude höher einzuschätzen und durch den Geist Christi uns in den ungetrübteren Genuß derselben einführen zu lassen - Ihm zur Herrlichkeit!

F. K.

Errettung.

(1. Petr. 1,8.9.)

(Schluß.)

Über diese Errettung suchten und forschten

die Propheten des Alten Bundes

nach. Sie wußten nichts von der Weite der Errettung und ihrer Entfaltung, die sie in den verschiedenen Zeitaltern finden sollten. Ihr Glaube wartete auf Jehovas Rettung für Sein Volk. Wir sehen dieses bei Jakob. Er ist der erste, der von Jehovas Rettung weissagte und auf sie harrte. Sterbend enthüllte er seinen Söhnen, was ihnen in den zukünftigen Tagen begegnen werde. (1. Mos. 49,1.) Als er den traurigen Lauf Dans schaute, rief er aus: „Auf Deine

Rettung harre ich, Jehova!“ (1. Mos. 49,18.) Mit welcher Sehnsucht die Gläubigen des Alten Bundes nach dieser Rettung ausschauten, das empfinden wir aus den Worten Davids: „O, daß aus Zion die Rettung Israels da wäre! Wenn Jehova die Gefangenschaft Seines Volkes wendet, soll Jakob frohlocken, Israel sich freuen.“ (Ps. 14,7; 53,6.)

Daß auch die Heiden Teilhaber der Errettung sein würden, war ihnen nicht fremd. Und ebenso wußten sie, daß das Heil von ihnen (den Juden) aus zu den Nationen kommen müsse. In Seiner Unterredung mit dem samaritischen Weibe weist auch der HErr darauf hin, als Er sagte: „Das Heil ist aus den Juden.“ (Joh. 4,22.) David drückt dieses in seiner Bitte aus: „Gott sei uns gnädig und segne uns, Er lasse Sein Angesicht leuchten über uns!“ Warum bittet David, daß Gott Israel gnädig sein und segnen solle? Die Antwort ist: „Daß man auf der Erde erkenne Deinen Weg, unter allen Nationen Deine Rettung!“ David wußte, daß wenn durch Israel die Nationen gesegnet werden sollten, es zuerst selbst gesegnet sein müsse. Und in der Gewißheit des Glaubens ruft er aus: „Es werden Dich preisen die Völker, o Gott; es werden Dich preisen die Völker alle! ... Gott, unser Gott, wird uns segnen. Gott wird uns segnen, und (als Folge) alle Enden der Erde werden Ihn fürchten.“ (Ps. 67.)

So bezeugten die Propheten, vom Heiligen Geiste getrieben, wie aus einem Munde die kommende Errettung durch den Messias. Mit glühender Begeisterung verkündigten sie eine Zeit der Gerechtigkeit und des Friedens unter der Herrschaft des Messias auf dieser Erde. Aber der Heilige Geist bezeugte ihnen nicht nur die Herrlichkeiten Christi, sondern Er zeugte auch von den

Leiden, die den Herrlichkeiten vorangehen sollten. Die Herrlichkeiten des Gesalbten Gottes erwarteten sie mit allen Heiligen des Alten Bundes in hoher Freude, aber die Leiden, die auf Ihn kommen sollten, waren ihnen ganz unverständlich. Darüber wurden auch die Jünger bestürzt, als der HErr ihnen immer wieder sagte, daß Er vieles leiden und verworfen werden müsse. (Luk. 17,25 u. a.) Das war dem Petrus so befremdend, daß er den HErrn beiseite nahm und Ihn über solche Gedanken strafte. (Matth. 16,21ff.; Mark. 8,31ff.) In den Leiden des Messias lagen

ihre Schwierigkeiten.

Sie konnten nicht verstehen, daß der Christus leiden und in die Herrlichkeit eingehen müsse. Hierüber öffnete der auferstandene HErr den Emmaus-Jüngem auf dem Wege die Schriften, denn hierin waren sie unverständig und trägen Herzens, zu glauben an alles, was die Propheten geredet hatten. Der Grund ihrer Traurigkeit war das Nichtverstehen der Schrift. Und dieses ist bei vielen Kindern Gottes auch heute noch der Fall. Würden nicht die Herzen vieler brennen, wenn sie sich von Ihm die Schriften öffnen ließen?

Wie gesagt, sie konnten es nicht fassen, daß für den „gerechten Knecht“ (Jes. 53,11), dem am allerwenigsten Leiden geziemte, Leiden ohnegleichen und über jedes menschlich erfaßbare Maß hinaus bestimmt sein sollten. Das war ihnen ein Rätsel. Sie schauten prophetisch aus der Ferne gleichsam die Höhenzüge der Herrlichkeiten Christi, aber das dazwischen liegende liefe Tal Seiner Erniedrigung, Verwerfung und der Leiden blieb ihren

Blicken verborgen, so wie auch wir aus der Ferne wohl die Bergesspitzen, aber nicht die dazwischenliegenden Täler sehen können. Sie alle erwarteten mit dem Kommen des Messias die Aufrichtung Seines Reiches in Herrlichkeit. Selbst die Jünger taten dieses noch nach Seiner Auferstehung. (Apg. 1,6.) Es war einem Juden eben undenkbar, daß Christus bei Seinem Kommen nicht Sein Reich aufrichten sollte. Daß der Christus von Seinem Volke verworfen, auferstehen, gen Himmel gehen und Sein Reich im Geheimnis aufrichten werde, einen solchen Gang der Geschichte ahnten sie nicht. Wir können deshalb verstehen, welche Schwierigkeiten ihnen Aussprüche machten, wie wir sie z. B. in Jes. 49,3-8; 50,4-9; 52,13-15 und Kap. 53 finden.

Der Heilige Geist sagt uns auch hier in dem 10. Verse unseres Kapitels, daß die Propheten über die von ihnen selbst niedergeschriebenen Weissagungen nachsannen und nachforschten. Wohl wurden die Propheten gewürdigt, das Zeugnis des Geistes Christi von den Leiden, die auf Christus kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zu empfangen und niederzuschreiben; damit aber

verstanden sie noch nicht,

was sie niederschrieben. Mit Fleiß sannen sie über die Gnade der Errettung nach und forschten, auf welche Zeit der Geist Christi hindeutete. Sie schauten ja voll Sehnsucht nach der Errettung ihres Volkes und dem Gericht ihrer Feinde aus, aber sie fanden in ihrem Forschen nicht die vollständige Lösung ihrer Weissagungen. Nur soviel wurde ihnen geoffenbart, daß Gottes Rettung auf Grund der Leiden Christi weit mehr

umfaßte als nur die Errettung, nach der sie ausschauten, und der Geist Christi nicht auf ihre Zeit, sondern auf andere Zeitalter hindeutete, so daß sie nicht für sich selbst, sondern für andere (für uns) die Dinge bedienten, die uns jetzt verkündigt worden sind durch die, welche uns das Evangelium gepredigt haben durch den vom Himmel gesandten Heiligen Geist, in welche Dinge Engel hineinzuschauen begehren. (Vers 12.)

Wie hoch sind wir den Propheten gegenüber begnadigt! Das, was diesen verborgen war, wird uns verkündigt. Mit welchem Eifer forschten sie über die Leiden und die Herrlichkeiten Christi nach! Und ach, wie wenig begehren wir oft diese Dinge der Leiden und Herrlichkeiten Christi anzuschauen! Wie nachlässig und ohne Verlangen stehen unsere Herzen den Tiefen Seiner Leiden und Herrlichkeiten gegenüber!

Als die Propheten von den Leiden und den Herrlichkeiten Christi redeten, waren beide noch nicht vollendet. Sie konnten von den Leiden nur reden als von solchen, die auf Christum kommen sollten. Diese Leiden sind nun vorüber.

Wir stehen heute zwischen den vollendeten Leiden und den kommenden Herrlichkeiten. Obgleich wir zurückblickend die Leiden in ihrer Vollendung anschauen können, so vermögen wir doch nicht die Tiefen Seiner Leiden zu erfassen, die Er sowohl von der Hand der Menschen, um Seines Gehorsams willen, als auch von der Hand Gottes litt, um unserer Sünden willen. Wenn nun bei dem geringen Licht die alttestamentlichen Heiligen über Christi Leiden und Herrlichkeiten forschten, mit wieviel größerem Fleiße sollten wir es tun!

Gott will, wir sollen die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind. (1. Kor. 2,12.) Er sendet den Heiligen Geist vom Himmel herab. Durch Ihn werden uns nun die Dinge verkündigt durch die, welche uns das Evangelium gepredigt haben. Gott tut alles, sie uns bekannt zu machen. Und der Mensch geht kalt und herzlos daran vorüber. Er zeigt kein Interesse dafür. Und wie viele Kinder Gottes sind in unseren Tagen der Welt gleich geworden! Gott bemüht Sich, daß Seine Kinder die Segnungen, die Er ihnen geschenkt hat, nicht bloß besitzen, sondern auch genießen. Aber fortgerissen von dem Zeitgeist, umgeben von der Luft des Todes, schlafen sie inmitten der Toten und finden keinen Reiz und kein Interesse mehr an den Dingen, in die Engel begehren hineinzuschauen. Wenn es dahin mit uns gekommen ist, dann ist es traurig um uns bestellt. Dann gilt uns das Wort: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten.“ (Eph. 5,14.)

Die Engel begehren hineinzuschauen

in die Wunder der Gnade, die Gott nicht der Engel-, sondern der Menschenwelt erwiesen hat und noch Tag für Tag erweist. Wir lesen nicht, „sie begehrten“, sondern sie „begehren“ hineinzuschauen. Ihr Hineinschauen in die Offenbarungen der Gnade Gottes hat schon begonnen und dauert ununterbrochen an. So sollte es auch bei uns sein.

Die Engel, diese mächtigen, heiligen Wesen und Boten Gottes, sind nicht allwissend. Auch sie sind auf die Mitteilungen und Offenbarungen Gottes angewiesen und lernen Seine Weisheit in dem Anschauen Seiner Werke

Schöpfung oder in Seinem Walten mit den Menschen (Sintflut, Israel usw.) lernen mögen, so ist das doch nicht alles.

Die gar mannigfaltige Weisheit Gottes soll ihnen kund getan werden durch die Gemeinde Gottes, und zwar nich erst, wenn die Gemeinde verherrlicht ist, sondern jetzt schon, während sie auf der Erde ist. „Auf daß jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in den himmlischen Örtern durch die Gemeinde kundgetan werde die gar mannigfaltige Weisheit Gottes.“ (Eph. 3,10.) Die Gemeinde ist (wie jemand gesagt hat) gleichsam

das Lesebuch der Engel,

worin sie Gottes mannigfaltige Weisheit lesen sollen. Durch uns (wie sie uns sehen) sollen ihnen Gottes Gedanken und Weisheit kundgetan werden. (1. Kor. 11,10; 1. Kor. 4,9.) Die Dinge der Weisheit und Liebe Gottes auf dieser Erde sind nicht nur für uns, sondern auch für die Bewohner anderer Welten Gegenstände der Bewunderung. Unsere Erde ist nicht ein Körper, der von der übrigen Schöpfung isoliert ist. Das, was hier geschehen ist und geschieht, berührt und interessiert auch die Engelwelt.

„Die Morgensterne jubelten miteinander, und alle Söhne Gottes jauchzten“, als Gott die Erde gründete. (Hiob 38,4-7.) Die Engelwelt sah das wunderbare Schöpfungswerk Gottes, den Menschen, den Gott in Seinem Bilde und nach Seinem Gleichnis geschaffen hatte. Was hatte Gott vor? Was war Gottes Plan? Sie begehren „hineinzuschauen“.

Ein wenig später bewahren Cherubim den Weg zum Baum

des Lebens. (1. Mos. 3,23.24.) Warum? Der Mensch, im Bilde Gottes geschaffen, war aus dem Garten Eden getrieben. Er war dem Versucher zum Opfer gefallen. War Gottes Plan zerstört? Sie begehren „hineinzuschauen“.

Wiederum jubeln die Engel; sie sehen ein Kind in der Krippe. (Luk. 2,13.14.) Der Sohn der Liebe, das Bild des unsichtbaren Gottes, ist in Knechtsgestalt in die Welt gekommen. Was hat Gott mit der sündenbefleckten Welt vor? Sie begehren „hineinzuschauen“.

Engel kamen hinzu und dienten Ihm. (Matth. 4,11.) Der Versucher war auch an den „zweiten Menschen“ herangetreten, das Bild Gottes zu verderben. Er mußte weichen. Wie konnte der Versucher es wagen, Den zu versuchen, dem die Engel mit Ehrfurcht dienen? Sie begehren „hineinzuschauen“.

Im Garten Gethsemane erscheint ein Engel vom Himmel, Ihn zu stärken. (Luk. 22,43.) Die Engel sahen Seinen ringenden Kampf - Seinen Schweiß wie Blutstropfen die Erde benetzen. Engellegionen standen, nur eines Winkes wartend, für Ihn bereit - und Er ließ Sich von Verräterlippen küssen und von Sünderhänden binden, schlagen und ans Kreuz nageln. Sie begehren „hineinzuschauen“.

Engel wälzen am Auferstehungsmorgen den Stein von der Gruft, nicht um Den, der alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat, herauszulassen - Er war auferstanden -, sondern um schwachen Weibern das leere Grab zu zeigen und die gute Botschaft Seiner Auferstehung zu bringen. - Und Engel in weißen Kleidern verkünden den Jüngern bei Seiner Himmelfahrt Seine Wiederkehr! Sie begehren

„hineinzuschauen“.

Welche Fülle von Geheimnissen! Können wir verstehen, daß die Engel begehren, in diese Dinge hineinzuschauen, die uns verkündigt worden sind? Wie sollten unser Herz und Mund überfließen von Lob, Dank und Anbetung!

Die Engel lobpriesen Gott bei der Geburt, aber nicht bei der Auferstehung und Himmelfahrt des HErrn. Der Lobpreis soll von uns dargebracht werden. Es ist, als ob sie zurücktraten, um denen, für die Christus starb und auferstand, das Vorrecht und den ersten Platz im Anstimmen des Lobgesanges einzuräumen.

Weisheit Gottes konnten sie in den Schöpferwerken Gottes sehen, Liebe Gottes aber sehen sie, wenn sie auf diese Erde blicken, auf der das Kreuz von Golgatha stand, an dem der Sohn Seiner Liebe für Gottlose starb. Hier erwarb Sich Gott Seine Gemeinde durch das Blut Seines Eigenen. (Apg. 20,28b.) Und hier hat Christus die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie dahingegeben. (Eph,5,25.) Die Gemeinde ist die Lösung der Dinge, in die Engel hineinzuschauen begehren und durch die jetzt den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Örtern die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan wird. (Eph. 3,10.)

„Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde in Christo Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.“ (Eph. 3,21.)

v. d. K.

Hingabe in schwerer Zeit.

 (1. Chron. 12,1-18.)

(Schluß.)

Als die Gaditer, um sich zu David abzusondern, über den Jordan gehen wollten, fanden sie alle seine Ufer überflutet, und nicht allein dies, sie fanden auch Feinde im Osten und Westen, die sie an dem Übergang des Jordans hindern wollten. Nach jeder Seite hin stellten sich ihnen Schwierigkeiten entgegen, so daß ihr Entschluß, sich zu David abzusondern, zur allerunpassendsten Zeit gefaßt zu sein schien. Sie hätten sich sagen können: „Wir müssen eine gelegene Zeit abwarten, wenn der Jordan nicht überflutet ist und die Feinde uns nicht zu hindern vermögen“. Sie ließen sich aber durch die Hindernisse und die Widerstände der Feinde nicht aufhalten. Sie erwogen nicht die Schwierigkeiten und warteten auch nicht auf eine gelegene Zeit. Ihr Herz hing an David, und sie gaben Heimat und Verwandtschaft auf. Unerschrocken überschritten sie den Strom des Todes in Seiner gewaltigsten Ausdehnung und schlugen ihre Feinde, „die Bewohner der Niederungen“, in die Flucht.

Wie gering kommen wir uns vor, wenn wir den Blick auf diese Männer richten, die die Schrift „tapfere Helden“ nennt. Möchten unsere Herzen so für den Sohn Gottes schlagen, wie die Herzen dieser Männer für David schlugen! Nichts konnte sie von ihm trennen, sie wollten an dem Tage seiner Verwerfung bei ihm und mit ihm sein.

Wenn wir dem großen Sohne Davids in seiner Verwerfung folgen wollen, so werden auch wir den Weg gleichsam versperrt, den Jordan überflutet und Feinde zur Rechten

und zur Linken finden. Dann heißt es, unser Fleisch und unsere irdischen Interessen in den Tod zu geben und die Bewohner der Niederungen, die uns in dem Schmutz und Kot ihrer „Niederungen“ festhalten und hindern wollen, auf die „Bergfeste“ zu David zu gehen, in die Flucht zu schlagen.

Was mußte in dem Herzen Davids vorgehen, als er diese Männer, die den Jordan zur Zeit seiner schrecklichsten Breite überschritten hatten, zu sich kommen sah? Er wußte, sie hatten alles verlassen um seinetwillen. Und meinen wir, daß der HErr uns nicht sieht und daß Sein Herz nichts empfindet, wenn wir heute zu Ihm hinausgehen außerhalb des Lagers, um Seine Schmach zu tragen? (Hebr. 13,13.) Die Freude Davids ist sicher ein Vorbild von der Freude des HErrn, wenn Er uns Ihm nachfolgen sieht.

Auch von den Kindern Benjamin und Juda kamen zu David nach der Bergfeste. David ging ihnen entgegen und richtete prüfende Worte betreffs ihrer Treue und Lauterkeit an sie. Er warnt sie, trüglich mit ihm zu handeln. Würden sie ihn seinen Feinden verraten, dann würde Gott sie strafen. Er sagt: „Wenn ihr zum Frieden zu mir gekommen seid, um mir zu helfen, so wird sich mein Herz mit euch vereinigen; wenn aber, um mich an meine Feinde zu verraten, ohne daß Unrecht in meiner Hand ist, so möge der Gott unserer Väter es sehen und strafen!“ (1. Chron. 12,17.) Meinten sie es aber treu mit ihm, dann würde er sein Herz ihnen zuwenden, und seine Liebe sollte ihr Lohn sein.

Es ist so schön, zu sehen, wie David aus der Bergfeste heraustritt und ihnen entgegengeht. Er redet sie zuerst an.

So sehen wir es auch bei dem HErrn. Als einst die beiden Johannes-Jünger Jesus nachfolgten, da wandte der HErr Sich nach ihnen um, und Er redete sie an: „Was suchet ihr?“ (Joh. 1,38.) Wenn wir dem HErrn treu sind und an Seiner Seite stehen, dann werden auch wir die Erfahrung machen, daß Er Sich unseren Herzen offenbart. Seine Liebe ist auch unser Lohn. Und anderseits wiederum, wenn wir durch unsere Untreue Seinen Namen dem Gespött der Feinde überliefern, wird nicht Gott für die Ehre Seines Sohnes eintreten und Seine richtende Hand auf uns legen?

Nachdem David geredet hatte, tritt Amasai auf. Wir lesen, „der Geist kam über Amasei“, und wir haben deshalb mit um so größerer Aufmerksamkeit dessen Worte zu beachten. Das erste, was er sagte, war: „Dein sind wir, David.“ Er wußte, daß er und die mit ihm waren nicht mehr sich selbst angehörten; David war ihr Herr. Ihm gehörten sie an, und ihm wollten sie dienen. Er sagte nicht: „David, du bist unser“, sondern er sagte: „Dein sind wir, David.“ Er bekannte, daß David alle Rechte über ihn und die mit ihm waren hatte, und deshalb sagte er ohne jede Reserve: „Dein sind wir, David.“ (V. 18.)

Nicht alle Kinder Gottes können mit einem solchen Bekenntnis vor den HErrn treten. Gar manche sind da, die mit Freuden bekennen: „Du bist mein Heiland, Herr Jesus!“ Sie fanden in dem Blute Christi die Vergebung ihrer Sünden und wurden von ihrer Last und dem Druck ihrer Seele befreit, aber sie sind noch nicht zu Ihm als zu ihrem HErrn, dem allein ihr Leben gehört, gekommen. Als die Gnade des HErrn Saulus auf dem Wege nach Damaskus entgegentrat, war seine erste Frage: „HErr, was willst Du, daß ich tun soll?“ (Apgesch. 9,6 [Luther] u.

22,10.) Von diesem Augenblick an wußte er, daß der, der ihn bei seinem Namen gerufen hatte, sein „Herr“ war. Weißt du, lieber Leser, daß du und dein ganzes Leben Ihm gehören? Stehst du so vor Ihm, daß du fragen kannst: „Was willst Du, HErr, daß ich tun soll?“, und kannst du in Wahrheit mit Amasai sagen: „Dein bin ich, Herr Jesus“?

Es waren nicht leere Worte, als Amasai sagte: „Dein sind wir, David“. Wenn nur unsere Lippen sagen: „Dein sind wir, Herr Jesus“, dann können wir noch unseren eigenen Willen tun. Bei Amasai und denen, die mit ihm waren, war es aber Wirklichkeit und Wahrheit. Durch ihr Leben hatten sie es bewiesen, daß sie sein waren. Sie hatten das Haus Sauls, ihren Stamm, ihre Verwandtschaft verlassen und sich zu David abgesondert und ihre Wohlfahrt mit Drangsal vertauscht. Sie bewiesen die Wahrheit ihrer Worte: „Dein sind wir, David“ durch ihre Stellungnahme.

Bestätigt unser Leben, was unsere Lippen reden? Dein Herz wird die Antwort Darauf geben! Möchten wir mit einem ungeteilten Herzen vor dem HErrn stehen und uns nicht nur Seiner Gnade erfreuen, die uns errettet hat, sondern Ihn auch bekennen als unseren Herrn und Ihn herrschen lassen über uns und über unser Leben, damit die Welt nicht nur unsere Sprache hört, sondern an unserem Leben erkennt, daß Er unser „Herr“ ist, indem wir wie diese Männer mit dem Hause Sauls Bruch machen, das Land dieser Welt verlassen und die Feinde der Niederung, die uns in den Weg treten und hindern wollen, auf schmalem Pfade dem HErrn nachzufolgen, in die Flucht schlagen.

Die Tat dieser Männer hat Gott als ein Beispiel uns zur Ermunterung niederschreiben lassen, auf daß auch wir mit

Hingabe und Treue und ungeteiltem Herzen Dem anhangen, der uns liebte bis in den Tod. Erfreut es nicht unser Herz, wenn Er zu uns spricht: „Du bist Mein, in Meine Hände habe Ich dich gezeichnet,“ wenn Er uns versichert, daß niemand uns aus Seiner Hand reißen kann und aus der Hand Seines Vaters? Und meinst du nicht, daß es auch Ihm eine Freude ist, wenn Er in unserem Herzen liest: „Wir sind Dein, Herr Jesus“ und wir dieses Bekenntnis auch in dem Wandel nach Seinem Willen beweisen?

Dieser Wunsch, Sein zu sein, lebt in den Herzen aller, die Ihn kennen. Das Verlangen, Ihm wohlzugefallen, legt der Heilige Geist in jedes Herz, in welchem Er Wohnung gemacht hat. Wir sind schwach und haben in uns selbst keine Kraft, Ihn zu lieben und Ihm zu dienen. Seine Liebe aber weckt unsere Liebe, daß wir Ihn wiederlieben können, nicht mit Worten, sondern in der Tat und in der Wahrheit. Möchten diese Worte: „Dein sind wir“ sich tief in unser Herz einprägen!

Welch ein Bewußtsein hatte Paulus davon, daß er dem HErrn angehöre! Als er auf dem Wege nach Rom Schiffbruch erlitt, konnte er die Mutlosen aufrichten. Er sagte: „Ein Engel des Gottes, dessen ich bin und dem ich diene, stand in dieser Nacht bei mir“ (Apgesch. 27,23). Damit sprach er dasselbe aus, was einst Amasai in den Worten aussprach: „Dein sind wir, David.“

Möchten doch die Geliebten des HErrn sich nicht nur damit begnügen, in Ihm einen Heiland zu haben, sondern möchten sie Ihn auch als ihren „Herrn“ anerkennen und sich mit derselben Entschiedenheit zu Ihm bekennen als zu dem, dessen sie sind und dem sie dienen, und die ihr

Wort auch durch ihren Wandel bestätigen.

Amasai aber sagt noch mehr. Er fährt fort: „Und mit dir sind wir, Sohn Isais.“ Damit sagten Amasai und seine Genossen, daß sie sich an die Seite Davids gestellt hätten, sein Los mit ihm teilen und seinen Feinden entgegentreten wollten. Sie standen von nun an nicht mehr auf Sauls Seite, sondern fest und entschieden an der Seite des verachteten „Sohnes Isais“.

Wenn unsere Herzen gleich Amasai sagen können: „Dein sind wir, Herr Jesus“, dann werden wir auch bald an Seiner Seite stehen in dem Tragen Seiner Schmach und in dem Kampf um Seine Rechte bei dem Abfall von Seinem Worte. Für Amasai und Seine Genossen waren es nicht Tage der Ruhe, sondern Tage des Kampfes. Paulus sagt: „Obwohl wir noch im Fleische wandeln, so kämpfen wir nicht nach dem Fleische; denn die Waffen unseres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern göttlich mächtig zur Zerstörung von Festungen; indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus.“ (2. Kor. 10,3-5.) Das ist der Kampf, in dem wir heute noch stehen, wenn wir an der Seite des HErrn sind. Der HErr fordert Entschiedenheit; Er will ein ganzes Herz. Unentschiedenheit und Halbherzigkeit sind Ihm ein Greuel. Solche, die das Böse wohl nicht billigen, aber Sich auch nicht davon trennen, die nach keiner Seite hin entschieden Stellung nehmen, solchen gilt Seine Klage: „Ach, daß du kalt oder warm wärest!“ Ein solcher Zustand ist dem HErrn so zuwider, daß Er sagt: „Also, weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde Ich dich ausspeien aus Meinem

Munde.“ (Offenb. 3,15.16.)

Zu den frommen Pharisäern sagte der HErr einst: „Wer nicht mit Mir ist, der ist wider Mich, und wer nicht mit Mir sammelt, der zerstreut.“ (Matth. 12,30.) Wenn es sich um die Anerkennung von Christus oder Belial, von Licht oder Finsternis, von Wahrheit oder Irrtum handelt, gibt es keine Neutralität, nur ein Entweder - Oder, nur offene Stellungnahme und Entschiedenheit.

Es waren sicher gut gemeinte Worte, als Petrus zum HErrn sagte: „Das widerfahre Dir nicht, HErr!“ Hinter diesen Worten aber stand der Satan. (Matth. 16,22.) Der HErr sagte: „Gehe hinter Mich, Satan!“ (V. 23.) Hinter welchen Worten, Formen und Personen Satan sich auch verstecken mag, nehmen wir nicht entschieden Stellung dagegen, so haben wir dem Feinde schon Macht über uns eingeräumt. Unser Auge schaut dann nicht mehr allein auf Ihn, Christus, und auf Sein Wort. Menschenworte, Traditionen, Personen finden dann Platz zwischen Christus und uns. - Suchen wir noch Menschen zu gefallen, so hören wir auf, Christi Knecht zu sein. (Gal. 1,10.) Wie manche haben Schaden gelitten, indem sie sich durch das Ansehen von Männern der Ehre oder durch die Vernunftschlüsse von Männern der Wissenschaft oder durch die Einflüsse von Männern der Kraft blenden und gefangennehmen ließen.

Wer nicht mit dem Herrn Jesus ist, nicht mit Ihm sammelt, mit dem können wir nicht verbunden sein. Unser Platz ist nicht an der Seite eines Menschen, sondern an der Seite des Herrn Jesus. Wir sind nur dann an der Seite des HErrn, wenn wir die Reise von Saul über den Jordan zu Ihm gemacht haben; und diese Reise machen wir erst, wenn wir Gottes Gedanken über Saul und über den

verworfenen Sohn Isais im Glauben erfaßt haben. Wenn dann die Aufforderung kommt, die einst Mose an das um das Kalb tanzende Volk richtete: „Her zu mir, wer auf der Seite Jehovas ist“ (2. Mose 32,26), dann verlassen wir das um das Kalb tanzende Volk, verlassen das Haus Sauls, verlassen die Festungen und die Vernunftschlüsse der Menschen und stellen uns auf die Seite des geschmähten und verworfenen Christus.

Wie klein ist die Zahl derer, die mit Ihm und an Seiner Seite gefunden werden! Bei manchem ist es nicht der Mangel an Liebe zum HErrn, daß sie den Pfad der Absonderung nicht wandeln, sondern der Mangel am Verständnis Seines Willens. Sie stehen so im Nebel der Überlieferungen, daß sie das Licht der Wahrheit nicht zu schauen vermögen. Andere wieder haben sich in die irdischen Dinge verstrickt, und ihre Gesinnung ist irdisch geworden, ihr Haus, Geschäft oder Beruf hat ihr Herz in Fesseln gelegt, und sie empfinden keine Regung, an Seine Seite zu treten. Bei anderen wieder ist es die Ehre der Welt, das Geld, der gesellschaftliche Verkehr usw., die sie so lahm legen, daß sie nicht an Seine Seite treten können. Und wenn dies schon für diejenigen Trauer ist, die auf Christi Seite stehen, wieviel mehr schmerzt dieses Ihn, unseren teuren HErrn?

Wir wissen, das Ende ist nahe; der Abfall und das Gericht stehen vor der Tür. Umso mehr gilt es, zu Ihm hinauszugehen außerhalb des Lagers und Seine Schmach zu tragen. Möchtest du nicht deinen Platz an Jesu Seite einnehmen? Möchtest du Ihm nicht auch sagen: „Dein bin ich, Herr Jesus und auf Deiner Seite, Du Sohn Gottes?“ Wenn wir diesen Stand an Seiner Seite einnehmen, wie

gesegnet ist es, dann andere zu finden, die gleichfalls zu Ihm hinausgegangen sind! Und wie köstlich, mit diesen vereint Seinen Namen zu bekennen und für Den Schmach zu leiden, der die Freude des Herzens des Vaters ist! Gewiß, dieser Weg mag nach außen hin Entsagungen, Prüfungen und Leiden mit sich bringen, aber es ist der Weg, den Er Selbst ging; und bald kommt Er, und wie froh werden wir sein, wenn wir bei Seinem Kommen an Seiner Seite gefunden werden!

Aber noch ein Wort fügt Amasai hinzu: „Friede, Friede dir und Friede deinen Helfern! Denn dein Gott hilft dir.“ In diesen Worten überschaute Amasai den Weg. Kämpfe harrten ihrer, aber welche Kämpfe auch kommen mochten, Friede war bei David und Friede das Teil derer, die an seiner Seite waren. Kein Kampf, kein Sturm vermochte diesen Frieden zu stören: „Denn dein Gott hilft dir.“ Das ist die Sprache des Glaubens. Amasai wußte, daß viele wider David waren, wenn aber Gott mit David war, so waren diese alle, diese Vielen, nichts. Saul mochte auf dem Throne sein, der Glaube aber sah Gott und den Tag der zukünftigen Herrlichkeit Davids.

So mag auch der Gott dieser Welt heute noch seine Macht in den Söhnen des Ungehorsams entfalten. Aber vollkommener Friede ist das Teil unserer Seele. Wir folgen Seinen Fußtapfen nach und wissen, daß Er bald kommt, und dann wird alles Seinen Füßen unterworfen sein. Möchten wir die Dinge der Gegenwart mehr in dem Lichte Seiner zukünftigen Herrlichkeit schauen, damit wir ungeteilten Herzens sagen können: „Dein sind wir, Herr Jesus, und an Deiner Seite, Du Sohn Gottes!“

v. d. K.

Falsche Bescheidenheit.

Beim Blick auf ihr vergangenes Leben bescheiden sich manche Kinder Gottes damit, nur selig werden zu wollen. Sie drücken dies in Worten aus wie z. B.: „Ich will, wenn ich auch keinen Lohn empfange, vollauf zufrieden sein, wenn Gottes Gnade mich nur in den Himmel bringt und ich selig werde.“ Manche suchen tatsächlich bei dem HErrn nur dieses, daß Er sie durch die Gefahren und Schwierigkeiten des Lebens hindurchbringt, ihnen Trost und Mut schenkt und sie immer wieder Errettungen in den mancherlei Nöten erleben läßt.

Und doch möchte der HErr mehr oder weniger bei uns dasselbe erreichen wie bei dem Apostel Paulus. Auch Paulus erinnert sich an Fehler und Sünden seines vergangenen Lebens und rühmte die Gnade Gottes; aber er beschied sich nicht damit, nur selig werden zu wollen, sondern er hatte auch die Erreichung des Lohnes des HErrn vor seinem Auge. Beim Rückblick seines Lebens durfte er sich auch an andere Dinge erinnern, Dinge, die zur Ehre Gottes und zum Heile anderer Seelen gedient hatten. Er erinnerte sich und die Gläubigen in Ephesus an die Jahre seines Dienstes in ihrer Mitte (Apg. 20,17-38) und ebenso die Thessalonicher an die Zartheit und Hingabe, mit der er in ihrer Mitte gewirkt hatte (1. Thess. 2,1-12), und Timotheus konnte er an seinen Glauben, seine Geduld, seine Liebe, sein Ausharren usw. erinnern. (2. Tim. 3,10.) Er befahl die Gläubigen Gott und dem Worte Seiner Gnade an, welches aufzuerbauen vermochte. (Apg. 20,32.)

Möchten auch wir uns durch dasselbe auferbauen lassen, damit wir uns nicht in falscher Bescheidenheit begnügen, nur „in den Himmel zu kommen“, sondern Fleiß anwenden, nichts zu verlieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfangen. (2. Joh. 8.)

v. d. K.

Frage und Antwort

 

Frage 13

Gibt der Ausdruck in 1. Kor. 15,28 „auf daß Gott alles in allem sei“ (oder „in allen sei“) der Lehre der „Wiederbringung“, d. h. der schließlichen Errettung aller Menschen, irgendwelche Berechtigung?

Antwort A

Die erwähnte Schriftstelle wird von den Vertretern der Wiederbringungslehre herangezogen, um damit zu beweisen, daß es keinen Ort ewiger Pein und somit auch keine ewige Pein gäbe. Denn, sagt man, wenn es ewige Pein und folglich einen Ort ewiger Pein gäbe, dann wäre doch Gott nicht „alles in allem“ oder „in allen“, denn an diesem Orte ewiger Pein könne doch Gott nicht sein. Daraus ergäbe sich, daß am Ende alle Menschen, ja sogar der Teufel und seine Engel, errettet werden müßten. Diese Anwendung genannter Schriftstelle zeigt nur, daß die, welche sie so anwenden, den Sinn dieser Schriftstelle nicht verstanden haben; sie ist willkürlich, ohne Berücksichtigung des Zusammenhanges, in dem sie steht.

Richtig ist, daß es sich bei diesem Worte um den endlichen, ewigen Zustand handelt, wie V. 28 selbst und die vorangehenden Verse 24-27 zeigen. In diesen Versen sehen wir, daß Gott erst dann „alles in allem“ sein wird, wenn „das Ende“ oder „die Vollendung“ da sein wird, d. i. wenn Christus „das Reich dem Gott und Vater übergibt“. Das kann Er aber erst dann tun, wenn Er alles ausgeführt - zur „Vollendung“ gebracht - haben wird, was Ihm vom Vater aufgetragen war. Diese Seine Aufgabe gipfelt darin, daß Er alles Gottfeindliche und alles, was nicht gottgemäß ist, hinwegtut. Die Vollendung und den Abschluß dieser Aufgabe bildet das Gericht vor dem „großen weißen Thron“ (Offb. 20,11-15). Dort sehen wir, daß alle, die nicht geglaubt haben, gerichtet werden, „ein jeder nach seinen Werken“, und in den „Feuersee“ geworfen werden, und daß auch „der Tod und der Hades“ in den Feuersee geworfen werden (V. 14). Damit ist „der letzte Feind“, der Tod, hinweggetan. Früher als zu diesem Zeitpunkte konnte der Tod nicht weggetan werden, denn wenn er auch im Tausendjährigen Reiche nicht herrschen wird, so wird er doch noch da sein zum Gericht, wie Ps. 101,8 und Jes. 65,20 zeigen, und nach dem Tausendjährigen Reiche wird er noch eine gewaltige Arbeit zu verrichten haben, wenn die Empörer in Offb. 20,9 durch „Feuer von Gott aus dem Himmel“ verschlungen werden. Und nicht nur dieses, sondern er muß ja auch alle, die nicht geglaubt haben und des Gerichts warten und daher „nicht lebendig wurden, bis die tausend Jahre vollendet waren“, gefangen halten, bis sie auferweckt werden zum Gericht. Darum muß er bleiben, bis alles mit dieser Erde vollendet und ihm durch die Auferstehung der ungläubig gestorbenen „Toten“ zum Gericht seine ganze Beute entrissen sein wird. Dann gibt

es nichts mehr für ihn zu tun, und dann wird er nicht mehr gebraucht - denn es handelt sich nach dem ganzen Gebrauch des Wortes und dem Zusammenhang unbedingt um den leiblichen Tod -, und deshalb wird er nunmehr „weggetan“ (1. Kor. 15,26) - „in den Feuersee geworfen“ (Offb. 20,14). Das geschieht also, wie wir aus Offb. 20,11ff. sehen, am Ende der Geschichte dieser Erde und der Menschheit, die einst auf dieser Erde war, an der Schwelle der Ewigkeit, in die wir in Offb. 21,1-8 einen Blick tun dürfen. Und das ist der Zeitpunkt, um den es sich in 1. Kor. 15,24-28 handelt; dann erst hat Christus „weggetan alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht“, hat Er alles vollendet, ist alles Gottes Herrlichkeit entsprechend, und dann erst kann Er „das Reich“ - die Herrschaft - dem Gott und Vater übergeben, und zwar in so vollkommener Weise, daß „auch der Sohn Selbst“ - als der verherrlichte Mensch - „Dem unterworfen sein wird, der ihm alles unterworfen hat, auf daß Gott alles in allem sei“. Damit wird der ewige Zustand der Vollendung eingeführt.

Aber nicht richtig ist der von den Vertretern der Wiederbringungslehre in die Worte „Gott alles in allem“ hineingelegte Sinn. Ein solcher Gedanke kommt gar nicht in Frage. Der Hauptgegenstand des ganzen Kapitels ist die Auferstehung der Erlösten, die „Auferstehung des Lebens“, und es werden uns darüber hier Belehrungen gegeben, die so eingehend und klar und so kostbar sind, wie wir sie an keiner anderen Stelle finden. Nur nebenbei wird die Auferstehung der Nichterlösten mit berührt, indem in V. 21 als Wirkung der Auferstehung Christi von der „Auferstehung der Toten“ im allgemeinen - also aller Menschen - und in V. 24 von dem „Ende“ gesprochen wird

1

Wenn wir sagen „als Mensch“, so berührt das nicht Seine Gottheit. Er ist natürlich immer Gott und kann nie aufhören, Gott zu sein; aber als solcher kann Er nicht „unterworfen“ sein, sondern nur als Mensch.

als Abschluß in der „Ordnung“ der Auferstehung, als dritte Stufe, da dieses „Ende“ die Auferstehung der ungläubig Abgeschiedenen zum Gericht in sich schließt, wie wir in dem Obengesagten schon gesehen haben. Aber „das Ende“ schließt nicht nur das Gericht aller, die nicht geglaubt haben, und das Wegtun des Todes als letzten Feind in sich, sondern auch die Verwandlung des Himmels und der Erde, die Schaffung eines neuen Zustandes der gesamten erlösten Schöpfung der Herrlichkeit Gottes entsprechend, die Vollendung der neuen Schöpfung, für welche die Grundlage am Kreuze geschaffen wurde und welche ihren Anfang in der Auferstehung des HErrn nahm, die aber erst zur Vollendung gebracht sein wird, wenn Er „weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht“ und alles Seinen Füßen unterworfen sein wird, so daß Er, Christus, allein und vollkommen im ganzen All herrscht und in dem Namen Jesu jedes Knie sich beugt, „der Himmlischen, Irdischen und Unterirdischen“, und jede Zunge bekennt, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters (Phil. 2,10.11). Nachdem Er so den Ratschluß Gottes vollkommen hinausgeführt haben wird, wird Er „das Reich“, diese alles umfassende Herrschaft, dem Gott und Vater übergeben, alles in die Hand des Vaters zurücklegen und Selbst - auch wieder der Vollkommenheit Seiner anbetungswürdigen Person gemäß - als Mensch Seinen Platz unter der Herrschaft Gottes, des Vaters, einnehmen, wie Er es einst auf der Erde getan hatte, „auf daß Gott alles in allem sei“. Letzteres bedeutet also nicht, daß Gott überall sein und alles erfüllen werde im ganzen All - obwohl dies in bezug auf die ganze erlöste, verherrlichte, neue Schöpfung wahr sein wird -, sondern daß Gott dann

den Ihm gebührenden Platz und die Ihm gebührende Ehre haben wird in Seiner ganzen Schöpfung, auch der nichterlösten, also auch gegenüber dem Teufel und seinen Engeln und allen Verlorenen, indem Er von allen als der alleinige Herrscher gekannt und anerkannt wird. Jetzt übt der große Empörer gegen Gott, „der Gott dieser Welt“, eine weitumfassende Herrschaft aus, und unzählbare gefallene Engel und verblendete Menschen gehorchen ihm; dann aber wird das alles nicht mehr sein, sondern für ewig wird aller Widerstand völlig zerbrochen und alles Gott unterworfen sein und sich vor Ihm beugen! Das ist es, was das Wort „auf daß Gott alles in allem sei“ nach dem Zusammenhang bedeutet, in dem wir es finden.

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Wenn wir sagen „als Mensch“, so berührt das nicht Seine Gottheit. Er ist natürlich immer Gott und kann nie aufhören, Gott zu sein; aber als solcher kann Er nicht „unterworfen“ sein, sondern nur als Mensch.

Daß diese Bedeutung des genannten Wortes einen Ort ewiger Pein nicht ausschließt, sondern sich sehr wohl damit vereinbart, ist ohne weiteres erkennbar. Aber nicht nur das, sondern im Zusammenhang mit dem in V. 24 und 26 Gesagten steht dieses Wort sogar im schärfsten Widerspruch zu der Lehre der schließlichen Errettung aller Menschen und des Teufels und seiner Engel. Denn nach der Wiederbringungslehre müßte dieser endliche, ewige Zustand - „Gott alles in allem“ - erst eintreten, nachdem alle Menschen, die nicht geglaubt haben, und der Teufel und die abgefallenen Engel ihre Strafe verbüßt hätten, so daß zwischen dem Gericht vor dem „großen weißen Thron“ in Offb. 20,11ff. und dem Eintritt jenes Zustandes der Zeitraum liegen müßte, in dem nach der Wiederbringungslehre die ungläubig Abgeschiedenen und auch der Teufel und die abgefallenen Engel ihre Strafe abbüßen werden. Gottes Wort zeigt uns aber, wie wir schon gesehen haben, in 1. Kor. 15,24-28, daß von dem

Zeitpunkte an „Gott alles in allem“ sein wird, wenn Christus „das Reich dem Gott und Vater übergibt, wenn Er weggetan haben wird alle Herrschaft und alle Gewalt und Macht“, also wenn Er auch den „letzten Feind“, den Tod, weggetan haben wird, und Er zeigt uns in Offb. 20,11-14, daß letzteres in Verbindung mit dem Gericht der „Toten“ vor dem „großen weißen Thron“ geschehen wird, woraus sich klar ergibt, daß der ewige Zustand, in welchem „Gott alles in allem“ sein wird, sofort auf den großen weißen Thron folgt bzw. sich unmittelbar an das anschließt, was vor dem großen weißen Thron und in Verbindung mit demselben geschieht, wie ja auch Offb. 21,1-8 zeigt. Der „große weiße Thron“ Offb. 20,11 ist der große Markstein zwischen dieser Zeit und der Ewigkeit. Wo bleibt dann der Raum für die von der Wiederbringungslehre gedachte Zeit der Abbüßung der Strafe? Es bleibt kein Raum dafür, sondern im Gegenteil sehen wir, daß der Beginn der Strafe der Verlorenen zugleich der Beginn des ewigen Zustandes ist, in welchem „Gott alles in allem“ sein wird; denn derselbe Zeitpunkt, an welchem die Toten nach ihren Werken gerichtet und danach in den Feuersee geworfen werden, ist auch der Zeitpunkt, an welchem der Tod - „und der Hades“ - „in den Feuersee geworfen“, also weggetan wird, also der Zeitpunkt der Erfüllung von 1. Kor. 15,24-28.

Das Ebengesagte finden wir bestätigt, wenn wir uns einmal ganz kurz vergegenwärtigen, wie die Reihenfolge jener letzten Vorgänge sein wird. Offb. 20 zeigt diese Reihenfolge ganz klar: Der Satan wird gebunden (V. 1-3); dann sehen wir „die erste Auferstehung“ und das Tausendjährige Reich (V. 4-6); dann folgt „die kleine Zeit“ (s. V. 3, Schlußsatz), während welcher der Satan aus

seinem Gefängnis losgelassen sein und die Menschen zur Empörung gegen Gott verführen wird und die damit abschließt, daß diese Menschen durch Feuer von Gott aus dem Himmel verschlungen werden und der Teufel in den Feuer- und Schwefelsee geworfen wird (V. 7-10); dann sehen wir den „großen weißen Thron“, womit offenbar zugleich die Auflösung der Erde und des Himmels durch Feuer, wie 2. Petr. 3,7.10-12 sie schildert, verbunden ist, denn wir lesen: „... die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie gefunden“ (V. 11), und die Auferstehung der ungläubig Abgeschiedenen zum Gericht und dieses Gericht selbst (V. 12 und 13); damit verbunden sehen wir das Weggetanwerden des Todes und des Hades, indem sie in den Feuersee geworfen werden (V. 14), und als Abschluß von allem das Hinwegtun der Verlorenen in den Feuersee (V. 15). Damit endet die Geschichte dieser Erde und der Zeit, und nun tritt - ganz im Einklang mit unserer Feststellung im vorhergehenden Abschnitt - in Kap. 21,1-8 der Zustand der Ewigkeit vor unser Auge: der neue Himmel und die neue Erde, die neue Schöpfung in ihrem herrlichen, vollkommenen, gottentsprechenden Zustand (V. 1-7), aber auch „der See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches ist der zweite Tod“ (V. 8). Beides- die neue Schöpfung und der „See, der mit Feuer und Schwefel brennt“ - bezeugt uns, daß Gottes Ratschluß vollkommen hinausgeführt und alles in Einklang mit Ihm Selbst gebracht ist, so daß wir gerade hier (Offb. 21,1-8) und nur hier sehen, daß „Gott alles in allem ist!

In Offb. 21,1-7 finden wir den Platz und das Teil der Erlösten, und in V. 8 den Platz und das Teil der Nichterlösten. Beides ist die klare Feststellung des unantastbaren Wortes Gottes; beides zeigt uns den Platz

und das Teil der Erlösten und der Nichterlösten in der Ewigkeit, ohne irgendwelche Einschränkung, daß je eine Änderung hinsichtlich der einen oder anderen eintreten werde. Wenn man nun hinsichtlich der Erlösten die ewige Dauer des Zustandes in V. 1-7 anerkennt, mit welchem Recht will man hinsichtlich der Nichterlösten eine spätere Änderung des Zustandes in V. 8 behaupten?

Darauf hören wir als Antwort und Haupteinwand: Weil Gott Liebe ist! Damit vereinbare sich doch nicht, daß Er irgendwelche Seiner Geschöpfe ewig quäle.

Ja, Gott ist Liebe, und dieses hat Er so wunderbar und vollkommen geoffenbart und bewiesen in der Gabe und Dahingabe Seines geliebten Sohnes. Und diese Gabe hat Er so vielen, vielen Menschen angeboten durch Sein kostbares Wort und läßt Er noch immer anbieten; und denen, die nie etwas davon gehört haben, wird Gott sicherlich auch nach Seiner unermeßlichen Liebe nachgehen und begegnen, eben weil Er Liebe ist (s. Ps. 19,1-4; Röm. 1,19.20 und 2,10-16); aber wo sagt das Wort Gottes, daß die Menschen, die Seine wunderbare Liebe abgelehnt haben - und das haben alle, die verloren gehen, ohne Ausnahme! - oder gar der Teufel und seine Engel einst errettet werden? Etwa in Ps. 22,27, weil es dort heißt: „Es werden eingedenk werden und zu Jehova umkehren alle Enden der Erde“? oder in Jes. 66,23, wo es heißt: „... und wird alles Fleisch kommen, um vor Mir anzubeten, spricht Jehova“? Diese Worte haben mit der Ewigkeit und dem Feuersee nichts zu tun, denn sie beziehen sich offensichtlich auf das Tausendjährige Reich. Oder etwa in Kol. 1,20, weil dort gesagt ist: „... durch Ihn alle Dinge mit Sich zu versöhnen“? Dort heißt es aber

dann, auf diese Dinge bezüglich, weiter: „es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln“, zu denen ja doch der Feuersee, der Ort ewiger Pein, keinesfalls gehört, es ist aber nicht von den Dingen unter der Erde oder von dem Feuersee die Rede. Oder etwa in Phil. 2,10.11 in den Worten: „Auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters“? Diese Stelle spricht in keiner Weise von dem Zustand der Genannten und sagt durchaus nicht, daß die „Unterirdischen“ dann auch errettet seien, sondern sie sagt lediglich, daß einst jeder - ohne Unterschied, ob er zu den Himmlischen, Irdischen oder Unterirdischen gehört - vor dem Herrn Jesus sein Knie beugen und Ihn als HErrn anerkennen muß, wie wir es weiter oben schon gezeigt haben. Dieses tun die Erlösten jetzt schon freiwillig und mit glücklichen Herzen, die Verlorenen aber werden es tun mussen, und sie werden es dann mit „Weinen und Zähneknirschen“ tun. Nein, nirgends sagt das Wort, daß die Verlorenen je errettet würden. Und auch der Schluß der Offenbarung, von 21,9 an, gibt keinerlei Berechtigung zu einer solchen Lehre, denn der ewige Zustand wird uns nur in Kap. 21,1-8 gezeigt, nicht mehr in dem nach V. 8 Folgenden, wie zum Teil der Inhalt selbst und außerdem auch gewisse Ausdrücke es zeigen, denn in der Ewigkeit gibt es keine „Nationen“ mehr, von denen aber in 21,24 und 26 und 22,2 geredet ist, und bedarf es keiner „Heilung“ mehr, von der aber 22,2 gesprochen wird; und was von 22,6 an gesagt ist, kann gleich gar nicht als Ewigkeitszustand betrachtet werden; sondern von V. 9 des 21. Kap. an wird uns zunächst „die heilige Stadt,

Jerusalem, herniederkommend aus dem Himmel von Gott“ - also das himmlische Jerusalem - in ihrer Herrlichkeit beschrieben und dann deren Beziehungen zur Erde während des Tausendjährigen Reiches gezeigt (s. 21,24 - 22,5), und dann werden wir zurückgeführt bis in die Gegenwart. Das ist leicht zu erkennen und bedarf kaum eines Hinweises auf besondere Stellen wie 21,11.12.16.17ff. -

Einen Schriftgrund hat also obiger Einwand nicht. Überdies ließe sich noch sehr viel zu diesem Einwand sagen, wozu aber der Raum hier mangelt. Z. B. könnte man fragen: Wenn Gottes Liebe ein Hindernis dafür wäre, daß die Verlorenen ewige Pein leiden müssen, wie vereinbart es sich dann mit Seiner Liebe, daß Er Seinen geliebten Sohn an das Kreuz, in Gericht und Tod gab - in jene für uns jetzt und ewig unergründlichen Tiefen der Leiden? Und warum ersparte Er Seinem geliebten Sohne nicht diese unfaßbaren Leiden, wenn die Schuld durch Abbüßen der Strafe getilgt werden könnte?(!!) Und noch vieles andere mehr.

Aber auf eins möchten wir noch zu diesem Einwande, daß Gott Liebe ist, hinweisen.- Gott ist nicht nur Liebe, sondern auch Licht, und dieses stellt Gottes Wort sogar der Liebe voran! (1. Joh. 1,5; 4,8.16b.) Und wie Sein Wesen, daß Er Liebe ist, Ihn veranlaßt, daß Er Seinen geliebten Sohn für Seine Feinde dahingab und daß Er mit Ihm ihnen alles schenkt, so erfordert Sein Wesen, daß Er Licht ist, nicht nur, daß jede Sünde gesühnt werde, sondern schließt auch alles, was durch Sünde befleckt ist, von Seiner Gegenwart aus! Für die Erlösten hat Christus nicht nur die Sünde und die Sünden gesühnt, sondern Er

hat sie auch von der Befleckung ihrer Sünden und der Sünde gereinigt, und sie sind gerechtfertigt und passend gemacht für die Gegenwart Gottes in Ihm; aber wie sollten die Verlorenen passend sein nach Abbüßung ihrer Strafe, wenn es eine solche Abbüßung gäbe? Denn durch die Abbüßung der Strafe wird ein Schuldiger doch nicht von der Befleckung gereinigt, die ihm anhaftet! Und solche ungereinigten Sünder sollen nach der Wiederbringungslehre einst in der Gegenwart Gottes sein! Das ist ein völliges Unberücksichtigtlassen der unabänderlichen Ansprüche der Herrlichkeit Gottes! Das Wort Gottes lehrt uns, daß wir gerechtfertigt worden sind aus Glauben. Wenn die Verlorenen dann im Feuersee die Wahrheit erkennen werden, ist das doch kein Glaube, welcher rechtfertigt, sondern - wenn überhaupt von Glauben gesprochen werden kann - nur solcher Glaube, wie ihn nach Jak. 2,19 auch die Dämonen haben, welche „auch glauben und zittern“, weil keine Erlösung damit verbunden ist, sondern nur die Gewißheit des Gerichts und der Strafe! Nur in diesem Leben können wir durch Glauben errettet werden - nicht nach dem Tode; das sehen wir deutlich bei dem reichen Manne in Luk. 16,19-31, welcher dann alles sah, aber zu spät! Die Verlorenen können also nie aus Glauben gerechtfertigt, nie von der Befleckung ihrer Schuld gereinigt werden, und sonach nie für die Gegenwart Gottes passend sein und demnach auch nie in die Gegenwart Gottes kommen, weil Gott Licht ist! Sonst müßte Gott aufhören, Licht zu sein! Aber Er ist unveränderlich, ewig derselbe: Licht und Liebe! Daß Er Liebe ist, dafür sind die Erlösten das ewige Denkmal, und daß Er Licht ist, dafür ist der Feuersee

- „der See, der mit Feuer und Schwefel brennt'', mit denen

die darin sind - das ewige Denkmal!

Daß der Feuersee ewig ist und die Pein in demselben ewig ist, können wir auch aus Offb. 20,10 sehen, wo uns gesagt wird, daß der Teufel in den „Feuer- und Schwefelsee“ geworfen wurde, wo sowohl das Tier ist als auch der falsche Prophet; und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden „in die Zeitalter der Zeitalter“ oder „von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Auch bereits in Kap. 14,9-11 wird von solcher ewigen Pein gesprochen. An beiden Stellen sehen wir den Irrtum der Lehre, daß der Feuersee und somit die Strafe der Verlorenen nicht ewig sei, sondern einmal - wenn auch vielleicht erst nach Äonen, also nach unvorstellbar langer Zeit - aufhören werde und dann alle, die in dem Feuersee waren, der Teufel und seine Engel und alle Verlorenen, die ewige Glückseligkeit der Erlösten in der Herrlichkeit teilen würden, und daß erst dann „Gott alles in allem“ sein werde. Nein! Das Teil der Erlösten ist ewig, das Teil der Nichterlösten ist ewig, und Gott ist „alles in allem'' von Anbeginn des ewigen Zustandes an, wie oben genugsam ausgeführt ist.

Der Einwand, daß „ewig“ nicht „ohne Aufhören“ bedeute, sei nur ganz kurz noch gestreift. Es ist richtig, daß im Alten Testament das Wort „ewig“ oft in beschränktem Sinne gebraucht ist, wie z. B. 2. Mos. 40,15; 3. Mos. 6,11 usw.; Jos. 4,7; Jes. 32,14 u. a. m., wo es sich auf Zustände und Dinge auf dieser Erde bezieht; aber im Neuen Testament - wo uns ja überhaupt erst die ewigen Dinge aufgeschlossen werden - finden wir das Wort „ewig“ und „Ewigkeit“ fast ohne Ausnahme im absoluten, vollen Sinne des Nieaufhörens, weil uns hier die Dinge und Zustände gezeigt werden, welche bleiben, wozu sowohl

das ewige Leben wie auch die ewige Pein gehören. Weiteres hierüber zu sagen ist hier leider nicht Raum.

Die sonstigen, hier nicht behandelten Einwände der Wiederbringungslehre fallen mit dem oben Gesagten zugleich mit in sich zusammen.

Nur einige Worte möchten wir noch über die ungeheuerliche Lehre sagen, daß selbst der Teufel und seine Engel zuletzt noch errettet bezw. wiederhergestellt würden. Diese Lehre ist die letzte Schlußfolgerung aus der verstandesmäßigen und daher vollständig irregehenden Annahme, Gott könne erst dann „alles in allem“ sein, wenn im ganzen All nichts mehr vorhanden sei, wo nicht Gott wohnen und alles ausfüllen könne. In bezug auf letzteren Irrtum bedarf es ja keiner weiteren Ausführungen mehr; aber es könnte unter den Lesern jemand sein, dem damit gedient wird, wenn wir ganz kurz zeigen, daß eine Errettung des Teufels und seiner Engel nach Gottes Wort überhaupt nicht in Frage kommt. Das zeigen folgende Stellen: Matth. 25,41, wo der HErr zu denen zu Seiner Linken sagt: „Gehet von Mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das bereitet ist dem Teufel und seinen Engeln“; Hebr. 2,16: „Denn Er nimmt fürwahr Sich nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams nimmt Er Sich an!“ Er ist Mensch geworden, um Sich der Menschen anzunehmen, die vom Teufel zur Sünde verführt worden waren; für den Teufel und seine Engel, die unter ganz anderen Verhältnissen gesündigt haben, ist die Erlösung nicht und konnte sie nicht sein. 2. Petr. 2,4: „Denn wenn Gott Engel, welche gesündigt hatten, nicht verschonte, sondern sie, in den tiefsten Abgrund stürzend, Ketten der Finsternis überlieferte, um aufbewahrt zu werden für das

Gericht; Jud. 6: „... und Engel, die ihren ersten Zustand nicht bewahrt, sondern ihre eigene Behausung verlassen haben, hat Er zum Gericht des großen Tages mit ewigen Ketten unter der Finsternis verwahrt“ - es gibt für sie nur Gericht! -; und Offb. 20,10, welche Stelle wir bereits angeführt haben, wo von dem Gericht und der Strafe des Teufels gesprochen wird.

Wir haben wegen der Wichtigkeit des durch die Frage berührten Gegenstandes uns etwas weit über denselben verbreitet, und doch könnte noch vieles mehr darüber gesagt werden. Das, was gesagt ist, soll ein entschiedenes Nein auf die gestellte Frage bedeuten!

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Zunächst sei hingewiesen u. a. auf Frage 16 in Bd. 10! Noch manche andere leicht auffindbare Fragen berühren den Gegenstand!

Die obige Antwort Auf die vorliegende Frage ist so klar, daß sie - wenn es auch möglich ist - keiner Erweiterung bedarf. Da jedoch die „Frage“ der sogenannten „Wiederbringung“ mit angeschnitten ist, so glaube ich noch einiges anfügen zu sollen, wobei ich aber nur das oben Gesagte in jeder Hinsicht unterstreichen kann.

Ich beginne damit, zu dem im vorletzten Absatz über die Irrlehre von der „schließlichen Errettung des Teufels und seiner Engel“ Gesagten noch einen kleinen „Beweis“ hinzuzusetzen. Br. Th. K. sagt, der HErr sei Mensch geworden, um Sich der Menschen anzunehmen. Ja, aber

was liegt doch darin noch alles! Aus Hebr. 2,16 (der oben angeführten Stelle) und dem folgenden Verse 17 geht ganz unzweifelhaft hervor, daß Er, um des „Samens Abrahams“, also in weiterem Sinne der Menschen, sich annehmen zu können, Selbst Mensch werden mußte (vgl. V. 18)! Mit anderen Worten: nur ein Mensch - wenn auch nur der eine Mensch, „der Sohn des Menschen“, „der Mensch vom Himmel“ (1. Kor. 15) usw. - konnte Menschen erlösen. Kein Engel, wohlgemerkt! Die Engel haben ein wenn auch ähnliches, so doch anderes sittliches Wesen als die Menschen, die niedriger sind als die Engel (Hebr. 2,6.7). Zur Erlösung der Menschheit bedurfte es des Eintritts Gottes in dieselbe - das war ein Erfordernis der Gerechtigkeit Gottes -, und darum wurde Christus „in allem den Brüdern gleich“ - „doch ohne Sünde“ (4,15) -, auf daß das Sühnungswerk durch Ihn vollbracht werden möchte. Noch einmal: nur ein Mensch konnte die Menschen erlösen, wenn auch freilich nur „der Mensch Christus Jesus“ (1. Tim. 2,5)! Wie aber sollten gefallene Engel erlöst werden können durch einen Menschen? Hätten die verlorenen Engel erlöst werden sollen, so hätte der Sohn Gottes als Engel in Engelgestalt erscheinen müssen! Hätte Er dann aber nicht allein nur die Engel erlösen können? Somit hätte Er also zweimal die Gestalt anderer Wesen annehmen müssen, um beide Klassen von Geschöpfen, die höheren und die niederen, zu erlösen?! Wo in der ganzen Schrift ist Platz für solche Philosophie?! Wo auch nur eine Andeutung, daß Jesu Menschwerdung und Sein Tod für Menschen auch für jene anderen Wesen sühnende Bedeutung haben könnte? Ja, Hebr. 2,16ff. sagt das gerade Gegenteil; was man auch alles aus der Stelle folgern kann - für eine Erlösung der Engel gibt sie nicht

nur keine Anhaltspunkte, sondern sie widerspricht entschieden diesem fein ausgeklügelten „Fündlein“, das aus der Werkstatt Satans, „des Lügners von Anfang“, stammt, der auch von Anfang an mit seinem tückischen „Sollte Gott gesagt haben?!“ Gottes untrügliches Wort schlau in Zweifel zog. Welch ein Triumph für ihn, daß er nicht nur genug ungläubige Wissenschaftler für seine Wortverdrehungskünste zur Verfügung hat, sondern auch gläubige Christen, die da meinen, Gott einen Dienst damit zu tun, wenn sie Seine angeblich nur verhüllte Barmherzigkeit klarer auf den Leuchter stellten! Daß die Wiederbringungsirrlehrer bei diesem Bestreben ganz unumwunden deutliche Schriftworte wie Joh. 3,36 einfach ins Gegenteil verkehren, daß sie den HErrn in Seinen unabschwächbaren Worten vom ewigen Gericht, von ewiger Pein, wie z. B. Mark. 9,43ff., einfach Lügen strafen, indem sie solche Worte als „nicht so gemeint“ oder als zusatzbedürftig hinstellen, weil sie (angeblich) unvereinbar seien mit Seiner ewigen Liebe - aber mit Seinem ewigen Licht? - vgl. obige Antwort! -, daß sie ferner nur mit schlußfolgernden „Annahmen“ ihre besten „Beweise“ ins Feld führen - das alles erwähne ich hier nur nebenbei, denn wir wollen so in diesen beiden, wenn auch langen, aber im Vergleich zu der Wiederbringungsfrage nur kurzen Antworten nicht die letztere erschöpfend behandeln, sondern in der Hauptsache die gestellte Frage beAntworten.

Ein kurzes Wort über den auch oben erwähnten Einwand, daß „ewig“ nicht „unaufhörlich“ bedeute. (Nur beiläufig sei hier des Buches von unserem lieben Br. Naphthali Rudnitzky: „Ewigkeit und Allversöhnung“ empfehlende Erwähnung getan!) Selbstverständlich haben wir gar keine

Ursache, solche Stellen wie obengenannte zu unterschlagen, in denen „ewig“ nicht „immer“ besagt. Aber ich bitte alle diejenigen, die durch diesen Einwand der „Allversöhnler“ irre geworden sind, einmal ernsthaft zu überlegen, was wohl natürlicher und verständlicher sei, ja auch, was am ehesten möglich oder wahrscheinlich sei: daß ein Wort, welches „immer“ und „unaufhörlich“ bedeute, gelegentlich, wo es sich um menschlich unendlich lang erscheinende, aber in Wirklichkeit nicht endlose Perioden handelt, angewandt wird - wie es tatsächlich in der Schrift geschieht - oder daß ein Wort, welches nicht „endlos“ bedeutet, angewandt werde auf Zustände und Personen, die endlos seien!! Also kurz gesagt: wenn „ewig“ nicht „endlos“ bedeutet - kann es dann auf Gott und auf den Zustand der Seligen angewandt werden? Ganz gewiß nicht, das wäre eine bewußte Irreführung! Aber - wenn es „endlos“ bedeutet - und eben das tut es! - kann es dann gelegentlich auf solche uns endlos erscheinende Perioden angewandt werden wie obengenannte? Ja, das ist durchaus möglich und leicht zu verstehen. Aus solchen Stellen zu folgern, daß „ewig“ nicht endlos sei, zeugt von Nichtverstehen einfachen Sprachgebrauchs. Aber wenn nun die „Allversöhnler“ behaupten, das Wort bedeute „ewig - endlos“ z. B. auf Gott bezogen sowie auch auf den Ewigkeitszustand der Erlösten, dagegen auf den der Verdammten nicht - obwohl die Schrift von „ewigem Feuer“ u. a. redet, so sieht man, daß mangels jeden Schriftbeweises für diese abgeschmackt törichte Auffassung ihr Wunsch, barmherziger zu sein, als Gottes Wort von Ihm aussagt, der Vater dieses falschen Gedankens ist.

Die ganze Lehre der Wiederbringer, sowohl der

gemäßigten, die nur die schließliche Errettung aller Menschen, als auch der Radikalen, die die endliche Beseligung des Teufels und seiner Engel lehren, verrät trotz aller gegenteiligen Behauptungen eine gewisse Nichtachtung des Kreuzes Christi in seinem sich schon geschichtlich auf Golgatha abwickelnden „Entweder-Oder“-Charakter. Licht und Liebe feiern schon auf Golgatha in den beiden Räubern ihre Triumphe. Wahrlich, wenn wir uns bemühen, wenn auch nur stückweise den furchtbaren Ernst des Kreuzes zu begreifen, den Ernst der Tatsache, daß Jesus am Kreuz verlassen war von Gott, dann fragen wir doch mit Recht: Wenn dies Opfer nicht angenommen wird - was kann dann retten? Da „bleibt“ der Zorn Gottes (Joh. 3,36); da „bleibt“ ein gewisses furchtvolles Erwarten des Gerichts usw.“ (Hebr. 10,26ff.), und zwar noch viel mehr „ohne Barmherzigkeit“ als die Strafe für Gesetzesübertretung - sagt uns Hebr. 10,28! Wahrlich, das dient nicht zur Verherrlichung des Kreuzes, wenn man einer, wie jene sagen: „ewigen“ (Äonen dauernden) Strafe größere Wirkung auf die Herzen und Gewissen der Sünder zuschreibt als der Lichts- und Liebesproklamation des Opfers Jesu Christi, uns kundgetan durch Seinen Geist! Wahrlich - warum hatte Er dann zu sterben brauchen, warum dann solch Gericht tragen müssen, dessen Tiefe uns stets wieder in Anbetung beugt.

Ein Letztes, und damit komme ich gleichsam von rückwärts auf die Frage zurück:

Es ist in obiger Antwort sonnenklar gezeigt, d. h. durch die Schrift bewiesen, was die Schrift meint mit dem Ausdruck „Gott alles in allem'' (besser, denke ich, „in allen“, da Gott in Personen, nicht in Dingen wohnt)! Wie kann man

angesichts solch klaren Sichselbstauslegens der Schrift solchem Ausdruck einen ganz fremden, willkürlichen Inhalt geben?!

Ich gehe noch ein wenig auf die Stelle ein!

Wir sehen, daß der Sohn in Seiner Eigenschaft als der Verwalter des Ihm anvertrauten Reiches (Königreiches) einmal mit Seiner Verwaltung zu Ende kommen wird, und zwar dann, wenn jede Gewalt und Macht, die Ihm feindlich ist, endgültig unterworfen sein wird (Ps. 110,1), ja wenn das herrliche Wort Ps. 8,6 sogar bezüglich des Todes, des letzten Feindes, der weggetan wird, seine Erfüllung gefunden haben wird. Wenn dieser Zeitpunkt eingetreten ist, dann ist keine gleichsam stellvertretende Königsherrschaft mehr nötig, Gott kann „in allen“ sein - das sind nach dem ganzen Zusammenhang die „alle“, die in dem Christus, dem Haupt der neuen Schöpfung und des neuen Menschengeschlechts, lebendig gemacht werden, d.h. alle, die diesem Haupte unterworfen sind, wie einst alle, die dem ersten Haupt (Adam) unterworfen waren, dem Tode erlagen (V. 22). Dann übergibt der Sohn in dieser Seiner Amtsherrlichkeit das Anvertraute zurück und ist in diesem Sinne unterworfen (nicht also etwa als Sohn in Seiner göttlichen Herrlichkeit nach Hebr. 1,1ff., wohl aber in der menschlichen nach Hebr. 2,8!). Solange feindliche Mächte vorhanden sind, solange ist noch keine Vollkommenheit in die Erscheinung getreten, aber wenn alle Feinde beseitigt sind, wie es sein wird, wenn selbst der Tod in den Feuersee („den zweiten Tod“, Offenb. 20,11ff.) geworfen sein wird, dann ist der Vollendungszustand eingetreten, und der Dienst des Sohnes als des Verwalters des Ihm von Gott Anvertrauten

ist für immer beendet. Was für Herrlichkeiten! Was für eine Zukunft!

Wenn nun aus dem Wort V. 26 geschlossen wird, daß damit, wenn (wörtl.) „als letzter Feind wird der Tod weggetan“, doch die schließliche Beseligung aller „angedeutet“ sei, so ist demgegenüber nur zu sagen, daß es ein falscher Schluß ist, denn dieses letzten Feindes, der als Person gedacht ist, endgültiger Bleibeort ist ja „der Feuersee, der mit Feuer und Schwefel brennt“ (Offenb. 20,11ff.), von dessen Vernichtung nicht nur nichts gesagt wird, sondern der vielmehr auch als der endlose Aufenthaltsort aller derer gezeigt wird, deren Namen nicht im Lebensbuch des Lammes geschrieben sind. (20,15 u. 21,8!) Dahinter ein Fragezeichen zu setzen ist Schriftfälschung! Da gebührt uns „Glauben, wie die Schrift sagt“ (Joh. 7,38), nicht Zweifel oder „zweifelnde Überlegungen“, womit wir nicht Gott ehren. Laßt uns vielmehr, wie obige Antwort so ernst betont, Gottes ewiges Wesen in Seinem Charakter als „Licht“ so gut wie als „Liebe“ uns willig und gläubig unterwerfen und Ihm recht geben, dessen Wort ewig unverbrüchlich ist! Ehren wir jetzt Ihn durch Glauben, ohne zu sehen! Wenn das Stückwerk aufhört, so werden wir auch in dieser Hinsicht „erkennen“, und dann werden wir allein Ihn verherrlichen und anbeten, Ihn, dessen „Gerichte (für uns) unausforschlich“ und dessen „Wege unausspürbar“ sind (Röm. 11,33). Alles und alles muß zu Seiner Herrlichkeit dienen, auch das, was dem durch Satan verblendeten natürlichen und seelischen Menschen unverständlich bleibt. „In Deinem Lichte werden wir das Licht sehen“ (Ps. 36,9) - und wieviel wird uns dann offenbar werden! Laßt uns darauf warten mit Ausharren und dem ganzen

untrüglichen Worte glauben in demütigem Vertrauen und Gehorsam!

„Wir wandeln durch Glauben!“ (2. Kor. 5,7.)

Von Ihm und durch Ihn und für Ihn sind alle Dinge; Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“ (Röm. 11,36.)

F. K.

Das nahe Ende.

Hast kennzeichnet unsere Zeit. In Eile haben sich gewaltige Ereignisse vollzogen, und noch größere werden sich in ungeahnter Schnelle vollziehen. Gott hat uns darüber in Seinem Worte nicht im Dunkel gelassen.

Die Weltgeschichte kann über das berichten, was geschehen ist, und der Mensch kann raten und mutmaßen, was geschehen mag, Gott allein aber kann sagen, was geschehen wird; und in der Schrift hat Er dies getan. Welche Majestät liegt in dem Worte: „Gedenket des Anfänglichen von der Urzeit her, daß Ich Gott bin und sonst ist keiner, daß Ich Gott bin und gar keiner wie Ich; der Ich von Anfang an das Ende verkünde, und von alters her, was noch nicht geschehen ist; der Ich spreche: Mein Ratschluß soll zustande kommen, und all Mein Wohlgefallen werde Ich tun.“ (Jes. 46,9.10.)

Der Ungläubige mag, soviel er will, Sein Wort bekritteln, der Gläubige aber hält fest: „Sollte Gott gesprochen haben und es nicht tun, und geredet haben und es nicht aufrecht halten?“ (4. Mos. 23,19.) Das prophetische Wort bezeugt

uns, daß Er über jeden Widerstand triumphieren wird. „Dem allein weisen Gott durch Jesum Christum, Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit!“ (Röm. 16,27.) Christus ist das Wesen aller Vorbilder und der Inhalt aller Vorsätze Gottes. Der Geist der Weissagung ist das Zeugnis Jesu. (Offb. 19,10.)

Ein starker Scheinwerfer am Mast eines Schiffes mag vieles, was im Bereich seines Lichtes liegt, dem menschlichen Auge enthüllen, aber er findet seine Grenze am Horizont. Über diesen hinaus vermag er kein Licht mehr zu geben und nichts zu enthüllen. Gott dagegen überschaut den ganzen Lauf der Welt vom Anfang bis zum Ende, und durch die Lampe Seines Wortes läßt Er auch uns nicht nur das Ende aller Dinge sehen, sondern auch die Umstände, unter welchen das Ende kommen wird. Dieser „Scheinwerfer“, das Licht Seines Wortes, wird durch keinen Horizont begrenzt. Petrus spricht hiervon in 2. Petr. 1,19: „Auf welches zu achten ihr wohl tut, als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.“

Der Seemann gebraucht den Scheinwerfer nicht, um den Polarstern zu entdecken, wohl aber, um die Gefahren zu erkennen, die ihm auf seiner Fahrt drohen. So ist es auch mit dem Gläubigen. Er bedarf der Lampe des prophetischen Wortes nicht, um den Morgenstern zu sehen, sondern um an dem „dunklen Orte“ die Gefahren zu erkennen, die mit dem Wachsen des Dunkels der Nacht ihn um so verderbenbringender umgeben.

Gott kennt die Gefahren, und damit wir sie erkennen sollen, hat Er uns das Licht des prophetischen Wortes

gegeben, von welchem Sein Geist uns sagt: „Auf welches zu achten ihr wohl tut.“

Viele haben auf dieses uns von Gott gegebene Licht nicht geachtet und in ihrem Lauf Schiffbruch erlitten und gleich dem gerechten Lot ihre gerechte Seele Tag für Tag durch das, was sie sahen und hörten, gequält. (2. Petr. 2,7.8.) Solche beherzigen das im Worte zuvorbezeugte Ende nicht noch die verderblichen Folgen ihres Beispieles auf ihre Kinder und andere (wie wir dieses auch bei Lot sehen) und bleiben in Verbindung mit dem erkannten Bösen. O, daß wir auf die mahnende Stimme der göttlichen Liebe hören möchten: „Gehet aus ihr heraus, Mein Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünde teilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen!“ „Stehe ab von der Ungerechtigkeit!“ (Offb.18,4; 2. Kor. 6,17; 2. Tim. 2,19.22.)

Gott hat Offenbarungen über die Zukunft gegeben. Die Geheimnisse oder die vertrauten Mitteilungen Jehovas sind für die, welche Ihn fürchten. (Ps. 25,14.) Nachdem der Herr Jesus verherrlicht und der Heilige Geist herniedergekommen ist, besitzen wir „vertraute Mitteilungen“ über

1. Das Ende der Zerstreuung der Juden,

2. Das Ende der Zeiten der Nationen,

3. Das Ende der Gemeinde auf Erden.

Für die Enthüllung Seiner Geheimnisse wählte Gott sich besondere Knechte. Wir wollen auf vier hinweisen: 1. Joseph, der Patriarch, 2. Daniel, der Prophet, 3. Johannes, der Apostel des fleischgewordenen Wortes, 4. Paulus, der

Apostel des verherrlichten Christus.

Außer auf diese vier möchten wir aber noch auf einen anderen, den vollkommenen Knecht, hinweisen, von dem Gott Jahrhunderte zuvor sagte: „Siehe, Mein Knecht, den Ich stütze, Mein Auserwählter, an welchem Meine Seele Wohlgefallen gefunden hat.“ (Jes. 42,1; Matth. 12,18.) Gewisse Kennzeichen, welche dieser vollkommene Knecht trug, finden wir auch bei jedem der anderen Knechte, z. B.:

Alle wurden besonders geliebt. Joseph wurde mehr geliebt als die anderen Kinder seines Vaters. (1. Mos. 37,3.) Daniel wurde von Gabriel angeredet als ein „Vielgeliebter“. (Dan. 9,23.) Johannes nennt sich den Jünger, den Jesus liebte. (Joh. 13,23.) Paulus sagt in Bezug auf den Sohn Gottes: „Der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat“. (Gal. 2,20.)

Alle wurden besonders gehaßt. Joseph wurde von seinen Brüdern gehaßt (1. Mos. 37,4), Daniel von den Vorstehern und Satrapen (Dan. 6), Johannes von den Feinden des Zeugnisses Jesu (Offb. 1,9) und ebenso Paulus. (1. Kor. 4,9-13.)

Alle wurden durch Absonderung gekennzeichnet. Joseph stand abseits von den bösen Wegen seiner Brüder und entfloh dem ehebrecherischen Treiben (1. Mos. 39,9), Daniel verweigerte, sich durch die Speise des Königs zu verunreinigen (Dan. 1,8), Johannes stand abgesondert und warnte vor den Dingen, die in der Welt sind (1. Joh. 2,15), und Paulus war der Welt gekreuzigt und die Welt ihm. (Gal. 6,14.)

Alle wurden verfolgt. Joseph wurde ein Gefangener in Ägypten (1. Mos. 39,20), Daniel ein Gefangener in Babylon (Dan. 1,6), Johannes ein Gefangener auf Patmos (Offb. 1,9), Paulus ein Gefangener in Rom. (Apg. 28,16.)

Blicken wir aber auf den vollkommenen Knecht, dann müssen wir ausrufen: Wer war so geliebt - wer so bitter gehaßt - wer so völlig abgesondert - wer so grimmig verfolgt wie Er?

Nicht nur erwählte Gott Sich Seine besonderen Knechte, Er handelte auch mit jedem in einer besonderen Weise. Laßt uns auch dieses einen Augenblick betrachten!

Den beiden zuerst genannten Knechten (Joseph und Daniel) wurden die Geheimnisse Gottes durch Träume geoffenbart. Die anderen beiden Knechte (Johannes und Paulus) empfingen die göttlichen Geheimnisse durch direkte Offenbarung, alle vier aber bestätigen uns, daß die Offenbarungen nicht durch den Willen des Menschen hervorgebracht wurden und daß der menschliche Geist darin völlig ausgeschlossen war. (2. Petr. 1,21.) Was Gott uns durch Offenbarung bekannt macht, das steht in direktem Gegensatz zu allem, was das Auge, Ohr und Herz des Menschen durch Erforschung erreichen kann. (1. Kor. 2,9.10.) Wir sehen dieses bei einem Traume. Ein Traum ist ein Eindruck auf den Geist des Menschen, bei dem der Wille des Menschen völlig ausgeschaltet ist. Niemand kann zuvorbestimmen, was er träumen oder nicht träumen will, noch nach seinem Willen einen Traum wiederholen. Dies beweist uns Nebukadnezar. Wir lernen hieraus, daß, so wie der Mensch mit seinem Willen und seiner Kraft in den Offenbarungen der Ratschlüsse

ausgeschlossen ist, er auch ebenso in der Ausführung der göttlichen Ratschlüsse ausgeschlossen ist.

Die Zerstreuung der Juden und ihr Ende.

Welch ein wunderbares Volk ist dieses Volk und wie verschieden von allen Völkern der Erde! Überallhin sind die Juden geflohen. Sie besitzen kein eigenes Land und haben doch überall ihre Eigenart und Nationalität bewahrt. Wer will leugnen, daß die Schrift dieses zuvorgesagt hat? Hosea sagt: „Sie sollen Flüchtlinge sein unter den Nationen“. (Hos. 9,17.) Und Bileam mußte weissagen, daß sie als ein Volk unvermischt unter den Nationen bleiben werden: „Abgesondert wird es wohnen und unter die Nationen nicht gerechnet werden“. (4. Mos. 23,9.)

Ihre Vertreibung aus dem Lande und ihre Verfolgungen, die schrecklicher als die irgend eines anderen Volkes auf Erden waren, sind nur die Erfüllung von Weissagungen.

Als sie auf dem Wege in das ihnen verheißene Land waren, sagte Gott ihnen mehr als 1400 Jahre vor Christi Geburt die Folgen ihres Ungehorsams voraus: „Ich werde euch zerstreuen unter die Nationen und das Schwert ziehen hinter euch her, und euer Land wird eine Wüste sein und eure Städte eine Öde.“ (3. Mos. 26,33.) An dem Tage aber, wenn sich ihr unbeschnittenes Herz demütigt und sie dann annehmen die Strafe ihrer Ungerechtigkeit, sagt Gott, „werde Ich Meines Bundes mit Jakob ... und des Landes gedenken. Denn das Land wird von ihnen verlassen sein, und es wird seine Sabbathe genießen in seiner Verwüstung ohne sie.“ (3. Mos. 26,41-43.) Wer will bestreiten, daß das Land, seitdem es von den Juden

daß jetzt Tausende in das Land zurückkehrender Juden (obgleich im Unglauben an ihren Messias) sich dem Ackerbau zuwenden? Ist das nicht ein klares Zeugnis, daß Gott Seine Verheißung, des Landes zu gedenken, nicht vergessen hat?

Bis zu diesem Tage sind die Juden ohne Land, ohne einen über sie regierenden König oder Fürsten, ohne eigene Gesetze, ohne eine Armee oder Marine zu ihrem Schutze, und doch sind sie ein Volk, unterschieden von allen Völkern der Erde. Auch für ihren Kultus besitzen sie keinen Sammelpunkt. Sie haben kein Abzeichen von Gott, keinen Priester, welcher Gott ihre Opfer darbringt, und doch sind sie ein abgesondertes Volk und werden es bleiben, bis Gottes Ziel mit ihnen erreicht ist. Obgleich die Masse, welche Anspruch macht, das Volk zu sein, von dem Antichristen, dem falschen Propheten, betrogen, diesen für eine kurze Zeit anerkennen wird, so wird doch ein treuer Überrest bewahrt bleiben und seinen rechtmäßigen König begrüßen.

Hosea weissagte 780 Jahre vor Christi Geburt, das ist heute vor mehr als 2600 Jahren: „Die Kinder Israel werden viele Tage ohne König bleiben und ohne Fürsten, und ohne Schlachtopfer und ohne Bildsäule, und ohne Ephod und Teraphim“. (Wer kann die buchstäbliche Erfüllung dieser Prophezeiung bestreiten?) Alsdann fährt der Prophet fort: „Danach werden die Kinder Israel umkehren und Jehova, ihren Gott, und David, ihren König, suchen; und sie werden sich zitternd wenden zu Jehova und zu Seiner Güte am Ende der Tage“. (Hos. 3,4.5.)

Außer den vielen Weissagungen zeigt uns Gott auch in vielen Vorbildern das Ende ihrer Zerstreuung. In den

beiden Träumen Josephs haben wir ein göttliches Vorbild auf Den hin, vor Dem sich jedes Knie im Himmel und auf Erden beugen soll. Die „Garben“ (das, was auf Erden ist) und die Sonne, Mond und Sterne (das, was im Himmel ist), alles beugt sich Ihm. Seine Verwerfung von seinen Brüdern und der Verkauf als Sklave sah zwar nicht nach Erfüllung dieser seiner Träume aus. Die Auslegung der späteren Träume Pharaos aber wurde der Weg zur Erfüllung der Träume Josephs. Joseph wurde „Herrscher über das ganze Land Ägypten“ (1. Mos. 45,8); man rief vor ihm her: „Werfet euch nieder!“ (1. Mos. 41,43.) Er war der Verwalter der Schätze und Reichtümer Ägyptens für alle Nationen.

Welch ein wunderbares Vorbild ist dies von der Erfüllung der Abraham gegebenen Verheißung, daß in seinem Namen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden sollen. Und noch etwas sehen wir in diesem Vorbilde, nämlich, daß die Gemeinde mit Christus vereinigt sein wird, ehe Israel seinen erhöhten Messias erkennen, annehmen und durch Ihn errettet wird. Joseph empfing Asnath, die Braut, das Weib aus den Nationen, ehe die große Hungersnot und Trübsal kam. (1. Mos. 41,45; Jer. 30,7.) Wie vollkommen ist doch die Schrift, und wie blind sind die Augen, die solches nicht sehen.

Die Zeit der Herrschaft der Nationen und ihr Ende.

Es ist ein Unterschied zwischen Gesetzgebung und Regierung. Ein Gesetz ist der Ausdruck des Willens eines Herrschers. In der Regierung kommt die Beachtung des Gesetzes zum Ausdruck.

Ohne Regierung würde der Böse freie Hand haben und ein

unerträglicher Zustand in der Welt sein. Vor der Sintflut gab es keine Regierung, und „der Menschen Bosheit war groß“. „Die Erde war voll Gewalttat.“ Wir lesen: „Es schmerzte Jehova in Sein Herz hinein.“ (1. Mos. 6,5-13.)

Nach der Sintflut ordnete Gott die Regierung an. Die Bosheit und Gewalttat der Menschen sollte in Schranken gehalten und Rücksicht auf das menschliche Leben genommen werden. Wer eines Menschen Blut vergoß, durch Menschen sollte dessen Blut wieder vergossen werden. (1. Mos. 9,6.) Gott legte die Ausführung des Gerichtes über Blutschuld in die Hand des Menschen, und Gott unterstützte ihn in der Aufdeckung solcher Schuld. Daher das bekannte Sprichwort: „Es ist nichts so fein gesponnen, es kommt doch endlich an die Sonnen“. (Vergl. auch Apg. 28,4.) Die Regierung ist gesetzt worden zur Bestrafung der Übeltäter, aber zum Lobe derer, die Gutes tun. Deshalb werden wir ermahnt, uns aller menschlichen Einrichtung um des HErrn willen zu unterwerfen: „Es sei dem Könige als Oberherrn oder den Statthaltern als denen, die von ihm gesandt werden“. (1. Petr. 2,13.14.)

Die von Gott für die gegenwärtige Zeit gegebene Regierung währt nur bis zu dem Tage, da der Fürst des Friedens das Zepter in Seine Hand nehmen wird. Alsdann wird Er über das Haus Jakob herrschen ewiglich, und Seines Reiches wird kein Ende sein. (Luk. 1,33.)

In der gegenwärtigen Zeit ist Gottes Ratschluß mit Israel und der Gemeinde verbunden. Laßt uns ein einfaches Bild gebrauchen. Ein Landmann hat auf seinen Acker zweierlei Samen (Korn und Futterkraut) gesät. Beide sind ihm wertvoll. Aber erst nach der Ernte des Kornes kann er sich

mit dem später heranwachsenden zweiten Samen beschäftigen. So stehen gleichsam die beiden Samen, Israel und die Gemeinde, noch auf Gottes Ackerfeld hienieden. Gottes Pläne mit dem Samen Abrahams müssen in ihrer Ausführung solange zurückgestellt werden, bis die Gemeinde entrückt ist. Ein Diener der Gemeinde schreibt, daß der HErr ihn bewahren werde für Sein himmlisches Reich (2. Tim. 4,18), und andererseits ein Überrest aus dem Volke der Juden wird bewahrt werden für Sein irdisches Reich.

Gottes Gemeinde ist heute noch auf der Erde als ein kostbarer Schatz. Gottes ewiger Ratschluß ist mit ihr verbunden. Wenn die Stunde gekommen ist, wird der HErr sie in einem Nu von hier hinwegnehmen und das Ackerfeld von allem Unkraut durch das Gericht reinigen. Wenn dies geschehen ist, wird Jakob Wurzel schlagen und Israel blühen und knospen; und sie werden mit Früchten füllen die Fläche des Erdkreises. (Röm. 9,29; Jes. 27,6.)

Solange, bis Gottes Pläne und Ziele mit beiden (Israel und die Gemeinde) vollführt sind, will Gott, daß diese Welt unter Regierung, Zucht und Ordnung steht. Wohl mag Er Verfolgungen, Kämpfe usw., wenn Er es für nötig hält, zulassen, damit sich niemand hier unten möge heimisch machen; denn keiner, sei es Jude oder Christ, ist jetzt schon an seinem bestimmten Platz. Israels Platz ist Kanaan, und die Heimat der Gemeinde ist der Himmel.

Alle Geschehnisse in dieser Welt werden von Gott überwaltet. Er hält die Zügel in Seiner Hand. Alles, was geschieht, muß zur Vollführung Seiner Ratschlüsse über Israel und die Gemeinde dienen. Er konnte einen Klaudius gebrauchen, um einem himmlischen Fremdling in Korinth

eine passende Herberge zu bereiten. (Apgesch. 18,1ff.)

Gottes Ur- und Leitgedanke in bezug auf die Regierung ist die Monarchie. Er will alle Gewalt in die Hand eines Mannes, alles unter ein Haupt zusammen bringen. (Eph. 1,10; Ps. 2,6-8.) So legte Er die unbeschränkte Macht einst in die Hand eines Mannes - des Königs Nebukadnezar; aber anstatt sie zu Gottes Herrlichkeit und zum Segen der Menschheit zu gebrauchen, benutzte dieser sie zu seiner eigenen Herrlichkeit und zum Verderben der Menschen. Über ein Kleines aber wird Gott die unumschränkte Herrschaft einem anderen Manne - Christus - geben, dann wird die ganze Erde mit Seiner Herrlichkeit erfüllt werden. Gottes Wille wird dann auf Erden geschehen wie im Himmel, und die Menschen werden gesegnet werden. (Ps. 72,17-19.)

Im Blick hierauf laßt uns nun noch ein wenig näher die Bedeutung des Bildes, welches Nebukabnezar in seinem Traume sah, betrachten.

Das Neue Testament sagt uns, daß die obrigkeitlichen Gewalten „von Gott“ verordnet sind. (Röm. 13,1.) Ein „Bild“ stellt sich eben nicht selbst auf; es steht, wo es hingestellt ist, als ein stummes Zeugnis von der Macht und dem Willen dessen, der es gebildet hat. Das Geformte kann nicht streiten mit dem Willen des Formers, der es gemacht hat. (Röm. 9,20.) In dem „Bilde“ Nebukadnedzars empfangen wir einen Überblick über die Entwicklung der Zeit und Herrschaft der Nationen, wie Gott sie von Anfang bis zu ihrem Ende sieht. Ihr ganzer Lauf wird in vier Monarchien gesehen. Diese vier Kaiserreiche werden in dem Bilde, welches Nebukadnezar sah, im wesentlichen durch vier verschiedene Bestandteile

gekennzeichnet:

Bei dem ersten Reich ist das Haupt von feinem Gold.

Bei dem zweiten Reich sind die Brust und die Arme von Silber.

Bei dem dritten Reich sind der Bauch und seine Lenden von Erz.

Bei dem vierten Reich sind die Füße teils von Eisen und teils von Ton.

Das ganze Bild zeigt den unaufhaltsamen Niedergang der monarchischen Macht. Nebukadnezars Macht war absolut, unbeschränkt. Dies wurde durch das unvermischte feine Gold angezeigt. „Du bist das Haupt von Gold.“ (Dan. 2,38; 5,18.19.) Die folgenden Monarchien sanken mehr und mehr in ihrer Macht herab. Sie besaßen nicht mehr die Unumschränktheit der ersten und wurden immer schwächer bis herunter zu den Zehen. Das zweite Reich, das medisch-persische z. B., wird dargestellt durch Silber. Dies bedeutete, daß es an Macht niedriger stand als das babylonische. Es ist wichtig, dieses zu beachten, denn nur wenn wir das Geheimnis dieses Niederganges kennen, vermögen wir den gegenwärtigen Stand der Nationen zu beurteilen.

Von Nebukadnezar, dem Könige von Babylon, sagt uns die Schrift: „Wen er wollte, tötete er, und wen er wollte, ließ er leben.“ (Dan. 5,19.) Darius, der König der Meder und Perser, besaß diese unumschränkte Macht eines Alleinherrschers nicht mehr. Er wollte Daniel nicht töten und tat sein äußerstes, um ihn vom Tode in der Löwengrube zu erretten. Es gelang ihm aber nicht. Warum

konnte er ihn als König nicht erretten? Weil der Wille anderer bereits mitzureden hatte. Einige Fürsten und Große des Landes waren Rats geworden, ein Gesetz zu erlassen, welches vom Könige unwiderruflich anerkannt werden sollte. Dieser Grundsatz der gesetzlichen Festlegung hat sich seit dieser Zeit mehr und mehr zur Staatsform entwickelt und sich derart entfaltet, daß heute nicht nur der Wille einzelner weniger, sondern der Wille aller Untertanen auf Grund einer gesetzlichen Staatsverfassung in der Regierung mit zu bestimmen hat. Der Wille der vielen (der Starken und Schwachen, des Eisens und des Tones) wird kundgetan durch die Volksvertreter, die die Gesetze, wie sie ihnen passend erscheinen, herausgeben, unter welche der König oder der Präsident ihre bestätigende Unterschrift zu setzen haben. Wenn die Untertanen herrschen und das Staatsoberhaupt sich den Gesetzen fügen muß, dann sind wir bei dem Gegensatz von Gottes Urgedanken angelangt. Dann ist das unterste Teil des Bildes oder das Ende der Zeit und Herrschaft der Nationen nahe gekommen.

Laßt uns noch einen Augenblick eines besonderen Umstandes gedenken. In der Schrift finden wir mit dem „Ton“ die Oberherrschaft Gottes und Seines Willens über den Menschen und dessen Willen verbunden. „Wer hat Seinem Willen widerstanden? Hat der Töpfer nicht Macht über den Ton?“ (Röm. 9,19-21.) Die Menschen mögen tun, was sie wollen, Gott aber hat das letzte Wort. Er, der die Herrschaft der Nationen einsetzte, Er wird sie zu Seiner Zeit auch wieder beiseite setzen, und zwar für immer. Dieses wird dann geschehen, wenn der Lauf der Geschichte der Nationen die untersten Gliedmaßen des Bildes, die Füße und Zehen, erreicht hat. Dann wird der

Stein, der sich ohne Hände (ohne menschliches Zutun) löst, die Füße von Eisen und Ton zermalmen und das ganze Bild gleich der Spreu verwehen. Dies ist das Ende der Regierung der Nationen. Wohl werden die Zeiten der Nationen, von welchen der HErr redet, dann vorüber sein, aber damit nicht die Segnungen der Nationen. Gott hat Schöneres und Besseres, als je die Welt gesehen, für sie vorbehalten. Ungekannte Segnungen werden ihnen in den Tagen der Regierung des Messias zufließen, wenn alle Enden der Erde Sein Zepter küssen werden. (Jes. 66,19; Ps. 96,10-13.) Alsdann wird der König der Könige und der HErr der Herren offenbar machen, daß der vollkommene Wille Gottes und die wahre Glückseligkeit des Menschen miteinander verbunden sind.

Der Stein, der das Bild zermalmte, wird die ganze Erde erfüllen. Vielleicht fragst du: „Was bedeutet dieser Stein?“ Vier inspirierte Zeugen legen ein einstimmiges Zeugnis darüber ab: David in Ps. 118,22, Jes. in Kap. 8,14.15, der Apostel Petrus in Apg. 4,11.12 und Paulus in Röm. 9,33. Alle bezeugen, daß Christus der Stein ist, und der HErr Selbst bestätigt es. Als Er von Seiner Verwerfung und den ernsten Folgen derselben redet, sagt Er: „Jeder, der auf jenen Stein fällt, wird zerschmettert werden; auf welchen irgend er aber fallen wird, den wird er zermalmen.“ (Luk. 20,17.18.)

Dann wird es offenbar werden, wie unmöglich es ist, an dem „Bilde“ und zugleich an dem sich loslösenden „Stein“ teilzuhaben. Warum versuchen dieses heute so manche immer wieder? Es ist keine wahre Weisheit, sich mit dem zu verbinden, was über kurz oder lang zermalmt werden wird. Wie gut ist es, den Rat des Heilandes anzunehmen:

„Trachtet zuerst nach dem Reiche Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit, und dies alles wird euch hinzugefügt werden.“ (Matth. 6,33.)

Die Wichtigkeit dieses Rates tritt uns auch vor Augen, wenn wir den Traum Daniels betrachten. (Dan. 7.) In diesem Traume werden uns dieselben vier Reiche wieder vorgeführt, aber diesmal in der Gestalt von vier Tieren. Diese vier großen Tiere sind vier Könige. (Dan. 7,17.) Das vierte Tier wird ein viertes Königreich auf Erden sein. (Dan. 7,23.) Damit ist deutlich ausgesprochen, daß ein „Tier“ das Bild einer irdischen Herrschaft ist. In dem Bilde eines „Tieres“ liegt natürlich keine Geringschätzung der Person des Königs, denn Gott sagt: „Ehre den König“!

Die ersten drei Reiche werden uns im Alten Testamente genannt: 1. Das Babylonische Reich, 2. das Medisch-Persische Reich und 3. Griechenland. Das vierte und letzte Reich - das Römische - finden wir im Neuen Testament (Luk. 2,1). Dieses Reich ist für uns das wichtigste, nicht nur, weil es unsere Zeit überdauert, sondern auch, weil es in den Tagen des HErrn und Seiner Apostel herrschte, als schon bereits das Reich Gottes den Herzen der Menschen nahegebracht wurde. (Vergl. Dan. 2,44; Luk. 17,21; Joh. 3,5.)

Dieses letzte vierte Reich wurde kurz vor dem ersten Kommen Christi aufgerichtet, und es wird sein Ende bei der Wiederkunft Christi finden.

Der Umfang des Römischen Reiches (allgemein gesprochen) umschloß alle Länder, die vom Mittelländischen Meere berührt wurden samt ihren Kolonien, wozu auch Großbritannien und ein westlicher Teil

Deutschlands gehört. Dieses große Reich ist seitdem in viele Königreiche zerfallen; es wird aber wieder unter einem politischen Oberhaupt in Einheit erstehen. Offenb. 13 spricht davon. Es spricht von einem Tiere, welches aus dem „Meere“ aufsteigt. (Ein Bild von einem Zustand, der weder befriedigt noch dem Frieden dient. Pred. 1,7; Jes. 57,21.) Dieser kluge politische Emporkömmling läßt es sich angelegen sein, alle zu befriedigen und auch Frieden zu halten. Bei allen jenen, die hingegeben werden, der „wirksamen Kraft des Irrtums zu glauben“ (2. Thess. 2,11), wird er eine Zeitlang Erfolg haben. Er ist mit satanischer Kraft ausgerüstet und des Teufels Meisterstück in Trug und Gesetzlosigkeit. Seine Macht, seinen Thron und große Gewalt empfängt er von dem Drachen. Die große Masse des Volkes wird ihn mit Freuden begrüßen als den Mann, nach dem die Welt längst ausgeschaut hat.

Wir wenden uns nun dem vierten Tiere zu. Alle vier Tiere sind unrein und von großer Kraft und, mit Ausnähme des vierten, bekannte Raubtiere. Ein Tier steht nicht in Beziehung zu Gott noch zu den Menschen. Es folgt instinktiv, ohne Bewußtsein, seinem natürlichen Triebe; und dadurch kann der Mensch es sich seinem Willen dienstbar machen. Ein Wolfshund z. B. hat den Trieb, Schafe zu verfolgen. Durch seinen Trieb kann der Hirte sich ihn nutzbar machen. Das Tier folgt mit Lust seiner Neigung, aber unter dem wachsamen Auge des Hirten dient es dem Wohl der Herde. Sollte der Hund die Neigung zeigen, die Herde zu beißen oder zu schädigen, so greift der Hirte ein und zeigt, daß er die Oberherrschaft fest in seiner Hand hat.

In Luk. 18 spricht der HErr von einem Richter, der Gott

nicht fürchtete und vor keinem Gesetz sich scheute. Ein Richter repräsentiert die Regierung. Vom Standpunkte der Gerechtigkeit vernachlässigte dieser Richter das Flehen der Witwe. Erst als ihr Flehen ihn störte, trat er für sie ein. Dem Beweggrund nach diente er sich selbst, dem Ergebnis nach ihr.

So ist es auch mit dem Sinnbild des „Tieres“. Die regierenden Männer mögen sich ihrer politischen Erfolge, durch welche sie glauben, ihrem Lande oder ihrer Partei gedient zu haben, erfreuen und wissen nicht, daß längst, ehe sie ihre Pläne machten und ausführten, ihr Tun schon in Gottes Plänen eingeschlossen war und Seinem Ziele dienen mußte. Eine Katze ist zufrieden, eine Öffnung in des Landwirts Scheune zu finden und die Maus dort zu erhaschen; aber indem sie ihre Neigung befriedigt, dient sie in Wahrheit dem Interesse des Landwirtes.

Wenn die regierenden Gewalten nicht bewußt und willig den Willen Gottes tun wollen, so mögen sie handeln nach ihrem Eigenwillen und doch unbewußt den Willen Gottes zur Ausführung bringen. Fürchten die regierenden Männer aber Gott, um so besser für sie und für alle!

Gott ist nicht, wie etliche denken, für die Ausführung Seines Willens an gottesfürchtige Männer gebunden. Auch wenn die Menschen die Furcht Gottes aufgegeben haben, so bleibt es doch bestehen: „Daß der Höchste über das Königreich der Menschen herrscht und es verleiht, wem Er will, und den Niedrigsten der Menschen darüber bestellt“. (Dan. 4,17.) Beachte, Er bestellt nicht den Hohen, sondern den Niedrigsten. Wie oft hat die Welt es bestätigt, daß nicht die geistig oder moralisch hochstehenden Regenten, sondern die niedrigsten Gottes

Zielen dienen mußten. Das Wort Gottes mochte die Motive und das Leben solcher verurteilen, und doch mußten nach Gottes Ratschluß ihre Handlungen dem Wohle ihrer Völker dienen. „Gleich Wasserbächen ist eines Königs Herz in der Hand Jehovas; wohin immer Er will, neigt Er es.“ (Spr. 21,1.) Ob es sich nun um einen König oder um eine Anzahl verbündeter Könige handelt, ist für Gott kein Unterschied. Wenn am Ende der Zeit sich zehn Könige verbinden, um ihre Gewalt dem Tiere zu geben, die Hure zu verderben, so erfüllen sie damit doch nur Gottes Willen. (Offenb. 17,16.17.)

So war es zu allen Zeiten. Herodes und Pontius Pilatus versammelten sich mit den Nationen und den Völkern Israels. Wozu? Um ihre gottlosen Pläne auszuführen! Aber nach Gottes Ratschluß mußten sie „alles tun, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvorbestimmt hatte, daß es geschehen sollte“. (Apgesch. 4,27.28.) Laßt uns diese drei Worte: „Wen Er will“, „wohin Er will“ und „was Sein Ratschluß will“ beachten!

Gott ist unsere Zuflucht. Inmitten des Abfalles und der Auflehnung wider Gott bewahrt Gott das Herz des Gläubigen in völligem Frieden. Gott ist für uns! Wir sind nicht von den Strömungen der Politik, sondern von Ihm abhängig. Betrachte die Raben und die Lilien! Wie unabhängig sind sie von den Beschlüssen aller Parlamente der Welt!! Gott versorgt sie, und Er sagt uns, daß wir mehr sind als diese. Derselbe Gott, der sie versorgt, sorgt für uns, und wir dürfen sagen: „Der HErr ist mein Hirte, und mir wird nichts mangeln“. Mit Vertrauen wenden wir uns an Ihn und wissen, daß unsere Zeit in Seiner Hand steht. Bald wird die Herrschaft auf Seinen Schultern sein; bis

dahin will Er uns auf Seinen beiden Schultern tragen. Große Umstürze stehen der Welt bevor. „Umgestürzt, umgestürzt, umgestürzt will Ich sie machen ...“ (Hes. 21,32; Hebr. 12,26-28.) Die Hand aber, die Macht hat, umzustürzen, hat auch die Macht, zu erhalten, und diese Hand hält uns.

So, wie die Gläubigen im Anfang standen, so stehen sie heute noch. Sie sind der menschlichen Obrigkeit unterworfen, aber sie wissen, daß Gottes Hand alles überwaltet. So tat auch der HErr, als Er hienieden wandelte. Was Antwortete Er den Politikern Seiner Tage? „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist.“ (Matth. 22,21.) Den irdischen Herrschern gebührt unsere Unterwerfung, dem himmlischen Herrscher aber unser Vertrauen. Wer war so unterworfen wie der HErr? Und wer vertraute Gott so wie Er? Nie befaßte Er Sich mit der Regierung dieser Welt, und nie hat Gott Seine Gemeinde mit der Regierung der Welt betraut. Solches zu tun ist der Geist Babylons (Offenb. 17,18). Gott kann in Seiner Vorsorge für uns und zu unserem Besten eine Nation benutzen, um die andere in Schranken zu halten, eine Partei, um die andere zu zügeln, einen Bewerber, um den anderen fallen zu lassen, und Er sagt unserem zitternden, furchtsamen Herzen: „Alles ist um euretwillen“. „Ermattet nicht!“ „Fürchtet euch nicht!“ (2. Kor. 4,15.16; Luk. 12,32.)

G. C. (v. d. K.)

(Schluß folgt, s. d. H. w.)

Gedenke!“ (Offenb. 2,5.)

Wenn wir beachten, was für eine Fülle von Anerkennung in dem Sendschreiben an Ephesus (Offenb. 2,1-7) enthalten ist, dann muß es Sich uns tief ins Herz eingraben, daß alle diese an sich kostbaren Dinge den HErrn darum nicht befriedigen konnten, weil die Gemeinde ihre „erste Liebe“ verlassen hatte (2,4). Und zwar ist diese erste Liebe nicht etwa als ein weiteres Stück anzusehen, welches sich den übrigen wohl zehn Stücken hätte anreihen müssen, sondern sie sollte vielmehr der Beweggrund zu all jenen Dingen sein, und als solcher fehlte sie, und nichts anderes konnte sie ersetzen! Wie ernst ist das! Das war der Beginn des Verfalls der Gemeinde Gottes! Nichts äußerlich in die Augen Fallendes, nichts, was vor Menschen groß gewesen wäre - aber für Ihn war es alles, war es die Hauptsache!

Tun wir, was wir tun, aus Liebe? Halten wir Sein Wort aus Liebe? (Joh. 14,21ff.) Feiern wir Sein Gedächtnismahl aus Liebe zu Ihm? Sind wir treu im Kleinen um Anerkennung oder aus Liebe? Ernste Fragen, die sich leicht vermehren lassen!

Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke ... Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Offenb. 2,5.7.)

F. K.

Frage 14

Bitte um einige Gesichtspunkte über das Buch Jona.

Antwort

Jona kann von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Einige davon wollen wir versuchen, hier in Kürze wiederzugeben.

Der größte Segen wird uns, wenn wir durch die Gnade Gottes geführt werden, vor allem das Geschichtliche und Praktische zu erkennen und es auf unser eigenes Gewissen, Herz und Leben anzuwenden. Es ist die notwendigste Voraussetzung, um ein tieferes und geistlicheres Verständnis des Wortes Gottes zu erlangen.

Wenn Hiob uns zur Selbsterkenntnis führt, so Jona zur Aufgabe des Selbstwillens. Beide waren Gläubige und Knechte Gottes. Die Lehren, die ihnen von Gott gegeben wurden, tun uns auch heute sehr not. Das Sich-behaupten-wollen und das hartnäckige Festhalten an unseren Lieblingsideen führt uns

a) zum Eigenwillen und Ungehorsam gegen Gott;

b) bringt uns unter Gottes Zucht und in tiefes Leid,

Wir sehen dann, wie Gott Sich Seines Knechtes annimmt und ihn errettet und von neuem ihm den Auftrag gibt.

So haben wir

Kap. 1: Die Gottesflucht und den Eigenwillen;

Kap. 2: Die Gotteszucht und Jonas Gebet;

Kap. 3: Gottes Werk und Seine Vergebung;

Kap. 4: Gottes Belehrung und Sein Erbarmen.

Jona floh auf einem Schiff der Menschen, aber durch den Fisch (Gottes Schiff) wurde er wieder ans Land zurück gebracht. Welch eine Belehrung! Jona glaubte, die Heiden seien des Erbarmens Gottes nicht würdig, und mußte lernen, daß sie viel mehr Mitleid mit ihm hatten - vgl. 1,13.14 -, als er mit ihnen, und Gottesfurcht besaßen, wie er sie nicht in seinem Volke vorfand. Die Korrektur seiner irrigen Meinung über die Nationen wurde von den Seeleuten eingeleitet, durch die Buße der Niniviten fortgesetzt und von Gott vollendet und besiegelt (Kap. 4). Der Schluß des Buches besagt, daß sein widersprechender Mund schwieg und die Belehrung Gottes nicht nur verstanden, sondern auch sich angeeignet hatte.

Welche Mühe gibt Gott Sich, in uns Sein Erbarmen zu pflanzen und unsere Vorurteile zu beseitigen. Vgl. Luk. 9,51-56; Röm. 3,29; 1. Tim. 2,3.4; Apgesch. 10,28 - Schriftstellen, die gut als Überschrift dieses Buches dienen könnten.

Warum handelte Jona so? Nicht nur aus seiner engherzigen, jüdischen Anschauung heraus, sondern weil er sein Volk über alles liebte, ja, so liebte, daß er bereit war, sich für sein Volk zu opfern, damit nicht dem lästigsten, gefährlichsten und grausamsten aller nationalen Feinde seines Volkes etwa Buße, Gnade, Vergebung und Bestand von Gott gegeben würde! Die Assyrer, die geborenen Feinde Israels, mußten nach seiner Meinung vernichtet werden, damit sein geliebtes Volk sich des Friedens und der Wohlfahrt erfreue. Dafür wollte er sich opfern und sein Leben hingeben. Dieser Nationalheld verkannte Gottes Wege, sein Volk und seine Zeit. -

Die edelste und selbstloseste Tat hat keinen Wert, wenn sie nicht in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes vollbracht wird.

Obwohl er Gottes Wesen kannte - Kap. 4,2 -, glaubte er Gottes Wege durchkreuzen zu können. Wie töricht ist doch unser Herz! Wie ganz anders verhielt sich der Apostel Paulus unter ähnlichen Umständen. (Vgl. Röm. 9,1-5; Gal. 3,13.14.) Doch hatte er von Gott die Belehrungen über sein Volk erhalten, die ihm zum Trost gereichten. Vgl. Röm. 9,9-13 u. a.

Aber die praktischen und belehrenden Betrachtungen sind mit obigem noch nicht erschöpft. Aus 2. Kön. 14,25 können wir ungefähr die Zeit der Tätigkeit Jonas ersehen. Sicherlich folgt Jona dem Elisa, wie dieser dem Elia folgt. Daß wir bei diesen drei Propheten eine besondere Linie der Lebensumstände und Führungen entdecken, dürfte wohl dem oberflächlichsten Beobachter einleuchten. Hier einige davon:

Elia floh vor einem Weibe um sein Leben - Jona floh vor Gott ohne Rücksicht auf sein Leben. Beide gleichen sich in ihrem Unmut: 1. Kön. 19,4; Jona 4,8.

I. Elia floh um sein Leben und sah den Tod überhaupt nicht;

II. Elisa starb und wirkte Leben durch seinen Tod. 2. Kön. 13,20.21;

III. Jona opferte sein Leben und erlebte nach seiner Todesserfahrung die Auferstehung.

Alle drei erlebten Wundererrettungen:

Elia von dem Hungertode, 1. Kön. 17,3-6;

Elisa von dem Märtyrertode, 2. Kön. 6,14-17.31-33;

Jona von dem Zuchttode, Jona 2,11.

Alle drei wurden gebraucht von Gott zur Errettung von Heiden:

Elia zur Erhaltung der Witwe zu Sarepta (1. Kön. 17);

Elisa zur Heilung des Naaman (2. Kön. 5);

Jona zur Rettung der Niniviten (Kap. 4).

Der Platz verbietet uns, noch mehr über die einzigartigen Harmonien und Beziehungen dieser drei Propheten zueinander zu schreiben. Nur eins noch, was uns überaus kostbar ist:

Lukas, der einzige heidnische Schreiber aller Schreiber der Bibel, beobachtet genau dieselbe Reihenfolge, wie sie uns 1. und 2. Könige gibt. In des HErrn erster öffentlichen Ansprache Luk. 4 zeigt Er uns in ganz besonderer Weise die Heimsuchung der Heiden in Gnade und erwähnt Elia und die Witwe von Sarepta; dann V. 27 Elisa (der nur einmal und nur hier im Neuen Testament genannt wird) und Naaman, und in Luk,11,29-32 wird nur davon gesprochen, daß Jona den Niniviten ein Zeichen war (vgl. dazu Luk. 2,34), obwohl von Jona auch in Matth. geschrieben steht, und zwar, daß die Niniviten Buße taten, was die Juden glaubten nicht nötig zu haben. So erwähnt nur der einzige heidnische Schreiber die Heidin, die Witwe von Sarepta, den Heiden Naaman und das Zeichen Jonas für die Heiden, weil Gott will, daß alle Menschen, nicht nur

die Israeliten, errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Das Buch Jona ist das besondere Buch, worin Gott Sich in besonderer Weise an die Heiden wendet; also im Alten Testament, wo alles für die Juden geschrieben war. Im Neuen Testament, wo nach der Verwerfung Christi besonders die Heiden berücksichtigt werden, haben wir den Brief des Jakobus, worin Gott besonders Seines alten Bundesvolkes gedenkt. Darin sehen wir Sein großes Erbarmen.

Das Buch Jona, welches mehr eine Erzählung und Geschichte ist, wird doch unter die (kleinen) Propheten eingereiht, und dies mit Recht, denn es bildet vor und enthält wichtige prophetische Tatsachen. Es ist ein kleines Buch, birgt aber eine große Geschichte, und zwar prophetisch die Geschichte Israels, in sich. Dies ist ein zweiter Hauptgesichtspunkt dieses wunderbaren Buches.

Wie Jona erst zum Unheil der Nationen gesetzt wird - vgl. Jona 1,4-9 und Sach. 8,13 -, dann zum Segen und zur Gottes-Jahwe (Jehova)-Erkenntnis - Jona 1,10-161 - und zuletzt zum Prediger, Verkündiger an die Nationen - Kap. 3,1-4 -, genau so das Volk Israel. Daraus erkennt man in Jona ein Vorbild Israels. Wie die Person Jona ein Wunder ist, so das Volk Israel. Wie Jona nicht im Meer (ein Bild vom Völkermeer) umkam und unterging, da Gott einen großen Fisch bestellte, ihn zu erhalten, und ihn wieder sicher in das Land seiner Väter zurückbrachte, so ist auch Israel nicht im Völkermeer untergegangen und kann nicht untergehen, weil Gott es durch Seine wunderbare Macht erhält, bewahrt und es sicher wieder in das Land seiner Väter bringen wird. Wir könnten Vers für Vers nehmen und

1

Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, wie eigenartig im Buche Jona mit den Worten „Gott“ und „Jehova“ gewechselt wird. Das Wort Gottes ist wörtlich und buchstäblich göttlich-inspiriert (d. i. „Gott (ein)gehaucht“ nach 2. Tim. 3,16), und darum haben wir stets etwas darin zu suchen, wenn der Heilige Geist mit den Ausdrücken wechselt, besonders mit dem Namen Gottes; wie im Neuen so auch im Alten Testament!
Dieses kleine Buch von 48 Versen enthält 26mal den Namen „Jehova“ (Jahwe) und 16mal das Wort „Gott“, wovon allerdings die ersten 3mal nicht im gleichen (biblischen) Sinne wie nachher; die Wende bildet das vierte Mal; „Gott des Himmels“); zusammen also 42 (d. i. 6 x 7) mal! - Zum Vergleich hiermit das Vorkommen dieser Namen in dem fast genau gleichenden Buche Nahum, das sich (über 100 Jahre später) mit dem Gericht über Ninive beschäftigt; „Gott“ zweimal (nur einmal im biblischen Sinne) und „Jehova“ 13mal, zusammen also nur 15mal! - Beachtenswerter Unterschied!
Was dieser beiden Namen Gebrauch im Alten Testament anbelangt, so dürfte es wohl bekannt sein, daß - ganz kurz gesagt - „Gott“ vom Heiligen Geist angewendet wird, wenn es sich um die Welt, die Erde, die Menschen, die Völker, die Nationen im allgemeinen handelt; „Jehova“ aber, wenn Sein Volk (so Israel), die Seinen im besonderen Sinne, die Menschen, zu denen Er in nahe Beziehung trat, im Vordergrund stehen (vgl. auch 1. Mose 1 - 2,3 mit Kap. 2,4-25, und siehe dazu Frage 7 im Jahrb. 9!)
Wenn wir dies ins Auge fassen, wie bedeutungsvoll wird uns dann das häufige Verkommen und der Wechsel der beiden Namen gerade in dem einzigartigen Buche Jona! Das, was der schrankenlosen, gottlosen Bibelkritik des theologischen Unglaubens willkommene Unterlagen für diesen letzeren gibt, das wird uns Schriftgläubigen zu einer unversiegbaren Quelle tieferer Erkenntnis der göttlichen Wahrheit und stimmt uns zu staunender Bewunderung der Kostbarkeit Seines ewigen Wortes!
Schriftleiter F. K.

die Geschichte Israels genau vorgebildet sehen, bis Israel seine von Gott ihm gegebene Mission im Tausendjährigen Reich an der Völkerwelt ausführt und nicht nur ganze Städte, wie hier Ninive, sondern ganze Völker zum HErrn bekehrt werden! Diesen gesegneten Ausblick gibt uns dieses kleine und doch große Buch.

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Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, wie eigenartig im Buche Jona mit den Worten „Gott“ und „Jehova“ gewechselt wird. Das Wort Gottes ist wörtlich und buchstäblich göttlich-inspiriert (d. i. „Gott (ein)gehaucht“ nach 2. Tim. 3,16), und darum haben wir stets etwas darin zu suchen, wenn der Heilige Geist mit den Ausdrücken wechselt, besonders mit dem Namen Gottes; wie im Neuen so auch im Alten Testament!
Dieses kleine Buch von 48 Versen enthält 26mal den Namen „Jehova“ (Jahwe) und 16mal das Wort „Gott“, wovon allerdings die ersten 3mal nicht im gleichen (biblischen) Sinne wie nachher; die Wende bildet das vierte Mal; „Gott des Himmels“); zusammen also 42 (d. i. 6 x 7) mal! - Zum Vergleich hiermit das Vorkommen dieser Namen in dem fast genau gleichenden Buche Nahum, das sich (über 100 Jahre später) mit dem Gericht über Ninive beschäftigt; „Gott“ zweimal (nur einmal im biblischen Sinne) und „Jehova“ 13mal, zusammen also nur 15mal! - Beachtenswerter Unterschied!
Was dieser beiden Namen Gebrauch im Alten Testament anbelangt, so dürfte es wohl bekannt sein, daß - ganz kurz gesagt - „Gott“ vom Heiligen Geist angewendet wird, wenn es sich um die Welt, die Erde, die Menschen, die Völker, die Nationen im allgemeinen handelt; „Jehova“ aber, wenn Sein Volk (so Israel), die Seinen im besonderen Sinne, die Menschen, zu denen Er in nahe Beziehung trat, im Vordergrund stehen (vgl. auch 1. Mose 1 - 2,3 mit Kap. 2,4-25, und siehe dazu Frage 7 im Jahrb. 9!)
Wenn wir dies ins Auge fassen, wie bedeutungsvoll wird uns dann das häufige Verkommen und der Wechsel der beiden Namen gerade in dem einzigartigen Buche Jona! Das, was der schrankenlosen, gottlosen Bibelkritik des theologischen Unglaubens willkommene Unterlagen für diesen letzeren gibt, das wird uns Schriftgläubigen zu einer unversiegbaren Quelle tieferer Erkenntnis der göttlichen Wahrheit und stimmt uns zu staunender Bewunderung der Kostbarkeit Seines ewigen Wortes!
Schriftleiter F. K.

Doch den Schlüssel zu diesem Buche gibt uns der Herr Jesus Selbst in Matth. 12,39-41 (vgl. Frage 11. d. J.! Schriftleitung); 16,4 und Luk. 11,29-32. Dieses von der Bibelkritik so viel angefochtene Buch wird von dem Herrn Jesus nicht nur als geschichtlich und als wahr bestätigt, sondern das Zeugnis Jonas bildet

I. Seinen Dienst an Israel und der Welt und

II. Seine Todeserfahrung, Seinen Tod und Seine Auferstehung

vor. Darum hat Jonas Gebet Ähnlichkeit mit den messianischen Psalmen, wo die Leiden Christi uns besonders vorgestellt werden. (Vgl. Jona 2,2-8 mit Ps. 22 und 69,16.) Keine Person im Alten Testament bildet durch wirkliche Erfahrung die Leiden, den Tod und die Auferstehung Christi so vor wie Jona. Selbst Isaak und Joseph nicht. Dies geht schon daraus hervor, daß ihn der HErr würdigt, die wichtigste Tat Seines Lebens, Sein Kreuz und Sein Sterben, sowie Seine Auferstehung, lebendig und im gewissen Sinne erfahrungsgemäß vorzubilden.

Daß Jona nur in Matthäus und Lukas genannt wird, geschieht nach unserem Verständnis darum, weil Christus von den Juden abgelehnt und verworfen wird. Darum finden wir Jona in dem Verwerfungskapitel 12 in Matthäus.

Und in Lukas, weil Ihn die Heiden aufnehmen wie die Niniviten das Zeugnis Jonas, der ihnen ein Zeichen war, da sie von den Erfahrungen Jonas gehört hatten und glaubten und darum errettet wurden.

Dies sind einige Brocken und Gesichtspunkte aus diesem unerschöpflichen Schatz dieses wunderbaren Buches. Obwohl wir wenig verstehen von all den verborgenen und tiefen Gedanken Gottes in Seinem Worte, dürfen wir uns damit trösten, daß wir Ihn haben, welcher mehr als Jona ist. Gepriesen sei Sein Name!

Frage 15

Was ist nach Matth. 6,6 unter der „öffentlichen Vergeltung“ zu verstehen?1

1

Vergleiche meinen kleinen Aufsatz „Der im Verborgenen sieht“ in Jahrb. 8, Seite 210! (Schriftl. F. K.)

Antwort

Die der Frage zugrunde liegende Schriftstelle gehört mit zu der sogenannten „Bergpredigt“. In dieser wendet der Herr Jesus Sich an Seine Jünger als die Vertreter derer, die in das von Ihm verkündete Reich eingehen sollen, und belehrt sie über das, was sie als solche kennzeichnen sollte, dem sittlichen Charakter des Reiches entsprechend, das ja in Seiner Person gegenwärtig war und daher in Seiner Person auch sittlich vollkommen zum Ausdruck kam. Was wir hier finden, ist die Bejahung Gottes und somit die Verneinung des alten Menschen. Alles, was der HErr den Seinen sagt, zu tun, ist der alten Natur völlig entgegengesetzt. Das zeigt uns auch die Stelle, die uns

bei jeder Gelegenheit sich groß zu machen und Ehre zu haben bei den Menschen. Deshalb will er immer, daß die anderen sein Können, seine Fähigkeit, seine Tüchtigkeit und auch seine Güte und seine Frömmigkeit sehen, damit sie ihn bewundern. Wenn die anderen Menschen sagen: „Dieser ist aber tüchtig - brav - gut“, dann schmeichelt dieses seiner Eitelkeit, ist sein selbstsüchtiges Herz befriedigt. So ist es auch bei dem Almofengeben (6,1-4), ja sogar bei dem Beten (V. 5-15) und bei dem Fasten (V. 16-18) - immer will der alte Mensch durch das, was er tut, in den Augen der anderen groß sein und geehrt und bewundert werden. Das ist das, was er dabei im Auge hat, was er erstrebt; er tut es also für sich, was er tut, nicht für Gott. Wie könnte Gott ihn dann dafür belohnen? Nein, das kann Er nicht. Der Lohn besteht daher in dem, wonach der Mensch strebte: von den Menschen geehrt zu werden (V. 2), von den Menschen gesehen zu werden (V. 5), den Menschen als Fastender zu erscheinen (V. 16). Darum sagt der Herr Jesus: „Wahrlich, Ich sage euch, sie haben ihren Lohn dahin“ (6,2.5.16). Wenn aber der alte Mensch beiseitegesetzt ist und der Geist Christi in dem Herzen herrscht, sucht das Herz nichts für sich, sondern hat nur Gott dabei im Auge. Ein solcher sucht keinerlei Anerkennung von Menschen und mag sie nicht; er tut daher das, was er tut, nicht vor Menschen, sondern „im Verborgenen“, so wie der Herr Jesus es den Seinen in V. 3.4, V. 6 und V. 17.18 sagt, ohne daß er dabei überhaupt Lohn sucht. Aber wenn es auch im Verborgenen geschah, so daß vielleicht kein Mensch davon weiß, und kein Gedanke an Lohn dabei war, bleibt es doch nicht verborgen und bleibt es nicht unbelohnt, denn Gott „sieht im Verborgenen“ und Gott ist ein Belohner (Matth.

10,41.42; Hebr. 11,6.26 Schluß). Die „Heuchler“ sind darauf bedacht, daß Menschen es sehen, was sie tun, und ernten dafür den eitlen, vergänglichen Lohn der Anerkennung - Ehre - von Menschen, aber Gott nimmt keine Kenntnis davon (in diesem Sinne), und von Ihm empfangen sie einst keinen Lohn; der Glaubende aber tut das, was er tut, für Gott, und darum im Verborgenen, so daß die Menschen nichts davon sehen und nichts davon wissen, doch Gott weiß es, und es kommt der Tag, an welchem alles offenbar und einem jeden hierbei auch vor aller Schöpfung - „öffentlich“ - sein Lohn werden wird (Matth. 25,31-46; 1. Kor. 4,5; Offenb. 22,12).

Das Wort „öffentlich“ ist in manchen Übersetzungen weggelassen (z. B. in der Elberfelder und der von Dr. Wiese), was aber an dem Sinne des Wortes von dem Vergelten nichts ändert. Die Vergeltung ist „öffentlich“ im Gegensatz zu dem Tun „im Verborgenen“. Sie muß öffentlich sein der Gerechtigkeit Gottes gemäß. Daß das Gute „im Verborgenen“ geschah, war Gott wohlgefällig, weil es die Demut, die Selbstlosigkeit dessen zeigt, der es tat; dann aber, an jenem Tage der Offenbarung und Vergeltung, an dem Gott alles Verborgene ans Licht bringen wird, wird Er auch dieses im verborgenen geschehene Gute bekanntmachen und den, der es getan hat, dafür ehren vor allen sittlichen Wesen - „öffentlich“!

Darum sind die Worte des Herrn Jesus, auf die obige Frage sich bezieht, eine Ermunterung für die Gläubigen aller Zeiten gewesen und sind es noch - auch für uns - und werden es bleiben, solange noch Gläubige hier die Gelegenheit haben, etwas Gottwohlgefälliges „im verborgenen“ zu tun.

Th. K.

Frage 16

Wer sind die „Ersten“ und „Letzten“ nach Matth. 19,30; 20,16a und Luk. 13,30?

Antwort

Die Ausdrücke „Erste“ und „Letzte“ finden ihre Ursache in der Fragestellung des Petrus in Matth. 19,27. Diese nun wiederum wurde angeregt durch die Aussprache des HErrn mit dem reichen Jüngling. Wir finden in dem Verhalten dieses Jünglings und der Jünger Jesu Gegensätze. Ersterer zog den irdischen Reichtum dem himmlischen Schatz vor. Seine Habsucht ließ keine Entscheidung für eine Nachfolge Christi aufkommen. Letztere aber hatten „alles“ verlassen, um einen himmlischen Schatz zu haben. Nur war bis jetzt für das Auge kein Unterschied zu sehen bezügl. des Lohnes für ihre Treue. Als Angehörige des Judentums waren sie gemäß der Belehrung der Schrift auf irdische Segnungen gewiesen. Galten doch diese als Lohn für das Halten der Vorschriften des Gesetzes (5. Mose 28). Es bedurfte darum der liebevollen Unterweisung des HErrn, ihre Augen hinzulenken auf das „Erbe des ewigen Lebens“. Etwas ganz Neues für sie! Vom Schauen sollten sie zum Glauben kommen. Nur der Glaube allein vermag den himmlischen Schatz zu erblicken, der für die Erlösten dort aufbewahrt ist. Das Kostbarste jedoch ist Er Selbst, der Friede unserer Seelen. Somit können wir wohl den Petrus in seiner Frage verstehen: „Was wird uns werden?“

Nun einige Andeutungen über die Frage selbst! Die Worte „Erste“ und „Letzte“ können als Schluß der Antwort Des HErrn an Petrus aufgefaßt werden. Dann aber wären sie m. E. nicht so recht verständlich. Darum finden wir eine Erklärung in den folgenden Versen 20,1-16. Heißt es doch dort am Schluß wiederum: „Also werden die Letzten Erste, und die Ersten Letzte sein“. In diesem Gleichnis finden wir in V. 1 als erstes „Das Reich der Himmel ist gleich einem Hausherrn ...“ Das Wörtchen „gleich“ besagt, daß es eine andere Gestalt angenommen hat, als in welcher dieses Reich eigentlich ursprünglich gedacht war. Dieses „gleichgeworden“ finden wir zum erstenmal in Matth. 13. Dort sind die Geheimnisse dieses Reiches (nur) den Seinen offenbart. Zu Israel als Volk aber redete Er in Gleichnissen. Warum? Sein Kommen in Gnade wurde gering geachtet. Alles andere sah man in Ihm, nur nicht den Messias.

Seine Handlungen oder Werke der Wahrheit und Liebe wurden Beelzebub zugeschrieben (Matth. 12), nicht aber der wirksamen Kraft Gottes. Der Zustand des Volkes und seiner Führer trug einen bewußt bösen Charakter. Somit war der Eintritt des Friedensreiches verwehrt. Darum finden wir seine nunmehrige Gestaltung in Gleichnisform beschrieben. Matthäus erwähnt das Reich der Himmel 32mal. Lukas erwähnt mehr das Reich Gottes, auch 32mal. Matthäus zeigt mehr die äußere, d. h. die Seite der Verwaltung, und Lukas die innere, sittliche. Beide Arten jedoch sind ineinander verschmolzen. Also handelt es sich in diesem Gleichnis nicht um Belehrung, sondern um Verwaltung. Der Sinn oder Grundgedanke in demselben ist die Vorstellung des HErrn als in Güte handelnd. Das

Ergründen der genannten Stunden z. B. würde nur ablenken. Beachtenswert dagegen sind die zu verschiedener Zeit ausgesandten Personen und ihre Handlungsweise dem Hausherrn gegenüber. Hervorgehoben sind eigentlich nur zwei Klassen, obwohl mehrere ausgesandt waren. Bei ersterer sehen wir ein Übereinkommen in dem Tagelohn von 1 Denar. Letztere jedoch wurden gedungen ohne eine feste Abmachung. Sie mußten sich auf die Güte ihres Dienstherrn verlassen. Bei der Auszahlung des Lohnes nun zeigt sich der große Unterschied. Erstere meinten auf Grund ihrer ganzen Tagesarbeit gegenüber letzteren mehr empfangen zu müssen. Erinnert uns dies nicht an Israel?! Sie waren gedungen worden von Jehova unter dem Gesetz. Dieses unterwies über die „Forderungen“ Gottes und über den „Lohn“, Der Inhalt des Gesetzes ist: „Der diese Dinge getan hat, wird durch sie leben“ (Gal. 3,12), Hatte nun Israel dieses „Leben“ erlangt? Niemals! Röm. 4,4 spricht: „Dem aber, der wirkt, wird der Lohn nicht nach Gnade, sondern nach Schuldigkeit zugerechnet“. „Wer aber in Einem strauchelt, ist des ganzen Gesetzes schuldig“ (Jak. 2,10). „Aus Gesetzeswerken wird niemand gerechtfertigt!“ (Gal. 2,16.) Dieses Verhältnis Israels zum Gesetz sollte sein Ende finden in dem Kommen des HErrn als ihres Erretters. Da sie diesen aber verwarfen, konnte ihnen der Lohn nur nach dem von ihnen vielfältig übertretenen Gesetz ausgezahlt werden, und das ist der Fluch, unter welchem sie heute noch stehen!

Der Grundsatz der um 11 Uhr Gedungenen spiegelt sich in den Worten: „Die Barmherzigkeit rühmet sich wider das Gericht“ (Jak. 2,13), und Röm. 4,5: „Dem aber, der nicht wirket, sondern an den glaubt, der den Gottlosen

rechtfertigt, wird sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet“. Solche waren die Jünger, und solche sind die, die sich aus Gnade retten lassen. Prophetischerweise sehen wir in den fraglichen Ausdrücken Israel und die Nationen. Durch das Blut ist ein neuer Bund errichtet worden, nicht mit uns, sondern wir genießen im voraus die Segnungen dieses Bundes. (Vgl. Jahrb. 10, Frg.14 u. Frg. 3 ds. Js.! F. K.) Somit sind die Heiden die Ersten geworden und Israel die Letzten. Durch den Fall der Juden ist den Nationen Heil geworden (Röm. 11). Wenn wir unsere Stellung betrachten, so ist unser Dienst nicht um Lohn, sondern aus Liebe. Der HErr wird trotzdem einem jeden geben, was recht ist (in Seinen Augen!), als Anerkennung. Wo jemals in bezug auf uns Lohn erwähnt ist, so nur der Ermunterung wegen, niemals als Grund für unseren Dienst. Aber auch Israel wird einmal zurechtkommen; nachdem es den Lohn für sein frevelhaftes Verhalten dem Messias gegenüber erhalten hat. Dann werden sie die Stelle der „Letzten“ einnehmen bezüglich der Segnungen. Somit empfing Petrus eine kostbare Antwort Auf seine Frage. Uns aber bleibt nur übrig, die Güte des Hausherrn zu rühmen. Nicht ungläubige Fragen, sondern Vertrauen ehrt den HErrn!

W. Wst.

Anmerkung des Schriftleiters

Mehrfach ist dieser Gegenstand in früheren Tagen mitbehandelt worden, besonders in Jahrbuch 1, Frg. 7; aber das ist lange her, und mancher Leser heute mag jenes (in vieler Hinsicht grundlegende) Jahrbuch nicht haben und sich auch nicht mehr aneignen können - somit

ist es gut, daß obige der eben genannten ähnliche Frage hier gründlich und klar behandelt ist! - Auch über die „Lohnfrage“ ist früher eingehend geschrieben worden: Jahrbuch 3, Frg. 27! Vgl. auch die eben behandelte Frage 15! Nun noch ein paar Winke über die drei Stellen!

Wenn alle drei auch sicher den gleichen Grundgedanken haben, wie es oben ausgeführt ist, so unterscheidet sich der Wortlaut der Stellen doch bemerkenswerterweise etwas voneinander, und ich glaube, wir sollten auch dies beachten!

In der 1. Stelle, am Schluß der Antwort An Petrus (Matth. 19,30), heißt es: „Aber viele Erste werden Letzte, und Letzte Erste sein“.

Dagegen lautet die 2. Stelle am Schluß des Gleichnisses (Matth. 20,16): „Also werden die Letzten Erste, und die Ersten Letzte sein“.

Und in der 3. Stelle (Luk. 13,30) wird gesagt: „Und siehe, es sind Letzte, welche Erste sein werden, und es sind Erste, welche Letzte sein werden“.

In der 1. Stelle handelt es sich um einen Gegensatz („aber“); in der 2. ist vor allem die Reihenfolge umgedreht und mit dem „also“ die Anwendung des Gleichnisses eingeleitet; in der 3. Stelle ist die Tatsache des Verses 30 gleichsam eine Vertiefung von dem in V. 26-29 Gesagten.

Die 1. Stelle soll uns vielleicht sagen, daß nicht alle Erste ihren Platz mit den Letzten vertauschen müssen, gehörten doch die Jünger selber eigentlich auch zu den Ersten, d. h. Erstberechtigten, zu Israel! Aber wenn auch nicht alle, so doch viele werden ihr erstes Vorrecht verscherzen. Doch,

wenn auch von „vielen Erstens die Rede ist, so doch nicht auch von „vielen Letzten“; das zweite Glied spricht mehr einen Grundsatz aus, ohne die Letzten näher zu bezeichnen. Grundsätzlich werden die Nationen den Platz der „Ersten“ einnehmen dann, wenn es sich darum handelt, um des Namens des HErrn willen alles zu verlassen, während „viele Erste“, von denen man dies hatte erwarten können, darin untenanstehen werden - aber der Grundsatz, der allen das Tor öffnet zu dieser Bevorzugung, wird - geschichtlich, tatsächlich - von nicht vielen verwirklicht, wie die Gegenwart zeigt! Welche Gnade „aber“, zu denen gehören zu dürfen, die um Seines Namens willen irgend etwas von dem in V. 29 Genannten verlassen haben! Hundertfältig wird der Lohn sein!

Verwirklichen wir den Grundsatz, geliebte Geschwister?

In der 2. Stelle ist, wie schon erwähnt, die Reihenfolge geändert, und das ist doch sicher sehr bemerkenswert. Der Blick des HErrn ruht bei der Anwendung des Gleichnisses auf den so hochbegnadigten Letzten, die nichts zu erwarten hatten und dabei in Wirklichkeit mehr als irgendein anderer bekommen haben. Hier stehen „die“ Letzten und „die“ Ersten sich scharf gegenüber. Nicht der Grundsatz der Verwaltung wird betont, sondern der tatsächliche Verlauf derselben wird beschrieben. „Die“ Letzten - ich und du, wir armen Heiden, schon errettet nur aus Gnaden - bekommen einen Lohn aus Güte, der „die“ Ersten, welche Letzte sein werden (schon jetzt), zur Eifersucht reizt. Wie trat das doch schon in der Apostelgeschichte zutage! Aber wie tief sind doch Gottes Gedanken: dürfen wir von dieser jüdischen nationalen Eifersucht, diesem bösen Scheelsehen, nicht eine Linie

hinüberziehen nach Röm. 10,19 und 11,11-15? (Nur eine Frage!)

Wenn der große Tag erscheint, da Er Seinen Lohn austeilt, mit dem Seinigen tut (V. 15), was Er will, dann werden auch die Ersten, welche Letzte sein werden, weil sie ihr gottgeschenktes Vorrecht verscherzt haben, Ihn preisen lernen, der auf Golgatha die Bürgschaft dafür geleistet hat, daß Güte und Wahrheit sich begegnen - Gerechtigkeit und Friede sich küssen konnten (Ps. 85,10). So kann jedem ein Lohn nach Güte, nicht nach Verdienst zuteil werden. Denn „wo ist der Ruhm? Er ist ausgeschlossen“! (Röm. 3,27.) Das gilt auch hier. Keiner vermöchte sich eines Lohn verheißenden Dienstes zu rühmen: die Letzten nicht, die nur eine Stunde gearbeitet haben, und die Ersten nicht, weil ihr Dienst nie das gewesen war, was er hätte sein sollen! Denn Israel unter Gesetz war ein widerspenstiges Volk!

Laßt uns in Treue arbeiten, Brüder und Schwestern, solange es Tag ist, und wenn wir auch erst spät in die Arbeit eintraten als „die Letzten“, die bei „den Ersten“ kein Ansehen genießen - tut nichts: wir haben einen HErrn, der gütig ist! Welche Gnade, Ihm dienen zu dürfen, angeworben von Ihm Selbst! Laßt uns trachten, „dem zu gefallen, der uns angeworben hat“ (2. Tim. 2,4)!

Die 3. Stelle (Lukas-Evangelium!) steht in dem ernstesten Zusammenhang! Hier handelt es sich nicht um Treue in der Absonderung wie in der ersten, nicht um Verwaltung, Dienst und Lohn wie in der zweiten, sondern hier ist von drinnen und draußen - von „In-dem-Reich-Gottes-sein“ und „Draußen-hinaus-geworfen-sein“ die Rede - davon, von dem Hausherrn gekannt oder nicht gekannt zu sein -

von Errettet- oder nicht Errettetsein (V. 23)! Hier sind die Worte V. 30 wieder grundsätzlich angewandt und zugleich als ernstlich zu beachtende Tatsache („siehe!“), die den Versen 26-29 eine schwerwiegende Betonung gibt. Wie furchtbar traf der Herr Jesus, der untrügliche Mund der Wahrheit, das fromme, aber daher Ihn verwerfende Judentum mit Worten wie V. 28!! Was, sie sollten Übeltäter sein (V. 27)?! und sie, die stolz waren, sich „Söhne Abrahams“ nennen zu dürfen (Joh. 8) - sie sollten nicht mit den Patriarchen („ihren Vätern“!) und den Propheten im Reiche Gottes sein?! Und statt dessen würden „sie kommen von Osten und Westen und von Norden und Süden“ und dabei sein? (V. 29.) Wenn nicht sie, die Juden von weither, gemeint waren - und daran ist nach diesem Worte von Palästina aus gesehen nicht gedacht -, wer waren die Kommenden dann? O, „Mühselige und Beladene“ (Matth. 11,28) aus allen Himmelsrichtungen, zunächst solche, welche die Juden als Feinde ansahen: aus Osten Babylonier, aus Westen Griechen und Römer, aus Norden Assyrer und aus Süden Ägypter - und dann Völker, aus diesen und nach ihnen entsprossen, wobei Germanen und Romanen und Slaven und Türken und Chinesen und Japaner und Hottentotten und Papuas und Neger und Mulatten und Indianer und wer sonst noch - alle, alle, alle -, ja wahrlich „siehe“: lauter„Letzte“ - und wir sind „Erste“ geworden (Preis sei Gott!), und wir begnadigten Letzten, wir harren der Zeit, da Erste wenigstens noch Letzte werden möchten! Und wir sehen aufsteigendes Morgenrot im Osten und wissen: nicht mehr lange, und Sein altes Bundesvolk Israel wird Seinen Messias erkennen und Ihm huldigen. Sel'ge Zeit, o wärest du schon dal - Aber beachten wir wohl („siehe“!):

grundsätzlich sind diese Worte V. 30! Es heißt nicht die Letzten, die Ersten! Es sind nur etliche aus den einen wie aus den anderen, die jetzt und dann errettet werden, nicht alle Letzten, nicht alle Ersten! Die Errettung ist grundsätzlich für alle Letzten heute, und für alle Ersten dann, aber sie ist doch wiederum nur persönlich heute für die durch die enge Pforte Gehenden (V. 23.24!) und dann für die, trotz Antichrist und Trübsalszeit, ja gerade in ihr, ihren Messias Erkennenden und Annehmenden (V. 35): die Auserwählten (vgl. z. B. 18,7)!

Wollen wir, die Erretteten von heute, wir „Letzten“, die schon jetzt „Erste“ geworden sind - einst wird es herrlich in die Erscheinung treten, daß wir, die wir zur „Gemeinde der Erstgeborenen“ gehören (Hebr. 12,23), wahrlich Erste sind - ich sage: wollen wir als so hoch Begnadigte uns nicht noch viel treuer beweisen und zu bewähren trachten in diesem dunklen Zeitlauf, aus dem wir sittlich herausgenommen sind (Eph. 2), damit noch manche „Letzte“ aus den Nationen zu „Ersten“ werden und unser HErr und Heiland schon jetzt hoch gepriesen werde?!

Siehe, Letzte sind Erste geworden - welche Gnade und Herrlichkeit! Hoch erhoben sei dafür der Name Christi Jesu, unseres HErrn, ewiglich!

F. K.

Das nahe Ende.

(Schluß.)

Das Ende der Gerichte der Gemeinde.

Das Neue Testament spricht von der Gemeinde als von einem Bau in zwei Weisen: 1. als von Gott gebaut und 2. als von einem Bau, der der VerAntwortlichkeit der Menschen übergeben ist. Jede Seite wird ihren eigenen und besonderen Abschluß finden.

Wir beschäftigen uns zuerst mit der

Gemeinde als einem Bau, welcher der VerAntwortlichkeit des Menschen anvertraut ist.

Diese „Gemeinde“ wird ein schreckliches Ende finden. Die wahren und die falschen Christen sind gegenwärtig beide noch miteinander in der Welt. Doch haben sie nichts weiter gemeinsam als nur den Namen. Ich will als Beispiel ein Bild gebrauchen: Wir haben gewiß alle gesehen, wie Kinder einen großen Schneeball auf der Erde entlang rollten und wie dabei eine Menge Schmutz mit dem Schnee zusammengerollt wurde. Schnee bleibt jedoch Schnee und Schmutz bleibt Schmutz. Der Schneeball mag das ihn kennzeichnende schneeweiße Aussehen nicht mehr tragen, aber er wird doch „Schneeball“ genannt. Wie eng beide auch miteinander verbunden zu sein scheinen, so verändern wir doch nicht im geringsten unsere Gedanken über beide. Beide bleiben, was sie sind. Sobald die Sonne mit ihrer Wärme hervorkommt, werden kleine Teile des Schnees in Dunst aufgelöst und verschwinden und fallen vielleicht schon am nächsten Tage in fleckenloser Weiße wieder auf die Erde herab. Wenn aber der ganze Schneeball von der Sonne an einem Tage aufgesogen würde und verschwände, was würde dann zurückbleiben? Ein Haufen Schmutz, der hinweggefegt

Christenheit sein!

Die Schrift spricht von drei Dingen, die der Wiederkunft des HErrn voraufgehen: dem Abfall, der Entrückung und dem Reinigen Seiner Tenne.

Wenn wir die Gemeinde im Anfang mit der großen Christenheit heute vergleichen, so ist es nicht schwer, den Abfall zu sehen, den die Schrift uns zuvor bezeugt. (2. Tim. 4,3.4; 2. Thess. 2,3.) Die vielen, die heute den Namen „Christ“ tragen, sind ungläubig in bezug auf die Lehre; sie wenden ihre Ohren von der Wahrheit ab und zu den Fabeln hin. Sie meinen, die Gottseligkeit sei ein Mittel zum Gewinn, und sie berechnen sich den Nutzen, den ihnen das Christentum bringt. (1. Tim. 6,5.) Ihre Herzen lieben das Vergnügen mehr als Gott. (2. Tim. 3,4.) Dies ist traurig, aber wahr.

So ist der Teufel auf dem Plan. Immer wieder neu umstrickt er die Menschen mit seiner ersten Lüge: „Mit nichten werdet ihr sterben.“ (1. Mos. 3,4.) „Tue recht und scheue niemand!“ „Sei fromm, nähre dich redlich!“ Und weiter lügt er ihnen vor: „Ihr werdet sein wie Gott.“ (1. Mos. 3,5.) „Jeder Mensch trägt Göttlichkeit und Gutes in sich.“ „Die Bibel muß jeder in seiner Weise gebrauchen, und ihm wird nichts geschehen.“

So schrecklich das Böse gegenwärtig schon ist, so wird es doch in der Christenheit noch weitere Fortschritte machen. „Böse Menschen aber und Gaukler werden im Bösen fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ (2. Tim. 3,13.) Dieses wird geschehen, ehe die wahren Gläubigen dem HErrn entgegengerückt werden in die Luft. Der völlige Abfall aber, der in der Schrift als „der Abfall“

gekennzeichnet ist (2. Thess. 2,3), kann nicht kommen, bevor die Gläubigen von hier fortgenommen sind. Die Gegenwart des Heiligen Geistes, wohnend in den Gläubigen, hält noch zurück. Wenn aber der Heilige Geist mit den Gläubigen die Erde verläßt, wird die Gesetzlosigkeit schnell für die Sichel des Gerichtes ausreifen. (2. Thess. 2,7; Offenb. 14,15-19.)

In dreifacher Gestalt wird sich die Gesetzlosigkeit verkörpern:

1. In der verderbten Christenheit. Sie trägt in ihrer Gesamtheit den Namen „Babylon, die große Mutter der Huren“. (Offenb. 17,5.) Sie ist das Bild der planmäßigen religiösen Gottlosigkeit und wird uns als auf dem Tiere sitzend gezeigt. Sie hat gleichsam die Zügel und die Leitung in ihrer Hand. Sie treibt ihre politische Tätigkeit so lange, bis durch ihre Unterstützung die Häupter der weltlichen Regierung ihr Ziel erreicht haben. Alsdann werden diese sich ihren religiösen Betrug nicht mehr gefallen lassen.

Sie werden sie hassen und sie öde und nackt machen, ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen. (Offenb. 17,16.)

Dies ist das Ende der falschen Christenheit, die sich auf die Mächte der Welt verließ, welche sie dann, wenn sie ihnen ihre Dienste getan hat, vernichten.

Wieviel Kampf ist heute in der Welt um das politische Übergewicht! Und wo wird in diesem Ringen der Geist Babylons nicht gefunden? Und um was wird so heiß gestritten? Ist es nicht, den führenden Platz auf dem

Haupte des Tieres einzunehmen; den Platz zu erreichen, den die Hure auf dem Haupte des Tieres am Ende einnehmen wird? Das Streben aller ist, die Führung für seine Zwecke in die Hand zu bekommen.

2. In der Regierung der Welt. Sie wird so völlig unter dem Einftuß Satans stehen, daß sie unter dem Bild eines Tieres gezeigt wird, eines Tieres mit zehn Hörnern und sieben Köpfen, die Namen der Lästerung tragen. (Offenb. 13,1.)

3. In dem jüdischen Antichrist. Dieser wird auch „das andere Tier“ (Offenb. 13,11), „der falsche Prophet“ (Offenb. 19,20) genannt. Er wird in dem heiligen Lande erscheinen, sich in den Tempel setzen und sich selbst als Gott darstellen. Er wird in engem Bündnis mit dem politischen Tiere stehen und diesem an satanischer Macht gleich sein. Beide werden, wenn der HErr in Herrlichkeit erscheint, lebendig in den Feuersee geworfen. (Offenb. 19,11-20.)

Wir betrachten nun

die Gemeinde, wie Gott sie bildet.

Sie nahm ihren Anfang am Pfingsttage. Das Geheimnis der Gemeinde hat Gott den früheren Geschlechtern der Menschen nicht geoffenbart. (Eph.3,5.) Das, was die Gemeinde nach den Gedanken Gottes in Wahrheit ist, wurde auch nicht bei ihrer Gründung am Pfingsttage geoffenbart, sondern erst später durch Paulus. Es ist wunderbar, daß die erste Offenbarung des großen Geheimnisses „dem größten oder ersten der Sünder“ (1. Tim. 1,15) bei seiner Bekehrung zuteil wurde. Dieses Geheimnis wird „groß“ genannt (Eph. 5,32); es schließt die

Einheit all derer mit Christo in sich, die auf Erden Seinen Geist empfangen haben. Die Stimme des HErrn vom Himmel: „Was verfolgst du Mich?“ (Apgesch. 9,4.5; 22,7) war die erste Ankündigung des Geheimnisses, die Paulus empfing. Der HErr zeigte ihm in diesen Worten, daß die Heiligen auf der Erde ein Teil von Ihm Selbst waren. Die volle Offenbarung aber finden wir später in den Briefen des Apostels Paulus. (Röm. 16,25.26; Eph. 3,3-12; 5,23-33; Kol. 1,26,27.)

Mit Recht möchte man fragen: Wie vermögen schwache Menschen in dieser Welt für eine Einheit mit der herrlichen und erhabenen Person im Himmel passend zu sein? Um diese Frage unseres Herzens zu lösen, war eine andere Offenbarung nötig, und der, welcher sie empfing, war der Jünger, der sein Haupt an die Brust Jesu legte. Vor dem Kreuze Christi und vor dem Herabkommen des Heiligen Geistes spricht Johannes von „Jesus und Seinen Jüngern“; und von denselben Personen, die Johannes so nennt, spricht Paulus als von „Christus und Seiner Gemeinde“, nur waren damals, als Paulus seine Briefe schrieb, auch schon die Heiden in diese wunderbare Einheit eingeschlossen. (Eph. 3,3-6.)

Eins müssen wir in bezug auf unser Passendsein für diese Verbindung im Auge behalten, nämlich, daß dasselbe sich nicht auf das gründet, was wir von Natur sind. Wer und was wir auch sein mögen, der natürliche Mensch hat kein Teil und Recht an dieser Einheit. Die Braut in Offenb. 21,16 wird in dem Bilde einer viereckigen Stadt gezeigt. Wir finden in der Natur nichts, was viereckig wächst. Das gleichmäßige Viereck der Stadt weist uns deshalb auf eine wirkende Hand hin; diese Hand aber ist nicht die eines

Menschen, sondern Gottes Hand, denn die Stadt ist auch ebenso hoch, wie sie lang ist. Sie ist Gottes Werk, nicht gebildet aus altem Material, sondern eine neue Schöpfung „in Christo Jesu“. (Eph. 2,10.) Dies zeigt uns, daß nur das, was von Christo durch den Heiligen Geist in uns gewirkt ist, mit Ihm verbunden werden kann.

Aber, möchte jemand fragen, wie verhält es sich mit dem, was vom Fleisch geboren, noch in uns ist? Auch dies ist nicht von Gott in der Schrift übersehen worden. Sie sagt uns, daß Gott alles dieses in dem Tode Christi gerichtet und der auferstandene und verherrlichte Christus (nicht der auf der Erde lebende) das Haupt Seines Leibes ist; und Seine Glieder sind die mit Ihm Auferweckten. Diesem wunderbaren Gedanken begegnen wir im Anfang schon in Adam und Eva. Der Vereinigung Evas mit Adam ging „der tiefe Schlaf“ voran. Hiermit laßt uns die Worte Joh. 12,24 vergleichen: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein.“

In bezug auf die Frage unseres Fähig- oder Passendseins für die Einheit mit Christo gibt Gott uns durch Johannes köstliche Belehrungen zu unserer Stärkung und Ermutigung. Nur ganz kurz einige Punkte. Er zeigt uns:

Einen göttlichen Ursprung: „Ihr seid aus Gott, Kinder“ usw. (1. Joh. 4,4) „welche ... aus Gott geboren sind.“ (Joh. 1,13.)

Ein geistliches Verbundenen: Wenn wir vom Vater zum Sohne gezogen sind, ist Christus uns unentbehrlich. Dies ist ein Kennzeichen, welches alle Gläubigen tragen. Sie können nicht von Ihm weggehen, können nicht ohne Ihn und Sein Werk sein. Das Wort Petri: „HErr, zu wem sollen

wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens“ ist heute noch die Sprache aller. (Joh. 6,44.67-69.)

Eine neue Verwandtschaft: Als der HErr das Gericht am Kreuze getragen und aus den Toten auferstanden war, sagte Er zu Maria: „Gehe hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh. 20,17.)

Einen gleichen Geist des Lebens: Durch den Sieger über den Tod empfangen sie von dem Leben, welches Er als das auferstandene Haupt besaß: „Er hauchte in sie und sprach zu ihnen: Empfanget Heiligen Geist!“ (Joh. 20,22.)

Reinigung von Befleckung, ausgedrückt in den Worten „rein“ und „ganz rein“. (Joh. 13,10; 15,3.) „Das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“ (1. Joh. 1,7.)

Gerechtfertigt gegen Beschuldigung: „Weil euch die Sünden vergeben sind um Seines Namens willen,“ (1. Joh. 2,12) „... und kommt nicht ins Gericht.“ (Joh. 5,24; vgl. Röm. 8,32ff.)

Völliges Passendsein: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen.“ Gottes Geist wohnt in uns und ist bei uns; wir haben Freimütigkeit an dem Tage des Gerichts. (1. Joh. 2,20-27; 4,17.) „Wenn es offenbar werden wird, werden wir Ihm gleich sein.“ (1. Joh. 3,2.)

Gegenseitige Zuneigung: Geliebt von dem Vater, geliebt von dem Sohne. „Geliebt bis ans Ende.“ „Wir lieben Ihn, weil Er uns zuerst geliebt.“ „Ihr habt Mich geliebt.“ (Joh. 13,1; 14,21.23; 16,27; 1. Joh. 4,19.)

Erwählt von dem Sohne: „Weil ihr nicht von der Welt seid, sondern Ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum haßt euch die Welt.“ (Joh. 15,19.)

Das Haupt Selbst offenbart durch Seinen Geist unser vollkommenes Passendsein und unser Ihm-Angemessensein. Aber dieses Ihm-Angemessensein ist noch nicht Einheit. Paulus war es gegeben, die wunderbare Einheit zu offenbaren: „In einem Geist sind wir alle zu einem Leibe getauft worden.“ (1. Kor. 12,13.) Er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde. (Kol. 1,18.) „Wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und von Seinen Gebeinen.“ Eph. 5,30.)

Laßt uns hier auch die zweifache Tätigkeit des Heiligen Geistes beachten! Er versiegelt unzählige Heilige im Blick auf die Erlösung ihres Leibes, aber durch die Taufe des Geistes verbindet Er alle Gläubigen miteinander zu Gliedern des einen Leibes Christi. (Vgl. Röm. 8,23; 1. Kor. 12,13.) Jeder „Partei“-Leib ist deshalb eine offenkundige Verleugnung des einen Leibes, den Gott durch die Taufe des Heiligen Geistes gebildet hat. „Gott hat die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen an dem Leibe, wie es Ihm gefallen hat.“ (1. Kor. 12,18.) Und Christus wird Sich Seine Gemeinde verherrlicht darstellen gleich einer sehr kostbaren Perle (Matth. 13,46), „die nicht Flecken oder Runzeln oder dergleichen habe“ - heilig und tadellos. (Eph. 5,27.) Alsdann wird unser völliges Passendsein in Herrlichkeit offenbar werden.

Um so in Herrlichkeit offenbar zu werden, müssen wir diesen Platz der Niedrigkeit verlassen. So war es bei dem Auferstandenen - dem Erben, so wird es auch mit uns

sein, den Miterben. Der HErr sagt: „Über ein Kleines, und die Welt sieht Mich nicht mehr.“ (Joh. 14,19.) Er ist den Blicken der Welt entrückt. Und so wird Gott auch die Gemeinde, welche Er Sich durch das Blut Seines Eigenen erworben hat, der Welt plötzlich entrücken. Der HErr Selbst wird vom Himmel herniederkommen, und die Toten in Christo werden auferstehen, und die noch auf der Erde lebenden (wahren) Glieder der Gemeinde werden in einem Nu verwandelt und alle zusammen und zugleich dem HErrn entgegengerückt werden in die Luft. (1. Kor. 15,51.52; 1. Thess. 4,16.17.) Dies ist der Abschluß der Gemeinde Gottes auf Erden.

Der Tag der Ankunft.

Ein Freund des Schreibers hatte einen Hund, der genau wußte, wenn die Rückkehr seines Herrn nach langer Abwesenheit nahe sei. Er lief dann zum Gartentor, blickte auf die Straße hinab und kehrte mit einem Winseln der Enttäuschung zurück, oder er sprang auf einen Stuhl, schaute aus dem Fenster und zeigte durch lautes Bellen seine Freude über das baldige Kommen seines Herrn an; und so tat er, bis sein Herr kam. Wie aber wußte er, daß die Rückkehr seines Herrn nahe war? Er merkte, daß bestimmte Vorbereitungen stattfanden. Seines Herrn Zimmer wurde gereinigt, Betten gelüftet usw. Aus früheren Vorbereitungen hatte er gelernt, was dies bedeutete.

So ist es gleichsam mit allen, die die Erscheinung des HErrn liebhaben. Welche Freude ist es für sie, an den Tag zu denken, an welchem die ganze Erde sich Seinem Zepter beugt und alles, was Odem hat, Seinen Namen

lobt! Die Schrift zeigt uns klar, was jenen Tag einleiten wird. Je mehr diese An- und Kennzeichen nun sichtbar werden, um so gewisser sehen sie den Tag Seiner Ankunft nahen. Die Vorbereitungen im Hause des heimkehrenden Gatten haben ihren Beweggrund in der Liebe; sie geschehen, um diesen zu erfreuen. In Verbindung mit der Rückkehr des HErrn gibt es aber noch andere Dinge und Kennzeichen, zu welchen unser Bild nicht paßt; ich meine Handlungen, die aus anderen Motiven als aus der freudigen Erwartung Seiner Rückkehr hervorkommen, die das böse Herz offenbaren, welches sagt: „Mein Herr verzieht, zu kommen“ (Matth. 24,48), und mit diesen bösen Knechten wird der HErr, wenn Er kommt, abrechnen.

Nehmen wir an, die Habe eines Herrn wäre in dessen Abwesenheit arg verwirtschaftet worden, weil der größte Teil der Knechte nicht treu und nur einige wenige nach seinem Willen getan hätten. Und nehmen wir weiter an, er hätte geschrieben, daß er zurückkomme und mit den Untreuen abrechnen und die Verwaltung selbst in die Hand nehmen werde, daß er aber, ehe er dieses tue, zuerst seine treuen Diener bei seiner Ankunft am Bahnhof sehen, ihre Sachen prüfen, ordnen und dann mit ihnen zu seiner Habe zurückkehren wolle.

Dies mag ein Bild sein, wie es tatsächlich bei dem Kommen des HErrn und unserem darauffolgenden Offenbarwerden mit Ihm geschehen wird. Manche sind bei dem Gedanken an das Kommen des Herrn mehr beunruhigt als erfreut. Warum ist ihnen Sein Kommen kein Trost und keine Freude? Drei Dinge mögen die Ursache sein.

1. Da sind manche, die wohl glauben und wissen, daß Christus für ihre Sünden starb, aber sie sind unklar und bedrückt über die in ihnen wohnende Sünde. Bei Prüfung der Sicherheit ihrer Annahme bei Gott blicken sie auf sich selbst, und die in ihnen wohnende Sünde scheint ihnen ein ernstes Hindernis in der Gewißheit ihrer Annahme zu sein. Wäre dies so, so wäre keiner der Heiligen auf Erden für die Annahme bei Gott passend. Wollten wir die in uns wohnende Sünde leugnen oder sagen, daß wir keine Sünde haben, so würden wir „uns selbst betrügen und die Wahrheit wäre nicht in uns“. (Röm. 7,17.18; 1. Joh. 1,8.) Und wollten wir die Notwendigkeit, dieselbe zu verurteilen, außer acht lassen, so hieße das, Gottes Gerechtigkeit beiseite zu setzen. In Christi Tod aber hat die in uns wohnende Sünde ihr verdientes Urteil empfangen. Gott hat die Sünde im Fleisch verurteilt (Röm. 8,3) und Ihn, der Sünde nicht kannte, für uns zur Sünde gemacht. (2. Kor. 5,21.)

Unsere Annahme bei Gott gründet sich nicht auf das, was wir etwa aus uns selbst hervorbringen könnten, sondern auf das, was wir in Christo durch Gottes Gnade geworden sind. Der Glaube erkennt dies an und erfaßt für sich, daß Seine Gnade uns angenehm gemacht hat in dem Geliebten. (Eph. 1,6.)

Über das, was uns in Christo zuteil geworden ist, vermögen wir nur in Bewunderung anzubeten und andererseits das in uns wohnende Böse in Übereinstimmung mit Gott zu richten. Nur in dieser göttlich gewirkten Verurteilung der Sünde kommen wir zur Befreiung, und nur in dem, was Gott in Christo sieht, finden wir die Sicherheit unserer Annahme: „Ihr seid

vollendet in Ihm.“

(Kol. 2,10.) Wenn der HErr kommt, werden wir in unseren auferweckten und verwandelten Leibern keine in uns wohnende Sünde mehr haben. Unser Leib wird dann Seinem Leibe gleichförmig sein, und in Ihm wohnt keine Sünde. Dann kennzeichnet uns die Abwesenheit der Sünde; jetzt kennzeichnet uns die Verurteilung derselben während ihrer Anwesenheit.

2. Andere wieder unterscheiden nicht in der Wiederkunft des HErrn den ersten Akt, in welchem der HErr gleichsam im Lufthimmel Halt macht und Seine Heiligen von der Erde zu Sich nimmt (1. Thess. 4,17), von dem dann folgenden Akt Seines Herabkommens mit ihnen aus dem Lufthimmel, um die Welt zu richten und in Gerechtigkeit zu regieren.

Diese Tatsache, daß der HErr mit Seinen Heiligen hemiederkommen wird, ist vielen etwas Fremdes, und doch spricht die Schrift so klar darüber. (Jud. 14.15; Kol. 3,4; 1. Joh. 3,2 u. a.)

Nur in dem Werke des Heilandes und Seinem Verdienst liegt unser einziges Recht, dort einzugehen. Lohn aber empfangen wir dort für unser Werk. Wir sollten dies wohl beachten und unterscheiden. Wenn Gläubige sprechen, nur gerade noch einen Platz darinnen erlangen zu wollen, so zeigt es, daß sie für ihr Recht, dort einzugehen, nicht allein mit Seinem Werk und Seinem Verdienst beschäftigt sind; und weiter, daß sie die Sorge, dort vollen Lohn für ihr Werk auf Erden zu empfangen, nicht von dem Recht, um Seines Werkes willen selig zu werden, unterscheiden.

Andere wieder meinen, ihre schriftwidrige Stellungnahme

hier unten damit abtun zu können, daß sie leichthin sagen: Der HErr werde sie wohl nicht fragen, wie Sie hier für Ihn gestanden und wo sie ihre Verbindungen gehabt haben. Solche vergessen, daß, wenn der HErr uns zu Sich nimmt, wir vor Seinem Richterstuhl offenbar werden. (2. Kor. 5,10.) Unser Lauf wird dort enthüllt und durchschaut werden und wird von Ihm belohnt werden in der besonderen Stellung, die Er einem jeden in Seinem Reiche zuteilen wird. Er ist der gerechte Richter, der jeden treuen Dienst während der Zeit Seiner Abwesenheit dann lohnen wird. (Vgl. Luk. 19,11-13; 1. Kor. 3,8-15; 4,5; 2. Tim. 4,7.8; 1. Petr. 5,4;

Offb. 19,8-10.) Für unser Passendsein, dort eingehen zu dürfen, kommt kein Dienst oder Werk von unserer Seite - für den Lohn aber, der dort ausgeteilt wird, kommt jedes Werk und jeder treue Dienst von unserer Seite in Frage.

3. Hat Seine Liebe unser Herz hingenommen, dann kann die Freundschaft der Welt, die Ihn haßte und tötete, unser Herz nicht anziehen. Wie kann Sein Kommen mir ein Trost und eine Freude sein, wenn mein Herz mit denen verbunden ist, die ihr Glück ohne Ihn hienieden suchen!

Stehe einen Augenblick still und frage dich, wo die Stunde der Entrückung dich finden wird. Wirst du an dem freudigen Jubel der Erlösten teilnehmen, oder wirst du mit Erschrecken zurückbleiben? Die Tür der Buße ist dann für alle die geschlossen, die dem Evangelium der Gnade Gottes nicht gehorcht haben, aber nicht geschlossen für die Menschen, welche niemals den Ruf des Evangeliums vernommen haben. Allen diesen wird durch den Geist Gottes die gute Botschaft von dem kommenden König nahe gebracht werden. (Jes. 66,19.)

Lieber Leser, wenn du Seine Liebe geschmeckt hast, so sei Ihm treu; wenn du sie noch nicht geschmeckt hast, dann komme zu Ihm! Gott sagt: „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet“ (1. Petr. 4,7).

G. C. (v. d. K.)

Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst.

(1. Thess. 1,5.)

Vor ½ Jahr in Lief. 2 ds. Js. habe ich mich eingehend beschäftigen dürfen mit „Sieben Kennzeichen eines Dieners und Zeugen“ des HErrn (nach Apgesch. 26,14-18), und heute möchte ich aus dem Leben des gleichen Mannes, des Apostels Paulus, vier wichtige Punkte besprechen, durch die sein Dienst ein so besonders gesegneter wurde. Wir können aus allem und jedem lernen, was wir an dem Verhalten und Dienst der Männer Gottes, welche die Schrift uns zeigt, sehen, aber an keinem neutestamentlichen Manne Gottes lernen wir soviel und so vielerlei wie an Paulus, jenem hochbegnadigten Apostel des verherrlichten Christus Jesus, der ihn einst mitten aus der Bahn eines ärgsten Verfolgers der Gemeinde Gottes herausgerufen und zu Seinem Zeugen gemacht hatte. Was für ein Mensch ist Paulus, dieser treue „Nachahmer Christi“ (1. Kor. 11,1) - und doch, ebenso wie „Elias ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir“ (Jak. 5,17)! Wie dankbar können wir Gott sein für diese kostbaren Vorbilder, wenn auch erst sie alle zusammen uns ein menschlich vollendetes Bild des neuen Menschen übermitteln, das

aber noch unendlich überstrahlt wird von dem Bilde Dessen, von dem wir in all den verschiedenen Bildern und Typen der Schrift Stücke finden! Er Selber, Christus Jesus, den anzuschauen uns die Schrift anrät, damit wir in Ihn verwandelt werden, als durch den HErrn, den Geist (2. Kor. 3,18), Er Selber ist der große Herrlichkeits-Mittelpunkt, in dem alle Strahlen Seines Wortes sich zusammenfinden, denn von Ihm gingen sie auch aus!

Die vier Punkte, die ich betrachten möchte und die sich durch viele mehr ergänzen lassen, wenn man ein vollständiges Bild der Segenstätigkeit des Apostels haben will, finden wir in 1. Thessalonicher, jenem wichtigen Brief, der uns in unzweideutigster Weise über die Wiederkunft des HErrn für die Seinen belehrt, d. h. ehe „der Tag des HErrn“ (2. Thess.-Brf.) beginnt. Er zeigt uns die Entrückung als Frucht nicht unseres Wirkens oder unserer Heiligung, sondern Seiner Gnade, indem die Erlösung des Leibes als der Abschluß Seines Erlösungswerkes, soweit es die Person der Seinen betrifft, uns als unsere herrliche Hoffnung vor Augen gestellt wird.

Diesen um Seines Lehrgegenstandes höchst wichtigen Brief beginnt der Apostel mit einem gleichsam einleitenden Kapitel, das zu Anfang den überaus beachtlichen Segensgruß1, dann den üblichen (ausgenommen Galater!) Dank des Apostels enthält, der in V. 3 u. 4 gemäß des Gegenstandes eine sehr bemerkenswerte Ausgestaltung findet, die daran gipfelt, daß Paulus die Tatsache der Auserwählung der Thessalonicher betont.2 (Vgl. 2. Thess. 2,13.) Diese wird aber nicht etwa lehrhaft entwickelt, sondern es wird im folgenden der Grund angegeben, aus dem der Apostel

1

Bei dieser Gelegenheit der Hinweis, daß in 1. Thess. ganz unverhältnismäßig oft, bald 40mal, das Wort „Gott“ vorkommt! -

2

Vgl. A. v. d. Kammer, „Die Auserwählung Gottes“, Klotzsche 1927, 50 RPfg.

sich ihrer Auserwählung gewiß sei: Sein Evangelium sei nicht ohne Frucht unter ihnen gewesen, sondern sie seien „seine Nachahmer und des HErrn“ (V. 6) geworden und hätten ihren Glauben derart bezeugt, daß die ganze Welt davon geredet habe, „wie sie sich bekehrt hätten ... um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, Jesus, der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ (V. 7-10.)

1

Bei dieser Gelegenheit der Hinweis, daß in 1. Thess. ganz unverhältnismäßig oft, bald 40mal, das Wort „Gott“ vorkommt! -

2

Vgl. A. v. d. Kammer, „Die Auserwählung Gottes“, Klotzsche 1927, 50 RPfg.

Und in diesem Zusammenhange der Betonung ihrer Auserwählung nennt Paulus jene vier Punkte, welche zur Segens-Folge hatten, daß sie „das Wort aufnahmen mit Freude des Heiligen Geistes“. Diese vier „Bedingungen für fruchtbaren Dienst“, wie ich sie genannt habe, sollten bei uns allen, die wir irgendwie und irgendwann von Christo Zeugnis ablegen, gefunden werden, wenn auch gewiß nicht in solchem Umfang wie bei dem Apostel Paulus. Aber diese - wie wir sehen werden - an sich ganz einfachen bekannten Dinge sind nicht apostolischer Natur, sind nicht den Aposteln kraft ihrer Würde allein zu eigen, sondern stehen im Grunde uns, d. h. allen Gläubigen, zur Verfügung, wenn wir sie nur beachten, anwenden und in ihnen leben wollen!

In folgendem nun eine Darstellung dieser „Bedingungen“! Gebe der HErr Gnade und Seinen Segen zu dieser Betrachtung!

Paulus schreibt in V. 5 unter der Leitung und Einhauchung des Geistes: „Denn unser Evangelium war nicht bei euch

im Worte

allein ...“ Also wohl im Worte, aber nicht allein, d. h. nicht ohne die übrigen drei Stücke. „Im Worte“ war sein Evangelium! Ja, es war selber „das Wort“, das Wort von Christo, in dem das ewige Wort Fleisch geworden war und unter uns zeltete (Joh. 1). Das ist das wahre Evangelium, das ein Paulus verkündete: „Das Wort“. Und daher diese Wirkung! Dreimal ist in 1. Thess. 1 vom „Wort“ die Rede, V. 5.6.8. Welche Wichtigkeit liegt doch dieiem Worte bei! Das „Wort“ hatten sie gehört, das „Wort“ nahmen sie auf (wie? Joh. 1,12.13; vgl. 1. Thess. 2,13!), und „das Wort des HErrn“ erscholl von ihnen aus in die Welt, soweits sie nur hören wollte! Im Wort verkündete Paulus das Evangelium! Da war nichts Eigenes, keine Erfindung, keine Zusätze oder „Aufsätze der Ältesten“, keine leeren Ausschmückungen, keine Märchen und seelischen Reizmittel - nein, das Wort, schlicht und ehern, wie er selber es gehört hatte (vom Himmel her!) und worin er lebte: das Wort Gottes! Dieses Wort, das göttliche Autorität in sich birgt; dies Wort, in dem „heilige Männer Gottes geredet haben, getrieben durch den Heiligen Geist“ (2. Petr. 1,21), dieses „Wort“, das „lebendig und kräftig ist und schärfer als jedes zweischneidige Schwert usw.“ - „mit dem wir es zu tun haben'' (Hebr. 4,12.13), - das Wort, „das Schwert des Geistes“ (Eph. 6,17) - das Wort, in dem Gott Selber redet zu den Menschen, die „Ohren haben zu hören“ - das Wort, das sich „irdene Gefäße“, wie einen Paulus, aussucht, um in ihnen seine Kraft zu entfalten und durch sie anderen den Pfad zu erleuchten und ihnen Licht zu geben für den Weg (Ps. 119,105) - das Wort predigte Paulus. Das Wort, Ausgangspunkt, Mittel, Kraft und Zielpunkt der Predigt des Evangelisten Paulus, der als Apostel besonders „betraut war mit dem Evangelium“

(Kap. 2,4). Er selber sagt am Ende seines Lebens zu seinem Schüler Timotheus: „Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit ...“ (2. Tim. 4,2). Er lehrt uns damit die Wichtigkeit des Wortes zu allen Zeiten, und möchten wir uns durch ihn belehren lassen! Möchten wir nie gering denken vom Wort, d. h. von dem Mittel, das Gott uns (so bequem) in die Hand gelegt hat, um anderen das Evangelium zu bezeugen. Wir haben nichts Einfacheres und nichts Gewaltigeres als das Wort. Denken wir nie, daß schöne „fromme Erzählungen“, christliche Anekdoten und Geschichten von Erfahrungen - welch letztere an ihrem Platze gut sein mögen - je das Wort ersetzen könnten. Das Wort ist lebendig, nicht unsere Worte über dasselbe, das Wort weckt und schafft Leben, es ist der lebendige Same der Wiedergeburt (1. Petr. 1,23) und das Wasser der Reinigung (Joh. 3,5; Eph. 5,26 u. a.), das Wort ist heutigentags nötiger denn je, wo Hunderte von Irrlehren die Gläubigen zu verführen trachten - usw. usw.!

Das Wort! O lernen wir mehr das Wort gebrauchen und tun! (Jak. 1,22.) Auch die arme sterbende Welt kann nur leben „durch jedes Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Matth. 4,4), wie auch wir uns täglich von diesem Manna nähren müssen. (Joh. 6.)

Dieses Wort predigte Paulus, und durch dieses wurden die Thessalonicher damals errettet (Apg. 17,1-4). Aber sein Evangelium, sagt er, sei nicht im Worte allein gewesen oder zu ihnen gekommen. Damit will er nicht etwa sagen, daß das Wort an sich, etwa wie das menschliche Wort an sich, leer sei, wenn ohne begleitende Taten, sondern er will ihnen gerade sagen, daß das Wort gar nicht allein sein

kann ohne in Kraft, „sondern auch

in Kraft“

fügt, er hinzu! Daß es so war, das gibt ihm so recht die Gewißheit ihrer Auserwählung. „In Kraft!“ Was meint Paulus damit? Denkt er an Wunder als Begleitumstände seiner Evangeliumsverkündigung? Gewiß hat er hier und da Wunder als Beweise seiner apostolischen Vollmacht getan, wie uns 2. Kor. 12,12 und ebenso die ganze Apostelgeschichte zeigt. Aber aus Thessalonich wird uns in der Schrift kein einziges sinnenfälliges Wunder mitgeteilt (Apg. 17). Was meint er dann? Ich denke, er meint dies, daß er eben das Wort in solcher Weise verkünden durfte, daß es offenbar war: die Kraft Gottes begleitete das geredete Wort, die „Gotteskraft“, von der er auch in 1. Kor. 2,4.5 schreibt. Das geredete Wort wirkte Glauben in Thessalonich (wie später in Korinth); „das Wort vom Kreuz“ erwies sich als „mächtig zur Zerstörung von Festungen, die sich wider die Erkenntnis Gottes erheben“ mochten. (2. Kor. 10,3ff.) Paulus redete in einem „Geist der Kraft“ (2. Tim. 1,8); er mochte nicht mit besonderer Lungen- und Zungenkraft reden, (so nötig dies auch äußerlich bisweilen sein mag), aber er redete so, daß die Kraft Gottes das Wort anwenden konnte auf die Gewissen zur Aufdeckung und zur Beugung der Herzen. Die Kraft Gottes wirkte so, daß Menschen offenbar wurden, zerbrachen vor Seiner Heiligkeit und Seiner Liebe sich hingaben.

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Frage und Antwort

Frage 17

Warum ging Paulus nach seiner Bekehrung fort nach Arabien? (Gal. 1,17.)

Antwort

Man hätte ein volles Recht, nach der angeführten Stelle zu sagen: wir wissen es nicht, denn wo die Schrift schweigt, haben wir nichts zu sagen und auch nichts zu vermuten. Möglicherweise genügt den Lesern diese Antwort nicht, und doch ist es gut für uns, unseren Glaubensgehorsam daran zu prüfen, ob wir bereit sind, stille zu sein und demütig uns unter Sein Wort zu beugen, auch wenn wir es nicht verstehen. Wir sind manchmal nur neugierig, während uns Unterwerfung not ist. (Ich sage das selbstverständlich nicht im Blick auf den Einsender der Frage, den ich persönlich kaum kenne, sondern für uns alle ganz allgemein.) Erkenntnis ist gut und nötig, aber Beugung, Gehorsam ist die Grundlage aller Segnungen. „Den Demütigen gibt Gott Gnade“ (Jak. 4,6).

Nach dieser etwas absonderlichen, aber mir persönlich wichtig scheinenden Einleitung habe ich zu der Frage noch einiges mehr zu sagen; und zwar keine Vermutungen, die ohnehin wertlos wären, sondern Tatsachen, von denen aus vielleicht etwas Licht auf die Frage fällt.

Zunächst etwas über den Zeitpunkt jener Platzveränderung des Apostels und über die mögliche

Dauer derselben. Wann also ging er nach Arabien? „Nach seiner Bekehrung“, sagt die Titelfrage. Natürlich ja, denn sonst hätte diese Reise für uns kein weiteres Interesse; daß diese Reise in die Zeit nach seiner Bekehrung fiel, macht sie uns erst wichtig; aber wie lange nach derselben? Apgesch. 9,18-20 sagt uns, daß er nach seinem Sehendgewordensein, seiner Taufe und kurzem Kennenlernen der Jünger in Damaskus angefangen habe, Jesus als den Sohn Gottes zu verkünden. Danach seien alle, die es hörten, außer sich geraten, zumal seine ursprüngliche Absicht, die ihn nach Damaskus geführt habe, allbekannt gewesen war (V. 21). Er sei aber in seiner Predigt immer mehr erstarkt und habe die Juden in Verwirrung gebracht durch seine Beweise, daß dieser („Jesus, der Sohn Gottes“) der Messias, der Christus sei (V. 22). Der nächste Vers redet dann von dem Verlauf „vieler Tage“, denen der Ratschluß der Juden gefolgt sei, ihn umzubringen; dies sei aber dem Saulus bekannt geworden, und da die Tore streng bewacht worden seien, um ein Entweichen unmöglich zu machen, so hätten schließlich die Jünger ihn nachts in einem Korbe von der Stadtmauer herabgelassen (V. 23-25). Danach finden wir ihn in Jerusalem (V. 26). (Vgl. Apgesch. 22,20 u. 26,17.)

Dieser Hergang seiner Geschichte nach Lukas gibt uns keine weiteren Anhaltspunkte für obige Unterfrage nach dem Zeitpunkt seiner Reise nach Arabien als die, daß der Schluß mit dem Bericht in 2. Kor. 11,32.33 zusammengehören muß, als auch V. 26 zu Gal. 1,18 stimmt. Aus letzterer Stelle geht m. E. unzweifelhaft hervor, daß zwischen seiner Bekehrung und seinem ersten Besuch in Jerusalem (bezw. seiner Rückkehr dorthin; denn von Jerusalem war er einst ausgezogen gegen die

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Allerdings scheint nach dem deutschen Wortlaut in Gal. 1,18 die Zeitdauer von drei Jahren erst an den zweiten Aufenthalt in Damaskus angeschlossen zu sein, nach dem ganzen Zusammenhang und dem Wortlaut im Grundtext aber ist doch (wohl) an den ganzen Zeitraum seit seiner Bekehrung zu denken. (D. Verf.)

Christen in Damaskus!) drei Jahre liegen,1 nicht aber, daß er drei Jahre in Arabien gewesen sei. Ein Vergleich der Stellen in Apgesch. 9 und 2. Kor. 11 zeigt, daß die Juden sich bei ihrem Kampf gegen Paulus wie so oft einer weltlichen Macht bedienten, des Nabatäerkönigs Arethas, der gerade damals das römische Damaskus besetzt hielt mittels eines königlichen Verwalters (eines „Ethnarchs“). Da nun Saulus-Paulus aber nach Gal. 1,17 zweimal in Damaskus war, nach seiner Flucht (Apgesch. 9,25) aber nach Jerusalem kommt (V. 26), so ist sein Aufenthalt in Arabien in den Zeitabschnitt der „vielen Tage“ von V. 23 zu verlegen, wie ich glaube. Wenn dem aber so ist, so kann er nicht allzulange in Arabien gewesen sein. Aus dem ganzen erhellt, daß diese Reise wohl innerhalb jener drei Jahre von seiner Bekehrung ab (Gal. 1,18) lag, aber daß sie durchaus nicht gleich nach seiner Bekehrung stattgefunden habe, sondern erst, nachdem er durch seine Zeugenarbeit die Wut der Juden so erregt hatte, daß er den Gläubigen am Ort am besten zu dienen glaubte, wenn er für einige Zeit verschwände. Gewiß hat der HErr ihm diese Weisung gegeben, und aus Apgesch. 22,10 wissen wir, daß er von Anfang an nichts anderes wollte, als des HErrn Willen tun. Welch ein Vorbild für uns!

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Allerdings scheint nach dem deutschen Wortlaut in Gal. 1,18 die Zeitdauer von drei Jahren erst an den zweiten Aufenthalt in Damaskus angeschlossen zu sein, nach dem ganzen Zusammenhang und dem Wortlaut im Grundtext aber ist doch (wohl) an den ganzen Zeitraum seit seiner Bekehrung zu denken. (D. Verf.)

Wenn diese Ausführungen einigermaßen einleuchtend sein sollten, so brächten sie uns zu der immerhin nicht unwichtigen Feststellung, daß aus dem angeblichen Verhalten des Paulus, gleich nach der Bekehrung nach Arabien zu gehen, nicht zu folgern sei, daß jeder Jungbekehrte erst einmal gleichsam „in die Stille gehen“ müsse (wenngleich es manchmal sehr gut und nötig sein kann!), ehe er für den HErrn Zeugnis ablege. Bei Saulus-Paulus ist dies wenigstens nicht so gewesen! Man kann

nicht auf ihn hinweisen, um junge, frische Bekenner mundtot zu machen! Wohl uns, wenn wir so gründlich bekehrt sind, daß wir gleich von da an „Seine Zeugen“ werden!

Nunmehr hierzu eine weitere Unterfrage: Wohin ging der Apostel eigentlich? Nach Arabien! Ja, aber Arabien ist sehr groß, und wenn man die Meinung, er sei drei Jahre - wie gesagt, stimmt dies nicht (Gal. 1,18) - in Arabien gewesen, etwa damit stützen wollte, Arabien sei doch so weit weg gewesen (wenn man etwa an das Land der Königin von Scheba denkt!), daß er Monate allein auf den Weg habe rechnen müssen, so würde man mit dieser falschen Meinung jene falsche Behauptung von den drei Jahren (angeblich in der Stille!) nicht stützen können. Denn Arabien lag bei Damaskus sozusagen vor der Tür, nämlich das sogen. Peträische Arabien mit der südöstlich vom Toten Meere gelegenen Hauptstadt Petra. Nach der damaligen Zeitgeschichte des jüdischen Schriftstellers Josephus beherrschte dies sehr ausgedehnte Gebiet des nördlichen Arabiens der uns aus 2. Kor. 11,32 bekannte und oben schon genannte Nabathäerfürst Aretas IV., der sich ungefähr um jene Zeit mit Rom im Kampf befunden hatte. (Näheres hierüber ist für uns hier ohne Belang.) In dies Gebiet südlich von Damaskus, östlich von Palästina (nicht zu weit vom Jordan entfernt!), mag sich Paulus begeben haben. Es gab dort nicht unbedeutende Städte, wie das etwa sechsmal im Alten Testament genannte Bozra, sowie Gerasa, und auch ein Philadelphia, und ich glaube nicht, daß der feurige Apostel in diesen Gegenden untätig gewesen ist! Zu Arabien gehörte damals wie heute (landschaftlich) auch die Sinaihalbinsel! Aber ebenfalls die spätere römische Provinz Auranitis, nahe bei Damaskus

(südöstlich), mit dem heute noch Hauran heißenden hohen Gebirge; auch die sogen. Syrische Wüste, östlich von Damaskus. Also Paulus war wohl aus den Händen der Juden, aber durchaus nicht allzuweit von Damaskus fort!

Haben wir in Vorstehendem einige mehr äußere Punkte zur Sachlage der Frage berührt, so gibt uns Gal. 1 noch ein anderes, volleres Licht!

Wir sehen, wie der Apostel dem inspirierten Wort zufolge sich bemüht, darzutun, daß er bezüglich seines Evangeliums in nichts, in durchaus keiner Hinsicht von Menschen abhängig gewesen sei (vgl. 1,1.11.12). In V. 16 sagt er dazu, daß er sich nach seiner Berufung durch Gott nicht mit „Fleisch und Blut“ (d. h. irrtumsfähigen Menschen) besprochen habe, Menschen gleichsam gefragt habe: „Was meint ihr dazu, wenn ich Jesus den Christus predigen würde?“ - er habe sich auch nicht in Jerusalem Rat geholt von denen, „die vor ihm Apostel gewesen“ seien, sondern - und nun schiebe ich ein, was ich oben ausgeführt habe - als er durch die Wut der Juden in Damaskus nicht mehr glaubte, dort bleiben zu sollen, ging er nicht etwa nach Jerusalem, sondern nach (dem angrenzenden) Arabien, wo er auch keinen fragen konnte, was sie zu seiner Predigt meinten! Irgendwohin mußte er gehen - wohin? Überall die Gefahr, von Menschen begutachtet oder beeinflußt zu werden - nicht so in Arabien, einer nichtjüdischen Landschaft, wo der Einfluß der noch gesetzesstrengen Judenchristen ihm in seiner inneren Entwicklung nicht hinderlich sein konnte. Und dann zurück nach Damaskus und von dort äußerlich unter größten Gefahren, aber innerlich „um so mehr erstarkt“ (wie schon Apgesch. 9,22 steht, darauf kam's ihm an,

denn darauf kam es Gott an!), endlich für ganze zwei Wochen („15 Tage“ nur!) nach Jerusalem!

Ich will weiter nichts dazu sagen, aber ich denke, auch wenn wir nicht direkt erfahren, warum Paulus nach Arabien gegangen sei, so geben doch diese Erörterungen einiges Licht darüber. Der Apostel ging nicht „in die Stille“, er war auch nie und nimmer „arbeitslos“ in Arabien! Nein, alles und alles diente dem einen Zweck, ihn um so fähiger zu machen für seinen besonderen Dienst. Dazu mußte gewiß auch dieser Aufenthalt beitragen, wenn uns auch sonst nichts Genaues darüber mitgeteilt ist.

Kann ich somit auch keine bestimmte Auskunft geben, warum er nach Arabien gegangen sei, da der Apostel es uns nicht sagt - der Heilige Geist ihn nicht dazu autorisiert! -, so können doch die mancherlei Umstände aus dem Wort Licht auch auf diesen „Pfad des Gerechten“ fallen lassen, so daß wenigstens verkehrten Vermutungen der Boden genommen werde. Andererseits regen uns diese verschiedenen Punkte zum weiteren Forschen an.

Und dazu noch ein ganz kleiner Hinweis, keine Behauptung, keine Lehre, auch keine Vermutung, nur eine Aufforderung zur Beachtung: Nur zweimal spricht das Neue Testament von Arabien (außer Apgesch. 2,10 „Araber“), und beide Stellen stehen im Galaterbrief, der sich mit der Stellung des Gläubigen zum Gesetz auseinandersetzt: hier in 1,17 und in Kap. 4,25, in jenem gewaltigen „Beweis“ für unsere Freiheit vom Gesetz (vgl. 4,21 mit 5,1!).1 Ob wohl, als Paulus den Galaterbrief schreiben mußte, ihm dies Wort (Arabien) in die Feder gegeben wurde, gleichsam am damit anzudeuten, daß er in Arabien (Sinai - Hagar gehörte, wie gesagt, dazu!)

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Vergl. Frage 15 in Jahrb. 7. (F. K.)

besonders erstarkt sei bezüglich der Fragen unserer Stellung zum Gesetz? Hat er dort besondere Erfahrungen gemacht, vielleicht als er es nicht mit Juden zu tun hatte? Hat er dort vielleicht auch seine persönlichen Erfahrungen von Röm. 7 und Gal. 2,19-21 gemacht? Es sind nur Fragen, keine Vermutungen, keine Lehren. Aber gleichgültig ist es nie, wenn der Heilige Geist ein Wort - hier „Arabien“ - dicht beieinander zweimal gebraucht. Wir haben stets darüber nachzudenken, auch wenn wir keine Folgerungen daran anzuknüpfen haben.

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Vergl. Frage 15 in Jahrb. 7. (F. K.)

Jedenfalls aber: Saulus-Paulus befand sich in Arabien ebensowenig in beschaulicher Stille und Ruhe wie der Herr Jesus, als Er „vom Geist in die Wüste“ geführt wurde, sondern zweifellos auch in einem Kampf, in dem er erstarkte, während unser geliebter HErr darin nach jeder Seite hin Sieger blieb (und Paulus wurde „gekräftigt durch Seine Kraft“!).

Und mögen unsere Wege, die Gott uns führt, manchmal vielleicht für uns selber, gewiß aber für andere, rätselhaft sein, sie sollen uns zum Guten mitwirken, uns, die wir Gott lieben (Röm. 8,28), und wir werden durch dieselben fähiger werden zum Zeugnis für Ihn, wenn wir mit Ihm diese Wege gehen, gleichsam, wie ein bekannter Ausdruck sagt: „Allein mit dem Meister“! Dazu diente dem Paulus jene Reise nach Arabien, zu welchem Zwecke er sie von sich aus auch angetreten haben mochte.

Möchten wir von ihm als „seine Nachahmer'' lernen, von ihm, der seinerseits so wunderbar „Christi Nachahmer“ war (1. Kor. 11,1)!

Wie kostbar aber ist die Schrift überall, wo wir sie

erforschen! Dem HErrn sei ewig Dank und Preis für Sein Wort!

F. K.

Frage 18

Ist in 1. Joh. 5,6-8 unter „Wasser“ wirkliches Wasser gemeint? Wenn nicht - warum sagt der Geist Gottes nicht deutlich, was Er meint? (Vergl. Joh. 3,5 u. a.)

Antwort A

Wer unter „Wasser“ in dieser Schriftstelle wirkliches Wasser versteht, hat dabei wohl die Taufe des HErrn durch Johannes im Auge. Daß manche dieses Wort so auffassen, sehen wir z. B. in der Übersetzung von Dr. Wiese aus der Fußnote zu V. 6 und 8. Andere fassen es so auf, daß „Wasser“ hier - wie an manchen anderen Stellen des Wortes Gottes - als Sinnbild für das Wort Gottes gebraucht wird. Was ist nun richtig?

Wer sich ernstlich mit dieser Frage beschäftigt, wird unwillkürlich dabei auf eine andere Frage geführt und genötigt, erst über diese klar zu werden, weil davon viel für die richtige Lösung unserer Frage abhängt. Diese andere Frage ist: Als was steht der HErr vor uns, wenn es heißt: „Dieser ist es, der gekommen ist ...“? Ist es als Mensch, wie der HErr durch diese Welt ging in Niedrigkeit? Oder ist es als der Heiland, als welchen wir Ihn kennen? Daß ersteres nicht gemeint ist, zeigen uns die Worte „durch Wasser und Blut“, denn wenn auch die Frage, was mit dem „Wasser“ gemeint ist, noch offen steht, so wissen

Kreuze spricht, so daß auf keinen Fall nur Sein In-diese-Welt-kommen durch Seine Geburt gemeint sein kann, und da noch dazu ausdrücklich betont wird: „Nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut“, ist es außer allem Zweifel, daß es sich hier um den HErrn nicht vor Seinem Tode, sondern nach Seinem Tode am Kreuze handelt, also um den auferstandenen HErrn und Heiland, wie wir Ihn kennen. Als solcher ist Er in dem ganzen Briefe betrachtet und steht Er auch in den unserer Schriftstelle vorangehenden und nachfolgenden Versen vor uns. Und als solcher steht Er vor uns, wenn wir lesen: „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut ...“ „Dieser“ ist also „der Christus“, „der Sohn Gottes“, der das Werk vollbracht hat und der „Heiland der Welt“ ist und als solcher in diese Welt „gekommen“ und nun hier ist.

Wenn wir dieses im Auge behalten, müssen wir in dem „Wasser“ und dem „Blut'' das sehen, wodurch Er als der Heiland Einzug gehalten hat in diese feindliche Welt: Das Wort Gottes und Seinen Tod am Kreuze.

Das Wort Gottes war es, wodurch Er als der gehorsame Mensch den Feind besiegte, indem Er sagte: „Es steht geschrieben“, „wiederum steht geschrieben'' und „denn es steht geschrieben“ (Matth. 4,4.7.10), wie einst David den Goliath mit dem Steine „aus dem Bache'' niederstreckte, so daß er ohnmächtig zu seinen Füßen lag (1. Sam. 17,40.49). Gerade dadurch, daß Er als Mensch - Fleisch und Blut, wie wir sind - in ununterbrochenem, vollkommenem Gehorsam durch diese Welt ging, nach allem, was geschrieben steht, machte Er den Feind vollständig machtlos, so daß Er in den Machtbereich dieses Feindes, in diese Welt der Sünde und Gottesfeindschaft,

als Erretter für arme, geknechtete Menschen einziehen konnte und da ist. Dasselbe gilt auch für Seinen Einzug in das Herz des Menschen; auch da ist es das Wort Gottes allein, durch das der Widerstand gebrochen und der Eingang freigemacht wird, so daß Er einziehen kann. Und zugleich ist Er uns mit Seinem Gehorsam ein Vorbild geworden, auf das wir blicken und dem wir nachahmen, indem wir versuchen, in Seine Fußstapfen zu treten und in Gehorsam nach dem Worte Gottes zu wandeln; und indem wir das tun, werden wir von dem gereinigt, was dem verdorbenen, alten Menschen angehört. Diese Reinigung wirkt der Geist Gottes in uns durch das Wort (vgl. Joh. 13,5-10; 15,3; Apgesch. 15,9; Tit. 3,3-5; Hebr. 10,22; 1. Petr. 1,22), so wie Wasser unseren Leib von Schmutz reinigt; deshalb ist hier „Wasser“ als Sinnbild für das Wort Gottes angewendet. So sehen wir, daß die Worte: „... der gekommen ist durch Wasser ...“ die Bedeutung haben, daß Er durch Gottes Wort - indem Er als Mensch hienieden sich völlig unter dasselbe stellte, vollkommen gehorsam war - Sich den Eingang in diese feindliche Welt und in die Herzen, die Ihn kennen, verschafft hat.

Aber das, was wir gesehen haben, ist nur eine gegenwärtige Befreiung und nur eine sittliche Reinigung; und wie das Hinstrecken des Feindes mit dem Steine aus dem Bache durch David zur wirklichen und dauernden Errettung Israels aus der Hand des Feindes nicht genügte, sondern David das Schwert des Philisters nahm und ihn damit tötete, indem er ihm den Kopf abhieb (1. Sam. 17,51), so genügte auch der Sieg des HErrn über den Feind durch das Wort Gottes nicht, um uns ewig zu erretten, sondern dazu war nötig, daß Er die Strafe für unsere Sünden trug, und darum mußte Er den Tod am

Kreuze erleiden, um „durch den Tod den zunichte zu machen, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel“ (Hebr. 2,14). Dadurch erst wurde die nach Gottes Gerechtigkeit unerläßliche Sühnung für unsere Sünden geschaffen. Das ist es, was das „Blut“ sinnbildlich darstellt. Deshalb heißt es: „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus (der) Christus; nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut.“

Diese beiden Dinge finden wir auch in Joh. 19,34, nur in umgekehrter Reihenfolge.1 Aus der von dem Speer des Kriegsknechtes durchbohrten Seite des gestorbenen Christus floß „Blut und Wasser“ heraus, ein Bild davon, daß Er erst durch Seinen Tod für uns der Quell der Reinigung von unseren Sünden durch Sein kostbares Blut und der Reinigung von der Unreinheit des alten Menschen - dem sittlich Bösen - durch das lebendige Wort Gottes geworden ist.

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In Joh. 19,34 ist das Blut zuerst genannt, weil es sich dort um unser Hinzunahen zu Gott, unseren Eintritt in das Heiligtum handelt; darum kommt die Sühnung zuerst und dann die sittliche Reinigung durch das Wort, ohne die wir nicht als Priester dienen und in das Heiligtum eintreten können, wie wir diese Ordnung bei der Stiftshütte sehen: Erst der eherne Altar, dann das Becken mit dem Wasser zum Waschen und dann das Heiligtum. Der Eintritt in das Heiligtum konnte natürlich nur auf Grund des dargebrachten Opfers geschehen, aber der Weg vom Altar zum Heiligtum führte an dem Becken vorbei, in dem der Priester erst sich waschen mußte, ehe er in das Heiligtum eintreten durfte. So ist es in dem Johannesevangelium. In 1. Joh. 5,6-8 dagegen ist das Wasser zuerst genannt, weil es sich hier nicht um unseren Eintritt in das Heiligtum, sondern um Sein kommen in diese Welt und Seine Aufnahme in unsere Herzen handelt; da mußte zuerst das Wort seine Kraft erweisen und seine Wirkung auf unsere Herzen ausüben. - (Der Verf.)

Wie könnte nach all diesem in 1. Joh. 5,6-8 mit „Wasser“ wirkliches Wasser - und damit die Taufe des HErrn durch Johannes - gemeint sein? Nein, daran ist kein Gedanke hier, sondern der Heilige Geist redet hier in sinnbildlicher Sprache, wie Er dies so vielfach tut.

Daß der Heilige Geist „Wasser“ als Sinnbild für das Wort Gottes gebraucht, ist aus vielen Stellen des Wortes Gottes mehr oder weniger deutlich ersichtlich. Wir wollen von diesen vielen Stellen nur einige neutestamentliche ganz kurz berühren. Joh. 3,5 heißt es: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde ...“, offenbar im Blick auf Hes. 36,25, wo wir lesen: „Und ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet

rein sein; von allen euren Unreinigleiten und von allen euren Götzen werde ich euch reinigen“ usw. Daß hier nicht wirkliches Wasser bezw. nicht die Taufe gemeint sein kann, liegt doch auf der Hand, denn es handelt sich hier doch um das Von-neuem-geboren-werden, und das geschieht doch nicht durch die Taufe! Gottes Wort sagt nie so etwas! Aber durch Gottes Wort geschieht es, durch das Wirken des Heiligen Geistes (Luk. 8,11.15; Jak. 1,18; 1. Petr. 1,23). Joh. 13,5 lesen wir: „Dann gießt Er Wasser in das Waschbecken und fing an, die Füße der Jünger zu waschen“. Natürlich ist es hier in der Handlung selbst wirkliches Wasser, aber wir wissen auch, daß diese Handlung des HErrn eine sinnbildliche Bedeutung hat und darum auch das Wasser, und zwar, daß letzteres das Wort Gottes bedeutet, welches der HErr benützt, um die Seinen immer wieder von der Verunreinigung zu reinigen, die sie sich unvermeidlich auf ihrem Wege durch diese unreine Welt zuziehen. Eph. 5,26 heißt es: „... sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“, womit uns das Wort Gottes selbst gleich sagt, daß hier das Wasser als Sinnbild für das Wort Gottes gebraucht ist: Er reinigt Seine Versammlung durch das Wort von allen Flecken, d. h. von aller Unreinheit.

Warum gebraucht der Heilige Geist oft ein solches Sinnbild, anstatt die Sache, die Er meint, mit ihrem Namen zu nennen? Wir bilden uns nicht ein, die Gründe zu kennen, haben aber schon oft mit Bewunderung empfunden, welche Weisheit Gottes darin liegt, so zu uns zu reden, indem das gebrauchte Sinnbild oft die Sache so treffend und klar und erschöpfend darstellt, wie es auf andere Weise nur mit vielen Worten und vielleicht oft überhaupt nicht gezeigt werden könnte. Denken wir z. B.

an das Gleichnis vom Säemann oder vom Weinstock und viele andere Gleichnisse, oder wenn von den Erlösten als einem Leib, Haus, Tempel gesprochen wird, oder wenn von Schwert, Sauerteig, Milch geredet ist, und vieles andere. So ist Gottes Sprache zu uns, und es ist kostbar für unsere Herzen, diese wunderbare Sprache, die nur der Geist Gottes uns aufschließen kann, ein wenig verstehen zu dürfen.

Th. K.

Antwort B

Die Frage läßt die Schwierigkeit, die der Fragesteller in dem Verstehen dieser Stelle findet, nicht klar erkennen.

In den Schriften des Apostels Johannes (Evangelium, Briefe und Offenbarung) wird das Wort „Wasser“ sehr oft gefunden, mehr als in allen anderen Schriften des Neuen Testamentes, und zwar in verschiedenen Bedeutungen.

Er berichtet uns von dem Wasser, welches Jesus in das Waschbecken goß, um Seinen Jüngern die Füße zu waschen, und aus seinem Evangelium lernen wir, daß diese Fußwaschung ein Beispiel von dem Dienste ist, den der HErr uns tut, damit wir teil mit Ihm haben sollen.

Petrus sah und verstand in dem, was der HErr tat, nur das Wirkliche, Buchstäbliche, das wirkliche Wasser, sah nur seine leiblichen Füße und die tatsächliche Waschung. Deshalb sagte der HErr: „Was Ich tue, weißt du jetzt nicht“, denn das, was Er tat, war nur ein Vorbild, nicht das Wesen. Und so fragte der HErr alsdann alle Jünger: „Wisset ihr, was Ich euch getan habe?“ Und wiederum:

„Wenn ihr dies wisset“ (Joh. 13,7.12.17). Das Wort „wissen“ berührt den Punkt.

Das, was der HErr tut, war ein Beispiel, welches Petrus in der Stunde noch nicht verstand, das er aber hernach verstehen würde. Und er verstand es und dachte gewiß an diese Stunde zurück, in der der HErr Sich umgürtet hatte, als er schrieb: „Seid aber alle gegeneinander mit Demut fest umhüllet“ (1. Petr. 5,5). Nur so können wir einander dienen. In dieser Waschung mit Wasser erkennen wir den treuen Dienst, den der HErr heute noch Seiner Gemeinde tut, von dem Paulus sagt, daß Er sie heiligt, „sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ (Eph. 5,26.27).

Bei der Fußwaschung sagte der HErr zu Seinen Jüngern: „Ihr seid rein“; im Blick auf Judas fügte Er hinzu: „Aber nicht alle“ (Joh. 13,10). Und ein wenig später knüpfte Er hier wieder an und sagte ihnen, wie sie rein geworden: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe“, nicht vermittelst des Wassers im Waschbecken, sondern vermittelst Seines Wortes (15,3).

So lesen wir auch in Hebr. 10,22: „Laßt uns hinzutreten, den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“ Daß irdisches Wasser uns nicht passend macht, ins Heiligtum zu treten, wissen wir alle, aber in diesem Briefe lesen wir von der Kraft des Wortes Gottes, das „lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert ist ... und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens“ (Hebr. 4,12). Es befähigt uns, alles in dem Lichte Gottes zu erkennen und Reinigung zu bewirken.

Johannes lernte vom HErrn den geistlichen Sinn des

Wortes „Wasser“ erfassen, daß nicht „wirkliches Wasser“, sondern das „Wasser des Wortes“ nötig sei, um teil mit Ihm zu haben. Johannes ist es auch, der uns das Nachtgespräch des HErrn mit Nikodemus mitteilt: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen.“ Als er dieses niederschrieb, wußte er schon, was der HErr mit dem „Wasser“ meinte.

Jakobus und Petrus bestätigen uns, daß der HErr auch hier mit dem Wasser das „Wort“ meint. Jakobus schreibt (1,18): „Er hat uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt“, und Petrus schreibt: „Die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“ (1. Petr. 1,23). So haben wir feste Aussprüche der Schrift, daß auch in dem Gespräch mit Nikodemus der HErr mit dem Wasser die Botschaft Seines Wortes meint. Durch den Heiligen Geist wird das Wort zu einer zeugenden Kraft in unserer Seele, durch die wir zur Wiedergeburt geführt werden. Aber nie wird diese durch das natürliche Wasser oder, wie manche meinen, durch das Taufwasser bewirkt.

Als der HErr dieses Wort zu Nikodemus sprach, ging der Bußeruf durch das Land: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen“ (Matth. 3,2; Mark. 1,15). Hatte Nikodemus dieses Wort des HErrn nicht gehört? Er sah „die Zeichen und Wunder des zukünftigen Zeitalters“, und er wünschte, in das Reich Gottes einzugehen. Der HErr aber zeigte ihm, daß nicht bloß die Erde eine Umwandlung erfahren werde, sondern daß vor allem auch der Mensch neu geboren werden müsse, um in das Reich Gottes einzugehen. Indem Er ihm sagt, daß der Mensch

aus „Wasser und Geist“ geboren werden müsse, weist Er ihn auf den Anfang der Neugeburt, auch auf das an ihn ergangene Wort Gottes zurück: „Tut Buße und glaubet an das Evangelium“ (Mark. 1,15). Dieses Wort mußte durch den Heiligen Geist in Kraft auch auf seine Seele gelegt werden, um ihn zur neuen Geburt zu bringen und zu befähigen, in das Reich Gottes einzugehen.

Neugeburt wird nicht durch die Taufe oder das Taufwasser, sondern durch das Wasser des Wortes und den Heiligen Geist bewirkt. Die Taufe folgt erst danach. Sie war das Resultat der Wirkung des „Wassers“ des Wortes und des Heiligen „Geistes“. Die Taufe wurde nur an denen vollzogen, die durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes Buße getan hatten. Die, welche nicht der Buße würdige Früchte zeigten, wies Johannes von der Taufe zurück mit den Worten: „Otternbrut, wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen?“ (Luk. 3,7.8.) Die, welche aus dem Worte des HErrn: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde“ die Taufe machen, drehen die ganze Sache um und machen das Ende zum Anfang und setzen an die Stelle des lebendigen und bleibenden Wortes Gottes das Taufwasser.1

1

An die christliche Taufe kann hier überhaupt nicht gedacht werden. Diese wurde erst nach dem Tode des HErrn, kurz vor Seiner Himmelfahrt, von dem HErrn angeordnet. Konnte Er zu Nikodemus für den Eingang ins Reich von der christlichen Taufe reden, die für Nikodemus noch gar nicht vorhanden war, weil sie noch nicht existierte? Und an die „Kindertaufe“ kann erst recht nicht gedacht werden; die Schrift kennt solche überhaupt nicht. Sie kam erst mit dem Verfall, und zwar vom Ende des zweiten Jahrhunderts an langsam in Gebrauch. (v. d. K. und F. K.)

Weshalb sagte ich alles dieses? Um dem Fragesteller zu zeigen, daß es sich auch in der angefragten Stelle (1. Joh. 5,6) nicht um „wirkliches Wasser“, sondern um das Wasser des Wortes handelt, dem Zeugnis von dem Tode Christi. Wir haben kein Recht, zu denken, daß der Heilige Geist nicht deutlich spreche. Er sagt, was Er meint. Wir verstehen Ihn oft nicht, weil wir gleich den Emmausjüngern auch „unverständigen und trägen Herzens“ sind. Gott sagt, was Er meint, aber Sein Wort

muß „geistlich beurteilt“ oder „unterschieden“ werden (1. Kor. 2,12; 3,2). Könnte der Heilige Geist nicht auch manchem Gläubigen die Frage vorlegen, die der HErr an die gottlosen Juden richtete: „Warum versteht ihr Meine Sprache nicht?“ (Joh. 8,43.) Uns scheint die Ausdrucksweise Gottes manchmal nicht gut zu sein, aber Gott ist weiser als wir!

Wir beschäftigen uns nun noch kurz mit der angefragten Schriftstelle selbst. Johannes hatte in seinem Briefe geschrieben, daß Gott Seinen eingeborenen Sohn gesandt habe, auf daß wir durch Ihn leben möchten (1. Joh. 4,9), und weiter, daß Er Seinen Sohn gesandt habe als eine Sühnung für unsere Sünden (1. Joh. 4,10), und wiederum, daß der Vater den Sohn gesandt habe als den Heiland der Welt (1. Joh. 4,14). Und nun schreibt er: „Dieser ist es, der gekommen ist durch Wasser und Blut, Jesus, der Christus; nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und das Blut.“

In diesem „Gekommensein“ (und das ist wichtig, zu beachten!) haben wir nicht bloß einen Hinweis auf Seine Geburt, sondern die ganze Vollendung Seines Werkes auf Erden liegt darin eingeschlossen. „Gekommen“, daß wir durch Ihn leben möchten, „gekommen“, um die Sühnung für unsere Sünden zu vollenden, „gekommen“, der Heiland der Welt zu sein, „zu suchen und selig zu machen, was verloren ist“. „Dieser ist gekommen durch (oder vermittelst) Wasser und Blut.“ Durch Wasser und Blut wurde Sein Kommen zu uns gekennzeichnet. Es ist, als ob der Heilige Geist es uns in besonderer Weise aufs Herz legen wollte, daß „ Wasser und Blut“ zu unserer Segnung nötig waren. Er wiederholt noch einmal: „Nicht in

dem Wasser allein, sondern in dem Wasser und dem Blut.“

Ich zweifle nicht, daß Johannes bei diesen Worten an das Wunder dachte (daß aus der Seite eines Toten Blut und Wasser hervorkam), welches Er mit seinen eigenen Augen unter Seinem Kreuze geschaut hatte (Joh. 19,34). Es muß überwältigend für Johannes gewesen sein, als der Kriegsknecht Jesu Seite mit einem Speer öffnete und Blut und Wasser - Sühnung und Reinigung - für die gefallenen Nachkommen Adams aus Seiner geöffneten Seite hervorströmte; Blut, um den Forderungen Gottes betreffs unserer Sünden, Wasser, um den Bedürfnissen unserer Reinigung auf dem Gange durch diese Welt zu begegnen.

v. d. K.

Die Inspiration der Schrift.

„Über welche Errettung Propheten nachsuchten und nachforschten, die von der Gnade gegen euch geweissagt haben, forschend, auf welche oder welcherlei Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als Er von den Leiden, die auf Christum kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte. Welchen es geoffenbart wurde, daß sie nicht für sich selbst, sondern für euch die Dinge bedienten, die euch jetzt verkündigt worden sind ...“ (1. Petr. 1,10-12.)

Unsere Schriftstelle gibt uns einen Blick in

das Geheimnis und Wunder der Wortinspiration

der Heiligen Schrift. Sie bekundet uns, daß die Propheten

des Alten Testamentes die Bedeutung ihrer eigenen Niederschrift nicht verstanden, sondern darüber nachsannen und forschten.

Getrieben vom Heiligen Geiste schrieben sie Worte nieder, die sie weder selbst wählten, noch mit ihrem Verstande zu ergründen vermochten, sondern für deren Verständnis sie auf die Offenbarung des Heiligen Geistes angewiesen waren. Wie hätte sonst David schreiben können: „Sie haben Meine Hände und Meine Füße durchgraben“ (Ps. 22,16). Oder: „Sie teilen Meine Kleider unter sich, und über Mein Gewand werfen sie das Los“ (Ps. 22,18)? Welches Verständnis konnte er über diese Worte haben? Durch Offenbarung, und nicht durch ihren Verstand wurde es den Propheten „geoffenbart, daß sie nicht für sich selbst, sondern für uns (euch) die Dinge bedienten, die uns (euch) jetzt verkündigt worden sind“.

Hätten sie, ohne den Sinn zu verstehen, eine verständliche Schrift schreiben können, wenn die Worte ihnen nicht inspiriert worden wären? Wenn jemand aus sich selbst etwas schreiben würde, was er selbst nicht versteht, welch verworrenes Zeug würde solche Schrift enthalten. Ohne Wortinspiration hätten die Propheten die Heilige Schrift nicht schreiben können. Hat es je einen Nachkommen des gefallenen Adam gegeben, der uns aus sich selbst über Gott, über Gottes Gedanken, Pläne und Ziele, über zukünftige Dinge, über die Ewigkeit usw. hätte Mitteilungen machen können? Der Mensch vermag wohl in menschliche und irdische Dinge einzudringen, göttliche und ewige Dinge aber kann er mit den Kräften seines Verstandes nicht erforschen. Hierfür ist er auf Mitteilungen und Offenbarungen von Gott angewiesen. (Hiob 11,7; Jes.

64,4.)

Daß Gott den Menschen für den Empfang Seiner Mitteilungen bestimmt hat, geht schon aus seiner Erschaffung hervor. Ihn allein unter allen Wesen auf Erden rüstete Gott mit Vernunft aus. Damit gab Er ihm die Befähigung, Seine Offenbarungen aufnehmen zu können und Träger derselben zu sein. So allen anderen Geschöpfen auf Erden überlegen, im Bilde Gottes geschaffen, sollte er herrschen über die ganze Erde. (1. Mos. 1,26.)

Wir Menschen gestalten und rüsten, was unseren Zielen dienen soll, seinem Zwecke entsprechend aus. Auch Gott hat mit den Geschöpfen Seiner Hand Ziele im Auge. Wenn Er unter allen Geschöpfen dieser Welt allein dem Menschen die Fähigkeit des Schreibens und Lesens gab, so läßt uns diese Ausrüstung schon erkennen, daß Er ihn dazu bestimmt hat, Sein Wort niederzuschreiben, zu lesen und zu beachten.

Wie aber kann Gott uns Seinen Willen kundtun?

Kann Gott reden?

Reden ist die Äußerung unserer Gedanken durch Worte. Kann der unsichtbare Gott zu Menschen reden? Der Gott der Philosophie ist ein stummer Gott, und manche sind der Philosophie zur Beute geworden. Der Mensch findet es ganz natürlich, daß er reden und seine Gedanken in Wort und Schrift ausdrücken kann; daß aber auch Gott solche Fähigkeit besitzen soll, das anzuerkennen sträubt sich der Mensch. „Der das Ohr gepflanzt hat, sollte Er nicht hören? Der das Auge gebildet, sollte Er nicht sehen?“ (Ps. 94,9.)

„Wer hat dem Menschen den Mund gemacht? Oder wer macht stumm oder taub oder sehend oder blind? Nicht Ich, Jehova?“ (2. Mos. 4,11.)

Uns ist es ein Kleines, unsere Worte in den Mund eines anderen zu legen; wenn aber Gott sagt, daß Er Seine Worte in unseren Mund legt (Jes. 51,16; 59,21; Jer. 1,9; 5,14), so kann die hohe Weisheit des Menschen dem Schöpfer die Fähigkeiten Seines Geschöpfes nicht zubilligen.

Wenn unser Kind sich seines Auftrages mit den Worten entledigt: „Mein Vater sagt ...“, so zweifelt kein Mensch daran, daß es die Worte des Vaters sind. Wenn die heiligen Männer Gottes aber sagen: „So spricht der Herr Jehova“ (Hes. 3,27 u. a. m.), so erklären uns die Philosophen mit tiefgründigen Schlüssen, daß solches unmöglich sei und anders verstanden werden müsse. Und in dem Bewußtsein ihrer Weisheit und Überlegenheit fragen sie uns, ob wir noch so unaufgeklärt seien, zu glauben, daß Gott Sein Wort wie ein Rechtsanwalt dem Schreiber diktiert habe. Deshalb aber, weil diese klugen Leute meinen, daß dies ganz unmöglich sei, ist es noch lange nicht unmöglich. Warum sollte es unmöglich sein? Vermag Gott solches nicht? Was uns möglich ist, kann Er das nicht vollbringen? Und deshalb, weil ihr Verstand nicht hinreicht, zu begreifen, daß Gott auch noch in anderen Weisen zu reden vermag, deshalb ist Gottes Allmacht wahrlich nicht beschränkt, auf vielerlei Weise Seine Worte in den Mund Seiner Heiligen legen zu können!

Gott gebraucht unsere Weisheit nicht für Sein Tun. Als die Leute in Samaria Hungers starben, ließ Gott durch den Mund Elisas sagen, daß zwei Maß Gerste am nächsten

Tage einen Sekel kosten sollten. (2. Kön. 7,1.2.) Dem Unglauben erschien das auch unbegreiflich und unmöglich, und der Mann der Vernunft meinte, wenn dies geschehen solle, müsse Gott Fenster am Himmel machen und die Gerste herabschütten. „Der im Himmel thront, lacht ihrer ...“ (Ps. 2,4). Er konnte auf mancherlei Weise dem Volke Brot geben, und ebenso haben auch die, die das Wunder der Wortinspiration verneinen, zu lernen, daß Gott „auf mancherlei Weise ehedem zu den Vätern geredet hat in den Propheten“. „Was bei Menschen unmöglich ist, ist möglich bei Gott.“ (Hebr. 1,1; Luk. 18,27.) Leugnen wir die Wortinspiration der Heiligen Schrift, so helfen wir dem Feinde, Gott aus der Schöpfung zu entfernen.

Wie einfach ist alles für den Gläubigen, der Gott in Seiner Unumschränktheit schaut und sich allein auf das göttliche Zeugnis stützt. Er bedarf keiner weiteren Beweise. Ihm ist es genug, zu wissen, daß heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste. (2. Petr. 1,21.) Aber Gott sagt uns noch mehr. Er sagt uns nicht nur, daß diese Männer vom Heiligen Geiste inspiriert wurden, sondern auch, daß die „Schrift“, die sie niederschrieben, inspiriert wurde:

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben (inspiriert)“.

Paulus sagt nicht, „der Sinn aller Schrift“ oder „die in der Schrift enthaltenen Gedanken“ seien von Gott eingegeben, sondern „alle Schrift“, das Geschriebene, ist von Gott eingegeben. Dies ist ein unwiderlegbares, klares Zeugnis der Eingebung der Worte der Schrift. Wenn die „Schrift“ eingegeben ist, so müssen notwendig die Worte eingegeben sein, denn eine Schrift ist nichts anderes als

geschriebene Worte. Die heiligen Männer redeten so, wie sie getrieben wurden vom Heiligen Geist. Sie wählten sich nicht die Worte selbst, in denen sie sich ausdrückten, sondern diese wurden ihnen vom Heiligen Geiste eingegeben. Ihr Sinn und ihre Gedanken wurden so von Ihm beherrscht und geleitet, daß sie die Worte niederschrieben, die Er geschrieben haben wollte.

Wenn Paulus in dem vorhergehenden Vers 2. Tim. 3,15.16 sagt, daß Timotheus von Kind auf die heiligen Schriften gekannt habe, so sind damit natürlich die alttestamentlichen Schriften gemeint. Wenn der Apostel alsdann aber hinzufügt: „Alle Schrift“, so schließt dieses Wort nicht nur die alttestamentlichen Schriften, sondern auch die von den Aposteln geschriebenen Schriften ein. Die apostolischen Schriften wurden schon in jener Zeit, wie wir aus 2. Petr. 3,16 lernen, mit zu den „Schriften“ gezählt. Wir lesen von den Schriften des Paulus: „Wie auch in allen seinen Briefen, wenn er in denselben von diesen Dingen redet, von denen etliche schwer zu verstehen sind, welche die Unwissenden und Unbefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften, zu ihrem eigenen Verderben.“

Und in 1. Kor. 2,13 lesen wir, daß die Apostel die uns von Gott geschenkten Dinge nicht verkündigt haben „in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist“. Damit wird uns deutlich gesagt, daß sie ihre Worte nicht durch Nachdenken in menschlicher Weisheit fanden oder wählten, sondern daß sie ihnen vom Heiligen Geiste eingegeben wurden.

So sehen wir es auch am Pfingsttage, als die Jünger in anderen Sprachen redeten. Sie redeten, wie der Geist

ihnen gab auszusprechen. (Apgesch. 2,4.) Es kann gar nicht deutlicher ausgedrückt werden, daß sie die Worte durch den Heiligen Geist aussprachen. Wenn Gott uns sagt, daß Er „durch den Mund Davids“ oder „durch den Mund Seiner heiligen Propheten“ geredet habe, so sagt Er uns damit, daß Er der Redende war und die Propheten nur Sein Mund waren, und daß die Worte somit tatsächlich Gottes Worte waren, denen nichts hinzugefügt noch abgetan werden durfte. (Apgesch. 1,16; 3,18.21; 4,25; 28,25; Mark. 12,36; Luk. 1,70. - 1. Thess. 2,13; Eph. 6,17; Röm. 3,2; Hebr. 5,12; Offenb. 17,17. - 5. Mos. 4,2; 12,32; Offenb. 22,18.19.)

Wie hätte Mose sonst schreiben können: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“. (1. Mos. 1,1.) Er schrieb nicht, er nehme an, daß Gott im Anfang die Himmel und die Erde schuf, sondern er schrieb die Tatsache, daß es so war. Wie konnte er das wissen? Der Psalmist schreibt: „Durch Jehovas Wort sind die Himmel gemacht, und all ihr Heer durch den Hauch Seines Mundes“. „Er sprach, und es war; Er gebot, und es stand da.“ (Ps. 33,6.9.) Und wieder fragen wir: Wie konnte er das wissen? Und nachdem Mose berichtet hat, daß Gott die Himmel und die Erde schuf, bezeugt Jesaja: „Nicht als eine Öde hat Er sie geschaffen; um bewohnt zu werden, hat Er sie gebildet“ (Jes. 45,18). Und weiter berichtet Mose: „Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis war über der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über den Wassern“ (1. Mos. 1,2). Woher wußten Mose und der Psalmschreiber und Jesaja alle diese Dinge, die vor der Zeit des Menschen geschahen? Wer vermochte solches zu sagen als Gott allein?

Wie kam Mose dazu, in dem ersten Satz seines

Schöpfungsberichtes „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“ das Wort „Gott“ in der Mehrzahl und „Himmel“ in der Zweizahl und „schuf“ in der Einzahl zu schreiben? Aus der Sprachkunde oder von den Sprachkundigen erfahren wir, daß die hebräische Sprache drei Formen: Einzahl, Zweizahl und Mehrzahl hat. Wir in unserer Sprache unterscheiden dagegen nur zwei Formen: Einzahl und Mehrzahl, so daß mit zwei bei uns schon die Mehrzahl beginnt. In der hebräischen Sprache aber müssen für den Gebrauch der Mehrzahl mindestens drei sein. Wenn Mose nun das Wort „Gott“ in der Mehrzahl schrieb, so mußten mindestens drei darin eingeschlossen sein, so daß wir in diesem zum ersten Male niedergeschriebenen Worte „Gott“ schon einen Hinweis auf die unausforschliche Dreieinigkeit finden dürfen.

Und wiederum, während Mose das Wort „Gott“ in der Mehrzahl schrieb, schrieb er doch nicht „schufen“ (Mehrzahl), sondern „schuf“ (Einzahl), womit wieder zum Ausdruck gebracht ist, daß Gott „ein einiger Gott“ ist. (5. Mos. 6,4; Mark. 12,29; Röm. 3,30; 1. Kor. 8,4.)

Und das Wort „Himmel“ schrieb er in der hebräischen Zweizahl, während die Schrift doch von einem dritten Himmel redet (2. Kor. 12,2), den wir als die Stätte der unmittelbaren Gegenwart Gottes annehmen dürfen. (Hebr. 9.) Mose aber beschreibt das Schöpfungswerk Gottes, und somit konnte er nur von zwei Himmeln, dem Lufthimmel, der unsere jetzige Erde mit Wolken umgibt, und dem Sternenhimmel, diesem gewaltigen Raum mit seinen unzählbaren Sternen, berichten. Der dritte Himmel der allerheiligsten Gegenwart Gottes konnte in den Schöpfungsbericht nicht aufgenommen werden.

Wie mathematisch genau ist doch Gottes Wort! Wie aber vermochte Moses jedes einzelne Wort in solcher

Genauigkeit und Feinheit

zu bestimmen (zumal es sich um Dinge handelte, über die er durch seinen Verstand nichts wissen konnte), wenn ihm die Worte nicht inspiriert, „eingegeben“ worden wären? Und solche Beispiele der Genauigkeit ließen sich mit Leichtigkeit vermehren. So trägt die Schrift das Zeugnis der Wortinspiration in sich selbst.

Wie oberflächlich gehen doch manche Kinder Gottes über die Schärfe und Feinheit der Schrift hinweg, ja, suchen sogar ihre Oberflächlichkeit mit einem Schriftwort, wie z. B. „Der Buchstabe tötet“, zu bedecken und offenbaren damit zu ihrer Oberflächlichkeit und Unehrerbietigkeit auch noch ihre Unwissenheit, wenn nicht gar eine gewissenlose Schriftverdrehung.

Der HErr und Seine Apostel gingen an diesen Feinheiten der Schrift nicht vorüber, ja noch mehr, sie gründeten auf solche oft sogar ihre Beweisführung. Z. B. die ganze Beweisführung des HErrn in Joh. 10,34.35 ruhte auf dem einen Worte „Götter“. Und bei dieser, sich auf die Genauigkeit der Schrift gründenden Beweisführung fügte Er das Wort hinzu: „Und die Schrift kann nicht aufgelöst (Luther: gebrochen) werden.“ Welch eine Ehrfurcht vor dem Schriftwort drückt sich in diesem Worte des HErrn aus!

Und Paulus in Gal. 3,16 gründet gleichfalls seine Beweisführung auf ein einziges Wort, und zwar darauf, daß

dasselbe in der Einzahlform und nicht in der Mehrzahlform geschrieben stand. Wie hätte der HErr und Seine Apostel in solcher Weise die Schrift anerkennen können, wenn die Worte derselben nicht inspiriert wären?

Wohl haben auch Worte und Taten von bösen Menschen, die nicht vom Heiligen Geist gewirkt wurden, ja, selbst

Worte des Teufels in der Schrift

Aufnahme gefunden. Deshalb nun, weil sie in der Schrift angeführt sind, zu sagen, daß auch solche Worte dem Betreffenden von Gott eingegeben sein müßten, ist eine ganz sinnlose Behauptung, denn nicht ihre Worte waren inspiriert, wohl aber der Bericht ihrer Worte. Diese göttlich inspirierten Berichte verbürgen uns die Wahrheit. Alles in der Schrift Geschriebene (selbst die Mitteilungen solcher Worte) ist zu unserer Belehrung niedergeschrieben und von Gott eingegeben. Auch Paulus, als er über die Frage der Heirat schrieb, machte einen Unterschied zwischen dem, was er als seine eigene Meinung und dem, was er als ein Gebot vom HErrn schrieb. Er wurde inspiriert, seine Meinung, sein geistliches Urteil als einer, der vom HErrn begnadigt war, treu zu sein, abzugeben. (1. Kor. 7,6.10.12.25.)

v. d. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Vier Bedingungen für fruchtbaren Dienst.

(1. Thess. 1,5.) (Schluß.)

Wir haben manche Beispiele in der Schrift von der das Wort begleitenden Kraft Gottes, und eins der erschütterndsten ist das von Nathan und David in 2. Sam. 12 mit dem Höhepunkt: „Du bist der Mann!“ (V. 7) und der nachfolgenden Bußrede des Propheten. Da war die Kraft Gottes wirksam, da war das Wort lebendig und scheidend Seele und Geist nach Hebr. 4,12, da gab's denn auch einen sofortigen Zusammenbruch, Beugung und Buße im Leben des geliebten Königs David. Aber mehr als das: was David selber gesagt hatte, V. 6, auch das ward zu einem lebendig wirkenden Wort: vierfältig mußte er selber erstatten, indem gleichsam ein „Lamm“ nach dem anderen sterben mußte um seiner Schuld willen, die Gott ihm persönlich wohl vergeben, die Er aber in den Wegen Seines gerechten Waltens an seinem Hause derart heimsuchte, daß David vier seiner Kinder darangeben mußte, worunter seinen Absalom! Gott ist heilig, und Sein Wort ist heilig und „schärfer als jedes zweischneidige Schwert“ (Hebr. 4,12), und wenn in Davids Leben auch (wie in unserem) die Gnade triumphierte und „die Barmherzigkeit sich rühmte wider das Gericht“ (Jak. 2,13), so bricht das doch nichts von Gottes Heiligkeit ab (vgl. Gal. 6,7.8). In jener Begebenheit sehen wir also Gottes Kraft Gottes Wort begleiten, und mit welchen Wirkungen! O möchte in unserem Zeugnis Gottes Kraft gefunden werden! Vielleicht mag es aber auch schon so gewesen sein, daß durch unser Zeugnis Gewissen offenbar wurden, die sich sonst nie gebeugt hätten. Solche haben dann wohl nach einer Versammlung gesagt: „Woher weiß der Redner von diesen Dingen in meinem Leben, wer hat ihm etwas von mir verraten?“ Und wenn sie dann hören mußten: „Keiner!“ dann sahen sie: es war Gottes

Kraft, die Gottes Wort auf ihren Zustand lebendig anwandte, um sie zum Zusammenbruch zu bringen. Das ist oft wunderbar und sollte alle die, welche „am Wort dienen“, mehr dahin bringen, der Leitung des HErrn allein zu vertrauen und sich auch nicht durch vorherige Erzählungen über andere voreinnehmen zu lassen. Gar zu leicht wird im Vortrag, verblümt natürlich, ein Wort fallen gelassen über die, von deren schlechtem geistlichen Zustand man hörte, und wenn solche dann nachher fragen: „Woher wußten Sie von mir?“ so kann man dann nicht sagen: „Gottes Kraft hat zu Ihnen geredet, ich wußte von nichts“, man muß zugeben, etwas erfahren zu haben, und - der Erfolg ist, wenn überhaupt einer da war, verschüttet und das Vertrauen dieser Seele verscherzt für lange Zeit. Es kann auch vorkommen, daß einem Bruder nicht geglaubt wird, wenn er sagt, er habe nichts gewußt;

zu deutlich hatte er geredet, und manche Gläubige glauben nur theoretisch an Gottes Kraft, nicht daß sie tatsächlich wirksam sein könnte in so augenfälliger Weise - tut nichts, Bruder, wenn man dir nicht glaubt; wenn der HErr nur weiß, wie es zusammenhing! (1. Kor. 4,1-5). Aber noch einmal: vertrauen wir mehr dem Wort und Gottes Kraft! Gott kennt die Herzen! Laßt uns uns weniger vorher bei Menschen „informieren“, uns von ihnen beeinflussen - wir sind Menschen, wie leicht sind wir beeinflußt! -, und dafür mehr Gott vertrauen, wir werden Wunder erleben, wie Er das Wort anwenden kann als „Feuer und als Hammer, der Felsen zerschmettert“ (Jer. 23,29). Das ist dann „nicht im Worte allein, sondern auch in Kraft“, nicht in eigener, sondern in Gottes Kraft geredetes wirksames Evangelium, und das ist kostbar!

Das dritte, was Paulus dann von seinem Evangelium betont, ist: und

„im Heiligen Geiste“.

Über diesen Punkt muß ich mich kürzer fassen, da derselbe an sich schon der vielleicht umfangreichste wäre.

Das Evangelium des Paulus war „im Heiligen Geiste“, so kam es zu den Thessalonichern und bewirkte ihre Rettung. Es fehlt nichts an diesem Evangelium! Das Wort und die Kraft Gottes und der Heilige Geist wirken zusammen darin, und zwar wirken sie Glaubensgehorsam und Annahme dessen, was Christus ist und getan hat. Der Heilige Geist kennt keine größere Aufgabe nach Joh. 16,12ff., als von dem Seinen, von dem, was Christi ist, zu nehmen und den Seinen zu verkünden; Er verherrlicht den Sohn. Aber ehe die Menschen die Seinen sind, da überführt Er, der Heilige Geist, sie von ihrer Sünde, daß sie nicht an Jesum glauben (Joh. 16,9). Das tut Er als „der Sachwalter“, und als „der Geist der Wahrheit“ würde Er sie (die Gläubiggewordenen) „in die ganze Wahrheit leiten“, verhieß der Herr Jesus (V. 13). Der Heilige Geist tut viele Dienste hienieden, nachdem Christus hinaufgegangen und Ihn herabgesandt hat; besonders wichtig ist Ihm der Zeugendienst, durch den Er die Gläubigen fähig macht, Christi Zeugen zu sein (Apg. 1,8). Er weckt aber auch als der himmlische Elieser die Sehnsucht nach dem himmlischen Bräutigam, Er wirkt in den Herzen der Gläubigen das „Komm, Herr Jesus“ (Offb. 22,17.20), wie Er bemüht ist, die himmlische Brautgemeinde hienieden zu sammeln, abzusondern von der Welt, und zu schmücken

erfolgreichen Arbeit im Werk des HErrn, daß wir mit solcher auch äußerlich erkennbaren Gewißheit - die sich in dem Ernst unserer Darbietungen offenbart - sprechen, daß den Hörern sich der Gedanke „ob er wohl selber glaubt, was er sagt?“ eigentlich garnicht aufdrängen kann; sie müssen gleichsam „mitgerissen“ werden von dem Ernst und der Gewißheit, mit der ihnen die Dinge des Evangeliums vorgetragen werden. - Wem diese äußerlich erkennbare innere Gewißheit fehlt, der prüfe die Fundamente seines Glaubens und frage sich, ob er überhaupt berufen sein könne, das Evangelium zu verkünden!! Irgendwelche Unsicherheit in den Grundlehren der Heiligen Schrift, z. B. in der Erschaffung und dem Sündenfall des Menschen - im schroffsten Gegensatz zu der teuflischen Descendenz- und Evolutions- (Entwicklungs-) Lehre, die den Menschen unverAntwortlich sein läßt dem unpersönlichen Schöpfer (? der Natur?) gegenüber, irgendwelches unsichere Stocken bei Gesprächen über die Grundlehren des Christentums, irgendwelches Offenlassen auch anderer Möglichkeiten (Wiederbringungs- [Allversöhnungs]-Lehre!!) zum Seligwerden als Wiedergeburt, Buße, Bekehrung und Glauben an den Herrn Jesus, an Sein Kreuz, an Sein Blut usw. wäre der Tod der verkündeten Wahrheit. „Das Wort ist gewiß!“ Wie oft ist von Gewißheit des Wortes die Rede, z. B. in 1. Tim. 1,15; 3,1; 4,9 usw. Was gewiß ist, ist gewiß, ist zuverlässig, und es kann im Grunde genommen nicht gewisser sein, als es ist. „Gewiß“ ist absolut, unbeschränkt und bedarf an sich keiner Verstärkung. - Sind wir uns unserer Sache gewiß? Ist es zu merken, daß es so ist? Oder sind wir manchmal unsicher? ungewiß? Welch ein Schaden! Und wo könnte der Grund liegen zu

solchem vielleicht sich-manchmal-nicht-so-ganz-sicher-Sein?

Ich glaube, daß wir die große Gewißheit des Apostels nicht genügend berücksichtigen und kennen. „Große Gewißheit?“ Kann etwas gewisser sein als gewiß, wenn das Wort „gewiß“ an sich absolut ist? Kann man sich einer Sache noch gewisser sein als gewiß? Was will Paulus damit sagen? Wie wird aus der Gewißheit eine große Gewißheit?

Der Ausdruck für „Gewißheit“ kommt im Grundtext noch an mehreren Stellen vor, und stets in der Bedeutung der Fülle, ja der Überfülle in der Gewißheit, so Röm. 4,21; Kol. 2,2; Hebr. 6,11 und 10,22; aber nur in 1. Thess. 1,5 ist von „großer“ oder „vieler“ Gewißheits(-Überfülle) die Rede, und das steht m. E. in Verbindung mit dem Gegenstand des Briefes. Paulus lebte so in den Dingen des Briefes (in jedem Kapitel spricht er davon!) daß er - unter der Leitung des Geistes - gleichsam nach einem Ausdruck sucht, um diese Herrlichkeit gebührend zu würdigen. Sein ganzes Leben bewies seine Gewißheit. Er gibt am Schluß von Vers 5 einen Beweis oder Darstellung seiner „großen Gewißheit“: „Wie ihr ja auch wisset, was für welche wir unter euch waren um euretwillen“, d. h. wie unser Benehmen, unser Betragen unter euch war (vgl. damit in dem Zusammenhang dieses Briefes 2. Petr. 3,11-14!!). Das Leben des Paulus brachte in ihm die große Gewißheit hervor. Zunächst war er sich dessen gewiß, was er verkündigte - natürlich, er hatte das Wort ja vom HErrn Selbst? (4,15!) -, dann aber lebte er so in den Gegenständen der Wahrheit, daß diese sein Leben umgestaltete (vgl. Joh. 8,32). Dieses sich Tag für Tag geistlicherweise erneuernde Leben des inneren Menschen

(2. Kor. 4,16) wurde dann für ihn selber zu einem Born stets neuer geistlich-umfangreicherer Gewißheit der Tatsachen des Evangeliums. Er sah sein Leben, er sah die in seinem auf Golgatha- und Auferstehungsboden erneuerten Leben sich mehr und mehr vollziehende Kraft des reinigenden Wortes, des heiligenden Geistes Gottes, und so wurde er tatsächlich mit einer derartigen überströmenden Fülle von Gewißheit überschüttet, daß seine Evangeliumspredigt unbedingt gesegnet sein mußte: die Thessalonicher z. B. mußten „seine Nachahmer und des HErrn“ werden, sie konnten an solchem Beispiel nicht vorbei, sie mußten - wie so viele andere damals - das Wort annehmen, wenn auch unter großer Drangsal (V. 6). Das Christentum ist ja eine Kette von Paradoxien, d. h. Widersinnigkeiten, gegenüber der Vernunft des Menschen wie gegenüber aller Weisheit dieser Welt - welcher Widersinn z. B., daß im Menschen von Natur garnichts Gutes sei, um nur eine Paradoxie von vielen zu nennen! -, sollte solch Evangelium, das „Wort vom Kreuz“, seinen Siegeszug durch die Welt antreten können in der damaligen religiös übersättigten Menschheit, dann mußte es vorgetragen werden von Boten Gottes, die selbst darin lebten, und nicht nur das, sondern deren Leben ein derart überzeugender Beweis von der Wahrheit und der Kraft derselben war, daß ein Widerspruch dagegen schlechthin unmöglich und Torheit war und daß man nur mit schlechtem Gewissen sich der Offenbarung der Wahrheit Gottes gegenüber ablehnend verhalten konnte. Die Boten Gottes mußten gleichsam „wandelnde Bibeln“ sein, um die Welt zu überzeugen und dann - wer dann, wenn sie so waren, sie und ihr Wort abwies, der mußte es tun, weil er einzig und allein lieber

in der Finsternis der Sünde als im Licht der Wahrheit bleiben wollte (Joh. 3,20). Paulus war solch „wandelnde Bibel“, er war, soweit es einem Menschen möglich, das, was er predigte. In Wahrheit konnte das nur der Herr Jesus Selber von Sich sagen (Joh. 8,25), aber soweit es einem Menschen möglich war, hätte Paulus es von sich sagen können (in Schwachheit). Mit größerer Zuversichtlichkeit und Gewißheit, als es durch Paulus geschah, konnte das Evangelium nicht von einem Menschen, der nur ein Mensch war, verkündet werden, denn er lebte aus, was er sprach, und sprach nur aus, was er mit seinem Leben vertrat. Und nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Verborgenheit, wenn kein Mensch ihn sah („der Mensch sieht [ja nur], was vor Augen ist“), wenn er nur unter den (wie sehr!) beobachtenden Blicken der unsichtbaren Welt Gottes (vgl. Kap. 2,4 Schluß!) und der des Teufels stand! Was ein Mensch im Verborgenen ist, das ist er wirklich! Und er lebte für seinen HErrn und darum, Ihm nach, für andere. Aus Liebe! (vgl. 2. Kor. 12,15!!) Darum konnte er sagen: „Was für welche wir waren um euretwillen“ (V. 5, Schluß). Dies wunderbare Wort bestätigte er durch Kap. 2, das sozusagen Anmerkungen zu Kap. 1 enthält. In diesem 2. Kap. zeigt er V. 3-6 in sieben Punkten, wie er nicht gewesen ist, als er bei ihnen war, und V. 2.4 und 7-12 in wohl 12 Punkten, wie er unter ihnen gewesen war. Das hier näher auszuführen, reicht der Raum nicht, jeder kann dies köstliche Kap. 2 unter diesen Gesichtspunkten selber für Sich durchforschen. Aber beachte beispielsweise die Sprache des Geistes in V. 10! Das durfte ein Mensch von sich sagen!!

Sein Leben gab ihm die große Gewißheit in seinem

Zeugnis und den Segenserfolg desselben, durch den er zugleich die Gewißheit der Auserwählung der Thessalonicher hatte. Sein Leben, seine Lebenserfahrung von der Kraft Christi! Dieser Apostel konnte gegen Ende seines Lebens sein Lebensbekenntnis aussprechen: „Für mich ist das Leben Christus“ (Phil. 1,21); dieses Wort, von uns meist sehr oberflächlich verstanden, umfaßt alles! Die große Gewißheit war herausgeboren aus einem Leben, das die Züge Christi trug. Es war das Leben eines „Gestorbenen“, der kein anderes Leben mehr anerkannte als Christus (Gal. 2,20!!). Am Anfang seines schriftlichen Dienstes steht Gal. 2,20, gegen den Schluß Phil. 1,21! - Geliebte, was ist unser Leben?

Wem die obige Darstellung zu schwierig scheint, um sie zu begreifen, dem dient vielleicht folgender „Beweis“ aus unserer eigenen Lebenserfahrung:

Mit Gewißheit können wir reden und Zeugnis ablegen, wenn uns „das Wort gewiß“ ist, denn es wankt nicht und ist Tatsache, auch wenn wir es nicht in allem erfahren. Aber in großer Gewißheit, in Überfülle von vollster Gewißheit reden wir nur dann, wenn wir praktisch Erfahrung von der Wahrheit haben. Zum Beispiel: Du redest von der Tatsache, daß in Christo Sieg über alle Gebundenheiten des Fleisches ist, seien es welche auch immer. Was du sagst, ist Wahrheit und wird sich als Wahrheit erweisen. Aber, mein Bruder, wenn du nicht selber diese Wahrheit erfährst (dauernd und immer wieder), so ist deine Gewißheit wohl gestützt und getragen durch das wahrhaftige lebendige Wort, aber sie findet in dir keine Bestätigung, keinen Widerhall, keine Klangfülle, im Gegenteil, du mußt dich vielleicht, während du redest,

Selber anklagen, und - die große Gewißheit oder Freimütigkeit ist getrübt oder fehlt gar, und statt Freude erfüllt Traurigkeit dein Herz. Die Bewährung in der Wahrheit, die du vorträgst, fehlt, und die eigene innere Gewißheit ist gestört, vielleicht mußt du gar dich innerlich einen Heuchler oder leeren Schwätzer nennen, weil du durch deine Schuld nicht bist, was du scheinst - und meinst du, der Heilige Geist könnte dir dann die große Gewißheit geben? Gewiß nicht! Und mögen Worte deinen inneren Mangel decken vor Menschen - dein innerer Verlust ist groß und - wenn auch Gott Sein Wort segnen mag, dessen Gewißheit unantastbar ist - der Segen der großen Gewißheit, dieses Überströmtsein von Gewißheit, bleibt dir versagt, und nach außen wird dies früher oder später seine Wirkungen zeitigen. - Lernen wir von Paulus! Gebe der HErr uns Gnade, das zu sein, was wir reden, dann wird diese Überfülle von Gewißheit ihre gesegneten Folgen nicht zurückhalten können, und wir werden einer Welt voller brandender Zweifelswogen und voller tödlicher Verneinung gegenüber wie Felsen im Sturm stehen, die Rettung nicht nur bezeugen und anbieten, sondern auch selber vertreten und ausleben; und wer mit uns in Berührung kommt, der findet in uns Menschen, die nur von Einem reden und Einen auszuleben trachten: Christus Jesus, den Retter, den Weg, die Wahrheit und das Leben! Ihm zu leben, das ist das Leben mitten im Lande des Todes. Das tat Paulus, das sei auch unser Wille und Ziel! Kraft und Gnade dazu ist vorhanden!

„Für mich ist das Leben Christus“!

Ich bin nunmehr mit meinen Darlegungen am Ende

angelangt.

Sage ich zuviel, wenn ich behaupte, daß diese vier herrlichen Stücke von 1. Thess. 1,5 in einem so engen inneren Zusammenhang stehen, daß sie eigentlich nicht voneinander unabhängig zu betrachten sind? Das Wort bedarf der Kraft (Gottes) zu solcher Wirksamkeit, wie sie hier gezeigt ist, und der Heilige Geist muß in beidem sich auswirken, dann wird auch die große Gewißheit nicht fehlen, sondern herausgeboren aus der Erfahrung eines Lebens, das Christus heißt, wird sie ein Leben bezeugen, das zu leben und zu erproben sich lohnt und das nicht ohne nachhaltige Frucht bleiben kann.

Möchte es dem Heiligen Geiste gelingen, diese vier Dinge uns so wichtig zu machen, wie sie Ihm sind und waren, als Er sie dem darin lebenden Apostel Paulus in die Feder gab, der damit aussprechen durfte, auf welchen Grundlagen oder von welchen Vorbedingungen getragen sein Dienst am Evangelium in Thessalonich und anderswo das wurde, was er zur Ehre seines und unseres geliebten HErrn sein sollte, ein Dienst, den Gott überströmend segnen konnte! Er lehre uns, diese Bedingungen für gesegneten Dienst auch in unserem kleinen Lebensrahmen zu kennen und zu verwirklichen, Ihm zum Ruhm! (1. Kor. 1,31.) - Er aber sei gepriesen für Sein ewig-wunderbares Wort.

F. K.

Die Nachahmung des Teufels.

„Gleicherweise aber wie Jannes und Jambres Mose widerstanden, also widerstehen auch diese der Wahrheit.“

(2. Tim. 3,8.)

Der große Widersacher hat viele Wege, der Wahrheit zu widerstehen, und in seiner Schlauheit bedient er sich bald dieser, bald jener Art, Gottes Werk zu verderben, Gottes Volk zu schaden oder Seinen heiligen Namen zu verunehren.

Bei seiner ersten Erwähnung in der Schrift wird er als „listig“ geschildert: „Listiger als alles Getier des Feldes.“ (1. Mos. 3,1.) Damals stellte er sich als einer hin, der wirklich das Beste der ersten Menschen suchte und der mehr als Gott ihr Wohl im Herzen hatte! Er ist nicht nur an ein System des Betruges gebunden; er besitzt eine wunderbare Verwandlungsfähigkeit. Gelingt es ihm nicht, als ein brüllender Löwe jemanden zu verschlingen, so verwandelt er sich mit blitzartiger Geschwindigkeit in einen Engel des Lichts!

Wir wollen jedoch nicht von seinen vielen glatten Wegen im allgemeinen schreiben, obwohl das sehr interessant, lehrreich und warnungsvoll wäre, sondern von einer besonders modernen und doch alten Spezialität einiges ausführen, nämlich, wie er durch Nachahmung des Göttlichen sein krummes Ziel zu erreichen versucht.

Paulus schildert in 2. Tim. 3 in bezeichnenden Eigenschaften den niedrigen Zustand der Menschen in den letzten Tagen, und er fügt hinzu, daß aus der Reihe dieser tief gesunkenen Menschen solche sein werden, die eine durchtriebene Tätigkeit entwickeln, indem sie mit einer Form der Gottseligkeit in die Häuser schleichen, um andere zu verderben. Ihre Art, der Wahrheit zu widerstehen, läuft auf demselben Gleise wie die der

Weisen und Zauberer Ägyptens. In beiden Fällen sind sie die Diener des bösen Feindes, der wie in den Tagen Moses so auch in diesen letzten Zeiten durch seine Nachmacherkunst am erfolgreichsten wirken kann.

Jannes und Jambres waren sicher die Hauptzauberer oder Schriftgelehrten Pharaos, und ihr Zweck war, den Eindruck der Zeichen, welche Mose und Aaron auf Gottes Geheiß taten, zu entkräften und zu annullieren, und zwar durch Nachmacherei. Es gelang ihnen auch, denn es steht geschrieben: „Und das Herz des Pharao verhärtete sich.“ (2. Mos. 7,13.)

Der hingeworfene Stab Aarons wurde zur Schlange vor dem Pharao und vor seinen Knechten. Gewiß machte dies auf alle einen tiefen Eindruck. Aber dann kamen die ägyptischen Zauberer mit Jannes und Jambres an der Spitze herein. Es steht geschrieben: „Und auch sie, die Schriftgelehrten Ägyptens, taten also mit ihren Zauberkünsten und warfen ein jeder seinen Stab hin, und sie wurden zu Schlangen; aber Aarons Stab verschlang ihre Stäbe.“ (2. Mos. 7,11.12.) Wie erleichtert atmete der Pharao auf, als seine Zauberer das Wunder nachahmten; und wenn auch der Stab Aarons ihre Stäbe verschlang, so war das von keiner großen Bedeutung. Vielleicht war der Gott der Hebräer geschickter als die Götter Ägyptens, oder Mose und Aaron hatten es auf diesem Gebiete etwas weiter gebracht als seine Magier.

Es ist uns aus dem Worte Gottes klar, daß Mose und Aaron in der Kraft des HErrn wirkten, Jannes und Jambres aber in der Kraft des Fürsten der Finsternis, der hinter den Göttern Ägyptens sich versteckte. Die Nachahmung ist ein geschicktes Werkzeug in der Hand des großen

Widersachers, mit welchem er der Wahrheit widersteht. Damals in Ägypten wurde er völlig überwunden und das Volk Israel befreit. Dann aber verwandelte er sich schnell in einen brüllenden Löwen; aber wieder umsonst, denn die Fluten des Roten Meeres bedeckten zuletzt die Heeresmacht des Pharao, und „sie sind hinuntergefahren in die Tiefen wie ein Stein.“ (2. Mos. 15,5.)

Noch zweimal sagt uns die Schrift von den ägyptischen Schriftgelehrten, daß sie ebenso mit ihren Zauberkünsten taten wie Mose und Aaron. Sie verwandelten Wasser in Blut und ließen dann Frösche über das Land Ägypten heraufkommen. Als sie aber Stechmücken aus dem Staube der Erde machen wollten, konnten sie es nicht und mußten selber bekennen, daß das Gottes Finger sei.

Paulus schrieb an Timotheus, daß diese modernen Nachahmer nicht weiter fortschreiten werden, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von Jannes und Jambres es wurde. (2. Tim. 3,9.)

Der Teufel bereitet jetzt die Welt auf seine großartigste Nachahmung oder Imitation vor, die darin bestehen wird, daß er seinen Weltbefreier, seinen Erlöser, nämlich den Menschen der Sünde, den Antichristen, auf seine dazu errichtete Bühne bringen und ihn der Welt vorstellen wird als den, der alles gut machen wird, und die ganze Erde wird ihn bewundern und anerkennen.

Es gibt ein großes „Geheimnis der Gottseligkeit“, und das ist: „Gott im Fleische geoffenbart“. (1. Tim. 3,16.) Denn das Wort, welches am Anfang bei Gott war und Gott war, wurde Fleisch und wohnte unter uns. Aber es gibt auch ein „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“. (2. Thess. 2,7.) Das

Geheimnis der Gesetzlosigkeit ist die Nachahmung des Gottesgeheimnisses der Gottseligkeit. Die Stunde ist nicht mehr fern, in welcher „der Gesetzlose“ geoffenbart werden wird, „dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge.“ (2. Thess. 2,9.)

Weil nun der große Widersacher den staunenerregenden Plan auszuführen gedenkt, das Geheimnis der Gottseligkeit nachzuahmen, so wundern wir uns nicht, daß er schon auf allen Gebieten Vor- und Hauptproben dieses Schauspieles hält, um Menschen zu verführen und das Evangelium wirkungslos zu machen.

Gerade dieser Tage lasen wir in „Echoes of Service“, wie in Angola, Central-Afrika, viele Dörfer sich zum HErrn wandten und ihre Fetische en gros verbrannten. Dann erz ählt ein in der dortigen Arbeit stehender Bruder, daß man in einem Dorfe, wo das Evangelium selten verkündigt wurde, den Häuptling bat, die Leute für eine Versammlung zusammenzurufen. Er willfahrte dieser Bitte. Nach einigen Minuten fing seine rechte Schulter an, heftig zu zittern, bis der ganze Körper in Zuckungen geriet. Dann fing er an, in einer unbekannten Sprache zu reden, indem er nach oben und wieder nach unten wies. Noch ein Mann vom Dorfe kam hinzu und setzte sich neben ihn. Derselbe wurde auch von dieser Macht ergriffen, und die zwei führten nun ein Gespräch in derselben Zunge. Diese besonderen Geister nannten sich „Die Häuptlinge des Himmels“. Die Brüder beteten im Stillen für die Befreiung des Häuptlings und fingen dann an zu singen: „Blut, das mich erkauft hat ... Gnade, die mich wieder heimgebracht“. Nach heftigem Zerren flohen die Dämonen, und der Häuptling lauschte

auf das Wort. Dann wandte er sich stracks zu den Planken am Ende seines aus Gras gebauten Hauses und riß alle seine Götzenbilder nieder. Der Teufel wollte durch Zungenreden die Wirkung des Heiligen Geistes nachahmen, um den Häuptling und sein Dorf in der Macht der Finsternis zu halten und das Evangelium kraftlos zu machen. Er versuchte es durch Zungenreden, denn einer, in dem sich solche Geisteskräfte entfalten, daß er in Zungen redet, bedarf doch keiner Buße mehr?!

Es gibt ja Gläubige, die fest daran glauben, daß die Gabe der Zunge ein Hauptzeichen der - wie sie es falsch nennen - Taufe des Geistes sei! Mit seiner Imitation auf diesem Gebiete hat der Feind viel Unheil angestiftet. Trotzdem streben viele danach, in Zungen zu reden, anstatt sich auszustrecken nach dem, was vorn ist. (Phil. 3,14.)

Bringt der Heilige Geist die gesegnete Wahrheit über das nahe bevorstehende Kommen des HErrn ans Licht, wie Er das vor ca. 100 Jahren tat, so kommt der Widersacher mit seiner Nachahmung. Wir finden sie z. B. in der Tätigkeit der Adventisten des siebenten Tages, die diese köstliche Wahrheit verdrehen und mit schrecklichen Irrtümern vermischen.

Oder lenkt der Heilige Geist die Aufmerksamkeit der Gläubigen in unseren Tagen auf die Notwendigkeit des Forschens in der Heiligen Schrift, so sorgt der Teufel auch hier für Nachahmung. Da haben wir u. a. die internationale Vereinigung von sogenannten ernsten Bibelforschern. Unter diesem fromm klingenden Titel reißen diese Bibelforscher die Grundlagen aller Gotteswahrheit hinweg: „Wenn die Grundpfeiler umgerissen werden, was tut dann der Gerechte?“ (Ps.

11,3.)

Die Imitationen des Widersachers sind sehr geschickt, oft täuschend nachgeahmt. Unser HErr sagte, daß große Zeichen und Wunder getan werden, „um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen“. (Matth. 24,24.) Darum ist es so notwendig, zu wachen und genau an der Hand der Schrift die Geister zu prüfen, denn der HErr hat gesagt: „Siehe, Ich habe es euch vorhergesagt“. Wenn der Teufel nur mit Gegenmitteln arbeiten möchte, so wäre es leicht zu erkennen, daß sein Tun wider die Wahrheit ist. Aber er kommt in Nachahmung der Wahrheit und weiß durch Gleichartigkeit zu täuschen und zu betrügen, und dies ist so sehr gefährlich. Viele junge Geschwister haben im Vertrauen auf ihre eigene Urteilsfähigkeit Schaden gelitten; sie wollen nicht auf ältere und erfahrene Brüder hören und bleiben leider oft Jahre hindurch in dem blendenden Zauber des teuflischen Fallstricks gefangen. Und wenn sie durch des HErrn Gnade und Mitleid befreit werden, so war gar oft ihr Eifer, Ihm zu dienen, erlahmt und kostbare Zeit für immer verloren.

Die Nachahmung des Widersachers bringt nie die echte Frucht des Geistes hervor. Der HErr sagt uns darum: „Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe“ (Matth. 7,15). Es gibt wohl falsche Propheten, die als solche offenkundig sind; bei solchen ist die Gefahr nicht so groß; aber wenn sie Schafskleider anziehen, sind sie besonders gefährlich, und der HErr betonte und wiederholte das Kennzeichen: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Matth. 7,20).

Ist es nicht klar ersichtlich, daß solche, die das

Hauptgewicht auf das Erlangen der Sprachengabe legen und sich mit allen Fasern danach ausstrecken, die „Feuertaufe“ zu bekommen, nur Verwirrungen und Unheil anrichten? Die Nachahmung des Teufels kann nie und nimmermehr die Frucht des Geistes zeitigen. Achten wir also mehr auf das von unserem HErrn angegebene Kennzeichen! Doch auch hier begegnet man der Schwierigkeit, daß viele nicht wissen, was eigentlich gute Früchte sind, und sie halten seelische Erregung, überspannte Gefühle, geistlichen Hochmut, Geringschätzung und Verachtung einfacher, in der Demut ausharrender Gläubigen für gute Früchte. Oder wenn sie, wie sie meinen, die Gabe des Zungenredens oder der Krankenheilung erlangen, so steigt der Stolz ins Unendliche, und sie sehen nicht ein, daß das alles nur Blendwerk des Feindes und geschickte Imitation des Teufels ist. Gewiß imponieren solche Dinge mehr, als einfach das Joch Christi auf sich zu nehmen und von Dem zu lernen, der sanftmütig und von Herzen demütig ist, denn „die Frucht des Lichts besteht in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit“ (Eph. 5,9). Und der Apostel fügt hinzu: „Indem ihr prüfet, was dem HErrn wohlgefällig ist“ (Eph. 5,10).

Die zunehmende Tätigkeit des Feindes heutzutage auf diesem Gebiete der Nachahmung dessen, was wirklich von Gott ist, veranlaßt uns, eine warnende Stimme zu erheben, damit alle lernen möchten, sich mit dem Panzer der Gerechtigkeit zu wappnen, denn Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Wie ernst sind die Worte des HErrn, daß sie an jenem Tage zu Ihm sagen werden: „HErr, HErr, haben wir nicht durch Deinen Namen

geweissagt und durch Deinen Namen Dämonen ausgetrieben und durch Deinen Namen viele Wunderwerke getan?“ (Matth. 7,22.) Der HErr nennt sie Übeltäter, die von Ihm weichen müssen. Angeblich hatten sie diese Dinge in Seinem Namen getan, doch es war nur eine Nachahmung, ein Trugbild des Widersachers! Streben wir aber nach Gerechtigkeit, Glauben. Liebe, Frieden mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen! (2. Tim. 2,22.) Wohl werden „Gaukler im Bösen fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden“. (2. Tim. 3,13). Möchten wir jedoch uns von solchen geistlichen Gauklern und Verführern entschieden abwenden!

F. Btch.

Frage und Antwort

Frage 19

Warum nennt sich Paulus in Titus 1,1 „Paulus, Knecht Gottes, aber Apostel Jesu Christi“?

Antwort

Es ist stets wichtig und gesegnet für den Bibelleser, die Briefanfänge im Neuen Testament, besonders die der paulinischen Briefe, mit einander zu vergleichen; eigenartige Verschiedenheiten finden sich da, und stets stehen die Ausdrücke zu dem ganzen Brief irgendwie in Beziehung. Es finden sich auch oft ganz einzigartige Ausdrücke, die sonst nicht wieder vorkommen. Dazu gehört beispielsweise das kostbare Wort in 1. Tim. 1,1, demzufolge Christus Jesus „unsere Hoffnung“ genannt

wird, und ebenfalls der obige in der Frage. Wohl nennt sich Paulus öfter „Knecht“, und das bedeutet nach dem Grundtext „Sklave“, Jesu Christi, aber nie sonst „Knecht“ = „Sklave Gottes“ wie hier. Und das ist sehr bemerkenswert und steht, wie oben gesagt, ebenfalls mit dem ganzen Brief in Zusammenhang. Wir werden gleich sehen, in welcher Weise.

Zunächst ein paar Worte über den Titusbrief!

Dieser kurze, im ganzen leicht verständliche Brief zeigt uns in sehr übersichtlicher Einteilung die praktische Ordnung (1,5) des Hauses Gottes, der Gemeinde, und zwar wie sich jeder einzelne zu benehmen habe, um „die gesunde Lehre“ unseres Heilandgottes auszuleben (kurz gesagt); jeder einzelne habe sich so und so in seinem Christentum zu bewähren.1 Dazu hätten die Ältesten, die Titus anstellen sollte, durch ihre eigene Treue in ihrem Aufseherdienst (Kap. 1) mitzuhelfen, und nicht nur sie, sondern auch Titus selbst, der sich „in allem als Vorbild guter Werke darstellen“ solle (2,7). Damit nun jeder das sein könne, was Gott wohlgefällig sei, z. B. auch die christlichen Knechte, d. h. die Sklaven in ihrem besonderen Stande - woraus wir alle viel lernen können -, dazu sei „die Gnade Gottes erschienen“ (2,11), und die wünsche uns zu erziehen, daß wir uns als „unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi Eigentumsvolk“ beweisen „in dem jetzigen Zeitlauf“ (2,11-14). Zu diesem Volke gehören wir alle, die wir durch Jesus Christus „losgekauft sind von aller Gesetzlosigkeit“, nicht um unter Gesetz zu kommen, sondern unter die Gnade!

1

Vergl. Jahrbuch 10, Seite 18-21! Übrigens enthält gerade dieser Band 10 besonders viele Aufsätze über Stellen aus dem Titusbriefe! - (F. K.)

Als Gottes Eigentum gehören wir Ihm sozusagen als Leibeigene, als Sklaven! Wir sind der Gesetzlosigkeit (das

ist nach 1. Joh. 3,4 „die Sünde“) abgekauft, um nun Sein Eigen zu sein und Ihm zu gehorchen und zu dienen; so wie Er es wünscht, „eifrig zu sein in guten Werken“, die Er „gut“ nennt, wenn der „jetzige Zeitlauf“ sie auch mißachtet. Der ganze Brief (auch Kap. 3!) zeigt uns gleichsam unsere Sklavenverpflichtungen Ihm gegenüber, jedoch nicht als drückende Lasten, sondern als Frucht der erziehenden, belehrenden, unterweisenden Gnade Gottes. (Vgl. Gal. 5 „die Frucht des Geistes“, organisch werdend in uns, die wir nicht unter Gesetz sind.)

In solchem Zusammenhang nennt sich Paulus „Knecht Gottes“, „Sklave Gottes“. Er stellt sich damit auf eine Stufe mit den gläubigen Kretern, und das muß diesen sehr zu denken gegeben haben, waren doch die Kreter von Natur wenig geneigt, unterwürfig zu sein (vgl. die häufigen diesbezüglichen Erwähnungen, u. a. Kap. 1,10-13; 2,5.9.15; 3,1.10.11 u. a.). Der Apostel selbst stellte sich auf diese niedrige Stufe - mochten sie zunächst denken, denn von Statur waren sie und die meisten Menschen heute nicht gern Knechte, und erst recht nicht Sklaven! Aber wie hoch und erhaben ist doch diese nur scheinbar niedrige Stufe: „Knecht, Sklave Gottes“! Gott braucht uns als Knechte, als Sklaven, als Leibeigene, als Eigentum - welche Würde! Jeder Christ ist grundsätzlich ein seinem vorigen Gebieter, dem Satan, der Sünde abgekaufter, durch Christi Hingabe losgekaufter, bluterkaufter Sklave Gottes! Diese Würde zeigt uns Paulus in seinen Eingangsworten zu diesem ganz und gar praktischen Brief, dessen praktische Ermahnungen aber ausschließlich auf der „gesunden Lehre“ beruhen. Sind wir uns dieser Würde bewußt? Bedeutet sie uns etwas? Schätzen wir sie? Sind wir gerne Gottes Knechte, ja Gottes Sklaven, an uns

selbst rechtlos, nicht mehr für uns da, in nichts mehr uns dienend, sondern in allem Sein Eigentum? Ist uns dies groß, so groß, daß wir uns hierin gerne an die Seite des Paulus und seines „echten Kindes“ Titus stellen „gemäß auch unseres mit ihm gemeinschaftlichen Glaubens“ (1,4)? Oder wollen wir „Herren“ sein, wie heute, wo der Geist der Unabhängigkeit sogar manche Gläubige beherrscht, keiner mehr Knecht sein und heißen will?! Wehe uns, wenn dieser böse Geist dieses Zeitlaufs, dieser praktische Unglaube, d. i. Ungehorsam, sich auch unserer bemächtigt - wofür das Eindringen z. B. des „Bubikopfes“ auch in christliche Kreise leider ein schlimmes Anzeichen ist! Laßt uns Gnade haben - „sie ist erschienen und erzieht uns!“ -, in gottwohlgefälliger Unterwürfigkeit unter Sein ganzes Wort ats „Sklaven Gottes“ zu wandeln, gewürdigt dieser Seiner hohen Berufung! Einst gibt's Lohn für unsere Treue nach Offb. 22,3-6: „Seine Sklaven werden Ihm dienen, und sie werden Sein Angesicht sehen, und Sein Name wird an ihren Stirnen sein!“ Gepriesen sei Er ewiglich!

Daß hiernach, nachdem Paulus sich als „Sklave Gottes“ vorgestellt hat, was wir auch sein können, dürfen und sollen, er fortfahrt mit „aber Apostel Jesu Christi“, wird nunmehr leicht einleuchtend sein und keine weitere Erklärung nötig machen. Was wir auch mit Paulus gemeinsam haben - seine Apostelschaff ist einzigartig und uns verschlossen. Apostel gibt es nicht mehr, aber ihren Dienst haben wir in ihrem, d. h. in Gottes ihnen „eingehauchtem“ Wort (2. Tim. 3,16)! Preis sei Gott: solange Seine Knechte, Seine Sklaven, ja: Sein Eigentum auf der Erde wandelt, solange dürfen sie den Dienst dessen genießen, der da einst hienieden war: „Paulus, Sklave Gottes, aber Apostel Jesu Christi“! Wie kostbar ist

dieses!

F. K.

Die Inspiration der Schrift.

(Schluß.)

Zwischen den Schreibern der alttestamentlichen Bücher und denjenigen der neutestamentlichen Bücher müssen wir

einen Unterschied beachten.

Wir betrachteten bereits, daß die Propheten des Alten Testamentes nur im begrenzten Maße begriffen, was sie niederschrieben, und für das Verständnis desselben auf die Offenbarung des Heiligen Geistes angewiesen waren. Bei den Schreibern der Bücher des Neuen Testamentes war es anders. Sie hatten den Heiligen Geist wohnend in sich und verstanden und waren durchdrungen von dem, was sie niederschrieben. In der Tatsache aber, daß ihnen das, was sie niederschrieben, bekannt war, liegt kein Hindernis für die Inspiration. Dein Sohn mag eine Sache kennen, das hindert dich aber nicht, ihm zu sagen, in welchen Worten er die Sache anderen mitteilen soll. Seine vorherige Kenntnis der Sache hebt nichts von der Tatsache auf, daß er sie in deinen eigenen Worten übermittelt. Ob nun den Schreibern der Heiligen Schrift das, was sie niederschreiben mußten, zuvor bekannt war oder nicht, das, was sie niederschrieben, waren die Worte Gottes. Sie schrieben kein Wort ohne göttliche Eingebung, denn „alle Schrift ist von Gott eingegeben“.

Manche haben nun gemeint, wenn Gott die Worte eingegeben habe, dann müßten die Schriften auch alle

einen Stil

haben und dürften darin keine Verschiedenheit aufweisen. Paulus habe aber einen ganz anderen Stil als Johannes oder als David usw.

Einem solchen Einwand gegenüber möchte man fragen, ob Gott denn auf einen Stil oder eine Ausdrucksweise beschränkt ist. Kann Er Sich nicht verschiedenartig ausdrücken? Wo hatten David, Johannes, Paulus usw. ihren Stil her? Schufen sie sich diesen selbst? Liegt es nicht so nahe, daß Gott sich Seine Gefäße so zubereitete, daß das, was Er durch sie niederschreiben wollte, ihnen als denkenden Geschöpfen auch der Ausdrucksform nach selbst eigen sein sollte?

Gott bereitete sie für den Stil zu, in welchem ihr Mund und ihre Feder Ihm Mund und Feder sein sollte. Gebrauchen wir nicht verschiedene Federn? Kann Er Sich Seine Schreiber nicht für die Ausdrucksform bereiten, wie Er sie für Seine Mitteilungen gerade gebrauchen will? Sie waren Ihm nicht tote Federn, sondern lebendige und denkende Personen, aber doch Werkzeuge Seiner Hand, und zwar solche, die Er Sich für Seinen Gebrauch selbst zubereitet hatte.

Paulus drückt solches aus, als er im Blick auf Seine Berufung, Ihm „ein auserwähltes Gefäß“ zu sein, schreibt: „Der mich von meiner Mutter Leibe an abgesondert hat“. (Gal. 1,15.) Sagt er damit nicht, daß seine ganze

Lebensentwicklung von seiner Mutter Leibe an von Gott überwaltet wurde? Sein ganzer Werdegang von Mutterleibe an war eine Zubereitung für den Dienst, zu dem Gott ihn gebrauchen wollte, so daß er sagen konnte: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin“. (1. Kor. 15,10.)

Gott hat in allem Seine Hand. Er bereitet uns nicht nur den Leib, auch unsere Gaben und Fähigkeiten sind von Ihm. Unser Leben und Odem, unsere Zeiten und Geschicke, alles ist in Seiner Hand. (Ps. 119,73; Apg. 17,25; Ps. 31,15.)

So sehen wir an Paulus, wie Gott Sich Seine heiligen Schreiber von langher für ihre besonderen Dienste zubereitete. Unter der Eingebung Gottes stehend, war das, was sie in den Schriften niederschrieben, nicht das Produkt ihrer Geistestätigkeit noch -Fähigkeit, sondern Eingebung Gottes. Ihre Geistestätigkeit lag auf dem Gebiet des „Nachsuchens“ und „Nachforschens“ der ihnen von Gott eingegebenen Worte. (1. Petr. 1,10.) Die Verschiedenheit des Stiles änderte deshalb nichts an der Tatsache, daß Gott durch den Mund Seiner Knechte redete. (Apg. 4,25.)

Gerade in der Verschiedenartigkeit sowohl der Ausdrucksformen als auch der Darstellungen, Berichte usw. (denken wir nur an die vier Evangelien) treten uns die verschiedenen Gesichtspunkte und Beleuchtungen, von denen aus solche gegeben sind, in besonderer Weise vor Augen und offenbaren uns die Größe der Weisheit und Herrlichkeit Gottes. Die Verschiedenartigkeit ist nur ein weiterer und neuer Beweis dafür, daß die Weissagungen nicht aus dem Willen der Menschen, nicht aus ihren Mutmaßungen oder ihrem Verstande hervorgegangen

sind, sondern daß Gott durch Seine Knechte sprach und schrieb.

Das menschliche Herz neigt immer dahin, Gott in Seiner Macht zu beschränken. Wenn Gott dem Menschen nicht nur den Leib bereitet, sondern ihm auch die geistigen Fähigkeiten zuteilt, dann ist es doch ein törichter Versuch, mit der Verschiedenheit des Stiles die Wortinspiration der Schrift in Frage zu stellen.

Andere wenden gegen die Wortinspiration der Schrift ein, daß das Neue Testament Zitate (Anführungen) aus dem Alten Testament enthalte, die von dem Wortlaut der alttestamentlichen Schriften abweichen und z. T. Wiedergaben einer griechischen Übersetzung, der sog. Septuaginta, seien.

Gewiß, wir finden

Zitate des Alten Testamentes in verändertem Wortlaut

im Neuen Testament wieder, und eine ganze Reihe haben auch den Wortlaut der Septuaginta-Übersetzung. Damit aber ist noch nicht der geringste Grund zum Zweifel an der Wortinspiration gegeben. Die eine Wortfassung ist genau so von Gott den Schreibern eingegeben wie die andere. Beide sind gleich zuverlässig Gottes Wort.

Gott, der Urheber Seines Wortes, ist nicht wie wir an die Fassung Seines Wortes gebunden. Wenn Er das, was Er durch den Mund Seiner Knechte gesprochen hat, in anderen Worten ausdrücken will oder wenn Er durch solche Abweichungen von dem ursprünglichen Wortlaut

uns den tieferen Inhalt erschließen oder spezielle Gedanken darin hervorheben will, steht Ihm das nicht zu? Und wenn Er es in dem gleichen oder einem veränderten Wortlaut der Septuaginta-Übersetzung tut, hat Er nicht das Recht dazu?

Daraus, daß gewisse alttestamentliche Zitate im Neuen Testamente mit der griechischen Übersetzung übereinstimmen, daraus darf selbstredend nicht gefolgert werden, daß

Übersetzungen inspiriert

sind. Wenn die Schrift sagt: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben“ (2. Tim. 3,16), so sind damit die Original- oder Urschriften gemeint, aber nicht die verschiedenen Übersetzungen.

Heute besitzen fast alle Kinder Gottes in der Welt die Schrift nur in Übersetzungen. Wenn nun auch die verschiedenen Übersetzungen an sich nicht als inspiriert bezeichnet werden können, so berührt das natürlich in keiner Werfe die Wahrheit und Tatsache, daß die Urschriften von Gott eingegeben sind.

Gibt eine Übersetzung genau den Sinn des Originals wieder, so unterscheidet sie sich nicht von dem inspirierten Wort. Ob wir z. B. einen Satz wie: „Gott ist Liebe“ in deutscher, englischer oder einer anderen Übersetzung lesen, so wissen wir doch, daß die Übersetzung genau den Sinn des Urtextes hat und daß sie das inspirierte Wort ist.

Die Wiedergabe mancher Stellen der Schrift in

Übersetzung ist allerdings nicht so einfach wie obiges Beispiel; man kann nicht immer sagen, daß sie das Ursprüngliche genau wiedergibt. Wir können hieraus aber lernen, wie wichtig es ist, neben anderen eine möglichst wortgetreue Übersetzung zu gebrauchen. Zwar kann keine Übersetzung Anspruch auf Fehlerlosigkeit machen, aber mit Freude und Dank zum HErrn dürfen wir doch sehen, daß viele Männer Gottes mit Aufrichtigkeit, Treue und Gebet an der genauen Übersetzung der Schrift arbeiten und immer wieder Fehler und Irrtümer, die sich durch die menschliche Unvollkommenheit eingeschlichen haben, beseitigen.

Können wir nun auch in bezug auf die Übersetzung nicht von Inspiration reden, so darf es uns doch dienen, daß der HErr Selbst und auch die Apostel Zitate aus dem Allen Testament in der griechischen Übersetzung mit den Worten anführten: „Es steht geschrieben“ oder „Was sagt die Schrift“. (Matth. 4,4, Röm. 4,3 u. a. m.)

Wie mit den Übersetzungen, so ist es auch mit den alten Handschriften, den Abschriften des Urtextes. Die Original-Handschriften der Bücher des Alten und Neuen Testamentes sind uns nicht erhalten geblieben. Wir besitzen heute nur noch alte Abschriften. Da diese aber durch fehlerhaftes Abschreiben oder gar durch Fälschungen an einzelnen Stellen im Wortlaut des Textes voneinander abweichen, so haben die Gegner der Wortinspiration auch diese der menschlichen Unvollkommenheit entsprossenen Mängel genommen, um zu behaupten, daß man jetzt nicht mehr wissen könne, welches das inspirierte Wort Gottes sei.

Ebenso wie bei den Übersetzungen schon gesagt, hat auch

das Vorhandensein der Verschiedenheit gewisser Stellen im Wortlaut der Handschriften

nichts mit der Frage der wörtlichen Inspiration zu tun. Die Inspiration der Schrift schließt doch nicht eine Bürgschaft in sich, daß auch alle Abschriften den Originalen genau gleich sind. Die Zahl jener Stellen, die wirklich zweifelhaft sind, ist nicht so groß, wie sie die Angreifer der Wortinspiration hinstellen möchten. Gottes Treue hat über Sein Wort gewaltet, daß es uns rein erhalten blieb, und dafür gesorgt, daß so viele Handschriften bis auf unsere Tage aufbewahrt blieben, daß durch treues Forschen und Vergleichen Fehler und Fälschungen erkannt werden konnten. Gott hat Sein Wort bewahrt. Der Feind hat es nicht an Anstrengungen fehlen lasssen, es zu verderben und uns zu rauben. Gott aber hat es nicht zugelassen. Es konnte garnicht anders sein! Hätte Er die Vernichtung Seines Wortes zulassen können, solange Er noch Sünder errettet?!

In dem Rahmen eines kleinen Artikels ist es nicht möglich, auf all die Anwürfe einzugehen, mit denen der Feind der Schrift die Kraft und Autorität als untrügliches Gotteswort zu nehmen sucht.

Manchen Kindern Gottes hat er Sand in die Augen geworfen, indem er ihnen mit dem Schein der Weisheit beibrachte, daß man nicht sagen dürfe, die Schrift sei Gottes Wort, sondern Gottes Wort sei in der Schrift. Mit solchen Schlagwortkünsten operiert er gern. Solche betrogenen Kinder Gottes sehen nicht, daß dieser Lehrsatz der Schrift jede Kraft und Autorität nimmt und der Mensch zum Richter und Beurteiler über die Schrift gestellt wird. Macht man sie darauf aufmerksam, daß die Schrift von

Gott eingegeben und Gott durch den Mund Seiner Knechte geredet habe, so hört man nicht selten die spöttische Frage, ob diese

Grammophone

gewesen seien.

Wenn der Feind die Kraft des Wortes nicht abtun kann, so sucht er mit solchen Schlagworten das Wunder der Wortinspiration zu verdunkeln und den nüchternen Sinn zu benebeln.

In Schlagworten liegt eine satanische betrügerische und irreleitende Kraft, durch die das seelische Empfinden der Menschen mit fortgerissen wird. Es ist traurig aber wahr und das eigene Erleben des Schreibers, daß sich sogar Gläubige durch den Klang eines Schlagwortes wie „Grammophon“ ihre feste Stellung zum Worte des HErrn erschüttern ließen.(!!)

Die heiligen, lebensvollen Schreiber neben leblose Grammophone zu stellen ist nicht nur empörend und ganz unangebracht, sondern ein solcher Vergleich hat auch nicht einmal Anspruch, eine aus der Inspiration sich ergebende, logische Folgerung zu sein. Und vor allem, wenn Gott uns nicht mehr sagt, als daß Seine Knechte Sein Mund waren, genügt das nicht? Wie ungeziemend ist es, spitzfindige Folgerungen darauf auszubauen. Beten wir nicht oft: „HErr, laß mich Dein Mund sein“? Werden wir damit zu „Grammophonen“?

Gott bezeugt uns die Tatsache, daß der Heilige Geist durch Menschen sprach und schrieb, aber Er offenbart uns

nicht

die Art und Weise,

wie Er Seine Worte in ihren Mund legte. Die Schrift sagt, daß Gott auf „mancherlei Weise“ geredet hat. (Hebr. 1,1.) Er redete in Gesichten, in Träumen; Er redete auch „von Mund zu Mund“, „deutlich“, „wie ein Mann redet mit Seinem Freunde“. (4. Mos. 12,6-8; 2. Mos. 33,11.)

Gott ist in Seiner Macht, zu reden, unbeschränkt. Er kann Seinen Willen und Seine Worte auf jede Ihm gefällige Weise verkündigen. Wenn es Ihm gefällt, ist Er nicht einmal an Wesen wie Engel und Menschen gebunden. Er konnte sogar einem unvernünftigen Tiere, Bileams Eselin, den Mund öffnen. (4. Mos. 22,28; vgl. 2. Petr. 2,16.) Er konnte gottlosen Menschen Seine Worte so in den Mund legen, daß sie (obwohl ungern) nicht „vermochten“, „irgend etwas zu reden“ als das Wort, das Gott ihnen in den Mund legte. So war es bei Bileam, (4. Mos. 22,35.38; 23,12; 24,4) und Kaiaphas weissagte und wußte nicht, daß seine Worte nicht aus ihm selbst, sondern aus Gott waren. (Joh. 11,50.51.) Die heiligen Schreiber dagegen standen mit ihrem ganzen Herzen in Seinem Dienst, und Gott gab Seine Worte so in ihre Gedanken, daß Sie redeten, getrieben vom Heiligen Geiste. (2. Petr. 1,21.)

Gott gebrauchte für Seine Worte den Mund der Menschen. Der Mensch kann weder erklären noch begreifen, wie dies möglich ist. Und Gott hat uns dieses „Wie“ nicht enthüllt. Diesen Schleier möchte der Mensch lichten. Er will sich mit dem nicht begnügen, was Gott geoffenbart hat. In unheiligem Begehren sucht er das Geheimnis und Wunder

sind aber ebenso anmaßend wie fruchtlos. Sie zeigen nur seine Aufgeblasenheit, in Dinge eindringen zu wollen, die die Grenzen seines Verstandes überschreiten, und das Ergebnis ist, daß er Torheit auf Torheit häuft.

Der Gläubige aber, der den Platz seiner Abhängigkeit von Gott einnimmt und seine Belehrungen aus der Quelle der Schrift schöpft, dem ist die Wortinspiration keine Schwierigkeit. Ihm genügt die von Gott bezeugte Tatsache, daß alle Schrift von Gott eingegeben ist. Etwas anderes wäre Gottes garnicht würdig und hätte unserer Not als von Gott Entfremdeten garnicht begegnen können. Wir bedurften ganz sicherer Grundlagen. Wir mußten Worte von Gott haben, auf denen der Glaube ruhen kann, und solche haben wir in dem inspirierten Wort, dem nichts hinzugefügt und von dem nichts abgetan werden darf. (5. Mose 4,2; 12,32; Offbg. 22,18.19.)

„Das Wort des HErrn bleibt in Ewigkeit. Dies aber ist das Wort, welches euch verkündigt worden ist.“ (1. Petr. 1,25.)

v. d. K.

 

Der köstlichste Platz.

Einige schlichte Belehrungen durch Maria von Bethanien.

Haben wir schon beachtet, daß uns Maria von Bethanien dreimal zu Jesu Füßen gezeigt wird? Und zwar in Luk. 10,38-42; Joh. 11,32 und Joh. 12,3 (vgl. 11,2!). Jedesmal ist ein Gegensatz vorhanden, das erste und zweite Mal zu ihrer Schwester Martha, beim dritten Mal zu Judas und den übrigen Jüngern. Infolgedessen finden wir jedesmal ein entsprechendes Verhalten des HErrn: das erste und dritte

Mal verteidigt Er Maria, und zwar zuerst gegen ihre Schwester, dann nachher gegen Judas und die durch ihn Verführten, und in der zweiten Stelle sehen wir Ihn (welch ein tiefbeweglicher Anblick!) „erschüttert im Geist“, hauptsächlich infolge der Tränen der Maria! Diese zweite Stelle ist besonders bemerkenswert dadurch, daß Martha, die zweifellos seit Luk. 10 viel gelernt hat - ja, in der dritten Stelle finden wir keinen Gegensatz mehr zwischen ihr und ihrer Schwester, sie tat vielmehr still und liebevoll, was sie stets tat: sie „diente“! -, daß Martha, sage ich, obwohl in gläubigem Bekenntnis an den Christus, den Sohn Gottes, und an die Auferstehung es doch nicht für der Mühe wert zu halten scheint, dem HErrn zu Füßen zu fallen, während Maria nicht nur eiligst zum HErrn geht, als sie von Seiner Ankunft hört (V. 29 und 31), sondern - sie kann garnicht anders - augenblicklich, als sie Ihn sieht, Ihm zu Füßen fällt: ich meine, das ist besonders bemerkenswert, daß sie anscheinend gar keinen andern Platz als den zu Seinen Füßen als möglich für sich sieht. Wahrlich, sie wußte stets dies gute Teil zu erwählen, mögen wir anschauen, welche der drei Geschichten wir wollen. Aber es konnte ja auch nicht anders sein bei den beiden letzten Gelegenheiten, hatte der HErr ihr doch verheißen, daß dies „gute Teil nicht von ihr genommen werden sollte“ (Luk. 10,42). Es blieb ihr als köstlichster Besitz. Glückliche Maria, glückselig in deiner Liebe zu Ihm!

O, daß wir lernten von ihr, daß wir einsehen lernten, wie uns kein Platz so nötig ist als geistlicherweise der zu Seinen Füßen selbst in aller Unruhe des Lebens, auch wenn er uns in Gegensatz bringt zu andern selbstbewußteren, aufrechteren Gläubigen! Dann werden wir von selbst bei ernsteren Anlässen unseres Lebens

diesen Platz zu schätzen wissen und uns gern ausweinen zu Seinen Füßen, weil wir wissen: Er versteht uns, und Sein Herz schlägt für uns; und dann sind wir auch fähig, einer Welt von hämischen, neidischen Feinden gegenüber, durch die womöglich auch Gläubige angesteckt werden wie Maria dort, etwas Außergewöhnliches um Seinetwillen zu tun, was Erstaunen, Aufsehen erregt, uns Worte liebloser Kritik einbringt, die uns aber nicht irremachen, nicht aufregen, nicht zum Widerspruch reizen, nicht um unsere Segnungen bringen können, da wir zu Seinen Füßen zur Ruhe

gekommen sind und nichts weiter weder brauchen noch beachten als Sein Wohlgefallen und Seine Anerkennung!

Kennen wir diesen köstlichsten Platz, den Maria so hoch wertete und der seine Kraft bewies in allen Lagen ihres Lebens! - der allein auch uns sichert gegen die listigen Anläufe eines uns überall sonst angreifenden Feindes? Welch ein Verlust, diesen Platz nicht zu kennen, nicht zu würdigen! - Kennen wir ihn morgens früh? Kennen wir ihn abends spät? Ist er uns so unentbehrlich, daß wir keinen Tag dahingehen lassen möchten, ohne ihn aufzusuchen, ja, daß wir auch tagsüber gleichsam tiefinnerlich dies Heiligtum hüten und lieben? - „Eines aber ist not! Maria hat das gute Teil erwählt, das nicht von ihr genommen werden soll.“ -

Der HErr mache dies „gute Teil“ auch uns groß und köstlich!

F. K.

„Genötigt ... zu ermahnen.“

 (Judas 3.)

Judas, der Knecht Jesu Christi, beabsichtigte, den Heiligen über das gemeinsame Heil zu schreiben. Dies bewegte augenscheinlich sein Herz. Und es würde sicher für uns alle ein Gewinn gewesen sein, etwas über diesen Gegenstand aus der Feder des gesegneten Knechtes Jesu Christi gehört zu haben. Aber Gefahren waren im Anzuge, welche Worte der Warnung, der Ermunterung und des Trostes erforderten. So wurde er, statt über das „gemeinsame Heil“ zu schreiben, geleitet, „den in Gott, dem Vater, geliebten und in Jesu Christo bewahrten Berufenen“ die gegenwärtigen und zukünftigen Gefahren zu schreiben, welche diesen drohten.

Das Verderben, welches sich langsam durch die Jahrhunderte entwickelt hat, nahm seinen Ausgang von dem wohlbegründeten Bau der Gemeinde Gottes. In dem vierten Verse weist Judas auf „gewisse Menschen“ hin, die sich durch Betrug in die Gemeinde eingeschlichen hatten, um von innen heraus Grundlagen des Glaubens, wie wir solche in der „Gnade unseres Gottes“ und in dem „alleinigen Gebieter und HErrn“ Jesus Christus besitzen, zu „verkehren“ und zu „verleugnen“. Diese Menschen waren zielbewußt an der Arbeit, auf diesen sicheren Grundlagen ein falsches Bekenntnis aufzubauen.

Wenn der Satan für sein Werk Grundlagen braucht, auf welche er seine verderbenbringende Arbeit errichten kann, wieviel mehr sind dann für die Heiligen die Grundlagen wichtig, um sich selbst aufzuerbauen auf ihren allerheiligsten Glauben. (V. 20.)

Der Apostel spricht hier nicht von dem Glauben, durch welchen wir das Evangelium für unsere Errettung annehmen, sondern von dem Gegenstand des Glaubens, von der Glaubenslehre, dem Glaubensbekenntnis, dem Glauben, der den Heiligen überliefert wurde und für den sie zu kämpfen hatten.

Judas berührt nun drei große Grundlagen des Glaubens, nämlich: 1. „Den Heiligen Geist“, 2. „die Liebe Gottes“ und 3. „die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus“. (V. 21.) Diese drei wichtigen Wahrheiten verbindet er alsdann mit drei höchst notwendigen Herzensübungen: 1. „Mit dem Beten im Heiligen Geiste“, 2. mit „sich selbst Erhalten in der Liebe Gottes“ und 3. mit dem „Erwarten der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus“. Sicher wurde Judas in der Anführung dieser drei wichtigen Wahrheiten göttlich geleitet, und diese drei Dinge waren zweifellos besonders nötig und passend für die Zeit, von der er sprach.

Der Heilige Geist, der vom Himmel herabgekommen, jetzt auf Erden gegenwärtig ist, wird zuerst erwähnt. In diesen Tagen der Prüfungen und Versuchungen ist Seine Gegenwart für das Volk Gottes als die Quelle ihrer Kraft von größter Bedeutung. Diese Seine Kraft wird in besonderer Weise in uns wirksam durch das Gebet. Wenn wir den listigen oder auch den gewalttätigen Angriffen des Satans siegreich begegnen wollen, so müssen wir, sei es persönlich oder gemeinsam, in dem Bewußtsein unserer eigenen Kraftlosigkeit die Kraft in Anspruch nehmen, durch welche wir allein fähig sind, den Anläufen der Finsternis zu begegnen.

Alsdann ermahnt Judas: „Erhaltet euch selbst in der Liebe Gottes“. Diese Liebe ist in ihrer unendlichen Größe am Kreuz offenbar geworden. Das Werk der Erlösung auf Golgatha zieht unsere Herzen in besonderer Weise zu der Liebe Gottes hin. Es handelt sich hier weniger um ein Verlangen nach der Liebe Gottes als vielmehr um ein beständiges Bleiben in der Liebe Gottes. Unsere Seele soll ständig in dem Bewußtsein der Liebe, die Gott zu uns hat, verharren. Die Gewißheit, daß Gottes Liebe uns umgibt, ist eine gewaltige Kraft in unserer Seele. Ruhen unsere Herzen in Seiner Liebe, so haben die listigen Einflüsterungen des Bösen und seine Angriffe auf uns ihre Kraft verloren. Unsere Herzen sind dann vielmehr besorgt, diese Liebe Gottes, die unsere Seele genießt, nicht durch Fehltritte zu betrüben.

Als Letztes ermahnt der Apostel: „Erwartend die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben“. Mit der Barmherzigkeit, auf welche hier Bezug genommen wird, dürfte die Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus gemeint sein, jene köstliche Hoffnung, die das Herz jedes Gläubigen wie auch die ganze Gemeinde belebt und erfreut.

Die Entrückung Henochs, bevor das Maß der Ungerechtigkeit der damaligen Welt voll war, die Errettung Noahs und die Befreiung Lots beweisen uns, daß der HErr die Gottseligen aus der Versuchung zu retten weiß. (2. Petri 2,9.) Und in der Verheißung an Philadelphia hat der HErr uns einen bleibenden Trost gegeben; sie lautet: „Weil du das Wort Meines Ausharrens bewahrt hast, so werde auch Ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu

versuchen, welche auf der Erde wohnen.“ (Offenb. 3,10.) Die Erwartung der Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus richtet unseren Blick hin auf den Tag der Erlösung, wo wir diese arge Welt mit all ihren Versuchungen und Leiden verlassen und von dem HErrn Selbst in die Heimstätte ewigen Lebens eingeführt werden.

Wie wundervoll, wie gesegnet ist die Sorge des HErrn für die Seinigen! Wie Er die Seinigen, die in der Welt waren, geliebt hatte, liebt Er sie bis ans Ende. (Joh. 13,1.) Je dunkler die Zustände, um so größer erweist Sich Seine Liebe zu ihrem Wohle. In Seinem Dienst als Hoherpriester ist uns ein Thron der Gnade errichtet, dem wir in unserer Schwachheit uns nahen dürfen, um Barmherzigkeit, Gnade und Hilfe zu empfangen. Er Selbst bemüht Sich, uns zu bewahren. In Seiner Sorge laßt Er uns den Ausgang des sich ständig vergrößernden Abfallens sehen und erhellt in der immer tiefer werdenden Dunkelheit den Pfad des Gläubigen durch das Licht Seines Wortes.

Laßt uns aber wohl beachten, daß alle diese Vorsorge von unserer Seite ein geöffnetes und verständiges Herz fordert! Auf unserer Seite muß das Gebet im Heiligen Geiste, das Sich-erhalten in der Liebe Gottes und das Erwarten der Barmherzigkeit vorhanden sein. Wenn diese Dinge bei uns vernachlässigt werden, so werden wir mehr oder weniger von dem uns umgebenden Strome der Welt fortgerissen werden.

Drei Dinge, die mit der Welt verbunden sind, stehen in düsterem Gegensatz zu den erwähnten dreifachen göttlichen Grundlagen, auf denen der Christ sich auferbauen soll: 1. wird uns gesagt, daß diese, die sich absondern, natürliche Menschen, den Geist nicht haben (V.

19); 2. daß sie, im Gegensatz zu denen, die sich in der Liebe Gottes erhalten, die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren (V. 4) und 3. daß statt unserer Erwartung der Barmherzigkeit in dem Kommen des HErrn ihnen das Dunkel der Finsternis in Ewigkeit aufbewahrt ist. (V. 13.)

Judas zeigt uns nun gewisse Menschen, die, durch den Betrug des Feindes von Gott und Seinem Worte hinweggerissen, ein Opfer der Finsternis geworden sind und die in ihrer Lage besonderer Sorge bedürfen. „Und die einen, welche streiten, weise zurecht.“ (V. 22.) Dies mögen unwissende, durch die Werkzeuge der Finsternis irregeleitete Seelen sein; arme Menschen, die von den Werkzeugen und Lehren der Teufel gebunden gehalten werden. Wir sehen, wie in diesen letzten Zeiten ganz besonders der Feind darauf ausgeht, Menschen unter seine Macht zu bringen und unter dem Einfluß dämonischer Lehren gefangen zu halten.

Alsdann gibt es andere, deren Kleid durch die Verführung von dem Fleisch befleckt wurde (V. 23). Diese bedürfen, herausgerissen zu werden aus dem sie verschlingenden Feuer; sie müssen unterschieden werden von jenen, die Judas als „Wolken ohne Wasser“, als „wilde Meereswogen“ und als „Irrsterne“ beschreibt, deren Urteil unabänderlich besiegelt ist. (V. 12.13.)

Der Schluß seines Briefes (V. 24.25) klingt in einem Lobpreis Gottes aus. Ein solcher Lobpreis mag uns in einem Briefe, der sich mit den finstersten Zuständen befaßt, seltsam erscheinen, aber er kommt hervor aus einem Glauben, der die über alles Böse triumphierende Macht und Oberhoheit Gottes kennt, daß Er in Seiner

Macht und Gnade Sein Volk ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, einem Frohlocken, welches dem Erlöser gilt, der es aus der Dunkelheit, den Gefahren und den Versuchungen herausgerettet hat.

Der letzte Vers gleicht dem Jauchzen, welches nach erfochtenem Siege dem Sieger dargebracht wird. Es ist die Huldigung Dessen, der immerdar bleibt und dem Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Zeitalter gebührt.

M. C. G. (v. d. K.)

Sie dienten Ihm.

(Luk. 8,2.3.)

Viel ist über den Dienst der Frauen geschrieben und geredet worden. Welche Meinungen auch darüber zutage getreten sind, an einer Stelle der Schrift lesen wir von ihrem Dienst, über den kein Zweifel aufkommen kann. In Luk. 8,2 und 3 lesen wir: „... die Zwölfe mit Ihm, und gewisse Weiber ... Maria, genannt Magdalena ... und Johanna, das Weib Chusas ... und Susanne und viele andere, die ihm dienten mit ihrer Habe“.

Die Herzen dieser Frauen gehörten dem HErrn. Und sie drückten Ihm, der von den Angesehenen ihres Volkes verspottet und mißverstanden wurde, ihre Liebe und Zuneigung in der Weise aus, daß sie Ihm dienten mit ihrer Habe.

Es wird uns nichts Näheres mitgeteilt, in welcher Weise sie

Ihm mit ihrer Habe dienten. Weiteres zu wissen ist auch nicht nötig. Es genügt uns, zu wissen, daß der HErr in Seiner Erniedrigung so weit herabstieg, daß Er der gleichen Nahrung bedurfte wie wir und der Kleidung, wie wir sie für unseren Leib nötig haben - und so dienten sie Ihm mit ihrer Habe.

In Luk. 23,55.56 finden wir wieder Weiber bereit, Ihm zu dienen. Sie kamen aber mit dem beabsichtigten Dienst zu spät. Ihr Glaube und ihre Hoffnung mochten, als der HErr durch die Hände böser Menschen getötet worden war, Schaden gelitten haben, aber ihre Liebe war dieselbe geblieben, und sie suchten Ihm noch zu dienen, wenn auch nur an Seinem toten Leibe. Auf diesem Wege ihrer Liebe wurde ihnen dann die freudige Botschaft zuteil, die noch immerfort die Jahrhunderte durchrauscht: „Er ist auferstanden!“

Dieser Frauendienst der Liebe hat noch nicht aufgehört. Erinnern wir uns wohl, daß der auferstandene HErr nicht zu Paulus von Tarsus sagte: „Was verfolgst du Meine Gemeinde?“, sondern: „Was verfolgst du Mich?“ Das, was wir nun den Seinigen tun, mag es sein für Nahrung oder Kleidung, das tun wir Ihm. Ein Paulus konnte in seiner Arbeit für den HErrn von „Überfluß“, aber auch von „ Mangel leiden“, ja von „hungern“ reden, aber er fand auch solche, die dem HErrn dienten und an seiner „Drangsal“ und an seiner „Notdurft“ teilnahmen. Und Gott bezeugt durch seine Feder, daß ihr Opfer Ihm angenehm und Ihm ein duftender Wohlgeruch war. (Phil. 4.)

Möchte der Dienst dieser Weiber, der nach außen hin kaum beachtet und vielleicht verborgen war, manches Schwesternherz, und nicht nur die Herzen der Schwestern,

sondern aller Kinder Gottes, willig und entschieden machen, Ihm zu dienen mit ihrer Habe! Nur eine kurze Zeit haben wir dieses Vorrecht und diese Gelegenheit; dem, der nichts bedarf, dem alles gehört und der Sich Selbst für uns dahingegeben, so dienen zu können.

Von diesen Frauen in Luk. 8 werden uns nur drei mit Namen genannt, aber noch „vieleandere“ waren dabei, deren Namen nicht genannt werden. Es mag sein, daß die mit Namen Genannten in besonderer Weise begnadigt waren und Gelegenheiten hatten, Ihm zu dienen. Und es kann vorkommen, daß solche um ihrer Vorrechte willen beneidet werden. Wenn wir vielleicht auch nicht so große Dinge für unseren HErrn und Meister tun können, so laßt uns deshalb nicht traurig sein! Können wir nicht unter diesen mit Namen Genannten sein, so können wir doch einige von den „vielen anderen“ sein, die in unserer Schriftstelle ungenannt, unbekannt und unaufgezeichnet - und doch dem HErrn bekannt - Ihm dienten mit ihrer Habe. Und das erfüllt mit Freude unser Herz.

Nach „L. o. H.“ (B. Tpk.)

Frage und Antwort

Frage 20

Wie stimmt zu dem Grundsatz von Esra 4,1-3 die Tatsache, daß nach Kap. 7,12ff. (15!) der wohl freundlich gesonnene, aber darum nicht zum Volke Gottes gehörende König Arthasasta mit seinen Räten freiwillig zum Tempelbau Gaben beisteuerten, die doch wohl auch angenommen wurden? - Was haben wir heute aus diesem

verschiedenen Verhalten grundsätzlich zu lernen?

Antwort

Die Auflösung des scheinbaren Widerspruchs findet sich in den Worten selbst des ersten angeführten Abschnittes. Es sind die Feinde Judas und Benjamins, die von der Teilnahme am Bauen zurückgewiesen werden.

Mit feinem Unterscheidungsvermögen fühlten die zurückgekehrten Kinder der Wegführung heraus, daß Leute, die entgegen ihrem Bekenntnis (Vers 2) auf zwei Achseln Wasser tragen (2. Kön. 17,24-41; bes. V. 28[-]33.34.40.41), nicht zu diesem Werke zugelassen werden konnten. Auch bezieht sich das Mitbauenwollen nicht auf das körperliche Mithandanlegen; dazu wurden Steinhauer und Zimmerleute angestellt und bezahlt (Kap. 3,7.10) wie beim Tempelbau Salomos, sondern auf das programmatische und mitdirigierende Teilnehmen, um nachher auf die Mitteilhaberschaft am Tempel Anspruch erheben zu können. Die Folge wäre eine nie wieder gutzumachende Verquickung sich widerstrebender Interessen, eine nie mehr auszuschaltende Abhängigkeit von der zugelassenen Partei gewesen. Das Verhalten der Zurückgewiesenen nach der abschlägig beschiedenen Antwort Erweist sie als Feinde, stempelt sie zu solchen. In Frage kommt also nicht: Israeliten oder Nicht-Israeliten (obwohl das auch seinen Platz hat), sondern: eine klare, unzweideutige Stellungnahme Gott gegenüber oder eine unklare, zweideutige.

Damit wird die Antwort Auf den zweiten Punkt des ersten Teils der Frage bezüglich der Geschenke Arthasastas und

Stellung Gott gegenüber war eindeutig. Sie erhoben keinen Anspruch, solche zu sein, die Gott in Seinem Lande dienen wollten, als ob sie Sein Volk oder diesem gleich wären. Sie waren nur herzlich bereitwillig, beizusteuern.

David und Salomo hatten von überallher die Rohstoffe zum Bauen und Ausschmücken des Tempels bezogen; auch fremdstämmige Handwerksleute und Lastarbeiter benützte Salomo zum Bau. Waren nicht die Könige von Persien, voran Cyrus, von Gott dazu ersehen, den Wiederaufbau Seines Hauses in die Wege zu leiten, ja geradezu als Auftrag zu betreiben (Jes. 44,28; 45,1[-]3[-]13; Esra 1,1-4)?

Also ist von Nichtstimmen zwischen Esra 3 und 7 keine Rede, weil die zwei sich zeigenden Handlungen mit dem dazugehörigen Hintergrund auf zwei Linien liegen, die man nicht in Vergleich bringen muß. Auch ist die Bemerkung am Platze: nach dem ersten spontanen Aufwallen der Gefühle ließ der Eifer am Bauen infolge der Drohungen der Feinde bald nach unter den Zurückgekehrten, so daß, nach der Darstellung Haggais zu urteilen, ihr Interesse am Hause nicht den Vergleich aushält mit dem, das Cyrus für das Haus des Gottes des Himmels an den Tag legte.

Zur Belehrung mögen wir eine Parallele ziehen zwischen den aus der Gefangenschaft Zurückgelehrten und dem Haus Gottes einer- und den Christen von heute und dem geistlichen Haus Gottes andererseits.

Beiderseits steht vor uns: Untreue gegen Gott im Verlassen Seiner Wege und in Götzendienst (Bilder- und Formendienst in der Christenheit). Als Folge davon Gericht Gottes: Gefangenschaft durch Assyrien und Babylon bei

Israel; geistliche Gefangenschaft der Christenheit unter den Willen geistlicher und weltlicher Despoten: Päpste, Patriarchen, weltliche Fürsten als oberste geistliche Instanzen ihrer Länder.

Der Umschwung: Die Vorsehung Gottes gibt dort Freiheit, ebnet den Weg zur Rückkehr jedem Herzen, das für Jehova, seinen Gott, schlägt und infolgedessen Interesse bekundet am Wiederaufbau Seines Hauses. Hier dasselbe: politische Umwälzungen im vorigen Jahrhundert brachten Freiheit, ebneten den Weg zum Verlassen der Verhaue, die bis dahin der geistlichen Freiheit gezogen waren. Was es für eine Bewandtnis hat um Altar und Anbetung, was die Grundlage des zu allen Zeiten einen geistlichen Hauses Gottes ist, wurde wieder erkannt, was dazu erforderlich ist, um das Vorhandensein des Hauses zum Ausdruck zu bringen, soweit es in der Verwirrung und Zersplitterung möglich ist, wird getan.

Aber da setzt beiderseits ein: Schein-Israeliten dort, Schein-Christen hier, Doppelherzige, die es mit Gott und mit der Welt gleichzeitig halten wollen, müssen entschiedene Zurückweisung finden. Das erheischt Treue gegen Jehova, den Gott Israels, dort; gegen Christum, den HErrn des Hauses, den „Sohn über Sein Haus“, hier. Feindschaft, die deswegen verspürt werden muß, darf nicht abschrecken, wie dort die Juden sich abschrecken ließen.

Das Silber und Gold, das vom König und seinen Räten entgegengenommen wird für das Bauen des Hauses und seiner Bedienung, erinnert daran, daß geschrieben steht: „Mein ist das Silber und das Gold“ (Hagg. 2,8); daran, daß Er Mittel und Wege hat, es denen zufließen zu lassen, die

in Treue und Wahrheit an dem dienen, was zur Ausbreitung der wiedererkannten Wahrheit über Sein Haus und zum Zeugnis davon nötig ist.

F. Kpp.

 

 

Frage 21

In welcher chronologischen Ordnung der prophetischen Ereignisse geht das Gleichnis der zehn Jungfrauen (Matth. 25) in Erfüllung: bezieht es sich auf die Entrückung der Gemeinde oder auf Israel?

Antwort

Um zu einer gewissen biblischen Klarstellung dieses Gleichnisses durch den Beistand des HErrn zu kommen, wollen wir versuchen, auf drei Fragen uns Antwort Aus der Schrift zu erbitten.

1. Was haben uns die Gleichnisse vom Reich der Himmel zu vermitteln, und warum nennt sie der HErr so?

2. Welchen Platz nimmt das Gleichnis Matth. 25 in der prophetischen Offenbarung des HErrn auf dem Ölberge an Seine Jünger in Matth. 24 u. 25 ein?

3. Was hat es uns selbst zu sagen, und welchen Charakter trägt es?

Erst müssen wir auf die erste Frage etwas näher eingehen und feststellen, daß es nur im Evangelium Matthäus Gleichnisse vom Reiche der Himmel gibt. Ja, diesem Ausdruck „Reich der Himmel“ begegnen wir nirgends als nur in Matthäus, und zwar 32mal. Es sei denn, daß wir 2.

Tim. 4,18 dazunehmen, obwohl es dort nicht nur eine andere Prägung, sondern auch eine andere Bedeutung hat. Ferner ist es von großer Wichtigkeit, daß es zehn Gleichnisse des Reiches der Himmel sind und deren Ordnung Belehrungen über den Werdegang dieses Reiches in der jetzigen Form, der Abwesenheit des HErrn, zeigt.

In Matth. 13,24-52 haben wir sechs Gleichnisse des Reiches der Himmel. Das erste vom Säemann wird nicht so bezeichnet, weil es mehr die Tätigkeit des HErrn während Seines Erdenlebens vorstellt, wodurch das Reich gebildet wurde. Die Tätigkeit wird jetzt durch Seine Knechte fortgesetzt.

Nur beiläufig möchten wir erwähnen, daß jedes dieser Gleichnisse durch die jeweilige Zahl ihrer Reihenfolge und Ordnung im Worte Gottes gekennzeichnet ist. Daraus ersieht man die Zusammengehörigkeit dieser zehn Gleichnisse, wie auch ihre geistliche Bedeutung im Zusammenhang derselben besser erfaßt wird. Das erste ist gekennzeichnet durch Seinen Feind. Ein Feind: Satan. Das zweite ist gekennzeichnet besonders durch zwei Dinge: Weltgröße: Baum, und satanische Gäste: Vögel. Das dritte ist besonders durch die Zahl drei charakterisiert: 1. Sauerteig; 2. Weib; 3. Mehl; sodann noch: drei Maß Mehl. Kann dies zufällig sein? Wer sich die Mühe macht, wird dieses in all den anderen weiter verfolgen können. Darum im letzten und zehnten Gleichnis des Reiches der Himmel: zehn Jungfrauen.1

1

Wir konnten sämtliche zehn Gleichnisse so durchnehmen, doch möchten wir anderen auch Finderfreude gönnen, wie es uns ergangen ist, und überdies ist auch in einer Antwort Der Platz beschränkt. (D. Verf.)

Eine andere bedeutsame Linie ist, daß sämtliche Gleichnisse Heiden resp. Christen zum Haupt gegenstand haben. Damit kommen wir der Antwort Auf obige Fragen näher. Selbst im Gleichnis vom verborgenen

Schatz im Acker ist nach unserer Erkenntnis der Überrest der gläubigen Juden zu verstehen, der in der Gemeinde aufging, d. h. sie wurden Christen durch den Glauben an Christum und als solche vom Judentum getrennt. So auch im sechsten Gleichnis vom Netze ist das Meer in Frage, wie auch die Perle aus dem Meere gewonnen wird, worunter man doch immer das Völkermeer verstehen muß. Wir können natürlich nicht alle die Gleichnisse einzeln durchnehmen, doch müssen sie Berücksichtigung in der Auslegung eines derselben finden. Aber niemals haben sie die Juden als solche zum Allein gegenstand. Wenn dies der Fall ist wie im Gleichnis vom Weinberg, worunter Israel zu verstehen ist (Matth. 21,33-46), so nennt es der HErr wohl ein Gleichnis, nicht aber ein Gleichnis des Reiches der Himmel. Warum? Weil hier ausschließlich Israels Geschichte, Untreue und Verwerfung uns gezeigt wird, obwohl in Vers 43 auch ganz kurz auf die Christen Bezug genommen wird. Doch weil dies nur berührt wird und nicht entfaltet, wie es die Gleichnisse des Reiches der Himmel zum Gegenstande haben, wird es nicht so genannt. Wir sehen, wie genau darin Gottes Wort ist. In den drei Gleichnissen von Matth. 18,23-35; 20,1-16 und 22,2-14 werden wohl die Juden und ihre Geschichte kurz gestreift, aber der Haupt inhalt all dieser Gleichnisse ist die Heimsuchung der Heiden durch Gottes Gnade infolge des Unglaubens der Juden. Wichtig ist, daß in obigen Gleichnissen auch das Wort des Apostels Paulus Röm. 1,16b: „... dem Juden zuerst als auch dem Griechen“ berücksichtigt wird.

Da die Juden als solche nie den Gegenstand irgendeines Gleichnisses des Reiches der Himmel allein bilden, vielmehr nur zur Beleuchtung Seiner Wege herangezogen

werden, und nur genannt werden, um uns die Handlungen Gottes und Seine Wege verständlich zu machen, haben die Gleichnisse vom Reiche der Himmel vornehmlich die VerAntwortlichkeit und die Segnungen der Heiden bezw. Christen zum Gegenstande. Darum ist es ganz ausgeschlossen, in den zehn Jungfrauen Israeliten in der großen Drangsalszeit zu sehen, wie manche es auszulegen beliebt haben. Wir kommen später auf dieses Gleichnis noch näher zurück.

Die zweite Frage war, welchen Platz das Gleichnis von den zehn Jungfrauen in der zweiten Bergpredigt des HErrn einnimmt.

Wir Menschen sind immer geneigt, äußerst extrem in unserer Auffassung zu sein. Viele haben Matth. 24-25 nur auf die Juden bezogen; andere wiederum nur auf die Gemeinde. Wer hat nun recht? Nur die von dem Heiligen Geiste uns gegebene Einteilung dieses Schriftabschnittes muß uns maßgebend, und sie zu finden, unsere vornehmste Aufgabe sein. Wenn wir diesen Abschnitt sorgfältig und unter Gebet einige Male lesen, werden wir einige Entdeckungen machen, die uns Wegweiser sein dürfen zu einer prinzipiellen Auslegung, ohne daß wir daran denken könnten, eine erschöpfende Darlegung dieser wunderbaren Prophezeiung des HErrn zu geben.

Welches sind nun die charakteristischen Merkmale der verschiedenen Abschnitte dieser Partie des Wortes?

So wollen wir zu der uns verständlichen und, wie es uns scheint, von Gott gegebenen Dreiteilung kommen! Wir glauben, daß der HErr in Kap. 24,1-44 mehr die Endgeschichte Israels und die Befreiung desselben

behandelt. Ferner, daß Kap. 24,45 - 25,30 die VerAntwortlichkeit des christlichen Bekenntnisses zum Gegenstand hat. Und endlich in 25,31-46 sehen wir das Teil der Nationen im Tausendjährigen Reiche. Eine solche Dreiteilung der gesamten Menschheit haben wir in 1. Kor. 10,32. Manche mögen denken, die Teilung sei willkürlich. Doch ist es nicht so, wie wir sehen werden, wenn wir auf einige Einzelheiten eingehen, obwohl wir uns versagen müssen, es gründlich durchzunehmen. Wir sehen hier die Wege Gottes mit der gesamten Menschheit kurz beleuchtet:

1. Seine Wege mit Seinem irdischen Volke Israel - ein Volk, abgesondert von allen Völkern.

2. Seine Wege mit der Christenheit - herausgerufen aus allen Völkern.

3. Seine Wege mit den Nationen nach der Hinwegnahme der Gemeinde.

Der 1. Teil wird gekennzeichnet durch Bezugnahme auf das Alte Testament: Auf Personen wie Daniel, Noah; auf Bilder wie Feigenbaum: das nationale Israel; Arche: die Errettung Israels; der Christus: der zu erwartende Messias - darum auch falsche Christi, falsche Propheten, weil sie Ihn sichtbar auf Erden erwarten, wir aber gehen zu Ihm, wo Er ist; dann Orte: heiliger Ort - Tempel - Judäa - Land; jüdische Gebote: Sabbath. Ferner durch das, was dem Volke Israel besonders eigentümlich ist: Zeichen und Wunder; Himmelserscheinungen; große gewaltige astronomische Veränderungen; Blitz, Wolken, Himmelsrichtungen usw. Wir sehen die Umrahmung der Zukunft dieses irdischen Volkes Gottes mehr in

sichtbaren, äußeren, wahrnehmbaren Ereignissen. Da es das Volk der Zeichen und Wunder war, so ist es auch in diesem Abschnitt so gezeigt. Auch ist es eine merkwürdige Entdeckung beim genauen Lesen der Schrift, daß nach geschichtlicher Tatsache nur Juden ausnahmslos Wundertäter im göttlichen Sinne gewesen sind. Selbst im Neuen Testament finden wir nie den geschichtlichen Bericht, daß ein Christ, der ehedem Heide war, ein Wunder gewirkt hätte. Wir möchten nicht leugnen, daß wohl auch Heidenchristen Wunder gewirkt haben, weil sie Wundergaben hatten, doch berichtet wird es uns nie, sondern nur von Judenchristen. Dies nur zur Feststellung! Jannes und Jambres vollbrachten Lügenwunder und hatten keinen göttlichen Auftrag. (2. Tim. 3,8.) Wer sehen will, muß zugeben, daß der 1. Teil durchweg mit der Geschichte Israels verbunden ist. Ihn auf die Gemeinde anzuwenden wäre Torheit und willkürliche Auslegung der Schrift.

2. Teil: Wie der 1. Teil mehr äußere und sichtbare Geschehnisse schildert, so der 2. Teil mehr sittliche, geistliche Zustände inmitten der Christenheit und der 3. Teil scheidende und ewig bestimmende Urteile.

In diesem - dem 2.- Teile wird nie auf das Alte Testament Bezug genommen; nie auf äußere Dinge. Hier fällt alles weg, was vorher genannt wird. Selbst die Selbstbezeichnung des HErrn: „Sohn des Menschen“, welche sechsmal im 1. Teile und einmal im 3. Teile vorkommt, fällt hier vollständig weg. An ihre Stelle tritt die Bezeichnung „Herr“ und für die Personen, auf welche der Abschnitt sich bezieht, „Knecht“, wie im 1. Teil „Sohn des Menschen“ und die „Auserwählten“. „Herr“ wird in Kap.

24-25 außerhalb des 2. Teiles, wo es 13mal vorkommt, nur dreimal gebraucht: 24,42; 25,37.44. Und „Knecht“ wird in diesem Abschnitt nur im 2. Teil elfmal angewendet. Wir sehen, daß es sich um persönliche VerAntwortlichkeit im Christentum handelt: 24,45-51: Dienst im Hause; 25,1-13: persönliche Erwartung des Bräutigams; 25,14-30: Dienst am Evangelium außerhalb des Hauses. In der Mitte ist das letzte Gleichnis des Reiches der Himmel, die Erwartung des Bräutigams, die uns zum Dienst im Hause und zur Verkündigung des Evangeliums außerhalb des Hauses besonders befähigt. Das Kommen des HErrn ist der beherrschende Gegenstand dieser drei Gleichnisse, doch die Zuneigung zu Ihm, welche im Dienst für Ihn maßgebend ist, wird uns besonders im Gleichnis von den zehn Jungfrauen vorgestellt.

3. Teil: Von V. 1-13 (Kap. 25) ist Er der Bräutigam, V. 14-30 der HErr, aber V. 31-46 - im 3. Teil - der König. Der 3. Teil ist besonders gekennzeichnet im unterscheidenden Sinne von den zwei ersten Teilen durch Schafe, Böcke, Gerichte, Brüder und Geringste - alles Bezeichnungen, die wir nicht weiter behandeln können, so wertvoll es auch wäre. Hier finden wir das Urteil des Königs über solche Völker, die sich Seiner Brüder, der verfolgten gläubigen Juden in der großen Drangsalszeit, nicht angenommen haben, in Wirklichkeit also den kommenden König und Erretter ablehnten. Hier kommt nun nochmals die Selbstbezeichnung Christi: „Sohn des Menschen“ vor.

Wir finden nirgends im Neuen Testament, daß die Gemeinde in besondere Beziehungen zu Ihm als „Sohn des Menschen“ gebracht worden wäre. Obwohl wir Ihn in

dieser Seiner Herrlichkeit kennen, ist doch die Gemeinde so innig mit Ihm verbunden, daß Er Sich nie so bezeichnet in Beziehung zu ihr. Darum finden wir diese Bezeichnung außerhalb der Evangelien nur noch viermal im Neuen Testament: Apgesch. 7,56; Hebr. 2,6; Offenb. 1,13; 14,14. Dieser Titel Seiner Person hat mehr zu tun mit Gericht und Seinen Beziehungen zur gesamten Menschheit wie auch den Segnungen derselben, nachdem die Erde durch Seine Gerichte gereinigt ist.

Noch vieles könnte über die Dreiteilung dieser zwei Kapitel geschrieben werden, doch wollen wir es mit diesem genügen lassen, den HErrn bittend, daß Er jedem von uns Erleuchtung des Herzens geben möge, um Seine Gedanken zu erkennen.

Nun noch kurz eine kleine Antwort Auf die 3. Frage, über das Gleichnis der zehn Jungfrauen selbst.

Dieses Gleichnis kann sich unmöglich auf die Juden der großen Drangsalszeit beziehen aus folgenden Gründen: Weil die Juden in der großen Drangsalszeit 1. doch noch nicht den Heiligen Geist haben, der unter dem Bilde des Öles uns hier gezeigt wird. Er wird erst nach der Erscheinung des HErrn ausgegossen (Joel 2,27-29).

2. Es ist unmöglich, daß der gläubige Überrest in der großen Drangsalszeit geistlich mit den Ungläubigen einschlafen kann, d. h. sich der Welt gleichstellen. Dies ist darum ganz ausgeschlossen, weil sie so verfolgt werden von der Welt, daß dies niemals Tatsache werden kann.

3. Vers 6: „Gehet aus, Ihm entgegen!“ kann sich niemals

auf die gläubigen Juden in der Drangsalszeit beziehen, da Christus zu ihnen kommt, auf die Erde. Sie verlassen auch geistlich nicht ihre Stellung als Juden, die auf den Messias warten. Doch alle Christen, ob Jude oder Heide, sind aus ihren alten religiösen Verbindungen herausgegangen, haben sie gelöst und gehen „zu Ihm hinaus“, „außerhalb des Lagers“. Und bei Seinem Kommen gehen wir „Ihm entgegen“.

4. Auch die Zahl „zehn Jungfrauen“ dürfte gegen die jüdische Auffassung sein, da zwölf die beherrschende Zahl des Volkes Israel ist.

5. Wenn manche gesagt haben, Matthäus, wo wir nur dieses Gleichnis finden, sei jüdisch und könne darum keine Anwendung auf die Christenheit haben, verweisen wir auf das über die zehn Gleichnisse Gesagte. Ich frage nur, wo sind denn die Zeichen und Wunder, die Sein Kommen für Israel begleiten? Kein Wort wird hier von solchen erwähnt.

6. Auch wird oft entgegnet, daß es dieselben Personen seien und darum das Gleichnis nur auf eine kurze Zeit, z. B. wie die Drangsalszeit des gläubigen Überrestes, Anwendung finden könne. Dem sei entgegnet, daß dies im Worte Gottes stets so dargestellt wird. Alle christlichen Gemeinden dürfen auf das Kommen des HErrn warten, weil das Leben im Lichte Seines Kommens uns vor Sünde bewahrt, und es ist normal, daß wir in unseren Herzen aus Liebe zu Ihm alle Zeit unseres Lebens auf Ihn warten! Der HErr will es so, darum sind es dieselben Knechte bei Seinem Weggange und Seiner Wiederkehr. Möge dies genügen!

Warum bildet dieses Gleichnis den Schluß der zehn Gleichnisse? Weil uns hier die Hauptsache gezeigt wird: Öl in den Gefäßen, d. h. das Herz erfüllt mit Heiligem Geiste, und Liebe zu dem Bräutigam. Darauf kommt es letzten Endes an. Geistliche, hingebende, liebende und wartende Menschen; „Jungfrauen“. Die Bekenner werden erprobt und geoffenbart durch Sein Kommen. Dies ist der Gedanke hier. Die persönliche VerAntwortlichkeit und Erwartung. Die Gesamtzahl als „Braut“ hier hineinzubringen ist ganz falsch!

So haben wir zugleich ein prophetisches Gleichnis von der Zeit der Ausgießung des Heiligen Geistes bis zu Seiner Wiederkunft für uns: 25,1-4 haben wir das apostolische Zeitalter; V. 5 das dunkle Mittelalter, wo fast alles den geistlichen Schlaf schlief. Dies geht zurück auf das erste Gleichnis vom Reiche der Himmel (13,25). Hier haben wir die großen Zusammenhänge: Scheinweizen und törichte Jungfrauen; dort wie hier am Ende Scheidung. Wir finden den Kreis geschlossen. V. 6 das letzte Jahrhundert, wo der Mitternachtsschrei Seines Kommens in alle Welt hinausgerufen wurde durch gewaltige Geistesbewegungen; V. 7-9 die heutige Zeit des Offenbarwerdens der bloßen Bekenner und wahrer Kinder Gottes; V. 10 Sein Kommen.

Ja, Sein Kommen steht bevor. Es ist das nächste, was sich erfüllen wird. Er gebe uns Gnade, zu warten auf Ihn, um bald bei Ihm zu sein und Ihn zu sehen, wie Er ist! Amen.

K. O. St.

Frage 22

Wie ist das „denn auch ...“ des Nachsatzes im Hebr. 13,22 zu erklären?

Antwort

Die Stelle lautet nach der Elberfelder Übersetzung: „Ich bitte euch aber, Brüder, ertraget das Wort der Ermahnung; denn ich habe euch auch mit kurzen (Worten) geschrieben“. In der Luther-Übersetzung fehlt das Wörtchen „auch“, dadurch wird aber das innere Verständnis der Stelle anscheinend noch mehr erschwert. Dagegen setzt die Wiese-Übersetzung vor „auch“ das Wörtchen „ja“, und das entspricht m. E. dem Grundtext am besten, wenngleich Wiese das „denn“ fallen läßt; man kann es jedoch auch stehen lassen. Dieser Ausdruck „denn ja auch“ kommt noch mehrfach in der Schrift vor, darunter in Hebr. 4,2 (vgl. Apgesch. 19,40 und Luk. 7,8). Diese Übersetzung macht, meine ich, die Stelle klarer in dem Sinne, daß der Briefschreiber auf das Ertragen seiner Ermahnung seitens der Hebräer rechnen zu können hofft (wenigstens darum bittet), weil er ihnen ja nur kurz geschrieben habe.

Wenn wir somit die Stelle äußerlich verstehen, so bleibt (nur) noch die große innere Schwierigkeit, wie es möglich war, daß der Apostel den Briefempfängern jenen Vorwurf machen mußte, wegen dessen er sich mit dem Nachsatz entschuldigen zu müssen glaubt. Sehen wir uns die Stelle daraufhin noch einmal genauer an!

Das inspirierte („gotteingehauchte“) Wort gibt dieser Bitte des Schreibers eine fast ängstlich-vorsichtige Fassung; er sagt: „ich bitte euch, ertraget das Wort der Ermahnung“

oder „nehmet es freundlich auf“ - ich vermute, es fällt euch schwer, aber bitte! - „ich habe euch ja auch nur wenig geschrieben“ - ich habe mich zusammengenommen, wie gern hätte ich über diesen köstlichen Gegenstand viel mehr geschrieben, aber für euch ist der Brief vielleicht schon viel zu lang (ist er doch ohnehin einer der längsten!), schriebe ich noch mehr, so wie es mir ums Herz ist, so würdet ihr den Brief vielleicht nicht einmal ordentlich lesen!

Dies ist, wie gesagt, eine gewisse innere Schwierigkeit, wenn uns die äußere des einfachen Verstehens der Stelle auch behoben sein mag. Man könnte fragen: Muß der oder ein Apostel sich verteidigen gegen seine Leser? Ist das nicht eine zu weitgehende Rücksichtnahme auf die „urteilslose Masse“? Macht er sich nicht abhängig von ihrer Gunst oder ihrem Mißfallen? Solche Fragen können einem nur kommen, wenn man das Wesen des inspirierten Wortes nicht versteht. Dieses hebt nie die Persönlichkeit weder des Schreibers noch der Leser auf, mit anderen Worten: die persönliche Eigenart des gotthingegebenen Schreibers sowohl wie auch die körperlichen und sittlichen Eigenschaften der Leser werden nicht nur nicht vergewaltigt (wie es oft durch sinnlose Befehle einseitig herrschender Menschen oder Institutionen geschieht!), sondern vielmehr weitgehends berücksichtigt, ja gepflegt, geistlich geadelt und oft zum Ausgangspunkt mancher Ermahnungen, Belehrungen und Warnungen gemacht. Gott begegnet dem Menschen stets da, wo er sich befindet (darum kam Er in der Person des Sohnes auch auf die Erde, wo wir waren!), und Seine heiligen Schreiber wurden stets geistlich autorisiert, d. h. bevollmächtigt und befähigt, in der ihnen selbst eigentümlichen Weise und

Weisheit den Menschen mit gotteingegehenem Wort gerade da zu dienen, wo und wie diese es in jedem Augenblick brauchten. Daher finden wir so viele persönliche Rücksichtnahmen vor allem in den Briefen des Paulus. Dahin gehört z. B. 2. Kor. 11,1, wo auch das Wort „ertragen“ (= „freundlich aufnehmen“ oder „billig annehmen“ wie in Apgesch. 19,40!!) im Grundtext steht. Dies Wort von der „Torheit des Apostels“, welche jene freundlicherweise ertragen möchten, gehört ebenso zum „gotteingehauchten“ Wort (2. Tim. 3,16) wie diese Hebräerstelle. Das sind Beispiele davon, wie die persönlichen Beziehungen im Worte nicht nur nicht schweigen, sondern unter Umständen laut reden. Viele andere Beispiele lassen sich leicht finden!

Das ist die eine persönliche, individuelle Seite, die des Schreibers, und der entspricht die der Leser; so wolle man, bitte, was obige Stelle aus 2. Kor. 11 betrifft, vergleichen, was im gleichen Kapitel 11 in Vers 19 und 20 steht (auch hier übrigens wieder das gleiche Wort „ertragen“!!)! Ist das nicht sehr bemerkenswert?!

Ehe ich nun einen kleinen ähnlichen Hinweis bezüglich unserer Hebräerstelle mache, gebe ich noch eins zu bedenken: Diese persönlichen Rücksichtnahmen auf den jeweiligen Zustand setzte der heilige Schreiber nicht an den Anfang seines Briefes! Er „parlamentierte“ nicht mit seinen Lesern zu Anfang seines Schreibens und stellte ihnen anheim, ob sie es lesen möchten oder nicht - nein, sondern der Anfang jedes Briefes der Apostel und des Hebräerbriefes mit seinem gänzlich von anderen verschiedenen Eingang nicht minder zeigt, daß die „heiligen Männer“ in göttlicher Autorität

(Bevollmächtigung) schrieben, der man sich nur entweder voll unterwerfen oder die man gänzlich verwerfen mußte (vgl. 2,1-4!). Und Ähnliches können wir vielleicht in anderen Briefen wahrnehmen.

Und nun noch einmal zu unserer Stelle! Dieses eigentlich schmerzliche Wort, welches zeigt, daß der Apostel sich nicht unbedingt ihrer freundlichen Aufnahme seines Briefes gewiß sein kann, weist zurück auf Hebr. 5,11 (11-14), ein Wort, das einen so schweren Tadel enthält, daß es verständlich scheint, wenn der Apostel eine gewisse Ablehnung seines Schreibens fürchtet oder wenigstens für möglich hält, „Im Hören träge geworden“ waren sie! Wie traurig! Im Hören träge geworden! Schon im Hören! Wie mochte dann erst ihr Handeln, ihr Wandeln sein? Freilich, bei solchen Gläubigen konnte man fürchten, daß sie sich nicht gern etwas sagen ließen (vgl. Israel in der Wüste!), nicht einmal von jemand, der sich solche Mühe mit ihnen gab, wie der Schreiber jenes köstlichen Hebräerbriefes! Die gleichen Leser wurden ermahnt, einander zu ermuntern, solange es „Heute“ heißt (3,13), und ebenso mußten sie gewarnt werden vor dem Versäumen ihrer Zusammenkünfte, was bei etlichen schon Sitte geworden sei (10,25) usw. Ja, wenn man „im Hören träge“ ist, so sind solche Ermahnungen wohl verständlich, da ist dann schließlich eine letzte herzliche Bitte um günstige Aufnahme eines Briefes wohl am Platze, eines Briefes, in dem in gedrängter Kürze freilich nur - wie gern hätte der Apostel mehr geschrieben! - die kostbarsten Belehrungen über die Herrlichkeit des in Christo den Gläubigen zuteil Gewordenen gegeben sind. Wer „im Hören träge“ geworden ist, der hat „ starke Speise“ nicht mehr gern,

dem ist die sanfte „Milch“, die „die Unmündigen“ bekommen, lieber (5,12.13!). Wer „im Hören träge“ wird, der wird nie zum Erwachsensein gelangen (5,14!).

Geschwister, wie ist es heute? Paßt nicht manches von dem Gesagten in unsere heutigen christlichen Kreise hinein?! Ist nicht manchem selbst älteren Gläubigen heute ein kleines christliches Geschichtchen oder ein Kalenderzettelchen (so gut alles an seinem Platze ist) lieber als das ernste systematische Forschen in der Schrift? Hat nicht mancher geradezu Angst vor der „Lehre“? Angst vor den Belehrungen, mit denen die Heilige Schrift angefüllt ist? Ist nicht mancher so „träge geworden im Hören“, daß er am liebsten nur dann in die christlichen Versammlungen geht, wenn ein auswärtiger Redner das Evangelium für Ungläubige verkündigt? Natürlich sollen die Gläubigen dabei nicht etwa fehlen, aber hat ein Gläubiger das Recht, überhaupt in irgendwelchen christlichen Versammlungen der Gemeinde Gottes zu fehlen, außer in ganz bestimmten von Gott herbeigeführten Fällen von Krankheit u. a.? Wie kann der HErr Sein Volk segnen, wenn es nur „Zuckerbrot“ zu sich nimmt, nicht „feste Speise“, und wenn die, welche sie am nötigsten brauchen, einfach nicht unter das sie richtende, reinigende Wort gehen? Dorthin gehören wir, in lieblicher Eintracht mit den übrigen Geliebten des HErrn verbunden - da ist Segen verheißen! (Ps. 133.) Freilich, wer „im Hören träge“ geworden ist, der hat es auch nicht gerne, wenn er ermahnt wird! Geht es dir vielleicht augenblicklich so, lieber Leser? O, dann werde wieder munter und wacker und „ertrage“, ja, nimm freundlich auf das „kurze“ Wort der Ermahnung des herrlichen Hebräerbriefes, besonders auch des 13. Kapitels! Ja, lassen wir auch die Belehrungen

dieses Blattes wie auch die kleine liebevolle Ermahnung dieser Antwort An unser Herz gelangen, auf daß wir daraus lernen, wie Gläubige sich nicht verhalten sollen, vielmehr wie sie trachten sollten, in Wahrheit zu leben von jedem Wort, „das durch den Mund Gottes ausgeht“! (Matth. 4,4.) Der HErr schenke uns allen Gnade dazu, Sein Wort gerne zu hören, anzunehmen, zu bewahren und zu tun! (Ps. 119; 1. Thess. 2,13 u. a.; Jak. 1,22 u. a.)

F. K.

„Nach vielen Tagen ...“

Pred. 11,1.

„Wirf dein Brot hin auf die Fläche des Wassers, denn nach vielen Tagen wirst du es finden!“

Durch dieses schöne Verheißungswort sind wohl schon manche Gläubige ermuntert worden zum Geben, etwa sowohl was äußere irdische Gaben anbelangt, als auch was das Ausstreuen des teuren Wortes Gottes betrifft, z. B. in der Bibel- und Blätterverbreitung oder in der Verkündigung des Evangeliums. Ja, wie oft geschieht dies wie jenes oder auch das Hingeben irdischer Güter, ohne daß schnell sichtbare Frucht die gesegnete Folge ist! Aber einst, „nach vielen Tagen“, werden wir „ernten, wenn wir nicht ermatten“ - worin? „im Gutestun“ (Gal. 6,9; beachte V. 10!).

Aber wenn dies auch die wohl allgemein bekannte und bewährte Auslegung obiger Schriftstelle ist - haben wir auch einmal daran gedacht, daß dies Wort eine viel tiefere

dürfen auf unsern Gott und Vater und Seinen geliebten Sohn? In dieser Hinsicht wurde es mir vor nicht langer Zeit innerlich ganz plötzlich neu geschenkt und köstlich, und da die Christenheit in den Wintertagen der sogenannten „Weihnacht“ besonders an die Liebe Gottes in der Sendung Seines geliebten Sohnes gemahnt wird, so möchte ich einige Worte darüber hier niederlegen mit der Bitte an den HErrn, daß Er dieselben den Seinen zur Erquickung dienen lassen wolle.

Er, unser Gott und Vater, warf Sein Brot hin auf die Fläche des Wassers!

Wir sehen die ganze Anschaulichkeit des Bildes: Brot, auf's Wasser geworfen, ist in kurzem zerweicht, löst sich auf, verschwindet und ist nicht mehr zu finden. Soll es nach langem Harren etwa wiedergefunden werden, dies wertvolle Gut, so muß schon eine Wunderkraft dazwischen treten! Wir können uns vorstellen, wie einer traurigen Herzens dasteht und sein ausgestreutes Brot zergehen sieht; wie er bedauert, daß es nicht einmal von den Fischen als willkommene Beute erhascht worden ist.

Nun sieh dir die Liebestat unseres Gottes und Vaters an! Sein Brot, „das Brot vom Himmel“, „gab Er ihnen zu essen“ - vorbildlich einst in der Wüste durch die Hand Moses (Joh. 6,31; vgl. Nehem. 9,15!), und wo blieb es? Es war gleichsam auf die Fläche des Wassers geworfen und - verbraucht, ungenützt, unverwertet, ungeschützt, und doch - einst wird Gott in Seinem eigenen erneuerten Volke wiederfinden, was Er zuvor scheinbar vergeblich in Gnaden an dasselbe gewandt hat! Wenn es Ihn auch oftmals geschmerzt und erbittert hat, dies Volk zu Seinem Volke erkoren zu haben (vgl. 5. Mose 32 und anderswo,

bes. im 4. Buche Mose!), so wird dieses dereinst doch zum Lobe Seiner herrlichen Gnade dienen, wenn Röm. 11,26-29 erfüllt wird.

Das ist, wie gesagt, ein Vorbild, und wie kostbar ist schon dieses! Aber in wieviel herrlicherem Maße hat Er Sein Brot auf die Fläche des Wassers hingeworfen, als Er Ihn - „das wahrhaftige Brot vom Himmel“ (Joh. 6,32.33.48.51) (vgl. Jahrb. 6, S. 13!) gab, Seinen geliebten Sohn, den Er als Ausdruck Seiner Liebe zu einer verlorenen Menschheit herniedersandte (Joh. 3,16) geradeswegs auf das Wasser des Völkermeeres, um diesem dadurch einen unberechenbaren Segen zuteil werden zu lassen, umso unberechenbarer, als man „mit bloßem Auge“ dieses wahren Brotes Wirken nicht sehen kann: es geht unter in dem Wasser! Aber es ist dennoch da, Er hat es gegeben, und „nach vielen Tagen“ werden die Segnungen gefunden. Unerhörte Segnungen, wie sie nur das lebendige Brot wirken kann: Leben aus dem Tode! Wie das Weizenkorn vergehen muß im Tode, um Leben zu wirken (Joh. 12,24), so muß das Brot vergehen, unbeobachtet gleichsam dahinschwinden und dennoch, „nach vielen Tagen“ wird es gefunden von Dem, Der es einst dahingab. Das wird dann sein, wenn der Christus in Herrlichkeit erscheinen wird in der Mitte Seiner Erlösten, die Er verherrlicht dem Vater darstellen wird (Jud. 24 u. a.). Dann wird Er dem Vater die Kinder als „die Frucht der Mühsal Seiner Seele“ (Jes. 53,11) vorstellen: „Siehe, Ich und die Kinder, die Mir Gott gegeben hat!“ (Hebr. 2,13), und der Vater wird Sich freuen an dem, was das einst auf die Fläche des Wassers geworfene Brot gewirkt hat an Leben aus dem Tode!

Staunen und Anbetung wird unsere Herzen erfüllen, die

wir als Gegenstände der Liebe Gottes in Christo Jesu, dem wahrhaftigen Brote, „in der prachtvollen Herrlichkeit“ unser Erbteil mit Ihm empfangen! Er aber, unser Gott und Vater, genießt dann die Freude an denen, die durch das einst auf's Wasser geworfene Brot geworben und gewonnen sind. Wie wird das sein!

Aber noch eine Bedeutung sehe ich in jenem Wort! Einst gab Gott Seinen geliebten Sohn, Sein Brot, „das Brot Gottes“, mitten aufs Wasser der sündenzerpeitschten Menschenwelt, und sofort hat diese versucht, das Brot zu verderben, zu vernichten, zu zerstören. Es tauchte unter in den Wogen, als Er, unser teurer HErr, als Kindlein in der Krippe (Luk. 2,7) lag, unbekannt, unerkannt von der Völkerwelt; nur wenige Auserwählte nährten sich von diesem lebendigen Brot, doch „der Geber dieser guten, vollkommenen Gabe“ mußte gleichsam trauernd zusehen, wie mißachtet Sein Brot in der Welt war und wie es verworfen ward von denen, die zu erquicken, zu beleben es gekommen, es gegeben war! Aber im Sich-Opfern lag der Sieg, lag das Leben! Als „dies Brot vom Himmel“ die tiefste Erniedrigung durchmachte, da war die herrliche Aussicht, es bald wiederzufinden, für den Vater nicht mehr fern! Bald durfte Er Ihn „begrüßen“, nachdem Er „für alle, die Ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heiles geworden war“ (Hebr. 5,9.10). Wie herrlich!

Aber es waren doch „viele Tage“! Über 33 Jahre mußte Gott zusehen, wie der Sohn täglich verzehrt ward von dem schweren Dienst auf den Wegen „in großen Wassern“ (Ps. 77,19); über 33 Jahre mußte Er es ertragen, Ihn „sich entäußern“, „zu Nichts machen“ und „leiden zu lassen“ seitens der Menschen, und schließlich ließ Er Selber die

tiefsten Proben des Gerichts über Ihn, den „Sohn Seiner Liebe“, kommen, und zwar am Kreuz, am Holz des Fluches! Da ward das kostbare Brot so gut wie völlig „verzehrt“, als der Heiland Seinen Leib dahingab in das Todesleiden und das heilige Gericht! Aber wie zu allem anderen auch noch Ps. 42,7 (vgl. 69,2 u. a.) an Ihm erfüllt war: „Tiefe ruft der Tiefe beim Brausen Deiner Wasserströme, alle Deine Wogen und Wellen sind über Mich hingegangen“- da rückte der glückselige Tag der Wiedervereinigung mit dem Vater für den Sohn herbei, hatten doch auch die tiefsten Prüfungen nur die Unzerstörbarkeit dieses „Brotes vom Himmel“ erweisen können. Da fand Er, der Vater, Ihn wieder, den Er einst als Kindlein mitten in die „feindliche Welt“ gegeben hatte. „Nach vielen Tagen“ - schwer waren diese Tage, schwer für den Sohn, schwer für den Vater - ich rede menschlich; aber möge keiner denken, daß das Erlösungswerk Spielerei für den Vater und den Sohn gewesen sei! Wenn je auf Erden ein Vater seinen abwesenden und leidenden Sohn geliebt und entbehrt hat, so deshalb, weil der ewige Gott bereit war, dieses Urverhältnis der Liebe zwischen Vater und Sohn Selbst den Menschen hienieden vor Augen zu führen in Seiner uns geoffenbarten Liebe zu Seinem Sohn, und Er hat es getan, Er hat schwerer daran zu tragen gehabt, als sündige Menschen sich vorstellen können; wir, die wir Ihm und dem Sohn „zu schaffen gemacht haben mit unseren Sünden“ (Jes. 43,24b)! Ja, die vielen Tage waren schwer und - menschlich gesprochen - das Warten entbehrungsreich, wenn Er Seinen Sohn auch innerlich nie „allein ließ“ (Joh. 8,29), aber sie wurden abgelöst durch die Freude, die einst hindurchklang durch die Worte unseres teuren HErrn: „Ich bin von dem Vater

ausgegangen und in die Welt gekommen, wiederum verlasse Ich die Welt und gehe zum Vater“ (Joh. 16,28; vgl. Joh. 17,11!). Hierfür hoffte Er bei den Seinen Mitgefühl zu finden (vgl. Joh. 14,28) - doch vergeblich, ihre Herzen waren zu sehr mit Traurigkeit erfüllt (Joh. 16,5.6); aber heute verstehen wir durch den „Geist der Wahrheit“, der in allem den Sohn verherrlicht (Joh. 16,12-15), diese göttlichen Dinge (1. Kor. 2,12), verstehen in etwa auch Seine damals noch „vor Ihm liegende Freude“ (Hebr. 12,2) und freuen uns mit Ihm und auch darauf, Seine Freude bald mit Ihm teilen zu dürfen.

O, was muß es für Seinen Gott und Vater einst gewesen sein, als Er Sein Brot hinwarf „auf die Fläche des Wassers“ und als für dasselbe, ja für Ihn, Seinen geliebten Sohn, „kein Raum in der Herberge“ zu finden war! (Luk. 2,7.) Was müssen für Ihn, den Vater, die vielen Tage des ausharrenden Wartens gewesen sein, was auch für Ihn, „das Brot des Lebens“ Selbst. Und was muß es für den Vater gewesen sein und noch sein, als Er Sein Brot fand nach vielen Tagen, als der Sohn droben als Sieger einzog, nachdem Er hienieden sich verzehrt und geopfert hatte im Dienst in dem brausenden Völkermeere! O, Dank sei Ihm, daß Er uns vergönnt, das „Wunder ohne Gleichen“ zu schauen, wie Er Sein Brot aufs Wasser warf (Matth. 1; Luk. 2!), und zu betrachten, zu bestaunen, wie Er Selber die herrlichste Erfüllung gibt (und uns vor Augen stellt) von Pred. 11,1!

Gepriesen und im Geist angebetet sei unser Gott und Vater und Sein geliebter Sohn, unser HErr und Heiland, Jesus Christus, „das Brot Gottes“!

F. K.

„Gesetzt zum Fall und Aufstehen.“

(Luk. 2,34.)

Der Lobpreis Gottes aus Simeons Mund erfüllt Joseph und Maria mit Verwunderung. Was aber mußte Marias Herz empfinden, als Simeon, indem er sie segnete, die Leiden Christi berührte. Er ging in der Freudenzeit der Geburt Jesu nicht an der Verwerfung und den Leiden Christi vorüber. Er sagte ihr, daß Jesus zum Fall und Aufstehen zu einer Entscheidung vor das Angesicht des Menschengeschlechts gesetzt werden würde.

Warum hören wir so selten, daß die Weihnachtszeit Entscheidungszeit für Menschen wurde? Ist es nicht, weil allgemein in der Weihnachtszeit die Seelen so wenig auf eine solche Entscheidung für den HErrn und Heiland hingewiesen werden und man sich vielmehr mit seelischen Affekten begnügt? Man geht an den Tiefen des Heilsplans vorüber, und das tiefe Erfaßtwerden von der Botschaft Gottes, wie wir es bei Joseph und Maria sehen, wird deshalb nicht bewirkt. Es kommt nicht zu einem sich-persönlich-an-den-HErrn-Wenden.

„Dieser ist gesetzt zu einem Fall und Aufstehen.“ Es liegt in keines Menschen Macht, an dem Heiland Jesus Christus urteilslos, ohne einen bestimmten Eindruck von Ihm empfangen zu haben, vorüberzugehen. Wie der Magnet das Eisen, so ziehen auch die Gnadenstrahlen Jesu die Seelen der Menschen an sich, und darum sollte auch die Weihnachtszeit nicht mit Reden ausgefüllt werden, in denen das absolute Evangelium fehlt.

Welch ernste Predigt ist es, daß an Ihm die einen fallen, um nie wieder aufzustehen, und die anderen aufstehen, um nie wieder in Not und Tod dahinzufallen! Die Predigt in der Weihnachtszeit muß „unseren Fall“ behandeln, muß nachweisen, daß wir in Adam alle gefallen, daß aber die Folgen dieses Falles durch Gottes Liebe abwendbar sind, wenn es zu einer Entscheidung für den Heiland Jesus kommt, d. h., wenn wir uns Ihm hingeben und durch den Glauben Sein von Ihm mit Seinem Blute rechtmäßig erkauftes Eigentum werden. Christus ist uns gesetzt, damit wir uns von diesem Fall durch das, was Er auf Golgatha zu unserer Erlösung vollbracht, zur vollen Freiheit der Kinder Gottes erheben können. Laßt es uns mit Ernst bezeugen, daß den, der an dem Fall Adams in Seinen Folgen noch nicht genug hat, um auch noch auf den Eckstein Christus zu fallen, niemand wieder aufheben kann. Er lehnt die einzige Hilfe ab, die es für ihn noch geben konnte und die ein göttliches Erbarmen vergeblich anbot.

Kein wahrer Christ und Zeuge des Evangeliums kann an dem Ernst der Tatsache vorübergehen, daß unsere Mitmenschen und auch unsere Lieben verloren sind, wenn sie in der Gnadenzeit an dem Felsen aller Hoffnung „Christus“ sich nicht aufrichten. Dies sollte uns mit heiligem Eifer erfüllen, den Namen des HErrn zu bekennen und zu bezeugen, daß Seine Person zum Fall und Aufstehen vieler gesetzt ist, um die Entscheidung bei den Menschen für Zeit und Ewigkeit auszulösen.

Laßt uns auch nicht Anlaß zu einer falschen Vorstellung von der Nachfolge Jesu geben. Christ sein heißt, mit Ihm den Widerspruch einer gerichtsreifen Welt zu erdulden und

das Schwert nicht zu scheuen, welches selbst einer Maria durch das Herz dringen mußte nach Gottes heiligem Willen.

Zur Weihnachtszeit machen die Menschen gewissermaßen Halt vor Christus und gleichen einem Strom, der sich an Christus bricht und zweiteilig weiterfließt. Und gerade deshalb ist es in dieser Zeit unsere heilige Pflicht, den Menschen Christus zur Entscheidung vor die Seele zu stellen. Ist es möglich, die herrliche Errettung des HErrn erfahren zu haben und dann zu schweigen? Ob Leiden oder Freuden, Vorteil oder Nachteil, Lob- oder Scheltwort unser Teil sein mögen, wir müssen bekennen; man kann nicht leben ohne Odem, man ist nicht Christ, ohne daß man Ihn bekennt! Man kann den Odem nicht zurückhalten, wenn er da ist, ihn nicht in der Brust verschließen. So unmöglich ist es auch, innerlich leben und loben und äußerlich leblos sein und schweigen zu wollen.

Um den HErrn zu bekennen hängt viel davon ab, wie wir uns an Ihm emporrichten. Was vermögen wir? Nur in Seiner Kraft, gestützt von Seinem Arme können wir dieses tun. Und nur in der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus vermögen wir in dieser so ernsten Zeit mit Ihm und für Ihn zu leiden. Auch zum Leiden sind wir nur befähigt, wenn wir an Ihm aufstehen, wie Maria es konnte. Wie still ertrug sie den Schwertstich! Auch sie lernte, daß in dem Tragen der Leiden ein Segen liegt. Und ein nach Gottes Willen getragenes Leid macht uns die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne um so köstlicher.

So ist die Weihnachtszeit so recht dazu angetan, uns von den vergänglichen Dingen dieser Zeit abzuziehen und die Liebe Gottes und das Wort des HErrn in unseren Seelen

lebendig wirken zu lassen.

E. v. d. K., H.

Besitzergreifung.

(Gedanken zur Jahreswende.)

„... das Land in Besitz zu nehmen, das Jehova, euer Gott, euch gibt, es zu besitzen.“ (Jos. 1,11.)

Jehova sagte zu Josua: „Jeden Ort, auf den eure Fußsohle treten wird, euch habe Ich ihn gegeben.“ (Jos. 1,3.) Auch uns hat Gott ein köstliches Erbteil gegeben, Segnungen in den himmlischen Örtern, und an uns liegt es, diese in Besitz zu nehmen. Israel nahm das Land nie ganz in Besitz. Und wie steht es mit uns? Setzen wir unsere Fußsohle auf das Land, welches Gott uns gegeben hat, „es zu besitzen“? Vielen Kindern Gottes sind die Segnungen, die Gott uns geschenkt hat, gar nicht bekannt. Können wir uns da wundern, daß Kinder Gottes oft so wenig Verständnis und Freude an den Segnungen haben, die Gott uns bereitet hat? Liest du das Wort? Forschest du in der Schrift? Sie ist es, die von Ihm zeugt. Ihr Inhalt ist Christus, und alle unsere Segnungen sind in Ihm. Wie kannst du die Dinge, die dir von Gott geschenkt worden sind, genießen und dich ihrer erfreuen, wenn du sie nicht kennst?

Als Josua das Volk Israel in das Land führen sollte, um es in Besitz zu nehmen, da mußte es in Gilgal Station machen. Die Schmach Ägyptens mußte zuerst von ihnen abgewälzt werden. Sie konnten nicht unbeschnitten, nicht mit der Schmach Ägyptens - mit den Dingen, die die Welt

kennzeichnen - das Land in Besitz nehmen. Gilgal war der Platz des Selbstgerichtes und der Demütigung vor Gott. Das Messer mußte dort an das eigene Ich, an den Stolz, an die Selbstliebe, kurz an das Fleisch in jeder Form gelegt werden. Als die Kennzeichen der Welt und des Fleisches, die Schmach Ägyptens, von ihnen abgewälzt waren, konnten sie ohne Furcht Jericho, der Festung des Feindes, entgegenziehen und die Stadt unter dem Schall der Jubelposaunen einnehmen. (Jos. 5 u. 6.)

Immer wieder lesen wir im Buche Josua, daß sie nach Gilgal zurückkehrten. (Jos. 9,6; 10,6-9.15.43 usw.) Von dort aus zogen sie alsdann wieder mit neuer Kraft zu neuen Siegen und weiterer Besitzergreifung des Landes in den Kampf.

Wir stehen an der Jahreswende. Mahnt uns ein solcher Zeitabschnitt nicht auch zur Rückkehr nach „Gilgal“? Wir mögen in Gilgal, dem Platze der Demütigung und des Selbstgerichtes, gewesen sein, mögen vor Gott im Staube gelegen und von dort aus Siege gewonnen und Land in Besitz genommen haben, aber sind wir auch wie Josua wieder nach „Gilgal“ zurückgekehrt? Kennen wir etwas von einem Lagern daselbst? Haben wir das „scharfe Steinmesser“ sein Werk an uns vollbringen lassen? Möchten wir nichts zurückhalten, nichts schonen, nichts dem Messer entziehen, was abgeschnitten werden muß, seien es Dinge der Welt, des Fleisches, der Familie, des Geschäftes oder was es sonst sein mag! Wollen wir nicht alles, was mit dem Namen des HErrn nicht verbunden werden kann oder was uns hindert, Christus zu gewinnen, als „Verlust und Dreck“ achten, um Christum zu gewinnen?! Es mag uns manches klein erscheinen, aber

es wächst und wird uns zu einem Hindernis im Leben des Glaubens und der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne.

Wie träge sind wir, das Land in Besitz zu nehmen, das Gott uns gegeben hat, „es zu besitzen“, und wie scheuen wir uns oft, nach Gilgal zurückzukehren! Nur von „Gilgal“ aus können wir unsere Fußsohle auf das Land setzen. Und nur soweit wir es mit unserer eigenen Fußsohle in Besitz nehmen, ist es unser. Es ist möglich, daß wir viel von den Reichtümern der uns von Gott bestimmten Segnungen im Kopfe haben und doch sehr wenig in unserem Herzen. Wir können ja für wenig Geld reiche Belehrungen über diese köstlichen Dinge in Zeitschriften und Büchern erwerben, aber es ist eine ganz andere Sache, ob wir von „Gilgal“ aus sie tatsächlich für uns in Besitz genommen haben, indem unser Glaube und das Herz gleichsam die Fußsohle darauf gestellt hat.

Wie steht es hierin mit uns am Schluß dieses Jahres? Wieviel Gnade ist uns in diesem Jahre zuteil geworden! Wieviele Wahrheiten und Segnungen hat Sein Geist durch Sein Wort und durch den Dienst der Gaben in der Gemeinde uns geoffenbart! Haben wir sie in Besitz genommen? Alle diese Segnungen stehen mit Ihm, unserem verherrlichten HErrn, und Seiner Gemeinde in Verbindung. Laßt uns in dieser Stunde Nachfrage halten: Welche Wirkungen haben alle diese Gnadenerweise unseres Gottes auf unser Leben gehabt? Haben sie uns dem HErrn näher gebracht, und sind wir der Welt entfremdeter geworden? Der Mitternachtsruf: „Siehe, der Bräutigam!“ schallt lauter als je durch das Land. Stimmt unser ganzes Herz mit ein in den Ruf der Braut: „Amen;

komm Herr Jesus!“? Wie nahe ist Er! Wie nahe ist die Herrlichkeit!

Darum richtet auf die erschlafften Hände und die gelähmten Kniee und machet gerade Bahn für eure Füße, auf daß nicht das Lahme vom Wege abgewandt, sondern vielmehr geheilt werde.“ (Hebr. 12,12.13.)

v. d. K.

Einige ernste Fragen.

„Durch die Liebe dienet einander!“ So sagt das Wort. Tun wir dieses, Brüder? Bedürfen wir einer solchen Ermahnung nicht? Wie leicht vergessen wir den Dienst der Liebe! Sind nicht Brüder und Schwestern, Witwen und Waisen, Kranke und Schwache, Arme und Elende in den Armenhäusern, Hospitälern oder in ihren eigenen Wohnungen, die nach einem Wort, einer Tat, einem Besuch der Liebe sich sehnen, wie der Durstende nach dem Wasser? Dienen wir nicht dem HErrn in den Seinigen? Wird der HErr nicht auch manchen Seiner Heiligen darauf hinweisen können und sagen: „Sofern ihr es einem dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch Mir nicht getan“? Haben nicht auch wir manche Gelegenheit, solchen zu dienen, versäumt?

Und wie ist es mit dem Dienst: „Nötige sie, hereinzukommen, auf daß mein Haus voll werde“? Konntest du an diesen Armen auf den Straßen und Gassen der Stadt ohne Erbarmen vorübergehen? Jesus weinte über die Stadt Jerusalem! Sollte sich nicht auch bei uns eine Träne zeigen, wenn wir die Welt, die im Argen liegt, anschauen? Ist es möglich, daß wir im Bewußtsein unserer

eigenen Errettung diese armen Gebundenen dahin gehen lassen, ohne ihnen von Gottes Liebe zu sagen und ihnen ein Blättchen, welches ihnen den Weg der Errettung zeigt, in die Hand zu geben?

Und wenn du keine Armen unter den Heiligen kennst und auch nicht berufen bist, das Evangelium zu predigen, glaubst du deshalb müßig am Markte stehen zu können? Wenn du solche Aufgaben nicht hast, kannst du dann nicht die Hände derer stärken, die der HErr in besonderer Weise für diesen Dienst gekennzeichnet hat? Die Zeit ist kurz, Brüder, und wir haben nicht mehr lange die Gelegenheit, uns einander in Liebe zu dienen und Verlorenen die Botschaft der Gnade zu bringen. Laßt uns deshalb die Zeit auskaufen, denn die Tage sind böse, und laßt uns verständig sein, zu tun, was der Wille des HErrn ist!

v. d. K.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13. Jahrbuch (1928)

Wichtig!

Wir empfehlen die fleißige Benutzung des Schriftstellen-Verzeichnisses.

„Näher“.

„Die Zeit erkennend, daß die Stunde schon da ist, daß wir aus dem Schlafe aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als da wir geglaubt haben.“ (Röm. 13,11).

Die letzten Tage des Jahres 1927, das für viele von uns so ereignisvoll war, sind hinabgesunken ins Meer der Vergangenheit, und wieder stehen wir auf der Schwelle eines neuen Jahres. Was wird es uns bringen? Wer kann es sagen? Gott hält den Schlüssel der Zukunft in Seiner Hand, und Er allein weiß, was die schnell dahineilenden Tage des Jahres 1928 in sich bergen werden.

Eines sind wir uns bewußt, daß wir in unserer Geschichte dem Tage, nach dem die wartende und wachende Schar der Kinder Gottes ausschaut, dem Tage der Wiederkunft unseres HErrn, um ein Jahr wieder näher gerückt sind.

Auf diesen Tag weist der Apostel hin, wenn er von unserer Errettung spricht, die jetzt näher ist, als da wir geglaubt haben. Errettet sind wir, was unsere Seelen anbetrifft, doch nun erwarten und blicken wir aus nach dem Tage, der uns die Errettung in ihrem ganzen Umfange bringen wird. Dann sind alle Leiden, jede Trauer vorbei, und keine Träne fließt mehr. Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir dann das Bild des Himmlischen tragen und gleichförmig sein dem Leibe Seiner Herrlichkeit. Wahrlich, dies ist Errettung! Wenn wir uns einander daran erinnern, daß diese unsere Errettung uns näher ist, als da wir geglaubt haben, und um jeden Tag näher rückt, so mögen wohl unsere Gesichter in heiliger Freude strahlen.

Und nicht nur ist unsere Errettung näher gekommen, sondern damit auch der Tag, an dem wir Ihn sehen werden, unseren geliebten HErrn. Er selbst kommt, das ist gewiß! Habakuk sah vor alters ein Gesicht von der kommenden Herrlichkeit, und es wurde ihm gesagt: „Denn kommen wird es, es wird nicht ausbleiben“ (Hab. 2,3). Der Heilige Geist führt später diese Stelle (in Hebr. 10,37) in Verbindung mit dem HErrn in einer veränderten Form an und sagt: „Er, der Kommende, wird kommen und nicht verziehen.“ So lenkt der Heilige Geist unsere Gedanken auf die Person unseres HErrn hin und zeigt uns die Sicherheit und Gewißheit des Kommens dessen, der unsere Errettung und unsere Hoffnung ist. Und auf dem letzten Blatt der Bibel sagt Er selbst dreimal nacheinander: „Ich komme bald!“

Wenn wir bei den vielen Titeln, die unser herrlicher HErr trägt, uns fragen: In welchem Charakter und unter welchem Namen verheißt Er uns Sein baldiges Wiederkommen? So wird uns die Antwort in Seinem Worte: „Ich Jesus.“ (Offb. 22,16). Er entkleidet Sich gleichsam jeden Ranges, Er spricht nicht von Sich als dem „HErrn“ oder dem „Christus“, sondern als „Jesus“, d. i. der Name, der über jeden Namen ist, der in sich alle Gnade und alle Vollkommenheit birgt. Er sagt: „Ich komme bald!“ Kann es anders sein, als daß dieser Zuruf Seiner Liebe die Antwort unseres Herzens auslöst: „Amen, komm Herr Jesus!“?

Diesen zwei uns so berührenden Worten: „Ich Jesus“ stehen zwei andere Worte im 8. Vers gegenüber: „Ich Johannes!“ Was Johannes auch für uns ist, welchen Abstand empfinden wir sofort in unserem Herzen, wenn ein Name (und sei es der Name des besten Dieners) neben Seinem Namen steht! Kein Name ist vergleichbar mit Seinem Namen.

Als dem Apostel Johannes die Dinge von einem Engel gezeigt wurden, fiel er zu dessen Füßen nieder, um ihn anzubeten, so hingerissen wurde er von dessen Anblick. Und wie leicht sind wir geneigt, uns von Dingen oder Personen hinnehmen zu lassen, statt mit dem einen beschäftigt zu sein, dem unsere ganze Liebe gehören soll! Wie leicht wenden wir unsere Herzen anderen Dingen zu, die doch viel geringer sind als Er! Ja, selbst die Arbeit im Werke des HErrn kann den Platz in unserem Herzen einnehmen, der Ihm gebührt, und Lehrpunkte können uns so hinnehmen, daß Er selbst daneben steht. Ja, wir mögen die Schriften erforschen und untersuchen und an dem, der Inhalt und Mittelpunkt jedes einzelnen Teiles der Schrift ist, vorübergehen! Möchten wir keiner Sache gestatten, unsere Blicke von Ihm abzulenken, damit der Heilige Geist nicht gehindert wird, unser Herz und unseren Sinn auf Ihn, den Kommenden, zu richten, und wir in der Nacht Seiner langen Abwesenheit wachend und wartend stehen! Niemals ist in der Geschichte der Gemeinde die Zeit dunkler gewesen als jetzt, aber auch niemals Sein Kommen so nahe.

Im fernen Norden müssen die armen Lappländer viele Monate im Jahre zubringen, ohne auch nur einen Schimmer der Sonne zu sehen. Der Winter ist lang und traurig, aber wenn der Sommer naht, dann sind ihre Erwartungen auf den ersten schwachen Schein der Sonne aufs höchste gespannt. Sobald sich die letzten Tage der Winterdämmerung und Dunkelheit dem Ende nahen, bricht der Lappländer auf und wandert in die Berge, um die ersten Lichtspuren des Tagesgrauens zu erhaschen.

Wir, die Gläubigen, stehen auch am Ende der langen dunklen Nacht; Er ist der Morgenstern und auch die Sonne, und Er ist nahe. Laßt uns auch auf der Bergesspitze stehen, wachend und wartend auf den Augenblick, wann Er kommt! Unsere Brüder in den früheren Jahrhunderten pflegten sich einander mit dem Gruß „Maran atha“ zu begrüßen, d. h. „der HErr kommt!“ Ihr Blick war nach aufwärts gerichtet. Aber leider ist der aufwärts gerichtete Blick der ersten Gemeinde heute bei den meisten zu einem abwärts gerichteten Blick geworden. Die Maranatha-Losung ist außer Kurs gekommen und hat aufgehört. Aber das ist kein Grund, teurer Leser, daß du und ich nicht sollten unter denen gefunden werden, die wachend stehen,

ihren HErrn zu erwarten.

„Ja, Ich komme bald“, so sagt Er selbst. Es mag dagegen eingewandt werden, daß diese Verheißung schon vor vielen Jahrhunderten gegeben wurde, und da sie sich in dem Laufe von 1900 Jahren noch nicht erfüllt habe, so könne man auch jetzt noch nicht mit einer baldigen Erfüllung rechnen.

Laßt mich ein einfaches Bild gebrauchen. Es gibt Myriaden winziger Insekten, deren ganzes Dasein nur einen Tag währt; ein Tag von 24 Stunden umfaßt ihre ganze Lebenszeit von Anbeginn bis zum Ende. In diesem Raume von 24 Stunden werden sie geboren, leben und sterben sie. Sie durchlaufen gleichsam in dieser kurzen Spanne ihre Insekten-Kindheit, ihr ausgewachsenes Leben und ihr hohes Alter, und ich wage zu behaupten, daß ihnen ihre Lebensdauer ebenso lang erscheint, wie uns 80 Jahre. Nehmen wir an, an einem Morgen sagt ein Mann zu seiner Frau: „Ich komme bald wieder, am Abend werde ich wieder hier sein“. Stellen wir uns nun vor, eins dieser kleinen Insekten hätte die Worte: „Ich komme bald wieder“ gehört, doch nun scheint ihm eine Lebenszeit darüber hinzugehen. In seiner frühen Jugend hört es dies Wort; inzwischen wuchs es, es wird erwachsen und jetzt, gleichsam ein altes Greiseninsekt geworden, sagt es: „Ich kann mir nicht denken, daß der Mann die Wahrheit sprach, als er zu seiner Frau sagte: ‚Ich komme bald wieder‘. Bald! - Ich war ganz jung, als er dies sagte, und nun bin ich ein Sterbender, meine ganze Lebenszeit ist über dieses ‚Bald‘ dahingeschwunden.“ Törichtes Insekt! du beurteilst die Zeitdauer nach deinem Leben und nach deiner Zeitrechnung. Bei dem HErrn sind 1000 Jahre wie ein Tag! Die kurze Spanne Zeit, die dem Menschen zugeteilt ist, gleicht, wenn man sie dem gegenüberstellt, dessen Jahre nie vergehen, der Lebenszeit des Insektes. Bald, sagt das Wort, und sicher bald wird Er wiederkommen. Unserer Zeitrechnung nach mag uns Sein Ausbleiben lang erscheinen, und doch wird Er, den wir erwarten, bald erscheinen, und wir werden auf ewig bei Ihm sein. Inzwischen ist es unser gesegnetes Vorrecht, den Mitternachtsruf: „Siehe, der Bräutigam!“ weithin erschallen zu lassen und die gute Botschaft von dem kommenden HErrn auszubreiten.

Ein Brief, von einem Missionar geschrieben, der sich auf dem Wege nach Afrika befand, lautet:

„An diesem Morgen, als wir in der Kabine gerade unser Frühstück beendet hatten, hörten wir einen seltsam schrillen Ton, wie von einer großen Anzahl Stimmen. Er klang wie ein Schrei, der von weit herkam, dann anschwoll und ganz nahe bei uns war, dann vorüberging und wieder in der Ferne erstarb. Der Kapitän fragte: „Haben Sie es gehört?“ „Ja“, sagten wir, „was ist das?“ „Es ist der Schrei, welchen die Eingeborenen erschallen lassen, wenn sie den Postdampfer ankommen sehen; alsdann stoßen sie diesen Ruf aus. Die anderen Eingeborenen hören ihn und geben den Schrei weiter, bis er so fort und fort auf ungefähr 20 Meilen weit hallt.“

Hierin liegt eine Belehrung für uns. Auch wir sollten im Blick auf die baldige nahe Ankunft des Herrn Jesus unsere Stimme erheben. Viele sind da, die aus ihrem Schlaf aufgeweckt werden

müssen. Die Mitternachtsstunde ist da! Wie groß ist ihre Finsternis! Haben wir, die den Mitternachtsruf gehört haben, nicht die Verpflichtung, diesen Ruf weiter zu geben und die schlafenden Jungfrauen zu wecken und denen, die in Finsternis sitzen, die Botschaft der Gnade zu bringen?

Brüder, die Zeit ist kurz, der HErr kommt! Seine Liebe sollte uns drängen, die frohe Botschaft der Liebe Gottes auszubreiten. Timotheus war nach Ephesus gesandt, um den Schwierigkeiten und Nöten der Gemeinde zu begegnen, aber dennoch vergaß er nicht, daß er in einer großen heidnischen Stadt wohnte, und vollführte das Werk eines Evangelisten. Und wenn auch die Gemeinde mehr als je treuer Diener bedarf, sowohl Hirten als Lehrer, so müssen wir uns immer bewußt bleiben, daß eine sterbende Welt uns umgibt, und über die selige Hoffnung und Erwartung des wiederkommenden HErrn dürfen wir nicht vergessen, die zu den Wassern des Lebens zu rufen, die ihren Durst noch an den löchrichten Brunnen dieser Welt zu stillen suchen. Unser Aufblick muß mit dem Umblick Hand in Hand gehen. So finden wir es auch am Schluß der Bibel „Der Geist und die Braut sagen: Komm! Und wer es hört, spreche: Komm! Und wen da dürftet, der komme; wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst.“ (Offb. 22,17).

B. (v. d. K.)

„Seid um nichts besorgt!“

(Phil. 4,6.)

Wenn allein dieses Wort dastünde ohne den Nachsatz, „sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kund werden“, so möchte es uns ganz unmöglich scheinen, es ausleben zu können, denn der Dinge sind so viele, die uns auf dem Lebenswege Sorge machen. Und sicher sind auch unter unseren Lesern nicht wenige, über deren Lebensweg dunkle Wolken hängen - Krankheit, Arbeitslosigkeit, Nahrungssorgen, die bei jeder Gelegenheit drücken, das Alter mit seinen mancherlei Gebrechen, und wenn ich den Kreis weiter ziehe, Kämpfe, Schwierigkeiten der Gemeinde, falsche verderbliche Lehren, Mangel an Bekehrungen - das Brüllen und Schäumen der Wogen im Völkermeer, die Ratlosigkeit der Nationen -, mit allem diesen um uns scheint es fast unglaublich, daß eine sanfte Stimme uns da auffordert, um nichts besorgt zu sein.

Wer ist es, der uns durch die Feder des Apostels sagt, nicht ängstlich besorgt zu sein? Es ist Gott - unser Vater, ohne dessen Willen kein Sperling zur Erde fällt, der alles sieht und alles weiß. Er ist es, der uns auffordert, um nichts besorgt zu sein - Er, der Seines eigenen Sohnes nicht verschonte, sondern Ihn für uns alle hingab, Er, von dessen Liebe uns nichts im Himmel noch auf Erden zu scheiden vermag. (Röm. 8,32.39.) Dieser ist es, der uns zuruft, um nichts besorgt zu sein. Können dies wirklich Seine Worte sein? Ja, wirklich, so sagt uns Gott. Und das Wort „nichts“ schließt alles aus, was geneigt ist, uns besorgt zu machen. Was es auch sei und

was auch immer kommen mag, Er sagt unserem Herzen: „Seid um nichts besorgt!“

Wohl mögen wir die Schwere der Dinge empfinden, und es ist auch nicht Sein Wille, daß wir ihnen gleichmütig gegenüberstehen. Der Gläubige ist kein Stoiker, der kalt und unberührt von Freud und Leid bleibt, nein, es ist sein Vorrecht, sich zu freuen mit den sich Freuenden und zu weinen mit den Weinenden (Röm. 12,15), aber unser Gott will uns frei sehen von Unruhe und Sorge. Unsere Schultern sind nicht stark genug, die Lasten des Lebens zu tragen, darum gebietet uns der HErr, sie alle auf Ihn zu werfen und nicht angstvoll und besorgt zu sein.

Er ist bei uns, Seine Ohren sind offen für uns, Sein Herz schlägt voll Liebe für uns und Seine Hand ist stark. Er wirbt um unser Vertrauen. „Kommet her zu Mir“, sagt Er, „sagt Mir alles, schüttet Mir euer Herz aus und vertraut Mir allen euren Gram und Kummer an!“

Kein irdischer Freund, auch nicht der beste, ist uns so nahe wie Er, dessen Ohr niemals verschlossen und dessen Arm in jeder Lage Rettung bringen kann. Sage Ihm alles - alle deine Sorgen, deinen Kummer und Schmerz, deine Befürchtungen, deine Enttäuschungen, deine vernichteten Hoffnungen, deine durchkreuzten Pläne. Halte nichts zurück, schütte Ihm dein ganzes Herz aus, entleere es von allen Sorgen, still lege dich an Sein Herz, dort darfst du ruhen, denn du weißt, daß Ihm alle Dinge möglich sind. Stelle Ihm alles anheim, laß Ihn wählen und führen, wie es gut für dich ist!

Welch ein Trost, einen solchen HErrn zu haben! Jederzeit können wir zu Ihm kommen; nie klopfen wir an Seiner Tür zu oft, und nie wird Er unserer müde und überdrüssig. Ja, wir können Ihm vertrauen, ja, wir können uns selbst und alles, was uns angeht, Seinen Händen überlassen, Er kennt den Weg, den wir gehen, und wir wissen, „daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind“. (Röm. 8,28.)

Gewiß, manches ist uns unverständlich; vieles, was wir anders machen oder gemacht haben würden, wenn die Ausführung in unsere Händen gelegt wäre. Aber Gott ist weiser als wir, Er macht keine Fehler! Auch wenn es so scheint, als ob unser Weg dem wellenförmigen Lauf dieser Welt überlassen wäre und unter der Willkür und dem Beschließen anderer stehe, so ist doch nichts vor Ihm verborgen und nichts, was nicht von Seiner Hand überwaltet würde.

Im Bewußtsein Seiner Liebe gehen wir im Glauben unseren Weg, bewahrt in Seinem Frieden, der allen Verstand übersteigt. Er gibt Kraft für heute, und Er gibt Kraft für morgen, wenn es morgen ist. Wie auch der Weg sein mag, rauh und steil oder glatt und eben, er führt heimwärts!

Friede im HErrn! Auch wenn dich Kummer drückt,

Jesus ist nah, Der dir dein Herz erquickt.

Friede im HErrn! Er führt dich, und Er siegt,

Wenn auch die Zukunft dunkel vor dir liegt.

Friede im HErrn! Vertrau Ihm alles an,

Er weiß, wie Er dich sicher leiten kann!

Das ist genug! Der HErr bleibt völlig treu,
Wie manche Meile auch der Weg noch sei!

U.

Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher.

Der Beginn eines neuen Jahrbuches der „Handreichungen“ veranlaßt mich, einen Gedanken näher ins Auge zu fassen, den ich schon einige Zeit in meinem Herzen bewegte: fortlaufend, vielleicht durch mehrere Lieferungen hindurch, denen „kleine Winke“ für ihre Schriftforschung zu geben, die bis jetzt noch nicht dahin gelangt sind, die Schrift nach Gesichtspunkten systematisch zu lesen, um ihnen dadurch Mut zu machen, sich in der Weise mit ihrer Bibel zu beschäftigen, daß sie bestimmte Gegenstände, Gesichtspunkte, Ausdrücke, Worte usw. im besonderen betrachten. Es mag sein, daß ich vorgeschritteneren Lesern nicht viel Neues zu bieten haben werde; wenn aber dem einen oder anderen nicht soweit vorgeschrittenen durch solche schlichten Winke seine Bibel köstlicher wird, sodaß er lernt, mehr auf das Kleine, (in den Augen der Menschen) Unscheinbare und angeblich weniger Wichtige zu achten, dann ist einer der Zwecke dieser „Winke“ erfüllt, die zwanglos gegeben werden sollen, wie der HErr sie gibt. Wollten wir alle lernen durch diese Betrachtungsweise, „treu zu sein im Kleinen“, indem wir gleichsam „die übrigen Brocken sammeln“ und uns nähren von dem, was der treue HErr uns in „jedem Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Matth. 4,4), zur Speise darreicht! Er ist der liebreiche Geber, seien wir die glückseligen Empfangenden! - Ich beginne meine „kleinen Winke“ mit einer Reihe von Betrachtungen über die Bedeutung des so-und-so-oft-Vorkommens einzelner Ausdrücke oder Worte in bestimmten Schriftzusammenhängen. Ich lege erst in zweiter Linie, aber doch auch, den Ton auf das zahlenmäßige Vorkommen gewisser Worte und möchte zuerst vor allem die Wichtigkeit derselben zu zeigen versuchen, die darin liegt, daß der Heilige Geist, der den heiligen Schreibern die Worte eingehaucht hat („gotteingehaucht“ 2. Tim. 3,16), solche besonderen Worte und Ausdrücke wieder und wieder gebraucht in den verschiedenartigsten Satzzusammenhängen. Als wir noch in die höhere Schule gingen, wurden wir im Deutschen Unterricht dazu angehalten, recht oft mit den Ausdrücken zu wechseln, es durfte ein- und dasselbe Wort in einem selbst längeren Satz nicht zweimal vorkommen usw. Die Schrift redet ganz anders, sie häuft mitunter die gleichen Worte derart, daß Staunen unser Herz erfüllt. Und nie tut sie es ohne Grund! Oftmals kommt auch beim Zählen eine bestimmte sinnbildlich zu wertende Zahl heraus, und wir entdecken dadurch etwas von der Absicht des Heiligen Geistes. Denn nicht nur die ziffernmäßige Zahl hat eine Bedeutung in der Schrift,

sondern auch die nicht durch Ziffern angegebene, sondern durch Zählen sich ergebende! Nichts ist gleichgültig in der Schrift, wenn auch törichte oder superkluge Menschen manchmal sagen: „Ach, auf solche Kleinigkeiten und ‚Spielereien‘ legst du Wert? Darauf kommt es nicht an!“ Geliebte, wir werden nie eindringen in die Gedanken Gottes, wenn wir den angeblichen Kleinigkeiten im Worte Gottes keine Bedeutung beimessen oder sie gar Spielerei nennen! Ist es, um hier ein paar Beispiele zu nennen, etwa gleichgültig, wenn der Herr Jesus in Joh. 15 sechsmal - 6 ist die Zahl der Menschen (vergl. die Steigerung 666 in Offb. 13,18!) - das Wort „Welt“ nennt, aber diese sechs Male in den Raum von zwei Versen zusammendrängt? (V. 18.19.) Ist es minder wichtig, daß in dem Evangelium, das uns den HErrn als Den zeigt, der Er wirklich ist (Joh. 4,10), als das ewige „Wort“, „den eingeborenen Sohn, der in des Vaters Schoß ist“ u. a. - daß in diesem Evangelium in der Leidensgeschichte das Wort „König“ viel häufiger vorkommt, vor allem sogar als in dem Matthäus-Evangelium, das uns Ihn als den König Seines Königreiches zeigt: Zwölfmal wird in Joh. 18,28 - 19,22 das Wort „König“ genannt! Liegt darin nichts? Oder ist es einerlei, daß in der Belehrung, die Paulus uns über das Abendmahl gibt (1. Kor. 11,20-34), siebenmal - in der kostbaren Zahl der Vollkommenheit in Gottes Gedanken mit uns - das Wort „HErr“ genannt ist, wovon das drittemal: „der Herr Jesus“? oder daß im Galaterbrief, jener großen Auseinandersetzung zwischen Gesetz und Glauben, das Wort „Gesetz“ zweiunddreißigmal vorkommt (aber erst von Kap. 2,16 ab!)? oder daß in den Evangelien zwölfmal der Ausdruck „Innerlich-bewegtsein“ (zumeist bezüglich des HErrn) gesagt ist? oder daß in der „Königsrede“ Samuels, wie ich sie kurz nennen möchte, in 1. Sam. 12,6-25, also in 20 Versen dreißigmal das Wort „Jehova“ gesagt ist (3 x 10, das ist die Zahl der Dreieinheit Gottes multipliziert mit der Zahl der menschlichen VerAntwortlichkeit Gott gegenüber!)? oder daß in Offb. 22,6-21, dem Schlußteil der Offenbarung, der HErr siebenmal „Ich“ sagt, wovon das mittelstemal „Ich Jesus“ (V. 16)? usw.? Ich könnte so fortfahren mit Beispielen, die mir nach und nach wichtig geworden sind! Wem diese Dinge „gleichgültig“ oder „zu trocken“ sind, der bedenke, daß es sich um das Wort Gottes handelt, und der beuge sich wegen seiner Oberflächlichkeit! - Ich möchte für diesmal noch ein besonderes Beispiel für diese gesegnete Betrachtungsweise der Schrift - neben manchen anderen natürlich! wir haben bei der Fülle, die uns geschenkt ist, keinen Grund, uns auf eine Weise zu beschränken! - anführen und ein wenig näher darauf eingehen, hoffentlich zum Segen für viele!

Wir haben das sogenannte „Weihnachten“ hinter uns, eine Zeit, in der viele Gläubige die Kindheitsgeschichte des Herrn Jesus besonders gern betrachten. Ist es uns dabei schon einmal aufgefallen, wie oft von dem HErrn als „Kindlein“ die Rede ist? Wenn wir die beiden Kapitel, wo es der Fall ist, zusammenstellen: Matth. 2 und Luk. 2, so finden wir zwölfmal das Wort „Kindlein“, nämlich Matth. 2,8.9.11.13 (zweimal).14.20 (zweimal).21; Luk. 2,17.27.40 = zwölfmal; fünfmal von diesen zwölf Malen heißt es „das Kindlein und seine Mutter“ (wohlgemerkt: nicht umgekehrt! das Kindlein ist die Hauptperson!), nämlich Matth. 2,11.13.14.20.21 (also sämtlich in Matthäus!). Einmal von den zwölf Malen heißt es „das Kindlein Jesus“ (Luk. 2,27). Welch köstlicher Ausdruck! Sei gepriesen, teurer HErr, für dies

liebliche Wort! Wie spricht dies zu unserem Herzen!

Aber steht nicht in Luk. 2 noch dreimal das Wort „Kind“, nämlich V. 12.16 und 48? Ja gewiß, jedoch in ganz anderer Bedeutung dem Grundtext nach! In den beiden ersteren Stellen steht das Wort „Säugling“ - o, anbetungswürdiges Geheimnis! -, und in letzterer (V. 48) hat das Wort ganz den Umständen entsprechend die Bedeutung von einem größeren Kinde. Wie genau ist doch die Heilige Schrift! - Dazu kommt zur Vervollständigung des Kindheitsbildes unseres teuren Herrn Jesus noch der überaus feine Ausdruck „der Knabe Jesus“ in Luk. 2,43. Während in Matthäus nur von dem „Kindlein“ die Rede ist, stehen in Lukas, dem Evangelium, das uns den HErrn ganz besonders als den Menschen schildert (das Geschlechtsregister geht bis auf Adam [und Gott] zurück! 3,38), alle diese verschiedenen Ausdrücke: „Säugling“, „Kindlein“, „das Kindlein Jesus“, „der Knabe Jesus“, „Kind“! Somit haben wir, zusammenfassend, alle möglichen Ausdrücke, welche die menschliche Kindheit unseres geliebten HErrn, des Sohnes Gottes, bezeichnen, an den Augen unseres Herzens vorüberziehen lassen und müssen sagen: Wie wichtig muß es doch dem Heiligen Geist, der uns den Herrn Jesus stets verklärt (Joh. 16), sein, daß wir in nichts im unklaren gelassen werden über die vollkommene Menschheit des Sohnes, der nach Luk. 1,35 „das Heilige“ ist, der hienieden „Sohn Gottes“ genannt werden sollte! Er, das ewige Wort, Selbst Gott von Ewigkeit (Joh. 1,1.2) - Er, stets der Sohn, der von Gott in Hebr. 1,8 mit „Gott“ angeredet wird - Er, den der Heilige Geist durch die Feder des Paulus in Tit. 2,13 „unseren großen Gott und Heiland Jesus Christus“ nennen läßt - Er war so vollendet „Mensch“, Er erschien in solcher Niedrigkeit, daß von Ihm als „Kindlein“ wieder und wieder geredet wird, ja, daß die Schrift selbst nicht vor dem Worte „Säugling“ Halt macht! Was muß es für die himmlischen Heerscharen gewesen sein, dieses den staunenden Hirten als „Zeichen“ kundgeben zu müssen: „Ihr werdet einen Säugling finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“! (Luk.2,12.) Es war ihr Herr und Gebieter, von dem sie dies verkündeten! Welche wunderbare Herrlichkeit!

Also 16 Ausdrücke der Tatsache, die wie fast keine andere die Menschwerdung des Sohnes beweist! 16, das ist 4 x 4! 4 ist die Zahl der Vollständigkeit der äußeren Welt (vier Winde, vier Himmelsrichtungen, vier Jahreszeiten, viererlei Boden auf dem Acker der Welt, vier Weltreiche usw.); welche Bedeutung haben doch diese 4 x 4 Ausdrücke: Die nach jeder Seite hin vollkommene Menschheit des HErrn zeigen sie an! Aber auch die anderen Zahlen des Vorkommens der Ausdrücke sind nicht ohne Bedeutung! Darüber hier nur Andeutungen: zwölfmal „das Kindlein“! 12 ist wohl die Zahl der göttlichen Vollkommenheit in den Wegen Seines Waltens und Seiner Verwaltung. Fünfmal „das Kindlein und seine Mutter“: 5 ist nach der Meinung mancher Forscher die Zahl der Gnade in Christo oder auch die Zahl des HErrn in Seiner Vereinigung von Gottheit und Menschheit! Zweimal „Säugling“: 2 ist die Zahl (der geringsten Gemeinschaft [„zwei und drei im Namen Jesu versammelt“ Matth. 18,20] sowie die) der Bestätigung durch zwei oder drei Zeugen (vergl. u. a. Joh. 8,17.18); letzteres hat Bedeutung für den Ausdruck „Säugling“, gleichsam als vollwertige Bezeugung, daß der Sohn

„geboren von einem Weibe“ ist (Gal. 4,4). Je einmal kommen die Ausdrücke vor „das Kindlein Jesus“, „der Knabe Jesus“, das „Kind“; die 1 ist aber die Zahl der absoluten Vollkommenheit, z. B. bezüglich des Wesens Gottes. Der Herr Jesus war in jeder Phase Seiner menschlichen Entwickelung absolut vollkommen in dem, was von Ihm gesagt wird! Wie anbetungswürdig ist dieses doch!

Nun zum Schluß noch eins: Damit wir keinen Augenblick im Zweifel seien darüber, von wem, von welcher herrlichen Person in diesen Kindheitsausdrücken die Rede ist, so ist der Heilige Geist bemüht, uns möglichst viele der Namen und Bezeichnungen zu nennen, unter denen wir den HErrn, den Sohn sonst kennen! Man sehe einmal die beiden Kapitel daraufhin an: Matth. 2,2: „Der König der Juden“; V. 4: „der Christus“; V. 15: „Mein Sohn“; V. 23: „der Nazarener“ - dies der Schluß des Kapitels, das mit „Jesus“ beginnt! Ebenso kommt dies in Luk. 2 zum Ausdruck: V. 7: (ihr) „erstgeborener Sohn“; V. 11: „ein Heiland“ (Retter) ... „Christus, der HErr“ (vergl. V. 26); V. 21: „Jesus“ (V. 52); V. 29-32: „Heil“, „Licht“ usw.; V. 49!! - Wie kostbar ist dies alles! Möchte es uns anregen, treuer zu „forschen in der Schrift, die ja von Ihm zeugt“! (Joh. 5,39). Nur schlichte Winke wollte ich dazu geben, die jeder leicht versteht, und aus denen jeder leicht weiterbauen kann. Möchten wir diese Dinge beachten zur Ehre unseres hochgelobten HErrn!

Und damit bin ich für diesmal zu Ende! Ich hoffe, so der HErr Gnade gibt, noch andere Beispiele in ähnlicher Weise betrachten zu dürfen.

Dein Wort ist Leuchte meinem Fuß und Licht für meinen Pfad!“ (Ps. 119,105.)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 1

Gibt es zwischen Bekehrung und Wiedergeburt einen Unterschied, dessen Wichtigkeit wir zu beachten haben?

Antwort A

Um den Unterschied klarzustellen, müssen wir erst versuchen, festzustellen, was das Wort Gottes mit „Bekehrung“ und was es mit „Wiedergeburt“ meint. Das ist nötig, weil wir leicht falsche Begriffe über geistliche Dinge haben, wenn wir nicht genau darauf achten, was Gottes Wort darunter versteht. So ist es auch mit den Worten „Bekehrung“ und „Wiedergeburt“. Manche Kinder Gottes legen in das Wort „Bekehrung“ Gedanken hinein, die Gottes Wort nicht hineinlegt, und wenden das Wort „Wiedergeburt“ an, wo Gottes Wort es nicht anwendet. Die

einen verstehen unter „Bekehrung“ nur eine Umkehr, die noch nicht das Ergreifen des Heiles Gottes bedeutet, und sagen deshalb von diesem oder jenem, der die Vergebung seiner Sünden noch nicht klar bezeugen kann: „Ja, bekehrt ist er, aber wiedergeboren ist er noch nicht“, und die anderen verstehen unter „Bekehrung“ die Reinigung von allem dem alten Menschen anhängendem Bösen und sagen von einem Gläubigen, der nicht so wandelt, wie ersollte oder wie sie es von Kindern Gottes erwarten: „Ja, gläubig und errettet ist er, aber bekehrt ist ernicht!“ Aber was lehrt uns Gottes Wort über diesen Gegenstand?

Betrachten wir zunächst das Wort „Bekehrung“ und „bekehren“!

Das Wort „bekehren“ finden wir bereits im Alten Testament viele Male im Sinne von „umkehren“: zu dem HErrn („Jehova“), weg von der Sünde, von der Bosheit, von den bösen Wegen (z. B. 5. Mose 4,30; 1. Kön. 8,33; Jer. 18,8; 35,15). Dieses „bekehren“ oder „umkehren“ hatte die Verheißung der Vergebung und der Gnade und des Segens Gottes in Seinen Regierungswegen mit Seinem Volke oder auch den einzelnen Personen. Es handelte sich dabei um das zeitliche Wohl des Menschen - um das Wohlergehen in dieser Welt, wenn auch selbstverständlich das ewige Wohl jedes einzelnen immer von seiner Stellung Gott gegenüber abhing. Auch prophetisch im Blick auf den noch zukünftigen Tag des HErrn, den Tag des Gerichts und Seiner Herrschaft, ist viel von „bekehren“ geredet (z. B. Jes. 6,10; 10,21.22; 19,22 u. a. m.). Da ist es das messianische Friedensreich mit seinen Segnungen, worauf der Blick gerichtet wird. Der Gedanke hierbei geht nicht über das Leben auf dieser Erde, auf der wir sind, hinaus. Am Schlusse des Alten Testaments, im letzten Verse (Mal. 4,6) finden wir das Wort „bekehren“ noch im Sinne von „zuwenden“: „Und Er wird das Herz der Väter zu den Kindern, und das Herz der Kinder zu ihren Vätern wenden“. Hier bedeutet das Wort also die wirksame Beeinflussung der Herzen zur Wiederherstellung des von Gott gewollten sittlichen Zustandes.

Wenden wir uns zum Neuen Testament, so finden wir das Wort „bekehren“ zunächst in den ersten drei Evangelien in einem Sinne, der noch im Rahmen der alttestamentlichen Erwartung des Messias und Seines Reiches bleibt, aber mit der Erweiterung, daß Er, der Messias, nun in Person gegenwärtig und damit das Reich nahegekommen war, auf das sie warteten. In diesem erweiterten Sinne begegnen wir genanntem Worte in Matth. 13,15; Mark. 4,12 in der Anführung der Weissagung in Jes. 6,9.10, aber nur um zu zeigen, daß diese Weissagung sich erfüllte, indem das Volk Ihn nicht annahm - sich nicht bekehrte -, und in Luk. 1,16.17 in Anwendung der Weissagung in Mal. 4,6 auf Johannes den Täufer in dem oben schon erwähnten Sinne. - In Luk. 22,32 finden wir das Wort „bekehrt“ im Sinne von „zurückgekehrt“. Bekehrt im Sinne des Hinwendens zum HErrn im Glauben war Petrus schon fast dreieinhalb Jahre; aber er war im Begriff, den HErrn zu verleugnen und damit eine Scheidung zwischen sich und dem HErrn zu machen und bedurfte deshalb, zu Ihm zurückzukehren. - Dann finden wir das Wort „bekehren“ noch im Ev. Johannes 12,40, wieder in der schon erwähnten Anführung aus Jes. 6,9.10, am Ende des öffentlichen Dienstes des HErrn, als eine schmerzliche Klage darüber, daß Sein

Zeugnis nicht angenommen worden war. Was hier unter „bekehren“ zu verstehen ist, geht wieder einen Schritt weiter, über den alttestamentlichen Begriff hinaus, gemäß der göttlichen Offenbarung, wie sie bis zu diesem Punkte geschehen war, und wird am besten gesehen in den drei Geschwistern in Bethanien: Martha, Lazarus und Maria - und in der Maria besonders - in V. 1-3 desselben Kapitels. Diese drei hatten „gesehen mit den Augen und verstanden mit dem Herzen und sich bekehrt“.

Die volle Bedeutung des Wortes „bekehren“ finden wir aber erst in der Apostelgeschichte und den Briefen, nachdem das Erlösungswerk vollbracht, der HErr verherrlicht und der Heilige Geist herabgekommen war. Wir wollen nicht die einzelnen Stellen eingehend betrachten, wo das Wort „bekehren“

oder „Bekehrung“ mit der Bedeutung, die wir im Auge haben, vorkommt, sondern nur die uns bekannten Stellen angeben (ohne den Anspruch zu erheben, daß dieses Verzeichnis vollständig sei), damit der Leser sie selbst sorgfältig lesen kann: Apgesch. 3,19; 9,35; 11,21; 14,15; 15,3.19; 26,18.20; 28,27; 1. Thess. 1,9. Wenn wir diese Stellen lesen, sehen wir, daß mit „bekehren“ in der gegenwärtigen Zeit, von der Ausgießung des Heiligen Geistes an, immer das Umkehren von dem bisherigen Wege hin zu Gott in wahrer Buße und wahrem Glauben an den HErrn gemeint ist. So heißt es in der Apostelgeschichte: „So tut nun Buße und bekehret euch, daß eure Sünden ausgetilgt werden ...“ (3,19); „... welche sich zum HErrn bekehrten“ (9,35); „... und eine große Zahl glaubte und bekehrte sich zu dem HErrn“ (11,21); „... daß ihr euch von diesen nichtigen Götzen bekehren sollt zu dem lebendigen Gott“ (14,15); „... zu welchen Ich dich sende, ihre Augen aufzutun, auf daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, auf daß sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an Mich geheiligt sind“ (26,18); „... Buße zu tun und sich zu Gott zu bekehren, indem sie der Buße würdige Werke vollbrächten“ (26,20). Weiter sehen wir aus diesen Stellen, daß mit dem „Bekehren“ das Empfangen der Vergebung der Sünden und des Erbes der Heiligen verbunden ist. Das bedeutet nichts weniger als daß der, welcher sich bekehrt hat, ein Erlöster und Geliebter des HErrn- oder in anderen Worten: ein Kind Gottes- geworden ist. Die Bekehrung wird erst dann als geschehen betrachtet, wenn die betreffende Person sich im Lichte Gottes erkannt und in wahrer Buße vor Gott gebeugt und den Herrn Jesus im Glauben angenommen hat. Und wenn sie dies getan hat, ist sie „bekehrt“ und ist er ein Kind Gottes. Und weil dieses so ist, fassen wir auch ohne Bedenken die Stellen, welche davon reden, daß Seelen sich bekehrten (Apgesch. 9,35; 11,21), so auf, daß diese Seelen dadurch Kinder Gottes geworden waren und nun als solche betrachtet wurden. Dasselbe ist mit Apgesch. 15,3 und 19 der Fall; oder was könnte man anderes darunter verstehen, dem ganzen Zusammenhange nach? Und in 1. Thess. 1,9 ist überhaupt jede andere Auffassung ausgeschlossen, da dort von denselben Personen in Vers 1 als der „Versammlung der Thessalonicher in Gott, dem Vater und dem Herrn Jesus Christus“ geredet ist, und Paulus in Vers 4 im Blick auf sie schreibt: „... wissend, von Gott geliebte

Brüder, eure Auserwählung“.

Nach alledem können wir nicht anders, als zu der Feststellung kommen, daß „Bekehrung“ zusammenfällt mit dem Hineingeborenwerden in die göttliche Familie, d. h.: Indem ein Mensch sich bekehrt, empfängt er Vergebung der Sünden, ewiges Leben und alles, was damit verbunden ist. Er ist von dem Zeitpunkte seiner Bekehrung an ein Kind Gottes. Selbstverständlich sprechen wir nicht von Scheinbekehrungen, deren es ja auch gibt, sondern von Bekehrung dem Worte Gottes gemäß.

Das „Bekehren“ ist des Menschen Sache-er „bekehrt sich“, wie Gottes Wort in obigen Stellen in der Apostelgeschichte und 1. Thessalonicher immer sagt, wiewohl auch dieses Sich-Bekehren des Menschen das Werk des Geistes Gottes ist, da der Mensch tot ist in Vergehungen und Sünden und gar nichts tun kann zu seiner Errettung; aber sein Herzensentschluß kommt dabei in Frage, und deshalb wird die Bekehrung ihm zugeschrieben, während das Hineingeborenwerden in die Familie Gottes ganz allein Gottes Sache ist, indem der Mensch so wenig etwas dazu tun kann wie das Kind zu seinem Hineingeborenwerden in die menschliche Familie.

Wir wenden uns nun zu dem Worte „Wiedergeburt“. Dieses Wort finden wir nur zweimal im Worte Gottes, und zwar Matth. 19,28: „Auch ihr werdet in der Wiedergeburt, wenn der Sohn des Menschen sitzen wird auf Seinem Throne der Herrlichkeit ...“, und Tit. 3,5: „... errettete Eruns ... durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes“. In beiden Stellen handelt es sich um eine Erneuerung äußerer Art, eine äußerlich sichtbare Erneuerung: in Matth. 19 um die Erneuerung der Erde und der Zustände auf ihr für das Tausendjährige Reich und in Tit. 3 um unsere sittliche Erneuerung durch Reinigung von den in demselben Kapitel Vers 3 aufgeführten bösen Dingen. In beiden ist die „Wiedergeburt“ nicht eine Mitteilung neuen Lebens, sondern - wie bereits gesagt - nur eine äußerlich sichtbare Erneuerung. Das ist also gar nicht das, was der Fragesteller offenbar meint. Was er meint, finden wir in 1. Petr. 1,3 und 23, wo Petrus an die Empfänger des Briefes schreibt, daß Gott sie „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“ habe zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten (V. 3) und daß sie „wiedergeboren“ oder „wiedergezeugt“ seien nicht aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes (V. 23). Von vielen Kindern Gottes wird hierunter einfach dasselbe verstanden wie „aus Gott geboren“ (Joh. 1,13; 1. Joh. 5,1). Wohl ist es wahr, daß es in seinem Wesen dasselbe ist, d. h. daß auch die Empfänger des ersten Briefes des Petrus „aus Gott geboren“ waren und daß sie, indem sie „aus Gott geboren“ wurden, damit zugleich „wiedergeboren“ wurden, doch liegt in letzterem Ausdruck eine besondere Bedeutung: Die Empfänger des Briefes waren Gläubige aus dem Volke Israel, dem irdischen Volke Gottes, und standen als Angehörige dieses Volkes bereits durch ihre fleischliche Geburt in einer Beziehung zu Gott, die jedoch keine Lebensbeziehung war; um in diese fehlende Lebensbeziehung zu kommen, bedurfte es einer zweiten - geistlichen - Geburt, die Gott durch das lebendige und

Brüder, eure Auserwählung“.

Nach alledem können wir nicht anders, als zu der Feststellung kommen, daß „Bekehrung“ zusammenfällt mit dem Hineingeborenwerden in die göttliche Familie, d. h.: Indem ein Mensch sich bekehrt, empfängt er Vergebung der Sünden, ewiges Leben und alles, was damit verbunden ist. Er ist von dem Zeitpunkte seiner Bekehrung an ein Kind Gottes. Selbstverständlich sprechen wir nicht von Scheinbekehrungen, deren es ja auch gibt, sondern von Bekehrung dem Worte Gottes gemäß.

Das „Bekehren“ ist des Menschen Sache-er „bekehrt sich“, wie Gottes Wort in obigen Stellen in der Apostelgeschichte und 1. Thessalonicher immer sagt, wiewohl auch dieses Sich-Bekehren des Menschen das Werk des Geistes Gottes ist, da der Mensch tot ist in Vergehungen und Sünden und gar nichts tun kann zu seiner Errettung; aber sein Herzensentschluß kommt dabei in Frage, und deshalb wird die Bekehrung ihm zugeschrieben, während das Hineingeborenwerden in die Familie Gottes ganz allein Gottes Sache ist, indem der Mensch so wenig etwas dazu tun kann wie das Kind zu seinem Hineingeborenwerden in die menschliche Familie.

Wir wenden uns nun zu dem Worte „Wiedergeburt“. Dieses Wort finden wir nur zweimal im Worte Gottes, und zwar Matth. 19,28: „Auch ihr werdet in der Wiedergeburt, wenn der Sohn des Menschen sitzen wird auf Seinem Throne der Herrlichkeit ...“, und Tit. 3,5: „... errettete Eruns ... durch die Waschung der Wiedergeburt und Erneuerung des Heiligen Geistes“. In beiden Stellen handelt es sich um eine Erneuerung äußerer Art, eine äußerlich sichtbare Erneuerung: in Matth. 19 um die Erneuerung der Erde und der Zustände auf ihr für das Tausendjährige Reich und in Tit. 3 um unsere sittliche Erneuerung durch Reinigung von den in demselben Kapitel Vers 3 aufgeführten bösen Dingen. In beiden ist die „Wiedergeburt“ nicht eine Mitteilung neuen Lebens, sondern - wie bereits gesagt - nur eine äußerlich sichtbare Erneuerung. Das ist also gar nicht das, was der Fragesteller offenbar meint. Was er meint, finden wir in 1. Petr. 1,3 und 23, wo Petrus an die Empfänger des Briefes schreibt, daß Gott sie „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“ habe zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten (V. 3) und daß sie „wiedergeboren“ oder „wiedergezeugt“ seien nicht aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes (V. 23). Von vielen Kindern Gottes wird hierunter einfach dasselbe verstanden wie „aus Gott geboren“ (Joh. 1,13; 1. Joh. 5,1). Wohl ist es wahr, daß es in seinem Wesen dasselbe ist, d. h. daß auch die Empfänger des ersten Briefes des Petrus „aus Gott geboren“ waren und daß sie, indem sie „aus Gott geboren“ wurden, damit zugleich „wiedergeboren“ wurden, doch liegt in letzterem Ausdruck eine besondere Bedeutung: Die Empfänger des Briefes waren Gläubige aus dem Volke Israel, dem irdischen Volke Gottes, und standen als Angehörige dieses Volkes bereits durch ihre fleischliche Geburt in einer Beziehung zu Gott, die jedoch keine Lebensbeziehung war; um in diese fehlende Lebensbeziehung zu kommen, bedurfte es einer zweiten - geistlichen - Geburt, die Gott durch das lebendige und

bleibende Wort Gottes zustande brachte. Hier handelt es sich also nicht nur um eine äußerlich sichtbare Erneuerung wie bei der „Wiedergeburt“ in Matth. 19,28 und Tit. 3,5, sondern um die Mitteilung von Leben. Aber der Ausdruck „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“ drückt nicht die Beziehung aus, in der wir als Kinder Gottes zu Gott, dem Vater, stehen, sondern nur das In-Lebensbeziehung-zu-Gott-Gebrachtsein, und zwar - wie das vorstehend Gesagte uns zeigt - solcher Gläubigen, die vordem als Angehörige des irdischen Volkes Gottes - Israel - bereits in einer äußeren Beziehung zu Gott durch die natürliche Geburt (ohne Lebensverbindung) standen. Demzufolge gebraucht nur Petrus, der Apostel der Beschneidung, den Ausdruck „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“, eben weil der Brief, in dem er diesen Ausdruck gebraucht, nur an Gläubige aus dem Volke Israel gerichtet ist, aber nie Paulus oder Johannes, da deren Schriften, in welchen sie diesen Gegenstand berühren, nicht nur an die Gläubigen aus dem Volke Israel, sondern auch an die Gläubigen aus den Nationen gerichtet sind. Selbstverständlich ist der erste Brief des Petrus - und ebenso der zweite - mit seinem kostbaren Inhalt auch für uns da und geht auch uns an, die wir nicht aus Israel, sondern aus den Nationen sind, aber gerichtet ist er nur an Gläubige aus dem Volke Israel, und nur auf diese trifft der durch den Ausdruck „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“ ausgesprochene Gedanke zu. Natürlich waren sie - wie schon gesagt -, indem sie „wiedergezeugt“ oder „wiedergeboren“, also nun in Lebensbeziehung zu Gott gebracht worden waren, damit auch „aus Gott geboren“, aber der Apostel gebraucht nicht diesen, sondern den anderen Ausdruck, eben weil die Angeredeten vordem als Angehörige des irdischen Volkes Gottes durch ihre natürliche Geburt bereits in einer äußeren Beziehung zu Gott standen und durch diesen Ausdruck ihnen gerade die von Gott durch Sein Wort gewirkte zweite, geistliche Geburt zum Bewußtsein gebracht werden sollte. Der von Paulus - und auch von Matthäus - angewendete Ausdruck „Wiedergeburt“ hat, wie oben ausgeführt worden ist, eine andere Bedeutung als der von Petrus angewendete und ist auch im Griechischen ein davon verschiedenes Wort. Es entspricht infolgedessen - nach der Auffassung des Schreibers dieser Zeilen - nicht dem eigentlichen Sinne des Wortes „wiedergeboren“ oder „wiedergezeugt“ in 1. Petr. 1,3 und 23, wenn die Ausdrücke „wiedergeboren“ und „Wiedergeburt“ auf Kinder Gottes angewandt werden, die nicht aus Israel sind.

Welcher Ausdruck ist denn dann für solche Kinder Gottes zutreffend? „Von neuem geboren“, wie man auch so oft hört? Nein! Warum nicht? Weil dieser Ausdruck nach Gottes Wort nicht das bedeutet, was bei solcher Anwendung damit gesagt sein soll. Nikodemus hatte zum HErrn nichts vom Reiche Gottes gesagt, aber der HErr wußte, daß dieses den Mittelpunkt seiner Gedanken bildete, und weist in Seiner Antwort zunächst auf die Voraussetzung für die Erfüllung der Hoffnung auf dieses Reich hin: „Ihr müsset von neuem geboren werden!“ Was dieses bedeutet, erklärt Er dem Nikodemus in Joh. 3, V. 5-8: „... aus Wasser und Geist geboren“; und als Nikodemus hilflos fragt: „Wie kann dies geschehen?“, Antwortet ihm der HErr tadelnd: „Du bist der Lehrer Israels und weißt dieses nicht?“ (V. 9.10.) Daraus sehen wir, daß Nikodemus es hätte wissen können. Woher? Aus den Schriften des Alten Testamentes. In diesen war schon von dieser Voraussetzung geredet, denn in Hes. 36,25-28 lesen wir: „Und Ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von allen euren Unreinigkeiten und von allen euren Götzen werde Ich euch reinigen. Und Ich werde euch ein neues Herz geben und einen neuen Geist in euer Inneres geben; ... Und Ich werde Meinen Geist in euer Inneres geben ... Und ihr werdet in dem Lande wohnen, das Ich euren Vätern gegeben habe, und ihr werdet Mein Volk, und Ich werde euer Gott sein.“ Wir sehen hier deutlich das, was der HErr dem Nikodemus in Vers 3 und 5 sagt, und sehen zugleich, daß es sich um das von den Juden erwartete messianische Reich handelt (siehe auch V. 24 und V. 29-38). Das zeigen auch die Worte des HErrn V. 12: „Wenn Ich euch das Irdische gesagt habe, und ihr glaubet nicht, wie werdet ihr glauben, wenn Ich euch das Himmlische sage?“ Was Er ihm bisher gesagt hatte, war nur „das Irdische“ - das den Juden verheißene und von ihnen erwartete messianische Rleich; darüber war Er bis V. 12 nicht hinausgegangen; von dem „Himmlischen“ redet Er erst von V. 13 an. Wir sehen aber aus Hes. 36 auch (wenn wir das eben Gesagte im Auge behalten), was der HErr mit „von neuem geboren werden“ und „aus Wasser und Geist geboren werden“ meint: Die schon in Hes. 36 beschriebene Schaffung eines neuen Herzenszustandes durch das Wort Gottes - das „Wasser“, welches reinigt -, wirksam gemacht durch den Geist Gottes. Es ist die Mitteilung eines neuen Lebens, das der Mensch nicht durch die leibliche Geburt besitzt, sondern das nur der Geist Gottes hervorzubringen vermag. Das ist die „neue“ Geburt, die Geburt „aus dem Geiste“. Sie ist - wie oben gezeigt - noch nicht das, was einen Menschen zu einem Kinde

Gottes macht, sondern nur eine geistliche Neuschöpfung, welche der HErr als unerläßliche Voraussetzung dafür erklärt, daß ein Mensch das „Reich Gottes“ „sehen“ und in dasselbe „eingehen“ kann. Er bringt dies ausdrücklich in Verbindung mit dem „Irdischen“ (V. 12) und spricht nur von „Wasser und Geist“ - ohne Hinweis auf das „Blut“ -, während Er von dem „ewigen Leben“ erst dann spricht, nachdem Er zu dem „Himmlischen“ übergegangen ist und auf das Kreuz hingewiesen hat (V. 13-16). Daher glauben wir, daß „von neuem geboren“, wenn wir von einem solchen Zustand überhaupt reden wollen, nur einen Anfangs zustand des Werkes Gottes in einem Menschen bezeichnet, aber noch nicht den Zustand eines Kindes Gottes nach neutestamentlichen Begriffen. „Von neuem geboren“ drückt nur aus, daß ein durch den Geist Gottes gewirktes neues Leben vorhanden ist. Ein Kind Gottes besitzt „ewiges Leben“; daß aber das durch den Geist Gottes in einem Menschen gewirkte Leben noch nicht gleich das „ewige Leben“ ist, zeigt uns Gottes Wort ganz klar z. B. in dem Gleichnis vom Säemann (Matth. 13,1-23; Mark. 4,1-20; Luk. 8,4-15), wo auch das auf das Steinigte und das unter die Dornen Gesäete aufging, aber dann das eine verdorrte und das andere von den Dornen erstickt wurde, und in Nikodemus, in dem ja auch der Geist Gottes gewirkt hatte, da er doch sonst nicht zum HErrn gekommen wäre bei Nacht, dem aber der HErr sagen mußte: „Ihr müsset von neuem geboren werden“, der also noch nicht einmal „von neuem geboren“ war, wie auch in dem Hauptmann Kornelius, in dem offenbar der Geist Gottes viel gewirkt hatte, der aber dennoch erst noch der Errettung bedurfte (Apgesch. 11,14), also noch verloren war. Aus Joh. 3,1-12 sehen wir aber auch, daß „von neuem geboren“ mehr bedeutet als das Vorhandensein einer leisen Spur von geistlichem Leben - das ja immer nur durch den Geist Gottes sein kann, weil der Mensch von Natur geistlich völlig tot und daher von sich aus zu jeder noch so geringen Lebensregung unfähig ist, denn ein gewisses Maß von solchem Leben hatte Nikodemus ohne Zweifel, als er in jener Nacht zum Herrn Jesus kam, aber er war nicht „von neuem geboren“, wie die Worte des HErrn an ihn klar zeigen (Joh. 3,3.7). - Dies nur der Vollständigkeit wegen. Als letztes haben wir den Ausdruck „ausGott geboren“ zu betrachten. Diesen finden wir in den Schriften des Apostels Johannes, der von „Leben“ spricht: Joh. 1,13; 1. Joh. 3,9; 4,7; 5,1.4. Dieser Ausdruck bedarf nicht vieler Ausführungen. Er bezeichnet die wunderbare Lebensverbindung, in der die Kinder Gottes durch den Sohn Gottes, unseren HErrn und

Heiland, zu Gott als ihrem Vater stehen - daß wir Seine geliebten Kinder sind mit all dem, was nach Gottes ewigem Liebesratschluß für uns damit verbunden und uns geschenkt ist. Dieser Ausdruck umfaßt alles, was die Beziehung eines Kindes Gottes zu Gott in sich schließt, und ist deshalb der Ausdruck, der angewendet werden sollte, wenn diese Beziehung bezeichnet werden soll.

Aus vorstehenden Ausführungen wird der Fragesteller und der Leser bereits die Antwort Auf die gestellte Frage gefunden haben. Wir glauben, daß der Fragesteller mit „Wiedergeburt“ nicht das meint, was wir unter diesem Ausdruck bei unserer Betrachtung gefunden haben, und auch nicht eigentlich das, was wir unter „wiedergeboren“ gesehen haben, sondern das, was wir als letztes unter „aus Gott geboren“ gefunden haben. Der Unterschied zwischen „Bekehrung“ und „aus Gott geboren“ ist nach unserer Auffassung der - wie am Schluß unserer Betrachtung über „Bekehrung“ schon ausgesprochen -,daß ersteres die Seite des Menschen vorstellt - wegen seinem dabei entscheidenden Herzensentschluß -, das andere aber die Seite Gottes, wobei der Mensch nichts tun kann: derMensch „bekehrt sich“, und indem er das tut, wird er „aus Gott geboren“. Der Mensch, der sich bekehrt hat, ist aus Gott geboren, und der Mensch, der aus Gott geboren ist, ist bekehrt. Beides gehört untrennbar zusammen. Beides ist im Grunde ein und dasselbe Werk Gottes, nur von zwei Seiten aus betrachtet. Möchten wir immer durch unseren Wandel es beweisen, daß wir uns „bekehrt“ haben und „aus Gott geboren“ sind.
Th. K.

Antwort B

Neue Geburt und Bekehrung sind nicht gleichbedeutend, so daß man beide Worte miteinander auswechseln könnte. Wenn wir in Schriftstellen, in denen das Wort „bekehren“ vorkommt, dieses durch „von neuem geboren“ ersetzen wollten, so würden wir sehen, daß es unmöglich ist. Was die Schrift unterscheidet, dürfen wir deshalb nicht verwechseln.

Wenn neue Geburt und Bekehrung auch unterschieden werden müssen, so sind andererseits beide doch so eng verbunden, daß sie nicht voneinander getrennt werden können. Wie wir die

nicht neue Geburt und Bekehrung trennen, so daß man als von einer Zeit der neuen Geburt und einer anderen Zeit der Bekehrung und wieder einer anderen Zeit des Gläubiggewordenseins reden könnte. Neue Geburt und Bekehrung bezeichnen uns verschiedene Seiten ein und desselben Werkes der Gnade Gottes in uns, die miteinander verbunden sind und doch unterschieden werden müssen.

Die neue Geburt zuerklären, sind wir nicht fähig; der Mensch vermag nicht einmal die natürliche Geburt zu ergründen (Pred. 11,5), geschweige denn das göttliche Werk der neuen Geburt. Der HErr sagt: „Der Wind weht, wo er will und du hörst sein Sausen, aber du weißt nicht, woher erkommt und wohin er geht; also ist jeder, der aus dem Geiste geboren ist“ (Joh. 3,8). Mit dem „du weißt nicht“ zeigt der HErr unsere Unfähigkeit, den Wind zu erklären, und mit dem „du hörst sein Sausen“ zeigt Er, daß wir doch sein Dasein feststellen können. Können wir auch die Unumschränktheit des Windes in seinem Kommen und Gehen nicht erfassen, so können wir doch das Dasein des Windes an seinen Wirkungen, wie erz. B. Bäume bewegt, erkennen. So ist es auch mit der neuen Geburt. Ergründen können wir sie nicht, aber erkennen können wir sie an den Wirkungen des neuen Lebens, wie z. B. dem erwachten Gewissen, der Buße, dem Anrufen des Namens des HErrn usw.

Der HErr spricht von der neuen Geburt in Verbindung mit dem Reiche Gottes. Petrus spricht in seinem Briefe von der Wiedergeburt mehr im allgemeineren Sinne. Der HErr sagt, daß wir das Reich Gottes, ohne von neuem geboren zu sein, weder sehen noch darein eingehen können. Dieses Wort gilt nicht etwa den Juden allein (obwohl es einem Juden gesagt wurde), sondern allen Menschen: „Es sei denn, daß

jemand (d. h. irgend ein Mann, jeder einzelne ohne Ausnahme) von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen“ (Joh. 3,3). Warum nicht? Weil durch Adams Fall die Sünde in die Welt gekommen und der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist (Röm. 5,12). Aus einem Unreinen kann nicht Reines hervorkommen. Der Mensch steht getrennt von Gott unter dem Todesurteil. Eine „neue“ - eine „Wieder“geburt, ein anderes Leben als das von Adam gezeugte, war deshalb für jeden eine unumgängliche Notwendigkeit, um ins Reich Gottes

eingehen zu können. Diese Wiedergeburt kann nicht durch die Wirksamkeit des Fleisches, sondern nur durch Gott Selbst, durch Wasser und Geist, erzeugt werden. Und so, wie die neue Geburt für jedermann notwendig ist, um in das Reich Gottes eingehen zu können, so bezieht sie sich auch auf das Reich Gottes in jeder Hinsicht, sei es das Reich Gottes in seiner heutigen geheimnisvollen Gestalt (1. Kor. 4,20; Apgesch. 20,25; Röm. 14,17) oder das Reich Gottes in seiner zukünftigen Herrlichkeit als aufgerichtet und sichtbar auf Erden (Ps. 72,8-11; Jes. 9,7; 11,3-10; Dan. 2,44; 7,14.27; Luk. 1,32.33).

Alle Gläubigen des Alten Testamentes waren wiedergeboren. Ohne „von neuem“ geboren zu sein, gab es keinen Eingang ins Reich Gottes, und der HErr sagt, daß viele aus allen Himmelsrichtungen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen würden im Reiche Gottes (Luk. 13,29; Matth. 8,11). Nikodemus hätte als ein Schriftgelehrter des Alten Testamentes hierüber nicht unwissend sein sollen. Der HErr sagte ihm: „Du bist ein Lehrer Israels und weißt dies nicht?“ (Joh. 3,10.)

Wenn uns auch, wie gesagt, es nicht gegeben ist, neue Geburt zu erklären, so gibt uns das Wort doch wichtige Unterweisungen. So lernen wir z. B., wie schon oben angedeutet, daß die Wiedergeburt ihren Ursprung nicht in unserem eigenen Willen, sondern in dem Willen Gottes hat. „Nach Seinem eigenen Willen hat Er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt“ (Jak. 1,18). Der Nachsatz „durch das Wort der Wahrheit“ beweist uns auch, daß neue Geburt nicht abgesehen vom Glauben stattfindet. Wenn das Wort sich mit dem Hörer nicht durch den Glauben verbindet, bleibt es ohne Nutzen, denn das Wort „nützte jenen nicht, weil es ... nicht mit dem Glauben vermischt war“ (Hebr. 4,2).

Wenn das Wort der Wahrheit vom Heiligen Geiste dem Herzen nahe gebracht wird, neue Geburt zu bewirken, so geschieht es nicht, ohne daß auch gleichzeitig Glauben gewirkt wird, denn beide, sowohl das Wort wie auch der Heilige Geist, sind es, die dem Sünder Ihn als Heiland der Welt bezeugen. „So viele Ihn aber aufnahmen, denen gab Er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an Seinen Namen glauben“ (Joh. 1,12). Das „Ihn aufnehmen“ ist das Kennzeichen derer, die an Seinen Namen glauben, und das sind die, „welche nicht ... aus dem

Willen des Fleisches ..., sondern aus Gott geboren sind“ (Joh. 1,13) und „ewiges Leben“ haben (1. Joh. 5,13).

Würde ein Mensch ohne Glauben wiedergeboren, so wäre er ohne das Wort wiedergeboren. Petrus aber schreibt: „Die ihr nicht wiedergeboren seid aus verweslichem Samen, sondern aus unverweslichem durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“ (1. Petr. 1,23). Petrus stellt hier gleichsam beide Geburten nebeneinander: die Geburt aus dem verweslichen Samen des Fleisches und die Geburt aus dem unverweslichen Samen, dem lebendigen und bleibenden Worte Gottes. Der Same des Fleisches ist nach seiner Art verweslich, und deshalb ist alles Fleisch wie Gras. Der Same des Wortes aber ist unverweslich und bringt nach seiner Art in der Wiedergeburt ein Leben hervor, das in Ewigkeit bleibt. Dasselbe drückt auch der HErr in den Worten aus: „Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geiste geboren ist, ist Geist“ (Joh. 3,6).

Manche haben gemeint, daß der Glaube der neuen Geburt vorausgehen müsse. Die Schrift lehrt solches nicht. Wohl sagt sie, daß, „wer an Ihn glaubt, ewiges Leben hat“, nicht aber, „wer an Ihn glaubt, wird neu geboren“. Wenn wir den Glauben der Neugeburt voran stellen, so geben wir ihm einen Platz, den Gott ihm nicht gibt. Wir machen den Glauben zum Vorläufer und Mitbewirker unserer eigenen Geburt. Wir können aber nicht Mitwirker unserer eigenen Geburt sein. Der Mensch kann auch nicht aus sich selbst heraus Glauben wirken; dann vermöchten auch die, die im Fleische sind, Gott zu gefallen.

Neue Geburt ist das Werk Gottes; Er ist der Urheber und Erzeuger derselben. Er muß den Anfang in uns machen. Wohl ist, wie wir bereits gesehen haben, neue Geburt vom Glauben begleitet, aber sie wird nicht durch den Glauben bewirkt. Als der HErr von der neuen Geburt mit Nikodemus sprach, sagte Er nichts vom Glauben, wohl aber vom Wasser und Geist: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde ...“ Das Wort und der Heilige Geist, und nicht der Glaube, sind die lebenwirkenden Elemente. Und diese beiden sind auch zugleich die Zeugen von dem gleich der Schlange erhöhten Christus, und jetzt folgt in den Worten des HErrn die Tätigkeit des Glaubens, die zum bewußten Besitz des „ewigen Lebens“ führt.

In der natürlichen Geburt empfangen alle ein gleiches, menschliches, irdisches, vergängliches Leben, und doch ist dieses Leben ganz verschieden bezüglich seiner Entfaltung und Gestaltung, seiner Umstände und Entwicklung. Dasselbe können wir in gewisser Hinsicht auch auf die neue Geburt anwenden. Alle empfangen in der neuen Geburt gleiches göttliches ewigbleibendes Leben (so wie der HErr sagt: „Der Sohn macht lebendig, welche Er will“, Joh. 5,21), und doch ist es in seiner Entfaltung und Gestaltung, in seinem Charakter und Segenslose den verschiedenen Haushaltungs- oder Verwaltungsperioden Gottes gemäß verschieden.

Die neue Geburt bringt uns den Eingang in das „Reich Gottes“ und damit auch zu dessen Segnungen, die natürlich je nach der Gestaltung des Reiches Gottes verschieden sind. Wenn es nun auch ohne Frage ist, daß die Gläubigen des Alten Testamentes den Eingang ins Reich Gottes und durch die Neugeburt göttliches, ewiges, unvergängliches Leben hatten, so war ihnen damit nicht auch das Segenslos der „Gemeinde Gottes“ gegeben. Die Entfaltung des göttlichen Lebens bei ihnen lag auf einer anderen Linie als bei uns heute. Auch ihre Meßschnüre sind gefallen in lieblichen Örtern (Ps. 16,5.6). Aber das Teil ihres Loses ist nicht das gleiche wie das Teil des Loses der Glieder des Leibes Christi. Die wunderbare Einheit der Glieder mit ihrem verherrlichten Haupte im Himmel und miteinander, so daß „da nicht ist Jude noch Grieche, nicht Sklave noch Freier, nicht Mann noch Weib, sondern alle einer in Christo Jesu“ (Gal. 3,28), war nicht das Teil ihres Bechers. Wohl ist Jehova das Teil ihres Erbes, aber die himmlische Verwandtschaft durch den Geist der Sohnschaft, in welchem wir rufen „Abba, Vater“, und das „ewige Leben“, welches „in Seinem Sohne“ ist (1. Joh. 5,11) - jenes „Erkennen“, von dem der HErr sagt: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren Gott und den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen“, war nicht ihr Erbteil.

Durch die neue Geburt empfängt jeder ein neues, ewiges, göttliches Leben. Dies ist mit neuer Geburt verbunden. Neue Geburt aber bestimmt nicht auch die Segens- und Lebenssphäre, das „Erbteil“ des Wiedergeborenen; dieses wird durch die Berufung Gottes bestimmt. Wir, die „Genossen der himmlischen Berufung“ (Hebr. 3,1), sind im Gegensatz zum irdischen Volke Gottes nicht nur „lebendig gemacht“, sondern mit Christo lebendig gemacht, mitauferweckt,

mitsitzend in den himmlischen Örtern in Christo Jesu (Eph. 2,5.6). Wir sind auf himmlischen Boden, in eine himmlische Verwandtschaft und Stellung gebracht und besitzen „ewiges Leben“, so wie es durch den HErrn in Seiner eigenen Person auf Erden geoffenbart wurde, und zwar ist dieses schon jetzt unser bewußter und gegenwärtiger Besitz. Diese himmlische Verwandtschaft, dieses Verbundensein mit Christo in Auferstehung und Herrlichkeit konnte erst geoffenbart werden, nachdem Christus verherrlicht und der Heilige Geist uns gegeben war, und konnte deshalb vor dem Kommen Christi und der Vollendung der Erlösung und dem Herabkommen des Heiligen Geistes nicht das Teil der Heiligen des Alten Testamentes sein. Ihr Erbteil war in Verbindung mit Zion, „denn dort hat Jehova den Segen verordnet, Leben in Ewigkeit“ oder ewiges Leben (dasselbe Wort wie in Dan. 12,2). „Ewiges Leben“ in dem obenerwähnten neutestamentlichen Sinne umfaßt mehr als göttliches Leben in der Seele. Es umschließt die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne; es ist „in Seinem Sohne“, und „wer den Sohn hat, hat das Leben“ (1. Joh. 5,11).

Wenn wir uns nun zur Bekehrung wenden, so lernen wir, daß die Schrift mit Bekehrung das-sich-Umwenden, die Umkehr meint. Dies geht deutlich daraus hervor, daß sie dieses Wort auch auf Gläubige anwendet, die sich vom HErrn oder vom Wort der Wahrheit abgewandt haben. Der HErr sagt z. B. von Petrus in bezug auf seine Verleugnung: „Bist du einst zurückgekehrt (bekehrt), so stärke deine Brüder!“ (Luk. 22,32.) Und Paulus fragt die Galater, ob sie sich wieder zu den schwachen und armseligen Elementen umwenden (bekehren) wollen (Gal. 4,9). Dieses Wort, welches in diesen Stellen sinngemäß mit „umkehren“ übersetzt ist, ist im Griechischen „bekehren“ und ist dasselbe Wort, wie wir es in Apgesch. 26,18; 1. Thess. 1,9 u. a. m. finden.

Die Bekehrung ist der große Wendepunkt im Leben eines Menschen, wo er sich umkehrt von den groben oder feinen, äußerlichen oder innerlichen Götzenbildern zu dem lebendigen Gott. Das inwendige Werk Gottes in seiner Seele wird in der Bekehrung sichtbar; sie ist die Wirkung des neuen Lebens und verhält sich zur Wiedergeburt wie die Wirkung zur Ursache. Der HErr gab Paulus den Auftrag, ihnen „die Augen aufzutun, auf daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht“ (Apgesch. 26,18). Der Mensch hat sich zu bekehren, aber in bezug auf

die neue Geburt ist seine Tätigkeit ausgeschlossen. Das fühlte Nikodemus, als er sagte: „Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? usw.“ (Joh. 3,4.)

So unterscheiden wir in der Errettung des Sünders die göttliche Seite in der Wiedergeburt und die menschliche in der Bekehrung. Beide sind nicht voneinander zu trennen, sondern gehen zusammen wie Ursache und Wirkung. Es ist köstlich für den Gläubigen, über das Walten Gottes in den Wegen Seiner Gnade nachzusinnen; für die Botschaft des Evangeliums kommen diese Unterscheidungen aber weniger in Frage.

v. d. K.

Wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das ewige Leben, welches bei dem Vater war und uns geoffenbart worden ist.“

- 1. Joh. 1,2.

Krankheit.

„Wenn du fleißig auf die Stimme Jehovas, deines Gottes, hören wirst ... so werde Ich keine der Krankheiten auf dich legen, die Ich auf Ägypten gelegt habe; denn Ich bin Jehova, der dich heilt.“ (2. Mos. 15,26.)

Gleich nach dem Sündenfalle kommen wir auf die erste Spur von Krankheit, denn Jehova redete zu dem verführten Weibe von „Schmerzen“, und Schmerz ist, wie ein jeder weiß, ein Hauptsymptom der Krankheit. Darum dürfen wir sagen, daß Krankheit eine der schweren Folgen der Sünde ist. Wenn keine Sünde da wäre, so würden auch nicht Krankheit und Tod sein. Gerade wie wir auf den ersten Blättern der Schrift den Anfang von Schmerzen finden, so finden wir auf den letzten Blättern das Ende derselben: „Noch Schmerz wird mehr sein, denn das Erste ist vergangen.“ (Offb. 21,4.)

Die völlige Beseitigung von Schmerz und Krankheit ist nur durch unseren HErrn Selbst zustande gebracht, denn „Er hat unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf Sich geladen“ (Jes. 53,4), oder wie diese bedeutungsvolle Stelle im Neuen Testament angeführt wird: „Er Selbst nahm unsere Schwachheiten und trug unsere Krankheiten.“ (Matth. 8,17.) Ja, Er wurde zu dem gemacht, was Krankheit verursacht hatte, zur Sünde, also steht es geschrieben: „Durch Seine Striemen ist uns Heilung geworden.“ (Jes. 53,5.)

Erst bei der Ankunft des HErrn werden Krankheit und Tod für die Gläubigen hinweggetan, denn bis dahin hat jeder noch einen sterblichen Leib, und dieser sterbliche Leib kann krank sein. Doch an dem Tage wird dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen (1. Kor. 15,53), und dann wird das Wort erfüllt: „Verschlungen ist der Tod im Siege.“ (Jes. 25,8.) Ja, an dem Tage „wird Er unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit“. (Phil. 3,21.) Dieser himmlische, unsterbliche und umgestaltete Leib wird keiner Krankheit mehr auf ewig ausgesetzt sein. So wundern wir uns nicht, daß Paulus schreibt: „In diesem freilich seufzen wir, uns sehnend, mit unserer Behausung, die aus dem Himmel ist, überkleidet zu werden.“ (2. Kor. 5,2.) Wie oft seufzen wir in diesem Leibe, insonderheit wenn dieses oder jenes Glied wehe tut! Aber in dem neuen Jerusalem wird kein Geschrei mehr sein!

Die Schrift stellt keine bestimmte Regel über Krankheit auf. Menschen in ihrer Unwissenheit und Einbildung tun das wohl, indem sie behaupten, daß jede Krankheit ein Werk des Teufels sei und man nur aus Mangel an Glauben oder der „Taufe des Geistes“ nicht gleich und plötzlich gesund werde, oder man sagt salbungsvoll, daß jede Krankheit eine Züchtigung Gottes für Sünde sei! Doch wenn man so etwas behauptet, so offenbaren solche Worte nur die eigene Unreife und Schriftunkundigkeit: „Der erste in seiner Streitsache hat recht, doch sein Nächster kommt und forscht ihn aus.“ (Spr. 18,17.)

Der HErr handelt mit den Seinigen auf mannigfaltige Art und Weise, Er ist nicht nur an eine gebunden, denn „unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar sind Seine Wege.“ (Röm. 11,33.) Elia fuhr wohl im Sturmwinde auf gen Himmel (2. Kön. 2,11), Elisa aber

Tatsachen können wir mit jenen Verallgemeinerungen nichts anfangen, denn unsere Theorien werden zuschanden. Ja, es ist eine kindische, unbiblische Theorie, zu behaupten, jede Krankheit sei ein Werk des Teufels. Wieviel Unheil und sogar Zersplitterung ist unter Gläubigen durch solche oberftächlichen und sogar grausamen Phrasen hervorgerufen worden!

In jedem einzelnen Falle ist die wunderbare Handlungsweise Gottes anders, und man braucht Weisheit von oben, um zu verstehen, was Gott durch die Zulassung irgend einer Krankheit beabsichtigt. Als Lazarus zu Bethanien krank war, sagte der HErr nicht etwa: „Diese Krankheit ist eine Strafe Gottes für eine Sünde oder ein Werk des Teufels“, nein, Er sprach: „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, auf daß der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde.“ (Joh. 11,4.) Gott ließ ihm die Krankheit zu, um einen bestimmten herrlichen Zweck zu erfüllen.

Als der liebe Epaphroditus in Rom krank und dem Tode nahe war, schrieb Paulus nicht, daß dies eine Züchtigung Gottes oder ein Werk des Teufels sei, sondern „um des Werkes willen ist er dem Tode nahe gekommen, indem er sein Leben wagte, auf daß er den Mangel in eurem Dienst gegen mich ausfüllte.“ (Phil. 2,30.) Warum Paulus ihm nicht die Hände auflegte und ihn heilte, steht nicht geschrieben, doch wäre es sicher ein ewiger Verlust für ihn, wenn es der Apostel getan hätte. Hätte Paulus ihn schnell geheilt, um Bewunderung im Hause des Kaisers zu erregen, so wäre Epaphroditus verkürzt in den Leiden, die seinem Dienst vielen Wert zufügten!

Timotheus war häufig unwohl. (1. Tim. 5,23.) Hat Paulus ihn deswegen scheel angeschaut, als ob die sogenannte „Taufe des Geistes“ ihm fehlte? Einseitige moderne Brüder würden wohl gesagt haben, daß er aus Mangel an Glauben nicht völlig gesund sei, doch der Heilige Geist führte Paulus dazu, ihm zu raten, kein Wasser mehr zu trinken, sondern ein wenig Wein.

Den Bruder Trophimus aus Ephesus ließ Paulus in Milet krank zurück. (2. Tim. 4,20.) Warum denn hat Paulus ihn nicht geheilt? Sollen wir den Apostel verurteilen? Brüder mit überspannten menschlichen Theorien würden sicher den Apostel deswegen anklagen. So sehen wir immer wieder, daß Theorien über Krankheiten nicht stichhaltig sind, wenn Gottes Wort zu seinem

Wohl können Krankheit und Tod Züchtigungen Gottes sein, denn der Apostel schrieb, daß viele in Korinth schwach und krank waren und ein gut Teil entschlafen, weil sie unwürdiglich aßen und tranken beim Abendmahl des HErrn. (1. Kor. 11,27-32.) Sicher, der HErr hat oft Krankheit als Züchtigungsmittel gebraucht. Der König Asa ist ein Beispiel. Spät in seinem Leben wandte er sich vom HErrn ab und erkrankte an seinen Füßen, so daß er überaus krank war, doch die Züchtigung brachte bei ihm nicht die göttliche Frucht der Reue hervor, und also starb er. (2. Chron. 16,12.)

Unter Davids Führung versündigte sich das Volk Israel, und Gott ließ eine Pest kommen, welche 70000 hinwegraffte. (2. Sam. 24,15.) Wie schnell fiel das Gericht Gottes auf Ananias und Saphira, als sie den Heiligen Geist belogen! (Apg. 5,1-11.)

Bei jedem Kranksein sollten wir uns vor dem HErrn prüfen, ob etwas in unserem Leben oder Wandel nicht in Ordnung und die Krankheit eine Züchtigung des HErrn sei.

Der HErr kann bei irgend einem Seiner Knechte eine Krankheit zulassen, um dem Betreffenden etwas Besonderes zu sagen. Man darf vielleicht annehmen, daß es Hiob bei all seinen Tugenden an Geduld und Licht über sich fehlte, und der HErr gestattete dem Satan, ihn mit bösen Geschwüren zu schlagen, denn sicher - Satan darf ein Kind Gottes nicht antasten ohne die Bewilligung Gottes. (Hiob 2,5.10.) Hiob bestand diese schwere Prüfung, und im Neuen Testament wird er als Beispiel des Ausharrens hingestellt (Jak. 5,11), denn „Trübsal bewirkt das Ausharren“. (Röm. 5,3.)

Krankheit kann auch zugelassen werden, um etwas, z. B. irgend eine Untugend, zu verhindern. Sogar Paulus stand in Gefahr, sich zu überheben wegen der Überschwenglichkeit der ihm gewährten geistlichen Offenbarungen. So wurde ihm ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, und der HErr nahm den Dorn nicht weg, obwohl Paulus dreimal darum flehte, sondern Er schenkte ihm genügend Gnade, dies zu tragen. (2. Kor. 12,7-10.) Krankheit kann also das Herz der Gotteskinder vor dem Stolze bewahren. Wenn aber behauptet wird, man dürfe nicht krank sein, jede Krankheit sei ein Werk des Teufels, und sei man krank, so sei im

geistlichen Leben etwas nicht in Ordnung, und der HErr müsse nun durch ein Wunder der Heilung verherrlicht werden, so wird man in vielen Fällen die tiefen Wege der Weisheit und Erziehung des HErrn durchkreuzen, und das würde ein großer Verlust sein.

Unser ungeübtes, törichtes Menschenherz verlangt nach äußeren Zeichen und Wundern, aber nicht nach den stillen und geraden Wegen des Gottes aller Geduld und alles Trostes. Der König Hiskia sträubte sich, als ihm in seiner Krankheit der Wille des HErrn kund wurde, daß er sterben sollte. Auf sein heißes Gebet fügte Jehova 15 Jahre seinem Leben hinzu, und ein merkwürdiges Zeichen geschah an dem Sonnenzeiger Ahas, wovon man sogar in Babylon erfuhr. Doch wäre es nicht besser gewesen, wenn er zu dem geoffenbarten Willen Gottes einfach „Amen“ gesagt hätte? Denn während der 15 hinzugefügten Jahre seines Lebens wurde sein Sohn Manasse geboren, der so viel tat, um Jehova zu reizen, denn er verleitete Juda und die Bewohner von Jerusalem, mehr Böses zu tun als die Nationen, welche Jehova vor den Kindern Israel vertilgt hatte. (Jes. 38; 2. Chron. 33.)

Unter den guten Werken, die das Wohlgefallen und die Anerkennung des Königs an Seinem Tage finden werden, wird auch das Besuchen der Kranken erwähnt. Unter anderem wird Er sagen: „Ich war krank und ihr besuchtet Mich“, und dann das aufmunternde Wort hinzufügen: „Insofern ihr es einem der Geringsten dieser Meiner Brüder getan habt, habt ihr es Mir getan.“ (Matth. 25,31-46.) Die Krankheit unserer Brüder und Schwestern gibt uns somit eine schöne Gelegenheit, ihnen unsere Liebe zu erweisen, indem wir sie besuchen und ihnen verschiedene Liebeserweisungen entgegenbringen. Der HErr bemerkt das und betrachtet es, als ob wir das Ihm getan hätten.

Mit einem oberflächlichen und leichtfertigen Schlagwort kann man nicht jedes Kranksein in dieselbe Kategorie tun, denn unser Gott handelt nicht schablonenmäßig, und wenn man es doch tut, so verursacht man viel Verwirrungen und Zerwürfnisse unter Gläubigen. Mittel zur Linderung und Heilung finden wir in der Schrift. Öl kommt vor in Jes. 1,6. Der gute Samariter verwendete Öl und Wein. Jesaja befahl einen Feigenkuchen als Pflaster, Jakobus schrieb von einer Salbung mit Öl, vielleicht des ganzen Leibes, mit Gebet. Der HErr Selbst wendete einmal

einen Kot aus Speichel und Lehm als Salbe an. (Joh. 9,6.) Und wie wir schon gefunden haben, Paulus riet Timotheus, ein wenig Wein zu nehmen. Alles das ist so einfach und ungekünstelt.

Im Ps. 41,1-3 ist eine gar schöne Verheißung, nämlich, daß Jehova den auf dem Siechbette stützen und dessen Lager in seiner Krankheit umwandeln wird, der auf den Armen acht hat! Hier kommt der wunderbare göttliche Grundsatz zum Ausdruck, daß man ernten wird in leiblichen Sachen, was man gesät hat. Hat man gefühllos und lieblos die Armen behandelt, so kann man nicht Liebe, wenn man krank ist, erwarten. Hat man niemals die Armen, die unter uns sind, unterstützt, so kann man nicht erwarten, daß Jehova einen auf dem Siechbette stützen wird. Aber würde wohl der HErr eins Seiner Kinder auf dem Siechbette stützen, wenn die Krankheit ein Werk des Teufels wäre? Diese Frage bedarf keiner Antwort.

Was ärzttiche Hilfe anbelangt, so sagte unser HErr Selbst, daß die Starken keines Arztes bedürfen, sondern die Kranken. (Matth. 9,12.) Also hat Er ärztliche Hilfe weder verurteilt noch verworfen. Paulus nannte Lukas den geliebten Arzt (Kol. 4,14), und er allein blieb bei dem Apostel, als er in Rom im Gefängnis lag. (2. Tim. 4,11.) Sicher verschmähte er nicht irgend welchen ärztlichen Dienst, den Lukas ihm leisten konnte.

Es läßt sich noch vieles über dieses belangreiche Thema sagen, doch wir haben genug geschrieben, um zu zeigen, in wie weiten Zügen die Schrift die Frage des Krankseins behandelt.

Gott wollte ein gesundes Volk haben, nämlich das Volk Israel, und wäre das Volk gehorsam gewesen, so hätte Er keine schwere Krankheit auf dasselbe gelegt. Jehova gab auch im Gesetz gute Regeln der Gesundheit, woran das Volk sich halten sollte. Leider sind viele - auch Gläubige - ungesund, und nur, weil sie die vernünftigen Gesetze der Natur verletzen, z. B. man hält den Körper nicht rein, man überbürdet den Magen mit schwer zu verdauenden Speisen, man wohnt und schläft in schlecht gelüfteten Gemächern usw., und der arme übel behandelte Körper wird krank. Von solchen Krankheiten kann man nicht sagen, daß sie ein Werk des Teufels sind, denn sie sind die natürlichen Folgen der Unwissenheit und des Unverstandes. Wohl bringen die Kinder

Lichtes sollen ihrem HErrn Ehre machen, indem sie rein, keusch und enthaltsam leben. Jede Leidenschaft sollte man völlig meiden, ob sie Alkohol, Tabak oder sonst was sei.

„Verherrlicht nun Gott in eurem Leibe.“ (1. Kor. 6,20.) „Euer ganzer Geist und Seele und Leib werde tadellos bewahrt bei der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus!“ (1. Thess.5,23.)

F. Btch.

„Taufformel.“

(Aus einem Briefe.)

... Von einer Anordnung des HErrn sollten wir nicht als von einer Formel reden. Den Aposteln waren die Worte des HErrn sicher keine Formel, obwohl nicht daran zu zweifeln ist, daß sie die Taufhandlung genau nach Seiner Anweisung vollzogen. Der HErr hatte befohlen, zu taufen „auf den Namen des Vaters usw.“ (Matth. 28,19.) Ist es denkbar, daß die Jünger, als sie zehn Tage später zum ersten Male tauften, dieses nicht getan haben sollten?

Ich weiß wohl, daß von gewissen Seiten gelehrt wird, der HErr habe diesen Befehl im Blick auf das kommende Reich gegeben. Diese Stelle sei jüdisch und enthalte die jüdische Missionstaufe. Auch in Deutschland liehen einige Brüder dieser Lehre ihr Ohr. Die weitere Folge war, daß man ungefähr ein Dutzend Bücher des Neuen Testamentes als jüdisch erklärte und sie für die Gemeinde ausschaltete. Da gingen doch manchen die Augen auf, und sie wandten sich von solcher philosophischen Schriftauslegung ab. Israel und die Gemeinde müssen unterschieden werden, aber wir dürfen nicht ins Extreme gehen.

Andere wieder meinen, die Anweisung des HErrn, zu taufen „auf den Namen des Vaters usw.“ mit der Begründung ablehnen zu können, daß es sich in Matthäus um die Taufe „aller Nationen“ handle und wir es mit dieser Nationen-Taufe nicht zu tun hätten. Solche Erklärungen sind so gezwungen und tun dem Worte Gewalt an, daß man ohne weiteres sie übergehen kann. Wenn der HErr vor Seinem Weggange Seinen Jüngern befahl, zu allen Nationen zu gehen, so hob Er

damit die Beschränkung auf, „nicht auf einen Weg der Nationen“ (Matth. 10,5) zu gehen, und wies sie an, nun die Botschaft des Evangeliums unbeschränkt allen Völkern, allen Menschen zu bringen und die, welche durch das Evangelium Jünger wurden, zu taufen „auf den Namen des Vaters usw.“

Gewiß werden die Juden auch an einem späteren Tage noch diesen Befehl des HErrn in Matthäus 28,19 ausführen. Wo aber heute und unter welchen Völkern das Evangelium auch verkündigt werden mag, da gilt auch noch diese Anordnung des HErrn in Bezug auf die Taufe. Sonst hätte der HErr ja den Jüngern etwas zu tun geheißen und gar nicht gemeint, daß sie es tatsächlich nach Seinem Weggange tun sollten.

Zu taufen war in jenen Tagen nichts Neues. Außer der Taufe Johannes des Täufers gab es noch jüdische und sogar auch heidnische Taufen. Aber dieser Auftrag des HErrn in Matthäus war die Einsetzung einer ganz neuen Taufe, einer Taufe, die sich auf Seine Autorität - auf Ihn Selbst - gründete. Und diese Taufe, die sich, wie gesagt, auf Seine Autorität, auf Seinen Namen gründete, sollte ausgeführt werden: „Im Namen des Vaters usw.“ Dies war das Kennzeichnende in der vom HErrn angeordneten Taufe und stand dadurch im Gegensatz zu allen anderen Taufen jener Tage.

Es ist m. E. nichts als philosophische Klügelei, „auf“ oder „in dem Namen des HErrn“ zu taufen. Seine Vorschrift für die Ausführung der von Ihm angeordneten Taufe nicht zu beachten ist ein Beiseitesetzen Seines Wortes. Man beruft sich auf die Apostelgeschichte, weil die sogenannte Taufformel dort nicht gefunden wird. Und weil sie bei den Taufberichten nicht extra erwähnt wird, sagt man kurzerhand, sie sei nicht gebraucht worden. Welch flacher, haltloser Beweis! Es ist so, als wenn man sagen würde, weil bei den vielen Gemeinden in der Apostelgeschichte nicht gesagt wird, daß sie das Brot brachen, hätten sie es nicht gebrochen. Die Apostelgeschichte ist doch nicht das Buch, in welchem uns die Lehre über die Taufe oder den Taufakt gegeben wird. In diesem Buche macht uns der Heilige Geist Mitteilungen von dem Werke des HErrn und den Taten der Apostel und berichtet von einer Anzahl Personen, die getauft wurden. Unter anderem teilt sie uns auch mit, daß eine Anzahl Gläubige in Ephesus, die

schon auf die Taufe Johannes' getauft waren, nochmals getauft wurden, und zwar mit der Taufe, die von dem Herrn Jesus angeordnet war, die sich nicht auf Johannes, sondern auf den Namen des Herrn Jesus gründete. Wie gesagt, die Apostelgeschichte gibt uns keine Beschreibung der Taufhandlung an sich, sondern nur, daß die Taufhandlungen in der Autorität Seines Namens vollzogen wurden. Und wenn sie in Seinem Namen vollzogen wurden, so mußten sie so vollzogen werden, wie Er sie angeordnet hatte, „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“.

Wohin kommt man, wenn man die Worte, die uns auf die Autorität der Person hinweisen, von der die Taufe ihren Grund und Charakter empfängt, zur Taufformel stempeln will? Nach einer solchen Auffassung wären

die Juden am Pfingsttage getauft „auf den Namen Jesu Christi“ (Apg. 2,38), Kornelius „in dem Namen des HErrn“ (Apg. 10,48),

die Ephesus-Jünger „auf den Namen des Herrn Jesus“ (Apg. 19,5),

die Römer „auf Christum Jesum“ (Röm. 6,3),

die Galater „auf Christum“ (Gal. 3,27).

Ist es ganz gleich, ob da steht „im Namen des HErrn“ oder „Jesu Christi“ oder „Christum Jesum“? Wissen wir nicht, daß die Schrift genau ist und die Verschiedenheiten der Namen nicht zufällig sind, sondern ihre tiefe Bedeutung haben? Wie kann man dann so leichthin sich aus diesen Namen einen herausgreifen, ihn zur Taufformel machen und sagen, es muß „im Namen des HErrn“ getauft werden? Oder kann sich jeder wählen, wie und in welchem Namen er getauft werden will? Sicher haben diese Verschiedenheiten der Namen in ihrem Zusammenhange ihre besondere und tiefe Bedeutung. Aber alle bezeichnen die eine Person, die für diese Taufhandlung Autorität ist. Nehmen wir Seinen Namen für die Ausführung in Anspruch, so muß sie auch nach Seiner Anordnung „im Namen des Vaters usw.“ ausgeführt werden.

Stellen Sie sich vor, lieber Bruder, Sie hätten zu jener Zeit gelebt, und der HErr hätte Sie beauftragt, in dem Namen des Vaters usw. zu taufen, und einige Tage danach hätten Sie dieses zu tun gehabt, und zwar an Menschen, die wohl die Johannestaufe, aber nicht die von Christo eingesetzte Taufe kannten, würden Sie nicht gleich wie Petrus diese auffordern, sich in dem Namen des HErrn taufen zu lassen, und würden Sie, wenn Sie dann die Handlung ausführten, sie nicht so ausführen, wie der HErr (in dessen Namen sie taufen) es Ihnen persönlich wenige Tage zuvor geheißen hatte: „Im Namen des Vaters usw.“?

Man mag mit einem gewissen Recht sagen, daß das Matthäus-Evangelium den Reichscharakter trägt, aber in dieser Sache ist die Frage nicht für uns, welchen Charakter das Evangelium trägt, sondern ob der HErr Seinen Jüngern bei der Einsetzung der Taufe tatsächlich geboten hat, die Taufe „im Namen des Vaters usw.“ zu vollziehen. Wenn daran kein Zweifel ist, so kann auch kein Zweifel daran sein, daß die Taufen sowohl in der Apostelgeschichte als auch weiterhin nach dieser Anweisung des HErrn vollzogen wurden. Denn die Jünger besaßen damals das Matthäus-Evangelium noch gar nicht und konnten deshalb auch von dem Reichscharakter desselben nichts wissen; es wurde erst ungefähr im Jahre 50 geschrieben. Der Reichscharakter des Matthäus-Evangeliums konnte sie deshalb auch gar nicht hindern, nach den Worten des HErrn zu taufen. Sie besaßen aber klar und deutlich die Anweisung des HErrn „und taufet sie im Namen des Vaters usw.“, und wer konnte daran zweifeln, daß Sie nach diesem Worte des HErrn gehandelt hätten?! Zu einer solchen widersinnigen Annahme fehlt jeder Grund. Wenn wir nach dem Worte des HErrn taufen: „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes,“ so stehen wir auf sicherem Schriftgrunde und nicht auf dem Grunde philosophischer Vernunftschlüsse.

v. d. K.

 

 

Liebe.

(1. Kor. 13.)

Wenn wir die Worte des 13. Kapitels des 1. Korintherbriefes auf unser Herz und Gewissen wirken lassen, so werden wir uns bewußt, wie wenig wir diesen Worten unseres Gottes entsprechen, und Betrübnis erfüllt unser Herz bei dem Gedanken, so wenig wirkliche Liebe zu betätigen.

Dieser Schriftabschnitt (1. Kor. 13) ist geschrieben, damit wir ihn auf uns anwenden. Wir sind vielleicht geneigt, zu denken, dieses Wort von der Liebe könne nur auf unseren HErrn angewandt werden. Gewiß können wir die hier beschriebene Liebe, vollkommen zum Ausdruck gebracht, nur bei Ihm finden, als Er hienieden wandelte; wir dürfen, ja sollen beim Betrachten dieses Abschnittes Seine Liebe und Seine Herrlichkeit anschauen, um durch den Heiligen Geist mehr und mehr in Sein Bild umgestaltet zu werden. Möchten wir dieses Wort als einen Spiegel gebrauchen, in den wir hineinschauen und uns persönlich betrachten zum Nutzen, zur Beugung, zur Buße, zum Ausstrecken und Streben nach der Liebe. Und „Gott ist es, der in uns wirkt, sowohl das Wollen als auch das Vollbringen“.

Laßt uns zunächst beachten, daß die Liebe aus Gott ist und der aus Gott Geborene durch den Heiligen Geist befähigt ist, diese von Gott gewirkte Liebe in Seinem Leben zu betätigen! Und weiter laßt uns beachten, daß Gott Liebe ist und die Liebe nimmer vergeht. (1. Joh. 4,7.8; 1. Kor. 13,8.)

Gott ist auch Licht. Nie dürfen wir diese Tatsache zurückstellen, wenn wir an Gottes Liebe denken. Wenn wir dieses nicht beachten, so kommen wir zu falschen Vernunftschlüssen (2. Kor. 10,5), die mit dem Schriftganzen nicht in Übereinstimmung sind.

Oft finden wir im Worte beide Seiten zusammengefügt; z. B. Gnade und Wahrheit in Joh. 1,14, Güte und Wahrheit in Ps. 25,10; Gottes Liebe und Heiligkeit werden uns ganz besonders nahe verbunden am Kreuze geoffenbart. Dort sehen wir, daß Seine Liebe und Gerechtigkeit die Strafe für den schuldigen Sünder und das Gericht über die sündige Natur fordern mußten. Aber auf wen legte Gott die Forderungen Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit? Auf Seinen geliebten Sohn, der Sein Wohlgefallen war. Und warum? Weil Gott uns liebt. Ein anderer Weg zu unserem

Heile war nicht möglich. O unbegreifliche Liebe, o unfaßbare Wahrheit! Ihm, unserem Gott und Vater und unserem Herrn Jesus Christus sei ewig Dank!

Gehen wir nun zu unserem Schriftabschnitt zurück, so finden wir, daß bei einem Kinde Gottes die Möglichkeil besteht, Gaben zu betätigen und Werke zu üben, ohne daß dabei die Liebe wirksam ist (V. 1-3). Dann finden wir die Kennzeichen wahrer Liebe (V. 4-7), dann, daß die Liebe ewig ist (V. 8) und daß sie die größte ist unter den erwähnten Stücken Glaube, Liebe, Hoffnung (V. 13).

Gaben ohne Liebe.

„Wenn ich mit den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber nicht Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel. Und wenn ich Prophezeiung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß, und wenn ich allen Glauben habe, so daß ich Berge versetze, aber nicht Liebe habe, so bin ich nichts“ (V. 1.2). Nach 1. Kor. 12,10.11 war das Reden in Sprachen eine durch den Heiligen Geist gewirkte Gabe. Wurde diese Gabe aber ohne Liebe ausgeübt, so war das Kind Gottes dabei nichts anderes geworden als ein tönendes Erz oder eine schallende Zimbel. Beides sind leblose Werkzeuge, die, durch Menschenhand betätigt, wohl einen lieblich anzuhörenden Ton hervorbringen, aber sie selbst haben keinen lebendigen Anteil an dem Hervorgebrachten.

Und wenn ein Kind Gottes Prophezeiung hätte ohne Liebe, so wäre es nichts. Und wüßte ich alle Geheimnisse, etwa in bezug auf Gottes wunderbaren Ratschluß mit Christus und der Gemeinde, oder hätte ich alle Erkenntnis in bezug auf das kostbare Wort Gottes, hätte aber der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich großen Glauben hätte und die Liebe fehlte, so wäre ich nichts.

Gott wird die Gaben gewiß zum Segen Seiner Geliebten benutzen, denn die Gaben sind von Ihm zur Auferbauung der Gemeinde gegeben, aber ich Selbst, der ich sie etwa ohne Liebe ausübe, bin nach Gottes Wort nichts. - Welch ein erstes Wort! Der Geist Gottes vermag

die Liebe wirken lassen (Gal. 5,6). Es ist sehr ernst, daß wir die anvertrauten Pfunde nicht vergraben, daß wir vielmehr damit wuchern, d. h. daß wir die Gaben ausüben. Doch ebenso ernst ist es, daß wir sie in Liebe ausüben.

Werke ohne Liebe.

„Und wenn ich alle Habe zur Speisung der Armen austeilen werde, und wenn ich meinen Leib hingebe, auf daß ich verbrannt werde, aber nicht Liebe habe, so ist es mir nichts nütze“ (V. 3). Die Welt übt Werke ohne Liebe. Aber auch wir sind in Gefahr, Werke zu tun ohne Liebe, denn dieses Wort gilt uns Kindern Gottes. Selbst wenn ich meine Habe zur Speisung der Bedürftigen gebe, viel Not und Elend dadurch lindere, aber keine Liebe habe, so nützt es mir nichts. Doch nicht nur, daß ich ohne Liebe mich aller meiner Güter entäußern kann, ich kann sogar ohne Liebe meinen Leib hingeben, auf daß ich verbrannt werde, ohne daß mir dies alles etwas nützt. Viele Kinder Gottes haben ihr Leben aus Liebe zum HErrn preisgegeben, haben ihre Güter in Liebe dem HErrn geopfert. - Viel, ja sehr viel wird es ihnen nützen, wenn Er kommt und Sein Lohn mit Ihm (Offb. 22,12). Der HErr allein erforscht mich und kennt mich, Er allein kennt die Beweggründe meines Tuns und Lassens. Er weiß, ob ich Seine Ehre suche oder meine eigene und ob Liebe mich auf das Wohl des anderen bedacht sein läßt.

Der HErr redet in Seinem Wort sehr ernst. In V. 1 u. 2 zeigt Er uns, wie wir nichts sind, wenn wir geistliche Gaben ohne Liebe betätigen, und in V. 3 werden wir belehrt, wie nutzlos es für uns ist, wenn wir irdische Güter ohne Liebe opfern.

Kennzeichen wahrer Liebe.

„Die Liebe ist langmütig, ist gütig; die Liebe neidet nicht; die Liebe tut nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie gebärdet sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihrige, sie läßt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles“ (V. 4-7).

Die Liebe ist langmütig.

Welche Langmut sehen wir doch bei unserem Gott! Die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde (1. Petr. 3,20), auf die Umkehr der einzelnen Seelen. Gott war langmütig gegen Israel und wartete, nachdem es den HErrn verworfen und gekreuzigt hatte, noch ca. 37 Jahre, ehe Er das Gericht über Jerusalem hereinbrechen ließ. Gott ist langmütig mit den Völkern und mit dem einzelnen Menschen. Er ist langmütig gegen uns, Seine Kinder, angesichts unserer Untreue, unserer Trägheit im Verstehen und Verwirklichen Seiner Gedanken.

Wenn nun die Liebe bei uns wirksam ist, so wird sie sich in Langmut offenbaren. Langmut zeigt sich auch darin, daß wir nicht schnell den Mut verlieren, wo es aussichtslos scheint, etwas zu erreichen, sei es im Ertragen unseren Geschwistern (Eph. 4,2) oder auch den Ungläubigen gegenüber. Wie schnell sind doch unsere Herzen von Natur geneigt, z. B. die Hoffnung auf die Bekehrung unserer Angehörigen aufzugeben! Die Liebe ist langmütig!

Die Liebe ist gütig.

Welche Güte offenbarte doch unser HErr und Heiland, als Er auf Erden wandelte! Er ging umher und tat wohl, denn Er war gekommen, um wohlzutun. Wer bei Ihm Hilfe suchte, der fand sie. Kranke heilte Er, Hungrige speiste Er. Ja, Er gab Sich Selbst für uns - soweit ging Seine Güte, Sein Wohlwollen zu uns. Mit Ihm ist uns nun alles geschenkt. Welche Fülle geistlicher Segnungen (Eph. 1) sind uns mit Ihm von unserem Gott geschenkt worden! Und wieviel Güte erfahren wir von Ihm in irdischen Dingen; Er versorgt uns, Er trägt uns, Er erquickt uns, Er neigt Sich zu unseren Gebeten und hört und erhört uns, wenn wir etwas nach Seinem Willen bitten. Seine Güte ist groß - und noch mehr - sie währt ewiglich (Ps. 136). Sein Name sei gepriesen!

(Fortsetzung folgt s. G. w.)

O. D.

Taufe für die Toten. (1. Kor. 15,29.)

(Aus einem Briefe.)

... Über die Taufe für die Toten gehen die Auslegungen und Meinungen sehr auseinander. Auch ich kann nur eine Meinung aussprechen. Einige Antworten über diese Frage finden Sie auch in Band II der „Handreichungen“, Seite 75.

Meines Erachtens wurde diese Taufe für die Toten nicht von Gläubigen der Gemeinde ausgeübt, sondern war ein Gebrauch, der zu einem Kultus jener Zeit gehörte. Es gab in den Tagen des Apostels solche, die sich für ihre abgeschiedenen Verwandten und Freunde taufen ließen, um diesen dadurch nach dem Tode in der Auferstehung einen Nutzen zu verschaffen. Diese Sache muß in jenen Tagen, als Paulus den Brief an die Korinther schrieb, so bekannt gewesen sein, daß es nur dieses kurzen Hinweises „die sich für die Toten taufen lassen“ bedurfte, um zu wissen. was Paulus damit meinte.

Diese Stelle ist für uns heute schwer zu verstehen, weil von einer solchen Taufe nichts bekannt ist. Daß diese Taufe (die im Widersinn zur Schrift steht) nicht unter den Gläubigen gehandhabt wurde, geht meines Erachtens auch daraus hervor, daß der Apostel in den Versen 29 und 30 zwei verschiedene Klassen unterscheidet. Er gebraucht für die eine Klasse das Wort „die“, und von der anderen sagt Er „wir“; Er schreibt: „Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden?“ Und dann folgt Vers 30: „Warum sind auch wir jede Stunde in Gefahr?“

In diesem 15. Kapitel gibt Paulus uns Belehrungen über die Auferstehung. Wenn wir uns fragen, warum der Apostel hier eine Sache erwähnt, die ganz außerhalb der christlichen Lehre steht, so glaube ich, daß er es tut, um die Torheit derer zu zeigen, welche die Auferstehung leugneten (V. 12). Dieser Gebrauch jener Tage sollte diesen schon sagen, daß Gott das Ahnen einer Auferstehung, eines Lebens und einer Vergeltung nach dem Tode bereits ins Menschenherz

gelegt habe. Paulus fragt: „Was werden sonst die tun, die für die Toten getauft werden, wenn überhaupt Tote nicht auferweckt werden?“ Er sagt damit gleichsam, welchen Wert hätte diese Handlung der Menschen, wenn es keine Auferstehung gäbe? Sie mußten sich doch sagen, wenn es keine Auferstehung gäbe, daß dann ihre Taufe für die Toten gar keinen Zweck und Nutzen habe, denn ihre Taufe wäre ohne Anerkennung der Auferstehung ein offenbarer Unsinn. In dem gleichen Zusammenhange fährt der Apostel alsdann fort zu fragen: „Warum sind auch wir jede Stunde in Gefahr?“ (V. 30.) „Warum ertragen wir solche furchtbaren Leiden, wenn mit dem Tode alles aus ist und es keine Auferstehung gibt?“

Wie schon gesagt, diese Stelle ist dunkel, und wir können nur eine Meinung geben. Hier ist auch der Rat Luthers zu beherzigen: „Wer das Dunkle nicht verstehen kann, der bleibe bei dem Lichten!“

v. d. K.

Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher.

Da es in dieser Lieferung an Raum fehlt, um einige neue Beispiele in der Weise zu betrachten, wie ich es in der vorigen Lieferung tun durfte, so möchte ich den letzten Aufsatz nur noch ein wenig erweitern durch eine schon letzthin beabsichtigte sehr ernste Bemerkung.

Ich hatte meine Ausführungen beschlossen mit einigen Hinweisen auf Schriftstellen (in den besprochenen Kapiteln Matth. 2 und Luk. 2), aus denen hervorging, was für Bezeichnungen die Schrift sonst habe für die herrliche Person dessen, von dem in jenen lieblichen Kindheitsausdrücken die Rede sei.

Dieser Punkt ist höchst wichtig, denn zu allen Zeiten ist es des Feindes Bemühen gewesen, die Person unseres teuren HErrn zu verunglimpfen, Ihm die Ehre und Herrlichkeit Seiner ewigen Göttlichkeit zu rauben und Ihn als hienieden uns Menschen gleichartig hinzustellen. Nicht immer haben die Vertreter solcher Irrlehren über Seine Person solche „Tiefen Satans“ (vgl. Offb. 2,24)

Bibelforscher“, aber jede Verunglimpfung der Person des HErrn ist schändlich und aufs ernsteste abzuweisen!

Es war stets „der Sohn“, der „eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist“ (Joh. 1,18), stets „das Wort“, stets „der Ewigseiende“ („Jehova“ des Alten Bundes), stets der Gott Gleichartige (vgl. Joh. 1,1-3 und vgl. die in der vorigen Lieferung angegebenen Stellen Tit. 2,13 u. Hebr. 1,8!) - wenn auch hienieden nicht der Gott Gleichgestaltete (Phil. 2,5ff.!) -, mit dem wir es in jedem Abschnitt Seines Lebens hienieden zu tun haben. Er hatte Knechtsgestalt angenommen, aber Er blieb immer „Das Heilige“ (Luk. 1,35), als „Kindlein“ in der Krippe sowohl wie als Knabe im Tempel, wie als Lehrer, Heiland und Arzt in Israel, wie als Ringender in Gethsemane, wie als Sterbender auf Golgatha! Er hatte Sich selbst zu Nichts gemacht, entäußert, Seine Herrlichkeit war den unreinen Blicken einer sündigen Menschheit verhüllt, aber Er war und blieb stets „derselbe gestern, heute und in Ewigkeit“ (Hebr. 13,8). Darum ist es so wichtig, daß in jenen beiden Kapiteln, welche Seine Erniedrigung in unsere menschliche Sphäre zeigen (in Matth. 2 und Luk. 2), so viele Ausdrücke Seine einzigartigen Herrlichkeiten andeuten. Der HErr blieb stets zu allen Zeiten „Er Selbst“ (vgl. Luk. 24,15.36.39: wie wichtig ist diese letztere Stelle für die Art Seiner leiblichen Auferstehung, die z. B. von den genannten Sektierern auch verworfen wird!).

In diesem Zusammenhang noch eine Kritik und Abwehr eines von obiger Sekte oft angewandten Satzes. Sie sagen: „Wir bekennen die Menschheit Jesu und die Gottheit Christi.“ Diesem Satz wird sehr mit Unrecht von urteilslosen Gläubigen eine gewisse Verführungsmacht zugeschrieben! Er enthält einen derartigen Grundirrtum, daß er für keinen wahren Gläubigen irgend etwas anderes als Empörung über diese Irreführung hervorrufen sollte! Nach der Schrift ist die Sache umgekehrt! Natürlich, der Herr Jesus war Mensch, das ist feststehend für alle Gläubigen, aber obiger Satz soll besagen, Er sei weiter nichts als das gewesen und zur Belohnung für Seinen Tod (die „Auslöschung Seines Daseins“!!) sei Er als Christus zur Gottheit erhoben(!!). Das soll jener irreführende Satz besagen! Aber in Wahrheit: die Schriftlehre sagt das Gegenteil: Der Mensch Jesus war und ist Gott von Ewigkeit, und als der Christus ist Er der erste verherrlichte Mensch droben in der Herrlichkeit! Er ist in Seiner Amtswürde als der

Christus das Haupt einer neuen Menschheit (Röm. 5; 1. Kor. 15) sowie das Haupt jedes Mannes (1. Kor. 11,3), das Haupt über alles (Eph. 1,10) usw., und gerade die Tatsache, daß ein verherrlichter Mensch droben seinen Einzug gehalten hatte, wie Stephanus in Apg. 7,55.56 bezeugt, ist für uns so unsagbar trostreich: Sie öffnet auch uns den Blick in die Herrlichkeit! „Gott hat Ihn sowohl zum HErrn als auch zum Christus gemacht, diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt“ (Apg. 2,36). „Nun aber ist Christus aus den Toten auferweckt, der Erstling der Entschlafenen, denn sintemal durch einen Menschen der Tod kam, so auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. Denn gleichwie in dem Adam (dem Haupte des ersten Menschengeschlechts) alle sterben, also werden auch in dem Christus, dem Haupte eines neuen Menschengeschlechts, dem ‚letzten Adam‘, dem zweiten Menschen, dem Menschen vom Himmel (1. Kor. 15,45.47), alle lebendig gemacht werden,“ - d. h. alle, „die des Christus sind“ (1. Kor. 15,20-23). Lies noch Kol. 3,1-4 u. a.! -

Nur mit wenigen Worten wollte ich diese ernsten Dinge, über die in besonderer Weise noch Ev. Joh. Kap. 1 näheren Ausschluß gibt, noch kennzeichnen, um zu betonen, wie wichtig es ist, ein klares Verständnis über die göttliche und menschliche Person unseres geliebten HErrn zu haben und sich in nichts Seine offenbare und verhüllte Herrlichkeit verunglimpfen zu lassen. Wir sollten die Schrift mehr durchforschen, um Ihn zu finden, kein höheres Ziel hat sie, als von Ihm zu zeugen (Joh. 5,39). Und mit dem, der nur einen Schatten auf Ihn, Seine ewige Göttlichkeit und Seine unantastbare reine menschliche Vollkommenheit fallen läßt, mit dem können wir (nach der Schrift) keine Gemeinschaft machen (2. Joh. V. 9-11), wir, die wir von Gott „berufen sind in die Gemeinschaft („Teilhaberschaft“) Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn“ (1. Kor. 1,9).

Sein Name sei ewig gepriesen!

F. K.

Frage und Antwort

Frage 2

„Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit ...“ (1. Kor. 12,26). Sind hier Leiden körperlicher Art (Krankheit) oder Leiden um Jesu willen gemeint? Und kommt hier nur die örtliche Gemeinde oder der ganze Leib Christi in Frage, wenn beispielsweise ein Gotteskind leidet?

Antwort

In 1. Kor. 12 finden wir, soweit ich erkenne, die Bildrede des menschlichen Leibes und die Tätigkeit seiner Glieder zur Veranschaulichung der VerAntwortung der Glieder einer örtlichen Gemeinde wie auch des ganzen Leibes Christi, und zwar in ihren Beziehungen untereinander. Dagegen sehen wir in Eph. 4 mehr die Beziehungen der Glieder zum himmlischen Haupt.

1. Kor. 12,26 u. 27 ist eine Zusammenfassung dessen, was in V. 14-25 gesagt ist. Zum Verständnis der Frage erscheint es also erwünscht, das ab V. 14 Gesagte kurz zu betrachten. In einer Bibelstunde hörte ich darüber eine aus dem Text sich ergebende Dreiteilung, die ich angeben darf:

1. Abschnitt - Vers 14-16 = persönliche VerAntwortung jedes Gliedes, auch des kleinsten; keine Ausrede, keine Entschuldigung im Blick auf die Mitarbeit. Kennwort dieses Teiles: „nicht“.

2. Abschnitt - Vers 17-20 = Verschiedenartigkeit des Dienstes der Glieder, aber in voller Harmonie untereinander; nicht eine einzelne Person alles, kein Monopol für einen Prediger. Kennwort dieses Teiles: „wäre“.

3. Abschnitt - Vers 21-25 = gegenseitige Abhängigkeit der Glieder voneinander im Leibe. Jeder Arbeiter, jeder Bruder, jede Schwester, jedes Glied bedarf des anderen. Keine Unabhängigkeit in unserer Arbeit, wir sollten uns fürchten, etwas ohne Übereinstimmung mit unseren Brüdern zu tun. - Kennwort dieses Teiles: „bedarf“.

Zu weiterem Verständnis sind dann noch die Verse 4-6 des Kapitels (vergl. Röm. 12,4.5) heranzuziehen, weil sie eine grundlegende Wahrheit ins Licht stellen. Jeder Christ ist eine Original- Neuschöpfung. Gott wiederholt Sich niemals in Seinen Arbeitern, wie ja auch jeder Mensch nach der ersten Schöpfung ein absolutes Original ist. Die dreimalige feierliche Betonung: Verschiedenheiten von Gaben, Verschiedenheiten von Diensten, Verschiedenheiten von Wirkungen warnt uns ernst vor allem Schablonisieren- und Schematisierenwollen sowie auch vor Übertragungen unserer Erfahrungen und Arbeitsmethoden auf andere Glieder oder gar auf den ganzen Leib.

Jedes Glied hat seine besondere, von keinem anderen Gliede zu ersetzende Aufgabe vom Haupte erhalten und sollte seinen Dienst klar erkennen und ausüben zum Wohle des Ganzen. Kol. 4,17 vergl. mit 1. Kor. 12,11 u. 18.

Wir sollen einander harmonisch ergänzen zur Verherrlichung desselben Gottes und Vaters, von welchem alle Dinge sind, durch denselben Herrn Jesus Christus, durch welchen alle Dinge sind, in der Kraft und in Abhängigkeit von demselben Heiligen Geiste, der gibt, wie Er will! (Bitte vergleichen: 1. Kor. 12,4.7-11 und 1. Kor. 8,6; Eph. 4,4-6; Hebr. 13,20.21; Offb. 5,9.)

Wie wichtig die normale Tätigkeit jedes Gliedes im natürlichen Leibesleben ist, wissen wir aus täglicher Erfahrung. Welch ein Hindernis für die Arbeit kann schon das Versagen eines Zahnnerven bilden, ganz zu schweigen von dem Ausfall eines ganzen Gliedes, wie es uns die Nachkriegszeit so häufig schmerzlich vor Augen führt.

Geradeso macht sich in der Gemeinde das Versagen oder gar der Ausfall eines einzelnen Gliedes und des ihm anvertrauten Dienstes bemerkbar. Der geistliche Zustand der Gemeinde ist abhängig vom geistlichen Zustand des einzelnen Gliedes. Fehlt es bei dem einzelnen an Gottesfurcht im Sinne von Spr. 8,13, an Abhängigkeitsbewußtsein vom Haupte in Wort und Gebet, an Unabhängigkeitsbewußtsein von ererbten Menschensatzungen oder an Liebe (1. Kor. 13,1), Demut, Fleiß (2. Petr. 1,5-10), geistlicher Energie, vorsichtiger Prüfung (1. Thess. 5,21; Apg. 17,11), restloser Willenshingabe (Röm. 12,1ff.), kurz gesagt, an Wachstum und Heiligung -

so leiden alle Glieder mit; ganz zu schweigen von offenbarem Sündendienst oder Weltförmigkeit, z. B. Neid der Glieder untereinander (siehe 3. Joh. 9; Phil. 2,3; Gal. 5,15.)

Kommt z. B. ein Glied einer örtlichen Gemeinde, das sich über eine Sünde nicht gebeugt hat, in die Versammlung, so wird die Gemeinschaft des Heiligen Geistes der Glieder untereinander unterbrochen durch ein Glied und die Wortverkündigung in Verbindung mit der Wirksamkeit des Heiligen Geistes an den versammelten Gliedern gedämpft. Dabei muß auch an den Kampf zwischen Licht und Finsternis in der unserem irdischen Auge entzogenen unsichtbaren Welt erinnert werden. (Eph. 6,12.) Wie werden sich die Fürsten des Lichtes, die uns umlagern, verhalten gegenüber den Fürsten der Finsternis, wenn z. B. in einer Versammlung ein Bruder sitzt, der die Lieder des Glaubens mitsingt, aber in seinem Familienleben Anstoß gegeben hat, ohne sich darüber zu beugen? (Lies Eph. 3,10!)

Die Wahrheit in Vers 26 wirkt sich in dem Organ des Leibes organisch aus. Wenn ein Glied leidet, so leiden zunächst die Glieder der örtlichen Gemeinde mit, demnächst aber auch die Gesamtgemeinde.

An Leiden körperlicher Art ist wohl in Verbindung mit dieser Stelle nicht zu denken, wenn es auch wahr ist, daß wir den körperlichen Leiden unserer Geschwister im HErrn mit Mitgefühl und Fürbitte zu begegiten haben. Auch um Leiden um Jesu willen - wie der Fragesteller erwähnt - kann es sich hier nicht handeln (vergl. 1. Petr. 4,14).

A. v. W.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese klare und ernstlichst zu beherzigende Antwort Bedarf an sich keiner Ergänzung, und nur um einiges zu unterstreichen und zu erweitern, schrieb ich das Nachfolgende.

Die Frage, ob körperliche Leiden (Krankheit) gemeint sein könnten in 1. Kor. 12,26, zeigt, daß der Fragesteller das schöne Bild vom Organismus unseres Leibes nicht verstanden hat. Möge

ihm da obige Antwort weitgehendste Dienste tun! Wer hier an leibliche Krankheit denkt, der verwechselt das Bild mit dem, was es darstellen soll. Bei dem Bilde, d. h. also in dem leiblichen Organismus, handelt es sich um leibliche Krankheit, bei dem geistlichen Organismus des „Leibes Christi“, bei diesem „Leibe“, zu dem wir durch den Einen Geist getauft sind (V. 13), kann es sich demgemäß nur um geistliche Arten von Schäden, Leiden und Nöten handeln, die in ihren Auswirkungen die ganze Körperschaft der Gemeinde Gottes (am Ort oder weit über denselben hinaus, wenn nicht gar die über die ganze Erde hin zerstreute) beeinträchtigen. Verfasser obiger Antwort wies auf einige körperliche Leiden hin - wie klar ist dies alles, wenn man es aufs Geistliche überträgt! Würde hier an körperliche Leiden gedacht, so würde das ganze Bild rettungslos zerstört! Ich erlaube mir dazu noch ein kleines Beispiel anzuführen: Vor kurzem hatte ich mir bei einem Sturze auf unserer frischgeölten Treppe den linken Daumen verstaucht. Welche Geringfügigkeit, nicht wahr?! „Nur“ den linken Daumen! Nicht der Rede wert! So scheint es - und doch hat mein ganzer Körper tagelang unter dieser Verletzung fühlbar gelitten; und nicht nur das, sondern meine ganze Lebenshaltung erlitt eine gewisse Schädigung, indem ich tagelang mich beim Gehen, besonders auf jener Treppe, höchst unsicher fühlte - so waren Leib und Seele in Mitleidenschaft gezogen durch „nur“ den linken Daumen!

Ist dies kleine Bild aus dem körperlichen Leben nicht sehr leicht aufs Geistliche, auf das Leben der Gemeinde zu übertragen? Aber wenn wir es buchstäblich auf das Leben der Gemeinde Gottes übertragen wollten, zu was für grotesken Ungeheuerlichkeiten der Auslegung kämen wir dann! Und wo wären die Grenzen der Auslegung? Gäbe es überhaupt welche? Und wenn wir ungehemmt alle möglichen leiblichen Krankheiten als mitbestimmend für das geistliche Wachstum der Glieder, d. h. in hinderndem Sinne, auffassen wollten, gäbe es dann überhaupt ein gesundes geistliches Wachstum in der Gemeinde?! Die Frage stellen heißt, sie verneinend beAntworten!

Verfasser obiger Antwort schreibt aber sogar im letzten Absatz das Gegenteil, wenn er betont - und das kann nicht genug betont werden! -, die körperlichen Leiden unserer Geschwister riefen unsere Teilnahme in Fürbitte (usw.) hervor. Ist denn nicht solche teilnehmende Fürbitte, überhaupt jede derartige Teilnahme („Gemeinschaft“) ein Zeichen von geistlicher Gesundheit?

Geben Stellen wie z. B. 2. Kor. 1,7; Phil. 2,25ff.; Röm. 12,13 u. a.; Jak. 5,13-18 (welche Überzeugung einer auch über V. 14 hat) uns nicht ein Recht, dies so anzusehen?

Wenn man hier aber auf die Krankheiten hinweist, die Paulus in 1. Kor. 11,30 nennt, so verwechsle man doch (bitte) nicht Ursache und Wirkung! Diese Krankheiten, die ein zeitliches Strafgericht an Gläubigen darstellten, waren doch erst die Folgen („deshalb“ bezieht sich auf V. 29) des geistlichen „Krankseins“, d. h. des traurigen Zustandes der korinthischen Gemeinde im Blick auf die Herrenmahlfeier, die von den Korinthern in höchst ungeziemender, ungebührlicher („unwürdiglicher“) Weise begangen wurde.

Und nun noch ein Wort dazu, daß obige Antwort Auch die in der Frage genannten „Leiden um Jesu willen“ nicht in das 1. Kor. 12,26 gemeinte Leiden einbeziehen will.

Wahrlich, nein! Ebenso - und noch weniger, als körperliche Leiden gemeint sein können, dürften wir an derartige Leiden, Leiden um des HErrn willen, denken! Warum nicht? Weil solche Leiden nicht nur voll Segen für uns sind, sondern weil sie, wie aus ungezählten Stellen hervorgeht, gottgewollt sind. Stellen anzugeben erübrigt sich bei der Fülle derselben. Nur eine setze ich in Worten hierher, die uns zeigt, welch ein Vorrecht solche Leiden sind: „Denn euch ist es in bezug auf Christum geschenkt worden, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden.“ (Phil. 1,29.) Dazu vergl. noch Hebr. 13,12.13! Welch ein erhabenes Geschenk! Ein Geschenk, würdig des Schenkers, der es den Seinen nie verhehlt hat, daß sie um Seinetwillen würden leiden müssen! (Vergl. u. a. Joh. 16,18-21!) Wie könnten diese Leiden unter die von 1. Kor. 12,26 zu rechnen sein?! Im Gegenteil, sie dienen - richtig angesehen - hervorragend mit zum normalen Wachstum der Gemeinde Gottes, nicht nur dadurch, daß auch sie, und zwar noch viel mehr als leibliche Krankheiten, zur Fürbitte anregen, zum Mittragen, zum Mitteilen in Liebe und Trost, sondern auch dadurch, daß sie in besonderer Weise von Gott dazu bestimmt sind, Segensquellen zu sein. Lehrt uns das nicht schon der entsagungsreiche Dienst des in die Erde gefallenen sterbenden Weizenkorns? (Joh. 12,24.) Ist nicht das Blut der Märtyrer und die Tränensaat der ersten Christen die Quelle der nach allen Ausrottungsversuchen stets neu aufblühenden Gemeinde Gottes gewesen?! Paulus sagt uns in seinem an persönlichen

Erfahrungen so reichen Philipperbrief darüber ein einzig kostbares Wort: Phil. 1,12-14, und 1. Kor. 16,9 gehört vielleicht auch mit hierher. Welche Quelle von Segen sprudelte gleichsam aus dem Steinhaufen, der den ersten Blutzeugen (Stephanus) deckte (Apg. 7), welche herrlichen Folgen wurden flüssig durch die Leiden der Gläubigen in Apg. 4 oder 12 (Petrus)! Welche unendlichen Segnungen erwuchsen der Gemeinde bis heute hin aus den Gefangenschaftszeiten, die Paulus durchmachte: die kostbarsten, tiefsten Briefe des Apostels schenkte uns Gott aus jenem Leiden!

Wenn wir somit sehen, daß diese Art Leiden gleichsam zu den Erfordernissen des geistlichen Wachstums zu rechnen sind, daß sie, um im Bilde zu bleiben, gewissermaßen zur gesunden Ausarbeitung des Leibes gehören, ohne die der Organismus des Leibes nicht das würde, was er sein soll, dann - ja, dann können oder sollten wir solche Art Leiden vielleicht eher in dem zweiten Glied des besprochenen Verses (also 1. Kor. 12,26b) sehen: „Wenn ein Glied verherrlicht wird, so freuen sich alle Glieder mit!“ Denn solche Leiden sind ja Herrlichkeit, wie die schon in obiger Antwort Angeführte Stelle 1. Petr. 4,14 im ganzen Zusammenhang zeigt; V. 15 weist dann leicht und ohne Künstelei auf 1. Kor. 12,26a hin!

Ob nicht in dieser Hinsicht auch der Stelle 2. Kor. 12,5-10 Erwähnung getan werden darf, selbst wenn es sich oder gerade wenn es sich in V. 7 u. 8 um eine Bewahrungskrankheit gehandelt hat!, oder auch der Stelle Hebr. 12,4-11?

Wie dem auch sei, der unserer Stelle 1. Kor. 12,26 vorangehende V. 25 zeigt die unauflösliche innere geistliche Verbindung zwischen den Gliedern des einen Organismus, der in V. 27 „Christi Leib“ genannt wird. Wir tragen alle eine unausdenkbare VerAntwortung füreinander: „die gleiche Sorge unter den Gliedern füreinander“! So gut, wie das - und in viel stärkerem Maße, als manche Menschen sich das denken! - in dem leiblichen Organismus unseres Körpers der Fall ist, so in ungleich tieferer Weise in dem Leibe Christi, dem wir durch den Heiligen Geist als Glieder angehören. Wie hoch sollten wir unsere Zusammengehörigkeit einschätzen, wie sehr für das Wohl und Wachstum jedes einzelnen besorgt sein, wie treulich uns hüten, daß wir nicht durch geistliches Zukurzkommen aus eigener Schuld das Wohl der benachbarten Glieder oder

gar des ganzen Leibes gefährden oder wenigstens beeinträchtigen! Welche Würde liegt auf uns, aber demgemäß auch welche VerAntwortung, doch dementsprechend auch wieder - welch Hilfsmittel steht uns zur Verfügung: der „Eine Geist, mit dem wir alle getränkt sind“ (V. 13). Wie kostbar ist das!

So laßt uns alle die „Gnade haben“ (nach Hebr. 12,28), im Geiste zu wandeln gemäß Gal. 5,16 u. 25, und wir alle, die Glieder des Leibes Christi, werden Segen davon haben, menschlich unberechenbaren Segen, und - Er Selber wird verherrlicht werden!

F. K.

Frage 3

Ich bitte um Erläuterung der Schriftstelle Eph. 4,7: „Jedem einzelnen aber von uns ist die Gnade gegeben worden nach dem Maße der Gabe des Christus.“

Antwort

Obwohl Epheser 4 der Anfang des ermahnenden Teiles dieses herrlichen Briefes ist, werden doch selbst in diesem Teile des Briefes überaus herrliche Dinge nicht nur geschrieben, sondern geoffenbart. Um obige Stelle in ihrem Wesen besser zu erfassen, ist es ratsam, einen kleinen Überblick dieses Kapitels bis Vers 16 zu geben. Dieser Abschnitt zeigt uns nicht nur die besonderen Gaben, die der Sieger, der Mensch Christus, Seiner Gemeinde als Beweise Seines Sieges und Seiner Liebe zu ihr gibt, sondern daß jedem Gliede Seines Leibes Gnade gegeben ist zum Wohle des ganzen Leibes. Die Gliederung ist folgende:

Vers 1: Der Apostel Paulus.

„ 2: Das Persönliche.

„ 3: Das Gemeinsame.

„ 4-6: Das Verbindende; die drei göttlichen Personen.

„ 7: Das Unterscheidende aller Glieder.

„ 8-10: Der Grund und die Möglichkeit dieser Gnade: der vollständige Sieg Christi.

„ 11: Die besonderen Gaben.

„ 12: Der Zweck und das Ziel derselben.

„ 13: Die Dauer - „bis“.

„ 14-16: Die Wirkung: die gemeinsame Hingabe füreinander.

Vers 7 ist gleichsam die Überschrift bis Vers 16 und ist nicht nur persönlich, sondern auch unterscheidend. Jeder hat eine andere Aufgabe, einen anderen Dienst und eine andere geistliche Funktion. Bis Vers 6 haben wir das, was uns alle mehr oder weniger kennzeichnen soll. Hier aber haben wir die Unterschiede, die Vielheit und die Mannigfaltigkeit der Glieder Seines Leibes. Christus hat jedem einen besonderen Platz, eine Tätigkeit, eine Gnade gegeben, wo jeder sich von dem anderen unterscheidet und dennoch alle ein gemeinsames Ziel, das Gesamtwohl des Leibes, haben. Wie jede Zelle in unserem Leibe notwendig ist, so will Christus als Haupt auf keines der geringsten Glieder verzichten. Darum ist jedem (ohne Ausnahme), aber nicht gleichmäßig, darum jedem „einzelnen“ (d. h. seine Persönlichkeit ist berücksichtigt; gibt es doch nicht zwei Menschen, die vollkommen gleich sind!) die Gnade gegeben. Es heißt nicht „Gabe“, aber jeder hat „Gnade“, um den ihm von dem Christus angewiesenen Platz auszufüllen. „Nach dem Maße der Gabe des Christus“ bedeutet nach unserer Auffassung: wie Er es für gut fand nach Seiner Unumschränktheit, einem jeden von uns den Platz anzuweisen, die Fähigkeit zu verleihen und die Tätigkeit zu bestimmen. Würden wir im Lichte dieser göttlichen Tatsache wandeln, wie ganz anders würde das Wachstum des Leibes vorangehen!

Aber welch eine Unterweisung! Ehe von den grundlegenden und speziellen Gaben in Vers 11

seinem besonderen Dienste gegeben ist. Damit will doch der Heilige Geist uns gleichsam sagen, daß, wenn wir das in Vers 7 Gesagte nicht berücksichtigen, wir den besonderen, hervorragenden Diensten und Gaben in Vers 11 nicht den Platz geben, den sie nach Seiner Weisheit innehaben. Wir werden immer an Über-

und Unter schätzen der besonderen Gaben leiden. Daher kommt es, daß ganze Kreise für eine besondere Gabe - um nicht zu sagen, für einen Mann - sich begeistern und das, was sie ihnen gibt, unbesehen als richtig und biblisch hinnehmen. Dadurch sind ja die vielen menschlich gefärbten christlichen Richtungen entstanden. Daß eine besondere Gabe irgend einer Richtung das Gepräge geben soll, kann niemals der Wille des HErrn sein. Wir sollen Sein Gepräge tragen, aber nicht das eines Menschen. Dabei werden andere von Christus Seiner Gemeinde gegebenen Gaben fast ganz ignoriert zur Verunehrung des Gebers, Christus, und zum Nachteil Seiner Gemeinde.

Wollten wir hier auf spezielle Fälle, Richtungen und geschichtliche Tatsachen eingehen, müßten wir ein großes Buch schreiben! Doch wenn wir die Linien der Schrift, die Führung des Heiligen Geistes und die Wege und Weisheit des HErrn berücksichtigen, werden wir suchen, nicht nur jedem Glied, sondern jeder besonderen Gabe den Platz zu geben, den jedes und jede von Ihm bekommen hat.

Wichtig ist, daß dieser Abschnitt mit „jedem einzelnen“ anfängt und in Vers 16 mit „jedem Gelenk ... und jedem einzelnen Teil“ aufhört. Dies zeigt uns, welchen Wert der Heilige Geist auf die Tätigkeit jedes Gliedes zum Wohl des ganzen Leibes legt, ja, das Wachstum desselben gleichsam von ihnen abhängig macht. Das Wachstum wie die Auferbauung selbst kann nur in Liebe geschehen. Kommt der Apostel Paulus zur namentlichen Aufzählung der besonderen Gaben, so fängt ermit den Aposteln an, d. h. mit den Gaben, die den Ratschluß Gottes uns vermittelten, und endet dann in Vers 16 mit „Gelenk“ (dies ist kein vollständiges Glied) und mit „jedem einzelnen Teil“ (dies ist noch weniger als Gelenk). Wie wunderbar! Alle will Gottgebrauchen. Welch ein Trost und welch eine Ermunterung, uns alle von Ihm gebrauchen zu lassen zum Wohle des Leibes!

Wir möchten noch einen Gedanken beifügen, obwohl ernicht gerade in Vers 7 liegt. Wie beim HErrn, als Erauf Erden war, jedes Wort, das Ersprach, jede Tat, die Er verrichtete, nicht nur Seine Liebe, sondern auch Strahlen Seiner Herrlichkeit vermittelte, so ist dieses hier genau das, was Er, der Christus als das Haupt, durch Seinen Leib in den Gaben, Gliedern, Gelenken auch während Seiner Abwesenheit vermitteln möchte. Ja, es ist ohne allen Zweifel Sein Hauptziel, dies zu tun. Alles, was wir tun, kann eigentlich nur dann zum geistlichen Wohl der Gemeinde gereichen, wenn wir es in Seiner Liebe und in Vermittelung Seiner Herrlichkeit vollbringen. Da jedem die Gnade gegeben ist, dürfen wir alle an diesem wunderbaren Vorrecht teilhaben. Wie groß ist Seine Liebe und Gnade!

K. O. St.

„Wenn dein Bruder wider dich sündigt ...“

„Wenn aber dein Bruder wider dich sündigt, so gehe hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen. Wenn er aber nicht hört, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit aus zweier oder dreier Zeugen Mund jede Sache bestätigt werde. Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde; wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie der Heide und der Zöllner.“ (Matth. 18,15-17.)

Mit diesen Worten weist der Herr Jesus mir deutlich den Weg, den ich zu gehen habe, wenn ein Bruder gegen mich sündigt. Selbstredend gelten diese Worte auch in bezug auf eine Schwester.

Laßt uns aber beachten, daß es sich hier nicht um eine allgemeine Sünde, sondern um ein Betragen, eine Sünde handelt, die gegen eine bestimmte Person, einen Bruder oder eine Schwester geschieht. Wenn z. B. ein Bruder einen allgemein anstößigen Lebenswandel führt, dann ist es nicht eine Sünde gegen eine einzelne bestimmte Person. Nehmen wir an, ein Bruder habe sich betrunken. Hat er damit gegen einen bestimmten Bruder gesündigt, daß die obigen

ein Bruder verkündigt eine Irrlehre - oder laßt uns lieber einen Fall aus der Schrift als Beispiel nehmen: Ein Bruder lebt in der Sünde, wie sie in 1. Kor. 5,11 genannt wird, so sind das Fälle, für welche das Wort des HErrn in Matth. 18,15-17 nicht in Frage kommt.

Hier in dieser Stelle handelt es sich, wie schon gesagt, um einen einzelnen Bruder, gegen den ein anderer Bruder gefehlt hat.

Mit diesen Worten legt der HErr eine sehr ernste Verpflichtung dem auf, gegen den gesündigt worden ist. Darf er eine Sünde, die gegen ihn geschieht, auf sich beruhen lassen, oder darf er nach Matth. 5,23.24 darauf warten, daß sein Bruder zu ihm kommen soll, um seine Verfehlung wieder gutzumachen? Der Herr Jesus sagt: „Nein, wenn dein Bruder wider dich sündigt, so gehe hin“. Er sagt nicht: „Schreibe ihm einen Brief“, sondern „gehe hin“!

„O“, sagst du, „das ist schwer!“ Ja, es ist wahr!

Und es wird noch schwerer, wenn du zu ihm gehst, denn du sollst ihm nicht sagen: „Mein Bruder, ich vergebe dir, was du mir Böses getan hast“, sondern der HErr, der gesagt hat: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“, sagt: „Gehe hin und überführe ihn.“ Damit sagt der HErr uns, daß wir das Verkehrte, das Sündige in seinem Tun ihm mit aller Sanftmut und Demut vorstellen sollen, damit er davon überführt werden möchte. Warum? Was ist der Zweck eines solchen schweren Weges? Nicht etwa, um deinen Zorn zu stillen und es ihm ordentlich wiederzugeben. Wir wissen gut genug, daß solches aus dem Bösen wäre und daraus nichts Gutes hervorkommen würde. Nein, Nein! Der Zweck muß sein, unseren Bruder zu gewinnen. Wenn wir dieses im Auge haben und mit diesem Ziel im Herzen zu ihm gehen, dann werden wir sicher, ehe wir gehen, unsere Knie vor dem HErrn beugen und um Gnade, Weisheit und Niedriggesinntheit unseres Herzens bitten, damit wir fähig sind, uns vor unserem Bruder bücken und ihm die Füße waschen zu können.

Dieser Weg und diese Art und Weise, wie ihn unser liebreicher HErr und Meister vorschreibt, ist voll göttlicher Schönheit. Wir würden diesen Weg nicht gefunden noch gewählt, noch erdacht haben, wir würden vielmehr geneigt sein, zu sagen: „Ich bemühe mich nicht mehr um ihn“, „ich

lasse ihn links liegen“. „Nein“, sagt der Herr Jesus, „das sollst du nicht, gehe hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein. Wenn er auf dich hört, so hast du deinen Bruder gewonnen.“ Dies ist meine Aufgabe, und dieses Ziel muß vor mir stehen. Mit diesem Ziel vor Augen gehe ich zu ihm, und mein Gebet ist: „HErr, gib ihn mir, daß ich sein Herz gewinne.“

Ich warte also nicht, bis er zu mir kommt, sondern ich gehe zu ihm. Ist dies nicht gerade das, was der HErr mit dir getan hat? Bin ich vielleicht erst zu Ihm gekommen? Hat Er mich nicht zuerst aufgesucht? Und was tat Er mit mir? Er überführte mich von meiner Sünde gegen Ihn, und dies geschah zwischen Ihm und mir allein. Er hat mich Widerspenstigen, der ich war, gewonnen. Gelobt sei der Herr Jesus Christus! Meiner Natur und meinem stolzen Ich würde es besser gefallen, zu warten, bis der Bruder, der gegen mich gesündigt hat, zu mir kommt. Aber in Matth. 18,15 wendet Sich der HErr nicht an ihn, das tut Er in Matth. 5,23.24, hier jedoch wendet Er Sich an den, gegen den gesündigt worden ist und schreibt ihm klar und deutlich den Weg vor, den dieser zu betreten hat.

So gehe ich denn, und wir stehen uns einander gegenüber, er und ich. Was nun? Ich sage ihm vielleicht: „Lieber Bruder, der HErr heißt mich, zu dir zu kommen, um mit dir über die Dinge zu reden, in denen du gegen mich gehandelt hast. Ich weiß wohl, daß ich im Herzensgrund nicht besser bin als du, und es ist meinem Herzen fern, mich über dich zu stellen, und doch darf ich über die Sache nicht hinweggehen, sondern muß dich mit allem Ernst der Liebe aufmerksam machen, daß dein Tun nicht allein Sünde gegen mich, sondern auch gegen Gott ist. Der HErr sagt mir: „Du sollst deinen Bruder nicht hassen in deinem Herzen. Du sollst deinen Nächsten ernstlich zurechtweisen, damit du nicht seinetwegen Schuld tragest. Du sollst dich nicht rächen und den Kindern deines Volkes nichts nachtragen.“ (3. Mos. 19,17.18.) Und da diese Sache nun zwischen uns persönlich ist, so gebietet mir der Herr Jesus, zu dir zu gehen, um dich von der Sache zu überführen. Ich vertraue, du wirst es einsehen, und es wird dir leid sein, damit zwischen dir und mir alles gut sei. Dann wird es auch zwischen dir und dem HErrn geordnet werden.“

„Wenn er auf dich hört“, „hören“ bedeutet hier natürlich nicht, nur den Klang deiner Stimme

hören, sondern „hören“ bedeutet „achtgeben“, „es zu Herzen nehmen“, so wie es z. B. in Jes. 55,3 heißt: „Höret, und eure Seele wird leben.“

Aber was soll geschehen, wenn das gewünschte Ziel nun nicht erreicht wird, wenn der Bruder auf die Stimme seines Bruders nicht hört? Was dann, wenn er in seiner Sünde verharrt und sich in Bosheit abwendet? Sollen wir ihn dann sich selbst überlassen oder auf ihn losschlagen? O nein! So hat der HErr es nicht mit uns gemacht, als wir auf Seine mahnende Stimme nicht gleich hörten. Wenn er aber nicht auf dich hört, wenn der Besuch und das Gespräch nicht den gewünschten Erfolg haben, was soll dann geschehen? Dann muß ich wieder aufs neue zu ihm gehen; jetzt aber nicht allein, sondern mit einem oder zwei Brüdern; natürlich nicht mit dem ersten besten, sondern mit Brüdern, von denen ich weiß, daß sie helfen und dienen können. Auch hierüber wirst du dir zuvor Weisheit vom HErrn erflehen, um den rechten geistlich gesinnten Bruder zu bitten, mit dir zu gehen. Auch dieser zweite Besuch muß von demselben Geist der Liebe getragen sein wie der erste, denn das Ziel ist das gleiche, den Bruder zu gewinnen.

Wenn der Arme sich aber nicht gewinnen läßt und nicht hören will, was dann? Ist dann alles vorbei? O nein, die Liebe ist in ihren Bemühungen nicht so schnell fertig. Nun soll die Sache aufgedeckt werden; die Gemeinde soll in Kenntnis gesetzt werden, sowohl von dem, was geschehen ist, als auch von dem betrübenden Eigensinn, der alle Bemühungen, den Bruder zurechtzubringen, vereitelte. Nun hat Sich die Gemeinde mit dem Bruder zu befassen. Der HErr gibt keine Vorschrift, in welcher Weise die Gemeinde mit ihm handeln soll. Soll sie einzelne Brüder bitten, in ihrem Auftrage mit dem widerspenstigen Bruder zu reden? Soll sie in einem Gemeinde-Zusammenkommen versuchen, ihn von seinem Verhalten zu überführen? Der HErr sagt nichts darüber. Eins aber steht fest, auf welche Weise es auch geschehen mag, die Gemeinde hat die Aufgabe, die Sache jetzt zu behandeln.

Wenn nun die Bemühungen der Gemeinde auch fruchtlos bleiben, und somit alle Bemühungen der Liebe, die das Beste des armen Bruders im Auge hatten, mißlungen sind, was dann? Soll man dann alles so hingehen lassen und der Verkehr mit ihm bleiben? Nein, so soll es nicht sein.

Sind auch die Bemühungen der Gemeinde vergeblich, und hört er auch auf die Stimme der Gemeinde nicht, dann sollst du (wohl verstanden der, gegen den jener gesündigt hat) allen Umgang mit ihm abbrechen. Er sei dir wie ein Heide und Zöllner.

Wie betrübend ist solches! Und wie soll es nun weiter sein? Der HErr sagt nichts darüber. Und doch müssen wir aus dem, was der HErr zuvor gesagt hat, schließen, daß, wenn er für mich gleich einem Heiden und Zöllner sein soll, er dann auch den anderen Brüdern und Schwestern nichts anderes sein kann. Kann die Gemeinde, auf die er nicht hört, das alte Verhältnis aufrechterhalten, als ob alles in Ordnung wäre, und die Segnungen der Gemeinschaft mit ihm teilen? Die Antwort Auf diese Frage wird je nach der Sache und den Umständen gefunden werden. Ist die Person durch die Sache als ein Böser offenbar geworden, dann wird die Gemeinde die Aufgabe haben, nach 1. Kor. 5,13 zu handeln.

„Laß deine Gabe vor dem Altar ...“

„Wenn du nun deine Gabe darbringst zu dem Altar und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß daselbst deine Gabe vor dem Altar und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bringe deine Gabe dar.“ (Matth. 5,23.24.)

Dies Wort des Herrn Jesus ist zuweilen so aufgefaßt worden, als ob damit gesagt sei, daß, ehe ich mit einem Opfer vor den HErrn treten kann, ich mich zuvor mit meinem Bruder versöhnt haben müsse, ganz gleich, ob mich Schuld treffe oder nicht.

Ich will einige Beispiele anführen: Ein Bruder ist ein auffahrender Mann, ein Hitzkopf. Ich spreche mit ihm in Liebe darüber, und seitdem ist er mir böse und „hat etwas wider mich“. Oder aus Reden, die ein Bruder über mich führte, fühle ich, daß er „etwas wider mich hat“, er würde sonst in seinem Verhalten gegen mich anders sein. Oder ein anderer Fall: Das Haus eines Bruders ist ein Haus der Unordnung. Ich suche beide, sowohl den Bruder als auch die Schwester darauf aufmerksam zu machen, damit der HErr in ihrem Hause verherrlicht werden möchte. Seitdem aber haben sie „etwas wider mich“. Will der HErr mit diesen Worten nun

sagen, daß ich in solchen Fällen nicht fähig bin, mit einem Opfer des Lobes vor Sein Angesicht zu kommen, sondern mich zuvor mit meinem Bruder versöhnen soll? Kann ich mich überhaupt versöhnen, wenn ich nicht gegen meinen Bruder gefehlt habe, sondern vielmehr in Liebe um der Ehre des HErrn willen ihm zu helfen suchte? Wir fühlen, daß des HErrn Wort eine solche Bedeutung nicht haben kann.

Wem gilt dann aber das Wort des HErrn: „Gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder“?

Zuerst laßt uns sehen, was das Wort „versöhnen“ heißt, und auch beachten, daß es nicht heißt: „versöhnt euch miteinander “, sondern „versöhne dich“. Der für dieses Wort des HErrn in Frage kommende Bruder soll sich mit dem anderen versöhnen. Die Meinung, daß Versöhnung immer gegenseitig sei, ist durchaus falsch. Gewiß, Versöhnung kann gegenseitig sein, darauf kommen wir noch zurück. Ich möchte nur fragen: „Ist unsere Versöhnung mit Gott eine gegenseitige? Finden wir irgendwo in der ganzen Bibel etwas davon, daß Gott mit uns versöhnt werden müßte oder versöhnt ist?“ Solcher Irrtum mag zwar hier und da gelehrt werden, und der eine oder andere mag auch gedankenlos nachgesprochen haben, daß Gott mit uns versöhnt ist. Gott aber bedurfte niemals, mit uns versöhnt zu werden, weil Er nie gegen uns etwas verbrochen hat. Wir aber, wir haben uns gegen Ihn versündigt, und wir müssen deshalb mit Gott versöhnt werden, wenn die durch die Sünde entstandene Entfremdung zwischen Ihm und uns entfernt werden soll. Den Weg zu unserer Versöhnung mit Gott hat Er Selbst für uns gebahnt, indem Er Seinen eingeborenen Sohn für uns dahingegeben hat und uns ermahnte: „Laßt euch versöhnen mit Gott!“ (2. Kor. 5,20.)

Wir sehen hieraus deutlich, daß es der schuldige Teil ist, der versöhnt werden muß, aber nicht umgekehrt. Dies zu beachten ist höchst wichtig, und von diesem Gesichtspunkt aus sind auch die obigen Worte des HErrn (Matth. 5,23.24) zu verstehen. Tragen wir aber in diese Stelle gegenseitige Schuld herein (die weder in der Stelle noch aus dem Zusammenhang gefunden wird), so verdunkeln wir diese Worte des HErrn. Bei gegenseitiger Schuld muß auch die Versöhnung gegenseitig sein.

In dieser Schriftstelle sagt der HErr uns gleichsam: „Du kommst vor Gottes Angesicht mit

einem Opfer, Ihn anzubeten; ist dein Herzenszustand aber so, daß Er dein Opfer annehmen kann?“ Vielleicht hast du deine Verfehlung gegen deinen Bruder vergessen; aber jetzt, wo du mit deinem Opfer in das alles durchdringende Licht Gottes trittst, erinnerst du dich, daß du deinen Bruder vielleicht geschmäht, beleidigt, benachteiligt, belogen (oder dergleichen mehr) hast, und er deshalb etwas wider dich hat. Willst du nun so, ohne dieses mit ihm in Ordnung gebracht und dich versöhnt zu haben, vor des HErrn Angesicht kommen? Nein, laß dein Opfer zurück, gehe hin! Denke nicht: „O, das kann ich nachher tun, ich will nur erst meine Opfergabe darbringen.“ „Nein“, sagt der HErr, „gehe zuvor hin.“ O, das ist nicht leicht, das ist ein schwerer Weg. Es läßt sich nicht ändern. Gewiß ist es bequemer und leichter, fröhlich deine Opfergabe darzubringen und über den Fehltritt hinwegzugehen. Der HErr aber sagt: „Gehe zuvor hin!“

Bemerkenswert ist auch, was im Alten Testament darüber gesagt ist, wenn jemand gesündigt und Untreue begangen hat wider Jehova und seinen Nächsten. (3. Mose 5,20-26.) Wir finden dort, daß der, der gesündigt hat, nicht nur das Schuldige erstatten, sondern noch ein Fünftel hinzufügen mußte. Erst wenn dies geschehen, wurde das Schuldopfer angenommen und fand die Sühnung und Vergebung statt. In dieser Linie ist auch die Vorschrift des HErrn in Matth. 5,23.24; wie sollte es auch anders sein können?

Vergleichen wir nun noch Mark. 11,25 mit Matth. 5,23.24, dann muß jeder Zweifel schwinden, daß dies wirklich die Meinung des HErrn ist. Der HErr sagt in dieser Stelle: „Wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemanden habt.“ Merkwürdig, nicht wahr? Es handelt sich in dieser Stelle um dieselbe Sache, nur daß der HErr sich hier nicht an den wendet, der gesündigt hat, sondern an den, gegen den gesündigt worden ist.

Warum? Wenn du etwas gegen jemanden hast, so ist es doch, weil dieser gegen dich gefehlt hat. Der HErr ermahnt dich hier, diesem zu vergeben. Will der HErr das nicht mit diesen Worten sagen? Ohne Zweifel! Lies nur, was Er weiter sagt: „Auf daß auch euer Vater, der in den Himmeln ist, euch eure Übertretungen (oder Fehltritte) vergebe.“ Der Vater in dem Himmel ist unser Vorbild. So wie Er gegen die, welche wider Ihn gesündigt haben, gesonnen ist, so sollen auch wir gegen den gesinnt sein, der gegen uns gesündigt hat.

Mit dem Worte Matth. 5,23.24 wendet sich also der Herr Jesus an den, der gegen seinen Bruder gefehlt hat. Mit dem Worte in Mark. 11,25 wendet Er Sich dagegen an den anderen, an den, gegen den gesündigt worden ist. Der erste muß kommen, die Sache in Ordnung bringen und sich mit seinem Bruder versöhnen. Der andere muß in seinem Herzen so zu ihm stehen, daß er ihm mit Freuden vergibt.

Dies wird auch so köstlich in den Briefen ausgedrückt, zum Beispiel in Eph. 4,32: „Seid aber gegeneinander gütig, mitleidig, einander vergebend, gleichwie auch Gott in Christo euch vergeben hat.“ Oder in Kol. 3,13: „Einander ertragend und euch gegenseitig vergebend, wenn einer Klage hat wider den anderen, wie auch der Christus euch vergeben hat, also auch ihr.“

Man mag gegen diese Erklärung von Matth. 5,23.24 einwenden, daß wir in dieser Stelle noch gar nicht die Gemeinde haben, sondern dieses Wort auf alttestamentlichem Boden stehe. Wir können solche Erklärung ruhig dem überlassen, der Sie macht. Wir fragen aber, ob damit gesagt sein soll, daß die hier gegebenen Grundsätze von Recht und Gerechtigkeit aufgehoben sind. Jeder kann sich die Antwort selbst geben. Sollte es dem, der Seinem irdischen Volke für den Verkehr miteinander Bestimmungen gab, gleichgültig sein, wie Sein himmlisches Volk sich verhält? Was sollen wir denken von einem Bruder, der, wenn er auf diese Worte des HErrn hingewiesen wird, sich der Kraft derselben zu entziehen sucht, indem er behauptet, das sei für Israel, aber nicht für ihn?

Jemand möchte fragen, was geschehen soll, wenn, wie es oft der Fall ist, die Schuld auf beiden Seiten liegt. Beachten wir, daß dieser Fall weder in Matth. 5 noch in Mark. 11 von dem HErrn behandelt wird! Nun, wenn auf beiden Seiten Schuld liegt, dann ist die Sache durchaus nicht schwieriger, sondern im Gegenteil nur einfacher. Dann liegt es auf beiden Seiten, miteinander in Ordnung zu kommen. Dann braucht der eine nicht auf den anderen zu warten. Jeder von den beiden sollte von Herzen danach trachten, der erste zu sein in dem Aufsuchen des anderen. Die Versöhnung ist dann eine gegenseitige. Wenn du aber dann bloß am Abwägen und Abmessen bist, die Schwere und das Maß der Fehltritte bei jedem festzustellen, dann ist dein

weit entfernt davon, deiner Schuld noch ein Fünftel hinzuzufügen, um dem HErrn das Opfer des Lobes und des Dankes darbringen zu können.

Lieber Bruder, wenn du weißt, daß irgend etwas von deiner Seite vorliegt, gehe hin und versöhne dich! Warte nicht damit! Denke nicht, die Sache wird sich so verlaufen. Sicher, sie wird sich verlaufen, aber so, daß sich auch die Zartheit und Empfindlichkeit deines Gewissens verläuft; und das je länger desto mehr. Und was denkst du, meinst du, daß, wenn der HErr dich heute mit deiner Opfergabe zurückweist, Er dich nach einem Jahre - unversöhnt mit deinem Bruder - willkommen heißen wird?

Fassen wir das Gesagte kurz zusammen, so sehen wir

1. wenn jemand dem HErrn ein Opfer bringen will und derselbe sich bewußt wird, gegen seinen Bruder gefehlt zu haben, daß dann der HErr zu ihm sagt: „Laß deine Gabe und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder“ (Matth. 5,23.24),

2. daß der HErr den Bruder, gegen den gesündigt worden ist, nur mit einem Herzen voll vergehender Liebe in Seiner Gegenwart sehen will (Mark. 11,25),

3. daß ein Bruder, der gegen einen anderen Bruder gesündigt und im Gewissen von seiner Sünde nicht überführt und berührt ist, nicht sich selbst überlassen bleiben soll, sondern die Liebe soll sich um ihn bekümmern, und dieses gesegnete Vorrecht, ihm den Liebesdienst zu tun, soll dem zufallen, gegen den der Bruder gesündigt hat. Dieser soll zu ihm gehen und ihn zu überführen und wiederzugewinnen suchen (Matth. 18,15-17).

Der HErr gebe uns Gnade, diese uns vom HErrn gezeichneten Wege, die reich an Segen für uns sind, zu gehen.

(Nach d. holl. „Gem.“ A. v. d. K.)

Liebe.

Fortsetzung (1. Kor. 13).

Die Liebe ist gütig.

Auch unsere Liebe wird sich durch Güte sowohl unseren Geschwistern als auch unseren Mitmenschen gegenüber kundmachen. Wie viele Herzen sind schon erquickt worden durch die Güte der Geliebten des HErrn! Und wieviel Linderung in Not, wieviel Trost und Erquickung im Leid hat Güte bewirkt! Wie oft schon haben kleine Gaben der Liebe Kranke getröstet und ermuntert! Sie sahen die Liebe des Bruders oder der Schwester und erkannten darin zugleich die Liebe des HErrn und unseres Gottes und Vaters, welcher die Herzen durch den Heiligen Geist leitet, solche Erquickungen zu bereiten. Ja, „Gott ist es, welcher in uns wirkt, sowohl das Wollen als auch das Vollbringen“ (Phil. 2,13). Und wieviel Danksagung gegen Gott hat oft solche Bruderliebe hervorgerufen! Doch was ist dieses erst in den Augen unseres HErrn! Denn was wir Seinen Geliebten tun, das tun wir Ihm. Wenn auch Umstände uns hindern mögen, jeden Kranken zu besuchen, so findet die Liebe doch einen Weg, sich zu betätigen, und sei es nur durch stille ungesehene Fürbitte oder einen Gruß oder eine Gabe. Denken wir auch an die Witwen und Waisen, an die Alleinstehenden und Bedürftigen und vergessen wir auch nicht die Arbeiter im Werke des HErrn, an deren Kämpfen, Lasten und Sorgen (Kol. 2,1; 2. Kor. 11,28) so viele verständnislos vorübergehen. Wieviel Gelegenheit haben wir da, Liebe und Güte zu betätigen! Die Liebe ist gütig!

Die Liebe neidet nicht.

Die Liebe ist dem anderen wohlwollend und gibt. Der Neid ist das Gegenteil, er wünscht nicht das Wohlergehen und die Ehrung des anderen, sondern wünscht dieses vielmehr für sich selbst. Aus Neid wurde der HErr dem Pilatus überliefert. Der Neid ist eine Wurzel vieles Bösen und eine Frucht des Fleisches, d. h. eine Eigenschaft unserer alten, sündigen Natur. Steigt nicht zuweilen in unserem Herzen Weltmenschen und sogar Geschwistern gegenüber Neid auf, denen es nach unserer Meinung besser geht als uns, und unsere Augen sehen scheel, weil der HErr

mit anderen gütig ist und diese in besonderer Weise zu Diensten in Seinem Werk benutzt? Asaph sagt, daß er die Übermütigen beneidete, als er die Wohlfahrt der Gesetzlosen sah. Aber als er ins Heiligtum ging und jener Ende gewahrte, wurde er von seinem Neid geheilt. (Ps. 73.) Die Liebe neidet nicht.

Die Liebe tut nicht groß.

Wie leicht sind wir geneigt, mit unseren uns doch nur vom HErrn geschenkten Fähigkeiten, unserem Können und Wissen groß zu tun. Gern erzählen wir von uns, und wir merken es kaum; andere aber empfinden, daß das „Ich“ noch unser Herz erfüllt, und der HErr weiß es erst recht. Die Liebe aber trachtet danach, bescheiden und unauffällig zu sein, und kleidet sich auch dementsprechend. Die Liebe tut nicht groß.

Die Liebe bläht sich nicht auf.

Wenn wir groß tun, sind wir dem Aufgeblasensein sehr nahe. Wir sind dann etwas in unseren eigenen Augen und kommen uns so wichtig vor, daß wir meinen, auf die ersten Plätze Anspruch zu haben, damit auch unsere vermeinte Wichtigkeit ihre rechte Würdigung finde. Wie paßt solches Sich-Aufblähen zu Dem, der „in Gestalt Gottes war und es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sordern Sich Selbst zu nichts machte und Knechtsgestalt annahm“? (Phil. 2,6.7.) Er ist unser Meister. Die Liebe bläht sich nicht auf.

Die Liebe gebärdet sich nicht unanständig.

Sind wir aufgebläht, dann dürfte ein unschickliches Betragen wohl vielfach die Folge sein. Mit unserer Meinung, unserem Wissen und Können, meinen wir, überträfen wir alle anderen, und unsere Brüder und Schwestern werden in unseren Augen gering, und wir lassen es an der Höflichkeit und der nötigen Rücksicht fehlen und setzen uns dann gar leicht über den nötigen Anstand hinweg, der insonderheit bei Kindern Gottes gefunden werden sollte.

niemand Anstoß nimmt oder in böse Versuchungen kommt und das Zeugnis des HErrn nicht geschwächt wird. Sie achtet nicht nur im Verkehr mit Kindern Gottes, auch im Verkehr mit der Welt auf die Sitten des Anstandes und der Höflichkeit (Phil. 4,8) und unterwirft sich nicht Moden, die dem Worte entgegen sind, wie wir solche in der heutigen Kleidung und auch in dem Tragen eines sogenannten Bubikopfes finden. Die Liebe sucht nicht der Welt, sondern dem HErrn zu gefallen. Die Liebe gebärdet sich nicht unanständig.

Die Liebe suchet nicht das Ihrige.

Neid, Großtun, Unanständigkeit usw. werden kaum einen Platz im Herzen finden, wenn die Liebe wirksam ist. Sie sucht nicht ihre eigenen Vorteile, sondern die des anderen. Sie ist darauf bedacht, daß dem anderen in seinem verborgenen Glaubensleben nicht irgend ein Schade zugefügt werde. Wie ernst ist dieses. Wie mancher mag schon dadurch, daß lieblos keine Rücksicht auf das Heil der Schwachen genommen wurde, Schaden erlitten haben.

Dem HErrn war es Speise, den Willen des Vaters zu tun. Er suchte das Wohl der Menschen, ja unser Wohl, und noch heute ist Er derselbe. Er sucht nicht das Seinige. Und von Paulus wissen wir, daß er danach trachtete, dem HErrn zu gefallen, und das Wohl der Kinder Gottes suchte. Wie kostbar ist es, wenn Kinder Gottes besorgt sind, den Willen des HErrn zu tun, und darauf bedacht sind, daß die Geliebten des HErrn in nichts Mangel haben, sei es an irdischen oder an geistlichen Gütern. Wir sollten aufeinander „acht haben, daß niemand an der Gnade Gottes Mangel leide“ (Hebr. 12,15). Die Liebe sucht nicht das Ihrige.

Die Liebe läßt sich nicht erbittern.

Wenn die Liebe das Wohl des anderen sucht, so kann es sehr leicht vorkommen, daß sie verkannt und mit Undank, ja mit Haß belohnt wird. Blicken wir auf unseren HErrn, auf das vollkommene Vorbild! Er ließ Sich nicht erbittern. Er machte Sein Angesicht wie einen Kieselstein angesichts der Ihm zugefügten Schmach. Große Wasser vermochten Seine Liebe nicht auszulöschen. Denken wir an Sein Wohltun, und denken wir an die Schmach und an den

Hohn, den Seine Feinde über Ihn ergehen ließen. Er aber ließ Sich nicht erbittern. Er schalt nicht wieder, als Er gescholten ward.

Wie leicht neigen wir in ähnlichen Fällen dazu, uns im Zorn hinreißen zu lassen, so daß unser Wohlwollen ins Gegenteil umschlägt und wir schließlich eine gewisse Bitterkeit und eine Härte zur Schau tragen. Die Liebe läßt sich nicht erbittern.

Die Liebe rechnet Böses nicht zu.

Nicht nur daß die Liebe sich nicht erbittern läßt, sie rechnet auch das Böse nicht zu. Der HErr betete am Kreuz für Seine Feinde; Er rechnete ihnen das Böse, was sie Ihm zufügten, nicht zu. Stephanus, voll Heiligen Geistes, betete: „HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ (Apgesch. 7,60.) Möchten auch wir solche Liebe zum Ausdruck bringen, die das uns zugefügte Böse nicht zurechnet, und dieses sowohl Ungläubigen als auch Kindern Gottes gegenüber. „Wenn dein Bruder wider dich sündigt, so gehe hin, überführe ihn zwischen dir und ihm allein“ (Matth. 18,15). „HErr, wie oft soll ich meinem Bruder, der wider mich sündigt, vergeben?

Bis siebenmal? Jesus spricht zu ihm: Nicht sage Ich dir, bis siebenmal, sondern bis siebenzig mal sieben“ (Matth. 18,21.22). Ja, möchten wir von Herzen vergeben! (V. 35.) „Und wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemanden habt, auf daß auch euer Vater, der in dem Himmel ist, euch eure Übertretungen vergebe“ (Mark. 11,25). Wenn wir meinen, vergeben zu haben, rechnen wir es auch wirklich nicht zu? Ich glaube, daß wir nur dann von Versöhnung reden können, wenn wir es einander auch nicht mehr zurechnen. „Wenn du nun deine Gabe darbringst zu dem Altar und dich daselbst erinnerst, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß daselbst deine Gabe vor dem Altar und gehe zuvor hin, versöhne dich mit deinem Bruder; und dann komm und bringe deine Gabe dar“ (Matth. 5,23.24). Die Liebe rechnet Böses nicht zu.

(Forts. folgt, s. G. w.)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 4

Bitte um Aufklärung über Jes. 22,25 im Zusammenhang von V. 20-25.

Antwort

Die Kap. 13-27 in Jesaja lassen vor unseren Augen das großartige Drama abrollen, welches in die Endzeit der Geschichte der Nationen fällt. Des öfteren werden eingeflochten und als Ausgangspunkte genommen Ereignisse, die vorlagen oder durch die Prophezeiung als in naher Zukunft eintretend bezeichnet wurden. Zehn Aussprüche sind es im ganzen. Kap. 22 über Jerusalem (Tal der Gesichte: vergl. Jerem. 21,13 und 17,3), das neunte, bietet ein treffendes Beispiel für das eben Gesagte; denn was durch Sanherib und Nebukadnezar an Jerusalem geschah, deckt sich nur mangelhaft mit dem Inhalt der ersten 14 Verse. Der Ausspruch geht auf die Endkrisis hin. Aus der Geschichte Hiskias kennen wir die in den Versen 15-25 vorgeführten zwei Persönlichkeiten. Alle drei boten durch ihre Stellung Gelegenheit, Vorbilder auf die Endzeit hin zu sein. Der Geist Gottes bringt das durch Jesaja zur Darstellung. Hiskia in den Kapiteln 36-39 für den jüdischen Überrest in seinen Drangsalen und Ängsten bis an den Rand des Todes; Schebna für den falschen Messias, den Antichristen; Eljakim (= „Gott richtet auf“) für den wahren Messias.

Von Schebna ist zuerst die Rede. Sein Name weise auf syrische Abstammung hin, sagen Sprachenkundige. Er war, wie es scheint, ein fremder Emporkömmling, der seine hohe Stellung mißbrauchte zu seiner eigenen Verherrlichung für alle Zeiten. Gerade so ist uns der Antichrist bekannt aus verschiedenen Stellen der Schrift. „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden“ ist aber der Grundsatz, der sich an ihm als wahr erweisen wird durch direktes göttliches Eingreifen, wie es sich so an Schebna erwies.

An seine Stelle wird berufen, ebenfalls durch göttliches direktes Eingreifen, der, durch welchen tatsächlich verwirklicht wird: „Gott richtet auf“; siehe Kap. 49,6, erste Hälfte! Er wird all die Ehre haben, von der da die Rede ist, und wird all das sein, was von ihm da gesagt wird in bezug auf Jerusalem, das Haus Juda und das Haus Davids. Der Schlüssel ist das Bild der Verwaltung einer umgrenzten Sphäre, eines Hauses oder einer Stadt. Man stelle sich Schlösser und Schlüssel nicht vor wie die unsrigen. Man hat an Riegel zu denken, die öfters von Erz waren. Die „Aufmacher“, „Öffner“, d. i. Schlüssel, waren dementsprechend gewichtige Instrumente, darum ist von der Schulter zum Tragen derselben die Rede. Siehe zur Illustration betr. Riegel und Öffner Richt. 3,23-25 und von Schlüssel = Verwaltung = Herrschaft Jes. 9,6, vergl. Offenb. 3,7, wo uns der HErr Selber sagt, daß Eres ist, der eigentlich gemeint ist mit dem, was von Eljakim gesagt ist.

Wie Jerusalem für Israel und Juda ein Thron der Herrlichkeit oder Ehre ist (Jer. 3,17; 14,21; 17,12), d. h. ein Gegenstand, dessen man sich rühmt, weil er ein Symbol der Herrscherhoheit ist, so der Messias desgleichen ein Thron der Ehre oder Herrlichkeit für das Haus, dem erentstammt, für das Haus Davids. Welch eine Verherrlichung des Hauses Davids, wenn „die gewissen Gnaden Davids“, gegeben in 1. Chron. 17, in dem verherrlichten Christus ihre Erfüllung finden werden! Kein Wunder, daß gesagt wird, Vers 24 (Jes. 22), daß alles, was den Dienst Israels ausmacht dann, an Ihm hangen wird: die Funktionäre und die zum Ausüben der Funktionen benötigten Gegenstände; alles ausdrucksvolle Bilder, die uns das vorführen: Sprößlinge, Seitenschossen, d. i. direkt oder weniger direkt mit ihm in Verbindung stehende offizielle Diener, vergl. 1. Chron. 18,14-17, samt dem benötigten Material, vergl. Sach. 14,20.21.

Ein in die Wand fest eingeschlagener Pflock ist das Bild kraftvollen Tragenkönnens; hier gemeint des Tragenkönnens all dieser Dinge (V. 23). Der Antichrist hatte sich angemaßt, das zu sein; er, seine kurze Herrlichkeit und alle, die sich ihm anvertraut hatten (siehe Dan. 11,36-39), werden zugrunde gehen (V. 25). Nach Jesaja gebraucht auch Esra, Kap. 9,8, das Bild, das ein Pflock abgibt, wohl aber mehr ein Zeltpflock, indem er das Wiederaufbauen des Hauses (V. 9)

dem gleichstellt, wenn zum Aufrichten eines Zeltes mit seinen Seilen vorderhand nur einmal ein Pflock in den Boden gerammt ist. Sacharja hingegen in der gleichen Zeit wie Esra weist durch das Bild eines Pflockes und das eines Ecksteines in Verbindung mit dem Hause Juda unverkennbar auch auf den Messias hin, Kap. 10,4.

„Öffne meine Augen, und ich werde Wunder schauen in Deinem Gesetze“ (Psalm 119,18).

F. Kpp.

Frage 5

Welches ist der tiefere Sinn von Joh. 14,27?

Antwort A

Fraglicher Vers enthält zweimal das Wort „Frieden“. Jedoch ist der beiderseitige Sinn ein verschiedener. Wie schon oft betont, muß auch hier die Stellung der Jünger in Betracht gezogen werden. Der HErr sagt von ihnen: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das Ich zu euch geredet habe.“ „Wer gebadet ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße, sondern ist ganz rein“ (Joh. 15,3 und 13,10). Die Annahme Seines Wortes, der erste Hinweis in dem Wort: „Siehe, das Lamm Gottes, welches der Welt Sünde wegnimmt“ (Joh. 1,29), brachte u. a. einige zur anfangenden Erkenntnis ihres Wesens. Ein Ergebnis Seines Wirkens gibt uns Luk. 5,8. Mit: „Gehe von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch“ beugt sich Petrus, sich selbst erkennend, vor dem HErrn. Wenn schon der Glaube der Jünger nicht der an das geopferte Lamm war, so genügte ihr Glaube an den Sohn Gottes doch und an das durch Ihn geoffenbarte Wort Gottes, um sie in den Zustand der Reinheit zu setzen. Röm. 5,1 nennt diesen Frieden - den, von dem Er sagt: „Frieden lasse Ich euch“ - „Frieden mit Gott“, denn dieser ist es, den der erlöste Mensch zuerst empfängt. Da die Jünger zu dem besonderen Kreis des HErrn gehörten und Seinen Weg wußten, genossen sie den Gewissensfrieden im voraus. Besiegelt wurde er jedoch erst durch das vollbrachte Opfer, und dieses deutet der HErr an mit den

Worten: „Frieden lasse Ich euch.''

„Meinen Frieden gebe Ich euch“ ... Um diesen Frieden zu erlangen, muß man sein Wesen kennen und die Mittel, durch die er dargereicht wird. Als Sohn Gottes ist der HErr der Friede in Person. Sein Friede aber lenkt uns auf Seine Lebensumstände hin. Es hat wohl keinen Menschen gegeben, welcher so die Zielscheibe der Angriffe Satans war wie Er. Sein heiliger Leib und Sein göttliches Wesen ließen Ihn die Ihn umgebende Sünde so verspüren, wie sie nur eben Er fühlen konnte. Ihm war sie wesensfremd, uns aber liegt sie in Fleisch und Blut. Hunger, Durst, Hitze, Angst Seiner Seele taten dazu noch das Ihre. Wo ist nun das Geheimnis Seines Friedens zu suchen? Es ist unschwer zu finden. In all diesen Umständen blieb Er Sich gleich. Gehorsam und Abhängigkeit sind die Säulen, auf die sich Sein ganzes Leben stützt. Es ist uns so eigen, zu sagen oder bloß im Geheimen zu denken, daß Sein göttliches Wesen vorherrschend gewesen sei. Bedenken wir, daß wir darin dem Bericht des Wortes entgegen sind und Seinen Ruhm schmälern. Vollkommener Mensch sein heißt, aufs Tiefste die Schwere des Lebens auf einer fluchbeladenen Erde zu empfinden. Als Sohn Gottes brauchte Er doch nicht zu beten noch Angst der Seele zu haben, oder zu bitten, daß man mit Ihm wache. Welcher Trost für unser Herz, einen solchen HErrn zu haben, der uns gerade als Mensch ganz versteht! Einige Zitate im Rahmen des Johannesevangeliums sollen Seinen inneren Menschen zu verschiedenen Zeiten zeigen, „Meine Speise ist es, den Willen Gottes zu tun“ (4,34) - „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich“ (2,17) - „Die Ehre dessen suchen, der Ihn gesandt“ (7,18) - „Wie der Vater Mich gelehrt, rede Ich“ (8,28) - „Ich bewahre Sein Wort“ (8,55) u. a. Vergebens suchen wir Sein „Ich“; nur ein Verharren in den Gedanken Seines Vaters wird offenbar. Am Ende Seines Lebens konnte Er sagen: „Ich habe Dich verherrlicht, das Werk habe Ich vollbracht“ (Joh. 17,4). Durch obige genannte Dinge blieb Er stets in Harmonie mit dem Vater (dies soll als Ermahnung für uns gelten!), und das bedeutet Frieden, Seinen Frieden oder Frieden des Herzens.

Warum nun sagt der HErr diese besonderen Worte zu Seinen Jüngern? Um sie zu stärken für das Kommende. Bisher war Seine Liebe ihr Schutz, nun aber kamen sie in Kürze auf den Boden der Selbständigkeit im Handeln, und was das bedeutete, wissen wir wohl. Zur gegebenen Zeit sollte sie der Heilige Geist (der „Sachwalter, „Tröster“) daran erinnern, zum

Trost. Zu beachten ist ferner, daß diese Friedensworte gesprochen wurden, nachdem der Heilige Geist eingeführt ist. Einerseits ist Er der Stellvertreter des von ihnen geschiedenen HErrn und andererseits der Vermittler Seines Friedens.

Nun bleibt uns noch übrig zu erwähnen, inwieweit dieser Friede gegeben wird. Willkürlich? In seiner ganzen Fülle? Ersteres muß verneint werden, und letzteres ist nicht möglich. Der unerlöste Leib, die Wohnung des alten Ichs, bildet wohl das größte Hindernis. Auch hier kann man sagen bezügl. des ersteren: „Jeder Fußbreit Landes, auf den du deine Fußsohle setzest, ist dein.“ Hebr. 12,14 zeigt dies klar: „Jaget dem Frieden nach mit allen und der Heiligkeit, ohne welche niemand den HErrn schauen wird.“ Frieden in Verbindung mit einem Leben ohne Sauerteig! Wert und Dauer des Friedens ist abhängig von der Stärke des Wandelns nach dem neuen Menschen.

Dann noch kurz eine Gegenüberstellung: Der Gewissensfriede ist die Folge der Sündenvergebung. Es ist dies die erste Erfahrung der wiedergeborenen Seele. Man empfängt ihn sofort, und er kann nicht genommen werden (normalerweise). Der Gewissensfrieden ist ein persönliches Verhältnis zwischen mir und Gott. Der Herzensfrieden ist die Begleiterscheinung eines Heiligungslebens. Diese Erfahrung ist wachstümlich und kommt an zweiter Stelle. Im Gegensatz zu ersterem kann dieser verlorengehen, aber ebenso kann er durch ernste Herzensbeugung zurückerworben werden. Schließlich noch eins: dieser Frieden zeigt mehr unseren geistlichen Zustand im Verhältnis zum unruhigen Fleisch!

W. Wst.

Antwort Des Schriftleiters

Zu dieser schönen Antwort noch einige ergänzende Worte! Zunächst weise ich auf Frage 12 in Jahrbuch 12 hin: dort „Meine Freude“, hier „Mein Friede“.

Ein Mensch, der die erste Art „Frieden“, den sogenannten Frieden des Gewissens, nicht kennt, und zwar aus eigener Erfahrung, ist kein Christ. Es ist „der Friede mit Gott“ (Röm. 5,1.), wie

oben gesagt ist, der die notwendige Folge der Rechtfertigung aus Glauben ist, ist doch Christus „um unserer Übertretungen willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden“ (Röm. 4,25). Dadurch hat Er, als Er aus dieser Welt herausging, uns den Frieden (da)gelassen, wie Erverheißen hat; denn wer an Ihn glaubt, der wird gerechtfertigt und dadurch dieses Friedens teilhaftig, den der Sohn Gottes am Kreuz gemacht hat „durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol. 1,20). Diesen kostbaren Frieden brachte Er am Auferstehungsmorgen den Seinen, als Er sie mit dem „Friede euch!“ begrüßte, worauf Er ihnen Seine durchbohrten Hände und Seine Seite zeigte als Beweis für die vollgültige Grundlage dieses Friedens in Seinem Opfer und Seinem Blute (Joh. 20,19.20). Als Er sie aber zum zweitenmal mit dem gleichen „Friede euch!“ grüßte, deutete Er damit zweifellos den Frieden an, den Er Selber hinieden genossen hatte (V. 21). In diesem Herzensfrieden hatte Er als vollkommener Mensch den Dienst getan, zu dem Er sie jetzt aussandte und für den Er sie so ausrüstete. Den ersteren Frieden hatte Er besiegelt mit Dahingabe Seines Lebens, den letzteren, „Seinen Frieden“, hatten sie bei Ihm tagtäglich wahrnehmen dürfen in all Seinen Wegen, Diensten und Leiden hienieden, als sie mit Ihm wandeln durften.

Welche Herrlichkeit - diese Verheißung Seines Friedens! Wie oft mochten sie Ihn, der als Mensch in so vollkommener Glaubensabhängigkeit (vergl. Hebr. 12,1-3) wandelte, staunend bewundert haben, wie Er so still gefaßt und ruhig blieb in allen Lebenslagen, so jeder Situation gewachsen, nie aus dem Herzensfrieden zu bringen, stets über den Ereignissen stehend und doch allem sich demütig und sanftmütig mit der gleichen Ruhe und Sicherheit hingebend, so, als wenn Er in jede irdische Unordnung die rechte göttliche Ordnung hatte hineinbringen wollen (vergl. das auch hierhergehörende Wort: „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens!“ 1. Kor. 14,33; wie wunderbar hat der HErr dies geoffenbart!)! Wie überwältigend sind in dieser Hinsicht Antworten wie jene, da man Ihn fangen wollte mit der Frage, ob es recht sei, dem Kaiser Steuer zu geben (Matth. 22,15-22), oder Szenen wie Luk. 7,36-50; 10,38-42 und Joh. 8,1-11 usw.! - Kostbar ist das!

Wenn wir, die wir auch „durch Glauben wandeln, nicht durch Schauen“ (2. Kor. 5,7), doch auch so jeder Sachlage uns gewachsen zeigen würden, ohne den Herzensfrieden einzubüßen und in

Aufregung zu geraten, wenn die Dinge einmal unvorhergesehen anders laufen, als wir es für richtig hielten! Wie so leicht „vergessen wir uns“ oder „lassen uns gehen“, „brausen auf“, müssen hinterher „etwas zurücknehmen“ und „uns entschuldigen“ (was nie bei dem HErrn vorkommen konnte!) und verderben durch Unbesonnenheit (vor allem schon in den Worten!) mehr, als je wieder gut zu machen wäre, wenn die Gnade es nicht fertig brächte! Nie kam dergleichen bei Ihm vor. Er wandelte in dem Frieden, den Paulus in Phil. 4,6 „den Frieden Gottes nennt, der höher ist denn alle Vernunft“, und der „unsere Herzen und Sinne (unsere Gedankenwelt!) bewahren möge in Christo Jesu“! Der Friede ist da für uns!

Wie hat der HErr die Seinen zu trösten gewußt, als Er sie auf Seinen baldigen Weggang vorbereiten mußte! Sie hätten wohl bestürzt werden können, aber Er ermuntert sie mit Seinen treuen Worten: „Euer Herz werde nicht bestürzt, sei auch nicht furchtsam!“ Und dieses Wort leitet Er ein durch die Verheißung des Geistempfanges und des doppelten Friedens mit dem Hinweis: „Nicht gebe Ich, wie die Welt gibt.“ Wie gibt denn die Welt? In gesetzlicher Weise - mit Drohungen, wiederzunehmen, wenn man nicht so wolle, wie sie wolle - mit der Forderung der Wiedervergeltung, also aus Eigennutz (vergl. Luk. 14,12-14!) - mit dem unverhüllten Wunsche, gelobt zu werden - mit unfreundlichen Blicken und unschönen Worten - mit Herzenskälte - so daß der Empfänger hinterher wünschen möchte, lieber nichts angenommen zu haben - ja, in einer Art von Widerwillen - wie gezwungen gibt sie und mit dem Hintergedanken, es lieber nicht haben geben zu müssen - sie gibt halb (vergl. Luk. 7,44-46, wie's der HErr erfuhr von dem Pharisäer!), sie gibt sich nie ganz als freiwilliges Opfer (wie Er!) - sie gibt ohne Liebe, ohne Glück, ohne Freude - sie kennt nicht die herrliche Tatsache Seines Wortes: „Geben ist seliger als Nehmen!“ (Apgesch. 20,35.) - Sein Geben ist in allem das Gegenteil, selbstlos, freudig und freiwillig opfernd, vollkommen in Liebe, Hingabe und Treue, um des Empfangenden willen, um ihn zu beglücken, um ihn mit Sich zu verbinden, ihm dadurch zu schenken, was er ohne Ihn nie und nimmer bekommen könnte. So gibt Er, so willig und gern, und wirft es nicht hinterher vor (Jak. 1,5), und so gibt Er auch Seinen Frieden, ohne ihn je wieder fortnehmen zu wollen, wenn anders die Empfänger dies hohe Glück nicht leichtfertig verscherzen würden. Denn es ist ein zartes Ding um „Seinen Frieden“, wie wir auch aus Antwort A sehen, und gar leicht ist der Geist

sie sich beugt nach 1. Joh. 1,9! Aber nie gibt Er, unser geliebter HErr, wie die Welt gibt, nie gibt Er mit der einen Hand, während gleichsam die andere bereit ist, schon wieder wegzunehmen, was kaum das Herz beglückt hat. „Nicht wie die Welt gibt, gebe Ich.“ Sein Geben verdient unser vollstes Vertrauen, unsere rückhaltloseste Glaubenshingabe, unseren dankbarsten Gehorsam gegen Sein Wort auf unseren Wegen; Sein Gebenwollen soll uns Mut machen, aller Bestürzung den Abschied zu geben und Ihm allein zu trauen, der nur Gutes zu geben weiß und „nur Gedanken des Friedens“ mit uns hat (Jer. 29,11), der nicht nur den Gewissensfrieden für uns zurückließ, sondern uns auch „Seinen Frieden“ nicht vorenthält, wenn uns daran liegt, auf unserem Wege durch das uns wie Ihm feindliche Gebiet dieser Welt, in der wir „Drangsal haben“ (Joh. 16,33), uns zu beweisen als Sein Eigen, als aus Gott Geborene, die „Darsteller des Wortes des Lebens“ nach Phil. 2,16 sein dürfen, in Seiner Kraft, durch Seine Gnade! Er wolle uns vermehrte Gnade schenken, das köstliche Wort vom Frieden, den Er uns läßt, und von Seinem Frieden, den Er uns gibt, täglich besser zu verstehen und zu verwirklichen in steter Abhängigkeit von Ihm, der „die Welt überwunden“ hat (Joh. 16,33)! Er sei gepriesen!

F. K.

Frage 6

Zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen wird das Auftreten der zwei Zeugen geschehen (Offenb. 11,3-13)? Gibt uns die Schritt irgendwelche Winke, wer diese beiden Zeugen sein könnten?

Antwort A

Wir möchten obigen Fragen noch eine hinzufügen: Wo wird sich dies abspielen?

Wie das Land Palästina der Mittelpunkt - der „Nabel“ - der ganzen Erde ist (Hes. 38,12), so ist Jerusalem der Mittelpunkt des Landes. Hier (Offenb. 11) wird es Vers 2 die heilige Stadt genannt, und Vers 8 die große Stadt. „Heilig“ wird sie genannt nach dem Vorsatz Gottes, weil

Gott Jerusalem erwählt hat vor allen anderen Weltstädten und sie abgesondert, auserkoren hat, der sittliche, herrliche Mittel- und Ausgangspunkt des Gesetzes und des Wortes Jehovas im zukünftigen Zeitalter zu sein (Jes. 2,3). Viele Christen kennen in bezug auf die irdische Berufung nicht das göttliche „Der, Die, Das“. Nicht der Montblanc noch der Mount Everest sind die von Gott erwählten Berge, sondern der Berg Zion. Nicht London, Paris, New York, Athen, Moskau, Rom noch Berlin sind die von Gott auserwählten Städte, sondern die Stadt Jerusalem. Nicht die Briten, Amerikaner, Franzosen, Italiener noch die Deutschen sind das Volk, das Gott berufen hat, einst das Haupt aller Völker zu sein, sondern das Volk Israel. Die „heilige Stadt“ kann nur eine Stadt auf Erden genannt werden. Darum wird das irdische Jerusalem im Neuen Testament dreimal „heilige Stadt“ genannt (Matth. 4,5; 27,53; Offenb. 11,2), wie auch das himmlische Jerusalem ebensoviel Male (Offenb. 21,2.10; 22,19).

Wir werden, so Gott will, später noch sehen, daß, wer Palästina, die Brücke dreier Erdteile, besitzt, die Erde beherrschen kann. Darum haben alle vier Weltreiche stets dieses Land besessen. Ohne dasselbe wären sie keine Weltreiche gewesen. Dann wird aber dieselbe Stadt Vers 8 die „große Stadt“ genannt. Der Geist Gottes gibt uns zu dieser Bezeichnung gleich die Erklärung: „Welche geistlicherweise Sodom und Ägypten heißt, wo auch ihr HErr gekreuzigt wurde.“ Ihre Größe besteht in dem Verderben und Abfall von Gott. „Sodom“: sittliches Verderben, Perversität. „Ägypten“: Knechtschaft und Weltherrlichkeit. „Wo ihr HErr gekreuzigt wurde“: die größte Mord- und Blutstadt. Ja, die größte Sünde aller Sünden ist in der Kreuzigung des HErrn dort begangen worden. Darum die „große Stadt“. In diesem letzten Buch der Bibel kommt das Wortchen „groß“ am häufigsten in bezug auf göttliche, menschliche und satanische Dinge vor. Das griechische Wort „megas“, welches ungefähr 82mal vorkommt, wird meist mit „groß“ (ungefähr 66mal; die Offenbarung ist das 66. Buch der Bibel) und „laut“ übersetzt. Man kann wohl sagen, daß dieses Buch besonders dadurch gekennzeichnet ist. In diesem letzten Buch, wo Gott in Seiner Heiligkeit wie auch Gnade die Bilanz der Welt-, Menschheits- und Erlösungsgeschichte zieht, finden wir die große Abrechnung und Belohnung aller sittlichen Wesen. Welcher Lohn, mein teurer Leser, wird dir und mir zuteil werden?

Nachdem wir versucht haben, die Frage, „wo'' es sein wird - des Ortes -, zu beAntworten,

möchten wir nun mit dem Beistand des HErrn die Frage der Zeit - „wann“ es sein wird - zu lösen versuchen.

Obwohl die Antwort nicht so einfach ist, glauben wir doch auf Grund des Wortes ihre richtige Lösung zu finden. Wir haben in diesem Abschnitt vier ganz bestimmte Zeitangaben. (4 ist die Zahl der Erde. Das Wort „Erde“ wird in diesem Abschnitt Vers 1-13 - sechsmal gebraucht. 6 ist die Zahl des Menschen, vergl. Vers 10. Die Menschen, „welche auf der Erde wohnen“, wollen die Rechte des Herrn der Erde - Vers 4 - nicht anerkennen.) Vers 2 haben wir die 42 Monate. Diese Bezeichnung finden wir noch einmal Kap. 13,5. Vers 3 wird von 1260 Tagen gesprochen. Diese Zahlenangaben von Tagen finden wir auch nochmals Kap. 12,6. Außerdem finden wir noch zweimal, Vers 9 und 11 in Kap. 11, „drei Tage und einen halben“. Alle diese Zeiten sind buchstäblich zu verstehen. Der Vollständigkeit halber muß noch eine andere Zeitangabe mit erwähnt werden, die wir nicht in diesem Abschnitt finden, sondern in Kap. 12,14: „Eine Zeit und Zeiten und eine halbe Zeit.“ Diese Bezeichnung finden wir noch zweimal in Daniel 7,25 und 12,7. Wir sind der Überzeugung, daß alle drei Bezeichnungen von Tagen, Monaten und Zeiten nicht nur eine gleiche Zeitdauer von dreiundeinhalb Jahren bestimmen, sondern auch rein geschichtlich zusammenfallen. Warum gebraucht der Heilige Geist verschiedene Ausdrücke für geschichtlich dieselbe Zeit? Weil der Geist Gottes die Zeit verschiedenartig bewertet. Z. B, die dreiunddreißig Jahre Erdenleben des HErrn; die dreiundeinhalb Jahre öffentlichen Dienstes des HErrn; die drei Stunden des Gottverlassenseins des HErrn am Kreuze werden von Gott ganz anders bemessen, bewertet und verzeichnet als die Jahre und Stunden irgendeines Menschen. Wir freuen uns, daß der HErr auch in diesem den Vorrang hat!

So finden wir die Tage in Verbindung mit der Treue Seiner Zeugen und Seiner Treue den Seinen gegenüber im Versorgen in der Wüste: Jeder Tag des Zeugnisses ist Ihm so wertvoll, daß Er jeden Tag als einen Juwel in die Zeugniskette einreiht. Darum 1260 Tage. Wie wunderbar ist doch unser Gott! Hingegen in Kap. 12,6 muß das Weib in der Wüste mit der täglichen Versorgung von seiten ihres Gottes rechnen wie Elias am Bache Krith und das Volk Israel in der Wüste. Ach, möchten wir dies doch auch lernen, täglich mit der Versorgung unseres Gottes zu rechnen und uns nicht für die fernliegende Zukunft unnötig zu sorgen!

Die 42 Monate stehen mehr in Verbindung mit den religiösen Zeitabschnitten der Juden. Die Monate sind Mondmonate, deren Anfänge besonders gefeiert wurden. (Vergl. 4. Mos. 10,10; 28,11-14; Ps. 81,3.) Doch jeder Anfang der 42 Mond monate war ein Schritt weiter und näher zu Ihm, der bald als Sonne der Gerechtigkeit aufgehen würde; der nicht nur dem Zertreten der heiligen Stadt (11,2) und der Frechheit des Tieres, Kap. 13,5, ein jähes Ende bereiten wird, sondern damit zugleich herbeiführen wird, daß Seine Geliebten - im Bilde zu reden - nicht mehr im Lichte des Mondes zu wandeln brauchen, sondern sich erfreuen am Lichte, an der Wärme und Liebe ihrer Lebenssonne. Ihm sei Dank!

Die Bezeichnung „eine ZeitZeiten und eine halbe Zeit“ soll uns mehr die Kürze der Herrschaft des Tieres und der Verfolgung des Weibes andeuten. Seine Zeit ist kurz bemessen. Darum wählte der Heilige Geist diesen tröstlichen Ausdruck.

Dies war eine kleine Abweichung über die Bedeutung der verschiedenen Bezeichnungen der Zeit.

Damit ist aber unsere Frage, wann dies sein wird, noch nicht beAntwortet. Wir können wohl behaupten, daß nur die zweite Hälfte der Jahreswoche Daniels so bezeichnet wird; nie die erste Hälfte. Wenn der Leser sich die Mühe nehmen will, alle sieben Stellen in Daniel und der Offenbarung eingehend zu vergleichen, wird er erkennen, daß es so ist. Die Zeit des Auftretens der zwei Zeugen ist also die zweite Hälfte der Jahreswoche nach Dan. 9,24-27, die Zeit der großen Drangsal.

Nun können wir zu der dritten Frage übergehen: Unter welchen Umständen wird das Auftreten der zwei Zeugen geschehen?

Was kann auf eine solche Frage nicht alles geAntwortet werden! Ehe uns Gott mit den zwei satanischen Persönlichkeiten in Kap. 13, die Er uns als Tiere vorstellt, beschäftigt, zeigt Er uns am Anfang des Endes der größten, frechsten, satanischsten, götzendienerischsten und dunkelsten Zeit der Menschheitsgeschichte Seine zwei Zeugen. Auch in jener Zeit wird Gott in

Trost und die Ermunterung, die selbst in der Anordnung und Reihenfolge der Geschichte liegt? Verstehen wir Seine Gedanken im Blick auf das Vorrecht, die Möglichkeit und die Notwendigkeit Seines Zeugnisses durch Seine Heiligen unter allen, ja den denkbar schwierigsten Umständen? Und die Zusicherung, daß Er uns stützt? Unter diesen Umständen beginnen die zwei Zeugen ihr Zeugnis.

Ehe der HErr uns die Untreue der Gemeinde (Kap. 2 u. 3) zeigt, dürfen wir im 1. Kapitel uns an der Treue des Apostels Johannes weiden und an dem Troste, den der HErr ihm spendet. Ehe die Siegel der Gerichte im 6. Kapitel gebrochen werden, zeigt Er uns im 4. und 5. Kapitel eine Schar, die Ihn anbetet. Ehe die Endgerichte über diese Erde dahinbrausen im 8.-19. Kapitel, zeigt uns der HErr die 144000 und die unzählbare Schar, die Er Sich gesichert hat, sie zu bewahren vor den Versuchungs- und Verführungskünsten des Gottes dieser Welt! Wer könnte alles aufzählen? Wer ist tüchtig dazu? Man müßte das ganze Wort so durchnehmen.

Doch müssen wir zur letzten und vielleicht für viele wichtigsten Frage übergehen: Wer sind diese zwei Zeugen?

Manche haben geglaubt, dies sei die Hauptsache. Wir sind nicht dieser Meinung. Wir freuen uns, daß sie da sind, ganz gleich, wer sie sind. Es wird vor der Zeit niemand je gefunden werden, um uns die Namen dieser zwei Zeugen anzugeben, obwohl Gott uns die Art, den Charakter, den Geist, die Aufgabe und die Macht dieser Zeugen klar vorstellt.

Und dies alles in etwa darzulegen würde zu großen Raum beanspruchen. Beschränken wir uns auf das Wesentliche:

1. Sie werden Zeugen Gottes genannt: Sie bezeugen, was sie wissen und erlebt haben.

2. Sie weissagen in Sacktuch: Sie kennen die Gedanken ihres HErrn und trauern darüber, daß Seine Rechte als „HErr der Erde“ (nicht nur des Himmels, V. 13) nicht anerkannt werden.

3. Sie sind die zwei Ölbaume: Sie stehen in der Kraft des Geistes Gottes. Als Ölbäume zeigen sie uns ihren göttlichen, besonders geistlichen Charakter, weil Öl ein Bild des Geistes ist (vergl.

Sach. 4). Zugleich besagt die Zahl 2 nicht nur Zeugengültigkeit (vergl. 2. Kor. 13,1), sondern auch die Rechte ihres HErrn als Priester und König.

4. Sie sind die zwei Leuchter: Dies bedeutet, daß selbst in jener dunklen Zeit Gott die Erde nicht ohne Licht des Geistes lassen wird. Welch eine Gnade!

Sie stehen vor dem HErrn der Erde: Dies sind des HErrn Rechte, von der Erde durch das Land Palästina Besitz zu ergreifen. Darum begleiten die Aussprüche des HErrn durch Seine Zeugen Straf- und Gerichtswunder. Wir brauchen wohl den Leser nicht darauf aufmerksam zu machen, daß solche Gerichtswunder nichts mit der jetzigen Haushaltung der Gnade zu tun haben. Denn Christus wird nicht durch die Gemeinde Besitz von der Erde ergreifen, sondern durch Israel (vergl. Jos. 3,11-13), das irdische Bundesvolk. Durch die Gemeinde wird Christus von dem gesamten Weltall Besitz ergreifen (Eph. 3,6; 1,10.13). Strafwunder stehen nur mit des HErrn Rechten über Sein irdisches Volk (vergl. 2. Mos. 7-12) und der Zurückführung dieses Volkes vom Götzendienst zur Jahwe (Jehova)-Verehrung in Verbindung. Darum finden wir, daß in den Wundern und der Art des Geistes dieser beiden Zeugen auf Mose und Elias angespielt wird. Und warum dies? Nicht darum, weil diese zwei Zeugen - wie etliche behaupten - Mose und Elias selbst seien. Wir halten dieses auf Grund des Wortes Gottes für vollständig ausgeschlossen. Wir müssen es uns leider versagen, auf diesen Gegenstand näher einzugehen. Daß ihr Geist, ihre Art, ihre Wunder hier uns gezeigt werden, hat einen anderen Grund als den ihres persönlichen Erscheinens. Mose und Elias waren im Alten Testament die zwei größten öffentlichen Zeugen, die für die Rechte Jahwes (Jehovas) eintraten: Mose für die Rechte der Freiheit Seines Volkes seinem Sklavenhalter gegenüber, Elias für die Rechte Seiner alleinigen Ehrung und Anbetung von seiten Seines Volkes Baal gegenüber. In diesem Geiste und diesem Eifer für Jahwe werden Seine Rechte am Ende der Tage wieder von zwei Zeugen geltend gemacht, in denen Gott in der Gleichartigkeit ihres Auftretens Seine zwei Zeugen im Alten Testament ehrt.

Daß die Wunder Elias an erster Stelle stehen, überhaupt dieser Abschnitt viele Parallelzüge aus dem Leben des Elias anführt, zeigt uns, ohne Gefahr zu laufen, es falsch zu verstehen, daß es sich hier um den Abfall Seines irdischen Volkes handelt, ähnlich wie zur Zeit Elias. Vergleiche

Elias Wunder und Nachahmung: Feuer: Offenb. 11,5; 13,13; Elias Gebet und Erfüllung: Dürre: Offenb. 11,6; Jak. 5,17.18; 3½ Jahre (gleich 1260 Tagen dieser zwei Zeugen) war der Höhepunkt und die Glanzzeit seiner Prophetenlaufbahn (vergl. 1. Kön. 17-19). Es beträgt genau die Zeit des öffentlichen Dienstes des Herrn Jesus. Sie fuhren gen Himmel, Vers 12:Elias fuhr im feurigen Wagen gen Himmel. 7000 Menschennamen kamen bei diesem Erdbeben um, Vers 13: 7000 hatte Jahwe sich aufbewahrt, wovon Elias nichts wußte (1. Kön. 19,18). Erdbeben hier wie dort: Vers 13; 1. Kön. 19,11.12. Der Leser stelle selbst noch Vergleiche an!

Mose wird an zweiter Stelle in den Wundern gezeigt, weil der Mensch sich erst zu Gott wenden muß, welches die Aufgabe Elias war, ehe er von der Knechtschaft Ägyptens - der Welt - befreit werden kann, was die Aufgabe Moses war. Von Mose wird nur das erste öffentliche Strafwunder genannt: Wasser (unbedingt notwendig zum Leben) wird in Blut (Tod) verwandelt.

Aber wichtig ist, die Beziehungen dieser beiden alttestamentlichen Zeugen zu sehen: Mose leitete die erste Wunderperiode in Strafgerichten ein, Elias die zweite in Zuchtgerichten. Jene waren für Ägypten, diese mehr für das abtrünnige Volk Gottes.

So eng sind diese beiden Männer innerlich verbunden nach den Gedanken Gottes, daß beide mit Namen am Ende des Alten Testaments, Mal. 4,4-6, genannt werden. Beide Charaktergestalten sind mit dem Berg Horeb eng verbunden (2. Mos. 3,1; 1. Kön. 19,8). Wieder finden wir sie vereint auf dem Berge der Verklärung, wo Seine Macht und Seine Ankunft kundgetan wurden (vergl. Matth,17,1-8 und 2. Petr. 1,16.18). Gerade um dieses handelt es sich auch bei diesen zwei Zeugen hier in der Offenbarung.

Aber das Wunderbarste ist, daß die Wolke der Gegenwart Gottes das Leben dieser zwei alttestamentlichen und ebenso dieser zwei neutestamentlichen Zeugen krönt. In Verbindung mit Mose - 2. Mos. 13,21 - wird sie zum erstenmal genannt; Matth. 17,5 wird sie uns im Neuen Testament gezeigt, wo wir sie beide - Mose und Elias - finden. Und die zwei apokalyptischen Zeugen werden in ihr gen Himmel getragen (Offenb. 11,12).

Dies ist der Werdegang und Abschluß, der „Ausgang“ Seiner Zeugen.

Wie groß und wunderbar ist Seine Liebe!

K. O. St.

Schlussbemerkungen des Schriftleiters

Der Verfasser der obigen kostbaren Antwort hat gewünscht, daß dieselbe noch irgendwie ergänzt werden möchte - als ob sie dessen bedürfte! Aber vielleicht darf ich einige Worte anfügen dazu, daß der Verfasser schreibt, diese zwei Zeugen würden nicht Mose und Elias selbst sein.

Dieses ist meines Erachtens unbedingt zu unterstreichen, zumal es eine ganze Reihe von Vermutungen über diese beiden Persönlichkeiten gibt! Man hat z. B. auch angedeutet, diese beiden Zeugen seien Henoch und Elias in Person! Man begründet diese Anschauung damit, daß beide nicht gestorben seien, was doch das Los jedes Menschen sei, also würden sie den Tod nachträglich erleiden. Aber wenn diese letztere Meinung richtig wäre, dann wäre die Verwandlung der Gläubigen beim Kommen des HErrn, ohne daß sie sterben müßten, nicht wohl möglich, und wir fragen, ob denn Gott nicht in Vorbildern die spätere Erfüllung von Phil. 3,21 ankündigen kann (d. h. die Verwandlung [ohne Tod!] zur Gleichförmigkeit mit dem verherrlichten Leibe Jesu.) Wie dem aber auch sei, an Henoch darf meines Erachtens hier gar nicht gedacht werden, da dieser doch die Gemeinde, d. h.

die Entrückung der Heiligen, vorbildet und nicht in Verbindung zu bringen ist mit Israels Geschichte. Dagegen an das Zeugnis jener belden Männer, die aufs engste mit Israels Geschichte verquickt sind und deren Namen gerade in dieser Beziehung sehr oft im Neuen Testament vorkommen (von Mose ist über 70mal, von Elias gegen 30mal im Neuen Testament die Rede, von Henoch aber nur 3mal und nicht in Verbindung mit Israel, nämlich in Luk. 3,37; Hebr. 11,5 und Jud. Vers 14), - an jene ist hier sicherlich zu denken, doch aber gewiß nicht so, daß sie in Person aufträten. Bei einer Frage, ob Elias in der Person des Johannes gekommen sei, im 1. Jahrbuch der „Handr.“ (Frage 12), wurde diese Meinung, daß Elias in Person einer der

beiden Zeugen sei (eben „weil er den Tod noch nicht gesehen habe“, Antw. B) auch angedeutet, ohne daß ich mich dem anschließen möchte. Wer der andere sei, ist dort aber nicht gesagt, wenigstens nicht mit Namen, von Mose ist aber nicht die Rede. Mose ist ja auch gestorben, wenn auch betr. seines Todes und Grabes Geheimnisse vorhanden sind (5. Mos. 34, vergl. Judasbrief!). Aber gerade diese Tatsache, daß Johannes „im Geist und in der Kraft des Elias vor dem HErrn hergehen“ sollte (Luk. 1,17) und daß der HErr sagt in Matth. 11,14 (vergl. Matth. 17,3-12; Mark. 9,11-13 u. a.): „Johannes ist Elias, wenn ihr es annehmen wollt“, gerade diese Worte widersprechen aufs entschiedenste der Meinung, daß Elias in Person kommen würde! Er war vielmehr gekommen, eben in Johannes - und er wird bei dem zweiten Kommen des HErrn wiederum kommen in irgendeiner anderen (geschichtlichen) Person!

In der Kraft jener beiden alttestamentlichen Zeugen werden, wie obige Antwort Es so wunderbar ausführt, diese beiden Zeugen auftreten, „die zwei Ölbäume und die zwei Leuchter, die vor dem HErrn der Erde stehen“ (vergl. Sach. 4,14!). Nach dem ganzen Wortlaut in Offenb. 11 muß es sich um zwei zukünftige, bedeutende geschichtliche Persönlichkeiten handeln, nicht um Sinnbilder (etwa des wiederhergestellten Israel und Juda)! Die Tatsachen von Offenb. 11 sind nur denkbar, wenn es sich um zwei wirkliche Männer handelt, die als Zeugen des HErrn der Erde, als Repräsentanten Seiner königlichen und priesterlichen Herrlichkeiten auftreten - und wer könnte dies besser als solche, die in der Kraft des Elias und des Mose kommen?!

Und wie kostbar, daß der „HErr der Erde“ eben diese Erde nie ohne Zeugen, ohne Licht läßt, aber nur geisterfüllte Zeugen kann Er gebrauchen, und stets werden zu Seiner Zeit Ihm solche zu Seiner Verfügung stehen, getreu bis in den Tod. Er aber wird auch ihr reicher Vergelter sein, ihr Belohner, und zwar hier angesichts ihrer Feinde! (Vers 12.) Welch eine Szene wird das sein! Gepriesen sei der HErr, daß Eruns vergönnt, Mitwisser dieser noch zukünftigen und doch gewiß wie nahen Ereignisse zu sein, die Sein Kommen in Herrlichkeit einleiten! Und wenn sie geschehen, dann sind wir, Seine Heiligen insgesamt, bereits längst bei Ihm!

„Amen, komm Herr Jesu!“

F. K.

Gesang.

Mächtige Taten sind in den vergangenen Zeiten unter dem Gesang des Volkes Gottes gewirkt worden, und Gott hat Sein Wohlgefallen daran in wunderbarer Weise kundgetan.

Bei der Einweihung des Tempels Salomos, als die Lade des Bundes Jehovas an ihren Ort gebracht wurde, finden wir die bemerkenswerten Worte: „Als die Trompeter und die Sänger wie ein Mann waren, um eine Stimme ertönen zu lassen, Jehova zu loben und zu preisen ..., da wurde das Haus, das Haus Jehovas, mit einer Wolke erfüllt ... denn die Herrlichkeit Jehovas erfüllte das Haus Gottes.“ (2. Chron. 5,13.14.)

Als einige Jahre später die Ammoniter und die Moabiter in großer Menge über das Land Juda herfielen, da vereinigte Josaphat seine Gerüsteten mit den Sängern Jehovas, und der Heilige Geist berichtet: „... als sie begannen mit Jubel und Lobgesang, stellte Jehova einen Hinterhalt ... und sie (die Feinde) wurden geschlagen“ (2. Chron. 20,22).

Und bei der Einweihung des Tempels in den Tagen Hiskias finden wir wieder die Sänger im Vordergrund, und wir lesen: „Und zur Zeit als das Brandopfer anfing, begann der Gesang Jehovas.“ ... und er „währte bis zur Vollendung des Brandopfers.“ (2. Chron. 29,27.28.)

Das Brandopfer ist ein Vorbild von dem Tode Christi. Wenn wir die Bedeutung und den Wert des Todes Christi erfassen, dann kann es gar nicht anders sein, als daß wir mit Jubel den Lobgesang anstimmen.

Auch die Einzelheiten in den Anordnungen Davids für die Sänger sind voll Belehrung. (1. Chron. 6,31ff.) Die Sänger waren ältere Leviten, „Häupter der Väter“. Ihre Wohnung war im Tempel, und ihr Dienst war unaufhörlich „Tag und Nacht“. (1. Chron. 9,33; Ps. 134,1.2; Ps. 135,1-3.) Sie standen unter der besonderen Sorge des Königs. Es war seine Verfügung, daß ein Bestimmtes für die Sänger, eine tägliche Gebühr, für sie sein sollte. (Neh. 11,23; 12,47.)

und Weggeld“ durfte ihnen auferlegt werden. (Esra 7,24.) Wir finden zwei Klassen unter ihnen: Sänger, die den ersten Rang hatten, und „ihre Brüder zweiten Ranges“. (1. Chron. 15,16-18.) Kenanja ist ein schönes Vorbild von Christus. Er war der „Anführer“ der Leviten im Gesang. Er unterwies im Gesang, denn er war „kundig“ darin. (1. Chron. 15,22.)

Die Sänger und die Torhüter schienen in ihrem Dienst nahe verbunden zu sein. (1. Chron. 16,37.38.42.) Beide weisen auf Christus hin. Von Ihm wird uns gesagt: „Der da öffnet und niemand wird schließen.“ Und das Singen wird mit „Weissagen“ bezeichnet. (1. Chron. 25,1-3.) Diese Sänger bildeten 24 Abteilungen, „die in dem Gesänge Jehovas geübt waren“ (1. Chron. 25,1-7), so daß ein beständiger Dienst des Gesanges jede Stunde des Tages und der Nacht vorhanden war. Die Anzahl dieser 24 mit Namen Genannten (V. 2-4) betrug mit Inbegriff ihrer Amtsgenossen, „die im Gesang Jehovas geübt waren: aller Kundigen 288“. Alle diese waren beim Gesang im Hause Jehovas.

Hier finden wir wieder einen neuen Hinweis auf den HErrn. In Hebr. 2,12 wir Er uns als der „Anführer“ gezeigt und als der, der den Vaternamen Seinen Brüdern kund tut und inmitten der Gemeinde Gott lobsingt.

So empfingen auch die Sänger im Alten Bunde ihren Gesang direkt vom König. (1. Chron. 16,7.) Wenn wir uns selbst in der Liebe Gottes erhalten, so wird unser Lobgesang nie verstummen.

Die Sänger waren in zwei Abteilungen geteilt. Asaph und seine Brüder hatten beständig vor der Lade zu dienen, Heman und Jeduthun und die übrigen Auserlesenen hatten ihren Dienst in Verbindung mit dem Brandopfer. (V. 40.41 in 1. Chron. 16.) Ob die Sänger nun beschäftigt waren mit der Person oder mit dem Werke Christi - sie waren berufen zu einem beständigen Dienst, und dieser Dienst war ein Dienst des Lobpreisens.

Beachte den Ausdruck im 42. Verse: „Musikinstrumente Gottes“. Noch einmal laßt uns das Wort in 2. Chron. 29,27 beachten: „Als das Brandopfer anfing, begann der Gesang Jehovas.“ Der Tod Christi und die Anbetung können nicht voneinander getrennt werden.

Es scheint, daß während der Gefangenschaft die meisten Sänger verloren gingen. Nur 128 kehrten aus Babylon in das Land zurück. (Esra 2,41.) Gottes Barmherzigkeit bewahrte Mattanja, den Urenkel Asaphs. Er stimmte den Lobgesang an beim Gebet. (Neh. 11,17.)

Ps. 134 ist ein Stufenlied, ausdrücklich bezeichnet „für die Sänger, die im Hause Jehovas in den Nächten“ stehen. Es ist schön, in dem Psalm den HErrn als den großen Sänger zu finden. Es ist Seine Stimme, die uns in Ps. 34,3 zuruft: „Erhebet Jehova mit Mir, und lasset uns miteinander erhöhen Seinen Namen!“ Und wiederum ist es der HErr, der in Ps. 69,30 sagt: „Rühmen will Ich den Namen Gottes im Liede, und Ihn erheben mit Lob.“ Der 22. Psalm ist der Psalm Seiner Leiden. Nachdem Er errettet ist „von den Hörnern der Büffel“ (V. 21), finden wir den HErrn inmitten der Gemeinde singen, und nachdem Er alle, die Jehova fürchten, und allen Samen Jakobs aufgefordert hat, sich mit Ihm zum Lobpreis Jehovas zu vereinigen, gibt Er den Grund Seines Lobpreises an: „Denn nicht verachtet hat Er, noch verabscheut das Elend des Elenden, noch Sein Angesicht vor ihm verborgen; und als er zu Ihm schrie, hörte Er.“ (V. 24.) Soll das nicht eine Ermutigung für uns sein? Wir mögen nur Sänger zweiten Ranges sein, aber in diesen Lobpreis kann auch das schwächste Kind Gottes glücklich und von Herzen einstimmen.

Noch einen Beweggrund gibt uns der HErr für den Lobgesang in Ps. 27,6 an. Er sagt: „Und nun wird Mein Haupt erhöht sein über Meine Feinde rings um Mich her; und Opfer des Jubelschalles will Ich opfern in Seinem Zelte, Ich will singen und Psalmen singen Jehova.“

Und in Ps. 42,8 finden wir wiederum den HErrn als den abhängigen Menschen hienieden, der auch in der Nacht Jehova Sein Loblied bringt: „Des Nachts wird sein Lied bei Mir sein, ein Gebet zu dem Gott meines Lebens.“

In Ps. 40,2.3 schauen wir Ihn in Auferstehung. Er ist herausgeführt aus der „Grube des Verderbens“, und wir hören Ihn lobsingen: „In Meinen Mund hat Er gelegt ein neues Lied, einen Lobgesang unserem Gott.“

Wenn wir auf den HErrn schauen, wie Er jetzt droben ist, so denken wir gewöhnlich an Ihn in

als den, der den Lobgesang in der Gemeinde anstimmt: „Inmitten der Gemeinde will ich Dir lobsingen.“ (Hebr. 2,12.)

In Ps. 35,27.28 finden wir ein köstliches Wort. Der HErr sagt uns gleichsam, daß die Freude an Seiner Gerechtigkeit immer wieder neu einen Lobpreis hervorrufen werde: „Laß jubeln und sich freuen, die Lust haben an Meiner Gerechtigkeit“ ... „meine Zunge wird reden von Deinem Lobe den ganzen Tag.“ Und in Ps. 138,5 heißt es: „Und Sie werden die Wege Jehovas besingen; denn groß ist die Herrlichkeit Jehovas.“

Salomos Lieder waren 1005. (1. Kön. 4,32.) Und ein Charakterzug des Tausendjährigen Reiches ist, daß „die Zunge der Stummen jauchzen“ wird. (Jes. 35,6.)

Laßt uns zum Schluß noch jener ernsten Stunde gedenken, als der HErr mit Seinen Jüngern zum letzten Male vor Seinem Tode versammelt war und angesichts der Leiden, die Ihn auf Golgatha erwarteten, mit ihnen den Lobgesang anstimmte. (Matth. 26,30.)

Als Paulus und Silas gemißhandelt ins Gefängnis geworfen und ihre Füße in den Stock gelegt waren und sie in der Mitternachtsstunde Gott lobsangen, trat Gott für die Errettung Seiner Knechte ein. (Apgesch. 16,25.26.)

Mit Sehnsucht erwarten wir den Augenblick, wo wir triumphierend mit der unzählbaren Schar das neue Lied im Himmel anstimmen werden: „Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch Dein Blut, aus jedem Stamm und Sprache und Volk und Nation, und hast sie unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen!“ (Offb. 5,9.10.)

E. A. P. (A. v. d. K.)

Dem HErrn nützlich.

In den gegenwärtigen Tagen hören wir viel von der Arbeit für den HErrn und ebenso von den

den HErrn tun? und nicht: „Was willst Du, HErr, daß ich tun soll?“ (Apg. 9,6 Luth.; 22,10.)

Ich glaube, wir sollten nicht bloß sagen: Was kann ich für den HErrn tun?, denn es gibt viele Dinge, die ich wohl tun kann und auch tun möchte, die aber vielleicht der HErr gar nicht von mir getan haben will.

Paulus z. B. hätte sagen können: „Ich kann dem HErrn gut in meinem Handwerk in Tarsus dienen und kann der Welt zeigen, was es heißt, ein gläubiger Zeltmacher zu sein.“ Ohne Zweifel hätte er so tun können. Aber das war es nicht, was der HErr von ihm getan zu haben wünschte. Im Gegenteil, der HErr wollte, daß er Seinen Namen tragen sollte „sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels“ (Apg. 9,15).

Ein Geschäftsmann mag sagen: „In meinem Geschäft kann ich dem HErrn nicht dienen, ich will das Evangelium predigen“, und er ist vielleicht „nicht gesandt“ (Röm. 10,15). Oder eine gläubige Frau möchte vielleicht sagen: „Ich kann predigen, ich muß gehen und es tun, um dem HErrn nützlich zu sein, und übersieht dabei völlig, was in 1. Tim. 2,12 und Tit. 2,5 gesagt ist.

Jeder im Hause Gottes ist dazu bestimmt, dem HErrn ein nützliches Gefäß zu sein, für Ihn bereit, wie Er es gebrauchen will, sei es, einen Dienst zu tun oder eine Lücke auszufüllen usw. Daher müssen wir fragen: „HErr, was willst Du, daß ich tun soll?“

Wenn der HErr ein Gefäß für Seinen Gebrauch in die Hand nimmt, so wird es zuerst entleert und dann gefüllt. Gereinigte Gefäße sind es, die geheiligt und nützlich dem Hausherrn zu jedem guten Werk bereitet sind.

Andererseits müssen wir auch unterscheiden, daß Er für die Ausführung Seines Willens vielerlei Instrumente gebraucht. Ich sage absichtlich „Instrumente“, denn nicht von allen kann man als von „Gefäßen“ reden. Sogar der Teufel wird von Ihm als Instrument benutzt, wie wir es in der Geschichte von Hiob und auch von Paulus sehen (Hiob 1 u. 2; 2. Kor. 12,7). Es ist also wichtig, zu beachten, daß daraus, weil Gott irgend jemand als Werkzeug gebraucht, noch keineswegs gefolgert werden muß, daß dieses von Ihm benutzte Werkzeug Sein Lob oder Seine Billigung

In Phil. 3,4-8 können wir sehen, wovon ein auserwähltes Gefäß entleert wurde.

Paulus war ein Mann, erfüllt von Selbstgerechtigkeit, der wie vielleicht kein zweiter Vertrauen auf Fleisch hatte. Hiervon mußte er entleert werden, damit Christus ihn erfüllen konnte. In Apg. 26,13 finden wir seinen eigenen Bericht: „Ich sah mitten am Tage auf dem Wege, o König, vom Himmel her ein Licht, das den Glanz der Sonne übertraf usw.“ Bis zu diesem Augenblick hatte Paulus keinen besseren Menschen als sich gesehen, aber von dieser Stunde an kannte er keinen, der schlechter und verworfener war als er.

Der Anblick Christi in Herrlichkeit, das Anschauen des Menschen, den Gott erhöht hatte (wie es in Phil. 2 beschrieben wird), machte Paulus leer von sich und von allem, was ihm bisher Gewinn war.

Einst brüstete er sich mit seiner Religion, die er von den Vätern ererbt hatte (und wie gefährlich ist Religion ohne Christus!), seiner Geburt (welch ein Hindernis ist Stolz auf die Geburt!), seines Eifers (und welch ein Verderben ist fleischlicher Eifer für die Gemeinde!), seines Charakters (in welchem sich das Fleisch verherrlicht). Jetzt aber waren diese Dinge ihm Verlust anstatt Gewinn. Sie waren ihm gleich Dreck geworden, um Christum zu gewinnen und in Ihm, dem Menschen der Herrlichkeit, erfunden zu werden.

Laß mich dich fragen, lieber Leser: Ist Christus in Herrlichkeit dein Ziel? Hat das Licht, das heller als die Sonne strahlt, so in dein Herz geleuchtet, daß alle äußeren Religionen, aller Geburtsstolz usw. ihren Wert für dich verloren haben? Kannst du mit Paulus sagen: „Was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet“? Und mehr noch: Kannst du jetzt sagen: „Ja wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn“? (Phil. 3,7.8.)

Nun, nachdem wir gesehen haben, wie das Gefäß entleert wird, laßt uns sehen, wie das Gefäß gefüllt wird.

In Eph. 3,14-21 bittet der Apostel, die Gläubigen möchten in einem Zustande sein, auf daß sie

erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Auch wir prüfen ein Gefäß, ehe wir es füllen, ob es ganz, ob es in dem rechten Zustande ist, das aufnehmen zu können, womit wir es füllen wollen. Was wir vor allem brauchen ist, daß Christus durch den Glauben in unserem Herzen wohne. Jeder Gläubige hat Christus in sich (Röm. 8,10), d. h. wohnend im Herzen. Wenn unser Herz aber nicht wirklich für den HErrn schlägt, so können wir den Ratschluß Gottes nicht darin aufnehmen, obgleich wir in Gottes Ratschluß eingeschlossen sind.

In diesem Briefe (Epheser) finden wir die Breite und Länge und Tiefe und Höhe des Ratschlusses Gottes entfaltet. Die Breite (Kap. 3,1-10): 1. „die geschaffenen Dinge“ (sie sind die Plattform); 2. „Fürstentümer und Gewalten in den himmlischen Örtern“ (sie sind die Zuschauer); 3. „die Gemeinde“ (Sie ist der Organismus für die Entfaltung der gar mannigfaltigen Weisheit Gottes). Die Länge (Vers 11-21): diese zeigt uns: 1. „den ewigen Vorsatz Gottes“; 2. „Seine Herrlichkeit in der Gemeinde in Christo Jesu auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin“. Die Tiefe: „tot in Sünden“ (Kap. 2,5) und die Höhen (Kap. 1,19-23): „welche Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt.“

Aber der Ratschluß Gottes, so wundervoll und gesegnet er auch ist, ist allein nicht genug, das Gefäß zu füllen. Wir sollen auch die alle Erkenntnis übersteigende Liebe Christi erkennen, auf daß wir erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes. Mit Christo vereint sollen wir die Liebe kennen, die in diesem Band der Einheit mit Ihm unser Teil ist. Dies wird uns in Eph. 5,22-32 entfaltet.

Bis jetzt haben wir uns mit dem Gefäß als auserwählt, geleert und gefüllt beschäftigt. Wir betrachten nun noch, wie es geheiligt und gebraucht wird.

Laßt uns 2. Tim. 2,15-22 lesen! Im ersten Briefe an Timotheus wird von der Gemeinde als dem Pfeiler und der Grundfeste der Wahrheit gesprochen. Die Gemeinde ist dafür verAntwortlich, dieses zu sein. Als das Haus Gottes ist sie die einzige Stätte, wo die Wahrheit gefunden werden kann und soll. Im zweiten Briefe wird (in der obigen Stelle) von „einem großen Hause“ geredet, einer Stätte, wo sowohl Irrtum wie Wahrheit gefunden wird. Und was finden wir heute in dem

daß es überhaupt keinen Gott gibt; andere sagen, die Bibel ist nicht das Wort Gottes; wieder andere, daß Christus nicht die Selbstoffenbarung Gottes im Fleisch ist, sondern nur ein guter Mensch oder der Erzengel Michael. Sie sind zu kurzsichtig, zu sehen, daß, wenn Christus nicht Gott war, Er auch nicht ein guter Mensch sein konnte, denn Er nahm dem Worte zufolge den Platz ein, der Gott allein gehört. Die Dinge, die uns heute umgeben, sind so, wie sie der HErr fand, als Er in den Tempel ging und sagte: „Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht“ (Luk. 19,46). Und so wird es bleiben, bis Christus kommt und das, was zu einer Räuberhöhle gemacht ist, aus Seinem Munde ausspeit (Offb. 3,15.16).

„In einem großen Hause aber sind nicht allein goldene und silberne Gefäße, sondern auch hölzerne und irdene, und die einen zur Ehre und die anderen zur Unehre“ (V. 20). Ein Gefäß mag aus Gold sein, damit ist nicht gesagt, daß es nicht ein Gefäß zur Unehre sein könnte. Auch eine hochbegabte und hervorragende Persönlichkeit kann Irrtümer lehren.

Was haben wir nun bei diesem Zustand der Dinge zu tun? Hier handelt es sich nicht um die Frage, ob jemand ein Eigentum des HErrn ist oder nicht - „der HErr kennt, die Sein sind“ (V. 19) -, sondern darum, ob jemand ein Gefäß zur Unehre ist. In diesem Falle habe ich mich von ihm und seiner Gefolgschaft abzusondern. Wir haben die Verpflichtung, uns selbst „von diesem hinweg zu reinigen oder abzusondern, um so ein Gefäß zur Ehre zu sein, geheiligt, nützlich, dem Hausherrn zu jedem guten Werk bereitet“ (V. 21). Es mag jemand sagen: „Da hätte ich mich von vielen abzusondern und auszuschließen! Wie könnte ich dann noch dienen? Ich würde ja allein stehen! Ich bin großzügig und liebe das Große.“ Gut, das mögen deine Gedanken sein, aber die Schrift sagt: „Wenn ein Mensch sich von diesen reinigt, so wird er ein Gefäß zur Ehre sein, geheiligt und nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet.“ Könnte etwas noch großzügiger sein? Und welch größeres Gebiet von Nützlichkeit könnte sich jemand noch wünschen? „Zubereitet für des HErrn Gebrauch“ und „zu jedem guten Werke“ ist doch wahrlich „großzügig“ genug!

Im 22. Verse wird uns gesagt, mit welchen Personen wir Gemeinschaft ausdrücken sollen. Sie soll mit denen sein, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen und mit denen ich der

Gerechtigkeit, dem Glauben, der Liebe und dem Frieden ungehindert nachstreben kann.

Im 2. Kor. 4,6-11 finden wir, wie das Gefäß gebraucht wird. Ein Christ ist jemand, von dem es wahr ist, daß er in Christo und Christus in ihm ist. Er offenbart Christus in seinem Leben und nur Christus. Das ist der normale Zustand eines Christen nach der Schrift (1. Joh. 2,6). Wir können das Leben Jesu nur offenbaren, indem wir das Sterben Jesu beständig am Leibe umhertragen. Wir sind mit Christus gestorben, und diese Wahrheit wird alsdann praktisch in unserem täglichen Leben gesehen. Nicht nur der böse, auch der vermeinte gute Mensch, nicht nur das schlechte, auch das fromme Fleisch hat am Kreuze Christi Sein Ende gefunden. Immer muß es mir bewußt sein, daß ich als ein Mensch im Fleische mit Christo gekreuzigt bin. Der Mensch mit dem guten und freundlichen Temperament muß ebenso das Sterben Jesu allezeit an seinem Leibe umhertragen wie der Mensch mit dem schlechten Temperament. Wie steht es mit uns? Offenbaren wir das Leben Jesu? Hier ist der Prüfstein für unsere Nützlichkeit, und hier finden wir, was Gott an uns sehen will: Das Leben Jesu. Dies ist für Sein Auge und Sein Herz wertvoller als alle Gaben, als Beredsamkeit und alle Mildtätigkeit (vgl. 1. Kor. 12,31 mit Kap. 13). Liebe ist die göttliche Natur, und Liebe war und ist das Leben Jesu.

Wenn an dem Platze, wo Gott dich hinstellt hat, Jesu Leben an deinem Leibe offenbar wird, so kannst du sicher sein, daß Gott das Gebiet, auf dem du Ihm ein Gefäß sein sollst, vergrößern wird und daß Er einst auch zu dir sagen wird: „Ei, du guter und treuer Knecht, über weniges warst du treu, über vieles werde Ich dich setzen. Gehe ein in die Freude deines Herrn!“ (Matth. 25,23.)

„Siehe, Gehorchen ist besser als Opfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder“ (1. Sam. 15,22).

Wollen wir uns nicht prüfen, ob wir auf dem Pfade des Gehorsams wandeln, auf dem wir Gefäße sind „nützlich dem Hausherrn, zu jedem guten Werk bereitet“?

N. M. (A. v. d. K.)

Liebe.

Fortsetzung (1. Kor. 13).

Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit.

Wenn nun auch die Liebe Böses nicht zurechnet, so ist doch alle Ungerechtigkeit für sie ein Gegenstand des Leides und der Trauer. Der HErr war betrübt über die Verstockung ihres Herzens (Mark. 3,5). Während Er im Begriff stand, Gutes zu tun, indem Er den Kranken heilen wollte, ersannen die Juden Böses wider Ihn. Was Er, der Reine, der keine Sünde kannte, in dieser Welt der Ungerechtigkeit gelitten haben mag, können wir gar nicht erfassen. Auch wir leiden mit Ihm in dieser Welt durch das, was wir sehen und hören an Ungerechtigkeiten. Denken wir z. B. an den Mißbrauch des Namens Gottes und an das schreckliche Fluchen! Wir sind auch betrübt, wenn wir an unsere eigenen Sünden und Ungerechtigkeiten und an die der Kinder Gottes denken und die Weltförmigkeit mancher Kinder Gottes sehen. Betrübnis und Trauer erfüllt unser Herz über die vielen Irrlehren, in welchen Lüge und Wahrheit in erschreckender Weise vermischt sind. Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit.

Die Liebe freut sich mit der Wahrheit.

Die Liebe trauert nicht nur wegen der Ungerechtigkeit, sie findet auch viel Ursache, sich zu freuen mit der Wahrheit. Johannes schreibt: „Ich freute mich sehr, daß ich einige von deinen Kindern in der Wahrheit wandelnd gefunden habe“ (2. Joh. 4). Und in der Apg. 15,3 lesen wir, daß die Brüder große Freude hatten, als sie von den Bekehrungen derer aus den Nationen hörten. Paulus hatte Freude an den Philippern wegen ihrer Teilnahme am Evangelium (Phil. 1,3-5). Ja, die Liebe freut sich, wenn sich Menschen zu der Wahrheit hinwenden durch Buße und Glauben an den Sohn Gottes und, die Wahrheit festhaltend in Liebe, in der Gemeinschaft mit dem HErrn und den Kindern Gottes den schmalen Weg der Absonderung von der Welt wandeln. Das ist eine Freude, die wir mit dem Himmel, ja mit dem HErrn Selbst teilen dürfen. Die Liebe

freut sich mit der Wahrheit.

Die Liebe erträgt alles.

Der HErr ertrug hienieden Freude und Leid. Er hatte Freude an denen, die Ihn liebten; Er hatte Schmerz über die, die Ihn verachteten. Er ertrug es, wenn Ihm Ehre widerfuhr; Er ertrug es, wenn Er verachtet wurde. Der Apostel schreibt von sich, daß er „in allem unterwiesen“ sei, „sowohl Überfluß zu haben als Mangel zu leiden“. Er ertrug es, wenn er von den Geliebten des HErrn verkannt, ja verlassen wurde, und sie hinter der Berufung Gottes zurückblieben. Die Liebe erträgt es, wenn junge Christen noch in Dingen leben - soweit sie nicht Sünden sind -, aus denen andere herausgerettet sind. Die Liebe erträgt auch die Beschwerden eines Dienstes für den HErrn und für Seine Geliebten. Die Liebe erträgt Armut und Reichtum, Ehre und Verachtung, Liebeserweisungen und Bitterkeiten, Lob und Tadel, Ermunterung zum Dienst und Zurückhaltung vom Dienst. Die Liebe erträgt die Eigenart der Kinder Gottes, die Eigenart der Jugend und die Eigenart des Alters. Die Liebe erträgt Geringschätzung, Afterreden, Zurechtweisungen und Ermahnungen. Die Liebe erträgt alles!

Die Liebe glaubt alles.

Die Liebe vermag alles zu ertragen, weil sie durch den Glauben mit dem HErrn in Verbindung steht und Kraft und Stärke durch Ihn, durch den Heiligen Geist und durch Sein Wort empfängt. Die Liebe glaubt dem ganzen Worte Gottes. Gott steht zu Seinem Wort, und die Liebe vertraut völlig - sie glaubt Gott.

Die Liebe glaubt auch dem Menschen, der glaubwürdig ist und dessen Worte nicht gegen Gottes Worte sind. Die Liebe beurteilt wohl, aber sie bezweifelt nicht alles und schiebt dem anderen keine bösen Beweggründe zu, soweit sie nicht offenbar sind. Der HErr allein kennt die Beweggründe der Herzen, und Er sagt in Seinem Worte: „Richtet nicht, auf daß ihr nicht gerichtet werdet“ (Matth. 7,1). Die Liebe glaubt alles.

O. D.

Mancherlei kleine Winke für Schriftforscher.

Mein Aufsatz in Lieferung 1 d. J. hat wegen der Betonung der Zahlen in der Schrift und der Deutung derselben bei den einen Freude und rege Zustimmung ausgelöst, bei anderen Befremden und Ablehnung. Zunächst möchte ich weiteres über dieses mir nach wie vor sehr kostbare Gebiet der Schrift in den „Handreichungen“ nicht mehr bringen.

Auf Wunsch aber des Schriftleiters des ersten Teils der „Handreichungen“ möchte ich heute noch einen abschließenden kleinen Aufsatz zur Prüfung vorlegen, in dem ich die wesentliche Frage der Gegner jener Methode der Schriftforschung zu beAntworten suche, die nach dem Schriftgrund für die angenommene Bedeutung der Zahlen.

Die Frage ist etwa so zu formulieren: Wo steht in der Schrift buchstäblich, daß z. B. die Zahl 7 die Zahl der Vollkommenheit in Gottes Gedanken mit uns oder daß die Zahl 10 die der menschlichen VerAntwortlichkeit oder die 4 die Zahl der Vollständigkeit bezüglich der geschaffenen Welt ist usw.?

Ich möchte zur BeAntwortung mit einer Gegenfrage aufwarten: Wo steht in der Schrift buchstäblich, daß das Matthäus-Evangelium uns den HErrn als den König, Markus Ihn als Knecht, Lukas Ihn als Menschen kennzeichnet?

Nicht wahr, buchstäblich steht das nirgends! (Doch siehe Hes. 1,10 u. Offb. 4,7!) Aber woher wissen wir es denn? Wie können wir damit so selbstverständlich umgehen? Wir wissen es aus der Schrift selber, also durch Offenbarung. Die einzelnen Schriftteile, in diesem Falle die drei synoptischen Evangelien, enthalten jeweilig in besonderem Maße solche Züge des HErrn, daß wir zu obiger Erkenntnis gedrängt werden. Im vierten Evangelium ist dies in noch viel deutlicherer Weise der Fall; es zwingt uns geradezu, Ihn als den Sohn, das fleischgewordene Wort, zu sehen.

Genau so, wenn auch gewiß nicht so einfach, ist es mit den Zahlen. Man nehme eine Konkordanz zur Hand und betrachte sämtliche Stellen mit der 4; man wird dann zu dem Urteil kommen - d. h. wenn man überhaupt in den Zahlen mehr sieht als die äußeren Ziffern -, daß die vier Winde (Matth. 24,31 z. B.), die vier Himmelsrichtungen (z. B. 1. Mos. 13,14), der viererlei Acker (Luk. 8) usw. die irdische Vollständigkeit andeuten. Gewiß, feste einseitige Behauptungen aufzustellen steht uns nicht zu, aber aus der Schrift diese Erkenntnis zu gewinnen ist doch erlaubt und gesegnet! Wenn andere das nicht anerkennen wollen - gut, aber wer in diesen Dingen Forschungen anstellt, der bekommt Eindrücke von der Harmonie und „mathematischen Genauigkeit“ der Schrift, daß er aus dem Staunen nicht herauskommt und die allerklarsten „Beweise“ für ihre Wahrheiten findet. Man mache nur einmal solche Versuche, z. B. auch mit der 2, der Zahl der kleinsten Gemeinschaft und der Zeugenschaft, und bilde sich selber ein Urteil! Die 6 ist ja ziemlich leicht als Zahl des Menschen erwiesen aus Offenb. 13,18, aber wie leicht z. B. auch aus den sechs Arbeitstagen!

Bezüglich mancher Zahlen kann man gewiß verschiedene Erkenntnis haben, so bezüglich der 5 (vergl. den Aufsatz „Drei und Fünf“ von Fr. Btchr. in Jahrb. 9, S. 206), aber wir forschen doch auch über andere Gebiete, ohne immer ein sofortiges feststehendes eigenes Urteil zu haben! Woher wissen wir z. B., daß der Prediger, daß das Hohelied, Esther u. a. inspiriert („gotteingehaucht“) sind (d. h. natürlich abgesehen davon, daß sie im alttestamentlichen Kanon enthalten waren, was an sich schon genügend Beweis ist)? Wo steht‘s buchstäblich? Wir wissen es durch die Offenbarung der Schrift aus ihr selbst heraus, aus ihrem Wesen heraus, wir wissen alles überhaupt „nur“ durch Offenbarung; wenn Gott Sich uns nicht offenbarte, wüßten wir gar nichts über Ihn und Sein Wort - aber enthebt uns das des sorgfältigen Forschens? Der HErr sagt, daß die Schrift von Ihm zeugt (Joh. 5,39) - forschen wir nicht darüber nach und finden stückweis Herrlichkeiten? Wir finden Ihn z. B. in den Vorbildern des Alten Testaments, aber ehe einer Ihn z. B. in Jephta findet - in Joseph ist's leichter, Ihn zu sehen -, da muß er doch gründlich forschen und dann - Herrlichkeiten überall! Ich bin überzeugt, daß wir Ihn auch in Zahlen finden, aber wenn Forschungen auf diesem und jenem Gebiet nicht wiedergegeben werden können, ohne als („interessante Meinungen“) neben der Schrift stehend, nicht in ihr

begründet angezweifelt zu werden, wie kann es dann je Erkenntniserweiterungen geben?! In der Schrift liegt unendlich vieles nicht an der Oberfläche!

Auf diesem Gebiete haben wir nicht klar umrissene, gehorsam zu befolgende Lehren und zu beobachtende Grundsätze; hier können wir nur schürfen und prüfen, wobei der eine dieses, der andere jenes entdeckt und nicht jeder alles sich zu eigen machen kann, da seine Erkenntnis nicht so weit oder auch weiter reicht. Es war auch von vornherein nur mein Gedanke, durch „Winke“ (nicht durch Lehren) zum Forschen auf diesem oder jenem Gebiet anzuregen, und ich bin dessen sicher: Mancher wird dieser Anregung betreffs der Zahlen-Erforschung gefolgt sein. Alles sei zu Seiner Ehre!

„Mein Teil, Jehova, habe ich gesagt, ist, Dein Wort zu bewahren!“ (Ps. 119,57.)

Frage 7

Worauf bezieht sich die zweite Hälfte des V. 22 in Jer. 31? Darf man das Wort vielleicht auch auf die (entrückte) Gemeinde Gottes anwenden?

Antwort

Was ist, in gedrängtester Zusammenfassung ausgedrückt, der Inhalt der Propheten? Nicht dieses: Jehova tut Israel wegen seiner Sünden von Seinem Angesicht weg; Er ruft es aber zu Seiner Zeit in Gnaden wieder zurück? Die 64 Verse der Kapitel 30 und 31 des Jeremia enthalten „das Wort, welches von seiten Jehovas zu Jeremia geschah“ (30,1). Man lese sie im Zusammenhang. Ist es nicht ein einziges Wort über den zweiten der als Inhalt des Propheten genannten Punkte? Sollte Kap. 31, Vers 22b nicht im Zusammenhang damit sein? Was lesen wir

abtrünnigen Tochter? Nicht die Tatsache, daß das Kräfte- und Machtverhältnis zwischen den Nationen und Israel sich ins Gegenteil dessen, was bis dahin gewesen war, verschieben wird, nämlich daß die mächtigen Nationen dem bis dahin schwachen, zertretenen Israel unterliegen werden? Um nun aufs Geratewohl aus zwei Propheten etwas herauszugreifen: Siehe Micha 4,12.13 in dem Abschnitt 9-13; Vers 7 in dem Abschnitt 5,2-8; Sach. 10,5 in dem Abschnitt 2-7 (oder bis 12). Der gleiche Gedanke liegt unserer Stelle zugrunde. Die Form, wie er ausgedrückt wird, ist außergewöhnlich, aber umso treffender. Es ist wie einer der Weisheitssprüche, die den Sinn nicht gerade an der Stirne tragen. „Kehre um,“ ruft Jehova der Tochter Israel gleichsam zu; „Ich stelle etwas vor dich hin, das dich anziehen kann; brauchst dir nicht bange sein zu lassen darüber, daß du kraftlos bist und deine Feinde stark; ein schwaches Weibliches, wie du es bist, wird einen Mann, einen Starken: mächtige Nationen, umschließen, bedrängen, umgeben, wie ein Heer eine Stadt belagert“.

Zur Erläuterung muß gesagt werden, daß die hier gebrauchten Wörter „Mann“ und „Weib“ solche sind, die das starke und das schwache Geschlecht ausdrücken, und daß das Wort „umgeben“ alle möglichen Arten des Umgebens, Umschließens, Umlagerns zum Ausdruck bringt. - Es wäre etwas Ungeheuerliches, hier die entrückte Gemeinde hereinzubringen. Es ist schon geschehen, muß aber der Unwissenheit betreffs Israels und der neutestamentlichen Gemeinde zugute gehalten werden; wie wenn z. B. als Parallelstelle Offb. 21,1.2 in einer Bibelausgabe angegeben wird. Oder wenn gewisse Kirchenväter und ihnen nach auch Moderne es auf die Jungfrau Maria und den Messias, den ihr Mutterschoß umgab, beziehen; oder sogar Rabbiner der alten Zeit in etwas ähnlichem Sinne auch auf den Messias; oder noch andere auf schönes Familienleben inmitten des Israel des Reiches. Alles das ist an den Haaren herbeigeholt und steht nicht in Verbindung mit dem Vorangehenden und Nachfolgenden. Es muß immer festgehalten werden, daß die Gemeinde ein in Gott verborgenes Geheimnis war. Schatten davon sind da im A. T. Solch ein Wort ist aber kein Schatten, sondern ein Spruch, in einem Bilde ausgedrückt, mit einer Spitze (einer Pointe), die erkannt sein will.

F. Kpp.

Antwort Des Schriftleiters

Diese hochbedeutsame Antwort wird manchen Leser in Erstaunen versetzen. Es ging mir nicht anders, als ich sie empfing, und es entspann sich dann zwischen dem Verfasser derselben und mir ein längerer sehr intensiver Briefwechsel, in welchem mir besonders an Hand des hebräischen Grundtextes die wahrscheinlichere Richtigkeit obiger Anschauung gegenüber der meinen nahegerückt wurde. Ich war während dieses Briefwechsels auf der Reise im Werk des HErrn und konnte mangels hebräischer Hilfsmittel das Sprachliche nicht so nachprüfen, aber auf Grund genauerer Prüfung des Grundtextes nach meiner Heimkehr neige ich noch mehr wie schon unterwegs dazu, dem Verfasser rechtzugeben, wenngleich die Anschauung manchem absonderlich und umstritten bleiben mag.

Da nun nicht jeder vielerlei deutsche Texte zur Verfügung haben wird, so setze ich zunächst etliche verschiedene zur Vergleichung hierher:

„das Weib wird den Mann umgeben“ (Luth. und Elberf.)

„... ein Weib, das den Mann umgeben wird“ (Miniatur)

„ein Weib wird einen Mann umschließen“ (Allioli)

„das Weib wird den Mann beschützen“ (van Eß); „schützend umgeben“ (Giesebrecht)

„das Weib beschirmt den Mann“ (Menge)

„das Weib wird umgeben (einschließen) den Mann“ (aus der franz. Bibel von Osterwald übersetzt)

„ein Weib wird umringen einen Mann“ (aus dem Engl. übersetzt)

„das Weib wird sich (werbend) umtun um den Mann“ (Gesenius, Hitzig u. a.).

Alle diese Übersetzungen widersprechen obiger Auslegung ganz entschieden. Zumeist unterstützen sie Anschauungen, wie etwa (was ich seither auch dachte) die in manchen anderen Stellen, z. B. Hosea 2,16, zum Ausdruck kommende Wahrheit, daß das Weib, lies: die einst zurückgekehrte und wiederhergestellte „Jungfrau Israel“ (V. 21), ihren Mann, den Messias, umgeben, sich um Ihn scharen, gleichsam als die irdische Braut, das irdische Weib, des Messiaskönigs um Ihn (den HErrn) sein wird, nach Analogie der Verheißung 1. Mose 2,18.22.23. Daß von hier aus nur wenige Schritte (aber gefährliche!) sind zu der Meinung, daß hier das Weib (im Vorbild) die Gemeinde des HErrn ist, die um Ihn versammelt sein wird (Matth. 18,20), und in weiterer Folge die entrückte Gemeinde um ihr verherrlichtes Haupt - das erwähne ich nur beiläufig (um des Fragestellers willen). Natürlich müssen diese letzteren Anschauungen, die Gemeinde betreffend, als schriftwidrig abgelehnt werden, denn die Lehre von der Gemeinde Gottes ist und bleibt ein Geheimnis neutestamentlichen Bodens und ist nur dort enthüllt, wenn auch in Vorbildern im A. T. angedeutet (vgl. Antwort A am Schluß). Israel und die Gemeinde zu vermischen oder zu verwechseln ist ein bekannter Grundirrtum, besonders der neuerer Zeit, und in den Zusammenhang unserer Stelle die Gemeinde hineinzubringen wäre ein schweres Unrecht am Text!

Obige Übersetzungen aber lassen auch solche phantastischen Deutungen zu, wie Antwort A sie zur Orientierung anführt, und die von den oft die einfache Wahrheit der Schrift sehr verdunkelnden „Kirchenvätern“ an bis in die neueste Zeit immer wieder in die Stelle hineingetragen sind (vgl. hier z. B. das Gerlach'sche Bibelwerk), wozu der von der „Septuaginta“ dem Text untergelegte völlig unwahrscheinliche Sinn vielfach die Anregung gegeben haben mag. Darauf einzugehen führt hier zu weit.

Aber noch einer schon unter den Rabbinern bekannten Anschauung möchte ich hier Raum geben - unter den vielen Deutungen dieser Stelle! -, die Naegelsbach im Lange'schen Bibelwerk vertritt, der übrigens die Meinung von Antwort A (der ich mich als der mich nach dem Grundtext befriedigendsten ja anschließe) auch berührt, aber verwirft. Er übersetzt: „Das Weib wird den Mann umwenden,“ d. h. zu sich zurückführen. Er sieht in dem ganzen Zusammenhang

das „Wenden“, und so ist auch die Jungfrau Israel „wendisch“ (vgl. „wetterwendisch“) oder „sich hin und her wendend“, und Gott bringt nun ein Neues: das Weib wird nicht mehr sich wenden, sondern den Mann, d. h. den HErrn Selbst wird es (wieder) wenden, nämlich zu sich hin, um sich ihrer zu erbarmen.

So kunstvoll und interessant diese Auslegung auch ist, so glaube ich nicht, daß sie dem Hebräischen gerecht wird, doch muß ich mir die nähere Begründung meiner Ablehnung hier versagen.

Jedoch obige in Antwort A vertretene Auffassung wird m. E. sowohl dem hebräischen Grundtext am ehesten gerecht als auch dem Zusammenhang, als auch der Tatsache, daß es „ein Neues“ ist. wenn nämlich ein schwaches „Weibliches“ einen „Starken“, einen Kriegsmann (vgl. 41,16!), „umschließen“, „einschließen“ wird. Die Worte „Weib“ oder „Weibliches“ und „Männliches“ (Kriegsmann) sind ohne Artikel, also im Sinne einer allgemein neuen Tatsache, die wie ein Grundsatz sich durchsetzen wird. Hierbei möchte ich noch betonen, daß die Worte für „Weibliches“ oder „Schwaches“ und „Männliches“ oder „Starkes“ nicht die von „Mann“ und „Männin“ in 1. Mose 2,18-24 sind.

Es enthält also diese Stelle einen (fast) poetisch-geheimnisvollen Hinweis auf die herrliche Zukunft, in der das jetzt so schwache Israel seine jetzt noch so gewaltigen Feinde völlig überwinden wird.

Wem nun aber diese (mir zumeist zusagende) Auffassung gleichwohl nicht die richtige zu sein scheint, zumal nur die wenigsten sie am Grundtext nachprüfen können, der möge sich aus den verschiedenen genannten und den Umsetzungen die heraussuchen, die ihm der Wahrheit am nächsten dünkt! Denn wo so viele Deutungen vorhanden sind, können wir mangels einer wirklichen Parallelstelle nicht felsenfest behaupten: So ist die Stelle zu verstehen und nicht anders! Wir müssen eben immer weiter forschen und um mehr Licht bitten, bis wir „in Seinem Lichte das Licht sehen“ werden. Wer weiß, wie bald uns alle Rätsel, auch die Seines Wortes, klar werden! Bis dahin laßt uns demütig und aufrichtig „suchen“, denn „jeder Suchende findet“

HErrn Wort ist alles wichtig, wenngleich nicht immer jedes Wort, „das durch den Mund Gottes“

gegangen und uns zur „Speise“ gegeben ist, für unser „stückweises Erkennen“ gleich so leicht zu erklären ist. Dennoch:

„Das Wort des HErrn ist wahrhaftig, und was Er zusagt, das hält Er gewiß“ (Ps. 33,4 nach Luther). Er sei dafür gepriesen!

F. K.

Frage 8

Ist die Wassertaufe unbedingt nötig zum Seligwerden, wie man aus Mark. 16,16 entnehmen könnte?

Antwort A

Vorweg möchten wir bemerken, daß eine andere Taufe als die „Wassertaufe“ für uns nicht in Frage kommt. Wir fühlen uns zu dieser Bemerkung veranlaßt, weil es Kinder Gottes gibt, die von einer „Geistestaufe“ als einer Erfahrung reden, die sie gemacht hätten und die jedes Kind Gottes machen müsse. Das ist irrig. Die Taufe mit dem Heiligen Geiste ist einmal geschehen zu jenem Pfingsten Apgesch. 2,1-4, indem der Heilige Geist herabkam und Wohnung in den Glaubenden machte und sie zu einem Leibe vereinte, und dieses ist eine vollendete Tatsache, die eine Wiederholung vollkommen ausschließt. Alle später durch den Glauben an den Herrn Jesus Hinzugekommenen wurden nicht mit dem Heiligen Geiste „getauft“, sondern sie „empfingen“ den Heiligen Geist (Apgesch. 2,38; 8,15-17; 10,47; 15,8; 19,2.6). Und so ist es heute noch: Wenn ein Mensch an den Herrn Jesus gläubig wird, zieht der Heilige Geist in ihn ein - er „empfängt“ den Heiligen Geist. Aber mit Heiligem Geist „getauft“ wird er nicht und kann er nicht werden. (Darüber siehe Näheres in „Handreichung“ 1. Jhrb. 1913, Frage 33.) Dagegen sollte jeder, wenn er gläubig geworden ist, nach der klaren Weisung und Belehrung des Wortes

werden wir in unseren weiteren Ausführungen immer nur „Taufe“ sagen. Nun zu unserer Frage!

Mit Seligwerden meint der Fragesteller offenbar das Eingehen in die himmlische Herrlichkeit und den Eintritt in den Genuß dessen, was unserer dort wartet. Er meint also den glückseligen Zustand, in den der Erlöste eintritt, wenn er aus diesem Leben scheidet. Und Seine Frage ist, ob zu der Voraussetzung hierfür die Taufe mit gehört oder ob ein Mensch,. welcher glaubt, in diesen glückseligen Zustand auch dann eingeht, wenn er nicht getauft war. Zu diesem Zweifel gaben ihm die bekannten Worte des HErrn in Mark. 16,16 Anlaß. Die Antwort Auf diese Frage können wir wie immer nur aus dem Worte Gottes finden, indem wir nachforschen, was es an anderen Stellen über das „Seligwerden“ - oder nach der sogen. Elberfelder Übersetzung die „Errettung“ - und über die Taufe sagt. Was ist danach die Voraussetzung für das „Seligwerden“? Was ist die Bedeutung und der Zweck der Taufe?

Des Raumes wegen müssen wir uns darauf beschränken, von den vielen Schriftstellen nur einige heranzuziehen, was ja auch vollkommen genügen wird. Zuerst: Was ist die Voraussetzung für das „Seligwerden“?

Wir lesen Joh. 3,16: „Denn also hat Gott die Welt geliebt, daß Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ Joh. 5,24: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und glaubt Dem, der Mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen.“ Joh. 6,40: „Denn dies ist der Wille Meines Vaters, daß jeder, der den Sohn sieht und an Ihn glaubt, ewiges Leben habe; und Ich werde ihn auferwecken am letzten Tage.“ Joh. 6,47: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer an Mich glaubt, hat ewiges Leben.“ (Siehe weiter in demselben Evangelium 11,25.26; 14,1-3; 17,2.3.20-24; ferner Apgesch. 16,31; 26,18; Röm. 3,23-25; 5,1-3; Eph. 2,4-8; 1. Petr. 1,3-9.) Immer sehen wir, daß der Glaube an den Herrn Jesus die Voraussetzung für das „Seligwerden“ - für die „Errettung“ - ist, nichts anderes, und schon diese Feststellung genügt eigentlich, um uns zu zeigen, daß die Taufe nicht notwendig ist zum „Seligwerden“. Und dieses wird uns nur bestätigt, wenn wir uns zu der anderen Frage wenden:

Was ist die Bedeutung und der Zweck der Taufe?

Über die Bedeutung der Taufe finden wir die Belehrung nicht in den Evangelien und auch nicht in der Apostelgeschichte, sondern in den Briefen, und zwar in Röm. 6,3-6; Gal. 3,27; Kol. 2,11.12 und 1. Petr. 3,21. In Röm. 6,3.4 lesen wir: „... oder wisset ihr nicht, daß wir, so viele auf Christum Jesum getauft worden, auf Seinen Tod getauft worden sind? So sind wir nun mit Ihm begraben worden durch die Taufe auf den Tod ...“ Hier sehen wir, daß die Taufe das Begrabenwerden des alten Menschen bedeutet, der im Tode Christi sein Ende gefunden hat. Ein Gestorbener wird in das Grab gelegt und ist damit für immer hinweg getan; er hat mit all dem, worin er lebte, nichts mehr zu tun und ist für alles dieses nicht mehr da. So sind wir mit Christo gestorben und begraben und hinweggetan, und die Taufe stellt diese Tatsache sinnbildlich dar.

Das ist die Bedeutung in allen vier genannten Schriftstellen, nur daß jede dieser Stellen eine besondere Seite dieser Tatsache zeigt: In Röm. 6 sehen wir, daß wir der Sünde gestorben sind, in Gal. 3 dem Gesetz bezw. der Religion, in Kol. 2 der Welt mit ihren Elementen und in 1. Petr. 3 den Schwierigkeiten, Leiden und Verfolgungen auf dem Wege durch diese feindliche Welt. Alles dieses sind Dinge, die es mit dem alten Menschen zu tun haben: die Sünde beherrscht ihn, die Religion befriedigt ihn, die Elemente der Welt wirken auf ihn und die Schwierigkeiten, Leiden und Verfolgungen schrecken und hindern ihn. Aber wir sind allen diesen Dingen gestorben, weil unser alter Mensch mit Christo gestorben und begraben ist.

Das ist der Hauptgedanke der Taufe.

Aber wie Christus nicht im Grabe geblieben ist, sondern auferstanden ist und lebt, so schließt sich auch bei der Taufe der Gedanke an und findet in dem Hervorgehen des Getauften aus dem Wassergrabe seine sinnbildliche Darstellung, daß der Getaufte mit Christo auferweckt ist und nun ein neues Leben - das Auferstehungsleben - besitzt, in welchem er als ein neuer Mensch in Christo frei ist von der Sünde (Röm. 6,7-10), dem Gesetz bezw. der Religion (Gal. 3,28) und der Welt mit ihren Elementen (Kol. 2,13 - 3,11) und - wie einst Noah mit den Seinen in der

Arche sicher geborgen war vor der ihn umgebenden Flut und in ihr durch die Flut hindurchgerettet wurde - in Christo, dem Auferstandenen, „welcher, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte Ihm unterworfen sind“, sicher geborgen ist vor den auf dem Wege durch diese Welt ihm begegnenden Schwierigkeiten, Leiden und Verfolgungen und in Ihm durch sie hindurchgerettet wird (1. Petr. 3,21.22) und nun als ein Mensch in Christo wandelt.

Das ist die Bedeutung der Taufe, die demnach ein Inhaltsreiches, wunderbares Sinnbild ist.

Der Zweck der Taufe scheint uns ein mehrfacher zu sein, wenn wir außer obigen vier Schriftstellen noch Matth. 28,19 und die verschiedenen Stellen in der Apostelgeschichte (2,38.41; 8,12.36; 9,17.18; 10,47.48; 16,15.33.34; 18,8; 19,3-5) in Betracht ziehen: der Ausdruck der Beziehung, in die der Getaufte getreten ist; das Bekenntnis - oder Zeugnis - des Einsseins mit Christo im Blick auf die Stellung der Welt gegenüber - daß der Getaufte seinen Platz auf der Seite des Christus einnimmt, den die Welt verworfen hat und verwirft; das Bekenntnis - oder Zeugnis - des Einsseins mit Christo im Blick auf die Stellung Gott gegenüber - daß der Getaufte eins ist mit Christo in Seinem Tode, wodurch sein alter Mensch vor Gott zu Ende gekommen und weggetan ist, und in Seiner Auferstehung, wodurch er als ein neuer Mensch vor Gott steht, in Christo dasselbe Leben besitzend wie Er, der auferstandene und verherrlichte Christus; und das Verlangen des Herzens, das im Leben, im Wandel zu verwirklichen, was die Taufe sinnbildlich darstellt.

Das ist der Zweck der Taufe.

Aus unserer Betrachtung über die Taufe geht klar hervor, daß die Taufe lediglich auf dieses Leben Bezug hat und nichts mit dem Leben nach unserem Abscheiden aus dieser Welt zu tun hat. Denn das Gestorbensein all den Dingen, worin der alte Mensch lebt, wird ohne weiteres - ohne die Taufe - zur Wirklichkeit, wenn ein Mensch durch den leiblichen Tod aus diesem Leben scheidet, und so bedarf es von dem Augenblick des leiblichen Todes an nicht mehr eines Sinnbildes dafür; und ebensowenig bedarf ein Mensch nach seinem Abscheiden aus diesem

Taufe nur für dieses Leben bestimmt und hat mit der Ewigkeit nichts zu tun.

Mithin ist es auch unmöglich, daß die Taufe nötig sei zum „Seligwerden“.

Es wäre ja auch schrecklich, wenn es anders wäre, denn was würde dann aus einem solchen armen Menschen, der sich noch im letzten Augenblick, auf seinem Sterbebett, in seiner Sündennot und seinem Verlorensein in wahrer Buße und wahrem Glauben zum Herrn Jesus wendet, aber unmöglich noch getauft werden kann?

Wie kommt es aber, daß trotzdem der HErr in Mark. 16,16 sagt: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden“, so daß nach diesen Worten es scheinen könnte, daß die Taufe zur Errettung - zum „Seligwerden“ - mit nötig sei? Der Versuch, die Erklärung hierfür in dem Worte „errettet“ zu finden, als ob es sich um eine mit der Taufe verbundene bezw. durch die Taufe bewirkte zeitliche Errettung handle, erübrigt sich, weil aus den anschließenden Worten des HErrn: „Wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ sich klar ergibt, daß „errettet werden“ den Gegensatz bildet zu „verdammt werden“ und daß daher das erstere sich ebenso auf die Ewigkeit bezieht wie ohne Zweifel das letztere. Also auf diese Weise können wir es nicht erklären. Aber die Erklärung ergibt sich von selbst, wenn wir im Auge behalten, was wir oben über das Selig- oder Errettetwerden und über die Taufe festgestellt haben: daß die Taufe zum „Seligwerden“ - zur Errettung - nicht nötig ist. Wir wissen auch, daß Gott Sich nie widerspricht in Seinem Worte. Mithin kann der HErr mit den Worten „und getauft wird“ gar nicht gemeint haben, daß nur der Glaubende „selig“ oder „errettet“ werde, der auch getauft werde; wir finden den Zusatz aber ganz am Platze und in Übereinstimmung mit dem Charakter des Evangeliums, denn es war die von dem HErrn gewollte Ordnung, daß ein Mensch, welcher glaubt, auch getauft werde, und dieser Ordnung gemäß fügt Er diese Worte hinzu, und gerade in diesem Evangelium, weil Er hier als der gehorsame Diener gezeigt wird, der treu und genau das ausführt, was angeordnet ist. Der Glaube ist die Voraussetzung für die Errettung, und die Taufe folgt nach der göttlichen Ordnung auf den Glauben; deshalb sagt der HErr: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden“ - nicht als ob durch die Taufe die Errettung mit bewirkt werde, aber weil es Gottes Wille ist, daß der, welcher glaubt, auch getauft wird. Errettet ist er

durch den Glauben. Aber verdammt wird ein Mensch werden, wenn er nicht geglaubt hat. Es kommt darauf an, ob der Mensch geglaubt hat oder nicht geglaubt hat, nicht darauf, ob er getauft ist oder nicht getauft ist. Deshalb sagt der HErr weiter: „Wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ Der Gedanke an die Taufe kommt in bezug auf solche, die nicht glauben, überhaupt nicht in Frage. Für solche ist die Taufe nicht bestimmt, und wenn sie dennoch getauft werden, errettet die Taufe sie nicht, eben weil nicht die Taufe errettet, sondern nur der Glaube. Die Annahme, daß der HErr in diesem Nachsatz die Taufe deshalb nicht erwähnt habe, um einer Inhaltlosen Formtaufe vorzubeugen, entbehrt jeder Grundlage, weil für das Erwähnen der Taufe in diesem Nachsatze, wie schon gesagt, nicht die geringste Ursache vorhanden war, ja, sogar der Ausspruch die Bedeutung verloren haben würde, die er haben sollte: daß jeder verdammt werden wird, der nicht geglaubt hat - mag er getauft sein oder nicht! Wenn der HErr gesagt hätte: „Wer aber nicht glaubt und getauft wird, wird verdammt werden“, wäre dieser Ausspruch ein Unding gewesen, das überdies verschieden würde aufgefaßt werden können: Einmal in dem Sinne, daß der verdammt würde, der nicht glaubt, aber doch getauft ist, und das andere Mal in dem Sinne, daß der verdammt würde, der nicht glaubt und auch nicht getauft ist - je nachdem, ob man das „nicht“ nur auf „glaubt“ oder auf „glaubt“ und auch auf „getauft wird“ bezieht. Ersterenfalls würde der Ausspruch sich auf die beschränken, die nicht glauben, aber dennoch getauft sind, und es bliebe die Frage offen, was mit den Nichtglaubenden würde, die nicht getauft sind; im anderen Falle aber - wenn man das „nicht“ sowohl auf „glaubt“ als auf „getauft wird“ bezieht - wäre es gerade umgekehrt, und man müßte fragen: Wie ist es mit denen, die nicht glauben, aber getauft sind? und was wird in bezug auf diese der Taufe zugeschrieben? Wir sehen die Verkehrtheit der obigen Annahme.

Auch die mancherlei sonstigen Gründe für die Annahme, daß die Taufe zum „Seligwerden“ notwendig sei, sind nichts als irrige Auffassungen. Wir wollen einige, die uns vorliegen, noch kurz behandeln.

Es wird behauptet, gemäß Kol. 2,11.12 werde der alte Mensch erst in der Taufe abgelegt; und: Wie die Beschneidung im Alten Testament das Kennzeichen des wahren Israeliten sei, so sei im Neuen Testament die Taufe das Kennzeichen eines wahren Christen. Das Wort Gottes sagt aber

nicht so. Von dem Weggetansein des alten Menschen heißt es in Röm. 6,6: „... indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch mitgekreutzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen“, und in Kol. 2,11.12: „... in welchem ihr auch beschnitten worden seid mit einer nicht mit Händen geschehenen Beschneidung, in dem Ausziehen des Leibes des Fleisches, in der Beschneidung des Christus, mit Ihm begraben in der Taufe ...“ Weder in Römer noch in Kolosser ist gesagt, daß das Ablegen des alten Menschen in der Taufe geschehe, sondern in beiden Fällen ist diese Tatsache mit dem Kreuze verbunden: Der alte Mensch ist mitgekreuzigt worden, auf daß der „Leib der Sünde“ abgetan sei, und: In Ihm sind wir beschnitten worden, in dem Ausziehen des „Leibes des Fleisches“, in der Beschneidung des Christus - das ist also in Seinem Tode am Kreuze. Das Ablegen des Leibes geschieht durch den Tod (vgl. 2. Petr. 1,14), nicht durch das Begrabenwerden. Der Tod - das Ablegen - unseres alten Menschen geschah am Kreuze im Tode Christi und wurde in bezug auf uns wahr in dem Augenblicke, in dem wir den HErrn glaubend als unseren Heiland annahmen. Die Taufe aber stellt das Begrabenwerden dieses abgelegten alten Menschen dar, wie oben zur Genüge ausgeführt worden ist. - Und was das Kennzeichen des Christen anbelangt, so sagt das Wort Gottes nirgends, daß es die Taufe sei, aber es zeigt uns, daß der Heilige Geist das Kennzeichen ist, wie wir aus dem Gleichnis von den zehn Jungfrauen (Matth. 25,1-13) und anderen Schriftstellen klar sehen können (s. Luk. 24,49; Joh. 14,16.17; Apg. 1,5.8; 5,32; 10,44-47; Röm. 5,5; 8,9b; 1. Kor. 6,19; 2. Kor. 1,21.22; Eph. 1,13.14 u. a. m.).

Weiter sagt man, gemäß Gal. 3,27 ziehe man erst durch die Taufe Christum an. Das sagt aber das Wort nicht, denn Paulus schreibt den Galatern nicht, daß sie durch die Taufe Christum angezogen hätten, sondern daß alle, die auf Christum getauft waren, solche waren, die Christum angezogen haben, denn sie waren Söhne Gottes - waren in die Stellung gebracht, die Er einnimmt in der Herrlichkeit, und standen als solche da; alles, was sie vorher dem alten Menschen nach unterschied, war weggetan, und sie waren als solche alle „einer in Christo Jesu“. Das waren sie aber nicht durch die Taufe geworden, sondern durch den Glauben (V. 26), aber die Taufe brachte es sinnbildlich zum Ausdruck, und deshalb erwähnt er letztere. Sie hatten also nicht durch die Taufe Christum angezogen, sondern weil sie Christum angezogen

Auch wird behauptet, gemäß Joh. 3,5 werde man wiedergeboren aus Wasser und Geist (unter Hinweis auf Apgesch. 2,38; 22,16; Tit. 3,4.5). Damit hat man im Sinne, mit „Wasser und Geist“ sei die Taufe gemeint. Das ist aber keineswegs der Fall, sondern „Wasser“ ist hier wie an vielen anderen Stellen des Wortes Gottes als Sinnbild gebraucht für das Wort Gottes, durch das der Geist Gottes wirkt. Das ist der eine Irrtum, und der andere ist der, daß ein Mensch durch die Taufe von neuem geboren werde. Dieser letztere ist durch die Ausführungen weiter oben reichlich bloßgelegt worden. In diesem Punkte empfehlen wir, die Antworten in „Handrechungen“ Jahrbuch 12 (1927), Frage 18 und Heft 1 des Jahrb. 1928, Frage 1 (Seite 12-24) nachzulesen.

Ferner wird noch auf 1. Petri 3,21 Bezug genommen und gesagt, da stehe doch, daß die Taufe das Rettungsmittel sei. Dieser Einwand hat bereits bei der Besprechung der „Bedeutung“ der Taufe seine Erledigung gefunden, indem dort bereits gezeigt worden ist, daß von der Errettung in dieser Schriftstelle nicht in bezug auf die Ewigkeit geredet ist, sondern in bezug auf unseren Weg durch diese feindliche Welt - daß wir so, wie Noah in der Arche geborgen war und in dieser durch die Flut hindurchgerettet wurde, in Christo geborgen sind und in Ihm durch die Schwierigkeiten, Leiden und Verfolgungen hindurchgerettet werden, und daß auch da die Taufe - wie überall - nur als Sinnbild das darstellt, was durch den Glauben an den HErrn in Ihm für uns eine herrliche Tatsache ist.

Möchte uns der HErr immer mehr Verständnis Seines kostbaren Wortes schenken!

Th. K.

Schlussbemerkungen des Schriftleiters

Kurz nachdem ich diese Frage unserem teuren Mitarbeiter Br. Th. K. übersandt hatte, traf dieselbe von ganz anderer Seite und in anderer Fassung noch einmal ein. Sie war dabei erweitert durch Hinweise auf die Stellen Joh. 3,5; Kol. 2,11-12; Gal. 3,27; Titus 3,4-5; 1. Petr. 3,21 u. a., die angeblich die Taufe als unerläßliche Bedingung für die Erlangung des ewigen

Lebens(!!) hinstellen. Was sollte ich tun? Kurz entschlossen schickte ich Br. Th. K. dies Material noch nach, und das Ergebnis ist die vorstehende umfassende BeAntwortung der Frage unter gründlicher Berücksichtigung obiger Stellen, sodaß hiermit beiden Fragestellern so wie hoffentlich dem ganzen Leserkreis hervorragend gedient wird. Möge der HErr dazu Seinen Segen geben!

Einer eigentlichen Ergänzung bedarf diese Antwort nicht. Ich erlaube mir aber einiges hinzuzufügen. - Zunächst verweise ich auf früher erschienene Fragen und Aufsätze, in denen die Frage mit berührt oder eingehend behandelt ist. Außer in den in Antwort A schon genannten Fragen geschah dies mehr oder weniger in dem Jahrb. 4 in Frage 26; J. 5, Frage 5; J. 10, Frage 7; J. 11, Frage 2; ferner in den Aufsätzen Jahrb. 7, S. 160 und J. 10, S. 113. Der letztere Aufsatz mit dem Titel: „Was hindert mich, getauft zu werden?“ (Apgesch. 8,37) erregte s. Zt. das Mißfallen kleiner kindertäuferischer Kreise, die dann in wenig schöner, unbrüderlicher Art die „Handreichungen“ abbestellten. Sie haben ihr Verhalten vor dem HErrn zu verAntworten! Die „Handreichung“-Schriftleiter stehen von Anfang an, seit der HErr diese Arbeit in ihre Hand legte, auf dem Standpunkt: „Wir vermögen nichts gegen die Wahrheit, sondern nur für die Wahrheit“ (2. Kor. 13,8). Niemals können wir den Grundsatz der Heiligen Schrift verleugnen, daß die Gläubiggewordenen getauft werden sollen (normalerweise!), wie es der Herr Jesus angeordnet und die Apostel in der Apgesch. vollzogen haben, während die sämtlichen Belehrungen in den Briefen zeigen, daß es sich nur um die Taufe der Gläubigen handeln kann. Beispielsweise in Röm. 6: Nur Gestorbene können (normalerweise) begraben werden, sollen es aber auch. Wer da sagt, es sei einerlei, ob man erst getauft würde und sich dann bekehrte, der spricht damit genau dasselbe aus wie: Es ist einerlei, ob man erst stirbt und dann begraben oder ob man erst begraben wird und dann stirbt!! - Aber die verschiedenen Kreise, welche die Kindertaufe für biblisch halten - ohne jeden wirklichen Schriftbeweis -, sehen es in diesem Punkt nicht ein, daß es Gott darauf ankommt, ob und wie wir sein Wort halten und daß Er doch von uns, die Er so geliebt hat, eigentlich mit Recht erwarten kann, daß wir Ihn durch genaues Beobachten Seines Wortes wieder lieben (Joh. 14,21ff.; 1. Joh. 5,3 u. a.), und weil sie es wohl nicht einsehen können, so haben wir nicht die Absicht, mit ihnen zu streiten; aber die Wahrheit

dem HErrn! Darum wolle man diese Worte nicht als „Fehdehandschuh“ ansehen, sondern als eine Bitte an uns alle, denen in Beröa zu gleichen, indem man sorgfältig die Schriften untersucht, um die diesbezügliche Wahrheit zu finden. (Apgesch. 17,11.)

Wenn wir nun also mit Glaubensenergie die Lehre von der biblischen Rechtmäßigkeit der Gläubigentaufe festhalten und gegebenenfalls offen verkünden, so folgt daraus nicht eine Überschätzung der Bedeutung und des Wertes der Taufe.

Darüber ist in obiger Antwort vieles und durchaus Gründliches gesagt. Wer beispielsweise Gal. 3,27 so auslegt, als ob wir Gläubigen durch die Taufe Christum angezogen hätten, was mit keinem Worte dasteht - und wenn es dastünde, so wäre es auch nur symbolisch zu verstehen, wie denn das „Anziehen Christi“ auch doch nur ein Bild, freilich ein sehr tiefes und reiches, von einem geistlichen Vorgang ist, nicht etwa eine äußerliche Sache!! -, der legt der Taufe eine Bedeutung bei, die sie nicht haben kann, da jene in der ganzen Schrift nur dem Glauben zugeschrieben wird. Nur durch den Glauben erlangen wir geistliche Besitztümer, nie durch äußerliche Handlungen, wenn diese auch die tiefste symbolische (sinnbildliche) Bedeutung haben können. Was in Gal. 3,27 wirklich steht, ist genau das Gegenteil von dem, was die Überschätzer der Gläubigentaufe hineinlegen! Wenn V. 26 nicht voranginge, so könnte man die symbolische Handlung der Taufe vielleicht überschätzend beurteilen, indem man ihr zuschriebe, was nur ihm, dem Glauben zukommt, aber trotz V. 26 behaupten, durch die Taufe würde Christus angezogen, das beweist mehr als nur Überschätzung derselben - das verrät ein Nichtverstehen einfachster Schriftgrundsätze. Die Taufe bezeugte, was der Glaube in Besitz genommen, und Paulus weist auf dies äußere am meisten in die Augen fallende Zeugnis hin, das damals nur vollzogen werden konnte und wurde an denen, die erlebt hatten, was sie durch ihre Taufe bezeugten.

Über die Hauptstelle der Frage (Mark. 16,16) ist oben genügend geschrieben, darum nur noch eins: Wenn wir diese Stelle ansehen würden als Beweis dafür, daß die Taufe nötig sei zum Seligwerden, so täten wir in bezug auf die Gläubigentaufe nichts weiter, als was z. B. kirchlich gläubige Kindertäufer so leicht tun: Sie sagen, die Kindertaufe sei nötig zum Seligwerden.

Solche lieben Geschwister drehen in der Praxis den Satz von Mark. 16,16 um: „Wer getauft wird und gläubig wird, wird selig, wer nicht getauft wird, wird verdammt“ (weswegen die Einführung und die strenge Beobachtung der sogen. „Nottaufe“!). Welch ein gefährliches Umgehen (in der Praxis) mit dem Schriftwort! Aber in solche Überschätzung der Taufe fällt jeder, ob Kindertäufer oder Gläubigentäufer, der neben dem Glauben als einzigem Mittel zum Errettetwerden noch irgend etwas anderes gelten läßt. Laßt uns darin recht, recht vorsichtig sein, sonst leisten wir sogar auch denen Vorschub, die das Halten irgendwelcher Punkte des alttestamentlichen Gesetzes als erforderlich zum Seligwerden hinstellen!

Doch zum Schluß noch eine Feststellung:

So ausschließlich Mark. 16,16 allein den Glauben als Mittel zum Seligwerden hinstellt - denn nur der Gläubige kann (normalerweise) getauft werden! -, so ernsthaft betont Mark. 16,16 den geoffenbarten Willen des HErrn, gleichsam als Vermächtnis, wie Er aus der Welt ging, daß jeder, der da glaubt, auch getauft werde! Verläßt er doch damit vor den Augen der Menschen sinnbildlich die Verbindung mit der Welt - der Tod, das Begrabenwerden scheidet ja stets! - und stellt sich bewußt auf die Seite des von der Welt Verworfenen, des Herrn Jesus, der hinieden ein Kreuz und ein Grab fand seitens derer, zu denen Er aus Liebe auf die Erde gekommen war! Sind wir willig, mit Ihm den Weg der Verwerfung zu gehen?

Er gebe den Seinen Gnade, Seinem Worte Mark. 16,16 die nach jeder Seite hin richtige Wertschätzung zuteil werden zu lassen!

F. K.

Das Wort des HErrn bleibt in Ewigkeit!“ (1. Petri 1,25.)

Saget zu denen, welche zaghaften Herzens sind:

„Seid stark, fürchtet euch nicht!“

(Jes. 35,4.)

Wir leben in Notzeiten; Menschen mit zerbrochenen Hoffnungen, gescheiterten Plänen usw. umgeben uns. Groß ist die Zahl der inneren und äußeren Nöte, die Menschen das Herz verzagt machen; denken wir nur an Sündennot, Krankheitsnot, Familiennot, Geschäftsnot, Schulnot des Kindes, Sterbensnot usw.

Wer wäre nicht schon auf seinem Wege verzagt geworden? „Seid stark!“ Stark sein heißt: unerschütterlichen Glauben an den lebendigen Gott haben, daß Er in Seiner Weisheit alle Dinge meines Lebens so ordnen und ausführen wird, daß es Seinem ewigen Ziele zum Wohle meiner Seele dienen muß.

Wir wollen nicht außer uns geraten, wenn etwas nicht „glatt“ geht, nicht verzweifeln, wenn die Lasten uns niederdrücken wollen, sondern stark im Glauben, getrost Gott, dem Vater, alles anheimstellen und - dann stille an die Arbeit gehen, die uns am nächsten liegt.

Verzagtheit ist der Zustand, in welchem man aus Ungeduld den Mut sinken läßt und aufgibt, dem zu glauben, was Gott verheißen hat - und in welchem man im geistlichen Kampfe unterliegt und dem Feinde die Stellung einräumt. Wohl dürfen wir nach 2. Kor. 4,8 (Luth.) bange sein, aber es steht uns nicht zu, zu verzagen.

Wer sein Vertrauen wegwirft, kann im Kampfe wider die Anläufe des Satans kein Überwinder sein und fällt unter das Gericht Gottes, weil aller Unglaube eine Beleidigung Gottes ist. Ein Bild für die Verzagtheit ist die pflichtvergessene Schildwache, welche ihren Posten verläßt, statt auszuharren, bis die Ablösung kommt. Darum wollen wir uns von dem HErrn völliges Vertrauen zu Seiner Weisheit, Macht, Güte und Barmherzigkeit schenken lassen und alle unsere Wege im Leben und im Sterben Ihm völlig anvertrauen.

Ein Resultat des Starkseins in dem HErrn ist die Vertraulichkeit und Freudigkeit, Ihn zu rühmen als den, der Seine Verheißungen auch hält. Stark sein heißt, sein Leben getrost in Gottes Bewahrung geben und alles Lebensvermögen in Gottes Verwaltung stellen.

Haben wir nicht Grund, im Glauben stark zu sein? Mußten wir nicht immer in stillen Stunden erkennen und bekennen, daß im Hintergrunde aller Ereignisse unseres Lebens stets die unwandelbare Treue unseres Gottes stand? (2. Tim. 4,17.18.) In Ihm haben wir die Errettung von dieser Welt und die wunderbare Bewahrung für Sein himmlisches Reich mit seinem ewigen Heil. In den vielen Erbärmlichkeiten des täglichen Lebens darfst du dich darauf verlassen, daß selbst alle Hemmungen und dunklen Zusammenhänge dieser bösen Welt in Seinen Händen zu Segnungen werden.

Sei stark! - Kann ich denn das, wenn ich herausgenommen worden bin aus meinem behaglichen Leben und geschäftigen Treiben - heraugenommen aus meiner Lebensaufgabe, aus Glück und Freude? ganz gewiß! Denn Sein Ziel ist ja, uns nahe in Seine Gemeinschaft zu führen und unsere Seele genesen zu lassen. Gehe doch einmal zu Ihm hin und frage in Demut deinen Gott, warum Er dich „besonders genommen“. Manche rätselhafte Schicksalsführung wird dir in Seinem Lichte klar werden. In solchen Lebensführungen sei gewiß und bedenke ernstlich: jetzt will mein HErr mit mir reden, will mit meiner Seele allein sein, weil sie in der Alltäglichkeit Schaden genommen hat. Er weiß, wie leicht die Welt uns umgarnt und betört, darum will Er uns nicht untergehen lassen.

Gewiß, es ist eine furchtvolle, ernste Zeit, wenn der große Gott keinen anderen Weg mit uns gehen will als den des Zerbrechens. Schon daß Er Leiden, Hemmnisse, Schwierigkeiten sendet, ist ein Beweis, daß Er uns nicht verwirft, sondern an uns arbeiten will. Gott hat Seine Ziele mit uns. Nicht vernichten will Er, sondern erziehen zu einem Leben der Heiligung, nicht zerschlagen will Er, sondern neue Segnungen aufbauen, die wir zerstört haben.

Wundern wir uns deshalb nicht, wenn Belastungsproben kommen, um unsere Treue zu prüfen, unseren Charakter zu ergründen, und wenn das Läuterungsfeuer alle Schlacken an uns verzehrt. Der große Gott will Ewigkeitswerte in uns schaffen, darum die Entbehrungen und Entsagungen in unserem Leben und darum der oft so eigenartige Lauf des Lebens, in welchem so wenig gelingt und der so völlig uns zu Boden drückt. Gott duldet keine Mittelmäßigkeit.

Kräfte der inneren Welt, daß wir streben lernen nach dem Leben, wo wir wirklich selig sind. Bei Gott gibt es nur ein Ziel: daß wir in Wahrheit im Wollen und Erleben es aussprechen: Rein - und ganz Dein!

Stark sein heißt, Gott glauben, Gott vertrauen, bedingungslos ohne Wenn und Aber nichts anderes wollen, als was Er will. Von Natur lieben wir nichts mehr als unser eigenes Ich. „Mein Wille geschehe“ ist oft der Wunsch von der Jugend bis ins hohe Alter. Wir ahnen nicht, daß dieses der kreuzunglückliche Weg zur Verzagtheit ist. Wir müssen erst los von uns selber, los von dem Wahn, daß wir das Leben meistern, das Gebäude unseres Glückes selbst bauen müssen. Ehe unser tiefster Lebenswille nicht erlöst ist, unser Ich vom Thron gestoßen, wird unser arglistiges und trotziges Herz uns nur tiefunglücklich machen, bis ich im Glauben Gott über meinen Willen herrschen lasse.

Stark sein heißt, froh geworden sein, daß an Stelle unseres kleinen unsicheren Willens der fest, klare, ruhige Gotteswille eingetreten ist.

Stark sein heißt, Gott die Leitung unseres Lebens überlassen, damit Seine Kraft die Ohnmacht unseres Strebens aufhebe, da Sein Friede doch höher ist als alle unsere Vernunft.

Stark sein bedeutet, dem eigenen Herzen Schweigen gebieten, wenn es in den Tränennächten unseres Lebens an Gott irre werden will.

Stark ist nur der, der in der Glaubens-Erkenntnis wandelt, daß der HErr ihm nicht alle Lebensrätsel lösen wird und muß, nicht das Lebensdunkel lichten will und soll, daß der HErr ihm aber soviel Spannkraft für seine kindlich vertrauende Seele zu geben verheißen hat, daß er für das Ausmaß jedes Tages auf Ihn hoffen und warten kann in Geduld.

Wer stark und freudig in seinem Gott ist, der kennt den Felsengrund unter seinen Füßen - kennt die helfende, hebende Kraft seines Gottes und das höhere Ziel seines Lebens. Er legt an seines Gottes Walten einen anderen Maßstab an als an sein eigenes Tun. Er läßt sich sein Vertrauen auf Gottes Gnade nicht verkümmern, mag kommen und gehen, was kommen und gehen mag.

Paulus sagt an einer Stelle so schlicht und doch so überwältigend: „Ich weiß, wem ich geglaubt habe.“ (2. Tim. 1,12.) Wissen wir das, dann mißbrauchen wir nicht mehr das Leben zum Klagen und Murren, sondern gebrauchen es in seiner besten Anwendung: Gott zu preisen. Wenn wir in dem Leben des Glaubens wachsen, dann erhebt sich der Geist des Lobes zu inbrünstigem Dank für alles. So war es bei jenem Manne, in dessen Testament man die Worte fand: „Ich danke meinem Gott für alles, besonders für die Leiden der letzten Jahre“. So wird es auch mit uns sein, wenn wir wissen, daß Gottes Gerechtigkeit schließlich doch jede dunkle Wolke siegreich durchbricht und daß Seine Liebe Ziel und Zweck alles Geschehens bestimmt. Wer die Quelle aller Kraft und Freude in Christo Jesu gefunden hat, der blickt zwischen Särgen und Sorgen, Einsamkeiten und Tränen zu dem empor, der die Zügel der Welt in Seiner Hand hat und in dessen Liebesarme nur wir fallen können, der ein Gott des Lebens ist und nicht des Todes.

Sind wir stark, so wissen wir jederzeit und überall den HErrn bei uns und treten an die Aufgaben jedes Tages heran mit dem stillen Flehen um Seinen Beistand. Unser ganzes Verhalten trägt dann den Stempel des Geborgenseins in der Gnade des HErrn. Tiefer Friede durchhaucht unser Denken und Wollen: „Uns ist wohl in dem HErrn“. Dann geht’s alle Tage besser nach der Weise: „Der Loblieder mehr und weniger der Seufzer“. Man merkt es dem Starken ab: erst still - dann stärker.

Der HErr fordert von uns nicht mehr, als Er uns gegeben hat; Er bemißt unsere Last nach dem Maße unserer Tragkraft. Was auch an uns herantritt, jedes ist eine Mahnung und eine Aufgabe von unserem Gott. Gottes Vorsehung erstreckt sich weiter als nur auf den Schutz des Leibes.Er läßt uns oft scheinbar sinken, führt in Not, in Gefahr, schickt schweres Leid, und doch dürfen wir am Ende die nimmermüde Treue unseres Gottes rühmen. Dunkle Wege führen bei unserem Gott zu leuchtenden Zielen. Für uns gibt es keinen blinden Zufall, kein launisches Schicksal, alles kommt aus der treuen Hand unseres himmlischen Vaters, der Sein Werk nicht verderben, sondern ein Meisterwek zu Seiner Verherrlichung daraus gestalten will.

Seid stark! - Der HErr, der die Vergangenheit meisterte, sollte Er vor der Zukunft die Waffen

bei sich zu haben. Diese Dinge erhalten unsere Seele im Gleichgewicht und geben unserem Lebensschiff den nötigen Ballast und Halt, damit die Wogen uns nicht umwerfen.

Sei getrost! - Ermuntere dich selbst zum Lobe Gottes. Lobe den HErrn, o meine Seele! Gehe in dein Haus und zu den Deinen und erzähle, wie gut Gott, dein HErr, ist, daß Er dich nie enttäuscht hat. Er war dir Bewahrung in schwerem Leid - Errettung aus großer Not - Trost in Tränen - Aufrichtung in Zeiten tiefster Trübsal - Sieg in hartem Kampf. Alles war Er dir. Alle Verwicklungen waren letzten Endes nichts anderes als Entwicklungen göttlicher Segensgedanken. Wir wurden geheiligt und geläutert, herausgenommen aus allem Niedrigen und lernten die Gnade begreifen, welche vor Grundlegung der Welt für uns einen Weg ewigen Heiles ersann.

Seid stark! - Mit gefalteten Händen, mit gebeugten Knien, mit geduldigem Herzen und mit immer neuer Glaubenskraft dringen wir durch das Mesech-Land und schauen unverwandt auf den HErrn, bis wir eingehen in Sein himmlisches Reich. „Werfet nun eure Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat.“ (Hebr. 10,35.) Unser natürliches Auge mag nichts weiter sehen als körperliche Leiden, seelische Not, innere Anfechtungen, äußere Hemmungen, in die Tiefe ziehende Bleigewichte, offenes Leid, verschwiegenen Jammer, Wolken über unserer Seele. Das Glaubensauge aber sieht nur Gnadenabsichten Gottes, Liebe und Weisheit Gottes, die das beste mit uns vorhat.

Den zaghaften Herzen sollen wir sagen: „Seid stark, fürchtet euch nicht! Blicket nicht auf die Vergangenheit mit eurem entschwundenen Glück, nicht auf die Gegenwart mit ihren drückenden Sorgen, schauet voll Vertrauen auf den HErrn und auf die herrliche Zukunft!“ Du hast noch einen Weg, noch eine Arbeit, noch ein Ziel vor dir. Ob dein Weg nach Seinem unerforschlichen Rat durch Sonnenbrand und Wüstensand führt, das darf dich nicht kümmern, dies ist Gottes Sache. Unser Gott, der Gott der Kraft und Wahrheit, der Liebe und Treue, der Gnade und Weisheit, ruft uns zu: „Seid stark, fürchtet euch nicht!“

Ach mach‘ aus uns, was Dir gefällt -

Uns in Dein Bild verkläre!

Gib Kräfte der zukünft’gen Welt -

Dein Wollen in uns mehre!

Und gib uns stets ein still‘ Vertrau’n

Zu Deinen Wunderwegen,

Bis droben wir einst werden schau’n

Den wunderbaren Segen.

E. v. d. K., H.

Die Zusammenkünfte einer Gemeinde der Heiligen.

„Indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist.“ (Hebr. 10,25.)

Eine Gemeinde der Heiligen ist beständig eine Gemeinde, obwohl sie sich nicht immer im versammelten Zustand befindet. Nur einige kurze Stunden in dere Woche kommt sie als Gemeinde zusammen, die meiste Zeit aber sind die einzelnen Heiligen der örtlichen Geneinde überall zerstreut in den Häusern, auf dem Felde, in den Werkstätten usw., und doch bilden diese Gläubigen immer eine Gemeinde des HErrn.

Der Apostel Paulus schrieb Briefe an sieben Gemeinden; und vom Heiligen Geist inspiriert und geleitet, behandelt er eine Fülle von Wahrheit und schreibt über fast alle Punkte des einmal den Heiligen überlieferten Glaubens; doch über das Zusammenkommen einer Gemeinde schreibt er ausführlich nur an eine Gemeinde, nämlich an die Gemeinde in Korinth, und zwar wegen der dort herrschenden Unordnung. In seinem ersten Briefe behandelt er diesen Gegenstand ganz

eingehend. Wohl finden wir auch anderswo noch das Zusammenkommen der Gemeinde im Worte, z. B.: „Es geschah ihnen aber, daß sie ein ganzes Jahr in der Versammlung (Gemeinde) zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten.“ Apg. 11,26.) Oder: „Am ersten Tage der Woche, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen ...“ (Apg. 20,7). Doch werden uns in diesen Stellen keine Richtlinien über den Gang der Zusammenkunft einer Gemeinde der Heiligen gegeben. In dem ersten Korintherbriefe aber finden wir in dem klar abgegrenzten Teile von Kap. 11,17 (wo wir die erste Erwähnung des Wortes „Zusammenkommen“ finden) bis Kap. 14,40 einen Abschnitt, der sich ausschließlich mit diesem Thema beschäftigt.

Der gottgewollte Gang eines solchen Zusammenkommens der Gemeinde ist im Laufe der Zeit gründlich geändert worden; heute nennt man das Zusammenkommen einen „Gottesdienst“, und dieser wird programmäßig geregelt nach dem Gutdünken irgend eines Kirchensystems, ohne daß man sich darum kümmert, ob die Schrift etwas darüber sagt oder nicht. In den meisten Fällen hat irgend ein Angestellter, der sich oft mit einem besonderen Gewande bekleidet, sei er Priester, Pfarrer oder Prediger, alles in der Hand, und er leitet das nach der herkömmlichen Weise vom Anfang bis zum letzten Amen, und man ist im allgemeinen zufrieden damit!

Wir betonen nochmals, daß die Ordnung einer Zusammenkunft einer Gemeinde des HErrn ausführlich in diesem genannten Abschnitt des ersten Briefes an die Korinther beschrieben wird. Wohl wissen wir, daß etwas über den Tisch des HErrn in Kapitel 10 geschrieben wird, aber in diesem Kapitel handelt es sich gar nicht um die Ordnung eines Zusammenkommens der Gemeinde. Auch im ersten Teil des 11. Kapitels ist etwas über das Beten und Weissagen geschrieben, doch behaupten wir, daß es sich auch hier nicht um eine Zusammenkunft der Gemeinde handelt, denn, wie wir schon erwähnt haben, kommt der Ausdruck „Zusammenkommen“ erst im Vers 17 des 11. Kapitels vor; und dieses Wort wird immer wiederholt bis zum Ende des 14. Kapitels. Wohl wird schon früher einmal, nämlich in Kapitel 5,4, von einem Versammeltsein der Gemeinde geredet, und zwar bei dem Ausschluß eines Bruders, der in Sünde lebte. Damit wird uns gezeigt, daß ein solches Hinaustun die Tat der Gemeinde sein muß, nicht aber, daß es notwendiger Weise eine besondere Zusammenkunft

sein muß.

Die Schrift behandelt also zuerst, nachdem sie von dem Zusammenkommen der Gemeinde an einem Orte zu sprechen anfängt, die Frage über des HErrn Abendmahl. Das ist keineswegs Zufall. Das Wort setzt das Abendmahl des HErrn in der Zusammenkunft einer Gemeinde an den ersten Platz; die Schrift gibt dem Mahl des HErrn niemals den letzten Platz am Ende oder nach dem Schlusse eines sogenannten Gottesdienstes.

Die Unordnung in dieser heiligen Sache in Korinth wollen wir jetzt nicht betrachten. Wir bemerken nur, daß wenn die Schrift von dem Zusammenkommen einer Gemeinde an einem Orte berichtet, sie als erstes die Frage und die Ordnung des Abendmahles des HErrn sowie auch den geistlichen Zustand der Teilnehmer behandelt. Wenn nun die Schrift dem Abendmahl des HErrn den ersten Platz in einer Zusammenkunft der Gemeinde gibt (und aus der Apostelgeschichte lernen wir, daß die Jünger am ersten Tage der Woche zusammenkamen, um Brot zu brechen), so dürfen wir daraus schließen, daß wir nach dem Sinne des Geistes handeln, wenn wir am Anfang jeder neuen Woche des HErrn Abendmahl in der erstmöglichen Zusammenkunft der Gemeinde feiern; und das tatsächliche Essen desselben sollte auch früh, während der Zusammenkunft stattfinden. Unsere Erfahrung ist, daß Brüder oft so in Anspruch von ihrem Beten usw. genommen werden, daß sie fast vergessen, warum sie sich versammelt haben!

Nachher gibt die Schrift wichtige Belehrungen über die Erbauung der Gemeinde bei einer solchen Zusammenkunft, und sie fängt bei der Wurzel der Sache an. Hätte ein Mensch darüber zu schreiben, so würde er mit der theologischen Ausbildung junger passender Männer begonnen haben, damit sie andächtig einen sogenannten Gottesdienst leiten könnten. Aber die Schrift legt alles in die Hand des Geistes, und indem sie von verschiedenen Gnadengaben, Diensten, Wirkungen usw. spricht, sagt sie einfach und schlicht: „Alles dieses wirkt ein und derselbe Geist, einem jeden austeilend, wie Er willl.“ (1. Kor. 12,11.) Und wieder: „Gott hat etliche in der Gemeinde gesetzt.“ (V. 28.) Sehr wichtig ist auch das Wort: „Einem jeden wird die Offenbarung des Geistes zum Nutzen gegeben.“ (V. 7.) Wir lernen also, daß die Feier des

Abendmahls zuerst behandelt wird, danach folgt die Belehrung über die Erbauung (obwohl wir kein Gesetz darüber aufzustellen haben). Diese Erbauung muß von Gott Selber kommen, denn Ihm allein kommt das Recht zu, irgend ein Glied am Leibe zu befähigen, den übrigen Gliedern einen Dienst zu leisten. Das Werk eines Evangelisten kommt in diesem Schriftabschnitt gar nicht in Betracht. Dies ist auch ein Beweis, daß es sich hier um die Erbauung der Gemeinde bei einer ihrer Zusammenkünfte handelt.

Und jetzt haben wir eine äußerst wichtige Belehrung, nämlich, daß, bevor man nützlich und zur Erbauung die vom Geist verliehene Gnadengabe bei einem Zusammenkommen gebrauchen kann, man unbedingt in die echte Liebe Gottes eingetaucht sein muß, wie das so eindringlich in Kapitel 13 betont wird. O, wie viele, viele wirklich begabte Brüder dienen umsonst, weil sie kaum etwas von dieser Liebe Christi im Herzen für ihre Brüder und Schwestern haben! Ihr Dienst ist leider vielfach ein tönendes Erz und eine schallende Zimbel.

Wenn man den richtigen geistlichen Genuß vom Abendmahl des HErrn bekommen hat, indem das Herz sich in Seine Liebe gesenkt hat, so wird gewiß die oft schlummernde Liebe in unserem Herzen brennend werden, und dann wird man in der rechten Weise den Heiligen mit Ehrengerichten vom Tische unseres Josephs dienen können. (1. Mos. 43,34.) Wenn man aber dient, weil man sich selbst oder die eigene Stimme liebt, so ist das für die Gläubigen eine gar trockene Kost, und diese empfinden es gar deutlich.

Der Dienst des Wortes bei den Zusammenkünften der Heiligen soll zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung sein. (1. Kor. 14,3.) Die dienenden Brüder in Korinth aber sehnten sich leider mehr danach, zu glänzen oder den Übrigen zu imponieren, indem sie in Zungen zu reden begehrten, wovon man nichts hatte, denn man erhielt keine geistliche Unterweisung, und Geist und Seele blieben leer. Es kann sein, daß die seelischen Gefühle dadurch aufgepeitscht wurden, doch das ist nur eine Art geistlicher Ausschweifung.

Der Apostel schrieb: „Also auch ihr, da ihr um geistliche Gaben eifert, so sucht, daß ihr überströmend seid zur Erbauung der Gemeinde.“ (1. Kor. 14,12.) Paulus schreibt vom

der Heiligen eine direkte Botschaft durch einen der dienenden Brüder, und zwar auf unmittelbare Weise. Doch auch damals waren die Geister der Propheten den Propheten untertan. Eigenwillige Behauptungen oder ein unbeugsames Dogmatisieren war gar nicht am Platze. Da wir nun das ganze Wort Gottes in der Hand haben, so gibt der HErr den Seinigen nicht unmittelbare Offenbarungen, sondern das Wort wird ihnen ausgelegt, wie Er es Selbst damals tat, als Er mit den zwei Jüngern nach Emmaus ging. (Luk. 24,27.45.46.)

Der Apostel schreibt: „Propheten aber laßt zwei oder drei reden“, und die Erfahrung bestätigt, wie weise eine solche Anordnung ist. Wenn vier oder fünf Brüder dienen, so ist das im allgemeinen zu viel, man kann nicht alles verdauen, und schließlich hat man nichts! Besser mit dem uns beschiedenen Brot gespeist zu werden (Spr. 30,8), als mit einer Unmenge Sachen ausgestopft zu werden, die das Herz nur beschweren!

Die Anweisungen der Schrift über die Ordnung eines Zusammenkommens einer Gemeinde der Heiligen an einem Orte gelten für das ganze gegenwärtige Zeitalter. Die großen und kleinen Kirchen-Autoritäten haben das alles so gründlich verändert, daß man in solch einem menschlich geregelten sogenannten „Gottesdienst“ kaum noch etwas von der einfachen, ungekünstelten Art der Zusammenkunft einer Gemeinde des HErrn nach dem Worte findet. Die Schrift sagt darüber: „Wenn jemand sich dünkt, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, was ich euch schreibe, daß es ein Gebot des HErrn ist.“ (1. Kor. 14,37.) Darum ist die biblische Belehrung in diesem Abschnitt über das Zusammenkommen der Gemeinde auch in unseren Tagen bindend, und da eigentlich nur ein Thema in dem ganzen Abschnitt behandelt wird (nämlich von 1. Kor. 11,17 bis 14,40), so gibt uns das Wort „bis Er kommt“ (Kap. 11,26) zu verstehen, daß die Gläubigen auf diese Weise sich versammeln sollen, zuerst, um Seinen Tod zu verkündigen in dem Brechen des Brotes, und dann, geistliche Speise zu geben oder zu empfangen, bis zur Ankunft des HErrn, und daß diese Ordnung bis dahin aufrecht bleiben soll!

Und wenn in einem solchen Zusammenkommen einer einen Psalm (ein Lied), eine Lehre, eine Sprache, eine Offenbarung oder eine Auslegung hat, so ist die Hauptsache, daß alles zur Erbauung geschehe. (Kap. 14,26.) Und wenn der Geist auf den Heiligen ruht, wie Er auf Ihm

geruht hat, wie harmonisch wird alles fließen, denn Er ist „der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und Furcht Jehovas“ (Jes. 11,2), und der Zerrissenheit wird vorgebeugt.

Einige Brüder würden wohl tun, das Wort in Pred. 5,2 zu beherzigen: „Sei nicht vorschnell mit deinem Munde, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde: darum seien deiner Worte wenige.“ Andererseits kann man zuweilen aber auch zu bescheidene Brüder finden, die schweigen, wenn doch der Geist will, daß sie den Mund auftun sollen.

Das Gebot des HErrn befiehlt den Weibern, in den Versammlungen zu schweigen; und alle Schwestern, welche dem Worte des HErrn untertan sein wollen, befolgen gern diese Anordnung, denn sie wissen, „die Rechte Jehovas sind Wahrheit ... und im Beobachten derselben ist großer Lohn." (Ps. 19,9-11.) Das Beten oder Weissagen der Weiber, wovon die Rede ist im ersten Teil des 11. Kapitels dieser Epistel, ist außerhalb eines Zusammenkommens der Gemeinde.

Diese göttliche Anweisung über das Zusammenkommen einer Gemeinde der Heiligen schließt mit dem schönen Worte: „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung!“ (14,40.) Störungen jedweder Art soll man meiden, dann Seine teuererkauften Jünger befinden sich in der heiligen Gegenwart des HErrn.

F. Btch.

Wie die Arbeit im Werke des HErrn einst ausgeübt wurde, und wie sie heute ausgeübt wird.

Das Neue Testament ist der Schluß des Alten Testamentes. Es trägt den Charakter der Vollkommenheit in sich selbst und hat nie eine Änderung nötig, um in dem wechselnden Laufe der Zeit den veränderten Dingen und Bedürfnissen zu entsprechen.

Eine bessere Offenbarung Jesu Christi, als wir sie in den Evangelien haben, und bessere Unterweisungen und Belehrungen als in den Briefen gibt es nicht.

Die Apoistelgeschichte berichtet uns die früheste Geschichte der Gemeinde. Ihr Wert für uns besteht aber nicht darin, gleichsam eine Altertumsurkunde von der Gemeinde zu haben, sondern vielmehr in ihr das unveränderlich bleibende Ur- und Musterbild der Gemeinde zu besitzen. Sie ist gleichsam das Nachschlagebuch, das Buch der Beispiele und Muster zu unserem Gebrauch in der Gemeinde, solange sie in dieser Welt ist.

Eine Abweichung von dem neutestamentlichen Ur- und Vorbilde, sei es in der Gründung oder dem Aufbau der Gemeinde oder in der Ausbreitung des Evangeliums, kann nicht ohne schädliche und traurige Folgen bleiben. Alle wahren Neubelebungen waren immer die Frucht des Zurückkehrens zu den Grundlehren der Schrift.

Der Plan des Musterbuches.

Die Apostelgeschichte kann man in fünf Abschnitte teilen.

Erster Abschnitt: Kap. 1-7. Die Himmelfahrt des HErrn Jesus Christus und das Herabkommen des Heiligen Geistes.

Zweiter Abschnitt: Kap. 8-12. Eine Offenbarung des HErrn vom Himmel, in welcher Er das Einssein Christi und Seiner Gemeinde in den Worten verkündigt: „Ich bin Jesus, den du verfolgst“ (Apgesch. 9,5). - Und die weitere Offenbarung des HErrn vom Himmel, daß das Versöhnungswerk Christi in seiner Anwendung allumfassend ist und folglich das Evangelium allen Menschen gepredigt werden soll. Dies liegt in den Worten: „Was Gott gereinigt hat, mache du nicht gemein!“ (Apgesch. 10,15.)

Dritter Abschnitt: Kap. 13-15. Der Heilige Geist offenbart den Ältesten einer Gemeinde, daß sie bestimmte Männer aus ihrer Mitte absondern sollten. Diese Männer wurden alsdann von der Gemeinde entlassen zu dem Werke, zu welchen sie von dem Heiligen Geiste ausgesandt

wurden. (Apgesch. 13,2-4.)

Vierter Abschnitt: Kap. 16-20. Das Gründen von Gemeinden.

Fünfter Abschnitt: Kap. 21-28. Die Reise nach Jerusalem und von dort nach Rom. Diese letzte Abteilung hat einen besonderen vorbildlichen Wert.

*

Der erste Abschnitt zeigt uns, daß der Heilige Geist die durch keine Organisation zu ersetzende Kraft ist, sowohl für die Bekehrung der Sünder als auch für die Errichtung der Gemeinden.

Der zweite Abschnitt läßt uns im Keim alles das sehen, was in den Briefen von dem Einssein Christi und der Gemeinde gelehrt wird; sodann auch einen Ansporn zur Ausbreitung des Evangeliums, welches für alle Menschen bestimmt ist und welches der größte Teil der Menschheit noch nicht gehört hat.

Während dieser zweite von der einen (allgemeinen, großen) Gemeinde spricht, die sich über die ganze Erde erstreckt und deren größter Teil bereits im Himmel ist, dieser großen Gesamt-Gemeinde, die weder gesehen werden noch reden, noch handeln kann, spricht der dritte Abschnitt von einer örtlichen Gemeinde Gottes, einer Gemeinde, die zu einer bestimmten Zeit und an einem besonderen Orte ist. Diese örtliche Gemeinde wird in ihrer direkten Verbindung mit dem Heiligen Geist und in ihrer VerAntwortlichkeit, die Befehle des HErrn auszuführen, uns vor Augen gestellt. Eine solche örtliche Gemeinde ist jede Versammlung solcher Gläubigen, die in dem Namen des HErrn Jesus Christus zusammenkommen. Sie steht in direkter Bezirhung zu Ihm. Sie wird von Ihm gelobt, getadelt und ermahnt. Alle ihre Quellen findet sie in Ihm, und Ihm ist sie unmittelbar verAntwortlich. Keine Organisation, keine Zentrale, keine Autorität hat das Recht, sich zwischen den HErrn und Seine Gemeinde zu stellen. In ihr werden die Gaben des Heiligen Geistes entfaltet und geoffenbart. Die Gemeinschaft mit anderen örtlichen Gemeinden wird weitgehend durch die Besuche der Brüder, welche am Worte dienen, aufrechterhalten. Diese unorganisierte Einheit hat sich als ein gewaltiger Faktor besonders in

beiseite gesetzt - und somit der ganze Körper gelähmt werden könnte. Ihr Haupt ist im Himmel, und es ist für die Gewalten auf Erden und in der Hölle eine zu schwere Aufgabe gewesen, diese Gemeinden auszurotten.

Das Musterbild der Arbeit.

Der vierte Abschnitt der Apostelgeschichte zeigt uns die Art, in welcher die Apostel das Werk betrieben. Die Predigt des Evangeliums, ein schlichtes Erzählen des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, des Sohnes Gottes, und der Ruf zur Buße und zum Glauben an den Herrn Jesus ging mit dem Gründen der Gemeinden Hand in Hand. Die Gemeinden zu Philippi, Thessalonich, Korinth und Ephesus werden als Beispiele aufgeführt.

Von Anfang an wurden die Gemeinden über ihre direkte und absolute Abhängigkeit von Gott belehrt. Die Apostel oder die Evangelisten blieben nur eine verhältnismäßig kurze Zeit bei ihnen, um sie zu unterweisen.

Der Heilige Geist setzte aus ihrer eigenen Mitte einige als Aufseher oder Älteste ein und gab Evangelisten, Hirten und Lehrer und andere Gaben nach Seinem Willen, so daß z. B. ein Brief an „alle Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern“ gerichtet werden konnte (Phil. 1,1). Und Paulus dankt Gott: „für ihre Teilnahme an dem Evangelium vom ersten Tage an“ (Phil. 1,5).

So war jede Gemeinde vom Anfang an ein Mittelpunkt, von welchem das Zeugnis wieder weiter ausging, und die Diener am Worte waren völlig frei und in dem Vordringen zu neuen Arbeitsfeldern nur von dem HErrn abhängig.

In unseren Tagen hat sich ein gewisses System, das Werk zu betreiben, gebildet, welches zum großen Teil darin besteht, einerseits Missions-Gesellschaften und andererseits Missions-Stationen zu gründen. Eine Missionsgesellschaft hält die Verbindung zwischen ihren Unterhaltern und ihren Missionaren, welche zum Teil in andere Länder hinausgegangen sind, aufrecht. Sie empfängt und verteilt die Gelder und ist in gewissem Grade zur Prüfung oder

Auswahl der Missionare und der Leitung derselben im Werk ermächtigt.

Die Missions-Station besteht aus dem Missionar oder den Missionaren bezw. mit ihren Familien, und in einigen Fällen ist auch Schul- und ärztliche Arbeit darin eingeschlossen und ebenso Eingeborene des Landes, die bekehrt worden sind. Die nötigen Wonhäuser, Versammlungsräume und andere Baulichkeiten sind oft durch die Missionsgesellschaft errichtet worden, welche die Personen und Gelder dafür sendet.

Die Missionsgeschichte weist eine Anzahl der herrlichsten und begeisterndsten Lebensgeschichten und Ereignisse auf, die die Welt kennt. Sie ist unübertroffen in ihren Berichten von Hingabe, Geduld und Eifer und von unberechenbarem Segen, der über alle Teile der Welt gebracht ist.

Eine brennende Frage von heute.

Doch trotz alledem bleibt es eine notwendige und wichtige Frage, ob bei der Entwicklung dieses Systems nicht das neutestamentliche Muster aufgegeben worden ist, und wenn das der Fall ist, wie eine Rückkehr zu jenem Muster bewirkt werden kann, ohne daß das, was gut ist, zerstört wird, die Hindernisse aber beseitigt und in Segen umgewandelt, zur Neubelebung und Ausbreitung des Werkes dienen können. Die im Neuen Testament gezeigten Grundsätze haben eine immerwährende Anwendung und dürfen niemals vernachlässigt oder beiseitegesetzt werden. Ein Abweichen von ihnen bringt stets ein Element der Schwäche hinein, wogegen die Rückkehr zu ihnen von Neubelebung begleitet ist.

In der Schrift finden wir keine Erwähnung irgend einer Missionsgesellschaft oder einer Zentralkasse zur Unterstützung für die Bedürfnisse der Missionen und Missionare oder in gewisser Weise eine Leitung ihrer Tätigkeit. Daraus soll nicht gefolgert werden, daß eine Sache, die in der Schrift nicht erwähnt ist, deswegen unbedingt in jedem Falle schriftwidrig sei. Die Schrift versieht uns aber für eine schriftgemäße Arbeit mit Grundsätzen und sicheren Beispielen, und diese leiten und zeigen uns, wie wir in jeder an uns herantretenden Sache oder

Eine Gefahr in den Missions-Organisationen, vor der man sich hüten muß, ist, daß sie sich die Funktionen und VerAntwortlichkeiten aneignen, die von rechtswegen einzig mit der Gemeinde verbunden sind.

Wenn es eine Missionsgesellschaft ist, welche die volle VerAntwortung für die Wahl der Missionare, ihren Lebensunterhalt sowie auch den der Missionen und die Leitung ihrer Tätigkeit übernimmt, so mag es eine machtvolle und erfolgreiche Organisation sein, aber sie schiebt die Gemeinde beiseite, welche nun nicht mehr (wie jene zu Antiochien) direkt unter der Leitung des Heiligen Geistes die Männer aussendet noch in direkter Verbindung mit diesen handelt.

Wenn es nun keine solche Missions-Gesellschaft (wie soeben beschrieben) ist, sondern wenn es so ist, daß die Gemeinden ihre VerAntwortlichkeit aufgeben, indem sie ihre Gelder Brüdern zur Verwaltung und zur Verteilung anvertrauen, so wählen diese zwar nicht selber Missionare, sondern erkennen jene an, die von der Gemeinde empfohlen werden. Die Gefahr ist nun, daß Gemeinden auch Personen von zweifelhafter Befähigung empfehlen, weil sie gar nicht die ernste Absicht damit verbinden, diese zu unterhalten, sondern sich für deren Unterhalt vielmehr auf die allgemeinen Beiträge verlassen, welche durch die Verwalter zu diesem Zweck versandt werden. So wird die VerAntwortlichkeit der Gemeinden für die Unterhaltung wie auch für die Empfehlung der Arbeiter geschwächt und wenigen Brüdern überlassen.

Wenn auch die Verteiler des Geldes in der Furcht, das Glaubensleben des Missionars in der Abhängigkeit von Gott zu beeinträchtigen, mit Recht eine VerAntwortlichkeit in bezug auf Unterstützung oder Leitung ablehnen, so werden doch die Arbeiter im Weinberge des HErrn enweder die feste mitverAntwortliche Teilnahme einer Gemeinde an dem Werk vermissen oder die Kontrolle einer solchen Verwaltung, die in Gefahr ist, in unabhängiger Weise zu handeln und nicht in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Wohl des Werkes, zu ertragen haben.

Gedruckte Listen der Arbeiter.

Eine solche Organisation fordert ganz natürlich die Anlegung einer Liste mit den Namen ihrer

Arbeiter. Eine solche Liste, die gewiß dafür gut ist, alle Geber zu erinnern, die Namen der Arbeiter im Gebet vor den HErrn zu bringen, hat aber ihre ernsten Schattenseiten. Diejenigen, welche diese Listen aufstellen, haben natürlich nebst den Gemeinden die VerAntwortlichkeit für das Entragen oder Auslassen der Namen. Ihnen wird eine VerAntwortung übergeben, welche eigentlich die Gemeinde tragen sollte, von der ein Arbeiter ausgeht.

Eine solche Missionsarbeiterliste begünstigt die Bildung eines „geistlichen Standes“ - eines gewissen „Lehrbrüder“-Standes und verdunkelt die Wahrheit und Tatsache, daß alle Heiligen an dem Zeugnis des Evangeliums teilnehmen sollen. Gewiß, es ist wahr, daß einige berufen sind, in besonderer Weise sich „dem Wrke“ zu widmen; aber in der neutestamentlichen Zeit waren selbst Apostel bereit, wenn es nötig oder angemessen war, mit ihren Händen zu arbeiten. Der Hauptanteil an der Ausbreitung des Evangeliums und dem Wachsen der Gemeinde in früheren Zeiten ist dem Arbeiten derer zuzuschreiben, die ihrer beruflichen Tätigkeit auch weiterhin nachgingen.

Eine Rückkehr zum Vorbild.

Es liegt auf der Hand, daß die Gemeinden der Gläubigen sich ernstlich bemühen sollten, zu der Ordnung und Einfachheit zurückzukehren, die uns als Muster im Neuen Testament gegeben sind. Auch diejenigen, welche mit Missionsgeldern oder Missionsorganisationen betraut werden, sollten bei diesem Dienst die Gemeinden beständig zur Rückkehr zu den Linien der Schrift ermuntern, anstatt sie in der Teilnahme an diesem wichtigen Werke zu schwächen, und sollten bereit sein, ihre Missionsmethoden zu ändern, selbst dann, wenn es auch so scheinen möchte, daß das Ergebnis eine Abschwächung hervorbringen würde. Auch würde es gut sein, diejenigen, welche um des Evangeliums willen bereit sind, in arme Gemeinden zu gehen, dringend zu ermutigen, dort, wenn nötig, ihr Brot selbst zu verdienen und Christum zu verkündigen.

Das Werk in anderen Ländern.

Wenn wir uns nun von den Ländern, in welchen die Missionsgesellschaften ihren Sitz haben, weg- und zu denen hinwenden, wo die Missionsstationen sind, so ist es wichtig, zwischen Missions-Stationen und -Gemeinden zu unterscheiden. Beide sind eng verbunden, aber dennoch verschieden. Eine Missionsstation könnte man gewissermaßen als eine Ausstellung einiger der schönen Früchte des Evangeliums betrachten, in einer Gegend, wo diese sonst nicht oder nur wenig bekannt sind. Ob nun die Missionsstation nur das Heim eines Missionars ist mit seinem glücklichen christlichen Familienleben und seiner großherzigen Gastfreundschaft oder ob es ein Hospital oder eine Schule oder irgend eine andere Einrichtung zur Hilfe für die Umwohnenden ist - sie empfiehlt das Evangelium und ist ein Mittelpunkt, von dem aus das Evangelium meistens über weite Bezirke hinaus bekannt gemacht wird. Viele Gebiete sind für den Anfang nur durch solche Stationen zu erreichen und bieten ein weites Feld für die Ausdehnung der Arbeit.

Wenn indessen eine solche Station als Gemeinde oder als Mittelpunkt der Gemeinde angesehen wird, so kann sie ein ernstliches Hindernis für die Entwicklung der Gemeinde werden und damit auch für die Ausbreitung des Evangeliums. Christus ist der Mittelpunkt jeder Gemeinde. Seine Jünger versammeln sich in Seinem Namen, rechnen mit Seiner verheißenen Gegenwart und erkennen allein Seine Herrschaft und Autorität an. Irgend etwas anderes, und sei es noch so gut, an Seine Stelle zu setzen wäre ein großer Verlust!

Eine ausländische Station, welche durch Gelder vom Auslande unterhalten und von Fremden geleitet wird, erregt nicht nur Argwohn und Mißtrauen (als hätte sie politische Beweggründe), sondern sie gibt auch Anlaß zu der Annahme, daß unter den verschiedenen Nationen ein Unterschied in der Anschauung über Gott und die Erlösung und die innewohnende Kraft des Heiligen Geistes bestehe.

Vor allem besteht unter den Leuten, welche in der westlichen Zivilisation weniger vorgeschritten sind, eine starke Neigung, sich mehr auf den Mann zu stützen, der zu ihnen gekommen und ihnen so viel gebracht hat, als auf den HErrn, den er als Heiland predigt und der ihnen alles

ausgebreiteter das Werk, um so stärker ist auch die Inanspruchnahme des Landes, welches Leute und Geld dafür aussendet.

(Schluß folgt, s. G. w.)

E. H. Br. (A. v. d. K.)

Die ersten zwei Prophezeiungen.

Der erste prophetische Ausspruch in dieser Welt kam aus dem Munde Gottes. Er verkündigte dem Satan, der alten Schlange, daß der Same des Weibes ihm den Kopf zermalmen solle! (1. Mos. 3,15.) Und das Wort wurde erfüllt, als durch den Tod des Herrn Jesus Christus der zunichte gemacht wurde, der die Gewalt des Todes hat, der Teufel. (Hebr. 2,14.)

Die Tatsache der Erfüllung dieser Prophezeiung, daß der Kopf der Schlange zermalmt ist, ist der Welt noch nicht sichtbar vor Augen geführt, weil Gott in Seiner Langmut noch auf den Menschen wartet, daß er dem Evangelium Seiner Gnade sein Herz öffnen und den Herrn Jesus, den Sieger auf Golgatha, als seinen Heiland annehmen möchte, denn Er will nicht, daß jemand verloren gehe, sondern daß alle zur Erkenntnis der Wahrheit kommen.

Diese Langmut Gottes hat aber einmal ein Ende. „Mein Geist soll nicht ewiglich mit den Menschen rechten!“ (1. Mos. 6,3.) Bald wird der Tag kommen, an dem der zweite prophetische Ausspruch zur Erfüllung kommt. Dieser Ausspruch kam aus dem Munde Henochs, des siebenten von Adam, als er weissagte: „Siehe, der HErr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen wider alle und völlig zu überführen alle ihre Gottlosen von allen ihren Werken der Gottlosigkeit, die sie gottlos verübt haben, und von all den harten Worten, welche gottlose Sünder wider Ihn geredet haben.“ (Jud. V. 14.15.) Christus und das, was Christus tun wird, ist der Inhalt dieser Prophezeiung.

Wenn diese Weissagung in Erfüllung gehen wird, dann wird der Sieg des HErrn über den Satan dem ganzen All sichtbar sein. Alles Böse wird überwunden sein, jede Auflehnung wider Gott

unterworfen und der Herr Jesus Christus, unser Heiland, der mächtige Sieger über den Satan und der Richter der ganzen Erde, wird Sein Reich aufrichten, in welchem Recht und Gerechtigkeit herrschen zur Herrlichkeit Gottes und zum Segen der Menschen.

S. T. (A. v. d. K.)

Liebe.

Fortsetzung (1. Kor. 13).

Die Liebe hofft alles.

Der Herr Jesus ist der Grund ihrer Hoffnung; Er ist die Person, auf die sie sich stützt in bezug auf die Gegenwart und Zukunft. Im Hinblick auf Ihn hofft und erwartet sie den Sieg Seiner Gnade, auch da, wo das menschliche Auge die Hoffnung aufgeben möchte. Welch eine Kraft geht aus dem Hoffen dieser Liebe hervor! Ihre große Hoffnung aber ist gerichtet auf Sein Kommen. Die Liebe wünscht Ihn zu sehen, wie Er ist (1. Joh. 3,2). Sie hofft völlig auf die Gnade, die uns gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi (1. Petr. 1,13). Sie hofft auf die Erlösung dieses Leibes der Niedrigkeit, wenn Er kommt, und rühmt sich in Hoffnung der Herrlichkeit Gottes (Röm. 5,2). Gott ist es, der solche Hoffnung in unseren Herzen wirken will, denn Er ist „der Gott des Hoffnung“. Diese Hoffnung ist nicht gleich der Hoffnung der Welt. Das Hoffen der Welt gründet sich auf Meinungen und Denken, ja oft nur auf einen leeren Wahn. Manche hoffen, einmal in den Himmel zu kommen, weil Gott ein Gott der Liebe sei und man immer rechtschaffen gewesen und die althergebrachten, religiösen Gebräuche festgehalten habe.

Die Hoffnung, die Gott uns gegeben hat, ist ein Wissen und Harren, das sich auf Gott Selbst stützt (Röm. 8,24.25; 1. Joh. 3,2.3), denn Gott steht für Sein Wort ein. Er kann nicht lügen. Welch ein kostbarer Trost! Welch wunderbare Gnade! Er Selbst gibt uns die Belege Seines Wortes in die Hand, auf die wir uns verlassen können. Ein Kind setzt seine Hoffnung und

Erwartung auf seine Eltern, und wir dürfen alle Hoffnung auf den lebendigen Gott setzen. Die Liebe hofft alles.

Die Liebe erduldet alles.

Der HErr erduldete für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz (Hebr. 12,2.3). Er erduldete von sündigen Menschen Haß, Spott, Hohn, Schmach, Geißelung und zuletzt das Kreuz. Er, der Reine, der Heilige, wurde unter die Übeltäter gerechnet. Er erduldete es, daß man Ihn gefangen nahm und band, daß man Ihn vor ein menschliches Gericht stellte, verhörte, anklagte, schließlich verurteilte und hinrichtete. Gepriesen und angebetet sei Sein Name! Denn es ist für uns nicht faßbar, daß Er, der Sohn Gottes, der Schöpfer und Erhalter alles Bestehenden, der Richter der Lebendigen und der Toten, dieses alles erdulden konnte.

Die Propheten des Alten Bundes erduldeten viel Leid um ihres Zeugnisses willen, und besonders viel erduldete der Apostel Paulus (2. Kor. 11,23-33).Die Hebräer erduldeten den Raub ihrer Güter mit Freuden (Hebr. 10,32-34). Viele treue Zeugen des HErrn im Mittelalter erlitten den Tod. Auch in unserer Zeit haben viele Kinder Gottes in Rußland ihr Leben gelassen um des Glaubens willen. Vielleicht haben auch wir manches zu erdulden von unseren ungläubigen Angehörigen oder Arbeitskollegen oder Vorgesetzten oder Herrschaften um des Glaubens willen. Der HErr ermuntert uns: „Freuet euch und frohlocket, denn euer Lohn isr groß in den Himmeln“ (Matth. 5,12).

Es kann sein, daß wir auch manches nicht um des Glaubens willen, sondern aus anderen Gründen zu erdulden haben. Vielleicht hat der HErr ein Kreuz auf uns gelegt in Form von Krankheit - vielleicht zu unserer Bewahrung (2. Kor. 12,7-9) oder Erziehung, weil Er mit uns handelt als mit Söhnen (Hebr. 12,4-11; Joh. 15,1.2) oder zu Seiner Verherrlichung (1. Petr. 1,6.7; Joh. 11,1-4). - Die Liebe erduldet auch Ungerechtigkeiten von Seiten der Obrigkeit.

Es dünkt uns nicht leicht, „alles“ zu erdulden. Auch der Schreiber dieser Zeilen bekennt, wie weit er davon entfernt ist, in Liebe alles zu erdulden, sei es aus der Hand von Menschen oder

müssen durch viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen. Die Liebe erduldet alles. - Möchte der HErr uns helfen, die Kennzeichen wahrer Liebe mehr und mehr zur Schau zu tragen!

(Forts. folgt s. G. w.)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 9

Wie ist der Gegensatz (Widerspruch) zwischen den beiden Berichten Apgesch. 9,7 und 22,9 zu lösen?

Antwort Des Schriftleiters

Ein scheinbarer Gegensatz mag in diesen Versen gesehen werden - ein Widerspruch keinesfalls! Im Worte Gottes sind keine wirklichen Widersprüche und Fehler, wohl aber oft außerordentliche Schwierigkeiten, die wir Gegnern des Wortes ruhig zugeben sollten, ohne uns darum zu streiten. Kann es uns bei unserem stückweisen Erkennen schwer fallen, unsere Unwissenheit dem gewaltigen Worte Gottes gegenüber vor ebenso unvollkommenen Menschen einzugestehen? Ich meine nicht! Wer dadurch uns und vor allem dem Worte Gottes „einen Strick drehen“ will, der tut es auf seine VerAntwortung. Wer vorgibt, nicht an die Inspiration (die göttliche Eingebung) des Wortes glauben zu können wegen solcher angeblichen Widersprüche, der beweist nur seinen Hochmut oder sein Nichtwollen, denn die Beweise für die göttliche Wahrheit des Wortes sind unendlich zahlreicher als die scheinbaren Unstimmigkeiten, von denen sich manche bei nähererm Zusehen bald von allein lösen, während andere uns vielleicht erst viel später, vielleicht erst in der Ewigkeit offenbar werden. Gott hat Zeit - haben wir sie also auch, wenn es sich um „Rätsellösung“ handelt (Dan. 5,12): „Hernach wirst du’s verstehen!“ (Joh. 13,7.)

Ich will versuchen, im folgenden für die angefragten Stellen eine Lösung anzugeben. Wem dieselbe nicht genügt, dem wolle der HErr eine klarere schenken zu Seiner Zeit! Dem einen oder anderen der vielen, die hier eine Schwierigkeit sehen, hoffentlich auch dem Fragesteller, mag diese nützen!

Setzen wir zunächst die beiden Stellen hierher:

„Die Männer aber, welche mit ihm des Weges zogen, standen sprachlos, da sie wohl die Stimme hörten, aber niemanden sahen.“ „Die aber bei mir waren, sahen zwar das Licht, aber die Stimme Dessen, der mit mir redete, hörten sie nicht“ (so nach Elberfelder Übersetzung). In einigen anderen Übersetzungen ist in der zweiten Stelle eingefügt „und wurden voll Furcht“, aber diese Einfügung ist nach den besseren grundtextlichen Handschriften nicht erforderlich und erst ein späterer (selbstverständlicher) Zusatz. Sonst stimmen die Übersetzungen im wesentlichen überein, was zunächst leicht einzusehen ist, da die Worte ganz einfach sind und es sich in beiden Stellen um die gleichen Ausdrücke handelt für „hören“ und „Stimme“.

Nach dem Grundtext könnte man eine kleine Verschiedenheit sehen darin, daß das griechische Wort für „hören“ teils mit dem Genetiv, teis mit dem Akkusativ (d. h. dem 2. und 4. Fall) konstruiert wird, aber da die Konstruktion mit den 2. Fall, die in der ersten Stelle steht, auch in Apgesch. 22,7 bezüglich Paulus selber steht (nicht aber in Apgesch. 9,4), so kann man hierin keine Beweiskraft finden dafür, daß das „Hören“ bei Paulus und seinen Begleitern im wesentlichem verschieden gewesen wäre, wie denn ja der klassische Gebrauch des Griechischen (also zu der Zeit, als ein feines Griechisch gesprochen wurde, wo die Unterschiede in den Konstruktionen genau durchgeführt wurden) zur Zeit, als das Griechische „Allerweltssprache“ (die „Koiné“) war (zur Zeit Pauli), längst verwischt und veroberflächlicht worden war. Somit kann man aus diesen verschiedenen Konstruktionen des „Hörens“ mit dem 2. und 4. Fall keine klaren Folgerungen ziehen, obwohl für mich hierin immerhin ein feiner Unterschied liegt.

Etwas anderes ist aber nach dem Grundtext höchst bemerkenswert, und tatsächlich liegt hier

m. E. eine nicht von der Hand zu weisende Lösung: das Wort, das für „Stimme“ gebraucht wird (Phoné) hat verschiedene Bedeutungen, die z. T. auf die tatsächlich mögliche Verschiedenheit der sprachlichen Abstammung des griechischen Wortes zurückzuführen sind - was ich hier nicht weiter behandeln möchte, da es für die wenigsten praktische Bedeutung hat, wer in der Grundsprache bewandert ist, versteht mich -, also das Wort kann heißen „Stimme“, „Schall“, „Ton“ (und Verwandtes), und somit ist es kein verkehrter Ausweg, den die Elberfelder Übersetzung gefunden hat, wenn sie in Kap. 9,7 unten in der Fußnote „den Schall“ setzt, während die v. Eß-Bibelübersetzung dies Wort gleich im Text selbst gebraucht. „Es käme aber (doch) noch darauf an, zu erfahren, ob dies Wort, das so verschieden heißen kann, auch in der Sprache der Bibel in diesen verschiedenen Bedeutungen vorkommt“ - höre ich da einige Vorsichtige sagen! Nun wohl, man prüfe! Ich setze hierher etliche Stellen, wo dies Wort angewandt ist, und bitte die „Vorsichtigen“ selbst, die beste Bedeutung des Wortes im Rahmen der obengenannten drei Bedeutungen herausfinden zu wollen: Matth. 3,3 (und Parall., auch Joh. 1,23); Matth. 3,17; Matth. 17,5 (Mark. 9,7 usw.); Joh. 3,8 Elberf.: „Sausen“ - genügt der Beweis?!); Joh. 3,29; 5,25 usw.; 10,3.4.5 ...; 18,37; Apgesch. 7,31; 11,9; 12,22; 13,27; 1. Kor 14,7 (Elberf.: „Ton“; das Wort für „Töne“ im gleichen Vers ist ein anderes!); V. 8.10.11 (sind diese Stellen nicht beweiskräftig?!); Gal. 4,20; 1. Thess. 4,16; Hebr. 3,7 usw.; 12,19.26; Offenb. 1,10!; 3,20; 4,1.5; 8,13!; 10,3.4; 11,15; 9,9 (Geräusch“!!); 14,2 („Stimme“, „Rauschen“, „Rollen“, „Stimme“ - 4mal das gleiche Wort!!) usw. Ich gebe mich der Hoffnung hin, diese Stellen seien beweiskräftig genug, um uns zu überzeugen davon, daß in unseren angefragten Stellen das Wort verschieden wiedergegeben werden darf. In der ersten Stelle hörten sie wohl den „Schall“, den „Ton“, sahen aber keine Person, in der zweiten sahen sie „zwar das Licht“ (von einer Person ist nicht die Rede!), hörten aber nicht die „Stimme“ - kann hier gar nicht anders heißen, weil danach folgt (wörtlich) „des mit mir Redenden“ (vgl. V. 7, „ich hörte eine mit mir redende Stimme“, ebenso, nur in dritter Person, in Apgesch. 9,4).

Ich glaube oder hoffe wenigstens, daß der Gegensatz oder angebliche Widerspruch, der natürlich keiner ist, hiermit gelöst sein dürfte, möchte aber noch auf zweierlei hinweisen:

1. Auf die Stelle Joh. 12,28.30, die ich absichtlich oben noch nicht mitangeführt habe. Hier steht

auch das Wort für „Stimme“, sowohl als sie geschah, als auch als der HErr über sie spricht. Und dazwischen, V. 29, ist uns die Wirkung derselben gezeigt! Je nach dem inneren Wesen hörten die einzelnen sie verschieden, die einen (die meisten) als Donner, andere wenigstens schon als Sprache eines Engels zu Ihm! Hätten sie richtig zu Ihm gestanden, so hätten sie alle die Stimme richtig aufgefaßt! - Ich denke, diese Stelle wirft Licht auch auf unsere gefragten Stellen!

Und in Verbindung hiermit noch ein anderes:

2. Auf die Männer, die mit Paulus reisten, kam es in der Geschichte nicht an, das kommt sowohl in dem von Lukas gegebenen geschichtlichen Bericht (Kap. 9) als auch in der persönlichen Darstellung des Paulus (Kap. 22), die er 25 Jahre nach seiner damaligen Bekehrung vor den jüdischen „Brüdern und Vätern“ (22,1) gibt, klar zum Ausdruck; und demgemäß sind jene die Mitreisenden betreffenden Bemerkungen zu werten: die Betreffenden waren dabei und waren doch nicht dabei! Sie sahen das Äußere, nahmen am Äußeren teil und blieben trotz ihres Schreckens (vgl. „sprachlos“) innerlich unbeteiligt. Sie konnten als einzige Zeugen jenes den Paulus völlig umwandelnden Vorfalles wohl angeben, daß etwas Außerordentliches geschehen sei, sie hätten es später nie ableugnen können, aber sie hätten auch nie vermocht zu sagen, was wirklich geschehen sei. „Ein blendendes Licht war zu sehen, aber ob eine Person? - wir wissen es nicht ... Ein Schall war zu hören, vielleicht gar ein Brausen, ein Getöse, ein Rauschen - aber ob eine Stimme? - wir wissen es nicht! Wir haben keine gehört!“ - Ist dies nicht ganz deulich und einfach? Geliebter Leser, so sehe ich diese Stelle an, über die ich viel gesonnen habe vor dem HErrn - und wenn du nun bedenkst jenes köstliche Wort, dem Paulus eingegeben: „Der natürliche Mensch vernimmt nicht (faßt nicht), was des Geistes Gottes ist ... und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird“ (werden muß) usw. (1. Kor. 2,14.15), dann wirst du vielleicht - wie ich - in den verschiedenen Berichten über den Anteil der Begleiter des Saulus bei seiner Bekehrung eine wundersame Harmonie sehen, und du wirst vielleicht ausrufen: „Aber so ist es ja im Grunde genommen bei jeder echten Bekehrung: die ‚Damaskusstunde‘ geht jeden persönlich und ganz allein an; die anderen merken wohl, daß da ‚etwas geschieht‘, aber sie vernehmen nicht, was!“ O ja, ein wunderbarer Gott ist unser Gott!

Gepriesen sei Er, der uns so wunderbar für Sich gewann, der uns „von dem Volke besonders nahm“ und der dennoch die Welt etwas davon spüren läßt, daß „Leben von oben“ hineingetreten ist in unsere arme, niedrige, menschliche Sphäre - ja wahrlich, ein „Leben aus Gott“, das nur durch „den Geist des Lebens in Christo Jesu“ (Röm. 8,1) begriffen wird! Gepriesen sei Sein Name!

„Wie köstlich sind mir Deine Gedanken, o Gott! Wie gewaltig sind ihre Summen!“ (Ps. 139,17.)

F. K.

„Danach redeten seine Brüder mit ihm.“

(1. Mos. 45,1-15.)

Das innige Verlangen des HErrn nach den Seinigen finden wir oft in den Vorbildern des Alten Testamentes ausgedrückt, und in keinem mehr als in der Geschichte Josephs mit seinen Brüdern. In seiner uns von Gott aufgezeichneten Geschichte sehen wir ihn als den Mann der Tränen, und seine Tränen entsprangen besonders aus der liebenden Sehnsucht seines Herzens nach seinen Brüdern.

Den Höhepunkt finden wir, als er, der mächtige Herrscher des Landes Ägypten, seine Gefühle nicht mehr zurückhalten konnte und unter Tränen ausrief: „Ich bin Joseph, euer Bruder!“ (V. 3.4.) Es muß ein gewaltiger Augenblick gewesen sein. Diese Offenbarung Josephs brachte die elf Männer, die vor ihm standen, so aus der Fassung, daß sie wie gelähmt und unfähig waren, weder zu sprechen noch sich zu bewegen. Er streckte ihnen gleichsam die Hände entgegen und sagte: „Tretet doch her zu mir!“ (V. 4.)

Alsdann nahte er sich jedem seiner Brüder, weinte an dem Halse eines jeden und küßte jeden einzelnen in seiner Liebe. Die Innigkeit seiner Umarmung und der Kuß seiner Liebe nahm ihnen jede Furcht. Die Schrift berichtet in ihrer schlichten und einfachen Sprache: „Und danach redeten seine Brüder mit ihm.“ Als sie unter der Inbrunst seiner Liebe zur Ruhe gekommen

waren, öffnete sich ihr Mund, und sie redeten zu ihm in der Sprache ihrer Familie, in der Sprache des Vaterlandes und des Vaterhauses.

Den Söhnen Jakobs hätte natürlich der Gedanke nicht kommen können, daß sie die Brüder des Herrn von ganz Ägypten waren, die Brüder des Mannes, in dessen Hände der gewaltige Pharao die ganze Herrschaft gelegt hatte. Sie würden zufrieden gewesen sein, als Bittende zu seinen Füßen von ihm die Wohltat der Erhaltung ihres Lebens zu empfangen. Aber dies war nicht genug für Joseph, nicht genug für seine Liebe. Seine Liebe verlangte danach, ihnen die Verwandtschaft zu offenbaren, in welcher sie zu ihm standen, und ihnen ein Heim bei sich zu bereiten.

Wie oft gleichen wir den Brüdern Josephs! Wir wären hoch zufrieden gewesen, wenn der HErr uns aus unserer Sündennot und vom ewigen Verderben errettet hätte.

Unsere Sündennot ist es ja in den meisten Fällen, die uns zu dem HErrn treibt. Joseph aber war nicht zufrieden, nur den Nöten seiner Brüder zu begegnen, und so befriedigt es auch den HErrn nicht, uns nur von dem ewigen Verderben zu erretten. Seine unauslöschliche Liebe verlangt nach Größerem für uns. Sie ist nicht eher befriedigt, als bis Seine Geliebten Ihm passend und gleichförmig gemacht sind und Er sie für immer bei Sich hat.

Die erste Botschaft, die der HErr am Auferstehungsmorgen durch Maria Seinen Jüngern sandte, enthielt die große Tatsache, daß wir die Brüder des auferstandenen HErrn sind. „Gehe hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh. 20,17.) Doch beachte, daß Er nicht sagt: „Ich bin euer Bruder“. So konnte Joseph zu seinen Brüdern sagen. Er konnte ihnen ausdrücken, daß er zu ihnen als ihr Bruder herabstieg. Der HErr aber sagt: „Meine Brüder“, und in diesem Worte liegt die köstliche Wahrheit, daß Er uns zu Seiner Höhe emporhebt, daß wir Seine Brüder sind.

Wir sind nach Hebr. 1,9 Seine Genossen: „Gott, Dein Gott hat Dich gesalbt mit Öl des Frohlockens über Deine Genossen." Wir sind Seine Genossen für immer. Durch Gottes Gnade sind wir in Seiner Verwandtschaft, so wie es uns in Hebr. 2,11 gesagt wird: „Denn sowohl der,

welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, sind alle von Einem; um welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen.“ Dies ist eine überwältigende Wahrheit, etwas, das niemals aus eines Menschen Herz kommen konnte. Solche Gedanken über uns konnten nur aus Gottes Herzen hervorkommen, und wir dürfen sie als den Ausfluß Seiner ewigen Liebe anbetend erfassen.

Ja, wir, die wir an den HErrn Jesus Christus gläubig geworden sind, sind nicht allein errettete Sünder, sondern auch die Brüder des auferstandenen HErrn, dessen, der mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt und dem das ganze All unterworfen ist. Wie herrlich ist diese Verwandtschaft, in die wir eingeführt sind: Sein Vater ist unser Vater, Sein Gott ist unser Gott!

Als Brüder Christi haben wir das selige Vorrecht, uns zu allen Zeiten der Gemeinschaft Seiner Liebe zu erfreuen. Aber wir haben auch spezielle Gelegenheiten, und unter diesen Gelegenheiten nimmt das Mahl des HErrn einen besonderen Platz ein. In diesem Zusammenkommen sagt Er in Wahrheit zu uns: „Tretet doch her zu Mir!“ Das Mahl des HErrn führt uns zu dem Höhepunkt Seiner Liebe. Da erinnern wir uns Seiner, wie Er für uns in die unfaßbaren Tiefen des Todes hinabstieg, um uns den Kuß Seiner Liebe geben zu können. Wenn wir zu Seinem Gedächtnis an Seinem Mahle teilnehmen, gibt Er gleichsam aufs Neue einem jeden den Kuß Seiner Liebe, und wir erfahren immer wieder neu, daß, so oft wir auch Seine Liebe empfangen, sie sich doch niemals erschöpft noch durch die Länge der Zeit sich vermindert.

Nun laßt mich noch auf das kleine Wörtchen „danach“ hinweisen (V. 14). Als Josephs Brüder den Kuß seiner Liebe empfangen und geschmeckt hatten, alsdann - „danach“ - fingen sie an, mit Joseph zu reden. So ist es auch mit uns. Danach, wenn unsere Herzen von dem Kuß Seiner Liebe bewegt und aufgetan worden sind, werden unsere stammelnden Zungen gelöst, Seine Herrlichkeit zu preisen. Welche Freude war es für Joseph, als seine Brüder mit ihm sprachen. Können wir uns eine Vorstellung davon machen, „als sie mit ihrer Stimme zu ihm redeten“? In den Psalmen lesen wir: „Sinnen will ich über Deine Wundertaten“. (Ps. 119,27.) Sicher ist es köstlich, über Seine Wunderwerke nachzusinnen und darüber zu reden und zu rühmen. Hier

aber handelt es sich nicht um das Reden über Seine Wunderwerke, sondern um das Sprechen mit Ihm. Gewiß ist es dem HErrn eine Freude, wenn wir über Ihn und Seine Wunderwerke sprechen. Wenn aber das Sprechen über Seine Wunderwerke einen solchen Platz einnimmt, daß wir das Sprechen mit Ihm darüber vernachlässigen, so rauben wir Ihm das, was Seine Liebe so hoch schätzt. Das Verlangen des HErrn in dieser Hinsicht finden wir so schön ausgedrückt in dem Hohenliede, wo der Bräutigam die Braut anredet: „Laß mich deine Gestalt sehen, laß mich deine Stimme hören; denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.“ (Hohel. 2,14.)

Wenn wir in der gesegneten Freiheit und der Freude Seiner Gegenwart mit Ihm reden, werden wir nicht nur vertrauter mit der Sprache des Vaterhauses, sondern Seine Freude ist es auch, uns die Dinge des Vaters, die Ihm gehören, zu offenbaren, an welchen wir durch die wunderbare Verwandtschaft mit Ihm teilhaben.

„Er küsse mich mit den Küssen Seines Mundes, denn Deine Liebe ist besser als Wein.“ (Hohel. 1,2.)

M. (v. d. K.)

Wie die Arbeit im Werke des HErrn einst ausgeübt wurde, und wie sie heute ausgeübt wird.

(Schluß und Nachschrift.)

Nachfolge auf dem Wege der Apostel.

Wo wir auch von Anfang an in der Schrift Jungbekehrte als eine Gemeinde sich versammeln sehen, die alle VerAntwortung einer Gemeinde auf sich nehmen, zu taufen, das Abendmahl unter sich zu feiern und das Evangelium unter ihren Volksgenossen (wie es kein Fremder tun konnte) zu verbreiten, finden wir sie (die Gemeinde) als einen Mittelpunkt des Zeugnisses und

Dies war die Weise der Apostel. Sie gründeten Gemeinden, und diese breiteten sich dann mit erstaunlicher Schnelligkeit aus. Das Abweichen von diesem apostolischen Muster brachte keinen Gewinn, sondern große Rückschläge; denn nach vielen Jahrhunderten sind noch heute große Teile der Welt vom Evangelium unberührt und in Unwissenheit über den Herrn Jesus Christus und Sein Werk geblieben. Man hat in einigen Gegenden mit großen Kosten lange Zeit Missionsstationen unterhalten, aber sie vermochten das Volk nicht zu beeinflussen, weil sie diesem als Repräsentanten einer fremden Religion erschienen.

Sind die ehemaligen Grundsätze in allen Ländern anwendbar?

Man möchte den Einwurf machen, daß viele Menschen durch ihre Unwissenheit, Sünde, ihre Erziehung und Tradition unfähig seien, eine solche VerAntwortung, nach den Grundsätzen der Schrift zu handeln, auf sich zu nehmen, oder doch erst nach langer Bevormundung dafür fähig sein würden, ja, daß in einigen Gemeinden Gläubige zugrunde gehen würden, wenn sie nicht durch fremden Einfluß geschützt und gestützt würden. Wenn der Heilige Geist nicht hier wäre, so möchte ein solcher Einwand nicht unberechtigt sein. Der Heilige Geist aber ist hier und ist heute noch fähig, dasselbe zu tun, was Er in früheren Zeiten getan hat, als die Verderbnis ebenso groß wie heute war und als in den Zeiten der Verfolgungen die gesamte Christenheit dem Untergang geweiht war. Die Schrift ist uns nicht nur der rechte Wegweiser in diesen Dingen, sondern sie zeigt uns auch den erprobten Weg. Das in die weitesten Grenzen vorgetragene Werk des Geistes in der Gegenwart wird abseits der Mission getan auf Grundlinien des schlichten, biblischen Charakters. Man kann zugeben, daß unzivilisierte Länder mehr Zeit zur Entwicklung gebrauchen als andere. Das Wachsen des Nationalgefühles in vielen Ländern macht es den fremden Nationen andauernd schwerer, vorwärts zu kommen, und einige Länder sind ihnen ganz verschlossen, so daß das Werk nur durch das Volk des eigenen Landes fortgesetzt werden kann. Die Fehler, die diese machen, sind aber nicht größer als diejenigen, die von uns gemacht worden sind.

Vorteil der Befolgung des Vorbildes.

Man mag die Frage erheben, ob die Befolgung des biblischen Vorbildes nicht entmutigt, in anderen Ländern zu arbeiten. Keineswegs! Das Evangelium ist stets von auswärts eingeführt worden. Das Freiwerden des Evangelisten von den Dingen der Verwaltung in den neugegründeten Gemeinden, welche sie sonst übernehmen mußten, öffnet ihnen vielmehr die Möglichkeit, auch die fernliegenden Arbeitsfelder zu erreichen, die sonst unerreicht blieben. Sodann ist der Dienst in dem Besuche der Gemeinden durch erfahrene Brüder von größtem Wert. Und ein solcher Dienst wird um so mehr verlangt werden, wenn die Gemeinden wachsen. Unsere Herzen haben in ihrer ganzen Bedeutung die Wahrheit zu lernen, die der Apostel Petrus so schwer und doch so willig lernte: „In Wahrheit begreife ich, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern in jeder Nation, wer Ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist Ihm angenehm“ (Apgesch. 10,34.35). Und wiederum: „Ihr wisset, daß Gott vor längerer Zeit mich unter euch auserwählt hat, daß die Nationen durch meinen Mund das Wort des Evangeliums hören und glauben sollten. Und Gott, der Herzenskenner, gab ihnen Zeugnis, indem Er ihnen den Heiligen Geist gab, gleichwie auch uns; und Er machte keinen Unterschied zwischen uns und ihnen, indem Er durch den Glauben ihre Herzen reinigte. Nun denn, was versuchet ihr Gott, ein Joch auf den Hals der Jünger zu legen, das weder unsere Väter noch wir zu tragen vermochten? Sondern wir glauben durch die Gnade des Herrn Jesus in derselben Weise errettet zu werden wie auch jene.“ (Apgesch. 15,7-11.)

E. H. Br. (A. v. d. K.)

Nachschrift.

In dem vorstehenden Artikel sucht Br. E. H. Br., der selbst an der Verwaltung einer Missionskasse beteiligt und das Für und Wider einer solchen Kasse und Organisation gründlich kennengelernt hat, die Gläubigen zu dem Ur- und Musterbild der Schrift zurückzurufen. Sein Wort hat insofern einen besonderen Wert, als er durch seine vielen Reisen auf fast allen Erdteilen reiche Erfahrungen über die Arbeit im Werke des HErrn gesammelt hat.

sagen, daß derselbe für die englischen Verhältnisse geschrieben ist, aber nicht für unser Land passe. Gewiß, er berührt in erster Linie die Verhältnisse in England, aber die göttlichen Grundsätze der Schrift sind für alle Länder und für alle Zeiten die gleichen. Sie verändern sich nie, und deshalb können wir auch für unsere Verhältnisse sicher manches daraus lernen.

Die von unserem Bruder berührten Dinge mögen sich in unserem Lande wie auch in anderen Ländern noch nicht in dem Maße entwickelt haben, wie sie uns in dem Artikel geschildert werden. Sie mögen noch in den Anfängen stehen, so wie sie vielleicht vor 50 oder 80 Jahren in England standen. Aber die Entwicklung, die sie dort nahmen, zeigt uns die Gefahren, die mit dem Ein-wenig-Abweichen vom Schriftgrunde verbunden sind.

Sicher ist manches auf diesem von unserem Bruder berührten Gebiet für den einzelnen durchaus berechtigt. Was aber im einzelnen berechtigt, ja empfehlenswert sein mag, z. B. Gaben für spezielle Zwecke und Bestimmungen in die Hand eines anderen zur Übermittlung zu legen, das führt, wenn es verallgemeinert wird, zu einem System und zu einer Kassenorganisation, die dem Schriftgrunde gänzlich fernsteht. Vielleicht komme ich, so der HErr will, hierauf noch zurück.

A. v. d. K.

Mit Ihm.

(Luk. 8,1-3.)

Alles, was den Herrn Jesus betrifft, ist kostbar für das Herz derer, die Ihn lieben. Aber wir finden über Ihn Berichte in dem Worte Gottes, welche mit einer besonderen Kraft auf unser Herz wirken. So empfand ich das Wort in Luk. 8,1: „Und es geschah danach, daß Er nacheinander Stadt und Dorf durchzog, predigend und das Evangelium vom Reiche Gottes verkündigend.“

Wir können heute sehr bequem Dörfer und Städte durchziehen. Aber welche Mühe war dies für

unseren HErrn! Er durchzog nacheinander Stadt und Dorf, predigend und verkündigend das Evangelium vom Reiche Gottes. Das geschah nicht in D-Zügen oder mit Autos, sondern unser hochgelobter HErr vollführte diesen Dienst zu Fuß.

Sein Dienst umfaßte die Zeit von 3½ Jahren. Wieviel tat Er in diesen 3½ Jahren! Welcher Bericht würde über unseren Dienst nach 3½ Jahren gegeben werden können? Laßt uns darüber nachdenken! Wofür war der Herr Jesus hier? Er war hier für Gott. Und wofür bist du und ich hier? Dies ist die wichtige Frage. Und wie lange sind wir hier? Nimm an, nur 3½ Jahre. Was würde Gottes Geist nach 3½ Jahren über deine und meine Geschichte zu schreiben haben? Über den Herrn Jesus konnte Er schreiben, daß Seine Füße Stadt und Dorf in dem dunklen Lande Israel nacheinander durchzogen.

Wie gesegnet ist es doch, Ihn anzuschauen in Seinem Fleiß und Seiner Mühe, Ihn, den die Schrift den „Mann der Schmerzen“ nennt. Und was tat Er? Er predigte und verkündigte das Evangelium des Reiches Gottes. Das ist es gerade, wozu Gott uns berufen hat. Einige sind berufen zu predigen. Möge Gott ihnen Eifer und Kraft geben, um ihren Dienst mit Fleiß zu vollführen! Aber wenn jemand denkt, daß für ihn das Predigen die Hauptsache sei, so ist er ein armer Wicht. Die Frage ist vielmehr, ob wir die frohe Botschaft ausleben.

In unsern Tagen tun uns Männer und Frauen not, nicht die vom 1. Januar bis zum 31. Dezember predigen, sondern solche, die die frohe Botschaft ausleben. Dies ist die wichtige Sache. Es ist kein Zweifel, der HErr offenbarte in allem, was Er tat, in allen Seinen Worten und Wegen, stets das, was Gott ist. Dieselbe frohe Botschaft der Gnade Gottes, die so holdselig über Seine Lippen floß, dieselbe frohe Botschaft predigte auch Sein Leben. Möchten unsere Herzen hiervon berührt werden! Ich kann die Worte dieses ersten Verses nie ohne ein Gefühl der Beschämung für mich lesen.

Und weiter lesen wir: „Und die Zwölfe mit Ihm.“ Du sagst: „Das waren die Apostel, die bei Ihm waren.“ Ganz gewiß. Aber Mark. 3,14 sagt uns: „Er bestellte zwölf, auf daß sie bei Ihm seien“. Dies war der Punkt. Das gesegnete Teil ihrer Berufung war, daß sie „bei Ihm sein“ sollten. Und

alle Predigt nur ein armseliges und kraftloses Gerede.

Vielleicht sagst Du: „Ich bin kein Apostel. Ich bin auch kein Bruder.“ Nun, eine große Zahl derer, die diese Worte lesen, sind jedenfalls Frauen. Und dies bringt mich zu dem nächsten Wort unseres Textes. Haben nicht auch Frauen ihren Platz auszufüllen? Ganz gewiß! Die Schrift gibt einigen Frauen aus Galiläa ein sehr gutes Zeugnis. Wir lesen hier: „Und gewisse Weiber, die von bösen Geistern und Krankheiten geheilt worden waren: Maria, genannt Magdalena, von welcher sieben Dämonen ausgefahren waren, und Johanna, das Weib Chusas, des Verwalters Herodes', und Susanna und viele andere, die Ihm dienten mit ihrer Habe.“ (Luk. 8,2.3.)

Diese gehörten nicht zu den „Zwölfen“, welche der HErr besonders berief, daß sie bei Ihm sein sollten, aber Seine Gnade war auch ihnen begegnet, und ohne daß Er es ihnen sagte oder befahl, waren sie bei Ihm. Der Geist Gottes sagt nicht nur dieses von ihnen, sondern Er nennt uns mit aller Sorgfalt auch ihre Namen. Ich denke, das ist eine große Ermutigung für die Schwestern. Der HErr ist heute nicht mehr hier, doch du kannst Seine Gemeinschaft haben, denn Er kommt und offenbart Sich allen, die Ihn lieben und Sein Wort halten. (Joh. 14,23.)

Maria Magdalena, von der Er sieben Teufel austrieb, nimmt einen besonderen Platz unter denen ein, die bei dem Herrn Jesus waren. Je mehr wir uns der Macht der Sünde und des Satans bewußt sind, um so größer wird uns die Befreiung, die in Christo ist, und um so inniger wird sich unser Herz Ihm zuneigen; und entgegengesetzt, je schwächer das Bewußtsein unserer Sünde und Schuld vor Gott und je geringer die Erkenntnis unseres Zustandes ist, in welchem wir uns von Natur befinden, um so weniger werden unsere Herzen dem HErrn anhangen. Es ist ein großer Schade, wenn Seelen die Tiefe ihres Verlorenseins nicht kennen.

Hier finden wir ein Weib, welches von der siebenfachen Macht Satans befreit worden war, und ihr Herz gehörte jetzt ganz dem Herrn Jesus, ihrem Erlöser. Wahrscheinlich war sie eine hochstehende Dame, aber sie war ebenso wie alle andern unter der Macht Satans geknechtet, bis Jesus sie befreite. Und als sie befreit war, folgte sie dem HErrn nach. Aus dieser Schriftstelle ersehen wir, daß sie ihr Heim verließ und dem HErrn von Stadt zu Stadt folgte; sie war unter

andern, die bei Ihm waren, aber jede dieser Frauen hatte etwas, mit dem sie dem HErrn dienen konnten. Diese Frauen nahmen den besten Platz ein, den sie auf Erden haben konnten.

Würde Gott von allen gläubigen Frauen heute das schreiben können, was Er über diese Frauen schrieb? Bist du so dem HErrn hingegeben, wie diese es waren?

Am Schluß des Evangeliums finden wir wieder Frauen unter dem Kreuz. Nur ein Mann stand dort, so viel wir wissen, die andern waren Frauen. Sie waren an Seinem Grabe bei Seiner Beisetzung, und am Auferstehungsmorgen waren sie wieder die ersten am Grabe.

Teure Schwestern, dem HErrn ist unsere Liebe mehr wert als unsere Predigt. Zu predigen ist eine geringe Sache. Ein unbekehrter Mensch kann predigen; auch kann ein Mann predigen, ohne Gemeinschaft mit Christus zu haben, und ebenso ein Mann mit dem Kopf voll Erkenntnis; aber nur das Herz, welches in Liebe für Ihn schlägt, kann Ihm anhangen und folgen und um Seinetwillen von den Menschen verachtet und verworfen werden. Es ist ein köstliches Vorrecht, nahe bei dem HErrn zu sein. Die hier genannten Schwestern hatten mit den Zwölfen dieses gesegnete Teil. Gehörst auch du zu dieser Schar? Du sagst: „Ich möchte nicht so voranstehen.“ Nun, du wirst bald im Hintergrunde stehen, denn diejenigen, welche in der Hingabe an den HErrn nicht wünschen voranzustehen, werden bald von dem Feinde in den Hintergrund geschoben werden. Gott bewahre dich davor, denn es gibt kaum einen unglücklicheren und elenderen Menschen unter der Sonne als ein zurückgegangenes Kind Gottes! Und nicht nur wirst du elend sein, auch der HErr entbehrt deine Gemeinschaft.

Sein Herz verlangt, uns bei Sich zu haben. Er wählte die Zwölfe, daß sie bei Ihm sein sollten. Aber die Frauen sagten: „Wir wollen auch bei Ihm sein.“ Und der Geist Gottes fügt dem Bericht noch hinzu, daß sie Ihm dienten.

Wende dies auf dich an! Ist dein Herz auch darauf gerichtet, bei Ihm zu sein? Suchst du Seine Nähe? Dann wirst auch du Ihm dienen. Hange dem HErrn an von ganzem Herzen, sei für Ihn da, für Seinen Willen, zu Seiner Freude. Es ist unser höchstes Vorrecht, hier auf dieser Erde für den Sohn Gottes zu leben, der uns geliebt und Sich Selbst für uns dahingegeben hat. Und wir

können hier zu Seinem Wohlgefallen sein. Gewiß, es wird uns etwas kosten, aber wer kann den Lohn ermessen?

W. (v. d. K.)

Liebe.

Fortsetzung (1. Kor. 13).

Die Liebe vergeht nimmer.

Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben ist, und der Heilige Geist wird ewig bei uns sein. (Joh. 14,16.) Ewig werden wir die Liebe Gottes genießen und uns derselben erfreuen. Jede Träne wird Gott von unseren Augen abwischen. Ewig werden wir bei dem HErrn sein, ewig Ihn schauen, wie Er ist. Ewig werden wir von Ihm geliebt sein und ewig die Zeichen Seiner Liebe wahrnehmen; das sind die Male an Seinen Händen und Füßen. Ja, ewig werden wir Ihm dafür danken und Ihn loben und anbeten, daß Er uns erkauft und erlöst hat durch Sein kostbares Blut.

Er hat uns zuerst geliebt. „Ich liebe, die Mich lieben“ (Spr. 8,17), so sagt Er uns in Seinem Wort. Unsere Liebe zu Ihm ist eine Folge Seiner Liebe. Wir dürfen Ihn, unseren HErrn, wiederlieben in einer Welt, wo Er verachtet und gehaßt ist. Was das für unseren HErrn ist, daß Seine Geliebten Ihn wiederlieben, das können wir garnicht verstehen. Und diese Liebe zu Ihm, die geht mit uns hinüber in die Ewigkeit, ja, sie vergeht nimmer.

Doch die Liebe zu Ihm offenbart sich jetzt in den Stücken, die wir vorher betrachten durften, im Gehorsam gegen Sein Wort, in der Bruderliebe und in der allgemeinen Liebe, und diese von Gott gewirkte Liebe bleibt ewig, sie ist ein ewiges, von Gott geschenktes Gut. Gott ist Liebe, und Gott ist ewig.

Selbst die Gaben, die Gott jetzt der Gemeinde zur Auferbauung gegeben hat (1. Kor. 13,8) und

die in dieser Zeit so nötig sind, die werden nicht für ewig sein. Sie haben zum Teil schon aufgehört zu sein, und die, welche noch vorhanden sind, die werden weggetan werden. Jetzt dürfen wir stückweise vermittelst der Gaben das Himmlische erkennen; dann aber werden wir alles in Vollkommenheit erkennen. So wie das Fassungsvermögen eines Kindes beschränkt ist, entsprechend seinem unvollkommenen Zustande als Kind, so verstehen und erfassen auch wir jetzt nur stückweise das Himmlische. Wie aber ein erwachsener Mann die Schwachheiten der Kindheit abgelegt hat, so werden auch wir einst die stückweise Erkenntnis abgelegt haben und alles erkennen, wie auch wir erkannt worden sind.

Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe (V. 13). Der Glaube wird dereinst aufgehört haben, weil wir alles schauen werden, was wir geglaubt haben. Die Hoffnung wird nicht mehr sein; denn wir sind am Ziel unserer Hoffnung angelangt. Die Liebe aber, die größte unter den drei Stücken, sie bleibt ewig.

O. D.

Frage und Antwort

Frage 10

Geben Stellen wie Hes. 3,16-21; 18,24.26; 33,12.13 und ähnliche nicht doch der Möglichkeit, daß Kinder Gottes abfallen und verlorengehen könnten, einigen Grund?

Antwort

Es sei zunächst darauf hingewiesen, daß die Besorgnis, die aus der Frage klingt, bei denen, die selber um einen glücklichen Ausgang ihres Laufes besorgt sind, einerseits Genugtuung über den vorhandenen Ernst auslöst, andererseits Bedauern darüber, daß die Fragesteller „die vollkommene Liebe“ nicht kennen, denn diese „treibt die Furcht aus“. (1. Joh. 4,18.)

von Fragen?

Laßt uns sehen!

Was macht einen Menschen zu einem Kinde Gottes? Doch das Aus-Gott-geboren-sein, was in unlöslichem Zusammenhang steht mit dem Glauben an den Namen des in die Welt gekommenen Lichtes, des fleischgewordenen Wortes. (Joh. 1.)

Es darf doch billig, wenn auch im Blick auf das Aus-Gott-geboren-sein mit Ehrfurcht, gefragt werden: Kann eine Geburt rückgängig gemacht werden? Vor dieser Frage, natürlich im verneinenden Sinne gedacht und ausgesprochen, stand Nikodemus. Die Formulierung unserer zur Diskussion stehenden Frage muß also wohl falsch sein. Eines steht außer Diskussion: daß, was aus Gott geboren ist, aus Gott geboren bleibt und daß die Zusagen Gottes in bezug auf Errettung durch den Glauben an Seinen Sohn für Zeit und Ewigkeit sicher sind. Wagt jemand, diese beiden Feststellungen anzutasten?

Bitte nun aber: außer der Tatsache, daß die Geborenen Kinder sind, finden sie sich, als in der gottfeindlichen Welt seiend, noch in andere Beziehungen gesetzt. Als für Gott Abgesonderte sind sie „Heilige“; als Gott und ihrem Herrn Jesus Gehörende sind sie „Treue“ oder „Gläubige“. (Eph. 1,1; Kol. 1,2.) Beide deutsche Ausdrücke sind ein und dasselbe Wort im Griechischen.

Wer fühlt nicht, daß diese Beziehungen sich auf einem Boden ausleben, wo der Mensch bekennen kann, das zu sein, was die Titel besagen, ohne daß er es ist, d. h. ohne daß er zugleich aus Gott geboren ist? Ein Zauberer Simon glaubte („treu-te“), ohne aus Gott geboren zu sein. Dem äußeren Verhalten nach war er ein Glaubender. Man kann dem Schein nach Rebe am Weinstock sein, ohne aus Gott geboren zu sein. Auf diesem Boden ist es leider möglich, daß ein aus Gott Geborener durch sein Verhalten und Tun sein Aus-Gott-geboren-sein für Menschen in Frage stellt, ja eine Verneinung desselben herbeiführt. Und der Betreffende soll als der behandelt werden, wie er Sich gibt. Er soll nach fruchtlosen Ermahnungen in die Welt zurückgestoßen werden, in deren Geist er wandelt.

Glaubender verlorengehen?“ Die Antwort lautet klar und bestimmt: „Jawohl, er kann es!“ Warum? Weil es die menschliche Seite ist, die dabei allein in Frage kommt. Ein glaubender Simon mußte verlorengehen, wenn er so blieb, wie er war. Aber nicht mußte er verlorengehen als Kind Gottes, das er nicht war!

Daher die vielen mit „wenn“ verbundenen Ermahnungen: „Wenn ihr anders im Glauben gegründet und fest bleibet.“ „Wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben“ u. a. Der Aufrichtigbestrebte urteilt einfach, und sein Herzensentschluß ist darauf eingestellt: Grad so soll es sein; ich will es gar nicht anders; ich will im Glauben gegründet und fest bleiben; will nicht nach dem Fleische leben; ich will alles daransetzen, meine Berufung und Erwählung festzumachen; die Gnade dazu ist mir ja geschenkt worden. (2. Petr. 1,3.10.) So kommt es zur Darstellung, daß aus Gott geboren sein und ein Glaubender sein und sich als solcher bekennen sich decken. Ob einer, bei dem man das Aus-Gott-geboren-sein einst nicht in Zweifel ziehen konnte, der aber daraufhin sich wie einer gab, der es nicht ist, doch verlorengeht oder nicht, steht nicht beim Menschen zu ergründen oder zu entscheiden. Es muß Gott anheimgestellt bleiben. Nur: solang' er nicht umkehrt, hat niemand ein Recht zu sagen: Er war aus Gott geboren, also kann er nicht verlorengehen. Wenn einer Sündigens halber hinausgetan wird, steht die Frage, ob Kind Gottes oder nicht, gar nicht zur Diskussion.

Beiläufig: Wie viele Christen von heute wären rasch bei der Hand gewesen, von dem Hurer in Korinth zu sagen: Der ist kein Kind Gottes; der ist abgefallen; der muß sich wieder bekehren ...!

Wie verhält sich aber der Apostel, und was ist die weitere Folge in diesem Fall, nach 1. Kor. 5 und 2. Kor. 2 (vergl. auch 7,1)? Ergeht er sich in Erörterungen darüber, ob „Kinder Gottes“ verlorengehen können oder nicht? Spricht er es nicht klar aus, daß, wenn wir gerichtet werden, wir vom HErrn gezüchtigt werden, auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden? Daß Krankheit, sogar leiblicher Tod solch ein Gericht sein können, ohne daß von Verlorengehen die Rede ist? (1. Kor. 11,32.) Spricht nicht Johannes, 1. Epistel 5,16-18, ebenso? Seine abstrakten Feststellungen, wie der nächstfolgende Vers 19 oder 3,6.8.9 zeigen, wenn man sie seinen nicht

abstrakten Ausführungen, z. B. 1,8 - 2,2, gegenüberstellt, daß er mit den abstrakten Feststellungen eben auch das erreichen will, was Paulus mit seinem „wenn“. Denn auch auf die abstrakten Feststellunggen des Johannes reagiert der aufrichtig und ernstlich Bestrebte dadurch, daß er urteilt: Gewiß ist es so; ich bin ja aus Gott geboren; habe ja Seine Natur; die widerstrebt allem Sündigen; ich werde mich durch die Gnade und vermöge der Stärkung durch den Heiligen Geist so verhalten, daß ich nicht sündige. Für das, was ich einst sündigte, war ja mein HErr am Kreuz, wie soll ich's wieder tun? Ich bin ja nicht gezwungen dazu.

Noch eins betr. richtiger oder falscher Formulierung von Fragen: Ist es vernünftig, „Kind“ und „Abfallen“ zusammenzubringen? Vom Baum oder Strauch fällt eine Frucht ab; die Verbindung beider hört damit auf. Ein Kind wird durch die Geburt ein Eigenwesen, das in Verbindung mit den Erzeugern bleibt zum Genährt- und Erzogenwerden. Es mag, wenn es erwachsen ist, vorkommen, daß es die Eltern „verläßt“ oder aus irgendwelchem Grunde sich ihrer schämt und sie „verleugnet“. Aber „abfallen“ wird man nie sagen. Das Bild der abfallenden Frucht wird nur gebraucht von Beherrschten ihren Beherrschern gegenüber.

Meines Wissens spricht das N. T. nicht von Abfallen und nicht von Verleugnen, wenn die Beziehung der Kinder Gottes zu Gott als dem Vater in Frage kommt. Von einem Bewahrtwerden der Kinder durch den Vater redet es. (Joh. 1,12; 17; 20,17 u. a. St.) Vom „Verleugnen“ des HErrn und Gebieters Jesus Christus spricht es: Judas Vers 4; 2. Petr. 2,1. Das ist wieder der Boden der menschlichen VerAntwortlichkeit, wo die Frage „Kind Gottes oder nicht?“ gar nicht aufgeworfen wird. „Wer Mich verleugnet, den werde Ich verleugnen“, sagt der HErr. „Wenn wir verleugnen, wird auch Eruns verleugnen“, spricht Paulus. Daran ist nicht zu deuteln. Und Petrus und Judas reden vom Gericht über die, die den alleinigen Gebieter verleugnen, der sie gekauft hat. Der Sklavenkauf im Altertum liefert Petrus und Judas das Bild. Jeder ist da gemeint, der ein Bekenner Christi ist.

Es ist abwegig, Dinge zu verquicken, die wohl zusammengehören können (Kind Gottes und Sklave Jesu Christi zu sein), aber gesondert besprochen werden in der Schrift. -

Nun spricht aber eine Stelle der Schrift tatsächlich von „Kindern, die abgefallen sind“. Doch sie

steht im A. T. Jes. 1,2. Hiermit kommen wir vollends zur Klarheit, vorausgesetzt, daß wir die vorangegangenen Erläuterungen festhalten.

Wieso standen die Israeliten im Kindesverhältnis zu Jehova? Waren sie aus Ihm geboren wie die Kinder, von denen im N. T. die Rede ist? - Mitnichten!

Die geringe Zahl Treuer, die zu jeder Zeit unter dem Volke vorhanden war, in den Propheten „Überrest“ genannt, war natürlich aus Gott geboren; aber sie waren „Unmündige“, wie Paulus sagt, kleine Kinder, denen nicht einmal recht zum Bewußtsein kommt, daß sie leben, noch was Leben ist, obwohl sie leben.

Jehova meint das Volk als Ganzes, wenn Er vom Vater- und Kinderverhältnis spricht. Und auch sie verstehen es so.

2. Mos. 4,22.23: „Mein Sohn, Mein erstgeborener, ist Israel ... laß Meinen Sohn ziehen ...“

Hosea 11,1: „Aus Ägypten habe ich Meinen Sohn gerufen.“

5. Mos. 14,1: „Ihr seid Kinder Jehovas, eures Gottes“ (Elohims).

5. Mos. 32,6.18.19: „Jehova ... ist Er nicht dein Vater, der dich erkauft hat? Er hat dich gemacht und dich bereitet.“ „Den Felsen (siehe Vers 4), der dich gezeugt, vernachlässigtest du, und vergaßest den Gott (El), der dich geboren. Und Jehova sah es und verwarf sie vor Unwillen über Seine Söhne und Seine Töchter.“

Jes. 63,16: „Denn Du bist unser Vater ... Du, Jehova, bist unser Vater.“

Jes. 64,8: „Und nun, Jehova, Du bist unser Vater; wir sind der Ton, und Du bist unser Bildner, und wir alle sind das Werk Deiner Hände.“

Jer 3,19: „Wie soll Ich (Jehova) dich unter den Söhnen stellen.“

Maleachi 1,6: „Ein Sohn soll den Vater ehren ... wenn Ich denn Vater bin, wo ist Meine Ehre ...“

Was ergibt sich aus diesen Stellen? Was besagen die Ausdrücke „erkauft, gemacht, gebildet, Du, unser Bildner, wir Ton, Werk Deiner Hände“; freilich dann auch, aber auf derselben Linie liegend, „gezeugt, geboren“? - Nichts mehr und nichts weniger, als daß Jehova Sich Israel als Volk auserkoren und es zu Sich gebracht hatte: 2. Mos. 19,4: „... wie Ich euch getragen auf Adlers Flügeln und euch zu Mir gebracht habe“; daß Er des Volkes „Schöpfer“ ist: „Ich, Jehova, bin euer Heiliger, Ich, der Schöpfer Israels, euer König.“ (Jes. 43,15.)

So ist das „Abfallen“ verständlich, logisch, weil keine innere Verbindung der Natur nach in Frage kommt. Wohin fielen sie ab von Ihm? Zu den Götzen hin. Wie in Jes. 63 und 64 der Überrest (der Prophet) als Sprecher für das Gesamt zu Jehova sagt: „Du bist unser Vater“, so sagen das Haus Israel, sie, ihre Könige, ihre Fürsten, und ihre Priester und ihre Propheten zum Holze: „Du bist mein Vater, und zum Steine: Du hast mich geboren“. (Jer. 2,27.)

Stellt dies das Verhältnis „Vater - Kinder“ nicht hin als ein von dem in-Christo-Kind-sein ganz verschiedenes?

Da Gott, wenn auch in diesem Sinne als Vater, es mit einem Volke zu tun hat, so ist Seine Handlungsweise eine solche, sind Seine Wege auch mit den Einzelpersönlichkeiten des Volkes solche, daß alles auf die Erde beschrankt bleibt. Da kann Er, anders als wenn ein ewiger Ratschluß in Frage kommt, in Unumschränktheit Seine Regierungswege ändern, wenn es Ihm so angemessen erscheint; kann einen Hesekiel zum Wächter bestellen und mit Haftung und zeitlichem Gericht für einen anderen bedrohen, falls Er Sich Seines Auftrags nicht entledige. Er bleibt immer gerecht. Vergl. 2. Mos. 34,7; Hes. 18,1-4.19.20.23.25ff.; 33,10ff.20.

Was ist denn das überhaupt für eine Gerechtigkeit, von der in diesen Hesekielstellen die Rede ist? - Kap. 18,5-9 mit dem Schlußsatz „der ist gerecht“ zeigt es deutlich. Es ist eine Gerechtigkeit nach außen hin; eine, die aus dem Gesetz ist, wie Paulus sie benennt (Phil. 2,6); die Jesus in der Bergpredigt nach der Herzensseite hin ergänzt. Obgleich Paulus tadellos erfunden war dieser Gerechtigkeit nach, wollte er doch die Gerechtigkeit aus Gott haben. Die war wohl schon in Aussicht gestellt in den Propheten, in Verbindung mit der Gerechtigkeit aus

dem Gesetz, weil die der Voraussetzung Raum gab, daß das Gesetz im Herzen sei, wie Jesus es in der Bergpredigt fordert. Siehe Jes. 51,6-8; 54,17; Mal. 3,16-18; Luk. 1,6; 2,29.33.

Aber das war noch nicht das Geborensein aus Gott in der Weise, wie es sein konnte und bei etlichen war, nachdem Jesus gekommen war, und wie es erst recht ist, seitdem der Heilige Geist da ist. Das neue Herz war dem Volke als solchem nicht gegeben, 5. Mos. 30,6; verheißen wurde es Hes. 11,19 und 36,26. Aber eben im Hinblick auf das Gerecht- oder Gesetzlossein wird es als Forderung an das Volk gestellt: „Schaffet euch ein neues Herz und einen neuen Geist.“ (Hes. 18,31.)

Wenn ein Gerechter ein solcher war, bei dem äußeres Rechttun in Frage kam, ob Herzenserneuerung vorhanden war oder nicht, warum es nicht sein Bewenden haben lassen bei der Kenntnisnahme des Urteils Gottes über die den gerechten oder den gesetzlosen Weg Verlassenden, da über die Grenze der Zeit hinaus Gott nichts offenbarte?

Die Frage nach Verlorengehen von „Kindern Gottes“ ist an und für sich schon verfehlt und in Verbindung mit alttestamentlichen Stellen erst recht verfehlt, weil, wie schon gesagt, in der Zeit im allgemeinen noch kein Licht über das endgültige Los der Menschen gegeben war und weil die Gerichte Gottes es mit den Lebenden zu tun hatten. Es ist unnütz und unangebracht, etwas da suchen zu wollen, wo es nicht zu finden ist. Wie wenn z. B. nach König Sauls Verloren- oder Nichtverlorensein gefragt wird oder über die in der Wüste umgekommenen Israeliten u. a. m. Man könnte gerade so gut fragen: Was wäre aus David geworden nach der Sünde mit Bathseba und gegen Uria, wenn Gott ihn, den Mörder, den Ehebrecher, den Todeskandidaten, nicht begnadigt hätte? - Wir haben das alles Gott anheimgestellt sein zu lassen. Es soll uns genügen, wenn die Schrift selbst etwas eindeutig über Menschen aus dem A. T. feststellt, z. B. durch Petrus, daß Sodom und Gomorra und die umliegenden Städte des ewigen Feuers Strafe leiden.

F. Kpp.

Frage 11

Was ist unter „diesen geringsten Geboten“ zu verstehen, und gilt das „wer irgend“ allen Gläubigen heute, oder was für Menschen? (Matth. 5,19.)

Antwort A

Die der Frage zugrunde liegende Schriftstelle bildet einen Teil der sogenannten „Bergpredigt“ im Matthäusevangelium. Tun wir einen Blick auf das unserer Schriftstelle Vorangehende, so finden wir - ganz kurz zusammengefaßt - folgendes: In Kapitel 4 hat der HErr Seinen öffentlichen Dienst angetreten und angefangen, „das Evangelium des Reiches“ zu predigen und durch Seine Werke Sich als Den zu legitimieren, der in diesem Reiche herrschen sollte, den verheißenen Messias, den König Israels. In Kap. 5zeigt Er in den V. 1-12 die Charakterzüge und das Teil derer, die in dieses Reich eingehen, und in V. 13-16 ihre Stellung und Berufung in der Welt, während sie auf das Reich warten. Das alles war für seine Hörer ganz neu, so daß sie wähnen konnten, Er sei gekommen, „das Gesetz und die Propheten aufzulösen“, d. h. aufzuheben, ungültig zu machen. Deshalb sagt Er in V. 17-18, daß Er nicht gekommen sei aufzulösen, sondern zu „erfüllen“, und daß, bis der Himmel und die Erde vergehen, nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem „Gesetz“ vergehen solle, bis alles geschehen sei. Wenn das aber so ist, wie dürfte dann irgend jemand eines der in diesem Gesetz enthaltenen Gebote „auflösen'' - für ungültig erklären - und also die Menschen lehren? Niemand hat das Recht dazu! Deshalb sagt Er, fortfahrend, in V. 19: „Wer irgend nun eines dieser geringsten Gebote auflöst und also die Menschen lehrt“ usw. Wir sehen hieraus ganz deutlich, daß mit dem Wort „eines dieser geringsten Gebote“ eines der Gebote des Gesetzes gemeint ist, von dem der HErr soeben gesprochen hat. Mithin sind „diese geringsten Gebote“ die Gebote des Gesetzes, das dem Volke Israel gegeben war, und zwar handelt es sich hierbei um das sogenannte Sittengesetz - wie: „Du sollst nicht töten“, „du sollst nicht ehebrechen“ usw. -, wie die V. 21-48 zeigen.

Ehe wir zu dem zweiten Teil der Frage übergehen, wollen wir versuchen, ganz kurz eine Frage zu beAntworten, die sich bei vorstehender Betrachtung uns aufgedrängt hat: Warum bezeichnet

der HErr diese Gebote als die „geringsten“? Diese Bezeichnung setzt voraus, daß etwas Besseres, viel Besseres, vorhanden ist. Und so ist es: Der HErr brachte eine neue Offenbarung des Willens Gottes, die das dem Volke Israel gegebene Gesetz nicht aufhob, aber weit, weit überragt! Das „Gesetz“ mit seinen Geboten hat es lediglich mit dem Menschen im Fleische zu tun und trägt einen bloßen sittlichen und zeitlichen Charakter; das Neue dagegen, das Er brachte, hat es mit der neuen Schöpfung, dem Menschen in Christo, zu tun und trägt einen geistlichen und ewigen Charakter. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Darum sind die Gebote des Gesetzes die „geringsten“ Gebote, in demselben Sinne, wie in Luk. 16 der HErr den ungerechten Mammon, also die vergänglichen irdischen Güter, das „Geringste“ nennt gegenüber den ewigen Dingen, die Er das „Wahrhaftige“ nennt (V. 10.11). (Das ist die Auffassung des Schreibers dieser Zeilen, die aber nicht maßgebend sein soll.)

Nun kommen wir zum zweiten Teil unserer Frage, dahingehend, auf wen das „wer irgend“ sich bezieht.

Hierbei verdienen zwei Merkmale besondere Beachtung: die Form des Reiches der Himmel, in welcher dieses hier zu denken ist, und die Betonung des Gesetzes.

Zum ersten Punkte: Im Matthäusevangelium wird uns der HErr als der Sohn Davids, des Sohnes Abrahams, gezeigt (1,1), also als der, dem der Thron Davids gehört - der König Israels -und in dem die dem Abraham gegebenen Verheißungen ihre Erfüllung finden. Das ist der im Alten Testament angekündigte Messias. Mit diesem war der Gedanke an das verheißene Friedens- und Segensreich verbunden. Dieses Reich war die Erwartung der Juden nach den Schriften des Alten Testaments. An diese Schriften und die darauf gegründete Erwartung knüpft das Matthäus-Evangelium an. Darum war es das messianische Reich, das der HErr verkündigte, als Er Seinen öffentlichen Dienst antrat und sagte: „Tut Buße, denn das Reich der Himmel ist nahe gekommen“ (4,17.23). In dieser Gestalt ist das Reich der Himmel auch noch in der „Bergpredigt“ vor uns, wenn auch bereits der Gedanke der Verwerfung des Königs dieses Reiches, des HErrn, und - als Folge dieser Verwerfung - der Hinausschiebung der Aufrichtung dieses Reiches damit verbunden ist. Daß es hier noch diese Form - das sichtbare Friedens- und

Segensreich - ist, zeigt auch die Seligpreisung in V. 5: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben“, denn „das Land“ - Palästina - war und ist der Gegenstand der Hoffnung Israels im Blick auf das messianische Reich (vergl. 2. Mos. 3,8; 1. Chron. 28,8; Ps. 37,9.11.22.29.34; Jes. 57,13b; Dan. 11,16.41), und in V. 6: „Glückselig, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, denn sie werden gesättigt werden“, denn in dem „Reich“ unter der Herrschaft des Messias wird Recht und Gerechtigkeit herrschen, wie das Work vielfach sagt (s. Ps. 72,1-4; Jes. 2,2-4; 11,1-5 u. a. m.). Daß aber die Verwerfung des Messias und die Hinausschiebung der Aufrichtung Seines Reiches hier schon vorausgesetzt ist, zeigen uns die V. 10-12, denn sonst würde es keine Verfolgung um der Gerechtigkeit willen und kein Schmähen usw. der Seinen um Seinetwillen geben und brauchte nicht von Lohn „in den Himmeln“ - anstatt im „Reich“ - gesprochen werden. - Es ist also hier nicht das Reich der Himmel in der gegenwärtigen, unsichtbaren Form - diese finden wir erst in Kap. 13 eingeführt, nachdem die Verwerfung völlig ans Licht getreten ist -, sondern, wie schon gesagt, noch in der sichtbaren als das messianische Friedens- und Segensreich, wenn auch infolge des vorhandenen Widerstandes in die entfernteste Zukunft gerückt. Daraus ergibt sich, daß mit dem „wer irgend“ Menschen gemeint sein müssen, die zu diesem Reich in Beziehung stehen, in der Zeit des Wartens auf dieses Reich leben. Auf jene Zeit bezieht sich V. 19; in jener Zeit kann es geschehen, daß jemand „eines dieser geringsten Gebote auflöst und also die Menschen lehrt“, ein anderer aber „sie tut und lehrt“; und nachdem das „Reich der Himmel“ in Erscheinung getreten sein wird, wird das Urteil darüber gesprochen werden: der eine „wird der Geringste heißen im Reiche der Himmel“, und der andere „wird groß heißen im Reiche der Himmel“. -

Und zum anderen Punkte, das Gesetz betreffend: Der HErr sagt, daß Er nicht gekommen sei, das Gesetz und die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen, und stellt fest, daß das Gesetz auch im kleinsten bestehen bleibt, bis der Himmel und die Erde vergehen, und zeigt dann die Bedeutung des Verhaltens eines Menschen zu dem Gesetz: „Wer irgend nun eines dieser geringsten Gebote auflöst und also die Menschen lehrt, wird der Geringste heißen im Reiche der Himmel; wer irgend aber sie tut und lehrt, dieser wird groß heißen im Reiche der Himmel.“ Wie könnte dieses sich auf uns beziehen, die wir mit dem „Gesetz“ nichts zu tun

können wir es „tun und lehren“. Besonders letzteres zeigt deutlich, was wir sagen wollen: Wie können wir, die wir nicht unter Gesetz sind, das Gesetz „tun“ und das Gesetz „lehren“?! Das können doch nur Menschen, die unter dem Gesetz sind!

Aus vorstehendem sehen wir, daß das „wer irgend“ sich nicht auf die Gläubigen der gegenwärtigen Zeit, d. h. der Zeit von Pfingsten Apgesch. 2,1 an bis zur Entrückung nach 1. Thess. 4,14-17, bezieht, sondern auf Menschen, die das kommende messianische Friedens- und Segensreich verkündigen, was in der Zeit nach der Entrückung der Versammlung bis zum Eintritt dieses Reiches durch gläubige Juden und solche, die ihre Botschaft angenommen haben, geschehen wird. Auf diese bezieht sich - nach unserer Auffassung - das „wer irgend“. -

Eine geistliche Anwendung auf uns kann wohl aus Matth. 5,19 gemacht werden; das ist aber eben nur eine Anwendung und nicht der Gedanke dieser Schriftstelle. -

Th. K.

Ergänzungen des Schriftleiters

Die Feststellungen der vorstehenden Antwort sind sehr wichtig, zumal heute, wo unter Gläubigen aller möglichen Richtungen immer wieder Fragen auftauchen und Schwierigkeiten machen, die seitens solcher aufgerollt und verbreitet werden, die sich „unter Gesetz“ gestellt haben, besonders seitens der Sabbatarier - Adventisten. Dem Feinde liegt daran, Verwirrung anzurichten, und das gelingt ihm mit am besten dadurch, daß er verhindert, „das Wort recht zu teilen“ (2. Tim. 2,15); er hat seine Leute dazu, die es verstehen, unbefestigte Gläubige in ihr Garn zu locken. Paulus hatte auch schon mit solchen Verführern und Verführten zu tun, wie es vor allem der Galaterbrief uns zeigt. In früheren Jahrbüchern der „Handr.“ haben wir uns schon oft mit diesem Gebiet zu beschäftigen gehabt, wie die Inhaltsverzeichnisse es künden. - Warum gelingt dem Feinde sein Zerstörungswerk bei vielen so gut? Weil es dem natürlichen Menschen schmeichelt, etwas tun zu können, was vor Gott - vermeintlich - Anerkennung findet. Und so

der Gnade Christi (für die eintretenden Lücken in der Gesetzesbeobachtung) zusammensetzt, und die armen Betrogenen wissen gar nicht, wie sehr sie Den entehren, der in Vollkommenheit das tat, was „dem Gesetz unmöglich ist“ (vergl. Röm. 8,1ff.). Möchte sich doch keiner beunruhigen lassen durch solche, die neben den Glauben an Christus noch die Erfüllung des Gesetzes oder „dieser geringsten Gebote“ als erforderlich zu einem Gott wohlgefälligen Christenleben stellen. „Wenn ein Gesetz gegeben worden wäre, das lebendig zu machen vermöchte, dann wäre wirklich die Gerechtigkeit aus Gesetz“ (Gal. 3,21). Beachte: „wenn ... wäre - dann wäre!“ Aber es ist nicht!!

Es ist auch nötig, einmal wieder darauf hinzuweisen, daß „diese geringsten Gebote“ - so nennt der HErr sie!! - also die des Gesetzes, nicht zu verwechseln sind mit den „Geboten des HErrn, die Er den Seinen (nicht also Menschen im Fleisch!) gab, bevor Er aus dieser Welt schied (vergl. Joh. 13,34.35; 14,15.21; 15,10.12; 1. Joh. 2,3.4.7.8; 3,22.24; 4,21; 5,2.3 u. a.). Diese neuen „Gebote“, die dem „Worte'' des HErrn gleichgestellt werden (vgl. Joh. 14,23 mit 21), stehen stets mit dem neuen Boden in Verbindung, auf den Er die Seinen gebracht hat, mit dem der Liebe, wie man beim Nachlesen der Stellen leicht ersehen kann. Sie sind auch nur denen gegeben, die sich geliebt wissen von Ihm, nicht etwa solchen, die sich erst durch das Halten der Gebote Sein Wohlgefallen erwerben zu können hoffen. Die Gebote des HErrn, die Er den Seinen gab, sind nirgends in Beziehung gebracht zum „Gesetz in Satzungen“, wie aber jene „geringsten Gebote“!, sondern zu der Tatsache des Geistbesitzes (vergl. z. B. Joh. 14); ohne durch den Geist könnten wir nicht bewahren, was Ihm wichtig war, uns ans Herz zu legen. Seine Natur nur, Sein Geist nur befähigt uns dazu, zu wandeln Seinem Wesen gemäß. (Vergl. hierzu auch Gal. 6,1-2: Gesetz des Christus, d. h. des neuen Menschen!) Auch andere durch die Apostel gegebene Gebote, wie 1. Kor. 14,37 (34-38), stehen ganz offenbar mit dem Geiste Gottes in Verbindung (vergl. 2. Petr. 3,2: „... durch eure Apostel“!).

Welche Unterschiede bestehen doch zwischen den „geringsten Geboten“ des Gesetzes, die im Reiche der Himmel ihre bleibende Bedeutung haben bezw. noch so recht bekommen werden, wenn jenes in die Erscheinung tritt, und den Geboten des HErrn, die Er den Aposteln für Seine Gemeinde gab, zu deren Verständnis und Erfüllung sie Seiner eigenen Natur, Seines Geistes,

Seines Lebens teilhaftig wurden! Röm. 8!

Ich hoffe, daß diese Ergänzung obiger klaren Antwort Auch manchem dienen kann.

In der Anwendung jener Stelle und vieler anderer, besonders aus der köstlichen „Bergrede“ des HErrn, würde ich vielleicht weiter gehen als unser Mitarbeiter. „Alles ist euer“ (1. Kor. 3,21.22) gilt für mich auch hier. Aber bei solchen Anwendungen von Stellen, die sich auf andere Zeiten beziehen, sei man recht vorsichtig, besonders vor Unbefestigten, denn wer „Auslegung“ und „Anwendung“ nicht recht unterscheidet, kommt leicht zu ganz falschen Schlüssen und Unklarheiten, wo nicht gar zur Vermischung von Grundsätzen, die wenig oder nichts miteinander zu tun haben. Wer aber letzterer Gefahr nicht erliegt, dem kann manche erlaubte Anwendung viel inneren Gewinn und Segen vermitteln, denn von der Schrift gilt es überall: „Wohlgeläutert ist dein Wort und dein Knecht hat es lieb“. (Ps. 119,140.)

F. K.

Frage 12

Warum erfahren wir über den Schwesternsohn des Paulus nichts näheres, und was haben wir aus dieser Begebenheit zu lernen? (Apg. 23,16ff.)

Antwort

Aus dem Abschnitt Apgesch. 23,16ff. ersehen wir, wie der HErr Seinen Plan, den Er dem Apostel Paulus persönlich mitgeteilt hat (V. 11), auszuführen beginnt. Es war eine besondere göttliche Vorsehung, daß dem Neffen Pauli, dem Sohne seiner Schwester, der gemeine Mordplan einer jüdischen Verschwörerbande zu Ohren kam. Dieser Neffe Pauli gehört zu den sonst nicht bekannten und sogar nicht mit Namen genannten Personen des Neuen Testaments. Vielleicht hielt er sich des Studiums halber in Jerusalem auf wie einst Paulus. Vielleicht wohnten aber auch seine Eltern in Jerusalem. Ob er selbst ein Christ war, ist nicht gesagt. Eher kann man das

Familiensinn erklären genugsam den Beweggrund, der ihn in die Kaserne trieb, um seinem Onkel den Anschlag aufzudecken und ihn so vor dem sicheren Tode zu retten. Wie er sich den Eintritt in die Kaserne verschaffte, wird nicht berichtet. Vielleicht hatte Paulus, der ja kein Strafgefangener war, sich vielmehr nur in Schutzhaft befand, jedenfalls nur in der leichten custodia militaris (militärischen Bewachung), das Recht, den Besuch von Freunden zu empfangen. Warum sind uns diese „unbedeutenden“ Einzelheiten so genau mitgeteilt? Mir scheint, daß wir vor allem dreierlei daraus lernen können:

1. Gottes Absicht war, daß Paulus in Rom das Evangelium bezeugen sollte. Dieses Bewußtsein hätte Paulus veranlassen können, nun ganz untätig den weiteren Verlauf der Dinge abzuwarten und zu sehen, wie Gott zu Seinem Ziele kommen würde. Aber Paulus handelt nicht so. Er überläßt sich nicht einer mystisch-quietistischen Untätigkeit, sondern, obgleich er sich sicherlich auf Gottes Vorsehung verläßt, sieht er in der Mitteilung seines Neffen einen Wink, die natürlichen Mittel und Wege benutzen zu dürfen und zu sollen. Und zwar handelt Paulus sofort. Ähnlich handelt er später auf dem Schiff. Auch da hatte er durch ein Gesicht die göttliche Zusicherung erhalten, daß zwar das Schiff untergehen werde, daß Gott ihm aber das Leben aller Mitfahrenden geschenkt habe (Apgesch. 27,23.24). Trotzdem erklärt Paulus dem Hauptmann und den Soldaten, als er bemerkte, daß die Matrosen entfliehen wollten: „Wenn diese nicht im Schiffe bleiben, könnt ihr nicht gerettet werden.“ (V. 31.) Damit wollte er sie zum Eingreifen veranlassen, was sie auch taten. Also auch hier kein untätiges Zuschauen auf Grund der göttlichen Zusicherung. Man könnte sagen: Paulus wußte doch, daß er nach Rom kommen sollte, hätte er da nicht alles Gott überlassen und das Weitere abwarten können? Muß nicht das, was Gott beschlossen hat, geschehen? Gewiß! Wenn aber Gott uns etwas zeigt, was zur Erreichung Seines Zieles mitwirken kann, sollten wir es dankbar annehmen. Wir beten um Bewahrung und befehlen uns in Gottes Schutz, aber sehen uns doch auf der Straße vor und achten auf die Signale der Kraftwagen und dergleichen. Wir befehlen unsere Kinder dem Schutze Gottes, aber ermahnen sie doch, achtzugeben und vorsichtig zu sein. Wir senden vielleicht einen Geldbrief fort und bitten den HErrn, daß Er ihn in die Hand des Empfängers gelangen lasse, benutzen aber doch die von der Postverwaltung gebotene Sicherheit, uns durch

tun sollen, auch wenn wir in vollem Gottvertrauen stehen. Meistens sind es scheinbar kleine Dinge.

2. Wir lernen auch das, daß die Menschen mithelfen müssen, Gottes Ratschläge zu verwirklichen, auch wenn sie selbst Gottes Sinn nicht haben. Ob der Neffe Pauli ein Christ war, erfahren wir, wie oben schon gesagt, nicht. Gott aber benutzt ihn. Und nun entwickelt sich alles nacheinander, fast möchte man sagen, lawinenartig. Viele müssen mitwirken. Zunächst ein junger Mann, dessen Name nichts zur Sache tut. Dann ein Soldat, der Pauli Bitte weitergibt. Dann ein Hauptmann, der sie annimmt und weitergibt. Dann der Oberst, der willig und freundlich darauf eingeht. Dann der Brief, ein wichtiges, jedenfalls lateinisch geschriebenes Akten-Stück. Dann werden 470 Soldaten aufgeboten zur Bedeckung. Dann wird Paulus der höchsten Instanz der Provinz, dem Statthalter, übergeben. In 24 Stunden ist Gott mit Seinem Plan ein großes Stück dem Ziele nähergekommen! Welche Gedanken die Menschen dabei hatten, ist einerlei. Pauli Neffe handelte aus verwandtschaftlicher Liebe. Der Oberst wahrscheinlich in eigenem Interesse, um die VerAntwortung los zu werden und durch eine Ermordung Pauli nicht in den Verdacht zu kommen, als habe er sich von dessen Feinden bestechen lassen. Vielleicht hatte er auch eine gewisse Hochachtung vor dem gefangenen Paulus, den er zuGeißelhieben hatte verurteilen lassen (22,24ff.), ohne von seiner Schuld überzeugt zu sein. (Er stellt in dem Brief die Sache in einem für sich selbst günstigeren Lichte dar.) Die Hauptleute handeln einfach aus Gehorsam. Gott benutzt alles. Alle Dinge müssen zusammenwirken. (Röm. 8,28 wörtl.)

3. Wie wichtig war es, daß Paulus auch seine Überlegung gebrauchte und die von Gott gegebene Gelegenheit ausnutzte. Gott handelt für uns, aber oft gebraucht Er dazu unsere Mithilfe und nicht nur die anderer Menschen. In den natürlichsten Vorgängen - alles in dem Bericht klingt so natürlich und alltäglich - Gottes übernatürliches Walten und Regieren zu glauben und in allem Seine Hand und Führung zu erkennen macht das Herz still und getrost. ln minimus Deus maximus: In den kleinsten Dingen ist Gott am größten. Gefällt es Ihm, einen Engel zu senden wie zu dem gefangenen Petrus, so ist Gott wohl dazu imstande (Apgesch. 12,7ff.); sendet Gott aber einen Menschen, einen Verwandten, einen Neffen, d. h. bedient Sich

Gott scheinbar natürlicher Mittel, so sollen wir sie nicht verachten und vernachlässigen und etwa Engel (Apgesch. 12) oder Erdbeben (Apgesch. 16) erwarten!

J. W.

Bemerkungen des Schriftleiters

Über diese ebenso klare wie nüchterne Antwort werden sich hoffentlich alle Leser freuen und ihren Gewinn aus derselben ziehen!

Man hat versucht, den Apostel Paulus - in ungeziemender Weise, meine ich - zu kritisieren, als sei sein Weg von Apgesch. 21 an ein eigener gewesen, weswegen Gott ihn nur durch Gefangenschaft habe nach Rom kommen lassen können. Aus diesen kritischen Erwägungen heraus kommt man dann zu dem Schluß, daß die natürlichen Wege, die Gott mit ihm hier in Kap. 23 gehe, ein Zeichen dafür seien, daß sein Verhalten Gott nicht wohlgefällig gewesen sei, denn sonst hätte der HErr Sich wohl erhabenerer Mittel bedient zum Schutze des Apostels. Ich kann mich diesen menschlichen Meinungen durchaus nicht anschließen, wenngleich ich glaube, daß wir aus den letzten Kapiteln der Apostelgeschichte mehr zu lernen haben als nur Dinge, die für jedermann an der Oberfläche liegen. Aber für haltlose, fast möchte ich sagen ehrfurchtslose Kritik steht mir der Apostel doch zu hoch, zumal die Schrift nichts dergleichen sagt. Mau hüte sich, zwischen die Zeilen etwas hineinzulegen, was der Würde eines der „Heiligen Männer Gottes“ Abbruch tut (was man für sich selber auch alles lernen kann)!

Nein, ich glaube vielmehr, wir haben in diesen Kapiteln deutliche Anzeichen göttlichen Wohlgefallens genug, zumal die Leiden des Apostels doch nur die Erfüllung der ihm vordem mehrfach zuteil gewordenen Prophezeiungen waren, derentwegen er selber das an Klarheit nicht zu überbietende eigene prophetische Wort Apgesch. 21,13 gesagt hat, dessen Echo Vers 14 ist: „Der Wille des HErrn geschehe!“

Und der Wille des HErrn geschah, wer auch immer mithelfen mußte. Und in der Kette göttlicher Gnadenerweise, um das Ziel 23,11 zu erreichen, bildete der Neffe des Paulus ein wichtiges

Glied. Der Verfasser obiger Antwort hält ihn für wohl nicht gläubig; ich möchte eher annehmen, er sei es gewesen; aber wenn nicht, so hat er jedenfalls nicht zu denen gehört, die dem Evangelium feindlich waren und auch nicht zu solchen Verwandten nach dem Fleisch, welche die Feinde ihrer gläubigen Angehörigen waren, was der Herr Jesus verheißt. (Vgl. Matth. 10,36.) Gewiß ist es merkwürdig, daß wir sonst nichts von ihm hören! Gerade weil er ein so naher Verwandter des Paulus ist, hörten wir gerne sonst von ihm. Gott hat nicht für gut befunden, uns näheres zu sagen, also warum danach fragen?! Seien wir sicher: Gott vergißt es dem mutigen jungen Mann nicht, daß er es gewagt hat, für das leidende Volk Gottes (in der Person des Apostels) einzutreten, und hat Er uns auch seinen Namen nicht gesagt, so läßt Er seine treffliche Tat um so lauter reden. Paulus wird selber mit Freuden dem Chronisten Lukas Mitteilung davon gemacht haben.

Was wir aus dieser Begebenheit zu lernen haben, ist uns oben klar vor Augen geführt. Ich möchte noch hinzufügen, daß die Geschichte uns sicher auch dazu berichtet ist, daß wir lernen, uns mutig auf die Seite des Volkes Gottes zu stellen, auch wenn es möglichenfalls Schwierigkeiten und Gefahren mit sich bringt. Hierzu möchte ich an ein Kapitel erinnern, in dem auch eine Fülle von Ereignissen zusammentreffen mußten, um einem Gläubigen (David) große Gnade zu vermitteln: 2. Sam. 17. Hier sind auch Personen genannt, die von der göttlichen Vorsehung gebraucht werden zum Segen für andere, unter anderem auch zwei Frauen, die nicht mit Namen angeführt sind - aber Gott vergißt sie nicht! - in V. 17 u. 19ff.

Alles muß unserem großen Gott dienen zur Erreichung Seiner Ziele. Wie deutlich ist das z. B. in dem Buche der Vorsehung zu sehen: in Esther! Und noch vieles ließe sich nennen. - Was zagen wir in persönlichen Nöten? Unser Gott hat Mittel und Wege genug, uns zu segnen, wenn Er will, und läßt Er uns warten, wie den Joseph noch zwei Jahre (1. Mose 40,14ff. u. 41,2.9ff.) - um ihn dann auf dem von ihm gewünschten Wege zu befreien, aber noch dazu auch zu erhöhen - läßt Er uns warten, dennoch! Er kommt nie zu spät!

Wie kostbar ist sowohl dieses letztere als auch jenes, von Ihm in Seinen verschlungenen Wegen gebraucht zu werden, den Seinen irgendwie einmal in wunderbarer Weise dienen zu

dürfen, wo wir's uns nicht so ausgesucht hätten! Sein Name sei gerühmt und gepriesen!

F. K.

Hab Ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, du solltest die Herrlichkeit Gottes sehen? Joh. 11,40.

Reinigung durch die Waschung mit Wasser.

(Eph. 5,25.26; Joh. 19,34; Joh. 13; 1. Kor. 1-11.)

Nach einem Vortrag.

Die Kriegsknechte hatten den Übeltätern die Beine zerschlagen. Jesu Seite durchbohrten sie mit einem Speere. Sein Leib war ja auch im Tode zunächst ihrer Willkür überlassen. Er ist „für nichts geachtet“ worden, sagt der Prophet (Jes. 53,3). Dieser Speerstich war die letzte Schändung Seines heiligen, Ihm von Gott bereiteten Leibes. Johannes sah diese rohe Tat mit seinen Augen. Er berichtet uns den Speerstoß, der auch sein Herz und die Seele der Maria durchdrang. Was mußten die unter Seinem Kreuze Stehenden empfinden, als noch zuletzt der geliebte Leib so behandelt wurde?! Und Gott Antwortete darauf mit Blut und Wasser, einer Antwort, die Zeugnis von den Gedanken Seiner Gnade ablegte.

In seinem Briefe schreibt Johannes: „Drei sind, die da zeugen: Der Geist und das Wasser und das Blut, und die drei sind einstimmig.“ (1. Joh. 5,7.8.) Blut und Wasser zeugen mit dem Geiste von der Größe der Liebe und Gnade Gottes für Menschen, die Seinen Sohn so verachteten.

Blut und Wasser kamen aus der Seite des gestorbenen Heilandes und sind somit mit dem Tod des HErrn verbunden. Beides, Blut und Wasser, ist zu unserer Reinigung nötig, und beides wird in dieser Hinsicht in der Schrift klar voneinander unterschieden. 1. Joh. 1,7 wird von dem Blute gesagt: „Das Blut Jesu Christ Seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde“. Und von dem Wasser lesen wir, daß „Christus die Versammlung geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben

(Eph. 5,25.26.)

Das Blut Jesu Christi weist uns hin auf den Tod Christi als die gerichtliche Sühnung für unsere Sünden. In dem Blute Christi wurde die Frage der Gerechtigkeit Gottes in bezug auf unsere Sünden geordnet. Es nimmt unsere Sündenschuld ein für allemal hinweg. Das Wasser, das aus Seiner Seite floß, weist auch auf den Tod Christi hin. Sein Tod ist die Grundlage für die Reinigung durch die Waschung mit Wasser durch das Wort. Der Waschung durch das Wasser bedarf der Gläubige, um auf seinem Gange durch diese Welt von den Befleckungen der Sünde und den Einflüssen dieses Zeitlaufes gereinigt zu werden. Nicht als ob „durch die Waschung mit Wasser durch das Wort“ das Fleisch gereinigt oder verbessert würde, sondern wir werden vielmehr von dem Fleische gereinigt, welches in dem Kreuze Christi gerichtet und abgetan ist.

Die Schrift zeigt uns in dem Blute Christi den Tod Christi als Sühnung für unsere Sünden und wiederum in dem Wasser den Tod Christi in seiner reinigenden Kraft in unserem Wandel durch diese Welt. So finden wir es auch in den Vorbildern des Alten Testamentes. Das Blut wurde nur einmal im Jahre am großen Versöhnungstage in das Allerheiligste getragen, das Wasser dagegen mußte zur immerwiederkehrenden Reinigung beständig im ehernen Wasserbecken gehalten werden.

Auch in der so bedeutungsvollen Fußwaschung der Jünger durch den HErrn finden wir köstliche Belehrungen für unsere Betrachtung. In diesem Kapitel (Joh. 13) wird in zweierlei Weise von dem Waschen geredet. In Vers 10 sagt der HErr: „Wer ganz gewaschen (gebadet) ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße, sondern ist ganz rein.“ Wenn es sich jedoch darum handelt, daß wir teil mit Ihm haben sollen, bedürfen wir des Waschens unserer Füße, weil unser Weg durch eine sündige Welt geht. Wir haben eine Waschung nötig, welche nicht mehr eine Ganzwaschung ist, sondern die sich nur auf einen Teil unseres Leibes bezieht, auf den Teil, der mit dem Staub der Welt in Berührung kommt.

So finden wir es auch in dem Vorbilde bei Aaron und seinen Söhnen. Sie wurden einmal durch Mose gewaschen (2. Mose 29,4; 3. Mose 8,6.22-24), aber dann bedurften sie beständig in der

Wenn wir dies auf uns anwenden, so können wir sagen, wir haben diese einmalige, geistliche Reinigung in der neuen Geburt empfangen und sind ein für allemal gereinigt durch das kostbare Blut Jesu. Aber der HErr will nicht nur, daß wir selig werden, sondern daß wir jetzt schon „teil mit Ihm“ haben sollen, und zwar dort, wo Er jetzt ist, und dafür bedürfen wir der fortgesetzten Reinigung.

Als der HErr im Begriff stand, diese Welt zu verlassen und zum Vater zu gehen, enthüllte Er uns in der Fußwaschung diesen Dienst der Reinigung Seiner Gemeinde in der Waschung durch das Wort.

Der Gedanke Seines Wegganges war schrecklich für die Jünger, denn sie meinten, alsdann von Ihm getrennt zu sein. Aber der HErr belehrte sie, daß, obgleich Er von hier hinweggehen und sie hier bleiben würden, sie doch „teil mit Ihm“ haben sollten auch dort, wohin Er gehe. Dies war etwas ganz Neues für sie. Ihre Hoffnung war bisher nur gewesen, teil mit Ihm als mit dem Messias hier auf der Erde zu haben. Aber nun öffnete Er ihren Blick für eine ganz andere Stätte, die außerhalb dieser Welt in der Gegenwart des Vaters war, und dort sollten sie teil mit Ihm haben. Wenn sie aber verbunden mit Ihm als Seine Brüder teilhaben wollten, mußten ihre Füße gereinigt werden; mit dem Staube dieser Welt konnten sie dort nicht eintreten.

Durch das „Ganzgewaschensein“ waren sie fähig gemacht, mit Ihm verbunden zu sein. Sie gehörten dadurch nicht mehr zur Welt. (Joh. 17,14.) Aber sie waren noch in der Welt und dadurch immer in Berührung mit ihrem Schmutz und der Sünde; und deshalb bedurften sie der beständigen Reinigung ihrer Füße von den Befleckungen durch die irdischen Dinge und durch deren Einflüsse auf ihr Herz und Leben.

Es handelt sich in der Fußwaschung nicht um die Frage der Reinigung durch Blut oder um ein neues „Ganzgewaschensein“, denn der HErr sagt: „Wer ganz gewaschen - gebadet - ist, hat nicht nötig, sich zu waschen, ausgenommen die Füße, sondern ist ganz rein.“ In der Fußwaschung zeigt der HErr uns das, was Er uns jetzt tut und was wir uns von Ihm tun zu lassen haben. Und das, was Er uns tut, sind wir auch schuldig, einander zu tun (Joh. 13,14), d.

h. wir sollen uns einander den Dienst der Waschung durch das Wort tun, so daß eine geistige und praktische Reinigung von dem Wesen der Welt in unserem Herzen und unserem Leben bewirkt wird zu einem ungestörten Verbundensein mit Ihm dort, wo Er jetzt ist.

Dieser Dienst der Fußwaschung, den wir uns einander zu tun verpflichtet sind, ist in Wirklichkeit der Dienst Christi, obgleich er durch die Heiligen ausgeführt wird. Wir können diesen Dienst aber nur dann anderen tun, wenn wir dem HErrn erlauben, uns Selbst die Füße zu waschen, und wenn Seine Liebe es ist, die unser Herz dazu drängt. Es mag sein, daß jemand diesen Dienst tut und gar nicht sich bewußt ist, daß er ihn tut.

Der Dienst der Fußwaschung ist ein köstlicher Dienst. Zur Zeit des HErrn kannte man keine Strümpfe oder Schuhe oder Stiefel, welche den ganzen Fuß bedeckten. Die Fußwaschung war deshalb ein Dienst, durch den der ermüdete Wanderer erfrischt und erquickt wurde und mit dem zugleich die Reinigung vom Staub des Weges Hand in Hand ging. Die Waschung mit Wasser durch das Wort, die wir uns gegenseitig tun sollen, ist die Erquickung der müden Seele, die zugleich die Reinigung von den Befleckungen der Welt in sich trägt. Es ist so, wie David sagt: „Er erquicket meine Seele.“ Und dann folgt: „Er leitet mich in Pfaden der Gerechtigkeit um Seines Namens willen“ (Ps. 23,3). Wenn unsere Seele die Erquickung des Wortes erfährt, stößt sie den Staub dieser Welt ab.

Wie wenig tun die Heiligen Gottes sich doch diesen Dienst! Wie wenig wird dem Wasser des Wortes in unserem Verkehr miteinander Raum gegeben! Jede Berührung und Anwendung des Wortes ist Erquickung für unser Herz und trägt zugleich Reinigung und lösende Kraft von den Einflüssen der gegenwärtigen bösen Welt in sich, aus der wir durch den Tod Christi herausgenommen sind.

Wenn wir ein Beispiel der Fußwaschung anschauen wollen, so möchte ich auf Paulus hinweisen, wie er in seinem Briefe durch das Wasser des Wortes die befleckten Füße der Korinther wusch, indem er das Licht der Liebe Gottes und des Todes Christi darauf fallen ließ.

Wir ersehen aus dem 1. Korintherbrief, wie viele böse Dinge in der Gemeinde zu Korinth Raum

gefunden hatten. Denken wir, um nur einige herauszunehmen: 1. an die Spaltungen (Kap. 1-3), 2. an den sittlichen Tiefstand (Kap. 5), 3. an die Teilnahme an den Götzenopfer-Festen (Kap. 8-10) und 4. an die unwürdige Abendmahlsfeier (Kap. 11).

Mit welcher Weisheit wußte Paulus ihnen mit dem Wasser des Wortes die Füße zu waschen! Er führte sie auf die Höhe ihrer Berufung und ihrer Segnungen, die ihnen auf dem Grunde des Todes Christi zuteil geworden waren. Er erquickte ihre Seele, indem er ihnen zeigte, daß sie berufen worden seien 1. in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, 2. berufen seien, eine neue Masse und ungesäuert zu sein, 3. berufen seien, des HErrn Tisches teilhaftig zu sein, 4. berufen seien, als Geliebte des HErrn Abendmahl zu essen und Seinen Tod zu verkündigen. Wie mußte ihnen von dieser Höhe aus die ganze Häßlichkeit 1. der Spaltungen, 2. der Unreinigkeiten, 3. der Teilnahme am Dämonen-Tisch und 4. die Oberflächlichkeit am Mahle des HErrn vor Augen treten!

Mit der Liebe Christi im Herzen wusch er ihre Füße mit dem Wasser des Wortes und ließ das Licht des Todes Christi prüfend auf diese Dinge fallen.

Wenn wir den Dienst der Fußwaschung, den Paulus den Korinthern tat, noch etwas eingehender, nicht von der Seite der Erquickung, sondern von der Seite der Reinigung aus betrachten, dann sehen wir zunächst, wie er in Kapitel 1-3 das Wasser des Wortes von dem Kreuz Christi auf die Spaltungen in ihrer Mitte anwendet. Diese Spaltungen offenbarten, daß der Mensch und die menschliche Weisheit wieder Wert und Wichtigkeit in ihren Herzen erlangt hatten. Wohl handelt es sich hier um Menschen, die das Zeugnis Gottes brachten, die Diener Christi waren, wie Paulus, Apollos, Kephas, aber gerade die Spaltungen, das „Sichaufblähen für den einen wider den anderen“, (1. Kor. 4,6) zeigte, daß sie wieder auf den Menschen und seine Weisheit blickten und das Wesen der Welt wieder Wert in ihren Augen gefunden hatte. Wie war das gekommen? Hatte Paulus in seinem Dienst ihnen dazu Anlaß gegeben? Von ihm hatten sie solches nicht gelernt. Der einzige Inhalt seines Zeugnisses war Christus gewesen und nicht der Mensch noch dessen Weisheit, sondern allein Christus, und zwar Christus als gekreuzigt. (1. Kor. 2,1.2.)

In dem Kreuze Christi bezeugte Gott, daß der Mensch im Fleische für nichts brauchbar war.

Gott konnte weder seine Weisheit noch seine Gerechtigkeit, noch Heiligkeit, noch Erlösung gebrauchen. Nichts konnte Gott von ihm annehmen. Diesen Menschen konnte Er nur im Gericht abtun und beseitigen. Und dieses Gericht fand durch Gottes Hand an dem Kreuze von Golgatha statt. Dort hatte der alte Mensch sein Ende gefunden. Das Gericht am Kreuze ist nicht nur die Grundlage für die Gnade Gottes in der Vergebung unserer Sünden, sondern auch das Abgetansein des Menschen als völlig verdorben und unbrauchbar. Welche Torheit deshalb, diesen Menschen, den Gott durch das Kreuz Christi für immer beseitigt hat, wieder zu verherrlichen!

Hier lag der Mangel bei den Korinthern. Sie verstanden die wichtigen Wahrheiten nicht, die mit dem „Kreuze Christi“ verbunden sind. Aus diesem Grunde konnte der Apostel ihnen auch nicht die verborgene Weisheit Gottes enthüllen. (1. Kor. 2,6.7.) Er konnte nicht zu ihnen reden wie mit Vollkommenen, d. h. wie mit Erwachsenen, die nicht mehr Kinder waren, welche der Milch bedurften. (1. Kor. 2,6; 3,1-3.) Nicht als ob Sein Zeugnis in ihrer Mitte mangelhaft oder Schuld daran gewesen wäre, daß sie Unmündige geblieben waren, sondern die Ursache war, daß sie sein Zeugnis nur mangelhaft aufgenommen und erfaßt hatten.

So ist es heute noch. Viele Gläubige verstehen wohl, daß der Tod Christi die Grundlage der Vergebung ihrer Sünden ist, aber wenige erfassen mit treuem Herzen den weiteren Inhalt des „Kreuzes Christi“, nämlich daß der Mensch im Fleische im „Kreuze Christi“ gerichtet und abgetan ist und ebenso auch das ganze System dieser Welt. (Gal. 6,14.)

Diese Seite des „Kreuzes Christi“ mag wohl mit dem Verstande erfaßt werden, wenn sie aber nicht in einem treuen Herzen aufgenommen wird, so offenbart sich dieses in der Menschenverherrlichung und der Wertschätzung der Dinge, die dem System der Welt entsprossen sind. Das Zeugnis von dem „Kreuze Christi“ läßt der Verehrung und Verherrlichung des Menschen und seiner Weisheit keinen Raum. Mit welcher Sorgfalt vermied Paulus in der Verkündigung des Zeugnisses Gottes alle Redeweisheit, „damit nicht das Kreuz Christi zunichte gemacht werde.“ (1. Kor. 1,17.) Er zitterte über seine Rede und seine Predigt, damit „nicht die Kraft in den überredenden Worten der Weisheit“ liegen möge und sie nur Verstandes-Gläubige

würden, sondern daß seine Predigt in der Kraft des Geistes Gottes sich erweise in dem Glauben an den gekreuzigten Christus. (1. Kor. 2,3-5.)

Im 5. Kapitel braucht er alsdann das Wasser des Wortes, um sie von der Unreinigkeit in ihrer Mitte zu reinigen. Wieder richtet er ihren Blick auf den Tod des HErrn, indem er auf das Passah hinweist und sagt: „Auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet“ (V. 7). Zuvor sagt er ihnen jedoch, daß sie eine neue Masse und ungesäuert seien. Dies war das Gepräge, das sie sowohl in ihrer Gesamtheit als Gottes Gemeinde wie auch jeden einzelnen kennzeichnen sollte.

Er erinnert sie an die Geschichte des Volkes Israel. Wenn das Passah in Israel geschlachtet war, so mußte jeder Sauerteig aus der Mitte des Volkes Gottes hinweggetan werden. Wer Gesäuertes aß, des Seele sollte ausgerottet werden aus Israel. (2. Mose 12,14.15.) Passah und Sauerteig durften nicht zusammengefunden werden.

Und waren sie, die Gläubigen in Korinth, nicht Gottes erlöstes Volk? Ihr Passah, Christus, war geschlachtet worden. Wie konnten sie dann „Sauerteig“ in ihrer Mitte dulden? Wenn Passah und Sauerteig nicht zusammen sein konnten, mußten sie dann nicht in Übereinstimmung damit sein? Konnten sie Festfeier halten mit dem alten Sauerteig? Der Apostel schreibt ihnen deshalb: „Unser Passah, Christus, ist geschlachtet, darum laßt uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit ungesäuertem Brote der Lauterkeit und Wahrheit. (1. Kor. 5,7.8.)

In der Mitte des irdischen Volkes Gottes durfte sieben Tage lang kein Sauerteig gefunden werden. Bei dem himmlischen Volke soll es geistlicherweise beständig so sein. In Israel mußte immer wieder von Zeit zu Zeit das Passahlamm geschlachtet werden, und damit in Verbindung durfte dann während sieben Tage (eine vollkommene Zeit) kein Sauerteig bei ihnen gefunden werden: Wir aber sollen, solange wir hier in der Wüste sind, als Gottes Volk dadurch gekennzeichnet sein, daß unser Passah, Christus, ein für allemal geschlachtet ist und kein geistlicher Sauerteig in unserer Mitte geduldet wird.

So sehen wir, wie der Apostel das Licht des Todes Christi zunächst auf die Spaltungen fallen ließ

und ihnen zeigte, daß sie damit den Menschen, den Gott als völlig verdorben und untauglich, in dem „Kreuze Christi“ gerichtet hat und der in der Taufe mit Christo begraben ist, wieder ausgruben und verherrlichten und somit „das Kreuz Christi zunichte machten“. Und weiter sehen wir, wie er alsdann das Licht des Todes Christi auf den Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit in ihrer Mitte fallen ließ und ihnen zeigte, daß sie damit ihre Unwissenheit offenbarten und zugleich verleugneten, eine neue Masse und ungesäuert zu sein. (1. Kor. 5,6.7.)

Wir kommen nun zu unserem dritten Punkt (Kap. 8-10). Es war die Frage erhoben worden, wie weit die Freiheit eines Gläubigen gehe, ob ein solcher am Essen von Götzenopfern teilnehmen könne und ob dieses nicht eine Anerkennung der Götzen sei.

Während der Apostel auf der einen Seite die Freiheit des Gläubigen behauptet, dringt er andererseits mit aller Entschiedenheit darauf, daß der Gläubige sich von allem, was Götzendienst heißt, enthalten solle. Er wendet sich an die Gläubigen als an verständige Männer (Kap. 10,15) und richtet ihre Aufmerksamkeit auf den Kelch der Segnung, welchen sie segnen, und auf das Brot, welches Sie brechen, und zeigt ihnen, daß sie damit die Gemeinschaft mit dem Tode Christi ausdrückten.

Ihr Teilhaben an dieser Handlung war Gemeinschaft mit Christus in Seinem Tode, und ihre Teilnahme an den Götzenopfer-Mahlzeiten war Gemeinschaft mit den Dämonen. Konnten sie an beiden zugleich teilhaben? Diese beiden - der Kelch des HErrn und der Kelch der Dämonen - standen sich unüberbrückbar gegenüber. Konnten sie Gemeinschaft mit Christus und zugleich Gemeinschaft mit den Dämonen haben? Er Antwortet: „Ihr könnt nicht des HErrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht des HErrn Tisches teilhaftig sein und des Tisches der Dämonen“.

(1. Kor. 10,21.) Die Teilnahme an dem einen schloß die Teilnahme an dem anderen aus.

So ließ der Apostel das Licht des Todes des HErrn auf ihre Verbindung mit der Welt fallen und zeigte ihnen, daß der Tod Christi sie von der Welt trennt und sie nicht mit zwei sich einander

entgegenstehenden Dingen zugleich Gemeinschaft haben konnten. Der Tod Christi enthüllte die Dinge, denen sie in ihrem Herzen huldigten.

Und nun noch unser letzter Punkt. In den Kapiteln 11-14 gibt der Apostel Belehrungen über die verschiedenen Zusammenkünfte der Gemeinde. Als erstes kommt er auf das Abendmahl des HErrn zu sprechen, an welchem sie ohne Selbstprüfung teilnahmen. In dem Mahle des HErrn sehen wir den Tod des HErrn in Seiner unfaßbaren Liebe zu uns. Wenn der Apostel in diesen vier Kapiteln Unterweisungen über die verschiedenen Zusammenkünfte der Gemeinde gibt, so ist es nicht ohne Bedeutung, daß er seine Belehrungen mit der Gedächtnisfeier des HErrn beginnt. Damit stellt er dieses Zusammenkommen an den ersten Platz von allen Zusammenkünften der Gemeinde. In diesem Zusammenkommen verkündigen wir den Tod des HErrn, und dieses muß unsere Herzen zur Selbstprüfung führen, ob unser Leben damit übereinstimmt. Leichtfertigkeit und Gleichgültigkeit sind eine Mißachtung der Gemeinde Gottes. Jedes unwürdigliche Essen und Nichtunterscheiden des Leibes offenbarte den Mangel an Selbstgericht und mußte Gottes Züchtigung über die Glieder der Gemeinde bringen.

Die Verkündigung Seines Todes muß durch unser Leben und Verhalten bestätigt werden. Können wir uns in fleischlicher Weise gehen lassen, wenn wir Seinen Tod verkündigen, der das Gericht über den Menschen im Fleische ist?

Und ebenso ist es auch in den anderen Zusammenkünften. Das Zusammenkommen zum Mahle des HErrn, in welchem wir Ihn anschauen in Seiner Liebe bis zum Tod, leitet uns gleichsam hinüber zu den anderen Zusammenkünften der Gemeinde, zu dem Dienst der Liebe in der Ausübung der Gaben zur Auferbauung der Glieder Seines Leibes. Sein Tod hindert uns, etwas aus uns selbst zu machen, sondern wir sind einander untertan und alles geschieht anständig und in Ordnung und zur Erbauung.

Fassen wir das Gesagte noch einmal zusammen, so sehen wir, wie der Apostel in diesem Briefe das Zeugnis von dem Tode des HErrn als des reinigenden Wassers gebraucht:

1. für die Beseitigung des Menschen im Fleische und aller Anmaßung des Menschen,

2. für das erlöste Volk Gottes in bezug auf „Sauerteig der Bosheit usw.“ in ihrer Mitte,

3. für die Gläubigen in bezug auf ihre Gemeinschaft und Huldigung der Dinge dieser Welt,

4. in bezug auf unsere Liebe zum HErrn und unser Verhalten in den Zusammenkünften der Gemeinde.

An diesen Beispielen sehen wir:

1. daß der Tod des HErrn keine Erhebung und Verherrlichung des Menschen erlaubt,

2. keine Duldung von altem „Sauerteig“ in der Mitte der Gemeinde noch in dem Leben der Heiligen,

3. daß er völlige Absonderung von allen götzendienerischen Verbindungen fordert,

4. daß er uns zum Selbstgericht und zum rechten Verhalten in den Versammlungen der Gemeinde nötigt.

So sehen wir, daß der Tod Christi die Quelle der reinigenden Kraft des Wortes ist.

Welches Wort der HErr auch für die Heiligung und Reinigung Seiner Gemeinde gebrauchen mag, die Grundlage der heiligenden und reinigenden Kraft „der Waschung mit Wasser durch das Wort“ ist, daß Er Sich Selbst hingegeben hat - ist Sein Tod!

Wenn wir auch in den betrachteten vier Beispielen sahen, daß der Apostel die Schäden in der korinthischen Gemeinde dadurch zu entfernen suchte, daß er dieselben mit dem direkten Zeugnis des Todes Christi in Verbindung brachte, so ist damit doch nicht gesagt, daß die Waschung mit Wasser nur allein und immer durch die Anwendung eines Wortes von dem Tode Christi geschehen müsse. Wenn der Apostel im 6. Kapitel zu den Rechtshändeln der Korinther kommt, so finden wir, daß er, um sie von dieser beschämenden Sache zu reinigen, nicht ein direktes Wort vom Tode Christi gebraucht, sondern sie hinaufführt zu ihrer zukünftigen Hoheit

und Herrlichkeit, die Welt und die Engel zu richten. Wie konnten sie, wenn sie die Welt richten sollten, die Welt zum Richter über sich setzen? Und wie vermochten sie die Welt und Engel zu richten anders als im Verbundensein mit Christus, dem Richter des ganzen Erdkreises? Und wo lag das Geheimnis ihres Verbundenseins mit Christus anders als in dem Tode Christi?!

Aus der Seite des gekreuzigten und gestorbenen Heilandes floß Blut und Wasser hervor; und wohin wir auch blicken mögen, die Grundlage aller reinigenden Kraft ist der Tod Christi.

Tragen wir die Wahrheit des Todes Christi lebendig in unserem Herzen, so wird sich die Wirkung davon in unseren Wegen und unserem Wandel offenbaren.

A. v. d. K.

Sperling und Rabe.

Matth. 10,29.31; Luk. 12,6.7.24.

Ist es uns eigentlich schon einmal aufgefallen, daß unser Gott durch den Mund des Herrn Jesus unseren leiblichen Sorgen, um sie zu zerstreuen, dadurch zu begegnen sucht, daß Er auf Tiere, auf Vögel hinweist, die im allgemeinen bei den Menschen wenig Sympathie und Wertschätzung genießen?! Sperlinge und Raben führt Er uns vor Augen, und wenn schon Sperlinge, warum denn auch noch Raben? Bezüglich der ersteren mochte ein schriftkundiger Jude an die liebliche Stelle Ps. 84,4: „Selbst der Sperling hat ein Nest gefunden - Deine Altäre!“ erinnert werden, allwo der verachtete Sperling noch dazu mit der lieben Schwalbe zusammengenannt wird, aber knüpfen sich auch an den Raben liebliche Erinnerungen in der Schrift? Sicherlich, jedoch auch andere! Man denkt zuerst an jene Stelle, wo er und überhaupt der erste Vogel mit Namen genannt wird: 1. Mose 8,7, wo sein Fortbleiben das Zeichen des Sinkens der Wasser war. Diese Stelle zeigt uns, daß der Rabe in Gottes Augen doch nicht so wertlos ist wie in denen der Menschen, und wenn auch Worte wie Spr. 30,17 und Jes. 34,11 weniger Erquickung auslösen als etwa die anschauliche Stelle Hohel. 5,11, so beweisen sie doch, daß der Rabe nicht

gelassen, daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen sollen. (Joh. 13,1-17.) Und welche zarte Liebe sehen wir bei dem Apostel Paulus den Geliebten des HErrn gegenüber! (1. Thess. 2,7.) Möchte es uns bewußt bleiben, daß die Erlösten die Geliebten des HErrn sind, in welchen Gott ein Werk angefangen hat, und möchten wir durch unser Verhalten nicht ein Hindernis werden auf dem Glaubenspfade des anderen!

Außer dem vollkommenen Vorbild, welches der HErr Selbst uns ist, haben wir auch noch andere Vorbilder in bezug auf die Betätigung der Liebe. Denken wir an die Maria, welche dem HErrn zu Füßen saß und Ihn salbte, an die Martha, welche Ihm diente, an die Hanna, die Witwe von 84 Jahren, an die Weiber, die dem HErrn nachfolgten und Ihm mit ihrer Habe dienten, an Joseph und Nikodemus, die den HErrn ehrten bei Seinem Begräbnis, an die Liebe der ersten Christen, an die Tabitha, die voll guter Werke und Almosen war, und an den Apostel Paulus, welcher in Treue und Liebe dem HErrn diente!

Was die Liebe für Ihn, unseren HErrn, ist, ersehen wir aus den vielen Ermahnungen in bezug auf die Liebe. Er mag vieles Anerkennungswerte bei uns finden, findet Er aber die Liebe nicht, so vermißt Er das Wichtigste; denn alles Tun und Lassen ohne Liebe ist ja eitel, wie wir gesehen haben. Vielleicht müssen wir, der Schreiber und Leser, uns mehr oder weniger beugen unter das Wort, welches der HErr an die Gemeinde zu Ephesus richtete: „Aber Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast. Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke.“ (Offenb. 2,4.5.)

Die teuren Brüder und Schwestern aber, welche durch die Gnade des HErrn Liebe betätigen, möchten sich durch diese Betrachtungen ermuntern lassen, darin noch reichlicher zuzunehmen. (1. Thess. 4,10.) „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir.“ (Offenb. 22,12.)

Möchte es dem HErrn gefallen, diese schwachen Ausführungen zum Segen zu benutzen! Ihm aber, welcher in uns wirkt, sowohl das Wollen als auch das Wirken, sei allein die Ehre jetzt und in Ewigkeit!

Strebet nach der Liebe!“ (1. Kor. 14,1a!)

O. D.

Tu' doch die Arbeit, von Gott dir gegeben,

Tu' sie mit Liebe, die Zeit eilt dahin.

Was bleibt denn übrig, o sag', von dem Leben?

Werke der Liebe, getan nur für Ihn!

Nichts ist hier bleibend, nichts ist hier bleibend,

Alles, wie schön auch, wird einmal vergehn;

Nur was getan ist aus Liebe zu Jesu,

Das behält Wert und wird ewig bestehn!

Opfre die Zeit nicht den nichtigen Sorgen,

Hilf den Gebundnen und lindre den Schmerz,

Dein Licht laß scheinen, so klar wie den Morgen,

Weis' auf den Heiland, der Ruh' gibt ins Herz.

Nichts ist hier bleibend, nichts ist hier bleibend,

Alles, wie schön auch, wird einmal vergehn;

Nur was getan ist aus Liebe zu Jesu,

Das behält Wert und wird ewig bestehn!

All deine Arbeit und Leiden für Jesum,

Er wägt sie völlig und schätzt ihren Wert,

Droben einst, droben, da finden wir wieder

Früchte der Saat, die wir streuten auf Erd'.

Nichts ist hier bleibend, nichts ist hier bleibend,

Alles, wie schön auch, wird einmal vergehn;

Nur was getan ist aus Liebe zu Jesu,

Das behält Wert und wird ewig bestehn!

(„Blankenburger Lieder.“) D.

„Und sie singen ein neues Lied.“

Offenb. 5,9.

Wir lesen oft von Gesang in der Bibel, aber kein Gesang ist so wunderbar schön wie der, der dem Herrn Jesus Christus gebracht wird, wenn Er Seine Gemeinde bei Sich hat, in der Herrlichkeit. Wie wird es sein, wenn der ganze himmlische Chor das neue Lied anstimmt! Keiner wird still bleiben. Salomo hatte Sänger und Sängerinnen, aber was war das im Vergleich mit der Menge des himmlischen Chores der erlösten Seelen seit dem Anfang der Welt? An diesem Gesange nimmt die Gemeinde teil, welche Sich der HErr seit dem ersten Pfingsttage bis zu dem Tage Seines Wiederkommens aus der Welt herausgenommen hat; denn wir lesen im 5. Kapitel der Offenbarung Johannes, V. 9.10: „Und sie singen ein neues Lied: Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn Du bist geschlachtet worden und hast für Gott erkauft, durch Dein Blut, aus jedem Stamme und Sprache und Volk und Nation, und hast sie unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht, und sie werden über die Erde herrschen.“

In vergangenen Zeiten sangen die Weiber und sprachen: „Saul hat seine Tausende geschlagen, und David seine Zehntausende.“ (1. Sam. 18,7.) Aber was werden wir von dem HErrn sagen, der den Teufel und das Heer des Bösen überwunden hat? Gewißlich singen wir das neue Lied! Eine solche Zahl von Sängern ist noch nie dagewesen, eine Menge, die niemand zählen kann; die besten Mathematiker könnten sie nicht erreichen; der Einzige, der die Zahl weiß, ist der HErr Selbst, der uns durch Sein Blut erkauft hat. Dieser Gesang ist der schönste aller Gesänge, weil er der Liebesgesang der Liebe dessen ist, der uns geliebt hat bis zum Tode, zum Tode des Kreuzes.

Hier seufzen wir, weinen und murren sogar manchmal, aber wenn wir an den kommenden Gesang dächten, an welchem wir teilhaben mit allen Erlösten, würden wir hier gewiß mehr singen. Der Christ kann hier auf Erden singen in aller Trübsal und Heimsuchung, denn bald, sehr bald wird er mit dieser großen Menge den Lobgesang Dem singen, Der ihn errettet und gewaschen hat von den Sünden in Seinem Blut. (Offenb. 1,5.)

P. M. (M. E. G.)

Frage und Antwort

Frage 13

Was heißt „einfältig zum Bösen“ sein? (Röm. 16,19.)

Antwort Des Schriftleiters

Der Apostel gibt den gläubigen Römern noch ganz gegen Ende seines kostbaren Briefes (16.17ff.) eine sehr ernste Ermahnung im BIick auf Irrlehren, die innerhalb der Gemeinde Zwiespalt anrichten und zum Abfall verführen könnten. (Dies der Sinn der Stelle!) Mit solchen sollen sie durchaus nichts zu tun haben, sondern sich ernstlich von ihnen wegwenden. Die

ist durchschlagend deutlich. Gibt's nicht heute solcher Geister genug, die durch „süße Worte“ (Miniatur: „Schönrednerei“) und dergl. die Herzen der Arglosen verführen?! Aber „sie dienen nicht unserem Herrn Christus“ (nur hier und in Kol. 3,24 steht meines Wissens diese Verbindung: „der Herr Christus“!), „sondern ihrem eigenen Bauche“ (vgl. Phil. 3,19: „deren Gott der Bauch ist“). Demgegenüber kann Paulus sich der Römer halben freuen, daß die Kunde von ihrem Glaubensgehorsam überall hingelangt sei (V. 19; vgl. 1,8). Sie waren also bis jetzt noch nicht solchen Verführern erlegen, doch tat die Warnung not. Der Apostel wußte - z. B. von den Galatern her! -, wie leicht und schnell Irrlehrer Eingang finden können, wenn man nicht auf der Hut ist, und darum warnt er so eindringlich und fügt dann im zweiten Teil des V. 19 die Bekundung seines Willens hinzu mit „aber“: „Ich will aber, daß ihr weise seid zum Guten, jedoch einfältig zum Bösen.“ Und wenn sie so sind, dann würden sie die Macht des „Gottes des Friedens“ bald erfahren, der den Satan, d. h. hier die vom Satan gebrauchten Friedensstörer, in kurzem überwältigen werde. - Dies in kurzen Zügen der kleine Absatz!

Nun zurück zu der erfragten Stelle! Sie ist nicht zu besprechen ohne die erste Hälfte: „Ich will aber, daß ihr weise seid zum Guten.“ Paulus hatte Grund zur Freude ihretwegen, aber das genügte nicht für die Zukunft! Es ist oft so, wie oben schon angedeutet, daß der Feind Eingang findet, wenn man nicht eine gewisse Weisheit oder geistliche Reife hat und bezeigt, um das, was gut ist in den Augen Gottes, zu sehen oder zu unterscheiden vom Gegenteil, das aber ja leicht ein schillerndes, betrügliches Gewand trägt. Die geistliche Weisheit ist ein höchst notwendiges Stück auch in heutiger Zeit, wo die religiösen Verführer in solcher Schlauheit vorgehen, daß manches einfältige Gotteskind schon dadurch schweren Schaden an der Seele genommen hat, daß es vielleicht an der Haustür Schriften anbietende Irrlehrer (wie die der Adventisten [Sabbatharier] oder Apostolischen oder gar der fälschlich sogenannten „Ernsten Bibelforscher“) ruhig angehört und ihnen ihr Gift abgekauft und genossen hat. Und dann kam man, vergiftet mit diesem Gift, in die Gemeinde und verkündete dort die neue „Wahrheit“ - andere wurden angesteckt und ein nicht wieder gut zu machender Schade entstand! - Der Apostel lobt den Glaubensgehorsam der Römer, aber ohne geistliches Unterscheidungsvermögen sind sie in vielleicht ihnen noch unbekannten, darum aber um so

größeren Gefahren: also „weise zum Guten“ sollen sie sein! Wie kann man's? Indem man das Gute kennt! Das Gute ist uns gegeben in Christo, im Wort der Wahrheit! „Wer weitergeht“ (2. Joh. 9), d. h. wer mit der erkannten Wahrheit nicht zufrieden ist und sich ausstreckt nach „tieferen Wahrheiten“ (den „Tiefen Satans“ gar? Offenb. 2,24!!), die ihm von solchen Irrgeistern angepriesen werden, wer Blendwerk der Hölle, „Lehren der Dämonen“ (1. Tim. 4,1ff.) mehr schätzt als die nicht verführerischen, schmucklosen Lehren des göttlichen Wortes, - der wird gar bald verführt und zum Abfall geneigt sein, wenn Gott in Seiner Gnade ihn nicht bewahrt und zurückreißt. Aber dazu bedarf es eben der geistlichen Weisheit, um das Gute zu kennen und sich daran genügen zu lassen. Denn wer das Gute kennt und hat - kann man dem mit „Besserem“, „Tieferem“ die Augen verblenden?

Und zu dieser geistlichen Weisheit, dieser Reife des Urteils und diesem Unterscheidungsvermögen, das Paulus bei ihnen zu sehen wünscht, kommt als zweites das „Einfältigsein zum Bösen“. Ja, was heißt das? Das Wort, das da für „einfältig“ im Grundtext steht, ist das gleiche wie in Matth.10,16: „einfältig wie die Tauben“ oder wie Phil. 2,15 „tadellos und lauter (einfältig)'', und in allen drei Stellen ist die Grundbedeutung die, welche die „Miniaturbibelübersetzung“ von den vielen Übersetzungen, die ich nachgesehen habe, allein hat: „unvermischt“, also etwa „lauter“, „echt“! Und wir könnten unsere Stelle so wiedergeben: „... daß ihr unvermischt bliebet mit dem Bösen“ (Min.). Der Sinn ist dann leicht zu sehen. Der Apostel will, daß sie nicht nur (durch das Wort) geistlich-weise sehen möchten, was gut ist in Gottes Augen (vgl. übrigens dazu Kap. 12,2 und siehe dazu auch 1. Kor. 14,20!), sondern sie sollen auch (vielleicht geistlicherweise ängstlich nach Phil. 2,12: „mit Furcht und Zittern“) bemüht sein, sich allem Bösen gegenüber rein zu erhalten, sich gar nicht damit einzulassen, von vornherein sich nicht damit zu vermischen, so daß sie unzugänglich für dasselbe bleiben und darum gesichert gegen dasselbe; denn in nichts auf Böses eingehen macht unsere Stellung am sichersten! Die Verführer auf allen Gebieten sagen zwar: „Man muß alles mal kennen lernen, sonst kann man ja nicht mitreden; man ist ja gar kein rechter Mann, wenn man feige die Augen verschließt vor diesem und jenem“ usw.!! (Wie so viele junge Leute - Gott sei's geklagt! - sind in das Netz der Unsittlichkeit geraten durch solche Worte!) Aber der geistlich

darum weiß ich auch, was böse ist, auch wenn ich es nicht kennen lerne, davon koste und es genieße - und ich will nichts davon! Ich will einfältig bezüglich des Bösen bleiben, dann habe ich Gottes Wohlgefallen auf meiner Seite - und was brauche ich das Wohlgefallen der Verführer, wenn mir Gottes Angesicht leuchtet?! Fort mit dem, was Ihm nicht lieb ist!“ - Das sind die Einfältigen, in der Welt oft Verspotteten, aber die in Gott Reichen (Luk. 12,21) und Glücklichen. Gehören wir, lieber Leser, dazu? Dann werden wir die friedevolle Gegenwart des „Gottes des Frieden“ kennen und genießen. (Röm. 16,20.)

Paulus sagt: „Ich will aber ...“ Dies inspirierte (gotteingehauchte) Wort ist lebendig! Darum: Willst du auch, wollen wir auch, daß wir „weise zum Guten und einfältig bezüglich des Bösen'' seien, so können wir es auch! Die Kraft, die Gnade ist da für alle, die ihrer benötigen! (Phil. 4,13; Joh. 1,16 u. a.) Wie wichtig ist diese Stelle schon fürs tägliche Leben des einzelnen, wie wichtig aber auch für das Leben innerhalb der Gemeinde Gottes (der örtlichen wie der gesamten!), in welcher nur deshalb heute so manche Irrlehrer ihr verderbliches Wesen treiben können, weil viele Gläubige spielen mit der Wahrheit, nicht gehorsam sind und diese zweite Hälfte von Röm. 16,19 nicht ernstlich zu verwirklichen trachten (wie traurig ist das!): „Ich will aber, daß ihr weise seid, wenn es sich um das Gute, einfältig aber, wenn es sich um das Böse handelt“ (nach Wiese). - Der HErr gebe uns Gnade dazu, nach dieser Stelle zu leben zu Seines Namens Preis!

F. K.

Frage 14

Was bedeutet: „... nicht festhaltend das Haupt“ (KoI. 2,19)?

Antwort A

Ehe wir zur eigentlichen BeAntwortung der Frage schreiten, möchten wir kurz einiges über das vom Geiste Gottes hier gebrauchte Bild sagen, um festzustellen, in welchem besonderen Sinne

es hier zu verstehen ist.

Wir wissen, daß der Geist Gottes verschiedentlich von den Gläubigen bildlich als dem „Leib“ Christi spricht (Röm. 12,4.5; 1. Kor. 12,12-27; Eph. 1,22,23; 4,4.12.15.16; 5,23.30; Kol. 1,18.24; 2,19). Die Bedeutung ist nicht an jeder Stelle die gleiche, sondern je nach dem Charakter des betreffenden Briefes verschieden:

In Röm. 12,4.5 handelt es sich um den Dienst: Das Bild des Leibes zeigt die Verschiedenheit der Dienste und die Beschränkung jedes einzelnen auf die für seinen Dienst ihm gegebenen Grenzen.

In 1. Kor. 12 erstreikt sich der Gedanke auf alles, was in dem Bilde eines Leibes enthalten ist: das vollkommene, organische Verbundensein durch den Heiligen Geist, der in jedem einzelnen wohnt und wirkt; die Zuteilung eines Dienstes an jeden einzelnen „zum Nutzen“; die Verschiedenheit des Dienstes eines jeden; das Dasein füreinander; das Abhängigsein voneinander und darum die Notwendigkeit des Daseins und Dienstes jedes einzelnen; die Wirkung des Zustandes jedes einzelnen auf die anderen.

Es ist klar, daß in beiden Briefen das Bild des Leibes sich lediglich auf die jeweils auf der Erde lebenden Gläubigen bezieht und nur auf diese beziehen kann, da in beiden Fällen das, was in dem Bilde zum Ausdruck kommen soll, nur auf die auf der Erde lebenden Gläubigen zutrifft - sowohl die in Röm. 12,6-8 erwähnten Dienste: Weissagung, Dienst, Lehre, Ermahnung, Mitteilen, Vorstehen, Barmherzigkeit üben, als auch alle die in 1. Kor. 12 genannten Dienste, Beziehungen und Zustände. Im vollen Einklang mit dieser Tatsache wird in beiden Briefen auch nicht von Christo als dem Haupte des Leibes gesprochen. Warum nicht? Weil in beiden Fällen das Bild nur zur Darstellung von Dingen gebraucht wird, die lediglich mit dem Leben der Gläubigen auf der Erde verbunden sind, wie wir oben gesehen haben, und dementsprechend der ganze Leib, zu dem auch das Haupt gehört, als auf der Erde befindlich betrachtet wird. Christus aber ist nicht auf der Erde, sondern in der Herrlichkeit. Darum ist nicht Er als das Haupt betrachtet, sondern das Haupt ist als Teil des Leibes in seinen verschiedenen Organen

Röm. 12 kommt das nicht zum Ausdruck, weil dort - dem Zwecke entsprechend, den der Heilige Geist an jener Stelle im Auge hat - der Gedanke nur kurz berührt und auf Einzelheiten des Bildes nicht eingegangen wird; aber umso deutlicher tritt es in 1. Kor. 12 vor unser Auge, wo einzelne Glieder aufgeführt sind: Fuß, Hand, Ohr, Auge, Geruch, und von jedem wird gesagt, daß es zum Leibe gehört und der anderen Glieder bedarf (V. 15-21). Da sehen wir, daß auch die Verrichtungen der verschiedenen Sinnglieder des Hauptes in das auf die Gläubigen angewandte Bild mit eingereiht sind, also das Haupt nicht Christus ist, sondern mit als auf der Erde befindlich, aus Gläubigen gebildet, betrachtet wird. Wie könnte gesagt werden, daß das Haupt nicht zu den Füßen sagen kann: „Ich bedarf euer nicht“, wenn Christus das Haupt wäre? Er ist doch nicht abhängig von uns, aber wir sind abhängig voneinander; also kann das Haupt nicht Christus sein, wenn es gleich allen anderen Gliedern abhängig ist von den anderen. - Das mag manchem Leser etwas Schwierigkeit machen, weil wir gewohnt sind, mit dem Haupte den Gedanken des Beherrschens des Leibes zu verbinden, aber diese Schwierigkeit schwindet, wenn wir das Bild betrachten, wie es an seiner Stelle gerade gebraucht wird: weder in Röm. 12 noch in 1. Kor. 12 ist das Beherrschtwerden des Leibes durch das Haupt der Gedanke, sondern das, was wir oben schon gesagt haben: die richtige Ausübung des Dienstes, das Bewußtsein des Verbundenseins usw., alles vom Gesichtspunkte des Verhältnisses der Gläubigen zueinander, nicht aber zu Christo. Hier ist es nicht das Haupt, das den Leib beherrscht, sondern der Geist, der in dem Haupte und allen Gliedern wohnt; das Haupt hat, beherrscht von dem Geiste, ebenso wie jedes andere Glied seine ihm gegebenen Dienste (Sehen, Hören usw.) zum Nutzen des ganzen Leibes zu tun.

Anders ist es in den Briefen an die Epheser und an die Kolosser. Wenn in diesen Briefen der Geist Gottes das Bild des „Leibes“ vor unser Auge stellt, wird unser Blick nicht - wie in Röm. und 1. Kor. - darauf gerichtet, was wir jetzt hier im Leibe sind und was wir tun sollen füreinander, sondern darauf, was wir in Christo sind nach dem Ratschluß Gottes und was Ertut und gibt für Seinen Leib. Daher bezieht sich das, was in den Briefen an die Epheser und an die Kolosser von dem „Leibe“ gesagt wird, nicht nur auf die jeweils auf der Erde lebenden Gläubigen wie in Römer und 1. Kor. (örtl. Gemeinde!), sondern auch auf die, welche bereits

Er ist. Deshalb ist in diesen beiden Briefen Christus auch als das Haupt des Leibes bezeichnet.

Insoweit ist in beiden Briefen das Bild dasselbe: der Leib besteht aus allen Gläubigen seit jenem Pfingsten Apgesch. 2,1, den Entschlafenen und den Lebenden, ja, er schließt auch die bis zur Entrückung noch Hinzukommenden mit in sich ein, und Christus in der Herrlichkeit ist das Haupt dieses Leibes.

Aber es ist ein Unterschied zwischen beiden Briefen in dieser Sache: in dem Briefe an die Epheser gebraucht der Geist Gottes das Bild, um uns die Herrlichkeit des Leibes zu zeigen und was der Leib für das Haupt, den HErrn, ist, in dem Briefe an die Kolosser aber, um uns die Herrlichkeit des Hauptes zu zeigen und was das Haupt für den Leib ist. Darum spricht der Geist Gottes im Briefe an die Epheser von dem „Leib“ als: „die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (1,23), nachdem Er vorher gezeigt hat, was für eine wunderbare, herrliche Person Der ist, Dessen Fülle der Leib ist (1,20 bis 22), und zeigt dann, wie Erfür Seinen Leib alles gegeben hat, was zu seiner Auferbauung dient (4,11-16) und wie Er die Gemeinde, die Sein Leib ist, geliebt hat und liebt (5,22-32). Aus dem Briefe an die Kolosser wiederum brauchen wir nur Kap. 1,15-19 und 2,9.10 zu lesen, um überwältigt zu werden von der Herrlichkeit Dessen, Der „das Haupt des Leibes, der Gemeinde“, ist (1,18), während wir aus Kap. 1,27 und 2,19 etwas davon sehen, was Er, das Haupt, für Seinen Leib ist.

So sehen wir, daß in unserem Verse (2,19) uns in dem „Haupt“ der HErr als der gezeigt wird, der für Seinen Leib der Quell alles Segens ist, aus dem der Leib alles empfängt, was er bedarf, um „das Wachstum Gottes“ zu wachsen. So ist Er der Quell für alles, auch für jedes einzelne Glied Seines Leibes; jedes Glied empfängt von Ihm, weil es als Glied Seines Leibes mit Ihm in unmittelbarer Verbindung steht.

Damit kommen wir zu unserer Frage zurück, was „nicht festhaltend das Haupt“ bedeutet. Der Frage liegt der Zweifel zugrunde, ob es denn überhaupt möglich sei, daß ein Glied des Leibes Christi das herrliche Haupt, Christus, nicht festhalten - also fahren lassen - könne, da es doch in der materiellen Welt so etwas nicht gibt: ein Glied eines Leibes kann das Haupt des Leibes

Leibes Christi seine durch den Heiligen Geist hergestellte und bestehende Verbindung mit Christo, dem Haupte, aufgeben oder verlieren, weil seine Hinzufügung als Glied zu dem Leibe der Vorsatz Gottes und ein Werk des Heiligen Geistes ist (s. Eph. 1,4.5.11; 3,10.11; 1. Kor. 12,13). Das Aufhören der Verbindung eines Gliedes mit dem Haupte würde den Tod des Gliedes, also für den Gläubigen den Verlust des Lebens aus Gott und damit das Verlorensein bedeuten. Das gibt es - dafür sei Gott Dank! - nicht, weil der Wille, die Macht und die Treue Gottes dafür bürgen, daß kein Erlöster verloren geht, sondern sicher ans Ziel kommt, „zum Preise Seiner Herrlichkeit“. Diese kostbare Gewißheit gibt uns bestimmt und klar das untrügliche Wort Gottes (s. Joh. 6,37-40; 10,27-30. 17,24;Röm. 8,31-39; 1. Kor. 12,13; Eph. 1,4.5.13.14; 4,30; Kol. 3,3.4). Aber eine andere Sache ist es, ob jeder Gläubige dieser herrlichen Verbindung sich bewußt ist und sie in seinem Leben verwirklicht! Wenn durch irgendwelche Ursache einem Gläubigen das Bewußtsein dieser Verbindung und ihre Verwirklichung verlorengehen, dann ist er„nicht festhaltend das Haupt“, obwohl ernicht aufhört und aufhören kann, ein Glied am Leibe Christi und dadurch mit Christo, dem Haupte, verbunden zu sein; und die Folge davon ist, daß er nicht die Darreichungen von dem Haupte empfängt, die erempfangen würde, wenn erseiner Verbindung mit dem Haupte sich bewußt sein und sie verwirklichen würde. Dieser Zustand wird immer dann eintreten, wenn der Gläubige etwas zwischen sich und Christus, das Haupt, stellt oder kommen läßt, was immer es auch sein mag. Hier in dem uns vorliegenden Worte bezieht das „nicht festhaltend das Haupt“ sich auf die in V. 18 bezeichneten Personen, die Engelanbetung übten und einführen wollten. Indem sie Engel anbeteten, leugneten sie praktisch ihr Verbundensein mit Christo, da sie ja die Engel zwischen sich und Christus stellten: sie waren „nicht festhaltend das Haupt“. Die Kolosser waren in der Gefahr, von solchen und anderen Irrgeistern verführt und von Christo abgelenkt zu werden. Deshalb hatte der Apostel „großen Kampf“ um sie (2,1) und warnte er sie in Kap. 2 dreimal vor dieser Gefahr: V. 4, daß

sie sich nicht sollten „verführen lassen durch überredende Worte“; V. 8, daß sie zusehen sollten, „daß nicht jemand sei, der sie als Beute wegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug, nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht

„der seinen eigenen Willen tut in Demut und Anbetung der Engel ..., nicht festhaltend das Haupt“, Wir sehen, daß die Warnungen immer ernster werden und die drohenden Folgen immer schlimmer sind: erst heißt es: „euch verführe“, dann „euch als Beute wegführe“, und dann „euch um den Kampfpreis bringe“; erst sind es „überredende Worte“, dann „Philosophie und eitler Betrug“, und dann „Anbetung der Engel ... nicht festhaltend das Haupt“. Das letztere ist das Böseste und Verderblichste.

Auch wir sind in denselben Gefahren. Wir haben Ihn, in dem „verborgen sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis“ (2,3), in dem „die ganze Fülle der Gottheit wohnt“ und in dem wir „vollendet“ sind (2,9.10) und dessen „der Körper“ der „zukünftigen Dinge“ ist (2,17) - was kann uns die Welt bieten mit ihrer Weisheit, ihrer Philosophie und ihrem eitlen Betrug, ihren religiösen Gebräuchen, Festen und sonstigen Dingen? Darum: Lassen auch wir uns nicht verführen, nicht als Beute wegführen und durch niemand uns um den Kampfpreis bringen! Laßt uns immer „festhalten das Haupt“ - dieses herrliche, wunderbare Haupt! -, damit wir immer in bewußter, praktischer Verbindung mit Ihm, der Quelle alles Segens, bleiben und immer reichlich von Ihm empfangen, aus Seiner Fülle, und nicht hindern, sondern helfen, daß „der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst.“

Th. K.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Diese schöne, ausführliche, klare Antwort Bedarf wohl keiner längeren Ergänzung. Aber ich möchte zunächst diejenigen, die Jahrbuch 11 besitzen bezw. die betr. Lieferung (4) desselben, herzlich bitten, den darin befindlichen Aufsatz von unserem Ib. Mitarbeiter F. Btch.: „Das Wachstum Gottes oder das Gedeihen Laodiceas“ nach Kol. 2,19 und Offenb. 3,17 zu lesen, in welchem unsere Frage wenigstens berührt ist, und ferner möchte ich aus einem wesentlich früheren Jahrbuch, dem 6. vom Jahre 1918/19, einige Sätze aus einer Bearbeitung seitens des Mitschriftleiters, Br. A. v. d. K., hier zum Abdruck bringen, da jener Band sicher manchem Leser

von heute fehlt.

Es heißt da in dem Aufsatz: „Laodicea im Lichte des Kolosserbriefes“ auf Seite 86 unten:

„... Heute mag der HErr bei mir die Dinge finden, die Er lobend bei den Kolossern und Laodicäern als die Frucht des Evangeliums anerkannte; nehme ich aber das Wort der Wahrheit nicht in allen Teilen gehorsam an, verweigere ich z. B. das Wort: ‚Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist‘ (3,2), oder halte ich nicht fest das Haupt, so werde ich bald Dinge annehmen, die nicht von dem Haupte sind, aus welchem der ganze Leib, durch die Gelenke und Bande Darreichung empfangend und zusammengefügt, das Wachstum Gottes wächst (2,19). Das Haupt (Christus) festhalten, das heißt für mich persönlich, den ‚eignen Kopf‘ aufgeben! Ist Er das Haupt, so muß unser Haupt fallen, wir und alles, was Fleisch ist, muß verschwinden. Dann bleibt nur Er und Er allein; dann ist Er alles, und Er allein hat zu reden, zu bestimmen, und Seinem Worte ist alles willen- und bedingungslos untergeordnet. - Lassen wir die uns in Seinem Worte geschenkten Unterweisungen außer acht, so sind wir in Gefahr, in Selbstzufriedenheit den Weg von Kolossä nach Laodicea zu gehen - lau zu werden usw.“

Soweit jene tiefernsten, uns alle angehenden Worte, die in engstem Zusammenhang mit unserer Frage stehen! - Der Ausdruck „nicht festhaltend das Haupt“ handelt von unserer Seite, während die weitere Fortsetzung des Verses das zeigt, was die organische Tätigkeit des Hauptes ist. Das geheimnisvolle „Wachstum Gottes“ geschieht organisch vom Haupte aus - wie wunderbar und anbetungswürdig groß! Aber wer nach Vers 16-18 handelt und wandelt, der verleugnet seinerseits jenen Zusammenhang, der im natürlichen Leben nicht verleugnet werden kann! Im natürlichen, materiellen, leiblichen Leben ist dieser organische Zusammenhang unaufhörlich und unbedingt wirksam, aber im geistlichen Leben ist die Seite des Menschen nie mechanisch oder leiblich-selbstverständlich, sondern unsere Seite, d. h. unsere Lebensverbindung mit Christo dem Haupte - wenn auch nicht weniger, sondern erst recht unauflöslich - besteht nur im Glauben und durch Glaubensgehorsam (vgl. 2. Kor. 5,7). Darum sind wir verAntwortlich, „das Haupt festzuhalten“, und es liegt an uns, nur an uns, wenn die organische Wirksamkeit der von Seiner Seite unauflöslichen Lebensverbindung nicht

sichtbarlich in die Erscheinung tritt, ja wenn es mitunter scheinen mag, als ob eine wahre Lebensverbindung mit dem Haupte gar nicht vorhanden sei. Und wo sie wirklich nicht ist, da mögen tote Formen wohl vor Menschen eine Zeitlang den Mangel decken, aber vor Ihm niemals! Somit gibt diese Stelle gewiß auch Merkmale für echtes Leben oder für nur Scheinleben, denn wo auf die Dauer kein praktisches Festhalten des Hauptes sich bemerkbar macht in unverkennbaren Wirkungen, da mag vielleicht auch wirklich kein geistlich-wahrer organischer Zusammenhang mit dem Haupte, d, h. mit Christo, vorhanden sein. Früher oder später wird es offenbar werden, nicht in zeitweiligem Zukurzkommen auf geistlichem Gebiet (bei wem wäre solches nicht zu verzeichnen?), sondern in fortgesetztem Scheinleben, das die wahren geistlichen Charakterzüge, die doch vom Haupt aus gebildet werden, vermissen läßt.

Wie dem auch sei - es ist von der größten Bedeutung für das gottgemäße Wachstum des Leibes, daß wir praktisch „das Haupt festhalten“ oder uns „am Haupt festhalten“, d. i. an Ihm hängen (wie es im irdisch-leiblichen Leben natürlich ist, daß die Glieder am Haupte hängen!). Möge es dem Geiste Gottes gelingen, uns den praktischen Ernst dieses Bildes aus Seinem Wort recht wichtig zu machen - eines Bildes, das, obwohl ein solches, doch eine Ewigkeitssache zeigt (Christus und Seinen Leib!) - damit wir gelöst von eigenen Meinungen und gehorsam der Stimme des Hauptes von uns aus dazu beitragen, daß ein normales „Wachstum Gottes“ geschehe, zu Seiner Ehre!

F. K.

 

 

Die Salbung des HErrn durch Maria.

(Matth. 26,6-13; Mark. 14,3-9; Joh. 12,1-8.)

Unsere Errettung ist nicht nur ein Herausgerettetsein, sondern auch ein Hineingerettetsein. Paulus drückt dies in den Worten aus: „Der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe.“ (Kol. 1,13.) Gottes Gnade hat uns nicht nur von der Verdammnis errettet, sondern auch hineingeführt in das Haus der Liebe des Vaters. Wir

sollen auch an Seiner Freude über Seinen Sohn teilnehmen. Christus ist Gottes ewige Freude, und Gott will, daß Christus auch die Freude unseres Herzens ist. Er will uns deshalb durch Seinen Geist in die Erkenntnis Seines Sohnes führen. In der Betrachtung Seiner Herrlichkeit sollen wir von uns selbst und von allem um uns gelöst werden, um Ihn anzubeten. So wird es im Himmel sein.

In dem Buch der Offenbarung sehen wir die erlöste Schar aus jedem Geschlecht und Zunge um den Thron. Ihre Huldigung gilt dem für sie geschlachteten Lamme. Jedes Auge ist auf Ihn gerichtet - jedes Herz mit Ihm beschäftigt - Kronen werden zu Seinen Füßen gelegt - Harfen tönen Zu Seinem Preise. Jesus ist Mittelpunkt und Thema aller von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Und wer sind diese, die Ihm huldigen? Was waren sie einst? Tot in Übertretung und Sünde, entfremdet dem Leben aus Gott, ohne Christus und ohne Hoffnung in der Weit! - Jetzt aber nahe gebracht durch das Blut des geschlachteten Lammes, sind sie eingeführt, Gemeinschaft mit Gott in der Liebe und Wertschätzung Seines Sohnes zu haben. Einstige Sünder auf Erden, aus Gnade gerettet, bekennen Ihn mit Frohlocken als den Schönsten unter Tausenden, der ganz lieblich ist. Ist Er uns das? Dies war Er für Maria!

Im Hause Simons, des Aussätzigen, ist ein Abendessen. Jesus, der Sohn der Liebe des Vaters, ist dort. Gott gab Ihn in Seiner Liebe der Welt, damit „jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“. (Joh. 3,16.) Ist es nicht befremdend, daß wir Ihn im Hause Simons, des Aussätzigen, in Bethanien finden? Warum nicht in dem Hause eines Großen dieser Welt? Weil Er der Verachtete und von Menschen Verworfene ist. Menschen sehen keine Schönheit in Ihm. Die Hohenpriester und Schriftgelehrten suchten gerade zu dieser Stunde, als Er dort im Hause Simons zu Tische saß, Ihn zu töten. Er hatte keinen Wert für sie. Wie schmerzlich mußte dies für Gottes Herz sein! Gott öffnete den Himmel und rief: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Und wir (wir sind ja alle darin eingeschlossen), wir verbergen unser Angesicht vor Ihm! Ja, „Er war verachtet, und wir haben Ihn für nichts geachtet“. (Jes. 53,3). Sünde und Unglauben hatten unsere Augen so geblendet, daß wir Ihn in Seiner Herrlichkeit nicht erkennen konnten.

In dem Hause Simons aber war wenigstens eine, die in einem gewissen Maße in Gottes Freude und Wonne über Christus einging. Andere mochten sich mit Recht darüber freuen, mit Ihm zu Tische sitzen und mit Ihm essen zu dürfen. Aber eine war da, deren Freude war Er allein. Marias Herz hing an Ihm. Schon früher, als Martha mit vielen Dingen beschäftigt war, saß sie zu Seinen Füßen und lauschte Seinen Worten. (Luk. 10,38.) Sie aber hatte das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden sollte. Ihr Herz war mit Ihm allein beschäftigt und trank schon auf Erden aus der Quelle der Freude des Himmels. Jesus war ihr alles. Der Platz zu Jesu Füßen war gleichsam ihre Schule. Hier lernte sie Ihn in Seiner ganzen Kostbarkeit kennen. Ihre Augen sahen Seine Herrlichkeit. Jesus füllte ihr ganzes Herz. Ihre Gedanken waren nicht auf die Gäste, nicht auf das Abendessen, sondern allein in Bewunderung auf Ihn gerichtet. Worte können nicht aussprechen, was Er ihr war. Still, ohne Worte nimmt sie die Alabasterflasche mit der kostbaren Narde und gießt sie aus auf Sein Haupt. Diese Tat redete mehr als Worte. Er allein war ihr alles und mehr wert, als alles, was kostbar in dieser Welt ist.

Liebe will gekannt und verstanden werden. Wir finden dies auch bei dem HErrn. Als jene Städte, in denen Er die meisten Wunderwerke getan, nicht Buße taten, klagte Er: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater.“ Unverstanden und mißverstanden von den Menschen, fand Er Trost in dem Gedanken: „Der Vater kennt Mich.“

Von Gott gelehrt, erkannte Maria die Herrlichkeit Dessen, der in Knechtsgestalt wandelte. Sie erfaßte etwas von der Freude des Vaters über Seinen geliebten Sohn. Vom Drang ihrer Liebe getrieben, goß sie die kostbare Narde auf Sein Haupt. Wie mußte Gottes Herz durch diese Liebe zu dem Herrn Jesus erfreut sein! Schaut Er nach einer solchen Liebe nicht auch bei uns aus? Sollte das Evangelium nicht auch eine solche Frucht bei uns hervorbringen? Die Schrift sagt, denen, die da glauben, ist Er eine Kostbarkeit. (1. Petr. 2,7.) Das war wahr bei Maria und muß wahr bei uns sein.

Man kann Tätigkeit und Eifer für den HErrn an den Tag legen, die doch nicht aus der Quelle fließen, die Christus ist. Hierin bestand Marthas Zukurzkommen. Sie war mit vielem

Dienst für Jesus als mit Ihm Selbst beschäftigt. Aufgeregt konnte sie dreist den Vorwurf an den HErrn richten: „HErr, kümmert es Dich nicht, daß meine Schwester mich allein gelassen hat zu dienen? Sage ihr nun, daß sie mir helfe.“ (Luk. 10,40.) Die Antwort Jesu sagt uns, daß Er den Dienst nach dem bemißt, was Seine Person unserem Herzen ist. Martha, hingenommen von ihrem Dienst, besorgt um viele Dinge, gab in ihrem Herzen dem Dienst den Platz, den Jesus haben sollte. Der HErr liebte sie zu sehr, um sie darin fortfahren zu lassen. Er wünschte, daß sie mit Ihm beschäftigt sein möge. Maria ging mehr in Seine Gedanken ein. Sie fühlte, daß Er ihr Herz wünschte, und sie gab es Ihm. Martha suchte Maria von Ihm abzulenken und mit dem Dienst zu beschäftigen. Maria aber zog es vor, zu Seinen Füßen zu sitzen und Seinem Worte zu lauschen, und dem HErrn war es eine Freude, Sich ihr zu offenbaren. Er bestätigte die gute Wahl Marias mit den Worten: „Martha, Martha! Du bist besorgt und beunruhigt um viele Dinge; eines aber ist not. Maria hat das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden wird.“ (Luk. 10,41.42.)

Wieviel Dienst und Tätigkeit finden wir in unseren Tagen! Wie wichtig ist es da, uns in der Gegenwart des HErrn zu prüfen, wie weit unsere Herzen mit Ihm Selbst beschäftigt sind. Werden wir nicht auch oft durch unseren Dienst von dem Platze zu Seinen Füßen abgezogen, wo Er uns doch gerade zu sehen wünscht? Und ist dies nicht die Ursache, weshalb unserem Dienst oft Kraft fehlt? Wenn der Herr Jesus nicht Quelle und Inhalt all unseres Tuns und Redens ist, dann hat es für den HErrn den Wert verloren. Wohl mag ja unser Herz mit Ihm beschäftigt sein, aber ist es nicht oft so, daß der Dienst es vielmehr erfüllt als Er Selbst? Was Er aber liebt, ist das Herz, welches Ihm ganz geweiht ist. Er kann nicht mit einem Teil des Herzens zufrieden sein, Er wünscht es ganz. Wenn Er Sein Blut hingab, um unser Herz zu besitzen (so wertlos es auch ist), wollen wir es Ihm nicht ganz geben? Maria gab es Ihm ganz. Sie wollte allein für Ihn da sein. Und wenn Er Gottes Herz erfüllt, ist Er nicht würdig und fähig, auch unser Herz auszufüllen? Christus steht im Mittelpunkt aller Gedanken und Pläne Gottes. Wenn Er der Mittelpunkt aller unserer Gedanken ist, dann wird alles, was wir tun und lassen, in der rechten Weise und am rechten Platze geschehen. So war es mit Paulus. Christas füllte sein Herz so, daß er sagen konnte: „Das Leben ist für mich Christus“, und alles andere war ihm gleich Dreck und

Sage ich hiermit ein Wort gegen den Dienst? Durchaus nicht! Sondern ich möchte nur darauf hinweisen, wie unser Dienst geschehen muß, wenn er dem HErrn angenehm sein soll. Er muß aus einem Herzen kommen, in welchem Christus den Platz einnimmt, den Er in Gottes Herzen hat. Wenn dies der Fall ist, so werden wir mit Eifer Seelen für Den zu gewinnen suchen, der unserem Herzen so teuer ist. Laßt uns, Geliebte, wirken, solange es Tag ist; die Nacht kommt, wo wir nicht mehr für Ihn wirken können. Auch der gesegnete Dienst hat Gefahren für unser Herz. Laßt uns wachsam sein, daß nicht, während wir von Ihm zeugen, unser Herz Ihm gegenüber kalt ist! Wenn Christus nicht den ersten Platz in unserem Herzen hat, dann ist es Zeit, uns selbst zu richten und Ihm unseren Mangel zu bekennen, damit wir wieder zu Ihm zurückgeführt werden.

I. A. T. (A. v. d. K.)

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Sieben wichtige Gebete.

Wer die Psalmen aufmerksam liest, findet in denselben viele Gebete. Es wäre gut, wenn manche derselben beständige Bitten der Kinder Gottes wären. Von diesen Gebeten möchte ich auf sieben hinweisen, die wichtig sind für das Leben eines jeden Kindes Gottes.

Das erste Gebet finden wir in Ps. 17. Dort lesen wir in Vers 5:

1. „Meine Schritte hielten fest an Deinen Spuren, meine Tritte haben nicht gewankt.“

Auf gefährlichen und schlüpfrigen Wegen, wie leicht gleitet da unser Fuß aus! Wie schnell irren wir ab von Seinen „Spuren“, wenn wir die stärkende Atmosphäre des verborgenen, persönlichen Gebetes verlassen! Möchten diese Worte ständig vor unsern geistigen Augen stehen, und möchten wir sie immer in unserem Herzen tragen! Nur wenn Sein Wort bleibend in uns ist, werden wir fähig sein, in diesen bösen Tagen zu stehen. Der HErr wolle uns Gnade

2. „Laß die Reden meines Mundes und das Sinnen meines Herzens wohlgefällig vor Dir sein, Jehova, mein Fels und mein Erlöser!“ (Ps. 19,14.)

Dieser letzte Vers des 19. Psalmes berührt unser „Reden“ und unser „Sinnen“ und drückt den Wunsch derer aus, denen Christus kostbar ist. Was wir reden, ist das, was wir denken. Wie wichtig ist es deshalb, daß unser Innenleben Ihm wohlgefällig ist. Nur alsdann wird die Rede unseres Mundes unser würdig sein, die wir die Heiligen des lebendigen Gottes genannt werden.

3. „Deine Wege, Jehova, tue mir kund, Deine Pfade lehre mich!“ (Ps. 25,4.)

Obgleich wir Gottes Gedanken über manche Dinge wissen, so sind wir doch so leicht geneigt, uns unseren eigenen Ansichten zuzuwenden und diese festzuhalten. Wir müssen immer wieder zu „Seinen Wegen“ zurückkehren, um in den mannigfaltigen Umständen, die uns umgeben, so zu handeln, wie Er darin handeln würde. Immer wieder müssen wir bitten: „Deine Pfade lehre mich!“ Kennen wir Seine Vorsätze und das Ziel Seiner Wege, so vermögen wir im Glauben standhaft auf den Pfaden zu wandeln, welche Er uns führt.

4. „HErr, tue meine Lippen auf, und mein Mund wird Dein Lob verkünden.“ (Ps. 51,15.)

Es ist nicht nur wichtig, bei öffentlichen „Gelegenheiten“, sondern auch in dem privaten persönlichen Leben des einzelnen, daß unsere Lippen aufgetan sind durch den HErrn. Wenn Er unsere Lippen berührt und auftut, dann werden sie sich öffnen zu Seinem Preise und Seine Wunderwerke rühmen.

5. „Öffne meine Augen, damit ich Wunder schaue in Deinem Gesetz.“ (Ps. 119,18.)

Immer wenn wir die Bibel lesen, welches Blatt des kostbaren Buches wir auch aufschlagen mögen, stets bedürfen wir des Heiligen Geistes. Nur Er allein kann uns Christum darin enthüllen und die Dinge, die mit Ihm verbunden sind. Wenn Er unser Auge öffnet, welche Wunder schaut dann Herz und Auge, Wunder Seiner Gnade jetzt und Wunder Seiner Gnade in der Zukunft!

119,37.)

Überall umgibt uns der berückende, zauberische Glanz und Schimmer dieser Welt. Wie nötig ist es da, daß unsere Blicke von den sichtbaren und zeitlichen Dingen weg und auf die festen, ewigen und unsichtbaren Dinge hingewendet werden, auf daß wir neu belebt in Seinen Wegen zu wandeln vermögen.

7. „Setze, Jehova, eine Wache meinem Munde; behüte die Tür meiner Lippen!“ (Ps. 141,3.)

Diese Bitte ist vielleicht eine der nötigsten in unseren Gebeten. Ein schnelles Wort, eine unbedachte Äußerung, ein törichter Ausdruck - wie leicht ist er gesprochen! Wenn ein so sanftmütiger Mann wie Moses unbedacht mit seinen Lippen sprach (Ps. 106,33), wie notwendig ist es dann für jedes Kind Gottes, mit der größten Wachsamkeit die Tür seiner Lippen zu behüten! Täglich, stündlich sollten diese Worte in unserem Herzen wach erhalten sein, sonst wird unsere Zunge, dieses kleine und ungebändigte Glied (Jak. 3!), uns sicher straucheln lassen.

Blicken wir noch einmal auf diese sieben Bitten! Alle betreffen das tägliche Leben, und wir können nicht eine davon ausschalten. Laßt sie uns immer wieder vor den HErrn bringen, und nicht erst dann, wenn wir in den mancherlei Gefahren stehen. Auch in den Zeiten der Ruhe drohen uns Gefahren. Wie oft wird dieses übersehen! Die einzige Sicherheit auf unserem Wege ist, das Wort zu beherzigen: „Betet ohne Unterlaß!“ (1. Thess. 5,17), um in der ständigen Abhängigkeit Dessen zu bleiben, der allein unser Helfer und unsere Kraft ist.

W. (v. d. K.)

„Sie haben nicht nötig ...!“

Matth. 14,16.

Immer, wenn ich mich mit der kostbaren, sogenannten „Geschichte der Speisung der

mich jene Worte, mit denen der teure Herr Jesus Seinen Jüngern Antwortet, als sie Ihm nahelegen, die Volksmenge zu entlassen (V. 15).

Es mochte ihnen, die sie damals erst wenig von der Gesinnung des Meisters hatten, ein unbequemer Gedanke sein, sich noch länger mit den vielen Menschen beschäftigen zu müssen, mit denen sie - der Heilungen wegen - ja schon viele Stunden zu tun gehabt hatten. Und nun gar so spät abends! Die Leute mußten ja hungrig sein, die Sonne war am Sinken, weit und breit waren keine Ortschaften („öde“!), aus denen man - und noch dazu für soviele, 5000 Mann, dazu vielleicht für noch einmal soviel oder womöglich zweimal soviel Weiber und Kindlein (V. 21) - hätte Lebensmittel beschaffen können, also sollten die Leute selber sehen, wo sie etwas bekämen! So klingt es ein wenig herzlos, aber auch ein wenig töricht, was die Jünger sagten! Hätten sie überlegt, so hätten sie sich sagen müssen: wenn die vielen Tausende (mit soviel Kindern!) am späten Abend, gar in der Nacht, jedenfalls erst nach Stunden, in die fernen Ortschaften kommen würden, so würden sie kaum imstande sein, Nahrung einzukaufen, denn einmal wird so spät auch nicht mehr viel zu haben sein und zum andern - wer öffnete ihnen dann überhaupt noch die Tür? Und dann: hatten die meisten das Geld dazu? Aber solche Fragen mochten den Jüngern gar nicht kommen, sie schienen eher zu glauben, besonders weise zu handeln, wenn sie den Meister, der im Eifer die Abendschatten nicht beachtet zu haben schien, erinnerten an die späte Stunde und die leiblichen Bedürfnisse der Leute.

Ach, hätten sie Ihn besser gekannt, so hätten sie an jene 40jährige Wüstenwanderung gedacht, während der es ihren Vätern an nichts gemangelt hatte, und welch großes Volk war es damals! Aber die Jünger Jesu waren leicht verzagt, und als nicht lange Zeit nach dieser Speisung der 5000 andere 4000 versammelt waren, stand ihr leicht vergeßlicher Kleinglaube wieder in hoher Blüte! (Matth. 15,33; Mark. 8,4).

Und wie ist es mit uns, die wir ungezählte Durchhilfen bei unserm Gott erfahren haben?? Sind wir nicht auch leicht verzagt, wenn neue Proben kommen? Und dabei haben wir, in denen Christi Geist Wohnung gemacht hat, dadurch doch den Jüngern von damals soviel voraus! Aber leicht vergeßliche Leute sind wir Gläubigen heute leider auch, und nicht nur auf diesem Gebiet!

Wieviel Schande machen wir damit Ihm, der es wert ist, daß wir nichts vergessen von dem, was wir bei Ihm und durch Seinen Geist gelernt haben! (Vgl. betr. Vergeßlichkeit auch 2. Petr. 1,9!!)

Der HErr fängt an, Seine, als so praktische Leute auftretenden, dabei aber so ängstlichen, weil ungläubigen Jünger mit einem einzigen Wort zu beruhigen - oder ist es etwa keine Beruhigung, wenn Er ihnen sagt: „Sie haben nicht nötig wegzugehen ...!“? Da haben sie vielleicht im ersten Augenblick (da man doch schneller denkt, als ein anderer spricht) gedacht: „Ach so, Er ist ja da!“ - aber als dann der Satz weiter ging: „gebt ihr ihnen zu essen!“, da wird ihnen sozusagen das Herz entfallen sein vor Schreck: „wir...?! Wir haben ja nichts als nur ...!“ Nun, sie durften lernen, wieviel der hat, der sein weniges dem HErrn gibt, Ihm, der aus wenigem viel, aus nichts alles zu machen versteht! Davon will ich nicht weiter reden, zumal ich im Jahrbuch 8 unter dem Titel „Gebt ihr ihnen zu essen!“ darüber habe schreiben dürfen.

Heute möchte ich nur einmal einiges aufzählen A) von dem, was wir nicht nötig haben, weil der Herr Jesus gekommen, weil Er da ist. Denn das ist die Hauptsache! Daß sie, die Jünger, da waren, ist ja erst die Folge davon, weil Er da ist. Und Er ist heute noch derselbe! Und nachher unter B) möchte ich noch einige Punkte nennen, die wir nicht nötig haben, weil die Seinen da sind. Zunächst 12 Punkte und nachher, s. G. w., 7! Und alles so kurz wie möglich! Jeder, der dies mit Freude und Segen liest, mag sich selbst Mühe geben, die Liste zu erweitern! Dieser Aufsatz möchte ihm nur Anregungen geben!

A.

Was wir nicht nötig haben, weil der Herr Jesus da ist.

1. Wir haben nicht nötig, verloren zu gehen (Luk. 19,10; Matth. 18,11; 1. Tim. 1,15 u. a.) Dieser erste Punkt ist für uns der einfachste und leichtverständlichste, aber er ist doch grundlegend, und er war's auch für mich, als dieses Wort (V. 16) mich zuerst zum Sinnen bewegte. Ist es nicht köstlich, dem Unbekehrten, dem Mühseligen, dem Sünder, dem Verzagten

erretten!“? „Keiner muß verloren gehen, sagt es allen hier auf Erden: „Wer da will, kann selig werden, preiset den HErrn!“ heißt es in einem schönen Liebe. Es erübrigt sich für mich, uns Gläubigen hier mehr darüber zu schreiben.

2. Wir haben nicht nötig, mühselig zu sein (Matth. 11,28). Dies ist ebenso einfach wie das erste. Und doch: wieviel Mühselige gibt's in der Welt, und nicht nur unter den Ungläubigen! Wieviele Gläubige meinen, ihre Lasten selber tragen zu müssen, und das trotz des köstlichen Wortes, das der HErr selber sagte: „Kommet her zu Mir alle ihr Mühseligen und Beladenen - Ich will euch Ruhe geben!“ Liest dies ein Mühseliger, unter seiner Last Zusammenbrechender, o Freund, wer du auch bist: Jesus ist da! Was schleppst du dich ab? Geh' doch zu Ihm, jetzt gleich!

3. Wir haben nicht nötig, hungrig, durstig zu sein (Jes. 55,1; Offb. 22,17; Joh. 4 u. a.) Wonach hungerst und dürstest du? „Nach Gerechtigkeit?“ Glückselig bist du dann, sagt dir der HErr in Matth. 5,6; ja, du sollst „satt werden“, das ist Sein Wort. Aber wo? Nur bei Ihm! Was aber auch immer der Hunger, der Durst deiner Seele sein mag, ob nach Frieden und Freude, nach Gnade und Herrlichkeit usw., ja - vielleicht kennst du bis jetzt nur Leibeshunger und -Durst: bei Ihm ist alles, was du brauchst, aber du mußt zu Ihm gehen und Ihm dich gläubig anvertrauen, Ihm, Der „gekommen ist,“ wahres Leben „im Überfluß“ zu geben (Joh. 10,10).

4. Wir haben nicht nötig, in Sünden gebunden zu bleiben! (Joh. 8,36; Röm. 6. u. a). Ein ernster Punkt, und vor allem auch für Gläubige, unter denen manche so sehr kranken an geheimen Gebundenheiten des Fleisches und des Geistes (vgl. 2. Kor. 7,1!). Aber auch Ungläubigen darf man diesen Trost sagen, wie er in dem oben schon einmal angeführten Liede liegt: „... keiner muß dem Laster dienen, preiset den HErrn!“ Warum nicht: o, „wen der Sohn frei macht, der wird wahrhaft frei sein“ (Joh. 8,36), freilich nur, wenn er wirklich will! Wer mit irgendeiner Sünde liebäugelt, wird, selbst wenn er errettet ist, nicht frei, denn nur in dem geistlicherweise mit Christo Gestorbensein und dem sich im Glauben Halten als „tot für der Sünde verlockenden Reiz, tot für die Welt und gestorben dem Ich, lebend für Christum, nicht lebend für sich,“ nur darin liegt die Gewähr für die Befreiung, für die Christus uns freigemacht hat (Gal. 5,1 usw.). Also - wir müssen nicht sündigen, denn Er ist gekommen! und darum auch

5. haben wir nicht nötig zu sterben! So? Ja, denn Er starb ja schon, stellvertretend für mich! Glaubst du, was Er der Martha sagte in Joh. 11,25.26? Glaubst du, was 1. Kor. 15,51-57 oder 1. Thess. 4,13-18 usw. steht? Verwirklichst du durch Glauben Phil. 3,20.21? Wie weit, geliebte Geschwister, reicht unser Glaube? Wissen wir durch Glauben, daß der Tod unser ist, nicht wir des Todes sind (1. Kor. 3,22; Röm. 8,31-39)?

Ja, wir können noch sterben, und es kann sein, daß wir noch sterben werden, ehe Er kommt, aber kein eisernes, gesetzliches Muß steht hinter uns Gläubigen wie nach Hebr. 9,27 hinter den Ungläubigen, sondern das herrliche „nicht nötig“, weil „Jesus Christus erschienen ist, der dem Tode die Macht genommen hat usw.“ (2. Tim. 1,10; Hebr. 2,14).

Und wenn die Unsern oder wir noch sterben, so haben wir Gläubigen

6. nicht nötig, „zu trauern wie die, die keine Hoffnung haben“ (1. Thess. 4,13), d. h. nicht haltlos, fassungslos, hoffnungslos, glaubenslos u. a.! Wohl dürfen wir trauern, und es wäre kein Zeichen von hoher geistlicher Gesinnung, wenn wir oberflächlich über den Tod, das Heimgehen, das Entschlafen der Unsern hinweggingen und der Welt ein sinnenfälliges Schauspiel gäben, als empfänden wir den Tod nicht als das, was er ist und mit sich bringt: als Trennung! (Ich glaube sogar, wir empfinden innerlich im Geiste tiefer als die Welt, deren Sinn in jeder Hinsicht verblendet ist: 2. Kor. 4,4). Aber die Trauer derer, die keine wahre, gegründete, gottgemäße Hoffnung haben (nur vielleicht eine seelische, unklare, nicht aufs Wort gegründete), diese haben wir nicht nötig, und deren Begleiterscheinungen (siehe oben) sind unserer unwürdig, denn wir haben ja Ihn, und wenn alle gehen - Er bleibt uns! „Ziehet hin, der HErr ist mehr!“ Und Er entspricht allen Anforderungen, die ein einsam gewordenes Herz stellen kann! Paulus erfuhr in seinen letzten Lebensjahren viel Leid dadurch, daß er so gut wie allein gelassen wurde in seinen schweren Kämpfen um des Evangeliums willen; wenn seine Freunde auch noch lebten, so lebten sie doch nicht mehr mit und für ihn! Und er schreibt seinem Timotheus: „Bei meiner ersten VerAntwortung stand mir niemand bei, alle verließen mich, es werde ihnen nicht zugerechnet! Der HErr aber stand mir bei und stärkte mich.“ (2. Tim. 4,16.17.) Allein mit dem

7. haben wir auch nicht nötig, ängstlich zu sorgen, was uns gerade die zwei Speisungsgeschichten lehren und ungezählte andere Stellen (vgl. Phil. 4,6; 1. Petr. 5,7; Hebr. 13,5.6; aber auch z. B. Luk. 21,14.15 usw.; vgl. auch meinen Aufsatz kürzlich: „Sperling und Rabe!“). Welch hohes Vorrecht haben wir doch, und wie sollten wir davon Gebrauch machen angesichts der an mancherlei Sorgen krankenden, sterbenden und verderbenden Welt, in der wir als Seine Zeugen zurückgelassen sind (Apg.1,8)! Welch hohes Vorrecht, nicht uns in Sorgen verzehren zu müssen! Das haben wir nicht nötig, Er ist ja da! Das mußten Seine Jünger lernen, und das ist auch eine Lektion, die der Heilige Geist uns zu lehren bestrebt ist, und zwar nicht, indem Er uns unbedingt die Zusicherung gibt, daß wir unter allen Umständen „Nahrung und Bedeckung“ haben werden, woran wir uns genügen lassen sollen und wollen (1. Tim. 6,8), sondern indem Er uns gerade an Paulus zeigt, dem Größten der Großen hienieden, dem herrlichsten irdischen Vorbilde, daß es auch einmal durch gänzlichen Mangel und durch Hungern für die Gläubigen gehen könne; und dann können wir erfahren, was er erfuhr, der vorher (Phil. 4,6) geschrieben hatte: „Sorget nichts, sondern ... betet!“ „Ich vermag alles in Dem, Der mir Kraft gibt, Christus“ (Phil. 4,11-13, vgl. auch 2. Kor. 11,23-33). Das sind noch herrlichere Erfahrungen als die herrlichen, stets zur rechten Zeit zu haben, was wir brauchen! Wir haben nicht nötig, uns zu sorgen: Christus Jesus ist da, und in Ihm ist Gott für uns! (Röm. 8,31).

Und wie nicht uns ängstlich zu sorgen, so haben wir

8. nicht nötig, zu verzweifeln! Darüber gibt uns die köstliche Geschichte der Emmaus-Jünger (Luk. 24) viel Belehrung, „... wir aber hofften ...“ (Luk. 24,21) - aber vergeblich! Ja, ihre Hoffnungen auf die Erlösung Israels durch Den, Der doch „Jesus, der Retter“ (Matth. 1,21) hieß, hatten sie auf Golgatha zunichte werden sehen, und was blieb ihnen noch? O, sie hatten doch Sein Wort? Ja, aber sie waren zu „herzensträg“, um es zu glauben (V. 25.). Nun wird's ihnen von jenem wahrhaft „einzigen Fremdling“ (V. 18) erklärt, und vor ihren staunenden Ohren enthüllt sich das Geheimnis des Mensch gewordenen Christus Jesus, und dann noch wenige Schritte und Augenblicke voll höchster, brennender Spannung, und „sie erkannten Ihn“ (V. 31). Ja, es war „Jesus Selbst“, (V. 15; vgl. V. 36 und 39), Der mit ihnen gegangen war und Der

wie dort, so überall die Verzweifelnden sieht und Sich so gern zu ihnen gesellt. O ihr, die ihr am Verzweifeln seid - worüber und weswegen auch immer! Jesus Selbst ist da, ihr habt nicht nötig, zu verzweifeln, Er ist da, „Der tot war und Der lebendig ist von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (Offb. 1,18). Geht zu Ihm, geht mit Ihm, traut Ihm, Ihm allein, „Jesus kann uns nicht enttäuschen!“

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Frage und Antwort

Frage 15

Da wir in jedem Buch der Bibel Christus sehen, möchte ich fragen, in welcher Weise oder welchem Wesen nach wir Christus im Hohenliede dargestellt oder vorgeschattet finden. - Ist im Hohenliede auch Bezug auf die Gemeinde genommen, oder bezieht sich dasselbe nur auf Israel?

 

Antwort A

Das Hohelied heißt im Hebräischen: schir-haschirim, d. h.: „Lied der Lieder“. Schon die Tatsache, daß es ein Buch in der Heiligen Schrift ist, beweist, daß man schon damals, als man es in die Sammlung der heiligen Urkunden aufnahm, mehr darin sah als nur einige Hochzeitslieder für Salomo und Sulamith. Man hat es sicherlich nur um der religiösen Gedanken willen aufgenommen und wertgeschätzt, die man in dem Verhältnis der Liebenden und ihren Gesprächen fand. Eine nur buchstäbliche Erklärung des Hohenliedes als einer Schilderung der natürlichen, wenn auch idealen Liebe würde dieser Schrift ihr Recht auf einen Platz unter den Heiligen Schriften absprechen. So fordert schon die Stellung dieses Buches unter den anderen heiligen Büchern eine andere als nur buchstäbliche Erklärung. Mit Recht sagt Joh. Friedr. v. Meyer (1819): Wenn weise Männer dem Hohenliede einen tiefen geistlichen Sinn beilegten, „der

sich auch in der bildlichen Weisheit anderer Völker äußert, so kann ihnen um so weniger geradezu widersprochen werden, als es fast unmöglich ist, daß ein hebräischer Dichter nur eins mit einem habe sagen wollen“. Es ist anzunehmen, daß schon Salomo, der uns als Verfasser überliefert ist, solche tieferen geistlichen Gedanken in das Gewand dieser Hochzeitslieder eingekleidet hat. Solche Erwägungen führen von selbst zu der sogenannten allegorischen Erklärung des Hohenliedes, womit zunächst noch nicht gesagt werden kann, welche Personen und Beziehungen unter den „anderen“ (allo = das Andere, daher: „Allegorie“ = verhüllte Ausdrucksweise, die andere im Auge hat und anderes meint) zu verstehen sind, ob z. B. Gott oder Christus oder die himmlische Weisheit, ob Israel, die Gemeinde oder der einzelne Gläubige.

Für das Verständnis des Hohenliedes ist die Beachtung des Aufbaues wichtig. Es sind zweimal drei Gesänge zu je 21 Strophen und je 100 Zeilen, so daß das Buch sechs Lieder, 42 Strophen und 200 Zeilen umfaßt. In den drei Liedern des ersten Teiles wird uns 1. die erste Begegnung und die Bitte der Braut um die Liebe des Bräutigams geschildert, 1,2 - 2,7; 2. die zunehmende Liebe in gegenseitiger Unterhaltung, 2,8 - 3,5; 3. der Ehevertrag und das Loblied des Bräutigams auf die Braut, 3,6 bis 5,1. Die Lieder des zweiten Teiles offenbaren 1. das Leiden der Braut um den Geliebten und die Vollendung ihrer Liebe zu ihm, 5,2 - 6,10; 2. die Braut als Königin an der Seite des Königs in seinem Hause, 6,11 - 8,4; 3. die Rückführung der auf den Arm des Geliebten gelehnten Braut in das Elternhaus und wie sie von dort, durch ihre Brüder losgekauft, in die Wohnung des Bräutigams zurückgebracht wird, 8,5-14. Die Beachtung dieses Gedankenfortschrittes in den Liedern erleichtert ihr Verständnis. Der Vergleich mit einem orientalischen Hochzeitsfeste, das tagelang gefeiert wurde, an dem man sich das Singen der dramatischen Wechselgesänge an verschiedenen Tagen vorstellen darf, wodurch der plötzliche Wechsel der Personen und Örtlichkeiten in den Liedern erklärt wäre, ist an sich wohl berechtigt. Aber das alles dient höchstens zu einem leichteren Verständnis des Aufbaues und der Ausdrücke. Kein Bibelleser möchte jedoch bei diesen Erklärungen stehen bleiben.

Nun ist aber die allegorische Schriftauslegung nicht jedermanns Sache, und mit Recht wird darüber geklagt, daß gerade über das Hohelied schon Erklärungen gegeben wurden, die in der

Willkür der Exegese (Erklärung) geradezu alle Begriffe übersteigen. Darum ist große Vorsicht selbst denen anzuraten, die sich in das Schriftganze eingelebt haben und die in der Heiligen Schrift selbst angedeuteten Grenzen für die Anwendung der prophetischen, typischen und allegorischen Schrifterklärung kennen. Es gehören geübte Sinne dazu! Nur zu leicht gerät man in Willkürlichkeiten und Spielereien, vor denen man nicht sicher ist, wenn man z. B. jeden Ausdruck des Hohenliedes geistlich deuten möchte, anstatt sich an die Gedanken zu halten.

Salomo und die alten Schrifterklärer konnten selbstverständlich nicht an die neutestamentliche Gemeinde denken. Wohl aber ist das Bild von Braut und Bräutigam oder das der Ehe, auf Israel in seiner Stellung zu Gott bezogen, dem Alten Testamente so eigen, daß dieser tiefere Sinn der Wechselgesänge des Hohenliedes nicht besonders erwähnt zu werden brauchte. Man vergleiche nur Ps. 45 und 72, auch das Buch Ruth! In ergreifenden Werten schildern Hosea (1-3), Jeremia (2,2), Jesaias (54,5), Hesekiel (16,8-14.20) usw. unter den Bildern des Brautverhältnisses und des Ehebundes das Bündnis Jehovas mit Israel, die Treue Gottes und Untreue des Volkes. Ja, schon im Pentateuch („Fünfbuch“, d. i. die fünf Bücher Mose) finden wir diese bildliche Rede (vgl. 2. Mose 34,14ff.; 5. Mose 4,23). Auch Johannes der Täufer nimmt seinen Vergleich wohl aus dem Hohenliede, wenn er von dem Bräutigam und der Braut redet (vgl. Joh. 3,29 mit Hohel. 4,9-12).

In den jüdischen Thargumim, den Umschreibungen und Erklärungen der alttestamentlichen Schriften, wird das Hohelied als ein Gemälde der Geschichte Israels und seines Bundesverhältnisses zum HErrn vom Auszuge aus Ägypten bis zum messianischen Reich betrachtet.

Die Berleburger Bibel, die das Lied auf Christus und die Gemeinde bezieht, bemerkt, „daß etliche Erleuchtete unter dem Namen der Braut viel mehr die himmlische, ewige Weisheit Gottes als die Kirche oder die einzelne Seele“, daß sie unter dem Bräutigam aber „viel mehr den Seelen-Geist oder den ganzen inneren Menschen verstanden“, daß es sich also um die Vereinigung der Seele mit der göttlichen Weisheit handele. Es heißt dort: „Die Weisheit kann auch dir zur Braut werden, wie sie Salamonis Perle war.“

Auch im Neuen Testament wird das Bild der Ehe gebraucht, um das Verhältnis Christi zu Seiner Gemeinde zu schildern. Eph. 5,22-32. Die alten Kirchenväter gebrauchten häufig diesen Vergleich. Origenes († 254) stellt in seiner Erklärung des Hohenliedes die Seele als Braut des Logos dar, Ambrosius († 397), der ebenfalls einen Kommentar über das Hohelied schrieb, beschreibt schon ganz wie die späteren mystischen Schrifterklärer das bräutliche Verhältnis der Seele zu ihrem himmlischen Bräutigam. Als Beispiel mag sein Ausspruch über die dreierlei Aussagen der Braut dienen. Erstlich: „Mein Freund ist mein, und ich bin Sein“ (Kap. 2,16), sodann: „Ich bin meines Freundes, und mein Freund ist mein“ (6,3), endlich: „Ich bin meines Freundes, und Sein Verlangen steht nach mir“ (7,10). Zuerst ist der vorwiegende Gedanke der: Christus ist mein. Daß ich Sein bin, ist bis dahin noch das zweite. Denn auf dieser Stufe denken wir hauptsächlich an Christum als an den unserigen, und daher scheint Er gewissermaßen zu unserem Glück da zu sein. Danach gelangen wir zu der Erfahrung: „Ich bin Sein, und Er ist mein!“ Daß Christus uns besitzt und ein Recht an uns hat, nimmt jetzt den ersten Platz in unseren Gedanken ein, und daß wir Ihn besitzen - wie segensvoll das an sich ist -, wird jetzt etwas Untergeordnetes. Endlich gelangen wir dahin, zu sagen: Ich bin Sein, und Sein Verlangen steht nach mir, wobei das Wort „mein“ ganz ausgelassen ist, weil wir in der göttlichen Gewißheit stehen, daß das Ihm-Angehören alles andere in sich schließt. -

Ähnliche Gedanken findet man in den Bekenntnissen des Augustinus († 430), z. B.: „Laß mich Dich umfangen, himmlischer Bräutigam!“ - Der bedeutendste mittelalterliche Vertreter dieser christlichen Brautmystik war Bernhard von Clairveaux († 1153), der auch eine Erklärung des Hohenliedes in diesem Sinne schrieb. Ihm folgen fast alle Mystiker. Unter den Protestanten ist vor allem Zinzendarf zu nennen.

Die Frage ist die: Haben diese Männer sich geirrt, indem sie das Hohelied in diesem Sinne auslegten? Ist diese Deutung überhaupt zu verwerfen? Nach unserer Überzeugung nicht. Wenn das Hohelied das Verhältnis Jehovas zu Seinem alten Bundesvolke schildern soll, warum nicht das des neutestamentlichen Jehova-Jesus zu Seiner Gemeinde? Warum nicht auch Seine Liebe zu der einzelnen Seele? Wie könnte jemand behaupten, nur eine dieser allegorischen

Deutungen sei richtig? Eine allegorische Erklärung ist dann erlaubt, wenn sie biblische Wahrheiten, die auch an anderen Stellen durch nicht bildliche Aussprüche klar bezeugt sind, nur illustriert und bestätigt. Dagegen ist es unmöglich, eine Lehre nur mit Hilfe einer Allegorie zu stützen, wenn andere Schriftgründe fehlen. Nun fehlt es aber nicht an Schriftstellern, die das zarte und innige Liebesband, das die Gemeinde oder den einzelnen mit Christus verknüpft, mit den Banden bräutlicher und ehelicher Liebe vergleichen.

Ein treffliches Büchlein, das das Hohelied in diesem Sinne erklärt, ist das kleine Werk von Hudson Taylor: „Das Lied der Lieder“ oder: „Verbindung und Gemeinschaft“ (Verlag der China-Mission in Barmen).

Eine andere Frage ist die, ob auch die prophetische Erklärung, wie sie im Thargum (s. oben!) auf Israels Geschichte angewendet wird, auch eine ähnliche Anwendung auf die Gemeinde des Neuen Testamentes gestattet.

Professor Horch (Herborn) hat in seiner Mystischen und Prophetischen Bibel (1712) diese Erklärung versucht und Hohel. 1 - 3,6 überschrieben: Die Kirche unter Juden und Heiden; Kap. 3,7 - 5,1: Die Kirche unter christlichen Kaisern; Kap. 5,2-16: Die Kirche unter dem Antichristen(!!); Kap. 6-8: Die Kirche in der Freiheit. Ihm folgte die Berleburger Bibel, die sogar die sieben Gemeinden der Offenbarung (Kap. 2 u. 3) im Hohenliede wiederfindet, also wie in den sieben Gemeinden, so auch in dem Hohenliede einen Abriß der kirchengeschichtlichen Entwicklung findet. Ephesus: Hohel. 1,5ff.; Smyrna: Kap. 2; Pergamum: Kap. 3; Thyatira: Kap. 4 - 5,1; Sardes: Kap. 5,2 - 6,8; Philadelphia: Kap. 6,9 - 7,14; Laodizea: Kap. 7,15 - 8,14.

Hier ist doch wohl zuviel in das Hohelied hineingelesen worden, wenn man auch grundsätzlich die Möglichkeit nicht ablehnen kann. Jedenfalls muß man staunen über die geistreichen Versuche, die geringsten Einzelheiten dieser Deutung nutzbar zu machen. Die Herausgeber der Berleburger Bibel haben dies wohl selbst empfunden, denn sie bemerken: „Ist dies zu weit und zu genau gesucht, so kann man es doch als besondere Privatgedanken, die niemand Schaden tun, wohl passieren lassen.“

Übrigens sind auch in den geschichtlichen Büchern des Alten Testaments allerlei Geheimnisse zu finden, wie Franz Burmann, Professor in Utrecht, es 1706 in einem umfangreichen Werke nachwies „zu gründlicher Erklärung sowohl des Juden- als Christentums und der schriftmäßigen Vergleichung der beiden“. Es ist zu bedauern, daß wir im allgemeinen im Alten Testament viel zu wenig zu Hause sind und es so wenig verstehen, Christus in allen Büchern des Alten Testamentes zu finden und die Nutzanwendungen auch aus den geschichtlichen Ereignissen des Alten Testamentes für uns zu ziehen.

Als Beispiel und zugleich als Erklärung der Allegorie verweist Burmann z. B. auf 1. Sam. 20, wie Jonathan und David einander durch Pfeile verständigten. Als Jonathan die drei Pfeile abschoß und seinem Knaben sie aufzulesen befahl, bezeichnete er damit zwei Dinge: eins, das er sagte, und eins, das er vorhatte. So hat der Heilige Geist oftmals zwei Dinge vor: das eine in Ansehung des Buchstabens, das andere in Ansehung des Geheimnisses, das eine in dem Vorbild, das andere in dem Gegenbild. Gerade so wie Jonathan von Pfeilen sprach und etwas anderes meinte, der Knabe aber das andere nicht verstand, David jedoch die tiefere Bedeutung wohl verstand, so haben auch im Alten Testament nicht alle Gläubigen die tiefere Bedeutung der Vorbilder verstanden, sondern sind oft bei dem Buchstaben, gleichsam der Schale stehen geblieben, während andere, durch den Heiligen Geist erleuchtet, die Meinung des Heiligen Geistes in den Vorbildern wohl verstanden und uns dieselbe ganz treulich erklärt haben.

Das gilt auch von dem Hohenliede.

J. W.

Kurze Bemerkungen des Schriftleiters

Diese umfassende, inhaltsreiche und klare Antwort Bedarf von meiner Seite keiner Ergänzung, zu der ich mich auch nicht berufen fühle, und zwar nicht nur mangels genügenden Platzes.

Aber ich möchte noch zu dienen versuchen mit einem kleinen Hinweis auf die sieben Loblieder in dem inspirierten (gotteingegebenen) Alten Testament, von denen das Hohelied das siebente und letzte ist. In allen diesen finden wir Jehova oder Christus in besonderem Charakter, je nach dem Inhalt derselben, wie die hier kurz angeführten Texte dem einsichtigen und fleißig forschenden Leser zeigen: 2. Mose 15; 4. Mose 21,16.17; 5. Mose 32; Richter 5; 1. Sam. 2,1-10; 2. Sam. 22. Welch mannigfache Gegenstände werden in diesen Lobliedern gepriesen - wie z. B. Errettung, Freude, Genuß, Befreiung, Gericht, Sieg, Wechsel von Niedrigkeit zur Herrlichkeit, Hoffnung, Gnade usw. -, und demgemäß wird Er Selbst gesehen und verherrlicht, aber ein Gegenstand fehlt in diesen Liedern, denn diesem ist das längste und lieblichste, das siebente Lied gewidmet! Es ist die Liebe! Das Hohelied ist das Lied, das Hohelied der Liebe im Alten Testament, wie im Neuen Testament gleichsam das entsprechende Hohelied der Liebe (außer 1. Kor. 13) der Epheserbrief ist mit seinen 22 Ausdrücken von „Liebe“, „lieben“ und „geliebt“.

Von der Liebe singt das alttestamentliche Hohelied! Der Geliebte („Freund“ in obiger Antwort), von dem (nicht zu dem) Sulamith wieder und wieder redet und der seinerseits wieder und wieder von ihr und zu ihr spricht, - Er und Seine Liebe ist der Gegenstand dieser Sammlung von „lieblichen geistlichen Liedern“ (Kol. 3,16), die den Namen „Lied der Lieder“ um ihres Inhalts willen vollauf verdient.

Sind wir aber in unserer Betrachtung und unserem Verständnis dieses biblischen Buches durch den Geist soweit geführt, den Geliebten und den Gegenstand Seiner Liebe darin zu sehen, dann ist nur ein kleiner Schritt bis dahin, in Ihm Christus zu erkennen, und zwar, wie Er in heiliger, alles, selbst den Tod überwindenden Liebe um Seine alttestamentliche Braut wirbt - wenn aber um diese, so auch im weiteren Sinne oder vergleichsweise um seine neutestamentliche, Seine Gemeinde, und um die Glieder derselben, wie es obige Antwort so schön ausführt. Nur scheint es (auch) mir wichtig und richtig zu sein, wo es sich um diese allegorische Anwendung des Hohenliedes handelt, zur weisen Zurückhaltung zu mahnen, handelt es sich doch stets um Sein Wort, und dasselbe darf nie willkürlich betrachtet und ausgelegt werden von uns, deren

Erkennen „Stückwerk“ ist. Auch hier ist „heiliges Land“, wo uns gebührt, unsere Schuhe auszuziehen!

Möge es dem Heiligen Geist, der stets Christus verherrlicht, gelingen, uns tiefer in die Geheimnisse und Herrlichkeiten des „Liedes der Lieder“ einzuführen, dem HErrn zur Ehre und uns zum inneren Gewinn!

F. K.

Frage 16

Ist Mark. 16,17.18 heute noch anwendbar?

Antwort

Der Abschnitt Mark. 16,9-20 ist von einigen als Anhang, d. h. als nicht dem Evangelium nach Markus zugehörig, bezeichnet worden. Doch ist es nicht nötig, die verschiedenen Lesarten der alten Handschriften zu erforschen, um zur Klarheit zu kommen. Wir glauben vielmehr, daß der ganze Zusammenhang, Aufbau und Schluß dieses Evangeliums uns zeigt, daß das in diesem Abschnitt Gesagte unbedingt hierher gehört. Die Frage ist nun, ob die in V. 17 und 18 genannten Zeichen sich auch heute noch erfüllen und wie dieses Wort sich in der Gegenwart auswirkt.

Vor allen Dingen müssen wir die Tatsache feststellen, ob dieses Wort uns irgend die Berechtigung gibt, es ohne weiteres auf alle Zeiten und so auch auf uns anzuwenden. Wenn wir das Ende des Evangeliums nach Matthäus lesen, finden wir die Zusage des HErrn: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Matth. 28,20.) Die Zusage Seiner Gegenwart zu allen Zeiten haben wir; wo aber wird uns gesagt, daß die Zeichen allezeit von Seinen Jüngern vollbracht werden? Weder hier noch woanders gibt uns der HErr für diese Zeit der Gnade die Verheißung des Fortbestehens des Wirkens offenkundiger Wunder und

ebensowenig die Zusicherung des Fortbestehens der Wundergaben; darum wird 1. Kor. 13,8-10 ein Unterschied gemacht durch die Worte „aufhören“ und „weggetan werden“. Die „Sprachen“, welche von den Wundergaben immer zuletzt genannt werden - vgl. 1. Kor. 12,28.30 -, schließen die Reihe und sind hier angeführt als aufhörende Gabe, wogegen die Prophezeiung wohl den wichtigsten Platz einnimmt und erst weggetan werden wird, wenn das Vollkommene gekommen sein wird durch das Kommen des HErrn. So wird in Eph. 4,13 ausdrücklich das Wörtchen „bis“ vom Heiligen Geiste gebraucht, was in Mark. 16 und 1. Kor. 12 und allen anderen Stellen fehlt, wo es sich um Wundergaben handelt, weil die Gaben zur Erbauung der Gemeinde, welche das Wachstum des Leibes bewirken, bleiben werden, bis die Gemeinde vollendet ist in Herrlichkeit. Obwohl Gott uns immer wunderbar führt, bewahrt und segnet - ja, unser ganzes Leben ist eine Kette von Wundern -, so müssen wir doch offenkundige, der Welt ins Auge fallende Wunder unterscheiden von denen, die wir als Kinder Gottes in unserem Leben durch Seine Erleuchtung und Gnade sehen. Letzteres sind Wunder, die die Welt nicht wahrnimmt oder die sie einfach natürlich erklärt.

Die andere Frage wäre, was wir unter Zeichen zu verstehen haben. Nicht jedes Wunder ist ein Zeichen, obwohl ein Zeichen fast immer ein Wunder. ist. Die Schrift unterscheidet „mächtige Taten“, „Wunder“ und „Zeichen“ (vgl. Apg. 2,22; 2. Kor. 12,12).

„Mächtige Taten“ zeigen uns die Allmacht Gottes;

„Wunder“ offenbaren mehr Seine Allgegenwart;

„Zeichen“ stehen in Verbindung mit Seiner Allwissenheit. Zeichen tragen fast stets einen prophetischen, geistlich vorbildlichen Charakter. In ihnen finden wir stets eine Tatsache, die eine geistliche Sache vorbildet. Z. B. das erste Zeichen, welches der HErr tat, bestand darin, daß Er Wasser in Wein verwandelte (Ev. Joh. 2,11). Diese Begebenheit bezw. dieses Zeichen ist ein Bild von der Freude im Tausendjährigen Reich; zugleich aber auch zeigt es uns die Freude im Herzen eines Menschen, der den HErrn im Glauben erfaßt hat.

Nun wird in der Markusstelle V. 17ff. am Anfang wie auch am Schluß von Zeichen gesprochen.

Wenn wir nun die gegebene Deutung berücksichtigen, kommen wir doch zu anderen Ergebnissen, als wie es gewöhnlich verstanden wird. Wenn wir auch annehmen können, daß diese Dinge im apostolischen Zeitalter erfüllt wurden, wo Dämonenaustreiben, in neuen Sprachen reden (vgl. Apg. 2 und 10), Schlangen aufnehmen (vgl. Apg. 28,1-6) usw. eine geschichtliche, buchstäbliche Erfüllung fanden, so sind wir doch gezwungen, eine geistliche Bedeutung in diesen Zeichen zu sehen, weil sie ausdrücklich vom HErrn „Zeichen“ genannt werden. In diesen Zeichen ist ohne Zweifel der vollkommene Sieg des HErrn über Satan (Dämonen - Schlangen), Tod (Tödliches trinken) und Sünde (neue Sprachen - Schwache) zum Ausdruck gebracht. Was hätte es für einen Wert, äußerlich von diesen Dingen befreit zu sein oder bewahrt zu bleiben, wenn wir innerlich, geistlich von dieser großen Dreimacht: Satan, Tod und Sünde, für immer geknechtet wären? An den geistlichen Segnungen dieser - durch die Zeichen vorgebildeten - Dinge nimmt ein jeder Gläubige teil, was ja auch das Wesentliche ist, ohne daß die äußeren Dinge sich an ihnen vollziehen müssen, da sie doch nur die Schale, nicht aber den Kern des Christentums bilden und nur zur Einführung und Bestätigung des anfänglich verkündigten Wortes geschahen, um die Menschen zur geistlichen Erfüllung der mit den Sinnen und äußerlich wahrnehmbaren Zeichen durch den Glauben an den Heiland der Sünder zu bringen. So sind auch liebe Geschwister ohne jeden Auftrag von Gott in die äußere Praxis von Apg. 19,11.12 verfallen, weil sie den Dingen anstatt Gott vertrauen. Nach unserer Überzeugung muß jeder, der dies tun will, erst das in Apg. 5,15 Gesagte tun können. Petrus war der größte apostolische Zeuge von Apg. 2-15, Paulus von Apg. 16-28 - jener der Apostel der Beschneidung, dieser der Apostel der Vorhaut. Sie waren die beiden Hauptapostel. Woher könnte heute jemand das Recht ableiten, dasselbe zu tun? Es wäre ähnliches, als wenn wir dem Worte Gottes, das uns durch die Apostel vermittelt, geoffenbart und abgeschlossen ist, noch etwas hinzufügen wollten. Wir können weder das eine noch das andere, weil es nicht Gottes Absicht ist.

Wenn wir Apg. 19,12 mit 1. Mose 3,7.19 vergleichen, finden wir, daß beides Folgen der Sünde waren, jetzt aber, da Gott Sich in Seiner unumschränkten Gnade in Christo geoffenbart hat und Gott in Seiner großen Barmherzigkeit Selbst diese Dinge benutzt als Zeichen, daß die Macht

gekommen ist und unter die Macht des Feindes, der Sünde und Krankheit, Rettung haben kann durch den Glauben an den Herrn Jesus. Es ist doch offensichtlich, daß durch diese Wunderwerke in der Stadt, wo Satan eine besondere Macht entfaltete, gezeigt werden soll, daß seine Macht gebrochen war durch den Namen des Herrn Jesus. Schweißtücher heute in diesem Sinne benutzen zu wollen wäre nicht nur eine vollkommene Verkennung der damaligen Wunderwerke, sondern Aberglaube anstatt Christusglaube.

Weiter ist zu berücksichtigen, daß die Wunder meistens an Menschen geschahen, die bisher unbekehrt waren, und daß wir nach dem Grundsatz des Wortes handeln sollen: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen“ (2. Kor. 5,7 und Ev. Joh. 20,29), und daß Zeichen und Wunder in bestimmten Zeitgrenzen gehalten wurden bezw. werden, die man wie folgt formulieren könnte:

I. Die Wunder der Schöpfungsperiode (1. Mose 1-2).

ll. Die Wunder der Erlösungsperiode des Volkes Israel (2. Mose - Josua). Besonders durch Mose und Josua vollführt.

III. Die Wunder der Wiederherstellungsperiode (1. Kön. - 2. Chron.), Elia und Elisa.

IV. Die Wunder der besonderen Gottesoffenbarungsperiode der Gnade (die vier Evang. und Apgesch.). Der Herr Jesus und Seine Apostel.

V. Die Wunder der Befreiungs- und Erneuerungsperiode, welche noch zukünftig ist (Offenb. 11 - 20,1-6).

VI. Die Wunder der Neuschöpfungsperiode des Weltalls (Offenb. 21,1-7).

Diese verschiedenen Wunder bildeten bezw. bilden die Einleitung je eines neuen Zeitabschnittes in der Geschichte des Waltens Gottes mit Seinen Auserwählten. Und wenn wir beachten, daß - wie wir schon bei anderer Gelegenheit einmal betont haben - nur Juden göttliche Wundertäter waren und außerhalb der umgrenzten Wunderperiode ganz wenige

Wunder verrichtet wurden, so wird uns von Gott der Zeitboden selbst zugeteilt, auf welchem es Gott wohlgefiel, sich also zu offenbaren. Im letzten Grunde ist das Übergehen dieser Dinge doch ein Verkennen der Wege Gottes. Es ist für uns nie eine Frage der Macht Gottes, sondern Seiner Weisheit, die wir in Seinem Worte zu verstehen suchen. Wir haben hier keinen Raum, diese Frage eingehend zu behandeln, doch möchten wir noch hervorheben, daß die Grundlage aller Wunderwirkungen die Totenauferweckung ist. Darum nehmen die Totenauferweckungen auch einen hervorragenden Platz ein. Sie sind gewirkt durch Elia und Elisa, den Herrn Jesus, Petrus und Paulus (1. Kön. 17,17-24; 2. Kön. 4,20-37; 13,21; Luk. 7,11-16; Matth. 9,23-26; Joh. 11,11-44; Apg. 9,36-42; 20,9-12). Das sind acht Auferweckungen. Aber auch Israel wurde aus dem Grabe Ägypten von Gott gerufen. Die Toten in Christo werden auferweckt werden (1. Thess. 4,16). Israel wird geistlich auferweckt werden (Hes. 37). So ist die Auferweckung stets der Ausgangspunkt jeder Wunderperiode, wie auch Gott auf dem Boden der Auferstehung physisch oder geistlich nur Seine Wunderherrlichkeit entfaltet, weil Christus, Sein Sohn, unser Herr, durch Sein Sterben und Seine Auferstehung die gerechte, sittliche und gottwohlgefällige Grundlage gelegt hat. Ihm sei Preis und Dank!

Doch nun nochmals zurück zu unserer Markusstelle. Markus ist das vernachlässigte Evangelium. Es wird am wenigsten gelesen, verstanden und verwirklicht. Der Gründe sind viele, warum es so ist. Nicht die Kürze des Evangeliums, denn diese müßte eigentlich das Gegenteil bewirken, noch die Ähnlichkeit mit Matthäus halten die Kinder Gottes zurück, dieses wunderbare kurze Zeugnis Gottes für den treuesten und allein vollkommenen Seiner Diener zu lesen, sondern, wie wir vermuten, ist es das verborgene, beständige Wirken und Dienen für Seinen Gott, was uns vielleicht unbewußt abhält, dieses Evangelium besonders zu studieren. Die meisten haben wohl ein besonderes Interesse für den Zeichen-Schluß dieses Evangeliums, aber wenig für seinen Inhalt und sein Wesen.

Im allgemeinen sagt man, daß Christus uns hier als der vollkommene Diener und Prophet gezeigt wird. Das ist wahr. Doch hat dem Schreiber dieses einmal die kurze Bemerkung eines Bruders viel genützt, den HErrn in Markus als den Neuschaffenden und Wirkenden zu sehen, der dieselben Phasen in geistlicher Weise durchläuft, in welchen Er am Anfang als Schöpfer

Gott Sich offenbart. Wir sehen eine wunderbare Übereinstimmung von 1. Mose 1 - 2,3 mit dem gesamten Markusevangelium. So auch mit den Schlußversen dieses Evangeliums, die uns viel klarer werden in dieser Betrachtungsweise:

Matthäus geht zurück auf David und Abraham; es ist die Verheißungslinie.

Lukas auf die von David eingeführte Priesterordnung und auf Adam.

Johannes geht über den Anfang der Schöpfung hinaus.

Markus aber geht auf den Anfang der Schöpfung zurück, darum fängt es an: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi.“ Wie Er ehedem wirkte, wirkt Er jetzt eine neue geistige Schöpfung. Bitte zu vergleichen: 1. Mose 1,1: Anfang der Schöpfung. Mark. 1,1: Anfang des Evangeliums.

1. Mose 1,2: Das Brüten des Geistes. Mark. 1,12: Das Wirken des Geistes Gottes.

1. Mose 1,3: Licht siegt uber die Finsternis. Mark. 1,13: Christus siegt über Satan.

1. Mose 1,6-8: Scheidung der Wasser. Mark. 1,14 - 3,35: Männer empfangen himmlischen Ruf (also geschieden von

der Welt).

1. Mose 1,9-13: Scheidung der Erde von Mark. 4 - 6,6: Scheidung zwischen Glauben

dem Wasser. und Unglauben.

1. Mose 1,14-19: Himmlisches Licht. Mark. 6,7 - 7,23: Das himmlische Zeugnis.

1. Mose 1,20-23: Wasser wird belebt. Mark. 7,24 - 10,52: Nationen werden heimgesucht.

1. Mose 1,24.25: Tiere, Haustiere (deren Mark. 11,1 - 15,47: Dienst, Treue und Tod.

Felle spätere Bekleidung der

Menschen).

1. Mose 1,26: Der Mensch die Krone der Mark. 16,1-20: Christus der neue Mensch in

Schöpfung, im Bilde Gottes Auferstehung, die Krone der Erlösung.

geschaffen.

Diese Zusammenstellung ist ganz primitiv gehalten und hat nur für Menschen anregenden Wert, die Gottes Wort lieben und tiefer in das Wort Gottes einzudringen suchen. Wir sind überzeugt, daß hier noch viele unerforschte Tiefen liegen, die uns dieses so oft vernachlässigte Evangelium sehr kostbar machen würden.

Dies ist der Grund, daß am Ende dieses Evangeliums vom HErrn der Befehl gegeben wird (16,15), nicht nur der ganzen Welt, sondern der ganzen Schöpfung- denn darum handelt es sich hier - das Evangelium zu verkündigen (vgl. Mark. 10,6 und 13,9.10), Worte, die nur in Markus genannt werden. Ist dies zufällig? Die ganze Schöpfung soll die Kunde von dem Siege über Satan, Sünde und Tod durchdringen - die Zusicherung, daß die Schöpfung frei wird von der Knechtschaft der Sünde. -

Anschließend an diese Botschaft wird von der Dämonenaustreibung gesprochen. Wie Satan aus dem Menschen ausgetrieben wird, so wird er einst von der Schöpfung Gottes, von dem All des Lichtes und der Wonne für ewig mit seinem Anhang ausgeschlossen werden (vgl. V. 16b).

Aber das Merkwürdigste ist, daß in diesem kurzen Evangelium viel, ja mehr und eingehender von dem Feinde berichtet wird als in den anderen. Es sind so viele Stellen, daß wir sie hier gar nicht anführen können. Der Schöpfer- und Erlöser-Gott reinigt Seine Schöpfung von der Macht des Feindes; es geht zurück auf 1. Mose 3, wo wir den Sündenfall finden. Darum wird der Feind am Ende ausgetrieben. Dieses Wort steht in engster Verbindung mit dem Inhalt, Zweck und Ziel des Evangeliums. Nur hier finden wir das Wort: „Schweige verstumme!“ (4,39.) Satan wird zum Schweigen gebracht und muß verstummen vor Ihm, der die Schöpfung von seinem Einfluß

reinigt.

Sie werden neue (nicht andere) Sprachen reden. Wir haben das Verkehren im Gespräch mit Gott verloren. Wir lauschten auf die Stimme des Feindes; unsere Sprache hatte ihre Quelle in der Gottentfremdung, Gottesunkenntnis und dem Unglauben. Wenn Satan ausgetrieben ist, sprechen wir in neuen Sprachen, weil wir die neue Lehre (1,27) ins Herz aufgenommen haben. Dinge, die wir nur in Markus finden. Nicht wir sind derSchlange unterworfen, sondern sie ist uns unterworfen. Die tödlichen Quellen sind entgiftet. Der Tod hat keine Macht über uns, die wir mit dem Auferstandenen verbunden sind. Wir sind stark in unserem HErrn, und die Schwäche des Zweifels ist beseitigt.

Alle diese fünf Dinge finden wir in 1. Mose 3. Wir haben keinen Zweifel, daß dies der Grund ist, sie hier genannt zu finden. Die zwei Wunder, die wir nur in Markus finden, 7,31-37 und 8,22-26, und die charakteristisch für dieses Evangelium sind, bestätigen dieses: Wir hören und reden gottgemäß in neuen Sprachen, unsere Sprache ist von dem Unglauben, Zweifel und dem Gift der Sünde gereinigt, und haben geöffnete Augen für die herrliche Neuschöpfung Gottes.

Wir fanden eine solche Fülle von Stoff in der Eigenart dieses Evangeliums und der Darstellung des HErrn, daß, wenn wir ihn nur oberflächlich behandeln wollten, wir anstatt einer Antwort Ein Buch schreiben müßten. Wir empfinden, wie unfähig wir sind, die Fülle des Stoffes dieses Evangeliums zu meistern, ja daß wir nicht einmal fähig sind, die wenigen Brocken und Anregungen in einer Ihm würdigen Form dem Leser nahezubringen. Der HErr schenke uns Gnade, Sein Wort und Seine Person so lieben zu lernen, daß wir nicht nur eifrig, betend Sein Wort lesen, sondern auch tun, was Er uns sagt! Dann werden wir wirklich sagen können, was gleichsam die Überschrift dieses Evangeliums ist: „Er hat alles wohlgemacht!“ (7,37.) Vergleiche dazu das sechsfache „gut“ und das einmalige „sehr gut“ in 1. Mose 1,31! Amen.

K. O. St.

Schlußbemerkung des Schriftleiters

Diese so außerordentlich reichhaltige und zum Weiterforschen anregende Antwort Bedarf natürlich ebensowenig wie die auf die vorige Frage einer eigentlichen Ergänzung oder Erweiterung, aber ich glaube, einen Hauptpunkt noch einmal klar und bestimmt unterstreichen zu sollen. Und das ist der Hauptpunkt, daß es sich in Mark. 16,17ff. um Zeichen handelt (das ist sehr wichtig!), nicht um Wunder schlechthin, und auch nicht um eine Verheißung, die unbedingt bis zum Ende gilt.

Ich habe mich im Anschluß an eine vom gleichen Verfasser auf die Frage nach dem Händeauflegen in Apg. 6,6 gegebene große Antwort über diesen Gegenstand, d. h. den von Zeichen und Wundern, gründlich ausgesprochen und darf darum hier davon absehen, indem ich auf jene Frage hinweise und darüber nachzulesen bitte (Jahrb. 11, Frg. 15!). Ich möchte nur noch einem im Anschluß an Mark. 16,15ff. möglicherweise entstehenden Irrtum in Kürze begegnen.

In Frage 8 des gegenwärtigen Jahrbuches wurde von unserem Mitarbeiter Th. K. und von mir sehr eingehend über Mark. 16,16 im Blick auf die Taufe der Gläubigen geschrieben. Da könnte nun der Einsender der obigen Frage oder ein anderer auf den Gedanken kommen, daß, wenn dem Vers 16 bleibende, fortgesetzte Bedeutung zukomme bis zum Ende, dann auch die nächsten Verse ebenso zu werten seien. Aber nein! - Vers 16 handelt allgemein umfassend von „Wer ...“ und „Wer nicht ...“ und spricht von Tatsachen, die in die Ewigkeit hineinreichen. Das kann doch gar nicht verkannt werden! Vers 17 und folgende Verse aber sprechen im Gegensatz zu letzteren doch offensichtlich von irdischen Dingen, die ihr Ziel finden an und vor der Schwelle der Ewigkeit, und ferner handeln diese Verse von vermiedenen Zeichen, und zwar solchen, die tatsächlich nach V. 20 das Wort jener bestätigten! Und wer waren jene? Die, denen der HErr nach V. 15 Seinen Auftrag gegeben hatte, „das Evangelium der ganzen Schöpfung zu predigen“ - was in obiger Antwort so klar ausgeführt ist. Es waren die Bestätigungszeichen für die Wahrheit des ihnen anvertrauten Zeugnisses. Als dieses weltweit anerkannt oder wenigstens bekannt war, bedurfte es zu seiner Bestätigung doch nicht mehr der sinnenfälligen Zeichen der Anfangszeit. Heute braucht die Welt nötiger als alles die

sittlichen, inneren Beweise (bei uns Gläubigen) für die Wahrheit unseres Zeugnisses, aber nicht äußere Zeichen, wie Sie in der apostolischen Zeit, für die sie gegeben waren, geschahen.

Genug davon! Nur zur Unterstreichung des Obigen sollen meine wenigen Worte dienen, in denen ich auch zu zeigen beabsichtigte, welch ein grundsätzlicher Unterschied zwischen dem in V. 16 und dem in V. 17ff. Gesagten besteht. Wir haben natürlich die Beachtung, die wir V. 16 schenken müssen, ebenso auf V. 17ff. auszudehnen - denn dies wie jenes ist Sein Wort! -, aber wir haben ebenso auch alle Ursache, für diesen ganzen Schriftabschnitt 2. Tim. 2,15 ernstlich zu berücksichtigen, jenes Wort, das dem Timotheus (und damit auch uns) ans Herz legt, „das Wort der Wahrheit recht zu teilen“! - Der HErr schenke uns allezeit wachsende Gnade dazu um Seines Namens willen!

F. K.

Saul, Jonathan und Mephiboseth.

David, der Sohn Jesses, war von Gott erkoren, der Retter, Hirte und König Seines alten Volkes Israel zu sein. In dieser Hinsicht war er ein Vorbild unseres Herrn Jesus Christus, welcher der alleinige Retter der Menschen und der kommende König ist. Über den Erwählten Gottes hätte jedermann in Israel erfreut sein müssen, und deshalb war David in jenen Tagen tatsächlich ein Prüfstein für alle, die Gottes Gedanken und Absichten kannten.

Drei Männer finden wir - Saul, Jonathan und Mephiboseth -, die in enge Berührung mit David kamen. Die Weise, wie sie sich David gegenüber verhielten, ist ein Bild von dem, wie die Menschen sich heute dem Herrn Jesus gegenüber verhalten.

Laßt uns hierauf etwas näher eingehen! David war nicht der Mann, den Israel sich erwählt haben würde. Er war nur ein Hirtenknabe und hatte kein Ansehen. Sie jauchzten Saul zu wegen seiner prächtigen äußeren Erscheinung, und selbst Samuel, der Prophet Gottes, war nahe daran, in diesen Fehler des Volkes zu fallen. Als er in das Haus Jesses gesandt wurde, war er

der Höhe seines Wuchses hingenommen wurde. Aber der HErr sprach: „Blicke nicht auf sein Aussehen und auf die Höhe seines Wuchses ..., Jehova sieht nicht auf das, worauf der Mensch sieht; denn der Mensch sieht auf das Äußere, aber Jehova sieht auf das Herz.“ (1. Sam. 16,7.)

Für das natürliche Auge des Menschen war der Herr Jesus keine Schönheit. „Er hatte keine Gestalt und keine Pracht ..., Er hatte kein Ansehen, daß wir Sein begehrt hätten, Er war verachtet und verlassen von den Menschen.“ (Jes. 53,2.3). Aber Er war unbeschreiblich lieblich und schön in den Augen Gottes, denn Er liebte Gott mit Seinem ganzen Herzen, und das Herz ist die Quelle all unserer Handlungen. Ja, der Herr Jesus war der Mann nach Gottes Herzen, Sein Gesalbter, der Seinen Willen vollführte.

In den Tagen der Not und des Elendes machte das Volk Israel die Erfahrung, daß der Mann, den Gott erwählt hatte, der einzige war, der sie zu erretten vermochte. Als der Riese Goliath sie bedrohte und Saul und Eliab vor ihm in ihrer Hilflosigkeit zitterten, mußten sie sich nach einem anderen für ihre Errettung umschauen. Da erschien David, und gegürtet mit der Kraft des Gottes Israels überwand er den Riesen und befreite das Volk. Dann erkannten sie, was bei seiner Salbung gesagt wurde, daß er von „gutem Ansehen“ war. (1. Sam. 16,12.)

Die herrliche Geschichte des Sieges Davids wird uns in 1. Sam. 17 berichtet und zeigt uns als ein Vorbild den Sieg unseres Herrn Jesus Christus über den mächtigen Feind, den Teufel; einen Sieg, wie er uns in Hebr. 2,14.15 in den Worten geschildert wird: „Weil nun die Kinder Blutes und Fleisches teilhaftig sind, hat auch Er gleicherweise an denselben teilgenommen, auf daß Er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren.“

Wie vollkommen und herrlich war Davids Sieg, und wie wurden beide überrascht, sowohl die Philister als auch die Israeliten! Denn Goliath war ein Kriegsmann, unüberwindlich, wie er dachte, und bewaffnet bis an die Zähne, während David, ein Jüngling, keine andere Waffe hatte als nur fünf glatte Kieselsteine und eine einfache Schleuder. Aber durch das, was in den Augen

Todes gelegt. Mit seinem eigenen Schwert wurde dem Riesen das Haupt genommen, so daß selbst das zitternde Israel in Jubelgeschrei auf der Höhe von Ephes-Dammim ausbrach.

In Schwachheit gekreuzigt, trat der HErr für uns dem Machthaber des Todes, dem Teufel, entgegen. Als Er verworfen an eines Übeltäters Kreuz genagelt wurde, schien es, als ob Er eine gänzliche Niederlage erlitten hätte. Aber durch diese scheinbare Niederlage gewann Er den Sieg. Durch Seinen Tod hatte Er den, der die Macht des Todes hatte, zunichte gemacht und den Teufel überwunden, und zwar völlig, so daß unser auferstandener HErr sagen kann: „Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige, und Ich war tot, und siehe, Ich bin lebendig in die Zeitalter der Zeitalter und habe die Schlüssel des Todes und des Hades.“ (Offb. 1,17.18.)

Saul.

Als Goliath überwunden war, brachte das Volk Israel in einem gewissen Maße David Anerkennung entgegen. Wir lesen 1. Sam. 18,5: „Er war in den Augen des ganzen Volkes ... wohlgefällig ... Und die Weiber, die da spielten, sangen und sprachen: Saul hat seine Tausende erschlagen, und David seine Zehntausende ... (Vers 7). Ganz Israel und Juda hatten David lieb (Vers 16). Und Sein Name wurde sehr geachtet“ (Vers 30). Saul aber stand im schroffen Gegensatz zu dem Volk. Sein Herz wurde von bitterem, tödlichem Haß gegen den Erretter des Volkes erfüllt. Mit scheelen, eifersüchtigen Augen sah er auf David und suchte ihn zu töten (Vers 9 und 10).

Saul ist das Bild des unbekehrten Menschen, des Menschen im Fleisch. Wir lesen sehr oft von dem „Fleische“ im Neuen Testament. Damit ist das böse Prinzip gemeint, welches im Herzen des Menschen seinen Sitz hat. Es lehnt sich auf gegen Gott und Christus und sucht das eigene Ich zur Geltung zu bringen im Gegensatz zu Christo. Das Fleisch mag Religion dulden, auch Versammlungen, ja auch Gläubige, aber nicht Christus. Als Er in die Welt kam, wurde Er von dem Menschen im Fleische für den Preis eines Sklaven verraten, von ihm ins Angesicht gespien und ans Kreuz genagelt. Dieser Mensch hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert; der

Christus Gottes wird heute noch von ihm verachtet, verworfen und gehaßt. Jeder Ungläubige ist ein Mensch im Fleische. Er liebt nicht unseren Herrn Jesus Christus, und sein Los ist schrecklich, denn die Schrift sagt: „Wenn jemand den Herrn (Jesus Christus) nicht lieb hat, der sei Anathema.“ (1. Kor. 16,22.)

Es mag so aussehen, als ob Gleichgültigkeit gegen Christus und Seine Rechte eine geringfügige Sache sei, und es mag befremden, daß das Anathema des allmächtigen Gottes darüber ausgesprochen ist, aber es bleibt bestehen, Gott hat den Fluch darüber ausgesprochen. Wie gerecht dieser Fluch Gottes jeden Verwerfer Christi trifft, wird jeder zugeben, der in dem Vorbilde das böse Verhalten Sauls gegen David erkennt.

Israel hatte David alles zu verdanken, denn die Philister wollten ihnen nicht nur ihr Land und ihren Besitz nehmen, sondern auch sie selbst - Männer, Weiber und Kinder zu Sklaven machen. Saul konnte sie nicht erretten, auch nicht Jonathan, auch nicht Abner. Als jede Hoffnung auf Rettung geschwunden war, erschien David. Er trug sein Leben in seiner Hand. Er überwand den gewaltigen Feind und errettete das Volk von seiner Macht. Jeder mußte empfinden, daß David, dem Erretter, in Wahrheit auch das Königtum, die Herrschaft und Regierung zustand. Das Gewissen schon mußte es Saul sagen und ihn an das Wort Samuels erinnern: „Weil du das Wort Jehovas verworfen hast, so hat Er dich verworfen, daß du nicht mehr König seiest.“ (1. Sam. 15,23.) In seiner Selbstliebe und seinem Stolz aber verweigerte er, David das Reich zu übergeben. Sauls Gedanken bewegten sich nur um seine eigene Person; für David hatte er nichts übrig. Er haßte ihn, weil sein Gewissen ihn über sein Verhalten gegen David strafen mußte.

David, durch die mächtige Hand Gottes geschützt, wurde nicht zuschanden in dem Kampfe, den er für das Volk wagte. Er siegte, ohne auch nur verwundet zu werden oder Schmerzen zu erleiden. Anders war es bei unserem Herrn Jesus Christus, als Er kam, um uns Menschen zu befreien. Sein Ansehen war so verderbt, mehr als irgend eines anderen Menschen, und Seine Gestalt als der Menschen Söhne. Seine Hände und Füße wurden durchbohrt und an das Holz genagelt. Jeder Schmerz wurde Ihm zugefügt, und Er trank die Bitterkeit des Todes bis zum

letzten Tropfen. Ihn hat es viel gekostet, dem verlorenen Sünder eine ewige Errettung zu bereiten und ihn von der Macht Satans, der Furcht des Todes und der ewigen Verdammnis zu befreien. Die wunderbare Liebe, die dieses für uns vollbrachte, sollte alle Menschen zu Seinen Füßen bringen. Wie undankbar ist es, Ihn nicht zu lieben, und wie selbstsüchtig, Ihn nicht zu ehren! Aber der Stolz des Menschen weigert sich, durch einen gekreuzigten Christus gesegnet zu werden.

Gott hält Segnungen durch den Tod Christi für den Menschen bereit, große und herrliche Segnungen, aber niemand kann sie erlangen, ohne sich Christo zu beugen und zu übergeben. Wer das verweigert und wer Ihn nicht liebt, offenbart sich in Auflehnung gegen Gott, und dies wird den gerechten Zorn Gottes auf den Verächter Seines Sohnes bringen.

Sauls Stellungnahme und Verhalten David gegenüber lag in der Gesinnung: „Alle Anerkennung, allen Ruhm für mich, aber nichts für David“, und das ist auch heute noch die Antwort, welche Tausende dem HErrn geben.

Jonathan.

Saul haßte David, Jonathan aber liebte ihn wie seine eigene Seele. Kein Wunder, denn er hatte den Streit im Felde von Ephes-Dammim beobachtet. Als er sah, wie David dem Feinde entgegenging, da mußte er sich in seinem Herzen sagen: „Du nimmst den Kampf für mich auf,“ und als der Sieg errungen war, mußte es ebenso in seinem Herzen heißen: „Er hat den Feind, den mächtigen Feind, für mich überwunden.“ Er sah ihn auch im Zelte des Königs mit dem Haupte Goliaths in seiner Hand; und dort gewann David so sein Herz, daß er sich selbst auszog und alles, was ihn in den Augen anderer noch erheben konnte, David übergab. David war Sieger auf dem Kampfplatze, er war auch Sieger in dem Zelte des Königs. Die Trophäe seines ersten Sieges war das Haupt Goliaths, die Trophäe seines zweiten Sieges war das Herz Jonathans.

Kennen wir etwas Ähnliches in unserem Leben? Hat der Herr Jesus unser Herz gefangen

daß wir sagen können: „Alles gehört jetzt Dir, Lamm Gottes!“? Wie schön war die Hingabe Jonathans an David! Wie rühmt David seine Liebe, als er so rührend beim Tode Jonathans klagte: „Mir ist wehe um dich, mein Bruder Jonathan! Holdselig warst du mir sehr; wunderbar war mir deine Liebe, mehr als Frauenliebe!“ (2. Sam. 1,26.) Aber ach, Jonathan wurde mit Saul durch die Hände der Philister erschlagen, und er sah nie das herrliche Reich in der Hand des geliebten Freundes.

Mit wehem Herzen habe ich manchmal darüber nachgedacht, warum er, der einen so schönen Anfang in seiner Liebe zu David nahm, ein so trauriges Ende auf Gilboa fand. Ich glaube die Antwort in 1. Sam. 23,16.18 zu finden. Es ist ein herzbewegendes Bild dort. David und Jonathan begegnen sich im Walde, so, wie sie sich zuvor auf dem Felde (Kap. 20,41.42) begegneten. Jetzt sagten sie sich zum letzten Male Lebewohl. Die innige Liebe Jonathans zu seinem Freunde David und die Erkenntnis, daß Gott ihm den Thron und das Reich geben würde, drückte er in den Worten aus: „Du wirst König sein und ich werde der nächste sein.“ In diesen Worten scheint sich mir eine schwache Stelle in der Hingabe Jonathans an David zu offenbaren. Diese Worte zeigen uns wohl die Größe der Liebe Jonathans zu David, aber zugleich lassen sie auch etwas von seiner Schwachheit durchblicken: David zuerst, aber ich der nächste. Ach, daß er Schluß gemacht hätte, als er sagte, daß das Reich an David fallen würde, und über sich geschwiegen hätte! Hätte er nicht die Bestimmung seines Platzes, des Platzes, welchen er im Reiche einnehmen sollte, seinem König überlassen können? Sicher, der König hatte doch allein das Recht, zu bestimmen, wer der Nächste nach ihm im Reiche sein solle. Hier kamen seine Gedanken über sich zutage - das eigene „Ich“ trat hervor. Bekannte er David als König, so geziemte sich solches nicht.

Hier, glaube ich, liegt die Wurzel zu dem traurigen Ende Jonathans. Sie ließ ihn zurückkehren in das Haus seines Vaters, wo sein Freund gehaßt und er in früheren Tagen um seinetwillen verfolgt wurde. Wie ganz anders würde sich Jonathans Lauf gestaltet haben, wenn er, statt zu sagen: „Du wirst König sein und ich der nächste,“ gesagt hätte: „David, du wirst König sein und ich will deine Verwerfung teilen, bis du als König von allen anerkannt sein wirst. Wo du hingehst, will auch ich hingehen; dein will ich sein; verfüge über mich, so wie du willst.“ Ein

solches Bekenntnis hätte zunächst allerdings für ihn ein Verlassen des Palastes des Königs, das Aufgeben seines Ranges und Standes, die Verachtung der Menschen und das Teil des Loses Davids in den Höhlen und Klüften der Berge zur Folge gehabt; aber es hätte auch ebenso für ihn einen Ehrenplatz im Reiche Davids anstatt des schmachvollen Todes durch die Hand der unbeschnittenen Philister bedeutet.

Wie ernst ist die Lehre, die uns diese Geschichte gibt! Wir sehen hieraus, daß es möglich ist, in der Herzenshingabe für den HErrn gut anzufangen, aber nicht darin auszuharren. Die Gefahr ist immer für uns da, daß die Gedanken an uns und unsere Interessen uns leiten, für uns selbst zu sorgen und eigene Wege zu gehen.

Wohl ist der Gläubige nicht im Fleisch, sondern im Geiste (Röm. 8,9), aber das Fleisch ist noch in dem Gläubigen, und wenn es zu Rate gezogen oder ihm erlaubt wird zu herrschen, so wird es bald Raum in uns finden, und in dem Maße wird unser Leben nicht mehr ganz für den HErrn sein.

David in den Tagen seiner Verwerfung ist ein Vorbild von Christus und Seiner Verwerfung. Wir müssen uns dessen voll bewußt sein, daß Christus heute noch genau so verworfen ist wie zu der Zeit, da die Menschen schrieen: „Hinweg mit Ihm, kreuzige Ihn!“ Die Rechte unseres HErrn werden nicht anerkannt, sie setzen Ihm keine Krone aufs Haupt, sie wünschen nicht Seinen Namen und Sein Eingreifen in ihre Dinge. Und die, welche Ihm in Wahrheit folgen, denen gilt noch Sein Wort: „Wenn ihr von der Welt wäret, würde die Welt das Ihrige lieben; weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern Ich euch aus der Welt auserwählt habe, darum haßt euch die Welt. Gedenket des Wortes, das Ich euch gesagt habe: Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie Mich verfolgt haben, werden sie euch auch verfolgen; wenn sie Mein Wort gehalten haben, werden sie auch das eure halten.“ (Joh. 15,19.20.)

In diesen Worten sagt der HErr uns, wie der Weg sein wird, auf dem wir zu wandeln haben. Aber der kostbare Schatz Seiner Liebe, den wir in unserem Herzen tragen, läßt ihn uns wandeln, und wenn wir mitleiden, so werden wir auch mitverherrlicht werden. (Röm. 8,17.)

bei Ihm sein werden, wenn Er die Herrschaft in Seine Hand genommen hat. Dann wird Er jeden Herzschlag der Liebe, jede Tat der Treue, Ihm dargebracht, anerkennen und lohnen. Seine Liebe und der kommende Tag Seiner Herrlichkeit sollten uns ein Ansporn sein, Ihm ganz zu leben und alle Ansprüche auf Anerkennung des eigenen Ichs und des Fleisches zu verweigern.

Mephiboseth.

Der gute Anfang, den Jonathan in seiner Liebe und Hingabe zu David machte, den finden wir bis zum Ende vollendet in seinem Sohne Mephiboseth. Es scheint kein angesehener Mann gewesen zu sein. Verkrüppelt, wie er war, war er auch nicht im Felde als Krieger für den König brauchbar, aber er freute sich der Güte Davids und hing mit seiner ganzen Person an ihm. Es ist nicht nötig, ausgezeichnet, groß, gelehrt und dergleichen sein zu müssen, die Augen des HErrn schauen nicht darauf, sondern auf die treue Liebe, die Ihm entgegengebracht wird. Diese ist Ihm köstlicher als alle Arbeit, die wir tun zu können vielleicht fähig sein mögen. Mephiboseths Liebe kommt so schön in der Zeit zum Ausdruck, als David wegen des Aufruhrs Absaloms aus Jerusalem fliehen mußte. (2. Sam. 19.) Er würde mit dem König gegangen sein und die Sorge und die Schwere seines Elendes mit ihm geteilt haben, aber er konnte nicht. Er mußte sich seinem Lose fügen und in einer Stadt bleiben, die Festfeier hielt, weil der Thronräuber die Macht hatte. Aber er verband sich nicht mit dem aufrührerischen Jerusalem; er hielt sich völlig abgesondert von allen und trauerte über den abwesenden König. „Und er hatte seine Füße nicht gereinigt und seinen Bart nicht gemacht und seine Kleider nicht gewaschen von dem Tage an, da der König weggegangen war.“ (2. Sam. 19,24.)

Verwirklichen wir, lieber Leser, daß der wahre König von einer Welt verworfen ist, deren Fürst und Gott der Teufel ist? Die Schrift lehrt uns das so klar und deutlich, und wenn dies wahr ist, muß unser Leben dann nicht von dieser Welt abgesondert sein? Wenn unser Herz recht zu dem HErrn steht, dann müssen wir fühlen, daß es so sein soll, und es wird eine innere große Kluft zwischen uns und der Welt bestehen. Alles, was in der Welt ist und was die Welt so glänzend und lockend anbietet, sind Dinge, die nur dem Verderben dienen. Alles steht unter Führung des Erzfeindes Christi, des Gottes dieser Welt. (Joh. 12,31; 16,11; 2. Kor. 4,4.) Unser Weg geht

durch diese Stätte der Eitelkeit, aber wir halten uns abgesondert von ihr, so wie Mephiboseth abseits von dem Getriebe in Jerusalem stand. Diese Absonderung macht uns nicht arm und elend. Durchaus nicht! Wir haben den Heiligen Geist wohnend in uns, und Er leitet unser Herz zu Christo, gekrönt in der Herrlichkeit, und die Folge ist, wir freuen uns in dem HErrn, und immer wieder freuen wir uns. (Phil. 4,4.)

Es ist so schön zu lesen, was Mephiboseth zu David sagte, als er als König wieder den Thron bestieg. Er forderte wie sein Vater Jonathan keinen Platz für sich selbst, im Gegenteil, er sagte zum König, daß „das ganze Haus seines Vaters Menschen des Todes vor ihm“ seien. (2. Sam.

19,28.) Ein „Mensch des Todes“ hat keinen Anspruch auf irgend etwas, und dieses war es, wie es mir scheint, was der Sohn Jonathans damit ausdrückte. Wenn er aber auch auf Grund dessen, was er war, keinen Anspruch auf einen Platz in dem Hause des Königs hatte, so konnte er sich doch der Gnade Davids überlassen, und dies tat er, indem er sagte: „Mein Herr, der König ist wie ein Engel Gottes; so tue, was gut ist in deinen Augen.“ (2. Sam. 19,27.) Als ein solcher, der keinen Anspruch auf Davids Gnade hatte, rühmte er die Gnade, die ihm zuteil geworden war, indem er sagte: „und doch hast du deinen Knecht unter die gesetzt, welche an deinem Tische essen.“ (2. Sam. 19,28.) Er fand den rechten Ton. Wenn unser Herz recht steht, dann wird es mit Freuden die gleiche Sprache führen.

Auch wir hatten keinen Anspruch auf Gottes Gnade, denn wir waren „Männer des Todes“, tot in Übertretungen und Sünden vor Ihm; Er aber errettete uns und gab uns einen Platz unter denen, die an Seinem Tische essen. Alles haben wir Christo zu verdanken, unserem Herrn und Heiland! Wir können uns selbst nicht rühmen, aber wir können die Gnade Gottes rühmen und verherrlichen. „Wer sich rühmt, der rühme sich des HErrn.“ (1. Kor. 1,31.)

Und weiter lehnte Mephiboseth jeden Anspruch auf irgend welchen Besitz des Landes ab. Als das Gespräch auf Ziba wegen des Besitzes des Landes kam, welches zuvor Mephiboseth gehörte, sprach er zu dem Könige: „Er mag auch das Ganze nehmen, nachdem mein Herr, der König, in Frieden in sein Haus gekommen ist.“ (2. Sam. 19,30.)

Es war so, als ob er sagen wollte: „Ich wünsche nichts mehr für mich selbst. Der König ist wieder in Frieden in seinem Hause und in Besitz aller seiner Rechte, und darin hat meine Freude völliges Genüge.“ Wenn unsere Gedanken und unsere Herzen in dieser Weise zu dem HErrn stehen, dann sind sie sicher Gott wohlgefällig. So war es bei Johannes, dem Täufer, als er sagte: „Diese meine Freude nun ist erfüllt. Er muß wachsen, ich aber abnehmen.“ (Joh. 3,29.30.)

Alle, die den HErrn lieb haben, schauen aus nach dem Tage, an welchem Er kommen wird, um Seine Herrschaft in Besitz zu nehmen. Dann sind die langen Jahre Seiner Verwerfung zu Ende; dann wird Er in dieser Welt, wo Er gekreuzigt wurde, hoch erhoben werden, und jedes Knie wird sich vor Ihm beugen. Welch ein glücklicher und herrlicher Tag wird es sein für alle, welche Ihn lieben!

Aber wie stehen wir jetzt zu Ihm? Laßt uns die Stellung, die diese drei Männer David gegenüber einnahmen, zum Prüfstein nehmen für unsere Stellungnahme und unser Verhalten dem Herrn Jesus gegenüber!

Saul- Saul alles, David nichts.

Jonathan- David der erste, Jonathan der zweite.

Mephiboseth- David alles, Mephiboseth nichts.

In einer dieser drei Klassen stehen wir.

„Ich habe nur ein Leben,

Und das gehört dem HErrn,

Ihm, der es mir gegeben,

Geb' ich es froh und gern!“

M. (v. d. K.)

Die Salbung des HErrn durch Maria.

(Matth. 26,6-13; Mark. 14,3-9; Joh. 12,1-8.)

(Fortsetzung.)

Marthas Eifer, in ihrem Hause alles für der HErrn und Seine Jünger zuzubereiten, war sicher gut und recht, aber ihr Herz stand in diesem Dienst nicht recht. Es war erfüllt von Sorge und Arbeit und nicht von dem unbeschwerten Geiste des friedvollen Arbeitens für den HErrn. Sie war „besorgt um viele Dinge“, und so vermochte sie ungestüm sowohl den HErrn als auch ihre Schwester zu tadeln.

Marias Herz, erfüllt von dem HErrn, erfreute Ihn dagegen mit einer Tat der Liebe und Dankbarkeit, wie es ein Herz auf dieser Erde nur zu tun vermag, und sie erntete Sein Lob. Und warum wurde Er so durch Marias Handlung erfreut? Weil das, was sie tat, aus einem Herzen kam, welches Er ungeteilt besaß. Der geringste Dienst - und sei es ein Becher kalten Wassers, einem Jünger in Seinem Namen gegeben - ist Ihm angenehm, wenn er aus einem solchen Herzen kommt.

Ein Tag kommt, Geliebte, wo jeder Dienst, der nach unserem Urteil für den HErrn getan wurde, auf die Quelle hin, aus der er hervorging, geprüft werden wird. Christus allein muß die Quelle sein. So war es bei Maria, aber nicht bei Martha. Marias Tat zeigte, welchen Platz der HErr in ihrem Herzen hatte. Das, was der HErr unserem Herzen ist, das wird in unserem Dienste sichtbar, so wie es in dem Dienste der Martha und Maria sichtbar wurde. Maria empfing das Lob ihres HErrn: „Sie hat getan, was sie vermochte; sie hat zum voraus Meinen Leib zum Begräbnis gesalbt.“ (Mark. 14,8.)

Als die Jünger, unwillig über Maria, sie tadelten, tritt Er für sie ein: „Lasset sie; was machet ihr

vermochte den Dienst ihrer Liebe richtig zu beurteilen, aber Er, dem sie den Dienst tat, wußte ihn zu schätzen. Judas erblickte in ihm eine Verschwendung und ebenso auch die anderen Jünger. (Matth. 26,8.9.) Maria aber erfreute das Herz des HErrn, und Seine Anerkennung war ihr genug.

Sind die Jünger in ihrem verkehrten Urteil nicht oft unser eigenes Bild? Wie demütigend ist dies für uns! Wenn Maria das, was sie für den HErrn hingab, für die Armen gegeben hätte, so wäre es nicht für Verschwendung gehalten worden; nun sie aber die kostbare Narde für Christus hingab, wurde es als Verschwendung getadelt. Und ist es nicht heute noch so? Die, welche ihre Habe zum Wohle der Menschheit verwenden, finden Anerkennung und Beifall, nicht aber die, welche ihre Habe oder ihre Kraft und Fähigkeiten für den HErrn und für Sein Werk hingeben. Aber das, was in den Augen der Welt Verschwendung ist, das ist kostbar für Gott. Gott hat diese Tat Marias und ebenso auch das verkehrte Urteil der Jünger in Sein Wort aufgenommen, damit wir daraus lernen möchten, das Ihm Wohlgefällige zu tun. Er sagt: „Die Armen habt ihr allezeit bei euch, und wenn ihr wollt, könnt ihr ihnen wohltun; Mich aber habt ihr nicht allezeit.“ (Mark. 14,7.) Sicher ist es gut, der Armen zu gedenken, aber der HErr und das Werk Seines Namens darf nicht zurückstehen.

Ist das Werk Christi in Seiner Weite noch nicht von uns erfaßt, dann sind unsere Gedanken noch mit uns selbst beschäftigt, und dann ist es kein Wunder, wenn unsere Herzen nicht in die Gedanken Gottes über Seinen Sohn einzugehen vermögen. Zu einer solchen Hingabe an den HErrn, wie wir sie bei Maria finden, sind wir nur fähig, wenn wir in Christo zur Ruhe gekommen sind. Dann wissen wir, daß unsere Sünden für immer hinweggetan und wir selbst gerichtet, verurteilt, gekreuzigt und, mit Christo begraben, als Menschen im Fleische für immer vor Gott unser Ende gefunden haben und daß jetzt „keine Verdammnis für die ist, welche in Christo Jesu sind“. (Röm. 8,1.)

Es ist eine glückliche Stunde, wenn die Seele zum ersten Male es im Glauben erfaßt, daß sie mit dem auferstandenen Christus untrennbar auf immerdar verbunden ist. Die Braut im Hohenliede ruft aus: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin Sein!“ (Hohel. 2,16.) Dies war die

Freude ihrer Seele. Ihr erster Gedanke ist: „Er ist mein.“ Sie besaß Ihn; ihr Besitz stand im Vordergrund. Manche Kinder Gottes bleiben hier stehen und geben nicht weiter. Sie sind glücklich und zufrieden mit dem, was sie an Christus haben, und schreiten nicht fort in der Erkenntnis Seiner Person. Bei der Braut im Hohenliede bemerken wir den Fortschritt. In Kap. 6,3 finden wir wieder einen Ausspruch; aber nicht mehr steht das, was sie besitzt, im Vordergrund, sondern das, was Er besitzt. Ihr erster Gedanke ist jetzt: „Ich bin meines Geliebten.“ Und an zweiter Stelle folgt: „Mein Geliebter ist mein.“ In Kap. 7,10 aber finden wir, daß sie sich ganz zurückstellt und vergißt. Wohl beginnt sie mit „ich bin meines Geliebten“, aber dann fügt sie hinzu: „und nach mir ist Sein Verlangen.“ Über diese Seine Liebe, die nach ihr verlangt, vergißt sie sich selbst. Sie kennt jetzt Sein Herz, sie weiß, „Sein Verlangen ist nach mir“. Wie gesegnet ist es, wenn wir wissen, was wir für das Herz des HErrn sind! Dann vergessen wir uns selbst und lernen mit Tersteegen singen: „Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken.“

Maria war in der Erkenntnis ihres HErrn gewachsen. Wollen wir hinter unserer Schwester zurückbleiben? So gesegnet es ist, zu wissen, daß Er unser ist, noch gesegneter aber ist es, den wunderbaren Platz zu kennen, den Er uns in Seinem Herzen eingeräumt hat. Und dies sollte uns zu einer tieferen Hingabe an Ihn führen, der uns so geliebt.

So finden wir es auch in der Erfahrung der Braut im Hohenliede; sie wird in Kap. 5,9 gefragt: „Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten?“ Sie Antwortet: „Mein Geliebter ist weiß und rot, ausgezeichnet vor Zehntausenden“, und dann beginnt sie zu reden, nicht etwa von den Segnungen, die sie durch Ihn empfangen hat, noch von Seiner Liebe zu ihr, sondern von Seiner Herrlichkeit und Schönheit, um schließlich auszurufen: „Alles an Ihm ist lieblich!“ Möchten doch auch wir mehr in der Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes wachsen, daß auch wir aus der Erfahrung unserer Herzen ausrufen können: „Er ist ausgezeichnet vor Zehntausenden, alles an Ihm ist lieblich!“ Welche Gnade ist uns geschenkt, daß wir in der Erkenntnis Seiner Herrlichkeit Gemeinschaft mit dem Vater haben dürfen an der Freude über den Sohn Seiner Liebe!

(Schluß folgt, s. G. w.)

T. (v. d. K.)

„Sie haben nicht nötig ...!“

Matth. 14,16.

(Fortsetzung.)

9. Wir haben auch nicht nötig, die Wahrheit zu verfehlen (Joh. 14,6). Warum nicht? Weil Er die Wahrheit ist. Als Ihn, den Herrn Jesus, einst die Juden fragten: „Wer bist Du?“, da Antwortet Er ihnen: „durchaus das, was Ich auch zu euch rede“ (Joh. 8,25). Er war in Person, was Sein gesprochenes Wort besagte: Wahrheit! Haben wir also Ihn, so können wir die Wahrheit nicht verfehlen, und haben wir Ihn, so haben wir auch Seinen Geist, Der uns in die ganze Wahrheit einführt, also Ihn stets besser kennen lehrt (Joh. 16,12-15). Wer freilich Ihn, den Herrn Jesus, nicht annimmt, der gerät an der Wahrheit vorbei, er geht dann vielmehr den Weg dessen, von dem der HErr sagt: „es ist keine Wahrheit in ihm!“ So zeigt uns der Herr Jesus, Der „die Wahrheit sagt“, den Teufel nach Joh. 8,44-47! Wer die Wahrheit verfehlt, ist selber schuld, er will die Begierden dessen tun, der mit der Wahrheit nichts zu tun hat! Wie gewaltig ernst ist das! O, daß wir, die wir nicht nötig haben, die Wahrheit zu verfehlen, einer ungläubigen, lügnerischen Welt „in Wort und Werk und allem Wesen“ offenbaren möchten, daß wir mit Ihm, Der die Wahrheit ist, nach Geist, Seele und Leib verbunden sind auf ewig! Vielleicht wird durch unser treues Zeugnis über Ihn und „das Wort der Wahrheit“ noch der eine oder andere durch Satan verblendete Mensch dem Verderben entrissen!

Laßt uns als Begnadigte in Christo Jesu in unserm praktischen Zeugnis uns auch dessen bewußt sein, daß wir

10. nicht nötig haben, unser vermeintliches Recht zu behaupten! (Luk. 18,8) Es ist nicht schön, wenn Kinder Gottes stets das letzte Wort behalten wollen. Vor mehreren Jahren (im Jahrbuch 9, Seite 228) schrieb ich, das beste Mittel, um Streitigkeiten (besonders um das letzte Wort) zu

vermeiden, sei, wenn wir stets bemüht wären, das vor letzte Wort zu behalten! Nun möchte ich das noch einmal unterstreichen mit dem herzlichen Hinweis: Wir haben es nicht nötig, unser Recht zu behaupten! Warum nicht? Weil Er da ist, und weil Er weiß, wo das Recht ist! Er, „Der treue Schöpfer“ (1. Petr. 4,19), wird „dein Recht hervorkommen lassen wie den Mittag“ (Ps. 37,6), darum vertraue Ihm nur! Er sieht ja alles, und Er weiß ja alles, und weil Er nahe ist und bald kommt, um alles zurecht zu bringen (vgl. 1. Kor. 4,4.5), darum „lasset eure Gelindigkeit (das ist vor allem Nachgiebigkeit) kundwerden allen Menschen“ (Phil. 4,4.5), d. h. Ungläubigen wie Gläubigen! Wir haben wahrlich nicht nötig, uns aufzuregen, als geschähe uns zuviel Unrecht! Wie ging's Ihm selber?! Wie ging's Ihm bei der Verurteilung seitens der Juden und der Römer?! Und „ein Knecht ist nicht größer als sein Herr!“ (Joh. 13,16) Nein, wahrlich, wir haben nicht nötig, uns zu gebärden wie die Welt, wenn sie sich durchaus ihr „Recht“ erzwingen will!

Wir haben nicht nötig! Er ist ja da, warum also

11. ungeduldig sein? (Ps. 37!) Wurde Er es etwa? O, wie leicht werden wir es! Ist das würdig, unserer würdig? „Geduld tut euch not!“ Hebr. 10,36 (nach Luth.), oder „ihr bedürfet des Ausharrens!“ (nach Elb.). Ja freilich, wir wissen es! Wir kennen auch die Belehrungen von Jak. 5,7-11, aber, aber, wie oft ist Ungeduld bei uns zu finden oder wird von anderen, die uns beobachten, gesehen! Doch, wir haben sie nicht nötig! Welche Ruhe ging von Ihm aus in Stunden, da den Jüngern die Ungeduld aus den Augen sprang und in den Händen zuckte! (z. B. Mark. 1,35 ff.; vgl. auch Matth. 11,2-6 oder Luk. 9,54 und 22,49-51 u. a.). Und Er ist noch derselbe, Der in heiliger Ruhe einst über die Erde ging und Der durch uns, Seine Zeugen, noch heute zu offenbaren wünscht, wie alle Ungeduld vom Übel ist, während Sein Geist unsere Herzen zu richten sucht „zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren (der Geduld) des Christus“ (2. Thess. 3,5). Er harrt aus, Er ist geduldig, in Ihm vermögen auch wir es zu sein! Wir haben nicht nötig, anders als Er zu sein!

Und so als letztes:

12. haben wir nicht nötig, Zank, Zorn, Neid, Eifersucht, Streitsucht und sonst des etwas, was

hervorbrechen zu lassen, denn wir, die wir durch den Geist das Leben haben, vermögen auch durch den Geist zu wandeln (Gal. 5,25), das ist aber, in der Gesinnung Christi Jesu uns hienieden zu bewegen (Gal. 5,22), haben wir doch Christi Sinn (1. Kor. 2,16) und werden wir doch durch Seinen Geist getrieben und geleitet (Röm. 8). Wie fern war Seinem Herzen all das, was vom Fleische ist. Köstlich kommt bei gewissen Gelegenheiten Seine Gesinnung hervor, so z. B. in Mark. 9,16ff. oder in Seinen Kämpfen mit den Pharisäern um die Wahrheit (z. B. Joh. 8) oder bei der Salbung in Bethanien in Seinem Eintreten für Maria oder in der Gerichtssitzung, wo Er zum Tode verurteilt wurde u. a. Stets war und blieb Er Er Selbst! Stets offenbarte Er die unendliche Würde und vollkommene Heiligkeit der Natur Gottes, stets überwand Er die Menschen, auch Seine Gegner, durch die Erhabenheit seines Wesens und Seiner Worte, sowohl in Niedrigkeit (vgl. Joh. 4) wie in Hoheit (vgl. Joh. 3). Und „diese Gesinnung sei auch in euch, die in Christo Jesu war!“ (Phil. 2,5). Wenn es für uns ebenso wahr ist wie für Paulus: „für mich ist das Leben Christus“ (Phil. 1,21), dann werden unsere Worte, Wege und Taten gekennzeichnet sein (wie bei Paulus) durch einen unserer Berufung würdigen Wandel (Phil. 1,27; Eph. 4,1.2; 1. Thess. 2,12), bei dem es uns ein heiliger Ernst ist: Wir haben nicht nötig, zu wandeln wie die Nationen! (vgl. 1. Petr. 4,1-5 und Röm. 12,1ff.). Wir sind errettet durch den Tod des Retters, gewaschen durch Sein Blut, also mit hohem Kaufpreis erworben (1. Kor. 6,20; 1. Petr. 1,18.19.), mit Ihm durch Seinen Geist verbunden, herausgelöst aus den Verbindungen, den religiösen wie den sittlichen, mit der ungläubigen Welt, hinzugefügt und für immer vereinigt mit „Seiner Gemeinde, welche da ist Sein Leib“ (Eph. 1,23), und was auch immer dieses für Vorrechte und VerAntwortung für uns einschließt (davon s. G. w. später!) - wir haben „nicht nötig“, die Werke des Fleisches zu vollbringen, sondern wir können die Frucht des Geistes offenbaren (Gal. 5,22), und warum? Weil Jesus Christus gekommen ist, uns für ewig zu erretten und zu Seinem teuren Eigentum zu machen!

Wir sind Sein Eigen, und darum ist die Kraft und die Gnade für uns da, im Glauben zu wandeln der Natur Gottes gemäß in Licht und in Liebe, vor dem Angesicht Dessen, Der unsichtbar immer bei uns ist bis an der Welt Ende und Der bald persönlich sichtbar wiederkommt für uns, um uns dorthin zu nehmen, wo Er ist (Joh. 14,1ff.; Kol. 3,1-4).

So haben auch wir wie jene in Matth. 14,16 „nicht nötig, wegzugehen“ von Ihm, denn auch wir dürfen sagen mit Petrus: „HErr, zu wem sollen wir gehen, Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist!“ (Joh. 6,68.69).

Sein Name sei ewig gepriesen und verherrlicht!

*

Wir haben uns nun mit den beabsichtigten, aus der Fülle frei herausgegriffenen zwölf Punkten beschäftigt, die wir „nicht nötig“ haben, weil der Herr Jesus da ist, mit dem wir allezeit und überall rechnen können und auch rechnen sollten. Er hat ein Herz für uns, die Seinen, und bei Ihm kommen wir nie zu kurz, wie es jene Fünftausend, dazu mit den vielen Weibern und Kindlein, die der HErr so wunderbar speiste, überströmend erfuhren. Ehren wir Ihn nur durch großes Vertrauen zu Ihm und durch Gehorsam gegen Sein kostbares, wahrhaftiges Wort, dann werden wir je länger desto mehr erfahren die göttliche Tatsache:

„Sie haben nicht nötig ...!“

*

Und nun, anschließend daran, werden wir, so der HErr Gnade verleiht, jene angekündigten sieben Punkte betrachten, die wir „nicht nötig“ haben, weil die Seinen auf der Erde sind! Und wie ich schon beim ersten Teil unseres Aufsatzes betonte, so auch hier:

Nur Anregungen will ich geben zum Weiternachsinnen über diesen gesegneten Gegenstand, durch den unser geistliches Leben gefördert werden dürfte! Ja, möchte es so Sein nach dem Worte aus 2. Petr. 3,18: „Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus! - Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“

F. K.

Frage und Antwort

Frage 17

Was stellten a) die Schlangen in 2. Mose 7,10-12 vor? b) Warum verschlingt der Stab die Stäbe und nicht die Schlange die Schlangen? c) Besteht hier auch eine Beziehung zu 4. Mose 21,9 und Joh. 3,14?

Antwort

Zu a: Die Schlangen stellen die satanische Macht vor.

Zu b: Weil es aus Stäben gewordene Schlangen, keine natürlichen der Schöpfung waren.

Zu c: Zu hergeleiteter Belehrung kann eine Beziehung als bestehend anerkannt werden.

Begründung und Erläuterung

Was in 2. Mose 7ff. vorliegt, ist eine der Episoden aus dem Drama, das sich in der zwischen 1. Mose 3 und Offenbarung 20,10 liegenden Zeit abspielt. Das Drama ist die Auseinandersetzung zwischen Gott und Satan, die mit dem Siege Gottes endigt.

Satan benützte die Schlange zur Verführung des Menschen, indem er vermöge der ihm verliehenen Weisheit und Macht und der ihm gewährten Bewegungsfreiheit aus dem Tiere redete. In der zudiktierten Strafe werden das Tier und er als eins betrachtet.

In der vorliegenden Episode benützt er den Pharao, wie er früher die Schlange benützt hatte; nur geschah es auf dem Umweg über die Zauberer. Er war nicht in Unkenntnis darüber, daß die

ihn überwindensollenden Weibessamen heraufführen würde. Dem wollte Er entgegenwirken. Gott in Seiner Vorsehung bereitete Sich in Mose das Werkzeug, das nach außen hin den Kampf führen sollte. Die Mittel, deren Gott den Mittelsmann sich bedienen heißt, sind solche, die das Merkmal der Schwachheit tragen, „auf daß Er das Starke zuschanden mache“ (1. Kor. 1,27). Für gewöhnlich ist ein Stab das Bild von etwas Schwachem, Zerbrechlichem. „Mit meinem Stabe bin ich über diesen Jordan gegangen,“ sagt Jakob (1. Mos. 32,10) von sich als dem armen Flüchtling, der er war. „Ein geknickter Rohrstab, der zerbricht,“ heißt es von Ägypten, das Israel nicht helfen konnte (Jes. 36,6; Hes. 29, 6.7). In der Hand eines Herrschers dagegen ist der Stab das Bild der Macht. „Den Stab deiner Macht wird Jehova aus Zion senden: herrsche inmitten deiner Feinde“ (Ps. 110,2). Daher der Gegensatz: „ein Stab“, „sein Stab“, also Moses und Aarons, d. i. das nichts Besonderes Ansichhabende (2. Mos. 4,2; 7,9). Und: „Der Stab Gottes“, d. i. derselbe Stab als Mittel der göttlichen Machterweisung (4. Mos. 4,17.20).

Dem Tun Gottes durch Mose und Aaron liegt der Gedanke zugrunde: mit seinen eigenen Machtmitteln soll der Widersacher niedergerungen werden, ähnlich dem, was die Stelle (Hebr. 2,14.15) sagt: „Auf daß Er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, d. i. den Teufel, und alle die befreite, die ... der Knechtschaft unterworfen waren.“

Auf die Herausforderung Satan-Pharaos an Mose, seine Sendung durch ein Wunder zu beglaubigen, Antwortet Gott, indem Er Aarons hingeworfenen Stab zur Schlange werden läßt, augenfällig so: „Ich kenne die Macht Meines Widersachers, deren Ausübung nur Betrug als Endzweck hat; da ist sie, verkörpert in der Schlange, die er sich im Anfang als Werkzeug zu Betrug und Verführung ausgesucht hat!“ Daß die Zauberer des Pharao ebenfalls ihre Stäbe zu Schlangen werden lassen können, beweist: die Macht Satans, von Gott geduldet, ist da, ist eine reale. Dann aber: daß Aarons Stab, nicht Aarons Schlange, die Stäbe, nicht Schlangen, der Zauberer verschlingt, besagt: die symbolische Bedeutung von Stab in Gegensätzlichkeit: Macht und Schwäche, kommt höchst ausdrucksvoll zur Geltung: die absolute Macht Gottes ist unendlich stärker als die geduldete Macht Satans, die von Gottes Macht einfach verschlungen wird.

Nebenher sei bemerkt: Daß es zwei Zauberer waren, die symbolische Zahl genügenden und anerkannten Zeugnisses (2. Tim. 3,8), bekräftigt das Ausgeführte. Es darf gelten: die Macht Satans ist eine reale, genügend bezeugte.

Wenn eine Beziehung zu 4. Mose 21,9 und in Verbindung damit zu Joh. 3,14 anerkannt wird, so ist es so zu verstehen, daß die Beziehung von 1. Mos. 3,14.15 ausgeht und über 2. Mos. 7,10-12 hin zu 4. Mos. 21,9 und weiter zu Joh. 3,14 führt. Und zwar so: Die Schlange in ihrer jetzigen Gestalt und Lebensweise ist das Bild des Verfluchtseins in der geheimnisvollen Einsmachung mit Satan, dem Urheber der Sünde. Denn nur sie und der Erdboden wurden verflucht, nicht der Mensch. In bezug auf den Erdboden ist in den Propheten Wegnahme des Fluches zugesagt, was schon Noahs Vater ahnte und zum Ausdruck brachte (1. Mos. 5,29). Der Fluch über die Schlange soll bleiben (Jes. 65,25). Nicht wird sie wieder zu ihrer früheren Form und Lebensweise zurückgebracht werden. Da ihre jetzige Gestalt und Lebensweise die Folge des über sie ergangenen Fluches ist, so muß sie vorher ein anders geformtes, vermutlich durch seine Form einnehmendes Geschöpf gewesen sein, dieweil Eva ohne Bedenken sich herbeiläßt, mit ihr zu unterhandeln; auch ein intelligentes Tier muß sie gewesen sein, nach 1. Mos. 3,1 zu schließen und weil Satan sie für seinen Zweck am passendsten fand (vergl. das Bild Satans selber in Hes. 28,12-18!). Unschädlichmachung, Tötung ist ihr angedroht (1. Mos. 3,15). Auf dieser Linie in ihrer Weiterführung liegt das in 1. Mos. 7,10-12 Gesehene. Und wieder weiter auf der Linie liegt die symbolische Handlung, eine eherne Schlange an einem Pfahl aufzuhängen. Schon vorher war im ehernen Altar und im ehernen Waschbecken die symbolische Bedeutung des Erzes zum Ausdruck gekommen: Gericht über Sünde und Unreinigkeit. Denn Sünde zieht Strafe nach sich und verunreinigt auch. Da die Schlange ein Bild der Sünde und Sündenstrafe und zugleich Satans ist, lag der Strafe durch den brennenden Schmerz verursachenden Schlangenbiß die Auffassung zugrunde: ihr gabt euch durch eure Unbotmäßigkeit der Schlange hin: da, seid ihr ihr (der Schlange) also ausgeliefert! Aber gleich darauf ist das Symbol der gerichteten Schlange Rettung für jeden. In 1. Mos. 3 wird die Schlange (Satan - Sünde - Fluch) gerichtet; in 2. Mos. 7 wird sie gerichtet; in 4. Mos. 21 wird sie als eine gerichtete dargestellt. (Zum besseren Verständnis sei eingeflochten, daß Sünde, Sündenstrafe, Sündopfer dem

Hebräer nur ein Begriff sind, daß er folglich auch nur ein Wort dafür hat, das nur in der Form ein wenig variiert.) Hätte in der ganzen Schöpfung ein anderes Wesen als die Schlange gefunden werden können, das treffend genug als Symbol für Sündeverursacher, Sünde selber, Sündenstrafeerleidender, Fluch für die Sünde hätte gebraucht werden können??

Und nun: Joh. 3,14 ist das Ende der Linie; dort hört sie auf. „Gleich wie“ ... „also“ ist der Schluß. Christus wurde stellvertretend für die Schuldigen: Sünde selber, Sündenträger, Fluchträger, Sündopfer! Somit war der Schlange der Kopf zertreten, ihre Macht verschlungen von der Macht Gottes; für die Sünde war Sühnung getan, der Tod durch den Tod getötet.

F. Kpp.

Frage 18

„Was ist zu verstehen in 1. Kor. 3,9 unter ‚Mitarbeiter Gottes‘? Etwa das Mitkämpfen gegen Satan durch Evangeliumsverkündigung und Fürbitte für die Menschen, oder etwas anderes?“

Antwort A

Würden wir, wenn uns Fragen aus dem Worte aufsteigen, mehr den organischen Aufbau des Zusammenhanges berücksichtigen, so würde sich sicher vieles von selbst lösen. Darum müssen wir auch hier etwas zurückgreifen. Kapitel 1-4 zeigt uns die Spaltungen und ihre Ursachen. Aus diesen Kapiteln muß also die Lösung kommen.

Gott ist es, der den Ausgangspunkt aller Belehrung bildet. In mehreren Briefen wird nach kurzer Einleitung auf die mannigfaltige Herrlichkeit Christi Bezug genommen. Hier konnte dies nicht der Fall sein, denn das Element der menschlichen Weisheit hatte die Oberhand. So finden wir immer wieder Gott erwähnt, dem selbst Christus unterstellt ist (3,23 u. a.).

Kap. 1,1: „Gottes Willen“; 1,24: „Gottes Kraft“ und „Gottes Weisheit“; 4,20: „Reich Gottes“; 3,9: „Mitarbeiter Gottes“ - „Gottes Ackerfeld“ - „Gottes Bau“. Diese kurze Aufstellung soll nur

zeigen, daß Gott im Vordergrund steht und nicht Christus. Darum heißt es auch „ Mitarbeiter Gottes“. Der erste Korintherbrief zeigt u. a. die innere Ordnung der Gemeinde, welche in ihrem höchsten Ausmaße das biblische Herrenmahl verstehen und recht feiern soll (Kap. 11). Spaltungen sind, wie immer, durchaus menschlich und zeugen von einem Fehlen in der Erkenntnis Christi. Man stellte hier Paulus - Kephas - Apollos mit Christus auf eine Stufe, das heißt Ruhm suchen für den Menschen und ein Wegwerfen der Schmach um Christi willen. Man kann annehmen, daß, da ihnen das Bekenntnis zu dem Namen Jesu hin Verachtung einbrachte, sie darum lieber menschliche Namen wählten. Das Ergebnis der Betrachtung von Kapitel 1 ist: Gottes Weisheit im Kreuze Christi ist (menschlich angesehen) Torheit und bringt den, der davon zeugt, in dieselbe Lage wie die Botschaft - nämlich in Verachtung. Gottes Weisheit aber gefiel es, also zu handeln, und das genügt! Der Knecht Gottes oder „Mitarbeiter“ darf nicht höher gestellt werden als das, was sein Zeugnis besagt (1,21). Kapitel 2 zeigt nun das Mittel zum Erfassen der geistlichen Dinge, d. i. der Geist Gottes. Der natürliche Mensch vermag nicht das Geheimnis Gottes zu begreifen (2,7). Da nun dieser (der natürliche Mensch) mehr oder weniger bei den Korinthern herrschte, machten sich die Belehrungen in Kapitel 1 und 2 nötig.

Nun zum Kapitel der angefragten Stelle! Einen Menschen, der so das Natürliche (Menschliche) mit dem Himmlischen (Geistlichen) verquickt, nennt der Apostel fleischlich (3,1-4). Vers 5 beleuchtet nun, was eigentlich „Mitarbeit“ heißt: Pflanzen und Begießen, während das Wachstum alleine Gott gibt. Nicht eines kann man von dem anderen trennen. Letzteres ist aber das Wichtigste (V. 7). Somit finden wir drei Klassen: Gott - Gottes Mitarbeiter - Gottes Ackerfeld oder Gottes Bau. Der Unterschied ist klar gegeben zwischen „wir“ und „ihr“. „Wir“ sind die „Mitarbeiter Gottes“, Paulus, Kephas usf., „ihr“ sind die Korinther, das „Ackerfeld“ oder der „Bau“. Nun verstehen wir, daß unter „Mitarbeiter Gottes“ nicht jedes Kind Gottes gemeint sein kann. Es sind Brüder, die sich besonders durch ihren Dienst am Worte als solche auszeichnen. Der Grund war gelegt, welcher ist „Jesus Christus“ (V. 11). Als „Baumeister“ sah sich der Apostel Paulus verAntwortlich, das Baumaterial mit der Besonderheit des Grundes in Übereinstimmung zu bringen. Denn das Feuer wird den Wert des Materials offenbaren. Wohl hatte Paulus den Grund gelegt und Apollos hatte begossen, andere aber hatten das Werk

Wort Gottes mit Menschenlehre vermischt dargeboten wurde. Durch dieses wurde die Güte und Festigkeit des Baues unterbunden. Philosophie und Unmoral waren ja die besonderen Merkmale der Korinther. Immerhin trug jeder Mitarbeiter die volle VerAntwortung für sein Werk. Wohl konnte ein solcher gläubig sein, im ungünstigsten Falle konnte jedoch sein Werk verbrennen, er selber aber wurde, weil auf den Grund gebaut, gerettet. Diejenigen „Mitarbeiter“ aber (von vielen als solche angesehen), die des göttlichen Lebens entbehren und somit durch ihre Lehren nur Schaden anrichteten, würde Gott verderben. Sind diese doch nur „natürliche Menschen“! Gerade dies, daß solche in der Gemeinde in Korinth ihren Platz finden konnten, zeigt den überaus traurigen Zustand derselben.

Zusammenfassung: Die persönliche Frucht darf in 1. Kor. 3 nicht gesucht werden, diese ist Gegenstand von Joh. 15 u. a. „Mitarbeiter Gottes“ sein heißt die Seelen, die den „Tempel Gottes“ (V. 16.17) bilden, zuzubereiten, und zwar durch den Dienst der Zunge, durch das Wort, mit der Gabe, die Gott gegeben. Ein Mitarbeiter trägt die VerAntwortung für richtiges Bauen durch das Wort. Die göttliche Seite des Tempelbaues selbst ist Gegenstand von Eph. 2 und 1. Petr. 2. Hier in 1. Kor. 3 aber handelt es sich nur um die Bautätigkeit an sich. Das Wirken jedes „Mitarbeiters“ muß dem Grundsatz nach mit den Lehren des ersten Korintherbriefes übereinstimmen!

W. Wst.

Antwort B

Das Wort „Mitarbeiter Gottes“ oder, wie andere übersetzen, „Gehilfen“, „Hilfsarbeiter“, bedeutet: mit Ihm an Seinem Werk arbeiten.

Vergleiche „Mitarbeiter der Wahrheit“ (3. Joh. 8), „Mitarbeiter am Reiche Gottes“ (Kol. 4,11). Besser (ein gläubiger Theologe) schreibt zu dieser Stelle: „Gottes Mitarbeiter oder Mithelfer (2. Kor. 6,1) stehen mit ihrer Arbeit und Hilfe nicht neben Gott wie Gesellen, mit denen der Meister Sich in die Arbeit teilt; hier ist nicht Menschenkraft und Gotteskraft zusammengespannt, als

(2. Kor. 5,20), wie denn umgekehrt auch der HErr ihr Mitarbeiter ist im Sinne von Mark. 16,20“ (vergl. dazu Eph. 2,10 und Hebr. 13,20.21).

Mitarbeiter lassen Ihn also in sich und durch sich wirken! In 1. Kor. 3,5-8 war die Wahrheit betont worden, daß im Werke Gottes nur Gott allein die Ehre gebührt, nur Er das Wachstum gibt. Die Diener oder Werkzeuge hatten verschiedene Aufgaben, wie der HErr einem jeden gegeben hat. Paulus hatte „gepflanzt“, also das Wort des Lebens, den guten Samen Seines Wortes in die Herzen gelegt, auch in die Herzen der Korinther, d. i. in „Gottes Ackerfeld“ oder „Ackerwerk“ (V. 9b).

Apollos hatte „begossen“, d. i. Fürsorge für die Gläubigen im Wachstum, in der Seelenpflege betätigt. Beide „Mitarbeiter“, Paulus wie Apollos, taten diesen Dienst in Abhängigkeit von ihrem HErrn, in Gemeinschaft mit Gott.

Vom HErrn Selbst wird auch gesagt, daß Er sät, pflanzt und begießt (vgl. Jes. 61,3 mit Jes. 27,3 und Matth. 13,37 neben anderen Par.-Stellen). 1. Kor. 3,8 sagt uns, daß, der da pflanzt und der da begießt, eins sind. In Joh. 4,35-38 lesen wir von dem HErrn der Ernte Selbst erklärt (siehe auch Offenb. 14,14-20), daß der Arbeiter und ihrer Gaben und Dienste zwar verschiedene sind, sie sich aber gemeinsam freuen, d. h. Arbeitsgemeinschaft haben mit dem göttlichen Säemann und untereinander als Seine „Mitarbeiter“.

Der Dienst des Apostels, seine Mitarbeit war durch die Gnade Gottes eine grundlegende, wie er in Vers 10 betont, „als weiser Baumeister“ hat er den Grund gelegt (vgl. Eph. 2,20); „ein anderer aber baut darauf, ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut“! Aus diesem Verse wie aus anderen Stellen geht schon hervor, daß neben dem grundlegenden Dienst der Apostel und deren Mitarbeiter, im weiteren Sinne jeder Christ, ein Gesandter, ein Mitarbeiter, ein Gehilfe Gottes sein sollte, ein jeder an seiner Stelle. (Bitte dazu Frage 2 des derzeitigen Jahrbuchs „Handr.“ 1928 über verAntwortliche Mitarbeit am Leibe als „Mitglied“ dieses Leibes [1. Kor. 12,14-16 und Eph. 4,16] lesen!)

Wenn nun der Apostel dennoch in Kol. 4,11-13; Röm. 16,3-12; Phil. 2,20-30 nur einzelne

Brüder als seine Mitarbeiter nennt und von anderen sagen muß, daß sie das Ihrige suchen, so ersehen wir daraus schon, daß Mitarbeit ernsten Widerstand zu überwinden hat. Mitarbeiter müssen auch Mitkämpfer sein im guten Kampf des Glaubens. Wie oft ermahnt das Wort uns, nicht zu ermatten, nicht mutlos zu werden in diesem Kampf, sondern zu blicken auf das nahe Ziel und den Anführer im Streit, unseren geliebten HErrn! Eph. 6,10ff.; 1. Petr. 5,8 und Jak. 4,6-8 erinnern uns an den Widerstand des Fürsten dieser Welt, in dessen Machtbereich wir kämpfen als Streiter Jesu Christi. Er hat uns dazu die Waffenrüstung geschenkt und gibt uns täglich Gelegenheit und Anleitung zum Waffengebrauch und zur rechten Kampfart in den Gebeten. Es ist so, wie der Fragesteller bereits streift: die wichtigste, aber auch schwerste Arbeit der Mitarbeiter oder Mitkämpfer ist das Gebet (vgl. Luk. 13,1-8 mit Dan. 10,11.12). Denken wir an den ringenden Kampf des HErrn Selbst in Gethsemane und auf Golgatha! Wie häufig redet auch Paulus vom Mitkämpfen in den Gebeten (z. B. Phil. 1,27; 3,14; 4,3; Röm. 15,30; Apgesch. 20,24.31; Kol. 1,29 - 2,3; 1. Tim. 6,12; 2. Tim. 2,3-5.15.24; Kol. 4,2; 1. Thess. 5,17.

Zusammenfassend darf gesagt werden, daß die Stelle 1. Kor. 3,9 unter „Mitarbeiter Gottes“ den grundlegenden Dienst der Apostel versteht, und zwar in der Verkündigung des Evangeliums wie des ganzen Ratschlusses Gottes und damit in Verbindung auch den Kampf des Gebets.

Nach den übrigen angeführten Stellen sind wir alle zur Mitarbeit berufen und sollen den guten Kampf des Glaubens kämpfen. Wie groß ist heute die Gefahr des Ermattens! In Ihm, der uns geliebt hat, sind wir „mehr als Überwinder“ (Röm. 8,37). Vergessen wir auch nicht die ernste Mahnung in 2. Petr. 1,8.9, sondern laßt uns „allen Fleiß anwenden“, als Seine Mitarbeiter treu erfunden zu werden und den Lohn zu empfangen, den Er verheißen hat, zum Preise Seines Werkes!

A. v. W.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

ständen sie ein wenig im Widerspruch zueinander, indem Antwort A darlegt, daß die angefragte Stelle nicht auf alle Kinder Gottes zu beziehen sei, während Antwort B nicht nur letzteres bejaht, sondern auch dem Fragesteller recht gibt in seiner Annahme, daß das Mitkämpfen am Evangelium und im Gebet mit unter die Mitarbeit Gottes fallen könnte - eine Anschauung, die sich allerdings mit Antwort A nicht ohne weiteres vereinen ließe. Aber in Wirklichkeit sind doch keine Widersprüche vorhanden, sondern nur Ergänzungen dergestalt, daß Antwort B Stellen mitheranzieht, auf die Antwort A durchaus keine Rücksicht nimmt noch zu nehmen braucht, da sie sich lediglich mit der angefragten Stelle, und zwar in ihrem Zusammenhang, eingehend beschäftigt. Und das ist gut so, denn darauf kommt viel an, in 1. Kor. 3 die grundlegende apostolische Arbeit als „Mitarbeit Gottes“ zu verstehen - was auch Antwort B betont! -, und erst, wie B sagt, „im weiteren Sinne“ andere Gläubige mit hereinzubeziehen. Wir finden diesen Gegensatz zwischen der Arbeit und dem Verhalten der Apostel und den Korinthern als den Gegenständen der Betätigung jener gerade im ersten Korintherbrief sehr deutlich ausgeprägt, nicht nur hier in Kapitel 3, sondern auch sehr scharf betont in Kapitel 4,9-15, und erst in Vers 16 sehen wir, daß gleichsam „im weiteren Sinne“ die Korinther, die Gläubigen, solche werden sollten, wie die Apostel - „die Letzten“ (V. 9) - waren: „Seid meine Nachahmer!“ Dazu gehörte aber viel, die Korinther waren wenig geneigt, eine Gesinnung, wie sie der große und doch so demütige Apostel hatte, zu offenbaren. Nein, zwischen den Aposteln als den „Mitarbeitern Gottes“ und den Gläubigen als dem „Ackerfeld“ oder „Bau“, kurz dem Arbeitsgebiet Gottes, auf dem die Apostel arbeiteten, war ein großer, fast nicht zu überbrückender Unterschied, der in gewisser Weise, wenn es auch keine Apostel mehr gibt, heute nicht geringer geworden ist zwischen solchen, die in besonderer Weise von Gott bestellt sind (durch Gabe, Auftrag und Leitung - vgl. z. B. Eph. 4,11ff.; 1. u. 2. Tim.; Titus; Apgesch. 8,26.29.30; 16,9.10), an anderen geistlicherweise mit dem Wort usw. zu arbeiten, und denen, an denen Gott sie arbeiten läßt. Von letzteren lassen sich immer verhältnismäßig nur wenige zur ernsten Mitarbeit anleiten und von Gott tüchtig machen. Die meisten bilden vielfach ein - mitunter noch dazu ein wenig widerspenstiges - Arbeitsfeld, ganz so wie die Korinther. Doch wer arbeitete an diesen! Was sind die „Mitarbeiter Gottes“ von heute für unvollkommene Männer gegen Kephas, Apollos und vor allem Paulus?! Doch damals wie heute viel Widerstand gegen die treue Arbeit derer, die

Gott würdigt, im besonderen Sinne Seine Mitarbeiter zu sein! Das ist tiefbetrübend, und wie hat es auch den Apostel betrübt!

So sehen wir wirklich in 1. Kor. 3 die, wie beide Antworten betonen, grundlegende apostolische Mitarbeit Gottes, und erst „im weiteren Sinne“ die Mitarbeit auch anderer Gläubigen.

Und wie ist es mit dem, was Antwort B so kostbar ausführt, daß zur Mitarbeit das Mitkämpfen im Wort und im Gebet gehört? - Ich glaube, daß man - abgesehen von unserer Korintherstelle, die eben einem ganz anderen Zusammenhang entspringt und von Mitarbeitern Gottes redet - wohl sagen kann oder auch sagen muß, daß wahre biblische „Mitarbeit“, wie sie in den vielen Stellen von Antwort B genannt ist, stets ein Mitkämpfen in Wort und Gebet einschließt, wie auch z. B. in der auch oben in Antwort B fettgedruckten Stelle Phil. 4,3 „Mitknecht“, „Mitarbeiter“ und „mitkämpfen“ in einem Verse genannt sind, während vom Gebet gleich danach die Rede ist (V. 6f.). Wenn wir alle die Stellen, wo von „Mitknecht“, „Mitarbeiter“, „Mitkämpfer“, „Mitstreiter“, „Mitgefangener“ auch (Röm. 16,7; Kol. 4,10; Philem. V. 23) die Rede ist, miteinander vergleichen, so bekommen wir dadurch wohl eine rechte biblische Darstellung für das, was die Schrift unter dieser Gemeinschaft in der Arbeit versteht. (Siehe vor allem Phil. 2,25 und Philem. V. 2.) - Aber die Mitarbeit Gottes ist eben, wie gesagt, wirklich etwas Besonderes, nicht ohne weiteres mit der Mitarbeiterschaft der treuen Arbeiter untereinander zu Vertauschendes. Paulus nennt den Timotheus einen „Mitarbeiter Gottes“ (1. Thess. 3,2), aber den Titus nennt er 2. Kor. 8,23 „seinen Mitarbeiter“ oder nur einfach „Mitarbeiter“, und sich selbst bezeichnet er in 2. Kor. 1,24 „Mitarbeiter an ihrer Freude“, und von Prisca und Aquila sagt erRöm. 16,3: „Meine Mitarbeiter in Christo Jesu“ usw. Wie belehrend ist das alles für uns!

Aus allen diesen Stellen in obigen zwei Antworten und meinen „Bemerkungen“ sehen wir, wie wichtig es ist, sich über das klar zu werden, was „Mitarbeit“ (d. i. „Mit“ = Gemeinschaft, „Arbeit“ = Fleiß, Tätigkeit, nicht säumig sein!) in der Schrift ist, sowohl die hohe erhabene „Mitarbeit Gottes“ in 1. Kor. 3 als auch jede Art „Mitarbeit“ (auch Mitkämpfen) mit Seinen Mitarbeitern in Seinem kostbaren Werk.

Möge es dem Heiligen Geist gelingen, uns allen diesen Gegenstand recht praktisch wichtig zu

machen, zur Verherrlichung des Namens unseres geliebten HErrn!

F. K.

Elimelech und Noomi.

(Ruth 1.)

Kein König im Land! Kein Brot in der Heimat! Mit diesen beiden Tatsachen ist die dunkle Zeit in dem Buche Ruth gekennzeichnet. Aus dem Buche der Richter erkennen wir die traurige Tatsache, daß Israel von seinem Gott abgefallen war und jeder im Lande tat, „was recht war in seinen Augen“. Als Folge dieses Zustandes finden wir dann im Buche Ruth die Hungersnot im Lande.

Wir wollen uns heute nur mit Elimelech und Noomi, die im ersten Kapitel des Buches Ruth genannt werden, beschäftigen, deren Verhalten sowohl Gott als auch den Dingen ihres Lebens gegenüber uns so recht offenbaren, was im Menschen ist und worauf der Mensch seine Hoffnung setzt und wem sein Vertrauen gehört.

Die Hand Jehovas, welche Sein Volk Israel bisher aufrechtgehalten hatte, war zurückgezogen, und Gott offenbarte Sich in Gericht gegen Sein abtrünniges Volk. In diesen Tagen der züchtigenden Hand Gottes handelte Elimelech nach den Anschauungen seiner Zeit, die uns, wie schon gesagt, in dem letzten Vers des Buches der Richter in den Worten ausgedrückt werden: „Ein jeder tat, was recht war in seinen Augen“. Darum finden wir auch, daß in dem Bericht über ihn und seinen Weg (Vers 1-3) der HErr nicht erwähnt wird. Er handelte eben, ohne eine Anweisung von Gott zu haben, nach dem natürlichen Trieb und den Überlegungen seines Herzens. Hungersnot war im Lande, und obwohl er in Bethlehem, welches „Brothaus“ bedeutet, wohnte, war kein Brot in der Heimat. So verließ er nach eigenem Willen Bethlehem, um in den Gefilden Moabs zu bleiben.

Ist nicht auch unser Weg oftmals ein Weg ohne Verbindung mit dem HErrn gewesen? Haben wir

es nicht auch bitter empfinden müssen, daß die Triebe und Überlegungen unseres Fleisches uns aus der Heimat unserer Seele und aus der innigen Gemeinschaft mit dem HErrn drängten? Es handelte sich bei Elimelech nicht nur um eine bloße Auswanderung für eine kurze Zeit, sondern um eine tatsächliche Glaubensverminderung und um Ungehorsam. Würde er sich im Lande unter die züchtigende Hand Gottes gedemütigt haben, so hätte der HErr ihn auch zu Seiner Zeit erhöht.

Aber statt dessen suchte er dem Gericht Gottes in der Heimat zu entgehen und seine Wohlfahrt bei einem von Gott verworfenen Volke zu finden (mit dem Gott jede Gemeinschaft untersagt hatte. 5. Mose 23,3). - Er entging aber dem Gericht Gottes nicht - es traf ihn in der Fremde.

Auch unser Verkehr in der Welt muß sich nach den klaren Anweisungen unseres HErrn vollziehen. Elimelechs Weg, anderswo, in der Entfernung von Seinem Volk und Land, Glück und Ruhe zu finden, wurde für ihn verhängnisvoll. Wie furchtbar enden doch eigene Wege, und wie kläglich ist das Resultat derselben! Elimelech fürchtete, in Bethlehem nicht leben zu können - und stirbt in Moab. Seine Söhne gründen sich nach dem Beispiel ihres Vaters auf moabitischem Boden ein Heim - und daselbst finden sie ihr Grab. Sicher wollten die drei Männer sich nur solange in Moab niederlassen, bis die Hungersnot vorüber sei - aber als dieselbe nachließ, waren sie längst in der Fremde gestorben. Diese traurigen Erfahrungen des Hauses Elimelechs sollen uns warnen und zugleich ermahnen, uns an den HErrn und Sein Wort zu halten und nicht unzufrieden in der Familie Gottes, der Gemeinde, zu sein. Haben wir diese traurige Geschichte Elimelechs nicht auch in unseren Tagen, wenn man meinte, den HErrn und Sein teures Wort beiseite lassen zu können, in der Geschichte des Volkes Gottes, ja vielleicht in unserer näheren Umgebung beobachten können? Wir können uns nicht von der Gemeinde in Eigenwilligkeit trennen und in der von Gott verworfenen Welt aufhalten, ohne Schaden zu nehmen und bitteres Leid zu ernten.

Elimelechs Name bedeutet „mein Gott ist König“. Es muß uns tief bewegen, daß nach den vorstehenden Ausführungen dieser Mann, der diesen köstlichen Namen „mein Gott ist König“ trug, die Wahrheit seines Namens nicht auslebte, sondern so handelte, als ob Gott nicht König

sei. Welch eine Mahnung ist Elimelech für uns, die wir den Namen „Kinder Gottes“ tragen, Gott in dieser Welt in der rechten Weise darzustellen. Elimelech lebte seinen Namen nicht aus und starb.

Die zweite Person im Buche Ruth ist Noomi. Ihr Name bedeutet „die Liebe Gewinnende“ oder „die Liebliche“. Sie ging mit ihrem Manne den eigenwilligen Weg des Unglaubens und Ungehorsams. Ihr Bild in dem 1. Kap. ist zunächst das Bild einer durch die Wege des Unglaubens und Ungehorsams umdunkelten Seele. Wohl können wir Noomi auch von anderen Gesichtspunkten aus betrachten. Wir können auch in ihr das Bild des gläubigen Überrestes aus Israel sehen oder auch das Bild Israels, dessen Fall Gott zum Heil der Nationen dienen ließ, so wie der HErr auch zur Samariterin sagte: „Das Heil ist aus den Juden“ (Joh. 4,22). Und weiter können wir auch Noomi als ein Beispiel betrachten, wie Gott das Schwache zu gebrauchen vermag, um die Vorsätze Seiner Gnade zur Ausführung zu bringen usw. Mit allen diesen Gesichtspunkten beschäftigen wir uns jedoch jetzt nicht, sondern wir wollen Noomi nur von einem Gesichtspunkt aus anschauen, und zwar als eine Seele, die durch die Wege des Unglaubens und Ungehorsams in Dunkelheit geraten ist.

Als sie hört, daß Gott Sein Volk Israel in Gnaden heimgesucht habe, wird die Sehnsucht nach ihrem Volk und Land wach, und sie macht sich auf, um in das Land Juda zurückzukehren. Eine solche Rückkehr von Ungehorsamswegen muß naturgemäß unter tiefem Leid geschehen. Als sie in ihrem Land ankommt, will sie nicht mehr „Noomi“, sondern „Mara“ genannt werden, ein Name, mit dem sie sich selbst kennzeichnet. Bitter sah es in ihr aus, und Dunkelheit umgab ihre Seele. Von bitterem Elend und Hoffnungslosigkeit erfüllt, konnte sie ihren Schwiegertöchtern zureden, in ein heidnisches Land nach Moab zurückzukehren, um dort einen heidnischen Mann zu finden. Ja, sie kann gleichsam Jehova bitten, ihre Schwiegertöchter auf diesem Wege abwärts nach Moab und in der Verbindung mit einem heidnischen Mann „Ruhe finden“ zu lassen.

Wir sehen, auch ein Kind Gottes kann so umdunkelt sein, daß es Wünsche und Ratschläge erteilt, die offenbaren, daß die gesegnete Gemeinschaft mit dem HErrn unterbrochen ist. Ein

solches mag sich selbst dem HErrn wieder zuwenden, und doch kann ihm das irdische Wohl seines Kindes wichtiger sein als das Wohlergehen der Seele desselben. Es kann seinem Kinde den Weg in die Welt weisen und in der Dunkelheit seines Herzens den HErrn bitten, diesen Weg zu segnen. Wir müssen immer wieder erkennen, daß jeder Weg außerhalb der gesegneten Gemeinschaft des HErrn uns hindert, in die Gedanken Gottes und Seine Heilspläne mit den Menschen einzugehen.

Gesegnet ist es auch, die Barmherzigkeit und Gnade Gottes über Noomi anzuschauen. Hielt sie sich auch in Moab auf, so blieb sie doch eine Tochter Israels, um welche sich der treue Gott auch in der Zeit ihres eigenen Weges bekümmerte. Gott ließ die Botschaft, daß Er Sein Volk in Gnaden heimgesucht habe, in ihr Herz dringen, und die Folge war die Sehnsucht nach ihrem Lande. Auch in unserem Leben offenbart sich dasselbe. Sind wir Kinder Gottes, dann sind wir auch Gegenstände Seiner Gnade. Wir mögen zeitweise aus mangelndem Vertrauen und eigenwilligen Entschlüssen auf eigenen Wegen gehen und unter dem ganzen Jammer solcher Entschließungen leiden. Läßt Gottes Gnade es dann in unserem Herzen licht werden, dann entsteht das tiefe Sehnen nach Gemeinschaft mit dem HErrn und mit Seinem teuer erkauften Volk. Alsdann machen wir uns auf und kommen mit dem Bekenntnis unseres verfehlten und eigenen Weges zurück.

So war es auch bei Noomi. Wahre Buße geht durch ihre Klage: „Voll bin ich gegangen, und leer hat mich Jehova zurückkehren lassen ... Jehova hat gegen mich gezeugt.“ Sie bekennt ihre Sünde, daß sie, trotzdem sie Fülle hatte, im eigenen Willen gegangen sei. Sie sagt: „Ich bin gegangen.“ Sie sagt nicht: „Wir gingen“ oder „mein Mann nahm mich mit“ oder „ich bin nur meinem Manne gefolgt“. Keine Schuld schiebt sie Elimelech zu; keine Entschuldigung hat sie für sich selbst. Sie richtet sich selbst und bekennt: „Voll bin ich gegangen“, und dann fügt sie hinzu: „Leer hat mich Jehova zurückkehren lassen“. Sie bekennt aber nicht nur, daß Jehovas Hand wider sie gewesen und Er gegen sie gezeugt habe, sondern auch, daß Jehova es war, der sie zurückkehren ließ. Damit erkennt sie an, daß ihre Rückkehr nichts weiter als Barmherzigkeit und Gnade Gottes war.

Wir lernen hieraus die Notwendigkeit, daß ein Kind Gottes dorthin zurückkehren muß, wo es die Verbindung mit dem HErrn unterbrochen hat. Noomi blieb dies Bekenntnis nicht erspart. Die erschütternde Frage beim Anblick ihres Elendes: „Ist das Noomi?“ muß uns tief bewegen. Sie drückt das Mitgefühl derer aus, die im Vertrauen auf Jehova in Bethlehem geblieben waren. Wenn wir rückblickend unseren Weg überschauen, sind wir das gewesen und geblieben, was der HErr von uns erwartete, die wir Seinen Namen tragen? Und wenn diese Frage: „Ist das Noomi?“ über uns gestellt wird, welche Antwort müßten wir geben? Noomi mußte mit Schmerzen bekennen: „Nennt mich nicht Noomi (die Liebliche), sondern ‚Mara‘ (die Bittere)“, und dem HErrn recht gebend, fügte sie hinzu: „Denn der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht“. In Demut bekennt sie, daß sie voll auszog und leer zurückkehren mußte.

Mit Recht dürfen wir auf Gottes Gnade und Barmherzigkeit rechnen, aber nachdem wir zum Glauben gekommen sind, ist es Sein Ziel, uns zu einem Glaubensleben zuzubereiten für jene Herrlichkeit, in welche wir eintreten sollen, wenn der HErr kommt oder wenn Er auf Sein Geheiß uns Feierabend machen läßt auf dieser Erde. Der große Gott will aus uns Sich ein Denkmal Seiner Liebe und Gnade errichten, welches Ihn in alle Ewigkeit preisen soll. Um dies zu erreichen, muß Er oft als der „Allmächtige“ in die Wege unseres Lebens eingreifen. Noomi sagt im 20. Verse: „Der Allmächtige hat es mir sehr bitter gemacht“. Unsere eigenwilligen und verkehrten Wege nötigen auch oft den HErrn, uns in unserem Leben manches bitter zu machen. Und oft kommen wir erst im Nachschauen Seiner Wege dahinter, daß der HErr es war, der uns die Wege verbaute und mit Bitterkeit tränkte, um uns so in die Wege Seines Wohlgefallens hineinzuführen.

Und doch, wie herrlich endete der Weg Noomis! Der HErr war gegen sie auf ihren eigenwilligen Wegen, um dann für sie zu sein auf Seinen Wegen. (Kap. 4,14-17.) Der Lobpreis Jehovas in Kap. 4,14-17 beweist in überwältigender Weise, wie der treue HErr die unvollkommenen Wünsche und Gebete Noomis - auf Seine Art - wunderbar erfüllte und daß es etwas Herrliches ist, dem HErrn zu vertrauen, statt in der Dunkelheit eigener Wege zu wandeln.

Auch wir müssen rückschauend auf unser Leben mit tiefer Beschämung erkennen, daß so

manches „Nein“ in unserem Leben, so manche Bitterkeit des HErrn doch ein Weg der Liebe war; daß Er den glimmenden Docht nicht verlöschen ließ und das schwankende Rohr nicht zerbrach, sondern geduldig wartete, bis wir „uns“ und „Moab“ satt hatten und bereit waren, „leer zurückzukehren“, damit Er uns in Wegen Seines Wohlgefallens das segensreiche „Ja“ in Gnaden schenken kann. Und was wird es erst sein, wenn wir mit verklärter Erkenntnis in der Herrlichkeit „unseren Weg“ und „Gottes Weg“ rückschauend betrachten werden!

Ed. v. d. K., H.

Christus als Heiland und als Hoherpriester.

Es ist ein Unterschied zwischen Christus als Heiland und Christus als Hoherpriester. Laßt uns diesem wichtigen Unterschied einige Augenblicke unsere Aufmerksamkeit zuwenden.

In Hebr. 10,14.18 lesen wir: „Durch ein Opfer hat Er auf immerdar vollkommen gemacht, die geheiligt werden“, und „da ist nicht mehr ein Opfer für die Sünde.“ Diese Worte zeigen uns Christus als den Heiland. Wenn wir Ihn als Heiland anschauen, so sehen wir Ihn in Seinem Werke, welches Er hier auf Erden für uns vollbracht hat. Als Heiland und Erretter nahm Er die Sünden für immer hinweg. Hier auf der Erde, wo die Sünden begangen wurden, entfernte Er sie auch. So finden wir es auch in dem Buche der Offenbarung: Die himmlische Schar jubelt über das, was Er hier auf Erden getan hat.

Seinen Dienst als Hoherpriester dagegen vollführt Er jetzt für uns im Himmel. Nahe ich mich Ihm als dem Heiland, so nehme ich Seine Gnade, die Er hier auf Erden für mich erwirkte, in Anspruch. Als Heiland begegnet Er unserer ganzen Sündennot mit allen ihren Folgen. Niemals hätten wir uns daraus selbst erretten können. Als Er für unsere Sünden starb und aus dem Tode auferstand, hatte Er Sein Werk als unser Erretter auf dieser Erde vollbracht, so daß Er am Schluß Seines Lebens sagen konnte: „Das Werk habe Ich vollbracht, welches Du Mir gegeben hast, daß Ich es tun sollte.“ (Joh. 17,4.)

Sein Dienst als Hoherpriester ist aber noch nicht vollbracht; diesen übt Er heute noch für uns

aus, und zwar nicht auf der Erde, sondern im Himmel. Als Heiland entfernt Er alles, was wider mich ist, und bringt mich zurück zu Gott. Wenn ich aber zu Ihm als dem Hohenpriester komme, so finde ich Barmherzigkeit, Gnade und rechtzeitige Hilfe in den mancherlei Anfechtungen und Versuchungen, die uns auf dem Wege durch diese Wüste begegnen, so daß wir mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten können, um Ihm die Opfer des Lobes und der Anbetung darzubringen.

Viele Kinder Gottes erfassen wohl in ihrem Herzen das, was uns durch Seinen Tod und Seine Auferstehung geworden ist, aber sie erfassen weniger das, was Er jetzt als Hoherpriester in der Herrlichkeit für uns ist. Wenn wir unser Auge auf Ihn richten, wie Er heute ist, so sehen wir Ihn droben mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Er ist jetzt im Heiligtum droben. Es ist ein großer Unterschied für unser Herz, ob wir Ihn nur zurückblickend in dem, was Er für uns getan hat, sehen (und dies ist groß und wunderbar) oder ob wir Ihn auch in Seinem Dienst für uns als Hoherpriester erkennen und die Segnungen erfassen, die in Ihm uns offenstehen, der jetzt in Gottes Gegenwart für uns tätig ist.

In Ihm als dem Heiland haben wir alles, was wir als Sünder gebrauchen; in Ihm als dem Hohenpriester dagegen finden wir alles, was wir für den Weg durch diese Wüste an Hilfe gebrauchen, um mit Freimütigkeit ins Heiligtum treten und Gott die Anbetung darbringen zu können. Es ist gut, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf diese Verschiedenheit richten, damit unsere Herzen sie recht erwägen.

Haben wir den HErrn noch nicht in Seiner Bedeutung und in Seinem Dienst als Hoherpriester erkannt, dann verweilen unsere Gedanken nur bei dem Kreuz, bei dem, was für uns auf Erden geschehen ist, und wir sind noch nicht weitergeführt worden zu dem, was für uns im Himmel geschieht. Unser Herz erfreut sich dann mehr an Ihm als dem Heiland auf der Erde als an der Herrlichkeit Seiner Person als Hoherpriester im Heiligtum.

Hier auf Erden sind wir von einer Fülle von Schwierigkeiten, Anfechtungen, Trübsalen usw. umgeben, und sie können unser Herz in hohem Maße in Anspruch nehmen. Was sollen wir nun

dürfen wir das tun, aber wenn das alles ist, dann wissen wir noch nichts von dem Segen, den wir in dem Hohenpriestertum Christi haben! Es entspricht unserem Herzen, in solchen Lagen Gott um die Befreiung von den Trübsalen zu bitten, und oft gewährt Er uns unsere Bitte, wenn sie mit Seinem Erziehungsplan über uns übereinstimmt. Haben wir den HErrn aber als unseren Hohenpriester erkannt, so werden wir, wenn wir die Erhörung unserer Bitte um Befreiung aus unseren Trübsalen nicht empfangen, Ihn alsdann in Seinem Mitgefühl mit uns kennenlernen, so daß wir auch in den Trübsalen mit glücklichem Herzen ausharren können.

Zwei Dinge sind es, mit welchen wir es in dieser Welt zu tun haben: Schwierigkeit und Schwachheit. Wer den HErrn nur als einen Heiland und Erretter kennt, bittet, wie schon gesagt, in erster Linie Gott um Befreiung von den Trübsalen, und jede Erhörung, die er empfängt, erkennt er mit Recht als eine ihm von Gott erwiesene Barmherzigkeit an. Besseres und Höheres als die Befreiung von den Trübsalen aber wird uns zuteil, wenn wir das Mitgefühl des Hohenpriesters erleben und genießen. Wer den HErrn als den Hohenpriester erkennt und Seinen Dienst in Anspruch nimmt, wird von dieser Welt gelöst, und sein Leben ist in Wirklichkeit nicht mehr hier unten, sondern dort oben, wo der HErr ist. Ein solcher mag unter Schwierigkeiten und Sorgen, unter schwacher Gesundheit und Trübsalen leiden, aber er nimmt seine Zuflucht zu dem Hohenpriester am Thron der Gnade und empfängt von dort die Hilfe, der er bedarf. Wir mögen wie Petrus beim Anblick der Wogen und Wellen sinken und den HErrn anrufen - und was geschieht? Der HErr streckt Seine Hand aus und zieht uns wie Petrus zu Sich hinüber an Sein Herz. Er nimmt nicht die Wogen und Wellen weg, wir haben den Weg noch auf den Wellen zu gehen, aber wir sind, während unsere Füße durch die Trübsale gehen, an Seiner Seite, dort, wo Er ist - im Heiligtum -, und genießen alle Freude und alle Segnungen, die dort für uns vorhanden sind.

Wohl empfinden wir die Schwierigkeiten, denn sie sind immer geneigt, sich zwischen uns und Christus zu stellen; und welche Schwierigkeiten sich dem Gläubigen im Leben entgegenstellen und zu überwinden sind, davon können wir etwas sehen in der Beschreibung der Lebensläufe der Glaubensväter in Hebräer 11. Beim Betrachten dieser entsteht in unserem Herzen die Frage: „Welchem gleichen wir?“ Viele Kinder Gottes gleichen Noah: sie kennen ihre Annahme

bei Gott. Nicht viele aber sind in ihrem Glaubensleben so weit wie Abraham gekommen: Fremdlinge und Pilgrime zu sein, die nach der himmlischen Stadt ausschauen. Dann finden wir Moses. Gleichen wir ihm? Er erfuhr, daß die Mächte dieser Welt zerbrochen waren. Ist das unser Glaubensstand, dann fallen auch bald für uns die Mauern Jerichos, und wir betreten das Land und erreichen so, um im Bilde zu reden, Ephesus, d. h. wir lernen, daß alle unsere geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern in Christo sind. (Eph. 1,3.) Viele Kinder Gottes wandeln, wie gesagt, in den Fußtapfen Noahs, das heißt, sie erfreuen sich der Güte Gottes an dem Platze, über dem Gott Sein Gericht vollzog. Ein weiterer Schritt aber ist es, wenn wir Abrahams Stufe erreichen. Laßt uns das Ziel vor Augen haben und durch keine Widerstände uns zurückhalten lassen, demselben nachzujagen.

Wenn wir die Psalmen lesen, so finden wir oft, daß die Erfahrungen Davids in seinen Schwierigkeiten auch unsere eigenen sind. Z. B. wenn David in Psalm 46,1.2 sagt: „Gott ist uns Zuflucht und Stärke, eine Hilfe, reichlich gefunden in Drangsalen. Darum werden wir uns nicht fürchten, wenngleich gewandelt würde die Erde, und wenn die Berge wankten im Herzen des Meeres.“ Eine solche Erfahrung der Hilfe des HErrn ist sicher ein reicher Segen. Das Mitgefühl des HErrn aber ist mehr als Hilfe in Drangsalen. Wenn ich das Mitgefühl eines anderen besitze, so werde ich mich zu dem, der mir sein Mitgefühl erweist, hingezogen fühlen. So werden auch wir durch die Erfahrung des Mitgefühls des HErrn zu Ihm hingezogen, und indem wir zu Ihm kommen, kommen wir auch zugleich zu dem Platze, wo Er ist - ins Heiligtum. Wir mögen die Leiden und Trübsale dieser Erde zu durchkosten haben, aber Sein Mitgefühl bewirkt in uns einen solchen Trost und eine solche Kraft, daß wir in unserer Seele die Ruhe jenes Platzes genießen, wo Er als Hoherpriester den Thron der Gnade für uns errichtet hat. Meine Seele ist dann nicht mehr mit mir noch mit den Schwierigkeiten beschäftigt, sondern mit Ihm, und je mehr ich mich mit Ihm beschäftige, um so mehr werde ich gelöst von mir und dem Druck der Leiden dieser Zeit.

Es ist nicht ohne Wirkung auf unser Leben, wenn wir Ihn als den Hohenpriester und nicht bloß als den Heiland kennen. Nicht als ob ich die Erkenntnis unseres HErrn als Heiland und Erretter gering machen will; sie ist groß und kostbar und immer das Erste, was wir zu erkennen haben;

aber Er ist in Seiner Person mehr als nur der Heiland, und wir sollten auch in der Erkenntnis Seiner Person als Hoherpriester wachsen. Möge diese kleine Betrachtung dazu dienen, uns den Unterschied zwischen Ihm als Heiland und Ihm als Hohenpriester im Himmel wichtig zu machen! Möchten wir uns nicht nur über unsere Errettung freuen, sondern auch freudig in den mancherlei Leiden dieser Zeit ausharren, damit wir getragen von Seinem Mitgefühl und durch die Darreichung Seiner Hilfe in allen Lagen unseres Lebens Gott lobpreisen.

S. (A. v. d. K.)

„Sie haben nicht nötig ...“

Matth. 14,16.

(Fortsetzung.)

In der Einleitung zu meinem Aufsatz in Lieferung 8 betonte ich: Die Hauptsache ist, daß Er, der Herr Jesus, da ist, daß Er gekommen ist, um Sich all unserer Bedürfnisse anzunehmen. Aber Sein Kommen auf diese fluchbeladene Erde hat eine unendliche Fülle von Segnungen zur Folge, und zwar, was das betrifft, was uns hier beschäftigt, die z. B., daß durch Seine Tätigkeit hienieden auch Jünger, Nachfolger Seiner Selbst aus der verlorenen Menschheit hervorgegangen sind, Boten Gottes an die in Sünde und Elend versinkende Welt, Zeugen Seiner Gnade mitten in all den Nichtigkeiten dieses Zeitlaufs. Diese Seine Jünger waren damals zur Zeit unseres Textwortes noch sehr schwach und unfähig, Seine Gedanken zu kennen und zu verwirklichen zum Segen für andere, aber sie waren doch da, und als braubare Werkzeuge in Seiner Hand war ihr Dasein sogar von unschätzbarem Werte, nicht - natürlich - um ihrer selbst willen, sondern um Seinetwillen und durch Ihn, der sie segnete und zum Segen setzte für andere. „Gebt ihr ihnen zu essen!“ Das war Sein Wort an sie, die sie der Segenskanal für andere zu sein gewürdigt wurden. Mochten sie sich in sich selbst noch so unfähig wissen, mochten sie sich tiefinnerlich bewußt sein, nicht einmal „Scherben“ zu sein, so wurden sie durch Sein allmächtig Wort doch brauchbare „Scherben“, „Gefäße Seiner Hand“ (vgl. 2. Kön.

4,1-7), in die Er Seine wunderbare Segensfülle ausströmen ließ, die dem hungernden Volk vermittelt werden sollte. Wohl ihnen! Sie ließen sich brauchen, um das Brot, das aus Seinen Händen hervorging, der verschmachtenden Volksmenge auszuteilen. Welche Erinnerung wird es für sie in späteren Jahren gewesen sein, daß sie einst von Ihm befähigt wurden, Tausenden Sein Brot darzureichen! Das, was sie dort fürs leibliche Wohl ihrer Mitmenschen tun durften, das hatten sie gar bald ins Geistliche zu übertragen, indem sie am Pfingsttage und dann wieder und wieder das „Brot vom Himmel“ (Joh. 6,31.32) mitzuteilen hatten denen, die sich davon nähren wollten ... Ja, wahrlich, die Tausende damals und die Tausende heute haben nicht nötig, ewiglich zu verhungern, denn nicht nur Er - das ist die Hauptsache! -, auch sie, die Seinen, sind ja da, und ihnen ist „das wahrhaftige Brot“ in die Hände gelegt (Joh. 6,32.33), um es denen anzubieten, die „das Brot des Lebens“ (Joh. 6,35) zu essen begehren. Nein, man hatte dort nicht nötig, wie man sagt, „mit hungrigem Magen“ fortzugehen, sie, die Jünger des HErrn, waren ja da! Und das möchte ich nun, wie angekündigt, in sieben einzelnen Punkten, herausgegriffen aus der Fülle, deuten auf die heutige Zeit und besonders auch auf uns Gläubige. Möge der HErr uns Licht und Weisheit schenken, die folgenden, höchst einfachen Dinge auf unser Leben anzuwenden! - Also

B.

Was wir „nicht nötig“ haben, weil die Seinen da sind:

1. Den ersten Punkt, den ich jetzt nenne, habe ich oben schon in der Einleitung kurz erwähnt: Wir haben „nicht nötig“, an geistlichem Gut zu darben. Die Seinen sind ja da! Und diese, die Seinen, die Kinder Seines Gottes und Vaters, hat Er zu „Seinen Zeugen“ gemacht, die in dieser Eigenschaft nach Apgesch. 1,8 und 1. Joh. 1,1-3 bezeugen sollten, was sie „gesehen und gehört“ hatten. Freilich sind wir heute nicht in dem Vollsinne „Seine Zeugen“, daß wir buchstäblich Seine Auferstehung erlebt hätten, jenes wichtigste Stück, was jene zu bezeugen hatten in der Apostelgeschichte (vgl. 1,22 z. B. mit 2,24.32; 3,15; 4,2.10; 5,30; [9,27;] 10,40.41.42; 13,34.37; 17,31[Paulus, der den Auferstandenen verherrlicht gesehen hatte, ist ebenso ein „Zeuge der Auferstehung“ wie die Urapostel!]; 22,14; 25,19; 26[!!] V. 23 und 1.

Kor. 15,3-8! usw.) - aber insofern jene auch erst „Seine Zeugen“ sein konnten, nachdem der Heilige Geist auf sie gekommen war (Apgesch. 1,8; Luk. 24,46-48), und insofern als wir durch die uns mittels des Wortes überlieferte apostolische Verkündigung mit jenen (den ersten Zeugen) Gemeinschaft haben (1. Joh. 1,1-3!) und ebenso wie die ersten zu Pfingsten gewonnenen Jünger „in der Lehre der Apostel“ verharren können (Apgesch. 2,42), insofern sind auch wir wahrhaft Gläubigen von heute berufen, „Seine Zeugen“ an die Menschen zu sein. Wir haben Seinen Geist, Er wohnt in uns (1. Kor. 6,19 u. a.), leitet uns (Röm. 8), läßt uns Sein Wort verstehen und belehrt uns, es zu halten und im praktischen Leben zu betätigen, ja, „Darsteller des Wortes des Lebens“ zu sein (Phil. 2,16). Wir bezeugen also das Blutvergießen, den Tod und die Auferstehung des HErrn, wir bezeugen Seine Liebe und Güte, wenn anders wir sie geschmeckt haben (1. Petr. 2,3). Wir bezeugen die Wahrheit von Christus, dem „Brot Gottes“ (Joh. 6,33), und wir bezeugen der hungernden, darbenden Menschheit von heute mit genau dem gleichen Recht wie die Jünger von einst (nämlich als Wissende, die es selber erfahren haben), daß, wer von dem „lebendigen Brote, das aus dem Himmel gekommen ist“, (Joh. 6,50) isset, d. h. „wer an Ihn glaubt, nicht mehr hungern wird“ (Joh. 6,35). - Sollte ein Ungläubiger diese Worte lesen - Freund, laß dir diese Wahrheit nicht nur bezeugen, nimm sie auch an für dich, - und du hast ewiges Leben! Nein, wahrlich, nicht nötig zu darben hat man, wenn man an eine gedeckte Tafel geführt wird, und das, gerade das (dies „Führen“) aber ist es, was die Zeugen des HErrn heute zu tun haben und was sie so gern in die Worte des Evangeliums kleiden: „Kommt, denn schon ist alles bereit!“ (Luk. 14,17.)

Und was der Welt gilt, das gilt auch den Gläubigen: sie haben nicht nötig, zu darben an geistlichem Gut, wenn sie sich von den Seinen, Seinen Boten und „Zeugen“, Seinen „Mitarbeitern“ („Mitarbeiter Gottes“, 1. Kor. 3,9, vgl. Frage 18 d. Js.!) an Seinen Tisch, den „Tisch des HErrn“ leiten lassen (1. Kor. 10,21; Ps. 23!

u. a.), an dem wir beständig unseren Platz haben dürfen, wie einst Mephiboseth am Tische Davids (2. Sam. 9,7.10[.11].13). Du hast nicht nötig, Bruder, Schwester, geistlicherweise Mangel zu leiden, solange hienieden die geistlichen Gaben von Eph. 4,11-14 vorhanden sind und solange der Geist Gottes die Gnadengabe der Weissagung „zur Erbauung, Ermahnung und

Tröstung“ (1. Kor. 14,3.12 u. a.) innerhalb der örtlichen Gemeinde darreicht! Du hast nicht nötig, zu kurz zu kommen an geistlicher Nahrung, wenn du nur Hebr. 10,25 zu beachten dich bemühst! (Diese ernste VerAntwortung liegt ganz und gar auf deiner Seite!) Der HErr hat reichlich für uns gesorgt, indem Er „Seine Zeugen“ bestellt hat, „in Wort und Werk und allem Wesen“ Ihn zu bezeugen, in Dem wir alles haben, was wir bedürfen, vor allem für Seele und Geist! Höre auf die, welche dir die Wahrheit bezeugen, und warte nicht auf schmackhaftere Kost als die dir dargereichte! Es wird uns Gotteskindern nie bessere Nahrung gegeben werden können als die „jedes Wortes, das durch den Mund Gottes ausgegangen ist“ (Matth. 4,4). Leben wir davon, so werden wir nicht darben. Und solange die Seinen hienieden sind, wird kein Mangel sein an dieser köstlichen Nahrung, der Seines Wortes, das Er Selber in Person ist, den wir, die Seinen insgesamt, zu bezeugen haben, der Welt sowohl als auch ebenso, nur in tieferer Weise, uns selbst, indem wir „einander ermuntern und erbauen“ (1. Thess. 5,11).

2. Weil die Seinen da sind, so haben wir nicht nötig, allein zu wandeln, einsam zu sein! Gewiß zuerst deswegen nicht, weil der Herr Jesus da ist, heißt es doch in einem schönen Liede: „In dem Herzen Jesu - da ist Lieb' für dich, Liebe rein und heilig, Liebe ewiglich! Sag', warum du einsam, ohne Freude bist? Da am Herzen Jesu doch die Fülle ist!“ („Rettungsjubel“, Nr. 78.) Aber diese Fülle, die bei Ihm ist, offenbart sich eben auch in Seinem Verbundensein mit den Seinen (vgl. auch Apgesch. 9,5; 22,8; 26,15). Weil die Seinen da sind, weil hier auf der Erde Sein Volk ist, Seine Jünger, Seine Gemeinde, deshalb braucht kein Kind Gottes Seinen Weg hienieden einsam und allein zu pilgern, es müßte denn sein, daß es das einzige an einem Ort wäre! Und auch dann gibt's brieflichen Austausch mit Gleichgesinnten und gelegentliche Zusammenkünfte, durch die das Band der Liebe fester geknüpft wird. Solche Fälle zeitweiligen äußeren Alleinstehens sind natürlich leicht möglich, aber sie ändern nichts an dem Grundsatz, an der grundsätzlichen Tatsache, daß wir nicht nötig haben, einsam unsere Straße zu ziehen, denn Gott hat Sein Volk hienieden, ein Volk, innerlich abgesondert von den übrigen Menschen (vgl. 4. Mos. 23,9), „in der Welt“, aber „nicht von der Welt“ (Joh. 17,11.14-18), hier einige, dort einige, nirgends viele im Vergleich zu den vielen Weltmenschen, und doch einst „eine unzählbare Schar“ (Offenb. 7,9). Wer zu ihnen gehört, hat durch den Geist Gottes, der sie alle

innige Begehren, mit denen, die des gleichen „Weges“ sind (vgl. Apgesch. 9,2; 22,4; 24,14a usw.), praktisch Gemeinschaft, das ist „Teilhaberschaft“ zu pflegen. Dies Begehren ist tief und kann durch irgend etwas anderes nicht gestillt werden, es ist mit ein Haupterfordernis für uns alle, daß wir als „Genossen der himmlischen Berufung“ und als „Genossen des Christus“ (Hebr. 3,1.14) auch tatsächlich, getrennt von der Welt „streben nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen“ (2. Tim. 2,22b). Weil dies so ist, also, weil das innere Begehren, nicht von Natur, sondern durch den Geist Gottes uns gegeben, tatsächlich vorhanden ist und weil dieses Begehren zu allen Zeiten, selbst heute in den Tagen des geistlichen Niedergangs (2. Tim. 3!), gestillt werden kann, da die Seinen hienieden sind - Sein Volk, Seine Gemeinde noch auf der Erde ist -, deshalb hat kein wahrer Christ nötig, einsam und verlassen seinen Weg zur oberen Heimat zu pilgern! Einerlei Gesinnte (Phil. 2,2!) sind da, und einerlei Gesinnte gehören zusammen zur Ehre des HErrn, dessen sie sind, und zu ihrem eigenen Nutzen und Segen. Fühlst du also je dich einsam und allein, so suche die auf, mit denen Gottes Geist dich für ewig zusammengeschlossen hat - in der Gemeinschaft der Heiligen haben wir nicht nötig zu darben! Weil sie noch heute vorhanden ist, haben wir nicht nötig, sie zu entbehren!

Es liegt an uns, wir sind Schuld, wenn wir sie gleichwohl nicht genießen! Lesen wir noch einmal Hebr. 10,25! (Vgl. auch S. 102-107 d. Jahrb.!)

3. Wie wir nicht nötig haben, allein zu stehen und allein zu gehen, weil Sein Volk da ist, so haben wir aus dem gleichen Grunde nicht nötig, unter irgendwelchen Lasten zusammenzubrechen! Wie manche teuer erkaufte Gläubige gibt es, die sich abmühen und abringen mit Sorgenlasten, denen sie nicht gewachsen zu sein scheinen und die sie zu erdrücken drohen! Hat da Gott vielleicht doch einen Fehler begangen - ich rede menschlich-töricht! -, als Er ihnen diese Lasten auferlegte? Hat Er Sich versehen in den Abmessungen des Lastenquaders, den Er jenen Armen aufpackte?! Nein, wir wissen, daß Er Sich nie versieht, daß Er nie Fehler macht, und wenn Er auch Lasten auferlegt, so „hilft Er sie auch tragen“ (Ps. 68,20 nach Luther, nach Elberf.: „Tag für Tag trägt Er unsere Last“). Aber nicht nur das, sondern Er hat noch andere Liebesabsichten mit dem Auferlegen von Lasten auf uns. Nicht nur will Er, daß wir,

die wir oft selbst schuld sind an manchen uns drückenden Lasten (vgl. Davids Leben!), es lernen, unsere Sorgenlasten, auch die aus Sünden entstandenen, auf Ihn zu werfen (1. Petr. 5,7; Phil. 4,7), sondern Er wünscht die Seinen dazu zu erziehen, daß sie mittragen lernen an den Lasten ihrer „Mitpilger auf der schmalen Bahn“. Gottes Wort hat uns aus der Feder des großen und so praktischen Apostels Paulus die Ermahnung gegeben (Gal. 6,2): „Einer trage des anderen Lasten, und also erfüllet das Gesetz des Christus!“ (die Liebe!) Dies ist aber nur ein besonders ausdrückliches Wort in dieser Beziehung; es gibt auch noch andere mit ähnlichem Sinne, wie z. B. unter anderen Phil. 2,1-4.20; 4,3a.14, wenngleich diese letzteren Stellen von höheren Gesichtspunkten aus geschrieben sind, da der Zusammenhang der Galaterstelle von Fehltritten und Schwächen auf geistlichem Gebiet redet, welche ja, wie wir alle wissen, die bösesten Lasten der Gläubigen sind. Aber einerlei - wir Gotteskinder, vor allem die, welche „geistlich“ sein wollen (Gal. 6,1), sind verAntwortlich, die Lasten unserer Geschwister mit Geduld und liebender Hingabe als unsere eigenen anzusehen und uns mit darunter zu stellen, sie in Fürbitte und praktischer Weise zu tragen und denen, mit denen wir für ewig zusammengeschlossen sind (vgl. Punkt 2!), zu helfen, mit den Dingen, die ihrer geistlichen Entwickelung ein Hemmschuh sind, die aber auch andererseits ihren Glauben prüfen, soweit fertig zu werden, daß sie zum Segen werden für die davon Betroffenen. Wir haben nicht nötig, uns „tot zu tragen“ („Wer will, der trag' sich tot!“ sagt ein Lied), es sind andere da, die gerne- ach, daß es stets so wäre! - mit uns tragen, und wenn sie weiter nichts können, so doch mit uns fühlen und, wo es am Platze ist, auch mit uns weinen (Röm. 12,15, auch so ein Wort von der Gemeinschaft, der Teilhaberschaft im Mittragen!). Darum, wenn du unter einer Last niederzustürzen fürchtest, vertraue dich - zuerst Ihm, unserem treuen Gott und Vater im Namen Jesu an und dann lasse dir von Ihm die zeigen, die du bitten darfst, mit dir zu tragen und dir zu helfen, der Last in gottgewollter Weise Herr zu werden; du hast nicht nötig, allein zu tragen! Das ist die eine Seite, aber die andere verAntwortungsvollere ist die, daß wir Gläubigen ein feines Gemerk dafür haben sollten, wo unter unseren Mitpilgern welche in Gefahr sind, ihren Lasten zu erliegen, worin diese auch bestehen mögen. So gut wie jene nicht nötig haben, ihre Lasten allein zu tragen, so sehr tut's den anderen not, ihre Herzens-Augen offen zu halten, um zu sehen, wo einer, vielleicht äußerlich seinen Jammer geschickt verbergend (unter wie

mancher Maske!), am Zusammenbrechen ist. Nur ein Schriftwort dazu (Hebr. 12,15): „... indem ihr darauf achtet, daß nicht jemand Mangel leidet an der Gnade ...“ Was dies wunderbare Wort auch alles einschließt, mit hinein gehört das Achten darauf, daß keiner unter uns an der Gnade darbt, die allein ihn zu halten vermag in den Trübsalen seiner Leiden und Lasten. Haben wir ein liebendes Auge für „die Bedürfnisse der Heiligen“! (Vgl. Röm. 12,13; Hebr. 6,10!) Der Herr schenke es uns, denn sie, d. h. wir Gläubigen alle, haben nicht nötig, unsere Lasten allein zu tragen - darum also die Ermahnung an uns alle, auch hierin praktische Gemeinschaft, d. i. Teilhaberschaft, zu betätigen. „Einer trage des anderen Lasten!“

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Die Salbung des HErrn durch Maria.

(Matth. 26,6-13; Mark. 14,3-9; Joh. 12,1-8.)

(Schluß.)

Noch auf ein anderes Weib möchte ich hinweisen, das uns auch vom HErrn vor Augen geführt wird. Der HErr hatte sich dem Schatzkasten gegenübergesetzt und Seine Augen auf das gerichtet, was da hineingelegt wurde. Dies möchte uns wundern. Das Zeitalter Israels und des Gesetzes ging wohl dem Ende zu, aber der Tempel wurde in jenen Tagen noch von Ihm als das Haus Seines Vaters anerkannt. Er sah, was die Reichen hineinlegten, und auch, was die arme Witwe hineinlegte. Sie war eine arme Witwe, aber ihr Herz war mit dem Tempel als der Wohnstätte Gottes verbunden. Sie legte von ihrem Mangel zwei Scherflein in den Schatzkasten (Mark. 12,41ff.; Luk. 21,1-4). Aber das, was sie hineinlegte, war alles, was sie hatte, ihr ganzer Lebensunterhalt. Sie ging in Gottes Gedanken über Sein Haus ein; sie stellte Gottes Sache ihrer Sache voran; sie dachte nicht an ihre Armut, sie gab für das Wohl und für die Förderung dieses Hauses, mit dem der Name Gottes verbunden war, ihr Ganzes hin.

Wie kostbar diese Hingabe für Sein Haus in den Augen des HErrn war, das sehen wir daraus, daß Er die Aufmerksamkeit der Jünger auf diese arme Witwe lenkte. Was in den Augen der Menschen so gering scheinen mochte, das war Ihm kostbar. Ihre zwei Scherflein waren mehr als alle Millionen, die David hingegeben hatte. Der HErr sagte, daß sie mehr eingeworfen hätte als alle. Alle hatten von ihrem Überfluß eingeworfen, diese aber „von ihrem Mangel alles, was sie hatte“.

Wo ist der Tempel, das Haus Gottes heute? Wir wissen es: „Er hat uns kund getan das Geheimnis Seines Willens.“ (Eph.1,9.) Es ist Sein Leib, gebildet aus denen, die einst „tot in Sünden“ waren und jetzt bestimmt sind, „die Fülle dessen zu sein, der alles in allem erfüllt.“ (Eph. 1,23.)

Wenn Gott heute an dem Bau Seiner Gemeinde zur Freude und Herrlichkeit Seines Sohnes wirkt, welchen Platz sollte dann der Bau und das Wohl Seiner Gemeinde in unserem Herzen, in unserem Dienst und in unserer Hingabe haben! Sind wir bereit, uns selbst und mit aller uns anvertrauten Habe für den Bau Seiner Gemeinde einzusetzen?

Wer die Wohnstätte Gottes erkannt hat, dessen Herz wird mit Seinem Hause und mit dem Bau desselben verbunden sein.

Die Welt ist erfreut über alles, was für das Wohl der Menschen getan wird, alles andere aber ist für sie wertlos. Gott dagegen ist erfreut über alles, was für den HErrn und Sein Werk getan wird. Unsere Arbeit und unsere Hingabe mag von Menschen nicht anerkannt werden; genügt es uns, wenn der HErr unsere Hingabe anerkennt und wir Sein Wohlgefallen haben? Wenn wir, durch Sein Wort unterwiesen, die uns anvertrauten Pfunde nach Seinem Wohlgefallen verwenden, dann kann uns weder das Lob noch das Mißfallen der Welt beeinflussen. Möchten wir uns vor dem Beifall der Welt hüten! Ihr Mißfallen wäre besser. Wir haben nur Ihm zu gefallen! Möge das Wort, welches der HErr in bezug auf Maria sagt: „Sie hat getan, was sie konnte“, auch uns genug sein!

Frage und Antwort

Frage 19

Was ist die „Handschrift in Satzungen“ in Kol. 2,14?

Antwort A

Eine „Handschrift“ ist eine Niederschrift, in der irgend etwas festgelegt oder bestimmt wird. Im vorliegenden Falle besteht diese Niederschrift in „Satzungen“. Das Wort „Satzungen“ bedeutet die Festsetzung gewisser Bestimmungen und Vorschriften. So werden durch die Worte „Handschrift in Satzungen“ unsere Gedanken unwillkürlich auf das Gesetz hingelenkt, das Gott durch Mose dem Volke Israel gab. In diesem Gedanken werden wir durch das Wort Gottes selbst bestärkt, denn das Gesetz ist die „Handschrift“ Gottes (persönlich: 2. Mose 31,18; 5. Mose 9,10; und durch Seinen Diener Moses: 2. Mose 24,4.12 u. a.) und wird oft als „Satzungen“ bezeichnet (3. Mose 18,4.5.26; 19,37; 20,8 u. a.). Auch stimmt dieses ganz mit unserer Schriftstelle überein, denn das Gesetz legt dem Menschen Verpflichtungen auf, die er infolge seines sündigen Zustandes nicht zu erfüllen vermochte und vermag, so daß er dadurch zum Schuldner Gott gegenüber wurde und unter das Urteil des Gesetzes kam, das ihn für schuldig erklärt. Dadurch wurde das Gesetz zu der „uns entgegenstehenden Handschrift in Satzungen, die wider uns war“ (Elberfelder), oder wie Luther übersetzt: „... die Handschrift, so wider uns war, welche durch Satzungen entstand und uns entgegen war“, oder Wiese: „... die wider uns lautende Schuldschrift ..., die durch ihre Satzungen uns feindlich gegenüberstand.“ Durch Seine Dahingabe am Kreuze hat Christus den Ansprüchen des Gesetzes - dieser „Handschrift in Satzungen“ - göttlich vollkommen genügt, und da Sein Tod am Kreuze vor Gott unser Tod dem Fleische nach, das „Ausziehen des Leibes des Fleisches“, die wahre „Beschneidung“ ist (V. 11) und wir mit Ihm begraben und mit Ihm auferweckt sind, kann das Gesetz keine Ansprüche mehr an uns stellen und uns nicht mehr schuldig sprechen: „Die uns

entgegenstehende Handschrift in Satzungen, die wider uns war“, ist für uns „ausgetilgt“ und „auch aus der Mitte weggenommen, indem er sie an das Kreuz nagelte“: sie ist nicht mehr zwischen Gott und uns, uns anklagend, sondern kann nur noch dort gesehen werden, wo die Bezahlung der Schuld geschehen ist, am Kreuze, und zwar an dasselbe „genagelt“ als Bestätigung dafür, daß die Schuld völlig bezahlt und die „Handschrift“ erledigt ist.

Diese Auffassung, daß unter der „Handschrift in Satzungen“ das Gesetz zu verstehen ist, finden wir in Eph. 2,15 unterstützt. Dort lesen wir, daß Christus „in Seinem Fleische ... das Gesetz. der Gebote in Satzungen hinweggetan“ hat (am Kreuze, V. 16). Daß es hier „das Gesetz der Gebote (in Satzungen)“ heißt, während statt dessen in Kol. 2,14 „die uns entgegenstehende-Handschrift (in Satzungen)“ gesagt ist, liegt in der Verschiedenheit der Beziehungen, in welchen von dem Gegenstand - dem Charakter des Briefes gemäß - gesprochen wird: In Epheser handelt es sich um den „Leib Christi“, der Seine „Fülle“ ist und aus Juden und Heiden besteht. Diese waren zuvor voneinander geschieden durch eine „Zwischenwand der Umzäunung“, nämlich „das Gesetz der Gebote in Satzungen“, welches Israel von allen anderen Völkern trennte, aber im Tode Christi am Kreuze hinweggetan wurde. Es heißt also hier „Gesetz der Gebote (in Satzungen)“, weil das Gesetz hier als „Zwischenwand der Umzäunung“ betrachtet ist, welche Juden und Heiden voneinander schied. In Kolosser dagegen handelt es sich um das Festhalten des verherrlichten Hauptes (2,19) inmitten einer auf das Fleisch einwirkenden und dadurch vom Haupte abziehenden Welt, der gegenüber wir aber durch den Tod Christi Gestorbene sind (2,11.20; 3,3) und in der wir nun als mit Christo Auferweckte leben. Das ist nicht nur Befreiung von der Welt als solcher, sondern auch zugleich von dem Gesetz, das dem mit dieser Welt verbundenen Menschen im Fleische gegeben ist und durch seine Forderungen und Strafandrohungen ihm entgegensteht und zu einem Schuldbrief wird, wie wir in obiger Betrachtung bereits gesehen haben. Darum wird hier das Gesetz „die uns entgegenstehende Handschrift (in Satzungen)“ genannt.

Unsere Auffassung ist also die, daß mit „Handschrift in Satzungen“ in Kol. 2,14 das mosaische Gesetz gemeint ist.

Th. K.

Antwort Des Schriftleiters

Ich glaube, daß der Verfasser obiger Antwort mit seinen Ausführungen ganz im Recht ist! Meine Überzeugung von dieser Stelle, und zwar eine Überzeugung seit vielen Jahren, deckt sich im wesentlichen durchaus mit der vorstehenden. Ich glaube dies betonen zu sollen angesichts besonders einer neueren Auslegung, auf die in den „Handreichungen“ einzugehen ich nicht für motiviert halte, so interessant jene, die ein wenig von sich reden macht, auch ist. Es kann ja jeder Schriftforscher, „seiner Meinung gewiß“, vertreten, was er vor dem HErrn glaubt vertreten zu sollen, und wer von unseren Lesern jener anderen Darlegung, falls sie ihm bekannt, nach genauer Prüfung mehr Gewicht beigelegt als der hier betonten, der steht damit ja auch allein vor dem HErrn und ist nur Ihm verAntwortlich, aber ich fühle mich doch gebunden, darauf hinzuweisen, daß die oben entwickelte Auslegung nicht nur das bisher ziemlich allgemein anerkannte Zeugnis des Volkes Gottes, der Gemeinde für sich hat, sondern was ungleich wichtiger ist, sich sonnenklar aus der Schrift erklärt, wie obige Antwort Beweist. Dies scheint mir aber bei jener neueren Erklärung, wenn ich sie recht verstehe, nicht so klar zu sein!

Auch wenn man das Wort für „Handschrift“ lieber mit „Schuldbrief“ oder „Schuldschein“ überträgt, so wäre diese ebenso gute Übersetzung dem Rahmen der Schrift durchaus angepaßt. Denn im Grunde genommen ist ja nicht das Gesetz selber schon an sich eine Anklageschrift, sondern wird's erst durch unsere Übertretung der Satzungen (Gal. 2,19a; Röm. 4,15; Röm. 7,7-11), und die Anklage unserer Übertretung bringt uns den „Schuldschein“ ein. Diese unsere Satzungsübertretung aber ist unserer Natur gemäß eine unabänderliche Tatsache, wie wir alle wissen, und darum stehen wir alle unter den Forderungen des „Schuldscheins, der wider uns ist“.

Dieser nun ist durch Christi Kreuzestod und in Seiner Person ans Kreuz „genagelt“, d. h. schon durch diese Annagelung unwirksam gemacht (sicherlich steht absichtlich dieses Bild vor uns,

ist, da durch die Nägel zerstört). Und diese Ungültigmachung eines uns zuzeiten seiner Gültigkeit unter das Gericht bringenden Schuldbriefes ist so offenkundig geschehen - in Christi Tod auf Golgatha -, daß keine nachträgliche Forderung uns mehr in Schrecken setzen könnte, wir sind (V. 13) mitlebendig gemacht, und alle Vergehungen sind uns vergeben, nichts steht zwischen Gott und uns: „Die Handschrift ist zerrissen, die Zahlung ist vollbracht, Er hat mich's lassen wissen, daß Er mich frei gemacht ... Die Nägel Seiner Wunden zerrissen meinen Brief, der alle Tag' und Stunden an Schulden höher lief. Sein völlig ausgeströmtes Blut, Sein heiliges Tun und Leiden macht meine Rechnung gut“ usw., singt der fromme Liederdichter Woltersdorf.

Es ist nicht am Platze, noch weiter auf die Stelle einzugehen, zumal auf den nächsten (ja nicht mit zur Frage gestellten) Vers sowie seine innere Beziehung zu V. 14, aber möchten wir alle uns mehr Dessen rühmen, der eine so völlige Erlösung geschaffen hat, wie sie mit V. 14 und 15 vor unseren Augen enthüllt ist, und möchten wir mit unserem ganzen Sein mehr Ihm leben, der uns so völlig befreit hat von allem, was uns mit dem „Recht des Gesetzes“ (Röm. 8,4) entgegenstand, indem Er mit Seinem Tode uns - vom Tode und „von dem, der die Macht des Todes hatte, dem Teufel“ (vgl. Hebr. 2,14 mit Kol. 2,15!) und vom Gericht erlöste!

Ihm sei Ehre und Preis jetzt und allewege!

F. K.

Frage 20

Wie ist Hebr. 12,4 - zumal im Zusammenhang - zu verstehen?

Antwort A

Diese Stelle wird von manchen Kindern Gottes so aufgefaßt, daß wir, wenn Versuchungen zur Sünde an uns herantreten, „gegen die Sünde kämpfen“ sollten. Wir glauben nicht, daß dieses der Sinn der Schriftstelle ist, weil an anderer Stelle uns gesagt wird, nicht daß wir gegen die

„widerstehen“, wie wir in Jak. 4,7 und 1. Petri 5,8.9 lesen; aber betreffs der Sünde sagt uns das Wort immer wieder, daß wir sie „fliehen“ sollen: „Fliehet die Hurerei!“ (1. Kor. 6,18.) „Darum, meine Geliebten, fliehet den Götzendienst!“ (1. Kor. 10,14.) „Die aber reich werden wollen, fallen in Versuchung und Fallstrick und in viele unvernünftige und schädliche Lüste ... Denn die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen ... Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge ...“ (1. Tim. 6,9-11.) „Die jugendlichen Lüste aber fliehe ...“ (2. Tim. 2,22.) So sagt das Wort Gottes, und die Erfahrung jedes Kindes Gottes bestätigt die Richtigkeit dieser göttlichen Weisung: wenn wir gegen die Sünde kämpfen, werden wir immer bald die Erfahrung machen, daß die Sünde mächtiger ist als unsere Kraft, und werden ihr unterliegen; wenn wir sie aber fliehen, entgehen wir ihrer Macht und bleiben vor ihr bewahrt. Da hilft auch der Gedanke nicht, in der Kraft des Geistes gegen sie kämpfen zu wollen, und zwar darum nicht, weil der Geist ja gar nicht will, daß wir diesen Kampf kämpfen sollen, und deshalb uns in demselben nicht beistehen kann. Aber in dem die-Sünde-Fliehen wird Er uns Kraft darreichen!

Ein schönes Bild für das die-Sünde-Fliehen haben wir in 1. Mose 39,7-12 in dem Verhalten Josephs, der von dem Weibe des Potiphar wegfloh, als sie ihn durchaus zur Sünde verführen wollte (V. 12). Wir sind überzeugt, daß das die-Sünde-Fliehen der Weg ist nach Gottes Wort, vor dem Sündigen bewahrt zu bleiben. In dieser Sache führt nicht der Kampf zum Sieg, sondern nur das Fliehen!

Wie ist es aber dann mit Hebr. 12,4?

Im Brief an die Hebräer handelt es sich um das Ausharren im Glauben und Standhalten in den Drangsalen und Prüfungen. Wie in allem war auch in diesem der Herr Jesus das vollkommene Vorbild, auf das in V. 1-3 das Auge gerichtet wird. Er hat in dieser Welt gelitten wie kein anderer Mensch, weil Er der Heilige und der Gerechte war. Diese Welt ist eine Welt der Sünde, und durch die Sünde eine Welt der Leiden und des Todes. Aber nicht nur dieses, sondern auch des Hasses und Widerspruches gegen Gott. Das hat der Herr Jesus in seiner ganzen Größe erfahren müssen. Er war „das wahrhaftige Licht, welches, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet“ (Joh. 1,9), aber „die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das

Licht, denn ihre Werke waren böse“ (Joh. 3,19), und der HErr mußte von der Welt bezeugen, daß sie Ihn haßte (Joh. 7,7; 15,18), und nicht nur Ihn, sondern auch den Vater (Joh. 15,23.24). Und dieser Haß war so groß, daß sie Ihn den Felsen hinabstürzen wollten (Luk. 4,29), mit Steinen auf Ihn werfen wollten (Joh. 8,59), Ihn steinigen wollten (Joh. 10,31) und schließlich Ihn schlimmer als den größten Verbrecher behandelten - Ihn schlugen, verspotteten, anspien, geißelten, mißhandelten und verhöhnten, kreuzigten und noch am Kreuze lästerten und schmähten. Das war der „große Widerspruch“, den Er von den Sündern gegen Sich erdulden mußte. Und die treibende Kraft dieses „Widerspruchs“ war die Sünde. Ohne sie wäre alles dieses nicht gewesen. So aber war sie die Macht, die in dem Menschen diesen großen Haß hervorrief und ihn zu diesem schrecklichen Tun antrieb. Und der HErr hat diesen „großen Widerspruch“ erduldet und uns dadurch ein wunderbares Vorbild gegeben. Denn auch uns gegenüber ist die Welt jetzt eine feindliche Welt, die uns haßt und von der wir zu leiden haben, wenn wir unserem HErrn treu sind und der Welt die Wahrheit bezeugen (Joh. 15,18-21). Das ist eine Probe, die recht schwer sein kann, und es bestand für die Hebräer die Gefahr, daß sie mit der Zeit „ermüdeten, indem sie in ihren Seelen ermatteten“. Und wir sind in derselben Gefahr. Aber wenn wir Ihn betrachten, „der so großen Widerspruch von den Sündern gegen Sich erduldet hat“, dann werden wir immer wieder uns bewußt werden, daß unsere Leiden doch gar nicht zu vergleichen sind mit denen, die Er erduldete, und werden vor dem Ermüden und In-unseren-Seelen-Ermatten bewahrt und fähig gemacht, zu widerstehen, selbst „bis aufs Blut“, wofür die vielen Märtyrer ein Zeugnis sind. Sie haben „bis aufs Blut widerstanden“, und zwar „wider die Sünde ankämpfend“, indem es in Wirklichkeit die Sünde war, wie wir oben gesehen haben, die die Menschen zu dieser Feindschaft fähig machte und antrieb mit dem Ziele, die Erlösten von dem Wege des Gehorsams und der Treue gegen den Herrn abzubringen.

Es handelt sich also hier um die Sünde in einer ganz anderen Beziehung: nicht als die Macht, die auf uns eindringt, um uns zum Tun einer Sünde zu verleiten - da ist unsere Rettung und Sicherheit, wie wir anfangs festgestellt haben, uns nicht auf einen Kampf einzulassen, sondern zu fliehen! -, sondern als die Macht, die uns durch Leiden seitens einer feindlichen Welt von dem Wege des Gehorsams und der Treue gegen den HErrn abbringen will; und da gibt es kein

Ankämpfen und Widerstehen durch unverrücktes Festhalten an dem Gehorsam und der Treue zum HErrn, wenn es sein muß, „bis aufs Blut“, d. h. bis zur Hingabe des Lebens. Gott wird die Kraft dazu darreichen, wann und wie wir ihrer bedürfen.

Das ist nach unserer Auffassung der Sinn von Hebr. 12,4.

In den folgenden Versen (5ff.) zeigt der Geist Gottes den Hebräern und jetzt uns die andere Seite der Leiden: Sie sind das Erziehungsmittel in Gottes Vaterhänden, das Er nach Seiner Liebe und Vollkommenheit an uns als Söhnen gebraucht. Das ist wahr von allen Leiden, welcher Art sie auch sein mögen, und ist sehr tröstlich und ermunternd für unsere Herzen.

Th. K.

Antwort Des Schriftleiters

Ich hoffe, daß alle werten Leser mit mir unserem Gott und Vater dankbar sind für diese klare, einleuchtende Antwort! Dieselbe entspricht ganz meiner eigenen langjährigen Überzeugung, und ich habe derselben gerade in letzter Zeit mehrfach Raum gegeben, wo ich über diese Stelle zu reden hatte. Dabei habe ich vor kurzem etwa folgende Ausführungen machen dürfen: Wenn in dieser Stelle der Kampf gegen die Sünde (also gegen das persönliche Sündigen in Einzelfällen) gemeint wäre - was wäre dann darunter zu verstehen? Etwa leibliches Blutvergießen oder, wie man schon gehört hat, daß „einem das Blut unter den Nägeln hervorspritzt“ (durch die Energie des Kampfes!) oder daß man Blutstropfen schwitzt, wie dem Herrn Jesus der Schweiß im Kampf in Gethsemane „wie große Blutstropfen“ herniedergeflossen sei (Luk. 22,44!), oder was? Etwa wenn die biblische Lehre, daß im Blut die Seele des Menschen sei (3. Mose 17,11), diesem Worte Hebr. 12,4 zugrunde gelegt würde, wie wenn wir dann so gegen das Sündigen kämpfen sollten, daß die ganze Seele „dahinströmen“ sollte, oder was? - Wenn irgend dergleichen der Wille Gottes wäre für den hier so gemeinten Kampf mit der Sünde, wenn irgend solche sozusagen materielle oder seelische Vorstellungen anzunehmen seien - wer dürfte dann je sagen, und von wem könnte dann je gesagt werden: Wir oder der

Wenn solches „bis aufs Blut“ Widerstehen gegen die Sünde den Hebräern und damit auch uns als sittliche Forderung auferlegt worden wäre - wann kämen wir dann je dahin, sagen zu können: „Nun habe ich's erreicht!? Nun bin ich soweit!“? - Wenn ich aber mit solchen Äußerungen des Kämpfens nicht aufwarten kann, werde ich dann je der Sünde Herr werden können? Wird der Kampf nicht derart aufreibend werden, daß ich verzagen muß, je das Ziel zu erreichen? Sicherlich, wenn das Ziel nämlich das ist, wie oben beschrieben (Blutfließen usw.). Aber das ist ja noch gar nicht einmal die Hauptsache, sondern die liegt doch ganz woanders, nämlich in dem Überwinden der Sünde! Wenn nun schon jenes Nebenziel als Etappe auf dem Wege zum Siege nicht erreicht wird, wenn ich also den Kampf nicht so führen kann, daß je das Blut (der Lebenssaft) dabei dahinfließt oder die Seele dahinströmt - nur Er, unser geliebter HErr, konnte Seine Seele ausschütten in den Tod, als Er Sein Blut zur Sühnung vergoß am Stamme des Kreuzes! (Jes. 53,12) -, also wenn schon das mir nicht einmal möglich ist, wieviel weniger werde ich vermögen, auf diesem so verzweifelten Wege die Sünde zu überwinden! Nutzloser, aussichtsloser Kampf wäre es für mich und bliebe es von Tag zu Tag.

Nein, niemals sollten wir durch diese Stelle veranlaßt werden, uns in solche Kämpfe mit der Sünde einzulassen. Warum auch?!

Die Sünde ist auf Golgatha nicht nur besiegt, sondern in Christo so aus dem Wege geräumt, daß wir uns durch Glauben derselben für gestorben erachten können und sollen, um für Gott in Christo zu leben. (Röm. 6.) Auf dieser herrlichen Grundlage können wir Sieger sein, im „Fliehen“, wie oben so schön in Antwort A beschrieben ist, und in Glaubensverwirklichung, daß „die Sünde nicht über uns herrschen wird“ (Röm. 6,14). Was sollen wir uns mit dem besiegten Feind einlassen?! Damit verunehren wir den HErrn und schaden uns selbst, weil der Satan stets bemüht ist, uns aufs neue zu verstricken inDinge, denen wir nicht unterworfen zu sein brauchen, nachdem Christus, unser Siegesfürst, sie besiegt hat.

Anders aber ist es mit der Sünde, die hier in Hebr. 12,4 gemeint ist, die von außen auf die Hebräer eindrang und sie dahin zu bringen drohte, daß sie den HErrn verleugneten aus Furcht vor Leiden und sich des großen Vorrechts, mit Ihm zu leiden, nicht würdig erzeigten (vgl. Phil.

1,29f.). Da mahnt sie der Apostel mit dem, was die Glaubenshelden im Alten Testament alles erlitten hätten. Bei denen ging's tatsächlich oft bis zum Tode, bis zum Blutvergießen (vgl. Kap. 11,35-37), und bei dem HErrn Selber, der inV. 2 als unser Vorbild hier (nicht als Heiland) vor uns steht, da ging's wirklich bis zum Blutvergießen um des Kampfes für die Wahrheit willen (es handelt sich hier nicht um die Erlösung durch Sein Blut)! Aber es gab außerdem auch noch neutestamentliche Blutzeugen, so in Apgesch. 7 (Stephanus) und Kap. 12 (Jakobus). Bei den Hebräern dagegen, die auch schon manches erlitten hatten, so „mit Freuden den Raub ihrer Güter“ (10,34; vgl. V. 32ff.), war es noch nicht bis zu diesem Äußersten gekommen, und doch, es könnte auch noch dahin kommen, und wie wollten sie dann durchhalten können, wenn sie jetzt schon in Gefahr waren, „ihre Zuversicht wegzuwerfen“ (10,35) usw.! - Das ist also ein ganz anderer Kampf gegen die Sünde und eine ganz andere Art von Sünde oder „Widerspruch“ (V. 3), die diesen andersgearteten Kampf erforderte, und dabei konnte man das Leben drangeben müssen! Dazu sollten sie bereit und fähig werden. Das, und nicht das andere, ist hier gemeint mit dem „Kampf gegen die Sünde“!

Und wir? Die Zeiten der Märtyrer sind vorbei, also brauchen wir diese Ermahnung nicht mehr? Wirklich? Wer weiß, was noch vor uns steht?! Aber was auch immer - es gilt auch uns: „Ihr bedürfet des Ausharrens!“ (10,36.) Der HErr schenke uns Gnade dazu, wenn's auch um Seinetwillen dann vielleicht durch Tiefen, ja ins Äußerste hineingeht! „Es ist gut, daß das Herz durch Gnade befestigt werde!“ (13,9.)

„... laßt uns mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf, hinschauend (hinwegschauend von allem) auf Jesum, denAnfänger (d. i. Bahnbrecher) und Vollender des Glaubens ...“ (V. 1.2), d. h. auf Ihn, unser erhabenes, nie versagendes Vorbild (auch) im Glaubenskampf!

F. K.

„Tut den Bösen von euch selbst hinaus.“

(1. Kor. 5,13.)

Die Handlung des Hinaustuns hat der HErr der örtlichen Versammlung übergeben. In Gottes Gemeinde soll Böses nicht geduldet werden. Wenn jemand in dem Bösen beharrt, so ist er ein „Böser“. Es kann sein, daß das Böse, in welchem ein solcher verharrt, nicht in schweren moralischen Dingen besteht. Wir beurteilen Böses so leicht nach unserem Augenmaß; vor Gott aber besteht kein Unterschied in der Sünde. Ob das Böse nun moralisch Böses - oder ob es Widerspenstigkeit, welche in Gottes Augen gleich Wahrsagerei ist - oder Eigenwille, welcher gleich Götzendienst ist (1. Sam. 15,23) - oder ob es Habsucht oder dergl. ist - nicht Gnade, sondern Gericht soll daran geübt werden!

Jede Duldung des Bösen in der Gemeinde übt ihre Wirkung auf das geistige Leben der ganzen Gemeinde aus - der Geist wird gedämpft, und die Dinge fressen in der Gemeinde um sich wie der Krebs.

Nach menschlicher Beurteilung war Adams und Evas Sünde keine schwere Verfehlung; sie wurzelte im Hochmut und Eigenwillen. Gott tat sie hinaus. Ananias und Saphiras Sünde war Unwahrhaftigkeit und ein Beharren darin. Gott zeigte der jungen Gemeinde, daß Heiligkeit Seinem Hause geziemte, und entfernte die beiden aus ihrer Mitte. (Apg. 5.)

Damit ist jedoch nicht gesagt, daß jeder, der sündigt oder gesündigt hat, hinausgetan werden soll. Wenn z. B. jemand von einem Fehltritt übereilt wird, wenn er unter dem Ansturm des Satans zu Fall kommt, ihn aber bereut und Buße tut, so soll er zurechtgebracht, aber nicht hinausgetan werden. (Gal. 6,1; 1. Joh. 1,9 und noch andere Richtlinien gibt uns das Wort: 1. Tim. 5,20; Tit. 3,10; 2. Thess. 3,6.14.15; Matth. 18,15 usw.)

Wenn aber jemand in dem Bösen beharrt und darin vorangeht, alsdann ist die örtliche Gemeinde dem HErrn verAntwortlich zu handeln, damit nicht durch die Duldung von Bösem in ihrer Mitte ihr Charakter als Gemeinde Gottes verlorengehe oder schließlich gar ihr Leuchter von dem HErrn hinweggenommen werde.

In dem Auftrag: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“ ist nicht nur klar ausgesprochen, daß allein die örtliche Gemeinde den Ausschluß zu vollziehen hat, sondern darin liegt auch selbstverständlich eingeschlossen, daß auch allein die örtliche Gemeinde es zu beurteilen hat, ob sie mit jemand auf Grund seines Verhaltens als mit einem „Bösen“, der hinausgetan werden muß, oder in anderer Weise (z. B. als mit einem, der „nicht gehorcht“ und „unordentlich wandelt“, 2. Thess. 3,6 und 14) zu handeln hat.

Wer anders als die örtliche Gemeinde, in deren Mitte der Betreffende sein Leben führt, wäre auch fähig, zu beurteilen, ob jemand als ein Böser hinausgetan werden muß?! In offenkundigen Fällen mag solches nicht schwer sein; in anderen aber kann, um zu einer rechten Beurteilung zu kommen, ein jahrelanges Miterleben nötig sein.

Das Hinaustun aus der Mitte der Gemeinde ist kein „dem Satan Überliefern“, das war eine rein persönliche Handlung Pauli in seiner Machtvollkommenheit als Apostel. (1. Kor. 5,3-5; 1. Tim. 1,20.) Niemals hat die Gemeinde den Auftrag empfangen, jemand dem Satan zu überliefern, so wie der Apostel es tat. Ihr ist nur gesagt, den Bösen von sich selbst hinauszutun. Wie könnte auch eine Gemeinde jemand dem Satan zum Verderben des Fleisches überliefern? Wir erwarten doch bei einem Ausgeschlossenen nicht das Verderben seines Fleisches vom Satan, sondern daß derselbe durch das Walten des HErrn wiederhergestellt werden möchte.

Jede örtliche Gemeinde ist für alles, was sie in ihrer Mitte hat und duldet und was sie tut, dem HErrn verAntwortlich. Sie hat alles in ihrer Mitte an dem Worte der Schrift immer wieder zu prüfen und zu überwachen und muß sich beständig bewußt sein, daß der HErr, alles beurteilend und richtend, in der Mitte Seiner Gemeinden wandelt. Jeder Ausschluß muß deshalb nach dem Bilde von 3. Mose 14,40.41 nicht nur das Entfernen des „aussätzigen Steines“ aus dem Hause sein, sondern das ganze Haus innen muß gleichfalls abgekratzt werden. Die Entfernung des aussätzigen Steines muß von der Reinigung des inneren Hauses begleitet sein.

Über das „Wie“, wie diese Handlung des Hinaustuns geschehen soll, schreibt uns die Schrift keine Form vor.

Wir können deshalb auch keine bestimmte Form für die Ausschlußhandlung aufstellen. Die Schrift sagt nur: „Tu den Bösen von euch selbst hinaus,“ ohne uns eine Anweisung über das „Wie“ zu geben.

Der Zweck des Hinaustuns ist, daß der Betreffende zur Erkenntnis über sich komme, sich beugen, richten und zurückkehren möge, zuerst zu Gott und dann zur Gemeinde. Wenn eine Gemeinde seinen Ausschluß für nötig erachtet und Gott denselben zuläßt, so ist dies eine ernste Sprache an das Gewissen des Ausgeschlossenen, die ihn zum Nachdenken bringen sollte. In vielen Fällen ist der Zweck des Ausschlusses erreicht worden.

Es ist deshalb auch sehr ernst, daß die göttlich angeordnete Zucht nicht durch Sympathisieren mit dem Ausgeschlossenen abgeschwächt oder gar aufgehoben und ein solcher in seinem bösen Verhalten bestärkt werde. Es wäre ein ganz falsches Erbarmen, in welchem auf den Stolz des Menschen Rücksicht genommen wird und nicht auf Gottes Weg und Ziel. Alle persönlichen Gefühle, Verwandtschaftsverhältnisse und dergl. müssen hier zurücktreten. Das, was wir dem HErrn schuldig sind, der in der Mitte Seiner Gemeinde wohnen will, muß allem vorangestellt werden. Ein leichtes Hinweggehen über einen Ausschluß durch vertrautes Händeschütteln und unveränderten Verkehr mit dem Ausgeschlossenen sind ihm nur Hindernisse auf dem Wege der Wiederherstellung.

Jener Ausschluß in Korinth fand natürlich die Anerkennung aller anderen Gemeinden. Der dort Ausgeschlossene galt auch in Ephesus, Philippi, kurz in allen Gemeinden als ausgeschlossen. Es konnte gar nicht anders sein; es war das natürliche Ergebnis der ungehemmten Wirksamkeit des Heiligen Geistes in jener Zeit, der ungebrochenen Einheit des Volkes und des Hauses Gottes. Wohl ist diese Wirksamkeit des Heiligen Geistes heute durch die Zerrissenheit des Volkes Gottes gehemmt, aber bei aller Entzweiung im Hause Gottes wird der Heilige Geist uns doch stets das, was von Anfang war, als Muster vor Augen stellen.

Wenn die Gläubigen nun dem HErrn und, wie die Schrift sagt, auch „einander untertan“ sind, so wird der Ausschluß in einer Gemeinde von allen anderen Gemeinden anerkannt werden. Man

wird ihn nicht anerkennen deshalb, weil man meint, ein Versammlungsausschluß sei unfehlbar, auch nicht erst dann, wenn man sich über die Einzelheiten desselben völlig informiert hat, sondern weil die göttliche Autorität des Wortes, die den Ausschluß in der einen Gemeinde nötig machte, ihn auch in jeder anderen Gemeinde nötig gemacht hätte oder nötig machen würde; denn wer von der Gemeinde hinausgetan wird, muß durch sein Leben in der Welt oder durch sein Verhalten in der Gemeinde als ein Böser offenbar geworden sein. Ein Ausschluß wegen Lehrfragen dürfte eher noch Anlaß zu Schwierigkeiten bieten und unter Umständen auch das Anhören auswärtiger Brüder nötig machen.

Den Ausschluß eines Bösen abzuweisen ist tatsächlich eine Aufhebung der Autorität des Herrn Jesus, der diese Anordnung der örtlichen Gemeinde gegeben hat. Wissentlich jemand zu empfangen, der von einer anderen Gemeinde hinausgetan ist, ist ein Bruch jeglichen Vertrauens und Unterworfenseins. Solche Handlungsweise wird immer schmerzliche Folgen nach sich ziehen.

Wenn man meint, daß eine Versammlung sich geirrt habe (wie auch jeder Mensch irren kann), und man glaubt, Zweifel über einen Ausschluß haben zu können, so mag man die Gemeinde besuchen, von der man meint, daß sie sich geirrt oder in Eile oder aus nicht genügenden Gründen gehandelt habe, und sich mit den Ältesten derselben aussprechen. Nie aber gibt uns die Schrift Vollmacht, einen Ausschluß ohne weiteres zu ignorieren oder auswärtige Brüder gleichsam zu einer Instanz über die Gemeinde abzuordnen, um ihre Handlung zu prüfen und für gültig oder ungültig zu erklären. Wo wäre eine Brüder-Instanz, die der HErr über die Gemeinde gesetzt hätte? Welche Praxis würde damit geschaffen und wie würde jede Autorität der Gemeinde damit untergraben werden, und wohin würde schließlich ein solcher Brauch führen?!

Fernstehende urteilen zuweilen, daß jemand, der in einer anderen Gemeinde hinausgetan wurde, aus ihrer Mitte nicht als ein Böser hinausgetan worden wäre - oder umgekehrt, der dort nicht hinausgetan wurde, würde bei ihnen ausgeschlossen sein. All' solches Urteilen ist anmaßend, töricht und zugleich verwirrend, weil ein Fernstehender niemals die Reife des Urteils

einer Gemeinde haben kann, die mit dem Betreffenden in nahem und beständigem Umgang stand.

Bei einem Ausschluß kommt nicht nur die böse Tat in Frage, sondern vor allem die Person in ihrer Stellungnahme dazu; denn die Schrift sagt nicht: „Tut den, der Böses getan hat“ - sondern: „Tut den Bösen ... hinaus!“ Zu dieser Beurteilung gehört aber mehr, als nur jemanden von „früher her“ oder aus der Ferne im Sonntagskleide zu kennen.

Es ist Gottes Weisheit, daß Er das Hinaustun in die Hände der örtlichen Gemeinde gelegt hat, aber nicht in die Hände auswärtiger Brüder. Nicht geringe Schwierigkeiten sind schon zuweilen dadurch hervorgerufen worden, daß auswärtige Brüder in fleischlicher Ungeduld, wenn auch in guter Absicht, eingriffen und die Dinge der Gemeinde in ihre Hand nahmen oder gar sich befugt glaubten, mit einem Teil der Gemeinde einen Ausschluß zu vollziehen.

Eine solche Handlung trägt dann nicht den Stempel der göttlich angeordneten Zucht (das Hinaustun eines Bösen), sondern den Stempel der Schriftwidrigkeit. Spaltung und Verwirrung waren dann oft das traurige Resultat.

Anders aber ist es, wenn es sich um eine Beschuldigung der Irrlehre handelt. Mit einem solchen Falle haben auswärtige Brüder gewiß das Recht, sich zu befassen, da es sich nicht um persönliche Dinge, sondern um das gemeinsame Zeugnis der Wahrheit handelt.

Solche Dinge, wie oben erwähnt, kennt die Schrift nicht und ebenso wenig ein Ausschließen von ganzen Gemeinden. Eine örtliche Gemeinde ist wohl beauftragt, mit einzelnen Personen, aber nicht mit Gemeinden zu handeln und solche von sich hinauszutun. Ihre Machtbefugnis erstreckt sich nur auf ihren eigenen Kreis, niemals ist sie autorisiert, eine andere Gemeinde hinauszutun. Und woraus vermöchte man auch eine Gemeinde hinauszutun? Solches könnte doch nur aus dem Rahmen einer Partei sein!

Gewiß, es gibt ein Hinwegtun der Gemeinde, das hat aber der HErr niemandem anvertraut, das hat Er Sich Selbst vorbehalten, indem Er sagt: „Ich werde deinen Leuchter aus seiner Stelle

hinweggenommen hat, haben wir die Gemeinde anzuerkennen.

Eine Versammlung kann irren; sie ist nicht unfehlbar, aber allein damit, daß sie irren und Fehler machen kann und macht, so betrübend es auch ist, hört sie noch nicht auf, den Charakter als Gottes Gemeinde zu tragen und die Gegenwart des HErrn in ihrer Mitte zu haben; sonst wäre ja die Gegenwart des HErrn von ihrer Unfehlbarkeit abhängig, und wo wäre eine solche Versammlung zu finden!

Wenn die Versammlung irrt und fehlt, so wird der HErr durch den Heiligen Geist in ihrer Mitte wirken und ihr Irren und Fehlen ans Licht bringen. „Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu.“ (2. Tim. 2,13.) Hat der HErr Seiner Gemeinde die Autorität gegeben, sowohl zu empfangen als auch aus ihrer Mitte hinauszutun, so ist es auch der HErr, der jeden Mißbrauch dieser Autorität an der Gemeinde ahnden wird. Aber nicht hat Er dieses in die Hände der Menschen gelegt; Er allein kann und wird „das Verborgene ans Licht bringen und die Ratschlüsse der Herzen offenbaren“. (1. Kor. 4,5.)

Solange, bis dieses geschehen ist, werden sich sicher Schwierigkeiten in der Gemeinschaft mit einer solchen Versammlung, deren Handlung oder Verhalten andere Versammlungen nicht anerkennen können, ergeben. Das Band mit einer solchen Versammlung aber bleibt solange, wie das Wirken des HErrn in ihrer Mitte klar ersichtlich ist.

Nehmen wir als Beispiel den betrübenden Fall an, daß eine Gemeinde in Eigenwillen einen Ausgeschlossenen empfängt, der mit Grund von anderen Versammlungen zurückgewiesen wird, so kann es beim Besuch einer solchen Versammlung geschehen, daß wir mit einem solchen am Mahle des HErrn zusammentreffen, den wir in der Heimatversammlung nicht empfangen würden. Das ist gewiß Unordnung und schmerzlich und eine große Beschämung für alle, denn ein solches Vorkommnis entspricht nicht den Dingen des Anfanges, sondern führt uns unsere Untreue und den Verfall der Gemeinde in schmerzlicher Weise vor Augen.

Was sollen wir nun tun? Auf manche Fragen, die uns in schwierigen Fällen bei Ausschlüssen kommen mögen, schweigt das Wort Gottes. Es ist für uns alsdann von größter Wichtigkeit, daß

wir nicht nur behaupten, was Gott gesagt hat, sondern auch behaupten, was Gott nicht gesagt hat. Gottes Schweigen in einer Sache ist ebenso wichtig und wegweisend für uns wie Sein Reden. Wenn Gott schweigt, weil es Sein Vorsatz ist, uns keine direkte Anweisung zu geben, so soll das unseren Weg nicht unsicher machen, denn die Schrift ist so vollkommen, daß Gott uns sagt, daß durch sie der Mensch Gottes zu jedem guten Werk völlig geschickt ist. (2. Tim. 3,17.) Wenn wir aber da, wo das Wort schweigt, unsere Weisheit einschalten, so fügen wir Seinem Worte Worte hinzu, die uns das Warten auf Gott aufgeben lassen - Worte, die Gott uns nicht als Wegweisung gegeben hat. Gott warnt uns vor jedem Hinzufügen zu Seinem Worte wie auch vor jedem Wegnehmen.

Gerade in schwierigen und dunklen Umständen sind wir so leicht bereit, Seinem Worte etwas hinzufügen, um aus dem Widerstreit der Dinge herauszukommen, weil wir in unserem Unglauben meinen, daß Sein Wort nicht genügt. Damit bereiten wir uns aber nicht einen Weg, der uns aus den Schwierigkeiten heraus, sondern nur noch tiefer hinein und zu den traurigsten Resultaten des menschlichen Willens führt. Es ist viel besser, solche betrübenden Dinge auf ihrem Platze beschränkt solange stehen zu lassen und auf den HErrn zu warten, bis daß Er das Dunkel so lichtet, daß wir durch die Aussprüche Seines Wortes klar sehen, wie wir zu handeln haben.

Dies mußte auch der kleine Überrest lernen, der aus der Gefangenschaft Babylons zurückkehrte, um das Haus Gottes wieder zu bauen. Als die alten Männer, die die Herrlichkeit des ersten Hauses gesehen hatten, damit ihren jetzigen schwachen Bau verglichen, weinten sie mit lauter Stimme. Unter Tränen mußten sie ihre Kraftlosigkeit erkennen, und daß es der Tag der kleinen Dinge war. Keine Wolke der Herrlichkeit erfüllte mehr ihren Bau; keine Bundeslade besaßen sie, und die Urim und Thummim waren nicht mehr vorhanden. Fragen und Dinge, die zur Zeit der Einheit des Volkes leicht festzustellen und zu entscheiden waren, mußten sie jetzt anstehen lassen, „bis ein Priester aufstände für die Urim und Thummim.“ (Esra 2,63; Sach. 4,10.)

Enthalten diese Dinge aus den Tagen der verfallenen und in Trümmer liegenden Hütte Davids

(Apg. 15,16) nicht Belehrungen, die gerade für die Tage der verfallenen und in Trümmer liegenden Gemeinde passen? Müssen nicht auch wir wie zur Zeit Esras erkennen, daß wir uns an dem Tage der „kleinen Kraft“ (Offb. 3,8), der „kleinen Dinge“ befinden? Müssen wir bei solchen Differenzen, wo sich Zeugnis und Zeugnis von Bruder und Bruder bezw. Versammlung und Versammlung entgegenstehen, nicht auch unsere ganze Kraftlosigkeit bekennen? Und müssen wir nicht ebenso, wie sie für die Entscheidung in schwierigen Fragen auf den Priester für die Urim und Thummim warteten, auf den HErrn warten? Wenn, wie gesagt, die Treuen in den Tagen der Trümmer und des Verfalles des Hauses Israel auf den Priester für die Urim und Thummim warten mußten, so kommen auch heute in dem verfallenen Zustand der Gemeinde Dinge vor, in denen wir in unserer Kraftlosigkeit angewiesen sind, auf die Offenbarmachung des HErrn zu warten.

In solchen dunklen, schwierigen Streitfragen und Meinungsverschiedenheiten fällt es unserem fleischlichen Eifer und Selbstvertrauen oft so schwer, stille zu sein und auf Gott zu warten. Wir offenbaren dies durch unsere schnelle Bereitschaft, nach menschlichen Hilfsmitteln zu greifen und in menschlicher Klugheit die Dinge zurechtzubringen und zu beseitigen. Wo andere in Abhängigkeit vom HErrn jahrelang warteten, da sind wir oft schon in einer Stunde mit unserem Urteil fertig und bereit, daraufhin zu handeln.

Kann es uns dann wundern, wenn nach einem solchen unreifen, eigenwilligen Zufahren in eigner Kraft die Besonnenheit schwindet und jeder sich auf die Seite derer stellt, die seine Zuneigung zuvor besaßen, und damit die Verwirrung schier endlos vergrößert wird? Und noch weiter gehen die Wellen, wenn gar erst „streitbare Männer“ meinen, eingreifen zu müssen.

In solchen schwierigen Umständen der Spannungen zeigt es sich, ob wir nach dem ersten Verse des Buches der Richter handeln wollen: „Da befragten die Kinder Israel Jehova“, oder nach dem letzten Verse: „Ein jeder tat, was recht war in seinen Augen.“

A. v. d. K.

Abraham, ein Vorbild für uns.

(1. Mose 18,1-8.)

„Und Jehova erschien ihm bei den Terebinthen Mamres, und er saß an dem Eingang des Zeltes bei der Hitze des Tages. Und er hob seine Augen auf und sah: und siehe, drei Männer standen vor ihm ...“ (Vers 1.2.)

Noch nicht lange war es her, daß der HErr dem Abraham erschienen war (siehe Kap. 17,1), und schon erscheint ihm der HErr aufs neue. Wir dürfen wohl annehmen, daß diese so wunderbare Erscheinung mit dem Gehorsam Abrahams in Verbindung steht, der den Befehl Jehovas, alles Männliche bei sich zu beschneiden (Kap. 17,10), gehorsam ausgeführt hatte.

Was für ein liebliches Bild ist es, Abraham, den von Gott aus Ur in Chaldäa Herausgerufenen, an dem Platze zu sehen, wo Gott ihn haben wollte. Seine Wohnung war nicht inmitten der Städte der Bewohner des Landes, sondern nach den Gedanken Gottes wohnte er abgesondert von ihnen unter einer Baumgruppe, unter den Terebinthen Mamres. An diesem Platze der Absonderung für den HErrn, fern von dem sündigen Treiben der Landesbewohner, dort unter einer Terebinthe erschien der HErr Seinem gehorsamen Knechte. Der HErr traf ihn am Eingang des Zeltes; Er traf ihn nicht am Eingang eines für sich selbst gebauten Hauses, auch nicht im Tore einer der Städte Kanaans (1. Mose 19,1), sondern am Eingang des Zeltes. Abraham war kein „Bürger jenes Landes“; er war Fremdling, zu jeder Zeit bereit, seinen jeweiligen Wohnsitz nach dem Willen seines HErrn gegen einen anderen einzutauschen.

Wenn wir dieses Verhalten Abrahams auf uns in geistlicher Weise anwenden, können wir viel von diesem Manne des Glaubens lernen. Abgesondert von Welt und Sünde, machte er sich nicht ansässig auf dieser Erde. Er wohnte in Zelten, obgleich er reich war. „Durch Glauben hielt er sich auf in dem Lande der Verheißung, wie in einem fremden, und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung; denn er erwartete die Stadt, welche

Wohl sehen wir auch manchen Fehltritt bei ihm. Wie uns Gott aber das erstere zum Vorbild und zur Ermunterung mitteilt, so berichtet Er uns das letztere zur Warnung und Mahnung, damit wir wachen und beten möchten, um vor Irrungen und Sünden bewahrt zu bleiben. -

Abraham saß bei der Hitze des Tages an dem Eingang des Zeltes. Auch wir gehen durch die Hitze der Leiden und Beschwernisse dieses Lebens, wo aber befinden wir uns geistlicherweise? Sind auch wir am Eingang des Zeltes der Fremdlingschaft, oder befinden wir uns zwischen den kühlen und scheinbar festen Mauern dieser Welt?

Abraham saß am rechten Platze. Als der HErr kam, da hob er seine Augen auf, um Ihm alsdann sogleich entgegenzugehen. Sind auch wir an dem Platze, leben auch wir in den Verhältnissen unserer Tage so, daß wir dem HErrn mit Freuden entgegengehen können, wenn Er kommt?

Drei Männer standen vor ihm. Ein wunderbarer Augenblick für Abraham. Abraham kannte die Männer, Gott hatte es ihm geoffenbart. Es war der HErr Selbst mit zweien Seiner Engel (siehe V. 13 und Kap. 19,1). Wir dürfen wohl annehmen, daß es der Sohn Gottes war, welcher mit Seinen Engeln vorübergehend durch Seine Macht und Herrlichkeit sichtbare Gestalt angenommen hatte. Welche Gnade, welche Liebe des HErrn dürfen wir darin erblicken! Um mit Seinem Knechte in menschlicher Weise verkehren zu können, nahm Er die Gestalt eines Mannes an. Seine Wonne war bei den Menschenkindern (Spr. 8,30.31).

„Und als er sie sah, lief er ihnen entgegen von dem Eingang des Zeltes und beugte sich nieder zur Erde; und er sprach: HErr, wenn ich anders Gnade gefunden habe in Deinen Augen, so gehe doch nicht an Deinem Knechte vorüber!“ (Vers 2.3.)

Abraham war nicht bestürzt, als er die Männer sah und erkannte. Er lief ihnen entgegen. Mit einer gewissen Freimütigkeit, aber auch mit der rechten Ehrfurcht nahte er sich dem HErrn und beugte sich nieder zur Erde.

Auch aus diesem Verhalten Abrahams können wir gar manches, was Freimütigkeit, Ehrfurcht und Schicklichkeit in der Gegenwart des HErrn betrifft, lernen.

Mit dem geziemenden Wort „Herr“ Ihn anredend und als solchen anerkennend, nimmt Abraham sogleich den Platz eines Menschen ein, welcher Gnade gefunden hat in Seinen Augen. Welche Demut sehen wir doch bei Abraham! Obgleich er nicht gering geachtet war in der Welt, denn er war reich, auch wurde ihm eine nicht geringe Ehre zuteil, denn er wurde „Fürst Gottes“ genannt (1. Mose 23,6), so war er sich doch nur des Einen in der Gegenwart des HErrn bewußt, daß er Gnade gefunden habe in Seinen Augen.

Mit Freimütigkeit und Ehrfurcht, in Demut und in der Liebe, bat er Ihn, nicht vorüberzugehen, sondern Sich ein wenig bei ihm aufzuhalten. Er begehrte die Nähe seines HErrn.

Welch ein lieblicher und vorbildlicher Zug ist dieses für uns. „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte“ (Matth. 18,20). Daselbst verspüren auch wir Seine Nähe. Aber auch im stillen Kämmerlein können wir die Nähe des HErrn finden. Verlangt unser Herz nach Seiner Nähe im Kämmerlein wie auch bei der täglichen Beschäftigung? Begehren wir Seine Nähe in der Versammlung Gottes?

„Es werde doch ein wenig Wasser geholt, und waschet Eure Füße, und lagert Euch unter dem Baume, und ich will einen Bissen Brot holen, und stärket Euer Herz; danach möget Ihr weitergehen, da Ihr nun einmal vorbeigekommen seid bei Eurem Knechte“ (Vers 4.5).

Abraham durfte die Gegenwart des HErrn genießen; doch seine Liebe drängte ihn, auch dem HErrn zu dienen. Er nahm die Stellung eines Knechtes ein. Abraham hatte eine ganz besondere Gelegenheit, dem HErrn zu dienen. Da Er bei ihm in der Gestalt eines Mannes war, bot Abraham den drei Männern Erquickungen nach menschlicher Weise an: Wasser für die Füße, einen Ruheplatz unter dem Baum und Brot zur Stärkung. So sehen wir ihn in Demut vor dem HErrn stehen, bereit zum Dienst mit den Gaben, die der HErr ihm gegeben hatte.

„Und sie sprachen: Tue also, wie du geredet hast“ (Vers 5).

Der HErr nahm die Gastfreundschaft und den Dienst Seines Knechtes an, obgleich Er all der angebotenen Dinge nicht bedurfte. Welche herablassende Gnade! Ja, Seine Wonne war bei den

Menschenkindern.

„Da eilte Abraham ins Zelt zu Sara und sprach: Nimm schnell drei Maß Feinmehl, knete und mache Kuchen! Und Abraham lief zu den Rindern und nahm ein Kalb, zart und gut, und gab es dem Knaben, und der beeilte sich, es zuzubereiten. Und er holte dicke und süße Milch und das Kalb, das er zubereitet hatte, und setzte es ihnen vor, und er stand vor ihnen unter dem Baume, und sie aßen“ (Vers 6-8).

Wie eilig hatte es doch Abraham, als es galt, dem HErrn zu dienen! Wir lasen: Er „eilte“ ins Zelt ... und sprach: Nimm „schnell“ drei Maß ... Und Abraham „lief“ zu den Rindern ... und der Knabe „beeilte“ sich ... Durch Abrahams Beispiel wurden auch die Seinigen zur Eile angespornt. Fleiß möchte der HErr auch bei uns finden. (Röm. 12,8.11.)

Auch in diesem Stück ist uns Abraham ein Vorbild. Wie langsam und träge können wir manchmal sein, wenn es gilt, unserem HErrn „jetzt“ irgend einen Dienst zu tun. Abraham war ein Ansporn für die Seinigen, so daß auch sie mit teilnahmen an diesem wunderbaren Dienst, den sie zu tun gewürdigt waren. Sara folgte dem Vorbild ihres Mannes und der Knecht dem Gebot seines Herrn.

Gott hatte den Abraham mit irdischen Gütern gesegnet, doch Abrahams Herz hing nicht an denselben; sein Herz hing an dem HErrn. Das Beste, was er hatte, das bereitete er für den HErrn. Der Kuchen mußte von Feinmehl, dem besten Mehl, sein, das Kalb zum Braten mußte zart und gut sein, und von der Milch mußte es dicke und süße sein. So diente er dem HErrn mit dem Besten, was er hatte. - Dienen auch wir dem HErrn mit dem Besten, was wir von Ihm zuvor empfingen? -

Und Abraham setzte es ihnen vor, und er stand vor ihnen unter dem Baume. Auch dies zeigt uns wieder die uns geziemende Ehrfurcht in der Gegenwart des HErrn. Der HErr, der Schöpfer und Erhalter der Welten, mit zweien Seiner Engel in menschlicher Gestalt sitzt unter dem Baume und nimmt und ißt mit den Engeln die Speise, die Abraham mit den Seinigen bereitet hat, und Abraham steht vor ihnen - o anbetungswürdiger HErr, gelobt sei Sein Name!

Und wir, liebe Geschwister, wir dürfen heute das Gleiche tun wie Abraham tat, wir dürfen dem HErrn dienen, wenn auch nicht im Schauen, so doch im Glauben. Ja, Ihm dürfen wir dienen in unserem ganzen Wandel, Ihm, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat, und bald kommt die Stunde, wo wir Ihn auch schauen dürfen.

Doch möchten wir nicht vergessen, was mit einem dem HErrn wohlgefälligen Dienen in Verbindung steht und was wir besonders bei Abraham sehen durften: Glaube, Gehorsam, Absonderung von Welt und Sünde, Fremdlingschaft, Freimütigkeit, Demut, Gottesfurcht, Dienstbereitschaft, Liebe.

„Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten, und Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen“ (Joh.14,23).

D.

„Sie haben nicht nötig ...!“

Matth. 14,16.

(Fortsetzung.)

4. Eng hiermit zusammen hängt eine andere Tatsache, die uns Gläubige betrifft, eben weil wir nicht allein stehen, sondern weil die Seinen auf der Erde sind: Das ist die, daß kein Gläubiger nötig hat, unter Fehltritten am Boden liegen zu bleiben!

Dieser Punkt ist nicht weniger wichtig, eher noch wichtiger als der mehr das Allgemeine betreffende vorige! Die Schrift gibt uns in Jak. 5,16 hierüber eine besondere Belehrung (nicht einen Befehl, wie denn der ganze Abschnitt mehr Ratschläge zum praktischen Gebrauch enthält als Gebote, was uns V. 13 und 14 deutlich genug zeigen! Wenn man das beachtet, ist man vor bekannten Mißbräuchen von V. 14 und 15 bewahrt. Ich habe hier nichts über diese Dinge zu sagen - die „Handr.“ haben öfter diese Stelle behandelt [man vergl. das

Schriftstellenverzeichnis älterer Jahrbücher!] - aber das sei betont: was auch alles in diese Stelle hineingelesen worden ist, wie sie aber auch für uns heute aufzufassen ist, eins bleibt uns stets, wenn auch alles andere, wie man sagen muß, „im Verfall“ ist, so die Gemeinde Gottes als Ganzes hienieden, so auch die biblische Ältestenschaft derselben - das ist: „das Gebet des Glaubens“! V. 15a.). Zurück zu V. 16! Es scheint mir schon deshalb nicht ratsam, V. 16 mit V. 14/15 allzusehr zu verquicken, weil für „heilen“ in V. 15 und in V. 16 im Grundtext ein verschiedenes Wort steht: in V. 15 eigentlich „retten“, in V. 16 aber geradezu „heilen“, wie z. B. in Luk. 5,17; 6,17; Joh. 5,13 usw.; aber wie denn das Körperliche so oft ein Bild für das Geistliche ist, so ist dies Wort auch mehrfach in übertragenem Sinne gebraucht, so in Hebr. 12,13 und in unserer Stelle. Die Sünden der Gläubigen sind gleichsam die schlimmsten „Krankheiten“ für diese, und sie bedürfen da der Heilung am allernotwendigsten. Und darum gibt Jakobus noch außer V. 14/15 diesen belehrenden Rat: „Bekennet nun einander die Sünden und betet füreinander, auf daß ihr geheilt werdet; viel vermag das inbrünstige Gebet (,das in geistlicher Energie ausgeübte Gebet', kann man übersetzen!) eines Gerechten“ (V. 16). Wie kostbar!

Es ist sicher von Bedeutung, daß wir unsere Mitgläubigen, besonders die jüngeren, dazu zu veranlassen suchen, mit dem HErrn allein zurechtzukommen bei Gebundenheiten und Fehltritten, etwa nach Matth. 11,28 in Verbindung mit 1. Joh. 1,9. Aber es gibt Fälle genug, wo junge und selbst geistlich ältere Christen mit bestimmten Sündenfällen, aus denen geradezu „Sündengebiete“ werden können, nicht eher fertig werden, als bis sie ihren Sündenschaden einem älteren Bruder, einer älteren Schwester bekannt haben. Daß diese „geistliche“ Leute sein müssen, geht schon aus Gal. 6,1 (vgl. Punkt 3) hervor, denn sonst kann durch solch Bekennen mancher Schaden (für beide!!) angerichtet werden. Sind diese Helfer aber selbst vor dem HErrn stehende, treue, demütige, sich ihrer eigenen Schwachheit bewußte, auch liebevolle, mit des Bruders Geheimnis heilig umgehende, tragen könnende, sich mit darunterstellende (Phil. 4,3) Menschen, die das „Füßewaschen“ verstehen, weil sie sich selbst die Füße waschen lassen durch das Wort Gottes (Joh. 13, vgl. S. 145ff. des Jahrb.) - dann gibt's bei dem „inbrünstigen Gebet füreinander“, das zu solchem Bekennen gehört, nicht nur alsbaldige Gewißheit der

nachfolgenden Siegesleben erreicht. Das ist geistliches Geheiltwerden nach Jak. 5,16, wie ich glaube, und das ist ein wichtiger, kostbarer Dienst (von Fall zu Fall - nicht etwa ein ständiges Amt!! -) an solchen, die unter beständig neuen Fehltritten am Boden liegen, am Verzweifeln sind und keinen Ausweg mehr sehen. Ein Christ hat nicht nötig, so am Boden liegend, sich abzumühen um ein Leben des Sieges! Es wird ihm so ja auch nicht gelingen! Er blicke auf zum HErrn, er bitte Ihn um Gnade, jemanden zu finden, dem er seine „Krankheit“ anvertrauen kann, damit jener mit ihm bete und er „geheilt“ werde! Gott wird Sein armes Kind nicht im Stiche lassen, sondern ihm eine „Priesterseele“ weisen, die fähig sein wird, sich mit seinen Sünden zu beschäftigen zum Zweck der „Heilung“. Nein wahrlich, Gläubige haben nicht nötig, am Boden zu liegen in namenloser Qual unter den Ketten von Fehltritten und Sündengebundenheiten, denn Er ist ja da, der recht freimacht (vgl. Teil A, Punkt 4!), ja! - aber auch die Seinen sind da, von denen manche in geistlicher Tragkraft Priesterdienst tun dürfen, können (und wollen) zur Heilung ihrer Brüder und Schwestern. Gelobt sei Gott!

5. Dieser aus der Fülle des Stoffes herausgegriffene fünfte Punkt braucht nicht soviel Raum wie die vorigen (oder aber, ausführlich betrachtet, viel mehr!!).

Weil die Seinen da sind, haben wir alle nicht nötig, uns über Arbeitsmangel zu beklagen! In Seinem Reiche gibt's „gute, treue Knechte“ und „böse, faule Knechte“ (Matth. 25), aber auch in der Gemeinde des HErrn gibt's manchmal solche, die lieber genießen als arbeiten, die lieber andere arbeiten lassen, als selbst sich ihrer VerAntwortung bewußt sind. (Wir sehen schon: Wenn wir diesen Punkt ausführlich betrachten wollten, so gäbe es vielleicht eine ganze Handr.-Lieferung allein; darum nur kurz!) Die in vorliegendem Jahrbuch behandelten Fragen 3 und 18 befassen sich auch mit dieser Sache!

Ich will nur auf einen einzigen Ausdruck in der Schrift hinweisen, der uns in dieser Hinsicht so vieles sagt, wenn wir uns sagen lassen wollen („Die Weisheit von oben ... läßt sich sagen“, Jak. 3,17 nach Luther)! Es ist das Wort, der Ausdruck aus 1. Petr. 4,10 (Gal. 5,13): „Dienet einander!“ (übrigens hieß es in Punkt 4 schon: „Betet füreinander!“ und vgl. Punkt 3!!, und in V. 9 in 1. Petr. 4 heißt es „gegeneinander gastfrei sein“.) In anderen Stellen steht z. B.:

„Erbauet einer den anderen“ und vorher: „Ermuntert einander“ (1. Thess. 4,18; 5,11; vgl. Jahrbuch 5, S. 94); „getröstet werden durch den Glauben der anderen“ (Röm. 1,12), „fähig sein, einander zu ermahnen“ (Röm. 15,14); „dieselbe Sorge füreinander haben“ (1. Kor. 12,25), „gegenseitige Erbauung“ (Röm. 14,19); „aufeinander achthaben“ (Hebr. 10,24, vgl. Punkt 3) usw., usw. Eine wahre Fülle von Stellen gibt's hier, und sie alle erläutern diesen Punkt 5 derart, daß hier ausführlich darüber zu schreiben sich erübrigt. Es ist für jeden zu tun! Das zeigt ja besonders auch 1. Petr. 4,10ff. Die Dienste sind verschieden. Schwestern haben nicht die gleichen wie Brüder (siehe für Schwesterndienst u. a. Röm. 16,1-3.12 u. a.), jüngere Gläubige nicht die gleichen wie ältere, die Gaben sind auch verschieden, die Fähigkeiten ebenso - aber alle haben zu tun, alle, die treu sind und sein wollen! (1. Kor. 4,2; Jer. 5,3a!) Keiner hat nötig, sich für überflüssig zu halten - das ist ja gerade so köstlich, daß Gott uns alle brauchen will, wenn wir uns brauchen lassen wollen, und daß Er jedem sein Arbeitsgebiet, seine Arbeit in Seinem Werke gibt nach dem Maße Seines Wirkens (Phil. 2,13) und Seiner Gnade, in der Er, „der Gott des Maßes“, uns den Wirkungskreis zuzuteilen für gut hält (vgl. 2. Kor. 10,13!). Sind wir treu darin? Wir brauchen einander, der HErr braucht uns füreinander - welche Würde, welche Ehre, welche Herrlichkeit schon hienieden! Wie sollten wir die verschiedenen Dienste der Seinen würdigen und schätzen und dankbar begrüßen und hinnehmen, wie sollten wir uns freuen, jeder nach der ihm verliehenen Gnadengabe den anderen dienen zu dürfen! Wie sollte durch solche göttlich gewiesene Wertschätzung alles einander Beneiden oder auch Geringschätzen verschwinden und dagegen jene köstliche Tugend Platz greifen: „in Demut einander höher zu achten als sich selbst“ (Phil. 2,3!), die unseren geliebten HErrn so ehrt, weil sie eine Seiner Tugenden und Vortrefflichkeiten ist (Matth. 11,29; Phil. 2,5ff.). Wie groß wird da alles, was wir Geringen tun dürfen, wenn Er unsere Dienste so hoch schätzt! Wie kostbar wird alles, wenn es den Seinen - und damit Ihm - getan wird nach dem Maße der gottgegebenen Fähigkeiten des einzelnen! Wie lernt man da sich freuen an den Wirkungen der Gnade im einzelnen und in den Einzelnen!

Genug und übergenug davon! Es wird keinem schwer fallen, hierüber weiter zu sinnen, der sich mit Liebe in dies Gebiet vertieft und es etwa auch im Lichte der Briefe an Timotheus, Titus und

Nein, wahrlich, wir haben nicht nötig, „arbeitslos“ zu sein, über Arbeitslosigkeit oder Arbeitsmangel zu klagen, denn die Seinen sind da, die es bedürfen, daß ihnen gottgemäß gedient werde, und sie (wir) alle haben das Recht, die Pflicht und die Fähigkeit, durch Gnade „einander“ zu dienen nach dem Maße Seines Willens und durch „die Darreichungen des Geistes Jesu Christi“, wie es so kostbar heißt in Phil. 1,19 - ein Wort, das gerade auch hinsichtlich dieses besprochenen Punktes von Bedeutung ist.

Der HErr gebe uns Verständnis Seines Willens nach und zu Seinem Wohlgefallen! (Vgl. Hebr. 12,28!)

(Schluß folgt, s. G. w.)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 21

Welches ist der Unterschied von „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“? (vgl. z. B. unter vielen Stellen Matth. 19,23 und 24; Matth. 3,2 und Mark. 1,14; Matth. 19,14 und Mark. 10,15 und Luk. 19,17 usw.).

Antwort A

Viele Ausleger haben zwischen dem „Reich der Himmel“ und dem „Reich Gottes“ einen solchen Unterschied gesehen, als ob sie zwei ganz verschiedene, für sich abgeschlossene Begriffe darstellten. „Reich der Himmel“ ist für die meisten ein jüdischer Ausdruck, der Gedankenwelt des Judentums entsprechend. Wir werden später sehen, daß wohl die Bezeichnung der alttestamentlichen Bibelsprache entnommen ist, aber darum keineswegs als rein jüdischer Gedanke bezeichnet werden kann. Wir glauben im Gegenteil auf Grund des Wortes Gottes

annehmen zu müssen, daß diese Seite des Reiches mehr die Beiseitesetzung des Volkes Israel zur Voraussetzung hat. Wir brauchen uns nur die Mühe zu nehmen, die zehn Gleichnisse des „Reiches der Himmel“ in Matthäus sorgfältig zu prüfen, so werden wir entdecken, daß sie erstens die Verwerfung des Messias von Seinem Volk voraussetzen, und zweitens in besonderer Weise die Heimsuchung Gottes in Gnade bezügl. der Nationen in sich schließen. Andere Ausleger sehen in diesen zwei Bezeichnungen überhaupt keinen Unterschied, weil, wie sie sagen, oft dieselben Dinge, Personen und Gleichnisse unter dem „Reich der Himmel“ wie auch unter „Reich Gottes“ uns vorgestellt werden. Nach unserer Auffassung ist dies nicht zutreffend. Wir fragen erstens: Warum gebraucht der HErr im Ev. Matthäus, wo wir allein das „Reich der Himmel“ 32mal finden, 5mal den Ausdruck „Reich Gottes“? Wenn beide ganz gleiche Bezeichnungen sind, warum dann einen etwas anderen Ausdruck wählen? Ja, wir fragen weiter, warum nie der Ausdruck „Evangelium des Reiches der Himmel“ gebraucht wird, obwohl wir von „Evangelium des Reiches Gottes“ hören in den Evangelien und der Apostelgeschichte. Merkwürdig ist auch, um auf weitere bemerkenswerte Unterschiede hinzuweisen, daß Johannes der Täufer wohl das „Reich der Himmel“ als nahegekommen verkündigt, aber nie das „Reich Gottes“. Wir finden es nicht ein einziges Mal von ihm genannt. Der HErr tut beides, nicht aber Sein Vorläufer. So könnten wir noch manche Frage an uns richten, um uns gegenseitig aufmerksam zu machen auf gewisse feine Unterschiede. Wir könnten auch fragen, warum „Reich der Himmel“ nur im ersten Buche des Neuen Testaments gebraucht ist, sonst nie wieder. Wenn wir an die wörtliche Eingebung des Wortes Gottes glauben, haben uns diese Unterschiede etwas zu sagen, genau wie die verschiedenen Bezeichnungen und Namen des HErrn uns doch auch ganz bestimmte Herrlichkeiten und Offenbarungen von Ihm nahebringen.

Um zu einer gewissen Klarstellung dieser zwei Ausdrücke „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ zu kommen, bedürfen wir eigentlich einer Einführung in das Wesen, den Zweck und Charakter des Ev. Matthäus und des Ev. Lukas. Denn in beiden sind die Ausdrücke vorherrschend. In Matthäus wird „Reich der Himmel“ 32mal gebraucht, nebenbei bemerkt, ebenso viele Male „Sohn des Menschen“, und in Lukas wird „Reich Gottes“ 32mal gebraucht. Es scheint uns, daß „Reich der Himmel“ mehr den Gedanken der Autorität, der Macht und der

Gottes, Gottes und Seines Geistes (vgl. Röm. 14,17 und 1. Kor. 4,20) in den Heiligen auf Erden: eine innere Bildung durch Gott, die mit der Autorität des Himmels im Einklang steht. Dies ist klar ersichtlich in den fünf Stellen in Matthäus, wo der HErr statt „Reich der Himmel“ „Reich Gottes“ gebraucht (Matth. 6,33; 12,28; 19,24; 21,31.43). Wie das „Reich der Himmel“ durch die Anwesenheit des Herrn Jesus als Sohn des Menschen im Himmel gekennzeichnet wird, denn alle Stellen tragen in Matthäus Zukunftscharakter, so war das „Reich Gottes“ in Kraft des Heiligen Geistes im HErrn gegenwärtig, als Er auf Erden war (vgl. Matth. 12,28), einer Kraft, die stärker war als die Macht des Feindes.

Darum finden wir im Ev. Lukas den Heiligen Geist oft wirksam. Gerade 12mal wird Er so bezeichnet; Er wird am häufigsten vor den anderen Evangelien im Ev. Lukas gebraucht. Außerdem noch ca. 6mal „Geist“. Im Ev. Johannes, wo Heiliger Geist nur 3mal vorkommt - Matth. 6mal, Mark. 4mal - (Joh. 1,33; 14,26; 20,22), als „Geist“ am häufigsten gebraucht wird, als Geist des Lebens (vgl. 6,63!) in den ersten Kapiteln und als „Geist der Wahrheit“ und als „Tröster“ in den Heiligtumskapiteln 14-16, wird Er uns aber nicht in dem Charakter wie im Ev. Lukas gezeigt. In Lukas ist Er weniger Lebenserzeuger, als vielmehr Kraft, den Feind zu überwinden, und Bildung und Gestaltung nach dem Geist der Gnade, entsprechend der sittlichen Forderung des in der Person des HErrn gekommenen „Reiches Gottes“. Die erste öffentliche Rede des HErrn, wo Er die Direktiven Seines Dienstes darlegt, in Luk. 4, ist gekennzeichnet durch die Fülle, Kraft und Salbung des Geistes (V. 1.14.18) und durch die Verkündigung der Freiheit durch Ihn, der den Satan gebunden hat, d. h. in sein Reich eingedrungen ist, um jeden von der Macht des Feindes zu befreien, der da will (vgl. Luk. 4,13.14.18; 11,20-22), Dinge, die nie vom „Reich der Himmel“ in dieser Weise gesagt werden; darum die bezeichneten Ausnahmen im Ev. Matthaus. „Reich der Himmel“ trägt vielmehr einen Erfüllungscharakter des Alten Testaments; einen Verwaltungscharakter im Blick auf die Zeiten; einen Vorsehungscharakter im Blick auf Gestaltung und Personen.

In dem „Reich der Himmel“ erkennen wir die Herrschaft des Himmels an, von welcher schon in 1. Mose 1,14-19 und besonders Daniel 2,18.37.44; 4,26.37 gesprochen wird. In enger Verbindung hiermit steht die Bezeichnung „Gott des Himmels“. Aber Anerkennung der

Herrschaft des Himmels entspricht noch längst nicht der inneren Umgestaltung, Gabe des Heiligen Geistes und Lebensbeziehung zu dem lebendigen Gott.

„Reich Gottes“ trägt einen sehr persönlichen Charakter, während „Reich der Himmel“ mehr einen äußeren und allgemeinen Charakter hat. Man könnte es so fassen: „Reich der Himmel“ erstreckt sich mehr auf die äußere Seite, hingegen „Reich Gottes“ auf die innere Seite des Reiches, von welchem beide Ausdrücke zeugen. So ist Matthäus mehr das einführende Evangelium, das Bindeglied zwischen dem Alten und dem Neuen Testament, Markus, wo wir „Reich Gottes“ 15mal finden, mehr die Fortführung von Matthäus. Markus vertieft und ergänzt Matthäus. Wir müssen uns versagen, dies hier auszuführen. Lukas zeigt uns die persönliche Freiheit und die persönliche Aufnahme der Gnadenfülle, die in dem HErrn erschienen ist. Darum finden wir auch 4,18, wo von der Befreiung und Freiheit (im Griechischen dasselbe Wort) gesprochen wird, auch die Gnade erwähnt (V. 22). Gnade wird im Neuen Testament zuerst im Ev. Lukas genannt, wo auch die persönliche Freiheit erstmalig uns am klarsten gezeigt wird. Wir sehen in Lukas gleichsam einen neuen Anfang, der durch Johannes weitergeführt wird. Johannes, wo „Reich Gottes“ nur zweimal erwähnt wird (3,3.5), stellt uns die Lebensbeziehungen zu Gott durch Seinen Sohn und untereinander vor.

Das „Reich Gottes“ umfaßt alle anderen Bezeichnungen des Reiches. „Reich der Himmel“ wird immer „Reich Gottes“ sein, aber „Reich Gottes“ nicht immer „Reich der Himmel“, wie uns Matthäus zeigt. Ferner finden wir „Reich des Vaters“, „Reich des Sohnes des Menschen“, „Reich des Sohnes Seiner Liebe“, „Reich Christi“ (Eph. 5,5; vgl. auch Offenb. 11,15), „Reich Davids“ (Mark. 11,10) und noch andere Bezeichnungen, wie „Reich“, „ewiges Reich“ usw.

Zu beachten ist auch, daß nur der Apostel Paulus in seinen Briefen vom „Reich Gottes“ außerhalb der vier Evangelien und der Apostelgeschichte geschrieben hat, es sei denn, daß wir Offenb. 12,10 mit einbeziehen. Doch erwähnen alle acht Schreiber des Neuen Testamentes ohne Ausnahme das Reich in irgendeiner Form. Dies zeigt die Wichtigkeit des Reiches, dessen Bürger und Erben wir sind, - und daß wir von der Macht des Reiches des Satans und der Finsternis befreit worden sind, versetzt in das „Reich des Sohnes Seiner Liebe“, wo Seine

Macht, Sein Licht, Seine Liebe und Sein Geist herrschen (vgl. Apgesch. 26,18; Kol. 1,13). Es kommt aber der Augenblick, wo dieses Reich, das dem Geiste Gottes nach gegenwärtig ist, in himmlischer, ewiger Herrlichkeit geoffenbart werden wird und wir nicht nur innerlich und sittlich, sondern auch äußerlich der Herrlichkeit des ewigen Reiches unseres Gottes und des Herrn Jesus - durch die Umgestaltung unseres Leibes der Niedrigkeit zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit (Phil. 3,21) - entsprechen werden. Dies wird allein Herrlichkeit sein, wenn in dem Reiche der ewige Sieg des Herrn Jesus über alles Gottfeindliche für immer gefeiert wird! Ihm sei

ewig Dank!

K. O. St.

Frage 22

Wie haben wir Geist, Seele und Leib zu unterscheiden? (1. Thess. 5,23 u.a.)

Antwort A

Es ist zum Staunen, daß die Natur uns an die Hand geht zur BeAntwortung dieser Frage. Wir dürfen nur an die Elektrizität denken. Die Männer der Wissenschaft sagen uns, daß Elektrizität in jeder Materie, überhaupt überall, vorhanden ist, daß sie alles durchdringt. Was sie ist, vermag aber keiner zu sagen. Um sie sich dienstbar zu machen, muß der Mensch gewisse Apparate herstellen, grobe oder feine, also etwas Körperliches. Es ergibt sich dann die Wirkung in Form von Licht- und Kraftäußerung. Also ein Dreifaches: Die Elektrizität, d. i. die geheimnisvolle Kraft, ein Körper; die Kraftentfaltung. Zudem: der Lichtkörper und Kraftentwicklungskörper, die in ihm gefangene Elektrizität und deren Wirkung bilden ein Ganzes; die Ausschaltung des einen bedingt das Außerkurssetzen der beiden anderen. Ohne den Körper, um eins zu nennen, keine Kraftentwicklung und kein Licht (außer in atmosphärischen Selbstentladungen der Elektrizität beim Gewitter).

Verhält es sich nicht genau so mit dem Menschen seinem Sein nach? „Geist“, und zwar außerhalb seiner, ist das Ursprüngliche, alles Durchdringende. Was Geist ist, vermögen wir nicht zu bestimmen. Dies Ursprüngliche, „Geist“, und zwar nach der Schrift genau bezeichnet als „Geist Jehovas“ (Ps. 104,29.30), in stoffliche Körper unserer Welt gegeben, schafft in demselben eine Ichheit und bringt dadurch den Stoff in selbstbestimmte Tätigkeit. Diese auf tausenderlei Weise sich in Tätigkeit kundgebende Ichheit ist „Leben, Seele“ (1. Mose 1,20ff. mit Fußnote, Elbf. Übers., und 2,7); beides in den Ursprachen der Schrift zum Teil ein Begriff; z. B. Matth. 10,39 und Parallelstellen.

Danebenher geht aber, wie oben von der Elektrizität gesagt, daß der alles durchdringende Geist Gottes sich in freier Wirksamkeit ergeht, ohne im Körper gegeben zu sein: 1. Mose 1,2: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.“

Bei der Ichheit „Mensch“ ist die Seele ein Sichoffenbaren in Funktionen und in Tätigkeit mit gottgegebenem und ursprünglich gottwärtsgerichtetem Bewußtsein. Beim Geschöpf „Tier“ sind es Funktionen und ein In-Tätigkeit-treten ohne dies Bewußtsein.

Das Ursprüngliche, „Geist“, von seinem Urquell, Jehova, „dem Gott der Geister alles Fleisches“, ausgesandt, wird in dem Einzelwesen Mensch oder Tier „sein“, d. i. des Geschöpfes Geist, Odem, siehe Ps. 104,29 mit Fußnote zu Vers 30 (Elbf. Übers.). Wenn hiernach, wie wir später sehen werden, dem Geist dasselbe Tun oder dieselbe Eigenschaft zugeschrieben wird wie der gewordenen Ichheit, der Seele, so brauchen wir nur festzuhalten, daß der Geist das Lebensprinzip ist, ohne welche es keine Seele gäbe, um über den Unterschied oder die Übereinstimmung zwischen Seele und Geist nicht im Zweifel zu sein.

Das beim Menschen genannte „Sichoffenbaren in Funktionen und in Tätigkeit mit gottgegebenem und ursprünglich gottwärtsgerichteten Bewußtsein“ - „die Seele“ - macht den Menschen zu einer Gott verAntwortlichen Persönlichkeit. Daher sagt die Schrift kurzweg „Seele“ für Persönlichkeit oder Person. „Geist“ kann sie nicht für Person sagen, weil der Geist die lebenwirkende und treibende Kraft, nicht die gewordene Ichheit, die Persönlichkeit ist, solange

der Körper mit der Ichheit, der Seele, verbunden ist. Es könnte beispielsweise 1. Mose 14,21 nicht heißen: „Gib mir die Geister“; wohl aber kann es heißen: „Gib mir die Seelen“ - Personen. Aus demselben Grunde spricht die Schrift auch vom Sterben einer Seele, d. i. Person, weil es die Trennung vom Körper der durch den Geist gewordenen Ichheit ist. Die Ichheit - Seele - Person besteht weiter. Aber gerade da tritt klar die Unterscheidung (nicht Trennung) zwischen ihr und dem Geist, dem sie ihren Ursprung verdankt, hervor: „Der Geist kehrt zu Gott zurück“, sagt die Schrift (Pred. 12,7), wenn vom Erlöschen des Lebens die Rede ist. Sie sagt nicht: „Die Seele kehrt zurück“; die entstand ja erst, als Gott dem Erdenkloß den Geist, Odem, einblies. Wohl aber kann die Schrift vom Ausgehen der Seele oder des Geistes beim Sterben reden, weil mit der Seele deren Lebensprinzip, der Geist, ohne welches sie nicht gedacht werden kann, ausgeht. Eben darum und geradeso spricht die Schrift von der Wiederbelebung. Beispiele für beides: „Als ihr die Seele ausging“ (1. Mose 35,18); „sein Geist geht aus“ (Ps. 146,4); „Jehova, laß die Seele dieses Kindes wieder in dasselbe zurückkehren“ (1. Kön. 17,21); „sein Geist kehrte zurück“ (Richter 15,19).

Es braucht keine Schwierigkeit zu machen, daß die Schrift vom Geiste sagt, er kehre zu Gott zurück, und von der Ichheit, Person, Seele: sie fahre hinab in den Scheol, sei im Scheol, im Hades, als ob da von einer Trennung zwischen Geist und Seele die Rede wäre. „Scheol“ oder „ Hades“ bezeichnet den Zustand der Seele, des Ichs, als vom Körper getrennt, wie „Tod“ den Zustand des Körpers als der Seele verlustig gegangen bezeichnet. Nicht kann eine umgrenzte Örtlichkeit gemeint sein, weder in dem einen Falle noch in dem anderen. Sonst ergäbe sich aus Offenb. 20,14 die Ungereimtheit, daß ein Zustand, der Tod, und eine Örtlichkeit, der Hades, miteinander in eine andere Örtlichkeit geworfen würden! Es ist dort vielmehr so: indem alle noch tot Seienden auferweckt werden, hören die Zustände Tod und Hades auf, und es wird gesagt, sie werden in den Feuersee geworfen, weil die nun auferweckten Personen dorthin geworfen werden. Oder Offenb. 6,7.8: Die Getöteten kommen dem Leibe nach in den Zustand „Tod“, der Seele nach in den Zustand „Hades“. Beide werden personifiziert, und es wird begrifflich dargestellt: der Tod reitet durch die Lande, und der Hades folgt mit ihm. So wird anderwärts der Zustand „Hades“ verörtlicht, um ihn recht begrifflich zu machen, weil vom Ins

untersten Scheol ...“

Unter dem „Sterben“ wird entweder einerseits der Urheber der Seele (der Geist) und der Körper oder anderseits das durch den Geist Entstandene und Bestehende (die Seele) und der Körper in ihrem gegenseitigen sich auflösenden Verhältnis in Betracht gezogen. Daher „Seele“, wenn der Betrachtungsweise der Zustand der Trennung zugrunde liegt (die Seele ist im Hades); anderseits „Geist“, wenn man die Herkunft im Auge hat (Gott hat ihn gegeben: er kehrt zu Ihm zurück). „Vater, in Deine Hände befehle Ich Meinen Geist“; „meine Seele wirst Du dem Scheol nicht lassen“ (Ps. 16,10); „nicht im Hades zurücklassen“ (Apgesch. 2,27); „Herr Jesus, nimm meinen Geist auf“ (Apgesch. 7,59); „wir ... ausheimisch vom Leibe, ... einheimisch beim HErrn“ (2. Kor. 5,8); „ich ... habe Lust abzuscheiden und bei Christo zu sein“ (Phil. 1,23), zeigen, daß nach dem Sterben der Geist und das Ich eins und gleichbedeutend mit der Seele sind.

Es decken sich infolge der Tatsache, daß der Geist das Lebensprinzip, die treibende Kraft der Seele ist, bei beiden die Ausdrücke für verschiedene Empfindungen: Kummer und Betrübnis, Langmut und Ungeduld, Sehnsucht und Freude, Wissen, Denken, Erinnerung usw., ob sie nun der Seele oder dem Geist zugeschrieben werden. („Er erquickt meine Seele“ [Ps. 23,3]; „Sein Geist ist erquickt worden“ [2. Kor. 7,13]; „Der Geist würde vor Mir verschmachten und die Seelen, die Ich ja gemacht habe“ [Jes. 57,16]; im hebr. Grundtext hier das Wort für „Odem“, Lebensprinzip des menschlichen Körpers, ein Wort, das im Grundtext an manchen Stellen gleich dem Wort für „Seele“ ist).

Unterscheidung findet statt im folgenden: Da die Seele ein Sichoffenbaren durch Körperfunktionen ist, so werden ihr im allgemeinen zugeschrieben: hungern, dürsten, fasten, sich sättigen, Ekel empfinden, sich reinigen und verunreinigen, Begierden hegen, kämpfen usw. („Einem treuen Schöpfer ihre Seele befehlen“ [1. Petri 4,19]; „da ihr eure Seelen gereinigt habt“ [1. Petri 1,22].)

Dem Geist hingegen, als der Antriebskraft, werden zugeschrieben: Festigkeit, Mannhaftigkeit, Treue, Bereitwilligkeit. („Ich diene Gott in meinem Geiste“ [Röm. 1,9].) - Es ist die Rede vom

der Eifersucht, der Hurerei usw. kann man nicht sagen!)

Dies einerseits dem Geiste und anderseits der Seele Zugeschriebene findet sich in ein und demselben Satz in Phil. 1,27: „... daß ihr feststehet in einem Geiste, indem ihr mit einer Seele mitkämpfet ...“

Das Bestehen absoluter Gegensätzlichkeit zwischen Geist, dem Lebensprinzip, und der Leiblichkeit wird hervorgehoben, wenn die Leiblichkeit in ihrer in der Sünde begründeten Ohnmacht dem Kraftprinzip, dem Geist, gegenübergestellt oder ihre, der sündigen Natur, Feindschaft gegen dasselbe ins Licht gerückt wird. Die Leiblichkeit heißt dann „Fleisch“. „Ihre Rosse sind Fleisch und nicht Geist“ (Jes. 31,3). „Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ (Matth. 26,41; Mark. 14,38). „Das Fleisch gelüstet wider den Geist, der Geist aber wider das Fleisch“ (Gal. 5,17). Die Gegensätzlichkeit löst sich in Nebeneinanderstellung auf, wenn die Ichheit, die Seele, eingeführt wird: „Laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes'' (2. Kor. 7,1; siehe oben die Stelle aus Petrus vom „Seelen reinigen“).

Weil der Mensch eine Dreiheit ist (drei die Zahl der Gottheit und der Auferstehung), so liegt darin, daß er göttlichen Geschlechts ist, wie jene heidnische, griechischen Dichter sagten (Apgesch. 17,28), und daß Gott ihn nach dem Sündenfall auf dem Boden der Auferstehung wieder zu sich bringen will. Bei den Engeln kommt weder Sterben noch Auferstehung in Frage, weil sie keine Dreiheit sind. Die Schrift nennt sie einfach „Geister“. Die Tiere sind eine Zweiheit: Leib und Seele, und zwar eine Seele anderer Art als die durch Einhauchen des Geistes gewordene des Menschen. (Vgl. 1. Mose 1,20-25 mit V. 26ff. und 2,7!)

Fein hat Scofield in seiner „Reference Bible“ den Menschen also definiert: Weil der Mensch Geist ist, ist ergottesbewußtseins- und gottesgemeinschaftsfähig. Weil er Seele ist, hat erSelbstbewußtsein. Weil er Leib ist, hat er Weltbewußtsein.

Wie ist es aber nach der Auferstehung? „Es wird gesät ein seelischer Leib,“ d. h. der jetzige, dessen Tun und Lassen sich als Kundgebung der Seele erweist, „es wird auferweckt ein

geistiger Leib“ (1. Kor. 15,44). Gibt es dann keine Seele mehr? Gegenwärtig dürstet, ja lechzt die Seele nach Gott (Ps. 63 und 42). Für die Zeit nach der Auferstehung, nach dem Erwachen erwartet sie „Sättigung“ (Ps. 17,15); und sie wird ihr zuteil werden (Offenb. 21,4). Dürfen wir nicht sagen, daß die jetzige Dreiheit in eine Einheit übergeht, wenn der Leib selbst, obwohl immer Leiblichkeit, ein geistiger, d. h. doch „von Geist“ ist, wie auf Erden „von Fleisch“? Der HErr in Seinem Auferstehungsleibe (und wir werden Ihm gleich sein!) konnte Speise nehmen und war doch durch keine Materie am Erscheinen und Verschwinden gehindert, wie wir's von den Engeln wissen, die doch auch eine Leiblichkeit haben und doch „Geister“ sind. So heißt ja auch der HErr „ein Geist“, mit dem Unterschiede, daß Er wie in allem so auch da einzig dasteht, denn Er ist ein „lebendigmachender“ Geist (1. Kor. 15,45).

Wir tun wohl, es bei diesen Erwägungen bewenden zu lassen, weil es vom Übel ist, über das hinauszugehen, was die Schrift klar sagt. Es ist früh genug, die Wirklichkeit festzustellen, wenn wir darinnen sind!

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, die kostbaren, gerade auch im Hinblick auf bekannte Irrlehren der fälschlich sogenannten „Ernsten Bibelforscher“, außerordentlich einleuchtenden Darlegungen obiger Antwort noch zu ergänzen oder zu erweitern!

Gar zu leicht möchte in diesem Falle eine Abschwächung derselben zu befürchten sein. Aber ich glaube, einige kleine Hinweise geben zu sollen, die schon manchem geholfen haben.

Ich bin auf meinen Reisen, wie andere Brüder gewiß auch, oft gefragt worden nach dem Verhältnis dieser 3 - Geist, Seele und Leib - zueinander, und ich habe dann unter anderem gesagt: ... wie wir in der Einheit Gottes eine Dreiheit zu unterscheiden haben, so auch im Menschen. - Wie wirklich und offenbar jeder Teil dieser Dreiheit seine besondere, einzigartige Bedeutung hat, erhellt aus der Tatsache, die jeder an sich selbst beobachten kann: Ich sitze mit

meinem Körper (d. i. in meiner Leiblichkeit) hier fern von zu Hause in diesem Zimmer, kann zugleich mit meinen inneren seelischen Empfindungen, meinem Mitfühlen bei meiner kranken Frau daheim sein und ebenso gleichzeitig in und mit meinem Geiste zu Gott, unserem Vater in Christo, beten für sie und ihre Gesundheit nach Geist, Seele und Leib. Ist das nicht klar? -

Meines Erachtens sehr schön und treffend stellte auch Br. v. d. K., der Mitherausgeber der „Handreichung“, das Verhältnis von Leib, Seele und Geist mehrfach in folgender Weise dar, was ich auch nie verfehle, den mich Fragenden mitzuteilen - darum sei's auch hier geschehen (wenn auch in meinen Worten):

In jedem Menschen sind diese 3 vorhanden, Leib, Seele und Geist, aber wir sehen diese Tatsachen unseres Seins nicht immer gleich stark vertreten, im Gegenteil! Wir haben z. B. einen mächtigen Ringkämpfer vor uns, und wir sagen: „Was für ein gewaltiger Herkules!“ - und, da das Hervortretende, in die Augen Fallende bei ihm sein Leib ist, meinen wir den Menschen in seinem Leibe; wir reden über einen unserer großen Dichter und sagen bewundernd: „Welch großer Geist!“ - und meinen, was wir sagen, den Menschen in seinem Geist, mit seinen Geisteskräften; wir sehen im Park auf einer Bank ein altes Mütterlein, wie es sich liebevoll beschäftigt mit den vor ihr im Sande spielenden Kinderchen, und sagen mit herzlichem Lächeln: „Welche gute, liebe Seele!“ und meinen, was wir sagen. Könnte man in den angegebenen Fällen eine Vertauschung vornehmen? Könnte man z. B. von dem Ringkämpfer sagen: Welch großer Geist oder welch gute Seele! Sicher nicht - und doch zeigt jeder Punkt eine andere Seite derselben Sache gleichsam, nämlich des Menschen, dieser Einheit in deutlich gegebener Dreiheit!

Vielleicht dienen diese kleinen Hinweise aus der Praxis dem einen oder anderen Leser! Aber vor allem mögen jedem dienen die überaus wertvollen, klar-biblischen Ausführungen obiger Antwort, für die wir dem HErrn sehr dankbar sein dürfen. Möchte uns auch mit durch dieselben der innige Lobpreis ins Herz und über die Lippen kommen:

Ich preise Dich darüber, daß ich auf eine erstaunliche, ausgezeichnete Weise

(Ps. 139,14.)

F. K.

Unser Gott.

(Jes. 40,1-26.)

Welche Kraft und Stärkung liegen in diesen zwei Worten: „Unser Gott!“ Jesaja sollte das bußfertige Volk trösten. Gott hatte gesagt: „Tröstet, tröstet Mein Volk“, und mit Nachdruck fügt Jesaja hinzu: „Spricht euer Gott.“ Welche Kraft und Stärkung lag darin, daß diese Worte ihr Gott gesprochen habe! Als Jesaja dann weiter schreibt, daß für Gottes Segnungen Bahn gemacht und eine Straße geebnet werden solle, fügt er wiederum hinzu: „Für unseren Gott.“ Und noch zweimal wiederholt er das Wort: „Unser Gott“, „euer Gott“. Vers 8 sagt er: „Das Wort unseres Gottes besteht in Ewigkeit“ und Vers 9: „Siehe da, euer Gott!“ Jesaja lenkte die Augen des Volkes auf ihren Gott; sollen seine Worte nicht auch dazu dienen, unsere Augen auf „unseren Gott“ zu richten?

Als der Prophet fragt, was er dem Volke zurufen soll, wird ihm die Antwort: „Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Anmut wie die Blume des Feldes.“ Erstaunt möchten wir fragen: „Sind dies Worte des Trostes?“ Müssen diese Worte uns nicht vielmehr niederbeugen? Sicher, aber in diesen Worten lag die Wegbereitung für Gott, Sein Volk trösten zu können. Gott kann den Menschen im Fleische auf seinem Sündenwege nicht trösten; der Mensch muß erst zu der Erkenntnis geführt werden, daß er gleich verdorrtem Grase ist und reif, dem Verderben übergeben zu werden. Diese Erkenntnis bringt uns von unserer Höhe herab und führt uns dahin, in Buße unsere Sünden vor dem HErrn zu bekennen und uns unter Sein Gericht zu stellen. Dies öffnet den Weg für die Tröstungen Gottes.

Das bußfertige Volk sollte getröstet und ihre Augen auf ihren Gott gerichtet werden. Jesaja mußte den Städten Judas zurufen: „Siehe da, euer Gott! - Siehe, der Herr, Jehova, kommt mit

Arme nehmen und in Seinem Busen tragen. (V. 11.) Diesen, ihren Gott, der ihnen soviel Huld und Liebe entgegenbringen will, sollten sie anschauen. Und wenn wir nach Golgatha blicken und den Sohn Seiner Liebe in Finsternis gehüllt sehen und Ihn rufen hören: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?!“, tönt es uns da nicht auch wie eine Stimme aus der Herrlichkeit entgegen: „Siehe da, euer Gott, der in erbarmender Liebe Seinen eigenen Sohn nicht schonte, sondern Ihn für uns alle hingab als eine Sühnung für unsere Sünden“?

Wer ist dieser, unser Gott, der uns mit soviel Liebe, Erbarmen und Gnade begegnet? Gott kennt die Zweifel und Fragen unseres törichten Herzens und enthüllt uns Seine unvergleichliche Erhabenheit und die Größe Seiner Macht an den sichtbaren Dingen der Schöpfung wie auch in dem Walten Seiner Hand in der Regierung dieser Welt. (V. 12-26.)

Er fragt: „Wer hat die Wasser gemessen mit seiner hohlen Hand und die Himmel abgegrenzt mit der Spanne ...?“ Ja, wer vermag die gewaltigen Meere, die großen Ozeane mit der hohlen Hand zu messen und die Himmel mit der Spanne? Für Gott ist das weite Meer wie ein Wässerchen in der Hohlhand, und die Himmel in ihrer unendlichen Größe grenzt er mit der Spanne Seiner Hand ab.

Die Erde, die uns trägt, ist Ihm wie ein Häuflein Staub, das Er in ein Maß tut. Die hohen Berge, die Alpen, die die Menschen anstaunen, legt Er auf die Waage, wie wir etwas Salz oder Mehl darauf legen.

Die Nationen der Erde, die mächtigen Völker und Reiche der alten Zeit: Ägypten, Assyrien, Babylon - oder die gewaltigen Völker der Jetztzeit: China, Amerika, Rußland, England, Deutschland -, was sind alle diese mächtigen Reiche der Welt dem allmächtigen Gott, „unserem Gott“, gegenüber? „Sie sind geachtet wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Sandkorn auf der Waagschale“, welche gar keine Bedeutung haben.

Und die Inseln der Erde in ihren großen Ausmaßen - denken wir an Amerika, Japan, Australien! -, Gott sagt, sie sind „wie ein Stäubchen, das emporschwebt.“

schätzen, was sind sie Gott gegenüber? Kleine Heuschrecken!

Und die Gewaltigen dieser Welt, die Fürsten und Könige, die da meinen, die Geschicke der Welt in ihrer Hand zu halten, vor denen die Menschen sich bücken - was ist Ihm ein Zar, was ein Kaiser, was ein König, was ein Präsident? Gott sagt: „Er machet sie zu nichts.“ Kaum sind sie gepflanzt, kaum hat ihr Stamm Wurzeln getrieben, wenn sie ein Hauch aus Seinem Munde anbläst, so sind sie verdorrt und wie Stoppeln vom Winde hinweggeweht!

Alsdann werden wir von Gott aufgefordert, unsere Augen aufzuheben und am Himmel das unzählbare Heer der Sterne anzublicken. Nur ein kleiner Bruchteil ist unserem Auge sichtbar, wer aber vermag sie zu zählen? Unser Gott! Und nicht nur hat Er sie alle geschaffen, Er lenkt auch ihr gewaltiges Heer nach ihrer Zahl und ruft jeden einzelnen mit seinem Namen und gibt ihm seine bestimmte Bahn. Sie sind „Seiner Finger Werk.“ (Ps. 8,3.)

Das ist unser Gott! Wie groß ist Seine Macht! Wie groß die Stärke Seiner Kraft! Dieser Gott ist „unser Gott“, der Sein bußfertiges Volk tröstet; - der Seine Herde weidet wie ein Hirt; - der Sich herabläßt, Seine Lämmer in Seine Arme zu nehmen und in Seinem Busen zu tragen; - der die Kleinsten, die Säugenden sanft leitet; - der auch am Jahresschluß uns sagt: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen;“ so daß wir kühn sagen mögen: „Der HErr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Hebr. 13,5.6.)

„Dieser Gott ist unser Gott immer und ewiglich!“ (Ps. 48,14.)

„Gar niemand ist Dir gleich, Jehova; Du bist groß, und groß ist Dein Name in Macht.“ (Jer. 10,6.)

„Ich will Dich preisen, HErr, mein Gott, mit meinem ganzen Herzen, und Deinen Namen verherrlichen ewiglich.“ (Ps. 86,12.)

A. v. d. K.

Niemals, mein Bruder, meine Schwester, würde Gott uns Leiden und Trübsale senden, die unseren Lebensweg verdunkeln und leidvoll machen, wenn Er wüßte, daß wir das helle, strahlende Sonnenlicht des Glückes stets ertragen könnten, ohne im Glauben schwach zu werden.

Wir würden uns nicht so fest an Seine leitende, führende Hand klammern, wenn der Weg immer hell vor uns läge und wir nicht durch finstere Täler voll Todesschatten zu wandeln hätten. Wir würden auch nicht so sorgfältig und achtsam durch Glauben wandeln, wenn unser Lebensweg ganz eben, klar und geordnet vor unserem Auge ausgebreitet wäre.

Wenn Er es für nötig hält, können uns zuweilen Schmerz und Angst, ja Seelenqualen nicht erspart bleiben, die unserem niedergebeugten und kummervollen Herzen schwer zu tragen sind. Auch manche Dornenkrone mag uns von harter Hand auf's müde Haupt gedrückt werden, unter der wir gebeugt einhergehen.

Und dennoch ist es nur Seine vollkommene Liebe, die uns Leidenspfade gehen heißt, denn Er weiß, wie wenige von uns das Ziel, die Herrlichkeit droben erreichen würden, um dort den vollen Lohn zu erlangen, den Kampfpreis ungeschmälert in Besitz zu nehmen, wenn nicht das Leid uns Ihm so nahe führte, daß wir keinen Schritt mehr ohne Ihn wagen, abseits vom Wege, der uns zum Ziele führen soll.

Darum sendet Er Dunkelheit um uns, in der wir gleichsam wie Blinde tappen, weil wir den nächsten Schritt nicht mehr erkennen können. Er legt uns in den Schmelztiegel der Trübsal, in den siebenmal erhitzten Schmelzofen, auf daß die Schlacken und alle Unreinheit verbrennen mögen und das Gold hervorkomme und strahle zu Seiner Ehre, zu Seinem Ruhm.

Laßt uns glauben, daß dies der einzige Weg ist, um uns zu Seinen Füßen zu bewahren, um uns „allezeit betend“ zu erhalten. So wird Er allein unser Führer, unsere Kraft sein, und unser Glaube wird wachsen und erstarken in der Bewährung.

Es ist gar leicht für den alten Menschen und auch für das neue Leben in uns, fröhlich des Weges

zu gehen und zu reden von dem Glaubenskampf, wenn das Leben so glücklich, so lieblich und sonnig dahingleitet, aber der Glaube ist dann unerprobt und unbewährt. Doch im Leid, da schmiegen wir so gern unsere Hand in unseres Vaters Hände, die da stark und treu sind und die uns festhalten und führen durch Nacht und Dunkel, und blind folgen wir im Glauben, weil wir wissen, er führt Sein Kind auf rechtem Wege zum Vaterhause.

Wenn wir so im Leid unser müdes Haupt an unseres HErrn Brust legen und Seine Liebe verstehen lernen, dann erwacht das Lob in unserem Herzen, und wir lernen Ihn in der Trübsal preisen. Dann werden wir Ihn verherrlichen, und andere, die gleich uns Leidenswege zu gehen haben, werden durch unser Vorbild ermuntert zum Ausharren, wenn ihr Herz verzagen will.

Unsere Lippen mögen in tiefem Weh des Herzens beben, und unsere Augen mögen weinen, aber unsere Seele wird, wenn auch leidgebeugt, ihren HErrn preisen und Ihm Loblieber singen. Wir werden die ewige Liebe rühmen, die uns durch Trübsale führte, um auch uns „durch Leiden vollkommen“ zu machen. Alsdann wird Sein Auge in Wohlgefallen auf uns ruhn, und wir werden „erfunden werden zu Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi.“ (Vergl. 1. Petr. 1,5-8!)

E. K.

„Sie haben nicht nötig ...!“

Matth. 14,16.

(Schluß).

6. Aber wie wir nicht nötig haben, uns über Arbeitsmangel zu beklagen, weil die Seinen, die Kinder Gottes, da sind, so haben wir auch nicht nötig, alles allein zu machen - im Gegenteil, es ist höchst schädlich, wenn wir meinen, es zu müssen, oder wenn wir uns einbilden, auf uns käme alles an, ohne uns ginge das Werk, vielleicht an einem kleineren Ort, unbedingt in die Brüche. Es gibt ja - leider, wage ich zu sagen! - Gemeinschaftsarbeiten, in denen die „Leiter“

oder die „Prediger“ alles in ihrer Person vereinigen müssen: den Dienst am Wort, die Seelenpflege, die äußeren Dinge, die Kassenverhältnisse, die Gästeversorgung, die Vertretung vor der Öffentlichkeit und Obrigkeit usw.! Das sind nach der Schrift bare Unmöglichkeiten, und in der Praxis ergeben sich denn auch sehr oft derartige Unzuträglichkeiten, daß an ihnen ganze blühende Arbeiten zugrunde gehen können.

Nein, in einer örtlichen Gemeinde, die im Lichte der Schrift zu handeln sucht - und wie im Leben des einzelnen, so ist für die gläubige Gesamtheit der christliche Gemeinde „Sein Wort unseres Fußes Leuchte und ein Licht für unsern Pfad“ (Ps. 119,105) -, sind solche oben geschilderten Zustände, zu denen nicht der Heilige Geist die Weisung gibt, sondern menschliche Erwägungen, völlig undenkbar. Aber nicht nur dies, sondern sie sind auch gänzlich unnötig, denn der HErr, der das Haupt Seines Leibes, der Gemeinde, ist (Eph. 1,22; 4,15.16; Kol. 2,19 u. a.), hat, wie schon in Punkt 5 u. a. ausgeführt, dafür gesorgt, daß die Gaben verschieden ausgeteilt sind, und sie alle harren der geistlichen (nicht freilich der fleischlichen!) Betätigung - so im ganzen, was die ganze „Gemeinde Gottes“ (1. Kor. 1,1), als auch, was die einzelne Ortsgemeinde anbelangt. (Aus Mangel an Raum kann ich diese letzten Punkte nicht mehr ausführlich besprechen, aber es tut nach dem Vorhergehenden auch nicht so not!) Und nicht nur verschiedene Gaben sind vorhanden (vgl. nochmals 1. Petr.4,10ff. und Röm. 12,6-8 sowie 1. Kor. 11-14 und Eph. 4,7 nebst Frage 3 [und 18] des Jahres usw.), sondern auch verschiedene Dienste (in der Luth.-Übersetzung fälschlich sogenannte „Ämter“), und gerade diese, über die, wie sich jeder überzeugen kann, in den Timotheus-Briefen und im Titus so manches gesagt ist, die Dienste der „Ältesten“ und der „Diener“ („Diakonen“; auch die Phoebe wird „Diakon“ genannt, nicht etwa „Diakonisse“, Röm. 16,1.2.), sind äußerst wichtig in einer (möglichst) biblisch geordneten Gemeinde. Doch können wir heute keine solchen Dienste („Älteste“ und „Diener“) wählen, obwohl manche christlichen Kreise von heute sich dazu für befugt halten, sondern wir haben, wie die Schrift sagt, „die zu erkennen (d. h. auch: anzuerkennen!), die unter uns arbeiten usw.“ (1. Thess. 5,12.13!). Und gewiß! nie wird der HErr (das Haupt!) eine treue Ortsgemeinde ohne solche sich verAntwortlich wissenden dienenden Brüder und Schwestern lassen, die ihre gottgegebenen Kräfte und Fähigkeiten in praktischen Dingen zur

Seiner Gemeinde „treue Leute“ nach 2. Tim. 2,2. Ihm sei Preis! Und wie Er im Alten Testament dem Mose seinen Bruder Aaron beigesellte (2. Mose 4), wie Er die Seinen, als Er hienieden war, zu Zeiten paarweise aussandte (vgl. Luk. 10,1 u. a.) usw., so zeigt Er in der Ordnung Seines Hauses (1. Tim. 3,15) noch heute, wie wichtig es Ihm, der „nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens“ (1. Kor. 14,33!) ist, daß jeder das ihm Anvertraute treu tue und daß keiner sich in den Dienst eines anderen einmische oder sich die Befugnisse eines anderen aneigne. (Vgl. z. B. 1. Petr. 4,15!) Hierüber ließe sich vieles schreiben, aber das Obige mag genügen, um uns einerseits daran zu erinnern, wie wohlgeordnet alles ist, was aus Seiner Hand hervorgegangen ist - auch Seine Gemeinde im Anfangszustande! -, andererseits um uns unsere VerAntwortung ans Herz zu legen, im Sinne dieses 6. Punktes zu handeln und anderen in ihrem Tun gemäß ihrer VerAntwortung nicht hinderlich zu sein, damit alles diene zur Auferbauung (1. Kor. 14!). Nicht haben wir nötig, alle dasselbe zu tun und auch nicht alle alles - denn die Seinen sind ja da! Wir brauchen einander, und Gott will uns alle brauchen - gelobt sei Er! Möchten wir nur alle durch Seine Gnade „nützliche Gefäße“ sein! (2. Tim. 2,21, vgl. S. 76ff. des Jahrb.!)

Und damit komme ich zum Schluß, denn den 7. Punkt will und brauche ich nur noch kurz zu nennen, und jeder kann diesen, der ebenso wie die anderen aus der Fülle herausgegriffen ist und doch zu den vorigen in Beziehung gebracht werden kann, selbständig überdenken und sich zum Segen betrachten! Der HErr schenke uns Gnade dazu!

7. Weil die Seinen da sind, so haben wir nicht nötig, die Fülle der uns in Christo Jesu geschenkten und durch den Geist Gottes ins Herz ausgegossenen Liebe allein zu tragen! (Röm. 5,5!) Nicht wahr, es ist einfach, diesen Punkt zu überlegen, und wenn wir daran denken, was Gott uns alles geschenkt hat mit Ihm, Seinem Sohn, den Er vor 1900 Jahren in jener „stillen heiligen Nacht“ auf diese Welt sandte (was die Christenheit nun bald wieder mehr oder weniger „gläubig“ zu feiern sich anschickt!), dann beten wir an im Staube ob so viel Liebe, Gnade und Herrlichkeit, wie sie uns in Ihm zuteil geworden ist! (Röm. 8,32.) Aber nein, diese Fülle für uns zu behalten und unter dieser kostbaren „Last“ zusammenzubrechen, haben wir nicht nötig! Wir dürfen „mitteilen“ (vgl. 1. Petr. 2,9 und andererseits auch Hebr. 13,16!) und „segnen“ (vgl. 1.

Petr. 3,9!), wie wir gesegnet sind. Weitere Stellen hierzu zu nennen ist gewiß nicht mehr nötig, nur schon der 1. Johannes-Brief sagt uns hierin vieles! Laßt uns lieben, Ihn und Sein Volk, nachdem wir zuerst geliebt sind! Liebe ist Opfer, ist Hingabe, ist Wille für Den andern! Wo sähen wir dies besser als in der Liebe Gottes und in der des Sohnes?! Hieran laßt uns lernen, wie in der Schule des Meisters ein Paulus lernte, der sogar ein Wort schreiben durfte wie 2. Kor. 12,15! - Herrliche Dinge sind uns im gegenwärtigen Jahrbuch auch gesagt über 1. Kor. 13! Freilich, an diesem Kapitel lernen wir nie aus!

Nein, wir haben nicht nötig, diese Kostbarkeiten für uns zu behalten - ein großes, weites Betätigungsfeld ist für uns da: die Seinen, Sein Volk und alle die, die Gott diesem noch hinzufügen will! Laßt uns allezeit und überall treu sein im Mitteilen der Liebe, die wir selber so reichlich erfahren haben!

*

Und damit komme ich zum Anfang zurück, indem ich meinen Aufsatz, der hoffentlich einigen Lesern zum Segen gedient hat, schließe mit den Worten des Themas, das uns das Wort unseres geliebten HErrn gab in unserem Textwort Matth. 14,16: „Sie haben nicht nötig, wegzugehen! Gebt ihr ihnen zu essen!“

Möchten wir Gnade haben, das köstliche, nahrhafte, schmackhafte „Brot Gottes“ - Christus Jesus - denen gleichsam zu „essen“ zu geben, die nicht nötig haben, es zu entbehren, weil Er, wenn auch unsichtbar, doch da ist und weil auch die Seinen hienieden weilen und „wirken, solange es Tag ist!“ Ja, möchten wir, „gekräftigt durch Seine Kraft am inwendigen Menschen“ (Eph. 3,16), „in Wort und Werk und allem Wesen“ Christum Jesum so bezeugen, daß alle, mit denen wir in Berührung kommen, einen tiefen Eindruck bekommen von Ihm und somit geistlicherweise gespeist und genährt werden durch uns mit dem „Brote des Lebens“, das allein Er Selber ist (Joh. 6,35)!

„Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18b.)

F. K.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

14. Jahrbuch (1929)

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„Alle meine Quellen sind in Dir!“

Psalm 87,7.

So werden sie singen! Wer? Die einst „beim Verzeichnis der Völker“ vor Jehova als „in Zion geboren“ bezeichnet werden. Das stellen die Sänger dieses Psalms, die Söhne Korahs, als Herrlichkeit hin, und es wird Herrlichkeit sein! Zu Ägypten zu gehören, in einer der Weltstädte und Reiche damaliger Zeit wie Babel geboren zu sein (V. 4) - das galt etwas, wie es für manche noch heute etwas bedeutet, wenn einer sich rühmen kann, in Berlin oder London oder New York oder Rom usw. geboren zu sein. Etwas von dem Glanz, dem Reichtum seiner Heimatstadt oder seines Vaterlandes geht auf ihn über oder von ihm aus. Aber welch ein trüber, völlig verbleichender Glanz wird der der heutigen Weltstädte und Weltreiche sein, wenn an jenem Tage der Zukunft es sich herausstellen wird, wie sehr Jehova „die Tore Zions liebt“ (V. 2). Wie wird Jerusalem emporragen über alle Herrlichkeiten dieses Zeitlaufs! Wahrlich, ein gläubiger Jude von damals und von heute hat Ursache, schon jetzt im Vorgefühl jener Freude zu triumphieren: Daselbst bin ich geboren - daselbst, in ihr, in Zion sind die Quellen meiner Kraft, meiner Freude, meiner Hoffnung, meines Segens. Ja, „alle meine Quellen sind in Dir!“

Es ist nicht schwer für uns, die wir durch Glauben an den Sohn Gottes „aus Gott geboren“ sind, von diesem kostbaren Psalm eine geistliche Anwendung auf uns zu machen, indem wir

hinblicken auf unseren herrlichen Heiland und HErrn, „der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat“ (Eph. 5,1.2) und „uns gewaschen hat von unseren Sünden in Seinem Blut“ (Offb. 1,5). Da mögen wir wohl voll Jubel und glückseligem Dank ausrufen: „Alle meine Quellen sind in Dir, mein teurer Herr Jesus!“ Nicht schwer, sage ich, wird es uns, mit den Worten dieses Psalms Ihn zu rühmen hinsichtlich alles dessen, was wir in Ihm haben, genießen und täglich erfahren.

Aber können wir angesichts des Neuen Jahres, das so dunkel vor uns liegt und das vielleicht in seinem unergründlichen Schoße für uns manches Leid birgt, auch so singen? Oder wollen wir uns da lieber vorsichtig „verkriechen“ und gleichsam bekennen: „nein, im Blick auf die Zukunft im ‚gegenwärtigen Zeitlauf‘ wagen wir doch nicht, solchen Jubelgesang laut werden zu lassen - wie groß auch alle Durchhilfen, Gnadenerweisungen und Freundlichkeiten unseres Heiland-Gottes im verflossenen Jahre waren -, für die Zukunft könnte es anders werden, und wir könnten elend enttäuscht und zuschanden werden, wir wollen erst einmal sehen, wie das neue Jahr sich anläßt?!“

Wollen wir unserem Gott solche Schande machen? Wollen wir so handeln wie die Welt handelt? Wer will so? Oder wer will dem HErrn, der Sich stets so treu erwiesen hat, trauen auch für die vor uns liegenden vielleicht sturmbewegten Zeiten? Wer will mit „Herzen, Mund und Händen“ einstimmen in das „Triumpflied“ des Glaubens: „Alle meine Quellen sind in Dir!“? Wer wagt's, wer glaubt‘s, wer vertraut Ihm?

Geliebte, „das Wort Gottes ist lebendig“ (Hebr. 4,12), es weckt und schafft Leben und Wirklichkeit. Wer Seinem Worte traut, auch wenn die Verhältnisse noch so trübe sein mögen, wenn etwa Leid, Krankheit und andere Dinge den Lebenspfad verdunkeln wollen, der wird es erfahren, wie die lebendige Kraft Seines Wortes trotz aller Widerstände, ja oft geradezu wider Hoffnung, sich durchsetzt uns zum Segen, zum bleibenden Gewinn, zur tröstenden, ausrichtenden, mächtig helfenden Macht. Wie hat das ein Petrus erfahren, als er entgegen allen erprobten Regeln der Fischereikunst auf das Wort des Meisters das Netz bei Tage auswarf (Luk. 5,4ff.)! Ja, handelnd „auf Dein Wort“, o HErr, vermögen arme, schwache Jünger und

Jüngerinnen, Deine „Freunde“, zu aller Zeit die herrlichsten Erfahrungen zu machen von der Kraft und Lebensmacht eines jeden Wortes, „das durch den Mund Gottes ausgeht“ (Matth. 4,4)! Dank und Preis sei Dir!

So traue Seinem Worte, mein teurer Mitpilger, für das dunkle Jahr 1929! Wandle im Geist und durch Glauben nach Gal. 5,16 und 2. Kor. 5,7! Ehre den HErrn durch dein Vertrauen darauf, daß in Ihm alle deine Quellen verborgen liegen, die mächtig belebend, stärkend, kräftigend, erfrischend und beruhigend sprudeln werden, wenn du in den Leiden dieser Zeit dich nach „Quellwasser“ sehnst. Für alles, was du nötig haben wirst, findest du in Ihm Labung, Nahrung, Trost, Kraft, Ruhe, Freude und Frieden; ist Er doch Selber alles für uns! Traue Ihm allein! Flüchte dich stets aufs neue zu Ihm an Sein liebendes Herz! Laß alle die Stützen in „Ägypten“ und „Babel“, in der Welt mit ihrer Lust wie ihrer Religion, fahren und baue nur und höre auch nur auf Ihn, laß Ihm dein Herz und deinen Willen, gehorche Seinem Wort und gehe Seinen Weg, und „dein Friede wird sein wie ein Wasserstrom“ (Jes. 48,18) mitten in aller Unruhe dieser „bösen Zeit“ (Amos 5,13), denn dann sind ja deine Quellen in Ihm allein! Wie manche Gläubige trauen noch nebenbei auf die großen Namen und Kräfte, die sich im Zeitlauf dieser Welt regen, und nie wird ihr Herz so recht ruhig, froh, frei und glücklich. Sie erwarten noch etwas von dieser Welt, wie sie in unserem Psalm in den Großmächten jener Zeit gekennzeichnet ist (V. 4), und da werden sie betrogen und unglücklich. Wer aber lernt, von allen Stützen dieses Zeitlaufs abzusehen und sich allein auf Ihn zu lehnen, der wird merken: Er hält stand, dieser Grund ist wirklich Felsengrund, diese Quelle ist stets „Wasser aus dem Felsen“ (1. Kor. 10,4).

Genug davon!

Laßt uns uns „einander jeden Tag ermuntern, solange es ,heute‘ heißt“ (Hebr. 3,13), wachend und betend auszuharren, bis der HErr kommt - und Er hat gesagt: „Siehe, Ich komme bald!“ (Offb. 22,12 u. 20) - und im völligen Glaubensvertrauen und -Gehorsam, in Seiner Liebe gewurzelt und gegründet, freudig vorwärts zu schreiten mit der glückseligen Gewißheit im Herzen und der täglichen stärkenden Erfahrung im Leben:

„Alle meine Quellen sind in Dir“!

Er sei gelobt und gepriesen allezeit, und so auch in diesem vor uns liegenden Jahr! Er bleibt derselbe! Amen.

F. K.

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“

(2. Tim. 3,16.)

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben.“ Damit wird gesagt, daß die Schrift in allen Teilen Gottes eigenes Wort ist und daß Gott Selbst in der Schrift zu uns redet. Obwohl dieselbe von Menschenhänden geschrieben ist, ist sie doch durch die göttliche Eingebung Gottes eigenes Wort und somit eine Autorität, der sich jeder unbedingt zu unterwerfen hat. Mit der Inspiration steht und fällt ihr Wert und ihre Autorität. Können wir uns deshalb wundern, wenn der Feind die göttliche Eingebung der Schrift angreift und alle Anstrengungen macht, sie zu leugnen?

Wenn Gott nicht durch den Mund Seiner heiligen Propheten zu uns geredet hätte (Luk. 1,70), wenn es nicht zuverlässig und gewiß wäre, daß die Schrift von Gott eingegeben ist, so könnte sie nicht als Gottes Wort gelten, und wir besäßen keine Mitteilung von Gott. Wir wären dann völlig ins Ungewisse gestellt und könnten von Gott, von Seinen Gedanken und Plänen über uns mit Sicherheit nichts wissen.

Wer vermag uns Aufschluß über Gott und Gottes Gedanken zu geben? Keine Wissenschaft dieser Welt ist dazu fähig. Der Mensch kann nicht einmal die Gedanken eines anderen Menschen wissen; sie müssen ihm von diesem mitgeteilt werden. Selbst eine Mutter kennt nicht die Gedanken ihres eigenen Kindes, wieviel weniger vermag der Mensch etwas von den Gedanken „des Hohen und Erhabenen, der in Ewigkeit wohnt“, zu wissen! (Jes. 57,15) Was der Mensch aus sich selbst über Gott hervorbringt, ist Torheit und muß Torheit sein, weil die

Erforschung Gottes die Fähigkeiten seines Verstandes übersteigt.

Der Mensch kann eben aus sich selbst von Gott nichts wissen. Er ist in bezug auf Gott und auf dessen Gedanken und Pläne gänzlich und allein auf die Selbstoffenbarung Gottes angewiesen. Wenn Gott Sich nicht herabläßt, Sich uns zu offenbaren, wir Menschen können nicht zu Ihm hinaufsteigen, Ihn zu erforschen. Gott aber hat Sich geoffenbart nicht nur in der Schöpfung und in dem Sohne, dem „Worte“, das „Fleisch“ ward, Er hat Sich auch in Gnaden herabgelassen, uns Menschen Seine Gedanken und Pläne über uns in dem Worte der Heiligen Schrift zu offenbaren. In der von Ihm Selbst eingegebenen Schrift besitzen wir die Wahrheit. Dem, was Menschen uns über Gott sagen, können wir nicht trauen, was aber die Schrift uns sagt, ist sicher und gewiß.

Für

die Wissenschaft

ist die Inspiration ohne Zweifel eine schwierige Frage. Man will sie erklären und vermag sie nicht zu erklären, und so meint man, sie leugnen zu können. Damit aber, daß man eine Sache nicht erklären kann, damit ist nicht bewiesen, daß sie keine Wirklichkeit ist. Auch wir denken nicht daran, das Wunder der Inspiration in dieser kleinen Schrift erklären zu wollen. Können wir mit unserem begrenzten Menschenverstand die unbegrenzten Möglichkeiten der Allmacht Gottes erfassen? Alle Versuche der Menschen, das Wunder und Geheimnis der Inspiration mit dem Verstande zu erforschen, offenbaren nur seine Anmaßung und Torheit, und seine Zweifel und Fragen über das „Wie“ der Inspiration erschüttern nicht die Tatsache der göttlichen Inspiration der Schrift.

Kinder Gottes,

die sich unter das Zeugnis des Wortes stellen und die Inspiration der Schrift von der Allmacht Gottes aus sehen, für diese ist sie keine schwierige Frage. Es befremdet sie vielmehr, wenn Gläubige, die doch zugeben, daß alle Dinge, die bei Menschen unmöglich, bei Gott möglich sind

verstehen wir, daß Gott die Welten geschaffen hat (Hebr. 11,3), und durch Glauben verstehen wir auch das Wunder der Inspiration. So, wie die Schöpferhand Gottes in der Schöpfung geschaut werden kann, so trägt auch die Schrift den Beweis der göttlichen Inspiration in sich selbst. Wie anders als nur durch göttliche Eingebung war es möglich, von der Schöpfung der Welt, von dem ersten Menschenpaare, von dem Sündenfall usw. zu berichten, und wie anders als durch göttliche Eingebung konnten weissagend die zukünftigen Dinge enthüllt werden, von denen bereits eine Menge sich bis ins Kleinste erfüllt hat und andere ihrer Erfüllung noch entgegensehen?!

Ein Blick auf das wunderbare Buch

müßte (wie schon oftmals gesagt worden ist) genügen, die Inspiration der Schrift zu sehen. Kein Buch in der Welt gleicht diesem Buch. Es ist nicht wie die Bücher der Menschen von einem Verfasser geschrieben oder von mehreren, die sich zu einer bestimmten Zeit vereinigt hätten, es zu schreiben, sondern es ist von vielen Verfassern geschrieben, und diese lebten durch viele Jahrhunderte voneinander getrennt in ganz verschiedenen Umständen, Gegenden und Zeitverhältnissen. Sie waren ganz verschieden ihrer Herkunft und Bildung, ihren Charakteren und Berufen nach. Um nur einige zu nennen: Moses, ein in Worten und Werken mächtiger Mann, in aller Weisheit der Ägypter unterwiesen (Apg. 7,22); David, ein lieblicher Sänger und großer Feldherr; Daniel, ein Mann aus vornehmer Familie; Amos, ein einfacher Schafhirte; Matthäus, ein Zöllner; Lukas, ein Arzt; Paulus, ein Gelehrter; Petrus und Johannes, Fischer und „ungelehrte und ungebildete“ Leute (Apg. 4,13).

Sie schrieben ihre Schriften unter den verschiedensten Umständen: Moses auf der Wüstenwanderung, Daniel und andere in der Gefangenschaft, Paulus auf Reisen und im Gefängnis, Johannes in der Verbannung usw.

Obgleich das Buch nun aus so vielen (66) Teilen zusammengesetzt und von so vielen und ganz verschieden gearteten Schreibern geschrieben ist und zwischen dem ersten und dem letzten Schreiber ein Zeitraum von zirka 1500 Jahren liegt und ihre 66 Schriften inhaltlich ganz

verschieden sind, bilden alle doch ein Ganzes, ein Buch. Alle 66 Schriften sind miteinander in vollkommener Harmonie. Vom 1. Buche Mose bis zum Buch der Offenbarung, nirgends eine Unvereinbarkeit, nirgends ein Widerspruch. (Der Unglaube mag von Widersprüchen reden, keiner aber hat sich als unwiderlegbar erwiesen.) So groß auch die Fülle und die Verschiedenheit der Tatsachen und Mitteilungen sind, alle finden ihr Ziel in Christo. Jeder Umstand, der uns in dem Buche mitgeteilt ist, bildet einen Teil des Zeugnisses für Ihn. Ein Geist, ein Zeugnis geht durch die 66 Bücher des Buches: das Zeugnis von der erlösenden Liebe Gottes in dem Sündopfer Jesu Christi, Seines Sohnes. Das ist der Grundton, der durch das Ganze geht. So birgt das Buch den unwiderleglichen Beweis in sich, daß eine höhere Hand die Feder aller Schreiber leitete und Gott Selbst der Autor des Buches ist.

Und wenn ein Kind Gottes dennoch meint, Zweifel haben zu können, muß nicht der letzte Zweifel schwinden, wenn es sieht, daß die Schrift als Gottes Wort von dem Herrn Jesus Selbst anerkannt wurde und ebenso von den Aposteln? Ist das einem Kinde Gottes nicht der sicherste Beweis? Wenn die Schrift Menschen- und nicht Gotteswort gewesen wäre, hätte der Herr Jesus dann sagen können: „Die Schrift kann nicht gebrochen werden“ (Joh. 10,35) oder: „Bis daß der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“? (Matth. 5,18) Und an wie vielen anderen Stellen bezeugen uns die Propheten und Apostel, daß Gott der Redende in der Schrift ist (z. B. 2. Mose 20,1; 1. Kön. 12,22.24; Jes. 44,6; Apg. 13,33.35; Röm. 3,2; Hebr. 1,1).

Der Unglaube will uns auch weismachen, daß Moses und die Propheten die nach ihren Namen bekannten Schriften

nicht selbst geschrieben

haben. Für den HErrn und die Apostel aber bestand darüber kein Zweifel. Der Herr Jesus erkannte die Schriften Moses als von ihm geschrieben an. Er sagt: „Wenn ihr Moses glaubet, so würdet ihr Mir glauben, denn er hat von Mir geschrieben. Wenn ihr aber seinen Schriften nicht glaubet, wie werdet ihr Meinen Worten glauben?“ (Joh. 5,46.47) Und weiter fragt Er: „Hat nicht

Moses euch das Gesetz gegeben?“ (Joh. 7,19).

Obgleich der HErr somit klar und deutlich Moses als den Schreiber seiner Schriften anerkennt, so sagt Er doch andererseits ebenso klar, daß Gott der Autor der Schriften Moses war, indem Er spricht: „Gott (nicht Moses) hat geboten und gesagt: Ehre den Vater und die Mutter usw.“ (Matth. 15,4) In derselben Weise bezeichnet der Herr auch David (Mark. 12,36), Jesaja (Matth. 15,7) und Daniel (Matth. 24,15) als die Schreiber ihrer Weissagungen. Und in vielen Reden nimmt der HErr Bezug auf das von Moses, von den Propheten, in den Psalmen und auch in den geschichtlichen Büchern Geschriebene (z. B. Luk. 4,25.27; 24,44).

Das Gleiche finden wir auch in den Schriften der Apostel. Auch sie stellten sich entschieden auf den Boden der Heiligen Schrift. So wie der HErr mit einem: „Es stehet geschrieben“ Sich auf das geschriebene Wort berief, so gründeten sich auch die Apostel auf das geschriebene Wort. Wie oft gebraucht Paulus Worte wie z.B.: „Was sagt die Schrift?“, „Es stehet geschrieben“ u. a. m. (Röm. 3,10; 4,3; 9,17; 10,11; 11,2; Jak. 4,5 usw.). Und nicht allein bestätigen der HErr und die Apostel uns die Schrift als Gottes Wort, auch die Propheten wachten mit Sorgfalt darüber, daß niemand ihre Reden als ihre eigenen, sondern als Gottes Wort aufnehmen möge. Sie leiteten deshalb ihre Aussprüche immer wieder neu mit Hinweisen ein wie z.B.: „Also spricht Jehova“ usw. Mehr als 1500mal bezeugt uns die Schrift in Worten wie: „Gott sprach“, „das Wort des HErrn geschah zu usw.“ u. a. m., daß

Gott der Redende

ist. -

Die heiligen Schreiber waren sich bewußt, daß sie zu solchen Zeiten Jehovas Mund waren. Sie standen so unter der Macht des Heiligen Geistes, daß sie die Worte reden mußten, die Er in ihren Mund legte. Selbst ein Gottloser, ein Bileam, mußte dieses bestätigen. Wir kennen die Geschichte. Balak hatte ihm reichen Lohn versprochen, wenn er das Volk Gottes verfluchen wurde. Wie liebte er und wie lockte ihn der Lohn Balaks! Wie gern hätte er das Volk verflucht,

trat dazwischen und sagte ihm, daß er nur dasjenige reden solle, was Er zu ihm sagen werde (4. Mose 22,12.35). Wenn Gott durch Bileams Mund reden wollte, so vermochte Bileam sich Seiner Macht nicht zu entziehen. Er kannte Gott und wußte, daß er völlig ohnmächtig sei, irgend etwas anderes zu reden, als was Gott ihm in den Mund legen würde, so gern er es auch getan hätte. Er gesteht auch Balak seine Ohnmacht ein: „Vermag ich nun wohl irgend etwas zu reden? Das Wort, das Gott mir in den Mund legt, das werde ich reden“ (4. Mose 22,38). Wie gern hätte er um des Lohnes willen das Volk verflucht, aber er mußte es segnen. Als Balak ihm Vorhaltungen macht, bezeugt er ihm, daß er

unter göttlichem Zwange

stehe: „Muß ich nicht darauf achten, das zu reden, was Jehova in meinen Mund legt?“ (4. Mose 23,12)

Welch ein Beispiel ist Bileam von der Macht Gottes, den Mund der Menschen gebrauchen zu können, wie Er will! Wenn Gott Selbst den Mund eines Gottlosen so in Seiner Macht hatte, daß er keine anderen als Gottes Worte auszusprechen vermochte, wieviel mehr alsdann den Mund der heiligen Männer Gottes! Von diesen sagt Gott uns: „Die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben (oder wie einige übers. „getragen“) vom Heiligen Geiste“ (2. Petr. 1,21). Hier gibt uns Gott ein klares Zeugnis, daß die Weissagungen der Propheten nichts mit ihrem eigenen Willen zu tun hatten, sondern daß diese vom Heiligen Geiste hervorgebracht wurden.

In dem Worte

„getrieben“ oder „getragen“

kommt ja gerade diese beherrschende und fesselnde Macht des Heiligen Geistes zum Ausdruck. Personen, die „getrieben“ oder „getragen“ werden, sind nicht frei, nach eigenem Willen zu handeln, sie befinden sich unter der Gewalt und Macht dessen, der sie „treibt“ oder

eine Vorstellung von der Gewalt und Macht des Heiligen Geistes zu machen, unter der diese Männer standen, die Gott brauchte, um Sein lebendiges und bleibendes Wort niederzuschreiben.

Gott Selbst ist der Urheber und Verfasser der Schrift. Er legte die Worte in den Mund der heiligen Schreiber. Worte sind die Ausdrücke der Gedanken, die wir im Innern tragen. Ein falsch gewähltes Wort muß natürlich einen falschen Gedanken geben. Wir wählen deshalb in Urkunden sorgfältig die Worte, damit unsere Gedanken auch genau ausgedrückt werden. Wir wissen, wenn wir z. B. ein Testament machen, daß alles auf die Worte ankommt. Unser letzter Wille wird ausgeführt nach dem, was die Worte sagen, die wir niedergeschrieben haben, nicht nach dem, was wir vielleicht gemeint haben. Weil wir dieses wissen und zugleich auch, wie schwer es ist, unsere Gedanken in die richtigen Worte zu kleiden, gehen wir mit der Anfertigung solcher Urkunden gewöhnlich zu einem Rechtsgelehrten. Wenn es nun schon schwer ist, die Gedanken eines Menschen in den richtigen Worten auszudrücken, wie wäre ein Mensch fähig, die Gedanken des ewigen und erhabenen Gottes in eine Sprache der Menschen zu fassen? Und doch mußten sie uns, um sie aufnehmen zu können, in Worten der Menschen geoffenbart werden. Niemand als

allein Gott konnte dies tun.

Um uns Seine Gedanken über uns zu offenbaren, war es ganz unerläßlich, daß Er Selbst sie auch in Worte kleiden mußte. Wenn nun Menschen schon darauf achten, ihre Worte richtig zum Ausdruck zubringen, wieviel mehr können wir versichert sein, daß Gottes Worte genau sagen, was Er meint. „Alle Rede Gottes ist geläutert“ (Spr. 30,5) und gleich dem Silber „siebenmal gereinigt“ (Ps. 12,6). Es ist so vollkommen, wie Gott vollkommen ist, und jeder, der es liest, muß mit David sagen: „Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb“ (Ps. 119,140).

A. v. d. K..

Die Sünde Jerobeams.

„Er (Jehova) wird Israel dahingeben um der Sünden Jerobeams willen, die er begangen und wodurch er Israel sündigen gemacht hat.“ (1. Kön. 14,16)

Immer wieder werden in den Büchern der Könige die Sünden Jerobeams erwähnt. Dürfen wir nicht daraus schließen, daß der Heilige Geist uns etwas Besonderes dadurch zu sagen hat, daß Er unsere Aufmerksamkeit so dringend darauf lenkt? Wir wollen nun zunächst feststellen, worin die Sünden Jerobeams lagen, und dann, was in unseren Tagen diesen besonderen Sünden entspricht.

Von Salomo steht geschrieben: „Und es geschah zur Zeit, als Salomo alt war, da neigten seine Weiber sein Herz anderen Göttern nach; und sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David.“ (1. Kön. 11,4) Der König und sicher auch sein Volk mit ihm waren auf eine schiefe Bahn geraten, und nach seinem Tode, als das Königreich durch ein Gottesgericht geteilt wurde, waren viele in Israel bereit, auf den schlüpfrigen Wegen der Abgötterei zu wandeln, und Jerobeam fand es als ein leichtes Spiel, sie in dieser Hinsicht sündigen zu machen. Jerobeam handelte aus weltlicher Klugheit, denn nachdem er König über die zehn nördlichen Stämme geworden war, bemerkte er, daß sein Volk doch nach Jerusalem hinauszog, um im Hause Jehovas Schlachtopfer zu opfern. Das mußte verhindert werden, denn sonst könnte einmal das Volk zu der alten Treue des Hauses Davids zurückehren und er seinen Thron verlieren! Deshalb ersann er in seinem Herzen einen Gottesdienst, um das Volk von dem Wege nach dem Hause Jehovas in Jerusalem abzulenken; dadurch meinte er, seinen Thron zu befestigen. Doch gerade auf diese Weise verscherzte er alles, und das Ende war schließlich, daß das Volk aus dem guten Lande gefangen hinweggeführt wurde.

Jerobeam beriet sich und machte zwei goldene Kälber; damit führte er nicht gerade einen ausländischen Abgott ein, denn er sagte zum Volke: „Es ist zu viel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen; siehe da, Israel, deine Götter, die dich aus dem Lande Ägypten herausgeführt haben.“ (1. Kön. 12,28) Vom weltlichen Standpunkte aus war alles klug erdacht; er konnte sagen, daß das Volk Israel mit Aaron in der Wüste etwas Ähnliches getan hatte, denn damals

(2. Mose 32,4) Jerobeam konnte auch das Volk daran erinnern, daß ihr Erzvater Jakob gerade dort in Bethel einen Stein als Denkmal gestellt und Öl auf seine Spitze gegossen und gesagt habe, daß der Stein ein Haus Gottes sein solle. (1. Mose 28,18-22)

Jerobeam erdichtete aus vermeintlich klugen politischen Gründen eine Staatsreligion; sie war bequem, denn man brauchte sich nicht nach Jerusalem hinaufzubemühen; sie hatte durch feine Verdrehungen des Wortes einen biblischen Schein an sich, und sie gefiel dem Fleische, denn Jerobeam machte dem Volke in der Mitte des achten Monats ein Fest, in dem Monate, den er sorgfältig in seinem Herzen erdacht hatte; dazu war diese Religion auch noch einträglich, denn aus dem sämtlichen Volke wurden Priester gemacht, die auf Staatskosten in den neugebauten Höhenhäusern als geistliche Herren behaglich wohnen konnten!

Doch wie weltlich klug und wie scheinbar fromm das alles war, so war es doch nur eine schreckliche Sünde, durch welche der Gott Israels gereizt wurde und die zur Vertilgung des Hauses Jerobeams und zur Gefangenschaft des Volkes Israels aus dem guten Lande führte.

Andere Männer sind dann als Könige auf den Thron Israels gekommen, doch es schien, als ob sie sich von dieser verkehrten Staatsreligion nicht trennen konnten. Wie eine mißtönende Melodie mit Variationen oder wie eine gesprungene Glocke kommen immer wieder die verhängnisvollen Worte vor: „daß er in den Sünden Jerobeams wandelte!“ Von Ahab aber steht sogar geschrieben: „Und es geschah - war es zu wenig, daß er in den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, wandelte? -, daß er Isebel, die Tochter Ethbaals, des Königs der Zidonier, zum Weibe nahm; und er ging hin und diente dem Baal und beugte sich vor ihm nieder. Und er errichtete dem Baal einen Altar im Hause des Baal, das er zu Samaria gebaut hatte; ... Und Ahab tat mehr, um Jehova, den Gott Israels, zu reizen, als alle Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren.“ (1. Kön. 16,31-33)

Die falsche Staatsreligion Jerobeams hatte einen Schein an sich, daß sie richtig wäre, denn man verehrte angeblich die Götter, die das Volk Israel aus Ägypten herausgeführt hatten; aber Ahab führte einen ganz anderen Greuelgott ein, nämlich den Baal, und damit wurde der

Später wurde ein Oberster des Heeres Israels namens Jehu König, und er übte Gericht an dem Hause Ahabs, indem er alle Glieder erschlug. Er lud einen gewissen Jonadab ein, mit ihm zu fahren, und sagte: „Komm mit mir und siehe meinen Eifer an für Jehova!“ (2. Kön. 10,16) Also begab sich Jehu ans Werk; er ließ alle Priester Baals im ganzen Lande im Hause Baals zusammenkommen, und dort wurden sie alle umgebracht; dann brachten seine Knechte die Bildsäulen aus dem Hause Baals und verbrannten sie, „und sie rissen das Haus des Baal nieder und machten Kotstätten daraus bis auf diesen Tag.“ (2. Kön. 10,27) Dann kommen aber die merkwürdigen Worte vor: „Also vertilgte Jehu den Baal aus Israel. Nur von den Sünden Jerobeams, des Sohnes Nebats, wodurch er Israel sündigen gemacht hatte, von denen wich Jehu nicht ab: von den goldenen Kälbern, die zu Bethel und zu Dan waren.“ (2. Kön. 10,28.29) Auch von dem Joahas, dem Sohne Jehus, steht es geschrieben: „Er tat, was böse war in den Augen Jehovas; und er wandelte den Sünden Jerobeams nach, des Sohnes Nebats, wodurch er Israel sündigen gemacht hatte: er wich nicht davon.“ (2. Kön. 13,2)

Ob wir nun in unserem christlichen Zeitalter unsere Finger auf Sünden legen können, welche den Sünden Jerobeams entsprechen oder wenigstens ähnlich sind, Sünden, von welchen die religiösen Führer nicht weichen wollen?

Es ist Brüdern, die im Worte forschen, aufgefallen, daß man in der Geschichte Israels in gewisser Hinsicht die äußere Geschichte der Christenheit vorbildlich wiederfinden kann, wie auch die Geschichte der Christenheit vom göttlichen Standpunkt aus in den sieben Sendschreiben der Offenbarung vor unseren Augen aufgerollt wird. Wohl können wir jetzt das alles eingehend nicht betrachten, doch einen kurzen Umriß können wir geben.

Salomo am Anfang seiner Regierung ist ein Vorbild des Zustandes der Gemeinde in ihrer ersten Liebe, und in dem Sendschreiben an die Gemeinde zu Ephesus wird gesagt, wie sie dieselbe verließ. In Rehabeam, dem Sohne Salomos, finden wir ein Schattenbild von Smyrna. Jerobeam wird in Pergamus dargestellt. Ahab und Isebel finden ihr Gegenbild in Thyatira. Jehu bemerken wir in Sardis. Der Charakter der Gemeinde in Philadelphia kommt sinnbildlich zum Vorschein in

Zedekia.

In der Geschichte der Christenheit aber finden wir den Jerobeam-Zustand, als die heftigen Verfolgungen der Gemeinde vorüber waren und die Lehre Balaams in ihr Eingang fand. (Offb. 2,14) Die Welt und die schon verweltlichte Gemeinde geben einander die Hand, und das Christentum wird eine begünstigte Staatsreligion, denn der Kaiser Konstantin ist aus politischen Gründen Christ geworden! Wahre Bekehrung ist nicht mehr nötig, Glaubens-Verbindung mit Gott ist unbekannt, ein Anbeten im Geiste und in der Wahrheit wird vollständig ignoriert. Eine äußere Zugehörigkeit zum bekennenden Staats-Christentum ist alles, was notwendig ist. Aus der einfachen Gemeinde ist ein Kirchentum geworden. Zum wahrhaftigen Heiligtum nach Hebr. 10 soll man nicht mehr hinaufgehen, man kann leichter und ohne Herzens-Übung goldene Kälber in Bethel und in Dan finden. Eine neue Priesterklasse wird eingeführt, und das geistliche Priestertum aller wahren Gläubigen wird verleugnet. Als so Konstantin der Große das Christentum zur Staatsreligion erhob, wurde er von derselben weltlichen Klugheit beseelt, welche wir bei Jerobeam gefunden haben.

Ja, ein Namenchristentum, eine Staats- oder Volkskirche ist die Sünde Jerobeams in diesem Zeitalter, und von dieser Sünde will man nicht weichen.

Die volle Blüte dieser Sünde finden wir bei Ahab und, auf den Zustand der Christenheit übertragen, in der römisch-katholischen Kirche dargestellt, besonders im Mittelalter; es ist Baalsdienst geworden, obwohl auch in jenen dunklen Tagen Jehova 7000 in Israel hatte, die ihre Knie vor dem Baal nicht gebeugt hatten.

Dann kommt Jehu mit seinem Eifer für Jehova; sicher finden wir das in der Reformation; doch, obwohl er das Haus Baals niederriß und alle Priester Baals umbringen ließ, wich er selber nicht von den Sünden Jerobeams! Ja, man blieb bei einem Namenchristentum, man kehrte nicht völlig zum Worte zurück, und Der, Der die sieben Geister Gottes und die sieben Sterne hat, sagte unter anderem: „Ich habe deine Werke nicht völlig erfunden vor Meinem Gott.“ (Offb. 3,2) Bis zum heutigen Tage wandelt man nach den geistlichen Sünden Jerobeams, und wie viele

von Licht und Finsternis, man will nicht das Alte oder, wie man es nennt, „das geschichtlich Gewordene“ wegräumen, man hat Achtung vor den „goldenen Kälbern“. Man macht aus unwiedergeborenen Menschen Kirchenmitglieder, man besprengt Säuglinge, und sie werden Namenchristen; man bildet mit weltlicher Weisheit Pfarrer und Prediger aus in Bethel und Dan, die kirchlichen Handlungen zu vollziehen; man bringt das Christentum unter ein Joch mit der Politik dieses Zeitlaufes; mit einem Wort, man weicht nicht von den Sünden Jerobeams, obwohl man mit großem Eifer den Baalsdienst vernichtet hat! Und solche, die sich gern von den Sünden Jerobeams trennen möchten, beschimpft man als Sektierer. Es wurde sogar dem Manne Gottes aus Juda verboten, Brot zu essen oder Wasser zu trinken in Bethel (1. Kön. 13,8), denn Essen und Trinken sind Zeichen der Gemeinschaft, und Gott wollte nicht, daß er mit den Sünden Jerobeams Gemeinschaft haben sollte. Leider ließ er sich betrügen und verlor sein Leben.

Endlich aber ist ein junger, gottesfürchtiger König von Juda, namens Josia, kühn genug geworden, mehr aufzurichten: „Und auch den Altar, der zu Bethel war, die Höhe, welche Jerobeam, der Sohn Nebats, gemacht halte, der Israel sündigen machte, auch diesen Altar und die Höhe riß er nieder; und er verbrannte die Höhe, zermalmte sie zu Staub und verbrannte die Aschera.“ (2. Kön. 23,15) Ja, die Gemeinde Philadelphia mit ihrer kleinen Kraft will sich gründlich abwenden von den Sünden Jerobeams und sich nach dem Worte des HErrn richten, und so sagt Er: „Du ... hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet.“ (Offb. 3,8)

Wie ernst ist doch der Gedanke, daß man eifrig für den HErrn sein und zu gleicher Zeit bei den Sünden Jerobeams bleiben kann wie Jehu! Wie sonderbar, daß man sich gern mit Gläubigen versammelt, weil das Herz sich nach der Gemeinschaft mit Gottes Kindern sehnt; doch wenn es sich um die klaren Befehle und Anordnungen des HErrn handelt, läuft man straks nach Bethel oder sogar nach Dan und nimmt den amtlichen Dienst derer in Anspruch, die nicht von der echten Priesterfamilie sind, um vielleicht eine kirchliche Handlung zu vollziehen, die nicht einmal in der Schrift steht! Was ist das anderes als ein Festhalten an den Sünden Jerobeams! Man steckt in Bethel und will nicht nach Jerusalem hinauf, denn man kann ja auch selig werden,

wenn man bei dem „Geschichtlichgewordenen“ bleibt, und vielleicht hat man dort einen größeren Wirkungskreis! Ist denn die eigene Seligkeit und der größere Wirkungskreis wichtiger als die Ehre des HErrn und die Unterwürfigkeit unter Sein Wort? Durch die Sünden Jerobeams wurde Israel aus dem guten Lande hinweggeführt; und durch die entsprechenden Sünden auf dem christlichen Gebiet in diesem Zeitalter wird schließlich das bekennende Christentum aus dem Munde „des Amen, des treuen und wahrhaftigen Zeugen“, hinausgespien. (Offb. 3,16)

Laßt uns in aller Demut von den Sünden Jerobeams abstehen! Wir brauchen ja nicht im Fleische angesehen zu sein (Gal. 6,12), denn unser HErr war nichts in dieser Welt, und wir wollen auch nichts sein.

„Sein“ Mitgefühl.

Als Hiob schweres Leid erduldete, war der HErr voll innigen Mitgefühls zu Seinem Knechte (Jak. 5,11). Als der HErr die Maria über den Verlust ihres Bruders Lazarus weinen sah, seufzte Er tief im Geist und vergoß Tränen (Joh. 11,33.35). Als ein Aussätziger zu Ihm kam, Ihn bittet und vor Ihm niederkniet, war Er innerlich bewegt (Mark. 1,41).

Obgleich der HErr jetzt erhöht zur Rechten Gottes ist, so ist Er dennoch derselbe „voll innigen Mitgefühls“. „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“ (Hebr. 13,8). Das Bewußtsein Seines mitfühlenden Herzens ist uns in Zeiten der Trübsal ein großer Trost; wenn wir es aber mit dem Herzen glaubend erfassen, so wird es uns noch mehr. Das glaubende Bewußtsein Seines Mitgefühls bringt uns in den Genuß Seiner Liebe; denn Sein Mitgefühl ist der Ausdruck Seiner Liebe.

Der HErr fühlte von Herzen mit Seinem leidenden Knechte Hiob, ja Er war zu ihm „voll innigen“ Mitgefühls.

So wie es uns das Wort mitteilt, so ist es. Voll innigen Mitgefühls ist der HErr zu dir und zu mir,

lieber Bruder und liebe Schwester, die wir durch Trübsal hindurchgehen. Welch ein Trost ist dies für uns! Seine Liebe ist groß!

Wenn Er bei all Seiner Liebe und Seinem innigen Mitgefühl unser Leid zulassen muß und zurzeit in Seiner Treue nicht wegnehmen kann, so ist es aus irgend einem Grunde notwendig. „Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind Meine Wege höher als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jes. 55,9).

Aber wir dürfen unser Herz Ihm, unserem teuren Herrn, im Gebet ausschütten. Und wenn Er zu uns wie einst zu Paulus sagen muß: „Meine Gnade genügt dir“ (2. Kor. 12,9), so möchten doch Seine Liebe und Sein inniges Mitgefühl unserem Herzen Balsam und Trost sein. Ihm sei Dank und Ehre allein!

O. D.

Gottes Wirken.

Gott sitzt am Webstuhl meines Lebens

Und Seine Hand den Faden hält;

Er wirkt ein wundersam Gewebe,

Wie's Seinem Auge wohlgefällt.

Mir will es manchmal seltsam dünken,

Was Seine Hand am Webstuhl schafft.

Doch nimmer Seine Arme sinken,

Er wirkt voran mit Gotteskraft.

Manch rauhen Faden läßt Er gleiten

Durch Seine liebe Vaterhand

Und weiß aus allem zu bereiten

Für mich des Himmels Lichtgewand.

Und bunte Fäden, wild verworren,

Flicht Er in das Gewebe ein.

Das sind des Lebens trübe Stunden.

Dann schweige ich und harre Sein.

Der goldne Faden Seiner Liebe,

Er glänzt aus allem hell hervor;

Es ist die Liebe meines Gottes,

Die mich von Ewigkeit erkor.

Und lächelnd ich am Webstuhl stehe,

Wenn Er auch dunkle Fäden spinnt;

Den goldnen Faden ich nur sehe,

Und freu mich dessen wie ein Kind.

Und ist der letzte Tag gekommen,

Mein Sterbetag, von Gott gewollt,

So ist der Webstuhl abgesponnen

Und alles scheint mir lichtes Gold.

Frage und Antwort

Frage 1

Besteht nach der Schrift zwischen den Cherubim und der „Flamme des kreisenden Schwertes“ irgendwelche Beziehung, und was ist unter letzterem Ausdruck zu verstehen? (1. Mose 3,24)

Antwort

Vorbemerkung: Wenn man jahre- und jahrzehntelang sich mit dem Wort beschäftigt hat, zuerst als „Lehrling“, der von „Gesellen“ und „Meistern“ in der Auslegung zu lernen bestrebt ist, und nach und nach als Fortgeschrittener weiter lernt, so kommt man dahin, daß man mit Verwunderung urteilt: Die Rätsel, die im Anfang zu Hunderten auftauchten, lösen sich auf in die Erkenntnis: Die Wahrheit ist einfach, so einfach, daß diese Einfachheit selber zum Rätsel wird. Sie mag für eine gewisse Sache eine Menge Einzelheiten zu ihrer Darstellung brauchen; der springende Punkt, der sich aus den Einzelheiten ergibt, ist einfache Wahrheit. Wenn man diese Tatsache festhält, läßt man sich durch eine Vielheit von Einzelpunkten der Darstellung nicht in Verwirrung bringen; man sucht vielmehr die Gesamtwirkung in einem Einzelbild festzuhalten. - So bei den Beschreibungen der lebenden Wesen oder Cherubim. Denn wir müssen uns kurz damit befassen, um zur gesuchten Antwort zu kommen. Beginnen wir dabei hinten in unserer Bibel, im Gegensatz zur Gepflogenheit, vorne zu beginnen. Wir wollen ja die allererste Stelle über die Cherubim uns verständlich zu machen suchen, da können wir nicht mit ihr beginnen.

Offenbarung 4 und 5 sind die Lebewesen zum Teil Cherubim, zum Teil Seraphim, also weder das eine noch das andere. Man vergleiche sorgfältig Hesekiel 1 und 10 (wo Vers 20 sagt, daß

symbolische Darstellung ist, erhellt daraus, daß sie, die vier, gleichzeitig um den Thron her und inmitten desselben sind. Wieso das, da doch der Thron eine Sache für sich und der Daraufsitzende eine Person für sich ist? - Die vier Wesen bilden eben mit dem Thron und mit dem „um ... her“ ein Ganzes; „inmitten“ ist nicht „darunter“, wie jemand denken könnte, wenn er sich einen Stuhl mit vier Beinen vorstellt.

Hes. 41,18ff.: Wird in Offenb. 4 ausgesagt, jedes der vier Lebewesen habe je ein besonderes Gleichsein mit je einer Art Geschöpfe unserer Welt aufzuweisen, so heißt es hier, daß jeder zwischen je zwei Palmen abgebildete Cherub je zwei Angesichter von je einer Art Geschöpfe unserer Welt hatte: hier ein Menschen- und hier ein Löwengesicht.

Hes. 1 und 10: Hier sind es vier lebendige Wesen, deren jedes je in sich dem Angesicht nach die vier Züge, die in den vier Lebewesen von Offenb. 4als je einzelne gefunden werden, vereinigt. Zugleich ist die Darstellung eine solche, daß die Vierheit mit viermal jevier gleichen Zügen dem Angesicht nach eine Einheit ist nach 1,20.22 und 10,2.15: das lebendige Wesen; der Cherub. Fällt nicht auf die dreimalige Vervielfältigung?: Offenb. 4 je ein Gesicht, zusammen 4 Angesichter; Hes. 41 je zwei Gesichter, zusammen 4 Angesichter; Hes. 1 und 10 je vier Gesichter, zusammen 4 x 4 = 16 Angesichter. In Hes. 10,14 scheint der Prophet die Lebewesen von einer anderen Seite her zu sehen, denn die Reihenfolge ist eine andere, auch nennt er uns je ein Gesicht von jedem. Das Auffallendste ist: Statt zu sagen: „das Angesicht eines Stieres“, sagt er: „das Angesicht eines Cherubs“, als ob Stier und Cherub dasselbe wären! Und doch heißt das Ganze auch „der Cherub“ (10,2).

1. Kön. 6,23-25; 7,29; 2. Chron. 3,10-14; 2. Mos. 25,18-21; 26,1.31: Was uns hier interessiert, ist, daß in diesen Stellen nichts über Form und Angesichter der Cherubim gesagt ist. Doch beachten wir: 2 Flügel nur hat jeder Cherub statt 6 in Offenbarung und 4 in Hesekiel. Die Stellung der Flügel ist im Tempel und über der Bundeslade eine des schützenden Ausgebreitetseins im Gegensatz zu Hesekiel, wo ausgesagt wird, daß die Flügel waagerecht waren, wie zum Tragen bestimmt, daß sie zum Bedecken der Leiber verwendet wurden wie auch zum sich Erheben und Gehen (1,11.19-25). In 1. Kön. 7,29 sind auf den Feldern der

Gestelle „Löwen, Rinder und Cherubim“. Welche Form und welche Angesichter hatten diese Cherubim, da Löwen und Rinder extra da waren und wir eben in Hes. 10 sahen, daß Stier und Cherub identifiziert werden? Dürfen wir in Erinnerung an Hes. 41,19 nicht denken, daß sie Menschenform und -angesicht hatten? Das Adlerangesicht paßt nicht, weil der Tempel auf das Reich hinweist, wo keine Adlerschnelligkeit zum Gericht mehr nötig ist. Das liegt dann zurück, wohl aber kennzeichnen Intelligenz, Kraftfülle, fester Bestand (im Symbol Mensch, Löwe, Stier) die Herrschaftsausübung im Reiche. Hatten die Cherubim an den Wänden des Tempels, in den Teppichen der Stiftshütte und in dem Vorhang zwischen Heiligtum und Allerheiligstem Löwen- und Menschenangesicht wie in Hes. 41,19 oder nur Menschenangesicht? Die Frage bleibt offen. In 2. Chron. 3,13 kann das nach außen, dem Heiligen zu schauende Angesicht jedes der beiden Cherubim nur eine Form gehabt haben, nicht zwei oder drei oder vier; doch wohl auch die menschliche; nach rechts oder links oder hinten je noch ein Gesicht widerspräche dem Ausdruck: „Dem Hause zu (d. i. ‚geradeaus‘), nach vorn gewandt.“

Noch wäre anzuführen Ps. 18,10; 2. Sam. 22,11: „Jehova fuhr auf einem Cherub und flog daher“, welchem Gedanken die Benennung der Cherubim im Tempel 1. Chron. 28,18 entspricht: „das Muster des Wagens der Cherubim“, obwohl sie im Tempel Bedeckende und nicht Tragende sind. Wie war das Muster? Die Ausführung nach 1. Kön. 6,23-25 und 7,29 und 2. Chron. 3,10-14 sagt es, oder vielmehr sagt es nur zum Teil. Und noch das bekannte Attribut Jehovas der Heerscharen: „der die Cherubim Bethronende“ (Bewohnende, auf ihnen Sitzende); 1. Sam. 4,4; 2. Sam. 6,2; 2. Kön. 19,15; Ps. 80,1; 99,1.

Löwe, Rind, Mensch, Adler lassen an Majestät und Kraft, an Beharrung, an Intelligenz, an Raschheit und Zielsicherheit in der Ausführung denken, wie die Schrift selber im allgemeinen es an die Hand gibt. Zugleich sind sie in ihrer Vierheit die universellen Vertreter der irdischen Geschöpfe. Daher wird ihnen in Offenb. 4 Herrlichkeits-, Ehr- und Dankbezeugung zugeschrieben und in Kap. 5 das Amensagen zu denselben Bezeugungen von seiten aller Geschöpfe (vgl. Ps. 148 und 150).

Der Zusammenhang mit dem, was auf die Beschreibung folgt, sowohl in der Offenbarung als in

Hesekiel, macht es klar, daß die Mitteilung richterlicher Maßnahmen der Zweck der Vorführung der Symbole ist. Die eigentlichen Werkzeuge der Ausführung der Gerichte können Engel, Menschen, Tiere oder Naturgewalten sein. Die Ausführung selbst trägt je nach dem Willen Gottes in den einzelnen Fällen den Stempel der oben genannten Eigenschaften. Vergleiche für Menschen z. B. Jer. 1,13-16 mit Hes. 1,4; Hab. 1,6-11 und Jes. 5,26-30; für Tiere z. B. Offenb. 6,8 und Hes. 14,21; für Naturgewalten Ps. 148,8; 107,25-29; Jona 1,4; 2. Mos. 10,13.19; 14,21. Der richterliche Dienst der Engel (wie ihr wohltuender) ist zu bekannt, als daß er durch Stellenanführung belegt zu werden brauchte. Kurz zusammengefaßt heißt es von der symbolischen Darstellung der Cherubim in Hesekiel: „... alle Kraft und alles Vermögen des Lebens in höchster Potenz und Konzentration dient der inweltlichen und besonders der richterlichen Selbstbezeugung Gottes.“ (Gesenius, hebr. Handwörterbuch.)

Um noch weiter den Beweis für die Symbolik in der Darstellung zu erbringen, sei unter dem vielen, das als Unterschied aufzuzählen wäre, nur noch auf folgendes hingewiesen: In Offenb. 4 gehen die richtenden Elemente (Blitze und Donner) vom Throne aus; die Lebewesen sind aber sowohl im Throne als drum her; Feuer (= Fackeln) brennen vor dem Throne. In Hes. 1,4ff. ist die Gesamterscheinung ein zusammengeballtes Feuer, aus dessen Mitte hervor die „Ähnlichkeit“ von vier Lebewesen sich abhebt. „Funkelndes Erz“, Vers 7, ist der Anblick. Vers 13: Feuerkohlen, Fackeln, Blitze zwischen ihnen. Vers 15ff.: nicht zu trennen von ihnen sind die Räder, die nur hier vorkommen.

In Kön. und 2. Mose sind es keine Gesichte, sondern Kunstarbeiten aus Gold, Sinnbild der göttlichen Herrlichkeit, der göttlichen Heiligkeit und Gerechtigkeit (Erz: Sinnbild von Festigkeit im Gericht).

Das bisher Gesagte genügt, um uns der Lösung der gestellten Frage näherzubringen. Nun müssen wir noch bedenken, daß die Israeliten sich etwas Vorstellbares denken mußten unter den Worten „Cherubim“, die Mose ihnen da in 1. Mos. 3,24 aufschrieb. Übrigens waren sie ja selber die Verfertiger der Cherubim auf der Bundeslade, in den Teppichen und auf dem Vorhang. Und Mose hatte das Muster dazu wie zu allem auf dem Berge gesehen. Ferner

müssen wir daran denken, daß die Gesichte Hesekiels und der Offenbarung als damals der Zukunft angehörend nicht in Frage kommen, auch die unter Salomo hergestellten Cherubim nicht. Für uns geben letztere überhaupt nicht Anlaß zu einer anderen Vorstellung über die Gestalt der Cherubim als zu der, wie sie unter Mose dargestellt wurden.

Bleibt zu erwägen: was war den Nachkommen Abrahams im vierten Geschlecht ihres Weilens in fremdem Lande (1. Mos. 15,16), zirka 2500 Jahre nach dem Fall Adams, bekannt von den Wegen Gottes in bezug auf das, was unsere Frage berührt? - Dieses, daß in die Lebensumstände Abrahams und Jakobs, aber nur dieser zwei Männer, Engel, das sind Boten Gottes, zu wiederholten Malen eintraten und eingriffen; auch Jehova Selber in Gestalt eines Seiner Boten, d. i. in menschlicher.

Konnten sie sich also etwas anderes denken, als daß Jehova Gott von Seinen Boten als in Seinem Auftrag Handelnde an den Zugang des Paradieses beordert habe? Menschen, die es außer den beiden Ausgewiesenen nicht gab, und Tiere können nicht in Frage kommen. Der Auftrag war einer von richterlicher Befugnis. Er liegt genau auf der Linie, die sich bis Offenb. 4 verfolgen läßt; wie wir gesehen haben, daß, welches die Werkzeuge auch sein mögen, ihre symbolische Darstellung „Lebewesen“ oder „Cherubim“ heißt.

„Und die Flamme des kreisenden Schwertes“, d. i. die wie eine Flamme züngelnde, funkelnde, glitzernde Schneide des hin- und herfahrenden Schwertes. Das Hin- und Herfahren des Schwertes mußte sich über einen ausgedehnten Bezirk erstrecken, wenn ein Zurück unmöglich gemacht werden sollte, weil wir uns den Garten nicht eingehegt denken dürfen, so daß die ganze Ostgegend vor dem Garten als von den Blitzen des Schwertes in steter Aufeinanderfolge durchfurcht zu denken ist. (Das Schwert als Symbol der Abwehr sowohl wie des Angriffs: 4. Mos. 22,23; Jos. 5,13; 1. Chron. 21,16.17.) Schwertgleiche Flammenblitze können wir uns vorstellen, mögen sie welch irgend denkbaren Ursprung gehabt haben; macht der allmächtige Schöpfer doch Selbst Seine Diener zu einer Feuerflamme, Hebr. 1,7 und Ps. 104,4 (die heutige Atmosphäre mit Gewittern und Regenbogen datiert erst seit der Sintflut). In der bildlichen Redeweise kommt das Schwert oft vor in den Schriften des Alten Testamentes. Für unsere

Stelle „Flamme des kreisenden Schwertes“ vergleiche (außer Stellen wie Ps. 7,11.12; Jes. 27,1; 34,5.6; 66,16; Hes. 21,9.14.19) 5. Mos. 32,41 und Hes. 21,15.20.21!

Mit Vorstehendem wäre der zweite Punkt der Frage, was unter dem Ausdruck „Flamme des kreisenden Schwertes“ zu verstehen sei, beAntwortet. Den ersten Punkt der Frage, ob irgendwelche Beziehung zwischen den Cherubim und der Flamme des kreisenden Schwertes besteht, können wir in Anlehnung an das in der Vorbemerkung Gesagte und an die danach folgenden Ausführungen über das Wesen und die Bedeutung der Cherubim in Kürze so beAntworten: „Ja, es besteht eine Verbindung zwischen den Engeln, welche wir uns unter der symbolischen Benennung ‚Cherubim‘ denken, und dem kreisenden Schwerte, nämlich ähnlich der, die besteht zwischen einer selbsttätigen Maschine und dem Maschinisten, der die Aufsicht darüber hat und ihren Gang kontrolliert.“

Der Text, wie ihn alle Übersetzungen haben, sagt nämlich nicht, daß das kreisende Schwert von den Cherubim in Bewegung gesetzt werde. Er sagt: die Cherubim und die Flamme des kreisenden Schwertes. In Offenb. 6,1.3.5.7 sehen wir die Cherubim als Kontrolleure der symbolischen Pferde (ihr Ruf „komm!“ gilt diesen, nicht dem Seher. Die besten Handschriften und Übersetzungen verwerfen das „und siehe“ als Zusatz). In Offenb. 7,1; 14,18; 9,13.14 sehen wir Engel als Kontrolleure der Winde, des Feuers sowie auch anderer Engel. Was liegt näher als die Engel-Cherubim auch so zu denken?! Selbst wenn die Flamme des kreisenden Schwertes nach Ps. 104,4 Engel wären, widerspräche es der Schrift nicht; spricht sie doch von Thronen, Herrschaften, Fürstentümern, Gewalten, d. h. einer Hierarchie in der Engelwelt, von dem Erzengel Michael und seinen (ihm unterstellten) Engeln. So wären auch die Engelcherubim Kontrolleure der zu Schwertflammen gemachten anderen Engel. Doch soll das nicht als ausgemacht gelten. Jedenfalls aber liegt es nahe, an Elias und Elisas feurige Wagen und Rosse (2. Kön. 2,11 und 6,17) zu denken als an Engel, die sich dem menschlichen Auge unter dieser Form zeigten, wie auch die Gesetzgebung mit ihren Begleiterscheinungen Feuer, Sturm, Posaunenschall ausdrücklich Engeln zugeschrieben wird. (Vgl. 2. Mos. 19,18; 5. Mos. 4,11; 33,2; Ps. 68,17; Hebr. 12,18 mit Apgesch. 7,53; Gal. 3,19; Hebr. 2,2.)

F. Kpp.

Frage 2

Was ist zu verstehen unter den Worten „von welchem jede Familie in den Himmeln und auf Erden benannt wird“ (Eph. 3,15)?

Antwort

Es fehlt nicht an Auslegern, die einfach das Wort „Familie“ in der Einzahl fassen, um der Schwierigkeiten der Auslegung enthoben zu sein. So wäre es auch einfach zu deuten, weil darunter nur die eine Familie der Gemeinde, die Erlösten der Jetztzeit, gemeint sein könnte; im weiteren Sinne die Erlösten aller Zeiten. Doch mußten wir feststellen, daß alle guten Übersetzungen dieses Wort ausnahmslos in der Mehrzahl bringen. Nur in einem finden wir große Verschiedenheiten, nämlich in der Wiedergabe des Wortes „Patriá“ in unserer Sprache. Sie übersetzen es: Stämme, Kinder, (jedes) Vaterhaus, Geschlechter, Familien usw. Man merkt es den Übersetzern an, daß es gar nicht so leicht ist, das Wort „Patriá“ (welches dreimal im Neuen Testament vorkommt: Luk. 2,4; Apgesch. 3,25 und hier) so wiederzugeben, daß zugleich Licht und Verständnis über diese Stelle durch die Übersetzung dem Leser vermittelt wird. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn von berufener Seite - d. h. von jemand, der das Griechisch des Grundtextes in seinen Feinheiten beherrscht - eine Antwort Auf die obige Frage gegeben worden wäre. Doch wollen wir versuchen, das zu Antworten, was wir darunter zu verstehen meinen, ohne uns anzumaßen, daß es die richtige Anschauung ist. Uns geht es wie den Übersetzern: wir wissen kaum die Gedanken so klar zu formulieren, daß wir alle einen Segen davon haben.

Viele Ausleger haben in der Benennung der Familien in den Himmeln und auf Erden nur die Herrlichkeit des Schöpfers gesehen bezw. die jeweilige Schöpferherrlichkeit, die Er, der Schöpfer, jeder Familie Seiner Geschöpfe gegeben hat. Wir haben diesen Gedanken auch

ernstlich erwogen, doch stießen wir auf biblische Schwierigkeiten, die uns veranlaßten, diesen Gedanken wieder fallen zu lassen. Wenn wir unter den „Familien“ die Stämme Israels, die Völker, die Nationen in ihrer natürlichen, menschlichen und kreatürlichen Bestimmung (die wir an und für sich nicht leugnen, aber nicht hier in diesem Zusammenhang sehen können) verstehen, ergeben sich im Blick auf den Vaternamen, der ständig Gnade ausdrückt, wie auch auf die Nationen selbst, welche ja die Frucht der Sünde sind (vgl. 1. Mos. 10-11, wo Nationen zum ersten Male genannt werden), große Schwierigkeiten.

Es scheint uns, daß das Wort „Familie“ nicht die einfach menschliche Bedeutung hat im Sinne von Geschlechtern mit ihren Stammvätern, sondern vielmehr von Gemeinschaften, Familien, wo wir das göttliche Band, den göttlichen Gedanken Seiner jeweiligen für jede Familie bestimmten Herrlichkeit und Segenssphäre finden. Es handelt sich nach unserer Auffassung nicht um kreatürliche Gemeinschaften (es sei denn Engelfamilien), sondern um geistliche; die den jeweiligen Offenbarungscharakter Gottes ihnen gegenüber aufgenommen haben und bei denen diese Herrlichkeit nicht nur das Band - in diesem Sinne Familienband - ist, sondern die auch diese Herrlichkeit ausstrahlen und dadurch gekennzeichnet sind. Wir müssen uns doch unwillkürlich fragen, wie es kommt, daß diese Familien gerade hier, in dem wunderbarsten Gebet des Apostels Paulus, genannt werden? Welchen Platz haben diese Familien in dem Ratschluß Seiner Liebe, der hier in so einzigartiger Weise vorgestellt wird? Es müssen doch göttliche, geistliche Zusammenhänge bestehen? Wir glauben, der Hauptgrund der Kennung dieser Familien ist ohne Zweifel darin zu sehen, daß in diesem Briefe die einzigartige Stellung, Herrlichkeit, Berufung der Gemeinde, welche besonders das Gefäß Seiner Gnade, Weisheit und Herrlichkeit ist, enthüllt, geoffenbart wird. Sie überragt alle vergangenen und zukünftigen Segenskreise der Erlösten oder Engel, so daß man sie wohl als die Krone der erlösten Schöpfung bezeichnen kann. Dieser Platz ist ihr von Gott, dem Vater, gegeben. Der Gedanke aber, daß Gott als „Vater, von welchem jede Familie benannt wird“, so hervorgehoben wird, scheint der zu sein, daß aller Familien in den Himmeln - seien es die verschiedenen erlösten Familien: die Geister der vollendeten Gerechten, die alttestamentlichen Heiligen wie auch die neutestamentlichen Heiligen (Hebr. 12,22.23) sowie auch die Engelfamilien, die auch einen

auf Erden außerhalb der Gemeinde, die noch in Frage kommen - vor „Gott, dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“, gedacht wird, indem Er auch ihnen Wesensherrlichkeiten Seines Namens - das, was Er ist - verlieh und verleiht aus der unermeßlichen Fülle Seiner Gnade und Liebe. Wenn sie auch nicht die ganze Fülle Christi ausstrahlen, wie es der Gemeinde gegeben ist zu tun, so werden sie doch gewisse Züge Seiner Herrlichkeit wiedergeben, weil sie mit Ihm in Lebensbeziehung gebracht sind.

Von Jahwe (Jehova) wurde Israel als Volk gesegnet. -

Von Gott wurden die Heiden gesegnet. -

Vom Vater aber wird jede Familie gesegnet.

In den Engeln offenbart Gott Seine Macht und Stärke, durch die Patriarchen die Auswahl Seiner Gnade und die Herrlichkeit Seiner Berufung, in Israel die Wege Seines Waltens und die Absicht Seiner Herrschaft, in den Heiden die Unumschränktheit Seines Erbarmens; in der Gemeinde aber wird Gott wohnen und thronen ewiglich, weil sie „die Fülle“ Dessen ist, „der alles in allem erfüllt“. (Eph. 1,23) So hat es der Gott und Vater angeordnet, für gut erfunden, so daß auch wir wie der Apostel Paulus unsere Knie vor Ihm beugen in stiller und anbetender Bewunderung vor „Ihm, dem die Herrlichkeit ist in der Gemeinde in Christo Jesu auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter hin! Amen.“ (3,21)

K. O. St.

Die Rückkehr Davids.

(2. Sam. 19,9ff.)

Absalom hatte den Thron seines Vaters David an sich gerissen. Die Männer Israels, die König David untertan sein sollten, hatten sich hergegeben, Absalom in seinem bösen Ziele zu unterstützen. Sie taten damit übel, sowohl sich selbst als auch dem Reiche. Die glücklichen

fanden, haderte das ganze Volk miteinander unter allen Stämmen Israels. (2. Sam. 19,9)

Ihre Gedanken wandten sich nach dieser Enttäuschung wieder dem verworfenen König zu. Sie erinnerten sich seiner errettenden Hand, durch die sie einst von ihren Feinden befreit wurden. Sie sagten: „Der König hat uns errettet aus der Hand unserer Feinde und hat uns befreit aus der Hand der Philister“, und sie fingen an, sich gegenseitig zu fragen, warum nicht davon geredet werde, den König zurückzuführen. Ihre Frage: „Warum schweigt ihr, den König zurückzuführen?“ läßt erkennen, daß sie in seiner Zurückführung ihre einzige Hoffnung sahen. Wie sollten auch Gerechtigkeit, Frieden, Ordnung und Rettung von ihren Feinden kommen, wenn der wahre König nicht zurückgeführt wurde?

Die Geschichte wiederholt sich immer neu. In dem, was in den vergangenen Tagen geschah, finden wir Fingerzeige für die Dinge der Gegenwart und Zukunft. Der große Sohn Davids ist gekommen, und Seine Verwerfung ist eine weit größere als die Verwerfung des Königs David durch Israel. Jesus ist der von den Menschen Verworfene. Sie wählten einen anderen und erklärten: „Wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche.“ So verließ Er diese Welt, und Satan regiert nun „als der Fürst dieser Welt“. (Joh. 14,30)

In dieser Zeit der Abwesenheit Jesu, des wahren Königs, versuchen die Menschen, die Welt zu einer angenehmen Stätte zu machen. Sie machen Gesetze für die Aufrechterhaltung der Ordnung; sie stellen Polizisten an, richten Gerichtshöfe auf, um das Böse fern zu halten; sie bemühen sich, die sozialen Einrichtungen zu verbessern, den Krieg unmöglich zu machen und einen immerwährenden Weltfrieden aufzurichten. Aber trotz all dieser Bemühungen, der Welt das Bild des Tausendjährigen Reiches zu geben, ist sie weiter als je davon entfernt, ihr Ziel zu erreichen.

Die Frage sollte auch heute sein: „Warum schweigt ihr davon, den König zurückzuführen?“ Wenn Er kommt, dann kommen Gerechtigkeit und Friede und Freude, Zufriedenheit und alles Gedeihen. Die köstlichen Dinge, „das Ersehnte aller Nationen“, werden mit Ihm kommen. (Hag. 2,7) Alles, was die Nationen mit ihrer Kraft zu erreichen suchen, wird uns gebracht, wenn Er,

Als die Männer Israels anfingen, zu fragen: „Warum schweigt ihr davon, den König zurückzubringen?“, befand sich ein junger Prinz in Jerusalem, den David in seine Familie aufgenommen hatte. Er war ein Enkel des Königs Saul, des bitteren Feindes und Verfolgers Davids. Dieser Enkel Sauls hatte keinerlei Anspruch auf die Güte dessen, der durch seinen Großvater so schrecklich verfolgt worden war. Aber Davids Edelmut suchte diesen jungen Mann und führte ihn nach Jerusalem und umgab ihn mit der Güte seines Herzens.

Lahmheit hinderte ihn, seinem Wohltäter in die Verbannung zu folgen; er blieb in der Stadt. Sein Herz aber trauerte und klagte über die Abwesenheit seines Herrn. Wie wohl tat es ihm, als das erste Flüstern, den König zurückzuführen, sein Ohr erreichte. Gewiß, wir können verstehen, daß der verachtete und verschmähte Mephiboseth sich nach der Rückkehr des Königs sehnte, und als dann die Botschaft kam: „Er ist hier“, fand seine Freude keine Grenzen. Der Jubel seines Herzens drückte sich aus in dem einen Wort: „Mein Herr, der König, ist in Frieden in sein Haus gekommen.“ (2. Sam. 19,30) Darin lag sein ganzes Interesse und all sein Glück eingeschlossen. Sein eigener Besitz hatte keinen Wert mehr in seinen Augen, nachdem sein König zurückgekommen war.

Gibt es solche „Mephiboseths“ noch heute in dieser Welt, Nachkommen eines Geschlechtes, welches durch die Sünde Gott entfremdet ist, denen Vergebung zuteil geworden ist durch ihren Heiland, den König? Die Feindschaft ihres Herzens mußte dankbarer Liebe Platz machen. Unendliche Güte war ihnen in der Gnade Gottes zuteil geworden.

Sie sind nicht fähig, ihrem Herrn dorthin zu folgen, wohin Er gegangen ist, aber sie fühlen und trauern über Seine Abwesenheit. Ihr Herz verlangt nach Seiner Rückkehr. Sie trauern, daß Er nicht hier ist. Sie kennen keine Freude abseits von Ihm und keine Trauer in Seiner Gegenwart. Der ständige Wunsch ihres Herzens ist: „Herr Jesu, komm!“ Sie wissen, wenn Er kommt, so wird Er in Seiner ganzen Kraft und Herrlichkeit kommen, und die Reiche dieser Welt werden dann die Reiche unseres HErrn und Seines Christus werden (Offenb. 11,15). Diese Hoffnung erfüllt ihre Herzen mit Freuden. Er Selbst wird kommen. „Dieser Jesus,“ sagten die Engel zu

König sein über die ganze Erde, und „alle Könige werden vor Ihm niederfallen und alle Nationen Ihm dienen“. (Ps. 72,11)

Und die Kriegsheere im Himmel folgen Ihm auf weißen Pferden, angetan mit weißer, reiner Leinwand, den Kennzeichen der Heiligen, die auf Sein Kommen auf Erden warteten. Sie begleiteten Ihn, nicht nur, um an jenem Tage teilzunehmen an Seinem Triumphe und Seiner Ehre, sondern damit Seine Herrlichkeit weit und breit bewundert werden mag in allen denen, die geglaubt haben. (2. Thess. 1,10) Wie kamen diese Kriegsheere in den Himmel? Warum sind sie nicht auf der Erde, um ihren König willkommen zu heißen, so wie Mephiboseth David willkommen hieß? So mögen wir uns fragen, und wir würden keine Antwort Darauf wissen, wenn wir nicht die spezielle Unterweisung darüber in 1.Thess. 4,15-17 hätten. Diese Verse sagen uns, daß die unmittelbare Hoffnung und Erwartung der Gemeinde das Kommen ihres Heilandes in der Luft ist. Dorthin entrückt Er Seine Heiligen zu Sich Selbst; dort in dem Lufthimmel findet die Begegnung mit Ihm zuerst statt, so daß sie von dort aus dann mit Ihm hernieder kommen können auf die Erde, um auf immerdar, alle Zeit, bei Ihm zu sein. Nie findet wieder eine Trennung statt. Wo Er ist, sind sie, und wo sie sind, ist Er. Dies ist unsere gegenwärtige Hoffnung, die jeden Augenblick ihre Erfüllung finden kann. Macht es unsere Herzen nicht glücklich, wenn wir daran denken, daß unser verworfener und geschmähter HErr bald der Mittelpunkt der Huldigung aller Nationen sein wird? Ganz gewiß! Aber ist es unserem Herzen nicht noch mehr, zu wissen, daß wir Seine Stimme hören und Ihn von Angesicht zu Angesicht sehen werden und daß wir für immer in Seiner Gegenwart bei Ihm sein werden und daß die Freude Seiner Liebe und der Liebe Seines Vaters unser Herz auf ewig erfüllen wird? Dies ist es, was die Stunde der Entrückung für uns enthält, und sie führt auch Sein Reich in Herrlichkeit ein. Mit Inbrunst können wir bitten: „Dein Reich komme“, und mit wachsendem Verlangen sehnt sich unser Herz nach Ihm, nach Seiner Person, und ruft: „Amen, komm, Herr Jesus!“

H. P. B. (v. d. K.)

So beschreibt die Schrift dieses kleine und doch so ungemein wichtige Glied unseres Leibes. In unseren modernen Tagen möchten wir der Zunge auch die Feder beigesellen, denn die Feder ist gleich der Zunge das Medium für unsere Mitteilungen. Wenn die Zunge nur sprechen und die Feder nur schreiben würde, was zur Erbauung dient, wieviel weniger würde dann gesprochen und geschrieben werden.

Ist es nicht bemerkenswert, daß ein ganzes Kapitel in der Schrift (Jak. 3) der Zunge gewidmet ist?

Es wird uns gesagt, daß, wenn ein Mensch seine Zunge im Zaume halten kann, so daß er nicht im Worte strauchelt, er ein vollkommener Mann ist. Wie sollten wir es beachten, daß eine beherrschte Zunge Vollkommenheit bedeutet, während eine zügellose Zunge einem Feuer, einer Welt der Ungerechtigkeit gleicht. Gebisse werden den Pferden in die Mäuler gelegt, und ein kleines Steuerruder in der Hand des Steuermannes lenkt die gewaltigen Schiffe trotz der widrigen Elemente, aber die Zunge ist unbezähmbar.

Jede Art von Tieren, ob Vögel, Schlangen oder Seetiere, kann gebändigt werden und wird gebändigt, aber „die Zunge ist ein unstetes Übel voll tödlichen Giftes“.

Es ist eine furchtbare Tatsache, daß das Wort „Gehenna“ = Hölle zum ersten Male in der Schrift von dem Herrn Jesus gebraucht wird, als Er vor dem bösen Reden warnt. Genau dasselbe Wort, was der HErr dort gebraucht, gebraucht auch Jakobus durch den Heiligen Geist von der Zunge: „Die den ganzen Leib befleckt und den Lauf der Natur anzündet und von der Hölle angezündet wird.“ (Jak. 3,6)

Solche Worte offenbaren uns das schreckliche und finstere Gebiet der Zunge. Kann es ernster uns gezeigt werden?

Eine andere Seite wird uns in Phil. 4,8.9 gezeigt;

dort wird uns gesagt, daß wir alles erwägen sollen, was wahr, was würdig, was gerecht, was

rein, was lieblich ist, was wohllautet, was irgend eine Tugend, was irgend ein Lob gibt. Durch die Zunge drücken wir unsere Gedanken aus. Wenn wir die angeführten Dinge erwägen, dann werden sie auch in unseren Worten gefunden werden.

Haben wir in dieser Hinsicht nicht alle gefehlt? Niemals aber ist es zu spät, uns über solche Dinge in Wahrheit zu beugen und Buße zu tun.

Es mag etwas wahr sein, aber es auszusprechen mag Nachteil und Schaden in sich bergen. Ehe wir es aussprechen, sollten wir uns mit aller Bedachtsamkeit die Frage vorlegen: „Ist es nötig, diese Sache zu erwähnen? Ist es weise, sie auszusprechen? Ist es Gewinn und ist ein Segen damit verbunden? Ist es Güte gegen den, der mit der Sache, die wir aussprechen, verbunden ist?“ Wenn solche Fragen verneint werden müssen, dann ist es viel besser, unseren Mund zu verschließen. Die Zunge in Zucht zu halten ist für die Naturen mancher Kinder Gottes in besonderer Weise heilsam und zur Umbildung ihres Charakters notwendig.

Laßt uns immer daran denken, daß, wenn Worte unseren Lippen entfahren sind, sie in ihrem Lauf nicht mehr aufgehalten werden können, ebenso wie ein Stein, der, wenn er geworfen, der Hand entglitten, nicht mehr aufgehalten und in seiner verderbenbringenden Wirkung nicht mehr gehemmt werden kann.

Der Apostel Petrus ermutigt uns zum rechten Gebrauch dieses unbändigen Gliedes, wenn er schreibt: „Wer das Leben liebt und gute Tage sehen will, der enthalte seine Zunge vom Bösen und seine Lippen, daß sie nicht Trug reden. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes, er suche Frieden und jage ihm nach.“ (1. Petr. 3,10.11)

„Ein guter Mensch bringt aus dem guten Schatz Gutes hervor, und der böse Mensch bringt aus dem bösen Schatz Böses hervor.“ (Matth. 12,35) Unsere Sprache zeigt an, was wir sind.

Und weiter sagt uns der HErr, „daß von jedem unnützen Worte, daß irgend die Menschen reden werden, sie von demselben Rechenschaft geben werden am Tage des Gerichts.“ (Matth. 12,36) Dieses ist sehr ernst.

Wenn wir alles dieses in unserem Herzen bewahren, wieviel eitles Geschwätz, wieviel böser Klatsch, wie manche boshaften, hämischen, schadenfrohen, arglistigen, bissigen Bemerkungen würden dann zurückgehalten werden!

Und wiederum gibt es solche, die mit ihren Zungen sündigen, mehr aus Gedankenlosigkeit als mit Absicht. Sie wollen nicht damit Unrecht tun noch Böses mit ihren Worten anrichten, wollen auch niemand wehe tun, kränken oder beleidigen, und doch tun sie es.

Möge der HErr durch dieses Wort zu aller Herzen reden, damit wir in dieser äußerst wichtigen Sache sorgfäflig über uns wachen, denn in dieser Hinsicht fehlen wir und fehlen andere! Er lehre uns, mehr auf die Worte unserer Lippen zu achten!

S. F. (v. d. K.)

„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes.“

Im vorigen Jahrbuch veröffentlichten wir über den Unterschied der beiden obigen Begriffe eine Frage (Nr. 21), zu der sich unser Mitarbeiter K. O. St. geäußert hatte. Seine Antwort, auf die wir auch hier verweisen, war die einzige, die wir bei dem damals sehr beschränkten Raum aufnehmen konnten. In Fußnote aber machten wir bekannt, daß unser Mitarbeiter Th. K. gleichfalls eine Antwort, jedoch eine erheblich umfangreichere, eingesandt habe, die wir, so Gott wolle, im nächsten Jahrbuch, also jetzt 1929, in Form eines Aufsatzes im ersten Teil der Lieferungen bringen würden. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen, wo wir mit der Veröffentlichung dieser Arbeit beginnen wollen. Da wir aber die Form derselben möglichst nicht verändern möchten, sie aber ja als die BeAntwortung einer „Frage“ gegeben war, so halten wir es für das richtigste, jene Frage hier noch einmal zu wiederholen und sie gleichsam als Untertitel der Überschrift mit an die Spitze des Aufsatzes zu setzen.

Ehe wir aber dies tun, sprechen wir den Wunsch aus, daß diese tiefschürfende, sich mit manchen verschiedenen Auffassungen auseinandersetzende Arbeit allen werten Lesern zu

überströmendem Segen dienen möchte. Sie kann in hohem Maße dazu beitragen, die Schriftforschung über dies wichtige Gebiet zu bereichern. Auch solche Leser, die vielleicht doch nicht mit allem einverstanden sein zu können glauben, werden, wenn sie in der Prüfung dieses Aufsatzes an der Schrift recht gründlich sind, nicht ohne tiefen geistlichen Gewinn bleiben. Der HErr gebe uns allen Licht und Weisheit zur Erforschung Seines kostbaren Wortes!

Die Schriftleiter A. v. d. K. und F. K.

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„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“

mit folgender Frage als Untertitel:

„Welches ist der Unterschied von „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes?“ (Vergl. z. B. unter vielen Stellen Matth. 19,23 u. 24; Matth. 3,2 u. Mark. 1,14; Matth. 19,14 u. Mark. 10,15 u. Luk. 18,17 usw.)

Das „Reich der Himmel“ und das „Reich Gottes“ sind nicht zwei Reiche, sondern eins, doch zeigen diese verschiedenen Bezeichnungen dieses eine Reich von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet.

Im Urtext heißt das in der Elberfelder Bibel und auch von Luther mit „Reich“ übersetzte Wort „Königreich“, Königtum“, überall, wo es vorkommt. Ein Königreich ist ein Machtgebiet, ein Herrschaftsbereich, unter der Herrschaft eines Königs stehend. Dieser Gedanke ist in dem Worte „Königreich“ immer enthalten. Aber wenn diesem Worte ein Zusatz beigefügt ist, wird durch diesen Zusatz der in ihm ausgedrückte Gedanke in den Vordergrund gestellt. So ist es auch mit den Bezeichnungen „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“. Von einem Reich kommen zwei Hauptseiten in Betracht; die eine ist der Charakter (das Wesen) des Reiches, die andere der Herrscher des Reiches. Das eine wie das andere findet durch einen entsprechenden Zusatz Ausdruck. Nehmen wir als Beispiel das frühere Rußland. Man konnte sagen: „Das russische

Reich“, da dachte man an den Charakter des Reiches, die Verhältnisse und Zustände in demselben; man konnte aber auch sagen: „Das Reich des Zaren“; da war es der Herrscher des Reiches, der im Vordergrunde stand. Und diese beiden Seiten des „Reiches“ sind es, die durch die Bezeichnungen „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“ hervorgehoben werden.

Daß es sich nicht um ein politisch und geographisch umgrenztes Reich handelt, sondern um ein sittliches, geistliches, wissen wir, und ebenso, daß dieses Reich vor dem Erscheinen des Herrn Jesus auf der Erde nicht gestanden hatte, sondern erst durch Ihn seinen Anfang nahm, wie die Gleichnisse von dem „Reich der Himmel“ und vom „Reich Gottes“ uns deutlich zeigen.

Die Bezeichnung „Reich der Himmel“ finden wir nur im Evangelium Matthäus, was für die Beurteilung des Sinnes dieser Bezeichnung von großer Bedeutung ist. Sie kommt wenigstens zweiunddreißigmal vor (3,2; 4,17; 5,3.10.19.20; 7,21; 8,11; 10,7; 11,11.12; 13,11.24.31.33.44.45.47.52; 16,19; 18,1.3.4.23; 19,12.14.23; 20,1; 22,1; 23,13; 25,1), während die Bezeichnung „Reich Gottes“ in diesem Evangelium nur fünfmal (6,33; 12,28; 19,24; 21,31 und 43), einfach „das Reich“ sechsmal (4,23; 8,12; 13,19.38; 24,14; 25,34) gebraucht ist. Außerdem finden wir in diesem Evangelium noch das Reich dreimal als Reich des „Vaters“ (6,10; 13,43; 26,29), einmal als Reich des „Sohnes des Menschen“ (16,28) und einmal als Reich Christi (20,21). (Diese Schriftstellenangaben erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, sondern sollen nur das Nachschlagen erleichtern.)

Wir wollen nun versuchen, zunächst festzustellen, was die Bezeichnung „Reich der Himmel“ ausdrücken soll.

In der Lutherübersetzung ist anstatt „Reich der Himmel“ immer „Himmelreich“ gesagt. Das mag mit die Ursache sein, daß viele Menschen die Vorstellung haben, das „Reich der Himmel“ sei der Ort der ewigen Ruhe und Freude im Himmel. Das ist es aber nicht, sondern das Wort Gottes zeigt uns deutlich, daß das „Reich der Himmel“ auf der Erde ist. Wer darüber im Zweifel ist, braucht nur die verschiedenen Gleichnisse vom „Reich der Himmel“ zu lesen (Matth. 13; 18,23-34; 20,1-16; 22,1-14; 25,1-12), und er wird erkennen, daß der Platz des „Reiches der

Eine andere Auffassung ist die, daß durch die Bezeichnung des Reiches als „Reich der Himmel“ ausgedrückt sein solle, daß es ein Reich sei, das vom Himmel aus regiert werde, und begrenzt infolgedessen die Anwendbarkeit dieser Bezeichnung - also die Dauer des Reiches in seiner Gestalt als „Reich der Himmel“ - auf die Zeit, während welcher der HErr von hier abwesend ist, also bis dahin, wo Er in Macht und Herrlichkeit wiederkommt, um Seine Herrschaft als König Israels und als Herrscher über alle Völker der Erde anzutreten. Man verbindet mit dieser Vorstellung den Gedanken an den „Thron Jehovas“ - den Thron Davids - (1. Chron. 28,5; 29,23), der mit der Wegführung des Königs Zedekia durch Nebukadnezar zu bestehen aufgehört hat (2. Kön. 25,1-7) und gleichsam in den Himmel verlegt worden sei, so daß die Regierung seitdem von dort aus geschehe und deshalb „die Himmel herrschen“ (Dan. 4,26), bis der HErr wiederkommen und den Thron Davids wieder aufrichten werde. So sei es mit dem „Reich“ bis zur Wiederkunft des HErrn auf die Erde, und darum sei es „Reich der Himmel“ genannt. - Gegen diese Auffassung ergeben sich aber bei genauer Prüfung große Bedenken. Wohl ist richtig, daß auch jetzt „die Himmel herrschen“, wie es in Dan. 4,26 gesagt ist, und daß dieser Zustand dauern wird, bis der HErr wieder auf die Erde kommt. Aber dieses „Herrschen der Himmel“ hat mit dem „Reich der Himmel“ gar nichts zu tun, wie leicht zu erkennen ist. Der Zustand, daß „die Himmel herrschen“, war von da an, wo Nebukadnezar den König Zedekia von Jerusalem nach Babel wegführte, eine bestehende Tatsache, die Nebukadnezar nur noch nicht erkannt hatte und daher erst erkennen lernen mußte. (Dan. 4,25.26) Wenn es nun so wäre, daß die Bezeichnung „Reich der Himmel“ bedeuten solle, daß es ein Reich sei, das vom Himmel aus regiert werde - also ein Reich, über das „die Himmel herrschen“ -, dann hätte zu jener Zeit nicht davon geredet werden können, „daß die Himmel herrschen“, ohne daß ein „Reich der Himmel“ da war, und müßte sonach das „Reich der Himmel“ bereits zur Zeit des Königs Nebukadnezar - seit der Wegführung des Königs Zedekia nach Babel - und seitdem all die Zeit vor dem Erscheinen des Herrn Jesus auf der Erde bestanden haben. Das ist aber nicht der Fall. Jedoch nicht nur das: Aus den Worten in Daniel 4,25.26.34.35 ersehen wir auch, daß das „Herrschen der Himmel“ bedeutet, daß die Geschicke der Völker- und der Menschen überhaupt- von oben regiert werden. Die Menschen leugnen Gott und meinen, ihre

oben, vom Himmel aus - bestimmt und gelenkt. So war es zur Zeit Nebukadnezars, so ist es heute; darum ist es auch heute wahr, daß „die Himmel herrschen“, und dieses bleibt wahr, bis der HErr Selbst wieder auf die Erde kommt und die Herrschaft in Seine Hand nimmt. Der Zustand, daß „die Himmel herrschen“, besteht also schon seit der Zeit Nebukadnezars und dauert bis zum Wiederkommen des HErrn auf die Erde, und dieses „Herrschen der Himmel“ hat - wie klar zu ersehen ist - die Regierung der Welt, der Völker, der irdischen Reiche zum Gegenstand. In der Zeit, während welcher dem Volke Israel die ihm von Gott zugedachte herrschende Stellung genommen und den Völkern übertragen ist, geschieht die Regierung vom Himmel aus - „die Himmel herrschen“. Das „Reich der Himmel“ aber ist nicht ein irdisches Reich, politisch bestimmt und geographisch umgrenzt, wiewohl es auf der Erde ist, und hat daher mit dem vorstehend betrachteten „Herrschen der Himmel“ nichts zu tun.

Aber nicht nur dieses, sondern auch keine der Stellen, die vom „Reich der Himmel“ reden, bietet eine Grundlage für die Auffassung, daß die Bezeichnung „Reich der Himmel“ das Beherrschtwerden dieses Reiches vom Himmel aus ausdrücken solle. Ein solches Beherrschtwerden ist nirgends in den Vordergrund gerückt, ja nicht einmal in Betracht gezogen. Die Schriftstellen vor Kap. 13 bieten nicht den geringsten Anhalt für obige Auffassung, was schon darum nicht der Fall sein kann, weil nach der bis dahin gedachten Form des „Reiches der Himmel“ - worauf wir später noch zu sprechen kommen - die Abwesenheit des HErrn, des Herrscher dieses Reiches, überhaupt nicht in Frage kam und deshalb von einer solchen nicht geredet ist; und wo in den übrigen, die gegenwärtige Form des „Reiches der Himmel“ betreffenden Stellen die Abwesenheit des HErrn zum Ausdruck kommt, wird mit keinem Wort von einem Herrschen vom Himmel aus oder überhaupt vom Herrschen gesprochen oder dieser Gedanke auch nur irgendwie einbezogen, sondern immer nur die Sache so behandelt, daß während Seiner Abwesenheit die in Beziehung zu Ihm stehenden Personen sich selbst überlassen sind, was wohl von VerAntwortlichkeit dieser Personen, aber durchaus nicht von Herrschaft spricht. Merkwürdig in dieser Verbindung ist auch, daß gerade in dem Evangelium, in dem allein von dem Reiche als „Reich der Himmel“ gesprochen ist, die Himmelfahrt des HErrn - Sein Weggang von der Erde in den Himmel - nicht berichtet ist

des Zeitalters.“ (Matth. 28,20)

Nach all diesem erscheint mir, dem Schreiber dieser Zeilen, die vorstehend behandelte Auffassung, die Bezeichnung „Reich der Himmel“ solle ausdrücken, daß das Reich vom Himmel aus regiert werde und beschränke sich daher auf die Zeit bis zum Wiederkommen des HErrn auf die Erde, nicht als in der Schrift begründet, sondern als ein bloßer Schluß, gefolgert aus der Tatsache, daß der HErr jetzt im Himmel weilt.

Ich bin überzeugt, daß die Erklärung für die Bezeichnung „Reich der Himmel“ nur aus den Schriftstellen selbst gefunden werden kann, die vom „Reich der Himmel“ handeln.

Bei Betrachtung dieser Stellen ist es wichtig, die Tatsache im Auge zu behalten, daß das „Reich der Himmel“ in der Person des Herrn Jesus verkörpert war und in Seiner Person aus dem Himmel auf die Erde herabgekommen ist und seinen Anfang genommen hat. Auf Grund dieser Tatsache und dessen, was die verschiedenen Schriftstellen über das „Reich der Himmel“ sagen, bin ich überzeugt, daß der Ausdruck „Reich der Himmel“ nicht die Art der Regierung dieses Reiches, sondern das Wesen desselben bezeichnen soll, und zwar, dem Hinweis auf „die Himmel“ entsprechend, daß es seinem Wesen nach himmlisch ist und daß damit zugleich auch der Gegensatz gezeigt werden soll, in dem es durch sein himmlisches Wesen zu den Reichen der Erde steht. Dieses zum Ausdruck zu bringen ist der Zweck der Bezeichnung „Reich der Himmel“, und deshalb ist sie gerade und nur dort angewendet, wo es darauf ankommt, diese Seite des Reiches hervorzuheben.

Den Juden war der Hinweis auf „die Himmel“ nicht fremd. „Die Himmel“ waren ihnen bekannt als der Ort, wo Gott wohnt und thront (Ps. 2,4; 11,4; 103,19; 115,3; 123,1) und alles Seiner Person entspricht. (5. Mos. 26,15 1. Teil; Ps. 103,20.21; Jes. 63,15a) Daher war die Charakterisierung des Reiches durch die Hinzufügung „der Himmel“ wohl geeignet, ihnen das wahre Wesen des Reiches gegenüber ihren eigenen Einbildungen und Gedanken vorzustellen. Das ist auch der Grund, warum der Ausdruck „Reich der Himmel“ nur im Evangelium Matthäus und sonst nirgendwo gebraucht ist. -

Die eben dargelegte Auffassung ist im Einklang mit allen betreffenden Schriftstellen, wird aber durch einige von ihnen besonders begründet. Es sei nur auf zwei von diesen hingewiesen! Die erste und hauptsächlichste dieser Stellen ist die sogenannte Bergpredigt (Kap. 5-7), die uns den Herzenszustand zeigt, der dem „Reich der Himmel“ entspricht, und die Richtlinien für die auf das „Reich der Himmel“ Wartenden während der Wartezeit. Da sehen wir Wesenszüge, die wir in Vollkommenheit in der Person des Herrn Jesus finden, der aus dem Himmel kam, und die darum himmlisch sind. Was wir hier finden, ist das, was dem „Vater, der in den Himmeln ist“, wohlgefällt - es ist himmlisches Wesen, welches die kennzeichnet, von welchen der HErr sagt: „... ihrer ist das Reich der Himmel.“ Demnach muß das Wesen des „Reiches der Himmel“ selbst himmlisch sein. - Eine andere solche Stelle ist Kap. 8,11, wo der HErr sagt, daß „viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegen werden in dem Reiche der Himmel“. Abraham und Isaak und Jakob sind im Himmel, wenn sie trotzdem in dem „Reich der Himmel“, das doch auf der Erde ist, „zu Tische liegen“, also dessen geistliche Segnungen genießen - und das muß doch der Fall sein, wenn „viele von Osten und Westen“ mit ihnen im Reiche der Himmel „zu Tische liegen“ sollen -, dann muß in diesem Reiche gleichsam der Himmel auf die Erde herabgekommen, Himmel und Erde vereint sein (siehe 1. Mos. 28,12 und Joh. 1,51) - dann muß also dieses „Reich der Himmel“, obwohl auf der Erde befindlich, himmlisch sein. - Das ist kein gesuchter Schluß, sondern eine von dem Worte selbst uns gegebene Kennzeichnung des „Reiches der Himmel“.

Bei dieser Auffassung ist auch gar keine Ursache dafür vorhanden, den in der Bezeichnung „Reich der Himmel“ ausgedrückten Begriff auf die gegenwärtige, nur bis zum Wiederkommen des HErrn währende Form des Reiches zu beschränken, also das Tausendjährige Reich davon auszuschließen, denn dieses Ausschließen des Tausendjährigen Reiches ist ja nur die unfreiwillige Folge der Auffassung, „Reich der Himmel“ bedeute „Regierung vom Himmel aus“; vielmehr glaube ich nach allem, was das Wort über das „Reich der Himmel“ sagt, daß das Tausendjährige Reich in den Begriff „Reich der Himmel“ eingeschlossen ist und den Schluß desselben bildet, also daß das „Reich der Himmel“ sich bis zum Ende des Tausendjährigen Reiches erstreckt. Hiermit zusammengehend glaube ich auch, daß die

Ankündigung des „Reiches der Himmel“, erst durch Johannes den Täufer und dann durch den HErrn Selbst, und überhaupt alles, was bis zum zwölften Kapitel über das „Reich der Himmel“ gesagt ist, sich auf das Tausendjährige Reich, das verheißene messianische Friedens- und Segensreich, bezieht, wenn auch von vornherein unter Berücksichtigung des unpassenden Zustandes des Volkes („Tut Buße!“; 3,2; 4,17) und der Notwendigkeit der Reinigung der Erde durch Gericht (3,10-12), und daß erst infolge der in Kap. 12 völlig zutage tretenden Verwerfung des Herrn Jesus, des Messias, von Kap. 13an die gegenwärtige, neue Form des „Reiches der Himmel“ eingeführt ist, welche bis zur Entrückung der Versammlung und bezw. bis zum Kommen des HErrn zur Aufrichtung Seines Reiches währt und dann durch das Tausendjährige Reich abgelost wird, in dem das „Reich der Himmel“ dann seine Fortsetzung findet.

Ich weiß, daß dieser Auffassung viel widersprochen wird, und will daher versuchen, zu zeigen, daß sehr wohl vieles in der Schrift für sie spricht.

Erstens: Die Bezeichnung „Reich der Himmel“ finden wir gerade in dem Evangelium, und nur in dem, welches sich in besonderer, augenfälliger Weise an das Alte Testament anschließt und in dem der Herr Jesus gerade als Der gezeigt wird, dem das Königtum, der Thron Davids gehört - als der verheißene und erwartete Messias -, und als Der, in dem die Erfüllung aller Verheißungen ist. Lenkt das uns nicht unwillkürlich auf das Alte Testament hin mit dem Empfinden, daß in diesem Evangelium zunächst die Erfüllung der alttestamentlichen Verheißungen der Gegenstand ist?

Zweitens: Es ist von Interesse, zu beachten, daß zuerst nicht der HErr Selbst, sondern Johannes der Täufer das Nahesein des „Reiches der Himmel“ ankündigt, und daß dieser das Reich nur als „Reich der Himmel“ ankündigt (wir lesen nirgends, daß er es als „Reich Gottes“ angekündigt habe). Konnte dieser, der den HErrn als den „Kommenden“ - also als den Messias - betrachtete (Matth. 11,3), etwas ankündigen, was ganz neu, fremd, unerwartet war (was der Fall gewesen wäre, wenn er den Juden das „Reich der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt angekündigt hätte)?Hat man nicht vielmehr den Eindruck, wenn man diese Ankündigung liest, daß er etwas ankündigte, was erwartet wurde? Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß

Johannes der Täufer als der vorgestellt wird, von welchem Jesaias in Kap. 40 als dem Wegbereiter für den HErrn weissagt (3,3). Wenn wir jene Stelle in Jesaias lesen, können wir nicht anders, als an jene noch zukünftige herrliche Zeit zu denken, die nach der schrecklichen „großen Drangsal“ für das gläubige Israel anbrechen und im messianischen Reich ihren Höhepunkt finden wird, von dem Jesaias so besonders viel redet und auch die anderen Propheten geweissagt haben. Und dieses Reich war infolge dieser Weissagungen die Erwartung der Juden von jeher und auch zur Zeit Johannes des Täufers und des HErrn. So werden wir ganz unwillkürlich durch das Wort selbst dahin geführt, beim Lesen der Ankündigung des „Reiches der Himmel“ an das im Alten Testament verheißene messianische Reich zu denken. Das Nahesein dieses Reiches kündigte Johannes der Täufer und dann der HErr Selbst an.

Aber der Herzenszustand des Volkes war nicht ein dem „Reich der Himmel“ entsprechender. Deshalb mußte es erst zur Buße gerufen werden (3,2; 4,17). Auch hatten die Juden eine falsche Vorstellung von diesem Reiche: sie hatten nur die irdische Seite dieses Reiches im Auge - die Machtstellung, das Herrschen über alle anderen Völker, irdische Wohlfahrt, und hatten das himmlische Wesen des Reiches ganz aus dem Auge verloren; ihre Vorstellung von dem Reiche war rein materiell und irdisch, ganz wie von einem Reiche dieser Erde. Deshalb nannte Johannes der Täufer und dann auch der HErr Selbst dieses Reich „Reich der Himmel“; um damit das wahre Wesen dieses Reiches zu zeigen, im Gegensatz zu den falschen Vorstellungen der Juden, und damit zugleich den Gegensatz desselben zu den Reichen der Erde.

Drittens: Wenn der Herr Jesus der Messias (Christus) war, auf welchen die Juden warteten und als welchen die Glaubenden Ihn auch erkannten und als der Er durch Seine Werke Sich auch erwies, indem Er das tat, was das messianische, Tausendjährige Reich kennzeichnen wird - die „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ (Hebr. 6,5) -: daß der Tod und alle Krankheit und jedes Gebrechen abgeschafft und der Mensch von jeder Macht des Feindes befreit sein wird (Matth. 4,23.24; 8,3.16.17.28-32; 9,1-8.18-35; 11,2-6 u. a. - Jes. 29,17.18; 35,5-10), ist es dann nicht auch das Nächstliegende, daß das Reich, das Er ankündigte, das mit Seiner Person als Messias verbundene Reich war, also das messianische Reich? Ich glaube wohl.

Aber nicht nur dieses, sondern auch eine Reihe von Schriftsteller die vom „Reich der Himmel“ reden, sprechen deutlich für obige Auffassung:

In den Seligpreisungen (5,1-12), wo uns die Wesenszüge des „Reiches der Himmel“ gezeigt werden, heißt es V. 5: „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.“ „Das Land“ oder „die Erde“ - im Hebräischen wie im Griechischen bedeutet das betreffende Wort beides -, wenn es allein gebraucht ist, wie z. B. Ps. 37,9.11.22.29.34; Jes. 57,13b, bezieht sich im Alten Testament immer auf das Land Palästina in Verbindung mit dem verheißenen messianischen Reiche und war und ist deshalb der Gegenstand der Hoffnung Israels. In diesem Sinne ist dieses Wort auch hier gebraucht. Daraus ergibt sich klar, daß der HErr hier vom „Reich der Himmel“ nicht in der gegenwärtigen Gestalt, sondern als von dem messianischen Reich redet, denn unsere Hoffnung ist nicht „das Land“ Palästina, das Tausendjährige (messianische) Reich, sondern die Stätte, die der HErr uns droben bereitet hat, in der himmlischen Herrlichkeit, wo Er jetzt weilt; aber die Hoffnung der Juden war es, „das Land“ zu ererben, in dem verheißenen Friedens- und Segensreiche ihres Messias sich zu freuen.

In Matth. 5,17-19 belehrt uns der Herr Jesus, daß Er nicht gekommen war, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen, sondern zu erfüllen, und daß das Gesetz bis zum Ende bestehen bleibe - „bis alles geschehen ist“, und daß der, welcher irgend nun „eines dieser geringsten Gebote“ - das sind also die Gebote des Gesetzes, das dem Volke Israel gegeben war - „auflöst und also die Menschen lehrt, der Geringste heißen wird im Reiche der Himmel; wer irgend sie aber tut und lehrt, groß heißen wird im Reiche der Himmel“. Zeigt die hier dem Gesetz gegebene Bedeutung für den Platz eines Menschen im „Reiche der Himmel“ nicht deutlich, daß hier das „Reich der Himmel“ nicht in der jetzigen Form gemeint sein kann, sondern nur in der Form des messianischen Reiches? In der jetzigen Form hat doch das „Reich der Himmel“ gar keine Beziehung zum Gesetz: weder ist es die Sache eines Menschen, der im „Reich der Himmel“ ist, das Gesetz zu tun und zu lehren, noch kommt jetzt jemand dadurch, daß er das Gesetz tut und lehrt, in das „Reich der Himmel“ hinein; aber für das Tausendjährige (messianische) Reich wird das in V. 19 Gesagte Geltung haben.

Matth. 7,21-23 zeigt ebenfalls deutlich, daß der HErr hier vom „Reich der Himmel“ nicht als in der jetzigen Form, sondern als von dem messianischen Reiche spricht. Das ist leicht daraus zu erkennen, daß der HErr das in V. 21 erwähnte Eingehen in das „Reich der Himmel“ in Verbindung bringt mit dem Tun des Willens Seines Vaters - das ist jetzt nicht die Voraussetzung für das Eingehen in das Reich, sondern die Aufgabe derer, die im Reiche sind - und mit „jenem Tage“, an welchem viele zu Ihm sagen werden: „HErr, HErr“ usw., und Er ihnen dann bekennen wird: „Ich habe euch niemals gekannt; weichet von Mir, ihr Übeltäter!“ Das ist also der noch zukünftige, dem messianischen Reich vorausgehende Tag, an welchem Er entscheiden wird, wer in das Reich eingeht und wer nicht, wie wir es in Kap. 25,31-46 ausführlich geschildert finden. An „jenem Tage“ werden die, welche den Willen Seines Vaters getan haben, in das „Reich der Himmel“ eingehen, welches demnach nur das messianische Reich sein kann!

Auch in Kap. 10 sehen wir dasselbe klar und deutlich: Der HErr sandte die zwölf Apostel aus und gab ihnen Weisung: „... indem ihr aber hingehet, prediget und sprechet: Das Reich der Himmel ist nahe gekommen. Heilet Kranke, wecket Tote auf, reiniget Aussätzige, treibet Dämonen aus; ...“ (V. 7.8). „Wenn sie euch aber verfolgen in dieser Stadt, so fliehet in die andere; denn wahrlich, Ich sage euch, ihr werdet mit den Städten Israels nicht zu Ende sein, bis der Sohn des Menschen gekommen sein wird“ (V. 23). Also: Sie sollten das „Reich der Himmel“ ankündigen und hierbei die angeführten Wunderwerke tun. Letzteres war charakteristisch für die Botschaft, die sie verkündigten, denn es waren dieselben Wunderwerke, die Er, der Messias, Selbst tat, die „Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“. Aber nicht nur das: Sie würden auch Ablehnung erfahren und Verfolgung erleiden müssen (V. 14-22) und sollten, wenn sie nicht aufgenommen werden würden, den Staub von den Füßen schütteln und weitergehen, und wenn sie verfolgt würden in der einen Stadt, in die andere fliehen, und hiermit würden sie nicht zu Ende sein, bis Er gekommen sein werde. Hieraus ergibt sich klar, daß die Verkündigung der Botschaft, die der HErr hier Seinen zwölf Aposteln auftrug - daß das „Reich der Himmel“ nahegekommen ist -, andauert, bis Er wiederkommt (auf die Erde), und daß demnach mit dem „Reich der Himmel“ hier nur das messianische Reich gemeint sein kann! Diese Botschaft verkündigten die Gesandten des HErrn damals; durch die

Verwerfung des HErrn seitens Seines Volkes wurde die Verkündigung dieser Botschaft unterbrochen: während der jetzigen, eingeschalteten Zeit des „Reiches der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt kann diese Botschaft - daß das „Reich der Himmel“ nahegekommen sei - nicht verkündigt werden, weil es in jener Form, als messianisches Reich, jetzt nicht „nahe“ ist und in der gegenwärtigen Form ja da ist; aber diese Botschaft wird einst, nach der Entrückung der Versammlung, wieder verkündigt werden im Blick auf das kommende messianische Reich. Dann wird der nach dem eben betrachteten Schriftwort vom HErrn Seinen Gesandten aufgetragene, während der Zeit der gegenwärtigen Form des „Reiches der Himmel“ unterbrochene Dienst fortgesetzt werden, bis Er auf die Erde wiederkommt. In Verbindung mit V. 23 ist unverkennbar, daß der HErr hier das messianische Reich meint. - Aus dem Ebengesagten - daß der Dienst der Verkündigung des „Reiches der Himmel“ nach der Entrückung fortgesetzt und bis zum Wiederkommen des HErrn auf die Erde geschehen wird - ergibt sich überdies zugleich, daß das kommende Tausendjährige (messianische) Reich dann ebenfalls als „Reich der Himmel“ verkündigt werden wird, denn so lautet die Weisung des HErrn (V. 7), und nur das messianische Reich kann der Gegenstand dieser Botschaft sein.

Die jetzige, eingeschaltete Zeit des „Reiches der Himmel“ in der gegenwärtigen Gestalt ist hier ganz übergangen, als ob sie gar nicht da wäre. Aber andererseits finden wir, daß die Hinausschiebung der Aufrichtung des Reiches (infolge der Verwerfung des Messias) und das, was dazwischen liegt, bereits mit in Betracht gezogen ist. Dieses finden wir auch schon in der Bergpredigt, indem von Verfolgung und von „Lohn in den Himmeln“ geredet ist (5,10-12). Aber es ist bis mit Kap. 11 immer das messianische Reich, von dem gesprochen wird.

Gegen die vorstehend dargelegte Auffassung wird von anderer Seite eingewendet, der HErr könne doch nicht den Juden erst das messianische Reich „angeboten“ haben, da Er doch gewußt habe, daß sie Ihn verwerfen würden und deshalb dieses „Angebot“ vergeblich sein würde; Er würde damit doch nur etwas vorgetäuscht haben; ein solches Verfahren würde nicht Seiner Wahrhaftigkeit entsprochen haben. Deshalb sei obige Auffassung falsch. Diesen Überlegungen gegenüber kann man fragen: Wie konnte dann das Volk aufgefordert werden: „Tut Buße und glaubet an das Evangelium“ (Mark. 1,15), wenn doch die Nichterfüllung dieser

Aufforderung die Voraussetzung für die Erfüllung des Ratschlusses Gottes war? Der HErr wußte doch dieses und auch, daß der Aufforderung nicht Folge geleistet werden würde. Wäre das dann nicht ebenso unwahrhaftig? Aber solche Überlegungen sind nicht nur müßig und ungeziemend, sondern auch ganz irrig. Gott wußte selbstverständlich im voraus - „vor Grundlegung der Welt“, von Ewigkeit her -, wie alles sein und geschehen würde, und hat Seinen Ratschluß nach dieser Vorkenntnis gefaßt; aber dazu gehört gerade, daß Er den Menschen vor die Entscheidung und auf die Probe stellt, deren Ausfall Er von Ewigkeit her kannte, den Er in Seinem Ratschluß beachtet hat und der zur Erfüllung Seines Ratschlusses mitwirkt. Wenn wir im Worte Gottes die Geschichte des Menschen betrachten, sehen wir, daß Gott immer in der Weise gehandelt hat, daß Er den Menschen erst vor die Entscheidung und auf die Probe stellte und ihm überließ, zu wählen, und daß Er erst dann nach Seinem Vorsatz weiter handelte, nachdem der Mensch sich entschieden hatte, obwohl Er voraus wußte, wie der Mensch sich entscheiden und daß er die Probe nicht bestehen würde. Er tat den Menschen erst in das Paradies, obwohl Er wußte, daß er übertreten würde; Er sandte Mose wieder und wieder zum Pharao mit der Aufforderung, Sein Volk ziehen zu lassen, obwohl Er wußte, daß dieser es nicht ziehen lassen würde und was Er tun wollte; Er gab dem Volke Israel das Gesetz, obwohl Er wußte, daß der Mensch es nicht halten kann. War Er darum nicht wahrhaftig? Und so ist es auch mit der Ankündigung des verheißenen Reiches als „nahegekommen“: der HErr wußte, daß Er würde verworfen werden und infolgedessen das Reich noch nicht würde aufgerichtet werden können; aber Er stellte die Herzen vor die Entscheidung und auf die Probe, um dann zu zeigen, was Gott infolge ihres Versagens beschlossen hatte. Die obige Einwendung ist also völlig irregehend.

Nachdem in Kap. 12 des Evangeliums Matthäus die Verwerfung des HErrn völlig ans Licht getreten ist, finden wir von Kap. 13 an das „Reich der Himmel“ in einer veränderten, neuen Gestalt. In der ursprünglichen Gestalt als das im Alten Testament verheißene Friedens- und Segensreich des Messias konnte es infolge der Verwerfung des HErrn jetzt nicht aufgerichtet werden; aber dadurch wurde nur der Weg frei gemacht, den Ratschluß Gottes in der gegenwärtigen Gestalt des „Reiches der Himmel“ auszuführen. Darum heißt es in den Gleichnissen vom „Reich der Himmel“: „Das Reich der Himmel ist gleich geworden ...“ (13,24;

wird. Es ist mir nicht möglich, auf die verschiedenen Gleichnisse hier näher einzugehen; deshalb will ich mich auf einige Bemerkungen darüber beschränken.

Alle Schriftstellen von Kap. 13 an, in denen vom „Reich der Himmel“ gesprochen wird, behandeln das „Reich der Himmel“ immer nur in der Form, die es gegenwärtig hat, während der Abwesenheit des HErrn, und gehen darum in ihrer Darstellung des „Reiches der Himmel“ auch immer nur bis zum Ende der gegenwärtigen Form, also bis zum Wiederkommen des HErrn auf die Erde. Das muß ja so sein, eben weil sie das „Reich der Himmel“ in dieser Form zum Gegenstande haben. Sie zeigen uns, daß diese Form des „Reiches der Himmel“ ein „Geheimnis“ und bis dahin „verborgen“ war (13,11.35), wie das „Reich der Himmel“ in dieser Form entstanden ist und in welchen Zustand es kommen sollte (und nun gekommen ist) unter der VerAntwortlichkeit des Menschen (13,24-43), welchen Wert und welche Kostbarkeit es für den HErrn besitzt (44-46), welche Tätigkeit entfaltet wird (47-50) und mancherlei Wesenszüge und Vorgänge (18,23-35; 20,1-16; 22,1-14; 25,1-12). Manche Gleichnisse zeigen auch den Abschluß des „Reiches der Himmel“ in dieser Form (13,41-43.49.50; 22,13; 25,10-12). Was in Kap. 13,41-43 und 49.50 gesagt ist, geht der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches unmittelbar voraus bezw. grenzt an dasselbe unmittelbar an (an dessen Anfang), denn es geschieht in der „Vollendung des Zeitalters“, welche erst dann ist, wenn der HErr wieder auf die Erde kommt, um Sein Reich aufzurichten. Dem entspricht es, daß die Engel als Diener des HErrn in Tätigkeit treten als Vollstrecker Seines Willens, um „aus Seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenzulesen und die das Gesetzlose tun“

(13,41) und „die Bösen aus der Mitte der Gerechten auszusondern“. Das tun die Engel nicht, solange wir hier sind, denn da haben die Engel nicht einen solchen Dienst; also kann es erst nach unserer Entrückung sein. Daraus ergibt sich notwendigerweise weiter, daß auch nach unserer Entrückung, am Ende des „Reiches der Himmel“ in der hier gezeigten Form, nicht nur „Böse“ im „Reiche der Himmel“ sein werden, sondern auch „Gerechte“, da ja durch die Engel die „Bösen“ aus der Mitte der“Gerechten“ ausgesondert werden! Also müssen „Gerechte“ da sein. Diese „Gerechten“ sind die Menschen, die dann gläubig sind: der gläubige Überrest aus den Juden und die durch ihr Zeugnis Gläubiggewordenen aus den Nationen. Aus ihrer Mitte

werden dann alle, „die das Gesetzlose tun“, und die „Bösen“ durch Gericht hinweggenommen werden, so daß nur die „Gerechten“ übrig bleiben. Soweit geht die Belehrung in Matth. 13 (nicht weiter, weil die dort behandelte Form des „Reiches der Himmel“ nur bis dahin geht). „Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters“ (13,43) ist eine Hinzufügung, um uns das Teil dieser Gerechten zu zeigen. Wir wissen aus anderen Stellen. daß die am Ende der großen Drangsal, beim Wiederkommen des HErrn auf die Erde, lebenden „Gerechten“ dann in das Tausendjährige Reich eingehen. (Matth. 24,31.40.41; 25,34) Deshalb sagt der HErr in Matth. 13,52, daß „jeder Schriftgelehrte, der im Reiche der Himmel unterrichtet ist“, einem Hausherrn gleiche, der „aus seinem Schatze Neues und Altes“ hervorbringt. Das Neue ist die in den Gleichnissen gezeigte neue Gestalt des „Reiches der Himmel“, von der im Alten Testament nichts gesagt war, und das Alte das, was aus dem Alten Testament schon bekannt war: das messianische (Tausendjährige) Reich. Beides bringt der im „Reiche der Himmel“ unterrichtete Schriftgelehrte aus seinem Schatze hervor. Aber die Reihenfolge ist jetzt: erst das Neue, dann das Alte. - In Kap. 22,13 und Kap. 25,10-12 werden uns, diesen Gleichnissen entsprechend, andere Seiten des Abschlusses gezeigt: In Kap. 22, wo es sich um die Anerkennung der Ansprüche der Herrlichkeit des Königs handelt, sehen wir in V. 13, daß der dem Gericht verfällt, der diese Ansprüche mißachtet hatte (indem er in seinem eigenen Kleide zur Hochzeit erschienen war und nicht für nötig gehalten hatte, sich mit einem Hochzeitskleide bekleiden zu lassen); und in Kap. 25,10-12, wo es sich um das Erwarten des Bräutigams handelt, wird uns gezeigt, daß nur die zur Hochzeit eingehen können (entrückt werden), die nicht nur eine Lampe (das christliche Bekenntnis), sondern auch Öl in ihren Gefäßen haben (den Heiligen Geist besitzen), und daß die, welche nur eine Lampe, aber kein Öl haben (nur ein Bekenntnis, aber nicht den Heiligen Geist), davon ausgeschlossen sind und ausgeschlossen bleiben; der HErr wird ihnen sagen: „Ich kenne euch nicht!“

(Schluß folgt, s. G. w.!) Th. K.

„Fluchet Meros!“

Wer gab die Machtbefugnis dazu?

Der Engel des HErrn!

Was hatte Meros getan?

Nichts.

Warum sollte denn Meros verflucht werden?

Weil er nichts tat.

Was hat Meros tun sollen?

Dem HErrn zur Hilfe kommen.

Konnte der HErr nicht ohne Meros fertig werden?

Der HErr wurde ohne Meros fertig.

Erlitt der HErr dadurch Verlust?

Nein - aber Meros.

Ist Meros verflucht worden?

Ja, und das sehr bitter.

War es recht, daß Meros verflucht wurde, weil er nichts tat?
Ja, weil er etwas tun sollte.
Wer sagt solches?
Der Engel des HErrn.

(Jer. 48,10)

Frage und Antwort

 

Frage 3

War Elias im Recht mit seiner Handlungsweise an den Baalspriestern? (1. Kön. 18) Warum erscheint ihm Gott dann später im sanften Säuseln? (1. Kön. 19) War der Eifer Nehemias (13,25) nach Gottes Gedanken?

Antwort

Um die Handlungsweise dieser Männer Gottes zu verstehen, dürfen wir sie nicht vom Standpunkte des Neuen Testamentes, sondern des Alten Testamentes beurteilen. Wir müssen unterscheiden zwischen dem Tage des Gesetzes und dem gegenwärtigen Tage der Gnade Gottes. Wir können heute nicht handeln wie in den Tagen Elias und Nehemias. Jakobus und Johannes meinten, wie in dem Zeitalter des Gesetzes handeln zu können und wollten in ihrem gerechten Unwillen über die Leute von Samaria mit der Erlaubnis des HErrn Feuer vom Himmel fallen lassen, wie es einst Elia tat. (Luk. 9,54) Aber der HErr tadelte sie; Er tadelte nicht Elia, daß er Feuer vom Himmel fallen ließ, sondern sie, daß sie nicht unterschieden zwischen der Zeit Elias und der jetzt neu angebrochenen Zeit des Sohnes des Menschen. Ihre Handlungen konnten jetzt nicht mehr nach den Forderungen des Gesetzes, sondern mußten in dem Geiste ihres HErrn, des Sohnes des Menschen, sein, der gekommen war, zu erretten und nicht zu verderben.

Um die Handlungsweise Elias zu verstehen, müssen wir den Gang der Ereignisse betrachten. Gott hatte das Volk wegen seiner Untreue gezüchtigt; Jahre hindurch war kein Regen auf das Land gefallen. Gott redete durch Gericht zu Seinem Volke. Nach diesen Zubereitungsjahren durch das Gericht wollte Er Sich in Gnade offenbaren und das Volk durch Seinen Segen zu Sich ziehen. Ehe Er es aber segnen und den Regen geben konnte, mußte Er mit den „Obadjas“, die sich vor Menschen bücken, mit den „Ahabs“, die die Gebote Jehovas verlassen, mit dem Volke,

das „auf beiden Seiten hinkt“, reden und mit den Baalspriestern, die keinen Platz in der Mitte des Volkes haben durften, handeln. Zu diesem Zwecke rief Er Seinen Knecht aus der Verborgenheit zu einem Zeugnis über Sein Volk.

Die Weise, wie Elia mit den vier Gruppen in dem 18. Kapitel redet und handelt, um Bahn für den Segen Gottes zu machen, ist höchst beachtenswert.

Zuerst finden wir seine Begegnung mit Obadja. In Obadja sehen wir gleichsam die Klasse der verborgenen und unentschiedenen Gläubigen jener Tage. Mit welchem Ernst und welcher Würde tritt Elia Obadja, der zwar Jehova sehr fürchtete, entgegen, und wie wird der Zustand und die Menschenfurcht dieses Mannes an der Treue des Elia offenbar gemacht!

In Ahab sehen wir die Klasse der Abtrünnigen. Mit rücksichtsloser Strenge deckt Elia sein Herz und seinen Weg auf. In dem Volke sehen wir die urteilslose, vom Geiste der Zeit beherrschte Masse. Sie hinkte auf beiden Seiten. Elia tritt an das Volk heran mit der entscheidenden Frage, wer Gott sei, ob Jehova oder Baal. Sie sollten nicht auf beiden Seiten hinken, sondern für denjenigen Stellung nehmen, der wirklich Gott sei.

In den Baals-Propheten sehen wir die Verführer des Volkes Gottes. Ihr Ziel war, das Volk Gottes anzureizen, anderen Göttern zu dienen. Gott hatte geboten, daß jeder, der das Volk zum Götzendienst anreize, und sei es ein Bruder oder das eigene Weib oder ein Freund, nicht geschont und ihm kein Erbarmen zuteil werden solle, sondern daß ein solcher gewißlich getötet werden solle. (5. Mose 13,6.9) Elia handelte treulich nach diesem Worte Gottes.

Wie schon gesagt, ehe Gott Sein Volk mit Regen segnen konnte, mußte das Hemmnis für den Segen beseitigt werden, das Volk mußte zuerst zum Bekenntnis: „Jehova, Er ist Gott“ (1. Kön. 18,39) geführt und das Gericht über die Verführer vollzogen werden. Alsdann konnte Gott das Volk segnen und den Regen geben.

Wenn Elia des Baal spottete, so geschah es nicht aus einer frivolen Gesinnung; bei ihm handelte sich alles darum, daß das Volk erkennen möge, daß Jehova Gott sei und ihr Herz

Entschiedenheit, dem Volke das Nichts des Baal darzutun. Es sollte überführt werden, daß gegossene Bilder Wind und Leere und ihr Machwerk Eitelkeit und Nichtigkeit seien und weder Gutes noch Böses zu tun vermöchten. (Jes. 41,23.24.29) Sein Spott sollte ihnen die Augen über die Torheit und den Betrug der Baalspropheten öffnen, und als dies geschehen war, mußte auf Grund 5. Mose 13,9 das betrogene Volk Hand an sie legen.

Auf der gleichen Linie liegt auch das Verhalten Nehemias. Auch er handelte, als er den Männern fluchte, nach dem Gebot Jehovas: „Verflucht sei, wer nicht aufrecht hält die Worte dieses Gesetzes, sie zu tun! und das ganze Volk sage: Amen!“ (5. Mose 27,26) In heiligem Zorn und Entrüstung fluchte er ihnen, schlug und raufte er sie.

Wenn wir auch in dem jetzigen Zeitalter der Gnade Gottes nicht solche, die das Volk zu fremden Göttern führen, zu schlachten und auch nicht wie Nehemia ihnen zu fluchen usw. haben, so können wir doch an der Treue dieser Männer Gottes, mit der sie, zum gottgewollten Anfang zurückkehrend, Gott dienten und verherrlichten, dem Lichte entsprechend, welches Gott in jenen Tagen ihnen gegeben hatte, lernen für unser Verhalten dem Götzendienst der Gegenwart gegenüber.

Was nun die Zwischenfrage anbetrifft, warum denn Gott Elia in sanftem Säuseln (Kap. 19) erschienen sei, so erlaubt der Zusammenhang durchaus keine Beziehung dieser Erscheinung auf die Handlungsweise Elias an den Baalspriestern. Die Erscheinung Gottes im sanften Säuseln enthält eine persönliche Zurechtweisung für Elia in seinem Auftreten vor Gott als Ankläger seiner Brüder.

Die Sache des HErrn hatte zu einem völligen Sieg geführt - Gott hatte nach der Bitte des Propheten gehandelt und kundgetan, daß Er Gott in Israel und Elia Sein Knecht sei. (1. Kön. 18,36) Elia erwartete nun große Dinge. Statt dessen sah er aber, daß das Volk sich nicht von der Herrschaft der Isebel löste und Isebel nach wie vor ihre Macht und Herrschaft ausübte. Ein völliger Umschlag trat nun bei Elia ein. In seinen Erwartungen und Hoffnungen getäuscht, ziehen Verzagtheit und Unglauben in sein Herz ein; in seinem Herzen ist er fertig mit dem Volke

fertig sein und wieder in Gericht mit demselben handeln. Gott aber hatte angefangen, Gnade zu üben, und wollte Sich weiter in dem Säuseln der Gnade offenbaren.

Bis dahin hatte Elia fürbittend Sein Volk vor Gott gebracht und Gott auf dem Berge Karmel gerechtfertigt und verherrlicht. Jetzt aber tritt er nicht mehr für Sein Volk fürbittend ein, sondern er rechtfertigt sich und verklagt seine Brüder. In dem Sturm, Erdbeben und Feuer zeigt Gott, daß es Ihm nicht an Macht fehle, zu zerreißen und zu zerschmettern, wie es nach Elias Herzen war; doch in diesen Gerichtszeichen wollte Gott Sich jetzt nicht offenbaren. Elia mußte lernen, daß Sturm, Erdbeben und Feuer den Absichten Gottes jetzt nicht entsprachen, sondern Gott Sich jetzt in dem sanften Säuseln der Gnade und Langmut Seinem Volke offenbaren wolle, und daß er als Sein Knecht in Überstimmung mit Ihm sein müsse.

Nachdem Elia völlig verstanden hatte, daß Gott nicht im Sturm, nicht im Zerreißen und Zerschmettern war, wiederholt Gott noch einmal Seine Frage: „Was tust du hier?“ Aber Elia ist trotz der Unterweisung, die er empfangen hatte, nicht bereit, sich zu verurteilen, sondern er wiederholt noch einmal seine sich selbst rechtfertigende Antwort und die Anklage wider seine Brüder, und die traurige Folge ist, daß er für eine Zeitlang beiseite gesetzt wird. Er muß einen Nachfolger für sich salben, und Gott überführt ihn von seinem Irrtum, allein übrig geblieben zu sein, indem Er ihm sagt, daß noch 7000 andere da seien, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hätten. Gott hat keinen Mangel an Werkzeugen, die Er gebrauchen kann, wenn wir nicht mit Ihm Schritt halten!

Das „sanfte Säuseln“ selbst finden wir dann in dem 20. Kapitel. Gott umgibt Ahab ungebeten mit dem Säuseln Seiner Gnade, und Er wählt einen anderen Propheten, die Worte Seiner Gnade an Ahab auszurichten. Erst als Ahab keine Belehrungen aus der Güte und Langmut Gottes nimmt und halsstarrig und verstockter als je zuvor sich offenbart, wird Elia im 21. Kapitel wieder gebraucht, ihm das Gericht anzukündigen.

Diese Unterweisung, die Elia am Berge Horeb empfing, enthält auch für uns die ernste Lehre, daß, wenn wir nicht in Übereinstimmung mit den Absichten unseres Gottes wirken, Gott uns als

A. v. d. K.

Das Prüfen der Geister.

„Einem anderen aber ... wird gegeben durch den Geist ... Unterscheidungen der Geister.“ (1. Kor. 12,10)

Eine ernste Ermahnung des Apostels Johannes lautet: „Glaubet nicht jedem Geiste, sondern prüfet die Geister, ob sie aus Gott sind“. (1. Joh. 4,1) Diese Ermahnung gewinnt um so mehr an Wichtigkeit, als der Sand der Zeit verrinnt und die Morgenröte der nahen Ankunft des HErrn fast schon sichtbar ist. In dieser letzten Zeit entwickeln diese Geister, die nicht aus Gott sind, eine staunenerregende, verführerische Tätigkeit, die besonders dadurch gekennzeichnet ist, daß ihre Wirkungen denen des Heiligen Geistes täuschend ähnlich sind. Deshalb werden sie auch in der Schrift „betrügerische Geister“ genannt (1. Tim. 4,1), weil sie die echten Wirkungen des Heiligen Geistes so täuschend nachahmen, daß diese für echt gehalten werden können. Ernste eifrige Seelen werden dadurch betrogen und in einer ihnen unmerkbaren Weise auf einen Abweg geleitet. Die Folge ist, daß solche dann im Dienste des HErrn unbrauchbar oder gar dem Schiffbruch zugeführt werden, wodurch alsdann der Name des HErrn verunehrt, Mitgläubige geschädigt und das Zeugnis in der Welt verdorben wird.

Das Wort sagt, daß viele falsche Propheten in die Welt ausgegangen sind. Solche wollen die Gotteskinder unterrichten und erbauen. Dies ist gewiß nach 1. Kor. 14,1 ein begehrenswerter Dienst. In diesen falschen Propheten wirkt aber ein Geist, der nicht aus Gott ist. Sein Ziel ist, den schriftgemäßen wichtigen Dienst zunächst unwirksam zu machen und dann, wie Petrus schreibt, „verderbliche Sekten (Parteiungen) nebeneinzuführen“ usw. (2. Petr. 2,1) Soviel wir wissen, gibt die Schrift uns keine Auskunft darüber, warum Gott in Seiner wunderbaren Weisheit solchen Geistern erlaubt, diese verführerische Arbeit zu tun. Wir dürfen aber annehmen, daß das alles zum Glaubenskampf gehört. Den „Jünglingen“ schreibt Johannes, daß sie Gottes Wort bleibend in sich und auch den Bösen überwunden haben. (1. Joh. 2,14) Und

weiter schreibt der Apostel, daß viele Antichristen geworden sind. Diese mochten einst als Lehrer oder Propheten in der Gemeinde gestanden haben, sie hatten sich aber von einem nicht aus Gott stammenden Geiste betr ügen lassen und waren „Verführer“ geworden. (1. Joh. 2,18.19.26) In seinem zweiten Brief schreibt Johannes, daß es viele gibt, „die nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennen“ und die nicht in der Lehre des Christus bleiben. Solche soll man weder ins Haus aufnehmen noch grüßen, denn wer einen solchen grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken. (2. Joh. 7-11)

Der Apostel Paulus schreibt, daß der Geist ausdrücklich sagt, daß in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen und auf betrügerische oder verführerische Geister und auf Lehren der Dämonen achten werden. Schon in dem Achten auf solche Lehren, daß man ihnen das Ohr lieh, lag schon der Anfang des Abfallens vom Glauben. (1. Tim. 4,1) Sogar in den apostolischen Tagen war die Gefahr bei jungen Gläubigen vorhanden, betrogen zu werden, denn Paulus schrieb der Gemeinde in Thessalonich, „nicht schnell in der Gesinnung erschüttert zu werden, weder durch Geist“ usw. (2. Thess. 2,2) In Thessalonich offenbarte sich z. B. ein solcher verführerischer oder betrügerischer Geist darin, daß er durch einen Bruder lehrte, daß der Tag des HErrn schon da wäre.

Die Engel Gottes werden in der Schrift als „Geister“ bezeichnet. Von ihnen wird uns gesagt, daß sie als dienstbare Geister ausgesandt sind zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen. (Hebr. 1,7 u. 14) Wir finden jedoch nicht, daß sie bestimmt sind, in Menschen zu wohnen und durch Menschen zu lehren; wohl aber finden wir, daß die betrügerischen Geister dieses tun. Die heiligen Engel, diese dienstbaren Geister, können auf Gottes Geheiß Petrus aus dem Gefängnis befreien, dem Kornelius sagen, er solle Petrus holen lassen, Wasser und Brot dem müden Propheten Elia bereiten; sie sind „die Gewaltigen an Kraft, Täter Seines Wortes, gehorsam der Stimme Seines Wortes.“ (Ps. 103,20) Die Engel Gottes sind also eine andere Klasse von Geisterwesen, und man kann ihre Tätigkeit leicht von der der falschen Geister unterscheiden. Die Tätigkeit der Engel erstreckt sich noch über den Tod hinaus, denn sie trugen den verstorbenen Lazarus bis in den Schoß Abrahams.

Die verführerischen Geister aber leisten nicht solche Dienste wie die Engel Gottes, sie wollen - wenn möglich - Besitz von Gläubigen ergreifen und in ihnen wohnen, etwa wie der Heilige Geist, und leider, leider prüfen Gläubige diese Geister nicht, sondern tun ihnen sogar die Türe auf! Diese betrügerischen Geister vermögen die Seele eines Menschen mit großer Freude und Frieden und beseligenden Gefühlen zu berauschen, so daß ein solcher in dieser gehobenen Stimmung wunderbar betet, spricht, in anderen Zungen redet, ja mit besonderer Betonung in diesem Zustande Seelen auffordert, Buße zu tun, Sünden zu bekennen oder Gott anzubeten. Und doch ist es alles unecht, seelisch und nicht die nüchterne Wirkung des Heiligen Geistes. Da ist das Zeugnis solcher bestätigt, die es an sich selbst erlebt haben und durch Gottes Erbarmungen von diesem betrügerischen Geiste befreit wurden. Der Betrug dieser verführerischen Geister ist tatsächlich gewaltig. Und doch darf man sich darüber nicht wundern, denn er kommt von dem Vater der Lüge, der selbst die Gestalt eines Engels des Lichtes annimmt. (2. Kor. 11,14) Besonders in Erweckungszeiten entwickelt der Feind diese verführerische Tätigkeit, um irgend eine Erweckung ins betrügerische falsche Fahrwasser zu lenken.

Der Apostel Paulus schrieb den Korinthern: „Ich fürchte aber, daß etwa, wie die Schlange Eva verführte durch ihre List, also auch euer Sinn verderbt und abgewandt werde von der Einfalt gegen den Christus. Denn wenn der, welcher kommt, einen anderen Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen anderen Geist empfanget, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, daß ihr nicht angenommen habt, so ertrüget ihr es gut.“ (2. Kor. 11,3.4) Daraus ersehen wir, wie geneigt die Gläubigen in Korinth waren, einen Geist nicht aus Gott zu empfangen und auf ihn zu hören. Das kam daher, daß sie, wie wir aus 1. Kor. 14 ersehen, wohl bestrebt waren, eine Gabe wie das Zungenreden zu erlangen, aber weniger danach eiferten, „zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung“ zu reden. Ein Eifern danach, in Sprachen zu reden, finden wir in der Schrift nicht, und wenn dieser Eifer unsere Seele erfüllt, dann sind wir in Gefahr, dem fremden Truggeist die Tür aufzumachen und dem falschen Schluß beizustimmen, daß „in Sprachen reden“ ein Zeichen von der Geistestaufe sei, und schon hat man sich von dem geraden Weg des HErrn entfernt.

Wie kann man nun die Geister prüfen? Gewiß nur an der Schrift. Zunächst bemerken wir, was die Schrift nicht sagt; sie sagt nicht, daß irgend ein Geist, der ein glückseliges Gefühl verleiht oder uns seelisch emporhebt, aus Gott sei; sie sagt nicht, daß ein Geist, der Menschen befähigt, Wunder zu tun, aus Gott sei, denn Satan kann auch Zeichen und Wunder der Lüge vollbringen (2. Thess. 2,9); Er, der die Macht hat, Hiob mit bösen Geschwüren zu schlagen, kann solche auch heilen; die Schrift sagt auch nicht, daß jeder Geist, der „in verschiedenen Sprachen redet“, aus Gott sei. Der HErr Selbst sagt uns, daß Menschen angeblich in Seinem Namen weissagen, Dämonen austreiben und viele Wunderwerke tun können, und doch hat Er solche niemals gekannt; sie waren Übeltäter (Matth. 7,22.23), denn sie hatten diese imponierenden Taten in der Macht eines Truggeistes getan!

Wiederum fragen wir, wie kann man denn diese Geister prüfen? Die Schrift sagt: „Jeder Geist, der Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist aus Gott, und jeder Geist, der nicht Jesum Christum im Fleische gekommen bekennt, ist nicht aus Gott.“ (1. Joh. 4,2.3) Bedeutet das etwa, daß man einen verdächtigen Geist fragen soll, ob er bekennt, daß Jesus Christus im Fleische gekommen ist? Wir denken nicht, daß die Stelle das bedeutet, denn ein Truggeist kann alles sagen oder bekennen. Eher ist die Sache so, daß man genau nach dem Worte darauf achtet, ob die Lehre, die der Geist bringt, nach der Schrift sei. Wir können nicht die Geister sehen, aber wir sehen und hören sie in den Personen, durch die sie reden. Selbst Brüder mögen ihrem Truge zum Opfer fallen. Jesus Christus im Fleische gekommen, ist das Zentrum der Wahrheit; es ist „das große Geheimnis der Gottseligkeit, Gott geoffenbart im Fleisch“, oder das Wort, welches bei Gott und Gott war, Fleisch geworden ist und unter uns wohnte. Im zweiten Johannesbrief wird der Ausdruck „Jesus Christus im Fleische gekommen“ wieder gebraucht, und von solchen, die Ihn nicht so bekennen, schreibt der Apostel: „Dies ist der Verführer und der Antichrist.“ Und in Verbindung damit gebraucht Johannes das Wort: „Die Lehre des Christus.“

Ein Geist nicht aus Gott weicht von dem Mittelpunkt allmählich ab, aber so fein wird das gemacht, daß junge und unerfahrene Gläubige es nicht einmal bemerken. Darum soll das

Prüfen der Geister, wenn möglich, gemeinschaftlich geschehen, und die Gemeinde soll ihre Errettung aus dieser Gefahr mit Furcht und Zittern bewirken. Wenn man Gelegenheit hat, ältere, bewährte Brüder zu Rate zu ziehen, so ist es gewiß gut. Ein richtiges Prüfen kann nur an dem Worte geschehen, niemals an unseren Empfindungen, auch nicht an den äußeren Zeichen.

Johannes schreibt den Jünglingen, weil „sie stark waren und das Wort Gottes in ihnen blieb, hatten sie den Bösen überwunden.“ (1. Joh. 2,14) In dem Sendschreiben an die Gemeinde in Ephesus sagte der HErr: „Du hast die geprüft, welche sich Apostel nennen und sind es nicht, und hast sie als Lügner erfunden.“ (Offb. 2,2) Viele Gläubige sind leider, man möchte sagen, unfähig zu prüfen; denn dazu muß man feste Speise, welche für Erwachsene ist, genossen haben, um „vermöge der Gewohnheit geübte Sinne zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen zu haben.“ (Hebr. 5,14) Als vor 100 Jahren in England ein Geist viele ernste Gläubige befähigte, zu weissagen und auch in Zungen zu reden, kamen bald schreckliche Irrtümer zum Vorschein, und die heutige sogenannte Katholisch-Apostolische Gemeinde ist das traurige Resultat, welches daraus hervorging!

Ein Geist nicht aus Gott redet viel vom Heiligen Geist und weniger von dem Herrn Jesus; man pflegt einen Kultus des Geistes, man räumt dem Geiste den höchsten Platz ein, der dem Herrn Jesus gehört. Der wahrhaftige Heilige Geist aus Gott nimmt niemals den dem HErrn gebührenden Platz ein, denn von dem Heiligen Geist sagte der HErr Selbst: „Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird Er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn Er wird nicht aus (oder von) Sich Selbst reden, sondern was irgend Er hören wird, wird Er reden, und das Kommende wird Er euch verkündigen. Er wird Mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird Er empfangen und euch verkündigen.“ (Joh. 16,13.14) Also wird Er Jesum Christum im Fleische gekommen bekennen; Er Selbst bleibt im Hintergrund; Er will nicht den Thron des HErrn einnehmen.

Ein verführerischer Geist aber tut dieses gern. Er schiebt den HErrn beiseite, denn er will ja, daß Menschen ihm huldigen. Ist dieser Geist nicht der Geist dieser Welt? Wie groß ist sein Triumph, wenn er Gläubige so überlisten kann, daß sie ihm, den sie nicht in seiner wahren

Gestalt erkannt haben, Huldigung darbringen! Auf seine Weise hat er sich zuerst eingeschlichen; in dem herrlichen und frommen Gewand eines Engels des Lichtes ist er gekommen, und man hat ihm die Türe aufgemacht. Darum benötigen wir die ganze Waffenrüstung Gottes, damit wir zu bestehen vermögen wider die Listen des Teufels. (Eph. 6,11) Der Teufel ist ein geistiger Betrüger, darum müssen wir das Schwert des Geistes, welches Gottes Wort ist, nehmen und anwenden.

Ein starker und moderner Betrug des Feindes ist es, Gläubige zu befähigen, in Zungen zu reden, und man glaubt, daß das ein Zeichen des Heiligen Geistes sein müsse. Gar manche schreien und ringen um die Gabe des Zungenredens, obwohl die Schrift nirgends Gläubige auffordert, so etwas zu tun, und fallen so nach großer Mühe in des Teufels Nachahmung. Die Erfahrung hat oft gelehrt, daß gewöhnlich zuerst irgend eine seelisch überspannte Schwester mit dem vermeinten Zungenreden begann; andere riefen alsdann: „Halleluja!“ Wir haben aber in der Schrift keinen einzigen Fall, wo eine Schwester in Zungen redete! In der Apostelgeschichte waren es immer Männer, denn dort handelte es sich um die echte Gabe: Petrus mit den Elfen (Apg. 2,14), Kornelius und die Männer mit ihm (Apg. 10, Schluß und 11,15), und die zwölf Männer in Ephesus (Apg. 19,7). Wohl „weissagten“ Weiber (Apg. 21,9), doch nur mit bedecktem Haupt und nicht in der Gemeinde. Da redet vielleicht eine seelisch veranlagte und überreizte Schwester im Zustande der Entzückung in Zungen in der Gemeinde Gottes, und sofort heißt es, sie sei vom Heiligen Geiste dazu befähigt und habe nun die Geistestaufe erlangt und sei nun eine „kluge Jungfrau“ geworden! Das Schwert des Geistes aber sagt: „Weiber sollen schweigen in den Versammlungen, denn es ist ihnen nicht erlaubt, zu reden ... denn es ist schändlich für ein Weib, in der Versammlung zu reden ... es ist ein Gebot des HErrn.“ (1. Kor. 14,34-37) Soweit also ist es schon gekommen, daß der Heilige Geist eine Seele leiten soll, dem Worte des Geistes ungehorsam zu sein, und anwesende Brüder, die schon von dem Truggeist verführt sind, schreien dabei unaufhörlich: „Lobe den HErrn! Halleluja!“ Das ist in Wahrheit die Sünde Sauls, durch welche er sein Königreich verlor und von dem HErrn verworfen worden ist. Samuel mußte ihm sagen: „Siehe, Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, Aufmerken besser als das Fett der Widder.“ (1. Sam. 15,22.23)

Einem Geiste, der zum Ungehorsam leitet, glaube nie und nimmermehr, der ist offenkundig nicht aus Gott! Wir widerstehen ihm mit unserem ganzen Herzen bis zum letzten Atemzug; wir verabscheuen ihn mit all seinen unechten Werken, und mit dem Worte Gottes reißen wir ihm das Gewand des Engels des Lichtes fort, daß er gesehen werden möge als „der Vater der Lüge“, „die alte Schlange“, „der Verkläger der Brüder“. „Und der Teufel, der sie verführte, wurde in den Feuer- und Schwefelsee geworfen ... und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden in die Zeitalter der Zeitalter.“ (Offb.20,10)

F. Btch.

„In der Rennbahn“.

(1. Kor. 9,24)

Paulus will die Gläubigen ermutigen, den himmlischen Preis, das köstliche Kleinod zu erlangen. Er schreibt ihnen: „Wisset ihr nicht, daß die, welche in der Rennbahn laufen, zwar alle laufen, aber einer den Preis empfängt? Laufet also, daß ihr ihn erlangt“. (1. Kor. 9,24) Er sagt ihnen weiter, daß jeder, der kämpft, enthaltsam sein muß in allem. Jene ringen um eine vergängliche Krone, wir aber um eine unvergängliche. Jeder, der in der Rennbahn läuft, hat den festen Vorsatz, den Preis zu erlangen, keiner steht still. Jeder läuft, soviel er kann, und doch kann von diesen nur einer den Preis erlangen. Nun will der Apostel uns in diesem Bilde nicht sagen, daß nur einer von uns den Preis erhält, sondern daß wir mit einem solchen Ernst und Eifer und einer solchen Selbstverleugnung wie diese Wettläufer in der vorgeschriebenen Bahn laufen müssen, um den Preis zu erlangen. Laßt uns dieses Bild recht ins Auge fassen. Wie laufen und ringen die Weltkinder, die doch nur dem Gott dieser Welt dienen, um einen nichtigen Preis! Wie sollten wir, die eine unvergängliche Krone erlangen können, das Ziel anschauen und hinjagen zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo! (Phil. 3,14)

Wenn dein Herz wirklich auf das Ziel droben gerichtet ist, dann ist es auch mit den Dingen des

in den „großen Kampf“ für das Wohl und Wachstum Seiner Gemeinde. (Kol. 2,1) Ach, wie viele sind in Gottes Gemeinde, ohne ein Bewußtsein von ihrer Aufgabe zu haben! Gehörst du dazu? Gehst du gedankenlos zur Versammlung, nur aus Gewohnheit, weil eben zu dieser Stunde die Versammlung stattfindet und du fühlst, da sein zu müssen? Sind deine Gedanken vielleicht nur damit beschäftigt, wer wohl dort reden wird? Was aber ist deine VerAntwortung? Bist nicht auch du als Gelenk der Darreichung an dem Leibe Christi gesetzt? (Eph. 4,16) Hast du keine Aufgabe? Ist dein Benehmen, dein Verhalten, dein Betragen eine Hilfe? Ist dein Erscheinen eine Ermutigung für andere? Wenn du nicht zuvor im Heiligtum warst, kannst du den Wohlgeruch Christi nicht verbreiten. Vielleicht wußtest du, daß in der Versammlung das Evangelium verkündigt werden soll. Was tatest du vor der Versammlung? Hat der HErr dich in der Verborgenheit gesehen, daß du deine Hände zum Thron der Gnade emporhobest? Hast du deine Hände mit an das Netz gelegt? Hast du die Einladung des HErrn weitergegeben? Nötigtest du sie, hereinzukommen? Die das Netz zogen, winkten ihren Genossen, ihnen zu helfen. Wie viele Winke zur Hilfe sind vielleicht von dir unbeachtet vorübergegangen. Du sahst, wie hier ein „Josua“ kämpfte, dort ein „Gideon“ ermattet dem Feinde nachjagte. (Richt. 8,5) Du sahst zu und hattest kein Gefühl von der Notwendigkeit deiner Unterstützung und Hilfe. Wo sind die „Moses“, die mit erhobenen Händen den Sieg über den Feind erringen? Wo die „Aarons“ und „Hurs“, die die erlahmten Hände unterstützen? Bist du ein solcher? Läufst du in der Rennbahn? Willst du den Preis erlangen?

A. v. d. K.

„Reich der Himmel“ und „Reich Gottes.“

(Schluß.)

Nun kommen wir zur Betrachtung der Bezeichnung „Reich Gottes“.

Vorher möchten wir nur ganz kurz einen Blick auf die eingangs aufgeführten anderen Bezeichnungen des „Reiches“ im Ev. Matthäus tun, ohne auf Einzelheiten einzugehen, weil uns

hier der Raum dazu mangelt. Selbstverständlich hat es immer seine Bedeutung, wenn der Geist Gottes eine andere Bezeichnung für eine Sache anwendet. So ist es auch hier. Es ist immer dasselbe „Reich“, aber jeweils von einer anderen Seite aus betrachtet. Wenn es nur „Reich“ genannt ist, ist es das Reich ohne besondere Charakterisierung. Als Reich des „Vaters“, des „Sohnes des Menschen“ und „Christi“ kommen die in diesen Worten liegenden verschiedenen Seiten oder Beziehungen zum Ausdruck. In den Stellen 4,23; 6,10; 8,12; 16,28; 20,21; 24,14 und 25,34 ist offensichtlich das messianische (Tausendjährige) Reich gemeint. Die Stellen 13,19.38.43 haben in den Ausführungen über das „Reich der Himmel“ bereits mit ihre Erklärung gefunden. In 26,29 verstehe ich unter dem „Reiche Meines Vaters“ ebenfalls das messianische (Tausendjährige) Reich, ohne behaupten zu wollen, daß es so sein muß.

Das „Reich Gottes“ ist, wie schon am Anfang gesagt, nicht ein anderes Reich als das „Reich der Himmel“, sondern dasselbe Reich, aber von einem anderen Gesichtspunkte aus gesehen und in seiner Dauer über die Grenze des „Reiches der Himmel“ hinausgehend. Während die Bezeichnung „Reich der Himmel“ das Wesen des Reiches und damit zugleich den für dieses Reich passenden Herzenszustand der Untertanen desselben ausdrückt, bringt die Bezeichnung „Reich Gottes“ die Person des Herrschers, nämlich daß Gott der Herrscher dieses Reiches ist, und damit zugleich den diesem Herrscher entsprechenden sittlichen Charakter der Untertanen des Reiches zum Ausdruck: Gott ist ihr Schöpfer, und Er ist der Inbegriff der sittlichen Vollkommenheit, und es ist Sein Reich, in dem sie sind; darum sind sie verAntwortlich, sich dementsprechend zu verhalten, d. h. Ihn, den Herrscher des Reiches, in ihrem Verhalten stets zu bejahen. Das wird auf dieser Erde ja immer nur in Schwachheit geschehen, in vollkommener Weise wird es erst sein in der Ewigkeit; dann wird Gott im ganzen All, von allen sittlichen Wesen, als der Herrscher gekannt und anerkannt sein - dann wird Gott „alles in allem“ sein. (1. Kor. 15,28) Das ist das „Reich Gottes“ in seiner Vollendung! Damit kommen wir zu dem zweiten Unterschied: während das Reich als „Reich der Himmel“ dem oben erwähnten Sinne dieser Bezeichnung nach sich auf die Dauer des Reiches auf dieser Erde beschränkt, hört das Reich als „Reich Gottes“ nie auf, sondern ist - der Person seines Herrschers entsprechend - ewig, wie aus dem Worte Gottes deutlich hervorgeht. (S. Apgesch. 14,22; 1. Kor. 6,9.10;

Die Bezeichnung „Reich Gottes“ kommt in allen Evangelien sowie auch in der Apostelgeschichte und den Briefen vor - dem in dieser Bezeichnung ausgedrückten Gedanken entsprechend -, und auch einmal in der Offenbarung, wenn wir die Worte: „das Reich unseres Gottes“ in Kap. 12,10 so auffassen wollen. Um das Nachschlagen zu erleichtern, geben wir hier eine Zusammenstellung der Schriftstellen, wo „Reich Gottes“ vorkommt, nach der uns vorliegenden Aufstellung: Matth. 6,33; 12,28; 19,24; 21,31.43; Mark. 1,14f.; 4,11.26.30; 9,1.47; 10,14f.23ff.; 12,34; 14,25; Luk. 4,43; 6,20; 7,28; 8,1.10; 9,2.11.27.60.62; 10,9.11; 11,20; 13,18.20.28f.; 14,15; 16,16; 17,20f.; 18,16f.24f.29; 19,11; 21,31; 22,16.18; 23,51; Joh. 3,3.5; Apgesch. 1,3; 8,12; 14,22; 19,8; 20,25; 28,23.31; Röm. 14,17; 1. Kor. 4,20; 6,9f.; 15,(24.)50, Gal. 5,21; Eph. 5,5; Kol. 4,11; 2. Thess. 1,5; Offenb. 12,10. Es wäre von Interesse, manche dieser Stellen näher zu betrachten, aber wir müssen uns dieses wegen Mangels an Raum versagen und können nur noch die Stellen berühren, die für unsere Frage besonders in Betracht kommen.

Die Frage selbst hat in der Betrachtung, die wir über das „Reich der Himmel“ und das „Reich Gottes“ angestellt haben, schon ihre BeAntwortung gefunden. Wir wollen aber noch kurz einiges darüber bemerken, warum im Ev. Matthäus das Reich nicht immer „Reich der Himmel“, sondern einige Male „Reich Gottes“ genannt ist:

Wo der Ausdruck „Reich der Himmel“ gebraucht ist, handelt es sich darum, das Wesen des Reiches zum Ausdruck zu bringen, während dort, wo es „Reich Gottes“ genannt ist, der Herrscher des Reiches, Gott, im Vordergrund steht. Das ist leicht zu erkennen; In Matth. 6,24-34 geht die Belehrung des HErrn an Seine Jünger dahin, daß sie nur Gott dienen sollen und nicht daneben auch noch dem Mammon und daß dieses - daß sie Gott dienen - in ihrem Nichtbesorgtsein um die für das Leben nötigen Dinge und in dem Voranstellen der Interessen Gottes seinen Ausdruck finden würde. Die Interessen Gottes sind: daß Er gekannt und anerkannt, Seine Herrschaft - Sein Reich - aufgerichtet und Seine Gerechtigkeit eingeführt wird. Es handelt sich also um die Herrschaft Gottes, unter die sie sich selbst stellen und deren allgemeine Anerkennung und Geltung sie herbeiwünschen. Darum ist es „das Reich Gottes“, nach dem sie trachten sollen. Durch „Reich der Himmel“ würde das nicht zum Ausdruck

kommen.

In Kap. 12,28 betont der HErr, daß Er durch den Geist Gottes - also durch die Macht Gottes - die Dämonen austreibe und nennt deshalb das zu ihnen hingekommene Reich nicht das „Reich der Himmel“, sondern das „Reich Gottes“.

In Kap. 19,23 ist es das Hängen an dem Reichtum, also der Herzenszustand, der den Reichen unpassend machte für das Reich, deshalb heißt es in diesem Vers „Reich der Himmel“, in V. 24 aber ist es das sich-Nichtbeugen vor Gott (ein Kamel kann nicht durch ein Nadelöhr gehen, weil es zu groß ist), das sein Eingehen unmöglich macht; darum heißt es hier „Reich Gottes“.

In Kap. 21,31 handelt es sich um das Tun des Willens Gottes (in dem Gleichnis vorgebildet in dem Menschen, der zwei Kinder hatte) - um die Unterordnung unter Sein Wort. Deshalb sagt der HErr „Reich Gottes“.

In Kap. 21,33-42 zeigt der HErr das Verhalten der religiösen Führer des Volkes - der Hohenpriester und Pharisäer - Gott gegenüber in ihrer Ablehnung Seiner Boten, der Propheten, und in der Verwerfung Seines Sohnes.

Deshalb bezeichnet Er in V. 43 das Reich, das von ihnen weggenommen wird, als „Reich Gottes“. -

Nun noch einige ganz kurze Bemerkungen über einige noch nicht erwähnte Bezeichnungen des „Reiches“ in den Briefen.

Kol. 1,13 finden wir den Ausdruck „Reich des Sohnes Seiner Liebe“. In dieses Reich sind wir versetzt. Es ist also etwas Gegenwärtiges. Erst waren wir unter der Gewalt der Finsternis, jetzt sind wir dieser furchtbaren Herrschaft entrückt und - geistlich und dem Herzen nach - an einem Platze, wo Licht und Liebe wohnt und wo wir unter einer Herrschaft stehen, unter der wir uns wohl und zugleich vollkommen sicher fühlen. Welche Lieblichkeit liegt für unser Herz in den Worten: „Reich des Sohnes Seiner Liebe“!

2. Tim. 4,18 gebraucht der Apostel Paulus den Ausdruck „himmlisches Reich“. Das ist auch im Urtext ein anderes Wort als „Reich der Himmel“ oder „Himmelreich“, und es ist ohne weiteres aus dem Zusammenhang ersichtlich, daß der Apostel damit die himmlische Herrlichkeit bezw. den Ort der himmlischen Herrlichkeit meint, wo der HErr den Seinen eine Stätte bereitet hat und wo wir alle bald sein werden!

Das „unerschütterliche Reich“ in Hebr. 12,28 ist das, was dann in Erscheinung treten wird, wenn alles vollendet sein wird, die neue Schöpfung, welche ewig bleibt und in der wir mit Christo alles teilen werden.

Als letztes sei erwähnt „das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus“ in 2. Petr. 1,11, in das uns „der Eingang“ soll „reichlich dargereicht werden“. Es ist Sein „Reich“ im alles umfassenden Sinne - die Entfaltung Seiner Macht im Himmel und auf Erden jetzt und in Ewigkeit. Dieses Reich besteht jetzt und bleibt ewig - es ist ein „ewiges Reich“, und alle Seine Erlösten haben Teil daran. Und der „Eingang“ in dasselbe soll uns nicht erst zuteil werden, wenn wir aus diesem Leben scheiden, sondern wird uns jetzt schon „dargereicht“, und zwar in dem Maße, in dem wir „diese Dinge tun“, von denen wir V. 5-10 (vgl. V. 12 und 15) lesen; in Vollkommenheit aber dann, wenn wir aus dieser Welt dorthin gehen, wo Er ist. -

Zum Schluß möchte ich noch in wenigen Worten darauf hinweisen, daß „Reich“ und „Versammlung“ (oder „Gemeinde“) nicht dasselbe ist.

Das „Reich“ ist die Klasse von Menschen, die sich in irgendeiner Weise - sei es innerlich (durch den Glauben) und zugleich äußerlich (durch das Bekenntnis) oder vielleicht nur innerlich oder nur äußerlich - zu Christo bekennen und dadurch eine gewisse Sonderstellung in dieser Welt einnehmen. (S. die Gleichnisse Matth. 13,24-30.36-43 und 25,1-12.) In dieser Stellung steht jeder

einzeln da, wie auf einem Acker die einzelnen Halme des Getreides und des Unkrautes, das dazwischen ist, denn dieses Bekenntnis verbindet die einzelnen nicht zu einer Lebenseinheit,

Menschen, die in Lebensgemeinschaft mit Christo stehen und durch den Geist mit Ihm und untereinander verbunden sind, wie die Glieder eines Leibes organisch mit dem Haupte und untereinander verbunden sind. (Eph. 1,22.23; Kol. 1,18)

In dem „Reich“ sind nicht nur Gläubige, Erlöste, sondern auch Ungläubige - „Gerechte“ und „Böse“, wie aus oben erwähnten Gleichnissen deutlich zu ersehen ist; die „Versammlung“ („Gemeinde“) aber besteht nur aus Gläubigen, Erlösten - solchen, die aus Gott geboren sind, die den Geist Gottes haben. (Vgl. Joh. 1,12.13; 15,19; 17,14.16; Röm. 8,9b; 2. Kor. 6,14-18; Eph. 2,13-22; 5,25-27; 1. Tim. 3,15) Deshalb sind zwar alle, welche die „Versammlung“ bilden, mit in dem „Reiche“, aber nicht bilden umgekehrt alle, die in dem „Reiche“ sind, die „Versammlung“ („Gemeinde“)!

Wir sehen, wie verschieden beides ist und wie notwendig es daher ist, „Reich“ und „Versammlung“ (oder „Gemeinde“) klar zu unterscheiden, wenn wir nicht zu ganz falschen Ergebnissen kommen wollen. -

Ich bin mir bewußt, wie arm und mangelhaft meine Ausführungen sind, hoffe aber, daß sie dennoch für manchen Leser nicht ganz wertlos sind. - Der HErr gebe uns Gnade zum Verständnis Seiner kostbaren Gedanken! Ihm sei Ehre in Ewigkeit!

Th. K.

Frage und Antwort

Frage 4

Redet der HErr Matth. 7 zu Seinen Jüngern bezw. den Gläubigen oder zu der Volksmenge?

Antwort

Vor einiger Zeit durften wir bei Gelegenheit einer kleinen Abhandlung über das Gleichnis der

zehn Jungfrauen auch etwas über die Drei teilung der sogenannten zweiten Bergpredigt schreiben. (Jahrbuch 12, Frage 21.) Wir fanden damals diese Dreiteilung wie folgt: Matth. 24,1-44: der Sohn des Menschen und Seine Auserwählten; Kap. 24,45 - 25,30: der HErr und Seine Knechte, und Kap. 25,31-46: der König und Seine Brüder. Wir finden hier eine fortschreitende Linie der Enthüllung und des Erfassens Seiner Herrlichkeit. Doch das Herz der „zweiten Bergpredigt“ ist das Gleichnis der zehn Jungfrauen, weil uns dort Christus als Bräutigam in Seiner Liebe zu uns und unsere Herzenszuneigung zu Ihm geschildert werden.

Wenn wir uns nun anschicken, etwas über die erste Bergpredigt zu schreiben, so werden wir finden, daß sie durchweg die Betonung auf die Gesinnung Christi legt, die uns als Seine Jünger, als „Söhne Gottes“ in dieser Welt kennzeichnen sollte. Sie gibt uns die geistliche, sittliche, göttliche Qualifikation (Befähigung, Ausrüstung), die die Auserwählten, die Knechte und die Brüder des HErrn in der sogenannten zweiten Bergpredigt auszeichnet.

In der ersten Bergpredigt tritt Christus als Lebens lehrer in der Darstellung Seiner eigenen Person auf. Alles, was der HErr hier uns lehrt, ist Er Selbst, d.h., ist die Gesinnung Seines Herzens und die Tat Seines Lebens und die Ausstrahlung Seiner sittlichen Herrlichkeit. In der zweiten Bergpredigt finden wir vielmehr Seine Macht als Sohn des Menschen, Seine Rechte als HErr und Seine Herrschaft als König. Hier begegnen wir mehr der Erhabenheit Seiner Herrlichkeit, die einen Abstand von uns gebietet. Aber in der ersten Bergpredigt sehen wir mehr unsere Anlehnung an Ihn, an Seine Gesinnung und an Seine sittliche Herrlichkeit, um Seine Vortrefflichkeiten in unserem Leben zu offenbaren. Ach, möchte es doch mehr bei uns so sein und Wesenseigentum werden!

Aus diesen kurzen Bemerkungen ist leicht zu entnehmen, daß in der Ausführung und praktischen Umsetzung der Bergpredigt doch nur Jünger, in unserem Sinne Kinder Gottes, in Frage kommen können. Wer könnte ohne den Geist Christi die wunderbaren Lebens gesetze befolgen? Niemand! Und wir können sie nur in dem Maße befolgen, wie wir von dieser Seiner Gesinnung und Seinem Geiste beherrscht werden. Kap. 5,2 steht ausdrücklich, daß Er Seine Jünger lehrte. Wenn Kap. 7,28.29 steht, daß die Volksmenge (vgl. 5,1) über Seine Lehre sehr

erstaunte, so hatte dieses seinen Grund in der vollständigen Neu artigkeit, der geistlichen Kraft und der alles überragenden göttlichen Autorität Seiner Lehre. Sie hörten Worte in einer Art verkündigt, wie sie sie nie vorher vernommen hatten. Und selbst für Kinder Gottes sind die Worte des HErrn oft nur Gegenstand des Staunens, anstatt geistlicher Besitz ihres Lebens. Möchte doch der HErr all diese Vortrefflichkeiten Seiner Person bei uns durch Seinen Geist hervorbringen können! Man hat ja diese Bergpredigt mit der Gesetzgebung auf dem Berg Sinai verglichen. Nur mit dem großen Unterschied, daß jenes Gesetz zum Tode war für den Menschen im Fleische, dieses aber das Gesetz des Lebens ist für den Menschen im Geiste. So finden wir auch hier gleichsam zehn Worte, zehn Lebensregeln und zehn bestimmte Herrlichkeitsstrahlen des neuen Menschen. Vielleicht gibt uns der HErr Gnade, sie in Kürze anzugeben und zu bezeichnen.

I. Kap. 5,3-16 zeigt uns das Grund gesetz der Offenbarung alles göttlichen Lebens in dieser antigöttichen Welt in den neun Seligpreisungen (die ersten, die im Neuen Testament genannt werden) und der einen Aufforderung: „Freuet euch!“ (9 + 1 = 10.) Diese zehn Lebensgesetze stehen in auffallendem Gegensatz zu den zehn Worten des Gesetzes. Es ist Christus in Seiner Herzensstellung des Sohnes Gottes (V. 9), die ausstrahlt in den Söhnen Gottes. Dieses Kapitel fängt mit dem Charakter der Söhne Gottes an und endet V. 45 mit dem der Söhne des Vaters.

Il. Kap. 5,13-16. Hier wird uns nicht gesagt, was wir sein sollten, sondern was wir sind: „Ihr seid das Salz der Erde“, „ihr seid das Licht der Welt“. Salz ist zur Verhinderung der Fäulnis und Licht zur Beseitigung der Finsternis der Unkenntnis Gottes. Nur die sind Licht, welche Salz sind.

III. Kap. 5,17-48. Gebrauch und Anwendung des Wortes Gottes sowie der Schlüssel des Alten Testamentes.

Christus ist der Erfüller des Gesetzes und der Propheten.

Dann kommt das sechs malige „Ich aber sage euch“ (V. 22.28.32.34.39.44). Weil Er der Erfüller des Gesetzes und der Propheten ist, hat Er ein Recht, an Stelle des Geistes der Vergeltung den Geist der Gnade zu setzen, wie Seine Erscheinung die Fülle göttlicher Gnade

den Menschen nahe brachte. Wir können darum in dem Geiste der Gnade miteinander leben, verkehren und handeln. Und wer gegen diesen Geist der Gnade verstößt, ist größerer Strafe wert als die Gesetzesübertreter im Alten Testament. (Vgl. Hebr. 10,28.29)

IV. Kap. 6,1-18. Hier werden unsere (der Söhne des Reiches) Beziehungen zu unseren Mitmenschen, zu Gott und unserem eigenen Leben klargestellt und bezeichnet. Das drei malige „Du aber“ V. 3.6.17 zeigt uns dies und bezieht sich

1. auf unsere Mildtätigkeit und Nächstenliebe;

2. auf unsere Gebete: unseren verborgenen Umgang mit Gott;

3. auf unser Fasten: Selbstverleugnung und willige Aufgabe uns zustehender Rechte.

V. Kap. 6,19-34 wird uns vom HErrn der Wert bezw. das Hindernis irdischen Besitzes vorgestellt. Dies zeigt uns auch klar, daß in der Verwaltung der Gnade nicht irdischer Besitz als ein Zeichen der Gunst Gottes gedeutet werden kann, was wohl zum Teil der Fall war unter der Verwaltung des Gesetzes. Hier wird der reichste Mann der Welt, Salomo, ermahnt, der nach vorsichtiger Berechnung einen Reichtum von mindestens 30 Milliarden Mark in Edelmetallen besaß - nicht relative, sondern absolute Werte -, ohne die Edelhölzer, Kunstwerke und Prachtbauten, und, was noch viel höher bewertet werden kann, seine besondere ihm von Gott gegebene Weisheit und große Lebenskunst. Die größten Geldfürsten der heutigen Zeit nehmen sich wie Bettelknaben aus im Vergleich mit ihm! Und doch ist die weiße Lilie von Gott, unserem Vater, herrlicher bekleidet als er. Diese weißen Lilien sind die Kinder Gottes: du und ich, für die unser großer Gott so reichlich sorgt und unter Dessen Obhut wir stehen. Wie wunderbar ist dieser Abschnitt des Trostes für uns! Vgl. Hohel. 2,1.2.16; 5,13; 6,2.3; 7,2 (die siebenfache Lilienherrlichkeit).

Die Lehre, die uns hier geschenkt ist, können wir also formulieren: Christus ist unser Schatz, und Gott ist unser Versorger, so daß wir viel mehr haben und sind als Salomo. Gepriesen sei Sein Name!

VI. Kap. 7,1-5. Die Selbsterkenntnis durch die Erkenntnis Gottes und Seiner Gnade in Seinem Sohne legt uns große Zurückhaltung auf in der Beurteilung und Verurteilung anderer. Wir werden so bewahrt vor einem heuchlerischen Geiste, von dem die Welt erfüllt ist.

VII. Kap. 7,6. Die uns beherrschende Weisheit den Hunden und Schweinen - schmutzigen und verseuchten Religionisten, abgefallenen Bekennern - gegenüber. (Vgl. 2. Petr. 2,22; Offenb. 22,15) Wie ernst ist dieses Wort! Haben wir dies auch befolgt und das köstliche Gut, die Perlen, vor der Wut und Verderbungssucht bewahrt?

VIII. Kap. 7,7-12. Die Ermunterung zur Beharrlichkeit im Bitten, Suchen und Anklopfen mit dem zu erwartenden Segen sowie die Liebe zu anderen wie zu uns selbst.

IX. Kap. 7,13.14. Die zwei Pforten mit den zwei Wegen und den zwei ewigen Ergebnissen.

X. Kap. 7,15-27. Die zweierlei Menschen, die zweierlei Frucht, die zweierlei Wundertäter und der zweierlei Baugrund. Mit diesen ernsten Worten endet die gewaltigste Gesetzgebung des Königs der Könige und des HErrn der Herren.

So finden wir die zehn Worte der neutestamentlichen Gesetzgebung hier niedergelegt, eine Linie verfolgend, ähnlich wie beim Gesetz auf Sinai, von innen nach außen, von den Lebensgesetzen bis zu den Grundsätzen des Heils und der Sicherheit.

Wir könnten die Zehnteilung der Bergpredigt durch Gliederung von Unterabschnitten behandeln; diese wieder durch Feingliederung und diese wieder durch Wortgliederung. Welche Schätze würden wir durch Gottes Gnade heben können. Man hat aber auch eine Dreiteilung vorgenommen mit der Überschrift von Tit. 2,12: Die Unterweisung der Gnade Gottes, ein besonnenes, gerechtes und gottseliges Leben zu führen:

Das gerechte Leben wird uns in Kap. 5 geschildert. Hier werden uns die Rechte Gott, dem Höchsten, und uns selbst gegenüber gezeigt. Alle Rechte werden wir gelten lassen, wenn wir den Geist von Matth. 5 anerkennen.

Das gottselige Leben wird uns in Kap. 6 vorgestellt, das sich in dem Geist der Ehrfurcht, des Vertrauens und der Anerkennung Gottes auswirkt. Es ist der praktische Zustand der Seele Gott gegenüber.

Das besonnene Leben offenbart sich darin, daß ich erkenne, wie Gott über mich denkt (Kap. 7). Der göttliche Maßstab zeigt mir, was ich in Wirklichkeit bin und wie ich meinen Bruder zu schätzen habe. So empfangen wir göttliches Unterscheidungsvermögen über die Menschen, ihre Frucht, ihr Leben, ihre Taten und ihre Grundlagen. Dies bewahrt uns vor falschen Verbindungen, Wegen und Zielen und schützt uns vor Enttäuschungen.

So finden wir, daß in dieser einzigartigen Predigt unser Geistes- (mehr in Kap. 5), unser Seelen- (mehr in Kap. 6)und unser Leibes leben (mehr in Kap. 7) so vorgestellt wird, daß diese köstlichen Lebensgesetze des gesamten Menschen Gottes sich in uns allen auswirken zur Verherrlichung unseres Gottes und Vaters.

Merkwürdig ist, daß wir in Kap. 5 sieben Zitate aus dem Alten Testament finden, hingegen in Kap. 6 und 7 kein Zitat, obwohl Personen wie Salomo und die Propheten angeführt werden.

V. 5 aus Ps. 37,11;

V. 21 aus 2. Mos. 20,13;

V. 27 aus 2. Mos. 20,14;

V. 31 aus 5. Mos. 24,1;

V. 33 aus 3. Mos. 19,12; 5. Mos. 23,23 (ein Doppelzitat);

V. 38 aus 2. Mos. 21,24;

V. 43 aus 3. Mos. 19,18; 5. Mos. 23,6 (ein Doppelzitat).

Wir müssen es uns versagen, zu untersuchen, warum der HErr diese Dinge berührt und nicht

andere. Wir nehmen an, daß darin ganz wichtige, die Eigenart unserer menschlichen Natur berührende sündige Neigungen berücksichtigt werden. Weiter, warum wir in Kap. 5 „Söhne Gottes“ und „Söhne des Vaters“ genannt werden: Zeigt uns dies nicht, daß der HErr mit dem Höchsten beginnt?

Warum diese göttlichen Reichsgesetze auf einem Berge und nicht an irgend einem Orte ausgesprochen wurden: Erinnert uns dies nicht an den Berg Sinai, wo derselbe HErr Gesetzgeber war, wie Er hier die Lebensgesetze Seines Reiches gibt? Und zeigt uns dies nicht, daß wir der uns umgebenden Welt durch den HErrn geistlich entnommen, mit Ihm auf Seinem Berg sein müssen, um diese Seine Lebensgesetze befolgen und ausleben zu können?

Dann könnten wir weiter Vergleiche anstellen zwischen der ersten und letzten Bergpredigt, wo uns mehr prophetische Offenbarungen, hier mehr geistliche Lebensmitteilungen gemacht werden. Doch möge der Leser diese Vergleiche und Forschungen für sich selbst anstellen!

Aber wir möchten nicht schließen, ehe wir die glaubeneinflößenden, mit göttlicher Vollmacht und Autorität gesprochenen Worte in der ersten Bergpredigt Kap. 5,18: „Bis daß der Himmel und die Erde vergehen, soll auch nicht ein Jota oder ein Strichlein von dem Gesetz vergehen, bis alles geschehen ist“, noch kurz betrachtet haben. Dies hat Er gesagt, welcher der Gesetzgeber und Gesetzerfüller ist. So sagt Er in der letzten Bergpredigt Kap. 24,35: „Der Himmel und die Erde werden vergehen, Meine Worte aber sollen nicht vergehen.“ Ehe Himmel und Erde aufgelöst werden, wird sich alles erfüllen; Er bleibt uns im Blick auf Seine Aussprüche nichts schuldig, aber zugleich sagt Er uns, daß Seine Worte Himmel und Erde überdauern. Welch ein Fundament ist Sein Wort! Ja, wir können mit Petrus bekennen: „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist.“ (Ev. Joh. 6,68.69)

K. O. St.

Frage 5

Gehören auch diejenigen zum Leibe Christi und zur Braut, die vor der Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn Jesus liebten und an Ihn glaubten, wie u. a. z. B. Simeon (Luk. 2), der Jüngling zu Nain (Luk. 7), der eine von den zehn Aussätzigen, welcher umkehrte (Luk. 17), Zachäus (Luk. 19), Bartimäus (Mark. 10), Lazarus (Joh. 11), der Schächer (Luk. 23)?

Antwort

Wir wollen uns mit der Frage zunächst im Blick auf den „Leib Christi“ beschäftigen und dann noch etwas betreffs der „Braut“ sagen.

Über den „Leib Christi“ im Sinne der Frage gibt uns das Wort Gottes deutliche Belehrungen. Es handelt sich bei diesem Ausdruck um eins der Bilder, die der Geist Gottes gebraucht, um uns zu zeigen, in welche Beziehungen wir als Erlöste gebracht sind oder welche Vorrechte und welche VerAntwortlichkeit wir haben. Andere solche Bilder sind: „Tempel Gottes“ (1. Kor. 3,16; 2. Kor. 6,16; Eph. 2,20-22); „Haus Gottes“ (1. Tim. 3,15; Hebr. 3,6); „geistliches Haus“ (1. Petr. 2,5); „Braut“ und „Weib des Lammes“ (Offenb. 19,7; 21,2.9; 22,17). Im Bilde eines Eheweibes wird auch in Eph. 5,22-32 von der Versammlung (Gemeinde) in ihrer Beziehung zum HErrn gesprochen.

Das Bild des „Leibes“ finden wir erwähnt: Röm. 12,5; 1. Kor. 10,17; 12,12.13.27; Eph. 1,23; 2,16; 4,4.12.16; 5,23.30; Kol. 1,18; 2,19; 3,15; und zwar in zweierlei Beziehung: in Römer und 1. Korinther im Blick auf die Verbindung der Gläubigen hier auf der Erde miteinander, ihre Dienste füreinander und ihre Abhängigkeit voneinander, und daher beschränkt auf die jeweils auf der Erde lebenden Gläubigen; in Epheser und Kolosser aber im Blick auf die Verbindung der Gläubigen mit dem verherrlichten HErrn und die dadurch ihnen gegebene Stellung und geschenkten Segnungen, und demgemäß alle Gläubigen umfassend, die je diesem wunderbaren „Leib“ einverleibt worden sind, gleichviel ob sie noch auf der Erde leben oder bereits entschlafen sind, und die bis zur Entrückung noch werden hinzugefügt werden. Hierzu erlauben wir uns, auf die Ausführungen in den „Handreichungen“, Jahrgang 1928 (Bd. 13), S.

eingehend dargelegt ist. Diese unterschiedliche Anwendung des Bildes hat indessen für unsere Frage keine Bedeutung, da selbstverständlich im Anfang der „Leib“ in beiderlei Beziehung aus denselben Personen bestand und für unsere Frage der „Leib“ in beiderlei Beziehung doch nur in seinem Anfang in Betracht kommt. Deshalb kommt es im Grunde darauf an, festzustellen, aus welchen Personen im Anfang der „Leib“ gebildet wurde und bestand, womit sich von selbst die Frage nach dem Wie und Wann verbindet.

Wie wurde der „Leib“ gebildet? Durch das Herabkommen des Heiligen Geistes und Seinen Einzug in jeden einzelnen der Gläubigen: „Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden, ... und sind alle mit einem Geiste getränkt worden.“ (1. Kor. 12,13)

Wann geschah dieses? Zur Zeit des Erdenlebens des Herrn Jesus bestand diese Tatsache noch nicht, denn Joh. 7,39 lesen wir - nachdem der HErr „an dem letzten, dem großen Tage des Festes“ an jeden, welchen „dürstet“, die Einladung hatte ergehen lassen, zu Ihm zu kommen und zu „trinken“, mit dem Hinzufügen, daß aus dem Leibe dessen, der an Ihn glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, „Ströme lebendigen Wassers“ fließen würden -: „Dieses aber sagte Er von dem Geiste, den die an Ihn Glaubenden empfangen sollten, denn noch war der Geist nicht da, weil Jesus noch nicht verherrlicht worden war“, und der HErr sprach von der Sendung des Heiligen Geistes - auch noch nach Seiner Auferstehung - immer als etwas Zukünftigem, was nach Seinem Hingang zum Vater (Seiner Verherrlichung) geschehen sollte. (Joh. 14,16.17.26; 15,26; 16,7.13; Apgesch. 1,4.5.8) Aber nachdem der Herr Jesus verherrlicht worden war, an dem bald darauffolgenden Tage der Pfingsten, wie wir Apgesch. 2,1-4 lesen, geschah die verheißene Sendung des Heiligen Geistes und damit die Bildung des „Leibes Christi“.

Und wer waren diese, aus denen der „Leib“ gebildet wurde? Apgesch. 1 ist von denen die Rede, mit welchen der HErr vor Seiner Aufnahme in den Himmel sprach und vor deren Augen Er aufgenommen wurde und die dann auf die verheißene Sendung des Heiligen Geistes warteten. Als diese werden uns V. 13 und 14 zunächst die elf Apostel genannt und „etliche Weiber“ und Maria, die Mutter des Herrn Jesus, und Seine Brüder, und dann ist in V. 15 „eine Menge von etwa hundertzwanzig“ erwähnt, welche Zahl sich augenscheinlich nur auf die bei

jener Gelegenheit versammelten Brüder bezieht. Aber die Zahl der Gläubigen an jenem Pfingsttage war viel großer, denn 1. Kor. 15,6 berichtet Paulus, daß der HErr einmal „mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal“ erschienen ist - also vor Seiner Aufnahme in den Himmel -, und auch diese Zahl ist nur eine Teilzahl, da hierbei Paulus nur von „Brüdern“ spricht und daher noch die Gläubigen weiblichen Geschlechts hinzukommen. Und alle diese, welche glaubten, waren nach Apgesch. 2,1-4 an jenem denkwürdigen Pfingsttage an einem Orte versammelt und wurden mit Heiligem Geiste getauft. Von jenem Augenblick an waren sie „ein Leib“, der „Leib Christi“. Die Personen, aus denen dieser „Leib“ zu Anfang gebildet wurde und bestand, waren also alle die, welche in dem Augenblick des Herabkommens des Heiligen Geistes an den Herrn Jesus gläubig waren.

Die Zugehörigkeit zu dem „Leibe Christi“ war und ist mit dem Empfang und Innewohnen des Heiligen Geistes verbunden und hat diesen zur unerläßlichen Voraussetzung!

Aus vorstehender Feststellung finden wir nun leicht die Antwort Auf unsere Frage. Diese Antwort ist: Alle Menschen, die vor der Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn Jesus liebten und an Ihn glaubten und zu dem Zeitpunkte der Ausgießung des Heiligen Geistes noch lebten, gehören zu dem„Leibe Christi“; hingegen alle diejenigen, welche vor der Ausgießung des Heiligen Geistes aus diesem Leben geschieden waren, nicht, wie z. B. Simeon (Luk. 2), der offenbar bald nach der uns berichteten Begebenheit heimgegangen ist (vgl. V. 26.29.30), und der „Schächer“ (Luk.23), dem der HErr sagte: „Wahrlich, Ich sage dir: Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein“ (V. 43). Wie hätten diese beiden zu dem durch den Heiligen Geist gebildeten „Leib“ gehören können, da sie den Heiligen Geist nicht empfangen hatten - der Heilige Geist nicht in ihnen wohnte? Solche nicht zu dem „Leibe“ gehörende Gläubige gehören einem anderen Segenskreise an - nach der Auffassung des Schreibers dieser Zeilen zu dem der alttestamentlichen Heiligen. (Vgl. Matth. 11,11)

Ob Bartimäus (Mark. 10), der Jüngling zu Nain (Luk. 7), der eine von den zehn Aussätzigen, welcher umkehrte (Luk. 17), Zachäus (Luk. 19) und Lazarus (Joh. 11) an jenem Pfingsttage

noch lebten, sagt uns das Wort nicht, es ist möglich, ja, wahrscheinlich, und wenn sie noch lebten, gehören sie zu dem „Leibe Christi“. Übrigens waren ja alle, die nach Apgesch. 2,1 an jenem Pfingsttage „an einem Orte versammelt“ waren, solche, die „vor der Ausgießung des Heiligen Geistes den Herrn Jesus liebten und an Ihn glaubten“; der Fragesteller meint aber, wie aus den angeführten Beispielen geschlossen werden kann, mit dieser Bezeichnung vielleicht Personen, die während des öffentlichen Dienstes des Herrn Jesus, vor Seinem Tode, mit Ihm in Berührung gekommen und an Ihn gläubig geworden waren. Wenn dieses der Sinn der Frage ist, so ändert dies an dem oben Gesagten nicht das geringste, sondern dann sei nur noch bemerkt, daß unter denen, die an jenem Pfingsttage versammelt waren, vielleicht viele solcher waren, die schon vor Seinem Tode Ihn geliebt und an Ihn geglaubt hatten.

Was die Zugehörigkeit zu der „Braut“ betrifft, so hängt die Antwort Ebenfalls wieder davon ab, wer unter diesem Bilde zu verstehen ist. Über letzteren Punkt bestehen verschiedene Auffassungen, wie es immer dann der Fall ist, wenn die Schrift nicht selbst den Gegenstand uns so vorstellt, daß unseren menschlichen Gedanken und Einbildungen kein Raum gelassen wird.

Schon im Alten Testament ist mehrfach das Bild der „Braut“ gebraucht (Ps. 45,10 [nach Luther]; Hohel. 4,8.9.10.12; 5,1; Jes. 61,10; 62,5; Jer. 2,2; vgl. auch Hos. 2,19.20), und es ist kein Zweifel, daß dort das Bild sich auf das Volk Israel bezw. den gläubigen Überrest aus demselben bezieht. Aber das meint der Fragesteller selbstverständlich nicht, sondern er meint die „Braut“ nach dem Neuen Testament.

Im Neuen Testament wird das Bild der „Braut“ einmal Joh. 3,29 gebraucht, ohne daß gesagt ist, wer hier mit der „Braut“ gemeint ist. Dann schreibt Paulus 2. Kor. 11,2 - also auf die Versammlung (Gemeinde) bezüglich: „... ich habe euch einem Manne verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau dem Christus darzustellen“, womit gewissermaßen ein Brautverhältnis ausgedrückt wird. Dann finden wir Eph. 5,22-32 die Versammlung mit einem Eheweib verglichen als Vorbild für Schwestern in der Ehe. Dann wird das Bild der „Braut“ (bezw. „Weib“) erst wieder ganz am Ende des Neuen Testamentes gebraucht. (Offenb. 19,7; 21,2.9; 22,17 [vgl. im Anfang dieser Antwort Absatz 2!]) Der für diese Antwort Bemessene Raum erlaubt uns

nicht, auf den Gegenstand an Hand der einzelnen Schriftstellen näher einzugehen. Daher nur ganz kurz einiges:

Die von manchen vertretene Auffassung, auch im Neuen Testament sei Israel (der gläubige Überrest) die „Braut“, lehnen wir ab. Vielmehr haben wir (auch die Schriftl.) die Überzeugung, daß es eine irdische „Braut“ gibt, von der im Alten Testament gesprochen wird und die aus den Heiligen irdischer Berufung besteht, mit irdischen Segnungen, und eine himmlische „Braut“, von der im Neuen Testament geredet ist und die aus Heiligen himmlischer Berufung besteht, mit himmlischen Segnungen. Aber auch bei dieser Einteilung gibt es in bezug auf die neutestamentliche „Braut“ zwei Auffassungen: Die eine ist, daß die Versammlung (Gemeinde), „welche Sein Leib ist“ (Eph. 1,23), die „Braut“ ist. Diese Auffassung ist besonders gestützt durch die Schriftstellen 2. Kor. 11,2; Eph. 5,22-32 und Offenb. 22,17; und richtig ist ja auch auf jeden Fall, daß gegenwärtig die Versammlung sich auch (gemeint ist mit „auch“: neben andersartigen Beziehungen zum HErrn) in dem Verhältnis zu dem HErrn befindet wie eine Braut zu ihrem Bräutigam: sich von Ihm geliebt wissend und Ihn liebend, Ihm allein gehörend, mit Sehnsucht auf Sein Kommen wartend. Wenn diese Auffassung - daß die Versammlung die „Braut“ ist - zutrifft, gilt für die Zugehörigkeit zur „Braut“ genau dasselbe, was wir weiter oben für die Zugehörigkeit zum „Leibe Christi“ festgestellt haben, und gehören demgemäß nur die Gläubigen zur „Braut“, welche zum „Leibe Christi“ gehören - und somit alle die Gläubigen nicht, die vor der Ausgießung des Heiligen Geistes entschlafen sind, wie auch die nicht, welche nach der Entrückung der Versammlung (d. h. der Gläubigen der Jetztzeit) erst gläubig werden. - Die andere Auffassung schließt in die „Braut“ alle ein, welche an der Auferstehung des Lebens teilhaben, also nicht nur die zur Versammlung gehörenden Gläubigen, sondern auch alle alttestamentlichen und vor der Ausgießung des Heiligen Geistes entschlafenen Heiligen und alle, die nach der Entrückung der Versammlung bis zum Kommen des HErrn in Herrlichkeit noch werden gläubig werden und durch den Tod gehen. Diese Auffassung gründet sich auf die Annahme, daß alle diese an der Auferstehung des Lebens teilhabenden Heiligen („deren Namen im Buche des Lebens sind“) - alttestamentliche, wie neutestamentliche, zur Versammlung gehörend und nicht zur Versammlung gehörend - himmlischer Berufung sind und durch „die

werden, und in Verbindung hiermit auf die Tatsache, daß Offenb. 21,2 und 9 diese „heilige Stadt, das neue Jerusalem“ als „die Braut, das Weib des Lammes“ bezeichnet wird. Wenn ebenerwähnte Annahme richtig ist, dann würde also nach Offenb. 21,2 und 9 die „Braut“ nicht nur aus der Versammlung (Gemeinde) bestehen, sondern aus dieser und den alttestamentlichen sowie den neutestamentlichen, nicht zur Versammlung gehörenden, verherrlichten himmlischen Heiligen, und solchenfalls würden selbstverständlich auch die von dem Fragesteller gemeinten, vor der Ausgießung des Heiligen Geistes entschlafenen Gläubigen mit zur „Braut“ gehören. -

Bei dem Bewußtsein der Mangelhaftigkeit unserer Erkenntnis und unseres Erfassens der kostbaren Schriftwahrheit ist es ein großer Trost für uns, daß wir, die wir den HErrn durch Seine Gnade kennen und lieben, die unschätzbare Gewißheit haben, daß wir zum „Leibe Christi“ und auch zu Seiner „Braut“ gehören und daß alles herrlich sein wird, wie immer es auch sein möge mit den Dingen, die uns jetzt noch nicht ganz klar oder gar dunkel sind, und daß bald „das Vollkommene gekommen“ und dann auch das Unklare und das Dunkle uns völlig klar sein wird, zu Seiner Verherrlichung! Gepriesen sei Er!

Th. K.

Frage 6

Was bedeutet 2. Kor. 13,8?

Antwort

In früheren Jahren haben wir dies Wort zusammen mit 2. Petr. 3,18 mehrfach als Motto für den Dienst der „Handreichungen“ gebraucht (siehe z. B. Jahrb. 10, S. 249!), um damit anzudeuten, worauf es uns bei der Herausgabe derselben allein ankomme: auf die Darstellung der Wahrheit - und Jesus Christus, in dessen Gnade und Erkenntnis wir zu wachsen wünschen - Er ist die Wahrheit!

Wenn nun jetzt diese Stelle in Form einer Frage gebracht werden mußte, so mag die BeAntwortung derselben gewissermaßen wieder wie ein Bekenntnis unseres Blattes sein, durch das alte und neue Leser die Wichtigkeit solchen Dienstes für die Wahrheit mehr einsehen lernen!

Die Stelle ist ja eigentlich wie ein Grundsatz allgemeiner Art gebraucht und sollte darum von allen Gläubigen ohne weiteres anerkannt und in ihrer Bedeutung gewürdigt und angewandt werden. Aber sie scheint gleichwohl nicht für jedermann auf den ersten Blick verständlich zu sein. Sie ist in ihrer Kürze auch nur zu verstehen aus dem Zusammenhang des ganzen Kapitels, über das ich darum hier einige Worte sagen muß.

Der Apostel Paulus hatte seinem ersten ernsten Briefe bald den zweiten folgen lassen können, da - wie er von Titus, seinem Gehilfen, erfahren hatte, jenes erste Schreiben eine im ganzen ausgezeichnete Wirkung gehabt und eine gründliche Buße bewirkt hatte (vgl. 2. Kor. 7,2-16.11!). Dennoch mußte er sich schließlich mit noch vorhandenen nach Korinth gekommenen Gegnern, den falschen jüdischen Lehrern, scharf auseinandersetzen, mit Leuten, die er nach Kap. 11,13-15 (vgl. Kap. 10!) unter Inspiration des Geistes in einer Weise kennzeichnen muß, daß man in ihnen keine Gläubigen sehen kann, sondern nur Satansknechte, die sich in selbstüberheblichem Unrecht „Diener Christi“ nannten (V. 22). Mit solchen Menschen hatte er sich zu vergleichen (11,16 bis 12,15), damit seine Korinther, zu denen er wie ein Vater zu seinen Kindern in hingebender Liebe redet (man vergl. nur Kap. 12,15, Elb. Übers.!), recht unterscheiden lernen möchten, wo die Wahrheit sei: ob bei jenen, deren ganzes Werk den Stempel satanischer Tätigkeit trüge, oder bei ihm, der in nichts den übrigen Aposteln nachgestanden habe (12,11), ja, der z. B. von Dingen zu rühmen wüßte - aber er redete, meint er, als ein „Tor“! - wie kein anderer (12,1-11!). Auf solche betrügerische Leute hörten sie?! Paulus mußte ihnen androhen, daß er, wenn er wiederkäme, ernstlich mit ihnen ins Gericht gehen würde (Kap. 12 Schluß und 13 Anfang!), und daran würden sie den Beweis, den sie suchten(!!), bekommen, daß Christus in ihm rede (13,3!). Und dabei brauchten sie doch nur ihren eigenen Glauben - wenn sie ihn hatten - und seine Fundamente zu prüfen,

um zu sehen, daß der Apostel durch Gottes Kraft lebe gegen sie (V. 4), denn sie waren doch die Frucht seiner Arbeit! Tasteten sie - verführt durch jene Betrüger - die Apostelschaft des Paulus an, so tasteten sie ihr eigenes Christentum an! Welch ein Beweis für die Wahrheit seiner Echtheit als Apostel Jesu Christi! Wie hat doch ein Paulus leiden müssen - nicht nur durch solche Satansknechte, sondern vielmehr durch seine geistlichen Kinder, die jenen vertrauten und darum ihm mißtrauten! In gewisser, wenn auch geringerer Weise machen die treuen Arbeiter noch heute ähnliches durch, und ein wie großer Schmerz ist das!

Und nun bricht seine übergroße Liebe zu ihnen, seinen geistlichen Kindern, wieder durch: Waren sie in ihrem Glaubensleben unbewährt, so hätte das als Tadel für ihn als Apostel gelten können, doch durfte er hoffen, sie würden seine Bewährung erkennen (V. 6). Aber nicht auf ihn selbst kam es jetzt für ihn mehr an, sondern auf sie! Mochte er bewährt oder unbewährt sein, einerlei - wenn sie nur zurechtkämen (V. 9!) und in nichts etwas Böses tun möchten! Dafür betete er (ein wichtiger Fürbittegegenstand unter uns Gläubigen!), nicht um seinetwillen, sondern um ihretwillen, damit er nicht in Strenge gegen sie verfahren müßte, wenn er käme, und seine Vollmacht vom HErrn zur Auferbauung, statt zur Zerstörung (ihrer Zuchtlosigkeit und ihres Zukurzkommens usw.) gebrauchen könnte (V. 10); denn daran läge ihm, daß sie täten, was recht sei, wenn er denn auch als untüchtig (sowie als unberechtigt zum Tadeln!) in seiner Arbeit erscheine! Welch eine selbstverleugnende, von Christo Jesu empfangene und gelernte Liebe! O, daß auch wir hier lernten und darin uns übten in unserem Verhalten untereinander innerhalb der Gemeinde Gottes!

Und hier nun sagt er das Wort unserer Frage! Ich denke, nun ist es leicht zu erklären und anzuwenden! Er sagt gleichsam: Wenn ihr gemäß der Wahrheit des Evangeliums wandelt und handelt, wenn ihr nichts Böses tut und keine Gemeinschaft mit dem Bösen macht - was vermöchten wir (sagt der Apostel) dann gegen euch? Dann ist das Recht auf eurer Seite, ich wäre im Unrecht, wollte ich euch tadeln, wollte ich für die Wahrheit eintreten so, als stündet ihr nicht in ihr! Nur wenn die Wahrheit, d. h. das Wandeln in ihr - und die göttliche Wahrheit ist unantastbar, denn Christus ist die Wahrheit! - nicht eure Sache wäre, wenn ihr vielmehr im Bösestun voranginget, dann müßte ich in apostolischer Machtvollkommenheit euch strafen,

denn mein gottgegebener Dienst und meine Vollmacht vom HErrn ist nur für die Wahrheit, d. h. zugunsten derselben; handelt ihr aber der Wahrheit gemäß, so vermag ich nichts gegen euch und - freue mich dessen (V. 9a), denn nur ihr liegt mir am Herzen, nicht ich und mein Nutzen oder meine Ehre!

Ob diese innigen Mahnworte ihren Zweck verfehlten? Wir wissen es nicht genau, aber sicher hat Paulus ihre gute Wirkung mit Recht erhoffen dürfen, und darum konnte er, der so die Gesinnung Christi bewies (vgl. Phil. 2,1-5!), den 2. Korinthenbrief mit derart kostbaren, gottgehauchten (2. Tim. 3,16) Worten schließen - wie sie uns allen in Kap. 13, V. 11ff. ans Herz gelegt werden. Dem HErrn sei Preis für dieselben! Er schenke auch uns Gnade, dem ernsten, verAntwortungsvollen Vers 8 gemäß allezeit, d. h. in allen Beziehungen, auf die wir ihn anwenden können, zu wandeln und zu handeln und „in Wort und Werk und allem Wesen“ zu bezeugen: „Wir vermögen nichts gegen die Wahrheit, sondern für die Wahrheit!“

F. K.

„Täter des Wortes, nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen.“

(Jak. 1,22)

Nichts hat je das Zeugnis des HErrn so gehindert und ihm geschadet, wie eine Anerkennung des Wortes ohne ein Ausleben desselben. Wenn ein Gläubiger das, was er ausspricht und anerkennt, nicht verwirklicht, so stellt er das Wort nicht dar. Er mag es wollen, aber nur soweit, wie er es wirklich tut, ist er eine Empfehlung für das Wort. Zugleich ist dies auch ein Maßstab seiner Kraft.

Unser Gehorsam zum Worte Gottes wird immer auf die Probe gestellt werden. Von Anfang an war es so. Adam empfing Gottes Wort und wurde auf die Probe gestellt. Er war ungehorsam und wurde ein Übertreter des Wortes. Wenn unser Gewissen von dem Worte Gottes erleuchtet wird, so ist das Verlangen in uns, mit dem Worte in Übereinstimmung zu sein. Mangelt es aber

Worte.

Erkenntnis ist gut. Manche meinen, solche gering schätzen zu können, weil es heißt: „Erkenntnis bläht auf“. (1. Kor. 8,1) Aber Erkenntnis, mit Glaubensgehorsam verbunden, führt zu Taten, die Gottes Kraft offenbaren. Im entgegengesetzten Falle aber wird das Wort und die Erkenntnis verlästert.

Es gibt Menschen, welche das Wort Gottes ablehnen; sie verwerfen es, aber es wird nicht durch sie bloßgestellt. Wer es aber anerkennt und demselben doch nicht gehorsam ist, der verfälscht und verlästert es.

Gott offenbarte Abraham Sein Wort, und auch Lot nahm das Wort Gottes an. Eine Zeitlang wandelte Lot in Übereinstimmung mit dem Worte, aber schließlich zeigte es sich, daß es ihn nicht mehr leitete. Er war kein Täter des Wortes mehr; der Gehorsam des Glaubens fehlte. Wenn Selbstsucht und Eigenliebe ins Herz einziehen wollen, dann kommt die Probe für uns, ob Gottes Wort oder ob die eigenen Belange mich regieren sollen. Lot blieb im Lande, aber nicht mehr aus Glaubensgehorsam, sondern aus Eigennutz. Eigennutz leitete ihn so, daß dem Zeugnis Gottes mehr geschadet wurde, als wenn er in Mesopotamien geblieben wäre. Wäre er dort geblieben, so würde zwar das Wort Gottes von ihm abgelehnt worden sein, aber jetzt im Lande, nachdem er es angenommen hatte, wurde es durch sein Verhalten verlästert. Er hatte, wie wir heute sagen würden, die Wahrheit, aber er lebte in den Dingen der Welt. Gottes Wille und der Wille des Menschen sind unvereinbar. Wenn das Fleisch uns regiert, so handeln wir nach unserem Ich und unserem Willen. Der Gehorsam des Glaubens kennt aber nur Gottes Wort.

Mit Abraham und Lot nahmen die Trennungen unter dem Volke Gottes ihren Anfang. Abraham ist ein Bild von Gläubigen, die das Wort Gottes im Glaubensgehorsam annehmen und es durch ihr Leben vor den Augen aller Menschen bezeugen; in Lot sehen wir das Bild von Gläubigen, die das Wort Gottes wohl öffentlich anerkennen, aber, je nachdem der Eigenwille sie regiert, davon abweichen.

Auch in der Geschichte Isaaks und Jakobs sehen wir dieses. Fleisch und Selbstsucht führten die Herzen auf Wege des Ungehorsams. Das Wort Gottes wurde nicht verworfen, aber es beherrschte und leitete sie nicht, und sie suchten abseits vom Worte ihr Ziel zu erreichen.

Auf den Wegen des Glaubens und Gehorsams werden wir gesegnet; auf eigenen Wegen aber wird der Name des HErrn verunehrt, und wir kommen in größere Sorgen und Trübsale, als wenn wir niemals den Grund des göttlichen Zeugnisses betreten hätten, denn der göttliche Grundsatz bleibt zu allen Zeiten wahr, daß der Knecht, der seines HErrn Willen weiß und nicht tut, mit vielen Schlägen geschlagen wird. Wir werden für jede Halbheit und jeden Widerspruch gegen Sein Wort zu leiden haben, denn „was irgend ein Mensch säet, das wird er auch ernten“. (Gal. 6,7)

Je aufmerksamer wir Israels Geschichte studieren, desto klarer erkennen wir, daß der furchtbare Verfall des Volkes Gottes damit anfing, daß sie laß wurden, Täter des Wortes zu sein. Als das Volk den Gehorsam aufgegeben hatte, sagte Gott zu Hesekiel: „Sie kommen scharenweise zu dir, und sitzen vor dir als Mein Volk und hören deine Worte, aber sie tun sie nicht; sondern sie tun, was ihrem Munde angenehm ist, ihr Herz geht ihrem Gewissen nach. Und siehe, du bist ihnen wie ein liebliches Lied, wie einer, der eine schöne Stimme hat und gut zu spielen versteht; und sie hören deine Worte, doch sie tun sie nicht“. (Hes. 33,31.32)

Wie schmerzlich ist es, wenn die Wahrheit, das Zeugnis unseres Gottes, durch solche, die es am besten kennen sollten, bloßgestellt wird, indem sie es nicht im Glaubensgehorsam verwirklichen!

Wer schadete und hielt Mose mehr auf als sein eigener Bruder Aaron - der Aaron, dem er die Worte Gottes in den Mund legen mußte? (2. Mose 4,15) Wer führte das Volk zum Götzendienst, als Mose auf dem Berge war? (2. Mose 32!) Wer verband sich mit Mirjam, wider Mose zu reden und zu sagen: „Hat Jehova nur mit Mose allein geredet?“ (4. Mose 12,2) War es nicht Aaron, der Mann, der Israel mit den Aussprüchen Gottes bekannt zu machen hatte?

vorzüglichen Bericht bringen mußten, entmutigten dennoch das ganze Volk, es in Besitz zu nehmen. (4. Mose 13) Sie hatten Licht und Erkenntnis, aber sie hatten keinen Glauben. Sie waren nicht Täter des Wortes. Der Einfluß ihres Unglaubens hatte in der Entmutigung des Volkes Gottes größeren Erfolg als der glaubensvolle Eifer der treuen Männer Josua und Kaleb.

Traurig ist es, wenn derartiges in Gottes Gemeinde gesehen wird. Wie ernst, wenn Licht und Erkenntnis wachsen, der Gehorsam des Glaubens aber zurückbleibt! Wenn es so ist, alsdann können wir sicher sein, daß der Verfall nahe ist. Stimmen Erkenntnis und Leben nicht überein, so sieht es traurig aus, und unsere Herzen sollten darüber tief bewegt sein, denn dies sind die Vorzeichen des beginnenden Verfalles in unserer Mitte. Und wo liegt die Ursache? Ist sie nicht darin zu finden, daß das Wort Gottes seine Kraft auf unser Gewissen verloren hat und wir aufgehört haben, vor dem Worte Gottes zu zittern? Statt dessen hat ein Prahlen und Glänzen mit Erkenntnis Platz gefunden, aber das Bewußtsein, daß die Erschließung Seines Wortes Einsicht den Einfältigen gibt, ist verloren gegangen. (Ps. 119,130) Solche Zustände öffnen dem Bösen die Tür. Wenn das Licht und die Erkenntnis der Schrift uns den lebendigen Gott und Seine Gegenwart vergessen lassen, dann sind unsere Augen dunkel geworden, und Laodicäa wird in seiner vollen Blüte gesehen. Die Kraft ist verloren - und die Kraft ist Christus.

Wenn das Wort Gottes mich mit seiner Kraft erfaßt hat, dann bin ich nicht nur überzeugt, daß ich in Übereinstimmung mit demselben sein muß, sondern ich kann auch gar nicht anders, ich muß mit demselben übereinstimmen.

Wer kann das 5. Buch Mose lesen, ohne zu sehen, daß das Land dem Volke gehörte. Aber nur auf dem Wege des Gehorsams konnte es dasselbe in Besitz nehmen. Und so wie damals ist es heute. Durch göttliche Gnade sind uns die himmlischen Dinge gegeben. Wenn wir Gott aber den Gehorsam verweigern, dann geben wir die himmlische Berufung auf.

Gott sagte zu Josua: „Sei sehr stark und mutig, daß du darauf achtest, zu tun nach dem ganzen Gesetz, welches Mein Knecht Mose dir geboten hat.“ (Jos. 1,7) Auch wir bedürfen der geistlichen Kraft und des Glaubensmutes, um uns von den Einflüssen der Furcht und den

Warum hat die Erkenntnis der Wahrheit oft so wenig Kraft auf unser Herz? Ist es nicht, weil wir uns so wenig dessen bewußt sind, daß das Wort Gottes Wort und unser Gewissen oft so wenig in Seiner Gegenwart ist? Oft ist es so, daß wir die Wahrheit erkennen, aber nicht Gott durch die Wahrheit. Das Wort wird nicht mit dem Glauben vermischt (vgl. Hebr. 4,2!). Würden wir Christum mehr in dem Worte der Wahrheit sehen, so würden wir durch Seinen Geist auch mehr in Sein Bild verwandelt werden. Wäre uns nicht alles, was wir für einen gottseligen Wandel bedürfen, gegeben worden und hätten wir nicht den Heiligen Geist empfangen, so möchten wir uns noch entschuldigen können; so aber liegt es nur an dem aufrichtigen Willen unseres Herzens, Sein Wohlgefallen zu erlangen. Als der HErr alles für Seinen Weinberg getan hatte, erwartete Er Trauben von demselben, aber er brachte Herlinge. (Jes. 5,2.4) Möchten wir doch Israel nicht gleichen! Es ist dem HErrn nicht genug, daß wir „HErr, HErr!“ sagen. Er will Wirklichkeit. „Was heißt ihr Mich aber: HErr, HErr! und tut nicht, was Ich sage? - Jeder, der zu Mir kommt und Meine Worte hört und sie tut... ist einem Menschen gleich, der ein Haus baute, welcher grub und vertiefte und den Grund auf den Felsen legte ... Der aber gehört und nicht getan hat, ist einem Menschen gleich, der ein Haus auf die Erde baute.“ (Luk. 6,46-49) Der große Unterschied zwischen diesen beiden Bauenden lag in den kleinen Worten „tun“ und „nicht tun“. Die bittere Folge, die den traf, der nicht nach den Worten des HErrn getan hatte, war die, daß sein Haus fiel, „und sein Fall war groß“. (Matth. 7,27)

Jemand mag wenig Erkenntnis haben, wandelt ein solcher aber in dem, was er erkannt hat, treu, so fühlen wir alle, daß Kraft von ihm ausgeht, wohingegen dem, der wohl Erkenntnis, aber nicht Treue hat, diese Kraft mangelt.

Wir sollen Gefäße des Lichtes sein. „Wenn nun dein ganzer Leib licht ist und keinen finsteren Teil hat, so wird er ganz licht sein, wie wenn die Lampe mit ihrem Strahle dich erleuchtete.“ (Luk. 11,36) In der Weise soll das Licht mich erleuchten, daß kein finsterer Teil an mir bleibt, der den klaren Schein des Lichtes hemmen könnte.

Als der HErr Seine Jünger verließ, sagte Er: „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort

Abhängigkeit sein. In dem Maße, wie ich Ihn liebe, bin ich auch Seinem Worte gehorsam. Wie schmerzlich muß es dem HErrn sein, wenn Er an unserem Ungehorsam sieht, wie wenig lieb wir Ihn haben!

Wie klagte der HErr über Ephesus: „Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast.“ (Offb. 2,4) Er empfand das Schwinden ihrer Liebe. Empfinden wir es nicht? Auch Paulus erfuhr solches. Als ein treuer Nachfolger Christi konnte er sagen: „Seid zusammen meine Nachahmer! Was ihr an mir gesehen habt, dieses tut.“ (Phil. 3,17; 4,9) Und den Thessalonichern konnte er schreiben: „Auf daß wir uns selbst euch zum Vorbilde gäben, damit ihr uns nachahmt.“ (2. Thess. 3,9) Wie schmerzlich mußte es ihm sein, wenn es nicht geschah, insonderheit, wenn es nicht geschah von denen, von denen er es am ehesten erwarten konnte. Er mußte klagen: „Demas hat mich verlassen.“ (2. Tim. 4,10) „Alle, die in Asien sind, haben sich von mir abgewandt.“ (2. Tim. 1,15) Und unter diesen waren Hermogenes und Phygelus, die offensichtlich Führer unter dem Volke Gottes waren. In Asien hatte er am meisten gearbeitet. Das Wort der Belehrungen hatten sie angenommen, mit ihren Ohren von der himmlischen Berufung gehört, aber sie nicht ins Herz aufgenommen. Wie schwer mußte es ihm sein, selbst Petrus einmal entgegentreten zu müssen, „weil er nicht den geraden Weg nach der Wahrheit des Evangeliums wandelte“. (Gal. 2,14)

Wie steht es um uns? Vielleicht vermögen wir das Wort recht zu teilen, aber genießen wird unsere Seele es erst, wenn wir es im Glaubensgehorsam verwirklichen. Laßt uns nicht mit Erkenntnis zufrieden sein, sondern vielmehr den HErrn bitten, daß Er uns bewahre und uns Gnade schenke, „Täter Seines Wortes zu sein und nicht allein Hörer, die sich selbst betrügen!“ (Jak. 1,22)

S. (v. d. K.)

Der notwendige Zwischenraum.

„Du kannst Mir jetzt nicht folgen; du wirst Mir aber später folgen.“ (Joh. 13,36)

Als die Kinder Israel ihre Wüstenreise vollendet hatten und im Begriff standen, in das verheißene Land einzugehen, flossen die Wasser des Jordans hindernd zwischen ihnen und dem Lande ihrer Hoffnung. Der Jordan ist hier in einer gewissen Beziehung ein Bild des Todes, ebenso wie auch das Passah und das Rote Meer Bilder des Todes sind.

In dem Passah sehen wir den Tod als die Sühnung für die Sünden des Volkes, durch welches es vor dem Gericht Gottes bewahrt wurde, das über Ägypten kam.

In dem Roten Meere sehen wir den Tod als die Errettung und Befreiung des Volkes aus dem Lande Ägypten und der Macht Pharaos. Durch den Tod wurde der zunichte gemacht, der die Macht des Todes hatte, und wurden alle die befreit, welche das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren. (Hebr. 2,14; 2. Tim. 1,10)

Der Jordan ist wiederum ein Zeugnis von dem Tode, und zwar nicht von dem Tode als dem Gericht über unsere Sünden (wie bei dem Passah), sondern über den Menschen im Fleische selbst, der als völlig unverbesserlich und untauglich von Gott in dem Tode Christi auf immerdar abgetan wurde.

Das Blut des Passahlammes trennte das Volk Israel von den Ägyptern.

Das Rote Meer trennte Ägypten von der Wüste.

Der Jordan trennte die Wüste von dem Lande Kanaan.

So gelangten die Kinder Israel durch das Rote Meer in die Wüste und nach der Wüstenreise durch den Jordan in das Land Kanaan.

In Ägypten, in der Wüste und in dem Lande Kanaan sehen wir drei verschiedene Stellungen der Kinder Gottes. In Wirklichkeit befinden wir uns dem Vorbilde nach in Ägypten. Unseren täglichen Erfahrungen nach befinden wir uns in der Wüste. Durch Glauben und im Geiste wandeln wir schon im himmlischen Kanaan.

Wie gesagt, dem Leibe nach sind wir in dieser Welt. In geistlicher Hinsicht, dem neuen Leben nach, befinden wir uns in der Wüste, dem Geiste nach leben und haben wir unseren Verkehr schon droben in unserer Heimat, wo Christus, unser Vorläufer, schon eingegangen ist.

Ehe das Volk das verheißene Erbe antreten konnte, mußte es den Jordan durchschreiten. Wie eine undurchbrechbare Barriere versperrte er ihnen den Weg. Und wohl nie war der Übergang so versperrt wie in der Stunde, da der „lebendige Gott“ (Jos. 3,10) bereit stand, für Sein Volk einzutreten. Denn wir lesen von dem Jordan, daß er voll Wasser war an allen seinen Ufern die ganze Zeit der Ernte. (Jos. 3,15) Der Tod trug nie eine schrecklichere Gestalt als in der Stunde, da der Fürst des Lebens ihn um unsertwillen zunichte machte und ihn umwandelte in einen offenen Weg, durch den wir zu unserer himmlischen Heimat gelangen können.

Der tiefe Jordangrund war ein unbetretbarer Weg für das Volk Israel. Die Wasser bedeckten das Jordanbett; niemand konnte auf diesem Wege hinübergehen. Sie mußten warten, bis die von den Priestern getragene Bundeslade des lebendigen Gottes vor ihnen herging und ihnen den Weg durch das Jordanbett auftat. Wir lesen: „Und es geschah am Ende von drei Tagen, da gingen die Vorsteher mitten durch das Lager, und sie geboten dem Volke und sprachen: Wenn ihr die Lade des Bundes Jehovas, eures Gottes, sehet, und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Orte aufbrechen und ihr nachfolgen. Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung sein bei zweitausend Ellen an Maß. Ihr sollt ihr nicht nahen, auf daß ihr den Weg wisset, auf dem ihr gehen sollt; denn ihr seid des Weges früher nicht gezogen.“ (Jos. 3,2-4) „Und Josua sprach zu den Kindern Israel: Tretet herzu und höret die Worte Jehovas, eures Gottes! Und Josua sprach: Hieran sollt ihr wissen, daß der lebendige Gott in eurer Mitte ist, und daß Er die Kanaaniter... gewißlich vor euch austreiben wird. Siehe, die Lade des Bundes des HErrn der ganzen Erde zieht vor euch her in den Jordan.“ (Jos. 3,9-11)

Hier haben wir ein wunderbares, köstliches Bild von dem Herrn Jesus Christus, wie Er die Macht des Todes für die Seinigen überwand. Er begegnete und überwand den Tod, als er sich in seiner schrecklichsten Gestalt zeigte. Die mächtigen Fluten des Jordans hatten die Ufer überschritten,

wurde den Erlösten des HErrn geöffnet. „Und die Priester, die die Lade des Bundes Jehovas trugen, standen festen Fußes auf dem Trockenen in der Mitte des Jordans; und ganz Israel zog auf dem Trockenen hinüber, bis die ganze Nation vollends über den Jordan gegangen war.“ (Jos. 3,17) Es war ein völliger Sieg des Lebens über den Tod. Die Macht des lebendigen Gottes wandelte den Tod so in einen Weg des Lebens um, daß die finsteren Wasser des Todes nicht einen Fuß der erlösten Kinder Gottes berühren durften.

Von der Entfernung aus sahen die Wasser des Jordans schrecklich aus. Dem natürlichen Auge mußten sie furchtbar erscheinen, aber in dem Augenblicke, wo das Volk sich dem schrecklichen Jordan nahte, fanden sie statt einer schrecklichen Flut nichts anderes als einen trockenen Pfad, der ins verheißene Land führte. In der Bundeslade und den Priestern sahen sie Gott, den lebendigen Gott, der Sich in Gnade und Wahrheit ihnen offenbarte. Alles war ganz verändert. Gott trat für sie ein, und der Tod war für sie nicht mehr der Tod. Sünde brachte den Tod in die Welt, und die Sünde ist der Stachel des Todes. Aber die Gnade Gottes ist erschienen, und alles ist verändert, so daß der Gläubige sagen darf: „O HErr, davon lebt man, und das Leben meines Geistes besteht ganz darin“. (Jes. 38,16, Luth.)

Hier tritt uns der Triumph der Gnade Gottes, die durch die Gerechtigkeit herrscht zum ewigen Leben, durch Jesum Christum, unseren HErrn, in seinem vollen Glanze entgegen. Gottes Gnade hat in Christo den Tod in einen Diener des Gläubigen umgewandelt. Statt ein furchtbarer Feind zu sein, ist er tatsächlich ein Teil unseres Besitztums. (1. Kor. 3,21) Statt eine unübersteigbare Schranke zu sein, ist er ein offener, geebneter Pfad für uns geworden.

Ein Gegenbild von dem, was wir in Josua 3 gesehen haben, finden wir in Johannes 13. Unser hochgelobter HErr unterweist dort Seine Jünger, daß Er vor ihnen her durch den Jordan des Todes gehen müsse und daß eine Spanne, ein Zwischenraum zwischen Ihm und ihnen sein müsse. Als Sein Fuß den furchtbaren Jordan betrat, konnten sie Ihn nicht begleiten. Er sagt: „Kinder, noch eine kleine Weile bin Ich bei euch. Ihr werdet Mich suchen, und so wie Ich den Juden sagte: Wo Ich hingehe, könnt ihr nicht hinkommen, so sage Ich jetzt auch euch.“ (Joh. 13,33)

Auf diesem Weg des Todes, den Er jetzt gehen wollte, konnten die Jünger Ihn nicht begleiten. Es war für die Jünger ebenso unmöglich wie für die Juden. Niemand konnte diesen Weg betreten. Jesus mußte ihn ganz allein gehen. Wer konnte Ihn begleiten? Wer konnte den Mächten der Finsternis, der List Satans, der Wut der Hölle und vor allem dem Zorn Gottes begegnen? Wer war dazu fähig als allein Er, der Gott und der Mensch war?

Petrus verstand dieses nicht. Er meinte, dem Tode begegnen und es wagen zu können, den göttlich bezeichneten Abstand, diese geheimnisvolle „Entfernung von 2000 Ellen“, nicht innezuhalten. Armer Petrus! Ihm kam kein Gedanke, daß schon das Rauschen der furchtbaren Jordanfluten des Todes ihn so erschrecken würde, daß er mit Flüchen und Schwüren leugnen würde, seinen HErrn zu kennen. Er fragte: „HErr, wohin gehst Du? Jesus Antwortete ihm: Wo Ich hingehe, kannst du Mir jetzt nicht folgen; du wirst Mir aber später folgen.“ (Joh. 13,36)

Unser geliebter HErr sagte Seinem schwachen Jünger mit diesen Worten, daß Er ihm vorausgehen müsse, um durch die dunklen Wasser des Todes einen trockenen Weg zu öffnen, auf welchem Petrus in Gemeinschaft mit allen Erlösten unversehrt in die Herrlichkeil gehen könne. Wunderbare Gnade!

Er betrat einsam und allein den finsteren, furchtbaren Weg des Todes. Allein, ganz allein begegnete Er dem Tode in seiner ganzen Kraft und allen seinen Schrecken. Kein Ufer war dort, welches dem Jordan Schranken setzte; kein Lichtstrahl bot sich Seiner Seele. Satans Bosheit umgab Ihn. Treulos waren Seine Freunde geflohen, und nachdem der Teufel und die Menschen ihr äußerstes getan hatten, kam das Schaurigste für Ihn, welches kein Mensch und kein Engel zu erfassen vermag: das Trinken des Kelches des gerechten Zornes Gottes wider die Sünde. Einsam und verlassen, im Dunkel des Gerichtes rief Er: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“

Alles dies war eingeschlossen in die Antwort Des HErrn auf die Frage Petri: „Wohin gehst Du?“ Wer war fähig, Seine Antwort zu verstehen? Der HErr gibt deshalb keine weitere Erklärung. Er sagt einfach: „Du kannst Mir jetzt nicht folgen, du wirst Mir aber hernach folgen“. Petrus sollte

dem HErrn folgen, wenn Er ihm den Weg geöffnet hatte. Dann vermochte er es. Welch ein gnadenvoller HErr und Meister ist Er! Er mußte all den Schrecken des Todes begegnen, damit wir die Freude des ewigen Lebens genießen möchten.

Petrus konnte die Andeutungen des HErrn nicht erfassen. Er sagt: „HErr, warum kann ich Dir jetzt nicht folgen? Mein Leben werde ich für Dich lassen.“ Fragend Antwortete ihm Jesus: „Dein Leben willst du für Mich lassen? Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir, der Hahn wird nicht krähen, bis du Mich dreimal verleugnet hast.“ (V. 38) Hiermit beendet Johannes seinen Bericht. Petrus kannte weder sich selbst noch den Weg, den er voll Selbstvertrauen meinte betreten zu können. Jesus aber kannte beides. Gepriesen sei Sein Name!

Er ging als Erster den Pfad allein und führte dann Seinen schwachen Jünger in Frieden und Sieg auf demselben Pfade zur Herrlichkeit. Und welch eine Gnade leuchtet uns in den Worten: „Euer Herz werde nicht bestürzt“ entgegen. Jeden Gedanken, der Petrus und die anderen Jünger traurig machen konnte, sucht Er hinwegzunehmen. Sie hatten an Gott geglaubt; jetzt sagt Er: „Glaubet auch an Mich. In dem Hause Meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn es nicht so wäre, würde Ich es euch gesagt haben, denn Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten.“ (Joh. 14,1.2)

M. (v. d. K.)

Worüber trauert dein Herz?

Nehem. 2,1.2.

Niemals war Nehemia traurig gewesen vor seinem König Artasasta, bei dem er Mundschenk war. Welch ein Zeugnis! Welch ein Diener seines Herrn, ja, und in Wahrheit ein Diener eines größeren Herrn, als der Perser war! Eine Mahnung für uns, die wir hienieden in mancherlei irdischen Abhängigkeitsverhältnissen sein mögen und durch ein glückliches Angesicht vermöge unserer inneren „Freude am HErrn“, die „unsere Stärke“ ist nach Neh. 8,10, einen wahrlich

ernste Ausnahmen geben, aber sie müssen stichhaltige Gründe haben, stichhaltig vor unserem Gott, sonst heißt es sogar aus dem Munde unseres geliebten HErrn: „Wenn du fastest, so salbe dein Haupt usw.“ (Matth. 6,16-18) Auch das lernen wir in Seiner Schule.

Aber die große „Ausnahme“ tritt ein in Nehemias Leben und Verhalten, und augenblicklich bemerkt der aufmerksame edle König die Veränderung in den Mienen seines treuen, allezeit glückseligen Mundschenks, dessen Freude ja nicht von seinem beruflichen Umgang mit dem Wein herrührte, so daß seine Trauer auch umso auffallender sein mußte. Ja, es war „Traurigkeit des Herzens“! Wie fein ein Heide dies herausfand! Aber eben, weil es bei Nehemia so absonderlich war. Wieviel mag uns dies zu sagen haben!

Worüber aber trauerte der treue Mann Gottes? Was war es, das sein Angesicht umdüsterte und ihn in seinem irdischen Beruf so bedrückte, daß sein königlicher Herr in ihn dringen muß, sein Herz vor ihm auszuschütten? - Wir wissen es alle und doch - fühlen wir uns auch wohl einmal ein wenig beschämt ob dieser Traurigkeit eines alttestamentlichen Heiligen?

Seine Trauer rührte her von jener wegen der Sünden des Volkes zerstörten Stadt Jerusalem, der Begräbnisstätte seiner Väter, die wüste lag ... (V. 3) Nehemia hatte sich tagelang dieser Dinge wegen gebeugt in Fasten und Beten vor Jehova, dem Gott des Himmels (Kap. 1,4ff.), und so lag er innerlich am Boden und vermochte nicht in dem gewohnten Wesen vor dem König zu erscheinen. So sehr bewegte ihn der Zustand Jerusalems? Ja, so sehr! Das war die „Ausnahme“! Eine erhabene „Ausnahme“! Ein tiefbewegender Grund!

Ihr Brüder, Schwestern, klingt nicht in unserem Innern eine Saite mit mit der Trauer jenes Treuen? Und wenn es für ihn „die Stadt“ war - gibt es für uns nicht ähnliche Dinge, deren Zustand uns so am Herzen liegen sollte, wie jenem „die Stadt“?! Ist der Zustand etwa der „Gemeinde“ oder des „Hauses Gottes“ (Eph. 1,23; 1. Tim. 3,15 u. a.) etwa so vorzüglich, daß jegliche sich beugende Trauer und (wie bei Nehemia) daraus erwachsende Tatkraft überflüssig wäre? Ist der Zustand des Volkes Gottes, der Gläubigen, denen ihrer Stellung „in Christo“ nach so vieles „geschenkt“ ist (vgl. 2. Petr. 1,3.4), etwa so hervorragend gut, daß kein Grund zur

Leuchtern wandelt, wieder und wieder in Offb. 2 und 3 von „Buße tun“? (z.B. 2,5 usw.) O wohl! und „wer ein Ohr hat, höre was der Geist den Gemeinden sagt!“ (z. B. 2,7 usw.) Rührt uns das nicht? Geht uns dies nichts an? Ist der Zustand geistlicher Lauheit, Weltliebe und Sündengebundenheit hin und her sowie das Eindringen von Irrtümern unseren Herzensaugen so fern, daß keine „Traurigkeit des Herzens“ solcher Dinge wegen unseren Grenzen nahen kann? Der HErr schenke uns etwas von der Gesinnung eines Nehemia oder eines Esra, eines Haggai, eines Jeremia, eines Daniel, eines Paulus, auf daß die „göttliche Traurigkeit“ (2. Kor. 7,10 nach Luther), die „Betrübnis Gott gemäß“ (Elb.) eine Frucht in unserem geistlichen Leben hervorbringe, die dem „Siebengestirn“ von göttlichen Wirkungen gleiche, wie sie uns in 2. Kor. 7,11 vor Augen geführt werden!

Trauern unsere Herzen? und worüber? Möge der Herr diese wenigen Worte aus Neh. 2,1ff. uns zu bleibendem Segen setzen zu Seiner Verherrlichung!

F. K.

Auf dem Wege nach Jerusalem.

(Mark. 10,32-34; Luk. 18,31-34)

Jesu ganze Lebensaufgabe gipfelt zuletzt in einer Stunde: der Stunde in Gethsemane und auf Golgatha. Von dieser Stunde spricht der HErr in Joh. 12,27; Luk. 22,53 usw. Als nun die Stunde sich nahte, schlägt der HErr den Weg nach Jerusalem ein. Er geht Seinen Jüngern voran; mit Furcht und Zittern folgen sie Ihm nach. Warum sind sie so bestürzt und voller Furcht? Hatten sie nicht freiwillig alles verlassen, um Ihm nachzufolgen? (Mark. 10,28) Ganz gewiß, aber sie erwarteten nicht den rauhen Weg zum Kreuze auf Golgatha, sondern die Aufrichtung Seines Reiches. Deshalb waren sie so bestürzt und voller Furcht. Trotz der jahrelangen Unterweisungen des HErrn waren sie für die Prüfungen eines solchen Weges nicht reif, und manche Stunde innerer Zerknirschung mußte diesem schweren Gange folgen, bis sie fähig wurden, auch ihre Lebensaufgabe zum Preise ihres Gottes und Heilandes zu erfüllen und die

Prüfungen ihres Glaubens zu bestehen.

Markus zeichnet uns das Bild dieses Weges mit den Worten: „Und Jesus ging vor ihnen her; und sie entsetzten sich und, indem sie nachfolgten, fürchteten sie sich.“ - Furcht und Entsetzen ergriff sie, als Er ihnen sagte: „Wir gehen hinauf nach Jerusalem, und es wird alles vollendet werden, was durch die Propheten auf den Sohn des Menschen geschrieben ist ...“ Der Heilige Geist fügt dann hinzu: „Und sie verstanden nichts von diesen Dingen, und dieses Wort war vor ihnen verborgen, und sie begriffen das Gesagte nicht.“ (Luk. 18,31-34) Der HErr stellt sich nun Selbst an die Spitze der verzagten Jüngerschar. Er geht vor Seinen bestürzten Jüngern her und flößt damit ihren bangen und bewegten Herzen Mut und Freudigkeit ein. Noch ist Er in ihrer Mitte, noch kann Er sie führen und bewahren, bald aber nahte die Stunde, wo Sein Wort: „Glaubet auch an Mich“ (Joh. 14,1) sie auf die Probe stellen würde.

Als der HErr nach Bethanien ging, um Lazarus aufzuerwecken, sagte Er Seinen Jüngern: „Laßt uns wieder nach Judäa gehen.“ Die Jünger sagen zu Ihm: „Rabbi, eben suchten die Juden Dich zu steinigen, und wiederum gehst Du dahin?“ Und Thomas sprach zu den Mitjüngern: „Laßt auch uns gehen, auf daß wir mit Ihm sterben!“ (Joh. 11,7.8.16) Diese Worte zeigen uns die Gemütsverfassung und die Gedanken der Jünger. Erst zieht Er sich - so denken sie - Seiner Sicherheit wegen aus Jerusalems Nähe zurück, und jetzt ist Er fest entschlossen, nach Jerusalem hinaufzugehen, wo doch Seine Feinde Ihn mit Haß- und Mordgedanken ersehnen. Ihre Augen sehen nur die Feinde und die Gefahren der Leiden und des Todes, in welche Er und ebenso auch sie selbst kommen würden. Aber sie sahen nicht auf das von den Propheten und von dem HErrn verkündigte Wort, aus welchem sie den Erlösungsplan und den unvermeidlichen Opferweg ihres HErrn und Heilandes hätten erfahren können. Auch uns wird Furcht und Angst befallen, wenn wir nicht im Worte Gottes zu Hause sind und wenn wir aus demselben nicht die unabänderlichen Wege unseres Gottes erkennen.

Sie sahen, wie gesagt, Jerusalem nur als den Sitz Seiner Feinde und als den Ort Seines Unterganges an. Der HErr aber ging nach Jerusalem, weil kein anderer Ort geeigneter war, die Erlösungstat zu vollbringen. Nicht unter den Steinen, die oft gegen Ihn erhoben wurden, sollte

Er Sein Leben beschließen, sondern am Kreuzesstamm - nicht in der Hitze der Leidenschaft und Verblendung der Feinde, sondern nach wohlbedachtem Rat und auf dem ganz richtigen Instanzenwege sollte Er verworfen und dem Urteil des Todes überAntwortet werden. So konnte Christus nur zu Jerusalem sterben, der Residenzstadt des jüdischen Volkes. Juden und Heiden sollten vereint ihre Hände an und später ihre Hände auf dieses von Gott ersehene Opfer legen. Ebenso mußte Er in Jerusalem auferstehen, damit an amtlicher Stelle die Tatsache des leeren Grabes öffentlich bekannt werde.

Müssen wir nicht hier die mannigfaltige Weisheit Gottes bewundern, die sich in der Entwicklung der Erlösung, der wunderbaren Zeit und Stunde, als auch in dem Ort des Vollzuges offenbart? Nur mit Anbetung können wir anschauen, wie Er bis ins Kleinste auf die Gedanken des göttlichen Willens einging.

Der HErr sagt Seinen Jüngern alles, was Seiner Übergabe in der Sünder Hände vorausgehen würde. (Luk. 18,32.33) Und ist nicht alles so eingetroffen, wie es von Ihm vorausgesagt wurde? Der HErr sieht ihre Verzagtheit und gibt ihrem wankenden Glauben einen tröstenden Anhalt, indem Er ihnen bestimmt verkündigt, daß Er am dritten Tage wieder auferstehen werde. Das Kreuz ist dem HErrn die Staffel zur Herrlichkeit. Auch darin ist Er den Seinigen als ein Vorbild vorangegangen.

Der Heilige Geist berichtet Luk. 18,34, daß die Jünger keine Silbe von dem verstanden, was der HErr ihnen mit solcher Geduld und Offenheit klar machte. Woher kam dieser Unverstand? Sie wußten nicht, wie diese Leidensverkündigung mit dem ihnen vorschwebenden Bilde des Messias zu vereinbaren sei. Aber noch auffallender ist es, daß die Jünger den HErrn mißverstanden, wenn Er noch so bestimmt von Seinem Tode redete, während das Volk Ihn, wenn Er auch nur dunkel von Seinem Tode sprach, verstand. Seine Jünger konnten eben nicht begreifen, daß Gott den, welchen Er so liebte und an dem Er Wohlgefallen hatte, sollte so leiden und sterben lassen. Sie sahen nicht die Notwendigkeit der Erlösung und gingen an den Plan Gottes mit ihrer Vernunft, ihrem Fleisch und Blut heran und legten sich alles so dar, wie es ihren Wünschen und Meinungen als notwendig erschien.

Aber auch uns, denen es der Geist Gottes offenbart hat, bleibt es ewig groß und wunderbar, daß unser hochgelobter HErr und Heiland, der Gottes- und Menschen-Sohn Sich uns zugut kreuzigen ließ und daß Gott Seinen in den Schriften niedergelegten Plan bis ins Kleinste ausgeführt hat. Dieses ist ja die Art aller Gotteswerke. Wenn davon geredet wird, ehe sie geschehen, so sind sie uns nicht begreifbar; wenn sie aber geschehen sind, dann können wir sie im Nachschauen erfassen.

Wunderbar ist es, daß diesem Abschnitt die Heilung des Blinden vor Jericho folgt. Der Blinde wünschte „sehend“ zu werden, und der HErr ließ es geschehen. Ebenso ging es den Jüngern; auch „ihre Augen wurden aufgetan“, als der auferstandene HErr bei ihnen weilte. (Luk. 24,31)

Wie viele ernste Lehren können wir aus diesen betrachteten Worten ziehen. Geistliche Blindheit ist ein gefährliches Übel. Da geht man, statt sich von der himmlischen Weisheit des Wortes Gottes belehren zu lassen, seinen eigenen Gedanken nach. Man möchte nicht nach Gottes Willen und in den Erniedrigungswegen des HErrn wandeln. Man fürchtet den Kampf und die Mühe. Und so entwickeln sich die Störungen in unserem Glaubensleben. Bei den Jüngern zeigte sich dieses in der langen Kette der nachfolgenden Enttäuschungen: Sie flohen, wo sie ausharren sollten; Petrus verteidigte sich im Garten Gethsemane, statt sich der Führung Gottes anzuvertrauen, und das Ende war sein tiefer Fall.

Wer aber wie der Blinde sich die Augen seines Herzens öffnen läßt, der wird im fortschreitenden Erkennen und Anerkennen der Wege und Gedanken Gottes die heilsame Gnade Gottes in der Verherrlichung Seines Namens zum Ausdruck bringen.

E. v. d. K., H.

Gethsemane.

(Matth. 26,36-46; Mark. 14,32-42; Luk.22,39-46; Joh.18,1-11)

hatte, ging Er, wissend, was über Ihn kommen würde, hinaus nach dem Ölberg, nach dem Garten Gethsemane. Es war Nacht. Es war die letzte Nacht, die Er hier in Niedrigkeit verbrachte. Als das Licht hatte Er in dieser Welt geschienen, aber die Menschen haben die Finsternis mehr geliebt als das Licht. Sie erhoben sich einmütig gegen Ihn, den Heiligen, um Ihn zum Tode zu bringen. Der HErr suchte die Stille und ging ins Gebet; die Elfe begleiteten Ihn. Nachdem Er Petrus, Jakobus und Johannes besonders mit Sich genommen hatte, fing Er an, betrübt und beängstigt zu werden. Diese drei Jünger waren einst Augenzeugen Seiner Herrlichkeit auf dem Berge gewesen und sollten jetzt Zeugen des Kampfes Seiner Seele angesichts des Kreuzes sein. Gleich Freunden vertraute Er Sich ihnen an, und sie durften teilnehmen an dem, was Ihn betraf. Er spricht das, was in Seiner Seele vorging, ihnen gegenüber aus: „Meine Seele ist sehr betrübt bis zum Tode; bleibet hier und wachet mit Mir.“ (Matth. 26,38)

Der Herr Jesus war vollkommener Mensch; Er empfand vollkommen menschlich, und Er suchte Umgang mit Menschen und erwartete auch Teilnahme und Mitempfinden (siehe Ps. 69,20) von denen, die Seinem Herzen nahe standen.

Wenn wir darüber nachsinnen, daß Er betrübt und beängstigt war, Er, welcher sagte: „Meinen Frieden gebe ich euch“ (Joh. 14,27), und welcher allezeit in einem Herzensfrieden wandelte, den wir nur wenig kennen dürften - da Er allezeit das Gottwohlgefällige tat -, so stehen wir im Geiste voll Bewunderung still.

Er bittet die Jünger: „Bleibet hier und wachet mit Mir.“ „Und Er ging ein wenig weiter und fiel auf Sein Angesicht und betete und sprach:,Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber; doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst'.“ (V. 39) Er fiel auf Sein Angesicht, Er, der allezeit Sein Angesicht zu Seinem Gott und Vater emporrichten konnte, Er tat es jetzt nicht. Die Schwere dessen, was vor Ihm stand, beugte Ihn so nieder, daß Sein heiliges Angesicht die Erde berührte. „Mein Vater“, so betete Er. Ist es nicht, als ob in diesen Worten die besondere Schwere zu erkennen ist, die auf Ihm lag? Doch welche vollkommene Ergebenheit und Unterwürfigkeit sehen wir in den Worten: „Wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an Mir

vorüber.“ Ach, wir wissen, es war nicht möglich, wenn Er uns erlösen wollte. Dreimal betete der HErr, dann nicht mehr. Den Willen Seines Gottes und Vaters zu tun, war Er ja gekommen.

Wenn wir darüber nachsinnen, welches schwere Leid unserem HErrn bevorstand, so denken wir daran, daß Er, der König Israels, von Seinem eigenen Volke verworfen, den Römern ausgeliefert werden und schließlich den schmachvollen Tod am Kreuze sterben sollte. Er sollte in die Hände von Sündern überliefert, gegeißelt und zum Spott mit einer Dornenkrone gekrönt werden und die so großen, leiblichen Schmerzen ertragen. Doch dieses alles war wohl nicht das Schwerste, was Er zu erdulden hatte.

Im Evangelium Matth. 27,46 wird uns berichtet, daß der HErr am Kreuze schrie und sagte: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ und daß Er mit lauter Stimme schrie und den Geist aufgab. Alle Wogen und Wellen des Gerichtes Gottes sind über Ihn hingegangen.

(Ps. 42,7) Der HErr Selbst sprach nach Matth. 26,28 bei der Einsetzung des Mahles: „Denn dieses ist Mein Blut, ... welches für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden.“ Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm. Seine Seele stellte das Schuldopfer dar vor einem heiligen und gerechten Gott für die Schuld, die wir, ich und du, lieber Leser, auf uns gebracht hatten durch unsere vielen, vielen Sünden von unserer Jugend an. Auf all die bösen Taten gegen Gott und Menschen mußte die gerechte Strafe folgen. Er, unser HErr, verbüßte sie an unserer Statt, Er erlitt den Tod und wurde von Gott verlassen. Dieses wird es im besonderen Sinne gewesen sein, was Ihm die so schweren Stunden in Gethsemane nach dem Matthäusbericht bereitete. Ihm, unseren HErrn, sei ewig Dank, daß Er es getan hat.

Wenn wir den Bericht über Gethsemane nach Mark. 14,32-42 aufmerksam lesen, so finden wir große Ähnlichkeit mit dem Bericht nach Matthäus, den wir betrachtet haben. Doch fällt uns auf, daß der Heilige Geist in Vers 33 sagt: „... und fing an, sehr bestürzt und beängstigt zu werden.“ Es ist, als ob uns hier ein noch tieferer Einblick gegeben wird in das, was in der Seele unseres HErrn vorging. Er, der HErr, war „sehr bestürzt und beängstigt.“ Wenn wir darüber nachsinnen, was dieses Wort bedeutet, so können wir nur vor Ihm anbeten.

In Vers 35 heißt es alsdann: „Und Er ging ein wenig weiter und fiel auf die Erde; und Er betete ...“ Nach Matthäus wird uns berichtet, daß Er auf Sein Angesicht fiel. Hier wird uns berichtet, daß Er auf die Erde fiel. Auch angesichts dieser Wahrheit können wir nur sinnend anschauen und Ihn anbeten, der solches Schwere für uns auf Sich nahm.

Auch Vers 36 dürfte uns eine noch größere Tiefe Seines Leidens als der Bericht im Matthäus-Evangelium zeigen: „Und Er sprach: Abba, Vater, alles ist Dir möglich; nimm diesen Kelch von Mir weg; doch nicht was Ich will, sondern was Du willst.“ Der HErr empfand dieses alles, was Er am Kreuze durchlebte, in seiner völligen Schwere voraus.

Wenn wir Mark. 15,33-38 lesen, so finden wir hier fast den gleichen Bericht wie nach Matthäus. Es wird uns auch hier nur das eine Wort berichtet, was der HErr am Kreuze sprach: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“

In Mark. 14,24 berichtet uns der Heilige Geist bei dem Bericht über die Einsetzung des Mahles dieses Wort: „Dieses ist Mein Blut ..., welches für viele vergossen wird.“ Der Heilige Geist fügt hier nicht hinzu wie in Matthäus: „... zur Vergebung der Sünden.“

Beachten wir noch die Stelle in 2. Kor. 5,21: „Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm“, so dürfen wir wohl annehmen, daß es sich im Markus-Evangelium um das Gericht über die Sünde handelt. Wir haben nicht nur böse Taten verübt, sondern wir haben auch eine sündige Natur, und nicht nur die ersteren, auch die letztere sind durch das Gericht, was unser HErr auf Sich nahm, vor Gott hinweggetan. Er wurde das Schuldopfer und auch das Sündopfer. Er wurde für uns zur Sünde gemacht. Wir können dieses nicht verstehen, aber wir erkennen ein wenig durch den Bericht von Gethsemane, was es für Ihn war, zur Sünde gemacht und von Seinem Gott verlassen zu werden. Ewig Dank sei unserem HErrn, daß Er dieses für uns unbegreiflich schwere Werk vollbracht hat zu unserem ewigen Heil!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

O. D.

*

Schau hin, dort in Gethsemane

Ringt in der Seele tiefstem Weh

Der HErr in Todesqual.

O sieh Ihn weinen, beten, knien!

Herb ist der Kelch, doch nimmt Er ihn.

Schau hin, wie erdenwärts gebückt

So hart und schwer den Heil'gen drückt

Der Leiden Übermaß!

Ergebungsvoll doch hör' Ihn flehn:

„Nicht Mein, Dein Wille soll geschehn!“

Schau hin, wenn bei des Leidens Schmerz

Dein mattes, jammervolles Herz

In Tränen sich ergießt;

Lern auch in bängster Nächte Grau'n,

Ihm, deinem HErrn und Gott, vertrau'n!

(Lieder f. d. christliche Haus.)

Frage und Antwort

 

Frage 7

Wie stimmen 1. Sam. 16,10.11 und 17,12 mit 1. Chron. 2,13-15 zusammen? War David der siebente oder der achte Sohn lsais?

Antwort

Wenn in 1. Sam. 16 und 17 eindeutig steht, daß sieben Söhne Isais an Samuel vorübergingen, der Jüngste, David, aber noch übrig war, und daß Isai acht Söhne hatte, so ist daran festzuhalten.

Für die Bücher der Chronika darf man nicht aus dem Auge verlieren, daß sie, als letzte in der hebräischen Bibel stehend, erst etwa ein halbes Jahrtausend später, nach der Rückkehr aus Babylon, verfaßt wurden. Ein Vergleich der Geschlechtsregister in 1. Chron. 1-9 mit denen in Esra und Nehemia zeigt es. Und der Hauptgedanke, der sich wie ein roter Faden durch beide Bücher der Chronika hinzieht, ist, den Ratschluß Gottes in bezug auf das Königtum zum Ausdruck zu bringen. Einzelheiten, die als bekannt vorausgesetzt werden, werden da übergangen.

Was liegt näher als der Schluß, daß nach den in 1. Sam. 16 und 17 berichteten Ereignissen einer der Brüder Davids ehelos, also ohne Nachkommen starb und daß er deswegen in der Chronika gar nicht mehr erst aufgezählt wird. David war auch ein junger Mann von erst 16, 17, 18 Jahren, als er gesalbt wurde. Da außer David sechs der Brüder mitkamen und der Reihenfolge nach aufgezählt sind, kann der verstorbene ja gerade der siebente gewesen sein, so daß später einfach David der siebente war. So brauchte in der Chronika nicht wiederholt zu werden, daß es ursprünglich acht gewesen waren.

Bemerkungen des Schriftleiters

So einfach lösen sich manche scheinbaren Schwierigkeiten! Dem HErrn sei Dank dafür! Möchte Er den Seinen in Gnaden hinweghelfen über solche und andere „Widersprüche“ in Seinem Worte, die wie dieser keine sind, weil's ja keine im Worte Gottes geben kann, nur daß unserem „stückweisen Erkennen“ manches schier unlösbar dünkt. Aber „hernach“! (Joh. 13,7)

Vor fünf Jahren habe ich schon einmal auf die Tatsache, daß David der achte Sohn des Isai war, hinweisen dürfen, and zwar in meiner Schlußbemerkung zu Frage 9 im Jahrb. 9. Die Frage dort war die nach der Bedeutung des achten Tages in der Schrift, die von den Brüdern v. d. K. und K. O. St. dahin beAntwortet wurde, daß der achte Tag den Beginn von etwas Neuem, einen neuen Anfang anzeigt. Bei dieser Gelegenheit schrieb ich folgendes bezüglich Davids:

„Aber nicht nur in Verbindung mit ,Tag' zeigt uns die Zahl 8 etwas Neues als beginnend. Es gibt auch eine Stelle, in der die 8 etwas Neues andeutet, wo sie in ganz anderem Zusammenhang steht, nämlich in 1. Sam. 17,12.14: David war von acht Söhnen Isais der jüngste, also der achte, und mit ihm begann ein ganz Neues in der Geschichte Israels. Finden sich von dieser Stelle aus nicht Verbindungslinien zu dem wahren David, der ‚der Erstgeborene aus den Toten‘ heißt (Kol. 1,18), der am achten Tage auferstanden ist und mit dem, wie einst vorbildlich in dem ersten David, ein völlig Neues begann?

Wir sollten uns mehr mit der sinnbildlichen Bedeutung der Zahlen in der Heiligen Schrift beschäftigen! Wir würden sehen, daß auch die oft so wenig verstandenen Zahlen uns angeahnte Herrlichkeitsstrahlen Christi Jesu enthüllen“ usw.

Soweit, was ich damals hervorhob! Wenn nun die Zahl 8 einen neuen Anfang, wie wir ihn z. B. in der Gemeinde Gottes vor uns sehen (vgl. Antw. Bin oben erwähnter Frage 9 von Bd. 9), dagegen die Zahl 7 die Zahl der Vollkommenheit in Gottes Plänen und Vorsätzen (vgl. Frg. 13 in Bd. 9, Schlußbem.) andeutet, dann ergäbe sich nunmehr die für manche sicher belangreiche neue Frage, aus welchen inneren Gründen David in 1. Samuelis als der achte und in 1.

Chronika als der siebente vor uns gestellt ist, und dazu die nicht minder lehrreiche Unterfrage, inwiefern wohl in dem Herrn Jesus die Erfüllung auch der Tatsache, daß David nach 1. Chron. der siebente Sohn gewesen, zu finden ist. Ich deute diese sich ergebenden Fragen nur an in der Hoffnung, daß sie manchem Forscher willkommenen Anlaß zur Weiterbeschäftigung mit diesem Gegenstand geben möchten.

Eins aber glaube ich als sicher hinzufügen zu dürfen: wie in dem HErrn gewissermaßen die Zahl 8 erfüllt ist, so auch die Zahl 7!Nicht nur ist Er der, der den ganz neuen Anfang macht - das Haupt einer neuen Schöpfung und auch das Haupt Seines Leibes, der Gemeinde, sondern in Ihm sind auch alle Pläne und Absichten Gottes vollkommen zur Durchführung gekommen, auch die, welche Gott mit dem Königtum hatte (wie Antw. A die Bücher der Chronika kennzeichnet - was ja vielleicht schon Grund genug wäre dafür, daß hier David der 7. ist!). Er ist der Erfüller des göttlichen Ratschlusses in allen seinen Einzelheiten, und zwar ist Er's schon - der Verheißung nach - gewesen, ehe Er mit Seiner Auferstehung am achten Tag der neue Anfang wurde, wird's aber erst in Vollendung sein, wenn Er als das Haupt der erneuerten Menschheit und Schöpfung dem ganzen Universum geoffenbart sein wird. (Hebr. 2 u. a.) Darauf warten wir, die Seinen, mit Ausharren. Dann wird Er gleichsam als „der siebente“ und als „der achte“ gesehen und anerkannt werden von dem ganzen Weltall, Er, der einst, genau wie im Vorbild David, der von seinen Angehörigen Verachtete war und der dennoch, ebenso genau wie im Vorbild jener über Goliath, den gewaltigsten Sieg über alle Mächte der Finsternis davongetragen hat. (Vgl. 1. Sam. 16,7.11; 17,28) Sein Name sei gepriesen!

F. K.

Frage 8

Wie ist 2. Tim. 3,8.9 zu verstehen?

Antwort

Aus der Mitte des in den Versen 1-5 genannten Bösen der letzten Tage der Christenheit heraus, d. h. aus unseren Tagen, macht sich eine Tätigkeit bemerkbar von Leuten, die, selber im Innern gründlich verdreht und verderbt, andere Menschen schwachen Charakters und krankhafter Gemütsveranlagung („Weiblein“: bildlicher Ausdruck der Geringschätzung) durch Vorspiegelung gewisser ihnen verliehener Belehrungen und Kräfte in ihren Bann ziehen, darin halten und sie für ihre Zwecke und Gelüste ausbeuten. Man denke an einen Dowie (wer sich seiner noch erinnert), an einen Weißenberg, an gewisse Kreise der sogen. „Pfingstleute“, die Tote auferwecken wollten, und an manche andere Persönlichkeiten jetziger und weiter zurückliegender Zeit, auch an einen Rasputin! Wie die Zauberer des Pharao Mose widerstanden (2. Mose 7), so „widerstehen diese Menschen der Wahrheit“, heißt es, und: „Ihr Unverstand“, „ihr Aberwitz wird allen offenbar werden“. So ist es noch immer bei solchen gegangen: eines Dowie Verkehrtheit wurde gründlich offenbar; die „Pfingstleute“ wurden offenbar in ihrem Unverstand; ein Weißenberg wurde in fatalen Gerichtsverhandlungen offenbar; eine Miß Eddy, die die Lehre „Christian Science“ (fälschlich sogen. „Gesundbeter“) aufbrachte, wurde in ihrer Person zuschanden an dem, was sie lehrte; die Milleniumstagesanbruchleute (fälschlich sogen. „Ernste Bibelforscher“) wurden immer wieder gründlich zuschanden mit ihren Berechnungen über die Wiederkunft Christi usw., usw.

Es ist also in dieser Stelle etwas recht Positives zu unserer Warnung ausgesagt. - Möge Wirklichkeit bei uns sein, was der 10. Vers sagt, und mögen wir aus dem Erkannten die Folgerung ziehen!

F. Kpp.

Antwort Des Schriftleiters

Es sind tiefernste Dinge, die uns in der angefragten Schriftstelle vor Augen gestellt sind, und wahrlich, wir haben allen Grund, heute, wo die Verführungsmacht auch innerhalb der Gemeinde Gottes so wächst, auf der Hut zu sein und die Ermahnung am Schluß obiger Antwort zu

Sehr eigentümlich scheint mir der Gegensatz zu sein zwischen dem, was V. 9 sagt, zu dem, was V. 13 und Kap. 2,16.17 gesagt ist. Hier in V. 9 heißt es: „Sie werden aber nicht weiter fortschreiten, sondern ihr Unverstand wird allen offenbar (= „handgreiflich“) werden, wie auch der von jenen es wurde“ und in V. 13: „Böse Menschen aber und Gaukler werden im Bösen (zu Schlimmerem) fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ (Vgl. 2,16.17) Also in V. 9 offenbar ein „Nicht-weiter-Fortschreiten“ und nachher in V. 13 ein ebenso offenbares „Weiterfortschreiten im Bösen“. Ist letzteres nicht Tatsache, oft bewiesen und schmerzlich erfahren? Zeigt es sich nicht oft in geradezu erschütternder Weise, wie trotz beschämendster Entlarvungen, wie sie in obiger Antwort Beschrieben sind, jene „bösen Menschen und Gaukler“ manchmal in der frechsten Weise und mit einer nicht mehr zu überbietenden Blasphemie (Gotteslästerung) - wie z. B. Weißenberg! - ihre Verführungen fortsetzen und dabei selber immer tiefer in Satans Verführungsmacht hineingeraten? Sind nicht sogar die sogen. „Pfingstler“ (obwohl man von ihnen im allgemeinen noch als von Gläubigen reden darf), und zwar in allen ihren verschiedenen Schattierungen vom äußersten rechten bis zum äußersten linken Flügel (bei dem das Wort Gottes nichts mehr gilt, nur noch „der Geist“!) - sind sie nicht, statt sich warnen und aufhalten zu lassen, immer tiefer hineinverstrickt in ihre dämonischen Irrtümer und die Nichtachtung der klaren Worte Gottes? Habe ich nicht selber darin erst vor kurzem betrübende Erfahrungen gemacht, als ich in einer durch „Pfingstler“ von außerhalb angesteckten Gemeinde Hausbesuche machte und die Verwüstungen sehen mußte, die der Feind dort angerichtet hat, wo das Wort jener Verführer auch „um sich gefressen hatte wie ein Krebs“ (2,17)?! Kann denn das Böse überhaupt aus sich selber zum Einhalten kommen? Muß es nicht weiter fortschreiten? Ist es nicht gerade deshalb so unsagbar ernst für Gläubige, nach Kap. 3, V. 10-12 zu handeln und zu leben, um nicht der fortschreitenden Verführung zu falscher Lehre oder auch zu unreinem, bösem Leben zum Opfer zu fallen?! Ja und abermals ja! Die Gegensätze werden immer schärfer, und der Gläubige hat um so mehr wachsam zu sein! Das gilt uns allen ohne Ausnahme, für uns alle ist das heilige „Du aber“ so wichtig (V. 10.14; Kap. 4,5; vgl. 1. Tim. 6,11!), und wir sollten lernen, uns ganz nahe an das zu halten, was mit diesem Ausdruck eingeleitet wird. Da allein ist Sicherheit für uns! Möchten wir Gnade haben, das neun

Gefahren zu Fall kommen, und möchten wir uns gemäß V. 14ff. stets fester gründen lassen in dem untrüglichen Wort, das die beste Waffe, „das Schwert des Geistes“ (Eph. 6,17) ist! Man kann mit Irrlehrern zusammentreffen, welche es auch sein mögen, um sie im Lichte des Wortes zu prüfen - keiner hält vor dem ganzen Worte stand, irgendwo und irgendwie zeigt sich der Widerspruch gegen das fleischgewordene oder das geschriebene Wort. (Was die mehrfach genannten „Pfingstler“ anbelangt, so verweise ich noch auf den Aufsatz in 3. Lief. „Prüfet die Geister!“ von F. Btch.)

Nun, was ist denn in V. 9 gemeint, wenn V. 13 sich als so völlig tatsächlich und wirklich erweist?

Beide Verse sind natürlich unantastbar wahr und schließen sich auch in nichts aus, sondern vielmehr ein! Was V. 13 gesagt ist, bahnt sich in V. 9 an, aber während V. 13 vom Fortschreiten im Bösen“ spricht, soll uns V. 9 zeigen, durch welche Umstände ein Fortschreiten, was den Einfluß jener betrifft, gehemmt werden würde, so daß sie nicht das erreichen würden, was sie vorhätten: Ihr Unverstand würde früher oder später allen offenbar („handgreiflich“) werden, wie einst auch der jener Zauberer aus 2. Mose 8. Daß V. 9 diese Hauptbedeutung hat, geht m. E. aus dem herangezogenen Vergleich mit den ägyptischen Zauberern hervor. Das „wie auch“ mit dem „gleicherweise“ (V. 9 und 8) zeigt es. Jannes und Jambres widerstanden Mose ebenso wie „diese“ (vgl. „aus diesem“ V. 6 und „von diesen wende dich weg!“ V. 5; gemeint sind diese Menschen von V. 2-5!) „der Wahrheit widerstehen“, „Menschen verderbter Gesinnung und unbewährten Glaubens“. Aber Jannes und Jambres waren bald fertig mit ihrer Weisheit und ihrem Können, sie kamen gegen Mose, weil gegen Gott, nicht auf, ihr „Unverstand“ (das gleiche Wort wie Luk. 6,11) wurde allen offenbar und konnte keinen Schaden mehr anrichten. Sie werden persönlich auf ihren falschen, bösen Wegen geblieben sein, haben wohl kaum ihren Zaubereiberuf aufgegeben, nachdem sie vor Mose so entlarvt worden waren, d. h. sie selber haben gemäß V. 13 sicher immer mehr Fortschritte gemacht im Bösen; aber auf diejenigen, vor denen sie mit ihrer satanischen Kunst sich brüsteten, konnten sie nach kurzer Zeit keinen Eindruck mehr machen, da vor allen ihr Unverstand offenbar wurde. (2. Mose 8,18.19; 9,11) Und so würde es mit dem Einfluß „dieser“ sein! Genau wie in obiger Antwort geschildert, wird der Unverstand so manchen Irrlehrers vor seinen Anhängern und anderen offenbar, und damit

schwindet sein Einfluß bei vielen, wenngleich andere, die schon zu sehr hineinverstrickt sind, sich auch durch schmähliche Mißerfolge ihrer Führer nicht mehr befreien lassen, und zwar durch ihre eigene Schuld; sie wollen eben nicht sehen! Solche bleiben selbstverständlich im Fallstrick Satans gefangen. Wo aber Menschen sind wie ein Mose oder solche, die sich durch das Beispiel des Paulus leiten lassen, da vermögen solche „Jannesse“ und „Jambresse“ nichts auszurichten noch zu erreichen. An solchen Treuen werden sie, nachdem ihr Unverstand offenbar geworden ist, gründlich und für immer zuschanden. Während es sich also in V. 13 um das naturgemäße Weiterfortschreiten der Bösen im Bösen handelt, ist in V. 9 die Rede von dem Nichtweiterfortschreiten in ihrem Einfluß auf solche, vor denen ihr Unverstand offenbar geworden ist.

Wie ernst ist die Ermahnung des Apostels an uns alle: „Von diesen wende dich weg!“ V. 5. Gar mancher hat sich mutwillig in Gefahr begeben, um solchen bösen Menschen angeblich zu helfen und - ist in ihren Schlingen zugrunde gegangen! Es kann vorkommen, daß „ein Knecht des HErrn“ den Widersachern zu dienen haben wird, um sie in Sanftmut zurechtzuweisen (2,24-26) - und das ist ein gesegneter Dienst -, aber wer sich, ungegründet im Wort, unbefestigt in der Wahrheit und selbstbewußt in seinem Herzen hierhin und dahin wendet, um angeblich „alles zu prüfen“ (in völliger Verkennung dessen, was 1. Thess. 5,21 wirklich gesagt ist) und um die vom Irrtum Verführten zu retten, der kommt selber sehr leicht und allermeist in solchen Verführungsfallstricken um (ebenso wie so mancher Jüngling, der „nur einmal“ untersuchen wollte, was in dieser und jener dunklen, geheimnisvollen Straße sein lichtscheues Wesen trieb). Die Schrift sagt: „Wachet, stehet fest im Glauben, seid männlich, seid stark!“ (1. Kor. 16,13) - „zu aller Zeit betend ... und eben hierzu wachend!“ (Eph. 6,18)

Ich habe absichtlich weiter ausgeholt, da mir der Unterschied von V. 9 und 13 wichtig genug schien, um die BeAntwortung der eigentlichen Frage durch das Eingehen auf diesen Punkt zu erweitern. Der Gegenstand ist für uns alle heute von der größten Bedeutung. Gebe uns der HErr Gnade, zu leben als „Menschen Gottes“ (3,17) nach (noch einmal sei's gesagt!) V. 10-12 und V. 14ff., zu Seiner Ehre!

F. K.

„Er tauche in Öl seinen Fuß!“

5. Mose 33,24.

Es ist doch eigentlich eine ganz köstliche Verheißung, die dem Stamme Aser in dem Segen „Moses, des Mannes Gottes“ (V. 1) zuteil geworden ist. Sie ist ja in gewissem Sinne ähnlich der, die der Patriarch Jakob vor seinem Tode aussprach (1. Mose 49,20), geht aber doch wohl noch über diese hinaus, so schön diese auch schon ist. In Christo Jesu, unserem teuren HErrn, sehen wir gleichsam die Erfüllung beider Verheißungen, doch darüber soll hier nicht gesprochen werden, obwohl auch dieser Gegenstand für die sinnende Betrachtung eines gläubigen Herzens sehr lieblich sein dürfte. Ich möchte vielmehr auf die obige Verheißung ein wenig eingehen im Blick auf uns selbst, was ja natürlich auch wieder nicht geschehen kann ohne im Hinblick auf Ihn, dessen Fuß wirklich allezeit in Öl getaucht war, und der darum auch ohne die Fußwaschung (Joh. 13), die uns geistlicherweise geziemt, gesalbt werden konnte durch eine Maria, die die fleckenlose Reinheit auch Seiner Füße kannte und würdigte. (Joh. 12)

Die Verheißung, die dem Stamme Aser in Form einer Mahnung gegeben wurde, deutet, ebenso wie die frühere durch seinen Vater Jakob, zunächst auf den Wohnsitz hin, den Aser nehmen sollte. Er bekam (vergl. Josua 19,24-31 u. a. Stellen betr. des Stammes Aser, die hier für uns nicht in Betracht kommen!) den fruchtbaren Landstrich im Nordwesten des Landes gegen Tyrus und Sidon hin, die beiden gewaltigen, reichen Städte, die wohl hätten von Aser erobert werden sollen, aber nie erobert sind. Gleichwohl gab ein Hiram, König von Tyrus, der dem Salomo befreundet war, gleichsam „königliche Leckerbissen“ (Jakobs Verheißung! 1. Mose 49,20) zum Bau des Hauses Gottes usw. (1. Kön. 5 u. a.), und am Ende können wir hierin eine Vorerfüllung jener Verheißung sehen und eine weitere vielleicht in Luk. 2,36-38?! Jedoch auch das übrige Land, nicht nur der Nordteil, in den der Libanon mit seinen Zedern und Zypressen hineinragte, war sehr fruchtbar und reich an kostbaren Bodenschätzen und sonstigen Erzeugnissen,

besonders an Palmen mit ihren so besonders stark ölhaltigen Früchten. Darauf nimmt wohl diese Verheißung Bezug, die wir hier betrachten wollen. Durch das so notwendige Öl mochte der Stamm Aser seinen Brüdern besonders wohlgefällig sein, worauf die Verheißung auch hinweist, und mit Recht konnte der Stamm „Aser“ genannt werden, denn Aser heißt „Glückselig“. (Vgl. 1. Mose 30,13!)

Doch wenn wir mit der äußeren Bedeutung der Verheißung „Er tauche in Öl seinen Fuß“ unsere Betrachtung beschließen wollten, so würden wir sicher diesem eigenartig schönen Text nicht gerecht werden! Die symbolische (sinnbildliche) Bedeutung darf und muß uns, die wir das Alte Testament im Lichte des Neuen Testamentes betrachten, die wichtigere sein, zumal wir wie in vielen Fällen, so auch in dem vorliegenden nur diese auf uns anwenden können.

Wir wissen, daß das Öl ein Sinnbild des Heiligen Geistes ist, worüber uns im Alten und Neuen Testament viele Stellen belehren, wie z. B. 2. Mose 29,7; 3. Mose 8,12; Psalm 45,7 (Hebr. 1,9); Ps. 89,20; Ps. 133,2; Jes. 61,1 (Luk. 4,18); Apgesch. 10,38; 2. Kor. 1,21.22; 1. Joh. 2,20.27, vgl. Joh. 14,17.26 usw.

Ebenso zeigt uns die Schrift, daß die Füße als ein Sinnbild des Wandels durch diese Welt anzusehen sind. Darüber belehrt uns ganz besonders die oben schon erwähnte Fußwaschung von Joh. 13 (vgl. Jahrb. 5, Frage 27 und Jahrb. 12, Frage 18 u. a.! s. u.), mit der der Herr Jesus andeutete, daß es sich für uns gebühre, unseren Wandel von dem stets aufs neue unseren Füßen anhaftenden Schmutz der Wüste zu reinigen durch das Wasser, das Symbol des Wortes Gottes (vgl. Eph. 5,26 und Jahrb. 12, Frage 18 sowie die oben angeführten Ausführungen über die Fußwaschung!) Auch andere Stellen der Schrift, besonders solche, welche auf der ohnehin orientalischen Sitte des Füßewaschens nach dem Eintritt ins Haus beruhen, wie z. B. Luk. 7,38.44, besagen, daß oft die Füße ein Sinnbild des Wandels sind. Man vergleiche ferner Matth. 18,8 usw.; Joh. 11,44; Apgesch. (5,9!!); 14,8-10; 26,15; Eph. 6,15; Offenb. 10,1.2 u. a. (Dazu aus dem Alten Testament statt vieler nur einige Stellen: 2. Mose 3,5; Hiob 23,11; 31,5 usw.; Ps. 119,105; Spr. 19,2b; Pred. 5,1)

Wenn wir dieses anerkennen, daß das Öl ein Bild oder Symbol des Heiligen Geistes ist (vergl.

auch Matth. 25,1-13!) und der Fuß ein solches des täglichen praktischen Wandels, dann sehen wir ohne Mühe, daß die dem Aser gegebene köstliche Verheißung, in neutestamentliche Sprache übertragen, verglichen werden darf mit der den Galatern und damit uns gegebenen Ermahnung „Wandelt im Geist!“ oder „Wenn wir durch den Geist leben, so laßt uns auch durch den Geist wandeln!“ (Gal. 5,16.25) Ich habe bei früheren Gelegenheiten eingehend über „die Frucht des Geistes“ nach Gal. 5,22 schreiben dürfen (Jahrb. 6, Seite 37, 69 u. 92 und Jahrb. 11, Seite 225) und dabei auf unseren Wandel im Geist hingewiesen, jedoch möchte ich heute einmal wieder solche praktischen Dinge berühren, wie sie aus der Aser gegebenen Verheißung sich für uns leicht ergeben. Wir haben als Gläubige alle den Geist empfangen, als wir gläubig wurden (Joh. 7,37-39; Apgesch. 2,38 [am Pfingsttage!]; Apgesch. 5,32; 19,2; Röm. 8; Gal. 3,2 u. a.), Er, diese göttliche Person, hat Wohnung in uns gemacht, wir sind einzeln „Tempel des Heiligen Geistes“ (1. Kor. 6,19) - wäre Er nicht eine Person, so könnte nie dieser Ausdruck angewandt werden! (vgl. das Alte Testament!) - wir sind durch Ihn versiegelt und mit Ihm gesalbt (vgl. 2. Kor. 1,21.22 u. a.), „Er gibt Zeugnis unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind“ (Röm. 8,16) usw. usw. - das alles sind (seit jenem Pfingsttage) für die Gläubigen herrliche, unantastbare Tatsachen - aber, aber! aus diesen Tatsachen erwächst für uns auch eine außerordentlich ernste VerAntwortung: und das ist - die praktische Verwirklichung dieser Dinge im täglichen Leben! Es genügt nicht, sich seiner Stellung in Christo, seines Gesalbt- und Versiegeltseins mit dem Heiligen Geist und dieses herrlichen Unterpfandes usw., kurz, aller dieser Erkenntnis und dieses lehrhaften Besitzes zu freuen und zu rühmen - es genügt nicht, meine ich, wenn man nämlich im praktischen Leben wandelt, wie wenn man nicht durch den „Geist aus Gott“, sondern durch den „Geist dieses Zeitlaufs“ geleitet wird, hinter dem der Feind steht! (Eph. 2,2!!)

Es ist mir einmal ein Wort zu Ohren gekommen über Gläubige, das mich aufs tiefste erschüttert hat, es lautete: „Christentum und Geschäft haben nichts miteinander zu tun!“ Ich sagte darauf, dann habe Beruf und Christentum oder Familie und Christentum usw. auch nichts miteinander zu tun, dann sei überhaupt das Christentum keine praktisch zu verwirklichende Sache, und hunderte von diesbezüglich ermahnenden Stellen (z. B. aus den Tim.-Briefen und sonst, auch

und er degradiert (würdigt herab) das Christentum zu einer Sonntagsangelegenheit ohne praktischen Wert für die sechsmal so häufigen Werktage! Hat der Heilige Geist, durch den wir das Leben haben (Gal. 5,25), nicht größere Macht und Kraft? Hat der Herr Jesus Sich geirrt, als Er uns den Sachwalter verheißen hat, der uns hienieden „vertritt in allen Lagen“? Nein, und abermals nein! Die Kraft unseres Wandels ist der Heilige Geist, und sie reicht aus auch für die geschäftlichen Verhältnisse, für Familie und Haus, für unser ganzes öffentliches und privates Leben, auch für das im Kämmerlein, wo uns nur Gott und die unsichtbare Welt sieht; nur, Geliebte, es kommt darauf an, ob wir im Geiste wandeln! Tun wir das nämlich nicht, so wandeln wir im Fleisch! (Gal. 5,16ff.), und dann ist unser Leben in all seinen Beziehungen das Gegenteil von einer Verherrlichung Christi Jesu! Der Geist ist stets darauf aus, Ihn, den HErrn, zu verherrlichen (Joh. 16,12ff.); das Fleisch aber macht stets uns, den ersten Menschen groß, rühmt unsere Vorzüge, verbindet uns mit dem Wesen der Welt (Eph. 2,1-3!), betrübt den in uns wohnenden Geist (Eph. 4,30) und läßt uns in der Welt wandeln, als gehörten wir noch zu ihr und seien nicht „entflohen dem Verderben, das in der Welt ist durch die Lust“. (2. Petr. 1,4) Der Geist lehrt uns, Christum zu sehen und „aufsehend auf Jesum“ (Hebr. 12,2) Ihm nachzueifern, das Fleisch richtet unsere Blicke allein auf das, „was vor Augen ist“ - und unser Wandel wird und muß demgemäß irdisch sein!

Darauf also kommt es an, daß wir „mit Geist erfüllt (Eph. 5,18) - im Geiste wandeln“, ganz praktisch im allertäglichsten Leben sowohl wie auch innerhalb der Gemeinde Gottes! (Weiter unten habe ich noch ein wenig darüber hinzufügen dürfen, wie das Wandeln im Geist geschieht.)

Und - und nun komme ich auf die dem Aser gegebene mahnende Verheißung zurück - dann, wenn wir unseren Fuß in Öl tauchen, dann werden wir einen Wandel führen, „wohlgefällig unseren Brüdern“ nach jener Verheißung, und dann auch werden wir die Kraft und Schönheit des Schlusses derselben erfahren und verwirklicht finden: „Wie deine Tage, so deine Kraft!“ (V. 25)

Darum, Geliebte, Brüder und Schwestern, lassen auch wir uns durch jene Stelle mahnen,

unseren Fuß (unseren Wandel) in Öl (das Öl des Heiligen Geistes) zu tauchen, um in allen unseren Tagen in Seiner Kraft zu wandeln und zu handeln! Tauche deinen Fuß in Öl, d. h. laß deinen Wandel „mit Geist erfüllt“ sein, mein Bruder, wenn du an deine Tagesgeschäfte gehest, du wirst es erfahren, daß die Salbung, die uns über die höchsten und erhabensten Dinge Gottes belehrt (1. Joh. 2,20.27), wahrlich auch mit den kleinen Dingen und Fragen dieser Welt fertig zu werden weiß!

Tauche deinen Fuß in Öl, wenn du eine schwierige geschäftliche oder häusliche Frage vor dir zur Erledigung hast, mein Bruder, meine Schwester! „Der Geist der Weisheit“ (Eph. 1,17) wird dir zur rechten Zeit, wenn du um Weisheit bittest, das Nötige darreichen (Jak. 1,5), nur tauche zuvor deinen Fuß in Öl! Gehe nicht anders als „im Geist“ an die schweren Dinge heran!

Und tauche deinen Fuß in Öl, o Bruder, wenn du eine ernste Aussprache mit Brüdern vor dir hast, von der vielleicht viel für das Wohl oder Wehe der Gemeinde Gottes am Platze und darüber hinaus abhängt! Wie gar oft sind unsere Worte nicht „allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt“ (Kol. 4,6), wenn wir in solche Unterredung gehen, wie gar leicht ist das Fleisch an der Arbeit und läßt „dem Lästerer Raum“, und großer Schaden statt Nutzen wird angerichtet, der vielleicht nie wieder gutgemacht werden kann. Tauche deinen Fuß in Öl, ehe du deinen Gegnern (deren Gegner du aber womöglich noch viel mehr bist!) unter den Brüdern entgegentrittst, laß dich anziehen (umhüllen) mit „Sanftmut“ und „Gelindigkeit“ durch den Geist (Phil. 4,5, Gal. 5,16.22; Tit. 3,2), vielleicht machst du dann die kostbare Erfahrung von Spr. 25,15: „eine gelinde Antwort zerbricht Knochen“, und alle werden erbaut, und der HErr wird verherrlicht!

Tauche deinen Fuß in Öl, ehe du vor die Welt trittst, um ihr „das Brot des Lebens“, das Wort vom der in Christo Jesu gewordenen „Gnade und Wahrheit“ zu bringen, auf daß du nicht dich selber bringest, sondern in Kraft des Geistes nach Luk. 24,44-48 und Apgesch. 1,8 ein treuer Zeuge und Knecht des HErrn seiest, der, „nichts unterschlagend“ (Tit. 2,10), sowohl das ganze „Wort der Wahrheit“ (2. Kor. 6,6) wie auch die köstliche „heilbringende Gnade“ (Tit. 2,14) darbietet! Das tat auch die Tochter Phanuels aus dem Stamme Aser (in der Stelle Luk. 2,36-38, die oben schon einmal genannt ist), sie, die Prophetin Anna im Tempel zu Jerusalem, die von

dem HErrn redete zu allen denen, die auf Erlösung warteten. Sie hatte in Wahrheit die Verheißung verwirklicht und ihren Fuß in Öl getaucht und - Verherrlichung Christi war die Folge!

Tauche deinen Fuß in Öl, wenn du morgens dich auf den Wandel durch die arme Welt rüstest, und habe ihn in Ol getaucht, ehe du mit solchen in Berührung kommst, die Spötter und Leugner der Wahrheit sind, auf daß du ihnen entgegentreten und ihnen dienen kannst, wie sie es brauchen. Vielleicht mußt du „zügellosen Schwätzern den Mund stopfen“ (Tit. 1,10.11), vielleicht aber auch „Widersacher in Sanftmut zurechtweisen“ nach 2. Tim. 2,24-26 - und nach beiden Richtungen hin können nicht wieder gutzumachende Fehler begangen werden, wenn wir nicht „im Heiligen Geist“ (2. Kor. 6,6) handeln.

O, daß der HErr dies uns lehre, vielmehr: daß wir uns mehr darin belehren ließen! So unsagbar wichtig wie es ist, sich täglich die Füße waschen zu lassen mit dem Wasser des Wortes (Joh. 13), so unsagbar wichtig ist es, den also gereinigten Fuß in das Öl des Geistes zu tauchen, d. h. einen täglichen „Wandel im Geist“ zu führen in Wort und Werk und allem Wesen! Wir sollen und dürfen „Darsteller des Wortes des Lebens“ sein nach Phil. 2,16; wie not tut uns aber dazu das Öl des Geistes! Laßt uns darüber wachen, Ihn nicht zu betrüben (Eph. 4,30), damit Er uns immer mehr in das Wesen Christi Jesu umgestalten kann, dessen Fuß gleichsam stets in Öl getaucht war (wie schon oben gesagt!), so daß wir umgestaltet in Sein Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit als durch den HErrn, den Geist (2. Kor. 3,18), den hienieden verherrlichen, in dem wir berufen sind zu der ewigen Herrlichkeit des „Gottes aller Gnade“! (1. Petr. 5,10) Seine Gnade genügt dazu!

Das ist ja das Begehren der göttlichen Person des Heiligen Geistes, uns so zu erfüllen - wozu unsere Bereitwilligkeit nötig ist! -, daß Er uns Christum Jesum, den zweiten Menschen vom Himmel, unser neues Haupt, vor Augen stellen kann, damit wir, d. i. der erste Mensch, der nur im Fleische und für dasselbe lebt, als gekreuzigt verschwindet und unser Blick derart auf Christo ruht, daß der Geist uns, wie oben gesagt, hineinverwandeln kann in Sein Bild. Das Fleisch, angestachelt durch den Feind, sagt zu uns: ich will es gut haben - aber der Geist zieht unser Auge von uns, den mit Christo Gekreuzigten, ab auf Ihn hin, der des Anschauens allein

wert ist, und dadurch wird das Verwandeltwerden in dies Bild ermöglicht. Wir „wandeln im Geiste, wenn wir Ihn, den HErrn, zu sehen wünschen, um Ihn auszuleben, und gerade zu diesem Leben befähigt uns der Geist; und das ist Sein erhabenes Ziel, in und durch uns Ihn (Christum) zu verherrlichen. Darum müssen wir - wollen wir im Geist wandeln, wollen wir unseren Fuß in Ol tauchen - im Glaubensgehorsam uns stets aufs neue entleeren lassen von allem Eigenen und uns füllen lassen mit Seinem Geist, d. h. Ihm unser ganzes Herz einräumen. Manche möchten dies erreichen durch die immer erneute Bitte um den Geist, aber nach Pfingsten gab es kein Bitten mehr um Ihn, denn was man - durch Glauben! - hat, kann man nicht mehr erbitten, ohne „Gott zum Lügner“ zu machen; und jeder Gläubige hat Christi Geist, er wäre sonst nicht gläubig. Es ist auch sehr bequem, durch eine (schriftwidrige) Bitte den Weg des Erfülltwerdens zu umgehen; aber nein, es ist so nicht möglich, sondern nur durch Gehorsam gegen Seinen Willen, indem wir Ihm uns völlig öffnen und Ihn in uns wirken lassen, „was vor Ihm wohlgefällig ist“; nur dadurch werden wir stets wieder mit Geist erfüllt gemäß der Mahnung von Eph. 5,18 (vergl. Apgesch. 4,23-31!). Das also will der Ausdruck: „Tauche deinen Fuß in Öl“ besagen: Lasse dich von Mal zu Mal neu erfüllen mit Seinem Geist, auf daß dein Wandel ein „Wandel im Geist“ sei, durch den Christus Jesus verherrlicht und gesehen werde - Er, den zu verherrlichen der Heilige Geist auf die Erde gekommen ist (Joh. 16).

(Ich habe letzteren Absatz besonders hinzugefügt, weil oft gefragt wird: „Wie kann man im Geist wandeln? Was heißt das?“ Der HErr gebe uns rechtes Licht darüber, hoffentlich mit durch obige Ausführungen!)

So laßt uns treulich unseren Fuß in Öl tauchen, Geliebte!

Nicht wahr, es ließen sich wohl leicht noch mehr Beispiele finden, wo das „Tauchen des Fußes in Öl“ am Platze wäre, aber der oben ausgeführten sind völlig genug. Immer und überall benötigen wir des Geistes, um zur Ehre des HErrn und zum Segen für andere wandeln zu können. Und immer und überall ist es möglich für uns, mit „Geist erfüllt“ zu sein, wenn wir die schriftgemäßen Bedingungen dazu beobachten. Nicht eine erneute „Geistestaufe“ ist nötig für uns, sie ist einmalig und wird nie wiederholt; aber, wie eben ausgeführt, das wieder und wieder

Erfülltwerden und Erfülltsein tut uns not, das wieder und wieder erneute Eintauchen unseres Fußes in Öl brauchen wir, um das hienieden zu sein, als was der HErr, der uns mit Seinem Blute erkauft hat und mit dem wir gekreuzigt und gestorben sind, uns sehen will: als „Seine Zeugen“ (Joh. 15,26.27; Apgesch. 1,8). Nur an uns ist jetzt zu sehen, wer der HErr ist und was Er für die in Sünden und Elend verschmachtende Menschheit sein will: der Heiland-Gott! Viel hängt von uns ab, aber wieviel es auch für den einzelnen sein mag, draußen oder in der Gemeinde, noch einmal sei hingewiesen auf die Verheißung an Aser: „Wie deine Tage, so deine Kraft!“ (V. 25) Aber zuvor steht unser Wort: „Er tauche in Öl seinen Fuß!“

Wie unsere Aufgaben (unser Tag) auch sein mögen, es ist Kraft da, Kraft im Geist! Das Öl ist vorhanden, es soll nur benutzt werden, es braucht gleichsam nur leere Gefäße nach 2. Kön. 4,1-7! Dazu kommt es auf uns an, auf jeden, in dem der Geist wohnt (2. Tim. 1,14). Die Treue muß unser Teil sein, diese Treue, die uns stets, und frühzeitig genug, wie auch der Tag sein mag, unseren Fuß in das Öl tauchen heißt, auf daß unser Wandel im Geist sei, in Licht und Liebe! Vorrecht und VerAntwortung ist mit dem Wohnen des Geistes in uns verbunden, möge im Hinblick darauf bei uns tägliche Treue gefunden werden! „Jehova, sind Deine Augen nicht auf die Treue gerichtet?!“ (Jer. 5,3a) Seien wir treu im Blick auf die tägliche Reinigung unserer Füße durch das Wasser des Wortes (Joh. 13; Eph. 5,26), aber seien wir auch treu darin, rechte „Aser“ zu sein, indem wir handeln nach dem Worte Gottes:

„Er tauche in Öl seinen Fuß!“

Der HErr gebe uns Gnade dazu zu Seiner alleinigen Verherrlichung!

F. K.

Epaphras.

Zwischen inspirierten Berichten über Personen des Volkes Gottes und menschlichen Biographien ist ein großer Unterschied. Von ersteren kann in Wahrheit gesagt werden: „Viel in

wenigem,“ von den letzteren „wenig in vielem“.

Die Geschichte eines Gläubigen des Alten Testamentes, die sich über eine Zeit von 365 Jahren erstreckte, ist in zwei Sätzen zusammengefaßt: „Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr, denn Gott nahm ihn hinweg.“ (1.Mos. 5,24) Wie kurz, aber wie voll und umfassend ist ein solcher Bericht! Wie viele Seiten würde wohl ein Mensch mit der Beschreibung eines solchen Lebens gefüllt haben! Und doch, was könnte mehr gesagt werden? „Zu wandeln mit Gott“ umschließt alles, was in dem Leben eines Gläubigen gefunden werden kann. Ein Mensch mag die ganze Welt bereisen - mag überall das Evangelium predigen - mag um Christi willen leiden - mag Hungrige speisen, Nackte kleiden, Kranke besuchen, er mag christliche Bücher schreiben, drucken und verbreiten, kurz, er mag alles tun, was ein Mensch tun kann, und doch würde alles in diesem einen kurzen Satze zusammenzufassen sein: „Er wandelte mit Gott“. Und wohl ihm, wenn es so zusammengefaßt werden kann.

Es ist aber möglich, daß jemand fast alles, was vorhin aufgezählt worden ist, tut, und dabei doch nicht eine Stunde mit Gott wandelt. Ja, ein solcher mag nicht einmal wissen, was es heißt, „mit Gott zu wandeln“. Dieser Gedanke ist höchst ernst und prüfend und sollte uns zu dem verborgenen Leben mit Christo anspornen, ohne welches aller Dienst, auch der glänzendste, nur Rauch ist.

Wenn wir beachten, wie uns Epaphras im Neuen Testament vor Augen gestellt wird, so können wir manche Belehrungen daraus ziehen. Die Hinweise auf ihn sind zwar kurz, aber sehr inhaltreich. Das, was ihn kennzeichnete, ist das, was wir heute so sehr nötig bedürfen. Seine Arbeiten, soweit sie in der Schrift aufgezeichnet sind, waren nicht solche, die in die Augen fielen oder die Aufmerksamkeit und das Lob der Menschen hervorriefen, aber es waren köstliche Arbeiten - unschätzbar wertvolle Arbeiten - Arbeiten im verborgenen Kämmerlein, Arbeiten hinter der verschlossenen Tür, Arbeiten im Heiligtum, Arbeiten, ohne welche alle anderen Arbeiten sich als wertlos und unfruchtbar hätten erweisen müssen.

Epaphras wird uns von dem durch Gott gebrauchten Biographen nicht als ein gewaltiger

beides ist gewiß an seinem Platze auch zu schätzen, der Heilige Geist teilt über ihn nichts derartiges mit. Er führt uns vielmehr seinen einfachen Charakter vor Augen, um unseren geistlichen Sinn zu erwecken. Als ein Mann des Gebetes wird er vor uns gestellt - als ein Mann ernsten, inbrünstigen, ringenden Gebetes - des Gebetes nicht für sich selbst, sondern für andere. Laßt uns das inspirierte Zeugnis ernstlich betrachten!

„Es grüßt euch Epaphras, der von euch ist, ein Knecht Christi Jesu, der allezeit für euch ringt in den Gebeten, auf daß ihr stehet vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes. Denn ich gebe ihm Zeugnis, daß er viel arbeitet für euch und die in Laodicäa und die in Hierapolis.“ (Kol. 4,12-13) Das war Epaphras. O, daß in unseren Tagen Hunderte da sein möchten, die ihm gleich wären! Gewiß haben wir dankbar zu sein für Prediger - dankbar für Schreiber - dankbar für Brüder, die in dem Werke des HErrn reisen, aber wir bedürfen Männer des Gebetes, Männer, die im verborgenen Kämmerlein in ihren Gebeten für die Heiligen ringen, Männer gleich Epaphras.

Wir freuen uns über die Füße derer, die Christum verkündigen, und über die, welche befähigt sind, die Feder „eines fertigen Schreibers“ (Ps. 45,1) zu handhaben, und über solche, die im Geiste Christi wieder und wieder hingehen, in jeder Stadt die Brüder zu besuchen. Gott bewahre uns davor, daß wir solche ehrenvollen Dienste gering schätzen oder gar verkleinern! Wir schätzen sie mehr, als wir in Worten ausdrücken können, aber doch, vor allem bedürfen wir des inbrünstigen, ringenden, ernsten Gebetes. Ohne dieses kann nichts geschehen. Ein nicht betender Mann ist ein kraftloser Mann, ein nicht betender Prediger ein nutzloser Prediger, ein nicht betender Schreiber ein unfruchtbarer Schreiber; ein nicht betender Evangelist wird nicht viel Frucht sehen; ein nicht betender Hirte wird wenig Nahrung für die Herde haben. Wir brauchen Männer des Gebetes, Männer gleich Epaphras, Männer, deren Kämmerlein Zeugnis ablegen kann von ihrer ringenden Arbeit. Das sind die Männer, die wir heute so sehr, sehr nötig brauchen. Diese Arbeiten im Verborgenen bringen reiche Segnungen, sowohl dem, der sie tut, als auch dem, für welchen sie getan werden. Das ist stille, niemand belästigende Arbeit; sie wird in der Zurückgezogenheit, in der heiligen, göttlichen Gegenwart getan, ohne von irgend einem menschlichen Auge gesehen zu werden.

Wie wenig hätten die Kolosser von dieser lieblichen und doch so ernsten Arbeit des Epaphras gewußt, wenn der Heilige Geist sie nicht in dem Brief erwähnt hätte! Vielleicht möchten einige von ihnen sogar geneigt gewesen sein, zu denken, daß er nicht genügend Sorge für die Heiligen in Kolossä entfaltet habe. Es ist ja möglich, daß es dort auch Personen gab, wie es solche jetzt noch gibt, die die Sorge eines Mannes für das Werk des HErrn an seinen Besuchen, Briefen oder dergl. abmessen. Dies würde bei Epaphras ein ganz falsches Maß gewesen sein. Um seine Sorge und Teilnahme zu ermessen, hätten sie ihn auf seinen Knien sehen müssen.

Neigungen meines Herzens können mich nach Berlin, Leipzig oder anderen Orten leiten, um die Brüder zu besuchen, Neigungen meines Herzens können mich leiten, Briefe nach vielen Orten zu schreiben, aber nur Liebe - Liebe zu den Seelen - Liebe zu Christus kann mich leiten, für Gottes Volk zu kämpfen, so wie Epaphras es tat: „Auf daß sie stehen vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes.“ (Kol. 4,12)

Diese kostbare Arbeit im Verborgenen erfordert keine „spezielle“ Gabe, keine besonderen Talente, keine hohe Begabung, jeder Gläubige kann diese vollführen; er mag nicht Fähigkeiten haben zu lehren, zu schreiben, zu evangelisieren, aber er kann beten. - Jedes Kind Gottes kann beten. Man hört zuweilen von der Gabe des Gebetes reden - ein Ausdruck, der ganz unpassend und nicht nach der Schrift ist. Man meint damit gewöhnlich eine fließende Ausdrucksweise gewisser und bekannter Wahrheiten. Solche können sich dem Gedächtnis eingeprägt haben und als leere Worte von den Lippen ausgesprochen werden. Dies ist eine armselige Sache und hat kaum etwas mit einem Gebet gemein. Solcher Art waren die Gebete des Epaphras nicht, und nach solchen sehnen wir uns auch nicht. Wir bedürfen einen Geist des Flehens, ein Herz, das auf die mancherlei Nöte der Gemeinde eingeht und dieselben in ausharrender, inbrünstiger und gläubiger Fürbitte vor den Thron der Gnade bringt.

Ein solcher Geist des Flehens wird sich in allen Umständen und zu allen Zeiten als wirksam erweisen. Jede Zeit, sei es Morgen oder Mittag, Abend oder Mitternacht, ist für diese Arbeit im Verborgenen passend. Zu allen Zeiten kann das Herz seine Gebete und sein Flehen am Thron

Ihm kommen. Komme, wann und womit es auch sei, Er ist immer bereit zu hören, und bereit, zu Antworten. Er ist der Hörer und Erhörer unserer Gebete. Er will unser inbrünstiges Gebet. Er liebt es, wenn wir wie Jakob ringen: „Ich lasse Dich nicht los, Du habest mich denn gesegnet.“ (1. Mos. 32,26) Er ermutigt uns dazu, indem Er sagt: „Bete - suche - klopfe an!“ (Matth. 7,7) Er gibt uns Beispiele, daß wir „allezeit beten und nicht ermatten“ sollen. (Luk. 18,1) „Alles, um was irgend ihr betet und bittet, glaubet, daß ihr es empfanget.“ (Mark. 11,24) - „Wenn aber jemandem von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott.“ (Jak. 1,5) Diese Worte haben eine unbegrenzte Anwendung; sie gelten allen Kindern Gottes. Das jüngste und schwächste Kind Gottes kann beten, kann eine Antwort Empfangen und kann Dank sagen.

Nichts weckt unser Interesse für Gottes Volk so, als die Gewohnheit des ständigen Betens für dasselbe. Wie innig nahm Epaphras teil an allem, was die Gläubigen zu Kolossä, Ladocea und Hierapolis betraf. Diese Teilnahme trieb ihn, zu beten und seine Gebete vermehrten seine Teilnahme. Je mehr wir mit anderen fühlen und an ihrem Ergehen teilnehmen, desto mehr werden wir für solche beten, und je mehr wir beten, desto mehr wird unsere Teilnahme zunehmen. Halten wir an, für Gottes Volk und Werk im Gebet zu stehen, so wird jedes Wachstum in der Mitte desselben unser Herz erfreuen, und ebenso ist es auch in Bezug auf unsere Gebete für einzelne Personen, seien es Gläubige oder Ungläubige. Tragen wir solche auf unserem Herzen vor Gott, so werden wir das, was wir für sie von dem HErrn erbitten, mit tiefer Sorge suchen, und wenn es uns geschenkt wird, mit wahrer Dankbarkeit aus Gottes Hand entgegennehmen. Alles dieses sollte uns anspornen, Epaphras nachzuahmen, dem der Heilige Geist wegen seiner Gebete für Gottes Volk den ehrenvollen Titel „ein treuer Diener Christi“ (Kol. 1,7) beilegt.

Aber nicht dieses allein, der höchste Beweggrund, in dem Geiste Epaphras gefunden zu werden, sollte der sein, daß wir alsdann in Übereinstimmung mit dem Geiste Christi sind. Christus tritt in unaufhörlicher Fürbitte für die Seinigen ein. Sein Wunsch ist es, daß sie stehen „vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ (Kol. 4,12); und wenn wir so in der Fürbitte für die Geliebten des HErrn stehen, so haben wir das hohe Vorrecht, in Gemeinschaft mit dem großen Mittler und Fürbitter zu sein. Ist es nicht wunderbar, daß es armen, schwachen

Geschöpfen hier unten erlaubt ist, für das Gleiche zu beten, was das Herz unseres HErrn in der Herrlichkeit beschäftigt? Wie köstlich muß das Band gewesen sein, welches das Herz des Epaphras mit dem Herzen Christi verband, wenn er so inbrünstig für seine Brüder in Kolossä betete!

Geliebte Leser, laßt uns das, was Epaphras tat, erwägen und ihm nachahmen! Laßt uns beten - inbrünstig beten für die Geliebten des HErrn! Wir leben in einer sehr ernsten Zeit, alles geht dem Ende zu. Wie nötig haben wir Männer, die für das Werk des HErrn auf ihren Knien arbeiten. Ein solcher war Epaphras. Das erste, was wir über ihn hören, ist, daß er ein Mann des Gebetes war (Kol. 4,12), und das letzte, daß er ein Genosse, ein Mitgefangener des dem HErrn so völlig ergebenen Apostels Paulus war. (Philem. 23) Möge der HErr auch unter uns diesen Geist des ernsten Gebetes und anhaltenden Flehens erwecken! Möchten viele sich bereit finden lassen, gleich Epaphras für das Werk des HErrn zu arbeiten! Solcher Männer bedürfen wir so sehr in dieser letzten Zeit.

M. (v. d.K.)

„Sei gegrüßt!“ - „Seid gegrüßt!“

(Matth. 26,49 u. a.; Matth. 28,9.)

Wohl nie ist ein sonst so schönes Grußwort, wie es auch der Engel Gabriel in Luk. 1,28 aussprach, derart mißbraucht worden wie dieses dadurch, daß Judas, der Verräter, es anwandte, als er unsern geliebten HErrn den Feinden auslieferte. (Matth. 26,49) Und ja nicht nur den Gruß - auch jene besondere Art des vertrauten Grußes: den Kuß mißbrauchte er in der abscheulichsten Weise! (Matth. 26,49; Mark. 14,15; Luk. 22,48!) Das ist der Mensch!

Wir mögen die Bedeutung des Grüßens ansehen, wie wir wollen - in jeder Hinsicht hat Judas ihn entweiht! Das Grüßen bedeutet ja u. a. 1) das einfache Kennen eines anderen - wie schmählich hat der Verräter seine Bekanntschaft mit dem HErrn besudelt! Und 2) bezeigt das Grüßen eine

im Grüßen vielfach der Ausdruck der Liebe - o Judas, du hast deinen Heiland gehaßt! Und 4) bezeugt das Grüßen oftmals Gemeinschaft mit dem, den man grüßt! (In diesem Sinne ist ja 2. Joh. V. 9-11 so sehr ernst für uns!) Judas aber löste mit seinem Gruß und mit seinem Kuß für immer jedes Band der Gemeinschaft zwischen sich und dem durch seinen Verrat Überlieferten, dem HErrn! Doch nicht er allein hat den Gruß „Sei gegrüßt!“ seiner Schönheit beraubt durch seine gehässige Anwendung desselben, nicht er - Judas Iskarioth, der Jude, allein! -, sondern auch die rohen Kriegsknechte, somit sozusagen der Heide mißbrauchte ihn in jeder Richtung. Wir alle kennen jene Stelle: Matth. 27,29; Mark. 15,18; Joh. 19,3: „Sei gegrüßt, König der Juden!“, und es beugt uns, die wir doch aus den Heiden (den „Nationen“) sind, tief, daß wir in der Person jener den Gruß seiner symbolischen Bedeutung entkleidet haben, ist doch mit jenem „Gruß“ der Heiden an den „König der Juden“ der ganze Hohn und Spott, die Verachtung (wie bei Judas der Haß) zum Ausdruck gekommen, mit dem der Mensch auch heute noch es ablehnt, „den am Kreuz“ zu lieben und mit Ihm Gemeinschaft zu haben.

So ist also dieser an sich so köstliche Gruß für immer beschmutzt und uns durch jenen doppelten Mißbrauch für immer unmöglich gemacht?

Nein, und abermals nein! Was der erste Mensch („Adam“), und zwar als Jude und Heide, mißbrauchte und entweihte, das hat „der zweite Mensch“, „der Mensch vom Himmel“, „der letzte Adam“ (1. Kor. 15,45-50), wieder herrlich und wunderbar zu Ehren gebracht, indem Er am Auferstehungsmorgen dieses Grußwort den geliebten Seinen gegenüber anwandte: Matth. 28,9! Sei gepriesen, teurer HErr, hierfür! Wie unsagbar lieblich kommen die obengenannten vier Bedeutungen des Grüßens hier zur Darstellung! Er kannte die Seinen, darum kam Er ihnen entgegen, und nur sie begrüßte Er (vgl. Apg. 10,41!); Er achtete sie, hatte Er doch Sein Leben für sie geopfert! Wie teuer sind sie, sind wir, für Ihn! (Vgl. Jes. 43,4) Er liebte sie - ja, „wie Er die Seinen, die in der Welt waren, geliebt hatte, so liebte Er sie bis ans Ende“ (Joh. 13,1); und so liebt Er uns heute noch, und „Seine Liebe goß Er ins Herz uns aus“ (vgl. auch Röm. 5,5, durch Seinen Geist), und darum ließ Er sie nicht einen Augenblick zu lange Seine innige Begrüßung entbehren; und Er machte Gemeinschaft mit ihnen - auf dem Boden der Auferstehung, und dort (und nur dort!) tut Er's heute noch, dort, wo die zwei und drei in

Seinem Namen (d. h. „in der Autorität Seines Namens“, nicht „zu Seinem Namen hin“!) „versammelt sind“. (Matth. 18,20) Ja, Er machte durch Sein liebliches, zu Seiner alten Würde wiederhergestelltes Grußwort, den Auferstehungsgruß „Seid gegrüßt!“ - in dem seiner grundtextlichen Sprachbedeutung nach der Freude Ausdruck verliehen wird - gleichsam ewige Gemeinschaft mit ihnen, und danach auch sie mit Ihm, indem sie Ihm huldigten! Wie schön ist das! -

Auf diesem neuen, lebendigen Boden begrüßen auch wir - die wir von Ihm geistlicherweise gegrüßt sind - uns untereinander als die bluterkauften und geisterfüllten Seinen, die als „Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte“ (Kol. 3,12) auf ewig in Ihm und durch Seinen Geist vereinigt sind. Gepriesen sei Sein kostbarer Name!

Gethsemane.

(Schluß.)

(Matth. 26,36-46; Mark.14,32-42; Luk. 22,39-46; Joh. 18,1-11.)

Gethsemane nach Luk. 22,39-46 ist wesentlich anders als nach dem Matthäus- und Markus-Evangelium. Bitte, lies die Verse!

Wir hören, daß der HErr nach Seiner Gewohnheit an den Ölberg ging, nach dem Berge, von welchem aus Er später gen Himmel fuhr. Das Wort „Gewohnheit“ erinnert uns daran, daß Er als Mensch die heilige Gewohnheit hatte, die Stille aufzusuchen. Die Jünger folgten Ihm, ihrem Meister, welcher als vollkommener Mensch auch uns ein Vorbild hinterlassen hat, daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen möchten.

Er spricht zu Seinen Jüngern: „Betet, daß ihr nicht in Versuchung kommet.“ Er war zunächst besorgt für Seine Geliebten, daß sie angesichts des bevorstehenden Leides sich im Gebet stärken möchten. Dann zog Er sich Selbst zurück wegen des Ihm Selbst bevorstehenden schweren Leides und kniete nieder und betete.

Im Matthäus- und Markus-Evangelium wird uns berichtet, daß Er sehr betrübt, bestürzt und beängstigt war. Auch wird uns dort gesagt, daß Er auf Sein Angesicht und auf die Erde fiel. Im Lukas-Evangelium wird uns dieses nicht berichtet. Wir dürfen wohl annehmen, daß uns hier weniger die Schwere des vor Ihm liegenden Kreuzes berichtet wird, wie in den ersten zwei Evangelien, als vielmehr die Vollkommenheit Seines Gehorsams. Wie wunderbar ist Gottes Wort! Damit wir die verschiedenen Seiten des Kreuzes erkennen möchten, gibt uns der Heilige Geist verschiedene ergänzende Berichte, ja, sogar verschiedene Wortlaute der Aussprüche unseres HErrn. Der HErr durchlebte diese verschiedenen Seiten zugleich. Wir können sie kaum getrennt verstehen. Sein Wort ist vollkommen, Ihm sei Dank dafür! So ist uns auch das Gebet des HErrn hier im Lukas-Evangelium in anderen Worten berichtet als im Matthäus- und Markus-Evangelium. Wie wenig verstehen wir die Tiefe der Gedanken Gottes in Bezug auf diese Unterschiede in Seinem Worte!

Im Lukas-Evangelium dürfen wir Ihn anschauen als den vollkommenen Menschen, welcher in Abhängigkeit und im Gehorsam verharrt bis zum Tode am Kreuze. Angesichts des schmachvollen Todes am Kreuze schüttet Er Sein Herz vor Seinem Vater aus und und unterwirft Sich in vollkommener Weise dem Willen Seines Vaters. Sein Gebet blieb angesichts Seiner Frömmigkeit nicht unerhört. Ein Engel vom Himmel kam und stärkte Ihn. Doch sehen wir Ihn noch in ringendem Kampfe und heftiger beten, so daß Sein Schweiß wie große Blutstropfen wurde, die auf die Erde herabfielen. Wir können es nicht verstehen, was es für Ihn, den Heiligen, war, in den Tod, ja, in solch schmachvollen Tod am Kreuze zu gehen. Seine Vollkommenheit als Mensch wird hier in besonderer Weise offenbar.

Die Gefangennahme unseres HErrn läßt wieder herrliche Züge Seiner Menschheit erkennen. (Siehe Luk. 22,47-53.) Noch einmal redet Er zu dem Herzen des Judas, welcher den Kuß, das Zeichen der Liebe und Ehrerbietung, als Mittel zur Überlieferung benutzt. Im Lukas-Evangelium sehen wir auch, wie der HErr den Schaden, den Petrus durch seinen Eifer anrichtete, wieder gut machte, indem Er das Ohr des Knechtes heilte.

Verhöhnt, verspottet, mit Nägeln ans Kreuz geschlagen, in für uns unermeßlichen Schmerzen,

betet der HErr: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Luk. 23,34) Wenn wir bedenken, daß der HErr durchaus das war, was Er auch redete, so können wir nur anbeten angesichts solcher Liebe zu Seinen Feinden. Wir sehen Ihn als den Mittler zwischen Gott und Menschen.

Auch die Worte, die Er an den bußfertigen Übeltäter richtete: „Wahrlich, Ich sage dir, heute wirst du mit Mir im Paradiese sein,“ zeigen Ihn als den Heiland in Seiner Huld und Freundlichkeit. Er nahm den Übeltäter an, brachte ihn in Seine Gemeinschaft und führte ihn in die Segnungen ein.

Er, der Heilige, welcher im Gehorsam ausgeharrt hatte, konnte alsdann sagen: „Vater, in Deine Hände übergebe Ich Meinen Geist!“

Wie Er den Übeltäter angenommen, in Seine Gemeinschaft gebracht und in die Segnungen eingeführt hat, so hat Er auch mit uns gehandelt. Nun dürfen wir Ihn auschauen und die Kostbarkeit Seiner Person genießen, gleichwie der einst verlorene Sohn in Gemeinschaft mit dem Vater das gemästete, geschlachtete Kalb genießen durfte. Ja, Er ist das wahre Friedensopfer, an welchem auch wir Anteil haben, gleichwie die Priester an dem Friedensopfer Anteil hatten nach 3. Mose 7,34.

Auch bei der Einsetzung des Mahles in Verbindung mit Seinem Tode kommt in dem Lukas-Evangelium die Gemeinschaft mit dem HErrn und untereinander und das Gedenken Seiner Selbst und damit das Genießen der Kostbarkeit Seiner Person besonders zum Ausdruck. Es ist Sein Gebot: „Dieses tut zu Meinem Gedächtnis!“ Seine Person Selbst soll es sein, die unser Herz bei Seinem Mahle ausfüllt, dann werden unsere Herzen auch überfließen in Anbetung.

Nicht nur hat Er unsere sündigen Taten und unseren sündigen Zustand von uns vor Gott hinweggetan, Er hat uns auch mit Sich Selbst auf ewig verbunden. Seine Liebe, Seine Treue, ja, Er Selbst ist unser ewiges Teil. Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

*

Eine andere Seite der Herrlichkeit und des Werkes des HErrn zeigt uns der Bericht über

Gethsemane nach Johannes 18,1-11. Bitte, lies diese Verse!

Nachdem der HErr mit den Jüngern geredet (Joh. 13,31 - 16,33) und gebetet (Joh. 17,1-26) hatte, ging Er mit ihnen aus der Stadt hinaus. Sein Weg führte nach dem Garten am Ölberg, nach dem Berge, auf welchem Seine Füße einst stehen werden, wenn Er in Herrlichkeit kommen wird.

Der Heilige Geist berichtet uns hier im Johannes-Evangelium nichts von Kampf wie in Lukas und nichts von Bestürzung und Beängstigung oder einem auf-die-Erde-Fallen (wie in den beiden ersten Evangelien), auch nichts vom Gebet in dem Garten.

Als Judas, welcher zum Werkzeug Satans geworden war, mit der Menschenmenge im Dunkel der Nacht mit Leuchten und Fackeln an den Eingang des Gartens kommt, ging der HErr hinaus, ihnen entgegen. Hier wird uns etwas berichtet, was uns in den anderen Evangelien nicht mitgeteilt wird. Er floh nicht. Wie beschämend muß es für die bewaffnete Menge gewesen sein, daß Er Sich sogar zu erkennen gab! Er vereitelte den Gebrauch ihrer Waffen.

Der HErr fragt sie: „Wen suchet ihr?“ Mit göttlicher Erhabenheit, Würde und Hoheit tritt Er ihnen entgegen. Sie suchten Jesum, den Nazarener. Er aber zeigt Sich als der Ewige mit den Worten: „Ich bin's.“ Unter der Macht Seines Wortes wichen sie zurück und fielen zu Boden. Gott, der Sohn, war gegenwärtig in Gnade. Mit göttlicher Macht hätte der HErr Seine Feinde von Sich weisen oder auch vernichten können, doch dies wäre nicht der Weg der freiwilligen Hingabe zur Verherrlichung Seines Vaters gewesen. Niemand konnte Sein Leben nehmen, Er ließ es von Sich Selbst. (Joh. 10,18)

Er spricht zu den Feinden: „Wenn ihr nun Mich suchet, so lasset diese gehen.“ Es ist kostbar, Ihn hier auch als den guten Hirten zu sehen, der nicht floh, sondern Sich für Seine Schafe verwandte. (Joh. 10)

Als Petrus im Eifer das Schwert zog, spricht der HErr: „Stecke das Schwert in die Scheide! Den Kelch, den Mir der Vater gegeben hat, soll Ich den nicht trinken?“ Und alsdann banden sie Ihn,

ungerechtes Gericht zu stellen und schuldlos zum Tode am Kreuze zu verurteilen.

Blicken wir im Geiste hin nach dem Kreuze (Joh. 19,25-30), so sehen wir, wie Er, das fleischgewordene Wort, in göttlicher Vollkommenheit nicht die menschlichen Verbindungen übergeht, sondern in zarter Liebe für Seine Mutter und für Johannes sorgt. Auch Seine eigenen menschlichen Bedürfnisse läßt Er erkennen in dem Wort: „Mich dürstet!“ Doch anstatt Wasser wurde Ihm Essig gereicht. Mit dem Worte: „Es ist vollbracht“ legte der HErr Sein Leben nieder. Durch den ewigen Geist opferte Er Sich Selbst ohne Flecken Gott. (Hebr. 9,14)

Er war das wahre vollkommene Brandopfer lieblichen Geruchs (3. Mose 1,9), welches ganz für Gott war. An dem Brandopfer hatten die Priester keinen Anteil, doch durften sie schauen, wie der liebliche Geruch aufstieg zu Jehova.

Er konnte Seine Augen aufheben zu Seinem Vater und von Sich in Wahrheit sagen: „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde.“ (Joh. 17,4) Ja, es war das Bedürfnis Seines Herzens, Seine Speise, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte. (Joh. 4,34) Er ehrte Seinen Vater. „Da sprach Ich: Siehe, Ich komme; in der Rolle des Buches steht von Mir geschrieben. Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust; und Dein Gesetz ist im Innern Meines Herzens.“ (Ps. 40,7-8, vgl. Hebr. 10,7-9)

Wir können nicht verstehen, was der Sohn für Seinen Vater war in Seinem Wandel und in Seinem Tode am Kreuze. Doch dürfen wir Ihn anschauen, so, wie das Wort Ihn uns zeigt, und Ihn anbeten als den Sohn Gottes, welcher als Mensch hier auf dieser Erde Seinen Vater in vollkommener Weise freiwillig verherrlicht hat, dieses zeigt uns besonders der Gethsemane-Bericht nach dem Johannes-Evangelium.

Es ist wunderbar, daß uns unser Gott in den vier Berichten über Gethsemane die vier Seiten des Opfertodes unseres HErrn vor Augen stellt. Er war das wahre Brandopfer nach dem Johannes-Evangelium, das Friedensopfer nach dem Lukas-Evangelium, das Sündopfer nach dem Markus-Evangelium, das Schuldopfer nach dem Matthäus-Evangelium.

gepriesen sei Sein hoher und heiliger und herrlicher Name!

D.

Nicht zu trennende Wahrheiten für Christen.

Ohne Christus kein Christentum Apg. 4,10-12

ohne Sühnung keine Versöhnung 1. Joh. 4,10

ohne Blutvergießen keine Vergebung Hebr. 9,22

ohne Geist kein Leben Gal. 5,25

ohne Glauben kein Wohlgefallen Hebr. 11,6

ohne Opfer kein Dienst Apg. 20,24

ohne Gemeinschaft kein Zeugnis 1. Kor. 1,4-9

ohne Heiligung keine Verherrlichung 1. Kor. 1,30.31

ohne Licht keine Liebe 1. Petr. 1,22

ohne Wahrheit keine Gnade Joh. 1,14-18,

vergl. m. Eph. 4,15; Kol.4,6

ohne Erkenntnis Gottes kein Wachstum Kol. 1,9.10;

und kein Verstand Spr. 9,10

ohne Gehorsam kein Friede Jes. 48,17.18 (Kol. 3,15)

ohne Aufrichtigkeit keine Freude Psalm 97,11.12

ohne Nahrung (Gottes Wort) keine Kraft Jerem. 15,16

ohne Atmen (Gebet) keine Frucht Kol. 4,12

ohne Gottesfurcht keine Weisheit Spr. 9,10

ohne Treue keine Verwaltung 1. Kor. 4,1-5

ohne Stille kein Hören 1. Sam. 3,9; Sach. 2,13

ohne Gottseligkeit keine Bruderliebe 2. Petr. 1,7

ohne Ihn zu betrachten keine Umgestaltung 2. Kor. 3,17.18
ohne Leiden keine Herrlichkeit Röm. 8,17.

Anmerkung: Die angeführten Schriftstellen können durch viele Parallelstellen ergänzt werden.

v. W.

Die Zeit ist kurz.

Die Zeit ist kurz!

Laß sie uns nicht verbringen

Wie ein Geschwätz nach unserm eignen Sinn.

Der Geist muß uns durchleuchten und durchdringen

In jedem Augenblick, das bringt Gewinn!

Die Zeit ist kurz! Dir, ähnlich, HErr, zu werden,
Verklärt zu werden, Jesus, in Dein Bild,
Dazu gabst Du sie uns - ach, daß auf Erden




Dies sei an jedem Jünger bald erfüllt!

H. v. R.

Frage und Antwort

Frage 9

Was bedeutet oder wovon spricht Jes.42,9? Hat diese Stelle auch Bezug auf Matth. 13,52 „Neues und Altes“?

Antwort

Jesaja 40-48 bilden ein zusammenhängendes Ganzes, das ein Schriftforscher mit der treffenden Überschrift versehen hat: „Israel in Babylon“. Er sagt davon: „In diesem Abschnitt wird Israel, das Volk Gottes, in Babylon gesehen, und der Prophet stellt Gott, den Herrn Israels, dar als drei Dinge tuend:

1. Er vertritt Seine eigene Sache gegen Babylon und dessen Götzen, macht sie zuschanden und verurteilt sie.

2. Er vertritt Seine eigene Sache gegen Sein Volk, das in Babylon wohnt; Er macht ihm Vorhaltungen und unterweist es.

3. Er vertritt die Sache Seines Volkes gegen Babylon und erlöst Sein Volk aus dieser harten Gefangenschaft.“

Wie und durch wen Er diese Erlösung zustande bringen wird, ist das „Neue“. Er bringt sie zustande durch Seinen Knecht, den Messias, Kap. 42,1. Dem geht aber, schattenhaft mögen wir sagen, ein Vorläufer vorauf: Cyrus, durch den erstmalig Babylon zu Fall kam und die Erlösung des Volkes Gottes in kleinem Maßstab in die Wege geleitet wurde: 41,25ff.; 45,1ff. Die Erlösung

kommenden Zeit den Standpunkt Babylons einnimmt und dessen Charakter hat und dessen Gericht durch den HErrn, den Messias, den einstigen Knecht Jehovas, teilen wird.

„Das Frühere“ meint Voraussagungen Gottes über das jeweilige Geschick Israels und anderer Völker durch Seine Knechte, die Propheten, in früheren Zeiten, wobei zurückgedacht werden kann bis zum Anfang ihrer Geschichte. Ein in die Zeit Jesaias selbst fallendes Beispiel ist der Assyrer: siehe Kap. 10,5ff. und Kap. 36 und 37, obwohl auch hier in Kap. 10 Zukünftiges miteingeschlossen, ja sogar die Hauptsache ist. An dem Gesamthorizont der Prophezeiung nämlich hebt sich für die letzten Tage deutlich die Gestalt eines kommenden Assyrers ab, der geographisch und charakteristisch den Platz des früheren Assyrers, des Königs des Nordens, einnimmt und samt seinem Heeresgefolge ein Schicksal ähnlich dem des Heeres Sanheribs erleiden wird (Hes. 38 und 39.)

Ob nun das „Neue und Alte“ in Matth. 13,52 auf die Jesajastelle Bezug hat? Ja und nein: „Ja“ insofern, als der HErr in den vorgetragenen Gleichnissen auf längst vorhandene Aussprüche und deren Inhalt, also etwas Altes, Bezug nimmt: Matth. 13,14.15; Jes. 6,9.10, während das, was Er von dem und über das Reich der Himmel sagt, etwas ist, das erst im Begriff war zu beginnen und weiterhin sich zu entwickeln, also neu ist. „Nein“, insofern die ins Auge gefaßten Gegenstände verschieden sind. In Jesaja ist das Neue, kurz gesagt, etwas, das sich auf Völkisches, Nationales bezieht; in Matthäus etwas, das auf geistigem Gebiete liegt, im Menschenherzen vor sich geht, freilich auch in seinen Folgen sichtbarlich nach außen hin sich auswirkt.

F. Kpp.

Frage 10

Was ist mit dem „Vorzüglicheren“ gemeint in Phil. 1,10?

Antwort

Wenn man die Frage so stellt und diesen aus der „Elberfelder Ubersetzung“ stammenden Ausdruck in Anführungsstriche setzt, so könnte man tatsächlich zu der Meinung gelangen, daß mit dem „Vorzüglicheren“ irgend etwas Besonderes, Bestimmtes gemeint sei. Dem ist aber keineswegs so, auch haben die Übersetzer der „Elberfelder Bibel“ kaum daran gedacht, daß dieser unbeabsichtigte Eindruck erweckt werden könnte, zumal doch eine Komparativform (eine Steigerungsform) stets einen Vergleich in sich birgt (hier also „vorzüglicher als etwas anderes“). Wenn man nun gar die Stelle aus dem griechischen Grundtext übersetzen kann oder auch andere Übersetzungen hinzuzieht, dann wird einem sofort klar, was der Apostel, inspiriert durch den Heiligen Geist, meint und den Philippern ans Herz legen will. Gewiß nicht - noch einmal sei's betont -, daß sie irgend etwas Besonderes, Hervorragendes, äußerlich in die Augen Fallendes vollbringen sollten, sondern daß sie eben prüfen möchten, was vorzüglicher sei, nämlich in jedem Falle so oder so zu handeln. Weiter unten darf ich noch weiter darauf eingehen, was diese Stelle auch uns zu sagen hat; zunächst hier einige andere Übersetzungen und danach meine eigene:

Luther: „prüfen, was das Beste sei“.

Miniatur: „prüfen ... die Unterschiede“.

Wiese: „zur Prüfung der Unterschiede“.

Weizsäcker: „richtiges Gefühl zu sittlicher Unterscheidung“.

Menge: „zur Prüfung dessen, was in jedem Fall das Richtige ist“.

Allioli: „damit ihr das Bessere prüfen könnt“.

van Eß: „unterscheiden, was das Beste sei“ usw.

Wir sehen, die neueren Übersetzungen wie Wiese, Miniatur, Menge u. a. geben mit derselben gleich eine Auslegung, und die liegt auch ganz auf der Hand. Ich habe seit langem diese Stelle,

imstande seid, was das Unterscheidende oder die Unterschiede (in den mancherlei Fällen des Lebens) sei (seien)“. Diese Übertragung scheint mir dem Sinn des Grundtextes am nächsten zu kommen, sie deckt sich ja auch im wesentlichen mit obigen neueren Übersetzungen.

Es handelt sich also in der Stelle darum, in den verschiedenen Dingen des Lebens sich richtig entschließen zu können, um unter mehreren Möglichkeiten des Verhaltens eines solchen sich zu befleißigen, das am meisten, menschlich gesagt: dem „Ideal“ - geistlich geurteilt: dem Gottgemäßen entspricht. Das ist wohl, soweit ich verstehe, die Bedeutung dieser Stelle an sich, aber um sie in ihrer ganzen Wichtigkeit zu erfassen, besonders für uns selber, müssen wir kurz hinweisen auf den Zusammenhang, in den sie gestellt ist.

Der „Rahmen“ gleichsam unserer Stelle ist „die Liebe“ (V. 9) und „der Tag Christi“ (V. 10f.). Das ist Grundlage und Zielpunkt für unser Verhalten in dem angefragten Wort! Von dem „Tage Christi“ ist schon V. 6 die Rede, ihre Liebe, um deren geistliche Erweiterung Paulus betet, kommt schon in V. 5 und 7 zur Sprache, (wenn auch das Wort „Liebe“ selber nicht dasteht). Die Philipper waren sehr tätige, praktische Christen; wie vor allem für den Apostel war auch gewissermaßen für sie das Leben Christus (1,21). Darum darf Paulus sie hinweisen auf die Beurteilung, die ihr Wandel finden würde am Tage Christi, an dem sie „lauter und ohne Anstoß“ dastehen sollten. Möchten und sollten wir alle dies nicht auch, Geliebte?! Was ist dazu zu tun, daß es so sei? Es muß vor allem Liebe da sein, Liebe zu Gott und zum HErrn, und darum Liebe zu Seinem Wort und - an diesem Maßstab gemessen! - auch zu den Brüdern (wie bei den Philippern zu Paulus, vgl. Joh. 14,21.23 mit 1. Joh. 5,2.3 und dazu Jahrb. 10, Frage 10!). Diese Liebe aber muß wachsen und überströmen in „Erkenntnis und Einsicht“ (in objektiver, d. i. sachlicher Erkenntnis und subjektiver, d. i. persönlicher Einsicht), damit die Gläubigen in den jeweiligen Umständen und praktischen Beziehungen, Verhältnissen und Fragen des Lebens geleitet sind von einer geistlichen Beurteilungsfähigkeit, die das Verkehrte, und nicht nur dieses, sondern auch das minder Gute, relativ Unvollkommene von vornherein auszuscheiden und beiseite zu lassen imstande sein würde, ohne sich erst unnötiger- und zeitraubenderweise damit einzulassen. Geistliches Unterscheidungsvermögen sollte die Philipper, soll uns kennzeichnen, auf daß wir zu sehen und zu handeln wissen im Lichte jenes vor uns liegenden

„Tages Christi“. Viele Möglichkeiten, strahlenförmig ausgehende Wege und Pfade mögen vor uns liegen - lassen wir das Licht der Ewigkeit auf sie fallen, so werden wir in jedem Augenblick befähigt, das „Vorzüglichere“ von diesem Vielerlei zu erkennen und zu tun. Die Liebe zu Ihm und zu Seinem Wort, die Liebe auch zu den Seinen, der Wunsch, ihnen nicht durch „Anstöße“ zu schaden, sondern vielmehr zum ungehemmten Segen zu sein, wird uns leiten, schnell und entschlossen unter den jeweiligen Entscheidungen die zu treffen, die - vielleicht oder wohl unserem Fleische entgegengesetzt - jemandem geziemt, der gottgemäß zu leben trachtet, der „erfüllt“ zu sein strebt „mit der Frucht der Gerechtigkeit, die durch Jesum Christum ist, zur Herrlichkeit und zum Preise Gottes“ (V. 11). Wie verAntwortungsvoll ist diese Stelle, nicht wahr? Wie oft mögen wir darin nicht „auf der Höhe“ gewesen oder nachlässig gehandelt haben, wie leicht mögen Gläubige - auf die Stimme des Fleisches horchend, statt auf die des Geistes (Gal. 5,17) - sich mit etwas Geringerem (als dem „Besten“) zufrieden gegeben haben, weil sie meinten, es käme „nicht so genau“ darauf an (!) und die betreffende Sache sei ja „ nicht so schlimm“(!) oder (gar) ja nicht „direkt“ verboten in der Schrift“(!!), und was solche Entschuldigungsgründe für Laxheiten und Lauheiten noch mehr sein mögen! O, daß wir das Licht jenes Tages und den liebenden Wunsch des Herzens des HErrn, der für uns Sein Leben darlegte, liebend beachten möchten, daß wir durchdrungen wären von dem Gedanken, „lauter und unanstößig“ erfunden zu werden, wenn heute der HErr käme! Dann würden wir überströmender werden in solcher Liebe, die Einsicht bekommt und besitzt in die Fähigkeit, zur rechten Zeit sich in Lehre und Leben für das zu entscheiden, was in Seinen Augen das für uns Vorzüglichere, Bessere oder Beste, jedenfalls das Richtige, Geziemende, Gesegnete, zu Seiner Ehre Dienende ist! Er schenke uns Gnade dazu, zum Preis Seines Namens! Amen.

Der Diener und der Dienst.

(2. Tim. 3,14; 1. Petr. 4,11)

Die erste der obigen Schriftstellen betrifft den Diener selbst, die andere dagegen spricht von

seinem Dienst. In Bezug auf uns selbst sind wir immer in Gefahr, einseitig zu werden. Ein wichtiges Wort in der Schrift ist das Wort: „Aufbauen“ oder „erbauen“. „Aufbauen“ heißt, eine Wahrheit auf die andere legen, und dieses soll durch den Dienst geschehen, sei es, daß dieser direkt durch das Wort geschieht oder durch Schriften oder dergl. So ermahnt der Apostel die Kolosser, „aufgebaut in Ihm“ zu sein (Kol. 2,7), und Judas ermahnt: „Ihr aber, Geliebte“, euch selbst erbauend auf euren allerheiligsten Glauben.“ (Judas 20)

Zu den ersten Rückgängen der Gemeinde zählte das Einseitig- und Fleischlichwerden der Glieder, indem sie sagten: „Ich bin des Paulus, ich des Apollos“ usw. (1. Kor. 3,4)

Machen wir eine Seite der Wahrheit zu unserem Steckenpferd, so werden wir in anderen Linien der Wahrheiten zurückbleiben und Einseitigkeiten in der Erkenntnis zeigen.

Im Alten Testament gab es drei jährliche Feste (siehe 5. Mos. 16); das Passah war das erste. Der Israelit konnte aber bei diesem Feste nicht stehen bleiben, er mußte auch zum Pfingstfeste kommen. Und auch hier blieb er nicht stehen, er ging weiter zum Laubhüttenfest. Den ganzen Kreis der Wahrheit jener Tage mußte er in sich aufnehmen und mit jedem Jahre immer wieder neu durchgehen. Dadurch lernte er, wenn er ein Mann des Glaubens war, mit jedem Jahre die Bedeutung jener Feste tiefer kennen. So ist es auch bei uns; wir brauchen die ganze Schrift, wenn wir zum „vollen Wuchse der Fülle des Christus“ (Eph. 4,13) gelangen wollen.

Man begegnet zuweilen Gläubigen, die sich nur mit objektiven, und wieder anderen, die sich nur mit subjektiven Wahrheiten beschäftigen; solche aber sind bald in ihren Einseitigkeiten verweht.

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre ...“ (2. Tim. 3,16) Das Neue Testament wurde uns gegeben. Das, was für uns geschrieben wurde, sollte deshalb sicher auch besonders erforscht werden. Wir haben jedoch beide, das Alte und das Neue Testament zu studieren nötig, „auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“. (2. Tim. 3,17)

Wir haben den Heiligen Geist in uns wohnend, und wir sind verAntwortlich, Ihn nicht zu betrüben. Wenn es heißt, daß „der Mensch Gottes vollkommen“ sei usw., so ist das ein an den Menschen Gottes persönlich gerichtetes Wort. In dem persönlichen Lesen des Wortes für uns selbst müssen wir ständig durch die Bücher der Schrift gehen, oder wir werden nie einen wirklichen Überblick über die einzelnen Bücher, die Evangelien oder die Briefe usw. erhalten.

Nehmen wir an, ein Christ würde sagen: „Ich halte mich ganz an die Schriften Johannes; ein solcher würde nichts über den „Leib Christi“ erfahren. Die Schriften des Apostels Paulus belehren uns über Dinge, die Johannes gar nicht erwähnt. Wir brauchen also alles, was geschrieben ist. Die Wahrheiten über die Dinge, die wir in Christo haben, sind meistens objektiv (sachlich), und Wahrheiten verbunden mit dem Heiligen Geist sind meistens subjektiv (persönlich).

Nun noch einige Worte über den Dienst am Worte. Wir alle sollen Diener sein. Gewissermaßen ist unser Dienst einseitig, aber der Diener selbst darf nicht einseitig sein. Jeder kann nur gemäß den Fähigkeiten dienen, die ihm von Gott gegeben sind. In dem Augenblick, wo jemand einen anderen Diener nachahmt, gibt er seinen Dienst nach der göttlichen Bestimmung gemäß der ihm zugeteilten Gabe auf. Gott will jeden Seiner Diener verschieden haben und hat deshalb die Gaben verschieden ausgeteilt. Der Mensch in gewisser Weise sucht sie alle gleich zu machen; er sendet seine Diener auf die Universitäten, um den einen gleich dem anderen zu bilden. Gottes Plan ist ganz entgegengesetzt.

Der Grund, warum junge Brüder manchmal sich scheuen, am Worte zu dienen, ist oft der, weil sie denken, es nicht so tun zu können wie dieser oder jener Bruder. Die Weise des einen Bruders mag sein, insonderheit vom Gericht zu sprechen, und sein Dienst ist gesegnet; ein anderer dagegen mag hauptsächlich von der Gnade reden, und sein Dienst ist ebenso gesegnet. Jeder muß seine eigene, ihm vom Geiste Gottes zugeteilte Weise innehalten und gemäß der Fähigkeit, die Gott ihm gegeben hat, dienen, damit in allem Gott verherrlicht werde. Wenn wir mehr Glauben hätten und treuer wären, würde sich der Dienst am Wort sicher

Menschen überlassen. Der Dienst in der Gemeinde muß deutlich die Kennzeichen des Gewirktseins vom Heiligen Geiste tragen und zur Erbauung der Gemeinde dienen. „Alles geschehe zur Erbauung.“ (1. Kor. 14,26)

Die Gemeinde hat das, was in ihrer Mitte geredet wird, zu beurteilen. (1. Kor. 14,29) Werden Irrlehren ausgesprochen oder tritt das Fleisch im Reden hervor, so muß der Dienst aufhören und verhindert werden. Auch über ein gewohnheitsmäßiges Sprechen ohne Nutzen und Erbauung für die Gemeinde soll in aller Liebe und Gnade gewacht werden. Die Gemeinde - Gottes Herrlichkeit -ist verAntwortlich, alles Sprechen, alles Reden, worin der Mensch hervortritt, zu verhindern. Die Gemeinde ist keine Stätte, wo das Fleisch ungehindert sich zeigen darf. Sie ist ein Platz, wo volle Freiheit dem Heiligen Geist, aber nicht die geringste Freiheit dem Fleische gegeben ist.

Wenn wir geistlich sind, werden wir das Nützliche von dem Unnützen unterscheiden können; und ein geistlicher Mann wird auch ein Wort vom HErrn, gegeben durch den Mund eines jungen Bruders, anerkennen.

So wie nicht eines Apostels Schriften allein zu unserer Auferbauung genügen, so bedürfen wir auch der verschiedenen Gaben. Obgleich wir durch die Untreue der Gemeinde vieler Gaben beraubt sein mögen, sollten wir doch den Wert jeder Gabe und das Gefäß, das sie trägt, erkennen.

Manche mögen glauben, keine Gabe empfangen zu haben. Aber sind wir nicht alle berufen, sei es in dieser oder jener Weise, den Heiligen zu dienen? Auch die Schwestern haben ihren Dienst, obgleich in einer weniger öffentlichen Weise als die Männer. Bevor wir aber einen segenbringenden Dienst ausüben können, muß es um unsere Seele wohl stehen, und wir müssen gesund im Glauben und in der Lehre sein. Wenn darin ein Aufbauen in unserer eigenen Seele geschieht, so wird dieses auch seinen Ausdruck im Dienste finden, welcher Art er auch sein mag.

Der HErr gebe Gnade, daß diese Auferbauung in unseren Seelen wachse um Seines Namens

willen!

G. Y. (v. d. K.)

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

Die Apostelgeschichte ist ein ganz wunderbares Buch! Dieser Gedanke ist natürlich in keiner Hinsicht neu, im Gegenteil: Viele haben ihn vor mir ausgesprochen, und viele werden es noch tun, denn jeder, der sich eingehend mit ihr beschäftigt und dem Heiligen Geist stillhält, um sich in sie tiefer hineinführen zu lassen, wird von dem Eindruck hingenommen werden, in der Apostelgeschichte eine Fülle wunderbarer Belehrungen an Hand reichsten fließenden Lebens vor Augen zu haben. Aber so ist es wohl überall in dem inspirierten Wort!

Im folgenden möchte ich in aller Schwachheit, aber auch in Freude am HErrn eine Reihe von Gesichtspunkten angeben und je nach Zeit und erkannter Notwendigkeit kurz weiter ausführen, die sich mir persönlich aus jahrelangem Studium dieses wunderbaren Buches ergeben haben. Ich betone vorweg, daß ich mit diesen „Gesichtspunkten“ nichts durchaus Neues bringen zu können mir einbilde, ebensowenig wie ich behaupte, daß man nur unter diesen (doch nur wenigen!) Gesichtspunkten die Apostelgeschichte betrachten könnte. Desgleichen maße ich mir nicht an, die Forschungen anderer treuer Brüder mit meinen eigenen zu vergleichen oder jenen irgendwie überlegen erscheinen zu wollen. Nichts liegt mir ferner als das! Ich möchte nur das, was der HErr mir so nach und nach an Licht hat schenken können, dem Leserkreis unseres Blattes zugänglich machen in der Hoffnung, einigen treuen Bibellesern damit einen kleinen Dienst zu tun.

Der HErr gebe Seinen Segen dazu!

Aus praktischen Gründen gebe ich zunächst eine Art Disposition oder kurze Einteilung über die zehn Gesichtspunkte an, um dann später auf einige Einzelheiten erklärend einzugehen!

Ich glaube diese Übersicht in zwei Abschnitte einteilen zu sollen zum Zwecke besseren

Verständnisses der Punkte, die ich als „Äußere“ und „Innere“ bezeichnen möchte, wenngleich sie sich nicht überall streng scheiden lassen.

Einteilung der zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

A. Äußere.

1. Fortsetzung (geschichtliche Fortsetzung) des Lukas-Evangeliums (vgl. Kap. 1,1ff.);

2. Geschichte von den „Taten der Apostel“ (Überschrift);

3. Geschichte von Gründung und Entwicklung der Gemeinde Gottes (vgl. Kap. 2);

4. Geschichte von der großen Auseinandersetzung zwischen Judentum und Christentum (vgl. z. B. Kap. 10);

5. Geschichte der Zeugenschaft Jesu (vgl. 1,8!).

B. Innere.

1. Geschichte der Auferstehung, d.h. der Bedeutung dieser (vgl. z.B. 1,22 usw.);

2. Geschichte des Heiligen Geistes auf der Erde (vgl. Kap. 2; 8; 10; 19 u. a.);

3. Geschichte der Kraft des Namens Jesu (vgl. z. B. 3,16; 4,10 usw.);

4. Geschichte der Zeichen und Wunder von Mark. 16,17.18;

5. Fortsetzung (geistliche Fortsetzung) des Lebens Jesu - Evangelien - in den Seinen hienieden.

(Vielleicht ist in dieser Einteilung ein gewisses Sichentsprechen der Punkte von A und B zu bemerken, z. B. von A1 und B 5 oder von A 2 und B4! Doch möchte ich hierauf kein besonderes Gewicht gelegt sehen, da diese Einteilung doch nur ein systematisches Hilfsmittel

darstellt.)

Einige erklärende Bemerkungen.

Zu A 1 braucht wohl nicht viel gesagt zu werden! Zu deutlich ist in den einleitenden Worten des Evangelisten Lukas zu seinem Evangelium wie zu seiner Apostelgeschichte der Zusammenhang erkennbar. Schon daß beide Bücher dem Theophilus gewidmet werden (Luk. 1,3 u. Apg. 1,1), zeigt, daß der Schreiber - menschlich angesehen, also ungeachtet der göttlichen Inspiration - vorhat, einen weiteren „Bericht“ zu geben von den ihm bekanntgewordenen Ereignissen, an denen er ja, wie wir aus dem Verlaufe der Apostelgeschichte wissen, oft persönlich tätigen Anteil nahm. Denn wenn er in seinen Erzählungen der Erlebnisse in „Wirform“ schreibt, (vgl. z. B. Kap. 16! usw.) so ist er offenbar dabei gewesen, er, der ja persönlich dem Apostel Paulus so nahestand. (Vgl. Kol. 4,14; 2. Tim. 4,11; Philem. 24)

Ferner zeigen unter anderem die Ereignisse der Himmelfahrt unseres geliebten HErrn in Luk. 24,44-53ff. und Apg. 1,6-14 eine derartige Übereinstimmung, daß sie, sich gegenseitig ergänzend, den unauflöslichen Zusammenhang der beiden Bücher meines Erachtens geradezu beweisen.

Andersartige Beobachtungen scheinen mir das Gleiche zu zeigen, so z. B. die im Lukasevangelium wie in der Apostelgeschichte sich entsprechende Betrachtungsweise der Person des Herrn Jesus. Er steht im Evangelium Lukas vor uns in besonderem Sinne als der Mensch, und zwar der Mensch in Gnade, der „zweite Mensch“, und auch in der Apostelgeschichte, besonders den ersten Kapiteln, sehen wir Ihn als den Menschen, z. B. den „Nazaräer“ (2,22; 3,6; 4,10 [6,14] 10,38; 22,8; vgl. uns als die „Sekte der Nazaräer“ 24,5 und 26,9!) vor uns. (Diese einfache Tatsache ist sehr kostbar, denn der verächtliche Beiname „Nazaräer“ aus den Evangelien ist in der Apostelgeschichte von Gott zum Ehrennamen gemacht.)

Und so finden sich in beiden Büchern sicher noch mehr ähnliche Beziehungen. Welche aber

Menschen“ auf der Erde fortsetzt, und zwar, wie wir später sehen werden, in den Seinen und durch sie hienieden.

Diese wenigen Bemerkungen möchten anregend wirken und zu weiterem Forschen auf den angegebenen Linien ermuntern!

Zu B 2 ist eigentlich auch nicht nötig, viel zu sagen. Seit altersher hat die Apostelgeschichte ihren Namen daher, weil sie die Taten, Handlungen der Apostel berichtet. Nun ist aber das zu beachten, was sicher auch vielen aufgefallen ist: Tatsächlich hören wir nicht viel von den meisten Aposteln! Petrus, beide Jakobus, Johannes und außerdem Paulus werden oft genannt (Petrus nach Kap. 15 nicht mehr!), am weitaus meisten der letztere, d. h. Paulus, dessen Geschichte bis Rom verfolgt werden kann, aber die meisten der Urapostel werden nurmehr angeführt in Kap. 1, wo auch für den ausgefallenen Judas der Ersatzapostel Matthias gewählt wird, aber danach wird nur noch gelegentlich von ihnen als den Mitteilnehmern am Werk geredet (z. B. 5,12.20; 8,1 u. a.), während die Geschichte des Werkes Pauli und seiner Mitarbeiter einen großen Raum einnimmt. Auch andere werden erwähnt, wie die sieben Männer in Apg. 6 und von diesen weiterhin in Kap. 7 Stephanus und Kap. 8 und 21,8 Philippus, aber von den Uraposteln wird nicht so viel geredet, wie es der Titel des Buches vermuten läßt. Aber das ändert nichts an der Tatsache, die grundlegend ist: Wenn die Apostel des Herrn Jesu nicht gewesen wären, so wäre ein Buch wie die Apostelgeschichte schlechterdings unmöglich gewesen. Der HErr hatte sie auserwählt, um „Seine Zeugen“ zu sein, und sie sind es geworden gemäß Seinem Worte am Schluß des Lukasevangeliums (24,46ff.) und haben ihren Gaben und Aufgaben getreu gewirkt, besonders im jüdischen Arbeitsgebiet, bis Gott Sich in Paulus das Werkzeug für den Dienst an den Nationen zubereitete, für einen derart umfassenden Dienst, daß dahinter der grundlegende der Urapostel, auch des Petrus in Kap. 10, fast ganz zurücktrat. Alles ist an Seinem Platze nötig und - wenn in Abhängigkeit von Seinem Geiste getan - auch vollkommen und vortrefflich. Es ist die Geschichte von den Taten der Apostel und allerdings auch anderer Werkzeuge (man denke nur, außer an die schon genannten, auch an Apollos usw.!), aber diese alle wären nicht da, wenn die Apostel nicht gewesen wären. (Wir werden dies genauer sehen bei Punkt 5!) Jene Apostel, die ja auch zuerst täglich auftraten, als es sich

um die Anfänge des Christentums handelt, waren die göttlich autorisierten Träger der Offenbarung Gottes, und mochten andere Arbeiter hinzukommen - keiner konnte das Ansehen genießen, daß sie genossen, denn sie waren immer bei Ihm gewesen, als Er noch hienieden weilte. (Joh. 15,27; vgl. Apg. 1,21.22; 4,13!) Sie hatten persönlichen Umgang mit dem HErrn gehabt, nicht nur Ihn „gesehen“, worauf Paulus sich später beruft. (1. Kor. 9,1; vgl. 2. Kor. 11,5; 12,11.12) Sie hatten „das Wort des Lebens betastet“ (1. Joh. 1,1ff.), und auf ihnen beruhte geistlicherweise der Aufbau der Gemeinde Gottes als des heiligen Tempels im HErrn. (Eph. 2,20; 3,5)

Ob daher der alte Titel der Apostelgeschichte „die Taten der Apostel“ in allem stimmt oder nicht oder ob in diesen Taten auch die der Apostelschüler mit eingerechnet sind, einerlei - sie ist eben doch die Geschichte der „Taten der Apostel“, denn zu der Geschichte einer Bewegung gehört deren Entwicklung hinzu, und ich glaube, daß dieser einfache zweite Gesichtspunkt für unser Studium der Apostelgeschichte nicht unwichtig ist, zumal zu den Aposteln eben doch auch Paulus, „die unzeitige Geburt“ (1. Kor. 15,8), mit seinen Mitarbeitern sehr wesenhaft hinzugehört, und dessen Geschichte ist von seiner Bekehrung an, von der dreimal die Rede ist (Kap. 9; 22; 26), sehr ausführlich berichtet. Doch genug davon!

Zu A 3. Ganz eng in der Verbindung mit der Geschichte der Aposteltaten steht die der Gründung und der Entwicklung der Gemeinde Gottes (wie sie 1. Kor. 1,1 genannt ist).

Diese Gründung fand bekanntlich statt am Pfingsttage, diesem von den Aposteln mit etlichen Weibern usw. gemäß Kap. 1,13.14 in treuem Gebet mit Sehnsucht erwarteten Tage, an dem die Verheißung, „die ihr von Mir gehört habt“ (1,4), in Erfüllung gehen sollte. Die Gründung dieser Gemeinde Gottes ist untrennbar mit dem Dienst des Apostels Petrus und der übrigen verbunden, und es würde ganz verkehrt sein, wollte man in Verkennung dieser Tatsache sagen (wie es schon geschehen ist): Ach, auf die Apostel kam es dabei nicht an, besonders nicht auf die Urapostel, die doch damals nicht verstanden, was geschehen war, Gott hätte Sein Ziel auch ohne sie erreicht. - Natürlich ist Gott souverän und nicht an uns Menschen gebunden, aber wie hätte die Gemeinde die rechte Belehrung über die göttlichen Grundsätze des Anfangs

bekommen können (vgl. 2,42), wenn als die Träger der Offenbarung nicht die an ihr gebaut hätten, die Er durch Seinen Geist an alles das erinnern konnte, was Er ihnen gesagt hatte. (Joh. 16) Sie waren nötig, gleichsam als Gründer (im irdischen Sinne), denn sie, die Ihn, den wahren Gründer, kannten als den Sohn Gottes, und sie, zu denen Er Sich demgemäß bekannt hatte (vgl. Matth. 16,16ff.) - sie waren allein fähig zu tragen, was Er ihnen anvertrauen wollte. Dies und anderes ist der Grund, weswegen die Gründung der Gemeinde nicht von den Uraposteln zu trennen ist. (Vgl. Offb. 21,14! Die Schrift mußte auch hierin erfüllt werden!)

Gegründet am Pfingsttage, entwickelte sie sich folgerichtig weiter in Verbindung mit dem Dienste derer, die Gott gebraucht hatte, als Er sie ins Dasein und Leben rief. Wohl hat der HErr Sich vorbehalten, hinzuzutun zu der Gemeinde, die gerettet werden sollten (2,47), aber tatsächlich tat Er die hinzu und wurden die hinzugetan, die das Wort der Apostel annahmen. (Vgl. 2,41 mit 5,14; 6,7; Kap. 10 usw.)

Wohl war es den Aposteln im Anfang verborgen, welch Wunder sich vor ihren Augen vollzog - der Bau Seiner Gemeinde -, und erst dem Paulus wurde darüber volles Licht zuteil (Epheserbrief), aber gleichwohl - der Grund weswegen in den ersten Jahren die Gemeinde so klar und reinlich aufgebaut wurde (vgl. Kap. 5 und 6!) war die treue Erfüllung der Aufgabe derer, die Gott mit dem Dienst am Wort betraut hatte: der Apostel. Ihr Dienst war in dieser Hinsicht einzigartig, und darum (wie auch aus anderen Gründen, die wir noch sehen werden) kann es nie andere Apostel geben außer jenen, die den grundlegenden Dienst zu versehen hatten. Eine ruhige, gesunde Aufwärtsentwicklung der Gemeinde trotz aller menschlichen Mängel war darum auch gewährleistet, solange die Apostel da waren, und der eigentliche „Verfall“ der Gemeinde setzte ein, als ihr Einfluß gehemmt, unterbunden und mit ihrem Abscheiden eingebüßt wurde. Darüber an dieser Stelle genug! - Der HErr segne uns die bisherigen Betrachtungen!

(Forts. folgt, s. G. w.)

F. K.

Zerstreuung.

Eine Wirkung des Todes unseres Herrn Jesus Christus ist, daß Er die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelt. Kajaphas weissagte über den HErrn, daß Er nicht für die Nation allein sterben solle, „sondern auf daß Er auch die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte.“ (Joh. 11,52) Und der HErr sagt: „Und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde alle (nicht die Juden allein) zu Mir ziehen.“ (Joh. 12,32) Er ist der große und neue Sammelpunkt aller Kinder Gottes.

Von Zerstreuung spricht die Schritt zum ersten Male in der Geschichte Babels. Diese Zerstreuung war das direkte Gericht Gottes über jene, die unabhängig von Gott eine untrennbare Einheit bilden wollten. Weiter wird von der Zerstreuung geredet in Bezug auf das Volk Israel. Es wurde um seiner Sünde willen unter die Nationen zerstreut, weil es dem HErrn nicht gehorchen wollte. (3. Mos. 26,33; vgl. auch 1. Mos. 49,7 in Verbindung mit der Blutschuld!)

Diese beiden eben erwähnten Zerstreuungen waren Gerichtshandlungen von seiten Gottes. Wir finden aber auch Zerstreuungen, die ein Werk des Satans sind. Er gebraucht dazu die verderblichen Wölfe. Paulus kündigte ihr Hereinkommen an und ermahnte die Ältesten, die Herde Gottes zu hüten, über welche der Heilige Geist sie als Aufseher gesetzt hatte. (Apgesch. 20,29) Solange der HErr - „der gute Hirte“ - hienieden bei ihnen war, bewahrte Er sie in Seines Vaters Namen; als Er aber von ihnen ging, betete Er, daß der Heilige Vater sie in diesem Namen bewahren möge. (Joh. 17,11)

Als Er Seine Augen auf gen Himmel hob (Joh. 17,1) und Seinem Vater die Seinigen zur Bewahrung anvertraute, da war der Augenblick gekommen, wo sie zerstreut werden würden. Die Stunde des Menschen und der Gewalt der Finsternis offenbarte sich, und Satans Gewalt bewegte und beherrschte alle.

In Seiner letzten Unterredung nimmt der HErr zweimal auf die Zerstreuung Bezug. (Matth.

26,31; Joh. 16,32) Das erste Mal knüpfte Er an das Wort Sach. 13,7 an, als Er sagte: „Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden zerstreut werden“, und das zweite Mal spricht der HErr von ihrem Zerstreutwerden: „Siehe, es kommt die Stunde und ist gekommen, daß ihr zerstreut sein werdet, ein jeder in das Seinige, und Mich allein lassen werdet.“ Obwohl die Zerstreuung durch den Feind bewirkt wurde, enthüllt der HErr uns doch in diesen beiden Stellen zwei Ursachen dafür, die bei den Jüngern selbst gefunden wurden, und es wird nützlich für uns sein, diese ein wenig näher zu betrachten.

Es ist keine Frage, daß die Elfe den HErrn wirklich liebten und an Ihn glaubten. Petrus bezeugte dieses in den Worten: „Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß Du der Heilige Gottes bist.“ (Joh. 6,68.69) Als sich aber die furchtbare Gewalt der Finsternis in ihrem ganzen Ausmaß über den Geliebten entfaltete und die bewahrende Sorge des Hirten sie in dieser Zeit Seiner Leiden und des Todes nicht mehr umgab, wurde die erste Ursache ihres Zerstreutwerdens offenbar.

Der Hirte wurde geschlagen, und die Schafe waren ohne Seinen Beistand. Jetzt verwendet Er Sich droben fürbittend für uns, und wir haben allezeit Seinen Beistand.

Er nahm gewissermaßen schon im voraus diesen Platz der Fürbitte für Petrus ein, als Er sagte: „Ich aber habe für dich gebetet, auf daß dein Glaube nicht aufhöre.“ (Luk. 22,32) Jetzt lebt Er immerdar, um Sich für uns zu verwenden. (Hebr. 7,25) Und doch tragen wir dieselbe Ursache der Zerstreuung in uns, die wir bei den Jüngern finden.

Um kurz auf die beiden Ursachen ihres Zerstreutseins einzugehen, finden wir die erste Ursache in Matth. 26,31 darin, daß die Jünger sich selbst vertrauten und sich nicht bewußt waren, was das menschliche Herz ist und wozu es fähig ist. Petrus vertraute deshalb seinem eigenen Herzen. Die zweite Ursache finden wir in Joh. 16,32, daß die Jünger in ihrem Herzen nicht die Wahrheit von der Herrlichkeit Seiner Person aufnahmen als des Sohnes, der vom Vater gekommen und jetzt zum Vater zurückkehrte. Sie erfaßten es nicht, daß sie durch die Verbindung mit Ihm, mit dem Vater, der Quelle der ewigen Liebe, die Er in Worten und Werken

Kehren wir noch einmal zu der ersten Ursache ihres Zerstreutwerdens in Matth. 26 zurück. Ihre Herzen waren fähig, sich an dem Herrn Jesus zu ärgern. Sie hatten Seine Liebe in der Feier des Mahles gerade in einer ganz besonderen Weise geschmeckt und hatten ein Loblied zusammen gesungen, als der HErr ihnen sagte: „Ihr werdet euch alle in dieser Nacht an Mir ärgern.“ (V. 31) Konnte dies möglich sein? Konnten sie mit Ihm am Mahle sitzen und zusammen ein Loblied singen und dann in der Stunde Seiner Not und Bedrängnis Ihn verlassen und zerstreut werden? Ja! Der Heilige Geist hatte in Ps. 116,11 zuvorgesagt: „Ich sprach in Meiner Bestürzung: Alle Menschen sind Lügner“ (d. h. solche, denen nicht zu trauen ist).

Petrus, in dem Gefühl seiner Liebe zum HErrn, kann nicht glauben, daß seinem Herzen nicht zu trauen sei. Er erwidert: „Selbst wenn ich mit Dir sterben müßte, werde ich Dich nicht verleugnen.“ Und er stand mit dieser Erwiderung nicht allein: „Gleicherweise sprachen auch alle Jünger.“ (Matth. 26,35) Das ist das menschliche Herz! Wieviel Selbstvertrauen wohnt darin, und wie leicht sind wir geärgert, und wie leicht alsdann zerstreut und weggeführt von dem Herrn Jesus!

Wir betonen oftmals die Wahrheit, daß der erste Mensch sein Ende gefunden hat und daß das menschliche Herz mehr als alles arglistig und verderbt ist. (Jer. 17,9) Aber ist es uns eine solche Wirklichkeit, daß jeder von sich sagen kann: Das dort beschriebene Herz ist mein Herz, und der Tod Christi am Kreuz ist das über mein Fleisch vollzogene Todesurteil? Wenn wir die Kürze der Zeit erwägen, die da zwischen dem Singen des Lobliedes mit dem HErrn und dem Verleugnen und Verlassen des HErrn lag, dann lernen wir so recht, kein Vertrauen auf Fleisch zu haben.

Die Liebe des HErrn zu den Seinigen konnte durch nichts erschüttert werden. Obgleich Er das Ärgern der Jünger, die Verleugnung des Petrus und das Verlassensein von allen voraussah, sagte Er dennoch: „Nachdem Ich aber auferweckt sein werde, werde Ich vor euch hingehen nach Galiläa.“ (V. 32) Er ist bereit, mit diesen Jüngern Seine Beziehungen wieder aufzunehmen.

Wenden wir uns jetzt zu Joh. 16,32. Der HErr sagt in dieser Stelle, daß Er in Gleichnissen

geredet habe, die Stunde aber komme, da Er nicht mehr in Gleichnissen zu ihnen reden, sondern ihnen offen von Seinem Vater verkündigen werde. (Joh. 16,25) Er tat dieses, als Er Maria Magdalene beauftragte: „Gehe hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater.“ (Joh. 20,17) Damit sie aber fähig sein möchten, diese Botschaft völlig zu erfassen, war es notwendig, daß der Sachwalter zu ihnen komme. Der Geist der Wahrheit würde sie in die ganze Wahrheit leiten. Der HErr sagte deshalb: „Alles, was der Vater hat, ist Mein; darum sagte Ich, daß Er von dem Meinen empfängt und euch verkündigen wird.“ (Joh. 16,15)

Als der HErr bei ihnen war, konnten sie die Mittellungen, die Er ihnen so gern gemacht hätte, noch nicht tragen. Er kannte ihre Schwachheit und ihr Unvermögen, Seine Worte aufnehmen zu können. Aber ungeachtet dessen verbindet Er sie doch mit der Liebe des Vaterherzens. Er sagt ihnen: „Der Vater Selbst hat euch lieb.“ (Joh. 16,27) Und Er fügt hinzu, daß der Vater sie deshalb liebhabe, weil sie Ihn geliebt und an Ihn geglaubt hatten, daß Er von Gott ausgegangen sei. Ihr Verständnis und ihr Glaubenserfassen ging nicht weiter, als daß „Er von Gott ausgegangen“ sei. Dies aber erreichte nicht die Höhe der Wahrheit, die Er ihnen kundmachte. Er erklärte ihnen deshalb: „Ich bin von dem Vater ausgegangen und bin in die Welt gekommen; wiederum verlasse Ich die Welt und gehe zum Vater.“ (V. 28) Diese Ausführungen waren wirklich klar, aber die Jünger waren nicht imstande, zu erfassen, was in dem Unterschied lag: „von Gott ausgegangen“ (V. 27) und „von dem Vater ausgegangen“ (V. 28) zu sein. Wohl sagten sie: „Siehe, jetzt redest Du offen und sprichst kein Gleichnis ... hierdurch glauben wir, daß Du (vom Vater? Nein!) von Gott ausgegangen bist.“ (V. 30) Dieses zeigt, daß sie die tiefere Wahrheit, von dem Vater ausgegangen zu sein, nicht verstanden.

Obwohl der HErr ihre Liebe zu Ihm voll anerkannte, so wußte Er doch, daß sie zurzeit nur ein dunkles Verständnis über Seine Person hatten - daß Er, der Sohn, das Gefäß der überströmenden Liebe des Vaters hienieden war und daß Er jetzt die Welt verließ, um wieder zu dem Vater zurückzukehren. Aus ihre Antwort (V. 30), die nur ihre Verständnislosigkeit offenbarte, erwiderte Er nur fragend: „Glaubet ihr jetzt?“ Er fühlte, sie verstanden nicht, was in dem Vaternamen lag, um in das Reich der Liebe des Vaters einzutreten. In diesem

Zusammenhang spricht Er alsdann: „Siehe, es kommt die Stunde und ist gekommen, daß ihr zerstreut sein werdet, ein jeder in das Seinige, und Mich allein lassen werdet; und Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei Mir.“ (V. 31.32)

Der HErr verbindet ihre Zerstreuung mit dem Mangel der Aufnahme der vollen und himmlischen Wahrheit. Hätten sie Seine Worte voll erfaßt, so würde die Liebe des Vaters sie in eine ganz andere Sphäre getragen haben. Statt daß sie zerstreut wurden, ein jeder „in das Seinige“ hienieden, würden ihre Herzen zu der Stätte der Liebe des Vaters und des Sohnes geführt worden sein. So aber wurden sie zerstreut, und ein jeder war mit dem „Seinigen“ beschäftigt, und ihr Herz vom HErrn abgewandt. Sie ließen Ihn allein, und doch war Er nicht allein, denn der Vater war bei Ihm.

Wandeln wir nicht in dem Lichte der Wahrheit, so haben wir unser verdorbenes und arglistiges Herz noch nicht in Wirklichkeit erkannt, und Selbstvertrauen wohnt statt Abhängigkeit vom HErrn darin. Haben wir uns aber als hoffnungslos verdorben erkannt, so ist für Selbstvertrauen kein Platz mehr in unserem Herzen - unser Halt ist allein der HErr. Alles, was aus uns ist, erfüllt uns mit Mißtrauen. Wir umfassen Ihn nicht so wie einst zu unserer Errettung, sondern jetzt als unseren Weg, unsere Wahrheit, unser Leben.

Der Heilige Geist ist jetzt wohnend in uns, und die Gläubigen sind im Besitz einer Kraft, welche die Jünger, als sie weg vom HErrn zerstreut wurden, noch nicht hatten. Selbst die Kindlein in Christo haben jetzt die Salbung von dem Heiligen und wissen alle Dinge. (1. Joh. 1,20) Sie kennen die Wahrheit - Jesus ist die Wahrheit. Lassen wir das Licht, das uns heute so hell leuchtet, in uns wirken, so verlassen wir jede Verbindung mit dem ersten Menschen, der als gänzlich verdorben am Kreuz Christi gerichtet ist, und treten verbunden mit Ihm in das neue Verwandtschaftverhältnis mit dem Vater ein. Und so wird 1. Zerstreuung als eine Folge unseres Selbstvertrauens und 2. Zerstreuung als eine Folge des Nichteingehens in das volle Licht der himmlischen Wahrheit verhütet werden.

So wie der HErr sagte, daß sie zerstreut würden, „ein jeder in das Seinige“, so schrieb Paulus

sie nicht im Lichte der Wahrheit standen. Und wiederum, so wie sein Meister sagte, daß sie Ihn allein lassen würden, so schrieb auch Paulus am Schluß seines Lebens: „Alle, die in Asien sind, haben sich von mir abgewandt.“ (2. Tim. 1,15)

Als das Volk Gottes die Beschneidung von Gilgal vergessen und das herrliche Land nicht voll in Besitz nahm, stand der Feind immer auf der Lauer, es zu überfallen und zu berauben. - Bei dem Bericht der letzten Worte Davids nennt der Heilige Geist uns auch die Namen der Helden Davids. Zwei Dinge kennzeichnen diese. 1. Mit ungeteiltem Herzen, in völliger Hingabe und Treue, standen sie zu David; 2. Unerschrocken traten sie den Philistern entgegen und verteidigten den von Gott gegebenen Besitz des Volkes Gottes.

So wie damals der Feind das Volk Gottes zu berauben suchte, so ist er noch heute auf dem Plan. Stehen wir heute so zu dem HErrn, wie diese Männer zu David standen? Halten wir so die ganze Wahrheit fest, wie diese den reichen Besitz des Volkes? Möge das Bewußtsein unseres eigenen Nichts, aber Seiner Liebe, uns nahe zu Ihm halten!

R. (v. d. K.)

Ein Pfeil für eines Königs Herz.

„Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich und der andere arm. Der Reiche hatte Kleinvieh und Rinder in großer Menge. Der Arme aber hatte gar nichts, als nur ein einziges kleines Lamm, das er gekauft hatte; und er nährte es, und es wurde groß bei ihm, und mit seinen Kindern zugleich; es aß von seinem Bissen und trank aus seinem Becher und schlief an seinem Busen, und es war ihm wie eine Tochter. Da kam ein Reisender zu dem reichen Manne; und es dauerte ihn, von seinem Kleinvieh und von seinen Rindern zu nehmen, um es für den Wanderer zuzurichten, der zu ihm gekommen war, und er nahm das Lamm des armen Mannes und richtete es zu für den Mann, der zu ihm gekommen war.“ (2. Sam. 12,1-4)

Der König David hatte gesündigt. Um sein Gewissen zu treffen, wurde der Prophet Nathan mit

verborgen lag, zu dem König gesandt, um ihn von seiner Schuld zu überführen. Nathan's Erzählung fesselte sofort die Aufmerksamkeit des Königs und rief dessen Entrüstung hervor. Und wir können gut Davids Entrüstung gegen den Mann verstehen, der eines armen Mannes Lamm nahm, schlachtete und zubereitete, um damit seinen Gast zu ehren, obwohl er selbst Kleinvieh in großer Menge besaß.

Hören wir die eigenen Worte des entrüsteten Königs: „So wahr Jehova lebt, der Mann, der dieses getan hat, ist ein Kind des Todes!“ Er dachte nicht daran, daß dieser Ausspruch seine Selbstverdammung enthielt. Der treue Bote des HErrn wandte nun dieses Todesurteil gegen den, der es eben ausgesprochen hatte, indem er sagte: „Du bist der Mann!“ So traf der Pfeil des Schuldspruches das Herz des Königs, und sofort kam das Bekenntnis seiner Sünde von Davids Lippen: „Ich habe gegen Jehova gesündigt.“ (V. 13)

Wie gut war es, daß David seine Sünde sofort bekannte, denn dadurch erlangte er Gottes Vergebung. Und diese Vergebung auf sein Bekenntnis hin wurde ihm sofort versichert, indem der Prophet ihm Antwortete: „So hat auch Jehova deine Sünde hinweggetan.“

Gott hat die Sünde Davids in Seinem Worte aufgezeichnet, und nicht nur seine Sünde, sondern auch die Überführung seiner Schuld durch die Wirkung des Geistes Gottes auf sein Gewissen, und ferner das Bekenntnis sowie auch die Bedeckung seiner Sünde durch die Gnade, die Gott ihm vermöge des Werkes Christi zuteil werden lassen konnte. Und warum hat Gott alles dieses in Seinem Worte aufgenommen? Zum Wohle und zum Nutzen für unsere Seele und zum Lob und Ruhm Seiner Gnade. „Glückselig der, dessen Übertretung vergeben, dessen Sünde zugedeckt ist!“ (Ps.32,1)

Nathan erwies sich als ein wahrer Freund Davids, indem er keine Rücksicht auf die Gefühle und Empfindungen des Königs noch es mit seiner Sünde leicht nahm. „Besser offener Tadel als verhehlte Liebe. Treugemeint sind die Wunden dessen, der liebt.“ (Spr. 27,5.6)

Ein Christ ist weder treu seinem HErrn noch gütig zu seinem Nächsten, wenn er aus Furcht, die Gefühle zu verletzen oder zu beleidigen, die Gelegenheit vorübergehen läßt und nicht versucht,

das noch nicht erwachte Gewissen einer Seele durch das Wort Gottes aufzuwecken. - Solche, die noch nicht bekehrt sind, müssen zuerst von ihrer Sünde überzeugt werden. Wenn wir Menschen retten wollen, müssen wir ihnen sagen, daß sie verloren sind. Wenn sie dahin gekommen sind, dies zuzugeben, dann werden sie auch bereit sein, auf die gute Botschaft zu hören, die wir ihnen in unseres Meisters eigenen Worten bringen: „Der Sohn des Menschen ist gekommen, zu suchen und zu erretten, was verloren ist.“ (Luk. 19,10)

Gottes Wort enthält für jeden, der auf Erden gesündigt hat, eine Botschaft, durch welche ein solcher getröstet werden kann, wo immer und in welchen Umständen er auch sein mag. Die Aufgabe derer, die das Wort des HErrn haben, ist, Sein Wort in Wahrheit zu reden. (Jer. 23,28) Wenn wir dieses tun, können wir versichert sein, daß der Heilige Geist es gebrauchen wird, daß es gleich einem Pfeil ins Herz dringt und eine gleiche Wirkung hervorbringt wie bei dem König David, der da sagte: „Ich habe gegen Jehova gesündigt.“

Man findet es allgemein viel leichter, von Davids Sünden zu sprechen, als bei den eigenen Sünden still zu stehen, und gern sind wir gleich David bereit, das Todesurteil über andere auszusprechen. Wenn aber der Heilige Geist unser eigenes Herz überführt, wenn Er unserer Seele zuruft: „Du bist der Mann“, dann findet die Umwandlung statt, und aus unserem Herzen kommt dann der Ruf: „Ich habe gegen Jehova gesündigt!“ Alsdann finden wir Gott sofort bereit, das verwundete Herz desjenigen zu heilen, der gegen Ihn gesündigt hat. Er versichert uns, und Er gibt uns die Versicherung: „So hat auch Jehova deine Sünde hinweggetan.“

H. (v. d. K.)

Frage und Antwort

Frage 11

Ist aus der Schrift mit Sicherheit festzustellen, ob der Herr Jesus zu Anfang oder am Schluß des Weges nach Golgatha Sein Kreuz Selbst getragen hat, bezw. wann es Simon von Kyrene

trug? Nach dem Johannesevangelium scheint doch - wenigstens in der Hauptsache - der HErr es getragen zu haben! (vgl. Matth. 27,32; Mark. 15,21; Luk. 23,26mit Joh. 19,17). Welche praktische Bedeutung haben diese verschiedenen Berichte für uns?

Antwort A

In Evangelium Matthäus, Markus und Lukas ist nicht gesagt, daß der HErr Sein Kreuz Selbst trug, aber alle drei Berichte lassen deutlich erkennen, daß Simon von Kyrene das Kreuz des HErrn nicht von Anfang an getragen hat, sondern daß der Zug mit dem Herrn Jesus auf dem Wege nach Golgatha war und daß auf diesem Wege, nachdem derselbe zu einem Teil zurückgelegt war, man dem Simon von Kyrene begegnete und ihn zwang, das Kreuz für den HErrn zu tragen; „... und sie führten ihn hin, um ihn zu kreuzigen. Als sie aber hinausgingen, fanden sie einen Menschen von Kyrene, mit Namen Simon; diesen zwangen sie, daß er Sein Kreuz trügen (Matth. 27,31b.32)“; „... und sie führten ihn hinaus, auf daß sie ihn kreuzigten. Und sie zwingen einen Vorübergehenden, einen gewissen Simon von Kyrene, der vom Felde kam, den Vater Alexanders und Rufus', daß er Sein Kreuz trüge“ (Mark. 15,20b.21); „Und als sie Ihn wegführten, ergriffen sie einen gewissen Simon von Kyrene, der vom Felde kam, und legten das Kreuz auf ihn, um es Jesu nachzutragen“ (Luk. 23,26). Aus diesen drei Berichten ersieht man erstens bestimmt, daß Simon von Kyrene das Kreuz für den HErrn einen Teil des Weges nach Golgatha getragen hat, aber nur einen Teil, nicht gleich von Anfang an; und zweitens muß man nach diesen Berichten annehmen, daß er das Kreuz dann bis zum Ende des Weges getragen hat, denn es heißt einfach, daß er das Kreuz tragen mußte - daß sie das Kreuz auf ihn legten, „um es Jesu nachzutragen“, und es wird nicht gesagt, daß dann noch jemand anders das Kreuz getragen habe. - Und wer hat das Kreuz den ersten Teil des Weges getragen bis dahin, wo Simon von Kyrene gezwungen wurde, es zu tragen? Die Antwort Auf diese Frage ist uns sehr leicht gemacht: erstens steht geschichtlich fest, daß jeder zum Tode Verurteilte selbst das Kreuz tragen mußte, und zweitens sagt uns das Wort Gottes selbst ganz klar in der schon in der Frage hervorgehobenen Stelle Joh. 19,17, daß der HErr Selbst es getragen hat: „Und Sein Kreuz tragend, ging Er hinaus nach der Stätte, genannt Schädelstätte, die auf

werden, als daß der HErr tatsächlich das Kreuz, an dem Er dann gekreuzigt wurde, Selbst auf dem Wege nach Golgatha getragen hat. Daß Er es nicht den ganzen Weg getragen hat, sondern es einen Teil des Weges von Simon von Kyrene getragen worden ist, ist hier nicht erwähnt. Warum, wollen wir später betrachten.

Hiernach steht nach den vier Berichten fest, daß erst der HErr Selbst Sein Kreuz getragen hat und dann Simon von Kyrene, dieser jedenfalls bis zum Ende des Weges.

Konnte der Herr Jesus das Kreuz nicht mehr tragen - war es so, wie manche Bilder zum Ausdruck bringen und mündlich und schriftlich gesagt wird, daß der Herr Jesus unter der Last des Kreuzes zusammengebrochen war? Das Wort Gottes sagt darüber nichts; aber der ebenerwähnten Annahme gegenüber ist zu bedenken, daß der durch die schwere Zimmermannsarbeit (s. Mark. 6,3) an Anstrengungen gewohnte Körper des HErrn nicht durch die Sünde geschwächt war wie der anderer Menschen und daher selbstverständlich viel widerstandsfähiger war als der eines anderen Menschen, wie auch aus dem Umstand geschlossen werden kann, daß der HErr am Kreuze am Ende der sechs Stunden unsagbarer körperlicher Leiden „mit lauter Stimme schrie“ - „einen lauten Schrei von sich gab“ -, ehe Er verschied (Matth. 27,50; Mark. 15,37; Luk. 23,46). Darum kann man wohl annehmen, daß der HErr das Kreuz noch weiter hätte tragen können. Aber wie dem auch sei - warum wurde gerade dieser Simon von Kyrene gezwungen, das Kreuz zu tragen? Wenn wir die Berichte lesen, berührt uns das vor uns gestellte Bild eigenartig; wir empfinden etwas wie einen großen Gegensatz zwischen dem Haufen, der den Herrn Jesus zur Kreuzigung nach Golgatha führt, und dem Simon von Kyrene, dem „Vorübergehenden“, der „vom Felde kam“ - er hatte nicht mitgemacht, nicht mit geschrieen: „Hinweg mit diesem, gib uns aber den Barabbas los!“ „Kreuzige, kreuzige ihn!“; er hatte sich davon ferngehalten -, und es will uns scheinen, als ob gerade darum der Haß der Menge sich gegen ihn wendete und sie gleichsam sagten: „So - nun sollst gerade du sein Kreuz tragen.“ So kam es, daß dieser Mann, der so sonderbar vor unser Auge gestellt wird und über dessen inneres Empfinden uns das Wort Gottes nichts sagt - daß dieser Mann gegen seinen Willen dem HErrn in dieser schweren Stunde einen Dienst erweisen durfte, wie auch wir vielleicht manchmal erst durch Gottes Führung dazu gezwungen werden

müssen, etwas für den HErrn zu tun.

Aber das Tragen des Kreuzes des HErrn nach Golgatha durch Simon von Kyrene wird sicherlich auch eine sinnbildliche Bedeutung haben, die vielleicht dahin geht, daß der Mensch das Kreuz - das Gericht Gottes - verdient hat -wie durch das gezwungene Tragen des Kreuzes nach Golgatha zum Ausdruck kommt -, aber es nicht erleiden braucht, weil der Herr Jesus an seine Stelle trat und für ihn litt und starb.

Damit kommen wir zur Antwort Auf den letzten Teil der Frage: „Welche praktische Bedeutung haben diese verschiedenen Berichte für uns?“ Wie wir schon gesehen haben, ist von dem Tragen des Kreuzes des HErrn durch Simon von Kyrene nur in den drei Evangelien Matthäus, Markus und Lukas gesprochen, und dieses erklärt sich, wenn der eben ausgesprochene Gedanke über die sinnbildliche Bedeutung dieses Tragens des Kreuzes durch Simon von Kyrene zutrifft, daraus, daß diese drei Evangelien uns das Opfer des HErrn am Kreuze von der Seite aus zeigen, die unsere Reinigung von unseren Sünden als unserer Schuld und von der Sünde als unserem Zustand vor Gott und unsere Versöhnung mit Ihm betrifft, und zwar im Evangelium Matthäus als das Schuldopfer, im Evangelium Markus als das Sündopfer und im Evangelium Lukas als das Friedensopfer (und als das Speisopfer). Hierzu s. 3. Mose 2-5. Da sehen wir, was Sein Opfer am Kreuze für uns ist. Unsere Sündenschuld und unser sündiger Zustand mußten vor Gott weggeräumt und eine gottgemäße Grundlage für unseren Frieden und unsere Gemeinschaft mit Gott mußte geschaffen werden, und dieses alles geschah allein durch das Kreuz. Bis dahin seufzten wir unter dieser Last - wie Simon von Kyrene unter der Last des Kreuzes auf dem Wege nach Golgatha -, aber am Kreuze litt und starb Er an unserer Statt und räumte damit für uns alle Schuld und Sünde weg und versöhnte uns mit Gott, so daß wir Frieden und Gemeinschaft mit Ihm haben, - In dem Evangelium Johannes aber ist uns eine andere Seite des Opfers des HErrn gezeigt. Da sehen wir Ihn in besonderer Weise als den Sohn Gottes - als den „Sohn, den niemand erkennt, als nur der Vaters (Matth. 11,27) -, dessen „Speise“ es war, den Willen des Vaters zu tun (Joh. 4,34), und dessen erstes Ziel es war, den Vater zu verherrlichen (Joh. 17,4), und darum erblicken wir Ihn hier als das Brandopfer, das ganz und allein für Gott war. (3. Mose 1) Bei dem Brandopfer handelt es sich nicht um das

Wegräumen unserer Sünden an uns und der Sünde in uns, auch nicht um unseren Frieden und um unsere Gemeinschaft mit Gott, sondern um die vollkommene Befriedigung Gottes im Blick auf den Menschen überhaupt; der HErr hat das Herz Gottes vollkommen und in jeder Beziehung befriedigt, indem Er Sich „hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftendem Wohlgeruch“ (Eph. 5,2), so daß Gott den Glaubenden nicht mehr dem alten Menschen nach sieht, sondern in Christo nach Seiner Vortrefflichkeit und Annehmlichkeit: Wir sind „begnadigt (oder „angenehm gemacht“) in dem Geliebten“ (Eph. 1,6), und darum konnte der HErr uns die herrliche Versicherung geben, daß Gott unser Vater ist und uns liebt und wir dort sein werden, wo Er ist. (Joh. 14,3; 16,27; 17,24; 20,17b) So sehen wir Ihn im Johannesevangelium. Daher wäre es durchaus nicht am Platze, wenn hier von dem Tragen des Kreuzes durch Simon von Kyrene die Rede wäre; Er trug es - der schuldige, sündige, versöhnungs- und friedebedürftige Mensch hat hierbei nichts zu tun! Wie erhaben ist das, was die wenigen Worte vor unsere Seele stellen: „Und Sein Kreuz tragend, ging Er hinaus nach der Stätte, ...“. Nur Gott, der Vater, vermag völlig zu schätzen, was das ist; möchten auch wir es mehr und mehr erkennen und schätzen lernen!

Th. K.

Antwort Des Schriftleiters

Man könnte es bei der vorstehenden sehr schönen, klaren und für viele durchaus einleuchtenden Antwort Bewenden lassen, und ich würde es auch tun, wenn ich nicht den inneren Trieb spürte, auch die andere Meinung zu Worte kommen zu lassen. Freilich wird dadurch die BeAntwortung zweifelhafter, aber es ist doch immerhin von Vorteil, wenn jeder Leser veranlaßt wird, sich selbst ein Urteil zu bilden auf Grund verschiedener Anschauungen. Denn wo das Wort Gottes uns nichts Genaues sagt, sind wir darauf angewiesen, auf Grund vorhandener Andeutungen das zu finden, was uns, d. h, jedem einzelnen das Wahrscheinlichere zu sein scheint.

Das Johannesevangelium stellt alle Dinge sozusagen an den rechten Platz, es sieht die Dinge

gewissermaßen nicht von unten, von menschlichen Gesichtspunkten, sondern von oben, von göttlicher Warte aus an. In ihm ist gezeigt, „wer es ist“ (4,10), von dem die Rede ist: der Sohn, der Ewige, das Wort, der Eingeborene, die Wahrheit usw. Darum könnte es m. E. sein, daß Er, der natürlich nimmermehr, wie auch oben gesagt, unter Seinem Kreuze zusammengebrochen ist (die sogen. christliche Kunst irrt sich oft!) - daß Er das Kreuz gerade den zweiten Teil des Weges getragen habe! Ich behaupte dies nicht, stelle es nur zur Erwägung. Aber die Worte, die Simon von Kyrene betreffen: Matth. 27,31b.32; Mark. 15,20b.21; Luk. 23,26 - was ist dann mit denen?! Nun, es ist nicht gesagt, daß es sich bei dem „Hinausgehen“ um das aus der Stadt bezieht, es kann auch das gemeint sein aus dem Prätorium! Nach dem Lukasevangelium ist es m. E. auch gar nicht schwer, so zu urteilen. Aber behaupten will und kann ich es nicht. Doch stelle ich noch eins zur Betrachtung. Zugegeben: es war Sitte, daß der Verurteilte selbst sein Kreuz tragen mußte, aber könnten nicht die in obiger Antwort so fein ausgeführten Gedanken betr. Simons gerade zu Anfang, als sie ihn vorbeigehen sahen, in den Hirnen der fanatisierten Menge entstanden sein, so daß sie gleichsam, wie einer plötzlichen Eingebung folgend, ihn zum unfreiwilligen Kreuzträger machten? Und ist es nicht denkbar, daß er, gerade er, vielleicht von morgendlicher Arbeit auf dem Felde ermüdet, als gezwungener Kreuzträger schwach wurde und nicht imstande war, das Kreuz (das wir uns übrigens nicht so schwer denken müssen, wie es auf manchen Bildern aussieht!) den ganzen - vielleicht den Überlieferungen betr. des in seiner Lage umstrittenen Golgathas nach - ca. 600 Meter langen Weg zu tragen? Womöglich ist er unter der Last zusammengebrochen, so daß dann derjenige das Kreuz zu tragen bekam, dem es gebührte, wie es sich für Gott „geziemte, den Anführer unserer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen“ (Hebr. 2,10)?! Gezwungene Kreuzträger halten selten aus - ich meine es in geistlicher Hinsicht! Der HErr aber - nach dem Johannesevangelium - tat in Gemeinschaft mit dem Vater (vgl. 10,15-18) alles freiwillig, und zwar bis hin zu Seinem herrlichen „Es ist vollbracht!“ (19,30). Er hielt durch, Er blieb Er Selbst!

Es sind keine Behauptungen über die Frage, nur Erwägungen, die ich anstelle und die uns vielleicht auch zeigen, daß, wo die Schrift schweigt, wir auch nichts weiter können als sinnen und wiederum sinnen! Und das scheint mir so gut zu sein. „Wir erkennen stückweise!“ (1. Kor.

Genug davon! Die übrigen kostbaren Ausführungen obiger Antwort (die Anwendungen!) werden nicht durch meine Worte berührt, sie behalten ihre ganze Gültigkeit und können mit vollstem Recht beanspruchen, gründlich betrachtet und angenommen zu werden!

Laßt uns zum Schluß zu diesen praktischen Gedanken noch den hinzunehmen, daß wir Gläubigen auf Grund Seines Kreuzes keine gezwungenen Kreuzträger mehr sind, sondern daß es unser herrliches Vorrecht ist, in Seiner Kraft und in Gemeinschaft mit Ihm unser Kreuz zu tragen (vgl. Matth. 10,38; 16,24; Mark. 8,34; Luk. 9,23;

14,27), d. i. aber - zu wandeln nach Gal. 6,12.14 u. a., bis wir am Ziele sind! Denn auch uns gilt:

„Euch ist es in Bezug auf Christum geschenkt worden, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden.“ (Phil. 1,29) Sein Name sei gelobt!

F. K.

Frage 12

Ist es berechtigt, von einem neutestamentlichen „Volk Gottes“ zu reden? (Vgl. 2. Kor. 6,16; aus 3. Mose 26,11.12 u. a.)

Antwort A

Das Wort „Volk“ finden wir im Worte Gottes sehr oft genannt. Es bezeichnet im allgemeinen Sinne eine große Menschenmenge (Apg. 21,30), im besonderen Sinne aber eine abgesonderte Menschenmenge, die sich durch Abstammung, Sprache, Sitte und Religion von anderen Menschengruppen unterscheidet. Die Bildung der Völker ist von Gott aus geschehen, anläßlich des Turmbaues zu Babel. Die Verwirrung der Sprache war der Anlaß dazu. Gott zerstreute auf diese Weise die Menschen über die ganze Erde. (1. Mose 11,1-9) Die Entstehung der Völker

steht also in Verbindung mit der Sünde, die bei dem Turmbau zu Babel besonders in Erscheinung trat. Es ist kostbar zu wissen, daß es in der Ewigkeit keine verschiedenen Völker mehr geben wird; denn die erlösten Menschen auf der neuen Erde werden Sein Volk sein, und Gott Selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. (Offb. 21,3)

Wie uns bekannt ist, verfielen die Völker nach dem Turmbau zu Babel in Götzendienst. Sie dienten anstatt dem Schöpfer- und Richter-Gott ihren Götzen, hinter welchen die Dämonen standen. (1. Kor. 10,20) Was es für Gott, den Schöpfer und Erhalter, war, die Völker der Erde dem Götzendienst verfallen zu sehen, können wir nicht verstehen. Sie huldigten unbewußt (vielleicht auch bewußt) der gefallenen, in Auflehnung gegen Gott befindlichen Engelwelt, geknechtet unter deren Macht und auch unter der Macht der Sünde. Den wahren Gott ehrten und Ihm dienten sie nicht. Wohl können wir annehmen, daß Einzelne unter den Völkern den wahren Gott fanden, ehrten und darum auch Ihm dienten. Denn Gott läßt Sich dem Einzelnen nicht unbezeugt. Er offenbart Sich durch die sichtbare Schöpfung als der Schöpfer-Gott und durch das Gewissen als der Richter-Gott. (Röm. 1,19-21; 2,15)

Wie sehr sich die Völker den Götzen hingaben, sehen wir daraus, daß sie ihnen räucherten, opferten, ihre Leiber kasteiten, sogar ihre Kinder durchs Feuer gehen ließen und sie den Götzen opferten. Der Apostel Paulus sagt nach Apg. 17,22 zu den Athenern: „Ich sehe, daß ihr in jeder Beziehung den Götzen sehr ergeben seid.“ Auch unsere Vorfahren lebten in solchem Götzendienst, wie uns allgemein bekannt sein dürfte. Das Licht des Evangeliums aber verdrängte jene Finsternis.

Aus den Völkern jener Zeit heraus erwählte Sich Gott das Volk Israel für Sich Selbst. Es war berufen, den wahren Gott zu erkennen, Ihm zu dienen und zu leben, zum Unterschied von den Völkern, die den Götzen (Dämonen) dienten. Es ist kostbar, wenn wir daran denken, daß unter den vielen, Gott fernstehenden Völkern ein einziges Volk war, das mit dem wahren Gott in Beziehung stand und sich Ihm anvertraut hatte. Angesichts dieser Tatsache hören wir auch Mose sagen - „Glückselig bist du, Israel! wer ist wie du, ein Volk, gerettet durch Jehova, den Schild deiner Hilfe, und der das Schwert deiner Hoheit ist?“ (5. Mose 33,29) Deshalb finden wir

auch oft im Worte Gottes, daß Gott Israel als „Sein Volk“ bezeichnet. Gott war es, welcher das Volk Israel berufen und herausgeführt hatte aus der Knechtschaft Ägyptens, damit es nun als Sein Eigentum sich erweisen und für Ihn da sein möchte.

Abgesondert von allen Völkern hatte Israel in Jehova seinen Gott, welcher auch gegenwärtig war, und seinen Führer (2. Mos. 15,13), seinen Streiter im Kampf mit den Feinden (2. Mos. 15,3), seinen Versorger an Brot (2. Mose 16,4), seinen Bildner und Erzieher (Jes. 43,21). seinen Gebieter (Ps. 81,8), seinen Richter (5. Mos. 32,36), seinen Tröster (Jes. 40,1), seinen Besucher und Erlöser (Luk. 1,68).

Ganz ähnlich, wie es sich mit dem Volke Israel verhielt, so verhält es sich mit den Gläubigen der Jetztzeit. Auch wir sind eine große Menge, ein großes Volk, abgesondert und berufen für unseren Gott, um Ihm zu leben und zu dienen. Die Welt dient ihren Götzen, wir dürfen unserem Gott dienen. Die Welt hat auch heute noch ihren Götzendienst, wenn auch zumeist in anderer Form als in früheren Zeiten. Denken wir an den Sport, das Vereinswesen, die studentischen „Verbindungen“, Politik, Technik, Kunst, Wissenschaft, Mode und dergl. - Wenn wir dem Herzen nach diesen Dingen den Rücken gekehrt haben, so sind wir aber doch in Gefahr, sie wieder lieb zu gewinnen. Ist nicht z. B. die Wissenschaft für gar manche eine Gefahr? Es ist heute gar vieles in dieser Beziehung für die berufliche Ausbildung notwendig. Gehen wir aber nicht doch manchmal zu weit im Bereichern unserer Kenntnisse, vielleicht mit guten Absichten oder weil es uns interessant ist, und merken nicht, wie zart wir umstrickt werden, zur Betrübnis unseres HErrn? „Hütet euch vor den Götzen!“ -

Wir würden es vielleicht nicht wagen, die Gläubigen der Jetztzeit als Volk Gottes zu bezeichnen, wenn es nicht Gott Selbst täte in Seinem Worte. Der Heilige Geist wendet die in der Frage genannte Schriftstelle 2. Kor. 6,16 direkt auf die Gemeinde in Korinth an. Es heißt dort: „Denn ihr seid der Tempel des lebendigen Gottes, wie Gott gesagt hat: ‚Ich will unter ihnen wohnen und wandeln, und Ich werde ihr Gott sein, und sie werden Mein Volk sein‘.“ Die Völker haben ihre Götter, und die Götter haben die Völker. Wir aber haben unseren Gott, und unser Gott besitzt uns, und Er ist in der Person des Heiligen Geistes gegenwartig unter Seinem Volke. Die

Korinther bedurften, daran erinnert zu werden, damit sie herausgehen und sich trennen mochten von allen ungöttlichen Verbindungen. Auch wir bedürfen der gleichen Erinnerung, der gleichen Ermahnung!

Auch an anderen Stellen der Heiligen Schrift bezeichnet uns Gott als Sein Volk. Apg. 18,10 sagt der HErr ermunternd zu Seinem Knecht Paulus: „... Ich habe ein großes Volk in dieser Stadt.“

Und Titus 2,14 lesen wir; „... reinigte Sich Selbst ein Eigentumsvolk, eifrig in guten Werken.“ Und nach 1. Petr. 2,9 heißt es: „Ihr aber seid ... eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum, damit ihr die Tugenden Dessen verkündigt, der euch berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht; die ihr einst ‚nicht ein Volk‘ waret, jetzt aber ein Volk Gottes seid.“

Diese Schriftworte erinnern uns wieder insonderheit daran, daß wir, die Schar der Erlösten, „Gottes Eigentum“ sind, zum Unterschied von den vielen Menschen, die unter der Gewalt der Finsternis sind. - Unserem HErrn sei immer wieder Dank und Lob und Ehre, daß Er solches aus uns gemacht hat! - Auch werden wir erinnert, eifrig zu sein in guten Werken und die Tugenden unseres HErrn zu verkündigen durch Wort und Wandel. - Ach, wie so wenig kommen wir doch diesem Wort nach!

Wenn Gott in Seinem Wort von den Seinen der Jetztzeit als von Seinem Volke, der Herde Gottes, der Versammlung (Gemeinde) Gottes, dem Tempel Gottes, dem Hause Gottes, dem Leibe, der Braut, dem königlichen Priestertum, dem Ackerfeld, dem Bau oder der Stadt spricht, so will Er uns verschiedene Dinge in bezug auf die Gemeinde zeigen. Angesichts dessen haben wir viel Ursache, uns in tiefer Demut vor unserem Gott zu beugen. Ja, was hat Er doch aus uns sündigen Menschen gemacht! Ihm, unseren Gott und Vater und unseren Herrn Jesus Christus, sei ewig Dank! Möchten wir deshalb willig sein und Gnade haben, in dieser Welt des Götzendienstes uns als „Gottes Volk“ zu erweisen in allem Wandel!

O. D.

Antwort Des Schriftleiters

Zu diesen schönen und so ernst-praktischen Ausführungen noch viel hinzuzufügen erübrigt sich wohl. Ich habe die Hoffnung, daß des Fragenden Bedenken beseitigt sein möchten. Diese waren dadurch entstanden, daß er meinte, es seien stets nur Zitate aus dem Alten Testament, in denen von uns als dem „Volke Gottes“ geredet würde, so daß wir somit eigentlich nur (geistlicherweise) an die Stelle des alten Bundesvolkes, das gefehlt habe und beiseite gesetzt sei, gesetzt seien, ohne daß es in Gottes Absicht gelegen habe, uns, d. h. die Gemeinde Gottes, als „Sein Volk“ im Vollsinne anzuerkennen.

Nun, wie gesagt, ich habe die Hoffnung, daß seine Bedenken (und die anderer vielleicht?) zerstreut sind. Wenn sie aber noch bestehen, so möchte ich in aller Demut fragen, ob es denn nicht genügen würde, wenn der Heilige Geist solche alttestamentlichen Stellen in der gegenwärtigen Zeit der Gemeinde Gottes, in der Israel als Volk nicht anerkannt oder, wie oben gesagt, beiseite gesetzt ist, auf uns, also die Gemeinde, anwendet! Ich frage, genügt uns das nicht, nur zu wissen: heute sind wir „das Volk Gottes“, und alle die Beziehungen, die sich aus dieser Benennung ergeben, gelten heute uns!? Bekommt nicht gerade dadurch die in der Frage angeführte Stelle 2. Kor. 6,16 ihren eigentümlichen, durch nichts zu verwischenden Ernst?! Solch ein Wort galt einst Israel, dem Volke des Bundes - und solch ein Wort gilt heute dem Volke, das auf den Boden der Gnade, nicht des Gesetzes, Gott zu eigen gegeben ist! Mit welchem sittlichen Ernst sollten wir diese Anrede beAntworten in Wort und Werk und allem Wesen, wir „Begnadigte des HErrn“, des Oberhauptes Seines Volkes!

Aber nicht nur solche alttestamentlichen Zitate, wie jenes Wort u. a., sind auf uns, also auf das neutestamentliche Volk Gottes, angewandt, sondern auch einige nicht als Zitate zu wertende, sondern unmittelbar neuen Worte des Heiligen Geistes. Ein paar solcher sind genannt. Daß solche auch Anklänge zeigen an alttestamentliche, auf das alte „Volk Gottes“ bezugnehmende - wie Titus 2,14 aus Hes. 37,23; 2. Mose 19,5(5,6 vgl. zu 1. Petr. 2,9!) und 5. Mose 14,2 -, das liegt doch ganz in der Natur der Sache, da wir allein am alttestamentlichen Vorbild die Tragweite (in moralischer Hinsicht) des Ausdrucks „Volk Gottes“ als „Eigentumsvolk Gottes“ lernen können. Außerdem zeigt es uns die andere höchst bemerkenswerte Tatsache, daß die

Schreiber der neutestamentlichen Bücher sehr, sehr oft in der Schreibweise, den Ausdrücken, Begriffen und Worten des Alten Testaments denken und schreiben. Das läßt sich in viel feineren, d. h. weniger auf der Hand liegenden Fällen als dem vorliegenden schon nachweisen und wird jedem treuen Bibelleser zu einem wirklichen Gewinn.

Zu den letztgenannten Stellen gehört wohl auch die in Antwort A nicht genannte Hebr. 4,9!

In einem höchst bemerkenswerten Zusammenhang aber steht noch eine oben auch nicht genannte Stelle, die noch angeführt werden muß, um das Bild zu vervollständigen: Apg. 15,14(6-21)! Vollends die Hinzufügung des Zitats von Amos 9,11.12macht die Worte gerade des Jakobus in Vers 14 so besonders eindrücklich! Das, was dort verheißen war betreffs aller Nationen, das sieht der Judenapostel Jakobus jetzt als erfüllt, vielleicht besser als vorerfüllt, d. h. ehe die der „Hütte Davids“ verheißene und dem Tausendjährigen Reiche vorbehaltene Wiederaufbauung erfüllt ist. „Ein Volk für Seinen Namen!“ Welch kostbares, aber auch verAntwortungsreiches Wort! Das gilt uns heute, das sind wir aus den Nationen, wir, deren „Bürgertum“, deren „Heimat“ in den Himmeln ist, von woher wir den Herrn Jesus als Heiland erwarten ...! (Phil. 3,20.21) Wie sollten wir uns dieser hohen Berufung würdig erweisen, wie sollten wir „sinnen auf das, was droben ist, statt auf das, was aus der Erde ist!“ (Kol. 3,2)

„Fest stehet die Gemeinde ...

Erkor'n aus allen Völkern, doch als ein Volk gezählt,

Ein Herr ist's und ein Glaube, ein Geist, der sie beseelt,

Und einen heilgen Namen ehrt sie, ein heilges Mahl,

Und eine Hoffnung teilt sie kraft Seiner Gnadenwahl.“

(B. Kühn.)

Dieser Gemeinde und zugleich diesem gesegneten „Volke Gottes“ gehören wir an, Geschwister!

der Schrift, und demgemäß laßt uns wandeln in der Kraft Seines Geistes und zu Seiner Ehre, bis Er kommt!

F. K.

Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt in Liebe, gleichwie auch der Christus uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch!“ (Eph. 5,1.2)

 

Einige Gedanken über 2. Chron. 17; 18; 19.

(Ein Vortrag von Ed. v. d. K., H., nachgeschrieben von A. R.)

Wir werden uns in dieser Abendstunde mit den Anfängen der drei Kapitel 17, 18 und 19 des 2. Buches der Chronika beschäftigen. Ich lese zunächst die ersten Verse dieser drei Kapitel.

Welch einen schönen Anfang machte Josaphat, der als König zum Herrschen bestimmt war! Welch ein schöner Anfang für einen, der, wie er, berufen war, Einfluß auf einen großen Kreis von Menschen, die ihm Gott unterordnet hatte, auszuüben! Wenn wir auch nicht wie Josaphat berufen sind, Könige über ein Volk zu sein, so hat der HErr doch uns allen einen neuen und herrlichen Anfang durch die Erlösung gegeben und auch jeden von uns in ein Einflußgebiet gestellt, wo wir als ein königliches Priestertum durch die in unsere Herzen durch den Heiligen Geist ausgegossene Liebe einen Gott wohlgefälligen Dienst an anderen zu vollführen haben.

Wir dürfen uns nie dem Gedanken hingeben, als ob mit unserer Errettung Gottes Absichten mit uns ihr Ziel und Ende erreicht hätten; so groß auch die Barmherzigkeit und Gnade Gottes in unserer Errettung sich geoffenbart hat, so ist unsere Errettung doch nicht das Ende, sondern erst der Anfang Seiner Gnadenabsichten über uns. Sein Ziel aber ist, daß die „Werke Gottes“ (Joh. 9) und Seine Herrlichkeit auch an und durch uns offenbar gemacht werden sollen. Solange unser Herz auf Erden schlägt, haben wir dieses Ziel Gottes mit uns im Auge zu behalten. Auch der Blick auf uns selbst und unsere Vergangenheit darf uns nicht davon

abhalten. Gott hat einem jeden von uns genau so wie Josaphat Aufgaben gegeben. Josaphat war bemüht, sein Volk gesegneten Zeiten und Verhältnissen entgegenzuführen; und auch wir sollen unseren Verwandten und Bekannten das Heil in Christo bringen und das Wachstum der Gemeinde Gottes fördern und so durch unsere Mitarbeit zur Verherrlichung unseres Gottes beitragen.

Josaphat erkannte aber nicht nur seine Gaben und Aufgaben, sondern auch die verderblichen Strömungen seiner Zeit, deren Einflüssen er ausgesetzt war. Und so lesen wir gleich am Anfang, daß er sich wider Israel stärkte. Was heißt das? Israel stand unter der Herrschaft eines Ahab, jenes Königs, der Israel sündigen machte und dem Baal zuführte. In dieser traurigen Arbeit hatte er eine treue Gehilfin in der Isebel. Und weil Josaphat wußte, um was es sich handelte, darum stärkte er sich in seinem Gott, diesen Einflüssen eines verweltlichten Israel nicht zum Raube zu fallen.

Auch wir werden nur in dem Maße unsere Aufgaben erfüllen und gesegneten Einfluß ausüben, wie wir uns stärken wider die Welt, wider das eigene Fleisch und unseren eigenen Willen. Ohne die Abhängigkeit und die Kraftsammlung beim HErrn ist unser Planen, Wollen und Beginnen vergeblich. Wollen wir uns nicht prüfend fragen, wie es bei uns mit diesem „Sich-stärken“ steht, wenn wir an die Aufgaben unseres Lebens herantreten? Mit dem Herzen des Glaubens müssen wir immer neue Kraft von oben holen für jede Aufgabe, die uns vom HErrn zugewiesen wird, denn uns umgibt ein uns stets beobachtender Feind, dessen Absichten uns nicht unbekannt sind. Möchten wir immer mehr in die Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes, in den Willen und die Gedanken Gottes, in Seine Pläne und Ziele hineinwachsen und darauf achten, daß mit dieser Erkenntnis auch die Heiligung zusammengeht, damit Gott auch in unserem Leben Sich verherrlichen kann und wir gestärkt und bewahrt bleiben vor einem Israel, welches dem Götzendienst sich ergeben hat.

Gott segnete Josaphats Treue mit irdischen Gütern des Reichtums und der Ehre in Fülle. Und in Verbindung mit diesem Reichtum und der Ehre folgt ein köstliches Wort: „Und sein Herz gewann Mut in den Wegen Jehovas, und er tat noch die Höhen und die Ascherim aus Juda

hinweg.“ (17,6)

Wir sangen vorhin ein Lied, welches der HErr uns gab:

„Nahe bei Jesu, o Leben so schön,

Seliges Wandeln auf sonnigen Höh‘n!“

Nur in der innigen Gemeinschaft mit dem Herrn Jesus finden wir diesen Mut, dieses innere Gestärktwerden unseres Herzens, die Wege unseres Gottes zu gehen. Ein köstliches Leben ist es, sich herausheben zu lassen aus all den Dingen dieser Erde und alle Höhen und Ascherim aus unserer Mitte und auch aus unserem Herzen hinwegzutun.

Wenden wir uns nun zum 18. Kapitel, so werden unsere Augen noch einmal auf die Fülle des Reichtums und der Ehre Josaphats hingelenkt. Auch hier im Kap. 18 folgt ein „Und“ auf die Worte: „So hatte Josaphat Reichtum und Ehre in Fülle.“ Aber dieses „Und“ schließt etwas ganz anderes in sich als in Kap. 17. Es heißt: „Und er verschwägerte sich mit Ahab.“ Dies sagt uns, wie verschieden der Reichtum und die Ehre sich auf das Herz Josaphats auswirkten. Im Anfang des 17. Kapitels wurden diese Gnadenerweisungen ihm Anlaß zur Treue gegen Gott, und er faßte Mut und tat auch noch die Stätten des Baaldienstes hinweg, und Jehova beAntwortete seine Treue damit, daß Schrecken auf seine Feinde fiel und sie die Tatsache anerkennen mußten, daß Jehova mit Josaphat war und Er es ihm gelingen ließ. Aber jetzt in Kap. 18,1 vergaß er, daß sein Reichtum und die Ehre Gnadenerweisungen seines Gottes waren, und verschwägerte sich mit dem verweltlichten Ahab. Wie eigenartig! Zuerst stärkte er sich wider Israel, und nun verschwägerte er sich mit Ahab! Wie konnte das geschehen? Finden wir nicht in den Worten des 12. Verses des 17. Kapitels: „Und Josaphat wurde immerfort größer, bis er überaus groß war,“ eine Antwort Auf diese Frage? Sein bisher auf Jehova gerichteter Glaubensblick, sein bisher den Feind beobachtendes Auge fingen an, auf seiner äußeren Stellung und der vermeintlichen eigenen Größe zu ruhen.

Wie leicht ist doch unser Herz betört, wie wichtig ist es, nicht nachzulassen, uns in der

uns über eine gelockerte Verbindung mit Ihm hinwegsetzen, so können wir noch Schwereres erleben, als was Josaphat erlebte. Ich erinnere an Jakob, der die ganze Zeit bei Laban nicht in der wahren Gemeinschaft mit seinem Gott, sondern so wie die Welt lebte. Er überlistete Laban, und Laban betrog ihn. Aber dann griff der große Gott mit Widerwärtigkeiten und Schwierigkeiten ein, und die Sehnsucht nach der Heimat wurde in Jakob wach. Dann führte Gott den sich an einem ganz verkehrten Platze aufhaltenden Jakob zurück, und dann finden wir, wie er die Verbindung mit seinem Gott wieder anknüpft und einen Altar baut und bis zur Furt des Jabbok kommt. (1. Mos. 32,22)

Und dort zerbricht der HErr ihn und macht aus ihm das, was Er Sich vorgesetzt hatte, aus ihm zu machen.

Josaphat gerät ungeahnt mehr und mehr unter den Einfluß Ahabs und des Satans. Kein Feind von außen tritt ihm entgegen. Kein Krieg wird ihm erklärt. Gewiß hätte er dann zum HErrn geschrien; aber der Feind hat es nicht auf sein Königreich abgesehen, sondern auf sein Herz. Erleben wir solches nicht auch? Wenn die Welt uns verfolgt, wenn allerlei Schwierigkeiten über uns kommen, dann fliehen wir zum HErrn. Aber nichts derartiges drohte Josaphat, sondern die Schafe und die Rinder Ahabs! Er wird eingeladen, und er zieht hinab zu Ahab. In diesen ersten Versen des 18. Kapitels finden wir die ganze Entwicklung und den traurigen Lauf eines Kindes Gottes, welches nicht in der stärkenden und gesegneten Verbindung mit seinem HErrn bleibt. Ahab läßt es sich etwas kosten, Josaphat unter seinen Einfluß zu bringen. Herrliche Festtage zu Ehren Josaphats werden gefeiert und alles, um den Gesegneten des HErrn zu bereden oder, wörtlich, zu verleiten, der Weggenosse Ahabs zu werden.

Er ist mit Ahab verschwägert. Was liegt in diesem Wort! Ein Weib, das seine Liebe hat, ist in seinem Hause und ruht an seinem Herzen; ihr Auge ist nach dem abgefallenen Israel gerichtet, gegen welches er sich einst stärkte. Sie nimmt ihm das Zartgefühl, innerlich auf die Stimme Jehovas zu hören. Die Auswirkungen eines solchen dauernden Einflusses in sichtbaren Handlungen machen sich oft erst nach Jahren bemerkbar. Auch wir sind ständig unter Einflüssen, entweder unter Einflüssen des Heiligen Geistes oder unter Einflüssen des Zeitgeistes

der Welt, der sein Werk in den Söhnen des Ungehorsams hat.

Auch in Davids Leben finden wir Beispiele hierfür. Aber Gottes Gnade und Treue wacht über die Seinigen. So sehen wir es auch bei Jakob. Als Jakob veranlaßt wurde, Pharao zu besuchen, da lesen wir, daß er ihn segnete, und ebenso, als er von dem Pharao fortging. (1. Mos. 47,8.10) Er kam und er verließ denselben als ein Segnender, und die ganze Unterhaltung drehte sich um die Tatsache, daß Jakob ein Fremdling auf dieser Erde sei. Möchten auch wir das Wohlergehen unserer Seele vor unserem Auge haben und der Welt gegenüber unseren Fremdlings-Charakter betonen. Tun wir es nicht, dann wird die Welt uns umlauern, um uns in ihre Gemeinschaft zu ziehen und für ihre Interessen auszunutzen.

Ahab suchte Josaphat zu überreden, mit ihm die einstige Zufluchtsstadt Ramoth in Gilead zurückzuerobern. Scheinbar ein gutes Werk! Aber was war der Zweck Ahabs? Er wollte Josaphats Rüstung und Streitmacht, die einst wider das abgefallene Israel gerichtet waren, jetzt für seine eigenen (Ahabs) Interessen verwenden. Wie fein versteht doch der Satan, uns mit gut scheinenden Werken aus der Gemeinschaft des HErrn zu bringen und uns zu verführen, den Weg der Absonderung zu verlassen! Wir machen so leicht den Fehler, die Welt anders einzuschätzen, als sie in Wirklichkeit ist. Aber Welt bleibt Welt. Sind wir nicht geschieden von ihr, so kommen wir unter ihren Einfluß. Aber wir sollten unseren Einfluß so geltend machen und unsere Aufgaben hier so erfüllen, daß nicht wir unter den Einfluß der Menschen, sondern sie unter unseren Einfluß kommen.

Josaphat steht jetzt so unter Ahabs Einfluß, daß er bereit ist, ihm zuliebe jedes verlangte Opfer zu bringen. Erschütternd muß seine schrecklich sorglose Sprache auf uns wirken: „Ich will sein wie du.“ O, Josaphat, du willst sein wie Ahab? Wunderbarer Gott, der in Seiner Gnade dieses Wort nicht wahr gemacht hat, welches Josaphat unter dem Einfluß des gottlosen Königs aussprach. Ahab wurde vom Feinde durchbohrt, und Hunde leckten sein Blut; Gott aber rettete durch ein Wunder das Leben Josaphats. Warum hat Gott für uns alles dieses niederschreiben lassen? Soll es uns nicht ein Weckruf zur ernsten Wachsamkeit sein?

Aber weiter sinkt Josaphat. Ahab fragt die unter dem Lügengeist stehenden Propheten, und sie

weissagen den günstigen Ausgang und den Sieg in der Schlacht. Josaphats Frage nach dem Propheten Jehovas ist nur noch ein letzter schüchterner Versuch vor diesem ernsten Gang, um die gelöste Verbindung mit dem HErrn wieder anzuknüpfen. Wie arm ist ein Kind Gottes geworden, wenn es die Gemeinschaft mit dem HErrn verloren und, von der Welt gefangen genommen, keine Kraft mehr besitzt! Nun kann Ahab ungestört handeln. Wir sehen dieses im 29. Verse: „Ich will mich verkleiden ... du aber lege deine Kleider an.“ Jetzt muß Josaphat Ahabs Stellung einnehmen. Er soll in seinen königlichen Kleidern als der König des abgefallenen Israel erscheinen. Wie schnell geht's doch bergab! Welche Stufenfolge abwärts können wir in diesem 18. Kapitel beobachten. Armer Josaphat! Welch eine schöne, aber ach, so kurze Zeit der Treue - und dann hinabgezogen in das Lager des Feindes! Wie unglücklich wurde Josaphat! Was sind wir doch für seufzende und unglückliche Menschen, wenn wir die Straße abwärts ziehen! Und wo bleiben wir, wenn nicht der große und barmherzige Gott wieder bei uns anknüpfen würde? Ja, was würde aus uns werden? Gepriesen sei der HErr, daß Er Seine Augen über uns offen hält! Dies sehen wir auch in der weiteren Geschichte. Josaphats Not wird groß, und in seiner Angst und Bedrängnis hören wir ein Wort, über welches wir den HErrn preisen können: „Und Josaphat schrie; und Jehova half ihm und Gott lenkte ...“ (V. 31) Gott rettete ihn und gab ihm Gnade zu einem neuen Anfang. Mußten nicht auch wir manchmal solche Wege gehen? Wenn du merkst, daß die Verbindung mit deinem HErrn gelöst ist und du nicht mehr in der lebendigen Gemeinschaft mit Ihm stehst, schreie, rufe den Namen des HErrn an! Nur so werden wir gelöst von den Fesseln unseres eigenen Willens und der eigenen Wege.

Nun kommt die Umkehr. (Kap. 19,1ff.) Josaphat schrie zum HErrn, und sofort heißt es: „Und Jehova half ihm.“ Ist das nicht wunderbar groß? Nun geht es bergauf. Die Verbindung mit dem HErrn wird wieder aufgerichtet. Ein Bote Gottes kommt ihm entgegen, um ihm die ganze Schwere seines bisherigen verkehrten Weges klarzumachen, und volle Beugung zu bewirken. Wie gütig ist Jehova! Er gedenkt der früheren Treue Josaphats und verbindet Sich wieder in Gnade mit ihm. Josaphat hat aus der Vergangenheit gelernt. Wir lesen: „Josaphat blieb zu Jerusalem.“ Nur, wenn wahres und tiefes Selbstgericht über die verkehrten Wege der Vergangenheit geübt wird, lernen wir, besonnen und nüchtern zu werden.

Josaphats Ermahnungen an sein Volk und ihre Richter zeigen uns, wie gründlich das mit Gottes Zulassung Erlebte auf ihn eingewirkt hatte. Jedes an uns vollzogene oder zugelassene Gericht über unser fleischliches Wesen bedeutet letzten Endes doch nur Segen für uns. So bitter wir auch Sündenwege oft auskosten müssen, so dienen sie doch dazu, unser Herz sehnsüchtig nach Seiner Leitung und Seiner Kraft zu machen. Auf schmerzlichen Wegen hatte Josaphat gelernt. Er konnte sagen: „So ist es mir gegangen; ich hatte die Hand des HErrn losgelassen, und als ich in arge Not kam, schrie ich zu Ihm, und Er hat mir geholfen. Macht es nicht so wie ich; es ist ein saurer Weg.“ Als er nun, nachdem er zurückgekehrt war, wiederum unter das Volk ging, ermahnte er, „in der Furcht Jehovas, mit Treue und mit ungeteiltem Herzen“ zu handeln. (19,9)

Wie köstlich ist es, daß es eine Hand gibt, die in solcher Gnade über uns waltet! Möchten wir uns immer wieder in der innigen Gemeinschaft mit dem HErrn und im Gehorchen der Stimme Seines Geistes stärken, um in den listigen Anläufen des Feindes den Sieg zu behalten!

E. v. d. K., H.

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

(Fortsetzung.)

Zu A 4! Dieser Punkt ist außerordentlich wichtig, wird aber bei Beurteilung der Entwicklung des Buches der Apostelgeschichte oft nicht gebührend berücksichtigt. Dadurch kommt man leicht zu falschen Schlüssen. Ich glaube z. B., daß die Kritik, die manche sogen. Schriftforscher an Petrus im Vergleich mit Paulus üben - Kritik! als wenn wir ein Recht hätten, Apostel zu kritisieren! Und doch geschieht es und ist es geschehen, z. B. auch an Paulus, was die Ereignisse der Kapitel 21 und folgende anbelangt, die übrigens auch mit unter den vorliegenden Punkt 4 fallen -, also wie gesagt, ich glaube, daß das kritische Vergleichen der beiden größten Apostel in der Nichtsbeachtung oder ungenügenden Beachtung dieses Punktes begründet ist.

Lebenslauf und Charakter als auch in ihren Gaben und Aufgaben, aber gerade das Erforschen dieser letzteren, die doch von dem „Geber aller Gaben“ sind - und ein Mensch kann sich ja nichts nehmen, alles muß ihm von oben gegeben werden (Joh. 3,27) -, entzieht uns jede Erlaubnis zu einer kritischen Beurteilung, wieviel wir auch zu lernen vermögen aus der Gegenüberstellung, dem Nebeneinander wie dem Zusammenstehen dieser beiden gewaltigen Männer, worüber die Schrift uns so manches sagt (vergl. z. B. Apg. 15; Gal. 2 und 2. Petr. 3,15.16!)

Ich nannte also als Punkt A 4: „Die Geschichte von der großen Auseinandersetzung zwischen Judentum und Christentum (z. B. Kap. 10).“ Vielleicht wäre es besser, von vornherein zu reden von der Auseinandersetzung über das Judenchristentum und Heidenchristentum, denn dieses ist es, was den Judenaposteln solche Schwierigkeiten machte (vergl. 11,18!), aber im letzten Grunde ist es doch so, daß die Apostel zu lernen hatten, eine wie unüberbrückbare Kluft zwischen dem Judentum und Christentum bestände, zeigt uns doch die Entwicklung der Geschichte der ersten Kapitel, daß die Apostel und sonstigen einflußreichen Männer zuerst durchaus der Meinung schienen, als sei das Neue, was seit „Pfingsten“ (diesem von Haus aus jüdischen Fest, dem 4. Fest, dem „Fest der Wochen“ nach 5. Mose 16,9-12; vergl. 3. Mose 23,15-22) ihnen zuteil geworden sei, nur gleichsam eine Erweiterung eines ernstgemeinten treuen Judentums, des Israels, dem das Reich gehöre (Apg. 1,6! [Matth. 16,18.19], vgl. Apg. 8,12 u. a. Abschnitte). Diese Auffassung läßt sich leicht stützen z. B. durch die Anrede, die Petrus den Juden gegenüber gebraucht, „Brüder“ (vergl. 2,22 mit 29[.37]; 3,17 usw.), ferner durch die Tatsache, daß wir in diesen „Brüdern“ offenbar den sogen. gläubigen jüdischen „Überrest“ vor uns haben, auf den die Verheißung aus Joel 2 angewandt werden durfte, weiter durch die ebenso einfache wie lehrreiche Stellung, welche das jüdische Volk den von diesem „verkehrten Geschlecht“ (2,40) zu dem Messias Bekehrten gegenüber einnahm (2,43.47; 3,11; 4,21 usw.), dann vor allem durch die Art ihrer Verkündigung und deren Inhalt wie eben auch durch die Haltung, welche die Apostel dem Volk sowie den Gebräuchen, dem Tempel, kurz der jüdischen Religion gegenüber noch einnahmen (statt vieler nur zwei Stellen: 3,1-3 und 25-26!). Noch andere Merkmale in dieser Hinsicht lassen sich aufzählen, die alle zeigen, daß die Apostel

Pfingstpredigt unter Inspiration des Geistes auf die hinweisen muß, die „ferne“ sind, die „der HErr, unser Gott, herzurufen“ würde (2,39), so deutete doch zunächst in den ersten 7 Kapiteln nichts darauf hin, daß die Urapostel „in alle Welt“ gehen würden, wie ihr Meister ihnen aufgetragen hatte. Ja, bei der großen Verfolgung, die nach Stephanus‘ Tode über die Gemeinde in Jerusalem kam, blieben sie, während die Gemeinde sonst zerstreut wurde - was wenigstens dazu führte, daß Samarien in den Kreis der Verkündigung eingeschlossen wurde (Kap. 8!) -, sogar allein in Jerusalem zurück. Glaubten sie etwa nicht, gehorsam sein zu müssen dem Befehl des HErrn? O ganz gewiß, aber sie verstanden ihn noch nicht, sie bedurften noch besonderer Belehrung darüber, und da der Heilige Geist, der sie an alles, was Er ihnen gesagt hatte, erinnern sollte (Joh. 14,26), ihnen hierüber noch keine besondere Belehrung gegeben hatte, so konnten sie auch noch nicht so handeln, wie die „Kritiker“ unter den heutigen Schriftforschern von ihnen verlangen! Unser Gott aber kommt mit Seiner Belehrung nicht zu spät! Als das Judentum als Ganzes seine Unbußfertigkeit bewiesen hatte (der endgültige Beweis ist Kap. 7!), da bereitet Gott das Neue, den treuen Judenaposteln zunächst Unfaßliche vor und leitet es ein durch die schon erwähnte Arbeit unter den Samaritern, eine Arbeit, zu der der äußere Anlaß eben die Verfolgung nach dem Tode des Stephanus war (Kap. 8).

Die Gemeinde Gottes bestand ja bis jetzt nur aus Judenchristen und gläubig gewordenen Proselyten der Juden (Luth. „Judengenossen“ Kap. 2,10), und die Apostel als die berufenen Lehrer der Gemeinde (vergl. 2,42!) mußten selber jetzt die höchste Belehrung empfangen, die sie seit dem Pfingsttage überhaupt erfahren konnten: das Heil ist nicht mehr für die Juden allein; was der HErr einst, d. h. vor wenigen Jahren, selber ihnen gesagt hatte: „Gehet nicht auf einen Weg der Nationen und gehet nicht in eine Stadt der Samariter“ (Matth. 10,5) - das war jetzt nach der endgültigen Verwerfung Seiner Boten aufgehoben, und statt dessen fing die Erfüllung der Verheißung an, die Er bei Seiner Himmelfahrt ihnen anvertraut hatte: Luk. 24,46-48, vergl. Apg. 1,8: „Jerusalem - Judäa - Samaria - das Ende der Erde!“ Welch eine Enthüllung der Gedanken Gottes, solcher Gnadengedanken, die auch bis zu uns reichten, die wir dies schreiben und lesen dürfen, Gedanken, die kaum je in dem Herzen strenggläubiger Juden hätten auftauchen können ... Wie? sie sollten nicht mehr allein das auserwählte

wie später Petrus, gerade er, diese wunderbare Verheißung ausdehnen darf auf alle die, welche zu dem „lebendigen Stein“ gekommen waren?! (1. Petr. 2,3-10) Nein, nicht mehr sie allein, die Gläubiggewordenen aus dem alten Bundesvolk, waren das „auserwählte Geschlecht“ und „Volk zum Besitztum“, sondern Gott rief viele andere herzu aus aller Welt, solche, die keine derartigen Verheißungen hatten wie Israel. Wenn aber auch die Nationen so gewaltige nicht hatten wie Israel, so waren doch verborgene Verheißungen für sie ebenfalls da, und jetzt war es für die Urapostel an der Zeit, sich an ein Wort wie Jes. 49,6 zu erinnern oder Amos 9,11.12 u. a., und sie lernten es, wie z. B. Apg. 15,15.17 zeigt (vergl. Frg. 12 d. J.). Aber lernen ist schwer, und wenn sie nicht solch herrlichen Lehrmeister gehabt hätten, wie der Heilige Geist ist, wer weiß, ob sie's gelernt hätten, und wer weiß, wie das Evangelium bis zu uns gekommen wäre, d. h. welcher Werkzeuge unser großer Gott Sich dann hätte bedienen müssen, um uns mit Seiner Heilsbotschaft zu erreichen! Aber „der Geist der Wahrheit“ belehrte sie, und wahrhaft pädagogisch ging Er vor, indem Er nicht zuviel auf einmal von ihnen verlangte und sie alles recht verarbeiten ließ, ehe Er weiterging! Zuerst kam Samaria an die Reihe, und war es auch kein Apostel, der diesen kostbaren Dienst zu tun hatte, sondern „nur“ der Tischbediener(!) (6,2), später „Evangelist“ genannte Philippus (21,8; siehe S. 127, Zeile 3), so durfte die Anerkennung dieses gottgewollten Dienstes doch nicht ohne die Apostel erfolgen, es mußten vielmehr nunmehr einige aus Jerusalem hingehen, um in apostolischer Vollmacht aufzutreten und die Arbeit des Philippus zu „sanktionieren“, gutzuheißen und zu betätigen. (8,14ff.) - Warum der Heilige Geist hier einzigarterweise durch Handauflegen der Apostel gegeben wurde, dagegen in Apg. 10,44 vor der Taufe auf alle Zuh örer fiel, kann ich hier aus Raummangel nicht näher ausführen, obwohl es nahe genug mit dem Thema dieses Punktes zusammenhängt. Aber es ist auch nicht nötig, da über diese Fragen eingehend im Jahrbuch 8, S. 41ff. in dem Aufsatz „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“ von Br. A. v. d. Kammer (vergl. in dem gleichbetitelten Büchlein S. 16ff.) geschrieben worden ist. Kurz, - wir sehen, wie keine durchgreifende Änderung der Evangeliums-Praxis möglich war ohne die Dazwischenkunft und Teilnahme der Apostel; sie hatten die VerAntwortung! Doch ist es köstlich zu sehen, wie sie an ihrer eigenen praktischen VerAntwortlichkeit, so wichtig sie für das Zeugnis an andere auch war, selber die größte Belehrung erhielten. Und darauf kam es Gott an; denn sonst wäre

niemals - wenn schon in der Lehre durch Paulus - in der Praxis „aus zweien eins geworden“ (Eph. 2,14ff.). Es wäre ein klaffender Riß entstanden und geblieben zwischen Juden- und Heidenchristen. Und dieser entstand in der Anschauung geringerer Köpfe tatsächlich und mußte darum sogar in den Belehrungen der Briefe behandelt werden, aber die Apostel, auf die es ankam und die das ganze Werk zu stützen, zu tragen, zu halten hatten (menschlich gesprochen! doch vergl. auch Eph. 2,20; 3,5), waren sich einig in der geistlichen Beurteilung der Sachlage, indem sie durch die Geschichte der großen Auseinandersetzung zwischen Juden- und Heidenchristen die unbedingte Zusammengehörigkeit beider in „einem Leibe“ (Eph.-Brief!) gelernt hatten und vertraten - freilich nicht ohne Kampf, nicht ohne zeitweilige Schwankungen, wenn es sich darum handelte, die Freiheit der Heidenchristen vom Gesetz zu gewährleisten. In diesem Zusammenhange möchte ich Apg. 15; 21,18ff. und Gal. 2 nennen, obwohl ich weiß, daß andere Brüder besonders über Apg. 15 anders denken. Ich persönlich glaube aber, daß Paulus als der Freistehende die den Heidenchristen aufzuerlegenden Gebote deswegen anerkannte bezw. zur (zeitweiligen) Verkündigung annahm, weil er sie als zeitlich begrenzt (vergl. V. 21 die Begründung „denn“!) ansah und weil er stets und gern bereit war, um der Schwachen willen auf geistliche Rechte zu verzichten (vergl. Röm. 14 und 1. Kor. 8). Er selber aber stand, wie gerade 1. Kor. 8 beweist, hoch über solchen alttestamentlichen Speiseverboten. Jedenfalls aber, wie man jene Sache auch auffassen will, wie man sich auch zu dieser Belehrung des Heiligen Geistes (V. 28) stellt, ob man sie als zeitlich begrenzt oder absolut bindend für alle Gläubigen und alle Zeiten auffaßt - sie zeigt die ungeheuren Schwierigkeiten, in denen die Apostel sich befanden durch die göttliche Einordnung der Heidenchristen in die Gemeinde Gottes. Aber sie hatten gelernt, was Paulus, der in dieser Hinsicht als der von dem verherrlichten Christus Berufene viel eher, ja ohne besondere Mühe, als Wahrheit begriff, da er eben nicht diese Geschichte hinter sich hatte wie sie; sie hatten gelernt, sage ich, was dieser in Röm. 3,22.23 und 10,12 sagt: „Denn es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt ...“ und „denn es ist kein Unterschied zwischen Jude und Grieche (Heide), denn derselbe HErr von allen ist reich für alle, die Ihn anrufen; denn jeder, der irgend den Namen des HErrn anrufen wird, wird errettet werden“.

Evangelium auch zu uns kam, hatte der große Apostel Petrus auf einem Wege zu lernen, der in jeder Hinsicht absonderlich und zugleich göttlich groß war; letzteres umsomehr, als der große Gott auch keine der geringsten Kleinigkeiten aus dem Auge verliert, um Seinen getreuen und doch so schwer belehrbaren, weil eben so treuen Knecht gleichsam zu einem „Heidenapostel“ zu machen, lange, ehe der größte aller Heidenapostel, Paulus, diese seine besondere Tätigkeit (9,15; 22,21; 26,17-20) aufzunehmen hatte. Es erübrigt sich wohl, und es mangelt auch an Platz, um die göttliche Belehrung von Apgesch. 10 ausführlich zu betrachten; aber ich bitte alle Leser mit Liebe im Forscherblick zu untersuchen, ob es sich nicht also verhält, d. h. ob nicht große und kleine Dinge zusammentreffen müssen, und zwar gleichsam haarscharf, um jeden Anstoß aus dem Wege des um die Ehre des HErrn und Sein Wort, d. h. das Gesetz, besorgten Apostels zu räumen und ihn zu dem überwältigenden, anbetenden Zeugnis zu bewegen - eben jenem, das dem des Paulus aus Röm. 10,12 so ähnlich ist: „In Wahrheit begreife ich, daß Gott die Person nicht ansieht, sondern in jeder,Nation', wer Ihn fürchtet und Gerechtigkeit wirkt, ist Ihm annehmlich.“ (V. 34.35) Ein solcher war Kornelius, solche waren die vielen mit ihm Versammelten (V. 24.27.33)!

Aber lassen wir jetzt den Blick auf diese lieben Gläubigwerdenden aus den Nationen und schauen wir noch einen Augenblick genauer in die Belehrung, die einem Petrus zuteil werden mußte, um ihm durch diese zusammen mit allen anderen Fügungen (wie z. B. V. 17.18.19.20) die Augen über Gottes Willen mit den Nationen zu öffnen! Wir haben und kennen im Wesentlichen seine Schwierigkeilen persönlich nicht, wir sind ja aus den Nationen, aber wir müssen versuchen, zu fassen, wie es zu dem „Ich begreife“ von V. 34 gekommen ist. Die Belehrung, die er erhielt in der Vision des „großen leinenen Tuches“, in der fast jedes Wort sinnbildliche Bedeutung hat, worauf ich leider hier nicht eingehen kann, die Belehrung, daß er unreine Tiere schlachten und essen solle (entgegen 3. Mose 11 und 5. Mose 14), die Belehrung, die auch darin lag, daß das Tuch in den Himmel hinaufgenommen wurde - daß Gott also gleichsam in Gemeinschaft unreiner Wesen leben könnte! -, diese Belehrung muß für einen frommen Juden, wenn auch Judenchristen, so gewaltig umwälzend gewesen sein, daß wir sein „Keineswegs, HErr!“ und „niemals“ (V. 14) verstehen können, wenngleich ein Apostel eigentlich

Frage und Antwort

Frage 13

Wie ist es zu verstehen, daß in 1. Mose 3 von der Schlange als von einer Kreatur gesprochen wird (z. B. V. 1), während dort in Wirklichkeit Satan gemeint ist? Und wie ist da die Verfluchung aufzufassen: „auf dem Bauche sollst du kriechen ...“ (V. 14) sowie V. 15: „Ich werde Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen und ihrem Samen“?

Antwort

Finden wir je einmal in der Schrift, daß Satan sich den Menschen, die er verführen will, vorstellt als das, was er ist, nämlich als „Widersacher“ (Bedeutung des Wortes „Satan“: 1. Sam. 29,4; 2. Sam. 19,22; 1. Kön. 11,14.23.25; Psalm 109,6; 4. Mose 22,23.32)? Da würde er sich von vornherein unmöglich machen. Also bleibt ihm nur übrig, sich anderer Wesen zu bedienen, in denselben, durch dieselben, als dieselben handelnd aufzutreten. Er ist dann auch in diesem Stück „der Lügner von Anfang“, der vortäuscht, was nicht ist: Er und das betreffende Wesen sind dann eins: er und die Schlange; er und Judas, in den er fuhr, Joh. 13,27. Zwei Wesen waren eins auch in den Besessenen, von denen wir in den Evangelien lesen. Die Dämonen, Satans Hilfstruppen, waren zwar zu unterscheiden in dem Menschen, von dem sie Besitz ergriffen hatten, nicht aber von ihm zu trennen in seinen Reden und Handlungen.

Daß der von seinem Schöpfer-Gott durch Selbsterhebung abgefallene Geisterfürst gleich zu Anfang in die Schöpfung, in diese unsere Welt, eintreten und nach seinen finsteren Absichten sich mit einem der Geschöpfe dieser Welt einsmachen und in demselben, durch dasselbe, als dasselbe sich an den Menschen heranmachen durfte, ist der gewollten Zulassung Gottes zuzuschreiben. Wir dürfen von den ersten Zeilen der Schrift an, wenn wir selbige lesen, nicht aus dem Auge verlieren: Gottes Plan in bezug auf das Gesamt Seines Ratschlusses ist von

Ewigkeit her gefaßt. Wir müssen das festhalten, ohne es begreifen zu können. Einbezogen in den Plan ist die Erschaffung eines vollkommenen herrlichen Geistwesens in Herrscherstellung sowie dessen Abfall, der ihn zum Widersacher macht samt seiner Gefolgschaft aus der Welt seiner Mit-Geister; einbezogen ist die diesen Abgefallenen unter der Kontrolle Gottes gestattete Bewegungsfreiheit zum Bösestun und zum Verführen des Menschen; wie auch einbezogen ist des Menschen Erlösung aus dem Verführt- und Im-Tode-sein. Das Ganze: Nicht nur ein göttliches, sondern geradezu das göttliche Drama innerhalb von Zeit und Ewigkeit. Die „Zeit“ ist ja nichts anderes als eine Insel im Ozean der Ewigkeit, der zurückliegenden wie der auf die Zeit folgenden Unendlichkeit. Auch etwas Unfaßbares für uns endliche, weil geschaffene Wesen. Das Tun Gottes, wie und durch wen und vermittelst welches Geschehens Er die Erlösung herbeiführt, ist im Endresultat - Seine Selbstverherrlichung.

Indem Satan, der Geist, in der Schlange und durch dieselbe redete, gab der Augenschein an die Hand: Es ist die Schlange. Und nach dem Augenschein verfährt Gott mit den drei Schuldigen. - Wußten der Mensch und sein Weib etwas von Geistern? Daß die Schlange redete, mußte nicht notwendigerweise Überraschung oder Erstaunen bei dem Weibe hervorrufen. Man übersehe nicht, daß es sich nur um sie handelt bei der Verführung. Adam war allein, noch ohne seine Gehilfin gewesen, als Gott das Getier des Feldes und das Gevögel des Himmels zu ihm brachte, damit er ihnen Namen gebe. Was konnte die erst nachher bereitete Gehilfin für Einsicht in das Wesen der Tiere haben? Nicht einmal von Bileam hören wir, daß er erstaunt gewesen sei über das Reden seiner Eselin! Es ist auch nicht angebracht, von einer längeren oder langen Zeit zu reden, die bis zum Sündenfall verflossen sei. Die Erzählung bietet keinen Anhaltspunkt dafür. Es leuchtet vielmehr ein, daß Satan auf den „ersten besten“ Augenblick lauerte, um sein Vorhaben auszuführen. Ebenso einleuchtend ist, daß er sich des Tieres bediente, das alle anderen an Intelligenz, wenn man dies Wort gebrauchen will, überragte. Das hier und anderswo (z. B. Hiob 5,12; 15,5! Der Schriftl. F. K.) mit „listig“ übersetzte Wort wird auch mit „klug“ wiedergegeben: Sprüche 1,4; 8,5.12; 12,16.23; 13,16. Der HErr Selber sagt: „Klug wie die Schlangen“, Matth. 10,16. Es handelt sich um die Fähigkeit, welche veranlaßt, mit soviel Umsicht als möglich zu erwägen, welche Mittel und Wege zu dem gesteckten Ziele

„klug“.

Es ist zu bedenken, daß der Geist Gottes erst durch Mose feststellt, die Schlange habe diese Fähigkeit gehabt. Wir hören ja daraus heraus, daß Satan gemeint ist. Die Schlange war so „gut“ wie jedes andere Wesen bei seiner Erschaffung. Sie konnte als Tier diese Fähigkeit nicht haben; die kann nur einem geistigen Wesen oder einem Wesen mit Geist, dem Menschen, eigen sein. Weil aber Satan sie sich zur Verkörperung erwählt hatte, blieb sie als dessen Verkörperung die getreue Darstellung seines Charakters und wurde zugleich das getreue Abbild dessen, was er war vor seinem Fall und dessen, was er nach demselben wurde. Zuvor war er „der Weisheit und Schönheit Vollendung“, nachher ein der tiefsten Erniedrigung Anheimgefallener: „zu Asche gemacht auf der Erde“ (bildlich aufzufassen), Hes. 28,11.18; in kurzem wird er sogar „unter unsere Füße zertreten werden“, Röm. 16,20, vergl. Luk. 10,19 (ebenfalls bildlich zu nehmen). Der Analogie nach darf doch wohl geschlossen werden, daß die Schlange ursprünglich eine Vollendung an Körperform und Grazie war; und was wurde sie durch den Fluch! Es ist Gedankenlosigkeit, die Szene der Verführung so darzustellen, wie es auf Bildern zu sehen ist: eine Schlange in den Ästen des Baumes und in der Nähe desselben Eva, aufblickend zur Schlange, die zu ihr zu reden scheint. Ein Reptil wurde sie doch erst durch den Fluch Gottes!

Die Einsmachung geht so weit, daß „Schlange“, die durch Adam gegebene Benennung des Tieres, als Attribut Satans dient, oder besser: daß sein Wesen und sein Charakter, nämlich Lügner, Verleumder, Widersacher sein, der Schlange als Attribut zugeschrieben wird: „die alte Schlange, welche ‚Teufel‘ (Verleumder) und ,der Satan' (der Widersacher) genannt wird“, Offenb. 12,9 und 20,2.

Die Schlange, so wie sie jetzt ist, erregt lebhaftesten Schauder. „... ein Tier, das einem verkörperten Blitzstrahl gleicht; bunt, wie im Feuer gemalt, oder schwarz und düster, wie die Nacht; die Augen wie Funken; die gespaltene schwarze Zunge eine Flamme; der Rachen ein Abgrund; die Zähne Giftquellen; der Laut ein Zischen; dazu die wundersame Bewegung, immer strebend, wie ein Blitz zu zucken oder wie ein Pfeil zu fliegen, wenn nicht die Verkörperung es

hinderte ...“

Ist das nicht die treffendste Kennzeichnung teuflischen Wesens? Es könnte die Frage erhoben werden: Was konnte die Schlange dafür, daß das böse Geistwesen in sie fuhr und sich mit ihr einsmachte? Warum bestraft Gott sie dafür, indem er sie von einem aufrecht gehenden Tier, dessen Wesen in seiner Verzerrung selbst, wie eben beschrieben, auf ursprüngliche hervorragende Schönheit schließen läßt, zu einem auf dem Bauche sich fortbewegenden erniedrigt, zu einem außerordentlichen Fluch macht, nicht nur der allgemeinen Verfluchung anheimfallen läßt?

Die Antwort liegt darin, daß wir uns der Unumschränktheit Gottes über Sein Eigentum erinnern: „Hat der Töpfer nicht Macht über den Ton, aus derselben Masse ein Gefäß zur Ehre und ein anderes zur Unehre zu machen? Wenn aber Gott willens, Seinen Zorn zu erzeigen und Seine Macht kundzutun ...“ (Röm. 9,20-24). Was konnte der Feigenbaum dafür, daß er keine Feigen hatte, dieweil es eben nicht „die Zeit der Feigen war“? Und doch verflucht ihn Jesus! Hatte Er nicht Freiheit und Macht, es zu tun, weil im Grunde die fruchtleere jüdische Nation mit dieser sinnbildlichen Handlung gemeint sein sollte?

Es erscheint sogar als ganz folgerichtig und gerecht, daß Gott genau nach dem Augenschein handelte. Das Geistwesen, der Verführer, war Schlange geworden, also mußte er Schlange bleiben und sinnfällig in diesem nichtgeistigen, nur seelischen Geschöpf fortan die schimpflichste Erniedrigung tragen. Die eine Art der Erniedrigung, nur auf dem Bauche sich fortbewegen zu können, zog die andere nach sich, daß sie Nahrung nicht anders als mit Erde, Staub vermischt zu sich nehmen kann, weil Greifwerkzeuge fehlen. Und wie die Natur gewisser anderer Tiere zur Raubtiernatur verwandelt wurde, so geschah es mit ihr. Kraut des Feldes, das anfänglich allen Tieren und Vögeln als Speise zugeteilt war (1. Mose 1,30), hätte sie sonst auch weiterhin zu sich nehmen können, ohne es in Berührung mit dem Erdboden zu bringen. „Staub fressen“ bedeutet nicht, sich davon nähren, sondern die Nahrung, den Raub, nicht hinunterwürgen können, ohne sie vor sich auf dem Erdenstaub liegen zu haben, wodurch sie unweigerlich mehr oder weniger mit demselben überzogen wird. Man muß nur mit der

bildlichen Ausdrucksweise der Schrift vertraut sein, um den einfachen Sinn ihrer Ausdrücke zu erfassen. Psalm 72,9; Jes. 49,23 und gar Micha 7,17 zeigen deutlich, wie's gemeint ist, nämlich als tiefste, beschämendste Erniedrigung. „Alle Tage deines Lebens“ weist auf Unabänderlichkeit hin, so daß, wenn je eine Änderung in bezug auf den über die Schöpfung verhängten Fluch eintreten und die Tiere hinsichtlich ihrer Lebensbedürfnisse und -bedingungen wieder von der mit ihrem Wesen vorgegangenen Veränderung zurückkommen würden, dies bei der Schlange nicht eintreten würde: die beiden Brandmale, auf dem Bauche kriechend und Staub fressen, würden an ihr haften bleiben. Leicht verständlich! Wenn „die Schöpfung freigemacht werden wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes“, ist die alte Schlange, der Satan, im Abgrund eingesperrt, ein vorlaufendes Gericht des endgültigen: Wie könnte da seine Verkörperung auf der Erde, die Schlange, vom Fluche befreit sein? Im Gegenteil! Die Schilderung jener glückseligen Zeit, Jes. 11,6-9 und 65,(17-)25, betont, unterstreicht als Gegensatz in bezug auf die Schlange das in 1. Mose 3 verhängte Urteil! In Kap. 11 wird zwar erwähnt, daß die Schlange (Natter, Basilisk) so gut wie Wolf, Pardel, Löwe, Bär den Übeltuninstinkt verlieren wird, wobei der Vorteil freilich nur auf seiten des Menschen ist, nicht auf seiten der Schlange, daß aber, Kap. 65,25, ihre Speise nach wie vor Staub ist. Der Charakter des Verflucht- und Erniedrigtseins bleibt ihr, da ihr die ursprüngliche Körperform nicht zurückgegeben wird.

Aus dem Gesamt des bis jetzt Vorgetragenen ist unschwer herzuleiten, was es um das Feindschaftsetzen zwischen der Schlange und dem Weibe ist sowie um das Nebeneinandersetzen des Weibes und ihres Samens. Gott spricht vom Samen nach Seinem Vor aussehen in die Zukunft, die für Ihn Gegenwart ist. Weder das Weib noch die Schlange, d. i. also Satan, brauchten den eigentlichen Sinn und die Tragweite der Worte zu erfassen. Was Gott sagte, sollte später (durch Mose) als „Schrift“ für immer stereotypiert, unabänderlich festgelegt werden. Mit der Zeit würde es von Späteren schon verstanden werden. Wir dürfen nicht denken, daß Satan allwissend sei. Bleiben wir genau bei dem Wortlaut, d. h. beachten wir, daß die Feindschaft bestehen soll nicht direkt zwischen dem Menschen, dem Manne, sondern zwischen der Männin“, der Gehilfin des Mannes, der Verführten, und der Schlange.

Nachkommen Hervorbringende, dich in steter Unruhe und Eifersucht zu erhalten, ob bald, ob nach längerer Zeit, wann?, der aus ihr hervorkommt, der deinen vorderhand gelungenen Plan zunichte macht.“ - Das Weib und ihr Same, obwohl zwei, bilden sozusagen einen Begriff. - „Du wolltest sie, die aus dem Menschen Genommene, anfänglich Nichtdagewesene, Leichtgläubige, leichter als der Mensch, Adam, zu Verführende, als Vertraute für deinen Zweck gewinnen, worin du zunächst Erfolg gehabt hast: Ich vereitle das Vertrauensverhältnis. Durch das, was Ich durch eben die Männm herbeiführen werde - daß sie Nachkommen haben wird - sollst du in steter eifersüchtiger Angst leben müssen: Jetzt kommt ein Rächer und Zerstörer meines gelungenen Planes!“ Darum sehen wir Satan immer als Feind, als Aufwiegler, als Verderber auftreten, hinter und in Werkzeugen versteckt, wie er's mit der Schlange gemacht hatte, sobald ein besonderer Weibessame geboren war: ein Abel, der durch sein Opfer zeigte, daß er in die Gedanken Gottes einging; ein Volk Israel als Ganzes, in Ägypten erwählt, der Segensträger für die Nationen und die gesamte Menschheit zu werden; ein Mose, zum Führer des erwählten Volkes bestimmt; ein David, ein Salomo: beide, jeder in seiner Art, den großen Kommenden deutlich abschattend; und erst der Herr Jesus Selber! Als letzte Illustration der Feindschaft zwischen Schlange-Satan und der Gebärerin zeigt uns die Schrift das Weib von Offenb. 12: Israel in seiner gottgegebenen Vorrechts- und Hoheitsstellung, den Messias gebärend, und den Drachen, der den Geborenen verschlingen möchte; und nach Vereitelung dieser Absicht die Verfolgung des Weibes durch den Drachen. Die Betätigung der von Gott gesetzten Feindschaft geht immer von der Schlange aus, wie der Wortlaut es besagt: „Zwischen dir und dem Weibe“, nicht „zwischen dem Weibe und dir“. Und wo wäre die Einheit des Begriffes „zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Samen, d. h. deines Geschlechts Seienden, und ihrem Samen auffälliger hervorgetreten als bei der Gefangennahme, Verurteilung und Tötung Jesu, dem geschichtlichen Geschehen dessen, was in Offenb. 12 „des Weibes Kind verschlingen“ heißt?

Es ist erschütternd, zu sehen, daß der Same des Weibes, d. i. ihre Nachkommenschaft, sich in den zwei ersten Sprößlingen spaltete in einen Samen der Schlange und in einen, der in seiner Art die Linie ansetzte, die in ihrer Fortsetzung in den einmündete, der als der Zermalmer des

buchstäblich, 1. Joh. 3,12; er war also „Same der Schlange“. - Merkwürdig! Nach der Einmündung der Linie derer, die von der Art des Schlangenüberwinders sind, und nach ihrem Wiederhervortreten aus Ihm sind sie Sein Same! Jes. 53,10: „Wenn seine Seele das Schuldopfer gestellt hat, wird er Samen sehen.“ Ps. 22,30: „Ein Same wird Ihm dienen; er wird dem Herrn als ein Geschlecht zugerechnet werden.“ Jes. 59,20.21: „Ein Erlöser wird kommen ... mein Geist, ... meine Worte ... werden nicht aus deinem Munde weichen, noch aus dem Munde deiner Nachkommen (deines Samens, buchst.), noch aus dem Munde der Nachkommen deiner Nachkommen ...“

Der letztmalige Feindschaftsausbruch „des“ Drachen, der alten Schlange, welche der Teufel und der Satan ist, Offenb. 20,2, findet nach der herrlichen Friedens- und Segenszeit des Reiches statt, kaum daß er aus dem Gefängnis heraus ist (Offenb. 20,7-10). Wie im Anfang bei Kain und Abel ein äußerer Anlaß den bis dahin verborgenen Zustand der Herzen offenbarte und das bis dahin friedliche Zusammenleben beider in Todesfeindschaft von der einen Seite her verwandelte, so geschieht es am Ende: Das bis dahin friedliche Zusammenleben während der 1000 Jahre des Reiches macht der Offenbarung der bis dahin verborgenen Herzenszustände Platz und damit einer Todesfeindschaft von der einen Seite aus, die aber diesmal sich selber endgültiges Verderben zuzieht. Das große Drama hat mit dem Siege Gottes und des Weibessamens seinen ewigen Abschluß gefunden!

F. Kpp.

Frage 14

Was bedeutet Röm. 2,6-11?

Antwort

Beim Lesen der genannten Verse kann in jemand der Gedanke aufsteigen, daß ein Mensch sich durch „gute Werke“ das ewige Leben verdienen könne. Aber ein solcher Gedanke entspricht

durchaus nicht dem Sinne des in diesen Versen Gesagten und ist gerade das Gegenteil von dem, was in besonderer Weise in diesem Briefe mit größter Bestimmtheit gelehrt wird: die Rechtfertigung allein durch Glauben (3,20a.28). Wenn wir uns die betreffenden Verse genau ansehen, finden wir, daß sie auch keineswegs im Gegensatz zu dieser Lehre stehen - wie könnten sie auch? -, sondern daß sie ihr vollen Raum lassen, denn die Worte V. 6: „nach seinen Werken“ stellen die Werke nicht als die Ursache für die Vergeltung hin, sondern lediglich als den Maßstab, nach dem Gott einem jeden vergelten wird; die Ursache sind nicht die Werke, sondern ist das, woraus die Werke hervorgegangen sind - das, was im Herzen ist. Das stimmt mit dem überein, was uns Gottes Wort über das Herz sagt: „... der Mensch sieht auf das äußere, aber Jehova sieht auf das Herz“ (1. Sam. 16,7); „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens“ (Spr. 4,23); „Denn aus dem Herzen kommen hervor böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Hurerei, Dieberei, falsche Zeugnisse, Lästerungen“ (Matth. 15,19); „Das in der guten Erde aber sind diese, welche in einem redlichen und guten Herzen das Wort, nachdem sie es gehört haben, bewahren und Frucht bringen mit Ausharren“ (Luk. 8,15). Das, worauf es ankommt, ist die Herzensstellung eines Menschen zu Gott; nach dieser richtet es sich, ob Gott einem Menschen „ewiges Leben“ (V. 7), „Herrlichkeit und Ehre und Frieden“ (V. 10) geben kann, oder ob er „Zorn und Grimm“ (V. 8), „Drangsal und Angst“ (V. 9) über einen Menschen ergehen lassen muß. Und diese entscheidende Herzensstellung eines Menschen wird durch die Werke desselben offenbar, und dadurch sind die Werke gleichsam ein Beweismittel, auf das Gott Seinen Geschöpfen gegenüber Bezug nimmt. In dieser Weise sind hier die Werke zu betrachten. Das zeigt das ganze Kapitel 2. Nachdem in Kap. 1 das Tun des Menschen in seiner furchtbaren Verdorbenheit ans Licht gestellt worden ist, beschäftigt Kap. 2 sich mit dem Inneren, dem Herzen des Menschen (s. V. 5.15.29!), und zeigt, daß Gott nicht nach dem äußeren Schein urteilt, sondern daß Er - ohne Ansehen der Person - „das Verborgene der Menschen“ richten wird (V. 1-16) und daß nicht bloßes Wissen und äußere Form, sondern nur die richtige Herzensstellung zu Ihm Wert vor Ihm hat (V. 17-29). Nur die, welche in der richtigen Herzensstellung zu Gott sind, sind es, die „mit Ausharren in gutem Werke Herrlichkeit und Ehre und Unverweslichkeit suchen“ (V. 7), und dieses „Suchen“ besteht darin, daß sie, glaubend, was Gott in Seinem Worte sagt, und daher wissend, daß „Herrlichkeit

und Ehre und Unverweslichkeit“ ihrer wartet, sich auf dieses ihrer Wartende freuen und bis dahin in Hingabe und Gehorsam hienieden leben. Dieses Glauben und Leben in Hingabe und Gehorsam ist das „gute Werk“ und „das Gute wirken“, wovon V. 7 und 10 gesprochen ist - also etwas ganz anderes als sogenannte „gute Werke“, durch die manche Menschen meinen, sich Gottes Gunst zu verdienen und einen Platz im Himmel zu erlangen. Wahrer Glaube ist also die unbedingte Voraussetzung für das, was in V. 7 und 10 gesagt ist.

Das Ebengesagte ist auch deutlich aus V. 8 zu ersehen, wo das Entgegengesetzte gezeigt wird. Da heißt es: „... denen aber, die streitsüchtig und der Wahrheit ungehorsam sind, der Ungerechtigkeit aber gehorsam, Zorn und Grimm!“ Der Glaubende gibt Gott recht und stellt sich unter die Wahrheit - ist ihr „gehorsam“, d. h. glaubt sie; hier aber ist von Menschen die Rede, die Gott nicht recht geben, sondern bestreiten, was Er sagt, und der Wahrheit nicht gehorsam sind, also sich ihr nicht unterwerfen, sich nicht unter sie stellen, sie nicht glauben. Diesem Herzenszustand entspricht es, daß sie „der Ungerechtigkeit gehorsam“ sind. Dieses Nichtglauben und Leben in der Ungerechtigkeit ist „das Böse“, das ein solcher Mensch „vollbringt“ (V. 9).

So haben wir gesehen, daß das in Röm. 2,6-11 Gesagte sich nicht auf die Werke eines Menschen gründet, sondern auf seine Herzensstellung zu Gott - darauf, ob er glaubt oder nicht, und daß die (im übrigen sehr notwendigen! Anm. d. Schriftl. F. K.) Werke nur der Ausdruck von dieser Herzensstellung sind.

Eine Parallele zu dem vorstehend Betrachteten finden wir in Ev. Joh. 5,29, wo der Herr Jesus von der Auferstehung spricht und sagt, daß alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören „und hervorkommen werden: die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichts“. Wenn der Herr Jesus hier „das Gute“ sagt, meint Er nicht das, was Menschen als „gute Werke“ bezeichnen, sondern das, was Gott als „gut“ anerkennt, und das ist nur das, was aus Ihm Selbst hervorgegangen ist; Er allein ist die Quelle „des Guten“. Daher ist die erste Notwendigkeit für einen Menschen, ehe er „das Gute getan“ haben kann, daß Gott in ihm wirken konnte, und dieses setzt den Glauben voraus

gemäß der jeweiligen Offenbarung Gottes diesem Menschen gegenüber. (Letztere - die jeweilige Offenbarung Gottes - erwähnen wir, weil dieser Grundsatz sich auf alle erstreckt, die an der Auferstehung des Lebens teilhaben werden, zurück bis auf Adam, und auch auf die, welche vielleicht keine andere Offenbarung Gottes hatten als die in der Schöpfung - Röm. 1,19.20 - und in ihrem Gewissen - Röm. 2,15). Deshalb - weil der Glaube die erste Voraussetzung für „das Gute“ ist - sagte der Herr Jesus den Juden Joh. 6,29b auf ihre Frage: „Was sollen wir tun, auf daß wir die Werke Gottes wirken?“ (V. 28): „Dies ist das Werk Gottes, daß ihr an Den glaubet, den Er gesandt hat.“ Damit - mit dem Glauben an den HErrn - fing für sie das Tun „des Guten“ an, und damit hat es auch für uns angefangen, und es findet seine Fortsetzung in dem Glauben, Lieben, Hoffen, Gehorchen. Nur ein Mensch, welcher glaubt, kann „das Gute“ tun, da - wie schon gesagt - nur Gott Selbst „das Gute“ wirken kann, und nur ein Mensch, welcher glaubt, das Werkzeug Gottes hierzu sein kann. Dasselbe ist es auch mit dem „guten Werke“ in unserer betrachteten Schriftstelle.

Th. K.

Die Gemeinde.

(1. Kor. 14,26-40.)

„Alles geschehe zur Erbauung. Alles aber geschehe anständig und in Ordnung.“ (1. Kor. 14,26.40)

Wir müssen immer mehr lernen, alle Kinder Gottes als Auserwählte in Christo vor Grundlegung der Welt anzusehen und sollten vielmehr über das, was Gemeinschaft mit den Kindern Gottes bedeutet, nachdenken. Wir als Gottes Gemeinde sind berufen, jetzt und auch in der Ewigkeit das Herz des HErrn zu erfreuen. Viele Kinder Gottes haben kaum darüber nachgedacht, was die Gemeinde ist. Es gibt Vorrechte, die der HErr den Seinigen gegeben hat, die mit der Gemeinde verbunden sind und die wir auch nur in Verbindung mit der Gemeinde genießen können, z. B. des HErrn Abendmahl, den öffentlichen Dienst des Wortes und selbst den Gesang.

Gewiß, man kann allein singen, aber der wirkliche Gedanke des Gesanges ist, daß er mit anderen Gläubigen gemeinsam geschieht.

Alles, was in der Gemeinde geschieht, muß zur Erbauung geschehen. Wenn ich in irgend einer Weise danksage, so soll es zur Erbauung geschehen. Und wenn dies nicht geschieht, dann habe ich kein Recht, es zu tun. Das Zusammenkommen der Gemeinde ist etwas Feierliches; es ist das dem Himmel am naheliegendsten, was wir hier auf dieser Erde haben können. Wie sorgfältig sollten alle Dinge, die die Gemeinde betreffen, vorbereitet und gepflegt werden!

Das erste Mal, daß von dem Zusammenkommen der Gemeinde in Korinth geredet wird, ist in Kap. 11,20, und zwar in Verbindung mit dem Mahl des HErrn. Das 12. Kapitel redet dann von den Gaben. Im Kapitel 13 finden wir sodann, was größer ist als alle Gaben: die Liebe. Sie ist der Wertmesser für jedes Glied der Gemeinde; sie zeigt das Maß eines jeden in der Gemeinde an, denn der Apostel sagt: „Wenn ich ... nicht Liebe habe, so bin ich nichts.“ In Kapitel 14 haben wir dann den Dienst für die Auferbauung. Beachten wir wohl das Wort „Auferbauung“. Aller Dienst muß zur Auferbauung sein. In Kapitel 10,15 spricht der Apostel als zu „Verständigen“ - zu Gläubigen, die ihre Stellung, in welche sie durch die Gnade gelangt sind, kennen und die beurteilen sollen, was er sagt. Aber diesem Worte gegenüber finden wir in Kapitel 14,38 ein furchtbares Wort: „Wenn aber jemand unwissend ist, so sei er unwissend!“ Damit drückt er aus, daß, wenn jemand in Eigenwillen geht und verharrt, der Geist Gottes ihn allein lassen wird.

In Kap. 10 wird uns die Grundlage für die Gemeinschaft in den Belehrungen über den Tisch des HErrn gegeben. Alle, die in den Tagen der Apostel die Gemeinschaft verwirklichten, hatten mit ihren früheren Genossenschaften zu brechen. Die Juden mußten ihr Judentum aufgeben und die Heiden ihr Heidentum und in die christliche Gemeinschaft eintreten. Alle waren in eins zusammengebunden; alle hatten teil an den gleichen geistlichen Segnungen. Der Apostel belehrt in den Versen 14-26 die „Verständigen“ über die Grundlage dieser ihrer christlichen Gemeinschaft.

Im 16. Vers weist er zuerst auf das Blut hin. In dem Blute ist die Sühnung. Das ist das Erste,

die vollkommene Hingebung des Herrn Jesus in den Tod. Das vergossene Blut und der hingegebene Leib zeugen von Seinem Tode, welcher die Grundlage der Gemeinschaft ist. Wir befinden uns immer in der Gemeinschaft, nicht bloß an den Sonntagen, sondern alle Tage in der Woche. Und wir sollten an jedem Tage treu zu dieser Gemeinschaft Seines Blutes und Seines Leibes stehen und nicht durch unseren Wandel diese Gemeinschaft kompromittieren oder bloßstellen. Als solche, die jeden Tag der Woche in der Gemeinschaft des Todes Christi sind, kommen wir am ersten Tage der Woche zum Abendmahl des HErrn zusammen, um Sein zu gedenken und Seinen Tod zu verkündigen. In dem Abendmahl des HErrn kommt aber, wie wir in Kap. 11 sehen, das Brot zuerst, denn in dem Brote blicken wir auf Seinen Leib, der für uns ist, zurück und erinnern uns Seiner in Seinem Tode.

Der Grund, weshalb teure Kinder Gottes voneinander getrennt stehen, ist oftmals, daß Gläubige den Bedingungen der Gemeinschaft nicht getreu sind, indem sie sich Dinge erlauben, die mit dem Tode Christi und dem Worte Gottes in Widerspruch stehen. Wenn wir diesem Tode, welcher die wirkliche Grundlage der Gemeinschaft ist, treu bleiben wollen, so können wir in solchen Dingen nicht mit ihnen zusammengehen.

Wenn wir zusammenkommen, so haben alle Dinge zur „Erbauung“ und „anständig“ und „in Ordnung“ zu geschehen. Wir mögen in einer Versammlung sein, in welcher in Treue gewacht wird, daß alles in der rechten, gottgemäßen Weise geschieht; es kann aber auch sein, daß wir uns in einer Versammlung befinden, in welcher viele Schwierigkeiten bestehen, die hindernd wirken, z. B. daß Glieder derselben unverträglich und im Widerspruch stehen mit dem, was Gemeinschaft ist. Dann sollte jeder sich um so mehr prüfen und für sich darauf achten, in Übereinstimmung mit der Gemeinschaft zu sein, deren Grundlage der Tod Christi ist. Wir dürfen uns nicht von dem Bösen überwinden lassen, sondern das Böse mit dem Guten überwinden. (Röm. 12,21)

Für besondere Stunden und Umstände wird uns auch besondere Gnade gegeben. So wie die Stunde es erfordert, wird uns auch Gnade zum Mitarbeiten dargereicht. Gott gibt jede Gnade zu der Zeit, wenn wir sie bedürfen. Der Tod unseres Herrn Jesus Christus ist die Grundlage

unserer Gemeinschaft, und wenn wir uns dieser Grundlage entsprechend verhalten, so wird auch ein vollkommenes dem Worte Unterworfensein bei uns gefunden werden. Viele Segnungen sind mit der Gemeinde verbunden. Wenn alle in der Wahrheit des Todes des HErrn wandeln würden, so würde jeder einzelne durch sein Fernbleiben von der Versammlung vermißt werden! Jeder sollte vermißt werden, denn jeder soll zum Segen der Versammlung beitragen, und wenn einer fehlt, muß sein Beitrag zu der geistlichen Kraft der Versammlung vermißt werden, es sei denn, daß er der Versammlung nicht zum Segen war, weil sein Verhalten nicht in Übereinstimmung mit dem Tode Christi, der Grundlage der Gemeinschaft, war.

Eine Sache ist es besonders, über die ich trauere, und zwar diese, wenn die Jugend von der Versammlung fernbleibt. Es ist leicht zu sagen, daß sie die Wahrheit der Gemeinde noch nicht versteht, aber die Tatsache ist, daß sie nicht durch die Wärme der Gemeinde gefesselt war. Wenn Ältere fernbleiben, so ist das gewiß schmerzlich, aber sie beweisen damit, daß sie nicht gelernt haben, und von ihnen ist das Wort wahr: „Wenn jemand unwissend ist, so sei er unwissend.“ Wenn aber junge Geschwister fortbleiben, so glaube ich, hat auch die Gemeinde in besonderer Weise sich zu prüfen, warum sie die Jugend nicht fesseln konnte. Aber ebenso ernst ist es auch für die Jugend selbst, und wenn sie zurückbleibt, so wird sie bald die Narben davon tragen, daß sie die Stätte verlassen hat, wo Gottes Geliebte abseits vom Bösen mit dem HErrn in ihrer Mitte zusammenkommen. Wir sollten auch auf die Gaben der Jugend achten, damit sie zur Entwicklung kommen, und ihr behilflich sein, in der Wahrheit zu wachsen. Möchten wir besser verstehen, was mit dem Tische des HErrn gemeint ist, um die Wahrheit der christlichen Gemeinschaft zu verwirklichen und mit ihr in Übereinstimmung zu sein und ebenso die Freude und die Vorrechte, die mit ihr verbunden sind, zu würdigen!

Gy. (A. v. d. K.)

Talente.

(Matth. 25,14-30; Luk. 19,12-27)

An vielen Stellen der Schrift wird vom Lohn geredet. Der HErr will Lohn geben für jedes Werk, welches in Treue Ihm getan wurde. Unsere Werke werden einmal alle offenbar, geprüft und gerichtet werden, die Person des Gläubigen jedoch kommt nie ins Gericht. Der HErr Selbst sagt, wer an Ihn glaubt, wird nicht gerichtet, aber unsere Werke werden geprüft und alles, was mit unseren Werken in Verbindung steht, wird offenbar werden. Was in unserem Leben und Wirken im Widerspruch mit Gott stand, wird im Feuer des Gerichts verbrennen und Verlust für uns sein, während alles, was in unserem Leben zur Verherrlichung Gottes diente, am Richterstuhl Christi Belohnung finden wird.

Wir können Lohn empfangen, und wir können auch Lohn verlieren. Es ist so, als wenn ein Bauunternehmer einen Regierungsbau übernimmt. Am Tage der Bauabnahme wird derselbe geprüft, und wenn der Regierungs-Kontrolleur erklärt, daß er den Bedingungen der Regierung nicht entspricht, so erleidet der Bauunternehmer, statt daß er für seine Arbeit Lohn empfängt, den Verlust seiner Arbeit. Seine Zeit, sein Geld, seine Arbeit, alles ist verloren und ohne Gewinn für ihn; anderseits aber, wenn sein Werk die Prüfung besteht, empfängt er den Lohn für sein Werk.

Laßt uns noch etwas auf den Charakter des Lohnes eingehen, den der Herr Jesus den Seinigen geben wird.

Lohn ist nicht eine Vergeltung für unsere Gaben und Fähigkeiten, sondern Lohn ist Vergeltung für unsere Treue. Dies wird uns in Matth. 25,14-30 und in Luk. 19,12-27 gezeigt.

In der ersten Stelle gibt der König einem Knechte fünf Talente, einem anderen zwei und einem anderen ein Talent, „einem jeden nach seiner eigenen Fähigkeit“. Die Verteilung der Talente geschieht nach der Fähigkeit, aber nicht so der Lohn. Je nach unseren Fähigkeiten ist auch unsere VerAntwortlichkeit; aber wie gesagt, nicht nach unseren Fähigkeiten empfangen wir Lohn, sondern nur nach der Treue, in welcher wir unseren Fähigkeiten entsprechend gehandelt haben. Als der König zurückkehrt, findet er, daß der Knecht, welchem er fünf Talente übergeben hat, damit gewirkt und andere fünf Talente gewonnen hat; ebenso war es auch bei

dem, welchem er zwei Talente übergeben hatte; auch dieser hatte zwei gewonnen.

Und wie ist nun das Verhältnis des Lohnes? In beiden Fällen Wort für Wort gleich: „Wohl, du guter und treuer Knecht! über weniges warst du treu, über vieles werde ich dich setzen; gehe ein in die Freude deines Herrn.“ (Matth. 25,21.23) In beiden Fällen hat jeder das ihm Anvertraute verdoppelt. Während der eine größere VerAntwortlichkeit hatte, weil ihm mehr als doppelt soviel wie seinem Mitknechte anvertraut war, so hatten beide doch die ihnen gegebenen Gelegenheiten benutzt, und beide waren mit dem ihnen Anvertrauten gleich treu gewesen, und so empfangen sie auch gleichen Lohn.

Aber in der zweiten Schriftstelle (Luk. 19,12-27) ruft der Herr seine zehn Knechte zu sich und gibt ihnen zehn Pfund in gleichen Teilen. Sie alle fingen an, mit einem gleichen Pfund zu wirken. Als der Herr zurückkommt, ruft er wieder seine Knechte zu sich, und des einen Pfund hatten zehn Pfund gewonnen. Sein Lohn erstreckt sich über zehn Städte. Des anderen Knechtes Pfund hatte fünf Pfund gewonnen und sein Lohn umfaßt fünf Städte.

In diesem Gleichnis ist der Fleiß und die Treue des einen Knechtes größer als die des anderen, und nach diesem Verhältnis ist auch der Lohn verschieden. Dies soll uns ein Ansporn sein zum treuen Gebrauch dessen, was unser HErr in Seiner souveränen Gnade uns anvertraut hat, und zugleich soll es uns bewahren, mit unseren Talenten nicht unzufrieden zu sein, wenn sie uns nicht so reichlich oder nicht so groß wie anderen zugeteilt sind. Andere mögen größere Talente empfangen haben, aber sie sind damit auch unter größere VerAntwortlichkeit gestellt. Jeder aber hat in dem, was er empfangen hat, treu zu sein und mit Fleiß zu wirken.

Wir werden ermahnt: „Eifert aber um die größeren Gnadengaben.“ (1. Kor. 12,31) Und doch wird hinzugefügt: „Und einen noch vortrefflicheren Weg zeige ich euch.“ Was will der Apostel uns damit sagen? Wir sollen einander lieben. Ich mag Talente und Gaben haben, zu predigen und zu lehren, ich mag ein großes Einkommen haben und viele und große Summen für das Werk des HErrn geben; aber jemand kann lieben mit einem ganzen Herzen, selbst wenn sein Wissen und Portemonnaie sozusagen klein bezw. leer ist.

Und weiter, es kann sein, daß jemand größerer Gnade bedarf, treu zu sein, wenn er wenig hat, als wenn er viel hat. Jemand mag z. B. mit betendem und sich von seinem Besitz lösendem Herzen vor dem HErrn stehen, wenn er 100 Mark gibt, während er eine Mark kaum mit einem Gedanken darreicht. Ein Armer dagegen richtet vielleicht mit betendem Herzen seinen Blick in die Ewigkeit, um sein Herz von seinem Besitz zu lösen, wenn er eine Mark vor den HErrn hinlegt.

Der Lohn ist verbunden mit der Wiederkunft des HErrn in Seinem Reiche. Wir sollen mit Ihm in Seinem Reiche herrschen und regieren. Wenn wir jetzt mit Ihm leiden, werden wir alsdann auch mit Ihm herrschen. Unser Platz in dem Reiche wird bestimmt durch unsere Treue zu dem jetzt verworfenen HErrn, der dann über die Erde herrschen wird. Unser Platz im Himmel ist dagegen ganz aus Gnaden und hat nichts mit dem Lohn für das, was wir getan haben, zu tun. Unser Anrecht auf diesen Platz ist allein und ausschließlich das kostbare Werk des Herrn Jesus Christus. Jedes Kind ist dem Vater gleich teuer und lieb; dort gibt es keine Lieblinge, keine Bevorzugten. Wie köstlich ist der Gedanke, daß alles, was mit der Herrlichkeit zusammenhängt, aus Gnade, aus gerechter Gnade ist!

Das Reich steht in Verbindung mit Regierung und Herrschaft, einer Herrschaft der Gnade, während mit dem ewigen Zustande die Gnade und Herrlichkeit verbunden sind.

Nun laßt uns zum Schluß noch ein Wort der Schrift anfügen: „Wenn aber auch jemand kämpft, so wird er nicht gekrönt, wenn er nicht gesetzmäßig kämpft.“ (2. Tim. 2,5) Gott gebe uns Gnade, das uns anvertraute Gut als ein uns gegebenes Vorrecht anzusehen und jede uns gegebene Gelegenheit zu benutzen, um mit ganzem Herzen dem Herrn mit dem uns anvertrauten Talent zu dienen, so daß die Liebe und nicht der Lohn der Beweggrund aller unserer Arbeit für den HErrn sei.

P. (A v. d. K.)

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

(Fortsetzung.)

Als Punkt A 5 nannte ich „Die Geschichte der Zeugenschaft Jesu (vgl. Kap. 1,8)“. Dies ist der letzte der von mir sogenannten „äußeren“ Gesichtspunkte über das Buch der Apostelgeschichte. Ich sagte schon zu Anfang des Aufsatzes, daß sich die äußeren und inneren Gesichtspunkte nicht immer streng voneinander scheiden ließen. Das wird man besonders bei Punkt A 4 gemerkt haben. Dennoch ist es mir eine Tatsache von besonderem Wert, daß es äußere Gesichtspunkte gibt, die gleichsam leicht in die Augen fallen, wenn man das Wort aufmerksam liest, und innere, die gewissermaßen den eigentlichen Zweck des betr. Buches betonen und die erst auf Grund der ersteren, der äußeren, richtig gewürdigt werden. (Man vgl. z B. hierzu einmal Punkt B3 oder 5 in der „Einteilung“, dann wird man eher verstehen, was ich meine!)

Zurück zu A 5!

Die Apostelgeschichte als die Geschichte der Zeugenschaft Jesu! Als Grundstelle war angeführt Kap. 1,8: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch gekommen ist; und ihr werdet Meine Zeugen sein, sowohl in Jerusalem als auch in Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde.“ Kostbares Wort! - Um nun aber die Geschichte dieser Zeugenschaft in der Apostelgeschichte sehen zu können, müssen wir uns zunächst fragen, was ein Zeuge ist. Ich habe über diesen Gegenstand im Jahrb. 12, S. 34-46 mich eingehend ausgesprochen in dem Aufsatz „Sieben Kennzeichen eines ,Dieners und Zeugen' des HErrn nach Apgesch. 26,14-18“. Da dieses aber nicht jedem Leser zur Hand sein dürfte, so muß ich einiges wiederholend ausführen, und noch etwas Neues hinzufügen.

Ich schrieb damals: „Was ist ein Zeuge? - In der gerichtlichen Öffentlichkeit gibts Zeugen. Vielleicht war einer der Leser schon einmal ‚Zeuge‘! Was hattest du denn zu bezeugen? Dinge, die du dir einbildetest? Dinge, die man dir vortäuschte um Vorteils willen? Dinge, die man oder du selber sich zurechtlegte? Dinge, die gefolgert werden konnten? oder was? - Nichts von alledem! Nein, du hattest einfach zu bezeugen, was du gesehen und gehört hattest. Du hattest

einfach erfahrene Tatsachen zu berichten, keine Märchen. Keine Folgerungen, keine Einbildungen, keine Träumereien - sondern Tatsachen, und dann war das Zeugnis, deine Zeugenschaft in jener Sache beendet. Tatsachen, nackt wie sie waren, zu bezeugen, ist nicht immer leicht, manche haben deshalb solche Furcht vor gerichtlicher Zeugenschaft, weil sie sich selbst nicht sicher sind und weil sie leicht ins Phantasieren geraten. Das ist auch eine sehr ernste Gefahr für die Zeugen Christi, daß sie mehr sagen als sie wirklich wissen, d. h. erkannt haben; daß sie übertreiben, daß sie, ‚nachdem sie anderen gepredigt haben, selbst verwerflich werden‘ (1. Kor. 9,27), d. h. daß ihr Zeugnis des Mundes sich nicht deckt mit dem ihres Wandels usw.“

Soweit meine damaligen Ausführungen. Dazu aber noch eines, was oben nur andeutungsweise gesagt ist: Das „Zeugesein“ ist oft nicht leicht - nein, aber warum vor allem nicht? Weil ein „Zeuge“, auch vor Gericht, im allgemeinen dann aufzutreten hat, wenn irgendetwas nicht so ist, wie es sein sollte, wenn irgend eine Lücke, ein Schade, eine Ungehörigkeit und dgl. eingetreten ist, die durch den „Zeugen“ aufgedeckt oder geklärt wird, damit sie in Ordnung kommt (ich rede nur in ganz allgemeinen, grundsätzlichen Worten; irgendein gerichtliches Beispiel würde es deutlicher machen, aber ich erspare es uns in der Hoffnung, richtig verstanden zu werden). Somit hat ein Zeuge den oft nicht beneidenswerten Dienst, mit bis dahin vorhandenen bestehenden Zuständen sich auseinanderzusetzen bezw. gegen sie anzugehen, sie zu verurteilen (durch sein Zeugnis), ja geradezu zu geißeln; in der betr. Hinsicht „gegen den Strom zu schwimmen“! Er hat für die Wahrheit einzutreten, koste es, was es wolle - und es kann viel kosten, es kann ihn in der Öffentlichkeit bei ganz armseligen Dingen dieses Zeitlaufs schon ein gut Teil Ehre und Ansehen bei Menschen kosten! Und das ist wahrlich oft nicht so leicht. Hier zeigt sich schon in irdischen Angelegenheiten manches Menschen Mut oder auch Feigheit! Für die Wahrheit einzutreten um der Wahrheit willen - gegen jede Art von Lüge, Bosheit, Betrug, Unreinheit usw. gegenan zu gehen, sie zu enthüllen, zu entlarven und die Wahrheit auf den Leuchter zu stellen -, das ist insonderheit der Zeugenschaft Jesu Christi würdig, und das bringt dem „treuen Zeugen“ Feinde und Widersacher in der sichtbaren und unsichtbaren Welt. Dem „treuen Zeugen“! Das war und ist in erster Linie unser teurer HErr

in dem Sendschreiben an die Gemeinde Laodicea, in der so sehr viel Scheinwesen war (und ist). Er ist und bleibt stets solch ein Zeuge. Sein Leben hienieden offenbarte solche Zeugenschaft, und die Feindschaft gegen Ihn war die ganz natürliche Folge davon. Und was Ihn traf, traf auch die Seinen, die in Treue zeugten (vgl. Joh. 15,16-27!), und wird sie immer treffen, solange der „gegenwärtige böse Zeitlauf“ besteht, den der große Widersacher beherrscht, und der deshalb das Bild schrecklichster Unordnung und Sünde trägt, wodurch das Zeugnis gegenan immer neu hervorgerufen und durch „Seine Zeugen“ ausgerichtet wird; denn „gleichwie Er ist, sind wir in dieser Welt!“ (1. Joh. 4,[14.]17)

Also ein Zeuge bezeugt, was er aus Erfahrung als Wahrheit kennt und weiß (vgl. 1. Joh. 1,1-4; so kam das Zeugnis auch auf uns heute!), und zwar tut er das nicht da, wo's selbstverständlich und darum unnötig wäre, sondern in dem Charakter des heiligen „Gegenan“ gerade da, wo man das Zeugnis lieber ablehnt als annimmt und wo's etwas kostet, es auszurichten.

In diesem Sinne laßt uns in Kürze die Geschichte der Zeugenschaft Jesu in dem kostbaren Buch der Apostelgeschichte sehen und in einigen Beispielen betrachten!

Der vielleicht größte oder gewaltigste Gegenstand des Zeugnisses war die „Auferstehung Jesu“. Auf diesen Punkt komme ich unter B1 ja näher zu sprechen, hier nur die Feststellung der Tatsache in Verbindung mit dem Zeugnis (vgl. 1,22). Durch das ganze Buch zieht sich diese Bezeugung, und überall unter den beiden Seiten der Zeugenschaft: „Was wir gesehen haben, bezeugen wir, und je mehr es bekämpft wird, desto treuer tun wir es.“ Gegenan! Man kann diesen Doppelcharakter des „Zeugeseins“ kaum irgendwo besser beobachten als in puncto „Auferstehung“ (vgl. z. B. in bunter Folge: 2,39ff.; 3,14.15; 4,2! 4,10.33; 5,29-33; 7! 10,39-43 usw.; ferner 25,19! 26,8.22.23).

Doch nicht nur die Auferstehung hatten sie zu bezeugen, sondern alles, was „diesen Jesus“ (1,11; 2,32.36 [6,14]) betraf, und alles, was sie „gesehen und gehört“ hatten, „die großen Taten Gottes“ (2,11). Was für eine gewaltige Bezeugung ist doch die Rede des Petrus in Kap. 2, und wieder in dem Doppelsinn des Zeugens: Sie hatten's erlebt und wußten, was es bedeuten

geraten war. Gegen diese Unordnung machten sie Front mit dem herzerschütternden Bußruf V. 38, der begründet war darin, daß „dieser Jesus, den sie gekreuzigt hatten, von Gott zum Herrn und Christus gemacht“ war (V. 36). Es war ein „verkehrtes Geschlecht“, von dem die Hörer sich retten lassen sollten. Wir bewundern die Macht, die der Heilige Geist damals über alle, auch über die geheimen Gegner, hatte, sodaß es damals noch nicht gleich zur offenen Feindschaft kam. Aber konnte diese lange ruhen? Nimmermehr - der Feind hat damals wie zu allen Zeiten nur zeitweise ruhen müssen, aber er benutzte die unfreiwillige Ruhe, um zu umso kräftigeren Schlägen auszuholen, wenn seine Stunde gekommen sein würde. Und die kam! Gott ließ ihm freie Hand, mußte sich dadurch doch umsomehr erweisen, wie mächtig das Zeugnis der Treuen sein würde. Noch ehe wir hören, welchen Segen das zweite große Zeugnis der Apostel (3,12-26) hervorrief (4,4), erreichte der Satan sein erstes Ziel, indem die treuen Zeugen Petrus und Johannes „in Gewahrsam gebracht wurden bis an den Morgen“ (4,1-3). Und wenn sie auch zunächst nichts Entscheidendes gegen die offenkundige Tatsache der Heilung des Lahmen tun konnten und somit die zwei freimütigen Zeugen aus dem Synedrium gehen lassen mußten (V. 13-15), so sahen die Gegner doch ein: So geht das nicht weiter! Darum Schluß mit diesem Zeugnis! Verbieten wir ihnen den Mund! (V. 16-18) Und was nützte das? Es brachte das Gegenteil hervor, und indem den Gegnern dies angekündigt wurde durch die unerschrocken Zeugen (V. 19.20), wurde ihre Wut nur aufs neue gereizt, und der Feind sorgte im Geheimen dafür, daß sie auch nicht nachließ, wenn man auch zunächst aus Besorgnis wegen des Volkes noch keinen Weg fand, das Zeugnis zu unterbinden (V. 21). Dann lesen wir für uns und unser Herz und zur Stärkung unseres eigenen Zeugnisses V. 23-31, und wir sehen: Der geistliche Krieg ist erklärt, das Zeugnis hat seine Schuldigkeit getan und tut sie weiter, die Brücken sind abgebrochen, und Gott Antwortet dem Glauben und der Treue mit der Gabe umso größerer Freimütigkeit, in der die Zeugen in Zukunft nach außenhin auftraten. Kostbare Früchte werden gezeitigt, und das Werk wird nach außen und dann auch nach innen gefestigt und in Treue weitergeführt - so schmerzlich auch der innere Einbruch des Feindes gefühlt wird (Kap. 5,1-11); es muß auch dieses dazu dienen, daß das Zeugnis von der Wahrheit wächst und damit auch die Feindschaft gegen dasselbe (V. 11-16).

Prozeß gemacht (17.18), aber mit ihrer vom Feind genährten Macht scheint auch die Macht dessen, den die treuen Zeugen verkünden, zugunsten der gefangenen Seinen zu wachsen (V. 19-25). Dann folgt die neue Gerichtsverhandlung vor dem Synedrium; jetzt werden sie wohl endlich zum Schweigen gebracht werden können?! (V. 28). Kein Gedanke! Das ist ein anderer Petrus als der, der vor einigen Monaten „anfing sich zu verfluchen und zu schwören: Ich kenne diesen Menschen nicht, von welchem ihr redet“ (Mark. 14,71). Das sind andere Apostel als die, die damals alle flohen: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen! Der Gott unserer Väter hat Jesum auferweckt, den ihr ermordet habt, indem ihr Ihn an ein Holz hängtet. Diesen hat Gott durch Seine Rechte zum Führer und Heiland erhöht, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben. Und wir sind Zeugen von diesen Dingen, aber auch der Heilige Geist, welchen Gott denen gegeben hat, die Ihm gehorchen!“ (V. 29-32).

Was für Worte, was für Zeugenmut, was für Freude im HErrn, was für ein Gegenangehen! Geschwister, möchten wir lernen davon und wagen, den HErrn zu bezeugen vor Freund und Feind - selbst wenn es dahin kommt, daß man uns schlägt um Seinetwillen wie jene nach V. 40! Was nützte dies?! V. 41 und 42 zeigen die gesegneten Folgen jener Leiden: „... voll Freude, daß sie gewürdigt worden waren, für den Namen Schmach zu leiden... und jeden Tag ... hörten sie nicht auf, zu lehren und Jesum als den Christus zu verkündigen“. - Und wir? Und wir?! Und wir! (2. Tim. 1,8 u. a.)

Ich habe im vorstehenden die ersten köstlichen Beispiele des Zeugnisses in seinem doppelten Charakter (Bezeugen, was man gesehen hat, und Gegenangehen) ein wenig genauer durchgeführt. Wir haben nicht den Platz, in dieser Weise fortzufahren, es tut auch nicht nötig; jeder treue Schriftforscher kann an Hand dieser Winke die ganze Apostelgeschichte so durchgehen (auch das Leben des Paulus, z. B. Kap. 24 u. 26!) Ich habe nur noch auf eines kurz hinzuweisen, und das ist auf den Umfang des geschichtlichen Zeugnisses. - Der Herr Jesus hatte sie „Seine Zeugen“ genannt in 1,8 „sowohl in Jerusalem als auch in ganz Judäa und Samaria und bis an das Ende der Erde“. Auch dieses läßt sich an Hand der Apostelgeschichte feststellen. (Ich berührte dies schon bei Punkt A 4). Bis Kap. 7 handelt es sich ausschließlich um das Zeugnis in Jerusalem, aber nach der Steinigung des treuen Zeugen Stephanus kam

Judäa an die Reihe, dann aber auch Samaria (8,1!), und gemäß 9,31 finden wir schon einen beträchtlichen Umfang des Zeugnisses, das sich geographisch damals über „ganz Judäa“ (also mit Jerusalem), „Galiläa und Samaria“ erstreckte. Wie schön ist das, was in jenem Vers über den geistlichen Zustand der Gemeinde gesagt ist. Möchte ein solcher auch heute mehr gefunden werden! - Aber nun „das Ende der Erde“? „Das Ende der Erde“ ist nicht in jüdischen Händen - damals nicht und heute nicht -, darum beginnt gleichsam das Ende der Erde da, wo Jerusalem, Judäa und Samaria aufhörten! Und das finden wir in Kap. 10! Hier der Anfang des Zeugnisses an die Nationen! Und wenn hier in diesem Kapitel auch mehr der erstere Charakter des Zeugeseins im Vordergrund steht und das „Gegenangehen“ kaum zu spüren ist, weil solch große Bereitwilligkeit im Hören ist (V. 33!) wie kaum im Anfang des Zeugnisses vor den Juden, so war dies doch nur eine kurze Ruhepause, hatte doch Petrus schon gleich nach dieser herrlichen Evangeliumsreise nach Cäsarea in den eigenen Mitzeugen, geistlich schwächeren Brüdern in Judäa (11,2 „stritten“!), Gegner, die erst nach und nach beruhigt wurden über die neuerliche Ausbreitung des Zeugnisses - und kam doch auch gar bald der Feind von außen her in äußerst verstärktem Maße zu seinem angemaßten und boshaft behaupteten Recht, indem mit Kap. 12 die bis dahin vielleicht schwerste Verfolgung einsetzte, der Jakobus der Ältere zum Opfer fiel, während Petrus aus dem Gefängnis befreit werden mußte. Aber das Zeugnis ging unaufhaltsam vorwärts: „Das Wort Gottes aber wuchs und mehrte sich“ (12,24). Und in dem gottgegebenen Heidenapostel Paulus, der dann später der geschichtliche Mittelpunkt der ganzen Apostelgeschichte wurde - nach dem 15. Kap. (genauer 15,7) wird Petrus nicht mehr genannt! - fand sich der Mann, der „das Ende der Erde“ zu seinem Missionsgebiet machte, weiter und weitergehend bis in das ferne Europa, wo auch wir dereinst die glücklichen Nutznießer werden sollten jenes Dienstes, der nicht am Meere (16,9ff.) und nicht vor den in damaliger Zeit (ohne Kompaß usw.!) außerordentlich großen Gefahren einer Winterreise (Kap. 27 und 28) Halt machen durfte. Dank und Preis sei Gott!

Ich bin am Schluß meiner diesmaligen Darlegungen, die, wie ich zum HErrn hoffe, ein wenig mit dazu beitragen werden oder möchten, daß auch wir, die wir „am Ende der Erde“ erreicht sind von der unergründlichen Gnade in Christo Jesu, treuer werden in unserem Bezeugen

Sohnes und des Heiligen Geistes erlebt haben - auf Grund des untrüglichen Wortes Gottes! Ja, der HErr schenke uns Gnade, treuere Zeugen zu werden auch dann, wenn wir, was heute so not tut wie irgendwann, in unserem Zeugnis von Ihm hier und da gegenan gehen müssen - dann aber auch mehr oder weniger ernste Folgen dieses Redens und Handelns zu gewärtigen haben! Jedoch es bleibt: „Ihr werdet Kraft empfangen ... und ihr werdet Meine Zeugen sein!“

Gelobt sei Sein ewig herrlicher Name!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Lehrt die Schrift, daß die Gemeinde Christi neue Pfingsten vor der Ankunft des HErrn erleben wird?

„Zum Gesetz und zum Zeugnis! Wenn sie nicht nach diesen Worten sprechen, so gibt es für sie keine Morgenröte.“ (Jes. 8,20)

Von gewisser Seite wird behauptet, daß Pfingsten sich wieder wie zur Zeit der Apostel offenbare, daß wieder eine Ausgießung des Heiligen Geistes geschehe und daß die ursprünglichen Wunderwerke des Geistes sich wieder unter uns zeigen. Unserem Gott ist alles möglich und gewiß - Er kann gewaltigere Pfingsten geben als damals im Anfang dieses Zeitalters. Es ist jedoch nicht die Frage, was unser Gott kann, sondern was Er tut und ob Sein Wort uns die Hoffnung gibt, das wir jetzt in dieser spätherbstlichen Zeit wieder Frühlingsblumen pflücken werden; das heißt, ob wir durch ringendes Gebet wieder Zeichen und Wunder erlangen sollen, oder ob wir durch Glauben und nicht durch Schauen wandeln sollen. (2. Kor. 5,7)

Das Wort gibt uns einen ziemlich prophetischen Umriß der Geschichte der christlichen Gemeinde. Nirgends jedoch finden wir, daß die wunderbaren Wirkungen der ersten apostolischen Zeit sich wiederholen werden; diese Wunderwirkungen waren im großen und

ganzen vorüber, bevor der Kanon der Schrift fertig war, denn in den späteren Episteln und am Ende der Apostelgeschichte kommen solche aufsehenerregenden Episoden kaum mehr vor.

Nein, die Pfingsten wiederholen sich nicht, denn die nächst zu erwartende Begebenheit ist das Laubhüttenfest, d. h. das Kommen des HErrn für Seine Gemeinde. Wenn nun die Schrift uns keine Auskunft darüber gibt, daß wir neue Pfingsten erleben werden - und trotzdem behaupten einige vielleicht ernste, eifrige, doch oberflächliche Seelen, daß sie schon diese zweiten Pfingsten haben -, so ist die Gefahr vorhanden, daß solche nicht echte Pfingsten, sondern nur nachgemachte haben.

Wir sind nach der Schrift völlig überzeugt, daß wir keine neuen Pfingsten zu erwarten haben, sondern daß wir in Demut dem HErrn und Seinem Worte treu bis ans Ende bleiben sollen, indem wir die selige und reinigende Hoffnung Seines Kommens festhalten und in Bereitschaft auf die Ankunft unseres HErrn stehen. (Tit. 2,11-14,1; Joh. 3,1-3)

Solche, die sich angeblich der neuen Pfingsten freuen, berufen sich vielfach auf die Weissagung Joels, die Petrus am Pfingsttage anführte: „Und es wird geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, daß Ich von Meinem Geiste ausgießen werde auf alles Fleisch ...“ (Joel 2,28-32; Apg. 2,17-20) Und sie behaupten, daß das, was sie nun haben, die Erfüllung dieser Weissagung ist. Doch auf diese Art und Weise kann und darf man nicht mit der Schrift umgehen, sonst läuft man Gefahr, angeklagt zu werden, daß man nicht aus Lauterkeit redet, sondern daß man das Wort Gottes verfälscht (2. Kor. 2,17), denn die Weissagung Joels hat gar nichts mit der Gemeinde Christi zu tun, sie findet ihre endgültige Erfüllung auf dem Berge Zion und in Jerusalem. (Joel 2,32) Damals, zu Pfingsten, sagte Petrus: „Dies ist es, was durch den Propheten Joel gesagt ist.“ (Apg. 2,16) Die Weissagung fing also an, sich zu erfüllen, als der Heilige Geist ausgegossen wurde, und zwar nur auf Israeliten. Das Volk aber im großen und ganzen verwarf nicht nur den HErrn Selbst, sondern auch das Zeugnis des Heiligen Geistes, und so findet die völlige Erfüllung erst nach der großen Trübsal statt, das heißt, nachdem die Gemeinde allezeit bei dem HErrn sein wird.

Später (in Apg. 10) wurde dann den Nationen die Tür der Gnade aufgetan. Und als der Heilige

Geist auf Kornelius und auf seine Freunde fiel, sagte Petrus nicht mehr, daß es das sei, was von dem Propheten Joel geredet ist, sondern er dachte nur an das Wort des HErrn: „Johannes taufte zwar mit Wasser, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geiste getauft werden.“ (Apg.11,16) Wenn eltiche behaupten und lehren, daß die Weissagung Joels jetzt in unseren Tagen in Erfüllung geht, so muß man solche unter die „Unwissenden und Unbefestigten“ rechnen, die „die Schriften verdrehen zu ihrem eigenen Verderben“. (2. Petr. 3,16)

Nein, die Heilige Schrift gibt uns ein ganz anderes Bild von dem Zustande in der christlichen Gemeinde und von der bekennenden Christenheit in den letzten Tagen, bevor der HErr kommt. Das Wort zeigt uns eine Gemeinde wie Philadelphia, die „eine kleine Kraft“ hat, die „das Wort bewahrt und den Namen nicht verleugnet“, und zu dieser sagt der HErr: „Halte fest, was du hast.“ (Offb. 3,8-13) Auf der anderen Seite sehen wir eine Gemeinde wie Laodicea, die reich geworden ist - der HErr aber steht draußen vor der Tür. (Offb. 3,14-22) Hier zeigt uns der Heilige Geist den Zustand der Gemeinde in den letzten Tagen; daß die Gemeinde aber neue Pfingsten erleben solle, davon findet man in der Schrift keine Spur.

Der HErr Selbst hat Seinen Jüngern vieles von den letzten Zeiten gesagt, aber von einem zweiten Ausgießen des Heiligen Geistes sagte Er nichts. Ein Hauptpunkt in den Reden des HErrn zu den Seinigen ist, daß sie wachen sollen. (Matth. 24,42; 25,13) Er sagt auch, daß die Liebe der Vielen erkalten wird wegen des Überhandnehmen der Gesetzlosigkeit (Matth. 24,12), und weiter redet Er von der Erscheinung vieler falschen Propheten und fragte einmal: „Doch wird wohl der Sohn des Menschen, wenn Er kommt, den Glauben finden auf der Erde?“ (Luk. 18,8)

Auch der Apostel Paulus, vom Heiligen Geiste inspiriert, entwirft uns ein Bild von den letzten Tagen dieses Zeitalters, aber von einem „neuen Pfingsten“ sagt weder er noch der HErr etwas. Im Gegenteil, er schreibt, wie der Geist ausdrücklich sagt, daß „in den letzten Zeiten etliche von dem Glauben abfallen und auf die betrügerischen Geister achten werden usw.“ (1.Tim. 4,1-4) und daß schwere und gefahrvolle Zeiten da sein werden (2. Tim. 3,1-10), und ferner: „Böse Menschen und Gaukler werden im Bösen fortschreiten, indem sie verführen und verführt werden.“ (2.Tim. 3,13)

Ebenso gibt uns der Apostel Petrus ein ähnliches Bild, indem er schreibt: „Zuerst dieses wissend, daß in den letzten Tagen Spötter mit Spötterei kommen werden.“ (2. Petr. 3,3) Also ist hier wieder kein Sterbenswörtchen, daß die Gemeinde neue Pfingsten zu erleben habe, nein, in geistlicher Hinsicht geht es bergab, und Paulus berichtet von einem „Abfall“. (2. Thess. 2,3) Es ist deshalb kaum nötig, noch mehr darüber zu schreiben, denn jeder in dem Worte der Wahrheit bewanderte Bruder weiß genau, daß wir den HErrn Selbst zu erwarten haben und nicht neue Pfingsten. Wohl schenkt der HErr gnädiglich durch den Heiligen Geist bald hier, bald dort herrliche Erweisungen, wofür wir Ihm sehr dankbar sind. Wir dürfen sehen, daß viele teure verlorene Sünder aus allen Völkern sich zum HErrn bekehren, auch, daß der HErr viele lange verschlossene Türen auftut und daß das Wort in der Macht des Geistes verkündigt wird. Trotzdem ist das keine neue Ausgießung des Heiligen Geistes, denn durch alle Jahrhunderle hindurch hat der HErr Erweckungen gegeben, vielleicht viel mehr, als die Geschichte davon zu erzählen weiß; der Tag wird alles klar machen.

Was sind nun diese „neuen Pfingsten“, womit man sich rühmt? Wir sind völlig überzeugt, daß es wieder eine von dem Feinde nachgemachte Sache ist. Echte Pfingsten sind das nicht, denn die Zeichen wahrhaftigen Pfingstens fehlen vollständig, und es trägt die deutlichen Anzeichen, daß der Teufel selbst die Rolle des Heiligen Geistes spielt!! Das ist eine furchtbare Sache! Doch dürfen wir uns nicht so sehr darüber wundern, „denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam“. (2. Thess. 2,7) Und das offenbart sich schließlich in der Person des Gesetzlosen, d. h. in dem Antichrist oder dem Tiere, welches die Welt mit großer Freude annehmen und anbeten wird. (Offb. 13)

Was sind die Zeichen der echten Pfingsten? Eins ist sicher, dieses krankhafte Verlangen nach Zeichen und Wundern finden wir dort nicht. Wohl wurden solche gegeben, aber alles geschah in nüchterner Art und Weise. Die Apostel redeten sofort in anderen Sprachen als ein Beweis, daß der Heilige Geist ausgegossen sei, und das bedeutete weiter, daß das Werk der Erlösung vollbracht und von Gott angenommen sei. In der Kraft des Geistes wurde dem Volke Israel in der Stadt Jerusalem das Heil angeboten. Es waren gottesfürchtige Juden aus der Zerstreuung

dort. (Apg. 2,5) Und die Zungen offenbarten ihnen, daß hier etwas Neues geschehen sei. Gewiß dann, als Petrus mit den Elfen aufstand, um das Wort zu verkündigen, redete er in der alltäglichen Sprache, die alle vollkommen beherrschten. Viele bekehrten sich, ließen sich taufen, und solche verkauften ihre Güter und verteilten den Erlös dafür, denn sie rechneten darauf, daß der HErr gleich kommen würde. Das Volk Israel jedoch verwarf das alles und steinigte bald darauf den Stephanus, einen Mann voll Glaubens und voll Heiligen Geistes. Das waren die echten Pfingsten. Ein weiteres Kennzeichen davon war auch, daß, als Ananias mit Saphira den Heiligen Geist belog, ein sofortiges Gericht auf sie fiel. (Apg. 5,1-11) Die echten Pfingsten waren ein wunderbares Geisteswehen für das Volk Israel; Zeichen und Wunder wurden getan. Alles das war jedoch umsonst, denn trotz alledem jagten schließlich die Bewohner von Jerusalem die Gläubigen fort. (Apg. 8,1) Nun kamen sie nach Samaria, und wieder wurden große Zeichen gegeben; denn obwohl die Bewohner dort ein Mischvolk waren, rechneten sie sich doch zu Gottes altem Bundesvolk.

Zuletzt kam das Evangelium zu den Nationen. (Apg. 10) Hier geschah aber wieder etwas Neues, denn der Heilige Geist fiel unmittelbar auf Kornelius und seine Freunde ohne Auflegung der Hände, und sie redeten in Sprachen, in diesem Falle, um den Israeliten zu zeigen, daß Gott den Nationen die Buße zum Leben gegeben hat. (Apg. 11,18)

Nun werden die Zeichen und Wunder immer seltener, und das Reden in Sprachen kommt nur einmal noch in Apg. 19,1-7 und wieder nur bei Juden vor, damit sie der herrlichen Dinge teilhaftig werden sollten, die in Jerusalem am Anfang geschahen (denn sie hatten sich schon längst auf die Taufe Johannes taufen lassen, um sich darauf vorzubereiten), und weiter, um ihnen selbst den Beweis zu liefern, daß der Heilige Geist schon gegeben sei. Doch diese außergewöhnlichen Zeichen und Wunder verschwanden immer mehr und mehr. Unser Gott kann immer Wunder tun, und Er tut Herrliches durch Gebetserhörungen, doch führt Er uns jetzt Wege des Glaubens und nicht Wege des Schauens.

In der Geschichte Israels bemerken wir, daß Gott ähnliche Wege ging. Als das Volk aus Ägypten zog, geschahen große Zeichen und Wunder, auch traf die Gesetzesübertreter ein schnelles

Gericht. Alles das ließ jedoch allmählich nach, und als das Volk dann Jahrhunderte später aus der babylonischen Gefangenschaft zurückkehrte, finden wir keine Spur mehr von aufsehenerregenden Zeichen und Wundern. Doch sehen wir, wie die gute Hand Gottes über ihnen war. (Esra 8,31)

Es ist klar, große Zeichen und Wunder finden wir nur in den Anfangszeiten der Geschichte des Volkes Israel und ebenso in den Anfangszeiten der Gemeinde. Gott bestätigte das Zeugnis durch Zeichen und Wunder, solange die volle Offenbarung Seiner Gedanken und Worte noch nicht gegeben war. So sehen wir aus der Schrift, daß die Gemeinde nicht „neue Pfingsten“ zu erwarten hat, denn was für die Anfangszeiten der Gemeinde paßte, nämlich die Gaben der Weissagung und des Zungenredens, soll man jetzt wegtun, da das Vollkommene gekommen ist, nämlich die ganze Heilige Schrift, denn „Wenn sie Moses und die Propheten nicht hören, so werden sie auch nicht überzeugt werden, wenn jemand aus den Toten aufersteht.“ (Luk. 16,31)

Jetzt heißt es, tiefere Erkenntnis Gottes zu erlangen, und Wunderbares hat Gott aus Seinem Worte in dem letzten Jahrhundert ans Licht gebracht, besonders in Verbindung mit dem Geisteswehen, welches vor zirka 100 Jahren geschah, als viele Gläubigen sich nicht mehr durch die menschlich gemachten Mauern der verschiedenen Denominationen scheiden lassen wollten, sondern in der Erkenntnis ihres Einsseins in Christo anfingen, sich in Seinem Namen allein zu versammeln, und das Wort Gottes allein zur Geltung gelangte.

Paulus betete für die gläubigen Epheser, nicht daß sie neue Pfingsten erleben oder in Sprachen reden möchten, sondern daß der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, ihnen „gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis Seiner Selbst ...“ (Eph. 1,17-19) oder „auf daß sie völlig zu erfassen vermögen mit allen Heiligen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei, und zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus, auf daß sie erfüllt sein mögen zu der ganzen Fülle Gottes.“ (Eph. 3,18.19) Wenn man solche Gebete vergleicht mit dem seelischen, ja oft hysterischen Geschrei nach der Fähigkeit, in Sprachen reden zu können, so fühlt man instinktiv, wie erhaben und herrlich das erste und wie abstoßend und nutzlos das zweite ist.

Selbst ernste Seelen haben sich über diese sogenannten „neuen Pfingsten“ gefreut, weil es ihnen schien, auch Gutes darin zu finden. Aber der Feind hat solchen betrogenen Seelen einen „Stein“ gegeben, der keinen Nährstoff in sich hat.

Das letzte Wort der Ermahnung Petri lautet: „Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus.“ (2. Petr. 3,18) Niemals werden die Gläubigen aufgefordert, sich nach angeblichen äußeren Pfingstzeichen und Wundern auszustrecken, sondern nach dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu. (Phil. 3,14) In der geistlichen Erfahrung soll man schon in dem Gelobten Lande sein, wo der geistliche Kampf wütet nach Eph. 6,10-18;

hier sind die Zeichen und Wunder, wie bei dem Ausgang aus Ägypten, nicht mehr zu finden.

„Die Liebe vergeht nimmer; seien es aber Prophezeiungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden. Denn wir erkennen stückweise, und wir prophezeien stückweise; wenn aber das Vollkommene gekommen sein wird, so wird das, was stückweise ist, weggetan werden.“ (1. Kor. 13,8-10)

F. Btch.

„Gehe hin in Frieden!“

(Luk. 7,50)

Welch eine köstliche Zusage gibt der Herr Jesus jenem Weibe, als Er ihr die Vergebung ihrer Sünden noch besonders bestätigt mit den Worten: „Dein Glaube hat dich errettet; gehe hin in Frieden!“Was für ein Glaube war ihr Glaube? Der Glaube an Seine Person, der Glaube an Seine Liebe und an Sein Wort! Glaube ist Herzensvertrauen auf Ihn und Herzensabhängigkeit von Ihm. Dieser Glaube ermöglichte ihr, daß sie in Frieden ihren Weg gehen durfte.

Geliebte, wie ist unser Weg? Was hat unser Glaube uns eingebracht? Rettung gewiß - wir wären

sonst nicht Sein -, aber dazu auch lebendigen, lieblichen Herzensfrieden? Ziehen wir in Frieden unsere Straße, oder in Unruhe, Unzufriedenheit, Sorge, geistlichem Mangel und Zukurzkommen? Wenn dieses - so liegt es am Glauben, d. i. am Vertrauen und Gehorsam unserer Herzen. „Denn wir wandeln durch Glauben“, sagt die Schrift (2. Kor. 5,7), und ist unser Glaube an Ihn nicht echter, rechter Art, so steht unser Herz nicht in Seinem Frieden (Joh. 14,27), und wir verkünden nicht in Tat und Wahrheit Seine Liebe und Gnade, wie Er es wünscht, sondern machen Ihm durch die Mängel in unserem Wandel Schande. Muß das sein? Nimmer! Laßt uns darum durch Gnade lernen, zu glauben, „wie die Schrift gesagt hat“ (Joh. 7,38), und sicher - auch wir werden unseren Weg ziehen in Frieden!

F. K.

Frage und Antwort

Frage 15

Wie ist das „Denn auch“ in Matth. 15,27 (vgl. Mark. 7,28) zu erklären? Darin liegt doch eigentlich kein Gegensatz?!

 

Antwort

Der ganze Vers lautet: „Sie aber sprach: Ja, HErr; denn es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die von den Tischen ihrer Herren fallen.“

Allerdings liegt hier - dem Wortlaut nach gesehen - kein Gegensatz, wie er doch nötig erscheint, wenn die Frau, die Heidin, mit ihrem Flehen das Herz des HErrn rühren will. Die Luthersche Übersetzung sagt hier wohl darum auch: „Ja, HErr, aber doch ...“ Da ist die ganze Schwierigkeit fortgenommen. Aber so lautet die Stelle im Grundtext nicht und daher - z. B. nach der Elberfelder Übersetzung - die scheinbare Unerklärbarkeit dessen, daß der HErr ihren großen Glauben lobt und ihr das Erbetene zuteil werden läßt.

Vergegenwärtigen wir uns kurz die Sachlage. Über diese ist im Jahrbuch 6, S. 167 in dem Aufsatz: „Gebete, die erhört und die nicht erhört werden“ einiges gesagt, was die vorliegende Frage auch streift. Es heißt da - ich schreibe es für solche, die den Band nicht haben! - u. a.: „Dann (weiter) bleiben unsere Gebete auch unbeAntwortet, weil wir unverständig bitten ..., im Geistlichen wie im Natürlichen hat Gott gewisse Grundsätze und Ordnungen festgelegt und Er kann Bitten, die diesen entgegenstehen, nicht ohne weiteres erfüllen. Aus dem Fall mit dem kananäischen Weibe können wir etwas lernen (Matth. 15,21-28). Sie kam in der tiefen Sorge um ihre Tochter zum HErrn, um von Ihm als dem ‚Sohne Davids‘ gesegnet zu werden - und ‚Er Antwortete ihr nicht ein Wort‘ ... Aber Er wies sie nicht ab, wie Er uns nicht abweist. Sie kam unter ganz falschen Voraussetzungen zu Ihm, und ehe Er ihre Bitte erfüllen konnte, mußte Er sie belehren, damit sie erst den rechten Stand vor Ihm einzunehmen lernte. Welche Ansprüche hatte sie als ‚Heidin‘ an den ‚Sohn Davids‘? Er muß ihr erst die Augen über sich selbst und ihre Stellung zu Ihm öffnen, Und sie versteht Sein Wort. Sie beugt sich und sagt: ‚Ja, HErr‘ und nimmt ihren Platz als ein ‚Hündlein‘ vor Ihm ein, als eine, die kein Anrecht an Israels Verheißungen hat ... Aber das Erbarmen des HErrn ist auch für die ‚Hündlein‘ da, und so klammert sie sich an Ihn und erwartet ein Brosämlein von Seinem Tische, von Ihm, den sie das Recht hatte, ihren HErrn zu nennen. Der HErr hatte Sein Ziel erreicht, sie war zur rechten Glaubensstellung hingeführt usw.“

Mit diesen Worten ist die Situation so klar beleuchtet, daß es keine Schwierigkeit macht, die scheinbare Härte des HErrn zu verstehen. Er sagt Selber, Er sei nur zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel geführt (V. 24), und wie kann Er da Seine Ordnung durchbrechen um einer „Syro-Phönizierin“ willen (Mark.

7,26)?! Sie war ein „Hündlein“, eine Bezeichnung, die dem Judentum gegenüber besondere Verächtlichkeit ausdrückt. Nicht daß Sein Herz hart gewesen wäre! Er wußte auch gut, auf welche Weise Er mit ihr (wie mit uns!) zu reden hatte, um ihren Glauben ans Licht zu ziehen (ähnlich wie in der Geschichte vom blutflüssigen Weibe, Luk. 8,43-48 [47!]). Und hatte sie denn wirklich so großen Glauben? Ja, darauf allein kommt es an, nicht auf die Rationalität,

wenngleich die göttlichen Grundsätze in keinem Falle gleichgültig sind. Aber stets geht voran: „Dir geschehe nach deinem Glauben!“ (Matth. 8,13). Das ist göttlicher Grundsatz in jenem Falle, genau so wie „den Demütigen gibt Gott Gnade“ (Jak. 4,6). Beide Grundsätze finden sich auch in unserer Geschichte, und beiden Antwortet Er demgemäß! Und nun wollen wir die Stelle V. 27 noch einmal genauer ansehen. Was sagt sie, die besorgte Mutter, die leicht hätte sagen können, wie heute so mancher: „Ach, was kümmern mich die göttlichen Grundsätze, wenn es (nämlich das Mittel) nur hilft!“ - Wie manche greifen zu Zaubermitteln in Krankheitsfällen, zum „Besprechen“ und ähnlichem, und warnt man sie, da heißt's: „Das ist doch ganz einerlei, was Gott dazu sagen soll, wenn's nur hilft!“ Nichts von solcher Gleichgültigkeit gegen Gott und Sein Wort findest du bei ihr. Sie - die Heidin - ist uns, die auch wir aus den Heiden, den Nationen, sind, ein schönes Vorbild für Abhängigkeit, Demut und Glauben. Sie nimmt die Abweisung seitens des HErrn demütig hin und bleibt doch bei Ihm, läuft nun nicht fort (ebenso auch nicht das samaritische Weib, als der Herr ihr die Wahrheit ins Gesicht sagt, Joh. 4,17ff.). Solchen Menschen, die nicht bei jeder Gelegenheit davonlaufen, beleidigt sich zurückziehen, sondern demütig sich die Wahrheit sagen lassen - solchen ist zu helfen, aus denen wird, geistlicherweise, noch etwas; wer aber gleich davonläuft, „sein Recht haben will“, beleidigt ist, schadet sich und anderen und kommt nie vorwärts - denn nur die Wahrheit kann uns frei machen! - Das Weib also bleibt stehen bei Ihm. Sie hat solch tiefen Schmerz, und Er, dieser Eine, kann helfen - soll und darf sie da nicht weiter bitten? Ja, sie darf, aber unter welcher Begründung? Nun, Liebe macht erfinderisch, und ihr brennendes Herz, innerlich voll Glaubens an den HErrn, findet die Brücke zu Seinem Herzen, zu Seiner schrankenlosen Gnade. Kurz und klar kommt's aus Herz und Mund: „Ja, Herr!“ Mit anderen Worten: „Du hast recht, und ich beuge mich darunter, bin bereit, das Urteil gegen mich als gerecht zu unterschreiben ...“ Dann vielleicht ein kleines Zögern in der Stimme, gerade genug, um einen ganz kühnen Gedanken im Glauben zu fassen, unausgesprochen, aber hörbar Seinem Ohr zu beten (wie einst Nehemia, Kap. 2,4), und dann: „Denn es essen ja auch die Hündlein von den Brosamen, die herabfallen.“ Was hat sie gedacht? Wie kommt sie zu dem „denn auch“ (statt „aber doch“, was nicht nur nach dem Grundtext unschriftgemäß, sondern auch längst nicht so schön und überzeugend [für den HErrn!] ist) - wie entsteht dies „denn auch“? Da muß doch ein Satz

vorangegangen sein? Sicherlich, und der lautete, denke ich, etwa so -(laut): „Ja, HErr!“ - (leise): „Aber - ich wage doch zukommen“ - (laut): „Denn es essen ja auch die Hündlein usw.“ Sie sagt damit gleichsam, indem sie an den einfachen Vorgang im Leben denkt: „Wenn das Brot so ausschließlich für die Kinder wäre, daß die Hündlein gar kein Bröcklein abbekämen, dann wäre es aussichtslos für mich zu bitten, aber sah ich‘s nicht oft genug, wie ein Hündlein, das nicht so viel braucht wie sein Herr, sich drunten an den Brosamen gütlich tat? Nichts weiter begehre ich, und so wage ich zu kommen. Nicht das Ehrgefühl treibt mich, auch am Tische zu sitzen, nein, das ist nicht mein Platz, aber wenn je ein Hündlein nicht enttäuscht worden ist, sondern seine Brocken bekommen hat, so werde auch ich nicht enttäuscht, wenn ich demütig-glaubend komme und Ihn bitte, an die Hündlein zu denken. Vielleicht hat Er nicht daran gedacht - und ob! - und mein gläubig Wort rührt Sein Herz ...!“

„O Weib, dein Glaube ist groß; dir geschehe, wie du willstl“ Und ihre Tochter war geheilt von jener Stunde an (V. 28). Ja, es ist so, wie es im Liede heißt: „Jesus kann mich nicht enttäuschen ...“; aber wie so oft muß es in bezug auf uns heißen: „Wo ist euer Glaube?“ (Mark. 4,40) Welche Mahnungen für uns!

So sehen wir das „denn auch“ schön und klar begründet in ihrem Herzensglauben, und der HErr verstand das Stammeln ihrer Seele und Antwortete dem Glauben des Hündleins herrlicher, als manches der „Kinder“ es je erfuhr, weil die „Kinder“ oft als selbstverständlich nehmen wollten, was doch in jedem Fall ein Wunder Seiner Liebesmacht, eine unverdiente Güte und Gnade war! Sie aber erfährt, daß „Gott nicht nur der Juden Gott ist, sondern auch der Nationen Gott“. (Röm. 3,29) Sie erfährt schon damals, noch in der Haushaltung Israels, lange ehe dem Paulus Römer 10 in die Feder gegeben wird, daß „derselbe HErr von allen reich ist über alle, die Ihn anrufen“. (Röm. 10,12) Welche Gnade!

Demut und Glaubensvertrauen - wie tun diese Stücke auch uns so not! Der HErr schenke uns gnädiglich, daß wir darinnen wachsen und zunehmen zu Seiner Herrlichkeit!

F. K.

 

 

 

Frage 16

Auf wen bezieht sich in 1. Tim. 2,15 der Ausdruck: „wenn sie bleiben“?

Antwort

Der Fragende schrieb eigentlich als Gegenstand seiner Frage nur die Stelle selber, so daß nicht zu sehen ist, worin bezüglich dieses an sich einfachen Wortes seine Schwierigkeit liegt. Da nun auch diese Frage sich wohl kaum für die Allgemeinheit der Leser zur eingehenden BeAntwortung eignet, so habe ich sie so gefaßt, wie oben geschehen, weil sich hieran der einzige sachliche Zweifel, ob so oder so, knüpfen kann. Sonst, ich wiederhole es, finde ich sachlich keine Schwierigkeit, sehe vielmehr in dieser die christliche Frau auf ihr gottgewollt-natürliches Gebiet weisenden Stelle (vgl. Zusammenhang!) eine ganz wunderbare, leider heute seltener denn früher erprobte Verheißung, auf welche die, die es betrifft, sich gerne und vertrauensvoll stützen dürfen. Auch hierin zurück zum Anfang! (1. Joh. 2,24 u. a.)

Aber da ist es nun die Frage, auf wen bezieht sich die Bedingung zu der zu machenden Erfahrung: „Wenn sie bleiben“? Wer sind die „sie“?

Viele sehen hierin die beiden Eheleute, auf deren beiderseitiges Verhalten, sowohl was das Glück in der Ehe wie auch was den Segen Gottes anbelangt, es sehr viel ankomme. Und sicher, dem ist so! Und auch darin ändern sich Gottes Gedanken nicht mit der Mode von heute. Und Worte wie 1. Mos. 1,28; Eph. 5,22-33 und 1. Kor. 7,1-7 u. a. dgl. behalten, solange diese Weltzeit besteht, für die Gläubigen ihre ungeschmälerte Bedeutung, wenn auch heute alles sozusagen auf den Kopf gestellt wird. Obiges darf, so heikel manchem dies Thema auch erscheint, gern auch in den „Handr.“ einmal betont werden! Also - wer das „sie“ auf die beiden Ehegatten bezieht und deren geistliches Verhalten gemäß der Schrift hier mit als Grundlage für die der Frau gegebene Verheißung ansieht, der begeht wohl (direkt) keinen Fehler.

wenn nur die Frau errettet ist, der Mann gar nicht im Glauben steht und darum seine Liebe besonders egoistisch ist und von Gottgeheiligtsein (dem Worte Gottes Gehorsamsein) bei ihm durchaus nicht die Rede sein kann? Darf die gläubige Frau dann diese Verheißung sich nicht zu eigen machen?

Ich glaube doch, nämlich wenn man das „sie“ bezieht auf allgemein „die Weiber“ von V. 9 und 10, die den Männern von V. 8 gegenübergestellt sind. Von V. 11-15a ist dann von ihnen in der Einzahl geredet, gewissermaßen grundsätzlich, während der Apostel in V. 15b wieder an sie, die einzelnen, im allgemeinen denkt.

Ich behaupte nicht, daß die Stelle nur so oder so aufzufassen ist, man kann sie vielleicht so und so auffassen und durch beide Meinungen gesegnet werden. Der HErr möge jedem, den's angeht, Verständnis geben! Jedenfalls aber kommt auf das geistliche Verhalten des Weibes viel an, und solche gläubigen Weiber, die die gottgewollten Schranken, wie die Welt heute, zu durchbrechen trachten (auch innerhalb der Gemeinde Gottes!), mögen nicht denken, daß sie sich jene kostbare Verheißung ohne weiteres aneignen dürfen, wenn auch Gott barmherzig ist und oft in Gnade handelt, wo Er ganz anders handeln könnte.

Viel ließe sich über diesen Punkt noch sagen, aber das wenige genügt wohl im Rahmen der „Handr.“, zumal es eben ja kein Punkt von allgemeinem Belange ist. Aber - wie wunderbar regelt das teure Wort Gottes alle Fragen, auch die intimen des Ehelebens, wenn die Kinder Gottes nur bereit sind, sich durch Gottes Gnade auch hierin nach dem Worte Gottes zu richten und sich hüten wollen, weder in falsche Übergeistlichkeit zu verfallen noch in fleischliche Ziellosigkeit!

Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht für meinen Pfad!“ (Ps. 119,105)

F. K.

Der gute Hirte.

(Joh. 10.)

„Gottes Bach ist voll Wassers“ oder „hat Wassers die Fülle.“ (Ps. 65,9) Dieses Wort klingt in unserer Seele beim Lesen der Gleichnisreden des HErrn in Joh. 10. Wie viele Kinder Gottes sind durch diese Worte, in welchen der HErr Sich uns als der gute Hirte offenbart, erquickt worden! Wenige aber beachten diese Rede des HErrn (Joh. 10) in ihrem Zusammenhang.

Die ersten fünf Verse dieses Kapitels sprach der HErr zu den Pharisäern. Sie waren blind (Joh. 9,40) und verstanden Seine Worte nicht. Das 9. Kapitel ist eng mit dem 10. Kapitel verbunden. In der Heilung des Blindgeborenen und den Folgen, die diesem daraus erwuchsen, liegt die Erklärung für das 10. Kapitel. Der HErr offenbart, was Er als der gute Hirte Seinen Schafen ist. Der geheilte Blindgeborene war eines Seiner Schafe, welches Er aus dem Hof der Schafe Seiner Herde zuführte.

Mit dem Hof der Schafe bezeichnet der HErr die Juden. Sie waren durch die Zwischenwand der Umzäunung, das Gesetz usw. von den übrigen Nationen abgesondert. In diesem Hofe befanden sich alle jüdischen Gläubigen, die auf das Kommen ihres Messias, des Sohnes Gottes, warteten. Niemand als Er allein hatte das Recht, die Schafe aus diesem Hofe herauszuführen. (Hes. 34)

Falsche Hirten, Betrüger machten Anspruch auf die Herde, aber sie waren Mietlinge und nicht Hirten. Sie waren gleich Dieben und Räubern nicht durch die Tür, sondern anderswo in den Hof der Schafe eingestiegen. Die Schrift hatte genau die Tür gekennzeichnet, durch welche der wahre Hirte eintreten würde, so daß sie Ihn erkennen konnten. Der Ort Seiner Geburt, der Charakter und die Herrlichkeit Seiner Person, die Umstände Seines Lebens usw., kurz alles war zuvor genau beschrieben. Der Einzige, der diese Kennzeichen trug und in der zuvor bestimmten Weise durch die Tür einging, war Jesus. Ihm tat der Türhüter auf; Johannes der Täufer oder vielmehr der Heilige Geist, in Johannes und anderen wirkend, öffnete Ihm in Seiner Geburt, im Tempel, in dem Zeugnis Johannes, in der öffentlichen Salbung usw. die Tür weit. Und die Schafe, der wartende jüdische Überrest (jene treuen Seelen in der Mitte der ungläubigen Masse des jüdischen Volkes), hörten die Stimme des Hirten der Schafe.

Am Schluß des 8. Kapitels sehen wir, wie die Masse des Volkes Jesus angesichts Seiner großen Gnade, mit der Er sie segnen wollte, verwirft. Von den Juden verworfen, konnte der Hof nicht mehr länger der Platz für Ihn noch für Seine Schafe sein. Jesus hatte Seinen Platz außerhalb des Hofes, und die notwendige Folge war, daß die wahren Schafe auch herauskommen mußten. Die Frage für die Gläubigen jener Tage war dieselbe wie heute: Entweder in einem religiösen System, welches Jesus verwirft, zu bleiben, oder aus demselben herauszugehen und mit Ihm außerhalb desselben alle Folgen zu tragen.

Genau in dieser Lage befand sich der blindgeborene und sehend gewordene Mann im 9. Kapitel. Von seinen Verwandten nicht anerkannt, von seinen Nachbarn verleugnet, wird er von den religiösen Führern aus der Synagoge, aus ihrer Mitte hinausgeworfen. Und warum? Weil er den Herrn Jesus als seinen Heiland bekannte und für Seine Rechte eintrat.

Und genau so ist es heute noch mit uns. Wenn wir für den Herrn Jesus eintreten und Ihn als Herrn bekennen, so werden wir bald die gleiche Erfahrung machen, die der Blindgeborene machte, nämlich, daß wir nicht anerkannt, verworfen und hinausgestoßen werden.

Was verlor dieser Mann? Er verlor seinen Platz unter den Christus verwerfenden, frommen Juden und die Freundschaft seiner weltlichen Verwandten und wurde als ein eingebildeter, dummer Mensch, der sich gegen die bestehenden und geheiligten alten Gebräuche auflehnte, verachtet. Aber wir fragen wieder: „Verlor er wirklich etwas?“

Diesen Verworfenen suchte der Herr Jesus auf. Als Er hörte, daß sie ihn hinausgeworfen hatten, ist der Verworfene Seinem Herzen so teuer, daß Er Sich aufmacht, ihn zu suchen, um ihm in Seiner Person alles das zu ersetzen, was er um Seines Namens willen aufgegeben hatte. Und als Er ihn „fand“, offenbarte Er ihm Seine ganze Herrlichkeit. (Joh. 9,35-38) Der HErr rechtfertigt damit Sein Verhalten gegen Seine Widersacher. (Vergl. auch Jes. 66,5) Wir lernen daraus, welch ein unmeßbarer Gewinn dem zuteil wird, der außerhalb aller religiösen Systeme und Parteiungen in die Gemeinschaft des Sohnes Gottes geführt wird und in dem Gewirre der Stimmen der Menschen allein die Stimme des guten Hirten hört und Ihm folgt. Diesen Gewinn

zeigt uns der HErr in den Worten des 10. Kapitels. Verworfen von den religiösen Führern seiner Zeit, hörte der einst Blinde, jetzt als ein Schaf Seiner Herde, die Stimme des einen Hirten, des Sohnes Gottes, und folgte Ihm nach, außerhalb all der Dinge, die er bisher gekannt und geschätzt hatte.

Der HErr beschreibt uns nun den wunderbaren Gewinn, den dieser Mann und alle, die gleich ihm ihren Platz an des HErrn Seite einnehmen, empfangen. Drei Segnungen enthüllt uns der 9. Vers, welche das Teil derer sind, die sich in der Gemeinschaft des verworfenen Hirten befinden, nämlich: Errettung, Freiheit und Weide. Dieses konnte nicht gesagt werden von den alttestamentlichen Gläubigen. Gewiß, sie kannten Jehova, aber wodurch sie gekennzeichnet wurden, war 1. ein priesterlicher Dienst zwischen Jehova und ihnen, 2. eine Wiederholung der Opfer, durch welche nie die Frage ihrer Sünden geordnet werden konnte, und folglich 3. die Unmöglichkeit des glücklichen Sich-Nahens zu Gott und des Sich-Freuens in Ihm - denn der Vorhang war noch nicht zerrissen.

Unter der „Weide“ aber, zu welcher das Schaf Zugang hat, verstehen wir die Stätte, wo seine Speise ist. Auf vier Dinge möchten wir hinweisen, welche gleichsam in der Weide eingeschlossen sind. Das 1. ist Leben (V. 10), das 2. ist Vertrautheit (V. 14.15), das 3. ist Einheit (V. 16) und das 4. ist Sicherheit (V. 27-30).

In bezug auf das erste, „Leben“, sagt der HErr: „Ich bin gekommen, auf daß sie Leben haben und es in Überfluß haben.“ Das Leben, welches alle Schafe haben, ist in Überfluß, d. h. es ist unbeschränkt. Wieviel wir, jeder einzelne für sich, es ergriffen, in Besitz genommen haben, ist eine andere Frage, aber es ist unser. (Vergl. 1. Tim. 6,12.) Es ist ein Leben des völligen Freigemachtseins von dem Gesetz der Sünde und des Todes (Röm. 8,1-4), ein Leben des Sieges über Sünde und Tod (1. Kor. 15), ein Leben der Verwandtschaft mit Gott (Joh. 20,17) und der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne. (Joh. 17) Nichts Geringeres als dieses ist das Teil der Schafe Christi. Der Grund, auf welchem dieses Leben uns zuteil geworden ist, ist Sein Tod. Es konnte nicht anders sein, denn das Gericht, welches auf uns lag, mußte vollzogen werden. Der HErr sagt deshalb: „Der gute Hirte läßt Sein Leben für die Schafe.“ Keine Furcht

hindert uns jetzt mehr, uns Gott zu nahen.

Das zweite ist „Vertrautheit“. Der HErr sagt: „Ich bin der gute Hirte; und Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen, gleichwie der Vater Mich kennt, und Ich den Vater kenne.“ Sind wir nicht erstaunt über solche Worte, in denen der HErr uns sagt, daß eine solche ungehinderte Vertrautheit, wie sie zwischen dem Herrn Jesus und dem Vater bestand, auch zwischen uns und unserem Hirten besteht? Und noch einmal erinnert uns der HErr bei diesen Worten an die Grundlage dieser Vertrautheit, an Seinen Tod. Er sagt noch einmal: „Ich lasse Mein Leben für die Schafe.“ Möchten wir mehr lernen, was dieses Vertrautsein ist! Jesus war immer in des Vaters Schoß. (Joh. 1,18) Johannes ruhte an Seiner Brust. (Joh. 13,23ff.) Dessen der Sohn sich in dem Vater erfreute, dessen erfreute sich Johannes bei dem HErrn. O, möchten wir doch recht erfassen, welch ein Platz der Liebe uns an des Hirten Brust geöffnet ist! Du junges Kind Gottes, du Kindlein im Glauben, dies ist ein spezielles Vorrecht für dich! (Jes. 40,11) Sei nicht zurückhaltend Ihm gegenüber; Er ist nicht zurückhaltend dir gegenüber. Sein Herz ist dir geöffnet! Warum willst du zurückhaltend sein und dich nicht an Seine Brust lehnen?

Das dritte ist „Einheit“. Indem Er die jüdischen Schafe aus den religiösen Systemen sammelte, in welchen sie solange gehalten waren, sagte Er (V. 16), daß Er noch andere Schafe habe und sie alle miteinander vereinen wolle. Mit den Worten: „Ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hofe sind“, meint Er ohne Zweifel die Gläubigen aus den Nationen, „und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“ In unseren Tagen wird viel über die praktische Einheit der Kinder Gottes gesprochen, aber wie viele oder wie wenige sind es, welche sich bewußt sind, daß die einzige Möglichkeit dieser praktischen Einheit das sich-Sammeln um den einen Hirten ist! Manche raten, neue Ordnungen aufzustellen, die eine weite Basis für die Einheit geben, aber im besten Falle wird nur eine neue Einzäunung daraus hervor gehen, die, wie alle anderen, im Widerspruch zu der Freiheit, allein dem HErrn und Seinem Worte zu folgen, steht. Nur wenn wir dem Sohne Gottes Seinen Platz als alleinigem Herrn und Führer geben, kann praktische Einheit verwirklicht werden.

Es ist auch gesegnet, zu sehen, wie Er in der Mitte derer, die sich allein um Ihn als eine Herde

sammeln, die Liebe des Vaters zum Sohne und des Sohnes vollkommenen Gehorsam zum Willen des Vater entfaltet (V. 17.18). Möchten wir mehr verstehen, was Er ist und was wir in Ihm haben! Wenn wir uns um Ihn - allein um Ihn - versammeln, so wird Kraft und Wärme verspürt werden. Es mag „Winter“ (V. 22) draußen sein, aber nicht drinnen, wo wir an Jesu Brust ruhen. In dem Kreise der Liebe des Vaters weht kein kalter Wind.

Das letzte ist „Sicherheit“. Mit der Frage der Juden, ob Er der Christus sei, forderten sie die Begründung Seiner Rechte über Seine Schafe. In Seiner Antwort Drückt der HErr für jeden, der Ohren hat zu hören, klar aus, daß Er wirklich Rechte über Seine Schafe hat und diese nie und nimmer aufgeben wird. Er war der Hirte, und die Schafe hörten Seine Stimme und folgten Ihm. Der wahre Hirte war nun am Schluß der Tage erschienen (V. 8). Sieben Dinge sagte Er den Juden betreffs Seiner Schafe. Und das, was Er ihnen sagte, muß unsere Herzen glücklich machen. Vier Dinge von diesen sieben zeigen die Vertrautheit der Schafe mit dem Hirten an: 1. sie hören Seine Stimme, 2. Er kennt sie, 3. sie folgen Ihm und 4. Er gibt ihnen ewiges Leben.

Ich will nicht näher darauf eingehen, aber laßt mich nur erwähnen, daß der HErr sagt: „Ich kenne sie“, bevor Er sagt: „Ich gebe ihnen ewiges Leben.“ In der vollen Kenntnis alles dessen, was wir sind, hat Jesus uns ewiges Leben gegeben. Die weiteren drei Dinge sind: 5. die Versicherung, daß Seine Schafe nicht verloren gehen, 6. daß sie von des HErrn eigener Hand beschirmt werden und 7. daß, wenn irgend jemand versuchen sollte, sie aus Seiner Hand zu rauben, ein solcher auch mit dem Vater rechnen muß, der größer als alles ist und dessen Hand die Schafe ebenso deckt wie die Hand des HErrn.

Keine Antwort Auf die Fragen der Juden nach Seinen Rechten über die Schafe konnte entscheidender sein als die Antwort, daß der Vater sie Ihm gegeben habe (V. 29). Wir sind Ihm vom Vater gegeben, und dies ist es, weshalb wir Ihm so teuer sind - so teuer, daß Er niemals zulassen wird, daß Ihm auch nur eins von Seinen Schafen geraubt wird. Wenn unser Herz die Herrlichkeit dieses Platzes erkennt, zu welchem der Sohn Gottes uns geführt hat, dann fühlen wir in Wahrheit, daß es „grüne“ Weiden sind. Wahrlich, „der HErr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ (Ps. 23,1)

Jemand mag fragen, woher werden wir die Kraft haben, wenn wir nach diesen Wahrheiten handeln wollen? Nun, teurer Leser, der Blinde war am Anfang des 9. Kapitels ein Bettler, der Tag für Tag etwas aus Menschenhänden entgegennehmen mußte; auch am Ende des Kapitels war er noch ein Empfänger, aber jetzt empfing er nicht mehr aus den Händen der Menschen, sondern von dem Sohne Gottes.

Der Herr Jesus fordert uns nicht auf, einen Weg des Glaubens zu betreten, auf dem Seine Treue uns nicht unterstützt und Seine Hilfe uns nicht jeder Feindschaft gegenüber zur Seite steht; und wenn wir an einen öden Ort zu gehen hätten, so laßt uns daran denken, daß Er mit den vorhandenen fünf Broten und zwei Fischen nicht nur 5000 Menschen speisen, sondern uns auch noch zwölf Handkörbe voll Brosamen geben kann!

W. (A. v. d. K.)

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

(Fortsetzung.)

Nunmehr - nachdem ich die von mir sogenannten fünf „äußeren“ Gesichtspunkte betrachtet habe - darf ich übergehen zu den „inneren“, d. h. zu denen, die, wie ich in der vorigen Lieferung schon schrieb, „gewissermaßen den eigentlichen Zweck des betreffenden Buches betonen und die erst auf Grund der ersteren, der äußeren, richtig gewürdigt werden können.“ Also -B 1! Als 1. Punkt der inneren Reihe nannte ich: „Die Apostelgeschichte als die Geschichte der Auferstehung, d. h. der Bedeutung dieser (vgl. z. B. Apg. 1,22 usw.).“ Hierauf, das heißt auf das Zeugnis von der „Auferstehung Jesu“, wies ich schon bei A 5 hin (S. 177/178), doch muß ich hier etwas näher darauf eingehen.

Wie ein roter Faden ziehen sich gewisse Worte und Begriffe durch das Buch der Apostelgeschichte (vgl. später B3!), und zu diesen Worten gehören solche, welche die Auferstehung oder Auferweckung des HErrn betreffen. Ich gebe hier eine wenigstens

einigermaßen vollständige Anführung der Stellen, die jeder nachlesen und gegebenenfalls vervollständigen möchte: 1,3.22; 2,24.31.32.36; 3,15.26; 4,2.10.33; 5,30(.31.42); (9,5;) 10,40.41(.42); 13,30.33.34-37; 17,3.18.31.32; 22,8.14; 23,6.8; 24,15(.21); 25,19!!; 26,8.15.23. Dies dürften die hauptsächlichen Stellen sein! Aber so oft von dem Verherrlichten die Rede ist, so sind solche Stellen ja undenkbar, wenn Er nicht auferstanden wäre (vgl. z. B. 3,13; 7,55.56; 9,20; 18,5.28). Auch Stellen wie 28,20.31 (vgl. 26,6-8) deuten dasselbe an, und so kann man wohl noch mehr Hinweise finden.

Wenn wir an das Wort, dem Apostel Paulus inspiriert, 1. Kor. 15,17 denken: „Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist euer Glaube eitel; ihr seid noch in euren Sünden“ - so müssen wir sagen: die Auferstehung des HErrn gehört so sehr zum Grunddogma des Evangeliums, daß ohne sie alles andere wertlos ist. Wohlgemerkt - ohne sie! Oder besser gesagt - besonders für solche, die jetzt meinen, es täte dem Erlösungswerk von Golgatha Eintrag, wenn man so von der Auferstehung, die doch erst der Abschluß von Golgatha sei, redete - also besser gesagt: ohne die Auferstehung Jesu Christi wäre die Erlösung von Golgatha nicht das, was sie ist, könnte es nicht sein, denn ohne sie müßten wir sagen, daß Gott das Opfer nicht angenommen hätte. Aber auch dies wäre ja nur eine dogmatische Erklärung des Wertes der Auferstehung (nach Phil. 2,6-9) - nein, viel, unendlich viel mehr: wenn Christus nicht auferstanden wäre, wenn Er im Tode geblieben wäre, im Grabe ... wer wäre Er dann? oder vielmehr, wer wäre Er dann nicht?! Mit der Frage, ob Er auferstanden oder nicht, steht alles in Frage! Das zeigt vor allem uns Röm. 1,4 (u. a.) und 1. Kor. 15, das zeigt uns in seiner Auswirkung für uns auch Röm. 4,25: „Welcher um unserer Übertretungen willen dahingegeben ist und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden ist.“ Somit kann es gar nicht ernst genug betont werden: zu der Golgatha-Tatsache gehört die Ostertatsache, die eine steht und fällt mit der anderen; und wir haben kein Recht, die eine auf Kosten der anderen zu betonen. Die Schrift tut das nicht, aber manche Gläubige tun es leider, wie denn manchmal von der glorreichen Auferstehung bezw. Auferweckung des HErrn durchaus nicht so oft und überzeugend geredet wird wie von Seinem Kreuz und von Seinem Blutvergießen und Sterben. Wir können gewiß nicht zu viel von letzterem reden, aber ohne die Auferstehung ist jenes nicht

verdamme? Christus - der gestorben, ja noch mehr, der auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der sich auch für uns verwendet“. In einigen Bibelausgaben steht vor „auferweckt“ ebenfalls ein „auch“, aber das ist dort ganz und gar nicht am Platze, weil bei Ihm das Auferwecktsein zum Gestorbensein gehört, dessen Krönung ist (vgl. „noch mehr“) und nicht davon zu trennen ist; dagegen bei den nächsten beiden Aussagen ist das „auch“ als Steigerung durchaus zu Recht bestehend!

Ich habe meinen Ausführungen über den Gegenstand der Apostelgeschichte diese Überleitung aus dem Grunde vorausgeschickt, weil ich einerseits den Mangel mancher Gotteskinder sehr fühle, der Auferstehung des HErrn nicht die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, und weil ich andererseits damit gezeigt zu haben hoffe, inwiefern dieser Punkt als ein innerer Gesichtspunkt der Apostelgeschichte zu werten ist. Er liegt nicht ohne weiteres auf der Hand. Aber er ist ungemein wichtig!

Die Apostelgeschichte ist ja so recht eigentlich das Buch von der Auferstehung! Wollte ich dies an der Hand der herrlichen Apostelgeschichte Kapitel für Kapitel nachweisen - ich müßte auch ein „Buch“ schreiben, und dazu habe ich keinen Platz, darum hier nur kurz einige „Schlaglichter“!

„Zeugen der Auferstehung“ sollten die Apostel sein! (1,22; 3,15!) Welch ein Dienst, welch eine Würde, aber auch welch eine Exklusivität - die Verdeutschung „Ausschließlichkeit“ sagt viel zu wenig! - ihres Dienstes, ihrer Dienstautorität! (Armselige Sekte der sogenannten „Neu-Apostolischen“! Manche andere Punkte, die nach der Schrift den Aposteln allein eigen waren, fehlen natürlich auch denen der „Apostolischen“, ganz besonders aber dieser: ein Zeuge der Auferstehung Jesu Christi! Eine solche Ausschließlichkeit - wer könnte sie sich anmaßen, ohne die Schrift zu fälschen oder zu veroberflächlichen?!)

Und dann siehe, wie sie ihrer Zeugenaufgabe nachkommen! Welch Triumph liegt doch in solchen Worten wie „Den hat Gott auferweckt“ (2,23.31.32; 3,15; 4,10; 5,30 u. a.)! Daß Er es getan hatte - davon waren sie Zeugen; daß es in Wahrheit so sein mußte - davon war die

Zeuge; daß es ohne das Bestehen dieser Tatsache nicht möglich wäre, für dieselbe zu leiden (und wie freudig!), das erfüllte auch die hartgesottenen Gegner (unter denen die Rede von Matth. 28,11-15 doch nur eine Ausflucht der Verzweiflung über etwas nicht Wegzuleugnendes war!) mit staunender Achtung, aber auch mit wachsendem Haß, der ja ganz unerklärbar wäre, wenn er nicht von der Furcht eingegeben wäre: es könnte doch wahr sein - aber es soll nicht! (vgl. 4,5-7-10-20-22). Welch scharte Gegensätze stellen die Zeugen der Auferstehung heraus, wenn sie den Feinden es zum Bewußtsein bringen: ihr habt Ihn „gekreuzigt“, „getötet“, „umgebracht“, „ermordet“ usw. (Man vgl. die Zusammenhänge der Stellen, in denen diese und ähnliche Worte stehen; z. B. 2,23.36; 3,14.15; 4,10; 5,30.31 u. a.) Hier nur eine Stelle! „Der Gott unserer Väter hat Jesum auferweckt, den ihr ermordet habt, indem ihr Ihn an ein Holz hängtet. Diesen hat Gott durch Seine Rechte zum Führer und Heiland erhöht, um Israel Buße und Vergebung der Sünden zu geben ...“ (5,30ff.) Und der Erfolg? Den Augenblickserfolg zeigt V. 33, aber den wahren zeigt das Wort Gamaliels V. 38f: „Stehet ab von diesen Menschen und lasset sie, denn wenn ..., wenn das Werk aber aus Gott ist, so werdet ihr sie nicht zu Grunde richten können; damit ihr (er nicht mit!!) nicht gar als solche erfunden werdet, die wider Gott streiten.“ Was für ein gewaltiger Erfolg!

Ob Saulus (Paulus) wohl diese Worte mit gehört hat? Er war ja ein Schüler des Gamaliel (22,3), und er ging - dem HErrn sei Preis! -, als seine Damaskus-Stunde gekommen war, unendlich viel weiter als sein großer, bedeutender und doch leider, leider nicht christgläubiger Lehrer.

Gerne verweilte ich noch bei anderen Stellen über die Auferstehung des HErrn, von der jene Apostel Zeugen waren, aber der Raummangel zwingt mich, der soeben betretenen Spur des Saulus-Paulus weiter nachzugehen.

Paulus - war er auch ein Zeuge der Auferstehung nach 1,22 und 3,15? In einem Sinne nein und in anderem tieferen Sinne ja, ja und abermals ja! Nicht in dem Sinne, daß er mit den elf, vielmehr, mit Matthias, zwölf älteren Aposteln den leiblich Auferstandenen gesehen hätte - auf ihn passen die kostbaren Worte Kap. 1,2-4 nicht -, er stand nicht bei den „Männern von Galiläa“, die des Anblickes der Himmelfahrt ihres geliebten HErrn, wo sie der Anrede der Engel

„dieser Jesus ...“ gewürdigt werden (1,10.11) und dann am Pfingsttage der höchsten Segnungen teithaftig wurden (Kap. 2) - aber im tieferen Sinne, als selbst jene ersten Apostel es vielleicht je wirklich erfaßt haben (es war ja nicht ihre Aufgabe!), hat er den Auferstandenen gesehen (1. Kor. 9,1 [vgl. mit 2. Kor. 5,16!] mit 15,8 u. a.), und das macht die hohe Würde seiner Apostelschaft aus! Er fühlte sich von unten gesehen jenen gegenüber als der geringste (15,9), aber von oben gesehen war er höherer Offenbarungen teilhaftig geworden denn sie. Er hätte ja nicht Sein Apostel sein können, wenn er Ihn nicht als den Auferstandenen gesehen hätte - und darum bekam er Ihn also zu sehen; aber mehr als das: er sah den verherrlichten Jesus, und zwar nicht in Seiner Würde als „Sohn des Menschen“ wie Stephanus (Kap. 7,55.56), sondern als den, der eins ist mit Seiner hienieden, und zwar durch ihn, Saulus, verfolgten Gemeinde! (9,5; 22,8; 26,15; 1. Kor. 15,9; Phil. 3,6; 1. Tim. 1,13 u. a.) Wahrhaft niederschmetternd und völlig überwältigend muß für ihn die Erkenntnis gewesen sein: Der (angeblich auferstandene) Jesus, den ich in Seinen Nachfolgern vernichten zu müssen glaubte, weil Er nichts anderes sein kann als ein Phantom, ein Hirngespinst, oder gar ein Betrüger, während Seine Nachfolger nur betrogene Betrüger sein können - der lebt, ist also doch auferstanden, ist droben bei Gott verherrlicht, ist der Sohn Gottes- erst Paulus predigte dies!! (9,20!) -, ich sage, es muß überwältigend für ihn gewesen sein, diese Tatsache gleichsam, die er jetzt erkannte: „Ich habe gegen Gott gestritten“ (wie sein Lehrer Gamaliel einst geahnt haben mochte, siehe oben!). Das war seine Damaskus-Stunde! Da brach der stolze Pharisäer (Apg. 23,6; Phil. 3,5 u. a.) völlig und für immer zusammen vor diesem Jesus, der ihm erschienen war (9,17; 22,14; 26,16), und weihte Ihm für ewig sein Leben, seine Kraft, sein Alles, so völlig wie nie irgendein anderer vor ihm und nach ihm. Der „Verherrlichte“ - „Christus“ - „der zweite Mensch“ - „der Mensch vom Himmel“ (1. Kor. 15) - Er wurde fortan der Gegenstand seiner Verkündigung, und darum, weil er den Verherrlichten stets vor Augen hatte (2. Kor. 3,18 u. a.), deswegen konnte er auch gebraucht werden als das Gefäß, durch das der Gemeinde die höchsten und erhabensten Weisheiten eben über die Gemeinde, himmlischen Ursprungs und himmlischen Zieles (wie ihr Haupt; Epheser- und Kolosserbrief), anvertraut und durch den Geist inspiriert wurden. Er hatte den verherrlichten Jesus gesehen, und wie sein Auge, zunächst äußerlich erblindet (Kap. 9), nunmehr geblendet war auf immer für den Glanz

dieser Welt, so vermag er wie kein anderer auch unsere Augen wegzuwenden von alledem, was auf Erden ist, hin zu Ihm, dem Christus, der droben ist (Kol. 3,1-4)! Möge es dem Heiligen Geist gelingen, uns durch Seinen Knecht Paulus mehr und mehr den Blich zu öffnen für die Herrlichkeit des Auferstandenen und Verherrlichten! -

Es wäre eine dankenswerte Aufgabe, die Stellen aus den Kapiteln 22-26 zu betrachten, die uns Pauli Stellung zur Auferstehung beleuchten, also z. B. 22,14; 24,15.16!!; 25,19; 26,7.8ff.23 sowie auch die oft etwas mißverstandene, dabei aber so besonders wichtige Stelle Kap. 17,16-34, aber ich muß aus Mangel an Platz und Zeit den Gegenstand verlassen und es den geneigten Lesern überlassen, sich näher mit diesem unerschöpflich kostbaren Gebiet zu befassen.

Nur noch einmal zum Schluß sei es betont, daß gerade die Tatsache, daß auch Paulus den Auferstandenen, und zwar in Herrlichkeit, geschaut hat (von dem er auch Anweisungen für die Gemeinde erhalten hat, z. B. 1. Kor. 11,23ff.), uns die Apostelgeschichte als das Buch der Geschichte von der Bedeutung der Auferstehung des HErrn zeigt. „Zeugen der Auferstehung“ sollten die Apostel sein! Das bedeutet aber mehr als nur, daß sie sagen sollten: „Der HErr ist auferstanden!“ - wie der Gruß in den Christengemeinden der ersten Jahrhunderte lautete, dem die Antwort gegeben wurde „Er ist wahrhaftig auferstanden!“, sondern das bedeutete, wie wir es an ihnen allen und vornehmlich an Paulus sehen, daß ihr Wandel und Wort von dem Irdischen abgezogen wurde und andere davon abzog und Ihn, den Gekreuzigten, Auferstandenen und Verherrlichten zum Mittelpunkt des Lebens der „durch das Blut Seines Eignen erworbenen“ (20,28) Gemeinde in allen ihren Gliedern, Einrichtungen und Zielen machte. Paulus spricht von der „Kraft Seiner Auferstehung“ (Phil. 3,10)! Das ist gewiß die höchste - weil paulinische - Ausgestaltung des Zeugnisses von ihr, aber das ganze Leben derer, die willig waren, für Ihn in den Tod zu gehen, war ein Beweis der Kraft und Wirklichkeit der Auferstehung und damit der Wirklichkeit des Christentums überhaupt. Denn nur in ihr, der Tatsache der Auferstehung Christi, die unsere (der Seinen) eigene einschließt (Joh. 11,25.26), ist die durch nichts zu hemmende ungeheure, weltweite und allezeit sich vertiefende Missionskraft des christlichen Zeugnisses begründet, wie sie der Herr Jesus angekündigt hat in

Seinen Worten: „Gehet hin in alle Welt - und siehe Ich bin bei euch alle Tage!“ (Matth. 28,19.20) Wie kann das sein? Weil Er der Auferstandene ist! Vivit! Er lebt!

Er sei ewig gepriesen!

*

Mit einigen Worten sei noch B 2 berührt! Diesen inneren Gesichtspunkt nannte ich „die Geschichte des Heiligen Geistes auf der Erde“ (vgl. Kap. 2; 8; 10; 19 u. a!)

Da ich nun meinen Gesamtaufsatz in diesem Jahrbuch zu Ende bringen muß, so möchte ich über den vorliegenden Punkt keine weiteren Ausführungen machen, hat doch denselben Br. A. v. d. K., wie ich schon S. 155 schrieb, in dem Aufsatz in Jahrbuch 8, S. 41ff. und noch ausführlicher in seinem gleichbetitelten Büchlein „Der Heilige Geist, der in uns wohnt“ (2. Tim. 1,14) behandelt. Wollte ich darüber näher schreiben, so müßte ich doch nur sehr oft auf dies Buch verweisen, und ich glaube den Platz lieber für anderes sparen zu sollen, zumal Punkt 3-5 noch Raum genug erfordern. Übrigens hat auch Br. F. Btch. in Lief. 3 und 8 dieses Jahrbuches ziemlich gründlich über einige Dinge von Punkt B2 geschrieben, was sehr wichtig ist und heutigen Irrtümern einen kräftigen Riegel vorschiebt. Möchten jene beiden Aufsätze genügend Beachtung finden! - Bei Punkt 9, d. i. B 4, komme ich, w. G., auch noch ein wenig auf diese Dinge zurück. -

Wer nicht versteht, daß in der Apostelgeschichte die verschiedenen Mitteilungen des Heiligen Geistes eine jeweils aus dem Zusammenhang sich ergebende geschichtliche und in sich abgeschlossene Bedeutung haben, der kommt leicht in Gefahr, in unnüchterner Weise diese Geistesmitteilungen, z. B. die nach der Schrift einmalige „Geistestaufe“ (Apg. 2), auf die heutige Zeit zu übertragen und dadurch Verwirrung anzurichten (wie die „Zungenbewegung“ getan hat). Der HErr gebe uns allen Gnade, „das Wort der Wahrheit recht zu teilen“ bezw. den „bewährten Arbeitern“ zu glauben, die es zu tun vermögen! (2. Tim. 2,15)

Nur soviel über B2: „Die Apostelgeschichte als die Geschichte des Heiligen Geistes auf der

„Verständnis in allen Dingen“! (2. Tim. 2,7)

F. K. (Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Auf was harrest du?

(Ps. 39,7.)

Kürzlich hatte Br. v. d. K. ein Gespräch mit einem noch unbekehrten älteren Herrn, der an einer Bibelstunde in Dr. teilgenommen hatte. Im Verlauf der Unterhaltung kamen sie auf ihr annähernd gleiches Alter zu sprechen, und jener sagte, er habe nur noch eine Hoffnung und Sehnsucht: Er möchte nur noch so lange leben, bis das Deutsche Reich aus der jammervollen Tiefe der Gegenwart sich wieder herausgearbeitet habe und in neuem Glanze erstanden sei. Wir verstehen, daß ein vaterlandsliebend gesinnter Deutscher dieses Sehnen im Herzen tragen mag - gewiß! Aber was für eine unbestimmte und auch geradezu geringwertige „Hoffnung“ ist das doch, wenn wir sie mit unserer Erwartung, unserer seligen Erwartung vergleichen! Und so war es auch naheliegend, daß Br. v. d. K. jenem Herrn Antwortete: „Und ich - ich lebe in der Erwartung, und zwar der sichersten, die es gibt, des baldigen Kommens des HErrn, des Herrn Jesus, der die Seinen heimbringt in's Vaterhaus, wie Er gesagt hat in Joh. 14,1ff.!“ - Es ergab sich aus dieser freudigen Antwort noch eine gesegnete Unterredung über diese Hoffnung und Erwartung, von der jener auch schon einmal etwas gehört hatte, da er eine gläubige Tochter hat.

Als ich von diesem Gespräch hörte, dachte ich gleich, es würde vielleicht gut sein, wenn wir alle uns einmal unter die Frage stellten, was wir als Nächstes und Sehnlichstes erwarten! Irgendein ein hohes politisches oder kulturelles Ziel, irgendeine äußere Verbesserung der gegenwärtigen Lage in unserem irdischen Heimatland, oder was? - Ach daß wir alle wie der Psalmist in oben angegebener Stelle sagen möchten: „Und nun, auf was harre ich, HErr? - Meine Hoffnung ist auf Dich!“ Daß wir alle, die wir dies lesen, doch wirklich lebendig harreten auf Ihn, der gesagt hat: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein

Werk sein wird - ja, Ich komme bald!“ (Offb. 22,12.20)

Geliebte, wie und worauf ist unsere Hoffnung? Wie auch immer sie beschaffen ist, so, d. h. demgemäß wird unser Werk sein. Wer irdische Hochziele erwartet, wird irdisch mehr oder weniger interessiert sein - wer aber himmlische Ziele vor Augen hat, der wird auch „sinnen auf das, was droben ist, wo der Christus ist ...“ (Kol. 3,1ff.), und dies Sinnen wird sein Leben hienieden beeinflussen, dem HErrn, den er erwartet, zu Ehren!

Darum - auf was harren wir? Fragen wir uns! Möchten wir durch Gnade die Antwort geben können: „Auf Dich, unsern geliebten HErrn, harren wir, auf Dich, der uns zu Seinem teuren Eigentum gemacht hat und der uns für immer in Seiner seligen Nähe haben will! Auf Dich harren wir in Glauben und Liebe, bis daß Du kommst!“ Seliges Harren, seliges Ziel: „Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offb. 22,20)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 17

Ich bitte um Erklärung der Stelle 1. Petr. 4,6.

Antwort

Die Worte: „Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden“ werden von vielen so aufgefaßt, daß den Menschen, die schon abgeschieden waren, als die Verkündigung der „guten Botschaft“ - des „Evangeliums“ - ihren Anfang nahm, diese „gute Botschaft“ noch nachträglich am Orte der Abgeschiedenen - im Totenreiche - verkündigt worden sei, damit auch ihnen Gelegenheit gegeben werde, sich zu entscheiden und errettet zu werden, da sie ja diese Gelegenheit nicht gehabt hätten, als sie auf der Erde lebten. Diese Auffassung stützt sich

zwischen Seinem Abscheiden am Kreuze und Seiner Auferstehung in das Totenreich hinabgestiegen sei und den Geistern der Abgeschiedenen gepredigt habe. Diese Auffassung hatte Luther, denn er schreibt in seinem „Kleinen Katechismus“ im „zweiten Hauptstück“ im „zweiten Artikel“ in bezug auf den Herrn Jesus: „... gestorben und begraben, niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage auferstanden von den Toten ...“; auch Wiese teilt sie, denn er vermerkt in seiner Ubersetzung des Neuen Testaments am Rande zu 1. Petr. 3,19: „Christus im Totenreich“ und zu 4,6: „Heilsbotschaft im Totenreich“; und fast jeder, den man fragt, meint diese Schriftstellen so verstehen zu müssen. Und daran schließt sich oft noch die Vorstellung, daß auch weiterhin den Menschen, die das Evangelium nicht gehört haben - z. B. die dort lebten und leben, wohin es noch nicht gekommen ist -, nach ihrem Abscheiden, im Totenreich, noch das Evangelium verkündigt worden sei und verkündigt werde durch heimgegangene Diener des HErrn. Wir lehnen aber diese Auffassung ab, weil die betreffenden Stellen in Wirklichkeit so etwas nicht sagen und die bezeichnete Auffassung der Lehre des übrigen Wortes Gottes über diesen Gegenstand völlig widerspricht.

Die genannten Stellen sagen nicht, daß Christus nach Seinem Tode an den Ort der Abgeschiedenen gegangen sei und dort den Abgeschiedenen gepredigt habe (3,19) und daß „den Toten“ nach ihrem Abscheiden gute Botschaft verkündigt worden sei (4,6), sondern sie sagen nur, daß der Geist, nach welchem der HErr „lebendig gemacht“ worden ist, derselbe Geist ist, in welchem Er auch hinging und jenen Geistern predigte, und daß „auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden“ ist. Wann das Hingehen und Predigen und das Verkündigen guter Botschaft an die „Toten“ geschah, sagen die betreffenden Stellen nicht, und sie brauchen dieses auch gar nicht zu sagen, weil nach dem übrigen Worte Gottes es nur eine Zeit gibt, während welcher der Mensch sich entscheiden und die Errettung durch Glauben ergreifen kann: die Zeit seines Lebens auf der Erde, also nur vor seinem Abscheiden aus diesem Leben. Das Wort redet immer nur in diesem Sinne von der Errettung des Menschen. Hierzu sei nur hingewiesen auf das Wort des Herrn Jesus Mark. 16,15.16: „Gehet hin in die ganze Welt und prediget das Evangelium der ganzen Schöpfung. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“, auf die gleichnisartige Darstellung

Abänderung des Zustandes nach dem Tode gibt, auf Johannes 1,12.13; 3,14-16.18 und besonders V. 36 („... der Zorn Gottes bleibt auf ihm!“); 5,24-29 (besonders V. 29 - wo bleibt da Raum für die Bekehrung nach dem Tode?!); 6,40 usw., auf Apg. 2,38.39; 20,21; 26,18 (Buße und Bekenntnis zum Herrn Jesus durch die Taufe - „Buße zu Gott“ und „Glauben an unseren Herrn Jesus Christus“ - Bekehrung von der Finsternis zum Licht, usw.: alles nur in diesem Leben!) und auf Hebr. 9,27, wo uns gesagt wird, daß es den Menschen gesetzt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht! ( - nicht, daß sie noch einmal Gelegenheit hätten, sich zu bekehren, Buße zu tun, zu glauben - nein, „das Gericht“!) Diese und noch viele andere Stellen, ja das ganze Wort Gottes, zeigen, daß die Errettung nur in diesem Leben, nur vor dem Tode, möglich ist. Und das kann auch gar nicht anders sein, denn Buße und Glauben, ohne welche beiden Dinge es keine Errettung gibt (s. Luk. 13,3.5; Joh. 3,36), sind nur in diesem Leben möglich! Wir können uns vorstellen und als gewiß annehmen - besonders auf Grund der ernsten Stelle vom reichen Mann und dem armen Lazarus -, daß ein Mensch, wenn er unerrettet aus diesem Leben geschieden ist, alles erkennt, seinen Irrtum, seine Sünden, seine Schuld, die Wahrheit dessen, was ihm gesagt worden war über Gott, den Herrn Jesus, usw.; aber dieses Erkennen ist weder „Buße zum Leben“ (Apg. 11,18) noch Glaube, der mit Gott verbindet und errettet, und zwar Buße darum nicht, weil solche nur in Verbindung mit wahrem, errettendem Glauben zustande kommen kann, solcher Glaube aber nicht vorhanden ist, und rettender Glaube nicht, weil dieser nicht allein aus Fürwahrhalten besteht, sondern auch aus Vertrauen zu dem, der der Gegenstand des Glaubens ist, solches Vertrauen aber einen Zustand voraussetzt, den der Mensch nur in diesem Leben, aber nicht mehr nach dem Tode besitzt. Auch die Dämonen glauben „und zittern“ (Jak. 2,19) - sie wissen auch alles, aber das nützt ihnen nichts, sondern hat nur die Furcht vor dem kommenden Gericht zur Folge; und zu einem besseren Glauben sind die Abgeschiedenen auch nicht mehr fähig. Das sehen wir an dem „reichen Manne“ sehr deutlich.

Weil es nun so ist, daß der Mensch nur in diesem Erdenleben die Möglichkeit hat, durch Buße und Glauben errettet zu werden, sind wir fest überzeugt, daß Gott auch jedem Menschen ohne irgendeine Ausnahme in diesem Leben die Gelegenheit hierzu gegeben hat und gibt. Denn Gott

„Wie“ weiß Er allein. Natürlich wird Gott Seiner Gerechtigkeit entsprechend jeden Menschen nach der Offenbarung verAntwortlich machen, die für ihn vorhanden war: Die Menschen, welche die Aussprüche Gottes hatten, von Adam an (s. 1. Mose 3,15) bis auf uns, die wir das ganze, vollendete Wort haben; einen jeden nach der jeweiligen Offenbarung Gottes in diesem Worte; dem armen Heiden hingegen, der nie etwas von dem Wort Gottes wußte und hörte, nach der ihm gegebenen Offenbarung: in der Schöpfung und dem Gewissen (vgl. Röm,1,19.20; 2,12-16); und dann noch all die Abstufungen, die es zwischen diesen beiden äußersten Punkten noch gegeben hat und gibt. Zu welcher Zeit und unter welchen Umständen ein Mensch auch gelebt haben mag - jeder, der Gottes Offenbarung ihm gegenüber annahm und sich dieser entsprechend vor Ihm beugte und glaubte, ist errettet; jeder, der sie verachtete und nicht glaubte, wird gerichtet werden „nach seinen Werken“ (Offb. 20,11-15) in göttlicher, vollkommener Gerechtigkeit, und er wird völlig ohne Entschuldigung sein Gott gegenüber, weil dieser bei keinem Menschen irgendetwas unterlassen haben wird, was zu seiner Errettung dienen konnte. Selbstverständlich werden andererseits auch die Segnungen derer, die errettet sind, verschieden sein, ebenfalls darum, weil Gott gerecht ist; es werden verschiedene Segenskreise sein: Der erste Segenskreis ist offenbar die Versammlung (oder Gemeinde). Sie wird außer Segnungen, deren auch andere Segenskreise sich erfreuen, infolge ihrer einzigartigen, nur ihr gegebenen Beziehung zum HErrn Segnungen genießen, die andere nicht mit ihr teilen. Dann sind die alttestamentlichen Heiligen; die Heiligen aus der Zeit nach der Entrückung, die in Offb. 20,4 genannt sind; die Heiligen aus dem Tausendjährigen Reich (Offb. 20,9); die Heiligen, die nicht die Offenbarung Gottes hatten wie die Vorgenannten - z. T. nur die Schöpfung und das Gewissen -; und schließlich die als nicht verAntwortliche Menschen aus dem Leben Geschiedenen - z. B. Kinder, die noch nicht verAntwortlich waren, oder von Geburt an Geistesschwache. Wir bilden uns nicht ein, eine Einteilung der verschiedenen Segenskreise aufstellen und ihre Segnungen angeben zu können, sondern wollten nur auf die Unterschiede hinweisen und die annehmbaren Abstufungen andeuten. Gewiß ist, daß alle Erlösten, welchem Segenskreise sie auch angehören mögen und welche Segnungen auch ihr Teil sein mögen, vollkommen glücklich sein werden. Was wir zeigen wollten, ist dieses: daß der Mensch nur in diesem Leben, nie aber nach seinem Tode, Buße tun und zur Errettung glauben kann und daß

darum Gott auch jedem Menschen (soweit er verAntwortlich war bzw. ist - s. hierzu: diesbezügliche frühere Fußnote) - welche Offenbarung von Gott er auch hatte bzw. für ihn da war - während seines Lebens auf der Erde Gelegenheit gegeben hat bzw. gibt, durch Buße und Glauben errettet zu werden, und daß infolgedessen für den Gedanken der Verkündigung des Evangeliums an Abgeschiedene überhaupt kein Raum übrigbleibt, weil dazu einerseits in keiner Weise ein Grund vorhanden ist, und andererseits eine solche Verkündigung auch wegen der Unmöglichkeit von Buße und Glauben nach dem Tode völlig vergeblich und nutzlos sein würde.

Das ist es, was das Wort Gottes uns über diesen Gegenstand lehrt, und da das Wort Gottes sich nie widerspricht, kann in den genannten zwei Stellen des ersten Petrusbriefes nicht gesagt sein, was im Gegensatz hierzu steht. Wenn wir dieses festhalten -und wir haben kein Recht, im geringsten davon abzuweichen! -, so werden wir zu folgendem Verständnis dieser Schriftstellen geführt:

Zur ersten Stelle, 3,19: Der erste Brief des Petrus zeigt uns, daß wir in Christus, dem Auferstandenen, „welcher, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte Ihm unterworfen sind“ - mit Ihm gestorben und begraben, wie wir durch die Taufe bekannt haben -, daß wir in diesem herrlichen, über alle Mächte herrschenden Heiland vor allen Nöten, Gefahren, Schwierigkeiten und Leiden, die durch die Sünde in dieser Welt sind und sich am Ende zum Gericht über die ungläubige Menschheit verdichten werden (s. 4,17.18), geborgen sind und durch alles dieses hindurchgerettet werden, genau so, wie einst Noah in der Arche vor der todbringenden Flut geborgen war und durch sie hindurchgerettet wurde. Deshalb verweist der Geist Gottes in V. 19 und 20 auf jenes Vorbild - Noah mit den Seinen in der Arche und seine Hindurchrettung - und in Verbindung damit auch auf die Menschen jener Zeit, auf deren Zustand des Unglaubens und ihr Schicksal, weil die Menschen heute sich gerade so verhalten wie jene damals, und ihrer gleicherweise das Gericht wartet (s. Matth. 24,37-39). „Die Geister, die im Gefängnis sind“ (V. 19), sind jene Menschen, die zur Zeit Noahs lebten und dann in der Flut umkamen, weil sie „ungehorsam“ waren, d. h. nicht glaubten, „als die Langmut Gottes harrte in den Tagen Noahs, während die Arche zugerichtet wurde.“ Noah, „der Prediger der Gerechtigkeit“ (2. Petr. 2,5), hatte sie gewarnt und zur Umkehr

gerufen, wie wir aus eben angeführten Worten des V. 20 und aus eben erwähnter Bezeichnung Noahs als „Prediger der Gerechtigkeit“ ersehen, aber sie glaubten nicht; darum raffte die Flut sie hinweg und sind ihre „Geister“ nun „im Gefängnis“ - am Ort der ungläubig Abgeschiedenen, auf den Tag des Gerichts wartend. Das sind ganz offensichtliche Tatsachen, aus welchen sich vollkommen klar diese Tatsache ergibt: Den „Geistern, die im Gefängnis sind“, ist gepredigt worden, während sie auf der Erde lebten, vor ihrem Hinweggerafftwerden durch die Flut. Und daß in Noah, durch welchen dieses Predigen geschehen ist, der Geist Christi war und dieser durch Noah diesen Menschen predigte, wird auch kein Mensch leugnen können und wollen, zumal in Kap. 1,10.11 ausdrücklich gesagt ist, daß in den alttestamentlichen Propheten der Geist Christi war. So haben wir die klare Tatsache vor uns, daß der Geist Christi - und damit Christus! - den in V. 19 genannten „Geistern, die im Gefängnis sind“, bereits durch Noah zur Zeit ihres Lebens auf der Erde gepredigt hat. Und das ist es, worauf in V. 19 hingewiesen wird, und nichts anderes! Er ist damals, zur Zeit des Erdenlebens dieser „Geister, die im Gefängnis sind“, hingegangen und hat ihnen gepredigt. Ein nochmaliges Hingehen zu diesen Geistern, also ein Hingehen in das Totenreich, kommt in keiner Weise in Betracht! -

Dieses über den Sinn des in V. 19 Gesagten. Aber was uns der Heilige Geist an dieser Stelle vorstellen will, ist - wie schon weiter oben erwähnt - die Tatsache, daß der Geist, nach welchem Christus, „getötet nach dem Fleische“, „lebendig gemacht“ worden ist, derselbe Geist ist, in welchem Er einstmals - wie wir oben gesehen haben, vor der Flut durch Noah - hingegangen ist und jenen „Geistern“ gepredigt hat, so daß wir wissen: Der, welcher heute durch Seine Diener zu den Menschen redet, den wir kennen, der in uns ist und in dem wir geborgen sind und der uns hindurchrettet, bis wir am herrlichen Ziel angelangt sein werden, ist Derselbe, welcher auch damals vor der Flut tätig war, um die Menschen vor dem Verderben zu erretten. Deswegen heißt es: „... lebendig gemacht nach dem Geiste, in welchem Er auch hinging ...“ usw. Das ist kostbar für unsere Herzen!

Zur zweiten Stelle, 4,6: Über den ersten Teil des Verses brauchen wir infolge des vorher Ausgeführten nicht viel zu sagen, da diese Ausführungen schon ergeben, wann diesen „Toten“ „gute Botschaft“ verkündigt worden ist: nicht im Totenreiche, sondern als sie noch auf der Erde

lebten. Die Feststellung, daß „auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden“ ist, macht der Geist Gottes darum, weil vorher (V. 5) von dem Gericht der Lebendigen und der Toten geredet ist und die Empfänger des Briefes durch die alttestamentlichen Schriften wohl mit dem Gedanken an das Gericht der Lebendigen vertraut waren, nicht aber mit dem an das Gericht der Toten. Deshalb zeigt der Geist Gottes in V. 6, daß dieses Gericht auf vollkommen gerechter Grundlage geschieht, indem auch den Toten - das bezieht sich nun auf die Toten im allgemeinen, nicht nur auf die, welche einst werden gerichtet werden - „gute Botschaft“ verkündigt worden ist und sie dadurch entweder als schuldig hingestellt worden sind, um - weil sie nicht geglaubt haben - dereinst „gerichtet zu werden dem Menschen gemäß nach dem Fleische“, also nach dem, was sie als Menschen im Fleische getan haben, „nach ihren Werken“ (vor dem „großen weißen Throne Offb. 20,11-15), oder - durch Glauben - vom Gericht errettet worden sind, um zu „leben Gott gemäß nach dem Geiste“. Das war das Ziel dieser Verkündigung: „Denn dazu ist auch den Toten gute Botschaft verkündigt worden ...“ - das eine oder das andere mußte das Ergebnis sein. -

Wir hoffen, daß vorstehende Ausführungen dem entsprechen, was der Fragesteller bei dieser Frage im Auge hatte. Möchte uns der HErr immer das rechte Verständnis geben und der Heilige Geist uns immer mehr in die herrliche Wahrheit leiten.

Th. K.

Frage 18

1. Wann werden gemäß Offb. 2,23 alle Gemeinden erkennen, daß Gott die Herzen und Nieren erforscht? Ich habe seither immer sagen hören, die große Trübsal käme erst nach der Entrückung der Gemeinde. Nach Offb. 2,22.23 scheint aber die Gemeinde Zeuge des Gerichtes über Thyatira zu sein (vgl. 1. Petr. 4,17; Offb. 3,19). 2. Was bedeutet, daß Laodicäa auch ein goldener (und kein hölzener oder anderer minderwertiger) Leuchter ist? (Offb. 2,1 und 3,14)

Antwort

Der Fragesteller hat sicherlich tief und eingehend über diese Fragen nachgedacht und findet zwischen den landesüblichen Lehren und dem Beobachten von Tatsachen einen Gegensatz. Vor allen Dingen meinen viele liebe Brüder, Thyatira habe nichts mit der römischen Kirche zu tun. Sie sehen in den sieben Gemeinden keinen prophetischen Umriß der Gemeinde Gottes als Haus in ihrer VerAntwortlichkeit dem HErrn gegenüber. Allerdings besteht eine große Gefahr, besonders bei prophetischen Themen, nämlich die, anstatt auszulegen hineinzulegen. Wenn wir nun einige Gedanken weitergeben, tun wir es nur, weil wir meinen, diese Gedanken gehen mit der Schrift konform. Ohne alle möglichen Betrachtungsweisen der sieben Sendschreiben hier zu erörtern, denken wir, daß nächst der buchstäblichen Auffassung der wirklichen sieben Ortsgemeinden und der rein persönlichen Bedeutung der Sendschreiben - „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ - die wichtigste die prophetische ist. Kapitel 1,3 ist darin grundlegend. Denn das ganze Buch ist doch mehr oder weniger prophetisch, und da sollen ausgerechnet die sieben Sendschreiben nicht diesen Charakter tragen? Ist es nicht eine Anmaßung unsererseits, die Schrift derartig zu beschränken - die Vielseitigkeit und Mannigfaltigkeit derselben in menschliche Grenzen zu fassen? Wir dürfen nicht fabulieren, wir können aber göttliche, biblische Linien verfolgen und das Ergebnis unseres Studiums mit der Gesamtoffenbarung der Schrift vergleichen. Wir müssen die Lehren anderer Brüder und unsere eigenen einer peinlichen Prüfung nach der Schrift unterwerfen, aber andererseits dürfen wir nie vergessen, daß die Schrift das Produkt, die Frucht des Heiligen Geistes ist und wir die Schrift in diesem Sinne erforschen müssen. Wir haben Auslegungen der Schrift gelesen, die man „die chemischen Untersuchungen der Schrift“ nennen könnte, wo alles Geschichtliche, Menschliche und fast jedes Wort genau untersucht wird, die Ursachen, Gründe, Ziele, die Zeiten der Schreiber und Empfänger usw. möglichst eingehend berücksichtigt wurden. Wir haben nichts gegen solches gründliche Studium einzuwenden, sondern freuen uns darüber, aber wenn die Forschungen nicht zum Geist des Wortes vordringen, wie ein Chemiker nicht zum Leben des Stoffes vordringt, dann denken wir doch, daß ein solches Studium der Schrift nicht den Kern der Schrift erfaßt hat. Denn der Geist der Schrift ist der HErr. (2. Kor. 3,18) Und da keiner je gefunden wurde, der die Schrift meistern könnte, kann auch keiner beanspruchen, daß seine

„stückweise“ (jeder nach der ihm von Gott gegebenen Fähigkeit) und können daher nur unsere stückweisen Lehren den Brüdern zur Beurteilung darlegen.

Was nun der Fragesteller besonders wissen möchte, ist, wann das im 23. Verse ausgesprochene Gericht sich ereignet hat bzw. ereignen wird.

Daß Thyatira als Gemeinde, ja selbst als Ort, nicht mehr besteht, zeigt doch, daß das Gericht sich in seiner örtlichen, ursprünglichen und buchstäblichen Bedeutung schon erfüllt hat. Wir wollen hier nicht die wirkliche Geschichte der Gemeinde wie auch des Ortes erörtern, aber das dürfen wir doch sagen, daß der HErr Sein Wort in bezug auf Seine Verheißungen als auch Drohungen bei den sieben Gemeinden wahr gemacht hat. Für uns genügt dies, die wir Seinem Worte glauben.

Aber das schließt nicht aus, daß es noch eine weitere, weltumfassende Bedeutung hat. Wir finden dies sehr häufig in der Schrift. Wir sind der Meinung, daß das endgültige Gericht selbstverständlich erst nach der Entrückung der Gemeinde stattfindet, und zwar in seinem menschlichen Charakter in Kapitel 17, in seinem göttlichen Ausmaße in Kapitel 18.

Wir wollen nun versuchen, kurz zu zeigen, daß wir wohl unter dem Weibe Jesabel die römische Kirche mit ihren anspruchsvollen Lehren annehmen müssen. Viele Brüder haben Jesabel mit der Gemeinde Thyatira selbst verwechselt und sich gewundert, wie der HErr Vers 19 fünf Dinge nennen kann, die im gewissen Sinne das Wesen des praktischen Christentums ausmachen. Aber jeder, der das Sendschreiben sorgfältig liest, muß doch erkennen, daß der Überrest, der hier zum ersten Male in den Sendschreiben genannt wird, nur damit gemeint sein kann, doch nicht Jesabel. Es waren wohl auch solche da, die durch das Weib verführt wurden. Aber das Schrecklichste ist, daß die Gemeinde, wie es scheint, nicht die Kraft hatte, das Weib hinauszutun. Darum finden wir die gegebenen Verheißungen nicht für die Gemeinde, sondern für die „übrigen“.

Vergleiche mit dem Weibe in Kapitel 17 zeigen uns, daß es die Endentwicklung des jesabelschen Systems darstellt.

Vgl.:

I. Das „Weib“ in beiden Kapiteln.

II. Das Wort „Hurerei“, welches in der Offenbarung zwölfmal vorkommt, davon zweimal hier in diesem Sendschreiben und siebenmal in den Kapiteln 17 und 18. Dazu kommt, daß nur dieses Weib in der Offenbarung fünfmal „Hure“ genannt wird (Kap. 17,1.5.15.16; 19,2). Nur ein bekennendes christliches System kann als „Hure“ bezeichnet werden. Nie die Religionen des Ostens.

III. Hier wie dort ist sie „Mutter“ (2,23; 17,5).

VI. Hier „die Tiefen Satans“, dort „das Geheimnis des Weibes“. Die „Tiefen Satans“ zeigen uns das satanische Geheimnisvolle.

Dreimal wird in diesem Sendschreiben „Buße“ genannt, aber jeder Bußruf Gottes war vergeblich. Die Geschichte beweist dies so klar, daß kein Zweifel darüber bestehen kann. Wir können hier das Sendschreiben nicht näher behandeln, wir möchten vielmehr zum Endgericht kommen, das uns in Kapitel 17 und 18 gezeigt wird. Wir brauchen doch nicht zu warten, bis es sich geschichtlich vollzieht, was uns prophetisch gezeigt wird. Darum finden wir Offenb. 22,16 die Gemeinden letztmalig genannt. Für uns ist das prophetische Wort, als ob es schon erfüllt wäre. Und daraus können wir doch sowohl Trost als Ermahnungen schöpfen.

Das Gericht über diesen größten Schandfleck auf Erden steht nicht in Verbindung mit dem Endstadium der großen Trübsal, sondern bildet, wie es uns scheint, den Auftakt dazu. Wenn der Antichrist sich als solcher offenbaren wird im Anfang der zweiten Hälfte der letzten Jahreswoche, dann muß er durch Bedienung des römischen Weltreiches alles beseitigen, vernichten, was selbst dem Namen nach an Gott und Seinen Christus erinnert. Seine erste Aufgabe ist, dieses geistliche System zu vernichten. Christus richtet es nicht persönlich, weil Er dieses System gleichsam nicht berühren will. Es ist viel gottloser als selbst das Antichristentum, denn es vollbringt alle Greueltaten unter dem Schein göttlicher Rechte und Wahrheit, und

dieses macht es so verabscheuungswürdig; das Antichristentum aber ist offener Feind gegen Gott und Seinen Christus. Jede Sünde des heidnischen Roms hat die römische Kirche in sich aufgenommen - und wie schrecklich waren die Sünden dieses Weltreiches! - und hat diesen Sünden noch eine Unzahl hinzugefügt, so daß sich ihre Sünden bis zum Himmel aufgehäuft haben. (Offenb. 18,5) Wer in Ländern gelebt hat, wo sie ist, und die Geschichte dieses Systems ein wenig kennt, muß dies nur bestätigen. Aber dieses System wird verAntwortlich gemacht nach Offenb. 18,24 für fast alles Blut, welches auf Erden vergossen wurde, von dem Blute Abels an bis zu dem Blute des letzten Zeugen. Dies zeigt, daß in ihr der Geist aller antigöttlichen Systeme verkörpert wird unter dem Deckmantel der Frömmigkeit. Die Romanisierung der drei größten protestantischen Länder - Deutschland, England und Vereinigte Staaten von Nordamerika - zeigt uns das Zunehmen dieses geistlichen Systems an Kraft und Gewalt. Die Aussöhnung des Quirinals mit dem Vatikan gibt uns zu verstehen, daß selbst der Machthaber des gegenwärtigen Italiens nicht auf die Mithilfe und den Beistand dieses Systems verzichten möchte und kann. Wohl wächst der Haß gegen das römische Joch - wer in Italien gelebt hat, weiß dies; und doch kann sich fast keine Weltmacht (selbst die reichste nicht, die Vereinigten Staaten von Nordamerika) seinem wachsenden Einfluß entziehen. Doch einmal religiös-politisch geschlossene „Ehen“ können nicht so schnell wieder gelöst werden, und wenn der Haß noch so groß ist.

Aber den Gipfel seiner Macht wird es erst erreicht haben, wenn das römische Weltreich in der zukünftigen Form nach Offenb. 17,12.13 entstanden sein wird. Die Ausleger, die heute schon dieses Reich sehen wollen, vergessen, daß es in der Geschichte niemals dagewesen ist, daß zehn Könige freiwillig ihre Macht, ihre Kronen zu den Füßen eines Kaisers (hier ohne Zweifel der römische Kaiser) gelegt haben. Das setzt voraus:

I. Daß viele Länder, die heute Republiken sind, Königreiche werden;

II. daß Italien eine solche Macht und einen solchen Einfluß hat, daß zehn Könige in ihrer Ratlosigkeit sich zu einem solchen demütigenden Schritt entschließen.

Sie „sitzt auf dem Tiere“. Doch nicht lange erfreut sie sich des Gipfels ihrer Macht und

Herrlichkeit und ihres Ehrgeizes. Ihr Gericht kommt, und alles nimmt ein Ende mit Schrecken.

Man hat auch gemeint, daß es niemals die römische Kirche sein könnte, die uns in Offenb. 17-18 gezeigt wird. Es gibt jedoch so viele Beweise für uns dafür, daß wir niemals daran zweifeln können.

Die „Mutter der Huren“ zeigt uns eine Vereinigung aller Irrsysteme. Nach der Entrückung der Gemeinde, wenn der Heilige Geist nicht mehr auf Erden in der Gemeinde wohnt, ist alles möglich, was uns heute noch unmöglich erscheint. Warum können die leblosen Bekenner aller christlichen Systeme nicht in ihr Aufnahme finden? Braucht doch der Mensch immer religiöse Befriedigung, die ihm dort ausgiebig gewährt wird. Wir finden auch keine Schwierigkeit dafür, daß selbst die Religionen des Ostens sich ihr anschließen. Die Veränderungen der Welt nach der Entrückung werden so ungeheuerlich sein, wie wir sie uns jetzt nicht vorstellen können. Zu einer rein äußerlichen Annahme einer Sache ist der Mensch fast immer bereit, zumal wenn es Gewinn bringt. Die römische Kirche ist zugleich das äußerlich reichste System der Welt. Sie hat mehr irdischen Reichtum, als je eine Weltmacht hatte oder hat, und wird ihn gebrauchen, um ihren Einfluß zu erweitern und zu befestigen.

Was nun die zweite Frage betrifft, möchten wir Antworten, daß selbstverständlich alle sieben Gemeinden als goldene Leuchter betrachtet werden. (Offenb. 2,1) Denn dies ist doch die Voraussetzung dafür, sie als Gemeinde und verAntwortliche Körperschaft anzureden. Selbst in Laodicea waren einige wahre Christen. Nur besagt es nicht, daß es so bleiben mußte. So finden wir, daß das an Ephesus angedrohte Gericht, den Leuchter aus seiner Stelle wegzurücken, in Thyatira ausgeführt wird. Der Leuchter ist hinfort nur in dem Überrest vorhanden. Die große Körperschaft wird nun als Leuchter aufgegeben. Den Überrest von Thyatira finden wir in der Gemeinde Sardes wieder. Doch die Untreue dieses Überrestes hat zur Folge, daß nur einige wenige Namen gefunden werden (Kap. 3,4), also ein neuer Überrest, der sich von der Körperschaft unterscheidet durch Treue und Absonderung. Diese wenigen werden dann in Philadelphia gefunden, der vorbildlichsten Gemeinde. Nach ihr haben wir uns besonders zu richten.

„Sein Wort“ (nicht nur Worte und Gebote) bedeutet doch nicht das äußere, pharisäische Festhalten nur des Buchstabens, sondern was das Bekenntnis des Petrus Joh. 6,68 ausdrückt: „Du hast Worte ewigen Lebens“, oder was der HErr Selbst Joh. 6,63 sagt: „Die Worte, welche Ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben.“ Es ist der sittliche, göttliche, bildende und die Seele.ernährende Lebensgehalt Seines Wortes, der hier in Frage kommt. Darum das Ausstrahlen und das Offenbaren Seines Namens: „Du hast Meinen Namen nicht verleugnet.“ Mit dem Bewahren Seines Wortes geht auch das Nichtverleugnen Seines Namens Hand in Hand. Das letztere beweist die Wirklichkeit des ersteren. Dieses besteht nicht im Festhalten bestimmter Dogmen und Lieblingslehren, so sehr sie auch berechtigt sein mögen, sondern es ist das Aufnehmen Seines Wortes, Seiner Gesinnung, Seines Geistes, Seiner Selbst. Denn Er ist das Wort!

Möge der HErr es geben, daß wir nicht nur Buchstabenmenschen sind, sondern lebendige Zeugen Seines Wortes und Seines Namens!

Es ist klar, daß Gott, ehe Er die Welt für Seine Herrlichkeit durch schreckliche Gerichte, wie sie uns in der Offenbarung gezeigt werden, empfänglich machen wird, zuerst bei Seinem Hause anfängt. Darum finden wir die sieben Gemeinden am Anfang des Buches der Gerichte als Sein Haus vorgestellt, das Er reinigt nach 1. Petr. 4,17. Denn Sein Haus steht Ihm näher als die Welt. Darum die Reinigungsarbeit Gottes an uns als an einzelnen und als an Körperschaften oder örtlichen Versammlungen.

Möchten wir Seine Gedanken erkennen und uns willig unter Ihn beugen, um Seine Zeugen zu sein in dieser dunklen Zeit!

K. O. St.

Wir aber, die von dem Tage sind, laßt uns nüchtern sein, angetan mit dem Brustharnisch des Glaubens und der Liebe und als Helm mit der Erwartung der Seligkeit - durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Thess. 5,8.9)

Zu Seinen Füßen.

Zu den Füßen Jesu ist der gesegnetste Platz. Dort wird jede Dunkelheit gelöst und jede Frage geordnet, seien es Fragen der Sünde, der Sorgen oder des Dienstes. Es gibt keinen Platz gleich diesem für den schuldbeladenen Sünder und keinen Platz gleich diesem für das glückliche und unglückliche Kind Gottes.

Jesus ist größer als unsere Sünde.

Die erste große Wahrheit, die der Seele an diesem Platze leuchtet, ist, daß Jesus größer als unsere Sünde ist. So war es bei der Sünderin in Lukas 7,36ff. Der HErr hatte gesagt: „Kommet her zu Mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen, und Ich werde euch Ruhe geben“. (Matth. 11,28) Vielleicht hatte das Weib diese Worte des HErrn gehört, und sie suchte und fand Ihn im Hause des Pharisäers. Mußte sie, die stadtbekannte Sünderin, nicht zögern, über die Schwelle des Hauses dieses sittenreinen Mannes zu gehen? Welche finsteren Blicke des Hausherrn und der Gäste trafen sie dort! Zwei Mächte aber zogen sie zu den Füßen Jesu: Ihre große Sündenlast und Seine große Liebe. Diese beiden Mächte ließen sie jedes Hindernis überwinden. Wie ein vom Sturm verschlagenes Vöglein einen Platz der Ruhe unter dem schützenden Dache findet, so fand sie den Platz der Zuflucht und Ruhe zu den staubbedeckten Füßen des Sohnes Gottes. Simon hätte dem Weibe nicht erlaubt, ihm nahe zu kommen, und die Jünger würden sie zweifellos mit wenig Gnade behandelt haben; aber Er, der demütige Jesus, und doch der mächtige Fürst des Lebens, hinderte sie nicht, Ihn zu berühren und Seine Füße mit den Tränen ihrer Buße und Dankbarkeit zu benetzen.

Zu Seinen Füßen fand sie ein Herz von unendlicher Zartheit. Er stieß sie nicht von Sich, noch hielt Er ihr ihre Sünden vor, sondern Seine Hand hob die Last, unter der sie seufzte, und sie hörte Seine Stimme: „Deine Sünden sind vergeben, dein Glaube hat dich gerettet, gehe hin in Frieden“. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft, alles war jetzt für sie geordnet. Sie, die so lange eine Beute der Menschen und des Teufels gewesen war, war gereinigt von

ihren Sünden, gelöst vom Bösen durch die heiligende Kraft Seiner Liebe, und ihr ganzes Herz floß über in dankbarer Liebe zu dem, der sie nicht hinausgestoßen hatte. Ihr war viel vergeben, und sie liebte viel.

Zu Seinen Füßen fand sie ihre Errettung, und zu Seinen Füßen wird noch immer Errettung gefunden, denn „Er ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit.“ (Hebr. 13,8)

Jesus ist größer als unser Dienst.

Wir sagen nicht, daß die geliebte Maria von Bethanien identisch ist mit dem Weibe in dem Hause Simons. In dieser Zusammenstellung möchten wir nur ausdrücken, daß Maria diesen Platz zu den Füßen Jesu (wo das Weib ihre Last los wurde) liebte, und wo wir in der Schrift von ihr lesen, finden wir sie zu Seinen Füßen. Die erste Schriftstelle ist Luk. 10,38-42. Wir haben für Marthas Dienst kein Wort der Verurteilung. Der Dienst war recht, aber die Dienende war verkehrt. Ihr fehlte das Geheimnis des friedvollen, unbeschwerten Geistes. Viele Dinge bekümmerten sie, während eins, und nur eins allein, Er Selbst, Marias Herz beschäftigte.

Wir bewundern oft Maria, daß sie diesen Platz einnahm. Sollten wir diese Bewunderung nicht vielmehr dem HErrn zuteilen, denn Er war es, durch den sie zu diesem Platz des Segens gezogen wurde?! Sie folgte nur diesem Zuge, der von Ihm ausging, so wie die Nadel dem Zuge des Magneten folgt. Er kam von dem Vater, um des Vaters Willen zu tun und die Herzen sündiger Männer und Weiber mit einem Frieden und einer Freude zu füllen, welche die Welt nicht kennt. Der, zu dessen Füßen Maria ohne Furcht saß, war kein anderer als der, vor welchem mächtige Seraphim ihr Angesicht bedecken und rufen: „Heilig, heilig, heilig ist Jehova der Heerscharen, die ganze Erde ist voll Seiner Herrlichkeit!“ (Jes. 6,3) Sie aber kannte Ihn in der Offenbarung Seiner Gnade als den, der Elenden das Brot des Lebens bricht und dessen Worte Worte ewigen Lebens sind. Ihr Herz verlangte, sich von Ihm allein zu nähren.

O, wenn Martha erkannt hätte, daß Er nicht gekommen war, bedient zu werden, sondern zu dienen, und daß Sein Herz unaussprechliche Freude darin findet, unser leeres Herz mit der

ihren Dienft verlassen und gleich ihrer Schwester zu Seinen Füßen das Glück und die Zufriedenheit ihrer Schwester Maria gefunden haben. Möchten wir dieses gleich der Maria tun, denn „Er ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit“.

Jesus ist größer als unsere Not.

Der kalte Hauch des Todes hatte sich auf das friedliche Haus der Schwestern in Bethanien gelegt. Alle Hoffnungen der beiden Schwestern waren vernichtet, und mit wunden Herzen blickten sie auf den zerstörten Kreis ihrer kleinen Familie. Und nun als alle ihre Hoffnungen zerbrochen waren, kam Jesus zu ihnen. Als Maria dahin kam, wo Jesus war, und Ihn sah, fiel sie Ihm zu Füßen und sprach zu Ihm: „Herr, wenn Du hier gewesen wärest, so wäre mein Bruder nicht gestorben“. (Joh. 11,32) Mit einem zerschlagenen Herzen legt sie ihren Kummer zu Seinen Füßen. Ob eine weitere Unterredung zwischen ihnen stattfand, wissen wir nicht, die Schrift schweigt darüber. Es gibt Augenblicke gleich diesen, in denen ein Austausch der Herzen ohne Worte stattfindet. Die Gefühle Seiner Liebe und Seiner Teilnahme sind zu tief für Worte. Eins wissen wir, Er ging mit ihr und sie mit Ihm; Seine Tränen flossen mit ihren Tränen; in Seiner Nähe, in Seiner Gemeinschaft, wußte sie: „Alles ist gut.“

Seine Stimme der Macht löste die Bande des Todes und machte den Gebundenen frei; aber Maria sah Größeres als Seine Kraft; sie kannte Sein Herz voll innigen Mitgefühls, denn sie hatte Seine Tränen gesehen. Nie hätte sie wissen können, wie tief Seine Liebe war und wie zart Sein Herz und wie allumfassend Sein Mitgefühl, wenn sie nicht in diese schweren Stunden des Leides gekommen wäre. Geliebtes Kind Gottes, „Jesus Christus ist derselbe, gestern und heute und in Ewigkeit“.

Jesus ist größer als wir.

Zuletzt lesen wir von Maria in Joh. 12. Es liegt eine köstliche Harmonie darin, daß dieser Bericht ihres Lebens der letzte ist. Das Pfund echter, sehr kostbarer Nardensalbe hätte sie in dem Kreise der Bekannten ausgezeichnet, aber in verschwenderischer Fülle verwandte sie dieselbe

allein für Ihn. Seine Person war ihr größer als ihre eigene Person.

Sie wußte, Er ging jetzt in den Tod. Die Welt hatte Ihm nichts anderes zu geben als ein schmachvolles Kreuz. Unter allen Seinen Geliebten schien allein sie dies zu empfinden. Sie sagte gleichsam in ihrer Handlung: „Das Beste, was ich habe, soll mit Ihm in Sein Grab gehen. Er ist es wert.“ Der HErr allein verstand sie. Er erklärte ihre Handlung, indem Er sagte: „Erlaube ihr, es auf den Tag Meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben“. (Joh. 12,7) Und weiter: „Wahrlich, Ich sage euch: Wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in der ganzen Welt, wird auch von dem geredet werden, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis“. (Matth.26,13)

So schätzte der HErr das, was von den Menschen verkannt und verachtet wurde. Er sah, daß die Tat aus einem Herzen kam, dem Er alles war und das sich selbst in den Schatten stellte. So war es auch bei Paulus, als er sagte: „Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, als nur des Kreuzes unseres Herrn Jesus Christus, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist, und ich der Welt“. (Gal. 6,14)

Und dahin will der Heilige Geist auch uns führen. Zu Jesu Füßen lernen wir diese Lektion. Bald (und möge der HErr den Tag beschleunigen!) wird jede erlöste Seele sich Ihm droben beugen und ihre Krone zu Jesu Füßen niederlegen, die einst am Kreuze für uns durchnagelt wurden. Mit ungeteilten Herzen werden wir Anbetung darbringen Ihm, der unser Herz gewann und zu Sich zog. Wenn Er uns aber droben alles in allem ist, so soll Er uns auch jetzt schon hienieden alles in allem sein, denn „Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit“.

M. (v. d. K.)

Kronen - verloren, gewonnen, in Gefahr.

(1. Sam. 15; Esther 8; Offb. 3)

Ich möchte kurz auf die Folgen des Ungehorsams, des Gehorsams und der Abhängigkeit

hinweisen, die dem Volke Gottes auf dem Wege durch diese Welt erwachsen. Gott stellt uns in den obigen Schriftstellen diese Folgen als Beispiel zur Ermahnung und Ermunterung vor Augen:

1. Ungehorsam bringt Verlust.

2. Gehorsam bringt Gewinn.

3. Abhängigkeit gibt uns Sicherheit.

Ungehorsam.

Gott ist nicht an unser Werk und unsere Arbeit gebunden; Er verliert nichts, wenn wir Seinen Willen nicht tun. Er kann andere gebrauchen, Seinen Willen auszuführen, wenn wir versagen; unser Verlust aber ist groß. Nur was Gottes Geist in uns wirken kann, hat Wert vor Gott. Das aber hebt unsere VerAntwortlichkeit nicht auf, Gott gehorsam zu sein.

Als Saul über Israel als König regierte, sandte Jehova Samuel zu ihm und ließ ihm sagen: „So spricht Jehova der Heerscharen: Ich habe angesehen, was Amalek Israel getan, wie er sich ihm in den Weg gestellt hat, als es aus Ägypten heraufzog. Nun ziehe hin und schlage Amalek, und verbannet alles, was er hat, und schone seiner nicht.“ (1. Sam. 15,2.3) Der König Saul aber war ungehorsam und verschonte Agag und das Beste von Klein- und Rindvieh, alles, was in seinen Augen gut war. Und wiederum sandte Gott Samuel und ließ ihm sagen: „Wurdest du nicht, als du klein in deinen Augen warst, das Haupt der Stämme Israels? ... Weil du das Wort Jehovas verworfen hast, so hat Er dich verworfen, daß du nicht mehr König seiest ...“ „Jehova hat heute das Königtum Israels von dir abgerissen und es deinem Nächsten gegeben, der besser ist als du“. (V. 17.23.28) In dieser Weise kennzeichnete der Heilige Gott des Königs Sünde, und in kurzem verlor er seine Krone.

400 Jahre waren vergangen, seitdem sich Amalek dem Volke Gottes, als es aus Ägypten zog, in den Weg gestellt hatte. Jetzt sollte Saul das Gericht über Amalek ausführen und die Amalekiter verbannen. 400 Jahre hatte Gott ihnen Zeit gelassen, Vergebung zu suchen. Jetzt

war der Tag Seiner Langmut vorüber, und Saul sollte das Gericht ausführen. Gott übersieht in Seinem Walten nichts, was auf dieser Erde geschieht. Wir sehen dies an den Kenitern. Diese hatten im Gegensatz zu den Amalekitern in jenen Tagen den Kindern Israel Güte erwiesen, und Gott bewahrte sie, während Amalek verurteilt wurde. (1. Sam. 15,6)

Für die Gläubigen der Jetztzeit ist Amalek ein Bild von dem Fleisch unter der Herrschaft Satans. Gott hat das Fleisch gerichtet, und es soll in keiner Weise geschont, sondern in dem Tode gehalten werden. Wenn ein Kind Gottes sich durch das Fleisch anstatt durch den Geist leiten läßt, so handelt es in Ungehorsam und erleidet Verlust.

Gehorsam.

Als Mordokai, der Jude, in der Burg Susan seinen Aufgaben in dem Palaste des Königs Ahasveros nachkam, hielt er sich im strikten Gehorsam an Gottes Wort. Er verweigerte, sich vor Haman, dem Amalekiter, dem Feinde des Volkes Gottes, zu beugen und ihm zu huldigen, obgleich dieser an Macht nächst dem Könige stand. (Esther 3) Diese Treue Mordokais ist um so bemerkenswerter, wenn man bedenkt, daß ca. 900 Jahre vergangen waren, seitdem Amalek den Kindern Israels auf der Wanderung in ihr Land in den Weg getreten war. Die Folge seines Gehorsams war: „Und Mordokai ging von dem König hinaus in königlicher Kleidung von purpurblauer und weißer Baumwolle, und mit einer großen, goldenen Krone, und in einem Mantel von Byssus und Putpur; und die Stadt Susan jauchzte und war fröhlich. Den Juden war Licht und Freude und Wonne und Ehre zuteil geworden“. (Esther 8,15.16) So wurde die Treue und der Gehorsam Mordokais von Gott belohnt. Er gewann eine Krone und wurde erhoben, der Nächste des Königs zu sein, während Haman an dem Galgen aufgehängt wurde, den er für Mordokai bereitet hatte. (Esther 7,10)

Gottes Wort bleibt ewig. Es wird weder durch das Dahingehen von 1000 Jahren noch durch irgendwelche Zeitumstände verändert. Mordokai blieb klein in seinen eigenen Augen, während Saul groß in seinen Augen und damit eigenwillig wurde. „Gott widerstehet den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade.“ (1. Petr. 5,5)

Saul verlor seine Krone, Mordokai gewann eine Krone.

Abhängigkeit.

Einige sehr wichtige Schriftstellen für unseren Weg in den gegenwärtigen dunklen Tagen sind: „Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft, und hast Mein Wort bewahrt und hast Meinen Namen nicht verleugnet ... Ich komme bald; halte fest was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme! ... Wer überwindet, dem werde Ich geben, mit Mir auf Meinem Thron zu sitzen, wie auch Ich überwunden und Mich mit Meinem Vater gesetzt habe auf Seinen Thron.“ (Offb. 3,8.11.21)

Eine Krone, ob sie nun wirklich oder geistig gedacht ist, ist das Höchste, was jemandem zuteil werden kann. Für uns Gläubige ist es sozusagen das Höchste. Wir sehen zuweilen Tannen, deren Wipfel verkümmert sind. Vielleicht wurde ihre Spitze irgendwie beschädigt oder zerbrochen. Sie wachsen weiter, aber ihr höchster Schmuck ist dahin; sie verloren ihre Krone. Möchten wir im Bewußtsein unserer Abhängigkeit Gnade und Kraft vom HErrn nehmen, fest zu halten, was uns anvertraut ist, um nicht unsere Krone zu verlieren!

Nicht mehr lange, und wir werden unsere Kronen niederwerfen vor dem Thron zu den Füßen des einen, der allein würdig ist, sie zu tragen. Er, unser Herr Jesus Christus, ist der einzige, der in vollkommener Abhängigkeit und Gehorsam durch diese Welt schritt. Aber Er hat uns ein Beispiel hinterlassen, daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen sollen. Seine Fußtapfen zeigen uns den Weg. Möchten wir uns durch Seine Gnade bewahren lassen vor dem Ungehorsam und in der Darreichung Seiner Kraft den allein sicheren Weg der Abhängigkeit und des Gehorsams wandeln, „bis Er kommt“!

N. (v. d. K.)

Wartezeiten.

Liebst du sie? Wartest du gerne oder ungerne? Wirst du „nervös“, wenn du einmal auf etwas oder auf jemanden zu „warten“ hast? Fängst du an zu seufzen, gar zu schelten, daß der Betreffende „so lange“ auf sich warten lasse? Wirst du aber durch deine Ungeduld glücklicher? Gewiß nicht - im Gegenteil: Hinterher schämst du dich ihrer und fühlst die Einbuße, die dein innerer Mensch erlitten hat dadurch, daß du dem „alten Menschen“ in dir erlaubtest, sich breit zu machen. Vergiß doch nicht: Er hat ja gar kein Recht zu leben, ist doch am Kreuze zu Ende gebracht (Röm. 6); warum erlaubst du ihm, dir einen Streich zu spielen?

Wartezeiten - Segenszeiten!

Wie das?

Nun, wir lesen in der Schrift oft von solchen Wartezeiten oder Gelegenheiten des Wartens, die sich auswachsen zu Herrlichkeiten und, sicher, wenn wir aus der Betrachtung solcher Beispiele lernen, wie wir warten sollen, dann werden unsere Wartezeiten auch Herrlichkeilen für uns im Gefolge haben!

In rascher Folge eine kleine Auswahl von „Wartezeiten“ in der Schrift! Manche davon sind in der Apostelgeschichte.

Wie wartete jene Schar auf dem Obersaale nach Apg. 1,4.12-14? Sie betete! Und die Antwort? Herrlichkeit!

Wie wartete Saulus-Paulus, als er nach seiner Damaskus-Stunde drei Tage nicht sehend war (Apg. 9,5ff.)? Er betete! (V. 11) Und die Antwort? Herrlichkeit!

Wie wartete Paulus auf dem Schiff bei der Reise nach Italien, während alles verloren zu sein schien? (Apg. 28) Er betete (vgl. V. 22ff.)! Und der Erfolg? Einer der Erfolge steht V. 36 - alles in allem aber Herrlichkeit in Rettung und Bewahrung!

Wie warteten Paulus und Silas im Gefängnis (Apg. 16)? Sie beteten und lobsangen Gott! Und

des Kerkermeisters und seines ganzen Hauses vom ewigen Tode - also Herrlichkeiten überall!

Wie wartete Elias, der Mann „von gleichen Gemütsbewegungen“ wie wir, (Jak. 5,17) auf dem Karmel auf den verheißenen Regen? Er betete! (1. Kön. 18,42; Jak. 5,17.18). Und die Antwort? Ungemessene Segnung: Regen die Fülle, „Regen des Segens“!

Wie wartete Hiskia, während der übermächtige Feind vor den Toren Jerusalems stand? Er betete! (vgl. 2. Kön. 18 u. 19; besonders 19,14ff.; aber auch sein Befehl an das Volk 18,36 ist höchst bemerkenswert: Wenn wir Gott vertrauen und auf die Hilfe des HErrn warten, so haben wir mit dem Feinde nichts zu reden!) Und Jehovas Antwort? Herrlichkeit für Sein Volk, Verderben für Seine Feinde!

Wie warteten Cornelius und wie Petrus in Apg. 10? Sie beteten, jeder in seiner Weise - und Gottes Antwort? Herrlichkeit für beide und für viele durch sie!

Wie mag wohl Philippus gewartet haben auf jener öden Straße von Jerusalem nach Gaza hinab (Apg. 8,26ff.)? Ich bin überzeugt, daß er betete, während der Kämmerer die „Wartezeit“, von der er nicht wußte, daß es eine sei, ausfüllte mit Bibellesen!

Und wie Abraham, Moses, Daniel, Nehemia, Esra, Hesekiel, Epaphras, Timotheus, Johannes auf Patmos, usw. usw. -? Sie alle waren Männer des Gebets, und sie beteten, wenn es zu warten galt! Und die Gemeinde betete, als Petrus im Gefängnis verwahrt wurde - es war eine dunkle, dunkle „Wartezeit“ -, und Gott Antwortete jenen allen mit Herrlichkeiten in dieser oder jener Hinsicht! (Apg. 12) Stets Antwortete er Seiner Selbst würdig!

Und noch einen Blick laßt uns werfen auf den, der unser erhabenstes Vorbild ist: auf den Herrn Jesus! Wie wartete Er! Sieh Ihn, bevor Er Seine Jünger erwählte, auf dem Berge (Luk. 6,12)! „Er verharrte die Nacht im Gebet.“ Sieh Ihn, als Er wartete, bis der Tod bei Lazarus seine Zerstörungsarbeit angefangen haben mußte, ehe der Meister dort sein würde! (Joh. 11,6) Ob Er nicht betete? Läßt nicht V. 41 darauf schließen, daß Er es getan hat, längst ehe es offenbar wurde? Und sieh Ihn in dem Garten der Ölkelter, in Gethsemane, sieh Ihn beten „in ringendem

sündiger Menschen überliefern“ ließ! Er betete! Diese drei Beispiele genügen, um uns zu zeigen, was auch unser geliebter HErr für das beste Verhalten in einer Wartezeit, für die beste Vorbereitung hielt, und wir müssen daraus lernen! Und der Erfolg? Stets ungemessener Segen! -

Nun aber, Geschwister, wie warten wir? Einerlei, ob es sich um kleine Tagesangelegenheiten oder um Ewigkeitsereignisse wie vor allem das Kommen des HErrn handelt - wie warten wir? Wie füllen wir Wartezeiten aus? Mit nervenaufreibender Ungeduld (des Fleisches!) oder mit stiller, den ganzen Menschen beruhigender Gebetsarbeit (im Geist! Eph. 6,18), der die Antwort, so oder so, nicht ausbleiben wird, da Gott der „Hörer des Gebets“ ist (Ps. 65,2)? Wie harren wir, wenn Gott uns Zeit dazu gibt? O, laßt uns die Zeit auskaufen mit dem Besten, dem Wichtigsten, was es zur Verklärung derselben geben kann: mit Gebet und Flehen, indem wir zu Gott reden, und auch damit, daß wir Ihn zu uns reden lassen durch Sein Wort! Sicher, der Erfolg, die Antwort wird stets Segen und Herrlichkeit für uns und andere sein, und statt daß Ungeduld unsere Herzen erfüllt, wird „der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, unsere Herzen und unsere Gedankenwelt bewahren in Christo Jesu“. (Dieses Wort Phil. 4,7 steht unmittelbar, mit „und“ eingeleitet, hinter der Aufforderung zum Gebet, V. 6!) Womit also füllen wir„Wartezeiten“ aus? Mit Gebet? Sei es so!

„Laßt uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe!“ (Hebr. 4,16)

Wie warten wir?

F. K.

 

Ein Vermächtnis und eine Gabe.

(Joh. 14,27)

ist ein Ausdruck von der Liebe und Gnade Gottes, die Er in Seinem Herzen für arme Sünder hatte. Es ist kaum nötig, zu sagen, daß alle Seine Worte nicht nur einen göttlichen Inhalt, sondern auch eine göttliche Ordnung in sich tragen, und beides werden wir in der oben angeführten Schriftstelle finden.

Diese Schriftstelle spricht von zweierlei, von einem Vermächtnis und von einer Gabe. Es ist klar, daß wir die Gabe, von welcher der HErr hier spricht, nicht haben können, bevor wir das Vermächtnis haben. Wir lesen in Hebr. 9,17: „Ein Testament ist gültig, wenn der Tod eingetreten ist, weil es niemals Kraft hat, so lange der lebt, der das Testament gemacht hat.“ Es ist gesegnet, zu sehen, daß der HErr beides, das Vermächtnis und die Gabe, erst dann verheißt, als Er von dem Kommen des Sachwalters, des Heiligen Geistes, gesagt hatte: „Der Sachwalter aber, der Heilige Geist, welchen der Vater senden wird in Meinem Namen, jener wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was Ich euch gesagt habe.“ (Joh. 14,26) In diesem „alles“ ist der Friede, welchen Er als ein Vermächtnis hinterläßt, und ebenso der Friede, welchen Er uns von der Herrlichkeil gibt, eingeschlossen. Der Heilige Geist ist uns gegeben, nicht nur, damit wir die Dinge kennen, die uns in dem auferstandenen und verherrlichten Menschen gegeben sind, sondern daß wir sie auch als eine wirkliche und gegenwärtige Freude in unseren Herzen genießen, als eine Freude, von der der HErr sagt: „Eure Freude nimmt niemand von euch.“ (Joh. 16,22)

Laßt uns noch ein wenig die zwei Charakterzüge des Friedens betrachten, von der die angeführte Stelle redet. Die erste Stelle können wir verbinden mit Kol. 1,20: „Indem Er Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes.“ Das ist das kostbare Vermächtnis, welches Er durch Seinen Tod uns hinterlassen hat: Frieden, der nie zerstört werden kann. Jeder Feind ist für immer beseitigt, und Gott ist in dessen Beseitigung verherrlicht. Alles, was den Frieden stören kann, ist für immer von Gott hinweggetan, denn Er hat nicht nur unsere Sünden an Seinem Leibe auf dem Holze getragen (1. Petr. 2,24), sondern Er, der Sünde nicht kannte, wurde für uns zur Sünde gemacht (2. Kor. 5,21). Die Sünden und die Sünde, die Frucht und die Wurzel sind für immer durch Seinen Tod beseitigt, und Frieden, kostbarer Frieden ist uns hinterlassen, sowohl für unser Gewissen als auch für unser Herz; dies ist das Vermächtnis, von

welchem der HErr spricht, als Er sagt: „Frieden lasse Ich euch“.

Den zweiten Frieden, von welchem der HErr spricht, kennzeichnet Er als Seinen Frieden: „Meinen Frieden gebe Ich euch“, diesen Frieden, der Ihn hienieden stets umgab und in welchem Er zur Herrlichkeit ging, als Er Frieden durch das Blut Seines Kreuzes gemacht hatte. Das ist der Friede, welcher uns in Freude und Leid und in allen Umständen des Lebens hienieden in der Kraft des Heiligen Geistes emporhebt zu Ihm und zu der Stätte, wo ungetrübt Friede und Freude sind. Es war Sein Friede, in welchem Sein Herz in all den Leiden und Sorgen Seines Weges hienieden ruhte, und alle Anläufe des Satans und aller Haß der Menschen konnten diesen Seinen Frieden nicht berühren. In diesem Frieden konnte Er, als das Dunkel des Todes am Kreuze Ihn umgab, sagen: „Den Kelch, den Mein Vater Mir gegeben hat, soll Ich den nicht trinken?“ (Joh. 18,11) Er nahm den Kelch aus Seines Vaters Hand, und Er leerte ihn völlig für uns. In dem Trinken dieses Kelches erschöpfte Er das gerechte Gericht Gottes wider die Sünde und brachte uns ewiges Leben und ewige Segnungen.

Es ist auch wichtig, zu sehen, daß Friede untrennbar mit der Person verbunden ist, die ihn uns gebracht hat. Als Er in dieser Welt geboren wurde, konnten die himmlischen Heerscharen im Blick auf dieses Kindlein sagen: „Friede auf Erden.“ Und als Er bereit war, an das Kreuz zu gehen, da rief, ohne Zweifel unter göttlicher Inspiration, die ganze Menge der Jünger: „Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe.“ (Luk. 19,38)

Ja, teures Kind Gottes, Christus Selbst ist sowohl unser Friede (Eph. 2,14) als auch unser Leben (Kol. 3,4), und du kannst weder das eine noch das andere verlieren; wie können wir es auch, wenn Christus beides ist? Du magst deine Freude verlieren, und ein törichter Gedanke kann die Freude für eine Zeit stören, aber wir können nicht den Frieden verlieren, den Er durch das Blut Seines Kreuzes gemacht hat.

G. (v. d. K.)

Bescheidenes Äußere, Schamhaftigkeit, Sittsamkeit.

(1. Tim. 2,9.10)

Wir Kinder Gottes leben in einer Welt, in der die Schamlosigkeit frech das Haupt emporhebt. Wir können nicht aus der Welt hinausgehen, solange der HErr noch verzieht zu kommen; die Welt übt aber einen nicht geringen Einfluß auf uns aus; wir müssen vieles sehen, was uns innertich oft recht nachteilig ist und was ein heiliges Zürnen, verbunden mit Betrübnis über den Zustand in dieser Welt, in unserem Inneren hervorrufen sollte. Möchten wir mehr denn je über unsere Augen wachen, daß sie nicht frei umherschweifen, und möchten wir noch mehr über unser Herz wachen, um es zu behüten „mehr als alles, was zu bewahren ist.“ (Spr. 4,23) Wir bedürfen vieler Gnade vom HErrn, vielen Gebetes, Flehens und Bekennens und mehr den je eines Sinnens über Gottes Wort, um Geist und Seele rein zu bewahren. - Doch der Herr ist treu, so wie unsere Tage sind, so wird auch unsere Kraft sein.

Es ist nun nicht unsere Aufgabe, die Welt in ihrem Abwärtsgehen aufzuhalten. Unsere Aufgabe besteht vielmehr darin, durch Wandel und Wort Zeugnis abzulegen von dem, der aus diesem bösen Zeitlauf herauszuretten vermag. Wir selbst aber sind in Gefahr, angesichts des uns umgebenden Bösen den klaren Blick zu verlieren und die schicklichen Grenzen zu überschreiten.

Die eingangs erwähnte Schriftstelle, die sich auf unsere lieben Schwestern bezieht, aber auch uns Brüdern manches zu sagen hat, lautet:

„Desgleichen auch, daß die Weiber in bescheidenem Äußeren mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit sich schmücken, nicht mit Haarflechten und Gold oder Perlen oder kostbarer Kleidung, sondern was Weibern geziemt, die sich zur Gottesfurcht bekennen, durch gute Werke.“

Bescheidenes Äußere ist der erste Schmuck, der von Gott genannt ist. Keine auffallende Kleidung durch Farbe und Schnitt, kein Schmücken durch Haarflechten oder Gold oder Perlen oder kostbare Kleidung sollte ein Weib zur Schau tragen, die sich zur Gottesfurcht bekennt. Ein

bescheidenes Äußeres fällt nicht auf, weder durch Kleidung noch durch Toilette, noch durch Benehmen.

Schamhaftigkeit ist das andere Schmuckstück, welches genannt ist. Nach dem Sündenfall, nach welchem Adam und Eva die Unschuld verloren hatten, als das Gefühl der Scham über sie kam, machten sie sich Schürzen aus Feigenblättern; (1. Mos. 3,7) Gott aber machte ihnen Röcke (nicht Schürzen) von Fell und bekleidete sie.

Der jetzige Zeitgeist sucht mehr und mehr das Schamgefühl, was von Natur jedem Menschen gegeben ist, zu ertöten, was auch leider zum Teil in erschreckender Weise gelungen ist. Denken wir an die ärmellosen Kleider, die ausgeschnittenen Blusen, die kurzen Röcke, die schamlose Sportkleidung, die sogar bei besonderen Gelegenheiten auf offener Straße getragen wird; und was sehen wir in den Badeanstalten, Seebädern, Bildern, Zeitschriften, Gemälden, Kinos u. dgl.!

Ist es nicht so, geliebte Brüder und Schwestern, daß auch wir Kinder Gottes im allgemeinen etwas eingebüßt haben von der Schamhaftigkeit, die wir früher hatten? Wir trauern vielleicht darüber, daß der allgemeine Zustand der christlichen Gemeinde nicht so ist, wie er sein sollte. Ist nicht auch hier ein Fuchs zu erkennen, der die Weinberge verdirbt? (Hohel. 2,15) Es ist zu verstehen, daß jüngeren Schwestern der klare Blick fehlt, den die Älteren haben sollten, denn erstere wachsen in dieser schamlosen Zeitperiode aus. Sollten wir Älteren, besonders aber die Mütter, nicht mit besonderem Fleiß denen eine Hilfe sein, die der Belehrung bedürfen?

Selbst Ungläubige sind empört über den Zustand in der Welt. Wir Kinder Gottes aber, die wir den Heiligen Geist und das Wort Gottes haben, sehen doch gewiß diese Dinge noch ganz anders an als Ungläubige. Vielleicht hat mancher Bruder oder manche Schwester sich wegen der Kleidung einer Schwester geschämt, hat sich aber nicht bemüht, helfend und mahnend an solche in Liebe heranzutreten oder eine berufene Person dazu zu veranlassen.

Kann z. B. eine Schwester mit kurzem Rock und entblößtem Oberarm einem Ungläubigen einen Traktat geben oder ein mündliches Bekenntnis ablegen von ihrem Glauben an den Herrn Jesus?

Teure Schwester, die du hierin vielleicht schwach bist, bitte denke daran, daß du durch ein teilweises Entblößen deiner Körperformen einem Bruder einen solchen Anstoß geben kannst, daß er in Sünde fällt. Oder er schreit vielleicht in seiner Anfechtung zum HErrn, und der HErr hat Mühe mit ihm, um ihn zu bewahren und wieder in Ordnung zu bringen. Deine Kleidung aber war vielleicht die Ursache davon. Vor dem Richterstuhl Christi wird es einst offenbar werden, was die schamlose Kleidung angerichtet hat. (2. Kor. 5,10)

Gewiß schreibt das Wort Gottes nicht die Länge des Rockes und der Ärmel vor. Die Furcht Gottes und die Liebe zum HErrn wird dich, teure Schwester, auch hierin recht leiten. Wenn du dich wunderst, daß ein Mann durch solche Kleidung in Gefahr kommen kann, so ist es deshalb, weil du die Empfindungen und Gefahren eines Mannes nicht kennst. Du solltest aber Gottes Wort zu Herzen nehmen und danach tun, auch wenn du jenes nicht verstehst. - Frage dich, liebe Schwester, was gefällt dem HErrn wohl, und dann handle in Liebe zu Ihm, der in Liebe Sein Leben für dich und auch für den Bruder gab. Die Liebe zu Ihm wird dir Kraft und Freudigkeit geben.

Als dritter Schmuck des Weibes ist die Sittsamkeit genannt. Wort und Benehmen möchten vom Anstand, gesundem Sinn und Besonnenheit Zeugnis geben.

Bescheidenes Äußere, Schamhaftigkeit und Sittsamkeit, das ist der wunderbare dreifache Schmuck, den der HErr einer Schwester verordnet hat, ein Schmuck, der Ewigkeitswert hat. Zu diesem allen kommt noch ein vierter hinzu, der Schmuck durch gute Werke. In solchem Schmuck gefällt die Schwester allenthalben, zuerst unserem HErrn, der Engelweit, ihrem Manne und den Geschwistern. (Siehe auch 1. Petr. 3,1-6) Dem HErrn sei Dank, daß viele Schwestern dieser Erinnerung nicht bedürfen, da sie in Treue wandeln nach dem Worte des HErrn. Doch dürfte mancher teuren Schwester auch durch diese Zeilen gedient sein.

In bezug auf das Abschneiden des Haares bedarf es wohl nur der Erinnerung von 1. Kor. 11,6.15, wo uns gesagt wird, daß es für ein Weib schändlich ist, wenn ihr das Haar abgeschnitten ist, und daß es eine Ehre für sie ist, wenn sie langes Haar hat.

Möchten die Väter und Mütter oder solche, denen der HErr die VerAntwortung in der Gemeinde aufs Herz gelegt hat, in den einzelnen Fällen in wahrer Liebe und in Entschiedenheit denen zurechthelfen, die der Zurechtbringung bedürfen! Nicht nur für andere kann die unschickliche Kleidung ein Stein des Anstoßes werden, auch für die betreffende Tochter oder Schwester selbst kann diese in besonderer Weise Anlaß zu schwerem Fall werden. „Sollte jemand über glühende Kohlen gehen, ohne daß seine Füße versengt würden?“ (Spr. 6,28)

O. D.

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

(Fortsetzung.)

Wir kommen nun zur Betrachtung von Punkt B 3! Ich nannte denselben: „Geschichte der Kraft des Namens Jesu (vgl. z. B. 3,16; 4,10 usw.).“ Dieser Punkt ist so recht, und vielleicht mehr als andere, ein innerer Gesichtspunkt; er liegt nicht für jedermann klar auf der Hand und ist doch von allergrößter Wichtigkeit und Kostbarkeit. Es ist mein herzlichster Wunsch, daß er den teuren Lesern ähnlich groß werden möchte, wie er mir ist.

Bei der Untersuchung über diesen Punkt wird es uns klar werden, was die Bedeutung des Begriffs „Name“ in der Schrift ist. Ich habe schon bei anderen Gelegenheiten öfter darauf hingewiesen, daß die Namen in der Bibel nicht allein wie heutzutage zur einfachen Unterscheidung der verschiedenen Menschen usw. gebraucht werden, sondern daß in ihnen sehr oft Charaktereigenschaften oder Wesensmerkmale der Träger jener Namen zum Vorschein kommen, ja, daß

häufig die Namen nur gleichsam als Symbole (Sinnbilder) des betreffenden Wesens und Charakters verwendet werden. Daher wird oft dem Namen eine Bedeutung und ein Wert zugeschrieben, den der ursprüngliche Träger an sich nicht besaß, nur daß etwas aus seinem Leben Beziehung hatte zu dem Namen und dessen übertragener Bedeutung (man vgl. hierzu

die Entstehung, Bedeutung und Anwendung des Namens „Israel“ = „Gotteskämpfer“, also des neuen Namens, den Jakob, der „Fersenhalter“, nach seiner Bethel-Stunde [1. Mose 35] erhielt. Ferner denke ich hier unter anderem auch an Gal. 4,21-31.). In jedem Falle haben die biblischen Namen nahe Beziehungen zu den Personen, die sie tragen. Es ist nicht so, daß „Name nur Schall und Rauch“ ist, sondern der Bibelleser kann sich bei den Namen etwas vorstellen (zum Vergleich so, wie wenn bei uns einer, der „Schneider“ heißt, auch Schneider sein müßte, wobei natürlich nicht zu übersehen ist, daß ursprünglich auch unsere Namen zum Teil von der Tätigkeit ihrer Träger herstammen! Aber das ist alles verflüchtigt!). Der fromme Jude etwa oder die Mutter, die Hebamme oder wer sonst, der seinem Kinde oder den Kindern des betreffenden Stammes diesen oder jenen Namen gab, tat es mit bestimmter Betonung, vorausgesetzt, daß überhaupt nicht auf besondere Ereignisse bei der Geburt Bezug genommen wurde. Man vgl. für diese und andere Fälle etwa die Namengebungen der Lea und Rahel (1. Mose 29 u. 30; u. 35,16-19; vgl. 38,28-30) und des Joseph (1. Mose 41,50-52), ferner aus der ungeheuren Fülle von Material noch Luk. 1,13.59-63; 1. Sam. 1,20; 2. Mose 2,10!! 1. Mose 16,11(.13.14!).15; 17,19(; 21,3) usw.

Und geradeso war es bei unserem geliebten HErrn! Er wurde auch in dieser Sache „Seinen Brüdern gleich“ (Hebr. 2,17). Und wie Gott in tausend anderen Fällen darüber gewacht hat, daß die Träger der göttlichen Verheißungen sowie Seine späteren Boten oder auch Seine späteren Feinde usw. den richtigen Namen bekommen möchten, der ihr Wesen kennzeichnet, so hat Er in ganz besonderer Weise dafür gesorgt, daß Sein wahrer Knecht (gegenüber Israel! vgl. Jes. 49,3; 42,1 usw.) den richtigen schon in A. T. in Verheißungen und Vorbildern geoffenbarten Namen tragen möchten, den Namen, „der über alle Namen ist“: „Jesus Christus, der Immanuel Gottes“, der „Gott mit uns.“ (Matth. 1,18-25; Luk. 1,30ff.) Dieser kostbare Name ist es, in dem allein das Heil, die Rettung zu finden ist! Es ist der einzige Name, der unter dem Himmel ist, der genügt, um ein gefallenes Adamsgeschlecht zu Gott zurückzubringen. (Vgl. Apg. 4,12) Wohlgemerkt: der einzige Name! So, wie während eines Krieges die Herzen der Menschen hängen an bestimmten Namen, weil durch die Träger dieser Namen der Sieg erhofft wird - und wie man weniger an die Personen selber denkt als an die Namen, in denen jene

was zu unserer ewigen Rettung, zum Sieg über alle Mächte der Finsternis, zur Erreichung der himmlischen Ziele nötig ist. Der Name steht für die Person, die ihn trägt, und die Person selber verbürgt die Bedeutung, ja, die Kraft des Namens!

Und diese Doppeltatsache kommt gerade in der Apostelgeschichte in dem Gebrauch des Wortes und Begriffes „Name“ ganz besonders zur Geltung, ähnlich wie in den Evangelien, z. B. in Matth. 18,20 oder Joh. (8,25!!); 14,13.14.26 usw. Der Name steht für die Bedeutung, den Wert, die Macht, die Kraft, die Autorität, den Willen und Befehl der Person selber. „Auf Grund des Glaubens an Seinen Namen hat Sein Name diesen, den ihr kennet und sehet, stark gemacht ...“ (Apg. 3,16) Was für ein Wort! Was für eine Namensbedeutung und Namenskraft! Wahrlich, weit, unendlich weit geht diese Kraft der Bedeutung des Namens hinaus über alles das, was uns von alttestamentlichen Namen gesagt ist! Aber es ist ja auch ein einzigartiger Name, nicht der Name eines Angehörigen der Nachkommenschaft des ersten Menschen, sondern der Name des zweiten Menschen, der im Gegensatz zu dem „von der Erde“ „vom Himmel“ ist. (1. Kor. 15,47!) Er ist „der anders Geartete“, wie es wörtlich in Apg. 8,34 für „von einem anderen“ heißt. Welch kostbarer Name, dieser Name Jesus! Welche Kraft und Bedeutung liegt in ihm!

Nach dieser umfänglichen Einleitung wird es, denke ich, keine Schwierigkeit machen, zu sehen, was ich mit diesem inneren Punkt B 3 meine: „Geschichte der Kraft des Namens Jesu“. Wir haben, kurz gesagt, in der Apostelgeschichte in den, soweit ich weiß, 34 Stellen, in denen der Ausdruck „Sein Name“ oder „Name des Herrn Jesus Christus“ oder nur „Name“ u. a. in bezug auf Ihn vorkommt, gleichsam eine vollständige Darstellung dessen vor uns, was Sein Name in den Einzelheiten der Geschichte der Gläubigen und der Gemeinde bedeutet und bewirkt bezw. wirken möchte.

Eines jeden Geschichte z. B. beginnt mit der Rettung. Diese Rettung wird bewirkt wodurch? Durch Seinen Namen! (4,12), denn „wer den Namen des HErrn anruft, soll errettet werden!“ (2,21); und Sündenvergebung oder Sündenabwaschung gibt es durch Anrufung Seines Namens (10,43; 22,16)! Und unser Glaube - ist der Glaube an Seinen Namen (s. oben 3,16).

Zum Gläubiggewordensein gehört nach der Schrift, insonderheit der Apostelgeschichte, die

Taufe! Was für eine? Die in oder auf Seinen Namen hin - nicht als Formel zu gebrauchen, sondern es bedeutet „in der Autorität oder auf Grund der Autorität Seines Namens“. (Vgl. 2,38; 8,16; 10,48; 19,5).

Ist man errettet, so geht der Weg oft in große Leiden hinein! Davon ist sehr viel in der Apostelgeschichte berichtet, daß die Gläubigen Leiden aller Art um Seines Namens willen zu erdulden haben, z. B. 4,(7.)17.18; 5,28.40.41; 9,14.16.21; 26,9. Auch in den Tod kann es gehen für Seinen Namen! (21,13 vgl. 15,26). Aber vorher darf man als Gläubiger damit rechnen, im Dienst des HErrn um Seines Namens willen gebraucht zu werden; oft ist davon die Rede, z. B. (4,17;) 8,12; 9,15.27.28; 15,14 („Ein Volk für Seinen Namen!“ Wie kostbar, dazu zu gehören!), ferner V. 26!

Dabei kann es auch zu Zeichen und Wundern in Seinem Namen kommen wie in 3,6.16; 4,7.10.30; 16,18.

Und über alles Seine Ehre! (19,17) Ich habe in Vorstehendem in großen Zügen die Geschichte der Gläubigen in den Einzelheiten zusammengesetzt, wie sie in der Apostelgeschichte mit Seinem Namen in Verbindung stehen. Es

zeigt sich aber in der Apostelgeschichte auch, daß eine gewisse geschichtliche Steigerung der Äußerungen vorhanden ist, was die Verknüpfung der Dinge mit Seinem Namen anbelangt: Erst in der zweiten Hälfte des Buches ist von Herrlichkeit in Verbindung mit dem Namen die Rede: „der Name des Herrn Jesus wurde erhoben“ (19,17); erst in der zweiten Hälfte finden wir Heilung von Besessenheit und Geisteraustreibung in dem Namen Jesu (16,18; 19,13); erst in der zweiten Hälfte hören wir vom Sterben (der Bereitwilligkeit dazu) in dem Namen (15,26; 21,13). Auch darin, daß in der zweiten Hälfte (Paulus) der Ausdruck viel seltener vorkommt als in der ersten, zumal in deren Anfang, zeigt eine gewisse geschichtliche Steigerung, nicht der Vielheit nach, aber (vielleicht darf man sagen) der Kraft nach.

Einerlei - die Geschichte des einzelnen Gläubigen wie der Gemeinde in ihren einzelnen Umständen und Ereignissen ist in der Apostelgeschichte (vielleicht in einem gewissen

geschichtlichen Aufbau) Punkt für Punkt mit dem Namen des HErrn in Verbindung gebracht:

Rettung, und zwar 1. allgemein; 2. von Sünden; 3. vom Teufel; 4. der Nationen. Ferner:

Glaube, Taufe, Leiden aller Art, Dienst, Wunder, Sterben, Herrlichkeit - alles dieses ist hin und her mit Seinem Namen verbunden, und in ihrem eigenen Leben weisen somit die Gläubigen den Wert, die Kraft und Bedeutung des Namens Jesu Christi gleichsam geschichtlich nach. Von den Anfängen dieses Lebens (der Rettung) bis zum Ziel ist es Sein Name, das ist aber die Person dessen, der ihn trägt, der uns begleitet, stärkt, erhält, durchbringt, segnet, braucht und erfreut. Wie mannigfaltig wird z. B. der Dienst durch Seinen Namen beleuchtet: am Evangelium (8,12); vor Königen (9,15); freimütiges Sprechen (9,27.28); Sammlung eines Volks für Seinen Namen (15,14); Lehre (5,28)! Und so gäbe es noch manche Einzelheit zu beachten, woraus wir sehen könnten, was der Name des HErrn vermag. Aber es sei genug! Andere mögen weiterforschen!

Zum Schluß möchte ich, damit keine der Stellen, wo der Begriff „Name“ (des HErrn) vorkommt, übersehen werde, diese alle der Kapitelfolge nach hier noch einmal im Zusammenhang aufzählen. Hoffentlich habe ich keine Stelle vergessen! Ich habe, wie oben schon gesagt, 34 gezählt. Hier die Stellen der Reihe nach: 2,21; 2,38; 3,6; 3,16 (zweimal); 4,7; 4,10; 4,12; 4,17; 4,18; 4,30; 5,28; 5,40; 5,41; 8,12; 8,16; 9,14; 9,15; 9,16; 9,21; 9,27; 9,28 (also sechsmal allein in dem Kapitel, das Paulus' Bekehrung enthält!); 10,43; 10,48; 15,14; 15,17; 15,26; 16,18; 19,5; 19,13; 19,17; 21,13; 22,16; 26,9. Nachdem Paulus auf den Weg nach Rom gekommen ist, wird das Wort „Sein Name“ nicht mehr genannt. Wohl ist ganz am Schluß (28,31) von den „Dingen, welche den Herrn Jesus Christus betreffen“, gesprochen, aber nicht von „Seinem Namen“, wenngleich der Name selber vorkommt (28,23); aber sonst, - die gewissermaßen „intime“, das heißt nur in Verbindung mit den Seinen am rechten Platz befindliche Bezeichnung „Sein Name“ kommt da nicht vor, wo Paulus in der Hauptsache mit Heiden zu tun hat! Hier ist dafür in bemerkenswerten Stellen öfter die Rede von „Gott“ (z. B. 27,23-25.35 [28,15!]; 28,23.28.31)! Auch wird zum Schluß noch vom Heiligen Geist gesprochen (28,25). Doch kann ich hierauf nicht mehr eingehen.

Möchte der Herr Weisheit und Licht schenken, damit uns allen die Beschäftigung mit diesem kostbaren Gegenstand: „der Name des Herrn Jesus Christus“ in der Apostelgeschichte wichtiger werde, auf daß wir auch durch solche Beschäftigung „wachsen und zunehmen in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus. Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18)

F. K.

(Forts. folgt, s. G. w.)

Frage und Antwort

Frage 19

Was ist unter der gegenwärtigen „Wahrheit“ zu verstehen? (2. Petr. 1,12)

Antwort A

Allgemein wird unter Gottes Kindern angenommen, daß der Lauf der Zeit in verschiedene Verwaltungen, Haushaltungen oder Zeitalter geteilt wird. Unser Gott ist ein ewig unveränderlicher Gott, doch handelt Er mit den Menschenkindern in den verschiedenen Zeitaltern nicht auf dieselbe Art und Weise. Stufenweise offenbart Er Sich den Menschen, denn durch den Sündenfall ist die Erkenntnis des wahrhaftigen Gottes völlig verloren gegangen, doch unser herrlicher Gott in Seiner großen Liebe hat die Absicht, sich nach und nach den Menschen kundzutun.

In der grauen Dämmerung der Weltgeschichte, sagen wir von dem Sündenfall bis zur Sintflut (1. Mose 3-7), war Gott nicht ohne Zeugen, und etwas von Gottes Wahrheit wurde gläubigen Seelen bekannt; aber die Welt entfernte sich mehr und mehr von der Erkenntnis Gottes, wie wir in Römer 1 finden. Nach dem furchtbaren Wassergericht hätte man mehr Licht oder

Erkenntnis Gottes haben sollen, doch wieder verschwand das, was man hatte, und es kam wieder zum Gericht, und zwar auf der Ebene in dem Lande Sinear. (1. Mose 11)

Dann wurde eine neue Haushaltung eingeführt, und Gott knüpfte zuerst mit Abraham in Ur der Chaldäer an; und mehr Licht oder Wahrheit wurde offenbar. Dann endlich in der Wüste: Durch Moses wurde das Gesetz gegeben und auch geschrieben, und solche, die sich danach sehnten, erlangten tiefere Einblicke in das Herz Gottes. Einige hatten Lust am Gesetz Jehovas und sannen darüber Tag und Nacht. Andere beteten mit David: „Öffne meine Augen, damit ich Wunder schaue in Deinem Gesetz!“ (Ps. 119,18) „Die Propheten suchten und forschten über die Errettung nach, von der Gnade weissagten sie, forschend, auf welche oder welcherlei Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als Er von den Leiden, die auf Christum kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte.“ (1. Petr. 1,10-12) Wir dürfen vielleicht das alles „die damalige Wahrheit“ nennen, Wahrheit, deren Erkenntnis ernste und demütige Seelen in dem Haushalt des Gesetzes erhalten konnten; Wahrheit, welche eine praktische Wirkung aus das Leben hatte, denn „sie sahen dadurch die Verheißungen von ferne, begrüßten sie und bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerschaft auf der Erde waren“. (Hebr. 11,13)

Ja, auch die damalige Wahrheit war köstlich und hatte wunderbare Wirkung auf das Leben und den Wandel der Gläubigen in einer vergangenen Verwaltung Gottes.

Nun befinden wir uns in einem Haushalt, in welchem der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit des Christus, welcher das Bild Gottes ist, ausstrahlt. (2. Kor. 4,4) Die Herrlichkeit der vorübergegangenen damaligen und in Schattenbildern geoffenbarten Wahrheit verschwand allmählich, gerade wie die Herrlichkeit von dem Angesicht Moses erblaßte, denn „er legte eine Decke über sein Angesicht, auf daß die Söhne Israels nicht anschauen möchten das Ende dessen, was hinweggetan werden sollte“. (2. Kor. 3,13) Die jetzige Herrlichkeit aber ist eine bleibende. Also unter dem Ausdruck „gegenwärtige Wahrheit“ verstehen wir die Gesamtheit der Wahrheit, welche Gott in Seiner Gnade in der gegenwärtigen Haushaltung Seinem Volke geoffenbart hat, deren Mittelpunkt nur der Herr Jesus Christus ist. Die nebelhafte Unklarheit

der Morgenstunden ist hinweggerollt worden, und die Sonne scheint in ihrer ganzen Klarheit. Vielleicht ist ein besonderer Punkt der „gegenwärtigen Wahrheit“ „das Geheimnis, das von den Zeitaltern her in Gott verborgen war, der alle Dinge geschaffen hat; welches in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden, wie es jetzt geoffenbart worden ist Seinen heiligen Aposteln und Propheten im Geiste“. (Eph. 3,2-12) Diese gegenwärtige - als Gegensatz zur damaligen - Wahrheit in ihrer ganzen Erhabenheit wurde dem Apostel Paulus durch Offenbarung kundgetan, und Petrus in seinem 2. Brief, wo der Ausdruck „gegenwärtige Wahrheit“ vorkommt, verwies die Gläubigen auf die Briefe „unseres lieben Bruders Paulus“, die er „nach der ihm gegebenen Weisheit“ geschrieben hat. (3,15f.) Petrus schrieb seine beiden Episteln an die Fremdlinge der Zerstreuung von Pontus, Galatien - Asien usw., und Ephesus, an deren Gemeinde Paulus seine höchste oder zentrale Epistel schrieb, war ja die Hauptstadt Asiens; also waren den Gläubigen, an welche Petrus schrieb, die Briefe Pauli, wenn auch vielleicht nicht alle, schon bekannt. Wohl dürfen wir sagen, daß die beiden Episteln Petri in erster Linie den zerstreuten Fremdlingen vom Volke Israel galten, denn er war besonders der Apostel für die Beschneidung, und so ist es leicht zu verstehen, wie wichtig es war, daß solche Gläubigen aus der Beschneidung Verständnis für die gegenwärtige Wahrheit haben sollten, aber nicht nur Verständnis dafür zu haben, sondern wie Petrus schrieb, „in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt“ zu sein. Das heißt klare göttliche Gedanken über die Aufgabe, das Ziel und den Zweck dieses Haushalts zu haben; zu wissen, daß Gott jetzt ein himmlisches Volk aus allen Nationen und Sprachen sammelt, nämlich die Gemeinde; und wenn die damaligen jüdischen Gläubigen das verstanden und praktisch sich danach richteten, so blieben sie sowohl vor den Irrtümern, in welche die Galater fielen, bewahrt als auch vor dem Fehler Petri selber, der in Antiochien aus Furcht vor denen aus der Beschneidung sich von denen aus den Nationen zurückzog und sich absonderte, indem er die Zwischenwand der Umzäunung wieder aufrichtete, die Christus Selbst abgebrochen hat! (Gal. 2,11-16; Eph. 2,13-22) Vielleicht schrieb Petrus seine Episteln in Jerusalem, wo die jüdischen Gottesdienste in Verbindung mit den hinweggenommenen Schattenbildern noch gehalten wurden; wenigstens die erste Epistel schrieb er durch Silas, und er bestellte Grüße von den Auserwählten in Babylon, als ob der ganze jüdische Gottesdienst jetzt eine Verwirrung (Babel) geworden sei;

und ebenso wie Jesaja 700 Jahre früher Jerusalem „Sodom und Gomorra“ nannte, Jes. 1,10, so nannte Petrus Jerusalem „Babylon“, denn dort verleugnete man die gegenwärtige Wahrheit oder lehnte sie ab. (Vgl. 5,12.13)

Im Laufe der Jahrhunderte ging die Erkenntnis der gegenwärtigen Wahrheit nach und nach verloren, bis weder die himmlische Berufung der Gemeinde Christi noch die Stellung der Gläubigen in diesem bösen gegenwärtigen Zeitlauf verstanden oder verwirklicht wurden.

Gott aber in Seiner wunderbaren Gnade hat diese Wahrheit für diesen Haushalt aus Seinem Worte wieder hervorbrechen lassen; nicht auf einmal, sondern nach und nach. Unser HErr sagte: „Wenn ihr in Meinem Worte bleibet, so seid ihr wahrhaft Meine Jünger; und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“ (Joh. 8,31.32) Und als Gott einen Teil nach dem anderen der gegenwärtigen Wahrheit aus Seinem Worte hervorstrahlen ließ, da wirkte das überraschend befreiend. Wie belebend arbeitete die Wahrheit der Rechtfertigung durch den Glauben und des allgemeinen Priestertums der Gläubigen zur Zeit der Reformation! Die Ketten in dem römischen Gewissenskerker zersprangen, und man kam ans Licht; und wie rieb man bewundernd die Dunkelheit aus den Augen, um das wohltuende Licht zu erblicken! Dann sang das Herz in der Wärme des gottesgeistlichen Sonnenscheins! Später kam die biblische Wahrheit über die Gemeinde ans Licht; und wieder wurden geistliche Fesseln zerrieben, ernste Seelen freuten sich über ihr ewiges und lebendiges Einssein in Christo und ließen sich nicht mehr durch die menschlich gemachten Grenzen der verschiedenen Konfessionen voneinander fernhalten. Die Wahrheit über das Kommen des HErrn für Seine Gemeinde kam auch zum Vorschein, und dieses Stück der gegenwärtigen Wahrheit hat ein reinigendes Resultat in den Herzen derer, die darin gefestigt wurden. (1. Joh. 3,3) Daß der HErr endlich in großer Macht und Herrlichkeit erscheinen wird mit Seinen heiligen Tausenden, um der Herrschaft des Feindes gewaltsam ein Ende zu machen und dann in dieser Welt in Gerechtigkeit zu regieren, indem Er auf dem Throne Seiner Herrlichkeit sitzen wird, gehört sicher auch zur „gegenwärtigen Wahrheit“, denn dieser Teil befreit und bewahrt Seelen vor dem eitlen Versuch, die unhaltbaren Verhältnisse in diesem bald zu Ende gehenden Zeitlauf durch wohlmeinende politische Maßnahmen zu lindern und zu verbessern.

Ach, wie gut und heilsam wäre es, wenn alle Gläubigen heutzutage „in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt“ würden! Doch leider gibt es so viele in unseren Tagen, die noch in den Ketten der menschlichen Überlieferungen liegen; wohl sind die Fesseln verziert mit den Blüten schwungvoller Redekunst, und dann liebkost man diese Banden! Wir behaupten nicht, daß die ganze gegenwärtige Wahrheit uns wieder geschenkt worden ist, denn unser Gott kann noch herrliche Dinge aus Seinem Worte uns schenken; doch denken wir wohl, daß die schon wiedergewonnene gegenwärtige Wahrheit fast vollständig ist und daß Sein Kommen unmittelbar bevorsteht. Doch nochmals betonen wir, daß die gegenwärtige Wahrheit, nämlich die geoffenbarte Wahrheit für diese Verwaltung der Gnade Gottes, die zur Geltung während dieses gegenwärtigen bösen Zeitalters kommen soll, befreiend, bewahrend und heiligend wirkt, wenn wir nur darin befestigt werden.

F. Btch.

Anmerkung des Schriftleiters

Ich denke, wir dürfen sehr dankbar sein für diese schöne und klare Antwort! Möchte sie vielen zum Segen sein, besonders auch solchen, die, wie ich weiß, unter der „gegenwärtigen Wahrheit“ einfach nur „Christus“ verstanden wissen wollen! Es ist ja natürlich richtig, daß Er sowohl „die Wahrheit“ als auch stets „gegenwärtig“ ist nach Joh. 14,6 und Matth. 28,20, aber dennoch dürfen wir einen so bestimmten Ausdruck wie diesen: „die gegenwärtige Wahrheit“ nicht einfach ohne nähere Beziehung nur auf Ihn beziehen, wenngleich Er Kern und Stern jeder biblischen Wahrheit ist. Wir müssen vielmehr aus dem Zusammenhang des betreffenden Wortes herauszufinden suchen, was im einzelnen (und nicht nur im allgemeinen!) gemeint sein könnte. Und darüber gibt obige Antwort viel Licht. Möchten alle Leser sich von demselben erleuchten lassen!

Vielleicht darf man den Ausdruck auch darauf beziehen, daß in dem 1. Kapitel des 2. Petrus-Briefes so oft von „diesen Dingen“ die Rede ist, nämlich den Dingen von V. 3-7! Fünfmal heißt

in dem der Gemeinde geben, wo das eine oder andere Stück von V. 3-7 besonders im Vordergrund zu stehen hat, wenn „diese Dinge“ auch untrennbar zusammengehören. Aber beispielsweise bei einer Angelegenheit in der Gemeinde, die imstande ist, Brüder auseinanderzureißen, da könnte die „gegenwärtige Wahrheit“ im Augenblick und für jene betreffenden Geschwister die sein, daß sie sich ihrer moralischen Verpflichtung, „in der Gottseligkeit die Bruderliebe darzureichen“, bewußt werden, weswegen der Apostel Sorge trägt, sie zu erinnern (V. 12). Denn geschenkt ist ihnen die Möglichkeit dazu (vgl. V. 4!) u. a.

Ich will nicht behaupten, daß der Ausdruck „die gegenwärtige Wahrheit“ diese Bedeutung haben müßte, vielmehr glaube ich, daß die Auslegung von obiger Antwort Die allein der Stelle völlig gerechtwerdende ist, aber als Nebenbedeutung, meine ich, könnte man die eben vorgetragene annehmen, sintemalen in unserem eigenen wie im Familien- und im Gemeindeleben zuweilen diese oder jene Einzelheit des moralischen Lebens im Vordergrund steht -und alles, was nach göttlichem Willen in der Gegenwart im Vordergrund unseres Interesses stehen sollte, das ist „die gegenwärtige Wahrheit“ - und das ist gewiß in erster und hauptsächlichster Linie die Gemeinde Gottes und alles, was mit der Offenbarung über dieselbe in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenhängt. Möchten wir nur Gnade haben, die mancherlei Einzelheiten hierüber, wie sie uns in den apostolischen Briefen, z. B. auch in den Timotheus-Briefen, ans Herz gelegt werden, im praktischen Leben ernstlich zu beachten und uns darin befestigen zu lassen! In diesem letzteren sind bei uns noch viele Mängel zu beklagen. Aber der Geist wird uns, wenn wir aufrichtig sind, auch in dieser Hinsicht „in die ganze Wahrheit leiten“ (Joh. 16,13).

Wir sollten nie zu „klug bei uns selbst“ (Röm. 12,16d) sein, um zu fragen, was im jeweiligen Falle „die gegenwärtige Wahrheit“ sein mag, damit wir gehorsam und treu Seinen Weg wandeln und „in Seiner Erkenntnis wachsen“. (2. Petr. 3,18) Denn durch nichts werden wir besser „befestigt in der gegenwärtigen Wahrheit“, als wenn wir in der jeweils erkannten treu sind, denn „wer da hat, dem wird gegeben“ (Luk. 8,18), und „durch Gewohntheit bekommt man geübte Sinne“ (Hebr. 5,14).

Die Gläubigen, ob juden- oder heidenchristliche, an die Petrus schrieb, werden „befestigt in der gegenwärtigen Wahrheit“ genannt - ob dies auch von uns gesagt werden könnte? Der HErr gebe auch uns Gnade, in der „gegenwärtigen Wahrheit“ mehr und mehr befestigt zu werden - Ihm zum Preise!

F. K.

Gottes Walten über uns.

Jeder, der den HErrn kennt, weiß, daß Gottes Hand über allen Dinge unseres Lebens waltet. Wie oft finden wir in der Schrift, daß Sein Volk verkehrt handelte und Gottes Gnade es doch am Ende zum Segen wandte. Nicht, als ob verkehrte Wege immer zum Guten ausschlagen müßten, sondern Gnade und nur allein Gnade kann darüber walten, und wiederum Gott und nur allein Gott vermag Gutes aus Bösem hervorkommen zu lassen.

Das große Beispiel hierfür ist der Tod Christi. Das Volk Israel brachte Ihn durch die Hand von Gesetzlosen ans Kreuz. (Apg. 2,23) Die sich aber in Buße über ihre Sünde beugten, lernten, daß Gottes Hand darüber zu ihrem Segen waltete. „Gott aber hat also erfüllt, was Er durch den Mund aller Propheten zuvor verkündigt hat, daß Sein Christus leiden sollte.“ (Apg. 3,18)

Joseph wurde von seinen Brüdern nach Ägypten verkauft, als aber die Buße ein Werk in ihrer Seele vollführt hatte, konnte Joseph denen, die ihn einst verkauft hatten, sagen: „Und nun betrübet euch nicht, und es entbrenne nicht in euren Augen, daß ihr mich hierher verkauft habt; denn zur Erhaltung des Lebens hat Gott mich vor euch hergesandt.“ (1. Mos. 45,5) „Ihr zwar, ihr hattet Böses wider mich im Sinne; Gott aber hatte im Sinne, es gut zu machen, auf daß Er täte, wie es an diesem Tage ist, um ein großes Volk am Leben zu erhalten.“ (1. Mos. 50,20)

Moses liebte Sein Volk und wünschte es zu befreien, und er versuchte es, indem er den Ägypter erschlug. Mit seiner Hand wollte er ihnen Rettung bringen. Die Folge war, daß seine

gute Absicht auf 40 Jahre zurückgestellt wurde. Das war gewiß schmerzlich für ihn, aber Gottes Zeit, Sein Volk zu befreien, war noch nicht gekommen. Noch 40 Jahre mußte es leiden und auf das Erschlagen des Ägypters seitens Gottes warten. Alsdann erschlug Er den Erstgeborenen der Ägypter, und Israel wurde durch Seine und nicht durch Moses Hand befreit - und doch waren Moses Absichten gut.

Israel wünschte einen König. „Ich gab dir einen König in Meinem Zorn, und nahm ihn weg in Meinem Grimm.“ (Hos. 13,11) Gottes Vorsatz war, Seinem Volke einen König zu geben. Saul war aber nicht ein König, wie ihn Gott für Sein Volk haben wollte. Es sollte ein König gleich Melchisedek sein, der beides war, König und Priester - König der Gerechtigkeit und König des Friedens. (Hebr. 7,2) „Er wird Priester sein auf Seinem Thron.“ (Sach. 6,13) Moses war „König in Jeschurun“. Moses trug diesen Doppel-Charakter. Auch in David sehen wir beides. Obgleich kein gesalbter Priester, empfing er doch alles Licht von Gott, welches die, die in den Tagen seiner Verwertung mit ihm waren, bedurften. Er gebrauchte das priesterliche Ephod, und Gott gab ihm Licht, die Lade zurückzubringen; er konnte vorschreiben, was die Priester und die Leviten tun sollten in bezug auf den noch ungebauten Tempel. Priesterlich nahe seinem Gott sah er durch den Geist nicht nur, was für den Bau des Hauses nötig war, er sah auch den Ort, wo der Tempel erbaut werden sollte, den Platz, auf dem sowohl Isaak als auch der HErr geopfert wurden. Alles dieses war entschieden priesterlich. Gottes Herz wünscht diesen nahen und vertrauten Verkehr mit Sich, und David handelte nach dem Herzen seines Gottes. Er befrug seinen Gott, so wie es Moses tat; und Gott redete mit dem Manne nach Seinem Herzen.

Solche Gedanken hatte Gott betreffs des Königs. Christus wird David in Hes. 34,24 genannt, Hesekiel schrieb dieses, als David längst gestorben war. Ohne Zweifel würde Gott Seine Gedanken über David entfaltet haben, wenn das Volk Ihm die Sache betreffs des Königs in der Hand gelassen hätte. Der Wille des Volkes aber war: „Ein König soll über uns sein, damit auch wir seien wie alle Nationen.“ (1. Sam. 8,19.20) Der Gedanke, einen König zu haben, war recht, aber ihre Beweggründe waren böse. Der König, den Gott im Auge hatte, würde Sein Volk nicht gleich den Nationen gemacht haben, sondern Gott zu einem Eigentumsvolke.

Paulus kam durch die Feinde des Evangeliums als ein Gefangener nach Rom. Auch dies stand unter der waltenden Hand Gottes. Alle Briefe aus dem Gefängnis lassen uns die waltende Hand des HErrn erkennen, wie er von dort aus gebraucht wurde, Belehrungen für die Gläubigen aller Zeiten zu geben.

Es bleibt bestehen: „Wir alle straucheln oft.“ (Jak. 3,2) Der HErr allein ist vollkommen in all Seinem Tun, bei allen anderen aber wird Straucheln gefunden. Er führt uns oft durch Wasser der Trübsale, um uns unser Straucheln und Fehlen erkennen zu lassen. Durch Leiden und Verfolgungen suchte Er „Ephesus“ zum „Smyrna“-Zustand zurückzuführen. (Offb. 2) In Zeiten der Dunkelheiten - Unstimmigkeiten oder der Zucht in der Gemeinde wird manches Straucheln gesehen. Solche Zeiten dienen unter Seiner Hand oft dazu, uns zur Bewährung zu führen.

„Und Er wird sitzen und das Silber schmelzen und reinigen; und Er wird die Kinder Levi reinigen und sie läutern wie das Gold und wie das Silber, so daß sie Opfergaben dem Jehova darbringen werden in Gerechtigkeit. Dann wird die Opfergabe Judas und Jerusalems Jehova angenehm sein.“ (Mal. 3,3.4)

P. (v. d. K.)

Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte.

(Fortsetzung u. Schluß.)

Wir kommen jetzt zu B 4! Diesen und auch den fünften und letzten Punkt meiner Untersuchung über die inneren Gesichtspunkte der Apgesch. kann ich besonderer Umstände halber nicht so ausführlich behandeln, wie ich gern möchte. Ich muß es vielmehr den an dem Gegenstand interessierten Lesern überlassen, die beiden Punkte an Hand meiner kurzen Andeutungen für sich selber genauer zu erforschen.

Als Punkt B 4 nannte ich: „Geschichte der Zeichen und Wunder von Mark. 16,17.18.“

Im Blick auf diesen Punkt möchte ich zunächst ernstlichst hinweisen auf die beiden Fragen 16 in Jahrbuch 13: „Ist Mark. 16,17.18 heute noch anwendbar?“ und noch weiter zurück Frage 15 in Jahrbuch 11: „Was bedeutet die Handauflegung in Apg. 6,6?“ - Mit diesen beiden Fragen sind wir mitten im Bereich von Punkt B 4! Und es wird in den BeAntwortungen der genannten Fragen sozusagen bewiesen, daß die Zeichen von Mark. 16,17-18.20 gleichsam, wenigstens äußerlich, erfüllt seien - von Wundern ist in diesen Markus-Schriftstellen nicht die Rede, und ich habe bei B 4 (vielleicht unvorsichtigerweise) auch nur darum das Wort „Wunder“ mit angewandt, weil Zeichen Wunder sind und weil im landläufigen Sprachgebrauch „Zeichen und Wunder“ oft zusammengenannt werden; außerdem wird davon auch in der Apgesch. gesprochen, wie wir weiter unten noch sehen werden! Aber Wunder sind durchaus nicht immer Zeichen! Es ist darum vielleicht besser, um Irrtümer zu vermeiden, in dem vorliegenden Punkt nur von der „Geschichte der Zeichen von Mark. 16,17.18“ zu reden, denn die Verwechslung von Zeichen und Wundern hat schon manche Verwirrung hervorgerufen. Auch die Irrtümer der „Zungenbewegung“ beruhen mit auf dem Mißverstehen der Bedeutung von Mark. 16,17.18!

Nun braucht freilich, wie eben gesagt, die Apgesch. den Ausdruck „mächtige Taten, Wunder und Zeichen“ (2,22), und Paulus, der vor den Korinthern im 2. Brief, Kap. 12 einiges anführt, was ihn als Apostel beglaubigt (sehr wichtig!), spricht ebenfalls von „... Zeichen, Wundern und mächtigen Taten“ (V. 12), die von seiner Seite unter ihnen gewirkt seien (man beachte übrigens, wie Petrus in jener Stelle Apg. 2,22, wo er von dem HErrn spricht, genau die umgekehrte Reihenfolge wie Paulus in 2. Kor. 12,12 innehält; das ist sicher nicht gleichgültig!). Außerdem ist mehrfach von „Wundern und Zeichen“ die Rede, oder auch von „Zeichen und Wundern“ (man vgl. 2,19.22; 2,43; 4,30; 5,12; 6,8; 7,36; 14,3; 15,12!) Daraus geht für mich hervor, daß wir in der Apgesch. Wunder schlechthin zu unterscheiden haben von solchen Wundern, die zugleich Zeichen sind und sich als Beweis, Bestätigung oder Erfüllung von Mark. 16,17.18 offenbaren, somit also als Beglaubigung des Christentums, der neuen Zeit überhaupt, dienen sollten und dienten. Denn Wunder schlechthin sind ja, wie gesagt, nicht immer Zeichen, - diese letzteren aber haben eine überragende Bedeutung, weil sie eben etwas, was Gott vorhatte zu tun oder was Er als etwas ganz Neues schon getan hatte, derart vor aller Welt zu

bestätigen hatten, daß kein Zweifel mehr an der betreffenden neuen Tatsache bestehen konnte. Von diesem Gesichtspunkte aus sind auch die „neuen Zungen“ zu werten, die dann „aufhören“ konnten und tatsächlich aufhörten (1. Kor. 13,8), als die Tatsache des Christentums keiner äußerlich sicht- und hörbaren Bestätigung mehr bedurfte (vgl. 1. Kor. 14,22a!). Solche äußerlichen Zeichen waren dann vielmehr gleichsam Sinnbilder für innere Vorgänge - wie für die Siege der Macht Gottes über jede Macht der Finsternis oder für die Tatsache, daß unser ganzes Sein (sogar die Zunge!! vgl. Jak. 3 u. a.) dem HErrn zur Verfügung stehen sollte usw. -, und die äußeren Zeichen hatten ihren Zweck erfüllt, als das Christentum äußerlich anerkannt war. Zeichen, wie sie in Mark. 16,17.18 angekündigt werden, sind innerhalb der apostolischen Tätigkeit (während der Apgesch.) zur Genüge in Erscheinung getreten, während Wunder schlechthin nicht so an die Einführung und Bestätigung von etwas Neuem, Niedagewesenem gebunden sind. In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, daß die jerusalemitische religiöse Behörde das Wunder des Petrus und Johannes an dem Lahmen (Kap. 3) ein „kundbares Zeichen“ nennt (4,17), und die Schrift sagt dazu „dieses Zeichen der Heilung“ (V. 22)!

Ich muß es mir, wie zu Anfang angedeutet, leider versagen, näher auf dies hochbedeutsame Gebiet einzugehen, aber ich bitte sehr darum, daß man andere wunderbare Begebenheiten der Apgesch. daraufhin untersuchen möchte, ob sie nicht als Erfüllung von Mark. 16,17.18 und darum als Zeichen zu gelten haben - wie z. B. Apg. 5,15 und 19,11.12 (Stellen, über die in oben angegebener Frage 16 in Bd. 13 ausführlich von einem unserer Mitarbeiter geschrieben ist). Aber auch die in 9,32-43 berichteten „Wunder“ tragen ob ihrer Folgen und aus anderen Gründen stark zeichenartigen Charakter. Ferner weise ich noch auf 16,16ff. hin und auf 28,1ff. Und dann vor allem auf die „Handauflegungen“, wie 8,17ff.; 19,6ff. Dazu sei noch einmal auf jene älteren „Fragen“ verwiesen!

Und damit muß ich diesen Punkt jetzt verlassen. Möge seine Wichtigkeit erkannt werden, und möge uns allen, denen daran liegt, zu erfahren, was das Wort Gottes wirklich sagt und lehrt, auch dieses Gebiet durch den Geist, der uns „in alle Wahrheit“ führt, mehr und mehr erschlossen werden!

Und noch einiges über den letzten Punkt meines Aufsatzes.

Ich nannte Punkt B 5 die „Fortsetzung (geistliche Fortsetzung) des Lebens Jesu - Evangelien - in den Seinen hienieden.“ Mehr als irgend ein anderer Punkt der Reihe B scheint mir dieser letzte ein innerer, d. h. ein nicht ohne weiteres auf der Hand liegender Gesichtspunkt zu sein, und es kann wohl geschehen, daß der werte Leser mir hierin nicht leicht folgen kann.

Wir haben in den Evangelien das lückenlos vollkommene Leben unseres geliebten HErrn und Heilandes Jesus Christus vor uns, und sowohl was Seine heilige Menschheit anbelangt als auch nach der Seite hin, „wer es ist“, mit dem wir es zu tun haben (Joh. 4,10), läßt die Schrift durchaus keine Unklarheiten aufkommen. Aber dann schied Er von den Seinen und aus der Welt, und diese, die von Gott nie völlig ohne Licht gelassen ist, wäre nun nach Seinem Fortgange doch wieder in ein gewisses Dunkel getaucht worden, wenn der HErr nicht selber Vorsorge getroffen hätte, daß das Licht, das Er der Welt gebracht hatte, auch weiter auf Erden scheinen könnte - in den Seinen! Und zwar ausschließlich in ihnen! Sie werden nämlich nicht nur die Träger des mündlichen wie auch schriftlichen Zeugnisses von Ihm, wie ich es besonders im Anschluß an 1,8 u. a. in Punkt A 5 auszuführen gesucht habe, sondern sie sollten in allem Seine Zeugen sein, gerade auch nach dieser letzteren Stelle. Ihr Dienst als Zeugendienst ging „gegenan“ gegen den herrschenden Zeitgeist, und sie hatten zu bezeugen, was sie „gesehen und gehört“ hatten. (1. Joh. 1,1ff.) Ich habe damals eingehend darüber geschrieben, wie sie ihren Zeugendienst auffaßten und ausübten. Aber dieser ihr Dienst sollte doch nicht nur mündlich und schriftlich sein, sondern auch in ihrer ganzen Haltung sollten sie als Seine Zeugen wandeln! So glaube ich das Wort 1,8 in tieferem Sinne auffassen und anwenden zu dürfen: „in Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen!“ - wie Tersteegen singt. „Meine Zeugen“, sagt der HErr, „wenn der Heilige Geist auf euch gekommen sein wird.“ Ist es aber nicht so, geliebte Geschwister, daß dieser Heilige Geist keine wichtigere Aufgabe zu kennen scheint, als Christum Jesum zu verherrlichen? (Joh. 16,14) Das haben wir in allen möglichen Variationen schon gehört und besprochen und geschrieben und gelesen (auch in den „Handr.“). Und wenn Er diese Aufgabe hienieden zu erfüllen sucht - in wem kann Er dies tun?

Doch nur in denen, die der HErr die Seinen, das sind aber „Seine Zeugen“, nennt. Sie allein, die den Geist haben, trachten nach dem, was des Geistes ist. (Vgl. 1. Kor. 2!) Darum bedeutet m. E. der Ausdruck „Meine Zeugen“ mehr als nur Reden und Zeugen von Ihm in mündlichem und schriftlichem Dienst, es bedeutet wenigstens ebensosehr, Seine Gesinnung, Sein Wesen, Sein Licht, Seine Liebe, Seine Demut, Seine Sanftmut, Seine Treue, Seinen Gehorsam usw. in dieser armen gottentfremdeten Welt zu offenbaren und dadurch Seelen zu Ihm hinzuziehen. Und in diesem gesegneten Sinne sehe ich die herrliche Apostelgesch. gleichsam als die Fortsetzung Seines einzigartigen Lebens in dieser Welt an, d. h. ich glaube, daß in den Seinen, die als Seine Zeugen im Rahmen der Apostelgeschichte wirken, gewissermaßen Sein heiliges Leben - wenn auch nicht in Seiner lückenlosen Vollkommenheit - seine Fortsetzung findet. Gewiß soll auch heute noch von Seinem Brennen unser Licht seinen Schein nehmen, und wie Er „das Licht der Welt“ (Joh. 12,46) ist, so sollen auch wir es sein und sind es nach Matth. 5,14, aber in einem weit höheren Maße; weil unter dem viel unmittelbarer (weil ungehemmter) als Führer wirkenden Geist Gottes stehend, haben jene Jünger, die Er Seine Zeugen nennt, Seine Gedanken, ja, Sein ganzes Wesen geoffenbart. Und zwar nicht nur die Brüder, sondern auch die Schwestern waren besonders in diesem Sinn (durch ihr Benehmen) Seine Zeugen!

Beispiele zu nennen erübrigt sich wohl, aber man lese nur die Folgen der „Pfingstpredigt“ des Petrus, d. h. die Gesinnung des ersten Zusammenkommens der jungen Gemeinde (2,42ff.), und man muß einen Eindruck bekommen von der moralischen Schönheit des HErrn, in dessen Namen sie zusammenkamen. Und ganz offenbar wirkte ihr Wesen auf die jüdische Welt anziehend (V. 47). Und dann des Petrus und Johannes Verhalten bei der „Wohltat an einem kranken Menschen“ (4,9) und den Folgen dieser Tat. Wie schön kommt die Gesinnung Christi zum Vorschein: „Was ich habe, das gebe ich dir“ (3,6). Ja, teurer HErr, das hast Du getan! Gib uns nur Gnade, auch so handeln zu können! - Und dann später im Verlauf der Anklage wegen dieser Tat - ist ihr Verhalten vor dem Hohen Rat und dann bei den Ihren (Kap. 4) nicht ganz ihres Meisters würdig, der alles dem anheimzustellen gewohnt war, der recht richtet!? (1. Petr. 2,23, ebenso Apg. 5,40.41!) Und dann Stephanus! Der Schluß von Kap. 6 und der Schluß von Kap. 7 entsprechen einander gleichsam, und dieser Knecht Gottes, der erst durch das Zeugnis

starb seines Meisters würdig in Kap. 7! Und so können wir durch das ganze Buch gehen, und überall, an all Seinen Zeugen, finden wir - wohl auch menschlich Unvollkommenes - bei liebevollem Zusehen köstliche Züge des Wesens Christi (Kap. 9 und Kap. 10!), vor allem auch bei Paulus, so in Kap. 26, aber auch in 27, aber ebensowohl auch in Kap. 16 und auch in 15, und wenn's hier nur die Demut und Unterordnung seiner Person unter die wäre, deren Anschauung, wie ich glaube und in A 4 ausgeführt habe, der seinen nicht ganz konform war. Wo Demut ist, gibt Gott auch größere Gnade und vermehrtes Licht, und das dürfen wir in Pauli Leben bewundernd bemerken. -

Und damit nun genug! Die Ausführungen über diesen Punkt sind doch länger geworden als ich beabsichtigte, aber es sind gleichwohl nur Andeutungen, die als Grundlage dienen möchten für weiteres Forschen auf diesem Gebiet - wie auf dem ganzen, das ich mit dem Aufsatz von den zehn Gesichtspunkten über die Apostelgeschichte betreten habe. Man begnüge sich nicht damit, sondern beschäftige sich eingehender mit diesem ganzen wunderbaren Buch! Und der treue HErr gebe auch uns vermehrtes Licht und Gnade im Erkennen Seiner Herrlichkeiten!

Er sei gepriesen für Sein kostbares Wort! In Beugung möchten wir jetzt am Schluß betend sagen: „Meine Seele hat Deine Zeugnisse bewahrt, und ich liebe sie sehr.“ (Ps. 119,167) Möge das allezeit unsere Gesinnung und unser Verhalten sein - zu Seiner Ehre!

F. K.

Ein Vorbild der Demut.

(Joh. 1,19ff.)

Johannes war nach seinem einfachen Selbstzeugnis nur die Stimme eines Rufenden in der Wüste; und doch erscholl sein Wort über das ganze jüdische Land und blieb auch in Jerusalem nicht ungehört. Gott hatte ihm eine Botschaft anvertraut, und mit Kraft richtete er sie aus. Man konnte über diesen Mann nicht zur Tagesordnung übergehen, überall wurde sein Name

Scharen zu ihm hinausströmte. Es konnte deshalb nicht ausbleiben, daß sich auch die Schriftgelehrten und Pharisäer mit ihm befassen mußten.

Eine Abordnung von Priestern und Leviten wurde zu ihm gesandt, um ihm sehr versuchliche Fragen über seine Person zu stellen; er aber ließ sich durch solche nicht beeinflussen; klar und bestimmt bekannte er, daß er weder Christus noch Elias, noch der Prophet sei. Den Fragestellern aber genügte diese Antwort nicht, sie wollten für sein ungewöhnliches Auftreten auch eine besondere Würde in seiner Person haben, mit der er sein Auftreten rechtfertigen könne. Aber er dachte über sich und über die Meinung der Priester anders. Frei von aller Selbsterhebung hielt er sich in aller Demut an das Wort der Weissagungen, und in dieses Wort führte er seine Fragesteller ein.

Mit welchem Ernst und mit welcher Demut wachte er darüber, daß niemand eine falsche oder hohe Meinung von ihm haben könnte. Wie hoch dagegen stellte er den HErrn über sich, dem er nicht würdig sei, den Riemen Seiner Sandalen zu lösen; wie suchte er damit seine Fragesteller zu der heilwirkenden Erkenntnis der Person des HErrn zu führen.

Auch wir sind berufen, inmitten der Wüste dieser Welt die Stimme des Zeugnisses für den HErrn zu sein. Jedes Kind Gottes ist in seinem Charakter, in seinem zuvor bestimmten Weg und in der ihm verliehenen Aufgabe wohl gleich wie Johannes eine Eigenart, aber doch nichts mehr als ein Werkzeug in des HErrn Hand, und deshalb ist es uns auch nicht gestattet, uns irgendwie besonders hervorzuheben. Unsere ernste Pflicht ist vielmehr, die Herrlichkeit unseres HErrn und Seines Werkes in den Vordergrund zu stellen und von uns nur zu reden, wenn es gilt, die Gnade Gottes zu preisen, welche uns Sünder mit dem Heiland zusammenbrachte. Johannes wollte tatsächlich nur als eine „Stimme“ gelten und empfand es als Seligkeit, als eine solche gebraucht zu werden. Sein Herz war ausgefüllt von dem, dessen Gegenwart er kurz nachher so freudig bezeugte.

Wenn wir Zeugen Gottes werden wollen, müssen wir auch solche Demut besitzen, wie wir sie bei Johannes in so vorbildlicher Weise sehen, die nicht uns, sondern den HErrn erhebt. Nur was

wunderbaren Namens ist der Boden, auf welchem wir allein Gott wohlgefällig sein können. Seine Person, Sein Werk füllte so sein Herz und Leben aus, daß er die Gedanken der Fragesteller ganz von sich weg und auf den HErrn hinleitete. Ach, daß wir das besser verständen, uns nur mit dem zu bezeichnen, was der HErr von uns sagt, und Ihn zu verherrlichen, der uns in die Gnadenstellung von Kindern Gottes brachte.

Johannes sagte zuerst, was er nicht sei, er lehnte alle hohen Namen ab. Wieviel mehr Kraft würde unser Zeugnis haben, wenn wir es ebenso machten und alles, was unser Ich betrifft, beiseite setzten. Jedes Zögern nach dieser Seite hin hindert unsere Umgebung, den zu erkennen, der in Seinem Wesen und in Seinem Werk uns so weit überstrahlt. Unser innigster Wunsch muß es sein, daß der Herr Jesus wächst, wir aber immer kleiner werden, weil uns nur auf diesem Wege Gnade gegeben werden kann. Johannes setzte den HErrn voran und bezeichnet Sein Wachsen als naturnotwendig, und erst hinterher nennt er seine Person, welche abnehmen muß. (Joh. 3,30)

Johannes nannte sich selbst die Stimme eines Rufenden. Diese Bezeichnung entnahm er der Weissagung, welche seine Lebensaufgabe und sein Bild, wie es Gott bestimmt hatte, enthielt. Es war bei ihm keine gesuchte Bescheidenheit, sondern ein völliges und ganzes Eingehen in die ihm von Gott zugeteilte Aufgabe. Er bekennt sozusagen, daß seine Aufgaben und sein Werk von oben stammten und er seinen Lebensberuf nicht selbst gewählt, sondern daß derselbe ihm vom HErrn bestimmt und von den Propheten Jahrhunderte zuvor aufgezeichnet sei. Nichts anderes will er sein, nur Stimme, und nicht mehr. In diesem geht er auf, und mit der Botschaft will er geachtet oder mit ihr verachtet werden. Würdevoll und doch demütig spricht er gleichsam: „Ihr irrt euch, aber nur in der Person; ich bin nicht Christus, aber Christus ist mitten unter euch; noch kennet ihr Ihn nicht; aber bald werdet ihr Ihn kennen, den, der vor mir gewesen ist, dessen Schuhriemen aufzulösen ich nicht wert bin.

So einfach und klar, wie Johannes alles ablehnte, was er nicht war, so einfach und klar sagt er ihnen auch, wer der Herr Jesus ist. Er erkannte Ihn als das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt. Wohl erstreckte sich seine Erkenntnis noch nicht im einzelnen über Jesu

Leiden und Verherrlichung, aber doch umfaßte sie schon den ganzen Umfang des Werkes Christi, welches er für uns am Stamme des Kreuzes vollbracht hat.

Wenn nun ein Mann wie Johannes, der das ganze jüdische Land in Bewegung setzte, an den die Juden eine besondere und ehrenvolle Gesandtschaft sandten und von dem der Herr Jesus selbst sagt, daß er der Größte unter den Propheten gewesen, in einer so demütigen Stellung sich vor dem HErrn beugt, dann wollen auch wir lernen, in aller Einfachheit, Wahrheit und Demut Den zu preisen, der uns Anlaß zum ewigen Heile wurde. Berufen, Seinen Namen zu bezeugen, laßt uns in Demut als Geliebte Gottes unerschrocken für Gottes Ehre eintreten und unsere Lebensaufgabe mit aller Demut in der Kraft des HErrn erfüllen!

Ed. v. d. K., H.

Unser vollkommenes Beispiel.

„Er wird nicht schreien und nicht erheben noch hören lassen Seine Stimme auf der Straße.“ (Jes. 42,2)

Die Frömmigkeit der Schriftgelehrten und Pharisäer sowohl in den Tagen des HErrn als auch zu allen Zeiten hatte an sich etwas Reklameartiges; sie hielt sich gern in dem Getriebe der Öffentlichkeit auf, sie liebte, vor den Menschen gesehen zu werden. Das ist aber nur die Gesinnung oder der Geist dieses Zeitlaufs, denn die Welt brüstet sich und prahlt so gern; marktschreierisch ist sie durch und durch. Etwas von diesem Geiste oder dieser Gesinnung hat sich auch bei den Gläubigen eingeschlichen, doch dürfen wir ohne allen Widerspruch behaupten, daß die wahrhaftige Gottseligkeit in dieser Atmosphäre niemals gut gedeiht, sie fristet nur ein kümmerliches Dasein in der Stickluft der Öffentlichkeit.

In dieser Hinsicht ist unser HErr ein vollkommenes Beispiel für uns, und wir tun wohl, uns nach Ihm zu richten - von Ihm zu lernen, damit das, was von Gott ist, blühen und zunehmen kann, bis endlich echte Ewigkeitsfrüchte gezeitigt werden. Die oben angeführte Weissagung über

Matthäus - ist in Erfüllung gegangen, als Er von der Synagoge entwich, wo Er die verdorrte Hand eines armen Menschen heilte und die Ihm folgende Volksmenge bedrohte, daß sie Ihn nicht offenbare. (Matth. 12,14-21) Hat man etwas Wunderbares auf irgend einem Gebiet geleistet, so muß das hinausposaunt werden. Das gilt auch in der religiösen Welt. Es liegt uns so nahe, stolz zu sein und uns zu rühmen, doch wenn wir uns nur ein wenig nach unserem göttlichen Vorbild richten, nämlich nach unserem HErrn, so machen wir keine Reklame, denn das zu tun ist nach der Art dieses Zeitlaufs, dem völlig das Gift des Teufels inokuliert (eingeimpft) ist. Unser HErr war und ist das stille Gotteslamm, und die Lammesnatur kommt immer wieder zum Vorschein bei Ihm. Doch kommt in der Offenbarung der Ausdruck „Zorn des Lammes“ vor (Offb. 6,16.17); das letzte bedeutet ja, daß aus dem Mund dessen, der wie ein Lamm stumm vor Seinem Scherer stand und Seinen Mund nicht auftat, einmal ein scharfes, zweischneidiges Schwert gehen wird, damit Er die prahlenden Nationen schlage. (Offb. 19,15)

Kinder Gottes, die in der Tat wahrhaftige Fortschritte im Glaubensleben durch die Gnade des HErrn machen, schweigen darüber; ihre Fortschritte werden allen offenbar sein (1. Tim. 4,15), doch sie posaunen das nicht aus; sie fühlen instinktiv, daß, wenn sie es vor die Öffentlichkeit zerren und viel davon reden, sie jeden Segen verderben würden. Wenn man frische, gepflückte Blumen in der heißen Hand hält, so verlieren sie schnell ihre erste Schönheit und ihren Duft; der Schmelz der Haut des reifen Obstes wird bald hin sein, wenn es angefaßt und gedrückt wird. Man spricht heutzutage viel von der Geistestaufe, obwohl es in vielen Fällen nur eine unbiblische Ausdrucksweise ist; wo man sich jedoch einbildet, sie erlangt zu haben, da unterläßt man nicht, dies bekannt zu geben und sich mehr oder weniger darüber - wenn auch vielleicht unabsichtlich - zu erheben und zu prahlen. Wäre es nicht viel besser, darüber zu schweigen? Wäre dies nicht vielmehr nach der Gesinnung des HErrn? Fortschritte im Glauben oder in der Heiligung werden sich offenbaren, ohne daß man davon Reklame macht.

Wie anbetungswürdig war es von unserem HErrn, als Er damals Judäa verließ und wieder nach Galiläa zog, weil Er erkannte, daß die Pharisäer gehört hatten, daß Er mehr Jünger mache und taufe als Johannes. (Joh. 4,1-3) Ohne ein Wort zu sagen, ging Er von dort weg und überließ dem Johannes das Feld. Wie anders hätten wir gehandelt! Dann sehen wir, wie Er, nachdem Er

den bei dem Teiche Bethesda harrenden Kranken gesund gemacht hatte, wieder entwich, weil eine Volksmenge an dem Orte war. (Joh. 5,13) Er entzog sich der Bewunderung und der gaffenden Neugierde der Volksmenge. Kommen vermeintliche Heilungen heutzutage vor, so wird davon in übertriebener Weise erzählt und wunderbare Berichte darüber geschrieben, doch wahrhaftige Gottseligkeit verträgt das nicht, wie die Pflanze Mimosa die Hand des Fleisches nicht verträgt.

Als Er dann, wie in Johannes 6 berichtet wird, eine ca. 5000 zählende Menge mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen völlig gesättigt hatte und die Leute voller Begeisterung Ihn ergreifen wollten, um Ihn zum König zu machen, entwich Er, als Er es erkannte, wieder auf den Berg, Er Selbst allein. (V. 15) In der hitzigen Luft der Bewunderung der Volksmenge wollte Er nicht bleiben; das war nicht nach Seiner Art. Wie schwer wäre es uns gefallen, uns so zurückzuziehen und nichts aus uns selbst zu machen! Matthäus schreibt, daß Er auf den Berg besonders stieg, um zu beten. (Matth. 14,23)

Die Brüder des HErrn sogar verlangten, daß Er mehr an die Öffentlichkeit käme. Sie sagten: „Wenn Du diese Dinge tust, so zeige Dich der Welt“. (Joh. 7,3-5) Damals glaubten sie nicht an Ihn; sie hatten die Gesinnung dieser Welt, und danach redeten sie; sie hielten es für etwas Selbstverständliches, daß Er suchen sollte, öffentlich bekannt zu sein. Und als Er dann zum Laubhüttenfest hinaufging, ging Er nicht öffentlich, „sondern wie im Verborgenen“. (V. 10) Diese Weise entsprach dem stillen Gotteslamme; und sollten wir nicht mehr bestrebt sein, Ihm ähnlich zu werden? Wie widerlich ist es, wenn Gläubige viel von sich machen, wenn das stolze „Ich“ sich immer wieder entpuppt! Das Wort ermahnt: „Wer ist weise und verständig unter euch? Er zeige aus dem guten Wandel seine Werke in Sanftmut der Weisheit“. (Jak. 3,13) Wie oft sagt unser HErr zu solchen, die Er gereinigt oder geheilt hatte: „Siehe, sage es niemanden!“ Er trieb alle zuerst hinaus, bevor Er die Tochter des Jairus bei der Hand ergriff und rief und sprach: „Kind, stehe auf!“

Wie ganz anders ist das als das, was heutzutage in den Versammlungen der angeblichen Wunderheilungen geschieht. In solchen Versammlungen werden Kranke aus dem Podium

öffentlich gesalbt, indem man sich auf Jak. 5,14 beruft. Jeder unbefangene Mensch aber kann sehen, daß dies nicht mit der Heiligen Schrift stimmt, denn es hat etwas Marktschreierisches an sich, und wir betonen wieder, daß die wahre Frucht des Geistes verwelkt, ja dürr und saftlos in einer solchen Luft wird; sie kann nicht darin gedeihen.

Unser HErr lehrte ausdrücklich, daß die Linke nicht wissen soll, was die Rechte tut, d. h. in bezug auf Almosengeben, denn das soll im Verborgenen sein. (Matth. 6,3) Das Beten soll auch in verschlossenen Kammern geschehen, und ein Fastender soll als ein nicht Fastender vor den Menschen erscheinen. (Matth. 6,5-18)

Für das Fleisch oder den alten Menschen ist das unmöglich, aber einer wiedergeborenen Seele mit geistlicher Übung unter der Zucht des Geistes und täglich neu dargereichter Gnade ist es möglich, denn unser HErr hat uns ein Beispiel oder Vorbild hinterlassen, damit wir Seinen Fußtapfen nachfolgen. Die Nachtigall singt ihr schönstes Lied mit den schmelzenden Tönen fern von den Wohnungen der Menschen; sie meidet die Öffentlichkeit; aber der Pfau schreitet so stolz mit fächerartigem, ausgebreitetem Schweif daher, tut er jedoch seinen Mund auf, so ist es ein unmusikalisches Gekrächze.

Die stille Maria brachte ihre sehr kostbare Narde wortlos zu den Füßen des HErrn. Auf die bescheidenste Art und Weise tat sie das, denn sicher hatte sie schon etwas von Ihm gelernt und Seine Gesinnung sich angeeignet.

Aus allen diesen Sachen und besonders von unserem vollkommenen Beispiel lernen wir, daß Gottes Sache am besten im Verborgenen gedeiht; äußerer Erfolg hat wenig Wert, das kann nur Holz, Heu und Stroh sein, welches an dem Tage verbrannt wird. Der verborgene Mensch des Herzens aber, in dem unverweslichen Schmuck des sanften und stillen Geistes, ist vor Gott sehr kostbar. (1. Petr. 3,4)

Der Apostel wurde fast gezwungen, den Korinthern gegenüber etwas von sich zu schreiben, obwohl er das ungern tat, denn er schrieb: „Ich wollte, ihr möchtet ein wenig Torheit von mir ertragen“, und wieder „Ich bin ein Tor geworden; ihr habt mich gezwungen“. (2. Kor. 11,1;

12,11) Er betrachtete es als etwas Törichtes und Ungeziemendes, von sich zu erzählen, obwohl er Wunderbares hätte erzählen können, z. B. daß man in Ephesus „sogar Schweißtücher oder Schürzen von seinem Leibe weg auf Kranke legte, und die Krankheiten von ihnen wichen und die bösen Geister ausfuhren“. (Apg. 19,11.12) Doch er schwieg lieber.

So lernen wir immer wieder, im Hintergrund mit unserem HErrn zu bleiben und dann endlich Seine Herrlichkeit zu teilen.

F. Btch.

Ein einfaches kleines Gebet.

„Lehre mich tun Dein Wohlgefallen!“ (Ps. 143,10)

Wie oft ist diese kurze Bitte das Echo unseres Herzens! Wie oft erfüllt dieser Wunsch: „Lehre mich tun Dein Wohlgefallen!“ mit Inbrunst unsere Seele! Wir wissen, daß wir nur in dem Tun des Willens Gottes, sei es in kleinen oder großen Dingen, das Herz unseres geliebten HErrn erfreuen können. Mit wieviel Eifer gehen wir oft daran, etwas großes für Den zu tun, der so viel für uns getan hat, damit in der Ausbreitung der frohen Botschaft Seiner großen Liebe Seelen für Ihn gewonnen werden. Und andererseits, wie entmutigt, ja niedergedrückt sind wir zuweilen, wenn wir durch die häuslichen oder irdischen Aufgaben und Pflichten unseres Lebens uns in dem gehindert sehen, was wir so gern tun möchten. Und gerade in solchen bedrückenden Augenblicken bitten wir oft: „Lehre mich tun Dein Wohlgefallen!“

Aber sind die Dinge, die Seinen Namen am meisten ehren und Sein Herz am meisten erfreuen und die Ihm wohlgefallen, nicht oft gerade die kleinen, unscheinbaren Dienste, die uns zu tun so nahe liegen? Kann nicht ein Vater oder eine Mutter in dieser oder jener oft ganz unscheinbaren Weise, wie die Liebe es eben dem Herzen weist, Dienste tun, die das Herz des HErrn erfreuen: Ein müdes Kind besänftigen, trösten - den eigenen Willen und Vorsatz, die eigene Freude und Erholung in Selbstverleugnung aufgeben, um anderen diese zu bereiten -

merkt's und beachtet es als nur der Eine, dem jedes Herz aufgedeckt ist und der jeden Beweggrund unseres Tuns weiß und der die Liebe, die um Seinetwillen anderen getan wird, anerkennt und segnet. O, welch ein köstliches Teil ist es, Liebe zu üben um Jesu willen! Wie erfinderisch ist diese Liebe - wie mitfühlend - wie teilnehmend - wie eingehend in die Lage des anderen - wie sich selbst vergessend und hintenanstellend!

Nicht was wir lieben, nicht was wir wählen und wollen, ist, was unser Herz erfüllt, nein, unser Leben ist Ihm zu Füßen gelegt, Er soll es gebrauchen, wie es Ihm wohlgefällt. Und o, welch süße Freude und Stille erfüllt unser Herz, wenn unsere Augen nur auf Ihn gerichtet sind und wir an Seinem Herzen lernen, wie Er es haben möchte!

Möchte unser Leben so in Seiner Gegenwart - und wir Ihm so nahe sein, daß der kleinste Wunsch und Wille unseres HErrn durch uns sofort zur Tat werde! Wenn Er unser Herz erfüllt, so ist Davids Gebet: „Lehre mich tun Dein Wohlgefallen!“ unsere ständige Bitte, und der Wunsch der Liebe, Ihn zu erfreuen, ist die bewegende Kraft in allem Tun unseres Lebens.

Kraft zum Wandeln.

Jeder Gläubige sehnt sich gemäß dem göttlichen Leben, das in ihm ist, nach praktischer Heiligkeit in seinem täglichen Handel. Ich spreche hier nicht von solchen, welche nach Heiligkeit streben als einem Mittel, errettet zu werden, sondern von denen, welche die gewisse Hoffnung des ewigen Lebens haben und nun wünschen, in Übereinstimmung mit dieser Hoffnung und gemäß der neuen Natur in ihnen zu wandeln. Wir haben manche Schriftstellen, welche hiervon sprechen, z. B.: „Wandelt im Geiste, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen.“ (Gal. 5,16) „Ach“, sagt vielleicht mancher Gläubige, „das ist es gerade, wonach ich so sehr verlange. Aber es mißlingt mir beständig, denn es fehlt mir die Kraft, um im Geiste zu wandeln.“

Die Erfahrung Pauli hilft uns in dieser Schwierigkeit. Er sagt: „Wenn ich schwach bin, dann bin

ich stark.“ (2. Kor. 12,10) Es scheint dies freilich ein Satz zu sein, dem jeder Christ beistimmt; aber leider geschieht es oft nur in Worten. Wenn wir unsere Schwäche wirklich kennen, so macht dies uns abhängig, abhängig von einem anderen, und dies ist das erste, das wir lernen müssen. Erst in dem tiefen Bewußtsein der eigenen Schwäche können wir in Wahrheit hinzufügen: „Dann bin ich stark, doch stark in einem anderen und nicht in mir selbst.“

Der HErr sagte zu Paulus: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ (2. Kor. 12,9) Dies ist die Antwort Auf alles, was Paulus wünschen konnte und jeder Christ noch heute wünschen kann. Die Gnade Christi ist gewiß für alles genügend; die Kraft Christi muß den Sieg davontragen. Der schwächste Gläubige, der so seine Schwachheit kennt, kann sich an den Starken anklammern und durch Seine Kraft Sieger werden über Welt, Sünde und Teufel. Doch nicht durch Christi Kraft und meine Kraft zusammen geschieht dies, sondern, wie das Wort sagt, durch die Kraft Christi, die in meiner Schwachheit sich völlig zeigen kann. Ich bin mir bewußt, daß ich gar nichts bin, aber daß die Kraft Christi auf mir ruht. Christus in dem Menschen lebend und wirkend - das ist Kraft und Sieg.

W.

Es ist warm.

Wir sahen einen Mann an einem scharfen, kalten Morgen eifrig in seinem Garten graben. Nach einiger Zeit richtete er sich auf, zog sein Taschentuch und wischte sich den Schweiß von seiner Stirn. Er sah seinen Nachbar im Garten stehen, der seiner Arbeit zuschaute. „Es ist warm“, rief er ihm zu, „wir werden bald den Sommer haben.“ Einige Minuten später knöpfte der Nachbar sich sein Jackett zu und sagte: „Es ist kalt, Nachbar, vom Sommer ist noch nicht viel zu merken.“

Die beiden Männer befanden sich in der gleichen Temperatur; dem einen war es warm, weil er arbeitete, und dem anderen war es kalt, weil er nichts tat. So ist es auch in der Gemeinde Gottes. Fast alle Kinder Gottes, die glücklich und fröhlich und zufrieden sind, sind solche, die

eifrig für die Segnungen anderer wirken. Indem sie geben, empfangen sie, und segnend werden sie gesegnet. Es ist ein wahres Wort, sowohl in geistlichen, als auch in zeitlichen Dingen: „Da ist einer, der ausstreut, und er bekommt noch mehr, und einer, der mehr spart, als recht ist, und es ist nur zum Mangel.“ (Spr. 11,24)

(W.) v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 20:

Was bedeutet 1. Petr. 4,1?

Antwort

Der erste Satz des Verses bezieht sich auf 1. Petr. 3,18: „Es hat ja Christus einmal für die Sünden gelitten.“ - „Da nun Christus (für uns) im Fleische gelitten hat, so waffnet auch ihr euch mit demselben Sinne usw.“ Die praktische Ermahnung liegt darin, daß man sich auf eine bestimmte Weise oder mit einer vorgeschriebenen Waffe waffnen soll. Hier aber handelt es sich nicht um die wunderbare Waffenrüstung Gottes, um erfolgreich wider die Listen des Teufels bestehen zu können (Eph. 6,10ff.); denn das ist der Kampf in den himmlischen Örtern oder in dem Gelobten Land; sondern in 1. Petr. 4 handelt es sich um eine Bewaffnung, um sich zu verteidigen oder zu schützen wider die Sünde; es entspricht mehr dem Kampf in der Wüste.

Wohl klingt es sonderbar, daß man sich mit einem bestimmten Sinne oder Gedanken zu waffnen habe! Doch dieser Sinn ist so sehr wichtig, denn hier hat man es zu tun mit der klaren biblischen Lehre, daß nicht nur der HErr im Fleische gelitten hat, sondern daß wir auch mit Ihm gelitten haben oder gestorben sind und daß das nicht nur ein Glaubenssatz ist, sondern eine wunderbare Tatsache, und zwar in den Augen Gottes.

und festzuhalten, daß wir im Fleische gelitten haben, ebenso wie Christus. Diese Wahrheit wird ausführlicher in der Epistel an die Römer, besonders in Kap. 6, erklärt und gelehrt; dort wird dieses Thema eingehend und völlig behandelt. Darauf können wir nicht gründlich eingehen, nur einiges ist möglich anzuführen. In dem oben erwähnten Kapitel, nämlich Röm. 6,5-7, finden wir die folgenden überraschenden Worte, wohl unter vielen anderen: „Denn wenn wir mit Ihm eins gemacht worden sind in der Gleichheit Seines Todes - indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen. Denn wer gestorben ist, ist freigesprochen von der Sünde.“ Bemerken wir besonders diese Worte: „Also auch ihr, haltet euch der Sünde für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu“ (Röm. 6,11), denn in diesen Worten haben wir fast denselben Gedanken, den wir in 1. Petr. 4,1 finden.

Wohl wird in Röm. 6 diese Wahrheit gründlich behandelt, nämlich, daß wir mit Christo gestorben sind oder gelitten haben, doch auch sonstwo wird dieser Punkt berührt oder gestreift, und zwar als etwas Bekanntes, nämlich: „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal. 2,20) „Das Wort ist gewiß, denn wenn wir mitgestorben sind usw.“ (2. Tim. 2,11)

Petrus will nun, daß die Gläubigen sich mit dem Sinne oder Gedanken waffnen, daß sie im Fleische gelitten haben, d. h. in dem Leibe gestorben sind, gerade so wie Christus gelitten hat. Das praktische Resultat dieses Sinnes ware also, daß, wenn Versuchung kommt oder die Sünde lockend um uns schleicht, beschützt uns der Gedanke, nämlich daß wir schon im Fleische gelitten haben und tot sind; und also hat die Sünde kein Anrecht oder Anspruch mehr auf uns; denn wer im Fleische gelitten hat, ruht von der Sünde oder hat aufgehört zu sündigen!

Dieser Sinn ist in der Tat eine gute schützende Waffe, denn dadurch ergreift man mit der Glaubenshand die Wahrheit, daß man gestorben ist, daß der Leib der Sünde abgetan sei; denn wie könnte die Sünde noch reizen oder locken, was tot ist?

Da aber dieser Sinn eine schützende oder bewahrende Waffe ist und Paulus uns ermahnt, uns

Adamsnatur ausgerottet werden könnte oder daß es möglich wäre, eine sündlose Vollkommenheit hier auf Erden zu erlangen. Denn wenn das möglich wäre, so brauchten wir uns gar nicht mit diesem Sinne zu waffnen, damit wir die im Fleische noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes leben. Die Stelle ist ein kräftiger Ansporn zur Heiligung (V. 3.4): „Denn die vergangene Zeit ist (uns) genug, den Willen der Nationen vollbracht zu haben.“

Wir erkennen nun auf praktische Weise, daß wir im Fleische gelitten haben, und halten nicht mehr diese Wahrheit nur für eine Theorie, sondern wir sollen damit gewappnet sein. Zinzendorf sang:

„Und wenn mich böse Lust anficht,

Gott sei gedankt, so muß ich nicht;

Ich sprech' zur Lust, zum Stolz, zum Geiz:

Dafür hing unser Herr am Kreuz!

Solang' ich noch hienieden bin,

So ist und bleibet das mein Sinn.“

Wahr ist es, was er so schön dichtete; aber eigentlich ist der Sinn nicht nur, daß unser Herr dafür am Kreuze hing, sondern daß auch wir dort hingen und also schon nach dem Ratschluß Gottes gestorben sind und also von der Sünde ruhen! Das ist der Sinn, mit welchem wir uns waffnen sollen nach 1. Petr.4,1. Ein anderer geistlicher Dichter (B. Kühn) kommt etwas näher zur Wahrheit in diesem Verse:

„Nahe bei Jesu und eins mit dem Kreuz,

Tot für der Sünde verlockenden Reiz,

Tot für die Welt und gestorben dem Ich,

Lebend für Jesum, nicht lebend für sich.“

Vielleicht sind die Worte „für uns“ in dieser Stelle von irgendeinem Schreiber unterschoben worden. (Sie stehen durchaus nicht in allen griechischen Handschriften, zumal nicht in den bestbezeugten, und dürfen gern gestrichen werden! Der Schriftl. F. K.) Sie sind wohl wahr, doch die Betonung oder der Punkt hier ist nicht, daß Christus für uns gelitten hat, sondern einfach, daß Er überhaupt im Fleisch gelitten hat, und ebenso waffnen wir uns gegen die Sünde, indem wir auch denselben Sinn haben, nämlich, daß wir im Fleisch gelitten haben und den Lockungen der Sünde gegenüber tot sind. Die Schrift spricht von einer tauben Otter, die ihr Ohr verschließt, daß sie nicht höre die Stimme der Beschwörer, des Zauberers, der der Zaubersprüche kundig ist (Ps. 53,4.5); so möchten wir sein der Stimme der Sünde gegenüber.

F. Btch.

Anmerkung des Schriftleiters

Ich habe nicht die Absicht, diese sehr schöne, praktische Antwort irgendwie abzuschwächen, wenn ich im folgenden noch etwas anderes zur Erweiterung anzufügen mir erlaube. Ich betone, daß obiger Antwort größte Aufmerksamkeit und Annahme gebührt! Wir können solche praktischen Erwägungen - besonders in Verbindung mit Röm. 6 - gar nicht ernst genug nehmen! Jedem von uns haben sie nicht nur etwas, sondern viel zu sagen. Wir müssen uns nur durch sie dienen lassen wollen!

Gleichwohl glaube ich, daß wir in dieser Stelle außer dem durch die Verbindung mit Röm. 6sich ergebenden Sinn auch noch einen ursächlichen finden, der darin besteht, daß wir im 1. Petrusbrief die Leiden des HErrn nicht nur (wie in 3,18 und 2,24) in sühnendem und stellvertretendem Sinn vor uns haben, sondern auch in vorbildlichem, wie z. B. 2,21-23!

So angesehen, wäre m. E. die anfragte Stelle so zu verstehen: Christus besiegte, indem das

Kreuz (und nicht nur dieses) seinem Fleisches- (d. i. Leibes-)Leben Leiden auferlegte, alle Versuchungen, die Ihm (von außen) nahten. Seine Seele war bereit zu leiden, Sein Fleisch entzog sich dem nicht, freiwillig vielmehr unterzog Er Sich den härtesten, schmerzhaftesten Leiden und war dadurch -menschlich, vorbildlich geredet- gefeit gegen alle Arten von Versuchungen. Was können Versuchungen dem bedeuten, der ihnen nicht nur nicht nachgeben will, sondern der auch vollauf beschäftigt ist durch aufreibende Leiden, und darum weder Zeit noch Sinn hat, auf Versuchungen zu achten?! So ist Er unser Vorbild im Kampf, nicht als ob Er hätte fallen, den Versuchungen nachgeben können (nimmermehr! Er wurde äußerlich versucht wie wir, aber Er war innerlich völlig unversuchlich! [Hebr. 4,15; Jak. 1,13]), aber in Ihm, „dem Menschen Christus Jesus“, sehen wir auch für Menschen anwendbare Abwehrmittel gegenüber den Versuchungen, geradeso wie wir auch wissen nach Hebr. 12,1ff., daß Er hienieden durch Glauben wandelte als Vorbild für uns! Solche uns Menschen zugängliche Abwehrmittel sind freiwillig aufzunehmende Leiden, die Seele und Leib beschäftigen, und zwar vollauf, und dadurch unempfindsam gegen Versuchungen machen. Haben wir diesen Sinn, wappnen wir uns mit diesem freiwillig zum Leiden (zum Kreuz-auf-uns-Nehmen) bereiten Sinn, dann wird die Sünde uns nichts anhaben können. Wo Begehren zum Leiden ist, hat Begehren zur Sünde keinen günstigen Nährboden! Das Leiden, d. h. das freiwillige (bis in den Tod hinein!!), schließt die Betätigung des eigenen (fleischlichen) Willens aus. Das ist eine feine Waffe gegen die Sünde: wenn man lieber leidet als Unrecht tun will! Wenn man nun doch noch einige Zeit im Fleische wallen soll und mit den Lüsten der Menschen zu tun hat (V. 2.3), so möge man sich mit diesem Sinne Christi wappnen, der - wie 2,23 - z. B. lieber leidet als droht! Das ist der Wille Gottes (2,20!), und sich so mit Seinem Willen eins machen bringt uns Leiden ein und bewahrt uns vor Fleischeswegen und Betätigungen unserer an sich sündigen Natur. Ist es nicht so, Bruder, Schwester: Sind nicht beispielsweise Leiden um Christi willen geradezu wie ein Bollwerk gegen Sünden? Sind nicht solche Leidenszeiten oftmals Zeiten größter Siege über das „Ich“, Zeiten praktischer Heiligung? Und damit befinden wir uns, glaube ich, ganz im Rahmen des 1. Petribriefes. Es ist m. E. wichtig, stets zu versuchen, eine schwierige Stelle zunächst aus den Lehren des betreffenden Briefes selber zu verstehen zu suchen - denn die Leser desselben hatten zuerst doch nur diesen!

Und auf dieser Grundlage kommen wir auch mühelos auf die Anschauung obiger Antwort, die ich nur unterstreichen möchte: Wer nun im Fleische „leidet“- (?) nein „gelitten hat“ -, und zwar am tiefsten, vollkommensten nicht in seinem eigenen kleinen Leidenskreis, sondern nach Röm. 6 mit Christo am Kreuz, der ruht - ist fertig - mit der Sünde, hat aufgehört, mit ihr etwas zu tun haben zu wollen. Das ist Heiligung im VolIsinne. Und mit dieser Gesinnung, der von Röm. 6, uns zu waffnen, das bedeutet, je treuer wir mit dem Anlegen dieser Gesinnungsrüstung sind, vermehrten und vertieften Sieg - Ruhe von Sünden! und damit ein praktisches Leben für Gott!

So, glaube ich, auch von dieser einfachen Grundlage in der Auslegung unserer Schriftstelle auf die gleiche tiefere der obigen Antwort zu kommen, diese zugleich erweiternd um praktische Werte. Denn mit der tieferen Auslegung sind die von mir angeführten einfacheren Ergebnisse nicht aufgehoben, sie sind vielmehr in ersterer mit eingeschlossen - ebensowohl wie ja auch mit unserem geistlichen Leiden und Sterben mit und in Christo Jesu unser irdisches persönliches Leiden und Kreuztragen für Ihn nicht aufgehoben und ausgeschaltet, sondern erst recht als unser Teil hienieden uns geworden ist. Und dies Leiden ist ein Bollwerk gegen die Versuchungen, aber eins, das dadurch erst so recht wirksam sein kann für uns, weil wir des Mächtigeren teilhaftig geworden sind, das da heißt:

Mit Christo gekreuzigt und gestorben für die Sünde - leben wir mit Ihm und durch Ihn für Gott - durch Glauben!

Gelobt und verherrlicht sei der HErr, der uns so reich begnadigt hat!

F. K.

 

Frage 21

Ist es nach Offb. 4,5 und 5,6 richtig, von dem „siebenfachen Heiligen Geist“ zu reden, wie's oft geschieht? (Vergl. Jes. 11,2.)

Antwort

Wer dem Buchstaben nach urteilt, wird sagen: „Nein“, und der Schein gibt ihm recht. Es kann ihm aber entgegengehalten werden: Ist es nach der Schrift richtig, von Gott dem Vater, Gott dem Sohn, Gott dem Heiligen Geist zu reden als von der Dreieinheit oder der Dreifaltigkeit, wie's in einem Gebet aus früherer Zeit heißt: „O heilige Dreifaltigkeit, Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist“? - Wer guten Willens ist, läßt gelten: Gott, der Einer ist, konnte Sich nach der Fülle Seines Wesens und zum Zwecke der Durchführung Seiner Liebesratschlüsse nicht anders kundtun als so, daß Er hervortrat als (Gott der) Vater, (Gott der) Sohn und im Sohne, der Mensch wurde, und als (Gott der) Heilige Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht (vgl. z. B. Matth. 28,20). Tritt also Gott, der doch Einer ist, nicht dreifach oder dreifaltig hervor? Sind da die Ausdrücke „dreieinig, dreifach oder dreifaltig“ nicht einfach der Unzulänglichkeit der menschlichen Sprache zuzuschreiben? Denn die Schrift gebraucht diese Ausdrücke so wenig wie den Ausdruck „siebenfacher Geist“.

*

Wie wirkt sich die Tätigkeit des Geistes aus in der Periode der Gerichte, die nach der Hinwegnahme der Versammlung Gottes über die Erde kommen? - So, daß nach der Symbolik „Feuerfackeln vor dem Throne“ und: „Die gesandt sind über die ganze Erde“ alles auf der Erde, was wider Gott ist, bildlich in das Licht des Thrones gerückt wird, um entsprechend richterlich behandelt zu werden. Der Thron, der darauf Sitzende, das Lamm, und die das Gerichte ausführenden Organe, die Cherubim, bilden ja ein unzertrennliches Ganzes (vgl. Frage 1 in Heft 1 dieses Jahrgangs).

Gemäß der Verschiedenheit der Menschen und ihrer nationalen und religiösen Systeme sowie der Verschiedenheit der Verschuldung ist dies ins-Licht-des-Thrones-Rücken ein in jedem Falle eigenes, wie wenn der eine Geist in jedem Falle ein spezieller Geist wäre, wie das Wirken des Einen Gottes im Christentum ein spezielles ist als Vater, ein spezielles als Sohn, ein spezielles

für „Fülle“ im geistlichen Sinne ist. Man vergleiche 4. Mose 27,16: „Gott der Geister alles Fleisches“, ferner 1. Kor. 14,32: „Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.“ Und doch ist es „derselbe Geist“ (12,4ff.) und „ein und derselbe Geist“ (V. 11). Ein und derselbe Geist wird zum individuellen Geist der Propheten, des Individualismus. Wie vorhin angedeutet: In jedem einzelnen Falle Seiner Tätigkeit wird der Geist zu einem speziellen. Mögen es nun so viele Fälle sein wie irgendwie - die Fülle der Fälle findet ihren Ausdruck in der symbolischen Zahl „7“. (Auch auf Offenb. 22,6: „der Gott der Geister der Propheten“, wäre noch zum Vergleich hinzuweisen!)

Auf das Heranziehen von Jes. 11,2 zur Rechtfertigung oder Stützung des „siebenfach“ verzichte man lieber, als daß man darauf bestehe. Denn hier wird der Geist nicht in Seiner Fülle vorgeführt als „sieben Geister“, wie eben erläutert, sondern zunächst einfach als Der, als der Er im Alten Testament erscheint, als „der Geist Jehovas“. Sodann wird hinzugefügt, was der Geist Jehovas dem Messias sein wird zum göttlichgerechten Verwalten Seines Herrscheramtes. Die Hinzufügung gliedert sich paarweise, gliedert sich zu drei Paaren; das Bindewort „und“ macht es deutlich:

der Geist der Weisheit und des Verstandes;

der Geist des Rates und der Kraft;

der Geist der Kenntnis und der Furcht Jehovas.

Ist das nicht das, was der Geist Jehovas im Menschen hervorbringt, der sich Seinem Wirken hingibt? - Man vergleiche die neun ersten Kapitel der Sprüche!

Der Messias steht da vor uns als Mensch, Sprößling Isais, aber göttlich-vollkommen begabt zur Herrschaftsverwaltung. Er steht einzig da hierin! Ist nicht die Zahl 3 (hier in den drei Paaren) symbolisch die Zahl der Gottheit und der Auferstehung? Staunen wir nicht darüber, wie sich alles deckt in bezug auf Ihn? Denn als Auferstandener und Göttlicher wird Er Jes. 11,2-5 verwirklichen.

Also lassen wir Jes. 11,2 an seinem Platze stehen und Offenb. 4,5 und 5,6 an dem ihren und beAntworten die gestellte Frage so: Von dem „siebenfachen Heiligen Geiste“ zu reden ist weder als richtig noch als unrichtig zu bewerten, sondern als Notbehelf der unzulänglichen menschlichen Sprache, wenn man sich der Kürze im Ausdruck befleißigen will.

*

Nachtrag! Es läge im Bereich der Möglichkeit, daß jemand Offenb. 1,4 und 3,1 einbezöge und fragte: „Wären die sieben Geister am Ende gar Engel? Da würden ja Stellen wie: „Der Seine Diener zu Feuerflammen macht“ (Ps. 104,4), „wie der Anblick von Feuerfackeln“ (Hes. 1,13) und Offenb. 4,5: „Feuerfackeln“ gut zusammenpassen! Oder es ist von Engeln die Rede, die „Auserwählte“ heißen (1. Tim. 5,21), nicht nur „Heilige“, wie Offenb. 14,10 z. B.“

Darauf wäre zunächst zurückzufragen: Stehen die Bezeichnungen „auserwählt“ und „heilig“ für Engel nicht einfach im Gegensatz zu denen, die sich gegen Gott empörten, wie auch bei den Menschen die Rede ist von „Auserwählten“ im Gegensatz zu den anderen, die im von-Gott-Abgewichensein verharren?

Zum anderen: Ist es denkbar, daß den Versammlungen (Gemeinden) ein Gnaden- und Friedensgruß von Engeln entboten werden könnte? Ist nicht der Gedanke schon der Majestät Dessen Abbruch tuend, „der da ist und der da war und der da kommt“ (1,8), daß Seine Diener, die ihr Angesicht vor Ihm verbergen, Ihm hierin gleichgestellt sein sollen? Und stehen Engel in irgendeinem Verhältnis zu den Versammlungen als solchen? (Denn das ist doch Voraussetzung zu einem Gruß!)

Zum dritten: Es fällt zusammen, daß der, der gleich ist einem Sohne des Menschen (1,13), die sieben Geister Gottes hat (3,1) und daß diese die sieben Augen des Lammes sind. Wie soll denkbar sein, daß Engel symbolische Augen sind? Aber sieben Hörner und sieben Augen als Symbole der Fülle von Kraft, und Einsicht durch Fülle des Geistes, das liegt auf der Hand und wird erhärtet durch 2. Chron. 16,9und Sach. 3,9 und 4,10.

F. Kpp.

„Deshalb, da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit Frömmigkeit und Furcht.“ (Hebr. 12,28)

Demas, Lukas, Markus.

(2. Tim. 4,10.11.)

In den obigen zwei Versen finden wir drei Namen von Kindern Gottes, die wir in ihrer Art als drei Klassen von Gläubigen ansehen können.

Demas wurde der Weg an der Seite des treuen Paulus zu schwer; sein Herz neigte sich dem Wesen der Welt zu. In Asien hatten die Gläubigen sich von Paulus abgewandt; seine Lehre war ihnen zu extrem. Anerkannte Brüder von Ruf, wie Phygelus und Hermogenes, gingen nicht mehr mit ihm - er konnte sich ihnen nicht anpassen. Er hielt in seinem Zeugnis „das Bild der gesunden Worte“ fest. Er verfälschte es nicht, sondern litt um des Wortes willen wie einer, der übel tat, so daß die Mehrheit der Gläubigen in Asien gegen Paulus stand; und auch Demas wandte sich von Paulus ab, der sein Ansehen und seinen Einfluß in Asien bei vielen verloren hatte, und fand wieder Interesse an dem jetzigen Zeitlauf. Einer, der den „jetzigen Zeitlauf“ liebte, konnte mit Paulus nicht zusammengehen. So verließ Demas den einsamen Gefangenen. Er wählte die besseren Aussichten des gegenwärtigen Zeitlaufes und verlor somit den köstlichen Lohn in der Ewigkeit. Wie viele Gläubige gibt es, die dieser Demas-Klasse angehören! Einst gingen sie mit denen, die das Bild der gesunden Worte festhielten, aber langsam gewannen Menschen von Ruf und Ansehen und Grundsätze der Welt wieder Raum in ihren Herzen. Langsam ging es auch mit Demas abwärts. Wir sehen dieses an der Erwähnung seines Namens an anderen Stellen der Schrift. Am Schluß des Briefes an Philemon nennt Paulus ihn noch seinen Mitarbeiter, während er am Schluß des Kolosserbriefes nur noch seinen Namen ohne jede Beifügung erwähnt, und nun berichtet er mit Schmerz, daß er ihn verlassen

Gläubigen halten kann?!

Lukas ist „der geliebte Arzt“. Er schloß sich Paulus auf seinen Reisen an und teilte mit ihm die Beschwerden des Dienstes in dem Werke des HErrn. Als andere ihn verließen, verließ er ihn nicht, er blieb in seiner Nähe, und wer war so geeignet, Paulus auch in den Schwachheiten seines Leibes so zu dienen wie er, der Arzt! Gott würdigte ihn, uns das nach ihm genannte Evangelium zu schreiben und ebenso die Geschichte der Apostel. Wenn wir die letztere lesen, so sehen wir, mit welcher Bescheidenheit er sich in den Hintergrund stellte. Er machte nichts aus sich. Treu stand er an der Seite des Mannes, den der HErr zu so großen Dingen in Seinem Werke berufen hatte. Er war glücklich, in solch bescheidener Weise Gemeinschaft an der Arbeit des Apostels haben zu können. Er suchte kein Lob und keine Ehre in dieser Welt, er war zufrieden, auf den Lohn und das Lob seines HErrn zu warten. Möge Gott uns noch viele Männer gleich Lukas schenken!

Markus war der, welcher sich auch einst von Paulus absonderte und in dem Werke des HErrn nicht weiter mit ihm ging. Er war einem solchen Dienste, der soviel Selbstverleugnung forderte, noch nicht gewachsen. Wenn wir unsere Füße auf den Glaubenspfad stellen, dann wird offenbar, ob wir bereit sind, wirklich Glaubensschritte zu tun. Der Weg war nicht so leicht, wie er es sich vielleicht gedacht hatte, und er kehrte zurück. Dieser Markus wurde dann später vom HErrn gebraucht, in seinem Evangelium das Leben dessen zu schreiben, der nie zurückging, sondern der sein Angesicht fest machte, nach Jerusalem zu gehen. Markus ist das Bild jener müden Knechte, die in dem Dienst des verworfenen HErrn für eine Zeit ermatten, aber später durch die Gnade wiederhergestellt werden. Es ist köstlich, zu sehen, wie Gott solche Gläubige, die durch ihr Zukurzkommen gelernt haben, sich selbst zu mißtrauen, wiederherstellen und gebrauchen kann. Solche Markusse sind durch ihre Fehltritte so gedemütigt und so klein geworden in ihren Augen, daß jeder Dienst, den sie dem HErrn wieder tun können, und sei er noch so gering, von ihnen geschätzt und mit Freuden getan wird. Solchen, bei denen der HErr dieses hat erreichen können, vermag er dann auch größere Dienste wieder anzuvertrauen. So konnte auch Paulus am Schluß seiner Laufbahn wieder Markus zur Teilnahme an der Arbeit auffordern und ihm sagen, daß er ihm „nützlich“ sei. -

v. d. K.

 

Niederlagen.

(Josua 7.)

Dreitausend Mann hatte Josua nach Ai gesandt, die Stadt einzunehmen - war sie doch nur klein! Warum das ganze Heer aufbieten? Hatte man den Feind zu gering geschätzt? Diese Niederlage war umso schmerzlicher, als sie unerwartet nach einem großen Siege kam, den sie mit des HErrn Hilfe errungen hatten. Und nun, hatte Gott Sein Volk verlassen? Josua erkannte wohl, welche Folgen diese Niederlage für Israel haben würde, wie die Feinde jetzt das Haupt emporheben und Mut fassen würden, da Israel nicht mehr unbesiegbar war. Und was würde das Ende sein? Schmach und völlige Vernichtung. Die Gefahr war in der Tat groß.

Ja, diese Niederlagen! Es gibt deren in allen Lebensverhältnissen. Wohl uns, wenn wir bei unseren Niederlagen lernen, was Josua hier zu lernen hatte! Dann kann die Niederlage zum Siege werden.

Es gibt im geglichen Leben des einzelnen nicht bloß Siege, sondern wir müssen auch mit Niederlagen rechnen. Stehen wir doch auch im Kampfe gegen einen mächtigen Feind, der früher unser Herr und Meister war, der unsere schwachen Seiten kennt und nun alles versucht, uns wieder unter seine Herrschaft zu bringen, und wenn er uns auch unser göttliches Bürgerrecht nicht rauben kann, so will er uns dessen Besitz doch so schwer wie möglich machen. Daher unsere Versuchungen und inneren Kämpfe.

Paulus sagt: „Wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde.“ (Gal. 6,1) Damit gibt er zu, daß solches möglich ist, denn es steht jemand hinter uns, der listiger ist als wir und der uns zuvorgekommen ist, ehe wir es uns versahen - wir sind von einem Fehler übereilt worden - wir wollten es nicht, und wenn die Versuchung nicht so schnell und unerwartet gekommen wäre, dann wäre es auch nicht geschehen; wir haben eine Niederlage erlitten. Was sollen wir

aber nun tun, wenn wir daniederliegen? Sollen wir alles aufgeben und denken: es nützt doch nichts, ob ich auch versuche als Christ zu wandeln, ich falle doch immer wieder in alle Fehler zurück?

Petrus erlitt eine Niederlage in jener denkwürdigen Nacht, „da Jesus verraten ward“, da er vor einer Magd sich schämte, seinen Heiland zu bekennen, er, der von sich selber zu Jesus gesagt hatte: „Und wenn sie dich alle verleugnen, so will ich dich nicht verleugnen.“ Und doch ist er der Petrus geworden, den der HErr gebrauchte, vielen Seelen den Weg zum HErrn zu weisen; er lernte sich kennen und bereute seinen Fall. Man sagt, eine Kette ist nicht stärker als ihr schwächstes Glied. Das ist wohl wahr, aber durch Gottes Gnade kann mit Wachen und Beten das schwächste Glied das stärkste werden. Der Prophet Micha sagt: „Freue dich nicht über mich, meine Feindin! denn bin ich gefallen, so stehe ich wieder auf.“ (Mich. 7,8)

Auch Josua lernte hier. Er ging zum HErrn in heißem Gebet. Er hatte gesehen, wie sein Vorgänger, Mose, alles im Gebet vor den HErrn brachte, und der HErr immer Antwortete und half. Es beugte ihn tief, er fiel auf sein Angesicht und bekannte seine Niederlage.

Hast du eine Niederlagen erlitten? Gib es offen und ehrlich zu, schiebe nicht die Schuld auf andere noch auf Zustände, die du nicht abwenden konntest. Sage dir selbst offen und ehrlich: Ich habe einen Fehler gemacht. Und je tiefer du denselben erkennst und je herzlicher du denselben bereust, desto eher und sicherer wird der HErr dir helfen, daß deine Niederlage zum Siege wird. Es gibt keine edlere Trauer, als die des Petrus, als er seine Fehler erkannte und bereute.

Dann lerne die Ursache deiner Niederlage erkennen! Wo lag der Fehler bei dir? Hattest du deinen Feind zu gering geschätzt, deine Kraft zu hoch, warst du sicher geworden? Es mag uns auch so gehen wie Josua, daß wir eine Niedertage erleiden, nachdem wir zuvor einen großen Sieg zu verzeichnen hatten, und vergaßen, daß der HErr sagt: „Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallet.“ (Matth. 26,41) Es ist höchst wichtig, daß man die Ursache seiner Niederlage erkennt, dann kann man lernen, das nächste Mal wachsamer zu sein. Mancher

ein Mann, der sich am Geheiligten vergriffen hatte, den die Gier nach irdischem Besitz betrogen hatte. Ja, diese unheilige Gier nach Geld und Gut ist die Ursache vieler Niederlagen im geistlichen Leben der Kinder Gottes. Die Welt gewonnen, die Gemeinschaft mit dem HErrn verloren! Der Friede des Herzens ist dahin, die geistliche Kraft gelähmt, die Freude am Göttlichen vergangen. Ob das nicht auch die Ursache mancher Niederlage sowohl beim einzelnen als auch im Gemeindeleben ist, daß der HErr nicht mehr mit uns sein und Segen und Sieg verleihen kann, weil eine verborgene Sünde die Kraft lähmt und den Erfolg hindert?

Es war ein strenges Gericht, das der HErr über Achan verhängte. Aber wir haben es mit einem heiligen Gott zu tun, wir haben ein heiliges Werk zu treiben, das dürfen wir nicht vergessen. Und wenn dann die Ursache der Niederlage nach 1. Joh. 1,9 aus dem Wege geräumt ist, dann schickt der HErr auch wieder Sieg. Und wenn wir weise waren und bei unseren Niederlagen gelernt haben, unsere Fehler zu erkennen, zu beweinen und gut zu machen, so werden sie uns zum Segen.

Satans Engel schlug Paulus mit Fäusten, und vergeblich flehte er um Befreiung. Gottes Antwort war: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ (2. Kor. 12,9) Darum sagte er von sich: „Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christum; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ (2. Kor. 12,10)

C. F. T.

„Er ist besorgt für euch!“

1. Petri 5,7.

Die Tage, so man in der Christenheit seit alter Zeit „Weihnachten“ nennet, sind bald vorüber, jene Tage des Schenkens und sich Beschenkenlassens, in denen der müde, abgehetzte Durchschnittsmensch eine kurze Spanne des Lebens Schwere zu vergessen sucht, während der

jene Stunden festlich begangen werden, freuen darf und kann - ist doch Jesus Christus, die herrliche Gabe Gottes (vgl. Joh. 4,10 und 3,16!), immerdar unseres gläubigen Herzens kostbarer Schatz, wahrlich nicht nur in solchen, ach, meistens so oberflächlichen Feiertagen ! Und diese gehen ja auch so rasch vorbei, und dann? Dann steht der Jahreswechsel vor uns, vor uns allen - Ungläubigen wie Gläubigen -, und mit ihm die dunkle Ungewißheit eines neuen Zeitabschnittes, von dem wir nicht wissen, ja, nicht einmal ahnen, was er uns bringen mag!

Aber das ist eine herrliche Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftstatsache, was die Überschrift besagt: „Er ist besorgt für euch“ - ja, für uns, die Seinen! Hiermit möchte ich, der ich das gegenwärtige Jahrbuch mit dem köstlichen Psalmwort „Alle meine Quellen sind in Dir!“ (Ps. 87,7) beginnen durfte, dasselbe schließen.

Dazu eine kleine Mahnung!

Im Oktober dieses Jahres weilte ich zum „Dienst am Wort“ (vgl. Apg. 6,4: „Gebet und Dienst am Wort“, Gebet an 1. Stelle!) in der ehemals zum Deutschen Reich gehörenden Stadt Memel. Da mußte ich einige Male durch eine Straße gehen, die den merkwürdigen Namen trägt: „Alte Sorgenstraße“. Ich dachte dabei in meinem Innern, gab dem auch Ausdruck: „Hier möchte ich nicht wohnen!“ Sicher hat der Name irgendeine geschichtliche Bedeutung, und die Straße ist eine wie alle anderen, aber mir war mein Kennenlernen derselben wie ein besonderer Hinweis: wieviele Menschen, wieviele Gläubige auch, wohnen gleichsam in der „Sorgenstraße“! Ja, wieviele kommen jahraus-jahrein nicht aus den „alten“ Sorgen heraus, weil sie es nie lernen, mit denselben richtig aufzuräumen und sie sachgemäß nach der ersten Hälfte unserer Schriftstelle zu behandeln: „... indem ihr alle eure Sorgen auf Ihn werfet -“, alle, d. h. die alten und die jungen (neuen) Sorgen! die alten, die als schwere, drückende Last die Seele niederziehen und mutlos machen, und auch die jungen, die drohend hinter dem Vorhang des Neuen Jahres hervorlugen und gleichsam sagen: „Komm nur erst einmal hinein ins Jahr, wir wollen dich schon klein kriegen!“ Nein, Geschwister, heraus mit uns - wie aus dem Alten Jahr - so auch aus der „Alten Sorgenstraße“! Hinein im Neuen Jahr in die Arme des treuesten, liebenden Hirten, der bereitwillig alle Sorgen, die „allen“ und die „jungen“ (die ja noch garnicht

geboren sind!!), auf sich nehmen will, wenn wir sie Ihm lassen wollen, ja, sie auf Ihn zu werfen uns bereit finden!

Du meinst aber, wir müßten doch nun einmal hindurch durch mancherlei Sorgen? Mag sein, daß wir sozusagen „hindurch müssen“ (vielleicht zu unserer Erziehung!), aber „wer will, der trag' sich tot!“ heißt es in einem Liede; wer aber das nicht will, der bringe seine Sorgen dem, der den Apostel uns hat mahnen lassen, wir sollten sie auf Ihn, unseren Gott, werfen, weil Er besorgt für uns sei! Soll Sein Wort stehen bleiben? Soll es Recht behalten? Ja oder nein? - Ja, und abermals ja! Nimm noch Phil. 4,4-7 hinzu und frage dich, wie du ins neue Jahr gehen willst: Mit solchem Vertrauen auf den treuen HErrn oder ohne dasselbe?! Zusammenbrechend unter der Sorgenlast oder erhobenen Hauptes an der Hand dessen, der liebevoll um uns besorgt ist?!

Bruder, Schwester, laßt uns mutig im Glaubensgehorsam aus der „Alten Sorgenstraße“ herausziehen in den, so Gott will, neuen Lebensbereich des Jahres 1930, mit dem seligen Bewußtsein: Er ist besorgt für uns, Ihm liegt an uns, Er enttäuscht uns nicht! Was kann uns da mangeln, wir sind in guten Händen, denn Er, der Geliebte, in dem wir Gott angenehm gemacht sind (Eph. 1,6), Er - „Jesus Christus ist derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit!“ (Hebr. 13,8) - Sein Name sei ewig gepriesen!

F. K.

„Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, in dem Blute des ewigen Bundes, vollende euch in jedem guten Werke, um Seinen Willen zu tun, in euch schaffend was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit sei in die Zeitalter der Zeitalter! Amen.“ (Hebr. 13,20.21)

 

 

 

15. Jahrbuch (1930)

Die Gemeinde.

Sobald ein Sünder an den Herrn Jesus Christus gläubig geworden und aus Gott geboren ist, so ist er damit ein wirkliches Glied der Gemeinde geworden, für welche Christus starb.

Die Gemeinde wird in der Schrift in verschiedener Weise gezeigt. Wird sie z. B. als ein Bau beschrieben, so ist der Gläubige ein lebendiger Stein in diesem Bau; wird von der Gemeinde in der Schrift als Leib gesprochen, so ist der Gläubige ein Glied desselben. Hierzu bedarf es weder der Zustimmung oder der Handlung irgend einer Person noch einer Körperschaft. Gott tut dies, und niemand weiß, daß es geschehen ist. Selbst der Neubekehrte hat nicht erst seine Einwilligung dazu zu geben oder den Wunsch zu äußern, in diese Verbindung gebracht zu werden. Ja, er mag sein Leben lang darüber völlig unwissend bleiben, daß er einem gegliederten Gebilde angehört, aber trotzdem ist es eine Tatsache: Gott hat ihn als ein Glied dem Leibe zugefügt, Christus hat ihn mit eingebaut in den Bau Seiner Gemeinde, der Heilige Geist, der in jedem Gläubigen wohnt, wohnt in dem Jüngstgeborenen genauso wie in allen anderen und verbindet ihn mit allen diesen zu einer Einheit, die nie aufgelöst werden kann.

Dank sei Gott für Sein vollkommenes Werk. An diesem Werke hat der Mensch weder Teil noch VerAntwortung, d. h. er hat keinen Teil daran noch VerAntwortung, den erretteten Sünder in diese Einheit zu bringen und ihn in derselben zu erhalten. Alle diese, die Christus in Seine Gemeinde eingegliedert hat, können nie aus derselben entfernt werden, so wie sie auch nichts zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn. (Röm. 8,39)

Gemeinden.

Aber die Schrift spricht nicht nur von der Gemeinde (der einen großen Gesamtgemeinde, die aus allen Gläubigen vom ersten Pfingsttage an bis zur Ankunft des HErrn besteht), sondern auch von Gemeinden, (die aus allen Gläubigen an den einzelnen Orten bestehen). Diese Gemeinden werden genannt: „Die Gemeinden Gottes“ (1. Kor. 11,16), „die Gemeinden Christi“

Gemeinden-Benennungen, einmal als „Gemeinde Gottes“, ein anderes Mal als „Gemeinde Christi“ und ein drittes Mal als „Gemeinde der Heiligen“, drückt damit doch nicht eine Verschiedenheit dieser Gemeinden unter einander aus. Diese verschiedenen Ausdrücke beziehen sich auf die gleichen Gemeinden, jedoch von verschiedenen Standpunkten aus gesehen. Jeder Gläubige ist ein Kind Gottes und Sein ausschließliches Eigentum.

Er ist mit dem Blute Christi erkauft, erlöst und somit Sein eigenster Besitz geworden, und der Heilige Geist wohnt in ihm. Der Gläubige ist dadurch für Gott abgesondert von der Welt. In dieser dreifachen Weise wie die einzelnen Gläubigen können auch die Gläubigen als Gemeinde, in der Kraft Gottes nach Seinem Worte versammelt, angesehen werden.

Außer den schon beschriebenen drei Benennungen finden wir die Gemeinden auch nach den Ländern oder Provinzen, in denen sie sich befanden, angegeben, z. B. die Gemeinden von Galatien (Gal. 1,2) und die Gemeinden von Judäa (Gal. 1,22). Diese Ausdrücke besagen indessen keineswegs, daß die in einer Gruppe zusammengefaßten Gemeinden sich näher verbunden gefühlt hätten als mit denjenigen in anderen Ländern.

Alle diese Gemeinden waren die „Gemeinden Gottes“, die „Gemeinden Christi“ und die „Gemeinden der Heiligen“, in welchen Provinzen und Ländern sie auch sein mochten.

Während viele Gläubige ein einsichtsvolles Verständnis haben, was mit der Ecclesia = Gemeinde (von etlichen auch mit Kirche oder Versammlung übersetzt), die Christi Leib ist, gemeint sei, herrscht in der toten Christenheit im allgemeinen eine große Verwirrung darüber.

Diese Menschen bauen prächtige, große Gebäude, um in ihnen Gottes Wort zu hören und zu Ihm zu beten, und sie nennen diese Gebäude „Kirchen“. Und leider auch Gläubige bringen an ihren Gebäuden Inschriften an wie z. B. „Methodistenkirche“ usw., und hierin liegt ein ernstes Mißverstehen des Ausdruckes „Ecclesia“.

Aber noch ein weiteres Abweichen finden wir. Christliche Körperschaften haben ihren menschlich-arrangierten und religiös-organisierten Einrichtungen das Wort „Gemeinde“

unterlegt und kennzeichnen mit dem Worte „Gemeinde“ ihre verschiedenen religiösen Organisationen und Gebräuche und stehen damit im Gegensatz zu der Bedeutung, welche die Schrift dem Worte gibt.

Ich berühre die Dinge nicht, um diese Irrtümer bloßzustellen, sondern ich führe sie nur an, weil sie dazu beitragen, die wahre Bedeutung des Wortes „Ecclesia“ = Gemeinde zu verdunkeln.

Nun möchte ich den Leser bitten, mit aller Aufmerksamkeit einige Stellen der Schrift, in welchen von den örtlichen Gemeinden geredet wird, sorgfältig zu beachten, damit er aus der Schrift selbst ein klares Verständnis erhält von dem, was der Heilige Geist meint, wenn Er das Wort „Gemeinde“ (Ecclesia) in der Schrift gebraucht.

„Wenn er aber nicht auf sie hören wird, so sage es der Gemeinde; wenn er aber auch auf die Gemeinde nicht hören wird, so sei er dir wie der Heide und der Zöllner.“ (Matth. 18,17)

„Es geschah ihnen aber, daß sie ein ganzes Jahr in der Gemeinde zusammenkamen und eine zahlreiche Menge lehrten, und daß die Jünger zuerst in Antiochien Christen genannt wurden.“ (Apgesch. 11,26)

„Als sie aber angekommen waren und die Gemeinde zusammengebracht hatten, erzählten sie alles, was Gott an ihnen getan, und daß Er den Nationen eine Tür des Glaubens aufgetan habe.“ (Apgesch. 14,27)

„Und als er zu Cäsarea gelandet war, ging er hinauf und begrüßte die Gemeinde und zog hinab nach Antiochien.“ (Apgesch. 18,22)

„Von Milet aber sandte er nach Ephesus und rief die Ältesten der Gemeinde herüber.“ (Apgesch. 20,17)

„Wenn nun die ganze Gemeinde an einem Orte zusammenkommt und alle in Sprachen reden, und es kommen Unkundige oder Ungläubige herein, werden sie nicht sagen, daß ihr von Sinnen

„Ich war aber den Gemeinden von Judäa, die in Christo sind, von Angesicht unbekannt.“ (Gal. 1,22)

„Ihr wisset aber auch, ihr Philipper, daß im Anfang des Evangeliums, als ich aus Mazedonien wegging, keine Gemeinde mir mitgeteilt hat in bezug auf Geben und Empfangen, als nur ihr allein.“ (Phil. 4,15)

„Wenn ein Gläubiger oder eine Gläubige Witwen hat, so leiste er ihnen Hilfe, und die Gemeinde werde nicht beschwert, auf daß sie denen Hilfe leiste, die wirklich Witwen sind.“ (1. Tim. 5,16)

„Ich schrieb etwas an die Gemeinde.“ (3. Joh. 9) „... und sich hiermit nicht begnügend, nimmt er selbst die Brüder nicht an und wehrt auch denen, die es wollen, und stößt sie aus der Gemeinde.“ (Vers 10.)

Gegensätzliches und Ähnliches.

Die soeben angeführten Schriftstellen sind nur eine kleine Auswahl von vielen ähnlicher Art. Wenn wir diese Stellen frei von altgewohnten Vorstellungen lesen, so sehen wir, dass unfehlbar von der Gemeinde als einer Körperschaft gesprochen wird. Eine Körperschaft, die sich an bestimmten Orten versammelt und die, wenn es erforderlich ist, auch zusammengerufen werden kann. Mit einer solchen Gemeinde vermochte man zu sprechen. Man konnte an sie schreiben, und sie, die Gemeinde anderseits, konnte mit einzelnen Gläubigen in solch individueller Weise reden, daß der Betreffende wußte, daß das, was die Gemeinde sprach oder urteilte, an ihn gerichtet sei.

Das hier soeben Ausgeführte kann natürlich nicht auf die eine, große Gesamtgemeinde angewandt werden.

Wenn nun ein so großer Unterschied zwischen „diesen Gemeinden“ und „der Gemeinde“, für die Christus Sich Selbst hingab, besteht, so muß es doch einen Grund haben, daß der Heilige Geist beide mit dem gleichen Wort „Gemeinde“ bezeichnet; daß Er sowohl eine kleine Körperschaft

von wenigen Personen an irgend einem Orte und die allgemeine große Gesamtheit der Kinder Gottes auf der ganzen Erde mit dem einen gleichen Wort „Gemeinde“ benennt. An den beiden Stellen, wo das Wort „Gemeinde“ in der Schrift zum ersten Male von dem HErrn Selbst gebraucht wird, wird es von Ihm in diesen zwei erwähnten verschiedenen Weisen angewandt. In Matth. 16,18 sagt der HErr: „Auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen ...“ Dagegen fordert Er in der oben angeführten Schriftstelle Matth. 18,17 jemand auf, etwas „der Gemeinde“ zu sagen, und spricht auch davon, wenn jemand nicht hört auf das, was die Gemeinde ihm sagt. In der erstem Stelle ist der HErr der allein Handelnde, und es ist selbstverständlich, daß das, was Er macht, niemand zu verderben vermag. Aber in der zweiten Schriftstelle wird den Gläubigen eine VerAntwortung auferlegt, mit dieser VerAntwortung ist auch die Möglichkeit des Fehlens vorhanden.

Aber der Gebrauch des einen Wortes „Gemeinde“ für beide (die große allgemeine Gemeinde und die örtliche Gemeinde) ist keineswegs der einzige Punkt, der Ähnliches zeigt. Bei beiden Gelegenheiten spricht der HErr von einem Binden oder Lösen auf Erden, welches auch im Himmel stattfindet. In der ersten Schriftstelle finden wir, daß sich dieses gründet auf das Bekenntnis, daß Er Christus, der Sohn des lebendigen Gottes ist. Dies veranlaßt uns, nach einer ähnlichen Grundlage für die Erklärung der zweiten Stelle, in Kap. 18, zu forschen, und wir tun es nicht vergebens, denn wir lesen „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“

Es ist oft der bequeme Versuch gemacht worden, die Verse 19 und 20 mit einander zu verbinden, nur aus dem Grunde, weil der eine dem anderen voran steht, um damit zu beweisen, daß die Erklärung des Herrn Jesus in Vers 20 sich nur auf „Gebetsversammlungen“ beziehe.

Nichts blendet unsere Gedanken mehr als langgewohnte Meinungen und Vorurteile. In dem 19. Verse finden wir nichts von einer Gebetsversammlung. Der HErr gibt zwei Personen eine kostbare Verheißung, wenn sie auf der Erde übereinkommen, über irgend eine Sache zu beten. Aber Er sagt nicht ein einziges Wort betreffs eines Zusammenkommens, um zu beten. Sie

mochten an den entgegengesetzten Enden der Erde sein, und dennoch waren sie berechtigt, auf diese Verheißung zu bauen.

Der 20. Vers dagegen aber spricht von Personen, die versammelt sind in Seinem Namen, und der HErr erklärt, daß Er Selbst in der Mitte solcher ist. Dies gibt uns die Grundlage für das, was der HErr über das Binden und Lösen in Vers 18 sagt, gerade so, wie Er das Bekenntnis Petri über Sich als Christus, dem Sohn Gottes, zur Grundlage für die übereinstimmende Darlegung im 16. Kap. macht. Der Versuch aber, die Verse 19 und 20 zu vereinigen, läßt uns gänzlich ohne jede Unterlage für die erhabenen Worte des 18. Verses; wir würden sogar genötigt sein zu sagen, daß der 18. Vers auch zum 19. Verse gehöre; und damit würde man sagen können, daß irgend welche zwei Personen, die über einen Gegenstand zum Gebet übereingekommen sind, fähig wären, dieses Binden oder Lösen auszuüben.

Wenn zwei von euch übereinkommen.

Es ist deshalb ganz klar, daß Vers 19 nicht unmittelbar zu dem Gegenstand gehört, den der HErr in den Versen 15-18 behandelt, obgleich er natürlich damit verbunden ist. Der genaue Wortlaut des Verses zeigt dieses. Die Worte: „Wiederum sage Ich euch“ (V. 19) besagen es, daß der HErr für einen Augenblick einen besonderen, obgleich damit zusammenhängenden Gedanken einführt. Man beachte ferner, daß der HErr Sich in Vers 19 nicht an die ganze Gemeinde wendet, wie Er es in Vers 18 tut, sondern daß Er sagt: „Wo zwei von oder aus euch auf der Erde übereinkommen.“ (Er gebraucht dasselbe Wort wie in Kap. 17,9 „aus“ den Toten auferstanden.) In beiden Fällen kann es in unserer Sprache nur so ausgedrückt werden, als wenn man sagt: „aus“ eurer Mitte. Der HErr sagt somit gleichsam: wenn zwei aus eurer Mitte übereinkommen. Es wird nun natürlich gefragt werden, warum hier überhaupt die Verheißung gegeben wird. Ich glaube, die Antwort ist einfach. Der HErr hatte zuerst Belehrungen gegeben, wie sich der Einzelne einem Bruder gegenüber, der gegen ihn gesündigt hatte, verhalten soll. Der, gegen den gesündigt war, sollte allein zu dem Bruder gehen, und erst danach sollte er einen oder zwei mitnehmen. Wenn auch dies nutzlos ausfiel, so sollte es der Gemeinde gesagt werden. Der HErr verweist sie damit als letztes an die Gemeinde, mit deren Handlung

Machtbefugnis verbunden war. Bevor Er aber auf die Grundlage und Quelle dieser Machtbefugnis (V. 20, daß Er in ihrer Mitte sei) hinweist, bricht Er einen Augenblick ab, um den in einer solch traurigen Sache Handelnden eine gnädige Zusicherung zu geben. Zu denen, die zuerst ihren irrenden Bruder zu gewinnen gesucht hatten, sagt Er gleichsam, obwohl es euch nicht gelungen ist und die Gemeinde nun mit dem Bruder gehandelt hat, ist es doch euer besonderes Vorrecht, wegen des irrenden Bruders auf Gott zu warten. Ohne Zweifel hatten sie für ihn gebetet, ehe sie ihn aufsuchten, und obwohl sie ihn nicht gewonnen hatten, sind doch ihre Gebete nicht vergeblich, und der HErr ermutigt sie, ihre Fürbitte in Einheit des Herzens fortzusetzen. Diese Verheißung ist ohne Zweifel auch für andere Gelegenheiten gültig. Und wie schon gesagt, ist es keineswegs erforderlich, daß die Personen, die übereinkommen zu beten, notwendig miteinander versammelt sein müssen. Beide, sowohl der Gegenstand als auch der Aufbau und Zusammenhang der Verse zeigen, daß Vers 19 eine Parenthese (Einschaltung) ist und daß der HErr den Gegenstand, den Er in Vers 18 abgebrochen hat, mit dem 20. Vers zu Ende führt.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

 

 

„... die Ihm dienten ...“

(Luk. 8,3.)

Über jene Frauen, die dem Herrn Jesus „mit ihrer Habe dienten,“ ist in den „Handreichungen“ schon mehrfach geschrieben worden (siehe Jahrbuch 12, Seite 253ff. und Jahrbuch 13, Seite 127ff.!), und ich beabsichtige nicht, die behandelten kostbaren Punkte zu wiederholen. Mir liegt vielmehr am Herzen, aus dem betr. Schriftabschnitt (Luk. 8,1-3) ein allgemein gültiges besonderes Merkmal derer hervorzuheben, die der HErr als Gefäße des Dienstes benützt, oder man kann auch sagen, deren Dienst der HErr als Ihm wohlgefällig annimmt. Zweifellos möchten manche Ihm dienen, auch vielleicht gern mit ihrer Habe, in irdischer oder geistlicher Hinsicht, aber sie fühlen sich nicht froh und befriedigt in ihrem Dienste, und zwar offenbar, weil Er ihnen nicht die ersehnte Befriedigung zuteil werden läßt, und dies vielleicht deswegen nicht,

weil ihr Dienst, so gut er auch gemeint ist, Ihm nicht wohlgefällig ist.

Dies letztere nun wiederum kann verschiedene Gründe haben, doch scheint mir, daß einer besonders zu beachten ist, und das ist der, auf den ich glaube, hinweisen zu sollen: Die Dienenden sind innerlich nicht in der Verfassung, in der Er sie sehen will, wenn sie einen Ihm angenehmen Dienst, worin er auch bestehe, ausüben wollen. Dabei ist es an sich belanglos, wer die Dienenden sind, ebenso, wie schon gesagt, worin ihr Dienst besteht. Hier sind es „Weiber“, und zwar mehrere mit Namen genannte und viele andere, und ihr Dienst, ihr kostbarer, vom HErrn angenommener und in Seinem Wort bestätigter, Ihm wohlgefälliger, bestand in äußeren Hilfeleistungen, aber ebensogut hätte es sich um Männer handeln können und um Dienste geistlicher Art, und die Schrift hätte dieses ebenso anerkannt wie jenes. Doch daß es Frauen waren, und zwar jene, und daß sie in so praktischer Weise Ihm und der ganzen Reisegesellschaft dienten, war dem Heiligen Geiste eine genügend erwähnenswerte Tatsache, wenn Er dabei beschreiben konnte, welches der Zustand jener Dienenden war. Und das tut Er ausgiebig. Und gleich drängt sich mir ein Vergleich auf: Warum nahm der HErr diesen Frauendienst so wohlgefällig auf, während Er kurz darauf den wenigstens ebenso gutgemeinten der Martha tadelt? (Luk. 10,38-42) War der letztere weniger nötig als jener, der doch auch „nur“ äußerlich war? Ach, daß wir uns abgewöhnten, solche Wertunterschiede zu machen! Nein, nein, ob äußerlich oder innerlich - der Dienst an sich mochte gleich wertvoll sein, ob er in irdischen oder geistlichen Dingen bestand, aber der Herzenszustand der Dienenden ist dem HErrn das Entscheidende. Martha tat einen Dienst, der gut gewesen wäre, wenn sie sich - in ihrem Selbstbewußtsein! - nicht mit der so innigdemütigen Maria verglichen hätte. Bei solchem Vergleichen kommt der sich Vergleichende stets vor sich selber am besten weg, aber vor dem Herzenskenner?? Da wird der innere Unwert jenes offenbar! Wie trügerisch ist doch unser Herz, Geliebte. Lernten wir doch besser, uns zu mißtrauen, wieviel wohlgefälliger würde unser Dienst Ihm sein, der nur gereinigte Gefäße gebrauchen kann und will!

Welches der Dienst ist, den du und ich zu tun haben, ist ja, wie gesagt, an sich einerlei. Die Schrift sagt: „Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet ...“ (1. Petr. 4,10) Aber der Zustand der Dienenden ist nicht einerlei. Auf unseren Herzenszustand kommt alles

an. Eine Gabe hat jedes Kind Gottes, aber nicht die Gabe, die der Mensch sich doch nicht selber nehmen kann (Joh. 3,27), gibt das Recht zur Entfaltung derselben, sondern diese ist vielmehr abhängig von der Wirklichkeit des Lebens in uns. Im Hause Gottes sollten z. B. grundsätzlich die Männer beten, freilich, aber nicht der Grundsatz gab ihnen das Recht, im einzelnen Falle ihren Mund aufzutun, sondern ihr innerer Zustand mußte und muß ihrer grundsätzlichen Berufung entsprechend sein; heilige Hände aufzuheben mußten und müssen sie imstande sein - heilige Hände aus einem heiligen Herzenszustand heraus! (1. Tim. 2,8; 3,15) Biblische Grundsätze sind wohl gut und unentbehrlich für uns, ohne sie sind wir haltlos! Aber sie müssen mit heiligem Leben gefüllt sein, sonst sind sie an sich tot und wertlos!

Werfen wir noch einen Blick auf jene Weiber, „die Ihm dienten“! Sie alle hatten etwas erlebt mit dem HErrn und durch Ihn! Sie waren geheilt von Gebundenheiten Satans, leibliche und geistige Mächte Satans hatten aus ihnen weichen müssen infolge der göttlichen Machtwirkungen des Herrn Jesus, ihr Leben, ihre Herzen waren durch den Glauben gereinigt (vergl. Apgesch. 15,9), und ihr neues Leben legte Zeugnis ab von der erfahrenen reichen Gnade. Wie könnte aber der HErr je Dienste annehmen von Menschen, die nicht Leben aus Ihm haben, wenn sie auch sonst noch so befähigt sein mögen?! Der Befähigungsnachweis liegt nicht in einem vor Menschen abgelegten Examen, sondern in der Bestätigung durch Seinen Heiligen Geist, der uns leitet. Doch auch solche, die längst Sein Eigen sind, können ihre Berechtigung zum Dienst, d. h. ihre Bevorrechtigung leicht einbüßen, eben wenn ihr Herzenszustand nicht dem entspricht, was vor Ihm, dem Herzenskenner, gilt. Es muß an und in uns zu sehen sein, daß die Macht des Feindes gebrochen ist und daß er nichts mehr über uns zu sagen hat. Die „sieben Dämonen“ müssen gleichsam ausgefahren sein. Die „Sieben“ ist die Zahl der göttlichen Vollkommenheit in Seinen Wegen und in Seinem Verhalten mit den Menschen, und darum bedeutet (für mich) das Ausgefahrensein der „sieben Dämonen“ gewissermaßen der gottgemäße Herzenszustand solcher, deren Dienste Ihm wohlgefällig sind. „Die Ihm dienten“, waren solche „reinen Herzens“! Deren Dienste Ihm angenehm sind, sind solche, deren Herzen Wohnstätten Seines Lichts und Seiner Liebe sind, die als mit Christo Gestorbene und Auferstandene in Seiner heiligen Gegenwart zuhause sind, die sich unter Seinen Augen wohlfühlen. Die Dienste solcher

Hausherren“ machen. (2. Tim. 2,21) Denn nur gereinigte Gefäße sind beauftragte Gefäße!

Ein kleines Bild möge klar machen, was ich mit dem eben Geschriebenen meine! Denke dir Hauseltern, die zum Nachmittag Gäste hatten! Sie haben alles verfügbare Trinkgeschirr benutzt; dann sind Tassen und Kannen in die Küche gewandert, wo sie des Gereinigtwerdens zu harren haben. Da kommt noch ein verspäteter Gast! Auch ihm soll noch Kaffee gereicht werden, aber siehe, keine reine Tasse ist mehr da. Meinst du, die Hausfrau könnte nun denken: Ach, es kommt doch nicht so genau darauf an, der Gast ist ja ein guter Freund des Hauses, er kann eine gebrauchte Tasse nehmen? Gewiß nicht! Das gehört sich nicht! Die Hausfrau weiß, was sie zu tun hat, ehe sie dem neuen Gast, und wenn er auch noch so befreundet ist, eine Tasse Kaffee einschenkt - denn eine schmutzige Tasse kann nicht die Aufgabe erfüllen, zur Ehre des Hauses zu dienen, ehe sie nicht gereinigt ist. Eine schmutzige Tasse hat keinen „Auftrag“, sie muß warten, bis sie gereinigt ist, dann kann sie wieder die Aufgabe, die ja sonst nur ihr zukommt, erfüllen! Ein leicht verständliches Bild, nicht wahr?! Ja, nur gereinigte Gefäße sind beauftragte Gefäße! Sie mögen bestimmte Aufgaben haben, die vielleicht nur sie erfüllen können, aber sie dürfen es nur, können es gleichsam moralischerweise oder geistlicherweise nur dann, wenn sie „geistlich gerichtet“ sind; und wenn dieses, dann sollen sie ihren Dienst auch tun ihrer Gabe gemäß, aber anders nicht. Darum ist es so sehr wichtig, daß wir als in Christo Geheiligte „uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligkeit völlig erweisen in der Furcht Gottes“ nach 2. Kor. 7,1, und es ist nicht minder wichtig, daß wir es genau nehmen mit den „kleinen Füchsen, die den Weinberg verderben“ (Hohel. 2,15) und kurze Rechnung mit unserem Gott halten nach 1. Joh. 1,9, denn sonst können wir nicht nach Seinem Willen dienen als beauftragte Gefäße und darum auch nicht als gesegnete Werkzeuge, deren Dienst Er anerkennt, indem Er „die Ihm dienen“ in Sein Buch einträgt! Möchte es uns im neuen Jahr ernst sein mit unserer Aufgabe, Ihm gemäß unserer Gabe dienen zu dürfen, wenn wir Gereinigte und somit Beauftragte sind! Er ist ja nicht und nie auf uns angewiesen, Er könnte uns leicht in die Ecke und beiseite setzen, wenn wir nicht dem entsprechen, was Er von uns erwarten kann, und besonders auch dann, wenn wir Seiner

damit wir „mehr Frucht“ bringen können. Denn Er bedarf unserer doch nicht. Sind wir in unseren Herzen nicht, was Er erwartet, sind wir nicht Menschen der inneren Wirklichkeit, in denen Sein Leben, Sein Bild zu sehen ist, leben wir uns selbst und den Wünschen unseres Fleisches, den Begierden des „alten Menschen“, den Einbildungen unserer von dem Feind als „Engel des Lichts“ (2. Kor. 11,14) leicht beeinflußbaren Seele, so ist es Ihm ein Kleines, uns „wegzunehmen“, damit wir Ihm und Seinem herrlichen Dienst keine Schande bereiten! Darum, Geliebte, sehen wir zu, daß wir „sorgfältig wandeln“ (Eph. 5,15), „laßt uns die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anlegen!“ (Röm. 13,12). Laßt uns bedenken, welch ein Vorrecht es ist, zu denen gehören zu dürfen, „die Ihm dienten“ und die Ihm dienen, und laßt uns nie vergessen, daß nur gereinigte Gefäße beauftragte Gefäße sind! So laßt uns durch Seine Gnade mit unserem ganzen Leben und Sein, mit unseren Kräften, Gaben und Fähigkeiten, mit „Herzen, Mund und Händen“ Ihm zur Verfügung stehen, so wie jene glückliche Frauen, die Ihm mit ihrer Habe dienten, nachdem Er an ihnen allen Großes getan hatte! Hat Er nicht auch an uns Großes getan? Ist Seine Liebe nicht unserer tiefsten gottgewirkten Gegenliebe würdig? Und wenn ja, nicht dann aber auch ganz? nicht dann aber auch so, daß wir wohl zusehen und danach trachten, Ihm einen Dienst zu tun, den Er als Ihm wohlgefällig anerkennt, weil er Seiner Natur entspricht?! Denn Er sagt den Seinen, Seinen bluterkauften Berufenen: „Seid heilig, denn Ich bin heilig!“ (1. Petr. 1,15)

Er gebe uns Gnade nach Hebr. 12,28, Ihm in einem solchen Herzenszustand zu dienen, daß Sein Name in und durch uns verherrlicht werde allezeit!

F. K.

Eutychus - Pelatja.

(Apg. 20,7-12; Hes. 11,13)

Ich möchte auf zwei Ereignisse hinweisen, die in Verbindung mit dem Dienst am Worte Gottes stattfanden und die sehr bemerkenswert sind. Das eine ist das eines jungen Mannes namens

Eutychus, der vom dritten Stock während der Predigt des Apostel Paulus hinunterfiel und tot aufgehoben wurde. Das andere ist der plötzliche Tod eines Fürsten in Israel namens Pelatja, der eintrat, als Hesekiel gegen die Einwohner Jerusalems prophezeite.

Im ersten Falle finden wir, daß Gott in Gnaden dazwischentrat und den herabgestürzten Mann durch den Apostel Paulus wieder zum Leben zurückrief. Und wir lesen, daß die Gläubigen, als er wieder lebendig wurde, „nicht wenig getröstet wurden“.

Solche Gnade offenbarte Gott in dem zweiten Falle während des Dienstes des Propheten Hesekiel nicht. Als der Prophet sah, daß Gott das Leben dieses Fürsten in Israel hinweggenommen hatte, fiel er nieder auf sein Angesicht und schrie mit lauter Stimme und sprach: „Ach, HErr, Jehova, willst Du dem Überrest Israels den Garaus machen?“

Durch die Rede des Apostel Paulus in Troas wurden die Zuhörer sehr auf die Probe gestellt, ob ihre Herzen wirklich mit dem Gegenstand seiner Rede beschäftigt waren und ihre Aufmerksamkeit darauf gerichtet war; denn er verzog das Wort bis Mitternacht. Bei Eutychus war dieses nicht der Fall; er wurde vom Schlaf überwältigt, und in diesem Schlafzustand geschah sein tiefer Fall. Dieser sein Fall zeigte der ganzen Gemeinde, daß er geschlafen und den Anforderungen, die durch das Wort Gottes an ihn gestellt waren, nicht entsprochen hatte. Aber nicht allein dieses, auch er selbst erlitt einen Verlust, den er nicht wieder einholen konnte. Wohl wurde durch die Gnade Gottes sein Leben erhalten, aber den Teil des Dienstes Pauli, den er während seines Schlafes versäumt hatte, verlor er, und wer weiß, welche Segnungen Gott den Seinigen in diesen Stunden gab!

Wir dürfen nicht denken, daß Eutychus in seinem Schlafzustand und dem darauf folgenden Fall allein dasteht und daß heutzutage in der Gemeinde des HErrn niemand in seinem Zustand zu finden sei. So, wie durch das Wort Gottes Eutychus auf die Probe gestellt und offenbar wurde, so ist es auch heute noch.

Wenn der Diener des Wortes kühn genug ist, seinen Zuhörern Pauli Lehre: die himmlische Berufung und das himmlische Band der Gemeinde mit Christus, vor Augen zu stellen, so wird

bald offenbar werden, ob ein Seelenzustand vorhanden ist, der dem des Eutychus entspricht. Und leider kann die Tatsache nicht verleugnet werden, daß heute eine Menge in der Nachfolgerschaft des Eutychus gefunden wird, die für das dem Apostel anvertraute Geheimnis „Christus und Seine Gemeinde“ kein Interesse hat und vom Schlaf überwältigt ist.

Haben wir nicht alle Ursache, uns zu fragen, ob wir nicht zu diesem Geist des Schlafes und der allgemeinen Gleichgültigkeit unter dem Volke Gottes beigetragen haben, der gerade im Hinblick auf die von Paulus offenbarten himmlischen Wahrheiten heute so viele Gläubige schlafend gemacht hat?

Eine Verkündigung des Wortes, die den Kindern Gottes erlaubt, sich das beste aus beiden Welten zunutze zu machen, ist in der Tat heute beliebt, wohingegen ein Dienst, der uns von den weltlichen Dingen hinweg zu den Genüssen unserer himmlischen Segnungen führen und unser Herz mit den Dingen, die droben sind, wo Christus ist, beschäftigen will, entweder verachtet oder zurückgewiesen wird.

Es ist wirklich eine große Gnade, wenn die Autorität des Wortes Gottes anerkannt und unser Ohr für des HErrn Stimme geöffnet ist, der da sagt: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ (Eph. 5,14) Möchte der laute, der lange und liebende Ruf des HErrn: „Wache auf, wache auf!“ jedes schlafende Herz erwecken, damit es mehr Licht empfange und mehr Freude finde an der Lehre des Apostels von der himmlischen Berufung und sich nicht damit begnügt, nur seiner ewigen Errettung in Christo gewiß zu sein und den Himmel nur später einmal zu erwarten, sondern jetzt schon durch Glauben in demselben zu wandeln. (Phil. 3,20)

Es ist nötig und wichtig, zwischen den Tücken und schwankenden Neigungen des Herzens, verbunden mit Unwissenheit (wie es oft der Fall ist) und der Widerspenstigkeit des Herzens, die sich wider Gott erhebt, zu unterscheiden.

Die Unterscheidung dieser beiden Dinge geben uns im Grundsatz die Erklärung für das Mitleid, daß dem Eutychus und nicht dem Pelatja erwiesen wurde.

Der Tod des Pelatja war eine Heimsuchung Gottes, der Seinen Unwillen gegen einen Mann zeigte, der in seinen eigenen Augen weise war (Spr. 26,12) und der sich zugleich der zwiefachen Sünde schuldig machte, Gottes Boten zu widerstreben und Gottes Volk irre zu führen. Der Schrei des Propheten in dieser ernsten Stunde: „Ach, HErr, Jehova! willst Du dem Überrest Israels den Garaus machen?“ offenbarte, daß Gott nicht nur dem Fürsten entgegenstand, sondern auch denen unter dem Volke, deren Herzen sich in Stolz und Sicherheit gegen Ihn erhoben hatten und die diejenigen, welche Gott fürchteten, mit Verachtung behandelten. Auf diesen Schrei des Propheten Antwortete Gott wie folgt: „Menschensohn, deine Brüder, deine Brüder, die Männer deiner Verwandtschaft, sind es und das ganze Haus Israel insgesamt, zu welchen die Bewohner von Jerusalem sprechen: Bleibet fern von Jehova; uns ist das Land zum Besitztum gegeben! Darum sprich: So spricht der HErr, Jehova: Obgleich Ich sie unter die Nationen entfernt, und obgleich Ich sie unter die Länder zerstreut habe, so bin Ich ihnen doch ein wenig zum Heiligtum geworden in den Ländern, wohin sie gekommen sind.“ (Hes. 11,15.16)

Viel Böses war in dem Hause Israel getan worden, den Unwillen Gottes hervorzurufen; ihre Zerrissenheit und Zerstreuung bezeugte dieses; aber anstatt auf die Stimme ihrer Brüder, die Jehova fürchteten, zu hören, verachteten sie diese. Mit frevelnden Worten forderten sie sie auf: „Uns ist das Land zum Besitztum gegeben!“ (Hes. 11,15b) Gott aber verkündigte ihnen durch den Mund des Propheten, daß Jerusalem ihnen nicht ein Kessel sein solle, der sie vor der von außen kommendem Bedrängnis schützen würde, sondern daß Er sie an der Grenze Israels richten werde. Noch während der Prophet die Worte Jehovas ausrichtete, nahm Gott Pelatja durch den Tod hinweg. Gott zeigte dem Volke, daß Er die Widersteher Seines Wortes in einem Augenblick beseitigen könne. Mit verächtlichen Mienen und höhnenden Lippen mochte dieser Fürst dem Munde Gottes gegenüber gestanden haben, als ein plötzliches Gericht ihn traf. Gott besiegelte gleichsam Sein Wort und gab ihnen den Beweis, daß Sein Gericht sie sicher treffen würde. Der Prophet kannte den traurigen Zustand des Volkes, er liebte sein Volk und fürchtete, daß Gott sie alle hinwegnehmen könne. Deshalb sein erschütternder Schrei: „Ach, HErr, Jehova! willst Du dem Überrest Israels den Garaus machen?“ Wie demütig schloß er in diese

Worte die Fürbitte für den Überrest ein!

Obwohl Gott in Seiner Antwort Den Stolz, die falsche Sicherheit und das Widerstreben des Volkes bloßstellte, versicherte Er doch in unendlichem Erbarmen Seinem Diener, daß Er seiner Brüder, der Männer seiner Verwandtschaft und des ganzen Hauses Israel in Seiner Gnade gedenken wolle und daß ein Tag kommen würde, wo Er sie wieder sammeln und aus den Ländern zusammenbringen werde, in welche sie zerstreut worden seien. Und nicht allein werde Er ihnen das Land Israel geben, sondern auch ein Herz und einen neuen Geist in ihrem Innern. Und sie würden Sein Volk und Er ihr Gott sein. Welche Gegensätze in der Größe der Sünde und in der Größe der Gnade! Ja, wir lernen bisweilen die ganze Schwere unserer Sünden und ebenso die ganze Größe unserer Segnungen erst recht in dem Gegensatz zu verstehen. Wie hochmütig und anmaßend waren die Worte dieser Bewohner Jerusalems: „Uns ist das Land zum Besitztum gegeben!“ gegenüber dem demütigen Bekenntnis des Überrestes: „Nicht uns, Jehova, nicht uns, sondern Deinem Namen gib Ehre.“ (Ps. 115,1) Sie ließen das Wort „nicht“ aus, und damit bewiesen sie, daß sie sich nicht nur der Verachtung ihrer Brüder schuldig machten, sondern auch unverdiente Ehre für sich selbst in Anspruch nahmen, anstatt sie Gott zu geben, von dem alles kam und dem auch aller Ruhm gebührte.

So wie Eutychus' Schlaf und Fall nicht auf ihn allein beschränkt ist, so ist auch die Sünde der Bewohner Jerusalems nicht allein auf diese und die Zeiten des Alten Testamentes beschränkt. Zu allen Zeiten hat sie Gottes Volk umstrickt, und wir finden etwas davon wieder bei den Jüngern des HErrn, als sie jemand tun sahen, was sie hätten zu tun fähig sein sollen und doch nicht tun konnten wegen ihres Mangels an Gebet und Fasten. Im Eigendünkel kamen sie zu dem HErrn, und Johannes sagte: „Lehrer, wir sahen jemanden Dämonen austreiben in Deinem Namen, der uns nicht nachfolgt; und wir wehrten ihm, weil er uns nicht nachfolgt. Jesus aber sprach: Wehret ihm nicht; denn es ist niemand, der ein Wunderwerk in Meinem Namen tun kann und bald übel von Mir zu reden vermögen wird; denn wer nicht wider uns ist, ist für uns.“ (Mark. 9,38-40) Diese Antwort Des HErrn offenbart uns sowohl Seine Treue, mit welcher Er den Eigendünkel Seiner Jünger aufdeckte, als auch Seine Gnade gegen alle, die Seinen Namen lieben und Seine Autorität anerkennen. Möchten wir alle hieraus eine Lehre ziehen und uns von

der Sünde der Selbsterhebung bewahren lassen! Laßt uns, statt unsere Brüder zu verachten, durch die Gnade lernen, andere höher zu achten als uns selbst und zu sagen: „Der HErr sei gepriesen!“

H. (v. d. K.)

Kleine und mißlungene Wunder.

„Und die Schriftgelehrten taten ebenso mit ihren Zauberkünsten, um die Stechmücken hervorzubringen; aber sie konnten es nicht.“ (2. Mos. 8,18; 2. Tim. 3,9)

Ja, das untrügliche Wort Gottes weiß auch von kleinen und mißlungenen Wundern zu erzählen. Wir tun wohl, immer genau darauf zu achten, was die Heilige Schrift über diesen wie auch über jeden Gegenstand und jede Frage zu sagen hat; sonst werden wir leicht einseitig oder können sogar in gefährliche Irrtümer fallen.

Zunächst konstatieren wir, daß wir niemals in dem Worte finden, daß unser HErr jemals einen kranken Menschen zu heilen versuchte und es Ihm mißlang; oder daß Er angefangen hatte, irgend eine Volksmenge zu speisen, und daß dann das, was Er hatte, nicht genug für alle sei. Niemals finden wir, daß irgend ein Kranker sich etwas oder ein wenig besser fühlte, nachdem ihm der HErr seine heilende Hand aufgelegt hatte; nein, in jedem Falle war die Heilung vollkommen. „Preiset Jehova ... den, der große Wunder tut, Er allein.“ (Ps. 136,4)

Nach der Ausgießung des Heiligen Geistes wurden auch Wunderwerke getan, aber wie bei dem HErrn, so waren es auch bei seinen Knechten vollkommene Wunderwerke - Wunder in der Kraft Gottes. Niemals berichtet die Schrift, daß Petrus oder Paulus den Versuch machten, jemanden zu heilen, und es ihnen mißlang oder daß der Kranke sich ein wenig besser fühlte. Nach der Himmelfahrt des HErrn haben wohl nicht viele den Auftrag oder die göttliche Kraft vom HErrn erlangt, Wunder zu wirken. Paulus fragt: „Haben alle Wunderkräfte?“ (1. Kor. 12,29) Petrus mit Johannes heilten den lahmen, an der Pforte des Tempels sitzenden und betenden

geschrieben, daß durch die Hände der Apostel viele Zeichen und Wunder unter dem Volke geschahen (Apg. 5,12), denn Zeichen, Wunder und mächtige Taten sind die Zeichen des Apostels. (2. Kor. 12,12)

Stephanus hatte auch die Gabe der Heilungen. (Apg. 6,8) Und in einer Stadt der Samariter tat auch Philippus Zeichen. (Apg. 8,6-8) Später lesen wir, wie Paulus einen lahmen Menschen in Lystra heilte (Apg. 14,8-10); auch daß er einen Wahrsagergeist von einer Magd in Philippi austrieb. (Apg. 16,16-18) Aber besonders in Ephesus tat Gott nicht gemeine Wunder durch die Hände des Paulus. (Apg. 19,11.12) Die Schrift aber spricht nur von den Aposteln und von zweien von den Sieben (Apg. 6), daß sie Wunder getan haben! „Johannes (der Täufer) tat zwar kein Zeichen,“ (Joh. 10,41) und wir lesen nicht, daß andere bekannte Diener des HErrn jemals Wunderwerke taten, wie z. B. Barnabas, Silas, Apollos, Timotheus, Titus, Lukas usw. Aus dieser Tatsache sehen wir, daß Gott äußerst selten diese Gabe einem Menschen anvertraut hat oder anvertrauen kann, niemals einem jungen, unerfahrenen oder unwissenden Bruder und überhaupt niemals einer Schwester! Denn schnell erhebt sich das menschliche Herz, und wie gern möchten so viele etwas Außergewöhnliches leisten, um von Menschen bewundert zu werden, daß sie eine solch hohe Stufe der Gottseligkeit erklommen haben! Und das wäre die uralte Zuflüsterung der Schlange: „Ihr werdet wie Gott sein.“ In zwei Fällen taten die Apostel, die die meisten Wunderwerke vollbrachten, Strafwunder, nämlich Petrus, als Ananias und Saphira den Heiligen Geist belogen (Apg. 5,1-11), und Paulus, als er Elymas, den Zauberer, für eine zeitlang mit Blindheit schlug. (Apg. 13,6-12)

Aber einmal ist es den Jüngern mißlungen, einen Dämon auszutreiben, und der HErr schrieb das ihrem Unglauben zu und nicht dem Kleinglauben des Vaters des mondsüchtigen Knaben. (Matth. 17,14-21) Es wäre damals besser gewesen, den Versuch nicht gemacht zu haben, als zu probieren und zu fehlen; und es scheint, als ob sie ohne die Anweisung des HErrn gehandelt hätten. Wohl war jener Dämon eine besondere Art, denn der HErr sagte: „Diese Art fährt nicht aus, als nur durch Gebet und Fasten.“

Die ersten großen Wunder im Alten Testament sind diejenigen, die in Ägypten durch Moses

geschahen. Der Feind aber machte sofort dieses Zeichen nach, denn seine Diener können etwas leisten, auch wenn es vorläufig nichts Großes ist. Ihre Stäbe wurden zu Schlangen. „Aber Aarons Stab verschlang ihre Stäbe.“ (2. Mos. 7,12) Auch sie, die Schriftgelehrten Ägyptens, verwandelten Wasser in Blut und ließen Frösche über das Land heraufkommen. Dann aber bei der dritten Plage, als der Staub der Erde zu Stechmücken wurde, steht geschrieben: „Und die Schriftgelehrten taten ebenso mit ihren Zauberkünsten, um die Stechmücken hervorzubringen; aber sie konnten es nicht.“ (2. Mos. 8,18) Das Wunder mißlang!

Und also schrieb Paulus darüber: „Sie (nämlich solche in den letzten Tagen) werden aber nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden, wie auch der von jenen (den Schriftgelehrten Ägyptens) es wurde.“ (2. Tim. 3,9) Ja, die ägyptischen Zauberkünstler haben in der Tat etwas geleistet, wenigstens taten sie kleine Wunder, aber endlich fehlte alles, denn sie vermochten zuletzt nicht vor Mose zu stehen wegen der Geschwüre. (2. Mos. 9,11) Also war es klar, daß ihre übernatürliche Kraft nicht von Gott war. Mißlungene und verfehlte Wunder zeigen deutlich, daß solche Wunderwerke keine Aufgaben vom HErrn der Herrlichkeit waren. In der Kraft des bösen Feindes kann übermenschliches geschehen, wohl kleine und oft mißlungene Wunder, doch nach der Entrückung der Gemeinde wird die Macht des Feindes zur vollen Blüte kommen, und dann wird in der Tat Großes geleistet, weil unser HErr sagte: „Denn es werden falsche Christi und falsche Propheten aufstehen und werden große Zeichen und Wunder tun, um so, wenn möglich, auch die Auserwählten zu verführen. Siehe, Ich habe es euch vorhergesagt.“ (Matth. 24,24.25) Paulus schrieb: „Dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge“ usw. (2. Thess. 2,9)

Aus der Schrift schließen wir also, daß die volle Entwicklung der teuflischen Macht in der kommenden großen Trübsal unter der Herrschaft des Antichristen sich zeigen wird. Heutzutage, wenn gewisse Menschen Zeichen und Wunder tun wollen, so leisten sie vielleicht schon etwas Übernatürliches, doch wenn es gelingt, so sind die Wunder klein und geringfügig, aber in den meisten Fällen sind sie mißratene Versuche! Daraus schließen wir, daß das, was sie angeblich tun, nicht aus Gott ist, es entspringt einer anderen Quelle, denn unmöglich ist es, kleine oder verfehlte Wunder einem allmächtigen Gott zuzuschreiben! Vielleicht empfangen Kranke

Besserung von dem angeblich wunderwirkenden Wasser zu Maria Lourdes, doch meistens sind es seelische Einwirkungen des Glaubens an das Wasser; das Wasser selbst ist in den meisten Fällen wirkungslos. Vielleicht kommen zuweilen teilweise Heilungen bei den Mormonen, bei der Pfingst- und Zungenbewegung vor, doch die weit größte Mehrzahl sind verfehlte Wunder. Kann eine Bewegung aus Gott sein, wo das Fehlschlagen und Mißlingen das auffallende Merkmal ist?

Wir haben noch einen lehrreichen Fall im Alten Testament. Die Propheten Baals - 450 an der Zahl - wollten Feuer vom Himmel auf ihr Opfer fallen lassen. Sie haben auch etwas geleistet, denn nach 3-4 Stunden des Schreiens, als der Mittag vorüber war und sie von der Aufregung, dem Hüpfen, dem lauten Rufen und dem Blutverlust, indem sie sich mit Schwertern und Lanzen ritzten, körperlich geschwächt wurden, gerieten sie in Entzückung, und der Dämon, dem sie opferten (1. Kor. 10,20), redete durch sie, denn es steht geschrieben: „Da weissagten sie bis zur Zeit, da man das Speisopfer opfert.“ (1. Kön. 18,29) Gewiß war das ein feierlicher Augenblick, als ihre eigene Persönlichkeit aufgehoben wurde, und ein Geist mit einer überirdischen Stimme und vielleicht in einer unbekannten Sprache redete. Es kann sein, daß viele der Zuschauer nun dachten, daß jetzt schon der Augenblick gekommen sei und daß das Feuer fallen würde, um die Hofreligion zu vindizieren (rechtfertigen)! „Aber da war keine Stimme und keine Antwort und kein Aufmerken!“ Der Himmel schwieg, und zu Weiterem ist es nicht gekommen, wie man es auch heute in Sitzungen der Spiritisten und zuweilen in Versammlungen der Zungenbewegung beobachten kann. Wieder bewahrheitet sich das Wort des Apostels: „Sie werden aber nicht weiter fortschreiten, denn ihr Unverstand wird allen offenbar werden.“ (2. Tim. 3,9) Sie schritten wohl zur Weissagung, aber weiter kam es nicht. Wie himmelhoch war der Unterschied zwischen ihnen und Elia! Bei ihm war keine Aufregung, keine hysterische Raserei; bei dem Propheten Jehovas finden wir gesunde Nüchternheit und echten, einfälltigen Glauben nach dem Worte des HErrn, und „da fiel Feuer Jehovas herab und verzehrte das Brandopfer und das Holz und die Steine und die Erde; und das Wasser, das im Graben war, leckte er auf.“ (1. Kön. 18,38) Ja, die Wunder des HErrn sind vollkommen, aber wenn wir nur eine mangelhafte Nachahmung Seiner herrlichen Taten sehen, so sprechen wir solchen Wundern ihren Anspruch, daß sie aus Gott sind, entschieden ab. Und wenn der Prophet

modernen Nachfolgern: „Und von diesen wende dich weg!“ (2. Tim. 3,5) Kleine, verfehlte oder halb gelungene Wunder sind nicht von unserem großen und herrlichen Gott. Die modernen Wunder der Katholiken, Mormonen oder der „apostolischen Glaubensmission“ stehen fast auf demselben Niveau der verfehlten Wunder der Schriftgelehrten Ägyptens oder des Weissagens der Propheten Baals!

In Ephesus tat Gott „nicht gemeine Wunderwerke durch die Hände des Paulus“. Gerade dort aber versuchten andere - nämlich umherziehende, jüdische Beschwörer -, böse Geister auszutreiben, und zwar in Jesu Namen; doch es schlug fehl. Sehr wahrscheinlich hatten diese Verschwörer schon angeblich auf diesem Gebiet etwas geleistet, und zwar in der Macht des Feindes, und ihr Brot dadurch verdient. Aber als sie dann etwas Wirkliches tun wollten, mißlang es ihnen vollständig. Auffallend ist es, daß sie sagten: „Ich beschwöre euch bei dem Jesus.“ Sie sagten nicht: Herr Jesus! Der böse Geist Antwortete: „Jesum kenne ich“, nicht „den Herrn Jesus kenne ich“, denn Ihn wirklich als Herrn zu erkennen kann nur in dem Heiligen Geist sein. (1. Kor. 12,3)

Etwas in der Macht des Bösen zu tun und den Namen Jesus dabei zu mißbrauchen ist furchtbar. Doch das geschieht in unseren Tagen, und das Herz kann so verblendet sein, daß man denkt, es sei gelungen! Denn der HErr sagte so ernst „Viele an dem Tage werden sagen: Herr, Herr! haben wir nicht durch Deinen Namen geweissagt, und durch Deinen Namen Dämonen ausgetrieben, und durch Deinen Namen viele Wunderwerke getan? Und dann werde Ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt; weichet von Mir, ihr Übeltäter.“ (Matth. 7,22.23)

Es kann ja ein Prophet aufstehen, der ein Wunder oder Zeichen ankündigt, welches eintrifft, denn der HErr prüft dadurch die Treue Seines Volkes. (5. Mos. 8,1-5) Wenn er aber ein Abweichen von dem HErrn und Seinem Worte befürwortet oder einführt, so soll niemand etwas auf das erfüllte Zeichen geben, sondern sich allein nach dem Worte richten, auch wenn das Zeichen oder Wunder als groß erscheint, denn früher oder später wird alles offenbar, und der Unverstand kommt an das Licht.

Also wenn wir kleine, mißlungene oder Halbwunder sehen, so erkennen wir, daß solche nicht

vom HErrn sind; denn in der Heiligen Schrift war alles, was Er tat, vollkommen und gut. Wir sprechen hier nicht von Gebetserhörungen, denn das ist ein anderes Thema, und wenn solche Gebetserhörungen herrlich und wunderbar sind, wofür wir dem HErrn unseren Dank nicht genug aussprechen können, so sagen wir niemals, daß wir Zeichen und Wunder getan haben, sondern daß Er das Gebet nach Seiner Weisheit erhört hat. Jakobus schreibt nicht, daß ein Wunder geschehen soll, wenn ein Kranker die Ältesten einer Gemeinde zu sich ruft, sondern daß das Gebet des Glaubens den Kranken heilen wird. Das ist kein Wunder in dem biblischen Sinne des Wortes; der HErr richtet den Kranken auf zu Seiner eigenen Zeit, wie Er Sich z. B. über den Epaphroditus erbarmte. (Phil. 2,27)

F. Btch.

Frage und Antwort

Frage 1

Wie ist die Stelle Luk. 11,50-51 zu verstehen, d. h. wie kann das Blut aller Propheten, welches von Grundlegung der Welt an vergossen wurde, also auch, wie V. 51 steht, das Blut Abels, von diesem Geschlecht, womit doch wohl nur Israel gemeint sein kann, gefordert werden?

Antwort A

Wir stimmen mit dem Fragesteller darin überein, daß mit „diesem Geschlecht“ nur Israel bzw. nur das Volk der Juden gemeint sein kann. Das ist unwillkürlich das Empfinden, wenn man die Verse im Zusammenhang mit dem Vorhergesagten und Nachfolgenden liest, und steht im Einklang mit anderen Schriftstellen, wo von „diesem Geschlecht“ gesprochen wird und offensichtlich immer Israel bzw. das Volk der Juden gemeint ist (Matth. 11,16; 12,39.41.42.46; 23,36; 24,34; Mark. 3,12.38; 13,30; Luk. 7,31; 11,29-32; 17,25; 21,32). In diesen Stellen - ob die Aufzählung vollständig ist, weiß der Schreiber mangels einer zuverlässigen Konkordanz nicht - ist es immer der Herr Jesus, der den Ausdruck „dieses Geschlecht“ gebraucht, indem Er

zu den Juden von ihnen selbst oder zu Seinen Jüngern über das Volk der Juden redet. Daß nicht das zu jener Zeit gerade lebende Menschengeschlecht im allgemeinen, sondern das Geschlecht der Juden ohne Rücksicht auf Zeit in seinem Fortbestand bis zur Zeit der Erfüllung der Worte des Herrn Jesus gemeint ist, zeigt besonders Matth. 23,36 in Verbindung mit den folgenden Versen 37-39, wo der Herr Jesus, im Geiste vor Sich sehend, was über „dieses Geschlecht“ kommen sollte, über Jerusalem klagt und Jerusalem mit „diesem Geschlecht“ von V. 36 eins macht, und Matth. 24,34 (auch Luk. 21,32), wo der Herr Jesus, nachdem Er vorher von den „Zeichen Seiner Ankunft und der Vollendung des Zeitalters“ und von der „großen Drangsal“ und Seiner Ankunft „mit Macht und Herrlichkeit“ gesprochen und in V. 32 auf den Feigenbaum, der im Worte Gottes ein Bild von Israel ist, hingewiesen hat, sagt, daß „dieses Geschlecht“ nicht vergehen werde, bis alles dieses von Ihm Angekündigte, auch heute noch in der Zukunft liegende, geschehen sein wird. Daß dieses auch wirklich geschehen wird, sehen wir deutlich selbst an dem Volk der Juden. Andere Volker, die später erschienen sind, sind längst untergegangen, wieder verschwunden, die Juden aber sind trotz aller Verfolgungen, wie kein anderes Volk solche erlitten hat, und trotz ihrer Zerstreuung ünter alle Völker über die ganze Erde hinheute noch vorhanden als ein Volk, das sich von allen anderen Volkern klar unterscheidet, und Gott wird dieses Volk auch weiter erhalten und jedes Wort erfüllen, das Er über dieses Volk gesprochen hat. Das ist „dieses Geschlecht“ und zwar, wie schon gesagt, ohne Rücksichtauf Zeit: Nicht nur die Juden der Zeit, als der Herr Jesus auf der Erde war und diese Worte redete, und auch nicht nur die Juden, die dann da sein werden, wenn der Herr Jesus am Ende der großen Drangsal wiederkommen wird, sind mit „diesem Geschlecht“ gemeint, sondern diese Bezeichnung schließt die ganze Zeit seines Bestehens - Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bis zum Ende - ein und meint alle, die zu „diesem Geschlecht“ gehörten, gehören und gehören werden.

Nun kommen wir zu der eigentlichen Frage: Wie kann das Blut aller Propheten, auch das Abels, von Israel bzw. den Juden gefordert werden? Sie haben doch nicht das Blut Abels vergossen? Nein, und auch nicht einer ihrer Voreltern, denn sie stammten nicht von Kain ab, der Abel erschlug, sondern von Seth. Es kann also bei dem, was der Herr Jesus Luk. 11,50.51 gesagt

dem Blute Abels nichts zu tun haben. Demnach muß es etwas anderes sein, und zwar ist es offenbar der Herzenszustand, der in Frage kommt. Israel, das seiner Erwählung, Berufung und Stellung nach hätte Gott unter den Völkern bekannt machen sollen, hatte nicht nur darin gänzlich gefehlt und hatte nicht nur dasselbe Böse getan, was die anderen Völker taten, sondern es hatte Schlimmeres getan - es hatte die zu ihm gesandten Propheten, die Boten und Zeugen Gottes, verworfen und getötet. Der erste dieser Zeugen Gottes war Abel. Wenn Israel auch zu Abels Zeit noch nicht war und Abels Blut durch die Hand Kains vergossen wurde, war es vor Gott doch so, daß sie, die die Aussprüche Gottes, die Heilige Schrift besaßen, durch die auch Abel zu ihnen redete, mit der Verwerfung und Tötung der nach ihm zu ihnen gesandten Propheten auch Abels Botschaft und Zeugnis und Abel selbst verwarfen und damit seine Tötung guthießen und dadurch sich seiner Tötung selbst schuldig machten (genau so, wie heute jeder, der den Herrn Jesus nicht annimmt, sich Seiner Verwerfung und Tötung mitschuldig macht). In diesem Sinne war und ist „dieses Geschlecht“, das Volk der Juden, des Blutes aller Propheten von dem Blute Abels bis zu dem Blute Zacharias' schuldig. So war der Herzenszustand der Juden, „dieses Geschlechts“, damals, als der Herr Jesus zu ihnen redete, wie die Verse 47-49 zeigen, und ist er es heute und wird er es sein, bis der Herr Jesus wieder auf diese Erde kommt.

Zum Verständnis der abgefragten Schriftstelle ist es auch noch wichtig, klarzustellen, was darunter zu verstehen ist, daß das Blut aller Propheten von diesem Geschlecht „gefordert“ wird. In der Parallelstelle Matth. 23 sagt der Herr Jesus: „... damit über euch komme alles gerechte Blut ...“; „... dieses alles wird über dieses Geschlecht kommen“ (V. 35.36). Es handelt sich hier nicht um das Gericht vor dem „großen weißen Thron“, vor welchem einst jeder, der nicht geglaubt hat, gerichtet werden wird „nach dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken“ (Offenb. 20,11.12), und auch nicht um das Gericht der Lebendigen vor dem „Thron der Herrlichkeit“ (Matth. 25,31-46), sondern um die Wege Gottes mit diesem Volke in Seiner Regierung (in Seinem Walten), wie wir es sehen in der Zerstörung Jerusalems durch Titus im Jahre 70, der Zerstreuung der Juden unter alle Völker und den vielen und schweren Verfolgungen und Drangsalen, die die Juden im Laufe der Zeit zu erdulden gehabt haben und

„großen Drangsal“, von der wir Dan. 9,26.27; Matth. 24,10-24 und an anderen Stellen der Schrift lesen. So sehen wir schon in der Vergangenheit die Erfüllung des Wortes des Herrn Jesus, daß „das Blut aller Propheten“ von Abel an „von diesem Geschlecht gefordert“ wird und „alles gerechte Blut über dieses Geschlecht kommt“ - wir denken dabei auch an den Ausspruch des Volkes bei der Verurteilung des Herrn Jesus: „Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder“ (Matth. 27,25) -, und wissen, daß dieses Wort des Herrn Jesus sich noch weiter in der Zukunft und in vollem Maße in der „großen Drangsal“ erfüllen wird. Was der Herr Jesus Matth. 23,35.36 und Luk. 11,50.51 angekündigt hat, ist ein Verfahren Gottes mit „diesem Geschlecht“, dem Volk der Juden als Gesamtheit hier auf der Erde und ist, wie schon gesagt, nicht zu verwechseln mit der Schuldfrage des einzelnen Menschen Gott gegenüber, die ihre Erledigung für alle, die nicht geglaubt haben, ganz am Ende der Zeit vor dem „großen weißen Throne“ finden wird. Dort wird für die Ermordung Abels Kain als der Schuldige stehen und gerichtet werden.

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese wahrhaft gottgeschenkte Antwort Bedarf keiner sachlichen Hinzufügung meinerseits. Möge aber solche klare BeAntwortung der schwierigen Frage alle aufmerksamen Leser mit Dank gegen Gott erfüllen.

In dem Vergleich, den der Verfasser in Abs. 2 zieht zwischen der Verwerfung des Herrn Jesus seitens der heutigen Menschheit und der des Zeugnisses der Propheten (und somit auch Abels) damals, sagt er, daß Abel durch die Aussprüche Gottes auch zu ihnen, d. h. zu Israel, redete. Ja, so ist es - und darum ist besagter Vergleich so sehr ernst, berechtigt und überzeugend! -, aber Abel „redet heute noch“, auch zu uns! Wodurch? Durch seinen Glauben und sein Opfer aus Glauben, offenbart uns die Schrift in Hebr. 11,4. Laßt uns also von Abel lernen, was Gott wohlgefällig ist, hat uns doch dahingehend die ganze Geschichte Abels viel zu sagen! (Vielleicht gibt Gott Gnade, darüber in diesem Jahrbuch noch einiges zu schreiben!)

F. K.

Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen.“ (2. Kor. 5,7)

Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen!“ (Hebr.11,6)

 

Die Gemeinden der Heiligen.

Bau, Leib und Herde.

(Fortsetzung.)

Nur in zwei Schriftstellen finden wir, wie bereits gesagt, daß der HErr Selbst von der Gemeinde spricht, und es ist sehr bemerkenswert, daß in diesen beiden einzigen Stellen uns auch der HErr die Gemeinde in ihrer zweifachen Gestaltung zeigt. Das erste Mal (Matth. 16,18) spricht Er von der Gemeinde als der Gesamtheit der Gläubigen des gegenwärtigen Zeitalters und das zweite Mal (Matth. 18,17ff.) von den wenigen (oder auch vielen) Gläubigen eines Ortes, die Ihn als ihren Herrn bekennen und deren Gewohnheit es ist, sich in Seinem Namen zu versammeln. Mit dieser örtlichen Gemeinde konnte jedes Glied sprechen, wie anderseits auch die Gemeinde zu jedem einzelnen in ihrer Mitte reden konnte.

Diese Verschiedenheit und doch wiederum Gleichheit der Gemeinde finden wir auch in anderen Bildern bestätigt, die der Heilige Geist von der Gemeinde gebraucht, um den Charakter, die Aufgaben und Befugnisse sowohl der großen Gesamtgemeinde als auch der örtlichen Gemeinde klarzustellen.

So lesen wir Epheser 2,21: „In welchem der ganze Bau, wohl zusammengefügt, wächst zu einem heiligen Tempel im HErrn.“ Dies ist die eine Seite. Dann folgt die andere Vers 22: „In welchem auch ihr (die örtliche Gemeinde in Ephesus) mitaufgebaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geiste.“

Und ebenso in 1. Kor. 12. In diesem Kapitel wird von der Gemeinde als von einem Leibe geredet. Vers 12 lesen wir: „Denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind: also auch der Christus“. Der Herr Jesus ist das Haupt, und alle die Seinigen sind Glieder und bilden den einen wunderbaren Leib. In Vers 27 dagegen finden wir wieder die andere Seite: „Ihr aber seid Leib Christi, und Glieder insonderheit.“ Der Apostel läßt hier den Artikel „der“ vor dem Worte „Leib“ fehlen. Er konnte der örtlichen Gemeinde in Korinth nicht schreiben: „Ihr seid ‚der Leib‘ Christi“ - dies konnte nur von der Gesamtheit aller Gläubigen gesagt werden, von allen Gläubigen, die durch den Empfang des Heiligen Geistes zu einem Leibe getauft waren. Diese bemerkenswerte Auslassung des Geschlechtswortes „der“ besagt deutlich, daß die Gläubigen in der Stadt Korinth wohl das Kennzeichen des Leibes Christi trugen, sie aber an sich doch nicht den ganzen Leib Christi bildeten.

Wieder ein anderes Bild von der Gemeinde finden wir in den Worten des HErrn in Joh. 10,16. „Ich habe andere Schafe, die nicht aus diesem Hause sind; auch diese muß Ich bringen, und sie werden Meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“ Die Gläubigen aus dem jüdischen Schafhofe und die Gläubigen aus der Heidenwelt sollten alle vereint eine Herde werden. Und auch dieses Bild wird wiederum für die örtliche Gemeinde der Heiligen gebraucht. Paulus ermahnt die Ältesten der Gemeinde in Ephesus: „Habet nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat, die Gemeinde Gottes zu hüten.“ (Apg. 20,28)

Ob also die Gemeinde mit einem Bau, einem Leibe oder einer Herde verglichen wird, wir sehen immer, daß jedes dieser Bilder sowohl für die eine große Gesamtgemeinde als auch für die. einzelnen Ortsgemeinden der Heiligen gebraucht wird, und daraus lernen wir, daß Gottes Gemeinde (von welchem Gesichtspunkte aus wir sie auch sehen mögen) einen einheitlichen Charakter trägt; und es kann nicht anders sein, weil der Herr Jesus mit der örtlichen Gemeinde genau so verbunden ist wie mit der Gesamtgemeinde, deren Haupt Er ist.

Wir finden aber, wie schon auf Seite 4 gesagt, auch Gegensätzliches, und ein wichtiger Punkt

des Gegensatzes ist schon angedeutet worden: „Auf diesen Felsen will Ich Meine Gemeinde bauen.“ (Matth. 16,18) Diese Schriftstelle sagt uns, daß allein Christus der Bauende ist. Hierzu gleichsam im Gegensatz schreibt Paulus 1. Kor. 3,10: „Als ein weiser Baumeister habe ich den Grund gelegt; ein anderer aber baut darauf; ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut.“ Hier sind Menschen die Bauenden, und bei ihnen sind im Gegensatz zu Christo Irrtümer und Fehler möglich, und somit kommt die menschliche VerAntwortlichkeit in Betracht. In den folgenden Versen zeigt der Apostel deshalb die Möglichkeit, daß wir auf den wahren Grund Holz, Heu, Stoppeln bauen können. Ein solches Werk würde die Feuerprobe des künftigen Tages nicht bestehen, und der Verlust würde für uns groß sein.

Angesichts dieser großen VerAntwortung und der Schwere des Anrechtes, nicht nach der göttlichen Ordnung zu bauen, fragt er sie: „Wisset ihr nicht, daß ihr Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1. Kor. 3,16) Wieder läßt der Apostel den Artikel „der“ aus, um zu zeigen, daß die Gemeinde in Korinth nicht der ganze Tempel Gottes ist, obwohl sie den gleichen Charakter trägt. Sie waren mit aufgebaut zu einer Behausung Gottes im Geiste. (Eph. 2,22) (Wir dürfen hier natürlich nicht an den Leib des einzelnen Gläubigen denken, der ein Tempel des Heiligen Geistes ist. Dies ist gewiß wahr, wie wir aus 1. Kor. 6,17-20 sehen, aber darum handelt es sich in obiger Schriftstelle nicht.)

Wir haben also gesehen, daß bei dem Bau der Gemeinde die Möglichkeit des Irrens und Fehlens mit der menschlichen VerAntwortung in Zusammenhang steht, und weiter, daß die ganze Gemeinde in Korinth als Tempel Gottes an dieser VerAntwortung teil hat.

In bezug auf die Gesamtgemeinde hat der Herr gesagt, daß Er der Allein-Bauende sei, und Er fügt dann hinzu: „Und des Hades Pforten werden sie nicht überwältigen.“ (Matth. 16,18) Warum können des Hades Pforten diese Gemeinde nicht überwältigen? Weil das, was der HErr baut, vollkommen ist. Auch nicht ein toter Stein befindet sich in diesem Bau; nur aus lebendigen Steinen baut Er Sein Haus. (1. Petri 2,5) Kein „lebendiger Stein“, den der HErr in Seinen Bau eingefügt hat, kann je aus diesem wieder entfernt werden; kein Glied des Leibes, dessen Haupt Er ist, kann jemals abgetrennt werden; kein Schaf der Herde, welches Er Seiner Gemeinde

zugeführt hat, kann je verloren gehen.

Sobald wir aber von der „Gemeinde“ zu den „Gemeinden“ kommen, finden wir einen großen Unterschied. Der Bau, an dem Menschen bauen, ist nicht vollkommen; was sie in den Bau einfügen, mag wieder entfernt werden müssen, und manche, die einen Teil der Herde bildeten, mögen sich so verirren, daß sie ihren Platz in der Herde verwirken.

Wir sehen, wie wichtig diese Unterscheidungen sind und erinnern an das früher Gesagte. Gott allein fügt jedes Glied Seiner Gemeinde, die Christi Leib ist, hinzu, und zwar ohne daß der Hinzugefügte oder irgend eine Person einzuwilligen hätten oder auch nur davon zu wissen brauchten; aber in „den Gemeinden der Heiligen“ verhält es sich ganz entgegengesetzt. Wenn wir in Apg. 2,42 lesen, daß jene, welche das Wort gern aufnahmen und sich taufen ließen, „verharrten in der Lehre der Apostel, in der Gemeinschaft, in dem Brechen des Brotes und in den Gebeten“, so konnte dieses alles nicht ohne irgendwelche Handlungen von der einen oder anderen Seite geschehen. Es handelte sich hier um eine Gemeinschaft, in der man bleiben oder auch nicht bleiben konnte. Aber man kann nie von einem Gläubigen sagen, daß er ein Glied am Leibe Christi bleiben wolle oder nicht oder daß er beständig verharre, ein Glied des Leibes Christi zu sein! Ob er es selbst weiß oder nicht, er ist eben ein Glied am Leibe Christi! Nichts kann ihn je vom Leibe Christi entfernen. Von einem beständigen Verharren oder Bleiben seinerseits kann deshalb gar nicht geredet werden, ebensowenig wie wir solches von den Gliedern unseres Leibes sagen können. Eine ganz andere Sache aber ist es, wenn wir das Verbundensein in und mit einer örtlichen Gemeinde betrachten. Um in diese Gemeinschaft zu kommen, bedarf es sowohl unseres eigenen Entschlusses und Handelns als auch des Handelns von seiten der Gemeinde für den Eintritt. Ist jemand „drinnen“, so wird er drinnen bleiben, wenn er treu ist; wenn er aber in der Treue fehlt, so kann er wieder hinausgetan werden. Ja, es kann der traurige und ernste Fall eintreten, daß die Gemeinde dem Befehl gehorchen muß: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus.“ (1. Kor. 5,13) Damit kommen wir auf den so wichtigen Aufseher- oder Ältesten-Dienst in der Gemeinde zu sprechen.

Die Aufsicht in den Gemeinden.

Um hierauf einzugehen, laßt uns die Anfangsworte des Apostels in seinem Briefe an die Philipper betrachten. „Paulus und Timotheus, Knechte Jesu Christi, allen Heiligen in Christo Jesu, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern.“ (Kap. 1,1) In vielen Übersetzungen ist das Wort „Aufseher“ mit Bischof übertragen worden. Dieser Ausdruck wird von einem Zeitwort, welches „beaufsichtigen“ bedeutet, hergeleitet, während das Wort „Diakon“ von einem Zeitwort stammt, das den Sinn von „dienen“ hat. Der Brief ist deshalb an alle Heiligen, die in Philippi sind, mit den Aufsehern und Dienern, gerichtet.

Auf den ersten Blick könnte, weil der Apostel seinen Brief nicht an die „Gemeinde“, sondern an „alle Heiligen“ in Philippi richtet, die Vermutung aufkommen, daß der Gemeinde-Charakter diesen „Heiligen“ gefehlt habe. Aber die Tatsache, daß die Gläubigen in Philippi mit den Aufsehern und Dienern zusammen angeredet werden, genügt, solche Vermutung zu widerlegen. Und überdies spricht der Apostel in diesem Briefe auch von den Philippern als von einer „Gemeinde“: „Ihr wisset aber auch, ihr Philipper, daß im Anfang des Evangeliums, als ich aus Mazedonien wegging, keine Gemeinde mir mitgeteilt hat in bezug auf Geben und Empfangen, als nur ihr allein. Denn auch in Thessalonich habt ihr mir einmal und zweimal für meine Notdurft gesandt.“ (Phil. 4,15.16) Gerade die Tatsache der Teilnahme an des Apostels Notdurft beweist deutlich, daß sie miteinander verbunden waren und gemeinsam handelten.

Manche haben auch angenommen, weil der Brief an „alle“ Heiligen in Philippi gerichtet ist, daß deshalb alle Heiligen an irgendeinem Orte die örtliche Gemeinde seien, ohne Rücksicht darauf, ob dieselben zusammenkommen und in Anbetung, im Dienst und gegenseitiger Sorge miteinander verbunden sind oder nicht. Für eine solche Ansicht gibt uns aber Gottes Wort keine Bürgschaft. In den Tagen der Apostel war es eine köstliche Tatsache, daß die Gemeinde in irgendeiner Stadt aus allen Heiligen dieser Stadt bestand, wenn sie sich auch äußerer Umstände wegen in verschiedenen Räumen versammeln mochten. Aber die Gläubigen eines Ortes würden keine Gemeinde bilden, wenn sie sich nicht im Namen Jesu versammeln und so mitaufgebaut würden zu einer Behausung Gottes im Geist. Und gerade diese Worte „mit den Aufsehern und Dienern“ legen hierfür Zeugnis ab. Durch die göttliche Aufsicht und demütige

Hirtensorge wird die Eigenart der Gemeinde am besten gekennzeichnet.

Die Schrift spricht von dem Herrn Jesus Selbst als „Aufseher“: „Ihr seid jetzt zurückgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen.“ (1. Petr. 2,25) So wie Er den Schafen Seiner Herde „Hirte und Aufseher ihrer Seelen“ ist, so bezieht sich der Dienst der Ältesten auch auf die Herde und hat es mit dem „Hüten“, dem „Achthaben“ und der Sorge um die „Seelen“ der Schafe zu tun. In unserer Sprache tritt der lautliche Zusammenhang von Hirt und und Herde nicht so hervor wie in der griechischen Sprache des Neuen Testamentes, in welcher diese beiden Wörter ihre Zusammengehörigkeit schon durch den gleichen Klang bekunden. Das griechische Wort für Hirt ist „Poimen“: „einer, der hütet“, während das Wort für Herde „Poimne“ ist: „das, was behütet oder versorgt wird“. Der HErr sagt uns dies so schön in Joh. 10. Alle Schafe, ob sie aus dem jüdischen Hofe oder aus der Heidenwelt gerettet worden sind, haben Seine Stimme gehört und sind zu Ihm gekommen. Er hat ihnen Leben gegeben. Er führet sie auf grüner Aue. Er ist bei ihnen. Er versorgt und beschützt sie. Sie sind Seine Herde, und Er ist ihr Hirte. So trägt die örtliche Gemeinde dieselben charakteristischen Züge der großen Gemeinschaft, der Christus Hirte und Aufseher ist; „alle Heiligen in Christo Jesu ... mit den Aufsehern und Dienern“ geben ein getreues Abbild von dem, was Gottes Gemeinde sein soll.

Gegenseitige VerAntwortung.

Die Tätigkeit der Ältesten tritt natürlich in dem Wachen über die Seelen der Gemeinde in besonderer Weise hervor, z. B. bei der Aufnahme, dem Empfang in der Gemeinde oder dem Hinaustun solcher, die der HErr gebietet, hinauszutun. Aber doch ist die VerAntwortung nicht einseitig auf ihren Schultern, sondern die ganze Gemeinde trägt die VerAntwortung in ihrer Aufsicht mit. Und nicht allein dieses, es besteht auch eine gegenseitige VerAntwortung. Wenn Petrus einerseits die Ältesten ermahnt, die Herde Gottes zu hüten und die Aufsicht nicht aus Zwang zu führen, so ermahnt er anderseits die Jüngeren, den Ältesten unterwürfig zu sein. (1. Petr. 5,2.5) Wenn jene, die größere Erfahrungen im Worte der Wahrheit besitzen, die Heiligen zu führen suchen, indem sie die Unordentlichen zurechtweisen, die Kleinmütigen trösten, der Schwachen sich annehmen und langmütig gegen alle sind, so werden wiederum die Heiligen

allgemein ermahnt, die anzuerkennen, die unter ihnen arbeiten und ihnen vorstehen im HErrn, und sie über die Maßen in Liebe zu achten um ihres Werkes willen. (1. Thess. 5,12-14)

Gewiß, eine große VerAntwortung ruht auf den Schultern der Ältesten, aber ihre besondere VerAntwortung entbindet die Gemeinde nicht von deren VerAntwortung. Die Gemeinde trägt eine VerAntwortung, an welcher jeder einzelne in seinem Maße Anteil zu nehmen hat. Manche haben kaum ein Bewußtsein davon, daß sie für das Wohlergehen der Gemeinde auch eine VerAntwortung haben. Solche können, wenn die Gemeinde zum Brotbrechen, Gebet usw. zusammenkommt, ohne Gewissensbisse fern bleiben; sie denken gar nicht darüber nach, daß sie durch ihr Fernbleiben die Wohlfahrt der Gemeinde untergraben. Von dieser gegenseitigen VerAntwortung - jeder dem anderen und der Gemeinde gegenüber - hängt so viel für das Wohl der Gemeinde ab!

Es ist wie in einer Familie. Die Schrift heißt zuerst die Weiber, ihren Männern unterwürfig zu sein, die Männer, ihre Weiber zu lieben; dann die Kinder, ihre Eltern zu ehren, und die Väter, ihre Kinder nicht zu reizen; alsdann die Knechte, ihren Herren zu gehorchen, und die Herren, ihre Knechte nicht zu bedrohen; und alle zusammen ermahnt der Apostel, „einander unterwürfig in der Furcht Christi“ zu sein. (Eph. 5,21) Wie wäre es möglich, dieses alles auszuführen, wenn die Glieder eines Haushaltes sich nicht gegenseitig kennten und das Verhältnis, in dem sie zu einander stehen, nicht anerkennen würden?! Genau in dieser Weise ist es auch mit der Gemeinde und den einzelnen Gliedern derselben. Jeder hat die VerAntwortung und auch die Verpflichtungen anzuerkennen und zu übernehmen, wie sie seiner Stellung in der Gemeinde entsprechen. Wohl mag das Maß der Erkenntnis dieser Dinge sehr verschieden sein, aber dies darf keine Schwierigkeit verursachen in bezug auf den Empfang und die Aufnahme von Kindern Gottes in die Gemeinde, die willig sind, dahin geführt zu werden, wo Gott Seine Kinder sehen will.

Das Nötigste, vor allem für die Jüngeren, ist, unterwürfig zu sein. Wie wenig einzelne auch wissen oder verstehen mögen, wenn sie willig sind, zu lernen, und willig sind, sich zu unterwerfen, so können sie glückliche Glieder der Gemeinde des Volkes Gottes werden. Aus

dem, was wir bisher betrachtet haben, ist klar zu ersehen, daß der wichtige Hirten- und Aufseherdienst nur dann in richtiger Sorge ausgeführt werden kann, wenn die Gläubigen als Gemeinde nach dem Muster der Schrift zusammenkommen. Dieses ist so wichtig und grundlegend für das rechte Verständnis von dem, was die Gemeinden der Heiligen sind, daß es nötig sein dürfte, noch einiges weiter auszuführen.

Laßt uns die folgenden Stellen der Heiligen Schrift sorgfältig betrachten:

„Von Milet aber sandte er nach Ephesus und rief die Ältesten der Gemeinde herüber.“ (Apg. 20,17)

„Habet nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher euch der Heilige Geist als Aufseher gesetzt hat.“ (Apg. 20,28)

„Deswegen ließ ich dich in Kreta, daß du, was noch mangelte, in Ordnung bringen und in jeder Stadt Älteste anstellen möchtest.“ (Tit. 1,5)

„Die Ältesten, die unter euch sind, ermahne ich, ... hütet die Herde Gottes, die bei euch ist.“ (1. Petr. 5,1-2)

In diesen Stellen finden wir an verschiedenen Orten Älteste, denen der Heilige Geist die Sorge für die Gläubigen ins Herz gegeben und die die Aufsicht ausübten, daß in Gottes Gemeinde auch alles in gottgemäßer Weise geschah. Die Gläubigen in diesen Orten kannten diese Ältesten in ihrer Mitte, und die Ältesten kannten wiederum jede einzelne Seele, die ihrer Sorge anvertraut war.

(Forts. folgt, s. G. w.)

Verbindungen, die man vermeiden soll.

(Nach einem Vortrag über 2. Chron. 18,1-3; 19,1-3; 20,35-37)

Nur ein paar Worte habe ich zu sagen. Möchte der Geist Gottes sie auf unser Herz und Gewissen legen! Ich glaube sagen zu können, daß in unseren Tagen und vielleicht zu allen Zeiten keine größere Verwüstung unter dem Volke Gottes angerichtet worden ist als durch schriftwidrige Verbindungen.

Gläubige, besonders solche freundlichen, gütigen Wesens, finden es manchmal recht schwer, ein kleines gewisses Wort auszusprechen, das ohne Frage das schwerste Wort für die große Mehrheit der Menschen ist, obgleich es nur aus vier Buchstaben besteht. Es gibt Zeiten im Leben eines jeden Mannes und einer jeden Frau, wo sie es mehr kostet, dieses Wort bestimmt und offen auszusprechen, als jedes andere Wort ihres Sprachschatzes. Es ist das kleine Wort „Nein!“

Haben wir nicht Stunden in unserem Leben gehabt, wo dieses kleine Wort uns auf den Lippen lag und es uns doch so war, als ob wir es nicht aussprechen könnten? Und doch war es das Wort, welches der Geist Gottes offenbar uns auszusprechen drängte. Dies Wort hätte Josaphat aussprechen sollen, da er es aber unterließ, erlitt er schweren Schaden an seiner Seele. Es gibt heute Kinder Gottes, liebe Menschen, tadellos in ihrem persönlichen Leben und unantastbar in ihrer Gottseligkeit, die aber doch, durch den Feind verleitet, unbiblische Verbindungen eingingen. Er weiß, daß direkte Versuchungen ohne Erfolg sein würden, darum versucht er auf Umwegen sie in eine falsche Stellung zu bringen und so ihr Bekenntnis für den HErrn null und nichtig zu machen.

Josaphat war ein Mann, der in den Wegen seines Vaters David wandelte, bei dem viel Gutes gefunden wurde; er reinigte das Land vom Baalsdienste und tat die Götzenhaine hinweg; er suchte den Gott seines Vaters und wandelte in Seinen Geboten. Aber er hatte eine schwache Seite, er gab leicht nach, und die Folge war, daß er sich mit Ahab verband. Wir wissen, wer Ahab war. Unter den Königen von Israel war niemand so berüchtigt wie er. Von seinem Weibe Isebel angestachelt, gab er sich wie kein anderer dazu her, Böses vor dem Angesicht Gottes zu wirken. Ahab war ein Mann, der sich völlig dem Baal - dem Teufel in die Hand gab. Und mit

Kennen wir im heutigen Leben etwas, was diesen Beispielen entspricht? Leider ja. Wenn wir jemanden, der in solcher Weise schweren Anstoß erregt, dem Worte Gottes gegenüberstellen, was sagt er gewöhnlich dann? Er Antwortet wahrscheinlich: „Ich tue es mit den allerbesten Absichten, weil ich diesen Leuten helfen will. Wie kann ich aber dieses tun, wenn ich mich ihnen nicht anpasse?“ Dieser Grund ist ein solcher, daß, wenn jemand in einen Graben fällt, du hinterher hineinfällst, um ihm zu helfen!!

Es wäre weit besser, mit deinen Füßen auf festem Grund zu stehen, denn dann erst wirst du imstande sein, ihm eine helfende Hand zu reichen; denke aber nicht, daß du einem anderen aus dem Schmutze dadurch helfen wirst, indem du selbst hineinspringst. Dies war Josaphats Weg, und es war ein schrecklicher Irrweg.

Was nun geschah, war vorauszusehen: Josaphat half Ahab nicht. Im Gegenteil, statt daß er Ahab half, zog Ahab ihn nieder. Ein unbekehrter Mensch ist ein Mensch, der nur die alte Natur in sich hat, und du, ein Kind Gottes, bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden. Wenn du dich mit ihm verbindest, so wirst du dich in eine Lage bringen, in der die alte Natur, die noch in dir ist, zu deinem großen Schaden wieder stark und lebendig wird; erwacht sie aber zu frischem Leben, so ist Gefahr, daß du fallen und Gott verunehren wirst. Du vermagst einen Ungläubigen nicht zu dem göttlichen Leben emporzuziehen, das du aus Gnaden besitzest und genießest, weil der Ungläubige dieses Leben noch nicht empfangen hat, um es genießen zu können. Höre die Worte aus Josaphats eigenem Munde: „Ich (will sein) wie du.“ Er sagt nicht: „Du bist wie ich geworden, Ahab; ich habe dich zu meinem höheren Leben emporgezogen.“ Nein, er sagt das gerade Gegenteil: „Ich (will sein) wie du.“

Gott hat uns viele Gleichnisse in der Natur gegeben, und gar vieles können wir an ihnen lernen. Nehmen wir an, es sei die Zeit, wo die Apfelbäume abgeerntet werden. Du legst die Äpfel in einen passenden Vorratsraum. Nach einigen Tagen kommst du, um sie genau nachzusehen, ob vielleicht auch einige von ihnen Zeichen der Fäulnis tragen, damit nicht andere durch diese angesteckt werden. Lasse einen faulen Apfel unter vierzig guten, und du wirst bald

einen ganzen Schrank voll fauler Äpfel. Nun, wie herrlich wäre es, wenn du einen guten unter diese schlechten legen würdest und sie nun alle gut würden! Die Obsthändler würden bald glänzend dastehen, wenn sie alle ihre faulen Äpfel nur dadurch in gute verwandeln könnten, daß sie einen guten unter die faulen legten.

Frage mich nun nicht, ob ich glaube, daß, wenn ein Gläubiger sich mit Ungläubigen verbindet, die Gott nicht erkannt haben, dieser Gläubige imstande sei, die Ungläubigen umzuwandeln! Im Gegenteil, er wird vielmehr Gefahr laufen, selbst angesteckt zu werden, und nicht nur Gefahr besteht für ihn, sondern, wenn er in seinem Ungehorsam dem Worte Gottes gegenüber beharrt, wird er sicher angesteckt werden und, befleckt und verunreinigt, früher oder später mit den Worten Josaphats sagen müssen: „Ich bin wie du.“ Wahrhaftig, ein schreckliches Bekenntnis!

Zu Josaphat kam der Prophet Jehu und stellte ihm die treffende Frage: „Hilfst du dem Gesetzlosen, und liebst du, die Jehova hassen? Und um deswillen ist Zorn über dir von seiten Jehovas.“ Einem Menschen vorwärts zu helfen scheint gut zu sein, und sicher ist es gut, wenn derselbe auf dem rechten Wege ist, aber nicht, wenn er auf einem falschen ist. Du hilfst einem Menschen nicht dadurch, daß du ihm auf dem falschen Wege weiterhilfst. Wie furchtbar ist es, wenn ein Gläubiger einen Ungläubigen auf seinem Wege zur Hölle unterstützt. „Hilfst du dem Gesetzlosen, und liebst du, die Jehova hassen?“ Willst du dich mit ihnen verbinden, an ihren Taten teilnehmen und die Grenzlinie verachten, die Gott gezogen hat? Wahrlich, das wäre vom Satan und nicht von Gott. Das Wort Gottes fordert die Gläubigen auf, in ihrem wahren Wesen als Söhne des Lichtes und nicht als Söhne des Ungehorsams dazustehen. Welch wunderbare Kraft würde in der Gemeinde Gottes gefunden werden, wenn diese Mahnung mehr beachtet würde und die Kinder Gottes überall aufstünden und sich von den schriftwidrigen Verbindungen reinigten!

Noch ein Wort! Die dritte Schriftstelle, die ich gelesen habe, sagt uns, daß Josaphat mehr als einmal in dieser Weise sündigte und Gottes richtende Hand schließlich über sich brachte. Das Wort des Propheten Elieser war fest und entschieden. Er sagte: „Weil du dich mit Ahasja verbunden hast, hat Jehova dein Werk zerstört.“ Wie viele von uns werden am Tage der

Belohnung vor Gottes Richterstuhl stehen und ein ähnliches Wort hören! Wird es einen von uns treffen? Wird der HErr vielleicht zu uns sagen: „Du warst sehr eifrig auf deinem Wege, du gingest weit und arbeitetest viel, aber weil du dich mit Dingen oder Menschen verbandest, durch welche Mein Wort und das, was Ich bin, bloßgestellt wurde, so habe Ich deine Werke zerstört, sie sind ohne Wert für Mich.“

Unser einziger Grund und unsere einzige Sicherheit ist das Wort unseres Gottes. Wenn du ernste Unterweisung in dem Worte findest (wie z. B. 2. Kor. 6,14ff.), nicht in einem Joche mit den Ungläubigen zu sein, nicht Gerechtigkeit mit Gesetzlosigkeit, nicht Licht mit Finsternis zu verbinden, so lasse dich nicht auf Erörterungen ein und feilsche nicht darum, sondern sei gehorsam, es koste, was es wolle!

H. (A. v. d. K.)

„Geheimnisse Gottes.“

Solange wir hienieden wallen, werden die Gedanken und Taten Gottes uns Geheimnisse bleiben, die wir nicht ergründen können, bis wir zum Schauen gelangt sind. Wir finden in der Schrift Stellen, die uns solches andeuten. In 5. Mose 29,29 heißt es: „Das Verborgene ist Jehovas, unseres Gottes; aber das Geoffenbarte ist unser und unserer Kinder ewiglich usw.“ In Psalm 25,14 ist das Geheimnis Gottes gleich einer vertrauten Mitteilung an die, welche Ihn fürchten. In Amos 3,7 tut der HErr nichts, Er habe denn Seinen Knechten und Propheten Sein Geheimnis offenbart. Aber wenn wir auch nach 1. Kor. 4,1 Haushalter über Gottes Geheimnisse sind und wenn auch Paulus 1. Kor. 15,51 uns eines der vielen Geheimnisse Seines Willens (Eph. 1,9) anvertraut, wenn auch diese Geheimnisse groß und reich sind und wir die Pflicht haben, über sie zu reden, damit Gott gepriesen werde nach Seiner Würde und Liebe, so ist uns ein Erschöpfen der Geheimnisse unmöglich. Man kann die Wirkung eines Vulkans und die diese begleitenden Ursachen und Gesetze teilweise erkennen, aber nur der hat eine richtige Vorstellung, der den Dingen bis auf den Grund gegangen ist.

Zwei Geheimnisse stehen so groß vor unseren Augen: Sünde und Gnade. In 2. Thess. 2,7 spricht Paulus von dem Geheimnis der Gesetzlosigkeit, Bosheit oder Sünde, welche wirksam sind, und in Eph. 6,19 von dem Geheimnis des Evangeliums. Woher kam die Sünde? Eine solche Frage zu stellen ist zwecklos, weil die Schrift über diesen Gegenstand schweigt. Sie sagt uns nur, was Sünde ist. Wir lernen aus der Schrift, daß Gott Menschen in Seinem Bilde haben wollte: Menschen Seines Wohlgefallens, in Reinheit, ohne Sündennatur und darum ohne Sündenschulden. Es muß ein heiliger und herrlicher Zustand gewesen sein, als Gott mit Seinen Geschöpfen lustwandelte. Aber die ersten Menschen hatten auch eine VerAntwortung: „nicht zu essen vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen“ und nach 1. Mose 2,17 „den Garten Eden zu bebauen und ihn zu bewahren.“ Der Mensch, verführt vom Vater der Lüge, verlor seinen Unschuldstand und wurde unter das angedrohte Gericht gestellt (1. Mose 2,17). Nun tragen Schöpfung und Geschöpf die dunkle Macht der Sünde in sich. Wir sind nicht nur Sünder, weil wir sündigen, sondern weil die Sünde in uns ist, weil die Voraussetzungen zum Guten uns fehlen. Aber Gott, der die Gerechtigkeit ist, kannte eben die Ursache der Sünde als bewußte Empörung gegen Sich und hat die menschliche Sünde als die, die den milderen Charakter des Verführtseins an sich trägt, bestätigt und in Seiner Liebe ihr die Möglichkeit der Erlösung aus Gnaden zugesprochen. Darum ist alles Mühen des Menschen auf die Verbesserung des Fleisches hin zwecklos und nur ein die Gnade hinderndes Tun. Ein Beispiel mag das erläutern.

In einem Bremer Barackenlazarett weilte eine Mutter am Bette ihres Sohnes, eines nach einem ausschweifenden Leben an Gehirnerweichung erkrankten Menschen. Sie geht mit einem Boten des Evangeliums im Anstaltsgarten auf und ab, nicht nur betrübt über den Zustand ihres Sohnes, sondern sie sieht im Geist die vielen Tausende von Jünglingen, welche durch die Sünde in das gleiche Elend gestürzt werden. Da ringt sich von den Lippen der Mutter die ernste Frage: „Kann man nicht die Menschen über Sünde und Sündenfolgen aufklären?“ Da Antwortete der Diener am Wort tiefbewegt: „Haben Sie nicht hier in der Anstalt den kranken Arzt gesehen, der aufgeklärt war und doch an diesen schrecklichen Ort gelangt ist?“ Da steht man vor einem Geheimnis und würde nie eine Antwort Finden, wenn nicht Gott in Seiner Barmherzigkeit durch ein neues Geheimnis uns eine wunderbare Antwort gegeben hätte. Wir lesen 2. Kor. 5,21:

„Den, der nicht Sünde kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm.“ Wer kann auch dieses Geheimnis verstehen. Und doch spricht es die herrlichste Tatsache aus, daß der große Gott über uns Menschen einen Plan hatte, dessen Auswirkung nichts anderes als der Beweis Seiner grundlosen Liebe ist. Dieser vor Grundlegung der Welt gefaßte Erlösungsplan wird uns nötigen, die Ewigkeiten der Ewigkeiten zur Anbetung zu benutzen, und wer anstatt an sich zu denken, ins Meer der Liebe Gottes sich versenkt, wird auch zwischen den beiden Geheimnissen „Sünde und Gnade“, das Geheimnis zur Überwindung der Sünde erkennen. Ein Beispiel mag das klarmachen! Tuberkulose-Bazillen können erst mit 100° Hitze getötet werden. Bei 90° Wärme sind sie noch am Leben. Wenn sie aber in die Sonne gestellt werden, dann sterben sie in kurzer Zeit: Christus ist die Sonne, in deren Strahlen die Sünde überwunden wird. Das ist die große Gottestat, daß der Sohn Gottes für uns als Sühnopfer an das Kreuz genagelt wurde und, beladen mit unseren Sünden, als das Sühnopfer starb. So wie der Israelit im Tempel nach dem Bekenntnis seiner Sünden seine Hand auf das für ihn sterbende Opfertier legte, so durften wir im Glauben unsere Hand auf Ihn legen, der als das Lamm Gottes unsere Sünden hinweggetragen hat.

Aber wir kommen von einem Geheimnis in das andere. Ist nicht das Kreuz mit dem auf ihm vollbrachten Werke der Erlösung auch ein Geheimnis? Es ist ein Hauptstück des Ratschlusses Gottes, die selige Seite im Geheimnis des Evangeliums, schon im Paradiese verheißen, in Jes. 53, Psalm 22, Psalm 69 und vielen anderen Stellen der Schrift verkündigt und vollendet, als der HErr am Kreuze rief: „Es ist vollbracht!“ Ist es nicht ein wunderbares Geheimnis, daß einer stellvertretend für einen anderen starb und dieses Opfer so eine gewaltige Auswirkung hat? Der Unschuldige wird für schuldig erklärt. Das geht ja ganz gegen Menschenrecht, aber Gottes Recht besitzt diese Souveränität, denn nach Psalm 33 kann Er machen, was Er will. Ein ähnliches Bild haben wir im Leben: Die Frau eines Trinkers leidet, weil sie in die Schicksalsgemeinschaft mit ihrem Mann getreten ist; und im Kriege starben viele Tausende für die Gedanken der wenigen Regierenden. Wer aber kann die Wege Gottes begreifen? Zum Missionar Elliot kam ein Indianerhäuptling und sagte: „Indianerrecht ist es, daß ein Indianer für seinen Freund sein Leben zur Befreiung hingeben kann; aber wie kann das Leben des einen

Kupfergeldstück und machte ihnen klar, daß man für dieses nur ein Kupfergeldstück oder den Gegenwert erwerben könne; dann aber zog er ein Goldstück heraus und bewies, daß man mit diesem einen Stück viele Kupfergeldstücke erwerben könne. Nur einer, der Sohn Gottes, konnte „vieler Sünden tragen“ (Hebr. 9,28), die Sünden derer, die an Ihn glauben. Es ist Gottes Recht und Seiner wundervollen Gnade und Liebe würdig, sich in unsere Schicksalsgemeinschaft zu begeben.

Der herrliche Gott hat nun mitten unter die sterbenden Menschen das Kreuz gestellt. Nicht im Fragen und Forschen und Ergründenwollen göttlicher Tatsachen zeigt sich der Glaube, sondern in der Annahme dessen, was Gott gesagt und getan hat. Gott kann nur im Glauben verstanden, und auch nur im Glauben können die Geheimnisse erlebt werden. Möchten wir deshalb in aller Einfalt die Gnade Gottes preisen, die schon vor Grundlegung der Welt über unser Sein und Werden und unsere Vollendung Geheimnisse beschlossen hat, die uns durch das „Geheimnis des Glaubens“ (1. Tim. 3,9) übermittelt werden. Paulus hat ein Wort gesprochen, das nur der Glaubende versteht, das der Welt aber unverständlich bleibt: „Das Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, Torheit; uns aber, die wir errettet werden, ist es Gottes Kraft!“ (1. Kor. 1,18.)

E. v. d. K., H.

Frage und Antwort

Frage 2

Darf man sagen, wie ich bei einer Diskussion hörte, daß Petrus mit der Taufe des Kornelius usw. in Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit gehandelt habe, denn diese Taufe sei nicht nötig gewesen? (Apg. 10,47.48.)

Antwort A

Die Antwort Auf diese Frage wird dadurch bestimmt, ob für Petrus ein Auftrag zu dieser Taufe vorlag oder nicht.

Wirwissen, daß der Herr Jesus nach Seiner Auferstehung vor Seiner Aufnahme in den Himmel von Seinen Jüngern vierzig Tage hindurch gesehen wurde und mit ihnen über die Dinge redete, welche das Reich Gottes betreffen. (Apgesch. 1,3) Hierbei hat der HErr auch betreffs der Taufe Anweisung gegeben, wie uns Matth 28,19 und Mark 16,16 berichten. In Matth. 28,19

lesen wir, daß der HErr - auf Grund der herrlichen Tatsache, daß Ihm alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden (V. 18) - Seinen Jüngern sagte: „Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jüngern, und taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehret sie ...“, und in Mark. 16,16: „Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden ...“. In Matth. 28,19 finden wir die klare und bestimmte Weisung des HErrn an die Seinen, die zu Jüngern gemachten - also an Ihn gläubig gewordenen - Seelen zu taufen: „machet ... zu Jüngern, und taufet sie ...“; und Mark. 16,16 zeigt ebenso klar und bestimmt die von Ihm gewollte Ordnung, daß auf den Glauben die Taufe folgen sollte: glaubt - getauft! Der Zusatz: „wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ läßt deutlich erkennen, daß für die Errettung es allein auf den Glauben ankommt, nicht auf die Taufe, die in diesem Zusatze eben deshalb nicht erwähnt ist (s. hierzu die Ausführungen in „Handreichungen“ 13. Jahrb. - 1928 - S. 89-96); daß aber der HErr trotzdem im ersten Teil des Verses mit dem Glauben, der doch allein errettet, die Taufe verbindet, ist darum, weil nach Seinem Willen an das Gläubigwerden die Taufe sich anschließen sollte und deshalb für Ihn die Taufe eine selbstverständliche Zugehörigkeit zu dem Glauben war.

Wir ersehen aus dem Vorstehenden also den bestimmten Auftrag des HErrn zur Taufe derer, welche glauben, ohne irgendwelche Einschränkung.

Daß dieser Auftrag von den Aposteln und Jüngern des HErrn auch so verstanden worden war und ausgeführt wurde, können wir in der Apostelgeschichte überall sehen, wo uns von der Taufe berichtet wird: immer war es so, daß die, welche gläubig geworden waren, auch gleich

getauft wurden. (Apgesch. 2,38.41; 8,12.36-38; 9,18; 10,47.48; 16,15.33; 18,8; 19,3-5)

Nach allem dem erscheint es vollkommen dem Willen des HErrn gemäß, daß auch in dem Falle des Kornelius mit seinen mit ihm gläubig gewordenen Verwandten und Freunden Petrus die Taufe dieser Gläubiggewordenen anordnete und vornehmen ließ. Darüber, daß sie gläubig waren, konnte kein Zweifel sein, da „der Heilige Geist auf sie gefallen“ war, „denn sie hörten sie in Sprachen reden und Gott erheben“ (V. 44.46), so daß es also nur ein Ausführen des Befehles des HErrn war, wenn sie getauft wurden. Demnach kann keine Rede davon sein, daß Petrus mit der Anordnung dieser Taufe in Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit gehandelt habe.

Hiermit wäre im Grunde die Frage beAntwortet. Aber die Begründung des Vorwurfes gegen Petrus in obiger Frage: „denn diese Taufe sei unnötig gewesen“, erweckt in uns den Gedanken, daß der in der Frage ausgesprochenen Auffassung vielleicht eine Lehre zugrunde liegen könnte, die nicht nur gänzlich unbegründet ist nach der Schrift, sondern dieser sogar entgegenläuft. Deshalb möchten wir versuchen, noch kurz die Irrigkeit dieser Lehre darzulegen. Wir meinen die von manchen vertretene Lehre, jeder Gläubige müsse „die Taufe mit dem Heiligen Geiste“ - die „Geistestaufe“ - erstreben und empfangen, und diese mache die Wassertaufe - um die es sich selbstverständlich bei dem Taufbefehl des Herrn Jesus und bei allen Taufbeispielen in der Apostelgeschichte wie auch Röm. 6,3.4 usw. handelt - überflüssig. Der erste Irrtum dieser Lehre ist die Auffassung über die Taufe mit dem Heiligen Geiste. Von letzterer als etwas zu Erwartendem, was mit den Gläubigen geschehen sollte, ist nur von Johannes dem Täufer und dem Herrn Jesus Selbst gesprochen worden, und zwar von dem HErrn zuletzt nach Seiner Auferstehung, ehe Er in den Himmel auffuhr, also vor Pfingsten. (Matth. 3,11; Mark. 1,8; Luk. 3,16; Joh. 1,33; Apgesch. 1,5) Was mit „Taufe mit Heiligem Geiste“ gemeint ist, ergibt sich deutlich aus verschiedenen die Sendung des Heiligen Geistes und Dessen Wohnen iii den Gläubigen und Sein Wirken betreffenden Aussprüchen des HErrn, nämlich: das Herabkommen des Heiligen Geistes - nach geschehener Verherrlichung des HErrn bei dem Vater - aus dem Himmel auf die Gläubigen und Sein Einziehen in dieselben, um für immer in ihnen zu wohnen, mit all den Wirkungen und Folgen, von denen der HErr gesprochen hatte. (S. Luk. 24,49; Joh. 7,38.39; 14,16.17.26; 15,26; 16,7.13-15; Apgesch. 1,8.) Und diese große, wunderbare

Tatsache geschah an jenem Pfingsttage, der auf die Himmelfahrt des HErrn folgte, wie uns Apgesch. 2,1ff. berichtet wird, in Übereinstimmung mit den Worten des HErrn an Seine Jünger vor Seiner Himmelfahrt, daß sie „mit Heiligem Geiste getauft“ werden sollten „nach nunmehr nicht vielen Tagen“. (Apgesch. 1,5) Das, was an jenem Pfingsttage geschah, war die verheißene und damals der Weisung des HErrn gemäß von den Gläubigen erwartete „Taufe mit Heiligem Geiste“. Diese geschieht nicht wieder und wieder und kann auch nicht wieder geschehen, solange die Versammlung auf der Erde ist, weil der Heilige Geist seit jenem Pfingsten hienieden ist und in jedem einzelnen Gläubigen wohnt, die vielen einzelnen dadurch zu einem großen Ganzen verbindend, für das der Heilige Geist in 1. Kor. 12 das Bild eines Leibes gebraucht, um uns die so durch den Heiligen Geist geschaffene und bestehende wunderbare, unzerstörbare Einheit und die damit verbundenen Beziehungen der Erlösten zueinander usw. in lebendiger Weise vor Augen zu stellen.

In 1. Kor. 12 ist auch die einzige Stelle, wo wir nach Apgesch. 1,5 - bzw. nach dem in Apgesch. 2,1-4 uns berichteten Herabkommen des Heiligen Geistes - noch einmal von „Taufe“ in Verbindung mit dem Heiligen Geiste lesen, indem dort der Apostel V. 13 darauf hinweist, daß das Verbundensein aller Gläubigen zu diesem einen - seit jenem Pfingsten bestehenden - „Leibe“ auf dem „Getauftsein in einem Geiste“ und dem „Getränktsein mit einem Geiste“ beruht, wodurch uns zugleich gezeigt wird, daß die Wirkung der zu jenem Pfingsten geschehenen „Taufe mit Heiligem Geiste“ eine fortdauernde, nicht nur alle damals vorhandenen, sondern auch alle seitdem hinzugekommenen und alle noch weiter hinzukommenden Gläubigen umschließende ist. Daraus folgt auch, daß es sich für alle seit jenem Pfingsten Hinzugekommenen und noch Hinzukommenden nicht mehr um ein Getauftwerden mit Heiligem Geiste, sondern um das Empfangen des Heiligen Geistes handelt und nur um dieses handeln kann: der Heilige Geist, der seit jenem Pfingsten in den jeweils den „Leib“ auf der Erde bildenden Gläubigen wohnt, zieht in jeden neu hinzukommenden Gläubigen ein, und dadurch wird letzterer dem einen „Leibe“ als Glied hinzugefügt und der zu jenem Pfingsten geschehenen „Taufe mit Heiligem Geiste“ teilhaftig. So sagt Petrus Apgesch. 2,38 schon an jenem Pfingsttage nach erfolgter „Taufe mit Heiligem

finden wir es überall späterhin. (Apgesch. 5,32; 8,14-17; 10,44-47; 15,8; 19,2-6; Röm. 5,5; 1. Kor. 2,12; 2. Kor. 1,22; Gal. 4,6; 1. Thess. 4,8)

Etwas anderes ist das „Erfülltwerden“ mit Heiligem Geiste oder „voll Heiligen Geistes“ sein, was vielleicht manche Gläubige in Wirklichkeit mit dem „Getauftwerden“ mit Heiligem Geiste meinen. Wir finden in der Apostelgeschichte wiederholt Beispiele von „Erfülltwerden“ mit Heiligem Geiste. (Apgesch. 2,4 - wo es in Verbindung mit der soeben geschehenen „Taufe“ mit Heiligem Geiste selbstverständlich war -; 4,8.31; 6,3.5; 7,55; 9,17; 13,9.52) Dasselbe setzt das Empfangenhaben, Innewohnen des Heiligen Geistes voraus: „mit Heiligem Geiste erfüllt werden“ oder „voll Heiligen Geistes sein“ kann nur jemand, der den Heiligen Geist hat, in dem der Heilige Geist wohnt. Es bedeutet, daß der Gläubige vom Heiligen Geiste vollkommen beherrscht wird, der eigene Geist und Wille vollkommen zurückgetreten ist und nur der Heilige Geist in ihm Raum hat, was immer in dem Maße der Fall sein wird, in welchem Christus uns groß ist, denn das ist das Werk, die Aufgabe des Heiligen Geistes - „er wird Mich verherrlichen“, sagte der HErr. (Joh. 16,14) Deswegen werden wir ermahnt: „Werdet mit dem Geiste erfüllt.“ (Eph. 5,18)

Der andere Irrtum der obenerwähnten Lehre ist der, daß die Wassertaufe überflüssig sei, wenn jemand den Heiligen Geist habe. Für eine solche Lehre gibt es nicht die geringste Unterlage in der Schrift und kann es auch gar keine geben nach dem, was die Wassertaufe bedeutet. Jene Behauptung zeigt nur, daß die Vertreter dieser irrigen Lehre nicht nur über die „Taufe mit Heiligem Geiste“ eine falsche Vorstellung haben, sondern auch den Sinn und die Bedeutung der Wassertaufe nicht erfaßt haben (s. Röm. 6,4; Gal. 3,27; Kol. 2,11.12; 1. Petr. 3,21). Aber nicht nur das: Der HErr hat den Seinen die klare und bestimmte Anweisung gegeben, die Gläubiggeworbenen zu taufen, ohne irgendwelche Ausnahmen oder Einschränkungen, und Er hat dieses Gebot nie abgeändert oder aufgehoben, so daß dasselbe heute noch genau so besteht wie zu Anfang und demnach jene Lehre, die „Geistestaufe“ mache die Wassertaufe überflüssig,die Beiseitesetzung eines klaren und bestimmten Gebotes des HErrn bedeutet.

Wohin kommen wir, wenn wir die klaren Linien des Wortes Gottes verlassen und menschlichen

Gedanken Raum geben! Hüten wir uns vor jedem Abweichen und lassen wir nur das Wort Gottes über alle Fragen entscheiden! Das tat auch Petrus, als er die Taufe des Kornelius und der anderen mit diesem Gläubiggewordenen anordnete: er hielt sich nur an das Wort des HErrn, wie wir es Matth. 28,19 finden.

Th. K.

Antwort Des Schriftleiters

Diese klare, umfassende Antwort unseres treuen Mitarbeiters bedarf in der Hauptsache wohl keiner Ergänzung mehr, aber da ist noch ein Punkt, welcher der Erwähnung würdig ist, da er möglichenfalls von Gegnern angeführt werden konnte. Auf diesen noch kurz einzugehen, halte ich für meine Pflicht.

Zunächst aber etwas Allgemeines!

Verfasser obiger Antwort sagt zum Schluß: „Wohin kommen wir, wenn wir die klaren Linien des Wortes Gottes verlassen und menschlichen Gedanken Raum geben!“ Ja, so ist es! Aber noch weiter: Wohin kommen wir, wenn wir das Handeln eines Apostels zu kritisieren uns herausnehmen! - Wenn wir, die wir fast 1900 Jahre nach dem Wirken der Apostel Jesu Christi leben, uns für klüger halten denn sie! Verstehen wir etwa den HErrn besser als jene, zu denen Er unmittelbar redete? Von welcher Anmaßung zeugt diese Kritik an dem Verhalten des Petrus!

Ich weiß wohl, daß über die Handhabung der biblischen Wassertaufe unter den Gläubigen der Jetztzeit verschiedene Anschauungen herrschen, und es liegt mir fern, solche Kinder Gottes, die über diesbezügliche grundsätzliche Fragen anders denken als wir (Herausgeber und Mitarbeiter der „Handreichung“), hier jetzt öffentlich anzugreifen, aber wer sich nicht scheut, einem Apostel Jesu Christi bei einer derart in apostolischer Autorität vollzogenen Handlung wie der Taufe des Kornelius „Eigenwilligkeit oder Eigenmächtigkeit“ vorzuwerfen, dem sei hiermit gesagt, daß er es sehr nötig hat, sich zu beugen und zu lernen, was Unterwürfigkeit unter die Schrift bedeutet! Für jemanden, der in dieser Weise über einen in Vollmacht vor dem HErrn

handelnden Apostel zu urteilen wagt, kann man wirklich fürchten, daß er auf noch ernstere Abwege gerate! Hüten wir alle uns vor solcher und anderer Kritik am Worte Gottes! Ja, wohin kommen wir, wenn wir uns derlei erlauben!

Und nunmehr gehe ich über zu dem noch zu erwähnenden Punkte. -

Es könnte gesagt werden: wenn die Sachlage so einfach gewesen wäre wie beispielsweise bei dem Kerkermeister später (Apgesch. 16,30ff.), dann hätte Petrus doch keine Veranlassung gehabt zu dem eigentümlichen halb fragenden Satz: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren ...?“ oder „es kann doch nicht (etwa) jemand ...!“ (V. 47) Nach dieser halben Frage könnte es doch scheinen, als ob er sich selber nicht ganz sicher gewesen wäre in seiner Handlungsweise!? Und warum spricht er von „verwehren“? Wer hätte dazu den Versuch machen können? Klingen diese Worte nicht wie eine Art Verteidigung gegen irgendeinen vielleicht unsichtbaren oder sich, aus was für einem Grunde auch immer, nicht meldenden, aber scharf beobachtenden Gegner? Wenn Petrus als Apostel des HErrn wußte, was er zu tun hatte, warum dann diese anscheinende Abwehr gegen noch verstecke Vorwürfe oder Angriffe, von welcher Seite sie auch kommen mochten? Ein einfacher, knapper Befehl, die Taufe zu vollziehen, ohne erst eine solche halbe Fragestellung hätte doch die Sachlage wesentlich vereinfacht, und kein Mensch hätte je aus dieser Stelle falsche Folgerungen über die Wassertaufe ziehen können!

Ich gebe ohne weiteres zu, daß, wer solche Einwände macht, und zwar nicht, um Kritik zu üben, sondern aus innerer Not heraus, ein Recht hat, gehört zu werden sowie seine Einwände beAntwortet zu sehen. Und das um so mehr, als ja auch diese und andere Erwägungen mit die Grundlage bilden zu einem Irrtum, der vor etlichen Jahren viele Gläubige beunruhigte: der, daß gegenüber den Heidenchristen Tauffreiheit bestünde, d. h. also, daß nur Christen aus Israel getauft werden müßten, solche aus den Heiden aber nicht unbedingt. Gewiß, wer obige Fragen hat und dann von solcher „Lehre“ hört - besser: von solchem „Wind der Lehre“ (nach Eph. 4,14), der ist leicht geneigt, für sich selber die Gläubigentaufe als überflüssig anzusehen. Aber allein schon die einfache Tatsache, daß in der Apostelgeschichte gerade auch die Heidenchristen unbedingt getauft worden sind (vgl. besonders Kap. 16,15.33 und 18,8), sowie

die Lehre über die Taufe nach dem Römer-, Galater- und Kolosserbrief (Röm. 6; Gal. 3; Kol. 2) macht die Hinfälligkeit dieser Lehrmeinung offenbar.

Indem ich von dieser „Lehre“ spreche, greife ich mitten hinein in die Sache selbst. Denn hiermit in Verbindung steht der ganze obige Fragenkomplex, der sich an Petri Worte: „Könnte wohl jemand das Wasser verwehren ...“ anschließt.

Was im Hause des Kornelius geschah, war für einen solchen strengen Judenchristen wie Petrus schlechterdings neu und unvorhergesehen. Wenn Kornelius und die Seinen in solcher Weise zum Glauben, zur Bekehrung gekommen wären, wie es bei den Juden zu Pfingsten und danach (Apgesch. 2 usw.) geschehen war, dann hätte für keinen eine Frage vorgelegen, was geschehen solle; denn dann wäre die Sachlage klar und einfach gewesen, weil nichts Neues für die Sendboten Gottes darin gelegen hätte. Daß Petrus überhaupt in das Haus des Heiden kam, war ja aber schon etwas ganz Besonderes, nicht Selbstverständliches. Ich habe im vorigen Jahrbuch (14) auf Seite 151-158 in dem Aufsatz „Zehn Gesichtspunkte über die Apostelgeschichte“ mich so eingehend mit diesem Gegenstand beschäftigt (unter dem Stichwort: „Die Apostelgeschichte als die Geschichte der großen Auseinandersetzung zwischen Judentum und Heidentum [Judenchristentum und Heidenchristentum ]“), daß ich davon absehen kann, hier diese ganze Sache wieder aufzurollen. (In dem in Antwort A von mir in Fußnote erwähnten Buche von Br. A. v. d. K. ist auch darüber manches gesagt.) Auf einem absonderlichen Wege mußte der Judenapostel lernen, daß „vor Gott kein Ansehen der Person“ und daß „Gott auch der Heiden Gott“ sei (vgl. V. 28.29 u. 34, in Verbindung aber mit dem Wege [V. 9ff.], auf dem Gott Seinen Apostel überhaupt erst nach Cäsarea hinführt). Aber so absonderlich wie sein Weg zu Kornelius, so absonderlich seine Evangeliumsverkündigung und deren Ausgang. Er hatte kaum den Zentralpunkt des Evangeliums genannt (V. 43) - er hatte kaum erst „begonnen“ zu reden (vgl. seine Verteidigung Kap. 11,15!!), da fiel der Heilige Geist auf alle Zuhörer, und zwar in Seinen Zeichen so unbezweifelbar, daß Petrus sofort wußte, diese Heiden sind schon jetzt gläubig geworden (was er gemäß 11,14 erwarten durfte!) und haben das Siegel ihres Glaubens vom HErrn erhalten, aber - und damit komme ich zu der Ursache, weswegen er m. E. seine fragenden Worte: „Könnte wohl ...“, ausspricht! - aber denken auch

sie, die anderen, meine Brüder (nämlich jene 6 mitgenommenen Zeugen aus der Gemeinde in Joppe; V. 23, vgl. mit 11,12) - denken auch sie so? Daß sie „außer sich waren“ über die Tatsache des unzweifelhaften Geistempfangs der Nationen (Heiden) (V. 45), das sah Petrus auch (und er mochte kaum weniger bewegt sein, wenn’s auch nicht dasteht), aber, aber, „verstehen auch sie diese Sache so wie ich? Sehen auch sie, was ich sehe, daß der HErr auf eine außergewöhnliche Weise die Heiden gerettet hat, und vielleicht gerade deshalb, damit wir Juden nicht denken, daß Gott nur eine - unsere - Weise hat, um Menschen zu erretten! - sehen auch sie, daß wir kein Recht haben, diese Gläubiggewordenen aus den Nationen auch nur noch eine Stunde länger von den Segnungen der Gemeinschaft mit der Lehre der Apostel (2,42) auszuschließen?“ Ich bin überzeugt, daß in dem Apostel, der kraft Inspiration (göttlicher Beeinflussung) sofort klar sah, solche oder ähnliche Gedanken auftauchen mußten, denn er wußte doch, daß er, obwohl Apostel, doch in Einmütigkeit mit den übrigen stehen und handeln mußte. Sonst - wenn er diese 6 Zeugen gegen sich hatte, dann würde ihm die später selbstverständlich werdende Verteidigung vor der Muttergemeinde in Jerusalem wohl bitter schwer werden! Ich kann, angesichts der Szene in Jerusalem nach Kap. 11 durchaus zu keinem anderen Ergebnis kommen! Er, der Apostel, mußte die anderen, die in ihrer Bestürzung vielleicht kaum fähig gewesen wären, einen klaren - d.h. verAntwortlichklaren Gedanken zu fassen, jetzt gleichsam „mitreißen“ und auf diese Weise jeglichem Gefühl der Nichtzusammengehörigkeit zwischen den älteren Judenchristen und den jüngeren Heidenchristen und umgekehrt vorbeugen. Er war Führer und hatte große, gottgegebene Führereigenschaften, als von Gott dazu bestellt, den Juden und den Heiden die Tür zum Reich der Himmel aufzuschließen. (Matth. 16,19) Hätte er aber hier als Führer versagt, so hätte ein nicht wiedergutzumachender Schade eintreten müssen (nicht nur können!), und ein Wort wie 11,18 hätte schwerlich je gesprochen werden können, d. h. von solchen, die es sprachen. Denn von diesen VerAntwortlichen gesagt, war es gleichsam ein Programmwort, und mehr als das! Ein herrliches Wort - schlimm, wenn es nie gesagt worden wäre!

Aber der Apostel versagte nicht! Er war auf der Höhe seiner apostolischen Berufung und VerAntwortung. Wer hätte solch ein Jemand sein können, der jenen Jungbekehrten hätte das

aufgetaucht sein, vielleicht, - ausgesprochen ist er nie, er konnte es nicht, denn mit seiner „Halbfrage“ schnitt Petrus in apostolischer Vollmacht jeden Einwand ab, stellte mit dem „gleichwie auch wir“ (kostbar!) jene Heiden auf die gleiche Stufe wie sich selbst mit den übrigen und „befahl“, daß jene getauft würden in der Autorität des Namens des HErrn. Er machte sich - als Apostel - eins mit dem HErrn, Dessen die oberste VerAntwortung ist. Hätte er „das Wasser verwehrt“, dann hätte er „Gott gewehrt“ (11,17). Das ist eines Apostels nicht würdig! - Aber, Geschwister, ist es unserer würdig, des Apostels Wort zu mißachten oder zu kritisieren? Gilt hier nicht auch die mahnende Belehrung von Apgesch. 2,42? Wollen nicht auch wir „verharren“ in diesen Stücken?

Ich bin am Ende meiner Darlegungen, durch die, wie ich hoffe, dem möglichen Einwand begegnet ist, daß Petrus sich selber nicht sicher gewesen sei in dem, was er tun sollte. O ja, er war es, aber der eine oder andere von jenen 6 hätte wohl solch törichter, unverständiger „Jemand“ sein können; jedoch ehe er dazu wurde, ward er durch die klare, unzweideutige Führung des Führers von der Wahrheit überzeugt, und wie glücklichen Herzens mögen dann diese 7 Boten Gottes auf den an Petrus gerichteten Wunsch der so entstandenen Hausgemeinde dort geblieben sein (V. 48b), um ihre jüngsten Brüder weiter in die Wahrheit einzuführen!

Der HErr sei gepriesen, der in jener Anfangszeit die „Steine des Anstoßes“ zu entfernen wußte, ehe sie jemandem hinderlich werden konnten, zu „wachsen in der Gnade und Erkenntnis Jesu Christi“. (2. Petr. 3,18!) Möge es Ihm gelingen, auch uns, die wir dies gelesen haben, zu belehren durch Sein Wort und Seinen Geist, auf daß auch wir die Wahrheit erkennen und durch sie von aller Menschenmeinung und allen trügerischen Einbildungen unserer Herzen frei werden! Denn nur die Wahrheit macht frei! (Joh. 8,32)

„Dein Wort ist Leuchte meinem Fuß und Licht für meinen Pfad!“ (Ps. 119,105)

F. K.

Frage 3

Ist in Phil. 2,4 das in der Elb. Übers. stehende Wörtchen „auch“ am Platze? Wenn es fehlen würde, so käme die Gegenüberstellung doch erst richtig heraus?!

Antwort Des Schriftleiters

Ja, es ist am Platze im Deutschen, denn es steht auch im Grundtext da! Damit wäre die Frage äußerlich beAntwortet, aber es ist uns mit dieser kurzen Antwort noch keine geistliche Belehrung, die zur Auferbauung dienen könnte, gegeben. (1. Kor. 14,3!) Darum habe ich noch einiges hinzuzufügen.

Wir könnten das „auch“ streichen - freilich ohne ein schriftgemäßes Recht, weil es eben dasteht -, aber aus Gründen, wie sie in der „Frage“ berührt sind, und dann -? Dann wären wir scheinbar „geistlicher“, als die Schrift selber ist! Und das ist stets gefährlich! Dazu eine kleine Erinnerung aus zirka 23 Jahre zurückliegender Zeit!

Ein Bruder, den ich während meines Studiums kennen lernte, welcher der vielleicht radikalsten der sogenannten „Perfektionismus“-Richtungen (Sündlosigkeitslehre usw.) angehörte, besuchte mich, um mich für seine (Irr-)Lehre zu gewinnen. Durch Gottes Gnade, die mich bewahrte, gelang ihm dies nicht. Aber dann kam etwas, wodurch ich die ganze Hohlheit jener Lehre erkennen mußte. Ich sagte, ehe er sich verabschiedete: „Nun lassen Sie uns noch zusammen die Knie beugen und beten!“ Da sagte dieser übergeistliche Mann: „Wenn Sie es noch nötig haben zu beten, so will ich Ihnen nicht hinderlich sein, ich bedarf dessen nicht mehr, denn ich lebe in so ungetrübter Gemeinschaft mit dem HErrn, als wenn ich schon buchstäblich im Himmel wäre, wo wir doch auch nicht mehr zu beten brauchen!“ Ich erschrak innerlich aufs tiefste, aber ich kniete nieder und betete - und er? Er dankte Gott, daß er nicht mehr zu beten brauche!! Da erfaßte mich ein wirkliches Gefühl des Grauens. - Einige Zeit später fiel dieser Mann vor aller Welt in eine schreckliche Sünde, und da war’s in jener Gegend mit der

Verführungskraft dieser dämonischen Lehre (1. Tim. 4,1) aus. Nun sah man gleichsam handgreiflich, wohin diese Art von „Vollkommenheit“ führte.

Gewiß ist dies Beispiel aus dem Leben sehr kraß und nicht ohne weiteres anwendbar auf unsere Stelle, aber eines zeigt es uns: die Gefahr dessen, wenn man geistlicher sein will, als die Heilige Schrift ist und lehrt. Angewandt auf die Phil.-Stelle: Wer das „auch“ streicht, der verzichtet darauf (wenigstens tut er so, als ob ...!), auf das Seinige zu sehen, und sieht statt dessen nur auf das der anderen, hat - angeblich - nur die Interessen, die Belange, das Wohl der anderen im Auge! Der ist also wahrhaft selbstlos, und das ist doch eine erhabene Tugend?! Der hat den Egoismus in der Tat überwunden und verdient, gelobt zu werden, weiß es wohl auch, daß er so selbstlos ist, wehrt in „edler Bescheidenheit“, die, ach, gar so fadenscheinig und durchsichtig ist, alles Lob ab und sehnt es doch herbei, um sich im Glanze seiner Selbstlosigkeit zu sonnen! - Aber die Sache hat einen Fundamentalmangel: sie ist nicht biblisch, sie ist selbsterwählt, ist „eigenwillig“ (vgl. Kol. 2,23), nicht „gesund“ (vgl. Tit. 2,8 u. a.).

Nein, es ist vielmehr so: Es gibt ein normales, notwendiges, gesundes Sichbeschäftigen mit den eigenen Angelegenheiten, dem eigenen Nutzen - in welcher Hinsicht es auch sei -, durch das man nicht fühllos für die Sachen anderer wird, sondern im Gegenteil - man lernt daraus, den Interessen anderer in der richtigen Weise zu begegnen und zu entsprechen. Denn was man für sich selber wünscht und schätzt, das wird man aus gottgeschenkter Liebe heraus für den anderen auch wünschen und ihm zu vermitteln suchen. (Matth. 7,12!) Was mir selber schadet, werde ich (aus Liebe) dem anderen zu ersparen wünschen, was mir, meinem Leibe, meiner Seele ein Gewinn ist, werde ich (aus Liebe) dem anderen zugänglich zu machen trachten (vgl. im gleichen Kap. 2 die Verse 19-30: welch köstliches gegenseitiges Wetteifern in Liebe aus der Erkenntnis heraus, was einem selber das Liebste ware! vgl. auch Paulus im 2. Kor.- ober im 2. Tim.- oder im Philemon-Briefe!). Es ist doch auch geradezu so: Das Sehen „auch“ auf das der anderen reguliert das Sehen auf unsere Sachen, gerade so wie die Liebe zum Nächsten die zu uns selbst regeln wird oder kann (oder wie die zu Gott die zu den Seinen in das rechte Verhältnis bringt oder bringen soll). (3. Mos. 19,18; Luk. 10,27; 1. Joh. 5,2) Gewiß haben wir auch Züge noch größerer Selbstlosigkeit in unserem herrlichen HErrn Selbst und können davon

lernen, aber von uns wird nicht mehr verlangt, als wir geben können. - Wohl ist in Vers 21 ein herber Vorwurf enthalten, aber doch nur dadurch ist es ein solcher, weil die Fortsetzung, die zweite Hälfte unseres erfragten Verses 4, nicht dabei steht und weil hier die höchste Instanz genannt ist in dem Mangel jener „aller“: „sie suchen nicht das, was Jesu Christi ist“. Täten sie das, oder könnte Paulus wenigstens ihnen zubilligen, daß sie „auch“ auf das anderer oder des HErrn blickten, dann wäre der Vorwurf beseitigt, denn in rechter Weise das Unsere zu suchen ist naturgemäß (d. h. auch der neuen Natur gemäß!), aber es ist nur die eine Hälfte der Wahrheit.

Ein schlichtes Beispiel: Es ist sicher nicht unrecht, wenn du - ermüdet und elend - etwa in der Bahn dir einen bequemen Platz sicherst. Du bist deinem schwachen Körper Rücksicht schuldig! Aber dann fällt dein Auge auf einen dir bekannten eben eintretenden älteren Bruder oder eine schwächere Schwester, und du siehst ihre Bedürftigkeit! Ist die Entscheidung nun schwer? Gewiß nicht, es müßte denn sein, daß du das „auch“ übersähest! - Und wenn es gar nicht dastünde? Dann hättest du gar kein Recht, an dich zu denken, aber wie unnatürlich wäre das, und wie oft würde dann das Wort übertreten, und wie müßten wir uns dann schämen! - Aber nein! es steht ja da, dieses geistlich-natürliche „auch“, und darum laßt uns nicht übergeistlich in eigenwilliger Selbstlosigkeit unsere Angelegenheiten aus dem Auge verlieren, das Unsere vielleicht gar verkommen lassen, sondern laßt uns dafür sorgen, daß alles, was uns betrifft, in Ordnung sei und dem Willen Gottes gemäß behandelt werde; aber laßt uns ebenso „auch“ bedenken, daß wir, schon nach Vers 3, aber erst recht nach Vers 4 eine VerAntwortung füreinander haben, die VerAntwortung der Liebe - drum so laßt uns „auch“ trachten, wie auf das Unsere, aus Liebe „auch“ auf das der anderen zu sehen!

„Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war!“ (V. 5)

Der HErr gebe uns Gnade dazu!

F. K.

Die Gemeinden der Heiligen.

(Fortsetzung.)

Hirtendienst ist ein persönlicher Dienst.

Das Evangelium kann Tausenden gleichzeitig gepredigt werden. Evangelisten und Lehrer mögen Gottes Wort mit Segen einer großen Zuhörerschaft verkünden, ohne daß der Redner die einzelnen Zuhörer persönlich kennt; Hirtendienst aber muß ganz persönlich und den Umständen des Einzelnen entsprechend ausgeübt werden. Der Herr Jesus sagt: „Ich bin der gute Hirte; und Ich kenne die Meinen und bin gekannt von den Meinen.“ (Joh. 10,14) Dies letztere wird dem Grundsatz nach sicher von jedem wirklichen Hirtendienst zu allen Zeiten gesagt werden können. Der Hirte wird natürlich niemals von der Herde als von seiner Herde reden; sie ist allezeit Gottes Herde und nicht die seinige, so sehr er auch befähigt und begnadigt sein mag, die Herde zu hüten. Aber der Grundsatz bleibt, und jeder gottbegnadete Hirte wird sagen können: „Ich kenne die Schafe, die meiner Sorge anvertraut sind, und sie kennen mich.“ Wie wäre es sonst auch möglich, über ihre Seelen zu wachen? Und wie könnten sie anders seinen Worten folgen? Der Hirten- und Ältestendienst ist Sorge um jede einzelne Seele, eine Sorge, die mit dem HErrn anfangen und enden muß. Denn wie kann ein Ältester die Last eines solchen verAntwortungsvollen Hirtendienstes tragen, wenn er sie nicht um dessentwillen tut, der sie ihm übertragen hat.

Es dürfte hier am Platze sein, auf den Unterschied hinzuweisen, der zwischen Hirten und Ältesten besteht. Hirten sind wie Evangelisten und Lehrer Gaben, mit denen der HErr Seine Gemeinde ausgerüstet hat. Ein Ältester dagegen kann seinen Dienst in der örtlichen Gemeinde, ohne eine besondere „Gabe“ zu besitzen, ausüben. Wir bringen über diesen Unterschied einen kurzen Abschnitt aus der kleinen Schrift „Hütet die Herde“ hier zum Abdruck:

„Es ist nicht unwichtig, zwischen der Hirtengabe eines ‚Hirten‘ (nach Eph. 4) und dem

Hirtendienst eines ‚Ältesten‘ zu unterscheiden. Beide, sowohl die ‚Hirten‘ (nach Eph. 4) wie auch die ‚Ältesten‘, haben es mit der ‚Herde‘ zu tun. - Die ‚Hirten‘ weiden durch ihre Gabe die Herde auf Auen, wodurch das innere Leben mit Christo genährt wird. Die ‚Ältesten‘ hüten die Herde in dem Sinne von ‚habet acht auf die ganze Herde‘ und ‚hütet die Herde ... indem ihr die Aufsicht führet‘. (Apg. 20,28; 1. Petr. 5,2) -

Der Dienst der ‚Hirten‘ besteht in dem Gebrauch ihrer ‚Gabe‘, die Herde zu weiden in ihrem inneren Wachstum und Verbundensein mit Christo. Der Hirtendienst der ‚Ältesten‘ besteht in achthabender Sorge auf die Herde, daß alles dem Erzhirten gemäß sei. - Der Dienst der ‚Hirten‘ umfaßt alle Schafe der einen großen Gesamt herde des großen Hirten. Der Dienst der ‚Ältesten‘ umfaßt dieörtliche ganze Herde, ‚in welcher der Heilige Geist sie als Aufseher gesetzt hat‘.“

In eine örtliche Gemeinde wird niemand hineingeboren.

Das sollte in der Tat einfach und klar sein. Woher aber kommen nun die vielen Versuche, den zwiefachen Charakter der Gemeinde (als Gesamt- und als örtliche Gemeinde, wie wir im Anfang feststellten) zu leugnen? Man sagt uns, es ist wie in einer Familie; wenn ein Kind geboren ist, so ist es ein Glied der Familie, und es braucht nicht erst von den Familiengliedern empfangen oder aufgenommen zu werden, es ist durch die Geburt bereits in den Familienkreis eingetreten, und es wird ihm nur noch die Zuneigung, Sorge, Vorrechte und Freuden des Haushaltes und der Familienglieder entgegengebracht; und ebenso sei es auch mit dem Empfang und der Aufnahme eines Gläubigen in der Gemeinde. Aber jene, welche so reden und schreiben, vergessen immer, uns zu sagen, wann und wie jemand in eine Gemeinde hineingeboren wird. Sie verwechseln gänzlich die große Gesamtgemeinde nach Matth. 16, in welche die neugeborenen Seelen durch die geistliche Geburt tatsächlich hineingeboren werden, und die örtliche Gemeinde nach Matth. 18 und ihre örtliche Begrenzung.

Etwas derartiges wie ein Hineingeborenwerden in eine örtliche Gemeinde gibt es nicht. Denn selbst wenn ein Kind von gläubigen Eltern, die einer örtlichen Gemeinde angehören, durch die

Predigt des Evangeliums bekehrt wird und nie in eine andere Versammlung gekommen wäre, so ist es dadurch noch nicht in die örtliche Gemeinde hineingeboren, sondern es muß durch seine eigene Handlung sowie auch durch eine Handlung der Gemeinde in dieselbe aufgenommen und empfangen werden. Oder

andererseits, wenn jemand an einem ganz einsamen Orte bekehrt würde oder durch die Predigt in einer Kirche, Kapelle, in einem Gasthaussaal oder irgend einem anderen Platz, so ist ein solcher wohl in die große Gesamtgemeinde hineingeboren und ein Glied am Leibe Christi geworden, aber damit noch nicht der örtlichen Gemeinde zugeführt und der Aufsicht und Ordnung derselben unterstellt. Das ist so einleuchtend, daß es nicht nötig sein sollte, noch viele Worte darüber zu machen, und doch ist es der hierüber herrschenden Verwirrung wegen nötig.

Diese Lehrer, welche den Eintritt eines Gläubigen in eine Gemeinde mit der Geburt eines Kindes in eine Familie vergleichen, reden trotzdem von der Sorgfalt, die bei dem Eintritt eines Gläubigen in die Versammlung notwendig ist, und unterscheiden auch zwischen der Aufnahme eines Jungbekehrten und eines Gläubigen, der bereits viele Jahre als solcher bekannt ist. Mit solchen Unterscheidungen widersprechen sie natürlich ihren vorher vertretenen Ansichten, denn sie geben damit zu, daß die Aufnahme des Einzelnen in eine Gemeinde Urteilskraft und treue Sorge von seiten der Aufnehmenden erfordert. Damit aber ist der Vergleich der Geburt eines Kindes in eine Familie mit der Aufnahme eines Gläubigen in eine Gemeinde hinfällig. Die aufnehmende Gemeinde soll den Aufgenommenen mit göttlicher Sorge umgeben. Der in die Gemeinde Eintretende soll ein tiefes Bewußtsein davon haben, daß er jetzt einer Gemeinde angehört, in der er der göttlichen Ordnung unterstellt ist.

Licht und Leben.

Zuweilen begegnet man auch dem Einwurf, es werde nicht das Leben, sondern das Licht zur Grundlage der Aufnahme gemacht. Die, welche diese Einwendung machen, überlegen nicht, was sie sagen. Wie kann das Leben vom Licht getrennt sein? Der Sünder muß Licht von Gott empfangen haben, sonst würde er nicht zum Glauben gekommen sein. Er ist sowohl aus der

Finsternis zum Licht berufen, wie er auch „aus dem Tode in das Leben hinüber gegangen ist“. Natürlich, als er den ersten Schritt des Glaubens tat, verstand er noch nicht alle die wunderbaren und gesegneten Folgen, die damit verbunden waren. Doch es bleibt bestehen, bevor er glauben konnte, mußte ihm das Licht des Evangeliums geleuchtet haben. Wie oft sind unsere Herzen mit Freude erfüllt worden, wenn bekümmerte Seelen, denen wir Gottes Wort brachten, ausriefen: „Jetzt verstehe ich; o, jetzt sehe ich!“ Und wir erwarteten von diesen Seelen zunächst nicht mehr als dies einfache Glaubens-Erfassen ihres Heilandes. Und ebenso, wie ein gewisses Maß von Licht für das Erfassen des Heilandes da sein muß, so muß auch ein gewisses Maß von Licht für den Eintritt in die Gemeinde vorhanden sein. Zwar mag ein Jungbekehrter nur wenig von dem wissen, was dieser Schritt in sich schließt, aber deswegen dürfen wir ihn nicht davon zurückhalten. Soviel Licht jedoch muß er wenigstens besitzen, daß er durch das Wort weiß, daß er sich der Gemeinde anzuschließen hat, denn sonst kann weder vom Glauben noch vom Gehorsam bei einem solchen Schritte die Rede sein.

Wenn wir das, was wir gesagt haben, in Verbindung mit der Taufe betrachten, wird es uns vielleicht noch klarer werden. Wenn wir anstatt Leben Licht zur Grundlage machten, könnten wir dann daran denken, jemand zu taufen, der noch kein volles Verständnis hat über das, was er tut? Wir fordern z. B. nicht erst Licht und Verständnis über die symbolische Bedeutung oder die Lehre der Taufe. Würde aber ein Geistlich-Gesinnter jemanden taufen, der da sagt: „Ich möchte getauft werden, weil mein Freund sich taufen lassen will“, oder wenn er sagt: „Ich möchte getauft sein, weil es in eurer Mitte so Sitte ist“? Sicher, niemand würde dies tun. Wenn aber jemand, der noch unwissend ist, sagt: „Ich verstehe noch nicht, was die Taufe bedeutet, aber ich sehe in der Schrift, daß der Herr Jesus gesagt hat, daß die, welche glauben, getauft werden sollen, und ich wünsche, Ihm gehorsam zu sein“, so ist dies ein völlig genügender Grund, ihn zu taufen. Nun, was ist es anders als Licht? Und doch ist niemand so blind, zu sagen: „Wir machen das Licht zur Grundlage der Taufe.“ Wir taufen und nehmen diejenigen in die Gemeinde auf, die aus Gott geboren sind, und noch andere Beweggründe gibt uns die Schrift, das eine oder andere zu tun. Soviel Einsicht über die betreffende Sache muß jedoch auf der anderen Seite notwendig vorhanden sein, daß der Einzelne fähig ist, zu sagen: „Ich bin

Ihm gehorsam zu sein.“ Wie wäre es sonst möglich, von einem Glaubensgehorsam zu reden?!

Am Ende des Matthäus-Evangeliums beauftragt der HErr Seine Apostel zuerst, sie zu Jüngern zu machen, dann, sie zu taufen, und dann, sie zu lehren, alles zu bewahren, was Er ihnen geboten habe. (Matth. 28,19.20) Es ist daher von größter Wichtigkeit, daß diejenigen, die sich einer örtlichen Gemeinde anschließen, sich bewußt sind, daß sie das tun, was wirklich dem Worte des HErrn entspricht. Wie kann sonst ihr Tun Gehorsam gegen Gottes Wort sein?

Wohinein nehmen wir auf?

Viel Unklarheit herrscht unter den Kindern Gottes über diese Frage. Es ist manchmal darauf hingewiesen worden, daß es sich bei der Aufnahme um drei Fragen handelt. 1. Wer ist aufzunehmen? 2. Wie soll die Aufnahme geschehen? 3. Wohinein werden die Gläubigen aufgenommen?

Über die beiden ersten Fragen herrscht weniger Unklarheit, aber umsomehr über die dritte; und doch ist die BeAntwortung dieser Frage von der größten Wichtigkeit, denn die beiden ersten Fragen haben wenig Wert, wenn sowohl die, welche aufnehmen, als auch die, welche aufgenommen werden, nicht wissen, wohin sie aufgenommen werden.

Wer die auf Seite 3 usw. angeführten Schriftstellen u. a. m. sorgfältig beachtet hat und ebenso das, was wir bereits darüber gesagt haben, dem dürfte eine richtige Antwort nicht schwer fallen. In den erwähnten Schriftstellen fanden wir Gemeinden von Gläubigen, die in dem Charakter „als Gemeinde zusammenkamen“ (1. Kor. 11,18) in gegenseitiger VerAntwortlichkeit. In diesen Gemeinden hüteten Älteste die Herde, und Jüngere in den Gemeinden wurden ermahnt, den Ältesten unterworfen zu sein (1. Petr. 5,1-5) und ebenso ihren Führern zu gehorchen als die da über ihre Seelen zu wachen und Rechenschaft abzulegen haben. (Hebr. 13,17) Wenn in einer solchen Gemeinde jemand durch die Predigt des Evangeliums bekehrt wurde, so wurde ein solcher auch bald mit dem weiteren Weg des Glaubens und Gehorsams bekanntgemacht und darauf hingewiesen, daß er jetzt, nachdem er ein Glied am Leibe Christi

(Apg. 9,26-28) Niemand in den ersten Tagen der Gemeinde zögerte, sowohl getauft als auch der Gemeinde hinzugetan zu werden, und mit Freuden wurden diese Jungbekehrten von der Gemeinde aufgenommen. Niemand von diesen war im Unklaren darüber, wohin sie aufgenommen waren. Die Gläubiggewordenen schlossen sich dem Jüngerkreise, d. h. der örtlichen Gemeinde, an, und die Gemeinde nahm sie als einen Teil von sich selbst auf.

Damit aber, daß solche sich der örtlichen Gemeinde anschlossen, schlossen sie sich nicht der großen Gesamtgemeinde an; das war bereits von Gott geschehen in der Stunde, als sie sich bekehrten; und anderseits wenn eine örtliche Gemeinde jemand aufnahm, wurde ein solcher nicht in die große Gesamt-Gemeinde Gottes aufgenommen. Eine örtliche Gemeinde nahm ihn auf, und damit wurde er aller Vorrechte der Gemeinde teilhaftig, ebenso wie er auch alle VerAntwortung gegen die Gemeinde übernahm.

Von diesen Vorrechten und VerAntwortlichkeiten mochten die Einzelnen zu jener Zeit nur sehr wenig verstehen. Nach Gottes Gedanken aber soll die Gemeinde die Schule sein, in der die Kindlein genährt, versorgt, geleitet und gepflegt werden. Während die Jungbekehrten in aller Unterwürfigkeit als Kindlein ihren Platz in der Gemeinde einnehmen, war den Ältesten die VerAntwortlichkeit auferlegt, sie in alles das einzuführen, was der HErr befohlen hatte.

Auf zwei Irrtümer in dieser Sache möchten wir noch hinweisen. Man hat angenommen, daß, wenn ein Gläubiger von einer Ortsgemeinde aufgenommen ist, er damit einem großen Kreis von Gemeinden (dem die betreffende örtliche Gemeinde angehört) angeschlossen sei. Dieses entspricht den Grundsätzen vieler geistlicher Körperschaften, z. B. der Römischen, der Protestantischen Kirche usw. Wenn ein Säugling von einem beamteten Priester dieser Kirchen besprengt wird, so wird er dadurch in diese Kirche als in eine Gesamtheit aufgenommen. Dieser Irrtum ist nicht nur auf die erwähnten beiden Kirchensysteme beschränkt. Auch der heimgegangene Bruder J. N. Darby hatte bei all seiner wunderbaren Erkenntnis in vielen Lehren des Wortes Gottes sich von dieser Tradition nicht völlig frei gemacht. Nach seinen Gedanken bestand gewissermaßen ein Versammlungs-Leib, nämlich ein derartiges Verbundensein von örtlichen Versammlungen miteinander, daß die Handlung einer

Versammlung alle anderen Versammlungen verpflichtete, diese anzuerkennen, als ob es ihre eigene Handlung sei, und wenn dies nicht geschehe, die Einheit des Leibes dadurch zerstört würde. Obwohl diese von ihm geschaffene, wir möchten sagen, Verbündung von Versammlungen sich längst in viele Bruchstücke zerspaltet hat, hat doch wiederum jedes dieser Bruchstücke sich auf die gleiche irrtümliche Grundlage gestellt und alles, was davon abweicht, als „Unabhängigkeit“ bezeichnet und verworfen.

Der zweite angedeutete Irrtum entspringt gleichsam aus der Ablehnung des ersten. Man sah die traurigen und den HErrn entehrenden Früchte des ersten Irrtums und fiel nun in eine entgegengesetzte Übertreibung, indem man annahm, daß Gläubige sich nirgends anzuschließen haben, somit auch keine VerAntwortung bestehe, Gläubige aufzunehmen und Sorge zu tragen, sie in allem Willen Gottes zu unterweisen.

Es darf uns nicht überraschen, wenn solche, die durch den ersten Irrtum viel gelitten haben und dann entdecken, daß es ein Irrtum ist, leicht in den zweiten verfallen. Sie haben gesehen, wieviel Verkehrtes und Böses durch die Aufrichtung einer Vereinigung von Versammlungen entstanden ist. Sie sind durch die immer wiederkehrenden bösen Früchte der Trennungen dahin geführt worden, anzunehmen, daß hier eine böse Wurzel vorhanden sein müsse. Etwas ganz anderes ist es aber, durch die Prüfung des Wortes Gottes diese Wurzel in einem unschriftmäßigen Grundsatz aufgedeckt zu finden. Eine solche Prüfung durch das Wort, in Demut und im Vertrauen auf die Erleuchtung des Heiligen Geistes, wird uns nicht nur den Irrtum auf der einen Seite aufdecken, sondern uns auch bewahren, in den entgegengesetzten Irrtum (wozu wir so leicht geneigt sind) zu verfallen.

Wenn wir das wahre Wesen der Gemeinden und die Grundgedanken Gottes, nach denen sie gebildet sind, nicht erfassen, so werden die traurigen Folgen nicht ausbleiben. Wie viele Beispiele ließen sich hierfür aufzählen! Wie manche Gläubigen sahen die schriftwidrigen Dinge in den verschiedenen Denominationen. Sie zogen sich daraus zurück, aber nur, um dann selbst wieder mehr oder weniger aufzurichten, was sie aufgegeben hatten. Solche und andere traurige Resultate offenbaren uns den Mangel in der Erkenntnis der Wahrheit. Anstatt geduldig

zu warten und zu lernen, Gottes Gedanken zu verstehen, kommen sie kurzerhand zu dem Entschluß, eine neue Vereinigung zu bilden, zu der nur solche zugelassen werden sollen, welche sich verpflichten, jede Verbindung mit anderen, die sich nicht ihren Bundesregeln unterwerfen, abzulehnen. Ausdrücke wie „in Gemeinschaft mit den Elberfelder Brüdern“ oder „verbunden mit den Offenen Brüdern“ zeigen, daß die, welche so reden, wieder anfangen, schriftwidrige Dinge, die sie verurteilt haben, aufzurichten. Denn solche Ausdrücke entspringen der Vorstellung einer organisierten Körperschaft, während man doch bekennt, frei von einer solchen zu sein. Die solche Reden führen, zeigen nur, daß sie noch nicht zu den göttlichen Grundgedanken und zu dem schlichten Gehorsam der Lehren des Wortes Gottes und der Abkehr von jedem falschen Wege gekommen sind.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Das Weizenkorn.

„Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh. 12,24)

„Es bleibt allein!“ Ganz allein war der HErr, als Er hier auf Erden wandelte - Ihm war niemand gleich. Millionen Menschen wurden in dieser Welt geboren, aber keiner wie Er. Alle wurden aus dem Willen des Fleisches geboren, Er allein war der vom Heiligen Geiste Gezeugte - das Heilige, welches von der Maria geboren wurde. (Luk. 1,35) Ihm wurde von Gott ein Leib bereitet. (Hebr. 10,5) Obwohl Er in der Knechtsgestalt und in der Gleichheit der Menschen war, war Er doch der Heilige, „der Sünde nicht kannte“. (2. Kor. 5,21) Er war das Weizenkorn, das ganz allein blieb.

Viele Kinder waren in Israel im Alter von zwölf Jahren, aber keines war da, über dessen Weisheit und Verständnis die Lehrer Israels außer sich gerieten. Er war ohnegleichen - das Weizenkorn blieb allein.

Tausende standen im Alter von dreißig Jahren, aber niemand von diesen konnte dem Heiligen

Geiste Wohnung sein, denn alle bedurften der Erlösung. Nur in einem reinen Gefäß konnte der Heilige Geist wohnen, und Er war der einzige Reine, auf den Er in Gestalt einer Taube hernieder kommen und bleiben konnte.

Alle Menschen der Welt standen vor dem Auge Gottes, aber einer allein war es, auf den Gott mit Wohlgefallen blickte, über dem Er den Himmel öffnete und Seine Freude über Ihn in dem Ruf ausdrückte: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe!“ (Matth. 3,17) Dieses Zeugnis Seines Wohlgefallens im Anfang des Weges Seines geliebten Sohnes, „alle Gerechtigkeit zu erfüllen“, wiederholte Gott noch einmal, als Er auf dem heiligen Berge war, und dann fügte Er hinzu: „Ihn höret!“ Moses und Elia waren auch auf dem Berge, aber sie mußten zurücktreten - sie waren Ihm nicht gleich. Er allein war der Sohn Seines Wohlgefallens, und Ihn allein sollten sie hören.

Von dem Berge der Verklärung stieg Er herab, um nun den Weg zu gehen, dessen Ende Gethsemane und Golgatha war. Wohl gingen Seine Jünger mit Ihm, und dennoch, allein stand Er im ringenden Kampfe. Nicht eine Stunde konnten sie mit Ihm wachen. Auf Mitleiden hatte Er gewartet, aber keines war da, und auf Tröster und keine gefunden. (Ps. 69,20) Alle verließen Ihn und flohen. Das Weizenkorn blieb allein.

Von Gethsemane führte der Weg nach Golgatha. Wenn der Hohepriester ins Heiligtum hineinging, um Sühnung zu tun, so durfte kein Mensch in dem Zelte der Zusammenkunft sein. (3. Mose 16,17) Und so allein war Er, als Er auf Golgatha die Sühnung für unsere Sünden vollbrachte. Allein, verlassen von Menschen, verlassen von Gott, umgeben von dem Dunkel der Finsternis, hing Er am Kreuze. Dieses Alleinsein vermag kein menschliches Herz zu erfassen. Allein trank Er den Kelch, den auch nur Er allein zu trinken vermochte. Nur mit Anbetung können wir Ihn anschauen.

Nicht nur war Er das Weizenkorn, welches in Seinem Leben und in Seinen Wegen allein blieb in dieser Welt, Er blieb auch allein in Seiner Freude, in Seinem Leiden, in Seiner Liebe, in Seiner Arbeit. Er Selbst sagt: „Ich habe eine Speise zu essen, die ihr nicht kennet.“ (Joh. 4,32)

die Freude des Mannes der Schmerzen und der Tränen; niemand konnte Seine Leiden verstehen und teilen, niemand Seine Hingabe, Seinen Dienst in der Knechtsgestalt erfassen. In dem, was Seine Seele genoß und empfand, stand Er ganz allein. Er hatte eine Speise zu essen, die niemand kannte. Wo wir Ihn auch betrachten von der Krippe bis zum Kreuze, immer sehen wir, daß Er gänzlich abgesondert war von allen anderen Menschen sowohl in Seiner Natur als in Seinem Empfinden, in Seinem Wesen, in Seinem Dienst, in Seinen Freuden, in Seinen Leiden. Immer war Er das Weizenkorn, das allein blieb.

*

„Wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ Wieviel liegt in diesen wenigen Worten. Er, das wahre Weizenkorn, blieb während Seines ganzen Lebens allein. Aber dann kam die Stunde, von welcher der HErr durch den Mund des Propheten sagt: „In den Staub des Todes legst Du Mich.“ (Ps. 22,15) Das Weizenkorn wurde in die Erde gelegt, um zu sterben und viel Frucht zu bringen. Wenn es stirbt, dann sprießt der Halm hervor, dann die Ähre, und dann der volle Weizen in der Ähre. Den Halm möchten wir mit dem Auferstandenen vergleichen, die Ähre mit der Frucht Seiner Auferstehung, den vollen Weizen in der Ähre mit den vollendeten herrlichen Resultaten Seines Todes und Seiner Auferstehung.

Während Er, das Weizenkorn, in Seinem Leben und in Seinem Tode allein blieb, blieb es in Seiner Auferstehung nicht mehr allein - in die Erde gelegt, sollte Er nicht mehr „Wie ein einsamer Vogel auf dem Dache“ sein. (Ps. 102,7) Rund um den auferstandenen Halm des in die Erde gefallenen und gestorbenen Weizenkorns sammeln sich die vielen Weizenkörner. Er, der das Leben Selbst ist, gibt als der Auferstandene Leben allen denen, für die Er starb. Nun ist das Weizenkorn nicht mehr allein, es hat „Brüder“ und „Genossen“ - Er ist das Haupt eines großen Geschlechtes geworden. Die erste Botschaft des Auferstandenen galt Seinen Brüdern, indem Er zu Maria sagte: „Gehe hin zu Meinen Brüdern ...“ (Joh. 20,17)

*

Wenn der HErr Sich auch nicht schämt, uns Seine Brüder zu nennen, so ist Er doch der

„Erstgeborene“ vieler Brüder, ein Abstand von zweitausend Ellen bleibt zwischen Ihm und uns bestehen. (Jos. 3,4) Gottes Ratschluß ist, daß Er in allen Dingen den Vorrang - den ersten Platz habe. Wir sind Glieder, Er aber ist das „Haupt“. Wohl hat Er uns zu Königen und Priestern Seinem Gott und Vater gemacht, aber Er ist der große Hohepriester und „der König der Könige und der HErr der Herren.“ Er hat etliche von den Seinigen gewürdigt, Hirten Seiner Herde zu sein, aber Er ist der „Erzhirte“ und der „große Hirte“ Seiner Schafe. Er nennt uns Seine Genossen; aber Er ist gesalbt mit Freudenöl über Seine Genossen. Mit welcher Sorgfalt wacht der Heilige Geist über Seine persönliche Oberhoheit! Wie hoch hat Gott Ihn über alles im Himmel und auf Erden erhoben! Ihm soll sich jedes Knie beugen, „der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekennen, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ (Phil. 2,10.11) Der, welcher in Niedrigkeit als ein Mensch auf der Erde wandelte, in dem wohnte die Fülle der Gottheit leibhaftig. Nie hörte Er auf, Gott zu sein, und nie wird Er aufhören, Mensch zu sein, obwohl Er „über allem ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit.“ (Röm. 9,5) Niemand als Er allein vermochte Sich auf Grund des Rechtes auf des Vaters Thron zu setzen. In allem diesem ist Er noch ganz allein.

Es wird unsere ewige, nie aufhörende Freude sein, Ihn in Seiner Herrlichkeit anzuschauen, die Er bei dem Vater hatte, ehe die Welt war, und Ihn zu erhöhen als den Einen, der allein würdig ist, alle Huldigung zu empfangen.

So erfreuen wir uns, wenn wir Ihn anschauen in Seiner Herrlichkeit als das Weizenkorn, welches in Seinem Leben und Tode allein blieb. - Und wiederum erfreuen wir uns und sind glücklich über unsere gegenwärtige und ewige Verbindung mit Ihm, dem in die Erde gefallenen und auferstandenen Weizenkorn. - Und anbetend schauen wir die Herrlichkeit Seiner Person an, in welcher Er erhöht über Seine Genossen immer und ewig allein sein wird.

(N.) A. v. d. K.

Ein bedeutsames „Darum daß ...“

1. Mose 22,18.

Was auch immer Jehovah dem Abraham verheißen hatte, wie auch immer Er nach und nach im Verlauf der dem 12. Kap. folgenden Kapitel von 1. Mose ihm Seine Verheißungen wiederholte, sie vertiefte und dadurch das gewaltige Wort vom Anfang: „Ich will dich segnen, und du sollst ein Segen sein!“ (12,2) mit gottgemäßem Inhalt füllte - einerlei: die eigentliche Bestätigung jener köstlichen Verheißung erfuhr der Segensträger erst nach jener Handlung in seiner Lebensgeschichte, die ihn (und alle, die nachmals davon lasen und lesen) am tiefsten gebeugt, ja sein ganzes Sein aufgewühlt haben muß, wie nichts vorher und nachher: nach der - in Gottes Augen - tatsächlich ausgeführten Opferung - nicht Ismaels - sondern Isaaks, seines einzigen Sohnes, den er lieb hatte (22,2)!

Es wäre eine dankenswerte Aufgabe, einen Vergleich zu ziehen zwischen jener Austreibung des Sohnes nach dem Fleisch, Ismaels (Kap. 21), und der unendlich viel ernsteren, tieferen, ergreifenderen, aber auch in ihrer vorbildlichen und sonstigen Bedeutung kostbareren Opferung Isaaks (Kap. 22). Es wäre für uns sicher ein Gewinn, wenn wir uns in die Seele des Vaters versetzten, der seine beiden Söhne herzugeben bereit sein mußte, den einen, den Sohn der Magd Hagar mit derselben, den anderen, den Sohn der Sarah, ohne daß er wußte, wie Jehovah ihm Seinen Segen aufrechterhalten würde, wenn Er ihm den Isaak nähme - und er war doch mehr bereit, Ihm diesen zu geben, weil er im Glauben urteilte, daß Gott ihn ihm auch aus den Toten wieder zu erwecken vermöchte (von woher er ihn auch im Gleichnis empfing! Hebr. 11,17-19!), als jenen, den er dem Fleische nach gern behalten hätte. Ich sage, es wäre dankenswert, sich näher hiermit zu beschäftigen, aber diese wenigen Bemerkungen mögen genügen, uns die Tragweite einer solchen Gegenüberstellung anzudeuten - was ich aber hier betonen möchte, ist ein anderes!

Je und dann mag Gott von uns - nicht nur unseren „Ismael“, sondern unseren „Isaak“ fordern; sind wir bereit, ihn zu geben? Wie dem auch sei, ob wir diese bildliche Sprache verstehen oder nicht, Segensmenschen werden wir nur auf dem gleichen Wege, auf dem Abraham es

kein Hindernis, um Abraham zu dem Segen zu machen, der er sein sollte für alle Nationen, ja, auch für uns, die wir als Gläubige „mit dem gläubigen Abraham gesegnet werden“ (Gal. 3,9), aber diese göttliche Seite der Angelegenheit mußte ergänzt werden durch die menschliche, durch die Gott erst im Blick auf uns (gleichsam wie in Joh. 11,42!) das Wort aussprechen konnte: „Denn nun weiß Ich, daß du Gott fürchtest ...“ (V. 12). Jetzt war der Glaube Abrahams erwiesen, ja - und „weil“ er dieses getan und seinen Sohn Ihm nicht vorenthalten hatte, deshalb ward ihm die Verheißung in herrlichstem Maße bestätigt (V. 13-17). Und dann folgt auch die Bestätigung jenes Wortes von dem Segen für die Nationen, und da sagt Gott jenes „Darum daß“! Wie sagt Er? „... darum daß du Meiner Stimme gehorcht hast!“ Also mit anderen Worten: Der Segen für die Nationen - obwohl längst in Gottes Ratschluß und längst dem Abraham verheißen - hing praktisch ab von Abrahams Gehorsam! Wie kostbar und auch tief bedeutsam ist das doch! Wer könnte den Ernst, aber auch die Kostbarkeit dieses „Darum daß“ übersehen!

Abrahams Gehorsam - die Quelle der Segnungen für die Nationen, bis auf uns hin! Welch ein erhabener Gedanke, Gottes würdig, der in Seiner Verheißung die Grundlage schuf, auf der ein Abraham seinem Gott so zu vertrauen lernte, daß er Ihm sein Liebstes dahingab und dafür sehen durfte, daß sein williger, unbedenklicher, schrankenloser Gehorsam von Gott nicht nur nicht übersehen wurde, sondern als erfüllte Vorbedingung für die Erfüllung der Verheißung gewertet ward! Wahrlich, unser Gott handelt stets Seiner Selbst würdig!

Was sagt diese Sache uns, Geliebte? In voriger Lieferung schon wurde in dem Aufsatz „Verbindungen, die man vermeiden soll“ besonders am Schluß auf den Segen unbedingten Gehorsams hingewiesen. Und ich glaube das Gleiche hier tun zu sollen!

Gewiß ist keiner unter unseren gläubigen Lesern, dem es gleichgültig wäre, ob er zum Segen für andere ist (in kleinerem oder größerem Umfang) oder nicht! Ja, möchten wir aber wirklich anderen zum Segen sein? Wie werden wir es? O, die göttliche Verheißungsgrundlage ist ja auch uns gegeben, die wir durch Glauben „Abrahams Söhne“ sind (Gal. 3,7[.9]), die wir Kinder Gottes sind, in Christo Jesu erwählt zum Fruchtbringen (Joh. 16,16) usw. Jetzt kommt's nur

noch darauf an, daß auch wir gehorsame Leute sind, Menschen, auf die das „Darum daß“ zu seiner Zeit sinngemäße Anwendung findet! Wenn Gott von uns im einzelnen praktischen Fall sagen kann: „... darum daß du Meiner Stimme gehorcht hast“, dann werden wir ganz sicher in dem betreffendem Einzelfall anderen nicht nur zum Segen sein können, sondern auch wirklich sein! Bedenken wir doch, Geschwister, von unserem Gehorsam - im Einzelfall! Isaaks Opferung war für Abraham auch ein „Einzelfall“, der gerade an jenem Tage, unter jenen Umständen, gerade nach dem Verlust Ismaels usw. geschehen mußte - von unserem Gehorsam hängt es ab, ob Menschen, denen wir vielleicht längst gern hatten zum Segen sein wollen, wirklich gesegnet werden oder nicht! Wir können ihnen geradezu zum Unsegen werden, wenn wir unserem Gott in irgendeinem Einzelfall nicht glauben und darum nicht rückhaltlos gehorchen! Wirklich! es ist ebenso kostbar wie ernst, daß von unserem „Darum daß“ soviel positiv oder negativ, im guten oder im schlimmen Sinne, abhängen kann! Es würde keinem von uns schaden, wenn wir jetzt unser Gewissen und unser geistliches Leben durchforschten und uns, vielmehr den HErrn, fragen, ob da ein Punkt ist, wo Er Gehorsam von uns erwartet hat, und wir hätten ihn noch nicht erfüllt. Wenn der Heilige Geist uns jetzt an irgendetwas erinnert - laßt uns, durch Seine genügende Gnade, die für uns da ist, eilen, den von Ihm erwarteten Gehorsam zu üben, nicht nur, weil es stets unser Bestreben sein sollte, unserem Gott Freude zu bereiten durch einen schnellen, kindlichen Gehorsam (vgl. das bereitwillige „Hier bin ich“ Abrahams in 1. Mose 22!), sondern auch (im Zusammenhang unseres Textwortes) um solcher willen, die nur „darum daß“ wir auf des HErrn Stimme hören, gesegnet, vielleicht gar gerettet werden! Wieviel Unsegen geht von Gläubigen aus, die z. B. bezüglich einfacher, klarer Schriftworte zu sagen wagen: „Ach, das ist nicht so wichtig!“ (vgl. Jahrb. 7, S. 160), oder von solchen, die es nicht genau nehmen mit den Dingen des Alltags, mit den „kleinen Füchsen, die den Weinberg verderben!“ (Hohel. 2,15) Pauli Wort aus Apg. 24,16: „Darum übe ich mich auch, allezeit zu haben ein Gewissen ohne Anstoß vor Gott und den Menschen“ kann und sollte uns hierin und in allen möglichen Dingen ein Leitstern sein, um uns im Gehorsam zu üben. Das wird nicht ohne Segen für uns und durch uns für andere sein!

Möchte darum auch über uns gewissermaßen gesagt werden können: „euer Gehorsam ist zur

Gehorsam gedenken“ (2. Kor. 7,15), und möchten wir im „Gehorsam gegen die Wahrheit“ nach 1. Petr. 1,22 wandeln usw. - dann werden wir sicher „glückselige Leute“ sein wie die, welche beständig vor Salomo standen (1. Kön. 10,8, was die Königin von Scheba sagt!), und wir werden auch gesegnete Leute sein, „darum daß“ wir auf des HErrn Stimme hören, nicht um sie als „vergeßliche Hörer“ nicht zu beachten, sondern um sie zu tun. (Jak. 1,22) Denn unser Gott hat an nichts mehr Gefallen als am Gehorsam. (1. Sam. 15,22)

Der HErr gebe uns durch Seinen Geist Licht und Weisheit, zu erkennen, „was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm. 12,2), „darum daß“ wir ihn tun möchten zu Seiner Ehre, zu unserem Gewinn und zum Segen für andere!

F. K.

Frage und Antwort

Frage 4

Ist das Erscheinen des „Sohnes des Menschen“ nach der Drangsal nach Matth. 24,30 für die Gläubigen oder für das Volk der Juden zu denken?

Antwort

Wir nehmen an, daß der Fragesteller mit „Gläubigen“ diejenigen meint, welche die Versammlung (Gemeinde) - den „Leib“, die „Braut“ - Christi bilden, und daß in obiger Frage unausgesprochen die weitere Frage eingeschlossen ist, ob die Entrückung dieser Gläubigen - und die ihr vorangehende Auferstehung der Entschlafenen und Verwandlung der in jenem Augenblick auf der Erde noch lebenden Gläubigen (1. Kor. 15,51.52; 1. Thess. 4,13-17) - vor der großen Drangsal oder nach derselben stattfindet. Denn das Erscheinen des „Sohnes des Menschen“ nach der großen Drangsal kann ja nur für Menschen sein, die dann auf der Erde sind, und wenn es für die eben bezeichneten Gläubigen wäre, müßten sie, soweit sie nicht

entschlafen sind, nach der großen Drangsal noch auf der Erde sein, und es würde demnach die Entrückung erst nach der großen Drangsal sein. Wenn dieses nicht der Gedanke des Fragestellers wäre, wäre nicht zu verstehen, was er bei der Gegenüberstellung von „Gläubigen“ und „Volk der Juden“ im Auge hat. Dann würde in der Frage das „Volk der Juden“ in Gegensatz gestellt sein zu den dann auf der Erde lebenden „Gläubigen“ - und es werden Gläubige da sein, wie wir weiter unten noch sehen werden - und es müßte dann unter dem „Volk der Juden“ der ungläubige Teil des Volkes der Juden verstanden werden. Es wäre dann aber nicht zu verstehen, wieso der „Sohn des Menschen“ entweder für die dann auf der Erde lebenden Gläubigen oder nicht für diese, sondern für die ungläubigen Juden kommen sollte. Aber offenbar ist letzteres nicht der Sinn der Frage, sondern es sind mit „Gläubigen“ die zur Versammlung gehörenden Gläubigen und mit „Volk der Juden“ das irdische Volk Gottes gemeint.

Zur Klärung der Frage wird es am nützlichsten sein, gleich erst festzustellen, ob die die Versammlung auf der Erde bildenden Gläubigen noch auf der Erde sein werden, wenn das in Matth.24,30 angekündigte Erscheinen des „Sohnes des Menschen“ geschieht, oder nicht - also, ob die „Entrückung“ vor der großen Drangsal stattfindet oder nach derselben.

Wir wissen, daß das Wort Gottes einen Unterschied macht zwischen den Erlösten, die für die himmlische Herrlichkeit berufen sind, und den Erlösten, die für das messianische Segensreich auf der Erde berufen sind, also zwischen Erlösten himmlischer Berufung und Erlösten irdischer Berufung. Für die einen sowohl wie für die anderen stellt das Wort Gottes das Wiederkommen des HErrn als ermunternde Hoffnung vor die Augen, aber in so verschiedener Weise, daß man deutlich zwei verschiedene Kommen des HErrn unterscheiden kann:

Den Erlösten himmlischer Berufung sagte der HErr vor Seinem Weggang, daß in dem Hause Seines Vaters viele Wohnungen seien und daß Er hingehe - zum Vater -, ihnen eine Stätte zu bereiten, und daß Er wiederkommen und sie zu Sich nehmen werde, auf daß, wo Er sei, auch sie seien. (Joh. 14,2.3) Er sagt also, daß Er sie in den Himmel holen werde. Da spricht Er von keiner Zeit und keinen vorhergehenden Ereignissen; sie sollten ständig auf Ihn warten!

Den Erlösten irdischer Berufung, wie wir sie in Matth. 24,15-31 und 25,34-40 vor uns sehen, aber sagte Er nicht, daß Er kommen und sie zu Sich nehmen werde, sondern daß Er zu ihnen kommen werde, dahin, wo sie sind, auf die Erde (Matth. 24,30.31), zu ihrer „Erlösung“ (Luk. 21,28), also zu ihrer Errettung und Befreiung aus ihren Drangsalen und Nöten und zu ihrer Einführung in das Reich, dessen König Er ist. (Matth. 25,34-40) In Verbindung mit diesem Kommen spricht der HErr von ganz bestimmten Ereignissen, die diesem Kommen vorangehen und an denen die Seinen erkennen sollen, daß Sein Kommen nahe ist. (Matth. 24,29.32.33) Auch uns gibt das Wort Gottes ein klares Bild in bezug auf dieses Kommen: Demselben geht die große Drangsal voraus; und diese wiederum kann erst kommen, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind: Israel muß wieder in seinem Lande - Palästina - sein als ein politisch anerkanntes Volk und muß einen König haben und einen Tempel mit einem nach dem Gesetz Moses eingerichteten Opferdienst usw.; das römische Reich muß vorhanden sein, und der Bund mit diesem nach Dan. 9,27 muß geschlossen sein. -

Wenn Er Sein Wort einlöst, das Er Seinen Erlösten himmlischer Berufung gegeben hat, wird Er „herniederkommen vom Himmel“, aber nicht auf die Erde, sondern nur bis „in die Luft“, wohin die Seinen werden „entrückt werden in Wolken“, Ihm entgegen, um so „allezeit bei Ihm zu sein“ (1. Thess. 4,16.17), und im Blick auf dieses Kommen sagt das Wort nicht, daß die anderen Menschen Ihn sehen werden - und sie werden Ihn nicht sehen! -; wenn Er aber für die Erlösten irdischer Berufung kommt, dann wird Er auf die Erde herabkommen, wie schon oben gezeigt worden ist, und „Seine Füße werden auf dem Ölberg stehen“ (Sach. 14,4), und „sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen“ (Matth. 24,30), und „jedes Auge wird ihn sehen, auch die ihn durchstochen haben“ (Offenb. 1,7); und weil Er zu den Seinen auf die Erde herabkommt, werden sie nicht Ihm entgegen entrückt, sondern zu Ihm „versammelt“. (Matth. 24,31)

Wann geschieht nun das Kommen des HErrn zur „Entrückung“ bzw. die „Entrückung“ selbst, wenn dieses Ereignis von dem des Kommens des „Sohnes des Menschen“ nach Matth. 24,30, welches nach der großen Drangsal stattfindet, zu unterscheiden ist, wie wir oben gesehen

haben? Auch dieses ergibt sich deutlich aus dem Worte.

In dem Gleichnis der „zehn Jungfrauen“ (Matth. 25,1-13) gingen die fünf klugen Jungfrauen zur Hochzeit ein, als der Bräutigam kam, und die Tür ward verschlossen, und die törichten Jungfrauen blieben draußen, worin wir ein Bild davon haben, daß die die Versammlung (Gemeinde) bildenden Erlösten in die Herrlichkeit eingehen, wenn der HErr kommt, während die nicht dazugehörenden Namenchristen zurückbleiben. Dies zeigt deutlich, daß auf die Entrückung der himmlischen Heiligen erst noch die Zeit folgt, in der Gott mit den nicht zur Versammlung gehörenden Menschen Seine Wege geht, die in der großen Drangsal gipfeln, die Entrückung also vor der großen Drangsal sein wird.

In 2. Thess. 2 ist von dem Geoffenbartwerden des „Menschen der Sünde“, des „Sohnes des Verderbens“, die Rede (V. 3 und 4), und es heißt dann: „Und jetzt wisset ihr, was zurück hält, daß er zu seiner Zeit geoffenbart werde. Denn schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam; nur ist jetzt der, welcher zurückhält, bis er aus dem Wege ist, und dann wird der Gesetzlose geoffenbart werden ...“ (V. 6-8). Wir wissen, daß hier von dem Antichristen und der Zeit die Rede ist, die mit dessen Geoffenbartwerden beginnt und „die große Drangsal“ genannt wird, und wir sehen, daß der Eintritt dieser schrecklichen Zeit durch das Vorhandensein dieses „was“ und dieses „der, welcher“ aufgehalten wird und erst dann geschehen kann, wenn beides aus dem Wege sein wird. Was und wer kann dies sein? Irgendeine menschliche Sache oder Einrichtung und irgendeine menschliche Person? Nein, niemals! Wie könnte irgendwelche menschliche Macht jener satanischen, alle unsere Vorstellungen übersteigenden Macht, die in dem Antichristen verkörpert und in der großen Drangsal tätig seni wird, widerstehen und sie zurückhalten? Wer solches denkt, vergißt, daß es sich um die Macht Satans handelt, oder er unterschätzt diese in ganz unbegreiflicher Weise! Nein - keine menschliche Macht, sondern nur Gottes Macht vermag dieses „Zurückhalten“ zu bewirken, und diese ist gegenwärtig in der Person des Heiligen Geistes, der in den Gläubigen wohnt. So ist kein anderer als der Heilige Geist „der, welcher zurückhält“, und die Versammlung (Gemeinde) das, „was zurückhält“, weil sie das Gefäß des Heiligen Geistes ist! So ist die Versammlung durch den in ihr wohnenden Heiligen Geist der Damm, der das Verderben aufhält, „bis er aus dein Wege ist“,

und deshalb ist der Weg für das Verderben erst dann frei, wenn die Versammlung weggenommen - also entrückt - ist, weil dann der Heilige Geist nicht mehr auf der Erde ist. (Der Heilige Geist ist immer da, aber nicht in dem Sinne wie in der Zeit von Seinem Herabkommen an jenem Pfingsttage bis zur Entrückung der Versammlung, die Seine Wohnung auf der Erde ist.) Also erst dann, wenn die Versammlung nicht mehr auf der Erde ist, kann die große Drangsal beginnen. Daraus ergibt sich klar und zwingend, daß die Entrückung der Versammlung vor der großen Drangsal stattfinden muß!

Als drittes Bild wollen wir noch die „vierundzwanzig Ältesten“, die wir in der Offenbarung von Kapitel 4 an finden, kurz betrachten. Diese können ihrer Beschreibung und Erscheinung nach - priesterliches und königliches Wesen, ihr Platz, ihr Verhalten und Tun! - nicht Engelwesen, wie manche Schriftausleger meinen, sondern offenbar nichts anderes als ein Bild der entrückten, verherrlichten himmlischen Heiligen, also in erster Linie - wenn nicht ausschließlich - der entrückten Versammlung in der Herrlichkeit, sein. Und diese „vierundzwanzig Ältesten“ sehen wir, nachdem in Kap. 2 und 3 die Geschichte der Versammlung auf der Erde im Blick auf ihre verAntwortliche Seite prophetisch gezeigt worden ist, von Kap. 4 an in dem Himmel, ehe „das Lamm“ die „Siegel“ bricht und die von Kap. 6 an geschilderten Gerichte - und schließlich die große Drangsal - über diese Erde kommen. Die „Entrückung“ der Versammlung ist in diesem Buche nicht erwähnt, weil nicht zu dem Gegenstand und in den Rahmen desselben gehörend, aber der durch die Entrückung der Heiligen stattfindende Wechsel des Ortes wird uns in den „vierundzwanzig Ältesten“ klar vor Augen gestellt und zeigt uns so deutlich, wie es überhaupt nur gezeigt werden kann, daß die „Entrückung“ vor der großen Drangsal sein wird! -

Zum Schluß sei noch auf das bekannte wunderbar treffende alttestamentliche Bild von der „Entrückung“ der Versammlung hingewiesen, welches wir in der Entrückung Henochs haben, von der wir in 1. Mose 5,24 und Hebr. 11,5 lesen. Henoch wurde entrückt, ehe die Flut - ein Bild der großen Drangsal - kam, durch welche Noah mit den Seinen - ein Bild von dem gläubigen Israel - in der Arche hindurchgerettet wurde, um dann auf der gereinigten und erneuerten Erde deren Segnungen zu genießen - ein Bild vom Tausendjährigen Reiche. Dieses Bild (Henoch - Noah) ist sehr klar und zeigt so deutlich, wie es deutlicher nicht sein kann, das, was wir schon

in den obigen Betrachtungen immer gefunden haben: daß die „Entrückung“ der Versammlung vor der großen Drangsal stattfindet.

Und: Was für Sinn würde es haben, auf das Kommen des HErrn zur Entrückung als etwas zu warten, was jeden Augenblick geschehen kann, wenn erst gewisse Dinge vorhanden und gewisse Ereignisse geschehen sein müßten, die noch nicht vorhanden und noch nicht geschehen sind, sondern noch in der Zukunft liegen? Wäre das nicht widersinnig? Ganz gewiß! Aber die Gläubigen seit dem Herabkommen des Heiligen Geistes warteten auf die Entrückung, und auch wir warten auf sie, Seinem Worte gemäß, welches uns dazu ermuntert und auffordert. (Luk. 12,35-38; 2. Kor. 5,2-4; Phil. 3,20.21; 1. Thess. 1,10; Offenb. 22,20)

Auch das Bild des „glänzenden Morgensterns“, in dem der Geist Gottes in Offenb. 22,16 den HErrn uns vorstellt, deutet auf das Kommen des HErrn für die Seine Versammlung oder „Braut“ bildenden Seinen - und damit auf ihre Entrückung - vor der großen Drangsal hin. Denn der Morgenstern wird gesehen, wenn es noch Nacht ist, von denen, die während der Nacht wachen, und das ist jetzt und tun wir jetzt, wartend auf den HErrn. Nach dem Erscheinen des „glänzenden Morgensterns“ (dem Kommen des HErrn zur Entrückung der auf Ihn wartenden Seinen) kommt der Tag, welcher sein wird „brennend wie ein Ofen“ usw. - das ist die Zeit der Gerichte und der großen Drangsal -, und dann wird „die Sonne der Gerechtigkeit“ aufgehen „mit Heilung in ihren Flügeln“ für „die, welche Seinen Namen fürchten“ (Mal. 4,1-3) - das ist das Kommen des HErrn „mit Macht und großer Herrlichkeit“ am Ende der großen Drangsal. Und dann werden die Seinen, welche himmlischer Berufung sind, mit Ihm kommen und mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit, weil sie bereits mit Ihm vereinigt sind in Herrlichkeit! (Kol. 3,4; 1. Thess. 3,13; 2. Thess. 1,10; Jud. 14.15; Offenb. 17,14; 19,14)

Wir wissen auch, daß die Zeit der Versammlung (Gemeinde) auf der Erde eine Einschaltung in die göttliche Zeitrechnung ist und daß diese Einschaltung vor der letzten Jahreswoche nach Dan. 9,24-27 endet. In dieser eingeschalteten Zeit ist die Versammlung das Gefäß des Geistes und der Träger des Zeugnisses der Gnade Gottes auf der Erde. Was hätte die Versammlung nach Schluß dieser eingeschalteten Gnadenzeit in der dann folgenden Zeit der Gerichte und der

großen Drangsal noch auf der Erde zu suchen? Sie hat dann keinen Platz mehr auf der Erde, sondern gerade ihre Entrückung vor der großen Drangsal bildet den Abschluß dieser eingeschalteten Gnadenzeit! -

Es ließe sich noch vieles mehr über diesen Gegenstand sagen, aber das Gesagte genügt völlig, um klar zu zeigen, daß die Entrückung der die Versammlung auf der Erde bildenden Gläubigen vor der großen Drangsal stattfindet und daher das Erscheinen des „Sohnes des Menschen“ nach der großen Drangsal nicht für diese Gläubigen ist.

Somit bleibt uns nur noch übrig, zu untersuchen, für wen die Erscheinung des „Sohnes des Menschen“ ist. Ist sie für das irdische Volk Gottes, wie der Fragesteller als die andere Möglichkeit anmutet? Ja, aber nicht nur für dieses, sondern sie hat es mit allen dann auf der Erde lebenden Menschen in der einen oder anderen Weise zu tun, wie wir unschwer erkennen können, wenn wir beachten, daß der HErr dann als „Sohn des Menschen“ erscheint, und etwas davon verstehen lernen, was dieser Name in bezug auf den HErrn bedeutet. Darum wollen wir diesen Gegenstand einer kurzen Betrachtung unterziehen.

Der HErr Selbst bezeichnet Sich viele Male als „Sohn des Menschen“. Diese Bezeichnung - in den Evangelien immer nur aus dem Munde des HErrn Selbst - kommt in den Evangelien 82mal vor. Die betreffenden Stellen alle aufzuführen, wollen wir unterlassen. Dann finden wir diese Bezeichnung noch einige Male im Neuen Testament auf den HErrn bezüglich: Apgesch. 7,56; Hebr. 2,6; Offenb. 1,13 und wohl auch 14,14. Außerdem kommt der Ausdruck im Alten Testament auf den HErrn bezüglich in Ps. 8,4(-8) und Dan. 7,13(-14) vor. Aus diesen Stellen finden wir, daß die Bezeichnung „Sohn des Menschen“ alles das ausdrückt, was mit dem Menschsein des HErrn in Beziehung zu dieser Erde verbunden ist. Wir führen hiervon an, ohne Anspruch darauf, erschöpfend zu sein:

Seine Niedrigkeit, als Er auf der Erde war (Matth. 8,20; Hebr. 2,6.7a; Ps. 8,4.5a);

Seine Vollmacht auf der Erde (Matth. 9,6; 12,8);

Seine Leiden und Seine Auferstehung (Matth. 17,9.12.22; 20,18.19.28; 26,2.24.45);

Seine Himmelfahrt (Joh. 6,62);

Seinen Platz jetzt, während Er auf den Zeitpunkt Seiner Wiederkunft wartet (Matth. 26,64; Apgesch. 7,56);

Seine „Ankunft“ mit Macht und großer Herrlichkeit (Matth. 16,27; 24,27.30.37; 25,31);

daß Er aus dem Himmel ist (Joh. 1,51; 3,13);

daß Er der vom Vater, Gott, versiegelte Geber der Speise ist, „die da bleibt ins ewige Leben“ (Joh. 6,27);

daß Er Selbst die lebengebende Speise ist (Joh. 6,53-58);

daß Er der Vergelter und der Richter ist (Matth. 16,27; 25,31-46; Joh. 5,27; Offenb. 1,13-16; 14,14-16);

daß Er von Gott verherrlicht ist (Joh. 12,23; 13,31);

daß Er mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt ist (Ps. 8,5b; Hebr. 2,7b);

daß Ihm das „Reich“ gehört (Matth. 13,41);

daß Er der Herrscher und König ist über alle Völker (Dan. 7,13.14; Matth. 19,28; 25,31.32);

daß Er zum Herrscher gesetzt ist über die Werke Gottes und alles Seinen Füßen unterworfen ist (Ps. 8,6-8; Hebr. 2,7b-8a).

Die Summe von allem diesem ist, daß der HErr als „Sohn des Menschen“ der Mensch ist, der dem Herzen Gottes vollkommen entspricht und in dem Sein Ratschluß in bezug auf diese Erde seine vollkommene Erfüllung findet. Darum hat Er das Recht, auf der Erde Gericht zu halten

Er „mit Macht und großer Herrlichkeit“ kommen wird, um dieses Recht geltend zu machen und zu verwirklichen. Darum auch hat dieses Kommen nicht nur mit dem Volk der Juden bzw. dem Volk Israel zu tun, sondern mit allen dann auf der Erde lebenden Menschen: Für den gläubigen Überrest Seines Volkes Israel und die, welche aus den anderen Völkern das dann von den gläubigen Juden verkündigte „Evangelium des Reiches“ angenommen haben, kommt Er als der sehnlich erwartete Erretter aus großer Drangsal und aller Not, und sie werden sich unter Seinem allm ächtigen Schutze freuen und in Sein Friedens- und Segensreich eingehen; für die anderen aber kommt Er als der unerbittliche Richter, der alles vollkommen kennt und weiß und Dessen unantastbares Urteil sie der gerechten Strafe überliefern wird. (Ps. 97-99 u. a.; Dan. 12,1-3; Sach. 14, Mal. 4,1-3; Matth. 25,31-46; Offenb. 19,11-21)

Gemäß der obenerwähnten Bedeutung des Namens „Sohn des Menschen“ - daß er alles das ausdrückt, was mit der Menschheit des HErrn in Beziehung zu dieser Erde verbunden ist - gebraucht der Heilige Geist diesen Namen für den HErrn niemals in Seiner Beziehung zu der Versammlung (Gemeinde), welche nicht dieser Erde, sondern dem Himmel angehört (auch nicht Offenb. 1,13, da es sich dort nicht um die Versammlung in ihrem himmlischen Charakter, sondern um einzelne örtliche Versammlungen und die in diesen vorgebildete menschliche Seite ihrer VerAntwortlichkeit auf der Erde handelt), und darum auch nie in Verbindung mit dem Kommen des HErrn zur Entrückung der Versammlung. Im Einklang hiermit kommt der Name „Sohn des Menschen“ auch nie in den Briefen vor, mit der einen Ausnahme von Hebr. 2,6, aber auch da nur in einer Anführung aus dem Alten Testament und in Beziehung zu „dem zukünftigen Erdkreis“. Wenn der Heilige Geist diesen Namen für den HErrn gebraucht, handelt es sich immer um etwas, was in Beziehung zu dieser Erde steht, wie dieses auch bei dem Kommen des HErrn „mit Macht und großer Herrlichkeit“ -nach der großen Drangsal der Fall ist.

Uns gegenüber ist der Herr Jesus immer der „HErr“. Hat aber darum der Name „Sohn des Menschen“, wenn er für den HErrn gebraucht wird, für uns keine Bedeutung? O sehr viel! denn alles, was dieser Name des HErrn an Segen und Herrlichkeit in sich birgt, ist in seiner ganzen Fülle auch unser, die wir „Glieder Seines Leibes“ sind und als Seine „Braut“ im innigsten Verhältnis der Liebe zu Ihm stehen! Als was wir auch immer Ihn betrachten mögen - wie

herrlich ist Er!

Th. K.

Frage 5

Was sind das für Heilige, mit denen der Herr Jesus nach 1. Thess. 3,13 ankommen wird („... bei der Ankunft unseres Herrn Jesus mit allen Seinen Heiligen“)?

Antwort

Um feststellen zu können, was das für Heilige sind, müssen wir erst untersuchen, was unter der „Ankunft“ des HErrn zu verstehen ist. Dieses Wort - im Griechischen „Parousia“, welches auch mit „Gegenwart“ übersetzt werden kann - kommt gerade 24mal im Neuen Testament vor. Davon allein 16mal wird es auf das Kommen des HErrn bezogen und einmal auf das Kommen des Tages Gottes. (2. Petr. 3,12) Wir geben hier die Stellen wieder, wo es auf das Kommen des HErrn bezüglich vorkommt, damit der Leser sich selbst ein Urteil bilden kann: Matth. 24,3.27.37.39; 1. Kor. 15,23; 1. Thess. 2,19; 3,13; 4,15; 5,23; 2. Thess. 2,1.8; Jak. 5,7.8; 2. Petr. 1,16; 3,4;

1. Joh. 2,28. Fast in allen Stellen übersetzt die Elberfelder Bibel das Wort mit „Ankunft“. Doch wird dasselbe Wort in Verbindung mit anderen Personen und Gegenständen - z. B. 2. Kor. 10,10; Phil. 2,12 - mit „Gegenwart“ übersetzt. Ferner vergleiche man noch die restlichen Stellen: 1. Kor. 16,17; 2. Kor. 7,6.7; Phil. 1,26; 2. Thess. 2,8.9, um kennenzulernen, wie der Heilige Geist dieses besondere Wort an anderen Stellen und mit anderen Gegenständen verwendet. Man hat nun dieses besondere Wort mit Seinem Kommen für die Gemeinde (Versammlung) und Seinem Kommen mit der Gemeinde (allen Heiligen) ohne große Unterscheidung verbunden, was man ja in einem gewissen Sinne auch tun kann. Doch möchten wir Wert darauf legen, daß dieses Wort doch ur sprünglich, anfänglich und fast ausschließlich mit Seinem Kommen mit Seinen Heiligen, d. h. Seinem Offenbarwerden - Epiphania -

verknüpft ist. Als das Geheimnis der Entrückung der Gemeinde durch den Apostel Paulus enthüllt wurde und die Art und Weise, wie es vor sich gehen wird (vgl. 1. Thess. 4,13-18 und 1. Kor. 15,51-58), verbindet der Geist Gottes dieses Wort auch mit Seinem Kommen für die Gemeinde, weil in diesem besonderen Ausdruck Seine persönliche Gegenwart gegeben wird (so ist in allen Stellen des Neuen Testaments immer die leibliche Gegenwart der betreffenden Person damit verbunden, nie nur die dem Geiste nach wie Kol. 2,5), die selbstverständlich bei Seinem für die Welt unsichtbaren Kommen für Seine Gemeinde notwendig ist. Doch hat Seine „Ankunft“ mehr mit Seiner Offenbarung und der Offenbarung Seiner himmlischen Heiligen in Herrlichkeit und Seiner Gegenwart in Beziehung zur Erde zu tun. Es ist auch wichtig, zu bemerken, daß dieses Wort nie für Sein Kommen in Niedrigkeit Anwendung findet, sondern nur für Sein übernatürliches Kommen in sichtbarer Herrlichkeit. Ferner ist zu beachten, daß dieses Wort nicht nur für das Kommen des HErrn, sondern auch für alle anderen Stellen, die den HErrn nicht persönlich betreffen, wenn auch nicht etwas Außergewöhnliches (obwohl letzteres auf den HErrn angewandt wohl gesagt werden kann), so doch etwas Besonderes bedeutet.

Wenn es sich um Seine Erscheinung handelt, was mit dem Worte „Epiphania“ ausgedrückt wird, kann nur Sein Offenbarwerden vor aller Welt gemeint sein. (Vgl. 2. Thess. 2,8; 1. Tim. 6,14; 2. Tim. 1,10; 4,1.8; Tit. 2,13) Seine sichtbare Erscheinung ist der Hauptgegenstand der alttestamentlichen Propheten und der neutestamentlichen Apostel, weil es in besonderer Weise mit Seinem Reiche als Offenbarung Seiner Macht und Herrlichkeit in Beziehung steht. Die Entrückung der Gemeinde nimmt längst nicht den breiten Raum im Neuen Testament ein (im Alten Testament kommt sie überhaupt nicht vor, es sei denn in bildlichen Ereignissen, wie die Entrückung Henochs), wie Seine Erscheinung mit all Seinen Heiligen, da Seine Erscheinung in Herrlichkeit Seine und der Seinen Rechtfertigung von seiten Gottes vor der Welt ist. Alle Heiligen werden einst von Gott vor der Welt gerechtfertigt. Bis dahin müssen wir, Seine Kinder, Geduld haben. Die wir jetzt vor Gott gerechtfertigt sind aus Glauben, werden im Reiche von Gott gerechtfertigt vor der Welt durch die uns gegebene Herrlichkeit. (Vgl. Joh. 17,22.23)

Hingegen die Entrückung trägt mehr den Charakter der Innigkeit zu dem HErrn und Seinem

und unserem Vater. Darum gehen wir ins Vaterhaus, die Stätte der Liebe und Wonne. (Vgl. Joh. 14,1ff.) Dort werden wir als Söhne eingeführt, die zur Familie Gottes gehören. Darum wird über dieses Geheimnis der Entrückung wenig geschrieben, weil es Familien charakter trägt. Die „Erscheinung“ aber trägt Reichs charakter. Ersteres ist geheim, letzteres öffentlich; ersteres nur für den Vater und Sohn und Seine Geliebten, letzteres für die ganze Welt und alle intelligenten Wesen des Alls. Dort ist der charakteristische Zug Liebe, hier Herrlichkeit; das eine ist für denHimmel, das andere für die Erde. -

Wir können nun leicht ersehen, wie die Stelle 1. Thess. 3,13 zu verstehen ist. Es kann sich nur um Seine Erscheinung in geoffenbarter Herrlichkeit vor der Welt handeln. Denn bei diesem Seinem Kommen erscheint Er mit „allen Seinen Heiligen“. Es sind darunter allealttestamentlichen und neutestamentlichen Heiligen zu verstehen. Denn diese Erscheinung hat mit dem Reiche in Herrlichkeit zu tun, wo Gott, Christus und alle Seine Heiligen vor der Welt als das, was sie sind, gerechtfertigt werden. Dies ist ja die Hoffnung aller Gläubigen zu allen Zeiten gewesen. Es setzt die Auferweckung Seiner Heiligen voraus. Wenn der HErr kommt, um Seine Gemeinde heimzuholen, kommt Er allein, ohne Begleitung Seiner Heiligen; aber Er kommt, um die Entschlafenen aufzuerwecken und die Lebenden, „die übrig bleiben bis zur Ankunft des HErrn“ (1. Thess. 4,15), zu verwandeln und sie dann zusammen zu entrücken und damit Seine auf Erden lebende Gemeinde (Versammlung) in Sicherheit vor der großen Drangsalszeit, wie sie in Offenb. 6-19 geschildert wird, zu bringen. Doch die Auferweckung gelegentlich der Heimholung Seiner auf Erden befindlichen Gemeinde erstreckt sich auf alle „Toten in Christo“. (1. Thess. 4,16b) Wir verstehen unter „Toten in Christo“ alle Heiligen von Adam an bis zur Zeit Seines Kommens für die Gemeinde. Darum wird das Wort „Tote“ und nicht der neutestamentliche Ausdruck „Entschlafene“ gebraucht, wie auch „in Christo“, weil alle Heiligen im Alten Testament auf Christus (nicht aber „Jesus“ - dies ist ausschließlich neutestamentlich -) hofften. (Vgl. 1. Kor. 10,4b; Luk. 24,25-27.46; Matth. 2,4-6 usw.) Christus ist der erhoffte Gesalbte, der Messias der alttestamentlichen Heiligen; darum starben sie in der Hoffnung auf Ihn. So finden wir auch im Alten Testament dasselbe Ereignis geschildert, Sach. 14,5b: „Und kommen wird Jehova, mein Gott, und alle Heiligen mit dir.“

Entrückung vor der Flut - dem Gericht - vorbildet, dasselbe Ereignis geweissagt worden. (Vgl. auch 2. Thess. 1,10; Offenb. 19,8.13.14. Auch da ist es dieselbe Begebenheit wie 1. Thess. 3,13.)

Möge der HErr uns allen Gnade schenken, in der Erwartung Seines Kommens für uns zu leben! Dies gibt uns auch die sittliche, göttliche Kraft, Seine Erscheinung vor aller Welt lieb zu haben und alles jetzt schon bei uns zu verurteilen, was Er dann richten muß, wenn Er als Weltenrichter mit all Seinen Heiligen erscheinen wird. (Vgl. 1. Kor. 6,2.3)

In bezug auf unsere Vergangenheit sind wir gerechtfertigt worden aus Glauben vor Gott. (Röm. 5,1) Unsere Gegenwart- unser Leben hier - sollte damit ausgefüllt werden, daß wir durch Glaubenswerke unseren großen Gott vor der Welt rechtfertigen. (Jak. 2,18-26) Dann in Zukunft- im Reiche Seiner Herrlichkeit - wird es Gottes Vorrecht sein, uns, Seine Heiligen, vor aller Welt zu rechtfertigen, indem wir mit Christo in Herrlichkeit erscheinen. Welch eine Hoffnung, Zukunft und Herrlichkeit!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

In bezug auf diese und die vorherige Frage 4, die beide in so wahrhaft kostbarer Weise umfassend behandelt und beAntwortet sind, ist in früheren Jahrbüchern unter Fragen anderen Wortlauts (weil über andere Stellen) schon häufig geschrieben worden. Für solche, welche ältere Jahrbücher besitzen, weise ich auf wenigstens einige dieser betr. Fragen hin: Jb. 2, Fr. 12.18.25.26.50; Jb. 3, Fr. 23; Jb.4, Fr. 3.14.24; Jb. 5, Fr. 4; Jb. 8, Fr. 8; Jb. 12, Fr. 21; Jb. 13, Fr. 6; Jb. 14, Fr. 18.

Wer sich die Zeit nimmt, diese früheren Fragen in Verbindung mit den beiden in dieser Lieferung vorliegenden zu vergleichen, wird sicher Gewinn haben.

Den Lesern, die inzwischen neu hinzugekommen sind, kann nur empfohlen werden, wenn ihnen

wie den Fragern in diesen Dingen Schwierigkeiten bestehen, sich die Augen darüber öffnen zu lassen - was Gott so gern durch Seinen Geist tut, denn „der Geist der Wahrheit“ würde ihnen das „Kommende verkünden“, verhieß der HErr den Seinen (Joh. 16,13) -, welche großen tiefgreifenden Unterschiede zwischen den Verheißungen, die „Israel“, und denen, die der „Gemeinde Gottes“ (1. Kor. 1,1) gegeben sind, bestehen. Mit dem nur durch Sein Wort und Seinen Geist zu gewinnenden Verständnis der Unterschiede zwischen dem Volk irdischer und dem himmlischer Berufung (Israel und Gemeinde, vgl. Fr. 4!) ist das Verständnis der in Fr. 5 behandelten Gegenstände (Entrückung und Erscheinung) sozusagen eng verbunden, und darum dürfen wir uns freuen, daß der HErr, dessen die Sache auch unsere „Handreichung“ ist, es so gefügt hat, daß diese in gewisser Hinsicht verwandten Fragen, zumal in ihnen noch andere miteingeschlossen sind, zusammen in einer Lieferung behandelt werden konnten. Der treue HErr wolle allen Lesern - sowohl denen, welchen diese Dinge schon bekannt waren (aber wir lernen nie zuviel und lernen hoffentlich auch dieses Mal!), wie auch den fragenden übrigen, das Studium obiger beiden BeAntwortungen zu reichem Segen dienen lassen, damit manche Unklarheit über dies weite und so wichtige Gebiet schwinden möchte! (Vgl. 2. Tim. 2,15!)

Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus! Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18)

F. K.

Die Gemeinden der Heiligen.

(Fortsetzung.)

Empfehlungsbriefe.

Es wird manche überrascht haben, daß wir die Meinung als einen Irrtum bezeichneten, daß, wenn ein Gläubiger von einer Gemeinde aufgenommen wird, dieser damit zugleich auch in

einen großen Kreis von Gemeinden aufgenommen sei, dem diese Gemeinde angehört. Sie waren gewohnt, wenn sie ihre Heimatgemeinde für eine Zeit lang verließen, um einen Empfehlungsbrief an die Gemeinde des Ortes zu bitten, wohin sie gehen wollten. Auf die Überreichung eines solchen Empfehlungsbriefes hin wurden sie dann bereitwillig empfangen, und es wurden ihnen alle Vorrechte der christlichen Gemeinschaft zuteil. Man mag fragen: Ist dies nun etwas anderes, als in einen großen Kreis von Gemeinden aufgenommen zu sein, von welchem die einzelnen Gemeinden an den verschiedenen Orten Teile sind?

Eine solche Frage ist nicht nur natürlich, sondern auch wichtig und ernst. Wenn es richtig ist, daß der Einzelne durch die Aufnahme in eine Gemeinde zugleich in eine große Gesamtgemeinde aufgenommen wird, die aus einer großen Anzahl von örtlichen Gemeinden besteht, so ist diese Gesamtheit entweder wirklich die Gesamtgemeinde Gottes oder sie ist eine Sekte. Denn die Heilige Schrift kennt nur einen Leib, und das ist die Gemeinde, welche Christi Leib ist (Eph. 1,22.23; Kol. 1,24), und dieser Leib Christi besteht nicht aus einer Anzahl von vereinigten „Gemeinden“, sondern aus „allen Heiligen.“ (1. Kor. 12,12-13)

Außer der römischen Kirche, glaube ich, maßt sich keine Gemeinde an, dieser Leib Christi zu sein. Die einzelnen Denominationen bezeichnen sich gewöhnlich als Zweige der großen Gesamtgemeinde Christi, aber es ist vergebliche Mühe, in dem Worte Gottes irgend etwas von einer Gemeinde mit Zweigen zu finden. Wohl lesen wir in der Schrift von Gemeinden in einem Lande oder in einer Provinz, z. B. von den Gemeinden in Asien (1. Kor. 16,19), von Gemeinden in Mazedonien (2. Kor. 8,1), Gemeinden von Galatien (Gal. 1,2), Gemeinden von Judäa (Gal. 1,22), aber niemals von der Gemeinde (Einzahl) einer Provinz, so als ob alle Gemeinden in der Provinz Zweiggemeinden derselben seien. Einige haben aber doch geglaubt, ein Beispiel dafür, daß viele Gemeinden zusammengefaßt eine große Gemeinde bilden, in Apg. 9,31 zu finden, weil alte Handschriften in dieser Stelle das Wort „Gemeinde“ in der Einzahl haben. Es ist gewiß richtig, daß diese Stelle den alten Handschriften gemäß wie folgt übersetzt wird: „So hatte denn die Gemeinde durch ganz Judäa, Galiläa und Samaria hin Frieden.“ Um hierauf etwas näher einzugehen, müssen wir die Behandlung unseres Gegenstandes betreffs der Empfehlungsbriefe ein wenig unterbrechen, um die Zusammenhänge mit dieser Stelle sorgfältig zu überblicken.

In Apg. 8,1 lesen wir: „Es entstand aber an jenem Tage eine große Verfolgung wider die Gemeinde, die in Jerusalem war; und alle wurden in die Landschaften von Judäa und Samaria zerstreut, ausgenommen die Apostel.“ ... „Saulus aber verwüstete die Gemeinde, indem er der Reihe nach in die Häuser ging; und er schleppte sowohl Männer als Weiber fort und überlieferte sie ins Gefängnis. Die Zerstreuten nun gingen umher und verkündigten das Wort“ (Vers 3 u. 4). Dann folgt Kapitel 9 die Bekehrung des Saulus. Aus dem Verfolger wird ein mutiger Bekenner. Und dann finden wir den gesegneten Abschluß dieses mit der Verwüstung und Zerstreuung der Gemeinde in Jerusalem beginnenden Abschnittes in dem 31. Vers: „So hatte denn die Gemeinde durch ganz Judäa ... hin Frieden.“ Es ist ganz klar, daß die Gemeinde, von der hier geredet wird, die Gemeinde in Jerusalem ist, mit welcher der Abschnitt (Kap. 8,1) beginnt. Diese Gläubigen achteten sich, obgleich sie durch die Verfolgung für eine Zeit lang genötigt waren, Jerusalem zu verlassen und sich in den Provinzen aufzuhalten, doch noch zu der Gemeinde in Jerusalem gehörend. Das Wort „durch“ in Apg. 9,31 ist dasselbe Wort, welches der Heilige Geist in Kap. 8,1 gebraucht, wo uns gesagt wird, daß die Gläubigen der Gemeinde in Jerusalem „durch die Länder“ oder „in die Landschaften“ von Judäa und Samaria zerstreut wurden. Das Wort zeigt uns somit deutlich eine Gemeinde, deren Glieder (mit Ausnahme der Apostel) alle für eine Zeit lang durch Verfolgung zerstreut wurden. In Apg. 11,19 knüpft der Heilige Geist wieder an die Verfolgungszeiten des Stephanus an und berichtet von einigen der Zerstreuten, daß sie bis nach Antiochien in Syrien wanderten und das Wort predigten, so daß eine große Zahl gläubig wurde. Und in diesem Zusammenhang finden wir, daß der Heilige Geist zum ersten Male von einer anderen „Gemeinde“ als der Jerusalemer Gemeinde spricht. Er berichtet uns, daß, als die Gemeinde in Jerusalem von diesem Werk der Gnade hörte, sie Barnabas nach Antiochien sandten, den Jungbekehrten zu helfen. Dieser zog Saulus zur Mitarbeit heran, und beide blieben ein ganzes Jahr bei den Gläubigen daselbst, die nun (Vers 26) eine Gemeinde genannt werden. In der gleichen Weise geschah es auch an anderen Orten. Die zerstreuten Gläubigen ließen sich zum Teil an den Orten nieder, wohin sie getrieben wurden, und so wurden neue Gemeinden gebildet, die Paulus und Barnabas und später Paulus und Silas auf ihren ausgedehnten Reisen besuchten und wo sie das Wort verkündigten. Wo

Zusammenkommen und auf das, was damit zusammenhing, in dem Willen des HErrn unterwiesen. (1. Kor.7,17; 11,16; 14,34) Nach diesem hören wir nie wieder von einer Gemeinde als der Gemeinde einer ganzen Provinz, obwohl wiederholt die Gemeinde in Jerusalem und die Gemeinden in Provinzen mit Einschluß der Gemeinden in Judäa (Gal. 1,22) erwähnt werden.

Wir haben uns etwas eingehender mit dieser einzelnen Stelle in Apg. 9,31 befaßt, weil sie so arg verdreht worden ist, um die unbiblischen und menschlichen Vereinigungen und „Bund“bildungen von Gemeinden zu rechtfertigen, mit welchen man vergebens versucht, die Lehren des Wortes Gottes zu verbessern.

Nach dieser Abweichung kommen wir nun wieder auf die Empfehlungsbriefe zurück, um auf die Frage einzugehen, welche Bedeutung die Empfehlung eines Gläubigen durch eine Gemeinde an eine andere hat, wenn diese Gemeinden unter sich nicht derart Teile eines organisierten Ganzen sind, daß jeder, der in eine dieser Gemeinden aufgenommen wird, damit auch in die ganze Körperschaft aufgenommen ist.

Die religiösen Systeme.

Laßt uns zunächst prüfen, ob das Neue Testament solche Organisationen kennt und ob eine Gemeinde einer Organisation angeschlossen sein muß, wenn sie den Charakter einer „Gemeinde“ tragen soll. Um diese Frage zu beAntworten, greifen wir auf Matth. 18,20 zurück, wo wir eine Gemeinde finden, die in einer Sache zu handeln hatte. Ihr Eingreifen empfing aber Kraft und Wirkung nicht dadurch, daß sie einem „Bunde“ angeschlossen war, sondern einzig und allein dadurch, weil sie den Namen und den Platz und die Herrlichkeit, die Gott Seinem geliebten Sohne gegeben, anerkannte und ihr Versammeltsein der unmittelbare Ausdruck davon war.

Dies ist das gerade Gegenteil von dem, was meistens in den christlichen Denominationen vorherrscht. Sie tragen oft weniger das Gepräge dessen, was der Herr Jesus in Seiner

Gewiß finden wir auch organisierte Gemeinden, die nach anderen Grundsätzen handeln. Wer wagt aber zu behaupten, daß, weil der HErr Sich in der Mitte solcher bezeugt, sie damit den Charakter biblischer „Gemeinden“ tragen? Wo demokratische Grundsätze der Welt gehandhabt werden und die Glieder über die Wahl ihrer Geistlichen, über neue Mitglieder und viele andere Dinge abstimmen, so daß Mehrheit der Stimmen jeden Punkt entscheidet - kann Jesus da der HErr sein?

Und berührt unsere Frage nicht auch das allgemeine wie auch das gegenseitige Verhalten all der verschiedenen Bruchstücke der sogenannten „Exklusiven“ Brüder? In ihrer Zerrissenheit erkennen sie eine große Zahl von Gläubigen nur als Gemeinden dieses oder jenes Bruchteiles der früheren und ursprünglichen Verbindung an, aber nicht als Gemeinden, weil sie Jesus als HErrn anerkennen und in Seinem Namen versammelt sind. Gehören sie nicht zu der einen oder anderen Gruppe, von der jede beansprucht, allein die Gemeinde Gottes auf Erden darzustellen, so ist das für jede Gruppe ein genügender Beweis, daß die andere nicht in Seinem Namen versammelt ist; und so werden sie je nach ihren Gruppen von diesen als „Gemeinden“ anerkannt, nicht wegen ihrer Verbindung mit Christo, sondern wegen ihrer Anerkennung und Unterwürfigkeit menschlichen Lehrbehauptungen gegenüber. So völlig solche Kreise von Gläubigen sich auch von den großen weltlichen Staatskiirchen unterscheiden, sind sie doch mehr oder weniger in bezug auf die „Gemeinden“ in denselben Irrtum verfallen.

Gemeinschaft zwischen Gemeinden.

Daß wahre Gemeinschaft zwischen den Gemeinden, die an allen Orten zu einer Behausung Gottes durch den Geist auferbaut sind, bestehen soll, ist außer Frage. In dem Maße nun, in welchem solche Gemeinden in der Furcht des HErrn wandeln und im Gehorsam gegen das Wort des HErrn verharren, wird die Gemeinschaft eine wirkliche, wahre und innige sein.

Diese Gemeinschaft mit anderen Gemeinden besteht aber nicht wegen ihrer Zugehörigkeit zu einem bestimmten Kreise von Gemeinden, sondern einzig und allein wegen ihres Verbundenseins mit dem Herrn Jesus Christus, der nach Seinem Wort solchen Kreis von

Gläubigen, die Ihn als HErrn in ihrer Mitte anerkennen, eine Gemeinde nennt.

Manche sind der Meinung, daß die Empfehlung eines Gläubigen durch eine Gemeinde an eine andere dasselbe sei, wie wenn ein Mitglied irgend einer Handels- oder Wohtätigkeitsgesellschaft seinen Aufenthalt wechselt und in die gleiche Verbindung an einem anderen Orte wieder eintritt. Aber dies sind zwei völlig verschiedene Dinge. Bei weltlichen Körperschaften tritt man am anderen Orte ohne weiteres in die gleiche Verbindung wieder ein. Wenn ein Mitglied einer Loge in eine andere eintritt, macht es nichts aus, an welche Loge es seine Beiträge bezahlt, denn alle Logen sind ein Teil einer organisierten Körperschaft, und der Betreffende ist das Mitglied einer Vereinigung als eines Ganzen. In bezug auf die Gemeinde ist die Sache jedoch eine ganz andere. Alles, was eine Gemeinde tun kann, ist, daß sie einen Gläubigen eben nur als einen Gläubigen in ihrer Mitte aufnimmt und ihn als einen Teil von sich selbst anerkennt, aber sie nimmt ihn nicht auf als in eine Organisation, von der sie selbst ein Teil ist.

Die Schrift zeigt uns, daß jede Aufnahme mit großer Sorgfalt zu geschehen habe, damit nach jeder Seite hin den Forderungen des HErrn die schuldige Aufmerksamkeit und Achtung entgegengebracht werden zum Wohle der Gemeinde wie auch zum Besten der Neuaufgenommenen. Wenn solch ein Aufgenommener zeitweilig oder dauernd an einen anderen Ort geht, so wird die Gemeinde, die ihn bis dahin mit aller ihrer Sorgfalt umgeben hat, ihn in geeigneter Weise der liebenden Sorge und Gemeinschaft einer Gemeinde an dem betreffenden Platze empfehlen, wohin er geht. Er ist kein Glied der Gemeinde an diesem Orte einfach deshalb, weil er mit der anderen verbunden war. Wenn aber die zweite Gemeinde glaubt, daß in der anderen Gemeinde wirklich in aller Treue dem HErrn und Seinem Worte gegenüber gehandelt wird, so wird sie nicht zögern, das Zeugnis ihres Empfehlungsbriefes anzunehmen und den betreffenden Gläubigen mit Freuden in ihrer Mitte aufnehmen. Und doch ist die Aufnahme in diese zweite Gemeinde eine ebenso wirkliche Aufnahme, wie sie es seinerzeit in der ersten Gemeinde war, obwohl sie diesmal nicht auf das Ergebnis einer besonderen Prüfung über den Aufgenommenen hin stattfindet, sondern auf das Zeugnis der ersten Gemeinde hin geschieht.

Auch die Schrift berichtet von Gläubigen, die sich von einem Orte zu einem anderen begaben, wie sie dann von den Gemeinden dieser Orte aufgenommen wurden. Als Apollos z. B. von Ephesus nach Korinth ging, schrieben die Brüder gewissermaßen einen Empfehlungsbrief und „ermahnten oder ermunterten die Jünger“ in Korinth, ihn aufzunehmen. (Apg. 18,27) Ebenso finden wir es bei der Phöbe. Als sie von Kenchreä nach Rom reiste, schrieb Paulus in einem Brief, den er ihr an die Gemeinde in Rom mitgab: „Ich ,empfehle' euch aber Phöbe, unsere Schwester, welche eine Dienerin der Gemeinde in Kenchreä ist, auf daß ihr sie ,in dem HErrn', der Heiligen würdig, aufnehmet.“ (Röm. 16,1.2) Wer gewohnt ist, die Sorgfalt zu beachten, mit der der Heilige Geist jedes Wort in der Schrift in vollkommener Übereinstimmung mit dem betreffenden Gegenstand wählt, wird auch die Kraft der Worte: „ermahnten die Jünger“ und in der zweiten Stelle: „empfehle ... daß ihr sie aufnehmt in dem HErrn“ empfinden.

Sauli Aufnahme in Damaskus.

Nun wollen wir noch einen anderen Fall beachten, wo einem Gläubigen, der sich nach einem anderen Orte begab, kein Empfehlungsbrief vorausgeschickt oder persönlich mitgegeben wurde. Wir brauchen uns nicht zu wundern, daß in jener Nacht, als die Jünger Paulus in einem Korbe an der Mauer herunterließen, damit er seinen Feinden, die ihn zu töten suchten, entfliehe, niemand daran dachte, ihm einen Empfehlungsbrief mitzugeben. Als er nun nach Jerusalem kam und sich den Jüngern anschließen wollte, gerieten diese infolgedessen in eine nicht geringe Verlegenheit seinetwegen, weil sie nicht überzeugt waren, daß er ein Jünger sei. Diese Schwierigkeit wurde jedoch durch Barnabas behoben, dem die Tatsachen über Paulus bekannt waren. Barnabas brachte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie der HErr ihm begegnet sei, mit ihm gesprochen und wie er in Damaskus unerschrocken den Namen Jesu bekannt habe. (Apg. 9,27) Dieses Zeugnis des Barnabas bewirkte dasselbe, was ein Empfehlungsbrief der Jünger von Damaskus getan hätte. Denn worauf es ankam, war, daß die Jünger die Gewißheit haben mußten, daß die Person, die sich ihnen anzuschließen suchte, auch mit Recht von ihnen aufgenommen werden konnte.

Wichtig ist es, zu beachten, daß in allen diesen Fällen es sich um „Aufnahmen“ durch die Jünger handelt. Es handelt sich hier also nicht bloß um die Feier des Mahles des HErrn; welches natürlich in die Aufnahme eingeschlossen ist als ein Teil von einem Ganzen und nicht als eine Sache für sich, zu der jemand empfangen wird, sondern die mit zum Ganzen der Gemeinschaft gehört. Solche Ausdrücke wie „empfangen werden zum Brechen des Brotes“, „ausgeschlossen sein vom Mahl des HErrn“ kennt die Schrift nicht. Leider sind sie in unseren Tagen gebräuchlich geworden. Im Neuen Testament aber werden sie nicht gefunden, denn die göttliche Ordnung ist: 1) die Lehre der Apostel, 2) die Gemeinschaft, 3) das Brechen des Brotes, 4) die Gebete. Die vorhergenannten Ausdrücke haben sich aber so unter Gläubige heute eingebürgert, weil das Brotbrechen in seiner Verbindung mit der Gemeinde so wenig verstanden wird, sodaß Personen zum Brechen des Brotes empfangen werden, die nicht nur wünschen, keinen Anteil an den Rechten und VerAntwortlichkeiten der Gemeinde zu haben, sondern die schon eine bloße Andeutung, teil daran zu haben, sehr übel nehmen.

Saulus fragte nicht, ob es erlaubt sei, am Brechen des Brotes teilzunehmen; er begehrte, sich den Jüngern „anzuschließen“, und als die Schwierigkeiten, die zuerst im Wege standen, beseitigt waren, war das Ergebnis, welches uns mitgeteilt wird, nicht, daß er am folgenden Sonntag am Mahl des HErrn teilnahm, sondern, daß er „mit ihnen ein- und ausging“. Das anfänglich ihm entgegengebrachte Mißtrauen der Gläubigen entmutigte Saulus nicht, und anderseits wird der Gemeinde kein Tadel ausgesprochen, daß sie ihm anfänglich kein Vertrauen entgegenbrachte. Dieses zeigt uns auf der einen Seite den demütigen und unterwürfigen Sinn des Saulus und auf der anderen Seite die Sorgfalt, mit welcher die Gemeinde in Jerusalem bei ihren Aufnahmen handelte. Etwas anderes ist es, wenn eine Gemeinde zu der so betrübenden und demütigenden Handlung berufen wird, einen Unbußfertigen aus ihrer Mitte hinauszutun; der Befehl lautet dann nicht, ihn vom Mahl des HErrn hinauszutun, sondern: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus“. (1. Kor. 5,13)

Manche haben die Kraft dieses Beispieles, welches uns in der Aufnahme des Paulus in Jerusalem gegeben ist, abzuschwächen versucht, indem sie sagen, daß dieses ein völliger

Ausnahmefall sei, weil er früher ein Verfolger war und die Jünger keinen genügenden Beweis seiner Bekehrung hatten. Aber dieses hat durchaus mit der Sache selbst nichts zu tun. Es ist ganz richtig, daß sein bekanntes Vorleben sie mehr als sonst besorgt und vorsichtig machen mußte, bis sie überzeugt waren, daß er wirklich ein Jünger sei. Aber wie schon gesagt, es berührt in keiner Weise das, was Paulus von den Jüngern in Jerusalem begehrte und was sie ihm schließlich auch mit Freuden bewilligten. Er wünschte, sich ihnen „anzuschließen“, und sobald die Bedenken gehoben waren, nahmen sie ihn zur völligen Gemeinschaft in ihrer Mitte auf.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

„Alle! - Und wir?

(Nach Matth. 26.)

In Matth. 26 haben wir das Wort „alle“ gerade siebenmal als bezogen auf Personen (auf anderes bezogen kommt es noch mehrere Male vor, z. B. V. 1 und 56a). Von diesen sieben Malen spricht es sechsmal von den Jüngern des HErrn und einmal von den Feinden. Dieses eine ist das letzte Mal, wo dies Wort in Matth. 26 steht (V. 70), und es wird in diesem Sinne, also auf die Feinde bezogen, dann in Kap. 27 wieder aufgenommen in V. 1 und 22!

Nach dieser ein wenig „trockenen“ Feststellung gehe ich über zu dem eigentlichen Gegenstand dieser kleinen Betrachtung!

Bei der „Einsetzung des Abendmahles“, jenes teuren Vermächtnisses des scheidenden HErrn an die zurückbleibenden Seinen, die Seiner in Seiner Abwesenheit nicht vergessen sollten - da sagt Er zu ihnen in Verbindung mit der Darreichung des Kelches: „Trinket alle daraus!“ (V. 27). Dieses liebevolle Gnadenwort bildet die für immer gesegnete Grundlage für alle die folgenden in so schmerzlichen Zusammenhängen stehenden Stellen. Sie sind Sein Eigen! Es sind Seine Jünger, Seine nachmaligen Zeugen, Kinder Gottes durch den Glauben an Ihn, den Sohn. (Joh.

wären solche jemals stark in sich selbst? Sind sie es jemals, so sind sie unfähig, etwas für Ihn zu sein, aber „wenn ich schwach bin, so bin ich stark!“ (2. Kor. 12,8-10) - Sie mögen damals als solche, die den Geist noch nicht hatten, sich, auf sich selbst gestellt, nicht bewährt haben in den Versuchungen jener letzten Tage, wenngleich der HErr zu ihnen das Wort Luk. 22,28 gesagt hat - sie mögen uns stets aufs neue durch ihr Zukurzkommen gemahnen an das unsere (die wir aber den Geist haben!!) - einerlei: sie sind Sein Eigen, und ihnen gab Er „den Kelch der Segnung“ (1. Kor. 10,16), der für Ihn ein Kelch des Zornes war, den Er im Begriff stand für sie zu leeren, auf daß es der Segenskelch für sie werden möchte. „Trinket alle daraus!“ Welch Segenswort, welche Segensgrundlage, welche Liebe, welche Gemeinschaft! Ja, die Gemeinschaft des Todes Christi und darum die Seines Lebens - die ist in diesem Worte für sie verbürgt, für sie, die Er, nach Ausscheidung des Verräters Judas des Iskariothen, mit ganz besonderer Liebe umfaßt.

Das sind sie - die Geliebten des HErrn -, und das sind wir, die wir heute als Sein Eigen, als die, die „Seinen Geist“ haben (Röm. 8,9), berechtigt und betraut sind, „Seinen Tod zu verkünden, bis Er kommt“, dies zu tun „zu Seinem Gedächtnis“. (Luk. 22,19; 1. Kor. 11,23-26) - Das sind sie und wir, zu denen Er sagt „Trinket alle daraus!“ In diesem Kelch, in diesem Wein liegt für uns das Sinnbild des Blutvergießens, ohne das es keine „Vergebung der Sünden“ (V. 28) für uns gäbe (Hebr. 9,18-22), aber nun wissen wir, daß uns „die Sünden vergeben sind um Seines Namens willen“. (1. Joh. 1,12) Als solche, die die Vergebung der Sünden haben, feiern auch wir noch heute das Gedächtnismahl des HErrn, das „Herrenmahl“. (1. Kor. 11,20) Ihm zu Ehren, Ihm zuliebe, Seiner gedenkend, der gesagt hat „Trinket alle daraus!“ „Alle!“ Kostbare Tatsache, wunderbare Liebe, herrliche Würdigung der Seinen von Seiner Seite! „Alle!“ Bruder, Schwester, laßt uns uns grüßen mit der Freude über dies Sein Segenswort, und laßt uns es tun - und nicht zu selten (vgl. Apg. 20,7!) -, weil unsere gottgeschenkte Liebe nicht anders kann als Seiner Liebe auf diese Weise die Antwort zu geben! „Alle!“ Wir sind gemeint, wir, die „gewaschen sind in Seinem Blut!“ (Offb. 1,5.6) Wir sind gemeint, für die Er „gestorben ist und ist auferstanden“ und lebt in Ewigkeit! Wir sind jene „alle“! In bezug auf dieses Wort „alle“ dürfen wir uns darin sehen. -

Ob aber auch die übrigen fünf Worte Bezug auf uns heute haben oder haben können?? Diese Stellen sind V.31.33.35.52 und 56. Laßt uns uns sinnend hineinvertiefen (und dann auch an V.70 denken) und uns fragen, wie es möglich ist, daß die Seinen, die nicht aufhören es zu sein, so weit kommen, so tief fallen können! Das waren jene „alle“ von V. 26, auf die sich diese traurigen fünf Worte beziehen! Das ist der Mensch! Das sind wir, wenn wir - trotz aller Segnungen - in eigner Kraft handeln und zu „stehen uns dünken“. (1. Kor. 10,12) Jene „alle“ und wir - wie prüft doch solche Zusammenstellung unser eigenes Herz, unser eigenes „Wollen und Wirken“, wenn's statt nach Phil. 2,13 in Selbstvertrauen und Eigenmächtigkeit geschieht! Wie ernst ist dies und wie wichtig zugleich! Möge Gott uns Gnade schenken zur Selbstprüfung (vgl. 1. Kor. 11,28) und zur Beugung, wann und wo sie nötig ist! (1. Joh. 1,9; 2,1.2a)

Aber dennoch waren sie damals und sind wir, soviele es angeht, die Seinen, denen da - durch Seine Gnade und Huld - galt und gilt: „Trinket alle daraus!“ Wie wunderbar! Unverdient ist diese Huld, unergründlich Seine Liebe, allezeit anbetungswürdig groß und kostbar. Sein herrlicher Name sei ewig gelobt und gepriesen durch uns „alle“!

F. K.

Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des HErrn.

Über diesen besonderen Gegenstand hat uns unser lieber Mitarbeiter F. Kpp. der aus dem Fragenteil der „Handreichungen“ den Lesern seit vielen Jahren bekannt ist, eine sehr ausführliche „Antwort“ geschrieben; und zwar auf folgende Frage:

Wie kann die Verlegenheit behoben werden, in die ein unbefestigter Gläubiger kommt, wenn er von ungläubigen Zweiflern in die Enge getrieben wird durch die in den vier Evangelien verschieden dargebotenen Ereignisse anläßlich der Auferstehung des HErrn?“

wir sie im ersten Teil der „Handreichungen“ als Aufsatz erscheinen, der sich, s. G. w., durch mehrere Lieferungen hinziehen wird.

Möge der HErr diese wichtige Betrachtung allen Lesern reichlich segnen, Ihm Selbst zur Ehre!

Die Herausgeber A. v. d. K. u. F. K.

Zur Beachtung! Der Anfang des Aufsatzes trägt den unveränderten Charakter der FragenbeAntwortung eben auf obige Frage!

(Antwort:) Vor allem dadurch, daß der Gläubige festhält, daß Gott der Urheber aller „Schrift“ ist, im vorliegendem Falle der Evangelien. Das setzt von vornherein viele Fragen und Vermutungen beiseite, die man selbst aus dem Munde von Gläubigen zu hören bekommt, wobei sie noch von Leitung und Inspiration des Heiligen Geistes bei der Abfassung der Schriften sprechen. Aber welche Gewähr habe ich, daß ich zum Beispiel im Evangelium nach Matthäus ein Evangelium besitze, das „Wort Gottes“ ist, wenn ursprünglich von Matthäus selber nur eine Sammlung von Logien, d. i. Aussprüchen Jesu, dagewesen sein soll(!!), die später zu einem völligen Evangelium erweitert worden sein sollen? - Wann das? Durch wen? frage ich. Ich habe da kein „Wort Gottes“. Oder: „weil Johannes ziemlich sicher die anderen Evangelien schon kannte, hat er nicht alles wiederholt, was diese schon geschrieben hatten; ebenso mag es Lukas mit Bezug auf Markus oder Matthäus gegangen sein“(!!). - Wenn es so wäre, dann hätten wir das Wort von Menschen, nicht „Gottes Wort“.

Ist es überhaupt der Ehrfurcht vor dem, was „Schrift“ oder „Wort Gottes“ ist, entsprechend, daß Teile der Schrift in ihrem geschichtlichen Bestande gegeneinander ausgespielt werden, im vorliegenden Falle die Evangelien hinsichtlich der Reihenfolge der Ereignisse? Wie, wenn Gottes Absicht in der Schrift wäre, diese Reihenfolge der Neugier zu entziehen? Und gewinnt man beim Lesen der Evangelien nicht den Eindruck, daß Er es wirklich wollte? Oder sind die vier Lebensbilder unseres HErrn dazu gegeben, daß wir durch Vergleicheanstellen herausbringen sollen, wie die zeitliche Aufeinanderfolge dieser und jener Ereignisse war? Wenn dies hätte übermittelt werden sollen, hätte Gott das nicht in einem Evangelium tun lassen können,

wodurch jeder Zweifel ausgeschlossen wäre? Offenbar gefiel es Ihm nicht, ein solches zu geben, es wäre denn Markus als das eine von vieren. Darum: was in jedem der Evangelien und wie es gegeben ist, entspricht der der jedesmaligen Darstellung zu Grunde liegenden Absicht, ohne Rücksicht darauf, ob es für einen Vergleich dienlich oder hinderlich ist oder ob es gar Schwierigkeiten bereitet und scheinbar Widersprüche in sich birgt. Verfahren wir nicht selber so beim Erzählen? Ein aus mehreren Einzelheiten sich zusammensetzendes Ereignis erzählen wir dem einen so, daß wir dies und jenes weglassen, der Wichtigkeit halber auch einmal eine Sache vor eine andere setzen, indem wir aber genaue Zeitangaben weglassen; einem anderen erzählen wir dasselbe in anderer Absicht und fügen deshalb etwas hinzu, was wir vorher als für den früheren Zweck weniger wesentlich beiseite gelassen hatten, usw. - Sollte Gott es nicht so machen dürfen?

Heutzutage sollte doch jeder einigermaßen das Wort kennende Gläubige wissen, daß in den Evangelien vier absichtlich ganz verschieden gehaltene Lebensbilder des HErrn vorgeführt werden. Das bringt mit sich, daß vielfach die Zeitfolge nicht ausschlaggebend ist; daß vielmehr zeitlich weit auseinanderliegende Geschehnisse zusammengestellt werden zum Erzielen eines besonderen Gemäldes mit entsprechender Wirkung. Wenn Gott Jesum vor unsere Augen stellen will, sei es als Messias Seines Volkes, König aus Davids Geschlecht (in Matthäus); oder den Knecht Jehovas aus Jesaja (in Markus); oder den Sohn des Menschen, für alle gekommen (in Lukas); oder als Sohn Gottes, der, während Er auf Erden weilte, im Schoße des Vaters war (in Johannes), sollte es da nicht die allergrößten Unterschiede geben: Auslassungen, einmaliges Erwähnen, scheinbare Widersprüche und ähnliches? Gerade diese zu wiederholten Malen sich findenden scheinbaren Nichtübereinstimmungen zeugen von der Absicht des Urhebers, Unterscheidungen zu machen, und sind das Entzücken dessen, der Augen hat zu sehen!

Wir haken gerade hier ein, um zur gesuchten Antwort zu kommen. Wir sehen uns den Text der Auferstehungsgeschichte in jedem der vier Evangelien für sich an und werden finden, daß Gott es „den Aufrichtigen gelingen läßt“ und „den Demütigen Gnade gibt“. - Wir heben nur das Besondere hervor.

Matthäus.

27,57: als es Abend geworden war, d. i. nach 3 und vor 6 Uhr Freitag nachmittag.

27,61: Maria Magdalena und die andere Maria, die von Vers 56, Jakobus und Joses Mutter, waren dabei, saßen dem Grab gegenüber.

27,62: des folgenden Tages, der nach dem Rüsttag ist: d. i. der Sabbat; so sagt Lukas Kap. 23,54. Der Sabbat begann Freitag 6 Uhr. Zu irgend einem Zeitpunkt entweder selben Freitag abend, also Sabbatanfang, oder am Samstag untertags, gingen die Hohenpriester zu Pilatus und erbaten die Sicherung des Grabes.

28,1: aber spät am Sabbat: „spät“ ist auch „nachher, hintennach“, wie in jedem griechischen Wörterbuch zu sehen ist. Daher übersetzt z. B. Leander van Eß: nach Verlauf des Sabbats; Dr. Wiese: nach dem Sabbat; Luther: als aber der Sabbat um war. D. h. also: der Schluß des Sabbats, Samstag abend von 6 Uhr an, ging in den ersten Wochentag, das ist in Samstag abend nach 6 Uhr über. Näher ist der Zeitpunkt bestimmt durch: in der Dämmerung des ersten Wochentages, d. i. also auch am Samstag abend, nicht am Sonntag morgen bei der Morgendämmerung! Luther ist am einfachsten: „als aber der Sabbat um war und der erste Tag der Woche anbrach“, da kamen die Maria Magdalena und die andere Maria schon wieder, zu dem einzigen Zweck, das Grab zu besehen. Der 24 Stunden vorher anbrechende Sabbat hatte ihr Gegenübersitzen und Zusehen (27,61) unterbrochen. Sie fuhren jetzt darin fort, bis die hereinbrechende Nacht sie zwang, heimzugehen.

Dem Leser, den diese Feststellung befremdet, sei die Beweisführung nicht vorenthalten! Es heißt eigentlich: „des anbrechenden (nämlich Tages) zum ersten Wochentag.“ Also konnte es gleich nach 6 Uhr oder etwas später sein. Bekanntlich geht im Orient nach Sonnenuntergang die Dämmerung rascher als bei uns in die Nacht über. Lukas ist Zeuge für die Richtigkeit unserer Deutung. In dem schon angeführten 54. Vers des 23. Kapitels sagt er: „es war Rüsttag, und der Sabbat brach an“. Er gebraucht dasselbe Zeitwort „anbrechen“ wie Matthäus, und es ist

Freitag abend, wo der Freitag in den Sabbat übergeht, wie jeder sieht. Das Zeitwort „anbrechen“, eigentlich „auflichten“, ist im Sprachgebrauch einfach zur Bezeichnung des Tagesbeginns übernommen worden, ob nun der Beginn des Morgens nach der Nacht oder der Beginn des Tageslaufs bei den Juden am Abend nach 6 Uhr gemeint ist. Daher die Übersetzung „in der Dämmerung“. Wenn wir in unserer Sprache sagen: „die Anker lichten“: kommen die Anker etwa aus der Dunkelheit des Meeresbodens ans Tageslicht, wenn sie bei Nacht gelichtet werden?

28,2:„Und siehe! ein großes Erdbeben geschah“: Das schließt sich nicht direkt an Vers 1 an. (Darum setzt die Elberfelder Übersetzung diesen für sich allein und beginnt mit Vers 2 einen neuen Absatz.) Auch für diese Behauptung sei der Beweis erbracht! Matthäus hat nämlich die Eigenheit, den Anruf a) „siehe“ oder b) „und siehe“ zu gebrauchen, wenn er die Aufmerksamkeit des Lesers besonders erregen will, ob er nun Reden des HErrn wiedergibt oder ob er erzählt. Er tut das zum mindesten 37mal, wie Markus als seine Eigenheit 42mal „alsbald“ gebraucht. Matthäus wandelt da auf der Spur der Propheten, unter denen Jesaia, der Evangelist unter ihnen, es allein mindestens 26mal gebraucht. - Matth. 8,24 und 34 und 19,16 (vergl. Mark. 10,17): sieht nicht jeder, daß zwischen dem Vorhergehenden und dem durch „und siehe“ Eingeführten ein kürzerer oder längerer Zeitraum eingeschaltet zu denken ist, einviertel bis mehrere Stunden? Und wie ist's gar mit 8,2 und 9,2? Beide Geschehnisse fanden lange vor der Bergpredigt statt, die Heilung des Gelähmten überdies lange vor dem Sturm auf dem See, wie aus Markus zu ersehen ist. Und doch führt Matthäus sie mit seinem „und siehe“ so ein, als ob sie sich unmittelbar an das Vorhergehende angeschlossen hätten!

Beiläufig: Hat der Leser schon in acht genommen, daß die Bergpredigt in Matth. 5-7 gar nicht so zusammenhängend und nicht zu einem einzigen Zeitpunkt gehalten wurde, daß der Heilige Geist nur in Matthäus sie in eine einzige Form gegossen hat? Daß ferner nur in den Kapiteln 5-13 die Durcheinanderwürfelung der Reden und Geschehnisse ohne Rücksicht auf die Zeitfolge stattfindet, von Kapitel 14,1 an aber alles chronologisch genau aufeinanderfolgt wie in Markus? Daß drittens Matthäus in knapper Form erzählt, weil er Gemälde in Umrissen entwerfen will; daß die Kolorierung (die ausführliche Zeichnung) aber sich mehr in Markus und Lukas findet?

Vgl. z. B. Matth. 8,1-4 mit Mark. 1,40ff. und Luk. 5,12ff.; oder Matth. 8,28-34 mit Mark. 5,1ff. und Luk. 8,26ff. Hierin und in vielem anderen sollte nicht beabsichtigtes System liegen? -

In Matth. 28,2 trifft das also auch zu. Ob eine Zwischenzeit ist und ob sie kurz oder lang war, kommt gar nicht in Frage. In Frage kommt nur das Ereignis an und für sich. Daher: „Und siehe!“

28,2-4: Mit dem Aus-dem-Grabe-gehen des HErrn hat das nichts zu tun. Wann das geschah, hat uns Gott vorenthalten. Ob es bald nach 6 Uhr abends am Samstag oder in der Nacht oder gegen Morgen stattfand - nichts ist mitgeteilt! Wir haben uns damit zu bescheiden, daß Er „am dritten Tage (= nach drei Tagen) auferstanden ist nach den Schriften“. (1. Kor. 15,4)

28,5-10: Dieselbe knappe Form der Mitteilung, wie oben erwähnt. Ein aus mehreren Einzelheiten bestehendes Ganzes tritt vor unsere Augen. Grade so unvermittelt, wie er das Erdbeben und den Engel zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt einführt, führt Matthäus „die Weiber“ wieder ein. Welche? Die beiden von Vers 1? und waren die die Nacht dageblieben oder waren sie nur wieder da, und waren noch andere Weiber bei ihnen? Das ausführlich zu sagen findet der Schreiber nicht einmal der Mühe wert. Daß Er auferstanden ist; daß Seine Jünger es so rasch wie möglich erfahren sollten; daß Er mit ihnen in Galiläa, wo Er sie seinerzeit berufen hatte, zusammentreffen wolle, das ist die Zusammenfassung von allem, auf 3 knapp gehaltene Formeln gebracht. Wollen wir diese Darbietung nicht gerade so genießen, wie sie ist? Warum nicht hier diese großartige Form des Umrisses bewundern, und in den anderen Evangelien nach deren Eigenheit die den Umriß ausfüllenden Zeichnungen, zumal der HErr Selber den Auftrag des Engels den Weibern wiederholt?

28,9: sie umfaßten Seine Füße: in der Darstellung des Matthäus bleibt Jesus der Messias, der auch als Auferstandener immer bei Seinem Volke bleibt nach den Schriften. Vgl. Joh. 12,34 mit Ps. 72,17; 102,23 bis 27; Jes. 9,7. Darum beschränkt sich Matthäus auf die Mitteilung der Tatsache, die einzig passend ist für sein Gemälde: die Frauen umfassen die Füße des in Ewigkeit bleibenden Christus und huldigen Ihm. Wir sind da ganz im Judentum. Das nachher

bleiben, wenn auch die Taufe, Vers 19, die Offenbarung Gottes nach christlichem Bekenntnis voraussetzt. Darum kann auch die Himmelfahrt Christi keinen Platz in der Darstellung des Matthäus finden, obwohl er Augenzeuge derselben gewesen war.

28,16.17: Welch passendere Fortsetzung zu Vers 10 könnte es geben? Erwartet man nicht gerade das, daß nun das Zusammentreffen folgen werde? Und es folgt. Nur wird uns wieder zum Bewußtsein gebracht, wie souverän Matthäus im Berichten vorgeht. Wann? wo? durch die Weiber etwa an den Berg beschieden? Hat Jesus einen Berg genannt, an dem das Zusammentreffen stattfinden soll? - Keine Antwort! Der Leser kann vermuten, was er will, da steht's eben! Das Wenn? Wo? Wie? ist Nebensache, für ihn nicht des Erwähnens wert. Ebenso ist es mit der Frage, die sich erhebt: Wann gingen sie? gleich? anderen Tags? nach längerer Zeit? „Leser, bescheide dich, frage nicht so viel“ steht eigentlich zwischen den Zeilen; „präge dir die Tatsachen ein und laß es dabei sein Bewenden haben!“

Die Jünger gehen also hin, sehen Ihn, huldigen Ihm in demselben Sinne wie die Frauen es taten. Aber schon erhebt sich wieder eine Frage: Bezieht sich das Zweifeln (V. 17) auf den Zeitpunkt des Zusammentreffens und Huldigens in Galiläa? Der Schein spricht dafür. Aber in Anbetracht dessen, daß Matthäus Dinge aneinanderreiht, die zeitlich auseinander liegen, kann es ganz gut sein, daß er nur die Tatsache, daß etliche zweifelten, nicht unerwähnt lassen will, wenn der Zeitpunkt auch ein anderer und es bei einer anderen Gelegenheit war. Da er nur dies eine Zusammentreffen der Jünger mit dem HErrn in den Rahmen seines Gemäldes setzen will, muß er es notwendigerweise hier einsetzen. Und es entspricht ganz der Knappheit seiner Berichterstattung. Stellt sich dem Empfinden nicht unnatürlich dar: zuerst huldigen, dann zweifeln? Oder aber: die Elf huldigten Ihm, denn nur von ihnen ist die Rede, Vers 16. Es mochten aber andere dabei sein, etwa die Fünfhundert von 1. Kor. 15,6; auch mochte die Begegnung mit diesen eine zweite sein in Galiläa, und die Zweifler mochten unter diesen Fünfhundert sein. Etwas ähnliches in der Art der Berichterstattung zeigt Matth. 8,23-27: Es sind die Jünger, die Jesu in das Schiff folgen. Die Jünger wecken Ihn. Dann heißt es auf einmal Vers 27: „Die Menschen aber verwunderten sich ...“ Wer sind die? die Jünger? Die Frage bliebe ungelöst, wenn Markus sie nicht löste, indem er sagt: (4,36) was Matthäus dem Leser überläßt

zu denken oder nicht: „Aber auch andere Schiffe waren mit Ihm.“ Die zwölf Jünger waren also nicht die einzigen; wahrscheinlich waren selbst in dem Schiffe, in dem Jesus war, noch andere Jünger als die Zwölfe; darum sagt Matthäus auf einmal „Menschen“ statt „Jünger“. - Dr. Wiese übersetzt: „Andere aber zweifelten.“ Das schaltet die Elfe aus vom Zweifeln und entspricht der vorgetragenen Auffassung.

28,18-20: Der Ausklang des Evangeliums ist selbstverständlich dem Leitgedanken desselben entsprechend. Der Leitgedanke, auf den alles zugeschnitten ist, ist: der König und Sein kommendes Reich. Gediehen sind die Ereignisse bis zu dem Punkt: Nicht nur auf Erden, sondern auch im Himmel ist Ihm, dem Auferstandenen, alle Gewalt gegeben. Sein eigenes Volk hat Ihn verworfen. So sollen nun alle Nationen aufgefordert werden, sich Seiner Oberhoheit zu unterwerfen. Die Jünger, die von Anfang an den Platz des in den Propheten so oft genannten Überrestes einnehmen und sozusagen Seine Leibgarde sind, werden mit dem Auftrag betraut. Sie haben Sein Wort, daß Er während der dafür vorgesehenen Zeit und bis zum letzten Augenblick derselben bei ihnen sein werde. Es ist das, was wir schon gesagt haben: Der Christus bleibt in Ewigkeit, wie sie es aus den Schriften, aus dem Gesetz wußten. Mag die Art und Weise des Verhältnisses in der Unterwerfung während der vorgesehenen Zeit verschieden sein, nämlich zuerst Christentum, in welches der Überrest hineinwächst, dann wieder Verkündigung des Reiches, wenn der Überrest wieder Judentum ist: Das Ihm Unterworfen-, Jüngersein drückt sich aus in dem Bewahren dessen, was Er den Jüngern, die Seine Leibgarde sind, befohlen hat. Ist dieser Ausklang nicht bewundernswürdig groß in seiner Einfachheit? Mag die Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes das christliche Bekenntnis einführen (und sie tut es): Der Zweck des Auftrags führt zeitgeschichtlich darüber hinaus, und der Abschluß des Ganzen steht noch aus. Suchen wir also aus Matthäus nicht mehr herauszuholen, als der Geist Gottes hineingelegt hat!

Markus.

15,42-47= Matth. 27,57-61: Freitag abend;

16,1: der Zeit nach = Matth. 28,1: Samstag abend;

16,2-8 = Matth. 28,5-8. Wir fragten zu Matth. 28,5-8: Waren noch andere Weiber bei der Maria von Magdala und der anderen Maria? Wir ließen die Antwort offen. Hier in Markus sehen wir in 16,1, daß zum mindesten eine dritte, Salome, dabei war. Nachdenklich geworden durch Matthäus, fragen wir uns zu Mark. 16,1: Sind die „sie“ diese drei? Wir Antworten: dem Schein nach, ja. Zu Vers 8: „sie sagten niemandem etwas“ ist zu bemerken: Es meint: unterwegs sagten sie zu niemandem, der ihnen etwa begegnen mochte, etwas. Das „niemand“ kann sich nicht auf die Jünger beziehen.

16,9:„zuerst“ zeigt, daß diese Begegnung zwischen dem 8.

und 9. Vers von Matth. 28 einzusetzen ist.. Ferner läßt die Tatsache, daß Jesus der Maria Magdalena allein erschien, zur oben gestellten Frage, ob die „sie“ in Vers 2 die drei Frauen von Vers 1 seien, die Antwort „ja“ doch zweifelhaft erscheinen. Es mag ganz allgemein von den Weibern gesagt sein, die's eben waren. Denn sie

16,10 geht allein hin, es zu verkündigen. Somit wären die „sie“ von Mark. 16,2 gleichzusetzen „den Weibern“ von Matth. 28,5 ohne Maria von Magdala.

16,12-14: Keine Zeitbestimmung. Wenn der HErr am ersten Wochentag abend die Elfe ihres Unglaubens wegen schilt, können sie mit dem „etliche aber zweifelten“ in Matth. 28,17 nicht noch einmal gemeint sein. Was wir dort sagten, findet hier seine Bestätigung.

16,15ff. Errettung für alle Menschen ohne Ausnahme, die Schöpfung eingeschlossen (Röm. 8,19ff.), ist der hervorstechende Charakterzug des Auftrags hier, der Anlage dieses Evangeliums entsprechend. Es ist das „Evangelium Jesu Christi, des Sohnes Gottes“, Kap. 1,1, der sich aber Gott und den Menschen zum Knecht machte, als „Herr“ zwar in den Himmel zur Rechten Gottes erhöht ist, trotzdem aber als „Herr mitwirkte“, um der Botschaft von der „Errettung“ Nachdruck zu verleihen. Nicht Unterwerfung unter den, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist, ist das in den Vordergrund Gestellte. Errettung durch einen

himmlischen Herrn, der vorher starb und auferstand, an den man glaubt und zu dem man sich durch die Taufe bekennt, ist das Hervorstechende in Markus.

(Forts. folgt, s. G. w.)

F. Kpp.

„Warum hat uns Gott das getan?“

(1. Mos. 42,28.)

So fragten einst die Brüder Josephs. Und oft wiederholt sich diese Frage auch in unserem Herzen. Wie viele „Warums?“ steigen besonders in schweren Zeiten zum Himmel empor. Da, wo die Welt nur ein blindes Geschick sieht, da sieht ein Kind Gottes die Leitung seines Gottes und Vaters. Wenn wir das „Warum?“ auch noch nicht verstehen, so wissen wir doch, daß nicht alle Heimsuchungen Strafen sind. Mancher Trübsalsweg dient zu unserer Bewahrung vor größerem Leid. Oft will Gott auch durch Leiden die köstliche Frucht der Geduld in uns bewirken. Nie aber sollten wir mit einem Herzen der Bitterkeit oder der Selbstgerechtigkeit die Frage der Brüder Josephs stellen: „Warum hat uns Gott das getan?“ Als ob Gott uns unrecht tue, wenn Er Leid über uns führt. Alle Dinge müssen zu unserem Besten dienen. Später, „nach diesem“, werden wir erfahren, warum der HErr solche Leiden in die Tage unseres Lebens hineingelegt hat. Wie köstlich wird es dann sein, zu erkennen, daß der allein weise Gott kein Versehen, keinen Fehler macht, daß nur Seine Liebe, um uns zu segnen, die Wahl Seiner Wege mit uns bestimmte! Nur weil unser Auge so kurzsichtig ist, verstehen wir so wenig, was uns gut und heilsam ist. Wir irren so viel und machen so viele Fehler. - Er aber nie! Sollte diese Tatsache nicht schon allein dazu dienen, Ihm im Glauben die Führung unseres Lebens so ganz zu überlassen, daß wir in Seinem Willen ruhen und Ihm für alle Wege, die doch nur Gnade und Güte über uns sind, im Glauben danken?

A. v. d. K.

Einigkeit im Geist.

Allen ist ein Heil beschieden

Und ein Erbteil auserseh'n,

Darum lasset uns in Frieden,

Brüder, miteinander geh'n;

Aller Streit weiche weit

Auf dem Weg zur Ewigkeit!

Alle Seitenblicke taugen

Nicht für uns, für andre nicht,

Habt nur euer Heil vor Augen,

Überlasset das Gericht

Dem allein, der in dein

Und in mein Herz schaut hinein!

Laßt uns trachten denn vor allem,

Wie wir selber früh und spät

Unserm HErren wohlgefallen!

So verschwindet, so vergeht

Aller Neid, aller Streit,

Und mit ihm viel Herzeleid.

Spitta.

Frage und Antwort

Frage 6

Wie ist der - sicher nur scheinbare - Widerspruch zwischen Röm. 1,19.20.21 und 1. Kor. 2,14 zu erklären bzw. aufzulösen?

Antwort

Genannte Stellen behandeln je einen verschiedenen Gegenstand. Im Römerbrief erkennt der Mensch in dem Gemachten nicht den Schöpfer an, und im 1. Korintherbrief nimmt er nicht an, was des Geistes Gottes ist, d. h. Christus die Fülle Gottes; denn seine Natur hindert ihn daran.

Die Grundgedanken Gottes in den beiden Briefen kommen uns, kurz genannt, sicher zu Hilfe im Verständnis der Frage, stehen doch beide Stellen am Anfange jedes Briefes. Röm. 1,17: „Gottes Gerechtigkeit ist geoffenbart auf dem Grundsatz des Glaubens.“ Die Gerechtigkeit kann jedoch nicht wirksam sein, wenn keine Sünde, kein Böses da ist. Gott tritt darum in Kap. 1,18 - 3,20 Seine Beweisführung gegen die Welt an. Die ganze Welt ist schuldig (Kap. 3,19). Dieses Schuldigsein beginnt aber nicht erst mit der Abweisung des Christus, sondern in der Verleugnung des Schöpfers. Sind Seine Werke nicht Zeuge genug? Der Psalmist und Hiob mögen reden! Ps. 8,3-4: „Wenn ich anschaue Deinen Himmel - Deiner Finger Werk - den Mond und die Sterne.“ Ps. 92,5-6: „Wie groß sind Deine Werke, Jehova, sehr tief sind deine Gedanken. Ein unvernünftiger Mensch erkennt es nicht, und ein Tor versteht solches nicht.“ Ps. 139,14: „Ich preise Dich darüber, daß ich auf erstaunliche, ausgezeichnete Weise gemacht bin.

Wunderbar sind Deine Werke, und meine Seele weiß es sehr wohl.“ Hiob 12,7-10: „Wer erkannte nicht an diesem allen (V. 7-9), daß die Hand Jehovas solches gemacht hätte?“ Zu dem Verständnis dieses bedarf es nicht des Geistes Gottes, sondern die dem Geschöpf gegebene Gabe des Verstandes genügt, um in dem „Erkennbaren“ Gott zu schauen, das Unsichtbare von Ihm, Seine ewige Kraft und Seine Göttlichkeit. Gottes Wirken bleibt es trotzdem, wenn Menschen von Seinem Schöpfertum überzeugt werden. Die Römerstelle erwähnt nichts vom „Geiste Gottes“, sondern begnügt sich mit dem Ausdruck „des geoffenbarten Erkennbaren“. Der Mensch wird hier betrachtet in seinem natürlichen Zustande betreffs Stellungnahme dem Schöpfergott gegenüber. Der natürliche Mensch ist u. a. unter dem „Zorne Gottes“ (Eph. 2,3), er ist ein „Feind Gottes“ (Röm. 5,10) und vermag nicht, dem „Gesetz Gottes“ untertan zu sein. (Röm. 8,7)

Das höchste Gerechtigkeitsgefühl besaßen in der damaligen Welt die Römer, aber sie mußten durch die Erkenntnis der göttlichen Gerechtigkeit die Befleckung der eigenen erkennen. Ähnlich dem Grundsatz nach war es bei den Korinthern. Sie waren Bürger eines Volkes, dessen Ruf von hoher Weisheit bereitet war (1. Kor. 1,22). Auch hier ist eine Beurteilung der Menschen durch den Geist Gottes vorgestellt. „Wer sich daher rühmt, der rühme sich des HErrn!“ (Kap. 1,30). Die menschliche Weisheit geht so weit, wie sie eben die irdischen Dinge zu erfassen vermag, und kann als solche (als Weisheit) gelten. Maßt sie sich aber an, Gottes Handeln in und durch Seinen Christus zu beurteilen, so ist sie schon dadurch zur Torheit gestempelt (Kap. 1,20). Als Beispiel wird nun Kap. 2,11 angeführt. Wie nur der Geist des Menschen weiß, was in ihm ist, so weiß auch nur der Geist Gottes, was in Gott ist. Nur Ihm allein ist es möglich, Gott zu erkennen (V. 10). Durch den Geist unterscheiden wir uns von der Welt (V. 12), und durch denselben allein sind wir befähigt, das von Ihm Geschenkte zu erkennen. Ebenso bedarf es geistlicher Mittel in Ausübung eines Heiligungslebens wie auch in Fragen des Gemeindelebens. Der natürliche Mensch ist vollkommen ausgeschaltet, da er anderer Natur ist und einem anderen Herrn angehört. Natürlicher Mensch und Geist Gottes schließen sich von selbst aus wie Tag und Nacht. Also kann der natürliche Mensch nicht erkennen, was des „Geistes“ Gottes ist, d. i. was kein Auge gesehen, kein Ohr gehört und was in keines Menschen Herz gekommen ist,

Schöpferweisheit „allen“ Menschen geoffenbart ist. Darin liegt der Unterschied. Wohl kommt in beiden Stellen der „natürliche“ Mensch in Frage, nur ist er in 1. Kor. 2 „natürlich“ genannt im Gegensatz zu dem, was göttlicher Natur ist. Erst muß das zunichte werden, „was ist“ (Kap. 1,29), nämlich das „Natürliche“, ehe das erkannt wird, was des „Geistes Gottes“ ist.

W. Wst.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese klare Antwort macht ein weiteres genaues Eingehen auf die Frage selbst unnötig. Nur einige kleine Bemerkungen dazu!

Wie wichtig ist die gemachte Feststellung, daß es sich bei beiden Stellen um den „natürlichen“ Menschen handelt! Das ist die menschliche Seite. Aber die göttliche ist, daß Gott das eine „erkennbar“ nennt (Röm. 1,19), während das andere (1. Kor. 2,14) das Gebiet des Geistes ist, das dem „natürlichen“ Menschen verschlossen ist. Das erstere ist in dem „Gemachten geoffenbart“ - folglich dem natürlichen Menschen erreichbar (wenn auch erst durch Gottes Walten) -, das letztere ist „unfaßlich“, „eine Torheit “, unerkennbar für den natürlichen Menschen - warum? „weil es geistlich unterschieden werden muß“ (V. 15).

Wir sehen, wie das erstere, das „Erkennbare“, den großen Philosophen und Dichtern des Altertums z. T. als göttlich gemacht bekannt war, so besonders dem Plato u. a. - Männern, die in ihrem Herzen, ihren Werken und in ihrer Lehre Gott nicht fern waren (vgl. übrigens Pauli Beweisführung auf dem Areopag, Apg. 17,23-31.28!). - Andererseits können wir uns immer wieder überzeugen davon, daß die größten Geister, sogar der Christenheit, wie z. B. Goethe und auch Schiller und leider viele andere, mehr an den für wahre gläubige Christen vermöge des in ihnen wohnenden Geistes Gottes klar verständlichen Dingen des Evangeliums oder des Sohnes Gottes und der Ewigkeit usw. ohne auch nur einen Strahl wirklichen Erkennens vorübergehen, ja oftmals als Verächter und Hasser von Kostbarkeiten, die sie nicht begreifen!

Diese einfachen Tatsachen zeigen klar, wie die beiden erfragten Stellen nicht nur nicht

Widersprüche enthalten, sondern wie sie sich geradezu ergänzen. Der Unglaube aber vermag weder die eine noch die andere Stelle zu entkräften. Wer die nur durch den Geist zu erforschenden und zu erkennenden Dinge (1. Kor. 2) nicht begreift, ist - wenn er auch „das geoffenbarte Erkennbare“ (Römer 1) nicht erkennen will (sondern etwa sagt, es sei alles von selber geworden!!) - völlig ohne Entschuldigung; der Unglaube in dieser Hinsicht zuerst ist nach Gottes Wort unentschuldbar! Wer aber aufrichtig sich belehren läßt durch das „Erkennbare“ über Gott und Sein Dasein und Wirken, dem wird Er sicher auch mehr Licht schenken vom Kreuze her (1. Kor. 1), so daß über die Station von Röm. 1,19.20 ein Mensch, dem bisher keine weitere Offenbarung zuteil geworden ist, seinen Weg finden kann zu dem Gott, „der Sich schauen läßt“ (1. Mose 16,13) von denen, die Ihn ernstlich suchen!

Jedoch der Zusammenhang der Römerstelle zeigt, daß die „Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen“ (V. 18), wie sie im allgemeinen sind, diesen Weg zu Seinem Erkennen nicht geht und daß darum Sein Zorn über sie geoffenbart wird. - Welch ein weiter Weg ist aber von solchen, die, obwohl sie Ihn an dem „Erkennbaren“ erkennen könnten, Ihn nicht kennen lernen wollen, bis zu denen, die durch Seinen Geist immer tiefer in Seine herrlichen Geheimnisse einzudringen wünschen und vermögen! Wahrlich, ein unendliches Vorrecht, „die Dinge zu kennen, die uns von Gott geschenkt sind!“ (1. Kor. 2,12). Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

F. K.

Die Gemeinden der Heiligen.

(Fortsetzung.)

Veränderte Zustände der Gegenwart.

Wenn wir die heutigen Zustände mit denen des apostolischen Zeitalters vergleichen, so finden wir sie völlig verändert. Damals gab es z. B. keine Denominationen (Benennungen), wie wir solche heute in Fülle haben, welche alle beanspruchen, Christen zu sein. In manchen dieser

Benennungen unserer Zeit finden wir sicher viele wahre Kinder Gottes und ebenso auch ein Festhalten der Grundwahrheiten des Glaubens. Nun erhebt sich die Frage: „Wenn Brüder aus solchen Denominationen zu uns kommen, gibt uns Gottes Wort irgendwelche Berechtigung, den Empfang derselben abzulehnen?“ Ohne einen Augenblick zu zögern, Antworten wir: „Gar keine.“ Ja, noch mehr. Das Wort gibt uns nicht nur keine Erlaubnis, sie abzulehnen, sondern es gebietet uns vielmehr, sie über ihre VerAntwortlichkeit, dem Worte des HErrn gehorsam zu sein, zu belehren. Mit dieser Frage will man aber gewöhnlich sagen, ob man solchen Gläubigen (abgesehen von besonderen Fällen) nicht ohne weiteres erlauben solle, das Brot zu brechen, ohne daß dieselben von der Gemeinde aufgenommen seien. Solche unterscheiden nicht zwischen „aufnehmen“ und „brotbrechen“, sondern meinen, daß „aufnehmen“ und „brotbrechen“ ein und dasselbe sei, und manche Verwirrung ist dadurch entstanden.

Die Schwierigkeit besteht aber weniger darin, das Passendsein für Gemeinschaft oder den trifftigen Grund für Zurückweisung festzustellen (denn darüber dürften die Meinungen kaum verschieden sein), sie liegt vielmehr in der Frage, was „aufnehmen“ oder „empfangen“ bedeutet. Wie schon gesagt, wird gewöhnlich angenommen, „empfangen“ oder „aufnehmen“ bedeute nur soviel, als jemandem zu gestatten, das Brot zu brechen. Und weil man nichts weiteres darin sieht, so findet die sogenannte Aufnahme statt, ohne daß Herz und Gewissen mit der göttlichen Sorge sowohl für die Ehre des HErrn als auch für das Wohl des Betreffenden erfüllt sind.

Ich weiß wohl, daß es Gemeinden gibt, in denen trotz dieser irrtümlichen Auffassung die „Aufgenommenen“ mit vieler und wirklicher Fürsorge umgeben und behütet werden, aber diese Sorge wird doch in Wirklichkeit nur denen gegenüber ausgeübt, die in dem wahren Sinne des Wortes „aufgenommen “ sind, und nicht denen gegenüber, die nur bei Gelegenheiten das Brot mit brechen. Wenn wir beachten, wie es in vielen Fällen in bezug auf das „Empfangen“ oder „Aufnehmen“ zugeht, so tritt der Widersinn der falschen Annahme klar zutage. Z. B. ein Gläubiger einer Denomination wird eingeladen, an einem Zusammenkommen zur Betrachtung des Wortes teilzunehmen. Erfreut über das Zusammensein kommt er wieder. Sein Herz und Gewissen werden durch das, was er hört, berührt, und er sucht weitere Hilfe, um in die

Gedanken der Schrift eingeführt zu werden. So kommt es, daß er schließlich an einem Sonntagmorgen ein Augenzeuge des Brotbrechens und der Anbetung der Gemeinde wird. Er forscht weiter in der Schrift und wird überzeugt, daß das, was er in dem Kreise der Brüder gesehen hat, in der Schrift gegründet ist, und so drückt er den Wunsch aus, sowohl getauft zu werden als auch sich diesen Gläubigen, die sich im Gehorsam zur Schrift versammeln, anzuschließen. Er wird von einigen Führern der Gemeinde aufgesucht und gebeten, doch die Zusammenkünfte der Gemeinde regelmäßig zu besuchen, um mit den Gliedern derselben mehr bekannt zu werden. Nach einiger Zeit wird sein Wunsch, sich der Gemeinde anzuschließen, bekannt gegeben und zugleich mitgeteilt, welche Erfahrungen man gemacht hat, so daß man ihn der Gemeinde empfehlen könne. Wenn sich kein Widerspruch erhebt, wird er aufgenommen, und die Folge ist, daß er mit am Mahle des HErrn teilnimmt. Ganz im Gegensatz zu dieser Aufnahme kann es sein, das gerade an dem Tage, an dem dieser Bruder zum ersten Male das Brot bricht, eine andere Person eingeführt wird. Irgend einer, der der Gemeinde angehört, hat denselben mitgebracht und flüstert bei seinem Kommen einem der älteren Brüder zu: „Ich habe einen Freund mitgebracht, der heute morgen bei uns das Brot brechen möchte; ich kenne ihn, er ist ein Gläubiger und ein Mitglied von der und der Gemeinde.“ Auf diese Vorstellung hin wird nun demselben gestattet, das Brot zu brechen. Man mag sagen, dies ist ein seltener Ausnahmefall; aber gerade über einen solchen Fall hat sich oftmals Streit erhoben.

Laßt uns die Sache noch ein wenig weiter verfolgen. Nehmen wir an, nach einigen Wochen läßt sich der zuerst erwähnte Gläubige weder in den sonntäglichen noch in den anderen Zusammenkünften mehr sehen. Natürlich wird dieserhalb Nachfrage gehalten, und man nimmt Gelegenheit, ihn aufzusuchen, um den Grund seines Fernbleibens festzustellen. Wenn er krank ist, wird ihm Liebe und Mitgefühl erzeigt werden; ist er durch den Verkehr mit seinen früheren Weggenossen irregemacht worden, so wird man versuchen, ihn durch Gottes Wort wieder zu befestigen usw. Wie aber ist es mit der zweiten Person? Auch sie sah man nicht wieder, und niemand fragt nach dem Grund; und wenn nach demselben gefragt wird, so sagt der Freund, der den Betreffenden mitbrachte: „O, er wollte nur einmal unsere Zusammenkunft kennen

dann die Sache zu Ende. Vielleicht wird nach einiger Zeit bekannt, daß diese Person von falschen Lehren gefangen genommen und jetzt in ungöttlicher Weise lebt. Aber niemand tut ihretwegen etwas. Was will ich mit diesem sagen? Einfach das, daß, obwohl hier zwei ganz verschiedene Dinge vorliegen, beide doch mit demselben Ausdruck „aufnehmen“ bezeichnet werden, während doch keine Ähnlichkeit zwischen beiden besteht. Im ersten Falle kann man von einem tatsächlichen Aufgenommenwerden reden, und diese Aufnahme schloß wichtige Folgen in sich sowohl für die Gemeinde als auch für den Aufgenommenen. Im zweiten Falle war es überhaupt keine Aufnahme, sondern nur ein Gestatten der Teilnahme am Brotbrechen, ohne daß damit VerAntwortlichkeit und daraus hervorgehende Sorge für die betreffende Person verbunden war.

Mancher mag sagen, daß diese Schilderung ein äußerst extremer Fall sei. Das mag sein, aber es wird deutlich darin veranschaulicht, wie unmöglich es ist, diese beiden Arten des Handelns mit dem Ausdruck „Aufnahme“ zu belegen. Und in Wirklichkeit ist nichts Übertriebenes darin. Die, welche diese Art Einführungen von Personen verteidigen, führen solche gewöhnlich ein mit den Worten: „Eine einfache, gottselige, demütige Seele, deren Erkenntnis nicht weiter geht, als daß sie heute morgen gern mit uns des HErrn gedenken möchte.“ Und man fragt, ob es in der Schrift irgend ein Zeugnis gibt, eine solche Seele abzuweisen. Wir würden Antworten, daß eine einfache, gottselige, demütige Seele darüber niemals straucheln wird, wenn man ihr liebevoll die göttliche Ordnung zeigt: erstens Aufnahme durch die Gemeinde und danach das Brechen des Brotes und alle anderen Vorrechte und VerAntwortlichkeiten der Gemeinschaft. Und wenn wir noch etwas näher auf solche Fälle eingehen würden, so würde sich, wenn auch nicht in allen, so doch in vielen Fällen, zeigen, wie völlig irreführend das über die betreffende Person Gesagte ist, welche in dieser Weise wünscht, das Brot zu brechen. Ist es nicht meistens so, daß dieselbe seit Jahren völlig damit zufrieden war, an einem Brauche teilzunehmen, der nur einmal im Monat oder vielleicht nur alle halbe Jahre einmal stattfindet? Und weiter: hat der Betreffende nicht den Vorsatz, künftig wieder zu diesem alten Brauche zurückzukehren? Wodurch ist denn heute der Wunsch, am Mahl des HErrn teilzunehmen, wachgerufen? Nur etwa dadurch, daß zufällig Freunde und Verwandte besucht wurden, die in die Zusammenkunft gehen, oder weil

jemand treiben sollen, am Mahle des HErrn teilzunehmen? Wird man einer solchen Seele nicht viel behilflicher sein, wenn man ihr liebevoll die göttliche Ordnung zeigt und sie ermutigt, in dieser Sache das Wort Gottes zu prüfen und alsdann zu handeln? -

(Schluß folgt, s. G. w.)

Anmerkung

Ein solches Vorkommen, daß jemand sozusagen „als Gast“ am Mahl des HErrn teilnahm, gab es natürlich in der Zeit der Einheit des Volkes Gottes nicht; es ist eine Folge der Zerrissenheit und der Verwirrung, die durch die Untreue über das Volk Gottes gekommen ist. Sollen wir nun, da wir über diese Sache in dem Worte nichts finden, einfach jeden, der vorübergehend anwesend ist, ablehnen oder entgegengesetzt, jeden, der da kommt, aufnehmen? Das eine wäre so verkehrt wie das andere. Unser einziges Licht bleibt auch in dieser Sache allein das Wort. Zeit und Umstände mögen sich verändern, Gottes Gedanken nicht. Seine Vorsätze am Anfang sind auch dieselben am Ende. Er kannte den ganzen Lauf der Dinge zuvor. Er sah auch das kommende Verderben in Seiner Gemeinde und enthüllt uns das Böse der letzten Zeiten; und doch stellt Er Sein Wort nicht um noch gibt Er uns für die letzten Tage andere Anweisungen. Damit zeigt Er uns, daß Sein Wort für alle Zeiten und Umstände genügt.

Die göttlichen Anordnungen erfordern aber für ihre Ausführung geistliche Kraft. Es ist viel einfacher und leichter, menschliche Regeln und Muster aufzustellen und danach zu handeln, als nach dem Worte unter der Leitung des Geistes und in dem Bewußtsein der Gegenwart des HErrn in der Mitte der Seinigen. Das Fleisch neigt immer wieder nach altgewohnten Formen und Regeln hin, besonders nach solchen, in denen sich in früheren Zeiten und besonderen Umständen einmal Gottes Geist und Kraft erwies, die aber tot und leer sind, wenn die beständig wirkende und belebende Kraft des Geistes fehlt.

Die Zusammenkünfte der Gemeinde sind nicht wie bei Israel in strenge Vorschriften gefaßt; und selbst in jenen Tagen, obwohl das Gesetz alles buchstäblich vorschrieb, durfte doch, wenn

nicht hindern. Der HErr Selbst rechtfertigte David, daß er die Schaubrote aß, und damit auch zugleich Ahimelech, der nach dem Grundsatz der Barmherzigkeit handelte und ihm gestattete, ins Haus Gottes zu gehen, die Schaubrote zu essen, die ihm zu essen nicht erlaubt waren. Jedermann hätte David und Ahimelech schuldig sprechen können, wider das Gesetz gehandelt zu haben. Der HErr aber zeigte, daß sie in Übereinstimmung mit der Barmherzigkeit Gottes waren. (1. Sam. 21; Matth. 12,3; Mark. 2,25) - In den Tagen Hiskias feierte ein großer Teil des Volkes, der sich nicht gereinigt hatte, „Passah, nicht wie es vorgeschrieben ist“. Dem Gesetz nach hätten diese Israeliten zurücktreten müssen; Gott aber handelte wieder nach Seiner Barmherzigkeit und erhörte das Gebet Hiskias, daß Er vergeben möge jedem, der sein Herz darauf richtete, Ihn zu suchen und es noch nicht gemäß der Reinheit Seines Heiligtums getan hatte. (2. Chron. 30,18-20)

Auch in dieser Sache, die uns beschäftigt, muß unser Verhalten fließen aus der geistlichen Erkenntnis und Übereinstimmung mit den Gedanken Gottes über Sein Volk und Seine Gemeinde. Wir haben im Neuen Testament, wie schon angedeutet, die Anordnung der Dinge in Gottes Gemeinde nicht, wie Israel die zehn Gebote hatte. Wir können deshalb auch nicht Gottes Ordnungen in äußeren Formen festlegen oder zu einem System machen, sondern haben von Fall zu Fall zu prüfen, was der Wille des HErrn ist.

Nun noch einige kurze Worte und Andeutungen über die „Aufnahme“ oder das „Empfangen“ in der Gemeinde. Die Schrift gibt uns keine Vorschrift, wie der Verlauf einer Aufnahme in der Gemeinde sein soll. Und wir sollten uns deshalb auch in dieser Sache hüten, eine feste Regel aufzustellen, nach der dann in mechanischer Weise ohne geistliche Kraft gehandelt werden würde. In den ersten Tagen war alles, weil es nur eine Gemeinde gab, in der die ungehinderte Kraft des Geistes sich entfaltete, sehr einfach. Jeder, der Buße tat, an den Herrn Jesus gläubig und getauft wurde, wurde zu dieser Gemeinde gezählt. Buße, Glauben und Taufe legten von dem neuen Leben Zeugnis ab. Hunderte, ja Tausende wurden in jenen Tagen der Gemeinde „hinzugetan“, wir finden aber nirgends einen Bericht, wie dieses stattfand; und doch wird uns gesagt, daß sie „hinzugetan“ wurden. (Apg. 2,41.42.47; 5,13.14) Ob mit diesem Hinzugetanwerden eine besondere Handlung verbunden war, wie es bei Saulus der Fall war

(Apg. 9,26-28), wissen wir nicht; hier lag ein außergewöhnlich schwieriger Fall vor, und einige nähere Umstände anläßlich seines „Anschlusses“ an die Jünger werden uns zu unserer Belehrung mitgeteilt. Die Jünger in Jerusalem kannten wohl sein Vorleben, wußten aber nichts von den späteren Ereignissen und glaubten nicht, daß er ein Jünger sei. So geschah es, daß Barnabas, der Sauls Geschichte kannte, diese den Führern der Gemeinde erzählte (ob privat oder vor der versammelten Gemeinde, wissen wir nicht). Das Resultat war aber, daß er von der Gemeinde aufgenommen, ein und aus mit ihnen ging und von nun an einer „von ihnen“ war. (Apg. 9,28; Kol. 4,12)

Manche, die sehr ernst über das „Hinaustun“ aus der Gemeinde denken, gehen ganz leicht über das „Hinzugetanwerden“ zur Gemeinde hinweg. Sie meinen, daß die Schrift nichts von einer Aufnahme-Handlung in der Gemeinde sage, und so sprechen sie nur von einem „Empfangen am Tisch des HErrn“. Die Schrift aber kennt kein „Empfangen“ am oder „Hinwegtun“ vom „Tisch des HErrn“, soviel solche Ausdrücke auch heute gebraucht oder gehört werden. Die Gläubiggewordenen wurden von der Gemeinde empfangen, und die, welche hinausgetan wurden, wurden nicht vom „Mahl des HErrn“ hinweggetan, sondern, wie das Wort sagt, „aus ihrer Mitte hinweggetan“. (1. Kor. 5,2)

Es ist immer die Gemeinde, die örtliche Gemeinde, die zusammengerufen werden - und zusammenkommen konnte, (Apg. 14,27) von der drei Handlungen ausgeführt wurden: 1. die Aufnahme solcher, die sich ihr „anzuschließen“ suchten (Apg. 9,26), 2. der Ausschluß solcher, die unter Zucht gestellt wurden (1. Kor. 5,12.13), 3. der Wiederempfang solcher nach geschehener Buße.

Wenn wir für manche Dinge auch keine buchstäblichen Anweisungen oder Musterbeispiele in der Schrift finden (insonderheit für Dinge, die der früheren Zeit fremd waren, z. B. die Mitfeier des Mahles von Gläubigen, die den Denominationen angehören), so finden wir doch Grundlinien und Grenzen in dem Worte, die unverrückbar sind für alle, die in Seinem Namen zusammenkommen. Jeder, der sich der Gemeinde anschließen und an den Vorrechten derselben: der Feier des Mahles usw. teilnehmen will, muß Grund haben und Beweis führen

können, daß er dem HErrn angehört. Derselbe kann nicht auf seine „eigene VerAntwortlichkeit“ hin empfangen werden, „denn nicht, wer sich selbst empfiehlt, ist bewährt“ (2. Kor. 10,18); wohl aber genügt es, wenn Brüder, die das Vertrauen der Gemeinde besitzen, denselben der Gemeinde empfehlen und über ihn Bericht geben können, wie es einst Barnabas über Saulus tat. Mit der Tatsache der Bekehrung zusammen muß auch immer ein würdiger Wandel und gesunde Lehre gefunden werden, denn „an den Früchten sollen wir sie erkennen“.

Es mag sein, daß jemand noch schwach im Glauben und in der Erkenntnis ist, aber in der Gemeinde ist nicht nur Raum für die Starken, sondern auch für die Schwachen. (Röm. 14,1) Wenn aber statt der Schwachheit der eigene Wille hervortritt oder jemand Freiheit für sich fordert, überall hinzugehen, wohin er Lust hat, und niemand unterworfen zu sein, da muß klar behauptet werden, daß solches Eigenwille und Gesetzlosigkeit ist und nicht der Geist, welchen Gott denen gibt, die einander unterworfen und mit Demut umhüllet sind. (1. Petr. 5,5) Für Eigenwillen aber ist kein Raum in der Gemeinde. Sie ist der Platz, wo alle lernen und in den Wegen des HErrn mehr und mehr unterwiesen werden.

Die Frage der Erkenntnis ist für die Aufnahme nicht die entscheidende. Wir wissen, daß der HErr auch den Schwachen „aufrecht zu erhalten vermag“. (Röm. 14,3.4) Hat Gott ihn aufgenommen, dann ist es sowohl unsere Pflicht als auch unser Vorrecht, einen solchen aufzunehmen. - So wie es zu Gottes Herrlichkeit war, als Christus uns aufnahm, ebenso soll es zu Gottes Herrlichkeit dienen, wenn wir einander aufnehmen, wie Christus uns aufgenommen hat. (Röm. 15,7)

Die aufnehmende örtliche Gemeinde besteht aus einzelnen Gläubigen, und darum hat auch jeder einzelne Gläubige den Neu-Aufgenommenen in seinem Herzen willkommen zu heißen und mit aller Liebe und Fürsorge zu umgeben, nicht allein deshalb, weil derselbe der Gemeinde angeschlossen ist, sondern weil er dem HErrn angehört. Deshalb muß bei der Aufnahme auch das volle Vertrauen vorhanden sein, daß der Betreffende ein wahres Kind Gottes und in Wandel und Lehre gesund ist. Eine solche Aufnahme darf auch nicht wie die Mitgliedschaft einer Denomination angesehen werden, sondern sie bedeutet ein gemeinsames Teilhaben an allem,

was Gott Seinem Volke gemeinsam gegeben hat, sowohl an Freude und Erbauung miteinander als auch an gegenseitiger VerAntwortung, Hilfe und Förderung.

(Der Schriftleiter A. v. d. K.)

Gebet und Erweckung.

Hinter jeder großen Bewegung auf geistlichem Gebiete finden wir fast immer Beter. Hinter Finney's wunderbarer Arbeit und gewaltiger Predigt standen die Gebete von „Vater Nash“. Hinter der großen geistlichen Erweckung, welche Moody's erstem Besuch in England, Schottland etc. folgte, standen die Gebete einer an das Bett gefesselten Frau, welche nie eine seiner Evangeliumsverkündigungen besuchen konnte.

Ein Kolporteur in einer der östlichen Provinzen Kanadas klopfte an die Pforte einer kleinen Hütte. Von innen fragte eine Stimme, was er wünsche, und als er darauf Antwortete, er habe Bücher zu verkaufen, hörte er dieselbe Stimme sagen: „Geld, um Bücher zu kaufen, besitze ich nicht, aber wenn Sie hereinkommen wollen, will ich für Sie beten.“ Er trat herein und fand eine arme, invalide Frau auf ihrem Lager liegen. Als er an ihrem Bette niederkniete, zog ihr Gebet Gottes Kraft auf seine Seele hernieder und ein Erweckungsfeuer wurde angezündet, welches sich immer weiter verbreitete von Landstrich zu Landstrich, bis Hunderte für das Reich Gottes gewonnen waren.

An einer einsamen Stelle der englischen Küste, in der Nähe von Brighton, kniete vor mehr als 50 Jahren an einem Sonntagmorgen Hudson Taylor. Ein gewaltiger Kampf tobte zwischen Glauben und Unglauben in seiner Seele. Er sah das große chinesische Reich ohne Boten des Evangeliums umkommen und sah sich als Gesandten Christi dorthin. (Mit Ausnahme einer einzigen Provinz war zur damaligen Zeit in diesem großen Lande nirgend ein Bote des Evangeliums.) Als alle Zweifel und aller Unglauben in diesem Kampfe seiner Seele durch die Verheißungen seines Gottes niedergerungen waren und sein Glaube Gott erfaßte als völlig genügend, jeder, wie auch immer gearteten Not begegnen zu können, ging er sofort daran, für

jede der großen chinesischen Provinzen Missionare zu verlangen. So wurde die China-Inland-Mission geboren, welche über tausend Missionare nach China gesandt hat.

Vor über 30 Jahren war der ganze Sudan mit einer Einwohnerschaft von fünfzig Millionen ohne irgend einen Missionar. Eine Expedition nach der anderen versuchte vergeblich, in das Land hineinzukommen. Der Schreiber war selbst an einer beteiligt, aber das ganze Ergebnis waren nur Gräber. Eine kleine Schar Christen jedoch vereinigte sich zu beharrlichem Gebet und ließ darin nicht nach, bis sich das Land nach und nach öffnete, und heute wird das Evangelium einem Stamm nach dem anderen gebracht. Das ist wiederum ein Beispiel, wie auf das Gebet einiger demütiger Menschen Hunderte von Seelen gewonnen wurden.

Gott ruft auch uns zum Gebet. Unglaube dagegen achtet das Gebet gering und von untergeordnetem Wert in dem Dienste Christi. Zur Zeit einer großen Entscheidung in Israel lesen wir in der Schrift, das Gott „staunte, daß kein Fürbittender vorhanden“ war. (Jes. 59,16) Was aber muß Gott heute empfinden, wenn Er die Gebetslauheit sieht - heute, zu einer Zeit, wo die ganze Welt sich in einer Krisis befindet und die gegenwärtige Not das ganze Volk Gottes auf die Knie zwingen sollte.

Was haben unsere Gebete in dem Kreise, in dem wir uns bewegen und den wir durch unsere Zugehörigkeit beeinflussen, bewirkt? Wie oft, wenn der Glaube mahnte, uns an Gott zu wenden und Ihm zu vertrauen in den Nöten unseres eigenen Lebens und unserer eigenen Arbeit, haben wir der verführerischen Stimme des Unglaubens und Zweifels Gehör geschenkt und uns verleiten lassen, etwas „Praktischeres“ als Gebet zu tun?!

(M. O.-H.)

Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des HErrn.

(Fortsetzung.)

23,50-56: erfordert nur die eine Bemerkung zu Vers 55 und 56: nicht nur die Maria Magdalena und die andere Maria (des Jakobus und Joses Mutter) sahen zu, wie Joseph von Arimathia den Leib Jesu ins Grab legte (Mark. 15,47), sondern allgemein „die Weiber,“ die Ihm von Galiläa nachgefolgt waren. Nur waren die beiden Erstgenannten beharrlicher als die andern; denn nach Matth. 27,61 setzten sie sich hin.

24,1-12: erscheinen, genau besehen, nur als Einleitung zu der ins Einzelne gehenden Schilderung der Begegnung Jesu mit den zwei Wanderern nach Emmaus. Nicht Geschichte will er geben, in der ein Ereignis nach dem andern deutlich zu unterscheiden wäre, sondern eine kurz zusammengefaßte Darstellung der Wirkung, welche die Mitteilung der Auferstehung auf die Weiber und Jünger ausübte. Beweis: „die Weiber“ zweimal: 23,49 und 55. Dann immer, von den Weibern gesagt: „sie“: 23,56 - 24,9: elfmal. Erst Vers 10 werden drei mit Namen genannt, aber auch nur mit der Hinzufügung: und die übrigen (Weiber) mit ihnen. Wer will da eine Scheidung machen? Ebenso Vers 9: sie verkündigten dies alles den Elfen und den übrigen allen. Wie einzelnes trennen? Und wer waren die „alle“? Siehe Vers 33 und Apg. 1,15. Desgleichen ist das zur Gruft Gehen des Petrus, Vers 12, nicht an einen speziell erkennbaren Punkt zu setzen. Siehe auch in Vers 22-24 den Charakter der Allgemeindarstellung.

24,13-32= Mark. 16,12.

24,33= Mark. 16,13: Luk.: „die Elfe und die mit ihnen waren“. Mark. nur: „den übrigen“.

24,36ff. = Mark. 16,14ff.: Luk.: „während sie aber dieses redeten“; also zu den Elfen und den übrigen. Mark. nur: „Nachher“; und hebt nur die Elfe hervor. Und doch zeigt in Mark. das „als sie zu Tische lagen“ (V. 14) und in Luk. das „sie reichten Ihm ein Stück gebratenen Fisch und von einer Honigscheibe“ (V. 42), daß es sich um ein und dasselbe Ereignis handelt. Auch wird der Auftrag des HErrn an die Jünger bei dieser Gelegenheit gegeben; in Matth. dagegen später, in Galiläa. Woraus hervorgeht: Wie Er zur Zeit Seines Dienstes unter dem Volke mehrfach über ein und denselben Gegenstand geredet haben wird, so redet Er mehr als einmal nach Seiner Auferstehung mit den Jüngern über den Auftrag, den sie nun ausführen sollten, wobei nicht nur

die Elfe in Frage kommen, obwohl sie eine Sonderstellung einnahmen. Siehe Apg. 1,1-9: „Vierzig Tage hindurch wurde Er von ihnen gesehen und redete über die Dinge, welche das Reich Gottes betreffen.“ Gehörte zu diesen Dingen nicht in erster Linie der Auftrag? Ist es verwunderlich, daß die paar Worte darüber in den Evangelien verschiedenen Inhalts sind, weil sie sich dem Charakter eines jeden derselben anpassen mußten, Gott sie also so und so und nicht anders gegeben wissen wollte, weil sie stereotypierte (festgelegte) „Schrift“ werden sollten, was durchaus nicht alles werden sollte, was Jesus redete, sowohl vor als auch nach Seiner Auferstehung? Siehe Joh. 21,25! Behebt diese natürliche Erwägung nicht auch die Schwierigkeit, die sich aus Matthäus ergibt, wenn gefragt und gesagt wird: daß die Elfe dem Auftrag, zu allen Nationen zu gehen und sie zu Jüngern zu machen, doch nicht nachgekommen seien, weil sie in Jerusalem geblieben seien, als andere gingen, Apg. 8,1, und weil die Schrift überhaupt nichts von ihrem Gehen zu den Nationen erwähne!? Denn nicht um Anlaß zu dieser sehr müßigen Frage zu geben, mußte Matthäus seine Formulierung niederschreiben, sondern um der Darstellung, die er von dem Leben, dem Wirken, dem Tode und der Auferstehung des Messias, des Königs geben sollte, den allein dazu passenden Abschluß zu geben. Wir haben das ja kurz skizziert. Wir glaubten auch sehen zu können, daß nicht nur die Elfe in Frage kommen, was die Kritik an ihnen nur noch weniger statthaft erscheinen läßt.

Bei Lukas ist der Auftrag desgleichen in die Form gegossen, die eine Krönung seiner Darstellung des Menschensohnes ist. Seine Darstellung (24,47) ist ja besonders darauf zugeschnitten, Ihn den verlangenden Menschenherzen lieb und wert, Seinen Namen denselben kostbar zu machen. Sündenvergebung auf Grund Seines Namens ist das hervorstechende Merkmal, und zwar für alle Menschen, zu allererst für die schuldige Stadt Jerusalem. Die Buße ist freilich eine unerläßliche Vorbedingung und wird darum vorangesetzt. Wie einzig passend für das Evangelium Lukas, daß „der Mensch Christus Jesus, der Sich Selbst gab für alle zur Erlösung“, nachdem Er als Auferstandener vor ihnen gegessen und getrunken und diesen Auftrag gegeben hatte, ihnen Kraft aus der Höhe zum Zeugendienst verhieß, segnend vor ihren Augen gen Himmel fuhr, und daß sie, unter dem Eindruck dieses Geschehnisses, Ihm huldigten!

20,1: als es noch finster war. Das war also der früheste Besuch beim Grabe am ersten Wochentage.

20,2: Maria Magdalena sagt: „wir wissen nicht“: war sie schon mit andern Weibern zusammengetroffen, während sie zurückkehrte, um den beiden Jüngern Petrus und Johannes die Mitteilung vom leeren Grab zu machen? Geht sie dann wieder zurück zum Grabe und ist mit den andern Frauen wieder dort; oder waren die in der Zwischenzeit schon dort gewesen?

20,3-10: Wann gingen die beiden Jünger zum Grabe? Gleich jetzt oder nachdem die andern Weiber ihren Auftrag von den Engeln und von Jesus Selber ausgerichtet hatten? Sicher scheint zu sein, daß mehr als ein Besuch von Weibern beim Grabe stattfand, so daß einmal von einem Engel die Rede sein kann, in Matth. und Mark., ein andermal von zweien, in Luk. und hier in Joh. 20,12, und daß die zwei Jünger dazwischenhinein auch kamen auf das Wort der Maria Magdalena hin, dann wieder bei den andern waren, nach Luk. 24,9 und Joh. 20,10.

20,11-18= Mark. 16,9.10: „zuerst“ setzt dies vor Matth. 28,9.

20,17:„rühre Mich nicht an“: weil Er, der als Sohn vom Vater auf die Erde kam, fortan nur als zum Vater Zurückgekehrter in Seinem Einssein mit diesem von den Seinen gekannt sein will (nicht wie in Matth. als Messias auf Erden, der bleibt), wie auch sie, Menschen, die der Vater Ihm aus der Welt gegeben hat, ihr Einssein in Ihm und dem Vater als Seine Brüder kennen sollen (Kap. 17). Wem besser als dieser Maria Magdalena, die Ihn so liebte (V. 11.13.15.), konnte Er dies sagen?

20,19.20= Mark. 16,14

20,19-23: Den Frieden, den „Er gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol. 1,20), bringt Er ihnen. Dieser Friede ist der Ausgangspunkt ihrer Aussendung. Wohin sendet Er sie? Sie wußten es schon; Er brauchte es ihnen nicht erst zu sagen; sie hatten zugehört, als Er zum Vater sagte (17,18): „Gleichwie Du Mich in die Welt gesandt hast, sende auch Ich sie in die Welt.“ Sie gehen an Seiner Statt (2. Kor. 5,20); daher haucht Er in sie Sein Auferstehungsleben

(vergl. 1. Mose 2,7 und 1. Kor. 15,45) vor der offiziellen Herniederkunft des Heiligen Geistes (Luk. 24,49). Frieden und Leben tragen sie überall hin in die ruhelose gottentfremdete Welt Kraft der Autorität Dessen, der sie sendet. Doch verlangt solch wertvolle, heilige Spende weises und autoritatives Umgehen mit derselben. Er belehnt sie mit dieser Autorität, indem Er sagt: „Welchen irgend ihr die Sünden vergebet, denen sind sie vergeben, welchen irgend ihr sie behaltet, sind sie behalten“. Nicht mir nichts dir nichts sprangen sie mit dem Vergeben der Sünden um, d. h. mit dem Angebot und der Zusicherung der Sündenvergebung durch Gott, sondern sie knüpften notwendige Voraussetzungen daran. Siehe Apg. 2,22-38; 3,12-19-26; 4,5-12; 5,29-32; 8,13.18-23; 13,6-12. Nicht handelt es sich hier um die Zucht in der Versammlung, sondern um den Auftrag dessen, der Sein Leben hingab, um der Welt das Leben geben zu können, wie in Seinen Reden in Johannes immer wieder zu lesen ist. Leben im Sohne ist das Thema in den Schriften des Johannes, nicht Buße, nicht Taufe, nicht Vergebung, so wichtig diese Dinge an ihrem Platze sind. Nur hier dies eine Mal ist im Evangelium Johannes von „Sünden vergeben“ die Rede, und zwar in dem angegebenen Sinne. Die Anwendung von „Sünden behalten“ auf Ungläubige im Wortlaut selbst ist in verneinendem Sinne in Apg. 7,60 in Luthers Übersetzung zu sehen. Also auch hier entspricht der Auftrag genau dem Charakter des Evangeliums. Diese Seite allein aus dieser ersten Zusammenkunft mit allen Jüngern sollte von Johannes festgehalten und überliefert werden.

20,27:„reiche ... her und sieh“, „reiche ... her und lege“: so wie in der Begegnung des auferstandenen HErrn mit der Maria Magdalena und in Seinen Worten zu ihr die Stellung und das Verhältnis zu Ihm und zu Gott zu sehen ist, in welche die Jünger nach Seiner Himmelfahrt und seither sich übergeführt sahen und sehen als Christen, so ist in Thomas die Stellung und das Verhältnis zu sehen, in welche die Jünger aus den Juden sich versetzt sehen werden, wenn die Gemeinde aufgenommen sein wird. Daß der treue Überrest jener kommenden Tage auch „Meine Jünger“ genannt wird, ist in Jes. 8,16 zu lesen. Die werden, obwohl sie an Ihn glauben und Ihn lieben wie Thomas (Joh. 11,16), erst überzeugt, wenn sie Ihn sehen.

*

Wenn nun so deutlich in jedem der Evangelien zu sehen ist, daß die und die Einzelheiten an der Gesamtheit der Begebenheiten ausgewählt und jedesmal zu einem ganz besonderen Bilde zusammengestellt werden, ist es dann eigentlich nicht ein Mangel an Ehrfurcht, wenn man das, was der Heilige Geist viermal je in eine vollständige Figur zusammengesetzt hat, zusammenwirft, um etwas anderes daraus zusammensetzen, sogenannte Evangelienharmonien? Macht Gott nicht von vornherein solch Bemühen zuschanden eben dadurch, daß es absolut nicht gelingen will, das Neue lückenlos zusammenzubringen? Ist es bei der Auferstehung mit Gewißheit auszumachen, ob die einzelnen Besuche beim Grabe nacheinander oder nebeneinander geschahen? Konnten nicht die einen auf einem Wege hingehen, während die andern auf einem andern Wege zurückkehrten; oder sie konnten auf ein und demselben Wege sich begegnen? So konnte es sein, daß zu einer Partie Weiber ein Engel redete (Matth. und Mark.), zur andern zwei (Luk.), zu Maria Magdalena auch zwei (Joh.).

Am meisten für sich hat folgende Zusammenstellung:

Matth. Mark. Luk. Joh.

Freitag.

Der Leib des HErrn wird vom Kreuz genommen

und ins Grab gelegt. Weiber sehen zu. 27,59 15,46 23,53 19,40

Die Weiber bereiten Spezereien. 23,56

Matth. Mark. Luk. Joh.

Der Sabbat.

Der Leib des HErrn ist im Grabe.Die Weiber ruhen. 23,56

Samstagabend.

Maria Magdalena und die andere Maria kommen

zum Grabe. 28,1

Sie gehen heim und vollendendie Zurüstung. 16,1

Sonntag.

Auferstehung. Erdbeben. Steinweggewälzt. 28,2

Es ist noch finster. Maria Magdalena

kommt zum Grabe. 20,1

Sie kehrt um und sagt dem Petrus und dem

Johannes, daß derStein weggewälzt ist. 20,2

Sehr früh. Andere Weiberkommen zum Grabe. 16,2 24,1

Engel sagen ihnen, daß Jesusauferstanden ist. 28,6 16,6 24,6

Sie gehen und sagen es denJüngern. 28,8 16,7 24,9

Sie sagen niemandem etwas unterwegs. 16,8

Petrus und Johannes gehenzum Grabe. 24,12 20,3

Maria folgt ihnen. 20,11

Petrus und Johannes gehen wieder heim. 20,10

Maria bleibt. Engel reden mit ihr. 20,13

Sie wendet sich um. Jesus redetmit ihr. 16,9 20,15

Er sagt ihr, sie soll Ihn nichtanrühren. 20,17

Er sendet sie zu den Jüngern. 16,10 20,17

Jesus begegnet den Weibern; sie

umfassen Seine Füße. 28,9

Jesus offenbart sich dem Petrus, 1. Kor. 15,5. 24,34

Jesus offenbart Sich den zwei

Wanderern nach Emmaus. 16,12 24,13

Matth. Mark. Luk. Joh.

Jesus erscheint den Elfen am selben Abend. 16,14 24,36 20,19

Zweiter Sonntag.

Jesus erscheint den Jüngern wiederum. Thomas. 20,26

Jesus erscheint am See von Tiberias den

Jüngern zum dritten Male. 21,1.14

Er erscheint 500 Brüdern auf einmal, 1. Kor. 15,6.

Er erscheint dem Jakobus, 1. Kor. 15,7.

Die Himmelfahrt zu Bethanien, Apg. 1,4.9. 16,19 24,50

*

Dem Fragesteller macht es (seinem Briefe zufolge, der mir seitens der „Handr.“-Schriftl. zur Einsichtnahme vorgelegt war) Schwierigkeit, daß nach Markus die drei Frauen mit Spezereien kamen, „um Ihn zu salben“, „während nach Matthäus und Lukas der Leichnam Jesu schon nach der jüdischen Sitte eingewickelt und bestattet worden, also keine weitere Behandlung mehr nötig noch möglich gewesen sei.“ - Der Frager übersieht, daß in Markus in bezug auf „einwickeln und in die Gruft legen“ dasselbe steht (15,46) wie in Matthäus und Lukas; er übersieht, daß Johannes sogar sagt, daß Nikodemus 100 Pfund Myrrhe und Aloe brachte und gemeinschaftlich mit Joseph den eingewickelten Leib mit den Spezereien ins Grab legte. Das will alles nur sagen, daß der Leib vorläufig in Linnen gewickelt zu weiterer Behandlung in die Gruft gelegt wurde. Darum reden Matth., Mark. und Luk. nur vom „den Leib in reine, feine Leinwand wickeln und ins Grab legen.“ Die eigentliche Behandlung des Leichnams, das „Einbalsamieren nach der Sitte der Juden“, würde nachher folgen. „Salben“, wie's von den Weibern heißt Mark. 16,1, und „zum Begräbnis zubereiten“ nach Joh. 19,40 meint dasselbe. „Zu Meinem Begräbnis“ in Joh.

12,7 ist auch dasselbe. Die Fußnote dort der Elberfelder Übersetzung sagt: „oder: Einbalsamierung“. Es ist dasselbe griechische Wort wie in der griechischen Übersetzung des Alten Testaments 1. Mose 50,2. Die jüdische Sitte des Einbatsamierens brauchte nicht wie die durch Ärzte ausgeführte ägyptische 40 Tage in Anspruch zu nehmen. Das aber leuchtet ein, daß 100 römische Pfund, das sind ca. 32 Kilo, Einbalsamierungsspezereien nicht in der kurzen Zeit bis Sabbatanfang, d. i. 6 Uhr, an dem Körper verarbeitet werden konnten. Ferner: nach Mark. 15,47 sahen Maria Magdalena und die andere Maria zu, „wo Er hingelegt wurde“, nach Luk. 23,55 „besahen sie die Gruft und wie Sein Leib hingelegt wurde.“ Sie wußten also Bescheid. Wenn die Bestattung eine endgültige gewesen wäre, hatten sie dann nicht auch noch selber Spezereien gekauft und zubereitet!

(Schluß folgt, s. G. w.)

F Kpp.

Frage und Antwort

Frage 7

Wie stimmen zusammen 1. Mose 10,5 und 11,1-9, oder sollen die Stellen gar nicht zusammenstimmen, sondern sich gegenüberstehen? Es heißt doch zuerst „... eine jede nach ihrer Sprache ...“, und danach: „... hatte eine Sprache und einerlei Worte“? Wie ist diese Gegenüberstellung zu deuten?

Antwort

In Kapitel 10 wird uns berichtet, welche Geschlechter aus den drei Söhnen Noahs hervorgingen und wie diese Geschlechter sich über die Erde verteilten und ausbreiteten. Letzteres finden wir deutlich in den Versen 5.10-12.18.19.30-32. Überhaupt werden uns in diesem Kapitel diese Geschlechter, die Nachkommen Noahs, bereits als die verschiedenen Nationen in ihren Anfängen vorgeführt (70, vgl. 5. Mose 10,22 und 32,8), und V 25 wird uns gesagt, daß in den Tagen des Peleg (= „Teilung“) „die Erde verteilt“ wurde, und V 32, daß „von diesen aus“ - den vorher angeführten „Familien der Söhne Noahs“ - nach der Flut sich „die Nationen auf der Erde verteilt“ haben. Wenn wir dieses ins Auge fassen, erscheint es nicht nur vollkommen am Platze und im Einklange mit dem vor unser Auge Geführten, sondern sogar als die einzige zutreffende Feststellung, wenn in den Versen 5, 20 und 31 - in jedem dieser Verse für jede der drei Nachkommenslinien für sich - die Verschiedenheit in der Sprache, also die Sprachenmehrheit, erwähnt wird.

In Kapitel 11 hingegen werden uns Einzelheiten mitgeteilt, und es wird damit von einem

Nationen auf der Erde“ noch nicht stattgefunden hatte, sondern alle noch beisammen waren und noch eine Sprache und einerlei Worte hatten. Dieser Zustand und das, was zur Änderung desselben führte, wird in den Versen 1-9 des 11. Kapitels behandelt. Deshalb beginnt das Kapitel mit der Feststellung: „Und die ganze Erde hatte eine Sprache und einerlei Worte“ (V. 1) und wird in V. 6 nochmals festgestellt: „Siehe, sie sind ein Volk und haben alle eine Sprache.“ Und in den Versen 2-9 finden wir, warum und wie Jehova diesem Zustande ein Ende machte durch die Verwirrung der Sprache und die Zerstreuung über die ganze Erde (V. 7-9).

Aus Obigem ergibt sich klar, warum in Kapitel 10 von verschiedenen Sprachen die Rede ist und Kapitel 11,1 festgestellt ist, daß die „ganze Erde eine Sprache und einerlei Worte“ hatte.

Nun noch einige Hinweise.

Wie wir sagten, wird uns in Kapitel 10 ein Gesamtbericht gegeben, alle drei Nachkommenslinien betreffend und alle daraus hervorgegangenen Völker umfassend - daher verschiedene Sprachen, eine Mehrheit von Sprachen -, während uns in Kapitel 11 Einzelheiten berichtet werden. Nun ist es interessant, zu beachten, daß der Geist Gottes dann, nachdem Er in den Versen 1-9 uns die Aufhebung des ursprünglichen Zustandes als ein Volk mit einer Sprache berichtet hat, uns von V. 10 an nicht mehr mit der Gesamtheit von V. 1-9 und auch nicht mit den vielen Völkern von Kapitel 10 beschäftigt, sondern uns eine ganz bestimmte Geschlechtslinie zeigt, die Er sich aus den vielen auserwählt hat und aus welcher dann das Volk hervorging, das Er aus allen Völkern auserwählt hat als Sein Eigentumsvolk. Und wir glauben, daß hierin auch die Fortsetzung und Verwirklichung der Linie „eine Sprache und einerlei Worte“ zu erblicken ist. „Ein Volk“ und „eine Sprache und einerlei Worte“ war Gottes Wille und Gedanke. Da durch den Hochmut des Menschen und sein damit verbundenes Wegwenden von Gott der Mensch in seiner Gesamtheit sich als unpassend erwies zur Verwirklichung des Willens und Gedankens Gottes, nahm Gott sich aus dieser Gesamtheit ein Volk heraus, um durch dieses Volk Seinen Willen und Gedanken zur Ausführung und Verwirklichung zu bringen. In Vollkommenheit wird Gottes Wille und Gedanke erst auf der neuen Erde seine Verwirklichung finden, wo es keine verschiedenen Völker und daher auch keine verschiedenen Sprachen

geben wird, weil es keine Sünde und daher auch keine Zertrennung mehr geben wird, die immer nur eine Folge der Sünde ist.

Und davon die geistliche Anwendung:

Auch in der Christenheit war es zu Anfang so, daß alle „ein Volk“ waren, und dieses hatte „eine Sprache und einerlei Worte“ (geistlich), aber es ist geistlich dasselbe geschehen, was einstens sittlich und äußerlich geschah und uns in 1. Mose 11,1-9 berichtet ist, und die Christenheit als großes Ganze ist ein „Babel“ - „Verwirrung“ - geworden. Gott hat aber eine besondere Linie wie in 1. Mose 11,10ff., Seine Erlösten und Geliebten, die Leben haben und in denen Sein Geist wohnt, Seine Auserwähnten, Sein Volk, das die „eine Sprache und einerlei Worte“ - die Sprache Seines lebendigen, ewigen Wortes! - weiter kennt und spricht und in welchem Er Seinen Ratschluß und Seine Gedanken jetzt aufrecht erhält und schließlich zur Ausführung und Verwirklichung und Vollendung bringen wird. Doch wie in der Geschichte des irdischen Volkes Gottes die irdische Stadt und das irdische Reich Babel eine wichtige Rolle gespielt und sich stets als die große Feindin des Volkes Gottes gezeigt hat, genau so ist es in bezug auf das himmlische Volk Gottes und das geistliche „Babel“, das große System der bekennenden Christenheit. Es ist die Bedrückerin und Feindin des Volkes Gottes. So war es in der Vergangenheit und ist es in der Gegenwart, wie wir deutlich erkennen können und erfahren haben, und so wird es in der Zukunft sein, bis der HErr kommt und die Seinen von diesem Schauplatz wegnimmt und Er dann auch mit diesem geistlichen, religiösen „Babel“ abrechnen und aufräumen wird (s. Offb. 17 und 18).

Wir sind überzeugt, Gott wird einst dieses alles wieder in Ordnung bringen, und es wird - auf der neuen Erde (Offb. 21,1) und in der Ewigkeit - wieder „eine Sprache und einerlei Worte“ sein, zu Seiner Verherrlichung!

Gepriesen sei Er!

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu dieser überaus klaren Antwort nur noch eine Bemerkung!

Es könnte gefragt werden: Aber warum wird denn das, was in Kapitel 11,1-9 steht, nicht vor Kapitel 10 oder wenigstens vor 10,25 erzählt, da es doch zeitlich vorausgeht? Ginge es im Text auch voraus, so wäre doch kein Irrtum möglich?

Darauf möchte ich Antworten: Wir Menschen sind oft sehr darauf aus, die richtige zeitliche Aufeinanderfolge von Ereignissen zu erkunden, gerade als ob von der richtigen chronologischen (zeitlichen) Ordnung die Zuverlässigkeit der ganzen Sachlage abhängig wäre. Daß dem nicht so ist, dafür ist gerade gegenwärtig in den „Handr.“ die Auseinandersetzung unseres Mitarbeiters F. Kpp. über die Frage nach den verschiedenen Zeiten in den Ereignissen anläßlich der Auferstehung des HErrn ein Beweis. (Auch z. B. das Buch der Richter [vgl. Antw. A in Frage 8] und das L.ukas-Evangelium sind nicht in streng geschichtlicher Reihenfolge geordnet, sondern nach anderen Gesichtspunkten!) Ja, die Zuverlässigkeit mancher Geschichten hängt oft viel mehr als von genauen Daten von dem Verständnis der inneren Zusammenhänge ab. Wer z. B. sogenannte Evangelien-Harmonien braucht, um von der unbedingten Glaubwürdigkeit der neutestamentlichen Geschichten überzeugt zu werden, der stützt sich auf - an ihrem Platz nicht unwichtige - aber doch nur äußere Dinge und ist vielleicht noch nicht zum Wesen der Sache vorgedrungen. Doch das nur nebenbei!!

So haben wir, was unseren Gegenstand anbetrifft, in Kapitel 10 wohl die Dinge (Verteilung der Bevölkerung und der Sprachen über die Erde), die zeitlich erst nach dem Turmbau von Babel ihren Anfang nahmen, aber wir haben in diesem Kapitel 10 eine ganz nach äußeren, menschlichen Gesichtspunkten geordnete Darstellung dieser ernsten Tatsachen, während in Kapitel 11 uns die inneren Gründe der Zerstreuung, so wie Gott (Jehova) sie ansah, mitgeteilt werden. Das ist doch auch eine ganz naturgemäße Anordnung: erst der äußere natürliche Werdegang, das, was gleichsam der Mensch vor Augen sieht, dann die geistlich-sittliche Seite,

was aber nicht direkt mit der Verteilung der Erde zu tun hat, der Name Jehova nicht zu finden, dagegen in 11,1-9 ist, nachdem zuerst das menschlich-moralische Wesen in dem Turmbau und seinem Zweck (V. 4!!) genannt ist, von V. 5-9 Jehova fünfmal genannt (auch bemerkenswert: fünfmal, da 5 in der Schrift die Zahl Christi ist!). Was geschieht von Gottes Seite, ist Gericht, aber ein Gericht noch in Gnade, um Schlimmeres zu verhüten, und in Apg. 2 triumphiert die Gnade, indem die Erlösungsbotschaft von den verschieden-sprachigen Zuhörern in je ihrer Sprache gehört wird: Die Gnade ist nicht an eine menschliche Sprache gebunden und spricht doch ihre eine Sprache!

Ich glaube mit obiger, die vorstehende schöne Antwort nur ergänzenden Bemerkung gezeigt zu haben, daß die Anordnung der Völker- und Sprachentafel (Kapitel 10) vor dem Turmbau zu Babel und seinen Folgen (Kapitel 11) - weit entfernt davon, irreführend zu sein, vielmehr höchst klärend wirkt, indem - wie so oft in göttlichen Dingen - zuerst das Menschlich-Natürliche zu seinem Recht kommt, während danach erst als Hauptpunkt die göttlich-geistliche Seite gezeigt wird, auf deren Verständnis es erst eigentlich ankommt. So einfach - scheinbar - nämlich doch Kapitel 10 verläuft, so tief sind die sittlichen Gründe von Kapitel 11,1-9 für diesen in seiner Auswirkung noch heute fortdauernden völker- und sprachgeschichtlichen Ablauf der menschlichen Entwicklung. Und erst durch die in der Schrift vorliegende, durch göttliche Inspiration („Einhauchung“ nach 2. Tim. 3,16) dem Mose aufgetragene Einteilung und Anordnung ist es uns Gläubigen, die wir vermöge der Salbung „alles wissen“ (1. Joh. 2,20) und „alles beurteilen“ (1. Kor. 2,15), ermöglicht worden, die menschlich-natürliche und und die göttlich-geistliche Seite dieser Sache so klar zu unterscheiden.

„Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb! Die Summe Deines Wortes ist Wahrheit!“ (Ps. 119,140.160)

F. K.

Frage 8

Ist es richtig, Simson als Vorbild auf den Herrn Jesus hinzustellen (Richter 13-16), und was hat uns seine Geschichte zu sagen; was (unter anderen Worten) auch z. B. Richter 14,14?

Antwort

Diese Frage ist wohl darum erhoben worden, weil das Leben Simsons viele besondere Merkmale trägt, die wir bei den anderen Richtern vermissen, und er der letzte Richter ist - wenigstens im Buch der Richter. Eli im 1. Sam. war auch Richter, doch war er zugleich Hoherpriester, und Samuel, der wohl auch Richter war, führte aber seinen Richterdienst mehr mit dem Schwert des Wortes und des Geistes sowie mit Gebet aus, weil er ja auch Prophet war (vgl. 1. Sam. 7,2-14). Darum finden beide keinen Platz in dem besonderen Buch der Richter. Dazu trägt 1. und 2. Sam. einen ganz anderen Charakter als das Buch der Richter. In Samuelis wird von Gott ein neuer Anfang gemacht, nachdem das Priestertum in Eli und seinen Söhnen vollständig versagt und das Königtum dem Fleische nach in Saul ein Ende gefunden, um das Königtum in David, dem Auserwählten Gottes, aufzurichten. In den zwei Büchern Samuelis finden wir die aufsteigende Linie in David, die dann in Salomo ihre Krone und ihren Abschluß findet. Hingegen zeigt uns das Buch der Richter den Niedergang, der mit dem Bericht der Kap. 17-21 ein so verdorbenes Sittengemälde von der damaligen Zeit zeichnet, wie wir es uns schlimmer kaum denken könnten. Es ist zu beachten, daß uns die Personen und Begebenheiten im Buch der Richter nicht nach genauer geschichtlicher Reihenfolge vorgestellt werden, sondern mehr nach dem zunehmenden sittlichen, religiösen und nationalen Verfall des Volkes Israel. Dies ist auch der Grund dafür, daß die jeweiligen Feinde wie Stämme Israels häufig wechseln. Unter solchen Verhältnissen können wir verstehen, daß oft die Frage aufgeworfen worden ist: Sind die Richter Bilder von Christo? Die meisten haben diese Frage mit nein beAntwortet und dabei vergessen, daß selbst die hervorragendsten Schattenbilder vieles an sich haben, das nie und nimmer auf den Herrn Jesus angewendet werden könnte. In Richter ist dies leider nun besonders der Fall. Die Herrlichkeit des HErrn ist in den Richtern darum so verhüllt bzw. konnte sich weniger entfalten, weil wir hier mehr die äußere Seite der Geschehnisse finden - den nationalen, religiösen Niedergang, weniger die inneren, familiären

Zustände. Im Buch Ruth, wo uns die liebliche Seite von der Zeit der Richter gezeigt wird, was aber aus obigen Gründen keinen Platz findet im Buche der Richter, wird uns in Boas ein vielsagendes Bild von Christo gegeben. Dann war es auch eine Zeit, die besonders arm war an Menschen von Charakter. Dies scheint auch der Grund dafür zu sein, daß Gott meist durch in sich unfähige Männer und eigenartige Waffen Sein Volk befreit, ja, daß selbst ein Weib unter den Richtern gefunden wird. Man vgl. bitte 3,15: ein linkshändiger Richter; 3,31: ein „Rinderstachel“; 4,4: ein Weib; 4,21: ein Zeltflock; 7,20: Trompeten, Krüge und Fackeln; 9,53: ein Handmühlenstein; 15,15: ein Eselskinnbacken. Es bewahrheitet sich hier 1. Kor. 1,27-29; 2. Kor. 12,9 und besonders Hebr. 11,34 in bezug auf uns. Doch wenn wir an den HErrn als Retter denken, dann kommen uns solche Stellen in den Sinn: 2. Kor. 13,4 und im allgemeinen das Kreuz als der Ausdruck größter Verachtung und Niedrigkeit, wo aber der größte Sieg aller Zeiten errungen wurde.

Doch sind wir nicht auf Vermutungen angewiesen, um die Ansicht zu rechtfertigen, daß wohl in allen Richtern - mit Ausnahme des Abimelech Kap. 9, der sich selbst zum Richter machte - gewisse Züge Christi gefunden werden, und demnach auch im Leben Simsons.

Wir haben zwölf Richter und eine Richterin, die durch Barak (Kap. 4-5) unterstützt wird. Wir könnten sie alle nacheinander durchnehmen, um zu zeigen, daß ihr Name, sodann der Stamm, wie auch ihr Verhalten und ihre Taten uns etwas von Christo zu sagen hatten. Sodann auch, ob das Neue Testament irgendwie auf sie Bezug nimmt. Alles Studien, die wir hier nicht weiter verfolgen können und wir dem Leser überlassen müssen. Doch werden wir gleich beim ersten Richter auf etwas aufmerksam gemacht, worin wir nach unserer Meinung den Schlüssel unserer so wichtigen Frage haben.

Kap. 3,9-11: „Der Geist Jehovas kam über ihn.“ Othniel war demnach ein Werkzeug Jehovas. Auch wird von den ersten zwei Richtern berichtet, daß Jehova sie erweckte. Kap. 6,34 finden wir, daß der Geist Jehovas über Gideon kam. Kap. 11,29 wird uns dies selbst von Jephta gesagt. Ferner lesen wir von Simson viermal, daß der Geist Jehovas über ihn kam, um göttliche Taten zu vollbringen. Man könnte hier ja einwenden, daß selbst unbekehrte Menschen

wie ein Bileam, 4. Mose 24,2, vom Geiste Gottes gebraucht wurden. Doch dort finden wir aus dem Zusammenhange heraus, welch ein Mensch Bileam war - daß er von dem Geiste gebraucht wurde, gleichsam gegen seinen Willen, die herrlichsten Prophezeiungen über das Volk Israel zu sagen. Dann muß man auch zwischen Geist Jehovas und Geist Gottes unterscheiden. Nicht daß es ein anderer Geist sei, sondern das gegenseitige Verhältnis Gottes zum Menschen und des Menschen zu Gott findet in „Jehova“ mehr den wesenhaften und vertrauten Ausdruck. Bei diesem ist mehr der ganze innere Mensch beteiligt, was bei „Gott“ nicht unbedingt notwendig ist.

Aber wir haben auch andere Beweise, nämlich die des Neuen Testamentes. Es ist sehr wichtig, daß von den dreizehn Richtern nur vier im Neuen Testament genannt werden, und zwar nicht nur beiläufig oder als geschichtliche Belege, sondern als Glaubenshelden in Hebr. 11,32. Die Reihenfolge ist eine andere als im Buch der Richter. Damit verfolgt der Geist Gottes nicht nur einen gewissen Gedanken in der Art und Völligkeit der Befreiung oder Rettung des Volkes Israel, sondern auch, wenn wir recht verstehen, stellt Er Seine Werkzeuge nach der Ordnung in dem Eingehen auf Seine Gedanken vor. Wir hätten sicherlich Jephta, Simson, vielleicht auch Barak aus der Liste der Glaubenshehelden ausgeschlossen. Aber der Geist Gottes denkt darüber anders, und wir tun gut, uns von Ihm belehren zu lassen. Wir sehen hier klar, daß der Geist Jehovas und der Glaube zusammen gehen. Das Lied in Richter 5 ist ohne Zweifel durch den Geist Gottes im Herzen der Debora und Baraks hervorgebracht worden. Der Geist und Glaube können nur gewisse Züge Christi „in“ und „durch“ uns hervorbringen. Glaube ohne Christum ist ein Ding der Unmöglichkeit, und wir sind leider viel zu wenig biblisch gebildet, um Glaube und Christus, oder, besser gesagt, Christus, Glaube und Geist als eine selbstverständliche Einheit und Wesensverbindung anzunehmen. Wenn wir dies wären (biblisch gebildet), wie ganz anders würden wir über manche Brüder urteilen; wie würden wir doch etwas von Christo in ihrem Leben entdecken! Wenn auch in verhüllter Form, aber dennoch gewisse Züge, Strahlen Christi! Möchte es mehr bei uns sein! Der Geist Gottes wird immer erst die Gläubigen erforschen, ob etwas von Christo bei ihnen gefunden wird. Darum ausnahmslos immer erst das Gute in allen Briefen, ehe der Tadel kommt. Vgl. besonders die

Wir könnten auch die anderen Richter durchnehmen - mit Ausnahme von Abimelech, wie schon gesagt - und würden in allen ganz bestimmte Züge Christi finden. Uns ist der Hauptzug Gideons die Niedrigkeit und Demut des HErrn, darum wird er auch mit einem Gerstenbrote, der Speise der Sklaven, verglichen (Richter 7,13), wie im Leben Simsons mehr die Stärke und die Macht des Lebens des HErrn, das nicht gebunden werden konnte, vorgestellt wird. Vgl. Ev. Joh. 18,6!

Wenn wir jetzt auf Simson besonders kommen, möchten wir versuchen, nur gewisse Andeutungen zu machen, ohne alles berühren zu können, was vielleicht über ihn gesagt werden könnte.

1. Er ist der einzige Richter, dessen Geburt und Werdegang besonders erwähnt wird.

2. Die Art und Weise seiner Geburt trägt einen besonderen göttlichen Charakter und göttliche Bestimmung.

3. Er ist der einzige, der Nasir war (der Gottgeweihte). Vgl. 4. Mose 6.

4. Er war der stärkste Mann, den die Bibel uns zeigt.

5. Er war der Mann, der stets den Sieg allein errang. Denken wir an Kap. 15,11-15, wo seine Volksgenossen ihn den Feinden auslieferten. Wer wird da nicht an den Verrat und die Überlieferung Christi an die Römer erinnert? Fast alle Richter hatten die Hilfe ihrer Volksgenossen, selbst ein Gideon.

In allen diesen Begebenheiten finden wir wunderbare Züge Christi - gleichlaufende Linien, wie sie uns im Neuen Testament gezeigt werden. Wir müssen es dem Leser überlassen, selbst Betrachtungen und Vergleiche anzustellen. Er wird großen Gewinn haben. Die obenerwähnten fünf Punkte, die noch vermehrt werden könnten, haben ihre vollkommene Erfüllung in dem Herrn Jesus gefunden.

Merkwürdig ist, daß von Kap. 16 an, dem Kapitel seines Niedergangs durch den Verrat gött

Jehovas erwähnt wird, und sofort finden wir, daß er hier kein Bild von Christo ist, sondern mehr eine Warnung für Kinder Gottes. Selbst sein Ende illustriert uns nicht den Sieg Christi, sondern mehr, daß Gott sein Gebet erhörte und sein Ende mit seinen Feinden beschlossen hatte (Christus starb für seine Feinde). Das, was er anfing (Kap. 13,5), konnte er nicht vollenden, sondern andere traten an seine Stelle, besonders Samuel und David, diese welche in Hebr. 11,32 nach Simson genannt werden.

Was nun das Rätsel betrifft, Kap. 14,14, so denken wir, daß sowohl „Fresser“ als „Starker“ (eigentlich „Grausamer“) Satan vorstellt, der von Simson bzw. Christus besiegt wurde, um uns göttliche Speise für Herz und Seele darreichen zu können. Christus mußte erst Satan binden, wie es uns in der Versuchungsgeschichte geschildert wird, um uns das Brot des Lebens reichen zu können. Vgl. Luk. 11,21-22. Die erste Macht tat Simsons war der Sieg über den Löwen; die erste Macht tat des HErrn war das Binden Satans. Ihm sei Dank, daß es so ist und wir es mit einem geschlagenen Feind zu tun haben!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese kostbare Antwort, die, wenn sie auch gerade bezüglich Simson selbst ein wenig knapp gehalten ist, sehr gründlich in den Gegenstand der Vorbilder auf Christus im Richterbuch einführt, um Wesentliches zu erweitern, fehlt mir der Raum. Ich beschränke mich daher auf ein paar kurze Bemerkungen!

Punkt 3 des oben über Simson Gesagten betrifft das Nasiräat. Der wahre volkkommene und allezeit unveränderlich bleibende Nasir (Gottgeweihte) hienieden war unser Herr Jesus, aber in geistlicher Verwirklichung, während Sein Vorläufer, Johannes der Täufer, auch bleibender Nasir war, aber in alttestamentlicher Weise. Das Volk verstand beide Arten nicht (vgl. Matth. 10,16-19), aber dessenungeachtet blieb der HErr in vollkommener geistlicher Absonderung Seinem Gott und Vater geweiht, auch im Dienst an den Menschen. Simson war darin leider sehr

sein Leben, wenn auch mit Unterbrechungen, was nicht hätte sein dürfen, bestehenden dauernden Nasiräat ein Vorbild auf den HErrn, in dem wir die Vollkommenheit haben, hierin wie in allem. Aber ist es nicht wunderbar: mag Simson so verkehrt handeln wie nur irgend möglich (ich schreibe dies mit Zittern im Blick auf einen Mann Gottes, der er doch war!) - er darf nicht „im Fleisch vollenden“, was „im Geist angefangen“ hat. (Gal. 3,3.) Wenn sein letzter Sieg (Richter 16) auch bei weitem nicht solche reinen Beweggründe trägt wie die Siege des HErrn, so ist es doch ein Sieg, der beruht auf der Kraft eines für Gott Geweihten und Abgesonderten, war doch sein Haar wieder gewachsen (16,22) und war doch sein Herz im Gebet vor Jehova! (V. 28.) „Den Ausgang ihres Wandels“ anschauend, ahmet ihren Glauben nach!“ (Hebr. 13,7.) Bei dieser Gelegenheit laßt uns einen Blick auf Simsons Zukurzkommen richten - als Warnung für uns!

Die „zwei neuen Stricke“ von Kap. 15,13f. waren genau so belanglose „Flachsfäden“ für ihn wie die „sieben frischen Stricke“ von 16,7-9 oder die „neuen Seile“ - und das „Gewebe“ von 16,10ff. usw. (vgl. Dan. 3,21 u. 25!) -, solange Simson sein göttliches Geheimnis vor der Welt verborgen hielt; in dem Augenblick aber, wo er dieses preisgab, als sein „ganzes“ Herz (V. 18) statt mit Jehova mit der Welt verbunden ward (16,15ff.), da gab es nichts, was seinen Fall verhindern konnte! Und wie schmerzlich: „er wußte nicht, daß Jehova von ihm gewichen war!“ (V.20) Was hatte ihn gefällt? Die Liebe zur Welt! Sein ungläubiges, weltlich gesonnenes Weib neigte sein Herz, wie später die Weiber Salomos Herz neigten (1. Kön. 11,1-8; schrecklich! man vgl. die Beurteilung dieses Falles durch Nehemia, Neh. 13,26 [23-27])! So ist es, geliebte Geschwister, wenn wir gleichsam unser geistliches Abgesondertsein preisgeben, „das gute Gewissen von uns stoßen“ (vgl. Apg. 24,16 mit 1. Tim. 1,19 und 3,9!), dann kann das vorläufige Ende nur sein, daß wir, „was den Glauben betrifft, Schiffbruch leiden“ (1. Tim. 1,19!). Laßt uns wachsam sein!

Obige Antwort regt an zum Finden weiterer Punkte bei Simson, die vorbildlich auf Christus sind, und da möchte ich zum Schluß nur noch die kleine liebliche Begebenheit 15,18-19 nennen, die uns den in seinen Bedürfnissen von Jehova abhängigen Knecht Gottes zeigt, wie es in Vollkommenheit der war, der „auf dem Wege aus dem Bache“ trank (Ps. 110,7) und der ständig

der Fürsorge seines Gottes und Vaters vertraute (vgl. z. B. Sein Gebetsleben und Stellen wie Ps. 16,1.8; 22,8-11.24 usw.; Hebr. 2,13a; 12,2a u. a). - Sicher enthält die kleine Episode noch mehr vorbildliche Züge, aber ich breche hier ab, indem ich die Leser bitte, sich weiter mit dem Erforschen der Geschichte des Richters Simson zu beschäftigen, zu ihrem bleibenden Gewinn. - Der HErr aber sei gepriesen für Sein so herrliches, doch auch so ernstes Wort!

F. K.

Die Gemeinden der Heiligen.

(Schluß.)

Das Verhältnis der Gemeinde zu Gott.

Als Paulus durch den Heiligen Geist Timotheus Anweisungen gab über die Aufsicht und den Dienst unter den Heiligen, schloß er diesen Teil seines Briefes mit den Worten: „Dieses schreibe ich dir in der Hoffnung, bald zu dir zu kommen; wenn ich aber zögere, auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.“ (1. Tim. 3,14.15) Die Erwähnung der Aufseher und der Diener im Anfang dieses Kapitels, wie wir sie auch in Phil. 1,1 finden, beweist, daß die Belehrungen des Apostels sich auf örtliche Gemeinden beziehen, und auch der ganze Inhalt des Briefes wie auch die Worte stimmen genau damit überein. So fehlen zum Beispiel im Urtext vor den Worten „Haus“, „Gemeinde“, „Pfeiler“ und „Grundfeste“ die bestimmten Artikel „der“, „die“, „das“. Dies besagt, wie wir schon früher gesehen haben, daß, wenn auch die örtliche Gemeinde nicht das Haus Gottes oder die Gemeinde Gottes ist, sie doch dasselbe Gepräge hat; gerade wie in Eph. 2,21 nicht nur von dem Gesamt-Bau gesagt wird, daß er zu einem heiligen Tempel wächst, sondern daß auch die Gläubigen der örtlichen Gemeinde in Ephesus „miterbaut“ werden zu einer Behausung Gottes. Diese beiden Worte „Haus“ und „Gemeinde“ stellen uns kennzeichnende Merkmale sowohl der Gesamt-Gemeinde wie auch der örtlichen Gemeinde, die Jesus als HErrn in ihrem Zusammenkommen kennt, vor Augen.

Das Wort „Ekklesia“ = Gemeinde bedeutet etwas, was „herausgerufen“ ist, während das Wort „Haus“ von etwas „Aufgebautem“ spricht. Diese beiden Gedanken sind in dem allgemeinen Gebrauch des Wortes „Ekklesia“ - Gemeinde vereinigt. Als der Stadtschreiber von Ephesus (Apg. 19,23-41) die schreiende, tumultuierende Versammlung daran erinnerte, daß, wenn Sachen untersucht und gerichtet werden müßten, diese in der gesetzlichen Versammlung zu erledigen wären, so gebraucht er das Wort „Ekklesia“ (Gemeinde). Wenn eine solche Versammlung von Bürgern in dieser Weise aufgefordert und zurechtgewiesen wurde, so waren sie natürlich aus ihren Häusern „herausgerufen“ worden. Aber ebenso konnten sie auch aus ihren Häusern „herausgerufen“ werden zu einer gesetzlichen Versammlung, um über die Sache zu beschließen, um die es sich handelte. In derselben Weise findet das Wort „Ekklesia“ seine Anwendung auf das Volk Gottes. Es bedeutet, das die Gläubigen „herausgerufen“ sind aus der Welt, und zugleich schließt es überall im Neuen Testament den anderen Gedanken ein, daß die Herausgerufenen auch „versammelt“ und mit „auferbaut“ sind.

Versammelt in dem Namen des Herrn Jesus.

Es ist von einigen behauptet worden, daß es unschriftgemäß sei, von Gläubigen (die eine örtliche Versammlung bilden) als „in dem Namen des Herrn Jesus versammelt“ zu sprechen. Die diesen Einwand erheben, behaupten, daß man dies nur sagen könne, wenn sie wirklich an einem Orte versammelt seien. Wenn man aber das ganze Neue Testament sorgfältig prüft, wie das Wort sunago = versammeln, welches der Herr Jesus in Matth. 18,20 anwendet, gebraucht wird, so zeigt sich, daß dies ein irriger Schluß ist. Am häufigsten wird das Wort „sunago“ gebraucht in der Form des Hauptwortes „Synagoge“. Dieses Wort „Synagoge“ wurde sowohl für die Gemeinde der Juden wie auch für das Gebäude, in dem sie zusammenkamen, gebraucht. Aber dieser Name „Synagoge“, auf Deutsch „Versammlung“, das „Versammeln“, wurde der Judengemeinde nicht nur gegeben, wenn sie wirklich versammelt waren, sondern wurde auch auf die Gebäude angewandt, worin sie sich versammelten. Wenn die Juden übereinkamen, daß, wenn jemand Jesus als Christus bekennen würde, derselbe aus der Synagoge ausgeschlossen werden solle (Joh. 9,22), so bezog sich das nicht darauf, daß sie ihn aus dem Gebäude

ausstießen, sondern ihn aus ihrer Judengemeinde ausschlossen. Es war eine ähnliche Handlung, wie sie der Gemeinde in Korinth in bezug auf den Bösen befohlen war: „Tut den Bösen von euch selbst hinaus!“ (1. Kor. 5,13) Dies ist eine geistige, keine körperliche Handlung. Niemand wird zu behaupten wagen, man könne den Bösen nicht ausschließen, wenn er nicht in dem Raume anwesend sei. Ein solch Ausgeschlossener war bisher ein Teil der Gemeinde, durch die Handlung des Ausschlusses hörte er auf, ein Teil derselben zu sein. Wir lesen in Apg. 6,9 von einer Synagoge (= Versammlung) der Libertiner. Auch an dieser Stelle wird das Wort Synagoge (= Versammlung) wiederum nicht nur gebraucht, wenn dieselben versammelt waren und ihre Zusammenkünfte abhielten. - Wenn Saulus von Tarsus Briefe an die Synagoge von Damaskus erbat (Apg. 9,2), so bezeugt dies dasselbe. Und wenn der HErr von gewissen Leuten, die sich für Juden ausgaben, ohne es zu sein, als von einer „Synagoge des Satans“ spricht, so meint Er damit das, was immer kennzeichnend für sie war, ob sie wirklich versammelt waren oder nicht. Von Barnabas und Saulus wird uns in Apg. 11,26 berichtet, daß sie ein ganzes Jahr in der Gemeinde zusammenkamen (dasselbe Grundwort sunago). Niemand wird sagen wollen, daß die Gemeinde (Barnabas und Saulus mit eingeschlossen) ein Jahr in ihrem Versammlungsraum zugebracht haben. Wenn aber nicht, so ist der Schluß hinfällig, daß wir von einer Gemeinde von Gläubigen, die in ihrem Zusammenkommen Jesus als ihren HErrn bekennen, nicht als von „in dem Namen des HErrn versammelten Gläubigen“ reden dürfen, ganz gleich, ob sie an einem Orte versammelt sind oder nicht.

Diese irrtümliche Meinung kommt aus dem Mangel an Verständnis dafür, daß die örtliche Gemeinde, selbst wenn sie nur aus zweien oder dreien besteht, den gleichen Charakter der großen Gesamtgemeinde trägt und aus den „Herausgerufenen“ gebildet und „mitauferbaut“ ist. Die Wichtigkeit hiervon wird uns erst klar, wenn wir beachten, wieviel in diesen beiden Grundzügen enthalten ist. Wir haben zuvor gesehen, wie Paulus Timotheus daran erinnerte, daß die Gemeinden in ihrem inneren Wesen als „Herausgerufene“ und „Mitaufgebaute“ berufen seien, Pfeiler und Grundfeste oder Stütze der Wahrheit zu sein. Blicken wir auf die uns umgebenden Gemeinden der Christenheit, so fragen wir betrübten Herzens: „Können solche Worte auf sie angewandt werden?“ Ihre ganze Organisation hat dem Herrn Jesus Seinen Platz

Anstatt ein Zeugnis für die Wahrheit zu sein und sie zu stützen, zeigen die Art ihres Zusammenkommens und die Einrichtung ihrer Gottesdienste, daß sie einen anderen Herrn als Gebieter haben als den, den sie mit ihren Lippen „HErr“ nennen. So haben sie also schon von Anfang an den Standpunkt aufgegeben, den jede Gemeinde zu behaupten verpflichtet ist. Es ist deshalb kein Wunder, wenn es heute wirklich schwer ist, unter den vielen Benennungen eine Gemeinde zu finden, wo die Anerkennung der Grundwahrheiten des Wortes Gottes eine unbedingte Voraussetzung für die Mitgliedschaft ist.

Ich weiß, daß manche die Gewohnheit haben, wenn von diesen Dingen geredet wird, zu sagen, daß es in den Sekten viele Gläubige gibt, die durch ihre Gottseligkeit und Hingabe solche beschämen, die eine schriftgemäße Stellung einnehmen, und damit deuten sie an (wenn sie es auch nicht aussprechen), daß wir besser täten, in solchen Sachen den Mund zu halten. Das ist aber eine ganz falsche Art, die Sache selbst zu behandeln. Wir wollen dankbar alles anerkennen, was wir von Gottes Gnade unter Seinem Volk sehen. Wir wollen sie auch nachahmen in allem, worin sie Christum nachahmen, und wir wollen uns auch demütigen, wenn wir bei größerem Verständnis Seines Wortes von weniger Begnadigten an Hingebung an unseren HErrn in Wandel und Leben übertroffen werden. Wir wollen aber deswegen niemals unterlassen, zu bekennen, daß Gott Seinen Sohn erhoben hat, der HErr zu sein, dem jeder einzelne Gläubige wie auch die ganze Gemeinde unterordnet ist, und daß er auch der HErr ist inmitten der Seinen an jedem Platze, wo sie versammelt sind. So groß auch nach allen Seiten die Verwirrung sein mag, wir müssen immer wieder hierauf zurückkommen, und wir freuen uns, daß Seine Worte heute ebenso wahr und gewiß sind wie damals, als sie zuerst gesprochen wurden: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“

A. J. H. (v. d. K.)

Anmerkung über Matth. 18,20

Beim Lesen obiger Ausführungen unseres heimgegangenen Br. Holiday möchte sich die Frage

HErrn“ versammelt zu sein. Dieses Schriftwort wird sehr oft angewandt, aber wenig wird über dasselbe nachgedacht. Man legt Nachdruck auf die Worte: „Wo zwei oder drei versammelt sind“ und auf den Nachsatz: „da bin Ich in ihrer Mitte“, aber über die Bedingung, an welche der HErr Seine Gegenwart geknüpft hat, nämlich: „Wo zwei oder drei ‚in Meinem Namen‘ versammelt sind, da bin Ich in ihrer Mitte“, geht man gedankenlos hinweg.

Wenn wir uns in Seinem Namen versammeln und den HErrn in unserer Mitte haben wollen, dann müssen wir prüfen, ob wir in unserer Mitte Dinge, Einrichtungen und Ordnungen haben und dulden, die mit Seinem Namen nicht vereinbar sind. Wir können nicht Anspruch machen, in Seinem Namen versammelt zu sein, und Dinge lehren und erlauben, die Er in Seinem Worte verurteilt. Können der HErr in unserer Mitte und zugleich mit Ihm auch Dinge sein, die Ihm und Seinem Worte zuwider sind? Können Licht und Finsternis - Christus und Belial Gemeinschaft haben?

Ein Blick auf die Überschriften und Schilder vieler christlicher Versammlungsräume genügt schon, zu beweisen, daß die Versammlungen nicht den Charakter des „sich im Namen des HErrn“ Versammelns tragen. Solche Überschriften tragen den Namen, den die Betreffenden sich gewählt haben, zu dem sie sich bekennen und in dem sie sich versammeln - Namen, in denen man sich scheidet und unterscheidet von allen anderen, die den Namen des HErrn anrufen.

Versammeln wir uns in dem Namen des HErrn, so ist es Sein Name allein, der uns zusammenführt, und wir stellen Seinen hohen Namen nicht einem anderen Namen zur Seite. Sein Name ist kein Partei-Name und auch kein Name im Unterschied zu anderen Namen. Gottes Geist verurteilt solches als Menschenweise und fleischlich. (1. Kor. 3,1-4)

Sein Name ist Er Selbst - versammeln wir uns in Seinem Namen, so ist Er allein uns Mittel- und Sammelpunkt. Die Zahl derer, die sich so versammeln, mag klein sein, vielleicht sind es nur zwei oder drei, aber sie werden die Gegenwart des HErrn in ihrer Mitte erfahren.

In Seinem Namen liegt eingeschlossen alles, was Er Selbst ist. Die Herrlichkeit Seiner Person

und was wir in Ihm gefunden, bewirken, daß Er uns Haupt und Herr - Autorität ist. Sein Name allein ist der Magnet - die anziehende Kraft, die uns zusammenzieht. Alle, ob jung oder alt, reich oder arm, hoch oder niedrig, sind versammelt in oder (wie einige übersetzen) zu Seinem Namen, in dem jeder alles gefunden hat, was er bedurfte.

Christi Gemeinde hat keinen anderen Namen und verweigert auch, sich in irgend einem anderen zu versammeln, als allein in Seinem Namen.

Bald wird Seine Gemeinde um Ihn Selbst versammelt sein. Heute versammeln wir uns noch in Seinem Namen, weil Er diese Welt verlassen hat; aber obgleich Er die Welt verlassen hat, versichert Er denen Seine Gegenwart, die sich in Seinem Namen versammeln, zwar nicht in leiblicher, sondern in geistlicher Weise. So wie Er einst von Sich (leiblich hier auf Erden wandelnd) als von dem Sohne des Menschen, der im Himmel ist, reden konnte, so ist Er, der jetzt im Himmel mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt ist, doch hier auf Erden in der Mitte derer, die in Seinem Namen versammelt sind.

Welche Freude muß es für den HErrn sein, die Seinigen „in Seinem Namen versammelt“ zu sehen, daß Er, wo sie auch und wie wenige sie auch der Zahl nach sein mögen, in ihrer Mitte gegenwärtig sein will. Die Tatsache Seiner Gegenwart ist allein an die Bedingung geknüpft, „in Seinem Namen“, in dem Namen Dessen, der nicht mehr in dieser Welt ist - versammelt zu sein.

Der Heilige Geist ist nicht unser Mittelpunkt. Er wohnt in uns und befähigt uns durch Glauben, die Gegenwart des HErrn in unseren Seelen zu verwirklichen. Und verwirklichen wir Seine Gegenwart, so werden wir menschlichen Anordnungen und Einrichtungen in unserer Mitte keinen Raum geben, sondern alles Seinem Worte unterstellen und nichts dulden, was mit dem Namen des Heiligen und Wahrhaftigen in Widerspruch steht.

Es mag sein, daß es nur wenige sind, die so zusammenkommen. Diese werden nicht anmaßend von sich sagen: „Wir sind die Gemeinde Gottes an diesem Orte.“ Eins aber wissen sie, daß sie ein Teil der Gemeinde, die Gottes Haus ist, sind, und sie werden sich deshalb weigern, irgendwelche Dinge anzuerkennen, die dem Hause Gottes nicht geziemen, noch sich eins damit

machen. Wenn sie nun auch nicht bekennen, die Gemeinde Gottes an ihrem Orte zu sein, weil alle wahren Gläubigen (ebenso wie sie) der Gemeinde Gottes angehören (obwohl diese nicht nach der Wahrheit der Gemeinde stehen und den Anordnungen des HErrn unterworfen sind), so hindert sie dieses doch nicht, sich in der Wahrheit der Gemeinde Gottes zu versammeln und die Anordnungen der Schrift, wenn auch in Schwachheit, zu verwirklichen.

Zu beachten ist auch in unserer Schriftstelle, daß der HErr die Worte: „Wo zwei oder drei usw.“ mit einem „denn“ an das Vorhergesagte anschließt. Sie stehen deshalb in Verbindung mit der versammelten Gemeinde, der Er das „Binden und Lösen“ anvertraute, welches eine Wirklichkeit nur durch Seine Gegenwart sein kann.

So wichtig es ist, diesen Zusammenhang zu beachten, so haben wir meines Erachtens doch keinen Grund, die Gegenwart des HErrn deshalb ausschließlich auf die Gemeinde-Versammlung zu beschränken, denn der HErr sagt Seine Gegenwart nicht der Gemeinde, sondern den Versammelten, Zweien oder Dreien, zu und gibt damit diesem Wort einen viel weiteren Raum. Der HErr geht von der allergeringsten Zahl, die zum Versammeltsein nötig ist, aus, die zur Dreizahl wachsen kann. Es hat jemand gesagt, daß es eine Zweizahl sein müsse, die zur Dreizahl hinstrebe, aber nicht umgekehrt, ein sektiererisches Hinstreben von der Dreizahl zur Zweizahl.

Nicht jedes Versammeltsein von Gläubigen ist als ein „Gemeinde“-Zusammenkommen anzusprechen, so daß es unter die Ordnung der Gemeindeversammlung gestellt werden muß. Manche Kinder Gottes haben wenig darüber nachgedacht, was die Schrift über das Versammeltsein der Kinder Gottes spricht. Sie kommen einfach als Gläubige zusammen und haben kaum ein Verständnis davon, was es heißt, wenn die Schrift sagt: „Wenn ihr als (oder in) Gemeinde zusammenkommt“ (1. Kor. 11,18), und doch, wie verschieden ist ein Versammeltsein nur als Gläubige von dem Zusammenkommen der Gläubigen als „Gemeinde Gottes“!

Zum besseren Verständnis möchte ich ein Bild gebrauchen. Wir alle wissen, was der Reichstag

bestimmten Stunde, an einem bestimmten Orte kommen die Mitglieder „als Reichstag“ zusammen. In diesem Zusammenkommen ist alles einer festgelegten Ordnung unterstellt, die nicht verletzt werden darf. Alle Handlungen und Beschlüsse sind nun nicht Handlungen und Beschlüsse der einzelnen Mitglieder, sondern sind Beschlüsse des „Reichstages“.

Die Mitglieder können aber auch im Reichstagsgebäude zusammenkommen, ohne als „Reichstag“ versammelt zu sein. Ihr Zusammenkommen geschieht dann einfach als solche, die dem Reichstage angehören. So gut und wichtig und so einmütig ihr Reden und das Behandeln der Gegenstände auch sein mag, es ist nicht dasselbe, und es hat nicht das gleiche Gewicht, als wenn sie als „Reichstag“ zusammengekommen wären, obgleich sie dieselben Personen sind. Ihr Zusammensein trug eben einen ganz anderen Charakter, und ihre Handlungen und Beschlüsse waren nicht die des „Reichstages“.

Dieser Vergleich mag unvollkommen sein; ich gebe es zu. Er soll aber auch nicht für weiteres dienen, als zu helfen, das Zusammenkommen „als Gemeinde“ unter der göttlich vorgeschriebenen Ordnung zu verstehen.

Auch Gläubige können zusammenkommen als Gläubige, die der Gemeinde Gottes angehören. Einen ganz anderen Charakter trägt aber ihr Zusammenkommen, wenn sie „als (oder in) Gemeinde“ zusammenkommen nach der Ordnung, die Gott Seiner Gemeinde gegeben hat.

Wohl ist die Gemeinde Gottes heute in viele Spaltungen zerrissen, aber so wie Daniel und seine Freunde sich einst treu an die Aussprüche ihres Gottes hielten und jedes Abweichen von denselben verweigerten, so vermögen auch die einzelnen heute noch das Wort festzuhalten. Die Korinther fingen in ihren Tagen bereits an, das Bewußtsein, „Gottes Gemeinde“ zu sein, zu verlieren. Der Apostel mußte ihnen sagen, daß ihr Zusammenkommen derart war, daß darin ein Verachten - ein Mißachten der „Gemeinde Gottes“ lag. (1. Kor. 11,22) Die Gemeinde ist Gottes Ekklesia, d. h. Seine „Herausgerufene“ aus der Welt. Viele Kinder Gottes sehen sich heute nur als einen Kreis von Gläubigen an, aber „Gottes Gemeinde“ ist etwas viel Höheres.

Möchten wir besser verstehen, daß wir Gottes Ackerfeld, Gottes Bau und Gottes Gemeinde

sind und daß wir auch berufen sind, „als Gottes Gemeinde“ zusammenzukommen, sei es zum Brechen des Brotes, zur Erbauung, zum Gebet oder zu der schmerzlichen Handlung des Hinaustuns eines Bösen; wir würden dann die Dinge, die der Mensch aufgerichtet hat, abtun und alles in unserer Mitte Seinem Worte und Seiner Ordnung unterstellen. (1. Kor. 11-14; 1. Tim. 2 u. a. m.)

Der Schriftl. A. v. d. K.

Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des HErrn.

(Schluß.)

Daß Lukas das Erscheinen des HErrn inmitten der Jüngerschar am ersten Wochentagabend anders ausmalt als Johannes (Luk. 24,36-49 = Joh. 20,19-23), insonderheit, daß Er ihnen sagt: „betastet Mich“, findet seine einfache Erklärung darin, daß er nicht das Hervorheben eines besonderen Gedankens im Auge hat wie Matthäus in Bezug auf die Weiber und Johannes in Bezug auf Maria Magdalena einer- und Thomas andererseits. Er will „die Zuverlässigkeit der Dinge zu erkennen geben, in denen Theophilus unterrichtet worden ist“, Kap. 1,4: Trifft da die anschauliche Schilderung in den Abschnitten 24,13-35 und 36-49 und in dem letzteren besonders das in den Versen 37-43 Gemalte nicht den Nagel auf den Kopf?

*

Johannes 21 soll von einem Schüler des Johannes geschrieben, die Verse 24 und 25 ein Zusatz von fremder Hand sein? Und das spricht jemand, der sich gläubig nennt, nach? Warum soll das so sein? Weil die Darstellung aus dem Rahmen der ersten zwanzig Kapitel herausfällt und scheinbar eher in den Rahmen eines der drei synoptischen Evangelien passen könnte? Ja eben, weil dem so ist, würde ein Glied fehlen, wenn dies Kapitel nicht da und nicht so wäre, wie es ist. Die erste Offenbarung Jesu an die Jünger nach Seiner Auferstehung, hier in Johannes 20,19-23, zeigt Ihn in der Mitte der Brüder, der Christen, um sie als himmlische Familie in die

den Repräsentanten Israels im Überrest, wie es bekehrt und wiederbelebt wird. Das dritte Mal, 21,1-14, gibt Er das Unterpfand des zukünftigen Dienstes Israels und der Frucht, die es für Gott tragen wird, wenn durch Seinen Missionsdienst die Nationen zum Dienste und zur Anbetung Jehovas werden gebracht werden, wie so viele Stellen in den Propheten es bezeugen (z. B. Jes. 60,5-7; 66,18.19). Dies des näheren zu erläutern würde eine längere Abhandlung erfordern. Wie verständlich, daß wir in diesem dritten Fall die Jünger wieder da sehen, wo sie anfangs gerufen worden waren: in Galiläa, am See Tiberias, als Fischer. Das gab Jesu die Gelegenheit, alles so herbeizuführen, wie es vorbildlich dem Zweck entsprechend war, den die Begegnung haben sollte.

Das Verfahren mit Petrus zu seiner völligen Wiederherstellung ist eine Sache für sich. Daß Jesus ihm aufträgt, Seine (israelitischen) Lämmlein und Schafe zu weiden und zu hüten, gehört nicht zur Aussendung aller, von der 20,21 die Rede ist. Es ist eine persönliche Sache zwischen dem HErrn und Petrus wie das Belehnen mit den Schlüsseln des Reiches der Himmel. (Matth. 16,19)

Daß Johannes sich 21,24 in der dritten Person einführt, ist kein Grund, diesen und den letzten Vers einem anderen zuzuschreiben; er hat sich vorher schon mehrmals in der dritten Person eingeführt. - Von anderen Stimmen werde eine vernommen, aus: „Illustrierte Prachtbibel von Otto Delitzsch, Religionslehrer an der Städt. Realschule zu Leipzig 1862“: „... Andere (wie J. P. Lange) erblicken in diesem Kapitel einen planmäßigen Epilog des Evangeliums, wie Kap. 1,1-18 den Prolog enthalte. Auch hat es nicht an solchen gefehlt, die gemeint haben, daß dieses 21. Kapitel später von fremder Hand hinzugefügt sei. Allein die Schreibweise dieses Abschnittes ist so eigentümlich johanneisch, die Erzählungen sind so genau und geben so sehr den Augenzeugen kund, daß jene Zweifel als unhaltbar erscheinen.“

„24.25. Manche haben diese beiden Verse, einige wenigstens die Worte: „Und wir wissen, daß Sein Zeugnis wahrhaftig ist“ für einen von den Christen in Ephesus ausgegangenen Zusatz gehalten. Indessen entspricht die ganze Art und Weise dieser Worte der Eigentümlichkeit des Evangelisten, wie dies namentlich aus der Vergleichung mit Kap. 19,35 sich ergibt“.

Den eingangs erwähnten „Logien“ („eine“ Logie = Spruchsammlung gibt's nicht!“) ist noch ein Wort zu widmen. Der Korrespondent ist der Meinung, daß „- nach seinen Unterlagen -“ „Matthäus und Lukas um etwa 80-90 n. Chr. entstanden seien; daß von Matthäus eine Spruchsammlung (logie) von Reden des HErrn bestand, die später zu einem völligen Evangelium erweitert wurden.“

Hierzu ist zu sagen, daß diese Unterlagen schlimme Unterlagen sind, von denen ein Gläubiger nicht in zustimmendem Sinne reden sollte. Woraus soll denn ersichtlich sein, daß es aus einer Spruchsammlung erweitert worden sei? Das ist nur eine Erfindung ungläubiger Theologen, die folgerichtig die Vollendung zum mindesten auf die angegebene Zeit hinausschieben muß, um dann erst noch als recht gnädiges Zugeständnis zu gelten, daß es nicht später gewesen sei. Und das Buch trägt doch den Stempel der Echtheit an der Stirne! „... Unzweifelhaft ist (nach Matth. 27,8; 28,15), daß das Evangelium vor Jerusalems Zerstörung geschrieben war“ stellt der obengenannte Otto Delitzsch fest. Braucht man noch mehr Zeugnis als diese beiden Stellen? Denn „bis heutigentags“ hat nur geschichtlichen Sinn, solange Jerusalem bestand.

Dem Eingeweihten ist bekannt, daß die ungläubigen Kritiker vielfach das Einfachste übersehen und daß sie in ihrer vermeintlichen Weisheit zu Narren werden. Der einfache Gläubige sollte sich hüten, nachzureden, was die Herren sagen. Er sollte z. B. „Logien“ ruhig den Gelehrten überlassen! Die Herren machen nämlich da einen Schnitzer. Aus Apg. 7,38; Röm. 3,1.2; Hebr. 5,12 und 1. Petr. 4,11 geht hervor, daß „lógia“ Mehrzahl von „lógion“ „auf die ganze Sammlung der heiligen Bücher, die Israel anvertraut war, hingeht und Weissagung und Geschichte einschließt“ (Urquhart), also „göttliche Orakel“ bedeutet. Daß dies die Bedeutung auch im klassischen Griechisch ist, kann in jedem griechischen Wörterbuch nachgeschlagen werden, z. B. in Benselers Schulwörterbuch: „to (das) lógion: die Weissagung, das Orakel, der Orakelspruch, Spruch.“ Daß das Wort auch bei den apostolischen Vätern und bei jüdischen

Schriftstellern diesen Sinn hat, kann nachgelesen werden z. B. bei Urquhart und Tischendorf. Wenn also ein Kirchenvater, Papias, von den Logien des Matthäus spricht, so „können das keine

anderen Worten, es war das Evangelium Matthäus“. (Urquhart.) Nun machen die Herren Gelehrten einfach gewöhnliche Aussprüche daraus, indem sie es mit dem Wort logoi = Worte, Mehrzahl von logos = Wort, verwechseln. Das geht daraus hervor, daß sie abwechselnd „Aussprüche unseres HErrn“ und „Herrenworte“ für ein und denselben Begriff gebrauchen. Heute wie vor Jahrzehnten. Vor mir liegt ein Band von 362 Seiten aus dem Jahre 1926, in welchem einmal ums andere diese Worte und Begriffe vorkommen. „... daß die Grundlage, auf der ‚Markus‘ arbeitet, aus einer Reihe von Lehranekdoten, Wundernovellen, Logien bestand, die ...“ „Das Logion von der Aufnahme des Kindes auf Grund meines Namens ...“ „Es ist ein völlig begreiflicher Vorgang, wie im Gottesdienst der Christen die Herrenworte und damit die Evangelien, welche diese Herrenworte enthalten, allmählich neben das Alte Testament als heilige Vorlesungstexte treten und so der Keimansatz des Neuen Testamentes entsteht.“ -

Über solche und ähnliche Unterlagen sollte jemand „nachdenken und nachforschen“, der bekennt: „alle Evangelien sind unter der Leitung und Eingabe des Heiligen Geistes geschrieben“?? „Werdet rechtschaffen nüchtern ... denn etliche sind in Unwissenheit ...“ (1. Kor. 15,34) ist da ein Wort am Platze! Gibt es doch auch Gelehrte, die, ohne die göttliche Inspiration der neutestamentlichen Schriften anzuerkennen, edler und ehrfurchtsvoller von den Schreibern und Adressaten oder Empfängern denken. Hier einige Sätze von einem von ihnen (Hermann Freiherr von Soden): „Heilige Schriften besaßen die Christen von Anfang an in den Büchern des Alten Testamentes. Exemplare davon sich zu schaffen, mußte das Bemühen jeder Christengemeinde sein. Sie waren nicht ganz billig, dazu heilige Urkunden

mit inspiriertem Text. An ihnen lernten sie Schriften achtsam behandeln und auch den Buchstaben heilig halten ... Ein Evangelium ersetzte die mündliche Verkündigung derer, die allein Jesus persönlich gekannt und gehört hatten, ja, es bot in gesicherter Form die Worte des HErrn der Gemeinde selbst. Es ist undenkbar, daß man an dem Wortlaut, in dem ihre Verfasser diese Schriften als ausgereifte Frucht der Gemeinde darboten, sich willkürlich Änderungen erlaubte ... daß die Paulusbriefe originell und jedes Wort in ihnen abgewogen, daß sie und nicht minder jedes der uns erhaltenen Evangelien in seiner ausgeprägten Eigenart Kunstwerke waren, drängt sich jedem eingehenden Studium derselben auf. Die ganz individuellen Briefe

lockten nicht zu Änderungen, sondern wehrten sie ab ... Es ist selbstverständlich, daß der Apostel [Paulus] ein Exemplar der von ihm ausgesandten Briefe für sich behielt und sich so in seinem Besitz seine Briefe ansammelten ... Daß der Verfasser des Matthäusevangeliums, das als Lehrbuch geschrieben ist, für seine Benutzung und Vervielfältigung selbst besorgt war, liegt in der Konsequenz der großen Mühe, die er an die Abfassung seines Werkes verwandte. Und daß er damit Erfolg hatte, das bezeugt fast jede nach ihm entstandene urchristliche Schrift.“

*

Noch eins. Stellen wir doch einmal den einen Auftrag in seiner vierfachen Gestalt nach der in jedem Evangelium besonders hervorstechenden Eigenschaft vor uns hin.

Matth: Alle Nationen sollen zur Unterwerfung unter die Oberhoheit des Königs aufgefordert werden.

Mark.: Das Evangelium der Errettung aus Glauben soll der ganzen Schöpfung gepredigt werden.

Luk.: Buße und Sündenvergebung auf Grund des Namens des Christus muß allen Nationen gepredigt werden.

Joh.: Friede ist durch die Jünger der Welt zu bringen mit Sündenvergebung jedem, der sich dieser Verkündigung erschließt.

Und in den Jüngern kommt der Christus Selber, Frieden verkündigend: „Und Er kam und verkündigte Frieden, euch, den Fernen (Nationen), und Frieden den Nahen (Jerusalem und den Juden: Luk. 24,47)“: Eph. 2,17. - Ist diese Unterscheidung nach dem Charakter eines jeden Evangeliums nicht erhabener, bewunderungswürdiger, lieblicher, als wenn alles in eins zusammengeworfen wäre?

Wie armselig, ja verächtlich nimmt sich hiergegen die Kritik- und Zweifelsucht aus, die in ihrer Blindheit das Einfachste nicht sieht, sich aber selber Gespenster vor die Augen gaukelt!

*

„Enthülle meine Augen, und ich werde Wunder anschauen aus Deinem Gesetze.“ (Ps. 119,18)

F. Kpp.

„Ich bin bei dir!“

(Jes. 43,2.)

Dieses Wort ist ein Trostwort für uns, für Kinder Gottes, die durch Tage der Trübsal gehen. In dem erwähnten Verse ist besonders von Trübsal und Leiden die Rede. Vielen von uns wird dieses so tröstliche Wort bereits zur Ermunterung und Stärkung in Tagen des Leides gewesen sein. Welch herzliche Liebe unseres Gottes spricht doch aus diesen Worten: „Ich bin bei dir.“ Es ist die große unfaßbare Wahrheit: Er ist wirklich bei mir. Es ist nicht ein Gleichnis, es ist Wirklichkeit. Selbst wenn die Trübsal uns so hinnimmt, daß wir Seine Gegenwart geistlich nicht empfinden und genießen, so bleibt sie dennoch Wirklichkeit. Er ist wie ein Freund persönlich bei uns, den wir zwar nicht mit unserem leiblichen Auge sehen, der aber dennoch uns treu zur Seite steht; der auch über das Maß der Trübsal wacht, damit wir nicht über Vermögen versucht werden. O wunderbares Trostwort: „Ich bin bei dir!“ - Manchmal ist es erforderlich, daß wir dieses Wort nur schlicht glaubend annehmen zum Trost, manchmal aber dürfen wir auch Sein Nahesein geistlich verspüren. Möchte dieses immer so sein. Wenn ein leidendes Kind in den Armen der Mutter ruht, ihre Gegenwart, ihre sanfte Hand und ihre Liebe recht empfindet, dann hat es wirklichen Trost. - „Wie einen, den seine Mutter tröstet, also werde Ich euch trösten.“

Wenn wir uns nun Seiner tröstlichen Gegenwart erfreuen dürfen, dann kommt auch aus unserem Herzen in Dankbarkeit und Zuversicht das Wort: „Du bist bei mir.“ (Ps. 23,4) Wenn David dieses schon aus Erfahrung bezeugen konnte, wieviel mehr sollten wir dieses tun können, da uns der Heilige Geist bleibend gegeben ist. (Joh. 14,17)

auch Stärkung in der Schwere der täglichen Geschäftigkeit und eine Mahnung, in Seiner Gegenwart, in Seiner Furcht zu wandeln!

„Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ - „Ich bin bei dir.“ Ja, HErr, Dank, „Du bist bei mir.“

D.

Geistliches Müdewerden.

Es gibt in unserer Zeit so viele Christen, die etwas wissen vom geistlichen Müdewerden, von einer Erschlaffung des inneren Lebens. Der einst so muntere Gang vieler Kinder Gottes wird so schleppend, der einst glühende Eifer so lahm. Was sind die Ursachen solcher Erschöpfung? Bei vielen ist es die Vernachlässigung des Gebets, des Umganges mit Gottes Wort, der Versammlungen der Kinder Gottes. Bei anderen ist es der Sorgengeist, vor dem Jesus so ernstlich warnt, weil er das Wort erstickt. Man plagt sich mit den aus dem Unglauben geborenen Fragen. Was werden wir essen? Womit werden wir uns kleiden? Bei anderen wieder sind es Erfahrungen, wie sie Asaph im 73. Psalm beschreibt: man ist durch das äußere vorübergehende Wohlergehen gebetsloser, ja gottloser Menschen erschüttert worden. Wiederum bei anderen ist es ein Zusammenstoß mit irgend jemand, und man hat das versöhnende Wort noch nicht gefunden. Ach, es gibt so viele geistlich müde Gotteskinder! Und der so gerne gebende, ewigreiche Gott will doch keine müden, matten, armen Kinder haben. „Ich will ihre Abtrünnigkeit heilen, will sie willig lieben“ (Hos. 14,4), und „Mein Volk wird sich an Meinen Gütern sättigen“ (Jer. 31,14), das sind Seine Erklärungen. Er will uns durch Seinen Geist erwecken und erquicken. Neue, völlige Hingabe an den HErrn, das Erfülltwerden von Seinem Geist, das Wandeln im Gehorsam gegenüber den Führungen des Geistes, das sind die Heilmittel für das geistliche Ermüdetsein.

Frage und Antwort

Frage 9

Wie ist Matth. 25,1-13 betr. „Öl“ zu verstehen? Hatten die fünf törichten Jungfrauen auch „Öl“ in ihren Lampen? denn sie sagen doch: „unsere Lampen erlöschen“?

Antwort A

Ehe wir näher auf obige Frage eingehen, möchten wir nicht unerwähnt lassen, daß im Jahrbuch 12, Seite 257-262 dieser Zeitschrift, versucht worden ist, für obiges Gleichnis im Zusammenhang mit den übrigen Gleichnissen des Reiches der Himmel, wie sie uns im Evangelium Matthäus gegeben sind, eine Erklärung zu geben. Wir empfinden sehr tief, wie schwer es ist, das Wort Gottes in seiner ursprünglichen Bedeutung auszulegen und annähernd den wahren Sinn ans Licht zu stellen; dennoch vertrauen wir dem HErrn, daß Er uns durch Seinen Geist Sein Wort erschließt und wir praktischen, geistlichen und gegenwärtigen Nutzen haben. Nichts ist gefährlicher, als den Kindern Gottes der Jetztzeit alles zu rauben, was nicht in den 13 anerkannten Paulinischen Briefen enthalten ist, indem man für die Gemeinde fast nur diese Briefe gelten läßt, alles andere aber Israel zuschreibt. Wie töricht! Es ist hier nicht die Gelegenheit, den biblischen Beweis zu erbringen, daß die fast 2000jährige Geschichte der Gemeinde, welche die von Israel an Dauer, Größe und göttlicher Herrlichkeit weit überstrahlt, viel mehr Recht hat (entsprechend der der Gemeinde gegebenen allüberragenden Erkenntnis des HErrn als „des Christus“, des himmlischen Menschen, des „Hauptes“ der Gemeinde und des „Sohnes Gottes“ in Seiner göttlichen Herrlichkeit), alles für sich in Anspruch zu nehmen, wo irgend etwas von Seiner herrlichen Person im Worte Gottes Alten und Neuen Testaments gefunden wird! Und ist nicht Er das Wesen und der Geist der Schrift? Und stehen wir Ihm nicht näher als irgendeine erlöste Schar im Alten oder Neuen Testament? Wir, Seine Fülle?! Wir als Gemeinde Christi dürfen und können all Seine Herrlichkeitsoffenbarungen, die im Laufe der Zeit gegeben worden sind, von Anfang bis Ende schätzen, würdigen und genießen - selbst jene Offenbarungsherrlichkeiten, die nicht unmittelbar mit der Gemeinde in Beziehung stehen, weil

mit Ihm bilden. Darum wird auch jeder geistliche Diener des HErrn all die geistlichen Herrlichkeiten Seines ganzen Wortes der Gemeinde der Jetztzeit zugängig zu machen suchen, weil Christus der Geist der Schrift ist.

Merkwürdigerweise hat man versucht, dieses Gleichnis und dessen Erfüllung in eine spätere Zeit zu verlegen, wo die Gemeinde die Erde schon durch die Entrückung verlassen hat. Andere wiederum haben versucht, für die fünf zurückgebliebenen törichten Jungfrauen eine neue Gelegenheit ihrer Errettung in der großen Drangsalszeit nach der Entrückung der Gemeinde zu sehen, obwohl der Herr ausdrücklich sagt: „Wahrlich, Ich sage euch, Ich kenne euch nicht.“ Dies sagt Er, weil sie in keinem geistlichen, lebendigen Herzensverhältnis mit Ihm, dem Bräutigam, standen. Ja, hatten sie nicht auch Lampen wie die klugen Jungfrauen? Und brannten ihre Lampen nicht eine geraume Zeit, denn sie sagen: „Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen erlöschen?“ Ja, Lampen hatten sie, aber nirgends wird gesagt, daß sie je Öl besaßen, viel weniger Gefäße mit Öl, wie die klugen sie hatten.

Da wir nun zum Hauptgegenstand der Frage gekommen sind, wollen wir versuchen, an der Hand des Wortes die Frage zu beAntworten.

Wir brauchen wohl nicht erst den Leser darauf aufmerksam zu machen, daß unter „Öl“ der Heilige Geist in Seiner verschiedenen und mannigfaltigen Wirkung zu verstehen ist. (Vgl. Offenb. 11,4; Hebr. 1,9; 2. Mos. 27,20 usw.) Von den Törichten wird V. 3 ausdrücklich gesagt, daß sie „kein Öl mitnahmen“. Dies zeigt uns klar, daß sie den Geist Gottes nicht besaßen. Röm. 8,9 sagt: „Wenn aber jemand Christi Geist nicht hat, der ist nicht Sein.“ Alle Auslegungskünste scheitern an dem untrüglichen Worte Gottes. Man hat auch gesagt, daß sie wohl Leben hätten, aber nicht die Fülle des Geistes. Aber wenn das so wäre, hätte der HErr nie sagen können: „Ich kenne euch nicht!“ Auch ist es falsch, zu sagen, daß die fünf Klugen die Fülle des Geistes hätten und darum entrückt würden, die törichten aber die Fülle des Geistes nicht hätten, da sie die sogenannte „zweite Gnade“ noch nicht empfangen hätten. So sagen uns manche aus der Pfingstbewegung, dann die sogenannten Perfektionisten. Leider wird auch in vielen anderen Kreisen dies so gelehrt.

Sie hatten wohl Lampen, ein Bild des Bekenntnisses, wie auch die übrigen, aber kein Öl.

Und wenn gesagt wird: „... denn unsere Lampen erlöschen“, so wird erstlich gar nicht gesagt, daß ihre Lampen brannten, weil das Öl fehlte, und will man unbedingt annehmen, daß sie brannten, ist an den Docht zu denken, der wohl eine kurze Zeit brennen, vielmehr glimmen konnte. Doch Rückschlüsse im Worte Gottes zu machen ist sehr gefährlich. Man beachte, daß zwischen dem Schmücken der Lampen und dem Erlöschen derselben keine lange Zeit liegt, weil eines dem anderen sofort folgt (vgl. V. 7 u. 8). Dann haben die Törichten keine Gefäße mit Öl. Daraus muß man schließen, daß sie den Geist Gottes in ihren Herzen nicht besaßen. Röm. 5,5: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist“, trifft auf sie nicht zu, vielmehr was wir in 2. Tim. 3,5 lesen: „... die eine Form der Gottseligkeit (Lampen) haben, deren Kraft (der Heilige Geist) aber verleugnen.“

Es besteht ein Unterschieb zwischen „Erleuchtet sein“ und Empfang des Heiligen Geistes. In Hebr. 6,4 und 10,32 wird von solchen gesprochen, die erleuchtet waren, ohne daß unbedingt göttliches Leben in Verbindung damit steht. Man kann alles einsehen und zum Teil auch verstehen, oder richtiger: wissen, ohne Christum im Herzen in der Kraft des Heiligen Geistes zu besitzen.

Eph. 1,18, wo dasselbe Wort gebraucht wird und es nur für Kinder Gottes in Frage kommt, wird ausdrücklich gesagte „... damit ihr, erleuchtet an den Augen eures Herzens, wisset ...“ Hier wird das Herz genannt, welches gleichsam mit dem „Gefäß“ der klugen Jungfrauen verglichen werden kann. Es ist ein Unterschied zwischen dem Wirken des Heiligen Geistes an mir und in mir. Das eine zeigt die Tätigkeit des Heiligen Geistes von außen, das andere von innen; letzteres setzt den Besitz des Heiligen Geistes voraus, was bei ersterem nicht unbedingt anzunehmen ist.

Man hat viel darüber gesagt, daß sie doch Jungfrauen waren und Ihm entgegengingen wie die anderen. Aber das Unterscheidende ist nicht die „Jungfrau“, sondern das Öl, denn darauf legt der HErr das Gewicht. Mit „Jungfrau“ steht 1. Absonderung, 2. Bekenntnis, 3. Erwartung in

Verbindung. Man kann dieses alles der Form und dem äußeren Wissen nach haben und doch im entscheidenden Augenblick, nämlich beim Kommen des HErrn (auch früher durch andere Prüfungen), sich erweisen als geist- und christuslos. Nur Christus bzw. der Geist gibt diesen drei Dingen göttlichen Charakter und Wert. Ihr Zustand wurde klar offenbar nach dem Mitternachtsruf. In ihrem Bekenntnis gaben sie vor, den Bräutigam zu erwarten, doch war alles nur Kopfwissen und keine Lebens- und Herzenssache. Wie ernst ist dies! Wie steht es mit dir, mein Leser?

Kap. 24,48-51: in jenem Knecht fehlt die Gesinnung Christi Seinen Geliebten gegenüber. Kap. 25,8-13: bei den törichten Jungfrauen fehlt der Geist Christi, und Kap. 25,24-30: bei dem bösen und faulen Knechte fehlt die Erkenntnis Christi. Die Gesinnung, der Geist und die Erkenntnis Christi waren die lebendigen Beweise des treuen und klugen Knechtes (24,45-47), der klugen Jungfrauen (25,4-10) und des guten und treuen Knechtes (25,21.23). Wie sehr ernst auch für uns alle, die wir Kinder Gottes sind und uns durch Seine Gnade zu den klugen Jungfrauen rechnen dürfen! Möge der HErr uns allen immer die göttliche, jungfräuliche, geistgewirkte Herzensgesinnung schenken, indem wir mit dem Herzen auf Ihn warten und unser Leben davon lebendig zeugt!

K. O. St.

Antwort Des Schriftleiters

Der Verfasser obiger so kostbaren, klar verständlichen Antwort hat gewünscht, daß ich noch etwas anfügen möchte. Aber ob das nötig ist? Möge der Leser entscheiden! Und möge in jedem Falle das, was der HErr unserem Mitarbeiter wie auch mir gegeben hat, den forschenden Lesern zu bleibendem Segen dienen! Wir, die wir über so wichtige Fragen zu schreiben die gottgegebene Aufgabe haben, fühlen, welch ernste VerAntwortung das mit sich bringt. Es darf daher bei dieser Gelegenheit vielleicht einmal die Bitte ausgesprochen werden, daß die treuen Bezieher der „Handreichungen“ der jeweiligen Mitarbeiter wie der beiden Schriftleiter mehr fürbittend gedenken möchten!

Ohne irgend etwas von dem in obiger Antwort Gesagten anzutasten - ich möchte es vielmehr hier ernstlich unterstreichen -, glaube ich doch bei dem vorliegenden Gegenstand darauf hinweisen zu dürfen, daß wir nicht aus dem Auge verlieren müssen: wir haben es hier nicht mit einer lehrhaften Darlegung oder auch instruktiven Geschichte zu tun, sondern mit einem Gleichnis, einem Gleichnis von: Reich der Himmel. Auf letzteren Ausdruck einzugehen erübrigt sich im Blick auf die wichtigen Ausführungen im letzten Jahrbuch über „Reich der Himmel“ und „Reich Gottes“. Aber auf den Begriff des „Gleichnisses“ möchte ich mit einigen Worten zu sprechen kommen.

Gleichnisse haben einen großen Hauptzweck: eine bestimmte Wahrheit in ganz besonderer Weise zu beleuchten. Sie sind daher nicht durch einander auszulegen, bzw. der Punkt, auf den es in diesem Gleichnis ankommt, findet nicht eine gleichbedeutende Anwendung in jenem Gleichnis, noch weniger aber ist das der Fall mit Nebenpunkten, deren jedes Gleichnis etliche aufzuweisen hat. Wer ferner diese Nebendinge - nicht etwa „Nebensächlichkeiten“, im Worte Gottes ist nichts nebensächlich, aber es ist in einem Gleichnis (nicht in einer Geschichte oder Lehrdarstellung) manches nur Rankwerk gleichsam, wodurch die Hauptsache um so klarer hervorgehoben werden soll; man vergleiche die beiden Gleichnisse vom verlorenen Schaf und der verlorenen Drachme (Luk. 15) (die Beschreibung von den zwei verlorenen Söhnen halte ich, im Gegensatz zu vielen anderen Auslegern, nicht für ein Gleichnis, sondern für eine gleichnisähnliche Geschichte oder vielleicht auch eine Parabel) - wer also diese Nebendinge alle auszudeuten versucht und sich dabei bemüht, ein vollständiges Lehrgemälde zu zeichnen, der wird nicht nur gar leicht den Hauptpunkt (den Vergleichungspunkt) aus dem Auge verlieren, sondern er wird aus Nebendingen, aus Rankwerk, lehrhafte Hauptsachen machen, wie das gerade auch bei denen geschehen ist, die in den fünf törichten Jungfrauen, weil es „Jungfrauen“ sind, Gläubige gesehen haben oder sehen, die nicht mit entrückt werden (wie oben gesagt), oder was dergleichen Lehrungeheuerlichkeiten mehr sind.

Es hat einmal jemand ein Gleichnis der Schrift mit einer Glaskugel verglichen, die auf einer Glasplatte ruht; diese Kugel - und je größer sie ist, desto klarer wird das Bild! - berührt die

Unterlage nur an einem einzigen Punkte. Versucht man irgendeine andere Stelle der Kugel mit der Unterlage in Berührung zu bringen, d. h. gleichzeitig mit dem ersten Punkte, dann muß die Kugel zerbrechen; sie kann immer nur mit einer Stelle aufliegen! - Ja, so ist es auch mit dem Gleichnis. Aber, um im Bilde zu bleiben, man darf vielleicht sagen, es gäbe aber viele Punkte, einen ganzen Kranz von solchen ganz nahe dem einen Hauptpunkte! Ja, und wenn man den unbedingt bei dem Gleichnis festhält, dann darf man mit Vorsicht auch eine gewisse Ausdeutung jener versuchen. Aber ob man das fertigbekommt oder nicht - einerlei, der Vergleichungspunkt bleibt gänzlich unantastbar, unangreifbar, kann nicht aufgehoben oder abgeschwächt werden. Das laßt uns festhalten!

Bezogen auf das Gleichnis von den 10 Jungfrauen: Was ist der Hauptpunkt, worauf kommt es dem teuren HErrn an? Obige Antwort sagt es ganz unzweideutig: auf das Öl! (V. 3) Ob dieses da ist oder nicht, das ist die Frage! Nicht ob es dagewesen, oder ob einmal Öl in der Lampe war oder ob der Docht - der bei den damaligen Lampen einfach ins Öl gelegt wurde und mit dem einen Ende über den Rand des ziemlich flachen Gefäßes herausragte - einmal früher mit etwas Öl in Berührung gekommen war und noch in seinen Fasern etwas enthielt (Züge, die sich lehrhaft ausdeuten lassen, wie oben in Antwort A in Vorsicht geschehen ist!) oder wie man sich das sonst vorstellen will - nicht darauf kommt es an, sondern auf das Vorhandensein des Öles in den Lampen und das Mitgenommenhaben des Öles in den Gefäßen - darauf kommt es allein an. Halten wir dies fest, dann schwindet die Schwierigkeit der „Krämerfrage“, ferner ob bei der tatsächlichen Kürze der Zeit noch ein „Kaufen“ möglich sein kann, ferner ob der HErr, der doch „den glimmenden Docht nicht auslöschen“ wolle (Matth. 12,20) - auch solche falsche Verbindung und Anwendung eines Nebenzuges! - das nicht anerkennen werde, wenn man noch zu „kaufen“ sucht, um die verlöschende Lampe neu anzufachen ... usw. usw.; das alles ist Rankwerk, vielleicht hier und da von Bedeutung, in einem Einzelfalle als praktische Ermahnung für heute, aber bezüglich des Hauptpunktes nicht von entscheidender Wichtigkeit! Hast du Öl? Ja? Wohl dir! Du wirst bereit sein können, wenn der Augenblick kommt, den wir ersehnen - hast du es noch nicht? O dann warte nicht noch einen Tag - das ist die Ermahnung heute, entsprechend der des HErrn „Wachet!“ in V. 13, der Anwendung des Gleichnisses auf die Zeit

Jungfrau, die du mit einer schöngeschmückten Lampe genug zu haben meintest. Wie schön auch das Gefäß, der Lichtträger - meinetwegen, wie gesagt wird, das christliche „Bekenntnis“ - sein mag, ohne den Brennstoff, ohne das Öl ist es wertloses Metall. Denn wie schon oben betont: „Wer Christi Geist nicht hat, ist nicht Sein Eigen!“ (Röm. 8,9) Selbst wenn er noch so religiös-stimmungsvoll „Pfingsten“ feiern mag! Und wenn dieses jemand lieset, der noch nicht wahrhaft „bekehrt“, noch nicht „aus Gott geboren“, noch nicht „göttlicher Natur“ teilhaftig ist (1. Thess. 1,9; Joh. 1,12.13; 2. Petr. 1,4 u. a.) - mein Freund, dein Zustand ist verzweifelt ernst! Was du tun sollst? Beizeiten „kaufen für dich selbst“ (nach V. 9, angewandt!). Und wie? In dem du glaubest an den Herrn Jesus, wie die Schrift sagt, denn durch Glauben an Ihn empfängst du nach Joh. 7,37-39 Seinen Geist! (Vgl. auch Eph. 1,13 u. a.)

Uns allen aber gilt und gelte mehr und mehr des HErrn Wort von V. 13: „So wachet nun, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde!“ Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

Frage 10

Ist die Taufe, auch wenn sie etwa von einem Philippus vollzogen wurde (Apg. 8,12.13 u. 18ff.), eine sichere Gewähr für die Gotteskindschaft eines Getauften?

Antwort

Diese Frage ist offenbar ein Zeichen unserer Zeit, denn wir leben in einer solchen, in der es kaum mehr mit Verfolgung und Spott verbunden ist, wenn man sich taufen läßt; jene Erfahrungen, die zu allen Zeiten die Gemeinde der wahren Gläubigen rein erhalten haben von Unaufrichtigen und Halben. Die angeführte Bibelstelle, die bei einer ähnlichen Frage auch schon im 3. Jahrgang der „Handreichung“, Seite 9-12, ausführlich behandelt worden ist, zeigt uns einen solchen Unaufrichtigen, dem es nicht auf die Umgestaltung seines Herzens, sondern auf Gewinn ankam. Und doch hatte ihn der Evangelist Philippus getauft. Als einst Juden zum Herrn

Jesus kamen, die Ihm Glauben geschenkt hatten, nennt Er sie Kinder des Teufels. (Joh. 8,38.44) Der HErr hatte sie eben durchschaut, eine Fähigkeit, die Ihm nicht nur als Sohn Gottes eigen war, sondern die Gott auch dem Menschensohn verliehen hatte. (Joh. 3,34) Wohl wirkt der Geist unter den vielen Geistesgaben auch heute noch diese eine, die Gabe der Geisterunterscheidung, bei wem Er will (1. Kor. 12,10.11), aber darin erkennen wir ja schon die Tatsache, daß nicht jeder Knecht Gottes, dem eine Geistesgabe verliehen ist, auch die Gabe der Geisterunterscheidung besitzen muß. Dann aber kann er sich, wie jeder andere Mensch, in der Beurteilung eines Menschen irren. So ist es auch dem Evangelisten Philippus ergangen. Petrus dagegen konnte und mußte in der Vollmacht dieser Geistesgabe sogar Ananias und Saphira dem Satan zum Verderben des Fleisches übergeben. (Apgesch. 5) Auch heute noch gibt es Männer Gottes, vor deren Geistesautorität unlautere Menschen offenbar werden; aber sie sind nicht immer und überall zur Stelle. Darum brauchen wir uns gar nicht zu wundern, wenn heute viele Menschen getauft sind und noch werden, deren Herzen nichts wissen von wahrem „Mitgestorbensein“, deren Leben nichts offenbart von „Auferstehungskräften“. Nicht als ob das eine magische Folge der Taufe ist, nein, aber es ist der Beweis dafür, daß ein wahres Kind Gottes, ein aufrichtiger Mensch, sich in den Tod des HErrn taufen ließ. Nie und nimmer können wir daher die Taufe eines Menschen als sichere Gewähr für seine Gotteskindschaft ansehen.

Noch über eine zweite Gefahr in bezug auf die Bewertung der Taufe möchte ich etwas schreiben. Nicht daß man die Taufe ebenso wie das Mahl des HErrn überhaupt zu hoch bewerten könnte, sondern daß man beides falsch bewertet, ist die Gefahr. Wir sind durch die Überlieferungen unserer Väter, durch den Sakramentalismus, die sogenannten Gnadenmittel, in unserer Gedanken- wie Vorstellungswelt so verbildet, daß wir bei diesen Symbolen unwillkürlich und nur zu leicht auf irgendeine magische Wirkung oder Veränderung in unserem Innenleben hoffen. Dadurch aber kommen wir in Gefahr, daß wir unserer eigenen Handlung, wenn wir uns taufen lassen oder am Mahl des HErrn teilnehmen, eine heiligende, ja Gott in gewisser Weise verpflichtende Wirkung beimessen, weil wir ja Seinem Wort, das wir uns zur alleinigen Richtschnur ersehen haben, „gehorsam“ gewesen seien! Doch bei dieser Gedankenverirrung

Pharisäismus anders Denkenden gegenüber, ja man glaubt zu einer größeren Freiheit, um nicht zu sagen Zügellosigkeit, berechtigt zu sein, da man ja in den so wichtigen Forderungen der Schrift gehorsam sei! Ist es so, oder übertreibe ich? Mir sind jedenfalls solche Selbstentschuldigungen zu Ohren gekommen. Ich glaube, daß überall dort, wo die Zeichen Seiner Liebe - sicher ist auch die Taufe ein solches Liebeszeichen, wenn es auch nur individuelle Bedeutung, das heißt: ganz persönlich für mich hat - zur Form werden, die einen von anderen Gläubigen unterscheiden, ja vor anderen höher qualifizieren, dieser Gefahr Tür und Tor geöffnet ist. Aber was soll dann in unserem Leben Taufe und Abendmahl bedeuten? Im Neuen Testament haben wir nur eine umgestaltende Kraft, den Heiligen Geist, der Sich des Wortes Gottes bedient. Doch nicht des Wortes, das Geist und Leben, aber nichts mit unseren Sinnen Erfaßbares ist, bedient Sich der Geist allein, sondern Gott kommt in Seiner unendlichen Gnade unserer Schwachheit zu Hilfe, indem Er uns zu Seinem Wort auch noch Zeichen Seiner Liebe schenkt, die wir mit unseren Sinnen sehen, schmecken und fühlen können. Gott hat uns wahrlich genug gegeben, als Er uns nicht nur das Fleisch gewordene, sondern auch das geschriebene Wort schenkte. Aber Er kannte uns und wußte, daß wir nur zu vergeßliche „Hörer“ sind. Darum gab Er uns zwei eindringliche Erinnerungszeichen, aus unserer Sinnenwelt genommen, nicht um durch sie in uns irgendeine magische Wirkung hervorzuzaubern, sondern um durch diese Zeichen uns immer wieder daran zu erinnern, was Christus für uns tat - im Mahl des HErrn - und wo eigentlich unser Platz ist, wenn wir Auferstehungskräfte in unserem Leben offenbaren wollen - in der Taufe. Und diese Erinnerung ist die göttliche Pädagogik, durch die wir zu Menschen erzogen werden sollen, die mehr und mehr sich mit der Person des HErrn beschäftigen, mehr und mehr es lernen, sich der Sünde für gestorben zu betrachten, damit Sein Leben sich in unserem Leben offenbaren kann. (Vgl. Röm. 6; Kol. 2) Darum ist natürlich ein großer Segen und Gewinn damit verbunden, wenn wir nach den Gedanken, ja nach dem Befehl des HErrn handeln, indem wir immer wieder den Tod des HErrn verkünden und durch die ein für allemal vollzogene Taufe uns als Todeswürdige bekennen, die der HErr zu neuem Leben erweckt hat. So bleibt bei diesen Handlungen nichts übrig für eine gewisse Werkgerechtigkeit, sondern nur ein Rühmen Seiner großen Gnade, die soweit uns in unserer Schwachheit entgegenkommt. Ja, das ist die nicht wegzuleugnende Tatsache, daß wir auch des HErrn,

unseres Erretters, vergaßen, brächte Er nicht Selbst durch Seinen Heiligen Geist, Sein Wort und die Zeichen Seiner Liebe Sich immer wieder in Erinnerung. Wie oft vergessen wir aber auch trotz der Taufe, von welcher Art wir sind. Ja, ist es nicht wie eine Verhöhnung dieses Zeichens, wenn wir auf Grund unserer Taufe uns besser, weil gehorsamer, dünken als andere? Ich meine, einem, der wirklich bei seiner Taufe bezeugen wollte, was sie bezeugt, dem vergeht der Mut, sich mit anderen zu vergleichen! Wenn wir es uns daher zur Aufgabe machen, durch Wort und Wesen zu bezeugen, was die Taufe bedeutet, werden wir viel dazu beitragen, daß für unlautere Menschen dieses Zeichen (Symbol) gar nicht in Frage kommt, ebensowenig wie das Mahl des HErrn; denn der Unaufrichtige will, wie es das Beispiel des Simon so trefflich zeigt, bei diesen Zeichen nur für sich selbst etwas profitieren. Dazu aber ist kein Raum, weder bei der Taufe noch beim Mahl des HErrn!

H. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese Antwort Eines neugewonnenen lieben Mitarbeiters unseres Blattes wird für jeden aufmerksamen Leser ein Gewinn sein. Möchten wir alle uns den ernsten Gegenstand zu Herzen gehen lassen! Laßt uns den Leuten in Beröa gleichen! (Apgesch. 17,11.)

Der im Ausland unter schwierigen Verhältnissen lebende Fragesteller schrieb in seinem Briefe, daß doch heute die Wirksamkeit des Heiligen Geistes nicht mehr so stark sei wie damals und daß darum doch ein Irrtum heute noch leichter möglich sei als fruher zur Zeit der Apostel. Damit hat er zweifellos recht. Und darum sollten wir Heutigen vielleicht manchmal vorsichtiger und abwartender zu Werke gehen. Denn nichts vermag das Christentum mehr in Mißkredit zu bringen als ein schlechter Wandel solcher, die als Getaufte bekennen, wahre Christen zu sein, während sie entweder gar keine Geburt aus Gott erlebt haben, gar nicht Christi Geist haben (vgl. die vorige Frage!), oder wenn auch, so doch in ihrem geistlichen Wachstum zurückgeblieben oder gar in das Fleisch zurückgefallen sind (Gal. 5!), und zwar infolge vermeintlicher „Freiheit“, die, wie sehr ernst in Antwort A gesagt wurde, Zügellosigkeit ist. Es

gibt auch sogenannte Gläubige, die bei jeder Gelegenheit betonen, daß sie „in Christo“ seien, daß sie zur christlichen Gemeinde oder Versammlung gehörten und die dabei ein Leben führen, daß es eine Schande ist. Die Welt zeigt mit Fingern auf sie, ihre Mitgläubigen im gleichen christlichen Kreis können kaum ein Zeugnis vor der Welt ablegen, ohne daß man sie höhnisch auf jene aufmerksam macht, und tatsächlich scheinen jene das Wort Röm. 2,24 wahr machen zu wollen. Ermahnt man sie, so schelten sie über Gesetzlichkeit und Selbstheiligung oder weisen auf Korinth hin usw. usw. und - lassen sich nicht sagen! Ja, das sind manchmal Zustände, die dem wahren, treuen Christentum schädlich sind, aber man kann auch das Wort anwenden: „es müssen ja Ärgernisse kommen, aber wehe dem Menschen, durch den sie kommen!“ (Matth. 18,7) Andererseits wollen wir auch selber demütig bleiben und „auf uns selber sehen, daß nicht auch wir versucht werden“! (Gal. 6,2)

Wenn nun aber jemand sagen würde - und auch das geschieht leider oft! -: „Ich lasse mich nicht taufen, denn man sieht an den Gläubig-Getauften oft auch kein anderes praktisches, geistliches Leben als an den Ungetauften oder den als Kinder Getauften“ - dann wäre das grundverkehrt und nur gar zu leicht ein Ruhekissen für Ungehorsame oder gegen Gottes Wort Gleichgültige. Denn wenn auch Irrtümer möglich und tief bedauerlich sind, so entheben sie uns Gläubige gleichwohl nicht des Handelns nach Seinem Wort „... und taufet sie ...“! (Matth. 28,19) oder „... und er befahl, daß sie getauft würden ...“ (Apgesch. 10,48; vgl. Frage 2 des Jahres!) usw. Wer aber dennoch durch den manchmal leider ungeistlichen Wandel der Getauften sich abhalten läßt, sich taufen zu lassen, den haben wir nicht zu richten, aber wir möchten ihn fragen, ob er nicht ein wenig Ähnlichkeit mit solchen Unbekehrten hat, die da sagen: „Warum soll ich mich bekehren? Die ‚Bekehrten‘ sind auch nicht ohne Sünde, und diese und jene offenbaren Sünden sind unter denen vorgekommen, die ich kenne; da bleibe ich lieber, wie ich bin, und diene Gott, so gut ich kann und weiß, und Er wird schon meine Gründe, weswegen ich mich nicht bekehrt habe, einst anerkennen!“ Wird Er? Du weist es: Er wird nicht! Wird Er aber deine Gründe anerkennen, weswegen du - wenn du ihn erkannt hast - den Weg des Gehorsams gegen die Wahrheit nicht gegangen bist? Frage das Wort, aber nicht dein trügerisches Herz!

Doch laßt uns alle mehr, was wir sind, auch sein, statt es mit Worten zu behaupten, ohne es

durch den Wandel zu beweisen! „Wenn wir durch den Geist das Leben haben, so laßt uns auch durch den Geist wandeln!“ (Gal. 5,25) Wie wichtig ist dieses!

F. K.

„Wessen Sohn ist dieser Jüngling?“

(1.Sam. 16,14 - 18,9.)

I.

Saul kannte David von zwei Seiten, aber es gab noch eine andere Seite, und von dieser kannte er David nicht. Von zwei Seiten kennen heute sehr viele Christus, (das große Gegenbild von David), aber die andere Seite, die wichtigste für jeden Menschen, kennen viele nicht. Du fragst: „Von welchen Seiten kannte Saul den David?“ Saul kannte David als einen, der ihm durch sein Harfenspiel, wenn er in mißmutiger Stimmung war, Erleichterung brachte; und weiter kannte er ihn als seinen Helfer, der ihm seine Waffen trug. Niemals aber hatte er ihn erkannt als seinen alleinigen Retter und Heiland. Wir wollen hierauf ein wenig näher eingehen und uns die prüfende Frage vorlegen: „In welchen dieser drei Eigenschaften kennen wir Christus?“

Am Schluß von 1. Sam. 16 finden wir Saul unter dem Druck seines Gewissens in Unruhe und Angst. Seine Knechte treten an ihn heran und sprechen: „Siehe doch, ein böser Geist von Gott ängstigt dich. Es befehle doch unser Herr deinen Knechten, die vor dir sind, daß sie einen Mann suchen, der des Lautenspieles kundig ist; ... es wird dir wohl werden.“ Saul nimmt den Rat an, und David wird geholt, um den Dienst zu übernehmen. „David kam zu Saul und stand vor ihm; und er liebte ihn sehr, und er wurde sein Waffenträger ... Und es geschah, wenn der Geist von Gott über Saul kam, so nahm David die Laute und spielte mit seiner Hand; und Saul fand Erleichterung, und es wurde ihm wohl, und der böse Geist wich von ihm.“ (1. Sam. 16,14-23) Dieser böse Geist kam von dem HErrn über Saul, d. h. der HErr gab ihn, zur Strafe für seinen Ungehorsam und trotzigen Eigenwillen, der Macht und Gewalt dieses Geistes preis, daß er ihn

ängstigen sollte.

Und so, wie die Knechte ihm geraten, durch die Klänge der Musik seine Angst zu verscheuchen, so geschah es. Das herrliche Harfenspiel der geistlichen Lieder des gottbegnadeten Sängers brachte ihm Erleichterung; es wurde ihm danach wohl, und der böse Geist wich von ihm. Um dieser Erleichterung willen, die ihm durch David zuteil wurde, liebte er ihn sehr und erwies ihm seine Gunst, indem er ihn zu seinem Helfer und Waffenträger erhob.

Du fragst vielleicht: „Wie ist dieses auf uns anzuwenden?“ Nun, ist dies nicht das getreue Bild der heutigen Christenheit? Frage einmal den ernst blickenden Mann, wenn er zum sogenannten „Gottesdienst“ geht:

„Freund, wohin gehst du heute morgen?“

„Ich gehe zum Gottesdienst. Ich kann dir sagen, eine bessere Musik und einen schöneren Gesang gibt es in der ganzen Stadt nicht. Nach den Mühen und Sorgen der Woche und all dem Gewirre der Zeit gibt es keine schönere Beruhigung und Erquickung, als diese geistliche Musik zu hören. Es wird einem danach so leicht - die bösen Gedanken weichen - man fühlt sich innerlich so wohl, und alle Unruhe im Gemüte schwindet. Diese gottgeweihten Lieder mit der herrlichen Musik sind wirklich köstlich. Ich liebe sie sehr!“

„Nun, lieber Freund, das ist sicher alles wahr. Aber wie steht es um die Errettung deiner Seele?“

„Hierauf kann ich dir nur sagen, daß ich mein Bestes, was nur in meiner Kraft steht, tue, um selig zu werden; und wo das nicht ausreichen sollte, da vertraue ich, daß Christus als mein „Helfer“ mir zur Seite stehen und mich nicht verlassen wird.“

Jemand möchte sagen: „Kann denn ein Mensch noch mehr verlangen, als zu den heiligen Gottesdiensten, ihrer Musik und Gesängen, zu gehen und Erleichterung darin zu suchen, und im übrigen Christus als ‚Helfer‘ in dem Kampfe um die Errettung seiner Seele zu haben?“

Laßt uns das Gespräch noch etwas weiter fortsetzen und noch einige weitere Fragen stellen!

„Nun, ich sehe, du bist erfreut und zufrieden mit einer Andacht, die dich beruhigt und erfrischt, in der du eine Hilfe findest in dem Kampfe um deine Errettung; aber laß mich dich fragen: Kennst du Jesum als deinen einzigen Retter? Hast du die Erlösung durch Sein Blut und die Vergebung deiner Sünden? Bist du mit Gott versöhnt? Kennst du Ihn als auferweckt aus den Toten für deine Rechtfertigung? Kennst du Ihn zur Rechten Gottes als deine Gerechtigkeit? Weißt du, daß du in Ihm ewiges Leben hast?“

Saul erkannte David wohl als seinen „Lautenspieler“ und „Waffenträger“, aber nicht als seinen „Erretter“, der ganz allein im Terebinthentale den Kampf gekämpft und gewonnen hatte. Hier liegt der große und folgenschwere Irrtum aller derer, die in Jesus ihren Helfer oder „Waffenträger“ statt ihren Heiland und Retter sehen.

Laßt uns noch ein wenig bei diesem geschichtlichen Vorbilde verweilen und dann den HErrn in Seinem Kampf und Sieg auf Golgatha betrachten! Wir lesen (1.Sam. 16,23): „David nahm die Laute und spielte mit seiner Hand; und Saul fand Erleichterung ...“ Aber wie verändert sich die ganze Szene, wenn wir zum 17. Kapitel kommen. Die Philister sammeln sich zum Kampf, der Feind stellt seine Streitmacht in dem breiten Terebinthentale auf. In diesem Schreckenstale des Riesen stand kein David als Waffenträger an Sauls Seite und keine Lautenklänge brachten ihm Erleichterung, nur das Hohnlachen des Feindes traf sein Ohr! Der schreckliche Goliath verhöhnte die Heere Israels. „Und Saul und ganz Israel hörten diese Worte des Philisters und erschraken und fürchteten sich sehr.“ (1. Sam. 17,11)

Wie furchtbar muß der Zustand einer Seele sein, die nur eine Religion besitzt, welche ihr am Sonntag Erleichterung bringt, und die Christus nur als Helfer und Waffenträger im Kampfe um die Seligkeit kennt. Wie furchtbar, wenn du dich bei der Rückkehr von einem solchen beruhigenden Abendgesang oder „Gottesdienst“ plötzlich dem Riesen in dem Tale des Todes gegenübersiehst! Du zitterst vor Schrecken und Furcht; die sanfte, geistliche Musik, der liebliche Klang der Orgel erleichtern dich und helfen dir im finsteren Tal des Todes nicht. Höhnend erscheint dir Satan als Ankläger. Das Heer deiner Sünden steht vor deinem Auge, und Ihn, den alleinigen Retter, kennst du nicht. Allein stehst du im finsteren Tal des Todes.

Und wenn alle bei dir ständen, die ebenso wie du, vom Satan betrogen, an dem Heiland vorübergegangen sind, nicht einer könnte dir helfen. Nicht ein einziger Mann in dem großen Heere Israels konnte sich mit dem Riesen von Gath messen. „Und alle Männer von Israel, als sie den Mann sahen, flohen vor ihm und fürchteten sich sehr.“ (1. Sam. 17,23.24) Keiner war da, der Saul in dem Kampfe helfen konnte. Wie furchtbar ist das Bild eines Menschen im Tale des Todes, der Christus nur als Lautenspieler und Waffenträger, aber nicht als seinen Heiland und Retter kennt! Und dies Los wird eines Tages das Los aller sein, die Christus nur zur Erleichterung und Hilfe in Anspruch nahmen. Als Saul dem Riesen begegnen sollte, konnte er David weder als „Lautenspieler“ noch als „Waffenträger“ haben. Nein, Gottes Gesandter muß unser vollkommener Heiland sein, oder Er ist uns nichts.

Wie treffend ist das inspirierte Bild des Wortes! Der Vater Isai beschließt in seinem Herzen, seinen Sohn zu seinen Brüdern zu senden. Gottes ewiger Ratschluß war, Seinen Sohn zu unserer Rettung in das Tat der Sünde und des Todes zu senden.

Vierzig Tage zeigte sich Goliath. Diese 40 Tage erwiesen völlig, daß keiner ihm begegnen konnte. Alle waren ihm verfallen und verloren. Alsdann kam David, vom Vater gesandt, von den Bergen herab in das Terebinthental. Allein trat er dem Starken entgegen; allein schlug er den Verhöhner Israels, nahm ihm das Haupt und brachte es hinauf nach Jerusalem. Kein Zweifel war möglich - das Haupt des Riesen in seiner Hand bewies jedem, daß er der alleinige Retter Israels sei. - Und so wie David von den Bergen - so kam der Herr Jesus vom Vater gesandt von oben herab in diese Welt des Todes. Er trat für uns in den Riß. Er nahm dem Tode die Macht und stieg als Sieger hinauf zur Rechten Gottes in der Höhe. Kein Zweifel ist mehr möglich - Christus, aus den Toten auferweckt zur Rechten Gottes, ist der Sieger und unser alleiniger Retter.

Saul aber erkannte David nicht in dieser Eigenschaft, weder, als er ging, um dem Riesen zu begegnen, noch als er ihn erschlagen hatte. Und wie steht es um uns? Kennen wir Christus?

„Als Saul David ausziehen sah, dem Philister entgegen, sprach er ...: Wessen Sohn ist doch der

Jüngling, Abner?“ (1. Sam. 17,55) Wohl war ihm David gleich von Anfang als Sohn Isais bezeichnet worden (1. Sam. 16,18), aber was war ihm der unscheinbare Jüngling? Und was kümmert sich die Welt um Christus und Seine Herkunft? Was war Er den Juden, als Er mitten unter ihnen wandelte? Sie kannten Ihn nicht trotz aller Zeugnisse, die Gott durch die Weisen, durch die Hirten, durch Simeon und Anna, durch die Stimme vom Himmel usw. gegeben hatte. Die einen sagten dieses, die anderen jenes, wer Er sei. (Luk. 9,18.19) Und so kannte auch Saul David nicht. Überrascht und verwundert über Davids Sieg fragt er: „Wessen Sohn ist doch der Jüngling?“ Auch Abner kannte ihn nicht; er Antwortet: „So wahr deine Seele lebt, o König, ich weiß es nicht!“ Wie viele Sauls und Abners würden heute dasselbe sagen in Hinblick auf den großen Sohn Davids! Wer ist der mächtige Retter, der vom Himmel gekommen ist, um allein den Kampf für unsere ewige Seligkeit aufzunehmen? Wenige sind es, die Ihn als den eingeborenen Sohn kennen, den Gott „in die Welt gesandt hat, auf daß wir durch Ihn leben möchten.“ (1. Joh. 4,9)

„Als David vom Erschlagen des Philisters zurückkehrte, da nahm ihn Abner und brachte ihn vor Saul. Und das Haupt des Philisters war in seiner Hand.“ Erkannte Saul ihn jetzt als seinen Retter an? Durchaus nicht! „Saul sprach zu ihm: Wessen Sohn bist du, Jüngling?“ (1. Sam. 17,58) Kennst du Ihn, der am Kreuze starb, der hinabstieg in das Tal der Sünde und des Todes, der „durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hatte, das ist den Teufel“, „der um unserer Sünde willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt worden ist“ und jetzt, „nachdem Er durch Sich Selbst die Reinigung der Sünden gemacht, Sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe“? Kennst du Ihn? Oder sagst du: „Wer ist Er, und was bedeutet das alles?“ Dann ist Christus dir noch ein Fremder - ein Rätsel, und du gehörst noch zu der Familie der Sauls und Abners.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Vier schlichte Ermahnungen.

(1. Thess. 5,14.)

Gehen auch uns diese einfachen apostolischen Ermahnungen an? Sicher, sofern wir uns mit „Brüder“ anreden lassen dürfen, worunter Kinder Gottes im allgemeinen zu verstehen sind! (vgl. auch V. 12: „Brüder!“)

Also uns Gläubigen, die wir dies lesen, gilt dies paulinische Wort, das der Heilige Geist ihm in die Feder gegeben hat zum Segen für das ganze Volk Gottes: „Wir ermahnen euch aber, Brüder: Weiset die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmet euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle!“

Drei Klassen werden zunächst genannt, d. h. solche, die sich in der christlichen Gemeinde in Thessalonich vorfanden und sicher - heute hin und her auch. Diesen drei Klassen gleichsam gegenüber stehen „alle“. Diese „alle“ sind einmal jene drei verschiedenen Arten, auf die sich die ersten Ermahnungen beziehen, aber mehr: auch andere, auch sogar Ungläubige, sind in diese „alle“ mit einzubeziehen! „Allen“ gegenüber ist Langmut am Platze nach des Apostels Wort. Welch ein bedeutsames Wort, umsomehr als die Langmut nicht immer so leicht ist, ja oft geradezu beispiellos schwer. Wie nötig haben wir alle - oder du nicht? - gerade diese Ermahnung, die alle angeht! Wieviel leichter wäre es manchmal, mit dem Schwerte dreinzuschlagen, mit dem berechtigt scheinenden Schwerte heiliger (?) Ungeduld, die angeblich schon viel zu lange (?) gezögert hat, endlich einmal gründlich vorzugehen gegen diesen und jenen! Ja, und insofern es sich um die erste Klasse handelt, da ist ein ernstes Vorgehen doch auch ganz und gar vonnöten, nicht wahr?! Aber sicher! es fragt sich nur, ob du, Bruder, lange genug langmütig warest, und dann ob du, wenn du die „Unordentlichen“ zurechtweisest, es auch tust im Geiste Jesu Christi, oder ob du es tust in Selbstgefälligkeit (weil du nicht so unordentlich seiest!) oder in Hast und Eile (als ob du fürchtetest, zu spät zu kommen, weil sie am Ende von selber wieder ordentlich würden) oder in Grohbeit und Schroffheit (weil du - ganz irrtümlicherweise - darin Stärke siehest) oder in ungeistlichem Eifern (weil das so ähnlich sähe dem „Eifer um Sein Haus“ [Joh. 2,17]?? oder nicht??) usw. Gewiß ist es nötig, die Unordentlichen zurechtzuweisen! Wäre es das nicht, warum ließe der Heilige Geist es uns sonst so ans Herz legen? Gewiß sind diese Unordentlichen, unter denen wir wohl solche von Kap.

2,11 (und 2. Thess. 3,6; aber hier sind's anscheinend schon solche, die sich einst nicht zurechtbringen ließen; wie ernst!) zu verstehen haben, gründlich zurechtzuweisen, da sie sonst dem HErrn Schande machen und schließlich andere mit fortreißen können - aber, aber - nicht zu eilig! Ein wenig Geduld - und vielleicht kommen sie durch Gnade auch so wieder zurecht! Freilich stellen sie die Geduld der Gemeinde oft auf eine nicht leichte Probe, aber die Langmut gebietet, zurückhaltend zu sein - beten wir lieber noch für solche (V. 17 „unablässig!“); jedoch nach einiger Zeit, wenn das Böse mehr zu reifen beginnt, dann hört - wie bei Gott selber in Seiner Langmut gegen die Unbekehrten (2. Petr. 3,9) - dieses Zuwarten in Geduld auf und macht ernster, warnender Ermahnung Platz, die dann umso gewichtiger wirken muß, als sie nicht übereilt ausgesprochen ist! „Langmütig gegen alle!“ - wie spricht das zu unseren Herzen und zeigt uns die Handlungsweise Gottes! Wäre Er nicht langmütig gegen uns gewesen, wo wären wir heute?!

„Besser ein Langmütiger als ein Held!“ (Spr. 16,32) Wer wahrhaft gottgewollt-langmütig ist gegen alle, der kommt gewiß nicht zu spät mit seiner Zurechtweisung auch derer, denen eine gründliche Ermahnung zu seiner Zeit notlut. Aber er kommt auch vor allem nicht damit zu früh! (Eine gewisse Belehrung über die Ausreifung des Bösen, ehe es gestraft wird, geben die „vielen Tage“, die Paulus zuwartete, ehe er in Apg. 16,16-18 eingriff.)

Und nun laßt uns die anderen beiden Ermahnungen, die uns hier gegeben werden, ein wenig näher ins Auge fassen: „Tröstet die Kleinmutigen, nehmet euch der Schwachen an!“ Das sind liebevolle Ermahnungen, die, wenn mit Liebe ausgeübt, ganz sicher in hohem Maße dazu beitragen, daß das Leben innerhalb der Gemeinde (der Ortsgemeinde) gesegnet, friedevoll und geradezu lieblich verläuft. Wenn aber die Betätigung dieser Mahnungen fehlt, dann leidet das geistliche Leben in dem betreffenden Kreise sicher Schaden. Wie oft mag das so sein! Der Herr mache uns diese Dinge wichtig!

„Tröstet die Kleinmütigen!“

„Tröstet, tröstet Mein Volk! spricht euer Gott.“ Dies Wort aus Jes. 40,1 fällt uns hier sicher ein.

unserer Stelle! Das Wort im Grundtext, das der Apostel hier für „trösten“ anwendet, kommt nicht oft im Neuen Testament vor, aber es ist dasselbe wie in Joh. 11,19 und 31 und in 1. Thess. 2,11 und hat die Nebenbedeutung des Zuredens, Aufmunterns, wenn einer am Boden liegt. Und welche sind das so leicht? Die Kleinmütigen, die Verzagten! (Das hier im Grundtext stehende Wort kommt nur hier vor!) Es sind solche, die entweder durch den Blick auf ihre zwar längst vergebenen Sünden der Vergangenheit oder aber auch durch die Drangsale, von denen in 1. Thess. oft die Rede ist (vgl. z. B. 3,3!!), immer wieder leicht verzagt, niedergedrückt werden und nie so recht zur vollen Freude des Christenmenschen hindurchdringen. Es sind auch vielleicht solche, die zu Schwermut neigen und die dadurch für den Feind oft eine Zielscheibe seiner Angriffe abgeben. Was bedürfen solche? Etwa der Zurechtweisung oder Warnung oder des Unwillens, indem man es sie fühlen läßt, daß sie gar nicht so recht weiterkämen und womöglich anderen ein Hemmnis bedeuteten? Oder soll man über sie „zur Tagesordnung übergehen“ und sie „links liegen lassen“ oder - noch schlimmer - gar mit nicht mißzuverstehender Handbewegung sie als nicht „recht voll“ bezeichnen, weil sie der Gemeinde von Zeit zu Zeit, und nur zu oft, Schwierigkeiten bereiteten?? Nichts von alledem! Sie brauchen nur eines notwendig, vielleicht nötiger als das tägliche Brot (zumal es oft nicht einmal die äußerlich Bedürftigsten sind!), sie bedürfen des freundlichen, liebevollen Zuredens, des Getröstetwerdens und zwar - und nun kommt wieder der letzte Punkt zu seinem Recht, der den dreien gegenübersteht - mit nimmermüder Geduld und Langmut! Heute magst du, mag ein besonders dazu geistlich befähigter Bruder, eine besonders zarte Schwester diesen Dienst der Liebe ausgeübt haben an einer solchen müden Seele, morgen oder übermorgen ist der gleiche Dienst wieder nötig! Das mag noch gehen, aber wenn's dann wieder und wieder nötig scheint - dann - ja dann, Bruder, Schwester, heißt's „seid langmütig gegen alle!“ Ob solche „Kleinseeligen“ nicht ganz besonders auf Langmut und Geduld rechnen dürfen bei uns „Starkseeligen“(!!)? Ich glaube wohl, und ich glaube auch, daß hier manche Verfehlung unter uns liegt und daß es vielleicht deshalb manchmal nicht so recht vorangeht, weil man „Großes“ zu sehen wünscht und das „Geringe“ darüber vergißt. Aber der HErr sagt: „Wer im Geringsten treu ist ...!“ (Luk. 16,10)

erste) noch sehr erweitern ließe?! Aber wir wollen uns prüfen, ob der HErr uns hierin etwas zu sagen hatte! -

Und dann: „Nehmet euch der Schwachen an!“ Das ist auch eine Ermahnung, die manche Unbequemlichkeit mit sich bringen kann. Denn sowohl die Kleinmütigen als auch die Schwachen in der Gemeinde sind ja meist bekannte Leute (oder gar „berüchtigt“!). Meistens braucht der Heilige Geist uns garnicht zu ermuntern, solche erst zu suchen, sondern sie sind da und schreien durch ihr Dasein schon um Hilfe! „Nehmet euch an ...“ Dies Wort „sich annehmen“, das hier im Grundtext angewandt ist, heißt in anderen Stellen „anhangen“: Matth. 6,24; Luk. 16,13 und Titus 1,9 („anhangend dem Worte“); also man kann es auch übertragen hier so anwenden: „nehmet euch der Schwachen so nachhaltig wie möglich, gleichsam ihnen anhangend, sie garnicht loslassend, an!“ Welch eine VerAntwortung! Wer sind denn aber die „Schwachen“? Es können - was das Wort im Griechischen auch bedeutet - nur einfach Kranke bezw. durch Krankheit Schwache, Elende, Hilfsbedürftige sein, und auch da gäbe es einen richtigen, guten Sinn! Aber vor allem werden wohl solche gemeint sein, die im Sinne von Röm. 14-15 und 1. Kor. 8 „schwach sind im Glauben“, d. h. nicht Kleingläubige mit zu wenig Glauben oder gar Zweifeln (die kämen eher bei der vorigen Klasse in Betracht!), sondern solche, die, mit überaus ängstlichzartem Gewissen in ihrem Glaubensleben Schaden leiden, wenn sie etwas an sich nicht Sündiges tun, was ihnen aber Unrecht oder Böses zu sein scheint, selbst wenn andere („Starke im Glauben“, Röm. 15,1) dabei nicht die mindesten Bedenken haben, es vielmehr mit Danksagung gegen Gott genießen oder gebrauchen können. Die Belehrungen über diesen Punkt in den eben erwähnten Kapiteln der Schrift sind sehr ernst, und es wird uns unzweideutig gezeigt, daß gar nichts darauf ankommt, was wir „Starken“ alles tun können, daß vielmehr alles darauf ankommt, ob mein Bruder, „für den Christus gestorben ist“ (Röm. 14,15), durch meine Stärke betrübt wird oder Anstoß oder ein Ärgernis nimmt, d. h. ob ich ihm durch mein „starkes“ Verhalten etwas in den Weg lege, worüber er fällt, und somit etwas tut, was - nicht für mich, aber für ihn Sünde ist. Dadurch verletze ich die Liebe! Und das ist unendlich viel schlimmer, als wenn ich, noch so fest im Glauben stehend, alles mögliche aus Glauben tun kann. (Röm. 14,23) Wenn der Schwache zweifelt, aber das Betreffende tut, angereizt durch den

„Starken“ sollen „die Schwachheiten der Schwachen tragen und nicht sich selbst gefallen“, sondern sie sollen „dem Nächsten zur Erbauung gefallen“! (15,1.2)

Das wende an auf unsere Stelle! So sollen wir - werden wir ermahnt! - der Schwachen uns annehmen, daß wir vorkommendenfalls ihnen zur Auferbauung dienen, aber ihnen nicht zu einem Fall verhelfen! Wohl können wir versuchen, ihnen langmütig und geduldig (4. Punkt!) zu helfen, die Dinge im Lichte der Schrift anders zu sehen, vielleicht nicht ganz wie wir - wer sind wir?! -, aber doch so, daß sie an einfachen Dingen nicht Anstoß (im Sinne der Schrift! ein Schelten über das Tun anderer, ein sich darüber Aufhalten, ohne selber darüber zu Fall zu kommen oder innerlich verletzt zu werden, ist kein Anstoßnehmen im Sinne der Schrift, sondern hat leicht unreine Beweggründe, sogar manchmal Neid!) - also wir können versuchen, ihnen zu helfen, nicht so schnell „Anstoß zu nehmen“, aber wenn uns diese Belehrung nicht gelingt, so haben wir ihre Schwachheiten mit langmütiger Liebe zu tragen, uns willig darunter zu beugen und auf diese Weise der uns gegebenen Ermahnung nachzukommen: „nehmet euch der Schwachen an!“ - selbst wenn es uns für unser stärkeres Glaubensvermögen überflüssig oder unbequem vorkommt. Nichts ist überflüssig, nichts sollte unbequem sein, wenn es der Liebe-Betätigung dient! Nichts! Und wenn es der Verzicht auf die unentbehrliche (?) Zigarre, die geliebte(!!) Zigarette, das Gläschen Bier oder Wein oder auf sonst etwas wäre, ein vielleicht schwerer Verzicht! - womit aber dem Gewissen des Schwachen in Liebe gedient wird. „Nehmt euch der Schwachen an!“ Der Schwachen im Glauben oder der Schwachen am Leibe oder der Schwachen in seelischer Hinsicht! Nehmet euch in Langmut und Liebe derer an, die nach eurer Hilfe ausschauen oder denen euer Zuspruch oder eure persönliche Hingabe ein Labsal, eine Tröstung bedeutet, kurz - eine Erbauung! Was für eine ernste Ermahnung! Wie treu kam Paulus ihr nach, der so kostbar darüber schreiben darf! Und wir? Und du?

Nun bin ich zu Ende mit dem, was der treue HErr mir über diesen schlichten, aber kostbaren Gegenstand zum Weitergeben anvertraut hat. Möge Er uns dieses Sein Wort lebendig und groß machen durch „die Darreichungen“ (Phil. 1,19) Seines Heiligen Geistes, „welcher in uns wohnt“. (2. Tim. 1,14)

So wollen wir zum Schluß das köstliche kleine Wort noch einmal vor unseren leiblichen und geistlichen Augen vorüberziehen lassen - und wollen uns tief darein versenken:

„Wir ermahnen euch aber, Brüder: Weiset die Unordentlichen zurecht, tröstet die Kleinmütigen, nehmet euch der Schwachen an, seid langmütig gegen alle!“ (1. Thess. 5,14.)

Der HErr gebe uns Gnade und Weisheit, demgemäß zu handeln, nach Seinem Wohlgefallen!

F. K.

Bruchstücke.

Wer zur wahren Demut gelangen will, dem muß einmal sein stolzes, hochmütiges Herz so zum Greuel werden, daß er sich selbst kaum mehr ertragen kann, daß er, bis zum tiefsten Seufzen gedrungen, nach Erlösung und um Befreiung aus dieser Hölle schreit. Andernfalls verabscheut er dieses satanische Wesen nicht genug.

M. H.

*

Nicht nur deine Worte, auch dein Tun und Lassen, dein Benehmen, deine Kleidung, deine Ansprüche, deine Wohnung, alles ist ein Same. Nur wenig Menschen sind selbständig, die meisten leben von den Eindrücken, die sie von anderen empfangen, leben das Leben anderer weiter. Das Vermächtnis, das Jesus Seinen Jüngern hinterließ, war ein Beispiel, von dem Er wünschen konnte, daß es von ihnen Nachahmung finden sollte. - Die Herzen der Kinder sind unbeschriebene Tafeln; da sollst du Linien ziehen, die dort auslaufen vor dem Thron: Die Kinder lernen mit den Augen.

G. St.

Frage und Antwort

 

Frage 11

Was bedeutet „in Geist und Wahrheit anbeten“? (Joh. 4,23.24). Soll nicht unser ganzes Leben ein Priesterdienst sein? Sollen wir nicht „stets“ loben? (1. Petr. 2,5; Röm. 12,1; Hebr. 13,15).

Antwort A

Die Bedeutung der Worte „in Geist und Wahrheit anbeten“ ergibt sich aus dem Zusammenhang, in welchem der HErr sie gebraucht. Das samaritische Weib, mit dem Er sprach, hatte offenbar als Angehörige des Volkes der Samariter ein unbefriedigtes Empfinden über den Gegensatz zwischen ihrem Volke und den Juden und suchte die Lösung der Frage, welche von beiden Parteien im Recht sei, darin zu finden, wo der von Gott bestimmte Ort der Anbetung sei. (V. 20) Der HErr begegnet ihr in diesen Empfindungen, aber gemäß dem neuen Zustande, wie Gott ihn nach Seinem Herzen der Liebe beschlossen hat und für welchen die Grundlage zu schaffen Er

gekommen war. Deshalb sagte der HErr dem Weibe nicht: „In Jerusalem ist der Ort“, sondern Er sagte ihr - auf ihre Gedanken eingehend - zunächst: „Weib, glaube mir, es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berge, noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet.“ (V. 21) Davon war schon in Zeph. 2,11 und Mal. 1,11 geweissagt: „... und alle Inseln der Nationen werden Ihn anbeten, ein jeder von seiner Stätte aus“, und: „Denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang wird Mein Name groß sein unter den Nationen; und an jedem Orte wird geräuchert, dargebracht werden Meinem Namen, und zwar reine Opfergaben. Denn Mein Name wird groß sein unter den Nationen, spricht Jehova der Heerscharen.“ Aber die Worte des HErrn in V. 21 enthalten etwas, was über diese Verheißungen hinausgeht: Er sagt, daß sie „den Vater“ anbeten werden. In Ihm, dem Sohne, begegnete Gott den Menschen in Gnade als „Vater“! Wie kostbar! Doch diese „Stunde“ war noch nicht da und ist es auch heute noch nicht; sie ist noch zukünftig, da sie erst dann sein wird, wenn Gott durch Gerichte die Erde gereinigt und der HErr Seine Herrschaft angetreten haben wird - im Tausendjährigen Reiche. Darum sagte Er: „Es

kommt die Stunde.“ Dieser Zustand trägt also Reichscharakter, da er mit Seinem sichtbaren Reiche verbunden ist. Auf diesen Zeitpunkt sollte aber das Weib nicht zu warten brauchen und brauchen wir nicht zu warten, um den Vater anzubeten, sondern in der Zwischenzeit gibt es etwas noch Höheres und Besseres, weil noch viel Innigeres und dem Wesen Gottes Entsprechendes: das Anbeten des Vaters „in Geist und Wahrheit“! Dieses Anbeten geschieht von den „wahrhaftigen Anbetern“ seit dem Hiersein des HErrn bis zu Seiner Wiederkunft; deshalb sagte Er: „Es kommt die Stunde und ist jetzt, da die wahrhaftigen Anbeter den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden ...“ (V. 23) Dieser Zustand trägt Familiencharakter, weil die Anbetenden in Lebensbeziehung zu Dem stehen, Den sie anbeten, sie haben sich von Ihm „die Gabe Gottes“ schenken lassen und von dem „Wasser“ getrunken, das Er ihnen gibt - dem „lebendigen Wasser“ - und das in ihnen „eine Quelle Wassers geworden ist, das ins ewige Leben quillt“. (V. 10 u. 14) Darum sind sie „wahrhaftige Anbeter“, die den Vater „in Geist und Wahrheit“ anbeten, in Gegensatz zu solchen, die nicht in Lebensbeziehung zum Vater stehen

und nur der Form und dem Schein nach anbeten. - Mit „Geist“ ist hier nicht der Geist des Anbetenden gemeint, wie in 1. Kor. 14,14-16, sondern der Heilige Geist, und „in Geist“ bedeutet, daß die Anbetung durch den Heiligen Geist hervorgebracht und der Anbetende vom Geiste bewegt und durch den Geist hingenommen ist, und eben dadurch ist es ein Anbeten „in Wahrheit“, d h. ein wirkliches Anbeten. „In Geist und Wahrheit“ ist miteinander verbunden und kann gar nicht voneinander getrennt sein: Es kann nicht jemand „in Geist“ anbeten und nicht zugleich „in Wahrheit“, oder umgekehrt; wenn es „in Geist“ ist, ist es auch „in Wahrheit“, und „in Wahrheit“ kann es nur sein, wenn es „in Geist“ ist, weil das, was der Heilige Geist hervorbringt, immer „wahr“ - wirklich - ist, und es nur dann letzteres ist, wenn es durch den Geist hervorgebracht ist. Und die Anbetung muß „in Geist und Wahrheit“ sein, weil der Gegenstand der Anbetung nicht etwas Sichtbares, für unsere Sinne Wahrnehmbares ist, sondern Gott, welcher „Geist“ ist, (V. 24) darum kann nur der „Geist“ wirkliche Anbetung hervorbringen. - Und was heißt „anbeten“? Nicht um irgend etwas bitten,

nicht für andere bitten, auch nicht danken für empfangene Gaben und Segnungen an sich, sondern: Hingenommensein des Herzens von Dem, Den wir anbeten! Er ist dem Herzen groß, herrlich und wunderbar - Er füllt das Herz des Anbetenden aus! -

Wir bilden uns nicht ein, beschreiben zu können, was Anbetung ist, da es etwas Göttliches ist. Wir möchten aber noch auf etwas hinweisen, was mit Anbetung „in Geist und Wahrheit“ untrennbar verbunden ist: das Erfordernis der Heiligkeit des Anbetenden!

Daß nur der „in Geist und Wahrheit“ anbeten kann, der durch das kostbare Blut Christi von seinen Sünden gereinigt ist, bedarf ja keiner weiteren Ausführung Das ist das erste, was geschehen sein muß, und bildet die Grundlage; doch ist dieses nicht alles, sondern es bedarf auch eines Herzenszustandes und Wandels gemäß der Stellung und Beziehung, in die wir als Erlöste zu Gott gebracht sind. Dafür haben wir ein deutliches Vorbild in den Priestern, den Söhnen Aarons, wie sie uns in 2. Mose gezeigt sind, die in ihrer Stellung und ihrem Dienst das ganze erlöste Volk Israel darstellten, das nach Gottes Gedanken Sein Eigentum und Ihm „ein

ganze erlöste Volk Israel darstellten, das nach Gottes Gedanken Sein Eigentum und Ihm „ein Königtum von Priestern“ und „eine heilige Nation“ sein sollte (2. Mose 19,5.6) Diese Priester gehörten zu denen, die durch das Passahlamm errettet waren vom Gericht (2. Mose 12: ein Bild von der Errettung durch das kostbare Blut Christi) und durch das Rote Meer gegangen und nun durch dasselbe von Ägypten getrennt in der Wüste waren und das Lied von der Errettung aus der Knechtschaft Ägyptens gesungen hatten (2. Mose 14 und 15: ein Bild von der Erfahrung des Gläubigen, daß er durch den Tod und die Auferstehung des HErrn befreit ist von der Knechtschaft der Welt mit ihren Dingen, und von dem Jubel des Herzens über diese herrliche Tatsache); aber um Jehova den Priesterdienst ausüben zu können, bedurfte es mehr: sie mußten heilige Kleider haben (2. Mose 23,1-4.40-43: ein Bild von einem Wandel in Heiligkeit); ferner mußten sie zuvor „mit Wasser gewaschen“ werden (2. Mose 29,4: ein Bild von der Anwendung des Wortes Gottes in seiner reinigenden Wirkung durch den Geist Gottes); dann finden wir noch die Anwendung des Blutes der verschiedenen Opfer in seiner jedem Opfer entsprechenden Beziehung (2. Mose 29,10-12: ein Bild davon, daß wir „Freimütigkeit haben zu

dem Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu ...“ [Hebr. 10,19]; V. 15.16: ein Bild davon, daß wir „begnadigt sind in dem Geliebten, in welchem wir die Erlösung haben durch Sein Blut“ [Eph. 1,6.7], und V. 19-21: ein Bild davon, daß unser Leben völlig Ihm gehört - unser ganzer Wille, all unser Tun und alle unsere Wege Ihm geweiht sind im gläubigen Erfassen der kostbaren Tatsache, daß Er uns „versöhnt hat in dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod, um uns heilig und tadellos und unsträflich vor sich hinzustellen“ [Kol. 1,21.22], damit wir nun für Ihn hier leben!); und dazu kam noch das Sprengen des Salböles auf sie und auf ihre Kleider (2. Mose 29,21: ein Bild von der Salbung mit dem Heiligen Geist). Nur so waren die Priester passend und fähig, in das Heiligtum zu treten und den Priesterdienst auszuüben - „mit Wasser gewaschen“, mit „heiligen Kleidern“ bekleidet, stehend unter dem dargebrachten Blut und gesalbt mit dem Salböl! Auf unseren Gegenstand angewendet, sagt uns dieses also, daß wir nur dann als „wahrhaftige Anbeter“ den Vater „in Geist und Wahrheit“ anbeten können, wenn wir uns ganz unter das Wort Gottes stellen und dasselbe auf Herz und Gewissen wirken lassen zur Reinigung von allem, was nicht dem Worte entspricht, einen geheiligten Wandel führen - „im Lichte“ -, das Opfer Christi am Kreuze in seiner Zugang zu Gott schaffenden, für Gott passend machenden und Gott weihenden Wirkung in einem - wenn auch bei den einzelnen

verschiedenen und vielleicht in manchem Falle nur schwachen - Maße erkennen und schätzen und unter der Wirksamkeit des Heiligen Geistes stehen. Und - möchten wir noch hinzufügen - obwohl der letzte Teil des eben Gesagten dieses eigentlich schon mit in sich schließt: wenn wir ein sorgfältig auf Gottes Wort achtendes und dem Worte in allem gehorsames Herz haben! Wie ernst und wichtig letzteres ist, können wir an den zwei Söhnen Aarons, Nadab und Abihu, sehen (3. Mose 10,1-7), die „fremdes Feuer vor Jehova darbrachten, das er ihnen nicht geboten hatte“, und ihren Ungehorsam mit dem sofortigen Tode büßen mußten! (V. 1 und 2). Ja, Jehova hatte gesagt: „In denen, die Mir nahen, will Ich geheiligt und vor dem ganzen Volke verherrlicht werden!“ (V. 3) Und das ist heute genau noch so, da Gott in den Ansprüchen Seiner Heiligkeit nie herabgehen kann, wenn Er auch nicht in dieser furchtbar ernsten Weise wie damals eingreift. Auch heute will Er in denen, die sich zu Ihm bekennen und vielleicht gar vor anderen hervortreten und einen öffentlichen Dienst tun - dann ganz besonders, wiewohl auch wenn dies nicht der Fall ist! -, geheiligt und vor den Menschen verherrlicht werden! Das sollte uns auch bezüglich der „Anbetung“ sehr ernst sein, nicht zu dem Ende, daß wir nicht anbeten, sondern zu dem, daß wir mit aufrichtigem Herzen mit unserem ganzen Leben in das Licht Gottes kommen und uns alles aufdecken und zeigen lassen, was in diesem Licht nicht bestehen kann, und dieses aufrichtig verurteilen und „uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ (2. Kor. 7,1) Es ist sehr richtig, wie der Fragesteller andeutet: Unser ganzes Leben sollte ein Priesterdienst sein, und wir sollten „stets“ fähig sein zu „loben“ (Ps. 34,1; 84,4), und die am Schlusse der Frage erwähnten Schriftstellen sind sehr zutreffend. Da wir die „Erbarmungen Gottes“ kennen, indem wir sie an uns selbst erfahren haben, sollten wir uns nun ganz in den „Dienst“ Gottes stellen - ein jeder an seinem Platze, in seiner Familie, seinem Berufe, seiner Arbeit, die Gott ihm gegeben hat -, und dieser Dienst beginnt damit, daß wir „unsere Leiber darstellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“. (Röm 12,1) Tun wir dieses, dann werden wir auch fähig sein, „durch Ihn“ - den HErrn - „Gott stets ein Opfer des Lobes darzubringen, das ist die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen“ (Hebr. 13,15), und auch der daran anschließenden Ermahnung zu entsprechen, des „Wohltuns und Mitteilens“ nicht zu vergessen - „denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen“. (Hebr. 13,16) Dann erst, wenn unser Leben durch diese

Dinge gekennzeichnet ist, sind wir fähig, als „ein heiliges Priestertum darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum“ (1. Petr. 2,5) Erst ein Leben der Hingabe an Gott, dann erst kann Anbetung „in Geist und Wahrheit“ da sein!

Wenn jemand wirklich „in Geist und Wahrheit“ anbetet, ist er in Gottes Gegenwart - in Seinem Lichte, welches alles bloßstellt, alles aufdeckt, da kann nichts im Leben des Anbetenden Raum haben, was nicht im Lichte Gottes bestehen kann, nicht vor Ihm gut ist! Es ist unmöglich, daß jemand „in Geist und Wahrheit“ anbetet und dabei in seinem Herzen und Leben Dinge sind, die böse sind wie Irrlehre, Lüge, unlautere Dinge in der Familie oder im Geschäft, Untreue in der Arbeit, Verfehlung auf sittlichem Gebiet, Untreue in der Ehe, Geldliebe, Weltliebe, Weltförmigkeit, Neid, Lieblosigkeit, übles Reden, Verleumden, Ohrenbläserei, Unvers öhnlichkeit und anderes Böses. Wenn irgend so etwas - irgendwelche Sünde - da ist, kann der Geist Gottes unmöglich Anbetung in dem Herzen hervorbringen und den Mund davon überfließen machen, denn das würde ja bedeuten, daß Er Sünde dulden und Sich mit solcher eins machen würde; das kann Er nicht; daher wird Sein Wirken in einem solchen Herzen nicht dahin gehen, Anbetung hervorzubringen, sondern es wird dahin gehen, es zu überführen und zurechtzubringen. Wenn aber ein solcher dennoch den Mund auftut, um Worte zu sagen, die Anbetung sein sollen, so ist dieses nicht „in Geist und Wahrheit“, sondern im eigenen Geiste des Betreffenden und in Unwahrheit - es ist Selbstbetrug und Täuschung! Das sollten wir mehr verstehen und sollte uns viel ernster sein, damit wir aufrichtig und mit ganzem Herzen danach verlangen, daß der Geist Gottes uns unser Herz und Leben in Seinem Lichte zeigen möge (Ps. 139,23.24! 2. Kor. 5,9.10), damit wir alles erkennen und richten, was nicht gut ist vor Ihm, und uns davon reinigen, und wir sollten uns Gnade erbitten und schenken lassen, so zu wandeln, wie es Ihm gefällt, um wirklich fähig zu sein, mit glücklichem Herzen als „wahrhaftige Anbeter“ den Vater „in Geist und Wahrheit“ anzubeten!

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Es wird wohl nur wenige Leser geben, die, nachdem sie diese Antwort unseres werten Mitarbeiters auf ihr Herz haben wirken lassen, nicht mit mir einig sind, wenn ich sage: Eine kostbare Antwort, wahrhaft kostbar, aber auch ungemein ernst! Ich muß wenigstens bekennen, daß ich über diesen Gegenstand kaum je etwas so kostbares, aber auch kaum je etwas so herzangreifend-Ernstes gelesen habe. Möge es dem Heiligen Geist gelingen, tief nachwirkende, bleibende Segnungen durch diesen Aufsatz hervorzurufen in den Herzen und Gewissen aller, denen Er etwas zu sagen hat, und möchte zu diesem Zweck jeder Leser das Durchforschen der Antwort An Hand der Schrift wiederholt vornehmen, damit er nicht solchen ähnlich werde, von denen Jakobus im 21.-24. Vers seines 1. Kapitels schreibt! Daß doch ja keiner ein „vergeßlicher Hörer“ sei, sondern zu einem gehorsamen „Täter“ werde! Man kann sich so leicht „selbst betrügen“!

Noch einige Worte zur ergänzenden Unterstreichung des Gesagten seien mir gestattet:

Die meisten „Handreichung“-Bezieher gehören solchen christlichen Kreisen an, in denen - nach Möglichkeit - sonntäglich das „Herrenmahl“ nach 1. Kor. 11,23ff. zum Gedächtnis des Herrn Jesus gefeiert wird. Diese Handlung wird nun häufig das „Zusammenkommen zur Anbetung“ genannt. Ich habe im 10. Jahrbuch in meinem Aufsatz „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“ es ausgesprochen, daß dieser Ausdruck nicht richtig sei; denn das sei nicht der oberste Zweck des Zusammenkommens, Ihn (oder auch den Vater) anzubeten, sondern der: Seiner zu gedenken. - Ich stehe auch jetzt noch ganz und gar zu diesen meinen Worten, aber ich betone auch hier wie damals, daß das biblische Mahl des HErrn gleichsam in sich selbst die höchste und erhabenste Weise der Anbetung sei, es sei Anbetung im Vollsinne ... mit der Tat und in der Wahrheit ..., und die Anbetung auch mit Herz und Mund sei, wenn irgendwo, hier ganz am Platze ... Also wenn das Herrenmahl auch nicht das „Zusammenkommen zur Anbetung“ genannt werden soll, weil „Sein Gedächtnis“ der Zweck ist, so ist es doch die Stätte, die Gelegenheit, wo in besonderer Weise Anbetung die Herzen erfüllen wird, wenn es recht mit den Feiernden steht. - Nun - obige Antwort hat uns unzweideutig gezeigt, unter welchen Voraussetzungen der Heilige Geist in den Herzen der Anbeter (bzw. derer, die anbeten

möchten) wahre Anbetung wirken kann. Daß Er es will, ist sicher! Aber die VerAntwortung, ob Er es kann, ist allein auf unserer Seite! (Das ist uns auch gezeigt durch die Häufung der Ausdrücke „Anbetung“ „anbeten“, „Anbeter“ in der Stelle in Joh. 4,20-24, sind doch diese Ausdrücke hier gerade 10 mal genannt, d. h. in der Zahl, welche die menschliche VerAntwortung andeutet [vgl. die 10 Gebote!]) Wenn wir nun bedenken, wie ernst - bei aller Lieblichkeit des „Brotbrechens“ - es ist, als solche zu Seinem Mahl zusammenzukommen, die auf Grund Seines Leibes und Blutes, d. h. Seines Todes, Gemeinschaft untereinander nicht nur haben, sondern dem auch eben hierbei praktischen Ausdruck verleihen, dann sollten wir alles das verurteilen und schonungslos aus unseren Herzen verbannen und verbannt haben, was diese Todes- und Lebensgemeinschaft mit dem HErrn und den Seinen irgend hindern könnte und dadurch den Heiligen Geist hemmen würde, in uns wahre Anbetung zu wecken und hervorzubringen! In obiger „Antwort“ sind im letzten Absatz eine ganze Reihe solcher hemmenden Dinge genannt, von denen eins so wichtig zu beachten ist wie das andere. Nicht zu vergessen z. B. die Unversöhnlichkeit! Wer mit solcher im Herzen das Herrenmahl feiert, ist in Gefahr zu heucheln, und wer dabei noch „anzubeten“ wagt, ob der nicht dieser Gefahr erlegen ist?! Und so ist es mit all den genannten Punkten, die sich noch vermehren ließen! Geschwister, laßt uns dann, wenn das „Ein jeder prüfe sich selbst, und also (also in Selbstprüfung!) esse er ...!“ (1. Kor. 11,28) am Platze ist, also vor dem Mahle, und nicht erst da, aber da vor allem, uns prüfen, ob irgend etwas Böses in unseren Herzen Eingang und Hausrecht bekommen hat, damit wir es beizeiten hinaustun und somit in voller Freimütigkeit Sein Mahl feiern können, d. h. in praktischer, echter Gemeinschaft mit Seinem Tode oder mit Ihm und somit auch mit den Seinen, zwischen denen und uns nichts stehen darf, wenn wahre Anbetung in uns gewirkt werden soll! Daß wir doch nur ja nicht das kostbarste Vermächtnis des HErrn an uns heuchlerisch zu begehen in Gefahr geraten! Welch einen Schmerz würden wir Ihm dadurch bereiten, wie auch würden wir andere und vor allem uns selbst betrügen! Da würde es nichts nutzen zu sagen: „Wir sind ja Kinder Gottes, wir sind ja ,in Christo‘, was kann uns fehlen, was kann uns schaden?!“ - Nein, wir würden uns unweigerlich unter Zucht bringen durch solch „unwürdiges“ Feiern des Mahles, d. h. durch ein Feiern, das der Heiligkeit dieses Mahles nicht entspricht. (V. 27ff.) Wer mag wissen, wie manches göttliche Strafgericht - wenn auch kein so

ernstes wie das obengenannte an Nadab und Abihu (3. Mose 10,1-7) - die Folge solches ungeistlichen Verhaltens beim Herrenmahl oder auch bei der Anbetung - sei es während jenes Mahles oder bei anderen Gelegenheiten - sein mag? „Denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer!“ (Hebr. 12,29; siehe u. a. auch Ps. 99!) Möge uns dieses heilig-ernst werden, damit unser ganzes Leben, nicht nur am Sonntag, sondern täglich, mehr ein „Gottesdienst“ nach Röm. 12,1 werde und damit wir auf diese Weise mehr fähig werden, „stets ein Opfer des Lobes“ darzubringen (Hebr. 13,15), und damit der Heilige Geist öfter in uns wahre Anbetung hervorbringen kann, solche, wie der Vater sie wünscht, indem Er „Anbeter sucht“! Solche Anbeter, die in einer der Natur, dem Wesen Gottes (Licht, Liebe und Geist) entsprechenden Weise Ihn anbeten in Ihm, Seinem Sohne Jesu Christo, in dem, als dem „Geliebten“, wir „angenehm gemacht“ sind (Eph. 1,6). Aber: „Wozu wir gelangt sind - laßt uns in demselben Pfade auch wandeln!“ (Phil. 3,16) Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

Frage 12

Sind die „falschen Apostel, betrügerischen Arbeiter“ von 2. Kor. 11,13 wohl die gleichen Personen wie die „falschen Brüder“ von V. 26 und Gal. 2,4? Haben wir uns unter diesen Personen Gläubige, d. h. „aus Gott Geborene“ (1. Joh. 3,8.9; 5,18), vorzustellen, und gibt es solche “falschen Brüder“ auch heute noch in der Gemeinde Gottes, und wenn ja - woran sind sie zu erkennen?

Antwort A

Der jüdische Geschichtsschreiber Josephus erzählt von der schrecklichen Belagerung Jerusalems durch die Römer unter Titus und berichtet, wie man zweierlei Arten von Angriffen hatte; oben waren Sturmböcke und Schleudern aufgestellt, und zu gleicher Zeit versuchte man die Mauer zu untergraben, die erste Art war sichtbar, doch vielleicht war der unterirdische Krieg

Der große geistliche Feind wirkt hauptsächlich auch auf diese beiden Weisen wider die Gemeinde des HErrn, doch des Hades Pforte wird sie nicht überwältigen, weil sie auf den Felsen gegründet ist; doch leider gelingt es ihm nur zu oft, Schaden und Unheil anzurichten. Kommt er als ein brüllender Löwe, sichtbar und an der Oberfläche, um mit Verfolgungen zu verschlingen, so erkennt man ihn wohl; verwandelt er sich aber in einen Engel des Lichtes, so wird man oft betrogen. So schlau ist er aber, daß er manchmal zu gleicher Zeit in beiden Gestalten gegen die Gemeinde angestürmt hat; man hört das Brüllen des Löwen, und dabei überhört man vielleicht das feine Zischen der Schlange.

Es ist sowohl interessant als äußerst lehrreich zu bemerken, wie der Widersacher, wie das in der Apostelgeschichte und in den Briefen beschrieben wird, wirkte. Heutzutage ist seine Kampfweise eine ähnliche. Die Gemeinde zu Jerusalem war, trotz der Verfolgungen, groß geworden; dann kam eine Zeit der Ruhe nach der Bekehrung des Saulus (Apgesch. 9,31), in welcher viele noch hinzugetan wurden, und sicher schlossen sich so manche den Gläubigen an, ohne daß sie wirklich wiedergeboren waren; das hat wenigstens Judas uns zu wissen gegeben, denn er schrieb: „Denn gewisse Menschen haben sich nebeneingeschlichen, die schon vorlängst zu diesem Gericht zuvor aufgezeichnet waren“ usw. (Judas V. 4) Es ist uns ganz klar, daß niemand sich in die Gemeinde, d. h. in den Leib Christi nebeneinschleichen kann; aber in die Ortsgemeinden sich einzuschleichen, ist die Möglichkeit vorhanden. Hier setzt der Feind seine Unterminierungsarbeit ein. Ob solche am Anfang absichtlich Betrüger oder nur Betrogene waren, bleibt dahingestellt. Als der HErr Selbst auf Erden war, steht es geschrieben: „Als Er in Jerusalem war -, glaubten viele an Seinen Namen - Jesus Selbst aber vertraute Sich ihnen nicht an, weil Er alle kannte“ usw. (Joh. 2,23-25) Wir wissen auch, als das Volk Israel durch Gottes Hand aus Ägypten befreit wurde, da zog auch viel Mischvolk mit ihnen hinauf (2. Mose 12,38), und dies Mischvolk wurde in einem kritischen Augenblick der Wüstenreise lüstern. (4. Mose 11,4)

Es blieb nicht unbekannt in Jerusalem, daß Gott wirksame Türen unter den Nationen aufgetan hatte und daß viele sich zu Gott bekehrt hätten, besonders in Antiochien. Nun sandte die

Gemeinde Barnabas aus, um zu sehen, ob das Werk in der Tat von Gott sei; als er kam, fand er, daß die Erweckung echt war, und darüber hatte er große Freude; dann ging er nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen und ihn nach Antiochien zu bringen. Doch brauchen wir das nicht alles zu erzählen, aber nach einiger Zeit machten sich andere von Jerusalem auch auf, um diese jungen gläubigen Seelen aus den Nationen zu besuchen; diese wurden nicht von der Gemeinde gesandt, sie gingen auf eigene Faust aus (Apgesch. 15,24), und das war ja ein bedenklicher Schritt! Das Wort sagt einfach, daß etliche von Judäa herab kamen (nämlich nach Antiochien), Apgesch. 15,1. Wir fragen nun, warum das Wort nicht „etliche Brüder“ sagt? Paulus erzählte später in Jerusalem von ihnen: „Etliche aber derer von der Sekte der Pharisäer, welche glaubten“ (V. 5); wenn er nun in Gal. 2,4 ihrer erwähnte, so schrieb er: „Es war aber der nebeneingefuhrten falschen Brüder wegen, die nebeneingekonimen waren, um unsere Freiheit auszukundschaften.“ Höchstwahrscheinlich kamen sie auf einschmeichelnde Weise hinein, und so salbungsvoll redeten sie mit erkünstelten Worten (2. Petr. 2,3), daß die Gefahr sehr groß war, denn sie konnten auch behaupten, daß sie zur Gemeinde in Jerusalem gehörten, das mußte einen Eindruck machen; doch sicher unterließen sie zu erwähnen, daß sie die Gemeinschaft der Ältesten nicht zuerst suchten! Später pflegte man von solchen Empfehlungsbriefe zu verlangen. (2. Kor. 3,1) Wie gut war es, daß Paulus einen klaren Blick hatte, deutlich sah er, wohin das führen würde, er schrieb später darüber: „Denen wir auch nicht eine Stunde durch Unterwürfigkeit nachgegeben haben, auf daß die Wahrheit des Evangeliums bei euch verbliebe.“ (Gal. 2,5) Wenigstens entstand ein Zwiespalt und ein nicht geringer Wortwechsel in Antiochien. So wurde beschlossen, daß

Paulus und Barnabas mit etlichen von den Brüdern nach Jerusalem hinaufgehen sollten wegen dieser Streitfrage, wo dann auch schließlich die Apostel und Ältesten sich versammelten, um diese Angelegenheit zu besehen. In diesem sogenannten ersten „Kirchenrat“ siegte die Wahrheit, und die eine Abweichung von dem geraden Wege der Wahrheit einführende Partei erlitt eine entschiedene Niederlage. Der Ausgang dieser Beratung in Jerusalem verursachte den Gläubigen aus den Nationen reichen Trost und tiefe Freude. (Apgesch. 15,31.)

fügten sich dem in Jerusalem erzielten Resultat nicht; nur sind sie schlauer geworden. Jetzt gingen sie nicht dorthin, wo der Apostel Paulus gerade wirkte, sondern es scheint, als ob sie warteten, bis er weitergereist war, und dann erst kamen sie mit ihrer Scheinheiligkeit hin. Sehr wahrscheinlich sagten sie mit weich klingender Stimme, daß es ja so traurig sei, daß Paulus - obwohl er sonst ein lieber Mann wäre - nicht die ganze Wahrheit gebracht hätte, und daß sie selber gekommen seien, um die Gläubigen weiter zu führen! Wenn es nun in Antiochien nicht gelang, dauerndes Unheil zu stiften, ist es ihnen doch in den Gemeinden zu Galatien gelungen, dies zu tun, denn dort war augenscheinlich niemand, der ihnen die Stirn bieten konnte. Doch das muß Gottes Zulassung gewesen sein, damit wir die so notwendige und lehrreiche Epistel an die Galater hätten. Der Apostel zieht in dieser Epistel keine „Glacéhandschuhe“ an, er spricht sogar einen Fluch aus über solche, die ein anderes Evangelium bringen, nämlich über „die Etlichen“, die die Gläubigen verwirrten und das Evangelium des Christus verkehrten. (Gal. 1,6-9) Nachdem nun der Apostel die Gläubigen in den Gemeinden von Galatien mit der Wahrheit überzeugt hatte und sie auf den wahrhaftigen Grund zurückzuführen getrachtet hatte, kommt er darauf zu schreiben, wie diese falschen Brüder behandelt werden sollten. Zunächst sagte er: „Ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“, das aber schrieb er auch den Korinthern in bezug auf den blutschänderischen Mann in ihrer Mitte; und Sauerteig darf nicht unter den Gläubigen geduldet werden, der muß hinausgetan werden, darum schrieb er weiter den Galatern: „Ich habe Vertrauen zu euch in dem HErrn, daß ihr nicht anders gesinnt sein werdet; wer euch aber verwirrt, wird das Urteil tragen, wer er auch sei.“ (Gal. 5,9.10) Diese Aufwiegler wollten die Gläubigen in ihrem unreinen Eifer für sich gewinnen und sie von jeder Gemeinschaft mit dem Apostel ausschließen (5,17.18); nun aber werden die Brüder aufgefordert, ein Urteil über sie zu fällen und sie als Sauerteig zu behandeln. Wir hoffen, daß diese Epistel die gewünschte Wirkung in den einfachen Gemeinden von Galatien hatte und daß die Gläubigen nicht nur von dem verfälschten Evangelium befreit worden sind, sondern, daß sie die Lehrer dieses falschen Evangeliums hinausgetan haben. Aber wir müssen annehmen, daß die Herzen dieser falschen Brüder durch diese Sachen mit großem Haß besonders wider den Apostel Paulus erfüllt worden sind, und sie verharrten auf ihrer verkehrten Straße, denn nicht nur verbreiten sie ihre Irrlehren noch, sondern sie fangen an, die Person des Apostels

anzugreifen und versuchen seinen Charakter zu verunglimpfen. So finden wir, daß Paulus in dem 2. Brief an die Korinther gezwungen ist, seine Apostelschaft zu verteidigen, obwohl er, wie er schrieb, ein Tor sei, das zu tun. (2. Kor. 12,11)

Wir denken, daß wir nicht fehlgehen, wenn wir behaupten, daß die in Apgesch. 15 auftauchenden ungesandten Arbeiter dieselben sind, die „falsche Brüder“ in Gal. 2,4 genannt werden; und höchstwahrscheinlich kommen wir auf die Spur derselben oder Gleichgesinnter in 2. Kor. 11,13. Nur sind sie völliger entwickelt; als sie zuerst nach Antiochien gingen, waren sie bescheidener als in späteren Jahren; sie hatten aber hier und dort einen Anhang für sich gewonnen, und somit sind sie wichtiger in ihren eigenen Augen geworden, und schließlich hatten sie die Gestalt von „Aposteln Christi“ angenommen. Solche taten ihr Möglichstes, Paulus zu verleumden, „er wandle nach dem Fleische“; „die Gegenwart des Leibes ist schwach und die Rede verächtlich“; die Korinther sollen verlangen, daß er sich vor ihnen verAntworten solle! usw.

Es ist schwer zu glauben, daß diese „Etliche“, welche das unterminierende Werk des Feindes taten, wahrhaftige, wiedergeborene Seelen waren. Doch würde wohl der große Widersacher äußerst gern Gebrauch von wirklichen Gotteskindern machen, d. h. wenn er sie soweit betrügen und ihren geistlichen Sinn verblenden könnte, wie auch heutzutage man echte gläubige Seelen in verderblichen Sekten findet, wie zum Beispiel unter den Adventisten; und die heftigen Gegner Moses und Aarons in der Wüste waren doch Israeliten und sogar vom Stamme Levi! (4. Mose 16,1-3) Also sehr wahrscheinlich haben wir uns unter diesen Personen eine Mischung vorzustellen, und zwar aus betrogenen und simulierenden (angeblichen) Gläubigen.

Ob es euch heute solche „falschen Brüder“ in der Gemeinde Gottes gibt? Wohl wäre das möglich in einzelnen Ortsgemeinden. Doch solche Gläubigen, die sich auf einfachem, biblischem Boden versammeln, sind im allgemeinen sehr vorsichtig in diesen Sachen, da sie die ganze Heilige Schrift haben, worin die vom Heiligen Geist inspirierten Beschreibungen der verschiedenen Angriffsweisen des Teufels enthalten sind; sie haben die Ermahnung, nicht

jedem Geiste zu glauben und solche weder in ihre Häuser aufzunehmen noch zu begrüßen, die die Lehre Christi nicht mitbringen. (1. Joh. 4,1-6; 2. Joh. V. 7-11) Wenn aber trotzdem gewisse Menschen sich „nebeneinschleichen“, so haben solche Gemeinden, die zweifelhafte Lehren aufnehmen, größere VerAntwortung, denn sie haben die gesammelten Erfahrungen der ersten apostolischen Gemeinden in der Schrift. Der HErr lobte die Gemeinde zu Ephesus, weil sie die geprüft hatte, welche sich Apostel nannten, und hatte sie als Lügner erfunden. (Offenb. 2,2)

Wir möchten noch einige Erkennungszeichen von solchen geben. Oben haben wir schon gesehen, daß die, welche nach Antiochien kamen, um den Gläubigen aus den Nationen das Joch des Gesetzes auf den Hals zu legen, ausgingen ohne Befehle der Apostel und Ältesten der Gemeinde. (Apgesch. 15,24) Wahrhaftige Arbeiter hingegen suchen zuerst die Gemeinschaft der Ältesten der Gemeinde, in deren Mitte sie sind, sonst können sie leicht dahin kommen, betrügerischen Arbeitern ähnlich zu werden. Ein anderes Zeichen für jene ist, daß sie Zwiespalt unter Gläubigen verursachen, wie die sogenannte Pfingstbewegung das überall getan hat. Dazu sind sie sehr geneigt, sich selbst zu empfehlen. (2. Kor. 10,18) Noch eine Beschreibung ziehen wir aus den folgenden Worten: „Denn ihr ertraget es, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt“ (2. Kor. 11,20); man bemerkt also bei diesen Personen trotz der Scheinheiligkeitt einen völligen Mangel an der Gelindigkeit und Sanftmut Christi. Also ermahnt der Apostel: „Ich ermahne euch aber, Brüder, daß ihr achthabet auf die, welche Zwiespalt und Ärgernis anrichten entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab! Denn solche dienen nicht unserem Herrn Christo“ usw. (Röm. 16,17.18)

F. Btch.

Zusatzbemerkungen des Schriftleiters

In dieser gründlichen Antwort unseres bewährten Mitarbeiters, für die wir dem HErrn recht dankbar sein dürfen, ist als der „springende Punkt“ die Lehre, nicht in erster Linie das Leben, der sittliche Wandel, angesehen worden. Ich meine, der Verfasser sieht in den „falschen

Aposteln“, „betrügerischen Arbeitern“ und „falschen Brüdern“ im wesentlichen die gleichen Personen oder Personen gleicher Richtung und Einstellung: Menschen, die in puncto „Lehre“ nicht schriftgemäß, d. h. also nicht auf apostolischem Grunde standen und deren Verhalten darum, wie alle falsche Lehre, trennend, spaltend wirken mußte, und in jedem Falle gegnerisch gegen den Apostel und seine Lehre.

Sicher hat der Verfasser in dieser Beurteilung der Sachlage recht. Wir können nach dem Schriftzusammenhang zu keinem anderem Ergebnis kommen und dürfen nicht etwa in den Fehler verfallen, untreu wandelnde Gläubige, deren es leider in jeder größeren Ortsgemeinde gibt, als „falsche Brüder“ anzusehen. Untreue Kinder Gottes wandeln, statt im Geist, im Fleisch (nach Gal. 5), untreue Gläubige verunehren den HErrn, verlästern Seinen Namen durch ihren bösen Wandel (Röm. 2,24) und machen es den übrigen Gliedern der Gemeinde schwer, sie mit „Bruder“ und „Schwester“ anzureden, da diese kostbaren Anreden gleichsam durch ihr Verhalten Lügen gestraft werden. Da außerdem wir die Menschen nur „an ihren Früchten erkennen“ können (vgl. Matth. 7,[15!] 16-20 und 12,33-37), so haben wir vorsichtig zu sein mit den Familienanreden, sobald der allgemeine Wandel vor der Welt nicht dem Charakter der Familie Gottes entspricht.

Ich habe diese kleine Betrachtung nur eingefügt, weil ich des Fragenden Schwierigkeit kenne.

Aber „falsche Brüder“ usw. sind doch noch etwas anderes als untreu wandelnde Gläubige oder angebliche Gläubige, deren fortgesetzter Wandel nicht dem Glauben gemäß erscheint. „Falsche“ Brüder sind nicht untreue Brüder, sondern solche, deren (angebliches) Brüdertum auf Falschheit ausgeht, die unter dem Deckmantel des Brüdertums auf Verfälschung der Wahrheit aus sind. Ich glaube nicht, daß es geistlicherweise echte Brüder sein können, zumal der griechische Ausdruck sie „Falschbrüder“ (d. h. in einem Wort) nennt, und zwar in beiden Stellen: 2.

Kor. 11,26 und Gal. 2,4; ebenso 2. Kor. 11,13 „Falschapostel“! und auch Matth. 7,15: „Falschpropheten“ u. a.! Es sind Mißbraucher des Brüdertums, Mißbraucher der Familienbeziehungen, ebenso wie die „Falschapostel“ Mißbrauch treiben mit der Apostelschaft

hervor, daß es sich um Entsteller der Lehre handeln muß, nicht um solche nur, die aus persönlicher Untreue das geistliche Leben verfälschen. Ich denke, daß dies klar zu sehen ist.

Aber darüber hinaus möchte ich betonen, daß eben bei solchen „Falschbrüdern“, „betrügerischen Arbeitern“ usw. das praktische Leben nicht geistlich normal und schriftgemaß sein kann, wenn sie auch vielfach sittlich einen „guten Eindruck zu machen“ sich bemühen. Letzteres kann man immer beobachten, z. B. bei den Männern der sogenannten liberalen Theologie und bei manchen bekannten Irrlehrern. Aber dennoch - auf die Dauer und bei besonderen Anlässen zeigt es sich gar zu leicht, daß es mit dem angeblich reinen, geistlichen Wandel solcher Menschen, welche die reine, biblische Lehre verfälschen, nicht weit her ist. Wie könnte es auch! Sagt doch die Schrift auch gerade bezüglich der „Falschpropheten“ in Matth. 7,15ff., daß die wahren Jünger auch sie „an den Früchten erkennen“ sollen, und wie können die Früchte gut sein, wenn der Baum schlecht ist?! Nachgemachte Früchte, die nach außen schön aussehen, können doch nur kurze Zeit täuschen! Kenner lassen sich auf die Dauer aber nicht betrügen. (1. Joh. 4,1ff.) Die Schrift sagt auch unzweideutig, z. B. im Judasbrief, wo es sich um den Kampf „für den einmal den Heiligen überlieferten Glauben“ (d. h. die christliche Glaubenslehre mit dem daraus erwachsenden praktischen Glaubensleben!) handelt, daß sich „gewisse Menschen miteingeschlichen haben, welche die Gnade unseres Gottes in Ausschweifung verkehren“ usw. (V. 4, diese Stelle ist in Antwort A auch schon genannt!), und „diese“, von denen oft im Judasbrief die Rede ist, werden in einer Weise gekennzeichnet, die auf ihren moralischen Wandel die allertiefsten Schatten wirft. (Vgl. z. B. V. 8.10.12.16!) Ebenso ist es in 2. Petr. 2,1ff. bei den „Falschpropheten“ und „Falschlehrern“ (auch beide Ausdrücke in je einem Wort) der Fall! Siehe V. 2.3.10ff. (beachte: „besonders“ in V. 10!), oder gleich V. 10-19! Aus diesem Kapitel kann man wahrlich nicht entnehmen, daß die, welche mit falschen Lehren umgehen, in ihrem praktischen Leben tugendhaft und heilig genannt werden. Und die Schrift ist doch auch hierin maßgeblicher als die menschliche Meinung, daß das Leben nicht unbedingt und allemal abhängig sei von der Lehre! Im Gegenteil: manche Stelle der Schrift beweist uns, daß ein richtiges Leben nach Gottes Willen eine richtige Erkenntnis Seines Willens zur Grundlage haben muß, d. h. also eine richtige Lehre! (Vgl. z. B. Kol. 1,9.10!)

Was folgt hieraus? Unter anderem auch das, was für unsere vorliegende Frage von Bedeutung sein dürfte: daß man, wenn angebliche oder wirkliche Bekehrte oder Wiedergeborene, d. h. vielmehr „aus Gott Geborene“ (Joh. 1,12.13; vgl. Frage 1 in Jahrbuch 13!), fortgesetzt in einem unlauteren, oberflächlichen oder bösen Wandel erfunden werden, ohne Buße darüber zu tun, daß

man, sagte ich, sie auch einmal auf ihre Lehrmeinung prüfen soll! Vielleicht sind sie in bezug auf diese sehr leichtfertig, halten von vornherein die richtige Lehre für wichtiger als das entsprechend richtige Leben, womit sie schon eine unbiblische, ungeistliche Überschätzung ihrer angeblich richtigen Lehre offenbaren würden, abgesehen von gröberen Irrtümern. Wie manche von solchen wissen z. B. ganz gut über Röm. 6 Bescheid, wissen, daß wir mit Christo der Sünde gestorben, in der Taufe begraben (Kol. 2) und mit Ihm auferstanden sind, wissen aber anscheinend nicht, verwirklichen es wenigstens durchaus nicht, daß diese Tatsachen nur solche des Glaubens sind, d. h. daß wir uns im Glauben als mit Christo gestorben erachten dürfen, können und sollen, um im praktischen Leben wirklich „tot für der Sünde verlockenden Reiz“ zu sein und „lebend für Christus, nicht lebend für sich“ usw., wie es in dem schönen Liede: „Nahe bei Jesu, o Leben so schön!“ heißt. Wer die Tatsache des mit Christo Gekreuzigt- und Gestorbenseins nicht nur als im Glauben möglich betont, sondern sich mit der Lehre des mit Ihm Gestorbenseins usw. begnügt, der hat nicht die ganze Lehre sich zu eigen gemacht, und darum kann sein Leben nicht dem entsprechen, was die Schrift uns als Gottes Willen vor Augen stellt. Das ist nur ein Beispiel, und zwar eins für eine unvollkommen erfaßte Lehre, die in der Praxis sich geradezu zu einer Falschheit aufwachsen kann, indem eines solchen Christen Leben zu einem den HErrn verunehrenden wird. Es ließen sich noch manch andere Beispiele nennen! Aber dies eine genüge, um zu zeigen, wie eng Lehre und Leben verbunden sind und wie von einem fortgesetzt bösen Wandel sich sehr leicht Rückschlüsse auf falsche oder unvollkommene Lehren ziehen lassen. Gott erwartet aber von uns mehr als nur ein Pochen auf reine Lehre - so unumgänglich wichtig und unentbehrlich diese auch ist! Er verlangt ein dementsprechend Leben, wie u. a. der ganze 1. Korintherbrief zeigt oder auch der 1.

Gemeinschaft mit Ihm haben, und wandeln in der Finsternis, so lügen wir und tun nicht die Wahrheit.“ O, möge der HErr uns in Gnaden vor solchem „Wandel“ bewahren, ja möchten wir uns nach 1. Joh. 5,18 „selbst bewahren“, damit uns „der Böse nicht antastet“! (Vgl. auch 2. Kor. 7,1!)

Ich bin am Schluß meiner die Antwort A nur ergänzenden Bemerkungen, die mit jener zusammen dem treuen Leser den Ernst der falschen Lehre und des Erkennens ihrer Verbreiter, der „falschen Brüder“ usw., vor Augen führen möchten, auf daß man sich nicht von solchen „nebeneingeschlichenen“ Leuten betrügen lasse. Den durch sie entstehenden Gefahren gegenüber müssen wir begegnen durch einen „Wandel in der Wahrheit“ (nach 2. u. 3. Joh. V. 4!). Derselbe ist dem Glaubenden möglich, denn nach des Herrn Jesu Wort in Joh. 17,17 ist Sein Wort Wahrheit, und die Wahrheit sollen wir erkennen, und sie wird uns frei machen! (Joh. 8,32) Sein Name sei gelobt!

F. K.

„Wessen Sohn ist dieser Jüngling?“

(1. Sam. 16,14 - 18,9.)

(Schluß.)

Vielleicht sagst du: „Ich will Ihn bitten, mir zu helfen, meine Seele zu erretten.“ Möchtest du den Unglauben erkennen, der in diesen Worten liegt! Konnte Saul David bitten, ihm zu helfen, den Riesen zu überwinden, als David ihn schon getötet und das Haupt desselben in seiner Hand hielt? Unmöglich! Das wäre eine glatte Verneinung des wunderbaren Sieges des Erretters David gewesen. Hier liegt der große Irrtum aller Sauls und Abners unserer Tage. Sie würden gern bereit sein, Christum als Helfer zu haben, wenn sie nur Christus und das durch Ihn vollendete Werk nicht als den einzigen Weg für ihre Errettung anzuerkennen brauchten. Aber das letzte Wort des Siegers am Kreuze war: „Es ist vollbracht!“ Durch dieses Werk ist Gottes Heiligkeit

Er Ihn aus den Toten auferweckte. Vierzig Tage hindurch wurde der auferstandene Sieger von Seinen Jüngern geschaut. Alsdann sahen sie Ihn gen Himmel fahren.

Wir müssen lernen, daß der Riese geschlagen und das Werk zu unserer Errettung vollbracht ist; wir kommen zu spät, es mit unserer Kraft und unseren Werken vollbringen zu wollen. Christus zu bitten, uns Beistand und Mithelfer zu sein in dem Bewirken unserer Errettung, ist eine Verleugnung Seines Werkes.

Pauli Wort: „Bewirket eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern“ (Phil. 2,12) wird oft ganz falsch aufgefaßt. Man beachtet nicht, daß die Schrift in sehr verschiedener Weise von der Errettung spricht. Sie spricht davon in Beziehung zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und auch als vollendet und wiederum als unvollendet. Wenn wir diese Schriftstelle im Zusammenhang prüfen, dann finden wir, daß es sich in diesem Wort an die Philipper nicht um die Errettung ihrer Seele handelt, die sie selbst bewirken sollten; diese können wir nie bewirken noch erlangen durch Werke, „die, in Gerechtigkeit vollbracht, wir getan hatten.“ (Tit. 3,5) Diese Errettung ihrer Seele hatten die Philipper ja bereits, denn Paulus redet sie ja an als „Heilige in Christo Jesu“. (Phil. 1,1) Was sie tun sollten, war, durch ihren Gehorsam ihre eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern zu bewirken. Die Errettung, die bereits ihr Teil war, sollte sich praktisch in ihrem Leben durch ihren Gehorsam auswirken zu ihrer eigenen Seligkeit. Satan ist ein Meister im Verdrehen der Schrift, um uns glauben zu machen, wir könnten die Errettung unserer Seele selbst bewirken. Kein Gottesdienst, kein Gesang, keine Musik, kein Ritus (und sei es Taufe oder Abendmahl), kein eigenes Ringen in guten Werken und kein Aus- und Nothelfer reicht hin, unsere Seele zu erretten. Mit einem Christus als dem Lautenspieler und dem Waffenträger betrügt Satan heute die große Masse der christuslosen Bekenner des Christentums. Möge Gott jeden die furchtbare Gefahr erkennen lassen, in Christo nur einen „Harfenspieler“ und „Waffenträger“ zu sehen. Wer an dem Herrn Jesus als Heiland vorübergeht, der lasse sich nicht täuschen, ihm wird im finsteren Tal des Todes kein Harfenspiel und kein Aushelfer Erleichterung bringen!

Doch nun laßt uns auch den großen Gegensatz und den reichen Segen betrachten, den wir bei

einem anderen finden, dessen Auge geöffnet wurde, David nicht bloß als einen Erleichterer und Waffenträger, sondern als seinen siegreichen Erretter und Heiland zu erkennen!

II.

In Jonathan finden wir das gerade Gegenteil von Saul. Saul kannte David nur als seinen Lautenspieler, der ihn beruhigte, und als seinen Waffenträger, der ihm half. Jonathan aber kannte David als den siegreichen Retter. Welche Erfahrungen hatte er in den schrecklichen vierzig Tagen im Terebinthental gemacht, als er sich in seinem gänzlich verlorenen und hoffnungslosen Zustand erkannte! Er wußte, daß er seinem Widersacher gegenüber ein verlorener Mann sei. Furcht und Bestürzung erfaßten ihn gleich einem Menschen, der den Tod und das Gericht vor Augen sieht und nicht zu entfliehen vermag.

Wie die Philister ihr Heer in Schlachtordnung aufstellten, so stellt Satan, der Verkläger, das Heer der Sünden wider den Sünder auf. Dieser kann sie nicht leugnen, er ist schuldig, er fühlt es, er gesteht es, aber er findet keine Hilfe noch Erleichterung. Vierzig Tage hatte Jonathan unter diesem Druck seines Verlorenseins geseufzt, denn niemand vermochte den Riesen zu überwinden. Sag, lieber Leser, hat jemals der Tod und das Gericht vor deinen Augen gestanden? Kennst du etwas von der Bitterkeit und Angst, die mit der Entdeckung des verlorenen Zustandes verbunden sind? Hast du diese „vierzig Tage“ einmal erlebt?

Kein eigenes Ringen kann erretten. Die sanften, beruhigenden Klänge der geistlichen Lieder können das erwachte Gewissen nicht stillen, aber vom Vater gesandt, kommt ein Mann von den Bergen herab, bereit, dem Widersacher zu begegnen. Wie gespannt hängen Jonathans Augen an David! Er sieht, wie er dem Philister entgegengeht, wie er fünf glatte Steine aus dem Bache aufhebt und die Schleuder nimmt, er hört die Worte des Glaubens aus seinem Munde; er sieht, wie David mit der Hand in die Tasche fährt, einen Stein herausnimmt und den Arm zum Schleudern erhebt. Der Stein fliegt - der Riese fällt. „Der Stein drang in seine Stirn, und er fiel auf sein Angesicht zur Erde.“ Und Jonathan sah mehr - er sah ihn das Schwert des Riesen nehmen und mit dessen eigenem Schwerte ihm das Haupt abschlagen. Konnte noch ein Zweifel

an Davids Sieg in Jonathans Herzen sein, als jener das Haupt des Riesen in seiner Hand hielt?

So wie Jonathan David hinabsteigen sah in das Tal, das große Siegeswerk zu vollbringen - hast du so im Glauben den Sohn Gottes von der Herrlichkeit, die Er beim Vater hatte, herabsteigen sehen in das Tal der Sünde und des Todes? Hast du Ihn auf Seinem Wege bis zum Kreuz begleitet und den Sieg erringen sehen? Dort trug Er ganz allein den Zorn, der unser Teil war. Ganz allein stand Er dort für uns. Niemand half Ihm. Allein vollbrachte Er das Werk unserer Errettung. Höre Seinen Siegesruf: „Es ist vollbracht!“, so völlig vollbracht, wie damals, als David dem Goliath das Haupt abschlug. So wie es keinen Zweifel über den Sieg Davids gab, so gibt es keinen Zweifel über den Sieg und das vollendete Erlösungswerk Dessen, Den Gott aus den Toten auferweckt und zu Seiner Rechten gesetzt hat.

Konnte Jonathan David bitten, ihm zu helfen, damit er sein Leben rette? Kannst du Christum bitten, daß Er dir helfe, deine Seele zu erretten? Es ist zu spät, dich durch deine Kraft erretten zu wollen, das Werk ist vollbracht, und in dem Augenblick, wo du an den Herrn Jesus glaubst, ist alles dein, dein in Ewigkeit.

Als Jonathan in David seinen Retter sah, welche Wirkung hatte dieses nun auf ihn? Wir lesen: „Da verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids; und Jonathan liebte ihn wie seine Seele.“ (1. Sam. 18,1) Und wie wird die Wirkung bei dir sein, wenn du den Herrn Jesus als deinen Heiland und Retter erkennst und erfaßt? Auch deine Seele wird sich mit dem Herrn Jesus so verbinden, daß du freudig bekennst: „Er hat mich geliebt und Sich Selbst für mich dahingegen.“ Und glücklich stimmst du in den Gesang der Erlösten mit ein: „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater; Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht in die Zeitalter der Zeitalter! Amen.“ (Offb. 1,5.6)

Seine Verherrlichung ist dann dein höchster Wunsch, der alle deine Handlungen kennzeichnen wird. So finden wir es auch bei Jonathan. Er denkt nicht an sich; er, der ein Anrecht auf den Thron hatte, zieht sein Oberkleid aus und gibt es David; und nicht nur sein Oberkleid, auch

du etwas derartiges in der Geschichte deiner Seele? Wenn deine Augen geöffnet sind und du den auferstandenen und verherrlichten HErrn als deinen Heiland erkannt und erfaßt hast, dann wirst auch du das Kleid deiner eigenen Ehre und Gerechtigkeit und all die Dinge, die dich nicht erretten konnten, zu Jesu Füßen legen und bekennen: „Du, Herr Jesus, Du allein bist würdig!“ Nichts vermag uns so von der eigenen Ehre, der eigenen Kraft und Selbstgerechtigkeit zu entbinden als die Erkenntnis Jesu Christi, unseres HErrn und Heilandes. Glücklich ruh'n wir in dem ein für allemal von Ihm vollbrachten Werke, und Friede mit Gott ist unser köstliches und ewiges Teil.

Bei Saul, dem Nachahmer des Glaubens, finden wir, statt Frieden und Freude, Grimm und Zorn. Warum erzürnte der alte Mann sich so über David? Er konnte den Gesang nicht ertragen: „Saul hat seine Tausende erschlagen, und David seine Zehntausende. Und Saul ergrimmte sehr, und dieses Wort war übel in seinen Augen. Und Saul sah scheel auf David von selbigem Tage an und hinfort.“ (1. Sam. 18,7-9) Und so finden wir es noch bei den armen Sauls unserer Tage. Sie können es nicht ertragen, daß alle, die an den Herrn Jesus und Sein vollbrachtes Werk glauben, ewiges Leben und Frieden mit Gott haben sollen, und das alles allein durch das vollbrachte Werk Christi. Ja, die Sauls sind sehr ergrimmt darüber, und solche Worte sind „übel in ihren Augen“, und sie „sehen scheel“ auf die, die ein solch herrliches Evangelium verkündigen und glauben, „vom selbigen Tage an und hinfort.“ Und in ihrem Hasse werfen sie den Speer auf den Gesandten des Vaters, denn was sie den Gliedern Christi tun, das tun sie Ihm Selbst. So bezeugt es der HErr, als Er rief: „Saul, Saul, was verfolgst du Mich?“ In ihrem Grimme sagen sie: „Wie, ewiges Leben soll denen zuteil werden, die nur an Christus glauben?!“ Und sie entrüsten sich, daß allein Christus und nicht auch ihnen Ehre gebühren soll und daß ihre Sakramente und Priester, ihre Musik und Gottesdienste, ihr Ringen und Kämpfen ihnen nichts nützen sollen. Die Verkündigung des allgenugsamen Werkes Christi als die Grundlage der Vergebung unserer Sünden und aller Segnungen der Gnade Gottes wollen sie nicht annehmen; sie meinen, das Höchste, was ein Mensch erlangen könne, sei eine Hoffnung auf die zukünftige Seligkeit.

Christi nicht eine gefährliche Lehre, und wird sie nicht zur Gleichgültigkeit und Sorglosigkeit im Wandet führen?“ Wir wollen das inspirierte Bild weiter betrachten, ob es uns eine Antwort Auf solche Einwände gibt. Saul erkannte David nicht als den alleinigen Retter an; er wollte ihn nur zu seiner Ermunterung und Hilfe haben, und sein Sieg löste nur Haß gegen ihn aus. Wir lesen: „David spielte mit seiner Hand, wie Tag für Tag, und der Speer war in der Hand Sauls, und Saul warf den Speer und dachte: ich will David an die Wand spießen.“ Und dieser Haß Sauls gegen David wuchs bis zu dem schrecklichen Ende Sauls zu Gilboa. So war es, und so ist es, und so wird es sein bei allen denen, die die völlige und ewige Errettung in Christo verwerfen. Sie hassen Christus, so wie Saul David haßte und auch alle, die mit ihm verbunden waren. Aber auch das Weitere, das von Saul gesagt wird: „Saul fürchtete sich noch mehr vor David, und Saul ward David feind alle Tage“ (1. Sam. 18,29), ist wahr von allen Nachfolgern Sauls. Bange Furcht erfüllt die Herzen dieser Christus-Verwerfer. Möchte der HErr jeden Leser dieser Zeilen vor solchem schrecklichen Zustande bewahren!

Jonathan dagegen erkannte das vollendete Werk Davids an; sein ganzes Herz wandte sich seinem Retter zu. Er wußte, daß er durch ihn gerettet war und nicht durch seine eigene Kraft. Er gab seinen Rock, seine Waffen, alle Dinge, die ihn nicht hatten erretten können, an David ab; er konnte sie nicht mehr gebrauchen; er war gerettet. Machte ihn das nun gleichgültig gegen David? Keineswegs! Sein Vater Saul gebot allen, David zu töten. Tat Jonathan dieses? Im Gegenteil, er, der Sohn Sauls, hatte großes Wohlgefallen an David, und er trat für ihn ein. So ist es mit jedem Gläubigen. Je mehr wir Ihn erkennen als den vollkommenen Heiland, je mehr wird unser Wohlgefallen an Ihm wachsen, und Er wird unsere Freude, unsere Krone, unser alles sein.

Einen großen Irrtum begeht Jonathan; er blieb in dem Hause seines Vaters, der David, den wahren und zukünftigen König, haßte. Wohl bekannte er sich offen zu David, aber er blieb im Hause seines Vaters, und dieser Irrtum wurde in bezug auf den Lohn sehr verhängnisvoll für Jonathan. So der HErr will, gedenken wir, hierauf etwas später einzugehen, für jetzt mag es genügen, zu sehen, daß der, der Christum im Glauben als seinen alleinigen Heiland annimmt,

Waffenträger genügt, nach der Gesinnung des Fleisches in Feindschaft gegen Gott ist. (Röm. 8,7) Das Wohlgefallen an dem HErrn ist die treibende Kraft in dem Wandel der Gläubigen, und diese Kraft haben nur die, welche Ihn als ihren vollkommenen Heiland erfaßt haben.

In zwei besonderen Charakterzügen tritt Christus in der Geschichte Jonathans und in der Geschichte Mephiboseths (des Sohnes Jonathans) hervor. In Jonathans Geschichte sehen wir das vollbrachte Werk Christi und in der Geschichte Mephiboseths die überströmende Gnade Gottes. Mephiboseth trug die Verwerfung Davids, Jonathan dagegen blieb in seines Vaters Haus. Wie genau wiegt die Waage des Heiligtums. Möchten wir nicht in den Irrtum Jonathans fallen, sondern das Haus Sauls (die Welt, die Christus haßt) verlassen und, mit dem verworfenen Christus verbunden, Seine Schmach tragen!

Laßt es uns tief ins Herz fassen, daß die Erlösung vollendet ist und ebenso das Wort Davids an Mephiboseth: „Fürchte dich nicht; denn ich will gewißlich Güte an dir erweisen um Jonathans, deines Vaters, willen.“ (2. Sam. 9,7) Wie köstlich ist die Gnade, die Gott uns erweist um Christi willen! „Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde in Christo Jesu, auf alle Geschlechter des Zeitalters der Zeitalter! Amen.“ (Eph. 3,21) Niemals aber wird die Gewißheit unserer Errettung uns gleichgültig machen gegen Den, Der uns erlöst hat.

S. - v. d. K.

Barabbas Befreiung.

Pilatus, der rücksichtslos-harte Mann sitzt auf dem Richterstuhl. Man will den Herrn Jesus zum Empörer gegen den Kaiser stempeln und fordert die Todesstrafe für Ihn. Pilatus weiß, daß der Herr Jesus ihm aus Neid überliefert worden war - er weiß, Er ist unschuldig. Wie soll er urteilen? Da kommt ein Bote seiner Frau. Was war geschehen? Unter einem unheilvollen Traume hatte sie wegen des angeklagten Jesus in der Nacht viel ausgestanden. Sie fürchtete die göttliche Rache, wenn ihr Mann den Gerechten verurteilt, und sie warnt ihn, damit er seine Hände von dem Gerechten lasse. „Habe du nichts zu schaffen mit jenem Gerechten.“ (Matth.

27,19) Pilatus, der Mann, der es mit Recht und Gerechtigkeit nicht sehr genau nahm, ist in Verlegenheit. Als unbestechlicher Richter müßte er den Heiland ohne weiteres losgeben, wenn auch das Volk und die Hohenpriester darüber wüten möchten. Das schlechte Gewissen macht ihn aber bange. Wie leicht konnte man ihn, den ungerechten und grausamen Tyrannen, an seiner verletzbaren Ferse treffen, sodaß er seiner Gewalttaten wegen seines Amtes entsetzt werden konnte. Mit Schlauheit will er sich durchhelfen. Als römischer Landpfleger übte er die Gewohnheit, zum Osterfest den Juden einen Gefangenen, den sie sich selbst wählten, loszugeben. Es schien ihm ein glücklicher Gedanke zu sein, Jesus neben Barabbas zu stellen und das Volk wählen zu lassen.

*

Im schaurigen Gefängnis sitzt der berüchtigte Mörder und Aufrührer Barabbas mit noch zwei Mitaufrührern, wenn nicht mehr. (Mark. 15,7) Wie manchmal mochte er verzweifelt an seinen Ketten gezerrt haben. Seine Tage waren gezählt; er war überführt und rechtskräftig verurteilt worden. Gnade war ihm versagt. Er wußte, was seiner wartete: das Kreuz auf der Schädelstätte. Er war ein verlorener Mann.

Außerhalb des Gefängnisses aber, draußen, da bahnen sich wunderbare Dinge an. Der Gott der Barmherzigkeit und Liebe leitet für den schuldigen Sünder die Errettung ein. Was Pilatus und die verblendeten Feinde Jesu und das Volk nicht erkennen, das macht der erbarmende Gott zur Grundlage Seiner Gnade, und in dem Volksentscheid, ob der Sünder Barabbas den verdienten Tod oder der Sohn Gottes an seiner Stelle ihn erleiden soll, offenbart Er den ewigen Ratschluß Seiner Liebe.

Die Kerkertür wird geöffnet, ein Schauer schrecklichen Ahnens durchzittert Barabbas Seele; die Kette wird gelöst und der berüchtigte Mörder hinaus und ins Richthaus geführt und - neben den Herrn Jesus gestellt. „Wen wollt ihr, daß ich euch losgeben soll?“, hört er Pilatus sagen. Nun weiß er, um was es sich handelt, und erfaßt den Ernst der Situation. Er merkt, er ist zur Wahl neben Jesus gestellt. So stehen sie beide nebeneinander vor den Augen des Volkes und vor

nicht gemacht werden können. Der eine ein Räuber - der andere ein Geber; der eine ein Aufrührer - der andere ein Friedensstifter; der eine ein Mörder - der andere der „Urheber des Lebens“. Barabbas bedeutet „Sohn des Vaters“. Gleich Elymas war auch er ein Sohn des Teufels, des Mörders von Anfang. Und neben ihm Jesus, der Sohn des Vaters - des Gottes, der Licht und Liebe ist. Konnte er, der Mann mit dem Kainszeichen, der Schrecken der Menschheit, neben Jesus einen Schimmer von Hoffnung haben, gewählt zu werden? Und nun erlebte er den Bericht von Matth. 27,17-26. Er sieht die Bemühungen Pilatus‘, den Heiland zu befreien; er sieht das tobende Volk mitsamt den Führern, die ihn, den Barabbas wählen, weil sie Jesus hassen. Er hört seinen Namen rufen: „Gib uns den Barabbas los!“, und er hört den Ruf über Den, Der neben ihm steht: „Hinweg mit Diesem ... Er werde gekreuzigt!“ Grauenvolle Wahl!

*

Die Welt wählt Barabbas, und Gott wählt Jesus. Gott muß den Sünder richten. Das Kreuz (das Gericht) war für den Sünder, den Barabbas, bereitet. Wer soll daran hängen, der Sünder oder Jesus? Gott in Seiner Gnade gebraucht die grauenvolle Wahl, um den Ratschluß der ewigen Liebe auszuführen. Wunderbares Geheimnis der Liebe Gottes! Er liebt die Welt so, daß Er Seinen eingeborenen Sohn hingibt! An diese Wahl erinnert Petrus nach Pfingsten die Juden in Apg. 3,14. Und die Jüngerschar gedenkt in ernster Stunde an Pilatus und an das Toben der Völker. Sie erkannten, daß alle doch nur das taten, was Seine Hand und Sein Ratschluß zuvor bestimmt hatte, daß es geschehen solle. (Apg. 4,28) Obwohl die Menschen in ihrem Toben und in ihrem Hasse die göttliche Wahl (in der Vorkenntnis Gottes schon vor Grundlegung der Welt) ausführten, waren sie doch voll und ganz für ihr Toben und für ihre Wahl verAntwortlich.

*

Was mußte in Barabbas Seele vorgehen? Er ist losgesprochen - freigesprochen, und sein Nebenmann ist überAntwortet, an seiner Stelle gekreuzigt zu werden. Wer war Jesus? Wußte er etwas von dem, der an dem für ihn bestimmten Kreuz hängen sollte? Von Pilatus losgegeben, war er jetzt frei - frei, um mit der ganzen Volksmenge zu dem Schauspiel (Luk. 23,48) an den

gekreuzigt worden wäre. Mußte der innere Zug der Gnade Gottes ihn nicht nach Golgatha treiben? Dort sahen seine Augen die drei Kreuze. Welche Gedanken ziehen durch seine Seele? Er sieht den zur Linken; er kennt ihn gut; und den zur Rechten; seine Genossen, die Genossen seines bösen Weges, „die Mitaufrührer“, (Mark. 15,7), mit welchen er einst gebunden dem Gefängnis übergeben wurde. Und dann blickte er auf das Kreuz in der Mitte: „Das war mein Kreuz; das war für mich bestimmt; da sollte ich hängen; da würde ich jetzt hängen - aber ich bin dem schrecklichen Gericht entronnen. Wer ist der, der dort an meiner Stelle stirbt? Wer ist der, der stumm wie ein Lamm war? Der schwieg, als sie Ihn so hart verklagten? Wer ist der, über dessen Lippen kein bitterer Ton kam? Der mir keinen Blick des Hasses zuwarf, als Er gewählt wurde, an meiner Stelle, für mich, den verurteilten Sünder, zu sterben?“ Hörte er das Gespräch der einstigen Genossen seines Sündenweges? (Luk. 23,39-40) Hörte er die Worte zu dem Schächer neben Ihm: „Heute wirst du mit Mir im Paradiese sein?“ (V. 43) Wo werden wir Barabbas in der Ewigkeit finden?

*

Und nun wollen auch wir uns im Geiste unter diese drei Kreuze auf Golgatha stellen und sinnend und anbetend das große Geheimnis der Erlösung betrachten. Das Kreuz dort in der Mitte war für mich. Das Urteil war auch über mich gefällt, zu empfangen, was meine Taten wert sind. Gott aber traf Seine Wahl; Er gab Seinen Sohn, damit wir leben möchten. Christus ging für uns in den schmerzvollen Tod, und wir wurden losgesprochen von Schuld und Strafe. Schaue Ihn an am Kreuz! Schaue Ihn an, in der Finsternis, verlassen von Gott. Das war dein und mein ewiges Los. Laß die Träne rinnen! Falte deine Hände! Preise Seinen Namen! Preise das Erbarmen und den göttlichen Liebesrat, der vor Grundlegung der Welt beschlossen wurde! Weder Barabbas noch wir haben diesen Tausch begehrt noch veranlaßt. Alles ist geschehen ohne unser Zutun aus Gottes freiem Erbarmen heraus. Wie tief muß uns dies beugen und wiederum unser Herz mit Anbetung erfüllen! Ja, das Kreuz auf Golgatha ist kein religiöses Zeichen, es ist unser heiligstes Erlebnis. Dank, Lob und Anbetung Ihm, der für uns starb!

Ed. v. d. K., H.

„Ich danke meinem Gott ...!“

(1. Kor. 1,4.)

Das ist wahrhaft schön und kostbar! Paulus, der uns ermahnt: „seid dankbar in allen Dingen!“ (1. Thess.5,18), ist selber ein Mann, der danken kann und es gern und „allezeit“ tut. Fängt er doch so gut wie alle seine Briefe (im Galaterbrief kann er es nicht um des ernsten Gegenstandes willen, der sein Herz ganz ausfüllt!) mit Dank und Lob an: „Wir danken ...“ Er hat stets etwas, wofür er danken kann - sicher in seinem eigenen Leben, sicher aber auch in bezug auf die, denen er dient und an die er schreibt. Er sieht stets zuerst auf das, was die Gnade in den Geliebten des HErrn gewirkt hat, und das ist ihm dankenswert.

Wieviel können wir hierin von ihm lernen, wir, die wir so leicht geneigt sind, zuerst auf das zu sehen, was das Fleisch, das noch in uns ist, in den Gläubigen, mit denen wir's zu tun haben, wirkt. Wir finden leicht gern Fehler! Wir gleichen jenem mir bekannten (gläubigen) Diplom-Ingenieur vielleicht, von dem mir erzählt wurde, daß er die - für seinen Beruf sehr nützliche - Fähigkeit habe, Fehler zu entdecken an den Maschinen und sonstwo, die kein anderer finden könnte, und der seinem Werk, in dem er angestellt sei, auf diese Weise schon manchen Schaden erspart hätte. Ja, das ist eine gute, nützliche Eigenschaft in solchem Fach, aber in christlicher Hinsicht ist es nicht gut, immer gleich die Fehler bei anderen zu sehen und auf diese den Finger zu legen! Es mag an seinem Platze gut sein, es zu tun, besonders für solche, die der HErr mit der Sorge für Seine Gemeinde betraut hat, für Hirten (allgemein!), für Älteste (örtlich!) und andere, die sich verAntwortlich wissen - und Paulus ist auch darin ein wundersames Vorbild (vergl. z. B. Apg. 20,17-35!) und rügt Verkehrtheiten in Lehre und Leben mit unnachahmlicher Treue und Energie - die Briefe zeugen davon! Aber das Erste sollte für uns alle sein, das zu finden und das anzuerkennen (auch mit Worten! Anerkennung muß nicht zu Hochmut führen, ist vielmehr u. a. oft ein wichtiges pädagogisches Mittel zur Erzielung noch besserer Leistungen!), was gut ist, was hervorgebracht ist durch die Gnade, was gewirkt ist durch den Geist, im

„Ich danke meinem Gott!“ Wie persönlich ist gerade dieser Ausdruck! Welch liebliches, persönliches Verhältnis tritt hier zutage! Und wo steht dieses Wort? Freilich auch in dem gewichtigen, grundlegenden Römerbrief (1,8); freilich auch in der Philipperepistel (1,3), jenem so herzlich-persönlichem Schreiben des Apostels, voll liebender Sorgfalt; freilich auch in dem noch viel persönlicheren Philemonbrief (V. 4) - hier scheint es uns ganz und gar am Platze! -, aber siehe, es steht auch in dem an ernstesten Ermahnungen, tiefgreifendstem Tadel, herzbewegendster Warnung usw. so reichen 1. Korintherbrief! Selbst diesen beginnt Paulus mit überquellendem Dank für das Gute, das in seinen „Schmerzenskindern“ - so darf man wohl sagen - zu finden ist. „Ich danke meinem Gott allezeit eurethalben!“ - wie wahrhaft geistlich-schön ist das doch - in diesem Briefe sicherlich schöner, als wenn es hieße: „wir danken ...“ wie in anderen Briefen, obwohl mit dem „wir“ auch stets Paulus zuerst sich selber meint. Aber „ich“ ist gerade im 1. Kor. doch größer: „ich, der ich euch kenne, wie kein anderer - ich, der ich euch liebe wie keiner - ich, der ich euch gedient und für euch gearbeitet habe wie kein Mensch sonst (vergl. 15,10!) - ich, der ich für euch bete wie gewiß sonst niemand - ich, der ich niedergebeugt bin um euretwillen - ich, der ich zittere und weine um euch - usw.; usw. - „ich danke meinem Gott allezeit eurethalben.“ Meinem Gott, d. i. meinem: ich kenne Ihn, Er wird mich nicht im Stiche lassen eurethalben - Er wird mir zur Seite stehen, daß ich euch mit meinem Briefe dienen kann - Er hört mein Flehen für euch - Er sieht meine Sorgen - Er kennt mein Herz ... Er ist mein Gott. Aber - Er ist auch mein Gott: Er ist fähig, alles das zu tun, um was ich Ihn bitte für euch, Er ist heilig und gerecht, aber auch treu und gütig, Er wird das Werk vollenden an euch - Er ist mein Gott, und „Gott ist treu, durch welchen ihr berufen worden seid in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus“ (1,9). So ist mein Gott! Und ich? - ich danke meinem Gott allezeit eurethalben!“ Und wofür? „für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christo Jesu!“ - wahrlich Grund genug zu immerwährendem Dank! Grund genug zu stets neuem Vertrauen, zu stets neuer Treue und Liebe im Dienst, zu stets neuer Freude!

Sagt uns dies nichts, geliebte Geschwister? O lasst uns lernen, unserm - jeder seinem - Gott mehr zu danken Tag für Tag für alles, gerade auch in der gegenw ärtig trüben, schweren Zeit,

Sein ganzes Volk, im Blick auch auf die Glieder der örtlichen Gemeinde, der jeder von uns angehört - und daß wir einer angehören, ist durchaus biblisch! - laßt uns uns den Blick öffnen lassen für die geistgewirkten Schönheiten auch in dem schwächsten Gläubigen und auch bei allen denen, die uns (wer sind wir?!) „unsympathisch“(!!) scheinen, laßt uns dankbare Leute werden, dankbar für alles, was die Hand Gottes für uns tat und tut und für das, was sie uns gibt - dankbar aber auch für das, was sie in anderen, unseren geliebten Geschwistern, gewirkt hat und wirkt! Sie sind geliebt wie wir, durch Christi Blut erlöst wie wir, haben Seinen Geist wie wir, usw. - sollten wir nicht ihrethalben mehr danken? Würde das nicht dem Allgemeinzustand der örtlichen wie auch dem der Gesamtgemeinde nur förderlich sein? -

Der HErr lasse uns dies Wort des Paulus wichtig und kostbar werden durch Seine Gnade, auf daß auch wir gemäß Jak. 1,22 handeln danach:

„Ich danke meinem Gott ...!“

F. K.

Frage und Antwort

Frage 13

Wie ist Luk. 16,25 zu verstehen?

Antwort

Soll das heißen: Wieso kann Armsein auf Erden und es bitter Empfindenmüssen im Jenseits das tröstliche Los des Lazarus zur Folge haben, und Reichsein und sich darin Ausleben die Pein des Reichen? Dann ist zu Antworten, daß allerdings an und für sich weder das eine noch das andere den geschilderten Ausgang bedingt. Der ergibt sich daraus, wie das eine und das andere in Israel, im Judentum, im Verhältnis zu Jehova, zu Gott, sich auswirkte. Denn dem Juden mußte

es aus den Schriften bekannt sein, daß wohlhabend oder gar reich sein bedingte, dem Notleidenden zu helfen, nicht nur den gesetzlichen Zehnten zu geben, wie die Pharisäer sich brüsteten zu tun, daneben aber der Witwen Häuser verschlangen, wie der HErr ihnen vorwirft. Dem Almosengeben wurde von den Juden der nachexilischen Zeit in den Apokryphen sogar ein übertriebener Wert beigelegt, so daß gelehrt wurde, Almosen erlösten von allen Sünden, ja vom Tode: Tob. 4,11; Sir. 3,33, was die Schrift nicht sagt. Die Schrift spricht verschiedentlich davon, wie, unter dem irdischen Volke Gottes, des Armen gedenken die Gerechtigkeit des Mannes dartue (Psalm 112), ja sogar glückselig preist sie den, der des Elenden sich erbarmt (Spr. 14,21), der acht hat auf den Armen (Psalm 41,1), mit welch letzterem Wort zugleich das durch Dürftigkeit herbeigeführte körperliche Heruntergekommensein bezeichnet wird.

In dieser Beziehung werden in den Schriften des Alten Testaments die Armen und Elenden betrachtet als auf Jehova Geworfene, als das Wort Jehovas Erkennende, als auf Ihn Achtgebende. (Sach. 11,11 u. a. O.) Gerade so nimmt der Herr die Sachlage auf, Luk. 6,20.21 hinsichtlich der Armen, 24.25 hinsichtlich der Reichen, ebenso später Jak. 5,1-3.5.

Durch das Erscheinen des Herrn Jesus war die Sachlage noch ernster geworden, drängte auf Entscheidung. Jehova war da. Jesus wurde nicht angenommen. So war auch die Aufrichtung des Reiches mit seinen irdischen Segnungen hinausgeschoben. Das gegenwärtig mit irdischen Gütern Gesegnetsein, wie Jehova es unter der Bedingung des Haltens des Gesetzes dem Volke einst verheißen hatte, war längst nicht mehr ein Beweis des Wohlgefallens Jehovas, war vielmehr ein Prüfstein zur Offenbarung des Herzenszustandes durch die Art der Verwendung des Reichtums. „Mammon der Ungerechtigkeit“ heißt ihn der HErr, weil sich seine Existenz auf die Ungerechtigkeit des in die Sünde gefallenen Menschen gründet. Darum wollte Jesus nicht Erbteiler sein. (Luk. 12,13ff.)

Reich sein in bezug auf Gott war das Gebot der Stunde (Luk. 12,21); auf Gott geworfen sein (22-32); sich einen Schatz im Himmel sammeln; Jesu, des Messias, Verwerfung teilen und Ihn als Wiederkommenden und die zukünftige Segnung im Reiche erwarten (31-36).

summarisch gekennzeichnet durch zwei Kategorien (Arten) Menschen. Die eine bleibt am Irdischen kleben, die andere schließt sich an Christum an und gibt vor der Hand das Irdische dran. Dies zu tun prägt Er dieser Kategorie auch ein, indem Er ihnen sagt, sie sollten die Handlungsweise des klugen Verwalters zum Vorbild nehmen: nämlich den gegenwärtigen Besitz, der doch keinen Bestand hat, zu einer Grundlage für die Zukunft machen, so die einzig richtige Verwendung davon machen. (Vgl. 1. Tim. 6,17-19!) Wie auch der weniger Begüterte die Mahnung befolgen kann, ist so schön in Tob. 4,9 gesagt: „Hast du viel, so gib reichlich; hast du wenig, so gib doch das Wenige mit treuem Herzen.“

Die Pharisäer hörten alles mit an, sie, die gerade die Vertreter der Kategorie waren, die am Irdischen klebt, und ihm, dem HErrn, entgegengesetzt war. (Luk. 16,14) Nicht nur schlugen sie Seine Belehrungen in den Wind, sondern trieben noch ihren Spott mit Ihm und Seinen Lehren, „rümpften die Nase über Ihn“, wollten von Seiner Belehrung über das Eingehen ins Reich nichts wissen. (V. 16 und Matth. 23,13) Wie Antwortet der Herr Jesus in Seiner erhabenen Ruhe auf ihr Naserümpfen? Durch das Vortragen der Geschichte vom „reichen Mann und dem armen Lazarus“ = Eleasar = Gotthilf. Ist nicht der Name, den der HErr dem Armen beilegt, die Kennzeichnung, der Ausdruck von dem, was wir über das Verhältnis, die Stellung des Armen zu Gott gesagt haben? Der Reiche wird keiner Namensnennung wert geachtet. „Sie haben ihren Lohn dahin“, sagt der HErr von den ehrsüchtigen, reichtumliebenden Pharisäern. (Matth. 6,16) Das heißt: Die Ehre von seiten der Menschen ist das, was ihr Tun wert ist: Vor Gott und nach dem Leben auf Erden haben sie keinen Titel und keine Anerkennung.

Welch ein Spiegel für sie, diese Geschichte! Ob sie sich drin sahen oder nicht: Für alle Zeiten ist sie zur Lehre für alle in der Schrift niedergelegt. Sie, die Pharisäer, erkannten an, so wie die orthodoxen Christen alle, daß es eine Auferstehung der Toten gebe, sowohl der Gerechten als der Ungerechten. (Apgesch. 24,15) Das bringt der HErr aber gar nicht herein. Er lüftet vielmehr den Vorhang der gegenwärtig unsichtbaren Welt und zeigt den zwischen dem jetzigen Leben und dem Leben in Auferstehung liegenden Zustand des Reichen ohne Namen und des Armen, des Gotthilf, um den Zusammenhang des Lebens im Leibe und des Lebens nach dem

des Organes zur Befriedigung der selbstsüchtigen Wünsche und Gelüste ledig sein und auch von Gott, nach dem man nicht fragte, ferne sein, das ist Qual, das ist Brunst, der die Befriedigung versagt ist, das ist Pein, wie Feuers; während für den auf Gott geworfenen und am Leibe geplagten Armen das Verlassen dieser Hülle Stillung der nach Gottes Nähe verlangenden Seele ist.

Abraham im Jenseits verleugnet durchaus nicht die irdische Verwandtschaft. Aber nicht das ist eben das Ausschlaggebende, sondern die Einstellung des Herzens (V. 15), wie wir schon sagten, und das daraus hervorgehende Umgehen mit Anvertrautem. Nicht um Lehre von Glauben, von Sündenvergebung, von Rechtfertigung usw. handelt es sich, sondern um recht praktische Darstellung des Ausgangs zweier gewisser Lebenswege. Bilder sind es zweifelsohne, die dazu verwendet werden; aber nur aus dem Grunde, daß uns die Sache verständlich sei. Durch den Körper empfinden wir in dieser Welt. Daher gebraucht der HErr das Materielle, um Unsichtbares, Geistiges zu beschreiben. „Geister“ sind die Abgeschiedenen. (Hebr. 12,23) Die Qualen im Hades sind geistige. Der Hades ist einfach der Zustand nach dem Abgeschiedensein aus der materiellen Welt. Der Schoß Abrahams ist bildliche Bezeichnung des Platzes besonderer Segnung, wie ihn der Jude sich als höchste Ehre und höchstes Befriedigtsein nur denken konnte: von dem Menschen betreut und geliebkost zu werden, der als einziger in der Schrift „Gottes Freund“ betitelt wird! (Siehe 4. Mose 11,12 und Jes. 49,22; und siehe Jes. 41,8; 2. Chron. 20,7; Jak. 2,23.)

Man beachte, daß der HErr Grundsätzliches hinstellt in diesem 25. Vers: Gutes völlig empfangen - Böses völlig empfangen; wird getröstet - leidest Pein: Gewesenes und nun Seiendes. Nicht „getan haben“ ist die Frage. Weder wird Böses getan haben von dem Reichen, noch Gutes getan haben von Lazarus berichtet; nur der denkbar größte Gegensatz; so auch im Abgeschiedensein die große Kluft. Es ist wiederum dem menschlichen Begriffsvermögen angepaßt, wenn das „hier“ im Abgeschiedensein „Ort“ genannt wird (V. 28) und das Trennende „eine Kluft“ (V. 26). Wir könnten uns sonst das Getrenntsein nicht vorstellen. Es steht uns auch nicht zu, darüber zu urteilen, inwieweit die, welche schon im Hades als Verlorene erscheinen,

sie Kenntnis haben darüber, daß es Selige gibt. Wir wagen auch nicht, zu sagen, daß es sich um ein Gleichnis handle. Es ist nichts zum Ver-gleich-en da! Es ist feierliches Schauenlassen in dieunsichtbare Welt, zur Nutzanwendung für jeden, der davon Kenntnis hat!

F. Kpp.

Anmerkungen des Schriftleiters

Nur wenige Worte!

Der aufmerksame Leser vorstehender Antwort wird es dankbar empfinden, daß ich die Frage genau so unbestimmt gelassen habe, wie sie mir übergeben wurde. Dadurch sind wir in den Genuß dieser umfassenden, klärenden BeAntwortung gekommen, die uns fast die ganze vorliegende Geschichte in großen Umrissen vor Augen führt. -

Und diese nicht als Gleichnis, als welches sie so oft angesehen wird, mir stets zum Schmerz! Ich gehe mit dem Verfasser ganz einig, daß sie mehr ist als ein Gleichnis! Habe ja z. B. bei Frage 9 dieses Jahres in meinen Auslassungen über Gleichnisse (Seite 139f.) betont, daß ich u. a. die Geschichte von den verlorenen Söhnen (Luk. 15) auch nicht als Gleichnis ansehen könnte. Nennt doch auch die Schrift jene Geschichte gar nicht ein Gleichnis - warum wollen wir Menschen eins daraus machen?!

Nun, Luk. 16, die Geschichte „vom reichen Mann und vom armen Lazarus“ heißt der Verfasser obiger Antwort „ein feierliches Schauenlassen in die unsichtbare Welt“. Das ist doch sehr kostbar gesagt. Wie belehrend ist auch diese Geschichte nach jeder Seite hin! Daß sie dem jüdischen Verständnis und Empfinden angepaßt ist, ist doch nur natürlich - sie ist darum doch für uns nicht minder wichtig und eindrucksvoll, denn das Grundsätzliche - wovon oben geredet ist - bleibt davon, wie es eingekleidet ist, gänzlich unberührt und gilt für alle Zeiten. Es zeigt uns das gewaltige Entweder-Oder, das ernste Unabänderlich, das Unwiderruflich! Es stellt den Menschen von heute - ob er's annehmen will oder nicht - genau wie den von damals vor die

daß sie aufgehoben werden dann und dort (V. 23), wo keine Änderung des Zustandes - fern von Gott und Seiner Gnade - mehr möglich ist. Wie unsagbar ernst! Wir dürfen diesen Ernst nicht durch Umwandlung des Gemäldes in ein Gleichnis abschwächen, sondern wir sollten den jenen Pharisäern ähnlichen Menschen, mit denen wir es heute zu tun haben, die unbeugsame Macht dieses Bildes der Wirklichkeit, das für unser Aufnahmevermögen verständlich gezeichnet ist, vor Augen halten, damit sie Lazarus-Charaktere werden, ehe es zu spät ist! Täglich gehen Menschen in die Ewigkeit, täglich erfüllt sich die Wirklichkeit dessen, was der HErr uns hier schauen läßt! - Legt dieses uns, den Mitwissern dieser Geheimnisse, keine VerAntwortung aufs Herz? Der HErr wolle sie uns zeigen!

Frage 14

Gilt das Wort: „... daß, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden“ auch Gläubigen, also Kindern Gottes, die vorübergehend oder für längere Zeit in Dingen erfunden werden, wie sie Gal. 5,19-21 aufgeführt sind? Wie hat man sich in der örtlichen Gemeinde solchen gegenüber zu verhalten, besonders auch dann, wenn sie ihre Sünden nicht als solche zugeben und nicht Buße darüber tun wollen?

Antwort A

Wenn das Wort Gottes sagt, daß, „die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden“, dann ist es gewiß auch so und kommt es für unsere Frage infolgedessen darauf an, ob Kinder Gottes, die vorübergehend oder für längere Zeit in Dingen erfunden werden, wie sie in Gal. 5,19-21 aufgeführt sind, in den Augen Gottes auch solche sind, „die solches tun“, oder ob zwischen ihnen und Unbekehrten hierin ein Unterschied ist. Wenn ein solcher ist, kann er also nur in der Bedeutung des Wortes „tun“ liegen - ob es hier einfach den Sinn des Vollbringens einer Tat hat, oder den Sinn des fortgesetzten Ausübens, des beständigen Lebens in der Sache. Wir wollen diesen Unterschied kurz an einem Bilde erläutern: Ein Schaf kann gegen seinen Willen in Kot fallen und dadurch mit demselben beschmutzt werden, eine Sau aber wühlt im Kot

herum und wälzt sich darin, weil sie ihn liebt und sich darin wohlfühlt. Im ersteren Sinne sind auch Kinder Gottes fähig, „Werke des Fleisches“ zu tun, wenn sie nicht auf die Stimme des Geistes achten und sich nicht von Ihin leiten lassen; aber in den „Werken des Fleisches“ leben als in ihrem Element, in dem sie sich wohlfühlen, können sie nicht, weil sie „herausgenommen sind aus der gegenwärtigen bösen Welt“ (Gal. 1,4) und - wie der ganze Brief an die Galater uns zeigt - durch den Tod Christi dem Gesetz und damit auch allem gestorben sind, was das Gesetz verurteilt - und das sind gerade die „Werke des Fleisches“! -, und die nun „durch den Geist leben“ (5,25), also Leben aus Gott haben, und damit eine neue Natur haben, die diesen Dingen entgegen ist. In diesem Sinne können Kinder Gottes nie die „Werke des Fleisches“ „tun“. Darum ist es für unsere Frage von entscheidender Bedeutung, ob das Wort „tun“ in V. 21 im ersteren oder im letzteren Sinne gebraucht ist. Wir haben keinen Zweifel, daß es der letztere ist, weil diese Werke als Werke des „Fleisches“ bezeichnet werden, welches die genannten Dinge liebt und sich darin wohlbefindet, und überdies der Hinweis auf diese „Werke des Fleisches“ in Verbindung mit dem Gesetz geschieht (V. 18), welches es ja nur mit dem Menschen „im Fleische“, dem unerneuerten Menschen, zu tun hat; und wir sind daher der Überzeugung, daß die Worte: „daß, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden“, sich nicht auf Kinder Gottes beziehen, sondern auf solche Menschen, die in keiner Lebensbeziehung zu Gott stehen, sondern „im Fleische sind“ und daher die „Werke des Fleisches“ tun - „tun“ in dem Sinne des Darinlebens, eben weil bei ihnen nur das Fleisch und nichts anderes tätig ist!

Warum ist dann aber überhaupt in dem Briefe, der doch an Kinder Gottes gerichtet ist, auf die „Werke des Fleisches“ und deren Folge, „daß, die solches tun, das Reich Gottes nicht ererben werden“, hingewiesen? Offenbar um den Empfängern des Briefes - und damit allen Gläubigen - recht deutlich und eindringlich vorzustellen, daß sie nicht unter das Gesetz gehörten und gehören, indem ihnen vor die Augen gestellt wird, was das Fleisch kennzeichnet, womit es das Gesetz ja allein zu tun hat: die „Werke des Fleisches“, und weil auch in den Kindern Gottes „das Fleisch“ mit seinen bösen Neigungen und Fähigkeiten noch vorhanden ist und sie daher beständig in der Gefahr sind, „die Lust des Fleisches zu vollbringen“ (5,16), also in „Werke des Fleisches“ zu verfallen, und deshalb die Kinder Gottes die „Werke des Fleisches“ klar als solche

sondern dem Geiste Raum geben und dieser die „Frucht des Geistes“ (V. 22) bei ihnen hervorbringe.

In diesem gleichsam erzieherischen Sinne ist auch in 1. Kor. 6,9.10 darauf hingewiesen, daß „Ungerechte - Hurer, Götzendiener, Ehebrecher, Weichlinge, Knabenschänder, Diebe, Habsüchtige, Trunkenbolde, Schmäher, Räuber - das Reich Gottes nicht ererben werden“, und Eph. 5,5, daß „kein Hurer oder Unreiner oder Habsüchtiger (welcher ein Götzendiener ist) ein Erbteil hat in dem Reiche Christi und Gottes“. Immer ist dieses gesagt, um zu zeigen, wie böse diese Dinge in den Augen Gottes sind, und daß Kinder Gottes mit diesen Dingen, die einer Welt angehören, die dem Gericht Gottes verfallen ist und aus der sie durch Gnade herausgenommen sind, nichts mehr zu tun haben sollten.

Wenn Kinder Gottes, die vorübergehend oder eine Zeitlang in Dingen erfunden werden, die „Werke des Fleisches“ sind, „das Reich Gottes nicht ererben“ würden, würde das bedeuten, daß solche Kinder Gottes verloren gehen. Somit berührt unsere Frage auch die so viel aufgestellte und verschieden beAntwortete Frage, ob Kinder Gottes verlorengehen können. Wir sind auf Grund des Wortes Gottes gewiß, daß Kinder Gottes - also alle die, welche wirklich durch den Glauben an den Herrn Jesus Leben aus Gott, ewiges Leben, haben - „nicht verlorengehen ewiglich“. Was würde sonst aus Schriftstellen wie: Joh. 6,38-40 (ist der Herr Jesus nicht imstande, das auszuführen, wozu Er vom Himmel herniedergekommen ist: den Willen des Vaters zu tun - s. V. 39 und 40?); Joh. 10,27-29 (was würde die kostbare Versicherung des Herrn Jesus bedeuten: „Und sie gehen nicht verloren ewiglich“, wenn Kinder Gottes doch verlorengehen könnten?); Röm. 8,38.39 (wenn „nichts uns zu scheiden vermag von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn“, wie kann dann von einem Verlorengehen die Rede sein?); 1. Kor. 12,13.27 (wie könnte irgendein Glied des Leibes Christi sich von demselben trennen? - gegenüber dem Einwand: „Aber wenn jemand nun selbst weggehen will?“ - als ob das überhaupt jemals ein wirkliches Kind Gottes wollen könnte!); Eph. 1,3-14 (Gott hat uns auserwählt - zuvorbestimmt zur Sohnschaft - zuvorbestimmt nach Seinem Vorsatz, „dessen, der alles wirkt nach dem Rate seines Willens“: Ist Er nicht imstande, Seinen

„versiegelt mit dem Heiligen Geiste der Verheißung“: Welche Macht könnte dieses Siegel brechen?) Diese Schriftstellen - und noch andere im Einklang mit der ganzen Lehre des Neuen Testaments - geben uns die unerschütterliche, kostbare Gewißheit unserer ewigen Errettung. Wenn auf Schriftstellen wie Hebr. 6,4-6 und 10,26-29 und 2. Petr. 2,20-22 hingewiesen wird, um zu beweisen, daß Kinder Gottes verlorengehen könnten, so beruht dieses auf einem Nichtverstehen dieser Stellen, die in Wirklichkeit nicht von Kindern Gottes, sondern von Menschen reden, die wohl „einmal erleuchtet waren“, „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen hatten“, „den Weg der Gerechtigkeit erkannt hatten“, aber doch nicht wirklich geglaubt hatten und daher auch kein Leben aus Gott besaßen. - Weiter hierauf einzugehen, ersparen wir uns, da dieser Gegenstand bereits wiederholt in den „Handreichungen“ behandelt worden ist (siehe Bd. 13, Frage 10, und Fußnote S. 132 des Schriftleiters dazu, in der Hinweise auf viele frühere Fragen gegeben sind) und diese Ausführungen nachgelesen werden können; doch fühlten wir uns gedrängt, obige Feststellung zu machen, weil unsere Frage tatsächlich durch diesen Gegenstand entscheidend beeinflußt wird.

Daß wir diese herrliche Gewißheit haben, daß wir ewiges Leben haben, ewig errettet sind, nicht verlorengehen ewiglich, ist geeignet, uns Gottes Liebe und Gnade großzumachen, unser Herz mit Freude und Dank zu erfüllen, uns zu befestigen und uns ein Ansporn zu sein zu völliger Hingabe und völligem Gehorsam, zu einem Wandel in Heiligkeit und Treue. Wenn jemand meinen würde, auf Grund dieser Gewißheit gleichgültig sein zu können in bezug auf den Willen Gottes und es leicht nehmen zu können in bezug auf die Sünde, der würde damit nur beweisen, daß er diese wunderbare Tatsache der ewigen Errettung nur mit dem Verstande und nicht mit dem Herzen erfaßt hat, und würde anderen Anlaß und das Recht geben, zu bezweifeln, ob er überhaupt errettet ist und nicht vielleicht zu denen gehört, „die das Reich Gottes nicht ererben werden“.

Da wir nicht in das Herz sehen können - das kann nur Gott allein -, bleibt für uns letzten Endes in bezug auf unsere Mitmenschen immer das Wort des Herrn Jesus entscheidend: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Matth. 7,16.20) und das „Siegel“ kennzeichnend: „Jeder, der

jeder, der in Dingen erfunden wird, die solche charakterisieren, „die das Reich Gottes nicht ererben werden“ - wie Gal. 5,19-21 und in den anderen genannten Schriftstellen angeführt -, seitens anderer des Urteils gewärtig sein, daß auch er ein solcher ist. Das ist auch eine - sehr ernst mahnende! - Seite der obenerwähnten mehrfachen Hinweise darauf, daß solche, die solche Dinge tun, „das Reich Gottes nicht ererben werden“, und wenn es auch dennoch wahr bleibt, daß jeder, der wahrhaft aus Gott geboren ist, „ewiges Leben hat“ und „nicht verlorengeht ewiglich“ und demnach „das Reich Gottes ererben wird“, so ist es doch schrecklich traurig und beschämend, den HErrn verunehrend und die Sache des HErrn schädigend, wenn Kinder Gottes durch ihren Wandel zu solchem Urteil Anlaß geben! Prüfen wir unser Leben - auch unser Innenleben, das andere nicht sehen! - ernstlich im göttlichen Lichte des Wortes, daß nicht etwa das eine oder andere der Dinge, die „Werke des Fleisches“ sind - alles, was der Geist uns als Sünde zeigt -, bei uns vorhanden sei! Und wenn etwas vorhanden ist, laßt uns mit aller Entschiedenheit es verurteilen und uns davon reinigen durch Seine Gnade!

Für den zweiten Teil der Frage - wie man sich in der örtlichen Gemeinde solchen gegenüber zu verhalten hat, die in „Werken des Fleisches“ erfunden werden, besonders auch dann, wenn sie nicht bekennen und sich nicht beugen wollen - gibt uns das Wort Gottes auch die notwendige Belehrung.

Daß Ermahnung, vielleicht erst unter vier Augen und dann durch mehrere Brüder, erfolgt ist, setzt die Frage offenbar als geschehen voraus. Sie beschäftigt uns mit dem Fall, daß diese Ermahnung erfolglos geblieben ist. Nicht klar ersichtlich ist aus der Frage, ob die Gemeinde als solche bereits nach der Schrift gehandelt hat und die Frage nur das Verhalten der einzelnen Angehörigen der Gemeinde betrifft, oder ob die Frage auch dahin geht, was die Gemeinde zu tun hat. Bei dieser Ungewißheit über den diesbezüglichen Sinn der Frage wollen wir beides berücksichtigen.

Wenn der Schuldige auf die Ermahnungen nicht gehört hat und die Sünde tatsächlich erwiesen ist - und dieselbe eine solche ist, die Zucht erfordert -, muß die Gemeinde als solche sich mit der Sache beschäftigen und der Schrift gemäß handeln. Und zwar gibt es hierfür zwei Fälle:

Der eine Fall ist der, daß durch die dem Schuldigen zur Last gelegte Sünde dieser als ein „Böser“ gekennzeichnet ist. Wenn dieses außer Zweifel ist, muß die Gemeinde den Schuldigen aus der Gemeinde hinaustun. Das sagt uns klar 1. Kor. 5. Dort handelt es sich um einen Bruder, der sich der Hurerei schuldig gemacht hatte. Es werden aber in V. 10 und 11 noch andere, durch gewisse Sünden gekennzeichnete Personen aufgeführt, mit welchen wir „keinen Umgang haben“ dürfen und die daher, wenn in der Gemeinde gefunden, als „Böse“ aus der Gemeinde hinausgetan werden müssen. Und auch diese Aufzählung soll offenbar nicht als erschöpfende Liste gelten, sondern nur Beispiele vorführen, und schließt daher nicht aus, daß jemand auch durch etwas anderes, als was diese Aufzählung zeigt, als ein „Böser“ gekennzeichnet sein kann. Aber ein solches Hinaustun darf nur geschehen, wenn kein Zweifel darüber ist, daß der Betreffende nach Gottes Wort ein „Böser“ ist, und ist so ernst und verAntwortungsvoll, daß es erst geschehen sollte, wenn alles versucht worden ist, was möglich ist, um dem Schuldigen zurechtzuhelfen.

Der andere Fall ist der in 2. Thess. 3,6-15 bezeichnete, wo es sich nicht um so schwere Verfehlungen handelt wie 1. Kor. 5, sondern um einen Wandel, der „unordentlich“ ist und „nicht nach der Überlieferung“ des Apostels, nicht nach dem, was der Apostel den Thessalonichern geschrieben hatte - „wenn aber jemand unserem Wort nach dem Briefe nicht gehorcht“. In diesem Falle ist der Schuldige nicht als ein „Böser“ zu betrachten und besteht die Zucht nicht darin, daß er aus der Gemeinde hinausgetan wird, sondern nur darin, daß man sich „von ihm zurückzieht“, ihn „bezeichnet“ und „keinen Umgang mit ihm hat“, „auf daß er beschämt werde“. (V. 6 und 14) Diese Zucht geschieht also in einer wesentlich milderen Form als die im ersteren Falle, gemäß dem verschiedenen Charakter der Verfehlung, um die es sich handelt.

Das ist zunächst das, was die Gemeinde als solche in dem einen und in dem anderen Falle zu tun hat.

Wie die einzelnen Angehörigen der Gemeinde sich einem solchen Schuldigen gegenüber zu verhalten haben, ergibt sich aus den genannten Schriftstellen auch ganz klar: In beiden Fallen

durchzuführenden Verhalten aber ein wesentlich unterschiedliches Gepräge dadurch verliehen wird, daß im ersteren Falle verschärfend hinzugefügt wird: „Mit einem solchen selbst nicht zu essen“ (1. Kor. 5,11), während im anderen Falle fürsorgend ermahnt wird: „Und achtet ihn nicht als einen Feind, sondern weiset ihn zurecht als einen Bruder“ (2. Thess. 3,15). Von dem verständigen und treuen Beachten und Durchführen dieser Weisung Gottes in Fällen der Zucht seitens der einzelnen Angehörigen der Gemeinde hängt es zum großen Teil - wenn nicht überhaupt ganz - ab, ob das Ziel der Zucht, die Zurechtbringung des unter Zucht Gestellten, erreicht wird. Wieviel wird darin gefehlt, zum großen Schaden der Gemeinde und des Schuldigen wie der Sache des Herrn überhaupt!

Außerdem gibt es noch einige andere Anweisungen persönlicher Art für unser Verhalten Bösen gegenüber, worauf wir nur der Vollständigkeit halber ganz kurz hinweisen wollen: In Röm. 16,17 wird uns gesagt: „Ich ermahne euch aber, Brüder, daß ihr achthabet auf die, welche Zwiespalt und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab.“ Wenn der hier Gekennzeichnete in der örtlichen Gemeinde ist, wird - nach entsprechender Ermahnung - mit ihm so zu handeln sein, wie oben schon sowohl für die Gemeinde als auch für die einzelnen Angehörigen derselben besprochen worden ist. Kommt der Betreffende aber von außen, so sollen wir ihn nicht aufnehmen und nichts mit ihm zu tun haben! Tit. 3,10 wird uns gesagt, wie wir uns einem „sektiererischen Menschen“ gegenüber verhalten sollen - daß wir ihn „abweisen“ sollen „nach einer ein- und zweimaligen Zurechtweisung“. Und 2. Joh. 10 belehrt uns, daß wir „jemand, der zu uns kommt und diese Lehre nicht bringt“, also ein Irrlehrer ist, „nicht ins Haus aufnehmen und nicht grüßen“ sollen. „Denn wer ihn grüßt, nimmt teil an seinen bösen Werken“ (V. 11).

Alles dieses ist sehr ernst und sollte von uns sorgfältig beachtet und treu befolgt werden!

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Gegenstand! Und zwar weniger wegen seines zweiten Teiles, der „Zuchtfrage“, so wichtig dieselbe an sich auch ist, sondern wegen des ersten, d. h. wegen der unleugbaren Tatsache, daß auch echte Kinder Gottes gleichsam „solches tun“ können und dadurch den Eindruck erwecken, als gehörten sie noch solchen an, die „das Reich Gottes nicht ererben werden“, die also, weil sie nicht den Charakter Gottes tragen, auch nicht in Seine Gemeinschaft passen. Ich muß nochmals sagen: Wie ernst ist das doch! Ja, es könnte sogar zur Folge haben, daß solche Gläubigen, die immer wieder „solches tun“, an ihrer eigenen Errettung oder der Tatsächlichkeit derselben irre werden, zumal wenn andere Gläubige durch das Verhalten ersterer sich von ihnen zurückziehen. Um es für diesen Fall doch gleich zu sagen: Wenn solche schwachen Gläubigen aber unter ihrer oft wiederholten Sünde am Boden liegen, immer wieder, und bußfertigen, ihre Sünden bekennenden Sinn offenbaren, so gilt ihnen 1. Joh. 1,9, und ganz gewiß: Sie werden noch frei von dem, was ihnen so zu schaffen macht. Wenn sie aber sich durchaus nicht beugen wollen, wie die Frage andeutet (und der Brief, der dieselbe enthielt) - ob sie dann wirklich Leben aus Gott haben? oder ob sie dann nicht - trotz vielleicht guten Anfangs - etwa nur einer „gewaschenen Sau“ gleichen (gemäß dem oben in der Antwort A angeführten Bilde) und nur ein Scheinleben geführt haben? Letzte Geheimnisse können wir hier nicht lösen, das kann nur der Herzenskenner, der nicht wie wir auf die „Früchte“ angewiesen ist (vgl. außer den obengenannten Stellen Matth. 7,16.20 noch Kap. 12,33!). Jedenfalls braucht sich der Frageeinsender nicht zu scheuen, solche Leute, die behaupten, Kinder Gottes zu sein, während ihr fortgesetztes Leben das Gegenteil beweist, mit dem richtigen Namen zu benennen und sie nötigenfalls der Gemeinde zur Zuchtanwendung zu empfehlen. Und wenn sie gar nicht wirklich errettet sind, dann gehören sie sowieso nach „draußen“, wo sie vor Gott ihrer Stellung gemäß - und vor Menschen ihren „Früchten“ gemäß ja auch sowieso sind; wobei das erstere, was der Mensch vor Gott ist, natürlich das Entscheidende ist!

Aber nachdem ich in dieser Weise dem Ernst des Gegenstandes - dem Ernst, der uns alle mahnt! - Rechnung getragen habe, möchte ich zur Sache noch etwas hinzufügen, was uns die Richtigkeit der im ersten Absatz obiger Antwort vorgetragenen Meinung bestätigt; also der Meinung, daß der Ausdruck „die solches tun“ nicht ein einmaliges Vollbringen, sondern ein

Auf einer christlichen Konferenz wurde einmal der Satz gesagt: „Die Schrift ist mathematisch-genau.“ Ja, das ist sie auch; mit anderen Worten: wo es darauf ankommt, da gebraucht sie gleichsam so genau abgezirkelte Worte, drückt sich so folgerichtig aus, daß für Sehende oder Sehenwollende jeder Irrtum ausgeschaltet wird. (Nur daß dies leider nicht immer in den Übersetzungen zu erkennen ist!) So hier! Das Wort im griechischen Grundtext, was da für „tun“ gebraucht ist, heißt eigentlich nicht schlechthin „tun“, sondern „handeln“, „ausüben“ „sich mit etwas befassen“, „darin leben“ u. dergl. mehr. Es wird leicht verflüchtigt bezüglich seiner ursprünglichen Bedeutung (besonders zur Zeit der Apostel, als kein reines, feines, klassisches Griechisch mehr gesprochen wurde) - ja, und so tun die nicht gerade unrecht, die es auch hier mit „tun“ übersetzen (wie auch Elb.), aber wer ganz genau verfahren will, der muß die anfängliche tiefere Bedeutung des Wortes erfassen! Ich könnte darüber noch mehr sagen, aber dies mag genügen! Nur noch darauf sei hingewiesen, daß es im Grundtext eine Parallele (gleichlautende Stelle) gibt, wo im Zusammenhang gerade solch eine Sündenreihe angeführt ist und wo eben dieser Zusammenhang es ganz klar macht, daß, „die solches ausüben“ („darin leben“) - Elberf. hat auch hier nur „die solches tun“, aber andere Übersetzungen, z.B. Wiese sind hier oder dort genauer! -, ganz gewiß keine Kinder Gottes sind: Röm. 1,28-32! Letztere Stelle müßte genauer übersetzt gerade umgekehrt zu der in vielem doch so wortgetreuen Elberf. Übers. lauten: „Die, wiewohl sie Gottes Rechtsforderung (Fußnote!) anerkennen, daß, die solches ausüben (darin leben), des Todes würdig sind, es nicht allein tun, sondern auch Wohlgefallen haben an denen, die es ausüben.“ Ja, das inspirierte Wort ist sehr genau! Stellen, wo es auf eine strenge Wortsetzung ankommt, da wird solche auch angewandt. Dank sei Gott dafür!

Wir sehen also, daß die Auslegung unseres teuren Mitarbeiters nicht eine nur auf geistlichen Empfindungen beruhende - und auch hierin richtige! - ist, sondern daß auch der Wortlaut im Grundtext diese Auslegung fordert, es sich somit in der ungefragten Stelle nicht um „in den Kot gefallene Schafe“ handelt, sondern um solche, die in ihm zu Hause sind! Um so ernster aber - noch einmal sei's betont! -, wenn auch wirkliche Kinder Gottes in solchen Dingen mehr als nur

und nicht im Fleisch zu wandeln - im Geiste (V. 22-25), Der und Dessen Macht uns besser zu leiten versteht, als das sich an den Menschen im Fleisch richtende fordernde, aber nicht Kraft gebende Gesetz! Wandeln wir aber dem Fleische gemäß, so stellen wir uns damit unter die ehernen Forderungen des Gesetzes. In dieser Hinsicht ist unsere Stelle ganz ähnlich den Versen 7-10 (9!) in 1. Timotheus! - Wie ernst ist das! Der HErr gebe uns Gnade, als eine „neue Schöpfung“ zu wandeln nach Gal. 6,14.15 (vgl. 2. Kor. 5,17!)!

Was den zweiten Teil der Frage anbelangt, so erübrigt sich angesichts der obigen reichhaltigen Belehrung ein weiteres Eingehen. Bezüglich des Verhaltens gegen den sektiererischen Menschen sei noch auf Frage 3 in Jahrb. 10 hingewiesen, und die Zucht nach 1. Kor. 5 betreffend auf den gewichtigen Aufsatz des Mitschriftleiters A. v. d. K. in Jahrb. 13, S. 241-248! Es kommt mir so vor, als habe dieser Artikel seinerzeit nicht genügende Beachtung gefunden, ward er doch durch Gottes Gnade geschrieben, als gerade schwere Ereignisse in der Gemeinde des HErrn ein gründliches Eingehen auf diese Dinge der Schrift nötig machten. Wieviel Verkehrtheiten unter uns aber würden vermieden, wenn wir uns allemal sagen ließen, vor allem durch das „Wort der Wahrheit“! Auch dazu wolle der HErr Gnade geben, daß wir alle mehr lernen, Seinem Worte stets unterwürfig zu sein „in Wort und Werk und allem Wesen“, und zwar innerhalb wie außerhalb der örtlichen Gemeinde Gottes! Sein Wort genügt für alle Schwierigkeiten. „Sein Wort (allein) macht weise die Einfältigen!“ (Vgl. Ps. 119,130.) Ihm sei Preis!

F. K.

Jonathan.

(1. Sam. 18-23 und 31.)

In dem Artikel „Wessen Sohn ist dieser Jüngling?“ in den „Handreichungen“ (Seite 145) betrachteten wir, wie Saul in David den Lautenspieler und Waffenträger, Jonathan in ihm aber seinen Retter sah.

Nach außen hin mochte es scheinen, als sei ein Wandel in Saul vorgegangen und er ein anderer geworden, aber es war nur ein Schein nach außen. Es genügte ihm völlig, zu wissen, daß der Feind geschlagen sei; David aber war ihm nicht mehr als früher; er war und blieb ihm wie zuvor der Lautenspieler; wir lesen: „David aber spielte mit seiner Hand, wie Tag für Tag.“ (1. Sam. 18,10b) Wohl nahm Saul an jenem Tage David zu sich ins Haus und ließ ihn nicht in das Haus seines Vaters zurückkehren. Geschah dies aus Liebe? Aus Liebe wohl, aber nicht aus Liebe zu David, sondern aus Selbstliebe; nicht, um David zu erhöhen, nahm er ihn ins Haus, sondern um sich in ein gutes Licht zu stellen, seine Großmut zu zeigen, daß er den Mann, der eine so große Tat vollbracht hatte, ehrenhalber in sein Haus aufnahm; aber Liebe zu David kannte sein Herz nicht. Im Gegenteil, dort sah es finsterer aus als je. Es war von bitterem Neid und Haß gegen David erfüllt. Und warum? Weil David größer war als er und Davids Werk seine Ohnmacht offenbarte und ihm die Ehre genommen hatte. Der Jubel des befreiten Volkes: „Saul hat seine Tausende und David seine Zehntausende erschlagen“ entfachte den Grimm Sauls zu heller Glut.

Für Jonathan war David der Gesandte vom Vater, der ihn von der Macht seines Widersachers, des starken Riesen, unter Einsetzung des eigenen Lebens befreit hatte. Und ihm öffnete er sein ganzes Herz: „Da verband sich die Seele Jonathans mit der Seele Davids; und Jonathan liebte ihn wie seine Seele ... Und Jonathan zog das Oberkleid aus, das er anhatte, und gab es David, und seinen Rock bis auf sein Schwert und seinen Bogen und seinen Gürtel.“ (1. Sam. 18,1.4) Zweierlei wird uns in diesen Worten von Jonathan gesagt: erstens, er liebte David wie seine Seele, und zweitens, er entäußerte sich selbst. Warum liebte er ihn so? Weil er gesehen hatte, wie David für ihn in den Kampf zog und sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Von dieser Stunde an gehörte sein Herz David.

Jonathan sah nicht nur das Werk, welches David vollbrachte und durch welches er gerettet war, sondern sein Auge und sein Herz ruhten auf dem, der das Werk getan hatte. Es genügte ihm nicht, zu wissen, der Riese ist tot, wir sind nun frei und können wieder in Ruhe leben und uns erfreuen; sein ganzes Innere neigte sich der Person zu, die ihn befreit hatte. Nicht, als ob er

den Sieg gering achtete, aber der Sieger war ihm mehr als der Sieg. Es war ihm ein Drang und eine Freude des Herzens, sein Oberkleid, seinen Waffenrock, Schwert, Bogen und Gürtel, alles, was ihm früher wertvoll war, abzulegen und zur Erhöhung Davids hinzugeben.

Wie stehen wir zu unserem Erretter? Sollten nicht auch wir unser Herz ganz Dem öffnen, Der uns so teuer erkauft hat? Warum sind unsere Herzen oft so kalt dem Heiland gegenüber? Ist es nicht, weil Er und Sein Werk so wenig vor unserem Auge stehen? Der HErr sagte einst zu Seinen Jüngern: „Sehet Meine Hände und Meine Füße“. Sehen wir sie? Was sagen uns die Hände und Füße unseres Retters? Sagen sie uns nicht, daß Er für uns am Kreuze hing und unser Gericht trug? Kann es dann bei uns anders als wie bei Jonathan sein?

Welch ein liebliches Bild ist Jonathan von der Liebe, die sich selbst aufgibt, um den Geliebten zu erheben! Warum zog er sein Oberkleid, das er anhatte, aus und gab es David, dazu auch seinen Waffenrock, sein Schwert, seinen Bogen und Gürtel? Eben, weil seine Seele ganz in David aufging. David war ihm alles. Diese Selbsthingabe zeigt uns nicht nur, wie groß die Person Davids ihm war, sondern auch, wie völlig er in den Sieg Davids eintrat. Was sollten ihm jetzt nach Davids Sieg noch seine Waffen, die seine Ehre, Würde und Macht ausdrückten? Dieser Kriegsrüstung bedurfte er nicht mehr, nachdem David den Feind geschlagen hatte. Diese Dinge mochten ihm früher wertvoll gewesen sein, aber was sollten sie ihm jetzt, wo er mit David verbunden war? Alle Ehre und Macht gebührte allein David. So finden wir es auch bei Paulus. So wertvoll ihm einst auch die eigene Gerechtigkeit war - als er aber Christus als seinen Retter und Heiland erkannt hatte, da sagte er: „Was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet; ja, wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines HErrn.“ (Phil. 3,7.8)

Wie mußte Davids Herz durch solche Hingabe Jonathans erfreut werden! Und wie ist es mit uns? Erfreuen wir das Herz unseres HErrn durch eine solche Hingabe? Wie leicht sind wir mit unserer Errettung zufrieden, und Er, der sie vollbracht hat, der Erretter Selbst, steht daneben. Gewiß, wir sollen uns unserer Errettung freuen, und es kann gar nicht anders sein, als daß wir uns darüber freuen, aber soll unser Herz bei der Errettung stehen bleiben? Sollte es bei uns

nicht auch so sein wie bei Jonathan und Paulus? Sollten nicht auch wir alles, was uns ehrt und wertvoll ist, Ihm weihen, um Ihn damit zu erhöhen, der für uns in den Tod ging?

David forderte solches nicht von Jonathan, und der HErr fordert es nicht von uns. Es muß eine Tat sein, die einzig und allein aus der Quelle der Liebe hervorgeht. Jonathan vergaß sich selbst; er dachte nur an David. Und so wird es mit uns sein, wenn Christus in unserem Herzen wohnt. Dann ist es so, wie Paulus den Korinthern schreibt: „Die Liebe des Christus drängt uns“ (2. Kor. 5,14) oder den Philippern: „Was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet; ja, wahrlich, ich achte auch alles für Verlust wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, meines HErrn, um derentwillen ich alles eingebüßt habe und es für Dreck achte, auf daß ich Christum gewinne.“ (Phil. 3,7.8)

Diese beiden köstlichen Züge der Liebe und Hingabe, wie wir sie im Alten Testament bei Jonathan und im Neuen Testament in besonderer Weise in Pauli Leben finden, werden auch heute noch bei denen sichtbar, deren Herzen ungeteilt dem HErrn anhangen. Diese Verherrlichung des HErrn, die schon hier unten unser Vorrecht ist, wird in vollkommener Weise im Himmel geschaut: Von den 24 Ältesten, die auf Thronen sitzen, bekleidet mit weißen Kleidern und goldenen Kronen auf ihren Häuptern, wird uns gesagt, daß sie ihre Kronen niederwerfen vor den Thron und sagen: „Du bist würdig, o, unser HErr und unser Gott, zu nehmen die Herrlichkeit und die Ehre und die Macht.“ (Offb. 4,10.11)

Alles dieses ist niedergeschrieben worden, damit auch unsere Herzen in brennender Liebe Ihm entgegenschlagen möchten. Mangelt es aber an dieser Liebe, dann sind wir nicht bereit, Ihm unseren Rock, Schwert und Gürtel hinzugeben; wir werden vielmehr geneigt sein, durch diese Dinge unser Ansehen und unsere eigene Gerechtigkeit zu erhöhen. Möchten wir mehr die wunderbare Herrlichkeit des HErrn erkennen, um uns von allem zu lösen, was noch Ruhm für das Fleisch ist! Wieviel können wir aus Jonathans Verhalten lernen! Welch ein leuchtendes Vorbild ist er für uns in seiner Hingabe und Liebe zu David! Und diese Liebe bewahrte er ihm sein ganzes Leben hindurch.

hierauf eine Antwort zu finden, müssen wir die weitere Geschichte Jonathans betrachten.

In 1. Samuel 30 finden wir den erschütternden Bericht über das Ende Sauls und seiner drei Söhne Jonathan, Abinadab und Malkischua. Jonathan fiel im Kampfe wider die Feinde des Volkes Gottes. Aber hatte David diese nicht besiegt? Gewiß, aber Jonathan kämpfte an der Seite des Mannes, der in den Sieg Davids nicht eintrat, sondern mit seiner eigenen Kraft den Feind besiegen wollte - Davids Sieg und Werk aber nicht anerkannte -, und an der Seite dieses Mannes kam er mit demselben um.

*

Nun wollen wir etwas näher auf Jonathans Geschichte eingehen, die so viele ernste Belehrungen für uns enthält. Wir lesen 1. Sam. 19,1: „... Jonathan aber, der Sohn Sauls, hatte großes Wohlgefallen an David.“ Großes Wohlgefallen! Wenn wir Christus wirklich erkannt haben, so wird unser Herz nicht mit einer vorübergehenden Zuneigung, sondern mit wahrer tiefer Liebe zu Christo und Glauben an Sein vollbrachtes Werk erfüllt, und diese wachsen und erstarken und treiben zum Bekenntnis Seines Namens. So war es auch bei Jonathan.

Wohl herrschte zu jener Stunde noch das Haus Sauls, Gott aber hatte Saul und sein Haus verworfen und David durch Samuel zum König salben lassen. Und wer geöffnete Augen hatte, wußte, daß David der Gesalbte Gottes war. Und so wie damals, so weiß jeder, der dem Zeugnis des Wortes glaubt, daß die Reiche dieser Welt gerichtet und dem Gesalbten Gottes einst unterworfen werden.

Überall in dieser Geschichte sehen wir deutlich das Bild unserer Tage. So wie Saul David und die wenigen Männer, die mit ihm waren, haßte, so haßt die Welt heute Christus und Seine Nachfolger. Laßt uns dies nicht vergessen und uns ständig bewußt sein, daß der Haß gegen Christus auch unser Herz prüft! Auch Jonathan wurde hierdurch auf die Probe gestellt. „Saul redete zu seinem Sohne Jonathan und zu allen seinen Knechten, daß er David töten wolle.“ (1. Sam. 19,1) Jonathan aber sagte es David und trat für ihn ein. O, daß wir überall, wo sich Feindschaft gegen Christus offenbart, das Gleiche tun möchten! Und wie oft fanden wir Haß, wo

wir ihn am allerwenigsten erwarteten! Vielleicht wurden wir zu einigen Freunden eingeladen, die als gute Christen galten. Aber wir fanden bald, daß von allen möglichen Dingen und Personen geredet werden konnte, aber nur nicht von Dem, Den unsere Seele liebt. O, stehe auf, gehe und sage es Jesus, und dann sprich für den HErrn, so wie Jonathan für David sprach! Tust du es nicht, so bedenke wohl, daß du mit deinem Schweigen deinen HErrn verleugnest!

„Jonathan redete zu seinem Vater Saul Gutes von David und sprach zu ihm: Der König versündige sich nicht an seinem Knechte, an David; denn er hat nicht gegen dich gesündigt, und seine Taten sind dir sehr nützlich. Und er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt und den Philister erschlagen, und Jehova hat dem ganzen Israel eine große Rettung geschafft. Du hast es gesehen und dich gefreut; und warum willst du dich an unschuldigem Blute versündigen, indem du David tötest ohne Ursache?“ (V. 4 u. 5)

Das war ein gutes Bekenntnis von seiten Jonathans; der Herr Jesus sagt: „Wer irgend sich Meiner und Meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird Sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn Er kommen wird in der Herrlichkeit Seines Vaters mit den heiligen Engeln.“ (Mark. 8,38) Wenn Jonathan schon gut von David reden konnte, können wir dann nicht noch viel mehr Gutes von dem Herrn Jesus reden? Hat Er uns nicht eine große Errettung bereitet? Gibt es überhaupt etwas Gutes ohne Ihn? O, wieviel Gutes können wir von Ihm berichten! Hat irgend jemand in bezug auf die Sünde Gott verherrlicht, so wie Er es am Kreuze getan hat? Kann jemand ewiges Leben haben anders als durch den auferstandenen Heiland? Kann unser schuldiges Gewissen gereinigt werden ohne das kostbare Blut Jesu Christi? Kennst du in der Geschichte und dem Wesen der Welt etwas, was einen Menschen befähigt, angesichts des Todes mit gutem Mute in die Ewigkeit zu schauen? „Wir sind aber guten Mutes und möchten lieber ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn sein.“ (2. Kor. 5,8) Und noch mehr - hat nicht Er - der von Ewigkeit war und durch den alle Dinge geschaffen - durch Seinen Tod uns einen neuen Platz jenseits der Sünde und des Todes bereitet? Sollen wir nicht, wenn dies Sterbliche Unsterblichkeit anziehen wird, umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit? Und ist der Tag

sein wird, nicht ganz nahe gekommen? Wollen wir dann in diesen wenigen Tagen uns unseres verworfenen HErrn schämen - uns Jesu schämen? Nein, wie Jonathan David in dem gerichteten Hause Sauls bekannte, so und noch viel mehr laßt uns in dieser gerichteten Welt den HErrn bekennen!

Wir lesen nun die Geschichte Jonathans weiter in 1. Sam. 20. Saul trachtete mit wachsendem Haß nach Davids Leben. - „So wie damals der nach dem Fleische Geborene den nach dem Geiste Geborenen verfolgte, also auch jetzt.“ (Gal. 4,29) Verfolgung ist das Los aller wahren Jünger Jesu. „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden.“ (2. Tim. 3,12) Auch der Mund des Herrn Jesus sagte einst zu Seinen Jüngern: „Wenn sie Mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen,“ (Joh. 15,20) und wiederum: „Ihr aber seid es, die mit Mir ausgeharrt haben in Meinen Versuchungen.“ (Luk. 22,28) Dieses Wort zeigt uns, wie hoch Sein Herz die treue Nachfolge Seiner Jünger wertete und schätzte. Wie schwach sie auch waren, wie erfreute aber ihr Ausharren Seine Seele! Und wie kostbar mußte David die Teilnahme und das Eintreten Jonathans gewesen sein und ihm den bitteren Kelch, den er zu trinken hatte, versüßt haben! Der HErr achtet auch auf jedes Werk der Liebe, aber auch des Hasses, welches Ihm oder Seinen Getreuen getan wird. Das beweisen uns Seine Worte vom Himmel: „Saul, Saul, was verfolgst du Mich?“ Was diesen Verfolgten getan wurde, das sah Er an als Ihm Selbst getan. Laßt uns auch beachten, daß wir immer nur nach dem Maß unserer Treue den Haß der Welt tragen werden. Ist es nicht so? Wer sind die, die in unseren Tagen von der großen Masse wirklich gehaßt werden? Sind es nicht gerade die Wenigen, die wirklich in den Fußtapfen des HErrn wandeln? Werden andere, die nicht in Treue wandeln, ebenso verachtet, verspottet und gehaßt wie diese? Welche Hingabe liegt in den Worten Jonathans: „Was deine Seele spricht, das will ich für dich tun.“ (1. Sam. 20,4) Dieser willige Herzensgehorsam ist die Frucht des Glaubens. Überall finden wir Gleiches im Neuen Testament: „HErr, was willst Du, das ich tun soll?“ (Apg. 9,6, Luth.), oder: „Was soll ich tun, HErr?“ (Apg. 22,10) ist der erste Impuls des neuen Lebens in der Seele des bekehrten Saulus; es drückt das vom Heiligen Geist ins Herz gegebene Verlangen aus, den Willen des HErrn zu tun, was Er auch immer begehren mag. Jonathan war bereit, im Hause seines Vaters für David einzutreten und

Sauls Haus Davids Mann.

Aus dem weiteren Bericht des 20. Kapitels sehen wir, wie Jonathan mehr und mehr zu der Erkenntnis kam, daß Saul in seiner Feindschaft den Tod Davids beschlossen hatte, aber völlig gewiß und ohne jeden Zweifel wußte er, daß „Jehova die Feinde Davids (Saul) ausrotten wird, einen jeden vom Erdboden hinweg.“ (V. 15) O, daß diese Erkenntnis ihn von dem Manne, den Gott „vom Erdboden hinweg“ „ausrotten“ würde, geschieden hätte, wieviel Leid würde ihm erspart geblieben sein - doch davon später. Noch eine Probe soll gemacht werden, um Sauls Gesinnung zu erfahren, und diese Probe kostete ihn fast das Leben.

Als es Neumond war und Saul sich zum Mahle setzte, blieb Davids Platz leer. Mit dem warmen Herzen der Liebe tritt nun Jonathan für David ein und entschuldigt ihn bei seinem Vater. Die Folge war, daß nun der ganze Haß und Zorn Sauls über Jonathan entbrannte. Er sprach zu ihm: „Sohn einer widerspenstigen Verkehrten!

weiß ich nicht, daß du den Sohn Isais auserkoren hast zu deiner Schande und zur Schande der Blöße deiner Mutter? Denn alle die Tage, die der Sohn Isais auf Erden lebt, wirst du nicht feststehen, weder du noch dein Königtum; und nun sende hin und laß ihn zu mir holen, denn er ist ein Kind des Todes!“ Kühn aber Antwortete Jonathan seinem Vater Saul: „Warum soll er getötet werden? was hat er getan? Da warf Saul den Speer nach ihm, um ihn zu treffen; und Jonathan erkannte, daß es von seiten seines Vaters beschlossen sei, David zu töten.“ (V. 30-33) Was mußte Jonathans Herz empfinden, als der Speer seines Vaters an ihm vorbeisauste?! Seine Gefühle finden wir in den Worten: „Und Jonathan stand vom Tische auf in glühendem Zorn, und er aß am zweiten Tage des Neumondes keine Speise; denn er war betrübt um David, weil sein Vater ihn geschmäht hatte.“ (V. 34) Wie herzbewegend ist diese treue Liebe Jonathans und welch ein Vorbild für uns! Am Morgen ging Jonathan aufs Feld, um David in der verabredeten Weise von dem Stand der Dinge zu berichten. (V. 35-40) Als der Knabe sich entfernt hatte, machte sich David von der Südseite auf „und fiel auf sein Antlitz zur Erde und beugte sich dreimal nieder; und sie küßten einander und weinten miteinander, bis David über die Maßen weinte. Und Jonathan sprach zu David: Gehe hin in Frieden! Es sei, wie

wir beide im Namen Jehovas geschworen haben, als wir sagten: Jehova sei zwischen mir und dir und zwischen meinem Samen und deinem Samen auf ewig! - Und David machte sich auf und ging hinweg; Jonathan aber kam in die Stadt.“ (V. 41-43)

Können wir nicht nachfühlen, welch ein Schmerz durch Davids Seele ging? Er weinte vor Schmerz über die Maßen. Wie konnte Jonathan den weinenden Freund in dieser Stunde verlassen? So möchten wir fragen, wenn wir unser eigenes Herz nicht kennten. Und doch ist der Schmerz Davids nur ein Schatten von den viel tieferen Leiden und Schmerzen des von der Welt verworfenen, eingeborenen Sohnes Gottes. An Davide Schmerz können wir ein wenig verstehen von dem, was der HErr litt, als die Menschen schrien: „Hinweg mit diesem, kreuzige Ihn!“ und die Jünger Ihn verließen. Und erfüllt dieser Ruf nicht heute noch die Welt, und sind die Jünger Jesu heute treuer?

Wir sind jetzt zu einem entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte Jonathans gekommen. Es ist ein sehr ernster Punkt. Um den vollen Ernst zu verstehen, müssen wir uns klar vor Augen halten, daß wir in David ein Vorbild von dem verworfenen Christus und in dem Hause Sauls ein Bild von der Welt und in Jonathan und in den Männern um David ein Bild von den Gläubigen finden, die den verworfenen Christus als ihren HErrn und Heiland angenommen haben. So wie Saul damals David haßte und verfolgte, so und noch viel mehr haßt und verwirft heute die Welt Christus, den Gesalbten Gottes.

Gott trägt heute noch die Welt in Langmut, so wie Gott das Haus Sauls die ganze Zeit der Verwerfung Davids hindurch in Langmut trug. Jedermann konnte sehen und wissen, daß David der Erwählte und Gesalbte Gottes war. Auch Jonathan wußte dies. Wir sehen dies aus seinen eigenen Worten bei seiner letzten Begegnung mit David. (1. Sam. 23,17) Und nun muß ich, so schwer es mir ist, auf die Sache zu sprechen kommen, in der Jonathan fehlte. Es ist wirklich schmerzlich, dies tun zu müssen. Warum? Ach, weil so manche Jonathans in unseren Tagen sind. Ist es nicht traurig, den Gesalbten Gottes zu kennen, Ihn zu lieben, Ihn zu bekennen, sich Seiner zu erfreuen, den Wunsch im Herzen zu tragen, Ihm in dieser Welt zu dienen und doch in Einem zu fehlen? Weißt du, was dies eine ist?

Vielleicht sagst du: „Alles, was bisher von Jonathan gesagt ist, trifft durch Gottes Gnade auch bei mir zu. Auch ich kenne eine Zeit, wo ich mir meiner Sündenschuld bewußt wurde und wo ich mit Furcht in das Tal des Todes schaute und keine Rettung und keinen Frieden fand, bis der Heilige Geist mir Jesus, den Gesandten Gottes, offenbarte und ich Ihn glaubend als meinen Heiland annahm.“ Nicht wahr, da verband sich deine Seele mit dem HErrn, wie sich einst Jonathans Seele mit David verband? Mancher Fehltritt mag seit dieser Zeit getan sein; aber kannst du mit Petrus sagen: „HErr, Du weißt alle Dinge, Du weißt, daß ich Dich lieb habe“? Ist Er dir alles? Bist du wie Jonathan im Hause Sauls ein Zeuge für deinen HErrn in deiner Stadt, in deinem Hause, im Angesicht derer, die Ihn hassen? Wenn es so ist, ist es dann nicht schmerzlich, wenn bei allem diesen doch wie bei Jonathan eins dir fehlt?

Hast du die letzten wenigen Worte über Jonathan beachtet? (1. Sam. 20,43): „Und David machte sich auf und ging hinweg; Jonathan aber kam in die Stadt.“ Wohin ging David? Im 22. Kapitel finden wir ihn in der Höhle Adullam. „Als seine Brüder und das ganze Haus seines Vaters es hörten, kamen sie dorthin zu ihm hinab... und es waren bei ihm an vierhundert Mann.“ (1. Sam. 22,1.2) Aber unter diesen vierhundert Mannen, die bei David waren, fehlte einer, und dieser eine war - Jonathan. Vielleicht sagt jemand: „Wie ist es möglich, daß Jonathan nicht zu David in die Höhle Adullam ging? Wußte er denn nicht. daß David König werden würde?“ Nun, wir brauchen nur die letzte Unterredung Jonathans mit David zu lesen, um eine klare Antwort Auf diese Frage zu finden. Wir lesen in 1. Sam. 23,16-18: „Da machte sich Jonathan, der Sohn Sauls, auf und ging zu David in den Wald und stärkte seine Hand in Gott. Und er sprach zu ihm: Fürchte dich nicht! denn die Hand meines Vaters Saul wird dich nicht finden; und du wirst König werden über Israel, ... Und David blieb im Walde, und Jonathan ging nach seinem Hause.“ Und dieses Haus war das Haus des von Gott verworfenen Sauls, von dem er wußte, daß Jehova es vom Erdboden hinweg ausrotten würde. Hier ist kein Irrtum möglich. Wir sehen somit aus seinen eigenen Worten, daß Jonathan bestimmt wußte, daß David König über Israel sein werde und daß das Haus Sauls verworfen war. Und doch ging er nicht aus diesem Hause heraus und nahm nicht seinen Stand, den wahren Platz des Glaubens, mit dem

Lieber Leser, weißt du das Ende des gegenwärtigen Zeitlaufs? Weißt du, daß, wenn sie sagen: „Friede und Sicherheit!“, dann ein plötzliches Verderben über sie kommt? Weißt du, daß das Gericht am Hause Gottes beginnt? Weißt du, daß so, wie das abtrünnige Haus Sauls verworfen wurde, die abgefallene Christenheit aus Seinem Munde ausgespien werden wird? Siehst du Laodicäa nicht um dich? Der HErr zeichnet uns ihren Zustand mit den Worten: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts.“ (Offb. 3,17) Und welch ein Ausposaunen und Rühmen von Werken und Taten! Welche Vergötterung großer Männer und Namen in unseren Tagen! So groß wie Laodicäa, so groß stand Saul auch einst in den Augen der Welt dem verworfenen David mit seinen 400 Mannen gegenüber, aber wie erschütternd war das Ende! Und nun, lieber Leser, weißt du, daß der verworfene Jesus zur Rechten der Majestät in der Höhe ist und daß Gott beschlossen hat, alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße zu legen? Bald kommt der HErr mit gebietendem Zuruf, um alle die Seinigen in der Luft mit Sich zu vereinigen, um dann mit ihnen herniederzukommen und alle die zu richten, die dem Evangelium nicht gehorchten. Ich bin überzeugt, du weißt, daß dieses alles sicher geschehen wird. Nun, laß mich dich fragen: Weißt du auch, daß jetzt am Tage Seiner Verwerfung durch das Wirken des Heiligen Geistes viele das Lager der religiösen Welt verlassen und Seine Schmach tragen und sich um den verachteten Christus versammeln, so wie sich einst jene 400 um David in der Höhle Adullam versammelten? Bist du unter diesen? Jene 400 waren keine glänzende Schar, aber sie waren um den gesalbten David versammelt. Ach, daß doch Jonathan auch in ihrer Mitte gewesen wäre! Sein Leib würde dann nie an der Mauer von Beth-Schan gehangen haben. Ist es nicht eine ernste Frage an dich: Wo bist du? Baust du Holz, Heu, Stroh, Stoppeln mit an dem gerichteten Hause Sauls - an der großen Namenchristenheit, die da bekennt, Gottes Gemeinde zu sein und doch in Wirklichkeit nichts weiter ist als ein System dieser Welt? O, laß mich dich fragen: Hast du deinen Platz außerhalb des Lagers mit dem verworfenen, aber wiederkommenden Herrn Jesus eingenommen? Vielleicht sagst du: „Ach, diese abgesondert stehenden Gläubigen sind gar komische Leute.“ So hätte auch Jonathan von den 400 Männern, die bei David waren, sagen können. Aber die Frage ist: Was ist dir Jesus? Ist Er es nicht wert, um Seinetwillen alles zu verlassen und dich eins mit Ihm zu machen? Gehörst du nicht Ihm an?

wenn es auch nur wenige sein sollten), die durch Gottes Gnade alles aufgegeben haben, um diesen gesegneten Weg der Nachfolge ihres HErrn zu gehen, obwohl die Welt von solchen, (wie in den Tagen Pauli) sagen mag, daß sie eine Sekte seien - „eine Sekte, der allenthalben widersprochen wird.“ (Apg. 24,5.14; 28,22)

Laßt uns ganz offen und klar die Dinge in ihrer Wirklichkeit anschauen! Ist es nicht so, wie damals das Haus Saul dominierte, daß so heute das große Haus des Namenchristentums vorherrscht, und wie sich damals 400 Männer absonderten, um Davids Verwerfung zu teilen, sich auch heute Gläubige absondern, um die Schmach und Verwerfung ihres HErrn zu tragen? Und wenn du, lieber Leser, ein Gläubiger bist, so wirst du entweder auf dieser oder auf jener Seite stehen.

Vielleicht sagst du: „Ich habe mein Brot in diesem religiösen System.“ Das ist gewiß keine leichte Sache. Bei Jonathan war es ebenso, aber siehe, das Ende seines Weges war an der Mauer von Beth-Schan! Vielleicht sagst du: „Du mußt doch auch den Einfluß in Betracht ziehen, den ich ausübe und ausüben kann, wenn ich dableibe, wo ich bin. Bedenke die große Gemeinde und die vielen Gelegenheiten, für den HErrn zu sprechen! Wenn ich meinen Platz dort aufgebe, so ist doch gar nicht daran zu denken, bei den Wenigen, die sich im Namen Jesu versammeln, wieder solche Gelegenheit zu haben. Und meine ganze Familie würde gegen mich sein, und auch mein Einfluß in dem Zeugnis für den HErrn würde bei ihnen gehindert sein.“ Mein teurer Freund, hätte nicht Jonathan genau so reden können wie du jetzt? Sag, warum verlor er seinen Lohn für die Liebe und Dienste, die er einst David getan hatte? Wie kam er zu der Schande, an der Mauer von Beth-Schan zu hängen? Geschah es nicht, weil er nach denselben Grundsätzen tat, nach denen so viele in unseren Tagen handeln? Er hing noch am Äußeren, er hing noch an dem Hause, welches Gott verworfen hatte, und er zögerte, seinen Platz mit den armen und verachteten Nachfolgern des Gesalbten Gottes einzunehmen. Du weißt so gut wie ich, daß der Name des HErrn mit all den weltlichen Dingen und menschlichen Einrichtungen, die mit Seinem Worte in Widerspruch stehen, nicht verbunden werden kann. Können wir dann damit verbunden sein? Wenn du den Herrn Jesus lieb hast - wenn es dein Wunsch ist, zu tun, was Ihm

verstehen, die von Ihm zeugt. Ist es nicht eine traurige Sache, unsere Zeit, unsere Kraft für etwas aufzuwenden, das, wenn der Herr kommt, dem Feuer übergeben wird? Christus und die Welt, auch die fromme Welt, können nie miteinander verbunden werden.

Wie inhaltsschwer sind doch die Worte: „David machte sich auf und ging hinweg; Jonathan aber kam in die Stadt“; und wiederum: „David blieb im Walde, und Jonathan ging nach seinem Hause.“ (1. Sam. 20,43; 23,18) Einzelne Besuche und gelegentliche Gemeinschaft und dann wieder zurück ins Haus Saul genügen nicht. Du magst die vier Charakterzüge, die wir in Jonathans Geschichte finden, als Kennzeichen einer wahren Bekehrung tragen und doch deinen Lohn verlieren! Gleich Jonathan mag 1. deine Seele in wahrer Liebe an dem HErrn hangen, weil du in Ihm das Lamm Gottes erkannt hast, das die Strafe deiner Sünden trug (1. Sam. 18,1), 2. magst du dich selber entäußert haben um Jesu willen (V. 4), du magst auch 3. den Herrn Jesus bekennen und dein Wohlgefallen an Ihm finden (Kap. 19,1-5), und 4. magst du wünschen, alles zu tun, was der Herr Jesus von dir wünscht (Kap. 20,4); aber wie ist es mit dem letzten Schritt, den Rebekka tat, die alles verließ, um zu Isaak zu kommen? Bist du willig, alles zu verlassen und aufzugeben, um in voller Hingabe und Einsmachung an der Seite deines verworfenen Heilandes mit denen gefunden zu werden, die sich in Seinem Namen versammeln?

Das letzte Mal, wo Jonathan David aufsuchte, war im Walde der Wüste Siph. Von diesem traurigen Augenblick an, wo er David im Wald ließ und er nach „seinem“ Hause ging, hören wir nichts wieder von Jonathan, bis wir zu dem letzten Kapitel seiner Geschichte kommen. (1. Sam. 31)

Und, lieber Leser, einmal wird auch ein letztes Kapitel deiner und meiner Geschichte kommen, Es handelt sich hier nicht um die Frage unserer ewigen Errettung. Der HErr sagt von Seinen Schafen: „Und sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand rauben.“ (Joh. 10,28) Aber wir lesen von solchen, die „gerettet werden, doch so, wie durchs Feuer“. (1. Kor. 3,15) Es handelt sich in unserer Geschichte um die Erlangung oder um den Verlust des Lohnes. Verlor Jonathan nicht den Lohn für seine einstige hingebende Liebe? Ach, er wurde erschlagen auf dem Gebirge Gilboa und fand sein Ende dort zusammen mit dem

gottlosen Saul, und sein Leichnam hing neben dessen Leichnam an der Mauer von Beth-Schan. Dieselben Philister, die David überwunden hatte, konnten jetzt seinen Leib dem Spott und Hohn preisgeben. Davids herzbewegende Klage über Jonathan zeigt uns, wie groß Jonathans Verlust war. (2. Sam. 1,20-26)

Dies sind nur einige wenige Gedanken über diese ernste Geschichte. Doch erwäge sie recht, lieber Leser! Bald wird unser HErr in Herrlichkeit offenbart werden. Möchtest du einen reichlichen Eingang in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus haben? (2. Petr. 1,11) Dann mache es nicht wie Jonathan, lasse Ihn nicht im Walde in der Wüste, indem du nach „deinem Hause“ gehst. Wie köstlich ist die Gemeinschaft mit dem HErrn!

O,laßt uns zu Ihm hinausgehen außerhalb des Lagers (des religiösen Systems), Seine Schmach tragend. (Hebr. 13,13)

Es war ein Tag der Probe für Jonathan, und auch wir haben unseren Tag, wo wir auf die Probe gestellt werden, ob wir Vater oder Mutter mehr lieben als Ihn und ob wir bereit sind, einen verworfenen und geschmähten Christus allen natürlichen Banden und jeder Stellung in der Welt vorzuziehen. Die Losung: „David oder Saul“ besteht heute noch. Es handelt sich um ein vollständiges Abgesondert- und Ihm-unterworfen-Sein. „Wenn wir mitleiden, werden wir auch mitverherrlicht werden“ (Röm. 8,17). Wir können nicht zwei Herren dienen, wir können nicht aus dem Hause Sauls herausgehen und zugleich in demselben leben. Wenn du mit Christo gestorben und mit Ihm auferweckt worden bist, dann bist du berufen wie jene Vierhundert, die zu David hinab in die Höhle Adullam gingen, ein Zeuge des Todes und der Auferstehung Christi zu sein. Sind wir durch Sein Blut gewaschen und durch Sein vollendetes Werk gerettet, dann gebe Er dir und mir Gnade, Ihm anzuhangen mit einem ungeteilten Herzen und Ihm zu folgen, wohin Er uns durch das Licht Seines Wortes führt!

S. - A. v. d. K.

 

 

Hebt das Haupt empor!

Überall Verwirrung, Lüge, Haß und Streit,

Und auf allen Seiten Ungerechtigkeit.

Schmerzen ohnegleichen, Leiden ohne Zahl -

Doch in all dem Dunkel leuchtet uns ein Strahl:

Sind auch die Gerichte unermeßlich groß,

Bergen sie die Gnade doch in ihrem Schoß.

Durch das tiefste Dunkel strahlt der Liebe Licht,

Und zum ew'gen Siege geht es durch Gericht!

Ob auch Reiche stürzen, ob die Erde wankt -

Christus hat für immer doch den Sieg erlangt.

Hebt auch über Trümmern Antichrist sein Haupt:

Herrschen wird ohn' Ende Der, Dem wir geglaubt!

Drum, was es auch koste, hebt das Haupt empor,

Öffnet eure Augen, öffnet Herz und Ohr!

Bald wird nach den Tränen Gottes Reich ersteh‘n

Und das höchste Sehnen in Erfüllung geh'n!

Eva v. T.-W. †

Frage 15

Darf man sagen - wie ich kürzlich hörte -, daß das Verhalten der Gläubigen nach Apg. 2,44.45 unrecht oder „nicht nach dem Willen Gottes“ gewesen sei?

Antwort A

Wer sagt, das in den angegebenen Versen geschilderte Verhalten der Gläubigen sei unrecht - nicht nach dem Willen Gottes - gewesen, geht bei diesem Urteil offenbar von dem gegenwärtigen Zustand der Verhältnisse unter den Gläubigen und von einer nicht zutreffenden Vorstellung über das in V. 44 Gesagte aus. Der Zustand von heute ist aber sehr verschieden von dem von damals; deshalb müssen wir versuchen, den damaligen Zustand uns zu vergegenwärtigen; und wir müssen versuchen, unsere Vorstellung über die Sache aus dem Worte selbst zu gewinnen; und im Lichte dieser Dinge müssen wir das erwähnte Verhalten der Gläubigen beurteilen.

Die V. 42-47 des 2. Kap. der Apgesch. zeigen uns den ganz anfänglichen Zustand der Versammlung (Gemeinde). Dieser war gekennzeichnet durch völlige Hingabe an den HErrn, sichtbar in allem Verhalten der Gläubigen. Was sie gesehen und gehört und an sich erfahren hatten - sie wußten, daß ihre Sünden vergeben waren, daß sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen hatten, daß der Gekreuzigte und Auferstandene und zur Rechten Gottes Erhöhte, an den sie glaubten, der verheißene und von ihnen erwartete Messias ist, von Gott „sowohl zum HErrn als auch zum Christus gemacht“ (V. 36), und daß sie durch Ihn errettet waren von dem kommenden Gericht und mit Ihm gesegnet werden sollten -, wirkte so mächtig auf sie und machte ihnen den HErrn so groß, daß sie sich Ihm ganz übergaben, und die Folge hiervon war, daß sie sich durch Ihn so völlig miteinander verbunden und so völlig gleichbegnadigt und gleichgesegnet wußten, daß sie dieses auch äußerlich zum Ausdruck brachten, indem sie „alle beisammen waren und alles gemein hatten“, so wie V. 44 und 45 es berichten.

Die Vertreter der Auffassung, dieses Verhalten der Gläubigen sei nicht nach Gottes Willen gewesen, denken sich vielleicht nach V. 44 ein alle Gläubigen äußerlich zusammenschließendes Gemeinwesen, abgeschlossen von der Umwelt, wie es später in dem Klosterwesen seinen Ausdruck fand. Wenn es so gewesen wäre, dann wäre dieses Verhalten tatsächlich nicht nach Gottes Willen gewesen, denn ein solches äußerliches Zurückziehen und Abschließen von der uns umgebenden Welt ist nicht nach Gottes Willen und Gedanken, sondern Er will, daß wir in der Welt, da, wo Er uns hingestellt hat, Ihn verherrlichen und Seine Zeugen sind. Diese obenbezeichnete Vorstellung über das in V. 44 Gesagte ist aber offenbar irrig, denn in V. 46 wird uns gesagt, daß sie „täglich einmütig im Tempel“ - nicht im eigentlichen Tempel, dem Heiligtum, selbst, sondern in den dazugehörenden Gebäuden, die für solche Zwecke zur Verfügung standen - „verharrten und zu Hause das Brot brachen“. Daraus ergibt sich klar, daß das „alle ... waren beisammen“ nicht ein Beisammenwohnen bedeutet, denn das konnte ja „im Tempel“ nicht sein, sondern nur darin bestand, daß sie täglich im Tempel zusammenkamen und dort einmütig beisammen verharrten, wodurch ihrem aus dem Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Verbundenseins geborenen Herzensdrange entsprochen wurde und sie zugleich die Gelegenheit hatten, die „Lehre der Apostel“ entgegenzunehmen und vielleicht auch gemeinsam „in den Gebeten“ zu „verharren“ (V. 42); und daß sie nach wie vor ihr „zu Hause“, also die einzelnen ihr eigenes Heim, ihre eigene Wohnung hatten.

Daher sind wir der Überzeugung, daß es keineswegs gegen Gottes Willen war, daß alle, welche glaubten, beisammen waren. Im Gegenteil finden wir darin etwas von dem, was in der Herrlichkeit sein wird, wenn der HErr uns verherrlicht dorthin gebracht haben wird, wo Er uns die Stätte bereitet hat: Dann werden wir für immer „alle beisammen“ sein! Möchten wir ein tieferes Empfinden von dieser herrlichen Tatsache haben und schon jetzt viel mehr uns zueinander hingezogen fühlen in herzlicher Liebe! (Joh. 13,34.35; Röm. 12,10; 1. Petr. 1,22; 1. Joh. 5,1b. Bitte diese Stelle jetzt zu lesen!) und so die Gelegenheiten zum Zusammenkommen viel mehr benützen, als es meist geschieht (Hebr. 10,25)!

Was die Gütergemeinschaft betrifft, die in den Worten ausgedrückt ist: „und hatten alles

gemein“ und die wir in Kap. 4,32-35 noch näher beschrieben finden, so haben wir beim Lesen dieser Verse noch ganz unvermeidlich den Eindruck, daß dieselbe ein Ausfluß der Liebe zueinander war. Die Liebe drängte die Herzen derer, welche begütert waren, mit ihren Gütern dem Mangel anderer abzuhelfen. Sie konnten es nicht ertragen, die Fülle und Überfluß zu haben und andere Not leiden zu sehen. Sie sagten sich jeder, was ich habe, soll mein Bruder, meine Schwester auch haben; was mein ist, soll auch meinem Bruder, meiner Schwester gehören. Ihr Herz war gelöst von dem irdischen Besitz durch den Besitz einer „besseren und bleibenden Habe“ (Hebr. 10,34) und erfüllt von Liebe zueinander. Und was so herrlich ist: Es waren nicht nur einzelne, in denen die Liebe so wirkte, sondern „die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele“ (4,32a) - alle waren von gleicher Liebe zueinander erfüllt. Wie groß und kostbar! Wie könnte man sagen, daß dieses nicht nach Gottes Willen gewesen sei? Nimmermehr! Im Gegenteil: das war ganz nach Seinem Willen- eine Wonne für Sein Herz! Daß doch unsere Herzen mehr hiervon verstehen und empfinden würden! Dann würden wir nicht nur viel glücklicher sein, sondern auch viel gesegneter und für andere ein Segen sein!

Selbstverständlich wäre es eine große Verirrung und ein Zeichen völliger Verkennung des gegenwärtigen Zustandes und der gegenwärtigen Verhältnisse, wenn wir danach streben und versuchen wollten, den in Apgesch. 2,44.45 und 4,32-35 gezeigten Zustand jetzt wieder aufrichten zu wollen. Das wäre darum vollkommen irrig und verfehlt, weil die unerläßliche Voraussetzung dafür, die damals vorhanden war, gegenwärtig fehlt: daß „die Menge derer, die gläubig sind“ - also alle Gläubigen - „ein Herz und eine Seele“ sind, oder in anderen Worten: daß die Versammlung (Gemeinde) gänzlich rein und unverdorben ist! Das ist sie nur zu Anfang ganz kurze Zeit gewesen, und sobald sie es nicht mehr war, hat jener liebliche Zustand aufgehört, weil er von dem Augenblick an, wo dieses fehlte, nicht mehr möglich war. Das sehen wir in der Apostelgeschichte von Kap. 5 an: Ananias und Saphira waren untreu in dieser Sache - sie waren nicht mehr alle „ein Herz und eine Seele“, das Böse hatte Eingang gefunden! -, und in Kap. 6 finden wir schon Murren über das Übersehen von Witwen bei der täglichen Bedienung. Es war vorbei mit dem schönen - ach, so schönen -, unsere Herzen so erquickenden Zustande

schlimmer geworden, und wir finden im Worte Gottes nichts, was uns auch nur einen Schimmer von Hoffnung auf eine Wiederherstellung der Versammlung (Gemeinde) zu ihrem ursprünglichen reinen Zustande geben könnte, sondern das Gegenteil (s. 2. Tim.; 2. Petr.; Judas; Offenb. 1-3). Deswegen finden wir auch keinerlei Ermahnung in den Briefen, Gütergemeinschaft zu üben. Aber wir finden die Ermahnung, Liebe zu üben - einander zu lieben „in Tat und Wahrheit!“ Das können wir auch bei dem gegenwärtigen betrübenden Zustande - nicht Gütergemeinschaft haben, aber dem Bruder, der Schwester helfen, wenn wir sie in Not sehen und es uns möglich ist zu helfen. Den anfänglichen lieblichen Zustand wiederherstellen können wir nicht, aber in demselben Geiste und in derselben Liebe handeln können wir. Dazu wolle der HErr unsere Herzen mehr und mehr fähig machen durch Seine Liebe! (Hierzu bitten wir noch zu lesen: Röm. 12,13a; Gal. 6,9.10; Hebr. 13,16; 1. Joh. 3,16-18.) -

Also die Frage ist mit Nein zu beAntworten. Das Verhalten der Gläubigen in Apgesch. 2,44.45 war recht und nach Gottes Willen.

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Vorstehende ernstbelehrende und lieblich-erbauliche Darstellung wird gewiß vielen zum Segen sein. Der HErr gebe Gnade dazu!

Wie ich bei nachträglichem Wiederdurchlesen des Fragebriefes gesehen habe, habe ich mich in der Wahl der Grundstelle geirrt: nicht wegen Apgesch. 2,44.45 wurde angefragt, sondern wegen Erweiterung ersterer Stelle in Apgesch. 4,32-35. Da aber beide Stellen unauflöslich zusammengehören, indem beide der trübungslosen ersten Zeit der Gemeinde angehören (d. h. vor Kap. 5), so hat es mit diesem Versehen nichts auf sich, zumal in obiger Antwort Beide Stellen behandelt sind.

Die Sachlage, aus der heraus die Frage entstanden ist, scheint mir sehr ernst zu sein. Der

Frage niedergelegte Auffassung vertreten gehört, daß die Gläubigen nicht nach Gottes Willen gehandelt hätten, als sie eben gemäß Apgesch. 4,32-35 (ja sogar 36.37 wurde unter diesem Gesichtswinkel gesehen!!) verfuhren. Der langbekehrte Frager und die Seinen waren durch diese Worte beunruhigt, um so mehr, als die Äußerungen so öffentlich getan wurden. Er meinte, und wie ich glaube, mit vollem Recht, daß man nicht in einer großen Versammlung verkünden dürfe, die ersten Christen hätten „nicht richtig“ gehandelt in diesem Stück! Daher die Frage an die „Handreichung“-Schriftleitung!

Und ich muß sagen, ich halte solche Kritik an den „ersten Christen“ für eine schwere Entgleisung, selbst wenn sie aus dem berechtigten Gedanken der notwendigen Abwehr gegen heutige falsch verstandene Gütergemeinschafts- oder (christliche) Gemeinwesens-Lehren entstanden sein sollte, was ja um so näher liegt, als der sogenannte christliche Kommunismus derlei Bestrebungen befürwortet und durchzuführen sucht. Wenn auch dieser letztere nicht solche Grundsätze verfolgt wie der politische Kommunismus mit seinen letzten politischen Früchten der „Kollektive-Wirtschaft“ des Sowjetstaates Rußland, in welchem es nur heißt: „Gib, gib, gib her!“ - wenn auch, wie gesagt, der christliche Kommunismus versucht, zu handeln nach den Grundsätzen der Bibel: „Nimm, nimm, nimm hin!“ - so wäre es doch grundverkehrt, ihm heute das Wort zu reden, und zwar weil, wie oben sehr klar gesagt ist, die Voraussetzungen für solches Tun fehlen. Die Gemeinde Gottes ist nicht das, was und wie sie sein sollte und wie sie in jener Anfangszeit war! Zerrissenheit, Sünde, Weltliebe, kurz Satansmacht in aller möglichen Hinsicht, Kompromisse mit der Welt, religiöses Schwätzertum und Formwesen jeder Art hat sie verwüstet, und die hin und her sich aus dem Chaos menschlicher Meinungen auf den „Felsen der Bibel“ rettenden Trümmer können weder innerlich noch äußerlich jene herrlichen Zustände wiederherstellen; sie haben auch keine Verheißung dafür, daß es geschehen werde, noch sind ihnen (d. h. uns Gläubigen allen) Anweisungen gegeben, wie wir's etwa beginnen sollten.

Aber wenn wir in allem „zurückkehren zum Anfang“, wie ein - nach 1. Joh. 2,24 u. a. - oft gebrauchter Ausdruck lautet? Auch dann kommen wir einzelnen nicht zu der buchstäblichen Darstellung jenes Anfangszustandes, der ja nicht gesetzlich gefordert wurde, sondern der ein

uns bemühen, im Gehorsam gegen das Wort die großen Grundsätze des Zusammenkommens der Gemeinde nach Apgesch. 2,42 (wie in obiger Antwort Beschrieben!) auf uns, d. h. auf jeden kleinen örtlichen Kreis immer besser anzuwenden, und wir werden bei all unserer Schwachheit, im Bewußtsein, daß wir nichts sind, uns der Treue des HErrn erfreuen dürfen, daß Er uns erlaubt, in geringem Maße jene Grundsätze zu verwirklichen, und wo es in Demut und Abhängigkeit, Wahrheit und Liebe geschieht, da wird auch die praktische Bruderliebe zunehmen (wie oben gezeigt! Vgl. noch Jak. 2,15.16 und 1. Thess. 4,9.10!); aber jenes, was einmal so schön war, wiederherzustellen wird uns nie gelingen eben wegen der Zerrissenheit und Uneinigkeit des Volkes Gottes, die nicht geringer wird, sondern eher zunimmt am Ende der Tage. Gewiß mag es hier und da Zusammenschlüsse von vordem getrennt gewesenen Gläubigen geben - neben manchen dahingehenden unbiblischen Bestrebungen auch biblische - aber „die Menge“ der Gläubigen (4,32) rückt dennoch nicht (wahrhaft) zusammen! Die unselige Zerrissenheit bringt uns um die schönsten Fruchte der Liebe Christi! Ein unschriftgemäßes Sichvereinigen aber, ohne völlige Absonderung von der Welt, dürfte nicht ein „Zurückgehen zum Anfang“ genannt werden und würde auch nicht die Folgen von Apgesch. 4,32 haben!

Dennoch, wo die Liebe wächst, da wachsen auch die Bemühungen derselben (1. Thess. 1,3)! Und das ist köstlich und wird in jeder (örtlichen) Gemeinde zu spüren sein! Nur die Liebe brachte jenes uns so erquickende Verhalten hervor, keine Vorschrift dazu war erlassen, wie uns ja gerade die Geschichte von Ananias und Saphira zeigt (vgl. Apgesch. 5,4!), und wer daher sagt - aus was für einem Grunde auch immer - das Tun jener ersten Christen sei unrichtig, sei gegen Gottes Willen gewesen, der kritisiert nicht nur jene in ihrer geistlichen Gesinnung uns so turmhoch überragenden ersten Christen, sondern der übt auch gewissermaßen (natürlich ungewollt) an Gott selber Kritik, Der, weil Er Liebe ist, diese Liebe in den Seinen gewirkt hatte! Gottgewirkte Liebe läßt sich nicht einzwängen in die Zwangsjacke menschlicher Überlegungen, sie geht ihren eigenen Weg, der Vernunft oft entgegen, aber sie kann auch nicht kopiert, nicht nachgemacht werden, und darum, wo Gott sie um unserer, des ganzen Gottesvolkes, Untreue willen nicht mehr wirken kann, da vermögen wir sie auch nicht hervorzubringen, am wenigsten

Fülle sich zeigen!

Gott sei Lob und Preis, der so in jenen „ersten Christen“ wirkte, uns Nachgeborenen zu immerwährender Belehrung, Ermunterung, Erbauung und Erquickung, indem Er in ihnen schaffte, „was vor Ihm wohlgefällig war!“ (Hebr. 13,21) Er wolle es in Gnaden auch in uns tun (Eph. 2,10) nach dem Maße unseres „Glaubens, der in der Liebe tätig sei“ (Gal. 5,6 nach Luther) zu Seines Namens Verherrlichung!

F. K.

Frage 16

Gibt es Gründe dafür, warum das im Alten Testament in den Psalmen öfters genannte, von manchen christlichen Kreisen vielfach gebrauchte Wort „Halleluja“ im Neuen Testament nur in Offb. 19 zu finden ist?

Antwort A

Man könnte ja auch fragen, warum das Wort „Halleluja“ nur noch in dem Buche der Psalmen vorkommt. Es könnte doch auch anderswo gefunden werden! Aber dies ist nur eine einleitende Gegenfrage. „Halleluja“ ist ein zusammengesetztes hebräisches Wort („Hallelu - Jah“) und heißt: „Lobet Jehova“ oder „Lobet Jah“. Wenn man berücksichtigt, daß dieser bestimmte Lobpreis nur als Ausläufer aus einer bestimmten Zeit und aus bestimmten Verhältnissen gezeigt wird und zugleich als Einführer in eine andere Zeit, die Zeit der unumschränkten Herrschaft des Gesalbten Gottes und des Sohnes des Menschen, dann ist es ohne weiteres klar, daß die Zeit noch nicht gekommen ist, ein „Halleluja“ dem wahren Wesen nach zu singen. Am offenkundigsten sehen wir das in der Offenbarung 19,1-6, wo wir dieses Wort viermal finden, die einzigen Male im Neuen Testament. Dies zeigt uns auch, daß wir das Wort „Halleluja“ nicht bei jeder Gelegenheit gebrauchen sollten! Man findet im allgemeinen wenig biblisches Beten und Bezeugen des Wortes. Um bei unserem Wort zu bleiben: Warum haben es nie die Apostel

in ihren Evangelien, Briefen und der Apostelgeschichte gebraucht? Zeigt uns dies nicht auch, daß die Zeit noch nicht gekommen war, wo es zur praktischen Auswirkung in dieser Welt kommen sollte - wenn Sein Lob, und nicht mehr das Lob des Menschen, die Erde, ja, das Weltall, ausfüllen wird? Dies ist nach unserem Verständnis ein Grund mit, daß dieser bestimmte Ausdruck im Neuen Testament nur in dem Buche gefunden wird, das den Abschluß der Bibel bildet, und erst am Ende desselben. Wenn wir berücksichtigen, daß Christus in Luk. 24,44 das Alte Testament in drei Teile gliedert: 1. Gesetz Moses, 2. die Propheten und 3. Psalmen (obwohl zu letzteren allgemein fünf Bücher gehören: Hiob, Sprüche, Prediger, das Hohe Lied und die eigentlichen Psalmen, geben doch die Psalmen diesem Buch oder dieser Sammlung von Büchern besonder Charakter), und wenn wir berücksichtigen, welchen Platz die Psalmen, wo der Ausdruck vorkommt, wieder im Buche der Psalmen haben, dann wird uns doch manches klar und etwas verständlicher, besonders, wenn wir bemerken, daß die letzten fünf Psalmen ausnahmslos mit „Halleluja“ beginnen und auch damit enden, und daß diese fünf Psalmen das gesamte Weltall zum Heiligtum Gottes machen und darin alles ausnahmslos Gott dient, bis das zwölffache Lob des 150. Psalms Himmel und Erde erfüllt. Hier liegen große Forschungsgebiete für den, der Gottes Wort liebt. Nie findet sich ein „Halleluja“ in der Mitte eines Psalms, sondern stets am Anfang oder am Ende. Nur 10 fangen damit an (der eine - Ps. 135 - überschriftlich und V. 3), 13 aber enden damit; das Ende, der Ausgang, ist besonders durch diese Stellung berücksichtigt. Darum finden wir, daß die zwei ersten Psalmen, wo es zum ersten Male vorkommt, 104,35 und 105,45, damit enden, aber nicht damit anfangen. 8 Psalmen: 106, 113, 135, 146, 147, 148, 149 und 150 fangen damit an und enden damit. Wir sehen darin, in dieser Achtzahl, das Aufgeben des Alten und das Einführen des Neuen, zumal die Zahl acht mit dem Neuen in Verbindung steht. Dazu kommt noch, wenn wir die Reihenfolge der Psalmen als vom Geiste Gottes geordnet annehmen, daß die „Halleluja“-Psalmen nie in der Mitte eines Buches der Psalmen stehen, sondern am Anfang oder am Ende, wie z. B. die drei Psalmen, wo es zum ersten Male vorkommt - Ps. 104, 105 und 106, in letzterem am Anfang und am Ende, zusammen vier mal -, am Ende des vierten Buches der Psalmen stehen. Im fünften Buche der Psalmen wird es noch zwanzigmal gebraucht (zusammen im ganzen also vierundzwanzigmal): Ps. 111 und 112 nur als Überschrift, Psalm

115, 116 und 117 nur am Ende, aber nie in einem Psalm, der in der Mitte dieses Buches liegt. Nicht einmal in den berühmten 15 Stufenliedern Psalm 120-134.

Wir wollen damit nur feststellen, was wir anfänglich behauptet haben, daß die „Halleluja“-Psalmen abschließenden und einführenden Charakter tragen, und dies kommt nicht zuletzt in der Offenb. 19,1-6 ganz besonders zum Ausdruck. Das letzte Buch der Psalmen hat viel Ähnlichkeit mit dem letzten Buch der Bibel. Wichtig ist es auch, daß nie die Autoren der „Halleluja“- Psalmen genannt werden; manche führen dies auf die nachexilische Zeit der Entstehung der Psalmen zurück. Aber hat dieser Umstand uns nicht noch etwas anderes zu sagen? Zeigt er uns nicht, daß der Mensch ganz zurücktritt, wenn die Verwirklichung des „Halleluja“ in dieser Welt stattfinden wird? Ist nicht der Herr Jesus der, welcher als Mensch und Gott das „Halleluja“ praktisch in Erscheinung bringen wird bei Seiner herrlichen Erscheinung?

Sehen wir, wie auch dieser tiefe Ausdruck mit Christo so eng verknüpft ist? Werden nicht alle Lobeserhebungen in Ihm gelöst? wie auch alle Fragen unseres Herzens?

Ferner ist wichtig, zu beachten, daß in diesen „Halleluja“- Psalmen nie das Wörtchen „Sela“ gefunden wird, das in anderen Psalmen so häufig gebraucht wird. Was immer „Sela“ bedeuten mag in seinem dichterischen Wert - eins scheint klar zu sein: daß damit eine Pause verbunden war. Daraus darf man wohl schließen, daß, wenn sich das „Halleluja“ wirklich erfüllt, keine Pause, kein Aufschub mehr im Blick auf dessen Erfüllung sein wird.

Wir müssen uns natürlich versagen, auf den besonderen Charakter der „Halleluja“-Psalmen näher einzugehen. Daß diese 15 Psalmen uns etwas Besonderes zu sagen haben, geht schon daraus hervor, daß das erste„Halleluja“ dem Gericht über die Gottlosen folgt: Psalm 104,35. Genau dasselbe finden wir bei dem ersten„Halleluja“ im Neuen Testament, Offenb. 19,1-3. In Psalm 104, wo es sich um die Schöpfung handelt, finden wir, daß sie gereinigt wird von dem Sünder und Gesetzlosen, der sie verdorben hat. In der Offenbarung wird die Erde von dem größten aller Schandflecken, der großen Hure, gereinigt. Dort der unbußfertige Mensch, hier das unbußfertige geistliche System. Welch eine Übereinstimmung! Aber das letzte, vierte

anderen, weil es sich nicht um Gericht, sondern um Gnade handelt - um die Einführung der Herrschaft des Allmächtigen und die Hochzeit des Lammes, des besonderen Gegenstandes Seines Herzens. Die Gnade übertönt das Gericht. Das Neue überstrahlt das Alte; das Alte ist vergangen, und alles ist neu geworden! Wie herrlich, groß, erhaben und befriedigend ist der Ausblick zu diesem wunderbaren Abschluß- und Ausmündungs-“Halleluja“ in die ewige neue Schöpfung! Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Man beachte, daß der letzte Psalm, 150, wo wir zwölfmal (die Herrschaft des Lobes) aufgefordert werden, Ihn zu loben, besonders mit dem donnerähnlichen „Halleluja“ in Offenb. 19,6 übereinstimmt. Alle und alles wird aufgefordert (vgl. auch Psalm 148), Ihn zu loben, bis es zu einem donnerähnlichen Rollen ausklingt, daß Himmel und Erde davon widerhallt. Hier dürfen wir sagen: „Hallelu-Jah“.

Was immer die Ausleger unter „Jah“ verstehen mögen genügt es uns, zu wissen, daß wir es zum ersten Male imersten Lied der Bibel finden, in dem ersten Erlösungslied des Volkes Israel, 2. Mose 15,2: „Meine Stärke und mein Gesang ist Jah, denn Er ist mir zur Rettung geworden.“ Dieser Sein Name „Jah“ ist unlöslich mit dem uns bekannten „Hallelu-Jah“ verbunden. Und welch eine Übereinstimmung auch hier wieder, ohne daß wir die Linien weiterziehen! Wir möchten es vielmehr dem Leser überlassen.

2. Mose 12-15 der Anfang der Erlösung; Offenb. 19 das Ende der Erlösung. Dort am Ufer des Roten Meeres in der Wüste, hier am Ufer der Wege Gottes am Anfang der wonnigen und herrlichen Herrschaft im Tausendjährigen Reich und weiter der Ewigkeit! So ist der wunderbare Kreis Seiner Wege, Seiner Erlösung und Seines Ratschlusses geschlossen, und wir befinden uns darin, ewig geborgen, umgehen von Seiner Liebe, von Seinem Licht und Seiner Herrlichkeit; nichts kann uns von Ihm scheiden, nichts aus diesem Seinem ewigen Ratschluß der Liebe entfernen. Mit Ihm, bei Ihm und in Ihm zu sein ist unser ewiges, glückliches Teil. Darum sagen wir aus tiefstem Herzen „Hallelu-Jah“!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese tiefgründige Antwort, für die wir alle sehr dankbar sein dürfen, wird manchem Leser ganz neues Licht über den vorliegenden Gegenstand geben; sie wird auch dazu beitragen, daß die Erkenntnis und darum das Lob des HErrn vermehrt werde, und das ist ein wahrhaft erhabener Zweck dieses Dienstes unseres lieben Mitarbeiters. - 2. Petr. 3,18!

Zur Sache noch Wesentliches zu sagen, sehe ich nicht als meine Aufgabe an; ich möchte nur mit ein paar Worten auf den Mißbrauch jenes kostbaren Wortes „Hallelu-Jah“ eingehen, wie er sich so leicht da einstellt, wo man nicht gewohnt ist, nach dem biblischen Grund einer Sache zu fragen. Wenn der Schreiber obiger Antwort Diese mit jenem Worte schließt, so ist das wohl eine richtige Anwendung desselben, nämlich in diesem Zusammenhang, wenn aber „Hallelujah“ gesagt wird z. B. dann, wenn zwei Gläubige sich auf der Straße treffen, oder wenn Ansprachen, Chorlieder und sonstige Vorträge unterbrochen werden von „Halleluja“- Rufen, wenn Kleidungsstücke solchen Beinamen tragen und dergleichen mehr, dann ist das nicht nur eine Geschmacklosigkeit, sondern auch ein geistloser Mißbrauch, ähnlich dem, der in katholischen, aber auch in anderen religiösen oder auch sogar christlichen Kreisen mit dem Sinnbild des Kreuzes getrieben wird. Wir Gläubigen sollten in solchen Dingen wie überall „prüfen, was dem HErrn wohlgefällig ist“ (Eph. 5,10), nicht aber was den religiösen Gefühlen entspricht.

Wie erhaben-zurückhaltend ist die Schrift in dem Gebrauch jenes Wortes „Halleluja“! Wie oft und mitunter am Ort ganz und gar überflüssig liest man in allen möglichen christlichen Blättern diesen Ausdruck, mit dem die Schrift, wie wir oben sahen, etwas ganz Besonderes bezweckt. Daß dies Wort im Neuen Testament nur in Offenb. 19 vorkommt und da viermal in wunderbarer Steigerung, den endgültigen Sieg Gottes, das Gericht über Seine Feinde, den Antritt Seiner Herrschaft bis hin zur Hochzeit des Lammes preisend, das sollte uns doch wirklich ernstlich zu denken geben, zumal im (oben durchgeführten) Zusammenhang mit jenen Psalmen, in denen zu einem besonderen hohen Zweck, wie oben gezeigt, zusammen 24mal „Halleluja“ steht! (Also im ganzen 28mal, d. h. nur 28 mal in der Schrift „Halleluja“, 4 x 7mal, eine Zahlenverbindung

von großer Bedeutung!) Also auch im Alten Testament diese geistliche Zurückhaltung, denn 24mal (= 2 x 12!) ist ja nicht viel, und auch in der nachkanonischen apokryphischen Literatur, die uns gewissermaßen den religiösen, erbaulichen Niederschlag des gesetzestreuen frommen Judentums gibt (ohne daß die nichtinspirierten Schriften auch nur im entferntesten mit der Schrift zu vergleichen wären!), finden wir das Wort so gut wie nicht, d. h. nur einmal: Tobias 13,21. (Zusammenhang!) Ich möchte das Lesen der Apokryphen nicht empfehlen, aber in religiös-kulturgeschichtlicher Hinsicht kann man manches aus diesen Schriften (die in sich selbst nicht den Anspruch erheben, dem Worte Gottes gleichgeachtet zu werden!) ersehen, und so hier, was unseren Gegenstand betrifft, das, daß der fromme Jude keinen solchen Mißbrauch mit dem Worte „Halleluja“ trieb, wie mancher Gläubige von heute, wenn auch in guter Meinung und unwissentlich. Laßt uns an unserem Teile mithelfen, daß dieser wunderbare Lobpreis wieder richtig gewürdigt werde!

Und ganz beiläufig sei es bei diesem Anlaß gesagt: Laßt uns auch dazu beitragen, daß „Halleluja“, wo es von Gläubigen mit Recht angewandt werden darf, auch richtig gesprochen werde! Der Ton liegt bei diesem Doppelwort eigentlich auf den zwei letzten Silben, jedenfalls aber auf der dritten, hinter welcher man jedoch das - „Jah“ nicht halb verschlucken darf! In dem sonst so schönen Liebe „O Du Lamm Gottes, Du hast auf Golgatha herrlich gesieget, Amen, Halleluja!“ mag das Wort mit Recht gesungen werden, aber die Betonung der zweiten Silbe ist außerordentlich störend und wirkt rhythmisch geradezu entstellend! Das ist schade! Doch dies nur nebenbei!

Aber ob wir nun dieses kostbare Lobwort oft anwenden oder darin zurückhaltend sind - möge unser ganzes Leben mehr ein Lobpreis Seiner Liebe und Gnade wie Seiner Macht und Herrlichkeit sein (vgl. Frage 11 d. Js!), denn Er ist würdig, schon heute, ehe Seine Macht und Herrlichkeit vor dem Universum in die Erscheinung getreten ist, gepriesen zu werden von uns, die wir als Erlöste „in Geist und Wahrheit“ anbeten dürfen und können zu Seinen Füßen! Darum „Dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blut und uns gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater: Ihm sei

F. K.

Die Errettung durch die Arche.

(1. Petr. 3,21)

Im Neuen Testament wird in zwei Weisen von der Sintflut gesprochen; einmal in den Evangelien als von einem Bilde von der Zeit des Endes und das andere Mal in 1. Petr. 3 als von einem Bilde von der Errettung. Auf diese letztere möchte ich die Aufmerksamkeit der Leser lenken. Bevor wir uns jedoch damit beschäftigen, wird es gut sein, auch kurz die feierlichen Worte des Herrn in Matth. 24,37-39 zu erwägen. „Aber gleichwie die Tage Noahs waren, also wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein. Denn gleichwie sie in den Tagen vor der Flut waren: sie aßen und tranken, sie heirateten und verheirateten, bis zu dem Tage, da Noah in die Arche ging, und sie es nicht erkannten, bis die Flut kam und alles wegraffte, also wird auch die Ankunft des Sohnes des Menschen sein.“

Aus diesen Worten des HErrn sehen wir, daß der gegenwärtige Zustand dieser bösen und sorglosen Welt bis zum Tage des HErrn bestehen bleibt. Was Gott vorauf gesehen und über die Menschen gesagt hat, wird wahrhaftig geschehen. Von Noahs Zeit lesen wir: „Und Jehova sah, daß des Menschen Bosheit groß war auf Erden, und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag ... Und die Erde war verderbt vor Gott, und die Erde war voll Gewalttat.“ (1. Mos. 6,5.11) Und dies, was Gott damals sah, sieht Er heute noch in der Welt. Die Menschen rühmten sich damals ihrer großen Fortschritte, wie sie sich heute solcher rühmen; die Flut aber brachte sie alle um. Und bald wird der HErr auch ein schreckliches Gericht über diese Welt bringen. Obgleich Gott der Welt - wie in den Tagen Noahs, das kommende Gericht verkündigen läßt, erkennen die Menschen es ebensowenig wie damals vor der Flut. Ob es der Jahre viele oder wenige noch sind - die Bosheit der Welt reift dem Gericht entgegen. Gesegnet sind jene, welche zuvor dem HErrn entgegengerückt werden in die Luft. Es ist ein feierlich ernster Gedanke, sicher zu wissen, daß dieses Ereignis sehr, sehr nahe ist. Dies ist jedoch nicht

der Gegenstand unserer Betrachtung in diesem Artikel - obgleich es mir schwer wird, meine Gedanken und meine Feder hiervon zurückzuhalten. Wir richten deshalb unsere Gedanken nun auf die Flut und die Arche als ein Bild von der Errettung.

Das Ende alles Fleisches war in den Tagen Noahs vor Gott gekommen. Dasselbe wird uns in bezug auf den gegenwärtigen Zustand des Menschen durch Paulus im Römerbrief gesagt. Ob Jude oder Grieche, alle sind schuldig vor Gott und stehen unter Seinem Gericht. Immer wieder hatte Gott den Menschen auf die Probe gestellt. Die Prüfungszeit ist nun zu Ende. Gott hat ihn geprüft und für schuldig erfunden, und der Mensch steht jetzt unter dem Urteil der Verdammnis. Es ist zu spät für den zum Tode verurteilten Mann, von einer neuen Bewährungs- oder Probezeit zu reden. Er muß entweder begnadigt oder gerichtet werden. So steht es um den Menschen. Gott hat ihn geprüft, er ist schuldig erfunden und dem Gericht verfallen. Das Ende alles Fleisches ist vor Gott gekommen. Der arme Gefangene mag träumen, nichts Strafbares getan zu haben, aber er wird zur Hinrichtung erwachen. O, wie blind ist doch die arme Welt über ihren wirklichen Zustand vor Gott! Und so blind war die Welt auch in den Tagen Noahs über ihren Zustand, als Gott sagte: „Das Ende alles Fleisches ist vor Mich gekommen.“ Die ganze Welt stand unter dem Urteilsspruch des Todes, und es gab keine Probe- und Bewährungszeit mehr für sie. Das Todesurteil war über alles, was durch die Sünde verunreinigt war, ausgesprochen. Es gab keine Rettung mehr für den Menschen im Fleisch. So sind die Tage Noahs ein Bild von dem gegenwärtigen Zustande der Welt. Der Tod ruht auf allen Menschen, denn alle haben gesündigt. Das Evangelium enthält keine Botschaft für die Heilung und Besserung des Menschen im Fleische; es bestätigt nur, daß der Tod und das Gericht auf dem ganzen Geschlecht Adams ruht.

„Und Jehova sprach zu Noah: Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn dich habe Ich gerecht ersehen vor Meinem Angesicht in diesem Geschlecht.“ (1. Mos. 7,1) Mit diesen Worten redet Gott Noah als Haupt und Repräsentanten seines Hauses an. Er ist in dieser Weise ein treffendes Vorbild von Christus, dem Haupt der Gemeinde, dem Erstgeborenen aus den Toten. Noah als Mensch war natürlich eingeschlossen in das, was von allen Nachkommen Adams

verurteilte die Welt und wurde durch Glauben ein Erbe der Gerechtigkeit. (Hebr. 11,7) Wie bei Abraham, so wurde auch ihm sein Glaube zur Gerechtigkeit gerechnet. Aber doch ist er ein treffendes Bild von Christus. So wie Gott Noah aus der Welt des Todes herausnahm und aus den Wogen des Gerichtes emporhob auf die Höhe des Ararat, so hat auch Gott Jesum aus den Toten wiedergebracht und Ihn zum himmlischen Ararat emporgehoben. Und so, wie in Noahs Familie eine neue Welt vom Berge Ararat aus ihren Anfang nahm, so hat auch Gott in dem aus den Toten auferstandenen Christus eine neue Schöpfung begonnen. Lehrreich ist es auch zu beachten, daß die Schöpfung an der großen Errettung, die Gott Noah gab, teilnahm.

Laßt uns nun etwas näher hierauf eingehen. Gott sagte: „Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus, denn dich habe Ich gerecht erfunden vor Meinem Angesicht.“ (1. Mos. 7,1) Wer kann die Tiefe dieser Worte fassen? Wenn die Söhne Noahs, Sem, Ham und Japhet, Gott willkommen waren, wie willkommen muß Gott jedes Glied Christi sein?! „Siehe, ich und die Kinder, die Gott mir gegeben hat“ (Hebr. 2,13) ist ein Wort, welches auf den Herrn Jesus Bezug hat. Welch ein herrliches Willkommen erwartet jedes Kind Gottes droben im Hause seines Vaters! Kein fremder Gott empfängt und begrüßt uns dort.

Und warum werden wir von Gott so freundlich aufgenommen? Der Grund ist: „Denn dich habe Ich gerecht vor Mir erfunden in diesem Geschlecht.“ (1. Mos. 7,1) Erwäge sorgfältig jedes Wort! „Denn dich“ - Er sagt nicht: „Denn sie habe Ich gerecht erfunden.“ Es geschah nicht um dessentwillen, was Gott in Sem, Ham und Japhet sah; es ist nicht um dessentwillen, was Er in uns sieht. Gott kann nur im Blick auf Seinen geliebten Sohn sagen: „Denn Dich habe Ich gerecht vor Mir erfunden.“ „Dies ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Nur allein unser hochgelobter HErr konnte sagen, daß Er „allezeit das Ihm Wohlgefällige tue“. (Joh. 8,29) Jeder Gedanke Seines Herzens, jede Handlung, jedes Wort war vollkommen und gerecht vor Gott. Jeder Zweifel an der Vollkommenheit Seiner fleckenlosen Person geht vom Vater der Lüge aus.

Viele in unseren Tagen halten die Menschen nicht für so schlecht, so gänzlich verdorben und dem Gericht verfallen, daß ihnen die Gerechtigkeit Christi, die Er in Seinem Leben hier auf

Erden offenbarte, nicht zugerechnet werden könnte oder (wenn wir uns in den Worten des HErrn ausdrücken wollen) daß das alte Kleid nicht so verdorben sei, daß es nicht mit einem Flicken von neuem Tuch besser gemacht werden könnte. Die Heilige Schrift lehrt uns aber das Gegenteil. Sie sagt uns, daß das Ende alles Fleisches vor Gott gekommen ist. Der Mensch im Fleische ist gleich dem alten Kleide so verdorben, daß Gott ihn als unverbesserlich und für immer unbrauchbar erklärt hat.

Obwohl der HErr hier auf Erden in „Gleichgestalt des Fleisches der Sünde“ ein wahrer und wirklicher Mensch, ohne Sünde und unvergleichlich vollkommen war, so ist doch eine Verschmelzung Seiner sündlosen Menschheit mit der sündigen Menschheit unmöglich. Es ist unmöglich, von der einen etwas zu nehmen, um die andere damit wiederherzustellen. Diese ernste Wahrheit brachte der HErr in den Worten zum Ausdruck: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch, wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“ (Joh. 12,24)

Immer wieder brachte der HErr diese wichtige Wahrheit, daß durch Sein vollkommenes Leben auf dieser Erde dem Menschen im Fleische Gerechtigkeit und Leben nicht zuteil werden könne, vor die Ohren Seiner Jünger, aber sie konnten es nicht verstehen, daß Er dazu sterben und auferstehen müsse. Wenn sie Leben haben wollten, mußten sie zuerst sterben. Wer sein Leben in dieser Welt liebte und bewahren wollte, der konnte nicht das Leben empfangen, welches Er in Seiner Auferstehung ans Licht brachte und welches Er uns geben will. Wir sind ebenso träge wie damals die Jünger, diese Lektion zu lernen, und bis wir sie gelernt haben, sind wir auch genau so im Dunkeln, wie sie es waren. Als der HErr Seine Jünger in dieser Wahrheit unterwies, daß Er leiden, sterben und auferweckt werden müsse, tadelte Petrus den HErrn. Der HErr aber zeigte ihm, wer hinter seinen ablehnenden Worten stand. (Matth. 16,21-25)

Nein, der Mensch ist durch die Sünde so gänzlich verdorben und unter dem Gericht Gottes, daß Christus nur als sühnender Stellvertreter ihm Rettung bringen konnte. Er mußte den Tod erleiden, und Christus starb den Sühnungstod für ihn am Kreuze, damit durch Seinen Tod und Seine Auferstehung der Mensch mit Ihm im Auferstehungsleben (nicht mit Seinem Leben im

Fleische) verbunden werden konnte. Christus konnte nicht mit unserer sündigen Menschheit eins gemacht werden, wir aber können, nachdem Er für uns starb, mit Seiner Auferstehung eins gemacht werden. O, Tiefe des Reichtums und der Weisheit Gottes, wieviel höher sind Gottes Wege und Gedanken als die Gedanken der Menschen!

Wenn wir nun zu unserer Betrachtung wieder zurückkehren, so werden wir sehen, wie schön diese Wahrheit im Vorbilde uns gezeigt ist. Gott rechnete Noahs Gerechtigkeit nicht der alten Welt - nicht dem Menschen im Fleische - zu. Das Ende alles Fleisches war vor Gott gekommen. Gott beabsichtigte nicht, das Fleisch zu erretten, sondern es zu verderben. Die furchtbaren Wasser des Gerichtes ergossen sich deshalb über die Erde. Dieses gleiche todbringende Wasser aber, welches alles in seinen Fluten begrub, trug auf seiner Oberfläche den einen Mann, den Gott gerecht erfunden hatte, und alle diejenigen, die durch ihr Verbundensein mit ihm gerettet wurden.

Wir müssen bei Betrachtung dieser alttestamentlichen Schriftstelle es uns immer vor Augen halten, daß wir in derselben ein Bild sowohl des Todes als auch der Auferstehung haben. „Welches Gegenbild auch euch jetzt errettet, das ist die Taufe, (nicht ein Ablegen der Unreinigkeit des Fleisches, sondern das Begehren eines guten Gewissens vor Gott) durch die Auferstehung Jesu Christi, welcher, in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte Ihm unterworfen sind.“ (1. Petr. 3,21.22) In dieser Schriftstelle werden die Wasser der Flut und die Taufe als gleiche Bilder der Errettung Seite an Seite gestellt. Beide zeigen, daß eine wahre Errettung nur auf dem Grunde des Todes und eines neuen Lebens in Auferstehung geschehen kann. Noah wurde aus der Welt des Todes heraus auf den Berg Ararat emporgehoben, und Christus, aus den Toten auferstanden, wurde in den Himmel emporgehoben.

Alle außerhalb der Arche kamen um, und alle außerhalb der Verbindung mit Christus kommen um. Es war kein Unterschied, wie nahe auch jemand der Arche sein mochte, entweder war er ein- oder ausgeschlossen. Jemand mochte für den Bau der Arche Bäume gefällt oder sonstwie an dem Bau mitgewirkt haben, war er aber, als die Tür verschlossen wurde, nicht in der Arche,

so war er ausgeschlossen. Es war vergebens, alsdann zu rufen: „Noah, Noah, mache uns auf!“ Wir wissen, in Kürze werden manche auch rufen: „HErr, HErr, tue uns auf!“ (Matth. 25,11) Sei nicht unter diesen! Die Tür wird bald geschlossen sein. Es macht nichts aus, wie nahe du ihr gewesen bist. Ein „Beinahe“ nützt nichts. Manche hoffen, gerettet zu werden, weil sie dem Reiche Gottes nahe gewesen sind. Solche mögen Lehrer in der Sonntagsschule oder Prediger des Wortes gewesen sein, die Frage aber ist: „Bist du drinnen? Hat Gott dich in die einzige Arche der Sicherheit eingeschlossen?“

Es heißt: „Und Jehova schloß hinter ihm zu.“ Der HErr hat nie nötig, ein Werk zweimal zu tun. Noah, einmal eingeschlossen, war völlig gerettet; von dem Augenblick an, da er in die Arche hineinging, war er in völliger Sicherheit, obwohl seine Errettung noch nicht vollendet war, aber er war ebenso sicher gerettet wie in der Stunde, da er auf dem Berge Ararat aus der Arche herausging. Sind wir in Christo, so ist keine Verdammnis für uns, gerade so wie es außerhalb der Arche keine Errettung gab. Errettung ist nur in dem auferstandenen Christus. „Wenn aber Christus nicht auferweckt ist, so ist auch unsere Predigt vergeblich.“ (1. Kor. 15,14) Wenn (in unserem Bilde gesprochen) die Arche nicht durch die Wasser des Todes hindurch auf der Höhe des Ararat gelandet wäre, hätte sie niemandem genützt. Unter den Wassern würde sie nur ein großer Sarg gewesen sein. So auch unser hochgelobter HErr. Der Gerechte starb für die Ungerechten. Die dunklen Wasser des Gerichtes gingen über Sein unschuldiges Haupt. Er starb für unsere Sünden und wurde begraben. Wäre Er im Tode geblieben, so würde Sein Tod für uns vergeblich und ohne Nutzen gewesen sein gleich der Arche, wenn sie auf den Meeresgrund gesunken wäre. So ist die Arche, die durch die Wasser des Todes ging und auf dem Berge Ararat landete, ein Vorbild von dem auferstandenen Christus.

Aus dem Vorherbetrachteten haben wir also gesehen, daß Gott nicht den Menschen im Fleische zu retten beabsichtigte. Alles, was in der alten Welt Odem hatte, mußte sterben. Noah und die verbunden mit ihm in die Arche eingingen, wurden gerettet. Dies ist es, was die Taufe uns lehrt. Warum wird der Gläubige getauft? Drückt er nicht damit aus, daß er als ein Mensch im Fleische im Tode Christi vor Gott sein Ende gefunden hat und er jetzt, mit Christo durch das Wasser der

Begrabensein das Ende wäre, so würde es kein Nutzen für uns sein, aber wir sind auch mit Christo eins gemacht in Seiner Auferstehung. Der Welt, in der wir einst unser Leben hatten, sind wir gestorben, und eine neue Welt hat sich für uns auf der Höhe des himmlischen Ararat geöffnet. Wir dürfen uns der Sünde für tot halten, aber Gott lebend in Christo Jesu. (Röm. 6,1-11) Es gibt keine schönere Harmonie als diese beiden Bilder, Taufe und Flut. Die alte Welt nahm ihr Ende unter dem Gericht, und die neue Welt begann von dort aus, wo die Arche ruhte: auf dem Berge Ararat. Gott rettete durch Noah nicht die alle Welt, sie wurde durch Ihn verurteilt. „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ (2. Kor. 5,17) So ist auch in Christo „das Alte vergangen und alles neu geworden; alles aber von Gott“. Einen großen Gegensatz zwischen Christus und Noah dürfen wir jedoch nicht übersehen: Mit Noah, dem Haupte jener neuen Welt, kam bald wieder die Sünde herein, aber nie ist ein Verderben der neuen Schöpfung unter Christus möglich.

Schluß folgt, s. G. w.

Eine schöne Grabinschrift.

„... David ... als er zu seiner Zeit dem Willen Gottes gedient hatte, entschlief.“ (Apg. 13,36).

Bei einem Gang über die Friedhöfe lesen wir gern die Grabinschriften, sei es der vergessenen wie auch der berühmten Toten; sie sind aber oft übertrieben und unwahr. Man geht über die Wahrheit hinweg und legt den Toten Tugenden bei, die sie im Leben nie besaßen.

Wie ganz anders finden wir es in der Schrift! Sie zeichnet die Personen so, wie sie wirklich sind. Gott liest unser Herz und Leben. Obwohl Er unser Zukurzkommen aufdeckt und straft, lobt Er doch das, was Er anerkennen kann. Ein Beispiel hierfür finden wir in Lot, den Er den „gerechten Lot“ nennt. Wenn Lot diese lobende Anerkennung nicht verdient hätte, würde Gott sie seinem Namen nicht beigefügt haben, denn Sein Urteil ist vollkommen.

In der oben angeführten Schriftstelle gibt uns Gott in wenigen Worten eine vollständige und

gleichsam über Davids Leben: „Er hat zu seiner Zeit dem Willen Gottes gedient.“ Die Ungläubigen mögen mit Hohnlachen auf die Sünden des „Mannes nach dem Herzen Gottes“ hinweisen, ihre Gesinnung ist so niedrig und verdorben, daß sie kein Verständnis für den dornigen Weg der Buße haben, den David mit blutendem Herzen und tränendem Auge ging. Jemand über seine Sünde zu verurteilen heißt, davon moralisch frei zu sein - und das will viel sagen. Jeder Gläubige aber wünscht sich wohl, daß Gott ein solches Wort gleichsam wie eine Grabinschrift über sein Leben aussprechen möge. Ebenso köstlich ist auch die göttliche Lebensbeschreibung Henochs in ihrer bemerkenswerten Kürze: „Henoch wandelte mit Gott; und er war nicht mehr, denn Gott nahm ihn hinweg.“ (1. Mos. 5,24.) Mit den vier Worten: „Henoch wandelte mit Gott“ beschreibt uns Gott Henochs Leben während dreihundert Jahren.

Bitte beachte diese Worte, welche Gott über David sagt: „Als er zu seiner Zeit dem Willen Gottes gedient hatte, entschlief er.“ Wohl erwarten wir den HErrn, bei dessen Kommen wir gleich Henoch entrückt werden. Bis dahin aber sollen wir in unserem Leben dem Willen Gottes dienen. Wenn unser Tag dahingegangen ist, haben wir dazu keine Gelegenheit mehr. Der Tag, der uns dafür gegeben ist, ist heute, aber nicht morgen. Wenn wir die uns anvertrauten Aufgaben nicht erfüllen, kann ein anderer sie für uns nicht tun, denn Gott hat jedem einzelnen sein bestimmtes Werk zugeteilt. (Mark. 13,34.) Vielleicht sagst du: „Mir sind keine Aufgaben von Gott gegeben, denn ich bin nicht begabt und habe auch keine Fähigkeit, zu sprechen.“ - Oder: „Ich stehe so abseits von dem Verkehr mit Menschen, daß ich nichts tun kann.“ Teurer Bruder, du hast eine große und wunderbare Aufgabe, dem Willen Gottes zu dienen, denn auch du sollst scheinen wie ein Licht in der Welt, darstellend das Wort des Lebens. (Phil. 2,15.16) Dies geschieht nicht durch unser Sprechen, sondern durch unser Leben. Das Wort des Lebens soll überall, wo wir sind, durch unser Leben übertragen werden, sei es in unserem Hause, unserem Geschäft, unserer Stadt usw.

Hast du von jenem jungen Mann gehört, der, als er gefragt wurde, durch welche Predigt er zur Bekehrung kam, Antwortete: „Ich wurde zur Bekehrung geführt durch das Leben meiner Mutter!“? Welch eine Predigt muß ihr Leben gewesen sein! So hat jeder von uns einen Kreis von

Hause darstellst, dann versuche nicht, das Wort eine Meile von deinem Hause entfernt zu predigen. Fange in deinem Hause an und stelle den Willen Gottes dar in den Umständen, in welche Gott dich gerade hineingestellt hat. Vielleicht magst du nicht befähigt sein, das Evangelium zu verkündigen, aber du kannst den Ungläubigen einen Traktat, welcher in klaren Worten das Evangelium bezeugt, in die Hand legen und mit deinem Gebet begleiten. Tausende sind durch das schriftliche Zeugnis gesegnet worden. Dies mag dir als eine geringe Sache erscheinen, aber alles, was wir tun, ist, wenn wir es mit Ihm vergleichen, klein und gering. Aber Er, der gesagt hat, daß auch der Becher kalten Wassers nicht ohne Lohn bleiben soll, will auch diesen geringen Dienst nicht nur segnen, sondern auch lohnen. Und wenn wir in dem Geringen treu sind, wird Er uns Größeres anvertrauen.

Möchte Gottes Inschrift über unser Leben sein wie über Davids Leben, daß wir zu unserer Zeit „dem Willen Gottes gedient“ haben!

P. - A. v. d. K.

Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten, und Mein Vater wird ihn lieben, und Wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.“ (Joh. 14,23)

Eine besondere Frage des HErrn.

„Und Er kommt zu den Jüngern und findet sie schlafend; und Er spricht zu Petrus: Also nicht eine Stunde vermochtet ihr mit Mir zu wachen?“ (Matth. 26,40)

Unser teurer HErr hat während Seines Erdenwandelns verschiedene Fragen an Menschen gestellt; aber diese eine Frage an Seine Jünger ist deshalb eine besondere, weil sie heute noch in unser Leben hineinklingt. Wieviel wehe Verwunderung und auch sanften Tadel sprach Er in diesen Worten aus! Und klingt nicht ein Echo dieser Worte auch in unser Leben hinein mit den mancherlei Erfahrungen der Untreue und des Schlafes im Gebetsleben? Wir sind heute nicht zu einer schweren Nachtwache mit Ihm in Gethsemane berufen, wo Er im Blick auf den vor Ihm

berufen, in Seine Gegenwart zu treten. Wie oft aber ist unser Ohr nicht willig, Seiner freundlichen Einladung, mit dem neuen Tage Sein Angesicht zu suchen, Gehör zu schenken! Verschlafen klingt es in unserem Herzen oft zurück (wenn auch nicht in Worten): „Ja, HErr, nur noch einen Augenblick!“

Und dann? - „Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen“ (Spr. 24,33) und - die kostbare „Stunde“, mit Ihm allein zu sein, ist dahin, welche uns zum Segen geworden wäre.

Der HErr hat hier eine besondere Frage an unser Herz gestellt! Wie manchmal stürmen Kinder Gottes in dieser unruhigen Zeit, vielleicht nach knapper Nachtruhe, ins weltliche Leben hinaus, ohne die geistliche Waffenrüstung angelegt zu haben! Man hat nicht vergessen, zu frühstücken - auch sein Gewand angezogen - auch wohl einen Blick in die Schrift getan - ins Losungsbüchlein oder auf den Kalenderzettel; man hat auch bei Tisch gebetet und sich dem HErrn für den ganzen Tag anbefohlen; aber sind ein paar Minuten genug für den gewaltigen Gegenwartskampf, genug Vorsorge, um alle unsere Nöte und Schwierigkeiten äußerer und innerer Not vor dem HErrn auszubreiten, um Ihm alles zu sagen, was in unserem Herzen wirklich ist? Da wird in unseren verborgenen Gebeten alles so kurz und in Sammelbezeichnungen ausgedrückt, aber die Einzelheiten unserer Arbeit und unseres inneren und äußeren Erlebens werden nicht so vor Ihn gebracht, um Seinen Willen darin zu erforschen. Wir nehmen den Tageslauf auf, ohne Sein Wort in unser Herz aufgenommen und unser „Samentuch“ neu gefüllt zu haben; darum haben wir, ach, so wenig Vorrat, um zu säen; und so kann Er unsere Sichel nicht schärfen, damit wir Gnade über Gnade ernten. Genügen wirklich ein paar Minuten zur ernsten Selbstprüfung, zum Selbstgericht in Seiner Gegenwart, zur treuen Fürbitte für andere, die damit rechnen? Und dann, wo bleibt Zeit zum Loben für Seine bisherige Gnade, zur Anbetung Seiner Größe und Majestät?

„Also nicht eine Stunde vermochtet ihr mit Mir zu wachen?“ Wo bleibt die gewollte innere Stille vor Ihm, damit Er zu dir reden kann? Wann hattest du Zeit für die notwendigen Unterweisungen des Heiligen Geistes, um in deinem inneren Leben voranzukommen - Stille für das Leuchten

Seines Lichtes in Dunkelheiten deines Lebens und Weges? Ist die Zeit, die du für Ihn verwendest, genügend für den Freund aller Freunde und Herrn aller Herren? Gibt dein Verhalten in der Morgenstunde des Tages Zeugnis von deiner Herzensstellung zum HErrn und von deinem Verlangen, dich in Stille und Gebet mit Ihm zu verbinden?

Und wenn meiner geringen und lauen Liebe einige Minuten genug erscheinen - Seiner großen Liebe genügen sie nicht. Kann ein solches Verhalten Sein Herz befriedigen, welches mit mir in so kostbare Gemeinschaft zu treten wünscht? Er hat mich so lieb, daß Er mich auf ewig bei Sich haben will; und ich liebe Ihn so wenig, daß mir nichts daran liegt, eine „Stunde“ wirklichen Gebetsumganges mit Ihm zu haben! Er wartete auf mich, aber ich kam nicht. Wieviel mag ich in solchen verschlafenen Morgenstunden meines vergangenen Lebens versäumt haben? -

Und wie viele entschuldigenden Einwendungen findet unser törichtes Herz? Da heißt es manchmal: „Nach dem Frühstück kannst du dich zurückziehen.“ Dann kam die Post, die Zeitung, Besuch usw., und die Zeit ging dahin, und als man sich dann „zurückzog“, hatten schon die sichtbaren Dinge die Oberhand über die unsichtbaren gewonnen. Das Wort war erstickt, und das Gebet gehindert. Unruhe erfüllte die Seele, die „Tür“ des Kämmerleins war nicht mehr „geschlossen“. Vergebens suchte man die zerstreuenden Gedanken zu verbannen. Ungegürtet zum Wettlauf, ungewappnet zum Kampf begann man den Tageslauf - und die Folgen waren Schwäche und Fehltritte.

Es gibt Dinge des inneren Lebens, durch welche wir uns so leicht selbst täuschen und betrügen: Wir haben „gute Vorsätze“ aber - keine „feste Absicht“, kein entschiedenes Wollen! Die matten und trägen Wünsche und die Augenblicksentschlüsse versagen nur. Bei den Männern des Glaubens finden wir das ruhige, demütige und feste Vornehmen und das entschiedene Wollen. (Dan. 1,8 und 2. Tim. 3,10) Ohne solches ist das ständige Morgengebet lahmgelegt und die Erhörung gehindert. Wie wenig ist das, was wir sagen, oft wirklich das, was wir zu tun wünschen! Wir wollen den HErrn um die Gnade bitten, auch die Ausführung unserer Absicht zu vollbringen. Laßt uns den kostbaren Ausspruch in Jes. 50,4 im Glauben erfassen: „Er weckt jeden Morgen, Er weckt mir das Ohr, damit ich höre gleich solchen, die belehrt werden.“ Wir

müssen lernen und immer wieder üben!

Vielleicht fragt der eine oder andere: „Wie kann ich diese kostbare Stunde erlangen?“ Bereiten wir uns diese Schwierigkeiten nicht oft selbst? Man bleibt bei gemütlichem Plaudern am Abend spät aus und erschwert sich so das Aufstehen am Morgen. Oft gilt es, eine angenehme Abendstunde zu opfern, aber der Segen ist immer größer als das gebrachte Opfer.

Kranke und ans Bett Gefesselte dürfen auch auf ihrem Lager vor dem Thron der Gnade erscheinen. Unser großer Hoherpriester hat Mitleid mit unseren Schwachheiten als einer, der Selbst unsere Schwachheiten und unsere Krankheiten trug (Hebr. 4,15; Matth. 8,17). - Er kennt auch die Lagen solcher, die in schwierigen Verhältnissen und schweren Umständen stehen, die oft kein stilles Plätzchen zum Zurückziehen haben und die auf dem weiten Wege in der Frühe zur Stätte ihres Schaffens die gegebenen Möglichkeiten ausnutzen, Seine Gemeinschaft zu haben.

Welche Freude muß es dem HErrn sein, wenn die geliebten Seinigen Ihn unter Druck, Leid und Schwierigkeiten suchen! Jener Soldat beschämt sicher viele: Er hatte draußen in der Nacht, in einer Ecke des Kasernenhofes eine „ungestörte Stunde“ mit dem Herrn Jesus gehabt. Laut lachten seine Kameraden, als er in die Kasernenstube trat. Warum? Er hatte im Dunkeln unbewußt in einem Aschenhaufen seine Kniee gebeugt, - aber den HErrn erfreut. Er vermochte eine Stunde mit seinem HErrn zu wachen!

Ed. v. d. K., H.

„Nur ein Brot!“

(Mark. 8,14)

Gewiß waren die Jünger vergeßlich gewesen - sie werden bei anderen Gelegenheiten mehr Mundvorrat auf die Reise mitgenommen haben - aber dient nicht auch dies ihr Versäumnis zum Guten? Redet nicht die Stelle gerade so, wie sie uns hier gegeben ist, zu unserem Herzen?

Nur ein Brot! War das eine nicht genug für sie? Genug wenigstens, um ihnen eine ernste Belehrung zu geben (V. 15ff.), genug auch, um eben durch die letztere ihnen gleichfalls die Torheit der eigenen Gedanken und des Sorgens zu zeigen. Das eine Brot mochte für sie zunächst ein gewöhnliches sein - in Wirklichkeit aber hatten sie „das (eine) wahrhaftige Brot aus dem Himmel“ (Joh. 6,32 u. a.) bei sich, und das gab ihnen Nahrung, Kraft, Gnade, Weisheit - kurz alles, dessen sie bedurften auf der Reise, ja - auf der Lebensreise! Dies Brot war und ist genug!

Genug auch für uns! Wenn wir es nur immer bei uns hätten! Wenn wir nur nicht so oft auf die eigenen irdischen Mittel und die selbsterwählte menschliche Kraft und Weisheit unser Vertrauen setzten! Wir sollten wirklich praktisch mehr rechnen mit dem „Einen Brot“, Christus Jesus, in dem wir alles haben, was wir brauchen! Er vermag alles für uns zu sein! Wir sind so reich gemacht in Ihm! (Vgl. u. a. 2. Kor. 9 u. Eph. 1!)

Laßt uns keinen Morgen vergessen, dies „Eine Brot“ mit auf die Tagesreise zu nehmen, laßt uns doch uns mehr nähren von dem „Einen Brote“, und uns „wird nicht hungern in Ewigkeit“! (Vgl. Joh. 6,35) Gepriesen sei Er immerdar!

F. K.

Vertrauen.

Wir gehn getrost an Deiner Hand,

Herr Jesu, die uns führet!

Wir haben Dich getreu erkannt,

Dein Mitleid wohl gespüret.

Wenn Du, HErr, etwas auf uns legst,

Gibst Du auch Kraft zum Tragen;

Und was Du zuzumuten pflegst,

Das ist getrost zu wagen.

Frage und Antwort

Frage 17:

Ich bitte um eine Erklärung von Sach. 13,5-7.

Antwort A

Wir freuen uns immer, wenn Gläubige sich mit den kleinen Propheten beschäftigen. Nächst den Geschlechtsregistern von 1. Chronika sind die zwölf kleinen Propheten wohl am meisten vernachlässigt. Von ihnen wird nach unserer Erfahrung Jona wiederum bevorzugt. Daß dieses Buch mehr gelesen wird als die anderen oder mehr darüber gesprochen wird als über die anderen, geschieht nicht nur darum, weil es das einzige Fischwunder im Alten Testament enthält, sondern - gleichsam im Unterbewußtsein - weil es das einzige Buch ist, welches für die Heiden im Alten Testament geschrieben ist, indem ihre Begnadigung uns darin so wunderbar gezeigt wird. Dies ist vielleicht ein geistlicher Grund von vielen für unsere (die wir aus den Nationen sind) Vorliebe für dieses Buch unter den kleinen Propheten. Dieselbe Sache in umgekehrter Weise begegnet uns im Neuen Testament, wo wir ein Buch besonders für die Juden finden: den Brief des Jakobus, der an „die zwölf Stämme, die in der Zerstreuung sind“, gerichtet ist. Hier zeigt sich eine Abneigung der Gläubigen aus den Nationen. Nicht weil er sehr praktisch und ermahnend ist, sondern vielmehr weil die meisten Gläubigen denken, es sei nicht für uns. Aber wir sind im Gegenteil der Überzeugung, daß gerade solche Bücher ganz besonders göttliche Werte in sich bergen, die denen erschlossen werden, die sich die Mühe

wohl nicht zu erörtern. Jeder weiß, wer ein besonderes Interesse daran hat, uns von dem ganzen Wort Gottes abzuhalten und uns dahin zu bringen, nur das zu lesen, was unserem geistlichen Gaumen wohlschmeckt. Wie unwissend viele von den Gläubigen im Worte Gottes noch sind, zeigt sich, wenn man mit ihnen sich über das Wort Gottes unterhält. Und doch hat unser Gott gerade so viele Bücher gegeben, damit ein jedes Seiner Kinder sie lesen möchte, um in Seinem ganzen wohlgefälligen Willen unterwiesen zu sein.

Um ein rechtes Verständnis des Wortes unseres Gottes zu bekommen, muß man es im Zusammenhang mit bestimmten Büchern lesen. Jedes Buch hat wieder seinen göttlichen Kommentar in einem anderen Buche der Bibel oder Bibelteil. Dies ist nach unserem Verständnis das Wichtigste mit zum Verständnis Seines Wortes. Zum Beispiel können die drei nachexlischen Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi sehr gut mit den drei - gleichsam nachexilischen - Sendschreiben Sardes, Philadelphia und Laodicäa, genau in derselben Reihenfolge, gelesen werden. Jene kamen aus der buchstäblich babylonischen Gefangenschaft, wie diese aus der geistlich babylonisch-katholischen Knechtschaft kamen. Hier nur einige Winke, die wir sehr vermehren konnten:

Haggai 1,1 wie Offenb. 3,1 sind neue Anfänge. (Vgl. Offenb. 2,1 mit 3,1)

In Haggai haben wir den Tempel Gottes,

in Sacharja die Stadt Gottes,

in Maleachi den Altar (Tisch) Gottes,

in Sardes finden wir die Priester Gottes (Offenb. 3,5), weiß gekleidet, um im Tempel den Dienst zu verrichten,

in Philadelphia das himmlische Jerusalem, die Stadt Gottes,

in Laodicäa das Abendbrot, gleichsam den Tisch des HErrn.

drei Propheten und der drei letzten Sendschreiben völlig überzeugt sind. Der Leser forsche selbst, besonders hinsichtlich der Stellung und Herrlichkeit des HErrn in diesen Büchern!

Daß die zwei Geschichtsbücher Esra und Nehemia mit diesen drei nachexilischen Propheten gelesen werden müssen, versteht sich von selbst. Eine andere rein alttestamentliche Linie ist diese:

I) der Prophet Jesaja, der Prophet des Ratschlusses Gottes in bezug auf Sein irdisches Volk und die ganze Erde. Was Epheser im Neuen Testament ist, ist Jesaja im Alten Testament.

II) die drei exilischen Propheten Jeremia, Hesekiel und Daniel.

III) die drei nachexilischen Propheten Haggai, Sacharja und Maleachi.

Diese sieben Propheten müssen unbedingt zusammen gelesen werden, wenn man einen Einblick in den Ratschluß Gottes in Jesaja, in Seine Wege in Zucht, wie in Jeremia, Hesekiel und Daniel, und in Seine Treue, indem Er Sein Volk wieder herausführt, wie in Haggai, Sacharja und Maleachi, bekommen will. Die sieben Propheten ergeben eine abgeschlossene Linie und ein schönes harmonisches Bild. Dies ist auch der Grund der großen Ähnlichkeit zwischen Sacharja, dem Mittelpropheten der letzten drei, und Jeremia und Hesekiel.

Merkwürdig ist auch, daß die drei größten Propheten: Jesaja, Jeremia und Hesekiel, sowie der größte unter den zwölf kleinen Propheten, Sacharja, den HErrn uns besonders als den wahren Hirten im Gegensatz zu den falschen Hirten zeigen. Dies ist auch ein Grund mit, warum diese Propheten so umfassend, vielseitig und mannigfaltig sind: weil der Hirtendienst eben diesen allumfassenden, vielseitigen Charakter trägt. Dies sind ganz wunderbare Gebiete! In Jes. 40,11 finden wir besonders Seine Hirtenliebe in dem Tragen und Führen Seiner Lämmer; in Jer. 31,10 finden wir Seine Hirtentreue in dem Sammeln der Schafe; in Hes. 34,23.24 und 37,24 aber haben wir Seine besondere Hirtensorge, in der Er sie weidet und betreut. Aber in Sach. 13,7, wo Er zum letzten Male im Alten Testament als Hirte uns vorgestellt wird, sehen wir besonders Seine Hirtenleiden. Wie köstlich ist dies für uns, die wir Ihn als unseren

persönlichen Hirten kennenlernen durften, auf Ihn allein angewiesen zu sein! - Nach diesem hören wir nichts mehr von einem falschen Hirten im Alten Testament, und an der Schwelle des Neuen Testaments, Matth. 2,6, wird Er uns wieder vorgestellt als Der, der Sein Volk weidet. Wie köstlich und tröstlich für uns! - Dies bringt uns noch auf einen anderen sehr wichtigen Gedanken, nämlich wie wir z. B. in den vier Evangelien eine besondere Herrlichkeit Christi in jedem Evangelium schauen dürfen, so ist jedes Buch in der Bibel durch eine besondere Herrlichkeit des HErrn ausgezeichnet. Wir wollen hier nur die drei nachexilischen Propheten berücksichtigen. So finden wir, daß Christus

in Haggai 2,7 „das Ersehnte aller Nationen“ ist,

in Sacharja 13,7 der „Genosse Jehovas“ und

in Maleachi 4,2 „die Sonne der Gerechtigkeit“.

Welche Herrlichkeiten liegen in diesen Offenbarungen des HErrn verborgen! Wer will sich der Mühe unterziehen, in den anderen neun kleinen Propheten die besonderen Herrlichkeiten des HErrn zu suchen? Er wird sicherlich reichlich belohnt werden!

Nun wollen wir zur eigentlichen Frage übergehen und mit dem Beistand des HErrn versuchen, sie zu beAntworten.

Wir möchten gleich hier bemerken, daß in Sach. 7-14 uns die Verwerfung des Messias seitens Seines Volkes und die damit verbundenen Leiden geschildert werden, wie es wohl in keinem anderen der kleinen Propheten geschieht. Aber hier werden uns auch die großen Zuchtgerichte, die darum über Sein Volk kommen, gezeigt und die damit verbundene Buße, Reinigung und Wiederherstellung unter Seiner Herrschaft.

Es ist wichtig, zu beachten, daß Sach. 13,3-6 im ursprünglichen Sinne die falschen Propheten behandelt werden, und es wird ein Tag kommen, wo sie alle Prophetenkennzeichen ablegen, um nur als einfache Leute zu erscheinen. Aber was die falschen Propheten vorgeben zu sein,

nicht als Herrscher im menschlichen Sinne, sondern als der Mensch Gottes, der nicht gekommen war, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegelb für viele (Mark. 10,45). Und wie falsche, götzendienerische Propheten sich selbst Wunden beibrachten, wie es uns in V. 6 geschildert wird - vgl. 1. Kön. 18,28 -, so ist Christus der, welcher um unserer Übertretungen willen verwundet und um unserer Missetaten willen zerschlagen wurde (Jes. 53,5), und Sach. 12,10 zeigt uns Ihn als den, der durchbohrt (verwundet) wurde in dem Hause derer, die Ihn lieben. Das „Haus“ kann nur Israel sein, und die Ihn verwundeten Seine Brüder nach dem Fleische, und die Ihn lieben Seine Jünger und Getreuen, die wirklich Gläubigen (der Überrest), die wohl zum „Hause“ Israel gehören, aber keinen Teil hatten am Tode des Messias, obwohl sie in die Segnungen des Todes Christi eintreten durften. V. 5 und 6 nur auf die falschen Propheten anzuwenden, wie manche Ausleger es tun, ist in unseren Augen eine Buchstabenerkenntnis, aber keine geistliche, göttliche Erleuchtung noch Erklärung. War Christus nicht nach 2. Mose 21,2-6 von Jugend an in völligem, gottergebenem Sklavendienst der Liebe in dieser Welt „gekauft“, d. h. Gottes Eigentum? War Er nicht der einzige Mensch, der sich überhaupt in allen Lagen und Umständen des Lebens allein als Gottes Eigentum stets erwies? Wir, die wir der Sünde verkauft waren, stehen im schroffsten Gegensatz, wie auch die falschen Propheten hier, zu Dem, der allein Gott ergeben war, Ihm nur lebte und nur für Ihn da war. Christus hatte keine Prophetenschule besucht (V. 5a) noch die Weisheit der Menschen angenommen. Als Mensch lernte Er nur von Seinem Gott und Vater, wie auch Er allein die Quelle Seiner Freude und Wonne und Seines Glückes war. Wir stehen nicht an, in V. 5-7 die vier Herrlichkeiten Christi zu sehen, wie sie uns in den vier Evangelien gezeigt werden:

V. 5 ist Christus gezeigt als der wahre Prophet nach Ev. Markus und der, welcher durch Seine Erlösung der Schöpfung „das Land“, die Erde fruchtbar macht - der Neuschöpfer und Neugebauer. (Vgl. „Handreichungen“ Jahrb. 1928, Seite 186-192, wo wir ausführlicher über den besonderen Charakter des Ev. Markus geschrieben haben.)

V. 6 haben wir Christus in Beziehung zu dem Volke Israel, wie es nur im Ev. Matthäus

kann.

V. 7: Als Hirte und „Mann“ (der Mensch der Gnade) wird Er uns besonders in Lukas gezeigt. Man kann dieses besondere Wort auch mit „Held“ oder „starker Mann“ übersetzen; es ist ein besonderes Wort, das nicht immer im Hebräischen gebraucht wird! Zum ersten Male finden wir es in 1. Mose 6,4b, wo es mit „Helden“ übersetzt wird. Es kommt nur 71mal im ganzen Alten Testament vor. David wird einige Male so genannt (1. Sam. 16,18; 2. Sam. 23,1). Aber das Merkwürdige ist, daß in Esra 4,21; 5,4.10; 6,8 die Zurückgekehrten, die Bauenden, so genannt werden. Zeigt dies hier nicht geistliche Übereinstimmung? Ein Handeln und Tun im Geiste des „Mannes“ Jesus Christus, des kommenden Messias?

Aber das Eigenartige zeigt sich auch hier wieder: Christus wird als Letzter im Alten Testament mit diesem besonderen Namen belegt. Zeigt uns dies nicht auch, daß der Gewalt mensch der Sünde nach 1. Mose 6,4b beseitigt wird, zu Ende gebracht wurde am Kreuze durch den Menschen Jesus Christus, damit vor Gott nur der eine wahre Macht mensch göttlicher Gnade stehe, und wir in Ihm?

Das ist die besondere Belehrung und Darstellung des Menschen Christus nach Ev. Lukas. Ja, im Neuen Testament finden wir Ihn allein, den Menschen Gottes. Kann es eine vollkommenere Harmonie geben als zwischen V. 7a und Ev. Lukas?

Wir kommen jetzt zu dem wunderbarsten Ausdruck und Namen des HErrn: „mein Genosse“. Jehova der Heerscharen nennt Ihn Seinen „Genossen“, Seinesgleichen! Spricht dieser Name nicht von Seiner Gottheit, Gottgleichheit und allüberragenden, ewigen Persönlichkeit zu uns? Welches Evangelium zeigt uns im besonderen Seine Gleichheit mit Gott? nicht das Ev. Johannes? Hier gibt es so viele Vergleichsmomente, daß wir wirklich nicht wissen, wo wir anfangen und aufhören sollen. Es wird dem Leser leicht sein, für sich selbst Vergleiche anzustellen.

Das hebräische Wort „Amith“ wird in 3. Mose 11mal gebraucht und fast durchweg mit „Nächster“ übersetzt (vgl. 3. Mose 18,20; 19,15.17; 24,19 usw.), aber es wird nirgends weiter

im Alten Testament gebraucht als zum zwölften und letzten Male hier, wo es auf den HErrn angewandt wird. Dies zeigt Seine besondere Herrlichkeit in diesem Buche. Mit der vierten und größten Herrlichkeit enden die Bezeichnungen des HErrn in den Versen 5-7. Alle hier genannten Herrlichkeiten finden in Ihm den Urglanz, die Erfüllung und die höchste Wesensherrlichkeit. Er ist der, welcher alles erfüllt, alle Schattenbilder; darum wird sowohl „Hirte“, „Mann“, als auch „Genosse“ zum letzten Male im Alten Testament auf Ihn bezogen. Warum? Weil auch das Schwert zum letzten Male im Alten Testament in Verbindung mit Ihm hier genannt wird. Das Schwert ist das Symbol des Gerichtes und des Todes. Dieses Schwert, welches einst zuerst von dem heiligen Gott gezückt wurde (1. Mose 3,24), fand in Ihm eine Scheide, einen Ruheort. Darum verkündigte Er nach Seiner Auferstehung aus den Toten Frieden. (Ev. Joh. 20,19) Gott ist verherrlicht und befriedigt. Der Schwertträger ist jetzt unser HErr, der uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben hat (vgl. Offenb. 1,16; 2,12 und 19,15).

Der Hirt wurde geschlagen, die Herde (das Volk Israel) wurde zerstreut bis auf den heutigen Tag, aber die „Kleinen“ (Hebr.: „tsoarim“; das hebräische Wort kommt in dieser Wortform im Alten Testament einzig in vorliegender Schriftstelle Sach. 13,7 vor) - sind die Seinen, die unter Seinem mächtigen Schutze stehen. Es ist der Überrest, dessen Segnungen stets auf uns, die Gläubigen dieser Zeit, angewandt werden dürfen. Das Wort bedeutet: „die klein erscheinen“, die sich selbst niedrig („gering“) machen und demütig sind. Es ist der Schutz (dasselbe Wort wird auch für Gericht gebraucht), den Seine Hand uns angedeihen läßt. Gepriesen sei Sein Name! Vgl. Matth. 26,31.32 und Mark. 14,27, wo wir diese Stelle angeführt finden. So wird V. 7b mit Matth. 26,31 und V. 7c mit Matth. 26,32 in der Auferstehung, in der Macht des Lebens, in Verbindung zu bringen sein. (Vgl. Ev. Joh. 18,8)

Wo immer wir Ihn sehen in der Schrift, finden wir einen Strahlenkranz von Seinen Herrlichkeiten, die uns Trost, Ermunterung, Stärkung, Mut und Hoffnung einflößen, weil Er es ist. Er allein, der dies alles nun wirken kann - unser Herr und Gebieter, aber auch Hirte und großer Hohepriester, der einzige vollkommene Mensch! Ihm sei Lob und Preis allezeit!

K. O. St.

Bemerkungen des Schriftleiters

Zu dieser wahrhaft kostbaren Antwort noch etwas Wesentliches, Lehrhaftes hinzuzufügen vermag ich nicht, erübrigt sich auch bei deren Reichhaltigkeit. Aber ich möchte die langjährigen Bezieher der „Handreichung“ und die, welche sonst noch ältere Jahrbücher haben, bitten, die mehrfachen BeAntwortungen über Stellen aus Sacharja nachzulesen, vor allem Frage 21 in Jahrbuch 4 und andere (vgl. die Schriftstellenverzeichnisse!), sie werden dann, wenn sie es noch nicht wußten, sehen, daß dieser Prophet in ganz besonderer Weise (was ja auch oben gesagt ist) berufen ist, die Herrlichkeit des HErrn, auch die Leidens-Herrlichkeit, prophetisch darzustellen. Es ist mir stets ein wirklicher geistlicher Genuß und Gewinn, Sacharja zu lesen, so schwierig auch manches darin scheint, und ich glaube, wir Gläubigen sollten uns viel mehr mit ihm wie auch mit anderen „kleinen Propheten“ beschäftigen, wozu unser lieber Mitarbeiter ja ebenfalls mahnt.

Nun noch einige praktisch ergänzende Hinweise!

Der Ausdruck die „Kleinen“, die „Geringen“, auch mit dem gleichen hebräischen Wort, aber nicht der gleichen Wortform, kommt gerade in Verbindung mit „Herde“ auch zweimal in der Schrift vor im Blick auf die Strafgerichte über Edom und über Babel: Jer. 49,20 und 50,45, wobei sehr bemerkenswert ist, daß einige Übersetzungen „die Geringen der Herde“ nicht als die Fortgeschleppten, also die Gerichteten, ansehen, sondern als die, welche fortschleppen, d. h. also als die Vollstrecker des Gerichts! Und würde dies nicht sehr wohl passen zu unserer Sacharjastelle? Werden Seine Geringen, denen sich Seine Hand zuwendet, nicht dereinst an Seinem Tage die sein, die in Herrlichkeit glänzen und über Seine Feinde triumphieren werden? (Vgl. u. a. auch Jes. 60,22, wo jenes hebräische Wort auch zu finden ist!) O, zu Seinen „Geringen“ zu gehören - wie kostbar ist das schon jetzt - weil Er Sich mit uns beschäftigt; wenn wir der Menschheit auch nichts bedeuten - so doch Ihm so viel! - und was wird das einst für uns sein! Freuen wir uns, Geliebte, dies Wort (wie in obiger Antwort gesagt), das dem Überrest gilt, auf uns anwenden zu dürfen? Oder ist es uns schwer, zu den „Niedriggestellten“ zu gehören?

Hoffentlich nicht! Um Seinetwillen niedriggestellt, um Seinetwillen, der der Allerverachtetste war, „niedriggestellt“ zu sein, ist doch Herrlichkeit, und uns gelten die Zuwendungen Seiner Hand! Möchten wir dies gerade heute recht schätzen!

Wunderbar, sehen zu dürfen, wie der heilige Gott dem Schwert ruft, auf daß es den „Mann“, „der Sein Genosse“ ist, schlage! „In Seine Hand nahm Er das Feuer und das Messer“ wie einst Abraham (1. Mose 22,6), aber zu Seiner Zeit mußte „Sein Genosse“ das Messer, das Schwert kosten, ja, auskosten das ganze Gericht bis zum Verlassensein von dem Gott, der „Mein Gott“ - auch Seinerseits Sein Genosse, wenngleich hinter der Wolke - blieb! Dank sei Dir, teurer HErr, daß Du das gegen Dich erweckte Schwert nicht abgewiesen hast; Du hast es für uns erduldet! Du treuster aller Hirten, o so treu, daß keiner je mit Dir verglichen werden kann, Du hast Dich schlagen lassen für Deine Herde, auch für uns aus dem anderen Schafhof (Joh. 10,16), Du ließest das Gericht an Dir vollziehen, um „die zerstreuten Kinder Gottes in eins zu versammeln“ (Joh. 11,52). Preis und Dank sei Dir in Ewigkeit!

Ich habe manchmal beim Herrenmahl im Anschluß an dies Wort V. 7 in Verbindung mit Jes. 53,4 (ja, Er war „von Gott geschlagen!“) gesagt: „Wenn ein Mensch einen wahrhaft treuen, guten Hirten hat, so wird er - denn Hirtentum ist Vertrauenssache! - doch alles tun, um ihn zu halten, zu stützen - aber dieser HErr - unser Gott - Er schlägt, Er läßt schlagen Seinen Hirten, diesen Treuesten, und die Herde? - natürlich, sie wird zerstreut! Ja, so ist es, aber so mußte es auch sein, und allein so ward die Möglichkeit geschaffen, daß Der, Der Sich, von Gott dahingegeben, „die Wunden schlagen ließ“ (V. 6), auch dereinst von uns gepriesen werden würde als Der, Der in Seiner Hirtentreue Sich Selbst für uns dahingegeben hat (Eph. 5,25; Gal. 2,20) und dessen Liebe uns für immer überwunden und an Sein Herz und das Herz des Vaters gebracht hat. Wir werden so nie aufhören, Ihn zu preisen, und das größte Glück unserer Herzen wird es sein, Ihn bald zu sehen, der „soviel Schmerzen an uns gewandt“ hat. Wie wird das sein! O komme bald, Herr Jesus! O, daß wir heut Dich sähen!

Wir können die überaus köstliche Stelle der Frage gewiß nie und nimmer ausschöpfen, aber es lag mir hier daran, sie noch ein wenig praktisch auf unsere Herzen wirken zu lassen. Möge das

gelungen sein, damit der Preis und die Anbetung Seiner herrlichen Person uns ein wenig lieber werden möchte! Er ist dessen wert!

F. K.

Frage 18

Wie ist Luk. 6,29.30 ( im Zusammenhang von V. 27-38) aufzufassen und inwieweit auch heute anwendbar?

Antwort A

Luk. 6,27-29: In 1. Kor. 13 wird die Liebe vor Augen gestellt, welche durch den Heiligen Geist in die Herzen der Gläubigen ausgegossen ist; es handelt sich um die Liebe zum HErrn, die Liebe zu den Brüdern, die Liebe zu der verlorenen Welt. An dieser Stelle lernen wir, wie diese Liebe im praktischen Leben erprobt und bewährt wird. - Hast du Feinde? Weißt du Menschen, die dich wirklich hassen? Sage vor Gott, ob du sie lieben kannst, so daß du die Gelegenheiten mit Freuden ausnutzest, um ihnen wohlzutun! Bist du beleidigt worden, in deiner Ehre gekränkt? Erinnere dich, wer es war - hast du in Liebe für ihn gebetet? Nimm es ernst mit dieser Liebespflicht! Hat dir schon jemand geflucht, dir Schmerzliches zugefügt? Hat dein Herz ihm den Segen Gottes, das Gelingen und Gedeihen zu gewünscht? Das alles hat der HErr in Vollkommenheit vor unser Auge gestellt - Er ist unser göttliches Vorbild. - Es gibt nicht nur körperlich fühlbare Backenschläge - dieselben können auch in Worten oder Briefen oder verleumderischer Nachrede gegeben werden. Kind Gottes, halte in Demut still im Blick auf den HErrn, der für dich die Geißelhiebe, die Dornenkrone und den Speichel empfing! - Dies ist der Wille des HErrn für die Seinigen in ihren persönlichen Lebensbeziehungen zu den Menschen - aber es würde ganz verkehrt sein, diese Worte da anzuwenden, wo ein Christ in amtlicher Stellung die Würde und Autorität der Regierung zu wahren hat. Es ist nicht anwendbar auf einen Herrscher gegenüber aufrührerischen Untertanen, auf Eltern gegenüber der Anmaßung

einen Offizier (oder Beamten! Anm. der Schriftl.), der in seiner Uniform das Ansehen der Obrigkeit repräsentiert. Überall, wo es sich um die Autorität, die Ordnung in Staat und Familie handelt, gilt das Wort: „Wer sich daher der Obrigkeit widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil über sich bringen“ (Röm. 13,2).

Luk. 6,30.31: „Gib jedem, der dich bittet“- dies Wort will göttlich nach dem Geiste, nicht menschlich nach dem Buchstaben verstanden sein. Gott gibt jedem, der Ihn bittet (vgl. Luk. 11,9.10). Aber Gott gibt nicht jedem das, war er bittet, wenn es ihm zum Unsegen ist. Wer einem Trinker oder Landstreicher auf seine lügnerischen Bittgesuche Geld gibt, welches dieser sofort in die Branntweinkneipe tragt, versündigt sich. (Vielleicht nicht immer! Es kann verschiedene Fälle geben, zumal heute, wo durch die Arbeitslosigkeit viele Menschen an unsere Türen klopfen, die nichts mit den sogenannten Landstreichern [„Monarchen“!] zu tun haben. Anmerkung der Schriftl.) Wer einem gewissenlosen, leichtfertigen, vergnügungssüchtigen Jüngling auf seine Bitte Geld borgt, bestärkt diesen in seiner leichtfertigen Verschwendung, er handelt nicht göttlich, sondern sündhaft. Eltern, die allen Wünschen ihrer weltlustigen Kinder Erfüllung gewähren, werden bittere Früchte ernten. Dies Wort will so verstanden sein: Wer es auch ist, der dir bittend naht, versetze dich in seine Lage und handle so an ihm, wie du wünschen würdest, daß man an dir handeln möchte, wenn du (oder dein eigener Sohn) an seinem Platze wärest (wäre). Der, welcher gebeten wird um eine Gabe, um ein Darlehen, um eine Barmherzigkeit, hat dadurch Gelegenheit, zu handeln nach dem Vorbilde Gottes, des großen Gebers. Ein Christ weiß: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter“ (Jak. 1,17). - Und: „Du tust Deine Hand auf und sättigst alles Lebendige nach Begehr“ (Ps. 145,16). Aber bedenke: In derselben Bibel, in welcher steht: „Gib jedem, der dich bittet“, steht auch geschrieben: „Wenn jemand nicht arbeiten will, so soll er auch nicht essen!“ (2. Thess. 3,10.) Sicherlich ist es gottgewollt, daß kein Hungernder ohne Speise zu empfangen von der Tür eines Gläubigen weggehen soll. Dabei aber ist zu bemerken, daß die wahre Liebe ein Wort des Erbarmens, der Ermahnung, der Warnung, der Zurechtweisung (vielleicht auch ein christliches Blatt! Die Schriftl.) hinzufügen wird. - Dies ist gewiß, daß ein Gläubiger für sich selbst nichts auf dem Wege des gerichtlichen

Christ als Vormund VerAntwortung trägt für den Besitz seiner Mündel.

Luk. 6,32-38: Gott liebt Seine Feinde. Auch wir waren Feinde Gottes (Röm. 5,10), aber Gott opferte Seinen eingeborenen Sohn für uns. Gott trägt und ernährt auch die Lästerer und Spötter. Welches Erbarmen! „Er läßt regnen über Gerechte und Ungerechte“ (Matth. 5,45). Er erhört auch das Flehen der undankbaren, gottfeindlichen Menschen. Wenn Gott alle Seine Wohltaten nur nach der Würdigkeit der Empfänger abmessen wollte oder nach dem Danke, den Er von ihnen zu erwarten hat - was würde aus dieser Erde, was würde aus uns selbst? - Kinder erkennt man daran, daß sie die Natur des Vaters offenbaren. Gottes, unseres Vaters, Natur ist Licht und Liebe, Gerechtigkeit und Gnade. Dieses Wesen sollen die Kinder Gottes offenbaren. Die Welt weiß wohl, daß sie ein Recht hat, dies zu erwarten. Alle Gläubigen sind berufene Zeugen der Gnade und Barmherzigkeit Gottes; deshalb sollten dieselben niemals unbarmherzig über die Menschen aburteilen. Natürlich ist hier nicht die Rede von Gläubigen, welche im richterlichen Amte oder als Geschworene dem Gesetz gemäß ein gerechtes Urteil sprechen sollen, sondern es handelt sich um unsere persönliche Herzensstellung und Hilfsbereitschaft gegenüber tief verschuldeten, undankbaren oder verachteten Menschen. Sicherlich darf ein Kind Gottes niemals den Ernst der Schuld, das Schreckliche der Sünde beschönigen; sondern es soll, was böse ist, böse nennen, es soll handeln nach Gottes Vorbild, der die Sünde haßt und die Sünder liebt. Auch die Gläubigen werden vor dem Richterstuhl des Christus Rechenschaft zu geben haben darüber, wie sie in diesem Stück gehandelt haben. Auch an ihnen wird erfüllt werden, was hier (V. 38) geschrieben steht - möchten wir uns mit Ernst prüfen.

G. v. V. †

Anmerkung des Schriftleiters

Wahrscheinlich haben nur wenige Leser der „Handreichung“ den alten Bibellesezettelband, aus dem vorstehende Betrachtungen entnommen sind, und so können sie den praktischen Ernst derselben ganz so auf sich wirken lassen, wie wenn sie eine neue, d. h. noch nicht veröffentlicht gewesene Antwort Eines unserer jetzt lebenden Mitarbeiter vor Augen hätten.

Aber auch die, welche solche alten Jahrbücher der v. Viebahnschen Bibellesezettel besitzen, werden gewiß auch gern einmal im Rahmen der „Handreichungen“ einige jener einstigen, so schönen, gesegneten Tagesbetrachtungen lesen! Möchten nur wir alle sie auch beherzigen!

Wieviel anders würde es in der Welt aussehen, wenn wir Gläubigen alle die Grundsätze dieses Schriftabschnittes beachten und befolgen würden! Es sind bekanntlich Grundsätze, wie sie besonders in der „Bergpredigt“ bei Matthäus ausgeführt sind, und in dieser „finden wir“, wie unser lieber Mitarbeiter K. O. St. in Frg. 4, Jahrbuch 14, gesagt hat, „daß sie durchweg die Betonung auf die Gesinnung Christi legt, die uns als Seine Jünger, als Söhne Gottes in dieser Welt, kennzeichnen sollte“ ... Christus steht in der Bergpredigt vor uns „als Lebenslehrer der Lebensgesetze“, der Grundgesetze wahren Lebens. - Der HErr gebe uns Gnade, in dem demgemäßen Handeln zu wachsen! Möglich ist es, sonst würde Er es uns nicht lehren!

Wie kostbar und ernst ist die Gegenüberstellung des viermaligen „Glückselig“ in V. 20 und 21 mit dem viermaligen „Wehe“ in V. 25 und 26! Und dann das große „Aber“ von V. 27! (Vgl. das „Doch“ in V. 35.) Sind wir solche „Aber“- Menschen, Menschen solchen göttlichen „Abers“? In diesem „Aber“ liegt die Möglichkeit des Handelns danach!“ Nun wolle man bitte beachten, daß V. 27.28 und 31-38 allgemeiner Natur sind und daß wir selber (was wir für uns wünschen, wie oben gesagt) unser Maßstab zu diesem Handeln für uns sind (V. 31 vgl. Matth. 7,12). In allen diesen Versen ist von der verallgemeinernden Mehrzahl der Handelnden die Rede („ihr“, „euch“), und auch das zeigt die Allgemeingültigkeit dieser Ermahnungen, ebenso vor allem das vergleichende „Wie“ in V. 36, das nicht die gleiche Stärke unserer Barmherzigkeit, wohl aber das gleiche Wesen derselben bezeichnet. Jedoch die insonderheit angefragten Verse 29.30 sind durchaus persönlicher Natur, d. h. nicht, wie der ganze Abschnitt sich überhaupt (vgl. die Schlußausführungen von Antwort A!) mit persönlichen Stellungnahmen (und nicht amtlichen, obrigkeitlichen) beschäftigt, sondern „persönlich“ in dem Sinne, daß diese Verse nicht allgemein von „ihr“ reden, sondern von „dir“! Mit anderen Worten: Es gehört eine ganz besondere innere Herzensstellung dazu, vielleicht auch eine besondere göttliche Führung und Erkenntnis, um solch sicher oft schweres Verhalten zu offenbaren, wie es diese Verse zeigen. Man kann nicht

tragen, die aus inneren Hemmungen heraus oder aus sonstigen ernsten Gründen beispielsweise V. 30 nicht verwirklichen können (in heutiger Zeit!!). Außerdem gab es z. B. im Leben des HErrn einen Fall, wo wir sehen, daß V. 29 unbedingt wörtlich zu erfüllen nicht Gottes Wille ist: Joh. 18,21-23! Und noch eine andere, höchst bemerkenswerte Stelle der Schrift, wo Paulus um des Ansehens und der Anerkennung willen einer jungen Gemeinde seitens der Welt ganz anders als etwa wörtlich nach jenem Worte des HErrn handelt: Apgesch. 16,36.37- zeigt ebenso wie die genannte Joh. 18,21-23, daß sicherlich von Fall zu Fall geistlich zu unterscheiden und zu entscheiden ist, wie man sinngemäß nach des HErrn Wort Luk. 6,29.30 zu handeln hat, wenn es sich um etwas dreht, wo gleichsam „meine eigene“ Angelegenheit in Frage kommt. Aber stets muß die Gesinnung des Herzens der Dessen ähnlich sein, „Der, gescholten, nicht wiederschalt, leidend, nicht drohte, sondern Sich Dem übergab, der recht richtet“ (1. Petri 2,23). Der aber immer, wo es darauf ankam, der Gebende war und Der gesagt hat: „Geben ist seliger als nehmen“ (Apgesch. 20,35).

Wie also im einzelnen Falle auch dementsprechend einschränkend zu handeln sein mag - nichts kann und darf den Ernst des Grundsatzes und der Frage abschwächen, was werden würde, wenn wir Gläubigen alle (nicht nur einzelne) nicht nur mehr, sondern überhaupt in der Gesinnung Christi (vgl. auch Phil. 2,5ff.) bewußt handeln würden nach dieser und der ganzen Lukasstelle oder nach der Bergpredigt! Möglich ist's, wie gesagt, und der HErr wünscht es, und die Gnade genügt auch dazu! Kostbare Ergebnisse würden gezeitigt werden, und das (echte) Christentum würde sicher der Welt eine größere Hochachtung abnötigen, als ihm gegenwärtig im allgemeinen zuteil wird! Nicht daß wir solche suchen sollten, aber - was uns trifft (so oder so), das trifft Ihn- das laßt uns nie außer Acht lassen! Wir sollen „Seine Zeugen“ (auch in der Gesinnung!) sein (Apgesch. 1,8).

So laßt uns denn „Gnade haben“ (nach Hebr. 12,28), um durch sie auch in diesem Stück mehr „Gott wohlgefällig“ zu leben, Ihm zur Ehre!

F. K.

Zur Beachtung!

Da es dem Verfasser des kostbaren Aufsatzes: „Die verschiedenen Berichte in den Evangelien über die Auferstehung des HErrn“ in Lieferung 4-7 dieses Jahres, unserem lieben Br. und Mitarbeiter F. Kpp., wie er uns wörtlich schrieb, „unerträglich“ ist, den Lesern etwas, wenn auch nur äußerlich, Falsches dargeboten zu haben, so bringen wir hier nachstehende von ihm selbst verfasste Berichtigung.

Die Schriftl. v. d. K. u. F. K.

„Zu ‚die Anker lichten‘, Seite 87, wünscht der Verfasser zu bemerken, daß ‚lichten‘ zurückgeht auf ‚liechtern‘ ‚leichtern‘, eigentlich also mit ‚Licht‘ nichts zu tun hat. Da aber die meisten Leser das nicht wissen werden und von ‚Nacht‘ die Rede ist, möge das Ungenaue des Vergleichs verziehen werden!“

(F. Kpp.)

Die Errettung durch die Arche.

(1. Petr. 3,21)

Laßt uns noch einmal wiederholen und beachten, daß erst dann die neue Welt mit Noah begann, als die alte gerichtet war; und weiter, daß sie von der Höhe des Berges Ararat aus ihren Anfang nahm. So wie Gott damals Noah aus dem Gericht des Todes emporhob und mit ihm eine neue Welt entstehen ließ, so nahm auch mit Christus, als Gott Ihn aus den Toten auferweckte, eine neue Schöpfung ihren Anfang.

Es ist von großer Wichtigkeit, zu sehen, daß Christus als der Auferstandene aus den Toten der Anfang der neuen Schöpfung ist. Wenn man meint, daß die neue Schöpfung mit der Fleischwerdung und dem gerechten Leben Christi auf Erden begonnen habe, so sagt man

damit, daß das Ende des Fleisches noch nicht vor Gott gekommen sei und der Mensch stehe noch in der Probezeit und befände sich unter Gottes Prüfung. Er befände sich also noch unter Gesetz und würde durch dasselbe noch geprüft. Dies aber widerspräche gänzlich nicht nur unserem alttestamentlichen Bilde, sondern allen klaren Unterweisungen des Neuen Testamentes. Wenn es so wäre, so wäre es keine neue Schöpfung, sondern nur eine Vervollkommnung des Menschen. Christus aber lehrte Seine Jünger, daß Er sterben und auferstehen müsse und kein anderer Weg uns nützen könne. Und die Apostel lehren uns, daß die Prüfung des Menschen durch das Gesetz geschehen sei und völlig erwiesen habe, daß alle schuldig, tot in Sünden und dem Gericht verfallen seien. Christus starb für alle, und die Schrift urteilt, daß, wenn „einer für alle gestorben ist, somit alle gestorben sind.“ (2. Kor. 5,14) Wie damals in der Flut das Ende alles Fleisches vor Gott gekommen war, so fand die Geschichte des Menschen im Fleische in dem Kreuze Christi ihr Ende vor Gott, und zwar so völlig, daß wir von nun an niemand nach dem Fleische mehr kennen - selbst Christus nicht. Gewiß kennen wir Ihn in Seiner Vollkommenheit nach dem Fleische, aber wir kennen Ihn in dieser Weise nicht als Gottes Heil und Rettung für uns. Gottes Rettung für uns ist Er in Seiner Auferstehung, so daß, wenn jemand in Christo ist, eine neue Schöpfung da ist. „Das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ (2. Kor. 5,16.17) Christus starb für alle, die im Tode lagen, deshalb kann jeder Einzelne durch den Glaubensgehorsam ein neues Leben auf dem Grunde Seines Todes und Seiner Auferstehung empfangen. Es ist köstlich, auch in diesem Vorbilde der Geschichte Noahs die Auferstehung aus den Toten und ihre Segnungen für uns so deutlich zu sehen.

Die Juden hätten gern ihr System mit der herrlichen Person des Herrn Jesus hier auf Erden als ihres Königs geschmückt. Und die Menschen heute sind gern bereit, an dem vollkommenen Leben des Herrn Jesus den Menschen im Fleische zu veredeln. In Seinem Tode aber zu erkennen, daß Gott die Menschen der heutigen Welt ebenso findet wie in den Tagen Noahs und daß Sein Urteil über die alte Welt auch Sein Urteil über die jetzige Welt ist und Er sie ebenso richten wird und daß Er auch jetzt wie damals eine Schar aus der toten Welt herausnimmt und mit Christus im Himmel verbindet und alle anderen, so gut, edel und mächtig sie auch in der Wett sein mögen, verdammen wird, - kein Wunder - daß diese Wahrheit keinen Anklang,

Gedanken, Religionen usw. in den Tagen Noahs? Und welchen Wert haben sie in unseren Tagen? „Das Ende alles Fleisches ist vor Gott gekommen.“ Eine neue Welt begann, als Noah aus der Arche ging, und eine neue Schöpfung fing an, als Gott Christum aus den Toten auferweckte. Als der Auferstandene ist Er das Haupt eines neuen Geschlechtes: „der Erstgeborene vieler Brüder.“

In Röm. 5,12-21 werden zwei Menschen, Adam und Christus, gleichsam als zwei Stammbäume, als zwei Häupter oder Stammväter nebeneinandergestellt. Der eine ist von der Erde, der andere ist ganz anderer Art - ist vom Himmel. „Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch vom Himmel.“ (1. Kor. 15,47) Der erste brachte durch „eine Übertretung“ Sünde und Tod über seine Nachkommenschaft, der zweite durch „eine (in Seinem Leben und Sterben vollendete) Gerechtigkeit“ Gerechtigkeit und Leben über Sein Geschlecht. (Röm. 5!) Adams Nachkommenschaft befindet sich unter Tod und Verdammnis, Christi Geschlecht hat Gerechtigkeit und Leben.

So wie die Söhne Noahs der Aufforderung Gottes folgten und mit dem gerechten Noah in die Arche eingingen und angenommen wurden, so sind auch wir durch Glaubensgehorsam in dem Gerechten angenommen. Die Gerechtigkeit Noahs konnte den Menschen, die an Noahs Zeugnis vorübergingen und in dem Wesen der Welt verharrten, nicht zugute kommen. Und ebenso kann die durch Christum vollendete „eine Gerechtigkeit“ dem Menschen im Fleische unter dem Gesetz nicht zugerechnet werden. Alles, was der Welt angehörte, wurde in der Flut begraben, wie auch die Handschrift der Verpflichtungen und Satzungen ans Kreuz genagelt wurde.

Aber schon bevor die „eine Gerechtigkeit“ zur Rechtfertigung des Lebens vollendet war, wurde bereits Gerechtigkeit zugerechnet. Der Apostel führt zwei Männer, Abraham und David, als Beweise dafür an. (Röm. 4) Dies ist gewiß für jeden Glaubenden auch heute noch wahr, aber noch mehr. Wenn wir nur sagen, daß Gerechtigkeit uns zugerechnet wird, so wie sie Abraham zugerechnet wurde, so enthält dies nicht die ganze Wahrheit. „Denn gleichwie durch des einen Menschen Ungehorsam die Vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die Vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.“

(Röm. 5,19) Wir sind durch das Verbundensein mit Ihm ebenso völlig in die Stellung von Gerechten gesetzt, wie wir durch Adams Sünde in die Stellung von Sündern gesetzt werden. Der Vorsatz Gottes ist, daß wir sollen Gottes Gerechtigkeit werden in Ihm. (2. Kor. 5,21) Wohl wird dieses in seinem vollen Ausmaß noch nicht geschaut, weil unsere Auferstehung noch nicht tatsächlich vollführt ist. Aber wir werden schon gesehen als mit Ihm gestorben, begraben und mit Ihm auferstanden, als verbunden mit Ihm, gleichwie die Söhne Noahs es in der Arche mit Noah waren. Bald werden wir gerecht gemacht und „Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist“. (1. Joh. 3,2)

Er war der Gerechte, aber Er mußte am Kreuze sterben, um die „eine Gerechtigkeit“ zu vollbringen, in welcher wir gerechtfertigt werden konnten. Diese Gerechtigkeit ist nun vollendet, und sie offenbart Gottes Gerechtigkeit in der Errettung verlorener Sünder. Gott sprach einst zu Noah: „Gehe in die Arche, du und dein ganzes Haus, denn dich habe Ich gerecht vor Mir erfunden in diesem Geschlecht.“ Und so wie Noah in die Arche, so ist Christus in den Himmel eingegangen, und gleich den Söhnen Noahs kommen auch wir der göttlichen Aufforderung nach und betreten im Glauben die himmlischen Örter.

Wenn Er also in Auferstehung der Urheber der Gerechtigkeit ist, so ist Er auch der Urheber des Auferstehungslebens. In der Arche war Leben, außer der Arche war alles tot. Christus ist unser Leben; außerhalb Christi ist alles tot. Jesus sagte: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an Mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der da lebt und an Mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du dies?“ (Joh. 11,25.26) Warum blieb der Herr Jesus von der geliebten Familie fern, bis Lazarus gestorben war? Und warum verbindet Er in diesen bedeutungsvollen Worten Auferstehung mit dem Leben? Er war das ewige Leben. Das Leben war in Ihm. Aber dieses Leben gab Er nicht dem Menschen im Fleische; dadurch würde das gerechte Gottesurteil über die Sünde beiseite gesetzt werden. Er konnte Sich nicht mit dem Menschen in dessen Zustande eins machen; Er mußte sterben oder allein bleiben. Wenn Er aber starb, so brachte Er in Seiner Auferstehung viel Frucht. Deshalb sagt Er: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ In Seiner Auferstehung sind jene, die Er aus dem Tode nahm,

Grunde, daß Gottes Gerechtigkeit volle Genüge geschehen ist.

Die ganze Frage der Sünde des Menschen, des Gerichtes und der Gerechtigkeit Gottes ist für immer gottgemäß geordnet. Der Gläubige kann sich als ein Mensch im Fleische mit seinen Lüsten und Sünden ebenso wahrhaft am Kreuze gerichtet sehen, wie er die alte Welt durch das Wasser der Flut gerichtet sieht. Er weiß sich mit dem verbunden, der da sagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“ So wie die Söhne Noahs in der Arche mit Noah aus der alten Welt in die neue hinübergingen, so hat auch Er und wir mit Ihm die alte Welt der Sünde und des Todes verlassen. Ja, ich darf mein Auge gen Himmel richten, Ihn anschauen und sagen: „Dort ist mein Anfang, dort ist meine Gerechtigkeit und mein Leben. Er ist mein Leben, Er ist meine Gerechtigkeit.“ Aber die heilige Person des HErrn in Seiner vollkommenen und fleckenlosen Gerechtigkeit konnte Sich nicht verbinden und eins sein mit dem Menschen im sündigen Fleische, Er mußte erst als unser Stellvertreter in der Gleichheit des Fleisches der Sünde und durch ein Opfer für die Sünde die Sünde im Fleische verurteilen. Die Gerechtigkeit mußte erst ihr volles Genüge in Seinem Tode am Kreuze finden, ehe der Mensch gerecht gemacht und Teilhaber Seines Auferstehungslebens werden konnte. Gott sei Dank, daß alles dieses geschehen und vollendet ist! Laß mich dich fragen, lieber Leser, hast du dieses Leben? Bist du in der Arche? Alle, die dieses Leben nicht haben, müssen den Zorn Gottes noch schmecken. „Wer den Sohn hat, hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht.“ (1. Joh. 5,12) Und dieses Leben, wenn du es hast, ist ewiges Leben.

Die vielen Wasser der Flut konnten nicht eine Sünde abwaschen. Das Urteil Gottes über die Sünde ist der Tod. Dieses Urteil kann durch nichts aufgehoben werden. Keine andere Zuflucht bleibt dem Menschen als nur die Arche. Und so wird es wieder sein. Alle Auswege, die der Mensch erdacht hat, sind wertlos. In der Flut tritt uns die ganze Torheit der Menschen so recht vor Augen! Was nützte es, wenn jemand die ganze Welt gewann und keinen Platz in der Arche hatte? Und ist es nicht genau so in unsern Tagen? Welchen Wert haben die Ehre, der Reichtum, die Lust und die Politik dieser Welt? Welche Torheit, diesen Dingen nachzujagen! Was können sie uns nützen, wenn es so sein wird wie in den Tagen Noahs? Laß dein Ohr für die Worte des

in den Tagen Noahs. Gepriesen sei der HErr, daß die Tür noch nicht geschlossen ist und du noch nicht ausgeschlossen bist! Möchte Gott auch dich, lieber Leser, wenn es noch nicht geschehen ist, in Seine Arche einschließen! Einmal von Gott eingeschlossen, heißt für immer gerettet sein.

Die beiden Bilder in 1. Petr. 3 haben eine schöne Übereinstimmung. So wie der Türschluß nur einmal stattfand, so geschieht auch die Taufe nur einmal. Unter dem Gesetz gab es viele Waschungen oder Taufen, weil die Gesetzesopfer niemals Sünden hinwegnehmen und die Gesetzeswaschungen niemals vollkommen machen konnten. Jetzt aber ist alles vollkommen: Ein Heiland, ein Opfer, eine Taufe, einmal mit Christo gestorben und auferstanden, einmal geheiligt durch das eine Opfer, heißt für immer vollkommen gemacht zu sein. Die neue Natur kann nie sterben und verderben. „Jeder, der da lebt und an Mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit.“ (Joh. 11,26) Die eine Taufe ist deshalb ein Bild von der vollkommenen und ewigen Errettung. Wenn jemand, gleich den Söhnen Noahs, vom Tode zum Leben hinübergegangen, einmal gestorben und begraben mit Christo und mit Ihm in Auferstehung lebt, so ist er für immer errettet. Es ist nicht ein Waschen des Fleisches wie in den vielen Taufen und Waschungen des Gesetzes. Nicht das Wasser in irgendwelcher Form errettet uns, sondern „die Auferstehung Jesu Christi, welcher in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte Ihm unterworfen sind.“ (1. Petr. 3,21.22)

Wenn auch die Gerechtigkeit Seines Lebens auf dieser Erde unserem sündigem Fleische nicht zugerechnet werden und Er an unserer sündigen Natur nicht teilhaben konnte, so ist es doch sicher und gewiß, daß wir in Seinem Auferstehungsleben mit Ihm eins sind. „Er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, welcher der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, auf daß Er in allem den Vorrang habe.“ (Kol. 1,18) „Und ihr seid vollendet in Ihm, welcher das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt ist.“ (Kol. 2,10)

„Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen Seiner vielen Liebe, womit Er uns geliebt hat, als auch wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht - durch Gnade seid ihr errettet - und hat uns mitauferwecket und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christo Jesu.“ (Eph. 2,4-6) Alles dieses kann nicht treffender als in dem

Bilde der Auferstehung Noahs und seiner Söhne aus der Mitte der Toten der alten Welt dargestellt werden. Noah war der Erstling, der herausging; sodann die sein waren. Laßt uns deshalb jeden Gedanken, als könnten wir Christus jemals mit uns in unserer alten Natur der Sünde und des Todes verbinden, zurückweisen! Laßt uns vielmehr verwirklichen, daß wir mitgestorben und mitauferstanden sind und durch den Geist mit Ihm, dem himmlischen Haupte, verbunden, Sein Leib sind. „Da ist ein Leib“ (Eph. 4,4) und wiederum, „denn wir sind Glieder Seines Leibes, von Seinem Fleisch und Seinen Gebeinen.“ (Eph. 5,30) „So ist denn keine Verdammnis mehr für die, die in Christo Jesu sind.“ Welche kostbare Sicherheit!

Verbunden mit Ihm, unserem himmlischen Haupte, laßt uns die alte Welt mit ihrer Lust und ihren falschen Freuden aufgeben, so wie die Söhne Noahs die alte Welt vor der Flut aufgaben, und laßt uns gleich ihnen mit Christo die neue Welt in Besitz nehmen! So wie es heißt: „Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so suchet, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes. Sinnet aus das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist.“ (Kol. 3,1.2) O, daß wir Ihn besser erkennen möchten und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden, indem wir Seinem Tode gleichgestaltet werden und als solche wandeln, die mit Ihm lebendig gemacht sind!

S. - v. d. K.

Der Beistand des HErrn.

Es ist sehr ermunternd für uns, zu sehen, wie der HErr den Seinen in Zeiten der Bedrängnis und besonderer Prüfungen beistand und wie sich dieselben auf Seine Treue verlassen konnten. Ein Beispiel dafür finden wir in 2. Tim. 4. Diese Stelle führt uns zu dem Abschluß des Lebens Pauli. Der große Zeuge befindet sich im Gefängnis zu Rom. Äußerlich angesehen geht er durch eine sehr dunkle, traurige Zeit; die Gläubigen in Asien, wo er am erfolgreichsten gearbeitet hatte, hatten ihn verlassen. Zersetzende Elemente waren unter die Heiligen gedrungen. Bei seiner ersten VerAntwortung vor dem Kaiser Nero war er ganz allein. Niemand stand ihm bei.

Gläubigen war ihm irgendeine Hilfe, aber in dieser äußerst ernsten Lage konnte er sagen: „Der HErr stand mir bei und stärkte mich, auf daß durch mich die Predigt vollbracht werde und alle die aus den Nationen hören möchten; und ich bin gerettet worden aus dem Rachen des Löwen.“ (V. 17) Sein Auge wandte sich von der Macht des Cäsar und der Pracht und dem Prunk des kaiserlichen Hofes weg und hin zu dem kommenden Reich und der Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus. Wie erschien gegenüber der Herrlichkeit dieses Tages ihm alles, was seine Augen jetzt sahen, nichtig und hohl! Mochten die Gläubigen ihm in seiner Zeugnistreue nicht folgen und ihn verlassen haben, der HErr aber verließ ihn nicht, und er lernte in dieser Zeit den Beistand des HErrn in so besonderer und tröstender Weise kennen.

Möchten auch wir ganz für das Zeugnis unseres HErrn eintreten! Die starken und mächtigen Hände des HErrn vermögen auch uns zu tragen und aufrechtzuerhalten.

A. v. d. K.

„Sie kommen und gehen!“

Wer von uns kennt wohl nicht das gerade in seiner tiefen Schlichtheit so bewegende Lied der entschlafenen Fürstin Eleonore v. Reuß: „Ich bin durch die Welt gegangen“?! Welch eine Schilderung gibt uns dies Gedicht von der Menschheit, welche die Ruhe von Golgatha noch nicht erfahren hat! „Ich habe die Menschen gesehen, und sie suchen spät und früh, sie schaffen, sie kommen und gehen, und ihr Leben ist Arbeit und Müh‘ “ heißt es da in der 2. Strophe; und weiter: „Sie suchen, was sie nicht finden, in Liebe (so die ursprüngliche Fassung!) und Ehre und Glück, und sie kommen belastet mit Sünden und unbefriedigt zurück!“ Wie herzangreifend wahr und schmerzlich zugleich ist das doch!

Und was tun wir nun, die wir Golgatha kennen, die wir die Ruhe zu den Füßen des Gekreuzigten und Auferstandenen schmecken und genießen gelernt haben? Was tun wir, die wir so unendlich „reich gemacht sind durch Seine Armut“ (2. Kor. 8,9), ja „reich in allem in Ihm“ (1. Kor. 1,5) - was tun wir angesichts der uns ja täglich begegnenden, aber in diesem Monat, der die

Totengedenktage bringt, noch besonders berührenden Tatsache: „sie kommen und gehen“?! Was tun wir, die „ewig-Reichen“, im Blick auf die um uns herum „kommenden und gehenden“ „ewig-Armen“? Nützen wir die Zeit aus, um die, die „zum Tode geschleppt werden, zurückzuhalten“ (Spr. 24,11) und vom Verderben zu erretten? Haben wir ein Wort liebenden Erbarmens für unsere Umgebung, für die, mit denen der HErr uns auf irgendeine besondere Art zusammengeführt hat, für Kranke, Unglückliche und Sterbende? Möchten wir nicht den Lebenden warnen, daß er nicht „auch komme an jenen Ort der Qual“ (Luk. 16,28)? Möchten wir ihm nicht ein Blättchen, einen Traktat reichen, ihm ein Wort Gottes sagen oder geben, das da „lebendig“ ist (Hebr. 4,12) und Leben wecken und schaffen kann? Möchten wir die an wahrer, echter Liebe so darbende Welt nicht anstrahlen mit den warmen Strahlen der „in unsere Herzen durch den Heiligen Geist ausgegossenen“ (Röm. 5,5) Liebe Gottes?! Wir tragen allezeit VerAntwortung für die Menschen, denn wir wissen nicht nur, was ihrer wartet, wenn sie „ohne Gott“, weil „ohne Christus“ und dann auch „ohne Hoffnung“ (Eph. 2,12), in die Ewigkeit gehen, sondern wir wissen und kennen auch den Retter, die Rettung, das ewige Heil, für jeden da, der da „hört und glaubt“! „Wie aber werden sie hören ohne einen, der es ihnen verkündet?!“ (Röm. 10,14) Siehe, da ist meine und deine VerAntwortung! Wie kommen wir ihr nach?

Gedenke an die, die da „kommen und gehen“, vergiß nicht, wie bald es sein kann, daß einer „geht“, dem vielleicht nur du etwas sein und sagen kannst - hast du es getan? Willst du es nicht heute noch tun? Es könnte morgen zu spät sein für jenen; denke daran, und sag' ihm „ein Wort von Jesus“!

Der HErr gebe uns Freimut, Gnade und Segen zu „Bemühungen der Liebe“ (1. Thess. 1,3) an allen, auch an denen, die „kommen und gehen“, für die Er einst Sein Leben gelassen hat, um auch ihre Seele zu erretten!

F. K.

Frage 19

Ist 1. das Verhalten der Königin Vasti oder 2. die Forderung des Königs Ahasveros in Esther 1,1-22 berechtigt, oder haben beide verkehrt gehandelt? Was haben die Gläubigen von heute geistlicherweise und praktisch hieraus zu lernen? Hat die Gegebenheit eine Anspielung auf die Welt oder auch auf die Evangelisation in derselben oder auf anderes?

Antwort A

Diese Fragen haben ihre besonderen Schwierigkeiten. Heilige Schrift ebenso wie Weltgeschichte berichten uns sehr wenig über diese geschichtlichen Personen. Auch aus der Weltgeschichte muß man es herauslesen, daß von jeher „ein Fluch auf der asiatischen Despotie“ lag; insbesondere auf jenem voll „scheußlichen Haremslebens, welches allen Ernst der Gesinnung, die sittliche Kraft des Willens der Herrscher, insbesondere bei schwächeren Naturen, erstickte“. Die „Laune“ ist es, welche augenblicklich alles ersetzt.

1. Wer ist Ahasveros?

Heilige Schrift und Weltgeschichte bezeichnen Ahasveros (Xerxes) als einen „bis zur Albernheit launenhaften, schwachen, leidenschaftlichen, grausamen Despoten“. Einige Beispiele aus beiden: Sohn eines reichen Lydiers, der das königliche Heer bewirtet; der Vater wird selbst von Ahasveros aufgefordert, sich freiwillig eine Gunst auszubitten, wird zerhackt, weil der Vater um Freistellung eines Sohnes vom Kriegsdienst bittet. Ahasveros läßt den Hellespont mit „Ruten peitschen“, in „Ketten legen“, weil dieses Gewässer im Sturmestoben eine seiner Brücken zerstörte ... „Er verliebte sich in einen Platanenbaum“, brachte ihm Geschenke dar wie „einer Geliebten“ ... Ohne Bedenken gibt er seinem Kanzler Haman Vollmacht zur Ausrottung eines bedeutenden Teils seiner Untertanen (Esther 3,12-15), bald darauf läßt er diesen ersteren verurteilen und aufhängen (Esther 7,5-10); Mordochai, ein Glied seines unterjochten Volksteils

und überhäuft ihn mit Ehrenbezeugungen. (Esther 8,2) ... Gegen die Sitten des Orients verlangt er in trunkenem Übermut, die Königin Vasthi solle im königlichen Schmuck bei dem Zechgelage vor den trunkenen Gästen erscheinen. Als sie sich weigert, verstößt er sie; befiehlt in einem Edikt allen Frauen in seinem Reiche Gehorsam gegen ihre Männer ... Nach seiner Rückkehr vom unglücklich auslaufenden Feldzug gegen Griechenland ergibt er sich restlos zügelloser Leidenschaft und verfällt doch dem Weiberregiment. In die Hände seiner Satrapen ausgeliefert, soll er ermordet worden sein ...

2. Wer ist Vasthi?

Die Gemahlin des Königs, erhoben zur Hauptfrau neben den vielen Frauen des Harems. Das sich in ihrem Leben vollziehende Schicksal liegt in ihrem, bei einer öffentlichen, feierlichen Gelegenheit vollführten Ungehorsam, welcher die Autorität des Königs wesentlich beeinträchtigt. Das einzige, was von ihr berichtet wird, ist, daß sie schön war. Des Königs Zorn kennt keine Grenzen; die aus Verlegenheit vor den Großen seines Reiches gestellte Rechtsfrage beurteilen seine Ratgeber als ein gefährliches Beispiel der Unbotmäßigkeit, welches die Frauen im ganzen Lande nachahmen könnten. Das Urteil über Vasthi wird vom König angenommen, im Eigensinn zum Gesetz erklärt, ist „nach dem Gesetz der Meder und Perser“ unwiderruflich. (Vgl. Dan. 6,8.16) Die Königin wird abgesetzt; sie kehrt in den Kreis ihrer Herkunft zurück ...

Ist das Verhalten der Königin Vasthi oder die Forderung des Königs berechtigt, oder haben beide verkehrt gehandelt? So die Frage. Das Verhalten Vasthis, die Forderung des Ahasveros waren beide nicht berechtigt; zwei Menschen haben hier schicksalhaft und verkehrt gehandelt. Die Beweggründe des Königs waren unedel, entsprangen einem Einfall und dienten zur Selbstverherrlichung; der Ungehorsam der Königin entsprang einer augenblicklichen Laune, dem Wunsch, sich ihrem Manne gegenüber in breiter Öffentlichkeit durchzusetzen. Dabei darf der sich zwischen diese beiden Menschen drängende, unheilvolle Einfluß der mit dem König zechenden, diesem Despoten gegenüber befangenen Ratgeber nicht außer acht gelassen

Wie kamen diese verschiedenen Menschen zu solch verhängnisvollen Zuständen und Entscheidungen? Der Weltherrscher Ahasveros gibt sich selbst zu Ehren ein Fest ... Er will während 180 Tagen, wie die Schrift so bündig an den Anfang setzt, den herrlichen Reichtum seines Königsreichs und die glänzende Pracht seiner Größe vor seinen Vornehmen und Fürsten seiner 127 Provinzen entfalten. Unersättlich in Hochmut und Einbildung kommt er auf eine neue Form des Selbstruhmes; in der Schönheit seiner in königlichem Schmuck darstehenden Gemahlin will er bewundert und beneidet werden. -

Bei Vasthi erscheint uns auf den ersten Blick eine höhere Sittlichkeit für ihr Verhalten bestimmend gewesen zu sein; als ob sie sich weigere, sich den Blicken einer lüsternen Gruppe betrunkener Schwelger auszusetzen; unter Männern zu sein, welche ihr Anstandsgefühl verletzen. Aber m. E. lassen Vers 12-15 den Schluß zu, daß sie geflissentlich auch ihren Rang und erst in zweiter Linie die Sittsamkeit ihres Geschlechts betont habe, um ihre unbegreifliche Augenblickslaune zu begründen. Dort heißt es V. 12: „welches ihr durch die Kämmerer überbracht wurde“ (ebenso V. 15); wenn der König nun selbst gekommen wäre und sie gebeten hätte? - Ob sie hinsichtlich ihrer allgemeinen Beurteilung bei der Weigerung mit der herrschenden Sitte bei Hofe gerechnet hat, mit der verzeihenden Liebe ihres sie sinnlich umschwärmenden Gemahls, dafür sind uns keine Anhaltspunkte gegeben. Die Geschichte behauptet nur, daß der übermäßige Luxus bei Hofe der Könige von Persien schon früh eine übermütige Herrschaft der Königinnen aufbrachte.

Memukan verläßt in seinem Urteil über die Königin den Boden der höfischen Sitte, trotz des Schweigens der anderen Mitglieder des Rats. Er gibt der vom König gestellten Rechtsfrage eine Wendung, wie sie der gegenwärtigen, vom Wein erhitzten Laune des Königs zusagt.

So wirken Zustände und Entscheidungen der verschiedenen Personen an der sich vollziehenden Katastrophe mit. Spätere Ernüchterung des Königs und der Königin kommt zu spät (2,2).

„Was haben die Gläubigen von heute geistlicherweise und praktisch hieraus zu lernen? Hat die Begebenheit eine Anspielung auf die Welt oder auf Evangelisation in derselben oder auf

anderes?“

Nicht ohne weiteres ist Ahasveros, wie manche Ausleger annehmen, eine antichristliche Figur und Abbild dessen, der kommen wird, um seinen Thron auf diese Erde zu setzen. Manches erinnert allerdings an den Antichristen: Er war der siegreiche Mann, der den Bogen lässig auf dem Rücken ruhen lassen konnte; denn er hatte 127 Provinzen besiegt und seinem Reiche einverleibt. Er war nach der Religion der Perser das sichtbare Ebenbild des unsichtbaren Licht-Gottes Ormuzd, ein Priesterrat aus Richtern, Wahrsagern und Sterndeutern umgab ihn usw. (vgl. V. 13). - Welchen für uns kaum vorstellbaren Reichtum konnte er in Esther 1 zur Schau bringen; die Laster und Sünden in jenen Tagen der Schwelgerei begegnen uns auch heute in der gerichteten Welt. Nachdem in 180 Tagen die Vornehmen und Fürsten vom Reichtum ihres Despoten lebten, veranstaltete dieser für seine anderen Untertanen ein ebenso schlemmerisches Volksfest. Jeder darf genießen und sich ergehen, entsprechend der Freigebigkeit dieses Fürsten. Darin ist er dem „Fürsten dieser Welt“ ähnlich. Allen Wünschen des sündlich-natürlichen Menschen wird Befriedigung geboten. Wie kann das Weltkind reden, tun und genießen, wie es will! Nur eine Bedingung, wie es auch Ahasveros von seinen Untertanen verlangte: vor ihm niederzufallen und die Erde zu küssen (entsprechend der Sitte! Vgl. 3,2!). Wein in Menge freigegeben! (V. 8!) Wie versteht der Feind der Seele in Weltfreude und Weltgenüssen das arme Menschenherz zu betören! Wie mancher verlor die Kontrolle über sich selbst und seine Sinne und Gefühle und gab sein sittliches Tun preis und lebte als ein Knecht der Sünde in niedrigen Instinkten und Trieben seines Wesens dahin! Wieviel Jammer noch heute in den Häusern, Familien und Herzen, weil das eine oder andere Mitglied unter Satans Einfluß die Sünde als ein Vergnügen, als einen Genuß ansah. Schon die persische Geschichte berichtet, daß die Untertanen eines Ahasveros den Sklaven gleich kamen. Alles war sein Eigentum und ihm tributpflichtig, - Ahasveros, den Zorneskelch Gottes trinkend, war selbst ein so niedriger Sklave Satans, bestimmend ja, aber doch bestimmbar jedem von außen kommenden Einfluß. Seinem Eigenwillen, seinen Trieben lebend, heute im Rausch, morgen keine Kraft zur Reue, weil er sich gebunden hat durch Wort und Tat.

unterliegt, ist müßig. Sie ist zu bedauern, daß sie nur eine schöne Frau ist. Schöne Frauen sind meistens eigenwillig und verwöhnt. Nur fromme Frauen sind schön, haben Einsicht und sind den Verwicklungen des Lebens gewachsen. 1. Sam. 25,3.18.19. Schönheit des Angesichts ist vielfach eine große Gefahr für Seele und Charakter und war schon oft der Weg in die Sümpfe der Fleischeslust. Welche VerAntwortung tragen die Eltern, welche ihre Kinder nicht vor den Fangarmen der Gefallsucht und den Greueln der Unsittlichkeit bewahren! Aber über wie manche schöne, aber unkluge Frau wird Rat gehalten, was mit ihr zu tun sei. - Diese Rechtskundigen haben in ihrem Urteilsspruch eine Weisheit zum Ausdruck gebracht, welche dem Willen Gottes von jeher entsprach: das Weib soll dem Mann untertan sein. Wie wenig Frauen gibt es heute, welche einen tiefgehenden sittlichen Einfluß auf ihre Männer ausüben; wie viele suchen sich launisch und eigenwillig durchzusetzen, trotzen dem, der nach Gottes Wort ihr Herr ist! Wieviel Selbstsucht, Unreinigkeit, Eitelkeit, Herrschen im heutigen Frauenleben! Wie schön sagt der HErr es Eva: „Nach deinem Manne wird dein Verlangen sein, er aber wird über dich herrschen.“ (1. Mos. 2,16) Wie irrtümlich war die Auffassung des Memukan, daß er glaubte, durch menschliche Gesetze „Familienmoral“ zu schaffen, und die Wirkung erwartete, daß alle Frauen ihren Männern Ehre geben würden vom Größten bis zum Kleinsten!

Wie arm steht die Gesetzgebung heute da, welche das auf der Schrift aufgebaute Gesetz reformieren will und den unaufhaltsamen moralischen Niedergang erlebt! Jes. 59,9-15.

Zwei Menschen - zwei Schicksale! Das ist unsere heutige Evangelisationsaufgabe, laut hinein in die Massen der armen Sünder, der Männer und Frauen und Jugend die Botschaft zu rufen: Es gibt eine Rettung vom Niedergang und Untergang; es ist Kraft da für einen glücklich machenden Weg in Demut, Gehorsam und Reinheit: Der lebendige Glaube an den Herrn Jesus! Matth. 1,21 und Joh. 3,16.

Ed. v. d. K., H.

Anmerkungen des Schriftleiters

erbaulichen ersten Teil der „Handr.“ tätig gewesenen und daraus wohlbekannten Mitarbeiters beschäftigt sich sehr eingehend mit den Persönlichkeiten der Frage und den Belehrungen, die diese uns durch ihr Verhalten geben. Und dadurch ist diese Antwort Auch für die heutige Zeit wertvoll. Ob aber der Teil der Frage: „Hat die Begebenheit eine Anspielung auf die Welt usw.“ so verstanden ist, wie der Fragende sie meint, das zu beurteilen muß letzterem überlassen bleiben.

Jedenfalls scheint mir die Tatsache, daß wir im Buche Esther (vgl. Frage 4 in Jahrbuch 4 über „die Hauptbelehrungen des Buches E. für uns“!) in ganz besonderer Weise die Wege der Vorsehung Gottes für Sein Volk haben (wobei ein ganzes Buch, eben weil es nur die Vorsehung zeigt, nicht ein einziges Mal den Namen Gottes enthält!), zu wichtig zu sein, als daß sie bei dieser wie auch immer zustande gekommenen Verstoßung der Vasthi übersehen werden dürfte! Ich will und kann darüber nicht viel sagen, aber - ist es gleichgültig, daß Vasthi eine Heidin und Esther eine Jüdin war?! Doch sicher nicht!

In Ahasveros, welch ein verwerflicher Charakter er auch war, bezugl. der Welt- wie der Gottesvolk-Geschichte können wir in ihm doch auch den Vertreter der göttlichen Macht sehen, die das Volk Gottes zu beherrschen hatte während der Epoche seiner zeitlichen Verwerfung. Und insofern sind da gewiß auch Linien, die in „die Zeiten der Nationen“ (Luk. 21,24) von heute hineinreichen, wo Israel unter die Nationen zerstreut ist. Aber nicht wahr, dieses Gericht über Israel ist nicht von ewiger Dauer, vielmehr werden die Nationen, wie Amalek, dessen letzter Vertreter Haman in Esther 7 sein Ende findet - dies vergleiche man mit Jehovas Gebot 5. Mos. 25,19 u. a.!! -, ein unerbittliches Gericht finden am Tage des HErrn, sie, die jahrtausendelang in jeder Hinsicht gefehlt haben, während Israel durch die Gerichte (vor allem „die große Drangsal“!) zur Buße kommt und dann zu höchsten Ehren. (Siehe u. a. auch 5. Mos. 28,13! Das zeigt das Buch Esther auch vorschattend.) Wer diese Dinge beachtet, dem muß es bedeutsam sein, daß Vasthi als Heidin beiseite gesetzt wird. Sie war keine „Gehilfin“ (1. Mos. 2,18) für ihren Mann! Sie konnte die Autorität, die Gott eingesetzt hatte („Keine Obrigkeit ohne von Gott!“ Röm. 13,1), nicht stützen, ihr Verhalten riß sie nieder. So versagen die Nationen

deute die Dinge hier nur an zum Weiterforschen für die, denen diese belehrende Seite der Frage - neben den obigen praktischen Seiten - nicht unwichtig ist.) Zu was für Segnungen wurde der Weg frei durch die jüdische Gemahlin! Wahrlich, Gott ist ein wunderbarer Gott! „Sein Rat ist wunderbarlich.“

Müssen wir, die wir Worte wie Röm.15,4 und 1. Kor. 10,11 in ihrer vollen Kraft beherzigen wollen, nicht auch diese Linien zu erforschen trachten? Und sollten wir nicht in Wahrheit zu den „Weisen“ gehören, die sich „auf die Zeiten verstehen“ (V. 13 in dem Kapitel der Frage), als solche, welche weise geworden sind, und zwar nur durch Gnade, und immer weiser werden, „diese Zeit zu beurteilen“ nach Luk. 12,56?!

Der HErr helfe uns dazu, daß wir auch durch diese Frage mit ihren BeAntwortungen „wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus“ nach 2. Petr. 3,18! Ihm sei Dank für Sein kostbares Wort!

F. K.

Frage 20

Wie ist Apg. 15,9: „nachdem er ihre Herzen durch den Glauben gereinigt hatte“ (Elb. „indem er ... reinigte“) zu verstehen? Wie verhält sich der Gläubige, der im Glauben diese herrliche Verheißung angenommen hat, zu Matth. 15,18ff.? Wie sind die Bibelstellen, die vom „reinen Herzen“ reden, zu verstehen? (z. B. Matth. 5,8). Nach Matth. 23,26-28 muß „das Inwendige“ rein werden; kann das Herz immer rein bleiben?

Antwort A

Wenn es sich um die Reinigung des Gewissens, die Reinigung von Sünden handelt, ist es immer nur das Blut Jesu Christi, welches diese Reinigung bewirkt. Wenn es sich aber um die Reinigung des Herzens handelt, handelt es sich nicht um die Sünde als Ursprung des Bösen und nicht um

die Gesinnung, um das, was im Herzen aufsteigt, darin emporquillt und es ausfüllen will -, und da ist es nicht das Blut, sondern der Glaube, welcher reinigt, wie Apgesch. 15,9 uns sagt. Und warum? Weil durch den Glauben „das Wort des Evangeliums“ (V. 7) in das Herz aufgenommen und in dem Herzen wirksam gemacht wird und dadurch das Licht Gottes in das Herz leuchtet und alles bloßstellt und Christus in das Herz einzieht und dasselbe einnimmt, und wo Er ist, hat das Böse keinen Raum, sondern wird alles, was sich mit Seiner Person nicht vereinbart, hinausgetan, ausgeschieden, ausgeschlossen! Bildlich sehen wir dieses schön in der Tempelreinigung (Matth. 21,12.13; Joh. 2,14-16): Als der Herr Jesus in den Tempel eintrat, reinigte Er ihn von allem, was nicht hineingehörte, indem Er darauf hinwies, daß derselbe „ein Bethaus“ sein solle, aber zu „einer Räuberhöhle“ gemacht worden sei. Genau so ist es mit dem Herzen des Menschen: Es sollte „ein Bethaus“ sein, welches Gott gehört und in dem Ihm Anbetung gebracht wird, aber es ist durch das, was darin ist, zu „einer Rauberhöhle“ geworden; wenn aber durch den Glauben das Herz für den Herrn Jesus geöffnet wird und Er in dasselbe einzieht, reinigt Er dasselbe von allem, was nicht hineingehört, und führt es zu seiner göttlichen Bestimmung zurück. Gott ist es, der dieses wirkt, und der Glaube ist das Mittel, wodurch dieses herbeigeführt wird. Darum heißt es in Apgesch. 15,8.9, daß „Gott, der Herzenskenner, ... durch den Glauben ihre Herzen reinigte“.

Das Herz reinigen kann natürlich nur Glaube, der im Herzen ist - wie könnte er wirken, wo er gar nicht ist?! -, also Glaube, der wirklich Besitz nimmt von seinem Gegenstande, Christus, - nicht ein bloßes Für-wahr-Halten, welches nur im Kopfe ist. Menschen, die nur im Kopfe, aber nicht im Herzen glauben, haben natürlich auch keine Reinigung ihres Herzens erfahren und können daher auch nichts wissen von einem „reinen Herzen“ und halten es vielleicht sogar für Irrtum und Anmaßung, wenn ernstgesinnte Gläubige dem Worte Gottes gemäß die Notwendigkeit des „reinen Herzens“ lehren und betonen.

Matth. 15,18ff. zeigt uns, daß das Herz des Menschen der Quell alles Bösen ist, was im Leben eines Menschen nur immer zu finden ist. Das ist es geworden durch den Fall des Menschen, durch die Sünde, und darum sagt uns Gottes Wort diese traurige Tatsache schon von den

auf Erden, und alles Gebilde der Gedanken seines Herzens nur böse den ganzen Tag.“ Und Kap. 8,21 „... denn das Dichten (Gebilde) des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“; und Jer. 17,9: „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen?“ Und dieses verdorbene, böse Herz wird auch nicht gut, wenn ein Mensch sich bekehrt, sondern bleibt so böse, wie es vorher war. Das ist unsere praktische Erfahrung bis heute, und das zeigt uns auch das Wort Gottes in den vielen Ermahnungen, die es uns gibt, die aber nicht nur ganz überflüssig, sondern ganz unangebracht und unbegreiflich wären, wenn nicht unser Herz immer noch das alte böse wäre und wir nicht dadurch immer noch beständig in der Gefahr wären, die bösen Dinge, vor denen wir gewarnt werden, zu tun. Diese Tatsache scheint im Widerspruch zu stehen zu dem Obengesagten und zu anderen Schriftstellen, die von „reinem Herzen“ reden, und doch ist es kein Widerspruch - solchen gibt es im Worte Gottes nie! -, sondern wunderbare Weisheit Gottes, was wir darin finden. Unser Herz ist und bleibt verdorben und böse in sich selbst, aber Gott hat dafür gesorgt, daß wir nicht mehr den aus ihm hervorkommenden bösen Gedanken Raum zu geben und zu folgen brauchen und auch das Aufsteigen böser Gedanken nicht mehr in dem Maße wie früher zu geschehen braucht: Wie Er einmal „durch den Glauben“ unsere Herzen „reinigte“, als wir gläubig wurden, so will Er auch weiterhin auf dieselbe Weise unsere Herzen reinigen und rein erhalten, indem Er unser Herz mit dem beschäftigen und ausfüllen will, was Christus ist, und Er uns alles in unserem Herzen Aufsteigende in Seinem Lichte erkennen lassen und durch Seinen Geist uns Kraft geben will, alles Böse und alles Ihm nicht Wohlgefällige zu verurteilen und abzulehnen und so nichts Böses und Unreines in unserem Herzen zu dulden und zu Worten und Taten werden zu lassen, sondern nur Christum darin herrschen zu lassen. - Daß Gott dieses so mit uns gemacht hat und nicht anders, ist Seine Weisheit und Liebe, indem Er uns dadurch in der rechten Anhängigkeit von Ihm erhält und wir immer neu Seine Barmherzigkeit und Treue erfahren.

In dem Ebengesagten finden wir auch zugleich die Erklärung für die Schriftstellen, die vom „reinen Herzen“ reden (Matth. 5,8; 1. Tim. 1,5; 2. Tim. 2,22; 1. Petr. 1,22). Das Herz ist dann rein - und immer nur dann -, wenn es durch Gottes Wort und Geist Sein Licht alles, bis ins Innerste hinein, durchleuchten läßt und alles richtet und verurteilt und hinwegtut, was in diesem

Der Hinweis auf Matth. 23,26-28 ist hier sehr am Platze und sehr wertvoll, denn Gott sieht in das Herz und kann nicht durch einen äußeren Schein getäuscht werden, wie es vielleicht Menschen gegenüber geschehen kann. Und wenn das Inwendige - das Herz - rein ist, dann wird selbstverständlich auch das Auswendige - das, was an uns wahrgenommen wird, unser Reden und unser Tun - rein sein. So sagt auch David in Ps. 51: „Siehe, du hast Lust an der Wahrheit im Innern, und im Verborgenen“ - d. h. im Innern des Herzens - „wirst Du mich Weisheit kennen lehren“ (V. 6), und: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in meinem Innern einen festen Geist“ (V. 10). Ein reines Herz ist die unerläßliche Voraussetzung für ein geheiligtes Leben, und deshalb ist auch „Heiligung“, von der soviel geredet wird, nicht ein Werk, welches in unserem Äußeren beginnt, sondern in unserem innersten Innern; anders gibt es keine wahre Heiligung, keine Reinheit vor Gott!

Das zeigt uns, daß „Heiligung“ (oder „Heiligkeit“, „Geheiligtsein“) und „reines Herz“ untrennbar miteinander verbunden sind. Es gibt keine „Heiligung“ ohne „reines Herz“ und kein „reines Herz“ ohne „Heiligung“! Deshalb sind auch Schriftstellen, die uns den Weg zur „Heiligung“ zeigen - abgesehen davon, daß im Grunde das ganze Wort dieses Ziel hat -, für unsere gegenwärtige Betrachtung ebenfalls von Interesse und Wert, weil ihre Wirkung immer mit Herzensreinigung verbunden sein wird. Wir wollen nur auf einige solche Stellen hinweisen. Als wunderbarste Stelle dieser Art erscheint uns 2. Kor. 3,18: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist.“ Hier ist es die Herrlichkeit des HErrn, die so mächtig auf unser Herz wirkt, wenn wir sie anschauen, indem wir in Seinem Worte Ihn betrachten, durch Seinen Geist, und Er uns dadurch groß und herrlich wird und unser Herz ausfüllt! Dadurch werden wir „verwandelt in Sein Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit“! Ist das nicht „Heiligung“ im tiefsten Sinne des Wortes? Und kann das Herz dann anders als rein sein? Eine andere kostbare Stelle finden wir in demselben Briefe 2. Kor. 7,1: „Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ Hier sind es

wenn wir uns Seinem Worte gemäß absondern und „Unreines nicht anrühren“, uns aufnehmen und uns zum Vater sein will und wir Ihm zu Söhnen und Töchtern sein sollen - und die aus diesem wunderbaren Verhältnis entspringende Furcht Gottes, die auf unser Herz wirken. Sind diese Dinge nicht ein mächtiger Ansporn zur „Heiligung“, und damit zur Herzensreinigung? Und nun noch Phil. 2,12.13: „... bewirket (wirket aus, vollführet) eure eigene Seligkeit“ (besser: „Errettung“, „Heil“) „mit Furcht und Zittern; denn Gott ist es, der in euch wirkt sowohl das Wollen als auch das Wirken, nach Seinem Wohlgefallen“. Hier ist es das Bewußtsein, daß wir es immer und in allem mit Gott zu tun haben, welches uns mit „Furcht und Zittern“ unsere „Errettung“ „auswirken“, d. h. jetzt hier in unserem .Leben, in unserem Wandel, zu verwirklichen bestrebt sein läßt. Wie ist es bei uns damit?! Wenn dieses Empfinden in uns ist, wird nicht die Wirkung desselben Heiligkeit, ein „reines Herz“ sein? Ganz gewiß! -

Zum Schluß noch ein kurzer Hinweis auf das, was wir im Worte Gottes mit dem „reinen Herzen“ verbunden finden: Matth. 5,8 lesen wir, daß die, welche „reinen Herzens“ sind, „glückselig“ sind, „denn sie werden Gott schauen“ - Gemeinschaft mit Gott! In 1. Tim. 1,5 sehen wir, daß aus einem „reinen Herzen“ Liebe ausgeht! In 2. Tim. 2,22 ist ein „reines Herz“ die Voraussetzung für Gemeinschaft miteinander, und nach 1. Petr. 1,22 ist es die Voraussetzung für inbrünstige Liebe zueinander! Wie kostbar sind diese Dinge! Und welch ein Verlust, wenn wir sie nicht haben; und wir haben sie ganz gewiß dann nicht, wenn wir kein „reines Herz“ haben! Darum sei es unser heißes Verlangen und lassen wir den Heiligen Geist in uns wirken, daß wir ein „reines Herz“ besitzen und bewahren! -

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Diese Antwort ist eine wahrhaft gottgeschenkte würdige Ergänzung zu den mancherlei höchst praktischen FragebeAntwortungen des gegenwärtigen Jahrbuchs, besonders zu den Fragen 11 und 14. Der HErr gebe uns allen Gnade, alle diese „Fragen und Antworten“ gründlich auf Herz und Leben anzuwenden zu Seinem Preis!

Wieviel wird in manchen Kreisen von „Heiligung“ geredet! Ist das nicht recht? Nun, wenn nur davon geredet wird und sie nicht tatsächlich zu merken und zu sehen ist in „Wort und Werk und allem Wesen“ - dann ist schon eine große Gefahr nicht vermieden: die der Heuchelei! (Vgl. Matth. 23!) Aber noch mehr: wieviel wird einer falschen „Heiligung“ das Wort geredet! Davon legt auch der Brief des Fragenden Zeugnis ab, der berichtet, daß in jener Gegend, wo er zu Hause ist (im Ausland), eine Sekte sei, die sich (in deutscher Übersetzung) „Die reinen Herzen“ nennt, was wiederum dazu geführt habe, daß die wahren Gläubigen dort allgemein mit dieser Bezeichnung geschmäht würden!! (wie bei uns mit „Mucker“, „Pietisten“ oder [in Dresdener Gegend] „die heilige Geige“). Wie traurig ist jenes! Solche „perfektionstischen“ Lehren und Benennungen schaden dem wahren Christentum sehr (vgl. Frg. 3 mit meiner Antwort!). Die Schrift kennt keine „Sündlosigkeits“- Lehre in diesem Sinne, als ob ein Christ durch einen einmaligen „Glaubensakt“ „sündlos“ würde oder auch sogar „sündlos“ bliebe durch Glauben. Ich habe es früher auch oft gehört, unsere Frage-Stelle bewiese, daß man durch Glauben völlig rein werde.

Aber die Stelle hat ganz und gar nicht diese Bedeutung! Dem Zusammenhang des 15. Kapitel nach zeigt sie uns, daß die Gläubigen auf neutestamentlichem (Gnaden-)Boden nicht der gesetzlichen „Beschneidung“ bedürften, „die am Fleisch geschieht“, um eine äußere Reinigung hervorzurufen, d. h. eine äußere Absonderung für Gott (vgl. Kol. 2,11.12 mit 1. Petr. 3,21; Eph. 2,11; Röm. 2[,29!]; den Galaterbrief und u. a. 5. Mos. 10,16; 13,6[Jer. 4,4!]; Hes. 44,9!! u. a., siehe auch Frage 30 in Jahrbuch 4! und andere Fragen!), sondern daß jene durch ihren Glauben, d. h. den an das Evangelium von Jesus Christus, (schon) rein seien und abgesondert für Gott, indem der Glaube nicht das Fleisch, sondern das Herz reinige! Hatten die jüdischen gesetzlichen Gläubigen von Kapitel 15 die göttliche Belehrung von Apgesch. 10 u. 11,1-18 (vgl. Frage 2 dieses Jahrgangs!) verstanden, und zwar in Verbindung mit obengenannten Stellen 5. Mos. 13,6; Jer. 4,4; Hes. 44,9 usw., dann hätten sie ohne weiteres gesehen, daß die Beschneidung am Fleisch für diejenigen nicht mehr nötig sei, deren Herzen gereinigt waren! Aber jene verstanden die Schrift und das Tun Gottes noch nicht recht, und so manche Gläubige

Lehre zu konstruieren, die schon angesichts von Gal. 5,19ff. u. a. völlig unhaltbar ist. Nein, nicht Sündlosigkeit und Vollkommenheit in dieser Hinsicht predigt die Schrift, sondern sie zeigt uns, daß durch Glauben in Gottes Augen unsere Herzen gereinigt sind ohne den äußeren Vollzug einer Absonderungshandlung! So sieht Gott uns an in Christo! Wie herrlich!

Aber auch praktisch sollten wir im Genuß dieser Tatsache wandeln, und dazu gibt obige Antwort gute Anleitung. Vergessen wir doch auch ja nicht: Glaube ist stets Herzensvertrauen auf Christum Jesum und zugleich Gehorsam gegen Ihn und Sein Wort (Abhängigkeit!) (lies auch Hebr. 11!). In dem Maße, wie wir praktisch im Glauben wandeln (2. Kor. 5,7; Hebr. 11,27 nach Luther! u. a.), in dem Maße werden wir „reines Herzens“ sein; in dem Maße aber, wie wir nicht im Glauben, sondern im Fleische wandeln, wird nicht „das reine Herz“ zu sehen sein, sondern das Herz, aus dem „böse Gedanken“ usw. kommen! Der HErr vertiefe in uns allen den innigen Herzenswunsch, Ihn durch einen Wandel im Glauben an Ihn, d. i. durch einen Wandel in Christo (Kol. 2,6; vgl. Frage 21, Antwort A am Schluß!) und im Geist (Gal. 5,25), zu verherrlichen, und so werden die oben in Antwort A geschilderten Folgen und Begleiterscheinungen des durch den Glauben gereinigten Herzens bei uns mehr und mehr zu sehen sein zum Preise Seines kostbaren Namens!

F. K.

Frage 21

Wie ist Phil. 2,6: „welcher, da Er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein“ (so Elb. Übers.) zu verstehen?

Antwort A

Die Schwierigkeit, die, im Sinne des Fragestellers, bei diesen Worten gewiß im Vordergrund steht, ist wohl zweifellos der Ausdruck „Raub“. Doch ehe wir dieses Wort des genaueren in unsere Betrachtung stellen, sei auf einige allgemeine Tatsachen hingewiesen, die mit diesem

Verse der Heiligen Schrift und dem dazugehörigen Abschnitt in Verbindung stehen.

Warum spricht Paulus gerade im Philipperbrief von der Demut und der freien Selbsterniedrigung des Sohnes Gottes? Die Antwort ist unschwer aus dem Zusammenhang zu ersehen. Phil. 2 stellt deshalb die Demut Christi den Lesern als leuchtendes, nachzuahmendes Vorbild hin, weil diese zur Einigkeit ermahnt werden sollen (V. 1-4!) und weil Demut des einzelnen stets die Voraussetzung der Bruderliebe und der Einigkeit der Gesamtheit ist! Während die Kolosser in Gefahr standen, in bezug auf die im Epheserbrief gelehrte Wahrheit vom Leibe Christi, nicht mehr das Haupt festzuhalten (Kol. 2,19) und somit in Verirrungen der Lehre zu geraten (Kol. 2,8-23), waren die Philipper, wie aus den Ermahnungen in Phil. 1,27; 3,2; 4,2, besonders aber 2,1-4, hervorgeht, dahingekommen, daß das enge Band der inbrünstigen Bruderliebe sich lockern wollte, daß sich also die Glieder nicht mehr untereinander recht festhielten und damit in eine gefährliche Verirrung des Wandels und Lebens hineinzugeraten drohten. Und doch war es gerade einst die Philippergemeinde gewesen, welche die Wahrheit der Gemeinschaft der Heiligen mehr verstanden und praktischer erfaßt hatte als manche andere der ersten Christen! Dankt doch Paulus gerade dafür, daß sie alle „Mitteilnehmer“ der ihm widerfahrenen „Gnade“ gewesen waren (Phil. 1,7) und daß sie „Teilnahme am Evangelium“ bewiesen hatten „vom ersten Tage an bis jetzt“ (Kap. 1,5), und war es doch gerade die Philippergemeinde, welche „im Anfang des Evangeliums“, als Paulus aus Mazedonien wegging, ihm „in bezug auf Geben und Empfangen mitgeteilt“ hatte (4,15), und zwar dies als damals einzige Gemeinde, noch ehe die anderen Versammlungen sich daran mitbeteiligten (2. Kor. 12,13; 11,8.9)! Praktische Gemeinschaft der Heiligen war also gerade die besondere Stärke im geistlichen Leben der Philipper gewesen, und darum war Satans Angriff auch mit besonderer Kraft gegen diesen Punkt gerichtet!

Das war die Veranlassung, warum der Apostel Phil. 2 schrieb. Er wußte, daß ein „Einerlei-Gesinntsein“, ein „dieselbe Liebe haben“, eine „Einmütigkeit“ und Freiheit von aller „Parteisucht“ nur da möglich ist, wo wahre Herzensdemut vorhanden ist. Wer aber selber hoch denkt von sich oder dem mit ihm in näherer Verbindung stehenden Kreise, mag dieser nun kirchlich,

vergleicht - wobei er natürlich stets zu dem Ergebnis kommt, daß er und „sein“ Kreis mehr Klarheit, mehr Licht, mehr geistliches Leben habe als jene(!!) -, den wird sein Hochmut immer von neuem in Härte, Taktlosigkeit und Lieblosigkeit führen. Auch in Römer 12 finden wir dieses selbe Gesetz: Bevor der Apostel von der Bruderliebe redet - „die Liebe sei ungeheuchelt“, V. 9 und folgende -, sagt er zunächst: „Ich sage durch die Gnade, die mir gegeben worden, jedem, der unter euch ist, nicht höher von sich zu denken, als zu denken sich gebührt“ (V. 3).

Wie ganz anders der HErr! Er erniedrigte Sich Selbst! Er leerte Sich Selbst aus. Wohl hat Er nie das „Gott-gleich-sein“ drangegeben! Auch als der menschgewordene Gottessohn war Er „Gott geoffenbart im Fleisch“, und insofern sind fast alle modernen Übersetzungen in einem der wichtigsten Punkte der neutestamentlichen Heilslehre nicht ganz glücklich und korrekt; dennoch aber hat Er Sein „Auf-dieselbe-Weise-wie-Gott-Sein“, das heißt, Seine gottgleiche Stellung, Seine weltregierende gottgleiche Königs- und Himmelsmajestät nicht als einen „Raub“ angesehen, sondern sie für die Zeit Seiner Erniedrigung drangegeben, um uns zu erhöhen und zu erretten.

Was aber soll nun der Ausdruck „Raub“ besagen? Diese Frage ist durchaus sehr verschieden beAntwortet worden. Die Schwierigkeit wird dadurch vermehrt, daß das hier gebrauchte Wort harpagmós im außerbiblischen Griechisch äußerst selten, im Neuen Testament nur an dieser Stelle und in der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes überhaupt nicht vorkommt. Dadurch wird ein Vergleichen mit anderen Stellen und das Erkennen eines „Sprachgebrauchs“ unmöglich gemacht. Dazu kommt noch ein Zweites: Das Wort harpagmós kommt zwar her vondem Zeitwort harpázo,welches sehroft mit „rauben“ zu übersetzen ist (z. B. Joh. 10,12; Matth. 12,29); doch bedeutet das Wort durchaus nicht notwendig immer „rauben“, sondern besagt überhaupt ganz allgemein jedes energische „erraffen“, weshalb es von der „Entrückung“ der Gläubigen (1. Thess. 4,17), von der Verzückung Pauli in den dritten Himmel (2. Kor. 12,2.4.), vom Herausreißen eines Menschen aus Feuersgefahr (Judas 23) usw. gebraucht wird; überhaupt muß festgehalten werden, daß die Entstehung (Ableitung, Etymologie) eines Wortes durchaus nicht hinreichend ist, um zuverlässig den Sinn (die Definition) klarzustellen. Das

Verfügung. Ferner kann man nicht mit Sicherheit feststellen, ob hier eine Sache (einegeraubte bzw. erraffte Sache) oder eine Handlung (eine Tätigkeit des Raubens bzw. Erraffens) gemeint ist. Vom sprachwissenschaftlichen Standpunktsind folglich alle die folgenden Übersetzungenund Erklärungen möglich:

Christus sah Seine gottgleiche Stellung nicht an als

1. etwas, was geraubt werden muß, dem es eigentümlich ist, daß es durch ein „Rauben“ oder energisches Erraffen angeeignet wird (so Dächsel), oder als

2. einen guten Fund, einen unverhofften Gewinn, eine gute Beute, die Er festgehalten habe, wie ein Räuber seinen Raub zähe festzuhalten pflegt (so der Kirchenvater Ambrosius, auch Prof. Tholuck, Prof. Ebrard), oder

3. Christus habe die gottgleiche Stellung nicht, wie ein Sieger seinen Raub, wie Triumphe zur Schau tragen wollen (so Luther), oder

4. „Christus hielt das gottgleiche Sein nicht für ein Rauben, d. h. Er sah die gottgleiche Existenzweise, welche Er hatte, nicht so an, als solle sie Ihm ein Verhältnis des Beutemachens werden; Er dachte in Seiner vorweltlichen Existenzweise nicht, in die Welt gekommen, vermöge Seiner Gottgleichheit die Macht, Herrschaft und Herrlichkeit der Welt an Sich reißen zu wollen“ (Dr. Meyer), sondern, anstatt in der Art des Beutemachens die Welt an Sich zu reißen, entleerte Er Sich Selbst und ward gehorsam bis zum Tode am Kreuz.

Welche von all diesen Erklärungsmöglichkeiten die passendste ist, kann nicht mit Hilfe der Grammatik und des Wörterbuches entschieden werden, sondern hier muß der Zusammenhang der Stelle und die paulinische Gesamtdenkweise die Antwort geben; und da scheint uns persönlich die Auffassung 2 oder vielleicht auch 4 die günstigste zu sein. Möglicherweise klingt auch die Parallele von Adam mit hindurch. Während der erste Mensch sein Herrlichkeitsziel sich durch unrechtmäßiges, gewaltsames Ansichreißen aneignen wollte, hat der zweite Mensch nicht einmal Seine ewigkeitliche gottgleiche Stellung als einen Grund angesehen, der Ihn dahin

gebracht hätte, Sich mit Berufung auf ihn die Welt in der Art sieghaften Ergreifens und gewalthaften Beutemachens, d. h. durch Anwendung äußerer Macht und Kraft, an Sich zu reißen. Nur ist vielleicht doch mit dieser ganzen Erklärung 4 zuviel in den Text hineingetragen. (Wieso? Der Schriftl.)

Am meisten befriedigt uns persönlich immer noch die Erklärung, daß es sich um das Festhalten eines hochgeschätzten Besitzes handelt, oder, um es in die Worte Prof. Ebrards zu kleiden: „Etwas als ‚Raub‘ betrachten ist ein potenzierter, doppelter Gegensatz gegen: etwas rechtmäßig Besessenes freiwillig hergeben. Die Gesinnung der Selbstsucht betrachtet selbst fremdes Gut als willkommene Beute, wieviel mehr das, was sie mit Recht beanspruchen darf. Die Gesinnung der Liebe betrachtet nicht einmal das, was sie rechtmäßig besitzt, so, wie der Räuber seinen Raub betrachtet, sondern gibt es freiwillig hin.“

Im übrigen wird das ganze Problem stets weitere Fragen offen lassen. Das sittliche und praktische Verständnis der Stelle wird aber dadurch nicht beeinträchtigt. Die Hauptsache ist: Die wunderbare Demut Jesu wird uns vor Augen gestellt, ganz gleich, ob der Entschluß zu dieser Demut nun im Augenblick der Menschwerdung liegt und somit noch den letzten Momenten Seiner vor-irdischen Hoheit angehört, oder ob der Apostel auf die Demut im Erdenleben des HErrn zurückblickt, kraft derer Er „in den Tagen Seines Fleisches“ die gottgleiche Hoheitsstellung nur auf dem Wege der freien Selbsterniedrigung zu gewinnen bereit war. Die Hauptlehre ist für uns: „Alle aber seid gegeneinander mit Demut fest umhüllt“ (1. Petri 5,5); denn Demut ist Weg und Voraussetzung der Liebe!

Zum Schluß noch etwas Allgemeines über den ganzen Abschnitt Phil. 2,5-11. Es ist überraschend zu sehen, wie dieser, in umgekehrter Reihenfolge, genau die vier Charakterbilder des HErrn enthält, die uns vom Geiste Gottes in den vier Evangelien gegeben werden.

1. Er war in göttlicher Gestalt. Er war Der, welcher von Gott, von oben, vom Himmel, vom Vater gekommen ist: Das ist der Kerngedanke des Johannes evangeliums (Adler, „Siehe“: Jes. 40,10; Zemach (Sproß): Jes. 4,2.).

2. Er macht Sich Selbst zu nichts, wurde in Gleichheit der Menschen und in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden: das ist das Jesusbild bei Lukas, der menschgewordene Heiland der Menschheit (Menschensymbol, „Siehe“: Sach. 6,12; Zemach: Sach. 6,12).

3. Und als Er in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden war, also „in den Tagen Seines Fleisches“, erniedrigte Er Sich noch weiter. Er, der in Knechtsgestalt war, erniedrigte Sich noch unter die Menschen und ward gehorsam bis zum Tode am Kreuz. Hier haben wir das Bild des HErrn als des vollkommensten Knechtes Jehovas, wie es der Evangelist Markus uns zeichnet (Stier, „Siehe“: Jes. 42,1; Sach. 3,8; Zemach: Sach. 3,8).

4. Und zuletzt wird Er erhöht und hat den Namen, der über alle Namen ist, und dann beugen sich in Seinem Namen alle Knie. Da steht der König vor uns, der König, wie Ihn Matthäus schildert, nur noch größer und herrlicher: nicht nur als der König Israels, sondern als der HErr der Welt (Löwe, „Siehe“: Sach. 9,9; Zemach: Jer. 23,5).

Das ist der Weg, den Christus ging. Mögen wir Seinen Fußspuren nachfolgen! Christus ist nicht nur der Mittler unserer Rechtfertigung, sondern auch und zugleich das personhaft lebendige Prinzip unserer Heiligung. „Wie ihr nun den Christus Jesus, den HErrn, empfangen habt, so wandelt in Ihm.“ (Kol. 2,6)

Er. Sr.

Ergänzender Zusatz des Schriftleiters

Diese ausführliche klare BeAntwortung unseres neugewonnenen Mitarbeiters wird uns die kostbare Stelle Phil. 2,5ff. noch lieber machen, als sie uns ohnehin schon ist. Wir haben Ursache genug, dem HErrn für diese Arbeit zu danken. Einigen Lesern wird sie freilich ein wenig zu wissenschaftlich erscheinen, andere werden sich aber auch gerade an diesem gleichsam granitnen Unterbau für die Beweisführung freuen, wenn sie auch nicht alles nachprüfen können. Als Hauptsache sind ja auch die Ergebnisse jener wissenschaftlichen Forschung für jeden Leser

klar und übersichtlich, wenn man sich die Mühe des Durcharbeitens der Antwort macht.

Da nun ja, wie ich selber aus meiner Kenntnis der Grundsprache zugeben muß, die Bedeutung dieses im Neuen Testament nur einmal vorkommenden griechischen Wortes für „Raub“ nicht ohne weiteres auf der Hand liegt, so darf man sich aus der Untersuchung die Erklärung herauswählen, die einem am meisten dem Zusammenhang Rechnung zu tragen scheint. Auf diesen kommt hier alles an! Ich möchte dazu noch eine mir sehr zusagende Bedeutung anfügen, wobei ich auszugsweise Untersuchungen des vor einigen Jahren heimgegangenen gläubigen Prof. d. Theol. J. Kögel (dessen Schüler ich vor 25 Jahren auf der Universität in Greifswald sein durfte!) zu bringen mir erlaube.

In dem Wort für „Raub“ (harpagmós) sei nicht so sehr das Festhalten zu sehen (nach Haupt!), sondern vielmehr der Sinn des „Raffens“, „Packens“. In der weltlichen Literatur sei das Verbum (Tätigkeitswort) gebraucht in der Bedeutung von „auskaufen“, „ausnutzen“ (z. B. die Zeit) oder auch ... im Sinne von „die Gelegenheit beim Schopfe ergreifen“. Daraus folgernd meint Kögel: „Sollten wir da nicht das Recht haben, harpagmós ganz allgemein zu deuten im Sinne der selbstsüchtigen Verwertung? ... (Vgl. den Geizhals oder den Emporkömmling) ... Es ist der Inbegriff des habsüchtigen Ansichraffens dessen, was einem geschenkt ist, mit der Absicht, es bis in das letzte hinein und zum eigenen Besten auszubeuten“. ... So hielt Jesus das „Gottgleichsein“ (oder besser, wie unser Mitarbeiter es deutet: „das Sein auf gottgleiche Weise“) nicht für einen Gegenstand, der gierig zum eigenen Besten ausgeschlachtet und in diesem Sinne ergriffen wird, Er hielt es nicht für einen Gegenstand des Ausbeutens ..., sondern Er entäußerte sich in königlicher Machtvollkommenheit und freier Selbstbestimmung dieses Besitzes ...“

In dieser Weise den Punkt, auf den es ankommt, angesehen, haben die Philipper ein Vorbild in der Gesinnung (V. 5) vor sich (vgl. Frg. 3 d. J.), das imstande ist, ihre geistliche Verbindung mit den Brüdern in einer Weise zu regeln, welche Selbstsucht und Sichselbstgefallen ausschließt. Und hierauf kommt es ja in der ganzen Stelle hauptsächlich an. Welcher Übersetzung man dann auch den Vorzug geben zu müssen meint - wenn man nur der Stelle selbst gerecht wird!

Vielmehr: wenn man nur die ganze unübertreffliche Erhabenheit des Vorbilds erkennt und wertet und danach das eigene Verhalten einrichtet, dann versteht man die Stelle praktisch im rechten Sinne! Und dazu gebe der HErr uns Gnade durch Seinen Geist, damit wir Ihn verherrlichen durch einen Wandel vor Ihm und untereinander im Licht und in der Liebe!

Sein „Name, der über jeden Namen ist“ (V. 9), sei ewig hoch gepriesen!

F. K.

Lobpreis der Engel.

(Luk. 2,13.14)

Die Geburt des HErrn ist auch in der Geschichte der Welt ein Ereignis, und die Welt mag deshalb auch Weihnachten feiern. Gott Selbst ließ Seine Geburt als die Geburt des „Heilandes“ verkündigen, also in dem Titel, in welchem Er in Beziehung zur ganzen Welt - zu der ganzen gefallenen Menschheit steht. Die Welt mag deshalb einen Tag aus den Tagen des Jahres aussondern und diesen Tag feiern, ebenso wie sie auch den Tag feiert, an dem sie ihre Hände an den Gesalbten Gottes legte und Ihn ans Kreuz schlug! Beide Ereignisse gehören ihrer Geschichte an. Ostern und Pfingsten dagegen sind Ereignisse, die nicht der Weltgeschichte angehören.

Wenn wir nun auch nicht mit der Welt Weihnachten feiern, so werden unsere Gedanken doch zu dieser Zeit mehr als sonst auf Sein erstes Kommen in die Welt hingelenkt, und unsere Herzen versenken sich anbetend in die „unaussprechliche Gabe“ der Liebe Gottes, da Gott der Welt Seinen eingeborenen Sohn gab, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.

Nach den göttlichen Aussprüchen sollte Christus, der HErr, in Bethlehem geboren werden. Was Gott gesagt hat, muß geschehen, und wenn das gewaltige Reich des römischen Kaisers dazu auch in Bewegung gesetzt werden muß. Welche Beweggründe der Kaiser auch haben mochte,

den Befehl der allgemeinen Schätzung zu erlassen, sie kommen gar nicht in Frage; Gott sitzt im Regimente, Sein Wort muß erfüllt werden, und der Mann auf dem Throne muß zur Erfüllung Seines Wortes dienen.

Joseph und Maria, unterwürfig dem Befeht des Kaisers, dem Gott die Macht in die Hand gelegt hat, pilgern schlicht und demütig nach Bethlehem. Im Stalle finden sie Unterkunft. Gott verbirgt in Seinem Bericht in keiner Weise die äußeren Umstände, die ihre Armut offenbaren. In der Herberge dieser Welt war für Christus kein Raum. In Gottes Herberge aber war Raum für den unter die Räuber gefallenen Menschen.

Ein Engel wurde von Gott gleichsam als Evangelist beauftragt, den Armen die frohe Botschaft zu verkündigen, daß ihnen heute ein Erretter (Heiland) geboren sei. Wohl nie ist einem Engel ein herrlicherer Dienst und eine köstlichere Botschaft übertragen worden als diese Botschaft, die dieser den Hirten zu überbringen hatte.

Kaum ist die Botschaft ausgerichtet, als plötzlich eine Menge der himmlischen Heerscharen Gott über das Wunder lobpreist, welches sie anschauen: Gott ist geoffenbart worden im Fleisch. Engel schauen Ihn in der Gestalt der Menschen. Sie, die immer in Berührung mit Gott waren, sehen mit ihren Augen etwas ganz Neues, und ihre Lippen öffnen sich zum Lobpreis Gottes.

Ihr Jubel erinnert uns an den Anfang der Schöpfung, da Gott die Erde gründete; auch dort jubelten die Morgensterne mit einander und alle Söhne Gottes (Engel) jauchzten. Jetzt aber schauten sie noch Größeres, sie schauten Gott Selbst in der Gestalt eines Menschen. Was mußte es für die Engelwelt sein, als der Sohn in der Gestalt eines kleinen Kindes in diese Welt eintrat!

Ihr Lobpreis läßt uns etwas nachempfinden von der Bewegung, die sie ergriffen hatte, als sie dieses unendlich große und wunderbare Ereignis anschauten, dessen Inhalt und Ausgang sie noch nicht kannten. Eins wußten sie aber, daß das, was Gott auch tun mochte, Herrlichkeit sein müsse, und sie jubelten über diese neue Offenbarung.

Gott war auf diese Erde zu den gefallenen Menschen herabgekommen, und so wandten sich ihre Blicke der Menschenwelt zu, und sie beobachteten die weitere Enthüllung Seiner Wege und Seines Waltens in dieser Welt der Sünde. Aber nicht nur die Menschen, auch Engel waren in Sünde gefallen. Kein Neid und keine Mißgunst war bei ihnen, daß ihr großer Schöpfer und HErr Sich nicht zu der gefallenen Engelwelt niederneigte, sondern Mensch wurde und Sich „des Samens Abrahams“ annahm. Unverhohlen jubelten sie über das, was Gott tat.

Wie selbstsüchtig ist doch der Mensch! Was nicht ihn betrifft, daran geht er kalt vorüber. Wie tief hat ihn die Sünde erniedrigt! Als der eine Engel die frohe Botschaft Gottes verkündigt hatte, bekräftigte die Menge der himmlischen Heerscharen seine Botschaft durch den Lobpreis Gottes. Können wir nicht den Dienst eines Evangelisten heute mit dem Dienst jenes einen Engels vergleichen? Und wird so, wie durch die Menge der himmlischen Heerscharen, nicht auch die Verkündigung der frohen Botschaft durch die Teilnahme der Gläubigen und ihren Lobpreis gestärkt und unterstützt? Sollte nicht jede Offenbarung Gottes, ob dieselbe uns oder andere betrifft, uns mit Lob und Jubel erfüllen? So wird es sein, wenn wir den Leib der Niedrigkeit abgelegt haben. Aber jetzt schon sollte jede Enthüllung Seiner Gedanken unser Herz mit Anbetung erfüllen.

Die himmlischen Heerscharen lobten Gott, obgleich sie die Person, über die sie lobpriesen, in einen Stand treten sahen, der niedriger als ihr Stand war. Sie verstanden noch nicht, daß Er wegen des Leidens des Todes ein wenig unter die Engel „erniedrigt war“; aber obgleich sie Ihn unter die Engel erniedrigt sahen, konnte doch Seine Selbsterniedrigung die Herrlichkeit Seiner Person (das, was Er in Sich Selbst war) nicht herabsetzen. Er blieb Derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit, unverändert: „Gott gepriesen in Ewigkeit“. Wir wissen, daß Er diesen Stand, als Mensch ein wenig unter die Engel erniedrigt, einnahm, um den Willen Gottes zu tun. Wo der gefallene Mensch gefehlt und sich unter den Fluch des Todes gebracht hatte, dahin trat jetzt der zweite Mensch, um den Willen Gottes zu tun und Ihn zu verherrlichen. Für den gefallenen Menschen trug Er das Gericht und ging Er in den Tod, um viele Söhne zur Herrlichkeit zu bringen.

So sehen wir in dem Lobpreis der Engel das Verständnis, welches sie über die Person hatten, die in der Gestalt des Kindleins in der Krippe lag. Sie jauchzten über Gottes Herrlichkeit, die jetzt in einem Menschen gesehen wurde und daß Gott wieder Wohlgefallen an Menschen finden konnte, in welchen Gottes Gedanken und Gottes Werk sichtbar werden sollten. Möchten auch unsere Herzen über die Größe der Gnade und Liebe Gottes in der Gabe Seines Sohnes in Anbetung überströmen!

A. v. d. K.

„Der Stern ging vor ihnen her!“

Matth. 2,9.

Und so fanden die drei Weisen aus dem Morgenlande hocherfreu das, was sie suchten: „das Kindlein“, „den König der Juden, der geboren war“ (V. 2), und Er wird dann auch König ihrer glückseligen Herzen!

Die Christenheit feiert wohl noch oberflächlich Seine Geburt in jener „stillen, heiligen Nacht“, aber sie glaubt zumeist nicht an Ihn, und nur wenigen ist Er der König, nur wenige schenken Ihm das, was Er von ihnen sich wünscht: ihr Herz!

Aber die es taten und die es durch Gnade noch tun werden, denen wird Er der Stern, ja, „der glänzende Morgenstern“ (Offb. 22,14) ihrer Herzen, ihres Sehnens, ihrer Hoffnung, ihrer täglichen Erwartung, der Stern, dessen sie sich freuen und der sie leitet und begleitet und auch geleitet vom Alten ins Neue Jahr, das ohne jenen düster und „grau in grau“ vor denen liegt, „die auf der Erde wohnen“ (Offb. 3,10) und die allein hier ihre Heimat haben. Aber wer Seinen Glanz schaut, wem, wie dem Paulus, die Augen für die vermeinte Herrlichkeit dieser Welt geschlossen, dagegen für die jener, der Welt Gottes, geöffnet sind, der darf und kann „frohen Mutes“ hinübergehen in die Zukunft dieses neuen irdischen Zeitabschnittes, weil der Stern auch vor ihm hergeht, damit ihn die Finsternis einer in Sünden schlafenden und verderbenden Welt

nicht erschrecken und die Gefahren und Versuchungen in ihr nicht überfallen und fällen mögen.

Das Geheimnis eines siegreichen Lebens, eines Lebens glückseliger, ungetrübter Gemeinschaft mit dem HErrn und mit Seinen Heiligen liegt doch stets in dem unverrückten Blick auf Ihn, den vorangehenden, wegweisenden, pfaderhellenden, Kraft und Mut gehenden „Stern, auf den wir schauen!“ (vergl. auch Hebr. 12,1-3!)

Laßt uns den Blick auf Ihn nicht verlieren! Möge vielmehr unser Herz durch die Gnade (nach Hebr. 13,9) „fest werden“ und „fest und unbeweglich (1. Kor. 15,58) Tag für Tag auf Ihn gerichtet sein, und zwar ungeteilt“ (2. Chron. 16,9), bis Er kommt! Und Er kommt bald! (Offb. 22,7.12.20)

„Der Stern ging vor ihnen her.“

Ja, und auch vor uns geht er her, ja, vielmehr: geht Er her, bis wir am Ziele sind und dann Ihn sehen dürfen, „wie Er ist! Und ein jeder, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, wie auch Er rein ist“! (1. Joh. 3,2.3.)

„Stern, du machst so helle unsre Pfade hier,

Unsrer Hoffnung Quelle, Stern dich preisen wir.“

(G. v. V.)

Und siehe, der Stern ging vor ihnen her!“ Welche Gnade und Herrlichkeit!

F. K.

Auf Hoffnung!

Kurze Gedanken über Apostelgeschichte 27,1-29.

Unser Leben verbringen wir im Hoffen und Wünschen; wir eilen über die Gegenwart weit hinaus

in die uns angenehmere Zukunft - und doch wickelt sich all unser Erleben in der Gegenwart ab. Gebunden wie Paulus an einen vom HErrn gewollten oder zugelassenen Weg, erleben wir in der Welt und im Weltgeschehen die sonderbarsten Dinge. Und doch wird am Ende alles gut werden.

Auf einer Reise wie jener, welche Paulus nicht gewollt, geht's auch bei uns über Land und Meer - Gefangene auf Hoffnung. Im Anfang geht's durch Plätze „längs der Küste“, in Gemeinschaft des gläubigen Aristarchus und des Weltlings Julius. Man legt in „Sidon“ an, um mit geistlichen Freunden Gemeinschaft zu haben und ihre liebevolle Fürsorge zu genießen. Aber dann geht's unter „Cypern“ hin, der schönen Insel, und auf diesem Boden der Absonderung ist uns der „Wind entgegen.“ Das letzte Land verlieren wir aus den Augen; es geht „durchs Meer“ von Cilicien (= Rundfahrt: kein rechtes inneres Vorwärtskommen) und „Pamphylien“ (= durch alle Nationen). Damit wir nicht müde werden, landen wir in „Myra“ (= Balsam), denn wir brauchen auch Erquickungen auf dem Wege des Glaubens. Aber dann werden wir notwendigerweise „umgeschifft“, und von dieser Fahrt heißt es: „Viele Tage - langsam vorwärts - mit viel Mühe“, und bei Knidus läßt uns der „Wind“ nicht heran, und unter „Kreta“ muß es weiter gehen nach „Salmone“ (= Ruhe), denn nicht nur Equickungen, auch eine innere Glaubensruhe ist auf dem Wege zur Herrlichkeit eine unbedingte Voraussetzung. Die „Mühen“ hören nicht auf, und doch sind wir auf dem Wege nach „Schönhafen“.

Noch sind wir nicht am Ziel - „viel Zeit“ verfließt, die Fahrt wird „unsicherer“, „Ermahnungen“ werden notwendig. In dem Kapitel ist die Rede von der Fahrt mit „Ungemach“, „mit großem Schaden“, verloren gegangenen Werten, Emflußlosigkeit auf die Welt. In der Zeit der „Kälte“ ist kein geeigneter Platz zu finden. Das „Raten der meisten“ kommt zur Geltung. Versuchsfahrten nach „Phönix“ (= Palmenort) werden unternommen, man wünscht die Ruhe und ist der Mühe satt. Täuschende „Südwinde“ wehen so „sanft“; wir meinen, unsere „Vorsätze“ ausführen zu dürfen; der letzte Halt, die „Anker“ werden gelichtet - aber nicht lange, und „Sturmwinde“ erheben sich; unser Schiff wird fortgerissen, wir können dem Winde der Zeit nicht widerstehen, geben uns leider „preis“ und „treiben dahin“. Bei „Klauda“ (= eine weinende Stimme) sind wir tatsächlich nicht mehr Herr der Lage, und der Name deutet auf unsere innere Verfassung. Da

sehr viel Ballast muß „hinausgeworfen“ werden: wir greifen oft sebst zu. Das sind die Zeiten, wo weder „Sonne“ noch „Sterne“ uns scheinen und allerlei „Unwetter“ auf uns liegt, wo wir ängstlich fragen: „Wo soll's hinaus?“ In solcher Zeit leben wir „ohne Speise“! - Da kommt dann das „Nichtgehorchen“ dem Worte und den Ermahnungen teurer Mitverbundener ans Licht. Man blickt nach dort zurück, wo man eigene Wege gegangen und dabei „Ungemach und Schaden“ geerntet hat. Und doch, in solchen Zeiten hat der HErr Ermutigung. Der treue Knecht Paulus konnte allen zurufen, daß kein Leben verloren gehen würde, nur das Schiff; und daß es kostbar sei, dem HErrn zu vertrauen. Nach seinem Wort konnte die Reise kein anderes Ziel haben, als „auf eine gewisse Insel“ verschlagen zu werden, welche Paulus nur im Glauben sah. Der Weg wurde nicht besser, aber das „Senkblei“ (Prüfung der inneren Stellung) wurde eifriger gesenkt; Furcht vor Felsenriffen erfüllte ihr Herz, und sie senkten „vier Anker“ in die Tiefe, damit das Steuer nicht zerschelle. Mit Sehnsucht erwarteten sie den „kommenden Morgen“. Diese Anker müssen auch wir gebrauchen. Der Anker der Hoffnung geht hinein in das Innere des Vorhangs, wo Er als Anfänger und Vollender unseres Glaubens für uns weilt. Der Anker des Glaubes hält stand in den Meerestiefen des Lebens und Leides. Der Anker des Gebetes senkt sich tief hinein in das Wort der kostbaren Verheißungen. Und der Anker der Geduld läßt uns ausharren bis ans Ende. Die Reise muß vollführt werden; wie, weiß der HErr; Er sagt uns, wann die Anker zu senken und zu lichten sind. Ein Trost für den vor uns liegenden Jahreswechsel.

Ed. v. d. K., H.

Frage und Antwort

Frage 22

Was ist zu verstehen unter dem Worte oder dem Gedanken von 1. Kor. 12,11: „... wie er will“?

Antwort

insbesondere austeilend, wie Er will.“ Wir wissen, daß der Geist, von dem hier geredet ist, der Heilige Geist ist (s. V. 3). Was ist „alles dieses“, das Er wirkt? Das sind die in den Versen 8-10 genannten Gaben, die V. 1 „geistliche Gaben, V. 4 „Gnadengaben“ und V. 7 „Offenbarung des Geistes“ genannt sind. „Geistliche Gaben“ sind sie, weil sie geistlichen Charakter haben; „Gnadengaben“, weil sie ohne Verdienst der Empfänger gegeben werden, und „Offenbarung des Geistes“, weil durch sie der Geist sich offenbart. Der Geist „wirkt“ sie: Er ist es, von Dem die Gabe ist und in Dessen Kraft sie ausgeübt wird. Und es ist „ein und derselbe“ Geist. Das erklärt uns die wunderbare Einheit aller Erlösten, von der nachher gesprochen wird und die uns im Bilde eines Leibes veranschaulicht wird. Die dann folgenden Worte unseres Verses: „... einem jeden insbesondere austeilend, wie Er will“, zeigen uns nicht nur, daß der Heilige Geist eine göttliche Person ist, die in göttlicher Machtvollkommenheit etwas nach ihrem Willen tut, sondern enthalten in erster Linie einen Gedanken, für den uns das Verständnis gerade durch das bereits erwähnte Bild eines Leibes am besten vermittelt wird. Alle jeweils auf der Erde lebenden Gläubigen bilden „den Christus“, den „Leib“. (Zu diesem Gegenstande siehe „Handreichungen“, Jahrg. 1928, Bd. 13, S. 164-166 oben.) Jeder einzelne Gläubige ist ein Glied dieses „Leibes“. Wie ein jedes Glied eines Leibes seine besondere Aufgabe, seinen besonderen Dienst hat und die gerade für diesen Dienst notwendige Fähigkeit empfangen hat, so ist es auch mit den Gläubigen als Glieder „des Christus“: Jeder Gläubige hat seine besondere Aufgabe, seinen besonderen Dienst, und hat hierfür seine besondere geistliche Gabe - Gnadengabe - empfangen. Und wir zweifeln nicht, daß die Zuteilung dieser Gabe immer nach der Fähigkeit erfolgt ist und erfolgt, die der einzelne Gläubige als Mensch besitzt (vgl. Matth. 25,15). Dieses ist nach unserer Auffassung der Gedanke hier: Der Heilige Geist als Der, welcher herniederkam, um den „Leib“ Christi zu bilden und Glied um Glied hinzuzufügen, hat jedem Gliede dieses „Leibes“ unter Berücksichtigung seiner Persönlichkeit und ihm verliehenen menschlichen Fähigkeit - „einem jeden insbesondere“! - eine „Gnadengabe“ zugeteilt, und Er hat dies getan und tut dies „wie Er will“, weil dieses Austeilen der Gnadengaben mit zur Ausführung Seiner Aufgabe hienieden gehört und darum das „Wie“ vom Vater und vom Sohne gleichsam Ihm überlassen ist.

daß wir - ein jeder - eine „Gnadengabe“ empfangen haben, die der Heilige Geist uns - einem jeden insbesondere - verliehen hat nach Seinem Willen (wie Er es nach Seiner göttlichen Vollkommenheit für passend fand), damit wir damit dienen „zum Nutzen“ (V. 7)! Wie sollte uns das anspornen, diese Gnadengabe zu gebrauchen, indem wir dem Heiligen Geiste völlig Raum geben! Und dadurch werden wir dazu beitragen, daß „der Christus“ zur rechten Gestaltung kommt und Christus hier verherrlicht wird.

Wenn uns der Heilige Geist so gezeigt wird, werden wir uns der Bedeutung des Hierseins des Heiligen Geistes und der Kostbarkeit Seines In-uns-wohnens bewußt und wird unser Herz mit Dank für diese wunderbare Tatsache erfüllt. Aber nie ist es die Absicht des Helligen Geistes, dadurch Sich zu verherrlichen und in unseren Herzen den Platz Christi einzunehmen. Nie!

Sondern es bleibt immer wahr, was der Herr Jesus uns Joh. 16,13-15 in bezug auf den Heiligen Geist sagt: „... Er wird nicht aus Sich Selbst reden ... Er wird Mich verherrlichen, denn von dem Meinen wird er nehmen und euch verkündigen ...“ usw. Es ist immer gegen die Absicht und die Gedanken Gottes und somit gegen die Lehre des Wortes Gottes, wenn anstelle Christi der Heilige Geist zum Gegenstand der Verehrung gemacht wird, wie dieses von manchen Gläubigen in falschem Eifer und in Unwissenheit über Gottes Gedanken geschieht. Christus ist unser HErr, und Ihn und den Vater beten wir an durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt und wirkt! Immer ist es Christus, den der Heilige Geist uns groß und herrlich machen will, und gerade dann werden wir „voll Heiligen Geistes“, „erfüllt mit Heiligem Geiste“ sein, wenn es dem Heiligen Geiste gelungen ist, Christus in uns zu verherrlichen, und wenn Christus unser ganzes Herz erfüllt!

Darum sei es unseres Herzens fester Entschluß und sehnliches Verlangen, uns ganz dem Heiligen Geiste zu überlassen, damit Er Sein Werk in uns ganz tun kann und Christus uns alles wird und wir miteinander - als „der Christus“ (V. 12), als „Christi Leib“ (V. 27) - Ihn verherrlichen hienieden! Das ist auch in der von uns betrachteten Schriftstelle die Absicht und das Ziel des Heiligen Geistes!

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Diese um des Raummangels in der 12. Lieferung willen nur kurz gehaltene, aber genügend ausführliche und klare Antwort wird hoffentlich nicht nur dem Fragenden, dem viel daran lag, noch in diesem Jahrbuch die Antwort zu bekommen, sondern auch allen Lesern gute Dienste tun!

Nur noch einige unterstreichende Worte!

Unser Mitarbeiter hat auf Matth. 25,15 hingewiesen und mit Recht! Ich möchte dazu noch die ähnliche Stelle Mark. 13,34 erwähnen, in der dem Gedanken Ausdruck gegeben ist, daß jeder Seiner Knechte „sein Werk“ bekommen hat (vgl. S. 224!). Ist das nicht kostbar, aber auch verAntwortungsreich genug?! Sollten wir da nicht eine heilige Furcht davor haben, das einem anderen anvertraute Werk an uns zu bringen (wie es so leicht geschieht!), vielleicht, weil es mit mehr Ehre vor den Menschen verbunden zu sein scheint?! Sollten wir nicht darüber wachen, daß - z. B. in einer örtlichen Gemeinde - jedes Glied das ihm zukommende, weil ihm vom HErrn übertragene Werk tun kann, ohne sorgen zu müssen, daß andere es sich aneignen und es dadurch schädigen?! Jeder hat sein Werk, nach seinen Fähigkeiten (Matth. 25,15, siehe Antwort A!), nach seinen geistgewirkten Gaben! (vgl. 1. Petr. 4,10!) Welch wunderbare Ordnung in Gottes Haushaltung - genau analog (gleichlaufend) der des menschlichen Leibes! Gott sei gepriesen! Daß wir dies nur recht achten und anerkennen möchten!

Und noch eins! In dem göttlich-inspirierten Wort „wie Er will“ müssen wir - wie man das auch mit dem Worte „Der HErr ist mein Hirte“ (Ps. 23,1) oft gemacht hat - jedes einzelne Wort einmal betonen, dann sehen wir den ganzen Ernst und die Kostbarkeit desselben genauer:

Wie Er will!“ - d. h. die Art der Gabe und des Gebens hängt von Ihm allein ab - und zwar trotz der Aufforderung zum „Eifern“ um „die größeren Gnadengaben“ (V. 31; 14,1.39), dem leicht eine mißverstandene Bedeutung beigelegt wird. Das „Wie“ hängt von Ihm ab trotz unseres an

der Heilige Geist, teilt aus, nicht ein Geist, der nach menschlichen Beweggründen handelt oder unter menschlicher Beeinflussung usw. Wie oft hat man in unnüchternen Bewegungen den Geist gleichsam zwingen wollen zu handeln nach menschlichem Ermessen und nach unlauteren Motiven, aber Er ist und bleibt der Heilige Geist! Was schließt das doch noch alles in sich! - „Wie Er will!“ - d. h. wer kann dagegen sich auflehnen, wenn Er handelt, auch wenn es gegen unsere Erwartungen geht! Sein Wille ist maßgebend, und wie überall, so ist auch hier Sein Wille allein fehlerlos, „gut, wohlgefällig und vollkommen“ (Röm. 12,2! in Zusammenhang von 1-8!), und diesem Willen müssen wir uns beugen, bereitwillig und treulich, und - tun wir es, so wird es uns zum Segen sein, wo nicht - so kommt Er sicherlich ohne uns, d.h. ohne unser gehorsames Mitwirken, zu Seinem Ziel, doch welch ein Verlust würde solch ein Beiseitegesetztsein für uns bedeuten! - Darum: „Wie Er will!“ Ja, allezeit und völlig!

Dies gelte auch uns allen, d. h. auch den Beziehern und Lesern, besonders aber den lieben Mitarbeitern und uns, den Schriftleitern der „Handreichungen“, in allem Dienst, den wir rückblickend im zu Ende gehenden Jahre tun durften und vor allem fernerhin im neuen Jahre, wenn und wie Er will, tun dürfen, uns gegenseitig „zum Nutzen“ (1. Kor. 12,7, vgl. Antwort A!) und Ihm allein zur Ehre! Er ist „Derselbe HErr“, „Derselbe Gott“, „Derselbe Geist“ (V. 5.6.9.11) - Er handle nach Seinem Wohlgefallen mit uns, d. i. aber: „Wie Er will!“ Amen.

F. K.

„Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir! - Ja, Ich komme bald! - Amen, komm, Herr Jesus!

Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen!“ (Offenb. 22,7.12.20.21.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

16. Jahrbuch (1931)

Die Feste Jehovas.

Als Gott die Kinder Israel aus Ägypten führte, tat Er es in einer ganz eigenartigen Weise. Den Grund dafür sagt uns die Schrift im Neuen Testament: „Alle diese Dinge widerfuhren jenen als Vorbild.“ (1. Kor. 10,11) Daraus sehen wir, daß Gott in dieser eigenartigen Weise, wie Er das Volk Israel aus Ägypten herausführte, uns Vorbilder, Schulbeispiele, von der Ausführung Seiner ferneren Pläne gegeben hat, die weit über diejenigen mit Seinem Volke Israel hinausgingen. So haben wir zum Beispiel darin, wie Gott die Kinder Israel durch das Blut des Passahlammes beschirmte und sie durch das Rote Meer aus Ägypten führte, Vorbilder von der Erlösung und der Heiligung; und weiter, in der Weise, wie Mose den Bau der Stiftshütte auszuführen und Aaron und seine Söhne für den Priesterdienst abzusondern hatte, wichtige Unterweisungen über die Ordnung Seines Hauses und wie Sein erlöstes Volk Ihm nahen und Ihm seine Anbetung darbringen soll.

Aber noch viele andere wertvolle und belehrende Vorbilder finden wir in den Führungen Gottes mit dem Volke Israel. In dem 23. Kapitel des 3. Buches Mose redete Gott wieder mit Mose und beauftragte ihn, die Feste Jehovas, die als heilige Versammlungen ausgerufen werden sollten, festzustellen. Diese Feste, die uns im 3. Buch Mose 23 aufgezeichnet sind, waren auf ein festbestimmtes, abgeschlossenes Zeitmaß, auf ein Jahr verteilt. Bei einer sorgfältigen Prüfung derselben werden wir finden, daß auch sie uns als Vorbilder gegeben sind und daß sie in einer höchst wunderbaren und vollkommenen Weise uns das gesamte Walten Gottes mit den Menschen in Seiner erlösenden Gnade vor Augen führen, und zwar von Anfang der Geschichte des Menschen an, als Er ihn in den Garten Eden setzte, bis zu dem zukünftigen Tage, wenn der Sohn das Reich dem Gott und Vater übergeben wird. (1. Kor. 15,24)

Der Gebrauch der Vorbilder.

daran zu erinnern, daß sie Musterbeispiele sind, die uns als Hilfe für das Verständnis der direkten Belehrungen der Schrift gegeben sind. Ein Lehrer macht zuweilen in der Schute an die Wandtafel eine Zeichnung, um den Schülern eine Sache klar zu machen. Wenn die Schüler sich aber nur mit der Zeichnung beschäftigen und ihren Gedanken über dieselbe nachgehen, ohne auf die Erklärung des Lehrers zu achten, so würden sie wahrscheinlich weit von dem wirklichen Erfassen der Sache, zu deren Verständnis die Zeichnung dienen soll, entfernt sein. Eine Zeichnung kann sicher eine große Hilfe sein, die Unterweisungen des Lehrers klar zu machen und sie auch dem Verständnis einzuprägen; aber die Zeichnung - das Musterbild - darf nie als Ersatz für die unterweisenden Worte des Lehrers genommen werden.

Genau so ist es mit allen Vorbildern der Schrift. Wenn wir nun zur Betrachtung der Feste übergehen, so muß es uns immer bewußt bleiben, daß die Vorbilder uns als Hilfe für das Verständnis anderer direkter Belehrungen der Schrift gegeben sind, niemals aber dürfen wir sie drehen und deuten, um sie mit unseren eigenen Gedanken und Meinungen in Übereinstimmung zu bringen.

Die Zeichnung.

Wir haben eine kleine Zeichnung gemacht, um die Feste in der von Gott angeordneten Reihenfolge (3. Mos. 23) zu veranschaulichen. Die Zeichnung gleicht deshalb gewissermaßen einem Kalender.

Die beiden Spalten veranschaulichen die aufeinander folgenden Wochen von sieben Monaten des Jahres. In diese Monate sind nun die Feste an ihrem bestimmten Platze eingezeichnet, sodaß man mit einem Blick sehen kann, wie dieselben im Laufe des Jahres stattfinden.

Die blauen Querstriche bezeichnen die Sabbate, und die Zahlen links von diesen blauen Querstrichen zeigen die Daten in den betreffenden Monaten an.

Wir wenden uns nun wieder zu 3. Mos. 23,1 und lesen die Worte, mit welchen der HErr diesen

Israel und sprich zu ihnen: Die Feste Jehovas (wörtlich übersetzt: Die bestimmten Zeiten Jehovas [Ihm zu nahen]), die ihr als heilige Versammlung ausrufen sollt, meine Feste sind diese:“

Zu dem Worte „Feste“ bemerken wir, daß dieses Wort im Grundtext von einer Wurzel abgeleitet ist, mit der etwas Bestimmtes - Festgesetztes - ausgedrückt wird. Die Wurzel dieses Wortes finden wir in 2. Mos. 25,22: „Und daselbst werde Ich mit dir zusammenkommen.“ Der Sühnmittel, von dem in dieser Stelle geredet wird, ist der Ort, den Gott bestimmte, mit Seinem Volke zusammenzukommen.

Das Zusammenkommen des Volkes Gottes in der von Gott angeordneten Weise ist kein zufälliges Zusammentreffen, als wenn zwei Freunde sich auf der Straße treffen; es ist ein Zusammenkommen nach einer festen Bestimmung. Mit diesem Seinem Wohnort hat Gott Seinen Namen verbunden. Es ist das Zelt oder der Wohnort „Jehovas“ und der Ort, wo Sein Volk in der von Ihm bestimmten Weise Ihm begegnen soll.

Die Feste Jehovas.

So werden sie im 3. Mos. 23 genannt, und als heilige Versammlungen sollten sie ausgerufen werden. Es waren die von Gott fest bestimmten Zeiten, in welchen Er die Kinder Israel zusammenrief, um mit ihnen zusammenzukommen. Wie wichtig ist dieses alles! Es waren nicht Israels, sondern Jehovas Feste; Israel wurde zusammengerufen, um Seine Feste zu halten, und es sollte sich bewußt sein, daß sie heilige Versammlungen seien, die Jehova gehörten. Sie waren von Ihm bestimmt und mußten deshalb auch sowohl zu der von Ihm bestimmten Zeit als auch in der von Ihm bestimmten Weise gehalten werden. Es war nicht ein Vorrecht oder eine Vergünstigung derart, daß sie nach ihrem eigenen Belieben die Feste halten konnten oder nicht. Gewiß war es ein Vorrecht im höchsten Sinne, aber es war auch eine Anordnung Jehovas, für deren Ausführung sie verAntwortlich waren. Es wäre in bezug auf das Halten dieser Feste ein ganz verkehrter Gedanke, wenn ein Israelit sagen würde: „Ich habe das freie Recht, dort zu sein.“ Er sollte vielmehr sagen: „Jehova befiehlt mir, dort zu sein, denn es ist die von Ihm

bestimmte Festzeit, zu der Er Sein Volk zu Sich ruft.“ In dem einen Ausspruch drückt sich das eigene Belieben, in dem anderen der heilige, glückselige Gehorsam aus.

Das heutige Fest.

Wenn wir heute auch nicht mehr eine Anzahl Feste von ganz verschiedener Bedeutung haben, so hat der HErr doch in dem gegenwärtigen Zeitalter noch eine bestimmte Festzeit, ein besonderes Fest, an dem Er Sein Volk zu Sich ruft. Und so wie im Alten Testament, so verbindet Er auch mit dieser Festzeit Seinen Namen, indem der HErr die Seinigen zu Seinem Mahle - zu „des HErrn Abendmahl“ (1. Kor. 11,20) zusammenruft. Und so, wie einst jene Feste, zu welchen Israel zusammengerufen wurde, in ihrer Bedeutung die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfaßten, so ist es auch mit dem Fest, welches wir heute zu halten berufen sind. Indem wir an Seinem Mahle essen und trinken, gedenken wir Sein und verkünden den Tod des HErrn, bis Er kommt.

Wie ungeziemend ist es, in bezug auf dieses Fest sein eigenes Belieben auszudrücken in Worten wie: „Ich habe das Recht und bin frei, daran teilzunehmen oder nicht.“ Möchte der HErr uns Gnade geben, eine solche ungeziemende Sprache zu verurteilen! Mein Recht liegt nur in des HErrn Bestimmung eingeschlossen. Wenn ich aber die Anordnung und Bestimmung des HErrn mißachte und darüber hinweggehe, als stände es in meinem Belieben, so hört mein Rechtsansprach auf. Wenn ich dies verstehe, so werde ich nicht mehr von meinen Rechten reden, sondern Seine Anordnungen gehorsam beachten und mich ganz Seinem Willen betreffs des Festes unterordnen. Mein Recht kommt bei diesem Feste Seiner Liebe überhaupt nicht in Frage.

Der Anfang der Monate.

Ehe wir weiter gehen, wird es vielleicht gut sein, noch etwas mehr zur Erklärung der Zeichnung zu sagen. Wie bereits ausgeführt, bezeichnen die blauen Querstreifen die Sabbattage, und es möchte gefragt werden, warum etliche von ihnen näher zusammenstehen als andere. Wenn

Feste dargestellt werden mußten, so war es natürlich notwendig, genügend Raum für das Einzeichnen derselben in die einzelnen Tage zwischen den Sabbaten in Anspruch zu nehmen. In den Wochen aber, in welche keine Feste fielen, war das Einzeichnen der Tageslinien zwischen den Sabbaten nicht notwendig, die Zeichnung würde dadurch nur unnötig verlängert worden sein. Der Raum von einem blauen Strich zum andern bedeutet also immer eine Woche, wohingegen die langen schwarzen Linien, die die ganze Spalte durchqueren, die Monate von einander teilen. Die Zahlen an der linken Seite der Sabbate zeigen die Daten der verschiedenen Monate an, wobei zu bemerken ist, daß diese Daten Beziehung haben zu dem Jahre, in welchem der Herr Jesus gekreuzigt wurde.

Ein weiter Überblick.

Wir kommen noch zu einer anderen Frage, die jemand stellen möchte. Wenn, wie zuvor gesagt, das jüdische Jahr mit den darin vorkommenden Festen Gottes Handeln mit den Menschen in erlösender Gnade vorbildet von der Zeit an, als Er ihn in den Garten Eden setzte bis zu dem zukünftigen Tage, wo der Sohn das Reich dem Vater übergeben wird, wie kommt es dann, daß die Zeichnung nur sieben Monate enthält und mit einigen wenigen Tagen vor dem Passah anfängt? Das Passah drückt ohne Zweifel den Tod Christi aus. Was aber ist es mit den 4000 Jahren vor Seinem Kommen in die Welt?

Diese Frage führt uns sofort zu der Grundlage unseres Gegenstandes. Auf Gottes Befehl wurde der Monat Abib (5. Mos. 16,1), an dessen 14. Tage das Passahlamm geschlachtet werden mußte, der erste Monat des Jahres für die Kinder Israels (2. Mos. 12,2), aber bis dahin war er ihnen nicht der erste Monat.

Josephus, der bekannte jüdische Geschichtsschreiber, sagt uns, daß Abib der siebente Monat war nach der alten Rechnung vor der Einsetzung des Passahs, und weiter, daß nach der Neuordnung der Monate in den göttlichen Dingen sich doch alles, was das bürgerliche und landwirtschaftliche Leben betraf, nach der früheren Ordnung der Monate richtete. - Das Hall- oder Jubeljahr, das Freudenjahr der Wiederherstellung, bestätigt dies. Es begann im siebenten

Monat (nach der Neuordnung) und endete im siebenten Monat des folgenden Jahres, so daß wir in dem Jubeljahr eine Zurückführung zum Ursprünglichen erblicken. Als Gott Sein Volk aus der Knechtschaft Ägyptens befreite, verwandelte Er den siebenten Monat in den ersten. Das Jubeljahr dagegen fing mit dem siebenten Monat an, und dieser wurde wieder zum ersten Monat im Jubeljahr.

Warum wir nur die ersten sieben Monate in der Zeichnung aufführten, darauf kommen wir später noch zurück.

Eine neue Grundlage.

Man möchte nun fragen, was alles dieses mit der vorbildlichen Bedeutung der Feste zu tun hat. Laßt uns darauf eingehen! Als sechs Monate des Jahres vergangen waren und der siebente Monat angebrochen war, ließ Gott Seinem Volke verkündigen: „Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate sein.“ (2. Mos. 12,2) Damit löschte Gott gewissermaßen jene vorherigen sechs Monate aus. Mit diesem Monat Abib begann Gott einen neuen Anfang mit Seinem Volke. Wenn Gott aber einen neuen Anfang macht, so muß es auf einer neuen Grundlage geschehen. Der nächste Vers zeigt uns diese neue Grundlage: Das geschlachtete Lamm. Das Passahlamm ist der neue Ausgangspunkt und die Grundlage aller Vorsätze Gottes betreffs Seines Volkes. Welch eine Fülle von Licht wirft dieses auf unseren Gegenstand!

Blicken wir nun auf unsere Zeichnung als auf eine Darstellung des göttlichen Kalenders der erlösenden Gnade, so sehen wir, daß sie mit der schwarzen Linie beginnt, die den Anfang des ersten Monats darstellt. Von den sechs Monaten des Jahres, die bereits vor diesem Monat vergangen waren, sehen wir nichts. Mit den Worten: „Dieser Monat soll euch der Anfang der Monate sein“ strich Gott die vergangenen sechs Monate wie mit einem Federstrich aus. Es war gleichsam der göttliche Abschlußstrich der vergangenen Zeit - der Geschichte der Welt von Adam bis zum Erscheinen des Lammes Gottes auf Erden. Der Mensch hatte in der ganzen Zeit in allen Umständen und Verhältnissen, in die er gestellt wurde, erwiesen, daß er sündig, gänzlich verdorben und unbrauchbar war. Jede Verheißung Gottes, deren Erfüllung von dem

Gehorsam des Menschen abhing, war zerstört durch das völlige Versagen des Menschen.

Gott machte nun einen Abschluß und begann einen ganz neuen Anfang auf einer ganz neuen Grundlage. Diese Grundlage war Sein eingeborener, geliebter Sohn, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt. Und als Gott dieses Lamm, welches Er Sich ersehen hatte, offenbart, setzt Er alles, was zuvor geschehen war, beiseite. So sehen wir, daß die Feste Jehovas alles umfassen, was wir bereits andeuteten. Alles, was vor dem Anfang des ersten Monats liegt - die seitherige Geschichte des Menschen und seine Unbrauchbarkeit - wird beiseite gesetzt, um nun dem Sohne Gottes Platz zu machen.

Dies führt uns zu einer anderen Sache, mit der wir uns noch beschäftigen müssen, ehe wir mit unserer Betrachtung über das Passah fortfahren.

Wir wenden uns nun wieder unserem Kapitel 3. Mos. 23 zu. Der vierte Vers ist eine gewisse Wiederholung des zweiten Verses: „Dies sind die Feste Jehovas, heilige Versammlungen, die ihr ausrufen sollt zu ihrer bestimmten Zeit.“ Zwischen Vers zwei und vier, in welchen die Feste Jehovas angekündigt werden, finden wir im dritten Vers eine Wiederholung des Sabbatgebotes: „Sechs Tage soll man Arbeit tun; aber am siebenten Tage ist ein Sabbat der Ruhe, eine heilige Versammlung: keinerlei Arbeit sollt ihr tun; es ist ein Sabbat dem Jehova in allen euren Wohnsitzen.“ Die Einführung des Sabbats in dieser Weise ist höchst bemerkenswert. Die Feste, die Mose auf Gottes Befehl angekündigt hatte, waren über verschiedene Monate verteilt; einige lagen nahe zusammen, zwischen anderen wieder lagen längere Zwischenräume, jeder wiederkehrende siebente Tag aber, den sie als Sabbat dem Jehova hielten, verkündigte Israel immer wieder neu die Ruhe.

Mose, der Mann Gottes, schrieb einst: „Ehe geboren waren die Berge, und Du die Erde und den Erdkreis erschaffen hattest - ja, von Ewigkeit zu Ewigkeit bist Du Gott.“ (Ps. 90,2) In jener fernen, weiten Ewigkeit, ehe Gott den Erdkreis schuf, hielt Er Sabbat, dann, 1. Mos. 1,1, schuf Er die Himmel und die Erde; im zweiten Verse finden wir die Erde wüste und leer; darauf beginnt Er das Sechstagewerk, und alles war sehr gut, alsdann folgt der siebente Tag der Ruhe

Schöpfung, verdarb Gottes Werk, als er sündigte, und die mit diesem Werk verbundene Ruhe war dahin. Diese Ruhe konnte nicht wieder hergestellt werden, es sei denn auf einer ganz neuen Grundlage.

Die Ruhe, welche bleibt.

Die Feste Jehovas, die mit dem Passah beginnen und mit dem Laubhüttenfest enden, stellen uns das ganze Werk der Erlösung von seinem Anfang bis zu seinem triumphierenden Abschluß vor. Während der ganzen Zeit (zwischen dem Anfang und dem Abschluß) zeugt aber Woche um Woche jeder wiederkehrende Sabbat von Gottes Ruhe und dem Anteil, den Sein erlöstes Volk daran hat. Sie weisen rückwärts in die Ewigkeit der Vergangenheit und wiederum vorwärts in die Ewigkeit, die vor uns liegt; sie bezeugen immer wieder, daß, obwohl die Ruhe - Gottes Ruhe ist, doch nach dem Vorsatz der unendlichen Gnade Sein ganzes erlöstes Volk teil mit Ihm daran haben wird. „Also bleibt noch eine Sabbatruhe dem Volke Gottes übrig. Denn wer in Seine Ruhe eingegangen ist, der ist auch zur Ruhe gelangt von seinen Werken, gleichwie Gott von Seinen eigenen.“ (Hebr. 4,9.10)

Um diese Gedanken auszudrücken und dem Gedächtnis einzuprägen, haben wir den Ewigkeitskreis an der Spitze und am Ende der Zeichnung mit dem gleichen Blau gezeichnet wie die Sabbate.

Forts. folgt, s. G. w.

„Zu aller Zeit betend!“

(Eph. 6,18)

Wollen wir, geliebte Geschwister, im Neuen Jahre siegreich sein in allen Kämpfen, Schwierigkeiten und Nöten, besonders auch in denen um des HErrn willen, so müssen wir angetan sein mit der „Ganzwaffenrüstung (so wörtlich!) Gottes“ nach Eph. 6,10-20 [10.13!]!

gegen alle Macht und alle Listen, d. i. „Methoden“ (wörtlich, V. 11), des Feindes gebrauchen, so muß die „Grundstellung“ unserer täglichen Kampfbereitschaft die von V. 18 sein: „zu aller Zeit betend!“ Ohne treues Gebetsleben (und „eben hierzu“ Wachen!) nützt die beste Rüstung nicht viel. Das hier näher auszuführen, fehlt der Raum. Aber wenn wir das viermalige „alle“ in diesem Verse unter der Leitung des Geistes ins Auge fassen und auf uns wirken lassen, dann werden wir etwas davon verspüren, wie unendlich wichtig in Gottes Augen das Gebetsleben der Kinder Gottes ist und wieviel Kraft und Segen verloren geht ohne dieses, d. h. wie gesagt, ohne die richtige „Grundstellung“ zum täglichen Wandel und Kampf - die rechte „Grundeinstellung“ zu unserem Gott und HErrn! „Zu aller Zeit betend“ (wie die Zeit auch sein mag.) - möchte das die Kennzeichnung der „Handreichung“-Leser im so dunkel vor uns liegenden Jahre 1931 sein. Möchte es vielmehr alle Gläubigen mehr und mehr charakterisieren, vor allem mich und dich! Beten wir, Bruder und Schwester?! Und wie beten wir?

Der HErr gebe uns Gnade, zu handeln in Treue (Jerem. 5,3a!), wie Eph. 6,18 geschrieben steht: „... zu aller Zeit betend mit allem Gebet und Flehen in dem Geiste, und eben hierzu wachend in allem Anhalten und Flehen für alle Heiligen!“

F. K.

Frage und Antwort

Frage 1

Ich bitte um eine belehrende und erbauliche Erklärung der schönen Stelle Jes.26,12-21 (V. 14: „die nun tot sind, werden nicht wieder lebendig“; V. 19: „deine Toten werden leben!“)

Antwort A

Fürwahr, eine schöne Stelle! Ausschnitt aus dem Abschnitt Kap. 24-27, welcher Abschnitt seinerseits den Schlußteil bildet des zusammenhängenden Teiles, der sich von Kap. 13,1 bis

27,13 erstreckt, und von einem Ausleger bündig-treffend „das Verdreschen der Nationen“ betitelt wird, in Anlehnung daran, daß Juda-Israel, welches auch sein Teil von den Gerichten abbekommt, von Jehova „Mein Gedroschenes und Sohn Meiner Tenne“ genannt wird, Kap. 21,10. Vergl. Matth. 3,12: „Er wird Seine Tenne durch und durch reinigen.“

Eine „belehrende“ Erklärung erfordert den Hinweis darauf, daß die in diesem Teil des Jesaja sich findenden 10 orakel-

mäßigen Aussprüche „oder Lasten“ über verschiedene Nationen uns von den Tagen Jesajas über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg in den kommenden Tag Jehovas hineinführen, wo das Drama der Geschichte Israels und der Nationen zum Abschluß kommt. Daher so oft „an jenem Tage“, womit die Zeit der Gerichte und die Zeit des anhebenden Segensreiches gemeint ist.

Der Abschnitt Kap. 24-27 ist eine Zusammenfassung der Kap. 13-23 und ein Schlußwort dazu. „Die Prophezeiung beginnt (24,1), wie es scheint, mit dem Lande Israel und geht nachher auf die ganze Erde über.“ Gericht und Segnung, und Dank und Freude über letztere ziehen abwechselnd an uns vorüber. Die Treuen des Volkes, „die Gerechten“, haben Verständnis für das Tun Jehovas, ihres Gottes. Sie haben Ihn erwartet auf dem Pfade Seiner Gerichte (26,8), die sowohl das eigene Volk, und damit sie selber, als auch die Nationen treffen müssen, damit Raum werde für „das gerechte Volk, welches Treue bewahrt“ (26,2), damit „die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit lernen (26,9).“

Fremde waren für sie selber zur Züchtigung bestellt gewesen, das verstanden sie wohl. (Hab. 1,12) Sie beugten sich und hängten sich umsomehr an ihren Gott. Nach Seinem Namen und nach Seinem Gedächtnis, nämlich daß Er ist „der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“ (2. Mose 3,15), ging das Verlangen ihrer Seele, womit sie sagen wollen: Wir warten sehnsüchtig und vertrauensvoll darauf, daß Du Deine den Vätern gegebenen Verheißungen einlösest. Und der Glaube nimmt vorweg, was er erwartet. Es ist ihm Bedürfnis (Jes. 26,12), die noch zukünftige Verwirklichung in die Gegenwart zu rücken und sich Jehova gegenüber

Er für sie vorführen wird, was das Ergebnis gewesen wäre, wenn sie in den Zeiten, da sie ihres Ungehorsams wegen von Feinden unterjocht waren, auf die Stimme der Propheten gehört hätten und zu Jehova umgekehrt wären: von den Unterdrückern erlöst und ein Segen für die Welt zu sein. „Unsere Werke“ betiteln sie das. (Auch der Unglaube will Werke der Befreiung tun, z. B. der Zionismus. Wenn Er es nicht herbeiführt, sagen aber auch heute fromme orthodoxe Juden, Gegner des Zionismus, so nützen alle Anstrengungen nichts.) Das führt den Glauben dazu, Rückschau zu halten. Wie seelenbetrübt kommt es aus dem Munde der Treuen, die danach schmachten, daß Jehova doch wieder die Herrschaft über Sein Land und Volk haben möchte, wie im Anfang ihrer Geschichte: „Andere Herren haben über uns geherrscht!“ Ja, wie viele waren dieser im Laufe und Wandel der Zeiten, von den Herrschern der umliegenden Völker zur Richterzeit über die Chaldäer, Perser, Syrer, Römer und die Herrscher der Länder, in die sie verstoßen wurden, bis hin zum Antichrist und dem Haupt des neuerstehenden römischen Weltreiches! Welch ein Schmerz für

die Treuen, die fühlen, was das für eine Schmach nicht nur für sie, sondern für Jehova, ihren Gott, ist! Daher ihr Schreien in den Psalmen: „Erwache, HErr! Warum schläfst Du?“ Jeden anderen Herrn weisen sie in ihrem Innern von sich: „Durch Dich allein gedenken wir Deines Samens!“

Das ist alles so lebendig in der Seele, daß sie sich wieder hingetragen sehen in die Zeit, wo die Herrschaft der fremden für immer zu Ende gekommen ist. Daher: „Tote leben nicht auf, Schatten, d. i. die ins Totenreich hingestreckten Herrscher (Jes. 14,9), erstehen nicht wieder, Du hast sie vertilgt, daß sogar das Gedenken an sie verschwunden ist.“ In der Tat, wo wird in der Zeit des Reiches, der Herrschaft Christi, noch ein Gedenken an all die Unterdrücker der Juden sein? Und andererseits, wie schon in Kap. 9,3 zu lesen ist, ist die dem Abraham gegebene Verheißung erfüllt: Seine Nachkommen sollten zahlreich sein wie der Staub der Erde, wie die Sterne des Himmels, wie der Sand am Ufer des Meeres, und ihm sollte das Land vom Nil bis zum Euphrat gehören: 1. Mose 13,16; 15,5.18; 22,17. Daß das vorübergehend unter Salomo da war (nur bis zur Grenze Ägyptens, 1. Kön. 4,20.21), kommt nicht in Betracht. Der

Nation vermehrt, hast dich verherrlicht (durch Wegtun der Widersacher und Einlösung Deines Versprechens), hast hinausgerückt alle Grenzen des Landes.“ (26,15)

Doch ach! in welcher Bewegung ist die Seele bei dieser Schau! Zu lebendig, zu vibrierend in ihr ist noch die durchkostete Zeit des Jammers, der Mühsal, als daß sie leicht darüber wegkäme; alles empfindet sie gemeinschaftlich mit den Genossen nochmals durch, wie sie unter der züchtigenden Hand Jehovas Ihn, eben Ihn suchten mit flüsterndem Gebet (V. 16), d. i. in tiefer Zerknirschung unter Selbstgericht und doch ohne das Vertrauen fahren zu lassen. Wie erschütternd der Vergleich mit einer Schwangeren! (V. 17) Wie atemraubend für den Leser, wenn er im Geiste mitgeht in ihre Hilflosigkeit hinein, in die Fruchtlosigkeit der krampfhaften Bemühungen, Rettung zu schaffen! ... und das Ergebnis: „Die Bewohner des Erdkreises sind nicht gefallen!“ (V. 18)

Bis dahin läßt Gott es kommen. Geschieht es nicht öfter so im Leben des einzelnen heute noch? Anerkennen muß der Mensch: Ich bin zu Ende mit meiner Kraft und Weisheit! Dann aber können die Erbarmungen Gottes sich nicht länger zurückhalten, „alle sind sie erregt“, wie Er in Hosea 11,8 sagt. Greift Er nicht sofort ein, so ermutigt Er doch den Glauben durch kräftigen Zuspruch. Haben die Treuen in ihrer Glaubenszuversicht, daß das Eingreifen Jehovas zu ihren Gunsten radikal sein wird, von ihren Unterdrückern gesagt: „Tote stehen nicht auf, Schatten erstehen nicht wieder“, so greift Jehova diese selben Ausdrücke auf, wendet sie auf Sein Volk an und spricht über sie das Gegenteil aus.

D. Verf.

Und wie zartfühlend und doch das Herz bebend machend vor Wonne geht Er dabei zu Werke! Deine Toten, o Mein Volk, das sind Meine Leichen! „Deine Toten werden aufleben. Meine Leichen wieder erstehen!“ (V. 19) Wer mit der Bildersprache der Schrift vertraut ist, weiß, daß mit diesen Worten gemeint ist, daß Israel in seinen seit Jahrtausenden zur Erniedrigung verurteilten Gliedern geschildert ist. Das Bild ist hergenommen vom Menschen, der als Toter, als Leiche, Staub im Staube wird. Daher der weitere Zuruf: „Machet auf und jubelt, ihr Bewohner des

der Unterwelt, nachdem sie ins Grab gesunken sind, dahinleben, werden sie durch Erschütterung der Mächte, die sie im Banne halten, an die Oberfläche der Erde, d. i. des neugeordneten Zustandes der Völkerwelt, kommen.

Ohne auf andere Auslegungen einzugehen, sei für den, der guten Willen zum Lernen hat, hingewiesen auf Psalm 71,20: „Du, der Du uns viele Bedrängnisse und Übel hast sehen lassen, Du wirst uns wieder beleben, und wieder heraufführen aus den Tiefen der Erde.“ Ist das Heraufführen lebender Menschen aus den Tiefen der Erde bildlich oder buchstäblich zu verstehen?!

Ferner sei hingewiesen auf Hosea 6,2; 13,1.14. Wenn die Stelle 6,2 auch nicht so auffällig ist, meint sie deswegen nicht, was Psalm 71,20 meint? Und ist sie nicht das Gegenstück zu 13,1a: „Ephraim starb“? Ist das bildlich oder buchstäblich? Und hat der Geist nicht doch etwas Auffälliges in 6,2 gelegt? „Er wird uns nach zwei Tagen wieder beleben, am dritten Tage uns aufrichten“: Wem fällt da nicht die Auferstehung des HErrn ein, die nach vollbrachter Sühnung die Grundlage für die nationale Auferstehung Israels ist? Auf daß Er durch Sein eigenes Blut das Volk heiligte“ (Hebr. 13,12). - Ephraim, das Zehnstämmereich, starb, indem es als solches vom Schauplatz verschwand und bis heute verschwunden ist. Durch die vielen Züchtigungen vor der assyrischen Gefangenschaft hat Jehova das Volk zerrissen, wie der Löwe einen Körper zerreißt, geschlagen, wie ein Züchtiger schlägt (Hos. 6,1); Er wird auch heilen, wird verbinden. Ist das bildlich oder nicht? Also auch das andere: wieder beleben, wieder aufrichten; „und so werden wir vor Seinem Angesichte leben.“ Ist das nicht bildlich vom Volk als solchem gesagt? Darum sind auch die Totenerweckungen Jesu Angelder auf die Erfüllung dieser Worte der Schrift. Die Auferweckung des „Jünglings zu Nain“, von „Jairi Töchterlein“, „des Lazarus“ sind nicht einfach Wunder der göttlichen Macht Jesu, sondern Hinweise auf das, was an dem Volk als solchem durch die Wundermacht Gottes geschehen wird. Bevor gesagt wird: „Ephraim starb“, wird Israel-Ephraim als junger Sohn und als alternder Mensch mit grauem Haar vorgestellt: Hos. 11,1 und 7,9. Vom Greise ist es, immer bildlich, nur ein Schritt bis zum Sterben. - Und Vers 14 von Hos.13 im Zusammenhang mit dem Vorhergehenden gelesen, setzt weiter außer

dem es verfallen ist, entrissen wird und daß es danach Frucht trägt (V. 15). Diese Deutung wird erhärtet durch das Wort: „Reue ist vor Meinen Augen verborgen“ (V. 14), d. h. „die Gnadengaben und die Berufung Gottes“ hinsichtlich Israel sind „unbereubar“ (Röm. 11,29): Er läßt das Volk als solches nicht im Rachen des Todes. Die Anwendung der Stelle durch Paulus in 1. Kor. 15,54 auf uns Christen ist eine Sache für sich. Das Wort wird an uns eine persönliche, buchstäbliche Erfüllung finden. Im Propheten ist aber das Volk Israels als solches gemeint. Der Auferstehungsglaube war von jeher bei den Gläubigen, wie wir ihn schon in Hiob sehen, etwas so Selbstverständliches, daß der Geist Gottes die Auferstehung des Leibes als Bild zur Darstellung nationaler Auferstehung gebraucht. Beiläufig auch, falls jemand auf der Deutung persönlicher Auferstehung bestehen sollte: Würde Gott für die verstorbenen, der Auferstehung harrenden Gerechten den Ausdruck: „Meine Leichen“ gebrauchen, da doch von den allermeisten derselben kein Stäubchen mehr übrig ist durch Verwesung, Verbrennung, Verzehrtwerden durch wilde Tiere oder im Meere durch Fische, oder gar wegwerfend: „die Schatten“ eigentlich „Schlaffen“, „Hingestreckten“? (Vgl. als Gegensatz „Geister der vollendeten Gerechten!“ Hebr. 12,23!) Während angewandt auf vom Schauplatz weggeschobene, in Erniedrigung dahinvegetierende Völkerschaften das Bild höchst eindrucksvoll ist.

Es braucht nur noch Hes. 37 angeführt zu werden, dann ist die Darstellung vollends als bildliche erhärtet. Von den Leichen, dem Volkskörper als in seinen Einzelpersönlichkeiten gedacht, sind nur noch die verdorrten Gebeine da. Und doch steht auf einmal ein großes Heer da, V. 10. Und wer ist dieses große Heer? Wer sind diese Totengebeine? „Das ganze Haus Israel“ (V. 11a). Und sie, die Lebenden, bezeichnen sich selber bildlich so!: „Unsere Gebeine sind verdorrt, und unsere Hoffnung ist verloren; wir sind abgeschnitten“ (V. 11b). Und um ja alles deutlich zu machen, wird in V. 12 ein anderes Bild gebraucht, das von Gräbern, nicht nur von über den Erdboden hingestreuten Totengebeinen. Kann’s noch deutlicher gesagt werden, daß es sich um die nationale Auferstehung handelt, wenn in den Versen 12-14 die Rede ist vom Gräberöffnen, vom Daraus-Hevorkommen-lassen, vom Ins-Land-Israel-Bringen? wenn Jehova spricht: „Ich werde Meinen Geist in euch geben, daß ihr lebet“, und Er dann in den Versen 15-28 das Wohnen im Lande beschreiben lässt? Wozu noch Kap. 36 gelesen werden möge!

Es bleibt zu sagen übrig, daß auch Daniel 12,1-3 sich auf Israel als Nation bezieht. V. 1 spricht von der großen Drangsal und davon, daß das Volk Daniels errettet werden wird, womit nicht unterschiedslos jedes Glied am Volkskörper gemeint ist (die meisten kommen in den Gerichten um!), sondern „jeder, der im Buche geschrieben gefunden wird.“ Was es mit dem Buche für eine Bewandtnis hat, ist aus Jes. 4,3 und Hes. 13,9 ersichtlich. Die im Buche Geschriebenen sind die Entronnenen Israels und speziell die in dem in jener Zeit belagerten Zion-Jerusalem (Jes.22 und 29 und Sach. 14) Übriggebliebenen, Übriggelassenen. Wir befinden uns immer auf dem nationalen Boden Israels. Nicht kommt das Buch des Lebens der Offenbarung in Frage. „Die im Staube der Erde schlafen und erwachen“ meint dieselbe nationale Erniedrigung und denselben nationalen Wiederaufstieg Israels, von dem die bisher behandelten Stellen sprechen. Und auch das im Ergebnis näher erläuterte Erwachen, einerseits zum Leben, andererseits zu Schanden, d. i. zu Fülle von Schande, geht nicht über den Rahmen des Nationalen hinaus, was schon dadurch unwidersprechlich ist, daß hier das Erwachen ein gleichzeitiges ist für beide Teile und sich auch nur auf „viele“ erstreckt, nicht auf „alle“ gestorbenen Menschen (was ein Widerspruch zu den Worten Jesu in Joh. 5,28 wäre), während nach dem Zeugnis des Neuen Testamentes die Auferstehung des Lebens vor und zu Beginn des Reiches stattfindet, die Auferstehung des Gerichts (Joh. 5,29) am Ende desselben, beim Übergang von der Zeit in den ewigen Zustand; zum mindestens 1000 Jahre später. (Offenb. 20,5) „Zum Leben eingeschrieben in Jerusalem“, Jes. 4, mit der angefügten Zeitbestimmung: „Wann der HErr den Unflat der Töchter Zions abgewaschen und die Blutschulden Jerusalems aus dessen Mitte hinweggetan haben wird“ (V. 4) ist eindeutig klar. Desgleichen das prophetische Wort Davids in Psalm 133: „... Berge Zions; denn dort hat Jehova den Segen verordnet, Leben bis in Ewigkeit.“ Ist das im Himmel oder auf Erden im Reiche? Diese Stellen sagen doch wohl auch im Sinne der Frager in den Evangelien: „Was muß ich getan haben, um ewiges Leben zu ererben?“ Und der HErr Antwortet: „Willst du ins Leben eingehen, so halte die Gebote.“ Wir sind da auch auf israelitischem Boden. Der HErr sagt in anderen Unterredungen wohl, daß Er, der Sohn, das Leben in Sich Selber hat und das Leben ist; man mußte Ihn aber als den Sohn aufnehmen; das war bei den Fragern nicht der Fall. Sie mochten ja auch an ewiges Leben nach dem Tode

uns haben.

Aber auch die Darstellung des Gegenstücks beim nationalen Erwachen Israels ist da, daß nämlich auch viele „zur Schande“, „zum Abscheu erwachen“ werden, statt zum Leben: Sie werden als Abtrünnige samt Nicht-Israeliten dem Gericht verfallen, und das ist zum Teil um Jerusalem her zu sehen; Jes. 66,24: Wenn jeden Neumond und jeden Sabbat alles Fleisch kommen wird, um vor Jehova (in Jerusalem natürlich) anzubeten, „werden sie hinausgehen und sich die Leichname der Menschen ansehen, die von Mir abgefallen sind; denn ihr Wurm wird nicht sterben und ihr Feuer nicht erlöschen, und sie werden ein Abscheu sein allem Fleische“. Das ist doch auf Erden, unbeschadet ihrer ewigen Qual im Jenseits. Es soll durchaus nicht bestritten werden, daß „zum ewigen Leben“, Dan. 12,2, sich über das Reich hinaus in den ewigen Zustand hinein erstrecken mag, weil nach Jes. 65,20-23 kein Hindernis da ist, zu glauben, daß sie die ganze Dauer des Reiches durchleben und auf die endgültige neue Erde hinübergebracht werden können und unter den in Offenb. 21,3 genannten „Menschen“ sein mögen. Aber der eigentliche Sinn hat das Volk als solches auf der Erde im Auge. Man halte den letzten Vers (13) in Daniel 12 neben den zweiten. Wie einfach, wie deutlich ohne Bildersprache ist die persönliche Auferstehung genannt, wie auch sonst in der Schrift: „... du wirst auferstehen zu deinem Lose am Ende der Tage.“

Es ist noch ein Wort in Jes. 26,19, welches die gegebene Auslegung stützt. „Denn (das ist die Begründung zu „Jubelt, die ihr im Staube lieget!“) ein Tau der Lichter ist dein Tau.“ Man vergleiche damit Psalm 110,3. Der Heereszug des in göttlicher Macht und Pracht kommenden Messias wird geschildert. „In heiliger Pracht, aus dem Schoße der Morgenröte, wird dir der Tau deiner Jungmannschaft kommen.“ Aus dieser hochdichterischen Sprache Davids, „des Lieblichen in Gesängen Israels“, erkennen wir, daß der Tau bei dem durch Jehova gewirkten nationalen Erwachen Juda-Israels die Kriegsmannschaft meint, die siegreich gegen die Feinde vorgeht (z. B. Sach. 12,4-6), und das Licht eigentlich „die Lichter“, die Lichtstrahlen der Morgenröte des anbrechenden „Morgens ohne Wolken“, 2. Sam. 23,4. Die Großartigkeit der Poesie ist überwältigend und läßt bei dem Verstehenden ganz zurücktreten, was sich auf

der Geist durch Jesaja Bilder aufgreift, die David unter Eingebung des Geisten schon gebraucht hat, sollen wir nicht staunend anschauen, was er vor uns hinmalt, und die Bilder richtig würdigen?

Wie väterlich drängend dann noch die Mahnung Vers 20, weil eben die rauhe Wirklichkeit noch andauert, die Schau in die Zukunft zum Blick in die Gegenwart zurückgekehrt ist: „Gehe hin, mein Volk, tritt ein in deine Gemächer und schließe deine Tür hinter dir zu.“ Ich frage für dieses: Ist es bildlich gesprochen, oder ist es buchstäblich zu nehmen? Weil ein Volk nicht in ein Gemach treten kann, macht sich niemand auch nur Gedanken darüber, ob es bildlich oder buchstäblich ist, weil die Bildlichkeit eben selbstverständlich ist. Wenn nun andere Bilder uns nicht so geläufig oder nicht geradeso eindeutig sind, ist darum der Hinweis darauf, daß es eben Bilder sind, nicht ernst zu nehmen, und ist eine andere Auffassung als die landläufige zu verachten, nur weil sie auf mehr Nachdenken beruht?

„Verbirg dich einen kleinen Augenblick, bis der Zorn vorübergehe“, heißt es noch. Wie herablassend! Die Gerechtigkeit muß ihren Lauf haben, das kann Jehova auch Seinem Volke nicht ersparen, aber Er gibt ihm guten Rat, damit sie nicht vom Zorneserguß weggerafft werden. Das findet sich auch sonst noch unter anderen Bildern und auch in buchstäblich zu fassender Rede, zum Beispiel Ps. 57,1; Offenb. 12,13-17, Matth. 24,16.17; selbst die Gemächer finden sich, bildlich und teilweise buchstäblich mit Namen ausgedrückt: Hohelied 2,10-14, Ps. 120,5.

Der BeAntwortung der Frage ist die Elberfelder Übersetzung, die alles in allem immer noch die genaueste ist und aus geistlichem Verständnis des Wortes herausgeboren ist, zugrunde gelegt. Peinlich berührt wird man von der vom wahren Sinn abführenden Ungenauigkeit der Lutherbibel in unserem Abschnitt, besonders von Vers 15. Der Vorwurf braucht nicht Luther selbst zu treffen. Aber die Verbesserer seiner Übersetzung könnten's besser wissen und besser geben! - Der Fragesteller erwartete vielleicht etwas anderes als das, was in der Antwort geboten wird. Aber „wir können nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit“. (2. Kor. 13,8)

Der letzte Vers des Abschnittes, V. 21, erfordert keine Erläuterung. Er ist die Begründung von Vers 20 und das vielgenannte Thema der Propheten.

F. Kpp.

Anmerkungen des Schriftleiters

Diese durchgreifend-klare Antwort hat meine vollste Zustimmung, und ich kann mir kaum denken, wie der Verfasser im vorletzten Absatz meint, daß der Fragende, ein im Ausland im Werke des HErrn tätiger Bruder, mir seit vielen Jahren als treuer Schriftforscher bekannt, etwa nicht befriedigt sein könnte durch diese BeAntwortung seiner „Frage“!

Übrigens ist die Art der Erklärung auch durchaus nicht neu für die aufmerksamen „Handr.“-Leser, hat doch in Frage 1 von Jahrb. 10 unser Mitarbeiter Th. K. über Hes. 37,24.25 ganz ähnlich geschrieben, wie es oben geschehen ist, und sagt er doch buchstäblich: „... Dies alles („Wiederherstellung des Volkes Israel“ usw.) zusammengefaßt finden wir unter dem Bilde einer Auferstehung in Jes. 26,8-21 (also in der Stelle der derzeitigen Frage, besonders V. 19!); Hes. 37,1-14 und Dan. 12,1-3. In diesen Schriftstellen ist keineswegs die Auferstehung Gestorbener gemeint, sondern dieses Bild ist nur angewendet auf das jetzt infolge seiner Zerstreuung unter die Völker der Welt gleichsam im ‚Staube‘ und im ‚Grabe‘ liegende Volk, das durch seine Zurückbringung und Wiedervereinigung zu einem Volkskörper eine ‚Auferstehung‘ als Volk erlebt ...“ Ich habe diese Originalstelle hergesetzt, weil manche Leser jenes Jahrbuch wohl nicht haben und weil doch obige Worte die vorliegende Antwort A so gut stützen. („Aus zweier Zeugen Mund“ gleichsam ist damit die Sache bestätigt gemäß Joh. 8,17; 2. Kor. 13,1 und 1. Tim. 5,19 u. a.)

Weiter möchte ich hinweisen auf Frage 1 in Jahrb. 6 (Frage: „Wird ganz Israel selig? [Röm. 11,25-28]“).

Nun könnte aber doch gefragt werden, ob aus diesen sicherlich bildlich aufzufassenden Stellen

nicht doch auch ein Schluß auf die einst stattfindende leibliche Auferstehung, auch der Juden, zu ziehen sei, wie das auch geschehen ist in Frage 10 in Jahrb. 7, Antwort A von O. v. Br. Und darauf möchte ich sagen, ohne daß (auch) meine Überzeugung von der bildlichen Bedeutung der in Frage stehenden Stelle dadurch beeinträchtigt würde, daß wir solche Anwendung sicherlich machen dürfen, denn wie könnte die Schrift solche auf „Auferstehung“ hindeutenden Worte gebrauchen und dem Zusammenhang nach fordern, daß man sie bildlich auffasse, wenn nicht das Tatsächliche einer dereinstigen Auferstehung, wenigstens der Gerechten, den Stellen zugrunde läge?! Mit anderen Worten: Weil die Tatsache der wirklichen leiblichen Auferstehung in Gottes Plan und Absicht lag, deswegen kann Er in Seinem inspirierten Wort das Wort „auferstehen“ auch zuzeiten in anderem, also bildlichem Sinne anwenden. Der wirkliche Sinn ist also die Grundlage für die Möglichkeit des bildlichen (vgl. meine Ausführungen über das Wort „ewig“ in Jahrb. 12, Frage 13, S. 166, bei Ablehnung der bekannten „Allversöhnungs[irr]lehre“!). Ich denke, das dürfte klar sein und widerspricht auch keineswegs obiger Antwort. Und wer somit aus der Stelle die Bedeutung der leiblichen Auferstehung ableitet, wie auch aus Hes. 37 und Dan. 12,1, der befindet sich nicht neben der Lehre der Schrift - aber die Stellen selber versteht er nicht und kann ihnen unmöglich gerecht werden, und die klaren Ausführungen Gottes über den Ausgang seines Volkes bleiben ihm verborgen; und das scheint mir ein großer Verlust und Schade zu sein, erst recht heute, wo aus politischen Gründen über das Israel der Schrift solche verworrenen Begriffe herrschen, selbst unter Gläubigen!

Daß der Verfasser obiger Antwort im logischen Verfolg seiner Darlegungen auch Jes. 66,24 auf den irdischen Zustand bezogen wissen will, wird doch manche wundernehmen. Aber man arbeite nur die Antwort gründlich durch, und man wird wohl auch hiervon befriedigt werden. Israel ist nun einmal das Volk der sogenannten „irdischen Berufung“, dieser den „Handr.“-Lesern wohlbekannte Satz mag in diesem Zusammenhang einmal wieder seine Anwendung finden, denn er erklärt vieles, was solchen, welche die Haushaltungen Gottes nicht auseinander halten, nie recht klar wird. - Aber wenn man letztere Stelle auf die Erde bezieht, wie ist es dann mit der furchtbaren Gerichtsandrohung aus des Herrn Jesus Munde, der diese Worte in Mark.

Testament Stellen des Alten Testaments in vertiefter Bedeutung gebraucht, der HErr tut das, und Paulus und andere Schreiber des Neuen Testaments auch. Ein allgemein bekanntes Beispiel (unter vielen!) dafür ist 1. Kor. 15,54.55 vgl. mit Jes. 25,6-8 (V. 8: „die Schmach Seines Volkes“ - „von der ganzen Erde“!). Und wenn der HErr, der Mund der Wahrheit, jenen Ausdruck von dem „Wurm“ und dem „Feuer“ mit der „Hölle des Feuers“ verbindet (V. 47), so sehen wir ohne weiteres, daß Seine Anwendung der Stelle über den Zustand auf der Erde weit hinausgeht! Er ist eben souverän in dem Gebrauch des Wortes, Er, der Selber „das Wort“ ist! (Joh. 1,1ff.) (Vgl. auch Antw. A, S. 15, oberer Absatz!) Ich habe den letzten Absatz hinzugefügt gleichsam als Erläuterung für den Zusatz des Verfassers bei Jes. 66,24: „... unbeschadet ihrer ewigen Qual im Jenseits“. Es möge also keiner denken, daß durch jene bildliche Erklärung der Fragestelle etwa Worte der Schrift, welche sich auf die Ewigkeit beziehen, abgeschwächt werden dürften! Nein, wahrlich nicht - ebensowenig wie solche, die unbestritten auf die leibliche Auferstehung gehen! Beides behält seine volle Bedeutung, wenn auch unsere Stelle nicht buchstäblich, sondern bildlich zu fassen ist!

Der HErr gebe uns Weisheit, zu „wachsen in der Gnade und Erkenntnis des Herrn Jesus Christus“ nach 2. Petr. 3,18! Er Selber ist letzten Endes Sinn und Schlüssel der Schrift! Er sei gelobt!

F. K.

Frage 2

Wie ist 1. Timotheus 5,20 zu verstehen?

Antwort A

In den vorhergehenden Versen (17ff.) ist von den „Ältesten“ die Rede, und im Zusammenhang damit betrachtet, drängt sich uns der Gedanke auf, daß es sich auch in V. 20 um Älteste handelt, also mit „die da sündigen“ Älteste gemeint sind, welche sündigen. Zu dieser

Auffassung gibt besonders V. 19 Anlaß, wo von „Klagen“-Annehmen „wider einen Ältesten“ gesprochen wird. Aus welchem Grunde sollte im Anschluß hieran der Apostel plötzlich auf andere Personen, welche sündigen, zu sprechen kommen? Und würde die hier gegebene Weisung in ihrer Strenge, wenn allgemein angewendet, nicht als im Widerspruch zu anderen Schriftstellen stehend erscheinen, die uns belehren, daß wir Geschwistern, die gefehlt haben, wenn irgend möglich, sollen zurechtzuhelfen suchen, ohne daß wir erst jemand anders von den Verfehlungen Mitteilung machen? (Matth. 18,15; Spr. 10,12; 17,9; 1. Petr. 4,8) Und wir wissen doch, daß es im Worte Gottes Widersprüche nicht gibt! Nein, er spricht von „Ältesten“, die infolge ihrer besonderen Stellung in der Versammlung (Gemeinde) in allem Vorbilder für die anderen sein sollten und deshalb eine viel größere VerAntwortung hatten als die anderen und infolgedessen im Falle einer Verfehlung auch eine entsprechend strengere Behandlung erfahren mußten als die anderen; und nachdem er in V. 19 dafür Sorge getroffen hat, daß ein Ältester nicht leicht ungerecht angeklagt werden konnte, gibt er in V. 20 Weisung für den Fall, daß doch Älteste sündigen. Solche sollte er - Timotheus - „vor allen überführen“, wohl nötigenfalls durch die nach V. 19 erforderlichen zwei oder drei Zeugen, und zwar darum „vor allen“, „auf daß auch die übrigen Furcht haben“, d. h. Furcht davor, zu sündigen, indem sie sahen, wie ernst dieses ist. - In der Übersetzung von Dr. Heinrich Wiese ist in einer Fußnote zu V. 20 bemerkt: „Allen: Ältesten“, also, daß die Worte „vor allen“ bedeuten sollen „vor allen Ältesten“ (so auch Menge!). Diese Auffassung bestätigt nicht nur das Obengesagte, sondern geht noch weiter, indem sie auch das „vor allen“ auf die „Ältesten“ bezieht und dadurch auf sie beschränkt. Ob letzteres der Gedanke ist, vermögen wir aus dem Worte nicht zu ersehen.

Mit vorstehendem ist die Frage an sich beAntwortet, doch möchten wir noch etwas hinzufügen.

Wir haben oben bezüglich der „Ältesten“ in der Form der Vergangenheit gesprochen, weil wir der Auffassung sind, daß es Älteste in der Weise, wie sie uns im Worte Gottes gezeigt werden, gegenwärtig nicht gibt und nicht geben kann, weil es dem Feinde zur großen Betrübnis aller dieses erkennenden und empfindenden Kinder Gottes gelungen ist, die äußere Einheit der Kinder Gottes zu zerstören. Doch sorgt Gott in Seiner Gnade und Treue dafür, daß in den

gebrauchen kann und die den Dienst eines „Ältesten“ tun, wenn dies auch nur in Schwachheit ist. Darum kann die Frage erhoben werden: Findet die oben besprochene Schriftstelle Anwendung auf solche Brüder, die Ältestendienst tun? Diese Frage glauben wir zunächst mit „Nein“

beAntworten zu müssen, da wir den Eindruck haben, daß es sich hier um einen besonderen Auftrag handelt, den der Apostel seinem Mitarbeiter Timotheus persönlich gab, und daß die Ausführung dieses Auftrages eine Handlung war, zu welcher eine Autorität gehörte, die Timotheus eben nur auf Grund des ihm vom Apostel Paulus erteilten Auftrages hatte, die aber heute auch der hervorragendste Bruder nicht besitzt und nicht besitzen kann. Nicht einer der „Ältesten“ empfing diese Weisung, sondern Timotheus empfing sie bezüglich der „Ältesten“ (V. 17ff.) und handelte als Beauftragter des Apostels und kraft dieses Auftrages als über den Ältesten stehend. Welcher Bruder könnte wohl heute beanspruchen, eine solche Stellung über den anderen Brüdern, welche Ältestendienste tun, zu haben und solche Vollmacht zu besitzen? Aber damit soll nicht gesagt sein, daß V. 20 uns nichts zu sagen habe, sondern wir sind der Überzeugung, daß dieser Vers uns eine ernste und wertvolle Belehrung gibt: zuerst die, wie ernst und schwerwiegend es ist, wenn ein Bruder sündigt, welcher vorsteht und auf den infolgedessen die Augen aller anderen gerichtet sind; und weiter die, daß auch heute noch dann, wenn ein solcher Bruder sündigt, die anderen in jenem Kreise vorstehenden Brüder gemeinsam mit diesem Bruder in Liebe, aber auch in tiefem Bewußtsein des Ernstes der Sache, über seine Sünde reden sollten, um ihn zu einer wahren Beugung und zu einem dem jeweiligen Falle entsprechenden Verhalten zu führen. Damit ist aber nach unserer Kenntnis die Anwendung dieser Schriftstelle erschöpft; alles etwa nötige Weitere erfolgt nach den Belehrungen und Anweisungen, die das Wort Gottes uns für den jeweiligen Fall gibt.

Diese Schriftstelle allgemein anzuwenden und unter Berufung auf dieselbe einen Bruder oder eine Schwester in einem Geschwisterkreise wegen einer Verfehlung öffentlich - vor allen Brüdern oder vielleicht gar allen Geschwistern - zu rügen und zu ermahnen ist völlig unberechtigt. Das ist es schon deshalb, weil es nicht der Liebe entspricht, die immer bemüht

erst andere unnötigerweise von der Verfehlung erfahren - wie schon am Eingang unserer Betrachtung erwähnt -, und ferner, wenn es sich um Zucht handelt, darum, weil es nicht der Weg ist, den Gottes Wort uns hierfür zeigt: daß, nachdem die ebengenannte erste Bemühung zur Zurechthilfe vergeblich war, noch einer oder zwei hinzuzunehmen sind, um diese Bemühung nochmals zu versuchen, und erst dann, wenn auch dieses fruchtlos bleibt, es der Versammlung zu sagen ist (Matth. 18,15-17), welche dann je nach der Schwere des Falles zu handeln hat. (1. Kor. 5; 2. Thess. 3,6-15) Für alles dieses aber kommt 1. Tim. 5,20 gar nicht in Betracht.

Th. K.

Antwort Des Schriftleiters

Wenn ich auch denke aussprechen zu dürfen, daß wir alle mit der vorstehenden sehr schönen Antwort vollauf einverstanden sein können, so glaube ich doch, noch einiges, teils unterstreichend, teils ergänzend, hinzusetzen zu sollen.

Zunächst sei einmal wieder hingewiesen auf den belehrenden Artikel über „Älteste“ von Br. A. v. d. Kammer in dem Heft „Hütet die Herde!“ (Geschäftsstelle der „Handr.“, Preis 0,35 RM.), der einen erweiterten Abdruck aus Jahrb. 10 darstellt und schon vielen gedient hat, besonders grundsätzlich!

In der angefragten Stelle handelt es sich natürlich nur um die Ältesten - dem Zusammenhang nach! Wenn daher jemand, etwa ein Führer in einer Ortsgemeinde, so handelt, wie oben in Antwort A im letzten Absatz angegeben, so ist das ganz gegen die Schrift und kann darum unmöglich zur Erbauung der Gemeinde dienen, wird vielmehr sehr leicht Erbitterung zur Folge haben. (Hebr. 12,15!) Wer in dieser Hinsicht sich einer Schuld bewußt ist, der muß sich beugen und, soviel an ihm ist, die Sache in Ordnung zu bringen suchen. Schon wenn wir bedenken, wie ernst und heilig und zugleich wie vorsichtig die Schrift von den verschiedenen Arten von Zucht redet und wie zart sie umgeht mit den Heiligen, dann sehen wir, wie nach der Bibel ganz unmöglich einerseits, wie taktlos aber andererseits solch Verfahren wäre und ist, wenn

vorangegangene Versuche, die Dinge in der Stille nach dem biblischen Muster von Matth. 18,15ff. zu ordnen (wie oben schon gezeigt). Aber 1. Tim. 5,20 etwa für solche biblische Zuchthandlung anzuführen ist ganz unstatthaft, denn sie handelt eben von Ältesten, nicht von Gläubigen im allgemeinen! Laßt uns „das Wort recht teilen“! (2. Tim. 2,15!)

Aber wie ist es nun mit dem Wort „vor allen“ - bezieht sich dieses auch nur auf die Ältesten oder auf die ganze Gemeinde? Hier ist es nicht ganz so leicht, nach dem Zusammenhang zu urteilen. Man könnte um der schuldigen Ehrerbietung willen gegen Älteste sagen, daß es sich nur um Älteste handeln dürfte, da ihr Ansehen vor der Gemeinde möglichst nicht geschmälert werden soll. Ja, aber - wenn die Sünden eines Ältesten aber der ganzen Gemeinde bekannt sind, wenn ferner die zwei oder drei Zeugen, die doch aus der Gemeinde sind, bei der Überführung dabei sein müssen (was doch wohl selbstverständlich ist), so ist doch dadurch schon der Kreis der Ältestenschaft erweitert und die Teilnahme der Gemeinde schon in der Person der Zeugen involviert (enthalten, eingeschlossen), so daß zur wirklichen Teilnahme derselben nur ein Schritt wäre. Und zeigt nicht die feierliche Bezeugung in V. 21, wie sehr dem Apostel daran liegt, daß „die übrigen“ diese heilige Furcht haben möchten, die sie um so eher bekommen müssen, wenn sie sehen, wie ernst mit den Sünden eines Ältesten verfahren wird?! Zu dieser Auffassung, die ich aber nicht etwa als zwingend ansehe und nicht als Lehre vertrete, sondern nur zur Prüfung empfehle, fühle ich mich nach langem Forschen veranlaßt, vor allem durch den Vorgang Gal. 2,14 (obwohl es sich dort nicht um Älteste, aber um mehr als sie: um Apostel handelt!) und durch die hier grundsätzlich anzuwendende Stelle 5. Mose 17,12.13. Die Ältesten tun doch einen zu öffentlichen Dienst, als daß eine heimliche Rüge nur vor ihresgleichen(!!) eine solche Wirkung hervorzurufen imstande wäre, wie sie im Blick auf die Auferbauung der Gemeinde nötig ist, d. h. der Gemeinde, die doch - zumal bei zwei oder drei Zeugen! - um jene Verfehlung des Ältesten weiß oder doch wohl wissen mag! Wie leicht könnte sie durch die Heimlichtuerei in dieser Sache Schaden leiden, indem nun erst recht Anlaß zu übler Nachrede gegeben würde! Wird aber vor versammelter Gemeinde (natürlich in durchaus geschlossener Sitzung durch den Vertreter des Apostels die Sache ruhig und leidenschaftslos (V. 21) ans Licht gebracht und besprochen, dann muß das Ergebnis bei allen sein: geistliche

wenn ich und du sie tut! „Nichts nach Vorurteil oder Gunst!“ Sünde bleibt Sünde, wer immer sie auch tut! Und wenn so verfahren wird, so bleibt kein „Rest“ in den Herzen übrig - ich meine: Einem „Sichaufhalten“ über die vorgekommene Verfehlung des Ältesten ist jeder Boden entzogen, weil sich alle mit zu beugen hatten! Denn wie demütig muß uns die Erkenntnis machen: Was jener - ein Ältester! - tun konnte, kann mir noch viel leichter passieren, denn wer bin ich! Darum „Hand auf den Mund!“

Noch einmal - ich behaupte nicht, daß diese Auffassung die allein richtige sein müßte, aber man wolle sie erwägen!

Daß Timotheus, ehe er öffentlich mit dem gefallenen Ältesten vor die Gemeinde tritt, erst mit diesem unter vier Augen gesprochen und gebetet haben mag, kann man vielleicht wohl annehmen!

Aber - da wird vielleicht gesagt: „Was hat das praktisch für uns zu bedeuten? Denn wenn wir auch zwar nicht mehr Älteste wie einst Ephesus (vgl. 1,3 und Apgesch. 20!), aber doch solche, die Ältestendienst tun (siehe obige Antwort und das genannte Heft „Hütet die Herde!“ und 1. Thess. 5,12!), haben - wo wäre aber wohl ein Timotheus, der von Paulus (und durch diesen vom HErrn) beauftragt und autorisiert (bevollmächtigt) wäre, in solcher Weise zu handeln?“ Unser Mitarbeiter findet sich in besonderer Weise mit dieser Frage ab, und sicher sehr schön und praktisch! Gleichwohl besteht diese Schwierigkeit! Aber auch ich möchte dazu einiges zur Erwägung stellen.

Es wird richtig gesagt, daß Timotheus als Beauftragter des Apostels auftritt. Er hat zu „gebieten“ (1,3.18; 4,11 u. a.). Aber ist Timotheus in der ganzen in Rede stehenden Stelle (5,17ff.) nur Beauftragter, besser gesagt: Beziehen sich die sämtlichen Worte nur auf ihn als Beauftragten? Doch wohl nicht! Wozu noch kommt, daß das „laß“ in V. 17 eine (trotz der Elb. Übers.!) ungenaue Deutung ist; richtiger wäre: „die Ältesten, die wohl vorstehen, sollen“ oder „mögen ...“ Wir alle, alle Glieder der Gemeinde, haben solche Stellung zu ihnen einzunehmen! Aber weiter: Ist V. 19 nur auf Timotheus als Vertreter des Paulus beschränkt? Hat das Wort

Gemeinde?! Ja, heute in den „schweren Zeiten“ (2. Tim. 3,1ff.) erst recht?!

Sollte „man“ (wer? die örtliche Gemeinde als oberste geistliche „Instanz“!) nicht heute vor allem solchen Schwätzern und Verleumdern, welche die, welche, wenn auch in Schwachheit, Ältestendienste tun, verunglimpfen, den Mund verbieten, wenn sie nicht genügend Zeugen (und zwar einwandfreie, V. 21!!) beibringen?! - Und ist von hier aus ein zu weiter Schritt zu der von mir jetzt hier niedergelegten Vermutung (nicht Lehre!), daß das in V. 20 dem Timotheus Übertragene nach seinem Abscheiden wie nach dem des Apostels (Apgesch. 20,29) der verAntwortlichen Gemeinde obliegt, die nach 3,15 im 1. Tim.-Brief lernen soll, wie „man sich im Hause Gottes zu verhalten hat“?! Und wenn dieser meiner Vermutung entgegengehalten wird, daß es in solchem Falle ja doch nur wieder auf die sich verAntwortlich wissenden Brüder ankäme, also letzten Endes besonders auf die, welche „Ältestendienste täten“, „vorständen“, „führten“ usw., kurz: die Gemeinde verträten - würden wir uns dann nicht ganz im Rahmen von Apgesch. 20,28 befinden, und kämen wir dann nicht auf Umwegen schließlich zu der in obiger Antwort vertretenen Anwendung der fraglichen Stelle auf unsere Tage? Nur daß unser lieber Mitarbeiter die VerAntwortung für die - in Schwachheit - zu machende Anwendung der Stelle denen zuschiebt, welche Ältestendienste tun in der betr. Gemeinde, während ich die VerAntwortung in der Gemeinde als solcher selber sehe für eine gewisse (eingeschränkte) Möglichkeit der Anwendung jenes Wortes. Die Gemeinde als solche trägt m. E. doch die höchste VerAntwortung, und die Ältesten sind um der Gemeinde, „des Hauses Gottes“, willen da (nicht umgekehrt!).

Man sehe in diesen Ausführungen nicht einen Versuch, über das hinauszugehen, was die Schrift sagt! Ich möchte wahrlich an nichts gebunden sein als nur an sie, aber wenn wir alles, was dem Timotheus durch den Apostel aufgetragen ist, als lediglich persönliche Anweisungen ansehen würden, dann würde eine Unzahl von solchen heute keinerlei Anwendungsmöglichkeit mehr haben und für die Gemeinde von heute praktisch ohne Bedeutung sein! Wir müssen Wege finden und gehen, die schriftgemäßen Belehrungen in (natürlich) nur schriftgemäßer Weise auch auf heutige Zeit - wenn auch in Schwachheit - anzuwenden, denn auch wir haben uns im

Gemeinde, geht m. E. der Glaubensweg zu einer schriftgemäß übertragenen Anwendung (wenn natürlich auch nicht in erschöpfender Weise wie einst durch die Bevollmächtigten des Apostels und des HErrn) auch solcher Verordnungen, die nicht unmittelbar an uns gerichtet sind.

Möge der HErr uns Gnade geben, zu „bedenken“, was der Apostel dem Timotheus sagt (2. Tim. 2,7a), und möge Er auch uns „Verständnis geben in allen Dingen“ (V. 7b)! Ihm sei Ehre und Preis für Sein ewig bedeutsames, kostbares Wort!

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23)

(Fortsetzung)

Wir kehren nun wieder zum Passah zurück und betrachten es vor allem in seinem besonderen Charakter als die Grundlage des Waltens Gottes mit den Menschen. Das erste, was wir bemerken, ist, daß das Lamm am zehnten Tage des ersten Monats ausgewählt und dann bis zum vierzehnten Tage des Monats in Verwahrung genommen werden mußte. Es sollte ein Lamm ohne Fehl sein, natürlich mußte es schon in der Zeit vor dem zehnten Tage ohne Fehl gewesen sein, nur daß man demselben bis dahin keine besondere Beachtung geschenkt hatte. Von der Zeit an aber, da es aus der Herde genommen und für das Passah abgesondert wurde, war die Aufmerksamkeit aller auf dasselbe gerichtet, und seine vollkommene Fehlerlosigkeit konnte von allen festgestellt werden.

Auch in den zehn Tagen liegt eine Bedeutung, die wir nicht übersehen dürfen. Gott hat mit bestimmten Zahlen unzweifelhaft gewisse Gedanken verbunden. Wir lernen diese Gedanken kennen, wenn wir beobachten, in welcher Verbindung der Heilige Geist gewisse Zahlen gebraucht.

Die Zahl „Zehn“ in der Schrift.

Wir wollen auf einige Schriftstellen hinweisen, in welchen die Zahl „Zehn“ gebraucht wird, und uns bemühen, den mit dieser Zahl verbundenen typischen Sinn zu erfassen. Zunächst wissen wir, als Gott den Kindern Israel das Gesetz gab, daß Er dasselbe in zehn Gebote zusammenfaßte, die auf zwei Tafeln geschrieben wurden, Weiter finden wir die Zahl „Zehn“ in bemerkenswerter Weise in den Gleichnissen hervortreten, die davon reden, daß Gott diejenigen prüft, die den Platz des Bekenntnisses als Seine Knechte einnehmen. Wir denken an die Gleichnisse von den zehn Jungfrauen, den Talenten und den Pfunden in Matth. 25 und Luk. 19. Auch in der Geschichte von dem ungerechten Haushalter wird die Forderung des reichen Mannes an seine Schuldner jedesmal durch die Zahl „Hundert“ ausgedrückt, das ist zehn mal zehn. Es würde zu weit führen, wenn wir denen, die sich mit diesem Gegenstand noch nicht beschäftigt haben, die Bedeutung zeigen wollten, welche diese Zahl in Verbindung mit der Stiftshütte hat, wo sie in bemerkenswerter Weise vorkommt. Das Gesagte dürfte aber genügen, um zu verstehen, daß der Heilige Geist diese Zahl in Verbindung mit der Forderung unseres Gehorsams in der Erfüllung Seiner göttlichen Ansprüche gebraucht.

So sehen wir in diesen zehn Tagen (vom ersten bis zum zehnten des ersten Monats) das Erdenleben des Herrn Jesus, des Lammes Gottes, bis zu dem Tage Seiner Taufe. In dieser Zeit hatte Er als Mensch auf Erden Gottes vollkommenes Wohlgefallen. Obwohl während dieser ganzen Zeit Gott in Ihm das vollkommene Lamm sah, war doch die Aufmerksamkeit der Menschen noch nicht auf Ihn gerichtet. Er war in Wahrheit Gottes makelloses Lamm, aber niemand auf Erden beachtete diese Tatsache. Bei Seiner Taufe jedoch wurde Er (um das Wort in 2. Mos. 12 zu gebrauchen) „genommen“. Die Stimme aus dem geöffneten Himmel: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe“, und ebenso der Heilige Geist, der auf Ihn herabkam, bezeugten, daß Er der Auserwählte Gottes war. Zur gleichen Zeit zeugte auch noch Johannes, daß Er das Lamm Gottes sei. Vom zehnten bis zum vierzehnten Tage mußte das Lamm in Verwahrung bleiben, und diese Zeit scheint mit den dreieinhalb

Augen der Menschen als das auserwählte Lamm Gottes hervortrat.

Zwischen den zwei Abenden.

Das Lamm mußte am Abend des vierzehnten Tages des ersten Monats geschlachtet werden, buchstäblich zwischen den zwei Abenden. Wir müssen uns erinnern, daß der jüdische Tag vom Sonnenuntergang bis wieder zum Sonnenuntergang währte. Er begann somit am Abend und endete am Abend. Vom jüdischen Tag wirb deshalb im 3. Mos. 23,32 als vom Abend bis zum Abend gesprochen. Es könnte nun scheinen, als sei mit dem Ausdruck: „Zwischen den zwei Abenden“ der ganze Tag gemeint, aber ein Vergleich mit anderen Stellen, in welchen derselbe Ausdruck vorkommt, zeigt uns, daß dies nicht der Fall ist. In 2. Mos. 29,38.39 lesen wir: „Und dies ist, was du auf dem Altar opfern sollst: zwei einjährige Lämmer des Tages beständig. Das eine Lamm sollst du am Morgen opfern, und das zweite Lamm sollst du opfern zwischen den zwei Abenden.“ Es kann hier gar nicht in Frage gestellt werden, daß der Ausdruck „zwischen den zwei Abenden“ im Gegensatz zum „Morgen“ steht, und ebenso wird uns gesagt, daß Aaron das Rauchwerk auf dem goldenen Altar am Morgen und am Abend räuchern sollte. (2. Mos. 30,7.8) Und wieder wird hier derselbe Ausdruck gebraucht „zwischen den zwei Abenden“. Hieraus geht mit völliger Gewißheit hervor, daß mit diesen Worten die Zeit des Sonnenunterganges gemeint ist, wenn der eine Tag in den anderen übergeht.

Das Passah Jehovas.

In 3. Mos. 23,5 lesen wir: „Im ersten Monat, am vierzehnten des Monats, zwischen den zwei Abenden, ist Passah dem Jehova.“ Wie wir bereits sahen, wurde das Passahlamm ziemlich am Schluß des vierzehnten Tages zur Stunde des Sonnenunterganges geschlachtet. Unmittelbar darauf begann der fünfzehnte Tag. Der Sauerteig war bereits aus jedem Hause entfernt, und so gab es keinen zeitlichen Zwischenraum zwischen der Schlachtung des Lammes und dem Halten des Festes der ungesäuerten Brote, obgleich das eine zum vierzehnten und das andere zum fünfzehnten Tage gehörte. So war es beim ersten Passah, und so war es viele Jahre später

wurden in die Stadt und in das bezeichnete Haus gesandt, um das Passah zu bereiten, „und als es Abend geworden war, legte Er Sich mit den Zwölfen zu Tische“, das Fest zu halten. (Matth. 26,20; Mark. 14,17)

Für das erste Passah hatte Gott genaue Vorschriften gegeben. Moses mußte dem Volke befehlen, das Lamm zu schlachten und sein Blut draußen an die Oberschwelle und die Pfosten ihrer Tür zu streichen. Dann mußten sie in ihr Haus hineingehen und das Lamm essen und nicht wieder aus der Tür ihres Hauses herausgehen bis an den Morgen. Um Mitternacht ging Jehova an ihren Türen vorüber, während Er alle Erstgeburt der Ägypter schlug.

Das Fest der ungesäuerten Brote.

Sehr wichtig zu beachten ist, daß, wie schon früher gesagt, der Tod des Passahlammes die Grundlage alles dessen ist, was in den anderen Festen dargestellt wird. Besonders deutlich sehen wir dies in der unmittelbaren Einführung des Festes der ungesäuerten Brote. Alle Feste, welche nur einen Tag währten, führen uns eine bestimmte Handlung Gottes in Seinem gnädigen Walten mit Israel vor Augen, wogegen die beiden Feste, welche mehrere Tage währten - das Fest der ungesäuerten Brote (ein Sieben-Tage-Fest) und die Laubhütten (ein Acht-Tage-Fest) - uns das wahre Wesen der Dinge zeigen, die sich auf eine vorhergehende Handlung Gottes gründen. In dieser Hinsicht stehen das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote in engster Beziehung zueinander. Die sieben Tage der ungesäuerten Brote sind ein Bild von dem wahren Charakter des Lebens der Gläubigen hienieden. Sie zeugen von der Gemeinschaft mit Gott inmitten widriger Umstände und einer feindlichen Umgebung, einer Gemeinschaft, die sich gründete auf die Erlösung durch das Blut des Lammes. Der Genuß dieser Gemeinschaft war aber an eine Bedingung gebunden, und diese war, daß aller Sauerteig entfernt sein mußte.

Die Anwendung dieses Vorbildes finden wir sehr klar in 1. Kor. 5,7.8: „Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum laßt uns Festfeier halten, nicht mit altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit ungesäuertem Brote der Lauterkeit und Wahrheit.“ Es ist von größter Wichtigkeit, zwischen der Grundlage unserer

Gemeinschaft mit Gott und der Bedingung, unter welcher wir uns dieser erfreuen, zu unterscheiden.

Es hätte für die Ägypter nicht den geringsten Nutzen gehabt, den Sauerteig aus ihren Häusern zu entfernen, wenn das Blut nicht über ihren Türen war. In dem Blut allein lag die Sicherheit derer, die unter dem Blute standen. Während das Blut so die Grundlage ihrer Gemeinschaft war, konnte doch die Gemeinschaft selbst nicht verwirklicht werden, es sei denn, daß die Bedingung, die Gott damit verbunden hatte, erfüllt war. So ist es auch mit uns. Christus, unser Passah, ist für uns geschlachtet, und wir sind von der Stunde an berufen, Festfeier zu halten. Aber wir können es nur tun, wenn wir den alten Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit ausgefegt haben.

Obgleich wir in diesem Aufsatz uns mit den Festen Jehovas mehr in ihrem vorbildlichem Charakter in bezug auf das Walten Gottes als mit den kostbaren Einzelheiten ihrer geistlichen Bedeutung zu befassen haben, möchten wir doch nicht weiter gehen, ohne wenigstens einige wichtige Züge des Passahs und des Festes der ungesäuerten Brote noch berührt zu haben.

Ein jeder ein Lamm.

Zunächst laßt uns zwei Ausdrücke nebeneinander stellen: 1. „Da nehme sich ein jeder ein Lamm“ (2. Mos. 12,3), 2. „Die ganze Versammlung der Gemeinde Israel soll es schlachten zwischen den zwei Abenden“ (V. 6). Für Israel waren viele Lämmer nötig, aber diese zweite Schriftstelle spricht so, als ob nur ein Lamm für ganz Israel war, während die erste Stelle den vollen Wert und die ganze wirksame Kraft des Lammes für jeden einzelnen enthält. Wie völlig und wie kostbar werden uns hier die beiden Seiten unserer Erlösung vorgestellt! Die ganze erlöste Schar hat ein kostbares Lamm, das Lamm Gottes. „Christus hat die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben.“ (Eph. 5,25) Und doch hat wiederum jede einzelne erlöste Seele Christus ungeteilt für sich persönlich in der ganzen Fülle Seiner Gnade und der Allgenugsamkeit Seines Werkes und Wortes, so daß der einzelne Gläubige sagen darf: „Der Sohn Gottes, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat.“ (Gal. 2,20) Indem wir

noch einmal auf das in Verbindung mit dem Hinwegtun des Sauerteiges Gesagte zurückkommen, fassen wir es wie folgt zusammen:

„Von dem Blut über der Tür hing ihre Sicherheit ab.“

„Von dem Hinaustun des Sauerteiges aus dem Hause hing ihre Gemeinschaft ab.“

Im 45. Vers (2. Mos. 12) lesen wir sodann von zwei Klassen, die nicht am Passah teilnehmen konnten. „Ein Beisaß und ein Mietling soll nicht davon essen.“ Diesen war die Teilnahme am Passah verboten. Der für Geld erkaufte Knecht dagegen konnte sich des Vorrechtes erfreuen, das dem gemieteten Knechte und Beisaß nicht zuteil werden durfte. Diejenigen, welche als Same Abrahams geboren, und diejenigen, welche durch Geld erkauft waren, konnten in gleicher Weise das Fest feiern. Wie schön wird hier das zweifache Anrecht jener ausgedrückt, die heute berufen sind, am Mahle des HErrn teilzunehmen. Dieses zweifache Anrecht können wir mit den Worten ausdrücken:

„Geboren aus Gott“ - „erkauft von Gott.“

Zur Teilnahme an den uns von Gott bewirkten Vorrechten vermag uns keine menschliche Einrichtung zu befähigen. Und äußere Erziehung und Veredlung kann niemals neue Geburt - und alle Anstrengungen und Werke eines Mietlings können nicht die Erlösung durch das Blut Christi ersetzen.

Forts. folgt, s. G. w.

David im Lande der Philister.

(1. Sam. 27,29.30)

Wenn die Schrift das Leben einzelner Männer beschreibt, so zeichnet sie uns ihr Bild treu und wahr. Wenn Menschen die Lebensgeschichte anderer schreiben, so berichten sie wohl deren

solches nicht. Er berichtet, selbst von den hervorragendsten Männern, gleich wahr sowohl das Gute als auch die Verfehlungen in ihrem Leben. Gott teilt uns beides mit, das eine zu unsere Unterweisung, das andere uns zur Warnung.

Wenn wir uns nun zu dem Abschnitt des Lebens Davids wenden, der uns in den letzten Kapiteln des ersten Buches Samuels beschrieben wird, so lesen wir in Kapitel 27,1: „Und David sprach in seinem Herzen: Nun werde ich eines Tages durch die Hand Sauls umkommen.“ Vielleicht sagte er dies nicht mit seinen Lippen, aber diese Gedanken bewegten sein Herz und machten es verzagt. Sein Vertrauen zu Gott schwand, und sein Glaube wurde wankend. Wenn man an die großen und wunderbaren Errettungen denkt, die David durch Gottes Hand erfahren hatte, so möchte man sich darüber wundern, denn unmöglich konnte er sie vergessen haben. Erinnerungen an erlebte Gnadenerweisungen nützen uns aber nicht, wenn für den gegenwärtigen Tag und Weg kein Glaube vorhanden ist. Wohl können sie uns, wenn Glaube im Herzen wirkt, in unserem Vertrauen zu Gott stärken und ermutigen, aber nicht, wenn derselbe aufgegeben ist.

David gab den Glauben auf, als er der Verzagtheit und dem Unglauben in seinem Herzen Raum machte.

Es ist kein Zweifel, Gott, der sein Fels, seine Burg und sein Retter war, als er von Saul wie ein Rebhuhn in den Bergen gejagt wurde (1. Sam. 26,20), konnte ihn sicher auch weiterhin schützen und retten. Aber David rechnete jetzt nicht mehr allein mit seinem Gott. Die Sprache seines Herzens war: „Ich werde eines Tages durch die Hand Sauls umkommen.“ Und mit diesem Unglaubensgedanken nahm er seine Sache aus Gottes Hand heraus und begann für sich selbst Pläne zu machen. Er sagte sich: „Mir ist nichts besser, als daß ich eilends in das Land der Philister entrinne, und Saul wird von mir ablassen, mich ferner zu suchen in allen Grenzen Israels. Und ich werde aus seiner Hand entrinnen.“ (1. Sam. 27,1) So entschloß er sich, in das Land der Philister zu entfliehen und trat mit 600 Mann zu Achis, dem König von Gath über. Und dieser mit seiner Berechnung durchdachte Weg schien ihm auch zu gelingen. Es wurde Saul berichtet, „daß David nach Gath geflohen wäre, und er suchte ihn fortan nicht mehr“ (V. 4).

Der Weg wurde nun leichter für David. Er schwebte nicht mehr in ständiger Lebensgefahr und hatte nicht mehr nötig, fortwährend auf der Hut zu sein. Die aufreibenden Nachtwachen waren vorüber, und er wurde nicht mehr von den beständigen Unruhen, Sorgen und Ängsten gequält. Alles dieses stand auf der Gewinnseite. Was aber kam auf die Verlustseite? Während der sechzehn Monate, die er im Lande der Philister war, trieb ihn kaum etwas noch zu ernstem Gebet und vertrautem Umgang mit Gott. Die Glaubensübungen des wachsamen Herzens hörten auf. Er erlebte keine neuen Erfahrungen der rettenden Gnade Gottes und der Macht Seines Armes, den er nie zu kurz gefunden hatte, jeder Not begegnen zu können, so groß und so verschieden sie auch sein mochte. Kein triumphierender Psalm wurde in dieser Zeit von seiner Hand geschrieben, Gottes Geist sprach nicht mehr durch ihn, noch war Sein Wort auf seiner Zunge. Es war eine Zeit der Dürre. Alles lag verstummt in der Ruhe des geistlichen Todes. Dies und noch mehr war der Verlust - und gewiß ein sehr schmerzlicher Verlust.

Und so ist es immer. Die Geschichte mancher Knechte Gottes in der Schrift sagt uns das Gleiche und ebenso auch das Leben vieler, vieler Kinder Gottes, obschon es nicht mit Tinte und Feder geschrieben sein mag. Der Unglaube mit seiner Klugheit bewirkt immer einen inneren Verfall und endet mit Enttäuschung und Unglück. Der Gerechte wird durch Glauben leben. Der Unglaube aber wird uns immer auf den Pfad des menschlichen Verstandes und der Klugheit zu locken suchen. Er stellt uns tausend Gefahren vor Augen und findet tausend Ursachen, alle einleuchtend genug, um Wege der Erleichterung zu suchen. Unglaube treibt uns zur Flucht in das Land der Philister, läßt uns göttliche Grundsätze aufgeben und einen leichteren Weg wählen; er führt uns zu Achis, um uns unter seinen Schutz zu stellen und ihn um ein Ziklag - um einen Platz für uns zum Niederlassen zu bitten, wo wir nach Streit und Kampf ruhen können. Dies war es, was David tat, und was darauf folgte, das haben wir gesehen. Wie es aber endete, das werden wir jetzt betrachten.

Wir kommen zum 29. Kapitel. Hier wird uns berichtet, daß die Philister ihre Heere zum Kriege wider Israel versammelten, und David und seine Männer waren mit ihnen. Welch eine Stellungnahme! Wer hätte gedacht, daß der Sieger über Goliath jemals so tief sinken könnte,

auf der Seite der Philister zu stehen! Aber Unglaube hatte ihn so umgarnt und in sein Netz gezogen, daß er mit den Feinden des Volkes Gottes verbunden war. Nur allein die erbarmende Hand Gottes konnte ihn aus dieser demütigenden Verbindung befreien. David und seine 600 Männer werden mit Verachtung weggeschickt und kehren nach Ziklag zurück. Der Unglaube, der ihn in das Land der Philister gebracht hatte, trägt ihm nun eine weitere schmerzliche Frucht. Er muß jetzt ernten, was er gesät hat. Ziklag war während seiner Abwesenheit mit Feuer verbrannt, und seine Weiber und seine Söhne und seine Töchter waren von den Amalekitern gefangen genommen. Alles dies waren die Folgen seines Unglaubensweges, seine Stadt - ein Trümmerhaufen, die teuren Personen seiner und der Liebe derer, die mit ihm waren - weggeführt, und niemand wußte, wohin. Kein Wunder, daß David und das Volk, das bei ihm war, ihre Stimme erhoben und weinten. Auf diesem Wege des Unglaubens, auf dem sie Ruhe und Schutz vor Gefahr zu finden meinten, verloren sie alles.

Es blieb aber für David nicht allein bei dem Verlust, große Angst überfiel ihn, „denn das Volk sprach davon, ihn zu steinigen“. Durch ihn waren sie alle in diese schwere Lage gebracht, sie hatten ihm vertraut und waren seiner Führung gefolgt, und dies war nun das Resultat. Ihr erster Gedanke war, sich an ihm zu rächen. Gott aber hielt ihre Hand zurück. Wenn David allein der Verlustträger gewesen wäre, so würde sein Kummer weniger groß gewesen sein, aber 600 Mann wurden in seinen Unglaubensweg mit hineingezogen, und dies vergrößerte seine Bedrängnis und Not sechshundertfältig. Finstere Nacht umgab ihn.

Endlich bricht die erste Morgenröte eines neuen Tages an. Die Hügel beginnen sich zu vergolden, „David stärkte sich in Jehova seinem Gott“. Was liegt darin eingeschlossen?! Sicherlich die von seiner Seele tiefempfundene Erkenntnis seines sündigen Unglaubens und seines verkehrten Weges, der so verunehrend für Gott und so unheilvoll für ihn selbst und andere war. David nahm jetzt in Demut und Beugung den rechten Platz vor Gott ein. Er lag im Staub. Er sucht nun Rat bei Gott. Und welche Gnade, Gott Antwortet ihm. Er ermutigt David, gibt ihm Rat und versichert ihm, daß er alles zurückerhalten werde. Seine Seele ist wieder aufgerichtet und die gestörte Gemeinschaft mit Gott wieder hergestellt; Ziklag wurde

Gottes Treue und Gnade sind unwandelbar und unerschöpflich!

Und auch wir werden es so finden, wenn Zeiten in unserem Leben diesem Abschnitt im Leben Davids gleichen. Wie unglücklich und dunkel die Umstände auch sein mögen, in welche Unglaube und eigener Wille uns gebracht haben, laßt uns wie David uns stärken in unserem HErrn und Gott! Aber dies schließt auch bei uns unbedingt das Bekenntnis unserer Sünde und Torheit und die Anerkennung dessen, was als gerechte Folge über uns gekommen ist, ein. Wir werden uns verurteilen und Gott rechtfertigen. Dies ist immer der Weg und die Weise wahrer Buße. An dem Tage, an welchem wir diesen Platz vor Gott einnehmen, wird Er mit uns sein, uns Kraft geben und uns segnen.

Es mag sein, daß wir nicht von allen Folgen unseres Unglaubensweges befreit werden. Er wird uns aber darin durch Seine Kraft aufrechthalten und unsere Herzen mit Seinem Frieden erfüllen.

Sollten wir je versucht werden, der Schwierigkeiten wegen den Pfad des Glaubens zu verlassen, dann laßt uns an dies Beispiel aus dem Leben Davids denken! Es ist zu unserer Ermahnung geschrieben worden. Besser, unendlich viel besser ist es, auf den rauhesten Wegen mit Gott zu wandeln als auf angenehmen Pfaden, wo Er nicht ist. In jeder Lage, in jeder Not, ist Er fähig zu helfen. Nur laßt uns Ihm mit ganzem Herzen vertrauen! Je mehr wir dieses tun, desto mehr werden wir entdecken, wie würdig Er unseres Vertrauens ist. Ein Leben des Glaubens wird immer durch Proben gehen; aber es ist reich an Erfahrungen Seiner Treue. Und in dem Maße, wie wir in der Erkenntnis Gottes wachsen, werden wir Ihm immer völliger vertrauen, so wie der Psalmist spricht:

„Auf Dich werden vertrauen, die Deinen Namen kennen, denn Du hast nicht verlassen, die Dich suchen.“ (Ps. 9,10)

S. T. - A. v. d. K.

Frage und Antwort

 

Frage 3

Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides) und wenn ja, welche?

Antwort A

In den Kapiteln 7-10 des zweiten Buches Mose wird uns von den neun Plagen über die Ägypter berichtet, die der Tötung der Erstgeburt vorangingen. Diese Plagen zerfallen in drei Gruppen, die jeweils durch einen „Morgen“ eingeleitet werden (7,15; 8,20; 9,13). Die ersten beiden Plagen jeder Gruppe kündet Jehova durch Mose dem Pharao an, die dritte, letzte Plage jeder Gruppe bricht ohne Warnung über Ägypten herein. Darin finden wir eine Bestätigung der Worte Elihus, der in Hiob 33,14 sagt: „Doch in einer Weise redet Gott und in zweien, ohne daß man es beachtet“, und in Vers 29: „Siehe, das alles tut Gott zwei-, dreimal mit dem Manne, um seine Seele abzuwenden von der Grube.“

Die erste Gruppe der Plagen, bestehend aus der Verwandlung des Wassers in Blut, dem Heraufkommen der Frösche und dem Hervorbringen der Stechmücken aus dem Staube, trifft nicht nur Ägypten, die Welt, sondern auch Israel, das auserwählte Volk. Israel und in der Anwendung der Gläubige unserer Tage lernt aus der Verwandlung des Wassers in Blut, daß in allen Lebensquellen der Welt der Tod ist. Das Wasser stellt uns in der Schrift stets die Kraft des Lebens dar, das Blut redet vom Tode. Die Frösche weisen auf die unreinen Einflüsse hin, denen die alte Natur des Menschen ausgesetzt ist. (Vgl. Offenb. 16,13) In dem dritten Zeichen entstehen aus dem Staub der Erde Stechmücken, aus dem Tode (1. Mose 3,19; Pred. 12,7) entsteht Leben, ein Bild der Auferstehungsmacht, das die Schriftgelehrten zu dem Ausruf veranlaßt: „Das ist Gottes Finger!“ Wie ernst für die Menschen dieser Welt, einmal zum Gericht auferstehen zu müssen (Joh. 5,28.29), wie wunderbar andererseits für den Gläubigen, jetzt schon mit Christo auferweckt zu sein! (Kol. 3!) Die Erfahrungen, die Israel in diesen drei Zeichen macht, entsprechen in gewissem Sinn den Erfahrungen, die der Gläubige in Röm. 6, Röm. 7 und Röm. 8 macht.

Bevor die zweite Folge von Plagen über Ägypten hereinbricht, wird das Land Gosen, wo Israel wohnt, ausgesondert (Kap. 8,22). Der Stellung nach ist der Gläubige abgesondert von den Dingen, die die Welt in ihrem gegenwärtigen Zustand kennzeichnen. Die Hundsfliegen reden von den kleinen Dingen, die das Leben der Menschen zu einer Plage machen, Neid, Hader, Lästerungen, böse Verdächtigungen, Heuchelei, übles Nachreden. (1. Tim. 6,4; 1. Petr. 2,1) Die Plage des Viehes erinnert daran, daß der Mensch all seinen Besitz für sich verwendet, infolgedessen eine Wurzel alles Bösen entsteht (1. Tim. 6,10), während der Gläubige das ihm von Gott anvertraute Gut auch für Gott verwendet. (2. Mose 10,26) Die Geschwüre endlich sprechen von dem sittlichen Verderben der „letzten Tage“, in denen wir stehen, von denen der Apostel Paulus in 2. Tim. 3 eine so ernste Schilderung gibt.

Die dritte Gruppe von Plagen weist prophetisch auf die kommende Zeit der Gerichte hin, die über diejenigen kommen werden, welche auf der Erde wohnen. (Offenb. 3,10) Die Vorräte des Hagels sind aufgespart für die Zeit der Bedrängnis, für den Tag des Kampfes und der Schlacht. (Hiob 38,22.23) Beim Ertönen der ersten Posaune in Offenb. 8,7 kam Hagel und Feuer, mit Blut vermischt, und wurde auf die Erde geworfen. In 2. Mose 9,23 finden wir den Vorschatten dieser zukünftigen Ereignisse, die Stimmen Jehovas (wie die genaue Übersetzung lautet) Hagel und Feuer. Dennoch fürchteten sich der Pharao und seine Knechte nicht vor Jehova Gott (V. 30) So werden auch dereinst die Menschen, die den dritten Teil der Erde bewohnen und durch die Plagen der ersten sechs Posaunen nicht getötet werden, keineswegs Buße tun von ihren Werken (Offenb. 9,18.20f.), und der Ruf des ewigen Evangeliums, Gott zu fürchten (Offenb. 14,6.7), wird sie nicht erreichen. Gott macht offenbar einen Unterschied zwischen den Erdbewohnern im allgemeinen und denen, die den dritten Teil der Erde bewohnen. Diese letzteren stellen, wie wir annehmen dürfen, die Einwohner des Römischen Reiches dar, mit anderen Worten die bekennende Christenheit, die den Namen hat, daß sie lebe, und ist doch tot, deren sittlicher Zustand in den Sendschreiben an Thyatira, Sardes und Laodicäa zum Ausdruck kommt.

Damit gelangen wir zur eigentlichen BeAntwortung unserer Frage. In Offenb. 8,7 verbrennt

durch die Plage des Hagels und Feuers der dritte Teil der Erde, und auch die übrigen Gerichte richten sich vornehmlich gegen den dritten Teil der Menschen, gegen die bekennende Christenheit, die das Evangelium der Gnade gehört, aber verworfen hat. In Offenb. 16,21 wird noch einmal eine Plage des Hagels erwähnt, die sehr groß und jedenfalls schwerer ist als die vorher beschriebene. Dann wird das Gericht über Babylon, das ist Rom, geweissagt.

Viele der Menschen aber, die außerhalb der bekennenden Christenheit stehen, Heiden also, die in der Gnadenzeit die frohe Botschaft des Heils in Christo nicht vernommen haben, werden in den Gerichten nicht umkommen, sondern durch die Predigt des Evangeliums des Reiches und die Verkündigung des „ewigen Evangeliums“ gerettet werden und lebend ins Tausendjährige Reich eingehen.

Auf diesen Unterschied deutet m. E. im Vorbild die Stelle in 2. Mose 9,31.32 hin: „Und der Flachs und die Gerste wurden geschlagen. Aber der Weizen und der Spelt wurden nicht geschlagen, weil sie spätzeitig sind.“ Flachs und Gerste kennzeichnen also den dritten Teil der Menschen, die bekennende Christenheit, Weizen und Spelt die übrigen der Nationen, die nicht in den Gerichten umkommen. Weizen und Spelt sind spätzeitig: die Nationen hören das Evangelium des Reiches spät, nachdem das Evangelium der Gnade sein Ende gefunden hat. Und, wie schön: Diese von den Gerichten verschonten Nationen werden im Bilde des Weizen geschaut, der in der Schrift etwas Wertvolles darstellt (vgl. das Feinmehl im Speisopfer und Matth.13,24-30), die dem Gericht verfallenen Namenchristen aber gleichen der Gerste, die der Kennzeichnung menschlicher Ohnmacht dient. (Richt. 7,13; 2. Kön. 4, 42)

Mag sich die bekennende Christenheit heute groß in ihrem Fortschritt dünken, in Gottes Augen ist ihre Weisheit Torheit, gleichsam Gerstenbrot.

Zur Abrundung der Antwort sei noch erwähnt, daß auch die letzten beiden Plagen der dritten Gruppe, Heuschrecken und Finsternis, von den kommenden Gerichten reden, die Heuschrecken von der beherrschenden Gewalt böser Grundsätze (Offenb. 9,1-11), die Finsternis von der völligen Entziehung göttlichen Lichts, die darin gipfelt, daß die Menschen das Tier anbeten werden.

„Welche solltet ihr dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!“ (2. Petr. 3,11)

Th. Bu.

 

Antwort Des Schriftleiters

Haben wir nicht allen Grund, uns an der belehrend-erbaulichen Antwort unseres (neu hinzugekommenen) Mitarbeiters zu freuen, und ist durch diese nicht die Berechtigung der Frage (die dem einen oder anderen zunächst überflüssig erscheinen mag) völlig erwiesen?! Jedenfalls bekamen wir durch dieselbe, ganz abgesehen von der etwas knappen BeAntwortung der eigentlichen Frage, eine kurze übersichtliche Darstellung der „Plagen“-Geschichte, was jedem forschenden Leser lieb sein muß.

Noch einige Zusätze!

Zunächst gibt die gleichsam „eingeschobene Bemerkung“ der Stelle uns ein ganz klares Bild von dem Ereignis und der Zeit desselben selbst, wie das Urquhart im zweiten Band seiner „Neueren Entdeckungen und die Bibel“ im 22. Kapitel sehr kostbar ausführt. Auch Kinzler in seiner sehr empfehlenswerten „Biblischen Naturgeschichte“ (Calw) sagt (S. 193) bezüglich unserer Stelle: „Der das geschrieben hat, muß die ägyptischen Verhältnisse genau gekannt haben.“ Ja, denn in Ägypten wurde (und wird noch heute) die Gerste im Februar reif, der Weizen erst Ende März oder Anfang April, der Spelt noch später, während die Flachsernte etwa 2-3 Wochen nach der Gerstenernte lag! Jene genauen Angaben der Schrift zeigen also, wie sachlich-richtig das Wort Gottes, von dem unbesonnene Gläubige manchmal sagen, es sei kein Naturkundebuch - es ist natürlich viel mehr als nur das!! -, in den scheinbar geringfügigsten Angaben ist. Scheinbar geringfügig! Denn in Wirklichkeit ist jene Angabe von großer Bedeutung - warum? Weil wir aus ihr ersehen, wieviel Zeit verging bis zu dem Auszuge aus Ägypten, der doch mir dem ersten Passah zusammenfiel, am 15. des 1. Monats (nach der neuen Zeitrechnung, vgl. den Aufsatz „Die Feste Jehovas!“), dem Monat „Abib“ = (später) Nisan. (1. Mose 12,2; 13,4) „Abib“ aber heißt „Weizenähre“, somit „Ährenmonat“ - in ihm, d. h. nach dem

Passah, begann die Ernte, die Weizenernte! Es war ungefähr die Zeit unseres Monats April. Wir haben also in jener Angabe einen deutlichen Hinweis auf die Zeit und die Zeiteinteilung, in der alles im Blick auf die Zukunft des Volkes Gottes geregelt war.

Und darum glaube ich auch, daß in diesen Angaben mehr liegt als nur - so wichtig dies ist - eine Zeitangabe, und ich meine, die obigen Ausführungen der Antwort Darüber, was jene Hinweise prophetisch zu bedeuten haben, zur Annahme empfehlen zu sollen, wenngleich vielleicht auch andere Deutungen möglich sein könnten. Denn bei der allegorischen (bildlichen) und symbolischen (sinnbildlichen) Anwendung von Bibelstellen kann man zu verschiedenen Ergebnissen gelangen, ohne daß man eine unbedingt verpflichtende Lehre darauf aufbauen sollte und dürfte.

Daß die Gerste als das Bild von „menschlicher Ohnmacht“ gedeutet wird, ist bei dieser damals wirtschaftlich als gewöhnlich angesehenen Feldfrucht nach den angegebenen Stellen ganz verständlich. Ich möchte zu den angeführten noch folgende beiden hinzusetzen: Hosea 3,2 und besonders Hes. 13,19; auch bei dem „Eifersuchtsopfer“ 4. Mose 5 wurde statt Weizenmehls nur solches von Gerste genommen (V. 15!). Von dem Wert und der Wichtigkeit des Weizens und Spelts im biblischen Altertum (betr. Spelts vgl. Jes. 28,25) brauchen wir nicht weiter zu reden. Der Weizen gehört in die himmlischen Scheunen! (Matth. 3,12; 13,30 u. a.;) 5. Mose 32,14; Ps. 81,16; 147,14; Luk. 22,31 u. a. zeigen uns gleichfalls seine Bedeutung. - Also soweit stimmt die obige bildliche Anwendung vollauf. Gerste für das, was schwach, minderwertig und schließlich verwerflich ist, Weizen (Spelt) für das weit Wertvollere. Aber Flachs? Leinen? Mit Gerste zusammengenannt? Wo doch Flachs den Ägyptern und auch den Juden sehr wertvoll war? Wurden doch die ägyptischen Mumien in kostbare Leinen (Byssos) eingewickelt und Prachtkleider aus solchem gefertigt?! (Priestergewänder!) Gerade aus Ägypten wurde damals in viele andere Länder das feinste Leinen ausgeführt, so daß die Vernichtung der Flachsernte für das Land einen außerordentlichen Verlust darstellte! Wenn wir also die obige Deutung der „Gerste“ auch auf den „Flachs“ übertragen wollen, der ja unzweifelhaft mit der Gerste zusammengenannt ist, so dürfte die Parallelität (das Gleichlaufende) vielleicht darin gesehen werden, daß der Flachs (obwohl bezüglich des Gebrauchs wertvoll) doch so allgemein angebaut

 

Frage 4

Zu wem und wie soll man beten: zum „himmlischen Vater“, zu „Jesus“, zum „treuen“ oder „lieben HErrn“, oder zum „Heiland“? Oder sollen wir nur zu Gott beten, in dem ja der Sohn und der Heilige Geist eingeschlossen sind? Ist es richtig, unseren Gott, den wir in Christo als unseren Vater kennen, anzurufen und anzubeten? Oder soll zur Dreieinigkeit (namentlich) gebetet werden?

Antwort A

Wenn wir uns anschicken, auf die obigen Fragen auf Grund des Wortes Gottes Antwort zu geben, so geschieht dies nicht ohne eine gewisse innere Furcht, da das Gebet wohl die höchste und erhabenste Funktion der menschlichen Seele durch den Heiligen Geist ist. Wenn wir vom Gebet sprechen, meinen wir zugleich all die verschiedenen Äußerungen einer Seele im Gespräch mit Gott. Sei es, was wir hier als die menschliche Seite, da es menschliche Bedürfnisse in sich schließt, ansehen, wie Reue, Buße, Bekenntnis der Sünden, Gebet, Flehen und Fürbitte; oder was wir die göttliche Seite des Gebets nennen möchten: Dank, Lob, Ruhm, Jauchzen, Preis, Ehre und Anbetung. Alle diese verschiedenen Ausdrücke finden wir in der Schrift. Wir können nicht auf die einzelnen Worte eingehen, obwohl die Schrift sie wohl sehr genau unterscheidet. Wir haben aber versucht, eine gewisse geistliche Reihenfolge in ihnen niederzulegen, ohne daß wir behaupten, daß diese unbedingt so sein muß.

Die Gebete sind Geheimnisse zwischen Gott und dem betenden Menschen. Darum werden in der Bibel so wenig Gebete berichtet. Und die Gebete, welche uns berichtet werden, sei es im Alten Testament und besonders in den Psalmen, oder im Neuen Testament, tragen durchweg Offenbarungscharakter, d. h. Gott macht uns durch diese Gebete ganz bestimmte Mitteilungen Seiner Gedanken. Wir sind fest davon überzeugt, daß in all den uns mitgeteilten Gebeten das Grundwesen all unserer Gebete gefunden wird. Obwohl die Gebete in der Heiligen Schrift stets im Einklang mit der jeweiligen Offenbarung Gottes sind, drücken sie dennoch all die Zustände und Bedürfnisse der Seele der Heiligen aus. Darum hat jedes Gebet der Bibel

vom Anfang bis Ende einen besonderen Charakter. Dies wäre ein Studium für sich. Ganz gleich, ob wir das längste öffentliche Gebet der Bibel nehmen, welches Salomo bei der Einweihung des Tempels sprach (1. Kön. 8,23-53; 2. Chron. 6,14-42), oder die kürzesten Gebetsworte im Neuen Testament, die sowohl von reumütigen Sündern, von den Jüngern, als vom HErrn Selbst gesprochen wurden - überall strahlen uns göttliche Offenbarungsherrlichkeiten entgegen. Mit Recht hat man das Gebet „das Atmen der Seele“ genannt. Doch welche Fülle von Gebeten steigt täglich zu Gott empor, von denen niemand ein Wort weiß außer Gott. Welche Herrlichkeitsfülle wird einst offenbar werden, wenn uns all diese Gebete in der Ewigkeit zur Kenntnis gelangen! Ja, möchte es für uns ein besonderer Ansporn sein in dieser gebetsarmen Zeit, mehr zu beten, mehr mit Gott zu reden, damit Er auch mehr mit uns reden kann, um für Ihn diese kurze Zeit tätig zu sein!

Wenn wir nun beginnen, unter dem Beistand des HErrn und der Leitung Seines Wortes die einzelnen Fragen durchzunehmen, sprechen wir gleich am Anfang die Bitte aus, unsere Äußerungen nicht als lieblose Kritik aufzufassen. Uns liegt nichts ferner, als die Gebete der Kinder Gottes bekritteln zu wollen. Doch die Ehre des HErrn gebietet uns, auch in unseren Gebeten den biblischen Geist und die biblische Form zu wahren. Wir glauben doch mit allen treuen Kindern Gottes darin eins zu sein. Besonders am Wort dienende Brüder sollten sich befleißigen, nicht nur vorbildlich zu leben und zu lehren, sondern auch vorbildlich öffentlich zu beten. Denn die Sprache der Gemeinden ist meist die Sprache der dienenden Brüder, wie die Sprache der Kinder die der Eltern ist. Diese Tatsache läßt sich, wenn man auch nur eine kleine Beobachtungsgabe hat, nicht wegleugnen. Hierfür ist gerade der Fragesteller ein Bespiel: Er ist in Verlegenheit, wie er Gott und den HErrn im Gebet anreden soll, da er in der Gemeinde keinerlei klare Belehrung empfangen konnte und noch jung im Glauben ist.

Wenn wir nun mit der ernsten Anrede Gottes als „himmlischer Vater“ anfangen, wollen wir versuchen, biblische Feststellungen zu machen, ohne daß wir uns immer bestimmt dazu äußern werden, es vielmehr dem geistlichen Verständnis und Empfinden des einzelnen überlassen. Wir möchten nicht Formen prägen, sondern die Belehrungen des Wortes Gottes auf uns wirken lassen. „Vater in dem Himmel“ („in den Himmeln“, „vom Himmel“) oder „himmlischer Vater“

kommt besonders im Evangelium Matthäus vor, gerade 20mal, 10mal in der „Bergpredigt“ und 10mal weiter in diesem Evangelium, zum letzten Male 23,9; dann nur 2mal in Mark. 11,25.26 und 1mal in Luk. 11,13. Dann ist es nicht mehr gebraucht im gesamten Neuen Testament, weder in der Apostelgeschichte noch in den Briefen, selbst nicht in der Offenbarung, wo wir es eigentlich manchen Auslegern zufolge finden müßten. Zeigt uns dies nicht auch, daß das Neue Testament - wie überhaupt das ganze Wort Gottes - fortschreitend in seiner Offenbarung ist? Wenn der HErr den „himmlischen Vater“ den Jüngern offenbarte, geschah dieses im Gegensatz zu ihrem irdischen Vater, ob man nun den eigenen leiblichen Vater oder Abraham, von dem ja die Jünger dem Fleische nach abstammten, darunter verstehen mochte. Auf jeden Fall offenbarte der HErr ihnen den himmlischen Vater; sie waren durch den HErrn zu Ihm, dem himmlischen Vater, in Beziehung getreten. Den lebendigen Ausdruck dieser Anrede finden wir in dem sogenannten „Vaterunser“. (Matth. 6,9-13; Luk. 11,2-4) Es ist der erste Satz dieses Gebets: „Unser Vater, der Du bist in den Himmeln.“ Dann folgen sieben Bitten, wovon die ersten drei Gott und Seine Rechte und die vier anderen uns und unsere Bedürfnisse und Gefahren betreffen. Diese Bitten sind ihrem Wortlaut nach in ihren Urgedanken auf die Zeit des Wartens auf das messianische Reich bezüglich, also auf die Zeit vor dem Kreuze, als der Heilige Geist noch nicht den Gläubigen gegeben war, und nach der Entrückung der Gemeinde, wo auch wieder der Heilige Geist nicht in den Gläubigen jener Zeit wohnen wird. Gegenwärtig aber, nachdem der Heilige Geist herabgekommen ist und in den Gläubigen wohnt, wird kein über den Plan und die Gedanken Gottes unterwiesener Gläubiger sich gedrängt fühlen, das „Vaterunser“ zu beten. Auch wollte der HErr sicherlich nicht mit dem „Vaterunser“ den Wortlaut des Gebets den Seinen vorschreiben, sondern ihnen nur ein Beispiel dafür geben, und am allerwenigsten kennt das Christentum auswendig gelernte oder sonstwie wörtlich festgelegte Gebete. Aber kein Gläubiger wird die sieben Bitten dieses Muster gebets in seinem betenden Umgang mit Gott ignorieren, sondern er wird reichlich davon Gebrauch machen nach den ihm vom Geiste gegebenen Worten in kindlicher Einfalt des Herzens, ohne sich an die bestimmten Worte des „Vaterunsers“ zu halten. Ähnliche Bitten wie im „Vaterunser“ haben wir in dem Gebet des HErrn für Seine Jünger Joh.17, Seinem sogenannten „hohenpriesterlichen Gebet“. Man mache damit Vergleiche! Doch finden wir das „Vaterunser“ (dem genauen Wortlaut nach) nach den Evangelien nie wieder im Neuen Testament. - Wir glauben in dem Ausdruck „himmlischer

Vater“ den Anfang, nicht die Vollendung unserer Beziehungen zu Gott dem Vater zu erkennen, die von nun an himmlisch und nicht irdisch sind. Es werden uns im Laufe des Neuen Testaments noch tiefere Dinge geoffenbart, besonders daß wir „im Namen des Herrn Jesus den Vater bitten“ dürfen nach Joh.16,23.24, eine Sache, die im Ev. Matthäus, besonders im „Vaterunser“, überhaupt nicht berücksichtigt noch erwähnt wird, weil wir dort mehr Christus auf Erden mit den Seinen sehen. Im Ev. Johannes aber wird Sein Hingehen zum Vater und die Gabe des Heiligen Geistes (Joh.16,28) zur Voraussetzung Seiner Belehrungen gemacht. Dies sind wichtige Unterschiede, die wir wohl beachten müssen. In Eph. 1,17-23 und 3,14-21 finden wir auch ganz bestimmte Anredeformen Gott gegenüber. Auch 1,3: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“; V. 17: „... der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit“. Dementsprechend ist die nachfolgende Offenbarung, wo uns Gott als der Gott des Menschen Christus in Seiner Macht handlung gezeigt wird. In Kap. 3,14 wird Er als Vater unseres Herrn Jesus Christus vorgestellt, weil es sich hier mehr um die Liebe Christi und Gottes handelt. Wenn man uns sagt, daß Eph. 1,17ff. und 3,16ff. keine Gebete seien, obwohl sie die höchsten Offenbarungen enthalten, weil die uns vermittelten Gebete Offenbarungen sind, dann weiß ich nicht, was Gebete sind. Doch sind wir der Überzeugung, die wir auch gut biblisch beweisen könnten, wenn wir mehr Platz hätten, daß es uns nicht zukommt, zu Gott als „meinen Vater“ zu sprechen (Christus tat dies, weil Er auch darin einen Vorzug hat), sondern Ihn anzureden haben als „unseren Gott und Vater“. Auch nicht: „Unser Gott und Vater in Christo Jesu“, wie man so oft hört. Diese Anrede entspricht nicht dem Worte Gottes. Sie hat vielleicht ihren Ursprung in den wiederholten Aussprüchen des HErrn, daß der Vater in Ihm sei und wer Ihn sah, den Vater sah (Joh. 10,38; 14,9-11), womit der HErr aber keineswegs eine solche Vorstellung erwecken wollte, wie sie jene Anrede ausdrückt, sondern nur zum Ausdruck brachte, daß Er die vollkommene Offenbarung des Vaters war, als Er hienieden war. Nachdem Er aber das Werk vollbracht hatte und auferstanden war, sagte Er zu Maria Magdalene: „Gehe hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater, und zu Meinem Gott und eurem Gott“ (Joh. 20,17b), und nachdem der Heilige Geist herabgekommen war, lesen wir in Eph. 2,18: „Denn durch Ihn“ (den verherrlichten Christus) „haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater“, und

die obenerwähnte Anrede - nie, daß der Vater uns gegenüber in Christo sei, sondern das Gegenteil: Wir sind dem Vater gegenüber in Christo, und in Ihm haben wir den Zugang zu dem Vater. Darum wird auch in den Briefen von dem Vater in Verbindung mit uns immer nur gesprochen als „unserem Vater“ (Röm. 1,7; 1. Kor. 1,3; 2. Kor. 1,2); „unserem Gott und Vater“ (Gal. 1,4; Phil. 4,20); „Gott, unserem Vater“ (Eph. 1,2; Phil. 1,2; Kol. 1,2; 2. Thess. 1,1.2; Philem. 3); „dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (2. Kor. 1,3; Kol. 1,3; 1. Petr. 1,3); „dem Vater unseres Herrn Jesus Christus“. (Eph. 3,14) Diese Anreden entsprechen unserer Beziehung zu Gott als unserem Vater und sollten uns als Muster dienen.

Eine der wichtigsten Fragen ist, ob wir den HErrn in unseren Gebeten, Anreden und Ansprachen einfach mit „Jesus“ benennen dürfen. Manche haben den Schluß gezogen, weil im Neuen Testament der HErr vielfach einfach mit „Jesus“ belegt ist, besonders in den Evangelien, dürften wir dies auch tun. Man vergißt ganz, wie ein anderer treffend sagt, daß in der Bibel Gott redet. Und diese viel vorkommende Benennung des HErrn nur mit Seinem Namen „Jesus“ ist ein Beweis von der Inspiration der Bibel, weil Gott von Seinem Sohn als „Jesus“ redet. In den Evangelien kommt es zirka 600mal vor. Ein Fürst kann von seinen Kindern mit Vornamen reden; dies ist aber nie einem Minister oder sonst einem Untergebenen erlaubt. Die Jünger nennen den HErrn in den Evangelien nicht ein einziges Mal „Jesus“. (Vgl. Ev. Joh. 13,13) Eine Ausnahme, die den Zustand der zwei Jünger grell beleuchtet, finden wir in Luk.24,19: „Jesus von Nazareth“. Und wenn wir es in der Apostelgeschichte 35mal, in Hebräer 9mal, in den paulinischen Briefen 14mal, in den Briefen des Johannes 4mal und in der Offenbarung 8mal finden, trägt es dort einen besonderen Lehrcharakter. Doch wird der HErr nie im Gebet so angeredet, sondern immer mit der Ihm gebührenden Ehre. Auch wird der Name „Jesus“ nie mit einem Eigenschaftswort, wie „lieber“ oder „geliebter“, „süßer“ oder „treuer“, verbunden. Dies ist so ungeziemend und so unbiblisch, wie man dies gar nicht genügend brandmarken kann. Dasselbe gilt in bezug auf das „Herr“, auch damit finden wir im Worte Gottes nie ein solches Eigenschaftswort verbunden. Können wir zu einem König sagen: „Lieber König?“ Warum gebrauchen wir eine solche Anrede bei Ihm, Der der Herr der Herren und der König der Könige ist? Wenn wir in dem Briefe des Jakobus, des leiblichen Bruders des HErrn, feststellen müssen, daß er stets ohne jede Ausnahme Ihn, wenn immer Er genannt wird, „HErr“ nennt, ist

dies für uns gerade der untrügliche Beweis, daß Jakobus der leibliche Bruder des HErrn war, denn dadurch wollte Er den großen Abstand zwischen sich und dem HErrn der Herrlichkeit (vgl. 2,1) zeigen. Vergleiche auch Judas, mit welcher Ehrerbietung er von dem HErrn und Seiner Erhabenheit spricht - Judas, der auch ein leiblicher Bruder des HErrn war. Wir wundern uns oft sehr, daß selbst in den Schriften erster exegetischer Größen in der sogenannten „Brüder-Literatur“ oft von „Jesus“ ohne Voransetzung von „Herr“ geschrieben wird. Ist dies nicht eine große Unachtsamkeit, um nicht zu sagen Unehrerbietung? Es ist für uns immer ein großer Schmerz gewesen, gerade bei diesen Brüdern, denen Gott soviel anvertraut hat, dies zu finden. Von der sogenannten „gläubigen theologischen Literatur“ wollen wir nichts weiter sagen, denn da findet sich fast überhaupt keine Linie der Ehrfurcht im Nennen des Namens des HErrn. Bei der liberalen Theologie ist es nicht anders zu erwarten, weil sie die Gottheit Christi leugnet; sie spricht vom HErrn wie die jüdischen Beschwörer und die Dämonen. (Apgesch. 19,13-15) Sollen wir es in unseren Gebeten und Ansprachen und Schriften ihnen gleich tun, liebe Brüder? Nein, und abermals nein! Wenn man uns sagt: „Gott sieht das Herz an - es kommt auf die Worte nicht besonders an“, dann Antworten wir, daß das Herz den Geist bildet. Müssen nicht im Umgang mit hochstehenden Personen bestimmte Formen gewahrt werden? Was nutzt alle Ehrerbietung im Herzen, wenn man gegen jede Regel des Anstandes und der Ehrfurcht verstößt? Die Bibel zeigt uns, daß die Jünger, die Apostel diese Formen wahrten, denen doch nicht nachgesagt werden kann, daß sie herzlose Formenmenschen gewesen seien! Und warum wollen wir nicht voneinander an der Hand der Bibel lernen? Wir wollen dies einmal prüfen und dann tun! - Ähnlich verhält es sich mit dem Brudernamen, indem man sagt: Christus sei „unser großer Bruder“.

Wer gibt uns das Recht, einen solchen Rückschluß zu machen auf Grund des Wortes: „Er schämt Sich nicht, uns Brüder zu nennen“? (Hebr. 2,11b) Ganz abgesehen davon, daß es ganz unlogisch ist, spricht es von einer sehr oberflächlichen Erkenntnis des HErrn. Manche wollen sich absolut nicht belehren lassen und in ihrer Unkenntnis, um nicht zu sagen Ehrfurchtlosigkeit, weiter beharren. Christus ist wohl Mensch, und als solcher „schämt Er Sich nicht, uns Brüder zu

nennen“, doch Er ist auch Gott, und Seine Gottheit kann nie von Seiner Person geschieden werden, obwohl man diese beiden Seiten unterscheiden soll. Darum können wir Ihn nie als „unseren großen Bruder“ bezeichnen, weil Er doch auch Gott ist, was wir nie sind und nie sein werden und sein können! Oder wo steht so etwas in der Bibel? Bitte, man zeige uns die Stelle! Christus hat auch als Mensch Seinen Brüdern gegenüber den Vorrang, wie ein anderer so schon gesagt hat: So ist Er das Haupt und wir sind der Leib; Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern; wir sind Könige, Er aber ist der König der Könige; wir sind Priester, Er aber ist der Hohepriester; wir sind mit Freudenöl gesalbt, Er aber ist gesalbt mit Freudenöl über Seine Genossen usw.

Daß Christus als „Heiland“ angeredet werden kann, geht aus dem ersten Lobgesang im Neuen Testament hervor. (Luk. 1,47) Obwohl „Heiland“ 24mal im Neuen Testament vorkommt (soter wird übersetzt: „Heiland“, „Retter“ und: „Erhalter“), wird es nie wieder in der Gebetsanrede, sondern nur in der Bezeugung des Heils gebraucht. Daß Maria es zum ersten Male im Neuen Testament im Gebet gebraucht, zeigt uns die göttliche Weisheit, denn darin bekundet sie, daß sie genau so des Heils benötigte wie jeder andere Mensch und darin keine Ausnahme machte.

Niemals finden wir, daß die Dreieinigkeit namentlich im Neuen Testament angeredet wird. Der Heilige Geist ist vielmehr die göttliche Person, die tätig ist, um uns im Gebet behilflich zu sein. (Vgl. Röm. 8,26 und Judas 20) Aber nie wird der Heilige Geist im Gebet angeredet (wie leider so oft in christlichen Liedern! Der Schriftl. F. K.).

Nun kommen wir zu der Frage, ob Gott der Vater oder der Herr Jesus Christus in unseren Gebeten angeredet werden soll. Auch diese Frage kann doch nur auf Grund des Wortes Gottes beAntwortet und gelöst werden.

Wenn wir die Apostelgeschichte als Unterlage nehmen, finden wir, daß sowohl zum Herrn Jesus als auch zu Gott gebetet wird. Obwohl wir zirka 22 Gebete in der Apostelgeschichte finden, sind uns nur drei inhaltlich berichtet (d. h. wenn wir keins übersehen haben). Das Gebet Apg. 1,24.25 richtet sich offenbar an den Herrn Jesus, weil Er die Apostel (auch hier den Matthias!) erwählt. Das Gebet Apgesch. 4,24-31 richtet sich an Gott, den Allherrscher und Gebieter, den

Schöpfer und Machthaber, ganz den hier in Betracht kommenden Umständen entsprechend. Wenn wir nun Apgesch. 7,59.60 das Gebet des sterbenden Stephanus betrachten, da wird uns besonders klar gezeigt, zu wem wir jeweilig beten können. Er sprach vom HErrn, sah den HErrn, und darum betete er zu dem HErrn. Es ist eine merkwürdige Feststellung, daß Gebete, die in besonderer Weise die Gesinnung Christi offenbaren (obwohl alle Gebete Seine Gesinnung ausdrücken sollten) und konform gehen mit ganz bestimmten Begebenheiten Seines irdischen Lebens, wie uns scheint, an Ihn gerichtet werden. Wir glauben hier einen sehr wichtigen Gegenstand vor uns zu haben. Wenn wir 2. Kor. 12,8-10 mit heranziehen, wer dächte da nicht an das dreimalige Beten des HErrn in Gethsemane? Obwohl bei dem HErrn selbstverständlich ganz anderer Seelenschmerz sich äußerte im Blick auf das Werk am Kreuze, ist doch die dreimalige Wiederholung eine gewisse Parallele. In dem bedeutungsvollen 4. Kapitel des 2. Briefes an Timotheus, V. 5-22, in dem letzten Briefe des Apostels Paulus, haben dessen letzte Worte eine solche Ähnlichkeit mit den letzten Tagen des Lebens des HErrn, daß ein genauer Vergleich tiefe Herrlichkeiten dem betenden Forscher offenbaren wird. Und da finden wir ausschließlich den HErrn genannt, nicht einmal Gott. Wir könnten unsere Belege noch vermehren, um obiges zu beweisen.

Darum hat es uns von jeher gewundert, wenn die Gemeinde zusammenkommt, um das Mahl des HErrn zu halten und Seinen Tod zu verkündigen durch Essen des Brotes und Trinken des Kelches, daß man in manchen solchen Zusammenkünften Gott anstatt den HErrn im Danksagen und in Anbetung erhebt. Wir sind überzeugt, daß dies ganz irrig ist und von großer Gedankenlosigkeit spricht. Da merkt man nichts davon, was der Apostel Paulus 1. Kor. 14,14-20 sagt, wo er 6mal vom Verstande (Verständnis) redet. Wo bleibt da unser geistliches Verständnis? Der HErr hat ausdrücklich gesagt: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ Wir kommen zusammen, um Seiner zu gedenken. Darum müssen sowohl die Lieder, die wir singen, als auch unsere Danksagung mit Ihm beschäftigt sein. Er steht vor unserer Seele. Er ist es, Dessen wir gedenken, und Er ist es, Den wir anbeten. Jeder, der öffentlich sich in einer solchen Versammlung betätigt, muß Verständnis haben über das, was vor sich geht; sonst soll er lieber schweigen und nicht einmal ein Lied angeben. Wir kommen nicht zusammen, um Gottes oder unserer zu gedenken, sondern des HErrn! Wir sind überzeugt, daß an schließend Hebr. 2,12

m. E. nicht nur nicht mit ihm, sondern im Gegenteil: Er gibt in Kürze zusammengefaßt das wieder, was „in Ihm“, „in Christo“, „in dem Geliebten“, in Dem Gott uns sieht, unser glückseliges Teil ist. Sein Vater und Gott ist unser Vater und Gott (nach Joh. 20,17b) geworden für uns, die wir durch Ihn und in Ihm begnadigt und angenehm gemacht sind unserem Gott! (Eph. 1,6 u. a.)

Indem ich mir erlaubte, diesen Zusatz zu machen, tat ich es nicht, um die mir selber sehr kostbaren Ausführungen von Antwort A in ihrem Wert zu schmälern, sondern um Mißverständnissen vorzubeugen. Ähnlich ist es mit Anmerkung 2.)

Zu 2. Sicher ist es nicht geziemend, auch nur vom „lieben Gott“ zu reden. „Gott ist Liebe“ (1. Joh. 4,8 u.16), aber wir haben Ihn nicht als „den lieben Gott“ anzureden! Wie oft geschieht das aber sogar in Kreisen, die es besser wissen sollten! Aber erst recht nicht - scheint auch mir - geziemt es sich vom „lieben HErrn“ zu reden, zumal es hier keine Parallele wie oben in „Gott ist Liebe“ gibt, wodurch der Ausdruck „der liebe Gott“ entstanden sein mag. „Der HErr ist Liebe“ - solch Wort enthält die Schrift nicht. Wenn wir also ein solches Werturteil aussprechen wie „o lieber HErr!“ (oder wie in der frommen Mystik „Du süßer HErr“, „süßer Jesus“! [anders im Wert ist schon „o treuer Herr Jesus“, obwohl auch nicht in der Schrift]), so gehen wir weit über das hinaus, wozu die Schrift uns Anleitung gibt. Aber ich fühle mich doch - ohne daß ich unserem Mitarbeiter widersprechen möchte - innerlich veranlaßt, auf den deutschsprachlich sachlichen Unterschied hinzuweisen, der in der Anrede „lieber Herr Jesus“ und „geliebter Herr Jesus“ oder „geliebter HErr“ - „Jesus“ ohne Herr sollten wir uns schämen, je über die Lippen zu bringen (und nicht nur in Gebeten!) - liegt. Bei „lieber“ bezieht sich dies Wort auf den Angeredeten, ist also ein Werturteil, das uns m. E. nicht zukommt (vgl. übrigens hier die Anrede des HErrn an den Vater in Joh. 17,25: „Gerechter Vater!“), während das Wort „Geliebter“ sich auf den Anredenden bezieht; er liebt den HErrn und sagt Ihm dies. Man wird doch zugeben, daß in der Bewertung dieser beiden Anreden ein tiefgreifender Unterschied liegt. Und wenn das Wort uns auch sagt: „Kindlein, laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und in Wahrheit!“ (1. Joh.3,18), so ist es bei richtiger Herzensstellung des Betenden doch sicher etwas anderes, ob er in bisheriger Unkenntnis der Schriftausdrücke oder aus anderen Anschauungen

heraus dem HErrn seine Liebe ausdrückt in der Gebetsanrede, als wenn er sagt: „Lieber HErr!“

Aber in diesem allem, das sei mir noch zu sagen vergönnt, kommt es nicht zuerst auf die Worte an. Wohl sollten wir (vgl. Frg. 32 in Jahrb. 2!) „vermöge der Gewohnheit geübte Sinne zur Unterscheidung haben“ (Hebr. 5,14), um auch in schriftgemäßen und in dem HErrn gegenüber geziemenden Ausdrücken zu reden und zu beten - und darum ist der innere Wert dieser Frage mit Antwort A gar nicht hoch genug anzuschlagen, Preis sei dem HErrn dafür! -, aber hier wie überall in unseren Beziehungen zu Gott kommt es auf das durch die Schrift und den Geist in ihr gebildete Herz an! Ist unser Herz gehorsam, so wird es auch auf diesem Gebiet fragen: „Was ist dem HErrn lieb - wie soll ich reden und beten?“ Auch hier gilt dann Joh. 14,21: „Liebet ihr mich, so haltet Mein Wort!“ Andererseits aber kann ein Mensch aus biblischer Erkenntnis heraus sehr geübt sein, überall schriftgemäße Ausdrücke zu wählen - und das ist recht so und nie gering einzuschätzen! -, aber ein anderer, der nicht so „geübt“ ist in den biblischen Ausdrücken, der vielleicht diese Erkenntnis noch gar nicht haben kann, übertrifft jenen praktisch in der Liebe auf anderen biblischen Gebieten; und wenn das ist, so sollte ersterer vielleicht 1. Kor. 13,2 ein wenig auf sich anwenden, um seinerseits den rechten Ausgleich zu finden, und letzterer sollte sich vielleicht ein wenig „sagen“ lassen, um auch auf diesem, um des HErrn Ehre willen wichtigen Gebiet aus Liebe zu Ihm und zu den Gläubigen schriftgemäßere Ausdrücke zu wählen und dadurch seinerseits zum rechten Ausgleich beizutragen!

„Die größte aber von diesen ist die Liebe!“ sagt 1. Kor. 13,13. Daß wir alle doch nur mehr lernten, diese Liebe („ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist“, Röm. 5,5) praktisch auf allen für uns in Frage kommenden Gebieten sich auswirken zu lassen! Wieviel mehr würde dann Er, unser HErr, verherrlicht! Das aber ist doch durch Seine Gnade unserer aller Herzen inniges Begehren! Gepriesen sei sein kostbarer Name ewiglich!

F. K.

 

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung.)

Die Erstlingsgarbe.

Im vergangenen Monat beschäftigten wir uns auf Seite 25 unserer Betrachtung in besonderer Weise mit dem Passah. Ehe wir nun zur Erstlingsgarbe übergehen, dürfte es doch gut sein, uns noch einmal der Hauptpunkte, die wir bisher betrachteten, zu erinnern.

Rückblick.

In den sechs Monaten des Jahres, die vergangen waren, sahen wir ein Bild von der Zeit der Prüfung des Menschen. Gott wollte es völlig offenbar machen, was der Mensch wirklich war. Und diese Prüfung erwies voll und ganz, daß der Mensch durch die Sünde hoffnungslos verdorben und untauglich war, so daß Gott ihn, den ersten Menschen, und alles, was von ihm stammte, für immer beseitigen mußte. Gott zog jetzt gleichsam den Abschlußstrich unter diese Zeit der Prüfung und wandelte deshalb den siebenten Monat in den ersten Monat des Jahres um - einen neuen Anfang damit beginnend. Der letzte Adam trat an die Stelle des ersten. Das Passahlamm kam jetzt in Erscheinung. Es mußte am zehnten Tage ausgewählt und bis zum vierzehnten Tage aufbewahrt und dann geschlachtet werden. Das Blut wurde - um alle, die im Hause waren, vor dem Gericht zu schützen - draußen an die Türpfosten gestrichen, während das am Feuer gebratene Lamm drinnen die Speise der Erlösten war. In dieser Weise zeigt uns Gott nicht nur die Grundlage für all Sein weiteres Tun, sondern auch zugleich den Charakter - das Wesen der Erlösung wie auch das Glück und den Segen der Erlösten während ihrer Pilgrimschaft hienieden.

In dem Lande.

Aber noch eine andere Wahrheit mußte in Verbindung mit der Passah-Woche kundgemacht

werden, eine Wahrheit, die jedoch in der Zeit der Wüstenwanderung Israels nicht entfaltet werden konnte. Wohl konnten sie auf ihrer Wüstenreise das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote halten, aber noch etwas anderes war für jene Zeit vorbehalten, in welcher sie in dem Lande der Verheißung sein würden.

Indem wir uns wieder zu unserem Kapitel 3. Mos. 23 wenden, lesen wir Vers 9 bis 11: „Und Jehova redete zu Mose und sprach: Rede zu den Kindern Israel und sprich zu ihnen: Wenn ihr in das Land kommet, das Ich euch gebe, und ihr seine Ernte erntet, so sollt ihr eine Garbe der Erstlinge eurer Ernte zu dem Priester bringen, und er soll die Garbe vor Jehova weben zum Wohlgefallen für euch: am anderen Tage nach dem Sabbat soll sie der Priester weben.“ Diese Stelle muß aber notwendig im Zusammenhang mit den vorhergehenden Versen 5 bis 8 gelesen werden, da wir sonst nicht wissen können, welcher Sabbat gemeint ist. Während die Kinder Israel in der Wüste waren, mußten sie immer das Passahlamm am vierzehnten Tage des ersten Monats schlachten und das Fest der ungesäuerten Brote für die folgenden sieben Tage feiern, als sie aber in das verheißene Land gekommen waren, hatten sie in den sieben Tagen noch ein Weiteres an dem Tage, der dem Sabbat derselben Woche folgte, zu beobachten.

Ferner ist es noch wichtig, zu beachten, daß, wenn die Worte „Und der HErr sprach zu Mose“ erscheinen, dieselben immer einen neuen Abschnitt in den Anweisungen, die Gott Seinem Volke gab, ankündigen. In den geschichtlichen Mitteilungen mag dieses vielleicht nicht der Fall sein, aber in bezug auf die geistlichen Unterweisungen ist die Wiederkehr dieser Worte uns ein wichtiger Führer in der Unterscheidung der göttlichen Einteilung des Gegenstandes unserer Betrachtung. Wir sehen somit, daß der HErr Sich hier noch mit der Woche der ungesäuerten Brote befaßt und nur noch eine weitere Anordnung hinzufügt, die in jener Woche, wenn das Volk in Kanaan sein würde, ausgeführt werden solle. Die bezeichnenden Worte: „Und der HErr sprach zu Mose“, zeigen uns deshalb, daß noch eine neue Anordnung dem Vorbilde hinzugefügt wird.

Wir können gut verstehen, daß es für die Israeliten unmöglich gewesen wäre, diese letzte Anordnung während ihrer Wüstenreise auszuführen. Sie mußten nicht nur in Kanaan, sondern sie mußten auch im Besitz des Landes sein, ehe sie eine Ernte einbringen und die Erstlingsfrucht davon Gott darbringen konnten. Was aber haben wir in dieser Erstlingsgarbe zu verstehen, die in der Passah-Woche vor dem HErrn gewebt werden sollte am Tage nach dem Sabbat?

Die bestimmte Zeit für die Darbringung läßt uns keinen Zweifel in bezug auf ihre Bedeutung. Es war an dem Tage nach dem Sabbat, in derselben Woche, da Jesus aus den Toten auferstand und die Erstlingsfrucht von denen wurde, die da entschlafen waren. (1. Kor. 15,20) Dieses Weben der Ersllingsgarbe der Ernte ist deshalb ein klares Sinnbild von der Auferstehung des Herrn Jesus aus den Toten.

Wir bemerken auch, daß in Verbindung mit dem Weben dieser Garbe es nicht nötig war, Gott ein Sündopfer zu bringen. Vers 12 und 13 reden zu uns von einem Brandopfer mit seinem Speis- und Trankopfer, die Gott als Begleitopfer in Verbindung mit der Garbe der Erstlingsfrucht befohlen hatte, aber wir lesen nichts von der Anordnung eines Sündopfers. Nur eine Gelegenheit gab es noch, wo kein Sündopfer dem HErrn dargebracht wurde, und das waren alle Sabbattage. (Siehe 4. Mos. 28,9.10) Der Sabbat war ein Zeugnis der Ruhe Gottes, die sich auf ein vollendetes und vollkommenes Werk gründete, und in Verbindung mit diesem gab es keinen Anlaß für ein Sündopfer. Das Webeopfer der Erstlingsfrucht stellt uns die Auferstehung des Herrn Jesus dar. Er war auferstanden „dem Geiste der Heiligkeit nach“, ein Zeichen, daß die Sünde abgeschafft und Gott völlig verherrlicht war, deshalb war auch hier kein Raum für ein Sündopfer. Aber bei jeder anderen Gelegenheit in dem jüdischen Jahre finden wir bei einer sorgfältigen Prüfung des 28. und 29. Kapitels des 4. Buches Mose, daß niemals das Sündopfer fehlen durfte.

Die Tatsache der Auferstehung.

In diesem Weben der ersten reifen Garbe der Ernte haben wir aber noch mehr als nur ein Zeugnis von der Tatsache der Auferstehung. Viele Gläubige unserer Tage erwarten, wie sie sagen, am Ende der Welt die allgemeine Auferstehung aller, die jemals hier lebten und starben.

Dies ist gewiß besser als der Unglaube der Sadduzäer, die überhaupt an keine Auferstehung glaubten, aber es ist nicht die ganze Wahrheit, die uns die Schrift lehrt. Sie spricht nicht nur von einer Auferstehung der Toten, sondern auch von einer Auferstehung aus den Toten. Dies will sagen, daß etliche auferstehen werden, während andere noch in ihren Gräbern bleiben. Offenb. 20,5.6 berichtet uns von der „ersten Auferstehung“. Es wird uns dort gesagt, daß alle, die an dieser ersten Auferstehung teilhaben, gesegnet und heilig sind. Aber derselbe Vers sagt uns weiter, daß die „übrigen der Toten“ nicht eher lebendig wurden, bis die tausend Jahre vollendet waren. Diese erste Auferstehung ist deshalb eine Auferstehung aus den Toten. Das Kennzeichnende dieser Auferstehung aus den Toten ist, daß sie alle durch Gottes Gnade Erretteten umfaßt.

In dem Weben der Erstlingsgarbe wird uns diese Unterscheidung zwischen der Auferstehung der Toten und der Auferstehung aus den Toten sehr deutlich vorgeführt. Wir dürfen diese letztere wohl als eine Auswahl-Auferstehung bezeichnen, auch wird eine göttliche Ordnung darin beobachtet. (Siehe 1. Kor. 15,23) Nie aber gibt die Schrift uns Grund für die gewöhnliche Annahme eines allgemeinen Auferstehungstages. Es wird gut sein, einige Schriftstellen anzuführen, die uns klar zeigen, daß die Auferstehung einiger vor anderen eine Wahrheit ist, die nicht früher bekannt gegeben wurde, als bis die Berufung der Gemeinde kundgemacht war.

Die Auferstehung der Toten.

Zuerst wollen wir einige Schriftstellen anführen, die uns zeigen, daß die allgemein anerkannte Wahrheit, daß die Toten auferstehen, zur Zeit des Erdenlebens des Herrn Jesus keine neue Sache war.

Wir beginnen mit Matth. 22,23. Hier kommen die Sadduzäer, die da sagen, es gebe keine Auferstehung, zum Herrn Jesus, um Ihn mit ihren Fragen zu fangen. Im 31. Vers antwortet der HErr ihnen: „Was aber die Auferstehung der Toten betrifft - habt ihr nicht gelesen, was zu euch geredet ist von Gott?“ In den Worten „die Auferstehung der Toten“ liegt deutlich ausgedrückt, daß die Toten auferstehen.

Das Gleiche finden wir in ähnlicher Weise in Apgesch. 23,6 ausgedrückt. Paulus sagt: „Wegen der Hoffnung und Auferstehung der Toten werde ich gerichtet“. Er fordert gewissermaßen die Pharisäer mit diesen Worten auf, ihm beizustehen, da er in einer Sache gerichtet werde, die auch sie glaubten und die von den Sadduzäern geleugnet wurde.

Und weiter, in Korinth gab es etliche, die die Auferstehung der Toten überhaupt leugneten, die da sagten, „daß es keine Auferstehung der Toten gebe.“

Und noch eine Schriftstelle wollen wir anführen: Hebr. 6,1.2. In dieser Stelle werden sechs Grundwahrheiten genannt, die den Juden von altersher bekannt waren, und in diesen sechs Wahrheiten ist die Auferstehung der Toten eingeschlossen.

Auferstehung a u s den Toten.

Wie wir bereits sagten, ist die Auferstehung der Toten eine Wahrheil, aber nicht die ganze Wahrheit. Sie umfaßte das, was die Gläubigen des Alten Testamentes von der Auferstehung kannten. Aber es wurde noch mehr darüber geoffenbart. Wir wollen deshalb jetzt einige Stellen anführen, die zu uns von dieser weiteren Wahrheit sprechen, daß etliche auferstehen werden, während andere bis auf einen späteren Tag in den Gräbern bleiben.

Wir beginnen mit Mark. 9,9. Petrus, Jakobus und Johannes waren mit dem HErrn auf dem Berge der Verklärung. Als sie mit Ihm von dem Berge herunterkamen, gebot der HErr ihnen, „daß sie niemand erzählen sollten, was sie gesehen hatten, außer wenn der Sohn des Menschen aus den Toten auferstanden wäre“. Dieses Wort „aus den Toten auferstanden“, drückt deutlich eine Auferstehung aus, an welcher andere nicht teilhaben und zurückgelassen werden würden. Wir sehen auch aus dieser Schriftstelle, daß diese Worte eine Bestürzung unter den Jüngern hervorriefen und daß „sie sich untereinander befragten: Was ist das: aus den Toten auferstehen?“ (V. 10). Sie würden sich nicht untereinander hierüber befragt haben, wenn es sich um die Auferstehung der Toten gehandelt hätte, denn von dieser wußten sie, aber dieser Gedanke einer Auferstehung aus der Mitte der Toten heraus war ihnen gänzlich neu.

Die Auferstehung Christi.

Diese Worte (Mark. 9,9), die der HErr hier Seinen Jüngern gegenüber gebrauchte, als Er von Seiner Auferstehung redete, sind die Worte, die immer in bezug auf die Auferstehung Christi gebraucht werden. Seine Auferstehung ist somit ein Zeugnis für die allgemeine Wahrheit der Auferstehung der Toten und ebenso auch von der speziellen Wahrheit, daß es bei Seiner Wiederkunft eine Auferstehung der Seinigen aus der Mitte der anderen Toten gibt, die nicht zu dieser Zeit auferstehen werden. In der Predigt der Apostel (Apgesch. 3,15 und 13,30) oder in der Belehrung der Briefe (Röm. 4,24; 8,11, Eph. 1,20; 1. Petr. 1,3 und 21) wird dieser bezeichnende Ausdruck beständig gebraucht.

Durch das Weben der Erstlingsgarbe kommt dieses in schöner Weise zum Ausdruck. Die anderen Teile der Ernte und außerdem die ganze Weinlese mußten noch eingebracht werden, ehe Israel das Laubhüttenfest feiern konnte. (Siehe 5. Mos. 16,13) Der Tag der Erstlingsfrüchte offenbarte nicht nur Gottes Kraft in Auferstehung, sondern auch eine besondere Gnade in der Auferweckung der Seinigen in der ersten Auferstehung, an welcher die Unerretteten keinen Anteil haben. Forts. folgt, s. G. w.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15, Luk. 12,1)

Gar oft steht die Ermahnung „Hütet euch!“ im Neuen Testament, und noch viel öfter das Wort: „Sehet zu!“ Ich will zu letzterem keine weiteren Stellen angeben als wie folgende drei: Mark. 4,24; Luk. 21,8 und Kol. 2,8; aber bezüglich des „Hütet euch!“ nenne ich, ehe ich zu meinem eigentlichen Text übergehe, einige Stellen mehr: Matth. 6,1 (wörtlich: „Hütet euch vor ...“); 7,15; 10,17; Mark. 12,38 (Luk. 20,46); Luk. 17,3 (wörtlich: „Hütet euch vor euch selbst!“);

Beide Mahnungen: „Hütet euch!“ und „Sehet zu!“ zeigen uns Gefahren, denen wir sehr leicht zum Opfer fallen, wenn wir nicht vorsichtig sind. Wenn es irgendwo eine Gefahr für einen Menschen gibt, so muß er sich in richtige Beziehung zu ihr setzen, um ihr zu entgehen. Denken wir an das Kind, das oft gemahnt wird: „Messer, Gabel, Schere, Feuer, Licht ist für kleine Kinder nicht!“ Das Kind kann sich nicht in richtige Beziehung zu diesen Gefahren setzen, weiß nicht mit solchen Sachen umzugehen, deswegen ist's besser, es kommt mit ihnen garnicht in Berührung. Und der Große, der Erwachsene? Für ihn mag es leicht sein, sich zu diesen fünf Dingen in die rechte Beziehung zu setzen, daß sie ihm nicht gefährlich werden können, aber Gefahren enthalten sie doch, und unvorsichtige Große haben schon manchmal Unheil angerichtet - z. B. wenn sie Petroleum ins Feuer gegossen haben!! -, einfach weil sie die selbstverständlichen Vorsichtsmaßregeln außer Acht ließen. Was für das Kind eine schwere Gefahr ist, eben weil dem Kinde der „rechte Abstand“ fehlt, ist es nicht für den Großen, aber auch nur deswegen nicht, weil er diesen „Abstand halten“ kann! Und so denke daran, Bruder, Schwester, daß auf dem Wege, den wir pilgern, viele Gefahren lauern, von Menschen (Matth. 10,17!!), von Dingen und Umständen, die uns durch Satans Macht sicher zu stark werden, wenn wir ihnen nicht in der rechten Weise - in Vorsicht und Absonderung - begegnen. Ich komme, so Gott will, später noch hierauf zurück! „Hütet euch!“ „Sehet zu!“

Das, wovor wir uns aber nach des Herrn Jesu Worten ganz besonders zu hüten haben, ist der Sauerteig! Hierüber haben wir in den Evangelien drei Aussagen des HErrn, während die Warnung im Rahmen dieser drei Aussagen überhaupt fünfmal genannt wird. Die Stellen sind: Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15 und Luk. 12,1. Die Matth.- und Markus-Stelle sind zwar Parallelstellen, aber mit etwas verschiedenem Inhalt. Sechsmal (in der Zahl des Menschen also) ist in diesen Stellen das Wort „Sauerteig“ gebraucht. Außerdem kommt dies Wort im Neuen Testament noch in Matth. 13,33; Luk. 13,21; 1. Kor. 5,6.7.8; Gal. 5,9 vor, also sechsmal, während das Tätigkeitswort „durchsäuern“ in Matth. 13,33, Luk. 13,21; 1. Kor. 5,6 und Gal. 5,9 steht (viermal; auch höchst bemerkenswert!). Und dann außer in den synoptischen Evangelien nur im 1. Kor.- und im Galaterbrief, d. h. den beiden Briefen, die uns den Niedergang der Gemeinde in Leben und Lehre zeigen! Dagegen kommt - der Vollständigkeit halber sei's gesagt!

Matth. 26,17; Mark. 14,1.12, Luk. 22,7; Apgesch. 12,3 und 20,6; und im übertragenen, auf die Gläubigen bezogenen Sinne nur zweimal: 1. Kor. 5,7.8!

Was uns hier beschäftigen soll, ist also die dreifache Warnung des HErrn „Hütet euch vor dem Sauerteig ...!“

Über den „Sauerteig“ ist in den „Handreichungen“ ja schon öfter geschrieben, so z. B. in Jahrbuch 9, Frage 15, Jahrbuch 10, Frage 4 u. a., und es braucht darum kaum betont zu werden, daß der Sauerteig in der Schrift stets ein Bild des Bösen ist, und zwar sowohl was die Lehre als was das Leben betrifft, auch Matth. 13,33 (Luk. 13,20.21) macht keine Ausnahme für den, der die Himmelreichsgleichnisse von Matth. 13 richtig, nämlich als Entwickelungsgeschichte des Reichs der Himmel nach unten, versteht. Und wenn „Sauerteig“ überall sonst in der Schrift Böses bedeutet, wie kann der HErr, der Mund der Wahrheit, dann bei diesem einen Anlaß Gutes mit dem Sauerteig verbinden?! Mit dieser auch im natürlichen Sinne unreinen, durchdringenden, zerstörenden Triebkraft, deren Wirkungen uns bekannt sind?!

Die erste Warnung „Hütet euch vor dem Sauerteig ...!“ ist verbunden mit den Worten „der Pharisäer und Sadduzäer“. Die Jünger mißverstehen, wie so oft, den Herrn, und darum gibt Er ihnen eine eigentümliche Belehrung, durch die sie - wie Matthäus dann später im Rückblick berichtet - „verstanden“, daß die zweimalige Nennung des „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ (V. 6 und 11) nichts mit dem „Sauerteig des Brotes“ zu tun habe, sondern sie sollten sich hüten „vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer“.

Also in dieser Stelle spricht der Herr Jesus offen davon, daß die Lehre jener beiden großen Gruppen der jüdischen religiösen Welt in Seinen Augen Sauerteig sei. Und warum? Die letzte der zur Behandlung stehenden Stellen Luk. 12,1 gibt uns eine Erklärung für den „Sauerteig der Pharisäer“: „... welcher Heuchelei ist“. Darum eine so ernste Mahnung, sich zu hüten vor der Lehre der Pharisäer?! Ja, darum! Denn, Geliebte, was kann es Ernsteres geben, als sich das ganze Leben mit erhabenen Lehren zu beschäftigen, die, an sich wenigstens, nicht schlecht und zu beachten sind (vgl. Matth. 23,3!), während man selber sie nicht hält, sie vielmehr durch das

Scheinleben! (Vgl. Frage 6 des Heftes, am Schluß, Seite 72) Die Pharisäer - d. h. die „Abgeordneten“ - gaben vor, ein solches Leben, wie sie es als schriftgemäß lehrten, zu leben, aber sie taten nichts dergleichen, sie stellten sich nur so! Ihr Leben war gemacht-fromm, so daß andere es sehen sollten (Matth. 6! dreimal in V. 1 bis 18 „Heuchler“, V. 2.5.16!), aber in ihren Herzen sah es gar böse aus! Gott nennt sie Heuchler. Sie legten volles Gewicht auf gute Lehre, aber ihr Leben zeugte nicht davon, daß sie sie ernst nahmen! „Hütet euch vor ihnen!“, sagt der HErr - „hütet euch vor ihrer Lehre, die Heuchelei ist!“ Wer sich nicht vor ihr hütete, kam gar zu leicht dahinein, daß er das praktische Leben als nebensächlich hinstellte gegenüber der Güte, der Feinheit oder gar Spitzfindigkeit der Lehre, und wie sehr ward des HErrn Name dann entehrt! (Vgl. Röm. 2,17 bis 24!) Die Pharisäer werden uns in der Schrift als die Vertreter der Orthodoxie, der Rechtgläubigkeit, gezeigt, sie glaubten an die Schriften (das Alte Testament), an die Auferstehung, an Engel, an das Kommen des Messias, an den Geist usw. (Stellen zu nennen erübrigt sich hier), kurz sie waren schriftgläubige (wenn auch nicht christusgläubige) Leute - aber sie waren Heuchler eines Lebens, das zu haben sie vorgaben, aber nicht lebten, ja, das zu leben ihnen überflüssig erschien, wenn sie nur eine gute Lehre hätten!

Brüder, Schwestern! Gibt es das heute noch? Ist die Gefahr heute nicht mehr da bei uns, daß wir anders scheinen können, als wir praktisch sind, daß wir gute und an sich unentbehrlich-wichtige göttliche Lehren (vgl. die viele „Lehre“ in 1. und 2. Timoth. usw.; ja, sie ist unbedingt unentbehrlich-wichtig!) haben ohne das entsprechende Leben, das nur durch den Geist und in Ihm zu verwirklichen ist (Gal. 5,19.25!), daß wir uns unserer wohl tatsächlichen Rechtgläubigkeit, unserer wichtigen „Grundsätze“ (der Absonderung und Gemeinschaft) rühmen, ohne diese mit „dem wirklichen Leben“ (1. Tim. 6,19) zu füllen? O wie ernst ist doch Gottes Wort! Wie ernst ist doch das wirkliche Leben eines echten Gotteskindes! Wahrlich, Worte tun es nicht! Gott will Wirklichkeit bei uns, in unserem Glaubensleben sehen! „Ach, Blätter nur!“ Worte in der heutigen ernsten Zeit, da die Geister sich scheiden und da es mehr denn je auf die praktische Wahrheit und das Wandeln in ihr (nach 2. Joh. V. 4 und 3. Joh. V. 3.4 und die ganzen beiden Briefe!) ankommt, Worte sind leicht gesprochen, der Schein ist leicht erweckt, daß alles

- und des HErrn Wort sagt: „Heuchler!“ Wie gewaltig ernst! Mögen wir uns warnen lassen!

„Leget nun ab alle Bosheit und allen Trug und Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden“ - und dann folgt das Heilmittel! - „... seid begierig nach der vernünftigen, unverfälschten Milch, auf daß ihr durch dieselbe wachset zur Errettung (oder praktisch in die Errettung hinein!), wenn ihr anders geschmeckt habt, daß der HErr gütig ist“ (zu welchem ihr gekommen seid). (1. Petr. 2,1 bis 3)

Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!“ Der treue HErr, des wir sind und dem wir leben und dienen dürfen, gebe uns Gnade, das zu sein im praktischen Leben, was wir durch Ihn sind: „Teilhaber göttlicher Natur“ (2. Petr. 1,4), auf daß wir Ihn verherrlichen „in Wort und Werk und allem Wesen!“ „Laßt uns Gnade haben“ (Hebr. 12,28), dieses „Hütet euch!“ nicht zu vergessen, sondern auch hierin „Täter Seines Wortes“ zu sein (Jak. 1,22) zu Seinem Preise!

F. K.

Forts. folgt, s. G. w.!

Licht und Schatten.

Eine Betrachtung über 2. Mose 6.

Das zweite Buch Mose spricht von der Erlösung des auserwählten Volkes Gottes durch das Blut des Lammes, es spricht von der Befreiung aus der Macht des Feindes, der in einer Welt der Grausamkeit und Herzenshärtigkeit sein Schrechensregiment ausübt; und es spricht von den Verordnungen Gottes, die zu Beginn des Wüstenweges gegeben werden. (Die eigentliche Wanderung durch die Wüste während vierzig langer Jahre ist das Thema des vierten Buches.) Eingerahmt werden die Schilderungen dieses zweiten Teiles von der wunderbaren Feststellung, daß Jehova Selbst vor Israel herzieht, des Tages in einer Wolkensäule, um sie auf dem Wege zu leiten, und des Nachts in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie Tag und Nacht ziehen könnten: Die Gnade Gottes ist ständig, Tag und Nacht, für sie tätig. (Vgl. Kap. 13,21.22

mit 40,34-38.) In künftigen Tagen wird es wiederum so sein: Jes. 4,5.

Im sechsten Kapitel bricht das Licht dieser göttlichen Gnade zum ersten Male strahlend durch die Finsternis der Knechtschaft Ägyptens. Wir stehen vor einem Wendepunkt in der Geschichte Israels. Werfen wir einen Blich zurück auf die ersten fünf Kapitel! Sie berichten von den Lastarbeiten, den Bedrückungen, denen Israel ausgesetzt ist; berichten auch von der natürlichen Geschichte Moses, des Befreiers, die im sechsten Kapitel gleichsam ihr Ende findet. Denn Mose sagt dort zweimal: „Ich bin unbeschnitten an Lippen“ (Verse 12 und 30). Er gibt zu, daß es nicht seine Kraft ist, die Israel befreien kann. Gott muß einschreiten. Und Gott tut es, indem Er den, der in sich nichts findet, was der Befreiung dienlich wäre, als Werkzeug Seiner Gnade benutzt.

Wie von einem hohen Berge schauen wir von diesem Kapitel aus ins Land. Hinter uns liegen die Versuche des Feindes, das Volk zu vernichten, hinter uns die Geschichte des Befreiers, soweit sie dem Grundsatz nach die Geschichte des Fleisches ist. Vor uns liegt das Befreiungswerk Gottes, die Erlösung des Volkes, die Entfaltung der reichsten Gnade. Wie kündigt sie sich an? „Gott redete zu Mose und sprach zu ihm: Ich bin Jehova.“

Der Name Jehova ist bis dahin noch nicht geoffenbart. Wohl begegnet er uns im ersten Buche Mose. Er begegnet uns, sobald der Mensch in Frage kommt. Die Schöpfung im ersten Kapitel der Bibel bedarf der erhaltenden Macht Gottes, der Mensch im zweiten der Gnade Jehovas-Gottes. Zur Zeit des Seth und Enos begann man dann, den Namen Jehovas anzurufen. (1. Mos. 4,26) Doch die tiefere Bedeutung dieses Namens blieb jenen Gläubigen verborgen. Sie kannten Gott in dem Charakter des Allmächtigen, der alle Macht besaß, Seine Verheißungen in die Tat umzusetzen. Aber die liebevolle Teilnahme Dessen, der sich zu Seinem Volke herabließ, das im Elend schmachtete, diese Anteilnahme, die zeigte, was in Seinem Herzen war, offenbarte Gott erst jetzt. Der Name Jehova schließt alles in sich, was für die Rettung des Volkes erforderlich war. Jehova ist der Heiland Seines Volkes, und keiner außer Ihm. (Jes. 43,11)

Welch ein Lichtschein ist es doch, der die Finsternis der Unterdrückung durchbricht! Es sind die

das verheißene Land. Noch bevor Gott das Wehklagen der Kinder Israel erwähnt, spricht Er von dem herrlichen Ziel, dem Lande Kanaan (Verse 4 und 5). Ist es nicht ebenso in unserer Zeit, in der die Gnade völlig offenbart ist durch den Sohn? Wenn uns die Gnade Gottes vor Augen gestellt wird, dann ist es das Endziel, die Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus (ewigen Trost und gute Hoffnung!), die unsere Herzen ermuntert, zu zeigen, bevor wir daran erinnert werden, auf dem Wege festzustehen. (2. Thess. 2,14.15 und 16.17)

Es sind sieben Strahlen der göttlichen Gnade, die in den Versen 6, 7 und 8 das Dunkel erhellen:

„Ich werde euch herausführen ...

werde euch erretten ...

euch erlösen ...

Ich will euch annehmen ...

will euer Gott sein ...

Ich werde euch in das Land bringen ...

werde es euch zum Besitztum geben,

Ich, Jehova.“

Die Fülle der Gnade ergißt sich ohne Bedingungen über Israel. Die Verheißungen werden erfüllt werden, unabhängig von dem Verhalten des Volkes. Das ist wirklich Gnade, strömender Segen über ein Volk, das keinerlei natürliche Vorzüge besaß, von dem Gott in diesem Augenblick der Verheißung wußte, wie wenig es sich ihrer würdig erweisen würde! -

Was nun folgt, ist ein Gegenbild des vorangegangenen Abschnittes. Auf das Licht folgt Schatten. Der Gnade Gottes wird die Schwachheit des Menschen gegenübergestellt. Ohne irgendwelchen Übergang stellt der Geist Gottes ein Geschlechtsregister der Nachkommen Jakobs vor unsere

Blicke.

Wir sind leicht geneigt, den Geschlechtsregistern in der Schrift einen geringeren Platz einzuräumen als den Erzählungen von der Liebe Gottes und der Torheit des Menschen, unter denen zerstreut sie zu finden sind. Aber auch die Geschlechtsregister stehen an dem Platz, an den sie Gott durch Seinen Geist gestellt hat. Sie enthalten Dinge von göttlich weittragender Bedeutung. Freilich liegen diese nicht offen zutage, und wir müssen in Abhängigkeit das Wort erforschen, wenn wir Gewinn haben wollen.

In diesem Abschnitt nun werden drei Zweige der Nachkommenschaft Jakobs genannt, Ruben, Simeon und Levi. Die übrigen Söhne fehlen. Warum sind es gerade diese drei?

Die Antwort Gibt uns der Segen Jakobs in 1. Mose 49. Dort stehen Ruben, Simeon und Levi ihrer natürlichen Folge entsprechend am Anfang der Worte des sterbenden Patriarchen. In ihnen wird der Charakter Israels festgehalten. Die anderen Worte des Segens, von Juda bis Benjamin, enthalten die Geschichte Israels bis zur Grenze der ewigen Hügel, bis über das tausendjährige Segensreich hinaus, eine Geschichte, die auf Gottes Seite mit Schilo, dem Ruhebringenden aus Juda, beginnt und mit dem Hirten, dem Stein Israels, endet, beides Bilder des Herrn Jesus, der schließlich nach den tausend Jahren die Feinde Gog und Magog als ein Wolf zerreißt, vernichten wird. (Vgl. 1. Mos. 49,27 mit Offb. 20,8.9.)

Aber Ruben, Simeon und Levi schildern nicht die Geschichte, sondern den natürlichen Charakter Israels. Ruben hat das Bett seines Vaters entweiht. (1. Mos. 49,4; 35,22; 1. Chron. 5,1) So hat auch Israel den Bund Gottes, der in den Propheten vielfach mit einem Ehebund verglichen wird, durch Ehebruch entweiht. Simeon und Levi haben in ihrem Zorn den Mann erschlagen. (1. Mos. 49,6; 34,25) Jakob verflucht ihren Zorn, - denn er war gewalttätig, und ihren Grimm, - denn er war grausam. Hat Israel anders gehandelt? War es besser als diese Söhne Jakobs? Gewiß nicht. Der HErr spricht in Lukas 11,50 davon, daß das Blut aller Propheten, welches von Grundlegung der Welt an vergossen worden ist, von diesem Geschlecht (von Israel also) gefordert werde. Aber, sie töten nicht nur die Propheten, sie legen ihre Hand

Wahrlich, „in ihrem Zorn haben sie den Mann erschlagen, und in ihrem Mutwillen den Stier gelähmt“.

Das ist der Charakter Israels in seiner ganzen Verdorbenheit, verkörpert in Ruben, Simeon und Levi. Welch ein Gegensatz zu der Offenbarung des Namens Jehova, zu der liebevollen Anteilnahme Gottes an der Knechtschaft des Volkes! Gott begegnet in Seiner Gnade den Sündern, Seinen Feinden. „Gott aber erweist Seine Liebe gegen uns darin, daß Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“ (Röm. 5,8) Die Bosheit des Menschen dient nur dazu, die Tiefe der göttlichen Gnade um so herrlicher zu entfalten!

Nicht genug mit den Schatten der Sünde in diesem Register der Söhne Jakobs! Da wird noch von einem Saul, dem Sohn der Kanaaniterin, gesprochen (Vers 15). Wir erinnern uns daran, wie wichtig es dem Glaubensmann Abraham war, daß sein Sohn kein Weib von den Töchtern der Kanaaniter nähme (1. Mos. 24,3), wir erinnern uns, welch ein Herzeleid die kanaanitischen Frauen Esaus für seine Eltern waren. (1. Mos. 26,34.35) Simeon aber handelt nicht besser als sein Oheim Esau, trotz des warnenden Beispiels!

Da ist Korah, der Sohn Jizhars. Wie düster ist das Gemälde, das in 4. Mos.16 von ihm entworfen wird! Er empört sich mit seinen Genossen wider Jehova, den Gott der Gnade. (4. Mos. 16,11)

Da sind endlich Nadab und Abihu, die Söhne Aarons, die am ersten Tag des Opferdienstes fremdes Feuer vor Jehova darbringen. (3. Mos. 10,1)

Aber dieses Geschlechtsregister zeigt neben dem tiefen Schatten auch Spuren des Lichtes, Bilder des göttlichen Erbarmens. Wenn hier Korah erwähnt wird, dann aber auch die Söhne Korahs, die in dem schrecklichen Ende ihres Vaters nicht umkamen (4. Mos. 26,11) und deren Nachkommen in lieblichen Psalmen das Lob Jehovas sangen (Psalm 84 u. a.). Da ist Pinehas, der außer dem ererbten Priestertum sich einen Bund ewigen Priestertums erworben hat, ein Vorbild auf den Herrn Jesus Selbst. (4. Mos. 25,13)

Vor allem aber endet das Register in den beiden besonderen Werkzeugen der Gnade Gottes, in Mose und Aaron. Sie deuten in mannigfaltigen Bildern auf Christum hin, in dem sich alle Gnade Gottes erfüllen sollte: Mose als der Führer seines Volkes, König in Jeschurun (5. Mos. 33,5), der einen königlichen Priesterdienst ausübt, wie vor ihm Melchisedek und nach ihm David (in 2. Sam. 6,14 ist der König mit dem leinenen Ephod, dem Gewand der Priester umgürtet), Aaron, der den heiligen Priesterdienst vor Jehova ausübt. Beide, Mose und Aaron, sind unter Seinen Priestern (Ps. 99,6) - „dieser Mose und dieser Aaron“.

Damit endet der zweite Hauptabschnitt unseres Kapitels. Zeigt er uns einerseits das völlige Unvermögen des Menschen, den Ansprüchen Gottes zu genügen, so doch andererseits die völlige Erhabenheit der Gnade über das gefallene Geschöpf. In geheimnisvoller Weise wird uns das Endziel des Alten Testaments vor Augen gerückt, der Jehova des Neuen Testaments, der Herr Jesus, unser HErr. „Über die Maßen aber ist die Gnade unseres HErrn überströmend geworden mit Glauben und Liebe, die in Christo Jesu sind.“ (1. Tim. 1,14)

Th. Bu.

Vertrauen.

Welche Gnade und welch ein Trost ist es, in diesen Tagen der Schrecken und Unsicherheit den Platz der Ruhe und Sicherheit an dem Herzen unseres unveränderlichen Gottes gefunden zu haben! Er, der uns gemacht, versteht unsere Not. Wie auch die Schrecken der Nacht oder des Tages sein mögen, sie können uns nichts bringen, durch welches uns Sein Arm nicht hindurchzutragen vermöchte. Asaph singt (Ps. 74,16): „Dein ist der Tag, Dein auch die Nacht.“ Wenn alle Tage und alle Nächte Sein und wir auch Sein - Seine geliebten Kinder sind, dann kann weder das Dunkel der Nacht noch des Tages uns schrecken, denn Seine Gnade wird nicht von uns weichen, und wir werden mit den Söhnen Korahs erfahren: „Des Tages wird Jehova Seine Güte entbieten, und des Nachts wird Sein Lied bei mir sein.“ (Ps. 42,8)

ein! Es geht uns wie den Jüngern, die in der stürmischen Nacht meinten, sie gingen unter. Aber diese Prüfungen geschahen um ihretwillen, damit sie die Kraft ihres Meisters erfahren sollten. Der HErr ist an Bord! Er ist bei uns! Auch das Meer ist Sein, und Er wird dem Meer nie erlauben, die Seinigen zu verschlingen. Wir sind so oft den Kindern gleich, die die Dunkelheit fürchten und anfangen zu schreien. Die Mutter, welche diese Schreie hört, geht zu ihnen. Sie weiß, es ist keine Ursache zum Fürchten vorhanden, sie würde das Licht brennen lassen, wenn Anlaß zur Furcht vorhanden wäre, aber sie wünscht, daß die Kinder lernen möchten, daß, wenn sie auch das Licht hinwegnimmt, sie sich nicht zu fürchten brauchen. Gott möchte, daß wir Kinder sind, die Ihm vertrauen, aber nicht Kinder, die in Angst leben.

Wenn keine Dunkelheit in der Wüste gewesen wäre, so würden die Kinder Israel nie die Herrlichkeit Jehovas kennen gelernt haben, der ihnen in dem Dunkel der Nächte durch die Feuersäule leuchtete.

Laßt uns Mut fassen, der HErr ist bei uns; die Nacht mag uns sehr lang erscheinen, aber „Jehova, mein Gott, erhellt meine Finsternis.“ (Ps. 18,28) Und „dem Aufrichtigen geht in der Finsternis Licht auf.“ (Ps. 112,4)

A. v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 5

Warum gebraucht der Apostel Paulus in der Anrede nur in Kol. 1,1 und Philem. V. 1 den Ausdruck „Christi Jesu“, während er sonst stets „Jesu Christi“ („Apostel Jesu Christi“) sagt? Was hat uns diese Unterscheidung zu sagen?

Antwort A

ergänzen wie die Briefe an die Kolosser und an Philemon, ganz abgesehen davon, daß sie an denselben Ort (Kolossä) gingen, Kolosser an die dortige Gemeinde und Philemon an ein Glied derselben. Dieses Zusammengehen und Verbundensein dieser beiden Briefe ist leicht zu erkennen, zumal der Brief an Philemon die Probe der Lehre des Briefes an die Kolosser ist. Da zeigt uns der Apostel Paulus, zu welcher Liebe und Demut (darum nennt er sich in Philemon nicht Apostel) ein Mensch fähig ist, wenn er in der Gesinnung Christi Jesu vorangeht. Dasselbe erwartet der Apostel Paulus von Philemon und ist ihm darin ein Vorbild. Weiter finden wir, daß von den dreizehn im Briefe an die Kolosser mit Namen genannten Personen allein neun Personen im Briefe an Philemon erscheinen, so daß von den dort vorkommenden elf Namen nur zwei neu sind: Philemon und Appia. Doch das Ausschlaggebende sind wohl die Stellen Kol. 2,13.14 und Philemon V. 18. Wie wir in Kolosser unseren Schuldbrief Gott gegenüber finden und von Ihm auch beseitigt, so stellt der Apostel Paulus dem Philemon gegenüber einen Schuldbrief aus ohne Angabe der Summe, was er Philemon überläßt; doch sind wir überzeugt, daß Philemon, als der Brief an die Kolosser in der Gemeinde gelesen wurde und ihm darin eröffnet wurde, daß sein Schuldbrief Gott gegenüber zerrissen war, nichts anderes tun konnte, als seinem Freunde, dem Apostel Paulus, und seinem früheren Sklaven und nunmehrigen Bruder in Christo, Onesimus, gegenüber deren Schuldbrief auch zu zerreißen. Wir sehen hierin, daß der Brief an Philemon ein göttlicher Anhang des Briefes an die Kolosser ist, eine praktische, ins tägliche Leben hineinreichende Auswirkung der Lehre des Kolosserbriefes.

Der Fragesteller hat zu unserer Freude genaue Vergleiche angestellt. Vielleicht ist es uns erlaubt, der Frage folgendes noch hinzuzufügen: Jedes Buch im Neuen Testament unterscheidet sich im Anfang von all den anderen Büchern des Neuen Testaments. Selbst auch Kolosser und Philemon, dahin, daß in dem einen „Apostel“, in dem anderen „Gefangener“ steht. Nur die zwei Thessalonicherbriefe machen scheinbar darin eine Ausnahme, und doch finden wir auch dort ganz gewisse Unterschiede, wie auch im 1. und 2. Korinther, die in dem jeweiligen Charakter der Briefe begründet liegen. Es liegt natürlich außerhalb des Rahmens obiger Frage, sämtliche Bücher in deren Anfängen durchzugehen, um die Übereinstimmung des Inhalts der Briefe mit der jeweiligen Selbstcharakteristik des Schreibers wie der Anfangscharakterisierung der

die Leser auf die Wichtigkeit des Gegenstandes aufmerksam zu machen, damit man auch die ganz feinen, zarten und geistlichen Unterschiede des Wortes mehr zu würdigen vermag. Wir müssen uns vom HErrn die Gnade und Weisheit erbitten, auf die kleinsten Unterschiede des Wortes zu achten. Dazu gehört natürlich eine sehr gute, nicht nur sprachlich vollendete, sondern exakte Übersetzung des Wortes, insofern man den Urtext nicht versteht. Für einen Schriftforscher ist die Genauigkeit der Übersetzung wichtig, nicht das vollendete Deutsch ohne genaue Wiedergabe des Urtextes. Die Frage der Handschriften und Lesarten spielt natürlich auch eine sehr große Rolle in der Beurteilung gewisser textlicher Fragen. Doch da die eine Lesart oft der anderen widerspricht, ist man nicht selten in große Verlegenheit geraten. Wir sind der Meinung, daß Differenzen in der textlichen Konstruktion nicht immer von bestimmten in hohem Ansehen stehenden Handschriften gelöst werden können, wie wir dann gleich sehen werden, sondern vielmehr durch den geistlichen Inhalt und das göttliche Ziel des jeweiligen Briefes. Wenn eine große Anzahl von Lesarten selbst in Epheser 1,1 „Christus Jesus“ hat, so zeugt dies bei dem Übersetzer von Unklarheit über den Inhalt des Briefes an die Epheser. Denn das ganze Wesen des Briefes fordert nach unserer Überzeugung „Jesus Christus“: zuerst der Name der Erniedrigung, der Leiden und Verwerfung: „Jesus“ (dies erklärt auch Apgesch. 9,5b), und an zweiter Stelle„Christus“, der Name Seiner Auferstehung und Erhöhung, weil in diesem Briefe uns gezeigt wird, was die Gemeinde, der Leib, für Christum, das erhöhte Haupt, ist (vgl. bes. Eph. 1,23; 5,25-33; 6,24, obwohl der ganze Brief von diesem bestimmten Hauptgedanken erfüllt ist).

Im Brief an die Kolosser dagegen muß dem Wesen dieses Briefes nach unbedingt „Christus Jesus“ stehen, weil in diesem Schreiben uns gezeigt wird, was das Haupt, Christus, für den Leib ist. Dies ist der Grund, warum in Kolosser die allüberragende Herrlichkeit Christi uns vorgestellt wird. Man vergleiche die fünf besonderen Herrlichkeiten des HErrn, die nur im Kolosserbriefe erscheinen, um das obige bestätigt zu finden: 1,13.15.18; 2,10. Aber außerdem ganz besonders charakteristisch sind folgende Stellen: 1,19; 2,9.

Wenn auch hier einige Handschriften eine andere Ordnung verfolgen („Jesus Christus“), so ist sie nicht dem Wesen des Briefes entsprechend. Wir haben uns sehr gewundert, daß

rnaßgebende Bibelübersetzer und hervorragende Bibelerklärer der verkehrten Ordnung den Vorzug geben; selbst die in vielem gediegene „Stuttgarter Jubiläumsbibel“ macht darin keine Ausnahme. Es zeigt nur zu deutlich, wie wenig man auf den Anfang des Briefes in seiner so großen Wichtigkeit und Wesensart Wert gelegt hat. Sonst wäre dieses vermieden worden. So sehen wir zwischen Epheser und Kolosser, die sonst geistlich sehr verwandt sind, doch auch sehr große und bedeutungsvolle Unterschiede in der Stellung des Hauptes zum Leibe und des Leibes zum Haupte.

Nun möchten wir noch kurz auf Philemon zurückkommen. In Philemon ist darum dieselbe Ordnung wie in Kolosser eingehalten, weil der Brief ein Reflex des Briefes an die Kolosser ist. Was Christus für die Gemeinde ist, war der Apostel Paulus für Onesimus, und dasselbe sollte Philemon für seinen ganzen Haushalt sein, Onesimus eingeschlossen. Welch praktische Ergebnisse der Lehre von Kolosser! Der Apostel war ein Gefangener Christi Jesu, weil er alles, was er war, hatte und konnte, für den einzelnen der Geliebten des HErrn sein wollte (Eph. 3,1 dasselbe für die Gemeinde). Welche Tiefen liegen selbst in der einfachen Ordnung der Namen unseres HErrn! Und wie in Kolosser in dem Menschen Christus die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt, um sie jedem, auch dem schwächsten und niedrigsten der Gläubigen, zugängig zu machen, so handelt der größte Apostel gegenüber einem Menschen, der in der menschlichen Gesellschaft den niedrigsten und geringsten Platz einnahm - ein armer Sklave -, in der Gesinnung Dessen, der ihm selbst alles geworden war. Wieviel, Geliebte, haben wir noch zu lernen! So wertvoll war dem Herrn Christus Jesus der Sklave Onesimus, daß seinetwegen ein besonderer, inspirierter Brief - wohl der lieblichste aller Briefe des Neuen Testaments - geschrieben wurde. Das ist in der Tat göttlich groß und erhaben! Zeigt uns der HErr in diesem kleinen Briefe nicht, wie sehr teuer wir Ihm sind? Und weil wir dies sind, dürfen wir auch unsere geringsten Geschwister mit dem Herzen Christi Jesu lieben und schätzen, weil Er sie ewig wertvoll, kostbar und herrlich gemacht hat in Sich Selbst. Ihm sei Dank, Preis und Anbetung dafür!

K. O. St.

Antwort des Schriftleiters

Der HErr sei gepriesen für das, was Er dem Fragenden und uns allen mit der vorstehenden köstlichen Antwort Gegeben hat!

Es kann nicht in meiner Absicht liegen, die schöne Deutlichkeit obiger Darlegungen durch weitere, vielleicht nicht auf solch geistlicher Höhe liegende Ausführungen abzuschwächen - und zu vertiefen vermag ich sie kaum! -, und darum verlasse ich mit meinen Bemerkungen die eigentliche Frage (Kol.-Philem.), um noch die Wichtigkeit der Unterscheidung jener besprochenen Ausdrücke ein wenig zu betonen.

Zunächst für diejenigen, die Jahrbuch 2 haben, der Hinweis auf Frage 3, die sich gerade mit dem Unterschied zwischen den Namen „Jesus Christus“ und „Christus Jesus“ beschäftigt, besonders in der Antwort von A. v. d. K. Auch Frage 4 des gegenwärtigen Jahrbuches ist hierzu zu nennen (auch andere Fragen im Laufe der Jahre!).

Es ist oben schon auf die Grundbedeutung der Namen des HErrn - „Jesus“ und „Christus“ - hingewiesen, aber es scheint mir von besonderer Wichtigkeit zu sein, auf einige - natürlich den werten Lesern vollauf bekannten - Grundstellen zu sprechen zu kommen, in denen jene Namen uns erklärt sind.

Oben wurde gesagt, „Jesus“ sei „der Name der Erniedrigung, der Leiden und Verwerfung“. Sicher, und in diesem Zusammenhang wollen wir daran gedenken, daß wir in Hebr. 13,13 aufgefordert werden, „zu Ihm hinauszugehen“, d. h. zu (dem HErrn) Jesus (V. 12!!), um „Seine Schmach zu tragen“. Aber es ist doch nicht allein nur der Name der Erniedrigung, sondern doch wohl zuerst der Name - der persönliche Name (vgl. A. v. d. K. in erwähnter Frage aus Bd. 2!) -, welcher „Retter“ (Heiland“) bedeutet nach Matth. 1,21. Der Name als solcher war damals nicht gerade selten, sondern wohlbekannt (alttestamentlich „Josua“ u. a.; apokryphisch „Jesus Sirach“; neutestamentlich „Jesus, genannt Justus“, in Kol. 4,11 [man konnte in der christlichen Gemeinde nicht einen, wenn auch judenchristlichen Bruder mit „Jesus“ benennen, ohne den

Namen „Jesus“ zu entweihen, daher gab man ihm den Rufnamen „Justus“, d. i. „der Gerechte“ - was liegt alles hierin!]), und es muß einmal gesagt werden: Nicht die Person bekam ihre Bedeutung durch den etwa einzigartigen Namen, sondern der Name durch die Person, durch die einzigartige des menschgewordenen Sohnes Gottes, des „Heiligen Gottes“, der in Seiner Entäußerung auch betr. Seines Namens Sich herabneigte zu uns. Hier ist die Grundbedeutung des Namens „Jesus“: „Retter“ - und zwar den jeweiligen Umständen (vgl. Josua!) nach, d. h. jetzt„Retter von Sünden“! Und darum ist es „der Name der Erniedrigung“ und Schmach, wobei oben sehr richtig mit hingewiesen wurde auf die hier ganz unentbehrliche Stelle Apgesch. 9,5b; und in diesem Sinne ist es überaus kostbar zu lesen, daß Paulus sich meistens „Apostel Jesu Christi“ nennt. Denn der Herr Jesus wählte für Sich Seine Apostel, sie sollten „bei Ihm“ sein nach Mark. 3,14; sie waren die, „welche Er Selbst wollte“ (V. 13!) - und Paulus? Nun - er war durch den gleichen (Herrn) „Jesus“ errettet und erwählt, wie er es eben so klar erlebte in Apgesch. 9 und in Kap. 22 und 26 so klar berichtete. Wie überzeugend wirkt es dann, wenn er seine rechtmäßige Apostelschaft betont mit den Worten. „... bin ich nicht ein Apostel? Habe ich nicht Jesum, unseren HErrn, gesehen? ...“ (1. Kor. 9,1)

Genug davon - aber es ist ein liebliches Gebiet, und wir sollten viel und gern dabei verweilen, Ihm zur Ehre!

Und nun „Christus“!

„Christus“, sagt unser Mitarbeiter, „ist der Name Seiner Auferstehung und Erhöhung“, und v. d. K. in jener alten Frage: „ ... während wir bei „Christus Jesus“ das Gesagte mehr in Beziehung finden zu dem Verherrlichten, Seinem vollendeten Werke und der Segensfülle, die vor Ihm ausgeht - Segensstellung - Segensverbindung ...“ (Noch manches kostbare Wort ließe sich von daher zitieren, aber der Raum reicht nicht dazu.) Darum auch nicht „Bruder in Jesu“, sondern „Bruder in Christo“ - z. B. Kol. 1,2! - (vgl. dortige „Anmerkung“ von mir!).

„Christus“ ist der Name des Hauptes, sowohl der neuen Schöpfung („ist jemand in Christo - eine neue Schöpfung“! 2. Kor. 5,17), wie „jedes Fürstentums und jeder Gewalt“ (Kol. 2,10), wie

1,10) usw.! Eine der Grundstellen, die uns Seine Herrlichkeit zeigen, abgesehen von 2. Korinther: „Evangelium der Herrlichkeit des Christus“ (4,4; vgl.1. Tim. 1,11.12!), ist m. E. 1. Kor. 1,30, wenn wir nicht wie v. d. K. in jener Frage aus Band 2 von Apgesch. 2,36 ausgehen wollen und von anderen Stellen, die uns Ihm als den Messias - den Christus - „den Gesalbten“ zeigen (vgl. die ersten Kapitel der Apostelgeschichte!). 1. Kor. 1,30! Gottes Weisheit, d. h. Gerechtigkeit, Heiligkeit und Erlösung haben wir in Ihm, unserem Haupte! Wie wunderbar dies alles! Anbetungswürdig groß! Aber ich muß hier abbrechen.

Wenn man nur einmal den Wechsel der beiden Namen, die Voranstellung des einen wie des anderen nur in einem einzigen Briefe verfolgt unter den in diesen Antworten gegebenen, sich noch vermehren lassenden Gesichtspunkten - man wird aus dem Staunen nicht herauskommen! Man lese einmal daraufhin 1. Kor.! oder eben Kolosser und Epheser oder etwa nur 1. Tim. 1! (siehe z. B. 1. Tim. 1,1.2.12.14.15.16!!)

Zum Schluß möchte ich noch alle treuen Schriftforscher unter den „Handr.“-Lesern (alle sollten zu Schriftforschern werden!) dazu ermuntern, den oben in Antwort A angedeuteten Beziehungen zwischen dem Kolosser- und dem Philemonbrief nachzuspüren; es sind vielfache!

In den „Handr.“ ist verschiedentlich über den Philemonbrief geschrieben, und man kann vielleicht auch manches zu diesem Thema Gehörige, gleichsam zwischen den Zeilen, finden. Hier einige Hinweise: Über den ganzen Philemonbrief ist geschrieben in Jahrb. 5, Frg. 7; über „Onesimus“ Jahrb. 11, S. 133ff. (v. d. K.); ferner über „Philemon“ Bd. 9, S.113f.; über Demas und Lukas (Kol. 4,14; Philemon. 23.24; 2. Tim. 4,9.10) Bd. 10, Seite 211-218 (F. K.) u. a. (Ich gebe diese häufigen Hinweise auf frühere Abhandlungen nur deshalb, weil ich denke, den wirklichen Schriftforschern damit einen Dienst zu tun.)

Der HErr aber gebe uns Gnade, Licht und Weisheit, zu tun nach Seinem Wort: „Wie ihr nun den Christus Jesus, den HErrn, empfangen habt, so wandelt in Ihm, gewurzelt und auferbaut in Ihm und befestigt in dem Glauben, so wie ihr gelehrt worden seid, überströmend in demselben mit Danksagung!“ (Kol. 2,6.7)

Ihm aber sei die Herrlichkeit! Amen.

F. K.

Frage 6

Wie ist die Stelle 1. Tim. 5,24.25 zu verstehen, und hat sie irgendwie Beziehung zu Offb. 14,13b?

Antwort A

Das in den genannten zwei Versen Gesagte ist eine Feststellung, die auf den Menschen im allgemeinen zutrifft, aber offenbar ihre Veranlassung in dem in V. 22a Gesagten und daher auch besondere Beziehung zu diesem hat. Dort warnt der Apostel seinen geliebten Mitarbeiter Timotheus, jemand schnell die Hände aufzulegen und nicht teilzuhaben an fremden Sünden. Das Händeauflegen hier hat nichts zu tun mit Heilung, wie manche annehmen, sondern mit Bestätigung zu einem bestimmten Dienst, wie wir es Apgesch. 6,6 (V. 3-6) und 13,3 (V. 2 und 3) finden. Dieses ergibt sich daraus, daß in den vorangehenden Versen 17ff. von den Ältesten die Rede ist und V. 22 die Fortsetzung des hierdurch aufgenommenen Gedankens an Dienst bzw. an das Verhalten gegenüber solchen ist, die einen Dienst ausüben oder ausüben wollen, und entspricht auch allein dem ganzen Charakter dieses Briefes. Für den Gedanken an Heilung ist hier gar kein Anlaß und kein Platz. Der Apostel gibt in diesem Kapitel erst Belehrungen über das Verhalten einem älteren Manne gegenüber, dann gegenüber jüngeren, dann bezüglich der Witwen, dann bezüglich der Ältesten; dann folgen die V. 22-25; und dann sagt er in Kap. 6,1 und 2, wie die Knechte (Sklaven) sich verhalten sollen. Wie käme nun der Apostel dazu, dazwischen hinein (in den V. 22-25 des 5. Kap.) ganz unvermittelt von Heilung zu reden? Daran ist ja hier kein Gedanke, und er tut es auch nicht, sondern folgt den Gedanken, die der behandelte Gegenstand mit sich bringt, wie wir oben gesagt haben. Deshalb ermahnt er in V. 22 Timotheus, er solle nicht schnell sein, jemand durch Händeauflegen seine Anerkennung zu

einem Dienst auszudrücken. Das sollte er darum nicht, weil er sich durch diese Handlung mit dem Betreffenden einsmachte - das Händeauflegen drückt immer das Einsmachen dessen, der die Hände auflegt, mit dem, welchem er die Hände auflegt, aus, gleichviel, zu welchem besonderen Zwecke das Händeauflegen geschieht - und weil demnach bei „schnellem“ Auflegen der Hände, also ohne den Betreffenden genau zu kennen und gewiß zu sein, daß auch alle Voraussetzungen dafür vorlagen, die Gefahr bestand, daß er sich durch dieses Händeauflegen mit jemand einsmachte, gegen den ein Vorwurf von Sünde vorlag, und er so an diesen Sünden teilhatte. Davor sollte er sich in acht nehmen; er sollte sich selbst keusch (rein) bewahren!

Der nun folgende V. 23 ist eine liebliche Einfügung ganz persönlicher Art, die uns einen Blick in das liebende Herz des Apostels tun läßt und zugleich eine sehr praktische Unterweisung betreffs des Gebrauchs von heilenden oder zuträglichen Mitteln für unsere Gesundheit gibt. Offenbar war Timotheus in seinem Bestreben, nicht nur sich selbst keusch (rein) zu bewahren, sondern auch anderen darin ein Vorbild zu sein, sehr streng gegen sich und verzichtete auf alles, was anderen hätte ein Anstoß sein können, und trank deshalb auch keinen Wein, sondern nur Wasser, obgleich ein wenig Wem seiner schwachen Gesundheit zuträglich gewesen wäre. Der Apostel wußte dies und ermahnt deshalb seinen geliebten Timotheus, nicht länger nur Wasser zu trinken, sondern ein wenig Wein zu gebrauchen, um seines Magens und seines häufigen Unwohlseins willen. Dieser Vers ist eine kleine Abschweifung, die aber durch den vorliegenden Gegenstand veranlaßt war und deshalb gut in den Rahmen desselben paßt.

In V. 24 nimmt dann der Apostel den in V. 22 berührten Gegenstand selbst wieder auf, indem er zeigt, wo die Gefahr liegt, durch schnelles Händeauflegen an fremden Sünden teilzuhaben. „Von etlichen Menschen sind die Sünden vorher offenbar und gehen voraus zum Gericht“, d. h.: Bei manchen Menschen sind die Sünden erkennbar - durch die Folgen, die sie nach sich gezogen haben; durch die Spuren, die sie an dem Menschen gezeichnet haben - und sprechen dadurch einerseits von dem Gericht, welches sie nach sich ziehen, und unterstehen zugleich andererseits dadurch dem „Gericht“ - dem Urteil - dessen, der sie sieht; sie „gehen voraus zum Gericht“. In solchem Falle war es leicht für Timotheus, das richtige Urteil über einen Menschen zu haben und sein Verhalten danach einzurichten. Aber nicht bei allen ist es so, sondern

„etlichen aber folgen sie auch nach“, d. h.: Bei manchen Menschen bleiben die Sünden verborgen, weil keine Folgen und Spuren derselben an ihnen zu sehen sind, und sie „folgen ihnen nach“, um einst, soweit es sich um Erlöste handelt, vor dem Richterstuhl des Christus offenbar zu werden, und soweit es sich um Ungläubige handelt, vor dem „großen weißen Throne“ (Offenb. 20,11ff.) gerichtet zu werden. Und da - wo die Sünden „nachfolgen“, also nicht durch Folgen und Spuren sichtbar geworden sind - lag für Timotheus die Gefahr des Teilhabens an fremden Sünden durch „schnelles“ Händeauflegen oder auch anderes Einsmachen mit dem Betreffenden! Das ist es, was wir in V. 24 sehen. Deshalb sollte Timotheus, ehe er jemand die Hände auflegte, sich sorgfältig über das Leben des Betreffenden unterrichten. Aber nicht nur die Frage betreffs Vorliegens oder Nichtvorliegens von Sünden sollte den Timotheus in seinem Verhalten bestimmen, sondern auch die Frage betreffs Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins guter Werke. Deshalb in V. 25 der Hinweis auf das Offenbarsein und nicht Verborgen-bleiben-können der guten Werke. Die guten Werke sind entweder schon offenbar oder, wenn nicht, dann würde es doch möglich sein, ihr Vorhandensein festzustellen: „Sie können nicht verborgen bleiben“. Ein Diener des HErrn soll gekennzeichnet sein nicht nur durch Reinheit von Sünden, sondern auch durch gute Werke!

Mit Offenb. 14,13b haben die V. 24 und 25 nichts zu tun. V. 24 darum nicht, weil in diesem Verse es sich um Sünden handelt, in Offenb. 14,13b aber um „Werke“ solcher, die dann - wenn jene Zeit gekommen sein wird, von welcher dort geredet wird - „im HErrn sterben“ und „glückselig“ gepriesen werden und von ihren „Arbeiten (Mühen) ruhen“, durch die die Werke, die ihnen nachfolgen, zustande gekommen sind, also um gute Werke. Und V. 25 darum nicht, weil dieser Vers nicht von denen spricht, auf welche Offenb. 14,13b sich bezieht (die „Toten, die im HErrn sterben, von nun an“, also von dem Zeitpunkte an, von welchem an jener Stelle gesprochen wird und welcher in die Zeit der großen Drangsal fällt, also nicht jetzt ist), und überdies in V. 25 nach unserem Verständnis es sich nicht darum handelt, daß die guten Werke dem Erlösten „nachfolgen“, er also dafür belohnt werden wird (was ja ganz gewiß für jeden Erlösten jederzeit wahr ist), sondern lediglich um das Offenbarsein bzw. Offenbarwerden der guten Werke in dem oben schon erwähnten Sinne, also hier, in dieser Zeit, vor anderen.

Wenn wir auch nicht ermächtigt und beauftragt sind, wie Timotheus es war, jemand die Hände aufzulegen als Bestätigung zu einem gewissen Dienst, so tritt doch auch an uns dann und wann die Frage heran, ob wir jemand in einem Dienst anerkennen bzw. zu einem Dienst ermuntern sollen, und es sind daher die in der besprochenen Schriftstelle enthaltenen Belehrungen auch für uns wertvoll und wichtig und zugleich eine Mahnung für uns, in Reinheit und Hingabe an den HErrn zu wandeln, durch Seine Gnade, die allezeit für uns da ist.

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Die vorliegende Doppelfrage ist von unserem lieben Mitarbeiter in seiner wohlbekannten, höchst dankenswerten Gründlichkeit behandelt - besonders auch, was den Zusammenhang anbelangt -, und es scheint mir nicht nötig, die Beantwortung der Frage noch um Wesentliches zu erweitern, zumal der Gegenstand eine so ernste Durchführung gefunden hat, daß diese sicher zu unser aller Herzen und Gewissen reden wird. Aber ich erlaube mir, noch einige, meist kleine Nebenhinweise zu geben.

1. Zunächst ist in Frg. 15, Jahrb. 11, sehr eingehend von unserem Mitarbeiter K. O. St. über die Frage der „Händauflegung“ geschrieben; darin sagt Verf. auch, gerade wie Br. Th. K. in vorliegender Frage: „1. Tim. 5,22 hat nichts mit Heilung zu tun, sondern mit Einsmachung. Der Zusammenhang müßte jedem dies zeigen.“ In meiner „Anmerkung“ zu jenen Ausführungen habe ich (S. 260) über den daraus entstehenden Schaden geschrieben, der durch das sich zu eilig mit unerprobten Brüdern Einsmachen in der Gemeinde des HErrn hervorgerufen wird - und heute möchte ich dem hinzufügen, daß solcher Schade auch leider recht oft und leicht dadurch kommt, daß (ältere) Brüder zu eilig jüngeren (die es so „erwarten“!!) das „Du“ anbieten! Hierüber ließe sich viel sagen, aber es genüge der Hinweis, daß wir auch hierin vorsichtig sein möchten, um nicht später traurige Folgen zu erleben!

2. Über die Stelle Offenb. 14,13b ist in Jahrb. 4 unter der Frage 24 (über Offenb. 20,4 und 2.

Thess. 2,6.7) von Br. A. v. d. K. Liebliches gesagt. - Wenn man aber diese schöne Stelle, die sich ja auf die Zeit der großen Drangsal bezieht, wegen eines gewissen Gleichklangs mit der Stelle 1. Tim. 5,24.25 in Verbindung zu bringen sucht, so ist man in Gefahr, alles durcheinander zu bringen. Auch da gilt 2. Tim. 2,15!

3. Was die in Frage stehende Stelle 1. Tim. 5,24.25 selber anbelangt, möchte ich betonen, daß es sich ja hier in beiden Versen um „etliche“ handelt! Wenn wir dies Wort „etliche“ durch den ganzen 1. Brief Pauli an Timotheus verfolgen, so sehen wir eine gewisse Steigerung, jedenfalls aber bekommen wir außerordentlich ernste Ermahnungen, wenn wir die betr. Stellen vergleichen. Hier seien diese angeführt: 1,3.6.19; 4,1; 5,15.24.25; 6,10.21. Daß wir uns doch nur Gnade schenken ließen und die geschenkte auch benutzten, zu keinem Zeitpunkt unseres geistlichen Lebens irgendwie den „etlichen“ zu gleichen, von denen es (aber) in jeder (vielleicht größeren) Gemeinde welche gibt! Wie furchtbar ernst, daß (wenn auch mancher Leute Sünden vorher offenbar sind und vorauseilen zum Gericht) die anderer (Gläubiger? Ungläubiger? sicher beider!) verborgen bleiben bis zu dem Augenblick, da sie vor dem Richterstuhl offenbar werden! Solche „etliche“ haben dann in gewisser Hinsicht (durch irgendwelche oder auch ganz bestimmte böse Dinge) als Heuchler gelebt vor der Welt und vor der Gemeinde! Sie haben Menschen getäuscht - aber Gott konnten und können sie nicht täuschen! (Vgl. Ananias und Saphira in Apgesch. 5 und dazu Frage 22, Jahrb. 4!) Timotheus konnte getäuscht werden - gewiß aber nach dieser apostolischen Warnung, die mit ihm auch uns gilt, nicht mehr so leicht! -, aber der HErr wird zu Seiner Zeit aufdecken, was Menschen so schlau zuzudecken verstanden! Wie ernst ist das! Möchten wir alle uns unter die dem Timotheus und damit auch uns gegebene Mahnung stellen, die zu V. 22b paßt: Kap. 4,12! (Und dazu vgl. man z. B. Röm. 13,11-14 und 1. Kor. 9,26.27.) Gott gebe uns Kraft, in dieser Weise zu wandeln, damit als Frucht V. 25a hervorkomme! Eine Gefahr, der wir erliegen könnten, sehen, heiße für uns, sie zu vermeiden trachten! Möge daher die Beantwortung vorliegender Stelle diese gesegnete Folge für uns alle haben, daß wir durch Gnade wandeln: für die Menschen als offenbares Vorbild, und dem HErrn, „der ins Verborgene sieht“ (Matth. 6!), zur Ehre!

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung.)

Die jüdische Zeitrechnung.

Es scheint uns für unsere Betrachtung doch notwendig zu sein, auch etwas darüber zu sagen, wie die Juden ihr Jahr rechneten. Heute ist es allgemein bekannt, daß die Länge eines Jahres (die Zeit, in welcher die Erde die Sonne umkreist) 365¼ Tage beträgt. Das gewöhnliche Jahr wird deshalb heute zu 365 Tagen gerechnet, und der daran fehlende ¼ Tag, der nach vier Jahren einen ganzen Tag ausmacht, wird jedem vierten Jahre hinzugefügt, und dieses vierte Jahr wird dann als Schaltjahr bezeichnet.

Den alten Israeliten war der Lauf der Erde um die Sonne noch unbekannt, die Länge eines Jahres beobachteten sie an dem Wechsel der Jahreszeiten.

Zeitteilungen oder Zeitmaße.

Es gibt gewisse natürliche Zeitmaße, die von jedermann wahrgenommen werden, so wenig Kenntnis man auch darüber haben mag. Die kürzeste, allen bemerkbare Teilung der Zeit ist der Tag - die Zeit, in welcher sich die Erde um ihre Achse dreht. Jemand, der keine Kenntnis von den Dingen hat, mag denken, die Erde sei eine feststehende, ebene Fläche, an deren einen Seite die Sonne am Himmel aufgehe, auf der anderen aber wieder untergehe. Und selbst bei dieser Annahme kann jemand seine Tage genau so regelmäßig zählen wie der gelehrte Astronom. Je näher wir dem Äquator kommen, desto gleichmäßiger ist die Teilung des 24-Stunden-Tages, so daß die Tage und die Nächte des Jahres ungefähr je 12 Stunden haben. Deswegen sagt der HErr zu den Juden: „Sind der Stunden des Tages nicht zwölf?“ (Joh. 11,9)

Ein weiteres natürliches Zeitmaß wird uns durch den Mond gegeben, in der Zeitspanne von

nennen diese Zeit im Gegensatz zu unseren Kalender-Monaten einen Mond-Monat. Die Länge eines Mond-Monates ist ungefähr 29½ Tage, und die Juden waren gewohnt, ihre Zeit nach Mond-Monaten zu bestimmen. Um nun den halben Tag auszugleichen, mußten sie abwechselnd ihre Monate auf 29 und 30 Tage rechnen. Es ist klar, daß die feste Zahl von zwölf Monaten zu je 29 bezw. 30 Tagen nicht ein Jahr ausmachen konnte. Zwölf solcher Mond-Monate hatten nur ungefähr 354 Tage, es fehlten somit zirka 11 Tage an einem wirklichen Jahre. Wie schon gesagt, die Juden hatten zu der Zeit noch keine Kenntnisse von der wirklichen Länge eines Jahres, noch, wodurch die Länge eines Jahres bestimmt wird. Es mußte sich deshalb bei einer beständigen Zählung nach zwölf Mond-Monaten sehr bald bemerkbar machen, daß die Jahreszeiten und Witterungsverhältnisse bei dieser Zählung ganz aus ihrer Ordnung kamen. Wie wir schon bemerkten, haben wir heute die Länge unserer Kalender-Monate (ohne Rücksicht auf den Mond) auf 30 und 31 Tage und den Februar auf 28 Tage festgesetzt, und damit erreichen wir die Jahreslänge von 365 Tagen. Die Juden zählten dagegen die natürlichem Mond-Monate, und am Ende des zwölften Monates fehlten somit ungefähr 11 Tage am vollen Jahre. Nach zwei Jahren war der Unterschied bereits zirka 22 Tage und nach drei Jahren etwa 33 Tage. Da sich bei dieser Zeitrechnung natürlich die Jahreszeiten völlig verschieben mußten, so wurden sie genötigt, fast alle drei Jahre einen Ausgleich durch Einfügung eines Schalt-Monates zu schaffen. Wenn nun nach drei Jahren ein 13. Monat eingeschaltet wurde, so fehlten immer noch zirka vier Tage. Um auch diese wieder auszugleichen, wurde dieser Zusatz-Monat von Zeit zu Zeit statt nach drei Jahren schon nach zwei Jahren eingefügt, je nachdem der Fortschritt der Jahreszeiten die Notwendigkeit dafür anzeigte.

Die Schrift gibt uns keine direkte Belehrung hierüber, aber alles, was wir in Beziehung hierzu in der Schrift finden, steht in Übereinstimmung mit dem, was jüdische Geschichtsschreiber darüber geschrieben haben, so daß kein Zweifel in dieser Sache besteht. Aus dem, was z. B. Josephus und der Talmud berichten, sehen wir, daß die alten Israeliten zwei Zeitmaße hatten: die Sonne und den Mond. Die Monate berechneten sie nach dem Mond und das Jahr nach der Sonne. Diese beiden (Mond-Monate und Sonnen-Jahre) wurden, wie oben beschrieben, miteinander in Einklang gebracht. Und hiermit stimmt die Schrift überein.

In 4. Mos. 28 und 29 werden für bestimmte Zeiten des Jahres die Opfer angegeben. Zuerst wird das tägliche Brandopfer (ein Lamm jeden Morgen und jeden Abend) genannt, dann jenes für den Anfang eines jeden Monates und dann folgen die bestimmten Opfer an den Festen, mit denen wir uns jetzt beschäftigen, so wie sie uns auch im 3. Mos. 23 vorgestellt sind. Nun laßt uns dieses mit 2. Chron. 2,4 vergleichen! Salomo sandte eine Botschaft an Huram, den König von Tyrus, betreffs des Baues des Tempels, und er beschreibt den Tempel als „ein Haus ... Brandopfer morgens und abends zu opfern, an den Sabbaten und an den Neumonden und an den Festen Jehovas, unseres Gottes.“ Hier finden wir genau dasselbe, was in 4. Mos. 28 und 29 gesagt ist, aber statt der Worte in 4. Mos. 28,11: „Im Anfang eurer Monate“ werden hier in 2. Chron. 2,4 die Worte: „An den Neumonden“ gebraucht. Daraus ersehen wir zweifellos, daß ihre Monate mit jedem Neumond begannen und folglich Mond-Monate waren.

Es ist auch das Wort in Ps. 104,19 beachtenswert: „Er hat den Mond gemacht für die bestimmten Zeiten, die Sonne weiß ihren Untergang.“ Das hebräische Wort „moed“, welches in dieser Psalmstelle mit „bestimmten Zeiten“ übersetzt ist, ist dasselbe Wort, welches in 3. Mos. 23,2 u. 4 mit „die Feste Jehovas“ übersetzt ist. Gott regulierte diese durch den Mond, wogegen der Zeitraum des Jahres von der Sonne abhing.

Das Sonnenjahr.

Das Sonnenjahr war das Jahr, welches durch die Sonne und nicht durch den Mond bestimmt wurde. Gott hatte geboten, daß die Erstlingsgarbe am Tage nach dem Sabbat in der Zeit der ungesäuerten Brote vor Ihm gewoben werden solle. Das Fest der ungesäuerten Brote fand ungefähr Mitte des ersten Monates im Jahre statt. Das neue Jahr fing somit kurz vor dem Beginn der Ernte an. Das Korn mußte der Reife dann schon so nahe sein, daß die Erstlingsgarbe in etwa zwei Wochen geschnitten werden konnte, um an dem bestimmten Tage vor Jehova gewoben zu werden. Die Gerste war das erste Getreide, welches in Kanaan für die Sichel reifte. Aus der jüdischen Geschichte lernen wir, daß, wenn der letzte Monat des Jahres sich dem Ende nahte, die Gerste sehr sorgfältig beobachtet wurde, um zu sehen, ob sie bis zur

Mitte des folgenden Monates - des ersten des Jahres - für den Schnitt reif sein würde. Wenn dieses der Fall war, so konnte das alte Jahr mit dem zwölften Monat abgeschlossen werden, war es aber soweit in der Reife zurück, daß die Erstlingsgarbe nicht zur Zeit der ungesäuerten Brote dargebracht werden konnte, so wurde ein Schalt-Monat eingefügt. - Der zwölfte Monat wurde mit dem Namen „Adar“ bezeichnet, und dieser eingefügte Schalt-Monat wurde dann „Ve-Adar“ oder „der andere Adar“ genannt. In dieser Weise geschah die Anpassung ihrer nach Neumonden bestimmten Monate an die durch die Sonne bestimmten Jahre und Jahreszeiten.

Manche unserer Leser mögen denken, da es sich doch in unserem Artikel um die geistliche Auslegung der Feste Jehovas handelt, daß diese Erläuterung hier nicht am Platze sei; wenn wir aber mit der Betrachtung unseres Gegenstandes fortfahren, werden wir doch finden, daß ein Verständnis betreffs der jüdischen Rechnung der Monate und Jahre notwendig ist, um die Feste in ihrem zeitlichen und prophetischen Charakter recht zu verstehen. Wir bitten deshalb unsere Leser, diese Einzelheiten sich zu merken, damit sie um so besser den weiteren Auslegungen über die Feste Jehovas folgen können.

Forts. folgt, s. G. w.

Das rechte Wort zur rechten Zeit.

Salomo sagt: „Ein Wort zu seiner Zeit, wie gut!“ „Goldene Äpfel in silbernen Prunkgeräten: So ist ein Wort, geredet zur rechten Zeit.“ (Spr. 15,23; 25,11) Wieviel Weisheit haben wir nötig, und zwar Weisheit, die von oben ist (Jak. 3,17), um zur rechten Zeit das rechte Wort zu reden! Um dies zu lernen, bedürfen wir, daß jeden Morgen unser Ohr geweckt wird, damit wir hören gleich solchen, die belehrt werden. (Jes. 50,4)

Diese letzten Worte weisen auf den Herrn Jesus hin. Und wahrlich, Er ist unser vollkommenes Vorbild. Doch gibt die Schrift uns auch von der Weise, wie die Apostel den Heiligen dienten, treffliche Beispiele für einen verständigen Dienst, das rechte Wort zur rechten Zeit zu reden.

gemeinsames Heil zu schreiben. So gern er ihnen darüber geschrieben hätte, erkannte er doch aus den Umständen, in denen sie sich befanden, daß er ihnen etwas anderes - Notwendigeres - sagen und von dem, wovon sein Herz voll war, schweigen müsse. Es war für den Tag nicht das rechte Wort für diese Gläubigen. Anstatt ihnen deshalb von dem gemeinsamen Heile zu schreiben, mußte er sie auffordern, in den Kampf für den Glauben einzutreten.

Es mag einem Diener am Worte schwer sein, von den Dingen des Heils, die seine Seele erfüllen und die er den Heiligen so gern bringen möchte, zu schweigen. Es bedarf des geistlichen Unterscheidungsvermögens, was die Gläubigen für den Tag und für die Umstände, in denen sie sich befinden, brauchen. Solches Schweigen und Reden erfordert Demut und Bescheidenheit - ein Sich-selbst-aufgeben und ein verständnis- und rücksichtsvolles Eingehen auf andere und deren Umstände.

Laßt uns dem obigen Beispiel aus dem Judasbrief noch einige andere Beispiele aus dem Dienste der Apostel anfügen!

Paulus schreibt den Korinthern: „Brüder, ich konnte nicht zu euch reden als zu Geistlichen, sondern als zu Fleischlichen, als zu Unmündigen in Christo. Ich habe euch Milch zu trinken gegeben, nicht Speise, denn ihr vermochtet es noch nicht, aber ihr vermöget es auch jetzt noch nicht, denn ihr seid noch fleischlich.“ (1. Kor. 3,1.2) Im 2. Kapitel, Vers 6 schreibt er ihnen: „Wir reden aber Weisheit unter den Vollkommenen.“ Wie gern hätte er sie in dieser Weisheit unterwiesen! Obwohl diese verborgene Weisheit allen Gläubigen, also auch ihnen (den Korinthern) gehörte, konnte sie doch nur von „Geistlichen“ aufgenommen werden, und so gern er ihnen auch davon geschrieben hätte, mußte er doch schweigen, weil sie nicht in dem Zustande waren, diese Dinge aufnehmen zu können, und somit war er genötigt, ihnen statt „Speise“ „Milch“ zu geben. So wie Milch die passende Nahrung für Neugeborene ist, so ist auch die Milch und nicht die feste Speise des Wortes die Nahrung für die neugeborenen Kindlein im Hause Gottes.

Feste Speise - Tiefen der verborgenen Weisheit Gottes - brachte Paulus den Gläubigen in

paßten, den Korinthern gebracht hätte, oder umgekehrt, wenn er die Ermahnungen und Unterweisungen, die für die Korinther nötig waren, in der Gemeinde zu Ephesus ausgerichtet hätte! Wir sehen daraus, daß der Dienst am Wort, der wichtig und passend für die Gläubigen der einen Versammlung ist, gänzlich unpassend für die Gläubigen einer anderen Versammlung sein kann. Es bedarf deshalb geübter Sinne zur geistlichen Unterscheidung, sowohl des Zustandes der Gläubigen als auch der Umstände, in denen dieselben stehen, um ihnen mit dem rechten Worte zur rechten Zeit zu dienen.

Im Brief an die Hebräer finden wir ähnliches. Der Apostel hatte von Melchisedek gesprochen und fährt fort: „Über welchen wir viel zu sagen haben, und was mit Worten schwer auszulegen ist, weil ihr im Hören träge geworden seid. Denn da ihr der Zeit nach Lehrer sein solltet, bedürfet ihr wiederum, .daß man euch lehre, welches die Elemente des Anfangs der Aussprüche Gottes sind, und ihr seid solche geworden, die der Milch bedürfen und nicht der festen Speise. Denn jeder, welcher der Milch teilhaftig wird, ist unerfahren im Worte der Gerechtigkeit, denn er ist ein Unmündiger, die feste Speise aber ist für Erwachsene, welche vermöge der Gewohnheit geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen.“ (Hebr. 5,11-14)

Gern hätte der Apostel ihnen noch mehr über Melchisedek gesagt, und er beklagt es, daß er darüber schweigen müsse, weil sie im Hören träge geworden seien und deshalb die feste Speise nicht empfangen könnten. Der Zeit ihrer Gotteskindschaft nach hätten sie schon Lehrer sein sollen, statt dessen bedurften sie, wieder mit den Anfangs-Elementen der Aussprüche Gottes belehrt zu werden. Sie waren wieder solche geworden, die der Milch bedurften und nicht der festen Speise. Alles dieses waren Folgen ihres Träge-geworden-seins im Hören. Daß sie wieder mit Milch gespeist und in den Anfangs-Elementen unterwiesen werden mußten, bewies, daß sie in ihrem Wachstum zurückgeblieben und im Worte der Gerechtigkeit unerfahren waren.

Welch ein trauriges Bild sind Gläubige, die im Hören träge geworden und nicht willig sind, zum vollen Wuchse fortzufahren! (Hebr. 6,1) Wie viele Gläubige unserer Tage gleichen diesen gläubigen Hebräern! Sie bleiben bei den Elementen des Anfangs der Aussprüche Gottes stehen

und wollen als Nahrung für ihre Seele nichts weiteres haben als das Evangelium. Sicher sollte jeder Gläubige Gemeinschaft mit dem Evangelium haben, denn Gottes Herz und Wirken ist mit dem Evangelium verbunden, und unser Herz und Wirken muß damit verbunden sein. Das aber darf nicht alles sein! Wenn wir an dem vorübergehen, was Christus in der Herrlichkeit Seiner Person ist und was Er für Gottes Herz ist und was wir in Ihm haben, so werden wir bald solche Unmündigen sein, wie jene Hebräer es waren.

In jeder Gemeinde, in welcher das Evangelium einen gebührenden Platz hat, sind sicher auch Kindlein in Christo vorhanden, die mit Milch gespeist werden müssen. Wir aber sind in unseren Tagen so der festen Speise entwöhnt, daß wir solche Nahrung, wie sie die Apostel den Kindlein in Christo gaben, schon als feste Speise ansehen. Dies ersehen wir aus den Briefen an die Thessalonicher. Diese Briefe wurden ungefähr ein Jahr, nachdem sich die Gläubigen in Thessalonich von den Götzen zu Gott bekehrt hatten, geschrieben. Und was schreibt Paulus ihnen? Wie in keinem anderen Briefe unterweist er diese jungen Gläubigen über die Ankunft des HErrn. In jedem Kapitel seines ersten Briefes wird die Wiederkunft des HErrn jedesmal in einer anderen Beziehung erwähnt. In dem zweiten Briefe geht Paulus noch weiter in seiner Unterweisung über die Wiederkunft Christi und unterrichtet sie auch über den „Menschen der Sünde“, „den Sohn des Verderbens“, den „Gesetzlosen“, „den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft.“ (2. Thess. 2,8) Wir würden solche Belehrungen heute schon „feste Speise“ nennen. Paulus aber bringt diese Speise den jungbekehrten Thessalonichern!

Und noch ein Beispiel! Der Apostel Johannes wendet sich in seinem ersten Briefe an drei Klassen von Gläubigen, an „Väter, Jünglinge und Kindlein“. Was sagt Johannes den Kindlein? Er schreibt: „Kindlein, es ist die letzte Stunde, und wie ihr gehört habt, daß der Antichrist kommt, so sind auch jetzt viele Antichristen geworden.“ (1. Joh. 2,18) Heute möchten wir uns auch hierüber wundern, daß Johannes solche Worte an Kindlein richtet, aber er tut es. Er macht sie mit den Erkennungszeichen des Antichristen bekannt und führt sie zur Quelle ihrer Sicherheit - der Salbung des Heiligen Geistes und dem Worte Gottes.

Möchten wir nicht hieraus etwas von den Aposteln lernen? Unsere Speise ist das Wort. Es genügt nicht, in einigen Teilen desselben unterwiesen zu sein, wir bedürfen des ganzen Wortes. Warum ist Gottes Volk so schwach, und warum sind viele so unbefestigt in dem Worte der Wahrheit, daß sie von jedem „Winde der Lehre“ hin- und hergeworfen und umhergetrieben werden? (Eph. 4,14) Ist es nicht deshalb, weil sie Unmündige sind, die nie über die Anfangs-Elemente des Christentums hinauskamen, und feste Speise ihnen nicht dargereicht wurde? Solche wissen beinahe nicht mehr, als daß sie die Vergebung ihrer Sünden haben, ein Interesse und einen Geschmack am Worte selbst aber kennen sie kaum. Ihre Nahrung suchen sie nicht in der gesunden Lehre, nicht in den „gesunden Worten, die unseres Herrn Jesus Christus sind“, sondern in den ungesunden und falschen Lehren, die ihnen in „überredenden Worten“ der „Menschen-Weisheit“ gebracht werden. (1. Kor. 2,1-5) Kein Wunder, wenn wir als Folge solcher ungesunden Nahrung so viele ungesunde, schiefe, bucklige, im Wachstum zurückgebliebene Gläubige sehen. Wenn wir im natürlichen Leben einen Menschen sehen, der dem Alter nach schon arbeiten sollte, im Wachstum aber so zurückgeblieben ist, daß er wie ein Kind auf dem Arme getragen werden muß, so staunen wir. Im geistlichen Leben sind wir an solche Gestalten aber derart gewöhnt, daß wir nicht mehr über die in ihrem Wachstum zurückgebliebenen Kinder staunen, sondern darüber, wenn sie sich zum vollen Wuchse entfaltet haben.

Laßt uns von Ihm lernen, der nicht kam, „um bedient zu werden, sondern um zu dienen“, damit wir als Seine Knechte je nach der empfangenen Gnadengabe uns einander „priesterlich“ mit dem rechten Wort zur rechten Zeit „dienen als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes“. (1. Petr. 4,10.11; Röm. 15,16)

Uns allen aber schenke der HErr Gnade, nicht im Hören träge zu werden, sondern dem „zuverlässigen Worte“ anzuhangen (Tit. 1,9), damit wir zum vollen Wuchse gelangen und Erwachsene seien, „welche vermöge der Gewohnheit geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen“! (Hebr. 5,14)

A. v. d. K.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1.)

(Fortsetzung.)

In der letzten Lieferung haben wir uns zuerst allgemein mit obigem Thema beschäftigt, um dann näher einzugehen auf den „Sauerteig der Pharisäer“. Nach des Herrn Jesu Worten ist der Sauerteig der Pharisäer wie auch der Sadduzäer ihre Lehre, und diese wird bezüglich ersterer in der Stelle Luk. 12,1 deutlicher gekennzeichnet als „Heuchelei“, also als Scheinleben. Ich denke nicht weiter auf das schon Geschriebene einzugehen, jeder Leser hat jene Lieferung und kann den Aufsatz nachlesen, aber ich möchte unter vielen noch ein Gebiet nennen, auf dem viel Scheinleben herrscht unter den Gläubigen, besonders unter denen, die da in ihrer Lehre klar und schriftgemäß zu wandeln wünschen. Es ist das Gebiet der praktischen Bruderliebe, d. h. nicht das der theoretischen. In der Theorie, in der Lehre mag viel von Bruderliebe, ja auch sogar von der Liebe zu allen Menschen (um des HErrn willen) geredet werden, aber wie sieht es in der Praxis aus?! Wie gar so leicht ähnelt die nichts weniger als praktische Liebe der von Jak. 2,15.16: „Wenn aber ein Bruder oder eine Schwester nackt ist und der täglichen Nahrung entbehrt (Gedenket an die leidenden Geschwister in Rußland!!), und jemand unter euch spricht zu ihnen: Gehet hin in Frieden, wärmet euch und sättiget euch! Ihr gebet ihnen aber nicht die Notdurft des Leibes, was nutzt es? Also ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, an und für sich tot“. Das ist dann solcher Glaube, der wohl von sehr schöner und durchaus biblisch richtiger Lehre redet, der aber in der Praxis des täglichen Lebens versagt. Vielleicht ist er ein „Versammlungsglaube“, d. h. ein Glaube, der in den christlichen Versammlungen sich brüstet mit seiner hohen Erkenntnis und Schriftgemäßheit, aber wenn - ich rede aus trauriger Kenntnis und Erfahrung - ein christlicher Sammler, irgendeiner - nach unserer Überzeugung! - nicht gerade biblischen „Richtung“ an der Tür erscheint, um für ein Heim oder Notleidende oder sozial Gefährdete usw. um eine noch so kleine Gabe zu bitten, dann heißt es: „wir stehen anders, wir stehen biblisch, Sie gehören einer schriftwidrigen Organisation an, wir können Ihre

Sache nicht unterstützen, das verbietet uns unsere Überzeugung, u. dgl. m.“ - und der Sammler (z. B. von der „Heilsarmee“), der sich gefreut hat, an der Tür eines Bruders im HErrn zu stehen, darf bitter enttäuscht seinen Pilgerstab weitersetzen! „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welcher Heuchelei ist.“ Zugegeben, daß oftmals Vertreter von gefährlichen Sekten kommen, z. B. von Sabbatariern und sogen. „Bibelforschern“, die wir um der Wahrheit willen nicht unterstützen dürfen, da ihre Sache antichristlich ist - aber warum sollen denn andere wirklich christliche oder auch sehr notwendige christlich-soziale Bestrebungen darunter leiden?! Und ist nicht der Hauptgrund für solche Lieblosigkeiten armen Gläubigen anderer „Benennungen“ (christlicher Parteiungen) gegenüber eben die „Benennung“, der man selber angehört, oder, wenn man sich rühmt, keiner anzugehören, eben dieser „Ruhm“?! O über den Sauerteig des Selbstruhms anders stehenden Gläubigen gegenüber! Wieviel Lieblosigkeit, ja noch Böseres (Härte), hat dieses Sichrühmen seiner hohen biblischen Erkenntnis, seines Richtigstehens (gegenüber anderen) schon hervorgebracht! Wie oft ist dadurch der HErr entehrt worden, denn solche und andere unerkannte, fortgesetzte Lieblosigkeiten gerade auf der Basis pharisäischer Gerechtigkeit und - gewiß auch tatsächlicher - Richtigkeit und Schriftgemäßheit der Überzeugungen entehren den HErrn und Sein Werk („Auf daß sie alle eins seien!“) mehr als ein gelegentliches Zukurzkommen, für das es eine schnelle Heilung gibt. (1 Joh. 1,9; 2,1) Laßt uns, die wir um unserer erkannten „Stellung in Christo“ willen uns leicht besser dünken, uns - gerade angesichts so unendlich vieler Not unter Gottes Volk (auch zuerst wieder in Rußland!) - noch unter folgendes Wort stellen: „Hieran haben wir die Liebe erkannt, daß Er für uns Sein Leben dargelegt hat; auch wir sind schuldig, für die Brüder das Leben darzulegen. Wer aber der Welt Güter hat“ - er braucht deswegen wirklich noch nicht reich zu sein im landläufigen Sinne!! - „und sieht seinen Bruder Mangel leiden und verschließt sein Herz vor ihm, wie bleibt die Liebe Gottes in ihm?!“ (1. Joh. 3,16.17) Geschwister, das gelte uns innerhalb jeden Kreises, dem wir angehören mögen, aber das gelte auch über den „eignen“ Kreis hinaus, wenn der HErr uns Gelegenheiten schenkt oder Liebesbeweise über unsere „eigenen“ Grenzen hinaus fordert! (Mark. 14,7; Gal. 6,9.10! Phil. 4,5 u. a.) Daß wir doch ja nie die Liebe - und Liebe ist Opfer, ist Hingabe, ist Leiden! - durch unsere „Rechtgläubigkeit“, unsere richtige, unentbehrliche Lehre, unsere vor Gott biblisch einwandfreie Überzeugung,

weinen gehen lassen möchten! Lesen wir 1. Kor. 13 von Anfang an, und hüten wir uns vor dem Sauerteig, dem Bösen der pharisäischen Lehre, vor der „Heuchelei“, als wenn es nur von der Richtigkeit der Lehre abhinge, ob wir dem Herrn wohlgefällig seien oder nicht! Nicht als ob ich je die „Lehre“ als minderwertig, sekundär, überflüssig ansähe - ganz im Gegenteil! Ich schrieb schon darüber in der vorigen Lieferung! -, aber wenn wir die Lehre nicht mit dem „wirklichen Leben“ (1. Tim. 6,19) füllen (wie ich dort betonte), wenn wir sie auf Kosten des wahren Lebens, auf Kosten des tätigen Glaubens einseitig betonen, so verfallen wir dem Sauerteig der Heuchelei - und davor uns zu hüten, mahnt uns der HErr, der Mund der Wahrheit, Er, der stets das war, was Er redete (Joh. 8,25), und der auch bei uns ein Seiner Natur entsprechendes Leben zu sehen wünscht. Mögen wir uns dies tief einprägen lassen durch Seinen Geist, durch den wir in Sein Bild umgewandelt werden! (2. Kor. 3,18)

Noch vieles ließe sich über die besprochenen Dinge hinzufügen wie auch über manch andere Gebiete des „Sauerteigs der Pharisäer“ (z. B. auch auf dem der Religion, auch der Sittlichkeit [Ethik], auch der Kunst und Literatur usw.), aber ich breche hier ab, um in der nächsten Lieferung, so Gott will, auf den „Sauerteig der Sadduzäer“ zu sprechen zu kommen, der uns nicht minder beschäftigen muß, wie der der Pharisäer, welcher Heuchelei ist. „Hütet euch vor dem Sauerteig!“

Der HErr gebe uns Gnade, uns selbst zu „reinigen von jeglicher Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit völlig durchführen in der Furcht Gottes“! (2. Kor. 7,1) Das Leben ist voller Gefahren, „auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“ (Hebr.12,29), und es ist wahrlich nicht einerlei, ob wir Kinder Gottes nur heißen oder ob wir es in Wahrheit sind! (1. Joh. 3,1-3! 2. und 3. Johannes Brief!) Aber „Seine Gnade genügt“ für uns! (2. Kor. 12,9) Ihm sei die Ehre und der Ruhm!

F. K.

Forts. folgt, s. G. w.!

„Was Ich tue, weißt du jetzt nicht.“

Joh. 13,7.

Dieses Wort ist uns ein Schlüssel zu vielen Geheimnissen des Waltens Gottes in unserem Leben. Wir verstehen Seine Wege zur Zeit oft nicht. Wir sehen nicht, wie ein Segen für uns darin liegen kann. Seine Führungen sind uns dunkel. Wir hören nur Seine Stimme: „Was Ich tue, weißt du jetzt nicht.“ Wie vermöchten wir auch all die großen Gedanken des Allmächtigen zu erkennen! Manche Trübsale, die uns widerfahren, sollen uns von unseren verkehrten Wegen, den unüberwundenen Temperamenten und dem bösen eigenen Ich lösen. Vielleicht hat der HErr dieses Ziel auf den Wegen Seiner Güte bei uns nicht erreichen können. Wir ließen uns nicht heilen von unseren verkehrten Wegen, unseren Temperamenten und unserem Ich, und der HErr muß mit uns so bittere Wege gehen, so wie Er es einst durch Jeremia Seinem Volke sagen ließ, weil Seine Furcht nicht mehr bei ihnen war. (Jer. 2,19.)

Der HErr jedoch fügt Seinen Worten an Petrus hinzu: „Du wirst es aber hernach verstehen.“ „Das Geheimnis Seiner Wege wird erklärt werden. Wir verstehen Sein Walten jetzt nicht, weil wir das Ende nicht sehen können. In der Vollendung aber wird uns die Lösung all unserer Lebensrätsel werden. Jetzt aber sollen wir lernen, dem HErrn zu vertrauen, auch wenn wir Seine Wege mit uns heute noch nicht verstehen. Der Tag kommt, wo wir sehen werden, daß Er nur„Gedanken des Friedens“ über uns hatte.

A. v. d. K.

Frage und Antwort

Frage 7

Was hat das Bild, das der HErr in Matth. 24,28 gebraucht, zu bedeuten (Aas und Adler)?

Antwort A

In Bibelausgaben mit Parallelstellen ist hingewiesen auf Hiob 39,29.30; Habakuk 1,8; Offenb. 19,17.18.21 und Luk. 17,36. Die Stellen in Hiob, Habakuk und Offenbarung zeigen an, daß in Matthäus und Lukas die selbstverständliche Zumutung an den Leser gestellt wird, hinzuzudenken: „an dem Tage, da der Sohn des Menschen geoffenbart wird“ (Luk.), bei der „Ankunft des Sohnes des Menschen, die also sein wird, wie der Blitz ausfährt von Osten und scheint bis gen Westen“ (Matth. 24,27 und Luk. 17,24), wird es Erschlagene geben, die den Raubvögeln zum Fraße dienen werden.

Wer sind nun die Erschlagenen, hier in Matthäus mit „Aas“, in Lukas mit „Leichnam“ bezeichnet? Das kann nur dem Mittext entnommen werden. Denn das Gericht, das der HErr bei Seiner Ankunft ausübt, wird verschiedene Zusammenballungen von Feinden und Bündel von Unkraut (Matth. 13) treffen. In Offenbarung 19 sind es die Könige der Erde und ihre Heere, allen voran das Tier und der falsche Prophet, d. i. das Haupt des neuerstandenen römischen Reiches, dessen Kaiser, in dem das Reich verkörpert ist, und der Antichrist, der mit ihm verbündete, zugleich von ihm abhängige jüdische König. Das Gericht wird sie in Palästina oder dessen Nähe treffen. Offenb. 1.5,12-16.

In Luk. 17,31-35 und in Matth. 24,1-44 hat der Herr die Juden und das Land im Auge. Nichts ist von den Königen der Erde und von dem Tier und dem falschen Propheten speziell gesagt. Der HErr drückt Sich in allem summarisch aus. Daher werden wir wohl nicht fehlgehen, wenn wir unter dem „Aas“ oder „Leichnam“ die Masse der von ihrem Gott abgefallenen Juden im Lande verstehen. Sie sind mehrfach in den Propheten und Psalmen genannt, heißen im Gegensatz zur verhältnismäßig kleinen Anzahl der treuen Juden „die Vielen“, Daniel 9,27 und hier Matth. 24,12. Es ist nicht gesagt, wie das Gericht sie trifft. Zu dieser Frage bestünde auch gar kein Anlaß. Ob welche davon beim falschen Propheten im Gefolge der versammelten Heere der Könige der Erde sind oder in Jerusalem oder anderen Orten im Lande - sie werden dem Verderben nicht entrinnen! Die Jünger hatten gefragt: „Wann?“, Matth. 24,3, und durch längere

Ausführungen kommt der HErr auf den Punkt: „dann“, Vers 14. Noch nähere Erläuterungen führen zum Augenblick Seiner Ankunft, Vers 27.

In Lukas geben die Pharisäer durch die Frage über ein „Wann“ Anlaß zu den Mitteilungen, die der HErr den Jüngern gibt: 17,20-22. Die von den Propheten für den Tag Jehovas soviel gebrauchte Formel „an jenem Tage“ gebraucht der HErr hier für Seinen, des Sohnes des Menschen Tag, Verse 30.31. Daß nicht ein Tag von 24 Stunden, sondern eine gewisse Zeitspanne gemeint ist, ist klar in den Propheten. Hier ist es auch nicht anders. In Matth. 24,19.22 heißt es „jene Tage“. Also umfaßt „der Tag“ eine Reihe von Tagen. Es braucht sich auch niemand zu stören an dem Wort „in jener Nacht“, Luk. 17,34: Im Bette sein, von dem der HErr spricht, tut man eben bei Nacht, wie auch am frühen Morgen, ehe es noch recht Tag ist, die zwei Sklavinnen das Getreide für die Tagesration Brot mahlten. In Matth. 24,40 spricht der HErr von zweien, die auf dem Felde sind, was doch nur bei Tage der Fall ist. Die Frage der Jünger in Lukas Vers 36 lautet dann: „wo?“. Darauf erfolgt die verschiedenen Umständen und Arten des Gerichts Rechnung tragende und Raum lassende Antwort: „wo irgend“ eine Person oder eine Zusammenballung von Personen ist, die von Gericht erreicht werden sollen, da wird es sie treffen.

Da es eine sprichwörtliche Redensart ist: „Wo das Aas oder der Fraß ist, da versammeln sich die Adler“, so ist es nicht angängig, genau festlegen zu wollen, wer oder was mit den Adlern gemeint ist. Es meint einfach: Die Werkzeuge, die zur Ausführung des Gerichts gebraucht werden, werden zur Stelle sein und ihr Werk tun, ohne den oder die Falschen zu treffen. Es mögen Menschen sein, wie es für „die Beherrscher dieses Volkes, das in Jerusalem ist“, eben zu jener Zeit „die überflutende Geißel“, d. i. der König des Nordens, sein wird (Jes. 28,14-22; „der Bund mit dem Tode, der Vertrag mit dem Scheol“, Vers 18, ist der Bund des Antichristen in Jerusalem mit dem Haupt des römischen Reiches, um dem König des Nordens widerstehen zu können); es mögen Engel sein; es mag das aus dem Munde des HErrn wie ein Schwert ausgehende Wort sein: Es ist unnötig, sich darüber Gedanken zu machen!

Bezeichnend ist es doch, daß das Wort „Aas“ in Matthäus gebraucht wird wie in keiner der

anderen Parallelstellen. Ob's nicht in der Absicht gebraucht ist, den Abscheu zum Ausdruck zu bringen, den Gott an denen, die gemeint sind, empfindet? Im Gesetz wird erklärt, daß unrein wird, wer als Israelite ein Aas oder einen Leichnam anrührt. Das Tun und Treiben dieser abtrünnigen Juden der antichristlichen Zeitperiode ist in Gottes Augen so häßlich, daß sie verblümt mit dem, was ein Aas ist, einsgemacht werden.

Wir sind in der Auslegung in den Grenzen der Schrift geblieben. Es gibt andere Auslegungen. Z. B. mit den Adlern seien die Feldzeichen der römischen Legionen gemeint, welche Jerusalem zerstörten im Jahre 70. Die Feldzeichen dieser Legionen waren Adler. Aber ein Aufmerken darauf, daß der HErr in Matth. 24 von der Endzeit spricht, zerstört diese Auffassung. In Lukas 17 spricht der HErr ebenfalls von der Endzeit. In Lukas 22, wo wirklich von Jerusalems Zerstörung durch Titus die Rede ist und anschließend daran vom Kommen „des Sohnes des Menschen in einer Wolke mit Macht und großer Herrlichkeit“, ist von Aas oder Leichnam und Adlern gar nicht die Rede. Also bleiben wir bei dem, was uns die Schrift an die Hand gibt, dann fahren wir am sichersten!

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Diese in kurzem Abstand nacheinander zweimal, von ganz verschiedenen Seiten, gestellte Frage hat in obigen Ausführungen eine sonnenklare, nüchterne, einfache und doch auch ausführliche Beantwortung gefunden, die hoffentlich jedem nützt! - Ich glaube, nur noch einiges hinzufügen zu sollen.

Zur Sache, die in dem fraglichen Zusammenhang behandelt wird, den „Tag des HErrn“ betreffend, verweise ich u. a. auf folgende früher veröffentlichte Fragen und Aufsätze: Jahrb. 2, Frg. 31; 5,14; 10, S. 66-68 (12,21); 15,4; Frg. 1 ds. Js.!

Zu dem vom HErrn gebrauchten Bilde möchte ich bemerken,

1. daß es sich nach Brehm (vgl. Kinzler, „Biblische Naturgeschichte“, wohl eher um die Geier handelt, nicht als ob der Adler nicht auch an Leichen, an Aas, ginge, aber er kommt meist allein oder zu 2-3, während die ebenso, menschlich unvorstellbar, scharf aus höchster Höhe sehen könnenden Geier mehr in Scharen („zu Hunderten“) kommen, wie es dem Wortlaut der Stellen nach sein muß. Das Wort, welches im griechischen Grundtext für die Vogelart steht, bedeutet wohl „Adler“, aber das entsprechende hebräische Wort des A. T. kann beide Tierarten bezeichnen (Adler und Geier).

2. Sowohl der Zusammenhang der Stelle ist in Lukas etwas anders als in Matthäus als auch der Wortlaut, indem in Matth. 24,28 von „Aas“ die Rede ist und in Lukas 17,36 von „Leichnam“. Ohne obiger Antwort im mindesten widersprechen zu wollen, meine ich zunächst doch, daß in Lukas - auch durch Hinzufügung der Lot-Geschichte - der Kreis derer, die das alles angeht, ein wenig hinausgeht über Israel. Sollte man diese Gerichtsstelle nach Lukas nicht auch auf die dann - wenn der HErr wie ein Blitz kommt - hienieden herrschende innerlich verfaulte, tote (Leichnam-ähnliche) und doch noch z. T. religiöse (kirchliche, in der Offenbarung „die große Babel“ genannte) Menschheit im allgemeinen, in der gewiß „die Vielen“ Israels, d. h. des von Gott losgelösten Israel, offen den Abfall predigen, angewandt werden dürfen? Und insofern, als die Zeiten dann, ehe der HErr zum Gericht kommt, denen Noahs und denen Lots gleichen, glaube ich, können wir diese Stelle auch als Warnung der heutigen Menschheit zurufen (in der Anwendung der Stelle, nicht in der Lehre), da auch die heutige Zeit immer mehr den Charakter jener trägt. Und wenn dann jedes Leben aus der Körperschaft einer von dem lebendigen Gott vollends abgefallenen Christen- und Menschheit geschwunden ist (vor allem durch die „Entrückung der Gläubigen!“ 1. Thess. 4!), wenn die Christenheit nur noch Laodicea ist, reif zum Ausgespienwerden (auch hier in Offenb. 3 das Bild des Abscheus, vgl. obige Antwort!), dann sammeln sich die scharfblickenden Geier des Gerichts, um im geeigneten Augenblick auf ihr Opfer niederzustoßen, auf den „Leichnam“ nicht nur eines gottentfremdeten Judentums, das reif zum Gericht ist, sondern auch einer gottlosen Christenheit sowie einer antigöttlichen und antichristlichen Menschheitsmasse. Wie ernst ist das, ganz einerlei - wie auch oben in Antwort A angedeutet -, wer die „Gerichtsvollzieher“ (etwa die Engel, vgl. Frg. 8!) auch

sein mögen! Schon jetzt mögen sie spähen und harren auf ihre Zeit! Darum: „Gedenket an Lots Weib!“

3. In Matth. 24 ist nur von dem Gericht über Israel die Rede, und zwar von dem eschatologischen, d. h. dem Endgericht, von dem das durch Titus im Jahre 70 nur ein schwaches Abbild ist. Wer in dem „Aas“ etwa die Gemeinde des HErrn sieht - auch solche „Deutung“ gibt es (weil in Luk. 17,36 das Wort für „Leichnam“ auch „Leib“ heißt!! Aber der „Leib Christi“ ward doch erst dem Paulus offenbart nach Eph. 3!!) -, der verwischt alles und verliert sich in unbiblischen Grübeleien. Nein, es ist ganz deutlich, daß unter diesem abscheuerregenden Wort etwas gemeint ist, was Dem ein Greuel ist, der das Gericht ausüben läßt.

4. Das Sprichwort von den sich beim Aas sammelnden Adlern oder Geiern kann sich in Matthäus aber auf noch etwas anderes beziehen als auf die Vollstrecker des Gerichts: nämlich auf die vorher im Zusammenhang genannten Verführer (V. 24!), indem stets da, wo sittlicher Niedergang, Fäulnis, Tod usw. eingetreten ist, solche satanisch orientierten Leute (Irrlehrer!) - mit teuflischem Späherblick ausgerüstet und in dem „Fischen im Trüben“ ihr Lebenselement sehend! - gern plötzlich auftauchen, um ihre Opfer noch mehr ins Verderben zu ziehen und an diesem sich zu weiden. Ich will diese Deutung nicht als sichere Lehre über unsere Stelle hingestellt wissen, wohl aber als möglich zur Prüfung vorlegen. Denn von dem eigentlichen Gericht ist doch bei Matthäus erst hinterher die Rede, und darum sagte ich schon oben, daß die Stelle in Lukas eine etwas andere Bedeutung zu haben scheine als in Matthäus: In Lukas spricht sie, vielmehr spricht der HErr, der Sein Wort souverän anwendet (so oder so!), zweifellos vom Gericht, zunächst über Israel usw., während in Matthäus entweder von dem Endgericht und seinen Vollstreckern oder von den eindringenden Verführern die Rede ist (was ja auch Gericht bedeutet: 2. Thess. 2,9ff.!!). Die Leser mögen diese Auffassungen prüfen!

5. In jedem Falle enthält die Stelle, wie man sie auch anwendet, für uns heute die ernste Mahnung, allen Fäulnis- und Verdorbenheitserscheinungen, allem Bösen und Scheinwesen unter uns entgegenzuarbeiten, indem wir uns selber davon reinigen (vgl. meinen Aufsatz: „Hütet

euch vor dem Sauerteig!“), damit nicht in irgendeiner Form auch uns - das Haus Gottes der Jetztzeit! - ein Gericht ergreife: ein „Strafgericht“, wie es offenbar in Korinth eingetreten war. (1. Kor. 11,29-34) Man verstehe mich nicht falsch: Nicht daß ich ebengenanntes „Strafgericht“ mit dem der besprochenen Stelle im mindesten verwechselte, aber jedes Gericht, auch das am Hause Gottes, also vor der Entrückung der Gläubigen, trägt den unwandelbaren Charakter der Heiligkeit Gottes, dem alles Unheilige, auch bei den Seinen und erst recht bei ihnen, ein Greuel ist. Darum, wenn auch die Stelle der Frage sich nur auf „die Zukunft des Sohnes des Menschen“ beziehen kann, so möge sie gleichwohl für uns die Warnung enthalten, daß wir, Sein Volk, soviel an uns ist, uns so fern wie möglich halten sollten von solchem Fäulniszustand, der eins Seiner Gerichte herausfordern würde! 1. Petr. 1,14-19! Er gebe uns Gnade zu einem Wandel im Licht!

F. K.

Frage 8

Ist es richtig, auf Grund von Hebr. 1,14 und 1. Kor. 11,10 (im Zusammenhang ist ja vom Gebet die Rede!) zu sagen, daß die Engel die Gebete der Gläubigen vor Gottes Thron trügen sowie gleicherweise die Erhörung von dorther zu den Betenden brächten?

Antwort A

Die Bibel ist das Buch der Erlösung. Ihr gesamter Inhalt ist darum auf die Bewirkung des Heils gerichtet. Hierbei trägt das Alte Testament vorwiegend den Charakter der Vorbereitung und des schattenhaften Vorbildes, während das Neue Testament uns die Erfüllung und die wesenhafte Wirklichkeit bringt. Und alle Zentralgedanken des Neuen Testamentes wiederum lassen sich unter dem Gesichtspunkt von drei Hauptkreisen auffassen, und zwar sind diese:

1. Der persönlich-individuelle, kleine Kreis des Heils für den einzelnen,

3. der makrokosmisch-universale, größte Kreis des „Königreiches Gottes“.

Diese drei Kreise bedingen einander, insofern die Gemeinde aus den erlösten einzelnen besteht und das Reich Gottes in dem Organismus der Gemeinde seine zukünftige Herrschaftsaristokratie hat. „Wisset ihr nicht, daß die Heiligen die Welt richten werden?“ (1. Kor. 6,2)

Die Darlegung dieses dreifachen und dennoch einen Heils ist der drei-einheitliche Hauptinhalt der Bibel. Diesen entwickelt sie aber nicht in der Form systematisch lehrhaft aufgebauter „Haupt-“ und „ Lehrstücke“, etwa wie in der Art eines Katechismus oder einer Dogmatik („Glaubenslehre“), sondern in dem Aufbau eines schlichten, geschichtlichen Nacheinander. Die Methode der Bibel ist also durchaus historisch, nicht spekulativ-philosophisch. Alles andere, was außer diesen drei Kreisen in der Bibel steht, ist nichts weiter als Hintergrund, und zwar ist dieser letztere von doppelter Art. Die Heilige Schrift hat

1. einen irdisch-geschichtlichen Hintergrund, d. h. die Welt- und Kulturgeschichte der altorientalischen und griechischrömischen Völker, und

2. einen weltall-übergeschichtlichen Hintergrund, d. h. die Entwicklungen und Vorgänge in der uns unsichtbaren Welt der Geister.

Auf diesen doppelten Hintergrund nimmt die Heilige Schrift nur dann Bezug, wenn es die Verständlichmachung der in ihrem Vordergrund stehenden Heilstaten und Heilswahrheiten erheischt. Im übrigen schweigt sie darüber, denn ihr Interesse ist durchaus praktisch und weniger theoretisch, am wenigsten spekulativ (philosophisch-grüblerisch).

Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß dieser Hintergrund da ist und daß wir, trotz alles Schweigens der Bibel, dennoch gewisse, und zwar gar nicht einmal wenige Aussagen, Hinweise und Andeutungen auf ihn haben. In unserem Zusammenhang kommt hier nur das Gebiet der Hineinwirkungen der unsichtbaren Welt in die geoffenbarte Heilsgeschichte in Betracht.

Daß die Engel in dieser Hinsicht eine viel größere Rolle spielen und daß darüber auch viel mehr geoffenbart ist, als der zum Teil vom „Sauerteig der Sadduzäer“ (Matth. 16,12; vgl. Apgesch. 23,8) beeinflußte Protestantismus zunächst denkt, ist jedem Bibelleser klar, der über dieses Thema die Heilige Schrift schon einmal planmäßig durchforscht hat. Oft könnte uns das Gebet des Elisa gelten: „Jehova, öffne doch seine Augen, daß er sehe.“ (2. Kön. 6,17) Das Sichhalten an den Unsichtbaren (Hebr. 11,27) schließt nicht aus, daß wir auch das Wirken der Unsichtbaren, d. h. Seiner Engel, mit in Betracht ziehen. In ungezählter Menge himmlischer Heerscharen (z. B. Luk. 2,13) nehmen diese letzteren teils einzeln (Apgesch. 5,19) (mit [Dan. 9,21; 10,21] oder ohne Namennennung), teils in organisierten Körperschaften (Offenb. 12,7 vgl. Kol. 1,16) an der Heilsgeschichte teil. Diese hat ja auch, obwohl sie im Verlaufe der Heilsentwicklung durchaus die Menschheit in den Mittelpunkt stellt (vgl. Christi Menschheit selbst: 1. Tim. 2,5), dennoch in bezug auf das Heilsziel eine weit über die Geschichte der Menschheit hinaus gehende, allgemein irdische (Hos. 2,21f.; Jes. 11,1-10 u. v. a.) und überirdische (Hebr. 9,23; Kol. 1,20; Offenb. 21,1), kosmologische (d. h. weltallweite) und übergeschöpfliche (1. Kor. 15,28) Bedeutung und Tragweite, so daß das Hineinwirken der Welt der Geister, schon von diesem Gesichtspunkt aus gesehen, ganz begreiflich ist, abgesehen von zahlreichen anderen Gründen, die hier nicht im einzelnen zu besprechen sind. -

Mit den mannigfachsten, von uns durchaus nicht überblickbaren Aufgaben betraut, treten die Engel in der biblischen Heilsgeschichte auf.

Zunächst sind sie

1. Zuschauer des Werdens auf Erden. Hierzu vgl. besonders Eph. 3,10; Luk. 15,7; 1. Kor. 4,9.

Vor allem aber sind sie in unserem Zusammenhang „dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen“. Diese ganz allgemeine Tatsache ist in Hebr. 1,14 ausgesprochen: Über die besondere Art und Weise dieser ihrer Sendung und ihres Dienstes (etwa einer Mitbeteiligung beim Gebet der Gläubigen im Sinne obiger Frage) gestattet diese Schriftstelle keine zuverlässigen, speziellen Rückschlüsse. Ein Bild von diesem

fortlaufenden Engeldienst an Gottes Erwählten ist auch Jakobs Traum von der Himmelsleiter (1. Mos.28).

Es scheint, daß es für diese Dienste geradezu ein Prinzip himmlischer Organisation gibt. Jedenfalls redet die Schrift von Engeln für kleine Kinder (Matth.18,10), vielleicht auch für jeden erwachsenen Gläubigen - denn in Apgesch. 12,15 ist zu beachten, daß es dort weder heißt „ein Engel“ noch „sein (des Petrus) Geist“, sondern „sein Engel“ -; ferner gibt es offenbar Engelfürsten über (alle?) heidnische(n) (Dan. 10,13.20.21) Völker wie auch das Volk Israel (Michael: Dan. 10,21; 12,1; Offenb. 12,7; Jud. V. 9).

Die besonderen Engeldienste nun sind ebenso mannigfaltig, wie das Leben selber mannigfaltig ist, und können daher ebensowenig in ein dogmatisches System eingepreßt werden wie das Leben selbst.

Eins ist jedoch zunächst sicher: Die Engel haben nie den Auftrag direkter Evangeliumsverkündigung (vgl. hierzu Apgesch. 8,26; 10,3); in Offenb. 14,6, wo ein Engel das „ewige Evangelium“ ausruft, handelt es sich nicht um das Evangelium der erlösenden Gnade Gottes. (Vgl. Jahrb. 2, Frage 42! Die Schriftl. F. K.) Die heiligen Engel stehen eben als Anbeter und Diener neben der eigentlichen Erlösung (vgl. Hebr. 2,16). So gebraucht Petrus auch in 1. Petr. 1,12 ein Zeitwort (parakypsai), welches, der Etymologie (Wortentstehung) nach, genau bedeutet „sich zur Seite bücken, um zu betrachten“, „seitwärts hineinschauen“.

Eine Haupttätigkeit der Engel als Diener der Erlösten ist, daß sie

D. Verf.

2. Boten sind. Das drückt ja schon unser Wort „Engel“ aus; denn „Engel“ ist ein Wort, das nicht deutsch ist, sondern aus dem Griechischen stammt (angelos) und von dem Zeitwort angello = „senden, schicken“ herkommt, also der „Geschickte“, der „Gesandte“ bedeutet. Von solchem Sendungs- und Botendienst reden z. B. Stellen wie Luk. 1,11; Dan. 9,22 u. v. m. Auch die ganze Offenbarung ist dem Seher von Patmos, Johannes, durch einen Engel vermittelt worden.

(Offenb. 1,1; 22,6.16; vgl. „der Engel, der mit mir redete“ in Sach. 1,9.13; 2,3 usw.) Ebenso ist das mosaische Gesetz „das durch Engel geredete Wort“ (Hebr. 2,2), welche Tatsache überhaupt erst verständlich macht, warum der Schreiber des Hebräerbriefes in seiner heilsgeschichtlichen Kontrastierung des Alten und Neuen Bundes (Hebr. 1-10) zwei ganze Kapitel dem Vergleich zwischen dem Herrn Jesus und den Engeln widmet (Hebr. 1 u. 2).

Bei anderen Gelegenheiten sind sie

3. Helfer in Not. Man denke nur an die Befreiungen des Petrus aus dem Gefängnis (Apgesch. 5,19; 12,7), an das durch einen Engel vollzogene Verschließen der Löwenrachen in Daniels Grube (Dan. 6,23), an den, der einem Göttersohn ähnlich aussah bei den drei Männern im feurigen Ofen (Dan. 3,25.28), an die feurigen Wagen zum Schutze Elisas in Dothan (2. Kön. 6,17). Ja, sogar die Stärkung des menschgewordenen Heilandes in Gethsemane durch einen Engel (Luk. 22,43; vgl. Ps. 8,4.5; Hebr. 2,5-9) gehört hierher.

Zuweilen geschieht die Hilfe indirekt, und zwar in der Vernichtung der den Gläubigen feindlichen Gewalten. Dann sind die Engel

4. Gerichtsvollstrecker. In dieser Eigenschaft wirkten sie in der alttestamentlichen Vergangenheit (2. Chron. 32,21; Jes. 37,36!), in der neutestamentlichen Zeit (Apgesch. 12,23) und werden es als die „Schnitter“ (Matth. 13,39) auch in der Zukunft, in der Zeit der Parusie, tun, wozu besonders die stark hervortretende Rolle der Engel im Buche der Offenbarung zu vergleichen ist (Offenb. 14,19; 15,1.6.7; 16,1-21; 17,1 usw.).

Dies alles beweist, daß wir uns von einer allzusehr vergeistigenden, uns Abendländern allen durch die griechische Philosophie eines Plato (und Aristoteles) bewußt oder unbewußt, direkt oder indirekt gar zu stark in Fleisch und Blut übergegangenen Betrachtungsweise der unsichtbaren Welt fernhalten müssen, wenn wir den durchaus plastischen und realistischen Hintergrund der biblisch-prophetisch-apostolischen Weltanschauung schriftgemäß erfassen wollen. Fort mit aller Philosophie, auch mit der uns unbewußten! Und hin zur biblisch sinnenden, schrift gebunden denkenden Heils- und Weltbetrachtung!

Doch nun endlich zu unserer Frage, die wir bisher nur gestreift hatten: „Sind die Engel irgendwie mit den Gebeten der Gläubigen verbunden als Träger unserer Anliegen vor Gott oder als Bringer der eventuellen Erhörung von Gott?“

Mit einem Federstrich läßt sich da weder so schnell ein „Ja“ noch ein „Nein“ behaupten; denn die Heilige Schrift redet über diesen Punkt kaum, und wenn sie es tut, so nur ganz zart, und niemals gibt sie allgemeine Regeln. Wir sind also nur auf ein Ahnen und Tasten angewiesen; denn „wir sehen jetzt durch einen Spiegel undeutlich“, und daher erkennen wir nur „stückweise“ (1. Kor. 13,12.9).

In 1. Kor. 11,10 sagt Paulus, daß das Weib beim Gebet eine Macht auf dem Haupte haben solle „um der Engel willen“. Was meint er mit dieser Begründung? Ablehnen möchten wir durchaus die Beziehung auf die gefallenen Engel und die etwaige Hinweisung auf den Geistersündenfall (? vgl. Jahrb. 3, Frage 16. Die Schriftl. F. K.) von 1. Mos. 6 (Jud. 6), als ob das Anschauen des nicht-verschleierten Frauenantlitzes etwa zu sündigen Erregungen und Handlungen bei den abgefallenen Geistern führen könnte. Diese Erklärung wäre zu naiv-kindlich und sinnenhaft, ist auch mit keiner Silbe im Text angedeutet. Ebensowenig sind wir geneigt, aus diesem Zusammenhang eine Mitwirkung der Engel bei der Überbringung der Gebete bzw. der Erhörungen zu schließen. Natürlicher erscheint uns der Hinweis auf eine bisher noch nicht erwähnte Engeltätigkeit. Engel sind nämlich oft

5. Wächter der sittlichen Weltordnung Gottes. Nicht nur als Zuschauer (s. oben), sondern auch als gewissermaßen mit Vollmachten versehene Wächter haben sie ihre Augen auf das Erd- (bzw. Welt-)geschehen gerichtet, um zu sehen, ob und daß sich die Dinge nach göttlichem Willen abspielen. In diesem Sinne spricht Dan. 4,17 von solchen Engeln als „Wächtern“, ja läßt sogar vermuten, daß sie nicht nur bloße Ausführer göttlicher Beschlüsse und Befehle sind, sondern bis zu einem Grade als im Namen und Auftrag und im Sinne des höchsten Oberherrn regierende Unterfürsten eine gewisse eigene, relativ selbständige Befehlsgewalt haben. Jedenfalls wird Nebukadnezars Strafe, die in Dan. 4,24 als „Beschluß des Höchsten“ bezeichnet

Engel) charakterisiert (vgl. Vers 17): „Durch Beschluß der Wächter ist dieser Ausspruch, und ein Befehl der Heiligen ist diese Sache.“ (Man erinnert sich hier gewiß sogleich der himmlischen Ratsversammlungen, von denen das Wort Gottes zuweilen redet [z. B. 1. Kön. 22,19ff.; Hiob 2,1 und Ps. 89,6-8].) Diese selbe heilig an Gott gebundene und dennoch relativ selbständig freie Befehlsgewalt von heiligen Engeln könnte auch Apgesch. 7,53 nahelegen, wonach das mosaische Gesetz „auf Grund von Anordnungen (gr. diatageis) von Engeln hin“ gegeben ist und daher geachtet werden sollte als (eis) „Anordnungen“ von Engeln, wobei man allerdings bei dem Gedanken stehen bleiben kann, daß die mosaischen Gesetze nur deshalb als „Engelanordnungen“ bezeichnet werden, weil sie als Gottesgebot durch Engel übermittelt worden waren (Gal. 3,19: „angeordnet durch Engel, vgl. Hebr. 2.2). Zweifellos jedoch scheint, daß gewisse Engel die „Wächter“ der Weltordnung Gottes sind. Dies gibt m. E. die rechte Erklärung von 1. Kor. 11,10. Eine unverschleierte Frau drückt mit ihrem allzu „modern“-freien Auftreten die „Emanzipation“ (Verselbständigung gegen Gottes Willen) aus und verletzt damit in ungehöriger Weise die von Engeln bewachte Weltordnung des Schöpfers. Daher soll sie sich beim Beten „um der Engel“ willen verschleiern. Daß die Bezugnahme auf die allgemeine Schöpfungsordnung in 1. Kor. 11 vorliegt, beweist ja auch Vers 11-15. Eine Mitwirkung der Engel beim Gebet an sich ist also m. E. in 1. Kor. 11,10 keineswegs ersichtlich.

Überhaupt liegt bei dieser ganzen Frage das „Nein“ näher als das „Ja“ oder das „Vielleicht“. Denn würde bei einer solchen Zwischenstellung der Engel zwischen Gott, unserem Vater, und uns nicht die Un mittelbarkeit unserer Beziehung als „Kinder“ Gottes leiden? Haben wir nicht freien Zugang zum Gnadenthron (Hebräerbrief!), und ist nicht der Mensch Christus Jesus der eine Mittler zwischen Gott und den Menschen (1. Tim. 2,5)? Wozu da noch eine weitere Vermittlung durch Zwischenwesen? Und wo bleibt da die Allwissenheit Gottes, wenn Engel unsere Gebete erst vor Ihn tragen? Kommen wir da nicht auf die (vermutlich vorhanden gewesene) Irrlehre in Kolossä (Kol. 2,18) hinaus, die gewissen katholischen Ideen einer Fürbitte der Maria bzw. der Heiligen nicht mehr so übermäßig fern ist, wenn sie sich von diesen letzteren auch in vieler Hinsicht noch wesenhaft unterscheidet? Wohl glauben wir bestimmt, daß Gott Sich bei der Erhörung unserer Gebete zuweilen (vielleicht oft) der Mitwirkung der Engel

Daniel das erbetene Verständnis der kommenden Dinge, also die Erhörung seiner Bitte, überbringt); aber daß dies immer geschieht und daß unsere Gebete auch erst durch Engel zu Gott emporgetragen werden, läßt sich doch schwer mit Sicherheit aus der Schrift nachweisen. Die in der Frage angegebenen Stellen tun es gewiß nicht. Da müßte man erst den ganzen Gedanken hineintragen, um ihn dann wieder herausfinden zu können.

Nur bei zwei Stellen aus der Offenbarung scheint es nicht ganz so leicht zu sein.

1. Offenb. 8,2-4: „Und ich sah die sieben Engel, welche vor Gott stehen, und es wurden ihnen sieben Posaunen gegeben. Und ein anderer Engel kam und stellte sich an den Altar, und er hatte ein goldenes Räucherfaß, und es wurde Ihm viel Räucherwerk gegeben, auf daß er Kraft gebe den Gebeten aller Heiligen auf dem goldenen Altar, der vor dem Thron ist. Und der Rauch des Räucherwerks stieg mit den Gebeten der Heiligen auf aus der Hand des Engels vor Gott.“

Hier stehen wir allerdings vor einer Stelle schwerwiegendster Bedeutung. Professor Lange behauptet, dieser Engel sei nur eine symbolische Gestalt, etwa für den HErrn Selbst (1. Joh. 2,1) oder den Heiligen Geist (Röm. 8,26), denn eine gezwungene „Buchstäblichkeit“ müsse, „konsequent festgehalten“, hier „allerdings zu dem katholischen Begriff einer Engelmittlerschaft führen“. (Auch in Offenb. 1,4 [vgl. Offenb. 5,6!! vgl. Jes. 11,1.2; aber zu letzteren Stellen vgl. Jahrb. 14, Schlußfrage!!] wird ja die göttliche Person des Heiligen Geistes in dem symbolischen Buch der Offenbarung als „sieben Geister“ umschrieben.) Dr. Düsterdiek, Professor Hengstenberg, Professor Zahn halten den Engel von Offenb. 8 für einen wirklichen Engel, ohne jene katholische Folgerung zu ziehen. Der Engel sei einfach „Überbringer“ der Gebete. Vielleicht hilft es, daran zu denken, daß der Zusammenhang ja von der Endzeit spricht. Sollte etwa Gott für jene Tage, wo die Heiligen der Trübsalszeit durch besondere satanische Anfechtungen hindurchgehen, gewissermaßen als himmlische Gegenkraft gegen jene dämonischen Gewalten einen besonderen Engel beauftragen, die Gebete der Gläubigen zu stärken (vgl. Offenb. 12,7ff!)? Ganz unmöglich scheint uns persöhnlich dieser Gedanke nicht. In jedem Fall ist aber Offenb. 8 keine allgemeine Belehrung über das Mitwirken von Engeln bei

allen Gebeten der Gläubigen zu allen Zeiten; sondern es handelt sich um eine spezielle Weissagung, die sich auf eine (zukünftige) historische Einzelsituation bezieht. Daraus dogmatische Folgerungen zu ziehen führt aber über das Gebiet der mehr oder weniger subjektiven Vermutungen nicht hinaus. „Das Verborgene ist Jehovas.“ (5. Mos. 29,29)

Die zweite Stelle findet sich ebenfalls in der Offenbarung, und die symbolische Sprache des Buches läßt uns auch hier in bezug auf feste Behauptungen vorsichtig sein.

2. „Und als es (das Lamm) das Buch nahm, fielen die vier lebendigen Wesen und die vierundzwanzig Ältesten nieder vor dem Lamme, und sie hatten ein jeder eine Harfe und goldene Schalen voller Räucherwerk, welches die Gebete der Heiligen sind.“ (Offenb. 5,8)

Wer sind die 24 Ältesten? Sind sie die Vertreter der Gemeinde - dann ließe sich wenig in bezug auf unsere Frage folgern - oder sind sie himmlische Wesen, die nur in besonderer Beziehung zur Menschheit stehen? Auch hier werden, wie übrigens meistens, diejenigen am festesten und dogmatischsten mit „zweifellosen“ Behauptungen umgehen, die die Frage am oberflächlichsten oder einseitigsten „studiert“ haben. In Wahrheit haben sich gläubige Schrifterklärer ersten Ranges teils auf die eine, teils auf die andere Seite gestellt, mit schwerwiegenden Gründen auf beiden Seiten. Eine Aufrollung des Problems würde hier den Rahmen sprengen, und der Schreiber müßte am Schluß doch nur sein „Ignoramus“ („Wir wissen es nicht“) bekennen. Aber selbst wenn es mit Gewißheit nachgewiesen werden könnte, daß die 24 Ältesten Engelwesen seien, so verböte auch hier der symbolisch-allegorische Stil der ganzen Offenbarung, aus der Tatsache, daß sie die Schalen der Gebete der Heiligen in der Hand haben, mit zweifelloser Sicherheit zu folgern, daß regelmäßig Engel es sind, die alle unsere Gebete vor Gott tragen.

Es ist also noch viel Geheimnisvolles und Rätselhaftes da. Manches hat uns Gott zu erkennen gegeben. Das meiste ist uns verhüllt (vgl. Joh.21,25). Wie herrlich wird es einmal in der Ewigkeit sein, wenn wir erkennen werden, gleichwie wir erkannt worden sind (vgl.1. Kor.13,12). Und bis dahin wollen wir warten und - wirken!

Er. Sr.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Zu dieser wahrhaft kostbaren, reichhaltigen Antwort noch etwas wesentliches hinzuzufügen ist mir wohl nicht gegeben! Möge der HErr allen Lesern tiefe Segnungen durch obige Ausführungen vermitteln! Ihm sei Preis für dieselben!

Ich habe hin und her im Text auf frühere Fragen verwiesen. Hier aber glaube ich noch einen Hinweis nicht unterlassen zu dürfen, den auf Frage 50 in Jahrbuch 2 über die 24 Ältesten (im Blick auf den vorletzten Absatz obiger Antwort!). Ich muß es mir aus Raummangel leider versagen, etwas von jenen tiefgründigen Ausführungen (von K. O. St. u. v. d. K.) abzudrucken, aber ich glaube, bessere Beweise dafür, daß die 24 Ältesten nicht Engel sein können, könnte die gegenteilige für ihr „doch Engel“ nicht beibringen, als sie dort gebracht sind. Übrigens sagt unser Mitarbeiter K. O. St. dort auch zu der oben vorher behandelten Stelle Offenb. 8,2-4, daß er überzeugt sei, der Engel dort (wie in Offenb. 10,1 und Mal. 3,1) sei Christus Selbst. U. a. wird auch gesagt, daß Engel stets stehen, nicht sitzen in der Gegenwart Gottes und daß sie keinen priesterlichen Dienst ausübten usw. usw. Wieviel sagt uns das doch!

Aber laßt uns nur weiterforschen! Wir, die wir gewürdigt sind, das ganze Wort in Händen zu haben, wir dürfen noch manch Geheimnis zu erforschen suchen, und wieviel Geheimnisvolles liegt doch auf den Gebieten dieser Frage! Hierbei möchte ich noch auf eine bedeutsame Stelle hinweisen, die oben nicht genannt ist und die vielleicht zeigt, daß Jehova Sich einer gewissen Übermittlungstätigkeit der Engel bedient - trotz Seiner Allwissenheit -, vielleicht damit auch wir klarer sehen: 1. Mos. 18,20.21.22! Wie eigenartig, nicht wahr?!

Verfasser der gegebenen Antwort wagt nicht zu sagen, daß stets ein Vermittlungsdienst der Engel bei unseren Gebeten gefolgert werden dürfe. Nein, ich würde mich auch sehr fürchten, das zu tun, und zwar trotz Daniel 10,12, so gewichtig jenes Zeugnis u. a. auch ist! Aber es ist mir ganz aus dem Herzen geschrieben, daß (dem Sinne nach) im Falle eines ständigen Gebets-Vermittlungsdienstes die einzigartige Mittlerschaft unseres großen Mittlers und Hohenpriesters

Geist) mit unserem Gott und Vater verkehren (vgl. auch Frage 4 ds. Js.!). Aber darf man vielleicht nicht sagen: Ja, das sind auch wir, die wir „in Christo“ vor Ihm stehen - wir genießen andere Vorrechte, wenigstens in unserem Gebet, besonders bei dem „im Namen Jesu“, als irgendeine andere Gruppe oder Haushaltung Gottes!? Mit anderen Worten: Soll man aus alttestamentlichen Stellen oder auch aus solchen, die der Zukunft angehören (Offenb., also auch einer anderen Haushaltung!) oder auch aus den zu einem besonderen Zweck der „Befehlsübermittlung“ (vgl. Anm. auf Seite 93) schließen, daß bei unserem Beten auch Engel mittätig seien? Ich möchte das nicht unbedingt bejahen, wenngleich ich gern zugebe, wie wenig ich (auch) noch positiv weiß von der Fülle der Dienste jener „Gewaltigen an Kraft“ usw. (Ps. 103,20f.), jener „dienstbaren Geister“ (Hebr.1,14)! Höchst bemerkenswert scheint mir hierzu eine besondere Stelle: die, wo Paulus wohl von einem „Engel Satans“ mit Fäusten geschlagen werden darf, aber die Nichterhörung seiner dreimaligen Bitte, daß jener von ihm abstehen möge, wird ihm nicht durch einen Engel übermittelt, nebst der Zusicherung der Gnade des HErrn, sondern durch diesen Selbst (2. Kor. 12,7-9!). Ist das nicht kostbar, und beweist das nichts in unserer Frage?! So ließe sich gewiß noch manches finden zur weiteren Beleuchtung des „Ob“ oder „Ob nicht“ bei uns, der Gemeinde, den Gliedern Seines Leibes, den Söhnen Gottes, die wir, als unmittelbar durch Seinen Geist mit Ihm verbunden, nach der Schrift vor Ihm einen anderen höheren Platz einnehmen als alle anderen Heiligen!

Dennoch - Raum genug zum Weiterforschen, nicht zum Grübeln, zum Spekulieren - das sei nicht unsere Sache! -, sondern zum „Forschen in der Schrift“ (Joh. 5,29), bis wir „daheim bei dem HErrn“ (2. Kor. 5,8) sind, wo alle Rätsel gelöst sein werden! - „Glückselig, die Seine Zeugnisse bewahren, die von ganzem Herzen Ihn suchen!“ (Ps. 119,2)

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung.)

Das Fest der Wochen oder das Pfingstfest.

Das nächste in der Reihenfolge der Feste wird das „Fest der Wochen“ genannt (siehe 5. Mos. 16,10 u.16), im Neuen Testament finden wir es als „Tag der Pfingsten“ bezeichnet. Die Bezeichnung „Fest der Wochen“ kommt daher, weil von dem Tage an, da die „Garbe der Erstlinge“ vor Jehova gebracht wurde, sieben volle Wochen (eine sogenannte Wochenwoche) verstreichen mußten. An dem darauf folgenden Tage wurde dann das „Fest der Wochen“ gefeiert. Die andere Bezeichnung „Tag der Pfingsten“ bezieht sich auf die fünfzig Tage, die zwischen der Erstlingsgarbe und dem Fest der Wochen lagen. Das griechische Wort für „Pfingsten“ bedeutet der „Fünfzigste“, und der Tag des Festes nach den sieben vollen Wochen war eben der fünfzigste Tag.

Zuerst laßt uns nun beachten, daß dies „Fest der Wochen“ (Pfingstfest) eng mit dem vorhergehenden, dem Bringen der Erstlingsgarbe (Auferstehung), verbunden ist. Wie wir schon auf Seite 50 sagten, künden die Worte: „Und Jehova redete zu Mose und sprach“ immer einen neuen Abschnitt an. Folgen wir nun dieser Einteilung, die uns gewissermaßen die Schrift in diesen Worten gibt, so finden wir dieselben im 9. Vers wieder. Mit dem 8. Vers (3. Mos. 23) hatte Gott die Anweisungen für das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote beendet, und im 9. Vers beginnt mit den Worten: „Und Jehova redete zu Mose und sprach“ wieder ein neuer Abschnitt. Wir sehen daraus: So wie das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote einen Abschnitt bildeten, so bilden vom 9. Verse ab auch das Bringen der Erstlingsgarbe (Auferstehung) und das sogenannte Fest der Wochen (Pfingsten) (an welchem Jehova ein neues Speisopfer in zwei Webebroten gebracht wurde) wiederum einen neuen Abschnitt. Wenn wir diesem Faden weiter nachgehen, so erscheinen diese einleitenden Worte: „Und Jehova redete zu Mose und sprach“ erst wieder im 23. Vers, und zwar in Verbindung mit dem Fest des Posaunenhalles am ersten Tage des siebenten Monats, so daß (von diesem Gesichtspunkt aus gesehen) die ganze Zeitspanne vom Weben der Erstlingsgarbe in der Mitte des ersten Monats bis zum Ende des sechsten Monats ein einziger Abschnitt ist. Das „Weben der Erstlingsgarbe“

gekennzeichnet für die Zeit bis zum Fest des Posaunenhalles. Aber noch in einer weiteren Hinsicht finden wir diese Zusammengehörigkeit ausgedrückt, nämlich darin, daß in jedem der beiden Feste von „Erstlingen“ gesprochen wird. (3. Mos. 23,10 u.17)

Die Garbe der Erstlinge und Pfingsten.

Wenn wir dieses alles erwägen, so kommen wir zu der Frage, was dieser fünfzigste Tag in der göttlichen Reihenfolge der Ereignisse zu bedeuten hat. Die Antwort ist nicht schwer, wenn wir beachten, was über Pfingsten in Apg. 2,1 berichtet ist: „Als der Tag der Pfingsten erfüllt wurde“ und die Jünger alle an einem Orte beisammen waren, da geschah das große Ereignis, daß der Heilige Geist herniederkam und das ganze Haus erfüllte und ebenso auch jeden einzelnen Gläubigen.

Wir haben bereits gesehen, daß in der Passahwoche am Tage nach dem Sabbat der Herr Jesus aus den Toten auferstand und der Erstling der Entschlafenen wurde. Damit wurde an diesem Auferstehungstage das Vorbild von der Webegarbe der Erstlinge erfüllt. Fünfzig Tage später folgte das Pfingstfest oder das Fest der Wochen, an welchem zwei Webebrote als „ein neues Speisopfer“ Jehova dargebracht werden mußten. Es ist klar, daß wir in dem Herabkommen des Heiligen Geistes und der Gründung der Gemeinde, wie sie in Apg. 2 beschrieben ist, die Erfüllung des Vorbildes der zwei Webebrote, die Jehova dargebracht wurden, haben.

Vielleicht ist es nicht so leicht verständlich, wie das Weben dieser zwei Brote ein Vorbild von dem ist, was in Apg. 2 stattfand. In Jakobus 1,18 lesen wir: „Nach Seinem eigenen Willen hat Er uns durch das Wort der Wahrheit gezeugt, auf daß wir eine gewisse Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe seien.“ Das „Wort der Wahrheit des Evangeliums“ ist das Werkzeug, durch welches wir wiedergeboren wurden. Aber der Heilige Geist, der in jedem Gläubigen wohnt und ihn versiegelt, ist die Kraft, die das Wort der Wahrheit wirksam macht. (1. Petr. 1,23, Eph. 1, 13.14) Der in dem Gläubigen wohnende Geist ist derselbe Geist, der Christum aus den Toten auferweckte, und Er ist deshalb das Unterpfand und die Bürgschaft für uns, daß auch unsere sterblichen Leiber lebendig dargestellt werden. „Wenn aber der Geist dessen, der Jesum aus

den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird Er, der Christum aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen wegen Seines in euch wohnenden Geistes.“ (Röm. 8,11)

Somit sehen wir, wie Gott beides zusammengefügt hat. Durch Seine Auferstehung wurde der Herr Jesus „der Erstgeborene aus den Toten“ (Kol. 1,18) und „der Erstling der Entschlafenen“. (1. Kor. 15,20) Durch die neue Geburt und Innewohnung des Heiligen Geistes sind wir eine „Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe - die Gemeinde der Erstgeborenen - geworden. (Jak. 1,18; Hebr. 12,23) Das Herabkommen des Heiligen Geistes war das unmittelbare Resultat der Auferstehung des Herrn Jesus und Seines Sich-setzens zur Rechten Gottes. „Wenn Ich nicht weggehe“, sagte der HErr zu Seinen Jüngern, „wird der Sachwalter nicht zu euch kommen, wenn Ich aber hingehe, werde Ich Ihn zu euch senden.“ (Joh. 16,7) Petrus bezeugte am Pfingstlage: „Diesen Jesus hat Gott auferweckt, wovon wir alle Zeugen sind. Nachdem Er nun durch die Rechte Gottes erhöht worden ist und die Verheißung des Heiligen Geistes vom Vater empfangen hat, hat Er dieses ausgegossen, was ihr sehet und höret.“ (Apg. 2,32.33) Wir sehen somit klar den untrennbaren Zusammenhang der Auferstehung des Herrn Jesus als des Erstlings (in der Webegarbe) mit der Innewohnung des Heiligen Geistes in den Gläubigen, die in dem Bilde der zwei Webebrote zu Erstlingen für Gott gemacht sind.

Juden und Nationen.

Es möchte nun die Frage entstehen: Warum mußten es zwei Brote sein, und warum wurden sie mit Sauerteig gebacken?

Vor Pfingsten waren die Juden von den Nationen durch die Zwischenwand der Umzäunung, durch das Gesetz der Gebote in Satzungen, voneinander geschieden. Diese Zwischenwand der Umzäunung wurde durch das Kreuz Christi abgebrochen. Gott wollte aus beiden einen neuen Menschen schaffen. Dies geschah durch das Kreuz Christi und wurde alsdann durch das Herniederkommen und die Gabe des Heiligen Geistes kundgemacht. Als später etliche diese Zwischenwand der Umzäunung - das Gesetz - wieder zwischen den Juden und Heiden

aufrichten wollten, sagte Petrus in Bezug auf die Heiden, daß Gott, der Herzenskündiger, durch die Gabe des Heiligen Geistes Zeugnis gegeben habe, daß kein Unterschied mehr zwischen Juden und Heiden vor Ihm bestehe. (Apg. 15,8.9) Und ebenso erklärt auch Paulus in Eph. 2, daß die beiden (Juden und Heiden) in einem Leibe mit Gott versöhnt sind durch das Kreuz, und er fügt weiter hinzu: „Denn durch Ihn haben wir beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater.“ (Eph. 2,14-18) Die beiden Brote, die zusammen vor Jehova gewoben wurden, stellen uns deshalb in passender Weise die große Wahrheit vor, daß durch die Gabe des Heiligen Geistes beide (Juden und Heiden) in das Geheimnis eingeschlossen sind, das in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan wurde, wie es jetzt geoffenbart worden ist. (Eph. 3,4-6) Und obwohl es in dem Vorbilde zwei Brote waren, die Jehova dargebracht werden mußten, so bildeten die beiden doch nicht zwei Speisopfer, sondern beide vereint das eine neue Speisopfer. (3. Mose 23,16) Beide Brote waren nur eine Darbringung vor Gott.

Der Sauerteig.

Nun noch einige Worte in bezug auf den Sauerteig. Es war deutlich geboten, daß in keinem Feueropfer, welches Jehova dargebracht werden sollte, Sauerteig sein durfte. (3. Mos. 2,11) Diese beiden Brote wurden aber nicht verbrannt, sondern einfach vor Jehova als Darbringung gewoben, d. h. hin und her geschwenkt. Christus, aus den Toten auferstanden, war der Fleckenlose und Heilige. Keine Sünde wurde je in Ihm gefunden, und deshalb durfte bei dem Opfer, welches mit der Erstlingsgarbe (die Ihn darstellte) verbunden war, kein Sauerteig gefunden werden. Aus demselben Grunde wurde, wie wir bereits auf Seite 51 hinwiesen, auch kein Sündopfer bei der Erstlingsgarbe dargebracht. Bei allen in 3. Mos. 23 erwähnten Anlässen finden wir nur zwei, bei denen kein Sündopfer dargebracht werden durfte. Diese beiden, wir wiederholen es noch einmal, waren der Sabbat und das Weben der Erstlingsgarbe. Der erstere war ein Vorbild von der Ruhe Gottes in dem vollendeten Erlösungswerk Christi, und das letztere war, wie wir gesehen haben, ein Bild von der Auferstehung Christi aus den Toten. Ein sorgfältiger Vergleich von 3. Mos. 23 mit 4. Mos. 28 und 29 beweist uns die Richtigkeit des oben

Gesagten.

Die zwei Brote, die vor Jehova gewoben wurden, sind kein Bild von der verherrlichten Gemeinde, sondern stellen das große Werk des Heiligen Geistes dar, durch welches Juden und Nationen zu einem Leibe gebildet werden, obgleich sie noch in einem sterblichen und sündigen Fleische hienieden sind. Der Sauerteig, mit welchem die Brote bereitet werden mußten, ist deshalb ein Zeugnis von der Tatsache, daß die sündige Natur noch vorhanden ist, selbst in jenen, in welchen der Heilige Geist wohnt. Demzufolge mußte hier ein Sündopfer in Verbindung mit dem Brand- und Friedensopfer Jehova dargebracht werden.

Forts. folgt, s. G. w.

„Der Geist, der aus Gott ist.“

(1. Kor. 2,12)

Ist es nicht gut, wenn wir uns von Zeit zu Zeit einmal daran erinnern, zu welch einer Würde wir erhoben sind, wir, die „Kinder Gottes“! Im Getriebe der Welt mag das Bewußtsein davon manchem manchmal ein wenig abhanden kommen, aber das sollte nicht so sein, wir büßen dabei stets etwas ein, und der HErr wird entehrt.

„Wir aber haben nicht den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind!“ (1. Kor. 2,12)

Welche Würde, welche Erhabenheit ohne Gleichen! Denke doch daran, Bruder, Schwester! Die Welt feiert Pfingsten und weiß nicht, was es bedeutet, wir aber wissen, daß, „als der Tag der Pfingsten erfüllet wurde“ (Apgesch. 2,1), der Heilige Geist, „der Geist aus Gott“, herniederkam, um in denen Wohnung zu machen, „die Ihm gehorchen“. (Apgesch. 5,32) Wir, du und ich, die wir im Vertrauensgehorsam den Herrn Jesus und Sein Opfer angenommen haben, wir sind „Kinder Gottes“ geworden und haben damals, als wir gläubig wurden, den „Geist aus Gott“ empfangen (Joh. 1,12; 7,37-39; Gal. 3,2; Apgesch. 19,2 u. a.) - das ist eine herrliche Tatsache,

die Tatsache, die zu Pfingsten begründet ward - aber, aber sind wir uns derselben bewußt? Wandeln wir demgemäß? Wandeln wir „im Geist“? (Gal. 5,19.25) Wandeln wir in innerer Gemeinschaft mit Gott, „Der uns Seinen Geist gegeben“ hat? Oder wandeln wir im Fleisch? Eine ernste Frage an uns!

Warum soviel geistliche „Unwissenheit“ unter den Gläubigen? „Denn etliche sind in Unwissenheit über Gott, zur Beschämung sage ich's euch“, klagte der Apostel im Auferstehungskapitel 1. Kor. 15,34, und er leitet diese Klage so ein: „Werdet in rechter Weise nüchtern und sündiget nicht!“ Wie berührt das unser Inneres! Denken wir doch: „Wir haben den Geist aus Gott empfangen, auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind“ (2,12) „Den Geist aus Gott“! Kein Grund zu geistlicher Unwissenheit, kein Grund zu geistlichem Zukurzkommen, kein Grund zu Schwachheit, Straucheln und Sünde! Es ist reichlich für uns, für unser geistliches, normales Wachstum gesorgt, für unsere Kenntnis dessen, was gottwohlgefällig ist, für unser Wissen um all das, „was uns von Ihm geschenkt“ ist! „Der Geist aus Gott“! - welche Würde, wie gesagt, liegt auf uns, welch Unterschied zwischen uns und der Welt! Keine Notwendigkeit besteht für uns, zu wandeln wie die Welt, die „den Geist der Welt“ hat! Kein Zwang zum Sündigen, kein ehernes Muß zu Torheit und deren Folgen!

O laßt uns an unserem Teile Ernst machen mit der Tatsache von Pfingsten! Laßt uns als „Seine Zeugen“, als Zeugen des Auferstandenen, Der uns Seinen Geist gegeben, als Menschen, deren „Leib ein Tempel des Heiligen Geistes“ (1. Kor. 3,19) ist, wie auch insgesamt als Körperschaft, die „der Tempel des Heiligen Geistes“ ist (1. Kor. 6,19), in dieser Welt erfunden werden, damit diese an uns sehen möchte, was es um den Besitz des Geistes Gottes ist, und damit sie vergleiche und sich sehne heraus aus dem Elend der Welt, der Sünde und des Todes und hinein in die Gemeinschaft mit unserem Gott, der uns Seinen Sohn und Seinen Geist gegeben hat!

„Auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind!“ Welche Herrlichkeit! Welche Gnade! Ihm sei Preis!

F. K.

Die Anfangsverse des Matthäusevangeliums.

Gedanken über Matth. 1,1-17.

In dem letzten Kapitel der Offenbarung, dem letzten des Neuen Testaments, erinnert der Herr Jesus die Gläubigen an Seine baldige Wiederkunft, indem Er uns liebend und mahnend zuruft: „Siehe, Ich komme bald!“ Unsere Herzen sollten auf dieses ernste „Siehe“ gerichtet sein. Sein Lohn wird mit Ihm kommen, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird. (Off. 22,12) „Unsere Verantwortung hienieden ist groß, möchten wir Ihm doch treu nachwandeln, auf Seine liebevoll mahnende Stimme hören und nicht achtlos an einem solchen „Siehe“ vorübergehen, das der Herr Jesus Selber spricht!

Einige Verse weiter umfängt uns die Stimme desselben HErrn mit aufmunternden, tröstenden Worten: „Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ich komme bald.“ (V. 20) Wiederum werden unsere Blicke Seiner Wiederkunft entgegengelenkt, aber nicht mehr mit jenem ernsten „Siehe“, sondern mit einem „Ja“, das uns felsenfeste Gewißheit verbürgt, weil es aus Seinem Munde kommt. Es erinnert uns an die unwandelbare Treue Dessen, der alles für uns getan hat. Er wünscht, daß wir Ihm täglich unser ganzes Vertrauen schenken, daß wir in allen Schwierigkeiten auf Ihn hoffen. Er wird wiederkommen, ganz gewiß, und wir dürfen Ihn bald aus den Himmeln erwarten. Er wird nicht mehr lange zögern. Wir rufen Ihm entgegen: „Amen, komm, Herr Jesus!“

Er, der uns diese Verheißung gegeben hat, nennt Sich „die Wurzel und das Geschlecht Davids“ (V. 16). In Ihm haben alle Segnungen, die auf David und sein Volk Bezug haben, ihren Ursprung, zugleich aber ist Er der Sohn Davids dem Fleische nach. (s. Röm. 1,3) Er ist Davids Sohn und HErr, eine Tatsache, die die ungläubigen Pharisäer zum Schweigen bringt (Matth. 22,41-46), uns aber ob ihrer umfassenden Bedeutung mit Bewunderung und Anbetung erfüllt.

Wenn uns das letzte Kapitel des Neuen Testaments von der Wiederkunft Dessen berichtet, der

Kommen des Sohnes Davids auf diese Erde. Eine Unendlichkeit göttlicher Gnade und Liebe auf der einen Seite, eine Welt von Bosheit und Verderbtheit auf seiten des Menschen liegt zwischen diesen beiden Kapiteln. Jede Seite des göttlichen Buches redet vernehmlich davon, unsere Aufgabe ist es, zu lauschen und uns durch Seinen Geist in Seine Gedanken einführen zu lassen. Er redet durch Sein Wort. Möchten wir, Leser wie Schreiber, Ihn allein sprechen lassen!

I. Die Überschrift.

„Buch des Geschlechts Jesu Christi“, so beginnt der 1. Vers unseres Evangeliums. Mit ihm erschließt sich uns ein weites Blickfeld in den Bereich der Heiligen Schrift. Wir finden diesen Ausdruck „Buch des Geschlechts“ noch einmal im Worte Gottes, aber nur noch einmal, und zwar in 1. Mos. 5,1. Dort ist es aber nicht das Buch des Geschlechts Jesu Christi, sondern das Buch von Adams Geschlechtern. Das ist freilich ein Unterschied. Es ist der Unterschied zwischen dem ersten Adam und dem letzten Adam, der Unterschied zwischen dem ersten Menschen, der von der Erde ist, von Staub, und dem zweiten Menschen vom Himmel. Das eine Buch erzählt uns von den Fehlern und der Verantwortung der Menschen, das andere von den vollkommenen Wegen unseres gelobten HErrn auf dieser Erde. Doch diese Tatsache bedarf noch einiger Erläuterungen.

Das erste Buch Mose zerfällt in zehn ungleiche Abschnitte, deren jeder mit einem Hinweis auf das im Hebräischen „Toledoth“ lautende und in der Elberfelder Übersetzung mit „Geschlechter“ oder „Geschichte“ wiedergegebene Wort eingeleitet wird. Nach dem Schöpfungsbericht, den wir als eine Art Einleitung betrachten dürfen, begegnet uns der Ausdruck „Toledoth“ zum erstenmal in 1. Mose 2,4: Dies ist die „Geschichte“ des Himmels und der Erde. Was enthält denn diese Geschichte des Himmels und der Erde? Sie umfaßt alles, was bis zum Ende des 4. Kapitels berichtet wird, das heißt, den Menschen im Paradies, den Sündenfall, die Verheißung des Erlösers in dem Weibessamen, sie umfaßt den Brudermord, der ein Bild ist von der Bluttat der Juden (Hebr. 12,24), die Vermessenheit Lamechs, die in den letzten Tagen wiederum bei den gottlosen Juden gefunden werden wird, sie umfaßt endlich den Gegensatz zwischen den

der Tat die Geschichte des Himmels und der Erde in ihrem tiefsten Sinne ausmacht.

In Kapitel 5,1 begegnet uns der Ausdruck „Geschlechter“ zum zweiten Male. Es folgen Kapitel 6,9: „Geschichte“ Noahs; 10,1: „Geschlechter“ der Söhne Noahs; 11,10: „Geschlechter“ Sems; 11,27: „Geschlechter“ Tarahs; 25,12: „Geschlechter“ Ismaels; 25,19: „Geschlechter“ Isaaks; 36,1 (9): „Geschlechter“ Esaus; und endlich zum zehnten und letzten Male Kapitel 37,2: „Geschichte“ Jakobs.

Diese verschiedenen Überschriften werden erst dann dem zugehörigen Abschnitt vorangestellt, wenn von den darin genannten Personen nicht mehr als von einem Vorbild auf Christum die Rede ist (soweit sie überhaupt als Vorbilder in dieser Hinsicht betrachtet werden können), sondern wenn nur noch von ihrer Verantwortung als Menschen dieser Erde berichtet wird. Greifen wir als Beispiel Noah heraus! Er steht in 1. Mos. 5,29 als Bild Christi, des wahren Trösters, vor unseren Blicken, die Geschichte seiner Verantwortung aber beginnt erst mit jener Überschrift in Kapitel 6,9: Dies ist die Geschichte Noahs. Ähnlich ist es mit Isaak. Isaak als Vorbild Dessen, der in völligem Gehorsam Sein Leben dahingab, finden wir in 1. Mos. 22. Das 24. Kapitel führt ihn als Vorbild des Bräutigams Seiner Gemeinde ein. Die Geschichte der Verantwortung Isaaks aber, die Geschichte seiner Fehler und Schwächen, beginnt erst mit Kapitel 25,19: Und dies sind die Geschlechter Isaaks, des Sohnes Abrahams.

Alle diese „Toledoth“, diese „Geschlechter“ oder „Geschichten“, werden durch das Buch von „Adams Geschlechtern“ zusammengefaßt; ist es doch die Aufgabe eines jeden Buches, Unterabschnitte zusammenzufassen. Dieses Buch beschreibt uns also in klaren, einfachen Erzählungen die mannigfachen Wege, die der Mensch geht, und spricht ohne Rückhalt von den Fehlern, die Gläubige und Ungläubige in den ersten Jahrtausenden der menschlichen Geschichte begangen haben. Aber es besteht ein Unterschied in diesen Fehlern, die einen führten ins Verderben, sofern keine Buße getan wurde, die andern, die Fehler der Gläubigen, aber riefen wohl ernste Züchtigung hervor, gaben aber auch der erbarmenden Gnade Gottes Gelegenheit, sich zu entfalten. Möchten wir doch mehr aus all diesem lernen!

Geist nirgendwo die Überschrift „Geschlechter“ oder „Geschichte Abrahams“ aufzeichnen lassen? Nein, eine Geschichte Abrahams in unserem besonderen Sinne gibt es nicht. Sein Leben wird uns unter dem Titel „Geschlechter Tarahs“ (11,27) mitgeteilt, das erscheint uns merkwürdig, wenn wir daran denken, daß Abraham eine der wichtigsten Personen im Alten Testament überhaupt ist. Wie läßt sich diese Unterlassung dann erklären?

Schlagen wir nunmehr wieder die erste Seite des Neuen Testaments auf, dann finden wir die Lösung. Dort steht im ersten Verse des Matthäusevangeliums der Name Abraham geschrieben, und zwar nicht in Verbindung mit dem Buch von Adams Geschlechtern, sondern dem Buch des Geschlechts Jesu Christi. „Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ Jesus Christus, unser HErr, der eingesetzt war vor den Uranfängen der Erde, ja, von Ewigkeit her (Spr. 8,23), der von Sich sagen konnte: „Ehe Abraham ward, bin Ich“ (Joh. 8,58), wird hier der Sohn Abrahams genannt! In welche Stellung rückt damit Abraham! Ihm und seinem Samen waren einst die Verheißungen zugesagt worden, der Same aber ist Christus! (Gal. 3,16) Da handelt es sich also in unserem Vers nicht mehr um menschliche Verantwortung, sondern um die wunderbare Stellung, in die ein Abraham durch die unumschränkte Gnade Gottes gebracht ist, die Stellung eines Mannes, dem die köstlichsten Verheißungen gegeben wurden, die Gott Menschen anvertrauen konnte.

Verstehen wir nun, daß Abrahams Name in jenen Überschriften des ersten Buches Mose fehlen mußte, wenn er hier genannt wird?

„Buch des Geschlechts Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams.“ Er ist Davids Sohn und zugleich Davids HErr. Er ist Abrahams Sohn und kann doch von Sich sagen: „Ehe Abraham ward, bin Ich.“ Es ist, als ob der Geist Gottes diese Gegensätze, die keine sind, schon in den ersten Worten des Neuen Testaments andeuten wollte. Er, Jesus Christus, ist Gott und Mensch zugleich, - Gott, geoffenbart im Fleische, ein Geheimnis, zu wunderbar, als daß wir es je erfassen könnten. Wunderbarer HErr! In diesem Geheimnis Deiner Person und seinen Folgerungen liegt unser ewiges Heil.

Überschrift gilt nicht nur dem anschließenden Geschlechtsregister, sondern dem ganzen Matthäusevangelium. Sie deutet in der knappsten Form darauf hin, daß uns dieses Evangelium den HErrn zunächst als den Messias der Juden, den Sohn Davids, offenbart, daß aber infolge der Verwerfung durch das Volk Israel ein weiterer Kreis gezogen wird, der die Nationen miteinbegreift. Das dürfen wir dem Titel „Sohn Abrahams“ entnehmen. In Abraham sollten alle Nationen gesegnet werden, und der Segen Abrahams sollte in Christo Jesu zu den Nationen kommen. (Gal. 3,8.14) Mochten sich die Juden auf ihren Vater Abraham berufen, indem sie bei sich selbst sagten: wir haben Abraham zum Vater (Matth. 3,9); die Tatsache, daß sie nicht Buße taten und sogar Jesum, den Sohn Abrahams, der alle Verheißungen in Sich trug, verwarfen, würde bewirken, daß sie, die Söhne des Reiches, in die äußere Finsternis hinausgeworfen würden, daß aber viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische liegen würden. (Matth. 8,11.12) Die Schlußverse unseres Evangeliums endlich schließen den Kreis, der diese und viele andere Verse mit dem Anfangsverse verbindet, indem dort der HErr den Elfen den Auftrag gibt, alle Nationen zu Jüngern zu machen (Kapitel 28,19). Der göttlich genaue Griffel des Schreibers zeichnet schon im ersten Verse die Ausgangspunkte der Linien, die sich im Laufe des heiligen Berichtes ergeben würden. Er kennzeichnet mit der äußersten Kürze jenen tief bedeutungsvollen Übergang, den der Prophet in die zwei wunderbaren Verse kleidet: „Und nun spricht Jehova, der mich von Mutterleibe an zu Seinem Knechte gebildet hat, um Jakob zu Ihm zurückzubringen - und Israel ist nicht gesammelt worden; aber ich bin geehrt in den Augen Jehovas, und mein Gott ist meine Stärke geworden -, ja, Er spricht: Es ist zu gering, daß du Mein Knecht seiest, um die Stämme Jakobs aufzurichten und die Bewahrten von Israel zurückzubringen; Ich habe dich auch zum Licht der Nationen gesetzt, um Mein Heil zu sein bis an das Ende der Erde.“ (Jes. 49,5.6)

Forts. folgt, s. d. H. w.

„Zu Dir bete ich.“

„Horche auf die Stimme meines Schreiens, mein König und mein Gott! denn zu Dir bete ich.“

In der Not seiner Seele schrie David zu dem, von welchem allein Hilfe kommen kann. Er drängt seinen Gott mit den Worten: „Horche auf die Stimme meines Schreiens“. Seine Not war groß, deshalb nahm sein Gebet den Ausdruck des Schreiens an.

David gebraucht Gott gegenüber die Anrede: „Mein König“. Er war sich bewußt, daß Gott der Herrscher ist, sowohl über den einzelnen als auch über die Völker. Er setzt Könige auf den Thron und stürzt Könige hinab. Er setzt Regierungen beiseite und läßt andere an deren Stelle treten. Er erhöht und Er erniedrigt Menschen. Dies hatte David in seinem eigenen Leben erfahren. Er, der einstige Schafhirte, war von Gott zum König über Israel erhoben und Saul dagegen, um seines Ungehorsams willen, beiseite gesetzt.

Das Wort „mein“ in Davids Anrede läßt uns etwas von der innigen Herzensbeziehung fühlen und erkennen, in der David zu seinem Gott, dem König der Könige stand. Auch uns sollte die Hoheit unseres Gottes, der der Herrscher der Welken ist, mit tiefer Ehrfurcht erfüllen. Unser Gott ist ein gerechter Herrscher: „Gerechtigkeit und Gericht sind Deines Thrones Grundfeste“. (Ps. 89,14) Wohl ist Seine Herrschaft noch nicht offenkundig, aber dennoch ist sie Wirklichkeit. Er überwaltet alles. Er Selbst sagt: „Durch Mich regieren Könige, und Fürsten treffen gerechte Entscheidungen, durch Mich herrschen Herrscher und Edle, alle Richter der Erde.“ (Spr. 8,15.16) Wohl herrscht offenbarlich in dieser Welt noch der Satan, der Fürst dieser Welt, aber doch ist dessen Herrschaft der Herrschaft unseres großen Gottes völlig unterstellt. Und so völlig ist das Walten unseres Gottes bis ins Kleinste, daß der HErr uns sagt, daß kein Sperling ohne Gottes Willen vom Dache fällt. Wie tröstlich ist ein solches Wort für unsere Herzen!

David redet Gott nicht allein mit den Worten: „Mein König“, sondern auch mit den Worten: „Mein Gott“ an. Wenn uns der Titel „König“ an die Herrschaft Gottes erinnert, so denken wir bei dem Namen „Gott“ an Ihn als den Schöpfer und Erhalter aller Dinge. Und David ehrte Ihn als seinen Gott durch Wort und Wandel. Indem er sagt: „Mein Gott“, drückt er aus, daß Gott sein persönlicher Schöpfer war, der ihn gebildet und erhalten hatte. Er wußte sich von der mächtigen Hand seines Schöpfers bewahrt und erhalten. Sein Glaube war auf Gott geworfen,

Auch aus dem Munde des Apostels Paulus hören wir das Wort „mein Gott“. Wieder fühlen wir die innige Beziehung, welche aus diesem Wort herausklingt. Und sogar der Herr Jesus, der Sohn, gebraucht das Wort „Mein Gott“ in Seiner schwersten Stunde am Kreuze und spricht wiederum von Seinem Gott zu Maria nach Seiner Auferstehung. Wieviel liegt doch für uns Menschen in diesen beiden kleinen Worten: „Mein Gott“! Ich bin das Werk Seiner Hand, und Er ist „mein Gott“. Gepriesen sei Er!

David war sich der Bedeutung dieser seiner Anrede „mein König und mein Gott“ voll bewußt, denn er fügt derselben hinzu: „Denn zu Dir bete ich“. Er sagt gewissermaßen: „Ich bete zu Dir, den ich als meinen König und meinen Gott erkannt habe, dem ich völlig gehöre und der mein Teil ist.“

Möchten auch wir uns mehr und mehr bewußt werden, zu wem wir beten! Wir besitzen eine vollkommenere Offenbarung Gottes als David. Wir kennen Ihn nicht nur als König, als den Herrscher der Welten, als Gott, den Schöpfer und Erhalter aller Dinge, wir kennen Ihn als den Gott, der Licht und Liebe ist, der Sich in dem Sohne uns geoffenbart und uns Seinen Vaternamen kundgetan hat. Wir dürfen uns Ihm als „geliebte Kinder“ nahen und wissen, daß Er, der Vater Selbst, uns lieb hat. (Eph. 5,1; Joh. 16,27)

Welche Gnade ist es, Gott in dieser Weise zu kennen und Seinen Namen anrufen zu dürfen mit „Abba, Vater“! (Gal. 4,6) Möchten wir Ihn noch besser erkennen, um in der herrlichen Erkenntnis Seiner Person mit David zu sagen: „Zu Dir bete ich“. Sein Name sei gepriesen!

O. D.

Bemerkung.

Die Fortsetzung des Aufsatzes „Hütet euch vor dem Sauerteig!“ kann umständehalber erst in der nächsten Lieferung erscheinen, s. G. w.!

F. K.

Frage und Antwort

Zu Frage 3 (2. Lief. d. J.): „Enthält die sozusagen eingeschobene Bemerkung 2. Mose 9,31.32 prophetische Hinweise und Beziehungen auf Israel oder die Nationen (oder beides), und wenn ja, welche?“

Obwohl es nicht unsere Gepflogenheit ist, eine beantwortete Frage gleich noch einmal aufzurollen, so fühlen wir uns doch aus bestimmten Gründen veranlaßt, hiermit diesmal - wie vor fünf Jahren bei Frage 4 im 11. Jahrbuch - eine Ausnahme zu machen und eine nachträglich eingegangene (schöne) Antwort noch zu veröffentlichen. Verfasser derselben möchte ungenannt bleiben und bittet, seine Arbeit nur mit dem Wort Amicus zu unterzeichnen; das Wort bedeutet ja „Ein Freund“! Möge diese Antwort Als die eines wahren Freundes recht gewürdigt werden und allen Lesern durch des HErrn Gnade zum Segen dienen! Apgesch. 17,11!

Die Schriftleitung (Fragenteil) F. K.

Antwort B

Die Schrift macht in den Propheten darauf aufmerksam, daß die Heimführung Israels aus der Fremde derjenigen gleichen werde, die es erfuhr, als Jehova sie aus Ägypten führte; ja, die letzte Heimführung würde die erste an Großartigkeit der Handlungen übertreffen. Die Zeichnung ist in ihren großen Linienführungen dieselbe. Hier Ägypten in seinem blühenden Zustande, mit der Herrscherkaste der oberen Zehntausend und der Masse der Ausgebeuteten; dort die Welt, ein Ägypten größten Ausmaßes, mit genau demselben Zustande. Hier der Pharao, der Gott gegenüber unbotmäßige Fürst, der Zwingherr mit dem ihm zu Gebote stehenden Heer von Treibern; dort der Fürst dieser Welt, Satan, mit seinen gefügigen, von ihm inspirierten und gleichzeitig von ihm düpierten Helfern und Helfershelfern, den regierenden politischen Machthabern, die gegen das Ende hin ihre offensichtlichste Aufsummierung in den beiden Tieren von Offenbarung 13 finden. Und als Drittes: Hier als Sklaven die Nachkommen

sein würde, als auch daß er zum Segen für alle Nationen gesetzt sei; dort die gehetzten, verfolgten, dem Geiste, nicht nur dem Fleische nach wahren Nachkommen Abrahams der Endzeit, der getreue Überrest, die, soweit sie durch die Verfolgung nicht umkommen, die Heimkehr erleben werden, um für immer das Land zu besitzen. Dann auch: Hier Plagen über Plagen, in verschiedenen Arten und zunehmender Schärfe bis zum Tode der Erstgeburt und zum Untergang des Herrschers und seiner Heeresmacht; dort genau dasselbe Bild in der Endzeit. Ferner noch: Aufforderung zum Ablassen von der Unbotmäßigkeit; Warnungen vor weiterer Herzensverhärtung; Pausen zwischen den einzelnen Schlägen, die Zeit lassen zur Buße; scheinbare Ansätze zur Unterwerfung, die aber immer in ärgere Widersetzlichkeit auslaufen. Dort ebenfalls dasselbe. (Siehe die Offenbarung!)

Da fällt nun auf, daß die tatsächlich als eingeschoben anzusprechende Bemerkung hier, 2. Mose 9,31.32, ihre Gegenstücke in der Beschreibung der Gerichte der Endzeit hat. Was der Hagel anrichtete, wird schon im 25. Vers gesagt: Alles was auf dem Felde war, schlug er: Mensch und Vieh, alles Kraut, alle Bäume. Warum ist Flachs und Gerste nicht auch gleich genannt? Warum wird verschwiegen bis später, daß Weizen und Spelt verschont blieben, weil sie spätzeitig sind? Man sucht unwillkürlich einen Grund dafür. Sechs Plagen waren vorhergegangen; mitten hinein zwischen die scheinbare Buße des Pharao und die Fürbitte Moses um Aufhören des Hagels findet sich die besondere Mitteilung gesetzt: Flachs und Gerste wurden geschlagen, Weizen und Spelt nicht, und der in der Natur der Dinge liegende Grund wird angegeben. In der Offenbarung finden wir nach dem sechsten Siegel die Einschaltung von der Versiegelung der 144000 aus allen Stämmen Israels und die Vorführung der großen Volksmenge aus jeder Nation, welche, beide Teile, als für das Reich auf Erden bewahrt, durch die Gerichte hindurch erhalten bleiben, welche Gerichte nach Eröffnung des siebenten Siegels und der halben Stunde Schweigen im Himmel folgen.

Nach der sechsten Posaune folgt ebenfalls eine Einschaltung, in der wir unter anderem wieder von Bewahrungen, und auch von Geschlagenwerden hören auf das hin, was in der siebenten Posaune beschlossen liegt. Denn wenn mit dieser siebenten Posaune der Abschluß kommt, das Reich (11,15-18), so ist erwiesen, daß die ohne Einschaltung aufeinander folgenden sieben

Zornesschalen von Kapitel 16 samt allem weiteren in die Zeit der siebenten Posaune hineinzusetzen sind, so daß die weiteren Bewahrungen ebenfalls in die siebente Posaune hineingehören:12,6 und 14-17: die des Weibes, d. i. Israels, wie es nach den Gedanken Gottes gesehen wird, verkörpert zu jener Zeit in dem treuen Überrest, dem „Samen“ von Vers 17; die der 144000 von Kapitel 14, welche wohl diejenigen des Überrestes aus den Juden darstellen, die in der großen Drangsal ihre Treue beweisen und hindurchgerettet werden und dann auch besonderer Ehre mit dem Lamme auf dem Berge Zion teilhaftig werden. Vorher in Kap. 11,1.2 schon werden die wahren jüdischen Gottesfürchtigen unterschieden von denen, die nur dem Namen nach Juden sind. Auch andere, die das Gericht trifft, werden in der Einschaltung genannt: Kap. 13,10; 14,10ff.; 20.

Es ist doch auffallend, daß soviel Übereinstimmung besteht zwischen den betreffenden Abschnitten im 2. Buch Mose und denen der Offenbarung. Drängt es sich da nicht geradezu auf, in dem Flachs und der Gerste einen Hinweis, zusammenfassend gedacht, auf das und die zu sehen, die zur Zeit der kommenden Auseinandersetzung zwischen Gott und dem Fürsten dieser Welt durch die Gerichte Gottes umkommen, und in dem Weizen und dem Spelt einen Hinweis auf die, die nach Vorkenntnis und Vorbestimmung Gottes nicht umkommen?

Der stark betriebene Flachsanbau war mit eine Quelle des Reichtums im alten Ägypten durch die Ausfuhr der feinen Gespinste und Zeuge, die unübertrefflich waren. Natürlich wurde auch im eigenen Lande Luxus damit getrieben. Es liegt also nahe, die Parallele zu ziehen auf die kommende Krisis hin, in deren Mittelpunkt Kanaan und Israel stehen, daß in den Gerichten der Offenbarung die Welt in ihrem Luxus und ihrem Erwerb daraus getroffen wird, ob es nun die Nationen seien oder die von ihrem Gott abfallende Judenheit. Die Gerste wurde ebenfalls stark angebaut; sie ist dem Weizen gegenüber die minderwertigere Getreideart, gab den niederen Volksklassen ihr Brot, wurde auch dem Vieh gefüttert (1. Kön. 4,28). Wenn wir auch hier eine Parallele ziehen wollen, so werden wir, in Frageform gekleidet, sagen dürfen: Wird in der kommenden Gerichtszeit die Menschheit, die den großen Haufen bildet, das sogenannte Proletariat, das luxus- und besitzlose, besser wegkommen, wird die Bedürftigkeit sie zu Gott treiben, zur Buße führen, so daß sie dem Gericht entrinnen möchten? Leider nicht. Denn sie

sind gerade wie die Reichen dabei, vor Gott sich zu verbergen, statt Ihm Ehre zu geben und um Gnade zu flehen, Offenb. 6,15; lassen sich geradeso das Malzeichen des Tieres geben wie die Großen und Reichen (13,16), trotzdem die Warnung ausgegeben wird, es nicht zu tun (14,9-11).

Weizen und Spelt, die wertvolleren Getreidearten, sind spätzeitig, heißt es; deswegen seien sie nicht geschlagen worden, während Gerste und Flachs schon in vorgeschrittenem Wachstum waren. Das ist freilich naturhaft, ist also für das hier berichtete Geschichtliche selbstverständlich. Aber drängt sich nicht wiederum die Parallele auf: Reift auch im Menschen das Gott nicht Gefällige, das, was dem fleischlichen Menschen liegt und ihn ins Gericht Gottes bringt, nicht viel, viel rascher als das, was Gott wirkt im Menschen, was Bestand hat, was die Prüfungen übersteht und schließlich als etwas für Gott Wertvolles dasteht? So können wir die Linie vom Weizen und Spelt hinüberziehen zu den Gottesfürchtigen aus Juda und Israel und aus den Nationen, welche auf die dann noch sich vernehmenlassende Stimme Gottes hören und, soweit sie nicht Märtyrer werden, heranreifen zu einer guten und Gott wohlgefälligen Frucht in Seinem Reiche.

Amicus.

Frage 9

Ist es richtig, aus 1. Tim. 4,12 zu schließen, daß junge Leute Älteste sein können? - Wie alt mögen wohl Timotheus und Titus gewesen sein, als der Apostel Paulus sie mit wichtigen Aufträgen betraute: Phil. 2,19; 1. Thess. 3,2; Titus 1,5-6; 2. Kor. 8,6.17; 7,14; 12,18? - Weist das Wort „Älteste“ auf die Erfahrung und das abgeklärte Urteil des gereiften Mannes hin?

Antwort A

1. Aus der ersten, aufmunternden und zu gleicher Zeit warnenden Rede Pauli an die Ältesten der Gemeinde zu Ephesus in Apg. 20 sehen wir, wie er betonte, daß der Heilige Geist sie als

Aufseher in der ganzen Herde gesetzt hatte, um die Gemeinde Gottes, welche Er Sich erworben hat durch das Blut Seines Eigenen, zu hüten. Dürfen wir nicht also den ersten Teil dieser interessanten Frage ein wenig anders formulieren und fragen, ob der Heilige Geist junge Leute jemals oder jetzt als Älteste in einer Gemeinde setzt? Nach 1. Tim. 4,12 kann man das ja behaupten und die Frage - ob sie so oder so formuliert wird - bejahend beantworten.

Wir möchten aber tiefer und eingehender in der Schrift forschen, um mehr Licht und Klarheit über diesen wichtigen Punkt zu erlangen. Älteste finden wir in der ersten christlichen Gemeinde, nämlich zu Jerusalem, denn die gesammelten Gaben der Liebe der Gläubigen in Antiochien wurden durch die Hände des Barnabas und Paulus an die Ältesten gesandt, Apgesch.11,30, siehe auch Apgesch. 15,2.4.6.22; doch haben wir keinen Anhaltspunkt, aus welchem wir schließen können, ob unter diesen Ältesten junge Leute waren oder nicht.

Auf der sogenannten ersten Missionsreise des Paulus und Barnabas gab der HErr in den Städten Antiochien in Pisidien, Ikonium, Lystra und Derbe geistliche Erweckungen, und viele wurden zu Jüngern gemacht. Nach kurzer Zeit kehrten die Boten Gottes zurück und befestigten die Seelen der gewonnenen Jünger; und nun kommt etwas Merkwürdiges, denn es steht geschrieben: „Als sie ihnen aber in jeder Versammlung Älteste gewählt hatten, beteten sie mit Fasten und befahlen sie dem HErrn, an welchen sie geglaubt hatten.“ (Apgesch. 14,23) Diese Ältesten, die sie in jeder Gemeinde wählten, waren wenigstens jung im Glauben, denn in dieser Hinsicht stehen sie noch buchstäblich in den Kinderschuhen, denn es scheint, als ob sie kaum den HErrn ein Jahr gekannt hätten! Es war bei dem zweiten Besuch, daß Paulus und Barnabas diese Ältesten wählten, gewiß war nun Zeit genug verronnen, um zu erkennen, welche der Heilige Geist zu diesem Dienst oder Werke berufen hatte; Paulus hatte besonders scharfsichtige geistliche Einsicht, und vom Heiligen Geiste geleitet erkannte er, welche Brüder die geistliche Fähigkeit zu der Ältestenschaft hatten. Gewiß waren diese Ältesten nicht alle grauhaarige Männer, höchstwahrscheinlich waren einige aus dem Volke Israel unter ihnen, die also die Schriften des Alten Testamentes kannten. Wir denken, daß wir nicht fehlgehen, wenn wir sagen, daß Timotheus einer dieser Ältesten war, denn er stammte aus Lystra, und bei dem dritten Besuch Pauli wollte der Apostel, daß er mit ihm hinausgehen sollte. (Apgesch. 16,3)

Damals war Timotheus noch viel jünger als zu der Zeit, als Paulus ihn in Ephesus ließ und ihm dann schrieb: „Niemand verachte deine Jugend.“ Wohl hatte Timotheus außergewöhnliche Vorteile oder Vorzüge, denn er wuchs in einer Atmosphäre des ungeheuchelten Glaubens auf, da in seiner Großmutter Lois und in seiner Mutter Eunike und in ihm selber ein solcher Glaube wohnte (2. Tim. 1,5); dazu kannte er von Kind auf die heiligen Schriften (2. Tim.3,15); eine besondere Gnadengabe wurde ihm durch Weissagung mit Händeauflegen der Ältestenschaft gegeben (1. Tim. 4,14), und diese Gabe war auch in ihm durch das Auflegen der Hände des Paulus (2. Tim. 1,6)! Doch gerade diesem Timotheus, dem Paulus die Hände in der Jugend auflegte, schrieb der Apostel, als er die geistlichen Bedingungen oder Eigenschaften eines Aufsehers aufzählte, dieses: „Nicht ein Neuling, auf daß er nicht, aufgebläht, ins Gericht des Teufels verfalle.“ (1. Tim. 3,6) Wir hätten wohl die Ältesten in den Stadten von Lykaonien „Neulinge“ genannt, doch die damaligen Verhältnisse brachten sie schneller zur Reife als heutzutage, denn sie wurden gezwungen, bald selbständig von Menschen und abhängig vom HErrn zu handeln.

Also ist es klar, daß in den Gemeinden in Lykaonien junge Älteste sich befanden, und dieses Wort enthält nicht einen Widerspruch, wie wir später sehen werden; und unter diesen Ältesten war sicher Timotheus, von dem wir ja annehmen, daß er dazu gehörte, einer der Jüngsten, d. h. dem menschlichen Alter nach; doch zwischen dem zweiten und dritten Besuch des Paulus hatte er ein gutes Zeugnis von den Brüdern erworben (16,2!), und wir dürfen wohl annehmen, daß er fleißig den Dienst eines Ältesten tat, der ja nicht darin bestand, daß er in den Zusammenkünften der Aufseher zur gegenseitigen Besprechung seine eigene Meinung mit fleischlicher Hartnäckigkeit durchsetzte, sondern daß sein Auge auf die lieben Gläubigen gerichtet wurde; und sah er jemanden, der im Laufe zu erlahmen anfing, so sprang er mit Liebe hinzu, und zwar mit geistlicher Hilfe, um neuen Mut einzuflößen; er wollte in die Fußspuren des „Erzhirten“ treten.

Wenn wir aber aus der Schrift schließen, daß der Heilige Geist auch junge Leute als Älteste oder Aufseher einsetzt, so sollen wir nicht vergessen, daß dies nicht sagen will, daß ein solcher junger Ältester gleich ein bewährter, reifer oder zur vollen Blüte herangelangter Knecht des

HErrn sei, denn die Gabe oder die geistliche Fähigkeit entwickelt sich durch göttliche Übung unter der Leitung des Heiligen Geistes und wenn möglich durch gemeinschaftlichen Dienst mit älteren und erfahreneren Brüdern, wie auch dann Timotheus in Gemeinschaft mit Paulus diente. Das Kennerauge eines geschickten Weingärtners erkennt, ob und welche Rebe Frucht bringen wird, fast bevor sogar Knospen sich bilden, und in der Knospe liegt schon im Werden die volle, reife Traube! In dem wahrhaftigen jungen Ältesten liegt, wenn auch unentwickelt, der Zug oder das Drängen zu diesem guten Werke.

Der junge Älteste wird sehr wahrscheinlich Fehler machen, doch das ist kein Beweis, daß er nicht zu diesem Dienst vom Heiligen Geiste berufen ist, und wenn er nur demütig bleibt, so lernt er aus jedem Fehler etwas Wichtiges für die Zukunft.

Werfen wir jetzt unsere Blicke auf die Ältesten oder Aufseher zu Ephesus, die Paulus zu sich nach Milet herüberrief (Apgesch. 20,17)! Zunächst bemerken wir, daß hier die Ausdrücke „Älteste“ und „Aufseher“ abwechselnd gebraucht werden. Bevor Paulus seine dreijährige Tätigkeit in Ephesus anfing, waren Aquila und Priscilla, auch Apollos dort und leisteten Pionierdienste; doch dürfen wir wohl sagen, daß die Arbeit in Ephesus zur Blüte gelangte, als Paulus dort wirkte. Er ging nach dem Tumult von Ephesus fort und bereiste Mazedonien und Griechenland, vielleicht dauerte diese Reise einige Monate; wenigstens finden wir, daß die Gemeinde zu Ephesus nach einem längstens vierjährigen Bestand schon solche Ältesten hatte, die ihrer Verantwortung vor dem HErrn als Aufseher sich wohl bewußt waren. Wieder bemerken wir, daß sie wenigstens im Glauben jugendliche Älteste waren, und höchstwahrscheinlich waren mehrere unter ihnen auch jung in bezug auf das physische Leben. Und wenn sie auch nicht ausgedehnte Erfahrung gehabt hatten, so hatten sie doch den Apostel in ihrer Mitte gehabt, und er hatte ihnen durch seinen Wandel und durch die Art seines Dienstes gezeigt, was ein Ältester sein sollte. Ist nun ein junger Bruder vom Heiligen Geiste als Ältester berufen, wenn auch nur am Anfang als ein Knospender, so darf er niemals vergessen, daß die ganze List des Feindes in Tätigkeit gebracht wird, gerade ihn zu Falle zu bringen. Darum ist das Wort Pauli an die Epheserältesten so wichtig: „Habet nun acht auf euch selbst“, V. 28; „Darum wachet“, V. 31. Die Ermahnungen an Timotheus sind auch der Beherzigung äußerst wert: „Vernachlässige nicht die

Gnadengabe in dir!“ 1. Tim. 4,14; „Ich erinnere dich, die Gabe Gottes anzufachen, die in dir ist“, 2. Tim. 1,6. Ein jugendlicher, knospender Aufseher steht nur dann im Glauben sicher und fest, wenn er mit Demut fest umhüllt ist.

2. Die Schrift gibt uns keine Angaben, aus denen wir das leibliche Alter des Timotheus oder des Titus annähernd ausrechnen könnten, als sie sehr wichtige Aufträge in des HErrn Sache erhielten; so wollen auch wir in dieser Hinsicht keine Sprünge in der Finsternis machen. Sicher aber in diesem Punkt kommt ein wunderbarer Grundsatz der Wege Gottes zum Vorschein. Im Alten Bund wird das Alter immer wieder genau angegeben, und zwar von Adam anfangend. Wir wissen das Alter von fast allen Patriarchen, Priestern, Königen usw., wohl gibt es einige Ausnahmen, was das Alter der Propheten anbelangt; wir wissen auch, in welchem Lebensalter ein Levit seinen Dienst antreten sollte und wie viele Jahre er dabei sein durfte. Kommen wir aber zum Neuen Testament, so finden wir ein ganz anderes Bild; wohl können wir annähernd das Alter des Johannes des Täufers, als er enthauptet wurde, ausrechnen, doch gehörte er zum Alten Bund. Lukas berichtet von dem HErrn: „Er Selbst, Jesus, begann ungefähr dreißig Jahre alt zu werden.“ Luk. 3,23.

Vom physischen Alter weiterhin schweigt die Schrift; wie alt die Jünger waren, als der HErr sie rief, wissen wir nicht, unbekannt ist das genaue Alter des Paulus und aller, die mit ihm arbeiteten. Ist das Zufall, oder beabsichtigt der Heilige Geist uns etwas dadurch zu sagen? Wir können eingehend diese Sache hier nicht erörtern, denn sie gehört eigentlich nur beiläufig zum Thema; aber dürfen wir nicht sagen, daß das neue Leben in Christo weder nach Sonnenjahren von 365 Tagen noch nach Mondjahren von 354 Tagen gerechnet wird? Das geistliche Wachstum kann nicht nach irdischen Tabellen oder dem metrischen System gemessen werden. Physisches Alter und Wachstum werden vom Heiligen Geiste auf diesem Gebiete ausgeschaltet; nur Lukas berichtet in dieser Hinsicht etwas über den HErrn, um Seine echte Menschheit uns vor die Augen zu führen. Ein Timotheus oder ein Titus waren also nach diesem geistlichen Rechnen als junge Leute Erwachsene; die begabten Korinther hingegen waren noch Unmündige. (1. Kor. 3,1.2) Alte, grauhaarige Geschwister können kleine Kinder sein, die nur eine leichte „Milchdiät“ vertragen können. Ein Beispiel raschen Wachstums haben wir in dem blindgeborenen Bettler

von Joh. 9, denn die Werke Gottes offenbarten sich an ihm; wir sehen ihn zunächst als einen zu allem unfähigen blinden Bettler, nach einigen Stunden ist er ein mutiger Zeuge des HErrn, und schnell reifte er heran zu einem richtigen Anbeter im Geiste! Geistliches Wachstum ist nicht notwendigerweise Kopfkenntnis der Wahrheit. Also kann ein junger Bruder ein Aufseher sein, und ein alter Bruder kann ein unmündiges Kindlein sein. David sang: „Verständiger bin ich als alle meine Lehrer, denn Deine Zeugnisse sind mein Sinnen.“ (Psalm 119,99)

3. In erster Linie weist das Wort „Älteste“ auf die Erfahrung und das abgeklärte Urteil des gereiften Mannes hin; doch wie soll ein Ältester diese Erfahrung, diese reife Urteilsfähigkeit erlangen? Sicher nur in der praktischen Ausübung des Ältestendienstes. Wenn wir behaupten, daß niemand als Ältester anerkannt oder zur Ältestenschaft gerechnet werden darf, bis er die Erfahrung des gereiften Knechtes Gottes besitzt, so würden wir so manchem die Tür zu diesem Werke schließen. Würde man behaupten, daß ein junger Geiger niemals den Bogen über die Saiten ziehen darf, bevor er wie ein Paganini spielen kann? Nach einem Aufseherdienst zu trachten ist vielleicht nach 1. Tim. 3,1 die erste Regung dazu. Die Liebe Gottes und die sanfte Wirkung des Geistes im Herzen sind wie der warme Frühlingssonnenschein, der den Saft im Weinstock emporlockt! Allmählich, geräuschlos und still fängt er zu keimen an, doch die reife Frucht ist lange noch nicht da; viele Herzensübungen, viele schlaflose Nächte, viele innere Kampfe und noch viele listige Angriffe des Feindes macht man durch, bevor man wirklich mürbe, reif und süß ist. Die reiche Erfahrung und das abgeklärte geistliche Urteil des gereiften Mannes sollen ja das Ziel des jungen Bruders sein, in dessen Herzen das schöne Werk eines Ältesten zu keimen und zu knospen anfängt. „Der Knabe wuchs, und Jehova segnete ihn. Und der Geist Jehovas fing an, ihn zu treiben.“ Richter 13,24.25

Doch trotz alledem müssen wir behaupten, daß es sehr wenige junge Älteste gibt, denn im allgemeinen trachten jüngere Brüder mehr danach, das Evangelium zu verkündigen, als nach einem Aufseherdienste, obwohl man ein Evangelist sein kann, während zu gleicher Zeit die erforderlichen Eigenschaften eines Aufsehers sich nach und nach entwickeln können; auch kann ein Ältester ein Evangelist sein, denn Paulus schrieb Timotheus, daß er das Werk eines Evangelisten tun sollte, obwohl er in erster Linie ein Aufseher war. (2. Tim. 4,5) Vielleicht wäre

es immer gut, wenn jüngere, keimende Älteste das Werk eines Evangelisten täten, denn dadurch bleibt das Herz sonnig und frisch; doch das ist auch wahr in bezug auf bejahrte Älteste.

Vielleicht dürfen wir sagen, indem wir mit unserer Antwort zu Ende kommen, daß jüngere Älteste geneigt sind, schnell eine Schwierigkeit anzupacken und zu schlichten, Gereiftere hingegen sind langsam und legen mehr Gewicht auf das Gebet als auf ihre eigene Fähigkeit, etwas auszurichten, sie gehen lieber über den Gnadenthron zum Ziel, um etwas zu ordnen, als es zu tun auf eine schnellere, selbstersonnene Weise. Darum ist es so wünschenswert, wenn in einer Ortsgemeinde die älteren und jüngeren Aufseher harmonisch in der Furcht des HErrn arbeiten und lernen, Geduld miteinander zu haben. Möge der HErr noch viele geistgesalbte Älteste erwecken - und sicher, unter solchen werden auch, was das Alter anbetrifft, junge Leute sein, die mit klopfenden, zitternden Herzen Hand ans Werk legen und mit Jeremia flüstern: „Ich bin jung!“ Jer. 1,6

F. Btch.

Antwort des Schriftleiters

Ich denke, die meisten Leser werden mit mir einig gehen, wenn ich sage: Es ist eine wirklich liebliche Antwort, die uns oben geschenkt ist, und wir haben Grund genug, dem HErrn für diesen besonderen Dienst zu danken! Doch einiges glaube ich noch anfügen zu sollen zur Prüfung und nötigenfalls auch zur Beherzigung, wozu Gott uns Seine Gnade darreichen wolle!

Zu allererst einige Hinweise auf frühere Veröffentlichungen! Sehr wichtig scheint es mir zu sein, wieder einmal, wie schon so oft, auf das Heft von Br. A. v. d. Kammer: „Hütet die Herde!“ zu verweisen, das von der Geschäftsstelle zum Preise von 35 Rpf. zu beziehen ist; es hat schon vielen gute Dienste getan. - In Frage 2 des gegenwärtigen Jahrbuches ist viel über „Älteste“ gesagt und auch in Frage 6 einiges, was auch bezüglich gegenwärtiger Frage zu beachten ist. - Über Titus und den Titusbrief ist in früheren Jahrbüchern oft geschrieben, ganz besonders in

aus den Schriftstellen-Verzeichnissen leicht ersehen kann. Über Timotheus selbst findet sich ein sehr schöner instruktiver Aufsatz in den ersten beiden Lieferungen von Jahrbuch 11! - Und damit genug der Hinweise!

Es wird auffallen, daß obige Antwort „eine Lanze einlegt“ für junge Älteste, ganz im Gegensatz offenbar zu den Gedanken des Fragenden (eines Bruders im Ausland!). Aber die Schrift stützt die Auffassung unseres lb. Mitarbeiters doch ganz offenbar, wie wir gesehen haben, und die Schrift ist für uns ja allein maßgebend. Aber ist es denn angesichts des Wortes „Älteste“ nicht ein Widerspruch in sich selbst, von jungen Ältesten zu reden? Unser Mitarbeiter befaßt sich auch schon mit der Möglichkeit, daß man hier einen Widerspruch sehen könnte, weist ihn aber zurück, indem er die Tatsachen der Schrift reden läßt. Ich glaube noch etwas anderes hier betonen zu sollen, und zwar den Sprachgebrauch des Wortes für „Älteste“ im griechischen Grundtext. Das Wort kommt sehr oft vor, und zwar nicht erst in der christlichen Gemeinde, sondern auch im Judentum. Für viele nur drei mitten herausgegriffene Stellen: Matth. 16,21; Mark. 14,53; Luk. 20,1! Stets aber ist die Sprachform nicht die des Superlativs, also die der höchsten Steigerung, wie bei uns („der Alte - der Ältere - der Älteste“), sondern die des Komparativs, also die der ersten Steigerung: „der Ältere“! Das Wort, das ja überall hin übernommen ist, also in alle Kirchen und Benennungen, das Wort „Presbyter“- „Älteste“ (vgl. „Kirchenälteste“), heißt also eigentlich nur „der Ältere“, womit doch wohl ursprünglich nur gesagt sein sollte, daß die Träger dieser Amts- oder Dienstbezeichnung „älter“ sein sollten als die übrigen, ob nun „älter“ an Jahren oder an Erfahrung oder an beidem, ist zunächst einerlei. Und hier möchte ich zur Prüfung empfehlen einige Stellen, in denen wirklich nicht ganz klar ist, ob die „Ältesten“ gemeint sind oder nur „ältere Personen“: 1. Tim. 5,1.2 (man könnte auch hier „Älteste“ vorziehen, aber „Ältere“ hat wohl ebenso viel für sich!) und 1. Petr. 5,5; hier sagt die Elberf. Übers. „Älteste“, aber man könnte auch sagen: den „Ältesten“ sollte jeder Gläubige unterwürfig sein, und der Nachsatz „alle aber ...“ verlangt eigentlich im ersten Teil des Satzes nur die „jüngeren“ Leute den „älteren“ gegenüberzustellen; aber wie dem auch sei - in beiden Stellen braucht man nicht von „Ältesten“ zu reden, und gleichwohl steht hier das gewöhnliche Wort, welches für „Ältere“ (in Vergleichen wie Luk. 15,25) und „Älteste“ (als Amt, besser

Grunde genommen eigentlich, wie gesagt, nur um Ältere (als andere!), ohne daß ein Alters- oder gar ein Werturteil gefällt werden sollte mit dieser zu festem Sprachgebrauch gewordenen Bezeichnung. (Übrigens findet sich auch bei den „24 Ältesten“ in der Offenbarung kein anderer Ausdruck als der gewöhnliche!)

Wenn wir dies ins Auge fassen, so schwindet von vornherein die Vorstellung, als müßten die Ältesten immer ergraute Häupter mit reichster Erfahrung und fehllosester Handlungsweise sein! Denn diese Vorstellung ergibt sich gar zu leicht aus dem deutschen Wort und was es zu bezeichnen scheint! -

Aber auch die Ermahnungen, die Timotheus (besonders) den „Ältesten“ zu geben hat, zerstören doch jeglichen Grund zu der Meinung, daß Älteste durch ihre geistliche Erfahrung besonders gereifte und womöglich fehlerlose (soweit menschlich möglich!) Leute sein müßten (vgl. Frage 2 ds. Js. über 1. Tim. 5,20!!)

Verfasser obiger Antwort sucht nachzuweisen, daß Timotheus selber solch ein junger Ältester gewesen sei in seinem Heimatort. Nun wohl - wenn er das gewesen und also am besten imstande war, „Älteste“ zu bestätigen und zu ermahnen, dann mußte er, wie auch oben gesagt, ein sehr junger Ältester gewesen sein, denn in der Stelle der Frage 1. Tim. 4,12 ist seine Jugend noch immer so bemerkenswert, daß er darum hätte verachtet werden können! Dieser 1. Timotheusbrief liegt aber der Zeit nach etwa sechs Jahre nach dem 1. Korintherbrief, und in diesem findet sich in Kap. 16,10 die beachtliche Stelle: „Wenn Timotheus kommt, so sehet wohl zu, daß er ohne Furcht bei euch sei: denn er arbeitet im Werke des HErrn, wie auch ich. Es verachte ihn nun niemand!“ (Vgl. Frage 18 in Jahrbuch 6!) Also damals die Möglichkeit, daß vielleicht aufgeblasene Christen den Timotheus, der eine furchtsame Natur haben mochte, hätten verachten können, und 5-6 Jahre später noch so ähnlich, ja noch bestimmter: „deine Jugend“?! Das beweist doch wirklich allerlei für unsere Frage und nebenbei auch, daß es stets Menschen gibt, die nur nach Jahren, nach „statistischen Berechnungen“ gehen, wenn sie jemanden anerkennen oder von jemanden Ermahnungen annehmen sollen!! Traurige Leute! Denen ist das leibliche Alter, überhaupt das Fleisch, mehr wert als der Geist und Seine Frucht

(Gal. 5,22); Korinthergesinnung! Noch später aber als der 1. liegt der 2. Timotheusbrief, und in diesem noch die Ermahnung an ihn, „die jugendlichen Lüste zu fliehen“! (2,22) Also!

Ob Titus älter war als Timotheus? Ich möchte dies annehmen, da sonst Paulus ihm angesichts so ernster Aufgaben, wie der Titusbrief sie zeigt, vielleicht gerade bei der allgemein bekannten fleischlichen Gesinnung der Kreter (1,10ff.!!) erst recht solche Ermunterung mitgeschrieben haben würde, wie die dem Timotheus im 1. Brief 4,12 gegebene! Auch glaube ich persönlich, daß der in 2. Kor. 8 gegebene Auftrag nach Möglichkeit ältere Vertrauensleute vorsah. Aber nicht, daß es solche hätten sein müssen! - Doch energischer war Titus ganz sicher als Timotheus; das geht aus dem völligen Mangel an solchen und anderen Ermunterungen, wie sie dem Timotheus reichlich zuteil wurden, hervor (doch siehe 2,15!)!

Aber nun noch eins, was mir unumgänglich nötig zur Berücksichtigung bezüglich unserer Frage scheint. Gewiß, da stimme ich obiger - wie gesagt lieblichen - Antwort vollauf zu: Weder ein Jahresalter in leiblicher noch in geistlicher Hinsicht wird uns - außer bei dem HErrn Selbst (was aber doch sehr wichtig ist, Luk. 3,23!) - berichtet, also sollten auch wir darauf kein Gewicht legen, und zwar auch heute nicht, wo alles nicht mehr so normal ist wie am Anfang (im Gegenteil!!); die Schrift behält ja stets ihre Kraft und Zuverlässigkeit für uns! Und zumal wir kein apostolisches Recht haben, Älteste einzusetzen! (Vgl. „Hütet die Herde!“ und Frage 2 ds. Js.!) Aber sie gibt uns ein sehr ernstes Recht, vielmehr die Pflicht, die anzuerkennen, die unter euch (uns) arbeiten und euch (uns) vorstehen im HErrn (1. Thess. 5,12)! Und da solche Dienste in den örtlichen Gemeinden (ebenso wie die Gaben) vom Heiligen Geist gegeben und autorisiert (bevollmächtigt) werden (Apgesch.20, 28!), und da der Heilige Geist nicht und nie dem durch Ihn inspirierten Worte Gottes entgegengesetzt handelt, so dürfen wir sicher sein, daß Er Sich in der Besetzung solcher örtlichen Dienste auch richtet nach der von Ihm im Worte gegebenen Qualifikation (Befähigungszeugnis) über die „Ältesten“! Mit anderen Worten: Das Bild von „Ältesten“, wie Gott sie Sich vorstellt, wird Er auch heute noch - in den Tagen unserer Schwachheit und der „geringen Dinge“ - in Seiner Gemeinde, in ihrer örtlichen Darstellung zu wahren, zu behaupten suchen. Daraus folgt für uns, daß wir, ganz abgesehen von irgendeinem leiblichen oder geistlichen Alter derer, die sich vom HErrn berufen glauben, Ältestendienste zu

tun, an jenen „Befähigungszeugnissen“, wie sie uns in 1. Tim. 3,1-7 und Titus 1,5-9 von Gott anvertraut sind, genau genug sehen können, ob die Betreffenden rechte oder unrecht „Älteste“ sind.

Und - in beiden „Zeugnissen“ heißt es „eines Weibes Mann“! Und - aus beiden „Zeugnissen“ geht hervor, daß die „Ältesten“ ihr eigenes Haus müssen in Ordnung halten können! Mehr möchte ich nicht hervorheben - diese beiden Dinge genügen für uns, um zu sehen, welcher Art die „Reife“, die „Erfahrung“ sein sollte, die einen Ältesten, ob jung, ob alt - kennzeichnen sollte: Es sollte der damaligen Lockerheit der Sitte (Vielweiberei z. B.) gegenüber eine echte christliche Ehe im Hintergrund der in der Gemeinde Vorstehenden diesen allezeit die sittliche Kraft geben zu ihrem schweren Dienst in der Öffentlichkeit. Also nicht eigentliche „Jünglinge“ sollten es sein (in normalen Umständen). Und wenn nun einer fragt, ob der junge Timotheus, ob Titus selber schon verheiratet gewesen seien, so ist darauf zu sagen: Das wissen wir nicht, aber bei den frühen Eheschließungen des Orients ist es nicht nur wohl möglich, sondern sogar wahrscheinlich, und abgesehen davon kommt es uns nicht zu, bei diesen Bevollmächtigten des Apostels Paulus, der bekanntlich selber nicht verheiratet war (und doch 1. Kor. 7 und Eph. 5 geschrieben hat!), danach zu forschen, sondern wir haben in den „geistgehauchten“ (2. Tim. 3,16!) apostolischen Worten die Anweisungen, nach denen wir uns zu richten haben. Also nicht nach menschlichen Altersbefähigungs-Zeugnissen, sondern nach geistlichen Beweisen göttlicher Qualifikationen! Das laßt uns beherzigen!

Und wenn solche Brüder, ob jung, ob alt, der Gemeinde dienen als „besonnene“ „Älteste“, „Vorsteher“ oder auch als „Diener“, die Gott anerkennt, dann werden sie das sein, wozu Timotheus, der noch Jugendliche, ermahnt wird, und was er sicher auch gewesen und immer mehr geworden ist: „ein Vorbild!“ (nach jener Stelle 1. Tim. 4,12), und dann wird ihr Dienst ein gesegneter und fruchtbringender sein. Diese geistliche „Reife“, die jene Stelle enthält, die macht alle Gläubigen - und vornehmlich die Ältesten - zu Segensspendern!

Darum laßt uns uns alle noch zum Schluß unter dies Wort stellen, und des HErrn Gnade gebe uns Kraft dazu, dies zu werden: „... sei ein Vorbild der Gläubigen im Wort, im Wandel, in

Liebe, in Glauben, in Reinheit.“ (5 Dinge!)

Dem HErrn sei Preis für Sein ewig kostbares Wort!

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung)

Ein Zwischenraum.

Zwischen Pfingsten und dem dann folgenden Feste liegt ein langer Zwischenraum. Pfingsten fällt in die erste Hälfte des dritten Monats, und dann folgt kein Fest wieder bis zum ersten Tage des siebenten Monats.

Das gegenwärtige Zeitalter.

Also der größere Teil des dritten Monats, der ganze vierte, fünfte und sechste Monat verstreichen, ohne daß unsere Aufmerksamkeit auf irgend etwas Besonderes gelenkt wird.

Zwei weitere Dinge jedoch lassen uns den besonderen Charakter und die Bedeutung dieses langen Zeitabschnitts erkennen. In bezug auf das Pfingstfest wurden die Tage vom Passah aus gerechnet. Das Passah mußte am vierzehnten Tage des ersten Monats geschlachtet werden, und am folgenden Tage begann dann das Fest der ungesäuerten Brote. An dem Tage nach dem Sabbat (der in diese Passah-Woche fiel) wurde dann die Erstlingsgarbe von der neuen Ernte vor Jehova gewoben, und von diesem Tage an wurden dann fünfzig Tage weitergezählt zum Pfingstfeste hin. Nun laßt uns weiter beachten, daß vom Pfingstfeste ab bis zum nächsten Fest keine bestimmte Anzahl von Tagen gezählt werden sollte, sondern daß das nächste Fest immer am ersten Tage des siebenten Monats stattzufinden hatte ohne Rücksicht auf die Länge der Zeit, die zwischen diesem und dem Pfingstfest liegen mochte. Dies führt uns zu dem

besonderen Charakterzug, den diese Zwischenzeit trug, nämlich daß dieselbe unbestimmt in der Länge, also Jahr für Jahr verschieden war.

Ein Blick auf die Zeichnung, die wir dem Januarheft beifügten, läßt uns den Grund dafür erkennen. Der vierzehnte Tag des ersten Monats, an welchem das Passah geschlachtet werden mußte, konnte natürlich auf jeden Wochentag fallen. Wenn der vierzehnte Tag auf einen Freitag fiel, so war der nächste Tag (der fünfzehnte) ein Sabbat, und die Webegarbe mußte dann am folgenden (also am sechzehnten) dargebracht werden. Nehmen wir aber an, der vierzehnte Tag fiele auf einen Samstag, so würde der erste Sabbat danach auf den einundzwanzigsten des Monats fallen und die Webegarbe würde erst am zweiundzwanzigsten dargebracht werden können. Da nun das Pfingstfest immer fünfzig Tage nach der Darbringung der Webegarbe fiel, so mußte dieses Fest dementsprechend auch in den Daten wechseln und konnte somit auf verschiedene Tage oder Daten des dritten Monats fallen. Das Fest des Posaunenhalles dagegen konnte nie wechseln, sondern mußte stets am ersten Tage des siebenten Monats gefeiert werden, so daß infolgedessen der Zeitraum zwischen Pfingsten und dem Feste des Posaunenhalles, wie wir gezeigt haben, unbestimmt und verschieden war.

Eine Wartezeit.

Aus dem oben Gesagten erkennen wir schon etwas von der Bedeutung dieser langen Zwischenzeit. Sie begann mit Pfingsten und endete mit dem Erschallen der Posaunen. Dies läßt uns außer Zweifel, daß wir in diesem unbestimmt langen Zeitraum ein Bild von unserem gegenwärtigen Zeitalter haben, welches mit dem Pfingsttage begann und mit dem Herniederkommen des HErrn vom Himmel mit der Posaune Gottes enden wird, denn mit Pfingsten begann das gegenwärtige Zeitalter, in welchem die Gemeinde durch die Predigt des Evangeliums aus der Welt herausgerufen wird. Die unbestimmte Länge der Zeit von Pfingsten bis zum Fest des Posaunenhalles ist auch ein Bild von der Wahrheit, daß dieser Zeitabschnitt keine Zusammengehörigkeit mit den „Zeiten und Zeitpunkten“ hat, die mit der jüdischen Prophetie verbunden sind. Dies letztere wird noch befestigter dadurch, wenn wir uns erinnern,

gezählt werden, wie es bei den prophetischen Zeitpunkten der Fall ist. Wir sehen, diese ganze Zeitperiode trägt den Stempel mehr der Erwartung des kommenden Posaunenhalles als des sich Befassens mit dem Vergangenen.

Sechs vollendete Monate.

Aber es ist noch ein anderer Punkt, an dem wir nicht vorübergehen dürfen; obgleich (wie wir gesehen haben) die Zeit zwischen Pfingsten und dem Tage des Posaunenhalles von unbestimmter Länge ist, so umfaßt sie doch mit der vorangegangenen Zeit zusammen volle sechs Monate des Jahres.

Diese Tatsache erinnert uns an das, was wir auf Seite 8 unter der Überschrift „Eine neue Grundlage“ bereits sagten, nämlich, daß Gott den siebenten Monat Abib zum ersten Monat des Jahres machte und damit gewissermaßen die bereits voraufgegangenen sechs Monate auslöschte.

Jene sechs Monate waren ein Bild von der Prüfungszeit des Menschen, ehe die Fülle der Zeit gekommen war, da Gott Seinen Sohn sandte. Diese Probezeit diente nur dazu, die völlige Unbrauchbarkeit und Unfähigkeit des Menschen zu erweisen, so daß eine Beziehung auf Grund des ersten Bundes zwischen Menschen und Gott nicht möglich war.

Gott strich deshalb diese sechs Monate wie mit einem Federstrich aus und begann, als Er den siebenten Monat zum ersten Monat des Jahres machte, einen ganz neuen Anfang, indem Er das Passahlamm zur Grundlage Seiner Beziehungen mit einem erlösten Volke machte.

Wenn wir nun einen Vergleich zwischen diesen zwei Abschnitten von je sechs Monaten ziehen, welch ein Gegensatz enthüllt sich da unserem Blick! Der erste Abschnitt von sechs Monaten (die Gott beendete, als Er den siebenten Monat zum Anfangsmonat eines neuen Jahres machte) redet von dem Dichten und Trachten der Menschen, und er diente dazu, zu zeigen, daß der Mensch nichts hervorzubringen vermochte, was vor Gott tauglich war, um es annehmen zu können. Die Folge war, daß alles dem Gericht Gottes verfiel. Der zweite Abschnitt von sechs

Monaten, welcher uns den Charakter und die Folgen der Erlösung zeigt, führt uns in gerader Linie zu dem Feste des Posaunenhalles, einem Feste, über dessen Bedeutung wir kaum noch im Zweifel sein können und von dem wir, so Gott will, in den nächsten „Handreichungen“ reden werden.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Fortsetzung)

In meiner letzten Betrachtung (Lieferung 4) kündete ich an, daß ich nunmehr übergehen wolle zur Besprechung des „Sauerteigs der Sadduzäer“. Das soll auch, s. G. w., geschehen, doch muß ich zuvor doch noch etwas mir höchst wichtig Scheinendes über die Pharisäer hinzufügen. Es hängt dies mit dem, was die Sadduzäer betrifft - gegensätzlich - zusammen und muß darum, soweit ich sehe, lieber vorher (statt nachher) gesagt werden.

Wie ich in der ersten Betrachtung (Lieferung 3) schon betonte, handelt es sich bei der Warnung des HErrn vor dem „Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer“ darum, daß die Gewarnten sich hüten sollten „vor der Lehre der Pharisäer und Sadduzäer“. (Matth. 16,6 und 11,12) Und diese Lehre der ersteren nennt der HErr in Luk. 12,1 „Heuchelei“, d. i. aber, wie ich dann weiter ausführte: „Scheinleben“! Die Pharisäer standen ja auf dem Boden der Schrift, also des Alten Testaments, und betonten die richtige Lehre so sehr, daß das entsprechende richtige Leben demgegenüber zurücktrat, also daß vor ihrer Handlungsweise gewarnt werden mußte. (Matth. 23,3) Aber - hier haben wir eben ein ernstes „Aber“ einzuführen - es war doch nicht allein die Schrift, die sie vertraten und deren Lehren sie im Gegensatz zum Leben so überspannten - kaum hätte sonst der Herr Jesus so scharf mit ihnen ins Gericht gehen können, wie Er in Matth. 23 tat. Man wird der Beurteilung der Pharisäer auch nicht völlig gerecht, wenn man nur der

Lebens. Nein, dem ist ja auch gar nicht so, d. h. die Schrift als solche war ihnen ja auch gar nicht die so arg überspannte Hauptsache, sondern vielmehr das, was an „Satzungen“ („Überlieferungen“, „Traditionen“, „Aufsätzen“ [Luth.]) jener hinzugesetzt war. Wohl sahen sich die Pharisäer als Hort und als Vertreter der göttlichen „Thorah“, d. i. des Gesetzes, und die pharisäischen Schriftgelehrten lebten und starben für die Auslegung der mosaischen Gesetzessammlung. Aber die 613 Gebote des göttlichen Gesetzes umrankten sie mit einer solchen Fülle von abgeleiteten Menschensatzungen (der „Halacha“, d. i. „Regel“, nämlich den „Aufsätzen der Ältesten“, „Überlieferungen“, vgl. Matth. 15,2.3.6; Mark. 7,3.5ff. und den praktischen Niederschlag in Matth. 23!), daß das einfache Wort Gottes, d. i. Sein Wille, völlig verdunkelt, zum mindesten äußerst schwer erkennbar wurde. Jes. 29,13 (vgl. Jerem. 8,8.9 u. v. a.) geißeln diese Art schon im Alten Testament. So war das einfache Volk - soll ich einmal in gegebener Absichtlichkeit der Betonung sagen „die Laien“?! - stets angewiesen auf seine Lehrer, um den - angeblich- richtigen, gottwohlgefälligen Weg gehen zu können, denn erst die „Überlieferungen der Ältesten“ und dann wieder die jene betreffenden Auslegungen seitens der verschiedenen religiösen Schulen (der pharisäischen Schriftgelehrten nämlich) zeigten - angeblich- an, was und wie Gott das Gesetz verstanden wissen wollte. Und war doch diese ganze Fülle von „Überlieferungen“ und Auslegungen nur mehr auf das Äußerliche, auf den Schein, auf Buchstabendienst und -Knechtschaft, auf Formendienst und Formelabhängigkeit gerichtet und darum auf Selbstruhm und heuchlerische Frömmigkeit, die es dem lieben Nächsten voraustun wollte in äußeren, sichtbaren Beweisen der pharisäischen „Gerechtigkeit“ Wie unsagbar ernst darum die Auseinandersetzung des HErrn mit dieser Art von „Gerechtigkeit“, die mit der „Gerechtigkeit im Gesetz“ nur mehr den Namen gemein hatte. Beachtet man dieses ein wenig, dann versteht man die Bergpredigt Matth. 5-7 besser, sowie das Kapitel 23! Und dann begreift man die Betonung, mit der der HErr, der Mund der Wahrheit, sagte: „Wenn nicht eure Gerechtigkeit vorzüglicher ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht ins Reich der Himmel eingehen!“ (Matth. 5,20) Ihre Gerechtigkeit baute sich auf auf selbsterwählten religiösen Übungen, die, nur scheinbar abgeleitet von der Quelle des Wortes Gottes, darum nicht mit dem reinen Quellwasser desselben gespeist waren, sondern mit dem brackigen oder gar vergifteten der „Menschensatzungen“, die als

unerträgliche Bürden die Seelen der Ungelehrten („Laien“) bedrückten. Daher ein Wort wie Matth. 11,28 belebend und erquickend wirken mußte, daher man auch dem HErrn nachsagte: „Er redete gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten“ (Matth. 7,29 nach Luth.), daher das Erstaunen der Volksmenge über Seine Lehre! (V. 28) Die doktrinäre, abstrakte (unpersönliche, unwirkliche, unpraktische, nur begriffliche) Lehre der Pharisäer konnte kein Leben wecken, zog nicht an, fließ vielmehr ab, und die Vertreter derselben lebten nicht, was sie lehrten, konnten es gar nicht, da ihnen die Kraft dazu fehlte - so ward ihr Leben Heuchelei, Scheinwesen, und was sie von anderen forderten, taten sie selber nicht. Darum verloren sie das Vertrauen im Volk, das meist sehr scharf beobachtet und die Fehler der herrschenden religiösen Systeme immer dann am deutlichsten sieht, wenn ihre Vertreter so tun, als ob sie etwas seien, was sie nicht sind! „So tun, als ob“ ist aber Sauerteig!

Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer, welcher Heuchelei ist!“ (Luk. 12,1) Vor der Lehre der Pharisäer sollten sie sich hüten (Matth. 16,12): also sie ist Heuchelei! Warum? Weil sie nicht das Wort Gottes selber ist, sondern in Zusätzen zu ihm besteht! Darum das Leben nach ihr, d. h. nach diesen Zusätzen („Überlieferungen“), selber Heuchelei ist (ein „Tun, als ob“!). Wohlgemerkt: In der ersten Betrachtung zeigte ich, daß man die richtige Lehre haben kann und doch nicht das entsprechende richtige Leben, das wirkliche Leben“ nach 1. Tim. 6,19, und hier füge ich ergänzend hinzu, daß man der Heuchelei, dem Scheinleben - im Gegensatz zum wahren Leben - verfällt, wenn man nach Grundsätzen, Satzungen, Überlieferungen lebt oder zu leben sucht, die wohl Religiosität hervorzurufen imstande sind, aber nicht wahre gottgewollte Frömmigkeit, eben weil ihre Quelle nicht gottgewollt ist. Die Pharisäer waren „orthodox“ und „fromm“, und sie meinten selber, es zu sein, aber sie waren es nicht nach Gottes Willen, darum war ihre Frömmigkeit in des HErrn Augen Heuchelei, also „Sauerteig“, und vor diesem warnt Er die Seinen, auch uns heute! „Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer!“

Was hat das denn in diesem hier soeben geschilderten Zusammenhang uns zu sagen? Ich fühle mich da gedrängt, kurz etwas zu erwähnen, was, wie ich zu Anfang der heutigen Betrachtung anführte, im Gegensatz zu der Weise der Lehre der Sadduzäer steht: Die Pharisäer - wohl

orthodox („rechtgläubig“) bezüglich der Lehren des Alten Testaments, z. B. auch bezüglich der Lehre von den Engeln, von der Auferstehung, vom Geist, vom Messias usw. - entblödeten sich doch nicht, allerlei traditionelle Zusätze zum Wort Gottes zu machen, und an der Beobachtung dieser lag ihnen mehr als an der des einfachen gottgegebenen Gesetzes - und heute -? -

Ist es nicht heute mit den Vertretern der sogenannten kirchlichen Orthodoxie ganz ähnlich? Ist nicht die Betonung z. B. der traditionellen, von den sogenannten „Kirchenvätern“ überlieferten Kindertaufe (vergl. Frg. 10 der Lieferung, Antwort A, Absatz 1!) oder die Einführung der (kath.) Firmelung bezw. der (protest.) Konfirmation (mit dem damit verbundenen kirchlichen „Recht“, zur „Kommunion“ bezw. zum „Tisch des HErrn“ zu gehen!) sowie das Festhalten an den ungezählten sonstigen religiösen Sitten, Gebräuchen und „gottesdienstlichen“ Zeremonien usw., die alle schriftwidrige Zusätze zum Worte Gottes sind - ist das alles nicht auf das Konto der sogenannten „orthodoxen Theologie“ zu setzen und als gefährlicher religiöser „Sauerteig“ zu werten, gerade wie die „Aufsätze der Ältesten“ bei den Pharisäern?! Selbst entschieden christliche Kreise, die es besser wissen könnten, halten ängstlich fest an ihren kirchlichen oder auch denominationellen Überlieferungen, mit denen wohl das religiöse „Eifern“ gefördert wird, aber nicht das echte, an solchen toten Formen nicht hängende, sie vielmehr ablehnende lebendige Christentum. Wahrlich, nicht als „Angriff“ auf teure Gläubige schreibe ich dieses, sondern aus brüderlicher Liebe und tiefem Schmerz darüber, daß auch unter uns (wir alle müssen uns einrechnen!) wahren Gotteskindern noch so leicht „Sauerteigs“-Überlieferungen dem schlichten klaren Wort Gottes beigemischt werden, und nicht nur das, sondern daß dann die Beobachtung jener Traditionen gern als ein Beweis höherer „Geistlichkeit“ und „biblischerer Stellung“ angesehen, ja, fast zum „Schibboleth“ wahren Gläubigseins gemacht wird! „Hütet euch vor dem Sauerteig!“ ist aber auch uns heutigen Gläubigen gesagt! O über die Zusätze zur Schrift! Laßt uns uns ängstlich davor hüten, Geliebte! Die Theologie kann uns, die wir mit dem ganzen Christentum Ernst machen, nicht so gefährlich werden mit ihren Zusätzen zur Schrift, mit ihren „Überlieferungen“, wie wir selber mit diesen und jenen (in der Schrift) ungeschriebenen Grundsätzen über den „rechten Boden“ oder über die „rechte Absonderung“. Wohl sind „Absonderung und Gemeinschaft“ die Grundpfeiler wahren Christentums, aber wehe,

Dann ist der „Pharisäismus“ nicht fern, und wir sind nicht weit von ihm. Dann ist dieser „Sauerteig “, den wir unseren Grenzen fern wähnten, mitten hineingedrungen, und da jeder Sauerteig leicht den ganzen Teig durchsäuert, so sind wir in Gefahr, bei besten Absichten, in bester Meinung zu einem in gewisser Hinsicht heuchlerischen Christentum zu gelangen, durch das wir uns und andere betrügen, aber mehr: den HErrn betrüben! Dies sollte und brauchte nicht zu sein, und manche unschriftgemäße Trennung unter und von Brüdern wäre vermieden worden, wenn man die Gründe zur Trennung mehr auf ihre Schriftgemäßheit geprüft hätte: Sie hätten sich dann vielleicht gar bald entpuppt als erwachsen auf dem Boden der „Überlieferung“, der „Grenzen der Väter“ oder auch der „kirchlichen“ Zusätze zur Schrift usw., und brüderliche Liebesbande wären nicht rüde zerrissen worden! - Zurück allein zum Wort des HErrn! Zum Anfang! -

Genug von allen diesen Dingen, über die sich noch viel sagen ließe! Lassen wir uns vom HErrn belehren über jedes Gebiet, wo wir der Gefahr erliegen könnten, dem Sauerteig pharisäischer Lehre und pharisäischer Heuchelei zum Opfer zu fallen, sei es nun was die Stellung der Pharisäer in oder neben der Schrift anbelangt, sofern „das wirkliche Leben“ dadurch beeinträchtigt, verhindert oder gar erheuchelt zu werden Gefahr läuft. Der Pharisäismus in jeder beschriebenen Form ist eine große Gefahr für uns Gläubige alle!

Der Sadduzäismus auch? Wir werden, s. G. w., sehen, aber schon jetzt sei vorweggesagt: „Die Lehre der Sadduzäer“, vor der als „Sauerteig“ der HErr warnt, liegt ebenso wie z. T. die der Pharisäer in ihrer falschen Stellung zur Schrift! Die Pharisäer erkannten die Schrift wohl bis zum Jota an, aber erweiterten sie nach ihrem Gutdünken, die Sadduzäer im Gegensatz zu ihnen - standen „liberal“ (freisinnig) zu ihr und erkannten nur an, was sie menschlich begreifen konnten, folglich zerpflückten sie das Wort Gottes, dessen Untrüglichkeit ihnen geradezu lächerlich war (siehe Matth. 22,23-29!) nach ihrem bösen, kritischen Sinn. Bibelkritik ist aber ebensosehr „Sauerteig“ wie das Erweitern der Schrift durch Menschensatzungen! Und - und damit komme ich für heute zum Schluß - Gott sei's geklagt: Auch Gläubige erlauben sich oft und leicht Kritik am unauflöslichen Gotteswort und Abstriche von ihm, sich und anderen zum Schaden und zum Verderben ihres geistlichen Lebens und dessen der Gemeinde. Wie traurig ist

das! Wie vorsichtig sollte uns dies machen!

„Hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer!“ Der HErr gebe uns stets „neue Gnade“ dazu!

F. K.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

Die Anfangsverse des Matthäusevangeliums.

Gedanken über Matth. 1,1-17.

(Schluß)

II. Das Geschlechtsregister.

Das der Überschrift folgende Geschlechtsregister zerfällt in drei Teile, auf die der Geist Gottes in Vers 17 nachdrücklich hinweist. Sie kennzeichnen drei wichtige Abschnitte der Geschichte Israels, 1. die Zeit vor dem Königtum, 2. die Zeit des Königtums und 3. die Zeit nach dem Königtum.

Der Stammbaum in Lukas 3, der wahrscheinlich der der Maria ist (wessen sollte er sonst sein?), gibt nicht die königliche Linie des Hauses Davids und hat auch keine Unterteilung, sondern führt ohne Unterbrechung bis Adam, ja, bis zu Gott, dem Schöpfer. Er zeigt Jesum als den Sohn des Menschen, den vollkommenen Menschen, der zugleich der Sohn Gottes war, der auf diese Erde kam, um das auf Sich zu nehmen, was durch des ersten Adam Fall in die Welt gekommen war, er beginnt nicht mit den Trägern der Verheißungen Gottes, mit Abraham und David, sondern mit Jesus Selbst (Luk. 3,23) und führt darum rückwärts. Alles das steht in vortrefflicher Übereinstimmung mit dem Charakter des Lukasevangeliums.

trägt königlichen Charakter. Der wahre Erbe der Verheißungen, der Erbe des Thrones Davids, der wahre König der Juden ist erschienen. (Kap. 2,2)

Das Geschlechtsregister beginnt mit Abraham, Isaak und Jakob, drei Männern, die infolge des göttlichen Grundsatzes der Auswahl einen hervorragenden Platz einnehmen. Gott gab ihnen eine Stellung außerhalb der Reihe ihrer Brüder. Abraham ist der einzige von seinen Brüdern, der in innige Verbindung mit dem lebendigen Gott gebracht wird. Isaak ist der Sohn der Verheißung, weil bevorrechtet vor den übrigen Söhnen Abrahams. Von Jakob endlich spricht Jehova: „Ich habe Jakob geliebt, Esau aber habe Ich gehaßt“. (Mal. 1,3) „Jakob aber zeugte Juda und seine Brüder.“ (V. 2) Damit wird etwas Neues eingeführt, der Zusatz „und seine Brüder“ bedeutet einen Wendepunkt in der Geschichte. Wohl ist es Juda, aus dessen Stamm Schilo, der Ruhebringende, kommen sollte, aber auch seine Brüder werden in den Segen ihres Vaters eingeschlossen. (1. Mos. 49) Von nun an besteht das Haus Israel (Matth. 10,6; 15,24), das irdische, zwölfstämmige Volk Gottes.

Gott trug dieses Sein Volk in Langmut. Er war und ist langsam zum Zorn und groß an Güte und Barmherzigkeit. Durch viele Jahrhunderte hindurch trug Er Israels Untreue, gab ihnen immer wieder Männer, die Zeugnis von Seiner Gnade ablegten, seien es Richter oder gottesfürchtige Könige oder Propheten. Er trug Israel bis zu einem neuen Wendepunkt in ihrer Geschichte, bis dahin, wo Er sie in die Hand ihrer Feinde geben mußte, die sie nach Babel wegführten. Dieser neue Wendepunkt wird wiederum durch den Zusatz „und seine Brüder“ charakterisiert: „Josia aber zeugte Jechonia und seine Brüder um die Zeit der Wegführung nach Babylon.“ (V. 11)

Hier müssen wir einen wichtigen Gesichtspunkt im Auge behalten, der viel zum Verständnis unseres Evangeliums beiträgt. Es wird nämlich nicht davon gesprochen, daß Gott Sein Volk verstoßen habe, daß Er es als Lo-Ammi = Nicht-Mein-Volk (Hos.1,9) betrachte. Im Lukasevangelium ist es ganz anders. Dort wird von vornherein das Volk im ganzen als verworfen angesehen, und nur der treue Überrest wie Zacharias, Simeon und Anna wird von Gott anerkannt. Die heidnischen Nationen haben deshalb auch die Herrschaft über das Land. (Luk. 2,1; 3,1) Seitdem Gott die persönlichen Beziehungen mit dem Volk als Ganzem

abgebrochen hat und die Herrschaft dem Nebukadnezar übertrug (Dan. 2,37), regiert Er nicht mehr wie vordem direkt und gleichsam sichtbar über Israel - die Wolke der Herrlichkeil im Tempel zeugte von dieser Regierung -, sondern Er hält nur die unsichtbaren Zügel unter der Vorsehung in Seiner Hand. Die Zeiten der Nationen (Luk. 21,24), die durch diesen Zustand gekennzeichnet sind, dauern seit jenen Tagen Nebukadnezars bis zu dem noch zukünftigen Tage, da Gott die Beziehungen zu Seinem irdischen Volke wiederaufnehmen und die Herrlichkeit Jehovas wiederum das Haus erfüllen wird. (Hagg. 2,7)

Von diesem Gesichtspunkt der Zeiten der Nationen geht unser Evangelium nicht aus. Gott Selbst schlägt sozusagen eine Bresche in die Zeiten der Nationen, indem Er dem Volke den Messias, den Heiland, schenkt. Israel ist keineswegs Lo-Ammi, keineswegs verstoßen, wenn der wahre Sohn Davids in Erscheinung tritt, es ist Ammi = Mein Volk (Hos. 2,23): „Er wird Sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Matth. 1,21), und ganz Palästina einschließlich Galiläas ist das „Land Israel“ (Kap. 2,20), obwohl doch die Römer über das Land herrschen und die zehn Stämme irgendwo in der Zerstreuung leben. Das ist die Betrachtungsweise des Matthäusevangeliums, die somit in ernster Weise den Zustand der Juden indirekt charakterisiert, wenn diese selbst unter solchen Umständen ihren Erretter verwarfen.

Doch wir wollen zu dem Geschlechtsregister zurückkehren. Wir finden darin nicht alle Königsnamen, die sich aus dem Alten Testament ergeben würden. Es fehlen in Vers 8 zwischen Joram und Osia die 3 Könige Ahasja, Joas und Amazja. In Vers 11 vermissen wir Joahas und Jojakim. Diese Auslassungen geschahen einerseits, um 14 Geschlechter in jeder Abteilung zu haben, es gibt aber noch einen anderen Grund, der in der Geschichte dieser Könige selbst liegt. Ahasja, Joas und Amazja sind direkte Nachkommen des gottlosen Königs Ahab, denn der in Vers 8 genannte Joram hatte Athalja, die Tochter Ahabs, zum Weibe. (2. Kön. 8,18) Ahab, auf dessen Hause der Fluch Gottes lag (1. Kön. 21,17-26), war somit der Großvater des hier nicht aufgezählten Ahasja. Bis ins vierte Geschlecht Ahabs werden die Namen nicht genannt. Darin scheint eine Bestätigung der ernsten Worte des Gesetzes zu liegen, die da sagen: „Ich, Jehova, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern, am dritten und am vierten Gliede derer, die Mich hassen.“ (2. Mos. 20,5) In bemerkenswertem

Gegensatz dazu steht die Verheißung an Jehu, den Vertilger des Hauses Ahabs, in 2. Kön. 10,30: „Und Jehova sprach zu Jehu: Weil du wohl ausgerichtet hast, was recht ist in Meinen Augen, und an dem Hause Ahabs getan hast nach allem, was in Meinem Herzen war, so sollen dir Söhne des vierten Gliedes auf dem Throne Israels sitzen.“

Über das Haus Ahabs war durch Elia, den Thisbiter, der Fluch ausgesprochen worden: „Wer von Ahab in der Stadt stirbt, den sollen die Hunde fressen, und wer auf dem Felde stirbt, den sollen die Vögel des Himmels fressen.“ (1. Kön. 21,24) Die Ähnlichkeit dieses Fluches mit dem über Jojakim, den König von Juda: „sein Leichnam wird hingeworfen sein der Hitze bei Tage und der Kälte bei Nacht“ in Jeremia 36,30, ein Fluch, der dem Leichnam des Königs ein ehrenvolles Begräbnis versagte (vergl. auch Jer. 22,19) wie den Leichnamen des Hauses Ahabs, läßt es erklärlich erscheinen, warum auch Jojakim in dem Geschlechtsregister ausgelassen ist. Sein Bruder Joahas aber, der ebenfalls fehlt, gehört nicht in die Reihe, weil er ja nicht die direkte Linie der Könige fortsetzt, er war der Oheim, nicht der Erzeuger des Jechonia, der die Linie fortführt.

Traurige Kapitel aus der Geschichte Israels enthüllen sich damit unseren Augen. Gerade durch die Auslassungen weist der Geist Gottes darauf hin. Wenn Gott schweigt, ist es nicht ohne Absicht und stets zu unserer Belehrung. Doch wir finden noch mehr in unserem Geschlechtsregister:

Es enthält Namen, die wir als Menschen und die besonders ein Jude nicht mitaufgezählt hätte. Es sind die Namen von vier Frauen, die der Thamar, der Rahab, der Ruth und der, die Urias Weib gewesen. An jeder dieser vier Frauen haftete ein Makel. Die schändliche Geschichte der Thamar berichtet uns Gottes Wort in 1. Mos. 38. Rahab war eine Hure und stammte von denselben Kanaanitern, deren völlige Ausrottung Gott Seinem Volke geboten hatte. Ruth war eine Tochter Moabs, eine Heidin. Von ihrem Volke durfte noch nicht einmal das zehnte Geschlecht in die Versammlung Jehovas kommen. (5. Mos. 23,3) Bathseba schließlich, das Weib Urias, des Hethiters, bot den Anlaß zu dem schwersten Fehltritt, den David während seines Lebens tat. Alle diese Frauen scheinen mit dem Heidentum in Verbindung gestanden zu

haben. Von Thamar wissen wir nicht, woher sie war, jedenfalls nicht direkt aus Israel. Rahab war Kanaaniterin, Ruth Moabitin, und Bathseba hatte eine Ehe mit einem Hethiter geschlossen, einem Nachkommen der Bewohner des Landes, die Israel nicht ausgerottet hatte. Aber die unumschränkte Gnade Gottes führte diese Frauen in Verbindung mit Seinem auserwählten Volke und sogar in die Linie des Messias und machte sie damit zu Stammmüttern Dessen, der die Sehnsucht der Weiber in Israel bildete. (Dan. 11,37) Ein Israelit hätte viel lieber gesehen, wenn Sara oder Rebekka, diese wohlangesehenen Frauen, in dem Geschlechtsregister des Messias genannt worden wären. Aber Gott legt mit Absicht den Finger auf wunde Stellen in der Geschichte des Volkes, auf Punkte, die andererseits Seine Gnade und Unumschränktheit am herrlichsten widerstrahlen.

Vielleicht ist es nicht nur die Gnade Gottes, die durch die Erwähnung dieser Frauen hervorgehoben werden soll, vielleicht soll auch ein Gegensatz betont werden, der in dem zweiten Abschnitt unseres Kapitels ans Licht tritt. Wir erinnern uns, daß die genannten Frauen mit einer sittlichen Verirrung zu tun hatten. Bei Thamar, Rahab und Bathseba liegt dies offen zutage. Aber auch bei Ruth, der Moabitin? Von ihr persönlich lesen wir nichts Ungereimtes; aber sie stammte von einem Volke, das durch die blutschänderische Tat der Töchter Lots entstanden war. (1. Mos. 19,30-38) Vier traurige Verfehlungen auf sittlichem Gebiet hält also hier Gottes Wort noch einmal fest: scheint es nicht, um damit umso nachdrücklicher den Gegensatz hervorzukehren, einen freilich unendlichen Gegensatz, der zwischen solchen Verirrungen und dem unergründlichen, anbetungswürdigen Wunder der Menschwerdung unseres HErrn und Heilandes bestand, eines HErrn, der heilig war vor Seiner Geburt (Luk. 1,35), der heilig und unbefleckt durch eine Welt der Sünde ging und der Sich ohne Flecken durch denselben ewigen Geist Gott geopfert hat (Hebr. 9,14), durch den Er auch gezeugt wurde?!

Welch einen HErrn haben wir doch! Wir begegnen Seiner Herrlichkeit auf Schritt und Tritt in Seinem Wort. Kostbare Gabe, die uns in Ihm geschenkt ward! Möchten wir Ihn doch stets mit heiliger Ehrfurcht anschauen und Ihm mehr und mehr die Liebe entgegenbringen, die Er uns ins Herz gesenkt hat! Sein wunderbarer Name, mit dem unser Kapitel schließt, sei auch jetzt und immerdar gelobt!

Th. Bu.

Frage und Antwort

Frage 10

Ist in Matth. 13,33 und auch V. 44.45f. das Evangelium oder die Bosheit (oder was sonst) gemeint?

Antwort A

Wir können wohl den Fragesteller in der Formulierung der Frage verstehen. Was ist nicht alles schon über diese Gleichnisse, besonders in der protestantischen Welt, geschrieben worden! Die größten, besten und selbst die letzten theologischen Bibelwerke haben fast durchweg die alte kirchliche Fabel, daß der Sauerteig hier etwas Gutes sei, weiter vertreten und verbreitet. Man lese nur die Bemerkungen in der Jubiläumsbibel über den hier in Frage kommenden Gegenstand! Christliche Systeme beeinflussen ungemein die sachliche Auslegung der Schrift, so daß man für Dinge wie Kindertaufe, allgemeine Abendmahlsfeier ohne Unterscheidung der Personen und Zustände, Weltkirche usw. eintreten kann, in scheinbarer Anerkennung biblischer Wahrheit. Es erübrigt sich, hier näher auf die Sauerteigfrage einzugehen, da jetzt erst einige Artikel in den „Handreichungen“ über diesen ebenso wichtigen wie ernsten Gegenstand erschienen.

Um das eine oder andere Gleichnis verstehen zu können, muß man den Grundgedanken derselben haben. In Matth. 13, wo wir sieben Gleichnisse finden, liegt schon der Zahl wie auch der Anordnung derselben ein göttlicher Plan zugrunde. Wenn man berücksichtigt, daß sie nicht zu einer Zeit vom HErrn gegeben wurden, sondern bei verschiedenen Gelegenheiten - wie auch die Umstände und die Vorgänge des Kap. 12 besonders zum Verständnis der Gleichnisse beitragen -, so erkennt man, daß die Begebenheiten wie Gleichnisse ein bestimmtes

prophetisches Gemälde darstellen. Darum tragen auch alle Handlungen des HErrn sinnbildlichen Charakter. Z. B. V. 1: Er geht aus dem Hause: Israel - löst das natürliche Band, erkennt es nicht mehr an (vgl. 12,46-50), aber unterstreicht das geistliche Verhältnis zu Sich in Seinen Jüngern: die Familie Gottes. Der See ist ein Bild der Völkerwelt, welche nun heimgesucht wird. Darum finden wir Seine Wege mit der Völkerwelt in diesen Gleichnissen vorgebildet. Ebenso deutet V 36 des HErrn jetzigen Platz in der Gemeinde an. Das Haus an dieser Stelle ist ein Bild der Gemeinde, wo Er die Seinen belehrt und unterweist. Doch müssen wir genau unterscheiden zwischen Reich und Gemeinde. Das Verwischen des Unterschiedes zwischen diesen beiden hat zu den verhängnisvollsten Folgen geführt. Reich ist dort, wo man das Wort vom Reiche vernommen hat, auf dem Acker, welcher die Welt ist. Die Gemeinde ist abgesondert von der Welt (Joh. 17,14), wo alles Seiner Heiligkeit entspricht und Zucht geübt wird, was im Reiche nicht geschehen kann (vgl. V. 28-30). Wohl ist die Gemeinde im Reiche, doch das Reich geht über die Gemeinde hinaus. Das Reich wird vom HErrn bei Seinem Kommen als Weltenrichter selbst gereinigt; die Gemeinde ist der Verantwortung der Gläubigen unterstellt, es wird dort Zucht geübt während der Abwesenheit des HErrn. Im Reich ist Herrschaft der Hauptgedanke, in der Gemeinde aber Leben. Dort sind wir Untertanen, hier Glieder der göttlichen Familie. Doch soll die Macht des Reiches in der Gemeinde sich offenbaren und gesehen werden.

Wenn wir nun zu den Gleichnissen selbst übergehen, möchten wir noch einiges über das 13. Kapitel bemerken. Man kann es wohl das Kapitel der Gleichnisse nennen, weil das Wort „Gleichnis“ in keinem Kapitel der Bibel so oft vorkommt wie hier: zwölfmal. Auch kommt das Wort selbst im Neuen Testament hier zum ersten Male Vers 3 vor. Zugleich möchten wir noch erwähnen, daß auch „Geheimnis“ in diesem Kapitel (V. 11) zum ersten Male vorkommt. Ganz abgesehen davon, daß es hier in der Mehrzahl gebraucht wird, was sonst selten vorkommt (vgl. 1. Kor. 4,1.2; 14,2, wo es ebenfalls in der Mehrzahl gebraucht wird). Die Anwendung dieses Wortes in der Mehrzahl scheint uns die Andeutung nahezulegen, daß die Geheimnisse der Gleichnisse des Reiches der Himmel nicht gleichmäßig noch einlinig zu erklären sind, sondern vielseitig und mannigfaltig. Obwohl die Zusammengehörigkeit der Gleichnisse jedem Leser offenkundig ist, muß aber dennoch zugleich jedes Gleichnis in seinem ihm eigentümlichen

Gleichnissen geredet? War es zum besseren Verständnis, zur Enthüllung oder zur Verhüllung der in den Gleichnissen gegebenen Tatsachen? Wir glauben, daß es eine Enthüllung war für die Jünger, wie sich das Reich der Himmel in Zukunft gestalten sollte, also für diejenigen, welche vom HErrn eingeweiht wurden (vgl. V. 34-36). Uns scheint, daß der HErr nur das erste Gleichnis, welches keins des Reiches der Himmel ist und darum auch nicht so bezeichnet wird (vgl. dazu unsere Ausführungen in den „Handreichungen“, Jahrbuch 1927, S. 257-262), der Menge erklärt (V. 18-23), was seinen Grund darin hat, daß es sich in diesem Gleiches mehr um die persönliche Aufnahme des Wortes Gottes handelt. Dort werden ihnen die Hindernisse eines gedeihlichen, bleibenden Wirkens in der Verschmelzung mit dem Herzen des Aufnehmenden gezeigt. Es trägt ausgesprochen Entscheidungscharakter und ist eine Warnung für die Hörenden! Darum V. 18: „Höret ihr“. Das Gleichnis von den zweierlei Samen aber wird nur Seinen Jüngern erklärt, und zwar im Hause, welches - wie schon oben gesagt - ein Bild von der Gemeinde ist. Damit kommen wir zu einem der wichtigsten Grundsätze der Auslegung und des Verständnisses der Gedanken Gottes. Denn in dem Hanse erklärt Er nicht nur das zweite Gleichnis, sondern Er fügt ihnen noch drei hinzu, die uns mehr die innere Seite der Dinge geben. Wenn wir die Gemeinde nicht verstehen, werden wir vollständig irren in der Auslegung dieser Gleichnisse. Kein Wunder, daß sehr gelehrte Männer der Theologie in dem Baume die segensreiche Entfaltung des Christentums sehen und in dem Sauerteig die „Durchsäuerung“ der Menschheit mit dem Wort Gottes. Und die Krönung dieser Irrlinie ist uns in der Auslegung des vorletzten Gleichnisses von dem Kaufmann und der Perle gegeben, indem man meint, daß der Kaufmann der nach Christo suchende Sünder sei, der alles aufgeben muß, um Christum, die kostbare Perle, zu gewinnen. Wir können hier diese Dinge nicht näher erklären, da dies uns viel zu weit führen würde. Nur möchten wir hier betonen, daß die drei letzten Gleichnisse ganz besonderen Gemeindecharakter tragen. Im Schatzgleichnis wird uns der Wert und die Vielgestaltung der Gläubigen gezeigt, im Perlengleichnis die Kostbarkeit und Lebenseinheit derselben und im Netzgleichnis ihre Unterscheidung und Sammelfähigkeit (V. 48). Die Engel befassen sich mit den Bösen (vgl. V. 41.42 und 49.50), nicht mit den Söhnen des Reiches; letztere sind anderen Händen und Herzen anvertraut - derer, welchen die Sorge für die Gläubigen obliegt, Seiner Heiligen.

Das zweite Gleichnis enthüllt Er nur Seinen Jüngern, nicht nur, weil es uns einen Überblick des Reiches der Himmel von Anfang bis Ende gibt - deshalb spricht der HErr auch in Verbindung mit demselben zweimal von der „Vollendung“ (V. 39 und 40); Er zeigt, daß es bis zum Ende den Charakter beibehält -, sondern auch darum, weil uns auch das Werk des Teufels, Seines Feindes (ein ganz besonderer Ausdruck), gezeigt wird, was der Fernstehende gar nicht verstehen kann. Die inneren, unsichtbaren Vorgänge sind selbst den meisten Christen verborgen. Darum verhüllen diese besonderen Gleichnisse den Menschen das Tiefere in bezug auf das Werk Gottes (wie Schatz- und Perlengleichnis) und in bezug auf das Wirken Satans.

Man kann auch mit Recht fragen: Was bedeutet wohl „Gleichnis“? Man kann das Wort mit Psalm 49,4 und 78,2 erklären, wo es uns als eine „rätselhafte, verschlungene Rede“ erklärt wird. Es ist nicht als Beispiel oder Illustration gebraucht, weil solche uns zeigen, was geschehen ist. Das Gleichnis aber zeigt uns in verhüllter Form etwas, was geschehen kann oder wird. Es ist darum nur gewissen Menschen verständlich und wird meistens nur von denen erkannt, welche persönlich damit verflochten sind (vgl. Matth. 13,51.52; 21,45.46).

Wenn nun gefragt wird, ob hier das „Evangelium“ gemeint ist, so möchten wir hier gleich am Anfang erwähnen, daß der Ausdruck „Evangelium des Reiches der Himmel“ im Worte Gottes überhaupt nicht erscheint. Wir haben in einer früheren Antwort Bewiesen, daß „Reich der Himmel“ mehr objektiv ist und „Reich Gottes“ mehr subjektiv. Wir verweisen hierzu auf „Handreichungen“, Jahrgang 1928, Seite 256-260 (K. O. St.), und 1929, Seite 30-45 und 57-61 (Th. K.). Es handelt sich weniger um die Verkündigung des Evangeliums als vielmehr um die Wirkung des Wortes und die Tätigkeit des Feindes sowie um die göttlichen und geistlichen Werte in Seinen Heiligen.

In den ersten vier Gleichnissen wird uns mehr die äußere Seite gezeigt, in den drei letzten mehr die innere und darum mehr die göttliche Seite. Die vier ersten zeigen uns mehr die geschichtliche und menschliche Seite, aber ganz besonders das Wirken Satans, was in den letzten drei ganz wegfällt. Die faulen Fische fallen nicht unter diese Charakterisierung (des

Im ersten Gleichnis sehen wir die Hindernisse und Lockspeisen Satans, um das Wort Gottes wirkungslos zu machen. Bei der ersten Klasse sehen wir die Hinwegnahme des Samens des Wortes Gottes durch den Bösen (V. 4 und 19), bei der zweiten Klasse die Wirksamkeit des Fleisches, bei der dritten Klasse die des Geistes der Welt. Die vierte Klasse zeigt uns das göttliche Werk. Im zweiten Gleichnis tritt Satan selbst als Christi Feind und als Fälscher auf. Im ersten Gleichnis haben wir vier Zustände, im zweiten zwei Klassen von Menschen. „Söhne des Reiches“ und „Söhne des Bösen“ (V. 38). Wir haben in diesem Gleichnis eine klarere Kennzeichnung, gleichsam eine Fortsetzung des göttlichen und des satanischen Werkes des ersten Gleichnisses. Das zweite Gleichnis, welches ganz besonders als das „Personengleichnis“ bezeichnet werden könnte, ist in vieler Beziehung das wichtigste; darum erklärt es der HErr auch eingehender als das erste, denn nur diese zwei erklärt der HErr. Das erste als Einführung und Voraussetzung des Reiches, das zweite als Kennzeichnung der Tätigkeit des Feindes während Seiner Abwesenheit bis zur Vollendung des Zeitalters. Es erstreckt sich auf die ganze Zeit des apostolischen Zeitalters bis zur Erscheinung des HErrn.

Das dritte Gleichnis zeigt uns keine Personen, sondern ein System, und zwar als Heimstätte der Agenten des Teufels („Vögel“). Es trägt mehr politischen Charakter. Das Weltverneinende des HErrn wurde das Weltbejahende in der Hand des Menschen: ein großes, mächtiges, von der Welt bestauntes System - genau das Gegenteil von dem, was göttlich ist. Wir denken vornehmlich an die römisch-katholische Weltmacht. Doch wer würde davon nicht eine Anwendung machen auf die drei Großmächte des Protestantismus: Deutschland, England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika, welche die Lösung und Freiheit des Wortes Gottes vornehmlich zu ihrer eigenen Vergrößerung und Bereicherung und zur Verfolgung irdischer, politischer und materieller Ziele ausgebeutet haben? Wer dächte beim „Nisten der Vögel“ (satanischer Geister) nicht an all das Abscheuliche der liberalen Theologie in der Bibelkritik und Schändung des Wortes, dem sie selbst ihre Verstandesschärfe erst verdanken? Und dies alles konnten sie tun unter dem Schutze der politischen Macht, genau wie die Vögel unter den Zweigen des Baumes Schutz und Heim fanden. Wie schauerlich! Wo die Wiege der Reformation stand, wird auch die Geburtsstätte der Bibelkritik gefunden.

Im vierten Gleichnis sehen wir in dem „Weibe“ das Medium Satans und in dem „Sauerteig“ das religiöse Verderben, nicht nur in sittlicher Hinsicht, sondern besonders auch im Hinblick auf die Lehre. Weltformigkeit (3. Gleichnis) ist die Vorstufe zu Irrlehren und zu sittlichem Verderben. Wie ernst ist das für uns alle!

In diesen zwei Gleichnissen (3. und 4.) etwas Gutes zu sehen zeigt uns nur, wie wenig solche Männer, die das tun, in die Gedanken der Schrift eingedrungen sind. Der HErr erklärt diese zwei Gleichnisse darum nicht, weil sie vollständig dem Vermittlungs-, Sprach- und Bilderschatz des Alten Testamentes entnommen sind.

Merkwürdig ist, daß meist Frauen gebraucht werden, um satanische Einfluß zu vermitteln, von Eva an bis Frau Eddy, der Gründerin der „Christlichen Wissenschaft“. Wir können dies hier nicht näher untersuchen, warum dies so ist; es würde uns vom Thema zu weit abbringen. Nur dies eine sei hier gesagt, daß das Weib sowohl satanischen als auch - dem HErrn sei Dank! - göttlichen Einflüssen viel eher das Herz öffnet als der Mann. Darum erschien der HErr erst den Frauen nach Seiner Auferstehung, wie auch ein Weib es war, die bei Pauli Missionstätigkeit zuerst in Europa bekehrt wurde (vgl. Apgesch. 16,13-15).

Man könnte nun mit Recht fragen, warum der HErr auch die letzten drei Gleichnisse nicht erklärt. Dies scheint seinen Grund darin mit zu haben, daß es Dinge sind, die wohl erst später nach der Ausgießung des Heiligen Geistes richtig verstanden werden konnten.

Obwohl das fünfte Gleichnis vom Schatz im Acker viele alttestamentliche Züge hat (man vergleiche nur 2. Mose 19,5; 5. Mose 14,2; Psalm 135,4 usw.), trägt es doch ganz besonders einen neutestamentlichen Charakter. Wir sehen darin den Überrest Israels, der in der Gemeinde aufging. Man könnte auch sagen: die Gemeinde in alttestamentlicher Bewertung. Die Gemeinde ist die Fortsetzung des göttlichen Zeugnisses auf Erden, darum ein so wertvoller Schatz.

So haben wir im Schatzgleichnis das geistliche Israel, im Perlengleichnis die Gemeinde, im

Netzgleichnis die Heimsuchung der Nationen - dieselbe Reihenfolge, die uns in Matth. 24-25 gegeben ist (vgl. auch 1. Kor. 10,32). Der Schatz spricht - wie schon oben gesagt - von dem Wert und der Zusammengehörigkeit der Gläubigen, die Perle von der Kostbarkeit und Lebenseinheit der Gemeinde. Das eine Bild ist dem Mineralreich entnommen - aus der Tiefe der Erde (Israel ist der Ursprung) -, das andere der Lebenswelt in der Tiefe des Meeres. Besonders werden uns in der Perle und ihrer Entstehung in der Tiefe des Meeres die ganz besonderen Leiden Christi geschildert. (Vgl. Jona 2) Die Perle ist das einzige Juwel, das einem Lebewesen entstammt und auch Leben besitzt. Sie ist wohl das erhabenste Bild von der Gemeinde, welche ihre Entstehung den Leiden Christi in der Tiefe des Todes verdankt. Darum verfolgt in der Offenbarung der Geist Gottes dieselbe Ordnung (Offenb. 21,19.20). Erst die Edelsteine des Mineralreiches in Verbindung mit den Aposteln des Lammes, die alle wahre Israeliten waren, als Grundlage der Gemeinde (vgl. Offenb. 21,14); an zweiter Stelle die Perle, in den Perlentoren (Offenb. 21,21). Warum zwölf Perlentore? Niemand kann durch die Tore in die Stadt eingehen, der nicht die einzigartige Kostbarkeit, Berufung und Herrlichkeit der Gemeinde anerkennt. Die Tore lehren dies. Der Eingang läßt auf den Charakter der Stadt selbst schließen. Für uns ist dies einer der durchschlagendsten Beweise dafür, daß mit der Stadt die Gemeinde gemeint ist. Nie wird Israel mit einer Perle verglichen, wie es mit der Gemeinde geschieht. Israels Herrlichkeit ist stets dem Mineralreich entnommen (vergleichen wir das Brustschild des Hohenpriesters!), weil Israel selbst in Zukunft nie solch eine geschlossene organische Lebenseinheit wie die Gemeinde sein wird - darum nicht, weil Israel nie so eng in seiner Lebenseinheit mit Christo verbunden sein wird wie die Gemeinde. Und nun noch ein anderer Gedanke in Verbindung mit den Perlentoren der Stadt! Die Tore bilden die Öffnungen der Stadt und bestehen darum je aus einer Perle, weil die Gemeinde - die „Perle“ - durch die Öffnung der Seite Christi allein ins Dasein gerufen werden konnte (vgl.1. Mose 2,21-25 und Joh. 19,34), genau so wie das Muscheltier durch das eingedrungene Sandkörnchen verwundet wird und es so durch das ständige Abgeben von Wundwasser zur Bildung der Perle kommt. Wie wunderbar! Jedes Tor - Zugang zu Gott - erinnert uns an die Öffnung Seines Herzens und an die besonderen Leiden, die Er (Christus) litt, um die Gemeinde mit Seinem Leben und Seiner besonderen Kostbarkeit und Herrlichkeit zu kleiden - sie fähig zu machen, Ihn Selbst, ihren

sittlichen Schöpfer, widerzustrahlen.

In jedem Gleichnis wird uns vornehmlich des HErrn Gnadenfülle in Seiner Menschheit gezeigt. Im ersten als Säemann, im zweiten als der Mensch, im dritten wiederum als der Mensch, im vierten in den „drei Maß Mehl“ als einem Bild von Seiner Menschheit, im fünften als der Mensch, welcher die Welt kaufte, um den Schatz zu besitzen, im sechsten wiederum als Kaufmann, aber in ganz neuer Weise, weil hier etwas ganz Neues vorgestellt wird. Hier kauft Er nur die Perle (vgl. dazu Eph. 5,25-27) - hier hat Er nur die Gemeinde im Auge, und im siebenten in Verbindung mit dem Netz. So sehen wir:

Im ersten Gleichnis ist Christus der Lebensvermittler,

im zweiten ist Er der Charakterbildner,

im dritten ist Er der Weltverneiner,

im vierten ist Er die vollkommene, göttliche Speise, welche durch den Sauerteig verfälscht wird,

im fünften finden wir Seine große Opferfreudigkeit,

im sechsten fügt Er ihr Seine hingebende Liebe hinzu, und

im siebenten bewundern wir Seine Anziehungskraft.

Vieles könnte noch hinzugefügt werden, weil der Gegenstand so sehr wichtig und belehrend ist, doch ist der uns zur Verfügung stehende Raum erschöpft. Der Leser vergleiche selbst die sieben Gleichnisse mit den sieben Sendschreiben in der Offenbarung! Hier das Reich, dort die Gemeinde. Er wird wunderbare übereinstimmende Linien finden, z. B. das Weib im vierten Gleichnis und im vierten Sendschreiben; das kostbare Bild von der Gemeinde im sechsten Gleichnis und die vorbildlichste Gemeinde im sechsten Sendschreiben, wo allein - von allen Sendschreiben - in der Verheißung auf die Stadt, das neue Jerusalem, namentlich Bezug

Wie wunderbar ist doch das Wort Gottes und die Herrlichkeit unseres HErrn!

K. O. St.

Anmerkungen des Schriftleiters

Zu dieser nicht nur umfangreichen, sondern auch sehr tiefgründigen Antwort vermag ich nichts besonderes hinzuzufügen, wenn unser lieber Mitarbeiter es vielleicht auch wünscht.

Nur einige Bemerkungen!

Zunächst zu den schon vom Verfasser obiger Antwort Genannten Hinweisen auf frühere Aufsätze und Fragen noch die auf Frage 6 in Jahrbuch 3 und Frage 1 in Jahrbuch 11 (letztere beantwortet von K. O. St.!)

In gegebener Antwort ist schon betont, daß zur Zeit über den „Sauerteig“ einige Aufsätze erschienen sind. Es sei mir erlaubt, auf diese, von mir verfaßten, noch einmal hinzuweisen, besonders auf die Vorbemerkungen in Lieferung 3, Seite 55-56! Es ist wirklich tiefbetrübend, daß selbst fromme, gläubige Theologen den „Sauerteig“ in Matth. 13 für etwas Gutes halten (selbst Nösgen und Schlatter), und dies, trotzdem alle übrigen Stellen, die vom „Sauerteig“ handeln, ihn in seiner verderblichen Machtentfaltung als unrein und böse hinstellen und davor warnen, wie ich es auf den oben angeführten Seiten in Lieferung 3 ausführen durfte (vgl. die eigentümliche Tatsache des zweimal sechsmaligen Vorkommens des Wortes „Sauerteig“ im Neuen Testament!). Wenn man nun noch bedenkt, in was für Verbindungen der HErr in den Evangelien vor dem Sauerteig warnt (Pharisäer, Sadduzäer, Herodes - welch ein Dreigestirn von Bosheit!!), dann möchte es einem schier unfaßlich erscheinen, daß Gläubige - wenn auch kirchlich befangene Theologen! - bei einer einzigen Gelegenheit den Sauerteig etwas Gutes nennen können! Und zumal der HErr Selber mit keinem Worte andeutet, daß er hier in den Gleichnissen etwas Gutes bedeutete! Es kommt doch lediglich auf den springenden Punkt der Vergleichung an, also wie ich oben sagte, auf seine verderbliche (weil durchsäuernde) Machtentfaltung, die nicht im Verhältnis steht zu seiner ursprünglichen Geringheit an Masse

gegenüber dem Mehl. Aber wenn man eben die Bedeutung der Gleichnisse nicht versteht, wenn man ferner die äußere, bekenntnismäßige (dabei aber im Kern faule, böse) sogenannte „Christianisierung“ (die diesen Namen gar nicht verdient!) der Welt für etwas von Gott Gewolltes ansehen kann, wenn man schließlich die schriftgemäße Erklärung des Sauerteiges ins Gegenteil verkehrt, dann muß man zu Ergebnissen kommen, die dem vom HErrn so ernst Betonten direkt entgegengesetzt sind. Geht man aber davon aus, daß der HErr Sich doch nicht Selber widersprechen und also den Sauerteig nicht etwas Gutes nennen kann, während die ganze übrige Schrift, die doch nicht gebrochen werden kann, ihn als etwas Böses bezeichnet, dann kommt man zu anderen Erklärungen der Himmelreichsgleichnisse, statt zu solchen, als ob der HErr mit diesen Sauerteiggleichnis „die Seinen habe trösten wollen“ (während Er doch gerade dies Gleichnis noch zu der Volksmenge sprach, vgl. V. 34 und 36!). Schauen wir aber den Zusammenhang an, in dem dies und das vorige Gleichnis in Luk. 13 (18-21) steht, so sehen wir noch deutlicher, daß sie nichts Gutes auszusagen haben!

Wenn man aber bei der falschen Bedeutung ein wenig verweilen will, also daß mit dem Sauerteigsgleichnis die „gesegnete“ Durchsäuerung der Welt mit dem Evangelium gemeint sei(!!), dann, bitte, laßt uns uns ein wenig schämen, einmal darüber, daß diese „gesegnete Durchsäuerung“ nicht schon viel herrlichere Fortschritte gemacht hat - jedenfalls wirkt der Sauerteig an sich machtvoller und umfassender, ergiebiger bis ins kleinste gehend, als das Evangelium, dem größte Teile der Welt noch nahezu ganz verschlossen sind, während in anderen diese als gesegnet angesehene Durchsäuerung noch nur höchst oberflächlich, nicht in die Tiefe gehend (wie es beim natürlichen Sauerteig doch der Fall!) gewirkt hat! Wie wären sonst unter den „christlichen“ Völkern solche Kriege und Verbrechen gegen die Menschheit möglich, wie sie unser „christliches“ Zeitalter registrieren muß?! Ich könnte fortfahren, die Absurdität (Ungereimtheit) dieser Auffassung zu kennzeichnen, wenn mir nicht der Platz dazu zu schade wäre. Wenn diese theologisch-kirchliche Anschauung nicht so arg traurig und verderblich (eben auch sauerteigartig!) wäre, so könnte man sie angesichts ihrer sachlichen Mangelhaftigkeit (da der Sauerteig doch ganz anders wirkt!!) fast mitleidig belächeln! Wie ganz anders, wenn man dem Sauerteig seine wahre Bedeutung läßt! Wie erklärlich wird dann das

grassiert, ja, sie wirklich „ganz durchsäuert“ hat! Es ist der Mund der Wahrheit, der diese Charakterisierung der Christenheit gibt: „ganz durchsäuert“! Und wir Gläubigen können dazu nur tiefbeschämt „ja“ sagen! - Auf das zweite und dritte erfragte Gleichnis (V. 44-46) möchte ich angesichts der kostbaren Ausführungen unseres Mitarbeiters nicht mehr weiter eingehen. Nur die eine Frage erlaube ich mir gegenüber der so oft geäußerten Meinung, der Kaufmann sei der Sünder, der alles aufgäbe, was er habe, um das Evangelium zu gewinnen: Was haben wir denn als Äquivalent (Gegenwert) dranzugeben, um etwas so unendlich Kostbares zu gewinnen??! Wir, die wir „kraftlos“ sind nach Röm. 5,6 (usw.), was hätten wir denn „dranzusetzen“, um so etwas Herrliches zu kaufen? Ein „Kaufmann“ hat wirkliche Gegenwerte einzusetzen (sonst wäre er kein „Kaufmann“), wir Armen haben nichts Entsprechendes! Aber Er, der in Seiner Gemeinde, die Er Sich herrlich machen will („ohne Flecken und Runzeln“, Eph. 5,27), einen unendlichen Wert sieht, Er hatte etwas dranzusetzen! Gepriesen sei Er - „Er gab Sich Selbst für uns“! (Eph. 5,25)

Zu dem wunderbaren Vergleich der sieben Gleichnisse mit den sieben Gemeinden in Offenb. 2 und 3 möchte ich noch hinzufügen, daß wir in der Schrift noch oftmals die Zahl „7“ als die Darstellung der Vollkommenheit in Gottes Wegen haben und daß sich da vielleicht noch öfter Verbindungslinien oder Vergleichungspunkte oder vergleichende Gegensätzlichkeiten finden lassen. Ich erwähne nur die sieben Feste Jehovas (vgl. den durchlaufenden Aufsatz ds. Js. über dieselben!), ferner die sieben Worte des HErrn am Kreuz und das siebenmalige „Ich“ in Offenb. 22 (bezüglich des HErrn. V. 7.12.13.16[zweimal].18.20) - das mittelste Wort am Kreuz „Mein Gott, Mein Gott, warum ...?“, das mittelste „Ich“: „Ich Jesus“ (Offenb.22,16), das mittelste Gleichnis, das vom Sauerteig (vgl. in obiger Antwort Die Charakterisierung: „Im vierten ist Er die vollkommene göttliche Speise, die durch den Sauerteig verfälscht wird“)!

Und damit genug der Bemerkungen meinerseits! Möge der HErr uns Gnade schenken, Sein kostbares Wort mit mehr Aufmerksamkeit und hingebender Liebe zu durchforschen! Wieviel Segnungen enthält es doch für uns, wie belebt und erquickt es unser Herz!

„Die Worte Jehovas sind reine Worte - Silber, das geläutert in dem Schmelztiegel zur Erde

fließt, siebenmal gereinigt.“ (Psalm 12,6) Sein Name sei gepriesen!

F. K.

Frage 11

Was bedeutet 1. Kor. 3,17?

Antwort des Schriftleiters

(Aus Raummangel nur weniges!)

Nach V. 16 ist die Gemeinde als Ganzes „ Gottes Tempel“, in dem - wie im A. T. im Tempel vorbildlich - der Geist Gottes Wohnung gemacht hat. Dies ist für uns ein wunderbares Geheimnis, ähnlich dem, daß der Geist nach 6,19 in jedem Gläubigen wohnt. Es ist eine unsagbar hohe Würde, die da auf uns ruht, eine Tatsache zwar, aber eine menschlich unfaßbare, nur für den Glauben verständliche. Freilich mochten die Korinther in dieser Tatsache nicht recht zu Hause sein, wie die mahnende Frage „Wißt ihr nicht ...?“ (hier das erste der zehn „Wißt ihr nicht ...?“ des ersten Korintherbriefes) zeigt.

In der Würdigung dieser Tatsache liegt nun die Bedeutung von V. 17, nach dem gefragt wurde. Die Korinther, fleischlich, wie sie waren (3,1.3), hängten sich an Menschen (V. 4; vgl. 1,12f.), ließen sich von selbsterwähltem Parteizwist beeinflussen und verstanden darum auch nicht den Ernst und die Wichtigkeit eines gottgemäßen Bauens „auf dem Grunde, der gelegt ist“ (V. 11). Die Apostel, auf die sie blickten, waren doch nur „Diener“, Ackerleute, Bauleute (V. 5ff.), die an ihnen, den Korinthern, den ihnen aufgetragenen Dienst taten. Womit und wie nun gebaut werden würde, war Sache der Bauenden, wobei Stufen oder gar Gegensätze zu verzeichnen sein würden, die an jenem Tage, dem Tage des HErrn, dem der Lohnverteilung, offenbar werden würden, denn dann würde es solche geben, die vollwertigen Lohn empfangen würden ob des verwendeten vorzüglichen Baumaterials, während andere wohl mit Not selber errettet

(Vgl. zu diesen nur kurzen Ausführungen Jahrbuch 5, Frage 12!)

Aber noch andere mochte es geben, die eine geradezu verderbliche Arbeit tun würden, eine solche, durch die dem heiligen Tempel Gottes wirklich verderblicher Schaden zugefügt werden würde. Solche „Arbeiter“ würden als Lohn ihrer Tätigkeit dasselbe empfangen, was sie ausübten; denn wenn sie den Tempel Gottes verderben würden, so würde Gott sie verderben (auch im Grundtext das gleiche Wort!). Ich persönlich glaube, man darf hier an zweierlei Arten von Verderben denken: an zeitliches oder an ewiges. In 1. Kor. 5,4.5 sehen wir ein zeitliches Gericht, ähnlich in 1. Kor. 11,29ff.; auch in 1. Tim. 1,20 können wir wohl ein solches sehen. Der Sinn wäre dann der: Wenn Gläubige, also solche, die wirklich des HErrn sind (wenn auch untreu), etwas in die Gemeinde des HErrn hineintragen, was ihren Charakter als Tempel Gottes schädigt, so wird an ihnen ein zeitliches Gericht vollzogen (wie an Ananias und Saphira, Apgesch. 5). Wenn aber die Verderber des Tempels Gottes Ungläubige oder Scheingläubige sind, so ist ein ewiges Gericht ihnen sicher, wie wir es im Vorbild in dem Gericht an der Rotte Korah sehen können (4. Mose 16!) Beides ist furchtbar ernst und sollte uns allen zu denken geben!

Fragen wir nun, worin solch Verderberdienst bestehen kann, der solche Gerichte hervorruft, so möchte ich nochmals auf die Parteisucht der irdisch gesonnenen Korinther hinweisen. Mit dieser säeten sie auf ihr Fleisch (Gal. 6,7.8, eine Stelle, die zuerst auf Gläubige Bezug hat!), und die Folge würde sein: Verderben (so oder so!)! Andere Verderbertätigkeit könnte sein dämonische Lehre - wie denn alles hier in Betracht Kommende unter satanischer Beeinflussung steht (oder aus satanischer Quelle kommt), auch das Parteiwesen, das aus Menschen etwas macht und den HErrn und Sein Wirken nicht versteht. Zu dem Punkt böser Lehren gehört vorbildlich die Wirksamkeit Bileams (vgl. Judas V. 11 und Offenb. 2,14.!) und in heutiger Zeit die ganze Flut böser Lehren, wie sie in den „verderblichen Sekten“ (2. Petri 2,1) der Gegenwart sich breitmacht, sowie in dem pharisäischen oder auch sadduzäischen Umgehen mit dem Worte Gottes (vgl. meinen Aufsatz über den „Sauerteig“ in vorliegender Lieferung!). Solchen „falschen Propheten“ (2. Petri 2,1) wird „ein schnelles Verderben“ zuteil, wie es in genannter Stelle heißt (vgl. Judasbrief).

Gott schweigt nicht - auf die Dauer! - zu Schäden, die Seinem heiligen Tempel zugefügt werden. Er kann mit dem - zeitlichen oder ewigen - Gericht zögern aus Langmut, aber einmal schlägt Er zu, wenn die, welche Sein Handeln herausfordern, nicht Buße tun. Auch Leute wie „Hymenäus und Philetus“ (2. Tim. 2,8) entgehen dem Gericht nicht, wenn auch in jener Stelle noch nichts vom Gericht gesagt wird. Es könnte doch sein, daß sie noch einmal wieder „nüchtern würden aus dem Fallstrick des Teufels“ (V. 26!; vgl.1. Tim. 1,20!). Aber - Gott kommt nicht zu spät mit Seinem Gericht und Verderben! Das laßt uns nie vergessen! Etwas, was wie der Tempel heilig, d. i. für Gott abgesondert, ist, steht unter Seinem besonderen Schutz, wehe, wer Sein Heiligtum antastet - selbst in bester Absicht, aber in Unkenntnis Seiner Heiligkeit! (Vgl. 2. Sam. 6,6.7; siehe auch im Blick auf Ungläubige 1. Sam. Kap. 5 und 6!) In gewisser Weise darf, kann und muß man wohl die angefragte Stelle 1. Kor. 3,17 auch auf 6,19 anwenden (im Zusammenhang!). Gott ist ein heiliger Gott, und Er sagt zu uns: „Seid heilig, denn Ich bin heilig!“ (1. Petri 1,15ff.)

Laßt uns daher wohl auf der Hut sein, „niemand betrüge sich selbst!“ sagt Paulus V. 18! Laßt uns auch wachen über die Heiligkeit des Tempels Seiner Gemeinde, den wir Gläubigen von heute bilden! Laßt uns die Augen offen halten, daß nichts moralisch oder lehrhaft Böses (kein „Sauerteig“) verderblichen Eingang finde, wie es in Korinth leider der Fall war - über die, welche die Schuld tragen an solchem Verderben des heiligen Tempels Gottes, wird früher oder später von Gottes Seite Verderben kommen, zeitlich oder ewiglich, und wie furchtbar wäre es auch nur, wenn eines Arbeiters Werk in Feuer aufgehen würde als untauglich für Gott!

Wir haben uns in Jahrbuch 15, Frage 12 mit den „falschen Aposteln“, „betrügerischen Arbeitern“, „falschen Brüdern“ usw. (von 2. Kor. 11,13 und Gal. 2,4 u. a.) zu beschäftigen gehabt - diese Art Leute und ihre Arbeit fällt gewiß unter das Wort der Frage! Mögen wir in nichts solchen Menschen gleichen oder ähneln, noch von ihnen lernen! Der HErr bewahre uns davor! Er gebe uns vielmehr Gnade, „treue Leute“ nach 2. Tim. 2,2 zu sein und stets mehr zu werden, die dann wie die „80 Priester Jehovas“, die „wackeren Männer“ einst in 2. Chron. 26,17 (16-21!), eintreten allezeit für die Heiligkeit des Tempels Jehovas! - „Denn der Tempel Gottes

ist heilig, und solche seid ihr!“ Wunderbar!

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung)

Das Fest des Posaunenhalles.

Das Fest des Posaunenhalles führt uns zur Wiederkunft des Herrn Jesus für Sein Volk und zu unserem Hinaufversammeltwerden zu Ihm. Wenigstens ist dies die Bedeutung für die Genossen der himmlischen Berufung. Wir können von nun an in jedem Feste eine doppelte Bedeutung unterscheiden, obschon beide Bedeutungen in sehr naher Beziehung zueinander stehen. Die eine bezieht sich auf die Gemeinde - die Genossen der himmlischen Berufung -, die andere auf Israel, Sein irdisches Volk.

Die silbernen Posaunen.

Ehe wir uns nun mit dem Feste selbst beschäftigen, dürfte es gut sein, einen Augenblick unsere Aufmerksamkeit auf das zu richten, was wir in der Schrift über die symbolische Bedeutung der Posaunen finden. Wir werden dann sehen, daß die silbernen Posaunen einen wesentlichen Platz in dem Walten Gottes mit Seinem Volke einnehmen. Laßt uns das 10. Kapitel des 4. Buches Mose aufschlagen und die ersten zehn Verse sorgfältig lesen!

Die Posaunen, von welchen hier geredet wird, mußten aus Silber gemacht werden. Jeder, der sich mit den sinnbildlichen Belehrungen der Stiftshütte bereits eingehender beschäftigt hat, wird auch mit den Gedanken, die Gott mit dem Silber verknüpft hat, vertraut sein, nämlich, daß Gott in dem Silber uns einen Hinweis auf die Erlösung gegeben hat. - Der ganze Bedarf an Silber, der für die Arbeit des Zeltes der Zusammenkunft gebraucht wurde, wurde zusammengebracht,

Gemusterte nach dem Befehl Jehovas zu zahlen hatte. Dieser halbe Sekel Silber wurde „das Sühngeld“ oder das Geld der Erlösung genannt. Außerdem lag darin auch ein dankbares Anerkennen und Gedenken der Kinder Israel, daß sie durch Gottes Kraft aus der Knechtschaft Ägyptens erlöst worden waren. (2. Mos. 30,11-16; 38,25-28)

Dieser Hinweis auf die Bedeutung des Silbers ist deshalb wichtig, weil die Posaunen aus Silber hergestellt werden mußten. Welche Befehle und Anordnungen Gott Seinem Volke auch geben mochte, immer wurden sie durch die Posaunen vermittelt. Sollten die Lager zur Weiterreise aufbrechen - sollte die ganze Gemeinde sich am Eingang des Zeltes vor Jehova versammeln - sollten die Fürsten, die Häupter des Volkes zusammenkommen - sollte bei nahenden Gefahren Alarm gegeben werden - in allem und jedem Falle mußte die Botschaft Jehovas mittelst der Posaunen dem Volke übermittelt werden.

Die Bedeutung von allem diesem ist einfach und klar. Als Gott die Kinder Israel an den Berg Sinai gebracht hatte und im Begriff war, ihnen Sein heiliges Gesetz zu geben, redete Er sie mit den Worten an: „Ihr habt gesehen, was Ich an den Ägyptern getan habe, wie Ich euch getragen auf Adlers Flügeln und euch zu Mir gebracht habe.“ (2. Mos. 19,4) Es war ein erlöstes Volk, dem Er Seine Gebote gab. Alle Seine Worte - vom ersten bis zum letzten -, welche Er an Sein Volk richtete, gründeten sich eben auf die Erlösung.

So sehen wir, daß mit den silbernen Posaunen eine ganz bestimmte, nicht mißzuverstehende Absicht verbunden war. Auch wurde das Volk durch die Posaunen beständig an die Gnade Gottes erinnert, die es zuerst aus dem Hause der Knechtschaft befreit und nun auf der ganzen Reise durch die Wüste führte, belehrte und warnte.

Die Anwendung des Vorbildes.

Die Anwendung des Vorbildes der silbernen Posaunen auf das gegenwärtige Zeitalter liegt klar auf der Hand. Auch wir sind aus der Knechtschaft Ägyptens befreit und pilgern durch eine Wüste. Während dieser unserer Pilgrimschaft richtet Gott Worte der Unterweisung und

Erlösung, und Er fordert auf diesem Grunde unsere völlige Übergabe an Ihn. „Ihr seid nicht euer selbst. Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden, verherrlicht nun Gott in eurem Leibe.“ (1.Kor. 6,19.20) „Er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben ist und ist auferweckt worden.“ (2. Kor. 5,15)

Aber während Silber (das Material, aus welchem die Posaunen hergestellt waren) Gottes bestimmtes Vorbild der Erlösung ist, bezeugt uns andrerseits der Gebrauch der Posaunen, daß eine Entfernung zwischen dem Redenden und denen, zu welchen geredet wurde, vorhanden war. Manche von uns sind mit dem Gebrauch der Trompeten bei den militärischen Übungen vertraut. Der Kommandeur kann bei der großen Menge der Soldaten, die unter seinem Kommando stehen und die über einen weiten Raum zerstreut sind, seine Stimme nicht allen hörbar machen. An seiner Seite befindet sich immer eine kleine Anzahl Trompeter, und in genau festgelegten Tönen leiten diese jeden seiner Befehle in weithin vernehmbaren Signalen weiter. Durch diese Trompetensignale erfahren die Truppen, die sich gänzlich aus dem Bereich der Stimme und vielleicht auch des Sehfeldes des Generals befinden, seinen Willen.

In 1. Kor. 14,8 spricht der Apostel von der Ausübung der geistlichen Gaben im Dienste des Wortes Gottes. Der Apostel vergleicht jene, die die Botschaft Gottes verkünden, mit solchen Trompetern und fordert mit Nachdruck, daß die Posaune einen deutlichen Ton geben muß. “Denn auch wenn die Posaune einen undeutlichen Ton gibt, wer wird sich zum Kampfe rüsten?“ Sind die Bläser Stümper, so wird durch ihr Blasen nichts weiter als nur Verwirrung unter den Truppen hervorgerufen werden. Und wie wahr ist dies in bezug auf die Gemeinde! Wo es an dem deutlichen Ton der Erlösung mangelt, muß Unsicherheit und Verwirrung die Folge sein. Wird die wichtigste Grundlage - das rechte Teilen des Wortes der Wahrheit (2. Tim. 2,15) - außer Acht gelassen, so wird alles in Verwirrung gebracht. Und so sehen wir heute gar oft, daß das, was den Kindern Gottes gesagt ist, auf die Kinder der Welt angewandt wird, und wiederum, daß die ernsten Warnungen des Wortes an die Ungläubigen auf die Gläubigen bezogen werden.

Das Wiederkommen des HErrn.

Unter solchen Umständen braucht man sich nicht zu wundern, daß die kostbare Hoffnung der Wiederkunft des Herrn Jesus verloren gegangen war. Ist je ein schönerer Ton aus der silbernen Posaune der Erlösung hervorgegangen als das vom HErrn Selbst oft wiederholte Wort: „Siehe, Ich komme bald!“? Dieser Ton aber ist nur für die Ohren der Erlösten und nicht für die Welt ein Ton der Freude und Wonne. Je mehr ein Kind Gottes die Macht und Größe der erlösenden Gnade kennt, desto inbrünstiger wird es darauf antworten: „Amen, komm, Herr Jesus!“ Die ganze Stellung und Haltung eines Kindes Gottes ist jetzt eine wartende, ein Warten auf die letzte Posaune - ein Warten auf den Sohn Gottes vom Himmel.

Wir können deshalb gut verstehen, warum Paulus, wenn er von dem Kommen des HErrn redet, von der „letzten Posaune“ spricht: „Siehe, ich sage euch ein Geheimnis: Wir werden zwar nicht alle entschlafen, wir werden aber alle verwandelt werden, in einem Nu, in einem Augenblick, bei der letzten Posaune, denn posaunen wird es, und die Toten werden auferweckt werden unverweslich, und wir werden verwandelt werden.“ (1. Kor. 15,51.52) Er spricht hier wieder (wie in 1. Kor. 14,8) von der Posaune, aber dort wurde sie erwähnt in Verbindung mit der Rüstung zum Kampfe, hier aber ist aller Kampf vorüber, und der freudige Ton der letzten Posaune ruft zur vollkommenen Ruhe und ewigen Seligkeit. Es ist die letzte Posaune, denn alle Posaunen zuvor leiteten, ermutigten und ermahnten durch das Wort zum Kampf und zum treuen Stehen für unseren unsichtbaren HErrn. Durch den Ton der „letzten“ Posaune aber werden wir in Seine Herrlichkeit gerufen, Sein Angesicht zu sehen und Seine Stimme zu hören. Nach diesem Posaunenton ist kein anderer mehr nötig, denn die Braut des Lammes wird alsdann teilhaben an Seiner Herrlichkeit und für immer bei dem HErrn sein.

Die siebente Posaune.

Manche haben gemeint, diese „letzte Posaune“ stehe mit der „siebenten“ Posaune in Offenbarung 11 in Zusammenhang. Bei einem aufmerksamen Betrachten aber werden wir keine Verbindung zwischen diesen beiden finden. Der Brief an die Korinther wurde von Paulus etwa 36 Jahre früher geschrieben, als Johannes die Offenbarung schrieb. Dieser Brief wurde zu

dem Zweck an die Gemeinde in Korinth gerichtet, um sie in bezug auf gefährliche, falsche Dinge und Lehren, die bei ihnen Eingang gefunden hatten, zurechtzubringen. Wie könnte er Ausdrücke enthalten, die sich auf Dinge bezogen, die noch nicht geoffenbart waren und deshalb auch gar nicht von ihnen verstanden werden konnten. Zudem waren ja die meisten jener Gläubigen, die durch den Brief zurechtgebracht werden sollten, schon entschlafen, als Johannes die Offenbarung empfing. Und die sieben Gerichtsposaunen sind doch nur im Zusammenhang mit den prophetischen Gesichten zu verstehen.

Außerdem sind die sieben Posaunen in Offenbarung Kap. 8-11 Posaunen der Engel, wogegen jene Posaune, durch welche die Heiligen gerufen werden, dem HErrn in der Luft zu begegnen, die „Posaune Gottes“ genannt wird: „Denn der HErr Selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen.“ (1. Thess. 4,16) Auch in dieser Stelle wird das Versammeltwerden zum HErrn hin mit dem Erschallen der Posaune verbunden, so daß wir eine völlige Bestätigung in bezug auf die Bedeutung des Festes des Posaunenhalles haben, wenigstens so weit es uns, die Genossen der himmlischen Berufung, betrifft.

Aber nicht nur die Gemeinde, auch Israel soll nach Gottes Plan gesammelt werden, und das Fest des Posaunenhalles bezieht sich zweifellos auf beide Sammlungen.

Wie schon gesagt, haben die weiteren Feste eine doppelte Bedeutung. Das Volk Israel ist in dem jetzigen Zeitalter beiseite gesetzt, es ist „Lo-Ammi“ - „Nicht-Mein-Volk“. (Hos. 1,9) Und demzufolge vollführt Gott gegenwärtig Seine Vorsätze, die Er über Seine Gemeinde hat. Wenn die Gemeinde von der Erde weggenommen sein wird, wird Gott Sein Volk Israel wieder sammeln und in das verheißene Land zurückführen, so daß beide, das himmlische Volk im Himmel und das irdische Volk auf Erden, sich gleichzeitig der Gnade Gottes erfreuen werden.

Die Posaunen in Beziehung zu Israel.

Wir müssen also noch betrachten, was die Schrift uns über die Sammlung des Volkes Israel

Wir haben besonders zu beachten, daß der ganze Gegenstand in diesem Kapitel sich auf die Juden und auf Jerusalem bezieht. Das vorhergehende Kapitel schloß

der HErr mit einer feierlichen Anklage wider die Schriftgelehrten und Pharisäer und einer herzbewegenden Klage über Jerusalem: „Jerusalem, Jerusalem, die da tötet die Propheten und steinigt, die zu ihr gesandt sind! Wie oft habe Ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt, und ihr habt nicht gewollt!“ (Matth. 23,37) Unmittelbar darauf spricht Er dann zu Seinen Jüngern von der Zerstörung des Tempels, und ihre Frage, wann dieses geschehen werde, beantwortet Er mit der Voraussage der Ereignisse, die sich besonders auf Jerusalem und das Land Judäa beziehen.

Die ganze Prophezeiung findet ihren Abschluß in den Versen 30 und 31: „Und dann wird das Zeichen des Sohnes des Menschen in dem Himmel erscheinen, und dann werden wehklagen alle Stämme des Landes, und sie werden den Sohn des Menschen kommen sehen auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit. Und Er wird Seine Engel aussenden mit starkem Posaunenschall, und sie werden Seine Auserwählten versammeln von den vier Winden her, von dem einen Ende der Himmel bis zu ihrem anderen Ende.“ Hier wird wieder von den Posaunen geredet und wieder in bezug auf die Sammlung des Volkes Israel. Doch bemerken wir hier sehr bezeichnende Gegensätze, die zwischen den beiden Sammlungen bestehen. Die Sammlung der Gemeinde ist gänzlich die eigene persönliche Handlung des HErrn: „Ich komme wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet.“ (Joh. 14,3) Aber in bezug auf die Sammlung des zerstreuten Volkes Israel gebraucht Er die Engel als Seine Werkzeuge. Und in diesem Zusammenhange wird von Ihm als dem „Sohn des Menschen“ geredet, ein Titel, der immer mit Seinem Gericht über die Nationen und Seiner irdischen Regierung zusammenhängt, während in dem anderen Falle von Ihm in dem Titel als „HErr“ geredet wird: „Der HErr Selbst wird ... herniederkommen“, ein Titel, der insbesondere Seine Beziehung zu uns ausdrückt.

Die Zurückbringung Israels.

In den Schriften des Alten Testamentes haben wir keine direkte Weissagung über die Entrückung der Gemeinde. Wir können sie in Schatten und Vorbildern angedeutet finden, aber mehr nicht. Etwas ganz anderes aber ist es, wenn es sich um die Zurückführung Israels in sein Land handelt. Dies war ein immer wiederkehrendes Thema in den Zeugnissen der Propheten. Die Anführung einiger ihrer Aussprüche wird uns den auffallenden Unterschied erkennen lassen, der besteht zwischen der plötzlichen, in einem Nu sich vollziehenden Entrückung der Gemeinde in Wolken auf den Posaunenruf des HErrn hin und der mehr stufenweise fortschreitenden Sammlung des zerstreuten Volkes Israel aus allen vier Winden in das Land der Verheißung.

Wenden wir uns zuerst zu Jesaja 11,11 usw.: „Und es wird geschehen an jenem Tage, da wird der HErr noch zum zweiten Male Seine Hand ausstrecken, um den Überrest Seines Volkes, der übrigbleiben wird, loszukaufen aus Assyrien und aus Ägypten und aus Pathros und aus Äthiopien und aus Elam und aus Sinear und aus Hamath und aus den Inseln des Meeres. Und Er wird den Nationen ein Panier erheben und die Vertriebenen Israels zusammenbringen, und die Zerstreuten Judas wird Er sammeln von den vier Enden der Erde.“ Wenn der Prophet hier von einem „zum zweiten Male“ spricht, daß der HErr Seine Hand ausstrecken wird, um den Überrest Seines Volkes zu lösen, so bezieht sich das ohne Zweifel auf das „erste Mal“, als Er einen Überrest nach und nach aus der siebzigjährigen Gefangenschaft löste. Aber weiter unten wird dann Bezug genommen auf die Zeit, als Gott zuerst Israel aus dem Lande Ägypten herausführte. (V. 16) Damals machte Er einen Weg durch die Meereszunge Ägyptens (das Rote Meer), alsdann aber wird Er die Meereszunge Ägyptens zerstören - gänzlich austrocknen, Er wird Seine Hand über den Strom - den Nil - schwingen und ihn in sieben Bäche zerschlagen, so daß keines, weder das eine noch das andere, ein Hindernis für Sein zurückkehrendes Volk sein kann. (Siehe Jes. 11,15.16)

Den gleichen Gegenstand finden wir wieder am Schluß von Jes. 27,12.13: „Und es wird geschehen an jenem Tage, da wird Jehova Getreide ausschlagen von der Strömung des Euphrat bis zum Bache Ägyptens, und ihr werdet zusammengelesen werden, einer zu dem

anderen, ihr Kinder Israel. Und es wird geschehen an jenem Tage, da wird in eine große Posaune gestoßen werden, und die Verlorenen im Lande Assyrien und die Vertriebenen im Lande Ägypten werden kommen und Jehova anbeten auf dem heiligen Berge zu Jerusalem.“ Hier finden wir wieder den Posaunenhall für die Zurückbringung der Verlorenen und Vertriebenen Israels in ihr Land. In welchem Gegensatz steht dazu die Entrückung der Heiligen „in einem Nu, in einem Augenblick“ dem HErrn entgegen in die Luft!

In den beiden Ausdrücken „ausschlagen“ und „zusammenlesen“ in Vers 12 finden wir einen außerordentlich schönen Hinweis auf den Befehl, den Gott Seinem Volke gab, die Felder, Wein- und Olivengärten nicht gänzlich abzuernten, sondern einen Teil für den Armen und den Fremdling zu lassen. So lesen wir 3. Mos. 19,9.10: „Und wenn ihr die Ernte eures Landes erntet, so sollst du den Rand deines Feldes nicht gänzlich abernten und sollst keine Nachlese deiner Ernte halten ... für den Armen und für den Fremdling sollst du sie lassen.“ Und wiederum in 5. Mos. 24,20 lesen wir: „Wenn du deine Oliven abschlägst, so sollst du nicht hinterdrein die Zweige absuchen; für den Fremdling, für die Waise und für die Witwe soll es sein.“ Das Wort „abschlagen“ hier ist dasselbe hebräische Wort, welches wir in Jes. 27,12 wiederfinden, während das Wort „nachlesen“ (3. Mos. 19,9.10) dasselbe ist, welches wir in dieser Jesaja-Stelle mit dem Worte „zusammenlesen“ übersetzt finden.

Der Gedanke, der darin ausgedrückt ist, scheint folgender zu sein: Wenn Israel seine Ernte einsammelte, mußte es etwas zum Nachlesen zurücklassen. Es durfte, wenn es die Oliven abschlug, die Zweige hinterher nicht absuchen. Wenn aber Gottes Erntezeit der Einsammlung Seines Volkes gekommen sein wird, so wird Er abschlagen und Zweig für Zweig absuchen, bis nicht eine einzige Olive zurückgelassen - bis alle Kinder Israel, einer zu dem anderen zusammengelesen sein wird.

An jenem Tage.

Wir möchten noch auf einige andere Schriftstellen von gleicher Wichtigkeit Bezug nehmen, z. B. auf Jes. 49,11-13, Jes. 37,15-28, Amos 9,9-15 usw., denn, wie wir bereits sagten, ist es ein

Gegenstand, der sich durch alle prophetischen Schriften des Alten Testamentes hindurchzieht. Es mag eingewendet werden, daß einige dieser Prophezeiungen auf die Zurückführung aus der siebzigjährigen Gefangenschaft verweisen, und zweifellos ist es so, ebenso beziehen sich manche auf Johannes, den Täufer, und auf den Herrn Jesus, deren völlige Erfüllung infolge der Verwerfung Israels aufgeschoben sind, aber sie werden alle erfüllt werden „an jenem Tage“ Es ist klar, daß die in diesen angeführten Schriftstellen verheißenen Segnungen noch nicht erfüllt sind. „Und Ich werde sie in ihrem Lande pflanzen, und sie sollen nicht mehr herausgerissen werden aus ihrem Lande, das Ich ihnen gegeben habe, spricht Jehova, dein Gott.“ (Amos 9,15) „Und Ich werde sie zu einer Nation machen im Lande, auf den Bergen Israels, und sie werden allesamt einen König zum König haben; und sie sollen nicht mehr zu zwei Nationen werden und sollen sich fortan nicht mehr in zwei Königreiche teilen“. (Hes. 37,22) Diese und andere Weissagungen warten heute noch auf ihre Erfüllung. Gottes Gedanken aber sind unwandelbar, und beide Ereignisse werden geschehen: 1. Die Entrückung der Brautgemeinde, welche alsdann an der Herrschaft des Sohnes teilhaben wird, und 2. die Sammlung des weitzerstreuten Samens Abrahams in das Land Immanuels. Beide, sowohl die Brautgemeinde als auch das Volk Israel, werden durch lauten Posaunenschall zusammengerufen werden. Jehova hat darum einen Gedenktag - ein besonderes Fest des Posaunenhalles - in die sinnbildlichen Feste des Jahres eingefügt, um uns Seine große Freude, mit welcher Er Seine Erlösten in Seine Gegenwart bringt, kundzutun.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Fortsetzung)

Die „Sadduzäer“ - was waren das für Leute?

sie nicht annähernd so oft vor wie die „Pharisäer“. Während letzteres Wort über 100mal im Neuen Testament steht, ist von jenen nur rund 14mal die Rede (d. h. so oft finden wir das Wort „Sadduzäer“). Ihr Name bedeutet wahrscheinlich „die Gerechten“ (Pharisäer „die Abgesonderten“), wenn man ihn nicht von Zadok, dem Hohenpriester Davids, ableiten will; welche Meinung die richtige ist, ist schwer festzustellen, ich neige seit einiger Zeit aus mehreren hier nicht näher zu erörternden Gründen zu ersterer Bedeutung. Daß das Hohepriestertum zur Zeit des Herrn Jesus und später besetzt war von Vertretern des Sadduzäismus (siehe Apgsch. 5,17!), ist wahrlich kein Ruhm, sondern eine Schmach, eine Verunehrung des als geheiligt geltenden Priestertums, Zadok würde sich bedankt haben, solche Nachfolger zu haben! „Die Gerechten“ - das im Gegensatz zu dem, was sie wirklich waren - begründet in etwas schon die ernste Verurteilung, die ihnen ebenso wie den Pharisäern seitens Johannes (des Täufers) zuteil wurde, indem er sie, die heuchlerisch zur Taufe der Buße kamen, „Otternbrut“ nennt. (Matth. 3,7) Und der HErr Selber nennt sie „ein böses und ehebrecherisches Geschlecht“. (16,4) Sie waren in Seinen Augen ebensowohl wie die Pharisäer „Heuchler“ (vgl. Matth. 16,1ff. mit Luk. 12,54ff.!). Sie leugneten alles, was ihrem natürlichen Sinn als unglaublich und widersprechend schien. So standen sie zur Schrift, daß sie - die vornehme, wenn nicht gar aristokratische Sekte, die sich das Leben leicht machte und nicht durch die Skrupel (Bedenken usw.) der Pharisäer in dem Ausleben ihrer Selbstsucht und Weltliebe gehemmt war - sich über alles hinwegsetzten, was sie sich nicht erklären konnten. Sicher anerkannten sie das Gesetz in seinen großem Grundzügen (vgl. den Beginn des Gespräches Matth. 22,23ff.24!), wenn auch nicht so buchstäblich wie der Pharisäismus, sie hatten auch sozusagen Schriftgelehrte (siehe Apgsch. 4,1 und 5 „ihre“!), sicher hatten sie einen gewissen Gottes-, ja, vielleicht sogar auch einen oberflächlichen Messiasbegriff (vgl. ihre Zeichenforderung Matth. 16,4!), aber durch ihre Leugnung der Auferstehung (daneben auch der Engel, der Vorsehung, der sonstigen übersinnlichen Dinge, auch des Geistes, der Inspiration der Schriften [vgl. Apgsch. 23,8] usw.) wurde ihre Messiashoffnung, wenn sie eine hatten, problematisch, ja, widersinnig. Ihre ganze religiöse Bedeutung hatte nur den Zweck der Bekämpfung des Pharisäismus. Sie gingen mit diesem wohl zusammen, als es sich um die Beseitigung des Herrn Jesus handelte - in dieser Hinsicht kann man auch von ihnen, diesen so heterogenen (gegensätzlichen) Parteien sagen,

daß sie, wie Herodes und Pilatus nach Luk. 23,12, „Freunde“ wurden, aber nur für diesen Zweck, sonst nicht (vgl. Apgsch.

23,6-8.9!) -, im übrigen bekämpften sich diese beiden Gruppen wie Feuer und Wasser, was schon Matth. 22,34 zeigt, wo Luther so gut übersetzt: „das Maul gestopft“; offenbar war es dem Pharisäer eine große Genugtuung, daß der HErr die Sadduzäer zum Schweigen gebracht hatte, und er hoffte vielleicht, den großen Rabbi noch auf die Seite des Pharisäismus zu ziehen. Da die Pharisäer den Sadduzäern, die außerdem aus verschiedenen Gründen beim Volk noch viel weniger beliebt waren als die (auch national jüdischer als die Sadduzäer gesinnten) Pharisäer, zahlenmäßig und durch ihre positivere Stellung zu den Schriften auch moralisch überlegen waren, so traten die Sadduzäer viel mehr zurück, und nur zuweilen kam es zu Zusammenstößen zwischen ihnen und dem HErrn. Daß sie diesen und Seine Auferstehungslehre lächerlich zu machen versuchten, bekam ihnen recht schlecht, und diese Abfuhr hat ihnen sicher noch mehr von dem beim Volk erschütterten Ansehen genommen, aber dennoch waren sie mit ihren kritischen Ideen eine Gefahr für alle die, welche, allein auf die Schrift gegründet, ihren Weg durch alle die widerstreitenden Ansichten und Lehren finden und als „des HErrn Zeugen“ einmal der Verbreitung Seiner Lehre und Seines Lebens und Sterbens Bahn machen sollten: den Jüngern des Herrn Jesus! War der Pharisäismus - um seines religiösen Eifers menschlich angesehen, vielleicht sympathischer als der stolze, hohnlächelnde, selbstbewußte, auch äußerlich wohllebende, kaltberechnende Sadduzäismus - gefährlich durch sein Scheinleben, durch seine Karikatur des wahren Lebens ebenso wie durch seine Zusätze zur Schrift, seine Traditionen, die der alleinigen Schrift (Gottes Willen) geradezu spotteten, so war es der Sadduzäismus nicht minder durch seine unbedenkliche Freigeisterei, die anfangend mit zerstörender Kritik am Worte Gottes alles, worauf der Glaube ruht, schonungslos zersplitterte, zertrat, zerriß und dadurch die Grundlagen des Glaubens nicht nur ins Wanken brachte, sondern vernichtete.

Sauerteig jenes - Sauerteig dieses! Beides - die Lehren jener, die Lehren dieser: Sauerteig, vor dem sich zu hüten, den Seinen ans Herz zu legen der HErr sich bemüht. Und Sein Wort ist wahrhaftig, Sein Wort ist ewig: Es gilt auch diese Warnung uns Heutigen! Ich denke, daß

manches von dem, was ich geschrieben, von uns ohne weiteres auf unsere Zeit übertragen werden kann, d. h. ohne daß ich noch allzuviele Anwendungen machen müßte, doch möchte ich, wenn Gott will, in der nächsten Lieferung noch einige besondere Vergleiche ziehen zwischen dem Sauerteig des Sadduzäismus und seiner Lehre damals und dem von heute, d. h. dem heutigen Liberalismus (Freigeistertum) gegenüber der Schrift und dem Willen Gottes, wie er uns geoffenbart ist im Sohn. - Der HErr gebe uns Gnade, daß wir „stehen vollkommen und völlig überzeugt in allem Willen Gottes“ (Kol. 4,12), Ihm zum Lobe, bis Er kommt!

F. K.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

Ewige Liebe und ein doppelter Weg.

Einige Gedanken über Jerem. 31.

„Ja, mit ewiger Liebe habe Ich dich geliebt.“ So sprach Jehova durch den Mund des Propheten Jeremia in einer Zeit, da man auf Schritt und Tritt der Untreue begegnete. Das Buch Jeremia ist mit Klagen darüber erfüllt. König und Fürsten gingen mit bösem Beispiel voran, das Volk ahmte ihnen nach, und nur wenige Treue gab es im Lande. Das Gericht war nicht mehr abzuwenden. Überall, wohin der Prophet auch blicken mochte, Abfall von dem lebendigen Gott, nirgendwo ein Lichtstrahl: „Ich schaue die Erde an, und siehe, sie ist wüst und leer, und gen Himmel, und sein Licht ist nicht da“. (Kap. 4,23) Überall Finsternis: die Erde würde trauern, und der Himmel oben schwarz werden! (4,28) Inmitten dieser düsteren Kapitel aber erheben sich einzelne Abschnitte des Buches zu gegensätzlich leuchtender Fülle, sie offenbaren die ewige Liebe Jehovas, Seine Gnade, die bereit ist, Israel zur Ruhe zu bringen. Mochte das Volk auch untreu sein - und wie furchtbar war diese Untreue in Gottes Augen! -, mußte es auch für eine Weile beiseitegesetzt werden, die Gnadengaben Gottes und Seine Berufung waren und sind unbereubar. (Röm. 11,29) Der Prophet hält Ausschau in eine ferne Zukunft, die auch heute, nach Jahrtausenden, noch Zukunft ist, sein Seherblick schaut die Sammlung der zerstreuten

Herde aus all den Ländern, wohin sie vertrieben war. Aus dem Norden kam das Ungl ück über alle Bewohner des Landes (1,14), aus dem Norden wird Israel einst zurückkehren, ja, von dem äußersten Ende der Erde. (31,8) „Der Israel zerstreut hat, wird es wieder sammeln und es hüten wie ein Hirt seine Herde“. (31,10)

Welch eine Aussicht! Es ist die ewige Güte Jehovas, die sich Jerusalems erbarmt. (Jes. 54,8) Er hat Israel geliebt, als es jung war (Hos. 11,1), und nicht nur damals: Die Königin von Scheba sagt, daß Er es ewiglich liebe (1. Kön. 10,9), und Jeremia bestätigt dieses Wort. „Ja, mit ewiger Liebe habe Ich dich geliebt, darum habe Ich dir fortdauern lassen Meine Güte“ (31,3). Wie mag das Herz des Propheten inmitten der Finsternis aufgejubelt haben, als er davon sprechen durfte! Kostbare Liebe Gottes, die sich in Tagen kundtat, da sich im Menschen nur Abfall offenbarte.

Diese Liebe läßt auch unser Herz höher schlagen. Dieselbe Liebe ist es, die uns so unendlich geliebt hat und uns im Sohne alles gab. Sie ist es, die uns unveränderlich trägt und uns durch all die Schwierigkeiten unseres Lebens hindurchführt, der Heimat entgegen. Bedürfen wir mehr, um getröstet und ruhig zu werden, als des Bewußtseins dieser Liebe? -

Wie oft aber müssen wir uns anklagen, der Liebe unseres Gottes vergessen zu haben! Seien es die Umstände des Weges, seien es Züchtigungen, die wir uns wegen unserer Untreue zuziehen, wir denken gar zu wenig daran, daß es die Liebe ist, die sich mit uns beschäftigt. Aber wenn wir uns dann wieder der Liebe erinnern, mit Beschämung des Herzens, dann werden wir glücklich in dem Gefühl des Geborgenseins. Die ewigen Arme, sie tragen auch uns. (5. Mos. 33,27)

Auch der Überrest Israels wird sich einmal der Liebe Jehovas erinnern. Die Decke wird von ihrem Herzen hinweggetan werden in Christo, und sie werden umkehren und Buße tun. Dann aber gehen sie den Weg, den sie schon einmal in ihrer Jugend gegangen sind. Damals befanden sie sich in einem Lande der Fremdlingschaft, in Ägypten. Gott führte sie aus dem eisernen Schmelzofen heraus, leitete sie durch die ganze große und schreckliche Wüste und brachte sie schließlich ins Land der Verheißung, in die Heimat. Es war ein beschwerlicher Weg,

abgesondert der Quell Jakobs, in einem Lande von Korn und Most. Sein Himmel träufelt(e) Tau.“ (5. Mos. 33,28) Hätte Israel die Gebote Jehovas bewahrt, nimmer wäre es aufgescheucht worden, nimmer wäre es zerstreut worden bis an das äußerste Ende der Erde.

Aber nun muß es den Weg noch einmal gehen. Wenn auch nicht in Ägypten, so befindet es sich doch in der Fremde. Und wiederum wird es sich in der Wüste befinden. „Wer ist sie, die da heraufkommt von der Wüste her ...?“ fragt der Geliebte im Lied der Lieder. (Hohel. 3,6) Es ist das Volk der dem Schwert Entronnenen, es hat Gnade gefunden in der Wüste. (Jer. 31,2) Jehova wird gehen, um Israel zur Ruhe zu bringen. Einmal schon war Er herabgekommen, um Sein Volk aus dem Land Ägypten in ein gutes und geräumiges Land hinaufzuführen (2. Mos. 3,8), und nun will Er wieder gehen, um Israel zur Ruhe zu bringen. Er wird sie zu Wasserbächen führen auf einem ebenen Wege, auf dem sie nicht straucheln werden. Denn Er ist Israel zum Vater geworden. (Jer. 31,9) Wieviel Trost liegt in solchen Worten, aus wie unermeßlicher Liebe heraus wurden sie gesprochen! Und andererseits, welche Beschämung wird es für den Überrest sein, wenn er seine Handlungen in das Licht dieser Liebe bringt und wenn er erkennen muß, daß Israel jahrtausendelang einen Irrweg gegangen ist! Nun führt sie die Gnade wieder den rechten Weg. Gott läßt sich herab, sie noch einmal zu führen, zur Ruhe und Sicherheit des Reiches.

Wie redet das auch zu unseren Herzen! Sind wir nicht auch schon manchen Weg zweimal und öfter gegangen? Wäre es nötig gewesen, wenn wir Treue bewahrt hätten? Aber Gott sei gepriesen, Seine Geduld und Liebe haben nicht aufgehört, für uns tätig zu sein. Seine ewige Liebe hat uns immer und immer geleitet. Sie wird uns - nicht mehr lange wird es währen - zur ewigen Sabbatruhe leiten.

Th. Bu.

Er wurde arm um unsertwillen.

Im 2. Korintherbriefe, Kap. 8,9 steht das bekannte Wort: „Denn ihr kennet die Gnade unseres

Herrn Jesus Christus, daß Er, da Er reich war, um euretwillen arm wurde, auf daß ihr durch Seine Armut reich würdet.“ So wie die Korinther, so haben auch wir erkannt, daß es sich bei dem Kommen unseres HErrn nur um Gnade uns gegenüber handelte. Seine Herablassung zu uns Sündern hat uns groß und reich und aus uns das gemacht, was wir sind und was wir noch sein werden.

Er war reich. In Seinem unerforschlichen Reichtum gefiel es Ihm, Gnade zu üben. Die Größe Seines Reichtums ist für unseren Verstand nicht faßbar. Was für Schätze birgt unsere Erde in ihrem Schoß! Welche Reichtümer sind in der Tierwelt, auf dem Lande und im Meere enthalten! Gold und Silber und das Wild auf tausend Bergen sind Sein. Hagg. 2,8 (; Ps. 50,10) Welche Schätze und Herrlichkeiten enthält die Pflanzenwelt! Was für Reichtümer aber erst die Himmelskörper enthalten, daß ahnen wir nur ein wenig, wenn wir an deren gewaltige Größe und Herrlichkeit denken.

Doch dieses ist nur die sichtbare Welt. Welchen Reichtum, welche Herrlichkeit die unsichtbare Welt enthält, wissen wir nicht. Und welche Herrlichkeit den HErrn umgab, ehe Er herabkam, darüber gibt uns die Schrift auch nur einige Andeutungen. (Siehe z. B. Joh. 17,5) „Alle Dinge sind durch Ihn und für Ihn geschaffen.“ (Kol. 1,16)

Er, der reich war, wurde um unsertwillen arm. Er machte Sich Selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an. (Phil. 2,7) Er wurde als ein Kindlein armer Eltern geboren, denn sie brachten das Opfer dar, welches Arme darbrachten: „Ein Paar Turteltauben oder zwei junge Tauben.“ (Luk. 2,24) Er, der vom Heiligen Geist Gezeugte, wuchs als ein Sohn des Zimmermanns auf (Matth. 13,55) und wurde als ein Zimmermann angesehen. (Mark. 6,3) Und später, nach Seinem öffentlichen Auftreten, spricht Er von Sich Selbst: „Der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er Sein Haupt hinlege.“ (Matth. 8,20) Selbst das Geld, das Ihm von Menschen als Liebesgabe verabreicht wurde, trug nicht Er, sondern ein Jünger.

Die größte Armut unseres Herrn Jesus Christus sehen wir am Kreuze. Da sehen wir Ihn nicht nur verachtet und gehaßt von den Menschen und Seiner Kleider beraubt, da sehen wir Ihn

hinabbegab um unsertwillen. Ja, Er verkaufte alles, was Er hatte (Matth. 13,46), um unsertwillen.

Er wurde arm, damit wir durch Seine Armut reich würden. Viele Schriftstellen, besonders Eph. 1 belehren uns über den Reichtum, der nun unser geworden ist durch Ihn. Wir sind gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, sind zuvorbestimmt zur Sohnschaft, erlöst durch Sein Blut, haben die Vergebung der Vergehungen, haben ein Erbteil erlangt, sind versiegelt mit dem Heiligen Geiste. Wir sind berufen in die Gemeinschaft Seines Sohnes. Was dieses für einen Reichtum bedeutet, können wir nicht erfassen, obgleich wir schon jetzt im praktischen Leben dieses Glück dauernd genießen dürfen und sollten. „Ich bin dir ein Schild, dein sehr großer Lohn“, so sprach Gott zu Abraham. Ja, die Person unseres Herrn Jesus Christus ist unser größter Reichtum, das übrige aber ist uns mit Ihm alles geschenkt. Wie unermeßlich reich sind wir geworden durch Seine Armut! Gelobt und gepriesen sei Er!

*

Es kann sein, daß der einzelne von uns in dieser Zeit durch Armut an irdischen Gütern hindurchgeht. Bist du arm, geliebter Bruder, geliebte Schwester? Der HErr war auch arm, und zwar noch ärmer als du. Er hat durch Sein Armwerden die Armut geadelt, und du darfst dich in gewisser Weise eins mit Ihm wissen. Auch hast du den besonderen Vorzug, „reich“ zu sein im Glauben. „Hat nicht Gott die weltlich Armen auserwählt, reich zu sein im Glauben?“ (Jak. 2,5) Auch darfst du dich deiner Hoheit rühmen (Jak. 1,9), in die du als Armer versetzt worden bist. Zudem sagt uns Sein teures Wort: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“ (Hebr. 13,5)

Bist du, geliebter Bruder, reich, so hast du ein anderes Vorrecht, nämlich dieses: „Gutes zu tun, reich zu sein in guten Werken, freigebig zu sein, mitteilsam ...“ (1. Tim. 6,18) Dein Überfluß soll nach Gottes Wort für den Mangel der irdisch Armen dienen. Auch darfst du besonders zum Werk des HErrn beitragen. Wie gar mancher Mangel an Mitteln besteht gegenwärtig im Werke des HErrn. Und wie gar manche Entbehrungen müssen gegenwärtig arme Kinder Gottes und

bekannt sein. Lasset uns Gutes tun an jedermann, allermeist aber an des Glaubens Genossen. Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. „Nicht auf daß andere Erleichterung haben, ihr aber Bedrängnis, sondern nach der Gleichheit: in der jetzigen Zeit diene euer Überfluß für den Mangel jener ...“ (2. Kor. 8,13.14) Und: „Glückselig, wer acht hat auf den Armen! Am Tage des Übels wird Jehova ihn erretten.“ (Ps. 41,1)

Der HErr hatte viel aufgegeben um unsertwillen. Vermögen auch wir aus „Liebe“ manches Entbehrliche aufzugeben? Die Liebe wird manches ausfindig machen.

Uns allen aber gilt das Wort des HErrn (Luk. 16,7-12), treu zu sein in bezug auf die Verwaltung der uns vom HErrn anvertrauten Mittel, sei es, daß Er sie uns im Beruf verdienen läßt, oder sei es, daß Er sie uns durch Seine Geliebten darreicht. Im letzteren Falle möchten wir besonders sorgfällig sein in der Verwaltung, nicht allein um des HErrn willen, sondern auch um der Geschwister willen, für welche die Gabe vielleicht ein besonderes Opfer war.

Unserm gnädigen HErrn aber, der reich war und um unsertwillen arm wurde, damit wir durch Seine Armut reich würden, sei ewig Dank und Lob und Ehre allein!

O. D.

Zu welcher Kirche gehören Sie?

Es klingelte. Das Dienstmädchen kam außer Atem in das Zimmer und kündigte den Besuch des Herrn Pfarrers R. an.

„Bitten Sie den Herrn, heraufzukommen.“

Wir wohnten damals hoch; man mußte 43 Stufen steigen. Kein Wunder, daß das Mädchen vom schnellen Steigen fast nicht reden konnte. Nun, sie brauchte nicht mehr hinunter zu gehen, denn der Herr Pfarrer war inzwischen schon eingetreten. Das fiel auch nicht weiter auf, da ein Herr Pfarrer ja allerwärts herzlich willkommen ist. Nach kurzer Begrüßung entspann sich

folgendes Gespräch:

„Herr S., Sie gehören wohl zu unserer Kirche, nicht wahr?“

„Ich gehöre durch Gottes Gnade zu der Kirche.“

„Ich meine, ob Sie Mitglied unserer Gemeinde sind?“

„Ich bin durch Gottes Gnade Mitglied der Gemeinde.“

„Sie scheinen mich nicht zu verstehen, ich meine, ob Sie Mitglied der Niederländisch-reformierten Kirche sind?“

„Nein, mein Herr, das bin ich nicht; bitte gestatten Sie mir, auch einige Fragen an Sie zu richten?“

„Gewiß, bitte, fragen Sie nur!“

„Sind Sie errettet? Wissen Sie, daß, wenn Sie sterben, Sie in den Himmel gehen werden? Wissen Sie, daß Ihre Sünden hinweggetan sind?“

„Sie fragen sehr viel.“

„Aber Sie haben ja auch manches gefragt, und wenn ich nun Ihre Frage mit „Ja“ beantwortet hätte, und ich wäre Mitglied der Niederländisch-reforinierten Kirche, und ich wäre auch noch Mitglied der lutherischen Kirche und der evangelischen Kirche und dabei auch noch Mitglied der Baptisten-Gemeinde und der Freien Gemeinde, was würden mir alle diese Mitgliedschaften für Nutzen bringen, wenn es mit nur zu Ende ginge und ich nicht wüßte, daß meine Sünden hinweggetan sind durch das kostbare Blut des Lammes? Was würden nur alle Mitgliedschaften in bezug auf die Ewigkeit nützen?“

„Sie haben recht, gewiß, Sie haben recht, für die Ewigkeit hätten Sie nichts davon.“

„Nun, Herr S., ich glaube wohl sagen zu dürfen, daß ich dem gegenüber nicht ganz fremd stehe.“

„Das soll also sagen, daß Sie ein Gläubiger, ein Erretteter, ein Kind Gottes sind? Sie sind aber in ihrer Kirche Hirte und Lehrer, und Sie machen alljährlich in dieser großen Stadt eine stattliche Anzahl junger Leute zu Mitgliedern Ihrer Kirche, nicht wahr?“

„Freilich, aber das tue ich nicht allein.“

„Mag sein, es geschieht aber unter Ihrer Leitung. Nun bitte, gestatten Sie mir, Sie zu fragen, ob Sie diesen jungen Leuten auch dieselben Fragen stellen, die ich Ihnen gestellt habe.“

„Sie stellen eine ehrliche Frage, und ich will auch eine ehrliche Antwort Geben. Ich muß gestehen: Nein! Solche Fragen gehören nicht zu denen, die wir den Konfirmanden stellen.“ „Aber, mein Herr, wie werden Sie das vor Gott verantworten? Diese jungen Leute meinen doch, daß sie damit, daß sie Mitglied Ihrer Kirche werden, etwas bekommen, was einigen Wert vor Gott und für die Ewigkeit hat, und Sie selbst bezeugen, daß es durchaus nichts nutzen kann. Welch ein fürchterlicher Betrug ist das!“

Der Herr Pfarrer erhob sich.

„Bitte, eilen Sie nicht! Sie werden vielleicht nicht oft auf diesen so wichtigen Gegenstand zu sprechen kommen.“

Er setzte sich wieder, und wir unterhielten uns weiter über die ernsten Fragen, die uns beschäftigten.

Ich hatte den Eindruck, daß er ein Kind Gottes und wir also Brüder waren. Er ist schon seit Jahren heimgegangen und wird gewiß (wie es uns allen gehen wird) vieles besser verstehen, als er es hienieden verstanden hat.

Das obenerwähnte Gespräch, wie viele Jahre es auch schon in der Vergangenheit liegt, habe

ich nie vergessen.

Wie macht man doch viel aus dem, was eigentlich nichts ist! Wie werden die armen Seelen irregeführt! Wie entsetzlich ernst ist es doch, daß es dem Feind gelungen ist, Tausende und aber Tausende mit sogen. Gottesdienst zu beschäftigen und sie von Jesu Christo fernzuhalten.

Und wie viele liebe Gläubige begnügen sich damit, daß sie Mitglieder einer Kirche sind, ohne daß es ihnen selbst in den Sinn kommt, einzusehen, daß das ganze Kirchenwesen in der Schrift auch nicht die leiseste Anerkennung findet.

Der Herr Jesus spricht in den fünf ersten Versen von Joh.10 ein Gleichnis aus. Im sechsten Verse heißt es dann: „Dieses Gleichnis sprach Jesus zu ihnen; sie aber verstanden nicht, was es war, das Er zu ihnen redete.“

Ist es nun nicht so, daß bis auf den heutigen Tag bei weitem von der Mehrzahl (selbst der Kinder Gottes) genau dasselbe gesagt werden muß? Das schöne Gleichnis des HErrn und was Er in den folgenden Versen des Kapitels sagt, wird gar nicht verstanden.

Wir wollen uns etwas näher damit beschäftigen in der Hoffnung, damit unseren geliebten Geschwistern zu dienen.

Das Volk Israel war ein abgesondertes Volk. Der HErr hatte um dieses Volk einen Zaun gebaut, einen Zaun von Gesetzen, Vorschriften, Zeremonien. Es durfte sich durchaus nicht mit anderen Völkern vermischen.

Dieser Zaun, diese Absonderung konnte sehr anschaulich in dem Bilde des Schafhofes dargestellt werden. Ein solcher Schafhof im Orient war ein kleiner oder größerer Raum, umgeben von einem Zaun oder einer Mauer, und eine nur kleine Öffnung war die Tür.

Jeden Abend bringen die Hirten in der Gegend ihre Schafe in den Hof. Am nächsten Morgen stellt sich der Hirt einer Anzahl Schafe an die Tür und ruft seine eigenen Schafe. Und wiewohl der Schafe viele sind und verschiedenen Hirten angehören, ein jedes Schaf kennt die Stimme

seines eigenen Hirten und kommt heraus. Der Türhüter kennt die betreffenden Hirten; er darf keinen zulassen, der nicht Schafe in dem Hofe hat.

Wenn wir nun vom Gleichnis zu der verglichenen Sache kommen, dann ist wohl Gott der Türhüter und der Herr Jesus, wie Er von Sich Selbst sagt, der gute Hirte. - Im dritten Kapitel des Evangeliums Matthäus, wo der HErr Seinen Platz inmitten des zu Johannes kommenden jüdischen Volkes einnimmt und Sich von Johannes taufen läßt, da macht der Türhüter Ihm die Tür auf, indem Er vom Himmel her ruft: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe!“ (Matth. 3,17)

Mit welcher Absicht aber geht der gute Hirte in den Hof der Schafe? Er will Seine eigenen Schafe herausführen. Also das hatte der HErr im Auge: Aus dem jüdischen Hof heraus und nie wieder zurück! Von da an, wo Er sie herausgeführt hat, gibt es keinen Hof mehr, sondern ist von einer Herde die Rede.

Nachher spricht der HErr von „anderen Schafen, die nicht aus diesem Hofe sind“.

Hier müssen wir recht lesen und die Betonung nicht auf „diesem“, sondern auf „Hofe“ legen, sonst scheint es ja, als meinte der HErr, daß es mehrere Höfe gebe. Nein, die „anderen Schafe“ waren nie in einem Hof. Das sind diejenigen, die aus den Nationen zum Glauben kommen würden.

Und dann spricht der HErr: „Und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“

Diese gewaltige Tatsache, daß es des HErrn Wille ist, daß es Seiner Absicht, Seinen Gedanken entspricht, die Gläubigen zu einer Herde mit Sich Selbst als dem Hirten und miteinander zu verbinden - diese haben weithin die meisten Kinder Gottes aus dem Auge verloren.

Wie viele Höfe sind gebaut! Wie viele Zäune scheiden die Kinder Gottes voneinander!

Im ersten Korintherbrief, Kap. 10,32 finden wir eine Dreiteilung der Menschheit: 1. Juden, 2. Griechen (Zusammenfassung für Nationen oder Heiden) und 3. Versammlung oder Gemeinde

Gottes.

Vorher gab es nur eine Zweiteilung: Juden und Heiden. Mit der Herausrufung der Gemeinde sowohl aus Heiden als Juden war eine dritte Gruppe entstanden: Die Gemeinde Gottes.

Schon in frühester Zeit, im allerersten Anfang finden wir Spuren der Zersplitterung der Gemeinde, die nach des HErrn Wollen immer eine Einheit hätte sein und bleiben sollen.

Wir entdecken den Spaltpilz schon in der Gemeinde in Korinth, wo man angefangen hatte zu sagen: „Ich bin des Paulus usw.“ (1. Kor. 3,2)

Aber wie schwer ist es jetzt, wo die Gemeinde Gottes in so viele Teile gespalten ist! Und was soll der Gläubige, der sich ans Wort Gottes halten will, antworten, wenn man ihn fragt: „Zu welcher Kirche gehören Sie?“ Welche Antwort wird dem Willen des HErrn entsprechen?

Glücklicherweise ist es nicht unsere Aufgabe, zu suchen, welche Kirche die bessere oder sogar die beste sei. Wir können sie alle ruhig sein lassen, was sie sind; sie finden im Worte Gottes keine Anerkennung!

Es darf und soll vollständig genügen, zu der einen Herde und dem einen Hirten zu gehören. Zu dieser einen Herde gehören ja alle Kinder Gottes, wo sie sich nebenbei auch sonst noch eingeteilt haben mögen.

Unser Vorrecht, unsere Aufgabe ist es, sie alle (alle wahrhaft Gläubigen) als zu der einen Herde gehörig anzuerkennen, zu lieben, ihnen zu dienen, zu helfen, wo nur der HErr die Gelegenheit dazu bietet.

Selbstredend gibt es in Verbindung mit dieser Tatsache manche praktische Frage; Hauptsache aber ist, ob wir die ernste Wahrheit der einen Herde unter dem einen Hirten recht verstehen. Sind wir dahin gekommen, dann wird Er uns auch den Weg zeigen, den wir zu gehen, und den Platz, den wir einzunehmen haben.

Frage und Antwort

Frage 12

Welches ist die Bedeutung von Röm. 5,7, auch im Zusammenhang?

Antwort A

Der siebente Vers im fünften Kapitel des Römerbriefes enthält zwei Sätze, in denen Paulus zwei außergewöhnliche Fälle zum Vergleich der großen Liebestat des HErrn heranzieht, der Sein Leben für uns am Kreuz dahingab. Diese beiden Fälle erscheinen als außerordentlich selten. Der zuerst genannte wird als „kaum“ möglich bezeichnet, der andere als „vielleicht“ möglich angenommen. Unmöglich sind also beide Fälle nicht. Der erste ist: Kaum wird jemand für einen Gerechten sterben. Der zweite: Für den Guten wurde vielleicht noch jemand sich entschließen zu sterben. Der Gegensatz zu dieser Feststellung ist im folgenden (8.) Verse ausgesprochen: Gott aber (im Gegensatz dazu) offenbart (beweist, oder stellt ins rechte Licht) Seine Liebe gegen uns darin, daß Christus für uns starb, als wir (weder gerecht noch gut, sondern) noch Sünder waren. Um wieviel bewundernswerter ist also die Liebe Gottes (V. 8) und auch in ihren Wirkungen tiefgreifender und weitreichender (V. 9.10)! Sie übertrifft alle Beweise menschlicher Liebe und Selbstaufopferung so unendlich weit, daß ihr übermenschlicher, göttlicher Charakter sogleich in ein helles Licht tritt, wenn man - wie der Apostel es in V. 7 andeutet - in menschlichen Verhältnissen nach einem Vergleich suchen möchte.

Nun finden wir in einigen Übersetzungen den zweiten Satz in V. 7 nicht auf eine Person, sondern auf eine Sache angewendet. „... für das Gute würde vielleicht noch jemand sich entschließen, zu sterben.“ Nach dem griechischen Text ist diese Übersetzung ebensowohl möglich. „Wegen des Guten“ (in Griechischen steht auch der Genetiv) kann sowohl männlich als sächlich verstanden werden. Wenn man aber beachtet, daß „für einen Gerechten“ ohne Zweifel im

und nicht „für das Gute“ zu verstehen. Handelte es sich nicht um eine gute oder gütige Person, sondern um eine gute Sache, so hätte der Apostel dies doch wohl deutlicher hervorgehoben. Auch im 6. und 8. Verse ist von Personen die Rede. Für wen starb Christus? So lautet die Frage, die der Apostel so deutlich beantworten will, indem er uns in unserem natürlichen Zustande als „kraftlos“ (V. 6), als „Gottlose“ (V. 6), als „Sünder“ (V. 8) und als „Feinde“ (V. 10) bezeichnet.

Bei der Übersetzung „für das Gute“ würde ja der Gegensatz gar nicht so deutlich hervortreten. Denn auch Christus ist für „das Gute“ im höchsten Sinne gestorben. Bei sächlicher Fassung, so bemerkt Zahn in seinem Kommentar zum Römerbrief, wäre der Artikel (im zweiten Satze, im ersten fehlt er!) unverständlich. Gewiß hat es Menschen gegeben, die für irgendein Ideal, Familie, Vaterland, irgendeine Erfindung oder Entdeckung ihr Leben daran wagten. Ebenso hat manche Mutter für ihr Kind das Leben geopfert und ein Freund für den anderen sein Leben gewagt. Also beides sind mögliche Dinge, wenn auch nicht alltägliche. Aber die Frage ist nicht, welche Fälle möglich sind, sondern, was der ursprüngliche Gedanke des Apostels war. Und da scheint doch der Gedanke an eine Person näher zu liegen als der an eine gute Sache. Der Apostel schildert die Menschen, für die der Sohn Gottes starb. So liegt es nahe, auch bei den Vergleichen aus dem menschlichen Leben an Personen zu denken. Möglich, denkbar ist es, daß ein dankbarer Mensch für seinen Wohltäter sich aufopferte. Aber Gott ließ Seinen geliebten Sohn nicht für Gerechte und Gute sterben, sondern für Seine Feinde! Welch ein Gegensatz zu den höchsten Leistungen menschlicher Liebesbeweise! Wo wäre das unter den Menschen denkbar, daß jemand für seinen persönlichen Feind das allergrößte Opfer, sein eigenes Leben, darbrächte? Das aber hat Gott getan. Er fragte nicht nach Würdigkeit, Verdiensten und Leistungen, Seine Liebe war so stark, daß sie Ihn trotz unserer Unwürdigkeit, Schwäche, Unreinheit, Auflehnung und Feindschaft das allergrößte Opfer aller Zeiten bringen ließ, Seinen einzigen, geliebten Sohn.

J. W.

Antwort des Schriftleiters

Diese schöne, klare Antwort Gibt jedem Fragenden volles Licht über den betreffenden Gegenstand! Es ist auch nicht meine Absicht, zur Frage selbst Wesentliches anzufügen, sondern ich möchte nur einige praktische Bemerkungen machen, die im Rahmen gegebener Antwort liegen.

Es ist deutlich hervorgehoben, worauf es dem Apostel ankommt: den unendlichen Gegensatz herauszustellen, der zwischen der Liebe Gottes und dem menschlichen Wesen besteht. Der Mensch, ein, wie schon gesagt, nach dem ganzen Zusammenhang kraftloser, hilfloser, gottloser, von Gott losgelöster Sünder, ja, Feind Gottes, braucht, um etwas Außergewöhnliches tun zu können, auch außergewöhnliche Antriebe. Ob es sich, was, wie erwähnt, nach dem Grundtext wohl möglich, nun um eine „gerechte Sache“ oder einen „gerechten Menschen“ - um „etwas Gutes“ oder „einen Gütigen“ handelt -, so ohne weiteres würde der Mensch, wie er ist, nicht sein Leben hingeben; das „Kaum“ und auch das „Vielleicht“ zeigt eine tiefe, innerliche Überlegung, die dem unwahrscheinlicheren oder allenfalls möglichen Opfer vorangeht, aber es nur bringt, wenn es Zweck oder einen dem Opfer entsprechenden Erfolg, so oder so, hat (z. B. Ruhm bei der Nachwelt! Anerkennung usw.). Es ist also kein selbstloses Opfer - solch Opfer, das durch die Station eines „Kaum“ oder „Vielleicht“ geht; kein Opfer um seiner selbst willen, sondern nur eins mit - wenn auch noch so verständlichen - Nebengedanken. Wie so ganz anders ist demgegenüber Gottes Liebe, die Ihn den „Sohn der Liebe“ hingeben heißt ohne Rücksicht auf Wert oder vielmehr Unwert der Gegenstande Seiner Liebe! Liebe ist eben Opfer um ihrer selbst willen, gerade dann am hellsten strahlend, wenn am wenigsten motiviert (begründet) erscheinend.

Dies habe ich geschrieben im Blick darauf, daß die Stelle, wie gesagt, verschieden übersetzt werden kann. Aber ich selber glaube wie unser lieber Mitarbeiter, daß übersetzt werden sollte: „für“ oder „im Hinblick auf einen Gerechten“ oder „den Gütigen“

(„den Guten“). Denn der Gegensatz ist doch wirklich erst dann so recht erkennbar, wenn es sich um Menschen handelt, um Personen! Und da ist es doch hienieden schon sehr

für gütige schon eher - Gott aber beweist, bewährt Seine Liebe darin, daß Christus gestorben ist (viermal im Zusammenhang ist von Seinem Sterben die Rede), als wir noch hilflose, gottentfremdete Sünder und sogar Feinde waren! Welche Liebe! Selbstlos bis zum Äußersten! Ja, je weniger wir es wert waren (Steigerung von „kraftlos“ bis „Feind“!), desto strahlender Seine Liebe, die nicht eher ruht, bis die „Feinde versöhnt“ sind, d. h. in den vollen Genuß Seiner grundlosen Liebe eingetreten sind (V. 10). Ja, Christus hat es „gewagt“ (V. 7!), für Seine Feinde zu sterben! „Gewagt!“ Es war ein Wagnis! Es hätte erfolglos verlaufen können! Es ist Seiner Liebe gelungen, uns als „Frucht der Mühsal Seiner Liebe“ zu gewinnen! (Jes. 53,11) Waren wir „gerecht“? Nein! Waren wir „gütig“ oder „gut“? O, noch viel weniger! Aber Christus starb für uns arme Sünder! Preis sei Ihm!

Wenn wir aber diese Stelle nur erkenntnismäßig verstehen, so ist es noch nicht genug, selbst wenn wir uns tief veranlaßt fühlen, den HErrn für Seine Liebe zu preisen. Es kommt nun darauf an, daß wir die gleiche Gesinnung offenbaren, daß wir die durch den Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossene Liebe Gottes (V. 5) (d. h. Seine Liebe zu uns) so in uns zur Herrschaft kommen lassen, daß wir nicht den „Jemands“ von V. 7 gleichen, sondern Gott, der Seine Feinde liebte und ihnen das Beste, was Er hatte, gab. Und wenn wir nicht gleich soweit sind, sie zu lieben, und zwar selbstlos, so laßt uns wenigstens erst einmal die kraftlosen, zu ihrer eigenen Rettung unfähigen, gottentfremdeten, ohne Ihn lebenden Sünder, die gegen Gottes Willen und darum auch gegen uns handeln müssen, so lieben, daß wir nötigenfalls bereit sind, ihnen Opfer zu bringen, die Gottes würdig sind! Dann werden wir auch dahin kommen, schließlich Seine und darum unsere Feinde zu lieben, wie Sein Wort es uns durch Pauli Brief später sagt (Röm. 13,14.18-21), und Opfer für sie darzulegen, ja, vielleicht das eigene Leben, um ihnen zu zeigen, wer Gott ist, der nicht nur Selber Seine Liebe gezeigt und bewiesen hat, die so unendlich weit über die irdische Liebe hinausgeht, sondern der diese Seine Liebe solchen in sich selbst armen, elenden Kreaturen, wie wir sind, geschenkt hat, damit sie fähig würden, diese Seine Liebe, die die Welt nicht kennt, zu offenbaren in den praktischen Dingen des täglichen Lebens. Er helfe uns darin mehr und mehr, auf daß jenes herrliche „Gott aber“ einer armen, verlorenen Welt bekannt werde durch Wort, Werk und alles Wesen derer, ja, unserer, die wir

Herrn Jesus Christus“ (V. 11; vgl. 8,31-39)!

Sein kostbarer Name sei hochgelobt!

F. K.

 

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung)

Der Versöhnungstag.

Erster Teil.

Das nächste in der Reihenfolge der Feste ist der Tag der Versöhnung, es mußte am zehnten Tage des siebenten Monats gefeiert werden.

Der siebte Monat.

Um die Bedeutung dieses Tages zu verstehen, müssen wir zum Anfang des Jahres zurückkehren und uns wieder das, was bereits über den zehnten Tag des ersten Monats gesagt wurde, ins Gedächtnis zurückrufen. Zunächst erinnern wir uns daran, daß dieser erste Monat zuvor der siebente Monat war und daß, als das Passah eingesetzt wurde, dieser siebente Monat zum ersten gemacht wurde. Gott löschte damit (wie wir früher betrachtet haben, s. S. 8) gewissermaßen aus dem Kalender Israels die bereits vergangenen sechs Monate des Jahres aus und begann in Verbindung mit der Erlösung durch das Blut des Passahlammes einen neuen Anfang.

Von der Schöpfung an gebrauchte Gott die Zahl sechs, um damit die Zeit des Wirkens und der Arbeit zu bezeichnen, während die Zahl sieben die Ruhe ausdrückte, die das Ergebnis eines vollendeten Werkes war.

Weiter sahen wir (in Verbindung mit dem ausersehenen Lamme, s. S. 25), daß die Zahl zehn ein Symbol ist von der menschlichen Verantwortlichkeit, Gottes Forderungen in vollkommenem Gehorsam zu entsprechen. In den beiden Zahlen zehn und sieben (dem „zehnten“ Tage des „siebenten“ Monats) wird uns somit ein zweifacher Hinweis gegeben: 1. auf die Prüfung des menschlichen Wirkens in der vergangenen Zeit der sechs Monate nach dem Maßstabe der göttlichen Heiligkeit und 2. ein Hinweis auf die Ruhe Gottes, die das Resultat der Freude Gottes über ein vollkommenes Werk ist.

Die göttliche Prüfung aber erwies alles Wirken der Menschen als völlig verdorben und unbrauchbar. Mit der Auserwählung des Lammes bestimmte Gott, daß hinfort der siebente Monat der erste des Jahres sein solle, und löschte damit jede Spur von den vergangenen sechs Monaten völlig aus.

Dieser erste Monat wurde somit wieder der Anfang eines zweiten Zeitraumes von sechs Monaten, der aber nun mit dem Passahlamm verbunden war. Diese sechs Monate führen uns wiederum zum siebenten Monat und zum zehnten Tage desselben. - Wenn wir die obigen Gedanken über die Zahlen sechs, sieben und zehn festhalten, so werden wir verstehen, daß dieser siebente Monat uns eine Ruhe enthüllt, die das Resultat eines Werkes der vergangenen sechs Monate war. Und der zehnte Tag dieses Monates zeigt uns abermals die göttliche Prüfung jenes Werkes und die Einführung einer Ruhe, die sich auf dasselbe gründen konnte. Gerade dieses ist es, was uns in Verbindung mit dem bedeutungsvollen Feste des zehnten Tages des siebenten Monats, des großen Versöhnungstages, vor Augen geführt wird.

„Was Jesus anfing ... zu tun.“

Als der geliebte Arzt seinem Freunde Theophilus das Buch, welches wir als die Apostelgeschichte kennen, schrieb, bezog er sich auf das dritte der vier Evangelien, welches er früher an denselben Freund (Luk. 1,1-4) gerichtet hatte, indem er schreibt: „Den ersten Bericht habe ich verfaßt, o Theophilus, von allem, was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren,

auserwählt, durch den Heiligen Geist Befehl gegeben hatte.“ (Apg. 1,1.2) Wenn er in diesen Worten von allem, was der Herr Jesus bis zu Seiner Himmelfahrt tat und lehrte, als nur von dem Anfang Seines Tuns und Lehrens spricht, so können wir daraus entnehmen, daß alles weitere in dem Werk der Gnade Gottes bis auf den gegenwärtigen Tag die Fortsetzung desselben Werkes ist.

Die Auserwählung des Lammes am zehnten Tage des ersten Monats - die Verwahrung desselben bis zum vierzehnten Tage - die Schlachtung des Lammes am gleichen Tage - das Weben der Erstlingsgarbe am Tage nach dem darauf folgenden Sabbat - alles dieses stimmt nach den Evangelien überein mit dem, „was Jesus anfing, sowohl zu tun als auch zu lehren“.

In dem Fest der Pfingsten und dem ganzen darauf folgenden Zeitraum bis zum Ende des sechsten Monats erkennen wir diese Fortführung Seines Werkes bis auf den gegenwärtigen Tag. Mit dem Eintritt des siebenten Monats verkünden die Posaunen uns des HErrn Freude in dem Hinaufversammeln der kostbaren Frucht Seiner Arbeit zu Sich in das Haus Seines Vaters. Am zehnten Tage dieses Monats war jedes Werk der vergangenen sechs Monate geprüft und die ewige Sabbatruhe angebrochen.

Versöhnung, Beugung, Ruhe.

Bei einem sorgfältigen Lesen von 3. Mos. 23,26-32, wo wir die Vorschriften, die an dem Versöhnungstage zu beobachten waren, finden, treten uns in ganz besonderer Weise drei Dinge entgegen: 1. Sühnung, 2. Kasteiung - die Beugung unserer Seele, 3. Ruhe.

Im 16. Kapitel des 3. Buches Mose, welches die Einzelheiten, die an diesem Tage zu beobachten waren, enthält, finden wir dieselben drei Dinge. (V. 29-31) Dieser Tag brachte die Vollkommenheit der Sühnung in einer Weise ans Licht wie nie zuvor. Diese Enthüllung der versöhnenden Gnade bewirkt eine demütige, tiefe und wahre Beugung der Seele, die zur gleichen Zeit mit dem vollen und glücklichen Eingang in Gottes Ruhe verbunden ist.

Wie bei dem Feste der Posaunen, so haben wir auch hier eine zweifache Erfüllung des

Vorbildes: Zuerst in bezug auf die Gemeinde und hernach in bezug auf Israel. In Beziehung zur Gemeinde scheint der ganze Vorgang auf den Richterstuhl Christi hinzuweisen. Es ist kaum nötig, zu bemerken, daß der „Richterstuhl“ Christi ein ausgedehnter Begriff ist und daß wir in demselben sowohl den „Thron der Herrlichkeit“ in Matth. 25 als auch den „großen, weißen Thron“ in Offenb. 20 zu unterscheiden haben. Vor den Richterstuhl in 2. Kor. 5,10 sehen wir die Gläubigen gestellt, und von diesen wird nicht gesagt, daß sie vor dem Richterstuhl Christi „gerichtet“ werden, sondern daß sie „offenbar“ werden, „auf daß jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses“. Alles was sie getan, alle ihre Werke werden dort von Ihm geprüft, und jeder empfängt den Lohn nach seinen Werken. In Matth. 25 dagegen werden alle Nationen, die bei der Erscheinung des Herrn Jesus auf Erden leben, vor Ihm versammelt, und Er wird sie vor Aufrichtung Seinem tausendjährigen Reiches von einander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und Er wird die einen zu Seiner Rechten und die anderen zu Seiner Linken stellen. In Offenb. 20 handelt es sich nur um die toten Gottlosen, die während Seiner tausendjährigen Regierung auf Erden noch in ihren Gräbern bleiben und dann gerichtet werden. Laßt uns nun noch auf einige Punkte des großen Versöhnungstages (nach 3. Mos. 16) eingehen und mit dem vergleichen, was das Neue Testament über den „Richterstuhl“ Christi sagt!

Im Allerheiligsten.

Wenden wir uns nun zum 16. Kapitel des dritten Buches Mose, so sehen wir, daß nach der Vermessenheit und Sünde Nadabs und Abihus (die durch ein plötzliches und ernstes Gericht bestraft wurden) Gott anordnete, daß Aaron und seine Söhne hinfort nicht mehr zu aller Zeit in das Heiligtum innerhalb des Vorhanges hineingehen sollten. Nur am zehnten Tage des siebenten Monats sollte Aaron (und später seine Nachfolger im Hohenpriesterstande) durch den Vorhang in die unmittelbare Gegenwart Jehovas gehen. (Siehe Vers 29ff.) Ferner mußte Aarons Eintritt ins Allerheiligste an diesem Tage unter Beobachtung wichtiger und bedeutungsvoller Vorschriften geschehen, durch welche wieder die drei besonderen Charakterzüge des Festes: Versöhnung, Beugung und Ruhe stark zum Ausdruck kommen.

Die besonderen Opfer an diesem Tage bestanden zunächst in einem jungen Farren zum Sündopfer und einem Widder zum Brandopfer für Aaron selbst, sodann für die Kinder Israel in zwei Ziegenböcken zum Sündopfer und einem Widder zum Brandopfer. Aaron mußte zuerst den Farren, das Sündopfer, schlachten, der für ihn selbst war. Dann hatte er eine Pfanne voll Feuerkohlen von dem Altar und seine beiden Hände voll wohlriechenden, kleingestoßenen Räucherwerkes zu nehmen und mit diesem und etwas von dem Blute des Farren innerhalb des Vorhanges zu gehen und das Blut siebenmal vor den Sühnmittel zu sprengen.

Eine zweifache Sühnung.

Es werden also zwei verschiedene Gedanken vor uns gestellt. Der Farren, das Sündopfer, diente zur Sühnung (V. 11), aber dessen Blut war nicht das einzige, was Aaron mit ins Allerheiligste zu nehmen hatte. Wie wir bereits sahen, mußte er auch eine Pfanne voll Feuerkohlen und kleingestoßenes Räucherwerk mit sich nehmen. Eine besondere Bedeutung liegt in dem kleingestoßenen Räucherwerk. Das Räucherwerk bestand aus duftenden Harzen und brannte seiner Beschaffenheit nach langsam mit einem leichten Rauch. Aber wenn es klein zu Pulver gestoßen war und in diesem Zustande auf glühende Kohlen gelegt wurde, so stieg eine dicke Wolke wohlriechenden Rauches empor. Hierauf wird im 13. Vers verwiesen: „Und er lege das Räucherwerk auf das Feuer vor Jehova, damit die Wolke des Räucherwerkes den Deckel bedecke, der auf dem Zeugnis ist, und er nicht sterbe.“

Das hebräische Wort für Versöhnung bedeutet buchstäblich „Bedeckung“. In dem Blut und der Wolke finden wir zwei Hinweise auf die wunderbare Bedeckung, in welcher wir Gott nahe gebracht worden sind. Das Blut bezeugt, daß die Strafe der Sünde völlig getragen ist, das Räucherwerk spricht von dem Wohlgeruch der unermeßlichen Vollkommenheit Christi. Unsere Sünde ist bedeckt durch das eine und unsere Person durch das andere. In bezug auf Aaron war es nötig, daß alles dieses zuerst für ihn selbst geschehen mußte. Er hatte das Blut zuerst für sich selbst und dann für die Verirrungen seines Volkes darzubringen. (Hebr. 9,7) Erst nachdem er für sich selbst geopfert hatte, wurde er das wahre Vorbild von Christo als dem Hohenpriester

Seines Volkes. Dann, wenn sein eigenes Anrecht, in der Gegenwart der Herrlichkeit Gottes zu stehen, völlig erwiesen war, konnte er aus der Stiftshütte hervorkommen, um für sein Volk einzutreten. Nachdem er „den Bock des Sündopfers, der für das Volk ist“, geschlachtet hatte, ging er zum zweiten Male innerhalb des Vorhanges und tat wie zuvor. (3. Mos. 16,15)

Der Sündenbock.

Aber dies war nicht alles, was er für das Volk zu tun hatte. Wir wissen, daß Aaron von der Gemeinde der Kinder Israel zwei Ziegenböcke für ein Sündopfer nehmen sollte (V. 5) und daß er über diese Lose werfen mußte; das eine Los war für Jehova und das andere für Asasel („Abwendung“ oder „der davongeht“). Der Bock, auf welchen das Los für Jehova gefallen war, wurde als Sündopfer geschlachtet und sein Blut innerhalb des Vorhanges vor den Sühnmittel gesprengt. Alsdann wird uns gesagt, was mit dem zweiten Bock getan werden sollte: „Und Aaron lege seine beiden Hände auf den Kopf des lebendigen Bockes und bekenne auf ihn alle Ungerechtigkeiten der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen nach allen ihren Sünden, und er lege sie auf den Kopf des Bockes und schicke ihn durch einen bereitstehenden Mann fort in die Wüste, damit der Bock alle ihre Ungerechtigkeiten auf sich trage in ein ödes Land, und er schicke den Bock fort in die Wüste.“ (V. 21.22)

In Verbindung mit dem ersten Bock sehen wir, dass den Forderungen der Heiligkeit Gottes voll und ganz durch das Sühnungsblut Christi entsprochen ist. Der Gerechtigkeit des Thrones Gottes ist Genüge geschehen und ein Weg zu Seinem Throne geöffnet. So sehen wir in dem ersten Bock das, was Gottes Seite, und im zweiten Bock das, was unserer Seite entspricht. Alle Ungerechtigkeiten, alle Übertretungen, alle Sünden des Volkes wurden in Gegenwart desselben auf den Kopf des Sündenbockes gelegt und dieser dann in die Wüste getrieben, um nie wieder gesehen zu werden. Diese zwei Böcke sind zwei Darstellungen von einer großen Wahrheit und müssen deshalb auch immer verbunden miteinander betrachtet werden. Den Forderungen Gottes ist entsprochen, und das Gewissen des Volkes Gottes ist für immer gereinigt.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Fortsetzung)

„Die Lehre der Sadduzäer“! Hütet euch vor ihr! Was ist denn die „Lehre“?

Von einer festumrissenen „Lehre der Sadduzäer“ läßt sich viel weniger reden als von einer solchen der Pharisäer, im Grunde genommen hatten sie gar keine ihnen eigentümliche; es war vielmehr so, daß sie alles, aber auch alles, was andere sagten - nicht etwa vorurteilsfrei prüften, sondern einfach negierten (verneinten) oder doch durch die zersetzende Lauge ihrer Kritik zogen.

Beiläufig: Von diesem Gesichtspunkt gesehen, ist auch das Verhör unseres teuren Herrn Jesus vor dem (sadduzäisch gesonnenen) Hohepriestertum eines Hannas und Kajaphas ein gewaltiges Armutszeugnis für den Geistesstand dieser großen Leute! Beweise brauchten sie nicht, erhabene Worte, die sie durch ihren kritischen Widerspruch verurteilen konnten, genügten ihnen, um ihr Todesurteil zu fällen. Da sie alles Übersinnliche negierten, so konnte Gott auch keinen Sohn haben, folglich waren des Herrn Jesu Worte „Lästerung“, und Er war des Todes schuldig. Das war ihr - der Heuchler, die selber nichts glaubten! - Argument! Vor Pharisäern allein wäre das Verhör vielleicht etwas anders verlaufen, natürlich waren im Synedrium (im „Hohen Rat“) auch Pharisäer, wie die nachher angeführte Stelle aus Apg. 5 zeigt, aber in der Verurteilungsgeschichte des HErrn ist in allen 4 Evangelien meines Wissens von den Pharisäern nicht die Rede, das Wort führten die beiden miteinander verwandten Hohenpriester, der diensttuende und vorherige, und da sie in ihrer inneren Stellung Sadduzäer waren, deswegen regierte nicht wahres religiöses Interesse für die Wahrheit, sondern krasse Verneinung aller Metaphysik (Übersinnlichkeit), und der HErr wurde eben verurteilt als „Lästerer“. Wieviel edler war jenes Gericht, in dem ein Gamaliel (der Lehrer des Saulus

Apostel kaum für ihr Zeugnis auch nur geschlagen worden!), Apg. 5,17.18.27! 33-42 (34ff.40!). Aber auch ein Gamaliel blieb dem Reiche Gottes fern, leider, leider! Er war wohl zu klug, um zu glauben! Aber er war gerechter denkend als seine sadduzäischen Kollegen!

Der HErr sagt in Seiner Beantwortung des sadduzäischen Angriffs auf Ihn wegen der Auferstehung (Matth. 22,23-33; Mark. 12,18-27; Luk. 20,27-40) nach der Fassung, die uns Matthäus und Markus überliefert haben, jenes wichtigste Wort, das uns den Charakter „sadduzäischer Lehre“ am unzweideutigsten zeigt: „Ihr irret deshalb, weil ihr die Schriften nicht kennet, noch die Kraft Gottes“ (Matth. 22,29, vgl. Mark. 12,24, und nach Markus fügt Er hinzu: „Ihr irret also sehr!“ V. 27). Hieraus folgernd kann man geradezu sagen - denn solch ein Wort wird nicht zu Pharisäern gesagt! -, der Sauerteig der sadduzäischen Lehre ist Irrtum (aber nicht verzeihlicher, entschuldbarer - wegen des Nachsatzes!), weil die Sadduzäer 1. die Schrift, 2. die Kraft Gottes nicht kannten! Das ist Sauerteig, wenn man aus unentschuldbarer Unkenntnis der Schrift und der Kraft Dessen, Der sie gegeben, Lehren vertritt, die Irrtum sind und Irrtum zu verbreiten trachten. Hütet euch vor diesem Sauerteig, dessen ganzer geheim wirkender Sauerteigscharakter so furchtbar gefährlich ist!

Welche Irrtümer verbreitet die heutige, zumeist deutsche protestantische Theologie! Wie ist doch schon in christlich-sein-wollenden (jedenfalls einst echt christlichen) Kreisen die ewig-herrliche Tatsache der jungfräulichen Geburt des HErrn und Seiner Gottessohnschaft in Mißkredit geraten, wie vielen sogar sich gläubig nennenden „Predigern“(!!) ist das „offene Grab“ eine „Frage“ (ein „Problem“!!), wie viele junggläubig gewordene Theologen verlieren in den ersten Semestern ihres Studiums ihren ganzen Glauben an die Unantastbarkeit der Wortinspiration der ganzen Schrift - erst dieser Tage klagte mir eine entschieden gläubige Mutter in dieser Hinsicht ihr Leid um ihren Ältesten! - Aber weiter: wie soviele wahrhaft Gläubige, denen man es nicht zutrauen möchte, huldigen dem groben, aber auch dem feinen Sadduzäismus bezüglich der Person des HErrn, als habe Er in Seiner Menschheit sündigen können(!!) - wenn Er es natürlich auch nicht getan habe! Wie so manche ebenfalls ihre Gläubigkeit betonenden Leute behaupten, der HErr habe während der drei Tage, wo Sein Leib im Grabe lag, geschlafen(!!), während andere meinen, Er sei während jener Tage in der

Unterwelt gewesen, um ein fortwährendes Predigtamt in der Hölle aufzurichten! Wahrlich, schlimmer kann 1. Petr. 3,19.20 nicht mißverstanden werden! Wieviele heutige wirkliche Christen - aber solche gab es schon bald seit Anfang der christlichen Zeitrechnung („es gibt nichts Neues unter der Sonne“ sagt der Prediger!) - lehren echt sadduzäisch (Kritik am Worte Gottes und an Gott Selbst) und zugleich pharisäisch (Zusätze!!) die endliche Errettung aller Menschen und Wesen, auch des Teufels, und nennen diese Lehre verführerisch „Allversöhnung“ (Kol. 1,20 - nicht aber ist hier die Rede von den Dingen unter der Erde, wie aber sehr wohl in Phil. 2,10 von den Unterirdischen!) - sie werden das Urteil über ihre Lehre vor dem Richterstuhl Christi hören, wenn sie sehen werden, wie viele Seelen sie durch wahrhaft böse „wiederbringerische“ Wortverkündigung ins ewige Verderben gebracht, weil von der Bekehrung zurückgehalten haben! Während andere, die auch behaupten, als Gläubige zu gelten, die Vernichtung der Gottlosen lehren, und zwar mit solchen echt sadduzäischen Worten wie, es sei doch nicht denkbar, daß „man“ ewig im Feuersee sein könnte, ohne schließlich verzehrt zu werden!!! Die „Allversöhnler“ dagegen stellen (so in einem Buche eines ihrer Hauptvertreter) den Feuersee als das läuternde Meer der Liebe Gottes hin, in dem die Verdammten allmählich umgestimmt und aus Feinden Gläubige würden! Ja, das ist Sadduzäismus, das ist zerstörende, unterwühlende Kritik am Worte Gottes und wortverdrehende, falschmünzerische Umwertung aller Werte. Pharisäische Zusätze zum Wort streiten hier mit zersetzender Kritik am Wort und am Tun Gottes um die Wette, und die alle Teufelsfrage: „Sollte Gott gesagt haben?!“ erfährt ihre Neuauflage in der zweiflerischen Frage: „Wie ist es mit der ewigen Liebe Gottes vereinbar, wenn zahllose Verdammte für immer im Feuersee bleiben müssen?“ Daß Gott auch „Licht“ ist und in Seinem Charakter des „Lichts“ ebenso ewig wie in dem der „Liebe“, das wird übersehen von solchen Brüdern, die sehr ungehalten werden, wenn man ihnen sagt, sie wollten barmherziger sein als Gott! (Vgl. zu diesem ernsten Gegenstand auch „Handr.“ Jahrb. 12, Frage 13!) Ja, es ist „Sadduzäismus“, natürlich in christlichem Gewande, denn an der Echtheit des Christentums solcher haben wir nimmermehr zu zweifeln, aber wir trauern tief um sie! Jedoch, wenn ein gewisser feiner Sadduzäismus nicht möglich wäre bei den Seinen, wie sollte dann der HErr sie vor dem „Sauerteig der Lehre der Sadduzäer“ so ernst warnen?! So gibt es noch viel mehr an „mancherlei und fremden Lehren“ welche die Gläubigen innerhalb der Gemeinde des

HErrn fortreißen können und derentwegen wir alle „ein festes Herz“ brauchen (Hebr. 13,9! vgl. auch 1. Tim. 4!), doch ich möchte den Gegenstand jetzt verlassen, um dann in nächster Lief., s. G. w., auf die Warnung vor dem „Sauerteig des Herodes“ einzugehen: Lassen wir uns aber warnen vor jeder noch so feinen, verhüllten oder auch offenen Form des Sadduzäismus, der Kritik oder Verneinung der Schrift und der biblischen Tatsachen! Denn, um es noch kurz zu sagen, nicht nur die Leugnung der Auferstehung oder auch die Behauptung, sie sei schon gewesen (2. Tim. 2,17.18), nicht nur die Verneinung der Engel oder des Geistes oder der Inspiration der Schrift (siehe Apg. 23,8) usw. liegt auf dem Gebiete des sadduzäischen Sauerteigs, sondern jegliche Kritik oder freidenkerische Ablehnung biblischer Lehren gehört dazu, die geistliches Sich-Irren zur Folge hat, an dem auch Gläubige schuld sind - und warum? weil sie die Schrift nicht kennen, obwohl sie es könnten, noch die Kraft Gottes, und inwiefern diese sich betätigt. Daß die Kraft Gottes die Auferstehung zustande bringt, beweist jenen Zweiflern der HErr unzweideutig mit dem Wort von dem Gott, der „ein Gott der Lebendigen“ ist. (Matth. 22,32 usw.) Aber es ist gefährlich, der gewiß alles vermögenden Kraft Gottes (siehe z. B. Matth. 19,26) etwas zuzuschreiben, was die Schrift nicht lehrt, sondern wo sie das Gegenteilige sagt! Es muß alles dem ewigen Charakter Gottes entsprechen!

Geliebte, wo unser Gott von uns Glaubensgehorsam verlangt, Unterwerfung unter Sein Wort, auch wenn es den vom Feinde leicht beeinflußten Gefühlen nicht lieb sein mag, da laßt uns Ihm nicht widersprechen, sondern demütig uns beugen, und „hernach werden wir verstehen“! Laßt uns uns hüten lernen vor jeder noch so verkappten Form der Lehre des Sadduzäismus, d. i. des Zweifels an Ihm und Seinem Wort, laßt uns vielmehr leben von „jeglichem Wort, das durch den Mund Gottes geht“ (Matth. 4,4), dann werden wir nicht irren, denn Sein Wort bewahrt uns davor!

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“ Der HErr gebe uns dazu „größere Gnade“! (Jak. 4,6.7)

F. K.

Fortsetzung folgt, s. G. w.

Der Felsen.

Im zweiten Verse des 18. Psalms rühmt David seinen Gott, Den, der ihn aus der Hand aller seiner Feinde und aus der Hand Sauls errettet hatte, in überaus lieblichen Worten: „Jehova ist mein Fels und meine Burg und mein Erretter, mein Gott, mein Felsen (Hort), auf Ihn werde ich trauen, mein Schild und das Horn meines Heils, meine hohe Feste.“ Der hebräische Grundtext gebraucht hier zwei verschiedene Wörter für den Ausdruck „Felsen“. Das erste ist „Sela“, das ist ein Felsen, deren es in Palästina viele gab, zerklüftet, voller Schlupfwinkel. Gar oft hatte sich David in solche Felsenhöhlen zurückgezogen, wenn er von Saul wie ein Rebhuhn auf den Bergen gejagt wurde. Einmal nannte er gar einen Ort, an dem er soeben der Hand Sauls entgangen war, „Fels des Entschlüpfens“, Selach-Hammachlekoth (1. Sam. 23,28). Wieviel mehr aber als diese natürlichen Bergungsorte war ihm Jehova Selbst ein Fels, in dessen Schutz er sich bergen konnte! In Ihm war er sicher vor der Hand aller Feinde. In jeder Trübsal durfte er sich auf Ihn verlassen, aus dessen schirmender Hand ihn niemand reißen konnte.

Dann sagt David weiter: „Mein Gott, mein Felsen, auf Ihn werde ich trauen.“ Hier steht im Hebräischen das Wort „Zur“, das einen starken, festen und scharfen Fels bezeichnet, einen Grund, auf den man sicher bauen kann. Und David hatte auf solchen festen Grund gebaut. „Auf Ihn werde ich trauen“, sagt er. An der Sicherheit dieses Felsens gab es keinen Zweifel. „In Jah, Jehova, ist ein Fels der Ewigkeiten.“ (Jes. 26,4) Wenn wir es ebenso machen wie einst David, wenn wir auf diesen Felsen trauen, dann werden wir auch den Schwierigkeiten der gegenwärtigen Zeit, so furchtbar ernst sie sind, ein glaubensfrohes Vertrauen entgegensetzen können. Denn unser HErr ist derselbe geblieben und bleibt es in Ewigkeit.

Es ist von einzigartiger Schönheit, daß der Geist Gottes auch an anderen Stellen im Worte diesen Unterschied in den Ausdrücken für „Felsen“ andeutet. In 2. Mose 17 dürstete das Volk Israel auf dem Wege durch die Wüste nach Wasser. Das Volk haderte mit Mose. Da sprach Jehova zu Mose: „Siehe, Ich will daselbst vor dir stehen auf dem Felsen am Horeb, und du sollst auf den Felsen schlagen, und es wird Wasser aus demselben herauskommen, daß das

Volk trinke.“ Die Gnade Gottes erbarmte sich auf dem Wege. Hier steht nun im Hebräischen das Wort „Zur“. Es war ein fester, starker Felsen, der geschlagen wurde, und wir wissen alle, daß er im Vorbild Christum darstellte (1. Kor. 10,4), dessen Tod für uns zu einer Quelle des Lebens wurde. Aus diesem Felsen haben wir alle, so wir errettet sind, getrunken. Seine Wasser sind unversieglich.

In 4. Mose 20 begegnet uns noch einmal ein Felsen, der dem Volke Wasser geben sollte. Aber dieser Felsen durfte nicht geschlagen werden. Christus hat einmal für Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, auf daß Er uns zu Gott führe (1. Petr. 3,18). Wie sollte Er da zum zweitenmal geschlagen werden dürfen! Aber Mose verstand die Gedanken Gottes in dieser Sache nicht. Er war mehr mit der Widerspenstigkeit des Volkes beschäftigt als mit den Gnadenabsichten Gottes, so daß er, der Israel widerspenstig genannt hatte (4. Mose 20,10), von Gott als „widerspenstig“ bezeichnet werden mußte (V. 24). Wie ernst redet doch dies! Es handelte sich in der Tat um die Geheimnisse des Ratschlusses Gottes, wenn er auch damals nur bildlich zum Ausdruck kam. Es handelte sich um das Werk, den Tod des Herrn Jesus, dessen Gültigkeit für alle Zeiten die gleiche ist. Der starke Fels war einmal geschlagen worden. Jetzt war er ein Fels der Bergung geworden, ein Schutz, aus dem die Wasser hervorkamen. Und so steht in 4. Mose 20 das Wort „Sela“ (wie übrigens auch in Psalm 40,2, wo es sich um den Boden der Auferstehung handelt, nachdem die Macht des Todes zunichte gemacht war). Wer durfte es wagen, den Bergungsort der Tausende Israels zu schlagen?

Laßt auch uns stets von neuem aus diesen Wassern des Felsens trinken! Bei Ihm ist der Quell des Lebens (Ps. 36,9). „Gottes Bach ist voll Wassers“ (Ps. 65,9). Was bedürfen wir mehr?

Th. Bu.

Der Tag wird es klarmachen.

So sagt Paulus in 1. Kor. 3,13: „Wenn jemand auf diesen Grund (welcher ist Jesus Christus) baut Gold, Silber, köstliche Steine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar

werden, denn der Tag wird es klarmachen.“ Gemeint ist damit der Tag der Offenbarwerdung vor dem Richterstuhl Christi. Das wird ein Tag der Enthüllung sein, an welchem jede Decke weggerissen und jedes Geheimnis enthüllt werden wird. Alle unsere Absichten, Motive und Ziele werden dann aufgedeckt und bloß gelegt werden. Wir sollen leben als solche, die diesen Tag immer vor sich haben, wir sollen handeln mit dem Bewußtsein, daß alles offenbar werden wird. Sind wir lauter? Der Tag wird es klarmachen! Handeln wir in der Ausübung unserer täglichen Angelegenheiten als vor dem HErrn oder vor Menschen? Der Tag wird es klarmachen! Sind wir aufrichtig, demütig und fürchten wir den HErrn? Der Tag wird es klarmachen! Beruht unser Bekenntnis auf Glauben und Liebe zu unserem HErrn? Der Tag wird es klarmachen!

Möge jener Tag es klarmachen, daß wir demütige, aufrichtige, liebende, eifrige und wachsame Nachfolger des Herrn Jesus gewesen sind, die nur Seine Ehre im Auge hatten!

S . . e.

Hast du Mich lieb?

Wenn Sorg' und Gram dein Herz erfüllt,

Wenn Herz und Auge weinet,

Wenn jede Aussicht sich verhüllt

Und nirgends Hilf' erscheinet,

Dann fragt der HErr und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb? Vertraust du Mir?

Wenn anders, als dein Herz begehrt,

Der HErr dein Los bereitet,

Wenn Er den liebsten Wünschen wehrt,

Dich andre Wege leitet,

Dann fragt Er dich und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb? Gehorchst du Mir?

Wenn dem Geräusch der Welt entflieht

Der Seele tiefes Bangen,

Wenn mit geheimer Macht dich zieht

Sehnsüchtiges Verlangen,

Dann fragt der HErr und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb? Zieht dich's zu Mir?

Wenn, die der HErr zum Trost dir gibt,

In schwerer Prüfung leiden,

Wenn sie, die deine Seele liebt,

Aus deinen Armen scheiden,

Dann fragt der HErr und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb? Gibst du sie Mir?

Wenn dir das ird‘sche Licht erbleicht,

Dein Geist sich ihm entwindet,

Wenn dir dann alles, alles weicht,

Was dich ans Leben bindet,

Dann fragt der HErr und spricht zu dir:

Hast du Mich lieb? O, komm zu Mir! -

(F. A. Köthe.)

Frage und Antwort

Frage 13

Was ist in Luk.11,22 mit dem Ausdruck: „Seine Beute teilt er aus“ gemeint? Bezieht sich diese „seine Beute“ auf den Teufel (etwa mit Hinblick auf Eph. 6,11.12, vgl. Eph. 1,3; 2,6; Offenb. 12,7-12) oder auf den Herrn Jesus im Sinne von Eph. 4,8; Ps. 68,18?

Antwort A

Beide Auffassungen sind so oder ähnlich bejaht worden; wir jedoch entscheiden uns durchaus für die erstere, allerdings in vermittelndem Sinne.

Den Schlüssel zu diesem gleichnisartigen Ausspruch des Herrn Jesus bildet der Zusammenhang. Der HErr hatte einen Dämon ausgetrieben, worauf die Feinde behauptet hatten: „Durch Beelzebub, den Obersten der Dämonen, treibt er die Dämonen aus“ (Luk. 11,15). Dies war die Veranlassung zu den nun folgenden Worten Jesu. Durch zwei kräftige Gegenbeweise zeigt Er, wie sinnlos, unaufrichtig und falsch diese feindselige Unterschiebung seitens Seiner Gegner ist (Vers 17-20); und dann gibt Er nach dieser (negativen) Zurückweisung der falschen Erklärung Seiner Besessenen-Heilungen die wahre, positive

vorliegenden, gleichnisartigen Stelle, und nur dieser Blick auf den Zusammenhang kann den Weg zeigen zu der richtigen Deutung dessen, was unter der „Beute“ des Starken bzw. des Stärkeren zu verstehen ist.

Die vorangehenden beiden negativen Gegenbeweise waren folgende: Der erste zeigte die Sinnlosigkeit und Unlogik der feindlichen Verdächtigung: „Jedes Reich, das wider sich selbst entzweit ist, wird verwüstet, und Haus wider Haus entzweit, fällt. Wenn aber auch der Satan wider sich selbst entzweit ist, wie wird sein Reich bestehen?“ (Vers 17.18) Mit diesem Argument hatte Sich der HErr an den gesunden Menschenverstand Seiner Zuhörer gewendet und ihnen gezeigt, daß dieser schon ausreichen würde, um die Haltlosigkeit der feindseligen Gegenreden darzutun. Aber dabei blieb Er nicht stehen. Der zweite Gegenbeweis ging noch tiefer. „Wenn aber Ich durch Beelzebub die Dämonen austreibe, durch wen treiben eure Söhne sie aus? Darum werden sie eure Richter sein.“ (Vers 19) Mit diesen Worten weist der HErr Seine Gegner darauf hin, daß auch Leute ihres Kreises Heilung Besessener versuchen und vielleicht auch in einzelnen Fällen vollbringen (vgl. Apgesch. 19,13! [vgl. Matth. 7,22! D. Schriftl. F. K.]), „wozu ihnen Medikamente, sympathetische Manipulationen und nicht zum wenigsten auch Beschwörungsformeln als Mittel dienen“ (vgl. Zahn). Wie können sie da, wo sie solche Behandlung Dämonischer in ihrer eigenen Mitte dulden und billigen, behaupten, die Austreibungen der Dämonen durch den Herrn Jesus seien nur Kundgebungen eines Bundes seinerseits mit dem Teufel?! Das Vorhandensein solcher eigener, von ihnen nicht verleugneter Volksgenossen zeugt gegen sie, verurteilt, „richtet“ sie. „Darum werden sie (auch ohne daß sie es wollen oder besonders aussprechen) eure Richter sein.“ „In der Tat, was für ein Kontrast fand statt zwischen dem offenen, ehrlichen Kampf Jesu gegen die bösen Geister, die Er austrieb, und den verdächtigen Kunstgriffen dieser Exorzisten (Dämonenbeschwörer); zwischen der vollständigen leiblichen und geistigen Wiederherstellung, welche Sein Wort bei den Kranken bewirkte, und den halben Heilungen diesem Leute, auf welche meistens wieder schlimme Ruckfälle folgten! Was für eine Logik, die unvollständigen Heilungen Gott zuschreiben und die vollkommenen dem Teufel!“ (Prof. Godet.) Und wenn diese „ihre“ eigenen „Söhne“ (Volks- und Gesinnungsgenossen, Schüler) sie „richten“, wie ist dann ihre verleumderische Verdächtigung

unvorsichtig vom Standpunkt der Ankläger selbst (das zeigt nun das zweite Argument)!

Nach dieser doppelten Widerlegung der falschen Erklärung Seiner Besessenen-Heilungen durch Seine Gegner geht nun der HErr über zu der wahren Erklärung derselben durch Ihn Selbst. Das ist der Sinn der vorliegenden Schriftstelle: „Wenn der Starke, bewaffnet, seinen Hof bewacht, so ist seine Habe in Frieden; wenn aber ein Stärkerer als er über ihn kommt und ihn besiegt, so nimmt er seine ganze Waffenrüstung weg, auf welche er vertraute, und seine Beute verteilt er.“ Das Bild, das dieser gleichnisartigen Rede zugrunde liegt, ist das eines starken, kriegstüchtigen Burgherrn, der in voller Waffenrüstung im Tor seiner Festung seinen Besitz bewacht. Dann aber kommt ein Stärkerer, überwindet ihn und macht sich den Besitz des Besiegten zu eigen und verteilt ihn. Will man bei einer solchen Stelle nicht der Gefahr erliegen, zu viele eigene Gedanken und Kombinationen in den Text einzutragen, so muß man sich dessen bewußt bleiben, daß es sich hier, wenn auch nicht direkt um ein Gleichnis im vollen Sinne des Wortes, so doch um eine gleichnisartige Rede handelt. Dies beweisen die Ausdrücke „Hof“, „Waffenrüstung“ zur Genüge. Dann aber gilt auch hier die (leider so oft übersehene) Kardinalregel aller nüchternen, sachgemäßen, unspekulativen Gleichnisauslegung, daß es vor allem auf den „Vergleichungspunkt“ (tertium comparationis) ankommt und daß die anderen Züge der Bildrede nicht in demselben Maße restlos alle zu deuten sind. Vernachlässigung dieses Hauptgrundsatzes der Gleichnisexegese hat schon oft genug zu den weitläufigsten, abschweifenden Hineintragungen eigener Gedanken in die biblischen Texte geführt und ist auch dann abzulehnen, wenn diese anderen Gedanken ihrerseits so oft mit dem Schriftganzen übereinstimmen. Jedenfalls sind sie dann keine Auslegungen des betreffenden Textes mehr, sondern nur (allerdings sachgemäße) weiterspinnende und ausmalende Weiterführungen der dort ausgesprochenen Gedanken. Hier aber haben wir es mit der Auslegung zu tun, was der HErr Selbst mit den obigen Worten Seinen Hörern hatte sagen wollen.

Der Starke ist der Teufel. Er ist nicht nur irgend „ein“ Starker, sondern „der“ Starke, d. h. die eine bestimmte Persönlichkeit, die sich uns als „die“ Gegenkraft entgegenstellt. Ihm gegenüber versagt alle Menschenenergie: „Groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist. Auf Erd'n ist nicht seinsgleichen.“ Sein „Haus“ ist die Welt im Großen und in ihr der einzelne in seiner Gewalt

befindliche Mensch im Kleinen. Satan ist der „Fürst dieser Welt“. Aber er hat sich auf unrechtmäßige Weise in diesen Besitz gebracht. Er hat ihn „geraubt“; er ist seine „Beute“. Aber nun geschieht das Große und Gewaltige: Ein Stärkerer kommt, Christus, der Sohn des lebendigen Gottes! In Seiner Menschwerdung betritt Er die Welt, das Festungsgebiet und Haus Seines Feindes, des Starken. Es entsteht ein Zweikampf. Aber in der Versuchung (Matth. 4) und dann fort und fort in Seinem heiligen Leben erweist Sich der HErr als der Stärkere. Christus ist Sieger. Und dieser Sein Sieg wird mit Seinem Kreuzesruf: „Es ist vollbracht!“ und Seiner Auferstehung und Himmelfahrt weltenweit besiegelt. Und weil Er Sich als der Stärkere erweist, entreißt Er dem Feind seine Beute. Das heißt: Er befreit die gefangenen Seelen aus Satans Macht. Sie werden versetzt „aus der Gewalt der Finsternis“ in das Reich des Sohnes der Liebe des Vaters (Kol. 1,13). Das, was früher Satans Beute war, wird nun Jesu Siegesbeute. Er hat „die Gefangenschaft gefangen geführt“ (Eph. 4,8). Satans bisherige Gefangenen werden jetzt Seine Gefangenen, die Er als Sieger im Triumphzuge aufführt (2. Kor. 2,14). Dies gilt in bezug auf alle Menschen, die Christus durch Sein Erl ösungswerk dem Feinde entrissen hat (und das ist jeder, der sich Seine Heilandstat im Glauben aneignet). Aber hier im Zusammenhang unserer Stelle sagt es der Herr Jesus mit besonderer Bezugnahme auf die Heilungen der Besessenen. Sie sind in namentlicher Weise die „Beute“, der „Raub“, den der Feind mit Gewalt festhält, den aber der Herr Jesus, nachdem Er den Teufel in der Versuchung besiegt hat und Sich nun fortdauernd als Sieger erweist, ihm aus der Hand reißt. Damit hat der HErr die wahre, positive Erklärung Seiner Besessenen-Heilungen gegeben, um die es sich im Zusammenhang der ganzen, hier vorliegenden Rede ja handelt. Er treibt die Dämonen aus, nicht durch Beelzebub, sondern durch Seine sittliche Siegeskraft, weil Er der Stärkere ist.

Daß wir mit unserer Deutung der „Beute“ auf die Menschen (speziell die Besessenen) recht haben, scheint uns auch der Umstand zu beweisen, daß die ganze Stelle hier eine unverkennbare Beziehung auf ein alttestamentliches Prophetenwort hat, worin unter der „Beute“ ebenfalls Menschen gemeint sind. „Sollte wohl einem Helden die Beute entrissen werden? Oder sollten rechtmäßig Gefangene entrinnen? Ja, so spricht Jehova. Auch die Gefangenen des Helden werden ihm entrissen werden, und die Beute des Gewaltigen wird

retten.“ (Jes. 49,24.25)

Und diesen wunderbaren Sieg gewinnt Jesus Christus durch den „Finger Gottes“ (Vers 20). „Der Arm ist der Sitz und das natürliche Sinnbild der Kraft, der Finger, der kleinste Teil des Armes, das Symbol der Leichtigkeit, mit welcher diese Kraft wirkt. Der HErr will sagen: ‚Ich darf nur den Finger, der Gottes Finger ist, aufheben, so lassen die Dämonen ihre Beute fahren.‘Diese so leicht erfochtenen Siege beweisen, daß der Satan seinen Meister gefunden hat und daß von nun an Gott anstatt seiner die Herrschaft hat.“ (Prof. Godet.)

Aber was ist mit den Worten gemeint, daß Christus, der „Stärkere“, seine Beute „austeilt“? (Vers 22b) Wenn diese dem Satan abgenommene Beute erlöste und befreite Menschen sind: wie kann Christus sie „austeilen“? Hier kommt, so scheint uns, der oben genannte Grundsatz der Gleichnisauslegung in Betracht, daß eine Bildrede nicht gepreßt werden darf. Will man dennoch diesem Zuge des Gleichnisses eine geistliche Bedeutung beimessen, so wären wir geneigt zu sagen: Christus, der Sieger, behält Seine Siegesfreude nicht für Sich. Menschen sind es, die Er dem Feinde entrissen hat. Aber Er hat sie für Gott erkauft, und die Freude über ihre Errettung teilt Er den himmlischen Heerscharen mit, also daß Freude ist im Himmel über Sünder, die Buße tun.

An die Gaben, die Christus an die Menschen nach Eph. 4 austeilt, ist deshalb nicht zu denken, weil es sich ja um die dem Teufel entrissene Beute handelt.

Bei der „Beute“ an die „himmlischen Örter“ des Epheserbriefes zu denken, macht der oben dargelegte Zusammenhang unmöglich.

Welch eine herrliche Wahrheit. Christus ist der Stärkere! Er hat uns „aus der Gewalt Satans zu Gott“ gebracht (Apgesch. 26,18). Unsere Kraft ist gering. Aber Er ist der Sieger, und in Ihm dürfen wir das auch sein. Ist das auch deine und meine Alltagserfahrung? Sieht unsere Umgebung, daß wir Überwinder werden von innen heraus? Überwinder mehr und mehr, auch, ja gerade in den kleinen und doch oft so schweren Kämpfen des praktischen Lebens?

Er. Sr.

Anmerkungen (Antwort) des Schriftleiters

Wenn ich nach dieser überaus klaren, einleuchtenden Antwort unseres lieben Mitarbeiters noch die Feder ergreife, um etwas anzufügen, so geschieht es zunächst, um der Freude Ausdruck zu geben, daß Verfasser die Frage im Zusammenhang der ganzen Stelle behandelt, also diese nicht allein für sich besprochen hat. Nur wenn man letzteres tut, kann man auf die in dem Fragebrief angedeuteten Meinungen kommen, die auch durch die in der Frage mit angeführten, m. E. mißverstandenen, Bibelstellen genährt werden. Der Frager meint z. B., ob die Erklärung richtig ist, wonach die Stelle Bezug hat auf Eph. 1,3 und 2,6, wo unter den uns durch unseren HErrn erworbenen Segnungen das Mitsitzen in himmlischen Örtern genannt ist, und zugleich auf Eph. 6,11.12, wo dieses Mitsitzen oder die gläubige Besitzergreifung unseres Erbes uns durch die Mächte der Finsternis streitig gemacht würde (zumal nach Offenb. 12,7-12 der Teufel erst später aus dem Himmel geworfen würde, jetzt also noch sein Herrschaftsgebiet in dem Lufthimmel durch seine Anwesenheit verunreinigt werden könnte). Der Frager sagt nicht, daß dies seine Anschauung von unserer Stelle sei, er fragt nur, ob diese Anschauung richtig sei. - Ich glaube wohl, daß das soeben Angeführte (aus seinem Briefe) viel Wahres enthält und daß uns der uns verordnete Kampf im Epheserbrief von den höchsten Gesichtspunkten gezeigt wird (nicht das Fleisch, sondern der Satan ist unser Gegner, und der Kampfplatz die himmlischen Örter, in denen wir schon jetzt unseren Platz im Glauben, der Stellung nach haben). Aber so wahr das ist, so wenig glaube ich, daß diese Dinge mit unserer Stelle in Verbindung zu bringen sind - vor allem weil dann der äußerst wichtige Zusammenhang der Stelle ganz und gar verleugnet werden würde. Nimmt man sie aus dem (unabtrennbaren) Zusammenhang heraus - und wie oft geschieht Ähnliches in der Schriftauslegung! -, dann freilich ist jeder Phantasie Tor und Tür geöffnet. Aber davon wollen wir uns fernhalten! - Der Frager kommt dann auch auf die „Beute“ zu sprechen und meint - im Zusammenhang mit der geäußerten Ansicht, nur aber nicht mit dem Bibeltext! -, daß dann unter der „Beute“ die von den finsteren Mächten geräumten

gesagt, durchaus nicht dem Zusammenhang gerecht. Auf diesen ist jedoch oben gründlich genug hingewiesen!

Wenn unser Mitarbeiter die Stelle eine gleichnisartige Darstellung nennt, so gebe ich ihm durchaus recht. Zumal im Blick auf Mark. 3,23! Ich glaube aber, daß man hier wie in Luk. 15 in der gleichnisartigen Geschichte von den beiden verlorenen Söhnen das Recht hat, die einzelnen Züge näher auszudeuten, wie das ja in Luk.15 auch stets geschieht. Und zu der bedingt gegebenen Deutung des Austeilens der Beute möchte ich noch meine Anschauung hinzufügen, lediglich zur Prüfung, nicht als Lehre.

Die vom Stärkeren eroberte „Beute“ sind also, wie ausgeführt, die erretteten, d. h. aus der besonderen satanischen Macht erretteten, und befreiten Menschen (d. h. zunächst bezieht sich „seine“ auf den „Starken“, also zunächst sind die „Beute“ gebundene Menschen, dadurch aber, daß der „Stärkere“ des „Starken“ Beute wegnimmt, werden es erlöste Menschen!). Und diese nunmehr des „Stärkeren“ „Beute“, diese Menschen, „teilt Er aus“? Ohne auf die oben angeführte schöne Deutung einzugehen, glaube ich daran denken zu sollen, wie er solche befreiten Menschen und das was zu ihnen (als zu der „Beute“) gehörte, ihre Kräfte (die wieder- oder neugewonnenen), ihren Willen (den nunmehr einzig richtig bestimmten [für Gott!]), ihr Hab und Gut (das jetzt endlich recht verwaltet werden könnte), ihr Zeugnis (das eines Geretteten wiegt viel!) usw. aufteilte, d. h. zum Nutzen anderer verwertete, indem Er z. B. den einen aus satanischer Besessenheit heraus Erretteten nach seinem Hause (als Zeugen) sendet (Luk. 8,39), andere anderswohin, und alle Seine Erretteten (einst die Beute des Feindes), ob aus dieser oder jener Kette befreit, alle werden seit jener Zeit hierhin und dahin gestellt, gleichsam „ausgeteilt“ an die ganze Welt und die noch gebundene Menschheit, um zu verkünden, daß der „Stärkere“ Seine absolute uneingeschränkte Macht über den „Starken“ dargetan und bewiesen hat.

Ich will nicht behaupten, daß diese Auffassung unbedingt richtig ist, aber wenn wir streng im Zusammenhang bleiben, auch das viermalige „seine“ - das auf den „Starken“ zu beziehen ist! - beachten, dann scheint mir solche Anwendung wohl möglich; denn nach dem Siege des

„Stärkeren“ über den „Starken“ geht alles, was der Starke bewaffnet als sein Eigen bewahrte, in die Hände des Siegers über als nunmehr Seine „Beute“. Und was auch immer der Satan als „seine Habe“, „sein Haus“ ansah - es sind doch Menschen mit allem, was sie sind und haben, und gerade aus dem Zusammenhang geht hervor, was der „Starke“ aus den Menschen gemacht hat, die („von dem Teufel überwältigt“ nach 1. Joh. 3,8) ihm (dem Fürsten der Welt) zu eigen sind: arme, nach Leib, Seele und Geist Gebundene! Wenn daher diese seine beklagenswerte „Beute“ die Beute des Stärkeren wird, so bedeutet das die völlige Befreiung (Heilung nach Apgesch. 10,38!) derselben aus jeder Gebundenheit und daher die „Flüssigmachung aller der Kräfte und Gaben“, die jene einst Hartgebundenen und nunmehr Befreiten in sich tragen nach Leib, Seele und Geist. Und diese „Flüssigmachung“ möchte ich das „Austeilen der Beute“ nennen, wie ich im vorigen Absatz ausgeführt habe. Zur Prüfung!

Um zum Schluß zu kommen: Wie herrlich, daß auch wir Gläubigen von heute jeder an seinem Teile zur Beute des HErrn gehören und daß wir - nach unseren durch Ihn flüssig gemachten Kräften und Fähigkeiten, die nun nicht mehr der argen Welt und ihrem Fürsten gehören und dienen (vgl. Röm. 6,19!) -, „ausgeteilt“ an die uns umgebende arme gebundene Menschheit, dieser bezeugen dürfen in Wort und Wesen, daß der „Stärkere“ „Gewalt“ hat „über alles Fleisch“ (Joh. 17,2) und auch heute noch fertig werden kann mit allen Gebundenheiten durch den „Finger Gottes“ (V. 20), d. i. aber durch den Heiligen Geist! - Wandeln wir im Geist? Wandeln wir als gleichsam „ausgeteilte Beute“ des HErrn, damit Ihm noch mehr Seelen zugeführt werden, die, aus dem Herrschaftsgebiet des „Starken“ befreit, Ihm als „Beute“ und gleichsam „Lohn Seiner Schmerzen“ zur Freude dienen, zum Triumph, wie in obiger Antwort Gesagt, auf Grund von 2. Kor. 2,14?! „Laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen“ nach Hebr. 12,28!

F. K.

Frage 14

Was ist Eph. 5,11 unter „unfruchtbaren Werken der Finsternis“ zu verstehen, bzw. ist es nicht

selbstverständlich, daß die Werke der Finsternis unfruchtbar sind?

Antwort A

Der Epheserbrief enthält eine Fülle von Kostbarkeiten. Greifen wir darum etwas zurück, ehe wir zu der in dem ermahnenden Teile liegenden Frage kommen. Der Römerbrief betrachtet uns als „mitgekreuzigt, mitbegraben und in Neuheit des Lebens wandelnd“. Der Kolosserbrief geht weiter, indem wir „mitauferweckt sind, suchend, was droben ist“. Der Epheserbrief nun offenbart das Höchste bezüglich unserer Stellung: Wir sind nicht nur „mitlebendig gemacht“ und „mitauferweckt“, sondern „mitsitzend in den himmlischen Örtern in Christo Jesu“. Diese höchste Stellung zeigt so recht die Herrlichkeit und Stellung der Gemeinde Christi. Es sei nur hingewiesen auf die Ausdrücke u. a. wie: „auserwählt in Ihm vor Grundlegung der Welt“; „gesegnet mit jeder geistlichen Segnung“; „zuvorbestimmt zur Sohnschaft“. Erhellt wird diese einzigartige Stellung noch durch die Gegenüberstellung des „Einst“ und „Jetzt“, der Vergangenheit und Gegenwart. Obwohl aber der alte Mensch in Epheser als tot betrachtet wird und der neue als lebend, so ist dennoch eine Gefahr vorhanden. Denn wie die Israeliten das verheißene Land unter Kampf einnahmen mußten, so auch wir. Heißt es nicht: „Jeder Ort, auf den eure Fußsohle treten wird, euch habe Ich ihn gegeben!“? (Jos. 1,3) Doch sind wir wie jenes Volk Israel in steter Gefahr des Abfalls und der Sünde, wie das Buch Josua und Richter trefflich illustrieren. Alle gegebenen Ermahnungen erhalten somit ihren besonderen Wert und Wirkung durch die gezeigte hohe himmlische Stellung. „Seid nun Nachahmer Gottes ...“, d. h. wir sind als geliebte Kinder befähigt, Sein Wesen, d. i. Licht und Liebe, praktisch darzustellen. Die Liebe findet oftmals Erwähnung in verschiedener Form, so in Kap. 1,7; 2,4; 3,17.19; 4,3.15.16; 5,1.25 usw. Die Liebe ist notwendig zur Auferbauung der Gemeinde wie auch des einzelnen. Soll Liebe einerseits unsere Stellung kennzeichnen, so nicht minder das Licht. Einst waren wir Finsternis (5,8), verfinstert am Verstande (4,18), jetzt aber stehen wir durch Seine Gnade (2,8) als Licht inmitten der Finsternis. „In“ der Welt, doch nicht „von“ der Welt! Die Erwähnung des Lichtes und der Finsternis findet mit seine Begründung in der Tatsache, daß wir es im besonderen als Lichtträger nicht so sehr mit Menschen zu tun haben, als vielmehr mit Satan,

dem Fürsten und Vater der Finsternis (6,12). Wir sind Mitwisser des Ratschlusses Gottes und offenbaren denselben den Menschen der Welt. Darunter fällt das Urteil Gottes über die Finsternis, welche ist Satan. Das Bestreben Satans war es von jeher, das Licht auszuschalten, und das gelang ihm am sichersten durch die Verweltlichung der Christen. Darum heißt es: „... seid nicht ihre Mitgenossen!“ (5,7); 2. Kor. 6 beleuchtet insbesondere die Notwendigkeit der Absonderung.

Das Ziel unserer Betrachtung war ein Versuch, den Zusammenhang der Frage mit dem Epheserinhalt zu finden, denn „Licht und Finsternis“ sind im Zusammenhang genannt, indem die Unmöglichkeit einer Wesensharmonie betont wird. Der Apostel Paulus offenbart uns den Ratschluß Gottes vor Grundlegung der Welt, der Apostel Johannes hingegen das Wesen Gottes, welches Licht und Liebe ist. Wer in Liebe wandelt, ist im Lichte. Ein Wandel in Liebe, als Frucht Opfer des Dankes und Lobes darbringend, würde genügen, um uns vor den Dingen in Kap. 5,3-14 zu bewahren. Die Praxis der gesamten Christenheit aber belehrt uns eines anderen; darum die Hinzufügung der Offenbarung des Lichtes. Vers 3-21 sind Reichsgrundsätze, denn sie legen Verantwortung auf, bekräftigt durch je fünfmaliges Vorkommen von „Licht“ und „HErr“. Das Licht befähigt uns zur Prüfung, zwecks Unterscheidung dessen, was dem HErrn wohlgefällig ist (V. 10). Der Epheserbrief stellt somit höchste Anforderung an die Liebe, weil das Licht die höchste Offenbarung ist. Hohe Vorrechte bringen hohe Heiligkeit mit sich. Die Trennung der Finsternis vom Licht ist göttlichen Ursprunges und verlangt der Ehre Gottes wegen eine genaue Befolgung. So bestimmt wir „einst Finsternis“ waren, so gewiß sind wir „jetzt Licht in dem HErrn“. Darum wollen wir uns aufmuntern und einmal ganz ernstlich prüfen, inwieweit ich und du dies auch praktisch sind. Sahen wir einerseits die ernste Darlegung der Offenbarung des Lichtes, so geschieht dies nicht minder bezüglich der Finsternis. Bei beiden Gegenständen handelt es sich um die Wirklichkeit des Wesens. In Galater Kap. 5 lesen wir von den „Werken des Fleisches“, in Epheser aber von den „Werken der Finsternis“. Im Galaterbrief ist das Fleisch das Werkzeug der Finsternis. Der Epheserbrief aber geht tiefer und behandelt das Wesen der Finsternis. Die Erklärung, was Werke der Finsternis bedeuten, ist nun unschwer zu finden. Sie sind die Tätigkeit der Finsternis in jeder Form. Nicht immer tritt der Charakter der Finsternis in

a. Ihr Wesen ist aber Finsternis, denn im Lichte kann solches nicht bestehen. Werke der Finsternis werden gezeitigt durch das Ausüben der Sünde, ganz gleich, ob dies durch das Fleisch oder durch die Söhne des Ungehorsams oder durch irgendeine Vertretung der Finsternis geschieht. Finsternis ist Ablehnung Gottes, ist Trennung vom Schöpfergott. Hervortretende Werke der Finsternis sind u. a. die Tötung des HErr und Seiner Zeugen, die Christenverfolgungen, die Erhebung des Christentums zur Staatsreligion, alle falschen Lehren, der Antichrist, die jetzige Regierungsform in Rußland und die Kunst in bestimmter Form als Förderer der Sünde. Wo immer wir im Worte Gottes das Böse in Tätigkeit finden, ist dies gleichbedeutend mit „Werken der Finsternis“, wenn auch die Bezeichnung des Bösen entsprechend des Charakters des Briefes eine andere ist. Im Lichte des Epheserbriefes ist alles Böse, Gott Verunehrende ein „Werk der Finsternis“. Niemals lesen wir da von einer Frucht der Finsternis, wohl aber von der „Frucht des Lichts“. Licht ist Leben; wo immer das Licht hinfällt, bringt es Frucht. Wo kein Licht ist, da ist auch kein Leben! Es ist eine Unmöglichkeit, daß Finsternis eine Frucht bringt. Die Finsternis ist der Tod; alles erstarrt und ist unfähig, Frucht zu bringen, denn das wärmende, lebendigmachende Licht fehlt. Dies gilt von der toten Materie wie von dem menschlichen Herzen. Welch ein Unterschied, ob es „Frucht“ oder ein „Werk“ heißt. Wir Erlösten sind durch das Licht Fruchtbringer; das ist göttliche Bestimmung. Alles, was durch das Licht geschieht, trägt Ewigkeitswert, ist bleibender Natur. Der den Heiligen Geist Besitzende weiß wohl, daß die Werke der Finsternis unfruchtbar sind. Beachten wir die Beurteilung der Finsternis durch das Licht, so ist die Eigenschaftsangabe „unfruchtbar“ wohl am Platze. Die Finsternis erfährt hier im Epheserbrief eine grundsätzliche Erklärung. Die Finsternis wird einmal an einen von Gott bestimmten Ort gewiesen werden. Sie vergeht und mit ihr ihre Werke, denn sie waren „unfruchtbar“. „Darum wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten“ (du Christ, der du „Licht“ bist), „und der Christus wird dir leuchten!“ V. 14)

W. Wst.

Antwort des Schriftleiters

Aus der „Frage“, die ich genau so gelassen habe, wie sie eingesandt war, geht in der Weise, wie

sie gestellt ist, hervor, daß der Einsender in dem Ausdruck „unfruchtbaren“ einen an sich überflüssigen Zusatz erblickt, der hätte fehlen können, ohne daß die Sache selber berührt oder verändert worden wäre. Infolge dieser Fragestellung sind wir beschenkt worden mit der obigen wirklich kostbaren Antwort, die in ihrem unbeugsamen Ernst hoffentlich tiefe Wirkungen auf alle Leser ausüben wird!

Aber ist denn die Hinzufügung jenes Eigenschaftswortes „unfruchtbar“ wirklich unnötig? Ist es entbehrlich? Ganz abgesehen davon, daß die Schrift natürlich nie - das weiß der Fragende ebenso gut wie wir und würde es gegebenenfalls unbedingt betonen! - etwas überflüssiges sagt, womit ja die Frage sowieso beantwortet wäre (d. h. auch wenn wir den Grund der jeweiligen Sprache der Schrift nicht immer gleich verstehen) - ganz abgesehen davon ist die Hinzufugung doch eben nicht unnötig, wenn auch klar ist, daß die Werke der Finsternis an sich schon unfruchtbar sind. Solche (nur scheinbar) „selbstverständlichen“ Zusätze hat die Sprache der Schrift des öfteren; ich erinnere an die „ glückselige Hoffnung ... der Herrlichkeit ...“ in Tit. 2,13, an die „törichten Streitfragen ...“ in 3,9, an die „wirksame Kraft des Irrtums“ von 2. Thess. 2,11 (eine Kraft ist doch „selbstverständlich“ wirksam) oder auch an den „duftenden Wohlgeruch“ im gleichen Kap. Eph. 5,2 und in Phil. 4,18! Man kann solche „Tautologien“ (d. h. Ausdrücke, wo z. B. in einem Doppelwort zweimal das gleiche gesagt wird) in der Schrift noch öfter finden! Es sind stets Verstärkungen, die dem betreffenden Hauptwort einen grundsätzlichen Charakter verleihen (vgl. die obige Antwort). Es wird nichts Neues, nichts anders Geartetes hinzugesetzt, sondern das, was das Hauptwort bedeutet oder sagt, wird grundsätzlich erweitert, oder mit anderen Worten, es wird als eine allgemein unbestreitbare Tatsache hingestellt, die sich nie verändert. Z. B. „Streitfragen“ sind stets „töricht“, sie können nie das Gegenteil sein, nie weise, klug, weisheitsvoll!

Dies angewandt auf unsere Stelle besagt, daß „Werke der Finsternis“ unbedingt, grundsätzlich „unfruchtbar“ sind, sie können nicht Frucht bringen, die diesen Namen verdient. Wenn in der Antwort Gesagt wird, daß wir nie von einer „Frucht der Finsternis“ lesen, d. h. im Epheserbrief, so ist das im wesentlichen wohl auch allgemein richtig, aber es wird auch, soweit ich weiß, einmal von einer „Frucht“ gesprochen, welche durch die Sünde hervorgerufen sein könnte;

aber der ganze Zusammenhang dort zeigt, daß die Art dieser Frucht nicht die Bezeichnung „Frucht“ verdient, also es wird in negativem Sinne davon geredet und nur im Gegensatz zur „Frucht der Heiligkeit“. Röm. 6,20-22: „Denn als ihr Sklaven der Sünde waret, da waret ihr Freie von der Gerechtigkeit. Welche Frucht hattet ihr denn damals von den Dingen, deren ihr euch jetzt schämet? denn das Ende derselben ist der Tod. Jetzt aber, von der Sünde freigemacht und Gottes Sklaven geworden, habt ihr eure Frucht zur Heiligkeit, als das Ende aber ewiges Leben.“ Ja, grundsätzlich unbedingt, tatsächlich in Gottes Augen (objektiv) gibt es keine Frucht der Finsternis, also keine Frucht für Gott! Frucht ist stets etwas Organisches, etwas Wachsendes auf Grund eines Samenkornes oder einer Pflanzung. Werke sind etwas Gemachtes. Das göttliche Samenkorn (Sein Wort), die Pflanze, die der himmlische Vater gepflanzt hat (Matth. 15,13), bringt Frucht hervor, die dem lebenschaffenden Wesen des Samenkornes oder der Pflanze entspricht und die darum organisch ist und unter allen Umständen wirklichen Wert hat, so unscheinbar sie auch sein mag und für die Augen der Welt auch oft ist. Und aus solcher lebendigen Frucht wächst wieder neues Leben hervor, köstlich in Gottes Augen; Leben bringt Leben. Aber die „Werke der Finsternis“, finster wie ihr Urheber, der sie seinem Wesen entsprechend gebildet hat (der Feind, die Sünde), können nie ihre Natur verleugnen, sie bleiben, was sie sind, und sind in jeglichem, schön gemachtem Gewande für Gott stets ein Greuel. Das ist grundsätzlich, unbedingt so und unabänderlich. Wie ernst ist das für uns, die wir noch leicht geneigt sind, der Finsternis unsere Kraft, unseren Willen zu leihen! Gemeinschaft, Genossenschaft mit solchen Dingen zu machen heißt für Gläubige, auf für Gott wertvolle Frucht („Frucht des Geistes“, Gal. 5,22) zu verzichten und Werke zu tätigen, die den Heiligen Geist betrüben (Eph. 4,30). Erst wenn wir solche „unfruchtbaren Werke der Finsternis“ „strafen“, d. h. zuerst bei uns selber, werden wir fähig, Frucht für Gott zu bringen, „Frucht, die da bleibt“ (Joh.15,16) und die Leben weckt, weil sie selber lebendig ist, während „die unfruchtbaren Werke der Finsternis“ Verderben (d. h. Verderben für diese Werke, sie verderben!) nach sich ziehen (Gal. 6,7.8, für Gläubige gesagt). „Die Werke der Finsternis“, unfruchtbar wie ihr Urheber, bringen, da sie uns unter Gesetz stellen, Tod mit sich, „die Frucht des Lichtes“ wirkt Leben und Frieden.

beherzigen, uns von den „unfruchtbaren Werken der Finsternis“ lösen lassen und die „Frucht des Lichtes“ tragen in Geduld, bis wir droben sehen werden, wie herrlich Gott diese gewertet hat zu Seines Namens ewigem Preis.

Wie wichtig also der Zusatz bei den Werken der Finsternis! „Habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis!“ d. h. mit den Finsterniswerken, welche uns grundsätzlich unfruchtbar für Gott sein lassen, und zwar vor allem dann, wenn einmal Er das unbestreitbare Werturteil über unser Leben fällt vor Seinem Richterstuhl! (2. Kor. 5,10; Röm. 14,10) „Wandelt darum als Kinder des Lichtes!“ (5,8) Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

Übrigens, Brüder, freuet euch, lasset euch zurechtbringen, werdet ermuntert, seid eines Sinnes, seid in Frieden - und der Gott der Liebe und des Friedens wird mit euch sein!“ (2. Kor. 13,11)

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung)

Der Tag der Versöhnung.

Zweiter Teil.

Nun möchten wir die Bedeutung dessen, was an dem großen Versöhnungstage stattfand, näher betrachten und ebenso auch den Platz, den dieses Fest in der Reihe der Feste Jehovas einnimmt. Es ist sicher noch mehr darin enthalten als nur das Sühnungswerk Christi in seiner zweifachen Bedeutung: 1. für Gott und 2. für das Volk.

Die Ziegenhaar-Teppiche der Stiftshütte.

Diese zweifache Bedeutung wird sehr schön durch die Ziegenhaar-Teppiche zum Ausdruck gebracht, die die ganze Stiftshütte überdeckten und die über die inneren Teppiche aus gezwirntem Byssus gehängt wurden. Diese inneren Byssus-Teppiche bildeten von innen gesehen die Decke der Hütte und wurden die „Wohnung“ genannt. (2. Mos. 26,1.6) Die nach außen sichtbaren Ziegenhaar-Teppiche dagegen wurden das „Zelt“ genannt. (V.11-13) In ersteren sehen wir Christus in Seiner Bedeutung als das Brandopfer, und, wie gesagt, damit in Verbindung wird die Stiftshütte „die Wohnung Jehovas“ genannt. In letzteren (den Ziegenhaar-Teppichen) sehen wir Christus als das Sündopfer, und in Verbindung mit diesen wird die Hütte das „Zelt“ - das Zelt der Zusammenkunft - genannt.

Die Ziegenhaar-Teppiche wurden (gleich den Byssus-Teppichen) in einer Breite von je vier Ellen gemacht. Zusammengefügt überragten sie durch ihre größere Länge von der Rück- bis zur Vorderseite der Hütte die inneren Teppiche um vier Ellen. Der HErr gebot, daß dieses überragende Maß der Ziegenhaar-Teppiche an der Vorderseite des Zeltes verdoppelt werden solle. Somit hing der eine Teil davon über die Vorderseite der Hütte und schaute sozusagen innenwärts nach dem Thron Gottes, und der andere Teil schaute gleichsam auswärts nach der Gemeinde Israel. So finden wir hier ein beständiges Zeugnis von dem zweifachen Charakter der Sühnung, wie sie den Forderungen Gottes und auch den Bedürfnissen des Sünders begegnet.

Der Richterstuhl Christi.

Wir bemerkten schon, wenn alles dieses wieder am zehnten Tage des siebenten Monats geschah, daß es nicht bloß in einer allgemeinen Weise auf die kostbare Wahrheit, die wir betrachteten, hinwies, sondern daß auch eine ausgesprochen bildliche Bedeutung durch diesen besonderen Tag zum Ausdruck kam.

Laßt uns nun den Platz dieses Tages in der Reihe der Feste beachten. Ihm ging vorauf das Fest des Posaunenhalles, und ihm folgte in kurzem Abstand das Laubhüttenfest. In dem ersteren

sowohl des himmlischen Volkes (in dem Entrücktwerden in Wolken dem Herrn Jesus entgegen) als auch des irdischen Volkes in Verbindung mit Seinem Herniederkommen auf den Ölberg.

Das Laubhüttenfest stellt, wie wir etwas später sehen werden, die vollkommene Freude der Erlösten bei dem HErrn dar: Zwischen diesen beiden Festen (Posaunenhall und Laubhütten) lag der große Versöhnungstag. In bezug auf die, welche entrückt werden dem HErrn entgegen in die Luft, ist kaum ein Zweifel möglich, daß derselbe auf den Richterstuhl Christi hinweist, denn wenn wir all die Einzelheiten dieses Tages beachten, wie wir sie in 3. Mos. 16 finden, können wir darin eine vollkommene Übereinstimmung mit dem Richterstuhl Christi erkennen.

Wir erinnern uns noch einmal der drei großen Züge dieses Tages: Versöhnung, Beugung und Ruhe. An diesem Tage wurden die Sünden des Volkes, die während eines ganzen Jahres geschehen waren, mit einer völligen und außerordentlichen Genauigkeit überprüft. Die einzelnen hatten zwar ihre Sünd- und Schuldopfer von Zeit zu Zeit dargebracht und auch persönlich diese oder jene Sünde bekannt. Doch wie unvollständig konnte dies in den einzelnen Fällen gewesen sein! Wie viele Sünden mochten vielleicht übersehen oder, wenn man sich ihrer erinnert hatte, nicht für groß genug gehalten worden sein, besondere Notiz davon zu nehmen. An diesem Tage aber geschah das Bekenntnis der Sünde nicht nach dem schwachen Gedächtnis oder der mangelhaften Einschätzung des einzelnen, sondern der Hohepriester selbst, göttlich befähigt und belehrt, enthüllte sie alle.

Das Bekenntnis der Sünden durch den Hohenpriester.

Mit dem feierlichen Bekenntnis des Hohenpriesters wird dreimal das Wort „alle“ in Verbindung gebracht. „Und Aaron lege seine beiden Hände auf den Kopf des lebendigen Bockes und bekenne auf ihn alle Ungerechtigkeit der Kinder Israel und alle ihre Übertretungen nach allen ihren Sünden.“ (3. Mos. 16,21) Aber trotzdem folgte nach diesem Bekenntnis kein Blutvergießen, noch ein neues Werk der Sühnung. Zu keiner Zeit und bei keiner Gelegenheit finden wir die unermeßliche Wirkung der Sühnung so klar enthüllt wie hier. Das Blut nur eines Opfers für das Volk wurde am großen Versöhnungstage in das Allerheiligste getragen und auf

Gottes Thron gesprengt.

Darauf folgte dann das Bekenntnis der Sünden des Volkes durch Aaron, und dies Bekenntnis mußte wieder in einer ganz besonderen Weise geschehen, durch welche dem Volke deutlich vor Augen geführt wurde, daß seine Sünden nie wieder erwähnt und ihrer nie wieder gedacht werden würde. Das Blut war ins Heiligtum getragen, und dies Bekenntnis der Sünden fand in dem alles überstrahlenden Glanze der Vollkommenheit der geschehenen Sühnung statt, die offenbarte, daß Gott, der alles wußte, auch für alles völlige Vorsorge dadurch getroffen hatte, daß das Blut zuvor ins Heiligtum getragen werden mußte.

Gewiß fand hier noch einmal ein Erinnern der Sünde statt, und es war sogar ein außerordentlich ernstes, aber die ganze Zahl der Sünden, derer gedacht wurde, konnte nur den Wert des Sühnungsblutes in einem um so helleren Licht erstrahlen lassen, denn es legte vor dem Sühnmittel das Zeugnis ab, daß Gottes Forderungen vollkommen befriedigt waren.

Und ist es nicht gerade dieses, was vor dem Richternstuhl Christi stattfinden wird? Wir lesen in 2. Kor. 5,10: „Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden.“ Und damit stimmt auch überein, was wir in 1. Kor. 4,5 lesen: „So urteilet nicht etwas vor der Zeit, bis der HErr kommt, welcher auch das Verborgene der Finsternis ans Licht bringen und die Ratschläge der Herzen offenbaren wird.“ In dieser letzten Stelle wird das, was am Richterstuhl geschieht, in engste Verbindung mit dem Kommen des HErrn gebracht, so daß wir daraus schließen können, daß das eine unmittelbar dem anderen folgt.

Dies stimmt genau mit den Belehrungen des großen Versöhnungstages überein. Im Vorbilde ging der Hohepriester allein in das Heiligtum, obwohl er für das Volk hineinging. Aber wenn Christus für die Seinigen kommt, dann wird das Verlangen Seines Herzens gestillt werden: „Vater, Ich will, daß die, welche Du Mir gegeben hast, auch bei Mir seien, wo Ich bin.“ (Joh. 17,24) Alsdann wird der unermeßliche Wert des Sühnungsblutes Christi wie nie zuvor geschaut werden, denn die Schar der erlösten Sünder wird nicht mehr als „Geister der vollendeten Gerechten“ geschaut, sondern als Personen, die, gleichförmig Seinem Leibe der Herrlichkeit,

des erlösten Sünders, in Gottes Gegenwart zu sein, ist für immer vollkommen festgestellt. Dann folgt der Richterstuhl. Das Verborgene der Finsternis wird ans Licht gebracht, und die Ratschläge der Herzen werden offenbar. Jeder einzelne wird vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden. - Alles dieses stimmt überein mit dem Bekenntnis aller Übertretungen Israels durch Aaron, dem dennoch kein Opfer folgte. Erst als der vollkommene Wert der vollbrachten Versöhnung sichtbar war, folgte in dem Lichte ihres unermeßlichen Wertes das Bekenntnis.

Das Bild einer Familie.

Durch den Gebrauch eines Bildes kann man oft eine Sache verständlicher machen. Nehmen wir an, ein Vater wäre längere Zeit von seiner Familie und seinem Hause abwesend. Während seiner Abwesenheit unterrichtet die Mutter ihn von allem, was im Hause geschieht, und teilt ihm auch alles eingehend über das Verhalten der Kinder mit. Zuweilen betrugen sie sich schlecht und mußten bestraft werden. Alles dies berichtete sie dem Vater, ebenso aber auch ihr gutes Betragen, ihren Fleiß in der Schule, ihren allgemeinen Gehorsam, und die Kinder wußten dieses. Schließlich nahte der Tag der Rückkehr des Vaters. Er schreibt ihnen, daß er kommen werde, ohne jedoch den bestimmten Tag anzugeben. Alle sind in froher Erwartung, und als er kommt und seine Stimme gehört wird, eilen alle, mit Freuden ihm zu begegnen. In dem Jubel, den Geliebten zu sehen, ist alles vergessen, denn alle, ohne Ausnahme, haben ihn von Herzen lieb. Nachdem die erste Begrüßung vorüber ist, steigen in ihren Herzen Gedanken an ihre Verfehlungen in der Abwesenheit ihres Vaters auf. Nicht, als ob sie Strafe fürchteten, sie hatten diese seinerzeit empfangen, und dieselbe wurde sicher nicht wiederholt, aber sie sind nicht ganz glücklich, bis alles geordnet ist. Bald hernach nimmt der Vater Gelegenheit, mit jedem einzelnen zu reden. Er hat Geschenke für die Kinder mitgebracht, und in der Zuteilung derselben bringt er jedem seine Anerkennung wie auch Verurteilung ihres Verhaltens zum Ausdruck. Es wäre ihm Freude gewesen, ihnen noch größere Belohnung zu geben, aber gewisse Vorkommnisse in ihrem Betragen ließen dieses nicht zu. - Damit ist nun alles zum Abschluß gekommen, obgleich manche Beugung und Beschämung Platz gefunden hatte, als Letztes aus dieser ernsten Stunde des Rückblickes über alle Geschehnisse der Vergangenheit

blieb nur die dankbare Freude über alle Liebe und Geduld des Vaters zurück. Nichts aus ihrer Vergangenheit wird je wieder berührt, und kein Schatten vermag je wieder den Genuß der Liebe des Vaters zu trüben.

Ein Blick auf den Richterstuhl.

Dieses Beispiel mag uns, wenn auch in schwacher Weise, ein Bild von dem Richterstuhl geben und zugleich auch eine Vorstellung von dem, was in besonderer Weise in Verbindung mit dem Fest der Versöhnung ausgedrückt wird. Wie wir bemerkten, kommen in dem Feste drei Dinge in besonderer Weise zum Ausdruck: Versöhnung, Beugung und Ruhe, und diese drei Dinge sind es gerade, die auch in Verbindung mit dem Richterstuhl hervortreten. Der Wert der Sühnung ist so völlig enthüllt, daß das Offenbarwerden der verborgenen Dinge im Leben der Gläubigen und der Gedanken des Herzens nicht sein Anrecht, vor Gott zu stehen, berühren kann. Und doch ist eine Beugung notwendig. Die letzte Betrübnis eines Kindes Gottes über seine Vergangen wird am Richterstuhl Christi sein. Nun folgt die Ruhe, denn es ist das letzte Mal, daß diese Dinge berührt werden. Geradeso wie der Bock, auf dessen Haupte alle Sünden Israels bekannt wurden, in die Wüste getrieben, nie wieder gesehen wurde, so hat alsdann auch jede Erwähnung oder jedes Gedenken unserer Sünden für immer aufgehört.

Aarons Bekenntnis für ganz Israel am zehnten Tage des siebenten Monats war die Ergänzung ihres sehr unvollkommenen Bekenntnisses in der Zeit eines vergangenen Jahres. Wohl waren im Laufe des Jahres Sünd- oder Schuldopfer gebracht worden, je nachdem das Gewissen den einzelnen betreffs besonderer Übertretungen dazu gemahnt hatte. Jedesmal war das Opfer geschlachtet und etwas von seinem Blut an den ehernen Brandopfer-Altar gebracht. So vereinigte sich das Bekenntnis der Sünde mit dem Sühnungsblut zur Befriedigung der göttlichen Forderung und der Erhaltung des Opfernden in seiner Stellung zu Gott. Alles dieses aber war sehr unvollkommen, und über viele Sünden mochte hinweggegangen sein. Jede Mangelhaftigkeit, alles Versäumte, wurde am großen Versöhnungstage nachgeholt. Daher wurde das Blut nicht an die Hörner des ehernen Altars im Hofe, noch an die Hörner des

getragen. Und dann bekannte derselbe Hohepriester, der das Blut für das Volk ins Heiligtum getragen hatte, ohne etwas zu übergehen, alles auf das Haupt des Sündenbockes. Wohl mochte sich jedes Haupt in Israel in tiefster Demütigung beugen, während dies geschah, aber alle wußten auch, daß das Blut im Heiligtume vor dem Sühnmittel war. Und wenn alles vollendet war, so war die letzte Erwähnung ihrer Sünden geschehen, und nichts war geblieben, welches die vollkommene Segnung des Laubhüttenfestes hindern konnte.

In der gleichen Weise wird der Richterstuhl Christi die Ergänzung und Vervollständigung unseres, ach, so oft unvollkommenen Selbstgerichtes hienieden sein. Wenn wir unsere Sünden im Selbstgericht bekennen, so blicken wir hin nach dem Kreuz auf Golgatha. Selbstgericht bewirkt wahre Beugung der Seele und ein tiefes Bewußtsein von der Abscheulichkeit der Sünde. Und so kommen wir zur Ruhe, weil keine Erinnerung an die Sünde mehr die Seele an der Gemeinschaft mit Gott hindert. Die zweifache Wirkung des Blutes Christi, Vergebung der Sünden und Gemeinschaft mit Gott, ist dann unser gesegnetes Teil. Wohl uns, wenn dieses ernste Selbstgericht in unseren Seelen immer mehr und immer treuer ausgeübt wird!

Fortsetzung folgt, s. G. w.

 

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Fortsetzung)

Wir haben uns bisher eingehend, soweit es bei dem immerhin beschränkten Raum möglich ist, mit dem Sauerteig in Lehre und Leben der Pharisäer und Sadduzäer zu beschäftigen gehabt, und es bleibt nur noch übrig, die dritte Art von Sauerteig, vor der der HErr die Seinen warnt, zu besprechen, es ist der Sauerteig des Herodes! (Mark. 8,15)

Wie wir es in diesem Aufsatz stets gemacht haben, so tun wir es auch jetzt: Wir fragen, wer war Herodes? Es ist ja wohl klar, daß mit dem hier genannten Herodes nur der Herodes

(Antipas) gemeint sein kann, der zur Zeit des öffentlichen Auftretens des Herrn Jesus lebte (vgl. Luk. 23,7) und der besonders bekannt ist durch die Hinrichtung des Johannes des Täufers. Aber bei dieser Gelegenheit dürfte es doch gut sein, sich in Kürze die verschiedenen Vertreter dieses Namens Herodes vor Augen zu führen (auch in ihrem verwandtschaftlichen Verhältnis untereinander), die wir überhaupt im Neuen Testament finden. Dabei übergehe ich die Vorgeschichte, d. h. die des Idumäers (Edomiters) Antipater, des Vaters des ersten Herodes, und beginne mit diesem letzteren. Er ist der große Herodes, der König (Matth. 2,1; Luk. 1,5), unter dessen jüdischer Regierung unser HErr geboren wurde. Da er - geschichtlich - im Jahre 4 vor Christus nach unserer Zeitrechnung gestorben ist, so ist diese wenigstens 4 Jahre zu spät angesetzt. Herodes, nach Josephus schon damals „der Große“ genannt, der seine Herrschaft nicht nur über Judäa, sondern ganz Palästina, nicht allein von Roms Gnaden, sondern auch durch eigene kriegerische Energie (er war auch hierin ein echter Edomiter!) hatte, hat sich äußerlich durch stolze Bauten - vor allem durch den Umbau des Tempels - berühmt gemacht. Er war ein großer Verehrer der Römer sowie der griechischen Kunst. Dadurch machte er sich je länger desto mehr bei den in religiöser Hinsicht herrschenden Pharisäern verhaßt, so daß er seine Königsherrschaft nur noch mit blutrünstiger Grausamkeit aufrechterhalten konnte, bis er, gehaßt von jedermann, auch von seinen Söhnen, starb. Unter ihm geschah der grausige Kindermord, durch den er den „neugeborenen König der Juden“ zu vernichten suchte. (Matth. 2,16)

Nach seinem Tode gestattete Rom nicht mehr ein einiges jüdisches Reich, es wurde aufgeteilt unter drei seiner Söhne, von denen einer der genannte Herodes Antipas ist. (Matth. 14,1ff.) Er war der „Tetrarch“ von Galiläa, während sein direkter Bruder Archelaus„Ethnarch“ von Judäa war. (Matth. 2,22) Ich sage sein „direkter“ Bruder, weil sie beide eine Mutter hatten, denn Herodes der Große hatte acht Frauen gehabt! Und der „Vierfürst“ von Galiläa und Peräa (Trachonitis und Ituräa = Ostjordanland!) Herodes Philippus (Luk. 3,1) war nur ein Stiefbruder der vorher genannten zwei Fürsten. Außerdem gab es noch den Philippus, wiederum einen Stiefbruder der vorgenannten drei Fürsten, dessen Frau Herodias die war, um derer willen Johannes enthauptet wurde, da Herodes Antipas sie seinem Bruder Philippus

erlaubt, sie zu haben!“ (Matth. 14,4)

Wir haben also nun bis jetzt drei Männer, die den Namen Herodes führten: 1. Herodes denGroßen, den König zur Zeit der Geburt des HErrn, 2. Herodes Antipas, den Vierfürsten von Galiläa, den König zur Zeit der Kreuzigung des HErrn, 3. Herodes Philippus (nicht zu verwechseln mit dem vorhin genannten Philippus, dessen Weib Herodias war!), der über das Ostjordanland herrschte (Luk. 3,1), der aber in der Geschichte des HErrn nicht hervortritt. Er wird in der jüdischen Geschichte als der Beste aus dem Hause des Herodes geschildert; seine Frau aber ward (nach der Geschichte) jenes „Mägdlein“ (Mark. 6,22), das durch ihren Tanz das Haupt des Johannes fallen machte, Salome, die Tochter der Herodias aus ihrer Ehe mit dem ersten Mann, dem Philippus (siehe oben!). Und wer jetzt sagt: „Aber das sind doch schlimme, sittliche Zustände, die sich einem da enthüllen!“, der ist auf dem Wege, etwas von dem Kernpunkt der Sache zu erfassen: „Sauerteig des Herodes“! Ja, so ist es: Vor solchem Sauerteig mögen wir uns bewahren lassen! Doch nicht nur vor dieser Art!

Dann kennt die Schrift noch zwei Träger des berüchtigten Namens Herodes, also als 4.: Herodes (Agrippa I.). Er ist ein Enkel Herodes des Großen (Sohn des hingerichteten Aristobul, eines Stiefbruders der oben genannten Fürsten!). Er ist der in Apgesch.12 genannte Herodes, der König (von Jerusalem und Judäa), der aber nur drei Jahre regierte und durch ein Gottesgericht im Jahre 44 starb. In der Zeit vor seiner Regierung wird er geschichtlich als „unsteter Gauner“ geschildert, sein Leben war höchst „bewegt“, ob es ihn nun als Schmeichler am Hofe des römischen Kaisers, des grausamen Kaligula (vor Nero!), oder als Marktaufseher(!!) in Tiberias sah! Ein König mit einer Vergangenheit ohnegleichen im schlimmsten Sinne, selbst in einer solchen Familie wie der eines Herodes, etwas zu Auffälliges! Sauerteig überall auf der ganzen Linie des Hauses! Nun also, er starb, wie uns das in Apgesch.12 dramatisch geschildert wird, eines furchtbaren Todes! Sein Sohn ist dann der 5. in der Schrift genannte (Herodes) Agrippa II., der Urenkel von Herodes dem Großen, dessen (Agrippas) leibliche Schwester Bernice war. Von ihm (Agrippa) und von Bernice ist in Apgesch. 25 und 26 die Rede, und er macht dort, vor dem gewaltigen Paulus in Ketten, einen nicht so schlechten Eindruck wie die übrigen Angehörigen des Hauses Herodes, möchten wir sagen, ja

es scheint, als sei er dem Christentum nicht gar so fern gewesen (26,27), aber auch hier „Sauerteig“: „Beinahe, nur nicht ganz!“ Wir werden noch sehen, wie dies mit ein Kennzeichen von dem „Sauerteig des Herodes“ ist! - Dieser Herodes Agrippa II., dessen dritte Schwester Drusilla das Weib des römischen Landpflegers Felix war (Apgesch. 24,24), war geschichtlich der letzte Herodes, er starb spät, wohl erst nach 93 (bis gegen 99), sein Herrschaftsgebiet aber war zunächst durch die Römer sehr klein gemacht, es lag im wesentlichen in dem Teile, den einst sein Großonkel Herodes Philippus (Nr. 3!) gehabt hatte, doch bekam er später noch Einfluß in Jerusalem, bis der schreckliche römische Krieg, in dem auch Jerusalem zerstört wurde, alle seine Herrschaft vernichtete (70 n. Chr.). Er selber ging nach Rom. - Ob er nicht noch manchmal an jene Entscheidungsstunde vor dem Apostel Paulus gedacht haben mag, in der er „beinahe ein Christ“ wurde?! „Beinah ' reicht nicht hinan, nun geht der Jammer an: Ewig zu spät!“

Ich hoffe, mit diesem kurzen Abriß aus der Geschichte der Familien des Herodes manchen Lesern einen kleinen Dienst getan zu haben, denn wie ich aus häufigen Fragen weiß, herrscht im allgemeinen über diese Dinge viel Unklarheit, und einige sind leicht geneigt, mehrere „Herodesse“ als dieselben Personen anzusehen, wobei sie natürlich stets in neue Schwierigkeiten geraten. Es ist auch durchaus nicht gleichgültig, wie die Sache verlaufen ist, und manches aus der Heiligen Schrift wird einem erst klar, wenn man ein wenig von Geschichte und Geographie (Landeskunde) und Kultur des Landes Palästina kennt.

Und nun zu der Frage: „Was ist unter dem „Sauerteig des Herodes“ zu verstehen?“

Daß es sich da zunächst nur um den Herodes handelt, von dem der HErr spricht, also in der obigen Aufstellung Nr. 2: Herodes Antipas, das habe ich schon zur Genüge betont. Daß aber darüber hinausgehend alles, was den Namen „Herodes“ trägt, in gewisser Weise Sauerteigscharakter an sich trägt, das wird nach obigen Ausführungen auch wohl einleuchtend sein! „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!“ „Herodes“ heißen - bedeutet Herodeswesen zu tragen, und das ist nun mal Sauerteig in seiner inneren Zusammensetzung sowie in seinen Wirkungen. Natürlich ist nicht, wie bei den Pharisäern und Sadduzäern von ihrer Lehre, von

einer „Lehre des Herodes“ zu reden. Das tut der HErr ja auch nicht, Er sagt auch nicht, daß der „Sauerteig des Herodes“ wie der der Pharisäer „Heuchelei“ sei, Er gibt überhaupt keine weitere Erklärung! Er warnt einfach und bestimmt vor dem „Sauerteig des Herodes“ (Mark. 8,15) und überläßt Seinen Jüngern, sich darüber klar zu werden, was unter diesem „Sauerteig“ zu verstehen sei. Wir müssen daher in einer anderen Weise versuchen, der Frage auf den Grund zu kommen, was im besonderen unter dieser Art „Sauerteig“ zu denken sei, vorzüglich doch auch im Hinblick darauf, daß die schlichten Jünger des HErrn gar nicht allzu viel Gelegenheit haben konnten, mit dem König Herodes und somit mit seinem „Sauerteig“ in Berührung zu kommen!

Man könnte vielleicht kurzerhand, statt auf die Lehre auf das Leben weisend, die üppige Genußsucht des Königs als den Sauerteig bezeichnen, vor dem die Jünger des HErrn sich hüten sollten. Aber, wie schon gesagt, ob diese wohl in die Gefahr kamen, solchen Dingen zu erliegen? Oder man nennt die sittliche Ziellosigkeit als „Sauerteig des Herodes“ - um sich dann wieder zu fragen: Sollten die Gläubigen solchen Dingen wirklich anheimfallen? Hier freilich wäre es ja schon eher möglich, und wenn man dann noch hinzufügt, daß der „Sauerteigs“charakter sich darin zeigte, daß ein Herodes sich als König eben keiner irdischen Gewalt unterstellt wußte und deshalb frech drauflos sündigte, so könnte man in den Jünger des HErrn insofern ein Gegenstück finden, als auch sie vermöge ihrer geistlichen Stellung hoch über anderen standen und darum sich auch nicht dem Urteil anderer zu beugen brauchten; - solche Freiheit aber mache leicht zügellos. Aber das wäre doch wohl etwas gesucht und würde dem sittlichen Ernst der Jünger Jesu nicht gerecht, fleischliche Zügellosigkeit und Genußsucht, so böse diese Dinge auch sind, sind doch wohl nicht die ersten Gefahren, vor denen Gläubige gewarnt werden müssen, wenngleich sie Gefahren sein können und z. B. in Korinth auch waren. (1. Kor. 5 u. 6!) Aber solche Sünden waren bei Herodes und sind doch auch heute wieder zu offen vor aller Welt daliegend und bekannt, als daß sie gerade mit „Sauerteig“, d. h. mit dieser doch nur geheim wirkenden bösen Kraft verglichen werden müßten, wenn sie es auch können. Viel eher könnte man das den „Sauerteig des Herodes“ nennen, daß sich bei ihm, und seinem Vater auch, solch Durcheinander von Religion und Fleischesdienst zeigte, daß man bei ihm geradezu von einem

vor Gott und wilder Begier, die jeden Zügel von sich warf in öffentlicher Deutlichkeit“ reden kann (A. Schlatter). Aber, so frage ich wiederum, ist solch Gemisch von Religion und Fleischeswesen geheimer, im Verborgenen wirkender „Sauerteig“, dessen Verderben erst offenbar wird, wenn's zu spät ist? Böse ist so etwas, sehr böse, und eine Warnung vor solcher Verquickung von Religion und Sünde ist wohl am Platze (2. Kor. 6,14-18), aber „Sauerteig“ ist vielleicht noch etwas mehr!

Ich glaube nämlich, daß wir den „Sauerteig des Herodes“, der nicht, wie manche meinen, dem der Sadduzäer gleichzustellen ist (weil in Matthäus an der gleichen Stelle „Sadduzäer“ stehe), leicht finden können, wenn wir zwei Kapitel im gleichen Buch des Evangelisten Markus zurückblättern und die nur hier bei Markus so ausführlich berichtete Geschichte der Enthauptung des Johannes genau durchforschen. Wir finden dann Züge, die bei Matthäus nicht zu sehen sind in seiner Darstellung (Matth. 14,1-13, Mark. 6,14-29). Das, worauf ich glaube hinweisen zu sollen, ist geschrieben in Mark. 6,20. Was steht doch alles in diesem einen Verse! Lassen wir es kurz an unseren Augen vorüberziehen: 1. Herodes fürchtete den Johannes, 2. er wußte (welche Verantwortung!), 3. daß Johannes ein gerechter Mann war, 4. daß er ein heiliger (für Gott Abgesonderter, ein Nasir) war, 5. er hielt ihn sozusagen in Schutzhaft oder verwahrte ihn geradezu für sich selbst, um mit ihm umgehen zu können, 6. er hörte ihn, 7. ja, er hörte ihn gern! 8. und dann tat er vieles! Das sind acht Tatsachen von erschütternder Bedeutung, und hier liegt m. E. ein Hinweis auf den „Sauerteig des Herodes“. Ganz ähnlich wie bei seinem Vater war es auch hier: er hörte, und er tat! Herodes der Große hörte die Magier auch (Matth. 2), allerdings nicht aus reinen Beweggründen, sondern aus heuchlerischen, und dann handelte er nach seines Herzens Gutdünken. Und sein Sohn, dieser durch Laster und Leidenschaft entnervte Nachkomme seines ihm nur mit bösem Beispiel vorangegangenen Vaters? Er hörte auch die Wahrheit, ja, er hörte sie gern, und er tat dann vieles, aber er tat nie das, was die Wahrheit von ihm verlangte, er tat nie Buße, er tat nie alles, was Johannes ihm in Gottes Auftrag sagte, und so betrog er sich selbst, so spielte er mit der Wahrheit, und sein Tun war auch weiter nichts, wie bei seinem Vater ein Handeln nach den Gelüsten seines Herzens! Er hörte die Wahrheit, ja er hörte sie gern, wenn dieser größte Prophet des Alten Bundes (Luk.

Vielleicht rühmte er sich gar dessen, was er alles täte auf das Hören des Johannes hin, aber nie tat er, was er sollte. Und das ist „Sauerteig“

in seiner schlimmsten, gefährlichsten Form, wenn man weiß, was man zu tun hat, aber sein Gewissen einlullt mit all dem, was man tut, und sich daran genügen läßt, ohne daran zu denken, daß die Forderungen der Wahrheit ehern sind und nicht ungestraft umgangen und beiseite geschoben werden! Was war all sein Tun? Nichts, denn der Teufel hielt ihn doch fest an dem, was er wider besseres Wissen nicht tat, bzw. was er wider die Wahrheit festhielt: sein unerlaubtes Verhältnis zur Herodias! Und dieser Sauerteig des Spielens mit der Wahrheit wie auch des Spielens mit der Sünde, der brachte ihn in die Lage, einen gottlosen Eid halten zu müssen trotz tiefer Betrübnis (V. 26!). Das Böse, der abscheulich wirkende Sauerteig seiner gebrochenen Stellung zu der erkannten Wahrheit, wirkte sich so aus, daß er nicht mehr wußte, welchen Weg er gehen sollte, und wenn er's wußte, daß er ihn nicht mehr gehen konnte, - und so fiel das Haupt dessen, aus dessen Munde er so kostbare Wahrheiten oft, gern gehört hatte; aber er hatte mit diesen gespielt, und nun war kein Ausweg mehr für ihn da: Das Verderben nahm seinen Lauf, nachdem es so trefflich durch die unterwühlende Wirksamkeit des „Sauerteigs“ vorbereitet war.

Also, ich sehe in dem „Sauerteig des Herodes“ neben all dem vorher Angedeuteten, was man je nach Anschauung sicher mit diesem Ausdruck auch verbinden darf, hauptsächlich das, daß Herodes wider die Wahrheit, wider besseres Wissen um dieselbe, mit ihr aus Halbherzigkeit und Furcht vor Konsequenzen (auch aus „Menschenfurcht“, Spr. 29,25!) gespielt hat (und damit auch mit seiner Seele!), so daß er wohl vieles - Bequemere! - tat, aber nicht das, worauf es ankam. Und als dann eine Entscheidungsstunde für ihn kam, da war er unfähig, auf die Seite der Wahrheit zu treten, weil sein Herz nicht ihr gehörte, sondern erfüllt war mit Halbheiten und einem Hin und Her von „Ja und Nein“ zu Sünde, Leidenschaft und Verbrechen! Meinen wir etwa, vier Wochen zuvor hätte Herodes auch nur dem Gedanken Raum geben können - wenn die Herodias das auch wünschte -, den Johannes zu töten?! Gewiß nicht! Aber der „Sauerteig“ der halb erfüllten Forderungen der Wahrheit, der „Sauerteig “ der Unentschiedenheit, des Tuns und des Nichttuns der Wahrheit, der „Sauerteig“ des „Ich will“ und „Ich will nicht“, der „Sauerteig“

der Furcht vor Folgen und vor Menschen usw. usw. hatte allmählich seine arme Seele in einen solchen Widerstreit der Gefühle gebracht, daß der Teufel mit ihm ein leichtes Spiel hatte, als es ihm gelang, seine Sinnlichkeit zu erregen.

Ja, das ist ein entsetzlich wirkender „Sauerteig“: Halbherzigkeit wider besseres Wissen, Halbheit, Unentschiedenheit wider die erkannte Wahrheit! Da macht einem der Teufel bald alles plausibel, und man sieht nicht mehr links und rechts genau! An diesem „Sauerteig“ ist wohl auch ein Judas Iskarioth zugrunde gegangen; und - meine Geliebten - ob uns, den Seinen heute, diese Art von Sauerteig noch Schaden zufügen kann? Ob die Warnung des HErrn („Hütet euch vor dem Sauerteig des Herodes!“) auch uns heute noch etwas zu sagen hat? Wir werden es sehen, wenn Er Gnade schenkt, aber ehe wir darauf noch ein wenig eingehen, laßt uns uns heute zum Schluß fragen: Wem gehört unser Herz? Laßt uns Ps. 119 auf uns wirken lassen, damit wir mit „ganzem Herzen“ auf Seine, des HErrn Seite, treten und nie dem „Sauerteig des Herodes“, dem Sauerteig der Unentschiedenheit, der Halbheit, der Lauheit gegen Seine Wahrheit (Laodicäa! Off. 3,14 ff.!) Eingang gewähren, uns zum Schaden und dem HErrn, des wir sind, zur Unehre! Er bewahre uns in Gnaden davor! „Hütet euch vor dem Sauerteig!“

F. K. (Schluß folgt, s. G. w.)

Das Schwesternpaar in Bethanien.

(Luk. 10,38-42)

Wenn wir die Aufmerksamkeit der Leser auf die Schlußverse von Luk. 10 lenken, tun wir es nicht, um einen tadelnden Vergleich zwischen Martha und ihrer Schwester Maria zu ziehen. Dies ist sehr oft geschehen und Marthas Charakter von vielen Schriftauslegern in dunklen Farben gezeichnet worden, so daß man, wie man zu sagen pflegt, sie als ein schwarzes Schaf ansah und als ein Warnungsbild hinstellte. Aber ist dies wahr und gerecht? Gewiß, sie war über die Maßen beschäftigt mit vielem Dienen. Sie dachte mehr an die Bedürfnisse unseres HErrn als daran, wozu Er in diese Welt gekommen sei. Aber wer wirft einen köstlichen Apfel weg, weil ein

Fleck an ihm gefunden wird? Und ist nicht gar manches Gute bei Martha zu finden? Wir denken doch.

Erstens hatte sie eine offene Tür für den HErrn. Sie „nahm Ihn in ihr Haus auf“. (V. 38) Was war dies anderes als ein furchtloses Eintreten für den HErrn und ein freies Bekennen Seines Namens angesichts von Freund und Feind! Und vielleicht kostete dies Martha viel. Wir können davon überzeugt sein, daß nicht viele bereit waren, ihre Tür für einen solchen aufzutun, der verachtet, verschmäht und verworfen war und den die Führer des Volkes zu töten suchten. Und gerade dieses tat Martha. Sind die, die an Martha nichts als Fehler sehen, ebenso mutig und frei? Bekennen sie Seinen Namen stets mit solcher Kühnheit und überall? O möchte jeder, der an den HErrn gläubig geworden ist, den Mut dieser teuren Schwester in Bethanien haben! Ein ungeteiltes Herz, das sich ganz auf die Seite des HErrn stellt, ist etwas Köstliches. Und wirklich, das ist es, was vielen fehlt. Weiß man im Hause, im Geschäft, in dem Kreise, in dem du verkehrst, daß du ganz auf Seiner Seite stehst? Steht, wenn tausend Türen für den HErrn verschlossen sind, deine für Ihn offen? Sind wir immer bereit, Ihn zu bekennen mit einem Freimut, der nicht zögert noch den verachtenden Blick der Menschen scheut?

Lies den Brief an die Gemeinde in Laodicäa. (Offb. 3) Es ist, als hörten wir die Frage: „Hast du eine offene Tür für Mich?“ Alle in Laodicäa, die sich zum Christentum bekannten, waren reich - reich an Wahrheiten, reich an Lehren, reicher, als sie früher jemals gewesen waren -, sie waren reich geworden. Sie bedurften nichts. So schätzten sie sich selber ein. Aber es war nicht die Schätzung Dessen, der Sein Auge auf diese aufgeblasene, großsprecherische Gemeinde gerichtet hatte. Er Selbst hatte in ihrer Mitte keinen Platz mehr, Er stand draußen, und für Ihn war die Tür verschlossen. Diese Laodicäa-Christen, deren Nachkommen noch heute unter uns sind, lebten im Traumland ihrer Einbildungen, im Paradies ihrer eigenen Meinungen, die sie mit der Wirklichkeit und mit der Wahrheit verwechselten. Sie glaubten von sich, daß sie mehr Licht und größere Erkenntnis hätten als andere. Es war aber Täuschung. In Wirklichkeit waren sie elend und jämmerlich und arm und bloß. Er klopft an ihre Tür und fragt, ob noch jemand sei, der eine offene Tür für Ihn habe. Eine offene Tür für Ihn zu haben ist tatsächlich etwas Großes. Martha hatte sie.

Es war von dem Standpunkt Seiner zeitlichen Bedürfnisse, daß Martha an jenem Tage an den HErrn dachte. Für sie war Er der gute Samariter nach dem Gleichnisse, welches unmittelbar dieser Geschichte der beiden Schwestern in Bethanien vorausgeht. Er ging den Weg, damit der, dem Sein Erbarmen galt, den Weg bis zur Herberge reiten konnte. „Ermüdet von der Reise“ (Joh. 4,6), so lesen wir, setzte Er Sich einst an der Quelle von Sichar nieder. Ermüdet von der Reise mochte Er in Marthas Haus getreten sein, und sie war sehr besorgt, ihr Bestes zu tun, den Meister zu erquicken und zu stärken. Und wer möchte das nicht tun? Wäre der HErr jetzt auf Erden, würden wir nicht unser Bestes für Ihn tun? Und wenn sie Ihm nicht gedient hätte, würde es nicht ein Versäumnis von ihr gewesen sein? Und heute noch ist viel Gelegenheit zum Dienst nach Marthas Art, doch darf derselbe unser Herz nicht so in Anspruch nehmen, daß es dadurch vom HErrn abgelenkt wird. Der HErr ist nicht mehr hier, Er bedarf keiner liebenden Tat für irdische Bedürfnisse mehr, und doch ist Er noch hier in den Personen Seiner Heiligen und Seiner Knechte. Was irgendeinem dieser Geringsten getan wird, wertet Er so, als sei es Ihm getan. Und Er hat gesagt, wenn einem der Seinigen nur ein Becher kalten Wassers gegeben wird, weil er Christi ist, so soll das sichere Belohnung finden. Laßt uns diese Worte wohl beachten! Ein solches Geben eines Bechers Wasser geschieht nicht deshalb, weil der Empfänger mit uns der gleichen Gemeinde angehört oder im gleichen Versammlungsraum Platz nimmt und aus demselben Liederbuch singt, nicht aus solchem Parteigrunde reichen wir ihm mit freudigem Herzen den Becher Wasser, sondern weil er Christo angehört.

Martha war sehr beschäftigt mit vielem Dienen. Das war ihr Fehler. Ihre Sorge, den Heiland zu bewirten, ging viel zu weit - ging so weit, daß sie ihre Pläne gar nicht allein verwirklichen konnte, und ging weiter, als dem Sinn des Meisters entsprach. Wie schade, daß sie in ihrem Dienst nicht maßhielt! Statt dessen wandte sie sich an den HErrn, daß Er ihrer Schwester gebiete, ihr zu helfen, als ob ihr Dienst die einzig rechte Sache sei, der alles andere Platz zu machen habe. Hier lag ihr großer Irrtum. Und in diesen Irrtum können auch wir verfallen, obwohl die Gefahr in den gegenwärtigen Tagen vielleicht mehr auf der entgegengesetzten Seite liegt. Marthas Irrtum ließ den HErrn tadelnd die Worte aussprechen: „Eines aber ist not. Maria aber hat das gute Teil erwählt, welches nicht von ihr genommen werden wird.“

Und eines ist heute noch not. Ohne dieses Eine wird unser Dienst wohl nicht an der Quantität, aber sicher an der Qualität leiden - nicht an der äußeren Vielheit, aber an dem inneren Gehalt. Unser Wachstum kommt dann zum Stillstand, und unser geistliches Auge verliert mehr und mehr seine Sehkraft. Das, „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott denen bereitet hat, die Ihn lieben“ (1. Kor. 2,9), wird mehr und mehr unserem Herzen verborgen bleiben. Ja, wir können die Arbeit eines Riesen leisten und doch in der Unwissenheit eines Kindes sein. Was ist das Eine, was not tut? Es ist, daß wir zu Seinen Füßen sitzen und auf Seine Worte achten. Maria saß dort und tat dieses.

Maria schaute den HErrn mit anderen Blicken an als ihre Schwester es tat. Sie sah in Ihm den Einen, der „Worte Gottes“ - „Worte des ewigen Lebens“ hatte, der in die Welt gekommen war, den Namen des Vaters kundzutun. Die Worte aus Seinem Munde zu hören, zu trinken, sich davon zu nähren und zur Betrachtung ihres Herzens zu machen, das war das gute Teil, welches Maria erwählt hatte. Und ihre Wahl, sollte sie nicht auch die unsrige sein? Einige mögen ein Leben voll Mühe und Arbeit haben - mögen in dieser Zeit des Jagens und Hetzens als Erste auf dem Platze sein und als Letzte ihn verlassen müssen. Gewiß, die häuslichen und familiären Pflichten sollen nicht vernachlässigt werden, und da gibt es oft wenig Muße, wenige Augenblicke der Stille für einen selbst. Auf irgendeine Weise müssen wir jedoch, wenn wir nicht große Verluste erleiden wollen, größer als sie sich in Worte ausdrücken lassen, zu Jesu Füßen sitzen, um Seinen Worten zu lauschen. Jemand möchte fragen: Ist es denn überhaupt möglich, inmitten der Unruhe und des Gedränges der täglichen Pflichten noch Aufmerksamkeil für das zu haben, was der HErr uns sagen will? Ja, es ist möglich, auch in der Hast und dem Getriebe der gegenwärtigen Zeit Seine Stimme zu hören, nicht nur die, die uns mahnt, was wir zu tun schuldig sind, sondern auch die, die uns die Worte der Schrift so öffnet, daß sie unserer Seele wie Sterne am Nachthimmel funkeln und strahlen. Wir glauben, daß es möglich ist, ja, wir sind dessen gewiß. Marias köstliches Teil liegt nicht außerhalb des uns Erreichbaren, wie gehetzt im irdischen Beruf auch unser Leben sein mag.

O, daß wir dies jeder Seele tief ins Herz legen könnten! Das, was Sein Geist uns offenbaren

will, verleiht Heil und Kraft dem, der es in sich aufnimmt. Es trennt uns von der Welt und ihren Dingen, indem sich unserer Seele eine andere Welt erschließt, in der die himmlischen Dinge sind. Sie geben dann unserem geistlichen Leben den Ton und die Farbe und füllen unser Herz mit Lob und immer größerer Bewunderung in der Erkenntnis unseres Gottes.

Und dies wirkt sich naturgemäß noch weiter auf die gemeinsame Anbetung des Gläubigen aus. Denn die Anbetung, die Gott, dem Vater, in den Gemeinden Seiner Heiligen dargebracht wird, ist aufs innigste mit dem Zustande der Anbetenden verknüpft. Durch Lehren und Grundsätze läßt sie sich nicht auf einen höheren Ton stimmen. Anbetung besteht nicht in Worten, solche sind nichts weiter als ein nichtiger, leerer Schall; der einzige Weg, der zur wahren Anbetung der Gemeinde führt, ist die Belebung und Förderung des geistlichen Zustandes derer, die die Anbetung darbringen. Und dies kann nur geschehen, wenn jeder einzelne sich zu Jesu Füßen setzt. Einen anderen Weg gibt es nicht.

Diese Wahrheit wird uns in der Geschichte eines anderen Tages in Bethanien gezeigt. (Joh. 12) Da sehen wir dieselbe Maria, wie sie ihre echte, sehr kostbare Narde bringt, um ihren HErrn und Heiland damit zu salben. Dies war die Frucht ihrer früheren Wahl des „guten Teiles“. Diese Narde, die sie über Seine Füße schüttete, war das dankbare Opfer eines liebenden und anbetenden Herzens, das durch Ihn unermeßlich reich geworden war. Nur in dem Maße, wie wir von Ihm empfangen und nehmen, sind wir fähig, Ihm zu geben. Nur dann, wenn Sein Wort innerlich aufgenommen, gegessen, unseres Herzens Freude und Wonne geworden ist, wird unser Herz zur Anbetung und zum Lobpreis Seines Namens getrieben werden.

Wir wollen nun nicht mehr von dem Fehler, in den Martha fiel, reden. Laßt uns jedoch nicht den Dienst, der ihr anvertraut war, übersehen oder gar gering achten, dabei aber auch nicht vergessen, den Platz einzunehmen, den Maria einnahm. Der Becher kalten Wassers, einer bedürftigen Seele gegeben, weil sie dem HErrn angehört, wird eine reichliche Belohnung finden, solche Liebestaten schätzt der HErr. Ebenso dürfen wir sagen, daß Er den, dem Sein Wort süßer als Honig und köstlicher als Gold ist, mit Seinem Wohlgefallen belohnt. Dies war Marias Teil. Möchte es auch das unsrige sein!

Oft begegnen wir gerade Jungbekehrten, die in die Schlinge fallen, sich mehr mit dem Dienst und der Arbeit in dem Werke des HErrn zu beschäftigen als mit dem Herrn Selbst. Die Arbeit steht zwischen ihnen und dem HErrn, so daß bei allem Eifer in der Arbeit für den Herrn doch der HErr Selbst daneben steht. Richte dein Auge auf den HErrn, klammere dich an Ihn, und dann wird auch die rechte Weise des Dienstes gefunden werden. Nur wenn wir am Weinstock bleiben, können wir wahre Frucht hervorbringen. Wir bleiben nicht in Christo durch den Dienst, sondern wir kommen zum Dienst, wenn wir in Christo bleiben. Der HErr sagt: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir.“ (Joh. 7,37) Warum sollen wir kommen? Um für andere zu schöpfen? Nein, sondern um selbst zu trinken. Und was geschieht dann? „Aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (V. 38) Hier liegt das Geheimnis des wahren Dienstes. Die Arbeit für Ihn muß fließen aus der Verbindung mit Ihm.

S. T. - v. d. K.

Die Verheißungen an Abraham.

Im Alten Testament gibt es Verheißungen von seiten Gottes, die mit Bedingungen verknüpft sind, und es gibt solche, die Gott ohne jede Bedingung erfüllen wollte, Verheißungen freier, unumschränkter Gnade. Die ersten entsprechen dem Gesetz, das vom Sinai herab gegeben wurde, und sind mit den Regierungswegen Gottes Seinem Volke gegenüber verbunden. Ein „Wenn“ stand vor jeder dieser Verheißungen, eine Bedingung des Gehorsams. Wir wissen, daß der Mensch sie niemals erfüllen konnte, und daß es nur Einen gab, der herabkam, um allen Ansprüchen Gottes zu genügen, den Sohn Gottes Selbst. Doch übte Gott Gnade in dem Zeitalter des Gesetzes, indem Er auch einen schwachen Willen, Seinen Geboten zu folgen, anerkannte. So konnte sich Salomo in seinem Gebet zur Tempelweihe auf die Verheißungen des Gesetzes berufen (siehe besonders 1. Kön. 8,46-53), so durfte es Nehemia in seiner Not um das zerstörte Jerusalem. (Neh. 1,8.9)

Aber Israel hatte Verheißungen, die höher standen. Sie wurden dem Abraham und seinem

Samen zugesagt, als noch kein Gesetz daneben eingekommen war, und sie bestanden über das Gesetz hinaus. Gott gab sie im Hinblick auf den eigenen, vielgeliebten Sohn. (Gal. 3,16-19) Wenn wir an die Verheißungen denken, die uns, den Gläubigen der Gemeinde, geschenkt sind, Verheißungen von unergründlicher Fülle, von höchster, himmlischer Art, in deren Genuß wir jetzt schon stehen dürfen - Gott hat uns gesegnet mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo -, dann werden wir gerade von jenen Verheißungen des Alten Testamentes in besonderer Weise angezogen, die dem Gnadenratschluß Gottes entsprachen und sich nicht an die Verantwortlichkeit des Menschen richteten. Sie zeigen, mit welch unendlicher Liebe Gott Sich Seiner Gläubigen annahm und ihren Blick auf ein Teil lenkte, das unabhängig von ihrem eigenen, oft so schwachen Wandel war, das sie aber gerade deshalb ermutigte, im Glauben voranzuschreiten und abgesondert von der Welt zur Ehre Gottes zu leben.

Die Gläubigen des Alten Bundes hatten ein Bewußtsein davon, welche Kraft in diesen bedingungslosen Verheißungen lag. Ihr Vertrauen in schwierigen Lagen beruhte auf der sicheren Erfüllung der göttlichen Gnadenabsichten. So flehte Mose nach der Sünde des goldenen Kalbes im Gebet zu Jehova: „Gedenke Abrahams, Isaaks und Jakobs (Israels), Deiner Knechte, denen Du bei Dir Selbst geschworen hast, und hast zu ihnen gesagt: Mehren will Ich euren Samen wie die Sterne des Himmels“. Und der Diener Gottes erinnerte nicht umsonst an diese Verheißungen: „Es gereute Jehova des Übels, wovon Er geredet hatte, daß Er es Seinem Volke tun werde“. (2. Mose 32,13.14) In späteren Tagen beruhte des Propheten Micha Glauben auf den nämlichen Verheißungen: „Du wirst an Jakob Wahrheit, an Abraham Güte erweisen, die Du von den Tagen der Vorzeit her unseren Vätern geschworen hast“. (Micha 7,20) Und schließlich ist es Maria, die Mutter des HErrn, die es ausspricht: „Er hat Sich Israels, Seines Knechtes, angenommen, damit Er eingedenk sei der Barmherzigkeit (wie Er zu unseren Vätern geredet hat) gegen Abraham und seinen Samen in Ewigkeit“ (Luk. 1,54.55).

Es waren in der Tat wunderbare Verheißungen. Gott Selbst hatte Sich für sie verbürgt, durch einen Eidschwur war Er ins Mittel getreten. (1. Mose 22,16; Hebr. 6,13-17) Vermochte es größere Sicherheiten zu geben? Gewiß nicht. Es war der Gott aller Gnade, der gesprochen

hatte, der Sich tief zu den Menschen herabließ, um Seinen Gnadenratschluß vor ihm zu entfalten. Er Selbst ist es, der auf die Verheißungen aufmerksam macht. (2. Mose 6,3-8; 5. Mose 34,4) Seine Treue bleibt unveränderlich gleich.

Das einzige, was Gott von den Menschen erwartete, war der Glaube an die Verheißungen. Abraham durfte nicht seinen eigenen, schon erstorbenen Leib ansehen, sonst hätte er die Botschaft Gottes nimmer fassen können. Aber er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes durch Unglauben, sondern wurde gestärkt im Glauben, Gott die Ehre gebend, und war der vollen Gewißheit, daß Er, was Er verheißen habe, auch zu tun vermöge. Darum ist es ihm auch zur Gerechtigkeit gerechnet worden. (Röm. 4,19-22) Auf der Natur ruhte das Urteil des Todes. Gott handelte und handelt erst dann, wenn das Natürliche unter das Urteil des Todes gebracht ist. Auf diesem Boden, gleichsam dem des „erstorbenen Leibes“, erweist Er die Herrlichkeit Seiner Segnungen in einer Welt, in welcher der Tod herrscht (vergl. Röm. 6,7-11). -

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Jesus Christus ist Derselbe!“ (Hebr. 13,8)

Frage und Antwort

Frage 15

Wer war wohl der „Jüngling“, von dem wir nur im Mark. 14,51.52 hören?

Antwort des Schriftleiters

Wo die Schrift schweigt, vermögen auch wir, die wir sie liebhaben, nichts Bestimmtes zu sagen. Ebensowohl wie man diese Frage stellt, kann man jene stellen: Wer war der „Mensch, der den Wasserkrug trug“ im gleichen Kapitel 14, Vers 13? Und warum nennt Markus, der Evangelist, diese Männer nicht mit Namen? Das kann eine Eigentümlichkeit des zweiten Evangelisten sein,

untergeordnete Personen namenlos erscheinen. Es kann aber auch sein, daß eine von den Überlieferungen über diesen unbekannten - und doch dem Evangelisten wohlbekannten - Jüngling auf Wahrheit beruht. Natürlich sind es nur Vermutungen; aber prüfen wir diese einmal auf ihre Berechtigung, vielleicht kommen wir dadurch zu nicht unwichtigen Ergebnissen!

1. Eine m. E. sehr weit hergeholte Vermutung ist die, daß hier Paulus (d. h. Saulus) gemeint sein könnte, also der spätere Apostel, dem Markus sehr gut bekannt. - Aber wie wenig paßt diese kleine, eigentlich schöne Motive aufweisende Episode zu dem nachmaligen Wüten des Saulus gegen den verhaßten Nazarener! Und ferner: Wie wenig stimmt das Verhalten jenes Jünglings zu dem durchaus nicht ängstlich und zaghaft auftretenden Saulus! Es ist ja überhaupt nicht erwiesen, daß Saulus den HErrn in Seiner irdischen Gestalt gekannt habe, man kann auch das nur vermuten, nach 2. Kor. 5,16. - Nein, das glaube ich keinesfalls, daß wir es in unserer Stelle mit Paulus zu tun haben!

2. Eine andere Meinung geht auf Lazarus! Nun ist ja klar, daß das Gewand, welches jener fahren ließ, kostbar war (nach dem Grundtext muß es aus [feinem] Leinen gewesen sein) und daß es daher nicht einer aus einem armen Hause gewesen sein kann, der auf diese Weise dem HErrn ein gewisses Mitgefühl bezeigte, wobei er allerdings ebensowenig standhielt wie irgendeiner der Jünger des HErrn. - Aber, wenn es Lazarus gewesen ist, so hätte er doch genannt werden können?! Auch berichtet Markus sonst nichts von Lazarus, so daß es absonderlich wäre, diesen Jüngling, wenn er der bekannte Lazarus war, nur als einen „gewissen“ zu bezeichnen. Fürchtet der Evangelist etwa, den Lazarus zu kränken, wenn er hier seine Schwäche (welche die Schwäche aller war und heute noch so leicht ist) mit bekanntem Namen belegen würde? Nein, ich glaube gewiß nicht, daß es Lazarus gewesen ist. Ich denke, er wäre genannt worden, und es wäre ihm nicht lieb gewesen, ungenannt zu bleiben in jener Stunde, die für ihn wie für uns alle eine verdiente Beschämung ist.

3. Die m. E. am meisten für sich habende Vermutung ist die, daß hier der Evangelist Johannes Markus sich selber zeichnet, daß dieses kleine, eben nur im Markus-Evangelium berichtete, aber so tief bezeichnende Erlebnis, wie ein anderer gesagt hat (Nösgen), „gleichsam das

Monogramm des Malers in einer dunklen Ecke des Gemäldes“ ist. So wie das vierte Evangelium von dem ist, der sich gern nennt „der Jünger, den Jesus lieb hatte“ (z. B. 13,23), so nennt sich in der angefragten Stelle der 2. Evangelist. Und vielleicht ist er auch „der Mensch mit dem Wasserkrug“, und wenn dem so wäre, so hätte der Herr Jesus das Passah- und das Abendmahl im Hause der begüterten Eltern des Joh. Markus gehalten! Denn daß sie - oder wenn der Vater schon tot war, die Maria, des Markus Mutter - wohlhabend gewesen sein mußten, das geht aus dem Bericht in Apgesch. 12,12 (Zusammenhang von V. 5 an!) hervor, demzufolge sie damals (d. h. wenigstens damals!), in der großen Verfolgungszeit, ihr Haus der christlichen Gemeinde in Jerusalem geöffnet hatte als Versammlungsstätte, wo die Gläubigen entweder ständig oder gelegentlich zu anhaltendem Gebet zusammenkamen. Nach Apgesch. 2,42 „verharrten sie in den Gebeten“, und so hatten sie vielleicht damals oder immer schon regelmäßige Gebetszusammenkünfte von Gemeinde wegen, auf denen, wie man auch hier sieht, wenn sie lebendig und geistdurchwaltet sind (das sollte jede Gebetsversammlung sein! Eph. 6,18!), ja ein großer Segen ruht!

Also, daß der Jüngling, nach dem Leinengewand zu urteilen, aus wohlhabendem Hause gewesen sein mußte, das trifft hier zu; und wie ist es nun mit sonstigen Zeugnissen, daß er es gewesen sein könnte?

Wir haben ein Zeugnis, das mir beweiskräftig genug erscheint, um zu sagen, daß die Vermutung, hier habe Markus sich selber gezeichnet, mir glaubhaft erscheint: Apgesch. 12,25; 13,5.13; 15,38 (Zusammenhang von V. 35-41!). So schmerzlich es ist, daß eine Erbitterung entstand und daß Paulus und Barnabas sich trennen mußten, so zeigt doch die Schrift, daß - im Urteil der Gemeinde (V. 40!) und durch die folgenden Segnungen auch bestätigt im Urteil Gottes - Paulus mit seiner Handlungsweise im Rechte war, wenn er den nicht mitnahm, der sie im Dienst verlassen hatte, aus was für Gründen auch immer, wahrscheinlich aber aus Zaghaftigkeit. Barnabas, der Onkel des Markus (Kol. 4,10), hatte bei aller Köstlichkeit seines Wesens (Apgesch. 4,36.37; 9,27; 11,22-26 u. a.) doch auch offenbar einen etwas zaghaften Charakter, wie aus Gal. 2,13, wo er ein wenig schwankte in seinem Verhalten, hervorgeht (Paulus spricht von „Heuchelei“!), und so konnte er seinem Neffen nicht so recht unparteiisch

entgegentreten. Dennoch hat Paulus den Barnabas lieb behalten und hat ihn später noch liebend genannt (1. Kor. 9,6). Doch auch des Markus wird später ehrend Erwähnung getan, Kol. 4,10 (s. oben), Philem. 24! 2. Tim. 4,11!! (Vgl. auch 1. Petr. 5,13!) Und er wurde dann der Schreiber des nach ihm benannten zweiten Evangeliums! Und da hat er sich jener kleinen für ihn selber nicht ehrenvollen, aber doch die ersten eigentümlichen, unverwischbaren Anknüpfungspunkte zwischen dem Leben des HErrn und ihm, dem dereinstigen Schreiber desselben, zeigenden Begebenheit erinnert und in ihr sich selber das gleiche Denkmal gesetzt, wie die Schrift es durch ihn allen anderen, vornehmlich Seinen Jüngern setzte: „Es verließen Ihn alle und flohen“ (V. 50!)

Ja, wer hielt damals stand? Ein Petrus nicht und ein Markus, der später doch soviel von Petrus lernte (1. Petr. 5,13), auch nicht! Und wenn Petrus sogar ein ehrliches, aufrichtiges Bekenntnis vor einer Magd scheute, so war es demgegenüber ein geringeres, daß der junge, den HErrn noch nicht wahrhaft kennende Markus sein Gewand - in der Schrift ist das Kleid oft das Sinnbild des Bekenntnisses (Offenb. 3,16; Judas 23 u. a.) - in den Händen der Verfolger ließ, als er aus Furcht vor ihnen floh, und zwar „nackend“; mußte er doch auch erst „weiße Kleider“ von Dem „kaufen“ (Offenb. 3,16), der jetzt für ihn Sein kostbares Leben zu geben dahinging!

Und wer hält heute in einer Welt, in der der HErr verworfen ist, stand? Du, Bruder, du, Schwester, wir, die wir so hoher, herrlicher Berufung teilhaftig geworden sind, „wenn wir anders mitleiden, auf daß wir auch mit verherrlicht werden!“? (Röm. 8,17)

Möge der HErr uns diese Frage wichtig machen im Blick auf das Leben des Johannes Markus, der einst, angesichts der Leiden des HErrn, ein, wenn auch zuerst tapfer sein wollender - so doch schwacher Jüngling (Jes. 40,30) war und der später dem großen Apostel Paulus in seinem hingebenden Dienst für seinen Meister ein „Mitarbeiter“ wurde, „nützlich zum Dienst“! (Philem. 24 und 2. Tim. 4,11, siehe oben!) Der HErr helfe uns in Gnaden dazu! Auf diese Weise angesehen, wird jene Stelle, über die man wohl nur Vermutungen, wenn auch begründete, hegen kann, uns allen zu einem bleibenden Gewinn, wenn wir sie betrachten gleichsam auch als ein Stück aus unserem Leben wie aus dem des Markus! Dem HErrn sei Preis für Sein

herrliches Wort!

F. K.

Freuet euch in dem HErrn allzeit, wiederum will ich sagen: Freuet euch!“ (Phil. 4,4)

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Fortsetzung)

Der Tag der Versöhnung.

Dritter Teil.

Noch ein anderes schönes Bild wird uns davon gegeben, wie in der gegenwärtigen Zeit die Seele für die Gemeinschaft mit Gott zubereitet wird.

Selbstgericht und Gemeinschaft.

In 1. Kor. 11,28 lesen wir: „Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche.“ Und wieder Vers 31 und 32: „Aber wenn wir uns selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom HErrn gezüchtigt, auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden.“ Gerade so wie Selbstgericht uns für die rechte Teilnahme am Gedächtnismahl des HErrn zubereitet, so ist auch der Richterstuhl Christi die passende und notwendige Zubereitung für das Teilhaben am Hochzeitsmahl des Lammes - der unlösbaren Gemeinschaft in Ewigkeit.

So wie beim Mahl des HErrn, und so wie am Richterstuhl Christi, geht auch jetzt die demutsvolle Beugung der Seele Hand in Hand mit der völligen Erkenntnis des Wertes des Sühnungsopfers Christi, welches die Grundlage der vollkommenen Ruhe ist. Jedes wirkliche Selbstgericht wird sich nach dem Muster des Richterstuhles vollziehen, so wie wir es in dem

Vorbilde des großen Versöhnungstages dargestellt finden. Ohne die wahre Aneignung dessen, was das Blut Christi für uns bewirkt hat, ist das Herz weder willig noch fähig, an sich das Selbstgericht über seine Übertretungen und Sünden in Gottes Gegenwart auszuüben. Haben wir die Bedeutung des Blutes am Sühnmittel noch nicht für uns selbst erfaßt, - noch nicht erfaßt, daß durch dasselbe alle Forderungen Gottes völlig befriedigt sind, und zwar so befriedigt, daß Sein Thron in Wahrheit ein Thron der Gnade geworden ist, so werden wir, anstatt unsere Sünden zu bekennen, uns bemühen, dieselben zu verdecken oder zu entschuldigen.

Am großen Versöhnungstage wurde das Blut in das Heiligtum getragen, ehe die Sünden auf das Haupt des lebendigen Bockes bekannt wurden. Ebenso wird erst, nachdem die Heiligen verwandelt, dem HErrn entgegengerückt und von Ihm empfangen sind, das Verborgene ihrer Herzen vor dem Richterstuhl offenbar gemacht. Und so ist es auch heute mit dem Selbstgericht einer Seele, dasselbe wird immer mit der bewußten Erlösung durch das Blut Christi und unserem von-Ihm-Angenommensein in Verbindung stehen. Nur so ist wahres Selbstgericht möglich, und nur so kann es wahr und wirklich sein, und nur so kann dem Selbstgericht die köstliche Ruhe der Seele und die schattenlose Gemeinschaft mit Gott folgen. So finden wir es auch bei David. Nachdem ein volles Selbstgericht im Bloßlegen seiner Sünden vor Gott stattgefunden, singt seine Seele: „Du bist ein Bergungsort für mich, vor Bedrängnis behütest Du mich, Du umgibst mich mit Rettungsjubel.“ (Ps. 32,7)

Bisher haben wir das Vorbild des großen Versöhnungstages in seiner Bedeutung für die Heiligen Gottes betrachtet, die bei dem Kommen des HErrn Ihm entgegengerückt werden in die Luft. Wie wir schon in Verbindung mit dem früheren Feste bemerkten, haben vom Fest des Posaunenhalles an alle Feste eine doppelte Anwendung, indem sie Gottes Handlungsweise sowohl mit den Gläubigen der Jetztzeit als auch mit Israel vorbilden. Wir wenden uns nun zu den Schriftstellen, die von Israels Zukunft reden, um auch die zweite Anwendung dieses Festes zu betrachten.

Die Anwendung auf Israel.

Ebenso wie bei dem Feste des Posaunenhalles, so bedingen auch bei diesem Feste die ganz verschiedenen Umstände und Verhältnisse Israels von denen der Gemeinde auch eine große Verschiedenheit in seiner Anwendung als Vorbild, dennoch aber findet jeder besondere Zug darin seine volle Anwendung. Wir schlagen nun das 12. Kapitel des Propheten Sacharja auf und lesen sorgfällig vom 9. Verse ab:

„Und es wird geschehen an jenem Tage, da werde Ich alle Nationen zu vertilgen suchen, die wider Jerusalem heranziehen. Und Ich werde über das Haus Davids und über die Bewohner von Jerusalem den Geist der Gnade und des Flehens ausgießen, und sie werden auf Mich blicken, den sie durchbohrt haben, und werden über Ihn wehklagen gleich der Wehklage über den Eingeborenen, und bitterlich über Ihn leidtragen, wie man bitterlich über den Erstgeborenen leidträgt. An jenem Tage wird die Wehklage in Jerusalem groß sein wie die Wehklage von Hadad-Rimmon im Tale Megiddo. Und wehklagen wird das Land, jedes Geschlecht besonders: das Geschlecht des Hauses Davids besonders, und ihre Weiber besonders; das Geschlecht des Hauses Nathans besonders, und ihre Weiber besonders; das Geschlecht des Hauses Levis besonders, und ihre Weiber besonders; das Geschlecht der Simeiter besonders, und ihre Weiber besonders; alle übrigen Geschlechter, jedes Geschlecht besonders, und ihre Weiber besonders. An jenem Tage wird ein Quell geöffnet sein dem Hause Davids und den Bewohnern von Jerusalem für Sünde und für Unreinigkeit.“

Christi Offenbarwerdung in Herrlichkeit.

In dieser Schriftstelle führt der Geist Gottes uns die Befreiung Seines Volkes Israel durch die Vernichtung Seiner Feinde vor Augen, und zwar bemerkenswerterweise nur in Verbindung mit dem Flehen und der Wehklage des Volkes, die auf seine Errettung folgten. Einen näheren Bericht über diese Errettung und das furchtbare Weh und Leid, welches derselben vorausging, finden wir im 14. Kapitel. Hier in dieser Stelle wird uns in ganz besonderer Weise gezeigt, welche Wirkung die Errettung auf die Bewohner Jerusalems auslöste.

Führung eines antichristlichen Oberhauptes stehen, sind wider Jerusalem zum Streit versammelt. Die Stadt ist in ihre Hände gefallen. Ein schreckliches Blutbad hat begonnen, als plötzlich der Herr Jesus mit Wolken und den Ihn begleitenden Heerscharen erscheint. Seine Füße stehen auf dem Ölberg, von dem aus Er einst gen Himmel fuhr. Seine Erscheinung in Herrlichkeit bringt die Vernichtung über den Antichristen (2. Thess. 2,8) und Verderben über die verbündeten Armeen, wogegen die Bewohner Jerusalems, die noch unmittelbar zuvor dem Untergang geweiht waren, sich ebenso unerwartet wie plötzlich vollkommen errettet sehen.

Der Sohn des Menschen.

Und wer ist dieser, ihr mächtiger Befreier? Als ihre Augen Ihn schauen, sehen sie die Wunden an Seinen Händen und Füßen, und sie erkennen, daß der auf Wolken von der Rechten der Macht Gottes Herniedergekommene kein anderer ist als der Sohn des Menschen, der einst in derselben Stadt vor Kajaphas stand und von ihren Vätern verspottet und angespien wurde. Ja, und sie hatten die Taten ihrer Väter und den schrecklichen und so leichtfertig ausgesprochenen Fluch: „Sein Blut komme über uns und unsere Kinder“ nur bekräftigt. Was sollen sie sagen - was tun in der Gegenwart dessen, gegen den sie und ihre ganze Nation so lange und so schrecklich gesündigt hatten? Weder die Furcht vor dem Gericht noch das Bewußtsein ihres Gerettetseins allein hätten genügt, die natürliche Feindschaft des menschlichen Herzens zu brechen und wahre Beugung hervorzubringen, aber Gottes Zeit, Seinen Sohn zu verherrlichen und Seinem alten Volke Israel Barmherzigkeit zu erweisen, war gekommen, und Er goß den Geist der Gnade und des Flehens über das Haus Davids und über die Bewohner Jerusalems aus, und so wandte sich das Herz Israels zum HErrn zurück.

Israels Buße.

Wie könnten Worte die Betrübnis und Buße beschreiben, die jedes Herz erfaßte, als es überführt wurde, daß Er der sei, den sie durchstochen hatten! Jetzt sahen sie, daß ihre wunderbare Errettung eine Folge Seiner Leiden am Kreuze auf Golgatha war. Die Worte des

Missetaten willen zerschlagen. Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm, und durch Seine Striemen ist uns Heilung geworden,“ werden an diesem Tage ihre volle Erfüllung finden. Die Erfahrung der vergebenden Gnade und der befreienden Kraft Jehovas, ihres Gottes, durch Seinen geliebten Sohn gibt ihnen ein tiefes Gefühl von der Sünde, Ihn so lange verworfen zu haben.

Diese Beugung, die das Werk Gottes in ihrer Seele hervorrief, brachte jeden einzelnen dahin, mit Gott allein zu sein (genau so wie es auch heute bei denen geschieht, die an einen unsichtbaren Heiland glauben). Nichts sondert einen Menschen von seinen Mitgenossen so ab, als die durch den Heiligen Geist bewirkte Überführung der Sünde. Nur solche, die nie unter der Last ihrer Sünde und Schuld geseufzt haben, sagen: „O ja, wir sind alle arme Sünder.“

Solche sind zufrieden, Christum als „einen Heiland“ oder höchstens als „unseren Heiland“ zu kennen und zu nennen. Wenn der Heilige Geist aber jemand (wie der Herr Jesus sagt) von der Sünde überführt, „weil sie nicht an Mich glauben“, dann wird eine andere Sprache gehört. Ein solches Herz spricht mit Hiob: „Ich verabscheue mich,“ oder mit Jesaja: „Wehe mir, denn ich bin verloren, denn ich bin ein Mann unreiner Lippen.“ Nichts Geringeres kann eine solche Seele dann zufrieden stellen als die vom HErrn persönlich empfangene Vergebung und Errettung. Alsdann kann die gläubige Seele sagen: „Mein Heiland“.

Die Bewohner Jerusalems (Sacharja 12) hatten nie an ihren Erretter geglaubt, bis sie Ihn sahen. Erst als sie errettet waren, erkannten sie den, der sie errettet hatte. Die Erfahrung ihrer Errettung brachte jeden einzelnen dahin, sich in Reue und Demut über seine Schuld vor Gott zu beugen. Ohne diese konnten die Segnungen der tausendjährigen Regierung Christi für Sein wiederhergestelltes Volk nicht vollkommen sein. In feierlich ernster Weise enthüllte ihnen Gott die Sünden der vergangenen Jahrhunderte, die zuletzt in dem Frevel gipfelten, sich in dem neuerbauten Tempel Gott mit Opfern zu nahen, während sie Seinen geliebten Sohn verwarfen und statt Seiner dem „Menschen der Sünde“ huldigten. Alles dies wurde ihren Augen durch die Offenbarung ihres Heilandes, des auf Golgatha geschlachteten Gotteslammes, enthüllt.

wieder: 1. die völlige Enthüllung des Wertes der Sühnung, 2. die demütige Beugung der Seele, 3. die schattenlose Ruhe der Gemeinschaft mit Gott.

Das Jubeljahr.

Wir können unsere Betrachtung über den großen Versöhnungstag nicht schließen, ohne auch auf die Verbindung desselben mit der Einrichtung des Jubeljahres hinzuweisen. Jedes fünfzigste Jahr vom Eintritt Israels ins Land Kanaan an war ein Jahr des besonderen Glückes und der Freude. Jeder Mann, der durch Armut sein Eigentum oder Erbteil hatte hingeben müssen, erhielt solches in diesem Jahre wieder. Oder wenn er aus noch größerer Not sich selbst verkauft hatte, ein Sklave zu sein - im Jubeljahr mußte ihm seine Freiheit zurückgegeben werden. Jeder konnte zu seinem Eigentum und getrennte Familien konnten zu ihren Geschlechtern wieder zurückkehren.

In 3. Mos. 25 finden wir die göttlichen Anweisungen betreffs des Jubeljahres. Wir lesen Vers 9: „Und du sollst im siebenten Monat, am zehnten des Monats, den Posaunenschall ergehen lassen, an dem Versöhnungstage sollt ihr die Posaune ergehen lassen durch euer ganzes Land.“ Wir sehen also, daß das Jubeljahr nicht zu der Zeit begann, in der das gewöhnliche Jahr seinen Anfang nahm. Es begann, wie wir eben gelesen haben, am zehnten Tage des siebenten Monats, dem großen Versöhnungstage. An diesem Tage verkündigte die Posaune durch das ganze Land den Beginn des Jubeljahres. Aber was sagt uns dies? Lange zuvor, als Gott zum ersten Male das Passah anordnete, veränderte Er den siebenten Monat des Jahres in den ersten. Das Jubeljahr begann nun aber mit dem siebenten Monat, und so wurde alles zu der ursprünglichen Ordnung zurückgeführt. Und dies erinnert uns an die „Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge“, von welchen Petrus in Apg. 3,21 spricht.

Eine doppelte Erfüllung.

Gleich den letzten Festen hat auch das Jubeljahr eine doppelte Erfüllung. In bezug auf die Gemeinde weist es hin auf die Zeit, da die Gemeinde wie eine Braut für ihren Mann geschmückt

ist, wo Gott bei Seinem Volke wohnt und alle Tränen von ihren Augen wischt und kein Tod, keine Trauer noch Geschrei noch Schmerz mehr sein wird; denn das Erste ist vergangen (Offenb. 21,2-4), dies wird unmittelbar nach dem Richterstuhl Christi sein; die Jubelposaunen erschallen am Tage der Versöhnung. In bezug auf Israel weist das Jubeljahr auf die Zeit hin, da Gott die Trauernden Zions trösten und ihnen den Kopfschmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauer und ein Ruhmesgewand statt eines verzagten Geistes geben wird. (Jes. 61,2.3)

Wir haben bereits gesehen, daß, wenn Israel den Herrn Jesus wird auf dem Ölberg als seinen Befreier stehen sehen, daß es dann mit einem wahren, zerbrochenen Herzen sich Ihm zuwenden und in tiefer und wirklicher Klage über seine einstige Verwerfung sich beugen wird, dann wird das Vorbild des großen Versöhnungstages seine Erfüllung finden. Auf die Beugung folgt Gottes Tröstung sofort, alles Verwüstete wird aufgebaut und die Einöde neu belebt. So wird auch das gesegnete Jubeljahr seine völlige Erfüllung sowohl in bezug auf Israel als auch auf uns finden.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Die Ereignisse am Ende der Tage in ihrer geschichtlichen Reihenfolge.

Mit Sicherheit ist die Reihenfolge nicht in allen Punkten festzustellen. M. E. ist die folgende die wahrscheinlichste, da einfachste Lösung.

In Daniel 9,24-27 wird von 70 Jahrwochen gesprochen, deren 69 (= 7 + 62 nach V. 25) bereits verflossen sind bis zur Verwerfung des Messias durch die Juden. Vers 27 schildert die letzte Woche, die noch zukünftig ist und also 7 Jahre währt (in Vers 26 lesen wir vom „Ende“, ein Beweis, daß es sich in Vers 27 um das Ende der Tage handelt und nicht, wie man gemeint hat, um die Ereignisse, die kurz auf den Tod des HErrn folgten). Der Vers teilt die Woche in zwei Hälften, in Halbwochen von je 3½ Jahren. Die zweite Halbwoche begegnet uns bei Daniel noch mehrfach und vor allem auch in der Offenbarung. Die Stellen sind folgende: Dan. 9,27; „eine Zeit (= 1 Jahr), Zeiten (= 2 Jahre) und eine halbe Zeit (= ½ Jahr)“ heißt es in Dan. 7,25; 12,7

in Offenb. 11,3 und 12,6, der Ausdruck „42 Monate“ endlich in Offenb. 11,2 und 13,5. Dazu zwei weitere Stellen aus Dan.12,11.12, wo von 1290 und von 1335 Tagen die Rede ist. Ausgangspunkt ist hier die Abschaffung des beständigen Opfers, die nach Dan. 9,27 zur Hälfte der Woche stattfindet. Beide Zahlen sind also auch von diesem Zeitpunkt an zu rechnen, gehen aber über die 3½ Jahre = 1260 Tage etwas hinaus, in dem einen Falle um 30 Tage, in dem anderen um 75 Tage. Da der glückselig gepriesen wird, der 1335 Tage erreicht, so darf man wohl annehmen, daß nach ihnen das Reich endgültig einsetzt, das ja nach Offenb. 20,6 tausend Jahre dauert.

Wenn wir die Ereignisse, die nach dem Tausendjährigen Reiche stattfinden, mit einschließen, so erhalten wir folgende Abschnitte:

I. Die erste Hälfte der Woche,

II. Die zweite Hälfte der Woche,

III. Die 30 Tage nach Beendigung der Woche,

IV. Die weiteren 45 Tage,

V. Das Reich von tausend Jahren,

VI. Die Ereignisse nach dem Reiche, deren zeitliche Dauer wir nicht kennen,

VII. Die Ewigkeit.

I. Die erste Hälfte der Woche

1. Noch vor Beginn dieser Woche findet die Entrückung der Gemeinde statt; denn die Gläubigen der Jetztzeit werden bewahrt vor der großen Drangsalszeit (1. Kor. 15,51.52; 1. Thess. 4,13-19; 1. Thess. 1,10; 2. Thess. 2,1-8; Offenb. 3,10.11). Ob die Woche sogleich nach der Entrückung beginnt, ist unsicher. Man möchte es annehmen.

2. Wir stehen noch in den Zeiten der Nationen (so nennt die Schrift [Luk. 21,24] die Zeit von der Einsetzung Nebukadnezars bis zur Vernichtung des römischen Oberhauptes am Ende der Tage), in denen Israel nach Hos. 1,9 Lo-Ammi ist, d. h. Nicht das Volk Gottes. Gott erkennt nur einen Überrest aus diesem Volke an (Röm. 11,5). Die Herrschaft über die Völker ist dem Menschen der Erde anvertraut, dessen Bild wir in Dan. 2 finden und dessen goldenes Haupt einst Nebukadnezar war (Dan. 2,38). Das Römische Reich besteht zwar gegenwärtig nicht - es „ist nicht“ nach Offenb. 17,8 - (jetzt besteht das Reich der Himmel, aber auch dessen Verwaltung ist in die Hände des Menschen gegeben, da sein König verworfen ist, wie wir aus den Gleichnissen über das Reich der Himmel im Matthäusevangelium ersehen: Matth. 13,1-52; 20,1-16; 22,1-14; 25,1-30), es wird aber wieder erstehen in Form von zehn Staaten, über die ein Oberhaupt, gewissermaßen ein Kaiser, sein wird (Offenb. 17,8.12). Die Anfänge sind schon jetzt zu beobachten.

3. Viele Juden kehren in das Land ihrer Väter zurück, bauen den Tempel wieder auf und erkennen einen König über sich an. Alles geschieht im Unglauben (Jes. 17,10-11;

18,1-3; 2. Thess. 2,4). Die Anfänge der Bewegung sind im sogenannten Zionismus gegeben.

4. Weitere Reiche bestehen im Norden Palästinas, so das Reich des Königs des Nordens (Dan. 8,9.10; 11,40) oder des Assyrers (Jes.10,5) und das Reich Gogs I., des Königs des äußersten Nordens (Hes. 38 u.39), im Süden das Reich des Königs des Südens (Dan. 11,40) oder des Ägypters (Jes. 19 u. 20) und im Osten die Reiche der Könige von Sonnenaufgang (Offenb. 16,12).

5. In die erste Hälfte der Woche - es ist gleichsam nur eine vorbereitende Zeit - fallen vielleicht schon die Ereignisse aus Offenb. 6,1-8. Der Opferdienst im Tempel gilt noch Jehova (Dan. 9,27: „Schlachtopfer und Speisopfer“ und 12,11: „das beständige Opfer“). Auch die abendländische, falsche Kirche, Babylon (also ein System der Verwirrung, 1. Mose 11,9), die große Hure aus Offenb. 17, wird wohl noch einen christlichen Gottesdienst pflegen, wiewohl Sich Christus von ihr losgesagt hat: „Ich werde dich ausspeien aus Meinem Munde“ (Offenb. 3,16). Das römische

Oberhaupt, das Tier aus Offenb. 13,1-10 und Offenb. 17, schließt zu Beginn der Woche mit dem Judenkönig ein Bündnis (Dan. 9,27; Jes. 28,15.18).

II. Die zweite Hälfte der Woche.

1. Der jüdische Gottesdienst wird abgeschafft zur Hälfte der Woche, also nach den ersten 3½ Jahren (Dan. 9,27). Das Bild des Tieres (d. h. des römischen Oberhauptes) wird gemacht und im Tempel aufgestellt (Dan. 12,11; Matth. 24,15; Offenb. 13,14). Der jüdische König - er entpuppt sich als der Antichrist (von ihm ist die Rede in Jes. 22,15-19; 30,33; Hes. 21,30-32; Dan. 11,36-39; Sach. 11,15-17; Joh. 5,43; 2. Thess. 2,3-12; 1. Joh. 2,18; Offenb. 13,11-18; 16,2; 19,20; 20,10) - gebietet, das Bild anzubeten und das Malzeichen des Tieres anzunehmen (Offenb. 13,15-18). Diejenigen, welche es ablehnen, werden verfolgt, zum Teil getötet (Offenb. 6,9-11). Einige fliehen in die Wüste (das Weib in Offenb. 12) und werden dort behütet und ernährt (Offenb. 12,6.14) durch Moab (Jes. 16,3.4) und Tema (Jes. 21,14.15), andere bleiben in der Stadt (Sach. 13,8.9; 14,2), unter ihnen die beiden Zeugen (Offenb. 11,3-12). Es ist der jüdische Überrest am Ende der Tage (Offenb. 14,1-5). Er verkündet das Evangelium des Reiches allen Nationen (Matth. 24,14). Gleichzeitig wird das ewige Evangelium gepredigt (Offenb. 14,6.7). M. E. wird gleichzeitig mit der Abschaffung des Jehovadienstes auch die Hure, d. h. die römische Kirche, ihr Ende finden (Offenb. 17,16). Das Tier, das vorher mit ihr im Bunde war, wird sie hassen und öde und nackt machen. Der Teufel, bis dahin im Himmel als Verkläger der Brüder, wird hinausgeworfen und kann nun seine ganze Wirksamkeit auf der Erde entfalten (Offenb. 12,7-12).

2. Der erste Zug des Königs des Nordens oder des Assyrers ins Heilige Land beginnt. An der Grenze stößt er auf Teile der zehn Stämme Israels, die im Unglauben ins Land zurückzukehren gedenken. Er vernichtet sie (Jes. 28,1-4; Hes. 20,38). Dann zieht er verwüstend durchs Land (Jes. 10,28-32; Micha 1,8-16), erobert Jerusalem (Jes. 7,17.18; 10,5-11; 28,14-22; Dan. 11,40; Sach. 12,1-5; 13,8), das gleichzeitig der König des Südens einzunehmen gedenkt (Jes. 7,18; Dan. 11,40). Ihm rückt der König des Nordens nach und erobert seine Länder, Ägypten

Vornehmsten der Kinder Ammon seiner Hand (Dan. 11,41). Gerüchte von Norden und Osten erschrecken ihn (Dan. 11,44). Er kehrt zurück und kämpft, wohl mit den Königen von Sonnenaufgang im Bunde (Offenb. 16,12), gegen jene furchtbare teuflische Dreieinheit, Drache (Satan selbst), Tier und falscher Prophet (Antichrist). Die Schlacht findet bei Armagedon statt (Offenb. 16,12-16), jedenfalls am Ende der Woche, denn das Tier hat nur 42 Monate Wirkungszeit (Offenb. 13,5), d. h. also während der letzten 3½ Jahre. Christus erscheint vom Himmel und wirft Tier und falschen Propheten in den Feuersee (Offenb.19,20). Die westlichen Völker und die ungläubigen Juden finden ihr Ende (Offenb.19,21). Die Zeiten der Nationen sind mit dem Sturze des Tieres abgelaufen, Israel ist wieder, wie vor der babylonischen Gefangenschaft, Ammi, d. h. Volk Gottes (Hos. 2,23).

III. Die weiteren 30 Tage.

1. Der Assyrer zieht zum zweiten Male gegen Jerusalem, worin sich nunmehr nur noch der Überrest befindet (Jes. 8,7.8; 29,1-4; Dan. 8,25; Joel 2,1-11; Sach. 14,1.2).

2. Der HErr erscheint zum zweiten Male, diesmal auf dem Ölberg, zur Rettung Seines Volkes (Sach. 14,3-5). Im Tale Josaphat richtet Er den Assyrer und seine Verbündeten (Joel 3; Jes. 10,16-19; 14,24-27; 29,5-8; 30,27-32; 31,8; Dan. 8,25; 11,45). M. E. findet dieses Gericht nach den 1290 Tagen statt. Möglicherweise ist es aber auch erst nach den 1335 Tagen.

3. Der Überrest wird den Messias erkennen als den einst Verworfenen und wird in Seinem Blute Vergebung der Schuld finden. Der Geist wird ausgegossen werden (Jes. 53; Sach. 12,10-14; 13,6; Hes. 36,25-27).

IV. Die weiteren 45 Tage.

1. Der HErr beginnt das Reich aufzurichten. Viele Nationen unterwerfen sich Ihm mit Schmeichelei (Psalm 18,44). Gog I. zieht ins Heilige Land und verwüstet es aufs neue. Auf den Bergen Israels findet er sein Ende (Jes. 33; Hes. 38 u. 39).

2. Auch andere Nationen erheben sich (Psalm 83,1-8) und finden ihr Gericht, vor allem Edom, das ganz der Vernichtung anheimfällt (Jes. 34; Hes. 35, Obadja). Nur Wiedergeborene werden ins Reich eingehen (Joh. 3,3.5), nach Matth. 25,31-46 die Schafe. Die Böcke werden gerichtet. Jetzt wird der Geist ausgegossen über alles Fleisch (Joel 2,28.29). Jeder, der das Ende der 1335 Tage erreicht, wird glückselig gepriesen (Dan. 12,12).

V. Das Reich.

Satan ist gebunden (Offenb. 20,1-3; Jes. 24,21.22; 27,1), und Christus herrscht mit den verherrlichten Gläubigen des Himmels in Gerechtigkeit über die Erde 1000 Jahre lang (Offenb. 20,4-6). Abfallende - als solche kommen nur im Reiche Geborene in Frage, da alles, was ins Reich eingeht, nach Matth. 25 und Joh. 3 wiedergeboren ist - finden ein sofortiges Gericht (Jes. 65,20).

VI. Die Ereignisse nach dem Reich.

Satan wird auf kurze Zeit losgelassen (Offenb. 20,7). Gog II. fällt ab und findet sein Gericht durch Feuer vom Himmel (Offenb. 20,8-9). Der Satan wird endgültig in den Feuersee geworfen (Offenb.20,10) und mit ihm alle Toten, die je im Unglauben gestorben (Offenb. 20,11-15). Das Alte vergeht (Offenb. 21,1; 2. Petr. 3,7.12).

VII. Die Ewigkeit.

Die neue Erde und der neue Himmel treten ins Dasein (Offenb. 21,1; 2. Petr. 3,13). Es ist der ewige Zustand, von dem 1. Kor. 15,24.28 und Offenb. 21,1-8 sprechen.

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Fortsetzung)

Ehe ich noch ein wenig darauf eingehe, was die Warnung des HErrn an die Seinen vor dem „Sauerteig des Herodes“ für uns praktisch zu bedeuten hat, möchte ich noch einen kurzen Hinweis geben auf ein anderes Wort aus dem Munde des Herrn Jesus über Herodes, das, jenes aus Mark. 6 (V. 20!) gleichsam ergänzend, uns zeigt, worin der „Sauerteig des Herodes“ auch noch besteht.

Zu der aus Mark. 6,20 gefolgerten Halbherzigkeit wider besseres Wissen, Unentschiedenheit wider die erkannte Wahrheit als „Sauerteig des Herodes“ paßt das Wort, das ich zu nennen habe, Luk. 13,32, sehr wohl! Da heißt es, d. h. der HErr sagt es: „Gehet hin und saget diesem Fuchs...! Die Veranlassung zu diesem scharfen Wort braucht uns hier nicht weiter zu beschäftigen (V. 31). Sicher waren in dieser Stelle die Pharisäer und der Herodes einander wert! Und die Antwort, obwohl für Herodes bestimmt, trifft gewissermaßen jene ein wenig mit.

Herodes, der „Fuchs“! Welch ein bezeichnendes Wort! Haben wir schon einmal beachtet, daß in diesem ganzen Abschnitt Luk. 13,31-35 sich zwei Personen, gleichsam in Tieren verkörpert, gegenüberstehen? Herodes - der Feind, hinter ihm der Satan selbst! - als der „Fuchs“ und der Herr Jesus vergleichsweise („wie“) als die „Henne“ (V. 34)?! Wie wunderbar ist doch Gottes Wort! Wenn wir die Handlungsweise dieser beiden Tiere nur kurz skizzenhaft angeben, so muß uns der HErr in Seiner Liebe größer werden, aber - was uns hier beschäftigt - der Sauerteigscharakter des Herodes (vgl. auch die „Herodianer“: Mark. 3,6; 12,13; Matth. 22,15.16!) tritt immer klarer zutage. Denn unerkannter Sauerteig wirkt ja im Geheimen, in der Verborgenheit, und ist darum so gefährlich. Stellen wir also die beiderseitigen charakteristischen Kennzeichen kurz in 7 Punkten einander gegenüber, wobei zu bemerken ist, daß die Liste nicht erschöpfend zu sein beansprucht. Ich möchte zuvor noch betonen, daß es sich einfach um Merkmale handelt, die den vom HErrn angedeuteten Gegensatz zeigen, nicht

als ob der Fuchs zu seinen Jungen nicht auch ähnlich liebevoll sein könnte wie die Henne zu ihrer Brut! Aber der HErr zeigt den Gegensatz zwischen Sich und Herodes, dem Fuchs, und dieser Gegensatz hat u. a. folgende Merkmale:

Der Fuchs: Die Henne (vgl. auch Matth. 23,37!):

1. untergräbt heimlich, 1. lockt offen,

2. zerstreut dadurch; 2. sammelt dadurch;

3. wendet List an, (sprichwörtl. Schlauheit, 3. wendet Liebe bis zum äußersten an;

Fähigkeit, Gegner zu trennen!);

4. will nur für sich haben (Selbstsucht, 4. opfert, was sie hat (Selbstverleugnung,

Eigennutz); wärmt, gibt ab!);

5. verstellt sich als gut und ehrlich, um 5. ist ohne Trug, voll Geduld, sogar gegen

sein Ziel zu erreichen; die Widerspenstigen;

6. umlauert; 6. schützt ihre Brut (mit ihrem Leibe);

7. Satan als „der“ Fuchs, seine Gedanken 7. Jesus, gleichsam „wie“ eine Henne, Seine

uns nicht unbekannt, stets darauf Gedanken, uns mit Sich und dann auch

aus, Trennung anzurichten. miteinander zu verbinden.

(„Lügner“, „Menschenmörder“.)

(Stellen über die Verderblichkeit des Fuchses zum Nachlesen: Hohel. 2,15; Neh. 4,3; Hes. 13,1-7.4!! Klagel. 5,18; Matth. 8,20.)

Wenn wir die in voriger Lieferung besprochene Stelle Mark. 6,20 mit vorgenannter kleinen Gegenüberstellung in Verbindung bringen, so haben wir, glaube ich, ein gewisses Bild von dem „Sauerteig des Herodes“ nämlich: in seiner Halbherzigkeit gegen die Wahrheil sowie in der Heimlichkeit, was sein verderbliches, unterwühlendes Handeln gegen die Anhänger der Wahrheit anbelangt. Wie so gut passen doch diese beiden Dinge innerlich zusammen!

So war Herodes Antipas zur Zeit des Auftretens unseres HErrn, und so war auch sein Vater, Herodes der Große, gewesen in Matth. 2!

Und solcher „Sauerteig“ sollte uns, den Seinen, so gefährlich werden können, daß wir durch Ihn, den Mund der Wahrheit, davor gewarnt werden müssen? Ja, er ist uns gefährlich, wir sind oft in dieser Gefahr, diesen „Sauerteig“ im Geheimen wirken zu lassen, wenn wir uns nicht wachsam vor ihm „hüten“! Ich denke, daß wir zum Schluß noch etwas von diesen Gefahren sehen dürfen; sie aber zu sehen, heißt sie überwinden zu können - in der Kraft des HErrn! Seine Gnade genügt auch darin!

„Hütet euch vor dem Sauerteig!“

F. K.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Die Verheißungen an Abraham.

Staub der Erde.

(Fortsetzung)

Betrachten wir nun die Verheißungen, die dem Abraham gegeben wurden, etwas genauer, so finden wir, daß Gott drei verschiedene Bilder gebraucht, um die Fülle Seiner Verheißungen

Erde, so daß, wenn jemand den Staub der Erde zu zählen vermag, auch dein Same gezählt werden wird.“ In Kapitel 15,5 fordert Er ihn auf: „Blicke doch gen Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst! Und Er sprach zu ihm: Also wird dein Same sein!“ In Kapitel 22,16.17 endlich spricht Jehova: „Ich schwöre bei Mir Selbst ..., daß Ich dich reichlich segnen und deinen Samen sehr mehren werde, wie die Sterne des Himmels und wie der Sand, der am Ufer des Meeres ist.“

Staub der Erde - das ist der Inhalt des ersten Bildes. Etwas Irdisches wird vor unsere Augen gestellt, ein Stoff, bildsam, formbar und Zeichen des Vergänglichen. Gott hatte einst den Menschen aus diesem Stoffe, Staub von dem Erdboden, gebildet (1. Mose 2,7), und wir alle tragen das Bild dessen von Staub, solange wir auf Erden wandeln. (1. Kor. 15.49) Einst freilich werden wir das Bild des Himmlischen tragen. Aber zuvor kehrt unser Leib zur Erde zurück - es sei denn, der HErr komme, um uns heimzuholen - der Staub kehrt zur Erde zurück, so wie er gewesen (Pred. 12,7), denn der Mensch ist Staub, und zum Staube kehrt er zurück. (1. Mose 3,19)

Gleich solchem Staube sollte die Menge des Samens Abrahams sein, unzählbar einerseits, und andererseits dem Erdenstoffe gleich, aus dem der Leib des Menschen gebildet war. Deutete die Verheißung auf die unzählbare Menge Israels, des irdischen Volkes, so wies sie zugleich auf Ursprung und Ende des menschlichen Daseins. Nur Gott allein konnte aus dem Staube Leben hervorbringen (vgl. auch 2. Mose 8,16-19), und so stand Ihm allein die Verfügung über Sein Volk zu. Er allein gebot über die Größe und die Bildsamkeit Israels, sei es in Gnade oder auch in notwendigem Gericht. Niemand vermochte den Staub der Erde zu zählen - das hebräische Wort für „zählen“ hat hier zum Unterschied von 1. Mose 15,5 den Sinn des Abteilens und Begrenzens - niemand hatte die Möglichkeit, in Israels Dasein aus eigener Macht heraus einzugreifen, wenn nicht Gott die Macht verlieh. Kein Pharao konnte die Nachkommenschaft Abrahams begrenzen (2. Mose 1,12), und kein Volk der Erde hat es im Laufe der Geschichte vermocht, Israel auf die Dauer zu unterdrücken oder gar auszurotten. Doch Gott Selbst mußte gar oft den „Staub Jakobs“ (4. Mose 23,10) nach Seinen Gedanken bilden. Wenn auch in dem Samen Abrahams, Isaaks und Jakobs alle Geschlechter der Erde gesegnet werden sollen (1.

Mose 28,14), was durch Christus und Seine Herrschaft im Tausendjährigen Segensreiche der Fall sein wird - die Herrschaft Salomos war ein Vorbild davon: 2. Chron. 1,9 - so waren doch auf dem Wege zu dieser endlichen, großartigen Erfüllung der Verheißung ernste Gerichte nötig und wiederum auch liebliche Handlungen der Gnade. So lesen wir einmal, daß der König von Syrien Israel vernichtet und sie gemacht hatte wie den Staub, den man zertritt. (2. Kön. 13,7)

Andererseits aber werden die Feinde des treuen Überrestes aus Israel, die auch die Feinde Christi sind, zermalmt werden wie der Staub der Erde. (2. Sam. 22,43) Gnade und Gericht halten sich die Waage, und stets zum Heile des geliebten Volkes. Das Ende aber der Wege Gottes ist Segen im Überfluß.

Sterne des Himmels.

Wir gehen weiter und fragen: Ist Abraham nur der Vater des irdischen Volkes Gottes, ist er nicht unser aller Vater? Das Wort Gottes beantwortet uns diese Frage: „Darum ist es aus Glauben, auf daß es nach Gnade sei, damit die Verheißung dem ganzen Samen fest sei, nicht allein dem vom Gesetz, sondern auch dem vom Glauben Abrahams, welcher unser aller Vater ist“ (Röm. 4,16). „Erkennet denn: Die aus Glauben sind, diese sind Abrahams Söhne. Die Schrift aber, voraussehend, daß Gott die Nationen aus Glauben rechtfertigen würde, verkündigte dem Abraham die gute Botschaft zuvor: ‚In dir werden gesegnet werden alle Nationen.‘Also werden die, welche aus Glauben sind, mit dem gläubigen Abraham gesegnet“ (Gal. 3,7-9).

Das gehl uns persönlich an. Sei es dem Glauben nach, den wir mit Abraham teilen, - wir sind seine Söhne; sei es dem wahren Samen Abrahams nach, in welchem die Verheißungen erfüllt werden sollten, unserem Herrn Jesus Christus, der dem Fleische nach ein Sohn Abrahams war (Matth. 1,1), - wir sind in Christo Abrahams Söhne: „Wenn ihr aber Christi seid, so seid ihr denn Abrahams Same und nach Verheißung Erben“ (Gal. 3,29). Und diese unsere Stellung wird in dem zweiten Bilde ausgedrückt, das Gottes Verheißung dem Abraham vorstellte, in den Sternen des Himmels.

In 1. Mos. 13 hatte Gott zu Abraham gesagt: „Hebe deine Augen auf und schaue von dem Orte, wo du bist, gen Norden und gen Süden und gen Osten und gen Westen!“ Aber hier im 15. Kapitel des 1. Buches Mose führt Er ihn hinaus und spricht: „Blicke doch gen Himmel und zähle die Sterne, wenn du sie zählen kannst!“ Der Blick des Glaubensmannes wird emporgerichtet, weg von der Erde, und er schaut die fernen Himmelskörper, die ihre Bahnen weit ab von den Kindern dieser Erde ziehen, nach göttlich großen Gesetzen. „Kennst du die Gesetze des Himmels, oder bestimme du seine Herrschaft über die Erde?“ (Hiob 38,33).

Die Sterne des Himmels gehorchen freilich anderen Gesetzen als das Leben auf der Erde. Es unterscheidet sich Stern von Stern an Herrlichkeit, jeder einzelne ist eine Schöpfung Gottes für sich. Abraham sollte sie zählen, wenn er es konnte („Zählen“ bedeutet hier soviel wie „Zusammennehmen, Addieren“). Aber wie könnte ein Mensch die Abertausende erfassen, deren jeder einzelne aus Seiner Hand hervorging? Gott aber sprach zu ihm: „Also wird dein Same sein!“, gleich an Art, nicht nur an Menge (das Wörtchen „also“ bezeichnet im Hebräischen die Art und Weise), den wunderbaren Werken des Schöpfers. Fürwahr, unsere himmlische Stellung ist erhaben über jedes irdische Maß hinaus. Sie entspricht nicht dem Gesetz, das Israel auf Erden gegeben wurde, sondern dem neuen Gesetz, dem vollkommenen der Freiheit, der himmlischen Gnade.

Gott bestätigt Abraham nach seiner Glaubenstat auf dem Berge Morija die Verheißung (1. Mose 22,17) und teilt sie auch Isaak mit, darum, daß Abraham Seiner Stimme gehorcht hatte (1. Mose 26,4.5). Jakob dagegen, dessen zweiter Name Israel wird und dem irdischen Volke Gottes verbleibt, wird zu Bethel die Verheißung des Staubes der Erde erneuert und nicht die der Sterne des Himmels (1. Mose 28,14), ein bedeutsames Zeichen der Genauigkeit des göttlichen Wortes.

Wir müssen nun allerdings beachten, daß durch das Alte Testament die Verheißung des Samens als gleich den Sternen des Himmels von Israel selbst galt. Mose wandte sie so an in 2. Mose 32,13 und noch dreimal im 5. Buch Mose (1,10; 10,22; 28,62). Desgleichen unter David (1.

Und das mit Recht, denn der neutestamentliche Sinn der Verheißung war jenen Männern nicht geoffenbart worden. Gott redete im Alten Bunde nur in Bildern von Seiner himmlischen Gemeinde, und es sind nicht sehr viele Bilder dieser Art. Erst im Neuen Testament enthüllt sich die ganze, wunderbare Fülle des göttlichen Geheimnisses. Dort zeigt Gott völlig, daß Er auch außerhalb des irdischen Rahmens einen Segenskreis hat, den wir, die Gläubigen der Gemeinde, einnehmen. Unser Bürgertum, unsere Hoffnung, unser Erbteil sind in den Himmeln (Phil. 3,20, Kol. 1,5; 1. Petr. 1,4). Dieser unserer himmlischen Berufung würdig zu wandeln sei unser ständiges Begehren!

(Schluß folgt, s. G. w.)

Frage und Antwort

Frage 16

Ist die Ansicht, welche man heute oft hört, das Zeugnis der Gläubigen sei in der letzten Zeit individuell (persönlich), begründet?

Antwort A

Die Ansicht, daß das Zeugnis der Gläubigen in der letzten Zeit individuell sei, bedeutet wohl, daß die Heiligen Gottes nicht mehr jetzt so sehr die Verantwortung hätten, sich zu Ortsgemeinden nach dem biblischen Muster zusammenzuschließen, sondern daß es besser wäre, wenn die Gotteskinder als zerstreute oder alleinstehende Einzelheiten stehen, ohne eine Gemeinde zu bilden. Sie dürfen freundlichen Verkehr miteinander pflegen, einander gegenseitig die Hände warm drücken, wenn sie, wie man sagt, zufällig auf der Straße sich begegnen, ab und zu vielleicht ihre Knie gemeinschaftlich beugen, wenn sie untereinander sich besuchen. Was den Dienst am Worte oder die Verkündigung des Evangeliums und andere gemeinsame Handlungen anbelangt, so soll dies persönlich sein, ein jeder hat die Pflicht, das zu tun, was er

sein; er erkennt wohl die Wahrheit von dem einen Leib Christi, nämlich von der einen Gemeinde des HErrn; er weiß auch, wie die Gläubigen in den apostolischen Tagen sich als Gemeinden versammelten, und hat wohl ein gewisses, wenn auch schwaches Interesse daran, wenn in irgendeiner Stadt eine solche biblische Gemeinde sich befindet, und würde recht gern ab und zu mit den Gläubigen das Abendmahl des HErrn feiern; doch trotzdem ist er der Meinung, daß das Hauptgewicht auf das individuelle Zeugnis falle, denn wir leben „in den Tagen kleiner Dinge“, und nur zu oft sei das gemeinschaftliche Zeugnis sehr schwach und fehlerhaft, oft seien die Brüder so uneins untereinander, das Gold glänze nicht mehr, die Welt betrachte eine solche mangelhafte Gemeinde mit spöttischem Lächeln, und durch die Unklugheit oder den Mangel an Gnade der Geschwister werde des HErrn Sache in Mißkredit gebracht. Wenn man nun das alles anschaut, so kommt man zu dem Schluß, daß es ratsamer sei, wenn das Zeugnis für den HErrn persönlich sei, und man entzieht sich der Verantwortung, Hand an das Bilden solcher Gemeinden zu legen; und vielleicht kann man so ein wenig Christi Schmach ausweichen, oder man bildet sich ein, daß man mehr für den HErrn tun kann, wenn man als eine Sondereinheit steht.

Hier aber erhebt sich die Frage, ob diese Ansicht biblisch zu begründen sei oder ob man nur der Meinung ist, ohne nämlich ein: „So spricht der HErr“ oder ein: „Es steht geschrieben“ zu haben. Vor zirka 38 oder 40 Jahren äußerte mir ein lieber Bruder aus Dublin diese Ansicht und begründete dieselbe auf die Botschaft des HErrn in dem Sendschreiben an die Versammlung zu Laodicäa (Offb. 3); seit der Zeit habe ich bis jetzt diese Ansicht nicht mehr vernommen, obwohl ich liebe Brüder kennengelernt habe, die nach dieser Meinung zu leben trachteten. Wir sind ja überzeugt, daß das Sendschreiben an den Engel der Gemeinde zu Laodicäa uns zu diesen letzten Tagen führt. Doch überzeugt sind wir gerade nicht, daß die Ansicht von dem persönlichen Zeugnis im Gegensatz zum gemeinschaftlichen Zeugnis den Worten des HErrn entnommen werden könnte. In Offenb. 3,20 finden wir die Worte, auf welche man diese Meinung besonders stützt, der HErr steht an der Türe und klopfet an, wenn jemand - irgendein Individueller - Seine Stimme hört und die Türe auftut, zu dem geht der HErr ein und ißt das Abendbrot mit ihm und er mit dem HErrn. Das ist wohl individuell; und der HErr kann kaum

Persönlichkeiten. Wir wissen kaum von anderen Schriftstellen, auf welche jene Ansicht sich stützen könnte. Daß etliche von dem hochfahrenden Diotrephes aus der Gemeinde gestoßen wurden (2. Joh. V. 9) und als Individuelle stehen mußten, ist kein Beweis dafür, daß es besser wäre, wenn unser Zeugnis persönlich außerhalb einer Ortsgemeinde wäre.

Es ist in einer gewissen Hinsicht leichter, so zu stehen, man hat keine besonderen Gemeinschaftssorgen oder Verantwortungen mehr; man hat keine Pflicht, an einem eisigen Winterabend in die Gebetsstunde zu gehen, man kann ja behaglich im mollig geheizten Zimmer die Bibel lesen und auch beten, vielleicht zu den träumerischen Klängen des Schumannschen Schlummerliedes. (!! Der Schriftl.)

Wir sind aber der Meinung, daß diese Ansicht auf schwachen Füßen steht; denn die Tatsache, daß eine Gemeinde wie die zu Laodicäa in einem schlechten Zustand ist, ist kein Grund dafür, daß man die Hände enthält von einem gemeinschaftlichen Zeugnis oder daß man behaupten könnte, daß der HErr durch den Heiligen Geist nicht mehr Gläubige um Sich zu Gemeinden sammle. Die lieben aus der Babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrten Israeliten waren ebenso berechtigt zu sagen: „Die Zeit ist nicht gekommen, die Zeit, daß das Haus Jehovas gebaut werde“ (Hagg. 1,2); aber der HErr durch den Prophetenmund legte solchen eine ernste Frage vor: „Ist es für euch selbst Zeit, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüste liegt?“ Ja, die Kinder der Wegführung waren der Meinung, daß wegen der vielen Schwierigkeiten und Kämpfe es ratsamer wäre, wenn ein jeder in seinem Hause für sich bliebe und nicht mehr dazu schritte, den Tempel an seiner Stätte aufzurichten, doch Gottes Weg war damals anders als die Ansicht des Volkes! Brüder haben Fehler gemacht, und viele Trennungen sind durch fleischliches Eifern vorgekommen; so manches Herz ist dadurch verstimmt, traurig und mutlos geworden; einige fühlen, daß sie in ihren rosafarbenen Hoffnungen enttäuscht sind; so denken sie, daß das Zeugnis lieber individuell sein soll. Bekennen wir doch, daß, von menschlicher Seite aus betrachtet, solche gewissermaßen recht haben, diese Ansicht zu vertreten, und leichter ist es auch!

Wir möchten nun diese Ansicht von einem anderen Standpunkte aus betrachten; nur zunächst

fragen wir, ob man eine Ansicht biblisch begründen könnte, die viel Belehrung und praktische Ermahnung der Schrift hinfällig, veraltet und wirkungslos macht! Eine Ansicht, die ein solches Resultat oder eine solche Auswirkung hat, kann gewiß keine schriftgemäße Berechtigung haben, sonst würden die Heiligen Schriften sich gegenseitig auflösen oder annullieren. Nehmen wir nur die Frage der Gemeindezucht; der HErr Selbst gibt Belehrung, wie man sich in einem gewissen Falle zu verhalten habe (Matth. 18,15-18); der einzelne Bruder zuerst soll versuchen, persönlich seinen Bruder, der wider ihn gesündigt hat, zu gewinnen; gelingt es ihm nicht, so hat er zwei oder drei mit sich zu nehmen; und wenn jener andere nicht auf sie hört, so soll er es der Versammlung oder Gemeinde sagen; doch ein vereinzelt dastehender Bruder hat keine Gemeinde, zu der er mit einer solchen Angelegenheit gehen kann, - also befindet er sich in einer Lage, wo die Befehle des HErrn nicht befolgt werden können, das ist, gelinde gesagt, eine Unregelmäßigkeit! Wir haben auch einen ernsten Fall von Gemeindezucht in 1. Kor. 5; der sündhafte Bruder sollte von den Gläubigen, wenn sie versammelt waren, mit der Kraft des Herrn Jesus Christus dem Satan überliefert werden zum Verderben des Fleisches, auf daß der Geist errettet werde am Tage des Herrn Jesus. Hier wieder ist die Ermahnung überflüssig, wenn das Zeugnis nur individuell sein sollte, man ist dann in einer Stellung, wo man nicht nach dem Worte handeln könnte.

Die Episteln an die Korinther haben vielfach mit der Ordnung einer Ortsgemeinde zu tun; und also in der ersten Epistel von 11,17 bis 14,39 wird wichtige Anleitung von der inspirierten Feder des Apostels uns zuteil, wie man in einer Hauptzusammenkunft einer solchen Gemeinde sich benehmen sollte. Denn Paulus adressierte seinen Brief auch an alle, die an jedem Orte den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen. Das Abendmahl nimmt nun einen wichtigen Platz ein, und dann kommt geistlicher Unterricht über die Gnadengaben und deren Ausübung in einer Zusammenkunft der Gemeinde, damit alles anständig und in Ordnung sei. Wenn nun die Ansicht vom persönlichen Zeugnis richtig wäre, so haben diese wichtigen Momente, diese göttliche Anleitung über die Ordnung in einer Versammlung ihre Gültigkeit verloren, sie gehen uns nichts mehr an! Doch sind wir überzeugt, daß die hier enthaltene Belehrung Gültigkeit hat bis zur Ankunft des HErrn. Es gibt Brüder, die die sonderbare Idee haben, daß nur die

nicht nötig, eine solche Idee zu widerlegen.

In 2. Kor. 8 u. 9 haben wir herzinnige Belehrung über das gemeinschaftliche Geben; denn eine Handreichung auf praktische Art wollten die Gemeinden von Mazedonien und Achaja den armen Gläubigen in Judäa erweisen. Man kann als vereinzeltes Individuum etwas auf diese Weise tun, - aber wie schön ist es, wenn das gemeinschaftlich geschieht! Paulus schrieb: „Denn die Bedienung dieses Dienstes ist nicht nur eine Erfüllung des Mangels der Heiligen, sondern ist auch überströmend durch viele Danksagung gegen Gott.“ Wieder bemerken wir, daß diese köstliche Belehrung überflüssig wäre, wenn die Heiligen Gottes nur vereinzelt dastehen sotten.

Wenn wir mit Aufmerksamkeit die Episteln an Timotheus und Titus lesen, so kommen wir zu demselben Schluß. Paulus hatte viel über die Ordnung in einer Ortsgemeinde zu sagen, unter anderem: „Dieses schreibe ich dir - auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist, der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit.“ (1. Tim. 3,15) Doch die Ansicht von dem individuellen Zeugnis macht diesen Punkt und noch vieles in diesen lehrreichen Episteln wertlos, denn es ist gar nicht nötig, zu wissen, wie man sich in einer Gemeinde zu verhalten habe, wenn solche Gemeinden jetzt nicht notwendig und Gottes Wille sind und man in keiner sich befindet! Der Psalmist sang: „Gott läßt Einsame (einzeln Zerstreute) in einem Hause wohnen.“ (Ps. 68,6) Doch wenn man allein wohnt, so verliert man vieles dabei. In einer Familie, wo mehrere Kinder sind, lernen sie, miteinander zu spielen, einander zu lieben, kleine Dienste füreinander zu tun und einander gegenseitig zu ertragen; es kommen auch Streitigkeiten vor, und doch werden wieder die kleinen Herzenswunden unter Tränen geheilt, und sie spielen weiter. Solche Kinder werden durch Übung selbstloser als ein Kind, das allein ist. Die Gemeinde ist eine wunderbare Schule, wo man durch Gottes Gnade und die sanfte Wirkung des Heiligen Geistes allmählich lernt, auf den Eigensinn zu verzichten, dagegen Geschwister mit scharfen Ecken und Kanten in Liebe und Geduld zu tragen, den Mund nicht aufzutun, wenn die alte Natur recht gern ein bissiges Wort jemandem geben möchte, und auch lernt man mit betendem Herzen alle zu tragen. Wie kostbar ist doch das alles, und noch vieles mehr! Wenn aber das Zeugnis nur individuell ist, so verliert man sehr viel, und würde man nicht an dem Tage recht zu kurz kommen? Denn man hätte sich in der

Gerechtigkeit nicht geübt. In der Gemeinde lernt man zuerst mit Zittern und Zagen die einem anvertraute Gabe zu gebrauchen, vielleicht nur zunächst nach einem ausbleibenden Bruder oder nach einer selten gesehenen Schwester sich zu erkundigen und zu dem fehlenden Gliede hinzugehen; vielleicht dann ein mit dem „Violinschlüsselton“ der Leitung des Heiligen Geistes harmonierendes Lied anzugeben oder den Mund in der Gebetsstunde aufzutun, oder eine junge Schwester ergibt sich der hoffnungsvollen und schönen Arbeit unter den Kindern.

Dem Einzelstehenden würde das alles fehlen, denn er befindet sich in einer Lage, wo so vieles im Worte keine praktische Verwendung mehr hat; eine solche Stellung verurteilt sich selbst, denn für solche geben die Heiligen Schriften keine Anweisung. Nach diesem allen kann man also die Ansicht, daß das Zeugnis in diesen letzten Tagen nur individuell sein solle, nicht biblisch begründen.

F. Btch.

Antwort des Schriftleiters

Unser teurer Mitarbeiter hat in der ihm eigenen, sonnenklaren Weise die wichtige Frage beantwortet und sich unzweideutig zu dem gemeinsamen Zeugnis bekannt. Und was könnte er - und was könnten wir - nach der Schrift auch Besseres tun?!

Aber vielleicht sind da doch noch anders Gesonnene, die Stellen anzuführen haben, die, oben nicht berührt, wohl einen Schein (mehr nicht!) des Rechtes für die entgegengesetzte Meinung haben, und wir sollten doch solche Stellen noch kurz anführen!

Eine Tatsache, der sicher kein Gotteskind widersprechen wird, ist die, daß uns in der Schrift ein gemeinsamer und ein einzelner Pfad des Glaubens gezeigt wird. Diese beiden Pfade des Glaubens sind in der kostbaren Geschichte in Matth. 14,22-33 zusammengestellt: In dem Schiff, das „gegenan“ zu fahren hatte, steht gleichsam die Gemeinde als der gemeinsame Pfad vor uns, und in „Petrus auf dem Wasser“ der persönliche, individuelle. Beide sind gleich wichtig, und der erstere ist der, wo tatsächlich alles gemeinsam ist, weswegen die einzelnen Träger des

gemeinsamen, wenn auch damals noch sehr schwachen Zeugnisses auch nicht gekannt werden. Der letztgenannte Pfad des Glaubens ist ganz individuell, jeder hat seinen besonderen Weg, keiner kann dem anderen darin Forderungen stellen und - wenngleich Fürbitte für den Einzelpfad von der Gesamtheit durchaus möglich ist - keiner kann den anderen zwingen, die gleichen Erfahrungen wie er selber zu machen. Es ist alles persönlich, sowohl das Schöne wie das Schwere, sowohl der Sieg wie das Unterliegen, sowohl der Blick auf den HErrn wie der auf Wind und Wogen! Ich denke, daß jeder Gläubige einen solchen persönlichen Glaubenspfad zu gehen hat, aber, aber - daraus folgt nicht, daß er nur diesen zu gehen habe! Petrus mußte ins Schiff zurück, das ist nicht zu übersehen, und so köstlich seine ersten und letzten Erfahrungen mit seinem treuen HErrn auch waren (und immer wieder sein können und müssen für uns in unseren täglichen Einzelwegen!) - der gemeinsame Pfad stellte seine Anforderungen an ihn wie an uns - und bezüglich unserer Frage: Erst der gemeinsame Pfad ist der des gegenwärtigen Zeugnisses vor der Welt, denn zu diesem bekannte Sich der HErr, indem auch Er in das Schiff stieg und mit demselben ans Land fuhr (wo die Augen der Welt auf Ihn und die Seinen gerichtet waren). Also beides hat seine Bedeutung, sowohl das persönliche wie das gemeinsame Glaubensleben - das sehen wir zunächst aus dieser kleinen lieblichen Geschichte -, aber das Zeugnis vor der Welt ist in erster Linie das gemeinsame, d. i. das jener Körperschaft, die der HErr „Meine Gemeinde“ nennt. (Matth. 16,18)

Aber hat das persönliche Zeugnis nicht auch seine Wichtigkeit? Gewiß, überall da, wo eben von einem gemeinsamen Wege nicht geredet werden kann, wohl aber von einem persönlichen, im täglichen, beruflichen, geschäftlichen usw. Leben, da ist das Zeugnis unseres Wandels von der größten Bedeutung, wie uns viele Stellen zeigen, von denen ich nur folgende herausgreife: Kol. 4,5.6; 1. Joh. 2,6; 2. Joh. V. 4.6; 3. Joh. V. 3.4 u.a.; die meisten Stellen über unseren Wandel beziehen sich aber viel mehr auf den gemeinsamen, wie z. B. Eph. 4,1-3; Phil. 1,27-30; 3,17ff.; 1. Thess. 2,12 u. a. Übrigens ist diese verantwortliche Seite unseres christlichen Einzel- wie Gesamtzeugnisses zu bekannt, als daß darüber hier besondere Lehren gegeben werden müßten; jeder weiß, wie er als Christ in Wort und Werk sich zu bewähren hat. Und um diese Frage handelt es sich ja auch nicht so sehr, als vielmehr um die, ob das gemeinsame Zeugnis

wird), oder nicht! Und da ist doch sehr ernstlich zu sagen: Ja, das Zeugnis der Gemeinde des HErrn ist nach den apostolischen Briefen unsere gemeinsame unumgänglich notwendige Aufgabe. Sonst laßt uns nur außerordentlich viele Schriftabschnitte streichen, sie haben uns, wie unser Mitarbeiter auch betont, dann eben nichts mehr zu sagen!

Aber es ist vielleicht noch eine kleine Anzahl von Stellen zu nennen, die in der heutigen Zeit, wo der Feind sogar die unerschütterlichen Grundfesten der Wahrheit (wozu, wie oben in Antwort A gesagt, die Gemeinde gehört, 1. Tim. 3,15) anzutasten versucht (vgl. Ps. 11.3!), besonders betont zu werden pflegen. Man sagt uns nämlich (oft und gern), wir lebten heute in „den Zeiten des Verfalls“, und da wäre das gemeinsame Zeugnis nicht mehr so vollkommen wie einst, und es käme da viel mehr auf die einzelnen Treuen an. Und dann wird hingewiesen auf die „Du aber“ des zweiten Timotheusbriefes (3,10.14; 4,5; vgl. 2,1 und 1. Tim. 6,10). Diese Stellen sind sicher sehr bemerkenswert und kostbar, und sie sind mir oft ein Trost und eine Ermunterung gewesen, wenn die sogenannten „Zeiten des Verfalls“ (die aber schon in der ersten christlichen Zeitepoche ihren Anfang nahmen!!) sich einmal wieder irgendwie besonders spürbar machten, aber wer aus solchen Stellen etwa folgern zu dürfen meint, es käme nur noch auf ein persönliches Feststehen an, und ein gemeinsames sei nicht mehr möglich, der ist in schwerem Irrtum begriffen und in Gefahr, auch andere in diesen mit hineinzuziehen. Sicher ist die Gemeinde Christi nicht mehr in ihrer ersten Blüte vorhanden, da Satans Macht viel von letzterer zerstört hat (durch Zwietrachtsäen, Trennungen und sonstige traurige Dinge), aber die örtliche Gemeinde besteht nach wie vor, und in einer solchen (Ephesus) stand Timotheus sowohl in der Zeit des ersten wie in der des zweiten Briefes (2 bis 3 Jahre später). Er hatte zu wissen, wie man sich im „Hause Gottes“ verhalten soll (1. Tim. 3,15), und alles, was er von Paulus gehört hatte, hatte er wiederum treuen Leuten anzuvertrauen (2. Tim. 2,2), und er hatte „mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen, nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden zu streben“ (2,22) usw. Aus den vielen ihn und seinen Wandel, sein Zeugnis persönlich betreffenden Ermahnungen des alternden Apostels zu schließen, das Zeugnis des Timotheus sei nur noch persönlich, wird den beiden Briefen durchaus nicht gerecht, d. h. auch nicht dem zweiten, denn die Ermahnungen in diesem sind, wenn auch ernster, so doch durchaus nicht

häufigere „Du aber“ ist nur aus den ernsteren Umständen heraus zu erklären, die in der Gemeinde Ephesus herrschten und die es erforderlicher denn je machten, daß der einzelne Treue, wenigstens ein Timotheus, wie ein Fels im brausenden Meere stehen und nicht wanken möchte, wo so viele ins Wanken geraten waren. Gerade weil die Zustände in Ephesus damals alles andere als lieblich („Ephesus“ heißt „die Liebliche“) waren, mußte Timotheus stehen und bleiben in dem, was er gelernt hatte (3,10.14 u. a). Er mußte eben eine Persönlichkeit sein, ein christlicher, aufrechter Charakter, an dem andere sich wieder aufrichten konnten. Nicht eine Persönlichkeit um ihrer (seiner) selbst willen, sondern zum Besten des Ganzen, der Gemeinde, des Hauses Gottes, sollte Timotheus sein, darum bekommt er so viele persönliche, individuelle Ermahnungen, aber wie gesagt, im Grunde genommen nicht persönlichere als im ersten Briefe. (Vgl. z. B. 1. Tim. 4,11-16; übrigens kann man auch gut vergleichen 1. Tim. 4 mit 2. Tim. 3!)

Das, was dem Timotheus im zweiten Briefe gesagt wird, und damit uns, das soll ihn und uns fähiger machen, „dem Hausherrn geheiligt und nützlich“ zu sein (2,21) usw. Das Haus ist da im ersten Brief und auch im zweiten, und sein Charakter ist der gleiche, wenn auch nicht in gleicher Schöne, aber doch in seiner Beziehung auf den gleichen Herrn desselben, den HErrn, von dem gerade im zweiten Brief besonders viel die Rede ist.

So nötig daher das Einzelzeugnis da ist, wo es am Platze ist - das gemeinsame Zeugnis Seiner Gemeinde in Form der örtlichen Gemeinde ist, wie damals so heute, für Seine Treuen unbestreitbar unentbehrlich - wichtig und wertvoll, weil unbedingt nach Gottes Willen und Wort. Wer, obwohl er die Möglichkeit dazu hätte, nicht zu einer örtlichen Gemeinde gehören will, versündigt sich (vielleicht ohne sein Wissen) gegen den Liebesratschluß Dessen, der uns gewürdigt hat, „hinzugetan“ worden zu sein zu Seiner Gemeinde. (Apgesch. 2,41.47 u. a.) Welche Gnade! Welches Vorrecht! Daß wir es nur recht schätzen und demgemäß wandeln möchten in Seiner Kraft und zu Seiner Ehre! Es kommt viel darauf an, wie und ob wir unser Vorrecht benutzen - Ihm zur Ehre! Er gebe uns Licht und Weisheit, nicht untätig daneben zu stehen (gleichsam wie jene „Lachen“ in Hes. 47,11!), sondern mitten im Strom, mitten im Kreise derer, denen Er einst sagte: „Ihr werdet Meine Zeugen sein!“ (Apgesch. 1,8) Sein Name sei gepriesen!

F. K.

Die Feste Jehovas.

(3. Mos. 23) (Schluß)

Das Laubhüttenfest.

Nun kommen wir zum letzten der Feste, dem Laubhüttenfest. Es folgt auf den großen Versöhnungstag. In seiner Bedeutung ist es ähnlich dem Jubeljahre, denn beide lenken unsere Gedanken auf die Zeit der vollkommenen Segnung und Freude, die Gott für Sein Volk noch aufbewahrt hat. Während das Jubeljahr uns jene wunderbare Zeit der Segnungen zeigt, die den Heiligen zuteil werden, weist das Laubhüttenfest (gleich den anderen Festen) insonderheit darauf hin, was jene Zeit, in welcher der Ratschluß Seiner Liebe erfüllt sein wird, für den HErrn bedeutet. Dieser Punkt tritt in den Vorschriften für das Laubhüttenfest besonders hervor. In 3. Mose 23 fällt uns eine bemerkenswerte Unterbrechung in diesen Vorschriften auf, Vers 34-36 lesen wir: „Am fünfzehnten Tage dieses siebenten Monats ist das Fest der Laubhütten sieben Tage dem Jehova. Am ersten Tage soll eine heilige Versammlung sein, keinerlei Dienstarbeit sollt ihr tun. Sieben Tage sollt ihr Jehova ein Feueropfer darbringen; am achten Tage soll euch eine heilige Versammlung sein, und ihr sollt Jehova ein Feueropfer darbringen: es ist eine Festversammlung, keinerlei Dienstarbeit sollt ihr tun.“

Nun findet die Unterbrechung statt, auf die wir hinwiesen, denn mit dem nächsten Vers beginnt eine Zusammenfassung des ganzen Inhaltes des Kapitels mit den Worten: „Das sind die Feste Jehovas, die ihr ausrufen sollt als heilige Versammlungen, um Jehova darzubringen Feueropfer, Brandopfer und Speisopfer usw. ...“ (V. 37) Obgleich die Vorschriften für das Fest hier scheinbar abgeschlossen waren, fehlt doch jede Erwähnung, warum das Fest den Namen „Laubhüttenfest“ führen soll. Weiter ist zu beachten, daß für den achten Tag des Festes ein besonderes Wort gebraucht wird, um den Charakter desselben zu zeigen. In Vers 36 wird von

diesem achten Tag gesagt, daß er eine „Festversammlung“ - ein „Schlußfesttag“ (Menge-Bibel) sein soll.

Der Schlußfesttag.

Das hebräische Wort ist von einem Wort abgeleitet, das etwas bezeichnet, was zu einem Abschluß gebracht ist. Der Hauptgedanke, der in diesem achten Tage des Festes hervortritt, ist, daß alle in den Festen vorbildlich dargestellten Vorsätze Gottes nun vollkommen vollendet sind. Im Anfang unserer Betrachtung lernten wir in Verbindung mit den Worten „Feste Jehovas“ und „heilige Versammlungen“, daß es der Vorsatz Gottes war, ein Volk zu Sich zusammenzurufen, um in seiner Mitte zu wohnen. Und jetzt, bei der Erwähnung dieses letzten Tages des Laubhüttenfestes finden wir dieselben Ausdrücke wiederholt. Dies alles trägt dazu bei, uns zu zeigen, daß dieses Fest uns zu dem Zeitpunkt führt, wo Gottes Ratschluß zur Vollendung gekommen ist. Sein wunderbares Liebeswerk ist beendet, so daß Er hinfort in Seiner Liehe ruhen und in alle Ewigkeit unter dem Lobpreis Seines Volkes wohnen wird.

Eine andere Sache ist indessen noch zu erwähnen. Vers 39 und 40 lesen wir, daß an diesem selbigen fünfzehnten Tage des siebenten Monats das Volk Zweige von schönen Bäumen nehmen solle, um sich Zelte daraus zu machen, in welchen sie für die Dauer des Festes wohnen sollten. Es ist auffallend, daß keine Erwähnung hiervon zuvor gemacht wurde. Alle anderen Züge des Festes wurden hervorgehoben und festgestellt, so daß man annehmen konnte, der ganze Gegenstand sei damit abgeschlossen. Etwas Ähnliches finden wir in Verbindung mit dem Gesetz des Friedensopfers. Der Name dieses Opfers steht in Verbindung mit der Tatsache (in der es sich auch von allen anderen Opfern unterscheidet), daß der Opfernde selbst von dem Opfer genießen durfte und dadurch in eine wunderbare Gemeinschaft mit Jehova gebracht wurde, denn er hatte mit Jehova teil an derselben Sache.

Obwohl dies so ist, finden wir doch keine Erwähnung dieses charakteristischen Zuges des Friedensopfers im ganzen 3. Kapitel des 3. Buches Mose, wo das Opfergebot zuerst gegeben wird. Das Kapitel beschäftigt sich ausschließlich damit, zu zeigen, wie das Teil, welches Jehova

gehört, Ihm dargebracht werden soll; und nicht eher, als bis das Sünd- und Schuldopfer ausführlich behandelt ist, wird der Gegenstand des Friedensopfers in Kapitel 7 wieder aufgenommen, wo wir lernen, was das Teil des Opfernden (am Friedensopfer) ist. In dieser Weise belehrt uns der Heilige Geist, daß die Herrlichkeit Gottes in der Erfüllung Seiner Vorsätze immer das Erste für uns sein muß, während unsere Segnungen erst danach als eine Folge der Erfüllung Seines Ratschlusses für uns in Betracht kommen dürfen.

Die Feier des Schlußfesttages.

Ehe wir uns mit seiner Bedeutung 1. für Seine Gemeinde und 2. für Israel beschäftigen, laßt uns die Bemerkung in 3. Mose 23,39 beachten, daß dieser Schlußtag gefeiert werden sollte, nachdem der Ertrag des Landes eingesammelt war. In Verbindung hiermit lesen wir in 5. Mose 16,13: „Das Fest der Laubhütten sollst du dir sieben Tage feiern, wenn du den Ertrag von deiner Tenne und von deiner Kelter einsammelst.“ Hieraus sehen wir, daß die Ernte zwei Abschnitte umfaßt.

Die geistliche Bedeutung dieser beiden Teile der Ernte lernen wir aus anderen Schriftstellen kennen. Wo die Schrift im vorbildlichen Sinne von der Frucht des Kornfeldes redet, stellt es Gottes Volk dar. Der Herr Jesus vergleicht Sich Selbst mit einem Weizenkorn und die Errettung der Sünder mit der vielen Frucht, die durch das eine in die Erde gefallene Weizenkorn hervorgebracht wird. (Joh. 12,24) Und wiederum werden in dem zweiten Gleichnis in Matth.13,38 die Söhne des Reiches in dem guten Samen dargestellt. - Bezüglich der Kelter sehen wir den HErrn als den, der am Tage der Rache die Weinkelter tritt und dessen Gewand mit dem Blute derselben gefärbt ist. (Jes. 63,3) Wenn wir nun das 14. Kapitel der Offenbarung betrachten, so finden wir dort die beiden Teile der Ernte, des Kornes und des Weines, nebeneinander gestellt, und über die Bedeutung beider kann kein Zweifel sein. Zuerst sammelt der Sohn des Menschen Selber die Kornernte ein und darauf symbolisch ein Engel, der die Trauben der Erde in die große Weinkelter des Zornes Gottes wirft.

Es ist somit klar, daß das Einernten des Kornes und des Weines die Sammlung der Heiligen zur

Seligkeit und die der Gottlosen zum Gericht darstellt. So wird auch das Laubhüttenfest (welches erst dann stattfindet, wenn beide Ernten beendet sind) seine wirkliche Erfüllung finden, wenn Gott Seine Erlösten an den Platz der Segnung gebracht und die Verwerfer Christi gerichtet hat. Auch in der Betrachtung der früheren Feste finden wir dieses bestätigt. Wir gehen nun auf die zweifache Bedeutung des Laubhüttenfestes näher ein.

Ein allgemeiner Blick auf das Laubhüttenfest läßt uns erkennen, daß es sich in diesem Feste um einen Abschluß voll Freude und Seligkeil handelt, und die Zahl der Tage, an welchen das Fest gefeiert werden sollte, zeigt, daß diese Freude eine ewige sein wird. Dabei ist zu beachten, daß das Fest ein Siebentage-Fest war und daß es doch noch einen achten Tag hatte, der der größte von allen war. Wir lesen: „Am fünfzehnten Tage dieses siebenten Monats ist das Fest der Laubhütten sieben Tage dem Jehova ... am achten Tage soll euch eine heilige Versammlung sein.“ (3. Mose 23,34-36) Mit Recht sagen wir, daß die Zahl „Sieben“ bildlich die Vollkommenheit und „Acht“ die Auferstehung darstellt. Und gerade, weil der achte Tag ein neuer erster Tag und somit die Auferstehung ausdrückt, ist derselbe auch ein Bild von dem, was ewig ist. Alles, was Gott neu macht, ist ewig. Christus stand aus den Toten auf, um niemals wieder zu sterben, und die neugeborene Seele hat ewiges Leben. Während so die sieben Tage des Festes uns bezeugen, daß es in seinem Charakter vollkommen ist, zeigt der achte Tag uns seine ewige Dauer.

Der letzte Tag des Festes.

Der achte Tag des Festes erinnert uns an das wunderbare Ereignis, welches uns in Johannes 7 berichtet wird: „An dem letzten, dem großen Tage des Festes aber stand Jesus und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir und trinke. Wer an Mich glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (V. 37.38)

Als Gott zuerst die Feste einsetzte, wollte Er der Mittelpunkt derselben sein - Ihm sollten sie gehören und für Ihn da sein. Wir haben schon früher darauf hingewiesen, daß die Feste in 3. Mose 23 immer „die Feste Jehovas“ genannt werden. In Joh. 7,2 aber wird gesagt: „Es war

aber nahe das Fest der Juden.“ Hier wird das Fest nicht mehr das „Fest Jehovas“ sondern das „Fest der Juden“ genannt. Als sie Gottes Haus zu einem Kaufhaus gemacht hatten, raubten sie den Festen den göttlichen Charakter, und sie sanken zu einer leeren Zeremonie herab. Dieser letzte Tag des Festes sollte das schöne Vorbild jener Zeit sein, da das Sehnen aller Herzen in dem HErrn gestillt sein und Er Selbst in der Vollendung aller Vorsätze Seiner Liebe ruhen würde. Dies alles verstanden die Juden nicht, Sie sahen nur die äußeren Vorschriften. Ruhelos, unbefriedigt schauten sie nach einer Befreiung aus, ohne zu erkennen, was ihnen in Wahrheit fehlte.

Können wir etwas von den Gefühlen ahnen, die das Herz des HErrn erfüllten, als Er jenes Fest der Juden sah? Seine Augen schauten in weiter Ferne den Tag, von dem der achte Tag des Festes ein Vorbild war. Er kannte den ewigen Ratschluß des Herzens Seines Vaters und die überströmende Freude jener Zeit, wenn alles erfüllt sein würde. Hier aber umgab Ihn eine wogende Menge, die von fern und nah zusammengekommen war, um an einem Feste teilzunehmen, das nur noch eine Zeremonie war, die nichts weiter in sich schloß als einen leeren Namen. Warum waren sie so blind, so verfinstert, so unbefriedigt? Weil sie Den ablehnten, in welchem alle Vorsätze und Verheißungen Gottes ihr Ja und Amen finden sollten. Darum rief Er an dem letzten, dem großen Tage des Festes: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir und trinke.“

Ewige Ruhe in der Herrlichkeit.

In diesem Feste sehen wir unsere ewige Ruhe bei dem HErrn in der Herrlichkeit. Was aber bedeuten die Zelte, in welchen das Volk wohnte? Diese Zelte mußten aus den Zweigen der Bäume hergestellt werden. Das Gebot in 3. Mose 23,40 nennt nur Palmbäume, dichtbelaubte Bäume und Bachweiden. In Nehemia 8,15 finden wir eine weitere Erwähnung von Oliven- und Myrtenbäumen, die als in den göttlichen Befehl eingeschlossen galten. Aus den Zweigen der Oliven-, Palmen- und Myrtenbäume, die mit den Bachweiden verflochten wurden, wurden die Laubhütten gemacht. Die Olive spricht von der Fülle der geistlichen Kraft, die Palme von

bedeuten? Kann es dort noch Leiden und Tränen geben, die die Freude zu stören vermögen? Sicherlich nicht! Aber die Erinnerung an die Vergangenheit wird bleiben, jedoch nicht mehr, um Schmerz hervorzurufen, sondern um die Freude der Gegenwart zu erhöhen und unsere Herzen in dankbarem Lobpreis und Anbetung überfließen zu lassen.

Aber während wir noch hier unten sind, ist es der Wille unseres Vaters, daß wir das Fest feiern und die Freuden der vielen Wohnungen in Seinem Hause schon vorausgenießen. „Euer Herz werde nicht bestürzt“, sagte der Herr Jesus, als Er zu Seinen Jüngern von den vielen Wohnungen sprach. Er will, daß wir in der Kraft des Geistes jetzt schon das Siegeslied mit einem freude- und friedeerfüllten Herzen singen. Und wenn unser Pilgerpfad durch Leiden geht, so läßt Er sie uns mit Palmzweigen umsäumen und rufen: „In diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch Den, der uns geliebt hat.“ (Röm. 8,37)

Was nun Israel betrifft, so weist das Laubhüttenfest auf die Zeit ihrer tausendjährigen Segnungen hin. Die Merkmale in beiden Fällen sind dieselben, nur daß für Israel die Erfüllung statt im Himmel auf der Erde sein wird. Auf den ersten Blick könnte es fast scheinen, als ob das Urbild hier versage, weil ja eine tausendjährige Segnung nur tausend Jahre und nicht ewig währt. Aber vielleicht ist dies ein weiterer Grund, weshalb von dem Feste als von einer siebentägigen Dauer geredet wird, der dann noch ein achter Tag folgt, welcher der größte von allen ist. Die sieben Tage würden den irdischen Abschluß kennzeichnen und der achte Tag den neuen Himmel und die neue Erde. Zwischen diesen liegen dann: Satans letzter Angriff, die Nationen zu verführen und wider Gott zu versammeln - sein endgültiger Sturz und der große weiße Thron mit dem Endgericht aller derer, die kein Teil hatten an der ersten Auferstehung. Aus Sacharja 14,16-19 ersehen wir klar, daß das Laubhüttenfest während der tausend Jahre gehalten wird und daß Gott die Nationen strafen wird, die sich weigern, nach Jerusalem hinaufzugehen, um das Fest zu feiern, und dies scheint mit den Ereignissen zusammenzuhängen, die dem Tausendjährigen Reiche folgen.

Eine unbestimmte Zeitperiode.

Nun sind wir mit unserer Betrachtung über die Feste Jehovas zum Schluß gekommen, aber wir befinden uns noch immer im siebenten Monat des Jahres. Wie ist es nun mit den übrigen fünf oder mehr Monaten des Jahres? Ein nochmaliger Hinweis auf die Zeichnung im Januarheft gibt uns die Antwort. Wir sehen dort, daß der achte Tag des Laubhüttenfestes einmündet in den Anfang eines großen Kreises, der mit den Worten „Zu Ewigkeit“ bezeichnet ist. Dies ist es gerade, was das Vorbild uns sagen will. Die übrigbleibenden Monate bezeichnen eine unbestimmte Zeitperiode. Wir haben früher darauf hingewiesen, daß das jüdische Jahr nach Mond-Monaten von 29½ Tagen gerechnet wurde und daß es zuweilen aus zwölf und zuweilen aus dreizehn Monaten bestand, je nachdem es erforderlich war, um ein Sonnenjahr zu bilden, so daß ungefähr jedem dritten Jahre ein Monat hinzugefügt werden mußte. Dies ist der Grund, weshalb der restliche Teil des Jahres nach dem Laubhüttenfest von unbestimmter Länge ist, und gerade dadurch wird die unbegrenzte Dauer der Ewigkeit so passend dargestellt, in welche der letzte große Tag des Laubhüttenfestes einmündet.

Der ewige Ratschluß Gottes.

Wir haben gesehen, wie sich der Ratschluß Gottes in den mannigfachen Vorgängen in dieser Welt bis zu seiner Erfüllung am Ende der Zeit auswirkt. Gott gebe, daß diese Betrachtung jedes Herz dahin führen möge, in vollem Verstehen und wahrer demütiger Anbetung mit dem Apostel einzustimmen: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, wie Er uns auserwählt hat in Ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und tadellos seien vor Ihm in Liebe.“ (Eph. 1,3.4)

A. J. H.; übers. v. A. v. d. K.

„Hütet euch vor dem Sauerteig“

(Matth. 16,6.11.12; Mark. 8,15; Luk. 12,1)

(Schluß.)

Aus redaktionellen Gründen ist es mir unmöglich, noch ausführlich auf die praktische Anwendung der Mahnung des Sichhütens vor dem „Sauerteig des Herodes“ einzugehen, ich beschränke mich daher auf einige wenige Winke.

Zweierlei sagt uns nach meinen Ausführungen in Lief. 9 und 10 diese Mahnung: Sie zeigt uns die eine Gefahr in der Halbherzigkeit gegenüber der oder einer erkannten Wahrheit (Mark. 6,20) und die andere in dem Gebrauch von Fuchsschlauheit, also von List und Trug (Luk. 13,32), und zwar sowohl gegenüber der Welt als auch - vor allem - untereinander im Leben der Gläubigen.

Nun geht ja aus den Ausführungen in den letzten Lieferungen hervor, in welchen Einsichten jeder Anwendungen machen kann, darum möchte ich mich, was die erstere Gefahr anbelangt, lediglich darauf beschränken, eine Stelle zu nennen, die wohl sehr bekannt ist - dennoch bitte ich, sie nachzulesen! -, aber immer wieder leicht und nur allzu gern übersehen wird: 2. Kor. 6,16 - 7,1! Diese ganze Stelle, die für das religiöse wie für das moralische Leben so große Bedeutung hat, verbinde mit Mark. 6,20, und du siehst ohne weiteres, wie groß die Gefahr ist, daß man aus irgendwelchen Gründen, vor allem der Menschenfurcht und der Eigen- oder Fleischesliebe, wohl „vieles“ tut, aber nicht das, was der HErr und Sein Wort von uns erwartet, also im Grunde genommen tut man dann - für Gott - gar nichts! Halbherzigkeit gegenüber der erkannten Wahrheit ist „Sauerteig des Herodes“! O lassen wir uns bewahren durch Gnade! Wollen wir - oder möchten wir nur gehorsam sein der Stimme des Wortes Gottes? Wollen wir an der Klippe des Betrübens des Geistes (Eph. 4,30) als Sieger vorbeikommen, oder sind wir wohl „sehr betrübt“ (Mark. 6,26), dabei aber gleichgültig Ihm gegenüber, Der uns erfüllen möchte? (Eph.5,17.18)

Genug hierüber! (Doch sei noch verwiesen auf Frg.18 dies. Lf., Antw. A, Abs. 4!)

„List, Trug, böses Auge (Hinterlist)“ sind Dinge, die bei Gläubigen nicht gefunden werden

sollten! „ Schlangenklugheit“ empfiehlt uns der HErr, aber sie soll unbedingt mit „Taubeneinfalt“ gepaart sein! (Matth.10,16) Dagegen „Fuchsschlauheit“? Nein, nimmermehr! Sie ist „Sauerteig des Herodes“! „Feget den (alten) Sauerteig aus!“ (1. Kor. 5,7) Für viele nur wenige Stellen, die uns zeigen, wie verwerflich „List und Trug“ in Gottes Augen sind: 4. Mose 25,17.18; 5. Mose 27,24.25 (Judas Iskariot und der Hoherat, Matth. 26,3-5.14.15! Mark. 14,1); Josua 9,3ff.; Hiob 5, 12.13; 15,5; Ps. 62,5; 83,3; Apgesch. 13,10; 1. Petr. 2,1.22; 2. Kor. 4,2 usw. In Mark. 7,22 ist „List“ mit unter den bösen Stücken genannt, die aus dem (ungereinigten) Herzen kommen. List und Trug gehören nicht zu der „Weisheit von oben“; List ist von unten, seelische, dämonische Weisheit! Jak. 3,13-18. Der Herr Jesus wandte sie natürlich nicht an, aber dem Apostel Paulus wurde sie von seinen gemeinen Feinden, die als „Diener Satans“ die „Gestalt von Dienern der Gerechtigkeit“ annahmen (2. Kor. 11,12-15), nachgesagt (2. Kor. 12,16), aber er darf von sich sagen 1. Thess. 2,3!!

Irgendwelche praktische Anwendung dieser Dinge unterlasse ich, ich glaube, es ist genug gesagt, als daß nicht jeder Bruder, jede Schwester wüßte, daß auf diesem Gebiet abgrundtiefe Gefahren liegen, Gefahren, durch die unser Zeugnis vor der Welt schwer beeinträchtigt, aber vor allem unsere Gemeinschaft unter uns Gläubigen aufs Empfindlichste gestört, ja, zerstört werden kann, und zwar schon in der Ehe und Familie, und noch viel mehr in der Gemeinde! Gehört doch diese Gefahrengruppe mit zu der anderen durch die Sünden der Zunge! Welch ernste Gebiete! Sauerteigsgebiete! Aber, wie ich schon in voriger Lieferung sagte: Eine Gefahr sehen heißt, sie überwinden können! Und wodurch ist diese zu überwinden? Einzig und allein in der Kraft des Heiligen Geistes (Gal. 5,16-26) und durch das lebendige Wort Gottes. (Hebr. 4,12ff.) Laßt uns handeln wie Abraham, von dem es heißt: „Durch Glauben ward Abraham gehorsam.“ (Hebr. 11,8) Möchten auch wir „gehorsame Leute“ sein, dem HErrn zur Ehre, den Menschen zum Segen, uns gegenseitig zur Auferbauung! Der HErr gebe uns Gnade dazu! Amen.

Ich schließe mit Seiner ernsten, heiligen Mahnung, der mein Aufsatz gewidmet war und ist: „Hütet euch vor dem Sauerteig!“

F. K.

 

 

 

Die Verheißungen an Abraham.

(Schluß.)

Sand am Ufer des Meeres.

Das dritte und letzte Bild der Verheißungen, der Sand am Ufer des Meeres, führt uns einen Gegenstand vor Augen, der wieder mit der Erde in Verbindung steht und uns zugleich einen Blick über das weite, unendlich scheinende Meer eröffnet. Gott schied einst die Sammlung der Wasser von dem Trockenen, das Festland von den unruhigen Wogen, die es in unaufhörlichem Wechsel von Ebbe und Flut bespülen. „Am Meere ist Bangigkeit, ruhen kann man nicht“. (Jer. 49,23) Es ist ein Bild der Völker - treffend sagt man Völkermeer -, ein Bild jener unruhigen Nationen, die sich von jeher gegen Gott, ihren Schöpfer, und gegen Seine auserwählten Geliebten erhoben haben. Johannes, der greise Apostel, stand auf dem Sande des Meeres, als er das Sinnbild des Römischen Reiches erblickte. Aus dem Meere der Nationen sah er das Tier aufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte, auf denen Namen der Lästerung standen. (Offenb. 13,1)

Aber dem Trotze der Meereswellen (Hiob 38,11) ist eine Schranke gesetzt. Jehova hat dem Meere Sand zur Grenze gesetzt, „eine ewige Schranke, die es nicht überschreiten wird; und es regen sich seine Wogen, aber sie vermögen nichts, und sie brausen, aber überschreiten sie nicht“. (Jer. 5,22) Wie Gott den Wogen gebietet, so stehen in Seiner Hand die Schicksale der Völker.

Abrahams Same sollte sein wie der Sand am Ufer des Meeres (1. Mose 22,17; s. a. 32,12); zweifellos zunächst ein Bild der unzählbaren Menge und im alttestamentlichen Sinne auf Israel angewendet. (1. Kön. 4,20; Hos. 1,10) Aber es ist von Bedeutung, daß diese Verheißung mit

Jer. 33,22 und Hebr. 11,12. Damit aber erschließt sich der umfassendere Sinn der Verheißung: Er deutet wie die Sterne des Himmels auf solche aus den Nationen, die aber nicht wie die Gläubigen der Gemeinde ein himmlisches Teil besitzen, sondern mit der Erde in Verbindung stehen. Sie sind gleich dem Sande vom Meere ans Ufer gespült, und ihre Segnungen stehen mit der Erde in Verbindung. Es ist, als ob sie das irdische Volk Gottes gegenüber dem Meer der Völker abgrenzten. In alten Zeiten schon hatte Gott solche aus den Nationen, die an Ihn glaubten, die nicht zu Israel gehörten, aber doch der irdischen Segnungen teilhaftig wurden. Denken wir an Hiob oder an die Fremdlinge in Israel, die mit Gott wandelten, wie die Rekabiter, die Keniter, einen Arawna, der ein Jebusiter war! Am Ende der Tage aber wird es viel, viel mehr noch aus den Nationen geben, die im Reiche unter der Oberhoheit Christi und Seines Volkes Israel Ihm angehören werden. Es sind die Schafe, die der Richter zu Seiner Rechten gestellt hat. (Matth. 25) Auch sie gehören als Wiedergeborene in Christo zum Samen Abrahams und genießen die Verheißungen, die ihm zuteil wurden. Wenn sie im Reiche noch die Schranke des Meeres bilden werden, so wird es aber einen Tag geben, wo sie mit Israel vereint nur mehr als „Menschen“ auf einer neuen Erde leben werden. Kein Unterschied mehr zwischen Israel und den Nationen: Gott sieht sie als Menschen auf einer Erde, auf der Gerechtigkeit wohnt. Das ist der Tag, da der HErr das Reich dem Gott und Vater übergehen haben wird, ein Zustand, in dem kein Meer mehr bestehen wird (Offenb. 21,1), ein Zustand ewiger Glückseligkeit.

Freuen wir uns, daß es so unzählige Scharen sind, die dem Vater und dem Sohne angehören! Unzählbar sind sie, aber Gott kennt jeden einzelnen mit Namen. Zu allen Zeiten galt Sein Wort und wird für alle Zeiten gelten: „Der Herr kennt, die Sein sind.“ (2. Tim. 2,19)

Th. Bu.

Frage und Antwort

Frage 17

Worauf bezieht sich oder was bedeutet Jesaja 24,21.22? Gibt diese Stelle der

„Wiederbringungslehre“ oder „Allversöhnungslehre“ irgendwelche Berechtigung?

Antwort A

Es ist für die Erklärung einer Bibelstelle stets von Gewinn, den Zusammenhang zu beachten, in welchem der Geist Gottes diesen oder jenen Gedanken niederschreiben ließ. Gerade das Herausreißen von Einzelheiten aus ihrem göttlich bestimmten Rahmen gab vielfach zu falschen Meinungen und, was noch schlimmer ist, zu Irrlehren Veranlassung. Auch die in der Frage genannte Bibelstelle erfährt in besonderem Maße durch den Zusammenhang, in dem sie steht, ihre weittragende Bedeutung und erscheint geradezu als Höhepunkt, der einen wichtigen Abschnitt des Propheten Jesaja abschließt.

In den beiden großen Teilen dieses Buches, Kapitel 1-35 und 40-66, die durch ein geschichtliches Zwischenspiel verbunden werden (Kap. 36-39), unterscheiden wir je drei Abschnitte. Die Kapitel 1-35 berichten die Handlungsweise Gottes mit Juda, Israel und den Nationen in den letzten Tagen. In dem 1. Abschnitt dieses Teiles, den Kapiteln 1-12, weckt Gott das Gewissen Seines irdischen Volkes, geht mit ihm ins Gericht, das durch den König von Assyrien ausgeführt werden wird, und zeigt schließlich die Bestrafung dieses Feindes Israels. In Kap. 11 erblicken wir Christum als Mittelpunkt des Segens, in Kap. 12 preist das befreite Volk seinen HErrn. Der 2. Abschnitt (Kap. 13-27), auf den sich auch unsere Frage bezieht, erweitert den Kreis der prophetischen Betrachtung über Israel hinaus und schildert das Gericht über alle Nationen, die mit dem Volke in Beziehung standen. Das Schlußkapitel dieses Abschnittes (27) endet mit der künftigen Sammlung der Kinder Israel als einzelner Personen. Der 3. Abschnitt (Kap. 28-35) spricht in sechs „Wehe“-rufen das Gericht über die ungläubige Masse des Volkes aus, wovon der „ Überrest“ verschont bleibt, und schließt in den Kap.34 und 35 mit einem großartigen Gemälde der Segnung und Freude des Tausendjährigen Reiches.

Das geschichtliche Zwischenspiel (Kap. 36-39), der Einfall des Assyrerkönigs Sanherib in den Tagen Hiskias, untermalt die Weissagungen der kommenden Ereignisse durch die Schilderung der damaligen und deutet im 39. Kapitel die babylonische Gefangenschaft an, die in dem

zweiten Hauptteil, den Kapiteln 40-66 als geschichtlicher Ausgangspunkt der Prophezeiung erscheint.

In den Kapiteln 40-48 rechtet Gott mit Seinem Volke wegen des Götzendienstes, in den Kap. 49-57 wegen der Verwerfung des Messias. Der Schlußabschnitt (Kap. 58-66) führt das Wiedererscheinen Christi und Seine Rückkehr zu Zion aus. Jerusalem empfängt den Reichtum der Nationen. Die letzten Verse des Propheten (66,22-24) gehen über das Reich hinaus und gewähren einen Ausblick auf den ewigen Zustand, da ein neuer Himmel und eine neue Erde gemacht sind, und andererseits das Los der Abgefallenen ewige Verdammnis bedeutet.

Es würde den Rahmen dieser Antwort sprengen, wenn wir auf die ergreifenden Einzelheiten der Prophezeiung eingingen. Nur eines wollen wir unseren Herzen einprägen: Der Herr Jesus Selbst ist es, der immer wieder in den Mittelpunkt der Weissagung gerückt wird. in Kap. 7 wird Er als Immanuel, das göttliche Geschenk für Israel, angekündigt; in Kap. 8 wird Er von dem Volke verworfen (V. 14), und in Kap. 9 verbindet der Prophet Sein erstes Erscheinen als das große Licht in Galiläa mit dem Ende der Tage, da der HErr im vollen Glanze göttlicher Herrlichkeit Sein irdisches Volk befreien und segnen wird. Im zweiten Teile Jesaias aber finden wir die herzergreifende Schilderung Seiner Leiden, das 53. Kapitel, welches uns Seine unendliche Liebe, Sein Mitgefühl und Sein Eintreten an unserer Statt in wunderbaren Zügen zeichnet. -

Die Kapitel 13-27 künden also das Gericht über die Nationen, die mit Israel in Berührung gekommen waren, an. Zuerst wird Babel, die Vertreterin sittlichen Verderbens, dann Assyrien, die verkörperte Gewalttat, berichtet. Daß Assyrien nach Babylon sein Gericht empfängt, beweist, daß sich die Weissagung auf die Zukunft bezieht, da das frühere Gericht in umgekehrter Reihenfolge stattfand. Es folgen die Aussprüche über Philistäa, „den inneren Feind“, über den Hochmut Moabs (Kap. 14,28 - 16,14) und Damaskus, das mit der ungläubigen Masse der Juden im Bunde steht. (Kap. 17) Das 18. Kapitel schaltet die Rückkehr der Juden nach Palästina ein, die im Unglauben stattfindet und heute bereits begonnen hat. Im 19. und 20. Kapitel wird Ägypten gerichtet, das „die Welt in ihrem natürlichen Zustand“ darstellt, im 21. das nunmehr verwüstete Babel gezeigt, und den Kindern Edom (Duma) und Arabien, der

„menschlichen Freiheit und Unabhängigkeit“, Gericht angedroht. Im 22. Kapitel erfährt „das äußere Bekenntnis“ in Jerusalem Gerichtsandrohungen, sodann Tyrus (Kap. 23), „die Herrlichkeit der Welt“. Schließlich „welkt der ganze Erdkreis hin“ (24,4), und die Heerschar der Höhe in der Höhe samt den Königen der Erde auf der Erde wird von Jehova heimgesucht. (24,21) Damit ist der Höhepunkt des Gerichts erreicht, und wir sind bei den Versen angelangt, auf die sich unsere Frage bezieht.

Was sind „die Heerschar der Höhe in der Höhe“? Es gibt zwei Arten solcher Heerscharen; die eine bilden die Engel, die Diener Gottes in Seiner Regierung: denn Er ist Jehova der Heerscharen; die andere die Schar der abgefallenen Engel, die ihrem Fürsten, Satan, untertan sind. In Hes.28 wird unter dem Symbol des Königs von Tyrus die Herrlichkeit Satans beschrieben, zur Zeit, da er noch ein gesalbter Cherub war, da die Erde noch gleich Eden, dem Garten Gottes war, in der ersten Schöpfung (1. Mose 1,1), die nicht als eine Öde aus der Hand Gottes hervorgegangen war. (Jes. 45,18) Aber das Herz Satans erhob sich ob seiner Schönheit (Hes. 28,17), er fiel, und mit ihm andere Engel. Es ist anzunehmen, daß sein Fall den Zustand der Erde verschuldete, den 1. Mose 1,2 in knappen Worten kennzeichnet. Einen weiteren Abfall von Engeln in der durch das Sechstagewerk erneuerten Schöpfung deutet vielleicht 1. Mose 6,1.2 an. Ihr Gericht wird in Judas 6 erwähnt.

Aus Hiob 1 und 2, aus 1. Kön. 22,19-23 und Offenb. 12 sehen wir, daß Satan und seine Engel Zutritt zum Himmel haben. Satan ist der Verkläger der Brüder, und er und seine Engel werden die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern genannt. (Eph. 6,12) Es ist gut, wenn wir uns dieser außerordentlichen Macht „des Fürsten der Gewalt der Luft“, „des Fürsten der Welt“ stets bewußt bleiben. Er ist ein Menschenmörder von Anfang, ein Lügner und der Vater derselben (Joh. 8,44) und nimmt selbst die Gestalt eines Engels des Lichts an. (2. Kor. 11,14) Sein Zutritt zu den Himmeln läßt diese nicht rein erscheinen in Gottes Augen (Hiob 15,15); kein Wunder, daß sie eines Tages von der Gegenwart Satans befreit werden müssen, daß der Satan hinabgeworfen wird, und mit ihm seine Engel. Dieses Gericht wird in Offenb. 12,7-12 ausgeführt.

Die Wunderwerke des Herrn Jesus und Seiner ausgesandten Jünger (Luk. 9 u. 10) an den von Dämonen Besessenen bilden die Vorgeschichte dieses Gerichtes, so daß der HErr sagen kann: „Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen.“ (Luk. 10,18) Und in Luk. 19,37.38 loben die Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott wegen all der Wunderwerke, die sie gesehen, und sagen: „Friede im Himmel und Herrlichkeit in der Höhe!“ Der Geist Christi, in ihnen wirkend, sieht die Befreiung des Himmels von Satan und seinen Mächten voraus. Hatten die Engel nach der Geburt des HErrn von Frieden auf Erden gesprochen (Luk. 2,14), so würde das Heimsuchen der Heerschar in der Höhe Frieden im Himmel bewirken.

Aber unsere Stelle in Jes. 24 geht noch weiter. Der Teufel ist auf die Erde hinabgeworfen und weiß, daß er nur wenig Zeit hat. (Offenb. 12,12) Seine große Wut darüber richtet sich vornehmlich gegen den treuen Überrest Israels, der in den Zeiten der Drangsal vor ihm fliehen wird. (Offenb. 12,13) Doch es dauert nicht lange, bis die Macht Satans auch auf der Erde ein vorläufiges Ende findet: Beim Anbruch des Tausendjährigen Reiches wird der große Drache ergriffen und für 1000 Jahre gebunden. (Offenb. 20,1-3) Davon spricht Jesaja, wenn er sagt (24,22): „sie werden in die Grube eingesperrt“. Samt seinen Engeln und den Königen der Erde auf der Erde, die sich gegen Gott aufgelehnt haben, liegt er dort gebunden, eingesperrt, wie man Gefangene einsperrt, und in den Kerker eingeschlossen.

Nach Vollendung der tausend Jahre wird der Satan für eine Weile losgelassen werden. Er wird ausgehen, die Nationen zu verführen, die an den vier Ecken der Erde sind, den Gog und den Magog. (Offenb. 20,7.8) Feuer vom Himmel verschlingt diese Nationen, und der Teufel wird jetzt in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, wo er gepeinigt wird von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Offenb. 20,9.10)

Diesem endgültigen Gericht Satans schließt sich das Gericht der Toten vor dem weißen Throne an. (Offenb. 20,11-15) Das Meer gibt seine Toten wieder, und der Tod und der Hades. Jeder, der nicht geschrieben gefunden wird in dem Buche des Lebens, wird in den Feuersee geworfen.

Wir haben hier die Einzelheiten dessen, was Jesaja in die kurzen Worte gefaßt: „und nach

vielen Tagen werden sie heimgesucht werden“. (24,22) Das hebräische Wort für „heimsuchen“ bedeutet zunächst soviel wie „mustern“, „antreten lassen“, wie man Soldaten zum Kriege aushebt. In weiterem und meist so angewandtem Sinne schließt es Bestrafung in sich. (Z. B. Jes. 10,12; 13,11; Jer. 5,9; 10,15; 27,8 und viele andere Stellen) Wir ersehen daraus die „Musterung“ der Könige der Erde, die zuvor im Kerker, im Hades eingeschlossen waren, ihr „Antreten“ vor dem weißen Throne und ihre ewige Bestrafung mit dem zweiten Tode, dem Feuersee; wir ersehen ferner die „Heimsuchung“ Satans und seiner Engel, der Heerschar der Höhe in der Höhe, die „viele Tage“ eingesperrt waren, in der Bestrafung mit ewiger Pein im Feuer- und Schwefelsee. Furchtbares Gericht für alle diejenigen, die dem Worte des HErrn nicht geglaubt haben! Anstatt bei Ihm droben in ewiger Herrlichkeit zu weilen, leiden sie Strafe, ewiges Verderben (2. Thess. 1,9), in Gemeinschaft mit ihrem Verführer, dem Gott dieser Welt, der alten Schlange.

Aus diesem einfachen Vergleich der Verse aus Jesaja 24 mit den Kapiteln 12 und 20 der Offenbarung dürfte jedes aufrichtige Herz unter den Gläubigen erkennen, daß es direkte Schriftverdrehung bedeutete, wollte man unsere Prophetenstelle in die Anschauungen der „Wiederbringungs“- oder „Allversöhnungslehre“ einzwängen. Es gibt zudem in der ganzen Bibel keine Stelle, die mit dieser bösen Lehre, die das Evangelium seiner Kraft und Gott Seiner Gerechtigkeit und Heiligkeit berauben möchte, in Einklang zu bringen wäre. Alle Stellen, die von den Vertretern dieser Lehre - es sind leider auch Gläubige darunter - angeführt werden, um ihre irrigen Gedanken zu stützen, ergeben, im richtigen Zusammenhang gesehen, die Haltlosigkeit jeder falschen Anwendung; und auf der anderen Seite steht eine große Anzahl von Stellen in direktem Widerspruch mit der „Wiederbringungslehre“, so daß das Wort Gottes keinen Zweifel an der ewigen Dauer des Gerichtes läßt. Möchte Gott jeden einzelnen von uns bewahren, den Einflüsterungen Satans, der auch gerade hierin so gern die Gestalt eines Engels des Lichts annimmt, Gehör zu schenken! Halten wir uns in Demut an das Wort Gottes, das eine klare Sprache redet! Durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt, laßt uns das schöne anvertraute Gut bewahren! 2. Tim. 1,14.

Th. Bu.

Anmerkungen des Schriftleiters

Die meisten Leser der „Handreichung“ werden mit mir einig gehen, wenn ich zu obiger Antwort sage, daß wir allen Grund haben, uns über die klaren, einleuchtenden Ausführungen zu freuen, und dem HErrn dankbar für dieselben sein dürfen. Mögen sie nur vielen dienen!

Eine Minderheit jedoch wird vielleicht sagen, daß V. 22 von Jes. 24 aber auch anders aufgefaßt werden könnte, woraus sich dann leicht die Möglichkeit, diese Stelle auf die „Habenseite“ der Wiederbringungs- oder Allversöhnungslehre zu buchen (die ich natürlich genau so ernst und gründlich als schriftwidrig ablehne wie unser Mitarbeiter!), ergäbe. Und zur Widerlegung dieser Meinung glaube ich noch einiges anfügen zu sollen.

Es wäre ein schlechter Dienst an der Wahrheit, wenn man die Augen davor verschließen wollte, daß das Wort „ heimsuchen“ in zweierlei Hauptbedeutungen in der Schrift gebraucht wird: nämlich sowohl als „gnädig“ wie als „gerichtlich“ oder „ strafend heimsuchen“. Im Neuen Testament kommt das Wort (als Zeit- oder Tätigkeitswort wie als Hauptwort) überhaupt nur in ersterer Bedeutung vor, höchstens könnte hier 1. Petr. 2,12 umstritten sein, aber wahrscheinlicher ist auch in dieser Stelle die erstere Bedeutung. Stellen aus dem Neuen Testament z. B.: Luk. 19,44; 1,68.78 u. 7,16; Apgesch. 15,14; Hebr. 2,6 („auf ihn siehst“)! - Dagegen steht im Alten Testament das Wort im hebräischen Grundtext wie in der vorchristlichen griechischen Übersetzung (der „Septuaginta“), in der das gleiche Wort wie im griechischen Neuen Testament gebraucht ist, sehr oft, und zwar in allen möglichen Verbindungen, Konjugationen (Abwandlungen, deren es im Hebräischen außer „Aktiv“ und „Passiv“ noch mehrere gibt) und auch Zeitformen, so daß, wenn mir mehr Raum zur Verfugung stünde, ich eine ausführliche Aufstellung über das Vorkommen dieses Wortes geben könnte mit Dutzenden von Anführungen, besonders aus den Psalmen und den Propheten Jesaja und Jeremia.

Nun ist die Grundbedeutung des hebr. Wortes - die unbedingt als solche festzuhalten ist, wie in

(suchend) nach etwas umsehen“, „besichtigen“ (event. mit Fürsorge), „(feindlich) auf etwas sehen“, „heimsuchen im strafenden Sinne“, ja, „strafen“ selbst. Und die Wortform, die (nicht in V. 21, wo der Strafcharakter des Wortes „heimsuchen“ ja ganz unverkennbar ist) in V. 22 steht, kann übersetzt werden mit „vermißt werden“ (vgl. 1. Sam. 20,25.27 „Davids Platz blieb leer“ oder 1. Kön. 20,39 u. a.) sowie auch mit „heimgesucht werden“, und zwar „gnädig“ oder „gerichtlich“, „strafend“, je nach dem Zusammenhang. Das dem Hebräischen entsprechende griechische Wort hat genau die gleichen Bedeutungen, und von diesem Wort abgeleitet ist das uns wohlbekannte Wort „Episkopus“ = Aufseher („Bischof!“), wie es so oft im Neuen Testament (z. B. in 1. Tim. 3 und Phil. 1,1 u. a.) vorkommt.

Wie kommt es also nun, daß unsere Stelle von Anhängern der Allversöhnungslehre als Beweis für die schließliche Beseligung aller gebraucht wird? Wenn wir die verschiedensten Übersetzungen (deren Übersetzer doch auch durchaus sprachkundig sind) zu Rate ziehen, so finden wir, daß sie diese m. E. absichtlich knapp und prophetisch-eschatologisch (d. i. endgeschichtlich) geheimnisvoll gehaltene Stelle ganz verschieden wiedergeben, offenbar ganz nach ihren eigenen dogmatischen Überzeugungen. Wenn dabei eine Übersetzung sogar soweit geht, statt „sie werden heimgesucht werden“ zu sagen: „sie werden begnadigt werden“, so ist deutlich zu sehen, daß hier „der Wunsch der Vater des Gedankens“ ist, denn dies heißt das Wort „heimsuchen“ denn doch nicht, nicht einmal im Neuen Testament!! Selbst wenn man - den Zusammenhang (V. 21!! und 1-20!) gänzlich außer acht lassend - „gnädig heimsuchen“ sagen wollte, so wäre das doch noch kein bedingungsloses „Begnadigen“! Andere Übersetzungen, wie z. B. Menge, sprechen klar von „abgeurteilt werden“, und das entspricht dem Zusammenhang auch durchaus, wie es ja auch ähnlich unser Mitarbeiter oben zeigt.

Ehe ich hierzu noch einiges schreibe, gebe ich nur einige Stellen an, die das Wort in entgegengesetzten Bedeutungen zeigen (in absichtlich regelloser Reihenfolge): Ps. 106,4; 2. Mos. 4,31; Sach. 10,3 (beide Bedeutungen; die im guten Sinne in der Elberf. mit „mich annehmen“ übersetzt); Ps. 89,33; Jer. 5,9.29; Jes. 29,6 (hier auch im gnädigen Sinne, auf Jerusalem bezogen!); Jes. 10,3; 26,14; Jer. 23,17; Jer. 8,12 (10,15); 1. Mos. 50,24.25; 4. Mos. 16,29; Ruth 1,5 usw. usw. (Nur beiläufig sei erwähnt, daß es für einen Sprachkundigen eine

wahre Freude und Fundgrube ist, sich mit dem Vorkommen und der jeweiligen Bedeutung dieses bald so bald so gebrauchten Wortes und seinen Wortformen usw. zu beschäftigen! Wie reich ist doch Gottes Wort, wie reich Seine Sprache!)

Schon die Tatsache dieses verschiedenartigen diesbezüglichen Sprachgebrauchs sollte die Vertreter jener gefährlichen und soviel böse Folgen zeitigenden Lehre vorsichtig machen. Denn zuallererst muß doch stets die Grundbedeutung angewandt werden („mustern“, „untersuchen“), und dann muß der Zusammenhang beachtet werden. In unsere Stelle (Jes. 24,21-23) aber die Gnade hineinzutragen entspricht weder dem Verse 21 noch dem Verse 23! Die ernsten Gegensätze zwischen den in V. 21 Genannten und denen von V. 23 würden völlig verwischt, wenn es hieße, jene von V. 21 würden begnadigt. (Was, wie oben gesagt, ja auch nicht übersetzt werden darf!) Daß Jesaja die Tiefe seiner Weissagung selber verstanden habe, ist nicht anzunehmen, aber wir, die wir Offenb. 20 haben, finden uns leicht in die Bedeutung der Stelle hinein, wenn wir sie eschatologisch („endgeschichtlich“) fassen, wie Verfasser obiger Antwort Getan. Wenn aber die Stelle nicht Bezug hat auf das vorübergehend Wiederlosgelassenwerden des Satans (Offenb. 20,7ff.), der dann endgültig in den Feuersee geworfen wird, worauf will man sie dann beziehen? Denn daß „ An jenem Tage“ auf den „Tag des HErrn“ geht, ist doch unbestreitbar (vgl. Frg. 3 in Jahrb. 11, wo sich unser Mitarbeiter F. Kpp. schon einmal mit unserer Stelle in ähnlichem Sinne befaßt!!); wenn dem aber so ist, so können die Worte „nach vielen Tagen“ doch eigentlich nur auf die Endereignisse gehen. Diese aber zeigen deutlich genug, daß das „Heimsuchen“ wie ein Sichwiedererinnern an lange Zeit gleichsam Vergessengewesene ist, wobei sie aus dem Kerker geholt werden, um nun endgültig gerichtet zu werden. Wenn man die „vielen Tage“ nicht auf das Eingeschlossensein während der 1000 Jahre bezieht - worauf dann?? Etwa auf die Ewigkeit? Mit welchem biblischem Recht?

Noch eine kleine Schlußbemerkung! Wenn trotz alle- und alledem doch behauptet werden sollte, das Wort hier in V. 22 könne aber eben doch auch ein Heimsuchen im guten Sinne bedeuten, so möchte ich darauf folgendes antworten: Wenn ich dies annehmen müßte (was aber durchaus nicht der Fall ist!), dann würde ich ausgehen wiederum von der Grundbedeutung „mustern“ und sagen: Sowohl der losgelassene Satan und seine Heerschar (Offenb. 20,7) als

auch die Toten von Offenb. 20,12, die alle - auf diese Weise - noch einmal heimgesucht („gemustert“) werden, erfahren ja auch gleichsam noch eine gnädige Qualitäts-Prüfung, die aber der Satan dazu benutzt, um die Nationen zu verführen, während die Toten von V. 12 auch nicht sofort verworfen werden, sondern so, daß sie nach ihren Werken und nach dem Maßstab des „Buches des Lebens“ gerichtet werden! Diese letzte „Musterung“ der „Heerschar in der Höhe“ und der von diesen abhängigen Herrschaftsträger auf der Erde - und letzten Endes sollte der Mensch („Adam“) als solcher Herrscher auf der Erde sein (1. Mos. 1,28) - fällt durchaus negativ aus, und es zeigt sich, daß die vorläufige „Heimsuchung“ - „Musterung“ von „jenem Tage“ (V. 21!) schon deutlich genug die Vorbedingungen zur endgültigen Verwerfung in sich trug. Die weitere nochmalige Heimsuchung, das sich noch einmal nach jenen Umsehen seitens Gottes konnte nur das erste Urteil bestätigen. Und der Feuersee, d. i. der zweite Tod, ist das endgültige Teil derer, die alle Gnadenerweisungen Gottes mißachtet und damit Ihn Selber verworfen haben. „Welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des HErrn hinweg!“ (2. Thess. 1,9) Schrecklich, daß die Anhänger jener verwerflichen Lehre die klaren Aussagen der Schrift völlig umbiegen! Gott gebe ihnen Gnade, daß sie wieder „nüchtern“ werden (2. Tim. 2,26) aus der Verführung des Feindes, der manche sonst so liebe, teure Geschwister für seine bösen Zwecke hat mißbrauchen können! Welch ein tiefes Leid ist das doch, und welch ein Riß geht mittels dieser falschen Lehre durch Gottes geliebtes Volk! „Hütet euch vor dem Sauerteig“ böser Lehre! (Matth. 16,12)

Nein, die behandelte Stelle gibt, wie wir gesehen haben, jener Lehre keinerlei Berechtigung - das sage ich als vor dem HErrn stehend in meiner Kenntnis der Sprache der Schrift sowohl wie nach meiner Überzeugung von dem Zusammenhang, in dem jene Stelle gesagt ist, der zu deutlich, als daß es zu übersehen wäre, auf die Endgeschichte hinweist.

Der HErr gebe uns Gnade und Licht, um abhängig von Seinem Worte zu bleiben, das „Leuchte unserem Fuße“ ist! (Ps. 119,105)

F. K.

Frage 18

Was ist unter „Buße von toten Werken* im Zusammenhang von Hebr. 6,1-3 zu verstehen?

Antwort A

Hebr. 6 ist von jeher ein Schriftabschnitt großer Meinungsverschiedenheiten gewesen. Es ist ja nun nicht unsere Aufgabe, alle die mancherlei Auslegungen an der Hand der Schrift zu prüfen. Es würde nicht nur den einfachen Bibelleser unnötig belasten, sondern auch uns eine viel zu große Arbeit aufbürden, und ob wir die Aufgabe lösen könnten, ist uns noch eine Frage. Wir bekennen uns nur darum zu der nachstehenden Auslegung, weil keine von all den uns zu Gehör und zu Gesicht gekommenen anderslautenden Auslegungen uns von ihrer Richtigkeit zu überzeugen vermocht hat und wir daher der uns bekannten und uns einleuchtenden Auslegung dieser Stelle vor allen anderen solange den Vorzug geben müssen, bis uns eine bessere geboten wird.

Ehe wir uns mit der obigen Frage selbst beschäftigen, möchten wir einige Bemerkungen über die Einteilung dieses Schriftabschnittes machen.

Wir dürfen nicht vergessen, daß das von Kap. 5,11 bis 6,20 Gesagte eigentlich eine Einfügung ist mit dem Ziele, uns das Hindernis des Wachstums der Hebräer bzw. jeder Seele, die dem Vorsatz Gottes nicht entspricht, zu zeigen. Wie uns bisher nur Warnungen gegeben sind mit Ausnahme von Kap. 1 und 2, so wird uns von Kap. 7 bis 10 der volle Wuchs vorgestellt. In diesen vier Kapiteln haben wir den christlichen Platz; darum Kap. 7

den neuen Priester, Kap. 8 den neuen Bund, Kap. 9 das neue Heiligtum und Kap. 10 die neuen Anbeter. Der Hauptgedanke des Briefes an die Hebräer ist nicht, wie wir durch die Wüste kommen, sondern wie wir aus der Wüste in das Heiligtum kommen, um dort bei und mit Gott zu sein und dort zu ruhen. Wenn wir bisher Milch hatten (vgl. Kap. 5,12), so wird uns in

melchisedekschen Priestertums gegeben ist.

In der Korinthischen Gemeinde gab es philosophische und erotische Hindernisse und Gebundenheiten; darum rügt der Apostel Paulus sie in 1. Kor. 3,1.2. Bei den Hebräern waren es mehr religiöse, traditionelle und völkische Hemmnisse, die ihr geistliches Wachstum hinderten. Und hier kommen wir zu dem Ursprung und Wesen der „toten Werke“. Ganz gleich wie der alte Mensch auftritt, sei es in dem verklärten Gewand der Weltweisheit oder in dem ehrwürdigen Gewand der „Religion der Väter“ und ihrer alten Traditionen (Überlieferungen) oder in dem feinen Gewand der menschlichen Ästhetik, die sich an dem Geschmackvollen, Schönen berauscht, oder in dem groben, befleckten Gewand niedriger Sinnes- und Fleischeslust - an allem ohne Ausnahme nimmst du den Modergeruch des alten Menschen wahr. Kein noch so feines, scheinbar herrliches und vornehmes Gewand kann dies ändern. Es ist der Tod. Darum können ihm nur tote Werke entspringen. Denn „tote Werke“ umfaßt alles Tun, welchem kein vom Geiste Gottes gewirktes Leben innewohnt. Jede kreatürliche religiöse Äußerung kann nur tote Werke erzeugen, d. h. Werke, die dem Wesen Gottes fremd sind. So wird selbst auch Kap. 9,14 von „toten Werken“ gesprochen. Es sind Werke, die in ihrem Wesen den lebendigen Gott verleugnen. Darum wird in Hebräer viermal vom „lebendigen Gott“ gesprochen. Kap. 3,12; 9,14; 10,31 und 12,22. Religion und Leben scheiden sich gegenseitig für immer aus. Der größte Jammer für das Volk Gottes ist die althergebrachte Religion. Wie schwer werden viele der Geliebten des HErrn von ihr gelöst; wie wenige selbst von denen, die vorgeben, mit ihr gebrochen zu haben, sind gründlich von ihr befreit! Die Religion hat tote Worte; das Wort Gottes aber ist lebendig und wirksam usw. (Kap. 4,12) Die Religion geht einen alten, ausgetretenen Pfad, wir Christen aber dürfen den neuen und lebendigen Weg gehen. (Kap. 10,20) Im Hebräerbrief wird uns gezeigt, daß das Judentum mit seinen Einrichtungen und seinem Priestertum für immer durch Christum beseitigt ist. Das, was Gott Selbst gegeben hat, ist von Ihm beiseitegesetzt worden als völlig unbrauchbar, weil der Mensch im Fleische und alles, was mit ihm zusammenhängt - der Tempel, die Opfer, die religiösen Einrichtungen, die Feste und auch das Priestertum -, am Kreuze sein Ende gefunden hat. Im Neuen Testament wird darum erst von dem alten Menschen gesprochen, weil der neue Mensch in Christo

neuen. So auch sind die Werke als „tote“ bezeichnet, weil „Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht“ worden ist durch die Besiegung des Todes. (2. Tim. 1,10) Gepriesen sei Sein Name!

Wir sind darum auch der Meinung, daß die sechs Dinge Hebr. 6,1.2 vorwiegend dem Alten Testament angehören. Denn die wahre Unmündigkeit steht in Verbindung mit dem Judentum des Alten Testaments. (Vgl. Gal. 4,1-4) „Der Anfang des Christus“ ist nicht Christentum, sondern gehört dem Alten Testament an, wo wir doch den Anfang des Christus finden. Denn alle die sachlichen und persönlichen Bilder des Alten Testaments weisen doch auf Christum hin. Wir haben schon häufig darauf aufmerksam gemacht, daß „Christus“ sehr oft auf das Alte Testament zurückweisend angewandt wird. Darum wird hier vom „Anfang des Christus“, aber nicht vom Glauben an Christum, sondern „an Gott“ gesprochen - ohne Zweifel, um den Unterschied uns anzudeuten. Im Einklang hiermit finden wir in den sechs Dingen drei Paare.

1. „Buße von toten Werken“ und „Glauben an Gott“. Dies sind durchweg Charakterzüge alttestamentlicher Heiliger. Wenn auch „tote Werke“ mehr in Berücksichtigung des Neuen Testaments gesagt wird, sind doch Buße und Glauben an Gott Dinge, die bereits im Alten Testament sich finden, denn auch im Alten Testament haben die Gläubigen ihre völlige Unwürdigkeit vor Gott erkannt. (Vgl. Hiob 42,5.6)

2. „Lehre von Waschungen“ und „Händeauflegen“. Diese Dinge tragen mehr den Charakter des Gottesdienstes, der das Judentum auszeichnete. Wir brauchen nur den Priesterdienst und die Opfergesetze im Alten Testament zu lesen, so finden wir dies vollauf bestätigt.

3. „Totenauferstehung“ und „ewiges Gericht“. Dies sind Dinge, die mehr mit der Zukunft in Verbindung stehen, aber doch im Alten Testament gekannt waren, wenn auch nicht in der Unterscheidung und Tiefe des Neuen Testaments.

Daß alle sechs Gegenstände auch im Neuen Testament gefunden werden, brauchen wir wohl nicht ausdrücklich zu erwähnen. Nur möchten wir Wert darauf legen, zu zeigen, daß dies alles im Alten Testament gefunden wird, so daß ihr Hängen am Alten ( Anfang) besonders

hervortritt.

Doch von V. 4 ab haben wir neutestamentliche Erfahrungen, die durch die Erscheinung des HErrn und das Herabkommen des Heiligen Geistes hervorgerufen wurden. Viele haben nun gemeint, daß es sich hier um wirklich Bekehrte, d. h. aus Gott Geborene, handle. Wir sind nicht dieser Meinung, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil dies gar nicht der Schriftstelle zu entnehmen ist. Ganz abgesehen davon, daß hier nur die Möglichkeit dieses besonderen Abfalls erörtert wird, ohne daß uns eine Mitteilung gemacht wird, ob er wirklich geschehen ist. Und nicht nur dies, sondern V. 9 sagt uns bezüglich der Empfänger dieses Briefes genau das Gegenteil. (Bezügl. dieser Stelle ab V. 4 vgl. Jahrb. 2, Frg. 33! Der Schriftl. F. K.)

Man könnte ja mit Recht die Frage erheben, warum es uns überhaupt gesagt wird? Wir antworten: als Warnung! Denn die Mitteilung zeigt, daß die Möglichkeit für einen Menschen dazu besteht. Sie zeigt uns auch, daß auch wir Kinder Gottes es mit allem sehr ernst nehmen sollten. Wir haben daher die Überzeugung, daß wir hier keine Wiedergeborenen vor uns haben, sondern nur „Erleuchtete“, (die da wußten, um was es sich handelt), weil die Hauptkennzeichen der wirklich mit dem Heiligen Geist Versiegelten fehlen. Nennen wir einige dieser Kennzeichen:

1. Der Glaube an den Herrn Jesus - das Hauptkennzeichen und der Anfang wahrer Gotteskindschaft;

2. Errettung, Heil - das Geborgensein durch das Opfer Christi;

3. Die Wiedergeburt oder Erneuerung (letzterer Ausdruck ist paulinisch) - das Kennzeichen des göttlichen Werkes an dem Herzen des Menschen;

4. Leben, welches der Ausfluß der Wiedergeburt ist;

5. Versiegelung (oder Salbung oder Unterpfand) durch den Heiligen Geist.

Keins dieser Kennzeichen ist hier erwähnt. Auch wird weder von der Rechtfertigung noch von dem Frieden mit Gott gesprochen. Wir wissen, daß manche uns antworten werden, daß dies gar

nicht in diesen Brief hineingehört. Obwohl wir dies auf sich beruhen lassen wollen, möchten wir doch unsererseits die Frage aufwerfen, warum wohl durchweg in den hier angeführten fünf Vorrechten nur solche angeführt werden, die ohne allen Zweifel auf nur angefaßte Seelen Anwendung finden können, und noch dazu in einer letzterem entsprechenden Formulierung? Warum nicht ein klares, bestimmtes Wort, das einwandfrei die Gotteskindschaft nachweist? Du sagst uns: Natürlich gibt es solche Worte. Wir aber müssen dies entschieden verneinen. Nehmen wir die Worte der Reihe nach kurz durch:

1. Erleuchtung. Wir wissen, daß Erleuchtung noch längst nicht Errettung bedeutet. Viele wissen genau um das Heil ihrer Seele durch die von Gott gegebene Erleuchtung - wissen, daß Christus wirklich der Heiland ist, der Sohn Gottes, der gekommen ist, Sünder zu erretten, nehmen aber dennoch Ihn nicht als persönlichen Heiland auf. Wir wüßten dann wirklich nicht, was wir mit Matth. 13,20-22 anfangen sollten, wenn dies nicht wahr wäre. Diese Matthäusstelle ist eine biblische Überschrift dieses Abschnitten. Wir haben früher schon einmal betont, daß Erleuchtung nicht immer Herzensumgestaltung hervorbringt, sondern auch nur äußerlich - verstandesmäßig - sein kann. Die Juden hatten durch das Christentum die besondere Erleuchtung, daß Christus die alttestamentlichen Bilder durch Sein Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt erfüllt hatte.

2. „Geschmeckt haben die himmlische Gabe.“ Manche haben den Heiligen Geist darunter verstanden. Andere die Gabe des „Wassers des Lebens“ nach Joh. 4,10. Wieder andere die Gnade Gottes, wie sie besonders in der Gemeinde Gottes zum Ausdruck kommt. Es ist ja nicht notwendig, etwas Spezielles darunter zu verstehen, da Christentum doch durch himmlisches Wesen sich vor allem anderen auszeichnet. Das Schmecken muß noch längst nicht eine Herzensverschmelzung mit der Gabe in sich schließen. Zwischen „Schmecken“ und „Essen“, „Gesättigtsein“, ist noch ein großer Unterschied.

3. „Teilhaftig geworden Heiligen Geistes.“ Dies ist wohl der Schwerpunkt für die Verfechter der Lehre, hier nur wirklich Wiedergeborene zu erblicken. Wir aber fragen, warum die Schrift hier eine Ausnahme macht und ein Wort gebraucht, das sie sonst, nach unserem Wissen, nirgends

in Verbindung mit der Gabe des Heiligen Geistes für die Gläubigen anwendet. Soviel wir festgestellt haben, kommt das griechische Wort „metochos“ nur in folgenden Stellen vor: Hebr. 1,9; 3,1; 3,14; 6,4; 12,8 und Luk. 5,7, wo es mit „Genossen“ und „teilhaftig“ wiedergegeben wird. In keiner dieser Stellen besagt dies Wort ausdrücklich „innere Wesensverbindung“. Hier haben wir also einen Ausnahmefall, weil sich die Schrift eines anderen Wortes bedient. Kann nicht jemand in dem Maße unter das Wirken - oder, mit obigem Worte zu reden, unter die Genossenschaft - ( des) Heiligen Geistes kommen, daß er Seine Gegenwart wirklich anerkennen muß? (Vgl. 1. Kor. 14,24.25) Dies ist aber noch längst keine Wiedergeburt und Versiegelung mit dem Heiligen Geiste! Wenn dies gemeint wäre, würde die Schrift sich ganz anders ausdrücken.

4. „Geschmeckt haben das gute Wort Gottes.“ Darunter verstehen wir das Evangelium der Gnade und was in dem Worte Gottes von Seiner Güte zum Ausdruck kommt. Wir sagten schon, daß zwischen „Schmecken“ und „Essen“ oder „Gesättigtsein“ ein Unterschied ist. In 1. Petri 2,3 wird auch von „Schmecken der Güte des HErrn“ gesprochen. Dort ist es aber Seine Güte selbst, hier aber nur Sein „gutes Wort“; auch wird dort ausdrücklich Er genannt, hier aber ist Er merkwürdigerweise bei allen fünf Vorrechten ausgelassen. Wir möchten nur dies feststellen. Ev. Johannes 2,9 illustriert, was wir hier gern ausdrücken möchten: Der Speisemeister kostete wohl den Wein der Hochzeit, nahm aber im übrigen selbst keinen inneren Anteil an der Hochzeit.

5. „Die Wunderwerke des zukünftigen Zeitalters“ sind ohne Zweifel vorwiegend Heilungswunder. Sie sind ein Unterpfand der Entfaltung Seiner Macht, wenn Er kommt, um Sein Reich in Herrlichkeit aufzurichten. Selbst Gegenstand einer solchen Wunderwirkung oder Ausübender einer solchen Macht zu sein, wie auch Judas Iskariot es sicherlich gewesen ist, ist durchaus noch kein biblischer Grund, zur Familie Gottes zu gehören. (Vgl. Matth. 7,21-23! D. Schriftl. F. K.) Alles dies ist natürlich wahr von wirklich Bekehrten, doch ist es bei ihnen nicht dabei geblieben, sondern sie sind zum göttlichen Lebensbesitz gekommen.

Doch nun kommt die überaus ernste Schlußfolgerung. Solche konnten sich nicht mehr mit

Unwissenheit entschuldigen, wie es in Apgesch. 3,17 geschieht und 1. Tim. 1,13 Paulus von sich sagt. Wenn sie abfielen vom Christentum, indem sie zurückgingen zum Judentum, so billigten sie bewußt die größte Sünde, die das Volk Israel je begangen hat: die Kreuzigung, Tötung, Verwerfung Christi, ihres Messias. Dies ist gewiß das Furchtbarste, was man sich denken kann. Kein Wunder, daß nun die Folgen eines solchen Schrittes und einer solchen Handlung in den denkbar schauerlichsten Farben geschildert werden!

Keine Erneuerung zur Buße! Warum nicht? Weil es auf dem Boden des Judentums jetzt überhaupt keine göttliche Buße gibt, sondern nur da, wo Vergebung auf Grund der „Buße zu Gott und des Glaubens an unseren Herrn Jesus Christus“ (Apgesch. 20,21) gegeben werden kann, und diese Grundlage ist das Christentum - gerade das, was sie aufgeben. Es ist gleichsam eine Kreuzigung des Sohnes Gottes (beachte den Titel Seiner Person!) für sich selbst und eine Schaustellung Seiner Selbst, Ihn der Schmach preisgebend.

Wir müssen natürlich die Stelle erst streng geschichtlich-jüdisch zu verstehen suchen, ehe wir Nutzanwendungen auf unsere Zeit machen können. Die Juden, welche Zeugen der außergewöhnlichen Kraft und Segnungen des apostolischen Zeitabschnittes waren, die uns in den fünf genannten Vorrechten vorgestellt werden, und die sich mit dem Christentum gleichsam befreundet und zu demselben bekannt hatten, dann aber abfielen, ihnen mußte eine solche Handlung klar und verantwortungsreich mit ihren schauerlichen Folgen unmißverständlich vorgestellt werden. Und dies geschieht mit einer Beweiskraft, wie wir sie uns stärker nicht ausdenken können. Wir können uns denken, daß diejenigen, welche nur mit einem solchen Gedanken im Herzen spielten, infolge der überaus großen Schwierigkeiten und Verfolgungen durch ihr Bekenntnis zum Christentum innerlich erschrocken sind, als ihnen solche Worte verlesen wurden und ihnen nur Fluch anstatt Segen in Aussicht gestellt wurde. Welch ein Erwachen! Darum sagt ja auch der Schreiber gleich anschließend: „Wir aber sind in bezug auf euch, Geliebte“ (das einzige Mal, daß er diese liebliche Anrede in seinem Briefe anwendet), „von besseren und mit der Seligkeit verbundenen Dingen überzeugt.“ (V. 9!) Welch ein Trost!

Der HErr schenke uns die Treue und den Segen dieses so ernsten Wortes, nicht mit der Welt zu liebäugeln, die befleckt ist mit dem Blute des Sohnes Gottes!

Und sollte irgend jemand diese einfachen Ausführungen lesen, der sich immer noch nicht entschieden hat für den HErrn, obwohl er weiß, um was es sich handelt, er sehe zu, daß der Segen in seinem Leben sich nicht in den hier angedrohten Fluch verwandle! Es würde für ihn ewig schlimm bestellt sein.

Uns, den Seinen, aber gebe der HErr Gnade, daß, obwohl die Stelle nicht direkt an die Seinen gerichtet ist (darum V. 4 „diejenigen“ und V. 9 „Geliebte“ - ein großer Unterschied!), wir doch ja besonders sorgfältig und abgesondert wandeln, um den Sohn Gottes in keiner Weise zu verunehren!

Ihm allein sei Preis, Ehre und Anbetung!

K. O. St.

Anmerkung des Schriftleiters

Unser teurer Mitarbeiter, durch den der HErr uns diese kostbaren und so wichtigen umfassenden Ausführungen geschenkt hat, wünscht, daß ich noch etwas anfüge, doch halte ich dies nicht für unbedingt nötig, zumal der Raum beschränkt ist. Nur ein ganz kurzes Wort zum Gegenstand der Frage selbst füge ich hinzu!

Wenn der Verfasser obiger Antwort Die sechs Stücke von Hebr. 6,1.2 als vorwiegend dem Alten Testament angehörend nennt, so möchte ich, was die Buße anbelangt, dafür als Beleg die Predigt des Täufers Johannes anführen, der seiner Stellung nach noch durchaus auf den Boden des A. T. gehört. Man beachte dazu die Worte des HErrn Matth. 11,11 mit Luk. 7,28! Der Kernpunkt seiner Predigt war das Wort „Tut Buße!“ (Matth. 3; Mark. 1; Luk. 3), und seine Belehrungen taten im Grunde genommen nur dar, was wahre Buße nach Gottes Gedanken ist:

Wortes) zur Erkenntnis über die toten Werke ihrer fleischlichen Religiosität“ kommen, die, weil sie nur Form, nicht Leben ist, auch nicht ein Leben für Gott hervorbringen kann und darum Gott ein Greuel ist. Alles, was tot ist, ist produktionslos, unfruchtbar für Gott. So ist der Mensch selbst „tot in Sünden“ nach Eph. 2, kann nichts für Gott sein noch wirken, denn Gott ist „der lebendige Gott“; gerade insbesondere nach dem Hebräerbrief wird auf das Attribut „lebendig“ viel Gewicht gelegt. (Vgl. obige Antwort!) - Die toten Werke mögen so oder so aussehen, sie mögen auf dem Gebiete der gesetzlichen Religion oder der praktischen Moral liegen - sie müssen als wertlos für Gott erkannt und verurteilt werden, das ist Buße, aus der „der Glaube an Gott“ sich als notwendige Folge ergibt (vgl. auch Mark. 1,14.15) usw. So gehörte die Buße wohl ursprünglich dem A. T. an, aber in dem Vollsinne ihrer wahren Bedeutung konnte sie erst auf dem Boden des N. T. verwirklicht werden, und da geht sie auch uns, die Nationen, an, indem Gott „auch den Nationen Buße zum Leben gab“. (Apgesch. 11,18) Auch wir Nichtjuden müssen diese innere Abkehr von aller toten Form, die Gottes Wohlgefallen nicht haben kann, kennen und üben, ehe wir mit dem lebendigen Gott Gemeinschaft haben können. Unser Gewissen muß gereinigt werden von den toten Werken (Hebr. 9,14), auch wir müssen gelernt haben und immer besser lernen, „der Buße“, d. i. der geistlichen, durch Sein Wort und Seinen Geist gewirkten Sinnesänderung, „würdige Früchte“ zu bringen (Luk. 3,8; Matth. 3,8; Apgesch. 26,20), erst dann werden die Belehrungen der „Vollkommenheit“, des „vollen Wuchses“ (6,1), wie sie der Hebräerbrief enthält, auf einen wohl vorbereiteten Boden fallen und aufgehen und Frucht bringen zur Ehre des „lebendigen Gottes“, dem wir „dienen“ dürfen! (Hebr. 9,14)

Er gebe uns Gnade, die ernsten Belehrungen der Frage auf unsere Herzen anzuwenden, damit wir (noch) mehr „Täter Seines Wortes“ werden! (Jak. 1,22)

F. K.

Die Königin von Scheba und der Kämmerer aus Äthiopien.

(1. Kön. 10; 2. Chron. 9; Apgesch. 8)

In der Königin und in dem Kämmerer finden wir ein Bild von solchen Menschen, die da fühlen, daß ihnen das Höchste und Beste noch fehlt. Beide unternahmen eine weite und mühevolle Reise, um das zu erlangen, wonach ihr suchendes Herz sich sehnte.

Die Königin von Scheba war die Beherrscherin des damals glücklichsten Landes der Welt. Was diese Welt ihr an Macht und Ehre, Reichtum und Glück geben konnte, besaß sie, aber ihr Herz blieb leer. Da hörte sie „den Ruf Salomos wegen des Namens Jehovas“. Salomo war ein Vorbild auf Christus, wie wir dieses aus den Worten des Herrn Jesus (Matth. 12,42; Luk. 11,31) wissen. Das Verlangen der Königin war, Salomos „Weisheit“ zu hören, die sich auf die Erkenntnis und Furcht Gottes gründete. So kam sie von den „Enden der Erde“ nach Jerusalem, um Salomo ihr ganzes Herz zu öffnen, und fand bei ihm mehr, als sie je erwartet hatte. Alle ihre Fragen wurden gelöst, all ihr Verlangen gestillt. Sie schaute Salomos Herrlichkeit, und ihr Herz wurde überströmend mit Friede und Freude erfüllt.

Und wie mit der Königin von Scheba, so war es auch mit dem Kämmerer aus dem Mohrenlande. Seine Seele war leer. Die Götzen seines Landes hatte er von sich geworfen. Nun war er nach Jerusalem gekommen, um dem Gott Israels seine Anbetung zu bringen. Aber in Jerusalem hatte er nicht gefunden, wonach seine Seele dürstete. Warum fand er in Jerusalem nicht das, was die Königin von Scheba gefunden hatte? Als sie kam, war Salomo dort, als er aber kam, war Christus nicht dort. Jerusalem war nicht mehr die Stadt, wo ein Abglanz der Herrlichkeit des HErrn in einem Vorbilde geschaut werden konnte. Er, der HErr Selbst, war dort gewesen, und man hatte Ihn verworfen. Religion war noch dort, aber nicht Christus; Satzungen, herrliche Gebräuche, äußere Gottesdienste konnte man noch finden, aber nicht mehr die Gegenwart des Gesalbten Gottes. Welch ein Unterschied! Dieser Unterschied läßt uns verstehen, warum der Anbeter aus Äthiopien aus demselben Jerusalem, wo die Königin mit überströmender Freude erfüllt wurde, mit unbefriedigtem Herzen hinwegging.

Sein Verlangen aber sollte aus derselben Quelle, die Christus ist, gestillt werden, jedoch nicht wie einst durch Salomo, sondern jetzt durch die Worte des Propheten Jesaja. Auf ödem Wege

zugeführt. Das Verlangen seiner Seele beherrschte ihn so, daß er gar nicht daran dachte, wie seltsam es sei, in der Wüste einem Fremden zu begegnen und von diesem angeredet zu werden. Mit der inneren Begierde nach Errettung seiner Seele und unter der vorbereitenden Wirksamkeit des Geistes Gottes hatte er den Propheten Jesaja gelesen, und nun führte ihm der Geist den Mann zu, der ihm Christus offenbaren sollte. „Philippus aber tat seinen Mund auf, und anfangend von dieser Schrift, verkündigte er ihm das Evangelium von Jesu.“ Da frohlockte in der Tat die Einöde, und das durstige Land wurde zu Wasserquellen. Der Sucher aus fernem Lande, nachdem er das Evangelium gehört und angenommen, „zog seinen Weg mit Freuden“. Die Freude im HErrn übte jetzt auf ihn dieselbe Wirkung aus wie einst auf die Königin von Scheba. Auch ihr Herz hatte nach der wahren Weisheit verlangt, die sie höher achtete als Gold und Silber und köstliche Steine, so daß sie, als sie dieselbe fand, willig den Reichtum ihres Landes dafür hingab. Und nun konnte, als Philippus von dem Kämmerer schied, auch der Äthiopier mit Freuden in sein Land zurückkehren.

Welche Einblicke dürfen wir hier in das Herz unseres Gottes tun, der den Menschen auf ihren verschiedenen Wegen in Seiner Gnade so ganz verschiedenartig begegnet! Die Welt mit all ihrem Glanz und Reichtum hatte das Herz der Königin arm gelassen. Und all die Religiosität, die der Kämmerer in der Stadt und in dem Tempel Jehovas geschaut hatte, hatte ihn nicht glücklich zu machen vermocht. Ja, ohne Jesum, wie arm und dürre bleibt die Seele!

Auf einen Unterschied in diesen beiden Geschehnissen möchte ich noch aufmerksam machen. In dem ersteren tritt uns Christus besonders in Seiner Herrlichkeit entgegen; in dem anderen wird uns Christus mehr in Seiner Erniedrigung und Gnade geoffenbart. In Salomo schaute die Königin von Scheba die Person Christi als den König der Könige in Seiner Herrlichkeit. Jesaja dagegen redete von dem geschlachteten Lamme Gottes. So groß der Unterschied auch war, fanden doch beide in der einen gleichen Person ihr Heil.

In der gegenwärtigen Haushaltung der Gnade findet der Sünder seine Ruhe und alles, dessen er bedarf, in Christo, dem geschlachteten Gotteslamm. Und an dem Tage der Offenbarung der Herrlichkeit Seines Reiches werden die Nationen des kommenden Zeitalters ihre Befriedigung

und Wonne gleichfalls in Ihm finden. Christus bleibt immer die alleinige Antwort Auf alles Suchen und Fragen der Seele, ob als Lamm Gottes auf dem Altar oder als König der Herrlichkeit auf Seinem Thron. Der Sünder zieht fröhlich seine Straße, nachdem er vom Lamm Gottes gehört hat. Und die ganze Schöpfung Gottes wird einst frohlocken in Ihm, von dem geschrieben steht: „Majestät und Pracht sind vor Seinem Angesicht. Stärke und Freude in Seiner Wohnstätte.“ (1. Chron. 16,27) Alle Gebiete der Schöpfung werden die Segnungen jenes Tages spüren, die Tochter Zion und die Nationen mit ihren Königen, Tiere des Gefildes, die Wälder und Wasserfluten. die Berge, die Täler, alle werden auf ihre verschiedene Weise an der allgemeinen Freude teilnehmen und den Frieden genießen, in welchem alles Geschaffene dann ruhen wird. (Ps. 96-98; 148)

Und noch einen anderen Unterschied finden wir. Jetzt am Tage der Gnade ist es der Heiland, der den Sünder sucht. Ein Gewaltiger der Kandace, der Königin der Äthiopier, wurde durch den Diener des Heilandes gesucht und gefunden. - Am Tage der Herrlichkeit muß der König aufgesucht werden. Die Königin von Scheba kam, um dem König in Zion zu huldigen. Ihr Besuch bei Salomo ist auch eine geschichtliche Weissagung auf das Friedensreich Christi. In den prophetischen Schilderungen des messianischen Friedensreiches hieß es: „Die Könige von Scheba und Seba werden Abgaben darbringen. Und alle Könige werden vor Ihm niederfallen, alle Nationen Ihm dienen.“ (Ps. 72,10.11) „Allesamt werden sie aus Scheba kommen, Gold und Weihrauch bringen, und sie werden das Lob Jehovas fröhlich verkündigen.“ (Jes. 60,6)

Wie köstlich ist dies alles! In welch passendem und genauem Zusammenhang steht es miteinander, und welch einen Einblick empfangen wir in die Vollkommenheit der Wege dessen, mit dem wir es zu tun haben! (Hebr. 4,13)

J. G. B. - A. v. d. K.

Kam ER auch zu dir?

Joh. 1,29a

Wer? - Ja, freilich, unser geliebter Herr Jesus! Was muß es für den wackeren, treuen Kämpen Johannes (den Täufer) gewesen sein, als damals der HErr zu ihm kam, um von ihm getauft zu werden! (Matth. 3,13.14) Aber nun kam Er noch einmal zu ihm, und er durfte Ihn als das Lamm Gottes verkünden und tat es an zwei aufeinanderfolgenden Tagen mit herrlichem Erfolg, dessen Segensspuren bis zu uns reichen. (V. 29b u. 35ff.) Doch darüber will ich nichts schreiben, nur fragen will ich:

Ist es nicht kostbare Wirklichkeit, daß Er auch zu uns kommt, auch jetzt noch, zu uns, den Seinen? Er kam einmal in der „Fülle der Zeiten“ in die Welt (Gal. 4,4), und die Welt feiert, wenn auch gar zu oft ohne Verständnis dessen, was sie tut, jene Nacht, die „Weihenacht“, in der Er herniederstieg, um die Menschen zu erlösen; aber heute und alle Tage bis zum Ende dieses Äons können wir es erleben, daß Er auch uns beglückt mit Seiner köstlichen Gegenwart durch Seinen Geist. Und zwar kommt Er gerne dahin, wo „die zwei oder drei in Seinem Namen zusammenkommen“, jene zwei oder drei, denen es über alles geht, zu wissen, wo Er Sich aufhält (Matth. 18,20; Joh. 1,28.39), um dann bei Ihm zu bleiben!

Aber nicht nur dieses, sondern immer wieder können wir, die einzelnen Gläubigen, wie dort Johannes es erfahren, daß Er auch zu uns kommt, um uns - anders als die „Weihnacht“ feiernde tote, religiöse Welt, die dennoch Ihn nicht kennt (Joh. 1,26b!) - Seine heilige Nähe spürbar werden zu lassen.

Wie und wodurch kommt Er denn z. B.? Nun, in Seinem Wort, durch Seinen Geist! Wie oft merken wir, wenn wir unter Seinem Wort sitzen, Sein Kommen, da Er uns ernst und liebevoll bittet, Ihm gehorsam zu sein oder diesen und jenen Dienst in Seinem Namen zu tun! So kam Er zu Philippus in Apgesch. 8,26, und wie gern hörte und tat dieser nach dem an ihn ergangenen Wort! Einst kam Er warnend zu Seinem Petrus (Luk. 22,31ff.), doch der ließ sich nicht warnen, sondern - verleugnete seinen Meister! Der aber ließ ihn nicht im Stich, Er kam wieder zu ihm in jenem Blick (Luk. 22,61), und mit welcher Wirkung! (V. 62) Und dann kam Er zu ihm nach der Auferstehung (Luk. 24,34; 1. Kor. 15,5), und was wird da in der Stille

und da wurde Petrus auch vor den anderen Jüngern wieder in den Dienst gestellt! (Joh. 21) - Lieben wir solches Kommen des HErrn zu uns, Geliebte? Lieben wir es, von Ihm zurechtgewiesen zu werden unter dem Schall des Wortes? Lieben wir es, von Ihm Befehle zu empfangen, um sie zu tun? (Jak. 1,22!) Küssen wir in Dankbarkeit Seine Hände, daß Er Sich soviel Mühe mit uns gibt? Immer kommt Er, auch heute, zu uns in Seinem Charakter als Licht und als Liebe, doch nicht immer mögen wir bereit sein, Ihn zu empfangen, möchten Ihm vielleicht manchmal die Türe weisen wie einem unbequemen Menschen - doch wieviel büßen wir dann ein! Er kommt in mancher Sache gewiß nicht zweimal! Seien wir Ihm doch im Glauben gehorsam aufs Wort wie Abraham, „der Vater der Gläubigen“! (Siehe z. B. 1. Mos. 22,1ff.; vgl. Hebr. 11,8.17!)

Genug davon! „Er sieht Jesum zu sich kommen!“ (Joh. 1,29b) Das kann alle Tage sein, gleichsam alle Tage „Weihnachten“, alle Tage Er mit Seinen Gnadengaben bei dir, bei uns, den Seinen, zu Gast! Wie nehmen wir Ihn auf, Ihn in Seinem Wort? Möge es anders sein, als wie die Welt Ihn aufnahm, als Er einst leiblich herniederkam! (Joh. 1,11!) Wie gut, daß Er zu uns kam, jenes eine Mal! Aber wie gut, daß Er auch heute noch täglich zu denen kommt, die ein offenes Haus, ein offenes Herz für Ihn haben! Hast du es? Haben wir es?

„Komm, o mein Heiland Jesus Christ,

Mein‘s Herzens Tür Dir offen ist!“

Die Gnade mit allen denen, die unseren Herrn Jesus Christus lieben in Unvergänglichkeit!“ (Eph. 6,24) Amen.

F. K.

Erzählen und Darstellen.

Ein Wort der Ermahnung.

(Mark. 5,19; Luk. 8,39)

Der arme Besessene war dem Herrn Jesus begegnet und von Ihm gerettet worden. Sein Wunsch war, nun bei Dem zu bleiben, der ihn so gesegnet hatte. Der HErr aber gebot ihm, daß er nach seinem Hause zurückkehren und den Seinigen verkündigen und erzählen solle, wieviel Gott an ihm getan habe.

Die beiden Worte, die im Markus- und Lukas-Evangelium für „verkündigen“ und „erzählen“ gebraucht werden, sind im Griechischen verschieden. Das Wort in Markus ist „apangello“; in Lukas dagegen „dihegeomai“. Beide Worte können mit „verkündigen“ oder „erzählen“ übersetzt werden. Aber in dem Wort in Lukas ist mehr ein ganzes Wiedergeben - Darstellen - Offenbaren dessen, was Jesus an ihm getan hatte, enthalten.

Wir Gläubigen waren einmal alle so unglücklich wie dieser unbändige Besessene. Eine böse Macht - das Fleisch in uns - beherrschte uns ebenso wie der unreine Geist diesen armen Mann. Gute Vorsätze hatten keinen Nutzen; wir durchbrachen sie wie dieser seine Fesseln. „Gesetzeslehrer“ bemühten sich in ihrer Unwissenheit, uns mit der zehngliedrigen Kette des „Gesetzes Mose“ zu binden. Aber diese Kette erwies sich als „kraftlos“. (Röm. 8,3) Niemand konnte uns bändigen. In der Kraft des „Fleisches“ glichen wir Simson. Die „sieben frischen Stricke“ waren gleich Werg an unseren Füßen, sie vermochten uns nicht von verbotenen Wegen zurückzuhalten. Und die „neuen Seile“ der Besserung glichen dünnen Fäden an unseren Händen, die uns nicht zu hindern vermochten, verbotene Dinge zu berühren. (Richt. 16,7-12)

Entfremdet von Gott hatten wir unseren Verkehr an dem Platze des Todes; und die Grabstätten waren unsere Wohnung. Aber Christus, der Sohn Gottes, begegnete und rettete uns. Sein Name sei ewig gepriesen! Wohl haben wir das Fleisch noch in uns, aber es beherrscht uns nicht mehr. „Der Sohn“ hat uns freigemacht, und nun sind wir „wirklich frei“. (Joh. 8,36)

Als der Besessene geheilt war, war er für immer aus der Gewalt der Legionen befreit; sie empfingen ihr Gericht in dem See. Die Sünde im Fleische ist verurteilt - unser alter Mensch

gerichtet und mitgekreuzigt, als die Wasser des Todes über das Haupt Christi auf Golgatha hinweggingen. Wir sind nun frei und nicht mehr Sklaven der Sünde. Dreierlei wird nun von dem einst Besessenen gesagt: Er „ruhte“ (saß), war „bekleidet“ und „vernünftig“ zu Jesu Füßen.

Dieses ist auch wahr von uns. Auch wir haben „Ruhe“ gefunden. - Ehe wir zum Herrn Jesus kamen, glichen wir dem bösen Geiste, der „dürre Örter“ durchwanderte, Ruhe suchte und nicht fand. Der HErr gab uns Ruhe. Wir waren nackte Sünder, wenn wir auch versuchten, unsere Schande mit Lumpen eingebildeter Gerechtigkeit zu verbergen. Jetzt aber sind wir „bekleidet“ mit Gottes Gerechtigkeit, und wir, die wir einstmals schlimmer waren als Unsinnige („Toren“ nennt uns die Schrift), sind nun „vernünftig“. Christus ist unsere „Weisheit“ geworden. Durch den Glauben an Ihn sind wir weise geworden zur Seligkeit, wenn die Welt auch sagen mag, daß wir den Verstand verloren haben. Nicht unseren Verstand, unser Herz haben wir verloren. Christus gewann es. Und weil wir Ihn lieben, wünschen wir, bei Ihm zu sein, da, wo Er ist. Dies war der Wunsch des einst Besessenen. Auch Paulus wünschte, abzuscheiden und bei Christus zu sein. Dem einst Besessenen wurde dieser Wunsch nicht gewährt; er sollte zurückbleiben und erzählen und offenbaren, was Christus an ihm getan hatte; mit einem Wort, er sollte ein Zeuge für seinen Heiland an dem Platze sein, wo man Ihn nicht haben wollte.

Und wozu sind wir hiergelassen? Warum sind wir nicht gleich Henoch oder Elias gen Himmel genommen worden? Weil auch wir der Welt erzählen und vor der Welt offenbaren sollen, was Christus für uns getan hat und für sie noch tun kann.

Das Offenbaren dessen, was der HErr an uns getan hat, wird oft vernachlässigt. Und doch ist dies von höchster Wichtigkeit. Manche lernen eher davon erzählen, als es in ihrem Wandel zu offenbaren. Sie können mit großer Fertigkeit reden, aber ihr Wandel bezeugt nicht ihre Rede. Ein Kind lernt ebensoschnell gehen, wie es sprechen lernt. Wenn unser Leben nicht stimmt, hat unser predigen wenig Wert. Die Welt wird uns nicht glauben, und unser Reden wird ohne Nutzen für sie sein.

Ein Christ, dessen Leben oftmals nicht mit seinem Bekenntnis übereinstimmte, hörte, wie sein

Gotteslästerung. „O!“ sagte sein Mitarbeiter, „mein Fluchen ist dasselbe wie dein Predigen; wir denken uns beide nichts dabei.“

Teures Kind Gottes, wenn die Welt uns glauben soll, dann müssen wir dem HErrn treu sein. Denke an Lot in Sodom! Als er seine Schwiegersöhne warnte und aufforderte, den Ort des Gerichtes zu verlassen, glaubten sie ihm nicht und kamen in den Flammen um. Gib acht, daß Menschen nicht über dein kraftloses Zeugnis straucheln und in die Hölle gehen!

Bruder, spare deine Worte, solange du nicht aufgehört hast, mit den Ungläubigen lose Reden, albernes Geschwätz und Witzelei zu treiben! Sei nüchtern, besonnen, würdig, ernst! Laß Gerechtigkeit in deinem Leben und in deinem Geschäft gefunden werden, ehe du von der Gerechtigkeit Gottes sprichst! Verbringe deine Zeit nicht mit dem Lesen der Zeitung, wenn du erwartest, daß deine Kinder das Wort Gottes lieben sollen!

Schwester, willst du in der einen Stunde von der frohen Botschaft der Gnade Gottes reden und in der nächsten törichtes Geschwätz führen? Sprich nicht zu denen deines Geschlechtes von den Kleidern des Heils, wenn du deinen sterblichen Leib kleidest wie Babylon, die Hure! Ist dein Mann ungläubig und gehorcht nicht dem Worte, so achte darauf, daß er durch deinen Wandel „ohne Wort“ gewonnen werde! (1. Petr. 3,1.2) Darfst du mit deinem Munde nicht zeugen, so lege Zeugnis durch dein Leben ab!

Laßt uns mit ganzem Herzen der Welt die großen Dinge bezeugen, die der an uns getan hat, den sie verwirft und nicht anerkennen will! Er rettete unsere Seelen und gab unseren Herzen volle Genüge. Laßt uns dies offenbaren durch ein Leben in Gerechtigkeit und Absonderung von der Welt!

Der Erzieher eines spanischen Prinzen zog einmal ein Stückchen hellblaues Band durch das Knopfloch des jungen Prinzen. „Warum tun Sie das?“ fragte der Prinz. „Es soll Dich an Deine hohe Stellung erinnern, damit Du immer bewußt Deinen königlichen Charakter vor der Welt trägst“, antwortete der Erzieher.

Gott hat in Seiner Gnade eine höhere Würde auf uns gelegt. Laßt uns immer gemäß dieser handeln! Wir sind deshalb noch hier gelassen, um Christus in dieser Welt zu offenbaren. Möchten wir es zu Seinem Preise und Seiner Verherrlichung tun! Das Zeugnis unserer Lippen muß mit dem Zeugnis unseres Lebens zusammengehen. Auch das erstere darf nicht fehlen, die Welt könnte sonst unser tadelloses Leben nur für das Ergebnis unserer besonderen Ansichten halten. Laßt uns ihr deshalb das Geheimnis sagen, wodurch die Wandlung in unserem Leben hervorgebracht worden ist!

Schau dir das glückliche Weib aus Samaria an. Sie konnte ihr neugefundenes Glück nicht für sich behalten; sie sprach zu den erstaunten Leuten in ihrer Stadt von Jesus. Ihr Herz war voll; sie konnte nicht anders, ihr Mund mußte von Ihm erzählen. Und wie groß und wunderbar war die Wirkung! „Aus jener Stadt aber glaubten viele von den Samaritern an Ihn um des Wortes des Weibes willen“, und sie bezeugten, sie wüßten, daß dieser „der Heiland der Welt“ sei. (Joh. 4,39.42)

Ein Soldat lag verwundet auf dem blutgetränkten Schlachtfeld. Er blutete aus einer Ader. Keine Hilfe war nahe, und er glaubte, daß er sterben müsse. Da kam plötzlich eine Abteilung Ärzte vorüber. Sie sahen die Gefahr und eilten zu ihm. Bald war die Wunde verbunden und das Leben des Soldaten gerettet. Als der Arzt weitereilte, um anderen Hilfe zu bringen, hörte er den Soldaten mit schwacher Stimme rufen: „Doktor, Doktor!“

„Was wünschen Sie?“ fragte der Arzt.

„Ich möchte Ihren Namen wissen.“

„Warum wollen Sie meinen Namen wissen?“

„O ich möchte meiner Frau und meinen Kinder sagen, wer es ist, der mich gerettet hat“. antwortete der Soldat.

Dies war Dankbarkeit. Mitpilger, machst du es ebenso? Erzählst du es jenen, mit denen du

täglich umgehst, wer dich gerettet hat? Willst du versuchen, dich mit allen möglichen Einwänden zu entschuldigen? Es gibt keine in dieser Sache. Glaube nur, es ist nur eine Frage des Herzens! „Aus der Fülle des Herzens redet der Mund!“

Ich weiß, daß Menschen auch oft treu zum HErrn stehen und dennoch zu schüchtern sind, Ihn zu bekennen; sie fürchten, zu beleidigen, oder denken, sie seien nicht fähig, die Schrift passend genug anzuführen. „Menschenfurcht legt einen Fallstrick.“ (Spr. 29,25) „Die Liebe Christi drängt uns.“ (2. Kor. 5,14) Welches von diesen beiden übt einen größeren Einfluß auf dich aus? Habe Mut, du zaghafte Seele! Sprich ein Wort, wenn sich die Gelegenheit bietet, wenn es auch stockend sein mag! Aber bekenne Den, Den die Welt verachtet und verwirft! Laß es allen bekannt sein, daß du Ihn als deinen HErrn anerkennst und Er dein alles ist, heute und alle Tage, hinein auch ins neue Jahr, ja, bis ans Ende dieser Zeit!

Möge die Liebe Christi unser aller Herz treiben, einer feindlichen und sterbenden Welt zu erzählen und auch durch unser Leben zu verkündigen, was Christus, unser HErr, an uns getan hat!

C. K. (A. v. d. K.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

17. Jahrbuch (1932)

"Nahegekommen!“

„Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahegekommen.“ (Röm. 13,12)

„Die Ankunft des HErrn ist nahegekommen“ (Jak. 5,8)

„Es ist aber nahegekommen das Ende aller Dinge“ (1. Petr. 4,7)

Heiligen des HErrn auf den Anbruch jenes „Tages“! Haben die Schreiber der Stellen sich geirrt, oder hat der „Geist der Wahrheit“, durch den ihnen solche Worte in die Feder gegeben sind, sich etwa geirrt? Wir reden töricht, wenn wir so reden, aber manchem mögen schon solche törichten Fragen gekommen sein, besonders wenn Drangsalshitze und Verfolgungszeiten hereinbrachen. Aber es bleibt für uns bestehen, „daß ein Tag bei dem HErrn ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag“! (2. Petr. 3,8) An solch einem Satz müssen wir immer buchstabieren lernen, damit wir alle „zweifelnden Überlegungen“ (Phil. 2,14) fahren lassen und nicht verzagt werden im Blick auf erwartete Verheißungen. Es ist und sei für uns eine feste unumstößliche Gewißheit: „Der HErr verzieht nicht die Verheißung, ... sondern Er ist langmütig ...!“ (2. Petr. 3,9) Glauben wir nur daran, ich und du, auch du leidgeprüftes Gotteskind! Laßt uns im Vertrauen auf dieses Wort und auf das andere aus Hebr. 10,37: „Denn noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen!“ ruhig und still, aber auch mutig und zielbewußt hineingehen in das irdisch-dunkel vor uns liegende neue Jahr, und laßt uns uns gegenseitig ermuntern, und das um so mehr, je mehr wir den Tag herannahen sehen (nach Hebr. 10,25)! Er kommt! Der HErr und Sein Tag!

„Nahegekommen!“ Das in den oben am Kopf der Betrachtung angegebenen Stellen im Grundtext gebrauchte Wort und die betr. Wortform kommt im Neuen Testament noch einige Male vor, ohne daß ich die diesbez. Stellen etwa behandeln wollte. Nur seien zum Vergleich für die Schriftforscher einige kurz genannt, in denen Wort und Wortform die gleiche ist wie in unseren Stellen: Matth. 3,2; 4,17 u. Par., Luk. 21,8 („die Zeit“, aber vom Feind gesagt!), V. 20 („die Verwüstung“!) „Es ist nahegekommen“ (oder „hat sich genaht“) ist im Grundtext ein Wort.

Die drei angeführten Schriftworte stehen nun anscheinend in einem gewissen Verhältnis zueinander, jedenfalls ist es bemerkenswert, daß die angewandte Wortform in den Briefen - soweit ich sehe - nur in diesen drei Stellen vorkommt. Ähnlich ist nur noch die oben angeführte aus Hebr. 10,25.

Was ist „nahegekommen“? „Der Tag“ - „die Ankunft des HErrn“ - „das Ende“! Diese drei Dinge möchten uns nachstehend ein wenig beschäftigen, und zwar weniger im Blick auf die Lehre von

diesen zu erwartenden Ereignissen selbst als vielmehr darauf, welche Wirkung diese auf uns, die Wartenden, haben sollten, steht doch jede der Stellen in einem sehr ernsten Zusammenhang! Es ist doch eigentlich ganz ohne Frage, daß die Erwartung des HErrn, noch mehr die des „Tages“ - an dem wir offenbar werden vor dem „Richterstuhl Gottes“ und „des Christus“ (vgl. Röm. 14,10 u. 2. Kor. 5,10 mit 1. Kor. 3,13 u. a.!) -, ganz bestimmte heiligende Wirkungen, die unser ganzes Leben umfassen, auslösen und zur Folge haben muß! Tut sie das nicht, dann ist sie - die Erwartung - vielleicht nur eine tote Erkenntnis oder ein Wort ohne Kraft (eine fromme Redensart!) oder gar ein Selbstbetrug! Wie können wir des HErrn Ankunft mit allen ihren wunderbaren Folgen, wie können wir Seinen Tag mit all seinen ernsten Begleiterscheinungen wirklich erwarten und dabei gleichgültig in bezug auf unser äußeres und inneres Leben, gleichgültig etwa auch in bezug auf Seine Gemeinde, gleichgültig auch im Blick auf die Verlorenen dahingehen und wandeln?! Nein, Sein Kommen und das herannahende Ende dieses gegenwärtigen Zeitlaufes muß uns innerlich berühren und auf unser Leben eine sonderliche Kraft ausüben, sonst „betrügen wir uns selbst“, und das ist eine schlimme Sache! In 2. Petr. 3,11.12 steht ein dem Sinne nach ähnliches Wort, wie unsere drei Stellen, und was sagt es uns im Blick auf das Ende, die Auflösung von „diesem allem“? - „Was für welche solltet ihr denn sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit!“ Ja, was für welche!

Geliebte, die Zeitläufte sind ernst auf allen Gebieten, was dies neue Jahr, das politisch schon jetzt „das Schicksalsjahr“ genant wird, uns bringen wird - wir wissen es nicht, aber wir ahnen schwerwiegende Dinge. Jedoch was auch immer kommen mag, noch ehe Er kommt - doch Er kann heute kommen! warten wir auf Ihn? -, eines ist sicher: „Es ist nahegekommen der Tag, die Ankunft des HErrn und das Ende“ - so sagt uns das Wort, nach dem wir uns zu richten haben! Nun also: „was für welche sollten wir dann sein!“

Der HErr gebe uns Licht, unsere Verantwortung im Blick auf jene gewaltigen zukünftigen Ereignisse mehr zu erkennen und ihr besser zu entsprechen, zu Seiner Ehre!

Fortsetzung folgt, s. G. w.!

Henoch.

(Hebr. 11,5.6.)

Laßt uns einige Verse aus Hebr. 11 lesen! Wie erquickend ist es, diese Männer des Glaubens anzuschauen, die Gott uns in Seinem Worte als Vorbilder vor Augen führt! Sie wandelten im Glauben, als sähen sie den Unsichtbaren - den lebendigen Gott. Was Gott sagte, das war ihnen Wirklichkeit. Sie forderten keinen sichtbaren Beweis für die Wahrheit Seines Wortes. Ihnen genügte es, daß Gott es sagte. Wie schwach fühlen wir uns in unserem Glaubensleben diesen Männern gegenüber! Wie wenig ist Gott uns wirklich der lebendige Gott, der noch nicht aufgehört hat, der Erhalter aller Menschen und insonderheit der Gläubigen zu sein. (1. Tim. 4,10) Er hat noch Seine Hand in allen Dingen. Wie unsere Wege auch sein mögen und was auch in der Welt geschieht, die Zügel sind noch in Seiner Hand. Er überwaltet alles.

In Henoch sehen wir einen Menschen, der in dieser Welt mit Gott wandelte. Er ist der erste Mensch, von dem dies in der Schrift gesagt wird. Wir möchten staunen, daß so wenig in der Schrift von Henoch geredet wird, während wir doch über David, über Salomo und andere soviel berichtet finden. Nur viermal wird in dem Heiligen Buche Henochs Name genannt. Zuerst in 1. Mos. 5,18-24, wo uns in knappen Worten sein Leben berichtet wird, dann wird sein Name im Geschlechts-Register des HErrn in Luk. 3,37 gefunden, sodann in Hebr. 11,5 und zuletzt in Jud. 14.15. Das ist alles, was wir von Henoch in der Heiligen Schrift lesen. Die Länge seines Lebens betrug 365 Jahre. O, sagst du, ein langes Leben! Wenn wir uns aber erinnern, daß die Menschen vor der Sintflut ein fast tausendjähriges Alter erreichten, dann müssen wir sagen: ein sehr kurzes Leben!

Von seinem 65. Lebensjahre ab, lesen wir, wandelte Henoch mit Gott. Welch ein bedeutungsvolles Jahr muß dieses Jahr gewesen sein! Wunderbarer Tag, als er anfing, mit Gott zu wandeln! Dieser Tag war der Wendepunkt in seinem Leben, den wir in dem Sinne des Neuen Testamentes wohl als den Tag seiner Bekehrung bezeichnen können. Die Schrift sagt uns nichts

Näheres über seine Bekehrung, aber sie berichtet uns das aus seinem Leben, was durch die Bekehrung bewirkt wird, nämlich, daß er nach dem Verlauf von 65 Jahren anfing, mit Gott zu wandeln. Eine völlige Wandlung fand in seinem Leben statt. Von jetzt an stand sein Leben im Gegensatz zu dem Leben seiner Zeitgenossen. Diese wandelten nicht mit Gott, und so konnte er von nun an nicht mehr mit ihnen wandeln. Sein Weg wurde einsam. Und wenn wir mit Gott wandeln, so wandeln wir abgesondert von dieser Welt. Ist das ein einsamer Weg? Nein, niemals! Wohl macht er uns einsam in bezug auf die Freundschaft der Welt, aber wir wandeln mit Gott, in der Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn, und haben Gemeinschaft mit allen, die im Lichte wandeln.

Brüder, wie steht es mit uns in bezug auf den Wandel mit Gott? Wenn wir nach den Grundsätzen dieser Welt und nach den Gewohnheiten der Menschen wandeln, so wandeln wir nicht mit Gott. Mit Gott wandeln heißt: in Übereinstimmung mit Ihm zu sein. Henoch verließ den Weg seiner Zeitgenossen und wandelte nach dem Willen Gottes. Wie verschieden mußte sein Leben von dem Leben seiner Zeitgenossen sein, denn sie waren „Gottlose“, die „gottlos“ die „Werke der Gottlosigkeit“ verübten! So werden sie uns in Jud. 15 gekennzeichnet. Wie einsam unser Weg im Blick auf den Verkehr mit dieser Welt auch sein mag, er ist doch ein Weg des Segens, des Friedens und der Freude - ein Weg, auf dem wir das Zeugnis empfangen, Gottes Wohlgefallen zu besitzen.

Henoch empfing vor der Entrückung das Zeugnis, daß er Gott wohlgefalle. Es wird uns nicht gesagt, in welcher Weise er dieses Zeugnis empfing. Die Schrift berichtet nichts darüber, aber sie sagt uns, daß er das Zeugnis vor seiner Entrückung gehabt habe. Er muß es also in einer nicht mißzuverstehenden Weise empfangen haben. Glücklich der Mann, dem Gottes Geist nicht nur Zeugnis gibt, daß er ein Kind Gottes ist, sondern auch das Zeugnis, daß sein Werk und seine Wege Gott wohlgefallen! Als Henoch mit Gott wandelte, hatte er das Zeugnis, daß er Gott wohlgefalle. Gott gab es ihm, und Gott gibt es uns, wenn wir im Glauben wandeln. Gefällt unser Wandel Gott wohl? Welches Zeugnis gibt Sein Geist uns? Wie ernst sind diese Fragen!

„Durch Glauben ward Henoch entrückt, damit er den Tod nicht sehen sollte, und er wurde nicht

gefunden, weil Gott ihn entrückt hatte, denn vor der Entrückung hat er das Zeugnis gehabt, daß er Gott wohlgefallen habe.“ (Hebr. 11,5) Ohne allen Zweifel wußte Henoch vor seiner Entrückung, daß Gott ihn entrücken wolle, damit er den Tod nicht sehen sollte. Auch Elia und Elisa wußten es zuvor, daß Gott den Elia gen Himmel entrücken wollte, denn ehe dieses geschah, sagte bereits Elia: „Wenn du mich sehen wirst, wie ich entrückt werde ...“ (2. Kön. 2,10, Menge-Übers.) Meinst du, daß Henoch nicht Gottes Absicht, ihn zu entrücken, wußte? Und hat Gott Geringeres mit uns vor? Wissen wir, daß wir dem HErrn entgegengerückt werden sollen in Wolken in die Luft? Welche Wirkung hatte dieses Bewußtsein auf Henoch? Sein Sinn war jetzt auf das gerichtet, was droben ist. Er wandelte mit Gott und wartete im Glauben auf den Tag seiner Entrückung. Sein Herz begehrte nichts mehr von den Dingen dieser Welt. Sein Leben, seine Freude, sein Glück waren, seinem Gott wohlzugefallen. O, daß es auch bei uns so sei!

Gott hatte Wohlgefallen an Henoch, und Gott hielt nicht zurück, ihm dies zu bezeugen. Welche Freude mußte das Bewußtsein des Wohlgefallens Gottes in Henochs Herz auslösen, aber andererseits auch, wie mußte seine Seele das Wesen dieser Welt gottwidrig empfinden! Und so wird es auch mit uns sein. Wenn wir das Wohlgefallen Gottes genießen, dann empfinden wir erst recht, welch einen Abscheu Gott vor den Dingen dieser Welt haben muß, die schon unserem Herzen zuwider sind. Können wir uns darüber wundern, daß Henoch diese Welt verurteilte und ihr das Gericht ankündigte? Er sieht den HErrn schon kommen „inmitten Seiner heiligen Tausende“, das Gericht über alle Gottlosen auszuführen. Einmal nahm Gott durch die Flut die Gottlosen hinweg und später nochmal einen Teil derselben durch das Feuer, welches auf Sodom und Gomorra herabfiel. Das Geschlecht der Gottlosen ist heute noch da. Ja, der Mensch rühmt sich heute nicht nur, „gottlos“ zu sein, der Name „Gottloser“ ist heute schon zum Bekenntnis geworden. Nie ist Christus, der Sohn Gottes, so verworfen, verachtet und der Heilige Geist verlästert worden wie in unseren Tagen! Aber das Gericht kommt sicher über all die „gottlosen Sünder“, die in harten Worten „wider Ihn geredet haben“.

Henoch wandelte inmitten dieser „Gottlosen“ mit Gott, schaute im Glauben nach der Stunde seiner Entrückung aus und bezeugte der Welt das kommende Gericht. Und dann kam für ihn

plötzlich der herrliche Tag seiner Entrückung. „Er wurde nicht gefunden.“ Wie nahe mag der Tag sein, an dem auch wir dem HErrn entgegengerückt werden in Wolken in die Luft! Laßt uns bis dahin Nachahmer Henochs sein!

Wir erwähnten schon, daß Henochs Name im Geschlechtsregister des HErrn aufgeführt wird. Es ist köstlich, seinen Namen mit dem Namen des Herrn Jesus verbunden zu finden. Wohl uns, wenn unser Name mit Seinem Namen verbunden ist und Er Sich nicht schämt, uns Seine Brüder zu nennen!

Möchte Henochs Leben uns ermuntern zum Wandel mit Gott! Ihn in einer gottlosen Welt zu bekennen und Zeugnis von Seiner Gnade und von dem kommenden Gericht abzulegen! „Das Ende aller Dinge ist nahe gekommen.“ Laßt uns die Zeit auskaufen! Nicht mehr lange haben wir Gelegenheit, Ihm in dieser Welt, wo Er verworfen ist, durch ein Leben des Glaubens wohlzugefallen.

A. v. d. K.

Im Schatten Seiner Flügel.

Die Gewißheit in schweren Tagen, unter dem Schutze unseres großen und liebenden Gottes zu stehen, Seiner Vatertreue vertrauen zu dürfen, auch wenn die Wolken am Horizont immer dunkler und drohender werden, ist ein starker und auch der beste Trost für unsere Herzen. In dem Schatten und unter dem Schutze Seiner Flügel können wir uns bergen. Da vermag das arme Herz stille zu werden, Not oder auch Unrecht, die uns auf dem Pfade begegnen, müssen dem freudigen Bewußtsein weichen, daß wir hier geborgen sind. Die Güte und Huld unseres Hirten folgen uns alle Tage unseres Lebens. Bei Ihm finden wir für alle Lagen, alle Umstände ein Herz, das uns versteht und uns mit weiter, unermüdlicher Liebe umschließt.

Es gibt gar viele Stellen im Worte Gottes, die von dem „Schutze der Flügel“ sprechen, besonders die Psalmen sind reich daran. Und da ist es vielleicht gut, wenn wir uns die

dieser kostbare Gegenstand unserem Herzen noch teurer werde. Das Forschen in der Schrift ist stets ein großer Gewinn; wenn es dann ins praktische Glaubensleben übertragen wird, wenn die Wahrheiten, die wir erfahren, zu unserem Herzen sprechen, dann ist das Nachsinnen über die Gedanken Gottes von dem Nutzen, den Gott Selbst uns wünscht.

Ganz allgemein stellen die Flügel in der Heiligen Schrift ein Sinnbild der Macht dar, sei es einer richtenden oder häufiger einer bewahrenden Macht. So kennzeichnen z. B. Stellen wie Jes. 8,8, Jer. 48,40 und 49,22 die Heeresmacht Assyriens zum Gericht über Juda in künftigen Tagen der Drangsal oder die Macht Nebukadnezars zum Gericht über Moab und Edom. Vor allem aber bilden die Flügel das Symbol der göttlichen Macht. Das Rauschen der Flügel der lebendigen Wesen und der Cherubim ist wie die Stimme Gottes, des Allmächtigen (Hes. 1,24; 10,5), einer Stimme, die durch den Mund des Propheten Gericht über Israel aussprechen muß. Auch in 2. Sam. 22,11, Ps. 18,10 und Ps. 104,3 sind die „Fittiche des Windes“ Bilder der richtenden göttlichen Gewalt.

In besonderer Weise aber versinnbildlichen die Flügel die schützende Macht, die Gott für Seine Geliebten entfaltet. In der Wüste tragen die Flügel Seiner Macht: Auf Adlers Flügeln hat Jehova Israel getragen und zu Sich gebracht. (2. Mose 19,4) „Wie der Adler sein Nest aufstört, über seinen Jungen schwebt, seine Flügel ausbreitet, sie aufnimmt, sie trägt auf seinen Schwingen: So leitete ihn Jehova allein, und kein fremder Gott war mit ihm.“ (5. Mose 32,11.12) Israels erster Weg durch die Wüste stand unter dem Zeichen solcher Obhut. Die Allmacht Gottes trug Seine Kinder auf Adlerschwingen, enthob sie den Feinden auf der Erde und brachte sie sicher ans Ziel.

Im Lande entfaltet sich die Macht der Flügel in beschirmender Weise. Sie wird dann notwendig, wenn der Feind droht, wenn Gerichte nahen oder bereits hereingebrochen sind. Als der Herr Jesus auf diese Erde kam, wollte Er Israels Schirmherr sein. Zu Ihm sollte Jerusalem Zuflucht nehmen, denn Er war gekommen, das Reich des Segens aufzurichten und das Volk in diese Segnungen einzuführen. Die Feinde Israels hätten den Plan räumen müssen. Aber die Kinder Jerusalems haben nicht gewollt. „Wie oft“, klagt der HErr, „habe Ich deine Kinder versammeln

wollen, wie eine Henne ihre Küchlein versammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“ (Matth. 23,37; Luk. 13,34) Sie verwarfen ihren Beschützer und schlugen Ihn durch die Hand derselben Feinde, von denen Er allein sie hätte befreien können, ans Kreuz.

Ihr Haus wird ihnen überlassen, ja, es wird öde gelassen. (Luk. 13,35; Matth. 23,38) Die Juden bleiben ihrer Verstocktheit und schließlich ihrem Gericht überantwortet. Jerusalem, ihre Stadt, wird zerstört. Diese Zeit des Gerichts ist noch nicht abgeschlossen, sie wird in der kommenden Drangsal erst ihren Höhepunkt erreichen. Zuvor kehren die Juden ins Land zurück. Dort finden wir sie im ersten Buch der Psalmen. Das öde gelassene Haus wird wieder bewohnt, aber die Masse des Volkes verharrt im Unglauben. Nur der gläubige Überrest hält sich an seinen Gott: „Menschenkinder nehmen Zuflucht zu Seiner Flügel Schatten.“ (Ps. 36,7) Der Glaube, der hier spricht, erhebt sich in anderen Psalmen bis zu der Höhe der Gefühle des HErrn Selbst, der während Seines Wandels auf Erden in die Leiden des Überrestes einging und sie in höherer, vollkommener Weise durchlebte. So ruft Er durch den Mund des Psalmisten, wie einst der Überrest rufen wird: „Bewahre Mich wie den Augapfel im Auge, birg Mich in dem Schatten Deiner Flügel.“ (Ps. 17,8) Sein Vertrauen beruhte in völligem Gehorsam, in Gerechtigkeit inmitten der Feinde (das ist der Gegenstand des 17. Psalms) auf Gott, auf den Er, als vollkommener Mensch betrachtet, von Mutterschoße an geworfen war. Die Liebe des Vaters begleitete den Weg des Sohnes, der durch Leiden führte.

Das zweite Buch der Psalmen führt uns in die Drangsal und Leiden der Vertriebenen. Der Antichrist erweist sich in Jerusalem als Feind der gläubigen Juden und vertreibt einen Teil des Überrestes in die Wüste. Satan, die alte Schlange, verfolgt das fliehende Weib, das uns in Offenb. 12 diese Gläubigen aus Israel darstellt. Dem Weibe werden die zwei Flügel des großen Adlers gegeben, auf daß sie in die Wüste fliege. (Offenb. 12,14) Jehova Selbst nimmt Sich Seiner Getreuen an. Wie Er einst ihre Väter auf Adlers Flügeln getragen, so wird Er es wiederum am Ende der Tage tun. Wunderbares Bild! Seine beschützende Macht ist es, die die Geliebten den Angriffen des Feindes enthebt.

So muß sich der Überrest einen kleinen Augenblick verbergen. (Jes. 26,20) Aber er nimmt

Zuflucht zu Gott: „Ich will Zuflucht nehmen zu dem Schatten Deiner Flügel, bis vorübergezogen das Verderben.“ (Ps. 57,1) Stufenweise wächst das Vertrauen, erhebt sich der Glaube: „Ich werde weilen in Deinem Zelte in Ewigkeit, werde Zuflucht nehmen zu dem Schutze Deiner Flügel“ (Ps. 61,4), ja, die Gewißheit steigert sich zu dem Ausruf: „Ich werde jubeln in dem Schatten Deiner Flügel.“ (Ps. 63,7) In der Tat ein herrlicher Glaube, der in einem dürren und lechzenden Lande ohne Wasser weiß, daß der Lobgesang, der Gottes noch schweigend harrt, bald in Herrlichkeit zu Jerusalem ertönen wird. (Ps. 63,1; 65,1)

Es ist wie ein Erinnern an die Adlerflügel, die getragen bis an den Zufluchtsort, und ein Vorausschauen in die sichere Zukunft der Gegenwart Gottes. Solcher Glaube muß uns beschämen. Wie oft verzagen wir in den Nöten und Schwierigkeiten der gegenwärtigen Zeit! Wie schauen wir bang in die Zukunft und erhoffen von äußeren Dingen Besserung der Lage! Warum nehmen wir nicht lieber Zuflucht zu dem Schatten Seiner Flügel? Hat Gott nicht auch uns wie auf Adlersflügeln bis hierher getragen und uns täglich Seine liebende Fürsorge geoffenbart? Er wird uns auch weiter helfen. Unser banges und verzagtes Herz darf getrost sein. Wir dürfen jubeln in dem Schatten Seiner Flügel, Seine Macht wird uns tragen bis in die Wohnungen des Vaterhauses, die weit schöner sind als die Zelte, in denen das irdische Volk Gottes einst wohnen wird. (Ps. 61,4) Der Herr Jesus hat sie uns Selbst bereitet, und wir werden dort aller Kämpfe, aller Müdigkeit des Weges für ewig enthoben sein.

Th. Bu.

Ist es ein Unrecht, wenn ...?

Junge Kinder Gottes fragen zuweilen, ob sie wohl hier oder dorthin gehen, dies oder jenes tun dürfen. Sie fragen, ob es ein Unrecht sei, Kino und Theater zu besuchen, Karten zu spielen, zu tanzen, zu rauchen usw.

Es ist wahr, die Schrift gibt uns kein bestimmtes: „Du sollst“ oder „du darfst nicht“ in diesen Dingen. Aber wir haben dennoch reichlich Unterweisung und klare Leitung darüber, wie das

Benehmen eines Kindes Gottes in dieser Welt sein soll. Wir sollen Gottes „würdig“ wandeln (1. Thess. 2,12), d. h. alle Dinge, die wir tun, sollen in Übereinstimmung mit dem Charakter Gottes sein. Welche von den oben genannten Dingen sind in Übereinstimmung mit Ihm und Seinem Wesen? Uns wird gesagt, nicht „dieser Welt gleichförmig“ zu sein, noch „die Welt zu lieben“, sondern himmlisch gesinnt zu sein, d. h., unser Sinn soll auf das gerichtet sein, „was droben ist“. (Röm. 12,2; 1. Joh. 2,15.16; Kol. 3,1.2) Wenn wir nun jene weltlichen Dinge tun, wie können wir dann diesen Worten unseres Gottes gehorsam sein? Als Petrus mit den Ungläubigen zusammensaß und mit ihnen sich an ihrem Feuer wärmte, da geschah es, daß er den HErrn verleugnete. (Luk. 22,54-62) Verlaß dich darauf, wenn du dich mit den Ungläubigen zusammensetzest, um dich an ihrem „Feuer“ zu wärmen, dann hast du den ersten Schritt, der abwärts geht, getan. (Ps. 1,1)

Weiter, wenn du dein Haus verläßt, um ins Theater oder ins Kino zu gehen, kannst du dann niederknien und Gott bitten, durch das, was du sehen und hören wirst, deine Seele zu segnen? Kannst du dich dort an deinen Nachbar wenden und mit ihm über das Heil seiner Seele reden? Fühlst du nicht, daß das ganz unpassend und nicht am Platze wäre? Welche Kraft sollten dort wohl deine Worte haben? Könntest du beim Kartenspiel deine Bibel zur Hand nehmen und mit Freuden ein Gespräch über den Herrn Jesus führen? Nein, diese Dinge sind „von der Welt“. Sie mögen dem Fleische gefallen, aber sie dienen nicht deiner geistlichen Natur, und darum möchte der HErr dich davor bewahren und davon frei machen.

Noch etwas anderes. Nimm an, einer deiner Freunde wäre in Sorge um sein Seelenheil, er verlangt in seiner Not nach geistlicher Hilfe. Würde er (oder sie) zu einem Gotteskinde gehen, welches auf der Grenzlinie mit der Welt lebt? Oder würde er einen Christen aufsuchen, der getrennt von der Welt ganz dem HErrn lebt? Sage, was möchtest du sein? Möchtest du unentschieden hinken nach beiden Seiten? Dann wirst du in dieser Welt unglücklich und in jener deinen Lohn verlieren. Oder möchtest du furchtlos für Gott in dieser Welt stehen, die Seinen geliebten Sohn verwirft, und dann einen reichlichen Eingang in Sein himmlisches Reich haben?

Laß deine Bekanntschaft wissen, daß du durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus ein

Kind Gottes geworden bist! Pflege die Gemeinschaft mit dem Volke Gottes, nimm teil an den Gebetsversammlungen, versäume nicht die Stunden der Wortbetrachtung und alle sonstigen Zusammenkünfte der Gläubigen! Je entschiedener du völlig und ganz für deinen HErrn eintrittst, um so mehr wird Seine Liebe dein Herz erfüllen und in deinem Leben widerstrahlen.

R. W. C.

Da wir nun diese Verheißungen haben, Geliebte, so laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ (2. Kor. 7,1)

Sorget nicht, lobet!

Besorgt blickt' ich ins Weite,

Das Herz mit Leid beschwert.

Ein Vöglein auf dem Dache,

Das hat mich still belehrt:

„Ich wohne unterm Himmel,

Kann sä'n und ernten nicht,

Kann sammeln nicht in Scheunen,

Doch nährt dein Vater mich!

Du bist doch so vorzüglich,

Bist Gottes wertes Kind!

Kurz meine Tage sind.

Doch lob' ich meinen Schöpfer

Aus voller Kehl' mit Lust!

Sag', gab Er dir nichts Gutes,

Daß du so schweigen mußt?“

Drum auf, mein traurig Herze,

Die Sorgen wirf auf Ihn!

Laß' schallen Lob und Danken

Zu deinem Vater hin!

(D.)

Frage und Antwort

Frage 1:

Muß man aus 1. Kor. 7,19 schließen, daß „das Halten der Gebote Gottes“ auch für uns, die wir nicht auf dem Boden des Gesetzes, sondern der Gnade stehen, verpflichtend sei?

Antwort A

Vor Jahren hörten wir, wie ein aus Amerika stammender Doktor der Theologie in einer in Wien stattfindenden Versammlung folgendes aus seiner Studentenzeit, als er sich noch im Predigerseminar befand, erzählte. Der Professor gab den Studenten die Aufgabe, einen Aufsatz

über eine bestimmte Lehre oder Theorie zu schreiben, in dem sie Beweise hervorbrächten, um irgend eine Ansicht zu begründen. War das nun getan, wurden sie angefordert, einen zweiten Aufsatz zu verfassen und die entgegengesetzte Meinung zu vertreten, also ihr erstes Werk umzustoßen und für die widersprechende Seite stark einzutreten! Das sollte wohl zur Entwicklung des Gehirns und zur Schärfung des natürlichen Verstandes dienen, wenn auch ein solches Verfahren nicht gerade zur Befestigung in den unumstößlichen wahrhaftigen biblischen Grundsätzen beitragen dürfte! Wir könnten uns nun niemals denken, daß Paulus etwas so Albernes anfangen würde, einmal das Geben des Gesetzes als „den Dienst des Todes“ zu bezeichnen, dessen Herrlichkeit eine verschwindende sei, und dann gleich nachher für das Halten des Gesetzes einzutreten! Nein, gewiß vertrat der Apostel nicht beide Seiten und hüpfte nicht wie ein lebhaftes Vögelchen von Zweig zu Zweig im Baum! Bei ihm war das Ja - ja und das Nein - nein, geradeso unwandelbar wie die Verheißungen Gottes in Christo Jesu. 2. Kor. 1,17-20. Wäre es möglich, zu denken, daß er einmal sich so stark ausdrücken könnte, zu behaupten, daß man von dem Christus abgetrennt sei und aus der Gnade gefallen, wenn man im Gesetz Rechtfertigung sucht (Gal. 5,4), während er dann ein anderes Mal das Halten des Gesetzes preist? Sicher: Dem Apostel war das Ziel in seinen Episteln an die verschiedenen Gemeinden überhaupt nicht, die Gläubigen in Erstaunen zu setzen durch seine geschliffene Polemik oder durch seine Geschicklichkeit, unwiderstehliche Beweise zu liefern dafür, daß weiß schwarz sei! Vielleicht pflegten die griechischen Philosophen in ihren Schulen das zu tun, um den donnernden Beifall ihrer Zuhörer zu ernten, aber ein Diener des gekreuzigten Heilandes, dessen Rede verächtlich sein konnte, versucht niemals, die Ohren der Zuhörer mit Spitzfindigkeiten zu kitzeln.

Wenn Paulus in 1. Kor. 7,19 andeuten will, daß wir, die wir auf dem Boden der Gnade stehen, das Gesetz zu halten verpflichtet sind, so hat er sich selbst in einem und demselben Atemzug widersprochen, denn er behauptet, daß die Beschneidung nichts ist! Und sie war doch ein unentbehrlicher Bestandteil des Gesetzes, mit ihr fing ein jeder Israelit sein als zum Bundesvolk Gottes gehörendes Leben an. Unmöglich ist es, zu denken, daß Paulus mit der einen Hand die Beschneidung einfach als null und nichtig beiseite schiebt und mit der anderen

„das Halten der Gebote Gottes“ schrieb, garnicht das „Gesetz Moses“ im Sinne hatte und gar nicht daran dachte.

So behaupten wir, daß das Halten der Gebote Gottes für uns verpflichtend sei, aber die Gebote Gottes, wovon hier die Rede ist, sind weder die zehn Gebote, auf steinerne Tafeln geschrieben, noch das Gesetz im allgemeinen, sondern es sind die Belehrungen und Unterweisungen des HErrn und Seiner durch den Heiligen Geist inspirierten Apostel im Neuen Testament. Wohl wird das „Recht des Gesetzes“ in uns erfüllt, die nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste wandeln (Röm. 8,4); doch geschieht das auf einer viel höheren Stufe, und nicht wie die Galater verleitet wurden, es zu versuchen, nämlich „im Fleische zu vollenden, nachdem sie im Geiste angefangen“ hatten. (Gal. 3,3)

Wir möchten nun einiges aus dem Neuen Testament schöpfen als Beispiel, um zu zeigen, daß die Gebote Gottes etwas anders sind als das Gesetz, welches wir in den fünf Büchern Moses haben. In jener dunklen Nacht, als der HErr verraten wurde, sagte er so ernst zu den Seinigen: „Wenn ihr Mich liebet, so haltet Meine Gebote“. (Joh. 14,15) Niemand denkt, daß der HErr unter den Worten „Meine Gebote“ das Gesetz meint, denn im Kap. 15,25 gebraucht Er den Ausdruck: „Ihr (der Juden) Gesetz“, und damit zeigt Er selbst den Unterschied. In Kap. 15,10-12 redet der HErr wiederum von den Geboten Seines Vaters und von Seinem Gebot, daß Seine Jünger einander lieben sollen. Nach Seiner Auferstehung, gerade bevor Er gen Himmel fuhr, befahl Er den Seinigen, hinzugehen und aus allen Nationen Jünger zu machen und sie zu belehren, alles zu bewahren, was Er geboten hatte; das bezieht sich gewiß nicht auf das Gesetz. (Matth. 28,19.20) Johannes in seiner Epistel 5,2.3 schreibt: „Hieran wissen wir, daß wir die Kinder Gottes lieben, wenn wir Gott lieben und Seine Gebote halten. Denn dies ist die Liebe Gottes, daß wir Seine Gebote halten, und Seine Gebote sind nicht schwer.“ Nun wissen wir, daß Petrus bei der großen Gemeindezusammenkunft zu Jerusalem behauptete, daß das Gesetz ein Joch sei, welches weder die Apostel noch ihre Väter hatten tragen können. (Apg. 15,10) Es ist einleuchtend, daß Johannes und Petrus sich nicht widersprachen, sondern sie redeten von zwei verschiedenen Sachen. Das Gesetz war schwer, und die Gebote Gottes sind nicht schwer, gerade so wie das Joch Christi, welches wir auf uns nehmen sollen, sanft ist und Seine Last

leicht. (Matth. 11,30)

Paulus gab den Korinthern genaue Belehrungen und geistliche Unterweisungen über die Zusammenkünfte der Gemeinde, die leider heutzutage vielfach ignoriert werden, und am Ende dieses Unterrichts fügt er hinzu: „Wenn jemand sich dünkt, ein Prophet zu sein oder geistlich, so erkenne er, was ich euch schreibe, daß es ein Gebot des HErrn ist“. (1. Kor. 14,37) Dies alles gehört zum Halten der Gebote Gottes, wovon die Rede ist in der Frage, welche wir jetzt zu beantworten versuchen; denn göttliche Anordnung über eine Zusammenkunft einer Gemeinde des HErrn findet man überhaupt nicht im Gesetz, obwohl Paulus sich auf das Gesetz berief, als er Befehle gab in bezug auf die Stellung des Weibes in einer solchen Zusammenkunft, und sicher tat er das unter der Eingebung des Heiligen Geistes, indem er den Anspruch Gottes in 1. Mose 3,16 im Sinne hatte, denn das Gesetz ist vor allem der Inhalt der fünf Bücher Moses, und nicht nur das, was Gott Mose auf dem Berge Horeb gab.

Wieviele praktische Belehrung haben wir doch sowohl in den Evangelien als auch in den Episteln; und zwar über die Stellung der gläubigen Seele zu Gott, zu ihren Mitgläubigen und zur Welt, und das alles ist doch erhabener als die Forderungen des Gesetzes. Diese vielseitige Belehrung ist bindend sowohl für den einzelnen Gläubigen als auch für die gesamte Gemeinde. Die Gläubigen aber sind nicht verpflichtet, das Gesetz zu halten, sonst hätte der Apostel niemals schreiben können, daß „die Beschneidung nichts“ sei! Es ist jedoch die Pflicht und die Verantwortung der Heiligen, Gottes Wort zu erforschen, damit sie die Gebote Gottes erkennen. Es ist nötig, daß „sie verwandelt werden durch die Erneuerung des Sinnes, damit sie prüfen mögen, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes sei“ (Röm. 12,2), denn der Wille Gottes liegt nicht gerade immer offenbar an der Oberfläche. Von Esra steht es geschrieben, daß er sein Herz darauf gerichtet hatte, das Gesetz Jehovas zu erforschen und zu tun und in Israel Satzung und Recht zu lehren (Esra 7,10); er ist in dieser Hinsicht mustergültig für uns. Die Gläubigen sollten ihr Herz darauf richten, das Wort Gottes zu erforschen, um die Gebote Gottes zu erkennen und zu befolgen; sonst ist man in Unwissenheit über Gott, und ist geneigt, sich zu richten nach Menschengeboten, und dann nimmt man eine gar verkehrte Stellung diesem Zeitlauf und seinen vermeintlich edlen Bestrebungen gegenüber ein, und die

Gebote Gottes werden gänzlich außer acht gelassen, obwohl man zu gleicher Zeit sich einbildet, daß man fast ein fehlerloser Christ sei! Die Bewahrung der richtigen gottgefälligen Stellung diesem bösen Zeitalter gegenüber gehört sicher doch zur Befolgung Seiner Gebote.

Wenn man also zur Klarheit gekommen ist, daß man nach Röm. 7,4 „dem Gesetze getötet ist durch den Leib des Christus“ und daß die Gläubigen „nicht unter dem Gesetze, sondern unter der Gnaden sind, so soll man nicht denken, daß man ein lockeres und zuchtloses Leben führen oder sich gebärden dürfe wie ein unbändiges Kind. Verpflichtet sind die Gläubige, den Geist des Gehorsams zu pflegen, aber das ist etwas Freiwilliges und nicht eine erzwungene Sache, indem man aus Herzensliebe zum HErrn sich darin ergötzt, mit Eifer Seinen kleinsten Wunsch zu erfüllen, nachdem Er durch Seine unendliche Liebe das Herz und die Treue der Seinigen gewonnen hat. Jakobus schreibt: „Wer in das vollkommene Gesetz, das der Freiheit, nahe hineingeschaut hat und darin bleibt, indem er nicht ein vergeßlicher Hörer, sondern ein Täter des Werkes ist, dieser wird glückselig sein in seinem Tun“. (Jak. 1,25) Ja, wir dürfen behaupten, daß die Gebote Gottes für uns Gläubige in diesem Haushalt das vollkommene „Gesetz der Freiheit“ bilden. Die Gebote Gottes mochten nicht mit der Peitsche oder mit der Strafe drohen, wie das mit dem Gesetz Moses war, sondern sie rechnen auf unsere Liebe und Anhänglichkeit zum HErrn. Diese Gebote wirken in den Herzen der Gläubigen, wie die Gelüste Davids, getränkt zu werden mit Wasser aus der Zisterne von Bethlehem, in den Herzen seiner Knechte wirkte. Drei Helden brachen durch das Lager der Philister, schöpften Wasser und trugen es zu David. (2. Sam. 23,13-17) Was der HErr sagt, tut man so gern aus Liebe zu Ihm, man redet sich nicht heraus mit der oberflächlichen Bemerkung: „Dies oder jenes ist nicht notwendig“; vielleicht nicht zur Errettung der Seele, aber ein Kind Gottes, dessen Herz von Christo bewohnt wird, das in der Liebe gewurzelt und gegründet ist, spricht nicht so, denn wenn man so spricht, so schaut es aus, als ob man nur so wenig Gehorsam wie möglich dem HErrn leisten wolle.

So sind wir nicht nur verpflichtet, die Gebote Gottes im Neuen Testament zu halten, sondern wir finden unsere Freude darin, sie zu beobachten und zu bewahren, und das nicht bloß, um dem Buchstaben zu genügen, sondern um nach dem Geist derselben zu wandeln. „Durch sie wird

der Knecht Gottes belehrt, und im Beobachten derselben ist großer Lohn.“ (Ps. 19,11)

F. Btch.

Anmerkungen des Schriftleiters

Unser lieber Mitarbeiter hat die Frage in der ihm, wie selten jemandem, eigenen praktischen Weise beantwortet, und ich hoffe, daß man mir beipflichtet, wenn ich sage, daß diese Antwort „den Nagel auf den Kopf trifft“. Dazu noch einige Bemerkungen:

Es ist ein großer Schade, besonders durch die Bemühungen der sabbatarischen Irrlehrer hervorgerufen und genährt, daß treue Christen so leicht und oft die im N. T. enthaltenen Ausdrücke „Gebote des HErrn“ oder „Gebote Gottes“ verwechseln mit dem (alttestamentl.) „Gesetz der Gebote in Satzungen“ (Eph. 2,15) oder daß sie „die Handschrift in Satzungen“ nach Kol. 2,14 noch als bindend für sich ansehen, wenn sie lesen, daß wir die „Gebote des HErrn“ (oder „Gottes“ - je nach dem Zusammenhang: einmal ist Gott als der Urheber bezeichnet, ein anderes Mal gehen sie vom HErrn aus!) halten sollen. Wohl ist im N. T. von Geboten des HErrn für uns oft die Rede, aber damit ist das Gesetz des A. T. nicht gemeint (hingegen vgl. Luk. 1,6 oder Luk. 4,22-24!), von dessen bindenden Forderungen wir befreit sind, nachdem Christus „des Gesetzes Ende“ oder „Erfüllung“ geworden ist, „jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit“. (Röm. 10,4) Wie könnte das sich an den Menschen im Fleisch wendende Gesetz nach dem Tode und der Auferstehung Christi Jesu verpflichtend für uns, die Glaubenden, sein, nachdem es doch abgeschafft ist?! Hebr. 7,18 heißt es: „Denn da ist eine Abschaffung des vorhergehenden Gebots seiner Schwachheit und Nutzlosigkeit wegen (denn das Gesetz hat nichts zur Vollendung gebracht!) usw. (vgl. V. 19!).“ Wer dürfte angesichts solchen (inspirierten!!) Wortes das Gebot (das Gesetz! beachte, daß beide Worte in Einzahl, und zwar wechselwirkend, gebraucht sind!) wieder aufrichten, ganz abgesehen von zahllosen anderen Belehrungen des N. T., sonderlich im Galaterbrief?!

Wir haben uns in früheren Jahrbüchern der „Handr.“ oft mit solchen Fragen beschäftigt, und es

Jahrbüchern arbeiten sollte! Wieviel biblischer Stoff ist da doch zusammengetragen! Wie manche heute neu auftauchende Frage ist da doch schon längst behandelt! Hier nur eine allerdings unvollständige Liste von älteren Fragen bezüglich des Gesetzes und unserer Stellung zu ihm. Bd. 1 / Frg. 39; 2/17; 3/26; 4/19; 5/13; Bd. 6 / Aufsatz über Gal. 5,22! 7/15; 8/13; 9/5; 13/19 usw. Man suche selber weiter!

Bei mehreren früheren Fragen ist schon darauf hingewiesen, daß die Gebote des HErrn, d. h. die neutestamentlichen, in der Schrift deutlich unterschieden werden vom Gesetz, wie Antwort A und ich ja auch gezeigt haben (s. dazu auch das schon genannte Wort Luk. 1,6!).

Meines Wissens ist auch im N. T. in seinen belehrenden Teilen das Gesetz nicht mit dem Ausdruck „Gebote Gottes“ oder „- des HErrn“ bezeichnet. (Offb. 12,17 und 14,12 bilden wegen des besonderen Charakters der Offenbarung und als auf die Zukunft bezüglich m. E. keinen Gegensatz zu dem Gesagten!) In Matth. 15,3.6 und Mark. 7,8.9 heißt es mit scharfer Betonung „das Gebot Gottes“ (vgl. „das Gebot“ in Röm. 7!). Über „Seine Gebote“ („Meine Gebote“) ist besonders viel in dem Evangelium (Abschiedsreden! vgl. Antwort A!)

und den Briefen des Johannes gesagt. Man vgl. in letzteren 1. Joh. 2,3.4(.7.8); 3,22.23.24; 4,21; 5,2.3; 2. Joh. V. 4-6. Es liegt mir nicht daran, hier nach obiger klarer Antwort Allzu ausführlich über diese Dinge zu schreiben, zumal es schon mehrfach in den „Handr.“ geschehen ist, aber ich möchte untenstehend in Fußnote noch hinweisen auf ein Büchlein, das, soweit ich mich erinnere (mir liegt es hier nicht vor!) am Schluß eine sehr eingehende Aufstellung über die neutestamentlichen „Gebote des HErrn“ gibt. Das Schriftchen ist, im ganzen genommen, wohl zu empfehlen! - In jedem Falle sind die neutestamentlichen „Gebote des HErrn“ oder „Gebote Gottes“ durch Ausdruck, Inhalt und Zusammenhang der jeweiligen Stellen so deutlich vom alttestamentlichen Gesetz unterschieden, daß schon eine vorgefaßte Meinung dazu gehört, um in diese Stellen die Verpflichtung zum Halten des „Gesetzes Mose“ (Apg. 13,39; 15,5; 28,23; 1 Kor. 9,9; Hebr 9,19; 10,28 u. a.!!) hineinzulesen.

Aber - noch ein Schlußwort! - wie auch in Antwort A so schön ausgeführt: Wenn wir auch nicht

Gebote Gottes oder derer, die der HErr nennt: „Meine Gebote“, nicht eine gleichgültige Sache, sie ist vielmehr der Gradmesser unserer Liebe zum HErrn! Er sagt in Joh. 14,21: „Wer Meine Gebote hat und sie hält, der ist's, der Mich liebet“, und nachher, wo Er Seine Gebote mit Seinem „Wort“ oder Seinen „Worten“ gleichstellt, sagt Er (23.24): „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten ..., wer Mich nicht liebt, hält Meine Worte nicht!“ Das ist doch sehr ernst und redet sehr zu unseren Herzen. Möge es zu Anfang eines neuen Jahres uns bewegen und anfeuern, treuer dem HErrn nachzufolgen im Gehorsam - aus Liebe! - zu Seinem Wort, auch wenn es an uns etwa unbequeme Ermahnungen richtet! Zu Seinen Geboten gehört z. B die (neutestamentliche, biblische) Glaubigentaufe ebensogut (Matth. 28,18-20 u. a.) wie die Trennung und Absonderung von der Welt in ihrem sittlichen wie religiösen Charakter (vgl. z. B. 2. Kor. 6,14-18)! Und unsere Stelle, nach der gefragt wurde, zeigt deutlich genug, daß äußerliche Unterschiede wie zwischen Juden- und Heidentum vor Gott heute keine Bedeutung haben (und wieviel Gewicht legen viele darauf!), sondern das Entscheidende für Gott ist, ob und daß wir Seine Gebote halten (und eins Seiner, oder des HErrn Gebote steht auch vorher in V 10).

Manche Gläubige haben eine auch geradezu wieder gesetzliche Furcht davor, daß in den Kreisen der Gemeinden etwas getan oder verordnet wird, was mit „gebieten“ etwas zu tun hat. Aber die Schrift, Gott, der HErr, die Apostel „gebieten“! Und wir sind entweder gehorsam oder ungehorsam, aus welchem Grunde auch immer! Von solchem „Gebieten“ und „Gebot“ redet z.B. 1. Tim. 1,2.5 (hier ist durchaus nicht vom Gesetz die Rede, sondern von dem, was Paulus „gebietet“ und was Timotheus „gebieten“ soll); V. 18 u. a.; vgl. weiter u. a. 4,11! 6,13.17 usw. usw.! Wir sind nicht „unter Gesetz“, wenn wir Sein Wort halten, wohl aber, wenn wir - dem Volke Israel gegebene - „Satzungen des Fleisches“ auf uns und unsere Zeit übertragen, nachdem wir „durch das Gesetz dem Gesetz gestorben sind“ (Gal. 2,19)! Davor wollten wir uns bewahren lassen, dafür aber umso treuer wandeln im Glaubensgehorsam gegen den, der uns mit Sich Selbst ein „Beispiel“ gegeben hat, „daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen“ möchten. (1. Petr. 2,21; Hebr. 12,1-3!) Er ist es doch wahrlich wert, daß wir ohne fleischlich bestimmte und uns bestimmende „Wenn“ und „Aber“ Ihm dienen und dabei Ihn fragen, wie Paulus bei seiner

Seine Gebote, wie in Antwort A ausgeführt, aber doch schwer, sehr schwer sogar ist alles das, was man - statt aus freudigem, dankbarem - mit widerwilligem Herzen und mit Furcht vor Menschen (statt davor, Gott zu betrüben! vgl. Phil. 2,12.13 und Spr. 29,25 u. a.!) tut bzw. am liebsten gar nicht täte! Wie ernst ist das!

Der HErr gebe uns (und Er gibt so gerne!) Gnade, daß wir, als durch den Geist lebend, auch durch den Geist wandeln (Gal. 5,25), d. i. aber auch im Gehorsam gegen Ihn und Seine uns gegebenen Gebote, die uns geschenkt sind in Seinem kostbaren Worte! Dieses ist „Licht für unseren Pfad“! (Ps. 119,105.)

F. K.

Frage 2

Was sind die Dinge in den Himmeln nach Kolosser 1,20 und Hebräer 9,23, die versöhnt bzw. gereinigt werden mußten?

Antwort A

Der deutsche Leser oder Hörer wird durch den Begriff „Dinge“ verführt, nur an materielle Sachen zu denken, die im Himmel wären. Er fällt dabei einem Irrtum anheim. Es gibt auch geistige Dinge und Gedanken-Dinge. Das werden wir besonders nachher bei Hebr. 9 sehen. Zudem steht „Dinge“ im griechischen Text nicht. Es ist im Deutschen nur die notwendige Ergänzung zu dem sächlichen Mehr-Zahlwort „alle“. Alles Geschaffene in Bausch und Bogen, ob auf der Erde, ob in den Himmeln, ob Unpersönliches, ob Persönlichkeiten, legt der Apostel im Kolosserbrief und anderswo mit dem im Deutschen in diesem Falle ungebräuchlichen Mehrzahlartitel „die“ fest: „die alle (Dinge)“: eine sächliche Mehrheit einheitlich zusammengefaßt. Das Sichtbare sind die materiellen Dinge auf der Erde, das Unsichtbare ist das, was in den Himmeln ist. In bezug auf letzteres sagt er in V. 16 deutlich, was er meint: Die Gesamtheit der Engelwesen, die hauptsächlichsten nach Rangordnungen aufgezählt. Seine

weiteren Ausführungen im zweiten Kapitel zeigen, warum er sie aufzählt: nämlich, weil es ihm darum zu tun ist, die Kolosser vor Spekulationen über die Engelwelt zu warnen; denn diese führen zu fleischlichen Religionsübungen und verdrängen Christum. Der Gegenstand, den Paulus vor den Augen der Kolosser groß machen will, ist „der Sohn der Liebe des Vaters“. Er hebt dessen Vorrangstellung als Schöpfer allem Geschöpflichen gegenüber hervor. Gegen Ihn verschwindet alle Größe der höchsten Würdenträger der Engelwelt, mögen sie eine noch so erhabene Stellung in den himmlischen Regionen bekleiden oder eine noch so große Rolle in den Beziehungen Gottes zu Israel gespielt haben. Er rückt ins Licht, daß, „die alle (Dinge)“ aus ihrem richtigen Verhältnis zu Gott gerissen worden sind, die im Himmel, wie wir wissen, zu allererst. Denn es war eine Persönlichkeit aus der Mitte dieser Lichtfürsten, die durch Auflehnung gegen den Schöpfer die Harmonie störte, Feindschaft hervorrief. Er ist wohl aus seiner überragenden Stellung gestürzt worden, doch ist er noch nicht aus den Himmeln geworfen. „Auserwählte“, d. i. nicht in Abfall geratene, Engel (1. Tim. 5,21) und in Empörung stehende sind beide in den Himmeln. So ist es einfach zu begreifen, daß der Apostel kurzerhand sagt: „Die alle (Dinge)“ müssen zurecht gebracht werden; und der Grund dazu ist dadurch gelegt, daß der Mensch gewordene Sohn, der Schöpfer selbst, Sein Blut und Leben gab, um zur gegebenen Zeit die Disharmonie, die Feindschaft zum Verschwinden zu bringen. Daß Er es, Mensch geworden, für Menschen tat, ist nicht schwer zu begreifen. Daß es aber auch sein mußte, um die ganze Schöpfung, auch die Himmel samt der dort beheimateten Engelwelt, auf gerechter Grundlage, durch eine vollgültige Sühnung, aus dem Banne der Disharmonie und Feindschaft zu befreien, das ist dem Menschen nicht selbstverständlich; darum betont es der Apostel so sehr. Und doch ist es einleuchtend, wenn gekannt ist, daß (Vers 16) „Die alle (Dinge)“ nicht nur in Ihm, d. h. in der Seiner Person innewohnenden Kraft, nicht nur durch Ihn, d. i. als Werkzeug, erschaffen wurden, sondern auch „im Hinblick auf Ihn“, d. i. „für Ihn“; Er soll darüber verfügen können. Siehe darüber Eph. 1,9.10.

Darum (Vers 17.18), und weil „die alle (Dinge)“ auch nur in der Seiner Person innewohnenden Kraft bestehen (s. auch Hebr. 1,3a), war es das Wohlgefallen der ganzen Fülle der Gottheit, im Sohne zu wohnen und durch Ihn als Werkzeug „die alle (Dinge)“ im Hinblick auf sich selbst zu

Zeitworts „machen“ rückbezügliche Kraft hat. Er machte die Reinigung der Sünden uns zu gut, freilich; aber in erster Linie ohne sich auf uns zu beziehen: um der Reinigung überhaupt willen zu Seinen eigenen Gunsten.

Im Deutschen geht dieser Gedanke leider verloren.

Es sei darauf hingewiesen, daß es dem Apostel nicht einfällt, von Versöhntwerden der abgefallenen Engel zu reden, heißt es doch ausdrücklich Hebr. 2,16: „Er nimmt fürwahr sich nicht der Engel an.“

Die Dinge in den Himmeln nach Kol. 1,20 sind also die Engelwelt und deren Verhältnis zu ihrem Schöpfer.

In Hebr. 9 denkt der Verfasser, wie seine Abhandlung von 8,1 an zeigt, an Urbilder, an etwas Ur-Bestehendes im Himmel, von dem das in der Wüste anfertigte Zelt mit seinem In und Drum und Dran eine Nachahmung war; 8,1.2: „... In den Himmeln ... das Heiligtum und die wahrhaftige Hütte, welche der HErr errichtet hat, nicht der Mensch“. In Kap. 9 die Gegensätze: Verse 1-5: „...

Das Heiligtum, ein weltliches. Eine Hütte ... die vordere ..., hinter dem zweiten Vorhang eine Hütte, welche das Allerheiligste genannt wird ...“ Verse 11.12: „... die größere und vollkommenere Hütte, die nicht mit Händen gemacht, d. h. nicht von dieser Schöpfung ist ... Das Heiligtum ...“ Verse 23.24: „... Die Abbilder der Dinge in den Himmeln ... die himmlischen Dinge selbst aber ..., nicht in das mit Händen gemachte Heiligtum, ein Gegenbild des Wahrhaftigen, sondern in den Himmeln selbst ... jetzt vor dem Angesicht Gottes ...“

Aus der Zusammenstellung geht hervor, daß die Antwort lauten muß: Die Dinge in den Himmeln sind die Originale von dem, was die Stiftshütte und ihre Einrichtung darstellen sollen.

Der Fragesteller wird sich das aber selber schon gesagt haben und wird weiter wissen wollen: Sind die Originaldinge in den Himmeln eine materielle Hütte mit desgleichen dazugehörigen

Vergleiche angewiesen. Der Antwortgeber achtet es als ein kühnes Unterfangen, seine Gedanken darüber bloßzulegen. Irrt er sich, so ist er für Berichtigung dankbar. Jedenfalls aber faßt er Mut, nach dem Worte in 1. Kor. 2,10: „Der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“

Er meint nun, daß von Materiellem in irdischem Sinne nicht die Rede sein kann. Die Beschreibung der Stiftshütte im 2. Buch Mose in Verbindung mit verschiedenen Belehrungen des Neuen Testamentes setzen uns in den Stand zu verstehen, daß in der Hütte die Person und die Fülle Christi selber ihre Darstellung findet. Sie zeigt uns in ihrem Aufbau auch die Himmel. Die Schrift, Gott in der Schrift, nennt die Ausdehnung „Himmel“; nennt das All der Gestirne „Himmel“; wir lesen vom „dritten Himmel“, der gleich gesetzt wird dem Paradies, also der unmittelbaren Gegenwart Gottes: 2. Kor. 12. Der altbekannte Vergleich der drei Himmel mit dem Vorhof, dem Heiligen und dem Allerheiligsten ist wohl nicht abzuweisen. Denn Christus ist vom Kreuz und Grab aus durch die drei Himmel gegangen, wie der Hohepriester am großen Versöhnungstag von außen her bis ins Allerheiligste ging: Hebr. 4,14. Er ist „höher als die Himmel geworden“, 7,26; „hat sich gesetzt zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln“: 8,1; wie auch Eph. 4,10 sagt: „der niedergestiegen ist, ist derselbe, der auch aufgestiegen ist über alle Himmel, auf daß Er alles erfüllte“. Die Stiftshütte deutet daher auch den ganzen Schauplatz an, wo sich die Herrlichkeit Gottes entfalten wird: Die Herrlichkeit Jehovas erfüllte sie, nachdem sie vollendet war. So wird die Herrlichkeit im kommenden Zeitalter durch Christum und die Versammlung, die Seine Fülle ist, Himmel und Erde, das ganze All erfüllen. Denn auch das All ist in der Stiftshütte angedeutet: Hebr. 3,1-5. Die Hütte war das Haus Gottes, dieses ist aber nur ein Teil des Alls, das Gott bereitet hat. „Christus ist Sohn über das Haus Gottes, dessen Haus wir sind“. Die Gegenstücke sind: Das eine: Im Allerheiligsten wohnte und thronte Gott über den Cherubim auf dem Sühnmittel, welcher Christum versinnbildlicht; die ganze Stiftshütte war der erweiterte Bereich der Wohnung mit ihren Geräten, in denen allen Christus sinnbildlich geschaut wird. Das andere: Die Gläubigen der Jetztzeit, wir, in Christo, dem Sohne, das Haus Gottes inmitten des Weltalls, des weiten Bereiches der Gegenwart Gottes. Denn wo wäre Gott nicht? siehe Psalm 139,7ff. Das steht in Verbindung mit der schon genannten Stelle im Epheserbrief (1,23) „auf das Er alles erfüllte“,

die Breite und Länge und Tiefe und Höhe sei“, nämlich des unabsehbaren Bereiches des Ratschlusses Gottes und der mit diesem verbundenen Herrlichkeit, deren Mittelpunkt Christus ist; und dieweil wir in Ihm sind und Er in uns ist, stehen auch wir im Mittelpunkt und fangen jetzt schon an, bei der Betrachtung der Vorbilder uns um- und auszuschauen nach deren Tragweite, hingenommen von anbetender Bewunderung.

Der Leser überlege und sage nun selber, ob das alles, das in der Stiftshütte vorbildlich zur Darstellung kam, materielle Dinge in den Himmeln sein können.

In den Gedanken Gottes war das alles schon so, ehe die Verwirklichung da war. Die geistige Substanz (Wesenheit, Wesenhaftigkeit) der werdenden Tatsachen war stets vor Gott. Als Er dem Mose diese geistige Substanz menschenverständlich zur Kenntnis geben wollte, ließ er sie wie materialisiert (gegenständlich) vor den Augen Moses erscheinen, und zwar auf dem Berge, nicht im Himmel: Hebr. 8,5; 2. Mos. 25,40. Das materialisiert (gegenständlich)-erscheinen-Lassen ist nichts Verwunderliches. Denn was ist das ganze Weltall anderes als materialisierte Gedanken Gottes? „So Er spricht, so geschieht's; so Er gebeut, so stehet's da.“ Er könnte es ebensogut durch ein Wort wieder verschwinden lassen, wenn es Ihm gefiele. Er drückt Seine Gedanken durch das Wort aus, und die Gebilde stehen da. Daher heißt der Sohn, in welchem vermöge der Seiner Person innewohnenden Kraft „die alle (Dinge)“ geschaffen wurden und zusammen bestehen (Kol. 1,16.17; Hebr. 1,3), „Das Wort“, „Der Logos“. Logos = Gedanken und deren Ausdruck durch Wort. Was in der Stiftshütte und in dem dazugehörigen, in den Opfern und in den amtierenden Priestern, als Gedanken Gottes zur Darstellung kam, war „Der Logos (das Wort) vom Anfang des Christus“. Hebr. 6,1. Das meint: Da begann die Gott im Himmel stets gegenwärtige geistige Substanz dessen, was Christus vor Ihm war und sein würde, auf dieser Erde in Vorbildern materielle Gestalt anzunehmen. Die Vollendung war, daß Er in Person auf der Erde erschien, Sein Werk vollbrachte und vor dem Angesicht Gottes wieder erschien als ein für den Hohepriesterdienst „Vollendeter“, d. i. passend, fähig Gemachter und Geweihter. Hebr. 5,7-9; 9,24. Der Ausdruck „vollendet worden“ ist hergenommen aus der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes. Dort steht 2. Mose Kap. 29 für das „weihen“, die „Einweihung“ der Priester, immer „vollenden“ und „Vollendung“: Verse 9.22.26.27.29ff. Der

Verfasser des Hebräerbriefes gebraucht das Wort auch Kap. 2,10 und 7,11.19.28.

Es erhebt sich nun die Frage: Wieso kann von Reinigung nicht materieller Dinge in den Himmeln die Rede sein? Antwort: Zum ersten, insofern die Himmel, welche das wahrhaftige Heiligtum sind (Hebr. 9,24), durch die Gegenwart Satans und seiner Engel sittlich verunreinigt sind. Zum andern, weil die geistige Substanz (Wesenheit) der irdischen Stiftshütte die in Christo Seienden einschließt, die Sünder sind, solange sie als auf Erden Lebende nicht als Gläubige geoffenbart sind. Wozu kommt, daß in der Stiftshütte, also auch im Urbilde, dies und jenes andere ist, das in Beziehung zu Christo steht, ohne Seine „Fülle, das ist die Gemeinde“, zu sein. Die Schaubrote z. B. stellen im Grunde die Verbindung Gottes in Christo mit der Menschheit dar, zu Speise (Brot), und in Macht zu Verwaltung (Zahl 12). Zunächst entsprachen aber die zwölf Stämme diesen Gedanken, also haben wir auch Israel vor uns. Oder: Der Altar im Vorhof und die die Opfer Herzubringenden spricht vom Herzunahen des sündigen Menschen im Werte des Opfers. Da konnte den Erfordernissen der Heiligkeit Gottes nur das Opfer des Sohnes Gottes entsprechen. Er hat es getan. Er ist dort in der Kraft Seines eigenen vergossenen Blutes, welches reinigt, was durch die Sünde verunreinigt ist; in vorliegender Frage also die Gott gegenwärtige geistige Substanz alles Kreatürlichen in der Stiftshütte. Satan ist übrigens auch in der Luft und auf der Erde und versucht die zum Sündigen zu bringen, die einen Teil dieser geistigen Substanz (Wesenheit) darstellen. Um so mehr ist es eine Notwendigkeit, daß bessere Opfer vorhanden seien dort, wo die auf Erden Weilenden in geistiger Substanz (Wesenheit) vor Gott sind.

Nach Hebr. 8,2 wird gesagt werden können, daß die dort vor Gott stets gegenwärtige geistige Substanz (Wesenheit) zu ihrer vollen Gewichtigkeit gelangt ist, seit der HErr im Himmel ist. Denn was sollte der Verfasser des Briefes sonst meinen, wenn er von der wahrhaftigen Hütte spricht als „vom Herrn errichtete, nicht vom Menschen“? „Der Herr“, das ist Jesus, zum „Herrn“ gemacht bei Seiner Erhöhung, Apg. 2,36. Er hat einerseits sozusagen alles in geistiger Substanz (wie es schon stets vor Gott war) mit hinaufgenommen, was einst in der irdischen Hütte beschlossen lag, und hat es dort, wo Er weilt, vor sich aufgebaut, um es zu betreuen. D.h., einfach ausgedrückt: Er tut, was noch dem Werke auf Erden am Kreuze, nach dem

Vergießen Seines Blutes, noch zu tun ist: sich um die an Ihn Glaubenden und noch zum Glauben Kommensollenden zu mühen, solange sie auf dem Wege sind; sich zur gegebenen Zeit mit Israel zu beschäftigen, daß der neue Bund in Kraft treten könne; denn „Er hat außerhalb des Tores gelitten, um die Sünden des Volkes (Israel) zu sühnen“ Hebr. 8,6 ff; 13,12.

So wäre die auf zwei verschiedene Stellen sich beziehende Frage beantwortet, ob zur Zufriedenheit des Fragers, steht bei ihm zu beurteilen. Die Abhandlung mag vielen im philosophischen Denken ungeschulten Lesern un- oder schwer genießbar sein. Der Antwortgeber bedauert das. Aber im griechischen Altertum war das philosophische Denken Trumpf. Der Feind benutzte das, wie die Briefe der Apostel zeigen, um den Christen zu schaden, indem er gewissen Menschen unter Gläubigen und Scheingläubigen eingab, die Person und die Gottheit Christi zum Gegenstand philosophier Spekulation zu machen. Die Briefe des Apostels Paulus selber tragen bei Behandlung tiefer göttlicher Wahrheiten den Stempel philosophischer Schulung im guten (geistlichen) Sinne an der Stirn. So läßt sich eben auch die hier vorgelegte Frage ihrem Gegenstand nach nicht anders als auf die gleiche Weise beantworten.

F. Kpp.

Anmerkungen des Schriftleiters

Ich glaube keine Veranlassung nehmen zu sollen, diese Antwort unseres altbewährten Mitarbeiters zu erweitern (wozu ich viel Raum haben müßte, wollte ich gründlich sein, noch auch nur zur Erklärung einiger Partien etwas hinzuzufügen! Vielmehr möchte ich sagen: Die Antwort ist, gerade wie sie gegeben, gut und in sich abgeschlossen, wenn es vielleicht auch praktisch gewesen wäre, einige Abschnitte ein klein wenig ausführlicher zu geben; die Wahrheit hätte darunter nicht gerade gelitten!

Aber ich fühle die Verantwortung, zum letzten Absatz noch einiges sagen zu sollen. Ich hätte ihn - als „Schriftleiter“! - streichen können, hab's auch erwogen, aber ich denke, es ist besser,

mitlesen, damit sie wenigstens versuchen, sich in jene ihnen z. T. fremden Gedankengänge hineinzuarbeiten, und zwar ohne Furcht vor der„Philosophie“, vor der Paulus gerade in Kol. 2 (vgl. auch 1. Kor. 1 und 2. Kor. 10,4.5!) so ernstlich warnt. Es könnte sonst sein, daß (mit Recht in diesem Sinne) ängstliche Leser sagen: „- aber das ist doch Philosophie, was die Antwort Da bringt, und wie konnte das aufgenommen werden in die „Handreichungen aus dem Worte Gottes“, die so oft schon vor der Philosophie (z. B. bekannter Irrlehren!) warnten?! Darum: Nein, geliebte Geschwister, diese Art Betrachtung, wie sie oben gegeben, ist wirklich „Philosophie im guten Sinne“ (wie Verf. sagt), wie sie auch dem Paulus und dem Johannes durchaus nicht fremd war und wie sie einem in derartigem Denken ein wenig „Geschulten“ gar nicht schwer verständlich ist. Ich habe mir nur erlaubt, die Worte „Substanz“ und „Materielles“ durch eine Verdeutschung zu erklären. Die Worte dafür: „Wesenheit“ oder „Wesenhaftigkeit“ und „gegenständlich“ (für „materialisiert“) sind nicht schön (und für „Geschulte“ sogar unangenehm - überflüssig), aber sie halfen m. E. manchem doch über die Schwierigkeit der Vorstellungen ein wenig hinweg.

Gewiß, wer sich auf philosophisches Denken nie einläßt, entgeht vielen Gefahren, aber - diese und jene Herrlichkeit der Schrift geht ihm auch für jetzt verloren, und ein Buch wie das unten empfohlene bleibt ihm dann auch großenteils verschlossen, sind doch in demselben manche ähnliche (u. a.) Gedanken, wie in obiger Antwort, nur noch viel weiter entwickelt, enthalten. - Kol. 2,8 (vgl. vorige Fußnote!) warnt freilich sehr eindringlich vor der „Philosophie“, aber doch auch wieder nicht in der Weise, daß diese an sich bekämpft würde (Paulus hat Besseres zu tun!), sondern vielmehr insofern, als und wenn sie „eitlen Betrug“ „nach den Überlieferungen der Menschen“, „nach den Elementen der Welt“ begünstigt und verbreitet, indem sie nicht Christo gemäß die Leute, die Gläubigen führt, sondern sie „wegführt“, nämlich von der Wahrheit weg und weg von dem Glauben an den, „in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt“ (V. 9). Tut sie das, so ist sie unbedingt und unter allen Umständen abzulehnen und für uns Gläubige durchaus verwerflich! Wie aber, wenn sie das Gegenteil tut, wenn sie versucht - sie, deren griechische Bezeichnung zu deutsch „Weisheitsliebe“ (allerdings mit dem Hintergrund der Weltweisheit!) bedeutet! -, uns vielmehr in die Tiefe der in der Schrift geoffenbarten

Seiner Herrlichkeit hineinzuführen?! Und eben das versucht doch obige Antwort (nicht wahr?) - drum sei diese zu eingehendem Studium, zur Hilfe für das Verständnis der erfragten Dinge herzlichst empfohlen! Man muß sie freilich öfter lesen und auch unter Gebet (was stets geschehen sollte beim Forschen in der Schrift und beim Lesen über die Schrift und über Schriftstellen usw.!). Jedenfalls hatte ich (als vor dem HErrn!) keine innere Erlaubnis, sie wegen ihrer z. T. „philosophisch“ erscheinenden Ausführungen zurückzuweisen.

Geliebte Geschwister, wenn Hebr. 11,1 (wörtlich!) beginnt: „Der Glaube ist eine Verwirklichung“ - d. h. noch wörtlicher: „eine Wesenhaftmachung“ - „dessen, was man hofft usw.“, so ist das für philosophisch Geschulte, die aber vorgeben, nicht glauben zu können, auch Philosophie (in ihrem Sinne!), und wenn wir ihnen erzählen von Dingen, „die kein Auge gesehen, kein Ohr gehört usw., die uns kundgemacht“ seien (1. Kor. 2,9), so sieht ein Weltweiser, ein weltlicher, ungläubiger (es gibt auch gläubige!!) Philosoph darin ganz gewiß eine „Metaphysik“ (Übersinnlichkeit und die Lehre davon), die ihm entweder lächerlich ist oder die ihn „philosophisch anmuten“ muß, - und doch sind diese Dinge, z. B. auch jenes Wort über den Glauben von Hebr. 11 (ja, das ganze Kapitel!) usw., für uns, die Glaubenden, geistige und geistliche Tatsächlichkeiten ohnegleichen! Wir, die gläubigen Schriftforscher, sind somit gewissermaßen „Philosophen im höchsten, göttlichen Sinne“, wir suchen tastend, ahnend hinter den Vorhang der ewigen Weisheit zu schauen, und zwar nur auf Grund des Wortes Gottes und in ungeteilter Gemeinschaft mit Ihm. Und wir, denen „Christus gemacht ist von Gott zur Weisheit“ (1. Kor. 1,30)! -, wir, ja wir werden einmal „erkennen, wie wir erkannt sind“ (1. Kor. 13,12). Welche Kostbarkeiten liegen vor uns! Aus was für einem Strom der Weisheit werden wir trinken! Und tun's schon jetzt!

Darum, wie die Angst vor weltlicher Philosophie, hinter der der Feind, „der Lügner von Anfang“ (Joh. 8,44), steht, für uns Gläubige (und zwar für alle!) voll berechtigt ist und bleibt, so ist kein Grund vorhanden, uns zu fürchten vor dem, was der Verf. obiger Antwort „Philosophie im guten Sinne“ nennt und was er deckt mit dem Worte 1. Kor. 2,10.

Dazu laßt uns glücklichen Herzens lesen 1. Kön. 10,8 und 1. Kor. 2,12.13! - Und „alles ist euer!“

(1. Kor. 3,21), alles muß und kann uns dienen!

„Die Dinge in den Himmeln“ (Kol. 1,20 und Hebr. 9,23) - bald werden wir sie, wie sie sind - versöhnt und gereinigt - schauen in Herrlichkeit! Preis sei Ihm, „daß Er es getan hat“! (Ps. 22,31) Anbetung sei unserem Gott und Vater, der uns würdigt, in solche Dinge jetzt schon ein wenig hineinblicken zu dürfen!

F. K.

HErr, lehre uns beten!“

(Luk. 11,1-5)

Beten ist keine Gabe. Beten ist Verkehr mit Gott, ein Austausch mit Ihm über alles, was in unserer Seele vorgeht. Alles in unserem Leben, selbst das Alltäglichste, z. B. das Essen, ist uns ein Anlaß, mit Gott zu reden. Wie wunderbar nahe sind wir Gott gebracht, über alles mit Ihm reden zu dürfen! Wenn Seine Gnade uns zu einer solchen Würde erhoben hat, sollen wir uns nicht mit einer geringeren Stufe begnügen. Wenn wir aber auch so hoch begnadigt sind, so müssen wir doch lernen und uns immer bewußt sein, daß es der „Hohe und Erhabene“ ist, dem wir uns nahen. Das rechte Beten ist deshalb das Resultat unseres inneren Wachstums und unserer Erziehung für unser rechtes Verhalten in Gottes Gegenwart und in Seinem Hause.

Ein wohlerzogener Mensch wird überall geschätzt. Auch der Gläubige muß erzogen werden, um sich gottgemäß, wie es sich geziemt, im Hause Gottes zu benehmen. Paulus schreibt Timotheus: „Dieses schreibe ich dir, auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes, welches die Gemeinde des lebendigen Gottes ist.“ (1. Tim. 3,14.15.) Dieses sich geziemende Verhalten auch in unseren Gebeten müssen wir lernen. Paulus sagt Timotheus, daß er dieses durch seinen Brief lernen solle. Und so wie Timotheus müssen auch wir „auferzogen werden durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre“. (1. Tim. 4,6) Timotheus konnte das Zeugnis gegeben werden, daß er den Worten des Glaubens und der guten Lehre „genau

Unser Verhallen im Hause Gottes darf nicht so sein, wie es uns gut dünkt, wir sind nicht in unserem, sondern im Hause Gottes. Alles, was im Hause Gottes geschieht, muß Seinen Gedanken entsprechen. Das große Vorbild für unser Verhalten ist der HErr Selbst. In Ihm wurde Gott in vollkommener Weise gesehen, und Er sagt zu uns: „Lernet von Mir!“

Als der HErr einmal an einem Orte gebetet hatte, kam einer Seiner Jünger zu Ihm mit der Bitte: „HErr, lehre uns beten!“ Er mußte etwas in der Art, wie der HErr betete, beachtet haben, das ihn den Unterschied zwischen dem Gebet des HErrn und den Gebeten anderer bemerken ließ. Gewiß fühlte er es, daß ein Gebet nicht nur aus Worten bestehen sollte, sondern in einem Reden mit Gott, der Sein Auge auf uns richtet und unser Herz liest.

Dieser Jünger sagte nicht: „HErr, lehre mich beten“, sondern „HErr, lehre uns beten“. Er wußte, daß nicht allein er, sondern alle in bezug auf das Gebet zu lernen hatten. Und haben wir nicht auch etwas zu lernen, wenn wir zum Gebet zusammenkommen? Ist es nicht unser Wunsch, daß alle Brüder wissen möchten, wie sie zu beten haben, und nicht nur einige, vielleicht alte Brüder?

Unsere Gebete können sehr verschiedene Gegenstände enthalten und mögen dieser Verschiedenheit entsprechend kurz sein. Gott warnt uns in Seinem Worte vor leichtfertigem Gerede in Seiner Gegenwart: „Sei nicht vorschnell mit deinem Munde, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde: darum seien deiner Worte wenige.“ (Pred. 5,2) Wie kurz sind die Aussprüche in der Schrift! Beachte die Kürze, in welcher der Vater über Seinen Sohn Zeugnis gibt: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, Ihn höret!“ (Luk. 9,35) Mit wie wenigen Worten und doch wie vollkommen ist damit alles gesagt! Gott hätte viele Worte gebrauchen können, aber Er tut es nicht.

Auf die Bitte des Jüngers: „HErr, lehre uns beten“, antwortete der HErr: „Wenn ihr betet, so sprechet: Vater, geheiligt werde Dein Name ...“ Beachten wir auch hier 1. die Kürze des Gebetes und 2. die große Verschiedenheit der einzelnen Bitten. Dies sind zwei wichtige Stücke, die Seine Jünger betreffs des Gebetes lernen sollten. Durch die Kürze wird Raum für die

verschiedenen Bitten gemacht. Kürze und Verschiedenheit sollten auch in den Gebeten in unseren Gebetsversammlungen gefunden werden. Jeder Bruder sollte fähig sein, in der Versammlung zu beten. Gebet hängt, wie schon anfangs gesagt, mit unserer Erziehung, mit unserem inneren Wachstum zusammen. Wenn unser Ohr jeden Morgen für Seine Stimme geweckt ist, wird unsere Zunge die Belehrungen, die Er uns gegeben hat, wiedergeben.

Wir sprechen hier natürlich von den Gebeten in den Gebetsversammlungen, nicht von den privaten Gebeten im Kämmerlein - dem „Obergemach mit den offenen Fenstern nach Jerusalem“ -, in welchem Daniel dreimal des Tages auf seinen Knien betete. Welch ein Sehnen nach dem persönlichen Verkehr mit Gott mußte in Daniels Herzen gewesen sein! Wie oft beten wir in unserem Obergemach mit einem sehnenden Auge und Herzen nach oben? Treibt es uns nicht manchmal, allein, ganz allein mit unserem Gott zu sein oder wiederum allein mit unserem Weibe vor Ihn zu treten? Es gibt doch keine Person auf Erden, die dem Mann auch in geistlichen Dingen so nahe sein sollte wie das Weib, das ein Fleisch mit ihm ist, wenn alles gottgemäß geordnet und kein Schatten zwischen ihnen und Ihm steht. Hier, in diesem privaten Zusammenkommen, können wir unser Herz in Worten und in Seufzern ausschütten, wie es in dem Gebetszusammenkommen der Gemeinde nicht geschehen kann.

Im Anschluß an die Bitte: „HErr, lehre uns beten“, fährt der HErr alsdann fort, Seine Jünger weiter zu belehren, indem Er sie auf die Bitte eines Mannes hinweist, der in ganz bestimmter Weise seinem Freunde sein Anliegen: „Freund, leihe mir drei Brote“, vorträgt. Was will der HErr uns damit sagen? Gewiß das, daß wir unsere Bitten in klarer und bestimmter Weise vor Gott aussprechen sollen (was auch sonst noch alles in dieser Stelle enthalten sein mag). Wenn wir diese bestimmte Bitte: „Freund, leihe mir drei Brote“, mit der Art und Weise vergleichen, wie Gläubige heute ihre Bitten vor Gott aussprechen, so muß es uns auffallen, wie unbestimmt, verschwommen, in einem Wust von Worten eingewickelt, es oft geschieht. Was dieser Mann in fünf Worten“ sagte, würden heute manche in „zehntausend Worten“ ausdrücken. Und wenn das Amen dann diesen vielen Worten folgt, so weiß kaum jemand, um was der Betreffende gebetet hat.

Gott will, daß wir alle unsere Anliegen nicht in unklaren, sondern klaren Worten vor Gott sollen „kund werden lassen“. Als Jesus nach Jerusalem reiste, rief ein Blinder am Wege immerfort: „Jesu, Sohn Davids, erbarme Dich meiner!“ Der HErr stand still und hieß ihn zu Sich führen und fragte dann: „Was willst du, daß Ich dir tun soll?“ Darauf antwortete der Blinde: „HErr, daß ich sehend werde.“ (Luk. 18,38-41) Wußte der HErr nicht, daß der Blinde sehend zu werden wünschte? Sicher. Aber Er wollte die bestimmte Bitte aus seinem Munde hören.

Der Mann in Lukas 11,5 brauchte drei Brote, (nicht ein, nicht zwei, sondern drei), und seine Bitte war klar und bestimmt: „Freund, leihe mir drei Brote.“ Alles dieses hat der HErr uns zur Belehrung niederschreiben lassen. Möchten wir in unseren Gebeten deutlich und bestimmt sein! Dieser Mann wußte klar in seinem Herzen, um was er seinen Freund bitten wollte.

Wenn jemand von uns in der Versammlung aufsteht und sagt: „Laßt uns beten!“, so sollte der Betreffende ebenso klar in seinem Herzen wissen, in welcher Sache er jetzt seinen Mund vor dem HErrn auftun will. Es mag sein, daß der Geist Gottes ihm, nachdem er sein Anliegen vor den HErrn gebracht hat, noch anderes ins Herz gibt, um es vor den HErrn zu bringen, aber manchmal scheint es so, als ob Brüder, die ihren Mund zum Gebet auftun, gar nichts Bestimmtes vor dem HErrn zu sagen hätten und der Betende sich in einem Wust von Worten, Phrasen und Lehrsätzen verlöre. Wenn der HErr einem solchen in unbestimmten Ausdrücken sich verlierenden Beter nach seinem Gebet jene Frage an den Blinden vorlegen würde: „Was willst du, daß Ich dir tun soll?“, müßte er nicht erschrecken und sich selbst besinnend fragen: „Was habe ich dem HErrn eigentlich mit meinen vielen Worten sagen wollen?“

So sollte es nicht sein, liebe Brüder, solches Beten ist kein Beten „im Heiligen Geist“. Wenn es so bei uns war, laßt es uns aufgeben! Gewiß, alte Gewohnheiten sind nicht leicht aufgegeben, und manche, die solche Gewohnheiten haben, wissen nicht einmal, daß sie sie haben, und sehen sie oft bei anderen, aber nicht bei sich selbst. Laßt uns klar und bestimmt in unseren Gebeten und uns bewußt sein, daß wir mit Gott reden und der Mund der betenden Versammlung sind, die fähig sein soll, unserem Gebet ihr „Amen“ hinzuzufügen. Hüten wir uns

unsere Brüder meinen! Wie schmerzlich sind solche Gebete, wenn sie in der Versammlung gehört werden!

Eine Gefahr besteht auch darin, daß zeitliche Dinge und Schwierigkeiten unsere Gebete ausfüllen. Gewiß dürfen wir dieses alles dem HErrn bringen, so taten es die Jünger in ihrem Gebet in Apgsch. 4,24-30. Und wieder sehen wir, wie kurz und doch alles umfassend ihr Gebet war - kein Labyrinth von Worten -.

Alle Gebete des Neuen Testamentes sollten von uns beachtet werden. Auch sie sind uns zur Belehrung gegeben. Denken wir an die Gebete des Apostels Paulus! Wie klar und in welch bestimmten Worten sind die Gegenstände für das Wachstum und die Segnungen der Heiligen in seinen Gebeten in Phil. 1 und Eph. 1 und 3 ausgedrückt!

Welches auch die Gegenstande sein mögen, die wir in unseren Gebeten vor Gott bringen, ob sie die Gemeinde, ob sie die Heiligen, ob sie das Evangelium, ob sie die Nationen, ob sie die Könige, ob sie Fürbitten oder Danksagungen betreffen, laßt uns darin besonnen und nüchtern sein und die Belehrungen beachten, die der HErr Seinen Jüngern gab, als sie Ihn baten:

„HErr, lehre uns beten!“

A. v. d. K.

Jesaja 42,1.

„Siehe, das ist Mein Knecht, Ich erhalte Ihn, und Mein Auserwählter, an welchem Meine Seele Wohlgefallen hat.“ (Luth. Übers.)

Der Evangelist Matthäus sagt uns Kap. 12,18, daß diese Weissagung in dem Herrn Jesus erfüllt worden ist. Der Knecht und Auserwählte Gottes ist unser hochgelobter HErr.

Vier Dinge sind es, die einen Knecht kennzeichnen: 1. die niedrige, verachtete Stellung als

Leibeigenschaft, Sklaverei), 2. die Untergebenheit unter seinen Herrn oder die Anerkenntnis, daß sein Herr das Recht hat, über ihn zu verfügen, 3. die Abhängigkeit von seinem Herrn, insofern er nichts aus eigenem Gutdünken oder Willen tun darf, sondern sich in allem nach seinem Herrn richten muß, 4. der Gehorsam. Er muß das, was sein Herr will und befiehlt, ausführen.

Es ist gesegnet, den Herrn Jesus nach diesen vier Kennzeichen zu betrachten. Wir werden dann finden, daß Er sie vollkommen an Sich trug.

a) Betreffs Seiner Niedrigkeit lesen wir in Phil. 2: Obwohl Er in göttlicher Gestalt war, entäußerte = entleerte Er Sich, d. h. Er zog Seine göttliche und himmlische Herrlichkeit aus, nahm Knechtsgestalt an, indem Er in Gleichheit der Menschen und in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden wurde, so nahm Er teil an all den leiblichen Bedürfnissen der Menschen, und noch mehr: In dieser Knechtsgestalt wurde Er ein Diener aller. Das ist ganz der menschlichen Natur entgegengesetzt. Niemand will ein Knecht (Sklave) werden. Der Mensch will herrschen und anderen angeben, was sie tun sollen. Nur in der Not gezwungen begeben sich die Menschen in die Stellung von Knechten, Mägden, Tagelöhnern, Dienstboten. Der Herr Jesus dagegen erniedrigte Sich Selbst, freiwillig. „Siehe, Ich komme, ... Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust, und Dein Gesetz ist im Innern Meines Herzens“, hören wir Ihn in Ps. 40,7.8 (Elbf. Übers.) sagen. Er ist nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern daß Er diene. Sein größter Dienst war, daß Er Sein Leben gab zum Lösegeld für viele. (Matth. 20,28)

b) Die Unterwürfigkeit Jesu sehen wir am deutlichsten in jenem Augenblick, als schon feststand, daß das Volk Israel als Ganzes Ihn verworfen hatte. Da wurde die Weissagung des Propheten Daniel erfüllt (Kap. 9,26): „Der Messias wird weggetan werden und nichts haben.“ Da mußte Jesus Sein Wehe über die Städte Bethsaida, Kapernaum und Chorazin rufen, da mußte Er klagen: „Den ganzen Tag habe Ich Meine Hände ausgestreckt zu einem ungehorsamen und widersprechenden Volk.“ (Röm. 10,21) Und doch hören wir Ihn Seinen Vater preisen: „Ja, Vater, also war es wohlgefällig vor Dir.“ (Matth. 11,26) - Wo ist der Mensch, dem sein Lebenswerk mißlungen oder zerschlagen ist - oder den Gott auf ein langwieriges

Krankenlager gelegt hat - und der dann sagen kann: „Ja Vater, so ist es wohlgefällig von Dir“? Und diese Dinge sind nicht zu vergleichen mit dem Lebenswerk des Herrn Jesus.

c) Was Abhängigkeit ist, lernen wir aus Jesaja 50,4b: „Der HErr, Jehova, weckt mir jeden Morgen das Ohr, damit ich höre gleich denen, die belehrt werden.“ Die belehrt werden, sind Schüler, Jünger. Wenn die Schüler morgens in die Schule kommen, so dürfen sie nicht bestimmen, was sie heute lernen wollen, sondern sie müssen warten, was ihr Lehrer ihnen aufgibt. So wartete der Herr Jesus jeden Tag auf die Weisungen Seines Vaters, was Er heute reden und lehren sollte, welche Wunder und Zeichen Er vollbringen, welchen Notleidenden Er helfen sollte. (Joh. 5,20; 6,38; 14,10 u. a. Stellen) Daher finden wir Ihn in so fleißigem Gebetsumgang mit Seinem Vater, schon vor Tage (Mark. 1), in den Nächten auf dem Berg. Vor der Auferweckung des Lazarus Joh. 11,41 sagte Er: „Vater, Ich danke Dir, daß Du Mich erhört hast; Ich aber wußte, daß Du Mich allezeit hörst.“ Also war Jesus auch allezeit im Gebet (Ps. 34,1 und 109,4), d. h. in ununterbrochenem Gebetsumgang mit Seinem Vater. Mit dieser Betrachtung ist aber die vollkommene Abhängigkeit des Herrn Jesus noch nicht erschöpft. Denn Wohltun, Lehren, Wunderwirken sind, wenn auch Arbeit und Anstrengung erfordernde, ja ermüdende, so doch angenehme (und auch dem natürlichen Menschen zusagende) Tätigkeiten. Aber der Vater hatte für Seinen Sohn noch andere Aufgaben, so schwer, daß nur Er sie vollbringen konnte. Und als die Stunde dafür gekommen war, sehen wir „des Menschen Sohn“ zittern und zagen. Doch obgleich Er alles wußte, was über Ihn kommen werde, ist Er nicht zurückgewichen. Ja, gerade auch an jenem Morgen des sogen. Gründonnerstags hörte der Knecht Gottes mit geöffnetem Ohr, wie Er Sich heute verraten, gefangen nehmen, zum Tode verurteilen, schlagen und verspotten lassen sollte. Und vollends an dem Morgen des schrecklichen Tages Seiner Kreuzigung vernahm Sein Ohr den Auftrag: Heute sollst Du am Kreuz erhöht den Fluch der Sünde für die ganze Welt tragen, ja, zur „Sünde“ gemacht, getötet und begraben werden.

Wiederum fragen wir: Wo ist der Mensch, der wie Jesus jeden Morgen fragt: „HErr, was willst Du, daß ich heute tun soll?“ Der auf die Leitung des Heiligen Geistes warten kann, der prüft, bevor er handelt, was der gute, wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist? (Röm. 12,2)

d) Den Gehorsam Jesu lernen wir kennen an Seinem Verhalten dem Versucher gegenüber. Satans Bestreben war, Ihn aus dem Verhältnis der Abhängigkeit und des Gehorsams herauszulocken und zu eigenem, selbständigem Tun zu veranlassen. Daher immer wieder seine Schmeichelei: „Du bist Gottes Sohn.“ Allein Jesus blieb dem Worte Gottes unterworfen. Was Gott nicht befohlen hatte, das tat Er nicht. Seine Speise war, den Willen dessen zu tun, der Ihn gesandt hatte. (Joh. 4,34) Nie gebrauchte Er Seine göttliche Macht zu Seinem persönlichen Vorteil. Am Ende Seines irdischen Lebens konnte Er sagen zu Seinem Vater: „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde, das Werk habe Ich vollbracht, welches Du Mir gegeben hast, daß Ich es tun sollte.“ Nun hätte Er als der reine, vollkommene Gottessohn von Gethsemane in den Himmel fahren können. Aber Er wollte den Willen Seines Vaters bis zum Ende erfüllen. „Dies Gebot habe Ich von Meinem Vater empfangen“, daß „Ich Mein Leben lasse für Meine Schafe.“ (Joh. 10; Phil. 2,8) Angesichts eines solchen Gehorsams nimmt sich ein Vergleich mit unserem menschlichen Gehorsam kläglich und beschämend aus. Wir haben recht nötig, uns zu prüfen, ob und in welchem Grad das Wort Gottes maßgebend ist für unseren Lebenswandel, unser Tun und unser Unterlassen. Wir sagen wohl: „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege“ und denken, so sollte es sein. Aber Gott will, daß es so ist, daß wir Täter des Wortes sind. Der Gehorsam gegen Gott bringt uns in ein ganz persönliches Verhältnis zu dem Vater, oder vielmehr ist dieses Verhältnis schon vorher da und verwirklicht sich im Tun des Willens Gottes.

B.

(Forts. folgt s G. w.)

„Nahegekommen!“

(Röm. 13,12, Jak. 5,8; 1. Petr. 4,7)

(Fortsetzung)

In meiner Einleitung in voriger Lieferung betonte ich, was „nahegekommen“ sei: nach obigen drei Stellen, die letztens im Wortlaut angegeben waren - man lese sie in der Schrift nach! -: 1. „der Tag“, 2. „die Ankunft des HErrn“, 3. „das Ende“! Welche Verantwortung tragen wir doch, Geliebte, die wir dieses wissen! Bitte, denke darüber nach: welche Verantwortung! Gesetzt, du befändest dich in irgendeinem Kriegsgebiet, das du und andere nur noch mit einem einzigen Eisenbahnzuge verlassen könnten, mit dem „letzten Zuge“, dessen Abfahrtszeit auf heute nacht angesetzt wäre - sage, wie würdest du die wenigen Stunden bis zur Abfahrt verbringen? Leichtfertig, gleichgültig? Ich glaube kaum! Denke nun aber weiter: Du wärest der einzige, der von diesem Zuge Kenntnis bekommen hätte und dir sei es anvertraut, andere, viele andere noch rechtzeitig zu benachrichtigen! Würdest du diese Verantwortung zu würdigen wissen, oder würdest du deine Aufgabe vergessen und deine - kostbare! - Zeit vertrödeln? Gewiß nicht! Mag uns „Lot in Sodom“ als ein allzu bequemer, nachlässiger, sich seiner Würde nur wenig bewusster (vgl. 2. Petr. 2,8!) Gläubiger geschildert sein - als er es aber erfaßt hatte und glauben mußte, daß Jehova die Stadt verderben wollte, da „bekam er Beine“, da gab's kein Zögern mehr, selbst nicht für ihn! Lot ist kein gutes Vorbild für uns, ich weiß! Aber sind wir bessere Vorbilder? Oder sind wir nur bequeme „Lots“, die „im Tore von Sodom“ sitzen und dann, wenn's darauf ankommt, von den Leuten nicht mehr ernst genommen werden? Beachte die traurige Steigerung: „Lot schlug Zelte auf bis nach Sodom“ - „er wohnte in Sodom“ - „Lot saß im Tore Sodoms“ (1. Mose 13,13; 14,12; 19,1) und dann: „... aber er war in den Augen seiner Eidame wie einer, der Scherz treibt“ (19,14!!) Aber er meinte es doch ernst! Du auch? ich auch? Hat es Einfluß auf uns, daß wir's ernst meinen mit der Ansage des „letzten Zuges“? Glauben wir es selber? Geliebte, glauben wir es selber, daß der Tag, Sein Tag, der Tag der Offenbarmachung, der Tag, da „das Verborgene der Finsternis ans Licht“ kommen wird usw., (1. Kor. 4,5) nahegekommen ist? Bitte, „Hand aufs Herz“: glauben wir es selber, was wir sagen, was wir verkünden? Tun wir's nicht, so sind wir in Gefahr zu heucheln, und wir heucheln tatsächlich, wenn wir große Worte von diesen Dingen reden, dabei aber so leben, als wenn wir selbst meinen: „... ach, es hat noch Zeit!“ Aber wenn wir's wirklich glauben, dann müssen wir die diesbezüglichen Ermahnungen und Belehrungen verwirklichen! Und wir werden es dann

Und nun zur ersten Stelle: „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahegekommen!“ (Röm. 13,12) Dieses Wort steht in einem sehr bemerkenswerten Zusammenhang, in dessen Mittelpunkt von „Werken der Finsternis“ und „Waffen des Lichts“ die Rede ist. Ich beabsichtige nicht, die Stelle Wort für Wort zu besprechen, sie redet ja für sich selbst deutlich genug, aber einiges muß ich doch in Kürze betrachten. Zunächst - und damit komme ich für heute zum Schluß! - hier eine Aufstellung von negativen und positiven, zusammen 14 Punkten, soweit ich sehe, die in dieser Stelle betont sind:

1. Wir erkennen die Zeit! (Vgl. Luk. 12,56 [2. Kön. 5,26!])

2. Die Stunde ist da! (Vgl. Joh. 13,1!)

3. Es gilt aufzuwachen vom Schlaf! (Vgl. Eph. 5,14!)

4. Unsere Errettung ist jetzt näher, als da wir gläubig wurden. (Vgl. Luk. 21,28, wenn auch auf andere Zeit bezüglich.)

5. Die Nacht ist weit vorgerückt! (Denke an 1. Thess. 5,4-11!)

6. Der Tag ist nahegekommen! (Vgl. Hebr. 10,25!)

7. Fort mit den „Werken der Finsternis“! (Siehe zu Eph. 5!)

8. „Die Waffen des Lichts“ angelegt! (Vgl. Eph. 6,10-20!)

9. Ein anständiger Wandel, als am Tage, wird erwartet von uns. (Vgl. 1. Thess. 5!)

10. Keine Schwelgereien und Trinkgelage! (Vgl. Gal. 5; 1. Petr. 4,3; 2. Petr. 2,13 u. a.)

11. Nicht in Unzucht und Ausschweifungen! (Vgl. Gal. 5; 1. Petr. 4,3; 2. Petr. 2,13 u. a.)

12. Nicht in Streit und Neid! (Siehe auch Jak. 4,1!)

14. Die Lüste des Fleisches sollen, bei aller naturgemäßen Fürsorge für den Leib, nicht geweckt und genährt werden! (Siehe auch Gal. 5,13!)

Es wird keiner unter unseren (gläubigen) Lesern sein, der nicht von dem Ernst dieser Stelle innerlich berührt ist - nun, geliebte Geschwister, laßt uns, wo es nötig ist, uns beugen, und dann

im Blick auf den nahegekommenen Tag

diese Stelle in der Kraft des Heiligen Geistes (Gal. 5,25) in die Tat umzusetzen suchen! (Übersehen wir dabei nicht, daß Punkt 12 mit 10 und 11 auf einer Linie steht!)

Unser Umsetzen in die Tat mag mangelhaft sein, aber „Seine Gnade genügt“ auch darin für uns (2. Kor. 12,9), wenn wir es nur ernst nehmen!

Der HErr mache es mir und dir und uns allen so wichtig, wie es tatsächlich ist, daß „Der Tag ist nahegekommen!“

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 3

„Warum enthält Psalm 11 nicht die Antwort Auf die in Vers 3 gestellte Frage?“ Vers 3 lautet: „Wenn die Grundpfeiler umgerissen werden, was tut dann der Gerechte?“

Antwort A

Laßt uns prüfen, ob Psalm 11,4 nicht die Antwort Auf Psalm 11,3 ist! Zunächst darf daran

erinnert werden, daß in den Psalmen häufiger solche Fragen aufgeworfen werden und die Antworten meist unmittelbar folgen.

Im gleichen Psalm 11,1 wirft der Sänger David eine analoge Frage auf. Er folgt nicht dem Rat der Feinde, gleich einem Vogel auf die Berge in der Irre hin und her zu fliegen - nein, er bleibt in seinem Neste des Glaubensvertrauens auf seinen Beschützer in der lebendigen Hoffnung auf Jehova.

Vergleiche ferner unter anderen die Fragen: Ps. 10,1; 74,1; 77,9; 94,1-7; 114,5.6; 116,12 mit den Antworten in den gleichen Psalmen!

Bevor wir die Frage Ps. 11,3 aus Ps. 11,4 beantworten, müssen wir noch den Begriff „Grundpfeiler, Säulen, Grundfeste“ erläutern.

David denkt wohl in Ps. 11 zunächst an die tatsächlich unter Saul niedergerissenen Grundpfeiler der Gerechtigkeit (Gesetz) und des Gerichtes (nicht nur im Sinne von „Verurteilung“, sondern auch in Verbindung mit dem Begriff von „Zucht, Ordnung aufrechterhalten“. „Richter“ bedeutet im Schriftgebrauch auch „Ordner“!). Erleben wir nicht heute auch das Niederreißen dieser beiden gottgegebenen Säulen gesunden Volkslebens? „Es ist keine Treue (andere übersetzen „Wahrheit“) und keine Güte oder Liebe und keine Erkenntnis Gottes im Lande ...“, klagt der Prophet Hosea 4,1ff. Genau wie heute! „Sie wissen nichts und verstehen nichts, in Finsternis wandeln sie einher, es wanken alle Grundfesten der Erde.“ (Ps. 82,5) Aber „Jehova prüft den Gerechten“, „gerecht ist Jehova, Gerechtigkeiten liebt Er.“ (Ps. 11,5 u. 7) Die Grundfesten des Thrones Gottes sind und bleiben immer Gerechtigkeit und Gericht. (Ps. 89, 14; 97,2) Gnade und Wahrheit gehen vor Seinem Angesicht her. Jesus Christus, der Offenbarer der Gedanken Gottes, zeigte uns als vollkommener Mensch hier unten diese Grundsätze am rechten Platze, keine Anwendung des einen auf Kosten des anderen. Sein Heiliger Geist überführt von Sünde, von Gerechtigkeit, von Gericht!

Warum stürzte der Thron Sauls? Warum wanken die Throne in unseren Tagen? Weil ihre Grundfesten nicht Gerechtigkeit und Gericht sind, weil Gnade und Wahrheit nicht recht geteilt

werden. Durch Gerechtigkeit steht ein Thron fest. (Spr. 16,12) „Güte und Wahrheit behüten den König und durch Güte stützt er seinen Thron.“ (Spr. 20,28.)

Das unentbehrliche Fundament gesunden Volks- und Staatslebens ist die Familie. In ihrem Schoße bilden sich alle Begriffe über Pflichten, Rechte, Treue, Liebe, Ordnung, Zucht, Autorität. Das Ansehen der Obrigkeit des Staates steht und fällt mit der Anerkennung der ersten gottgegebenen Obrigkeit von Vater und Mutter. So erklärt sich das Sturmlaufen des antichristlichen Geistes gegen die Familie als Grundlage aller göttlichen Ordnungen und Segnungen. Das sehen wir nicht nur in krassester Form in Rußland, wo z. B. der bolschewistische Grundsatz durchgeführt wird: „Die Kinder gehören nicht der Familie, sondern dem Staat“ - das ist auch schon in Deutschland und anderen Ländern offenbar. Einige Sätze aus dem Aufsatze des heimgegangenen Bruders von Viebahn „Das Haus des Christen im Lichte des Wortes Gottes“ mögen hier, weil zum Thema passend, folgen: „Vater und Mutter bilden die erste von Gott geordnete Obrigkeit, welche die Pflicht der Regierung, der Fürsorge, der Erziehung und das Recht der Bestrafung hat. In diese göttliche Ordnung hinein wird der Mensch geboren; sie bildet die Grundlage seiner Existenz; dort empfängt er seinen Namen, seine Sprache und Heimat, ja alles, was er auf Erden ist und wird. Das, was einem Kinde und Jüngling in der Familie geworden ist oder gemangelt hat, begleitet ihn als Segen oder Mangel durch sein ganzes Leben und Werden.“ Auflösung der Familie - Ehescheidungen - freie Liebe bzw. „wilde Ehen“. - Weiter schreibt der Verfasser obengenannter Broschüre: „Insofern ein Staat durch seine Gesetzgebung dieser Auflösung seiner Fundamente Vorschub leistet, beschleunigt er seinen Untergang. Überall da, wo die verantwortlichen Organe eines Staates die Unantastbarkeit der Familie und ihrer Ordnungen gegen den Ansturm des Umsturzes nicht mehr zu schützen vermögen, erklären sie sich selbst außerstande, der wesentlichsten Aufgabe ihrer Verantwortlichkeit zu genügen.

Welche Obrigkeit könnte erwarten, von den Bürgern ihres Volkes geehrt zu werden und die Staatsgrenze geachtet zu sehen, wenn in diesem Volke Vater und Mutter nicht mehr geachtet und geehrt werden? Wie könnte man da Liebe und Aufopferung für das Vaterland erwarten, wo Liebe und Aufopferung für die erste und wahre Heimat des einzelnen, für seine Familie, sein

Vaterhaus, erloschen ist? Wie könnte Zucht und Ordnung in einem Volke aufrechterhalten werden, dessen Glieder von ihrer Jugend auf den Eigenwillen und die Zuchtlosigkeit gegen Vater und Mutter an die Stelle von Ordnung und Zucht setzen durften?“ Soweit von Viebahn.

Das Ziel des Ansturmes zeigt 2. Thess. 2,4. Materialistische Skepsis und wilde Genußsucht brechen die ideellen Kräfte und jedes geistige Interesse.

Von dem Pfeiler und der Grundfeste der Wahrheit: der Gemeinde des lebendigen Gottes, die gegründet ist auf dem Felsen Jesus Christus, steht geschrieben: „Die Pforten des Hades werden sie nicht überwältigen.“ (Matth. 16,18)

Nun zur eigentlichen Beantwortung der Frage in Ps. 11,3!

„Was tut dann der Gerechte?“ Der durch den Glauben an den Herrn Jesus und Sein für uns vergossenes Blut versöhnte und gerechtfertigte Christ, wollen wir hinzusetzen. Was tut der Hausgenosse Gottes, der Himmelreichsbürger, der Fremdling hier unten gegenüber solchem Anstürmen des antichristlichen Geistes? Die Welt kann er nicht ändern, auch nicht bekehren, aber er zeugt für seinen HErrn und gegen das Böse. Überzeugen kann nur Gott durch Sein Wort und Seinen Geist. Was tut also der Gerechte als einzelner, als Familienhaupt, als Glied der Gemeinde, unter seinen Arbeitsgenossen in der Welt?

Ps. 11,4 gibt uns zwei Antworten. Hab. 2,4 mit den drei neutestamentlichen Anführungen (Röm. 1,17; Gal. 3,11; Hebr. 10,38) beantwortet auch die gleiche Frage. Doch bleiben wir bei der Beantwortung aus dem Psalm 11.

1. Antwort. Vers 4a: „Jehova ist in Seinem heiligen Palast (oder Tempel).“

2. Antwort: Vers 4b: „Jehova - in den Himmeln ist Sein Thron!“

Zu 1:

a) Er ist droben in Seinem heiligen Tempel.

b) Er wohnt in unseren Herzen - unser Leib, der Tempel Seines Geistes.

Zu a: Der HErr, dem alle Gewalt gegeben ist im Himmel und auf Erden, thront zur Rechten der Majestät in der Höhe. Vgl. Jes. 6 und Ps. 2. - Er, der Richter der ganzen Erde, der einst Sein Blut für uns, die Schuldigen, gab, verwendet Sich für uns, ist unser Hohepriester und Sachwalter, des Leibes Heiland und unser verherrlichtes Haupt. Was vermögen die Menschen gegen uns mit all ihren Listen? Vermag der HErr sie nicht aufzudecken? Satan hat begehrt uns zu sichten, aber der HErr in Seinem heiligen Tempel bittet für uns. (Luk. 22,31) Das Böse nimmt auf der Erde seinen Fortgang. Der Feind stürmt weiter und immer mehr gegen die Grundpfeiler an. Merkt der HErr es nicht, sieht und hört Er es nicht? Er, der uns liebt! „Seine Augen schauen (auf uns), Seine Augenlider prüfen die Menschenkinder“, Ps. 11,4 und 7: „Sein Angesicht schaut den Aufrichtigen an.“ Sollte Er nicht jeden Anschlag unserer Feinde zunichte machen können und uns zu Seinem Preise durchhelfen in allen Nöten und Anstürmen!? Bald ist der Glaubenskampf zu Ende, und wir dürfen Ihn schauen, der gesagt hat: „Ich komme bald.“ Der Blick auf Ihn droben in Seinem heiligen Palast bringt zur Ruhe auch vom eigenen Wirken-Wollen.

Zu b: Er wohnt auch in unseren Herzen durch Seinen Geist und ist nach Seiner Verheißung da, wo zwei oder drei versammelt sind in Seinem Namen. (Matth. 18,20) Der in uns ist, ist größer als der, welcher in der Welt ist. (1. Joh. 4,4) Sein Heiliger Geist will uns leiten und den HErrn verherrlichen.

Was tut also der Gerechte nach der Antwort in Vers 4a?

„Aber Jehova ist in Seinem heiligen Palast - still (andere „schweige“) vor Ihm ganze Erde!“ (Hab. 2,20) Liegt nicht gerade zunächst im Stillesein und Vertrauen unsere Stärke, weil Gott es so in Seinem Worte sagt und weil die Erfahrung aller Zeugen es bestätigt! Und doch wird uns meist nichts so schwer im Glaubenskampf wie das Stillesein im Bewußtsein: „Der HErr wird für uns streiten.“ (Vgl. 2. Chron. 20,16.17 mit 2. Mose 14,14.)

Nur wenn wir stille sind, können wir hören, was Gott uns zu sagen hat, kann Er uns von Fall zu Fall Seinen Willen kundtun, Seine Weisheit offenbaren. Darum: „Alles Fleisch schweige vor Jehova; denn Er hat Sich aufgemacht aus Seiner heiligen Wohnung.“ (Sach. 2,13; vgl. 3. Mose 9,23 - 10,7 und 4. Mose 12)

Nur stille Leute gehorchen der zarten Stimme des Heiligen Geistes. (Apgesch. 5,32) Gehorsame Kinder Gottes haben dann, und nur dann, Vollmacht gegenüber den Versuchen, die Grundpfeiler unserer Familien umzureißen. Zucht von anderen verlangen kann nur, wer selbst in der Stille vor Gott an sich Zucht übt. Das Stehen vor Gott und Warten auf Seinen Befehl verlieh Elias die Autorität gegenüber dem Götzendiener Ahab. Wir erinnern uns der Stille eines Mose in Midian und des Paulus in Arabien. Daniel 2,12ff. gibt uns ein Beispiel für unser Handeln. Vers 12: Drohen des Feindes. Vers 16: Daniel erbittet Frist zur Stille. 2,17: Gebetsgemeinschaft. (Hebr. 4,16) Vers 19: Antwort Gottes. V. 20-23: Lobpreis Gottes; und in den folgenden Versen: Verherrlichung Gottes, Beugung der Feinde, Ehrung, Vollmacht Seines Knechtes Daniel.

Was tat der vollkommene Knecht Jehovas, der Gerechte in Seinem Erdenwandel? Suchte Er nicht vor jeder Entscheidung immer wieder die Stille im Gebet vor Gott? (Luk. 4,42; 5,16; 6,12; 9,28; 11,1; vgl. auch Jona 2,8)

Wie handelte die urchristliche Gemeinde beim Anstürmen des Feindes? Sie geht in die Stille und legt Gott die Lage dar, wie der Wortlaut des gemeinsamen Gebets (Apgesch. 4,23-30) uns zeigt, und Er handelt zu Seinem Preise!

Auch im täglichen Familienverkehr sollten wir gewissermaßen naturnotwendig dahin kommen, bei jeder Frage unserer Hausgenossen erst einen Augenblick stille zu werden zum Aufnehmen der Verbindung in der vorliegenden Frage mit Dem, der uns gesetzt ist von Gott zur Weisheit, wie es z. B. in Neh. 2,4 geschildert ist. So werden die Gerechten Vollmacht haben auch in unseren Tagen durch Den, der auch heute bis ans Ziel in Seinem heiligen Tempel ist - nur so werden wir auszuharren vermögen, wenn die Anstürme sich noch steigern gegen die

Grundpfeiler. „Gott aber sei Dank, der uns den Sieg gibt durch unseren Herrn Jesus Christus!“ (1. Kor. 15,57)

Wir kommen nun zur zweiten Antwort Aus Psalm 11,4b: „Jehova, in den Himmeln ist Sein Thron!“

Der Thron Gottes steht in Verbindung mit der Regierung Gottes. Gott handelt, wenn wir so sagen dürfen, nach gewissen Regierungsgrundsätzen, die Er uns geoffenbart hat, soweit wir sie wissen müssen. Das Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter Seines Reiches. Der ewige Herrscher auf dem himmlischen Thron „läßt es dem Aufrichtigen gelingen“ und „gibt den Demütigen Gnade“. (Spr. 2,7; 3,34 u. a.)

Der gegen die Grundpfeiler anstürmende Unglaube (dessen Stützen nach Hab. 2,4 Hochmut und Lüge sind) wird zuschanden, weil der Gerechte durch den Glauben lebt, dem König aller Könige dient, der ihm durch Aufrichtigkeit und Demut, die beiden Säulen des Glaubenshelden, den Sieg verleiht. Nur Wahrheit und Demut schaffen die Atmosphäre des Vertrauens im Kampf des Alltages. „Jehova hat in den Himmeln festgestellt Seinen Thron, und Sein Reich herrscht über alles!“ (Ps. 103,19) „Der Himmel ist Sein Thron und die Erde der Schemel Seiner Füße!“ (Jes. 66,1) Wird es etwas an den Regierungswegen Gottes ändern können, wenn der Mensch in seiner Verblendung sich auf dem Schemel Seiner Füße empören will? Diese Stelle wendet ja Stephanus in seiner Verteidigungsrede Apgesch. 7,49 an, und die Herzen der Hörer wurden durchbohrt (V. 54)

Schon eingangs wurde die Stelle erwähnt: „Gerechtigkeit und Gericht sind Deines Thrones Grundfeste.“ Weil diese Grundfeste ewig bleibt und doch alle Menschen einmal vor diesem Thron erscheinen müssen (Offenb. 20), darum verließ der HErr der Herrlichkeit den Himmel, ließ Sich einen Leib bereiten, um in diesem Leibe der Niedrigkeit am Kreuze auf Golgatha vor dem Throne Gottes zu erscheinen. Dort hat Er das Gericht für uns erduldet, den Tod geschmeckt und die Gerechtigkeit für uns erworben. Jetzt thront Er zur Rechten der Majestät als die Gnade und Wahrheit in Person - vergleiche bitte Psalm 89,14.15 mit Joh 1,14.18.

Nicht mehr lange, geliebter Mitpilger, währt der Weg durch die Wüste! Bald hat das Anstürmen des antichristlichen Geistes ein Ende. Die Stunde ist nahe, da der Vater den Sohn senden wird, die Seinen einzuführen ins Vaterhaus.

Gepriesen sei der HErr! Auch die Zeit ist nahegerückt, da sich Ps. 2 erfüllen wird. Schon jetzt wissen wir bei aller Anmaßung der Menschen: „Der HErr, der im Himmel thront, lacht, der HErr spottet ihrer!“ „Dein Thron steht fest von alters her, von Ewigkeit her bist Du!“ „Saget unter den Nationen: Jehova regiert!, auch steht der Erdkreis fest, er wird nicht wanken. Er wird die Völker richten in Geradheit.“ (Ps. 93,2 und 96,10)

Was tut also der Gerechte nach Ps. 11,4b? Er wendet die Regierungsgrundsätze des Thrones Gottes auch in seiner Familie, an seiner verantwortlichen Stelle, an und stellt sich damit bewußt auf den Felsen der Treue Gottes, der uns in die Gemeinschaft berufen hat mit Seinem Sohne und auf den Felsboden des Wortes Gottes. Der HErr nennt solche Leute, die sich auf den von Gott gelegten Grund stützen (1. Kor. 3,11 und Matth. 7,24ff.) - „klug“. Was dann auch kommen mag: „Platzregen“, „Ströme“, „Winde“, wenn Gott es zuläßt; - wir zittern vielleicht, aber der „Fels der Ewigkeiten“ wankt nicht.

Wenn wir so im Glauben wandeln, werden wir immer wieder, wie schon gesagt, erfahren: „Dem Demütigen gibt Gott Gnade, und dem Aufrichtigen läßt Er es gelingen!“ Er schenkt uns dann zu Seinem Preise die Vollmacht zum Ausharren.

„Seine Augen schauen, Seine Augenlider prüfen die Menschenkinder“. (Ps. 11,4) Er straft den Gesetzlosen (V. 5 u. 6). „Denn gerecht ist Jehova; Gerechtigkeiten liebt Er, Sein Angesicht schaut den Aufrichtigen an!“ (V. 7)

Ist also der Vers 4 des Psalms im einzelnen und der ganze Psalm in allen Versen nicht eine klare Antwort Auf die Frage in Psalm 11,3?!

Gepriesen sei der HErr für Sein unerschütterliches, ewiggültiges Wort!

Es ist wahr, Gott, der vollkommene Erzieher, muß uns erst mit unserer eigenen Kraft zuschanden werden lassen. Nur zerbrochene Leute können als Säulen in Familie und Gemeinde stehen inmitten des Sturmes unserer Tage. Nur zerschlagene Herzen - die Opfer Gottes - werden verstehen und immer besser verstehen wollen:

„Jehova ist in Seinem heiligen Tempel“ = Gott ist Liebe!

„Jehova, in den Himmeln ist Sein Thron“ = Gott ist Licht!

Dieser „feste Grund Gottes steht“- trotz aller Anstürme - „und hat dieses Siegel: Der HErr kennt, die Sein sind; und: jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit!“ (2. Tim. 2,19)

A. v. W.

Antwort B

Über „das Warum“ kann man weder dogmatisieren noch spekulieren, man kann nur eine Meinung oder einen Gedanken geben. Dürfen wir nicht vielleicht denken, daß der Heilige Geist uns durch diese „Frage ohne Antwort“ dahin bringen möchte, ernst zu überlegen, ob ein solcher Fall wirklich möglich wäre? Denn wenn es in der Tat den Mächten der Finsternis oder menschlicher Verschlagenheit gelingen könnte, dann wäre es mit dem Gerechten aus, er könnte überhaupt nichts tun, sondern nur in die Verzweiflung versinken. Die Grundpfeiler oder Festen sind wohl nur in dem Herzen unseres allmächtigen Gottes befestigt, denn es steht geschrieben. „Der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel“ usw. (2. Tim. 2,19) „Dinge, die erschüttert werden können, werden erschüttert werden, auf daß die, welche nicht erschüttert werden, bleiben“ (Hebr. 12,27); und „wir haben ein unerschütterliches Reich empfangen“. (V. 28)

Wie schrecklich und unsicher wäre es, wenn die kleinste Möglichkeit vorhanden wäre, daß die

bezeugt: „Siehe, Ich gründe einen Stein in Zion, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, aufs festeste gegründet.“ (Jes. 28,16) Könnten überhaupt die Grundpfeiler oder Grundfesten, die Gott gegründet hat - so fragen wir wieder - umgerissen oder umgestoßen werden? Diese unbeantwortete Frage von Ps. 11,3 ist also eine Stärkung des Glaubens und der Zuversicht. Ebenso wie es unmöglich war, daß der Feind über den HErrn siegen konnte, so ist es völlig ausgeschlossen, daß das Fundament Gottes ins Wanken gebracht werden könnte. Hat etwa die absurde Entwicklungstheorie einen allerkleinsten Riß in Gottes Grundpfeilern verursacht? Hat irgendeine andere gottlose Vermutung das geringste Stückchen von dem ewigen unbeweglichen Felsen abgeschnitzelt? „Der, welcher im Himmel thront, lacht, der HErr spottet ihrer.“ (Ps. 2,4) Leichter wäre es, mit einem Bombardement von gekochten Erbsen den Felsen von Gibraltar zu pulverisieren, als Gottes Gnade umzustoßen!

Es ist also nicht notwendig für uns zu wissen, was wir in einem Falle tun sollen, der in Wirklichkeit gar nicht - Gott sei Preis! - vorkommen kann!

F. Btch.

Bemerkungen des Schriftleiters

Wie kostbar sind diese Antworten, wie geradezu lieblich zu lesen, nicht wahr?! Mahnend und tröstlich zugleich! Und zwar beide, obwohl sie in scharfem Gegensatz zueinander zu stehen scheinen. Aber wirklich, es - scheint nur so! Täten sie es wirklich, so hätte ich sie wohl nicht beide aufgenommen. Doch glaube ich im Sinne der teuren Mitarbeiter zu handeln, wenn ich z. B. auch Antwort B mit aufnehme, gerade weil sie so passend ist zur Ergänzung der Antwort A. Also kein Gegensatz ist da, sind doch sogar zum Teil die gleichen Bibelstellen mit angeführt worden für ähnliche Bezeugungen!

Aber zeigt Antwort A nicht, wie sehr die Grundfesten, wie schonungslos die Grundpfeiler umgerissen werden, und sagt demgegenüber nicht Antwort B, daß dies nimmermehr möglich sei - führt letztere nicht gar einen Vergleich an, der an den biblischen von dem „Kamel und

jedoch diese Tatsache ist auch unserem geliebten Mitarbeiter, der uns Antwort A beschert hat, nicht fremd. Wie könnte sie auch!

Warum rede ich so lang und breit hierüber? Um die Leser zu „beruhigen“? Das täte wohl nicht nötig! Aber um wieder einmal zu betonen, wie unumgänglich wichtig es ist, die verschiedenen Gesichtspunkte zu beachten, von denen aus man die gleiche Sache betrachten kann, betrachten muß. Antwort A sieht die Frage von Ps. 11,3 an von dem Gesichtspunkt aus, daß dem Menschen gleichsam die Grundpfeiler, die Grundlagen - z. B. des Staats (und das ist sicher in diesem Psalm ein Hauptgedanke!) - anvertraut worden sind, daß sie seiner Verantwortung anheim gefallen sind, und was macht er damit? Genau das gleiche, was er mit allem, was Gott ihm anvertraut hat, macht: Er zerstörte, er wirft's durcheinander, verführt von dem großen „Durcheinanderwerfer “, dem Teufel (diabolos = [wörtl.] der „Durcheinanderwerfer“!), er macht zunichte, was Gott herrlich machte; er tat's schon im Paradiese, hat er doch, eben der Verführung der Schlange erlegen, jene wichtigste Grundbasis von allem, den Unterschied zwischen Licht und Finsternis, gründlich durcheinandergeworfen, woran er noch heute arbeitet mit in letzter Zeit mehr Erfolg denn je! Hierfür nur ein Beispiel: Da ist die „Gottlosenbewegung“ -und da ist die Bekämpfung derselben! Ist letztere etwa nicht gut? O ja, nur daß sie zuallerallermeist von solchen Kreisen ausgeht, die in ihren Reihen die Gottlosigkeit, d. h. die im Sinne der Schrift (vgl. Eph. 2,12f. u. a.), geradezu künstlich züchten, nämlich von den sogenannten „Kirchlichen“! Es sind die kirchlichen Systeme, in denen falsche Toleranz gepredigt wird, in der neben wenigen gläubigen eine Unzahl ungläubige und zum Teil sogar die Gottessohnschaft Christi usw. leugnende „zum Predigtamt rite ordinierte“ kirchliche Angestellte Dienst tun, durch welche die leichtgläubigen Menschen irregeführt werden, werden doch sogar schon die kleinen Kinder, die doch noch gar nicht glauben können, zu „Christen“ gemacht mittels der ewig schriftwidrigen Säuglingstaufe usw. usw. ...! Alle diese armen Irregeleiteten werden ja nicht etwa „zu Gott gebracht“, sondern von Ihm weiter und weiter ab, sie sind ohnehin von Natur „los von Gott“ und kommen auch nicht zu Gott, weil man ihnen die biblische Bekehrungspredigt vorenthält und sie mit Steinen füttert statt mit Brot ...! Und solche unbiblischen Kreise glauben die Gottlosenbewegung unterdrücken zu können?!! Da ist

Grundsätze! Und was tut da der Gerechte? Antwort A sagt sehr schön: Er geht in die Stille, er betet, fleht, wandelt im Glauben usw. Sicher, das tut er, wenn es recht um ihn steht. Aber noch eins zu tun ist seine Aufgabe, und das gehört mit zum Wandel im Glauben: Eph. 5,11 mit 2. Kor.6,14-18! Gewiß geht dies eben Gesagte über den Rahmen von Antwort A über Ps. 11 etwas hinaus, aber nur weil ich die Grundpfeiler noch allgemeiner fasse als jene Antwort. Sie sind für mich alles, was Gott als Grundlagen Seines ewigen Reiches gegeben hat. - Aber genug davon; ich wollte nur zeigen, wie unter irdischem Gesichtswinkel gesehen alles, was dem Menschen anvertraut wird, eingerissen, umgestoßen wird!

Und dagegen Antwort B? Hier wird alles nur von göttlichen, ewigen Gesichtspunkten aus gesehen, und da ist uns klar gesagt in kürzesten Ausdrücken: Unmöglich können Gottes Grundpfeiler erschüttert werden! Nein, mag die Menschheit, mag der Teufel dran rütteln und sich einbilden, Gott absetzen und die Säulen Seines heiligen Tempels umstoßen zu können - nichts wird ihm gelingen! Ja, wahrlich: „Ein unerschütterliches Reich“ ist unser. (Hebr. 12,28) Und was tut da der Gerechte, wenn er die vom göttlichen Gesichtspunkt ohnmächtige Wut des Feindes sieht? Was bleibt ihm zu tun? Er betet an! Aber auch ein Wandel nach Hebr. 12,28b! Dieses zur Ergänzung zu beiden Antworten hinzuzufügen lag mir am Herzen. Möge es mit zur Klärung dienen!

Darüber hinaus nur noch die kurze Bemerkung, daß auch übersetzt werden kann, wie einige Übersetzungen (z. B. von Eß) ähnlich tun: „Werden die Grundpfeiler (des Staates, nach dem Zusammenhang) umgerissen - was kann („könnte“) da der Gerechte wohl ausrichten?“ So daß er sich soweit wie möglich von allen denen, die dies Zerstörungswerk leisten, fern halten sollte! Bei dieser Bedeutung wäre es leicht, eine Verbindungslinie zu ziehen zu Röm. 13,1ff. und Tit. 3,1ff.; 1. Petri 2,13ff., wodurch uns, den Gerechten, u. a. zur Pflicht gemacht wird, uns nicht an gegen die gottgegebene Obrigkeit gerichteten Handlungen zu beteiligen. Ich habe aber nicht mehr den Raum, diese Deutung weiter auszuführen, ich lege sie nur zur Prüfung mit vor. (Heute zeitgemäß!)

Der HErr wolle obige Antworten benutzen, uns durch dieselben - ja mehr: - durch Sein Wort

Licht zu geben für den irdisch gefahrvollen und doch von Gott aus so sicheren Pfad des Glaubens, den wir zu pilgern haben, bis Er kommt! (Ps. 119,105)

Was tut der Gerechte? „Der Gerechte wird aus Glauben leben!“ (Hebr. 10,38)

F K.

Frage 4

In 1. Kor. 3,16.17; 6,19; 2. Kor. 6,16 und Eph. 2,21 redet der Apostel Paulus von einem „Tempel Gottes“, den die Gläubigen selber darstellen sollen; in 2. Thess. 2,4 aber redet er von einem „Tempel Gottes“ in einem anderen Zusammenhang. Wie ist nun diese letztere Stelle vom Tempel in bezug auf erstere Stellen zu verstehen?

Antwort A

In den Korinther- und Epheserstellen gebraucht der Geist Gottes das Bild eines „Tempels“, um uns damit einen geistlichen Gedanken zu übermitteln. Nicht nur die Juden kannten dieses Bild durch ihren Tempel in Jerusalem, sondern auch die Heiden kannten es, da sie von alters her Tempel hatten. Der mit dem Tempel verbundene Gedanke war der des Gottgeweihtseins und der Gottesverehrung. Das Heidentum war ja hierin ganz abwegig, bis zur schlimmsten Verirrung; nur in dem Tempel in Jerusalem fand dieser Gedanke in gottgemäßer Weise Ausdruck, und zwar in vollkommener Weise in dem ersten, von Salomo erbauten Tempel, der mit allem, was dazu gehörte, ganz dem Muster entsprach, welches David gefertigt hatte „von allem, was durch den Geist in ihm war“ und wie Gott ihn „durch Schrift unterwiesen“ hatte und welches er seinem Sohne Salomo gegeben hatte (1. Chron. 28,11-19), von dem wir lesen: „Da erfüllte die Wolke“ - das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes - „das Haus Jehovas“ und in bezug auf den Salomo in seinem Gebet sagte: „Gebaut habe ich Dir ein Haus zur Wohnung, eine Stätte zu Deinem Sitze für Ewigkeiten.“ (1. Kön. 8,10.11.13; 2. Chron. 5,13b.14; 6,2) Für den treuen Israeliten war dieser Bau Gott geweiht, das Heiligtum, in dem Gott wohnte, und

dadurch für ihn die Stätte der Anbetung und Hingabe an Ihn. Der im Vordergrund stehende Gedanke war demnach nicht der, daß Gott durch den Tempel geehrt wurde, sondern der, daß der Tempel durch Gott - durch Sein Wohnen in ihm - herrlich gemacht wurde und daß das Bewußtsein hiervon auf das Herz wirkte, Ihn zu preisen und Ihm zu dienen. Das ist es auch, was der Geist Gottes im Auge hat, wenn er von den Erlösten als „Tempel Gottes“ oder „Tempel des Heiligen Geistes“ spricht: Er will uns damit die wunderbare Beziehung zu Ihm zeigen und groß machen, in die wir durch Sein Wohnen in uns als Gesamtheit wie auch als einzelne gebracht sind, und uns dadurch zu dem Bewußtsein bringen, daß wir Ihm ganz und allein gehören, und zugleich - als Frucht hiervon - das tiefe Verlangen in unserem Herzen hervorrufen, dieser herrlichen Tatsache entsprechend hier zu leben.

Des besseren Verstehens des eben Gesagten wegen möchten wir auf ein anderes Bild hinweisen, welches der Geist Gottes ebenfalls auf die Erlösten anwendet: das „Haus Gottes“. (1. Tim. 3,15; Hebr. 3,6; 10,21; 1. Petr. 2,5; 4,17) Es ist derselbe Bau wie der „Tempel“ (wie ja auch die vorerwähnten alttestamentlichen Stellen zeigen), aber das, was das „Haus“ uns zeigt, ist etwas ganz anderes, als was wir vorstehend betreffs des „Tempels“ gesehen haben. Das zu sehen, hilft uns ein Bild aus dem Leben: Gehen wir an einem Hause vorüber, so empfangen wir nach der äußeren Beschaffenheit des Hauses einen Eindruck von dem Besitzer desselben, und dasselbe ist es, wenn wir die kennenlernen in ihrem Betragen und Tun, die in diesem Hause sind. Also: Nicht wird das Haus nach dem Besitzer beurteilt, sondern der Besitzer wird nach dem Hause beurteilt - nach dem, wie es aussieht und was man an denen sieht, die in ihm sind. Deshalb handelt es sich, wenn das „Haus Gottes“ als Bild für die Erlösten gebraucht wird, um unsere Verantwortung Gott gegenüber, in unserem Leben, unserem Wandel, nach außen hin - der Welt gegenüber - Gott so darzustellen, wie Er ist. Diese Verantwortung trifft jeden Erlösten persönlich; dennoch wird das Urteil der Welt über Gott gebildet durch den Eindruck, den die Erlösten in ihrer Gesamtheit machen; deshalb wird dieses Bild immer nur in bezug auf die Gesamtheit der auf der Erde lebenden Erlösten, nie in bezug auf den einzelnen, gebraucht.

An den Gegensätzen, die wir hiernach zwischen „Tempel“ und „Haus“ finden, wird uns der Gegenstand um so klarer. Anschließend an das eben Gesagte: Während das Bild des „Hauses

Gottes“ nie auf den einzelnen Erlösten angewendet wird, wird das Bild des „Tempels“ auch für den einzelnen gebraucht. (1. Kor. 6,19) - Während das „Haus Gottes“ die Erlösten als die zeigt, welche berufen sind, den Menschen kundzumachen, was Gott ist - also menschenwärts gerichtet ist, zeigt der „Tempel“ die Erlösten als die, welche jetzt schon und für ewig zu diesem Gott in einer wunderbaren Beziehung stehen, und stellt Ihn uns vor - ist also gottwärts gerichtet. - Als „Tempel“ empfangen wir unseren Charakter durch Den, der in uns wohnt; als „Haus Gottes“ offenbaren wir den Charakter Dessen, dem dieses Haus gehört. - Als „Tempel“ teilt Er Sich uns mit; als „Haus“ teilen wir Ihn der Welt mit. - Als „Tempel“ sind wir für Ihn abgesondert; als „Haus“ sind wir Sein Zeugnis in der Welt. - Als „Tempel“ empfinden wir, was Gott ist; als „Haus“ verkünden wir, was Gott ist. -

In vorstehendem haben wir versucht, den geistlichen Gedanken klarzumachen, den das Bild des „Tempels“ uns zeigen soll. Zuerst - gleichsam im Keime - finden wir denselben in den Evangelien in Verbindung mit der Person des Herrn Jesus Selbst, indem Er das Bild des „Tempels“ auf Seinen eigenen Leib anwendet. (Joh. 2,19.21) Sein Leib war im vollen Sinne des Wortes der „Tempel Gottes“, „denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in ihm zu wohnen“. (Kol. 1,19) Wenn Paulus dann später in seinen Briefen das Bild des „Tempels“ auf die Versammlung (Gemeinde) und auch auf die einzelnen Gläubigen anwendet, steht dieses in einem innigen Zusammenhang mit dieser Anwendung des Bildes seitens des HErrn auf Seinen eigenen Leib, denn die Seinen in ihrer Gesamtheit - seien es die auf der Erde lebenden, wie 1. Kor 12,12-27, oder alle seit jenem Pfingsten bis zur Entrückung, wie Eph. 1,23; Kol. 1,18.24 - sind „der Leib Christi“, „Sein Leib“, und die Leiber der einzelnen Gläubigen sind „Glieder Christi“. (1. Kor. 6,15a) Daher sind alle Erlösten seit jenem Pfingsten bis zur Entrückung wesenseins mit Ihm und sowohl in ihrer Gesamtheit als auch als einzelne der „Tempel Gottes“ bzw. der „Tempel des Heiligen Geistes“.

Der Hinweis auf diese herrliche Tatsache an den verschiedenen Stellen ist von großer Kraft und Kostbarkeit und steht immer im Einklang mit den Gegenstand und Charakter des betreffenden Briefes.

Im ersten Briefe an die Korinther, wo wir die Lehre über die Versammlung im Blick auf den Zustand und die Ordnung fanden, wird das Bild zweimal gebraucht: Kap. 3,16.17 für die Gesamtheit in Verbindung mit dem Werk der Arbeiter an den einzelnen Seelen, aus denen die Versammlung bzw. der „Tempel Gottes“ gebildet ist, um zu zeigen, wie ernst und verantwortungsvoll der Dienst an den Seelen ist - wie groß die Verantwortung ist, den Seelen das zu bringen, was sie wirklich auferbaut, weil der Zustand der einzelnen Seelen den Zustand der Versammlung (Gemeinde) ausmacht, welche der „Tempel Gottes“ ist, und Kap. 6,19 für den einzelnen Gläubigen in Verbindung mit dem sittlichen Verhalten, um jeden einzelnen zu dem Bewußtsein zu bringen, daß er nicht in und mit seinem Leibe tun kann, was ihm gefällt, eben weil derselbe der „Tempel des Heiligen Geistes“ ist und wir nicht unser selbst sind! Welch eine erhabene Tatsache und darum welch ein mächtiger Beweggrund zu einem Wandel in Heiligkeit!

Im zweiten Briefe an die Korinther, wo ebenfalls die Lehre über die Versammlung, und zwar die Seite des Lebens in Christo, der Gegenstand ist, finden wir in Kap 6,16 das Bild auf die Gesamtheit angewendet im Blick auf die Absonderung, um durch dieses Bild - und zwar unter Betonung der Tatsache, daß es ein lebendiger Gott ist, dessen „Tempel“ wir sind, im Gegensatz zu den toten Götzen, deren Bilder der Ungläubige verehrt - den Gläubigen in eindrucksvoller und überzeugendster Weise die Unmöglichkeit vorzustellen, mit den Ungläubigen in irgendwelcher Weise und Beziehung Gemeinschaft zu haben.

Im Briefe an die Epheser, der uns Gottes Ratschluß zeigt und dementsprechend vorstellt, daß wir in Christo dorthin versetzt sind, wo Er ist, erstreckt sich im Einklang mit dieser herrlichen Tatsache das Bild des „Tempels“ - „im HErrn“, weil die Vollendung erst eintritt, wenn wir werden verherrlicht bei Ihm sein - aus alle Erlösten seit Pfingsten bis zur Entrückung (die entschlafenen, jetzt auf der Erde lebenden und bis zur Entrückung noch hinzukommenden) und zeigt uns unsere wunderbare Berufung und damit die unaussprechliche Gnade Gottes in einer Weise, die unser Herz jubeln und von Dank und Anbetung überströmen macht.

In 2. Thess. 2,4 ist es etwas ganz anderes. Dort ist von dem „Tempel Gottes“ nicht in bildlicher

zu Jerusalem wieder vorhanden sein wird. Wie wir in 1. Thess. das Kommen des HErrn für die Seinen zu ihrer Entrückung finden (4,13-18), so in 2 Thess. Sein Kommen für die Welt in Macht und Herrlichkeit zum Gericht und zur Einführung Seines Tages (1,6-10), und in Verbindung mit diesem Gegenstande werden uns im 2. Kapitel wertvolle, klare Belehrungen bezüglich des Antichristen gegeben. Ehe das in V. 3 und 4 Gesagte eintreten kann, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Die erste, von allen äußeren Umständen und Geschehnissen für unsere Wahrnehmung unabhängige und daher jeden Augenblick zu erwartende ist die Entrückung der Gläubigen. Dann weiter: Das Römische Reich mit seinem Oberhaupt und das Jüdische Reich mit seinem König - der sich dann als der Antichrist enthüllen wird - müssen vorhanden sein, und der Tempel in Jerusalem muß wieder gebaut und der jüdische Gottesdienst nach dem Gesetz muß wieder eingerichtet sein. Denn dann erst kann „der kommende Fürst“ (Dan. 9,26b) - das Oberhaupt des dann wiedererstandenen Römischen Reiches - „einen festen Bund mit den vielen schließen für eine Woche“ (Dan. 9,27a) und damit diese letzte, an den „siebenzig Wochen“ nach V. 24 noch fehlende siebzigste Jahreswoche ihren Anfang nehmen, in deren Mitte dann der König des jüdischen Volkes seinen wahren Charakter zeigen und als der Antichrist auftreten wird, womit dann „die große Drangsal“ ihren Anfang nimmt, die dreiundeinhalb Jahre - die zweite Hälfte der eben erwähnten siebzigsten Jahreswoche nach Dan. 9 - dauern und mit dem Erscheinen des Herrn Jesus in Macht und Herrlichkeit zum Gericht der Gottlosen und zur Beseitigung des Antichristen und Aufrichtung Seines Reiches ihren Abschluß finden wird (vgl. Dan. 9,24-27; 11,36 - 12,12; Matth. 24; Offenb. 4ff., besonders 13 und 19) . Die obenerwähnte Mitte der siebenzigsten Jahreswoche nach Dan. 9,27 ist der Zeitpunkt, auf welchen sich das in 2. Thess. 2,3 und 4 Gesagte bezieht. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen sein wird, wird dieser „Mensch der Sünde, der Sohn des Verderbens“ mit der Behauptung hervortreten, daß er der Christus sei, und wird göttliche Verehrung beanspruchen und zu diesem Zwecke - als Gipfel seiner Überhebung - sich in den „Tempel (das Heiligtum) Gottes“ setzen. Der Wortlaut dieser Stelle und der Zusammenhang zeigen klar, daß - wie schon oben gesagt - hier mit „Tempel Gottes“ der Tempel gemeint ist, der vor Beginn der siebenzigsten Jahreswoche in Jerusalem wieder gebaut werden wird -

verschiedener Bedeutung, je wie der Zusammenhang ergibt. Kap 3,12 ist es in bildlicher Sprache auf einen geistlichen Zustand in der Herrlichkeit bezüglich. Kap 7,15 ist es der Tempel in Jerusalem im Tausendjährigen Reich (siehe Hes 40-47). Kap. 11,1.2 handelt es sich um den Tempel, von dem wir oben bei Betrachtung der Thessalonicherstelle gesprochen haben - also, der vor Beginn der siebzigsten Jahreswoche in Jerusalem gebaut werden wird. Kap 11,19; 14,17; 15,5.6.8; 16,1.17 ist es das himmlische Heiligtum in bildlicher Sprache.

Th. K.

SchlussAntwort des Schriftleiters

Zu dieser überaus klaren, ausführlichen Antwort, die sicher vielen Lesern gute Dienste tun wird, hätte ich gar nichts mehr hinzuzufügen, wenn es mir nicht so vorkäme, als sei noch übrig, auf den letzten Satz der gestellten Frage eine kurze Beantwortung zu geben. Ich glaube mich nicht zu irren (oder doch?), wenn ich vermute, daß der Fragende (ein mir wohlbekannter Bruder im Osten) in der gleichen Anwendung des Ausdrucks „Tempel Gottes“ in 2 Thess 2,4 wie in den übrigen Stellen eine Möglichkeit sieht dazu, daß die Verunehrung oder Entweihung des „Tempels“ nach 2. Thess 2,4 Parallelen, Übereinstimmungen oder wenigstens Ähnlichkeiten haben könnte hinsichtlich des „Tempels Gottes“ in den anderen Stellen. Ich will versuchen, deutlicher zu sagen, was ich meine: Wenn der Antichrist sich in den dann wieder sichtbar vorhandenen Tempel setzen wird, also in das Nachbild der Heiligtums Gottes, das einst Seinen Charakter zu tragen bestimmt gewesen war, dann wird das, was dann „Tempel Gottes“ heißt, gröblichst entweiht. Der Frageeinsender fragt nun, ob eine Beziehung besteht zwischen dieser Stelle und den anderen. Es scheint ihm also (meines Erachtens) der Gedanke vorzuschweben, als wenn in dem „Tempel Gottes“ in heutiger Gestalt (wir, die Gläubigen, die Gemeinde) ähnliche, wenn nicht gar gleiche Entweihungen möglich sein könnten wie dann später (Sollte ich mit dieser Vermutung über den Sinn jener Frage mich irren, bitte ich um Entschuldigung.)

Wenn ich hierauf nun ein paar Worte sagen darf, so sei da zunächst der Hinweis, daß, wie auch Antwort A zeigt, ein direkter Zusammenhang zwischen den Stellen, d. h. den erstgenannten

und der von 2. Thess. 2,4, nicht besteht, denn letztere spricht von dem äußerlich sichtbaren, erstere Stellen aber sprechen nur von dem geistlichen Tempel (Seiner Gemeinde wie auch des Leibes des einzelnen Gläubigen). Also kurz gesagt: Nein, es besteht keine (direkte) Beziehung zwischen diesen Stellen, und wenn man trotzdem eine solche zu sehen meint, dann ist man in Gefahr, das Wort nicht „recht zu teilen“ (2. Tim. 2,15) und Dinge zu vermischen, die der Geist Gottes streng scheidet. Oder man kommt gar dahin, die Stelle 2. Thess. 2,4 auf eine falsche Zeit zu deuten; etwa auch auf die jetzige, wo der sichtbare Tempel doch noch gar nicht besteht. Das würde dann aber zeigen, daß man das ganze zweite Kapitel von 2. Thess. nicht richtig auffaßt.

Jedoch in einem Sinne, glaube ich, dürfte man jene zukünftige Entweihung des sichtbaren Tempels auf das jetzige geistliche Bestehen des „Tempels Gottes“ (in den Seinen) anwenden, d. h. nicht als Lehre, sondern als Vergleich.

Wenn das, was der Antichrist mit dem im Unglauben von den Juden wiedererbauten äußerlich sichtbaren „Tempel Gottes“ tut (daß er sich selbst hineinsetzt usw.), eine Entweihung dessen bedeutet, was, wenn auch nur äußerlich, „Tempel Gottes“ genannt werden wird, wieviel mehr ist es eine Verunehrung und Entweihung dessen, was heute der „Tempel Gottes“ in Gottes Augen in Wahrheit ist (Seine Gemeinde usw.), wenn Menschen antichristlicher Gesinnung (vgl. „viele Antichristen“ in 1. Joh. 2,18!) in ihr ihr Wesen treiben, etwas zu sein beanspruchen, geehrt zu werden wünschen als Führer an Christi Statt, während sie „verderbliche Wölfe“ sind (vgl. Apgesch. 20,29.30!!) und dergleichen mehr!

Hier läge der Hinweis auf bekannte „verderbliche Irrlehrer“ sehr nahe (2. Petr. 2!), und wie oft ist durch solche die Gemeinde des HErrn entehrt, entweiht, besudelt worden, wie oft auch durch in moralischer Hinsicht unsaubere Elemente (vgl. Judasbrief und auch 2. Petr. 2!)! - Ich möchte aber diese Anwendungen auf keinen Fall mißverstanden wissen, als stellte ich hier eine Lehre auf, wie man 2. Thess. 2,4 zu den anderen genannten Stellen in Beziehung bringen könnte! Keineswegs! Ich möchte nur versuchen, der Frage vollauf gerecht zu werden, indem ich diese Anwendung mache, die nicht mehr als eine solche ist. In Verbindung hiermit verweise ich noch

auf meine Antwort zu Frage 11 in Jahrbuch 16 über 1. Kor. 3,17! Und damit genug hierüber!

Nein, jene ersten Stellen und 2. Thess. 2,4 haben, der Lehre nach, nichts miteinander zu tun, erstere behandeln den geistlichen „Tempel Gottes“ in der Gegenwart bis zur Entrückung der Heiligen (1. Thess. 4,13-18), und letztere Stelle spricht von dem danach im Lande (d. h. in Palästina) noch erbaut werdenden „Tempel“, der, obwohl nicht von Gott bewohnt, dagegen vom Antichristen schmählichst entweiht, im inspirierten Wort dennoch „der Tempel Gottes“ genannt wird, weil dann Gott wieder anfängt, Seine mit der 69. Jahrwoche (nach Dan. 9,24-27) durch die gewaltsame Beseitigung des Messias abgebrochene Geschichte Seines alten Bundesvolkes Israel neu fortzusetzen. Denn „die Berufung Gottes ist unbereubar“. (Röm. 11,29) Gelobt sei Er!

Laßt uns in der Gegenwart uns bewußt sein, welch ein Vorrecht, aber auch welch eine Verantwortung es ist, mitauferbaut (werdend) zu einer Behausung „Gottes im Geist“ (Eph. 2,21) „Sein (des Sohnes!) Haus“ zu sein (Hebr. 3,6), zu Seinem Ruhm, bis hin zum Ziel! Sein Name sei gepriesen!

F. K.

„Nahegekommen!“

(Röm. 13,12; Jak. 5,8; 1. Petr. 4,7)

(Fortsetzung)

In der vorigen Lieferung durfte ich eine ins Einzelne gehende Aufstellung von 14 Punkten bringen, die sich ohne Mühe aus dem Zusammenhang der ersten unserer Stellen ergeben. Heute nun einige Worte über diese Punkte!

Punkt 6: „Der Tag ist nahegekommen“- also der Satz, der uns besonders beschäftigt - ist unterbaut durch 5 Dinge, welche die Sicherheit dieser Tatsache, die wir besprechen, erhärten:

Wir können einfach nicht daran vorbeisehen.

Punkt 1:„Wir erkennen die Zeit!“ Das schrieb Paulus vor bald 1900 Jahren, und, wenn es damals stimmte, wieviel mehr heute! Die Zeit, d. h. der „Zeitlauf dieser Welt“, hat sich in seinem schlimmen Charakter noch in nichts geändert, es sei denn, daß das Böse mehr offenbar geworden wäre seit damals! Wissenschaft, Kunst, Technik, Religion (mit vielen Irrlehren) usw. stehen in einem unedlen Wettstreit, um die ewigen Grundlagen, die Gott in Seinem unverbrüchlichen Wort gegeben hat, niederzureißen (vgl. Lief. 2, Frg. 3!) oder um wenigstens zu versuchen, die Menschenherzen zu erschüttern, die auf jenen tatsächlich oder nur vermeintlich ruhen. Wir, d. h. wir Gläubigen, gegründet auf den Felsen des Wortes Gottes, erkennen die Zeit, wir wissen - was Gehasi nach der mitangeführten Stelle 2. Kön. 5,26 hätte wissen sollen -, daß es für uns nicht an der Zeit ist, die eitlen Schätze und armseligen Güter dieser Welt für uns aufzuhäufen, sondern vielmehr einen „Schatz in den Himmeln“ zu haben (Matth. 6,19-21), wir „beurteilen diese Zeit“ nach Luk. 12,56 und sehen, daß nichts wichtiger ist, als - nicht das äußere Angesicht des Himmels nur zu beobachten, soviel man auch daraus lernen kann, - zu sehen, wie man in das Innere des Himmels hineingelangt; und wenn wir das für uns auch schon erkannt haben, so haben es andere doch noch nicht erkannt, und wir müssen ihretwegen die Zeit auskaufen, um ihnen zu helfen zu richtiger Zeitbetrachtung und Zeitverwertung, nämlich im Blick auf die Ewigkeit! Leben wir im Lichte der Ewigkeit?

Punkt 2:„Die Stunde ist da!“ Wohl gehört dieser Satz eng zum folgenden, aber auch für sich gelesen ist diese Tatsache wichtig. „Kindlein, es ist die letzte Stunde!“ sagt Johannes in seinem ersten Brief Kap. 2,18. Sollten wir nicht mehr darauf achten, ob und daß die Kennzeichen der „letzten Stunde“ uns auf allen Seiten und Gebieten umgeben? Wir werden freilich erst dann daran denken, solche Kennzeichen überhaupt auch nur zu sehen und dann für uns bedeutungsvoll werden zu lassen, wenn wir gelernt haben und lernen, daß es uns nicht anders gehen kann und darf wie Ihm, unserem teuren Herrn Jesus (Joh. 13,1): Er sollte durch jene „Stunde“ hindurchgehen, die Ihn - zwar zu Seinem Vater zurück - aber doch nur über Golgatha heimführte, und darum geht auch für uns der Weg in die Herrlichkeit des Vaterhauses nur über Golgatha, d. h. durch Leiden, durch Sterben, durch Sterben mit Ihm, „durch tausend Tode“

gleichsam, wie mal einer treffend sagte - „wenn wir anders mitleiden, auf daß wir auch mitverherrlicht werden“. (Röm. 8,17) Vergessen wir nicht: Diese Stunde ist da! Heute Leiden mit Ihm - morgen Herrlichkeit mit Ihm! Diese „Stunde“ des Leidens kann uns nicht erspart werden, sonst würde uns in der Herrlichkeit viel fehlen - wer weiß, wieviel! Ja, „die Stunde“ war da für Ihn, und ist sie nicht heute da für uns? Vielleicht enthält sie noch manches, was wir in diesem Augenblick nicht ahnen - aber ist sie da, so wird sie uns auch schon noch enthüllen, welche Anforderungen sie an uns stellt, ist doch „der Tag naheherbeigekommen“, jener Tag, da sich's zeigen wird, was unser Leben für Ihn wert gewesen ist!

Punkt 3: Und was uns so oft hindert, das für Ihn zu sein, was wir sollten, das ist der geistliche Schlaf! Aufgewacht vom Schlaf, ihr Lieben! Die Stunde, aufzuwachen ist da! Geistlicherweise ertönte in manchen Ereignissen der Gegenwart schon der „Wecker“, der uns Zeit und Stunde kündete! Aber wie so mancher, der sich morgens wecken läßt - doch leider nicht so, wie der Herr Jesus nach Jes. 50,4! -, dreht sich noch einmal auf die andere Seite (bitte, lies Spr. 26,14!!), und traurig, daß es gesagt werden muß: Es gibt Gläubige genügend, die genau wissen, was obiges Weckwort von ihnen will, aber da sie nicht im Lichte jenes Tages wandeln, so verschlafen und versäumen sie Zeit und Stunde, wo Gott sie segnen will. „Wache auf, der du schläfst“ ist aber Gläubigen gesagt! (Eph. 5,14!) Anwendungen dieser Mahnung, aufzuwachen vom Schlaf, will ich nicht machen, sie läßt sich auf alles mögliche beziehen (auch auf die Stellung der Gläubigen zur Welt wie zu den Brüdern!), aber - verbunden mit Punkt 4- laßt uns doch daran denken, wie nahe unsere Enderrettung ist, wo wir dann Ihn sehen sollen, der uns geliebt hat: Haben wir dann ein Recht, die Zeit zu vertändeln, zu vertrödeln (auch z. B. mit ödem „Wortgezänke“, vgl. 2. Tim. 2,14 u. a.!), im Bewußtsein unserer hohen und tiefen „Erkenntnis“ - „Erkenntnis bläht auf!“, nämlich Erkenntnis an sich, ohne Liebe (1. Kor. 8,1!) - „auf unseren Lorbeeren auszuruhen“, statt in tätiger Liebe zu wirken?! Haben wir im Blick auf den Richterstuhl jenes Tages das Recht, uns zu brüsten mit unserer „Stellung in Christo“ (so herrlich sie ist!), während unser praktischer Zustand einem Schlafwandel gleicht? „Wache aus, der du schläfst!“

Punkt 5: Wirklich, Geschwister, die Nacht dieser Welt ist weitvorgerückt! Das ist ein Trost, wie

es in dem Liede heißt: „Weit vorgerückt ist schon die Nacht der Tränen!“ Sicher, das ist wahr, aber soll das Wort hier nicht vielmehr eine ernste Mahnung sein in dem Sinne, daß es nicht mehr an der Zeit ist zu „schlafen“, eben weil die Nacht dem Ende zugeht?! Ich glaube doch! Wir Gläubigen, oft so leidensscheu, oft so müde, schläfrig und untätig, hoffen gern auf Trost und freuen uns seiner, aber sind wir auch ebenso bereit, vielleicht ganz ohne Tröstung, aber blind trauend auf den HErrn, in Kampf, Leid, Trübsal, Verfolgung, Not und Tod zu gehen? Die Tatsache des nahenden Tages (Punkt 6) stellt andere Anforderungen an uns als die beginnende oder sich vertiefende Nacht! Wir sind doch „Söhne des Lichts und des Tages“ (1. Thess. 5,5!)! Wie herrlich, aber auch verantwortungsreich-ernst ist 1. Thess. 5,4-11! „Also laßt uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein!“ (V. 6) - denn „die Nacht ist weit vorgerückt“! Viel schlimmer können die Beweise für den Nacht-Charakter dieses Zeitlaufs doch nicht mehr werden! (So??) „Hebet eure Häupter auf!“ (Luk. 21,28) In dem Maße, wie es hier auf der Erde, dem Machtbereich Satans, grauenvoller und für uns unerträglicher wird, in dem Maße rückt die Nacht für uns vor und reift dem Tage entgegen. In dem Maße, wie z. B hier die heiligen Ordnungen Gottes wie Ehe, biblische Sittlichkeit und Wahrhaftigkeit, Ehrfurcht vor der Obrigkeit usw. auf den Kopf gestellt werden, in dem Maße lernen wir es, sie erst recht zu betonen, wenn uns dies auch vermehrten Kampf, Nichtverstandenwerden seitens - oft - der uns nächsten Menschen, Drohungen ebenso seitens der bewußt (sogen.) „Gottlosen“ wie auch andererseits der angemaßten „Hüter der Religion“ usw. einbringt. „Die Nacht ist weit vorgerückt“ - ja viel weiter geht es nicht, scheint's manchmal, und doch sehen wir bei unseren Nachbarn im Osten noch weit ärgere Nacht-Merkmale! Ja, der Teufel, der Fürst der Finsternis, kann viel, aber Gott kann mehr, und - nicht noch lange - und der Tag bricht an! „Aufgeschaut - Nacht entflieht!“ Ja, „welche solltet ihr denn sein!“ (2. Petr. 3,11) - wie ich in Lief. 1 schon schrieb -, „und das um so mehr, je mehr ihr den Tag herannahen sehet“ (Hebr. 10,25)

Wahrlich (Punkt 6)„Der Tag ist nahegekommen!“ Warten wir auf ihn mit Ausharren? Sind wir bereit, uns auf ihn „einzustellen“, mit ihm zu rechnen, ihn fest ins Auge zu fassen, ja, offenen Auges ihm entgegenzugehen? Ja? Dann laßt uns die göttlichen Hilfsmittel ergreifen und nicht nur den Schlaf (Punkt 3), sondern alles Hinderliche wegtun, wie uns Punkt 7-14 (d. h. diese

„Der Tag ist nahegekommen!“

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

F. K.

Jesaja 42,1.

(Schluß )

Ohne dieses Kindes- und Sohnesverhältnis (denn der Herr Jesus gebraucht in Matth. 7,21 nicht den Namen „Gott“, sondern des „Vaters, der in den Himmeln ist“) kann eine große, äußere, aber fleischliche Betriebsamkeit vorhanden sein, die gar nicht nach Gottes Willen ist; man kann weissagen, predigen, beten, Teufel austreiben und doch nicht ins Reich der Himmel eingehen. Wer aber gelernt hat, wie Maria zu Jesu Füßen zu sitzen und von Ihm zu lernen, wer mit dem Psalmisten auf grünen Auen und an stillen Wassern gelagert zu werden liebt, bei dem verfängt so laute Betriebsamkeit nicht. Wer sich selbst unter die Kritik des Wortes Gottes stellt, das schärfer ist als jedes zweischneidige Schwert, das unsere ganze Gedankenwelt und unsere innersten Wünsche und Beweggründe aufdeckt und vor Gottes Augen bloßlegt, dem vergeht das Richten und Verurteilen anderer. (Matth. 7,1-5) Wer sein Fleisch gekreuzigt und in den Tod gegeben hat, dem gilt die Ehre von den Menschen nichts, für den hat der Mammon keinen Reiz, dem steht die Liebe des Vaters höher als alles, was die Welt bietet. Diese Beispiele können vermehrt werden, aber wir erkennen schon aus dem Angeführten, wie eng das Tun des Wortes Gottes, d. h. der Gehorsam, mit unseren innigsten Beziehungen zu dem Vater im Himmel zusammenhängt.

Das ist also der Knecht Gottes, den Jesaja uns zeigt. Er ist nicht nach dem Sinn und Wunsch des Menschen. „Er hatte kein Ansehen, daß wir Seiner begehrt hätten“, sagt derselbe Prophet Kapitel 53,2. Dieser Jesus, der Nazarener, der als Zimmermanns-Sohn aus dürrem Erdreich aufgesproßt ist, ist heute noch verachtet und verworfen. Es ist verpönt, von Ihm in öffentlicher

glänzende Persönlichkeiten, Herrschernaturen, Übermenschen.

Es ist deshalb gut, den Vers 1 nochmals mit anderer Betonung zu lesen: „Siehe, das ist Mein Knecht, Ich erhalte Ihn, Mein Auserwählter, an dem Meine Seele Wohlgefallen hat.“ Wer ist es, der so spricht? Es ist „Gott, der Höchste, der Himmel und Erde besitzt“. (1. Mos. 14,19-22) Er hat diesen Knecht auserwählt aus allen Menschen. Es gab viele fromme Knechte Gottes. Noah, Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, Mose, Samuel, David, die Propheten. Aber keiner hat den Charakter des Gottesknechtes so vollkommen dargestellt wie der Herr Jesus. Unter dem ganzen Menschengeschlecht hat Gott keinen gefunden, der Seinen Willen so vollkommen erfüllt hat, der Seine Gerechtigkeit und Heiligkeil so vollkommen befriedigt und den Vater auch in Seiner Liebe so vollkommen verherrlicht hat. Von keinem konnte Gott sagen: „Dies ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“

Diesen auserwählten Knecht präsentiert Gott den Menschen immer wieder aufs neue mit dem Wort: „Siehe!“ Als wollte Er sagen: „Schauet doch her! Betrachtet diesen, Meinen Knecht, Ihn gebe Ich euch als den einzigen, der euch retten kann. Es ist in keinem anderen das Heil (die Rettung), als in Ihm. Ihn sollt ihr hören, ergreifen, an Ihn glauben. Anderenfalls gehet ihr verloren. Denn wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht, er bleibt unter Gericht und Zorn.“ (Joh. 3,36; 1. Joh. 5,12)

Als die größte Sünde wird sich einmal nicht Mord, Totschlag, Stehlen, Lügen, Betrügen, Ehebruch usw. erweisen, sondern der Unglaube. (Joh. 16,9) Denn alle diese Sünden, große und kleine, können vergeben werden und sind schon vergeben worden. Wenn aber jemand die Gnade der Vergebung, die ihm in Jesu Christo angeboten wird, zurückweist, für einen solchen ist jede Hoffnung verloren. Mit dem Angebot Seines auserwählten Knechtes stellt Gott daher jeden Menschen vor die wichtigste Entscheidung seines Lebens. Und der Mensch hat selbst die Verantwortung, wenn er Christus ablehnt.

Auch wir sind berufen, Knechte Gottes zu sein und Christi Vorbild nachzuahmen. Wie kann das geschehen? Denn von Natur sind alle Menschen verloren, dem Gericht Gottes verfallen. Zu

Sünden, die Versöhnung mit Gott. Gott und Christus bleiben aber bei diesem Werk nicht stehen. Die Geretteten empfangen auch neues Leben. Zum Leben braucht man Kraft. Die Kraft des neuen Lebens ist der Heilige Geist. Die Tätigkeit des neuen Lebens ist eine zweifache, 1. die alte Natur, die noch im Gläubigen ist und die das Böse wirken will, im Tode zu halten, 2. Gerechtigkeit zu wirken. - Die Entdeckung, daß das Fleisch (die Sünde, die Adamsnatur) noch im Geretteten lebt und ihn mit mehr oder weniger Erfolg in Knechtschaft zu halten sucht, ist für ihn zunächst niederschmetternd. Sobald er jedoch zur Erkenntnis gelangt, daß der Herr Jesus durch Seinen Tod ihn auch aus der Macht und Beherrschung der Sünde befreit hat (der Gläubige ist mit Christo in Seinem Tode einsgemacht), fängt er mit Paulus an zu jubeln: „Gott aber sei Dank durch unseren Herrn Jesus Christus!“ Wie nun der unbekehrte Mensch der Sünde dient - denn „wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht“ -, so lebt der aus ihrer Herrschaft Befreite für Gott.

Wie er vorher ein Sklave der Sünde war, so ist er jetzt ein Sklave der Gerechtigkeit und ein Sklave Gottes, und zwar nicht aus Zwang oder Gesetz, sondern aus freiem Trieb des Heiligen Geistes. Glückselig sind die, die diese Befreiung nicht bloß mit dem Kopf verstehen, sondern die sie in ihrem Herzen erfahren haben und sie täglich erleben. Sie singen mit Tersteegen: „Dein Sklave sein ist größere Ehre, als König über Land und Heere.“ Weil aber Geist und Fleisch entgegengesetzt sind, so entsteht ein Kampf. Damit wir ihn siegreich bestehen, ruft Paulus uns ermunternd zu: „Wandelt im Geist, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen.“ Mit anderen Worten: „Beschäftigt euch mit geistlichen und göttlichen Dingen, dann wird das Fleisch keinen Raum bei euch finden.“ (Phil. 4,8; Kol. 3,16) Zu diesem Kampf brauchen wir Wachsamkeit und Kraft. Sie liegen für uns in der Gnade Gottes bereit, zu der wir jederzeit Zutritt haben. (Röm. 5,2; Hebr. 12,5) Wir bedürfen aber auch der Ermahnung, das Vorbild des Herrn Jesus zu betrachten (Hebr. 3,1), und Seine Gesinnung, eben die Gesinnung des Niedrigseins, in uns wohnen zu haben. (Phil. 2,5) Jetzt suchen wir Seiner Knechtsgestalt ähnlich zu sein, „auf daß wir auch mit Ihm verherrlicht werden“. (Röm. 8,17) Die Apostel nannten sich mit Vorliebe „Knechte Gottes und Jesu Christi“. Auch wir sind dazu berufen, Knechte zu sein. Je mehr wir diese Berufung erfüllen, um so inniger wird der HErr Sich mit uns verbinden und um

Diener auch sein,“ Jetzt in der Verwerfung, später in der Verherrlichung. Im Glauben und in der Hoffnung dürfen wir sie jetzt schon besitzen und uns ihrer freuen. (Röm. 8,30) (Beachte das „hat“ am Schluß des 30. Verses.)

Wenn wir nun wissen, daß wir dazu berufen sind, Knechte Gottes zu sein und als Nachfolger des wahren Gottesknechtes in Niedriggesinntheit zu wandeln, so sollte man meinen, daß es für uns Menschen als Geschöpfe Gottes eine Selbstverständlichkeit wäre, nichts zu haben und nichts zu sein, alles von Gott zu erwarten und alles aus Seiner Hand zu empfangen. Daß der natürliche Mensch eine solche Gesinnung nicht hat und infolge seiner Verderbtheit nicht haben kann, liegt auf der Hand. Aber hier ist von Sklaven Gottes die Rede, bei denen neben dem Bewußtsein, daß sie Geschöpfe sind, die Tatsache ins Gewicht fällt, daß sie durch das Blut Jesu Christi Sein teuer erkauftes Eigentum sind, über das Er als HErr das Verfügungsrecht hat. Bei ihnen sollte das Abhängigkeitsverhältnis vorausgesetzt werden können.

Nicht so bei dem Herrn Jesus. Er war vor Seiner Geburt kein Mensch, sondern Gott (Joh. 1,1), und hatte die Daseinsgestalt, d. h. die Herrlichkeit, Gottes. Aber Er gab sie auf und wurde freiwillig arm (2. Kor. 8,9) und nichts (Phil. 2,7). Obgleich Er in Seinem Wesen Gott blieb, war Seine Menschheitsgestalt doch so vollkommen, daß Er in den Tagen Seines Fleisches (darunter dürfen wir nicht nur das Erlebnis in Gethsemane, sondern die ganze Zeit Seines irdischen Pilgerlaufes verstehen) Bitten und Flehen vor Gott brachte (Hebr. 5,7) und Sein ganzes Vertrauen auf Gott setzte (Hebr. 2,13; Ps. 22,8; Matth. 27,43), wie wir als „Nur-Menschen“ es in solcher Vollkommenheit unser ganzes Leben hindurch wohl nicht fertigbringen werden.

Sodann ist es eine reizvolle Ausgabe, den Spuren nachzugehen, wie der Vater für Seinen geliebten Sohn sorgte, Ihn beschützte und pflegte, mit anderen Worten, wie Er Seine Verheißung Jes. 42,1 erfüllte: „Ich erhalte Ihn“ (Luther) oder „Ich stütze Ihn“ (Elberf.). Ja, dieses schwache Reis aus dürrem Erdreich, das als Säugling (Luk. 2,12 und 16) in eine gottsfeindliche Welt eintrat, brauchte eine Stütze, durch die es aufrechtgehalten wurde. (Ps. 63,8) Der Vater gab Ihm fürsorgende Eltern (Matth. 1; Luk. 2,6.7; vgl. auch Ps. 22,9.10) in Maria und dem Pflege- und Nährvater Joseph. Magier aus dem Morgenlande mußten Gold

herbeibringen, wohltätige Leute Geld in die Kasse zu Seinem und Seiner Jünger Unterhalt einlegen (Joh. 12,6), Weiber Ihm mit ihrer Habe dienen, so daß Er keinen Mangel litt. (Luk. 22,35) Engel dienten Ihm nach der überstandenen Versuchung in der Wüste, und in Gethsemane wurde Ihm ein Engel zur Stärkung gesandt.

Mit besonderer Sorgfalt sehen wir den Vater über Ihn wachen, damit Ihm von seiten Seiner Feinde nicht etwas angetan wurde, bevor Seine Stunde gekommen war. Er entzog Ihn der Ermordung durch Herodes durch die Flucht nach Ägypten, gab Ihm in der Zimmermannsfamilie in Nazareth einen sicheren Bergungsort, bewahrte Ihn vor dem Felsabsturz (Luk. 4,29.30), vor der Steinigung (Joh. 10,31), vor den Nachstellungen des Herodes (Luk. 13,31.32) und der Hohenpriester. (Joh. 7,44.45 und 11,8.9)

Nie hat Gott versäumt (5. Mose 31,6b u. Jos. 1,5b), Seinem Sohn die Ihm gebührende Ehre zuteil werden zu lassen und alle Schrift durch Ihn zu erfüllen. (Luk. 1,42ff.; 2,20.25ff.38; Luk. 9,35; Joh. 19,19-22 und andere Stellen) Wenn Maria in Bethanien Ihn nicht acht Tage vor Seinem Tode gesalbt hätte, so wäre Er überhaupt nicht gesalbt worden, denn am Karfreitag konnte es nicht mehr geschehen, weil es Abend war, und am Osterfest früh kamen die Weiber mit ihren Salben zu spät. - Kein Bein durfte Ihm zerbrochen werden. Zur Kreuzabnahme und Grablegung wurden Joseph von Arimathia und Nikodemus bereitwillig gemacht. (Jes. 53,9 u. Joh. 19,38ff.) - Gott konnte nicht zugeben, daß Sein Frommer (Heiliger) die Verwesung sah. (Apg. 2,27; Ps. 16,10) Anbetungswürdiges Verhältnis zwischen Vater und Sohn, in das wir hier hineinblicken dürfen!

Haben auch wir das Recht, uns die Verheißung: „Ich stütze ihn“ oder „Ich halte ihn“ zu eigen zu machen? Grundsätzlich ja. Denn wir alle sind der Erhaltung und Stützung bedürftig. Aber bezüglich des Maßes oder des Grades des tatsächlichen Besitzes wird je nach unserer Treue eine Einschränkung gemacht werden müssen. Je treuer wir das Knechtsverhältnis gegen unseren HErrn verwirklichen, um so tiefer werden wir es spüren und verstehen, in wie vielen Lagen, Verhältnissen, Schwierigkeiten, Entscheidungen wir es nötig haben, daß unser HErr uns leiten, an der Hand führen, aufmuntern, erquicken, nähren, stärken, stützen, heben, tragen,

erretten muß. Und darüber, daß Er es wirklich tut, werden wir glücklich sein und Ihn preisen. So bringt uns das Abhängigkeitsverhältnis erst so recht zum Genuß des Besitzes dieser Verheißung. Wir freuen uns dann über die erfahrene Stützung und Erhaltung und noch mehr über unseren so gütigen, geduldigen, barmherzigen HErrn Selbst.

Zwar trägt Gott auch Seine Widersacher mit Geduld und Güte (Matth. 5,45), doch haben die Gläubigen besondere Verheißungen. Nach 1. Tim. 4,10 ist Gott ein Erhalter aller Menschen, besonders der Gläubigen. Diese Fürsorge wurzelt in der Liebe des Vaters und des Herrn Jesus zu uns (Joh. 15,9 und 16,27) und äußert sich in der Bewahrung, während wir in der Welt sind. (Kap. 17,11.12) Der Psalmist, der diese Stützung und Befestigung genossen hat, zeigt uns den Weg dazu, nämlich Ps. 16,8 den Wandel mit Gott und Ps. 119,116.117 den Gehorsam gegen Sein Wort. Der Apostel Petrus macht uns in seinem ersten Brief, Kap. 1,4 bekannt mit einem unverweslichen, unbefleckten, unverwelklichen Erbteil, das für uns bereitliegt und im Himmel aufbewahrt wird, fügt aber Vers 5 hinzu, daß auch wir selbst bewahrt werden von seiten Gottes durch Seine Macht, von unserer Seite durch Glauben (denn der Weg führt durch Leiden und Prüfungen) bis zur Erlösung, d. h. bis wir zum endgültigen Besitz der Seligkeit gelangen. Kein Wunder, daß er den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus wegen Seiner großen Barmherzigkeit gegen uns preist. (Vers 3)

Glückselig, wer einstimmen kann in diese Lobpreisung und auch in diejenige des Apostels Judas am Schluß seines Briefes (V. 24.25): „Dem aber, der euch ohne Straucheln zu bewahren und vor Seiner Herrlichkeit tadellos darzustellen vermag mit Frohlocken, dem alleinigen Gott, unserem Heilande, durch Jesum Christum, unseren HErrn, sei Herrlichkeit, Majestät, Macht und Gewalt vor aller Zeit und jetzt und in alle Ewigkeit! Amen.“

B.

Wer ist der Mietling in Joh. 10,12.13?

Eine Studie über

die Hirtenrede des HErrn

in Joh. 10.

In den Unterweisungen des Herrn Jesus spielen die Bilderreden eine bedeutende Rolle. Zur Verdeutlichung und oft auch zur Verhüllung Seiner Gedanken hat Sich der HErr sehr oft bildlicher Redeweise bedient. Vom Gesichtspunkt der sprachlichen Form und der inhaltlichen Auslegung aus können wir diese Aussprüche des HErrn in drei Gruppen zerlegen, in:

1. Einzelvergleiche („Similes“ und „Metaphern“),

2. Allegorische Parabeln und

3. Eigentliche Parabeln.

Für die Vorbereitung des Verständnisses unserer Frage ist nur ein kurzer Blick auf die beiden letzteren erforderlich.

Ein eigentliches Gleichnis ist eine Erzählung aus dem Natur- oder Menschenleben, in der ein Vorgang aus der Geschichte des Reiches Gottes dargestellt werden soll. Ein solches Gleichnis hat darum stets eine fortschreitende Handlung, ist gewissermaßen eine Geschichte, die auch ohne ihren höheren Sinn und ohne das innere Verständnis desselben, zum Beispiel von einem Kinde, dennoch als eine in sich durchaus fertige Erzählung empfunden wird. Bei einem solchen Gleichnis hat die Auslegung darauf zu achten, daß sie nicht etwa alles einzelne erklären will. Sonst kommt sie in die gekünsteltsten, unnatürlichsten und pressendsten Falschdeutungen hinein. Bei einer Allegorie dagegen ist jeder einzelne Zug von Bedeutung. Das Bild hat keine auch nur formale Selbständigkeit dem Gedanken gegenüber, oder anders ausgedrückt: „Das Gleichnis ist ein Gemälde, die Allegorie ein durchscheinendes Bild“ (Prof. Godet).

Aber nicht alle Gleichnisse des HErrn sind nach obiger Regel zu erklären. Das Gleichnis vom „viererlei Ackerland“ in Matth. 13 ist ein deutliches Beispiel, daß es bei manchen Gleichnissen

sehr wohl darauf ankommt, mehr als nur den „Vergleichungspunkt“ und einige Hauptzüge zu deuten, gibt doch der HErr Selber eine bis in die kleinsten Einzelheiten gehende Deutung der verschiedenen Züge dieser Parabel! Dasselbe ist, fast noch deutlicher, bei dem Gleichnis „von dem Unkraut unter dem Weizen“ der Fall. Auch da braucht man nur die in dem gleichen Kapitel von dem HErrn Selbst gegebene Deutung zu lesen, um vor einer zu starren Anwendung der gerade in der heutigen Gleichnisauslegung oft und zum Teil auch mit Recht betonten Regel bewahrt zu werden, daß nicht die Einzelzüge, sondern nur der Hauptpunkt (das „Tertium Comparationis“) und wenige unmittelbar damit zusammenhängenden Hauptmomente zu erkl ären seien. Man darf also die Unterscheidung nicht zu starr in die zwei Klassen Allegorien und Parabeln durchführen, sondern muß beachten, daß es auch sehr wohl Zwischenglieder gibt, d. h. Bildworte, die sowohl das Wesen des Gleichnisses als auch dasjenige der Allegorie an sich tragen. Zu diesen Zwischenformen glauben wir auch die drei Gleichnisse in Johannes 10 rechnen zu müssen. Sie sind zu plastisch und bildhaft, als daß verkannt werden sollte, daß in ihnen jeder Zug einer geschichtlichen Wirklichkeit entspricht.

Wir sagen: „drei Gleichnisse“ und sind uns dabei wohl bewußt, daß wir mit dieser Zahl zunächst manchen Leser in Erstaunen oder gar Befremden versetzen. Aber wir hoffen, in dem Folgenden den Nachweis bringen zu können, daß sich jene „Hirtenrede“ des HErrn in Wahrheit in drei sehr ähnliche und dennoch in sehr bemerkenswerter Weise voneinander verschiedene Einzelgleichnisse zerlegt, was für die Auslegung von der allergrößten Bedeutung ist und vor manchen, allerdings weit verbreiteten Falschdeutungen bewahrt. Vorausgeschickt muß nur noch werden, daß die große, orientalische, undogmatische Beweglichkeit der Einzelbilder es auch in den Gleichnissen des HErrn zuweilen mit sich bringt, daß unter Umständen ein und dasselbe Bild, sogar in ein und demselben Kapitel, etwas Verschiedenes bedeutet.

Soweit wir sehen, haben wir in Joh. 10 folgende drei Gleichnisse:

1. Das Gleichnis vom Hirten: Vers 1-6,

2. Das Gleichnis von der Tür: Vers 7-10.

3. Das Gleichnis von dem guten Hirten: Vers 11-18.

Erst im Zusammenhang dieser drei Gleichnisse ist es möglich, die obige Frage nach der Bedeutung des „Mietlings“ richtig zu beantworten, und daher möge man es auch nicht als eine unnötige Weitschweifigkeit ansehen, wenn wir diese Einzelfrage aus dem dritten Gleichnis in einen so weiten Rahmen stellen.

I. Das Gleichnis vom (rechtmäßigen) Hirten. Vers 1-6.

Die ersten Verse des 10. Kapitels des Johannesevangeliums werden oft dazu benutzt, den Sündern die Notwendig-

Er. Sr.

keit und Art der Errettung ans Herz zu legen. Man sagt: Der Sünder muß zu dem Heiland kommen, wie man hier durch die Tür, die ja nach Vers 9 der Herr Jesus Selber sei, hindurchschreiten müsse. Wer nicht Christus als die „Tür“ erfahren hat, ist ein „Dieb“ und ein „Mörder“ und geht ewig verloren. So wird dies Gleichnis dazu verwandt, die Unterlage zu einer Evangelisationsversammlung zu sein, und gewiß ist auch schon viel Segen von dieser Art der Betrachtung und Anwendung ausgegangen. Diejenigen, die etwas tiefer sehen, betonen dann noch mit Recht, daß doch der durch die Tür Hindurchgehende als „Hirte“ bezeichnet wird (V. 2), so daß das Gleichnis nicht nur so ganz allgemein die Wahrheit ausspreche, daß ein Sünder durch Christus als die Tür hindurchgegangen sein müsse, sondern daß der HErr damit sagen wolle, daß nur diejenigen in Seiner Herde, das heißt Seiner Gemeinde, eine Hirtentätigkeit ausüben konnten, die zuerst selber das Heil erfahren haben. Aber auch bei dieser Auffassung bleibt das vorliegende Gleichnis ein Evangelisationstext, wenn auch mit einer gewissen Beschränkung auf einen begrenzten Kreis.

Dennoch muß mit Nachdruck betont werden, daß weder die eine noch die andere Auffassung die an dieser Stelle von dem HErrn ausgesprochenen Gedanken wiedergibt. Natürlich ist es

Christum als die „Tür“ erreichen kann, aber davon spricht der HErr nicht an dieser Stelle, sondern an manchen anderen, ja, wie wir mit Bestimmtheit zu erkennen glauben, sofort in den diesen ersten sechs Versen folgenden Worten, aber nicht in jenen sechs Versen selber.

Die besagte Auffassung, die wohl als Anwendung, aber nicht als Auslegung ihr Existenzrecht hat, steht nämlich, insofern es sich um die Erklärung des Sinnes handelt, den der Herr Jesus Selber vor Augen gehabt hat, sowohl mit dem Vorangegangenen als auch mit dem Folgenden im Konflikt.

Zuerst muß beachtet werden, daß das 10. Kapitel des Johannesevangeliums nicht an heilssuchende Seelen, sondern an Pharisäer gerichtet ist, die soeben in der feindlichsten Weise einen der Jünger des HErrn, den geheilten Blindgeborenen, aus der Synagoge hinausgeworfen hatten. (Joh. 9, bes. Vers 34) Aus dieser gespannten Lage ist die „Hirtenrede“ herausgewachsen! Bei dieser Gelegenheit hatte der HErr soeben zu Seinen Feinden gesagt: „Zum Gericht bin ich in die Welt gekommen, auf daß die Nichtsehenden sehen und die Sehenden blind werden“. Und als dann die Pharisäer ihr Blindsein in Abrede stellten, hatte Er hinzugefügt: „Wenn ihr blind wäret, so würdet ihr keine Sünde haben, nun ihr aber saget: wir sehen, so bleibt eure Sünde“. (Kap. 9,39-41) Direkt im Zusammenhang und in unmittelbarer Fortsetzung dieser Seiner ernsten Worte an Seine Gegner fährt der HErr, zu den Pharisäern sprechend, dann weiter fort: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer nicht durch die Tür in den Hof der Schafe eingeht, sondern anderswo hinübersteigt, ist ein Dieb und ein Räuber“. (Vers 1) Also ist die Hirtenrede des HErrn weit davon entfernt, eine Einladung an heilsverlangende Seelen zu sein, in Wahrheit ein ernstes Wort des Gerichts und der Scheidung an die Feinde Jesu! Christus will sagen, daß die Pharisäer „Diebe“ und „Räuber“ sind, die in den Hof - man sollte besser übersetzen: in die „Hürde“ - des Hauses Israel eingedrungen sind. Denn daß Er mit der Hürde die israelitische Theokratie meint, geht deutlich aus Vers 16 hervor, wo Er ausdrücklich bezeugt, daß Er noch „andere“ Schafe habe, die nicht aus „dieser“ Hürde seien, womit die gläubigen Heiden gemeint sind, die ursprünglich nicht zu dem Volke und den Segnungen Israels Zutritt gehabt hatten. (Eph. 2,11-22)

Wen meint Er nun mit dem „Hirten“, der durch die „Tür“ hindurchschreitet und dem der Türhüter auftut?

Auch hier muß man sich hüten, zu vorschnell mit der Antwort Bereit zu sein. Sonst kommt man leicht mit dem Folgenden in Widerspruch, genau so, wie man bei der Erklärung der „Diebe“ und „Räuber“ mit dem Vorangegangenen in Konflikt geraten war. Wer der Hirte ist, geht so deutlich aus Vers 4 und 5 hervor, daß man sich wundert, wie ein so klares Wort so oft und so weithin mißverstanden werden konnte. „Wenn er (der Hirte) seine eigenen Schafe alle herausgebracht hat, geht er vor ihnen her, und die Schafe folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen. Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.“

Liest man zu diesen Worten noch hinzu, was der HErr hinterher in dem gleichen Kapitel sagt: „Meine Schafe hören Meine Stimme, und Ich kenne sie, und sie folgen Mir“, so kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß Er mit dem Hirten niemand anders als Sich Selber meint, denn auch der beste Diener des HErrn, der in Seiner Herde einen „Hirtendienst“ erhalten hat, wird nie und nimmer die Schafe, die er zu weiden hat, als seine „eignen“ bezeichnen können (vgl. 1. Petr. 5,3!!), und überhaupt ist der Wortlaut von Vers 4 und 5 gar zu genau mit Vers 27 übereinstimmend, als daß auch nur ein Schatten von Zweifel übrigbliebe, daß der Hirte, der die Seinen mit Namen ruft und dessen Stimme sie kennen und dem sie folgen, der Herr Jesus Selber ist.

Die Tür, durch die der Hirte Jesus Christus dann hindurchschreitet, ist nun natürlich nicht Er Selbst (wie man irrigerweise aus dem zweiten Gleichnis Vers 7 und 9 in das erste Gleichnis hineingelesen hat) , sondern ganz einfach der gottgeordnete Weg, der Weg, auf dem der HErr auf den Schauplatz Seines Wirkens getreten ist, der Weg der alttestamentlichen Weissagung und der allgemeinen heilsgeschichtlichen Vorbereitung. Auf diesem von dem Vater geordneten Wege des göttlichtheokratischen Amtes ist Christus in Seine Tätigkeit eingetreten, während die Pharisäer sich einfach die herrschende Stellung, die sie in jenen Tagen in Israel

Und schließlich der Türhüter - wer kann es nun anders sein als der große Wegbereiter, der dem kommenden Messias-

Er. Sr.

hirten die Pfade zu bereiten und die Tür zur Schafhürde zu öffnen hatte: Johannes der Täufer?! Wir verstehen diejenigen Ausleger wohl, die diesen Zug des Gleichnisses überhaupt nicht deuten wollen, sondern einfach darin einen Hinweis darauf sehen, daß der Herr Jesus von dem gläubigen Überrest in Israel mit Freuden begrüßt wurde. Doch ist dieser letztere ja schon unter dem Bilde der „eigenen“ Schafe dargestellt, die der Hirte mit Namen ruft, so daß es sich sehr wohl als das Beste nahelegt, in dem Türhüter, der den Eingang zu der Hürde zu bewachen hat, die Einzelpersönlichkeit des Täufers zu erblicken.

Doch es fehlt hier der Platz, auf die vielen Einzelzüge dieses wunderbaren Gleichnisses einzugehen, zumal manches ohne eine genauere Begründung leicht den Anschein der bloßen Behauptung gewinnen könnte. Aber für unseren Zusammenhang wird das bisher Dargelegte auch genügen.

II. Das Gleichnis von der Tür. Vers 7-9.

Hier hängt alles von dem Verständnis der Worte ab: „Ich bin die Tür der Schafe.“ Dieser zweite Fall kann auf zweierlei Weise erklärt werden, entweder: „Ich bin die Tür für die Schafe“ oder: „Ich bin die Tür zu den Schafen.“ Beides gibt einen guten Sinn, und beides ist auch von namhaften Schrifterklärern vertreten worden.

Wenn wir (mit Prof. Godet) erklären würden: „Ich bin die Tür für die Schafe“, so gewinnt das Ganze folgendes Bild: Es steht eine Hürde auf freiem Felde. Die Tür ist weit geöffnet. Wenn die Schafe Hunger haben, so gehen sie durch die offene Tür hindurch - ins Freie hinaus und finden dort Weide. Wenn sie Ruhe haben wollen, so gehen sie durch die offene Tür hinein und lagern in dem Innern der Hürde. Die Tür vermittelt ihnen also zweierlei: Schutz und Nahrung. Das tut

seine Seele.

Dem Zusammenhang aber scheint die andere Erklärung besser zu entsprechen: „Ich bin die Tür zu den Schafen.“ Dann sind nicht mehr die Schafe selber die Hindurchgehenden, sondern der Hirte, der zu ihnen kommt. Spricht der HErr doch gerade in diesem Kontext (Zusammenhang) davon, wie

andere zu den Schafen gekommen seien, die aber als Diebe und Mörder unter ihnen gewütet hätten. Dagegen sei Er gekommen, damit die Schafe leben und Leben im Überfluß haben sollten. (V. 10) Das zeigt, daß nicht von einem Durchschreiten der Tür seitens der Schafe selber, sondern seitens derer geredet wird, die zu den Schafen kommen wollten. Hier in diesem zweiten Gleichnis ist also nun in Wirklichkeit von dem die Rede, was man so oft schon in dem ersten hat finden wollen. Hier sagt der HErr in der Tat aus, daß nur der ein rechter Hirte für die Schafe sei, der zuerst selber durch Ihn, Christus, die Tür, hindurchgeschritten sei. Ein solcher wird erst persönlich „errettet“ werden, dann zu den Schafen „eingehen“ können, das heißt den Zugang zur Gemeinde und zu einem Hirtendienst in ihrer Mitte gewinnen, und dann wird er „ausgehen“ und für die ihm anvertrauten Schafe „Weide finden können“.

So faßt es auch, und zwar unseres Erachtens mit Recht, Prof. v. Zahn auf.

Aber wie soll dies so kostbare Leben zustandekommen? Wie soll es möglich sein, daß eine solche Herde in dieser argen Welt gebildet und bewahrt werden kann?

Darauf gibt uns das dritte Gleichnis Antwort.

Er. Sr.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Ein Mann, der vermißt wurde.

„Und Jonathan sprach zu ihm: Morgen ist Neumond; und man wird dich vermissen, denn dein

Sitz wird leer bleiben.“ (1 Sam 20,18)

Wir wollen auf diese Worte Jonathans nicht in dem Sinne eingehen, wie wir sie hier im Zusammenhang finden, sondern wir möchten eine freie Nutzanwendung von ihnen machen, um uns zu ermuntern, die Zeit, die der HErr uns hienieden gelassen hat, zu Seiner Verherrlichung und zum Segen sowohl der Gläubigen wie auch der Verlorenen zu benutzen. Unlängst wurde in unserem Herzen der Gedanke besonders stark wachgerufen, daß wir bald heimgerufen werden könnten. Viele unserer Freunde wurden in der letzten Zeit hinweggenommen, und zwar nicht gerade die alten, sondern gar manche, die kaum die Mitte des Lebens überschritten hatten. Ein teurer Bruder schreibt in bezug auf den Heimgang dieser unserer gemeinsamen Freunde: „Nun rücken wir in die ersten Reihen, und wenn der HErr noch nicht kommt, so wird auch eines Tages der Tod als Bote vom HErrn zu uns kommen.“ Wie wahr ist dies! Da erhebt sich die Frage, wenn dieses geschieht, wird es dann von uns heißen: „Man wird dich vermissen“?

Manche wurden nicht vermißt.

Nicht alle Gläubige, die in die Herrlichkeit eingehen, werden vermißt werden. Wir lesen von einem König, der über Gottes Volk regierte: „Und sein Volk machte ihm keinen Brand, gleich dem Brande seiner Väter ... und er ging hin, ohne vermißt zu werden.“ (2. Chron. 21,19.20) Um Joram wurden keine Tränen geweint, keine lieblichen Düfte der verbrannten Gewürze erfüllten über ihn die Luft. Sein vergangenes Leben verhinderte dieses. Es wäre nicht mit seinem Leben übereinstimmend gewesen. Ganz anders dagegen war es bei Josia der Fall. „Und Jeremia stimmte ein Klagelied über Josia an. Und alle Sänger und Sängerinnen haben in ihren Klageliedern von Josia geredet bis auf den heutigen Tag.“ (2. Chron. 35,25) Der Inhalt ihrer Klagelieder wird uns hier nicht mitgeteilt, aber wir können uns vorstellen, in welch zarten Weisen sie ihren Verlust besangen und beklagten, den sie durch Josias Tod erlitten hatten.

Es war mein und anderer Vorrecht, beim Heimgang eines geliebten Bruders an seinem Begräbnis teilzunehmen. Als seine kostbare Hülle in die Erde gebettet wurde, bot sich mir ein Anblick, der mich tief bewegte: Da weinten starke Männer. Warum? Sie hatten einen wahren

Hirten und Lehrer verloren, einen, der um ihre Seelen Sorge getragen hatte. Da erhob sich in mir die Frage: Wenn der HErr mich hinwegnehmen sollte, ob man mich auch vermissen würde? Welchen Wert haben die Menge der Blumen auf Sarg und Grab oder ein Stein aus Granit oder Marmor, verglichen mit solchen Zeichen der Liebe und des Verlustes?

Männer und Frauen werden vermißt.

Josia wurde vermißt und ebenso auch Stephanus. Sein Dienst für die Witwen (Apg. 6) trug ihm die Liebe des Volkes Gottes ein. Als er dann sein Leben um Jesu willen darlegte, da stellten sie eine große Klage über ihn an. (Apg. 8,2) Tabitha wurde vermißt. (Apg. 9,36ff.) Manche arme Witwe empfing durch ihren liebevollen Dienst Hilfe, die Winterkälte zu ertragen. Als sie um ihre entseelte Hülle standen, bezeugten ihre Tränen, wie sehr Tabitha vermißt wurde. Tabitha, Stephanus und Josia gewannen durch ihren Dienst das Herz des Volkes Gottes.

Eine alte Dame in D. machte es mit zu ihrer Gewohnheit, die kleinen Vögel draußen zu füttern. Im Winter haben die Vögel, besonders wenn Schnee die Erde bedeckt, eine sehr kärgliche Ernährung. Welch ein Anblick war es, wenn die Vögel des Morgens in langen Reihen auf dem Zaune saßen und warteten, daß die Tür sich öffnen möge, denn sie waren gewohnt, um diese Zeit gefüttert zu werden. Eines Morgens saßen sie wieder wie immer in vollen Reihen wartend, aber ihre Wohltäterin erschien nicht. Ein Fremder öffnete die Tür, und zu ihrer tiefsten Enttäuschung war es nicht ihre Freundin, und kein Futter wurde mehr für sie hingestreut. Sie war gegangen, sie wurde von den kleinen Vögeln, aber auch von vielen anderen vermißt.

Wirst du vermißt werden?

Werden die Kinder Gottes einst Worte der Liebe und der Ermunterung aus deinem Munde vermissen? Werden die Evangelisten und die Brüder, die dem HErrn am Worte dienen, deine praktische Gemeinschaft vermissen? Werden jene, die mit den Widerwärtigkeiten des Lebens zu kämpfen haben, deinen liebevollen Beistand vermissen? Du kannst versichert sein, daß kein wohlriechender Brand deshalb um deinetwillen aufsteigen wird, weil du ein tüchtiger

Geschäftsmann warst oder ein gutes Vermögen erworben hast, auch deshalb nicht, wenn du, da du es nicht länger behalten konntest, es nun am Schluß deines Lebens vielleicht dem HErrn hingabest, so gut dieses auch sein mag. Die Witwen weinten über die Liebestaten, die Tabitha während ihres Lebens getan hatte. O daß alle diejenigen, die Verwalter vom HErrn anvertrauter Mittel und Gaben sind, daran denken möchten, daß des HErrn Lob: „Wohl, du guter und treuer Knecht“ (Matth. 25,21) für Taten sein wird, die in dem Leibe getan sind. (2. Kor. 5,10) Wird man dich vermissen? Die Barnabasse - die die Gotteskinder miteinander verbanden - werden vermißt werden. Die Epaphrasse - die in ihren Gebeten für die Heiligen ringen - werden vermißt werden. Die Gajusse - Menschen mit weitem, liebendem Herzen und gastfreien Häusern - werden vermißt werden. Die Timotheusse - die da weinen über den zerrissenen Zustand der Gemeinde Gottes und die den Gläubigen in den Tagen der Dunkelheit und Weltförmigkeit Vorbilder sind - werden vermißt werden.

Einige werden nicht vermißt werden.

Solche jedoch, die gleich Diotrephes die ersten sein wollen, die herrschen und zerstören - wenn sie scheiden, werden nicht vermißt werden. Dieser Art Diotrephes-Menschen mag es gelingen, sich an einen Platz zu drängen und über solche zu herrschen, die um des Friedens willen bereit sind, sich unterzuordnen. Aber zu einem ist diese Diotrephes-Art nicht fähig, nämlich bei ihrem Weggange vermißt zu werden oder eine Träne des Schmerzes über den Verlust ihrer Tätigkeit Gläubigen zu entlocken.

„Und Jonathan sprach zu David: Morgen ist Neumond; und man wird dich vermissen, denn dein Sitz wird leer bleiben.“ Wohl mag ein anderer deinen Platz im Beruf, in der Werkstatt, in der Gemeinde einnehmen, aber wirst du trotzdem vermißt werden? Wir bitten zum HErrn, daß die Alten und die Jungen, die Brüder und die Schwestern, diese Frage in ihrem Herzen und Gewissen recht erwägen mögen.

W. J. M.

Frage und Antwort

 

Frage 5

Wie ist Luk. 10,18 zu verstehen? Auch was den Zusammenhang anbelangt?

Antwort A

Wer mit der Prophetie des Wortes Gottes ein wenig vertraut ist, hat beim Lesen des erwähnten Verses ohne weiteres das Empfinden, daß in den dort uns wiedergegebenen Worten der HErr etwas ausspricht, was Er im Geiste vorausblickend geschaut hat - etwas, was in der Zukunft einmal geschehen wird, und daß dieses im Zusammenhang steht mit dem, was Seine Jünger Ihm soeben berichtet hatten (V. 17), und zu dem diesem Bericht Vorausgegangenen - dem, wozu der HErr sie ausgesandt gehabt hatte und was sie getan hatten (V. 1-16). Wir bezweifeln nicht, daß dies in der Tat so ist.

Die Worte des HErrn in V. 18 öffnen uns den Blick dafür, daß in den V. 1-17 uns prophetische Züge jener noch zukünftigen Zeit gezeigt werden, die nach der Entrückung der Versammlung sein wird, und zwar in zweifacher Beziehung: erstens in bezug auf die Zeit, welche zwischen der Entrückung und dem Erscheinen des HErrn in Macht und Herrlichkeit liegt und mit dem Gericht der Lebendigen abschließt, und zweitens in bezug auf das darauf folgende Tausendjährige Reich. In ersterer Beziehung sehen wir, wie der in den vom HErrn ausgesandten Jüngern dargestellte „Überrest“ des Volkes Israel (Jes. 10,20-22; Röm. 9,27), der immer auf der Erde vorhanden war und ist und sein wird - damals in den Jüngern und anderen an den HErrn glaubenden Juden, nach der Ausgießung des Heiligen Geistes in den in die Versammlung (Gemeinde) eingeschlossenen Gläubigen aus den Juden und nach der Entrückung in den dann an den HErrn als ihren Messias glaubenden und Ihn erwartenden Juden -, die frohe Botschaft des dann bald als das im Alten Testament soviel verheißenen Friedens- und Segensreiches des Messias in Erscheinung tretenden „Reiches Gottes“ verbreitet (V. 3.9-11.16); und in letzterer Beziehung sehen wir Charakterzuge des „Reiches“ selbst in den Jüngern verkörpert bzw. mit ihnen verbunden: den Charakter der Sanftmut (V. 3); das vollkommene Versorgtwerden von Gott und Leben für Gott (V. 4); den Frieden (V. 5 und 6); Gerechtigkeit (V. 7: der Arbeiter wird

seinen Lohn bekommen - siehe dagegen Jak. 5,4!); Gericht (V. 10-12: die Sein Wort nicht aufnehmen, offenbaren damit ihren bösen Zustand, und deshalb trifft sie Gericht!); die Macht des Lebens - Befreiung von den Folgen der Sünde (V. 9: Heilung der Kranken); Freude (V. 27a); Gebundensein des Satans (V. 17b) (vgl. Ps. 37,11; 99; 101; Jes. 2,2-4; 11,3-9; 35,5-10; 61,1; 65,17-25; Offenb. 20,1-3).

Der Blick auf diese in der Aussendung der Jünger und ihrer Stellung, ihrem Verhalten, ihren in Seiner Kraft getanen Werken und ihren Empfindungen und Erfahrungen bei der Ausführung ihres Auftrages vorgebildete Zeit vor der Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde und auf Sein Reich selbst war es, was den HErrn zu den Worten V 18 veranlaßte, denn dann, wenn die hier vorgebildeten Dinge da sein werden, wird auch dieser Ausspruch des HErrn Seine Erfüllung finden. Wir wissen, daß der letzte Teil der Zeit vor dem Kommen des HErrn zum Gericht und zur Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde die an den siebzig Jahreswochen nach Dan. 9 noch fehlende letzte, siebzigste Jahreswoche ist und die letzte Hälfte dieser Jahreswoche, also die letzten dreiundeinhalb Jahre, die „große Drangsal“ sein wird (Dan. 9,24-27; 12,11; Matth. 24,15-21; Offenb. 11; 12; 13; 19,11-21). Und Offenbarung 12,7-17 (in Verbindung mit Kap. 13,5b und Dan. 9,27b) zeigt uns, daß die „große Drangsal“ ihren Anfang damit nimmt, daß der Satan, der jetzt noch Zutritt hat in den „himmlischen Örtern“ (Eph. 6,11.12 verb. mit Hiob 1,6; 2,1), aus dem Himmel auf die Erde herabgeworfen wird, wo er dann während dieser dreiundeinhalb Jahre seine Macht in einer nie dagewesenen Weise entfalten wird. Seine Hauptwerkzeuge hierbei werden uns in Offenb. 13 in dem dann vorhandenen Oberhaupt des dann wiedererstandenen Römischen Reiches und dem Antichristen, der hier „der falsche Prophet“ genannt wird, gezeigt. Dieses Herabgeworfenwerden des Satans aus dem Himmel auf die Erde ist es, was der HErr schaute. Aber nicht nur dieses, sondern mehr. Er sah das volle Ergebnis Seines - damals noch zu vollbringenden - Sieges am Kreuze über den Satan: auch dessen Gebundensein während des Tausendjährigen Reiches (Offenb. 20,1-3) und nach diesem seine endgültige, ewige Beseitigung durch sein In-den-Feuer-und-Schwefelsee-Geworfenwerden (Offenb. 20,10) - wie ein Blitz vom Himmel auf die Erde herabfahrt: plötzlich, gewaltig, zerstörend -, und dann ist er verschwunden! Daß des HErrn Blick weiter ging, ergibt

Seines Werkes vor Seinem inneren Auge sah: Seine Erlösten, deren Namen in den Himmeln angeschrieben sind, und das, was der Vater den Seinen offenbart - und daß dieses Seinem Herzen so groß und so herrlich ist, daß Er im Geiste „frohlockt“ und den Vater preist! Ja, es ist groß: Der Satan aus dem Himmel geworfen - die Namen der Seinen in den Himmeln angeschrieben! Und an Stelle der durch die Sünde verdorbenen und durch das Böse verunreinigten Schöpfung eine neue Schöpfung, die der Herrlichkeit Gottes entspricht und ewig so bleiben wird, weil der Satan und alles Böse für immer hinweggetan sein wird! So wird „das Reich“ sein, das Er „dem Gott und Vater übergibt“ (1. Kor. 15,24); das wird der ewige Zustand sein, wie er uns Offenb. 21,1-8 geschildert wird.

Durch den Geist Gottes ist uns mittels Seines kostbaren Wortes das geistliche Auge für diese herrlichen Dinge geöffnet, und wir freuen uns nicht nur darüber, daß „unsere Namen in den Himmel angeschrieben sind“, sondern wir „frohlocken“ gleichsam mit dem HErrn und sagen: „Vater, wir preisen Dich!“ - Ja, bald wird das Wort erfüllt werden: „Der Gott des Friedens aber wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten“ (Röm. 16,20a) - bald wird alles zur herrlichen Vollendung gebracht werden! -

Th. K.

Bemerkungen des Schriftleiters

Eigentlich hatte dem Frager nur der Vergleich mit dem Blitz Schwierigkeiten gemacht, aber der nachträglich erweiterte Wortlaut der Frage hat es mit sich gebracht, daß uns eine so schöne, klare Antwort Gegeben wurde, die weit über den Kernpunkt des Erfragten hinausgeht und sicher jedem, der die Antwort studiert, Segen bringt.

Ehe ich noch einiges hinzufüge, möchte ich der Ähnlichkeit des Gegenstandes wegen auf Frage 13 im Jahrbuch 16 hinweisen.

Es ist sehr wichtig, daß es sich bei dem „Ich sah“ des HErrn, wie oben gesagt, um ein „Schauen im Geiste“ handelt und auch daß es ein Vorausblicken andeutet. Gerade die angeführten Stellen

aus der Offenbarung, z. B. Kap. 12 usw., zeigen, daß das Hinabgeworfenwerden des Satans in Wirtlichkeit noch zukünftig ist. Und nur die Augen des Herrn Jesus vermochten diese gewaltige, endgültige Wirkung Seines Todes und Seiner Auferstehung als des Siegel über die Mächte der Finsternis zu sehen, und zwar in einer Zeit, als selbst der eigentliche Sieg noch zukünftig war. Jedoch in Matth. 4 (Versuchungsgeschichte) und in Matth. 12,22ff. (vgl. oben Frage 13 in Jahrb. 16!) waren schon handgreifliche Beweise dafür, daß der Stärkere gekommen war und daß der Sieg unzweifelhaft sein würde, gegeben, und so mußte die Heeresmacht Satans, so mußten die Dämonen denen untertan sein, die in der Autorität des Siegers, der sie ausgesandt, auftraten (V. 17). Der HErr, der Seine treuen Boten im Geist begleitete - ähnlich wie und vollkommener als einst Elisa den ungetreuen Gehasi bei seinem sündigen und unzeitgemäßen Verhalten im Geiste beobachtete (2. Kön. 5,25.26: „ging mein Herz nicht mit?“) -, sah gleichsam die zukünftige Macht Seines Reiches verwirklicht, das erst dann in Erscheinung treten kann, wenn die Macht des Feindes endgültig vernichtet ist. Das, was jetzt geschehen war, wovon jene 70 eine Erfahrung gemacht hatten, war eine Art Vorerfüllung, und demgemäß war auch das, was der HErr innerlich sah, eine Art Vorerfüllung, oder soll ich lieber sagen: eine Art geistlicher Vorwegnahme dessen, was in Vollkommenheit erst an einem späteren Tage geschehen konnte, vor allem ja auch erst nach dem am Kreuz vollzogenen „Triumph“, wo Er tatsächlich „die Fürstentümer und Gewalten völlig entwaffnet und öffentlich zur Schau gestellt hat“. (Kol. 2,15) Gepriesen sei Er!

Warum gebraucht nun der HErr den Vergleich mit dem Blitze? Sicher nicht in folgender Bedeutung, die ich vor vielen Jahren einmal jemanden bei einer Ansprache sagen hörte und die in keiner Hinsicht dem Sinn des Zusammenhanges gerecht wird. Der Satan sei, als er diese Eingriffe in seinen Machtbereich (seitens der Boten des HErrn) gemerkt habe, wie ein Blitz herunter und dazwischen gefahren, um den Einfluß jener zu hemmen (!). Bei dieser den Zusammenhang nicht beachtenden „Auslegung“ ist der Satan als aktiv handelnd und (noch) handeln könnend angesehen, nicht etwa als passiv (d. h. als leidend, als hinuntergeworfen, weil es mit seiner Macht aus sei). Im Gegenteil, jene Anschauung sieht den Feind noch im Vollbesitze seiner ganzen Macht an, also gerade nicht seiner Gewalt beraubt! -

Nein, diese Meinung kann nicht berechtigt sein, und zwar auch ganz abgesehen vom oben in Antwort A genügend behandelten Zusammenhang schon aus dem Grunde, weil die Anwendung des Bildes vom Blitz nach dem Schriftganzen nicht wohl stimmt. Denn die Blitze werden in der Schrift als Vollstrecker göttlicher Gerichte oder Züchtigungen angesehen (vgl. z. B. Hiob 37,3.4.11-13, so überhaupt die Naturgewalten im allgemeinen (siehe das ganze Kapitel 37!). Und diese „Gerichtsvollstrecker“ treten dann nicht Gott gegenüber als selbsthandelnd auf - wie könnten sie auch! -, sondern sie werden eben gesandt, sind ganz und gar abhängig von dem Willen und der Hand Dessen, der sie als willfährige Mittel, um Seine Macht kundzutun, gebraucht. Wenn daher das Bild des Blitzes vergleichsweise herangezogen wird, so kann damit nur gemeint sein, daß, wie der Blitz plötzlich, unberechnet, ohne daß ihm ein Hindernis in den Weg treten und ihn aufhalten könnte, kommt, daß, sage ich, so Satan von seiner Höhe herabgeschleudert wird und, nachdem er kaum einen Augenblick sein Werk ausgerichtet hat - auch dies wie der Blitz nur unter der Kontrolle Dessen, der ihn herabschleuderte! (siehe wieder Hiob 37,11-13!) -, seine Macht und Bedeutung für diese Welt, plötzlich verlöschend, verliert. Herrlich für die arme Erde, die jahrtausendelang unter seiner unheimlichen Macht geschmachtet, wenn in einem Nu diese Macht zu Ende ist!

Und das sah der HErr im Geiste als geschehen! Jenen herrlichen Zeitpunkt, da Sein Sieg in das endgültige Stadium getreten sein würde, wovon alles Gegenwärtige, auch das der „70“, nur ein Abbild, eine Vorschattung, ein Angeld sein konnte - ein praktischer Hinweis auf die dereinstige Herrlichkeit Seines Königreiches, das aber immerhin in Ihm, d. h. in der Person des Königs, schon da war (vgl. „Mitten unter euch!“ Luk. 17,21).

„Wie ein Blitz“! In Matth. 24,27 wendet der HErr dies so deutlich redende Bild auf Sich Selbst und Seine Ankunft an, die - wie der Blitz - gleichsam unbeschränkt in bezug auf seine Sichtbarkeit sein wird. Auch diese Anwendung dieses Werkzeuges in Seiner Hand zeigt, daß Er der Handelnde ist. So auch in unserer Stelle! Und mag auch der Satan dann toben und wüten auf der Erde - er kann's nicht anders, nicht länger, nicht in eigener Machtvollkommenheit, sondern nur gleichsam wie ein Blitz, dessen Zeitdauer beschränkt und dessen Macht und

Gewalt reguliert ist von Dem, dem alles dienen muß, gern oder ungern, gutwillig oder nicht! Dann wird diese Erde gereinigt und befreit sein von dem bösen Einfluß dessen, der herabgestürzt ist aus den himmlischen Regionen, von woher er heute noch soviel Gewalt ausübt, obwohl er auf Golgatha besiegt ist, - weswegen wir trotz seiner über ihn Sieger sein können laut Eph. 6,10-20! (Man vgl. zu dem Ganzen auch Hesekiel 29!)

Was die herrliche Tätigkeit jener „70“ anbelangt, so erleben wir heute in gewisser Weise Ähnliches, wenn wir dem Feinde teure Menschenseelen abringen durch den Dienst des Evangeliums, und wieder und wieder sehen wir bei solchen Wirkungen des Wortes Gattes, daß der Teufel im Grunde genommen besiegt ist, und indem wir uns auf die Seite des die Wirklichkeit schauenden HErrn, unseres HErrn, stellen, dürfen wir in unserer Seele etwas auch davon verwirklicht sehen, was es einmal sein wird, wenn der große Widersacher tatsächlich „wie ein Blitz vom Himmel“ gefallen ist und damit sein Besiegtsein selber hat zugeben müssen!

Laßt uns treu sein in dem großen Kampf der Gegenwart, bis der HErr kommt, und laßt uns beherzigen, was Jak. 4,7 steht: „Unterwerfet euch nun Gott, widerstehet dem Teufel, und er wird von euch fliehen!“ Bald, ja bald wird dieser Kampf beendet sein, und dann werden wir, „deren Namen im Himmel angeschrieben sind“ - das vor allem soll unsere Freude sein! (Luk. 10,20!) - Ihn Selber sehen, der Seinen Vater preist, daß Er „dies ... den Unmündigen geoffenbart hat“ (V. 21!). Zu diesen dürfen auch wir gehören! Welche unfaßbare Gnade und Herrlichkeit, schon jetzt! Ihm sei ewig Dank, Lob, Preis und Ehre! Amen.

F. K.

 

„Nahegekommen!“

(Röm. 13,12; Jak. 5,8; 1. Petr. 4,7)

(Fortsetzung)

Ja, wie ich in voriger Lieferung am Schluß sagte: „Laßt uns die göttlichen Hilfsmittel ergreifen

und alles Hinderliche hinwegtun, wie uns die in Lieferung 2 angegebenen Punkte 7-14 aus Röm. 12,12b-14 zeigen, um mit offenen Augen dem nahegekommenen Tag entgegenzugehen.

Göttliche Hilfsmittel! Das beste von diesen allen, ja das Mittel, von dem alles abhängt, ist das in Punkt 13 genannte: „Ziehet an den Herrn Jesus Christus!“ (V. 14) Aber um dies wirklich auszuführen, oder besser gesagt: um dies mehr in die Erscheinung treten lassen zu können, ist es doch recht nötig für uns Gläubige, die anderen Punkte ernstlich zu erwägen und uns danach zu richten, was uns in jenen so sehr praktischen Worten der Schrift ans Herz gelegt wird.

Ich fahre also mit meiner Aufzählung und kurzen Kennzeichnung der Punkte weiter fort. Der HErr aber erleuchte unsere Sinne!

Punkt 7:„Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen!“ so ermahnt uns das Wort. „Fort mit den Werken der Finsternis!“ Was sind das für Werke? Nun, es wird uns ohne Frage sein, daß es solche sind, die wie die „Werke des Fleisches“ (Gal. 5,19ff.) aus einem unsauberen Untergrund, auf dem Sumpfboden des Fleisches oder auch auf dem Lügenboden des Feindes und „Vaters der Lüge“ (Joh. 8,44) und auf dessen „Machtbereich der Finsternis“ (Kol. 1,13, vgl. Eph. 6,12) erwachsen sind. Eph. 5 redet auch davon (vgl. den Zusammenhang von Vers 11 und siehe dazu Frage 14 in Jahrbuch 16!). Das ist an sich ja ganz einfach, aber wie furchtbar ernst ist die traurige Tatsache, daß Gläubige noch solche Werke vollbringen können, Werke, die das Licht der Wahrheit, das Licht der Unbestechlichkeit Gottes scheuen müssen und in Wirklichkeit auch scheuen - denke an Joh. 3,20: „der kommt nicht zu dem Lichte, auf daß seine Werke nicht bloßgestellt werden ...“ (das ist grundsätzlich und kann leider auch von Gläubigen wahr sein!). Nun sind freilich solche „Werke“ nicht schon ein gelegentliches unvorsichtig in Sünde Fallen oder ein plötzlich Übervorteiltwerden vom Fleisch, vom Feind, von der Welt, sondern „Werke“ sind in sich etwas Abgeschlossenes, Vollkommenes, also mehr ein Wandeln (vgl. Phil. 3,18!) in solchen Dingen als ein vorübergehendes Hineingeraten - aber wer will so genau bestimmen, wo das eine aufhört und das andere anfängt? Mit anderen Worten, Geliebte, laßt es uns doch ja recht genau nehmen mit unserer Ablehnung von Werken der Finsternis, damit wir nicht unversehens dareinfallen, dem HErrn viel Schande bereiten und den Ernst des herannahenden, ja,

nahegekommenen Tages übersehen, wodurch wir viel Einbuße erleiden! Wenn also die Finsternis Werke hervorzubringen imstande ist, und das ist sie im höchsten Maße - müssen wir denn in ihnen wandeln?! Das sei ferne von uns! (Vgl. Röm. 6,2!) Seien wir treu und wachsam dagegen!

Punkt 8:„Laßt uns die Waffen des Lichts anziehen!“ (V. 12c) Wenn wir etwas ablegen, müssen wir auch sofort etwas haben, was die Lücke ausfüllt! Nun ist es ja eigentlich kein echter Gegensatz, der hier genannt ist: „den Werken“ stehen die „Waffen“ gegenüber, das scheint nicht ganz logisch zu sein, aber der eigentliche Gegensatz liegt in „Finsternis“ und „Licht“. (Ähnlich wie in Eph. 6,10-20 die Gegensätze aufgeführt sind.) Finsterniswerke werden am besten, können nur mit Lichtswaffen verhindert, bekämpft werden, und das zu tun liegt uns ob! Dem Anziehen (das gleiche Wort wie in Punkt 13!) oder Anlegen der Waffen des Lichts muß das Wegtun dessen voraufgehen, was jeder Entwicklung zum nahegekommenen Tage hin hinderlich ist, andererseits können erst die Lichtswaffen, die in Eph. 6 näher geschildert sind, uns zeigen, wie sehr wir durch die Finsterniswerke gehemmt werden. So stehen die beiden Handlungen von Punkt 7 und 8 in Wechselwirkung zueinander. Warum aber wird von „Waffen“ gesprochen, und von Waffen, die in dem Lichte, das alles offenbar macht, standhalten? Weil es gilt, einen Kampf, einen täglichen Kampf zu bestehen. Die Finsterniswerke, gerade weil durch die Finsternis ihre Wirksamkeit geheim gehalten wird, sitzen oft sehr tief eingewurzelt in uns, und es bedarf eines immer erneut treuen Dienstes der Lichtswaffen (als da sind Wahrheit, Gerechtigkeit [praktische], Glauben usw.), um die Werke der Finsternis mit Stumpf und Stiel auszurotten. Wie führen wir diesen Kampf, Geliebte?

Energisch oder lässig? So wie David mit den Feinden des Volkes Gottes gründlich aufräumte, oder wie Saul sie nur zum Teil bekämpfte, andere schonte und gerade mit „Amalek“ nicht ein Ende machte nach göttlichem Gebot?! (Man vgl. z. B. 1. Sam. 15 [u. 17] und 2. Sam. 5; 6; 8 u. a., oder auch siehe Richter Kap. 1: „... es trieb nicht aus ...!“ V. 19.20! 21.25.27.28.29 usw.) Wir sehen diese Gegensätze zwischen den „Finsterniswerken“ und den mehr oder weniger treu geführten „Lichtswaffen“ durch die ganze Schrift, wir sehen treue und untreue Leute, wir gleichen selber gar zu leicht den letzteren und sollten doch die Züge der ersteren tragen.

Erstere können fallen, aber sie bleiben nicht im Fall (David!), letztere machen dem HErrn viel Unehre.

Die „Waffen des Lichts“ angelegt! „Nehmet die ganze Waffenrüstung Gottes! (Eph. 6,10) Geliebte, der Tag kommt! Sollen die sich, je mehr er naht, verstärkenden Kämpfe uns ungerüstet finden, in träger Ruhe den Werken der Finsternis anheimfallend? Die Lichtswaffen angelegt, es gilt zu kämpfen, denn -

Punkt 9-12, diese vier Dinge machen leider - wäre es nicht so, so gäbe es keine Ermahnungen darüber, und wie oft stehen sie in der Schrift! - vielen Gläubigen noch viel zu schaffen. Die vier Glieder von V. 13, von denen die letzten drei ja Doppelglieder sind, gehören eng zusammen: Ein anständiger, geziemender, ehrbarer, sittlich vornehmer (dies alles besagt das griechische Wort im Grundtext) Wandel nach außen hin, keine Unmäßigkeit im Essen und Trinken, kein unsauberer geschlechtlicher Umgang wie auch kein sonstiges unkeusches Treiben, kein Streiten und Neiden soll die, welche dem herannahenden Tage entgegeneilen, aufhalten (und vergleichsweise: wie so leicht im täglichen Leben läßt man sich aufhalten durch dies und jenes, wenn noch einige Zeit vergehen muß bis zu irgendeinem erwarteten Ereignis!). Über diese vier Dinge braucht nicht viel geschrieben zu werden hier, doch das sei gesagt, daß im Heidentum die Unsittlichkeitssünden derart selbstverständlich waren, daß die Gläubigen solche Ermahnungen nur allzu nötig brauchten - aber heute? O Bruder, Schwester, laßt uns nicht „sicher“ werden! Die Belehrungen sind Gläubigen gegeben, und 1. Kor. 10,12.13 steht mit dem Vorhergehenden (V. 1-11) auch für uns in der Schrift. Und wenn man an so manche tiefschmerzlichen Vorkommnisse auch unserer Tage denkt, so sollte nichts von uns als überflüssig oder minder wichtig angesehen werden, was uns zeigt, wozu auch Gläubige noch fähig sind, wenn sie nicht wachsam und demütig sind - wenn sie nicht (Punkt 9) „als am Tage“ wandeln. Natürlich bedeutet hier die Anwendung von „Tag“ nur den Vergleich mit dem äußeren Leben, insofern als ein ungeziemendes Verhalten in der Welt mehr der Nacht als dem Tage angehörte, damals wie heute (vgl. Nachtlokale!), aber die Beziehung auf den herankommenden Tag ist doch zu augenscheinlich, als daß wir es übersehen sollten! Wir Gläubigen sollen gleichsam im Lichte des zukünftigen Tages wandeln (vgl. 1. Thess. 5; z. B. V.

5.8!), und Dinge, wie sie der Nacht dieser Welt angemessen sind (Gal. 5,19ff.; 1. Petr. 4,3; 2. Petr. 2,13), sollen bei uns, den Tagesmenschen, keinen Platz mehr haben! Wie spricht das doch zu unseren Herzen, nicht wahr?! Wo unser Schatz ist, da ist auch unser Herz! (Matth. 6,21)

Noch eins scheint mir sehr bemerkenswert zu sein, was im allgemeinen leicht mißachtet wird: daß Streit und Neid (Punkt 12, vgl. Jak. 4,1!!) auf die gleiche Linie mit den Sünden gegen die sittliche Wohlanständigkeit gestellt sind. Und das heißt mit anderen Worten, daß die Sünden der Zunge (Jak. 3!) nicht geringer sind in Gottes Augen als jene schmutzigen Dinge ...! (Vgl. Eph. 5,3: „Hurerei, Unreinigkeit, Habsucht“ auf einer Linie!) Wie leicht kommt es bei den Gläubigen vor, daß eine aus Schwachheit geschehene Unzuchtssünde in der schrecklichsten Weise gebrandmarkt wird (und oft mit Recht!), daß aber in Worten ausgedrückter Haß (ja, sogar dieser!) oder wenigstens eine Streiterei oder eine mündlich oder auch tätlich bezeugte Äußerung des Neides kaum sonderlich gerügt wird! Wie sehr wird ein Unreiner (der wie die Korinther - Kap. 6! - vielleicht über einige fleischliche Dinge noch nicht Sieger geworden ist) verurteilt, selbst wenn er sich tief gebeugt hat und wieder und nochmals beugt, während ein anderer, der die außerordentlichen vielen Hinweise in den Sprachen und anderswo auf Zungensünden wenig oder gar nicht zu beachten gelernt hat, indem er unbekümmert seine Zunge reden läßt, wessen „sein Herz voll“ ist, ja, während ein solcher gänzlich ungestraft bleibt! Hat dieser nie gelesen, z. B. was Spr. 12,18a (siehe u. a. auch 15,4!) steht? Meint er, Schwertstiche der Zunge seien Gott wohlgefällig, jedenfalls würde Gott nicht danach hinhören? - Über dies Gebiet ließen sich noch Seiten über Seiten schreiben, aber der Raum reicht nicht dazu, und auch ist es ja jedem bekannt genug, werden doch ganze Familien, ja Versammlungen oft durch Zungensünden schier zerstört oder so geschädigt, daß die Verwüstungen kaum je wieder ganz gutgemacht werden können! Wir sollten alle treuer im Kampf gegen diese Sünden werden und stets bedenken, diese liegen auf gleicher Linie mit den anderen bösen Dingen, die unserer, die wir wissen, daß „der Tag nahegekommen“ ist, nicht würdig sind. Noch einmal sei verwiesen auf Jak. 3, was wir alle recht auf uns wirken lassen sollten, siehe auch 1. Petr. 3,8ff.!

„Der Tag naht heran“, Sein Tag (vgl. auch 1. Kor. 4,1-5), - möchten die Dinge von Punkt 9-12

(V. 13!) nicht bei uns gesehen werden und Punkt 12, der vielen Gläubigen wohl noch am nächsten liegt, auch von Tag zu Tag weniger! Denken wir dabei auch an 2. Tim. 2,23.24 und an Spr. 17,14; 25,15 usw. - „Nicht in Streit und Neid!“

In der Reihe der „göttlichen Hilfsmittel“, wie ich diese Punkte 7-14 nannte, Hilfsmittel, um dem herannahenden Tag geziemend und glücklichen Herzens entgegengehen zu können, kämen wir nunmehr zu dem Hauptpunkt 13:„Ziehet den Herrn Jesus Christus an!“ (V. 14a), dem dann noch mit Punkt 14 ein Anhängsel gegeben zu sein scheint. Da Punkt 13 ein wenig näheres Eingehen erfordert, so will ich für heute abbrechen, um den Aufsatz nicht zu lang werden zu lassen.

Es ist doch eine wunderbare Sache, Geschwister, nicht wahr, zu der wir berufen sind: vorwärts, dem Ziele zuzueilen und den Blick fest gerichtet zu halten auf den Anbruch des „nahegekommenen Tages“, an dem wir unseren geliebten Herrn Jesus schauen werden und als Seine Miterben gewürdigt werden, Herrlichkeiten zu genießen, die wir kaum ahnen! Wie sollten wir bestrebt sein, im Lichte dieser Kostbarkeiten zu wandeln und alles beiseite zu lassen, was uns hinderlich sein könnte auf dem Wege zur Erreichung der uns verheißenen Güter! Der HErr gebe uns Gnade zu täglich neuer Treue bis zum Ende der Nacht und dem Hereinbrechen des Tages! „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahegekommen!“ (V. 12) Des HErrn Name sei gepriesen!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!) F. K.

Wer ist der Mietling in Joh. 10,12.13?

Eine Studie über

die Hirtenrede des HErrn

in Joh. 10.

(Schluß.)

III. Das Gleichnis vom guten Hirten. Vers 11-18.

Hier wechselt wieder das Bild. Während Sich der Heiland soeben mit der Tür verglichen hatte, bezeichnet Er Sich nun wieder als den Hirten. Auch dieses Gleichnis glauben wir, wie das erste, heilsgeschichtlich verstehen zu müssen. Der Hinweis auf die Schafe, die nicht zu „dieser“ Hürde, sondern zu anderen Hürden gehören und dennoch zu der Herde des Messias hinzugefügt werden sollen, ist ein zu deutlicher Fingerzeig, daß es sich hier um eine bestimmte heilsgeschichtliche historische Einzelsituation handelt, als daß wir das übersehen dürften.

Der Hauptgedanke des ersten Gleichnisses war die Rechtmäßigkeit des Hirtenamtes Jesu. Dies hatte der HErr im Gegensatz zu Seinen Feinden, den falschen Hirten, betont. Hier in dem dritten Gleichnis zeigt Er nun diesen Gegensatz noch ausführlicher und legt auch dar, zu welchem furchtbaren Ende diese Feindschaft führen würde, das aber dennoch infolge der Siegeskraft Gottes und Seines Christus zu einem glorreichen Ergebnis hindurchgebracht werden würde.

„Der gute Hirte läßt Sein Leben für Seine Schafe. Der Mietling aber flieht.“ Daß mit dem ersteren das Sterben des Heilandes Selber zugunsten Seiner Herde gemeint ist, liegt auf der Hand. Aber wer ist der Wolf, und wer ist der Mietling? Viele Schrifterklärer betonen hier, daß in einem Gleichnis nicht alles einzelne auszulegen sei, daß man hier also nicht zu viel fragen solle, und wenn jemand ihnen auch in bezug auf diese Punkte Recht zu geben geneigt ist, so verstehen wir ihn sehr wohl. Der Wolf wäre dann ganz einfach die Verkörperung der den Schafen stets drohenden „Gefahr“, und der Mietling würde nicht eine Einzelperson oder eine bestimmte Gruppe von Personen darstellen, sondern einfach ganz allgemein den ausschmückenden und verdeutlichenden Gegensatz zu der Aufopferungsfähigkeit und Bereitwilligkeit des guten Hirten. Wir aber persönlich glauben, daß es sich in Johannes 10 weniger um eigentliche als vielmehr um halb allegorische Gleichnisse handelt. Dies wird uns

auch dadurch bestätigt, daß die hier gebotene Bildrede nicht das Kennzeichen der eigentlichen Parabel hat, nämlich, einen nur einmal vorkommenden Einzelfall wie eine richtige Geschichte zu berichten, sondern sie bringt einen oft und immer wieder sich ereignenden Vorfall aus dem allgemeinen Alltagsleben und benutzt ihn zu ihrem Bilde. Das aber ist durchaus die Art der Allegorie. Außerdem spricht die Tatsache, daß der Mietling zwei mal erwähnt wird, doch dafür, daß wir in ihm nicht eine bloße rednerische Figur zu erblicken haben, die lediglich dazu bestimmt ist, den Gegensatz zu der Liebe des guten Hirten in das helle Licht zu stellen, sondern seine zweimalige Erwähnung scheint uns die Notwendigkeit zu beweisen, in ihm irgend etwas Bestimmtes zu vermuten. Was ist das aber dann?

Vielfach sagt man: Der „Mietling“ seien alle die, welche um schnöden Gewinnes willen eine „Hirtentätigkeit“ in der Gemeinde Gottes auszuüben sich erkühnen, also etwa ungläubige Prediger und Pastoren. Doch steht demgegenüber zu bedenken, daß der HErr doch mit dem guten Hirten Sich Selber gemeint hat, daß also demnach die ganze Bildrede des dritten Gleichnisses uns in die Tage Seines Fleisches zurückführt. Bei aller Anerkennung des Wertes einer solchen gegenwartlichen Anwendung unseres Gleichnisses muß doch für die Auslegung gefragt werden: Wie sollte der HErr dazu kommen, zu den Pharisäern von den später auftretenden ungläubigen Priestern und Pastoren zu reden? Denn beachten wir es immer wieder: Das Gleichnis ist nicht zu den Jüngern Jesu als eine Gemeindebelehrung geredet, sondern zu den Feinden des HErrn!

Die Frage nach dem Mietling löst sich wohl am besten, wenn wir sie im Zusammenhang mit der Frage nach der Bedeutung des Wolfes zu beantworten suchen.

Wer ist der Wolf?

Zuweilen hat man gesagt: Der Wolf ist der Teufel, und die Mietlinge sind im Rahmen der zeitgenössischen Auslegung für jene Tage die Pharisäer, denen Christus doch gerade ihre falsche Nicht-Hirten-Gesinnung vor Augen halten will. Aber diese Auslegung ist in sich selbst widerspruchsvoll. Der Wolf ist doch nach dem Gleichnis der Feind nicht nur der Schafe, sondern

das Verhältnis der Pharisäer und des Teufels zu. Gerade diese beiden sind, nach der Lehre desselben Evangeliums, in bestem Einvernehmen miteinander, so daß von einer Furcht und einer Flucht der Pharisäer vor dem Teufel in keiner Weise geredet werden kann. Jesus bezeichnet den Teufel als den „Vater“ der Pharisäer und ihrer Freunde und sagt: „Ihr seid aus dem Vater, dem Teufel, und die Begierden eures Vaters wollt ihr tun.“ (Joh. 8,44) Das sieht wenig nach dem Feindschafts- und Furchtverhältnis des mordenden Wolfes und der entsetzt vor ihm fliehenden, von dem Besitzer der Herden angestellten und bezahlten Unterhirten aus! Nein, gerade dieses letztere sollte den Weg zu der richtigen Deutung des Mietlings weisen. Für die Pharisäer war das Bild eines vom Herdenbesitzer gemieteten und besoldeten Schäfers viel zu schwach: im Gegenteil, sie sind der Wolf! Das ist die allein in den Zusammenhang des Gleichnisses sich organisch eingliedernde Deutung. Der Wolf tötet den guten Hirten, der sich ihm aus Liebe zu seinen Schafen entgegengestellt hat. Das haben die Pharisäer mit dem Herrn Jesus auch getan. Sie haben den Heiligen Gottes, den Messiashirten Israels, ermordet und umgebracht. (Apgesch. 2,23) Und keiner von den berufenen Führern Israels hat gewagt, sich diesem Mordanschlag in der rechten Weise entgegenzustellen! Alle beugten sich unter den Mordgeist der Pharisäer und ihrer Gesinnungsfreunde. Darum sind sie, die von Gott eingesetzten Führer Israels, denen der Mut zum Widerstand gegen die Pharisäer fehlte, die Mietlinge.

Ein Mietling ist ein von dem Besitzer der Herde rechtmäßig angestellter und bezahlter Hirte. Solche aber sind nie, weder in jenen Tagen noch zu irgend einer späteren Zeit, die ungläubigen Prediger und Pastoren gewesen. Diese hat Gott, der Besitzer der Herde der Gemeinde, auch noch nie für einen einzigen Augenblick rechtmäßig in ihre scheinbare „Hirten“-tätigkeit eingesetzt! Wohl aber hatte Er das mit den Fürsten, Priestern und Leviten des Alten Bundes getan, wie sie auch zur Zeit Jesu noch in ihrem Amte waren. Sie sind der Mietling, sie im Verein mit so manchem der heimlichen Freunde Jesu, die „aus Furcht vor den Juden“, das heißt den Pharisäern, die sich als die maßgebenden Vertreter des Gesamtvolkes aufspielten, nicht wagten, klar und deutlich Farbe zu bekennen, sie, die nach Gottes Auftrag im Rahmen der israelischen Theokratie die Herde zu weiden und vor allen verderblichen Einflüssen zu behüten

Soweit die zeitgenössisch-heilsgeschichtliche Deutung des Gleichnisses. Vieles hat sie uns aus jener großen, entscheidungsvollen Zeit vor Augen gestellt. Wir haben in dem ersten und dem dritten Gleichnis Jesum als den rechten und den guten Hirten gesehen, ferner Johannes den Täufer, den Wegbereiter und Türöffner des Messias, weiterhin die „Tür“ der alttestamentlichen Heilsgeschichte, dann die Herde des Messias und ihre Segnungen, auch ihre späteren gottgewollten Führer, auch die Hürde Israel, die Priester und Leviten und überhaupt die ängstlichen Freunde Jesu, die Ihn alle verließen und flohen, auch die Pharisäer sind vor unser Auge getreten, kurz, wir haben in Johannes 10 ein überaus plastisches Bild der Zeit und engeren Umwelt Jesu gefunden.

Nur in einem Punkt konnte dieses Bild jedoch nicht der geschichtlichen Wirklichkeit entsprechen. Das lag in der Natur des Bildes. Der Hirte im Gleichnis nämlich stirbt, trotz all seiner Freiwilligkeit, mit der er sich dem Wolf entgegenstellt, letzten Endes dann doch schließlich nur deshalb, weil er von dem stärkeren Wolf überwunden worden ist. In diesem Punkte aber kann das Gleichnis nicht auf den HErrn Anwendung finden, denn Christus starb nicht deshalb, weil Er von der etwa größeren Macht Seiner Feinde niedergerungen worden war, auch starb Er nicht an einem gebrochenen Herzen, sondern Er Selbst fügt, um all diesen etwaigen irrtümlichen Deutungen und Forderungen, die man unter Umständen aus dem Bilde eines von der Kraft des Wolfes niedergekämpften Hirten ziehen könnte, von vornherein entgegenzutreten, ausdrücklich diesem Gleichnis hinzu: „Darum liebt Mich Mein Vater, weil Ich Mein Leben lasse ... Niemand nimmt es vonMir, sondern Ich lasse es von Mir Selbst.“ (V. 17 u. 18) Man muß eben auch ein solches Wort in seinem Zusammenhang lesen. Dann versteht man erst, warum es der HErr gerade in dieser Form überhaupt und speziell in dieser Rede von Johannes 10 gesprochen hat.

Schließlich zeigt der HErr aber noch, wie der zunächst so schreckliche Ausgang Seiner Hirtentätigkeit schließlich dennoch zu einem herrlichen und wunderbaren Sieg werden wird. Dieser ist in doppelter Weise groß und gewaltig:

Triumph, daß er nicht nur als eine Tat des Vaters am Sohne gekennzeichnet wird, als eine „Auferweckung“, sondern Christus bewirkt kraft Seiner göttlichen Herrlichkeit Selber Seine Rückkehr in ein, nun noch dazu verherrlichtes Menschenleben! Er läßt Sein Leben, nicht um als Märtyrer zu sterben, auch nicht einmal nur, um es als Lösepreis für Sünder zu geben, sondern, wie Er Selber ausdrücklich bezeugt, „auf daß Ich es wiedernehme“. (Vers 18) „Ich habe Gewalt, es zu lassen, und habe Gewalt, es wiederzunehmen.“ (Vers 18) Hier haben wir den einen der beiden Aussprüche des HErrn, denen zufolge die Auferstehung nicht nur das „Siegel“ der Bestätigung ist, das der Vater auf das Werk des Sohnes drückt (vgl. Röm. 1,4), sondern eine Tat des Sohnes Selber, ja, in vollem Sinne eine Selbst auferweckung des Sohnes! Die andere Stelle haben wir in demselben Johannesevangelium: „Brechet diesen Tempel - den Leib des HErrn - ab, und in drei Tagen werde Ich Ihn aufrichten.“ (Joh. 2,19) Hier haben wir ein besonderes Geheimnis, das allein in der Göttlichkeit des Gekreuzigten seinen Urgrund hat.

Das zweite, womit der HErr in dem letzten Gleichnis trotz der Hervorhebung Seines schweren Ausganges in Jerusalem dennoch das Sieghafte Seiner Hirtentätigkeit ausspricht, ist die universale Weite Seines Werkes und die übernationale Größe Seiner Herde. „Und Ich habe andere Schafe, die nicht aus dieser Hürde sind. Auch diese muß Ich bringen, und sie werden Meine Stimme hören, und es wird eine Herde, ein Hirte sein.“ (Vers 16) Hier spricht der HErr von Seinem großen Siege. Er wird eine Herde haben - ja, Er hat sie schon Kraft der überzeitlichen Erwählung des göttlichen Ratschlusses -, die über den Rahmen des Volkes Israel hinausgeht, und so wird eine übernationale Einheit da sein, wie sie die Welt - und auch die Heilsgeschichte bis dahin noch nie gesehen hat.

Das, wovon der HErr hier spricht, bezieht sich nicht etwa auf die Zukunft, sondern es ist genau dasselbe, was der Apostel Paulus - nur unter einem anderen Vergleich (nämlich dem des Leibes) -, in Epheser 2 aussagt. Die Einheit, von der hier die Rede ist, ist auch nicht die Einheit, um die der HErr Seinen himmlischen Vater in dem Hohenpriesterlichen Gebet bittet, das heißt die praktische Einigkeit der Erlösten in brüderlicher Liebe (Joh. 17,21.23), sondern es handelt sich hier um die Einheit der Stellung der Juden und der Heiden vor Gott durch den Glauben

und durch die Zugehörigkeit zu der einen Gemeinde, der einen Herde, dem einen Hirten Jesus Christus.

So ist denn der Ausgang des Werkes des guten Hirten in der Tat ein großer und herrlicher. Wir aber wollen es lernen, immer mehr auf die Stimme dieses Heilandes zu hören, und dann wird es unsere Erfahrung werden, was der Schreiber des Hebräerbriefes seinen Lesern zum Schluß wünscht: „Der Gott des Friedens aber, der aus den Toten wiederbrachte unseren Herrn Jesus, den großen Hirten der Schafe, in dem Blute des ewigen Bundes, vollende euch in jedem guten Werke, um Seinen Willen zu tun, in euch schaffend, was vor Ihm wohlgefällig ist, durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen!“ (Hebr. 13,20.21)

Er. Sr.

Die Bewährten.

„Denn es müssen auch Parteiungen unter euch sein, auf daß die Bewährten unter euch offenbar werden.“ (1. Kor. 11,19.)

Der sehnlichste Wunsch eines jeden treuen Gotteskindes ist, an jenem Tage unter den Bewährten gefunden zu werden. Alles wird erprobt werden, und nur das Echte wird bleiben. Petrus schreibt so ermunternd von der Bewährung des Glaubens (1. Petr. 1,7), damit der Glaube „in der Offenbarung Jesu Christi zu Lob und Herrlichkeit und Ehre erfunden“ werde. In diesem Stücke kann man gleich den Alten ein Zeugnis erlangen. (Hebr. 11,2) Timotheus wurde von seinem geistlichen Vater ermahnt, sich zu befleißigen, sich selbst Gott bewährt darzustellen als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt. (2. Tim. 2,15) Das Werk eines solchen Arbeiters bewährt sich wie Gold, Silber oder köstliche Steine und wird vom Feuer nicht verzehrt, wenn alles Holz, Stroh und Heu verbrennen wird.

Wir freuen uns jetzt schon über Geschwister, die sich in Anfechtungen, Versuchungen und Kämpfen aller Art bewähren, die keine Schwenkungen weder nach rechts noch links machen,

unter irgend welchem Druck ihre Segel anders stellen, wenn ein Wind von einer anderen Richtung bläst; solche werfen lieber „vier Anker“ aus (Apg. 27,29) und wünschen, daß es Tag werde, als daß sie sich diesem Zeitlauf anpassen und mit dem Strom bergab gleiten.

Die Bewährten unter den Gläubigen in Korinth, von welchen Paulus in der obigen Stelle schreibt, waren schon offenbar, d. h. ihr rechtes Verhalten und ihre Gott wohlgefällige Gesinnung trat gerade durch das Parteiwesen der anderen in der dortigen Gemeinde hervor. Vielleicht war die Zahl der Bewährten nur klein im Vergleich zu anderen. Es waren jämmerliche Zerwürfnisse und Streitigkeiten in Korinth, indem gewisse führende Brüder Anhang für sich und um sich sammelten. Sicher waren es Brüder von Begabung, und viele wurden für den einen wider den anderen aufgebläht. Paulus ging in seinem ersten Briefe mit den fehlenden Gläubigen so zart um, daß er gar nicht die Namen derjenigen nannte, die eine Partei um sich gebildet hatten, sondern er schrieb so, als ob er und Apollos die Schuldigen wären! Dies drückte er in den Worten aus: „Dies aber, Brüder, habe ich auf mich und Apollos gedeutet um euretwillen, auf daß ihr an uns lernet, nicht über das hinaus zu denken, was geschrieben ist ...“ (1. Kor. 4,6) In dem Parlament irgend eines Staates können wohl verschiedene Parteien sein, deren Anhänger mit ihrem Führer zusammensitzen und ihnen folgen, aber in der Gemeinde Gottes soll und darf es nicht so sein.

Es liegt dem natürlichen Menschenherzen so nahe, sich selbst oder sich eines Menschen zu rühmen. Die Pharisäer in Jerusalem sagten mit solcher Selbstgefälligkeit: „Wir aber sind Moses Jünger.“ (Joh. 9,28) Diese Parteien bildenden Führer in Korinth waren sicher auf sich selbst, ihre Gaben und ihren Einfluß stolz, und ihre Anhänger rühmten sich ihrer. Einmal sagte eine ältere Schwester: „Ich ziehe den Herrn Soundso dem Herrn Prediger Soundso vor.“ Wie verwerflich ist doch das alles! Paulus schreibt: „So rühme sich denn niemand der Menschen, denn alles ist euer - ihr aber seid Christi, Christus aber ist Gottes.“ (1. Kor. 3,21-23)

Worin bestand denn der Unterschied zwischen den Parteien sammelnden Führern mit ihren Nachfolgern und den Bewährten? Sicher darin, daß die Bewährten verwirklichten, daß Gott, der treu ist, sie in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn, berufen habe,

nicht aber in die Gemeinschaft irgendeiner Organisation (1. Kor. 1,9), und so folgerecht sich weigerten, weder irgend welche Seelen um sich zu sammeln, noch sich einer der Parteiungen anzuschließen. Sie hielten die Wahrheit fest, daß der HErr nur eine Gemeinde habe und daß somit die Gemeinde Gottes in Korinth nur eine sei. Das war die wohlbegründete Überzeugung ihrer Herzen, und danach handelten sie. Vielleicht wurden sie dafür angefochten, und sicher machte jede Partei Anstrengungen, sie zu gewinnen, aber den göttlichen Grundsätzen und der Wahrheit Gottes konnten sie nicht untreu werden.

Heutzutage sind wir von gar vielen Parteiungen, Schattierungen und Denominationen umgeben, nicht zu sprechen von verderblichen Sekten, und mit Paulus könnte man mit Staunen ausrufen: „Ist der Christus zerteilt?“ (1. Kor. 1,13) Die Bewährten in Korinth wollten keineswegs die dortigen Parteiungen anerkennen, weil ihr Dasein keine Berechtigung hatte. „Denn gleichwie der Leib einer ist und viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obgleich viele, ein Leib sind, also auch der Christus. Denn auch in einem Geiste sind wir alle zu einem Leibe getauft worden ... Gott hat die Glieder gesetzt, jedes einzelne von ihnen an dem Leibe, wie es Ihm gefallen hat.“ (1. Kor. 12,12; 13,18)

In dem Alten Testament haben wir einige lehrreiche Beispiele von Gottesmännern, die in Zeiten des Verfalles und der Schwachheit der Wahrheit treu blieben und sich so als Bewährte offenbarten. Wir wollen unser Augenmerk auf zwei solche Fälle richten. Zunächst auf Elia. Dieser lebte in einer Zeit tiefen Verfalles. Längst schon war das Volk Israel in zwei Teile geteilt. Unter der Herrschaft des gottlosen Ahab war der Baalsdienst zur Staatsreligion erhoben worden, der Altar Jehovas niedergerissen, und es schien, als ob es mit dem Volke Israel - wenigstens mit den zehn Stämmen - aus wäre. Nun steht von dem Propheten geschrieben: „Und Elia nahm zwölf Steine nach der Zahl der Stämme der Söhne Jakobs, zu welchem das Wort Jehovas geschehen war, indem Er sprach: Israel soll Dein Name sein! Und er baute von den Steinen einen Altar im Namen Jehovas.“ (1. Kön. 18,31.32) Er sah mit dem Auge des Glaubens nur ein Volk Israel, die Zersplitterungen konnte er nicht anerkennen, er sah im Lichte der Wahrheit ein einiges zwölfstämmiges Volk, und danach handelte er. Wir bewundern seine Zähigkeit, er dachte gar nicht daran, einen Altar aus zehn Steinen zu bauen, ihm blieb der

feste Grund Gottes stehen, auch wenn das Volk sich schwer versündigt und in einen jämmerlichen Zustand geraten war. Er betrachtete das Volk Israel von dem Standpunkt Gottes aus, und deshalb darf man ihn zu den Bewährten zählen.

Nach der babylonischen Gefangenschaft hatten die Kinder der Wegführung wieder den Altar an seiner Stätte errichtet und endlich den Tempel in Jerusalem wieder aufgebaut, und dann feierte man die Einweihung dieses Gotteshauses mit Freuden, und dann bemerken wir, daß sie unter anderem zum Sündopfer für ganz Israel zwölf Ziegenböcke darbrachten nach der Zahl der Stämme Israels. (Esra 6,17) Damals war das Volk weithin geschleppt und gerupft, und nur ein kleiner Überrest befand sich wieder im Lande, und ihre Stadt Jerusalem war in der Tal nur ein Trümmerhaufen. Doch dieser zaghafte Überrest bekannte die Zusammengehörigkeit des einen Volkes Israel und brachte deshalb für ganz Israel ein Sündopfer dar. Wie lehrreich ist dies für unsere Herzen! Die inneren Augen des schwachen, doch gläubigen Überrestes sehen nur ein Volk Israel, und danach handelten sie.

Ebenso die Bewährten in Korinth. Gerade durch die Parteiungen wurden sie offenbar. Sie ließen sich nicht überreden, sich irgend einer dieser Parteien anzuschließen. Sehr wahrscheinlich wurden sie dafür, daß sie diesen festen, biblischen Stand einnahmen, stark angefeindet oder sogar verachtet, aber sie hatten im Glauben Gottes einiges Volk gesehen, was weder die Parteiführer noch ihre Anhänger erblickt hatten. Leichter wäre es gewesen, sich einer der bestehenden Parteiungen anzuschließen und sich dafür zu ereifern, aber gerade darin lag ihre Bewährung, daß sie diese nicht anerkannten. Sie sahen die Wahrheit und trachteten mit allen Fasern ihres Herzens, nach derselben zu handeln und zu wandeln. Sie erblickten nur einen Leib Christi, nur eine Gemeinde des HErrn, gerade so wie Elia in seinen Tagen und wie der gläubige Überrest nach der babylonischen Gefangenschaft nur ein Volk Israel sah. Und wie können wir uns mit irgendeiner Parteistellung, einem Bunde von Gemeinden oder irgendwelcher Organisation vereinigen, wenn wir dem Worte treu sein und „nicht über dies hinaus“ gehen wollen, „was geschrieben ist“!

Ob wir uns in dieser Hinsicht bewähren wollen? Wohl gibt es liebe Gotteskinder, die sich in

mancher Hinsicht gut bewähren mögen, aber in dieser Sache nicht. Ob die Ursache darin liegt, daß sie den richtigen biblischen Betriff von der Gemeinde des HErrn nicht erfaßt haben? Vielleicht nicht in allen Fällen, denn es sind Brüder, die die Wahrheit in bezug auf diesen Punkt begreifen, doch handeln sie nicht danach. Sie reden sich aus, indem sie sagen, daß die jetzigen Zeiten es erheischen, daß man sich irgendeiner Denomination oder Gemeindeorganisation anschließen müsse. Nach solcher Behauptung muß man zu dem traurigen Schluß kommen, daß die Wahrheit von der Gemeinde Christi, die uns im Worte deutlich vor die Augen gestellt wird, nur eine Theorie sei, die keine praktische Anwendung und keine wirkliche Bedeutung habe.

Fragen wir wiederum, auf welche Weise haben sich die Bewährten in der Gemeinde Gottes zu Korinth geoffenbart? Sicher dadurch, daß sie sich konsequent keiner Organisation und Partei anschließen wollten, auch nicht, wenn die Parole wäre „Ich aber Christi!“ Hat man erfaßt, daß Christi Gemeinde Sein Haus, Sein Leib ist, wie kann man sich dann solchem Gebilde der Menschen anschließen! Behaupten wir aber die Wahrheit des einen Leibes und nehmen wir demgemäß unsere Stellung ein, so werden wir in diesem Stücke unter den Bewährten gefunden werden. Wenn man sich aber einer Denomination anschließt, so verleugnet man die praktische Anwendung der Wahrheit Gottes über die Gemeinde des HErrn. Wie unangenehm berührt es, wenn solche sich dann noch ihrer Gemeindeorganisation rühmen und das als etwas ganz Vortreffliches hinstellen wollen, was Gott in Seinem Wort verurteilt und als „fleischlich“ bezeichnet! Man könnte mit Jakobus ausrufen „Alles solches Rühmen ist böse!“ (Jak. 4,16)

Nein, wir wollen nicht handeln, als ob des Hades Pforte die Gemeinde Christi überwältigt hätte; denn auch heute in diesen letzten Tagen gibt es eine Einheit des Geistes, die zu bewahren wir uns befleißigen sollen in dem Bande des Friedens. Diese Einheit hat einen dauernden Bestand, denn sie stammt nicht von einem Menschen her, und die eine Gemeinde Christi teilt die Herrlichkeit ihres HErrn in alle Ewigkeit. (Ev. Joh. 17,22-24) Ist das nicht genug für unsere Herzen? Oder dürften wir sagen, daß das alles keinen gegenwärtigen, praktischen Wert hat? Nein, diese Wahrheit soll uns davor bewahren, daß wir uns keiner menschlichen Partei hinzutun, wodurch (gelind gesagt) die Gemeinde Christi in den Hintergrund gestellt wird.

Wenn man sich einer Denomination rühmt, so beschäftigt man sich kaum mit dem Gedanken des baldigen Kommens des HErrn für Seine Gemeinde, denn wenn Er kommt, müssen die Gemeindeorganisationen in Staub zufallen, da die lebendigen Glieder ihrem HErrn entgegengerückt werden, während die anderen sich dem geheimnisvollen Weibe, das auf dem scharlachroten Tiere sitzt, anschließen. (Offenb. 17)

Gebe der HErr in dieser wichtigen Sache den Seinigen mehr und mehr Klarheit, auch den guten Willen und festen Sinn, sich danach zu richten, damit die Zahl der Bewährten in dieser Hinsicht sich vermehre! Dann werden sie außerhalb des Lagers dem lebendigen und wahren Gott dienen und Seinen Sohn aus dem Himmel erwarten.

F. Btch.

Eine Betrachtung über Offb. 21,1-11.

Die angeführte Schriftstelle läßt uns etwas von der Ewigkeit ahnen, wenn Gott in dem Werke Seiner Liebe ruhen wird. Sie zeigt uns einen neuen Himmel und eine neue Erde, nicht eine Erde wie heute, auf welcher die Gerechtigkeit zu kurz kommt, noch eine Erde, wie in der Zeit der tausendjährigen Regierung Christi auf Erden, auf der Gerechtigkeit herrschen wird, sondern einen neuen Himmel und eine neue Erde, wo Gerechtigkeit für immer wohnen wird. Und dies alles wird geschehen durch den Einen - den verherrlichen Menschen, „der auf dem Throne sitzt“ und der da sagt: „Siehe, Ich mache alles neu“. (V. 5) Und dieser ist derselbe, den wir zuvor in Kap. 20,11 auch auf dem großen, weißen Thron sahen, vor dessen Angesicht die Erde entfloh und der Himmel. Diesem hat der Vater „das ganze Gericht übergeben“ (Joh. 5,22.27), „weil Er des Menschen Sohn ist“. Von Ihm bezeugt Petrus Apgesch. 10, daß Er der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und Toten ist. Gott hatte einen Menschen gefunden, dem Er alles übergeben kann und der Ihn nie enttäuschen wird.

Der Vater liebt den Sohn und hat alles in Seine Hand gegeben. Und durch Gottes Gnade dürfen

uns zuerst geliebt“. Wie Paulus, so können auch wir bezeugen: „Der mich geliebt und Sich Selbst für mich dahingegeben hat.“ Das tat Er nicht deshalb, weil wir Ihn liebten, nein, ohne Anlaß von unserer Seite liebte Er uns und bewies uns Seine Liebe, indem Er uns „von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blute“. Und ebenso wissen wir, daß Er die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie dahingegeben hat. (Eph. 5,25)Wir haben wahrlich große Ursache, Ihn zu lieben, aber auch der Vater hat Ursache, Ihn zu lieben. Der HErr sagt: „Darum liebt Mich Mein Vater, weil Ich Mein Leben lasse, auf daß Ich es wiedernehme.“ (Joh. 10,17) Er hat ein Anrecht auf die Liebe des Vaterherzens. „Der Vater liebt den Sohn.“ Und Gott liebt auch uns, aber Seine Liebe findet keine Ursache dafür in uns, Er liebt uns aus Seinem eigenen Herzen heraus. Alle unsere Segnungen gründen sich deshalb allein auf das, was Gott in Seinem eigenen Wesen ist. Der Sohn kam zu uns, um uns Gottes Herz kundzumachen, und Er sagt uns: „Der Vater Selbst hat euch lieb.“ Er hat uns den Namen des Vaters (den Namen der Liebe) kundgetan. Und warum tat Er es? Die Antwort ist: „Auf daß die Liebe, womit Du Mich geliebt hast, sei in ihnen und Ich in ihnen.“ (Joh. 17,26) Und so konnte Er sagen: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott.“ (Joh. 20,17) Durch den Heiligen Geist gibt Er alles dies in unser armes Herz, so daß wir sagen können: „Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe.“ (1. Joh. 4,16)

Der Vater aber liebt, wie schon gesagt, den Sohn um deswillen, was Er in Ihm, dem Sohne, findet. Er ist der, welcher Seiner Liebe würdig ist. Der Sohn ist Seine Freude und Wonne, und Er hat alle Dinge in Seine Hand gegeben. Alle Dinge der Erde waren einst in die Hand des ersten Menschen gegeben, und dieser verlor alles in einer Stunde. Gott aber kann ohne Sorge alle Dinge in die Hand des zweiten Menschen legen. Er hat Ihm alles übergeben, und jeder hat es mit Ihm zu tun. Welch ein Erschrecken wird es sein, wenn die Augen jener Toten, die in der Auferstehung zum Gericht aus ihren Gräbern hervorkommen, einen großen weißen Thron und einen Menschen darauf sitzen sehen werden, der sie richten wird. Alsdann werden die Erde und der Himmel vor Seinem Angesicht entfliehen. Die Toten werden dem Feuersee übergeben, und dann macht Er alle Dinge neu. Ein neuer Himmel - eine neue Erde - ein All des Segens, welches von der Herrlichkeit Gottes erfüllt ist, nimmt seinen Anfang. Jede Spur von der Sünde des

Gottes ist, zur ewigen Befriedigung des Vaterherzens entfernt. In Ihm hat Gott Seine vollkommene Freude gefunden.

Wir sagen manchmal, daß Gott in einer gewissen Beziehung den Menschen gewechselt hat. 4000 Jahre war Er mit dem ersten Menschen beschäftigt; Er prüfte ihn, um seine Unverbesserlichkeit ans Licht zu bringen, und beseitigte ihn als unverbesserlich im Tode Christi. Aber in Christo, dem Auferstandenen, sehen wir einen neuen Menschen, und zwar an einem neuen Platze; mit diesem Menschen ist jetzt Gott beschäftigt, und auf Ihn lenkt Er unsere Aufmerksamkeit. In Wirklichkeit stand Christus von Anfang an schon vor Seinem Auge, denn nicht Adam war der Hauptgedanke, der Gott in der Schöpfung beschäftigte - Adam war nur das Vorbild des Zukünftigen (Röm. 5,14), und in Eva sehen wir die Braut, das Weib des Lammes. Gottes Ratschluß war das, was wir in Offb. 21 finden. Das, was uns in Offb. 21 vollendet gezeigt wird, das war in dem Herzen Gottes von Anfang. Sein Vorsatz war eine Schöpfung, in der Er von Menschen umgeben „wohnen“ wollte. Aber Er konnte nicht wohnen bei Menschen, die von Erde waren, obwohl alles sehr gut war, sehr gut in seiner Art, so konnte Er doch daselbst nicht wohnen. Wenn Er auch den Menschen in seiner Unschuld besuchen und mit ihm verkehren konnte, so konnte Gott doch dort nicht wohnen, wo Er Seiner Natur nach nicht gekannt werden konnte. Es bedurfte der Erlösung, um ans Licht zu bringen, was Er Seiner Natur nach ist - daß Er Liebe ist. Und in dem Werke Seiner Liebe, dem Werke Seines Herzens, will Er ruhen, nicht in dem Werke Seiner Hand. Wohl war die Schöpfung schön und gut, im Anblick derselben sangen die Morgensterne und jubelten die Söhne Gottes. Sie entsprach dem Zweck Seines Willens. Ein großer Teil derselben bestand jedoch aus dem ruhelosen Meer, Seine Freude aber fand Er „auf dem bewohnten Teile Seiner Erde“, denn Sein Vorsatz war, bei Menschen zu wohnen und an ihnen Seine Wonne zu haben. (Spr. 8,31) In Offb. 21 aber sehen wir Seinen Ratschluß erfüllt: „Die Hütte Gottes ist bei den Menschen! Und Er wird bei ihnen wohnen.“

Welch ein wunderbarer Gedanke, daß es Gott gefallen hat, Menschen und nicht Engel zum Gegenstand Seines Ratschlusses und Seiner Liebe zu wählen. Wenn der Sohn ein Engel geworden wäre, es würde uns nicht so erstaunlich gewesen sein, da sie weit über uns zu stehen scheinen, daß aber Gott Menschen zu Seinem Wohlgefallen für Sich haben will, daß Sein

Sohn Mensch wurde, scheint uns auf den ersten Blick zu wunderbar. Wenn wir aber die Art von Menschen sehen, an denen Gott Seine ewige Wonne finden will, dann ist es uns nicht mehr so überraschend. Es ist nicht mehr der Mensch in Adam, sondern der Mensch in Christo - der Mensch nach Seiner Art.

Wie wunderbar, daß Gott jetzt einen Menschen vor Seinem Auge hat, der Seinem Herzen entspricht. Über diesen bezeugt Er: „Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ Teure Brüder, daß wir Freude an Ihm finden, ist nicht überraschend. Überraschend aber ist es, daß wir, nachdem wir Ihn erkannt haben, noch die geringste Freude an irgend etwas anderem finden können. Er, der Gottes Herz ausfüllt, sollte sicher unserem armen Herzen genügen.

Mit dem ersten Menschen ist Gott fertig, uns aber will Er jetzt dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig machen. Wenn die Hütte Gottes bei den Menschen ist und Er bei ihnen wohnt, so ist es bei Menschen nach der Art des zweiten Menschen. Wo ist nun „das Erste“ (V. 4) geblieben? „Vergangen!“ Himmel, Erde, Sünde, Tod, Tränen, Trauer, Geschrei, Schmerz - alles ist vergangen - vorüber auf ewig! Und wer hat dieses „Erste“, welches Gott so betrübte, hinweggetan? Jesus, der Mensch des Ratschlusses Gottes. Er sagt: „Siehe, Ich mache alles neu“: Neuen Himmel, neue Erde, neue Menschen, neue Wonne, neue Verwandtschaft, einen neuen Wohnplatz für Gott. „Er wird bei ihnen wohnen.“ „Und Ich werde ihm Gott sein, und er wird Mir Sohn sein.“ (Offb. 21,3.7)

Christus hat alles zur Herrlichkeit Gottes vollführt. Die erste Schöpfung wurde durch die Sünde befleckt. Er hat die Sünde hinweggenommen. „Siehe, das Lamm Gottes, welches die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ (Joh. 1,29) Um der Herrlichkeit des Vaters willen ist der ewige Sohn in Gleichheit der Menschen geworden, und als Mensch ward Er gehorsam bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuz. (Phil. 2,7.8) Die Welt stellte Ihn als einen Übeltäter hin und höhnte Ihn als von Gott verlassen, Er aber ging diesen Weg: „Auf daß die Welt erkenne, daß Ich den Vater liebe und also tue, wie Mir der Vater geboten hat.“ (Joh. 14,31) Und die Welt wird es einmal erkennen, daß es vollkommene Liebe und Gehorsam gegen den Vater war, als Er ans Kreuz

ging, und alle werden erfahren, welch ein Wohlgefallen Christus für Gottes Herz war und ist. In der Welt, in der alle Menschen Gott verunehrten, verherrlichte Er Ihn. Als Er hier auf der Erde war, war Er der einzige Mensch, der die Bewunderung des Himmels und die Liebe des Vaters hatte und der sagen konnte: „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde.“

(Schluß folgt, s. G. w.)

Des Bräutigams Stimme.

(Joh. 1,19-28; 3,29.)

„Wer bist du? ... Was sagst du von dir selbst?“ Diese Fragen wurden Johannes, dem Täufer, vorgelegt. Die Pharisäer, die Priester und Leviten in Jerusalem wollten wissen, was er von sich selber sage. Sie waren gewohnt, viel aus sich selbst und aus dem Menschen zu machen, und sie wollten hören, was Johannes von sich selber sage und wofür er sich selbst hielte. Johannes aber war durch Gottes Gnade frei von diesem pharisäischen Geist und religiösen Dünkel. Er antwortete demütig: „Ich bin die Stimme eines Rufenden in der Wüste. Machet gerade den Weg des HErrn, wie Jesaja, der Prophet, gesagt hat.“ Damit sagte er gleichsam: „Ich bin nichts, daß sich das Auge der Menschen auf mich richte - ich bin nur eine Stimme an einem wüsten Ort, die Zeugnis gibt von dem Einen, der den Weissagungen der Schrift gemäß nach mir kommt.“ So schätzte er sich selbst ein.

Manche aber finden auch Freude an ihrem eigenen Zeugnis - an dem Klang ihrer eigenen Stimme. War es so bei Johannes, dem Täufer? Fand er seine Freude an dem Zeugnis, das er von dem nach ihm Kommenden ablegte? Durchaus nicht. Denn wiederum sagt er: „Der die Braut hat, ist der Bräutigam. Der Freund des Bräutigams aber, der da steht und ihn hört, ist hocherfreut über die Stimme des Bräutigams; diese meine Freude ist nun erfüllt.“ (Joh. 3,29) Hier lernen wir, daß er seine Freude nicht an seiner Stimme, auch nicht an seinem Zeugnis, sondern an der Stimme dessen fand, von dem er zeugte. Nicht das, was er anderen sagte, so groß und wichtig es auch war, war die Quelle seiner Freude, sondern das, was ihm durch die

Stimme seines HErrn mitgeteilt wurde. Können wir hierin nicht von Johannes, dem Täufer, lernen? Welches auch immer das Zeugnis sein mag, das wir von unserem HErrn abzulegen begnadigt sind, möchte es nie der Grund unserer Freude sein, sondern möchte die Freude unseres Herzens sich immer allein auf Den gründen, von Dem wir zeugen und Der uns Seine Liebe kundgetan hat.

J. R. - A. v. d. K.

Einmütig.

„Erfüllet meine Freude, daß ihr einerlei gesinnet seid, dieselbe Liebe habend, einmütig, eines Sinnes“, ruft der Apostel Paulus den Philippern zu. (Phil. 2,2) Die Heiligen zu Philippi besaßen ein gutes Zeugnis, sie hatten dem Evangelium vom ersten Tage an Teilnahme entgegengebracht (Kap. 1,5), und ihre Liebe war eine besondere Freude für das Herz des Apostels. Nur eines fehlte noch, um diese Freude zu krönen, sie zu erfüllen - die Einmütigkeit aller Geschwister. Zwei Schwestern werden dieserhalb besonders ermahnt (Kap. 4,2) und die ganze Gemeinde im allgemeinen, festzustehen in einem Geiste und mit einer Seele mitzukämpfen mit dem Glauben des Evangeliums. (Kap. 1,27)

Der Brief des Apostels ist auch für uns geschrieben, und es ist wohl nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, daß die Ermahnung uns nötiger ist als jenen Christen zu Philippi. Halten wir einmal Einkehr in uns selbst und in unseren Häusern! Sprechen wir mehr Worte aufrichtiger Liebe zu den Unseren und zu den Geschwistern im Herrn, oder mehr Worte der Gleichgültigkeit und gar der Zwietracht, des Streites? Sind wir eines Sinnes mit ihnen oder nicht? Reden wir lieber Gutes oder lieber Böses von unseren Nächsten?

Wir fühlen alle, daß wir weit davon entfernt sind, diese Fragen mit gutem Gewissen so zu beantworten, daß keine Ermahnung mehr nötig wäre. Und doch ist es gerade in unseren Tagen so wichtig, mit einer Seele mitzukämpfen mit dem Glauben des Evangeliums. Macht nicht der Feind gewaltige Anstrengungen, die Einmütigkeit zu zerstören und Graben des Zwiespalts um

unsere Herzen zu ziehen? Bauen wir Brücken der Liebe darüber! Seien wir einerlei gesinnt! „Siehe, wie gut und lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen!“ (Ps. 133,1)

Wodurch mag es kommen, daß in keinem Buch der Bibel das Wort „Einmütig“ so oft von den Gläubigen gebraucht wird wie in der Apostelgeschichte? (Vgl. Kap. 1,14; 2,46; 4,24; 5,12 und 15,25 nach dem Grundtext, das Wort in Phil. 2,2 ist im Griechischen ein anderes.) Es lag daran, daß jene ersten Jünger des Herrn Jesus abhängig von Ihm handelten und sich von Seinem Geiste leiten ließen. Das bewirkte, daß sie eines Sinnes waren. Die Wirksamkeit des Geistes war „wie das Öl auf dem Haupte, das herabfließt auf den Bart, den Bart Aarons, das herabfließt auf den Saum seiner Kleider“. (Ps. 133,2) Das Öl ist in der Bibel ein Bild des Heiligen Geistes. Es floß bis an den Saum der hohenpriesterlichen Kleidung, bis dahin, wo die Früchte, die Granatäpfel und Schellen befestigt waren. (2. Mos. 28,33) Köstliche Früchte für Gott! Wir lesen davon in Gal. 5,22: „Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“ Die ersten drei offenbaren sich in besonderer Weise in dem vertrauten Umgang mit Gott, die nächsten gegenüber unseren Hausgenossen des Glaubens und die letzten drei gegenüber der Welt. Ist es nicht so, daß sie in herrlicher Weise dann zur Entfaltung kommen, wenn wir untereinander einmütig sind, eines Sinnes? Dann werden sie geschaut, zur Verherrlichung Gottes (Röm. 15,5.6) und zum Zeugnis unter den Menschen.

Die Tatsache, daß auch die Welt, in der die Zwietracht herrscht, einmütig ist, wenn es sich um die Feindschaft gegen den HErrn handelt (vgl. Apg. 7,57; 18,12; 19,29), sollte uns mahnen, „alle Bosheit und allen Trug und Heuchelei und Neid und alles üble Nachreden“ abzulegen (1. Petr. 2,1), denn diese Dinge sind es, die unsere Einmütigkeit verhindern.

Th. Bu.

Habe acht auf dich selbst!“

Eins der kürzesten Worte ist das Wörtchen „Ich“; und doch ist soviel Elend im Leben der

Christen darauf zurückzuführen. Der Grund der Verleugnung Petri lag in seinem „Ich“: „Ob sich alle an Dir ärgern, ich nicht.“ Und das Geheimnis des siegreichen Lebens des Apostels Paulus war, daß er sein „Ich“ im Tode hielt. „Ich bin mit Christo gekreuzigt, nicht mehr lebe ich, Christus lebt in mir.“ Wie häßlich ist der Egoismus bei einem Christen! Wie unähnlich dem Vorbilde des Meisters! Mancher Gläubige verdeckt sein „Ich“ und entschuldigt seine Fehltritte und Sünden mit seinem Temperament. Sollten Nachfolger Christi nicht Sieg über ihr Temperament erlangen können? Ist es so, daß Christen - Nachfolger des Lammes - ihr ungeheiligtes und unüberwundenes Temperament mit ins Grab nehmen müssen? Ist der Sieg über das natürliche Temperament eine hoffnungslose Sache? Kann ein Löwe nicht in ein Lamm verwandelt werden? Der Glaube, der Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit gewirkt, der Löwen Rachen verstopft, des Feuers Kraft gelöscht hat - der Glaube, durch den die Heiligen aus der Schwachheit Kraft gewannen, im Kampfe stark wurden, der Fremden Heerscharen zurückgetrieben -, dieser Glaube kann gewißlich auch dies Königreich im Innern des Gläubigen bezwingen und die Kraft dieses Feuers löschen und den schwächsten Gläubigen stark genug zum Überwinden machen. Der Sieg über das eitle „Ich“ und über das Temperament ist mit inbegriffen in das Wort: „Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ Wie bangte Paulus, der ein auserwähltes Werkzeug Gottes war, bei dem Gedanken, er könnte anderen predigen und selbst verwerflich werden! (1. Kor. 9,27) Und wie feierlich ermahnt er Timotheus: „Habe acht auf dich selbst ... so wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, welche dich hören.“ (1. Tim. 4,16) Sollten nicht auch wir durch Glauben den Sieg über uns selbst erlangen? Auch uns steht das Wort der Verheißung fest. „Dir geschehe nach deinem Glauben!“

S.

Mitteilung

statt „Frage und Antwort“!

Zu der nächsten Lieferung wird, so der HErr will, eine z. Zt. außerordentlich ernste, wichtige und viele Kinder Gottes, ja, ganze Kreise sehr beschäftigende Frage, die

von wenigstens vier Brüdern ausführlich behandelt wird, veröffentlicht werden. In Anbetracht des dazu nötigen Raumes erscheint die vorliegende Lieferung ohne „Frage und Antwort“, damit der erste Teil der „Handreichungen“, der in der nächsten Lieferung sehr zu kurz kommen wird, zum Ausgleich in dieser jetzigen vollen Raum habe.

Die Schriftleitung A. v. d. K. u. F. K.

Das Wort des HErrn bleibt in Ewigkeit! Dies aber ist das Wort, welches euch verkündigt worden ist.“ 1. Petr. 1,23.

Frage und Antwort

Frage 6

Wie ist es biblisch zu beurteilen, wenn teure Bruder das Gepräge ihrer Ortsversammlung und ihrer sonstigen brüderlichen Beziehungen mit den Worten betonen: „Wir versammeln uns auf dem Boden der Allversöhnung“? Ist es unrecht, wenn man diese Einstellung schmerzlich als ein Zäune-Aufrichten und ein Verhalten nach 1. Kor. 1,12 empfindet (wenn diese Brüder es vielleicht auch nicht beabsichtigen)? Wie stimmt es mit der Schrift, daß diese Brüder den Auftrag zur Verkündigung des Heils (Versöhnung 2. Kor. 5,18-21) ohne Notwendigkeit der Buße seitens der Ungläubigen und ohne Hinweis auf das kommende Gericht verstanden haben wollen? (Apg. 17,30.31; 24,24.25; 26,18-20 u. a.)

Antwort A

Ist es schon so weit gekommen, daß diese Brüder so ihr Zusammenkommen und ihre brüderlichen Beziehungen hinstellen und so die Verkündigung des Heils betreiben wollen? Dann ist es überhaupt keine Frage, ob das ein Zäuneaufrichten sei oder nicht. Denn es ist es. Wenn jeder von ihnen seine Meinung als Privatsache für sich behielte, wäre es wenigstens nichts

äußerlich Trennendes. Es aber zur Lehre zu erheben und als Versammlungsgrundlage hinstellen ist bewußt und gewollt ein Trennungmachen. Die Betreffenden wissen, daß die weitaus allergrößte Zahl der Gläubigen diese Lehre als seelenverderbend und als der Schrift entgegenstehend beurteilt und verurteilt, also unmöglich mit ihnen auf ihrem besonderen „Boden“ eins sein kann. Die Trennung, von ihnen durch die Kundgebung in Szene gesetzt, ist dadurch ja schon vollzogene Tatsache.

Diejenigen Gläubigen, welche diese Lehre verurteilen, mögen ihrerseits sich Rechenschaft darüber geben, ob es recht ist, ob es der Wahrheit im Herzen entspricht, von diesen Brüdern als von „teuren“ zu reden. Können wir uns vorstellen, daß der Apostel Paulus es getan hätte? Hat er für die Galater eine andere Anrede als die einfache „Brüder“? Hätte er ihnen sagen können wie den Philippern: „Meine geliebten und ersehnten Brüder, meine Freude und Krone“?

Nicht nur ist es kein Unrecht, die Einstellung und die Handlungsweise der Brüder mit der Allversöhnungslehre schmerzlich als ein Zäuneaufrichten und als ein Verhalten nach 1. Kor. 1,12 zu empfinden, sondern der Schmerz und die Trauer können gar nicht tief genug sein. Im Lichte der Aussprüche der Schrift über die ewige Verdammnis geht es einem, wie es Samuel ging im Blick auf die Unverfrorenheit Sauls, daß dieser als Gehorsam gegen das Wort Jehovas hinstellte, was glatter Ungehorsam war. Samuel geriet in so heftige, heilige Betrübnis darüber, daß er zu Jehova schrie die ganze Nacht, nicht nur betete. So möchte man zum HErrn schreien, oder tut es, über das Weiterabgleiten dieser Brüder auf ihrer Bahn. Die Schrift weiß nichts von Allversöhnung in dem Sinne, den die Betreffenden in das Wort hineinlegen. Darüber sind aufklärende Schriften genug im Umlauf. Das Wort des Apostels Paulus in Röm. 16,17 zwingt zur Stellungnahme gegen diese Brüder: „Ich ermahne euch aber, Brüder, daß ihr achthabet auf die, welche Zwiespalt und Ärgernis anrichten, entgegen der Lehre, die ihr gelernt habt, und wendet euch von ihnen ab.“ Das ist ein von uns gefordertes Handeln dem Handeln dieser Brüder gegenüber. Auch 2. Tim. 2 gehört hierher: „Die ungöttlichen, eitlen Geschwätze aber vermeide, denn sie (die Menschen, welche sie führen) werden zu weiterer Gottlosigkeit fortschreiten, und ihr Wort wird um sich fressen wie ein Krebs; unter welchen Hymenäus ist und Philetus, die von der Wahrheit abgeirrt sind, indem sie sagen, daß die Auferstehung schon geschehen sei, und

den Glauben etlicher umkehren“, Verse 16-18. Man ist versucht, daneben zu setzen: „Indem sie, entgegen deutlichen Aussprüchen des Wortes Gottes und des Herrn Jesus, sagen: Alle Menschen und Engel, die in den Feuersee geworfen werden, werden irgendeinmal errettet werden“. Wenn diese Brüder etwa nicht beabsichtigen, Spaltungen anzurichten, so tut es doch Satan durch sie. Denn zur Ungerechtigkeit verleitet er sie, wenn sie so mit dem Wort umgehen, wie sie es tun; und für ihre Brüder gilt ihnen gegenüber das weitere Wort 2. Tim. 2,19: „Jeder, der den Namen des HErrn nennt, stehe ab von der Ungerechtigkeit.“

Wenn diese Brüder, was mir bisher nicht bekannt war, die Buße und den Hinweis auf das kommende Gericht bei der Verkündigung des Heils und der Versöhnung beiseite gesetzt oder nebensächlich behandelt haben wollen, so ist das wiederum eine offenbare Ungerechtigkeit, eine Mißachtung der Schrift; denn zu deutlich fordert der Herr Jesus Selber und fordern Seine Apostel Buße und der Buße würdige Frucht als Voraussetzung für den Empfang des Heils. Sich darüber täuschen lassen kann nur, wer unwissend ist über den Inhalt der Schrift betreffs dieses Punktes oder wer gerne hört, wie es ihm in den Ohren kitzelt. Übrigens ist das nur eine folgerichtige Entwicklung der Lehre von der schließlichen Errettung aller. Wer überhaupt glaubt, erst fragen zu müssen, ob diese Dinge so und so zu beurteilen sind, der sei ebenso dringend wie herzlich gebeten, ja recht auf das Wort zu achten, was und wie es redet, und er lasse sich nicht durch Vernunftschlüsse und Gemütsbewegungen aus der Fassung bringen! -

F. Kpp.

Antwort B

Die Frage nach der „Allversöhnung“ ist dieselbe wie die nach dem ewigen Gericht. Das eine ist nur die positive, das andere die negative Seite derselben Sache, wenn auch der Versöhnungsgedanke in gewisser Weise einen weiteren Rahmen umspannt. Nun wird die Bejahung der Allversöhnungslehre vielfach von ihren Anhängern als eine Frucht höherer geistlicher Reife und Einsicht in die Liebespläne Gottes gepriesen. Ja, es gibt sogar solche, die auf die anderen, die diese Lehre in der Schrift nicht finden können, mit einer gewissen

Herablassung und Bemitleidung hinschauen. Ganz abgesehen davon, daß dies natürlich nichts weiter als Hochmut wäre, muß diese ganze Auffassung, als ob zur Erkenntnis dieser Dinge eine besondere Reife nötig sei, als grundfalsch bezeichnet werden. Denn in Hebräer 6,1.2 wird die Lehre vom ewigen Gericht zu den grundlegenden Anfangs elementen der Lehre Christi gerechnet! Dann muß doch offenbar die Heilige Schrift unter den mit dem ewigen Gericht verbundenen Fragen etwas verstehen, was nicht erst besondere Erkenntnis und langes Wachstum erfordert, wie es aber bei der Allversöhnungslehre doch der Fall sein soll! Vielmehr muß das, was die Schrift selber diesbezüglich verstanden haben will, demnach so einfach sein, daß jeder schlichte wiedergeborene Christ es rasch nach seiner Bekehrung verstehen kann.

Darum begreifen wir, daß noch ein anderer Standpunkt unter den Vertretern der A.-L. zu finden ist. Sie sagen, die A.-L. sei eine grundlegende biblische Glaubenslehre, so daß man sich von jedem, der sie nicht anerkennen könne oder wolle, trennen müsse, um sich so „auf dem Boden der Allversöhnung“ versammeln zu können. Diese Stellungnahme scheitert aber daran, daß es ein Haupterfordernis jeder biblischen Glaubenslehre ist, zum mindesten an einer Stelle mit unzweideutigen Worten in der Schrift ausgesprochen zu sein. Das ist aber bei der A.-L. durchaus nicht der Fall, wie schon die oben erwähnten Auffassungen ihrer eigenen Führer selber beweisen. Vielmehr ist diese ganze Lehre auf dem Fundament mehr oder weniger logischer Schlußfolgerungen des Verstandes aufgebaut. Also fehlt ihr das Merkmal jeder eigentlichen biblischen Glaubenslehre. Daher kann auch nie und nimmer von einem sich Versammeln „auf dem Boden der Allversöhnung“ die Rede sein.

Daß die A.-L. nicht eine deutlich ausgesprochene Schriftlehre ist, fühlt ihr Vertreter Ströter selbst und sucht dies dadurch zu rechtfertigen, daß er sagt: „Es gibt eine durch den Geist Gottes selbst gewirkte Weise, auf dem Wege einfacher, geheiligter Schlußfolgerungen aus bereits vorhandenen Gottesworten Wahrheiten herzuleiten und weiterzugeben, die nirgendwo sonst in besonderer Fassung oder Form oder Unterweisung niedergelegt sind, ... für deren Inhalt in der Schrift nicht immer der feste formelle Ausdruck gegeben zu sein braucht.“ Demgegenüber wollen wir nun allerdings nicht bestreiten, daß es eine gewisse Freiheit verstandesmäßiger Erwägungen und Überlegungen gibt; aber mit dem schärfsten Nachdruck

müssen wir das Gesetz geltend machen, daß erstens die auf diese Weise gewonnenen Ergebnisse nie als biblische Glaubenslehren hingestellt werden dürfen, daß solglich nie von ihrer Annahme oder Nichtannahme die Gemeinschaft mit anderen Kindern Gottes abhängig gemacht werden darf, und zweitens, daß diese Verstandessüberlegungen sich stets an das Schriftganze gebunden wissen müssen und auch nicht mit einer einzigen Schriftstelle im Widerspruch stehen dürfen. Aber gerade hier versagt die A.-L. in der katastrophalsten Weise.

Soweit wir sehen, leidet sie an vier Kardinalfehlern:

1. Zu starker Eigengesetzlichkeit der Verstandes- und Gefühlsspekulation, der Heiligen Schrift gegenüber,

2. zu starker Ausweitung des Begriffes „Alle“,

3. zu starker Verengung des Begriffes „Ewig“,

4. vorurteilsbefangener Mißdeutung zahlreicher Einzelstellen.

Von diesen vier Hauptpunkten möchten wir die ersten drei kurz beleuchten:

l. Wenn Jung-Stilling - und mit ihm gewiß die meisten Allversöhnler - sagen: „Ich frage: Ist das Versöhnungswerk gelungen, wenn nur ein Zehntel der Menschheit selig wird? Ich sage:,Nein!', es wäre Ihm mißlungen“, so müssen wir schon die Frage an sich als ungebührlich und ungeziemend mit schärfstem Nachdruck zurückweisen. Die Frage, ob das Werk Christi gelungen sei, ist schon ewig beantwortet durch das große Wort des Gekreuzigten: „Es istvollbracht!“ Und wenn Gott durch die Auferweckung Seines Sohnes aus den Toten das Werk Seiner Dahingabe besiegelt hat, dann hat kein Erdenwurm mehr das Recht, sich das „Gelingen“ oder gar Mißlingen(!!) dieses Werkes von zahlenmäßigen Erwägungen abhängig zu denken! Ebenso grundfalsch ist die Behauptung: „Ewige Strafe für zeitliche Sünde ist ungerecht.“ Sind etwa unsere Gedanken die Richter über Gottes Wort, oder ist nicht Gottes Wort der Richter und Beurteiler aller unserer Gedanken?! (Hebr. 4,12) Sind etwa unsere

Verkehrtheit Gefallenen das Recht, wissen zu wollen, was vor dem Thron des ewigen Gottes einst „gerecht“ oder gar „ungerecht“ sein soll? Außerdem zeigen doch schon irdische Beispiele ganz andere Seiten! „Haben doch Kaiser und Könige und irdische Richter oft nur kurzen Aufruhr oder übereilten Mord mit lebenslänglicher Haft bestraft! Wegen zeitlich kurzer Sünden und gar mangelnder Gotteserkenntnis raffte Gott die erste Menschheit hinweg. Wegen eines bißchen Silbers und einiger Feierkleider bleibt auf Gehasis Geschlecht der Fluch des Aussatzes „ewiglich“ (2. Kön. 5,27), wegen einer zeitlich kurzen Befriedigung sinnlicher Begierden ruht 1½ Jahrtausend auf Rubens Geschlecht ein Makel. (1. Chron. 5,1.2) Kein bedeutender Mann kam aus dem Geschlecht Ruben nach Jakobs Weissagung. (1. Mos. 49,4) Wie reimt sich solch göttliches Verfahren mit unseren menschlichen, sentimentalen Begriffen von der Gerechtigkeit Gottes? Der Glaube gibt Gott Recht und sagt mit David: „Gott ist gerecht in allen Seinen Werken.“ (Fr. Greiner.) Eine dritte Behauptung dieser A.-V.-Verstandesspekulation ist die: Gottes Gerichte sind nicht eigentlich Vergeltungsstrafen, sondern läuternde Erziehungs- und Besserungsmethoden. Daß dies oft der Fall ist, wird niemand bestreiten. Aber nichts gibt uns in der Schrift das Recht, das auch von den Strafen nach dem großen weißen Thron zu behaupten. Außerdem wäre ein endliches „Zermürbtwerden“ nur ein schließliches Weichen einer zu großen Übermacht gegenüber, aber keine sittlich freie Tat, wohingegen im Heilsplan Gottes alles einen sittlichen Charakter tragen muß. Und dann: Wie soll im Feuersee noch eine Buße und Besserung möglich sein? Das Hinabgestoßensein in die Verdammnis ist doch ein Abgeschnittensein von Gott und Seinen Lebenskräften! Wie soll da eine Besserung zustandekommen? „Kann ein Kraftloser sich Kraft geben, ein in immer tiefere Finsternis und Gotteshaß sich hüllender Geist sich erleuchten? Rein menschlich betrachtet ist das undenkbar“ (Greiner), und von einer Evangeliumsverkündigung in der Hölle nach dem Bestehen des großen weißen Throns steht in der Schrift keine Silbe! Weiterhin sagt man: „Wie können Eltern oder Verwandte selig sein, wenn sie ihre Kinder oder sonstige Verwandte oder Freunde in der ewigen Verdammnis wissen?“ Hier lautet die Antwort: Die menschlichen Beziehungen gelten in der himmlischen jenseitigen Welt nicht mehr (Matth. 22,30, ja schon Matth. 12,48-50), und sicher werden die vollendeten Heiligen in der Herrlichkeit göttlich, das heißt in Übereinstimmung mit den göttlichen Gesetzen, urteilen und fühlen! So kann ein schmerzlicher Gegensatz zwischen

der Seligkeit, die Gott ihnen gibt, und den Gesetzen Seiner Gerechtigkeit, die Er walten läßt, niemals eintreten. In diesem Argument trägt die A.-L. durchaus den Stempel menschlichen Gefühls, aber nicht göttlicher Vollendung.

II. Das Wort „Alle“ wird von den Vertretern der „All“-versöhnungslehre in universalem, absolut ausnahmefreiem Sinne genommen, so daß folglich alle Geschöpfe Gottes, auch der Teufel und seine Engel, irgendwann einmal der Erlösung in Christo teilhaftig sein werden. Dabei übersieht man aber, daß das Wort „Alle“ in sämtlichen Sprachen immer nur die Gesamtheit einer bestimmten Gruppe umschließt und erst aus dem Zusammenhang seine deutlichere Begriffs- und Umfangsbestimmung erhält. Wenn es heißt: „Gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden“ (1. Kor. 15,22), so zeigt der Zusammenhang, daß hier nicht die Engel gemeint sein können, da sie nicht „in Adam“ gestorben sind. Außerdem redet Paulus hier nicht von einer geistlichen Neubelebung, sondern einfach von der Tatsache der leiblichen Auferweckung. Diese geschieht für alle Menschen „in Christo“, denn „es kommt die Stunde, in welcher alle, die in den Gräbern sind, seine (des Menschensohnes) Stimme hören und hervorkommen werden, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse getan haben, zur Auferstehung des Gerichts“. (Joh. 5,28.29) Demnach werden auch die Verlorenen durch den Menschensohn, also „in Christo“ lebendig gemacht! Oder wenn Paulus sagt: „Alle Kreatur Gottes ist gut und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen (d. h. gegessen) wird“ (1. Tim. 4,4), sollen hier etwa unter „aller“ Kreatur, außer den Pflanzen und Tieren, um die es sich hier doch handelt, auch die Menschen und Engel und Teufel gemeint sein?! Oder umgekehrt, sind etwa in Mark. 16,15, wo der „ganzen Schöpfung“ das Evangelium gepredigt werden soll, auch in direkter Weise die Tiere und Pflanzen gemeint, so daß wir es wie Franziskus von Assisi machen müßten und den Vögeln predigen oder, wie der „heilige“ Antonius, den Fischen? Dies beweist, daß das Wort „alle“ nicht mechanisch buchstäblich ausgelegt werden darf, sondern stets in Übereinstimmung mit dem Zusammenhang und geistgemäß. Und da zeigen diese beiden Beispiele, daß es sehr oft in eingeschränktem Sinne als von der „Vollzahl einer eingegrenzten Gattung“ gebraucht wird. Ja, in Hebr. 11,13 heißt es sogar von den Glaubenszeugen bis

...“ (Vers 13), und doch war erst wenige Verse vorher unter den Glaubenshelden auch Henoch genannt, der bekanntlich nicht gestorben ist (Vers 5.6)! Ferner: In Matth. 13,32 sagt der Herr Jesus, daß das Senfkorn kleiner sei als „alle Samen“, und doch weiß jeder aus der Botanik, daß dies nur von den Gemüsesämereien gemeint sein kann. Weiterhin sagt der Herr: „Bei Gott sind alle Dinge möglich“, und doch kann dies kein Widerspruch sein gegen das Wort des Hebräerbriefes, daß es „unmöglich“ sei, „daß Gott lügen sollte“ (Hebr. 6,18). In Luk. 2,1 heißt es, daß „alle Welt“ (der ganze bewohnte Erdkreis; - dasselbe Wort wie Hebr. 1,6 -) geschätzt werden sollte; aber niemand wird doch auf den Gedanken kommen, daß hier alle fünf Erdteile oder gar die Sternenwelt gemeint seien! In Seinem hohenpriesterlichen Gebet sagt der HErr, daß der Vater Ihm Gewalt gegeben habe über „alles Fleisch“, „auf daß Er allen, die Du Ihm gegeben, ewiges Leben gebe“. (Joh. 17,2) Was soll hier der Zusatz: „die Du Ihm gegeben“, wenn alle Menschen ohne Ausnahme einst selig werden?! Ist nicht für jeden, der überhaupt vorurteilsfrei an die Schrift herangeht, absolut klar, daß diese Hinzufügung eine Einschränkung des „alle“ bedeuten soll? So hat die A.-L. eine ungebührliche Ausweitung des Wortes „Alle“ vorgenommen.

In den umgekehrten Fehler ist sie in bezug auf das Wort „ewig“ gefallen. Hier hat sie eine unberechtigte Verengung vorgenommen.

III. „Ewig“ soll überall, auch in seinen Zusammensetzungen, nur heißen: „zeitalterhaft“, „weltzeitlich“, „äonenhaft“ . Hierzu bemerkt unser Mitarbeiter J. Warns in einem Aufsatz in „Saat und Ernte“: „Das Eigenschaftswort „ewig“ kann sowohl eine begrenzte Zeit mit Anfang und Ende bedeuten als auch eine unbegrenzte Dauer, „für immer“, das ist „ewig“ im Sinne von „unendlich“. Welche Bedeutung es an jeder einzelnen der vielen hundert Stellen hat, ergibt in der Regel der Zusammenhang. Die dunklen Stellen, deren Sinn nicht ohne weiteres klar ist, sollten nach dem allgemein anerkannten Grundsatz einer geistlichen Schrifterklärung im Lichte der deutlicheren Parallelstellen verstanden und erklärt werden ... Wenn Vertreter der A.-L. auf solche Stellen hinweisen, wo das Wort aion in der Einzahl vorkommt und offenbar „Zeitalter“ und nicht „Ewigkeit“ bedeuten müsse, so lassen sich diesen Stellen ebenso viele andere gegenüberstellen, wo es unbedingt „Ewigkeit“ im Sinne der unbegrenzten Endlosigkeit und

unaufhörlichen Dauer bedeuten muß ...“ J. W. spricht dann weiter von den Übersetzungen „eis ton aiona“ = in den (nächsten) „Äon“ statt „in Ewigkeit“, z. B. in Joh. 11,26; Hebr. 5,6 oder 1. Petr. 1,25. „Die Gegner Jesu läßt man sagen: ‚Wir haben aus der Schrift gehört, daß der Messias für den Äon am Leben bleibt‘... Petrus soll gesagt haben: ‚Keineswegs sollst Du mir die Füße waschen für den Äon‘ (Joh. 13,8). Zu solchen Absonderlichkeiten versteigt man sich, wenn man den Ausdruck ‚eis ton aiona‘unbedingt an allen Stellen mit ‚für den Äon‘übersetzen will. Der Ausdruck ‚ek tou aionos‘wird übersetzt mit ‚von dem Äon her‘statt ‚von jeher‘. So Joh. 9,32: ‚Aus dem Äon her hat man noch nicht gehört, daß jemand einem Blinden die Augen aufgetan hat.‘“ Mit Recht fragt J. W.: „Redet so der Mann aus dem Volke?“, und er fährt fort: „Der bekannte schwäbische Theosoph Fr. Ehr. Oetinger war ein Verteidiger der Lehre der Wiederbringung aller Dinge und glaubte nicht an die Endlosigkeit der Höllenstrafen. Er hat in seinen Beweisen aber nicht zu derartigen exegetischen Kunststücken, noch zu einer mechanischen und schablonenhaften Übersetzungsmethode seine Zuflucht genommen ... Die mit solcher Bestimmtheit vorgetragene A.-L. arbeitet mit philosophischen und theosophischen Begriffen und Vorstellungen. Man kann es ja niemand verbieten, sich seine Vorstellungen über den Ausgang des großen Weltdramas zu machen. Solange er es als eine Vermutung und einen für ihn denkbaren oder logischnotwendigen Abschluß der Heilsgeschichte erklärt und dafür auf Schriftbeweise verzichtet, mag er versuchen, wie er seine Gedanken mit der Heiligen Schrift vereinigen kann! Es ist aber gut, nie zu vergessen, daß Gottes Gedanken höher sind als unsere Vermutungen. Aber mit allerlei unmöglichen Wortdeutungen, über die jeder Kenner fremder Sprachen erschrickt, möge man den gläubigen Bibelleser verschonen!“

Mancherlei wäre noch über den vierten Punkt, die Mißdeutung zahlreicher Einzelstellen, zu sagen; aber mit Rücksicht auf den beschränken Raum haben wir uns hier nur mit dem Prinzipiellen befaßt und auch das nur mit einigen Hauptstrichen.

Er. Sr.

Antwort C

Diese Frage berührt einen sehr wichtigen und ernsten Gegenstand, denn das, worauf die in der Frage erwähnten Brüder zur Kennzeichnung des Wesens ihrer Ortsversammlung und ihrer sonstigen Beziehungen als Kinder Gottes sich berufen - die Lehre der „Allversöhnung“ -, ist eine Lehre, die das Wort Gottes nicht kennt und sonach nicht die „Lehre des Christus“, sondern eine Irrlehre ist, wie wir weiter unten noch für jeden, der Gottes Wort als einzige Richtschnur und Autorität anerkennt, durch dieses selbst klar zeigen werden. Deshalb ist es nicht nur durchaus nicht „un-recht“, wenn ein Bruder diese Einstellung jener Brüder so empfindet, wie in der Frage gesagt ist, sondern diese Empfindung entspricht noch längst nicht dem, was nach Gottes Wort unsere Empfindung einer solchen Einstellung gegenüber sein soll. Wir sollen sie nicht nur als ein „Zäune-Aufrichten“ und ein „Verhalten nach 1. Kor. 1,12“ empfinden, sondern entschieden und klar zum Ausdruck bringen, daß wir die Lehre der „Allversöhnung“ als Irrlehre ablehnen, und, wenn eine Versammlung auf „dem Boden“ dieser Lehre steht, diese Versammlung meiden und mit den einzelnen diese Versammlung besuchenden Geschwistern, soweit sie persönlich diese Lehre haben bzw. anerkennen, keine Gemeinschaft pflegen und keinerlei Beziehungen unterhalten. Wohl ist es nach Christi Geist und Art, sanft und mild zu sein, wenn es sich um Unwissenheit und Schwachheit handelt, aber nie, wenn es sich um Böses handelt, und das ist es immer, wenn Irrlehre die Sache ist. Gegen solches sollen wir eine klare Stellung einnehmen und mit aller Entschiedenheit auftreten! Für solche Entschiedenheit dem Bösen gegenüber gibt uns der Herr Selbst das beste Beispiel. Matth. 16,5-12 sagt Er Seinen Jüngern, daß sie sich hüten sollten vor der Lehre der Pharisäer und der Sadduzäer, die Er „Sauerteig“ nennt, und Sauerteig ist im Worte Gottes immer Böses. Und Matth. 23,13-39 hören wir Ihn ein siebenfaches „Wehe euch“ über die Schriftgelehrten und Pharisäer aussprechen wegen ihres bösen Tuns, und Er nennt sie „Heuchler“, „Narren und Blinde“, „Schlangen“ und „Otternbrut“ und sagt: „... wie solltet ihr dem Gericht der Hölle entfliehen?“ Wir können nicht wachsam und entschieden genug sein gegen alles Böse, damit es nicht Eingang und Raum bei uns findet, sowohl das sittlich Böse als auch das Böse in bezug auf die Lehre - verkehrte Lehren und Irrlehren, die jetzt mehr denn je antreten und sich ausbreiten! Und gerade die Irrlehre der „Allversöhnung“ gewinnt immer mehr an Boden infolge Mangels an Kenntnis der

den Auftrag zur Verkündigung des Heils ohne Notwendigkeit der Buße und ohne Hinweis auf das kommende Gericht verstanden haben wollen, erklärt sich aus dem Wesen der Lehre der „Allversöhnung“: Nach dieser Lehre ist es ja gar nicht wichtig, daß der Mensch sich bekehrt, da er ja auch nach dem Tode auf jeden Fall schließlich doch noch errettet wird! Daß dieser aus der Lehre der „Allversöhnung“ sich von selbst ergebende Schluß in bezug auf das Evangelium mit der klaren Lehre des Wortes Gottes nicht übereinstimmt, zeigen schon die in der Frage hierzu angeführten Schriftstellen, so daß es weiterer Ausführungen zu der Frage selbst nicht bedarf. Wir wollen uns nun noch mit der Lehre der „Allversöhnung“ selbst an der Hand des Wortes Gottes etwas besch äftigen, da die Klarstellung dieses Gegenstandes ja von entscheidender Bedeutung für die ganze Frage ist.

Es ist hier nicht der zu einer ausführlichen Behandlung dieser Frage notwendige Raum vorhanden, deshalb verweisen wir auf eine Antwort zu diesem Gegenstand in den „Handreichungen“, Bd. 12 (1927), S. 158-168, in welcher manche wichtigen Punkte eingehend behandelt sind, und fassen uns hier nur ganz kurz.

Die Lehre der „Allversöhnung“ oder „Wiederbringung“ geht dahin, daß schließlich alle Menschen, auch die, die nicht geglaubt haben, und sogar der Teufel und alle gefallenen Engel, errettet werden, unter Bezugnahme darauf, daß Gott Liebe ist und es damit unvereinbar sei, daß irgendeins Seiner Geschöpfe endlos leiden sollte, und unter Hinweis auf Schriftstellen wie: Röm. 5,18; 11,32; 1. Kor 15,28; 1. Tim 2,4 und 6 und andere.

Was ist die Lehre des Wortes Gottes über „Errettung“ und „Verlorensein“? Es lehrt klar:

Der Mensch ist durch die Sünde von Natur im Zustande des Todes und Verlorenseins: Joh. 5,21.24.25; 6,53; 1. Joh. 3,14; Röm. 3,19.23; 5,18 u. a. Durch Glauben wird er errettet, aber ohne Glauben bleibt er verloren: Mark. 16,16; Joh. 3,15-18.36; 5,24 usw.

Von Gericht und Verdammnis lesen wir u. a.: Matth. 10,15; 25,41.46; Joh. 5,22.29, Röm. 2,5-12; 2. Thess. 1,8.9; 2. Petr. 2,9.17; 3,7; Jud. 6.13; Offenb. 20,10.11-15; 21,8.

Daß der Zustand der Erlösten, das ewige Leben, ewig im Sinne von endlos ist, liegt in der Natur der Sache und wird deshalb auch von niemand bestritten oder auch nur bezweifelt, denn erstens ist es Leben aus Gott, der ohne Ende ist: Joh. 1,13; 1 Joh. 3,9; 4,7; 5,1.18; und zweitens wird „der Tod nicht mehr sein“, und „über diese hat der zweite Tod keine Gewalt“: Offenb. 20,6; 21,4. Daß aber auch der Zustand der Verlorenen, die ewige Pein, die Verdammnis, ebenso endlos ist, sagt uns das Wort Gottes u. a.: Matth. 25,41.46; Mark 9,44.46.48; Joh. 3,36; 2. Thess. 1,9; Jud. 13; Offenb. 14,10.11; 20,10.14.15; 21,8.

Das Wort „ewig“ in Verbindung mit dem Los der Verlorenen ist dasselbe wie in Verbindung mit Gott Selbst und dem ewigen Leben, wo es unbestrittenermaßen immer den Sinn von „endlos“ hat: (Gott betr. ) Röm. 16,26; Gal. 1,5; Phil. 4,20; 1. Tim. 1,17; 6,16; 2. Tim. 4,18; Hebr. 13,21; 1. Petr. 4,11; 5,11; Offenb. 5,13 usw.; (ewiges Leben bzw. die Erlösten betr.) Joh. 3,16.36; 5,24 usw., Offenb. 22,5. Mit welchem Recht will man das gleiche Wort dann, wenn es sich auf Gott oder auf das ewige Leben bzw. auf die Erlösten bezieht, im Sinne von „endlos“, wenn es sich aber auf die ewige Pein bzw. auf die Verlorenen bezieht, im Sinne von „zeitlich begrenzt“, „ein Ende habend“ auslegen? Daß dies durchaus nicht Gottes Absicht ist, beweist der Umstand, daß da, wo das Wort „ewig“ im letzteren Sinne im Alten Testament öfters und im Neuen Testament einige Male vorkommt, es sich immer nur auf Zustände und Dinge auf der Erde bezieht, also auf Gegenstände, die ihrer Natur nach ein Ende haben! Vergl. 1. Mos. 13,15; 2. Mos. 12,24; 27,21 usw.; 5. Mos. 13,16; 15,17 usw.; Joh. 4,7 usw.; Matth. 21,19; Mark. 11,14; Luk. 1,33; Philemon 15 (Elberf.: „für immer“).

Der sowohl in Verbindung mit Gott Selbst, mit dem ewigen Leben und den Erlösten wie auch mit der ewigen Pein und den Verlorenen und dem Teufel und den gefallenen Engeln gebrauchte Ausdruck: „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (s. in vorstehendem Absatz zu „Gott betr.“ aufgeführte Schriftstellen Gal. 1,5 usw.) spricht aufs deutlichste von „Endlosigkeit“: „Äon“ (Ewigkeit, Zeitalter) reiht sich an „Äon“; von einem Aufhören dieses Aneinanderreihens ist weder die Rede noch läßt der Zusammenhang der betreffenden Schriftstellen einen solchen Gedanken zu. „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“ oder „in die Zeitalter der Zeitalter“ bedeutet „ewig“ =

„endlos“ im vollen Sinne desWortes!

Gottes Wort redet nie von einer Errettung derer, die nicht geglaubt haben, noch des Satans und der gefallenen Engel, aber es sagt, daß die, welche nicht geglaubt haben, „verdammt“ werden: Mark. 16,16; „gerichtet werden nach ihren Werken“: Offenb. 20,11-13; und daß „sie in die ewige Pein gehen“: Matth. 25,41.46; „Strafe leiden, ewiges Verderben“: 2. Thess. 1,9; „mit Feuer und Schwefel gequält werden ... von Ewigkeit zu Ewigkeit“: Offenb. 14,10.11; „Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit“ in dem „Feuersee“- „dem See, der mit Feuer und Schwefel brennt, welches ist der zweite Tod“: Offenb. 20,10.15; 21,8. - Und was den Teufel betrifft und seine Engel, lesen wir Hebr. 2,16: „Denn Er nimmt Sich fürwahr nicht derEngel an, sondern des Samens Abrahams nimmt Er Sich an“ - dazu siehe noch 2. Petr. 2,4 und Jud. 6! -, und betreffs des Teufels im besonderen sagt uns Offenb. 20,10, daß er in den Feuer- und Schwefelsee geworfen und dort gepeinigt werden wird von Ewigkeit zu Ewigkeit!

Zu dem eben berührten Punkte, die Engelwelt betreffend, gebe ich in sehr verkürzter Weise die Ausführungen unseres geliebten heimgegangenen Bruders Steinert wieder, die er auf der Konferenz in Berlin im November v. J. bei der öffentlichen Besprechung der Lehre der „Allversöhnung“ gemacht hat: „Hebr. 2,16 lesen wir: Denn Er nimmt Sich fürwahr nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams nimmt Er Sich an. Engel haben mit Vorsatz gesündigt, Menschen werden als Sünder geboren. Darum wird der Mensch nicht verantwortlich gemacht werden dafür, daß er ein Sünder ist; aber Gott macht den Menschen verantwortlich, der den Sünderheiland ablehnt! - Die Allversöhnungslehre beruht lediglich auf Schlußfolgerungen und zeigt Mangel an Gotteserkenntnis wie auch Mangel an gesetzmäßiger Auslegung des Wortes Gottes. Weil das Wort nicht kennend, sind so viele so leicht umgeworfen von Irrlehre! Die Schrift ist unsere ‚Muttersprache‘ - Die Engel betreffend: Gott kann Sich ihrer nicht annehmen, weil Er für sie kein Opfer hat. Das Opfer ist nur für Wesen, in deren Form und Zustand der Sohn Gottes Sühnung getan hat. Dann hätte Er Engel werden müssen. Aber Er ist Mensch geworden. - Ist es zur Verherrlichung Gottes, wenn Menschen verloren gehen? Gott bestimmt, was zu Seiner Verherrlichung ist - nicht der Mensch! Für Engel aber gibt es keine

Erlösung, weil sie mit Vorsatz gesündigt haben! Aber des ‚Samens Abrahams‘, des Geschlechts des Glaubens, nimmt Er Sich an! Sühnung ist geschehen für die ganze Welt; auf Grund derselben kann Gott jedem vergeben; Versöhnung ist nur für den Glauben! ‚Erkauft‘ bedeutet einen Wechsel des Herrn und Gebieters; ‚erlöst‘ bedeutet einen Wechsel des Zustandes! Der Mensch ist gegeschaffen nach dem Bilde Gottes - nicht so die Engel; darum will Gott dieses Bild erretten - darum wurde der Sohn Gottes Mensch! (Um den Menschen zurückzuführen, zu erretten!) Mit der Errettung der Engelwelt aber steht und fällt das ganze Gebäude der Allversöhnungslehre! Eine Errettung der Engelwelt aber gibt es nicht! Daher ist die Lehre der Allversöhnung irrig- eine Irrlehre!“ - Diese Ausführungen unseres geliebten Bruders sind klarste Schriftwahrheit, und wir sind dem HErrn von Herzen dankbar dafür!

Noch einige Bemerkungen:

Daß die „ewige Pein“ ebenso „endlos“ ist wie das „ewige Leben“, ist gewiß - wie wir schon weiter oben auf Grund der Schrift gesehen haben -, denn die Schrift sagt uns, daß der, welcher nicht glaubt,

1. „das Leben nicht sehen wird, sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm: Joh. 3,36; und er „bleibt im Tode“: 1. Joh. 3,14;

2. nicht teil hat an der Auferstehung des Lebens, sondern an der Auferstehung des Gerichts: Joh. 5,29;

3. dem „zweiten Tode“ überliefert werden wird: Offenb. 20,15; 21,8.

Alles dieses spricht von einem unabänderlichen Zustande; das Wort Gottes enthält auch nicht die leiseste Andeutung, daß es je eine Änderung dieses Zustandes gäbe! (Siehe auch Luk. 16,26: „... und zu diesem allem ist zwischen uns und euch eine große Kluft befestigt ...“. Wo steht, daß diese Kluft je beseitigt werden würde?!) Das Wort Gottes allein kann doch nur uns das richtige Bild über diese Dinge geben!

Der Einwand der Anhänger der Lehre der „Allversöhnung“, daß Gott Liebe ist und deshalb doch nicht Seine Geschöpfe endlos leiden lassen könne, zeigt im besonderen den von Bruder Steinert oben bereits erwähnten Mangel an Gotteserkenntnis, denn dabei wird ganz außer acht gelassen, daß Gott nicht nur Liebe, sondern auch Licht ist (1. Joh. 1,5 - also ehe gesagt ist, daß Er Liebe ist!), und daß daher unmöglich ein Mensch in Seine Gegenwart passend sein kann, der nicht gereinigt ist von der Sünde - nicht nur von der Schuld, sondern auch von der Befleckung der Sünde, was er doch nur sein kann durch das kostbare Blut Christi durch Glauben! (Hierzu siehe die Ausführungen auf S. 162 und 163 in Bd. 12.)

Das zweite „alle“ in Röm. 6,18 („so auch durch eine Gerechtigkeit gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens“) und in Röm. 11,32 („auf daß Er alle begnadige“) und das „alle“ in 1. Tim. 2,6 („der Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle“) bedeutet nicht, daß alle Menschen errettet werden, auch die nicht geglaubt haben, sondern in allen drei Stellen zeigt das „alle“ lediglich die Tragweite, den Wirkungsbereich dessen, wovon geredet ist: in der ersten, daß als Folge der „einen Gerechtigkeit“ die „Rechtfertigung des Lebens“ für alle Menschen da ist, vorhanden ist (ohne daß damit gesagt ist, daß sie allen Menschen zuteil wird; letzteres hängt vielmehr davon ab, wie jeder einzelne Mensch sich dazu stellt - ob er durch Glauben davon Besitz nimmt); in der zweiten, daß infolge ihres Unglaubens alle jedes Recht Gott gegenüber verloren haben und ganz allein auf Seine Gnade angewiesen sind und daß diese für alle vorhanden ist (damit sie davon Gebrauch machen; ob sie es tun, liegt bei ihnen - bei jedem einzelnen); und in der dritten, daß von Gottes Seite zur Erfüllung Seiner in V. 4 ausgesprochenen Liebesabsicht („daß alle Menschen errettet werden“ - was aber nicht geschieht, weil nicht alle Menschen wollen - „der Glaube ist nicht aller Teil“: 2. Thess. 3,2) alles geschehen ist, indem „der Mensch Christus Jesus Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle“, d. h. „im Hinblick auf alle“, so daß das Lösegeld für alle Menschen bezahlt ist und es nun nur noch an jedem einzelnen liegt, ob er hiervon Gebrauch machen will. (Wo es sich um das Ergebnis, um den wirklichen Erfolg, handelt, sagt der Geist Gottes nicht „alle“, sondern „viele“: Matth. 20,28; 26,28; Mark. 10,45; 14,24; und da bedeutet das „für“ soviel wie „an Stelle“, die Sache der „Vielen“ zur Seinigen machend.)

1. Kor. 15,28 („Gott alles in allem“) stützt dem wahren Sinne dieses Wortes nach die Lehre der „Allversöhnung“ nicht im geringsten, denn der Sinn ist gar nicht der von den meisten Kindern Gottes gedachte und auch von den Vertretern der Allversöhnungslehre hineingelegte, daß Gott überall sei oder in allen wohne (und nach der Lehre der „Allversöhnung“ es dann doch nicht mehr einen Ort der Qual und nicht mehr verlorene, von Gott ausgeschlossene Wesen geben könne), sondern der wahre Sinn ist der, daß Gott dann in Seiner ganzen Schöpfung- ohne Ausnahme - den Ihm gebührenden Platz und die Ihm gebührende Ehre haben wird, indem Er von allen- auch von dem Teufel und seinen Engeln und allen Verlorenen! - als der alleinige Herrscher in vollkommener Unterwerfung anerkannt wird! (Es handelt sich also bei dem „alles in allem“ gar nicht um Örtlichkeit, sondern um einen Zustand! Vgl. S. 158-160 des Bd. 12.)

Es gibt noch manches, was die Vertreter der Lehre der „Allversöhnung“ zur Begründung derselben vorbringen, aber es erübrigt sich, darauf einzugehen, da das vorstehend Gesagte die Unhaltbarkeit und Schriftwidrigkeit dieser Lehre genügend gezeigt hat. Sie ist - wie schon vorher gesagt - eine Irrlehre, und zwar eine solche, die etwas besonders Anziehendes, Einnehmendes für den natürlichen Menschen hat, und dieses benützt der Feind, manchen Kindern Gottes den Blick zu verdunkeln und „ihren Sinn zu verderben und abzuwenden von der Einfalt gegen den Christus“ (2. Kor. 11,3). Davor können wir nur dann bewahrt bleiben, wenn wir uns sorgfältig und genau an das klare Wort Gottes halten und alles ablehnen, was das Wort nicht sagt! Darum können wir auch nicht Gemeinschaft haben mit jemand, der eine Irrlehre vertritt (wir können für solche Geschwister - wenn sie sich nicht belehren lassen - nur beten)! - Christus und Sein Wort sei allezeit Prüfstein, Maßstab und Richtschnur für uns!

Th. K.

Antwort D

Der Herr Jesus - in Seiner Person „die Wahrheit“, „das Wort Gottes“ - verkündigt in den

23,33; 25,41-46) Ewige Verdammnis ist ein untrennbares Teil der Lehre des Herrn Jesus Selbst und eine Grundwahrheit des Christentums. Das Zeugnis der Heiligen Schrift ist klar und einfach; nur Unglaube kann die ewige Pein leugnen; die Schrift läßt keinen Zweifel darüber. Im gleichen Zusammenhange spricht der Herr Jesus vom ewigen Leben der Gerechten und von der ewigen Pein der Verlorenen. Nie würde der HErr, wenn die Verdammnis nur für eine Zeit sei, dasselbe Wort „ewig“ in dem gleichen Zusammenhang gebraucht haben.

Man meint, eine ewige Strafe sei weder mit der Liebe noch mit der Gerechtigkeit Gottes zu vereinigen und gegen alle Vernunft. Wollen wir Gott meistern? Er handelt nach Seiner vollkommenen Gerechtigkeit. Wie vermag ein Mensch zu beurteilen, was für Gottes Liebe und Gerechtigkeit passend ist? Der Mensch des Hasses, der sein Leben „führt in Bosheit und Neid, verhaßt und einander hassend“ (Tit. 3,3), will bemessen, was sich für Gottes Liebe geziemt; und Menschen, durch die Sünde „verfinstert am Verstande“, die Gott die „Ungerechten“ nennt, wollen feststellen, was sich für Gottes Gerechtigkeit geziemt!

Der Mensch mag sich in den Dingen dieses Lebens und dieser Welt ein Urteil erlauben, weil sie im Bereich seines Verstandes liegen. Für die Dinge Gottes und die Ewigkeit aber sind wir einzig und allein auf Gottes Offenbarung angewiesen. Eigenes Denken, eigenes Meinen in diesen Dingen entspringt nur dem Unglauben, denn der Glaube nimmt an, was Gott sagt; der Unglaube aber stützt sich auf seinen (verfinsterten) Verstand, auf sein Meinen, Denken und Forschen. Und hier liegt bei den meisten der Grund ihrer Schwierigkeit. In den göttlichen Dingen kommt nur der Glaube in Frage, und „durch Glauben verstehen wir“. (Hebr. 11,3)

Die Schrift spricht sowohl vom Himmel als auch von der Hölle. Nehmen wir das Zeugnis der Schrift über das Los der Erretteten an, so müssen wir auch ihr Zeugnis von dem Lose der Verlorenen annehmen. Wenn der HErr sagt, daß in dem Hause Seines Vaters viele Wohnungen sind und daß Er es uns gesagt haben würde, wenn es nicht so wäre, würde Er es uns nicht auch gesagt haben, wenn es keine ewige Pein gäbe? Aber im Gegenteil, in den allerklarsten Ausdrücken sagt Er denen, die in ihren Sünden sterben werden: „Wo Ich hingehe, könnt ihr nicht hinkommen“ (Joh. 8,21); und: „Wer an den Sohn nicht glaubt, wird das Leben nicht sehen,

sondern der Zorn Gottes bleibt auf ihm.“ (Joh. 3,36) Wollen wir da sagen, daß der Zorn Gottes nicht auf einem solchen bleibe und er schließlich doch noch das Leben sehen und zu Christus kommen werde?

Manche erkennen Gottes Gericht über Sünde an, aber sie sagen, ewig sei nicht ewig; das griechische Wort habe nicht den Sinn von „endlos“, und so schwer sei die Sünde der Menschen nicht, daß ewige Strafe dafür sein könne. Nun, es ist eine bequeme Sache, mit solchen, die nicht Hebräisch und Griechisch verstehen, über Hebräisch und Griechisch zu reden. Die Tatsache aber bleibt bestehen, daß der Herr Jesus genau dasselbe Wort „ewig“, wie gesagt, in einem Satz für das Los der Gerechten wie auch für das Los der Verlorenen gebraucht; und ebenso sagt uns die Schrift, „sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden in die Zeitalter der Zeitalter“, und mit demselben Wort bezeichnet sie die Seligkeit der Erretteten, „sie werden herrschen in die Zeitalter der Zeitalter“. (Offenb. 20,10; 22,5)

Der Mensch liebt es, die Schwere der Sünde von seiner Schätzung aus zu messen, aber nicht nach dem Urteil dessen, gegen den er gesündigt hat. Wir sind aber gar nicht als Sünder, in Entfremdung von Gott und unter dem Fluche stehend, fähig, uns einen Begriff von dem zu machen, was Sünde in Gottes Augen ist. Wir können etwas davon verstehen, wenn wir uns daran erinnern, daß eine einzige Sünde Adam und Eva für immer aus Gottes Gegenwart und von der Stätte der Freude und Seligkeit vertrieb und Tod, Verderben über die ganze Schöpfung brachte. An diesem Beispiel der Schrift können wir lernen, was Sünde für Gott ist.

Wenn das Gericht über Sünde nur ein zeitlich begrenztes wäre - Sünde also durch ein reinigendes Feuer oder sonstwie getilgt werden könnte, wozu war es dann nötig, daß Christus sterben mußte? Ist die Strafe der Sünde nicht ewig, wozu mußte dann eine ewige Erlösung vollendet werden? Wozu ein Opfer, das auf immerdar vollkommen macht? Kann Sünde durch ein Zeitgericht hinweggenommen werden? Dann ist Christi Opfer kein immerdar gültiges und die Erlösung keine ewige - die ganze Ewigkeit umfassende Erlösung. Sie umfaßt dann nur die Zeit der Strafbemessung. Wahrlich, dann wäre der Tod des Sohnes Gottes nicht nötig gewesen! Die Dahingabe des geliebten Sohnes ist Beweis genug, daß der Mensch ohne Ihn gänzlich

verloren ist und daß nur der, welcher an Ihn glaubt, ewiges Leben hat. Die Leugnung der ewigen Verdammnis ist eine Schmälerung des Werkes Christi und ein Geringachten der Sünde. Eine Erlösung, die eine unendliche Wirkung haben mußte, bezeugt auch eine Verdammnis von unendlicher Wirkung.

Manche Kinder Gottes halten die Irrlehre der Allversöhnung für eine belanglose Meinung, und sie sehen nicht, was in dieser Lehre eingeschlossen ist, nämlich die Ablehnung des göttlichen Urteils über Sünde und die Notwendigkeit des Sühnungstodes Christi u. a. m. So, wie Gott Seine Liebe und Gnade in dem Evangelium offenbart, so wird Gott Seinen Zorn gegen alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit in Seinem Gericht offenbaren (Röm. 1,18) und Vergeltung allen denen geben, die dem Evangelium nicht gehorchen. (2. Thess. 1,8) „Denn wahrhaftig und gerecht sind Seine Gerichte“ (Offenb. 19,2), wenn wir sie jetzt auch noch nicht verstehen können; Sein Wort aber bleibt in Ewigkeit.

Es mag uns jetzt beim Anschauen Seiner Gerichte so gehen wie dem Töchterchen eines Richters, der einen Mann zum Tode verurteilt hatte. Das Kind konnte nicht fassen, daß sein so lieber und milder Vater solches tun könne. „Papa“, sagte die Kleine, „du wirst den armen Mann nicht töten lassen.“ - „Kannst du mir vertrauen, daß ich tue, was recht ist?“ fragte der Vater. „Ja, das kann ich“, erwiderte die Kleine. „Nun“, antwortete der Vater, „später, wenn du groß bist, wirst du es verstehen, daß ich diesen Mann zum Tode verurteilte.“ Können wir nicht Ihm, dem Richter der ganzen Erde, vertrauen, daß Er kein Unrecht tun wird? Ein Tag kommt, wo wir alles, was uns jetzt verhüllt und dunkel ist, verstehen werden. Der Glaube aber behauptet Sein Wort ohne Wenn und Aber. Wir können wirklich Gott die Verantwortung für Sein Tun überlassen.

Die Allversöhnungslehre, nach der alle Menschen und auch der Teufel und seine Engel selig werden, ist so recht ein Trick des Teufels, das Evangelium kraftlos zu machen und die Menschen mit der Hoffnung einer Errettung nach dem Tode von der Annahme des Heils fernzuhalten. Eine solche Lehre ist so recht nach dem Wunsch des Menschen; er kann dieser Welt leben und in jener Welt selig werden.

eines jungen Mannes, Sohnes gläubiger Eltern. Sie hatten ihm den Weg zum Heiland gewesen, und er wußte, daß er sich bekehren müsse; aber er liebte eine Sünde, und mit dieser wollte er nicht brechen. Zu jener Zeit, als der Geist Gottes dieserhalb an seinem Herzen wirkte und ihn vor die Entscheidung stellte, kam ein Vertreter der Allversöhnungslehre in das Haus seiner Eltern, und die Eltern ließen unbedacht ihren Sohn diesen bestrickenden Trug (wie der Betreffende aber sagte, herrliche Lehre von der Liebe Gottes) hören, nach der die gefallene Menschen- und Engelwelt einst selig werde. Das klang wie Musik in den Ohren dieses jungen Mannes. Er wollte sich bekehren, aber er liebte die Sünde, und nun hört er die Botschaft, daß auch, wenn er vor seiner Bekehrung sterben solle, es doch noch ein Seligwerden für ihn in der anderen Welt gäbe. Und so gab er sich einem Leben hin, das ihn an den Rand des Todes brachte. Seine Eltern wußten nicht, was die Worte jenes Mannes in der Seele ihres Sohnes bewirkt hatten. Jetzt auf dem Sterbebette öffnete er sein Herz und bekannte, wie nahe er damals vor der Bekehrung gestanden hätte. In Verzweiflung verfluchte er nun den Tag, da sein Ohr die Worte jenes Mannes gehört und daß seine Eltern ihn diese hatten hören lassen.

Möchte dies ein Warnungsbeispiel allen denen sein, die gedankenlos solche gefährlichen, betrügerischen Lehren in ihren Häusern auszusprechen erlauben. Wenn man den Betrug Satans und das menschliche Herz nicht kennte, könnte man sich wundern, daß Gläubige solchen Lehren überhaupt ihr Ohr leihen. Die Verbreiter dieser Lehre fühlen selbst, daß eine Lücke in ihrem Lehrgebäude wäre, wenn die Verdammnis der gefallenen Engelwelt nicht auch aufhörte; der Schlußstein in dem Bogen ihres Lehraufbaues würde fehlen. Es wäre ja noch ein Ort der Pein für alle Ewigkeit da. Wo aber ist das Opfer für die gefallene Engelwelt? Gottes Wort sagt, daß Er Sich nicht der gefallenen Engelwelt annähme. (Hebr. 2,16)

Ein Bruder, der früher mit uns den Weg der Wahrheit ging, kam während des Krieges im Felde mit Vertretern dieser Lehre zusammen. Dieselbe entsprach seiner Neigung zum Grübeln, und bald hatte er sie sich so zu eigen gemacht, daß er mir in einem Briefe sein Bedauern ausdrückte, durch seine Bemühungen in unseren Evangelisationsversammlungen, Menschen zu Christo zu führen, Kraft und Zeit vergeudet zu haben; eine solche Arbeit sei heute gar nicht am Platze, denn die kleine Zahl, die sich bekehre, käme gar nicht in Frage, da doch alle sowieso

selig würden.

Wie kann eine Lehre, die solche Resultate zeitigt, nach der Wahrheit sein! Die Apostel predigten das kommende Gericht. Petrus bezeugt, daß der HErr „befohlen“ habe, ernstlich zu bezeugen, daß Er der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der Toten ist (Apgesch. 10,42); und Paulus bezeugt, daß Gott einen Tag gesetzt hat, an welchem Er den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit. (Apgesch. 17,30.31) Welchen Wert und welche Kraft hat bei dieser Lehre noch solche Verkündigung?! Eine Lehre, die nach der Wahrheit ist, kann nie andere Worte und Lehren der Schrift in ihrer Wirkung schwächen.

Solche Versammlungen, in denen diese Lehre geduldet wird, werden in ihrem Zeugnis verdunkelt und schwach bleiben. Sauerteig ist in ihrer Mitte. Es mag gesagt werden, dieser oder jener spreche nicht davon, aber die Natur des Sauerteiges ist (wenn er nicht beseitigt wird), nicht zu ruhen, bis er den ganzen Teig durchsäuert hat. Wohl mag es (besonders junge) Gläubige geben, die in Unwissenheit über das, was die Schrift sagt, diese Lehre aufgenommen haben; sie sollten in Geduld und in Liebe belehrt werden. Andere mögen die Wahrheit der Schrift glauben, aber sie sind noch nicht so gegründet in derselben, daß sie nicht zweifelnd davorstehen; diese bedürfen, gewurzelt zu werden in der Erkenntnis Gottes, Seiner Souveränität, Seiner unendlichen Weisheit, Heiligkeit und Gerechtigkeit. Wieder andere möchten eine neutrale Stellung einnehmen, und diese sollten ermahnt werden, sich in aller Einfalt und Entschiedenheit von der Philosophie der Menschen (Kol. 2,8) wegzuwenden und dem zuverlässigen Worte anzuhangen. (Tit. 1,9)

A. v. d. K.

Antwort des Schriftleiters

Diese vier Antworten, in denen aber mehr als vier Brüder zu Worte gekommen sind - nämlich außer den vier Schreibern noch unsere Mitarbeiter J. Warns und der jüngstentschlafene K. O. Steinert, ferner Fr. Greiner - geben eine Fülle von Licht und Erkenntnis über die so erschütternd

angenommen wird von solchen, die der Belehrung bedürfen? Der HErr schenke Gnade dazu!

Während der Schreiber von Antwort A sich streng an den Wortlaut der Frage gehalten hat, zu der er in kurzen, knappen, darum um so nachhaltiger wirkenden Ausführungen Stellung genommen hat, haben die übrigen sich mehr oder weniger mit dem Gegenstand selbst beschäftigt, und es dürfte wohl keinen ebenso stehenden Leser geben, der nicht dem HErrn dankbar wäre für diese verschiedenen Darlegungen, die dazu angetan sind, uns fester zu gründen in Gottes Wort. Mögen wir nur auch in Fürbitte eintreten für solche Leser, die sich nicht so ganz sicher sind in der Sache, und erst recht für solche, die irregeleitet sind, daß sie „wieder nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels“! (2. Tim. 2,26)

Ich weiß, daß die Anhänger der „Allvers.-Lehre“ es nicht gern hören und lesen, was ich eben geschrieben habe; sie sehen sich nicht im „Fallstrick“ des Feindes! Aber dennoch - ich bitte solche Brüder von Herzen, daß sie sich einmal „sagen lassen“, daß sie sich „Weisheit von oben“ geben lassen (Jak. 1,5), solche „Weisheit, die sich sagen läßt“ (Jak. 3,17 nach Luth.), daß sie sich nicht immer sofort „aufs hohe Pferd“ setzen, wenn ihnen widersprochen wird und wenn sie ermahnt werden, „zur Einfalt gegen den Christus“ zurückzukehren. Es ist doch tiefbetrüblich, wenn es so ist, wie der Einsender der Frage (ein Bruder in Süddeutschland) schreibt, daß die Anhänger jener Lehre, die sich - wie sie sagen - „auf dem Boden der Allvers.-Lehre versammeln“(!!), sich von Andersstehenden überhaupt nichts mehr sagen ließen, daß sie auch die alten, zum Teil im Dienst für den HErrn ergrauten Brüder, welche diese Lehre nicht haben, nicht mehr für voll ansähen und nichts von ihnen annähmen! Ist es dahin überhaupt schon gekommen, dann könnten wir uns diese Mühe sparen - oder aber wir tun sie um so mehr zum Zeugnis über jene und zur Befestigung der Schwankenden sowie zur Ermunterung für die im Kampfe um die Wahrheit des Wortes Stehenden. Aber wir hoffen noch, ich hoffe noch immer, daß so manche Vertreter dieser Lehre, Geschwister, die ich gut kenne und liebe im HErrn - noch einmal sei’s gesagt: „wieder nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels“! Der HErr erbarme sich ihrer und der durch sie Irregeleiteten!

Es ist eine ernste Zeit, in der wir leben, doppelt ernst aber auch für uns Gläubige, indem

soviele Scheidungen und tiefe Entscheidungen um der Wahrheit willen getroffen werden müssen. Da ist es doch sehr bemerkenswert, daß die beiden belehrenden Blätter „unserer“ Kreise, d. h. neben den „Handr.“ auch das in Bad Homburg v. d. Höhe erscheinende Blatt „Saat und Ernte“, und zwar ohne daß wir uns dazu verabredet hätten, seit vorigem Jahre den Kampf gegen die grundlegenden Irrtümer der Wiederbringungs- oder Allvers.-Lehre aufgenommen haben (vgl. auch die diesbezüglichen Hinweise in Antw. B!). Sollte diese ganz offensichtlich vom HErrn herbeigeführte Übereinstimmung den Andersgesonnenen nicht zu denken geben? Freilich, die „Handr.“ haben von Zeit zu Zeit früher schon die Frage berührt (so z. B. schon Jahrb. 8, Frg. 8), und einmal (vgl. Antw. C!) sehr gründlich (Jahrb. 12, Frg. 13), und ich weiß, daß die damaligen Ausführungen den Vertretern jener Lehre vieles gesagt haben, womit sie nicht ohne weiteres fertig werden konnten, indem sie Stellung zu jener Frage der „Handr.“ nehmen mußten. Ferner haben wir im 16. Jahrbuch uns in Frage 1 und ganz besonders in Frage 17 mit der Sache befaßt. Außerdem habe ich in meinem Aufsatz „Hütet euch vor dem Sauerteig!“ auf Seite 176-178 (Bd. 16) darüber geschrieben, indem ich diese Lehre „sadduzäischen Sauerteig“ nannte (und auch noch nenne!). Das hat mir seitens eines mir sonst als höchst achtbar und treu bekannten Bruders eine, wohl vornehm gehaltene, aber entschiedene Ablehnung eingebracht, in der auch Schriftstellen angeführt waren - diese aber genau in der Weise, wie unser Mitarbeiter Er. Sr. in Antwort B unter Punkt 4 kurz anführt: Stellen werden aus dem Zusammenhang gerissen, angewandt auf alles mögliche, nur nicht auf das oder die, von dem oder von denen sie reden; und gleich darauf folgende Stellen, die sehr unzweideutig gegen die A.-V.-Lehre sind, werden übergangen (gewiß unabsichtlich, aber die Brüder sind so verrannt in ihre Idee, daß sie gar nicht mehr vorurteilsfrei sehen zu können scheinen). Solche angeführte Stelle war z. B. Jes. 57,16! Aber wie unzweideutig redet der Zusammenhang, und was sagt V. 21?! - Frage 17 im Jahrb. 16 weist auch solche Stelle auf (Jes. 24,21.22), und ich weiß noch recht gut, als mir diese Frage mündlich gegeben wurde von einem seitens der Vertreter der Allv.-Lehre schwer angefochtenen Bruder, daß ich zuerst gar nicht verstand, wie jene Leute hier überhaupt ihre Lehre hinein lesen können. Man müßte Bucher schreiben, wollte man alle oder nur die meisten solcher mißdeuteten, ja, vergewaltigten Stellen behandeln! Ja, Brüder, Ihr müßt wieder nüchtern werden!

Sehen denn die Vertreter der A.-V.-Lehre gar nicht, daß sie im Grunde genommen spielen mit dem Worte der Wahrheit? Sehen sie nicht, daß sie mit ihren Vermutungen (die keiner besser als solche gekennzeichnet hat als ihr mir sehr bekannter Lehrer Ströter mit seinen beständigen Hypothesen [Annahmen, „Wenn’s“], auf denen er dann sein Lehrgebäude errichtete) weiter nichts tun, als dem großen, falschen „ Interpreten („Ausleger“) der Gedanken Gottes“ (wie ich den Teufel hier nennen möchte) sich beugen?! Er ist doch mit seinem „Sollte Gott gesagt haben ...?!“ oder „Hat Gott wirklich gesagt ...?!“ (1. Mose 3,1) für alle Zeiten und Ewigkeiten offenbar geworden als „Diabolos“ d. i. als „Durcheinanderwerfer“, Vermischer des Willens Gottes mit seinem eigenen Willen. Einfache, klare Worte Gottes, die tatsächlich oft ein Kind gut versteht, werden - vermischt mit den Fragezeichen der Auslegung des Teufels - genau zu gegenteiligen Aussagen! Dazu gehört z. B. jene geradezu empörende Auslegung von Joh. 3,36: „Der Zorn Gottes bleibt auf ihm!“ - also in der Zeitform beständiger Gegenwart! - „ja, solange bis die Liebe Gottes den Betreffenden besiegt und zu den Füßen des HErrn niedergezwungen hat!“ (Dieser Zusatz ist mir schon vor über 20 Jahren gemacht worden, als ich damals - Ströter in anderer Lehre noch nahestehend - mit einem seiner un bedingten Anhänger zu tun hatte.) Der falsche Interpret der Gedanken Gottes macht aus dem „Feuersee“ ein „Liebesmeer Gottes“, in dem die Hineingeworfenen allmählich zu für Christum brennenden Gläubigen umgewandelt werden! Der falsche Interpret Gottes macht sich - so zu lesen in einem Buche jener Irrlehre - über die Stelle „Da der Wurm nicht stirbt“ (Mark. 9,48) lustig, indem er schamlos von „unsterblichen Würmern“ redet! Ein solches Wort, außer den ungezählten anderen Verstößen gegen das in Ewigkeit bestehende Wort Gottes, sollte genügen, um den armen Blindgewordenen die Augen zu öffnen über den Betrug Satans, durch den sie sich haben verführen lassen und andere verführen und um das ewige Leben betrügen (vgl. Antwort D! Beispiele, die sich leicht vermehren lassen, nur fehlt der Raum). O wenn diesen Brüdern mal die Augen aufgehen - wie werden sie zittern vor der Majestät Gottes, mit der sie, verführt vom Feind, spielten, indem sie hochmütig Sein Wort verdrehten oder umdeuteten! Wie anders, wenn einer demütig zu den Füßen des Meisters sitzt und sich gläubig beugt unter das geschriebene Wort, wie Er, der Selber das Wort ist, als Mensch sich beugte unter das: „Wiederum steht richtigen Gebrauch desselben durch den HErrn. (Vgl. Jahrb. 10, S. 88 ff!)

Zu diesem Verdrehen des Wortes gehört der ebenso oberflächliche wie in seiner Einseitigkeit falsche Gebrauch des Wortes „Äon“. Natürlich ist es leicht, einfache Gotteskinder mit einigen hebräischen und griechischen Ausdrücken ins Bockshorn zu jagen! Nun, ein wenig von diesen biblischen Grundsprachen verstehe ich auch, aber mehr versteht unser Br., der Judenchrist Napht. Rudnitzky, der sehr richtig sagt in seinem vorzüglichen Buch „Ewigkeit und Allversöhnung“: „Die Vertreter der Wiederbringungslehre sind vom Äonentaumel ergriffen.“ In einem mir gerade in diesen Tagen von ihm in gleicher Angelegenheit zugegangenen Schreiben sagt er zum Schluß: „Ich weiß, daß es wenig nützt, immer wieder zu sagen, daß die Äonen (d. h. Äonenlehre) ein genuin (ihrer Entstehung nach) heidnisches Erzeugnis sind.“ (Vgl. hierzu Er. Sr.s Fußnote auf S. 44 in Heft 3/4 von „Saat und Ernte“; hiernach ist bei dem „großen“ [??] Kirchenvater Origines [Kindertauflehrer!!], der die Ergebnisse der gnostischen Philosophie für die „Kirche“ verwertete [?!], die erste [religiöse] Erwähnung der in Rede stehenden Lehre zu suchen.) Br. N. R. antwortet in seinem Schreiben auf einen Brief von einem Allversöhnler an den Herausgeber von „S. u. E.“, in welchem in (wie meist!) höchst überlegenem Ton u. a. folgendes behauptet wird: „Eine irrende jüdische Theologie hat die Zeitbegriffe über ,olam’ in das Wort des Alten Testaments hineingenommen, und eine irregeleitete christliche Theologie hat dasselbe getan in bezug auf ,Äon’.“ Dazu sagt R.: „Das klingt so gelehrt und so wissend, aber in Wirklichkeit ist es gedankenarmes Gerede oder Nachgerede. Wo beginnt denn die jüdische Theologie? Und was war ihr Gegenstand? Die jüdischen Theologen waren in erster Linie Schriftgelehrte und Ausleger des Gesetzes für das praktische Leben. Sie hatten gar keine Veranlassung, sich mit Spekulationen über olam zu beschäftigen. Dann, die hebr. Sprache war ihre Muttersprache, die hebräische Bibel ihre tägliche Nahrung und ihr sprachlicher Sinn ihnen durch eine jahrtausendelange Überlieferung vertraut. Diese Männer sollen nun einen sinnwidrigen Begriff in ihre Muttersprache und in die heilige Sprache ihrer Bibel hineintragen! Dasselbe gilt auch von den ersten christlichen Theologen; sie waren Griechen, und die Sprache der Schrift war ihnen in der griechischen Übersetzung Muttersprache. Vielleicht überlegt sich der ,Kenner des Griechischen’ den Unsinn, mit dem er seinen gelehrigen Schülern diente“ ...

Zeitbegriff im übertragenen und uneigentlichen Sinn erkennen, aber nie behaupten, daß ihnen ursprünglich das Merkmal der Zeit anhaftet. Vielmehr ist in ‚olam’ der Begriff des Verborgenen und Verhüllten und in ,aion’ der der Dauer und des - fortgesetzten - Seins enthalten.“ - Soweit N. Rudnitzkys briefliche Ausführungen, die ich nur abgedruckt habe als von einem unvoreingenommenen wahren Kenners der betr. Sprachen. - Ich habe schon frühzeitig die griechische Äonenlehre (Philo!) ablehnen gelernt; und in ihrer neueren Ausgestaltung (vgl. Br. J. Warns Aufsatz in „S. u. E.“) würde sie lächerlich wirken, wenn diese Verirrung nicht so schrecklich ernst wäre, weil sie so viele Gläubige narrt und um ihre „Einfalt gegen Christus“ bringt.

Sagt denn eigentlich die Tatsache, daß Gott ewig ist und so auch Sein Wort usw. und - was Antw. D so klar ausführt - daß in einem Bibelsatze von dem ewigen Lose der Gerechten wie der Ungerechten die Rede ist (Matth. 25,46 u. a.) -, sagt das den Vertretern jener Lehre nichts? O ja, nur daß der ewigfalsche Interpret des Wortes Gottes ihnen in der Oetingerschen Meinung einen bequemen Ausweg gegeben hat: „Das ewige Leben ist an sich ewig, die ewige Pein aber hat ihren Ursprung in dem Fall, der nicht ewig ist.“ Br. Warns geht auf diesen philosophischen Trugschluß jenes bekannten Theosophen in „S. u. E.“ näher ein, als ich es hier tun könnte, aber ich frage nur: Wenn diese Deutung richtig wäre, hätte Gott sie dann nicht in solchen Worten gesagt, die nicht so mißverstanden werden konnten, wie wir Gegner der A.-V.-Lehre es angeblich tun?! Aber auch jene Meinung zeigt uns, was in den obigen Antworten oft genug gesagt ist, daß jene Brüder nicht bedenken, wie Gott über die Sünde denkt und was für eines Opfers es bedurfte, um sie abzuschaffen. (Hebr. 9,26) Wie ich schon im Jahrb. 12, Frg. 13 (S. 167) sagte: „Die ganze Lehre verrät trotz aller gegenteiligen Behauptungen eine gewisse Nichtachtung des Kreuzes Christi in seinem sich schon geschichtlich auf Golgatha abwickelnden ‚Entweder-Oder‘-Charakter!“ Das Kreuz scheidet, die A-L. vermischt und verwischt die Grenzen des göttlichen „Entweder-Oder“! „Wer glaubt, wird errettet, wer nicht glaubt, wird verdammt.“ (Mark. 16,16) So heißt es, ganz absolut, ohne Einschränkung etwa eines „bis“! Die A.-V.-Lehrer wollen barmherziger sein als Gott - sie vertragen es schlecht, wenn man dies von ihnen sagt, aber es ist so, denn der Teufel will so erscheinen, als wisse er besser, wie alles gemeint ist.

Es ist in den Antworten, besonders in A u. B (auch D), gesagt, wie wir uns den Vertretern der Lehre gegenüber verhalten sollen, und ich möchte dazu betonen, daß schon vor bald zehn Jahren auf großen Konferenzen gesagt wurde, daß diese Lehre nicht tragbar sei, sie sei eine Irrlehre, ein Charakter, der schon dadurch zum Ausdruck komme, daß sie Trennungen und Streitigkeiten schlimmsten Maßes mit sich bringe, sobald man als Gegner derselben einmal aus der Reserve herausträte. Antw. D betont: Sauerteigscharakter will sich durchsetzen! Ja, so ist es, und man kann auf die Dauer nicht eine Unterscheidung machen zwischen denen, die die Lehre offen verkündet wissen wollten, und denen, die sie nur im stillen (?) für sich (?) hätten. Ich habe oft in Gemeinden am Wort gedient, wo diese Lehre in mehr oder weniger verhüllter Weise vertreten wird, aber ich habe es oft nur nach Gewissenskonflikten getan und stets nur mit der Hoffnung zu Gott, daß jene Kreise bereit seien, zu lernen und sich sagen zu lassen. Wenn ich aber (wie es mir im vorigen Jahre begegnete), nach einer Evangeliumsverkündigung, in der ich wohl kein Hehl gemacht hatte aus Bußworten u. dg!., aber doch mich bemüht hatte, zart zu sein, zur Rede gestellt werde, weil ich gesagt hatte: „Einmal hat die Langmut Gottes ein Ende“ (vgl. 1. Petr. 3,20 „als die Langmut Gottes harrte oder wartete“) - dann zeigt das eigentlich schon, daß das Lernen oder sich Sagenlassenwollen bei jenen zum mindesten recht eingeschränkt ist. Doch sind solche Fälle noch fast belanglos zu nennen gegen das, was in unserer „Frage“ enthalten ist! Stellen mich solche Erlebnisse wie das oben geschilderte schon vor die Entscheidung, was ich für später zu tun habe betreffend solcher Gemeinde, wieviel ernster, wenn die klaren Bußworte und Gerichtsandrohungen des HErrn für unnötig gehalten werden und wenn im Gegensatz gegen das oft genannte Hebr. 2,16 offen von der Beseligung des Teufels geredet wird! (Ich rate jedem, der’s kann, einmal nachzulesen, was Keerl über den 2. Tod sagt - ob man dann noch meinen kann, es gäbe eine schließliche Enderrettung aller Wesen?!!) Nein, damit gibt’s kein Hand-in-Hand-gehen! Das wäre „Gemeinschaft mit Gesetzlosigkeit“, „mit Belial“! Das ist Vermischung von „Licht und Finsternis“! (2. Kor. 6,14ff.!) Trennung von solchen mag wehe tun - wo täte sie’s nicht?! -, aber sie ist um des HErrn und Seines Wortes willen nötlg, vorausgesetzt, daß vergebliche Versuche gemacht worden sind, ihnen zu helfen nach 2. Tim. 2,24-26! Und dazu mögen auch diese Antworten dienen!

Wie tragisch, daß die Vertreter der A.-V. sich berufen auf Kol. 1,20, obwohl gerade diese Stelle - ob man nun sagt „alle Dinge“ (nicht Menschen!) oder „das All“ (sächlich!!) ist zunächst einerlei - im Gegensatz zu Phil. 2,10 nicht von den Unterirdischen (nämlich Personen!) redet. Beide Stellen widersprechen, jede auf ihre Weise, der A.-V.-Lehre, ganz abgesehen davon, daß jene Lehre anscheinend nicht versteht, was „Versöhnung“ ist. Denn diese göttliche Tat (etwas oder Menschen mit Sich zu versöhnen) macht, wie der Zusammenhang in Kol. 1 zeigt, das persönliche Glauben des Menschen nicht nur nicht unnötig, sondern fordert es aufs klarste. (Man vgl. 2. Kor. 5,18-20! und siehe zu „Versöhnung“ Jahrb. 2, Frg. 10!) Die „All“versöhnung nach Kol. 1,20 umfaßt nicht Menschen und Engel im allgemeinen, und die Versöhnung der Menschen ist etwas, was mit „und euch“ von der des (sächlichen) Alls (Schöpfung) unterschieden ist und was sich auf (erneuerte) Menschen bezieht! Das sehen die A.-V.ler offenbar nicht!

Doch ich muß zum Schluß kommen. Ich traure um die Brüder und Schwestern, die sich vom Feinde mißbrauchen lassen, die Schrift für seine Zwecke auszubeuten. Was wird das einmal für Beschämung geben vor dem Richterstuhl Christi! Kein klares Wort des HErrn und Seiner Apostel spricht für jene böse Lehre, aber ungezählte dagegen! „Du hast Mein Wort bewahrt“, wird zu Philadelphia gesagt (Offenb. 3,10). Ist es aber ein Bewahren des Worten, wenn man aus schwarz weiß macht?! (wenn auch in bester Absicht!) Ihr irrt, Brüder, und Ihr macht andere irren „um den Preis ihrer Seele“! (Jer 42,20) Lest, was geschrieben steht über die Propheten in Jer. 23! (Z. B. V.16ff.!) Hüten wir uns, „Propheten der Lüge“ zu werden! Laßt uns Sein Wort bewahren! „Glückselig, die Gottes Wort hören und bewahren!“ (Luk. 11,28) Mögen doch die Vertreter dieser schlimmen Lehre auch noch folgendes bedenken: Selbst wenn wir, ihre Gegner, uns in der Tragweite des Wortes und dem letzten Erkennen des Willen Gottes geirrt haben und irren sollten, so ist das weiter nicht gefährlich, schadet auch keinem Menschen, wir halten uns schlicht an das, was geschrieben steht, und verkünden nur dieses, was unzweideutig ist und für ein „einfältiges Auge“ genügt, wir wünschen nichts als das Wort zu bewahren - wenn aber jene sich geirrt haben sollten, die „weitergehen“ (2.Joh. 9!, „wir gehen eben weiter“, sagte mir einmal ein solcher Bruder, ohne zu bedenken, daß er sich damit schon unter das Gericht dieses

Wortes stellte!), wenn jene, die aus dem Worte alles mögliche und das Gegenteil dessen, was dasteht, machen, sich im Irrtum befinden - und das ist so! -, welch ein Schade schon jetzt für die auf sie Hörenden, welch ein ewiger Schade einst bei der himmlischen Lohnverteilung, welch ein Verlust an ewigen Gütern! Denn das Getreusein über das uns hienieden Anvertraute erwirkt uns ja das Betrautwerden mit himmlischen Werten und Herrlichkeiten, wie wir aus Matth. 25 deutlich ersehen! - O möchten unsere Brüder sich warnen lassen, ehe es für sie zu spät ist! In brennender Bruderliebe zu solchen Irrenden flehe ich sie, soweit sie Bruder sind (nicht alle sind es!), noch einmal, zum letzten Male, an: „Werdet wieder nüchtern aus dem Fallstrick des Teufels“, lasset diesen bösen Irrtum fahren und „predigt das Wort“! (2. Tim. 2,26; 4,2-4!)

Und wir anderen wollen treuer als bisher das ganze Wort predigen, mitsamt der klaren Verkündigung von Buße, Bekehrung und Glauben sowie von ewiger, immerwährend dauernder Verdammnis derer, die nicht glauben wollen, obwohl Gott sie retten will (1. Tim. 2,4) - wir wollen sagen und bezeugen, was die Schrift sagt: „Von Ewigkeit zu Ewigkeit“! Wir wollen die böse Zeit auskaufen, um noch zu retten, was irgend sich aus dem Feuer retten läßt (Jud. [22.]23), wir wollen „überreden“, was sich überreden lassen will, „da wir den Schrecken des HErrn kennen“ und aus dem Wort wissen, daß es „furchtbar ist, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen“. (2. Kor. 5,11; Hebr. 10,31). Wir wollen es ernster denn je tun, und je mehr der Teufel auch durch seine Verführung aller Art und so auch nicht zum mindesten durch die dieser Irrlehre an den Menschen erreicht, desto mehr wollen wir, solange uns Gott Odem läßt und in Seines Geistes Kraft das Gelingen schenkt, in Wort und Schrift Zeugnis ablegen von dem, was sicher das Schönere ist, von der Herrlichkeit des Glaubens an den Herrn Jesus (Apgesch. 16,31), den Gekreuzigten, Auferstandenen und Wiederkommenden, aber auch von der Furchtbarkeit der ewigen „Vergeltung“ über die, „die dem Evangelium nicht gehorchen“. (2. Thess. 1,8.9)

Nehmen wir es ernst, denn Gott nimmt es ernst!

Die Schrift kann nicht gebrochen werden“, sagt der Mund der Wahrheit, der Herr Jesus!

Sein Name sei ewig gepriesen!

F. K.

„Nahegekommen!“

(Röm. 13,12; Jak. 5,8; 1. Petr. 4,7)

(Fortsetzung)

Wir kommen nunmehr zu dem Punkt 13 der - wie ich sie wiederholt nannte - „göttlichen Hilfsmittel“, die uns den nahegekommenen Tag glücklichen Herzens und in angemessener Weise erwarten lassen. Dieser Punkt heißt: „Ziehet den Herrn Jesus Christus an!“ (Röm. 13,14a.)

Diese Aufforderung ist höchst wichtig und wunderbar zugleich. Erinnert sie uns, wie ich in meiner Aufstellung in Lief. 2 schon zeigte, ohne weiteres an Kol. 3,12, so weicht sie doch auch wieder im Wortlaut von dieser Stelle ab. Denn in Kol. 3,12 sind uns 7 Einzeldinge genannt, die gewissermaßen eine „christliche Anstandslehre“ (K. O. St. †) darbieten, ein Gewand, d. h. ein geistliches, in dem „unser wahrer geistlicher Stand“ zu sehen ist. Man darf sicher sagen, daß diese 7 Dinge eine Darstellung des Wesens Christi Jesu sind. Wenn nun in Röm, 12,14a gesagt wird „Ziehet an (oder - ebenso wie in Kol. 3,12 - „habet [fortgesetzt] angezogen“) den Herrn Jesus Christus“, so ist dieser Ausdruck vielleicht als eine Zusammenfassung der in Kol. genannten Dinge zu werten, wobei nur noch zu bemerken ist, daß der Römerbrief vor dem Kolosserbrief geschrieben ist, womit ich sagen will, daß Paulus in späterer Zeit sich geleitet gefühlt haben mag, noch mehr praktisch zu schreiben, also das Wesen Christi Jesu deutlicher ans Licht zu rücken, zumal er die Kolosser mit ihren Schwierigkeiten (wie in Kap. 2 und 3 gezeigt) persönlich gut kannte, die Römer dagegen damals noch nicht, als er ihnen die Ermahnung von Vers 14a schrieb.

„Der Herr Jesus Christus“ wird also gleichsam ein „Gewand“ genannt, das anzuziehen als Hilfsmittel für das gesegnete Erwarten des nahgekommenen Tages von größter Wichtigkeit ist. Der Gedanke, der dieser Mahnung zugrunde liegt, ist offenbar der: Wir gehen in den Tag hinein, in einen Tag, der in besonderer Weise alles ins Licht stellt, und wie wir schon im täglichen Leben beim Hineintreten in die Öffentlichkeit des Tages ein ordentliches Gewand brauchen, so beim Eintritt in den Tag auch und erst recht. Das Licht des Tages macht es erforderlich, in einem Gewand zu erscheinen, das dies Licht aushält, erträgt, ja, nicht nur das, sondern auch zurückstrahlt. Und das ist es, was „der Herr Jesus Christus“ für uns ist und tut. Ist es „Sein Tag“, der kommt, so kann auch nur Er Selber uns in einem jenem angemessenen Gewande auftreten lassen. „Vor Ihm gar nichts gilt als Sein Eigen Bild!“ So wie erst das von Jehova-Gott gemachte Gewand aus Fellen - wozu Tiere ihr Blut und Leben lassen mußten! - das erste Menschenpaar nach ihrem Falle unter den Augen des für sie zu einem Richtergott gewordenen Jehova-Gottes außerhalb des Gartens wandeln ließ (1. Mose 3,21-24), so werden wir erst durch das Gewand, welches „der Herr Jesus Christus“ heißt, fähig und passend, dem Lichte jenes Tages ausgesetzt zu sein. Wie wichtig ist dies!

Aber auch wie wunderbar zugleich! Nichts Äußerliches erwartet Gott von uns, nicht heilige Gewänder sollen wir tragen, wie einst das irdische Priestertum des alten Volkes Gottes sie trug, worin ja auch nur Vorbilder auf Christum zu finden sind, keine „Talare“ und sonstige „heilige Trachten“, welche einen oder einige besondere Klassen von Menschen (beiderlei Geschlechts!) vor den übrigen auszeichnen, sind des HErrn Wille für uns, die wir den Tag herannahen sehen, sondern wir alle - d. h. ohne Unterschied des Geschlechts, des Alters, der Erkenntnis, der Gaben und Fähigkeiten, der äußeren Vorzüge oder Nachteile usw. usw. -, wir alle haben oder sollen haben nur ein Gewand, das für die erhabenen Anforderungen des Tages ausreicht: „den Herrn Jesus Christus“! Sicher sind die einzelnen Ausdrücke bezeichnend für die Art und die Zusammensetzung jenes einen Gewandes, das einerseits wohl unteilbar ist wie des Herrn Jesu Leibrock, um den die Soldaten beim Kreuz losten (Joh. 19,23.24), der andererseits aber auch kostbar, bunt und vornehm ist wie der „lange Leibrock“, den einst Jakob seinem Sohne Joseph bereitete. (1. Mose 37,3! 8mal ist in diesem Kap. von dem „Leibrock“ die Rede, in dem wir des

Vaters Wohlgefallen an seinem Sohne sehen!)

„Der Herr Jesus Christus“, so heißt das „Gewand“, mit dem wir bekleidet sein müssen. Betrachte, geliebter Leser, für dich jeden Teil dieses kostbaren „Gewandes“, wie er sich durch die Betonung jedes Einzelwortes von selbst ergibt: Der Herr Jesus Christus, der Herr Jesus Christus, der Herr Jesus Christus; der Herr Jesus Christus! „Vier“ ist doch die Zahl der Ausdehnung nach allen Seiten hin, der irdischen Vollständigkeit: Ja, diese vier Stücke zeigen uns auch die Vollkommenheit unseres kostbaren „Gewandes“, an das nichts in dieser Welt heranreichen kann! Es ist der Einzigartige, es ist der HErr, auf den alles ankommt, es ist der Herr Jesus, das ist der Retter, der Retter von Sünden, von dem zukünftigen Zorn wie auch in der Gegenwart (Matth. 1,21; 1. Thess. 1,10; Hebr. 7,25), es ist der Christus, das ist der Mensch Gottes, der 2. Mensch vom Himmel, der letzte Adam, der Sohn, der Gesalbte, der König - in dem vierfachen unendlichen Werte dieser Person allein kannst du dem Lichte des herannahenden Tages entschiedenen und furchtlos-glücklichen Herzens entgegensehen und entgegengehen! Nicht anders, nicht in unserem Werte oder in der Wertschätzung anderer Menschen sind wir etwas vor Gott, sondern - als gänzlich unwürdig, wie der Hauptmann von Kapernaum sich wußte (Luk. 7) - nur auf Grund dessen, was Er ist, dem wir glauben, den wir glaubend angezogen haben, können wir in dem Lichte des Tages weilen, ja als „Söhne des Tages“ (1. Thess. 5,4ff.) freudig vorwärts eilen, dem Ziele zu. Möchten wir alle in diesem kostbaren Lebensstande, so kostbar bekleidet mit dem Gewand, das für das Haus paßt (Luk. 15), erfunden werden zu Lobe Seiner herrlichen Gnade, „erwartend und beschleunigend die Ankunft des Tages Gottes“ (2. Petr. 3,12).

Dem 13. Punkt ist bezeichnender-, um nicht zu sagen: sonderbarerweise, noch ein Punkt angefügt, der auf den ersten Blick hinter Punkt 13 fast wie eine Abschwächung klingen könnte, der aber, wie wir sehen werden, als wirklich notwendig aufzufassen ist. Nur beiläufig sei erwähnt, daß der große Augustin besonders durch dieses Schlußwort zur Bekehrung gekommen ist.

Wir betrachten also hier noch Punkt 14:

Und treibet nicht Vorsorge für das Fleisch zur Erfüllung (Erregung) seiner Lüste!“ (Vers 14b)

Daß diese Übersetzung ziemlich den Sinn der Stelle wiedergibt, zeigt ein Vergleich mit anderen Übersetzungen, die ich hier mit anfüge:

Miniatur: „und pfleget das Fleisch nicht bis zur Erregung von Begierden!“ - Menge: „und seid dem Leibe nicht so zu Diensten, daß böse Begierden dadurch erregt werden!“ - Allioli: „und pfleget der Sinnlichkeit nicht zur Erregung der Lüste!“ - van Eß: „Und pfleget den Leib nicht zu Gelüsten!“ (so ähnlich, nur statt „Leib“ - „Fleisch“ hat Weizsäcker) - Luther: „und wartet des Leibes, doch also, daß er nicht geil werde!“ - Plattdeutsch (ins Hochdeutsche übertragen) „Und macht euren Leib nicht geil dadurch, daß ihr ihm zuviel zugute tut!“ - Wiese: „Und sorgt nicht für das Fleisch bis zur Erregung von Begierden!“ -Ich könnte noch weitere (auch aus dem Engl. und Franz.) anführen, aber der Wortlaut ist stets ähnlich.

Der Sinn der Sache ist also einigermaßen eindeutig der, daß die Fürsorge für das natürliche Leben nicht zu sündigen Lüsten anreizen darf, wenngleich besagte Fürsorge an und für sich wohl berechtigt ist; sie muß also in Zucht gehalten werden. „Gib dem Fleisch, was ihm gebührt, nicht zu viel, nicht zu wenig!“ (Schlatter) Die Sorge für den Leib ist ja sogar notwendig - man denke z. B. an das Nahrungs- und Reinlichkeitsbedürfnis! -, aber wenn Begierden, Lüste erweckt werden dadurch, daß man die nötige Rücksicht zu weit treibt, wenn die Pflege, die er braucht, die nicht weniger, eher mehr nötige, ernste Vorsicht vermissen läßt, so daß arge Lüste geweckt werden, die Befriedigung gebieterisch erheischen, statt beherrscht zu werden, dann ist damit ein schlimmes Hindernis entstanden für den gottgemäßen Wandel im Lichte des Tages.

Mit letzterem bin ich schon ein wenig übergegangen auf die Absicht der Stelle: Statt eines Hilfsmittels zum ungehinderten Harrenkönnen auf den nahegekommenen, alles ans Licht bringenden Tag entsteht durch solch ein unachtsames Verhalten eine schwere Gefahr für die dem Tage Entgegengehenden. Denn wie kann man frank und frei vorwärtsblicken und vorwärtsgehen, wenn man mit Fußangeln (gleichsam) an die Lüste des Fleisches gebunden ist?!

Gewiß muß man hier nicht zuerst oder allein an sinnliche Lüste in engerer Hinsicht denken, sondern wie uns Gal. 5,19ff. belehrt, gehört zu den „Werken des Fleisches“ noch manch anderes Stück, von denen einige kaum weniger Gewalt über manche ausüben als gewisse fleischliche Begierden, die bekanntermaßen mächtig „gegen die Seele streiten“. (1. Petr. 2,11) Nein, alles, was aus dem Fleische kommt, ist, wenn nicht schriftgem äß gebändigt - lies Röm. 6,1-12! - ein schweres Hindernis für uns, und unser geistliches Leben und wir sollten mehr und mehr lernen, wachsam zu sein gegen jegliche Esaugesinnung (vgl. Frage 8 d. Lief.!).

Wenn das nun im allgemeinen auch ganz klar und leicht zu verstehen ist, so liegt es uns doch nahe, zu fragen, wie der Apostel wohl dazu kommen mag, nach dem kostbaren vorherigen 13. Punkt solche Ermahnung anzuknüpfen. Einige Worte mögen noch diese Frage berühren!

Vielleicht fühlte sich der Apostel nach dem Schreiben (d. h. dem Diktieren an Tertius, 16,22) jenes kostbaren Satzes „Ziehet an usw.“ durch den Geist geleitet, an jenes alte fleischliche Übel der menschlichen Eitelkeit zu denken, durch welches damals wie leider auch heute noch manche Gläubige sich verführen ließen, eine ungeziemende, eines wahren Gotteskindes nicht würdige Kleidung zu tragen, die mit dem Erwarten des nahe gekommenen Tages sich nicht vertrug. Darum geißelte er diese Unsitte mit wenigen, aber um so packenderen Worten, aus denen wohl die notwendige Sorge und Sorgfalt für die diesbezüglichen Bedürfnisse des Leibes hervorging, aber vor allem die hieraus erwachsende Gefahr, weiter zu gehen als sich gehört, gekennzeichnet ward. Unser würdiges Gewand heißt „der Herr Jesus Christus“, mit dem ein äußeres, das aus Sinnlichkeit, Fleischlichkeit, Eitelkeit, vermischt mit ein wenig natürlicher Sorge (Bekleidungs-, Erwärmungs- und Ordnungsbedürfnis), zusammengesetzt ist, nicht zusammenpaßt. Darüber ließe sich manches sagen! - So etwa denke ich mir die innere Verbindung mit dem Vorhergehenden, wenngleich diese Darstellung sicher nicht erschöpfend ist, da wohl auch andere fleischliche Begierden hineinspielen, die Paulus, vielmehr der Geist Gottes, auch beiläufig als Gefahren kennzeichnen wollen mochte. Wenn die Wünsche des - auf Golgatha gekreuzigten - Fleisches geweckt werden und nach Befriedigung verlangen, so ist es an sich gleichgültig, wie sie heißen - in jedem Falle passen sie nicht zu unserer geistlichen Lebensgemeinschaft mit „dem Herrn Jesus Christus“, in die wir eingegangen sind (indem wir

Ihn angezogen haben), und wir müssen die apostolische Mahnung auf uns sinngemäß anzuwenden trachten. (vgl. Kol. 3,1-4!) Das ist doch ernst, nicht wahr?!

Dies scheint mir - andere mögen anders denken! - der Sinn und die Bedeutung dieses gewichtigen 14. Punktes, dieses, wie gesagt, 14. „Hilfsmittels“ für das Erwarten jenes Tages zu sein, und somit, glaube ich, haben wir in diesem eine nicht zu übersehende Ergänzung des 13. Punktes. Man denke dem nach!

*

Hiermit sind wir mit der Betrachtung über die erste der am Kopf befindlichen Stelle mit Röm. 13,12 (und ihrem Zusammenhang) zu Ende gekommen, und es ist mein Gebet, daß es dem HErrn gelingen möge, uns durch Seinen Geist, der uns Sein Wort öffnet, zu belehren und zu beleben, damit wir treuer und entschiedener werden in dem Ausblick auf den nahe gekommenen Tag, der für uns ebensowohl Lohn und Herrlichkeit wie Beschämung und Verlust enthalten kann und wird - je nachdem wie wir in Seinem Lichte wandeln, solange es „Heute“ heißt nach Hebr. 3,13 vgl. mit 10,25! Laßt uns in diesem Sinne uns „gegenseitig ermuntern“ (siehe auch 1. Thess. 5,4-11!), damit keiner von uns etwas versäume von den kostbaren Verheißungen, welche „der Tag“ mit sich bringt für die Treuen, welche wie Paulus „den guten Kampf gekämpft haben“. (2. Tim. 4,7.8) Der HErr gebe uns allezeit Seine Gnade zu solchem Wandet im Lichte des Tages, der da kommt!

Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe gekommen!“ Welch herrliche Tatsache! Der Name unseres Herrn Jesus Christus sei ewig gepriesen! Amen.

F. K.

Steuern und ihre wunderbare Entrichtung.

Matthäus 17,24-27.

Wie eigenartig mutet es uns an, daß auch der HErr der Herrlichkeit an die Entrichtung der Tempelsteuer gemahnt wird! Es traten nämlich die Tempelsteuer-Erheber an Petrus heran und fragten ihn, ob denn ihr Meister nicht mit dem ganzen Volke die Abgabe an den Tempel entrichte. Alle Juden, welche 20 Jahre alt und darüber waren (2. Mose 30,13; 38,26), hatten zur Bestreitung der Kosten des Tempeldienstes eine jährliche Abgabe von einer Doppel-Drachme (etwa 1,35 RM.) zu entrichten. Wie verblendet sind doch die Menschen! Man ließ den HErrn der Erde auch nicht umsonst in Seinem Hause aus- und eingehen. Er kam in Sein Eigentum und mußte gleichsam noch Miete bezahlen. „Zahlt euer Lehrer nichts?“, hieß es.

Wenn wir den 23. Vers des gleichen Kapitels lesen, wird uns die Stellungnahme des Petrus klar. Der HErr hatte in deutlicher und bestimmter Weise von Seinem Ende gesprochen. Die Jünger wurden darüber sehr betrübt. Sie hätten so gern das Leiden und den Tod von ihrem HErrn ferngehalten. Ihnen waren noch nicht die Augen geöffnet für den in der Schrift niedergelegten Ratschluß zu unserem Heil. Und während Petrus in Gedanken über das Leiden und Sterben seines Meisters versunken ist, wird ihm diese leidige Steuerahngelegenheit vorgetragen. Er duldet keine Erniedrigung seines HErrn und antwortet mit einem kräftigen „Ja“. Obwohl ihm die Schlüssel des Reiches des Himmels anvertraut sind, verkennt er doch in diesem Falle die Würde des Königs dieses Reiches. Ihm ist's in Liebe zu dem HErrn nur darum zu tun, daß Sich der HErr der Obrigkeit Israels gegenüber keine Blöße gebe. Da muß ihn nun der HErr aufmerksam machen, daß Er als König des Reiches nicht in diesem, Seinem Reiche, oder als Sohn Gottes nicht für den Tempel, Seinen eigenen Palast, besteuert werden dürfe, und ebenso wenig Seine Diener und Jünger. Doch weil Petrus jenen die Steuer zugesagt hatte, erniedrigt Sich der HErr, der eben noch Seiner Oberhoheit Ausdruck gegeben hatte, zur Zahlung derselben. Er läßt die Torheit Seines Jüngers gelten, zeigt ihm aber, daß Er als der Sohn auch Gewalt hat über die Fische im Meer und die Schätze der Welt. Welch ein erhabenes Beispiel hat uns doch der HErr für alle Zeiten und Verhältnisse hinterlassen! Sind wir auch Kinder und Erben, so haben wir uns doch, solange wir über diese Erde gehen, die Lasten im bürgerlichen Leben gefallen zu lassen und sie mitzutragen. Wenn auch ein guter Grund und ein besonderes Recht für uns spricht, so haben wir uns anderen gegenüber nichts herauszunehmen. Es handelt

sich in unserem Leben nicht mehr um ausschließliches Recht, sondern um die Sorge, kein Ärgernis zu geben. Es kommen Fälle im Leben des Christen vor, wo man vollführt und leistet, was man nicht schuldig ist. Die Erniedrigung des Sohnes Gottes beschämt die Eitelkeit, den Stolz und die Hitze des natürlichen Menschen, mit welchen er seine Rechte verteidigt. Der HErr der Herrlichkeit verschmähte keine Art von Gehorsam und Untertänigkeit, wenn Er damit Menschen gewinnen konnte. Er besaß nicht einmal soviel Eigenes auf dieser Erde, um Sein Haupt darauf hinlegen zu können, und ... gab doch Steuer! Wie oft füllen wir die flüchtigen Stunden unseres Lebens aus, indem wir unsere Rechte verteidigen und anderen gegenüber unsere Pflichten abgrenzen. „Aber“ - wird der eine oder andere sagen - „ich bin in eine so unglückliche und ungerechte Zeit hineingestellt, da muß ich mich schützen und wehren, es gilt meine Existenz.“ Gewiß kannst du alle dir gegebenen Rechte benutzen, nur daß du dich im Gebrauch derselben im Einklang mit dem Geiste deines HErrn befindest! Bist du in einer solchen Lage, wie Christus hier war, so wird Er dir ebenso helfen, wie Er dem Petrus und Sich half. Auf welche Weise Er uns hilft, ob durch einen Fisch oder einen Menschen, das ist ganz gleich. Des Petrus nächste Aufgabe war, mit der Angel den Fisch heraufzubringen. Auch wir haben im Glauben gleichsam die Angel des Gebetes auszuwerfen, und Seine Altmacht führt den Fisch herbei, der gerade das im Munde trägt, was wir so nötig haben. Der treue HErr gibt uns für das Nächstliegende immer auch die nötige Unterweisung. Glaube und Gehorsam, verbunden mit Gebet, führen uns hinein in das köstliche Erleben göttlicher Hilfe. Der HErr bezahlte für Sich und Petrus, weil dieser mit Ihm wandelte. Wenn du nur immer mit dem HErrn wandeln wolltest, so würde Er auch jedesmal für dich bezahlen. Daß der gefangene Fisch gerade soviel in sich trug, als für den Augenblick nötig war, zeigt uns, wie der HErr für uns und die Unsrigen Augenblick um Augenblick zu sorgen vermag. Sollten wir nicht viel kindlicher und sorgenloser durch diese Zeit gehen? Auch dieses lernen wir hier, daß es nicht fein ist, um seiner Rechte willen sich gegen Gesetz und Obrigkeit aufzulehnen. Freiheit und Dienstbarkeit stehen bei dem Gläubigen nebeneinander. Der Gläubige ist nur dann frei von allen irdischen Dingen, wenn er sie gern hingibt. Wer seine Güter festhält und darüber streitet, ist ein Gefangener seines Besitzes. Daß der HErr allwissend war, ist uns ein Trost. Er kannte die Fische im Meere und wußte, was sie in sich trugen. Und Seine Augen, die in das Meer und in alle Tiefen schauen,

sehen auch uns auf der Erde wandeln. Hat Er die Fische im Meere gezählt? Weiß Er, wo jeder ist und was er im Munde trägt? Ja, Er ist der Allmächtige und Allwissende, Er weiß auch, was ich in mir trage, was ich denke und begehre.

In dem Leben des HErrn war alles vollkommen. Als Sohn Gottes hatte Er eigentlich die Abgaben für den Tempel nicht zu entrichten. Er war der Juden König, und doch verschmähte Er jedes Gewaltmittel, Sich in den Besitz Seiner Würde zu setzen. Der HErr beginnt auch kein Gespräch mit dem Steuereinnehmer. Einmal hatte dieser nur die Steuergesetze auszuführen; sodann stand er dem HErrn der Herrlichkeit noch zu fern, um die wunderbare Majestät des Sohnes Gottes zu erkennen. Aber dem Petrus mußte Er es sagen, um ihm auf eine eindringliche Weise die Tatsache Seiner Gottheit unvergeßlich einzuprägen. Der HErr vergibt Sich nie in Seiner Würde, wie wir es aus falscher Demut, Untreue usw. tun können. Er offenbart Seine Herrlichkeit und Größe nur vor denen, die Ihn verstehen, und wird um der Schwachen willen ein Diener aller. Daß der Fisch das Geldstück im Munde hatte, konnte „zufällig“ sein. Aber darin bestand das Wunder, daß der Herr Jesus es wußte. Und diese wunderbare Hilfe bestätigte auch, was Er von der Freiheit des Sohnes und der Kinder Gottes gesagt hatte. Gerade weil unser eine unaussprechliche Befreiung und Herrlichkeil wartet, sollten wir die Dinge dieser Erde in ihrem tatsächlichen Wert erkennen und danach behandeln. Darum sagt der Herr Jesus in Matthäus 3,15, daß es uns gezieme, jede Gerechtigkeit zu erfüllen.

Möchte der HErr uns Gnade geben, daß wir beim Durchschreiten unseres Lebensweges Ihn stets vor Augen und im Herzen haben! Er hat uns nicht nur ein köstliches Vorbild hinterlassen, daß wir Seinen Fußtapfen nachfolgen sollen, sondern reicht uns auch Gnade und Kraft, Weisheit und Gaben dar, damit wir nicht für andere ein Anstoß seien, sondern ein Brief Jesu Christi, von jedermann gelesen.

Ed. v. d. K., H.

Eine Betrachtung über Offb. 21,1-11.

(Schluß.)

In der kurzen Beschreibung des ewigen Zustandes in unserem Kapitel (Offenb. 21) wird uns gesagt, daß das Erste vergangen sei. Gott ruht in dem Werke Seiner Liebe: „Die Hütte Gottes ist bei den Menschen.“ Gott hat das Ziel Seines Vorsatzes erreicht. Er ist umgeben von den Geschöpfen Seiner Liebe. Sein Herz ist befriedigt, Sein Werk vollendet. Es ist die Ruhe Gottes.

Welch ein Gebiet heiliger Liebe wird uns in den ersten Versen dieses Kapitels enthüllt! Nichts Böses kann mehr hier Eingang finden: „Nicht wird in sie eingehen irgend etwas Gemeines und was Greuel und Lüge tut.“ (Offenb. 21,27) Nicht nur wird dort nichts Unreines gefunden, es kann dort auch nicht eintreten. Unreines war nicht in der ersten Schöpfung, aber es kam herein. Und wie? Der erste Mensch öffnete die Tür dafür. In die neue Schöpfung kann es nicht eintreten. Und warum nicht? Der letzte Adam hat es für immer in den Feuersee eingeschlossen. Gottes Ruhe wird niemals gestört werden. Seine Hütte ist bei den Menschen. Er ist ihr Gott - sie sind Seine Söhne. Er ist nicht als ein Besucher unter ihnen. Das Vaterhaus ist jetzt das Heim Seiner Kinder.

Alles, was von dem ersten Menschen war, ist vergangen, und alles ist neu geworden. Was ist dieses Neugewordene? Auch die Schöpfung in 1. Mose 1 war wundervoll. Die Morgensterne jubelten miteinander, und alle Söhne Gottes jauchzten darüber vor Freude. Aber sie machte kein Menschenherz vor Freude singen. Ein unschuldiger Mensch würde sich an den Werken Gottes in Seiner Schöpfung erfreuen. Aber in dem sündenbedeckten Gebiete des Todes bedarf das arme, beladene Menschenherz mehr als ein Zeugnis der Macht Gottes, um singen zu können. Diese erste Schöpfung zeigt uns das Werk Seiner Finger und Seiner Hand. Die wenigen Verse obigen Kapitels zeigen uns aber nicht das Werk Seiner Finger, sondern das Werk Seines Herzens. Und wenn das Herz des Menschen wie Stein wäre, muß es ihn nicht bis in die Tiefe bewegen, daß Gott jede Träne von den Augen abwischen und daß der Tod nicht mehr sein wird, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz? In dieser Schöpfung wird Gottes Herz, in der ersten Schöpfung Gottes Hand gesehen.

Obgleich in der ersten Schöpfung alles durch die Sünde befleckt ist, vermag unser Auge doch wunderbare Schönheiten in derselben zu schauen. Jedes Seiner Werke preist Ihn. In 1. Mose 1 mußte die „Tiefe“ schwinden, um eine bewohnbare Stätte zu schaffen, auf der Gott den ersten Menschen prüfen wollte. Gutes und Böses, Gehorsam und Sünde, Liebe und Haß konnten sich hier im Menschen auswirken. Hier wurde der erste Mensch durch den Feind Gottes zu Fall gebracht, und hier wurde der ruhelose Verderber in seiner Festung durch den zweiten Menschen überwunden. Hier hat Gott Seine Liebe und die Macht Seiner Gnade enthüllt. Und durch die Botschaft Seiner Gnade errettet Gott in der Kraft des Heiligen Geistes Menschen, deren Herzen so verfinstert, kalt und hart sind, wie sie der Gott dieser Welt nur machen kann. - Diese Welt der Finsternis aber muß zur bestimmten Zeit der Welt des Lichtes und der Liebe Platz machen - der Welt, in der die Herrlichkeit Gottes sich entfalten und in welcher das Licht der himmlischen Stadt strahlen wird und nach der die Glaubensmänner der vergangenen Zeitalter ausschauten. Sie trägt die Herrlichkeit Gottes, sie ist Seine Hütte, Sein Wohnplatz. Es ist kaum nötig, zu erwähnen, daß der erste Wunsch des erlösten Volkes (2. Mose 15,2): „Ich will Ihn verherrlichen“ oder „Ihm eine Wohnung machen“, weit über den Rahmen der Schöpfung in Unschuld hinausging. Dies vermochte allein Christus zu tun. O, daß unsere Herzen es mehr erfassen möchten, was Gott in Christus gefunden hat!

Im zweiten Verse unseres Kapitels (Offenb. 21) lesen wir: „Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, aus dem Himmel herniederkommen von Gott.“ Was ist dies für eine Stadt, die ihren Ursprung nicht von dieser Erde hat? Dieses neue himmlische Jerusalem ist die Braut Christi, Seine Gemeinde, die Er geliebt und für die Er Sich Selbst gegeben hat. Sie bildet die Hütte Gottes, und diese ist bei den Menschen. Die, welche diese Hütte Gottes bilden, sind die Erretteten des gegenwärtigen Zeitalters. Die Menschen, bei denen Er in dieser Hütte wohnt, sind die Erretteten aus allen anderen Zeitaltern. Die Schrift spricht von vielen Familien: von dem Volke Gottes vor der Flut - nach den Patriarchen - dann von den Auserwählten aus Israel - dann von denen, welche nach der Entrückung der Gemeinde gerettet werden - dann von den Familien derer, die in der Zeit der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden gerettet werden. Alle diese Familien im Himmel und auf Erden werden alle von dem Vater benannt. (Eph. 3,15)

Gott wohnt in der Hütte und ist umgeben von Menschen. Sein ewiger Ratschluß war, Menschen um Sich zu haben, bei denen Er wohnen wollte. Als Er Sich ein Volk aus Ägypten errettete, machte Er eine Hütte und kam diesen Menschen so nahe, wie Er es nur konnte. Aber es war ein Vorhang zwischen Ihm und ihnen. Hinter demselben konnte Er nicht hervorkommen, und sie konnten nicht hineingehen. Hier ist aber kein Vorhang mehr; sie werden Sein Angesicht sehen. Der Wunsch des Herzens Gottes ist erfüllt.

Wir lesen weiter: „Bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut.“ Dieser Urgedanke Gottes kam schon in Adam und Eva zum Ausdruck. Alles auf Erden war Adam unterstellt, und alle Dinge im Himmel und auf Erden sind Ihm, dem letzten Adam, unterworfen, und auch Er hat Seine Eva, die auf immerdar Seine Herrlichkeit mit Ihm teilt.

Hierzu hat Gott uns bestimmt. Wir gehen der herrlichen Zukunft entgegen, Ihm gleich zu sein. Jetzt ist noch vieles in einem jeden von uns, was Ihm sehr ungleich ist. Vieles wird noch vom ersten Menschen an uns gesehen, aber Gott hat angefangen, Christus in uns zu gestalten, und Er wird vollenden, was Er angefangen hat, selbst an unserem Leibe. „Wie wir das Bild dessen von Staub getragen haben, so werden wir auch das Bild des Himmlischen tragen.“ (1. Kor. 15,49) Durch den Heiligen Geist ist das Leben Christi uns mitgeteilt. Gott macht uns nicht mit dem, was von Adam ist, eins, sondern mit Christo. Vielleicht fragst du: „Was ist es aber mit dem, was vom ersten Menschen stammt?“ Das ist von Gott im Kreuze Christi gerichtet worden. Alles, was von Adam ist, ist durch den Tod Christi für immer von Gott entfernt. Unser alter Mensch ist mit Christo gekreuzigt worden. Dies ist es, was Gott getan hat, und ich habe das, was Gott schon gerichtet hat, auch in mir zu richten, wenn Christus in mir sichtbar werden soll. Niemand denke, daß, weil Gott alles, was vom Fleische ist, schon gerichtet hat, wir nun leicht darüber hinweggehen könnten. Es muß von uns gerichtet und in der Kraft des Geistes ständig im Tode gehalten werden. „Ja“, sagst du, „das Fleisch aber gelüstet wider den Geist.“ Gewiß, aber beachte den 24. Vers von Gal. 5, dort heißt es: „Die aber des Christus sind, haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Lüsten.“ Und das ist es, was praktisch durch den Glauben verwirklicht wird.

Wenn auch das in Offenbarung 21 Gesagte noch nicht tatsächlich in Erscheinung getreten ist, so stehen wir doch schon auf dieser neuen Grundlage; wir sind nicht mehr im Fleische, sondern im Geiste, und sind nicht mehr auf der Grundlage des ersten Menschen, sondern sind mit Christus verbunden und suchen und pflegen das, was Christus in uns ist. Gott hat unser Auge und Herz für den Menschen geöffnet, der Sein Wohlgefallen hat, und wir ziehen Ihn jedem anderen Menschen vor. Der Schächer war einer der schlechtesten Menschen, und wir können gut verstehen, daß ein solcher Mensch Christus sich selbst vorzog. Aber auch Paulus zog Christus sich selbst vor, obgleich er, wie die Welt sagen konnte, der beste Mensch war. In Phil. 3 spricht Paulus von allem, was Wert für den ersten Menschen hat, und er achtet dieses alles für Dreck im Vergleich mit Christus. Wenn Christus vor meinem Auge steht, so werde ich mich selbst verabscheuen, aber sonst nicht.

Möchte Christus vor unserem Herzen stehen! Laßt uns in die Gedanken Gottes über Christus eingehen und in Gemeinschaft mit Seinem Herzen sein! Er will uns Seinem Bilde gleich gestalten. Christi Schönheit soll auch in uns gesehen werden, damit Er Sein Wohlgefallen auch an uns haben kann.

Der herrliche Tag der Ewigkeit, wie er uns in dem 21. Kapitel der Offenbarung gezeigt wird, ist sehr nahe. In Kürze wird die gegenwärtige Welt der zukünftigen Welt Platz machen, in der Gott in dem Werke Seiner Liebe ruhen wird. Möchte das Licht jener Welt schon jetzt so in unser Herz leuchten, daß Christus uns alles in allem sei, so wie Er es für Gott ist!

B-d. (A. v. d. K.)

„Sie brachten Kindlein zu Ihm.“

(Matth. 19,13-15; Mark. 10,13-16; Luk. 18,15-17)

Wenn wir diese Stellen der Heiligen Schrift lesen, dann liegt es uns nahe, anzunehmen, daß es Mütter waren, die die Kindlein zum HErrn brachten. Die Heilige Schrift sagt dieses jedoch nicht;

sie redet nur von einem: „Sie brachten Kindlein zu Ihm!“ Und das ist sehr köstlich. Wohnt nicht in jedem gläubigen Vater- und Mutterherzen der Wunsch, die geliebten Kinder, deren Bestes man ersehnt, zum Herrn Jesus zu bringen? Ja, selbst jeder Kinderfreund möchte sie dem großem Freund der Kinder bringen, der gesagt hat: „Lasset die Kindlein zu Mir kommen!“

In vielen Versammlungen mehrt sich jetzt erfreulicherweise der Drang und die Erkenntnis der Wichtigkeit, Kinderarbeit zu tun und Kinderstunden einzurichten. Was können uns die obigen Schriftstellen hierzu sagen?

Die Namenchristenheit bringt gewohnheitsmäßig einige Zeit nach der Geburt den Säugling zur Taufe. Arme Menschen! Was haben sie aus jenen vorgenannten Stellen der Heiligen Schrift gemacht? In keiner Weise ist hier von der Taufe geredet, noch, daß man die Kindlein zu Ihm bringen solle, indem man sie taufe. So hat man aus dem Bringen der Kinder zu Jesu einen Ritus und ein Geschäft gemacht.

Jeder Gedanke an eine Taufe ist in diesen Schriftstellen ausgeschlossen, sowohl an die jüdische Bußtaufe des Johannes wie auch an die vom HErrn angeordnete christliche Taufe, denn diese wurde erst nach Seiner Auferstehung von dem HErrn angeordnet und konnte nur an Gläubigen vollzogen werden.

So, wie der Satan damals die wehrenden Jüngerhände gebrauchte, so kann er auch heute noch Jüngerhände gebrauchen, Kinder von dem Segen des HErrn fernzuhalten, sei es durch Widerstand, sei es durch Gleichgültigkeit der Kinderarbeit gegenüber. Des Feindes Ziel ist erreicht, wenn der Wille des HErrn: „Lasset die Kindlein zu Mir kommen!“, nicht ausgeführt wird.

Der HErr hatte über ernste Dinge mit Seinen Zuhörern gesprochen. Vielleicht wünschten die Jünger, zum Nachdenken ungestört zu sein - vielleicht wollten sie dem HErrn auch Ruhe gönnen oder dachten, daß es nicht schicklich sei, den HErrn mit den kleinen Kindern zu bemühen. Was wir auch zur Entschuldigung der Jünger anführen mögen, wir kommen nicht an jenen Worten vorbei: „Als aber Jesus es sah, wurde Er unwillig.“ Selten berichtet die Schrift, daß der HErr

unwillig wird. Hier geschieht es in Verbindung mit dem Wehren der Jünger. Damit rechtfertigte Er den Wunsch derer, die die Kindlein zu Ihm brachten, daß Er sie anrühren und mit ihnen beten möge.

Diese Zurechtweisung der Jünger spricht von der Liebe des HErrn zu den Kindern. Er bekannte Sich zu denen, die die Kinder zu Ihm brachten, während Er für die wehrenden Jünger nur Worte des Tadels hatte.

Kann es in unseren Tagen, wo Satan in allerlei Weise sich der Kinderherzen zu bemächtigen sucht, etwas Köstlicheres geben, als diese Kinder zum HErrn zu bringen und sie mit Dem zu beschäftigen, der die Kinder liebt?

„Wehret ihnen nicht, denn solcher ist das Reich Gottes.“ Dieses Wort soll uns ermuntern, alle (also nicht nur unsere oder der Geschwister Kinder) zum Herrn Jesus zu führen. Wie wichtig ist es, Kinder zu sammeln (man mag dies „Sonntagsschule“, „Kinderstunde“ usw. heißen) und zu ihnen von dem großen Kinderfreund und dem Wert der Erlösung durch das Blut des Heilandes zu sprechen! Alle können hier mithelfen! Zwar kann nicht jeder an der direkten Arbeit an dem Kinde teilnehmen, wohl aber durch Einladungen, Fürbitte usw. Möchten viele willig werden, die Arbeit an den Kindern zu unterstützen! Kinderstunde zu halten ist heiliger, schöner Dienst, aber oft sehr schwer, und er sollte nicht durch wehrende Hände und tadelnde Worte noch mehr erschwert werden. Laßt uns vielmehr einander ermuntern und nicht müde werden, in der Arbeit an den Kinderherzen dem HErrn in Treue zu dienen!

H. Hdt.

Im Kleinen treu.

Gott legte dem Gideon ein Schwert in die Hand, den Kriegsleuten, die Jericho belagerten, Trompeten, der Tabea eine Nähnadel. Damit sollten sie ihr Wert verrichten und ja nicht müßig sein. Was hat der HErr denn in deine Hand gelegt? Hat Er dir eine Schaufel in die Hand gelegt?

Einen Hammer? Schwinge ihn früh und spät! Er hilft dir, den Teil der Arbeit verrichten, der dir zugeteilt ist. Sei nicht verdrossen und laß dich nicht irremachen in deiner Arbeit, weil du nicht Großes tun darfst und kannst. Merke dir, es gibt viel mehr kleine Dinge zu tun als große, und wer weiß, was mehr Frucht schafft, das, was Menschen groß, oder das, was Menschen klein nennen. Und das, was du dem HErrn tust, bringt dir den schönsten Lohn und anderen Segen, gleichviel, ob es dir glänzend oder gering vorkommt. Nicht alle sind zu dem Werk eines Mose, eines Josua, eines Paulus, eines Luther berufen; aber Gott braucht viele kleine Größen wie Barnabas, die Magd Rhode, die Kleidermacherin Tabea in der Stadt Joppe. Zu großen Dingen sind nur wenige ausersehen, und die dazu berufen sind, wissen es selbst nicht. Merke dir auch: Was einer am besten zu tun versteht, dazu ist er berufen. Die Leute, welche immer das tun wollen, was sie nicht tun können, bringen es zu nichts im gewöhnlichen Leben, aber auch in der geistlichen Arbeit bleiben solche Stümper.

S.

Frage und Antwort

Frage 7

In Jesaja 13,22 heißt es in bezug auf Babylon „Seine Tage werden nicht verlängert“ und Dan. 7,12 „eine Lebensverlängerung wurde ihnen gewährt“; also auch dem babylonischen Tiere! Wie ist das zu verstehen?

Antwort A

Man darf eben Babel, die Stadt und Sitz des babylonischen Weltreiches, nicht mit diesem selbst verwechseln. Zur Zeit Jesaias war Babel in Abhängigkeit von den Assyrerkönigen; noch nicht Weltreichshauptstadt. Der Geist Gottes nimmt aber vorweg, daß die Stadt das werden würde, und beschäftigt sich gerade deswegen mit dem, was sie als solche treffen wird.

Im ersten Jahr Belsazars, Dan. 7,1, war das erste der vier Weltreiche seinem Ende nahe. Der Geist Gottes hatte da mit diesen Gesichten Daniels etwas anderes im Auge, als die Stadt Babel zu kennzeichnen: Die Herrschaft der Weltreiche steht im Vordergrund Seiner Mitteilungen. Und dieses eigentlich auch nur, um über die drei ersten hinweg auf das vierte und dessen Ende und dann auf Den zu kommen, dessen Herrschaft eine ewige sein und dessen Königtum nie zerstört werden würde. Die dreimal einleitenden Worte: „Ich schaute in Gesichten der Nacht“, zeigen an, daß jedesmal etwas Besonderes kommt. Das erstemal bringen sie vor uns das Aufsteigen aus den unruhigen Völkermassen aller vier Tiere mit der Beschreibung des ersten und zweiten, und nach letzterem auch des dritten. Das vierte ist von derartigem Aussehen und Charakter, und die Veränderungen, die an ihm vorgehen, sind so auffällig, daß ein zweites „Ich schaute in Gesichten der Nacht“ es als etwas weit über die drei ersten Hinausgehendes hinstellt. Nach dem babylonischen, medopersischen und mazedonisch-griechischen Weltreich ist das römische Weltreich, so wie es in der jetzt zurückliegenden Zeit war und in zukünftiger sein wird, die Aufsummierung dessen, was die Weltherrschaft des Menschen ist und auf was sie hinausläuft: auf offene Empörung gegen Gott, der sie ihm anvertraut hat. Siehe die Deutung des Gesichts V. 15ff.

Da stehen nun in den Versen 11 und 12 die Tatsachen einander gegenüber: durch Gerichtsbeschluß ist gänzliche Vernichtung das Los des letzten Darstellers der Weltherrschaft, der Aufsummierung derselben im wiedererstehenden römischen Reich und in der Person seines Herrschers, wodurch Raum gemacht wird für Reich und Herrschaft des Sohnes des Menschen, der Heiligen der höchsten Örter und des Volkes dieser Heiligen, d. i. der Juden, Israeliten: Verse 13.14.27b.18.22.27a; und: die drei ersten Tiere werden nicht vernichtet; nur ihre Herrschaft wird weggenommen, Verlängerung des Lebens aber bis zu einem gewissen Zeitpunkt wird ihnen zugestanden; was sagen will: Die staatlichen oder völkischen Verhältnisse der drei ersten Reiche können fortbestehen, solange es Gott gefällt; nur die Gewalt weltbeherrschender Autorität geht ihnen unwiedererlangbar verloren. So war es in der Folge. Babylon als Provinz (heute der vielgenannte Irak) bestand fort unter dem medo-persischen und griechisch-mazedonischen Weltreich. Persien und Griechenland bestehen sogar dem

Namen nach noch als Staaten.

Die Stadt Babel hat ihren Ursprung im Eigenwillen und der Gottwidersetzlichkeit des Menschen; Machtwille und Eroberungssucht kennzeichnen ihren Ursprung, 1. Mos. 11,1-9 und 10,10; sie ist die erste und älteste Stadt der nachsintflutlichen Welt und verkörpert in der Schrift den Menschen in seinem Stolz, seiner Herrlichkeit, seiner Macht, seiner Götzendienerei und seiner Verderbnis. Die Höhe dieser Charakterisierung erreichte sie unter Nebukadnezar, der Juda in Gefangenschaft führte und Jerusalem und den Tempel zerstörte. Unter ihm war sie der Ausdruck seiner Macht.

Die ganze Zeit des Außerlandesseins Judas und Israels wird in den Propheten als Gefangenschaft in Babylon betrachtet. Die Rückkehr einer kleinen Zahl nach dem Dekret des Cyrus, die Wiederherstellung des Tempels und Jerusalems, das Kommen des Messias und was sich daran anschließt, ist nur eine Episode innerhalb dieser Gefangenschaftszeit. Mit dem Fall Babels verknüpft sich in der prophetischen Schau die Zurückbringung Israels. Das liegt in der Zukunft. Da wird dann Babel im letzten Weltreich gesehen. (Vergleiche in der Offenbarung das Tier aus dem Meere Kap. 13 und Babylon Kap 17 und 18.) Darum verknüpft sich der geschichtliche Untergang Babels durch die Meder und Perser, wie er verschiedentlich in den Propheten, also auch in Jes. 13 und 14, geschildert wird, mit der Endzeit. Die Rückkehr in miniatura (im Kleinen) unter Cyrus und seinen Nachfolgern war ein Angeld auf die endgültige Rückkehr, die jetzt noch zukünftig ist.

Wie nun in der Endzeit das, was dann Babylon ist, gänzlich zerstört werden wird, so mußte auch zu ihrer Zeit die Stadt Babel, die durch das erste der vier Tiere den Gipfel ihrer Macht und Pracht erstieg, der Zerstörung anheimfallen, ohne je Wiederherstellung zu erleben, wenn es als Verkörperung des Götzendiener- und Menschenhochmutsystems nicht wiederum Anlaß zur Verführung hierzu werden sollte. Es ist ein merkwürdiges Ineinandergreifen in Jesaja 13 von geschichtlichen Ereignissen bei der Eroberung Babels durch die Meder und Perser und der Hinausschau auf die Endzeit mit Aussprüchen über die Gerichte, die der Tag des HErrn über die Erde bringen wird. Weil diese Gerichte in der Zerstörung Babels vorgeschattet werden, „darum

wird sie in Ewigkeit nicht bewohnt werden, keine Niederlassung mehr sein, (nicht einmal) der Araber wird dort zelten, Hirten dort nicht lagern lassen“. Es wurde so, so daß ihre Stätte nicht einmal mehr gekannt war, obwohl erst im Laufe von Jahrhunderten unserer Zeitrechnung; daher, und weil es folgerichtig nicht mehr erstehen kann und wird, die Weissagung: „Seine Tage werden nicht verlängert werden“, im Gegensatz zum wieder aufblühenden Israel, Kap. 14,1.2 und andere Stellen.

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Etwas Wesentliches zu diesen Ausführungen unseres w. Mitarbeiters, der in dieser Antwort uns viel biblisches Licht über den erfragten Gegenstand bringt, hinzuzufügen, ist mir nicht gegeben, aber ich möchte bei dieser Gelegenheit mit Nachdruck hinweisen auf die wichtigen Darlegungen, die unser in diesem Jahre entschlafener teurer Mitarbeiter von einst K. O. St. in Frage 18 des Jahrbuches 14 gibt, in denen wir über den Charakter des vierten Weltreichs, des römischen, d. i. des Babylon der Endzeit, belehrt werden. Man lese bitte dort nach!

Nur noch einige Worte füge ich hier an:

„Babel“ heißt ja „Verwirrung“, und wie sehr trägt schon die heutige Zeit Kennzeichen der Verwirrung und Vermischung! Was für Zeiten gehen wir entgegen! „Welche solltet ihr dann sein“ (2. Petr. 3,11), dürfen wir auch auf uns im Blick auf die nahende Zukunft anwenden. „Heiliger Wandel und Gottseligkeit“ sollte uns kennzeichnen angesichts der Auflösung der sittlichen und geistlichen Ordnungen Gottes, wie wir sie jetzt allenthalben spüren! Aber jetzt, wo noch die Gemeinde des HErrn hienieden ist, da kann das babylonische Verderben sich noch nicht so auswirken, es stehen ihm ja noch Hindernisse entgegen, die es nicht einfach wegfegen kann (vgl. 2. Thess. 2!); aber wenn diese hinweggenommen sind, dann wird die Welt die ganze Fäulnis des wiedererstandenen vierten (römischen) Weltreichs mit seinem Charakter Babels, der „großen Hure“ (Offenb. 17 und 18), zu schmecken bekommen. Und Seinem Volke sagt

daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen ...“ (18,4) Und sagt Sein Wort nicht für heute ganz Ähnliches in dem bei vielen „unbeliebten Schriftwort“ 2. Kor. 6,14-18 (17!!)?! Warum kleben so viele Gläubige so an dem religiösen Bösen unserer Tage (mehr als an dem sittlichen Bösen!), das doch auch heute seinen Babel-Charakter nicht verleugnet. Verwirrung und Vermischung!? Ja, warum? Aus Menschenfurcht? Aus Unkenntnis der Schrift? Aus pietätvollem Festhalten an dem Althergebrachten ohne Rücksicht auf das Gottgewollte? Aus der (falschen) Ansicht, daß man durch das Festhalten an jenen Dingen mehr „tun“, mehr erreichen könne? usw. Einerlei, was die Gründe sind - genug. Das Wort sagt: „Sondert euch ab!“ Und wir - was sagen, was tun wir? Geliebte, das Wort mahnt jene in Offenb. 18,4: „Auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen.“ Geht das uns heute nichts an? Lasset uns durch die Gnade gehorsam, wachsam und treu werden, damit an uns nichts vom Charakter Babels zu sehen sei, wodurch wir dem HErrn Schande bereiten, sondern damit wir Ihm dienen, wie Sein Wort es sagt! Wenn Babel in Seinem Endwesen, wie einst in seiner Anfangsart, gänzlich zerstört wird, wie können wir noch damit in Gemeinschaft sein?! Eine ernste Frage für solche, welche des HErrn sind und auch sein wollen! Der HErr gebe uns Licht darüber!

F. K.

Frage 8

Was bedeutet und worauf bezieht sich Jes. 21,11.12? Hat die Stelle etwa auch Beziehung auf die heutige Zeit? und wenn ja, was für welche?

Antwort A

Vor allem ist zu beachten, daß der Ausspruch einer der zehn ist, die in diesen Kapiteln aufeinander folgen. Es ist schon mehrfach in den „Handreichungen“ darauf hingewiesen worden, daß Jes. 13 bis 27 das Gericht über die Nationen vorführt, zu dem Israel durch den Abfall von seinem Gott den Anlaß gibt. Gott benützt die Nationen zur Bestrafung Israels. Wenn

Beschreibung ist derart, daß die zur Zeit des Propheten bevorstehenden Gerichte das Sprungbrett bilden, um gleichzeitig in die Tage der Endzeit hinüberzusetzen, so daß die Zustände und die kriegerischen Ereignisse von des Assyrers Sanherib Tagen über die Chaldäer und Meder und Perser hinweg verbunden und verflochten werden mit der Geschichte Israels und Jerusalems der Endzeit, mit der Geschichte von dem, was und wer der Babylonier und der Assyrer der Endzeit ist und auch was die wieder in der Endzeit wie damals vorhandenen kleineren Nationen um Israels Land her sind. Das bringt mit sich, daß der eine und andere Hinweis, die eine und andere Benennung geheimnisvoll sind. Da gibt es, Kap. 18, ein „Land des Flügelgeschwirrs jenseit der Ströme von Äthiopien“: errate wer kann, was für ein Land gemeint ist! Da ist „die Wüste des Meeres“, Kap. 21, womit das schon Kap. 13 gemeinte Babylon genannt wird. Da ist, Kap. 22, „das Tal der Gesichte“: Jerusalem.

Die Aneinanderreihung der Städte, Länder, Nationen in den zehn Aussprüchen oder „Lastworten“ ergibt, von hoher Warte aus gesehen, eine eindrucksvolle Zeichnung. Kap. 13 und 14 zeigen: die Weltherrschaft der Nationen, in Babel denselben übergeben, weil Israel verwirkt hatte, Mittelpunkt der Weltregierung durch Jehova zu sein, durch Babels Zerstörung aufgehoben, wodurch Israel zur Ruhe kommt am Ende der Tage. Auch der Assyrer der Endzeit, der kurz nach dem Beginn von Israels Ruhe als letzter Feind vom äußersten Norden heranzieht (Gog von Hes. 38 u. 39), wird weggefegt. Die Feinde im Innern des Landes, durch die Philister dargestellt, ebenfalls. Die Kapitel 15-23 fügen zu dem, was in Kap. 13 und 14 eigentlich etwas Abgeschlossenes ist, noch besondere Charakterzüge denen hinzu, die in den Kapiteln 13 und 14 sich zeigen. Das Ganze gibt ein Weltbild, wie nur der Geist Gottes es entwerfen kann, wenn der Mensch als Israel und als Nationen in Frage kommt.

Nach diesen Kapiteln wie nach dem Gesamturteil der Schrift ist gekennzeichnet:

1. Babylon als die Brutstätte des Götzendienstes und des damit verbundenen Verderbnisses in der Welt.

2. Philistäa als stets aufsässiger innerer Feind Israels.

3. Moab als Verkörperung des Hochmuts des Menschen, der aber in Wehklagen umschlagen wird.

4. Damaskus als äußerer Feind des Volkes Gottes, der sich mit dem abgefallenen Teil des Volkes zum Umsturz verbindet. (Jes. 7,4-8)

5. Ägypten als die Welt in ihrem natürlichen Zustande, in dem sie trotz Götzenanrufung und eigener Weisheit zugrunde geht.

6. Die Wüste des Meeres, Babylon, als Wahrzeichen des Gerichts über Götzendienst und Herrschsucht, wie es heute inmitten der Länder verwüstet und so ein Vorbild davon ist, wie es dem Babylon der Endzeit ergehen wird: Jes. 21, 9 u. Offenb. 18,2ff.

7. Siehe später: „Duma“!

8. Arabien, die Nachkommen Ismaels und der Söhne Abrahams von der Ketura (1. Mos. 25,6) als die Unbändigkeit des natürlichen Menschen (1. Mos. 16,12), wie es die Beduinenstämme bis heute sind.

9. Das Tal der Gesichte, Jerusalem, als das bekennende, aber abtrünnige Judentum damals, jetzt und in der Endzeit. (Vgl. Offenb. 11,2)

10. Tyrus als die Herrlichkeit des Systems „Welt“, wie die Welt dieselbe unter dem „Fürsten dieser Welt“ und durch denselben hat (vgl. Hes. 27 und 28, und Luk. 4,5-8), ihrer aber durch Gericht verlustig geht.

Als Erklärung für diese lange Einleitung, um endlich auf die eigentliche Frage und Antwort zu kommen, muß gesagt werden, daß ohne diese Übersicht die Antwort nicht das Interesse finden würde, das sie beanspruchen darf, und auch nicht das richtige Verständnis.

In Duma als Nummer 7 wird ein Zug des menschlichen Wesens eingeführt, der leicht nicht ernst genommen wird, vor Gott aber als sehr ernst gewertet wird, sonst wäre er nicht, und

wenn doch, nicht auf solche Weise unter die Zehnzahl der Aussprüche, die symbolische Zahl der Verantwortlichkeit des Menschen gegen Gott, eingeführt worden.

Daß Edom in Frage kommt, wird von niemandem beanstandet werden. Daß aber der frühere Name der Gegend, „Seir“, 1. Mos. 14,6, in Anwendung kommt, hat wohl denselben geheimnisvollen Grund, wie daß Jerusalem „Tal der Gesichte“, Babylon „die Wüste des Meeres“ heißt; den nämlich, daß an darunterliegende, beachtenswerte Zustände gedacht werden soll. Der Name „Duma“ ist eine Verstärkung dieses Gedankens. Als Name eines Ortes im Gebirge Juda kommt es einmal vor: Jos. 15,52; als Name eines ismaelitischen Volksstammes zweimal: 1. Mos. 25,14 und 1. Chron. 1,30. In unserer Stelle als Ortsname aufgefaßt, käme es als solcher zum letztenmal vor und wäre ein Ort des Gebirges Seir oder Edom. Das Wort hat die Bedeutung „Stillschweigen, das stille Land, Totenreich“. Siehe Ps. 94,17 und 115,17.

Es erhebt sich die Frage: Ist nicht mehr Gewicht auf diese Bedeutung des Namens als auf den Ort gelegt? Denn der Inhalt des Ausspruchs hat die Bewohner des Gebirges Seir im Auge, nicht speziell Duma. Die Übersetzer scheinen das auch zu fühlen; wenigstens erachtet die Elberfelder Übersetzung die Mitteilung der Bedeutung des Namens in einer Fußnote für angebracht. Die Frage an den Wächter scheint eine solche überheblichen Spöttelns zu sein. In der Antwort, daß die Nacht kommt, läge dann gerade das, was der Name Duma besagt, nämlich, daß das Ende des hochmütigen Spötters die Nacht des Todesschweigens ist, wenn er nicht umkehrt.

Es ist auffallend, daß der Geist Gottes es so hinstellt: nach sechs Zeugnissen über zukünftige Gerichte (zukünftig: Babel z. B. war damals noch gar nicht Weltreichsstadt, war nur eine assyrische Provinzstadt) und nachdem eben von einem Wächter berichtet worden ist (Vers 8), der die Nächte hindurch auf seinem Wachtposten steht, um den Fall Babels zu erspähen; der auch die Offenbarungen, die er von Jehova der Heerscharen, dem Gott Israels, gehört, dem Teile des Volkes Gottes, das aus den Gerichten heil hervorgeht (Jehovas „Ausgedroschenes“ und „Sohn Seiner Tenne“), verkündigt hat, wird der Fortgang der Gerichtsaussprüche durch die spöttischhochmütige Frage eines Unbeteiligten an den Propheten unterbrochen: „Du Wächter, du weißt doch alles so genau, hast vielemal von einem kommenden Tage, vom „Tage Jehovas“,

„jenem Tage“, hast schon von „Dunkel, Finsternis“ gesprochen (8,20 - 9,2), du scheinst ein Nachtwächter zu sein, so sag an: „ist die Nacht bald rum, kommt bald der Morgen?“ Das weiter Auffallende ist, daß die Frage aus Seir-Edom kommt, dessen Vorfahr ein leichtfertiger Verächter höherer Dinge gewesen war. (1. Mos. 25 und Hebr. 12)

Hieraus entnehmen wir die Bedeutung und die Beziehung, nach denen gefragt wird. Jes. 21,11 bedeutet: Der Charakter eines Volksstammes, einer Nation liegt in deren Ursprung; die Fortentwicklung macht die Eigenschaften nur noch offenbarer, und das Ende trägt die Last: Kap. 34! Jes. 21,11 bezieht sich auf die Verwandtschaft zwischen Israel und Edom und legt eindringlich nahe: Wer durch natürliche Beziehungen über Gottes Gedanken Bescheid weiß, der hüte sich, mit dieser Kenntnis verächtlich umzugehen! Die Folgen werden nicht ausbleiben (Mal. 1,3-5), wenn sie auch nicht gleich kommen.

Die Antwort Des Wächters ist ruhig, gemessen, ist eine Antwort tragender Geduld. Zunächst ist sie eine Bestätigung des allgemeinen Inhalts prophetischer Schau und prophetischen Zeugnisses: Der Tagesanbruch kommt (Jes. 60,2), aber zum Wehe der Spötter: Die Gerichte, welche den Tagesanbruch einführen, stürzen sie in ewige Umnachtung (siehe Fußnote Elberfelder Übers.). Dann enthält sie aber auch den zur Rettung drängenden Hinweis: An die Stelle spöttelnden Zurufs setzt ernste Fragen, wie ihr dem drohenden Unheil entrinnen könnt; die Einladung dazu ergeht an euch.

So hat die Unterbrechung der Verkündigung von Lastworten durch den unberufenen Frager Anlaß zu einem weiteren Lastwort gegeben, in welchem als solchem von vornherein offenbar liegt: Weil ihr Ermahnungen nicht zugänglich seid, wie eure bisherige Geschichte gezeigt hat, und ihr die Antwort nicht zu Herzen nehmen werdet, wird sie zu einer Last, die euch erdrücken wird. „Ausspruch“ ist eigentlich, wie Luther (u. a.) übersetzt, „Last“, die Erhebung der Stimme, um einen schwerwiegenden Ausspruch zu tun.

Es ist nicht so, daß buchstäblich irgendwie von Edom her dem Propheten eine solche Frage zugegangen wäre. Sondern der Geist Gottes wollte Edom in die Zehnzahl der Lastworte

wählt er die vorliegende Form des Ausspruchs in Frage und Antwort. Der Charakter der „Ungöttlichkeit“ in der Mißachtung von Vorzügen, die Gott gewährt hat, wird so herausgestellt. (Hebr. 12,16.17)

Hierin liegt nun eben die Beziehung oder Anwendung auf die heutige Zeit, nach der ebenfalls gefragt wird. Ungefähr 780 Jahre nach Jesajas Ausspruch, als die „letzte Tage“ genannte Zeit (Jak. 5,3 und 2. Petr. 3,3ff.) durch das Erscheinen des Messias da war und Sein, des in den Himmel Gegangenen, Wiederkommen verkündigt und gewußt war, wird von Spöttern gesprochen, die genau jenen aus Seir gleichen. Die Aussprüche Gottes über die Ankunft des Heiligen und über den Tag des Gerichts, die Einführung des Tages, der die Nacht verdrängt, sind ihnen geläufig, und dabei fragen sie in unbegreiflicher Frechheit, wo die Verheißung Seiner Ankunft sei, da doch alles beim alten bleibe. Und doch ist dies Beim-alten-bleiben, wie Petrus weiter ausführt, dieselbe göttliche Langmut, die in Jesaia zur Wiederkehr auffordert. Hier „will sie nicht, daß irgendwelche verloren gehen, sondern daß alle zur Buße kommen“. Wie beherzigenswert dann die Anwendung von Jes. 21,11.12 auf die heutige Zeit, welche nur die bis jetzt verlängerten „letzten Tage“ des Jakobus und Petrus ist.

Eine Wiedergabe des hebräischen Textes möge noch folgen, welche denselben möglichst nachahmt. Da ist gleich bei dem Wort „Duma“ sowohl der Klang als die Bedeutung gut gelungen. „ Dumpfes Schweigen“ ist uns ja ein geläufiger Ausdruck. Zwei Formen für „Nacht“, die im Hebräischen vorkommen, sind dadurch unterschieden, daß die verlängerte hebräische Form im Deutschen durch Hinzufügung von „noch“ gegeben wird. Um bei „fragen“ den Gleichklang zu wahren und weil es gar nicht das eigentliche Wort für „fragen“ ist, ist ein anderer treffender Ausdruck gewählt, und dieweil das „Kommet her“ auch im Gleichklang mit „fragen“ steht, so ist das auch nachgeahmt:

Lastwort über die Dumpfe:

Zu mir ruft's von Seir her:

Wächter,

wieviel von der Nacht noch,

Wächter,

wieviel von der Nacht?

Spricht der Wächter:

Morgen zieht herauf,

aber auch Nacht noch, -

wollt ihr's ermühen,

mögt ihr euch mühen,

mögt wiederkehren,

mögt herwärts ziehen.

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Noch weniger als bei der vorigen Frage fühle ich mich bei dieser bemüßigt, etwas Wesentliches hinzuzufügen! Ich denke, es wird den meisten Lesern gehen, wie es mir erging: Sie werden staunen über die Reichhaltigkeit dieser kostbaren Antwort, die uns die ungleich größere Reichhaltigkeit des Wortes so herrlich zu erschließen bemüht ist. Da heißt es für mich Ps. 119,162: „Ich freue mich über Dein Wort wie einer, der große Beute findet.“

Es wird bei manchem schon so gewesen sein, daß er die (erfragte) Bedeutung der Stelle Jes. 21,11.12 für die heutige Zeit einfach ohne Rucksicht auf den Zusammenhang einzig in dem Ausdruck gesehen hat: „Wächter, wie weit ist's in der Nacht?“ und in dessen Antwort: „Der

Morgen kommt und auch die Nacht“ - indem man darin eine ernste Frage und eine tröstlichernste Antwort sieht. Aber der Zusammenhang in obiger Beleuchtung dieser an sich dunklen Stelle zeigt doch anderes: Die Beziehung auf Edom = Esau beweist uns, daß der Lastspruch mehr den verächtlichen Ton des Fragers (Seir = Edom) und die nicht tröstliche, sondern ernststrafende Antwort Des wissenden Wächters kennzeichnen will. Und die Anwendung auf die heutige Zeit ist von außerordentlicher Wucht! Ist auch eine Last, die uns Heutigen auf's Herz gelegt ist! Wir sehen die „Edoms“, die „Esaumenschen“ von heute vor uns, die um kurzer Erdengenüsse halben himmlische Anrechte verscherzen! Und das gerade scheint mit das erschütternd Ernsteste zu sein, daß - wie unser Mitarbeiter sagt - wer durch natürliche Verwandtschaft (wie zwischen Israel und Edom) über Gottes Gedanken Bescheid weiß, sich hüten soll, mit dieser Kenntnis verächtlich umzugehen! Ja, ist nicht die Esau-Stelle in Hebr. 12,16f.

zu Gläubigen, wenigstens zu als gläubig Geltenden gesagt?! Die Spötter von 2. Petr. 3 können nicht Gläubige sein, höchstens religiöse Nachahmer, und wenn ihre Esaugesinnung in dem verächtlichen Spott hervorkommt: „Wächter, wie lange dauert's denn eigentlich noch, bis der HErr kommt?“, so ist es eine Gesinnung von nur scheinbaren Verwandten der Familie Gottes - aber die Ermahnung von Hebr. 12 geht doch zunächst an Gläubige! Freilich, die Stelle sagt nicht, daß wahre aus Gott Geborene wirkliche „Ungöttliche“ wie Esau sein sollten oder (deutlicher) bleiben können, mit den ganzen traurigen Folgen, die Esau für seine ungöttliche Eßlust schmecken mußte - aber das Wort sagt sehr wohl, daß auch wir Gläubigen in Gefahren geraten können, durch die wir einen Esaucharakter tragen können, der sich für uns nicht ziemt. Aber während Esau keinen Raum für die Buße fand und den Segen mit Tränen vergeblich suchte, wird von uns gesagt, wozu wir gekommen sind! (V. 22-24!) Doch auch das kann nicht gesagt werden ohne die für die Hebräer notwendig gewordene (für uns auch??) Mahnung: „Sehet zu, daß ihr den nicht abweiset, der da redet!“ (V. 25 im Zusammenhang von V. 18-29 mit dem ernsten Schluß: „auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer.“) Esau ein Verwandter des Volkes Gottes damals - und heute? Wahre Gläubige zuzeiten Esaucharaktere? Welche traurige Perspektiven! Wie sehr nötig haben wir alle, uns mahnen zu lassen vom HErrn, gerade

Ich allen: wachet!“ (Mark. 13,37)

Ja, der Morgen kommt - und dann ist's aus mit dem sich dann noch über das angekündigte Gericht Gottes Hinwegsetzenkönnen, denn danach kommt erst die wahre Nacht! Und wenn wir - echte Gläubige - spielen, tändeln, als wenn der HErr noch lange nicht käme - der Morgen kommt und - sagt zu uns der HErr - „es kommt die Nacht, da niemand wirken kann“ (Joh. 9,4): Dann ist es auch für uns zu spät, Verlorenes, Verscherztes wieder einzuholen! Darum „wachet!“ Darum lassen wir uns warnen durch diese noch dunkle? nein, jetzt hell gewordene Stelle über Duma! Denn „alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben“, - „alle diese Dinge widerfahren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist.“ (Röm. 15,4; 1. Kor. 10,11!)

Der HErr bewahre uns, daß nicht auch an uns Edoms-, Esauzüge zu finden seien, die uns - wenn auch nicht verlorengehen lassen - so doch unter ein Strafgericht bringen würden! (Vgl. 1. Kor. 11!) Die Zeit ist zu ernst!

„Wächter, wie weit ist's in der Nacht?

Der Morgen kommt - und auch die Nacht!“

Es seien eure Lenden umgürtet und eure Lampen brennend! Und ihr seid Menschen gleich, die auf ihren HErrn warten ... Glückselig jene Knechte, die der HErr, wenn Er kommt, wachend finden wird!“ (Luk. 12,35-37)

F. K.

 

 

 

Der Fremdling vom Himmel.

Einige Gedanken über das Johannesevangelium.

Das Johannesevangelium schildert uns die Herrlichkeit des Herrn Jesus von besonders

erhabener Warte aus. Wir tun einen Blick in die Herrlichkeit des Sohnes Gottes. Gott Selbst, in der Gestalt des Sohnes, das göttliche Licht und das ewige Leben, findet in diesem Evangelium eine überwältigende Darstellung. Das Wort von Ewigkeit her „ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater“. (Kap. 1,14)

In den gleichen Eingangsversen wird uns der ganze hoffnungslose Zustand des Menschen vor Augen geführt. Der Mensch war tot in Sünden und Vergehungen. Nichts war in ihm, an das Gott hätte anknüpfen können. Das Licht wurde von der Finsternis nicht erfaßt; die Welt, die durch Ihn ins Dasein gerufen wurde, kannte Ihn nicht; die Seinigen nahmen Ihn nicht an.

In einer solchen Welt fand der HErr der Herrlichkeit keinen Platz. Er wurde von den Juden weder verstanden noch anerkannt. Sie konnten keine Herrlichkeit in Ihm erblicken; denn die Finsternis erfaßte das Licht nicht. In einer Welt, die ihren Schöpfer nicht kannte, ging der Sohn Gottes als Fremdling einher, ein göttlicher Fremdling auf Erden. -

Die anderen Evangelien weisen diese Züge nicht in so starkem Maße auf. Im Matthäusevangelium wird das Volk der Juden als Gottes Volk anerkannt (Kap. 1,21; 2,6), und der HErr erscheint in ihrer Mitte als der wahre Erbe des Thrones Davids. Er ist gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. (Kap. 15,24) Im Lukasevangelium macht Er Sich in besonderer Weise mit dem treuen Überrest der Juden eins, indem Er Sich gleich diesem durch Johannes taufen läßt. (Kap. 3,21) Diese Taufe findet sich in allen drei Evangelien, aber nicht im Johannesevangelium. Wohl wird berichtet, daß der HErr bei dem Täufer war (Kap. 3,26), aber Sein Platz war nicht inmitten des Volkes als ihr König oder ihr Prophet; denn Der, welcher vom Himmel kam, war über allen, und Sein Zeugnis nahm niemand an. (Kap. 3,31.32) Das Licht vom Himmel strahlte in die Finsternis, aber die Finsternis ertrug es nicht. Feindschaft und Unglaube widerstanden dem HErrn Jesus, wo immer Er auftreten mochte.

Deshalb finden wir in unserem Evangelium den HErrn so oft allein. Wohl trat Er immer wieder unter die Volksmenge, um Licht und Leben in mächtigem Zeugnis zu offenbaren, aber die Juden

Lichtes drangen nicht in ihr Gewissen, nicht in ihr Herz. So verbarg Er Sich zeitweilig vor ihnen, bis die Stunde kam, da Er Sein Leben freiwillig dahingab. In Kap. 5,13 entwich Er, weil eine Volksmenge an dem Orte war. Als Ihn die Volksmenge zum König machen wollte - es war nur ein fleischliches Begehren -, entwich Er auf den Berg, Er Selbst allein. (Kap. 6,15) Als Seine Brüder nach Jerusalem hinaufgegangen waren, ging auch Er hinauf zu dem Feste, nicht offenbarlich, sondern wie im Verborgenen. (Kap. 7,10) Wie hätte auch die Herrlichkeit des Laubhüttenfestes, die in Ihm beruhte, in Erscheinung treten können, solange die Juden ihren gottentfremdeten Zustand bewahrten? Im 8. Kapitel verwarfen sie Seine Worte und hoben Steine auf, damit sie auf Ihn würfen: „Jesus aber verbarg Sich und ging aus dem Tempel hinaus.“ (V. 59) Im 9. Kapitel verwarfen sie Seine Werke und suchten Ihn wiederum zu greifen, aber Er entging ihrer Hand. (Kap. 10,39) Und nach der Auferweckung des Lazarus ratschlagten sie, Ihn zu töten: „Jesus nun wandelte nicht mehr frei, öffentlich unter den Juden, sondern ging von dannen hinweg in die Gegend nahe bei der Wüste.“ (Kap. 11,53.54) Schließlich redete Er noch einmal zu der Volksmenge, die weniger gehässig als die eigentlichen Juden war, aber auch sie verstand Ihn nicht: „Dieses redete Jesus und ging hinweg und verbarg Sich vor ihnen.“ (Kap. 12,36)

Der Abgesonderte unter Seinen Brüdern blieb allein. Die Juden nahmen Ihn nicht an, die Welt kannte Ihn nicht. Das war der Empfang, den man dem Sohne Gottes auf Erden bereitete, und unter diesem Zeichen stand der ganze Weg des HErrn inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts. Dennoch gab es Menschen, die einen Blick in Seine Herrlichkeit tun durften. Mochte die Volksmenge Ihn suchen müssen, da nur ein fleischliches Bedürfnis sie leitete (Kap. 6,24-26) - der Sünder fand jederzeit den Weg zu Seinem Herzen! Der HErr wandte Sich dem Verlorenen zu. Mit ihm blieb Er allein. Der Fremdling vom Himmel, von den Menschen verworfen, verband Sich mit dem Ausgestoßenen. Sie begegneten einander außerhalb des Lagers. An der Jakobsquelle beschäftigte Er Sich mit dem sündigen Weibe aus Samaria (Kap. 4), ohne Zeugen: denn die Jünger waren in die Stadt gegangen, Speise zu kaufen. (V. 8) Den Kranken am Teiche zu Bethesda, der im Gegensatz zu seinen Genossen von allen menschlichen Hilfsmitteln entblößt war, machte Er gesund und fand Ihn allein im Tempel. (Kap. 5,14) Das

wurde mit Ihm allein gelassen. (Kap. 8,9) Der blinde Bettler, den Er gesund gemacht, wurde von Ihm gefunden außerhalb des Lagers, denn die Pharisäer hatten ihn von sich gestoßen, ihn hinausgeworfen. (Kap. 9,35) Niemand durfte sich in Sein Werk mit einem Sünderherzen mischen. Er blieb mit den Verachteten, den Ausgestoßenen allein. Ihnen offenbarte der Sohn Gottes Seine Herrlichkeit und Seine wunderbare, tiefe Liebe. Mit jenen Armen der Herde erfreuen auch wir uns der Liebe unseres HErrn. Aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade. (Kap. 1,16)

Th. Bu.

Forts. folgt, s. G. w.

Edelsteine auf Seinem Herzen und Seinen Schultern.

(2. Mos. 28,5-30)

Wenn der Hohepriester Aaron früher vor Jehova im Allerheiligsten erschien, da erglänzten auf seinen heiligen Kleidern zwei Edelsteine auf den Schulterstücken des Ephods und zwölf auf dem Brustschild. Die zwei Edelsteine auf den Schulterstücken trugen je sechs Namen der zwölf Söhne Israels. Das Brustschild selbst war aus Gold, blauem und rotem Purpur, Karmesin und gezwirnten Byssus angefertigt. Auch das Ephod, auf dem das Brustschild befestigt war und der Gürtel, mit dem das Ephod angebunden war, waren aus den gleichen Stoffen.

Wie wir wissen, ist das Hohepriestertum Aarons ein Abbild von dem jetzigen Hohepriestertum unseres Herrn Jesus Christus. „Christus aber, gekommen als Hoherpriester der zukünftigen Güter, in Verbindung mit der größeren und vollkommeneren Hütte, die nicht mit Händen gemacht ... ist ein für allemal in das Heiligtum eingegangen, als Er eine ewige Erlösung erfunden hatte.“ (Hebr. 9,11.12)

In der Kleidung des Hohenpriesters Aaron wird uns, wie bekannt ist, in besonderer Weise die Herrlichkeit der Person unseres HErrn veranschaulicht. Wir sehen bekanntlich in dem Gold

Seine ewige, göttliche Herrlichkeit, in dem blauen Purpur Seine königliche, himmlische Gesinnung als Mensch und vielleicht auch Ihn als den König, dessen Reich jetzt nicht von hier ist. (Joh. 18,36) In dem roten Purpur sehen wir Ihn als den König Israels, Seines irdischen Volkes. (Matth. 2,2) In dem scharlachroten Karmesin sehen wir Ihn als den Heiland der Welt, welcher Sein Blut und Leben gab für viele, und in dem weißen Byssus als den vollkommenen, völlig reinen Menschen. Auch die andere Kleidung Aarons zeigt uns besondere Seiten der Herrlichkeit unseres HErrn. Gleichwie Aaron auf seiner herrlichen Kleidung einen besonderen Schmuck in den Edelsteinen trug, so trägt unser HErr gewissermaßen auch einen besonderen Schmuck, den Seine Erlösten darstellen vor Seinem Gott und Vater.

Wenn wir an die Geschichte der zwölf Söhne Israels denken, wie sie uns die Schrift berichtet, so müssen wir uns über die Gnade Gottes wundern, daß Er den Namen aller zwölf Söhne einen solchen herrlichen Platz an der Kleidung des Hohenpriesters und in Seiner Gegenwart gab. Nicht wenig Mängel und Gebrechen im Wandel sehen wir in dem Leben der Söhne Israels. Doch wenn wir an unseren eigenen Lebenswandel, an unsere eigenen Sünden denken, müssen wir uns da nicht noch viel mehr wundern, daß Gott uns, die wir begnadigt sind in dem Geliebten, nach Seinem Ratschluß so hoch erhoben hat? Gereinigt durch das kostbare Blut Seines Sohnes hat Er uns auch herrlich gemacht in Ihm.

Die Edelsteine auf der Brust Aarons hatten verschiedene Herrlichkeiten. Sie mögen im Lichte etwa hellrot, dunkelrot, gelblich-grün, grün, blau usw. geleuchtet haben. Auch wir, Seine Heiligen und Herrlichen in Seinen Augen, spiegeln ein jeder einen besonderen Glanz Seiner Herrlichkeit wider.

Vielleicht leuchtet bei dem einen besonders das Dunkelrot der Liebe, bei dem anderen das Grün der Hoffnung, bei einem dritten das Blau der himmlischen Gesinnung usw. „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist.“ (2. Kor. 3,18) Wir sind nicht einander gleich, aber alle kostbar in Seinen Augen, gleichwie ein Edelstein in den Augen dessen kostbar ist, der ihn kennt. Wir sind von Ihm sehr wert geachtet, erkauft und

erlöst mit Seinem kostbaren Blut. Er verkaufte alles, was Er hatte, und kaufte die Ihm kostbare Perle. (Matth. 13,45.46) „Du hast zu den Heiligen gesagt, die auf Erden sind, und zu den Herrlichen: An ihnen ist alle Meine Lust.“ (Ps. 16,3)

Auf jedem der zwölf Edelsteine war der Name von einem der Söhne Israels eingestochen. Der HErr kennt auch uns, jeden einzelnen mit Namen. Unsere Namen sind in den Himmeln angeschrieben. (Luk. 10,20) Der HErr kennt, die Sein sind, jeden einzelnen von uns.

Die zwölf Edelsteine waren mit Gold eingefaßt und an dem Brustschild befestigt, das eine Spanne lang und eine Spanne breit war. Vielleicht erinnert uns die Spanne daran, daß Seine Liebe alle Kinder Gottes umfaßt ohne Ausnahme. Alle zwölf Edelsteine waren am Herzen des Hohenpriesters, und alle Erlösten haben an dem Herzen des HErrn ihren Platz. Es ist ein großer Trost für uns, wenn wir unseres Zukurzkommens und Strauchelns gedenken und dabei doch wissen, wir haben mit all den Seinen einen sicheren Platz an Seinem Herzen. Es sind nicht natürliche Vorzüge oder Gaben, die uns diesen Platz sichern, es ist allein Seine Liebe und Seine Treue, welche auch das schwächste Glied der großen Gemeinde umfassen und festhalten. Und wie tröstlich ist es doch, zu wissen, Er verwendet Sich für mich bei Seinem Gott und Vater in den Dingen, die mich persönlich betreffen.

Wir sind zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade. (Eph. 1,6.12.14) Nicht unser Verdienst hat uns diesen herrlichen Platz verschafft, sondern die Gnade unseres Gottes und Vaters; auch war nicht unser Wille wirksam, sondern Sein Ratschluß. Wir sind zum Schmuck unseres HErrn, getragen auf Seinem Herzen droben im Heiligtum in Gottes Gegenwart. Wie groß ist doch die Gnade und der Ratschluß unseres Gottes! Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Doch nicht nur auf dem Herzen Aarons hatten die Namen der Söhne Israels einen Platz, auch auf den Schultern Aarons. Alle zwölf Namen waren eingegraben in den zwei Edelsteinen, die auf seinen Schultern befestigt waren.

Auch wir haben nicht nur einen Platz an dem Herzen, dem Platz der Zuneigung und des Mitgefühls unseres HErrn, wir haben auch einen Platz auf den Schultern Seiner Kraft, und zwar

ein jeder einzelne der Seinen, du und ich. Wir werden durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt zur Errettung. (1. Petr. 1,5) Was kann ein Mensch uns tun? Was kann uns eine gottfeindliche Welt anhaben, wenn die Macht unseres HErrn für uns da ist, wenn wir auf Seinen Schultern ruhen? Kann uns jemand diesen Platz rauben oder können die jetzt so schwierigen Zeitverhältnlsse es tun? Nein! „... niemand wird sie aus Meiner Hand rauben ... und niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben.“ (Joh. 10,28.29)

Kostbar in den Augen unseres herrlichen HErrn, getragen auf Seinem Herzen und Seinen Schultern in der Gegenwart Seines Gottes und Vaters - welche Gnade, welch ein Platz! Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, gepriesen unser großer und herrlicher Hoherpriester, unser Herr Jesus Christus jetzt und in Ewigkeit!

D.

„Der Oberste des Heeres Jehovas“

oder

„Der Anführer unserer Errettung.“

(Jos. 5,13-15; Hebr. 2,9-10)

Eine sehr wichtige Aufgabe jedes Gotteskindes ist die Betrachtung der Person seines HErrn. Immer wieder wird unsere Aufmerksamkeit auf Ihn gelenkt. Seine erhabene Person, Seine Eigenschaften und Sein Werk sind so vielseitig, daß kein Mensch es zu fassen vermag. Ob wir Ihn anschauen als den großen Hohenpriester, als das fleckenlose Gotteslamm, als den vollkommenen Knecht Jehovas, als den Menschensohn, als Gottes Wort von Ewigkeit her, das Fleisch geworden, als den wahren Weinstock, als den guten Hirten u. a. m., niemals kommen wir zu Ende, weder mit Seiner Person noch mit Seinem vollbrachten Werke, denn alles ist wie Gott Selbst unerforschlich und unergründlich. Herzen aber, die durch Gnade gelernt haben, Ihn

uns im Worte vorstellt.

Nun, in diesem kleinen Artikel möchten unsere Augen sich auf Ihn richten in Seinem Charakter als Oberst oder Anführer. Hier haben wir militärische Ausdrücke, und unser HErr ist ja der große Held in dem schrecklichen Kriege zwischen Licht und Finsternis. Es hat große Führer und Helden in weltlichen Kriegen gegeben, die vorangegangen sind und die die ihnen folgende Mannschaft zum Siege führten. Wohl bleiben in der modernen Kriegskunst die Hauptführer verborgen im Hintergrund, und die Mannschaft geht unter kleinen Führern voran. Unser HErr aber ging allein in den Kampf, gerade wie David allein dem Riesen entgegenging. Das Wort durch den Prophetenmund lautete: „Jehova hat Sich einen Mann gesucht nach Seinem Herzen, und Jehova hat ihn zum Fürsten über Sein Volk bestellt.“ (1. Sam. 13,14) Das ist auch wahr in bezug auf unseren Obersten und Anführer.

Wie erfreulich ist es doch für jedes Gotteskind, zu wissen, einen solchen Obersten und Anführer zu haben, der den Sieg über den Feind schon errungen und der jetzt die vielen Söhne zur Herrlichkeit bringt! Diese Söhne sind vielleicht zaghafte Personen, kleinlich und selbstsüchtig und oft leicht geneigt, „die Flinte ins Korn zu werfen.“ Ein weltlicher Heerführer würde wohl niemals sich an die Spitze einer solchen mangelhaften Schar stellen, er würde eine schmähliche Niederlage erwarten. Unser HErr aber schämt Sich der Seinen nicht, denn Er Selbst vollbringt den Kampf, so wie einst bei dem zitternden Volke Israel. Mose mußte den Kindern Israels sagen: „Jehova wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ (2. Mos. 14,14) Wohl lernen die Seinigen nach und nach von ihrem HErrn, wie sie zu kämpfen haben und zu Glaubenshelden heranwachsen können. Aber auch das ist Gottes Werk in den Seinigen, denn selbst David jubelte von Ihm: „Der meine Hände den Streit lehrt, und meine Arme spannen den ehernen Bogen!“ (Ps. 18,34)

Josua sah diesen Obersten, diesen Anführer in den Kriegen des HErrn, und zwar, als das Volk schon über den Jordan gegangen und die Beschneidung in Gilgal vollzogen war. Er erschien als ein Mann mit einem gezückten Schwert in der Hand. Josua fragte, ob Er für sie oder für die Feinde stehe. Eine neutrale Stellung gibt es hier nicht. Namenschristen möchten gern auf

beiden Seiten hinken. Unser HErr aber sagte: „Wer nicht mit Mir ist, ist wider Mich, und wer nicht mit Mir sammelt, zerstreut.“ (Matth. 12,30) Auf seine Frage erhielt Josua eine unzweideutige Antwort: „Nein, sondern als der Oberste des Heeres Jehovas bin Ich jetzt gekommen.“ (Jos. 5,14) Ist es noch nötig, nach der Person dieses geheimnisvollen Mannes zu fragen? Es kann nicht anders sein, es ist unser HErr und Heiland; der nämliche, der Abraham erschien, als er vor dem Eingang des Zeltes saß bei der Hitze des Tages. (1. Mos. 18,1) Josua ahnte, wer dieser Mann war, denn als ihm gesagt wurde, daß Er der Oberste des Heeres Jehovas sei, da fiel er auf sein Angesicht, huldigte Ihm und betete Ihn an. Es heißt dann weiter: „Was redet mein HErr zu Seinem Knechte? Und der Oberste des Heeres Jehovas sprach zu Josua: Ziehe deinen Schuh aus von deinem Fuße, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heilig! Und Josua tat also.“

Mehr wird uns nicht mitgeteilt, doch dies genügt vollständig. Wir wissen, wer Er ist, und wenn Er als Oberster über das Heer Jehovas gekommen ist, so muß alles gut werden. In Seiner Hand liegt die Kriegsleitung. Er Selbst geht voran. Unser teurer HErr ist der Oberste, Er ist der große Anführer. Der Sieg ist uns sicher, und wir jauchzen Ihm zu: „Gürte Dein Schwert um die Hüfte, Du Held, Deine Pracht und Deine Majestät! Und in Deiner Majestät ziehe glücklich hin um der Wahrheit willen und der Sanftmut und der Gerechtigkeit; und Furchtbares wird Dich lehren Deine Rechte.“ (Ps. 45,3.4)

Wie glücklich muß Josua gewesen sein, als Sich dieser geistliche Oberste ihm offenbarte - als er die schwere Verantwortung von seinen Schultern auf die Schultern dieses himmlischen Anführers gelegt sah. Es steht geschrieben: „Die Herrschaft ruht auf Seiner Schulter.“ (Jes. 9,6) Wissen wir auch etwas von einer solchen geistlichen Erfahrung? Sei es in den eigenen inneren Kämpfen oder in der Sorge um die Gemeinde oder in den Schwierigkeilen in der Arbeit des HErrn? Wohl erscheint Er uns nicht so wie damals dem Josua bei Jericho, aber doch zeigt der Heilige Geist Ihn unseren Herzen, sei es in der einen oder anderen Weise und Gestalt, und sicher auch als den Mann mit dem gezückten Schwert in der Hand, als den Obersten des Heeres Jehovas. Wie immer aber der Geist uns Ihn auch offenbart, immer wird Sein Anblick jedes kindlich gläubige Herz mit Mut und Freude erfüllen, so, daß man auf das Angesicht fällt

und Ihm huldigt.

Die Zeit spielt für den ewigen Gott keine Rolle. Der HErr erschien dem Josua so, als ob Er den Sieg auf dem Kreuz schon errungen hätte (ist Er doch das geschlachtete Lamm von Grundlegung der Welt an, Offb. 13,8); nun konnte eine Festung nach der andern im gelobten Lande fallen. Aber doch mußte Er den Leidensweg in der Tat betreten, und zwar bis zum Schandpfahl. Er wurde unter die Engel erniedrigt wegen des Leidens des Todes; durch Gottes Gnade schmeckte Er den Tod für alle. Der Anführer der Errettung ist durch Leiden vollkommen gemacht (Hebr. 2,9.10), und nun vermag Er völlig zu erretten, die durch Ihn sich Gott nahen. (Hebr. 7,25) Ja, Er hat nun, weil Er dazu durch Leiden vollkommen gemacht wurde, die vollständige Fähigkeit und Macht, auf ewig zu erretten.

Ist Er nicht ein unserer Liebe, unserer Huldigung und Anbetung würdiger Anführer? Sein Gegenbild „Melchisedek“ nahm sogar den Zehnten der Beute von Abraham huldvoll entgegen, und nun nimmt dieser unser Anführer die Huldigung der auf ihr Angesicht fallenden Josuas an und sagt nur, als Josua Ihn fragte, was Er Seinem Knechte zu sagen habe: „Ziehe deinen Schuh von deinem Fuße; denn der Ort, auf dem du stehst, ist heilig.“ Josua sah einen Mann, aber dieser Mann beansprucht ruhig und still die völlige Gottheit, ebenso wie der Engel, der dem Mose in dem Dornbusch erschien.

Wenn Er nicht auch Gott wäre, so hätte Er niemals die Anbetung des Josua entgegengenommen. Als der Feind in der Wüste Anbetung forderte, schlug der HErr ihn mit dem Schwerte des Wortes nieder: „Du sollst den HErrn, deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen.“ (Matth. 4,10) Dieser Oberste mit dem Schwerte nahm die Anbetung an, gerade wie der Herr Jesus die Huldigung des blindgeborenen Bettlers entgegennahm. (Joh. 9,38) Der Engel in der Offenbarung wies die Anbetung des Johannes zurück und sagte bündig: „Bete Gott an!“ (Offb. 22,8.9) Wenn wir alles dieses mit Aufmerksamkeit betrachten, so bemerken wir, wie völlig hinfällig und verwerflich die ungöttlichen Spekulationen der sogenannten „Ernsten Bibelforscher“ über die Person des HErrn sind. Diese behaupten, daß der HErr in der Vergangenheit ein von Gott geschaffenes Geisteswesen, dann auf der Erde nur ein Mensch sei.

Doch vor Seiner Menschwerdung war Er „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5), und als solcher nahm Er die Anbetung an; und das nämliche tat Er in den Tagen Seines Fleisches, als Er hier auf Erden wandelte. Satan, der Glanzstern, der Sohn der Morgenröte, wollte sich selbst dem Höchsten gleichmachen; und in die tiefste Grube ist er gestürzt worden. (Jes. 14,12-15) Aber unser HErr, „da Er in der Gestalt Gottes war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein“. (Phil. 2,6) Und mit Ehrerbietung dürfen wir sagen, daß, wenn Er nur ein Geschöpf - wenn auch das höchste Gottes - gewesen wäre und Anbetung, die nur Gott gehört, entgegengenommen hätte, so wäre das eine Vermessenheit gewesen. Doch Er nahm diese von Josua und allen Engeln Gottes entgegen (Hebr. 1,6), gerade weil Er Gott von Ewigkeit her ist, und nicht ein Geschöpf. Mit einem solchen Obersten, mit einem solchen Anführer ist eine Niederlage ausgeschlossen. Wohl schien es zuweilen in den Tagen Seines Fleisches, als ob der Feind den Sieg habe, aber er ist auf Golgatha für immer geschlagen worden.

Ach, daß wir es doch lernen möchten, uns mehr und mehr unter die vollkommene und fehlerlose Herrschaft und Führung dieses wunderbaren Obersten zu stellen, es wäre dann besser um uns bestellt. Wir würden dann Seine demütige, sich selbst zunichte machende Gesinnung in uns aufnehmen und unter Seiner Führung den listigen Angriffen des Feindes begegnen können. Gelingt es dem Feinde aber, uns ein wenig von seiner giftigen Gesinnung einzuimpfen, so ist er imstande, uns bald zu überrumpeln. Auf diese Weise trat er an Eva heran und betrog sie.

Bald aber wird unser Oberst und Anführer unserer Rettung in Herrlichkeit erscheinen, und auch dann wird ein scharfes, zweischneidiges Schwert aus Seinem Munde hervorgehen. (Offb. 19,15) „Wenn aber Er geoffenbart werden wird, dann werden auch wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.“ (Kol. 3,4) Und in dieser Herrlichkeit wird zum Ausdruck kommen, wie weit jedes einzelne Gotteskind sich mehr oder weniger unter die göttliche Führung des Obersten gestellt hat.

F. Btch.

Barabbas.

Pilatus fragt die jüdische Volksmenge: „Wen wollt ihr, daß ich euch losgeben soll, Barabbas oder Jesum, welcher Christus genannt wird?“ (Matth. 27,17) Wie aus einem Munde antwortet die Menge: „Barabbas“. Jedes Wort der Erklärung und der Vernunft wird von dem rasenden Volke mit „Er werde gekreuzigt!“ beantwortet. - Nach Pfingsten führt Petrus ihnen ihr Verbrechen mit den eindringlichen Worten vor Augen: „Ihr aber habt den Heiligen und Gerechten verleugnet und gebeten, daß euch ein Mann, der ein Mörder war, geschenkt würde; den Urheber des Lebens aber habt ihr getötet“, fügt dann aber hinzu: „Welchen Gott aus den Toten auferweckt hat.“ (Apg. 3,14.15)

Barabbas und Jesus - welch ein Gegensatz - weiter als die beiden Pole voneinander geschieden: Der eine ein Räuber (Joh. 18,40) - der andere ein in Überfluß Gebender. (Joh. 10,10)

Der eine ein Aufrührer (Mark. 15,7) - der andere ein Friedensbringer. (Luk. 2,14; Kol. 1,20)

Der eine ein Mörder - der andere der Urheber des Lebens. (Apg. 3,14.15)

Barabbas heißt: Sohn des Vaters. Wahrhaftig, er ist ein Sohn „aus dem Vater, dem Teufel“, der „ein Menschenmörder ist von Anfang“. (Joh. 8,44; 1. Joh. 3,10) - Unser Herr Jesus ist der Sohn des Vaters - der Sohn Gottes. Der Mensch aber wählt den Herbeiführer des Todes und verwirft den Geber des Lebens - zieht den Sohn des Teufels dem Sohne Gottes vor. Ist die Welt heute besser geworden? Keineswegs! Der Mensch ist in seiner Wahl derselbe geblieben, und wenn jemand den Herrn Jesus erwählt, so ist es allein die Gnade Gottes, und jeder muß bekennen: „Durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin.“ (1. Kor. 15,10) Laßt uns, die wir Ihn kennen, „mit Herzensentschluß bei dem HErrn verharren“. (Apg. 11,23)

B. H.

Frage und Antwort

Frage 9

„Ist die Bezeichnung „den Bruder“ und „seinen Bruder“ in 1. Joh. 3,14b und 15 sowie auch in Kap. 4,20.21 für Gläubige oder Ungläubige?“

Antwort A

„Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben; wer den Bruder nicht liebt, bleibt in dem Tode. Jeder, der seinen Bruder haßt, ist ein Menschenmörder, und ihr wisset, daß kein Menschenmörder ewiges Leben bleibend in sich hat.“ „Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott, und haßt seinen Bruder, so ist er ein Lügner.“ Von welchen Menschen ist hier die Rede: von Kindern Gottes oder von Ungläubigen? Und was für eine Art von „Brüdern“ ist hier gemeint: allgemeine Menschenbrüder, gleichbedeutend mit dem allgemeinen „Nächsten“, oder Brüder in Christo? Hier scheint eine Schwierigkeit vorzuliegen; denn wenn wir sagen, daß es sich um allgemeine Menschenbrüder handle, so kommen wir in Konflikt mit dem Zusammenhang, und wenn wir annehmen, daß es Brüder im HErrn sind, so erhebt sich die Frage: Wie kann man von einem Kinde Gottes sagen, daß es in einem „Bruder“-verhältnis zu Menschen stehe, die noch „im Tode“ sind, ja, die als „Menschenmörder“ bezeichnet werden, die das ewige Leben nicht bleibend in sich haben?

Zur Aufklärung dieses scheinbaren inneren Widerspruches muß man den Gesamtstil des ersten Johannesbriefes ins Auge fassen, und um diesen so recht würdigen zu können, muß man weiterhin auch die Persönlichkeit des Schreibers nach seinen wesentlichen Charakteranlagen zu erkennen suchen. So führt unsere Frage tiefer, als es auf den ersten Augenblick aussieht.

Welcher Art war der Charakter des Johannes?

frauenhafter Mann mit vorwiegend milden, sinnigen, ja geradezu weiblichen Gesichtszügen gewesen. Allerdings war er tiefsinnig und melancholisch angelegt. Ernstes Nachdenken, heiliges Sichversenken in die Person und das Werk seines Heilands und Meisters war einer der Hauptzüge seines Wesens, weshalb auch gerade er der Mann war, den der Heilige Geist benutzte, das vierte Evangelium über die Gottheit und Erhabenheit des HErrn zu schreiben; ist doch das Johannesevangelium, wie Luther mit Recht sagt, „das einige, rechte, zarte Hauptevangelium“, oder, um mit Matthias Claudius zu reden: „In ihm ist ... so etwas Schwermütiges, Hohes und Ahnungsvolles, daß man seiner gar nicht satt werden kann.“

Dennoch darf man nicht bei der Betonung dieser einen Seite im Wesen des Apostels stehenbleiben. Weit davon entfernt, in dem Sohn des Zebedäus nur einen stillen und sinnigen „Mystiker“ zu sehen, hat der HErr, der wahre Seelenkenner, der da wußte, was in dem Menschen war (Joh. 2,25), gerade ihn und seinen Bruder Jakobus „Donnersöhne“ genannt (Mark. 3,17)! Und gewisse Vorkommnisse in ihrem Leben bewiesen auch deutlich genug, daß sie in der Tat keineswegs nur die stillen, etwa weltabgewandten, beschaulichen Denker gewesen seien. Wollten sie doch Feuer vom Himmel herabkommen lassen, als man den Heiland an einem Orte Samarias nicht aufnahm (Luk. 9,54)! Nein, Johannes war nicht bloß der stille Denker; er war auch der feurige Kämpfer, der energische Choleriker, der unter Umständen zu fürchtende Gegner. Er redete wohl nicht viel; aber in seinem Inneren empfand er die Eindrücke der Außenwelt mit eindringender Gewalt. Er glich einer Gewitterwolke, die zunächst still und ruhig einherzieht. Doch im Innern bereitet sich etwas vor. Es sammelt sich immer mehr Elektrizität an, bis endlich der Augenblick kommt, wo sich die aufgespeicherte Energie mit Gewalt einen Ausgang verschafft und in Blitzen und Donnern hervorbricht.

Diese doppelte Art der Johannesnatur muß man im Auge behalten, wenn man nun auch den Stil und die Schreibweise des ersten Johannesbriefes recht verstehen will. Mit welcher Milde und Zartheit ist hier doch so vieles geschrieben! Mit welcher Innigkeit der Liebe redet der alte, im Dienst seines Meisters ergraute Zeuge zu der jungen Generation! „Meine Kinder“, so sagt er (Kap. 2,1); „Kindlein“, so heißt es (Kap. 2,18); „Geliebte“, „Kinder“, so redet er immer wieder seine Leser an. Hier redet ein Vater in Christo zu seinen geistlichen Kindern. Der ganze Brief

atmet Liebe, Versenkung in das innerste Urwesen Gottes, tiefes Hineinschauen in das, was Heiligung und Liebe bedeuten.

Und doch, mit dieser mehr stillen Betrachtung des wunderbaren Charakters der himmlischen Wahrheiten verbindet sich gerade in diesem ersten Johannesbrief der entschiedenste Ernst und die tiefeinschneidendste Schärfe des Urteils. Hier ist alles voller Gegensätze. Immer wieder fällt Satz und Gegensatz, These und Antithese. Alles dreht sich um die drei großen, sittlich-übersinnlichen Gegensätze Licht und Finsternis, Tod und Leben, Liebe und Haß. Hier ist Johannes der Mann der brückenlosen Gegensätze. Hier sucht er keine Harmonie. Hier will er den Kampf. Man lese den Brief daraufhin nur einmal durch! Ein fester, männlicher Ton herrscht in ihm, ein Ton, der jeder weichlichen Gefühlsschwärmerei absolut entgegengesetzt ist.

Von hier aus gewinnen wir nun auch den Schlüssel zur Beantwortung unserer Frage. Johannes ist der Mann, der das lebendige Christentum sowohl vom grund sätzlichen als auch vom gegen sätzlichen Gesichtspunkt aus sieht. Seine Darlegung hat etwas Abstraktes (grundsätzlich Begriffliches) an sich; und dieses rein Gedankliche schaut er von der Warte des göttlich und ewig Absoluten (Unumschränkten). Darum stellt er die großen Geistesgesetze des neuen Lebens in Christo gleichsam in un abgeblendetem Lichte auf. Und dieses gibt seiner Darstellungsweise jenes Gewaltige, Autoritative, Bezwingende. Johannes stellt die Tatsachen und Gesetze des neuen Lebens fest, zunächst nicht immer mit Rücksicht auf die mehr oder weniger große Vollkommenheit oder Unvollkommenheit ihrer praktischen Verwirklichung im Alltagsleben. Er übersieht zwar auch dieses nicht. Im Gegenteil, gerade er hebt die Notwendigkeit praktischen Alltagschristentums hervor. Aber er weiß auch, daß die Gesetze des neuen Lebens an sich und in sich ihren göttlichen und uneingeschränkten Bestand haben. Es handelt sich also um eine grundsätzliche Schau des Wesens des neuen Lebens.

Und da gilt das unumstößliche Gesetz des Geistes, daß das wahre Leben sich in der wahren Liebe auswirkt, und zwar in erster Linie in der Liebe der Kinder Gottes untereinander, so daß diese christliche Bruderliebe geradezu ein Haupterkennungsmittel wird, ob einer überhaupt wiedergeboren ist oder nicht. Von dieser Bruderliebe ist auch in unserem Zusammenhang die

Rede; denn wenn der Apostel die Leser, die er doch als wiedergeborene Christen ansieht (vgl. 2,12-14.27 u. a.), soeben als „Brüder“ angeredet und gesagt hat: „Wundert euch nicht, Brüder, wenn euch die Welt haßt! Wir wissen, daß wir aus dem Tode in das Leben übergegangen sind, weil wir die Brüder lieben“, womit ohne Frage nur die Brüder in Christo gemeint sein können, und wenn er dann sofort weiter sagt: „Wer den Bruder nicht liebt ...“, so zwingt der Zusammenhang unbedingt, das Wort „Bruder“ in diesem letzteren Falle in demselben Sinne zu nehmen, wie es gerade soeben gebraucht war. Alles andere ist unmöglich. Wie aber kann ein Bruder im HErrn als „Bruder“ eines Menschen bezeichnet werden, der selber noch im Tode ist, also persönlich noch nicht zu der christlichen Bruderschaft gehört?

Hier müssen wir uns an das Absolute der Schreibart des Apostels erinnern. Er will sagen: „An dem Vorhandensein lebendiger, christlicher Bruderliebe erkennt man das Dasein echten Glaubenslebens. Wenn aber jemand behauptet, daß er ein Kind Gottes sei, dabei aber diejenigen, die er demnach als seine ‚Brüder‘bezeichnet, nicht liebt, dann ist damit der Beweis gegeben, daß er selber in Wahrheit gar kein Bruder ist.“ Demnach erscheint es vielleicht als das Einfachste, wenn wir uns beim Leser dieser Verse das Wort Bruder als in Anführungsstriche gestellt denken. Der Betreffende, der hier unter Umständen den Beweis wahren Lebens schuldig bleibt, hat jenen als seinen „Bruder“ bezeichnet; und tatsächlich mag dieser „Bruder“ auch wirklich ein Bruder, d. h. ein Erlöster des HErrn sein. Aber er ist Bruder für die anderen, die das Leben der göttlichen Liebe haben. Für jenen aber ist er nur ein „Bruder“ in Anführungsstrichen, d. h. einer, der von dem Standpunkt dieses Betreffenden nur so genannt wird, der aber für ihn in Wahrheit kein „Bruder“ ist, einfach aus dem Grunde, weil der Mann ohne Liebe selber kein Bruder ist.

Eine ähnliche, vom Standpunkt des anderen gedachte, und daher nach der Zeichensetzung der deutschen Sprache in Anführungsstriche zu stellende Bezeichnung haben wir auch in dem bekannten Herrnwort: „Die Starken bedürfen nicht eines Arztes, sondern die Kranken.“ (Matth. 9,12) Dieses zu den Pharisäern geredete (an sich richtige) Wort enthält in dem Ausdruck: die „Gesunden (Starken)“ eine unverkennbare, gewisse Anspielung auf die Selbstgerechtigkeit der Gegner Jesu, die in ihren Augen die „Gesunden“, die „Starken“, waren und daher ihrerseits

meinten, den großen Arzt Jesus nicht nötig zu haben. In diesem Sinne sagt der HErr: „ ‚Die Gesunden‘, das heißt die, die sich selbst für gesund halten und nicht sehen, daß sie in Wahrheit die Allerkranksten sind -: sie bedürfen des Arztes nicht! Natürlich nicht!“

Ähnlich ist es auch hier: „Wer seinen ‚Bruder‘, das heißt den, den er als seinen ‚Bruder‘bezeichnet, nicht liebt, ist im Tode.“

Zum Schluß noch eine Bemerkung. Man beachte die krasse Nebeneinanderstellung von Liebe und Haß, als ob es nichts dazwischen gäbe. Darum sagten wir am Anfang, daß der Apostel die geistlichen Lebensgesetze vom grundsätzlichen, absoluten und gegensätzlichen Gesichtspunkt aus betrachtet. Vom Standpunkt dieses reinen Absoluten aus gibt es keine Gleichgültigkeit oder Neutralität, weder in den Fragen der Glaubenslehre noch in den Fragen der Sittlichkeit! „Wer nicht für Mich ist, der ist gegen Mich!“ Dies ist geradezu ein Motto johannaischer Schreib- und Denkweise.

Darum ist ihm „Hassen“ schlechtweg der tatsächliche, eindeutige Ausdruck für „Nichtlieben“. Liebe aber ist ihm der Tatbeweis vom Leben. Nur „tote Geister wissen nichts von Liebe; ihr Dasein schleicht matt und schläfrig, dahin“. „Wer nicht liebt, lebt nicht. Wer durch das Leben lebt, der kann nicht sterben.“ So sagte einst der erste Mohammedanermissionar Raimundus Lullus, der als Zeuge seines HErrn den Steinigungstod gestorben ist (1315).

Und vergessen wir bei dem allen nicht: Johannes denkt, wenn er von Liebe redet, nicht an etwas Sentimental-Weichliches, nur oder vorwiegend Gefühlsmäßiges; sondern ihm ist Liebe eine Lebenshaltung, ein Tun. Ein Lieben nur mit Worten, denen die Tat fehlt, ist ihm kein Lieben.

Und in diesem Tatbegriff der Liebe bewegt sich der Apostel des Neuen Bundes durchaus in den Linien der Gesamtoffenbarung Gottes, auch der alttestamentlichen. Wir kennen das Hauptgebot des Mosaischen Gesetzes: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!“ (3. Mos. 19,18) Hier aber liegt in dem Grundtext eine ganz besondere Kraft des Gedankens, die in den deutschen Übersetzungen meist nicht so deutlich hervortritt, die aber dennoch von der

allergrößten Wichtigkeit ist und den johannäischen Begriff der Tat liebe geradezu vorwegnimmt. - „Das Zeitwort ‚lieben‘ist in dem Gebot der Nächstenliebe, so wie es 3. Mos. 19,18 im Grundtext lautet, nicht mit dem Akkusativ des Objekts (d. h. mit dem vierten Fall der Satzergänzung), sondern mit dem Dativ (dem dritten Fall) konstruiert, indem ‚lieben‘ gleichbedeutend ist mit ‚Liebe betätigen‘. Also: ‚Du sollst deinem Nächsten Liebe betätigen gleich dir selber‘, d. h. wie wenn du an seiner Stelle wärest. Du sollst ihm Liebe erweisen, welche derjenigen gleich ist, die du dir, wenn du er wärest, erweisen würdest. In jedem Akt der Liebe vollzieht sich ein Rollentausch. In dem, was der Heiland für die Menschheit getan und gelitten hat, gipfelt diese Liebe“ (Prof. Franz Delitzsch).

Dieses Tat wesen echter Liebe meint auch der erste Johannesbrief, nur daß er von der christlichen Bruderliebe mehr als von der allgemeinen Nächstenliebe spricht. „Kinder, laßt uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit“ (Kap. 3,13). Und hier sieht man, wie das Begriffliche bei ihm zum Greifbaren, das Theoretische zum Praktischen, das Übersinnliche zum sinnlich Wahrnehmbaren, das Abstrakte (Begriffliche) zum Konkreten (tatsächlich Faßlichen) wird. So verbindet sich nun in diesem wunderbaren Brief das göttlich Absolute (Unumschränkte) mit dem menschlichen Alltag, und die Ewigkeit ragt hinein in die Zeit, ja, in deine und meine Zeit! Aber bei dieser ganzen, eigenartigen Spannung und Gegensätzlichkeit des Abstrakten und Konkreten, des Gegensätzlichen und Harmonischen, wodurch gerade der erste Johannesbrief wie kein anderer Brief des Neuen Testamentes gekennzeichnet ist und worin auch die besondere Schwierigkeit seines Verständnisses liegt, vergessen wir es nie: Der Himmel ist der Maßstab für die Erde; nicht aber ist das Irdische die maß- und zielsetzende Begrenzung für das Himmlische!

Ergänzungen des Schriftleiters

Unser werter Mitarbeiter hat sich in seiner ausführlichen „Antwort“ viel Mühe gegeben, den Lesern den schwierigen Charakter des 1. Johannesbriefes klarzumachen, woraus das richtige

Verstehen der in Frage stehenden Stellen sich ergibt, und zudem hat er diese selbst uns in der Weise erklärt, daß er - mittels Anführungsstrichen - die Brüder und „Brüder“ unterscheidet. Diese Erklärung dürfte die Schwierigkeiten für die meisten beheben, denke ich.

Indessen könnte noch gefragt werden, wieso denn von sozusagen zweierlei Brüdern, nämlich gleichsam echten und unechten, überhaupt gesprochen werden könnte, da doch Johannes (wie auch Paulus und Petrus) an wirkliche Gemeinden von Gläubigen schreibe. Und da glaube ich noch einen Punkt zum Verständnis dieser, aber nicht nur dieser, Stellen beifügen zu sollen.

Der Verfasser obiger Antwort Gibt seine Erklärungen des Briefes und der Stellen zum Teil auf Grund der Persönlichkeit des Johannes, also des Briefschreibers. Ich glaube, daß wir ebenso sehr auf die Umstände, unter denen oder deretwegen der Brief geschrieben zu sein scheint, hinweisen müssen. Der ganze Briet ist doch - so sehr die Liebe auch betont wird, aber eben keine weibliche, seelische, gefühlsmäßige (vgl. Antw. A) - eine ausgesprochene Kampfschrift, und wogegen hauptsächlich wird der Kampf geführt? Ich meine, gegen jede Art von Täuschungsversuchen Satans, insonderheit aber gegen die Selbsttäuschung! Der Brief fällt, obwohl wir keine genaueren Abfassungdaten haben, sicher in eine wesentlich spätere Zeit als die paulinischen Briefe. Aber schon in letzteren hat der Apostel es mit den groben Versuchen des Feindes zu tun, entweder ein „anderes Evangelium“ (Gal. 1), oder auch philosophische, theosophische, platonische, mystische Gedanken und Theorien mit der christlichen Heilslehre zu vermischen (vgl. z. B. den Kolosserbrief [Kap. 2!] und siehe Frage 2 des Jahrb. und Frage 6 in Jahrb. 8), und zur Zeit des 1. Johannesbriefes sind diese Dinge schon weit verbreiteter, die „erste Liebe“ war schon ein wenig am Erkalten (Sendschreiben an Ephesus, Offenb. 2,1ff.), und die Gefahren für dem inneren Bestand der Gemeinde des HErrn wuchs zusehends! „Viele Antichristen“ waren geworden (1. Joh. 2,18) - vielleicht sind damit Gnostiker von Ruf gemeint, jedenfalls aber Personen, wie sie in jeder örtlichen Gemeinde unter dem Schein höherer Weisheit und mit dem Anspruch, „gute“ Christen zu sein, auftreten konnten, weswegen Geisterunterscheidungsgabe zum „Prüfen der Geister“ (Kap. 4,1ff.) sehr not tat, um die groben Täuschungsversuche Satans zu durchkreuzen. Da nun aber die gefährlichsten Täuschungen die Selbsttäuschungen sind, so gibt der Apostel den ganzen Brief hindurch Kriterien

(Unterscheidungsmerkmale) an, wie die Angehörigen der Gemeinden bewahrt werden könnten vor dieser doppelten Gefahr: Getäuscht zu werden und vor allem sich selbst zu täuschen! Ich habe nicht den Raum, dies an der Hand des Briefes nachzuweisen, aber man lese ihn unter diesem Gesichtspunkt einmal genauer durch! (Nur einige besondere diesbezügliche Stellen: 1,5.6-8.10; 2,3-6.15-17.18ff.26!! 3,4-7.10! 13ff.; 4,1ff. 4-6! 11ff.(12!) 20.21; 5,1.2 (vgl. Frage 10 in Jahrb. 10).4f.6ff.! 16.19-21. Eigentlich wäre der ganze Brief zu nennen!)

Der Prüfstein nun, an dem die Gemeindeangehörigen sich selbst, ihren Glauben, ihre wahre Gliedschaft erkennen sollen, ist die Liebe, d. h. nicht so sehr die an sich selbstverständlichere Liebe zu Gott (die aus Seiner zu uns [neu]naturnotwendig entsteht, 4,10), sondern die Liebe zu den Brüdern, d. h. zu denen, welche die Natur Gottes, Licht, Leben, Liebe, haben und die darum Gemeinschaft untereinander haben und darum auch wahre Freude. (1,1-4) An dem Vorhandensein (nicht der Einbildung oder dem „Tun, als ob ...“) der Liebe ist das Vorhandensein des Lebens zu erkennen. Und wie letzteres absolut ist, wie es entweder da ist, und dann ist es ganz da, oder wie es nicht da ist, und dann ist gar nichts von Leben da - so ist es mit der Liebe: entweder sie ist vorhanden und dann in sich selbst vollkommen (so unvollkommen auch wir Träger derselben in uns selbst sein mögen!), oder sie ist nicht vorhanden (so sehr sich auch ihre Nachahmer den Anschein derselben geben mögen!). Liebe ist Wille für den anderen, Liebe ist „Wille zur Gemeinschaft“ (Er. Sr. in „Weltschöpfung“), Liebe ist Hingabe, Liebe ist Opfer, Liebe ist darum auch Leiden - alle diese Deutungen dafür, was Liebe ist, finden und sehen wir am Absolutesten (völlig unumschränkt!) in der Liebe Gottes zu uns, und wie sie sich uns in Christo Jesu, und da wiederum am hellsten auf Golgatha geoffenbart hat. „Doch am hellsten strahlt die Sonne Deiner Lieb' und Gnad', o Gott, als Du Jesum, Deine Wonne, gabst für Sünder in den Tod! Konntest Höh‘res Du uns geben, konnte Liebe großer sein? Und wir sollten unser Leben Dir, o Gott, nicht völlig weih‘n?!“ Dies bei Herrnmahlfeiern gern gesungene Lied ist so wahr, so lebensvoll und so mahnend für uns wie nur möglich.

Die echte Bruderliebe kann nur da sein, wo sie - wenn's sein muß - zu jedem Opfer bereit ist, d. h. zu jedem Opfer für Brüder! Diese Liebe läßt sich nicht kopieren! Eine Nachahmung würde stets vor den Konsequenzen (Folgen) zurückschrecken, denn daß die Welt uns hassen muß,

zeigt das Beispiel von Kain (3,12.13); Haß ist das große Gegenteil der Liebe, und da diese nur ganz sein kann in sich selbst, so ist alles, was nicht Liebe ist, also schon Gleichgültigkeit gegen die Not des Bruders, eine Vorstufe zum Haß. Solche Leute also, die mit ihrem Lippenbekenntnis Christen sein wollten, die sich ihrer Liebe zu dem unsichtbaren Gott rühmten (4,20), aber in ihrem Verhalten zu den Brüdern keine Liebe - Tatliebe- offenbarten, waren Menschenmörder und Lügner; sie mochten etwas von den Kräften des ewigen Lebens geschmeckt haben (vgl. Hebr. 6,4ff. und siehe dazu die letzten schriftlichen Ausführungen in den „Handreichungen“ von unserem entschlafenen Bruder K. O. St. in Jahrb. 16, Frage 18!), aber bleibend, wohnend war es nicht in ihnen - wenn man es vielleicht auch einige Zeit lang gemeint hatte!! Einmal wird's offenbar, und schon hienieden.

Und nun zum Schluß: Wie ernst ist es auch für uns heute, uns zu prüfen, ob wir Liebe haben (1. Kor. 13,1-3: 3mal „aber nicht Liebe habe“), und zwar Liebe zu den Brüdern, den Geschwistern, Liebe trotz ihrer Schwächen, Gebrechen, Unvollkommenheiten, Unfreundlichkeiten usw.! Wir sind nicht andere Leute, nicht andere Grundcharaktere wie sie - wenn sie uns lieben können - können wir sie nicht lieben? Aber „nicht mit Worten, noch mit der Zunge, sondern in Tat und Wahrheit“?! (V. 18) O Geschwister, welch ein Prüfstein! Lieben wir die Brüder? Wir mögen darin oft zu kurz gekommen sein und uns über unsere „Lieblosigkeit“ gebeugt haben, aber im Grunde - weil Leben da war! - war doch die Liebe vorhanden und - brach einmal wieder siegreich durch - oder aber - war's nicht so? brach (in einem Einzelfall) schließlich die alte Kainsnatur wieder durch? O nur das nicht! Der HErr bewahre uns davor!

Haben wir Liebe zu den Brüdern, zu „allen Heiligen“ (Kol. 1,4 u. a.), oder haben wir sie nicht? Der HErr gebe uns Licht über uns selbst und Gnade zur Beugung, wo sie nötig ist, - Gnade, neue, „größere Gnade“ (Jak. 4,6) aber auch zu einem Wandel im Licht und in der Liebe! „Geliebte, laßt uns einander lieben!“ (1. Joh. 4,7)

F. K.

 

 

Frage 10

Bezieht sich Offenb. 18,11 auf unsere Zeit? Haben wir in Offenb. 18 ein kaufmännisches System? - Findet man in der Schrift Zustände wie die einzigartigen jetzigen (Handelsstreckung, Arbeitslosigkeit usw.)? Früher Überfluß von Weizen und Most (Ps. 4,7): Reichtum; heute derselbe Überfluß: Elend! - Was bedeutet: „Euer Gold ist verfault“? (Jak. 5,3) (Gold ist doch ein Edelmetall.) Wird das Gold seine grundlegende Wichtigkeit im Wirtschaftsleben verlieren? (vgl. Jes. 2,20)

Antwort A

Die obige Frage wirft eine ganze Reihe von Fragen auf, die nicht unmittelbar zusammenhängen. Der Fragesteller bringt sie in Verbindung mit Offenb. 18, deshalb wollen wir uns zunächst mit diesem Kapitel kurz beschäftigen. Der Apostel Johannes beschreibt in diesem und dem vorherigen Kapitel den Fall Babylons. Wenn wir einen Blick auf diesen Teil der Offenbarung werfen, werden wir auch eine Antwort Auf die gestellten Fragen finden. Nachdem im 13. Kapitel das Tier aus dem Meere und das andere Tier aus der Erde beschrieben wurde, wird im 14. Kapitel, Vers 8, Babylon zum erstenmal erwähnt. Hier sagt die Schrift: „Gefallen, gefallen ist Babylon, die große, die mit dem Wein der Wut ihrer Hurerei alle Nationen getränkt hat.“ Kapitel 16,19 hören wir dann, daß die große Babylon ins Gedächtnis vor Gott kam; hierauf enthalten die Kapitel 17 und 18 ausführliche Darlegungen über Babylon, die große Stadt, welche das Königtum hat über die Könige der Erde (17,18). Babylon steht im Gegensatz zu Jerusalem. Das neue Jerusalem ist die heilige Stadt, die aus dem Himmel herniederkommt von Gott (21,3). Wenn der Apostel uns in Jerusalem den Typus der Stadt Gottes gibt, die kommen wird, so gibt er uns in Babylon den Typus der großen Stadt des Menschen. Einige Bibelausleger denken daran, daß am Ende Babylon am Euphrat wieder erstehen wird, aber dazu können wir keine Begründung in der Offenbarung finden. Zu Johannes Zeit war schon Rom der Inbegriff der Größe des Menschen, und seitdem war es eine Königin über die Könige der Erde. Der Apostel Johannes konnte zu seinen Lebzeiten Rom nicht nennen, ohne für sich und die Jünger Christi unnötige Gefahren heraufzubeschwören; aber durch die Jahrhunderte sehen wir rückschauend

offenbar, daß von dort eine geistige Herrschaft über die Völker ausgeübt wird. Die Vertreter der zeitgeschichtlichen Auslegung der Offenbarung sehen in dem Fall Babels nur den Fall des kaiserlichen Rom. Diese Auslegung muß verneint werden, denn wenngleich Rom als die Hauptstadt des großen römischen Weltreiches weittragende Bedeutung hatte, so gehen doch die von dem Apostel angegebenen Merkmale und Charakterzüge ohne Zweifel noch weit über die damalige Bedeutung Roms hinaus. Wir müssen vielmehr an die Zukunft denken, wie wir auch die Offenbarung nicht zeitgeschichtlich oder auch nicht reichsgeschichtlich auffassen, sondern endgeschichtlich, prophetisch, als Weissagung auf den Endzustand der Dinge auf der Erde vor dem Erscheinen des HErrn zur Aufrichtung Seines Reiches (20,7).

Vielfach bezeichnet man nun schlechthin die römisch-katholische Kirche als Babylon, da wir in ihr deutliche Züge des apokalyptischen Babels sehen, doch ist es nötig, diese Auffassung zu ergänzen und zu vertiefen. Wenn die Offenbarung Babylon die große Hure nennt, die mit dem Wein der Wut ihrer Hurerei alle Nationen getränkt hat (14,8) und ein Gewahrsam jedes unreinen Geistes geworden ist (18,2), so geht hieraus klar hervor, daß „Babylon“ ein geistiges, religiöses System ist, das in Verbindung mit dem Königen über die Völker der Erde herrscht. Wir müssen also Babylon als den Typus eines namenchristlich-religiösen Systems weiter fassen. Alle Bestrebungen der Menschen gehen in der Endzeit auf Zusammenschluß und Einheit hinaus, um die Größe des Menschen zu erweisen und um mit dieser Einheit große, gigantische Ziele zu erreichen. In 1. Mose 11 wird Babel zuerst erwähnt; hier werden uns die Charakterzüge dieser Stadt vorgestellt: Die Menschen wollen eine Stadt und einen Turin bauen, der bis an den Himmel reiche, um sich einen Namen zu machen, damit sie nicht über die ganze Erde zerstreut werden. Es bedeutet die Verherrlichung des Menschen und bezweckt die Einheit des Menschengeschlechts, Zusammenfassung der menschlichen Macht und Kraft, um in Unabhängigkeit vorgesteckte Ziele ohne Gott zu erreichen. Der Mensch löst sich los von Gott und handelt nach seinem Gutdünken und nach seinem Willen. Diese Bestrebungen werden am Ende dieser gegenwärtigen Weltzeit ihre Höhe und ihre menschliche Vollendung erreichen. Unsere gegenwärtige Zeit läßt das Hervortreten dieser Bestrebungen ganz deutlich beobachten. Offenb. 17,4-6 läßt uns klar erkennen, daß Babylon eine religiös-geistige Macht darstellt. Die

vorhandenen christlichen Inhaltes entleeren und die nackte Gottentfremdung und Menschenerhebung weithin auf der Erde als eine herrschende Macht aufrichten.

Schon heute sehen wir in Rom eine religiös-politische Macht über den „Königen der Erde“ thronen, die zu allen Zeiten, sich an die Zeitströmungen anlehnend, sich universell politisch behauptete. Es ist nicht nötig, im einzelnen diese Züge, die heute schon sichtbar sind, zu beschreiben. Wenn aber sich die Menschheit mehr und mehr von jedem göttlichen und christlichen Einfluß am Ende freimachen wird, dann muß und wird auch das auf den „sieben Bergen“ sitzende Weib dieser Strömung voll und ganz Rechnung tragen, denn eine namenchristliche Organisation, die nach ihren eigenen menschlichen Gedanken sich entwickelt und auf der Erde einrichtet, schreitet auf dem Wege des Irrtums und des Abirrens von Gott immer weiter. Inwieweit sich die ungläubige protestantische Welt dieser zentralisierenden Macht anschließt, kann man im einzelnen noch nicht sagen, aber auch hier sehen wir heute schon Strömungen und Bewegungen, die auf Rom hinweisen. Eine ungöttliche, von Menschen eingerichtete Organisation, wie sie in der Offenbarung für die Endzeit vorhergesagt ist, wird mehr und mehr unter dämonische Beeinflussungen geraten. Natürlich stehen wir hier vor ungeheuren, schwindelerregenden menschlichen Bewegungen und Organisationen, die aber nach dem Worte Gottes sicherlich unter dem Einfluß des Fürsten dieser Welt auf der Erde sich verwirklichen werden, ehe das Ende kommt. Wenn nun eine solch ungeheure Macht plötzlich gestürzt wird, dann wird das naturgemäß unter den Völkern, die in Verbindung mit dieser geistigen Macht stehen, auch gewaltige wirtschaftliche und soziale Verwirrungen und Depressionen hervorrufen. Wir sehen ja auch heute, wie ein verlorener Krieg die besiegten und auch die siegenden Völker wirtschaftlich und sozial in Unordnung bringt. Wievielmehr der Sturz einer solch großen Macht! Bezeichnend hierfür spricht Offenbarung 17,7 von dem „Geheimnis des Weibes“. Daraus müssen wir entnehmen, daß in diesem menschlichen „System“ noch unbekannte Tiefen und Kräfte vorhanden sind; alles aber im bewußten Gegensatz zu Christus und den Seinen. Deshalb ermahnt auch die Stimme aus dem Himmel: „Gehet aus ihr hinaus, mein Volk, auf daß ihr nicht ihrer Sünden mit teilhaftig werdet, und auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen; denn ihre Sünden sind aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer

Babylon ist keine Handelsmacht, denn es kauft nur, aber verkauft nichts. Die Kaufleute, Steuerleute und Schiffsleute verkaufen ihr ihre Waren und werden reich an ihr (18,15). Aber die Völker, die zehn Könige und das Tier (Offenb. 17,15.16) werden die Hure hassen und werden sie öde und nackt machen, ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen; also die Völker und die Könige der Erde samt dem Tier werden die Hure von ihrer Macht stürzen. Durch diesen Sturz werden auch die wirtschaftlichen Beziehungen gestört, den Kaufleuten wird die Möglichkeit genommen, Geschäfte zu treiben und reich zu werden. Es ist wichtig, die Entwicklungslinien klar zu sehen, die am Ende diesen im 17. und 18. Kapitel beschriebenen Zustand hervorbringen. Die jetzt vorhandenen Systeme werden sich gänzlich von den biblischen Linien entfernen und auf den Zustand von Babylon hinführen. Sie werden sich zusammenfinden und eine einheitliche Größe darstellen, so daß der Mensch, seine Herrschaft, sein Stolz und seine Anmaßung ihren Triumph feiern. Doch nur kurze Zeit wird dieser gänzlich von Gott gelöste Zustand dauern, denn in einer Stunde wird das Gericht kommen. Wodurch dieser plötzliche Fall herbeigeführt wird, wird in den bereits angeführten Versen 15-18 nur angedeutet, aber es ist klar, daß er ein Gericht Gottes ist. Das Emporkommen Babels bedeutet das völlige Ausreifen des in 1. Mose 11 erzählten Abfalls der Menschen von Gott. Die Könige der Erde werden wehklagen und weinen, und die Kaufleute der Erde werden weinen und trauern, denn sie sind an ihr reich geworden, und niemand kauft ihre Ware (18,3.15). Die aufgeworfenen Fragen lassen sich nun in diesem Zusammenhang schnell und klar beantworten.

Bezieht sich Offenb. 18,11 auf unsere Zeit? Haben wir in Offenb. 18 ein kaufmännisches System? Die Kaufleute der Erde weinen und trauern, weil niemand ihre Waren kauft; sie werden ihre Ware nicht los, weil Babylon gefallen ist. Babylons Fall bringt Verwirrung in die wirtschaftlichen Verhältnisse. Der Sturz einer jeden weltbeherrschenden Macht stört Wirtschaft und Handel. Zu allen Zeiten war dies der Fall. Wievielmehr wird der Sturz der großen Hure, die die Völker der Erde verführte, allgemeine Verwirrung hervorbringen! Je größer eine Weltmacht und je tiefer ihr Fall, um so nachhaltiger die Verwirrung. Babylon hat einen großen Bedarf an Ware für alle seine Anhänger. Sein Fall vernichtet in gigantischem Maße die Handelsmöglichkeiten. Also: Offenb. 18 ist kein wirtschaftliches System, zeigt sich auch noch

nicht in dem gegenwärtigen Augenblick im Weltgeschehen. Da aber das Ende dieser Weltzeit offensichtlich nahe bevorsteht, so sind wir im Vergleich mit der vergangenen Zeit nicht weit von ihrer Verwirklichung; doch die Menschen werden noch ganz andere Dinge von Babylon zu sehen bekommen, als wir sie jetzt erleben. „Handelsstreckung und Arbeitslosigkeit“ waren auch schon früher vorhanden, aber da wir heute in einer Zeit leben, in der die Handelsbeziehungen weit über die Grenzen eines einzelnen Volkes hinausgehen und große Zusammenballungen in Trusten und Banken-Konzernen, die über die ganze Erde sich erstrecken, stattfinden, so müssen auch, je weiter sich diese Bestrebungen ausdehnen, die Störungen für den einzelnen durch Arbeitslosigkeit, Armut, Elend usw. sehr groß sein. Zu allen Zeiten haben die Völker solche Vorgänge erlebt, sie werden nur gegen das Ende immer schwerer und für den einzelnen furchtbarer zu tragen sein. Denken wir nur an die Zustande, die der bolschewistische Staatskapitalismus gegenwärtig in Rußland hervorruft! (Und z. B. an die Zustände im Verlauf und der Folge des Dreißigjährigen Krieges, der in seinen letzten politischen und wirtschaftlichen Auswirkungen bis in die neuere Zeit reichte! Der Schriftl. F. K.)

Daß das Gold seine grundlegende Bedeutung im Wirtschaftsleben verlieren kann, erleben wir auch schon heute in geringerem Maße. Die Menschen werden es aber am Ende in noch augenscheinlicherer Weise erfahren. Schon sehen wir, daß in einzelnen Staaten das Gold seine Kaufkraft und seinen Wertmesser für das Vermögen eines Landes verliert. Wenn Jakobus sagt, daß ihr Gold verfault ist oder rostet, so deutet er eben damit an, daß auch dieses glänzende Metall am Ende seinen Wert und seine Bedeutung verlieren wird. Wer wollte das betrauern?!

In allen solchen Zuständen ist es aber unser Vorrecht, unsere Augen emporzuheben zu den Bergen, von denen uns Hilfe kommt. Wir erwarten nicht diese schrecklichen Zustände, sondern den HErrn, der die Seinen zu Sich nehmen wird, damit wir „allezeit bei Ihm“ sein werden. (1. Thess. 4,16.17)

C. S.

Anmerkungen des Schriftleiters

Es wird jedem aufmerksamen Leser auffallen, welch eine nahe Verwandtschaft zwischen dieser und der Frage 7 in der vorigen Lieferung besteht. Und sicher hat der HErr uns gerade in der heutigen Zeit etwas damit zu sagen, denn von mir aus ist diese Anordnung gänzlich unbeabsichtigt geschehen, ich war selber erstaunt über diese Führung, wie ich nicht anders sagen kann! - Erneut weise ich hin auf die Ausführungen unseres entschlafenen Mitarbeiters K. O. St. in Frage 18, Jahrb. 14. Jene und vorliegende Frage haben übrigens den gleichen Urheber!

Die uns hier gegebenen kostbaren Ausführungen über die „große Babel“ werden jeden einzelnen vollauf befriedigen, wenn auch die einzelnen „zeitgemäßen“ Unterfragen gern ausführlicher hätten behandelt werden dürfen. Aber es ist, wie Br. K. O. St. einmal sagte, stets gewagt, prophetische Belehrungen allzu bestimmt auf zeitgeschichtliche Ereignisse anzuwenden, wenn die Schrift keine ganz genauen und allgemein verständlichen Anhaltspunkte für die Erkenntnis gibt. Darum wolle man die weise Zurückhaltung obiger Antwort in dieser Hinsicht recht deuten und vor allem selber nüchtern bleiben!

Wie gewaltig ernst ist doch Gottes Urteil über den Reichtum derer, die nach 1. Tim. 6,9f. reich werden wollen (wie jene Kaufleute in Offenb. 18 durch Babel!) und in diesem Zeitlauf auch reich sind! (1. Tim. 6,17 u. Jak. 5,1-3!) Und wenn nun dies der Charakter von dem Babel der Endzeit ist sowie von denen, die ihr ihre Schätze verkauften - wie sehr sollten wir heute dann fürchten, jenes Gebot des HErrn zu übertreten: „Sammelt euch nicht Schätze auf der Erde, wo Motte und Rost zerstört usw.“ (Matth. 6,19.20), sagt doch der HErr zum Schluß: „Denn wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein!“ (V. 21) Denke keiner, daß in der heutigen bedrängten Zeit niemand in die Gefahr käme, sich Schätze zu sammeln! Es hat sich im Gegenteil gar zu oft gezeigt, daß gerade in Notzeiten mancher an den gewiß relativ geringwertigen Schätzen mehr gehangen hat als in Zeiten des Überflusses. Das Herz ist ein trügerisches Ding, und „der Betrug des (relativen) Reichtums“ hat schon manche betrogen, die sich vor solchem Betrug sicher glaubten.

gleißende Metall nicht verführerisch und darum erstrebenswert? Ja, wohl verführerisch, aber darum gerade sollte es nicht erstrebt werden - wenigstens nicht von den Gläubigen! Wir, die wir das „königliche Priestertum“ genannt werden (1. Petr. 2,9), sollten nie vergessen, daß in den Grundsätzen des gottgegebenen Königtums (5. Mos. 17,14-20) gesagt wird, daß der König „sich das Silber und Gold nicht sehr mehren“ solle (V. 17). Haben aber die ersten großen Könige dieses Gebot nicht übertreten? Vielleicht Salomo? Ich glaube, wir dürfen da nicht übersehen, daß er sich nicht Reichtum erbeten hat und Gott gerade deshalb ihm Reichtum gab. (1. Kön. 3,16-13!) Somit müssen wir 1. Kön. 10,14ff. als Segen Gottes ansehen, nicht ohne daß uns die dort genannte Zahl 666 ein wenig betroffen machen möchte, erinnert sie doch an Offenb. 13,18! (Vgl. V. 23ff.) Aber Salomo war doch auch vor allem bemüht, dem Hause Jehovas, dem Tempel, so wie einst Moses der Stiftshütte, nach Befehl Jehovas, den Wert und das Aussehen zu geben, das ihm gebührte, und da finden wir stets das Gold als den Ausdruck der diesem Hause angemessenen Würdigkeit. (Vgl. 1. Kön. 6!) Und das stimmt damit überein, daß Gott denen, die die Herrlichkeit Seines Hauses über alles wert achten (gerade in Zeiten des sittlichen Niedergangs), sagt: „Mein ist das Silber und Mein das Gold!“ (Hagg. 2,8; beachte V. 7!) Also nicht ist das Gold an sich verächtlich für Gottes Volk, wohl aber seine falsche Bestimmung und Verwendung sowie das Hängen des Herzens

daran! Dereinst werden wir „Jerusalem droben, von Golde erbaut“ betreten und anstaunen, unsere gleichsam natürliche Freude am Golde wird auf's Herrlichste befriedigt werden, wenn wir die unermeßliche, unausdenkbare Schönheit der Stadt Gottes bewundern werden. (Offenb. 21,9 - 22,5; vgl. V. 18 u. 21!)

Wer solche Herrlichkeiten vor sich hat - was braucht der nach dem Golde dieser unter dem Fluche stehenden Schöpfung zu trachten, nach diesem „Reichtum“, der vermodert und verfault ist nach Gottes Urteil (Jak. 5,2), nach diesem Glanze Babels? (Vgl. Daniel 2, „das Haupt von Gold“!) Wir, die wir „Erben Gottes und Miterben Christi“ sind (Röm. 8,17), sollen und sollten doch ja nicht „in den letzten Tagen“ Schätze sammeln. (Jak. 5,3; vgl. auch die Apostel, Apgesch. 3,6a!) Von Schätzen an solchem Golde sagt die Schrift: „Euer Gold und Silber ist verrostet!“ Was für eine gewaltige Sprache gerade für den, der die (chemische) Kenntnis hat,

daß an Gold und Silber als an Edelmetallen kein Rost haftet! Wie verächtlich stellt Gott den verfaulten (Babel-) Reichtum hin, wenn Er von diesen Edelmetallen als von verrosteten spricht! Das warne uns alle, unser Herz an die Dinge dieser Zeit, an das Wesen Babylons der Endzeit zu hängen, an den Glanz und die Lust dieser Welt, die doch vergeht! (1. Joh. 2,15-17; 1. Kor. 7,31!) Ja, das Gold wird einst nicht mehr - wie ja heute schon wirtschaftspolitisch die sogenannte „Golddeckung“ hin und her beseitigt ist! - die Grundlage des Verkehrs der Völker untereinander bilden, ist das Gold besonders doch „der ungerechte Mammon“ von Luk. 16,9 und trifft doch auf dasselbe in der Zukunft das Wort zu: „Das Gold wird (dann) als Unflat gelten; ihr Silber und ihr Gold wird sie nicht erretten können am Tage des Grimmes Jehovas.“ (Hes. 7,19)

Aber heute sagt uns Sein Wort, sagt Er Selbst uns: „Ich rate dir, Gold von Mir zu kaufen, im Feuer geläutert“ (Offenb. 3,18), das ist das Gold der herrlichen Gerechtigkeit Christi, von der das Gold in Stiftshütte und Tempel eine Vorschattung war. Heute auch zeigt uns die Schrift in der Läuterung des „Goldes, das vergeht, aber durch Feuer erprobt wird“, ein Bild für die Läuterung unseres Glaubenslebens (1. Petr. 1,7) - und mit solchem Golde wollen wir Gläubigen es wohl halten, wenn Gott es so will, aber sonst - ich schließe mit dem überaus treffenden Worte obiger Antwort: „... daß dieses glänzende Metall am Ende seinen Wert und seine Bedeutung verlieren wird - wer wollte das betrauern?!“ - Nun, wir gewiß nicht!

Habt also Geduld, Brüder, bis zur Ankunft des HErrn!“ (Jak. 5,7)

F. K.

„Voll innigen Mitgefühls und barmherzig.“

(Jak. 5,10.11)

In der Welt, die Christus, unseren HErrn, verworfen hat, haben wir nichts anderes als Haß, Verfolgungen und Leiden aller Art zu erwarten. Der Herr Jesus sagte dieses Seinen Jüngern

euch verfolgen“, und wiederum: „Es kommt die Stunde, daß jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst darzubringen.“ (Joh. 15,20; 16,1) Sind wir mit dem verworfenen Christus eins gemacht, so werden wir auch dieselbe Behandlung von seiten der Welt erfahren, die Ihm zuteil wurde. Deshalb werden alle, die gottselig leben wollen, verfolgt werden.

Der HErr in Seiner Liebe zu den Seinigen leitet sie unter Seiner erziehenden und züchtigenden Hand (welche Wege und Werkzeuge Er dazu auch immer gebrauchen mag), um Sein Ziel und „Ende“ mit ihnen zu erreichen. Der Weg durch diese Wüste hienieden kann deshalb kein angenehmer und leichter für sie sein. Hiervon spricht Jakobus in diesem Kapitel. Er zeigt den Brüdern einige Quellen ihrer Leiden und weist sie tröstend auf das Kommen des HErrn hin und erinnert sie an die Leiden und die Geduld der Heiligen der früheren Tage sowie an das Mitgefühl und die Barmherzigkeit des HErrn auch in den Wegen Seiner Erziehung und Züchtigung.

Zuerst ermutigt er diese armen und bedrängten Heiligen, auszuharren, und bittet sie, die Propheten, die im Namen des HErrn geredet haben, als Beispiele der Leiden und der Geduld anzuschauen. Er ruft aus: „Siehe, wir preisen die glückselig, welche ausgeharrt haben.“ Zuvor hatte er ihnen geschrieben: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet, da ihr wisset, daß die Bewährung eures Glaubens Ausharren bewirkt.“ (Jak. 1,2.3) Die Welt würde dieses als ein schreckliches Mißgeschick ansehen, aber ein Kind Gottes, welches nur ein wenig in die Gedanken Gottes eingegangen ist und Seine Ziele mit Seinem Volke kennt, versteht etwas von dieser Freude in den mancherlei Versuchungen, denn es weiß sich in der Hand des HErrn, der voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist, und daß reiche und unerforschliche Segnungen das Ziel und Ende aller Seiner Wege mit ihm sind.

Gottes Gedanken und Wege sind anders und höher als die der Menschen. So sehen wir oft, daß gerade jene, in deren Häusern bittere Not Einkehr gehalten oder die durch schwere Leiden und Kümmernisse gehen, die besonderen Gegenstände Seiner Liebe und Gnade sind. Ja, der Apostel nennt geradezu diejenigen glückselig, die die Versuchungen, die Prüfungen, erdulden und darin bewahrt werden. In vollkommener Weise sehen wir dies in dem Pfade des HErrn Selbst durch diese Welt. Als Er uns in Hebr. 12,2 als das vollkommene Beispiel des Glaubens

vor Augen gestellt wird, geschieht es mit einem Hinweis auf das Kreuz, das Er auf Seinem Wege erduldete. Und dieser Hinweis läßt uns nach dieser Seite hin Sein ganzes Leben erkennen.

Als ein Beispiel für seine Belehrungen weist Jakobus auf die Geschichte des schwergeprüften Hiob hin. Hat jemals ein Gläubiger mehr und schmerzlicher gelitten als Hiob? Alles, was ihm in dieser Welt teuer war, wurde ihm genommen: Kinder, Besitz, Gesundheit, und zuletzt kam sein eigenes Weib zu ihm, das, verbittert durch die vielen Leiden, ihn aufforderte, Gott zu fluchen und zu sterben. Man möchte fragen: War Hiob da noch ein glücklicher Mann? Nicht, daß Hiob glücklich war, fast über Vermögen versucht zu werden, glücklich aber war er, sich in seines Gottes Hand und Sorge zu wissen. Und von dieser Hand wurde er zu dem sicheren Ziel, zu überströmenden Segnungen geführt. Seine unsagbaren Leiden waren für die Gegenwart nicht Freude, sondern Schmerz und Elend, aber sie führten hin zur Erlangung der friedvollen Frucht der Gerechtigkeit, weil er durch sie geübt wurde. Jakobus konnte deshalb seinen Brüdern schreiben: „Von dem Ausharren Hiobs habt ihr gehört, und das Ende des HErrn habt ihr gesehen, daß der HErr voll innigen Mitgefühls und barmherzig ist.“ „Das Ende des HErrn“ finden wir in den letzten Kapiteln der Geschichte Hiobs. Gott hatte das Ziel Seiner Wege mit Hiob erreicht, und Sein Ende waren Segnungen und Gnadenerweisungen, wie sie Hiob nie zuvor gekannt hatte. Diese Fülle von Segen, die Hiob, nachdem er ausgeharrt hatte, zuteil wurde, bewies das innige Mitgefühl und die Barmherzigkeit des HErrn.

Vielleicht sind auch unter unseren Lesern solche, die so unter dem Druck der Leiden und Entbehrungen stehen, daß Zweifel an Gottes Liebe in ihren Herzen aufsteigen wollen. Gerade die schweren Umstände und Lagen benutzt der Satan, um mit allerlei und feinen Versuchungen an uns heranzutreten und unser Herz zu betören. Die Tatsache, daß Gott Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat, sollte uns Beweis Seiner Liebe genug sein, um den Versucher abzuweisen! Aber wenn Zweifel und Unglaube uns umstürmen, wie leicht ist unser Herz dann mutlos, weil Seine Wege uns dunkel sind! Und doch ist Sein Herz voll innigen Mitgefühls mit uns. Wir lernen dies auch auf Seinen Wegen mit Ephraim. Ephraim halte gefehlt und ging nun durch tiefe, tiefe Wege, den HErrn suchend. Und welch ein inniges

Mitgefühl und Erbarmen finden wir da bei dem HErrn. Er spricht: „Ist mir Ephraim ein teurer Sohn oder ein Kind der Wonne? Denn so oft Ich auch wider ihn geredet habe, gedenke Ich seiner doch immer wieder. Darum ist Mein Innerstes um ihn erregt; Ich will Mich gewißlich seiner erbarmen, spricht Jehova.“ (Jer. 31,20) Und wiederum sagt Er durch den Mund Hoseas (Kap. 11,8) voll Erbarmen: „Wie sollte Ich dich hingeben, Ephraim, dich überliefern, Israel? Wie sollte Ich dich wie Adama machen, wie Zeboim dich setzen? Mein Herz hat sich in Mir umgewendet, erregt sind alle Meine Erbarmungen.“ Das Allergewisseste, was wir in dieser Welt wissen, ist, daß der HErr Sein Volk liebt. Alle Seine Wege mit uns können nur von uns in dem Lichte Seiner Liebe verstanden werden. Sein Gnadenvorsatz ist, uns zu segnen, und aus Seinem Worte wissen wir, „daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach Vorsatz berufen sind. Denn welche Er zuvorerkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“. (Röm. 8,28.29)

Leuchtet das Licht des Ratschlusses Gottes in unsere Seele, so haben wir den Schlüssel für das Verständnis Seiner Wege mit uns. Laßt uns deshalb nie an Gottes Liebe zweifeln, so schwer auch die Umstände uns bedrücken mögen! Er ist barmherzig und voll innigen Mitgefühls.

D. - A. v. d. K.

Werden wir unsere Freunde im Himmel wiedererkennen?

Gar oft hört man diese Frage, besonders in Umständen tiefer Trauer, und viele unserer Leser werden sicher ein Interesse an derselben haben.

Laßt uns einige Stellen der Schrift betrachten, die uns etwas Licht hierüber zu geben vermögen. Verhältnismäßig spricht die Schrift wenig hierüber, und auch nicht in bestimmten Worten, ebenso wie sie es nicht über die Dreieinigkeit, die Unsterblichkeit der Seele usw. tut. Das Wort Gottes zeigt diese Dinge so, daß wir sie wohl erkennen können, gibt uns aber keine besondere Mitteilung darüber. So ist es auch mit unserer Frage. Die Schrift läßt uns die Tatsache sehen,

ohne sie uns weiter zu erklären.

Zunächst laßt uns einige Stellen des Alten Testamentes beachten. Wir lesen 5. Mos. 32,48ff.: „Und Jehova redete zu Mose: Steige auf dieses Gebirge Abarim, den Berg Nebo, der im Lande Moab liegt, der Jericho gegenüber ist, und sieh das Land Kanaan, das Ich den Kindern Israel zum Eigentum gebe; und du wirst sterben auf dem Berge, auf welchen du steigen wirst, und zu deinen Völkern versammelt werden; gleichwie dein Bruder Aaron auf dem Berge Hor gestorben ist und zu seinen Völkern versammelt wurde.“

„Zu deinen Völkern versammelt.“

Dies konnte sich natürlich weder auf den Leib Moses noch auf den Leib Aarons beziehen, denn die Leiber beider wurden nicht bei den Toten ihres Volkes beerdigt. So wußte selbst niemand, wo der Leib Moses hingelegt war. Dieser göttliche Ausspruch muß sich deshalb auf den unsterblichen Geist und die Seele dieser Glaubensmänner beziehen und sagt uns somit, daß sie selbst in ihrer Persönlichkeit zu den ihnen angehörenden Völkern versammelt wurden. Liegt hierin nicht schon der liebliche Gedanke der Wiedervereinigung, des glücklichen Wiedersehens und der erneuerten Gemeinschaft?

In einer anderen Stelle spricht David: „Als das Kind noch lebte, habe ich gefastet und geweint, weil ich dachte: Wer weiß, ob Jehova mir nicht gnädig sein wird, daß das Kind am Leben bleibt? Nun es aber tot ist, warum sollte ich denn fasten? Vermag ich es wieder zurückzubringen?

Ich gehe zu ihm, aber es wird nicht zu mir zurückkehren.“ (2. Sam. 12,22.23)

„Ich gehe zu ihm.“

Ich denke nicht, daß David mit diesen Worten meinte, daß er wie sein Kind sterben oder wie sein Kind zu Gott gehen werde oder daß, wo sein Kind begraben, er begraben werden würde. Welch ein schwacher Trost wäre das in diesem Augenblick für sein tief verwundetes Herz! Welche Tröstung dagegen aber war es ihm, daß er zu seinem Kinde gehen werde! In diesem

auch unsere Herzen in solchen Stunden so überaus zu trösten vermag.

Wir wenden uns jetzt dem Neuen Testament zu. In erster Linie richten wir unseren Blick auf den auferstandenen HErrn. Er ist das Vorbild von dem, was wir alle einst sein werden. Die Seinigen erkannten Ihn nach Seiner Auferstehung wieder, wiewohl Seine Beziehung zu ihnen sich geändert hatte. Er war derselbe Christus, wieder in dem menschlichen Leibe, aber durch die Auferstehung in einem anderen Zustand. Sein Leib trug die Merkmale Seiner Persönlichkeit, manche sichtbar für das natürliche, andere nur für das geistige Auge. Er erneuerte Seinen vertrauten Umgang mit den Seinigen, und so fuhr Er hinauf gen Himmel. Der Schluß des Lukas-Evangeliums führt uns den auferstandenen HErrn und Heiland, den Sohn des Menschen, vor Augen, der von ihnen weg in den Himmel genommen wurde.

Und mit welch herrlichen Worten beantwortet der Apostel Paulus unsere Frage. Im 1. Thessalonicher-Brief schreibt er Kap. 2,19: „Wer ist unsere Hoffnung oder Freude oder Krone des Ruhmes? Nicht auch ihr vor unserem Herrn Jesus bei Seiner Ankunft? Denn ihr seid unsere Herrlichkeit und Freude.“

Hätten wir auch nicht eine einzige Antwort Auf unsere Frage, so würden diese Worte genügen. Wie konnten diese Christen von Thessalonich seine Freude und Krone sein, derer er sich erfreuen wollte bei der Ankunft des HErrn, wenn er sie und sie ihn nicht wiedererkennen würden? Diese Worte sagen uns ganz deutlich, daß er „seine Kinder im Glauben“ kennen und von diesen wiedererkannt werden wird, ja, daß auch alle anderen Heiligen sie kennen werden. Und wie verlangt er danach, sie an diesem herrlichen Tage wiedersehen zu dürfen!

Und weiter sagt Paulus (Kap. 4,18), daß, wenn Er wiederkommt, die durch Jesum Entschlafenen mit Ihm kommen werden, und fügt weiter hinzu: „So ermuntert einander mit diesen Worten.“

„Ermuntert einander!“

Wenn es kein Wiedersehen und Wiedererkennen gäbe, wo wäre dann der Trost und die Ermunterung, die diese Worte geben sollen?

Und was wäre unser Leben hienieden mit den wunderbaren Führungen des HErrn, wenn es, wie manche meinen, keine Erinnerung gäbe und kein Gedächtnis an alles mehr vorhanden wäre? Wenn ich mein Gedächtnis nicht behalte, dann vergesse ich, daß es eine Zeit gab, in welcher ich den Herrn Jesus, das Lamm Gottes, das für mich starb, kennenlernte - dann vergesse ich all die Wege, die Gott in Seiner Liebe und Gnade mit mir ging. Dies würde ein großer Verlust sein.

Wie herrlich, daß ich es im Himmel nicht vergessen werde, daß ich mein unverwesliches Erbe schon hier auf Erden durch den Glauben ergreifen durfte und mein ewiges Heil schon in den Händen meines Erlösers sicher war, als wäre Er für mich allein gestorben. Mit David nenne ich Ihn „meinen Hirten“, und mit Paulus „jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben“. (Phil. 3,14)

Wenn wir im Himmel sein werden und wir dort unter den Seligen das Werkzeug der Gnade sehen, durch welches wir zu Jesus geführt wurden, dann sagt uns unser Gedächtnis: „Das ist das Antlitz dessen, der mir auf Erden den Weg des Lebens gezeigt hat!“ Sollte ich nur die „Tür“ erkennen und nicht auch den „Wegweiser“?

Ein anderes Beispiel von dem Erkennen der Heiligen finden wir auf dem Berge der Verklärung, von welchem uns drei Evangelisten berichten. Zwei hervorragende Personen des Alten Testamentes, Moses und Elias, waren auf dem Berge gegenwärtig, und die drei Jünger, welche der HErr mit auf den Berg hinaufgenommen hatte, kannten sie. Wie oder woran sie sie erkannten, wird uns nicht gesagt, auch nicht, daß ihnen ihre Namen genannt wurden. Ganz unerwartet und plötzlich wurden sie in diese wunderbare, herrliche Szene versetzt, und sofort wußten sie, daß die Erschienenen Moses und Elias waren, die mit dem Herrn Jesus redeten. So werden auch wir bald alle Heiligen sehen und kennen, wenn wir in dem Lande der prachtvollen Herrlichkeit vereint am Throne des Lammes stehen werden.

Wir sehen also, daß, wo die Heilige Schrift auch die Frage des Wiedererkennens und Wiedersehens berührt, es immer in bejahender Weise geschieht. Allerdings ist der Schleier nur

ein wenig aufgehoben, aber wir dürfen doch einen Blick in die freudevollen Wohnungen des Vaterhauses tun und mit Herz und Seele festhalten, daß wir unsere Lieben, die uns vorangegangen sind, wenn wir und sie dem Herrn angehören, droben bei Ihm wiederfinden werden. Mann und Frau sehen sich wieder, wenn auch nicht mehr als Mann und Frau, denn wir werden den Engeln gleich sein. (Luk. 20,29-36) Und nicht nur werden wir diejenigen kennen, die wir hier auf Erden gekannt haben, sondern auch die Gläubigen aller Zeiten, die Patriarchen, die Propheten, die Apostel, die Hirten und Lehrer, die Helden des Glaubens, die Märtyrer, „deren die Welt nicht wert war“, usw., jeden in seiner Persönlichkeit, jeden von jedem gekannt; alle von allen erkannt in unauflöslicher Gemeinschaft miteinander, Ihm Lob und Ehre darbringend. Und obwohl der Herr Jesus, das Lamm Gottes, Er Selbst, alles in allem für uns sein wird, dem unsere Anbetung gilt, so werden wir gewiß in Ihm die ganze Familie Gottes lieben, besser, höher und erhabener, als wie wir es hier je vermochten.

M. Sch.

Der Fremdling vom Himmel.

Einige Gedanken über das Johannesevangelium.

(Fortsetzung)

Von den Jüngern hören wir in diesem Evangelium verhältnismäßig wenig. In Seinem öffentlichen Dienste treten sie gegenüber den anderen Evangelien auffällig zurück. Sie werden nicht ausgesandt wie in Matth. 10, Mark. 6 und Luk. 9, und wir treffen sie, die mit wenigen anderen den wahren Überrest Israels bildeten, in hervorragendem Maße nur dort (ausgenommen die Kapitel 13-17), wo es sich um die zukünftige Geschichte dieses Überrestes handelt, so in den Schlußabschnitten des 1. Kapitels, dem 2. Kapitel und dann dem 20. und 21. Kapitel. Gerade diese Anfangs- und Schlußabschnitte des Evangeliums umschließen in geheimnisvoller Weise gleich einem Rahmen das kostbare Gemälde der Herrlichkeit, das unser Evangelium enthüllt, und sie bilden gleichsam ein Band zwischen der himmlischen und irdischen

Herrlichkeit. Jene Anfangsabschnitte gehen von den Verheißungen des Alten Testamentes, die Schlußabschnitte von dem Boden der Auferstehung aus. Die Kapitel 13 bis 17 aber zeigen etwas ganz anderes. Hier ist der HErr allein mit den Jüngern beschäftigt, und das nicht in dem Sinne, daß sie den Überrest Israels auf Erden bildeten, obwohl sie es in der Tat waren, sondern in der Weise, daß sie Fremdlinge auf Erden sein würden, so wie Er es jetzt war. Diese Tatsache, die nach dem Werke auf Golgatha eintrat - der HErr stellt Sich in den genannten Kapiteln hinter das Werk am Kreuze -, verbindet sie in wunderbarer Weise mit Ihm. Die Verbindung ist viel inniger als zuvor, wo es sich um die irdischen Dinge Israels handelte, inniger auch als in den anderen Evangelien. Hatte Sich nach der Darstellung des Johannesevangeliums der Fremdling vom Himmel zuvor nicht mit dem Überrest eins gemacht, jetzt tat Er es, indem Er sich auf den Boden des Werkes, das der Verherrlichung Gottes diente, stellte und die Jünger mit Ihm. Der göttliche Fremdling verband Sich in der tiefsten und wunderbarsten Welse mit denen, die von nun an Fremdlinge hienieden sein würden. Er tröstete sie ob Seines Weggehens. Er verstand ihren Kummer und ihren Weg inmitten einer Welt, die nichts von Ihm wissen wollte und Seine Jünger gleich Ihm verfolgen würde, weil sie weder den Vater noch Ihn erkannt hatte. (Kap. 16,1-3) Ihr Herz sollte nicht bestürzt sein. (Kap. 14,1-27) Zweimal sprach Er diese tröstlichen Worte und fügte schließlich hinzu: „Seid gutes Mutes, Ich habe die Welt überwunden.“ (Kap. 16,33) Wohl waren sie Fremdlinge in dieser Welt, aber ihr Teil war in den Wohnungen des Vaterhauses, und Er Selbst ging hin, die Stätte für sie zu bereiten. (Kap. 14,1-3) Zudem würde Er sie nicht als Waisen lassen: Der Vater würde den Heiligen Geist in Jesu Namen senden, und Er würde Ihn von dem Vater senden. (Kap. 14,26; 15,26; 16,7) In Kap. 17 endlich versetzt Er sie - wunderbare Tatsache! - an Seinen eigenen Platz und läßt sie teilhaben an Seiner Herrlichkeit. Was konnte es Höheres geben? Ein überströmendes, von Liebe überströmendes Herz offenbarte sich in diesen Stunden, und das kurz vor dem Weg ans Kreuz!

Zu diesen stillen Stunden im Obersaal und auf dem Wege zum Garten hatte die Welt keinen Zutritt. Judas, der Verräter, mußte noch gehen in die dunkle Nacht hinaus, um seine finsteren Pläne auszuführen; dann war der HErr mit den Seinen allein. Dann sprach Er diese göttlich erhabenen Worte, in vollkommener Ruhe, in tiefgefühlter Abhängigkeit von dem Willen des

Stunden, wie sie Ihn finge und ans Kreuz brächte. Sie rückte mit Leuchten und Fackeln und Waffen an, um den HErrn der Herrlichkeit gefangen zu nehmen. Welche Gegensätze bergen doch diese Kapitel! Auf der einen Seite der HErr, der als Licht in die Welt gekommen war, auf daß jeder, der an Ihn glaubte, nicht in der Finsternis bleibe; (Kap. 12,46) in vollkommener Ruhe, vollkommenem Frieden führte Er Seine Jünger in die Geheimnisse Seiner Herrlichkeit ein. Auf der anderen Seite der Verräter in der Nacht und die unruhigen Leuchten und Fackeln der bewaffneten Diener, die kamen, um den HErrn noch in der gleichen Nacht vor ihre Obersten zu bringen. Und der Sohn Gottes gab Sich in ihre Hand. Er tat es, um den Willen des Vaters zu erfüllen. Darum liebte Ihn der Vater, weil Er Sein Leben ließ. (Kap. 10,17)

Schluß folgt, s. G. w.

Nahegekommen!

(Röm. 13,12; Jak. 5,8; 1. Petr. 4,7)

(Schluß.)

In der sechsten Lieferung brachte ich die Betrachtung über die erste obiger Stellen zu Ende. Leider ist es mir aus schwerwiegenden redaktionellen Gründen nicht möglich, die anderen beiden Stellen auch eingehend zu behandeln, und so muß ich darauf verzichten, den Aufsatz so weiterzuführen und zu beenden, wie ich eingangs ankündete. Ich bitte dieserhalb um Entschuldigung.

Um aber wenigstens eine Art Abschluß zu geben, möchte ich mit Gegenwärtigem den ermahnenden Inhalt der beiden restlichen Stellen kurz skizzieren, indem ich dem geneigten Leser überlasse, den gegebenen Gedanken weiter nachzugehen.

Die zweite Stelle Jak. 5,8 heißt:

„Die Ankunft des HErrn ist nahegekommen!“

Was nun auch alles, je nach der Erkenntnis der verschiedenen Schriftforscher, mit der Tatsache und mit der Lehre von der Ankunft des HErrn verbunden ist - eines ist sicher: daß dieselbe ein mächtiger Ansporn für den praktischen Wandel der Gläubigen ist, und zwar gerade auch nach unserer Stelle, in deren Fortsetzung gleich im nächsten Vers (V. 9) gesagt wird: „Siehe, der Richter steht vor der Tür!“ Diese Warnung gibt den mit der nahegekommenen Ankunft des HErrn in Verbindung stehenden Ermahnungen den rechten Nachdruck.

Dieser Ermahnungen sind es, soweit ich sehe, vier, die ich hier in Kürze aufzähle:

1. „Habt (auch ihr) Geduld!“ (oder „harret aus!“) (V. 8a.)

2. „Befestiget eure Herzen!“ (V. 8b.)

3. „Seufzet nicht widereinander!“ (V. 9)

4. Leidet! (Das letztere steht nicht wörtlich da, weswegen ich es auch nicht in Anführungsstriche gesetzt habe, aber es ist gleichsam die „Quintessenz“ oder der Kern, auf den es in Vers 10 und 11 ankommt.

Für die ersten beiden Ermahnungen ist in Vers 7 sozusagen die Stütze, für die dritte in Vers 9 die entsprechende (oben schon genannte) Warnung, für die vierte in Vers 10 und 11 das mehrfache Vorbild gegeben.

Was für ernste Punkte der Ermahnung, nicht wahr?! Möge der HErr uns Gnade geben, dieselben recht zu beherzigen und sie angesichts Seines baldigen Kommens nicht in den Wind zu schlagen! Wir reden vielleicht gern von dem Kommen, der Wiederkunft unseres teuren HErrn - und gewiß ist dieselbe zunächst unsere herrlichste Zuversicht -, aber vergessen wir nicht, daß danach sich auch die ernste gewichtige Wahrheit von dem „Richterstuhl Christi“ an uns verwirklicht! (2. Kor. 5,10; Röm. 14,10!) Wie aber wir Gläubige in Seinem untrüglichen, vollkommenen Lichte einst offenbar werden möchten - „auf daß ein jeder empfange, wie er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses“ (2. Kor. 5,10) -, so laßt

uns heute wirklich wandeln, indem wir jenes Licht auf unseren Pfad von heute fallen lassen und wenigstens obige vier Dinge in unserem Leben hienieden zur Darstellung bringen!

Und die Gnade genügt dazu wie zu allem, was unseren Weg durch die Wüste betrifft!

Doch nunmehr muß ich übergehen auf die letzte Stelle, aber es geschehe nicht, ohne daß wir noch einmal das Wort der zweiten auf uns - tief! - wirken lassen:

„Die Ankunft des HErrn ist nahegekommen!“ Preis sei Ihm, bald werden wir Ihn sehen!

Und wie lautet die letzte der drei Stellen der Überschrift?

Es ist aber nahegekommen das Ende aller Dinge!“ (1. Petr. 4,7)

Wie? „Das Ende aller Dinge“ schon jetzt? vielmehr, schon damals vor bald 1900 Jahren? Ja, so steht es da, und so nehmen wir es an, indem wir wissen, daß „bei dem HErrn ein Tag ist wie tausend Jahre, und tausend Jahre wie ein Tag“. (2. Petr. 3,8) Außerdem setzten damals schon ernste Verfolgungszeiten ein, wie ja auch der ganze Brief viel vom Leiden redet, vgl. besonders auch in Kap. 4,12ff.! Und solche Zeiten haben von jeher auf das leidende Volk Gottes den Eindruck vom Ende der Zeiten erweckt; der HErr Selber hat ja auch die Herzen der Seinen damit getröstet, daß Er ihnen sagte: „Wenn diese Dinge anfangen zu geschehen, so blicket auf und hebet eure Häupter empor, weil eure Erlösung naht!“ (Luk. 21,38) Sicher geht diese Stelle in Wirklichkeit erst auf die große Drangsal des Endes, aber ebenso gewiß gibt es Vorerfüllungen der biblischen Verheißungen, und so war jede Drangsalszeit um des HErrn willen mit Hoffnungen und Erwartungen gepaart, die auf das Ende gingen. Wie dem nun auch im einzelnen sei, für uns und unseren Glauben steht es fest, daß das Ende nahe ist! Und das um so mehr, als sich die Erkenntnis über die „Zeit des Endes“ sehr gemehrt hat (vgl. Dan. 12,4), so daß es sehr wichtig für uns ist, im Bewußtsein des nahegekommenen Endes zu leben und zu wandeln.

Und was sagt uns die Schrift im Blick auf das nahegekommene „Ende“? Sie gibt uns

HErrn“, unzweideutige Ermahnungen, deren Befolgung uns nach Gottes Gedanken bildet und uns fähig macht, das Ende gottgemäß zu erwarten.

Diese Ermahnungen - und zwar wiederum vier! - in Hauptworte gekleidet, sind kurz folgende:

1. Gebet! („besonnen und nüchtern zu den Gebeten!“) (V. 7)

2. Liebe! („Liebe untereinander vor allem, und zwar inbrünstige, sündenbedeckende Liebe!“) (V. 8)

3. Gastfreiheit! („gegeneinander“ - „ohne Murren“ - was in bedrängten Zeiten nicht immer selbstverständlich ist.) (V. 9)

4. Dienst! (gemäß der empfangenen Gnadengaben, deren Verwalter wir sind.) (V. 10 u. 11)

a) In der Rede, als Aussprüche Gottes;

b) im praktischen Dienst, als in göttlicher Kraft! usw.

Wie wichtig aber auch die nähere Betrachtung dieser vier besonders für die nahegekommene Endzeit sehr nötigen Stücke für uns wäre, so muß ich doch jetzt endgültig abbrechen, indem ich nur den HErrn bitten kann, uns alle diese Dinge so ernstlich ans Herz zu legen, daß wir uns ihnen nimmer entziehen können. Das nahegekommene Ende (1. Petr. 4,7) stellt eben genau wie der nahegekommene Tag (Röm. 13,12) und die nahegekommene Ankunft des HErrn (Jak. 5,8) an uns ganz besondere Anforderungen, denen wir, die wir doch auch so reich begnadet sind und die wir so hohe Vorrechte haben, auch unbedingt entsprechen sollten in der heutigen bewegten Zeit - und zwar warum? Die Antwort steht im Verlauf obiger Stelle:

„... auf daß in allem Gott verherrlicht werde durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit ist und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (1. Petr. 4,11c.)

„Ja, Amen“, sprechen auch wir dankbaren Herzens, daß wir gewürdigt sind, solche Kostbarkeiten zu kennen. Dem HErrn die Ehre in allem!

F. K.

Erste Schritte im Glaubensleben.

Glückselig, die Seine Zeugnisse bewahren, die von ganzem Herzen Ihn suchen!“ Ps. 119,2.

Die Jahre seit dem großen Kriege erscheinen dem Diener am Evangelium besonders dadurch gekennzeichnet, daß unser Gott und Vater in bemerkenswerter Weise bemüht ist, teure unsterbliche Menschenseelen dem ewigen Verderben zu entreißen und sie zu Seinem Sohne zu ziehen (Joh. 6,44), die, somit zu diesem kommend, von Ihm angenommen werden (Joh. 6,37) und durch Glauben an Ihn Vergebung der Sünden und Gotteskindschaft empfangen durch Seinen Namen (Apgesch. 10,43; vgl. Joh. 1,12), diesen kostbaren Namen, in welchem allein Errettung ist. (Apgesch. 4,12)

Die Tatsache, daß durch die vereinigte Wirksamkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes (Luk. 15) viele Sünder das „Licht der Welt“ erblicken, indem sie Ihn, der das wahre Licht der Welt ist, Christus (Joh. 12), kennenlernen, legt der Gemeinde des HErrn mehr und mehr die Verpflichtung auf, die Kindlein in Christo in der rechten Weise aufzuerziehen im Worte der Wahrheit und ihnen die ersten Glaubensschritte in einer für ihr junges geistliches Alter verständlichen Weise so beizubringen, daß sie sich „gesund im Glauben“ entwickeln. Der Verfasser dieses Aufsatzes, der selber als Mitarbeiter am Evangelium mancher Seele durch die Gnade des HErrn solche Helferdienste tun durfte und darf, ist darum auch von mehreren größeren Kreisen angegangen worden, ihnen einfache Unterweisungen an die Hand zu geben, die zu dem gesegneten Zwecke, Junggläubigen weiterzuhelfen, mit beitragen könnten. Diesen Anregungen zufolge entstand die vorliegende Arbeit, die den doppelten Dienst tun möchte: 1. Solchen, die sich um das gesunde Wachstum der Jungbekehrten in den einzelnen Gemeinden kümmern, zu helfen, bei ihren Unterweisungen jener auf einige der wichtigsten Punkte den Finger zu legen; 2. aber auch solchen jungen Kindern Gottes, die durch die Belehrungen des

Heiligen Geistes von der Notwendigkeit des Zunehmens an geistlichem Alter und Gnade bei Gott und den Menschen überzeugt worden sind, zu Hilfe zu kommen, daß sie sich selbständig nach der Schrift zu unterrichten vermögen über allerlei erste Schritte auf dem neuen lebendigen Wege, dem Glaubenswege in der Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus. (1. Joh. 1,4)

Möchte der HErr, des wir sind und dem dienen zu dürfen eines der kostbarsten Vorrechte ist, diese kleinen, schlichten „Bemühungen der Liebe“ (1. Thess. 1,3) segnen zu Seiner eigenen Verherrlichung!

1.

Die wichtigste Frage für den Junggläubigen, der in Buße (d. i. Sinnesänderung), Bekehrung (d. i. Wegänderung) und Heilsglauben an den Herrn Jesus Christus zu diesem gekommen ist und, gerechtfertigt von seinen Sünden, „Frieden mit Gott“ hat (Röm. 5,1), ist die: „Wie behalte ich Heilsgewißheit?“ Ich nehme an, daß die Heilsbelehrung dem Betreffenden klargemacht hat, daß er sich, von Natur gänzlich und ohne Glauben an Christus bleibend (vgl. Joh. 3,36!), als verlorener Sünder allein auf das kostbare, für ihn geflossene Blut Jesu Christi, das Sühnungsblut des Mittlers, verlassen und den untrüglichen Aussagen des Wortes Gottes über das Blut Jesu und den Wert desselben in Gottes Augen trauen sollte. Über diese Dinge mit dem Heilssuchenden zu reden liegt ja zuerst dem christlichen Helfer ob, der solcher Seele den Liebesdienst tut, sie auf den Weg des Friedens zu weisen. Kein Helfer kann in dieser Hinsicht zu deutlich und unzweideutig reden. Manche unklare Bekehrung hat ihren Grund in mangelhafter Heilsunterweisung. Manche „Kinderkrankheit“ ist die Folge solchen Mangels an Klarheit über den ewigen, unantastbaren Grund des Heils in Christo. Möchten wir alle, die wir hierin Dienst zu tun haben, uns durch die Gnade fähig machen lassen, diesen Dienst so ernst, so treu, so schriftgemäß wie möglich zu tun! Nur dann helfen wir mit dazu, daß die teuren Seelen von Anfang an Heilsgewißheit haben. Diese kann ihnen ja nur der Heilige Geist geben (den die empfangen, die an Christus gläubig werden; Joh. 7,39; Röm. 3,14-16; V. 9!), nicht wir, aber

Schwachheit diesen Dienst so treu wie möglich getan haben, wie helfen wir den Junggläubigen, Heilsgewißheit zu behalten? Nur auf dem gleichen Wege behalten sie sie, wie sie sie bekamen: Das Blut Jesu Christi gibt ihnen die ewige Sicherheit (2. Mos. 12,21-23; 1. Joh. 1,7; Kol. 1,20; Hebr. 16), während ihnen allein das Wort Gottes die ewige persönliche Gewißheit verbürgt. (1. Joh. 5,9-13 u. a.) Wir können dem Blute Christi und dem, was Gott von demselben denkt und in Seinem Worte über dasselbe sagt, nie zuviel trauen! Das Blut und Sein Wort! Bruder, Schwester, denke daran! „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19,30) Er hat's getan, und Er hat's gesagt, - das ist und sei deine Sicherheit im Leben und im Sterben und deine herrliche Gewißheit! - Er hält Sein Wort für immer! Und Er ist und bleibt derselbe. (Hebr. 13,8) Glaube Ihm, vertraue Ihm und Seinem untrüglichen Wort! Vergiß nie das, was dir sicher bei der Heilsbelehrung gesagt ist, daß der Glaube ein Nehmen dessen, was Gott getan und gesagt hat, ist, ein Rechnen mit diesen herrlichen göttlichen Tatsachen und ein Handeln und Haben auf Grund derselben! Hast du mit solchem Glauben den Herrn Jesus Christus, den ewigen Sohn, als deinen Heiland und Erretter und Sein Blut als das einzige Mittel zur Sühnung nach Joh. 1,12 angenommen, dann hast du Vergebung der Sünden! (Apgesch. 16,43)

2.

Wie begegne ich aber den Angriffen des Teufels, der mir zuflüstert: „Du bist ja gar nicht errettet, denn du fühlst ja nichts!“? Eine Frage, die vielen zu schaffen macht. Mein Bruder, meine Schwester, ich rate dir: Höre nie auf diese und andere Einflüsterungen des Feindes! Er will dich nur mutlos machen, dir „die Freude am HErrn“ nehmen, die doch unsere einzige Stärke ist (Neh. 8,10), die aber nichts mit Gefühlen zu tun hat. Gefühle können nie einen sicheren Heilsgrund abgeben. Gefühle sind wechselnd wie Sonne und Regen und hängen oft von den Nerven, vom Wetter und irgendwelchen Stimmungen ab. Erfahrene Christen geben nichts auf Gefühle, so schön sie mitunter sein mögen. Gefühle schwinden, wenn man sie auf ihre Beständigkeit und ihren Wert prüft. Gefühle sind seelisch, aber nicht geistlich. Das „Zeugnis des Geistes“, das dem echten Glauben an Christus als Siegel aufgedrückt wird (lies Eph. 1,13.14 u. 4,30), äußert sich nicht in Gefühlen, sondern in innerem Überzeugtsein und

Haben dessen, was der Glaube an Christus gibt: „Freude, Friede ...“ usw., Dinge, die keine Einbildungen sind, sondern Besitztümer, die ihre Kraft gerade dann am besten beweisen, wenn alle seelischen und fleischlichen Gefühle vergehen. Möchten wir nie diese Frucht des Geistes: „Freude, Friede, Liebe ...“ (Gal. 5,22) mit Gefühlen verwechseln! Tretet, Geschwister, dem Feinde entgegen mit dem Wort des HErrn und der Tatsache, daß Christus euch angenommen hat! (Joh. 6,37) Ihr seid ein für allemal aus dem Machtbereich des Fürsten der Finsternis „versetzt worden“ in das Reich Gottes, das „Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist“ ist (Röm. 14,17), „das Reich des Sohnes Seiner Liebe“ (Kol. 1,13), ihr seid durch den Glauben an den Sohn für immer „aus dem Tode in das Leben hinübergegangen“. (Joh. 5,24!) Ihr gehört nun einer anderen Welt, einem anderen Reiche, einem anderen Herrn an, der die Seinen, die der Vater Ihm gegeben hat (Joh. 17,9.10), „nie versäumen noch verlassen wird“ (Hebr. 13,5.6) und der uns sicher ans Ziel bringt. (Joh. 14,1-3) Das „Einst“, wo wir „ferne waren“, „tot in Sünden und Vergehungen“, hin- und hergeworfen auch durch unsere Gefühle, weil wir „ohne Christus“ und darum „ohne Gott und ohne Hoffnung in der Welt“ waren, ist für ewig abgelöst durch das selige „Jetzt“, wo wir „durch das Blut des Christus nahe geworden“, d. h. in die Gemeinschaft mit dem heiligen Gott getreten, sind, wo statt schwankender Gefühle herrliche Tatsachen unser sicherer Besitz sind. (Lies Eph. 2! vgl. 1. Petr. 2,9.10) Dankt dem HErrn auf den Knien täglich aufs neue für diese köstlichen Gewißheiten in Ihm und Seinem Worte! Damit schlagt ihr den ohnehin auf Golgatha besiegten Feind!

3.

Mit Gebet und Dank täglich, so oft wie möglich („wachet und betet!“), und mit dem kostbaren Gotteswort, das jeder Gläubige als tägliche Nahrung braucht (- jedes Kind Gottes muß seine eigene Bibel haben, womöglich neben Luthers eine der neueren wortgetreueren Übersetzungen wie die Elberfelder oder die Miniaturbibel u. a. m. -), vermögen wir überhaupt die meisten Angriffe des Feindes, der Welt und unseres eigenen Fleisches siegreich zu überwinden. Zu solch letzteren Angriffen gehören die, uns in die Lüste der Welt und des Fleisches hineinzuverstricken. Aber diese Dinge vergehen (1. Joh. 2,15-17) und haben nichts Schönes für

den, der durch die Liebe Christi dem Wesen der Welt entflohen ist. (Vgl. 2. Petr. 2,20) Möchten wir auch bedenken lernen, wenn wir dies auch erst nach und nach verstehen, daß Christus so völlig an unserer Stelle starb, daß wir uns im Glauben als mit Ihm gestorben betrachten dürfen. Wem aber starb Er? Er starb der Sünde! (unserer Sünde!) Und wem lebt Er? Er lebt für Gott. (Röm. 6,10.11) Also auch wir! Durch Glauben an Ihn befinden wir uns auf dem Auferstehungsboden, wo wir uns im Glauben der Sünde für tot halten dürfen und in einem neuen Leben für Gott leben können. Also heißt es für uns immer mehr: Sein Wort lesen, um Ihn und Seine Kraft mehr kennen, schätzen und gebrauchen zu lernen! Christus ist alles für uns! (1. Kor. 1,30!)

Sein Wort! Ein Christ wird überhaupt je länger je mehr sich darüber belehren lassen, bei allem, was er irgendwo und irgendwann liest, sich zu fragen: Wie stimmt das Gelesene mit dem Wort Gottes, paßt es dazu? Geziemt es sich auch für mich als Kind Gottes, Schriften und Bücher zu lesen (beispielsweise Schriften von allen möglichen religiösen Richtungen, Bücher widergöttlichen Inhalts, wie die meisten Romane es auch sind, Zeitungsromane usw.), die dem Sinn und Geist Christi nicht entsprechen oder ihm widersprechen? Möchte es dem Heiligen Geist gelingen, in dieser Hinsicht mehr die Herrschaft über unser Leben zu bekommen! Liebes junges Kind Gottes, lerne also vor allem schätzen und lesen das teure Wort Gottes! Lies 2. Tim.

3,16.17; Eph. 6,17; 1. Petr. 1,23; 2. Petr. 1,20.21!

4.

Der Christ, jung wie alt, muß auch täglich mehr lernen, auf Christum zu schauen, dann würden ihm die Welt, die Sünde, das eigene alte „Ich“, die Verführungen der Menschen usw. - alles klein, und im Glauben an Christus gewinnt er Kraft (Phil. 4,13), ein Überwinder in dieser Welt zu sein. Dann wird er auch Sieger sein in einer ganz besonders schweren Frage: Wie verhalte ich mich in den Leiden dieser Zeit? Ja, Brüder und Schwestern, da gibt's nun zweierlei große Arten von Leiden: 1. verschuldete und 2. unverschuldete Leiden! Wir sehen die erstere Art nie bei Christus, und darum sollten wir diese Art auch nie durchmachen müssen! Darüber belehrt

uns u.a. 1. Petr. 2,20; 4,15. Und wenn das Wort uns solche Belehrung gibt, so gibt es auch die Möglichkeit dazu, durch die innige Gemeinschaft mit Christus in solchem Leben ohne verschuldetes Leid zu wandeln. Lest recht treu in der Schrift, so findet ihr manches Licht über diese Sache. Nun, und unverschuldete Leiden? Die müssen wir durchmachen! Machen wir sie nicht durch, so gleicht unser Christentum nicht dem der ersten Zeugen Christi! (Apostelgeschichte! 1. Thess. 3,3.4; 1. Petr. 2,19; 4,12.13 usw.) Am wichtigsten aber ist, daß unser geliebter HErr sehr viel leiden mußte von seiten der ungerechten Welt, und Er hat uns verheißen, daß es so auch unser Teil sein werde. (Joh. 15,18-21; Matth. 5,11.12 u. a.) - Wollen wir's besser haben in der Welt, die Ihn verworfen hat, als Er Selber? Möchten alle Jungbekehrten frühzeitig etwas lernen von dem Tragen Seines Kreuzes, d. i. Seiner Schmach, außerhalb des Lagers dieser Welt! (Hebr. 13,13) Lies auch Röm. 8,18 u. 31-39 und Phil. 1,29.30! Denke nur, nach letzterer Stelle werden die Leiden um Christi willen als ein Geschenk, nämlich ein Geschenk Gottes, angesehen! Wie kostbar sollten uns also diese Leiden sein!

5.

Solche Leiden um der Gerechtigkeit willen, um Christi willen seitens der ungläubigen Welt werden besonders die Gläubigen durchzumachen haben, die dem HErrn auch da treu folgen wollen, wo es gilt, sich von der religiösen Welt zu trennen. Mit der Bekehrung hat man eigentlich der Religion dieser Welt schon den Abschied gegeben. Man hat das, was die sogenannten Kirchen über Taufe und Abendmahl sagen (was aber nicht das Wort Gottes sagt!), praktisch als ungültig verworfen. Denn wenn man durch die Kindertaufe ein Christ würde und durch das Abendmahl Vergebung der Sünden bekäme, bedürfte es keiner Bekehrung. Diese ist aber nach der Heiligen Schrift unbedingt erforderlich, um Vergebung der Sünden zu bekommen. (Apgesch. 3,19; 26,18) Wenn man sich also schriftgemäß bekehrt, so hat man dadurch jenen kirchlichen (aber nicht biblischen) Belehrungen und Handlungen praktisch jeden Wert abgesprochen. Wenn man nun, was durchaus biblisch ist, einer unschriftgemäßen „Kirche“, die solche falschen Lehren über das Seligwerden lehrt, in Wirklichkeit den Rücken kehrt, wie das Wort uns ermahnt z. B. in 2. Kor. 6,14-18, somit aus ihr austritt, so wird man -

unverschuldet, auf rein biblischem Grunde stehend, wie zuerst Christus, wie später Paulus usw. - den Haß der religiösen Welt erfahren und manches um des Wortes des HErrn willen leiden müssen. Und dies um so mehr, wenn man - bei wachsender eigener Erkenntnis über die Wahrheit von der einen Gemeinde, nämlich der Gemeinde als des Leibes Jesu Christi (vgl. z.B. Joh. 11,52; Eph. 1,22.23; Eph. 4,3-6) und über die Zugehörigkeit zu dieser einen Gemeinde Gottes (1. Kor. 12,13!) - zurückkehrt zu dem, wie es „im Anfang“ war (1. Joh. 2,24), und handelt nach Apgesch. 2,42, indem man sich mit der Tat des Glaubensgehorsams auch unter die biblischen Wahrheiten der Gläubigentaufe und des Gedächtnismahles des Herrn Jesus beugt. (Mark. 16,16; Röm. 6; Luk. 22 u. 1. Kor. 11,20-34) Solche Leiden sind also durchaus schriftgemäß; wir befinden uns da in guter Gesellschaft, wie die ganze Apostelgeschichte, ja schon die Leidensgeschichte des HErrn beweist. Denn Er litt am meistens seitens der religiösen Welt, die nichts zu tun hat mit der wahren christlichen Gemeinde, und seitens der Leute, die Er Selber „blinde Blindenleiter“ nennt und die es noch heute sehr reichlich gibt. - Lies auch oft Joh. 17!

6.

Eine andere Art solcher unverschuldeten, aber biblischen Leiden machen viele Christen, besonders Frauen, Kinder, auch zeitweise Männer, durch seitens ihrer unbekehrten Verwandten. (Matth. 16,36) Hier haben gläubige Frauen oft unsagbar von seiten ihrer Männer zu leiden. Was ist da zu tun? Ich glaube, manchmal könnten Frauen diese Leiden abkürzen oder verringern, wenn ihnen klar würde, daß es für sie keinen biblischen Grund gibt (etwa den einer falsch verstandenen „Heiligung“), ihre gottgewollte Unterwürfigkeit unter ihre Männer „in allem“ irgendwie zu unterlassen. Nur da, wo der Mann etwas ganz klar dem Willen Gottes Zuwiderlaufendes verlangt, heißt es für das Weib wie für jeden Gläubigen: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apgesch. 5,29; vgl. 4,19), sonst tut sie gut, tatsächlich dem Manne um des HErrn willen unterworfen zu sein in allem. (Eph. 5,24) Auch sollten die gläubigen Frauen - wenn auch bei Gelegenheit den HErrn bekennen - nie auf ihre ungläubigen Männer einpredigen! Das nützt nichts. Sie sollten nicht viel mit ihren ungläubigen Männern über den

HErrn reden, aber viel mit dem HErrn über ihre ungläubigen Männer, also: für sie beten! Das hilft viel! Sie haben dann auch die kostbare Verheißung 1. Petr. 3,1-6 für sich.

7.

Eine verkehrte Art von Leiden entsteht oft daraus, daß junge Christen glauben, ihren normalen irdischen Beruf verlassen zu sollen. Das ist nur in den allerseltensten Fällen biblisch. Nur sehr selten nimmt der HErr Selber junge Gläubige aus einem irdischen Beruf, um Ihm im besonderen zu dienen, allermeistes müssen sie sich, wo sie sind, erst im praktischen Wandel bewähren, ehe Er sie, wenn überhaupt, für Sich und Seinen Dienst allein aus ihrem irdischen Beruf, in dem und neben dem mancher Ihm am besten dienen kann, herausholen sollte. Unser ganzes Leben, in welchem Berufe auch immer (wenn es kein allgemein unehrenhafter, sündiger, unsittlicher und darum natürlich unbiblischer ist), dürfen wir ja für Ihn leben und zu Seiner Ehre! (Kol. 3,23.24) Warum also uns selber des Segens berauben, den Er uns an unserem Platze zuteil werden lassen will?

8.

Überhaupt gibt es für alle und jeden Gläubigen einige Dienste für den HErrn, die jeder ausüben kann. Möchten meine junggläubigen Brüder und Schwestern diese frühzeitig lernen, ich nenne sie nur kurz:

1. Den allerwichtigsten zuerst: Bekenne den HErrn und was du in Ihm und durch Ihn hast! Bekenne Ihn von Anfang deines Glaubenslebens an ohne Scheu durch Wort und Wandel, leuchte für Ihn und zeuge von Ihm, auch ohne Furcht vor verständlicherweise einsetzenden Leiden! Das sind ja biblische Leiden, die uns nicht erspart werden. (1. Petr. 1,6ff.) Bekenne Ihn! Denke daran, daß Er sagt: „Wer Mich bekennet vor den Menschen, den werde Ich bekennen vor Meinem himmlischen Vater!“ (Matth. 10,32) Das hat nichts zu tun mit Gerettet- oder Verlorengehen - ein wahres Kind Gottes, ein Schäflein Jesu Christi, wird nie wieder aus Seiner Hand geraubt! (Joh. 10,29ff.) Die Hände Jesu Christi und die Hände des Vaters sind stark

genug, uns zu bewahren auf ewig! - aber es behandelt die Frage des Lohnes! Und ist Er, der herrliche HErr, der uns so wunderbar errettet hat, nicht wert, daß wir Ihn, der Sich zu uns herabgeneigt hat, bekennen vor den Menschen? „Mit dem Herzen wird geglaubt zur Gerechtigkeit, und mit dem Munde wird bekannt zum Heil.“ (Röm. 10,10) Sage den Menschen aus Liebe zum HErrn und zu ihnen, daß auch sie Ihn haben müssen! (Vgl. 2. Kor. 5,11a.20!)

2. Wohl ebenso wichtig wie das Bekennen des Namens unseres HErrn und Heilandes ist der Dienst der Fürbitte, den jeder Gläubige ausüben kann. „Flehen, Gebet, Fürbitte, Danksagungen“, sagt der Apostel, erwartet Gott von uns (1. Tim. 2,1ff.), aber nicht allein für uns, sondern für alle Menschen - auch für die Obrigkeit, was sehr ernst ist! - und sonderlich für die Gläubigen (Eph. 6,18); Paulus bittet sogar sehr oft darum, z. B. 2. Thess. 3,1; Kol. 4,2-4, und wir haben auch das Recht, für uns um Fürbitte zu bitten bei anderen und unsererseits anderen ganz persönlich diesen Dienst der Liebe zu tun, z. B. auch den Missionaren sowie leidenden Gläubigen usw., und aus Luk. 22,31.32.61.62 und Apgesch. 12,5 sehen wir ein wenig, was solcher Fürbittedienst bewirkt.

3. Eine weitere Art von Dienst, die so gut wie jeder Gläubige ausüben kann, ist das Verteilen von christlichen Blättern, sog. Traktaten (man achte darauf, daß es nur solche ganz entschieden schrittgemäßen Inhalts seien!), unter Gebet und in christlicher Liebe und Weisheit, Takt und Besonnenheit, in Treue und Demut.

4. Weiter: Haus- und Krankenbesuche („ihr habt Mich besucht!“), wozu besonders viel Liebe und Demut, also auch besonders viel Gebet um Weisheit und Fürbitte gehört. Besuche in kinderreichen Familien, um der überarbeiteten Mutter zu helfen, und ähnliche Dienste würden manchem jungen gläubigen Mädchen, das nicht weiß, was sie tun soll, eine gesegnete Beschäftigung geben!

Und so gibt es noch anderes, was wir tun können für Ihn. Aber vergessen wir ja nicht: Am meisten kommt es bei allen Diensten auf unseren Wandel vor der Welt an! (Eph. 4,1; Kol. 4,5.6)

9.

Leider wird oft etwas als besonderer Dienst („Gottesdienst“) angesehen, was nach der Schrift keiner ist, was dagegen eine ganz (neu)naturgemäße Sache sein sollte: Es ist der Besuch der christlichen Versammlungen, in denen wir Gläubigen zusammenkommen, um uns gegenseitig zu belehren, zu ermuntern und zu erbauen im Worte der Wahrheit, je nachdem Gott den einzelnen in der Gemeinde geistliche Gaben gegeben hat. (1. Kor. 12; Eph. 4) In der Gemeinsamkeit unseres Glaubens und der Liebe untereinander, wozu Gott uns die Fähigkeit gab (lest und bedenkt 1. Joh. 3,14! welch ein Beweis unseres Glaubens!) durch den Heiligen Geist (Röm. 5,5), offenbaren wir ja, was Gemeinschaft ist nach der Schrift, und dies sollte nie von Junggläubigen gering geschätzt werden, wenn sie auch manches erst wenig verstehen. Verlaßt nicht euer Zeugnis, das euch zusammenhält! (1. Kor. 1,9) Gemeinschaft brauchen wir Christen in dieser christusfeindlichen Welt (fast) so nötig wie das tägliche Brot. Machen wir es damit nicht so wie die Welt mit ihren vermeintlichen „Gottesdiensten“, die sie glaubt nach ihrem Gutdünken besuchen oder auch versäumen zu dürfen. Nein, laßt uns in diesem Pflegen der Gemeinschaft untereinander treu sein! „Versäumet nicht euer Zusammenkommen!“ heißt es Hebr. 16,25. Das ist das Zusammenkommen in der örtlichen Gemeinde!

10.

Aber lauft nicht hierhin und dahin, wo angeblich neue schmackhafte Wahrheiten verkündigt werden! Wenn ihr die Wahrheit, Christus, gefunden habt, was braucht ihr anderes, was sich als Wahrheit ausgibt? Denkt nicht, ihr müßtet „alles prüfen, um das Beste behalten“ zu können. Diese Stelle (1. Thess. 5,21) bedeutet im Zusammenhang ganz etwas anderes, als was oberflächliche Menschen daraus gemacht haben. Junge Christen vermögen überhaupt nicht fremde Lehren zu prüfen, sie fallen da leicht auf schwere Irrtümer herein. Denkt daran, daß ein Apotheker auch nicht seinen Giftschrank durchprobiert, um zu erfahren, was Gift ist und was nicht! Laßt euch gründen im Worte der Wahrheit, und sucht und betrachtet mehr und mehr

mehr das Ende der gegenwärtigen Gnadenzeit herannaht, auftauchen! Streitet euch auch nie mit Andersdenkenden herum! Denkt an 2. Tim. 2,24: „Ein Knecht des HErrn soll nicht streiten ...!“ Der HErr stritt Sich auch nicht! Junggläubige sind sowieso nicht fähig, Irrlehrern entgegenzutreten! Besser schweigen!

11.

„Fliehen“ ist in solchem Falle, ebenso wenn die Welt mit losen Vergnügungen, wie etwa Tanzen, an euch herantritt, oft die allerbeste Kampfesweise. (2. Tim. 2,16.22) Manchmal heißt es auch: „Widerstehet dem Teufel, so wird er von euch fliehen“, aber diese Praxis aus Jak. 4,7 steht dort in Verbindung mit dem Wort: „Unterwerfet euch Gott!“ und ist nie als in eigener Kraft möglich zu denken!! Vielleicht wird es manchem Gläubigen, der so vor den Dingen der Welt, auch vor der religiösen Welt, und auch vor Irrlehren flieht, der auch den Besuch mancher sogenannten hochaktuellen, religiösen oder politischen oder kulturellen Vorträge (Aufklärungsvorträge) ablehnt oder etwa auch, wenn's ihm klar ist, Theaterbesuch u. dgl., weil er weiß, daß ihm solche Dinge innerlich schaden, vielleicht, sage ich, wird's ihm dann von der Welt, den einstigen Freunden, die er um Christi willen aufgegeben hat usw., sehr verübelt werden, und sie werden ihn einen „Dummen“, einen „Mucker“, einen „Pietisten“ schimpfen und ihn auslachen - was schadet es? Das wären auch nur wieder gottgewollte Leiden, deren er sich freuen dürfte. Wir, die wir uns um des HErrn willen hüten, in das Lachen und Witzeln der Welt einzustimmen - vom Mitlachen bei zweideutigen Witzen der Welt natürlich ganz zu schweigen! -, wir werden einmal eine Freude kennenlernen, gegen die die reinsten Freuden dieser Welt Traurigkeiten sind! Schon hier auf Erden ist, wie ich schon in Punkt 2 betonte, „die Freude am HErrn unsere Stärke“, auch im Sieg über ganz persönliche Sündengebiete unseres eigenen Lebens und Charakters! - Aber wie wird's erst sein, wenn wir droben ziehen ein?!

12.

Wann wird das sein? Teure Junggläubige, wenig kann ich euch hier darüber sagen, aber

die Schrift nie anders als auf Gläubige an!), dann wird wohl der Leib ins Grab gelegt und wartet auf den Tag der ersten Auferstehung (vgl. 1. Kor. 15), Geist und Seele aber, also das eigentliche Sein des Wiedergeborenen (Joh. 3,3), geht zu Christus, worüber uns Luk. 23,43; Apgesch. 7,59; 2. Kor. 5,1ff. und Phil. 1,21 klar genug belehren (jeder sollte diese Stellen jetzt sofort nachlesen!). - 2. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist - und derselbe kann jeden Augenblick eintreten -, daß der Herr Jesus Sein Verheißungswort erfüllt: „Siehe, Ich komme bald!“ und: „Ich komme wieder!“ nach Joh. 14,1ff.; Offenb. 3,11 und 22,7.12.20, dann wird der HErr die Leiber der entschlafenen „Heiligen“ (das sind nach der Schrift die wahrhaft Gläubigen) erwecken und die dann noch lebenden Gläubigen (vielleicht bist du und ich noch dabei, ohne daß wir noch erst entschlafen müßten!) verwandeln und alle die Seinen, die im Herrlichkeitsleibe Auferweckten und die lebend Verwandelten, „zu Sich in die Luft entrücken, und wir werden dann bei dem HErrn sein allezeit“. (1. Thess. 4,13-18) Nie wird der Gläubige gerichtet (Joh. 5,24); wenn er mit seinen Werken auch vor dem Richterstuhle Christi offenbar werden wird nach seiner Aufnahme, um zu „empfangen, was er im Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei gut oder böse“ (2. Kor. 5,10), so gibt es doch in Ewigkeit keine Verdammnis und kein Gericht für die, die in Christo Jesu sind. (Röm. 8,1) Welche Freude und Herrlichkeit wird dann unser ewiges Erbe mit Christo sein! Um deswillen können wir hienieden auch leiden und verfolgt werden wie Er! Und die Erwartung Seines baldigen Kommens bildet einen mächtigen Antrieb für die Seinen, sich zu reinigen von allen Befleckungen des Fleisches und des Geistes. (Siehe 2. Kor. 7,1 und 1. Joh. 3,1-3)

13.

Auf unserem Wandel durch die Welt kommen leicht noch Unwachsamkeitssünden vor. Diese müssen nicht sein; aber wenn sie vorkommen, so müssen sie auch wieder beseitigt werden! Sie bedingen natürlich keine neue Bekehrung. „Gott gedenkt unserer Sünde nie mehr.“ (Hebr. 10,17) Das Lamm Gottes hat alle unsere Sünde beseitigt (Joh. 1,29), aber solche kleinen oder größeren Sünden auf dem Wege erfordern das Eintreten des Heiligen Geistes, unseres Sachwalters (Rechtsanwalts) hienieden (während Christus als Sachwalter und Hoherpriester

uns droben vertritt und Sich in unseren Schwachheiten für uns droben verwendet, Röm. 8,34; Hebr. 7,25), der uns unsere Verfehlungen zum inneren Bewußtsein zu bringen sucht und uns beugt. Durch solche Sünden bringen wir etwas zwischen Gott und uns. Gott liebt uns nach wie vor, aber unsere köstliche lebendige Herzensgemeinschaft mit Ihm wird von uns aus unterbrochen. Wie wird sie von unserer Seite aus wiederhergestellt? Durch Selbstgericht und Bekennen! (Vgl. 1. Kor. 11,31 und 1. Joh. 1,9) Das ist sehr wichtig und viel mehr als nur ein Ihn-um-Verzeihung-Bitten, wovon in dieser Stelle gar nichts steht. Bekennen! Ihm bekennen! Die Sünde vor Ihm in ernstem Sichbeugen mit Namen nennen! Dann ist Er treu und gerecht, daß Er uns vergibt und uns reinigt. Er reinigt durch das „Wasser“, welches in der Schrift ein Bild Seines Wortes ist. Die Fußwaschung (Joh. 13) zeigt uns bildlich, wie Er das tut, und so dürfen und sollen wir mittels des Wortes uns einander die sich so leicht auf dem Wege durch die Welt beschmutzenden Füße waschen; nicht den Kopf, wozu wir uns hochmütig über den anderen stellen müssen, sondern die Füße, was Demut erfordert, die wir nur lernen bei Dem, der von Herzen demütig ist. (Matth. 11,29) Die Sünden der Gläubigen, auch die Gedankensünden, sind nichts Gleichgültiges. Sie trennen uns freilich nicht (wie die Sünde den Ungläubigen) für ewig von Gott und Seiner Gnade, aber sie unterbrechen hienieden unsere praktische Gemeinschaft mit Ihm! Wie ernst sollten wir's damit nehmen und kurze Rechnung darin halten! Nicht warten bis zum Abend, ehe wir Ihm unsere begangenen Sünden bekennen, sondern es gleich in Ordnung bringen, gleichsam in der Stille des Herzenskämmerleins, das jedes Kind Gottes außer dem wirklichen häuslichen Gebetskämmerlein kennen sollte. (Vgl. Matth. 6,6!)

(Schluß folgt.)

Frage und Antwort

Frage 11

Wie soll man sich den Auftrag Jehovas an Jeremia, Kap. 25,15.16, und die Ausführung des Auftrags, V. 17-28, vorstellen? Hat V. 28 Bezug darauf?

Antwort A

In Kap. 1,10 sagt Jehova zu Jeremia: „Siehe, Ich bestelle dich an diesem Tage über die Nationen und über die Königreiche, um auszurotten und niederzureißen und zu zerstören und abzubrechen, um zu bauen und um zu pflanzen.“ Ist das nicht sinnbildlich? Die Aussprüche über die Nationen und Königreiche waren selber die wirkende Kraft, die das Genannte herbeiführte, wie Jehova in Vers 12 sagt: „... Ich wache über Mein Wort, es auszuführen“; und in Kap. 25,13: „Ich werde über jenes Land alle Meine Worte bringen, die Ich über dasselbe geredet habe: alles, was in diesem Buche geschrieben steht, was Jeremia geweissagt hat über alle Nationen.“ Für sinnbildlich gemeintes, gar nicht buchstäblich auszuführendes Tun siehe auch Kap. 3,12.21; 5,10; 7,29; 13,20.

So ist auch die in Frage stehende Handlung aufzufassen.

Im Anschluß an die sieben ersten Verse des 25. Kapitels läßt Jehova dem ganzen Volke von Juda und allen Bewohnern von Jerusalem sagen (Vers 3), daß Er alle Geschlechter des Nordens und Nebukadnezar über Kanaan und über alle Nationen ringsum bringen werde zum Vertilgen. Dem Propheten persönlich, wie das einführende „Dann“ von Vers 15 zeigt, gibt Er es durch einen gedanklich-sinnbildlich aufzufassenden Auftrag zu verstehen. Der Prophet, mit solch gedanklich-sinnbildlichem Handeln vertraut, tut in Gedanken so, wobei prophetische Ekstase (Verzückung) hinzugedacht werden darf. Das ist das, was in Kap. 1,10 steht. „Und ich nahm“, Vers 17, kann ebensogut mit „und ich nehme“ übersetzt werden (so Buber und Rosenzweig), was leichter an die prophetische Ekstase denken läßt. Die als gedanklich-sinnbildlich aufzufassende Handlung den Becher Zornwein betreffend wird in den Versen 30 bis 38 in leichtverständliche Aussprüche umgewandelt, deren Sinnbilder freilich leichter vorstellbar sind als die gedankliche Handlung des Propheten.

Vers 28 hat Bezug auf den Auftrag, ja. Nach dem schon Gesagten kann es sich nicht um eine wirkliche Weigerung handeln, wenn keine tatsächliche Auftrags-Ausführung vorliegt. Sondern

davon geben, daß es kein „wenn“ und kein „aber“ in bezug auf die Ausführung der Strafgerichte gibt; der gefällte Spruch ist unabänderlich.

F. Kpp.

Bemerkungen des Schriftleiters

Ich habe zu dieser einfachen, klaren Antwort nichts Besonderes oder Neues hinzuzufügen, aber ich glaube das Gesagte noch etwas unterstreichen zu sollen.

Die prophetische Redeweise ist für schlichte Bibelleser stets schwer verständlich gewesen, vorzüglich dann, wenn es sich um Bildersprache handelt.

Daß in unserem erfragten Text nun solche gemeint ist, wird ohne weiteres deutlich, wenn man andere Stellen vergleicht, wo von einem (sinnbildlichen) „Becher“ oder „Kelch“ die Rede ist, d. h. von einem „Becher des Zornes“ oder „des Grimmes“, der den Trinkenden - etwa vor Angst - „taumeln“ macht. Man sehe daraufhin an z. B. Jes. 51,17 u. 22 oder auch Ps. 75,8 u. a.! Auch der „Kelch“, den wir „Kelch des Zorngerichts“ zu nennen pflegen, den unser Herr Jesus in Gethsemane vor Sich sah und dort aus des Vaters Hand nahm (Matth. 26; Mark. 14; Luk. 22 und Joh. 18,11) und dann auf Golgatha gleichsam trank, gibt Licht über die Bedeutung dieser Sache. Mit dem Trinken und seinen Folgen ist uns ein Bild gegeben dafür, daß der Trinkende etwas erlebt (vgl. übrigens hierzu Spr. 23,29-35!), was ihn in seiner persönlichen Freiheit beeinträchtigt, ihm entweder den klaren Verstand raubt, ihn eben „trunken“ und „taumelnd“ macht, nicht mehr äußerlich Herr seiner selbst sein läßt, oder was ihn in tiefe Not, in ein Leiden besonderer Art versetzt, durch welches innerlich seine Sinne „berauscht“ und daher ganz unfähig werden, für etwas anderes noch Raum zu haben. („Berauschtsein“ kennen wir ja auch als Ausdruck für solche, die durch irgendeine Idee so überwältigt sind, daß sie für nichts anderes mehr Sinn haben, indem jene Idee, oder was es sonst sein mag, sie völlig in ihren Bann schlägt.) So werden jene in Jer. 25 genannten Völker „berauscht“, werden „taumelnd“ vor dem Zorngericht Gottes, das an ihnen tatsächlich vollzogen werden soll und das gleichsam in

was sie „taumeln“ macht, was sie also völlig ihrer eigenen Kraft beraubt (wie einen Trinker!). Das Bild ist sehr ernst, wir sehen die vielen Völker (zuletzt „Scheschak“ = Babel) sozusagen an einer langen Trinktafel sitzen, aber nicht zu ihrem Vergnügen, sondern zum Elend und zur Schande, zu einem Gericht, das ihnen jede eigene Bewegungsfreiheit entzieht und sie vergleichsweise zu willenlosen „Trinkern“ macht, zu jedes eigenen Willens baren Werkzeugen oder Gegenständen der göttlichen Gerichtsmacht. (So werden auch in der Enderfüllung einmal die göttlichen Strafgerichte die Völker treffen und sie gleich Trunkenen fällen und verderben, wie die Offenbarung zeigt!)

Daß es sich somit nicht um einen wirklichen, äußerlich greifbaren Becher handelt, ist klar, denn wie einer (Keil) gesagt hat: „Der Zorn Gottes ist ja keine trinkbare Essenz“ oder „Flüssigkeit“, können wir sagen! Aber er ist ein Sinnbild für die Kraft Gottes, die sich an den gegen Ihn und Sein Volk auflehnenden, selbstbewußten, stolzen Königen als übermächtig-siegreich erweist und sie zur Ohnmacht verurteilt - gleich Trunkenen! - und sie dann richtet, indem Er das Schwert unter sie sendet (V.27).

Vers 28 zeigt uns (vgl. Antw. A!) dies Gericht Gottes als unabänderlich, sozusagen als Verstockung für ihre Weigerung, Gott zu gehorchen; sie können diesem Gericht nicht mehr entgehen. „Sie sollen trinken!“

Und Vers 29 stellt die alttestamentliche Grundlage für 1. Petr. 4,17.18 dar; vgl. auch Hes. 9 (V. 6!).

Dies ist auch sehr wichtig für uns! Wir Gläubige sollen nicht mit der Welt verurteilt werden (1. Kor. 11,32), darum wird ein scharfer Trennstrich gezogen zwischen den uns treffenden Gerichten und denen, die über die gottlose Welt kommen. Aber wenn schon „auch unser Gott ein verzehrendes Feuer“ ist (Hebr. 12,29) und „das Gericht am Hause Gottes“ (in Jer. 25,29 Jerusalem, in Hes. 9,6 die, welche das Zeichen haben!) beginnt, was wird dann mit dem „dürren Holz“ werden?! (Luk. 23,31; Hes. 21,3!)

Welche, „was für welche“ sollten wir sein - als Zeugen in einer dem Verderben

entgegeneilenden Welt! (2. Petr. 3,11) Der HErr schenke uns Gnade, der Welt die Unabänderlichkeit des über sie kommenden Gerichts zu bezeugen, damit, so es möglich ist, noch solche errettet werden, von denen es sonst heißen würde im Blick auf das unbedingt sicher auch über sie kommende Gericht: „Sie sollen trinken!“ Ob sie wollen oder nicht, ob sie es bedenken oder nicht - das Gericht ist bereit für sie!

Welche Gnade, dem Verderben entflohen zu sein! Der HErr mache uns, gerade auch in heutiger Zeit, diese Tatsache recht groß und köstlich!

F. K.

Ausharren.

(2. Kön. 13,14-19.25.)

Elisa, alt und hochbetagt, liegt auf dem Sterbebette. Als ein treuer Knecht Jehovas hatte er viele Jahre über das Volk Israel gewacht, und oft hatte Gottes Liebe und Treue dem Volke Segnungen durch ihn zuteil werden lassen. Joas, der König von Israel, hört, daß das Ende des Propheten nahe sei. Der Gedanke, ihn zu verlieren, machte ihn traurig. Er beschließt, Elisa noch einen letzten Besuch zu machen. Als er ihn in seiner Krankheit schon vom Tode gezeichnet sieht, weint er über seinem Angesichte, und die klagenden Worte: „Mein Vater, mein Vater! Wagen Israels und seine Reiter!“ zeigen uns, wie sehr der König Elisa schätzt. Ihm ist weh ums Herz. Er gedenkt daran, was dieser Mann in Gottes Hand seinem Volke gewesen ist - und nun soll er ihn verlieren.

Elisa aber hatte dem König noch eine letzte Segnung anzuzeigen. Der König mußte seine Hand auf den Bogen legen, und Elisa legte segnend seine Hände auf die Hände des Königs. Alsdann mußte der König das Fenster gegen Morgen öffnen, und nun sprach Elisa: „Schieße!“ Den Pfeil, den der König auf seinen Befehl aus dem Fenster gegen Morgen nach dem Lande der Syrer schoß, begleitete Elisa mit den Worten: „Ein Pfeil der Rettung von Jehova und ein Pfeil der

17) Diese Handlung sollte dem König das Zeichen sein, daß er den Kampf gegen die Syrer aufnehmen und die Feinde des Volkes Gottes bis zur Vernichtung schlagen solle und daß Gott ihm den Sieg geben werde.

Gott wollte den Sieg geben, aber Er wollte es nicht ohne den glaubensvollen Kampf von seiten Joas tun. Joas sollte nicht gleich einem toten Werkzeug in Gottes Hand sein, sondern die Größe und Weite seines Sieges sollte abhängig sein von dem glaubensvollen Vollführen des Auftrages, den Jehova dem König gab. Der nächste Befehl lautete dann: „Nimm die Pfeile!“ - „Schlage auf die Erde!“ Joas war mit der Symbolik seiner Zeit vertraut genug, um zu wissen, was diese bildliche Handlung in sich schloß: Der Pfeil bedeutete für ihn den göttlichen Auftrag zum Kampf gegen die Syrer, und jeder Schlag bedeutete Rettung und Sieg über die Feinde des Volkes Gottes. Ein Sieg genügte nicht. Der König nahm auf das Wort Elisas hin die Pfeile und schlug auf die Erde, einmal, zweimal, dreimal, und dann stand er stille. Der Prophet wurde zornig über ihn. Er hatte ihm geboten: „Schlage!“, und der König hätte solange schlagen sollen, bis ihm gesagt wurde, aufzuhören; er aber hörte auf, als es seiner Meinung nach genug war. Hätte er fünf- oder sechsmal geschlagen, so würde der Prophet ihm sicher die Vernichtung der Syrer angezeigt haben, so wie er ihm jetzt anzeigte, daß er nur drei Siege und nicht die volle Vernichtung der Feinde erringen würde.

Die Kinder Gottes sind heute auch Streiter und stehen in einem Kampfe, wichtiger als dem des Volkes Israel. Unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, und unsere Aufgabe ist, arme Gebundene des Feindes unter die Herrschaft unseres HErrn zu führen. Gott in Seiner unumschränkten Macht könnte ohne solche schwache Werkzeuge, wie wir es sind, Seinen Sieg über die Finsternisgewalten vollführen. In Seiner Gnade aber hat es Ihm gefallen, uns dazu gebrauchen zu wollen. Ich bin gewiß, die meisten Leser dieser Zeilen tragen durch den Heiligen Geist das Verlangen in ihrem Herzen, Seelen für den HErrn zu gewinnen. Das Wort an alle diese ist: „Schlage!“ Aber wie bei Joas hängt gar oft die Weite des Sieges von dem glaubensvollen Erfassen des Wortes unseres HErrn und dem Ausharren in dem Kampfe ab.

Ein junger Bruder, der am Evangelium diente, klagte, daß sich so wenige bekehrten.

„Erwartest du, wenn du das Evangelium verkündigst, Bekehrungen?“ fragte ihn ein alter Bruder.

„Das kann ich nicht immer sagen.“

„Prüfe dich“, war die Antwort, „ob das nicht eine Ursache ist, weswegen du sie nicht findest.“

Wie auch immer unser Dienst sein mag, ob öffentlich oder an einzelnen, an Erwachsenen oder an Kindern, laßt uns ihn tun in der glaubensvollen und ernsten Erwartung, daß Gott Seelen durch ihn errettet!

Und wiederum, wenn der HErr Sein Wort in Kraft erweist, wenn die ersten Tropfen Seines Segens fallen, laßt uns dann nicht gleich Joas zufrieden stille stehen! Haben wir inbrünstig um den Segen des HErrn gefleht und Gott antwortet in der Errettung einiger Seelen, dann ist es Zeit, im Gebet anzuhalten, aber nicht zufrieden die Arbeit ruhen zu lassen, nicht nur dreimal zu schlagen, sondern fünf- oder sechsmal, bis wir den ganzen Segen, den Gott in Seiner Liebe geben will, erlangt haben.

Der HErr wolle jeden, der an der Ausbreitung des Evangeliums mitwirkt, sei es durch Wort, sei es durch die Verbreitung des schriftlichen Zeugnisses, ermutigen zum Ausharren. Bete! Wirke! Laß dich nicht hindern oder entmutigen durch kalte, lieblose oder spottende Bemerkungen. Harre in Demut und in der Abhängigkeit vom HErrn in der Arbeit aus, die Er dir deinen Fähigkeiten entsprechend angewiesen hat und für die Er dir Türen öffnet und Gelegenheit gibt! Werde im Gutestun nicht müde, „denn zu seiner Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten.“ (Gal. 6,9) Wie und wo wir Gelegenheit haben, laßt uns wirken für den HErrn! Bald wird die Zeit, Ihm zu dienen, vorüber sein. Dann kommt der große Tag des Offenbarwerdens. Wie selig dann, den Lohn aus Seiner Hand zu empfangen und vielleicht Worte der Anerkennung aus Seinem Munde zu hören, wie Er sie einst von der Maria sagte: „Sie hat getan, was sie konnte.“

P. - v. d. K.

Die letzten Worte des Herrn Jesus.

(Offb. 22,16-21)

In dieser wohlbekannten und lieblichen Schriftstelle tritt der HErr Selbst in einer unsere Herzen ganz besonders berührenden Weise vor uns. In diesem letzten Buch der Heiligen Schrift offenbart Er uns Seine Person in verschiedenen Eigenschaften und Titeln, von denen etliche Seine Größe und Majestät so hervortreten lassen, daß selbst Johannes, der einst sein Haupt an Seine Brust legte, davon so überwältigt wurde, daß er wie tot zu Seinen Füßen fiel. Aber am Schluß der Offenbarung tritt Er wieder in Seinem uns so teuren, köstlichen Jesusnamen vor uns.

„Ich, Jesus.“ Welche Lieblichkeit liegt in diesem Wort! Wie viele Erinnerungen ruft dieser Name, in welchem Er einst als Mensch in dieser Welt gekannt wurde, wach! - wir denken an den Jakobsbrunnen, an Gethsemane, an Golgatha usw.

Dann folgt in unserer Schriftstelle (V. 16) ein doppelter Titel, in welchem Seine Gottheit und Seine Menschheit enthalten ist. Als die „Wurzel Davids“ ist Er Davids HErr, der, aus welchem David hervorging; als das „Geschlecht Davids“ ist Er das Kindlein, geboren in Bethlehem. Er ist die Quelle aller Segnungen Israels, obwohl sie zur Zeit für Israel nicht fließt, weil Sein irdisches Volk Ihn nicht begehrt und kein Auge und kein Herz für Ihn hat.

Wir, durch Seine Gnade, kennen Ihn jetzt und erwarten Ihn als den „glänzenden Morgenstern“. Haben wir beachtet, daß das letzte Kapitel des Alten Testamentes Ihn dem Volke Israel als die „Sonne der Gerechtigkeit“ und das letzte Kapitel des Neuen Testamentes Ihn der Gemeinde als den „glänzenden Morgenstern“ darstellt? Wenn die „Sonne“ aufgeht, stört sie die schlafende Welt; die Menschen gehen an ihre Arbeit, und alles ist in Bewegung. So ist es, wenn Christus in Seiner Herrlichkeit erscheint, Sein irdisches Volk zu erretten; Sein Kommen wird eine gewaltige

Bewegung in dieser Welt hervorrufen. Der Aufgang des „Morgensternes“ aber stört niemanden. Er stört die Welt nicht in ihrem Schlafe. Die Welt wird Ihn nicht sehen, wenn Er kommt, um die Seinigen zu Sich zu nehmen. Wie nahe mag der Tag sein, da wir Ihm entgegengerückt werden! „Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe.“ (Röm. 13,12.) Möchten wir diese letzten Stunden der Nacht wachen! Bald erscheint der „glänzende Morgenstern“. Ist es nicht gerade in den gegenwärtigen Tagen eine Gefahr, uns mehr mit der Zeit, den Umständen und der Art Seines Kommens zu beschäftigen als damit, daß Er Selbst, der HErr, kommt? Wir reden viel von dem Kommen des HErrn als von dem Ereignis, und das Ereignis Seines Kommens ist das, was unsere Gedanken mehr beschäftigt, als daß Er, der HErr, kommt. Die Schrift redet vielmehr von dem „Kommen des HErrn“, sie bringt die Person, die kommt, vor unser Herz, und das ist es, was unsere Seele beschäftigen soll.

Dann folgt Vers 17: „Der Geist und die Braut sagen: Komm!“ Dies ist ein „Beten im Heiligen Geist“. (Jud. 20) Ich weiß keine Stelle, die diese Worte im Judasbrief so illustriert wie diese. Aber es gibt Gläubige, die nicht rufen: „Komm!“ Solche werden durch das nächste Wort ermutigt, in diesen Ruf mit einzustimmen: „Und wer es hört, spreche: Komm!“

Schließlich werden unsere Gedanken der armen Welt zugewandt. Welche Gerichte erwarten diese Welt! Und wenn wir daran denken, so drängt es uns, alle Dürstenden einzuladen, zu kommen und das Wasser des Lebens umsonst zu nehmen. Stehen unsere Herzen recht zum HErrn, so wird alles in der rechten Ordnung bei uns gefunden werden, wir werden dann sowohl mit den Dingen, die die Gemeinde, wie auch mit denen, die das Evangelium betreffen, in Treue verbunden sein.

Dann finden wir noch einmal das Wort vom Kommen! Diesmal gebraucht es der HErr. (V. 20) Man fühlt, mit welcher Freude Er bei diesem Worte verweilt: „Ja, Ich komme bald!“ Einige mögen sagen: „Wie ist das zu verstehen? Es sind doch bereits 1900 Jahre darüber vergangen!“ Aber beachte, daß ein Tag bei dem HErrn wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind. Und in Hebr. 10,37 lesen wir: „Noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen.“ Denke, du ständest am Morgen an deiner Tür und wartest auf

einen Brief. „Kind“, sagst du zu deiner Tochter, „wie spät heute der Postbote kommt, geh' doch mal an die Ecke und sieh, ob du ihn nicht erblicken kannst.“ Das Kind geht, und dann sieht es ihn. Verzieht oder zögert er? Nicht die Spur! Es sieht ihn mit schnellen Schritten von Haus zu Haus, Trepp' auf, Trepp' ab, gehen; er eilt, seine Aufgabe zu vollenden. Er sieht die Kleine und ruft: „Ich komme, sobald ich kann!“ Das ist das Wort des HErrn hier: „Ich komme bald!“ Sobald Er kann, wenn der Vater das Zeichen gibt, wenn die letzte Seele gerettet, kommt Er. Sein Herz verlangt danach, uns bei Sich zu haben.

„Ja, Ich komme bald!“ Lieber Leser, das sind die letzten Worte unseres HErrn. Wie schätzen wir die letzten Worte eines Menschen, den wir lieb haben?! Sie mögen wertlos für einen Fremden sein, aber uns sind sie kostbar. Fünfzig Jahre sind vergangen, seit ich an dem Sterbebette meines teuren Vaters stand, aber wie erinnere ich mich seiner letzten Worte: „Singet: Meine Heimat ist dort in der Höh'!“ Das waren die letzten Worte, die von seinen Lippen an mein Ohr fielen. Kann ich sie vergessen? Niemals! Und wenn wir die letzten Worte derer, die wir hier auf Erden lieben, nicht vergessen können, können wir dann die letzten Worte unseres Heilandes vergessen? O, daß unsere Lippen und Herzen Ihm die Antwort Gäben: „Amen, komm, Herr Jesus!“ Beachte noch zum Schluß: Wenn der HErr von Sich Selbst spricht, so sagt Er: „Ich, Jesus“. (V. 16) Wenn wir zu Ihm reden, so sagen wir: „Herr Jesus“. (V. 20) Und wenn Seine Gnade in gegenwärtigen Segnungen erwähnt wird, so folgt Sein ganzer Segensname und voller Titel: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen.“ (V. 21)

C. - v. d. K.

Der Fremdling vom Himmel.

Einige Gedanken über das Johannesevangelium.

(Schluß)

Dieser Liebe zwischen dem Vater und dem Sohne begegnen wir in unserem Evangelium auf

hassen; von den Jüngern mochten viele zurückgehen und nicht mehr mit Ihm wandeln (Kap. 6,66) - der Vater aber war stets bei Ihm. „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei Mir.“ (Kap. 16,32) Der Sohn Gottes war Fremdling auf Erden, aber die Liebe des Vaters begleitete den Weg des Eingeborenen bis zum Kreuze. Es war die ewige Liebe Dessen, bei dem Er Schoßkind war; es war die unermeßliche Liebe Dessen, zu dem der HErr aufschauen konnte: „Vater, Ich danke Dir, daß Du Mich erhört hast. Ich aber wußte, daß Du Mich allezeit erhörst.“ (Kap. 11,41.42) Keine sichtbare Erscheinung war diesem Gebet vorausgegangen: Die Gemeinschaft zwischen dem Vater und dem Sohne war eine verborgene. Doch um der Volksmenge willen sprach der HErr diese Worte, auf daß sie glaubten, daß der Vater Ihn gesandt habe. (Kap. 11,42) Jedoch - in die Geheimnisse dieser Gemeinschaft konnte der Mensch nicht eindringen. Als in Kap. 12,28 eine Stimme aus dem Himmel kam, meinte die Volksmenge, es habe gedonnert; andere sagten, ein Engel hat mit Ihm geredet. Der natürliche Mensch faßt nicht, was des Geistes Gottes ist.

Wie sollte er auch solch göttlich reine, ununterbrochene Harmonie begreifen können, wie sie zwischen dem Vater und dem Sohne bestand! Der einsame Fremdling auf Erden stand in ständiger Berührung mit dem Herzen des Vaters. Der Blick der Liebe und des Wohlgefallens Gottes ruhte ständig auf Ihm, und mit dem Vater konnte Er sich in vollkommener Weise aussprechen, wenn wir diesen unter Menschen gebräuchlichen Ausdruck hier in aller Ehrfurcht anwenden dürfen. Wie oft sehen wir Ihn in einsamen Stunden der Nächte mit dem Vater allein. In Kap. 6,15 heißt es: „Er entwich wieder auf den Berg, Er Selbst allein“, in Kap. 8,1: „Jesus aber ging nach dem Ölberg“. Der eingeborene Sohn war im Schoße des Vaters - nie verließ Er diesen Platz (Kap. 1,18) -, der Sohn des Menschen war im Himmel, auch wenn Er auf Erden wandelte. (Kap. 3,13) Und in Kap. 17 sprach Er gleichsam im Allerheiligsten jenes wunderbare Gebet für die Seinen, die in der Welt waren. Dort läßt Er auch die Seinen an dieser Gemeinschaft teilhaben. Möchten wir sie mehr genießen! Sie ist unser kostbarstes Gut auf dieser Erde. Sie ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesus Christus. (1. Joh. 1,3)

Dann geht der HErr den letzten Weg, den Er in der Welt schreitet, den Weg ans Kreuz. Und wenn hier die Feindschaft der Juden und der Welt ihren Höhepunkt erreichte, wenn Satan alle

Macht aufbot, Ihm Haß und Gewalt entgegenzustellen, so ging Er ihn doch, den Willen des Vaters erfüllend. Sein Werk diente der Verherrlichung Gottes. Er wurde auf den Altar gelegt, und der Wohlgeruch des Brandopfers, ganz Gott geweiht, stieg zu Ihm empor. Von den drei Stunden des Verlassenseins hören wir hier nichts. Der Sohn des Menschen war erhöht worden, Er hing zwischen Himmel und Erde - nun offenbarte sich Seine Herrlichkeit in Seinem Tode. Das Werk wurde vollbracht, und in der vollen Kraft freiwilliger Hingabe übergab Er den Geist.

Wir lesen hier nichts von dem Zerreißen des Vorhangs, nichts von dem Erdbeben, nichts von dem Zeugnis des römischen Hauptmanns. Die Herrlichkeit des Sohnes Gottes entfaltete sich, wenn wir so sagen können, in sich selbst.

Nun konnte die Welt die Schritte des göttlichen Fremdlings nicht mehr sehen. Nach Seiner Auferstehung erblickten Ihn nur mehr die Seinen. Die Welt hatte Ihn ans Kreuz gebracht. Ihren Augen blieb und bleibt Er verborgen, bis Er in Herrlichkeit erscheinen und sie richten wird. Die Zeit Seines Pilgerns durch eine Welt der Sünde und des Todes war vorüber. Wenn Er wiederkommt, wird Ihm der Erdkreis untertänig sein. Jedes Knie wird sich vor Dem beugen, der Sich Selbst zu nichts gemacht hatte. Und wie bald wird dies geschehen! Die Zeiten sind reif geworden. Die Zeit der Gnade eilt ihrem Ende zu. Es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. Möchten wir die gegenwärtigen Tage ausnutzen! Möchten wir den Spuren unseres HErrn nachschreiten, wie Er uns Kraft gibt, möchten wir Seinen Fremdlingsschritten nachfolgen in einem dürren und lechzenden Land ohne Wasser! Bald werden wir ja bei Ihm sein und in Vollkommenheit die Herrlichkeit schauen, die der Vater Ihm gegeben hat. „Wir werden Ihm gleich sein; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist“. (1. Joh. 3,2)

Th. Bu.

Erste Schritte im Glaubensleben.

(Schluß.)

14.

Wie aber ist es mit Sünden, die wir an Menschen begangen haben, d. h. in Fällen, die vor unserem Gewissen ein Wiedergutmachen an jenen zu erfordern scheinen? Diese Frage macht vielen Gläubigen mehr Schwierigkeit, als sie sollte. Wenn der Fall stets so klar läge, wie eben geschildert, so wäre es leicht zu sagen: Handle wie Paulus nach Apgesch. 24,16: „Darum übe ich mich auch, allezeit ein Gewissen ohne Anstoß zu haben vor Gott und den Menschen.“ Dies Wort hat in meinem Leben manche gesegnete Wirkung erzielt. Und wenn da auch der eine oder andere sagen wird: „Dann komme ich ins Gefängnis“, so würde doch dies Wort dem Grundsatz nach stehen bleiben müssen, und Gott kann Sich dann auch wunderbar gnädig zeigen, wenn man im Vertrauen auf Sein Wort in diesem Sinne handelt: Er kann alle bösen Folgen für uns verhindern. Aber nicht immer liegt der Fall so ganz klar; auch sind wir lange nicht immer imstande, alte Dinge in Ordnung zu bringen, zumal sie oft nicht einmal mit Geldeswert (wie es Zachäus machte, Luk. 19,8!) in Ordnung gebracht werden können. Was dann tun? Nun, meine teuren Geschwister, Gläubige des Neuen Bundes stehen nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. Und nur die Gnade kann die Folgen unserer alten Sünden, die uns durch Glauben an Christus alle vergeben sind, austilgen oder in Ordnung bringen. Laßt uns also, wenn wir an solche Dinge aus der Zeit vor der Bekehrung erinnert werden, sie zuerst unserem Gott und Vater im Namen Jesu im Gebet bringen! („alle Sorgen werfet auf Ihn!“ [auch die selbstverschuldeten!], 1. Petr. 5,7; Phil. 4,6), und Ihn um Licht und Weisheit bitten, wie wir uns verhalten sollen. Und wenn Er den Seinen den inneren Herzensfrieden läßt oder gibt nach solchen Gebeten, so ist es vielleicht nicht nötig, solche alte Sache, die man am Ende gar nicht ordnen kann, aufzurollen. Wenn Er aber diesen Frieden nicht gibt, so bitte um Licht, um zu handeln nach Seinem Willen, aber handle nicht ohne viel Gebet und nicht unbesonnen! Und hier glaube ich, solchen teuren, angefochtenen Seelen noch einen Rat geben zu sollen, der sich auch anwenden läßt, wenn man mit anderen Sachen nicht zurechtkommen kann, wie etwa mit irgendwelchen Gebundenheiten und sündigen Gewohnheiten:

15.

Vertrauet euch irgendeinem älteren Bruder an, vorzüglich solchen, die das Zeugnis haben, Hirtendienste in der Gemeinde zu tun. Solche teuren, erfahrenen Helfer werden nicht über eure Sachen zu Dritten reden, aber sie werden viel zu Gott darüber reden, d. h. für euch und mit euch beten, und die Schrift sagt: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen um irgendeine Sache, welche es ist, um die sie bitten mögen, so wird sie ihnen werden ...“ (Matth. 18,19) Und sie werden euch auch Ratschläge geben, wie ihr euch in besonders schwierigen Fällen der Art, wie in Punkt 14 genannt, verhalten sollt.

16.

Wichtig ist auch, daß Jungbekehrte mit allem aufräumen, was das Wort Gottes als offenbare Sünden verurteilt. Und wenn manche da nicht klar sehen, ist es auch hierin nötig, von älteren Geschwistern Rat und Weisung zu erbitten. Ich möchte hier erwähnen, daß junge Gläubige (auch alte!) es sehr genau nehmen sollten mit dem Beseitigen von alten persönlichen Feindschaften, Unversöhnlichkeiten, übler Nachrede, die sie sich etwa zuschulden kommen ließen, und dergleichen mehr. Ein Christ sollte in persönlichen Angelegenheiten aller Art auch unbedingt vergeben (können)! Lies dazu z. B. Matth. 6,14.15 und 18,21-35! Wir lernen diese Gesinnung nur an und von Christus Selbst durch Seinen Geist. (Vgl. Luk. 23,34; Apgesch. 7,60; Kol. 3,13; Röm. 12,17-21 u. a.)

Den so sündigen, häßlichen Mißbrauch des Namens Gottes oder des Herrn Jesus (z. B. „Ach Gott!“ u. dgl.) müssen und können Junggläubige frühzeitig durch des HErrn Gnade vermeiden lernen!

Ebenso hütet euch vor jeder Art des Fluchens!

Eine ernste Gefahr bietet sich allen Gläubigen durch Verbindung mit Zaubereidingen wie spiritistischen Sitzungen, Sympathieheilungen, Kartenlegen, „Besprechen“ und dgl. bösen

satanischen Dingen mehr, die heute in der Welt eine große Rolle spielen und gegen die den Gläubigen das Anlegen und Angelegthaben der ganzen Waffenrüstung des Glaubens (Eph. 6,12-20) nottut; sie allein schützt uns gegen derlei finstere Dinge, in denen manche unbefestigte Gläubige gar nichts sehen, zumal solche Zauberformeln, Amulette, Kettenbriefe und anderer satanischer Unfug meist mit einem „frommen Mäntelchen“ behängt werden. Aber stets bringen sich Gläubige, die mit diesen Satansdingen, besonders nachdem sie gewarnt sind, nicht brechen, unter einen gefährlichen Bann. „Rühret Unreines nicht an“, sagt die Schrift 2. Kor. 6,17. Lies auch Apgesch. 19,18-20!

17.

Mit solchen Dingen zu brechen heißt nicht, sich ein neues Gesetz auf den Hals laden zu lassen. Das alttestamentliche Gesetz ist in Christo erfüllt, und wer an Ihn glaubt, ist gerecht! (Röm. 10,4; 1. Tim. 1,8.9; Galaterbrief!) Wir stehen nicht unter dem Gesetz des alttestamentlichen Gesetzesbuchstabens, der sich nur an den unwiedergeborenen Fleischesmenschen wandte, aber wir wollen dem Worte des HErrn gehorsam sein, das Er den wiedergeborenen Seinen, die Er um den Preis Seines Blutes aus der Welt erkauft hat (1. Kor. 6,20; 1. Petr. 1,18.19), durch den Mund Seiner heiligen Apostel gab und von dem Er sagt: Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort! (Vgl. Joh.

14,21.24) Und nach diesem Wort sollte der Gläubige, auch der neugeborene (vgl. 1. Petr. 2,1ff.), seinen Wandel einrichten! Dies Wort zeigt uns, daß mancher meint, ihm sei alles erlaubt! „Ja“, sagt Paulus, „aber nicht alles nützt“ (1. Kor. 6,12 u. 10,23; ob wohl jedem jungen oder gar alten Bruder z. B. seine geliebte Zigarre, Zigarette oder Pfeife nützt?); und manch anderer meint wieder: Es steht geschrieben: „Alles ist mir erlaubt“! „Ja“, sagt Paulus wiederum, „aber ich will mich von keinem überwältigen lassen“ (1. Kor. 6,12; möchten wir uns doch von keiner Leidenschaft überwältigen lassen!), und noch ein anderer sagt vielleicht: „Alles ist mir erlaubt“! - „Ja“, sagt Paulus nochmals, „aber nicht alles dient zur Auferbauung“ (1. Kor. 10,23), weder zu meiner noch zu deiner, du lieber Bruder, der du deine „Freiheit“ so gern betonst, sie aber durch

und welch kostbare Regel sollte uns allen dies Wort sein: „Ob ihr nun esset oder trinket oder was irgend ihr tut, tut alles zur Ehre Gottes!“ (1. Kor. 10,31) O möchten wir alle, ihr lieben jungen Kinder Gottes und wir Älteren, das doch so recht lernen!

18.

Ja, möchten wir alles zu Seiner Ehre tun: auch unsere äußere Lebenshaltung unter diesem Gesichtspunkt betrachten, unsere Geldausgaben, unsere Verwaltung! Gott sucht Verwalter, die treu sind im Kleinen. Und die Schrift sagt: „Wer im Geringsten treu ist, ist auch im Großen treu“ (Luk. 16,10), nicht umgekehrt! In dieses Gebiet gehört die schöne, sehr zu empfehlende, weil biblische Gewohnheit der Christen, von ihren gesamten Einkünften stets einen gewissen Teil allein dem HErrn und Seiner Sache sowie den Armen, besonders denen in Seinem Volk, zu widmen. (Vgl. 1. Kor. 16,1.2) Wieviel - das zu erkennen ist Sache der einzelnen. Geben sie sich zuerst selbst dem HErrn, wie es 2. Kor. 8,5 so köstlich heißt (und zwar aus Liebe zu Ihm), so werden sie dann schon nach und nach durch Gottes Geist belehrt, ob sie ihrer Habe gemäß den 50., 25., 20. oder 12., 10. oder etwa den 8. oder gar den 5. Teil oder noch mehr dafür zurücklegen sollten (zu dem gesetzlichen alttestamentlichen „Zehnten“ möchte ich persönlich keinem raten!). Aber sie sollten lernen zu geben, selbst in der heutigen schweren Zeit der Arbeitslosigkeit usw., und zwar zu geben, wo und wie der HErr es von ihnen wünscht, gemäß der ihnen gewordenen Erkenntnis! Und aus gottgewirkter Liebe! (Vgl. 1. Kor. 13,3!) Über die gesegnete Tätigkeit des Gebens lese man Stellen wie Spr. 11,24.25; 3,9.10; Luk. 6,38; Röm. 12,13 u. a.! Und keiner möge fürchten, durch das Geben zu kurz zu kommen. Gott läßt Sich nichts schenken, was Er nicht überströmend vergilt. (Hebr. 6,10; 2. Kor. 9,6-8; Spr. 19,17; Gal. 6,6.9.10)

19.

Ehe ich zum Schluß eile, gebe ich noch einen praktischen Rat, dessen Befolgung uns Gläubige vor mancher ernsten Zucht seitens unseres Gottes bewahren würde: Möchten wir lernen, Ihm

wunderbare Unterweisung gibt uns hierin z. B. das Leben des Mannes, der „der Vater der Gläubigen“ heißt und ist nach Gal. 4 und Röm. 4. Es ist Abraham. Lesen wir nur u. a. das 22. Kapitel von 1. Mose, wo es sich um Isaaks Opferung handelt! Sofortiger Gehorsam gegen den erkannten Willen Gottes ist die Grundlage köstlicher Segnungen von Seiner Seite, wie sie eben auch Abraham erfuhr und Paulus usw. Und nie wird Gott etwas von uns verlangen, was uns schädlich wäre! Er hat stets nur Gedanken des Friedens mit uns, wenn Er auch aus Liebe zu uns oft unseren Glauben prüft! „Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken!“ (Röm. 8,28)

20.

Und nun komme ich mit meinen Winken zum Ende, indem ich allen teuren Lesern, jungen wie alten im Glauben, auch mir selber zurufe: „Lasset uns wegschauen von allem auf Jesum hin, den Anfänger und Vollender unseres Glaubens!“ (Hebr. 12,2) Hienieden leben wir aus Glauben. (2. Kor. 5,7) Hienieden sollen wir durch das geistliche Anschauen der Herrlichkeit Jesu Christi in Sein Bild verwandelt werden durch Seinen Geist. (2. Kor. 3,18) Die Zeit des wahren Schauens kommt auch, und sicher sehr bald. Nur hier auf Erden können wir Christus verherrlichen durch Glauben, droben nicht mehr. Bis wir bei Ihm sind allezeit, haben wir hienieden in Christo Jesu alles: Leben, und zwar Leben im Überfluß (Joh. 10,10), Seinen Geist als Führer, Sachwalter und Kraft zum Wandel (Gal. 5,25), Gnade, Freude, Friede, Liebe, eine sichere Hoffnung und ein herrliches Ziel, worüber Paulus sagt: „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorne ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben ... Unser Bürgertum (unsere Heimat) ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit ...“ (Phil. 3,14.20.21) Wie unsagbar köstlich wird das sein!

Der HErr aber segne dich, mein teurer Leser, Bruder oder Schwester, aus Seiner Fülle zur Ehre Seines herrlichen Namens! „Wachset aber in der Gnade und Erkenntnis unseres HErrn

Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 12:

Welches ist der Unterschied zwischen „Leib der Sünde“ (Röm. 6,6) und „Leib des Todes“ (Röm. 7,24)? ln Röm 12,1; 1. Thess. 5,23; 1. Kor. 9,27; 15,44 u. a. ist vom „Leib“ die Rede, während an anderen Stellen offenbar der Leib „Fleisch“ genannt wird, z. B. 2. Kor. 5,16; Gal. 2,20; 2. Kor. 10,3. Welcher Unterschied besteht also zwischen „Leib“ und „Fleisch“? (ln Röm. 12,1 könnte man doch z. B. nicht „Fleisch“ sagen!) Und schließlich - was bedeutet „Leib des Fleisches ...“ in Kol. 2,11? (Also: „Leib der Sünde“, „Leib des Todes“, „Leib des Fleisches“ wird unterschieden; in welchem Verhältnis stehen diese Ausdrücke zu einander?)

Antwort A

Um eine Antwort Auf diese Frage, vielmehr diese Fragen, geben zu können, ist es zunächst nötig, den Sinn und die Bedeutung der Ausdrücke „Leib“ (griech. sõma) und „Fleisch“ (sarx) zu verstehen.

I. 1. Sõma bedeutet Leib = Körper, ob es sich um den toten Leib (z. B. Matth. 27,59; Apgesch. 9,46 u. oft) oder um den lebendigen Leib von Tieren (Jak. 3,3) oder Menschen (z. B. Matth. 6,22; 26,12; Röm. 1,24) handelt. In diesem Sinne steht sõma öfter im Gegensatz zum Geist (pneuma), z. B. Röm. 8,10.13, oder zur Seele (psyché), z. B. Matth. 6,25; 16,28, oder zu beiden, z. B. 1. Thess. 5,23. „Im Leibe“ kann also den Sinn haben: „während des irdischen Daseins“, vgl. 2. Kor. 5,8. Der Leib ist das Organ des menschlichen Handelns während seiner irdischen Lebenszeit. Er kann und soll ein Organ zur Ehre Gottes werden, 1. Kor. 6,20; Röm. 12,1.

2. Leib, sõma, hat an vielen Stellen den Sinn von Korporation oder Körperschaft. So ist die Gemeinde (ekklesia), das (sõma ist im Griech. sächl. Geschl.! F. K.) sõma („der Leib“) des Christus, von Seinem Geist belebt. Röm. 12,5; Eph. 1,23; 2,16; 4,4.16; 5,23.30; Kol. 1,18.24; 2,19; 3,15 u. a.

3. Offenb. 18,13 - nur hier im Neuen Testament - bedeutet das Wort in der Mehrzahl (sómata) Leibeigene = Sklaven.

4. 1. Kor. 15,35 spricht Paulus von den Leibern der Pflanzen und V. 40 von denen der Gestirne.

Wir halten zunächst die beiden zuerst genannten Bedeutungen fest. Denn um die unter 3. und 4. erwähnten kann es sich in Röm. 6,6 und 7,24 sowie in Kol. 2,11 nicht handeln.

II. 1. sarx bedeutet Fleisch. Es ist der die Knochen umhüllende Stoff eines tierischen oder menschlichen Körpers. Vgl. 1. Kor. 15,39; Offenb. 19,18.21; die Beschneidung geschieht am Fleische.

2. sarx bedeutet an vielen Stellen Leib, Körper, und steht wohl im Gegensatz zum Geiste, z. B. 1. Kor. 5,5; 2. Kor. 7,1; Kol. 2,5; 1. Petr. 4,6; vgl. 1. Tim. 3,16.

Gal. 4,13 ist asthéneia tes sarkós = Krankheit des Leibes (Körpers) = leibliche Krankheit (vgl. V. 14). Hebr. 9,13 ist die Rede von der Reinheit des Körpers oder Leibes; hier ist auch sarx = Leib. In diesem Sinne hatte auch der Herr Jesus hienieden einen Leib, der als sarx bezeichnet werden kann, vgl. Eph. 2,15; Hebr. 10,20; 1. Petr. 3,18; 1. Joh. 4,2 u. a.

3. sarx im Sinne von Mensch: alles Fleisch = jedermann, Luk. 3,6; Joh. 17,2; Apgesch. 2,17; 1. Petr. 1,24; Röm. 3,20: kein Fleisch = niemand. Fleisch und Blut = Mensch, im Gegensatz zu Gott, z. B. Gal. 1,16; Eph. 6,12; 1. Kor. 15,50.

4. sarx = menschliche Natur, Abstammung, Herkunft, Röm. 9,3.8; 1. Kor. 10,18; Gal. 4,23.29; Hebr. 12,9; Röm. 1,3; Hebr. 2,14.

5. sarx = leiblicher, irdischer Zustand, z. B. 1. Kor. 7,28; 2. Kor. 4,11; Kol. 1,24; Phil. 1,22.24; 1. Petr. 4,2.

6. sarx = die sichtbare, äußere, menschliche Seite oder Beschaffenheit, natürlicher Zustand, z. B. 1. Kor. 1,26 nach menschlicher Weise, nach menschlichem Urteil; 2. Kor. 5,16: Christus nach dem Fleische = nach Seiner äußeren, menschlichen Beschaffenheit gekannt haben. Die Herren, die es äußerlich betrachtet sind: Eph. 6,5; Kol. 3,22.

7. Bei Paulus ist „Fleisch“ (sarx) an vielen Stellen das willenlose Werkzeug der Sünde, die sündhaft beschaffene Natur des Menschen, die natürliche Art des gefallenen Menschen. Im Fleisch (in diesem Sinne), d. i. in der adamitischen Natur des Menschen, wohnt nichts Gutes. Röm. 7,18; Röm. 6,19; 8,3ff.; Gal. 5,13.24; Kol. 2,23.

Gegensatz ist der Heilige Geist. Vgl. Röm. 8,3; Gal. 5,16.19; 1. Joh. 2,16. „Im Fleische sein“ ist also: „im sündigen Zustand des natürlichen Menschen sein“. Röm. 7,5.6; 8,8f.; „nach dem Fleische wandeln“, Röm. 8,4; 2. Kor. 10,2 = „den Trieben der alten Natur folgen“.

Nach diesen Feststellungen suchen wir nun die Frage nach dem Sinne von Röm. 6,6 und Röm. 7,24 zu beantworten und auch Licht über Kol. 2,11 zu erlangen.

Röm. 6,6 lautet nach der Elberfelder Übersetzung: „indem wir dieses wissen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt worden ist, auf daß der Leib der Sünde abgetan sei, daß wir der Sünde nicht mehr dienen.“ Demnach ist der Zweck des Kreuzestodes Christi und unseres Mitgekreuzigtseins: „daß der Leib der Sünde abgetan sei“.

Leib (sõma) kann hier nur im Sinne der oben zuerst genannten Punkte (1 oder 2) erklärt werden. Fast alle gläubigen Schrifterklärer entscheiden sich für den unter 1. gekannten Sinn: sõma = „Leib“ des einzelnen Menschen. „Leib der Sünde“ bedeutet dann „der von der Sünde beherrschte Leib“. Die Sünde ist als Macht personifiziert gedacht, die den Leib des natürlichen Menschen als ihr Organ beherrscht und benutzt. Dieser soll „abgetan“ sein (Elberf. Bibel) oder

natürlich nicht gemeint sein, denn der Gläubige behält ja denselben Leib, den er vor seiner Taufe hatte (Röm. 6,3-5). Das Zeitwort katargein bedeutet nicht nur „abtun“, „beseitigen“, „vernichten“, „vertilgen“, sondern auch „außer Kraft setzen“, „wirkungslos machen“, vgl. Eph. 2,15; vgl. Röm. 3,31; Röm. 3,3; Gal. 3,17; Röm. 4,14; 1. Kor. 1,28. Der Sinn der Stelle ist also: Durch die im Glauben vollzogene (durch die Taufe dargestellte) Verbindung mit Christus wird der von der Sünde beherrschte Leib außer Tätigkeit, außer Wirksamkeit gesetzt, „daß der alte Mensch, das Leben ohne jede Gotteskraft, das Leben in seiner Naturhaftigkeit, erledigt ist und sein muß durch das Miterleben des Kreuzes Christi, des schweren Todesgerichtes Gottes über jenes Leben, das aus sich heraus sich entfalten will und darum zur Sünde wird“ (R. Krämer).

Die andere Erklärung, wie sie z. B. Theobald Dächsel bringt, faßt Leib (sõma) im Sinne von Punkt 2 als „Körperschaft“. Er sieht in den Ausdrücken „Leib des Fleisches“, „Leib des Todes“, „Leib der Sünde“ nicht den Leib des Menschen, sondern „die Fleischeswelt“ als große Körperschaft, als Organismus aus vielen Gliedern zusammengesetzt, d. i. die große Körperschaft oder Genossenschaft, „die sich der Tod, die Sünde, das Fleisch aus der ihnen preisgegebenen Menschheit zu schaffen verstanden haben“. Diesen Körperschaften (sómata) stehe die Körperschaft, das sõma (der Leib) des Christus gegenüber, die „sich der Messias aus den Ihm angehörigen Menschen schaffe“. Dann wäre der Sinn von Röm. 6,6: „auf daß dem Sündenreiche der Garaus gemacht werde“, wir also durch Christus aus dieser organischen Verbundenheit, deren Haupt die Sünde (als Person gedacht, nämlich als grausame Sklavenhalterin), befreit und sie für uns abgetan sei.

Mir scheint jedoch für diese zweite Erklärung kein zwingender Grund vorzuliegen, da sich die erste durch ihren guten Sinn als die natürlichste empfiehlt.

Auch Röm. 7,24 scheint uns die Erklärung von „Leib des Todes“ als Körperschaft der natürlichen Menschheit, die der Sünde und dem Tode verfallen ist, zu gesucht im Vergleich zu der gewöhnlichen Auslegung, die unter Leib (sõma) nicht den Organismus der (natürlichen) Menschen, sondern den Leib des Einzelmenschen versteht. Käme man durch diese Erklärung in

unlösbare Schwierigkeiten, so könnte man zu der anderen ungewöhnlichen seine Zuflucht nehmen, falls nämlich diese einen besseren Sinn gäbe. Paulus versteht aber doch wohl (Röm. 7,24) unter dem Todesleib „das vom Gesetz des naturgebundenen Lebens an die Herrschaft der Sünde ausgelieferte Leibesleben, das infolgedessen dem Tode verfallen ist“ (Krämer).

Das Erlösen, wörtlich „Herausreißen (oder: befreien) aus (ek) diesem Todes-Leibe“, scheint allerdings auch die andere Erklärung möglich zu machen. Paulus denkt natürlich nicht an ein Befreitwerden von (aus) seinem eigenen Leibe in buchstäblichem Sinn. Vielmehr handelt es sich auch hier um eine innere Lösung aus einer Gebundenheit und Verpflichtung, also um eine Befreiung in ethischem Sinne. Diese kommt zustande durch das „Gesetz des Geistes“, Röm. 8,2f., wodurch der Gläubige - auch sein Leib - befreit wird vom Gesetz der Sünde und des Todes: Im Kolosserbrief findet man 1,22 den Ausdruck: „euch ... hat Er aber nun versöhnt in dem Leibe Seines Fleisches durch den Tod“. Hier ist der Leib des Christus auf Erden, Seine „irdische Leiblichkeit“ gemeint. Nicht ein Scheinleib, nicht ein seelischer Leib (sõma psychikon), sondern ein wirklicher, menschlicher Leib wurde für uns in den Tod gegeben. Vgl. Punkt 2 über sarx! Kol. 2,11 ist der gleiche Ausdruck gebraucht vom Menschen. Hier hat aber nach dem Zusammenhang Fleisch (sarx) den unter Punkt 7 genannten Sinn: der Leib von sündlichem Fleisch, also: „In dem Ablegen des fleischlichen (d. i. sündlichen) Leibes“. Dieser Ausdruck „Ablegen“ (apekdysis) findet sich im Neuen Testament nur hier. Das Bild, das dem Apostel vorschwebt, ist das Ablegen eines Gewandes. Dieses „Ablegen des fleischlichen Leibes“ ist natürlich auch ein innerer Vorgang und Vollzug, ein ethischer Vorgang als Wirkung des Heiligen Geistes unter der Voraussetzung des Glaubens. Es handelt sich also Kol. 2,11 um das gleiche Erleben, die gleiche Erfahrung wie in Röm. 6,6 und Röm. 7,24!

J. W.

Schlußwort des Schriftleiters

Ich denke, sowohl der Einsender dieser Frage wie alle übrigen Leser sind mit mir einig, wenn ich sage, daß jedes Wort zuviel wäre, wollte ich diese Antwort oder den Verfasser derselben zu

„loben“ versuchen! Aber wenigstens sei mir vergönnt auszusprechen, daß diese Beantwortung meine vollste Zustimmung hat, hoffentlich auch die der Leser!

Freilich, mit einfachem „Lesen“ ist es hier, wie in so vielen Fällen, nicht getan! Hier nutzt nur gründliches Durcharbeiten, wozu auch das willige Nachschlage sämtlicher Schriftstellen gehört, sowie praktisches Eingehen auf die erkannte Wahrheit; das möchte ich bei dieser Gelegenheit ernstlichst betont haben, und zwar in Verbindung mit Jak. 1,22! Wer etwa sagt: „Ach, das ist mir zuviel Lehren und zu wenig praktische Erbauung!“, der lasse sich einmal eindringlichst fragen, wie er je fähig werden will, wirklich biblisch, schriftgemäß auferbaut zu werden, wenn er sich nicht darüber belehren lassen will, was Gott uns in Seinem Worte- denke doch: in Seinem Worte! - sagen läßt! Auf Konferenzen und anderswo, auch seitens „Handr.“-Leser hört man's zeitweilig, daß die „Lehre“ nicht so sehr beliebt sei und daß „Erbauung“ höher im Kurs stünde - aber was ist denn das für eine Erbauung, die nicht auf Lehre und Erkenntnis gegründet ist? Man vergesse doch nicht die so häufige Betonung der „Lehre“ in den Briefen au Timotheus und dem Titus-Briefe u. a.! Wie will man wohl wissen, welches Verhalten unsererseits Gott wohlgefällig ist, wenn man sich nicht darüber belehren läßt und nicht diesbezügliche „Erkenntnis“ bekommt?! Vergleichen wir dazu Kol. 1,9.10 und Eph. 4,11-15!

Darum wolle sich jeder Leser vorstehender belehrenden Antwort Davor hüten, dieselbe „trocken“ und „zu lehrhaft“ zu nennen, er möge vielmehr forschen, ob sich's also verhält (wie Beröa in Apgesch. 17,11), und sich von dem „Gott aller Gnade“ (1. Petr. 5,10) Gnade schenken lassen, in der Kraft des Geistes (Gal. 5,25) dem Worte gehorsam zu wandeln.

Ist es nicht köstlich, daß wir nach Röm. 6,6 im Glauben verwirklichen dürfen und können, daß „der Leib der Sünde“ außer Wirksamkeit gesetzt ist - daß wir nach Röm. 7,24 erlöst sind von dem „Leib dieses Todes“ - ja, daß wir den „fleischlichen Leib“ abgelegt haben können?! (Kol. 2,11) Ist es nicht wichtig, darüber belehrt zu sein, daß diese drei Ausdrücke die gleiche geistliche Erfahrung, nur von verschiedenen Seiten geschildert, beschreiben? Wenn nämlich wir wirklich dies Erleben erfahren, diese Erfahrung erleben! Nie anders denn im Glauben, d. i. im Herzensvertrauen und gehorsamen Rechnen mit Seinem Verheißungswort, ist es uns möglich,

und nur durch den Geist Gottes - aber es ist möglich. Gepriesen sei Gott für jede Einzelerfahrung, die jeder gläubige Leser hierin schon gemacht hat! Laßt uns darin fortfahren!

Die Dächsel'sche Erklärung „Körperschaft“ („Genossenschaft der Sünde usw.“) ist vielleicht ein etwas zu bequemer Ausweg aus der Schwierigkeit, als daß man sie sich ohne weiteres zu eigen machen dürfte - aber sie ist doch auch ein interessanter Versuch, einer Schwierigkeit Herr zu werden, und ich würde gegebenenfalls nicht Bedenken tragen, wenn jemand die andere gewöhnliche, aber schwierigere Deutung nicht annehmen könnte, ihm diese leichtere darzubieten, die ihn dann sicher eher befriedigen würde. Vielleicht kann man manchmal sogar beide Deutungen als parallel laufend gelten lassen, denn da sie beide gut möglich sind, also beide jeglicher falschen Grundlage entbehren, so kann Gott uns auch mit beiden etwas zu sagen haben wollen. Aber wie unser lieber Mitarbeiter sagt: „Ein zwingender Grund liegt nicht für die zweite vor, da die erste sich durch ihren guten Sinn als die natürlichere empfiehlt“.

Wie dankbar werden viele schlichte Leser die so sehr übersichtliche Aufstellung der Bedeutungen von sõma und sarx empfinden, und wie wichtig ist doch solche klare Begriffsunterscheidung! Laßt uns sie nur gründlich beachten! Hierdurch auch wird uns das teure Wort Gottes reicher, und wir sehen wieder, wie schon so oft, wie recht der Psalmist hat, wenn er sagt: „Wohlgeläutert ist Dein Wort“ - und mit ihm sagen auch wir, und zwar ein jeder für sich, glücklichen Herzens: „und Dein Knecht hat es lieb!“ (Ps. 119,140; vgl. Ps. 12,6) Der HErr sei hoch gepriesen!

F. K.

Frage 13

Ist Menschenkenntnis dasselbe wie „Unterscheidung der Geister“ (1. Kor. 12,10)? Ist es nur ein Mangel an der in 1. Kor. 12,10 erwähnten Geistesgabe, wenn ein Diener Gottes wie ein „Argloser“ (Röm. 16,18) „erkünstelten Worten“ (2. Petr. 2,3) Glauben schenkt und auf diese Weise oft betrogen wird? Muß man unter Ausschaltung von Menschenkenntnis jeden

hochachten? (Phil. 2,3). Und wie soll ein Bruder, der die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ hat, handeln, damit die ihm verliehene Gnadengabe der Allgemeinheit nützt?

Antwort A

Wir müssen zunächst feststellen, was „Menschenkenntnis“ und was „Unterscheidung der Geister“ ist.

„Menschenkenntnis“ ist die Fähigkeit, einen anderen Menschen nach seinem inneren Wesen, seiner Veranlagung, seinen Eigenschaften und Fähigkeiten, seiner Gesinnung - überhaupt was und wie er ist - richtig zu beurteilen. Sie setzt gewisse geistige Fähigkeiten voraus: Beobachtungsgabe, feines Gefühl, klares und folgerichtiges Denken u. a. m., die nicht bei jedem Menschen vorhanden sind und auch nicht von jedem, der sie hat, richtig angewendet werden. Die Folge ist, daß nur wenige wahre Menschenkenntnis besitzen. Aber jeder, der diese Fähigkeiten besitzt, kann durch richtigen Gebrauch derselben sich Menschenkenntnis aneignen, mehr oder weniger, und kann darin fortschreiten, wobei die Erfahrung eine wichtige Rolle spielt. Menschenkenntnis ist also eine rein menschliche Fähigkeit, die ein ungläubiger Mensch, etwa ein Arzt oder Anwalt, ebensogut besitzen kann wie ein gläubiger (wiewohl die Menschenkenntnis eines Gläubigen noch eine Vertiefung erfahren kann und wird durch das göttliche Licht, welches ihm gegeben ist).

Anders ist es mit der „Unterscheidung der Geister“ in 1. Kor. 12,10. Diese ist eine der „Gnadengaben“ (V. 4), von denen in diesem Kapitel die Rede ist. Diese „Gnadengaben“ („Geistliche Gaben“, V. 1; „Offenbarungen des Geistes“, V. 7) werden durch den Geist den einzelnen Gläubigen zugeteilt: dem einen diese, dem anderen jene Gnadengabe. So ist auch die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ eine Gnadengabe, die nicht jeder besitzt, die auch nicht jemand sich aneignen kann, sondern die nur der hat, dem sie gegeben worden ist, und die - wie jede andere „geistliche Gabe“ oder „Offenbarung des Geistes“ - den Glauben an den Herrn Jesus, Leben aus Gott und den Besitz des Heiligen Geistes zur Voraussetzung hat.

der Geister“ nicht dasselbe ist, sondern sehr verschieden voneinander sind.

Es besteht aber noch ein Unterschied zwischen diesen beiden Dingen, der in Vorstehendem nicht berührt worden ist: „Menschenkenntnis“ hat es, wie wir oben gesehen haben, nur mit dem zu tun, was der Mensch in sich ist; die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ aber hat es mit dem Geiste zu tun, der in dem Menschen ist und ihn beherrscht. -

Wer die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ besitzt, wird mittels derselben auch immer die Geister zu unterscheiden vermögen und darum nicht betrügerischen Geistern oder falschen Brüdern zum Opfer fallen. Er hat aber diese Gabe empfangen nicht nur, damit er selbst nicht betrogen werde, sondern sie ist ihm „zum Nutzen“ gegeben (V. 7), d. h. um den anderen Gliedern des Leibes Christi, der Versammlung, in der er ist, und darüber hinaus, damit zu dienen! - Hier fühlen wir gleich wieder den Schaden, der daraus erwächst, daß die Versammlung (die Gemeinde) des HErrn nicht in der äußeren Einheit dasteht, die von Ihm gewollt ist, sondern in viele Teile und Teilchen zersplittert ist, so daß der Nutzen der verschiedenen Gaben nur einem - meist kleinen - Teile zugute kommt. Sicherlich hat Gott die verschiedenen Gaben so reichlich gegeben, daß allen Bedürfnissen begegnet werden würde, wenn alles in Ordnung wäre; aber durch den erwähnten Zustand der Zersplitterung kommt es, daß in den einzelnen Kreisen oft großer Mangel hinsichtlich der Gaben ist, indem sie infolge des Getrenntseins der Gläubigen voneinander dem Dienste der von Gott gegebenen Gaben entzogen sind. Welch ein Schade! Wie betrübend für unser Herz und wie beschämend für uns! Und welch eine Mahnung für uns, uns sorgfältig zu prüfen und sorgfältig darauf zu achten, daß nicht etwa wir uns hierin schuldig machen! Wir können den Schaden nicht heilen, können das, was zertrennt ist, nicht zusammenbringen, aber wir können eine Stellung einnehmen und ein Verhalten beobachten Gottes Wort gemäß und Seinen Gedanken entsprechend! Das wollen wir allezeit zu tun versuchen! Und wir können auch die uns verliehenen Gnadengaben immer noch nutzbar machen und sollten dies in dem uns irgend möglichen Umfange tun! - So muß auch ein Bruder, der die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ besitzt, dort, wo der HErr ihn hingestellt hat, mit dieser Gabe dienen, indem er Geister, die er als von unten, als unecht, falsch, irrig, betrügerisch erkennt, als solche aufdeckt, vor ihnen warnt und dahin wirkt, daß solchen dem

Wort Gottes gemäß begegnet wird. - Wenn nun aber ihm von den anderen nicht geglaubt wird, weil sie es nicht so sehen, sich selbst ein treffendes Urteil zutrauen und denken, der Bruder täusche sich und tue jenem unrecht, und so dem Bruder widerstehen? (Solche Fälle gibt es nicht selten, so betrübend und beschämend dies auch ist.) Was kann und soll der Bruder dann tun? Er kann nur darüber trauern, weil er sieht, wie die Geliebten des HErrn so schwach und verkehrt sind und nicht dem Geiste Raum geben, sondern sich von einem Truggeiste täuschen lassen zu ihrem - vielleicht großen - Schaden, und kann es nur dem HErrn überlassen und trotz dieses Nichtverstandenwerdens und Nichtanerkanntwerdens weiter bereit sein, dem HErrn und den Seinen zu dienen! So zu tun wird oft schwer sein, aber Seine Gnade ist genug, uns auch dazu fähig zu machen! Er schenke sie jedem von uns reichlich! - (Zu diesem Gegenstand „Unterscheidung der Geister“ siehe auch „Handreichung“ Bd. 14 [1929], S. 49-55.)

Wie ist es aber nun mit denen, die nicht die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ haben? Sind sie ganz ohne Möglichkeit gelassen, betrügerische Geister und falsche Brüder zu erkennen? Es wäre schlimm, wenn dem so wäre, da jene Gabe doch nur manchen verliehen ist (auch durchaus nicht jedem „Diener Gottes“, womit der Fragesteller sicherlich die Brüder meint, die öffentlich am Wort dienen). Aber es ist nicht so, denn Gott hat uns in Seinem Worte Unterweisungen für das Erkennen solcher gegeben, die uns täuschen und irreführen und betrügen wollen, die für jeden Gläubigen gelten und ausführbar sind. Wir finden sie in Matth. 7,15-20 und 1. Joh. 4,1-6. In diesen beiden Schriftstellen handelt es sich nicht um eine „Gnadengabe“, sondern um etwas, was jedem zur Verfügung steht. Darum braucht keiner wie ein „Argloser“ „erkünstelten Worten“ Glauben schenken und auf diese Weise betrogen werden! Nein - auch den, der genannte Gabe nicht hat, will der Geist Gottes vor jedem Betrug bewahren. Wichtig dabei ist nur, daß wir dem Geiste Gottes wirklich Raum geben! Tun wir dies, dann wird Er uns fähig machen, die Geister zu prüfen, mit denen wir es zu tun haben, und zu erkennen, ob sie aus Gott sind oder nicht, und zu unterscheiden, was echt und unecht, was wahr und unwahr ist. Hierfür sind uns verschiedene, sichere Richtlinien gegeben. Wir wollen uns kurz mit den genannten beiden Schriftstellen beschäftigen.

In beiden Schriftstellen handelt es sich um das Erkennen der „falschen Propheten“. Doch

besteht zwischen ihnen ein großer Unterschied. In Matth. 7 sollen die falschen Propheten an ihren „Früchten“ „erkannt“ werden. „Früchte“ sind das, was das in einem Menschen befindliche Leben seiner Natur nach hervorbringt. Diese „Früchte“ kann der Mensch an seinem Mitmenschen sehen und, wenn er selbst ein „guter Baum“ - ein durch den Glauben an den Herrn Jesus erneuerter Mensch - ist, beurteilen, ob sie gut oder schlecht sind. Solche erneuerte Menschen gab es bereits vor der Ausgießung des Heiligen Geistes und wird es auch nach der Entrückung der Gläubigen geben. Diesen sagte der Herr Jesus diese Worte. Daher ist das Erkennen an den „Früchten“ das Mittel, welches der HErr den Seinen zur Erkennung der „falschen Propheten“ für jene eben bezeichnete Zeit gegeben hat (wiewohl es auch für die jetzige Zeit des Hierwohnens des Heiligen Geistes in der Versammlung nicht etwa ausgeschaltet ist, sondern ein wichtiges Erkennungsmerkmal bleibt!). In 1. Joh. 4 aber sollen die falschen Propheten an dem Geiste erkannt werden, der in ihnen ist, und wir werden deswegen aufgefordert, die „Geister“ zu „prüfen“, „ob sie aus Gott sind“, auf Grund der Kennzeichen, die uns angegeben werden. Dieses „Prüfen“ der Geister aber vermögen wir nicht durch unsere menschlichen Fähigkeiten, sondern nur durch den Geist Gottes, der in uns wohnt. Demnach ist die Gegenwart - das Hierwohnen - des Geistes Gottes die Voraussetzung für das hier Gesagte und zeigt uns dasselbe also das Mittel, welches der HErr den Seinen zur Erkennung der falschen Propheten in der Zeit nach der Ausgießung des Heiligen Geistes bis zur Entrückung der Gläubigen (also in der Zeit, in der wir leben) im besonderen gegeben hat.

Mit Rücksicht auf das eben Gesagte nehmen wir von den beiden Stellen 1. Joh. 4,1-6 zuerst. Ein weiterer Grund hierfür würde auch der sein, daß - infolge des vorgehend gezeigten Charakters dieser Schriftstellen - der hier behandelte Gedanke mit dem weiter oben bereits behandelten Gegenstande - die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ - sich berührt, obwohl ein großer Unterschied vorhanden ist: 1. Kor. 12,10 handelt es sich um eine Gnadengabe, mittels welcher der, welcher sie hat, die Geister „unterscheidet“; hier - 1. Joh. 4,1-6 - aber handelt es sich um Richtlinien, die für jeden Gläubigen gegeben sind, um die Geister zu „prüfen“. (Wir bitten, diese Schriftstelle genau zu lesen!) - Ein „Prophet“ verkündet Gottes Gedanken, Seine Wahrheit. Auch der „falsche Prophet“ gibt dies vor. Zum Erkennen dessen, ob

untrügliche Kennzeichen als Prüfstein gegeben: erstens ihr Bekenntnis in bezug auf die Person Jesu Christi - nicht nur, wie es bei oberflächlichem Lesen scheint, hinsichtlich der Tatsache, daß Er „im Fleische gekommen“, also Mensch geworden ist, sondern (in Verbindung mit dieser Tatsache) hinsichtlich Seiner ganzen, herrlichen Person-, ob dieses ganz, in jedem Punkte, dem Worte Gottes gemäß ist! (V. 1-3), und zweitens: die Stellung der Welt zu dem, was sie reden - ob die Welt sie „hört“, oder nicht; wenn die Welt sie hört (wie wir dies bei allen Irrsekten deutlich beobachten können!), dann ist dies ein Beweis dafür, daß sie „aus der Welt“, d. h. nach dem Grundsatz und Geist der Welt, reden und es der „Geist des Irrtums“ ist! (V. 4-6)

Nun kann es aber sein, daß wir zu wenig geübt sind, durch den Geist Gottes in der vorstehend gesehenen Weise die „Geiser“ zu „prüfen“ und auf diesem Wege eine Person in ihrem wahren Wesen zu erkennen. (Es ist ein Schade und demütigend für uns, wenn dieses so ist.) Dann steht uns noch das andere, in Matth. 7,15-20 gezeigte Mittel zur Verfügung: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ (Wir bitten, genannte Schriftstelle sorgfältig zu lesen!) Die „Früchte“ sind nicht die Werke, die die Menschen öffentlich tun, denn diese können einen Schein der Frömmigkeit und Liebe tragen, ohne dem zu entsprechen, was die Menschen wirklich sind - wie es bei den „falschen Propheten“ der Fall ist, weshalb der Herr Jesus sagt, daß sie „in Schafskleidern kommen“, „inwendig aber sind sie reißende Wolfe!“ -, sondern die persönlichen, unmittelbaren Lebensäußerungen - das, was das in ihnen wohnende Leben selbst hervorbringt, was ihrer Gesinnung, ihren Neigungen und Trieben, ihrer wahren Natur entspringt. Es ist das, was man in dem persönlichen Wandel eines Menschen wahrnimmt, wenn er sich nicht verstellt oder worin er sich nicht zu verstellen vermag: in seiner Familie, seiner Arbeit, seinem Geschäft, seiner Einstellung zur Wahrheit usw. Das sind die „Früchte“. Diese zu sehen ist nicht immer leicht, da die Menschen oft große Schauspieler sind und ihre Umgebung immer zu täuschen suchen. Aber dennoch können wir die „Früchte“ erkennen, wenn wir darauf acht geben und - selbst in dem rechten Zustand sind! Letzteres freilich ist die unerläßliche Voraussetzung, denn nur dann, wenn wir selbst der neuen Natur nach wandeln, können wir das richtig erkennen und beurteilen, was von der alten Natur ist; nur wenn wir selbst im Lichte sind, sehen wir, was der Finsternis angehört; nur wenn wir selbst rein sind, empfinden wir jede Unreinheit! In der

Darum: Wir brauchen nicht „falschen Propheten“ und „falschen Brüdern“ und anderen Betrügern zum Opfer fallen, denn: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen!“ Es ist eine große Beschämung und ernste Mahnung für uns, wenn wir uns haben betrügen lassen, denn es zeigt uns, daß auf unserer Seite ein Mangel war - daß wir selbst nicht in dem rechten Zustande, mindestens aber nicht wachsam waren! -

Schließlich sei noch auf ein Wort hingewiesen, das wir auch beachten sollten und das sich immer sehr nützlich erweisen wird. Dasselbe finden wir in Hiob 12,11: „Soll nicht das Ohr die Worte prüfen, wie der Gaumen für sich die Speise kostet?“ Was sagt uns das? Daß wir die Worte der Menschen auf ihren wirklichen Gehalt prüfen sollen. Gott hat unserem Geiste dazu die Fähigkeit gegeben genau so wie unserem Körper für die ihm zugeführte Speise. Wie die Speise von dem Gaumen „gekostet“ und so ihre Güte festgestellt wird, so haben wir auch einen geistlichen „Gaumen“ für das, was wir sehen und hören. Das ist unser Denk- und Urteilsvermögen. Dieses sollen wir beim Hören immer in Tätigkeit setzen. Es gibt Menschen, die die Speisen nur so hinunterschlucken, ohne sie recht zu kauen und ohne sie richtig zu schmecken - zu „kosten“. So kann man auch Worte einfach hinnehmen, wie sie in unser Ohr dringen - ohne sie geistlich zu „prüfen“. So soll es nicht sein. „Wie der Gaumen für sich die Speise kostet“, so soll unser Geist die Worte prüfen, die wir hören! Dieses „Prüfen“ ist das Eindringen in das innere Wesen der Worte, welches oft sehr versteckt und daher schwer zu erkennen ist (Röm. 16,18: „... durch süße Worte und schöne Reden ...!“ 2. Petr. 2,3: mit erkünstelten Worten!“), und das Beurteilen derselben diesem Wesen nach! Das fehlt uns oft, weil wir zu wenig dessen Notwendigkeit empfinden und nicht darin geübt sind. Aber oft kann erst dadurch das wahre Wesen eines Menschen erkannt werden, mit dem wir es zu tun haben. Deshalb sollen wir lernen, die Worte zu „prüfen“! (Siehe auch Hiob 34,3 und 4!) -

Aus all dem, was wir in vorgehender Betrachtung gesehen haben, ergibt sich, daß, wenn ein Diener Gottes wie ein „Argloser“ „erkünstelten Worten“ glaubt und auf diese Weise oft betrogen wird, dies nicht nur daran liegt, daß er nicht die Gabe der „Unterscheidung der Geister“ hat, sondern seinen Grund darin hat, daß er nicht Gebrauch gemacht hat von den Möglichkeiten, die nach den oben betrachteten Schriftstellen für jeden Gläubigen vorhanden sind und die zuerst

ein Diener Gottes gebrauchen sollte, und daß dieses Nichtgebrauchmachen immer eine Ursache hat, die zumindest im Nichtachten auf den Geist Gottes und in Unwachsamkeit, in manchen Fällen vielleicht aber auch mit in Untreue im Wandel besteht.

Und „Menschenkenntnis“? Sie ist gut und nützlich (warum sollte sie es nicht sein?). Warum sollte sie je ausgeschaltet werden? Weder braucht die Liebe durch sie beeinträchtigt zu werden - sie kann im Gegenteil durch sie in die richtige Bahn geleitet werden -, noch braucht die gottgewollte und geistgewirkte Hochachtung dem anderen gegenüber darunter zu leiden, denn Hochachtung gebührt einem Menschen immer nur nach dem, was er in Wahrheit ist. Sollen wir einen „falschen Propheten“ oder irgendeinen Menschen, der uns zu täuschen und zu betrügen sucht, hochachten? Nein! „Gebet allen, was ihnen gebührt: ... die Ehre, dem Ehre gebührt“, sagt Gottes Wort. (Röm. 13,7) Was Phil. 2,3 uns sagt, ist etwas ganz anderes: Erstens handelt es sich dort um die Kinder Gottes unter sich, und zweitens ist dort von dem „Höherachten“ des anderen in einer Verbindung gesprochen, die wenig erkannt wird (wodurch die Mahnung, „den anderen höher zu achten als sich selbst“, vielen als eine Forderung erscheint, die man unmöglich erfüllen könne), nämlich in bezug auf den Beweggrund für unser Tun: Wenn „Parteisucht“ oder „eitler Ruhm“ unser Beweggrund ist, ist keine Demut vorhanden, und demzufolge Geringachtung unserer Geschwister. Das soll nicht sein, sondern der Beweggrund für unser Tun soll das Verlangen sein, das Wohl der anderen zu fördern, wie V. 4 sagt: „ein jeder nicht auf das Seinige sehend, sondern ein jeder auch auf das der anderen “. Wenn dieses der Beweggrund unseres Tuns ist, stellen wir uns damit unter die anderen - machen uns gleichsam zum Diener der anderen - stellen sie also über uns. Das ist Demut, und dadurch „achten wir in der Demut die anderen höher als uns selbst“.

Der HErr gebe uns Gnade, daß wir dieses alles besser verstehen und verwirklichen lernen!

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Antwort Geschenkt ist, für die wir dem HErrn von Herzen dankbar sein wollen, ob wir nun wie der Fragende in dieser Sache Schwierigkeiten hatten oder nicht! - Aber wenn letzteres auch nicht (oder noch nicht), so ist es doch wohl sicher, daß vielleicht in keiner Zeit wie gerade in heutiger - etwa seit dem großen Kriege! - sich das religiöse Schwindel- und Schwindlerwesen in so erschreckender Weise gemehrt hat, so daß früher oder später diese Fragen auch dem zu schaffen geben können, der seither (noch) nichts damit zu tun hatte. Darum prüfe jeder die vorstehende Antwort recht eingehend und suche sie sich zunutze zu machen!

Woher kommt es nur, daß gerade Gläubige verhältnismäßig leicht betrogen werden, sowohl von solchen, die mit falschen Lehren „hausieren“, wie auch - und das, wie gesagt, immer mehr und mehr - von solchen, die unter dem Schein der Frömmigkeit und der Echtheit derselben als geschäftliche Betrüger auftreten und oftmals mit großem Nutzen weiterziehen? Daß solch letztere keine „Empfehlungsbriefe“ haben (gemäß 2. Kor. 3,1!; vgl. Jahrb. 15, Seite 78!), sollte ja die Geschwister doch stutzig machen, wenngleich auch „Empfehlungsbriefe“ und selbst Kautschukstempel von Gemeinden gefälscht werden (können), und die Gläubigen sollten nicht gar zu leichtgläubig darauf „hereinfallen“, wenn jener Namen von bekannten Brüdern nur so „herunterrasselt“ und etwa betont, wieviel der und jener schon bei ihm gekauft habe - was in derlei Fällen zu 99¾ % nicht stimmt! - ja, woher kommt es? Nun einfach, weil sie keine „Menschenkenntnis“ haben oder sich fürchten, dem manchmal sicheren Gefühl („Instinkt!“), das einen warnt, zu folgen, aus Rücksicht auf den „lieben Bruder“, der der Betreffende doch sein könnte! Sicher ist es an sich nicht immer „so schlimm“, wenn man einmal zuviel getraut hat und dabei betrogen ist, wenn man also dem Übel nicht widerstanden (nach Matth. 5,39) oder das Böse mit Gutem überwunden hat (nach Röm. 12,21) usw. Aber ob dies die richtige Anwendung der Stellen ist? Und ist nicht dem Betrüger durch unsere Leichtgläubigkeit „Wasser auf die Mühle gegeben“, so daß er es nun wieder etwas leichter hat, andere auf Grund des Schwindels bei uns auch zu betrügen?! Nein, von Ausnahmefällen abgesehen, wo man als vor dem HErrn das „Gib dem, der dich bittet!“ (Matth. 5,42) gleichsam überspannen zu müssen glaubte, ist es besser und wichtiger, ein wenig mehr Menschenkenntnis zu haben und anzuwenden als zu wenig und solche Betrüger, die oft ganze Gemeinden brandschatzen, zu

wo wir können, Gottes Kinder, unsere Geschwister, zu schützen suchen vor Schaden und Gefahren, sowohl Leibes als der Seele! (Vgl. auch hier Phil. 2,4!)

Menschenkenntnis! Die Schrift sagt: „Alle Menschen sind Lügner“ (Röm. 3,4), und wenn man dies auch nicht mehr auf wahre Gotteskinder anwenden darf, so ist es doch sehr ernst, daß der Teufel die Welt zu dem „Grundsatz“ geleitet hat: „Mundus vult decipi!“, d. h. „die Welt will betrogen sein!“ Er ist „der Lügner von Anfang“ (Joh. 8,44), und er macht seine Getreuen zu Lügnern, und die Welt rechnet gar nicht anders als mit Lüge und Belogenwerden! Und der Herr Jesus sagt: „Die Söhne dieser Welt (dieses Zeitlaufs!) sind klüger als die Söhne des Lichts in bezug auf ihr eigenes Geschlecht.“ (Luk. 16,8) Ja, von uns heißt es „Den Reinen ist alles rein“ (Tit. 1,15.16!), und wie der vor 17 Jahren entschlafene Bruder General G. v. Viebahn zu dieser Stelle einmal („Bibellesezettel“!) sagt, so ist es auch (wenngleich das m. E. nicht die einzige Deutung der Stelle ist!):

„... in dieser Tatsache (von V. 15) liegt der Grund, weshalb lautere Kinder Gottes, welche allen, die im Namen Jesu kommen, ohne Mißtrauen begegnen, so oft von „christlichen“ Schwindlern überlistet werden. Von letzteren ist hier die Rede, und darum hat die ganze Stelle für die Gläubigen der Gegenwart eine hohe, praktische Bedeutung. Wenn es schon damals schwierig war, die Gemeinde der Gläubigen vor solchen Leuten zu bewahren, wieviel mehr heute! Eine befleckte Gesinnung und ein beflecktes Gewissen, heuchlerische Gottesgemeinschaft, greulich, ungehorsam, zu jedem guten Werke unbewahrt - welche Personalbeschreibung! Es ist der Heilige Geist, der diese Darstellung gibt, und wir finden sie in einer erschreckenden Weise bestätigt. In 2. Petri und im Judasbriefe finden wir noch erschütterndere Darstellungen davon, was für verworfene, schamlose Menschen unter den Gläubigen ihr finsteres Werk und Wesen im Auftrag Satans treiben. Dies alles sind keine Phantasiegebilde, sondern Tatsachen, die immer schrecklicher hervortreten, je mehr die Zeit der Gnade dem Ende zueilt. Dennoch wird der HErr die Aufrichtigen bewahren; möchten wir nur wachen, daß wir vor dem Auge des HErrn als „Reine“ dastehen, welche das Siegel Gottes tragen! (Vgl. 2. Tim. 2,19)“

Soweit v. V.'s Worte, die beherzigenswert genug sind, gerade auch im Blick auf unsere Frage.

Wir haben in der Schrift ungezählte Beispiele sowohl für einfache und „vertiefte“ (vgl. Antwort A zu Anfang!) Menschenkenntnis als auch für Geisterunterscheidung, wie auch für das „an den Früchten Erkennen“ (übrigens nicht an den Blättern, d. h. an dem mehr selbstverständlich Hervorgebrachten und zuerst Augenfälligeren eines Lebens!!), und nur die Schrift ist es, die uns bildet. Hier ein paar Begebenheiten, aus denen viel zu lernen ist, soweit ich wenigstens sehe und verstehe, andere mögen anders darüber urteilen! Aber prüfen wir z. B. folgende Stellen! Apgesch. 8,9-25: Simon, der Zauberer, hatte genügend „Menschenkenntnis“, um zu wissen, was den Menschen gefiele, womit er sie begeistern und fangen könnte, und er übte seine Kenntnis in bösem Sinne weidlich aus. Philippus, der (später „Evangelist“ benannte, 21,8) treue Arbeiter im Werk des HErrn, hatte wenig oder gar keine Menschenkenntnis, aber auch nicht die Gabe, Geister zu unterscheiden; er durchschaute den getauften Simon keineswegs! ... Aber dann kamen die Apostel Petrus und Johannes, und sofort änderte sich die Sache. Diese Männer, vorzüglich Petrus als Sprecher für Gott, hatten Menschenkenntnis, aber auch Geisterunterscheidungsgabe, und der Zauberer wurde durch seine Bitte als unlauter offenbar. Es scheint mir sogar so, als habe es gar nicht der Gabe bedurft, sondern als ob Petrus schon vermöge seiner geistlich vertieften Menschenkenntnis den Simon, und zwar an seinen „Früchten“, habe entlarven können. Dagegen haben wir in Apgesch. 13,4.12 die Offenbarmachung des falschen Propheten Bar-Jesus (Elymas), und das geschah anscheinend durch die Gabe der Geisterunterscheidung (V. 9.10), die Paulus in besonderer Weise besaß (was z. B. auch Apgesch. 20,29.30 zeigt u. a. St.), jedoch auch geistlich „vertiefte“ Menschenkenntnis und Beurteilung aus den „Früchten“. Das zeigen z. B. auch Stellen wie Apgesch. 15,48 u. 16,15. Andere Fälle von Menschenkenntnis, doch auch in bösem Sinne, sind uns gezeigt in Apgesch. 24,1ff. u. 19,23ff. Man fühlt förmlich die Klugheit der Welt, wie sie der Erreichung der egoistischen Ziele dient. Dagegen sehen wir bei Aquila und Priscille ein hohes Maß von Gabe der Geisterunterscheidung in der Behandlung, die sie dem Apollos zuteil werden ließen. (Apgesch. 18,24ff.) Wie mancher hätte nach dem Anhören dieses Mannes (heute!) vielleicht gesagt: „Ach, der steht ja ganz verkehrt, den können wir nicht in unserer Mitte aufnehmen!“ Aber jene beiden treuen Menschen erkannten, was in ihm steckte, und wußten

bekam er dann auch eine gute Empfehlung seitens der Brüder mit auf den Weg, der ein Segensweg ward. (V. 27f.) Was wäre geworden, wenn Aquila und sein Weib nicht jene Gabe gehabt hätten? Und wenn man sagt: „Aber es steht doch nicht da, daß sie sie hatten?“ Nein, aber die Praxis bewies es, wie so oft!

Und so ließen sich noch viele Stellen anführen, aus denen man Menschenkenntnis, Erkennen aus den „Früchten“ und auch aus den „Worten“ (wie Antwort A aus den Stellen Hiob 12,11 u. 34,3.4 so kostbar zeigt; siehe hierzu auch Matth. 12,37 mit Luk. 19,22!) und das Höhere: die Geisterunterscheidung lernen oder wenigstens sehen lernen kann. Letztere naturgemäß mehr aus dem Neuen Testament (man vgl. z. B. auch die Wahl des Timotheus und des Titus u. a. zu Mitarbeitern durch Paulus), erstere Arten des Sichschützens vor Betrogenwerden von falschen Lehren und von geschäftlichen Betrügern findet man aber auch vielfach im Alten Testament, besonders viel u. a. auch im Leben Davids und Salomos. Man lese es daraufhin durch, und man lernt da viel. Nur ein Hinweis auf eine Stelle für das Prüfen („Kosten“) der Worte (nach Hiob 12,11): 2. Sam. 1,13-16! (Zusammenhang!) Wieviel göttlicher hier Davids Handlungsweise als z. B. die Elis gegenüber Hanna. (1. Sam. 1,12ff.!)

Wenn einer, besonders ein sonst erfahrener, älterer treuer Bruder, einem anderen, der Menschenkenntnis hat, es übel nimmt, daß dieser mit seiner Fähigkeit mehr in der Beurteilung und Entlarvung böser Elemente erreicht als er mit seinem Alter und seiner sonstigen Erfahrung, dann zeigt dieser Letztere eine bedauerliche Eigenschaft (oder wenigstens Anfänge davon), nämlich die des Neides, und dieser läßt es nicht gern zu, daß dem, der recht hat, auch recht gegeben werde. Aber wenn dieser, der recht hat, nun wieder wahrhaft demütig ist - „den Demütigen gibt Gott Gnade!“ -, so wird doch sicher für beide Teile Segen hervorgehen. Gott ist treu!

Laßt uns stets zu lernen trachten, auch auf diesem Gebiet; wir lernen nie aus, und zumal heute bei der inneren Zerrissenheit des Volkes Gottes ist es nötig, auf diesem Gebiet zum Nutzen (zur Erbauung) der Gemeinde viel zu lernen, denn der Mangel unter uns ist ja so, so groß! Und am besten lernen wir von den vielen Vorbildern der Schrift und unter diesen wieder am meisten

von Ihm Selber, der den Geist „ohne Maß“ hatte (Joh. 3,34) und der auch die beste Menschenkenntnis hatte (Joh. 2,24.25!), der aber auch die „Früchte“ sowie auch die „Worte“ am besten zu beurteilen verstand. (Vgl. z. B. Luk. 23,39ff. oder 7,36-50 usw. usw.)

Sein Name sei in Aufrichtigkeit gepriesen! Er schenke es uns, zu wachsen in Seiner Gnade und in Seiner Erkenntnis! (2. Petr. 3,18)

F. K.

Der Gott des Friedens wird in kurzem den Satan unter eure Füße zertreten. Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch!“ (Röm. 16,20)

Einige Gedanken über Matth. 11.

Johannes, der Täufer, der große Vorläufer und Wegbereiter des HErrn, sitzt im Gefängnis. Ein gottloses Weib triumphiert über ihn. Im Gefängnis hört er von den Wunderwerken Christi und den Offenbarungen Seiner göttlichen Macht. Er kann nicht verstehen, daß der HErr der Ungerechtigkeit nicht entgegentritt - Sich scheinbar um Seinen Wegbereiter gar nicht kümmert. Zweifel und Fragen ziehen durch sein Herz. Hatte er Ihn nicht in der Kraft des Geistes als den Kommenden bekanntgemacht und angekündigt, daß Er Seine Tenne durch und durch reinigen werde? Und nun - geschah nichts davon! Sünde und Gottlosigkeit herrschten, kein Gericht traf die Widersacher. Enttäuscht, niedergebeugt und unzufrieden über das Verhalten des HErrn, sendet er zwei seiner Jünger zu Jesu und läßt Ihm sagen: „Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen warten?“

Konnte es ihm fraglich sein, ob Jesus der Kommende sei? Niemals! Hatte er nicht nach der Taufe den Geist Gottes wie eine Taube auf Ihn herabkommen sehen und die Stimme vom Himmel gehört: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe!“? (Matth. 3,16.17) War es möglich, daß er jetzt an der Person des HErrn als des Messias zweifeln konnte? Unmöglich!

Die Frage war nicht die Frage des zweifelnden Johannes, sondern des „geärgerten“ - des mit dem Wege und Verhalten des HErrn unzufriedenen Johannes. Ihm schien es nicht am Platze zu sein, daß der HErr jetzt Wunderwerke der Liebe vollbrachte, anstatt das göttliche Gericht über das Böse zu vollziehen. Hatte er Ihn nicht dem Volke angekündigt als Den, der die Worfschaufel schon in der Hand habe, Seine Tenne zu fegen? - Und nun dies gnädige Verhalten des HErrn!

Unzufrieden damit wendet er sich direkt an Ihn: „Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Er sagt gleichsam: „Es ist doch unmöglich, ein anderer kann doch nicht noch kommen! So nimm denn jetzt die Worfschaufel, fege Deine Tenne, zerbrich die Widerstände, verbrenne die Spreu, richte Dein Königreich auf, sammele den Weizen in Deine Scheune!“

Wohl hatte er Ihn als das „Lamm Gottes“ bezeichnet, aber ach, Johannes verstand ebensowenig wie später die Jünger, daß der Messias leiden, sterben und auferstehen müsse. Er schaute nach der Aufrichtung des Reiches aus, der HErr aber sah weiter. Vor Ihm lag der Weg des „Lammes Gottes“, der Weg der Leiden - die Vollendung der Erlösung.

Und welche Antwort schickt der HErr dem mit Seinem Verhalten unzufriedenen und „geärgerten“ Johannes? „Blinde werden sehend und Lahme wandeln, Aussätzige werden gereinigt und Taube hören und Tote werden auferweckt und Armen wird gute Botschaft verkündigt; und glückselig ist, wer irgend sich nicht an Mir ärgern wird!“

Wunderbarer Meister! Wie weiß Er den Müden durch ein Wort aufzurichten! Das war die Erfüllung der Weissagung Jesaias. (Kap. 35,5ff.; 61,1.2) Mit dem Hinweis auf die Erfüllung der Schrift stärkt Er Seinen schwach gewordenen Vorläufer, auszuharren im Glauben an Ihn, auch dann, wenn er Sein Verhalten nicht versteht, und Er zeigt ihm in dem dann folgenden so liebreichen Tadel eine Glückseligkeit, die er auch im Gefängnis und in der Nacht der Anfechtung erlangen kann.

Wie gut ist der HErr! Wieviel Erbarmen und Mitgefücht finden wir bei Ihm! Haben wir Ihn nicht

auch schon so erfahren in Stunden der Dunkelheit und wenn Stürme uns schier zu Boden werfen wollten? Finden wir es nicht so auch bei Mose, als er unter der Last des Volkes ermattete und mutlos zu Jehova sagte: „Warum habe ich nicht Gnade gefunden in Deinen Augen, daß Du die Last dieses ganzen Volkes auf mich legst? ... Habe ich es geboren, daß Du zu mir sprichst: Trage es in deinem Busen ...“ (4. Mose 11,11.12) Auch von Mose wich in dieser dunklen Stunde Gottes Güte nicht. Er gab ihm siebzig Männer zur Seite, und obwohl Er Seinen Knecht zurechtwies, so rechtfertigte Er ihn doch vor dem Volke, als Er Mirjam und Aaron über ihre Aussprüche wider Mose beschämte.

So finden wir es auch hier bei Johannes, dem Täufer. Johannes mochte Zurechtweisung empfangen, aber kein Schatten des Tadels fiel auf ihn, als der HErr von ihm zum Volke redete. (Vers 7-19) - Als Balak das Volk Gottes unter den Fluch bringen wollte, da mußte der gottlose Bileam segnend rufen: „Er erblickt keine Ungerechtigkeit in Jakob und sieht kein Unrecht in Israel; Jehova, sein Gott ist mit ihm, und ein Jubelgeschrei wie um einen König ist unter ihm.“ (4. Mose 23,21)

Viel hat der HErr heute auch mit uns über unser Zukurzkommen zu reden. Sein Gericht vollzieht sich jetzt am Hause Gottes. Viele mögen unter Seiner züchtigenden Hand „schwach und krank und ein gut Teil entschlafen sein“, aber von der Welt sind wir geschieden; nie werden wir mit der Welt verurteilt werden. (1. Kor. 11,30.32) An dem großen Tage der Abrechnung mit der Welt, dann wird Er die Seinigen ohne Flecken und Runzel sich darstellen und „verherrlicht werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“. (2. Thess. 1,10)

Mit Schmerz wendet Sich der HErr dann den Städten zu, die die meisten Wunder Seiner Gnade empfangen hatten. In göttlicher Liebe hatte Er ihnen Sein Herz geöffnet, aber verblendet und verstockt verschmähten sie Ihn und beugten sich nicht über ihre Sünden in Buße. Die Lippen, die mit soviel Gnade zu ihnen geredet hatten, mußten sie jetzt schelten und das Wehe über sie ausrufen. Groß war die Sünde von Tyrus und Sidon - furchtbar die Schuld Sodoms - die Schuld jener Städte war größer. Wären solche Gnadenerweise in Sodom geschehen, es stände heute noch da. Wie furchtbar, wenn Gottes Gnadenangebote verworfen werden und der holdselige

Mund nur noch ein Wehe über den Unglauben ausrufen kann! Wer vermag ein solches Wehe zu ertragen? Wer vermag zu bestehen an dem Tage des Zornes des Lammes? Gibt es ein Menschenherz, das nicht erzittert vor dem Wehe und dem Zorne des Lammes über die Verwerfung der so überreich angebotenen Gnade Gottes?

Während unsere Herzen noch unter den Eindrücken der Worte des HErrn und der furchtbaren Verantwortung für empfangene Gnadenangebote stehen, macht uns der Heilige Geist mit dem Lobpreis bekannt, den der HErr inmitten Seiner Verwerfung dem Vater brachte.

„Zu jener Zeit“, so lesen wir, „hob Jesus an und sprach: Ich preise Dich, Vater, HErr des Himmels und der Erde, daß Du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast, und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor Dir.“ (V. 25.26)

„Zu jener Zeit“, als das Ihm ergebene Herz im Gefängnis unmutig und „geärgert“ über Ihn war - als das leichtfertige, verblendete Geschlecht Ihn einen „Fresser und Weinsäufer“ nannte - als Er von den Empfängern Seiner meisten Gnadentaten verkannt und verworfen war, da wandte Er Sein Auge dem zu, der allein Ihn kannte. Nach außen vollzog sich da, was Jesaja weissagte: „Umsonst habe Ich Mich abgemüht, vergeblich und für nichts Meine Kraft verzehrt; doch Mein Recht ist bei Jehova und Mein Lohn bei Meinem Gott!“ (Jes. 49,4) In jener Stunde verkannt, verachtet und verworfen, fand Er Seine Ruhe in Gott und in der Vollkommenheit aller Seiner Wege. „Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor Dir.“ Damit bestätigt Er des Vaters Wohlgefallen, Weisen und Klugen das, was Er war, zu verbergen und es den Unmündigen zu offenbaren. Menschenweisheit ist für die Erkenntnis Gottes wertlos. Menschen, die in ihren Augen so klug sind, daß sie Gott beurteilen, denen hat Gott verborgen, was Er solchen offenbart, die den ihnen geziemenden Stand als Unmündige, die keine Kraft und Fähigkeit haben und ganz auf Seine Offenbarung angewiesen sind, einnehmen.

Menschen mochten Ihm ihre Anerkennung entziehen, um so vollkommener trat die Herrlichkeit Seiner Sanftmut, Demut und Abhängigkeit von Seinem Vater hervor. „Ja, Vater“, dies war der Ausdruck der Zustimmung Seines Herzens zu den Wegen Seines Gottes. Wie schwer wird es

Bewußtsein: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater, als nur der Sohn, und wem irgend der Sohn Ihn offenbaren will.“ (V. 27)

Nun folgt in völliger Gnade die Einladung an alle, die mühselig und beladen sind, zu Ihm zu kommen. Alle - seien sie im Gefängnis oder inmitten des leichtfertigen Geschlechtes oder der unbußfertigen Städte - alle ruft Er, zu Ihm zu kommen - jedem will Er die Ruhe geben, die er bedarf. - Von Ihm sollen wir Sanftmut und Demut des Herzens lernen. Möchten wir, unter welcher Last wir auch stehen, Seinem Rufe folgen, „Kommet her zu Mir ...!“ (V.28) Er will uns nahe, ganz nahe bei Sich haben. Und ganz nahe müssen wir Ihm sein, wenn wir von Ihm lernen, in Ihm ruhen und Ihm dienen wollen. Wie köstlich ist Sein Wort: „Komm!“ und welche Freude ist es Ihm, wenn wir zu Ihm kommen!

A. v. d. K.

Unser Gott - „ein Gott nicht der

Unordnung!“

(1. Kor. 14,33)

Ich habe nicht die Aufgabe, weil zur Zeit nicht den Auftrag, über die Worte zu schreiben, die obiger Stelle vorangehen! Sie sind übrigens, wenn auch im einzelnen vielleicht ein wenig schwierig, so doch im ganzen genommen einfach, und ihre Beobachtung ist mit die Grundlage eines geordneten Gemeindelebens. Aber nicht darüber, wie gesagt, habe ich zu schreiben, sondern ich glaube, auf einige Punkte hinweisen zu sollen, die das gesunde Gemeindezusammenkommen empfindlich zu stören geeignet sind und sich m. E. durchaus nicht geziemen für solche Menschen, deren Gott ein Gott „nicht der Unordnung“ ist. Der HErr gebe uns Gnade, die nachstehenden schlichten Dinge treulich ins Auge zu fassen!

1. Das Zusammenkommen in der örtlichen Gemeinde ist auf - sagen wir - 8 Uhr abends

Anstalten zu beginnen, keiner gibt ein Lied aus, hier und da hört man noch verstohlenes Flüstern, der Nachbar ist etwas schwerhörig, das Flüstern wird lauter - „wenn die das tun, so kann ich das auch!“ -, bald ist eine „nette“ kleine Unterhaltung im Gange, man hört Worte, die mit dem, was man vorhat, wenig oder nichts zu tun haben - und warum wird nur nicht begonnen, es ist doch schon fünf Minuten über 8?! Ach so, die lieben N. N. oder M. M. sind ja noch nicht da! Endlich öffnet sich die Tür, mit einem lauten (vielleicht lauter als beabsichtigt) Abschlußwort der lebhaften Unterhaltung von unterwegs tritt man ein und endlich, endlich - es ist inzwischen 8 Minuten nach 8 Uhr - gibt einer ein Lied aus! - Meine lieben Leser, die Ihr doch gläubig seid, kennt Ihr diesen Übelstand? Diese Unpünktlichkeit? Unpünktlichkeit, glücklicherweise nicht überall, aber doch hier und da? Warum warten mit dem Beginn, warum Zuspätkommen zur Stunde? Das eine so unnötig, ja schädlich, wie das andere! Das erstere erzieht die sowieso Säumigen zu noch größerer Säumigkeit. „Pünktlichkeit ist Vorsprung!“, das ist ein gutes Wort, und Pünktlichkeit ist auch ein guter Erzieher zur Pünktlichkeit! Natürlich müssen auch die Uhren, sowohl die der Teilnehmer an den Stunden als auch die der Versammlungsräume, die Zeit richtig anzeigen! Man entschuldige sich doch nicht mit falsch gehenden Uhren! Wie leicht ist es, sich nach richtiger Zeit zu richten, wenn es einem wichtig genug ist!

Aber Vorstehendes ist nur das Äußere! Nun laßt uns einmal daran denken, daß die Stunde nach Gemeindebeschluß als vor dem HErrn auf acht Uhr angesetzt ist. Meinst du nicht, daß der HErr Selber pünktlich da ist? Da sind doch „die zwei und drei“, die sich „in Seinem Namen“ zu versammeln beabsichtigen (Matth. 18,20) - sollte Er da säumig sein zu kommen?? Die Blicke der Pünktlichen sind oft auf die Säumigen gerichtet, aber was ist das dagegen, daß des HErrn Augen dieselben sehen? Ja, daß Er sie schon mit Seinen Augen auf dem Wege begleitet (vgl. 2. Kön. 5,26a) und genau sieht, ob die Unpünktlichkeit einen vor Ihm stichhaltigen Grund (etwa den der vielbeschäftigten Mutter, die nicht rechtzeitig fortkommen konnte, oder den einer Betriebsstockung der Elektrischen u. a.) hatte oder einen nicht stichhaltigen, etwa den, daß noch schnell auf der Straße ein „interessanter“ Gesprächsstoff zu Ende geführt werden sollte oder daß man dachte, es käme nicht so genau darauf an usw., usw.! Mein Bruder, meine

an denen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist“. (2. Chron. 16,9) Ist dein Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet, wenn du zur Versammlung eilst? Bist du pünktlich, suchst du wenigstens pünktlich da zu sein, lieber noch 5-10 Minuten früher, um noch in der Stille ungestört beten zu können, d. h. vor Beginn der Stunde? Wie sehen des HErrn Augen uns?

Wer unpünktlich da sein kann, der kann in 95 von 100 Fällen auch pünktlich da sein, wenn er nur will! Es ist Unordentlichkeit, wenn man leichtfertig zu spät kommt, und Gott ist „nicht ein Gott der Unordnung“! Wer gar nicht kommen zu können meinte und dann später merkte, daß er doch noch kommen könnte, der kommt natürlich zu spät, vielleicht sogar erst gegen Ende der Stunde, aber besser, er kommt spät als gar nicht! Hebr. 10,25 gilt auch hier, und ohne Not zu fehlen, haben wir durchaus kein Recht! Aber wer unpünktlich kommen kann, kann bei einiger Energie auch rechtzeitig und noch früher kommen. Versuchen wir es nur! Um des HErrn und Seiner Gemeinde willen!

Und demgemäß der Anfang, der Beginn? Nein, der sollte sich nie nach den zu spät Kommenden richten, sondern nach der gott gewollten Ordnung. (1. Kor. 14,33!) In ihr liegt Segen - wann läge aber je Segen in Unordnung?! Vieles ließe sich hierüber sagen, aber sage sich das jeder selber! Laßt uns beginnen, wenn nur erst „die zwei und drei“, denen es Ernst ist, wie stets, pünktlich da sind - es wird nicht lange dauern, dann kommen nur noch die ganz Unverbesserlichen oder die tatsächlich Verhinderten zu spät. Laßt uns auch in dieser Hinsicht lernen, „treu zu sein im Kleinen“ (Luk. 16,10), - übrigens ist dies nur scheinbar klein, in Wirklichkeit handelt es sich um das Zusammenkommen derer, von denen der HErr sagt: „Meine Gemeinde“ (Matth. 16,18). Wie wichtig und köstlich sollte uns solch ein Uns-Versammeln sein, ist es Ihm doch so wichtig, in unserer Mitte zu sein! (Matth. 18,20)

Man sage auch nicht, es sei „gesetzlich“, dies alles so zu betonen und auf Pünktlichkeit zu dringen! Ist Pünktlichkeit „Gesetzlichkeit“? Nein - jedoch sie gehört zur Ordnung, und Gott will, daß alles bei uns „in Ordnung“ geschehe. (1. Kor. 14,40; vgl. Kol. 2,5) Aber in vielen von uns, die wir längst von den toten, gesetzlichen, religiösen Formen und sogen. Gottesdiensten uns abgewandt haben, steckt noch solch ein kleiner (?) Rest vom „alten Sauerteig“ (1. Kor. 5,7!)

des traditionellen, üblichen Zuspätkommens zum „Gottesdienst“, weil ja erst die „langweilige“ Liturgie sei und es völlig genüge, wenn man zur Predigt da sei!! Alles was recht ist, ich bin nichts weniger als „kirchlich“, aber wenn man einmal zur „Kirche“ gehört und hineingeht, so soll man auch darin genau sein, - doch wenn wir diese alten, häßlichen Gewohnheiten auf die „Gemeinde des HErrn“ übertragen, so haben wir Grund, uns zu schämen, und wenn etwa solche, die dem Versammlungsraum am nächsten wohnen, oft sogar am spätesten kommen, so ist das eine Verunglimpfung der Gemeinde Gottes ähnlich wie 1. Kor. 11,22 und eine schmähliche Nichtachtung des HErrn, des Mittelpunkts der Seinen! Möchten wir uns sagen lassen! Eine Gemeinde mag noch so „treu“ stehen (nur bezüglich zweier Gemeinden wird in der Anrede das Wort „treu“ gesagt - Eph. 1,1 und Kol. 1,2!) - wenn ihre Glieder ohne Not unpünktlich sind, so leidet alles an der Unordnung, die dadurch kommen muß, und unser Gott ist „nicht ein Gott der Unordnung“!

Das nächste Mal möchte ich auf eine andere, oben übrigens schon angedeutete, weitverbreitete Versammlungsunsitte hinweisen; mögen wir durch des HErrn Gnade auch in solchen Dingen lernen, nur nach Seinem Willen zu fragen! (Apgesch. 22,10)

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

F. K.

Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.

Kurze Gedanken über Hebräer 11.

„Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben.“ (Habakuk 2,4) Dieser Ausspruch des Propheten stellt eine Antwort Gottes dar. Habakuk hatte angesichts des Bösen im Lande sein Herz voller Klagen vor Jehova ausgeschüttet. Der Gesetzlose umzingelte den Gerechten, und darum kam das Recht verdreht hervor. (Kap. 1,4) Aber Gott wies den Propheten auf die herrliche Zuversicht der Gerechten hin, auf das Leben durch Glauben.

Im Alten Testament mochte diese köstliche Verheißung in erster Linie auf das irdische Leben Bezug nehmen. Im Neuen Testament richtet sie das gläubige Herz auf die himmlischen Güter hin. Die Stelle wird dreimal angeführt, in Röm. 1,17, in Gal. 3,11 und in Hebr. 10,38: „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“

Die Verheißung Gottes gilt uns persönlich. In einer Welt der Ungerechtigkeit sind wir vom Bösen umgeben. In den gegenwärtigen letzten und schweren Zeiten erhebt es immer kühner das Haupt. Mord und Gewalttat, Eigensucht und Sittenlosigkeit, Abkehr von dem lebendigen Gott kennzeichnen unsere Tage. Ist es da nicht ein friedereiches, lebendiges Bewußtsein, daß wir im Glauben aufwärts schauen dürfen, der himmlischen Zukunft entgegen, als Gerechte durch Gnade, Gerechtfertigte in unserem Herrn Jesus Christus?

In Römer 1,17 liegt dem Zusammenhang gemäß der Nachdruck auf den Worten „Der Gerechte“. Der Apostel spricht hier von der Offenbarung der Gerechtigkeit Gottes im Evangelium und entwickelt in den folgenden Kapiteln göttliche Gedanken über diese wunderbare Gerechtigkeit, die uns in Christo Jesu zum ewigen Heil geworden ist.

In der Stelle Galater 3,11 wird das Wort „Glauben“ in besonderem Maße betont. Gesetz und Glauben stehen in schroffem Gegensatz zueinander. An dem Beispiel Abrahams belehrt uns der Heilige Geist, daß nicht Gesetzeswerke, sondern allein Glauben zur Rechtfertigung dienen. Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, indem Er ein Fluch für uns geworden ist. Im Glauben ergreifen wir das Heil, und nur durch Glauben haben wir die Verheißung des Geistes empfangen. (V. 13.14)

Der Hebräerbrief spricht am Schlusse des 10. Kapitels (V. 37) von dem Kommenden, der nicht verziehen würde. Damit aber lenkt der Geist Gottes die Blicke nach oben, auf das Kommen unseres HErrn und Heilandes und auf unser Teil mit Ihm in ewiger Herrlichkeit und zu ewigem Lebens; daraus dürfen wir schließen, daß im folgenden Verse der Nachdruck auf dem Worte „leben“ liegt; „Der Gerechte aber wird aus Glauben leben“ - in der Tat ein herrlicher Ausblick aus trüben Zeiten in die Zukunft bei Ihm. So zeigen die drei dem Alten Testament

entnommenen Stellen mit den gleichen Worten verschiedene Gedanken. In Gottes Wort gibt es keine einfachen Wiederholungen. Mag es uns auch manchmal so scheinen - wir dürfen versichert sein, daß dann zum mindesten die Gesichtspunkte von göttlicher Mannigfaltigkeit und tiefer, verschiedenseitiger Belehrung sind.

Wenn uns nun im 11. Kapitel des Hebräerbriefes die Getreuen des Alten Testamentes als Vorbilder ausharrenden und energischen Glaubens auf dem Wege vor Augen gestellt werden, so handelt es sich nicht allein darum, den Glaubensweg dieser Zeugen Gottes zu verfolgen. Vielmehr zieht sich gleich einem roten Faden der Gedanke durch das Kapitel, daß diese Gerechten aus Glauben leben würden, daß ihre Herzen ein Ziel hatten, daß sie ein Vaterland suchten, das nicht auf dieser Erde war. (V. 13-16) Denn auch der Glaube ist eine Verwirklichung dessen, was man hofft (V. 1); unsere Hoffnung aber ist droben im Himmel. Und die Dinge, die man nicht sieht, gehen sie nicht über das Leben auf Erden hinaus, sind es nicht die zukünftigen Güter, die noch der tiefen Ewigkeit des Himmels angehören? Wir dürfen sie heute im Glauben genießen; aber wir werden sie bald in Herrlichkeit schauen. (2. Kor. 5,7)

In der Kraft solchen Glaubens haben die Alten Zeugnis erlangt, ohne noch eine so glückliche Hoffnung, ein so hohes Erbteil wie wir zu besitzen. (V. 40) Ihre Gedanken waren auf Leben gerichtet, Leben in Auferstehung. Ein Abel mochte durch Mörderhand gefallen sein - sein Opfer redet heute noch eine eindringliche Sprache. Gott gab Zeugnis zu seinen Gaben. „Und durch diesen, obgleich er gestorben ist, redet Er noch.“ (V. 4) Ist nicht auch dies ein Erinnern daran, daß der leibliche Tod keineswegs Ziel und Ende bedeutet? Ein Henoch glaubte, daß Gott denen, die Ihn suchen, ein Belohner ist, und er wurde entrückt, damit er den Tod nicht sehen sollte. (V. 5 und 6) Ein Noah verurteilte durch den Bau der Arche die Welt und wurde ein Erbe der Gerechtigkeit, die nach dem Glauben ist. (V. 7) Er ererbte Leben als ein Gerechter durch Glauben.

In ausgeprägterer Weise noch tritt uns der Gedanke der Auferstehung und des Lebens in Abraham entgegen (V. 8-19), und zwar in dreifacher Hinsicht: In seiner Fremdlingsschaft, in der Geburt Isaaks und in der Opferung des von Gott geschenkten Sohnes. Abraham wohnte in

Zelten; denn er erwartete die Stadt, welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist. Das himmlische Teil stand vor seinem Auge. Ferner sind von ihm als einem Gestorbenen geboren worden gleichwie die Sterne des Himmels an Menge. Und endlich urteilte Abraham, daß Gott auch aus den Toten zu erwecken vermöge. Wahrlich, drei wunderbare Zeugnisse! In mannigfachen Lebenslagen offenbarte sich ein Glaube, der nicht auf diese Erde blickte, sondern nach oben, nach dem himmlischen Vaterlande (V. 16), nach jenen Stätten, wo der einsame Pilger ewige Ruhe, ewige Heimat fand. Auch unser unverwelkliches Erbteil liegt dort oben bereit. Die einzige Glaubenstat, die von Joseph berichtet wird, bestand in dem Gedenken an den Auszug der Söhne Israels und dem Befehl wegen seiner Gebeine. (V. 22) Joseph wollte nicht in Ägypten, sondern im Lande der Verheißung begraben sein. (1. Mose 50,25; Josua 24,32) Warum war ihm wie den Patriarchen allen die Grabstätte ein so bedeutsames Anliegen? War es nicht das Bewußtsein, daß ihre Gebeine nicht für immer im Staub der Erde ruhen würden, sondern daß die Leiber auferweckt würden an dem Tage, den Gott dafür gesetzt hat? Der Glaube jener Männer schaute weiter als auf die begrenzten Tage ihres Erdenwallens - sie waren überzeugt von den Dingen, die man nicht sieht. So schaute auch ein Mose auf die Belohnung (V. 26), so erlangten jene ungenannten Glaubenshelden eine bessere Auferstehung. (V. 35) Ach, die Welt war ihrer nicht wert. (V. 38) Sie wollte nichts von den höheren Dingen verstehen, im Haß verfolgte sie die Knechte des lebendigen Gottes. Hat sie sich bis heute darin gewandelt? Gewiß nicht. Von jeher wurden keinem Eckpfeiler unseres Glaubens mehr Haß, Spott und Zweifel entgegengebracht als der Wahrheit von der Auferstehung der Toten. (Luk. 20,27; Apgesch. 17,32; 23,6-8; 1. Kor. 15)

Die Schlußkapitel des Hebräerbriefes klingen gleichsam noch nach von den herrlichen Gedanken, die der Geist Gottes in unserem Abschnitt hatte niederlegen lassen. Unsere Blicke werden jetzt wiederum auf den Herrn Jesus Selbst gelenkt, den Anfänger und Vollender des Glaubens. Für die vor Ihm liegende Freude erduldete Er das Kreuz und setzte Sich zur Rechten des Thrones Gottes. (Kap. 12,2) Nun sind wir, die Erdenpilger, im Geiste schon dahin versetzt, wo wir Ihn bald schauen werden in ewiger Herrlichkeit. (Vgl. auch Kap. 12,22-24) Die folgenden Ermahnungen werden im Hinblick auf diese herrliche Zukunft gegeben. Das Erbteil

großen Hirten der Schafe (Kap. 13,20), Gott Selbst wird uns zum Ziele führen. Alles ist bereitet, wir haben die beste Bürgschaft dafür; denn Jesus Christus ist Derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. (Kap. 13,8) So unveränderlich Er Selbst ist, so unveränderlich, ewig und sicher ist das, was Er uns verheißen hat. Ihm sei Lob und Dank dafür!

Th. Bu.

Frage und Antwort

Frage 14

Stellen uns die beiden Sendschreiben an Philadelphia und Laodicäa (Offb. 3,7-22) die wahren Gotteskinder, beziehungsweise die Namenchristen der Endzeit dar? Wenn es so ist, so bitte ich um dieses kräftig bestätigende Bibelstellen sowie Ereignisse in der Christenheit oder auch in der Völkerwelt!

Antwort A

Eine beliebte Art der Auslegung der Weissagungen der inspirierten Propheten des Alten Testaments vor Jahren von alten Theologen war es, die herrlichen Zukunftsbilder über das Volk Israel zu vergeistlichen und dann alles in Anspruch für die christliche Kirche zu nehmen; wenn z. B. geweissagt wird, daß „die Wüste und das dürre Land sich freuen werden und die Steppe frohlocken und aufblühen wird wie eine Narzisse“ (Jes. 35), so sei das der glückselige Zustand der Kirche Neuen Testaments! Die Warnungen, Züchtigungen und Gerichte seien für Israel und die Heiden bestimmt. Es scheint nun fast so, als ob der Fragesteller ein wenig von dieser Art der Auslegung beeinflußt oder angehaucht wäre, denn wenn man geneigt ist, zu denken, daß das Sendschreiben an Philadelphia die wahren Gotteskinder und das an Laodicäa die Namenchristen darstellt, so nimmt man für sich in Anspruch die Anerkennung und das Lob des HErrn; doch die tadelnden Worte und die ernsten Verweisungen des HErrn schiebt man

Gewinn von der Botschaft an Laodicäa, man kann sie nur gebrauchen als eine Rute für den Rücken anderer; gewiß kann man das Evangelium den Unbekehrten und den Namenchristen aus dem Sendschreiben an Laodicäa verkündigen, doch das ist ja nur eine erlaubte Anwendung des Sendschreibens und nicht die richtige Auslegung; denn siebenmal wird das das Gewissen erweckende Wort verwendet: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt.“ Sicher will das sagen, daß der Geist uns etwas Wichtiges in jedem Sendschreiben zu sagen hat und daß man von keinem Sendschreiben sagen darf, daß es eine Klasse Menschen darstellt, zu welcher man überhaupt nicht gehört, und darum gehe es uns gar nichts an.

Gewisse Kennzeichen und Charakterzüge findet man wohl in der göttlichen Beschreibung der Gemeinde zu Laodicäa, die man leicht auch unter den Namenchristen der Endzeit bemerken kann, aber man geht zu weit, wenn man lehrt, daß das Sendschreiben an Laodicäa insbesondere die Namenchristen darstelle. Ebensowenig darf man behaupten, daß das Sendschreiben an Philadelphia die wahren Gotteskinder der Endzeit im allgemeinen darstelle.

Sicher befinden wir uns schon in der Endzeit, d. h. in den letzten Tagen dieses gegenwärtigen bösen Zeitalters, so daß man mit sehnsuchtsvollem und nach der Morgenröte ausspähenden Augen dem Wächter zuruft: „Wie weit ist's in der Nacht? Wächter, wie weit in der Nacht?“ (Jes. 21,11) So ist man geneigt, sich fast ausschließlich mit der prophetischen Auslegung der Sendschreiben zu beschäftigen und also die andere Seite zu vernachlässigen, nämlich, daß die sieben Sendschreiben in erster Linie an die sieben damaligen Versammlungen in Asien adressiert wurden, und zwar in einem Buch geschrieben, damit alle hören sollten, was für eine Botschaft jede andere Versammlung bekommen hatte. Also hatte jede Versammlung zu hören, was der Geist auch den anderen Versammlungen zu sagen habe, davon auch zu lernen und sich dadurch unterweisen oder warnen zu lassen. Wenn wir nun dies alles beherzigen, so ist es schwer zu denken, daß die göttliche Beschreibung einer in gutem Zustande sich befindenden Gemeinde des apostolischen Tages die wahren Gotteskinder der Endzeit habe darstellen wollen. Sind denn die Gotteskinder der Endzeit im allgemeinen so lobenswürdig und so treu? Oder könnte man meinen, daß der HErr den unbefriedigenden Zustand einer Versammlung der Heiligen in Asien gebrauchen würde als eine Darstellung der Namenchristen der Endzeit? Man

darf in geistlichen Dingen nicht im Handumdrehen oder mit Verwendung einer Phrase oder einem Schlagwort eine tiefe Sache erledigen und abtun. Vielleicht würde jemand erwidern, daß das Sendschreiben an Philadelphia nur im großen und ganzen, d. h. in weiten Zügen, die wahren Gotteskinder der Endzeit darstellt und das an Laodicäa ebenso die Namenchristen; wenn nun dem so wäre und diese so benannten oder vermeintlichen Darstellungen nur einen nebelhaften Umriß der wahren Gotteskinder bzw. der Namenchristen der Endzeit geben, so kann man keine kräftig bestätigenden Bibelstellen dafür anführen, denn das Wort im anderen Teil bietet kein besonders günstiges Bild der Gläubigen der Endzeit im allgemeinen, wenigstens nichts, woraus man schließen könnte, daß die wahren Gotteskinder der Endzeit allesamt so sein werden wie die damalige Gemeinde zu Philadelphia.

Wir wissen auch von keinen Ereignissen in der Christenheit noch in der Völkerwelt, welche die Ansicht bekräftigen oder bestätigen würden, daß das Sendschreiben an Philadelphia die wahren Gotteskinder der Endzeit darstellt. Das Wort beschreibt wohl ziemlich genau die äußeren religiösen Verhältnisse der letzten Tage, doch scheint uns die Beschreibung etwas anders zu sein als das, was wir in dem Sendschreiben an Laodicäa haben, wenn auch nicht in jedem Punkte. Also, um zu erkennen, wie die Namenchristen in der Endzeit sein werden, wenden wir uns zu anderen Bibelstellen und nicht gerade zu der Botschaft des HErrn an Laodicäa.

Dürfen wir nun etwas darüber schreiben, was eigentlich der Geist den Gemeinden zu Philadelphia und Laodicäa sagen will, und zwar von der prophetischen Seite des zweiten und dritten Kapitels der Offenbarung aus beleuchtet? Der Fragesteller stimmt mit uns überein, daß die sieben Sendschreiben nicht nur an die damaligen Versammlungen in Asien gerichtet wurden zu ihrer und unserer Belehrung, sondern daß sie uns auch eine göttlich-prophetische Geschichte dieses Zeitalters geben, von der christlichen Seite im Lichte Gottes gesehen, wo besonders die inneren Gesinnungen an den Tag treten. Menschen schreiben Geschichten von den äußeren Begebenheiten mit Mutmaßungen über die inneren und unsichtbaren Beweggründe der Handlungen, aber der HErr gibt uns eine korrekte Beschreibung der Gesinnung des Herzens, denn „Er erforschet Herzen und Nieren“. Wohl denken wir gar nicht daran, selbst eine annähernd ausführliche prophetische Auslegung dieser zwei Sendschreiben

zu geben, dazu haben wir weder die Fähigkeit noch die Zeit. Zunächst bemerken wir, daß diese prophetische Geschichte uns bis zur Ankunft des HErrn führt, und immer deutlicher vernehmen wir etwas darüber, bis endlich Er flüstert: „Siehe, Ich stehe an der Türe und klopfe an!“ Dann ist Er endlich schon da. Wir dürfen nicht denken, daß, wenn die Periode in irgendeinem Sendschreiben beginnt, die frühere Gemeinde nicht mehr existiert. Besonders ist das der Fall in den letzten vier Sendschreiben; Thyatira zieht sich hin bis zu Seiner Ankunft, denn der HErr sagte: „Doch was ihr habt, haltet fest, bis Ich komme!“ (Offenb. 2,25) Sardes geht aus Thyatira hervor und dauert bis zuletzt, denn das Wort der Ermahnung lautet: „Wenn du nicht wachen wirst, so werde Ich kommen wie ein Dieb.“ Das, was das Sendschreiben an Philadelphia darstellt, offenbart sich, während Thyatira und Sardes noch bestehen, und ihr wird zugerufen: „Ich komme bald (eilends).“ Sein Kommen ist viel nähergerückt. Die Botschaft für Laodicäa, wie oben bemerkt, ist: „Siehe, Ich stehe an der Türe!“ Die Zeitperiode oder das, was die drei ersten Sendschreiben darstellen, ist vielleicht schon vorbei. Wenigstens das Wort an Smyrna lautet: „Sei getreu bis zum Tode“, also nicht „bis Er kommt“.

Was stellt nun das Sendschreiben an Philadelphia dar? Wir dürfen sagen, daß es die tiefen geistlichen Bewegungen unter solchen darstellt, die nicht mehr mit dem Zustand in Sardes zufrieden sind, sie wollen nicht mehr bloß den Namen haben, zu leben; sie leben ja, und das Leben geht neue Bahnen. Eine geöffnete Türe ist vor solche gesetzt, und zwar zu allererst in das Heiligtum Gottes als wahrhaftige Anbeter. Solche wollen nicht mehr von menschlich ordinierten Geistlichen abhängig sein, sie wollen selbst Priester sein und gehen mit Freimütigkeit mit ihren geistlichen Rauchpfannen in die Gegenwart Gottes durch den zerrissenen Vorhang. Eine Analogie haben wir im Alten Testament in Jehu und Jehiskia. Die Reformation Jehus war drastisch, aber trotz seines Eifers für Jehova war sie nicht besonders geistlich, sondern auch egoistisch und politisch, so wie es bei Sardes war, welches die Reformation und den Protestantismus darstellt. Jehiskia war anders, „denn im ersten Jahre seiner Regierung im ersten Monat öffnete er die Türen des Hauses Jehovas und besserte sie aus“. (2. Chron. 29,3) Nachher folgten herrliche geistliche Erweckungen. Philadelphia stellt also die geistlichen Erweckungen und Bewegungen dar, die auf dem Gebiete, wo Sardes herrscht,

von demselben gehaßt, angefeindet, verleumdet und verfolgt. Dazu dürfen wir rechnen die Mennoniten-, Pietisten-, Methodistenbrüder und andere Bewegungen. Das Wort kam mehr zu seinem Recht, und soviel verlorene Wahrheit, verborgen unter einer Unmenge von Schutt der menschlichen Überlieferungen, wurde ans Licht gebracht, denn der HErr hat nicht die Werke von Sardes völlig erfunden vor Seinem Gott. Herzen frohlockten und jubelten über die wiedergefundenen himmlischen Schätze. Sie verbanden sich miteinander in wahrer Bruderliebe, wie das Wort „Philadelphia“ bedeutet. Wenigstens begriffen sie, daß sie schon in Christo verbunden waren. Es ging durch Schwierigkeiten und Anfechtungen, denn nur eine kleine Kraft hatte man, die weltliche Macht der Christenheit war bei Thyatira und Sardes. Doch war die Wahrheit so köstlich, so erquickend und belebend für das Herz, daß man alles fahren ließ, um es zu erlangen, und gern nahm man den Platz „außerhalb des Lagers“ ein. Wie herrlich war doch die Wahrheit Gottes, wie tief und innig die Freude dieser philadelphischen Seelen! Es war wie das Licht des Morgens, wenn die Sonne aufgeht, „ein Morgen ohne Wolken“: Von ihrem Glanze nach dem Regen sproßte das Grün aus der Erde. So öffnete sich die Türe in viele Richtungen, und die wunderbare Zeit der Missionstätigkeit bis an das Ende der Erde fing an. Trotzdem blieben viele Gotteskinder noch in Sardes und sicher auch in Thyatira. Also stellt das Sendschreiben an Philadelphia nicht die wahren Gotteskinder der Endzeit im allgemeinen dar, sondern die geistlichen Bewegungen, die immer noch von Sardes mit Verachtung betrachtet werden, aber vom Heiligen Geiste Gottes gewirkt werden.

Was kann denn das Sendschreiben an Laodicäa prophetisch darstellen? Sicher stellt es einen Zustand dar, der dem Wesen von Philadelphia entsprungen ist. Der Vergleich mit dem Alten Testament bestätigt das auch. Nach den Erweckungszeiten in den Regierungen von Jehiskia und Josia kommen die traurigen Verhältnisse unter Manasse und Zedekia, und das war das Ende. Diese beiden waren doch die Söhne und Nachfolger der göttlichen Erweckungsurheber. Die Botschaft an Laodicäa zeigt uns zwar Gotteskinder der Endzeit, sie sind weder kalt noch warm, nur lau! Weltkinder können nur kalt sein, und die Möglichkeit ist vorhanden, daß sie durch Gottes Gnade warm werden. Aber wahre Gotteskinder sollen warm sein. Also hier sind Gläubige geschildert, die schon alles haben, die von sich sagen, daß sie reich und reich

sie diesen Reichtum? Sicher ist hier Reichtum auf dem geistlichen Gebiet gemeint. Sie haben ihn einfach ohne alle Mühe von ihren Vätern übernommen und ererbt. Alles, was die treuen Seelen in Philadelphia durch Kämpfe, Arbeit und Leid errungen haben, ist ihnen billig in die Hände gefallen, doch freuen sie sich nicht besonders darüber, sie erwärmen sich nicht dabei. Wohl halten sie sich für Gläubige ersten Ranges. Sie schauen auf andere Gotteskinder von ihrer vermeintlichen Höhe herab, die die Wahrheit nicht so gut kennen. Sie sind so an ihren geistlichen Reichtum gewöhnt, daß sie gleichgültig und lau darüber sind. Wohl halten sie ihn fest, doch freuen sie sich nicht mit Jauchzen in dem HErrn, und der religiöse Stolz offenbart sich bei ihnen. Käme ein einfältiger Bruder zu ihnen und wollte mit Wärme erzählen, wie er irgendeinen kostbaren Schatz im Worte gefunden hat, so würden sie mit mitleidiger Herablassung erwidern: „Das habe ich schon vor 30 Jahren gewußt.“ Die Gefahr ist vorhanden, daß die Kinder und Enkel der geistlichen Bewegungen von Philadelphia entarten und degenerieren bis in den Zustand von Laodicäa. Das Feuer ist ausgelöscht, sie haben nicht gegraben und die köstlichen Schätze im Schweiße ihres Angesichts hervorgeholt. Sie haben nicht dafür gelitten, sie sind ja „außerhalb des Lagers“ geboren worden, sie haben doch ihren ererbten Reichtum in ihren Lehrbüchern, sie wissen ganz gut, was „die Brüder“, „die Väter“ usw. geschrieben haben. Alles ist ihnen anvertraut von Kindesbeinen an. Sie haben allezeit „geronnene Milch der Kühe und Milch der Schafe gegessen samt dem Fette der Mastschafe und Widder der Söhne Basans“ usw. So wurden sie „fett und schlugen aus“. Sie sind „fett, dick und feist“ geworden. Den geistlichen Reichtum aber, auf welchen sie so stolz sind, besitzen sie in Wirklichkeit nicht. Denn den muß jede Seele besonders für sich lebendig und warm vom HErrn bekommen durch die Wirkung des Heiligen Geistes, und dann frohlockt man darüber wie beim „Verteilen der Beute“. Man kann auf die Erkenntnis der Wahrheit stolz sein, aber wenn die Inbrunst des Geistes fehlt und kein wahrer Eifer vorhanden ist, oder vielleicht nur um Proselyten nach der Weise der Pharisäer zu machen, so befindet man sich in dem laodicäischen Zustande. Ein lauer Geist kann die erhabene Wahrheit Gottes nicht richtig verdauen; so kommt die Warnung von den Lippen des HErrn: „Sei nun eifrig und tue Buße!“ Auf diese Gesinnung ist viel Gericht schon gefallen, denn vieles hat der HErr schon aus Seinem Munde gespien. Hier ist keine Irrlehre, denn in Laodicäa duldet man keine, die die Lehre der Nikolaiten oder der Balaams festhalten, auch kein sich eine Prophetin nennendes Weib.

Man könnte nun freilich fragen, warum ist die vom HErrn erteilte Rüge und Verweisung so streng und Sein Beurteilen des geistlichen Zustandes in Laodicäa so niederschmetternd? Sicher kommt das daher, weil die Erkenntnis der dortigen Gläubigen groß war, und dem entspricht der Tadel um der Verantwortung willen.

Ist das alles nicht eine ernste Warnung für uns Gläubige der Endzeit? So wollen wir das nicht abweisen mit einer anmutigen Geste, indem wir die Behauptung aufstellen, daß Laodicäa eine Darstellung der Namenchristen ist und daß wir in dem Sendschreiben an Philadelphia dargestellt werden. Wenn wir geneigt sind, so zu denken, so entpuppt sich schon bei uns die keimende Knospe der bitteren Frucht des religiösen Stolzes, den wir in Laodicäa verurteilen. Die Gemeinde zu Philadelphia wird nicht durch die von Laodicäa aufgehoben, sondern sie laufen nebeneinander her bis zur Ankunft Christi. Mögen nun unsere Herzen bewahrt werden, damit wir uns in einem philadelphischen Zustande befinden bis zu allerletzt! Doch nur in der Demut, Selbstlosigkeit und der wahren Gesinnung Christi Jesu ist das möglich. Dann kann der HErr uns „reich“ nennen, da wir von Ihm alles kaufen, was wertvoll ist in den Augen Gottes. Der HErr sagt, daß die armen Gläubigen in Smyrna „reich“ waren!

Also nach diesen Ausführungen müssen wir sagen, daß weder das Sendschreiben an Philadelphia die wahren Gotteskinder im allgemeinen, noch das an Laodicäa etwa nur die Namenchristen der Endzeit darstellen. Es läßt sich wohl viel mehr über dieses Thema sagen, doch haben wir bestimmt genug geschrieben. Der HErr wolle es in Gnaden benutzen zum Segen für alle Leser!

F. Btch.

Antwort B

In dem Schreiben an die sieben Gemeinden in Offenb. 2 u. 3 offenbart der HErr die Lage, die Umstände und Zustände dieser Gemeinden. Und diesen entsprechend stellt Er Sich jeder

Gemeinde in einem besonderen Charakter vor, gibt Ermahnungen und den Überwindern Verheißungen.

Diese Briefe an die sieben Gemeinden geben natürlich auch uns Unterweisungen genau so, wie wir sie in den anderen Briefen des Neuen Testamentes (Römer, Korinther usw.) empfangen. Diese sieben Briefe wurden jedoch nicht, wie die erwähnten anderen Briefe des Neuen Testamentes, an die einzelnen Gemeinden gesandt, sondern in das Buch der Offenbarung geschrieben und dieses Buch mit den darin enthaltenen sieben Schreiben an die sieben Gemeinden gesandt. Dies zu beachten ist wichtig, denn dieses Buch, welches die sieben Schreiben enthielt, wird von Anfang (Kap. 1,3) das Buch der Weissagung genannt und ebenso am Schluß. (Kap. 22,18) Damit wird uns gesagt, daß diese sieben Briefe (was auch immer sonst sie uns sagen mögen) als Weissagungen zu betrachten sind.

Die Auswahl dieser sieben Gemeinden, dann ihre bestimmte Aneinanderreihung (Ephesus als erste - Smyrna auf Ephesus folgend usw. - Laodicäa den Abschluß bildend), dann die auffallende Teilung durch die Unterscheidung der Verheißungen der drei ersten Gemeinden von den vier letzten u. a. m. lassen uns klar erkennen, daß hier ein Plan, eine Absicht Gottes vorliegt. Was Gott damit beabsichtigt, das erkennen wir klar durch die Mitteilung, daß diese sieben Schreiben „Worte der Weissagung“ sind. Die Weissagungen des Buches der Offenbarung beginnen - wie wir schon oben andeuteten - nicht erst mit dem sechsten Kapitel, sondern das ganze Buch von Anfang bis zum Schluß enthält Worte der Weissagung - Weissagungen, die uns der in der Mitte Seiner Gemeinde Wandelnde prophetisch über Seine Gemeinde auf Erden usw. gibt.

Die Weissagungen geschehen nicht in Ankündigungen von Zeiten und Geschehnissen, sondern werden uns in Charakterschilderungen und Zuständen dieser sieben Gemeinden ihrer Reihenfolge nach gegeben. So wie die Zustände dieser sieben Gemeinden uns in einer festgesetzten Aufeinanderfolge enthüllt werden, so geben sie uns prophetisch das Bild von dem Lauf der Gemeinde, wie derselbe sich in geistlichen Bewegungen von den Tagen des Apostels Johannes bis zur Ankunft des HErrn entfalten wird, und es ist nicht schwer, die Entwicklung und

Erfüllung der Weissagungen in dem Laufe der Zeit bis zur Gegenwart zu erkennen. Diese Entwicklung ist eine Geschichte des Abfalles. Sie beginnt mit Ephesus in dem Verlassen der „ersten Liebe“ - dem Anfang des traurigen Endes von Laodicäa.

Wohl hat es zu allen Zeiten bis auf den heutigen Tag sowohl einzelne Gläubige als auch einzelne örtliche Gemeinden gegeben, die in einem der Zustände dieser sieben Gemeinden ihr Gegenbild finden können. Die prophetische Entwicklung aber als geschichtliche, geistliche Bewegung durch die Jahrhunderte bis zur Gegenwart ist eine andere Sache.

Philadelphia fand die Anerkennung des HErrn. Ihr wird gesagt, festzuhalten, was sie hätte. (3,11) Was sie hatte, war eine kleine Kraft, die Bewahrung Seines Wortes und die Nichtverleugnung Seines Namens. Es wäre Anmaßung, wenn ein Kreis von Gläubigen oder ein Kreis von Gemeinden Anspruch machen wollte, Philadelphia zu sein. Philadelphia bleibt nur solange Philadelphia, als sie festhält, was der HErr anerkennt. In der Ermahnung: „Halte fest!“ wird die Gefahr angezeigt, das Wort des HErrn aufzugeben und Seinen Namen (in dem uns das geoffenbart wird, was Christus ist) zu verleugnen. Ein Nichtfesthalten führt hin zum Zustand von Laodicäa.

Die Frage für uns ist: Wie stehen wir zu der Person des HErrn und zu Seinem Wort? Wenn wir Sein Wort festhalten und Seinen Namen nicht verleugnen, so wird dies in unserer Stellungnahme in dieser Welt sichtbar sein, ebenso wie auch dann, wenn wir lau sind.

A. v. d. K.

Schlußbemerkung des Schriftleiters

Der Gegenstand ist in so umfassender und für manche Leser vielleicht auch in noch nicht oder kaum so gehörter besonderer Weise behandelt worden, daß ich mich auf wenige Worte beschränken kann.

Der Frageeinsender hat gleicherweise seine Bitte eingeleitet mit den Worten „wenn es so ist“ -

er wird nun aus den obigen klaren Ausführungen erkannt haben, daß es im wesentlichen nicht so ist und höchstens in der Anwendung so gedeutet werden darf. Ja, wieviel nimmt man doch den so eindringlichen Worten des HErrn, des Richters, der inmitten der sieben Leuchter - welche sind die sieben Gemeinden - wandelt (1,13.20), wenn man die Worte an Laodicäa ohne weiteres, statt auf die Gemeinde, auf die „Namenchristenheit“ bezieht, und wie hoch schätzt man sich ein, wenn man sich selber zu Philadelphia rechnet, ohne zu sehen, daß diese Einschätzung schon den schlimmen Geist von Laodicäa atmet! Mögen wir uns bewahren lassen, und mögen wir jeder „ein Ohr haben, um zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt“, - alles, ja, alles geht uns an, aus allem und jedem haben wir zu lernen. Sowohl handelt es sich um sieben damalige Gemeinden, die aus dem, was allen geschrieben wurde, lernen sollten, als auch bilden uns die sieben Sendschreiben die Entwicklung der Geschichte Seiner Gemeinde bis zu Seinem Kommen vor („das, was ist“, 1,19!), als auch haben die örtlichen Gemeinden von heute daraus zu erfahren, wie der HErr sie sieht, wie auch jeder einzelne, der „ein Ohr hat“ - aber die „Namenchristenheit“ ist nicht angeredet! Die Schrift redet überhaupt nicht von „Namenchristenheit“ oder von „bloßem Bekenner(christen)tum“; solche Worte sind nur Notbehelfsausdrücke, die wir Gläubigen leider und zuviel anwenden, die Schrift redet von „Juden, Griechen - das sind Heiden (Nationen) - und der Gemeinde Gottes“ in der bekannten Stelle 1. Kor. 10,32! Namenchristen sind Heiden! Oder sind es etwa Christen??

Aus den Antworten kristallisiert sich mit zwingender Notwendigkeit die Frage heraus: Wann trägt eine Gemeinde oder ein einzelner Philadelphia- und wann Laodicäa-Charakter?! Möchten wir alle streben nach ersterem und uns bewahren (lassen) vor letzterem!

Der Fragende möchte seinem Briefe zufolge auch wissen, ob Matth. 25,1-13 zu diesen beiden Sendschreiben in Beziehung zu setzen sei. Ich habe diesen Teil der Frage beiseite gelassen aus Raummangel. Wir müssen auch vorsichtig sein mit dem Suchen nach solchen Beziehungen, denn Matth. 25,1-13 ist ein Gleichnis, noch dazu vom Reich der Himmel, und die Sendschreiben sind an tatsächliche Gemeinden gerichtet!

Über Matth. 25,1-13, worüber so oft Fragen eingehen, lese man in den „Handr.“ nach in Jahrb.

12, Frg. 21 (K. O. St. †) und 15/9 (Ders.)! Siehe auch nachstehende Frage 15! An „Sendschreiben-Fragen“ war in den „Handr.“ kein Mangel. Ich verweise hier nur auf folgende Fragen, bei deren Beantwortungen sich auch häufig unser teurer, in diesem Jahre entschlafener Mitarbeiter K. O. St. beteiligt hat: Jahrb. 4, Frg. 27; 5,1 u. 6 u. 9 u. 10; 10/15 (11, S. 77-82); 14/18! u. a.

Der HErr Selbst aber gebe uns Licht und Gnade, Weisheit und Kraft, Sein Wort zu verstehen und auf uns anzuwenden! (Ps. 119,105!)

F. K.

Frage 15

Ist die in Offenb. 7,14 erwähnte große Drangsal dieselbe wie die in Matth. 24,21 und Mark. 13,19 erwähnte? Wenn die in Offenb. 7,9 gekannte große Volksmenge aus jeder Nation, Stämmen, Völkern und Sprachen nicht die Gemeinde ist, dann muß es nach der Entrückung zu einer gewaltigen Erweckung kommen. Wie stimmt das aber mit 2. Thess. 2,11: „Gott sendet ...“ überein? Sind die grausamen Christenverfolgungen im römischen Reich, in Frankreich, Spanien, Rußland usw. keine große Drangsal gewesen? Besteht ein Unterschied zwischen dem „Tag des Zornes“ (Offenb. 6,17) und der „großen Drangsal“? Sicher ist es, daß die Gemeinde mit dem „Tag des Zornes“ nichts zu tun hat (1. Thess. 3,9).

Antwort A

Ja, in beiden genannten Schriftstellen handelt es sich um dieselbe „große Drangsal“. Es gibt nur eine. Was in Matth. 24 und Mark. 13 der Herr Jesus in kurzen Worten und im besonderen Hinblick auf das Land Judäa und das Volk der Juden uns über die „große Drangsal“ sagt, wird in der Offenbarung in ausführlicher Weise und in seiner ganzen, alle Länder und Völker umfassenden Ausdehnung beschrieben. Daß dem so ist, ergibt das Schriftganze und ist auch daraus zu ersehen, daß die in Matth. 24 und Mark. 13 erwähnte, in ihrer Größe und Schwere

allein dastehende Drangsal ihren Abschluß mit der „Ankunft“ des HErrn, Seinem Kommen „mit Macht und großer Herrlichkeit“ findet (Matth. 24,27-30; Mark. 13,24-26), und die in der Offenbarung beschriebene Zeit der Strafgerichte gleicherweise. (Siehe Offenb. 19,11-21)

Das Kap. 7 der Offenbarung ist eine Einschaltung, welche zwischen das sechste Siegel, womit Kap. 6 endet, und das siebente Siegel, womit Kap. 8 beginnt, eingefügt ist, um vor dem Hereinbrechen der mit dem Brechen des siebenten Siegels beginnenden weiteren, immer schwerer werdenden Gerichte zum Trost und zur Stärkung für das gläubige Herz dieses das herrliche Endergebnis dieser schweren Wege Gottes im voraus sehen zu lassen, indem hier gezeigt wird, daß Gott in dieser schrecklichen Gerichtszeit sowohl aus Seinem irdischen Volk Israel wie auch aus den anderen Völkern („aus jeder Nation und Stämmen und Völkern und Sprachen“) eine gewaltige Schar erretten und durch diese Gerichte hindurchretten wird, um sie in das verheißene messianische Friedensreich eingehen und in demselben besondere Segnungen genießen zu lassen. Daher die Antwort Des Ältesten auf die Frage des Johannes, wer die seien, „die mit weißen Gewändern bekleidet sind“, und woher sie gekommen seien: „Diese sind die, welche aus der großen Drangsal kommen.“ Was bis dahin Johannes geschaut hat, war noch nicht „die große Drangsal“, sondern waren erst einleitende Gerichte; sie steht hier noch bevor; aber Johannes darf im voraus etwas schauen, was nach Beendigung der „großen Drangsal“ sein wird, und was er hier sieht, ist nicht nur für unsere Herzen kostbar, sondern wird einst für die durch diese schrecklichen Ereignisse hindurchgehenden Gläubigen ein mächtiger Trost und eine große Stärkung sein. Diese „große Drangsal“, die wir in den späteren Kapiteln der Offenbarung beschrieben finden, nennt der Älteste „die große Drangsal“, womit gesagt ist, daß sie in ihrer Art und Größe einzig ist, allein und unvergleichbar dasteht. Genau dasselbe besagen auch die Worte des Herrn Jesus in bezug auf die von Ihm erwähnte Drangsal in Matth. 24,21: „denn alsdann wird große Drangsal sein, dergleichen von Anfang der Welt bis jetzthin nicht gewesen ist, noch je sein wird“; und Mark. 13,19: „denn jene Tage werden eine Drangsal sein, wie dergleichen von Anfang der Schöpfung, welche Gott schuf, bis jetzthin nicht gewesen ist und nicht sein wird“. Hieraus ergibt sich klar und außer allem Zweifel, daß die in Offenb. 7,14 erwähnte „große Drangsal“ dieselbe ist, wie die in Matth. 24,21 und

Die in Offenb. 7,9 genannte „große Volksmenge, welche niemand zählen konnte, aus jeder Nation und Stämmen und Völkern und Sprachen“ ist nicht die Versammlung (oder Gemeinde), denn letztere wird vor der „großen Drangsal“ entrückt werden und ihren Platz im Himmel haben. (Siehe Matth. 25,10-12; Luk. 12,35-38; Joh. 14,3; Phil. 3,20.21; 1. Thess. 1,10; 4,14-17; 5,9; 2. Thess. 2,3-8; Offenb. 4,1.4.9.10; 5; 6,1ff.) - In der Offenbarung wird die Entrückung nicht erwähnt, aber in den „Ältesten“, die wir von Kap. 4 an finden, und zwar immer im Himmel, und die ein Bild der verherrlichten himmlischen Heiligen sind, wird uns gezeigt, daß die Erlösten, welche die Versammlung bilden, sich im Himmel befinden, ehe die Gerichte - siehe Kap. 6,1ff. - über diese Erde hereinbrechen, während diese „große Volksmenge ... bekleidet mit weißen Gewändern ...“ die sind, welche aus der „großen Drangsal“ kommen - durch sie hindurchgegangen und hindurchgerettet sind - und ihren Platz auf der Erde haben. Es sind Menschen, die das von den dann vorhandenen Zeugen des HErrn verkündete „Evangelium des Reiches“ gehört und angenommen haben und die Gott durch die „große Drangsal“ hindurchgerettet und am Leben erhalten hat, um zusammen mit dem hindurchgeretteten gläubigen Überrest aus Israel in das ihnen verkündigte messianische Reich einzugehen und dessen Segnungen zu genießen (wie schon oben gesagt). Daß sie sich nicht im Himmel, sondern auf der Erde befinden, ergibt sich aus dem Zusammenhang und aus dem in V. 15b-17 über sie Gesagten: „Und der auf dem Throne sitzt, wird Sein Zelt über ihnen errichten (Luth.: „wird über ihnen wohnen“ = „zelten“). „Sie werden nicht mehr hungern, auch werden sie nicht mehr dürsten, noch wird je die Sonne auf sie fallen, noch irgendeine Glut; denn das Lamm, das in der Mitte des Thrones ist, wird sie weiden und sie leiten zu Quellen des Wassers des Lebens, und Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen.“ Daß Gott über ihnen wohnt („zeltet“), ist nur zu denken, wenn sie auf der Erde sind; und dem entsprechen auch die anderen angeführten Zustände, wie wir sie schon im Alten Testament in den Prophezeiungen, die von der Zeit des Tausendjährigen Reiches reden, angekündigt finden: „Und Jehova wird über jede Wohnstätte des Berges Zion und über seine Versammlungen eine Wolke und einen Rauch schaffen bei Tage, und den Glanz eines flammenden Feuers bei Nacht; denn über der ganzen Herrlichkeit wird eine Decke sein. Und eine Hütte wird sein zum Schatten bei Tage vor der Wohnung wird über ihnen sein ...“ (Hes. 37,27) „... sie werden nicht hungern und nicht dürsten, und weder Kimmung noch Sonne wird sie treffen. Denn ihr Erbarmer wird sie führen und wird sie leiten an Wasserquellen.“ (Jes. 49,10) „... und der HErr, Jehova, wird die Tränen abwischen von jedem Angesicht ...“ (Jes. 25,8)

Daß es heißt: „Sie standen vor dem Throne und vor dem Lamme“ (V. 9), und: „Darum sind sie vor dem Throne Gottes und dienen Ihm Tag und Nacht in Seinem Tempel“ (V. 15), scheint dem Ebengesagten zu widersprechen, da der Thron Gottes auf keinen Fall als auf der Erde befindlich zu denken ist, sondern nur im Himmel (siehe V. 11: „Und alle Engel standen um den Thron her und um die Ältesten und die vier lebendigen Wesen“ - alles auf den Himmel hinweisend, wo wir dieses Bild vorher mehrmals gefunden haben: Kap. 4,2-11; 5,6-14 und später wiederholt finden: 11,15-18; 14,2.3a; 19,1-5), doch verschwindet dieser scheinbare Widerspruch, sobald wir verstehen lernen, um was es sich hierbei in Wirklichkeit handelt: daß es sich nicht um den Ort handelt, wo die Genannten sich befinden, sondern um den Zustand und die Gefühle ihrer Herzen! Mit ihren Herzen weilen sie „vor dem Throne und dem Lamme“ - beugen sich in dankbarer Hingabe und anbetender Ehrfurcht vor Gott, Dessen Liebe und Macht zu ihrem Heil sie in so überreichem Maße erfahren haben, und vor dem Lamme, ihrem Erlöser, Dessen teures Blut sie rein und passend gemacht hat vor Gott und für Gott, und suchen ihren Dank und ihre völlige Hingabe an Gott dadurch zu beweisen, daß sie „Ihm dienen in Seinem Tempel“, d. h. ihr Leben Ihm völlig weihen, nur Ihm noch leben. „Tag und Nacht“ spricht von der Beständigkeit dieser völligen Hingabe, und „in Seinem Tempel“

ist ebenfalls nur bildliche Sprache - hat es nicht etwa zu tun mit einem Bauwerk, sondern zeigt die vollkommene Absonderung ihres Lebens für Gott, ihr völliges Gottgeweihtsein.

Nun kommen wir zu der Frage betreffs einer gewaltigen Erweckung nach der Entrückung usw. Das Wort Gottes gibt uns auch hierüber klare Belehrung. Es sagt uns, daß für die Menschen, die das klare Evangelium gehört, aber nicht angenommen haben, mit dem Kommen des HErrn für Seine Erlösten zu ihrer Entrückung die Gnadenzeit zu Ende und die Tür verschlossen sein wird (siehe Matth. 25,10-12; Luk. 13,24-30) und solche dann der Verführung des „Gesetzlosen“ -

des Antichristen - verfallen, „dessen Ankunft nach der Wirksamkeit des Satans ist, in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge und in allem Betrug der Ungerechtigkeit denen, die verlorengehen, darum, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“, und daß deshalb Gott ihnen „eine wirksame Kraft des Irrwahns“ sendet, „daß sie der Lüge glauben, auf daß alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit.“ (2. Thess. 2,9-12) Das ist erschütternd ernst und gilt für alle, die in dieser gegenwärtigen Zeit der Gnade das Evangelium hören, aber nicht annehmen. Das Wort sagt uns aber auch, daß die rettende Liebe Gottes mit der Entrückung der Versammlung keineswegs aufhören, sondern sich dann denen zuwenden wird, die das Evangelium noch nicht gehört haben - und wohl auch denen, die es nicht klar gehört haben -, und daß in dieser auf die Entrückung folgenden Zeit der Gerichte und großen Drangsal eine gewaltige Schar errettet werden wird. Gerade dieses wird uns ja in Offenb. 7 in Verbindung mit den weiter unten angeführten Stellen aus Matth. 10 und 24 und Mark. 13 klar gezeigt. Auch Jes. 49,6 weist schon darauf hin. Und zu diesem Werk der Errettung - wie auch jetzt - benutzt Gott die Seinen als Seine Werkzeuge, indem sie Seine Zeugen sind. Gott hatte und hat immer Seine Zeugen auf der Erde. Jetzt sind es die Erlösten, welche die Versammlung bilden; nachdem die Entrückung geschehen sein wird, wird Gott wieder mit Seinem irdischen Volk, Israel, anknüpfen (Röm. 11,25-31; 2. Kor. 3,14-16), und dann werden die, welche aus diesem Volke von Herzen zu Ihm umkehren (der sogenannte „Überrest“ - siehe Jes. 16,20-22a; Röm. 9,27-29), Seine Zeugen sein. Sie werden „das Evangelium des Reiches“ - die frohe Botschaft von dein kommenden Messias und Seinem herrlichen Reiche - verkündigen und, um Seines Namens willen verfolgt und darum von Ort zu Ort fliehend, dieses Evangelium überall hintragen, so daß das Wort erfüllt werden wird: „Und dieses Evangelium des Reiches wird gepredigt werden auf dem ganzen Erdkreis, allen Nationen zu einem Zeugnis, und dann wird das Ende kommen.“ (Matth. 16,16-23; 24,4-14; Mark. 13,9-13) - Diese Erretteten gehören selbstverständlich nicht mehr zur Versammlung (Gemeinde), „welche Sein Leib ist“ (Eph. 1,23), denn diese wird ja vorher entrückt sein - aufgenommen in die Herrlichkeit -, was aber naturgemäß nicht früher geschehen kann, als bis sie vollendet ist - d. h. dem „Leib“ das letzte Glied hinzugefügt ist -, so daß dann eine weitere Hinzufügung Erlöster zu diesem Segenskreis gar nicht in Betracht kommt.

Die später Erretteten können deshalb unmöglich noch zur Versammlung gehören, sondern bilden einen anderen Segenskreis.

Die grausamen Christenverfolgungen im römischen Reich (unter Nero usw.), in Frankreich (Hugenottenverfolgungen; Bartholomäusnacht!), in Spanien (Inquisition!), China (im „Boxer“aufstand!), Rußland (in der Nachkriegszeit, bis in die neueste Zeit!) waren ohne Zweifel eine große Drangsal für die Betroffenen. Und auch in der Gegenwart werden Christen verfolgt und leiden große Drangsal. Aber weder diese Verfolgungen und Drangsale in der Vergangenheit waren das, noch die Verfolgungen und Drangsale in der Gegenwart sind das, was das Wort Gottes „die große Drangsal“ nennt“, weil diese, wie wir weiter oben gesehen haben, nach den Worten des Herrn Jesus Selbst und nach der in der Offenbarung uns gegebene Beschreibung eine Drangsal von solcher Art und solchem Ausmaße sein wird, wie keine bisherige Drangsal gewesen ist und es auch keine außer ihr je geben wird. Aber nicht nur das, sondern auch folgendes ist im Gedächtnis zu behalten: Bisher war und noch jetzt ist es die Versammlung (Gemeinde), welche Verfolgung leidet; in der „großen Drangsal“ aber wird es nicht die Versammlung sein, da sie ja vorher entrückt werden wird und infolgedessen nicht mehr auf der Erde sein wird, sondern dann wird es die gesamte übrige Menschheit sein, welche mehr oder weniger - das Volk Israel in besonderer Weise (siehe Dan. 8-12 und andere Prophezeiungen über diesen Gegenstand im Alten Testament, sowie Matth. 24 und Mark. 13) - davon betroffen wird. Solange die Versammlung noch auf der Erde ist, kann die „große Drangsal“ noch nicht gewesen sein oder gegenwärtig da sein, sondern ist sie noch zukünftig, wie groß die Leiden auch sein mögen, durch die sie - oder auch die Menschheit im allgemeinen - gegangen ist und geht!

Die Frage, ob ein Unterschied zwischen dem „großen Tag Seines Zornes“ (Offenb. 6,17) und der „großen Drangsal“ besteht, ist zu verneinen, denn offenbar haben die, welche Offenb. 6,16.17 zu den Bergen und zu den Felsen sagen: „Fallet auf uns und verberget uns vor dem Angesicht Dessen, der auf dem Throne sitzt, und vor dem Lamme, denn gekommen ist der

große Tag Seines Zornes, und wer vermag zu bestehen?“ dabei jenen das Ende dieses Zeitalters bildenden furchtbaren Gerichtstag im Auge, von dem im Alten Testament viel geredet ist und der sich - mehr oder weniger deutlich - uns immer als die Zeit der „großen Drangsal“ darstellt, von der wir ebenfalls wissen, daß sie das Ende dieses Zeitalters bilden wird! (Siehe auch hierin die Übereinstimmung zwischen diesen beiden Sachen!) Folgende Schriftstellen zeigen dies deutlich (ohne daß damit eine vollständige Liste der hierfür in Frage kommenden Schriftstellen gegeben sein soll): Ps. 2,5-9; 110,5.6; Jes. 13,9-13; Jer. 30,5-7; Dan. 9,27; 11,36b; Joel 2,1.2a.11.31; Zeph. 1,14-18; Mal. 4,1. - Im sechsten Siegel, Offenb. 6,12-17, wird uns bildlich gezeigt, wie infolge des Vorangegangenen zu jener Zeit alles Bestehende erschüttert wird - höchste, hohe und niedrigere Gewalten werden gestürzt - jede Ordnung wird aufgehoben werden und alles, was fest und sicher zu sein schien, ins Wanken kommen wird (wir fühlen jetzt schon etwas hiervon, wie den vorausgeworfenen Schatten jener kommenden Dinge), und wie die Menschen ratlos und in Schrecken sein und meinen werden, das Ende - „der große Tag Seines Zornes“ - sei gekommen, obwohl dieses dann noch nicht der Fall sein wird, sondern dieses alles erst „der Anfang der Wehen“ sein wird, wie der HErr Matth. 24,8 sagt. (Hier finden wir die Erfüllung der Worte des HErrn in Luk. 23,30: „Dann werden sie zu den Bergen sagen: Fallet auf uns! und zu den Hügeln: Bedecket uns!“) „Der große Tag Seines Zornes“ bezeichnet dieselbe Zeit und dieselbe Sache wie „die große Drangsal“.

Die Feststellung am Schlusse obiger Frage: Sicher ist es, daß die Gemeinde mit dem „Tag des Zornes“ nichts zu tun hat (1. Thess. 5,9), können wir nach all dem, was wir bei der vorstehenden Betrachtung gefunden haben, nur als völlig zutreffend bestätigen. Wenn der „Tag Seines Zornes“, „die große Drangsal“ sein wird, werden wir bei unserem HErrn sein und mit Ihm an allem teilhaben, was Er hat und was Er tut, und dann, wenn Er kommen wird „mit großer Macht und Herrlichkeit“, werden wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit (Kol. 3,4; Offenb. 19,11-16), und dann wird Er „verherrlicht werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“. (2. Thess. 1,10) Welche Gnade! Gepriesen sei Er!

Th. K.

Anmerkung des Schriftleiters

Zu dieser umfassenden, den Gegenstand mit seinen Unterfragen ausführlich und ungemein klar behandelnden Antwort noch etwas Wesentliches hinzuzusetzen, halte ich, zumal der Raum beschränkt ist, nicht für nötig. Ich möchte nur einige Hinweise auf frühere ähnliche Fragen anfügen.

Im Jahrbuch 3, Frg. 23, über Offenb. 6,3-8 sind die Dinge vorliegender Frage mit berührt; Jahrb. 5, Frg. 17, behandelt Offenb. 7,9-17! Jahrb. 2, Frg. 50, schreibt über die 24 Ältesten u. a. (K. O. St. †); Jahrb. 15, Frg. 4: Matth. 24,30. Bezüglich Matth. 25,1-13 beachte man die Hinweise zu Frg. 14 dieser Lieferung! - Vorstehendes mag genügen; jeder, der die älteren Jahrbücher hat, kann an Hand der Schriftstellenverzeichnisse selber suchen, er wird dann noch manche verwandte Frage finden und somit noch viel mehr Stoff zum gesegneten Vergleichen!

Die Hauptsache ist das Forschen in den Schriften (Joh. 5,29), und dazu wollen die „Handr.“ ja so gern helfen! Wie unaussprechlich wichtig ist es doch, durch „die Darreichungen des Heiligen Geistes“ (Phil. 1,19) „das Wort richtig teilen“ zu lernen (2. Tim. 2,15), und gerade auch bei gegenwärtiger Frage! Der HErr möge dazu obige Ausführungen überströmend segnen - für den Frager wie für alle Leser, denen daran liegt, die Wahrheit zu erforschen! „Deine Zeugnisse sind meine Wonne, sind meine Ratgeber!“ (Ps. 119,24)

F. K.

Verbunden mit dem HErrn und getrennt von der Welt.

Unsere Stellungnahme in jeder Sache muß immer bestimmt sein durch die des HErrn. - Was Er anerkennt, muß uns erfreuen und verbinden - was Er verurteilt, von dem muß ein treuer Jünger des HErrn geschieden sein. Um das zu können, ist es nötig, den HErrn zu kennen und sich dessen bewußt zu sein, was Ihm und Seinem Willen entspricht. So wie wir jemand nur

Wohlgefallen und Willen gemäß ist, nur in dem nahen Umgang mit Ihm und Seinem Worte kennen.

Keiner der Jünger war mit dem HErrn während Seines Erdenwandels so vertraut wie Johannes.

Er bezeichnet sich in den letzten Kapiteln seines Evangeliums als den Jünger, den Jesus liebte. Dieser Jünger, der die Liebe, mit der er vom HErrn geliebt wurde, kannte und der in inniger Vertraut- und Verbundenheit an Jesu Brust ruhte, dieser Jünger war es, dem der Verräter offenbar gemacht wurde. (Joh. 13,23ff.) Und dieser Jünger wiederum war es, der im Dunkel des Morgengrauens den HErrn zuerst erkannte. (Joh. 21,7)

Wie wichtig ist es gerade in unseren dunklen Tagen, beides, den HErrn und auch den Mann, der Ihn aufgibt, zu erkennen! In der Vertraut- und Verbundenheit mit dem HErrn und Seinem Wort leuchtet uns das Licht, die rechte Stellung in jeder Sache und zu jeder Zeit einzunehmen. Laßt uns darüber nachdenken, daß es der Jünger war, der an Jesu Brust im Genuß Seiner Liebe lag, der den Verräter und auch den HErrn erkannte! Und dieser Jünger war es dann auch, der in der dunkelsten Stunde der Verwerfung des HErrn treu an Seiner Seite unter dem Kreuze stand und der noch am Ende seiner Laufbahn als ein Mitgenosse in der Drangsal und dem Königtum und dem Ausharren Jesu die Verbannung nach der Insel Patmos um des Wortes Gottes und des Zeugnisses Jesu willen erduldete. (Offb. 1)

Dieser Platz an Jesu Brust steht jedem offen. Jeder von uns kann in solcher Verbundenheit mit dem HErrn stehen und so die Gnade finden, den uns umgebenden Einflüssen des laodicäischen Geistes der Selbstzufriedenheit, Weltförmigkeit und der Umgarnung böser Lehren zu entfliehen.

Wie groß ist gerade in unseren Tagen die Gefahr, daß Kinder Gottes durch

Verbindungen

mit der Welt oder mit bösen Lehren sich den Segen des HErrn rauben lassen. Die Gleichgültigkeit solchen Verbindungen gegenüber, die man zuweilen bei Kindern Gottes findet, ist geradezu erschreckend. Die Scheidung, die Gott zwischen Licht und Finsternis, zwischen Christus und Belial, zwischen Gläubigen und Ungläubigen gesetzt hat, wird kaum noch von ihnen beachtet; und wieviel Unglück und Schmerz und Leid und Verlust an Segnungen ist schon dadurch über Kinder Gottes gekommen!

Man beklagt die Schäden - man erörtert, redet und zankt über die Mißerfolge, Nöte, Schwierigkeiten, aber man denkt kaum daran, daß die wirkliche Ursache, der Ausgangspunkt all des Elendes, das Aufgeben der Scheidung ist, die Gott zwischen Licht und Finsternis, zwischen Seinem Volk und Pharaos Volk gesetzt hat. Ja, so verstrickt können Kinder Gottes in falschen Lehren oder auch mit der Welt werden, daß ihnen eine Verbindung damit durchaus erlaubt erscheint - als ob eine Verbindung des Reiches Gottes und des Reiches Satans - des Lichtes und der Finsternis - des Gläubigen und des Ungläubigen möglich wäre. Jede unerlaubte Verbindung bringt Befleckung und schließt Segenseinbuße in sich.

In Johannes sehen wir das gesegnete Leben eines Jüngers, der verbunden mit dem HErrn „in dem Lichte wandelt“ (1. Joh. 1,7) und der seine Tür für jeden schließt, der nicht „die Lehre des Christus“ bringt (2. Joh. 9.10), der aber um seines treuen Zeugnisses willen von der Welt verbannt (Offb. 1,9) und von sich-selbst-suchenden Gläubigen nicht angenommen wird (3. Joh. 9), dem aber von seiten des HErrn um so größere Offenbarungen und Enthüllungen Seiner Herrlichkeit zuteil werden.

Eine weitere Illustration des Gesagten bietet uns das Leben des frommen Königs

Josaphat.

(1. Kön. 22; 2. Chron. 17-20) Auch hier treten uns die herrlichen Segnungen des Wandelns mit Gott und ebenso der Unsegen der Verbindungen mit der Welt in einer besonders deutlichen Weise vor Augen. Alles, was er nach Gottes Wort und Willen vornahm, war von Glück und Segen begleitet und diente zur Verherrlichung Gottes - was er aber in Verbindung mit der Welt (mit Ahab und Ahasja) unternahm, war von Unglück und Unsegen begleitet. Was uns die Welt auch an Gewinn und Annehmlichkeit in Aussicht stellen mag - Enttäuschung und Schaden wird das Ende sein!

Wenn wir auch nicht auf die ganze Geschichte seines Lebens eingehen können und wir auch die Segnungen des innigen Verbundenseins mit dem HErrn in dem bisher Gesagten schon betrachtet haben, so kann es doch nur heilsam für uns sein, wenn wir uns die Lebenserfahrungen zunutze machen, die Josaphat in seinen Verbindungen mit der Welt

machte. Gott hat uns auch diese zur Belehrung in Seinem Worte niederschreiben lassen, und wir wollen besonders einen Blick auf diese werfen.

Im ersten Buche der Könige finden wir am Schluß (Kap. 22,41-51) einen ganz kurzen Bericht seiner Regierung. Aber so kurz er auch ist, so kennzeichnend ist er.

Im 43. Verse wird uns gesagt, daß „er tat, was recht war in den Augen Jehovas“. Und die in der Schrift ausgezeichneten Berichte seiner Glaubenstaten dienen uns heute noch zur Ermunterung und Nachahmung. Dann aber folgt (V. 44) ein ernstes „Nur“, und dieses „Nur“ umfaßt zweierlei: 1. „Das Volk opferte und räucherte noch auf den Höhen.“ 2. „Und Josaphat hatte Frieden mit dem Könige von Israel.“ (V. 45) Das scheint an sich nichts Unrechtes zu sein, aber die weiteren Berichte dieses Friedensverhältnisses mit dem gottlosen, Jehova hassenden Ahab lassen uns dieses schmerzliche „Nur“ verstehen. Dieser Friede beruhte auf Mangel an Treue seinem Gott gegenüber.

Im Anfang seiner Regierung stärkte er sich wider Israel. (2. Chron. 17,1.2) Er erkannte die

Gefahren, die ihm von einem Volke drohten, dessen König ein Ahab war, der „sich verkauft hatte, um zu tun, was böse ist in den Augen Jehovas.“

(1. Kön. 21,25) Und deshalb legte er in treuer Wachsamkeit Kriegsvolk in die festen Städte. Er, der „sein Herz darauf gerichtet hatte, Gott zu suchen“ (2. Chron. 19,3), wußte, daß er dem Manne, der sich hingegeben hatte, dem Baal - das ist dem Teufel - zu dienen, niemals ungewappnet gegenüberstehen dürfe. Wissen wir das? Haben wir die ganze Waffenrüstung Gottes angelegt? (Eph. 6)

Welche Veranlassung hatte nun Josaphat, mit diesem Jehova hassenden Manne in ein Friedensverhältnis zu treten? Hatte nicht Jehova Seinen Schrecken auf alle Königreiche der Länder fallen lassen, die rings um Juda waren? (2. Chron. 17,10) War Jehovas Hand nicht stark genug, ihm auch bei einem Angriff Ahabs den Sieg zu geben? Josaphat war gewappnet gegen den Angriff Ahabs, aber nicht gegen seine List. Wohl sagte uns das Wort: „Wenn möglich, soviel an euch ist, lebet mit allen Menschen in Frieden“ (Röm. 12,18); das heißt aber nicht, auf Kosten der Treue gegen den HErrn.

Das eingegangene Friedensverhältnis mit dem götzendienerischen Ahab ließ Josaphat immer weiter nach Ahabs Seite hinüberschwenken, so daß es selbst zu einer Verschwägerung, einer freundschaftlichen und verwandtschaftlichen Verbindung mit Ahab kam. Damit ist nicht gesagt, daß Josaphat mit seinem warmen Herzen für den HErrn sich etwa an dem götzendienerischen Treiben Ahabs beteiligt hätte. Es liegt viel näher, daß er Ahab sein Bedauern über seinen Abfall von dem Gott Israels ausdrückte; die Tatsache aber bleibt bestehen, „er verschwägerte sich mit Ahab“.

Ehe Gott uns dieses Geschehnis berichtet, sagt uns Sein Wort: „Und Josaphat hatte Reichtum und Ehre in Fülle!“ Es fehlte ihm nichts. Alles hatte Gottes Gnade ihm in Fülle dargereicht. Auf diese Feststellung folgt alsdann: „Und er verschwägerte sich mit Ahab.“ Wie schmerzlich, auf all den Segen das leichtfertige Eingehen einer gottwidrigen Verbindung - der Vermählung seines Sohnes Joram mit einer Isebels-Tochter (2. Kön. 8,18) - mit der Athalja, die später allen. Welche traurigen Folgen gingen aus dieser Verbindung hervor! O daß alle Väter und Mütter die Warnung verstehen möchten, die Gott uns hier in der Geschichte Josaphats gibt! Wieviel Kummer, Elend und Schmerz in manchen Familien der Kinder Gottes sind auf solche unerlaubten Verbindungen zurückzuführen! Keine weitere Beschränkung legt die Schrift Kindern Gottes in bezug auf die Verheiratung auf als nur die eine, daß es „im HErrn“ geschehe.

Und was wurde aus Joram, dem Sohne Josaphats, an der Seite einer Tochter Ahabs und Isebels? Es währte nicht lange, da wandelte er in den gleichen Wegen Ahabs. (2. Kön. 8,18) Diese Verbindung des Hauses Josaphats mit dem Hause Ahabs bestätigt uns wieder das Wort, daß wir ernten, was wir säen. Sein Sohn wurde ein Abtrünniger, und das Weib, welches er seinem Sohne gab, tötete, wie schon gesagt, den königlichen Samen vom Hause Juda. (2. Chron. 22,10) Haben wir das Gleiche nicht oft erlebt, wie durch solche unerlaubten Verbindungen jedes göttliche Leben und Wirken bis in die späteren Generationen erstickt - getötet wurden!

Jahre gingen dahin. Dann, lesen wir, zog Josaphat „zu Ahab hinab“. Findet bei den Kindern Gottes keine Rückkehr zum HErrn statt, dann geht

der Weg weiter „hinab“.

Der ersten ungöttlichen Verbindung folgen andere. Als er hinabzog, ahnte er nicht, wohin ihn dieser Weg führen würde. Gar manche Kinder Gottes glauben, überall hingehen zu können und doch zu bleiben, was sie sind. Man kann mit einem weißen Kleide wohl in eine Kohlengrube hinabsteigen, aber nicht unbefleckt wieder herauskommen! Wie mag Ahab sich gefreut haben, als er den frommen Josaphat zu sich hinabkommen sah! Josaphat wird nun der gefeierte Mann in Samaria. Ein großes Festessen wird ihm zu Ehren veranstaltet. Klein- und Rindvieh wird in

Menge geschlachtet. Hinter dieser Ehrung aber stand im Herzen Ahabs das Ziel, Josaphat weiter und enger mit sich zu verbinden. Mit dieser Ehrung umgarnte er ihn. Konnte Josaphat ihm nach einer solchen Festfeier gleich einen Wunsch abschlagen? Die Schrift berichtet: „Und er verleitete ihn, wider Ramoth-Gilead hinaufzuziehen.“ (2. Chron. 18,2) Die Stunde der Ehre, der Freude und des Jubels war für den Gottlosen die geeignete Zeit, den Gläubigen durch Überredung für seine Pläne einzufangen.

Josaphat geht in das ihm gestellte Netz und spricht zu Ahab: „Ich (will sein) wie du!“ O wie tief ging er hinab. Ist es nicht zum Weinen, wenn ein Gläubiger, der sich durch das Wort Gottes leiten lassen sollte, von dem Worte der Gottlosen geleitet, den Weg mit der Welt geht? Berauscht von den ihm zuteil gewordenen Ehrungen, stellt er sich mit dem gottlosen Ahab auf die gleiche Stufe, macht sich ihm gleich mit den Worten: „Ich (will sein) wie du!“ Er sagt nicht: „Ahab, du bist wie ich.“ O nein, er hatte Ahab nicht zu seinem Glaubensstande hinaufgezogen; er ging zu Ahabs Stand hinab. Manche Gläubigen meinen, in den Sumpf der Ungläubigen hinabsteigen zu können, um sie aus demselben herausheben zu können. Zu spät lernen sie, daß sie solchen eine helfende Hand nur dann reichen können, wenn ihre Füße auf dem Felsen stehen bleiben, aber nicht, wenn sie selbst in den Sumpf hineingegangen sind. In dieser Ungehorsams-Stellung Gott gegenüber mußte Josaphat das schreckliche Wort aussprechen: „Ich (will sein) wie du.“

Vielleicht fragst du: „Wie war es möglich, daß Josaphat in eine solche Verbindung mit Ahab eintreten konnte?“ Nun, Ahab war klug genug, ihn nicht zur Teilnahme an einer sündigen, schlechten Sache aufzufordern; Josaphat würde sicher ein solches Ansinnen zurückgewiesen haben. Ramoth-Gilead aber, die alte von Mose errichtete Zufluchtsstadt für Totschläger, aus der Hand der Syrer zurückzuerobern, das war eine gute Sache, und mit dieser konnte er auf Josaphats Herz Eindruck machen. Diese Taktik übt der Feind heute noch aus, um Kinder Gottes mit den Ungläubigen und ihren Werken zu vereinigen. Er kommt nicht mit schlechten Dingen zu ihnen, sondern mit guten; aber nicht, damit sie diese dem HErrn, sondern mit und unter der Führung der Welt tun sollen. Und Welt bleibt Welt! Das Wort Jehus an Josaphat: „Hast du dem Gesetzlosen zu helfen und liebst du, die Jehova hassen?“, gilt uns heute noch.

Die Entschuldigungen und Rechtfertigungen, die man für weltliche Verbindungen heute oft hört, hätte Josaphat auch vorbringen können; er hätte z. B. sagen können: „Ramoth-Gilead den Syrern entreißen, kann ich doch ohne Ahab nicht tun“, oder „es handelt sich um eine gute, edle Sache“, oder „ich kann dieses oder jenes mit gutem Gewissen tun“. Oder man beruft sich auf die edlen und guten Beweggründe. So und ähnlich lauten die Entschuldigungsgründe. Wenn Gott sie aber nicht anerkennt, welchen Wert haben sie? Für Menschen sind sie gewichtig und ausreichend, Gott aber zürnte Josaphat dieserhalb. Tausende waren sicher entzückt, daß Josaphat mit Ahab Ramoth-Gilead zurückerkämpfen wollte, Gott aber ließ Josaphat sagen, daß der traurige Ausgang ihres vereinten Unternehmens die Folge seiner Verbindung mit Ahab sei. Was nützen alle Ausreden und Entschutdigungsgründe, wenn Gott sie abtut und mit den Worten straft: „Hast du dem Gesetzlosen zu helfen und liebst du, die Jehova hassen? Um deswillen ist der Zorn über dir von seiten Jehovas.“ (2. Chron. 19,2) Sind diese Worte mißzuverstehen? Können wir über die uns von Gott gestellten Grenzlinien hinweggehen und uns mit Ungläubigen verbinden? Wir sind angewiesen, unseren Stand als Kinder des Lichtes einzunehmen und nicht Mitgenossen der Söhne des Ungehorsams zu sein noch mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis Gemeinschaft zu haben. (Eph. 5,7-11)

Wenn diese Ermahnung mehr beachtet würde, welche gesegneten Wirkungen würden in der Gemeinde sichtbar werden, und wieviel Schmerz und Leid würde den Gläubigen erspart bleiben, wenn sie sich von den „Gefäßen zur Unehre“ hinwegreinigten! Gottes Wort weist uns einen sicheren Weg! Wenn Gott sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen“ (2. Kor. 6,14-18), so laßt uns nicht daran klügeln und deuteln, sondern gehorsam folgen: Das Ende muß Segen sein!

Durch diese Verbindung mit Ahab in der vermeinten guten Sache, Ramoth-Gilead

immer mehr unter den Einfluß Ahabs

und unter seine Führung. An seiner Seite macht er, der Gläubige, das dämonische Treiben der Baalspropheten mit. (Kap. 18) Was mag bei diesem teuflischen Lügenspuk Josaphats Seele empfunden haben? Sein Gewissen redet; aber an der Seite des Mannes, dem er gesagt hat: „Ich will sein wie du“, wird alles erstickt. Nichts weiter kommt über seine Lippen als die bescheidene Frage: „Ist hier kein Prophet Jehovas mehr, daß wir durch ihn fragen?“ Ahab erwidert: „Ich hasse ihn.“ So fest ist Josaphat in der Umschnürung des Gottlosen, daß auch diese Antwort ihn noch nicht zur Besinnung bringt. Ja, noch mehr! Als Micha die Worte Jehovas redet, steht Josaphat dabei und sieht, wie der Prophet Gottes um seines Zeugnisses willen geschlagen und dann ins Gefängnis (bei Brot und Wasser) der Drangsal geworfen wird - und er findet kein Wort für Micha - er schweigt! Ach, daß er jetzt an die Seite des Propheten getreten wäre! Aber er findet nicht den Mut. Immer mehr unterstellt er sich jetzt der Führung des Gottlosen. Ahab erklärt ihm: „Ich will mich verstellen und in den Streit ziehen, du aber lege deine Kleider an.“ Und Josaphat folgt! Nun erlebt er sein leichtfertiges Wort: „Ich will sein wie du“ schrecklich an sich selbst: Er, der Gerechte, wird für den gottlosen Ahab gehalten und ist in der größten Gefahr, sein Leben zu verlieren. Von Stufe zu Stufe geht es abwärts, und dies kennzeichnet den Weg der Verbindung mit dem Bösen. O daß wir sie fliehen möchten! Die Anfänge solcher Verbindung sind oft so harmlos, so klein, aber sie fressen um sich wie der Krebs. (2. Tim. 2,17) Nur ein wenig „achten auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen“ (1. Tim. 4,1), nur ein wenig die Ohren hinhalten nach den „ungöttlichen, eitlen Geschwätzen“ (2. Tim. 2,16), statt sie zu „vermeiden“, und gar bald wird man darin „verwickelt“ und „überwältigt“ sein. (2. Petr. 2,20)

Josaphat hätte sein Leben durch diese Verbindung mit Ahab eingebüßt, wenn Gott Sich seiner nicht erbarmt und die Feinde von ihm abgelenkt hätte. In dieser schrecklichen Lage, umringt von den Obersten der Syrer, mußte er an sich erleben, was das bedeutete, Ahabs Platz einzunehmen - zu sein wie Ahab. In seiner höchsten Not schrie er zu Jehova, und

Gott hört den Schrei des geängstigten Herzens,

und welche Gnade! - Er hilft ihm und lenkt die Feinde von ihm ab.

„Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu, denn Er kann Sich Selbst nicht verleugnen.“ (2. Tim. 2,13) Der HErr kann nichts von dem, was Er ist, aufgeben. In Seiner Gerechtigkeit muß Er uns die Folgen unserer Untreue und unseres Verleugnens erfahren lassen. Und so mußte auch Josaphat die Folgen seines Weges und des Zornes Gottes schmecken, zugleich aber erfährt er auch

die errettende Kraft und Gnade

seines Gottes, der ihn nicht im Irrtum darüber ließ, daß wegen seiner Verbindung mit Ahab alles Unheil über ihn gekommen sei. (2. Chron. 19,2)

Das köstliche Wort Hiobs (Kap. 12,16): „Bei Ihm ist Kraft und vollkommenes Wissen; Sein ist der Irrende und der Irreführende“, findet in dieser Geschichte eine herrliche Bestätigung. Den irrenden Josaphat befreit Gott - wenn auch auf schmerzlichem Wege, aus dem Netz des Gottlosen, und bringt ihn zu Sich zurück. Ja, „der HErr weiß die Gottseligen aus der Versuchung zu retten, die Ungerechten aber aufzubewahren auf den Tag des Gerichts“. (2. Petr 2,9) Dieser Tag des Gerichtes brach auch für den irreführenden Ahab an. Um das Wort Michas, daß er nicht zurückkommen werde, hinfällig zu machen, verstellte er sich und zog nicht als König in den Kampf. So gut er sich auch verstellt haben mochte, er mußte erfahren, daß Gott ihn auch trotz seiner Verstellung zu finden und den Todespfeil aufs genaueste zwischen Fuge und Harnisch zu lenken vermochte. Auf dem Wege des Verderbens erreichte ihn sein schreckliches Ende, und so wie Gott geredet hatte, leckten die Hunde sein Blut.

Nun beginnt ein neuer Abschnitt im Leben Josaphats.

So groß auch seine Fehltritte waren, Gott fand noch Gutes an ihm, weil er die Ascheroth aus dem Lande hinweggeschafft und sein Herz darauf gerichtet hatte, Gott zu suchen. (2. Chron. 19,3) Nachdem Josaphat selbst zurückgekehrt war, brachte er auch das Volk zurück, „zurück zu Jehova, dem Gott ihrer Väter“. (V. 4) Von jetzt an folgte ein Leben des Sieges in der Kraft des HErrn, so herrlich und so ermutigend für uns, daß es uns schwer wird, darauf hier nicht mehr eingehen zu können. Wie schon gesagt, möchten wir in diesem Aufsatz uns zunächst die bitteren Erfahrungen Josaphats in seinen Verbindungen mit der Welt als eine Warnung zunutze machen. Wir bitten aber den Leser, diese köstlichen Berichte seines Glaubens-, Sieges- und Dankeslebens in 2. Chron. 19 und 20 mit Aufmerksamkeit zu lesen; es wird jedem reichen inneren Gewinn bringen.

Gern hätten wir hier unseren Artikel beendet, aber das Wort berichtet, daß nach all den herrlichen Glaubenserfahrungen in den genannten Kapiteln Josaphat noch einmal in den alten Fehltritt der Verbindung mit der Welt zurückfiel. Satan kennt die schwachen Seiten der Gläubigen, und Josaphat ist nicht der erste und auch nicht der letzte, dem der Feind in derselben Sache eine zweite Niederlage

bereitete. Selbst ein Abraham gab in Gerar zum zweiten Male sein Weib Sarah als seine Schwester aus, und das zeigt uns, wie sehr wir über unsere Herzen Wache zu halten haben, um „nicht vom Satan übervorteilt zu werden“. (2. Kor. 2,11)

Nach dem Tode Ahabs kam dessen Sohn Ahasja auf den Thron, ein Mann, gottlos wie sein Vater. Freundschaftlich tritt er an Josaphat heran: „Laß meine Knechte mit deinen Knechten auf den Schiffen fahren.“ Es scheint, als ob Josaphat bei diesem Ansinnen die traurigen Erlebnisse seiner Verbindung mit Ahab vor Augen traten, denn wir lesen weiter: „Aber Josaphat wollte nicht.“ (1. Kön. 22,50) Der Gedanke aber, die Knechte Ahasjas an dieser Handelsexpedition teilnehmen zu lassen, ließ ihn nicht los. O wie gefährlich ist es, wenn das Herz anfängt, mit dem

Meinst du, daß der Feind ihm nicht einflüsterte, daß die Dinge jetzt ganz anders lägen als damals bei Ramoth-Gilead; dort sei es eine religiöse Sache gewesen, hier aber handle es sich um eine rein geschäftliche Sache, Gold zu holen?! - Kurz, Josaphats Bedenken wurden überwunden, und das Übereinkommen mit dem gesetzlosen Ahasja kam zustande.

Es scheint fast, daß Josaphat in dieser Verbindung sich eine gewisse Selbständigkeit, gewissermaßen die Führung, vorbehielt, denn wir lesen: „Josaphat baute Tarsis-Schiffe ... Damals sprach Ahasja ...: Laß meine Knechte mit deinen Knechten auf den Schiffen fahren.“ (1. Kön. 22,49.50) Vielleicht wollte er die Mahnungen seines Gewissens damit beruhigen, daß er der Bauherr der Schiffe und es nur eine mit Ahasja gemeinsame See-Expedition zum Erwerb des Goldes sei. 2. Chron. 20,36 aber wird gesagt: „... und sie bauten Schiffe.“ Gott können wir nichts vormachen. Ahasja war daran beteiligt. Worin diese Beteiligung auch immer bestanden haben mag, für Gott war sie eine Verbindung Josaphats mit dem ungläubigen Ahasja.

Gott kommt dem irrenden Josaphat wieder durch

Seine strafende Hand zur Hilfe.

Er zerschellt die Schiffe und bewahrt und errettet ihn damit aus dieser Handelsverbindung mit Ahasja. Wind und Wellen sind in Seiner Hand, und noch im Hafen von Ezjon-Geber, ehe die Schiffe ausfuhren, zerschlug Er sie. Und so wie Gott ihm einst sagen ließ, daß das ihn getroffene Unheil die Folge seiner Verbindung mit Ahab sei, so ließ ihm Gott auch jetzt sagen, daß die Zertrümmerung der Schiffe von Seiner Hand geschehen sei wegen seiner Verbindung mit Ahasja: „Weil du dich mit Ahasja verbunden hast, hat Jehova dein Werk zerstört.“ (2. Chron. 20,37)

Schiffe zu bauen und Gold zu holen war kein Unrecht; beides hätte Josaphat tun und Gottes segnende Hand darin haben können. Das Unrecht lag nur in der Verbindung mit dem gesetzlosen Ahasja. O wie manches Handelsgeschäft mag von Seiner strafenden Hand, durch von Ihm bestellte Stürme, zerschlagen sein, um Sein Kind aus ungöttlichen Verbindungen zu

ein entschiedenes Nein

gehabt hätte! Wissen wir aber nicht aus eigener Erfahrung, wie schwer es auch uns oft fällt, das kleine entscheidende „Nein“ auszusprechen, besonders wenn es lieben und uns nahestehenden Menschen gegenüber ausgesprochen werden soll? Und doch ist es oft das Wort, welches gesagt werden muß, wenn es sich um Verbindung mit Ungläubigen oder um Gemeinschaft mit Lehren handelt, durch welche grundlegende Wahrheiten angefochten oder aufgegeben werden. Dann bedingt die Treue zum HErrn Absonderung und ein entschiedenes und klares Nein, um nicht teil an bösen Werken zu nehmen. (2.Joh. 11)

*

So wahr die Schrift unsere Absonderung von der Welt, Irrlehren und ihren Trägern fordert, ebenso wahr fordert sie uns auf, solche zu empfangen, die gesund im Glauben sind. Wie wir Schuld auf uns laden, solche nicht aufzunehmen, sehen wir aus dem Worte in 3. Joh. 8ff.: „Wir sind schuldig, solche aufzunehmen ...“ So unrecht, wie das eine ist, so unrecht ist auch das andere. Selbst die Schwachen im Glauben, sagt die Schrift, sollen wir aufnehmen. (Röm. 14,1)

In diesen dunklen Tagen der Verwirrung und des Abfalles mögen manche sein, die in bezug auf die Person des HErrn, die Grundlagen der Erlösung usw. gesund im Glauben, die aber in Erkenntnisfragen mit uns nicht gleicher Meinung sind - sollen wir sie deshalb nicht aufnehmen? Auch hierin sind wir nicht auf uns selbst angewiesen. Die Schrift gibt uns auch in dieser Frage klare Anweisung. So wie sie uns sagt, daß wir uns von den „Gefäßen der Unehre“ wegreinigen sollen, ebenso deutlich sagt sie uns, daß wir nach Gerechtigkeit, Glauben, Liebe, Frieden streben sollen - „mit denen, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen“. (2. Tim. 2,19-22)

Dieses „mit denen“ überläßt es nicht unserer Entscheidung, es tun zu wollen oder nicht. Wir sind ungehorsam und tun Unrecht, wenn wir dem nicht nachkommen und solche, die den HErrn anrufen aus reinem Herzen, verweigern. In bezug auf diese entscheidet nicht das Maß der Erkenntnis oder des Lichtes, sondern die Frage: „Wie steht das Herz zum HErrn?“ Das „reine

Herz“ hängt auch nicht von dem Lichte und der Erkenntnis ab, sondern von der Treue zum HErrn. Wenn das Maß der Erkenntnis das Maß des reinen Herzens wäre, so hätten diejenigen, welche die größte Erkenntnis haben, auch das reinste Herz. Das Maß der Erkenntnis mag in Fragen der „Ungerechtigkeit“ (V. 19) Verschiedenheit bedingen, aber nicht in der Frage der Reinheit des Herzens.

Der HErr schenke uns allen Gnade, in so naher Verbundenheit mit Ihm zu leben, daß wir sowohl in dem Getrenntsein vom Bösen als auch in dem Verbundensein mit den Seinigen allezeit das Ihm Wohlgefällige tun!

A. v. d. K.

Unser Gott - „ein Gott nicht der

Unordnung!“

(1. Kor. 14,33) (Fortsetzung)

Versammlungs- oder Gemeinde-Unsitten sind es, die ich in diesem Aufsatz zu besprechen die gottgegebene Aufgabe habe! Da ist es gut für uns, vor dem Weiterlesen uns in stillem Gebet zu beugen: „HErr, hilf mir, daß ich an meinem Teile dazu beitrage, daß alles bei uns ‚in Ordnung‘ zugehen möchte!“ (1. Kor. 14,40)

Ich komme nun heute zu einer zweiten Unsitte, wie sie sich in unserem Gemeindeleben so oft störend bemerkbar macht. Eine leise Andeutung über diese Unordnung gab ich schon bei Punkt 1. Einige werden sie bemerkt haben!

Also zweitens: Schon auf der Treppe oder auf dem Flur vor dem Versammlungsraum hört man es - das laute Durcheinander von angeregten Unterhaltungen, wozu die Minuten vor Beginn der Stunde wie geschaffen sind! Wenn jene Besucher schon pünktlich und vielleicht sogar reichlich pünktlich, also frühzeitig anwesend waren (vgl. Punkt 1!), so schienen sie es - Verzeihung! -

fast nur darum zu sein, um diese schöne Zeit recht gut ausnutzen zu können zu ausgiebigsten Erzählungen oder Besprechungen aller Art! Der Ausdruck „Judenschule“ ist gewiß nicht fein, aber sicher oft recht passend für den Redetummelplatz manches Versammlungsraumes vor Beginn einer ernsten Bibelstunde oder gar Evangelisation! Ich gebe selbstverständlich zu, es ist manchmal nötig, daß sich verantwortlich Wissende vor dem Stundenanfang über etwas besprechen, auch daß solche, die nachher eiligst fort müssen, die Zeit vorher benutzen, um vielleicht eine Frage nach einem kranken Familienglied zu stellen oder zu beantworten, und was derlei besondere Dinge mehr sind; hier gilt durchaus das Wort: „Keine Regel ohne Ausnahme!“ Aber mögen die Brüder solche notwendigen Besprechungen nicht allzu öffentlich vor allen halten, sondern, wenn möglich, im Nebenzimmer - wo man übrigens manchmal auch sehr gut die Knie beugen kann zu kurzem Flehen für den Dienst, für den dienenden Bruder, für die Hörer usw.! - oder sonst (wenn's geht) im Hintergrund, und mögen jene anderen mit ihren ihnen wichtig erscheinenden Fragen und Auskünften sich möglichst auf ein Mindestmaß der Mitteilungen beschr änken, und dann auch nur möglichst im Flüsterton - denn, geliebte Geschwister, es gilt Wichtigeres zu tun!

Und dieses wird leicht gestört! Und dieses Wichtigere ist die letzte geistliche Vorbereitung des einzelnen wie der ganzen Gemeinde - oder, bei Evangelisation, auch der Stundenbesucher! Und die rechte Vorbereitung jedes einzelnen wie der Gemeinde, wie der Fremden (die selber vielleicht nicht daran denken, obwohl es in der „Kirche“ dafür auch eine, oft tote, Form gibt!) ist das stilleGebet! Und wenn man damit „fertig“ ist (aber man braucht nicht eher „fertig“ damit zu sein, bis die Stunde beginnt, und selbst dann kann man weiter beten und sollte man's und wieder besonders bei Evangeliumsverkundigung auch tun! - „Betet unablässig!“ 1. Thess. 5,17! -), dann kann man still ein wenig in der Bibel und auch im Liederbuch nicht störend blättern, sondern - lesen! Die rechte Vorbereitung! Ja, die sollte daheim schon einsetzen (besonders zum HErrnmahl, zum Brotbrechen!), sich auf dem Wege fortsetzen, indem man wacht, um sich nicht zerstreuen zu lassen und andere zu zerstreuen, aber hauptsächlich sollte sie beim Betreten des Versammlungsraumes (und zumal wenn's kein eigener ist, sondern vielleicht ein neutraler oder ein Gastwirtschaftsraum, dessen Luft erst durch Gebet gereinigt und geheiligt

das, was geschehen soll: Das teure Wort Gottes soll in Kraft unbetrübten Heiligen Geistes (Eph. 4,30) uns selber und anderen, vielleicht auch Weltmenschen, nahe gebracht werden! Welche Verantwortung! Und wie ich bei Punkt 1 sagte, daß der HErr zur rechten Zeit da ist, weswegen allein schon auch wir pünktlich sein sollten, so möchte ich hier hinzufügen, daß ganz sicher und immer wenigstens bei Stunden der Wortverkündigung an die Welt der stets wache Teufel mit seinen gefährlichen Gehilfen (den Dämonen, den „Vögeln“, die den Samen des Wortes wegnehmen, vgl. Matth. 13,4 und 19 u. a.) frühzeitig anwesend ist, um sein Verderberwerk an denen zu tun, denen die „Frohe Botschaft“ helfen soll, Leben und Seligkeit zu finden. Welch schreckliche Folgen kann da die ungeistliche Schwatzhaftigkeit mancher Gläubigen, besonders vor Stundenbeginn, manchmal haben, welche herrlichen dagegen der treue Gebetskampf (vgl. Röm. 15,30) solcher, die den Ernst des Dienstes am Wort sowie des Hörens des Wortes erkannt haben! Und welch böses Beispiel geben schwatzhafte Gläubige den Ungläubigen, und auch gerade besonders vor Beginn der christlichen Versammlungen im Versammlungsraum!

Es gehört aber wahrlich auch mit zur Ordnung, sich in dieser Hinsicht in Zucht zu halten. Schwatzen (in Süddeutschland sagt man „Schwätzen“) vor dem Stundenbeginn - statt stilles Beten - ist ein Merkmal von Unordnung, und unser Gott ist „nicht ein Gott der Unordnung“! Die Unordnung geht nie und nimmer von Ihm aus, Er ist nie der Urheber irgendeiner Form von Unordnung! Wenn Er aber nicht - wer dann? Wir wissen es: Es ist der Feind, der auf solche Weise seine Zwecke erreicht! „Seine Gedanken sind uns nicht unbekannt“, sie sollten es wenigstens nicht sein (2. Kor. 2,11), und sicher gehen sie nicht, wie die des HErrn, auf Segnungen für die Hörer des Wortes aus, sondern auf Schaden, Schädigungen ihrer Seelen! Er sucht stets, wie obige Stelle zeigt, die Menschen, auch uns Gläubige, zu übervorteilen. Wie wachsam sollte uns das machen, immer und überall, ganz besonders aber dann, wenn von unserem Verhalten ein guter oder schlechter Einfluß auf solche, die uns mehr beobachten, als wir ahnen, ausgehen könnte und tatsächlich ausgeht, und das ist eben wieder ganz besonders vor (und in) den Versammlungsstunden der Fall, was ja auch ganz naturgemäß ist.

Und wenn nun irgendein Überkluger, der sich womöglich selbst getroffen fühlt durch diese Abhandlung, sagt, in diesem zweiten Punkt sei es aber doch nicht so leicht, wie beim ersten

(der Unpünktlichkeit) davon zu reden, daß sich dies ungeistliche Verhalten vor dem eigentlichen Versammlungsbeginn der Gemeinde mit dem Hinweis auf unsere Stelle von dem „Gott, nicht der Unordnung“ treffen ließe, da eben doch die Versammlung noch nicht begonnen habe, und der Christ doch „frei“ sei usw. usw. - so erwidere ich ihm darauf:

So? Die Zeit, die 10-15 Minuten vor dem Beginn der Stunde stehen nicht unter dem Wort, daß unser Gott „nicht ein Gott der Unordnung“ ist? So? Nun, meine lieben gläubigen Leser, die ihr euch eurer „Freiheit“ rühmt und nicht wißt, daß des Christen Freiheit die Gebundenheit an das Wort des HErrn ist (was dem Ungläubigen unmöglich ist!), nun, der HErr hat gesagt: „Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Nationen, ihr aber ...“ (Mark. 11,17); und Sein Haus im Sinne des Neuen Testaments ist, wie du sehr wohl weißt, natürlich nicht ein äußeres Haus aus Backsteinen (Apgesch. 7,48 u. a.; vgl. 1. Petr. 2!) und natürlich auch nicht der Versammlungsraum an sich, aber Sein Haus ist Seine Gemeinde, was hier nicht weiter erörtert zu werden braucht (bedenke nur schon das Wort: „Christus ..., dessen Haus wir sind!“ Hebr. 3,6), und darum muß der Charakter Seines Hauses als des „Bethauses“ (vgl. 1. Tim. 2,1ff. mit 3,15!) sich auch ganz sonderlich und vor allen Dingen in Seinem wahren gegenwärtigen Hause, Seiner Gemeinde, offenbaren! Nun, und wann? Dann doch besonders, wenn Seine Gemeinde „als Gemeinde“ oder „in Gemeinde“ zusammenkommt! (1. Kor. 11,17.18!) Und das geschieht doch dann, wenn wir uns sammeln zu den vor dem HErrn bestimmten Zeiten, um Sein Wort zu betrachten, zu lehren, zu verkünden! Darum gehört es sich, daß wir um der Ordnung des Hauses Gottes willen als Beter erfunden werden in Seinem „Bethause“, Seiner Gemeinde also, nicht aber, daß wir durch Schwätzereien die Gebetsandacht anderer stören und so den Charakter unseres Gottes als „eines Gottes, nicht der Unordnung“ verleugnen! Genug davon!

Also Gebetsstille vor dem Versammlungsbeginn - das sei unsere Losung, wenn wir den Raum betreten und uns da niederlassen, wo Gott uns und andere durch Sein Wort segnen will! Keine Gespräche da, wo Gebet am Platze ist! Ausnahmen seien und mögen bleiben Ausnahmen, die man möglichst zu vermeiden suche!

Aber „man“ freut sich doch so sehr, wenn „man“ nach einer halben bis einer Woche wieder

einmal mit den geliebten Geschwistern zusammen sein darf, und „man“ hat sich doch so manches zu sagen! Wie soll „man's“ denn nur machen?

Nun, Geliebte, es wird sich nach der Versammlung - d. i. nicht unmittelbar danach, um des nicht verschüttet werden dürfenden Segens willen! - schon noch ein wenig Zeit finden, wo man sich austauschen kann, vielleicht auch auf dem Wege, wenn man nicht vorziehen sollte, stille heimzugehen, um das gehörte Wort besser nachwirken zu lassen. Wie dem auch sei, und welche Wege zum ersehnten Austausch auch gewählt werden - nie seien dazu die kostbaren Minuten vor Beginn der Stunde genommen, in denen, zumal wenn man schon sitzt, das Gebet und die Fürbitte z. B. auch für den Redner (der es so sehr braucht und darum so sehr wünscht!) zu seinem Rechte kommen sollte! Überlegen wir dies vor dem HErrn!

Des HErrn Augen schauen auf uns, ob wir Ihn als den „Gott, nicht der Unordnung“ achten und uns von Ihm in Zucht halten zu lassen bereit sind.

„Sein Angesicht schaut die Aufrichtigen an!“ (Ps. 11,7.)

„Eines habe ich von dem HErrn erbeten, nach diesem will ich trachten: zu wohnen im Hause des HErrn alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Lieblichkeiten des Herrn und über Ihn zu forschen in Seinem Tempel.“ (Ps. 27,4)

(Forts. folgt, s. G. w.!)

F. K.

Frage und Antwort

 

 

 

 

 

Frage 16

Was bedeutet die Musterung in 2. Mos. 30,11-16 sowie die Sühne, die jeder zu den Gemusterten Übergehende bringen mußte?

Antwort A

Die angeführte Stelle steht im Zusammenhang mit den Anweisungen, die Mose während jener 40 Tage und Nächte auf dem Berge von Jehova empfing und die den Bau des Heiligtums Jehovas betrafen. (Kap. 25,8.9) Das bei diesem Bau zu verwendende Silber stammte von dem Hebopfer jener Gemusterten. In 2. Mose 38,25-28 finden wir das Gesamtgewicht, die Gesamtzahl derer, von denen es erhoben wurde, und endlich die Art der Verwendung.

„Die Hälfte eines Sekels“ Silber ist gleich „Sühne seiner Seele“ für Jehova. Jeder mußte es bringen, alle mußten es gleichmäßig tun, keiner für den anderen, jeder für sich. Mehr durfte nicht gebracht werden, weniger konnte nicht angenommen werden. Alle bedurften derselben Sühnung, und die gleiche Sühnung genügte für alle. Und dieses Silber wurde (am Bau der Wohnung verwandt) zu einer beständigen Sühnung für die Kinder Israel „zum Gedächtnis vor Jehova“. (2. Mose 30,16)

Welch ein treffliches Bild von Dem, den die Liebe Gottes gesandt als „eine Sühnung für unsere Sünden“!

(1. Joh. 4,10) Ja, das kostbare Blut Christi, und dieses Blut allein, ist gleichsam „die Hälfte eines Sekels“, die Sühne unserer Seelen. Siehe da, unser gemeinsames Anrecht vor einem heiligen Gott, dargebracht von Einem für uns alle, die nichts zu bringen vermochten! Jeder bedarf es, für alle reicht es aus. Mehr braucht es nicht, weniger genügt nicht. Keiner kann für den anderen glauben, jeder muß persönlich kommen. „Keineswegs vermag jemand seinen Bruder zu erlösen ...“ (Ps. 49,7.8) Alle, die je als Sünder im Glauben Gott nahten und noch nahen, haben Anspruch, ein Anrecht auf das teure Blut Christi, „die Hälfte eines Sekels“ als Sühnung für ihre Sünden. Lies Röm. 3,23-25! Handelt es sich jedoch um unsere Fähigkeiten, d.h. das Erfassen und Genießen der uns von Gott geschenkten Dinge, das Eindringen in all die Herrlichkeiten Seiner Gnade durch den einzelnen, so herrscht nicht Gleichheit, sondern große Verschiedenheit. Hier genügt u. U. das wenige, was die „Hand des Gelobenden aufbringen

Die in dem unserer Frage zugrunde liegenden Wort erwähnte Musterung wird uns nicht weiter geschildert, obwohl sie stattgefunden haben muß. Um die Bedeutung des Wortes „Musterung“ zu verstehen, müssen wir uns zu dem 4. Buch Mose wenden. In Kapitel 1 dieses Buches wird uns ein geradezu erhabenes Schauspiel vor Augen geführt. Die Heere Israels treten in der Wüste Sinai zu einer Musterung an. (Vers 1-3) Diese Heere betrachtet später ein David in 1. Sam. 17 mit Augen des Glaubens und spricht von ihnen (obgleich sie sich vor den Feinden fürchten) als von den Schlachtreihen Israels, deren Gott „Jehova der Heerscharen“ heißt. (V. 45) Das will in bezug auf 4. Mose 1 sagen:

Jehova der Heerscharen mustert in der Wüste Sinai Seine Heere.

Es ist eine genaue Bestandsaufnahme nach Zahl und Namen. In 2. Mose 12,37 werden sie nur geschätzt (bei sechshunderttausend), hier werden sie nach „Köpfen“ gezählt, und ihre genaue Zahl ist 603550. (V. 46) In diesem Kapitel finden wir also die Musterung der Heere Israels, in Kapitel 2 die Ordnung ihres Lagers, ... ringsum die Wohnung Jehovas, in Kap. 10,11 20 Tage nach der Musterung ihren ersten Aufbruch und ihre Marschordnung. Sie sollten die Streite Jehovas streiten. (1. Sam. 25,28) Und auf kürzestem Wege gedachte Jehova der Heerscharen Seine Heere zum Sieg über die Feinde und damit in den Besitz des verheißenen Landes zu führen. Bereits in Kap. 13 werden Kundschafter ausgesandt. Aber ach, wie schnell fand dieser Vormarsch einen jähen Abbruch in Kap. 14! Dem ganzen Heer wird verheißen, daß es aufgerieben werden würde in der Wüste! (4. Mose 14,29) Welch ein Vorrecht! Aber auch welch eine Verantwortung! Das dürfte für uns die Nutzanwendung sein. So groß das erste, so groß die letztere. Und das war wohl der Sinn und die Bedeutung jener Musterung. Durch sie sollten die eigentlich Verantwortlichen in Israel

herausgestellt werden. Die Gesamtzahl der in 4. Mose 1 Gemusterten ist 603550. Die Ziffernsumme hiervon ist = 10, d. h. Verantwortlichkeit. Das in 4. Mose 26 gemusterte Heer der inzwischen herangewachsenen jungen Geschlechter hatte eine Gesamtzahl von 601730. (V. 51) Hier ist die Ziffernsumme = 8, d. h. Neu-Anfang. Es waren ja auch die neuen Geschlechter,

Gottes Volk, damals und heute, erlöst, versöhnt, befreit, geheiligt und verherrlicht, ist berufen, hier auf Erden die Schlachten Jehovas zu schlagen, ein „Streiter Jesu Christi“ zu sein im Kampf des Lichtes gegen die Finsternis, der Wahrheit gegen die Lüge. Sein Licht und Seine Wahrheit, Seine Gnade und Seine Herrlichkeit auf Erden zu bezeugen nach Seinen Gedanken und Seiner musterhaften Ordnung, ja, das ist unser Vorrecht und das unsere Aufgabe. Etwas unter seinesgleichen zu bezeugen ist nicht schwer. Doch inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechtes als Lichter des Himmels das Wort des Lebens darzustellen (Phil. 2,15.16), unter Wölfen ein Schaf (Matth. 10,16), unter Dornen eine Lilie (Hohelied 2,2), in Babel ein Daniel, im Hofe des Hohenpriesters ein unerschrockener Zeuge für den verworfenen Christus zu sein, zu Seinem Worte zu stehen, wenn andere abweichen, ja, „treue Leute“ (2. Tim. 2,2) zu sein, wenn tausend andere untreu sind, ja, das erfordert großen Mut. Und das ist heute unser Kampf, Gottes heiliger Krieg, „die Streite Jehovas“. Unser Vorrecht und unsere Verantwortung!

Zwar sind auch heute die „Heere Israels“ in sich selbst zerrissen und entzweit, und Hilfe ist von ihnen nicht zu erwarten. Aber gerade das waren damals und sind heute die Tage der Helden, wo die persönliche Treue der einzelnen hervortritt, wenn das Ganze versagt. Gottes Glaubenshelden standen von jeher allein, aber sie traten ein für alle (vgl. nochmals 1. Sam. 17!). Laßt uns solche sein und immer mehr werden! Bald kommt die letzte Musterung, der letzte große Aufbruch beim Klang der Posaune, bald kommt der Herr, und Sein Lohn mit Ihm! (Offenb. 22,12)

F. Kpl.

Antwort B

In Verbindung mit Frage 13 („Gesetzeserfüllung“) in Jahrbuch 5 (vergriffen!) gab unser Bruder W. W. eine schöne Erklärung zu jenem Sühnegeld, die ich hier mit hersetze!

Der Schriftl. F. K.

Die alttestamentliche Anordnung vom Sühngeld wird uns in 2. Mose 30,11-16 vor Augen gestellt. Gott Selbst hielt da gleichsam die Waage; Er erlaubte es nicht, daß sich der Israelit selbst abschätzte, er konnte und durfte nicht nach eigenem Ermessen sagen: Soundso viel ist genug! Nein! Ein halber Sekel reinen Silbers, und zwar nach dem Gewicht des Heiligtums - das war Gottes Anordnung!

So fordert Gott heute nichts Geringeres und nichts anderes als das volle Gewicht des von Ihm bestimmten echten Lösegeldes, nämlich das Blut Jesu Christi, von jeder Seele und für jede Seele. Er kann, was der Mensch etwa bestimmen und geben wollte, selbst wenn es das Beste wäre, nicht annehmen, weil es niemals an die Erfüllung des Gesetzes heranreicht. Es hatte nimmer das Gewicht des Heiligtums, es wäre unechtes Geld, eine falsche Münze, Schaum und Schlacken. Dies Blut und nur dies Blut ist der einzige vor Gott gültige Preis. Alles, was diesen Wert und Preis nicht erreicht, und jeder, der diesen echten Preis nicht bringt, bleibt unter dem Fluche; sein Urteil lautet wie das über den babylonischen König Belsazar, das ihm der HErr mit Flammenschrift an die Wand setzen ließ: „Du bist gewogen und zu leicht erfunden!“

Dieses Sühnungsgeld ward in gleicher Höhe von dem Armen wie von dem Reichen und umgekehrt erhoben. Der Reiche, der leicht mehr als einen halben Sekel, der zehn, zwanzig und darüber hätte geben können, durfte doch nicht einen halben Gera mehr, der Arme aber auch nicht einen halben weniger darlegen. Hier standen sie alle ohne Ausnahme auf derselben Stufe vor Gott.

So ist es in bezug auf unsere Erlösung; ob arm oder reich, gelehrt oder ungelehrt, jung oder alt, moralisch oder unmoralisch, ein nach unserer Schätzung großer oder kleiner Sünder, - alles ist hier vollkommen gleich. Alle stehen auf derselben Plattform und tragen den einen gemeinsamen Namen: „Sünder“. Darum erkennt Gott auch keinen anderen Preis für jeden unter ihnen an als den, der Sünder frei macht: „Sie werden umsonst gerechtfertigt durch Seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christo Jesu ist.“ (Röm. 3,24) Der Mann mit dem guten Willen und die Frau mit dem zarten und weichen Herzen, auf welches sie sich vielleicht etwas zugute

gerettet werden wollen; gerade so wie jenes elende Frauenzimmer mit ihrem geschminkten Angesicht und ihrer frechen Stirn, wie jene Person, von der vielleicht jüngst beim Vorübergehen gesagt wurde: „Armes, verlorenes Wesen!“ Der eine und selbe Preis ist nötig für die einen wie für die anderen; hier ist „kein Unterschied“, „kein Ansehen der Person“.

W. W.

Anmerkungen des Schriftleiters

Wie schön sind diese Antworten, wie schön und belehrend vor allem auch die miterfragte Auslegung über die Musterung (von einem neugewonnenen Mitarbeiter)! Man könnte wünschen, daß diese Partie noch etwas ausführlicher gehalten wäre, damit sie in ihrer Bedeutung noch klarer würde! Aber sie genügt uns auch so!

Noch einige praktische Hinweise und Anwendungen!

Ich habe mich bei Antwort A in der Fußnote zu der Quersummenfeststellung geäußert. Nicht daß ich nun hier noch näher auf eine Erklärung derselben eingehen will, aber ich möchte noch etwas in dieser Hinsicht zeigen: Wir sehen, daß die beiden Musterungen in 4. Mose 1 und 26 eine verschiedene Zahl ergaben. Merkwürdigerweise aber ist die Zahl, die Antwort A m. E. richtig die des Neuanfangs nennt, trotz der bekannten Fruchtbarkeit des Volkes Israel nicht die größere, sondern die kleinere. Der Unterschied ist freilich nicht bedeutend, aber er ist da. Aber wieviel beträgt er? 1820 Mann! Ziehe die Quersumme: 11 = 2! 2 aber hat eine doppelte Bedeutung in der Schrift (vgl. hierzu meine Aufsätze: Jahrb. 13, Seite 7ff. und 83ff.): Einmal ist es die Zahl der Zeugenschaft, indem aus zweier (oder dreier) Zeugen Mund eine Sache bestätigt werden soll (vgl. 5. Mose 17,6; 19,15; Joh. 8,16 u. a.), und dann ist es die Zahl der kleinsten Gemeinschaft, gemäß Matth. 18,20, „wo zwei (oder drei) versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte“. Wie wunderbar ist also obige Differenz zwischen den beiden Musterungen! Gott will sowohl mit diesem geringeren Neuanfang Seine Gemein-schaft machen, als auch will Er ihn als Seinen Zeugen gebrauchen ...

Aber gehören wir alle dazu? Gehören wir zu den Gemusterten des HErrn, d. h. im neutestamentlichen Sinne zu denen, die Christi Geist haben und Sein eigen sind (Röm. 8,9), zu denen, die gewaschen in Seinem Blute, Kinder Gottes sind? usw. Daß wir doch ja keine - geistlich verstanden - „Simeoniten“ seien! Wie das? Nun - bei den einzelnen Stämmen waren zwischen beiden Musterungen Unterschiede (teils Plus, teils Minus) bis zu rd. 12000 Mann, aber bei Simeon betrug der Unterschied - und zwar Minus (weniger!) - 37100 Mann! Er sank zusammen auf 22200 Mann (Quersumme 6 = Zahl der Menschen!), und im Segen Mose (5. Mose 33) fehlt er ganz!! Ich will hier keine Untersuchung über diese Tatsache anstellen, zumal der Stamm Simeon in Offenb. 7 wieder genannt ist, aber bemerkenswert ist diese Entwicklung doch, und vielleicht spricht sie zu unserem Herzen oder zu unserem Gewissen und stellt uns vor die Frage, ob wir „treu“ sind oder nicht, und ob wir in unserem Dienst für den HErrn in des HErrn Kriegen unseren Platz behaupten oder nicht! Daß es doch nicht dem Feind gelinge, uns etwa durch böse Lehren oder durch lockeren Wandel schwächer und immer schwächer werden zu lassen bis zur Erfahrung etwa von 1. Kor. 3,15! Vergessen wir doch nicht, mit welchem Kaufpreis - „nach dem Sekel des Heiligtums“ - wir von dem nichtigen Wandel nach der Welt und nach den Vätern erlöst sind (vgl. 1. Petr. 1,13-19!)! Wandeln wir demgemäß? Kämpfen wir so? Sind wir Gemusterte? Gemusterte, die die volle Sühne gebracht haben, d. h. für die sie stellvertretend gebracht ist von Ihm, Christo Jesu? Vieles ließe sich hier anfügen, aber ich will schließen mit der Wiedergabe (aus dem Gedächtnis) jener kleinen Begebenheit, die sich vor dem Kriege wohl in einem deutschen Lazarett zutrug.

Dort lag ein Soldat, oder war's ein Matrose oder Seesoldat, schwerkrank (oder verwundet) darnieder. Es ging zu Ende. Mit einem Male rief der Sterbende laut und klar aus: „Hier!“ Gefragt, was er meine, sagte der teure Bruder im HErrn, wie erwachend aus dem Fiebertraum - und doch war's etwas anderes: „O, eben wurde droben die himmlische ‚Stammrolle‘ verlesen, und es wurde mein Name aufgerufen, und da mußte ich doch ‚Hier!‘ rufen!“ - Ja, das mußte er! Und du, mein Leser - wir alle - Brüder und Schwestern - wenn heute der HErr kommt, sind wir alle da? Oder wo sind wir jetzt? Wo und wie stehen wir? Sind wir gemustert, und sind wir treu? Ist die Sühne bezahlt? Sind wir unter ihrer Deckung? - Über jene kleine liebliche Begebenheit

wurde damals ein schönes Lied gedichtet und komponiert, und da heiß‘s im Chor stets: „Wenn der HErr die Namen rufet ... durch die Gnade meines Heilands bin ich da!“ - Und wir?

„Wachet, stehet im Glauben, seid männlich, seid stark! Alles bei euch geschehe in Liebe!“ (1. Kor. 16,13.14)

F. K.

Frage 17

Was meint der Apostel Paulus mit der „zweiten Gnade“ in 2. Kor. 1,15?

Antwort des Schriftleiters

Leider weiß ich nicht, wie diese Frage entstanden ist bzw. durch was für Umstände der Einsender derselben sich veranlaßt fühlte, sie zu stellen. Zunächst nämlich scheint doch überhaupt hier keine eigentliche oder besondere Frage vorzuliegen, da die Sachlage sehr durchsichtig ist! - Da man aber erfahrungsgemäß manchmal an Schwierigkeiten nur so vorbeitappt, ohne sie zu sehen, und wenn man sie sieht, plötzlich erschrickt, so will ich mich - wie so oft - auch mit dieser Frage gründlich beschäftigen, zumal das Textwort Schönheiten in sich birgt, die erst beim Erschließen desselben aufgehen.

Ehe ich auf die Ereignisse, die dem ganzen Sachverhalt in 2. Kor. 1,12-24 zugrunde liegen, eingehe, gebe ich zuerst hier einige Übersetzungen der erfragten Stelle an, weil jene vielleicht schon Licht über dieselbe bringen:

Elberfelder Übersetzung: „Eine zweite Gnade“;

Wiese: „einen doppelten Liebesbeweis“;

Miniatur: „eine doppelte Gunst“;

Plattdeutsch (übertragen): „zum zweitenmal eine Freundlichkeit von mir“;

Allioli: „zum zweitenmal eine Gnade“;

Weizsäcker: „zweimal die Freude“;

Luther: „abermals eine Wohltat“;

Weiß: „zweite Liebeserweisung“;

Goebel: „eine doppelte (göttliche) Gnadenwohltat“;

Menge: „eine neue Freude“.

Welches ist nun der Sachverhalt?

Der Apostel hatte offensichtlich den Plan gehabt, die Gemeinde in Korinth zu besuchen. Aus besonderer, V. 22 angedeuteter Absicht heraus aber war er (noch) nicht gekommen, war vielmehr, wie 1. Kor. 16,5-7 zeigt, noch in Ephesus, wo ihm „eine wirkungsvolle Tür aufgetan“ worden sei, geblieben, hatte die Korinther aber von der Änderung seines Planes eben in dieser Stelle in Kenntnis gesetzt, er würde sonst nur im Vorbeigehen bei ihnen gewesen sein, was er aber nicht wünschte. So hatte er also seinen ursprünglichen Plan, von ihnen nach Mazedonien und von Mazedonien zu ihnen zu kommen, nicht ausführen können, weil die neuere Führung des HErrn es nicht erlaubte. Obwohl er aber, wie gesagt, ihnen die Änderung mitgeteilt hatte, scheint es doch, als ob bei einigen oder vielen leicht Argwöhnischen sein Nichtkommen Anlaß zu Kritik oder Zweifeln, wenn nicht gar Verdächtigungen gegeben habe, so daß der große, treue Mann eine Frage wie 2. Kor. 1,17 aussprechen muß, was ihn sicher tief geschmerzt haben mag! Dennoch erwächst auch hier aus dem Bösen, wie so manchmal, Gutes, wenn nämlich die paulinische Regel von Röm. 12,21 angewandt wird: „Überwinde das Böse mit dem Guten!“ Und eben das tat er, indem er den korinthischen Zweifel an Lauterkeit und Reinheit seiner Beweggründe zum jeweiligen Handeln (das keineswegs der „Leichtfertigkeit“ entspringe)

Unveränderlichkeit der Verheißungen Gottes. (2. Kor. 1,20) Wenn er schon sagen darf, daß er nicht aus Leichtfertigkeit mit dem „Ja“ und „Nein“ willkürlich umginge - wieviel weniger sei Gott unzuverlässig in Seinen Verheißungen! Nein vielmehr, Er sei treu, und in dem Sohne Gottes, in Jesu Christo, habe gleichsam das „Ja“ Gestalt gewonnen. So bekommen wir durch den dem treuen Apostel gemachten versteckten Vorwurf wegen seiner vermeintlichen Unzuverlässigkeit eine unvergleichliche Darlegung über die Unverbrüchlichkeit der in Christo Jesu auf „Ja“ gestimmten Pläne und Gedanken Gottes. Preis sei Ihm!

Zurück nunmehr zu seinem ursprünglichen Plan, zu ihnen zu kommen!

Die ganze Auffassung, die Paulus von seinen apostolischen Besuchen in den Gemeinden hatte, wovon auch die obige liebevolle Abweisung der korinthischen Verdächtigungen, die ihn schmerzten, gewissermaßen Zeugnis ablegt, zeigt, daß er jeden Dienst für den HErrn als etwas Besonderes ansieht und daß er die Gemeinden auch dazu zu erziehen sucht, seine Besuche nicht als etwas anzusehen, was „soso“ („ja und nein“) sein konnte, also an sich keine feste Bedeutung habe. Im Gegenteil! Seine Besuche hatten eine sehr große Bedeutung, mochten sie nun gemäß der liebevoll ernsten Frage 1. Kor. 4,21 oder gemäß seinem Beschluß 2. Kor. 2,1 stattfinden. Sie stellten, eben weil in Christo Jesu „das Ja und Amen, Gott zur Herrlichkeit durch uns“ ist (2. Kor. 1,20), stets eine große Gnade dar - und Gnade ist immer ein göttliches Geschenk, das den Demütigen zuteil wird! -, und solche Gnade oder, wie obige Übersetzungen wiedergeben, solche Wohltat, Freude, Liebesbeweis usw. hätte er ihnen gern zum zweitenmal zuteil werden lassen, war aber ja nicht imstande gewesen, zu kommen, um diese Gnade ihnen zukommen zu lassen. Also der Apostel sieht seine dienstlichen Besuche nicht unter dem Gesichtspunkt einer falschen Bescheidenheit an (die heute manchmal aus Heuchelei geübt wird), sondern gemäß V. 19.20 als eine herrliche Gelegenheit, an der ihm anvertrauten Gabe die Gemeinden und hier die Korinther teilnehmen zu lassen. So ist also die „zweite Gnade“ nicht mehr und nicht weniger als die seitens eines Apostels ausgesprochene Bezeichnung der geistlichen Bedeutung eines Besuches zum Zweck tieferer Einführung in die Geheimnisse und Verheißungen Gottes in Christo Jesu. Mit anderen Worten: Mit dem Ausdruck „eine zweite Gnade“ ist hier keineswegs irgendein oberflächlicher, sondern vielmehr ein solcher dienstlicher

Besuch gemeint, dessen Charakter oder dessen Wesen Gnadenvermittlung in Christo oder nach Röm. 15,29 ein „Kommen in der Fülle des Segens Christi“ ist. Und zwar hoffte er, ihnen solche Gnade zum zweiten Male - das erstemal war es anläßlich seines ersten langen Aufenthaltes in Korinth - zu bringen, was jetzt, wenn sozusagen auch „aufgeschoben“, dennoch „nicht aufgehoben“ war. Denn nie kam der Apostel in einem anderen Charakter zu den Gemeinden!!

Welch eine göttlich inspirierte (geistgehauchte, „göttlich eingegebene“ nach 2. Tim. 3,16) Wertschätzung des Dienstes im „Werke des HErrn“! (1. Kor. 15,58) Ja, Geliebte! und wir? Wie schätzen wir den Dienst ein, den Christus Jesus uns tut durch Sein Wort vermittels der von Ihm gegebenen Gaben? (Eph. 4 und 1. Kor. 12) Vielleicht sind die Träger der Gaben (in Eph. 4,12 werden die Personen: Evangelisten, Hirten und Lehrer selber als „gegeben“, also als „Gaben“ uns vorgestellt!) selbst in ihrer eigenen Beurteilung ihres ihnen göttlich anvertrauten Dienstes ein wenig „korinthisch“, und dann werden es die Empfänger der Dienste erst recht sein, aber unsere Stelle lehrt uns, den Besuchsdienst zum Zweck der Wortverkündigung in Seinem Werk geistlich einzusetzen als eine „Gnade“, und wenn er, ob auch dem des Apostels gegenüber in größter Schwachheit und Unvollkommenheit, gleichwohl in ähnlicher Herzensgesinnung ausgeübt wird, dann wird er auch von denen, an denen er geschieht, höher, weil geistlicher eingeschätzt werden und darum auch gesegneter sein, indem er „den Hörenden Gnade darreicht“ nach Eph. 4,29.

Möge es allezeit bei uns so sein, wenigstens dem Grundsatz nach, und mögen wir alle darin reichlicher zunehmen zur Ehre Dessen, dem dienen zu dürfen mit eines der größten, erhabensten Vorrechte ist. (Vgl. 1. Kor. 3,9 und 2. Kor. 6,1) Er gebe uns Gnade dazu um Seines Namens willen! Seine Gnade genügt auch darin! (2. Kor. 12,9) Preis sei Ihm!

F. K.

Erwarten wir den HErrn?

Als der HErr zum ersten Male auf diese Erde herabkam, wurde Er nur von den wenigen, die das Licht über Sein Kommen in ihr Herz aufgenommen hatten, erwartet und empfangen. Alle diese kennzeichnete eine Sinnesart, die den HErrn erfreute und die der HErr auch heute bei denen zu finden wünscht, die nach Seinem zweiten Kommen ausschauen. Das, was Ihn damals erfreute, erfreut Ihn noch heute. Schau diese kleine Schar an: Den Priester Zacharias und sein Weib Elisabeth - die Jungfrau Maria - „die Hirten, die in der Nacht Wache über ihre Herde hielten“ - den alten Simeon - die Witwe Hanna (Luk. 1 u. 2). Sieh, wie gering sie in den Augen dieser Welt geachtet wurden! Geh in den Palast des Kaisers Augustus! Was wußte der Kaiser von Zacharias, von Elisabeth, von den Hirten, von Simeon und Hanna! Er hatte gewißlich nie etwas von diesen gehört; sie hatten in dieser Welt keine Bedeutung. Und die Schriftgelehrten und Hohenpriester jener Tage beachteten kaum diese Treuen des Alten Bundes.

Auch die Schriftgelehrten unserer Tage kennen vielleicht kaum jene, die heute auf das Kommen des HErrn warten; sie sind eben der Welt unbekannt. Aber im Himmel sind sie gekannt und wertvoll in den Augen Gottes. Sie sind die Fortsetzung jenes treuen Überrestes, von dem Maleachi (Kap 3,16) berichtet. Diese Treuen fürchteten Jehova und unterredeten sich miteinander. Und Gott merkte darauf und hörte, was diese wenigen Treuen miteinander redeten, und „ein Gedenkbuch ward vor Ihm geschrieben für die, welche Jehova fürchten und welche Seinen Namen achten“. Sie waren Jehovas teures Eigentum. Und wie wertvoll wurden sie von Ihm geachtet! Zacharias' Gebete am goldenen Altar - die Unterredung Marias und Elisabeths - die Herzensäußerungen der Hirten - der Lobpreis Simeons und der Prophetin Hanna, alles dieses ist in dem heiligen Buche Gottes niedergeschrieben.

Warum waren alle diese Gott so teuer? Sie hatten das, was Gott ihnen kundgetan hatte, im Herzen aufgenommen, und ihr Verlangen war darauf gerichtet, Ihn, wenn Er kommen würde, zu empfangen. Was der Kaiser redete, was die Schriftgelehrten und Hohenpriester wirkten, ist längst vergessen und vergangen, aber was diese von der Welt Unbeachteten redeten, ist in dem Buche des Gedächtnisses vor Gott eingetragen.

in Luk. 2 so eingehend von ihnen berichtet? Warum wurden sie gewürdigt, die Botschaft zu empfangen: „Euch ist heute in Davids Stadt ein Erretter geboren, welcher ist Christus, der HErr!“? Warum wurden sie vor tausend anderen auserkoren? Ist es nicht deswegen, weil Gott in ihr Herz schaute und sie passend fand, das Licht des Kommens Seines Sohnes zu empfangen und aufzunehmen? Sie waren treue Männer. Sie hielten Wache über ihre Herde in der Nacht; sie gingen treu mit dem ihnen Anvertrauten um; sie gaben sich keiner Bequemlichkeit hin, sondern blieben auf dem Felde, so dunkel auch die Nacht sein und welche Gefahren sie auch in sich bergen mochte. Gott sah diese Hirten und erfreute Sich an ihrer Treue der Herde gegenüber. Sie empfingen die köstliche Botschaft, und treu dem ihnen gewordenen Licht gehen sie nach Bethlehem und reihen sich so in die kleine Schar ein, die den HErrn empfing. Und als sie zurückkehrten, verherrlichten und lobten sie Gott über alles, was sie gehört und gesehen hatten. (Luk. 2,20)

Und warum wurde Simeon so hoch begnadigt, zu wissen, daß er vor seinem Tode den Christus des HErrn sehen solle? Der Geist Gottes sagt uns, daß er gerecht und gottesfürchtig war und auf den Trost Israels wartete. In den bösen Tagen, von allen Seiten umgeben von dem Verderben der religiösen und politischen Welt, wandelte er gerecht und gottesfürchtig. Wenn andere den Namen Gottes verunehrten, er ehrte ihn, „und der Heilige Geist war auf ihm“, und wir lesen: „Er kam durch den Geist in den Tempel.“ Simeon kannte die Wirksamkeit des Heiligen Geistes, und dies kennzeichnet auch heute diejenigen, die den HErrn vom Himmel erwarten. Was die religiöse Welt kennzeichnet, ist das Fleisch. Ihre Bauten, ihre Gewänder, ihre Riten, ihre Zeremonien usw. - sind sie von dem Heiligen Geist? Sicherlich nicht! Sie sind der Eitelkeit und den Gedanken der Menschen entsprungen. Aber Simeons Verhalten, sein Tun und Lassen wurden vom Heiligen Geist bestimmt. In welchem Gegensatz stand er in jenen Tagen zu dem Volke Israel und zu dem, was wir in unseren Tagen sehen! Gott beachtete Simeons Herz und Wandel. Dem Herzen, in welchem Gottes Geist Raum hat, kann Gott Seine Geheimnisse offenbaren. Simeon durfte das Kindlein in seine Arme nehmen und Gott mit seinem Herzen loben. (Luk. 2,28ff.)

Dann wird die Prophetin Hanna in diesem Kapitel erwähnt. Sie kam zu derselben Stunde wie

Simeon herzu, „lobte den HErrn und redete von Ihm zu allen, welche auf Erlösung warteten in Jerusalem“. (Luk. 2,38) Auch auf sie achtete der HErr. Was kennzeichnete sie? Sie war eine Witwe in hohem Alter und aus dem Stamme Aser. Und von Aser wird gesagt: „Er sei wohlgefällig seinen Brüdern, und er tauche in Öl seinen Fuß! ... Und wie deine Tage, so deine Kraft.“ (5. Mose 33,24.25)

„Hanna wich nicht von dem Tempel, in dem sie Tag und Nacht mit Fasten und Flehen diente.“ (Luk. 2,37) Ihr Platz, ihr Heim war dort, wo der HErr Sein Erscheinen zugesagt hatte. (Mal. 3,1) Die Welt und die irdischen Dinge fesselten sie nicht; der HErr füllte ihr Herz. Nicht, als ob sie in dem Tempel gewohnt hätte, aber sie lebte dort in dem verborgenen Leben ihrer Seele, und Gott achtete auf sie, weil ihr ganzes Leben dort war, wo Sein Licht leuchtete. Ihre Augen schauten Ihn, und ihr Mund konnte den HErrn preisen.

O daß auch wir diese Kennzeichen, die der HErr bei dem treuen Überrest fand, an uns tragen möchten, wenn Er kommt!

W. J. H. (A. v. d. K.)

Haben wir acht auf uns selbst?

(1. Tim. 4,16)

Es gibt kranke Menschen, die nicht wissen, daß sie krank sind, weil sie nicht genügend acht auf sich selbst geben. Und es gibt Kinder Gottes, die so wenig acht auf sich selbst geben, daß sie nicht wissen, daß ihr geistlicher Zustand ein kranker ist. Für unser inneres Wachstum und unsere geistliche Gesundheit ist es von größter Wichtigkeit, daß wir acht auf uns selbst haben. Wenn Paulus es für wichtig hielt, einen so treuen Diener des HErrn, wie Timotheus es war, zu ermahnen: „Habe acht auf dich selbst!“, dann haben wir es sicher noch viel mehr nötig, diese Ermahnung zu beherzigen und mit allem Ernst acht auf uns selbst zu haben. Wie wollen wir ohne dieses Achthaben auch die sündigen Neigungen unseres Herzens, unseres

Es ist viel leichter, einen kleinen Fehler in des Bruders Auge zu entdecken, als den Balken in unseren eigenen Augen zu sehen oder zu erkennen, daß ein solcher überhaupt bei uns vorhanden ist. Das Acht-auf-sich-haben ist gleichsam die Wache des Gläubigen über die Gedankengänge und Neigungen seines Herzens, auf welche der nie ruhende Feind immerfort seine Anläufe macht. Alsdann entdecken wir auch die verborgenen Wurzeln unseres Zukurzkommens, erkennen unsere Schwachheit und wenden uns zu dem Thron der Gnade, um von dort Hilfe zu empfangen, um Überwinder zu werden.

Haben wir in der rechten Weise auf uns acht, so stellen wir uns in das Licht des Wortes Gottes und beurteilen uns nicht in dem Licht der Menschen. Unser Weg und Tun mag in den Augen der Menschen richtig, gut und nützlich sein, und doch mag beides von Gott in Seinem Worte verurteilt werden. Und nicht nur werden wir auf unser Tun acht haben, auch auf die Beweggründe, die uns darin leiten, ob die Verherrlichung Gottes darin die treibende Kraft oder auch der Wunsch damit verbunden ist, von Menschen gesehen und gerühmt zu werden oder irdische Vorteile zu erlangen.

Wichtig ist es auch, auf Gewohnheitssünden achtzuhaben, die sich so leicht und unbemerkt bei uns einnisten und uns dann beherrschen. Solche können sein: Stolz, Lieblosigkeit, Lust, Weltliebe, schlechte Laune, Rücksichtslosigkeit, Eigenliebe usw.

Es ist sehr bezeichnend, daß der Geist Gottes die Eigenliebe an die Spitze all der bösen Dinge setzt, durch welche die Menschen in den schweren Zeiten der letzten Tage gekennzeichnet sein werden. (2. Tim. 3,2) Und warum setzt der Heilige Geist die Eigenliebe an die Spitze? Ist es nicht deshalb, weil die Eigenliebe gleichsam der Boden ist, auf dem all die anderen genannten Dinge sich entfalten können? Eigenliebe ist das gerade Gegenteil von dem, was Gott durch den Tod Christi in uns bewirken will: „Er ist für alle gestorben, auf daß die, welche leben, nicht mehr sich selbst leben.“ (2. Kor. 5,15)

O, wie zerstört Eigenliebe das Bild Dessen, der Sich nicht Selbst geliebt, sondern Sich Selbst für uns hingegeben hat! Je größer die Eigenliebe, desto rücksichtsloser ist der Mensch gegen

andere und rücksichtsvoller gegen sich selbst. In diesen letzten schweren Zeiten, wo „die Menschen eigenliebig sein werden“, leben wir jetzt. Und von diesem Geiste und vielen anderen gottwidrigen Dingen und Einflüssen sind wir umgeben. Wie wichtig ist es deshalb, acht auf uns zu haben, und zwar nicht nur, ob der Eigenwille mit seiner schrecklichen Gefolgschaft etwa schon Kraft über unser Herz gewonnen hat, sondern auch, ob wir ernstlich gewillt sind, um jeden Preis Eigenliebe zu verurteilen und abzulegen, denn durch sie verunehren wir nicht nur den HErrn, sondern verleugnen auch Seinen Tod. Hier kommt es ans Licht, ob wir bereit sind, uns selbst zu verleugnen und das Fleisch dem Geiste zu unterordnen. O, wenn die Gläubigen doch mehr Wache hielten über sich selbst und der Eigenliebe in ihren Herzen keinen Raum geben möchten - wie würde sich da die Liebe in der Gemeinde und im Familienleben entfalten und welche Segensströme von Friede und Freude würden sich ergießen!

Aber nicht allein haben wir auf das Böse achtzuhaben, sondern auch auf Gutes, welches von uns zu tun versäumt wird. Christus ist es, der das Vorbild für all unser Tun ist. Was wir auch tun, es muß aus dem Herzen der Liebe und Hingabe an Ihn getan werden, um Ihn zu verherrlichen und das Werk Seines Namens zu fördern. Wollen wir nicht auch auf uns achthaben, ob wir träge und säumig geworden sind, Gelegenheiten, Fähigkeiten, Mittel, die der HErr uns gegeben hat, für Ihn zu benutzen? Lege jeder sich selbst die Frage vor: Wenn niemand mehr beten, treuer arbeiten, mehr Interesse für die Errettung Verlorener haben würde als ich, wie vielen oder wenigen würde dann wohl das Wort des Lebens gebracht werden?!

Fühlen wir nicht, teure Geschwister, wie wichtig das Wort der Ermahnung ist: „Habe acht auf dich selbst!“? Laßt uns den HErrn um Gnade bitten, mit Ernst unsere Herzen zu durchforschen, damit auch wir mit dem Psalmisten sagen können: „Ich habe meine Wege überdacht und meine Füße gekehrt zu Deinen Zeugnissen.“ (Ps. 119,59)

(M.) - A. v. d. K.

Stehen und gehen.

Zwei Prüfungen sind es, durch die Gläubige, die dem HErrn zu dienen und wohlzugefallen wünschen, oft hindurchzugehen haben. Die eine besteht darin, festzustehen und auszuharren da, wo der HErr uns hingestellt hat, die andere, unverzüglich zu gehen, wenn Er es gebietet. Beide Prüfungen finden wir in dem Leben Sauls und Amasas.

In 1. Sam. 13,8-14 wurde Saul auf seine Tauglichkeit für die hohe Aufgabe, der gesalbte König Israels zu sein, geprüft. Sie währte sieben Tage. Er hatte auf das Kommen Samuels zu warten, denn ohne diesen konnte nichts nach dem Wohlgefallen Gottes getan werden; es war eine ernste Prüfung. Das Volk fing an, sich von ihm abzuwenden; alles schien seinen Händen zu entgleiten, und Samuel kam nicht. Sollte er nun noch länger warten? Die Ungeduld seines ungebrochenen Willens kam ans Licht, und die Folge war: Er verlor sein Königreich. „Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen.“ (Jes. 28,16) Diesen Weg des Glaubens ging Saul nicht.

In Amasas Geschichte finden wir die andere Prüfung. Amasa war ohne Zweifel ein befähigter Mann, aber er war mit Saul und nicht in Übereinstimmung mit den Wegen Gottes - nicht mit David gegangen. Aber durch Gnade wurde er wieder zurechtgebracht. Welche Reue und welchen Schmerz mußte er empfinden, als er erkannte, daß er wider David, seinem Herrn und König, gestanden hatte, der ihm jetzt trotz seiner Vergangenheit sein volles Vertrauen schenkte und ihn zum Heerobersten einsetzte. (2. Sam. 19,13) Aber auch er mußte auf seine Tauglichkeit in der ihm von David anvertrauten Stellung geprüft werden. Des Königs Befehl war: „Berufe mir die Männer von Juda binnen drei Tagen, und stelle dich selbst hier ein.“ (2. Sam. 20,4) Nachlässigkeit darf ein Führer sich nicht zuschulden kommen lassen. Ein träger Geist soll in der Mitte des Volkes Gottes nicht gefunden werden, „weil die Sache des Königs dringend ist“. (1. Sam. 21,8) Und in unserer Geschichte sehen wir, daß das Volk eifriger und schneller zur Stelle war als der Führer. Amasa bewies damit seine Unfähigkeit für die ihm anvertraute Aufgabe und fand infolge seiner Säumigkeit den Tod. (2. Sam. 20,10)

Wenden wir uns nun zum Neuen Testament! In Timotheus sehen wir einen Gläubigen, der beiden Prüfungen unterworfen wurde. 1. Tim. 1,3 lesen wir: „So wie ich dich bat ... in Ephesus

zögere ...“ Und weiter Kap. 4,13: „Bis ich komme ...“ Timotheus hatte also an dem Platze zu bleiben, der ihm genannt war, und seinen Dienst dort auszuführen „mit dem Vorlesen, mit dem Ermahnen, mit dem Lehren“. Sorgfältig sollte er dieses bedenken und darin leben, auf daß seine Fortschritte allen offenbar seien. (1. Tim. 4,15) Dies war sein Dienst, in dem er ausharren und für den er in Ephesus bleiben sollte.

Dann aber kam ein anderer Auftrag: „Befleißige dich, bald zu mir zu kommen.“ (2. Tim. 4,9) Die Tage wurden dunkler, der Kampf ernster; man fing an, die Wahrheit aufzugeben und die Welt liebzugewinnen, und man schämte sich des Gefangenen des HErrn. Jetzt hieß es, an die Seite des treuen Mannes zu treten und den guten Kampf zu kämpfen. War Timotheus bereit, die Stätte seines Wirkens in Ephesus zu verlassen? Dies war die andere Prüfung. „Befleißige dich, vor dem Winter zu kommen“ (2. Tim. 4,21) war die nochmalige Aufforderung des Apostels. Das verlangte eine sofortige Bereitschaft, an der Seite des verlassenen Paulus für das Zeugnis der Wahrheit einzutreten.

Solche Proben werden noch heute an uns gestellt. Die Bereitschaft, sowohl in einer schweren Arbeit auszuharren als auch kühn an die Seite derer zu treten, die „dem zuverlässigen Worte nach der Lehre“ (Tit. 1,9) anhangen, sind Proben des Glaubens und der Treue. Bestehen wir die an uns gestellten Proben nicht, so sind wir nicht brauchbar für die Aufgaben, für die der HErr uns gebrauchen wollte. Ihm ein „nützliches Gefäß“ zu sein, erfordert eine beständige Abhängigkeit von dem Worte Seines Mundes.

Wie steht es mit uns? Sind wir treu im Ausharren und Bleiben dort, wo der HErr uns hingestellt hat? Und wiederum, sind wir bereit, sofort zu gehen, wenn Er uns zu gehen heißt? Saul verlor sein Königreich, als er nicht warten konnte, und Amasa sein Leben dadurch, daß er säumig war. Auch wir können viel verlieren! Möchten wir mehr und mehr in unserer Abhängigkeit vom HErrn zunehmen und Seiner Führung uns anvertrauen! Dazu ist aber das Aufgeben des eigenen Willens erforderlich.

L. M. - A. v. d. K.

Unser Gott -

ein Gott nicht der Unordnung!“

(1. Kor. 14,33) (Schluß.)

Auch dieses Mal, in dem kleinen Schlußaufsatz dieses Themas für das alte Jahr, möchte ich zu Anfang erinnern an das Wort 1. Kor. 14,40: „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung!“

Der Raum der letzten Lieferung erlaubt nicht mehr ein besonderes Eingehen auf etliche Versammlungsunsitten, darum möchte ich nur noch kurz eine berühren und dem Leser überlassen, dieser und anderer unter der Zucht des Geistes weiter nachzusinnen.

3. Was sehr störend wirken kann, besonders bei unpünktlichem Kommen (vgl. Punkt 1!), und auch bei engen Sitzreihen ist das Begehren einzelner, ihren „Stammplatz“ zu haben! Schlimm, wenn sich schon ein Fremder darauf gesetzt hat, doppelt schlimm, wenn's ein Bruder, eine Schwester der Gemeinde ist! „Du weißt doch, daß das mein Platz ist!“ So, warum denn? Ach so, dein Kissen liegt da! Entschuldige, das wußte ich leider nicht! Also dein Kissen berechtigt dich, dich durchzuzwängen, wenn schon alle anderen Plätze besetzt sind, dein Kissen heißt andere, den schönen Platz zu verlassen, dein Kissen kann nicht dir, dem Säumigen, herübergereicht werden, damit du es anderswo hinlegst und dich daraus setzest, dein Kissen darf nur von dir besetzt werden, und wenn du es nicht haben kannst, so ist womöglich die ganze Stunde für dich nicht so schön wie sonst ... „Und wenn's nicht ein Kissen ist, so ist's doch mein Platz - und ich muß ‚meinen Platz einnehmen‘!“ So, mußt du das? Es gibt Brüder, denen das „seinen Platz eingenommen haben“ tiefschmerzlicherweise so eine Art „Schibboleth“ ist, aber da ist eben der Ausdruck anders gemeint als hier, und doch - welch eine suggestive Macht hat ein Ausdruck wie dieser, wie man ihn auch gebraucht! Lassen wir uns warnen, Brüder, aus einem unbiblischen Ausdruck etwas zu machen! Daraus wird leicht eine kirchlich-tote Form! Und so verschieden

ganze Kraft des ihn besetzt Habenden! Wenn dein Platz - hier oder da, auch hier oder da im Versammlungsraum, nicht der Platz zu Jesu Füßen ist (nach Luk. 10,39 oder auch zunächst der von Luk. 5,8 u. a.), dann ist er für dich ohne wahren Wert und Segen! Wenn dir die Betrachtung des göttlichen Wortes nicht grundsätzlich - von besonderen Fällen abgesehen, etwa der Schwerhörigkeit wegen oder mangelnden Lichtes oder aus sonstigen stichhaltigen Gründen - von jedem Platz im Versammlungsraum aus gleich lieb und wert ist, wenn du unbedingt „deinen Platz“ haben mußt und darum dich umständlich hindurchdrängen mußt, wobei heruntergestoßene Bibeln und Liederbücher deinen rücksichtslosen Weg kennzeichnen, von anderem zu schweigen - dann, lieber Bruder, liebe Schwester, dann hast du die Herrlichkeit des Wortes noch nicht recht erfaßt, und dann bist du auch mit unserem Thema noch im Widerstreit! Die wahre Unordnung, deren „Gott - unser Gott nicht“ ist, besteht nicht darin, daß du nicht auf „deinem Platz“ sitzest - das ist so belanglos -, sondern die wahre Unordnung besteht in deinem Herzenszustand, der auf andere Dinge bedacht ist als allein auf den HErrn und Sein Wort! (Kol. 3,1-4 u. a.!) Die Unruhe mancher Geschwister vor der Stunde, ob sie auch ihren Platz bekommen, nimmt ihnen ihre ganze innere geistliche Vorbereitung (vgl. Punkt 2!) und stört andere mit, und Fremde werden durch solch ungeistliches, unfreundliches Benehmen mancher regelmäßiger, gläubiger Versammlungsbesucher sehr abgestoßen. Laßt uns das bedenken, Geliebte! Es ließe sich noch vieles darüber sagen, aber ich darf mir das sparen, nicht wahr?! Möge der HErr uns Gnade schenken, daß wir Ordnung im Herzen haben, alles geordnet vor Ihm, indem Sein Geist uns erfüllt und beherrscht! (Eph. 5,18) Dann nämlich werden wir beim Betreten des Raumes, wo der HErr Sein Wort zu uns reden will, betend erfunden werden (Punkt 2!), und dann wird nicht, wenn schon alles besetzt ist - bei noch leerem Raum ist es ja ganz etwas anderes! da freuen wir uns, dort sitzen zu dürfen, wo der HErr uns schon so oft hat Seinen Segen genießen lassen! -, dann wird, sage ich, unser Herz nicht unruhig nach dem „Stammplatz“ suchen und mißmutig sein, wenn er besetzt ist, sondern wir werden freudigen Sinnes den Platz besetzen, den etwa ein ordnender Bruder uns anweist, oder den, den Gott sonst für uns freigelassen hat! Wie kostbar, da sein zu dürfen, wo Er ist, nämlich weil „die zwei und drei in Seinem Namen dort versammelt sind“! (Matth. 18,20) Das sei genug für uns: Er ist da! und wir dürfen uns in Seiner Gegenwart zu Seinen Füßen niederlassen, um Seiner

holden Rede zuzuhören! Welche Gnade heute noch! Der HErr erhalte uns diese Freiheit auch im neuen Jahre! Und hiermit schließe ich meine kleine Aufsatzreihe über unser Thema „Versammlungsunsitten“ für vorläufig! Möge unser Gott, der „nicht ein Gott der Unordnung“ ist, uns diese Betrachtungen segnen und dadurch in „Seiner Gemeinde“, in den örtlichen Gemeinden, Seine Ordnungen fördern! Und möge Er, von dem die Fortsetzung der Titel-Bibelstelle lautet „sondern des Friedens“- denn „Sein Friede“ ist ja die rechte göttliche Ordnung -, möge Er uns „Frieden geben allezeit und auf allerlei Weise“! (2. Thess. 3,16)

Ihm die Ehre in allem! Amen.

F. K.

„Ein Gott der Treue ist Er!“

Ein Wort zum Jahresschluß. (5. Mose 32,4)

„Heute ist des Jahres Ende,

und ich falte still die Hände,

um dem HErrn zu danken!

Hat Er treu mich doch beschützet,

hat gewirkt, daß mein Werk nützet,

mich behütet vor dem Wanken!“

„Treue“ steht mit „trauen“ in Verbindung! Wer dem lebendigen Gott trauen lernt, wer sich völlig Ihm anvertraut, Ihm darum auch gehorcht, der wird selber ein treuer Mensch, ein zuverlässiger Charakter, ein Mann, dem andere trauen und etwas anvertrauen; er genießt Vertrauen! Und „treue Leute“ will der HErr haben und für Sich gebrauchen (siehe 2. Tim. 2,2

3a!). Möchten wir solche Leute werden! Gott Selber sucht mehr denn je „die Treuen im Lande“ (Ps. 106,6), und das ernste neue Jahr möchte uns treuer finden, als wir je waren!

Dazu müssen wir mehr Gemeinschaft haben mit dem „Gott der Treue“! Er allein kann uns zu solchen machen, an deren Treue Sein Herz Sich so erfreut, daß Er dieselbe einst anerkennt. (Matth. 25,21.23) Wie kostbar ist das! (Siehe auch S. 265f. und S. 271!)

Genug aber hier von uns! Wichtiger ist es um die Jahreswende, Ihn Selber zu betrachten und uns Seiner zu freuen, den die Schrift nicht nur, wie hier, den „Gott der Treue“ nennt, sondern von dem z. B. in 5. Mose 7,9 als von dem „treuen Gott“ geredet wird, und weiter: in Ps. 146,6 heißt's: „Der Gott, der Treue hält auf ewig.“ (Vgl. Ps. 143,1!) Und dann ist im Neuen Testament oft das Wort gesagt (vgl. Frage 18 am Schluß!): „Gott ist treu!“, z. B. 1. Kor. 1,9; 10,13; 2. Kor. 1,18; 1. Thess. 5,24 usw., oder „der HErr ist treu!“ (2. Thess. 3,3); von Ihm ist auch gesprochen als von dem „treuen Hohenpriester“ (Hebr. 2,17), von Christus, der treu ist über Sein Haus (Hebr. 3,6), und von dem „treuen Schöpfer“ (1. Petr. 4,19) usw. usw. (Siehe auch noch 2. Tim. 2,13; 1. Joh. 1,9; Offenb. 1,5; 3,14; 19,11!)

Genügen uns diese Stellen, um uns Ihm anzuvertrauen für das äußerlich so trübe vor uns liegende neue Jahr? Haben wir nicht Grund genug, Ihm zu trauen, der so treu ist? Wäre es nicht ungeziemend, Ihn kränkend, und mehr als das, wenn wir Ihm mißtrauen würden und etwa auf das Tun der Menschen, auf ihre Politik, auf ihre Weltanschauungen, auf ihre religiösen Schwärmereien, auf ihre wirtschaftlichen und pekuniären Machtmittel, auf ihre großen Leute, „Männer von Namen“, mehr geben, mehr trauen wollten als auf Ihn, den Treuen, und auf Sein Wort?! Wer verdient wohl mehr Vertrauen als Christus Jesus, der Sein Herzblut aus Liebe hingab, um arme, an der Welt, an sich und an anderen zuschanden gewordene, zerbrochene Menschenkinder für ewig zu erretten, selig zu machen für Zeit und Ewigkeit?! „Er, der doch Seines eigenen Sohnes nicht verschont, sondern Ihn für uns alle dahingegeben hat - wie sollte Er uns mit Ihm nicht auch alles schenken?!“ (Röm. 8,32) Verdient ein solch treuer, liebender Gott nicht mein und dein ganzes, rückhaltloses Vertrauen? Willst du's Ihm vorenthalten? Hast du nicht in dem abgelaufenen Jahre auch erfahren, was der kleine Vers zu Anfang sagt, der mir

einst, vor mehr als 30 Jahren, aus dem Herzen in die Feder geflossen ist? Sicher hast du solche Erfahrungen in Fülle gemacht, und du willst jetzt anfangen, an Ihm - dem Treuen! - zu zweifeln? Nein, nein - du willst es nicht, was rede ich! Und wenn je „zweifelnde Überlegungen“ aufstiegen (vgl. Phil. 2,14 mit Luk. 24,17!), so war's, weil vielleicht dem Feind eine kleine Verdunkelung deines Gemüts gelang oder weil du, wie jene „EmmausJ ünger“, das Wort nicht genügend kanntest - aber an Ihm, an Seiner Liebe und Treue zweifeln willst du nimmermehr, ich weiß es! Und der HErr weiß es ja vor allem!

Aber dann laßt uns doch gleichsam uns die Hände darauf geben, uns ins Auge schauen und uns gegenseitig ermuntern, in treuem Gebet und Ausharren Ihm, dem Unwandelbaren, dem „Gott der Treue“, zu trauen bis hinüber über den Jahresabschluß, bis hinüber über das neue Jahr, ja - bis hinüber in die Ewigkeit! „Der HErr ist treu“, und Er ist unseres schrankenlosen Vertrauens würdig, denn „treu ist, der die Verheißung gegeben hat“ (Hebr. 10,23). Er wird unser Vertrauen nie beschämen, Er wird uns nie enttäuschen, Ihm sei Preis, Lob, Dank und Anbetung, Ihm, dem „Gott der Treue“! „Jesus Christus ist Derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit!“ (Hebr. 13,8)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 18

Was hat es zu bedeuten, oder wie ist es zu erklären, daß die Zahlenangabe in 1. Kor. 10,8 (im Zusammenhang von 1. Kor. 10,1-13) nicht mit der in 4. Mose 25,9 übereinstimmt?

Antwort A

Die Nichtübereinstimmung in der Zahlenangabe findet ihre Erklärung wohl so, daß in 4. Mos. 25,9 die Gesamtzahl der an der Plage Gestorbenen angegeben ist (vierundzwanzigtausend),

während in 1. Kor. 10,8 der Gegenstand nicht die Gesamtzahl ist, sondern die Tatsache, daß an einem Tage dreiundzwanzigtausend fielen. Damit wird die Richtigkeit der Angabe in 4. Mos. 25,9 durchaus nicht in Frage gestellt, denn dort ist nicht gesagt, daß die vierundzwanzigtausend an einem Tage gefallen seien; hier aber wird uns gesagt, daß an diesem einen Tage dreiundzwanzigtausend fielen. Die anderen tausend sind vor oder nach - oder vielleicht vor und nach - diesem Tage gefallen.

Die Bedeutung der Abweichung der Zahlenangabe in 1. Kor. 10,8 von der in 4. Mos. 25,9 ist unseres Erachtens aus dem Zusammenhang zu ersehen, in welchem diese Zahlenangabe in 1. Kor. 10,8 gemacht ist. Es wird da auf die sittlichen Verirrungen des Volkes Israel in der Wüste hingewiesen als eine Warnung für uns, damit wir nicht gleicherweise irren auf unserem Wege durch diese Welt, die für uns eine Wüste ist. Israel, das irdische Volk Gottes, ist das Bild, an dem der Geist Gottes uns treffend zeigt, wie unser Herz ist. Wie Israel durch das Rote Meer von Ägypten getrennt war, wo sie sich vorher befunden hatten, so sind wir durch den Tod Christi von der Welt getrennt, in der wir einst lebten; und wie das Volk Israel in der Wüste sich in seinem Herzen nach Ägypten zurückwandte und in der Wüste in die Dinge verfiel, die in Ägypten getan wurden, so ist für uns die Gefahr beständig vorhanden, daß unser Herz sich zurückwendet zur Welt und in ihren Dingen Befriedigung sucht! Fünfmal lesen wir „alle“ bei der Aufzählung dessen, was Gott mit dem Volke Israel getan und ihnen gegeben hatte (V. 1-3), und fünf Stufen abwärts sind es, die uns dann als warnendes Beispiel des Abirrens gezeigt werden. Das erste ist: „nach bösen Dingen gelüsten“ (V. 6; s. hierzu Jak. 1,14!); die Folge davon ist „Götzendienst“ (V. 7), der Genuß dessen, wonach das Herz gelüstet - der Genuß der Dinge dieser Welt! -; der nächste Schritt abwärts dann ist „Hurerei“ (V. 8) - für die Korinther (und alle Leser des Briefes) zunächst buchstäblich gemeint, dann aber für uns in geistlicher Bedeutung Verbindungen, die uns als Kindern Gottes nicht geziemen (vgl. Jak. 4,3.4!); darauf folgt, daß wir Ihn „versuchen“ (V. 9) in dem Verachten Seines Wortes (4. Mos. 21,5: „unserer Seele ekelt vor dieser elenden Speise“ - wie schrecklich!), und das Ende ist das offene Murren gegen Gott (V. 10). Und um uns die Schwere und die bittere Frucht eines solchen Abirrens recht vor die Augen zu stellen, sind uns auch die schrecklichen Folgen der angeführten Dinge (V. 8.9.10)

aller Erkenntnis und aller Erfahrungen und trotz aller Fürsorge Gottes für alle Bedürfnisse auf unserem Wege durch diese Wüste, und wie ernst es ist, wenn wir nicht über die Regungen unseres Herzens sorgfältig wachen und im Entstehen das verurteilen, was nicht von Ihm, sondern von dem Fleische ist; denn: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung ...“ (V. 11.) - Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, daß die Bedeutung der erwähnten Abweichung in der Zahlenangabe darin liegt, daß in 1. Kor. 10,8 durch die Angabe der Zahl der an einem Tage Gefallenen in besonderer Weise der große Ernst dieser Sache hervorgehoben werden soll. Letzteres würde längst nicht so geschehen, wenn nur, ebenso wie in 4. Mos. 25,9, gesagt würde, daß vierundzwanzigtausend gefallen waren. Dadurch, daß gesagt ist, daß an einem Tage dreiundzwanzigtausend fielen, ist der Eindruck ein viel stärkerer. Wir sehen, daß diese Abweichung nicht etwa ein Fehler ist, sondern daß im Gegenteil göttliche Weisheit darin liegt.

Th. K.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Einige Zeit, bevor diese klare, ernste Antwort Eintraf, begegnete mir der Einsender der Frage unterwegs auf einer meiner Reisen im „Werk des HErrn“. Da gab ich ihm genau die gleiche Antwort, wie sie unser lieber Mitarbeiter im ersten Absatz seiner Ausführungen gebracht hat. Als danach eben diese Antwort Ankam, freute ich mich der Übereinstimmung. - Vielleicht sind übrigens die restlichen 1000 jene „Häupter“, die Mose auf Jehovas Befehl nach V. 4 (in 4. Mos. 25) vorher Ihm „aufhängen“ sollte!

Aber dann fügt unser Mitarbeiter noch eine so tiefergreifende Erklärung über die Bedeutung der erfragten Zahlenabweichung hinzu, daß ich alle Leser ernstlich bitten möchte, diesen Teil der Antwort recht aufs Gewissen und Herz einwirken zu lassen. Wenn wir das tun, so werden wir, und durch uns sicher andere, einen großen Segen haben! Jak. 1,22!

Dazu noch einige Worte zum Abschluß!

Mich bewegt die Tatsache sehr, daß es dem Feinde so oft und leicht gelingt, die göttlichen Wahrheiten gleichsam „auf ein Abstellgleis zu schieben“ und dafür die Gemüter der Menschen, auch der Gläubigen, mit Nebenfragen des Kopfes zu beschäftigen. Das sieht man so recht an diesem Beispiel: Seine göttliche Weisheit will uns den Ernst dessen zeigen, was die traurigen „Vorbilder“ (V. 6 u. 11) unseren Herzen zu sagen haben, und darum läßt sie es so ganz besonders betonen, daß an einem Tage 23000 fielen - unsere menschliche Torheit aber, unter natürlich dem Menschen unbewußter Anleitung des Feindes, legt den Ton auf den Zahlenunterschied und beschäftigt auf diese Weise den Kopf, den Verstand, und macht eine „interessante“ Frage aus einer Sache, die gar keine Frage zu sein braucht für den, der die Bedeutung des ganzen Zusammenhanges zu sich reden läßt! Gewiß - die Absichten des Feindes, obwohl sie uns nicht unbekannt sein sollten (2. Kor. 2,11), sind dem schlichten Bibelleser oft verborgen, aber wenn wir, was wir alle nötig haben, uns die Augen mehr öffnen lassen für das Große, das Wichtige, was Gott uns zu sagen hat, dann kann der Feind nicht so einfach seine Ziele mit uns erreichen, die stets mehr dem Verstand zu schmeicheln als das Herz für Gott zu bilden suchen.

„Die Schrift kann nicht gebrochen werden!“ Sowohl kannte - das ist die äußere Seite der Sache - Paulus die biblische Geschichte seines Volkes besser als wir, weswegen ein Irrtum seinerseits ganz ausgeschlossen ist, als auch wußte - und das ist die innere Seite - der Heilige Geist, weswegen Er die um 1000 niedrigere Zahl als die Zahl der an einem Tage Gefallenen uns angeben ließ: damit wir erkennen möchten, wie gefährlich es ist, nicht das Wohlgefallen Gottes zu haben (V. 5; vgl. Röm. 12,1.2 und Hebr. 12,28 u. a.!). Darauf kommt es in der ganzen Stelle an. Mögen wir das wohl bedenken! Darum ist es aber - so ernst es ist - auch köstlich zu wissen, daß, wie unsere Umstände in der Zukunft auch sein mögen, keine größeren Versuchungen über uns kommen werden als nur solche, die von Menschen ertragen werden können (vgl. V. 13!), natürlich in des HErrn Kraft (Phil. 4,13). Denn - wenn wir nur nicht sicher werden in uns selbst (V. 12!!) - wir haben stets „Gott für uns“ (Röm. 8,31-39), und „Gott ist treu!“ (V. 13, vgl. S. 275ff!) Laßt uns also Ihm glauben, d. i. vertrauen und gehorchen, so werden wir Sein Wohlgefallen haben fernerhin und auch in dem neuen Jahre, das dunkel vor

uns liegt! Er gebe uns Seine Gnade dazu!

Gott ist treu!“ Sein Name sei gepriesen ewiglich!

F. K.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18. Jahrbuch (1933)

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15)

Schlichte Worte zum Jahresanfang.

Paßt uns dies Wort zum Jahresbeginn, oder hätten wir lieber ein etwas „freundlicheres“? Nun, nehmen wir dieses als eine Mahnung vom HErrn, dann wird uns Seine Freundlichkeit, daß Er Sich so mit uns beschäftigt, köstlich sein, und wir werden uns bemühen, den Ernst der Aufforderung auf Herz und Gewissen wirken zu lassen; und darauf kommt es ja stets an, und so auch ganz bestimmt beim Anfang eines ganz besonders trübe vor uns liegenden neuen Jahres!

Das Wort ist nicht vollständig zitiert - absichtlich! Es scheint mir nämlich, als dürfte man es so wiedergeben, um dann zu ergänzen, was einem gerade das Wichtigste ist. Und so möchte ich es - als vor dem HErrn - auch zunächst angewandt wissen, wenngleich ich später auch noch (d. h., s. G. w., in der nächsten oder übernächsten Lieferung!) auf die eigentliche Fortsetzung der Stelle, wie sie in 1. Petr. 3,15 steht, eingehen will.

„Seid aber...!“ Ja, laßt uns im neuen Jahr mehr als seither Menschen des großen Gegensatzes sein, Menschen, die nicht vom Zeitgeist sich treiben lassen, mitschwimmen im Strom der

allem fragen wie Paulus: „HErr, was willst Du, daß wir tun sollen?“ (nach Apgesch. 22,10 [Luther]). „Aber-Menschen“ im rechten Sinne sind solche, die nicht ängstlich und zaghaft im Getriebe dieser Welt hin- und herschwanken, sondern die zielbewußt und stetig ihren Weg dahingehen, unbeschwert durch die Lasten, die sonst jedes Menschenherz bedrücken, Menschen, die, ohne nach links und rechts auf die hochgehenden Wogen der irrenden und verwirrenden Urteile der satanbeherrschten Welt zu schauen, voranschreiten, dem herrlichen Ziele ihrer Berufung nach oben entgegen. (Phil. 3) Seien wir solche rechten „Aber-Menschen“, nicht etwa solche, die bei jedem Worte, das der HErr ihnen sagt, ein „Aber“ (oder ein „Wenn“) dagegenzusetzen haben! Nein, solche Menschen des großen göttlichen „Abers“, wie wir es z. B. in Eph. 2,4 u. a. finden!

Jederzeit bereit- wozu?

Nun, da gibt es manche Dinge, die uns beim Beginn eines neuen Zeitabschnittes vor Augen stehen könnten. Zum Beispiel:

1. Dazu, das Kommen des HErrn zu erwarten! In Luk. 12,35.36 sagt Er uns: „Es seien eure Lenden umgürtet und eure Lampen brennend; und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren HErrn warten ...!“ und Mark. 13,37: „Was Ich aber euch sage, sage Ich allen: Wachet!“ Also auch uns heute, nicht nur dem gläubigen jüdischen Überrest, der das Kommen des Sohnes des Menschen erwartet zum Gericht über die Nationen, wird gesagt: „Wachet!“ „Seid bereit!“ Wir warten auf unseren HErrn, der versprochen hat wiederzukommen, um uns dorthin zu holen, wo Er die Stätte bereitet hat, damit wir allezeit bei Ihm seien (Joh. 14,3; 1. Thess. 4,18) - aber wie warten wir? Sehnsüchtig, allezeit bereit? Oder mit Zittern und Zagen? Oder mit der geheimen Bitte, daß Er noch verziehen möchte, da dieser und jener unserer Verwandten noch nicht gerettet sei? (so daß also nicht Sein Kommen uns die Hauptsache ist!), oder mit Zweifeln und biblischen oder gar wissenschaftlichen Bedenken? - Brüder, sind wir allezeit bereit auf Sein Wiederkommen? Wollen wir's nicht in diesem neuen Jahre sein und immer mehr werden, Ihm auch die überlassend, die von den Unseren noch nicht zu Ihm kommen wollten? Was ist uns Sein Kommen - um Seinetwillen - um unsertwillen? O daß wir alle geheiligten Ernst machten

mit dem Ruf: „Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offenb. 22,20) „Seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten!“ „Seid aber jederzeit bereit“, d. i. „zubereitet“, abgesondert, geheiligt für Ihn, gelöst von der Welt! „Jederzeit bereit!“ Der HErr mache es uns wichtig!

2. Aber wenn Er noch verzieht - verzieht aus Gründen wie 2. Petr. 3,9 -, dann werden vielleicht einige von uns noch vorher entkleidet werden (2. Kor. 5,1ff.), d. h. sie werden noch durch den leiblichen Tod zu gehen haben! Und wir wissen ja, wie diese Möglichkeit auch oft so plötzlich uns Gläubigen naht! Da ging im November vorigen Jahres ein geliebtes, treues Glied der Gemeinde in Dresden heim, ein Bruder, der vorbildliche Ältestendienste getan hatte und von uns dort sehr vermißt wird. Aber sein Heimgerufenwerden geschah ganz unerwartet, durch Herzschlag auf der Straße. Zwei Tage zuvor war er noch in der Versammlung in alter Treue tätig gewesen, seine Gebete waren ob ihrer Tiefe aufgefallen - er war wirklich zubereitet, und - plötzlich war er daheim! Sind wir bereit? Seid jederzeit bereit - zum Sterben! Paulus war bereit, er sehnte sich, hatte „ein sehnliches Verlangen“ (so wörtlich), „abzuscheiden und bei Christo zu sein“ (Phil. 1,23), aber er mußte noch warten, doch dann, als es soweit war, daß er seinen HErrn durch den Märtyrertod verherrlichen sollte, da war er auch zubereitet und bereit, wie der 2. Timotheusbrief so köstlich zeigt (vgl. z. B. Kap. 4,6-8)! Sind wir bereit? Haben wir „den guten Kampf des Glaubens“ so gekämpft, daß wir freudig hinüberschauen und bereit sind hinüberzugehen, wenn Er uns ruft, „daheim“ zu sein? (2. Kor. 5,8) Welch ein Zeugnis von Seiner Macht und Gnade ist doch vor der Welt die Sterbensbereitschaft der wahren Gläubigen! Der Tod ist unser! „Alles ist euer“ - auch der Tod, das zeigt uns die Schrift 1. Kor. 3,22, denn er vermag uns „nicht zu scheiden von der Liebe Gottes in Christo Jesu, unserem HErrn!“ (Röm. 3,39) Sind wir also bereit? Und wenn nicht - wollen wir nicht im neuen Jahre auch dazu uns mehr bereitmachen lassen, den HErrn, wenn Er es so will, durch den Tod, vielleicht gar einen Tod für Ihn, zu verherrlichen? „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende!“ aber dieses ist dann der Anfang neuer Herrlichkeit!

3. Doch es muß ja nicht gerade der Tod sein, zu dem Er uns für dies Jahr bestimmt hat! (D. h. wenn Er Selber noch verzieht!) Er kann ja beschlossen haben, uns in besonderer Weise in den Schmelztiegel auserlesener Leiden zu legen! Wohlgemerkt: nur „für eine kleine Zeit“ und „wenn

es nötig ist“ (1. Petr. 1,6.7), aber es würde doch sicher sehr schmerzhaft sein, denn Er würde doch damit etwas mit uns erreichen wollen, was Er ohne solche Erziehungsliebeswege nicht erreichen könnte. (Hebr. 12,4ff.!) Vielleicht sind wir - stimmt's nicht? - zu nichts so schwer bereitzumachen wie zum Leiden, und gerade deshalb können sie uns nicht erspart werden, ob es sich nun um Straf- oder Bewahrungs- oder Bewährungs- oder Verherrlichungs- oder Erziehungsleiden handelt, und ob es Märtyrerleiden sind oder Krankheiten oder dergleichen - das ist auch noch ein gar großer Unterschied -, aber in allen Leiden liegt ein großer Segen verborgen (Hebr. 12,11; Jes. 38,17 u. a.), und wir sollten uns darum gern bereitstellen und durch Gnade bereitmachen lassen zum Leiden, wenn Er es für gut hält. Denn wenn irgendwo, so ist hier das Wort am Platze: „Denen, die Gott lieben, dienen alle Dinge zum Guten“ (Röm. 8,28), und wenn wir die Dinge alle im Lichte der Ewigkeit sähen, wenn wir das Bild sähen, das Er in uns und an uns hervorbringen will - Sein Bild, und Er ist auch (erst) „durch Leiden vollkommen gemacht“ (Hebr. 2,10!) -, dann würden wir, wenn auch unter Tränen, sagen: „Ich brauch's, HErr, schlage zu!“ Und es ist ja auch so, daß die Rebe, die Frucht tragen soll, gereinigt werden muß, und das Messer tut weh! Aber „das Feuer und das Messer“ sind beide in Seiner Hand (siehe 1. Mos. 22,6) - welche Beruhigung für uns! Seine Hand macht keinen falschen Schnitt, brennt auch nichts weg als das, was weg muß! Darum „HErr, mach uns im neuen Jahre bereit zum Leiden, wenn es Dein ‚guter, gnädiger und vollkommener Wille‘so will! Ich will als echter ‚Aber- Mensch‘jederzeit bereit sein zum Leiden, denn Deine Gnade wird auch dazu genug sein für mich!“ (2. Kor. 12,9)

4. Und noch eins finde uns jederzeit bereit: das Leben, das Dasein, der Lebenskampf! Ob dies nicht mit das Schwerste ist? Heutzutage besonders?! Heute in den verschiedenen Nöten und Notlagen?! Ist das äußere Leben nicht wirklich für die meisten von uns ein aufreibender, zermürbender Lebenskampf? Ja, aber! Ach so, ich soll ja ein „Aber-Mensch“ sein! Also: aber, aber nur für den ist es das, der noch nicht gelernt hat, sein Leben aufzufassen als einen Dienst für Gott! Wer nur für sich lebt - bestenfalls auch für seine Familie! -, der lebt gewiß nicht richtig, und eine unrichtige Lebensweise hat stets schmerzliche Folgen für den Betreffenden, so im Äußerlichen, so im Geistlichen! Wer sein Leben als irdischen Kampf auffaßt, der wird darin,

muß, um zu wissen, wie er's machen soll, und die Welt wird Kinder Gottes stets „übers Ohr hauen“; der Welt sind wir nicht gewachsen, „die Söhne dieser Welt sind klüger als die Söhne des Lichts bezüglich ihres eigenen Geschlechts“. (Luk. 16,8) Mit dem Zeitgeist der Welt können wir nicht mit, schon deswegen nicht, weil wir als Gläubige uns nicht wie jene herauszuhelfen versuchen können durch Lügen und Unwahrhaftigkeiten. Es ist darum nichts törichter, als wenn wir Gläubige Weltgrundsätze zur Grundlage auch unseres Handelns machen wollen, wir werden dabei stets zu kurz kommen! Aber wenn wir unser Leben als für Ihn, unser Dasein als durch Ihn und Seine Gnade, unseren Lebenskampf als Glaubenskampf auffassen, dann braucht's wohl stets neuer Bereitschaft dazu, aber dann ist die Kraft dazu da, wie Paulus sagt Phil. 4,13: „Ich vermag alles durch Den, der mir Kraft gibt: Christus.“ Wenn wir mit Kol. 3,17.23.24 vollen Ernst machen, werden wir erfahren, daß der HErr den Ihm geschehenden Dienst unseres ganzen Lebens wohl zu werten und zu belohnen weiß, so daß wir sicher nicht zuschanden werden, sondern bei Ihm „Leben und volles Genüge“, „Leben im Überfluß haben“, d. h. je nachdem, wie Er, unser guter Hirte, es für gut für uns befindet. (Joh. 10,10) Darum laßt uns im neuen Jahre jederzeit bereit sein zum Leben, zum Dasein für Ihn, zu Seiner Ehre - und wir werden das Jahr, das so dunkel vor uns dräut, ein schönes, gesegnetes zu nennen bereit sein (wenn wir sein Ende haben erleben dürfen), denn „ein Leben für den Heiland, das ist der Mühe wert!“ und „Ich habe nur ein Leben, und das gehört dem HErrn - Ihm, der es mir gegeben, geb' ich es froh und gern.“ Und so sagt Sein Wort:

„Sei es, daß wir leben, wir leben dem HErrn, sei es, daß wir sterben, wir sterben dem HErrn! Sei es nun, daß wir leben, sei es, daß wir sterben - wir sind des HErrn!“ - “Denn das Leben ist für mich Christus!“ (Röm. 14,8; Phil. 1,21) Gepriesen sei Sein Name!

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

F. K.

(Forts. folgt, s. G. w.)

„Finsternis bedeckt die Erde und Dunkel die Völkerschaften.“

(Jes. 60,2)

Ratlos stehen die Nationen, in dem Völkermeere braust und wogt es, und „die Menschen verschmachten vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen“. (Luk. 21,25.26) Diese Worte zeichnen die Zustände, unter welchen wir in das neue Jahr hineingehen. Überall schauen wir um uns das Verderben und mit ihm das Elend der Menschen und das Seufzen der Schöpfung. Und der Ursprung all dieses Elends und Seufzens ist die Sünde.

Es nahm seinen Anfang, als das Haupt der Schöpfung, der Mensch, aus Gottes Gegenwart vertrieben wurde; da brachte seine Sünde den Fluch über die Schöpfung. „Verflucht sei der Erdboden um deinetwillen: mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zur Erde, denn von ihr bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren!“ (1. Mos. 3,17-19)

Von dieser Stunde an brachte die Erde dem Menschen nicht mehr die herrlichen Früchte Edens, sondern Dornen und Disteln hervor. Im Schweiße seines Angesichtes, durch schwere Arbeit, mußte der Mensch ihm jetzt die Nahrung für die Erhaltung seines Lebens abringen - eines Lebens, das nur noch ein Sterben nach dem Worte Jehovas ist: „Welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben.“ Von da an trägt der Mensch den Tod in sich. Sein Leben ist von der Stunde der Geburt an ein Sterben. Mit Geschrei tritt er in dieses Leben ein, und mit Seufzen geht er aus demselben hinaus. Jede Ermüdung seines Leibes, jeder Schmerz, auch der geringste, ist eine Erinnerung an den Tod, daß er zur Erde zurückkehren muß, von der er genommen ist nach dem Worte Jehovas: „Staub bist du, und zum Staube wirst du zurückkehren!“ (1. Mos. 3,19)

Stempel des Verderbens. Das Getier des Feldes, alles Gevögel des Himmels, kam nach Gottes Geheiß zum Menschen - zu dem über sie gesetzten Herrscher. (1. Mos. 1,28; 2,19) Furchtlos nahten sie sich ihm, und er gab jedem seinen Namen. Jetzt war es anders. Zum ersten Male ließen sie ihr Leben um des Menschen willen, als Gott Selbst ihr Lebensblut vergoß, um aus ihren Fellen den Menschen eine Bedeckung für die Schande ihrer Sünde zu machen. Zugleich zeigte Er damit an, daß das Leben eines anderen, eines Schuldlosen, zu ihrer Errettung dahingegeben werden müsse, und gab damit einen Hinweis auf das von Gott vor Grundlegung der Welt ersehene Lamm Gottes. In dieser ernsten Stunde sahen ihre Augen zum ersten Male mit Entsetzen den Tod. Welch ein Beben mußte ihr Herz erfaßt haben, als sie die Leichen dieser Tiere sahen und daran lernten, was der Tod sei, der auf ihnen selbst jetzt ruhte! Wie furchtbar ist die Sünde und die Folgen derselben!

Alles dieses war aber nur erst der Anfang des Verderbens. So wie die Sünde der Menschen wuchs, wuchs mit ihr auch das Verderben und vermehrte das Elend und Seufzen in dieser Welt. Diese Vermehrung des Unheiles sehen wir gleich im Anfang in der Geschichte Kains, des ersten in dieser Welt geborenen Menschen. Die Erde hatte das Blut Abels, seines Bruders, getrunken, und Gott vermehrte um Kains Sünde willen das Verderben. Er sagte: „Wenn du den Erdboden bebaust, soll er dir hinfort seine Kraft nicht geben“ (1. Mos. 4,12), soviel Mühe und Schweiß der Mensch auch daran wenden mochte.

Und wie oft hat seit den Tagen Abels die Erde ihren Mund aufgetan, um das von Bruderhand in Strömen vergossene Blut der Menschen zu trinken! Denken wir nur an den letzten Weltkrieg! Wenn das vergossene Blut Abels eine Vermehrung des Fluches brachte, wollen wir uns dann wundern über die Vermehrung des Verderbens, welches nach all dem vergossenen Blut der Menschen über die Welt gekommen ist?

So treten uns gleich im Anfang auch die beiden Formen der Sünde entgegen: 1. Adams und Evas Sünde als Sünde der Übertretung gegen Gott und 2. die Sünde des ersten geborenen Menschen als Sünde gegen den Nächsten (wohl war auch diese Sünde Sünde gegen Gott, aber doch war sie unmittelbar Sünde gegen Abel). Beachtenswert und bedeutungsvoll ist es, daß der

erste Tod eines Menschen in dieser Welt nicht die Folge des göttlichen Urteilsspruches war, sondern durch die Gewalttat eines Menschen herbeigeführt wurde.

Wie oft haben die Menschen den Schmerz des Brudermordes nach diesem ersten durchkosten müssen! Und gar bald nach ihrem Falle mußten auch Adam und Eva ihn schmecken. Was ihr Herz auch beim Anblick der um ihretwillen getöteten Tiere empfunden haben mochte, wie unvergleichlich schmerzlicher mußte ihnen der Anblick des ersten toten Menschen - ihres von Bruderhand erschlagenen Sohnes Abel sein! Das Blut jener Tiere sprach von der Gerechtigkeit Gottes und der Sühnung ihrer Sünden, Abels Blut aber zeugte von der ersten Gewalttat des Menschen in dieser Welt.

Gewalttat ist ein Kennzeichen des Geschlechtes Kains. Wie die Gewalttat wuchs, sehen wir aus den Worten Lamechs, des Fünften nach Kain: „Einen Mann erschlug ich für meine Wunde und einen Jüngling für meine Strieme! Wenn Kain siebenfältig gerächt wird, so Lamech siebenundsiebenzigfältig.“ (1. Mos. 4,23.24) Und weiter lesen wir von den Tagen Noahs: „Und die Erde war voll Gewalttat ... denn alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.“ (1. Mos. 6,11.12)

Das Zunehmen der Sünde der Menschen brachte wieder neues Verderben über die Erde. Alle Brunnen der Tiefe brachen auf, und die Fenster des Himmels öffneten sich, und Regen fiel als Gottes Gericht vierzig Tage und vierzig Nächte in so grauenvoller Weise auf die Erde herab, daß allem Leben ein Ende gemacht wurde. Tiefgehende Veränderungen muß die Erde durch dieses Gericht erfahren haben - Veränderungen, die sich auch auf die Lebenskraft der Menschen so auswirkten, daß von da ab die Lebenszeit des Menschen auf ein Zehntel seiner früheren Dauer verkürzt wurde. Schon Mose betete: „Unsere Lebenszeit - sie währet siebenzig Jahre und, wenn's hoch kommt, achtzig Jahre.“ (Ps. 90,10, Menge) Vor dem Gericht der Flut erreichten die Menschen aber ein Alter von fast tausend Jahren; zur Zeit der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden, wenn diese vom Fluche befreit ist, werden die Menschen wieder das tausendjährige Alter erreichen.

denn Gott tränkte zuvor den Erdboden durch einen Dunst, der von der Erde aufstieg und durch welchen die ganze Oberfläche des Erdbodens befeuchtet wurde (1. Mos. 2,6), so datieren auch erst von dieser Zeit die Überschwemmungen, die die Erde seitdem so oft verwüstet haben. Wir dürfen dies wohl um so mehr annehmen, als auch damals Gott den Regenbogen (der den Wolkenregen bedingt) in die Wollen setzte als das Zeichen, daß bei wiederkehrendem Regen Er Seiner Worte gedenken und sie halten werde.

Können wir nicht in den verschiedenen Strafen wie: Im Schweiße des Angesichtes zu arbeiten, in der Verkürzung des menschlichen Lebens und in dem Regen zugleich auch Gottes Erbarmen sehen, der in und mit der Strafe auch einen Segen verband? Müssen wir nicht bekennen, daß in der Arbeit, in der Verkürzung des Lebens und in dem Regen Segen liegt?

Wir sahen, wie nach der Sünde Kains eine Schwächung der Kraft des Erdbodens eintrat. So liegt es nahe, daß auch nach der Verheerung der Erde durch die Flut der Erdboden eine weitere Schwächung seiner Kraft erfuhr, so daß Gott nun nach der Flut auch das Fleisch der Tiere dem Menschen zur Speise gab. (1. Mos. 9,1-7) Damit fiel die Furcht und der Schrecken des Menschen in vermehrter Weise auf alles Getier der Erde und auf das Gevögel des Himmels. So finden wir auch hier wieder die Vermehrung des Verderbens durch die Sünde der Menschen. Welchen Leiden ist die Tierwelt durch die Verfolgung der Menschen seitdem ausgesetzt! Und wie grausam behandelt der Mensch oft die Tiere, die für ihn arbeiten müssen! Blicke einmal in das Auge solcher! Ist es nicht, als ob das Sehnen nach Erlösung darin geschrieben stünde!? So ist die ganze Geschichte der Menschheit in seiner Auflehnung gegen Gott eine Geschichte der Vermehrung des Verderbens der Schöpfung.

Wir könnten noch mehr Beispiele anführen, wenn wir z. B. an Babel, an die Strafe der Sprachenverwirrung denken, deren Folge die Bildung der Völkerschaften mit dem Haß und den Kriegen untereinander war. Und wie sind einzelne Teile der Erde durch die Sünde der Menschen unfruchtbar gemacht und zu Einöden geworden! Wir erinnern nur an Sodom und Gomorra und an Israels Erbteil.

und wartet sehnsüchtig auf den Tag der Offenbarung der Söhne Gottes, an welchem auch sie (von der Knechtschaft des Verderbnisses frei gemacht) teilhaben wird an der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. Die stumme Kreatur kann ihr Seufzen nicht selbst aussprechen, die Kinder Gottes aber, die die Erstlinge des Geistes haben, sind der Mund dieser Sprachlosen. Als solche, die durch ihren gebrechlichen Leib selbst dieser Schöpfung noch angehören und auf die Erlösung ihres Leibes warten, bringen sie ihr und der Schöpfung Seufzen vor Gott. (Röm. 8,18-23)

Dieses sehnsüchtige Harren liegt über die ganze Schöpfung ausgebreitet. Es ist, als sei in jeder Menschenbrust eine Erinnerung an das verlorene Paradies zurückgeblieben. Wie sehnen sich die Menschen nach den schönen Plätzen der Erde und suchen sie auf, um noch etwas von den Wundern der Herrlichkeit der Schöpfung anzuschauen, die doch längst ihre erste Schönheit durch die Sünde der Menschen verloren hat. Und doch ringt sich trotz allem Seufzen immer wieder im Menschenherzen ein Hoffen durch, einmal von dem Verderben freizuwerden. Wie oft hören wir Worte wie: „Es muß doch einmal in der Welt besser werden!“ oder „Einmal müssen doch die Völker zur Ruhe kommen und muß es Friede werden!“

Die Menschen strengen sich an, dieses Ziel zu erreichen. Sie haben zu diesem Zweck den Völkerbund errichtet, aber Gott ausgeschlossen. Die Sowjetregierung will ihr Land zum Paradiese machen, hat aber Gott entfernt und Judas Ischariot ein Denkmal gesetzt. Und was hat sie aus diesem so fruchtbaren und gesegneten Rußland gemacht? Das Land, welches mit dem Überfluß seines Ertrages anderen Ländern diente, ist ein Land des Hungerns, des Grauens und des Entsetzens geworden. Und kann es anders sein, wenn der Mensch so seine Feindschaft gegen Gott offenbart wie in diesem Lande? Wie furchtbar sind die Leiden derer, die in jenem Lande den HErrn bekennen! Er allein kennt die Vielen, die dort um Seines Namens willen in so schauderhafter Weise hingemordet wurden und noch werden.

So ist die Geschichte des gefallenen Menschen ein Beweis, daß er ohne Gott das Verderben um sich herum nur vermehren, aber nicht vermindern kann. Über die Tage Noahs sagt die Schrift, daß der Mensch seinen Weg verderbt hatte auf Erden, und von dem jetzigen Zeitalter sagt der

HErr, daß wir am Ende desselben eine Wiederholung der Tage Noahs finden werden. Sehen wir die Widerspiegelung der Tage Noahs nicht schon in dem frechen Auftreten der Lästerer, in den harten Worten, mit denen Gottlose gegen Gott zu Felde ziehen, in der Anmaßung, dem Prahlen, dem Rühmen, der Unzucht, der Ungerechtigkeit, der Gewalttat und dem Blutvergießen der Menschen? Fallen nicht schon die dunklen Schatten des Endes auf diese Welt? Ist alles dies nicht ein Mahnruf an uns, an den Lenden umgürtet zu stehen und mit brennenden Lampen den HErrn zu erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit?

Dann wird Er das Sehnen der Menschen erfüllen und den Frieden bringen, den die Menschen ohne Ihn, den Friedefürsten, mit ihrer eigenen Kraft erreichen wollten und es nicht vermochten. Wenn Er von dieser Seiner Kraft, mit der Er vermag auch alle Dinge Sich zu unterwerfen, Gebrauch machen wird, dann wird Er die Nationen weiden mit eiserner Rute und Sich Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße legen und den Gesetzlosen durch den Hauch Seines Mundes verzehren.

Dann wird Friede auf Erden, dann werden Wolf und Lamm beieinander weilen; Pardel und Böcklein zusammen lagern; Kalb, Löwe und Mastvieh miteinander sein; Kuh und Bärin ihre Jungen zusammen lagern; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind und der Säugling am Loche der Natter spielen. Böses und Unrechtes wird dann auf Erden nicht mehr sein, Lüge und Trug nicht mehr geredet und Tränen nicht mehr geweint werden; Gott wird sie von jedem Angesicht abwischen. (Jes. 11,6-10; 25,8; Zeph. 3,13)

Dann herrscht ein König in Gerechtigkeit (Jes. 32,1); dann ist der Nichtswürdige ausgerottet (Nah. 1,15), und ein gemeiner Mensch wird nicht mehr edel genannt und ein Arglistiger nicht mehr vornehm geheißen. (Jes. 32,5) In dieser Zeit der tausendjährigen Herrschaft des HErrn auf Erden werden (wie schon hingewiesen wurde) die Menschen älter als Methusalah werden, der 965 Jahre alt wurde. Die Tage der Menschen werden gleich den Bäumen sein. Wenn in dieser Zeit noch vom Tode geredet wird, so geschieht es nur vom Tode der Gottlosen, aber niemals vom Tode eines Gerechten. Im Gegenteil, kein Einwohner des Landes wird dann

sagen: „Ich bin schwach.“ (Jes. 33,24; 35,10)

„Es soll dort alsdann keinen Säugling von wenigen Tagen und keinen Greis mehr geben, der seine Tage nicht voll auslebte; sondern der Jüngste soll als Hundertjähriger sterben und, wer nur hundert Jahre alt wird, als ein vom Fluch getroffener Sünder gelten. Wenn sie Häuser bauen, werden sie auch darin wohnen, und wenn sie Weinberge anlegen, auch deren Ertrag genießen; sie werden nicht bauen, daß ein anderer darin wohne, und nicht pflanzen, daß ein anderer die Früchte genieße; vielmehr gleich dem Alter der Bäume soll auch das Alter Meines Volkes sein, und was ihre Hände erarbeitet haben, sollen Meine Auserwählten auch aufbrauchen. Nicht vergeblich sollen sie sich abmühen noch Kinder für jähen Tod zeugen; denn sie sind ein Geschlecht der vom HErrn Gesegneten, und ihre Sprößlinge bleiben ihnen erhalten.“ (Jes. 65,20-23, Menge)

Krieg gibt es nicht mehr, und in der Kriegskunst wird niemand mehr unterwiesen. Die Schwerter werden umgeschmiedet werden zu Pflugmessern und die Speere zu Winzermessern. (Jes. 2,4; Mich. 4,3; Hos. 2,18) Der Erdboden wird wieder seine Kraft entfalten, die Berge von Wein träufeln und die Hügel davon zerfließen. Statt der Dornensträucher werden Zypressen aufwachsen. (Amos 9,13; Jes. 55,12.13)

So wie das Haus Juda und Israel heute noch ein Fluch unter den Nationen ist, so wird es dann ein Segen sein. (Sach. 8,13) Es wird inmitten der Völker sein wie ein Tau von Jehova, wie Regenschauer auf das Kraut. (Mich. 5,6) „Und die Erde wird voll werden von der Erkenntnis der Herrlichkeit Jehovas, gleichwie die Wasser den Meeresgrund bedecken.“ (Hab. 2,14) Dann wird man Jehova preisen: „Lobet Jehova von den Himmeln her; lobet Ihn in den Höhen! ... Lobet Jehova von der Erde her ...! Loben sollen sie den Namen Jehovas! Denn Sein Name ist hoch erhaben, Er allein; Seine Majestät ist über Erde und Himmel.“ (Ps. 148,1.7.13)

A. v. d. K.

Treue.

(Dan. 6)

Es gibt wohl kaum ein Kapitel in der Schrift, das mehr geeignet ist, unseren Glauben zu stärken, als dieses. Hier sehen wir, wie Gottes Wort eine Seele von Menschenfurcht freizumachen vermag. Daniel war nicht mehr jung, um so mehr klammerte er sich an seinen Gott. Er ehrte und liebte Ihn und war Ihm auch dann gehorsam, als die Schrecken einer Löwengrube vor ihm standen. In unbedingtem Gehorsam folgte er seinem Gott trotz aller Folgen. Er vertraute dem lebendigen Gott. Vertraust du Ihm? Welch eine Gnade ist es, den Lebendigen in dieser Welt des Todes zu kennen! Er ist die Quelle alles Segens ebenso für dich, wie Er es für Daniel war.

Laßt uns auf einige Einzelheiten dieses Kapitels ein wenig näher eingehen! Sie können uns zur Ermunterung dienen und zur Ermutigung denen, die noch nicht in ganzer Entschiedenheit auf die Seite des HErrn getreten sind. Daniel hatte eine hervorragende Stellung in dem Reiche des Königs Darius. Sein Betragen und sein Wandel waren tadellos. Hochmut war nicht in ihm, und deshalb konnte Gott ihn so erhöhen. Aber er hatte Feinde, und diese suchten ihn zu Fall zu bringen. Obgleich das Auge der Feinde ihn sehr scharf beobachtete, konnten sie doch kein Vergehen, keine schlechte Handlung bei ihm entdecken. So sollte es bei allen Kindern Gottes sein! Möchte der HErr so vor unserem Auge und Herzen stehen, daß unser Wandel in solcher Abhängigkeit und solchem Gehorsam sei, daß niemand offenbar Böses an uns zu finden vermag!

Daniels Feinde legten ihm einen Fallstrick; sie gruben ihm eine Grube - aber sie gruben sie für sich selbst. Sie gingen zum König und baten ihn, ein Verbot zu erlassen, daß jeder, der binnen dreißig Tagen von irgendeinem Menschen oder Gott etwas erbitten würde außer von ihm, dem Könige, in die Löwengrube geworfen werden solle. Dieser Vorschlag reizte ohne Zweifel des Königs Eigenliebe, und er ließ das Verbot in einer Schrift aufzeichnen, die nach dem Gesetz der Meder und Perser unwiderruflich war und nicht abgeändert werden durfte. So ging der König in das Netz, das Satan ihm legte, für dreißig Tage gleichsam den Platz Gottes einzunehmen.

Nun laßt uns Daniel, den Mann des Glaubens anschauen! Die Schrift sagt uns: „Und als Daniel erfuhr, daß die Schrift aufgezeichnet war, ging er in sein Haus: und er hatte in seinem Obergemach offene Fenster gegen Jerusalem, und dreimal des Tages kniete er auf seine Knie und betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vordem getan hatte.“ (V. 11) Das ist sehr köstlich! Der Heilige Geist sagt uns damit ausdrücklich, daß Daniel dies nicht in Unwissenheit tat. Als er sich dort im Gebet vor seinem Gott beugte, kannte er das Verbot des Königs. Er mußte seine Wahl treffen. Er wußte, daß er entweder dem Verbot gehorsam sein mußte oder in die Löwengrube geworfen werden würde. Da ist kein Zweifel, daß er den Folgen seines Handelns ins Auge schaute.

O wie viele haben sich von dem Gehorsam gegen die Wahrheit abgewandt aus Furcht vor den Folgen! Und wie mancher mag nach einer Evangeliumsverkündigung dem Anklopfen des Heilandes nicht gefolgt sein aus Furcht, von seinen Freunden und Bekannten verlacht zu werden!

Was liegt doch in diesen Worten: „Und als Daniel erfuhr, daß die Schrift aufgezeichnet war, ging er in sein Haus, und er hatte ... offene Fenster, und dreimal des Tages kniete er auf seine Knie und betete und lobpries.“ Welch ein Glaubensmut! Wie würde man es heute machen? Würde man nicht zu Daniel sagen: „Ziehe doch die Vorhänge zu, alle können dich ja sehen!“ Gewiß, viele würden die Fenster verhängen. Daniel tat es nicht.

Ich denke, die meisten wissen, warum Daniel so betete. Er kannte das Wort seines Gottes. Wenn du 2. Chron. 6,36-39 liesest, so wirst du seine Handlung verstehen. Als Salomo den Tempel gebaut hatte, wandte er sich im Gebet zu Gott: „Wenn sie wider Dich sündigen ...; und sie kehren um zu Dir mit ihrem ganzen Herzen, mit ihrer ganzen Seele in dem Lande ihrer Gefangenschaft, wohin man sie gefangen hinweggeführt hat, und sie beten nach ihrem Lande hin, das Du ihren Vätern gegeben, und der Stadt, die Du erwählt hast, und nach dem Hause hin, das ich Deinem Namen gebaut habe: so höre vom Himmel, von der Stätte Deiner Wohnung, ihr Gebet und ihr Flehen, und führe ihr Recht aus; und vergib Deinem Volke, was sie

Ein Mann mit einem geteilten Herzen würde sich gesagt haben: „Ich gehe in einen Hinterraum, Gott wird mich dort ebenso gut hören und erhören.“ Aber nicht so Daniel. Er muß hinschauen nach dem Lande, nach der Stadt und nach dem Hause seines Gottes, ganz gleich, wer ihn auch sehen mag. Wo war Daniel? In Babylon. Er konnte von dort aus Jerusalem nicht sehen, aber er schaute hin nach Jerusalem. Er hatte das Wort seines Gottes, und er mußte dorthin schauen, welche Folgen auch damit verbunden sein mochten. Welche Lehre liegt darin für uns! Er wußte, daß er gesehen werden konnte, aber er sagte sich: Ich kann es nicht ändern; ich kann nicht nach einer anderen Richtung hin beten als nach der Stadt meines Gottes, wenn ich eine Erhörung meines Gebetes erwarte.

So ging Daniel in sein Haus und kniete auf seine Knie dreimal des Tages, betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vordem getan hatte. Beachte diese letzten Worte! Es ist nur ein kleiner Satz, aber voll Belehrung. Er ging nicht auf seine Knie wegen der Gefahr, in der er sich befand, auch nicht, um seine Treue und sein Ausharren zu zeigen, sondern in unveränderter Weise, „wie er vordem getan hatte“, so ging er ohne Rücksichtnahme auf die veränderte Lage seinen Weg in Treue vor Gott weiter. Wie ein Fels stand er in der Brandung. Seinem Gott vertrauend, wich er auch keinen Finger breit zurück. Das Gebet war ein untrennbarer Teil seines Lebens. Er mußte seine Wahl treffen, entweder sich vor Darius beugen oder in die Löwengrube gehen. Und Daniel traf seine Wahl.

(Schluß folgt.)

Frage und Antwort

Frage 1

Wieso kann man sagen, daß in Dan. 9 zwischen der neunundsechzigsten und der siebzigsten Jahrwoche die „Zwischenzeit“ der Gemeinde liege, so daß die siebzigste Jahrwoche noch in der Zukunft liegt? Schließt nicht die bestimmte Zahlen- und Zeitangabe eine Einschaltung aus?

Wenn in dieser zahlenmäßig genau spezialisierten Weissagung, in der die Zahlen und Zeiten gerade das eigentliche Thema sind, ein Zeitraum von wenigstens neunzehnhundert Jahren verschwiegen wäre, wie kann dann Daniel sagen: „Und er (‚der Mann Gabriel‘, V. 21) gab mir Verständnis“? Oder bezieht sich etwa die siebzigste Jahrwoche auf die Zeit des Messias?

Antwort A

Ehe wir zur eigentlichen Antwort Auf diese Frage kommen, ist es notwendig, festzustellen, ob die Trennung der siebzigsten Woche von den anderen und die Einschaltung der Zeit der Versammlung (Gemeinde) zwischen die neunundsechzigste und die siebzigste Woche nach der Schrift in Frage kommt oder nicht. Für diese Feststellung kommt es darauf an, ob man die V. 24 genannten Dinge - das Zum-Abschluß-Bringen der Übertretung usw. - als durch das Opfer Christi am Kreuze zustande gebracht ansieht - das „Allerheiligste“ im geistlichen Sinne gedacht -, wie manche Ausleger es tun, oder ob man sie als unmittelbar auf das Volk Israel bezüglich und an diesem als Volksganzem in Erscheinung tretend betrachtet, mit einem sichtbaren „Allerheiligsten“ (s. Hes. 41,1-4; 43,7a; 45,3); und wen man in V. 27 unter dem „er“ und was für einen Bund man unter dem dort erwähnten „Bund“ versteht. Es gibt eine Auffassung, die - von der vorstehend zu V. 24 erwähnten Erfüllungsauffassung ausgehend - das „er“ auf den „Messias“ (V. 26) bezieht und in dem „Bund“ den „Neuen Bund“ nach Jer. 31,31ff. erblickt und das Aufhören der „Schlachtopfer und Speisopfer“ dahin deutet, daß durch das Opfer Christi am Kreuze, welches nach der Berechnung dieser Ausleger in die Mitte der siebzigsten Jahrwoche fiel, die nur auf dieses Opfer hinweisenden „Schlachtopfer und Speisopfer“ ihre Erfüllung gefunden hatten und es daher ihrer Darbringung nicht mehr bedurfte. Gegen diese Auffassung zu V. 24 und 27 gibt es jedoch wichtige Einwendungen: Der Wortlaut des V. 24 besagt klar, daß die genannten Dinge das Volk und die heilige Stadt Daniels, also das Volk Israel und die Stadt Jerusalem, betreffen, und zwingt zu dem Schlusse, daß die bezeichneten Dinge mit ihrem Eintritt auch tatsächlich an diesem Volk und dieser Stadt wahr sind und in Erscheinung treten! Ist letzteres geschehen? Wer könnte diese Frage wohl anders als mit einem bestimmten „Nein!“ beantworten? Wohl ist in dem vollbrachten Werke Christi am Kreuze die Grundlage für alles

dieses gelegt, aber keineswegs ist die Übertretung“ des Volkes Israel und der Stadt Jerusalem mit der Vollbringung des Werkes Christi „zum Abschluß gebracht“ und „den Sünden ein Ende gemacht“, sondern das Volk und die Stadt haben darin weiter beharrt bis zur Zerstörung Jerusalems, und das zerstreute Volk bleibt noch immer in seinen Sünden! Auch das „Sühnen der Ungerechtigkeit“ und das „Einführen einer ewigen Gerechtigkeit“ hat Israel als Volk noch nicht erfahren, weil es noch nicht zum HErrn umgekehrt ist (s. Röm. 11,25-27; 2. Kor. 3,14-16), und ebensowenig weiß es bis jetzt von einem „Versiegeln von Gesicht und Propheten“, noch ist „ein Allerheiligstes gesalbt“, da der Tempel zerstört und das Volk zerstreut ist. Die Worte „ein Alterheiligstes zu salben“ anders zu deuten als auf ein sichtbares „Allerheiligstes“, wie Daniel und „sein Volk“ es kannten, liegt gar kein Grund vor und ist gegen den hier herrschenden Gedanken, denn es handelt sich hier nicht um unser Teil als Erlöste himmlischer Berufung, sondern um das Volk Israel und dessen Wiederherstellung und Segnung, wie dies im Tausendjährigen Reich gesehen werden wird. Dann wird Israel wieder ein „Allerheiligstes“ haben, wie die oben bereits erwähnten Stellen im Buche Hesekiel deutlich zeigen. Es ist also völlig klar, daß alles, was in V. 24 für das „Volk“ - Israel - und die „heilige Stadt“ - Jerusalem - für den Ablauf der siebzig Wochen zugesagt ist, noch nicht seine Erfüllung gefunden hat. Mithin können auch die siebzig Wochen noch nicht abgelaufen sein. Daß sieben und zweiundsechzig, zusammen also neunundsechzig, Wochen abgelaufen sind, ergibt sich bestimmt aus V. 25, so daß es sich bezüglich der an den vollen siebzig Wochen noch fehlenden Zeit nur noch um die letzte, die siebzigste, Woche handeln kann. - Wenn - nach der vorerwähnten Auslegung - die Erfüllung der für den Ablauf der siebzig Wochen zugesagten Segnungen mit der Vollbringung des Werkes Christi am Kreuze eingetreten sein soll, mußte also der Zeitpunkt des Kreuzestodes Christi das Ende der siebzigsten Woche sein, denn wenn Gott sagt „siebzig Wochen“, dann sind es auch siebzig und nicht nur neunundsechzig oder neunundsechzig und eine halbe! Bei der Auslegung des V. 27 aber sagen dieselben Ausleger, daß der Kreuzestod Christi in die Mitte der siebzigsten Woche falle („und zur Hälfte der Woche wird Er Schlachtopfer und Speisopfer aufhören lassen“ - s. hierzu weiter oben). Hier ist also ein Abweichen von dem klaren Wortlaut des V. 24 („siebzig Wochen“!) und somit ein innerer Widerspruch! - Dann weiter, den „Bund“ betreffend: Wenn dieser Bund der „Neue Bund“ sein soll, ergeben sich

Schwierigkeiten, die für uns unüberbrückbar sind: Nimmt man den Wortlaut der „Elberfelder“ Übersetzung an: „Und Er wird einen festen Bund mit den Vielem schließen (für) eine Woche“, dann wäre der „Neue Bund“ dreiundeinhalb Jahre vor dem Kreuzestode des HErrn geschlossen worden (da ja nach jener Auslegung der Tod des HErrn in die Mitte dieser „Woche“ gelegt wird), und nur für „eine Woche“, also sieben Jahre (wie soll letzteres vereinbar sein mit dem „Neuen Bunde“ nach der Schrift?!). Nimmt man aber den Wortlaut der Lutherübersetzung: „Er wird aber vielen den Bund stärken eine Woche lang“, dann müßte der „Neue Bund“ bereits bestanden haben, denn „stärken“ kann man doch nur etwas, das bereits besteht! Und wenn man in dieser Verbindung das „eine Woche lang“ auf den Dienst des HErrn von Seiner Taufe an bezieht, wo bleibt dann das „stärken“ in der zweiten Hälfte dieser „Woche“, da doch (nach dieser Auslegung) der Tod des HErrn in der Mitte dieser „Woche“ erfolgte? Und warum überhaupt „eine Woche lang“ (sieben Jahre)? Warum nicht nur dreiundeinhalb Jahre, die Dauer Seines öffentlichen Diensten oder, wenn darüber hinausgehend gedacht, warum dann nicht länger als sieben Jahre? Aber nun noch die Hauptschwierigkeit betreffs des „Bundes“: Wenn es der „Neue Bund“ ist, den (nach jener Auslegung) der HErr „mit den Vielen“ geschlossen hat - der demnach seitdem besteht! - oder den Er „vielen gest ärkt“ hat - der also damals sogar bereits bestand! -, wo ist dann die Erfüllung dessen, was in Jer. 31,1-14 und 23-34 und Hes. 37,21-28 in Verbindung mit dem „Neuen Bunde“ dem Hause Israel verheißen ist - wo sind die dort genannten Segnungen äußerer und innerer Art? Ja, wo ist das Volk, mit dem nach Jer. 31,31 dieser „Neue Bund“ gemacht werden soll - das „Haus Israel“ und das „Haus Juda“, mit deren Vätern der Alte Bund gemacht worden war, den sie gebrochen haben (V. 32); welche infolge ihrer Untreue und infolge der Verwerfung ihres Messias unter alle Nationen zerstreut worden sind und aufgehört haben, eine „Nation“ zu sein, aber dann, wenn dieser „Neue Bund“ mit ihnen gemacht werden wird, wieder gesammelt sein werden und nach V. 35.36 nicht aufhören sollen, „eine Nation zu sein“ vor Seinem Angesicht alle Tage, solange nicht die V. 35 genannten Ordnungen vor Seinem Angesicht weichen werden? Von den Segnungen ist noch nichts zu sehen (von den uns geschenkten geistlichen Segnungen ist hier nicht die Rede), und das Volk ist noch nicht gesammelt aus den Nationen und noch keine „Nation“, sondern ist noch zerstreut, gehaßt und verfolgt, und sie sind noch unter dem „Zorn“ (Dan. 8,19; 9,16; 11,36), der „völlig

Schwierigkeiten, die für uns unüberbrückbar sind: Nimmt man den Wortlaut der „Elberfelder“ Übersetzung an: „Und Er wird einen festen Bund mit den Vielem schließen (für) eine Woche“, dann wäre der „Neue Bund“ dreiundeinhalb Jahre vor dem Kreuzestode des HErrn geschlossen worden (da ja nach jener Auslegung der Tod des HErrn in die Mitte dieser „Woche“ gelegt wird), und nur für „eine Woche“, also sieben Jahre (wie soll letzteres vereinbar sein mit dem „Neuen Bunde“ nach der Schrift?!). Nimmt man aber den Wortlaut der Lutherübersetzung: „Er wird aber vielen den Bund stärken eine Woche lang“, dann müßte der „Neue Bund“ bereits bestanden haben, denn „stärken“ kann man doch nur etwas, das bereits besteht! Und wenn man in dieser Verbindung das „eine Woche lang“ auf den Dienst des HErrn von Seiner Taufe an bezieht, wo bleibt dann das „stärken“ in der zweiten Hälfte dieser „Woche“, da doch (nach dieser Auslegung) der Tod des HErrn in der Mitte dieser „Woche“ erfolgte? Und warum überhaupt „eine Woche lang“ (sieben Jahre)? Warum nicht nur dreiundeinhalb Jahre, die Dauer Seines öffentlichen Diensten oder, wenn darüber hinausgehend gedacht, warum dann nicht länger als sieben Jahre? Aber nun noch die Hauptschwierigkeit betreffs des „Bundes“: Wenn es der „Neue Bund“ ist, den (nach jener Auslegung) der HErr „mit den Vielen“ geschlossen hat - der demnach seitdem besteht! - oder den Er „vielen gest ärkt“ hat - der also damals sogar bereits bestand! -, wo ist dann die Erfüllung dessen, was in Jer. 31,1-14 und 23-34 und Hes. 37,21-28 in Verbindung mit dem „Neuen Bunde“ dem Hause Israel verheißen ist - wo sind die dort genannten Segnungen äußerer und innerer Art? Ja, wo ist das Volk, mit dem nach Jer. 31,31 dieser „Neue Bund“ gemacht werden soll - das „Haus Israel“ und das „Haus Juda“, mit deren Vätern der Alte Bund gemacht worden war, den sie gebrochen haben (V. 32); welche infolge ihrer Untreue und infolge der Verwerfung ihres Messias unter alle Nationen zerstreut worden sind und aufgehört haben, eine „Nation“ zu sein, aber dann, wenn dieser „Neue Bund“ mit ihnen gemacht werden wird, wieder gesammelt sein werden und nach V. 35.36 nicht aufhören sollen, „eine Nation zu sein“ vor Seinem Angesicht alle Tage, solange nicht die V. 35 genannten Ordnungen vor Seinem Angesicht weichen werden? Von den Segnungen ist noch nichts zu sehen (von den uns geschenkten geistlichen Segnungen ist hier nicht die Rede), und das Volk ist noch nicht gesammelt aus den Nationen und noch keine „Nation“, sondern ist noch zerstreut, gehaßt und verfolgt, und sie sind noch unter dem „Zorn“ (Dan. 8,19; 9,16; 11,36), der „völlig

Schwierigkeiten, die für uns unüberbrückbar sind: Nimmt man den Wortlaut der „Elberfelder“ Übersetzung an: „Und Er wird einen festen Bund mit den Vielem schließen (für) eine Woche“, dann wäre der „Neue Bund“ dreiundeinhalb Jahre vor dem Kreuzestode des HErrn geschlossen worden (da ja nach jener Auslegung der Tod des HErrn in die Mitte dieser „Woche“ gelegt wird), und nur für „eine Woche“, also sieben Jahre (wie soll letzteres vereinbar sein mit dem „Neuen Bunde“ nach der Schrift?!). Nimmt man aber den Wortlaut der Lutherübersetzung: „Er wird aber vielen den Bund stärken eine Woche lang“, dann müßte der „Neue Bund“ bereits bestanden haben, denn „stärken“ kann man doch nur etwas, das bereits besteht! Und wenn man in dieser Verbindung das „eine Woche lang“ auf den Dienst des HErrn von Seiner Taufe an bezieht, wo bleibt dann das „stärken“ in der zweiten Hälfte dieser „Woche“, da doch (nach dieser Auslegung) der Tod des HErrn in der Mitte dieser „Woche“ erfolgte? Und warum überhaupt „eine Woche lang“ (sieben Jahre)? Warum nicht nur dreiundeinhalb Jahre, die Dauer Seines öffentlichen Diensten oder, wenn darüber hinausgehend gedacht, warum dann nicht länger als sieben Jahre? Aber nun noch die Hauptschwierigkeit betreffs des „Bundes“: Wenn es der „Neue Bund“ ist, den (nach jener Auslegung) der HErr „mit den Vielen“ geschlossen hat - der demnach seitdem besteht! - oder den Er „vielen gest ärkt“ hat - der also damals sogar bereits bestand! -, wo ist dann die Erfüllung dessen, was in Jer. 31,1-14 und 23-34 und Hes. 37,21-28 in Verbindung mit dem „Neuen Bunde“ dem Hause Israel verheißen ist - wo sind die dort genannten Segnungen äußerer und innerer Art? Ja, wo ist das Volk, mit dem nach Jer. 31,31 dieser „Neue Bund“ gemacht werden soll - das „Haus Israel“ und das „Haus Juda“, mit deren Vätern der Alte Bund gemacht worden war, den sie gebrochen haben (V. 32); welche infolge ihrer Untreue und infolge der Verwerfung ihres Messias unter alle Nationen zerstreut worden sind und aufgehört haben, eine „Nation“ zu sein, aber dann, wenn dieser „Neue Bund“ mit ihnen gemacht werden wird, wieder gesammelt sein werden und nach V. 35.36 nicht aufhören sollen, „eine Nation zu sein“ vor Seinem Angesicht alle Tage, solange nicht die V. 35 genannten Ordnungen vor Seinem Angesicht weichen werden? Von den Segnungen ist noch nichts zu sehen (von den uns geschenkten geistlichen Segnungen ist hier nicht die Rede), und das Volk ist noch nicht gesammelt aus den Nationen und noch keine „Nation“, sondern ist noch zerstreut, gehaßt und verfolgt, und sie sind noch unter dem „Zorn“ (Dan. 8,19; 9,16; 11,36), der „völlig

über sie gekommen“ ist! (1. Thess. 2,16) Darum kann unmöglich der „Neue Bund“ bereits gemacht sein und kann sonach unmöglich der Dan. 9,27 genannte „Bund“ der „Neue Bund“ sein! - Und mit welchem Recht kann man das „er“ V. 27 auf den „Messias“ deuten, von dem V. 26a gesagt wird, daß er nach den zweiundsechzig (mit den sieben zusammen neunundsechzig) Wochen „weggetan werden und nichts haben“ wird (Elberfelder Übers.), „ausgerottet werden und nichts mehr sein“ wird (Luth. Übers.), und von dem dann nichts weiter gesagt wird? Wie paßt das V. 27a Gesagte zusammen mit jemand, der „weggetan“ oder „ausgerottet“ ist und „nichts hat“ oder „nichts mehr ist“? Kann ein solcher „einen festen Bund schließen“ oder „einen Bund stärken“? Aber vor dem „er“ in V. 27 ist in V. 26b von einem „Fürsten“ die Rede, und anschließend an das in Verbindung mit diesem „Fürsten“ Gesagte heißt es dann V. 27: „Und er wird ...“, so daß es das Nächstliegende und Natürliche ist, dieses „er“ auf diesen „Fürsten“ zu beziehen. Es auf den „Messias“ zu beziehen ist gezwungen, und dazu kommt noch der darin liegende Widerspruch, daß der „Messias“ den betreffenden „Bund“ „für eine Woche“ geschlossen oder „eine Woche“ gestärkt haben soll, in der Mitte dieser „Woche“ aber gekreuzigt worden sein soll. Letzteres angenommen: Warum dann „einen Bund (und noch dazu den „Neuen“!) schließen für eine Woche“? oder: Wieso konnte Er dann „den Bund stärken eine Woche lang“? -

Nach all dem sehen wir uns bei der Auslegung dahingehend, daß die siebzig Wochen erfüllt seien, also auch die siebzigste Woche in der Vergangenheit liege, unüberwindlichen Schwierigkeiten gegenüber, besonders wenn wir im Auge behalten, daß es sich bei dieser Weissagung in keiner Weise um die Versammlung (Gemeinde), sondern um das Volk Israel - jetzt unter dem Namen „Juden“ bekannt - und um die Stadt Jerusalem handelt, was ja aus dem ganzen Wortlaut und Zusammenhang klar ersichtlich ist.

Sehen wir uns nun einmal die Weissagung selbst kurz an: V. 24 wird gesagt, daß „siebzig Wochen“ (Jahrwochen, also 490 Jahre) über das Volk und die Stadt bestimmt sind, um die dann angeführten Dinge herbeizuführen. Diese siebzig „Wochen“ rechnen nach V. 25 „vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen“, an (nicht, wie Mauro in seinem Buche „Die Chronologie der Bibel“ schreibt, von dem Erlaß des Cyrus an, das Haus Jehovas wieder aufzubauen, Esra 1,1-4. Es handelt sich nicht um das Haus, den Tempel, sondern um die Stadt, wie der zweite Teil des V. 25 auch zeigt: „Straßen und Gräben werden wiederhergestellt und gebaut werden“.). Das war im zwanzigsten Jahre des Königs Artasasta (Artaxerxes I.), Neh. 1,1ff.; 2,1.5-8, d. i. im Jahre 457 v. Chr. nach der geltenden Zeitrechnung. Von dieser Zahl gehen 4 Jahre ab, um welche die Geburt des HErrn in Wirklichkeit früher liegt, so daß 453 Jahre bis zur Geburt des HErrn bleiben. Dazu kommen 30 Jahre ungefähres Alter des HErrn bei Beginn Seines öffentlichen Dienstes nach Luk. 3,23, wodurch sich 483 Jahre ergeben, gleich neunundsechzig Jahrwochen. Das stimmt mit V. 25 überein, wo es heißt: „Vom Ausgehen des Wortes, Jerusalem wiederherzustellen und zu bauen, bis auf den Messias (eigentlich: bis auf den Gesalbten, einen Fürsten) sind sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen“ (also zusammen neunundsechzig Wochen). Nach der allgemeinen Annahme sind die sieben Wochen (49 Jahre) die Zeit, während welcher „Straßen und Gräben wiederhergestellt“ worden sind „in Drangsal der Zeiten“ (V. 25, Schluß), und die zweiundsechzig Wochen (434 Jahre) die darauf folgende Zeit bis zur Taufe des Herrn Jesus. Diese zusammen neunundsechzig Wochen sind also mit dem Beginn des öffentlichen Dienstes des Herrn Jesus, der mit Seiner Taufe seinen Anfang nahm, erfüllt. Hier bei neunundsechzig Wochen angelangt, die zwar in zwei Abschnitte Beschreibung der siebzig Wochen, um etwas einzufügen, was infolge der Nichtannahme und schließlich völligen Verwerfung ihres Messias seitens Seines Volkes sich augenfällig hier zwischen die neunundsechzig Wochen und die noch fehlende siebzigste Woche einschiebt und dadurch eine Unterbrechung in der Kette der siebzig Wochen herbeiführt, so daß die letzte, siebzigste Woche von den neunundsechzig abgetrennt und für eine hier nicht umgrenzte Zwischenzeit Raum gemacht wird. „Nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben“. Das hat am Kreuze seine Erfüllung gefunden. Der Herr Jesus ist dort „weggetan“ worden, und von allem, was Ihm als „Messias“ gehört, hat Er nichts! „Und das Volk des kommenden Fürsten wird die Stadt und das Heiligtum zerstören“: Das ist im Jahre 70 durch die Römer geschehen. Sie sind „das Volk des kommenden Fürsten“. (Vgl. Joh. 11,48) Der Fürst selbst, um den es sich hier handelt, war damals noch nicht da und ist es auch jetzt noch nicht, aber die Römer, welche die Stadt und das Heiligtum zerstörten, waren das Volk, dessen überhaupt dieser „kommende Fürst“ sein wird. Das Römische Reich ist untergegangen, aber die Offenbarung zeigt uns, daß es einst wieder da sein wird (Offenb. 13,1-8 und 17,7-14), und dieses wiedererstandene Römische Reich wird unter einem Fürsten stehen, der dann eine hervorragende Rolle spielen wird. Dieser ist der „kommende Fürst“. Und dieser „kommende Fürst“ ist es, auf den das „er“ in V. 27 sich bezieht: „Er wird einen festen Bund mit den Vielen schließen.“ Die „Vielen“ sind die Juden, das dann wieder in Palästina als eine Nation vorhandene Volk Israel, und sie werden diesen Bund schließen in der Hoffnung, sich dadurch vor den sie bedrängenden feindlichen Mächten zu schützen. Dieser Bund wird „für eine Woche“ (sieben Jahre) geschlossen werden. Das ist die an den siebzig Wochen noch fehlende siebzigste Woche. Dieser Verbündete der Juden wird einen bestimmenden Einfluß über sie ausüben, wie auch Offenb. 13 zeigt, und wird „zur Hälfte der Woche“ veranlassen, daß der von den Juden wieder eingerichtete Gottesdienst - „Schlachtopfer und Speisopfer“ - aufhören und „der Greuel der Verwüstung“ „an heiligem Orte“ aufgerichtet wird (vgl. Matth. 24,15), wie es im Hinblick auf das Offenbarwerden und Wirken des „Menschen der Sünde“, des „Sohnes des Verderbens“ - des Antichristen - 2. Thess. 2,3-11 uns vorgestellt wird. Die zweite Hälfte dieser Jahrwoche steht dann unter diesem furchtbaren Zeichen und ist die Zeit, welche die „große Drangsal“ genannt wird. (S. Matth. 24,15-31) - Die ebenfalls verbreitete Ansicht, das

„er“ in V. 27 beziehe sich auf den Antichristen, ist vollkommen unbegründet, denn von dem Antichristen ist hier nicht die Rede, und „der kommende Fürst“, von dem wir gesprochen haben und auf den nach unserer Überzeugung das „er“ sich bezieht, ist nicht der Antichrist, sondern dessen Verbündeter. Denn der Antichrist wird nicht das Oberhaupt des Römischen Reiches, sondern der König der Juden sein während jener Zeit - „der König“, von dem Kap. 11,36-39 gesprochen wird -, „den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft“. (2. Thess. 2,8) So wie der HErr der wahre Prophet, der wahre Messias und der wahre König Israels ist, so wird auch der Antichrist beanspruchen, alles dieses zu sein, und so wie der Herr Jesus aus dem Stamme Juda war, aus dem Samen Davids, so kann auch der Antichrist unmöglich aus einem anderen Volke sein, sondern nur aus den Juden, da er ja sonst gar nicht den Anspruch erheben könnte, der „Prophet“. der Messias und der König Israels zu sein! (S. 5. Mose 18,15.18; Micha 5,1) Deshalb ist Offenb. 13 auch nicht das „Tier“ aus dem „Meere“ (V. 1-10) der Antichrist, sondern das „Tier“ aus der „Erde“, der aber hier nicht der Antichrist, sondern dem Charakter nach, welcher hier besonders hervortritt, Kap. 19,20; 20,10 der „falsche Prophet“ genannt wird. Der Mangel an Raum verbietet uns, weiter auf diese Dinge einzugehen. -

Wie schon weiter oben festgestellt, kann es gar nicht anders sein, als daß die siebzigste Jahrwoche noch in der Zukunft liegt, weil die für den Ablauf der siebzig Wochen zugesagten Segnungen - die völlige Wiederherstellung des Volkes Israel als Volk und die Erfüllung aller ihm gemachten Verheißungen (und „Gott ist treu“ - „was Er zusagt, hält Er gewiß!“) - noch nicht eingetreten sind. Hier an das zu denken - wir wiederholen es -, was uns durch den Tod und die Auferstehung Christi erworben ist, und damit diese Weissagung erfüllt zu sehen, entspricht nicht dem Sinne der Schrift, denn es ist hier nicht von der Versammlung (Gemeinde) die Rede - überhaupt nie im Alten Testament, außer in Vorbildern -, sondern von dem Volke Israel! Und wenn es eine Tatsache ist, daß die siebzigste Woche noch in der Zukunft liegt, dann ist eben die ganze Zeit vom Ende der neunundsechzigsten bis zum Beginn der siebzigsten Woche eine Einschaltung. Es ist die Zeit, in welcher der Herr Jesus Seinen öffentlichen Dienst tat, das Werk am Kreuze vollbrachte, die Versammlung gebildet wurde und vollendet werden wird, die

letzte Jahrwoche dann etwa noch Fehlende sich vollziehen wird. Darum wird auch von uns, die wir in dieser eingeschalteten Zeit leben, als denen gesprochen, „auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist“. (1. Kor. 10,11)

Nun kommen wir zur eigentlichen Antwort Auf die gestellte Frage. Der erste Teil der Frage hat im Vorstehenden bereits seine Beantwortung gefunden. Den zweiten Teil möchten wir so beantworten: Die bestimmte Zahlen- und Zeitangabe schließt keineswegs eine Einschaltung aus, ebensowenig wie die jemandem gemachte Zeitangabe, daß von einem gewissen Ort nach einem anderen soundso viele Stunden Wegs sind, ausschließen würde, daß der Betreffende an einem Orte kurz vor dem Endziele erkrankt und dort eine Zeitlang aufgehalten wird, und erst dann seine Reise beendet. Die Reise selbst dauert so viele Stunden, wie ihm angegeben war. Die Verzögerung infolge seiner Erkrankung kurz vor dem Ziele ist eine Einschaltung, die aber an der Richtigkeit der ihm gemachten Angabe durchaus nichts ändert. Die Unterbrechung in der Erfüllung der siebzig Wochen ändert nichts an der Richtigkeit der dem Daniel gemachten Zahlen- und Zeitangabe, denn es heißt: „Siebzig Wochen sind ... bestimmt“, womit nur gesagt ist, daß soviel Zeit für das vorgesehen ist, was Gott mit dem Volke und der heiligen Stadt vorhat, ehe Er die erwähnten Segnungen geben kann. Es ist damit nicht gesagt, daß diese siebzig Wochen unbedingt zusammenhängend sein müßten. Neunundsechzig Wochen sind zusammenhängend abgelaufen, obwohl sie auch in zwei Abschnitte - sieben Wochen und zweiundsechzig Wochen - eingeteilt sind. Die siebzigste Woche ist infolge der Verwerfung des Messias auf später verschoben. Daniel über die dazwischen eingeschaltete Zeit zu unterrichten lag kein Anlaß vor, da für ihn es sich ja nur um „sein Volk“ und „seine heilige Stadt“ handelte (abgesehen davon, daß er die Zeit der Versammlung [Gemeinde] ja auch gar nicht hätte verstehen können, weil die Versammlung ein Geheimnis war, welches „von den Zeitaltern her verborgen war in Gott“, wie es Eph. 3,9 heißt. Selbst der Herr Jesus übergeht in Seinen prophetischen Mitteilungen über die letzte Zeit die Zeit der Versammlung völlig: Matth. 10 und 24; Mark. 13; Luk. 17,20ff.; 20,9ff.). Das „Gesicht“ erstreckte sich nur auf die Dinge des Volkes und der heiligen Stadt Daniels - das, was ihn anging -, und darüber gab „der Mann Gabriel“ ihm Verständnis, wie wir dann in den folgenden Kapiteln weiter finden. Auch scheint es uns nicht

siebzigsten Woche infolge der Verwerfung des Messias eine Unterbrechung und dadurch eine Hinausschiebung der siebzigsten Woche - und somit der Enderfüllung des V. 24 Gesagten - eintreten würde, nur daß er die Dauer dieser Unterbrechung nicht kannte, weil das nicht seine Sache war. - Der Schluß der Frage hat ebenfalls bereits seine Beantwortung in dem weiter oben Ausgeführten gefunden. -

Möchte es dem Geiste Gottes gelingen, auch uns immer mehr Verständnis über die Gedanken Gottes mit uns selbst wie auch mit Seinem irdischen Volke und den anderen Menschen durch Sein Wort zu geben!

Th. K.

Bemerkungen des Schriftleiters

Diese tiefgründige Antwort wird hoffentlich dem Frageeinsender, der selbst ein bekannter Schriftforscher ist, gute Dienste leisten, doch nicht nur ihm, sondern allen, die sich die Mühe des gründlichen Durcharbeitens derselben geben!

Ich habe leider, da unterwegs auf Reisen im „Werke des HErrn“, nicht die Zeit und auch nicht die Hilfsmittel (z. B. weder den hebräischen Text noch auch außer Luth. und Elberf. andere Übersetzungen), um längere Erweiterungen obiger Antwort Geben zu können, aber ich denke auch, es bei einigen Bemerkungen bewenden lassen zu sollen, da m. E. die Antwort unseres Mitarbeiters für uns genügen dürfte.

Übrigens haben sich „Handreichungen“ schon mit diesen Gegenständen befaßt, wie der fleißige Leser finden wird (Schriftstellenverzeichnisse durchsehen!), so z. B. im 5. Jahrb. in Frage 24 und im 16. Jahrb. in dem Aufsatz „Die Ereignisse am Ende der Tage usw.“

Also nur noch einige Bemerkungen, insbesondere zu der Frage, die dem Einsender seinem Briefe nach mit am meisten Schwierigkeit macht: wie die Schrift sagen könne, daß dem Daniel Verständnis (über die Zahlen?) gegeben sei, während doch bei der in Frage stehenden

Auffassung anscheinend eine so große Einschaltung verschwiegen geblieben sei. Dadurch sei doch das Verständnis außerordentlich erschwert, bzw. Daniel habe doch in Wirklichkeit eigentlich gar kein Verständnis bekommen!? - Und dann führt der geschätzte Fragende ein Beispiel an, welches - wenn die Sache sich so verhielte - allerdings zugunsten seiner Vermutung reden könnte, daß nämlich die Annahme des noch Ausstehens der 70. Jahrwoche nicht unbedingt richtig sei. Er sagt, wenn einer frage, wie weit es von einem Ort bis zu einem anderen sei, und es würde dann etwa geantwortet: 3 km, und dann noch 25 km und dann nochmals 3 km - in Wirklichkeit läge aber zwischen den 25 und den 3 km ein verschwiegener Zwischenraum von noch 60 km - so sei die Angabe nicht nur höchst ungenau, sondern auch (absichtlich) irreführend, da die Entfernung - statt 31 - 91 km betrage. Wenn man dies Beispiel auf Daniel 9,24-27 übertrage, wo 1900 Jahre verschwiegen seien, so käme man dahin, eine andere Bedeutung der Stelle zu suchen, also z. B. die des möglichen schon Erfülltseins. (Beiläufig: ich denke, daß es unserem teuren Mitarbeiter gelungen ist, die etwaige Möglichkeit, die Stelle als zur Zeit des Messias erfüllt anzusehen, als gänzlich abwegig gezeigt zu haben!)

Sehen wir uns diese Sache noch ein wenig an! Unser Mitarbeiter hat ja dazu auch eine schöne Erklärung gegeben an dem Beispiel von dem unterwegs krank Gewordenen, der infolge seiner Krankheit das Ziel nicht habe in der angegebenen Zeit erreichen können, in Wirklichkeit aber sei der Weg nicht länger (für einen Gesunden nämlich!). Diese Erklärung ist doch einleuchtend!

Wenn ich nun zunächst davon absehe, zu betonen, oder es nur beiläufig tue, daß es sich tatsächlich doch nur um „Daniels Volk und seine heilige Stadt“ handelt (V. 24), was aber wirklich die Hauptsache dabei ist!), dann tue ich es deswegen, um die angefragte Sache selbst um so vorurteilsloser prüfen zu können.

Zuerst frage ich: Ist es erlaubt, Raum und Zeitentfernungen ohne weiteres gleichzusetzen, d. h. eine körperliche Sache nicht zum Vergleich, sondern zum Beweis für eine geistige zu nehmen? Ich frage so, weil der Fragende ein bekannt tiefer Denker ist. Er denke dem nach! Aber weiter! eine solche Antwort: erst 3 km, dann 25, dann nochmals 3, hätte nur dann einen Sinn, wenn gesagt würde: bis A. 3 km, dann bis B. 25 km, dann noch bis C. 3 km, sonst wäre

die Antwort unsinnig und die Spezialisierung überflüssig und verkehrt! Es würde auch nie einer so antworten, sondern er würde bei Kenntnis der Entfernung ohne weiteres sagen: 31 km!

Und noch eins! Bei solcher Antwort müßte sich der Antwortende gefallen lassen, gefragt zu werden: „Nanu, was für eine merkwürdige Auskunft! Warum sagen Sie nicht gleich 31? Da ist wohl noch ein Haken dabei, oder Sie wissen selber nicht recht Bescheid?!“

Genug mit diesen Einwendungen! Ich möchte nur damit sagen, was der Frager wohl längst fühlt, daß es höchst gewagt ist, die klaren Aussagen der Schrift, auch an dieser Stelle, in ein solches menschliches Verstandesschema hineinbringen zu wollen! Wenn der Engel dem Daniel über das Gesicht von Kap. 8 - also nicht über eine erzählte Geschichte! - „Verständnis“ geben soll und es mit solchen scharf abgegrenzten Zahlen tut, dann ist mir ohne Frage, daß dem Daniel damit wirklich Verständnis gegeben ist, womit aber nicht zugleich uns! Sondern für uns (denen nicht gesagt ist „euer Volk“ und „eure heilige Stadt“!) kommt Kap. 12,4 u. 10 in Betracht, d. h. unser stückweises Verständnis ist von anderen Faktoren abhängig als das der Propheten! Die Propheten hatten eine eigene Art des Nachforschens über die ihnen inspirierten Dinge, vgl. 1. Petr. 1,10ff.!, aber die dem Daniel gegebenen Verheißungen bekamen doch noch eine über jenes eigene Forschen hinausgehende Erklärung, weil er ein „Vielgeliebter“ war (V. 23), dem Verständnis gegeben werden sollte. Darum ward ihm (nicht uns) eigens einer der höchsten Engel gesandt. Wir, auf die „das Ende der Dinge“ gekommen ist, wir, die wir vor allem die Gemeinde kennen und kennen müssen (Eph. 8!), wir buchstabieren länger an jener dem Daniel gegebenen Erklärung, da wir mit der Einschaltung verknüpft sind, von der ein Daniel auf Erden nichts zu wissen brauchte, war doch für ihn die Lösung so nahe: in der Ruhe von Kap. 12,13! (Vgl. die Kenntnis der Männer in Luk. 9,31!) Was ihn, solange er hienieden weilte, und was „sein Volk“ und „seine Stadt“ anging, das ward ihm mit einer erschütternden Deutlichkeit gesagt, und ich bin fest überzeugt, daß er, der doch auch das Buch des Propheten Hosea kannte mit Kap. 1,9 („Nicht Mein Volk!“), wenigstens in großen Zügen es verstand. Nur 70 (Jahr-)Wochen gingen ihn an, gehen sein Volk an! Und zwar 7 und 62 und eine! Wir mögen mit Recht darüber nachsinnen! Da wir die Jahreszahl des Beginnes wissen (457 v. Chr.), so ist uns das Ausrechnen leicht gemacht, aber nicht das Erklären! Diese Angabe 7 + 62 ist doch höchst

geheimnisvoll in ihrer Bedeutung, und schon diese eigenartige Spezialisierung sollte uns den Mut nehmen, allzu schnell mit (leicht) neutestamentlich gefärbten Erklärungen bei der Hand zu sein. Wir sind nicht Daniel, der „Verständnis“ bekam, und zwar nicht über die Zahlen selber, sondern über das Gesicht und die Ereignisse, die „sein Volk“ und „seine heilige Stadt“ betreffen würden - und wie klar sind diese dargestellt! Und m. E. wie klar geht aus diesen hervor, daß die 70. Woche noch nicht gewesen sein kann! Denn wenn der Ausdruck „nach den 62 Wochen ...“ in sich schließen sollte: „nun folgen die Ereignisse der 70. Woche“, dann müßte es heißen „nach den 69 Wochen“!! Das beachte man wohl! (Ich habe das nicht irgendwo gelesen, ich habe, wie gesagt, gar keine Hilfsmittel hier, aber der Ausdruck, der Ausdruck!! Die Schrift ist doch stets ihre eigene Auslegerin!)

Und noch eins zur Beachtung! Wieder und wieder heißt es: „bis ans Ende“ und „Festbeschlossenes“! (Z. B. V. 26.27; vgl. „zur bestimmten Zeit“ 11,27.29 und anderswo.) Diese und ähnliche Ausdrücke zeigen doch, daß eben dieses „Festbeschlossene“, das „am Ende“ kommen wird, keinesfalls im Rahmen oder in Verbindung mit dem Ablauf der 7 + 62 Wochen eintreten kann, da doch nicht von dem Weggetanwerden, „Ausgerottetwerden“, „Vernichtetwerden“ des Messias usw. als von „Festbeschlossenem“ geredet wird, sondern von Dingen anderen Charakters! „Bestimmt“ aber sind 70 Wochen (V. 24), und wenn diese voll sind, dann sind jene 6 herrlichen Dinge von V. 24 auch vollendet.

Ich kann aus Raummangel meine „Bemerkungen“ nicht weiter ausführen, so nahe es mir läge, noch ein wenig auf die mir ungemein wunderbare Stelle einzugehen, die mir freilich erst klargeworden ist, als ich die Lehre von der Einschaltung (der Gemeinde) zwischen der 69., d. h. der 7. + 62., und der 70. Woche kennenlernte, dann aber auch sonnenklar. Aber es ist mein Gebet, daß diese 1. Frage des neuen Jahrbuchs der „Handr.“ vielen Licht gebe zur Ehre unseres herrlichen HErrn, der uns das kostbare Buch Daniel geschenkt hat. Er gebe uns Gnade, wirklich nach Kap. 12,4 zu handeln in Treue und mit geistlichem Eifer! Nie bleibt unsere eifrige Treue im Schriftforschen uns unbelohnt!

„Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb!“ (Ps. 119,140)

F. K.

Glaubensproben in der Wartezeit.

(Hebr. 11,39.40)

In der Welt, die unseren HErrn verworfen hat, haben wir nichts als Leiden jeder Art zu erwarten. Der HErr Selbst sagte dies Seinen Jüngern zuvor: „Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie Mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen.“ (Joh. 15,20) „Es kommt aber die Stunde, daß jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst darzubringen.“ (Joh. 16,2) Bekennen wir mit dem verworfenen Christus einsgemacht zu sein, so werden wir von seiten der Welt auch dieselbe Behandlung erfahren, die Ihm zuteil wurde. „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden.“ (2. Tim. 3,12)

Dieses mußten auch die gläubig gewordenen Hebräer erfahren. Sie hatten sich bekehrt und den gekreuzigten Jesus von Nazareth als den Messias Gottes erkannt und als ihren Heiland angenommen. Damit hatten sie die Scheidung zwischen sich und den Christus verwerfenden Juden vollzogen. Die Folge war, daß sie von ihren Landsleuten als Abtrünnige angesehen und auf das bitterste verfolgt wurden. (1. Thess. 2,14.15) Der Apostel konnte sie an die Tage erinnern, in welchen sie viel Kampf der Leiden erduldet hatten, indem sie einerseits sowohl durch Schmähungen als Drangsale zur Schau gestellt wurden und andererseits Genossen derer wurden, welche also einhergingen. Selbst den Raub ihrer Güter hatten sie mit Freuden aufgenommen, da sie wußten, daß sie für sich selbst eine bessere und bleibende Habe besaßen. (Hebr. 10,32.34)

Die Länge der Leiden und Verfolgungen stellte aber ihr Ausharren auf eine schwere Probe. Sie waren daran, zu ermatten und im Glauben schwach zu werden. Der Apostel sucht deshalb ihren Glauben zu stärken und richtet ihren Blick auf den Kommenden, der über ein gar Kleines

Zuversicht nicht weg, die eine große Belohnung hat. Denn ihr bedürfet des Ausharrens, auf daß ihr, nachdem ihr den Willen Gottes getan habt, die Verheißung davontraget.“ (Hebr. 10,35.36) „Darum richtet auf die erschlafften Hände und die gelähmten Kniee und machet gerade Bahn für eure Füße.“ (Hebr. 12,12)

Um diese armen, so schwer bedrängten Heiligen zu ermutigen, in Geduld und im Glauben auszuharren, führt er ihnen im 11. Kapitel eine Wolke von Zeugen vor Augen, die im Glaubenskampfe und im Ausharren Königreiche bezwangen, über Löwen, Feuer und Schwert triumphierten, in Stunden der Schwachheit Kraft gewannen, im Kampfe stark wurden, die sich martern, steinigen und zersägen ließen. Mit dem Glaubensblick auf die zukünftige Welt gingen sie umher in Ziegenfellen, hatten Mangel, Drangsal, Ungemach, irrten umher in Wüsten und Gebirgen und in den Klüften und Höhlen der Erde (deren die Welt nicht wert war).

Wenn der Glaubenspfad uns dahinführte, statt in Kammgarn-Anzügen in Ziegenfelle gehüllt zu gehen und in Höhlen und Klüften der Erde statt in Betten zu schlafen, würden wir bereit sein, einen solchen Weg zu gehen? Würden wir durch Glauben Entbehrungen, Bedrängnisse, Mißhandlungen, Ketten und Kerker als uns von Gott gewordene Würden mit Freuden aufnehmen? (Apgesch. 5,41) Der Glaube ist keine Einbildung. Dem Glauben sind Gottes Aussprüche Wirklichkeiten. Diese treue Schar ließ sich durch nichts von der Welt verlocken, und kein Haß und kein Leid vermochte sie zu überwinden. Führen wir ein solches Siegesleben? Ist unser Weg durch Treue und Selbstverleugnung gekennzeichnet? Was geben wir für den HErrn auf?

Nachdem der Apostel eine solche Schar von Menschen Gottes, die durch Glauben ein Zeugnis erlangten, an ihrem Auge hatte vorüberziehen lassen, schließt er das Kapitel mit dem bedeutungsvollen Wort: „Und diese alle ... haben die Verheißung nicht empfangen, da Gott für uns etwas Besseres vorgesehen hat, auf daß sie nicht ohne uns vollkommen gemacht würden.“ (Hebr. 11,39.40)

Welch ein wunderbarer Ausspruch! Durch dieses „für uns“ vorgesehene „Bessere“ werden wir

sind das nun für „bessere“ Dinge, die wir vor ihnen voraushaben? Es sind die Dinge der himmlischen Berufung. Ihre Segnungen lagen diesseits - unsere sind in den himmlischen Örtern in Christo. (Eph. 1,3) Dort sind alle unsere Quellen. Verbunden mit Christo in Herrlichkeit, hat Gott den Geist Seines Sohnes in unser Herz gesandt, der da ruft: „Abba, Vater!“ (Gal. 4,6) Damit haben wir die Sohnschaft empfangen, sind Kinder Gottes und Miterben Christi geworden und haben den Zugang durch einen Geist zu dem Vater. (Röm. 8,17; Eph. 2,18) Dies war nie das Teil eines Heiligen des Alten Testamentes. Abraham, Daniel und andere mehr werden Freunde und Vielgeliebte Gottes genannt, aber nie erlangten sie die Sohnschaft, nie konnten sie mit Freimütigkeit ins Heiligtum gehen und „Abba, Vater!“ rufen.

Obwohl diese Gläubigen des Alten Testamentes durch den Heiligen Geist ein Zeugnis erlangten, so empfingen sie damit doch nicht „die Verheißung“ (beachte hier die Einzahl). Dies will natürlich nicht sagen, daß sie Verheißungen, die den einzelnen Gläubigen gegeben wurden, nicht erlangt hätten, aber die eine Verheißung, die des Sohnes, des Kommenden, in dem alle Verheißungen ihre Grundlage, ihr Ja und Amen haben und ohne die sie nicht zur Vollendung gelangen konnten, diese Verheißung empfingen sie nicht. Und weshalb konnten sie „die Verheißung“ nicht empfangen? Weil Gott noch Herrlicheres mit uns vor hatte und Sein Plan nicht zur Ausführung kommen konnte, wenn sie schon ohne uns vollkommen gemacht waren. Hier öffnet sich uns ein Blick in das Geheimnis Seines Willens. Der Reichtum Seiner Liebe und Gnade, nämlich, daß die aus den Nationen Miterben sein sollten und Miteinverleibte und Mitteilhaber Seiner Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium - kurz das Geheimnis: „Christus und Seine Gemeinde“, das in den Zeiten der Zeitalter verborgen war - sollte noch vor ihrer Vollendung offenbart werden. (Röm. 16,25; Eph. 3,6)

Gott ordnete deshalb für die Gläubigen des Alten Testamentes zwischen ihrem Glauben und dem Erlangen dessen, was ihr Glaube erfaßt hatte, eine Wartezeit an. So, wie einst diese, stehen jetzt auch wir in einer Wartezeit. Wie sie wartend nach dem Kommenden ausschauten, so schauen wir gleich ihnen jetzt nach der Ankunft des HErrn aus, der uns unser Erbe und auch ihnen ihr Segenslos bringen wird, in dessen Vollgenuß sie nicht eher gelangen werden, bis auch wir das für uns vorgesehene „Bessere“ empfangen, da sie nicht ohne uns vollkommen gemacht

werden sollten.

Stehen wir nun auch in einem „besseren“ Segenslose als die alttestamentlichen Gläubigen, so stehen wir doch gleich ihnen in der Wartezeit und in der Laufbahn des Glaubenslebens. Um uns in diesem Lauf zu stärken, hat uns der Apostel eine so große Wolke von Zeugen der Kraft des Glaubens aus dem Alten Testament vor Augen geführt. Wenn wir diese anschauen, dann drängt sich uns die Frage auf: „Wie weit stehen wir heute im Einklang mit der Treue dieser?“ Die Drangsale und Prüfungen, durch welche wir jetzt zu gehen haben, sind bei weitem nicht so schwer wie die, durch welche sie hindurchgingen. Und wir haben mehr und Besseres als sie empfangen; wir haben den Heiligen Geist wohnend in uns; und um so mehr sollte unser Wandel, abgesondert von der Welt, ein Zeugnis für den HErrn sein!

A. v. d. K.

Gebunden - ans Wort.

Es ist eine überaus ernste Angelegenheit, die in folgender Ausführung besprochen werden soll. Das Bestreben vieler Kinder Gottes geht dahin, angesichts des - vielleicht sehr nahen - Endes der Gnadenzeit neben der eigenen unklaren Einstellung zum Wort weitere unerlaubte Kompromisse mit gläubigen Kreisen zu schließen. So sehr einerseits alle Bestrebungen um die Einheit des Volkes Gottes zu begrüßen und auch durchaus im Sinne des HErrn sind (Joh. 17,21), so gefahrbringend ist es andererseits, wenn Kinder Gottes Verbindungen eingehen, die auf Kosten des Wortes geschlossen werden. Insbesondere in der zur Neige gehenden Gnadenzeit sollte es allen Kindern Gottes ein heiliges Verlangen sein, die eigenen Wünsche und Bemühungen auf jeden Fall dem Worte zu unterstellen. Verstehen wir recht und richtig, was der Herr Jesus in Joh. 8,36 bezüglich der „Freiheit“ sagt, dann machen wir alle Entscheidungen, alles Tun und Lassen von der klaren Aussage des Wortes abhängig. Ja, es ist gewiß: Nur soweit ist ein Kind Gottes frei, als es sich gebunden weiß an das Wort. „Sein Wort ist unseres Fußes Leuchte und das Licht auf unserem Wege.“ (Ps. 119,105)

Es ist schmerzlich, wenn teuere Kinder Gottes aus falsch verstandener Freiheit nicht nur den vielleicht klar erkannten Weg der Schrift nicht gehen, sondern darüber hinaus vielen anderen Mitpilgern zum Anstoß und zum Hindernis werden.

Gestatten wir uns „Freiheiten“, die uns die Schrift nicht erlaubt, dann bringen wir uns nicht nur um den kostbaren Segen des HErrn, sondern räumen damit - so scharf es auch klingen mag - dem Bösen Mitbestimmungsrecht, bald auch Alleinbestimmungsrecht ein.

Der Fürst der Welt weiß, daß er nicht viel Zeit mehr hat, und darum wendet er sich in ganzer Schärfe und oft auch in arglistig versteckter Weise gegen die Gläubigen, indem er ihnen einen Unterschied zwischen

Wesentlichem und Unwesentlichem

vormachen möchte. Wer aber gibt uns das Recht, nach solchen Gesichtspunkten zu unterscheiden? Das Wort gewiß nicht! Darum: Wo immer der HErr uns durch Sein Wort Anweisungen gibt, stets handelt es sich um Wesentliches, für uns in jedem Falle Bindendes!

Unsere Stellung wird in der Weise klar, als wir dem Worte gemäß handeln. Wie traurig, daß wir als Gläubige um unserer selbst und der Menschen willen das Wort beiseite lassen!

Um das bisher Gesagte an einem Gegenstand etwas zu veranschaulichen, will ich hier einiges über die Taufe sagen, und der HErr gebe, daß es zugleich dem einen oder anderen dienen möge!

Kindertaufe, Großtaufe, Glaubenstaufe, drei Begriffe, die in gläubigen Kreisen viel genannt werden. Wie traurig! Kennt auch das Wort diese Dreiteilung? Nein! Warum aber das Volk Gottes? Weil man so gern Kompromisse schließen möchte, in gar manchen Kreisen leider auch geschlossen hat! Die Schrift spricht kurz und bestimmt von „der Taufe“, die an Gläubiggewordenen vollzogen wurde. (Z. B. Apgesch. 18,8!) „Ach, laßt doch diese ‚Streitfrage‘beiseite“, so hört man zuweilen reden. So, ist dir die Tauffrage eine Streitfrage?

Nach der Schrift nie gewesen und nie werdend; Streitfrage nur für die, die eben streiten, anstatt sich ans Wort gebunden zu wissen. „Gott hat Sich sowohl zur Kinder- als auch zur Großtaufe bekannt“, das ist eine weitere Redensart derer, die sich nicht taufen lassen wollen. Als Beweis werden dann bekannte Persönlichkeiten entgegengesetzter Stellungnahme nebeneinander genannt. So nützen leider teure Gotteskinder das Werk Gottes, zu dem solche Männer als Werkzeuge gebraucht wurden, dazu aus, ihren eigenen Ungehorsam zu stützen.

Wenn dir der Weg der Schrift gezeigt worden ist, wer gibt dir das Recht, diesen Weg abzuändern? Seht, geliebte Geschwister, soweit wir nicht ans Wort gebunden handeln, wird unsere vermeintliche Freiheit zum

Ungehorsam gegen Gott und Sein kostbares Wort.

Laß dir das sagen, lieber Mitpilger!

Wir leben in der hereinbrechenden Endzeit. Mehr als bisher muß unsere Stellung fest und klar sein und werden. Dies ist aber nur möglich auf der Grundlage des Wortes, das für uns allein bindend ist in jeder Beziehung! Der HErr ändert um der Menschen willen nie Sein Wort, Er will vielmehr, daß sich der Mensch ändert um des Wortes willen.

Unser Weg ist klar, das Ziel herrlich! Unser Weg - Sein Wort, unser Ziel - Er Selbst!

Wir reichen jedem die Hand, der mit uns dem Worte vertraut. Wir können auf Kompromisse nicht eingehen, weil es uns Sein Wort nicht gestattet. Gerade darin zeigt sich unsere Liebe zum HErrn und zu den Seinen, daß wir nicht nach eigenem Entscheiden, sondern nach Seinem Wort handeln; denn: wir sind ans Wort gebunden! Dafür sei Ihm Lob und Dank! Gott segne uns!

Br. (N. a. R.)

Halleluja - Amen!

Als ich die so geistvolle Antwort Auf die Halleluja-Frage (Jahrg. 15, S. 212) aus der Feder

unseres heimgegangenen Bruders Steinert las, löste sie in mir Freude über diese feine biblische Begründung aus. Innerlich bewegte mich der Gedanke, mit einem anderen, dem Halleluja entsprechenden Psalmwort den Gedanken weiterzuführen. Doch wollte mein Vorhaben nicht vorwärtsschreiten. Jeder Versuch scheiterte an der Verschiedenheit der hebräischen und deutschen Klangfarbe. Auf dem Wege zur Versammlung am Johannisplatz in Leipzig am Sonntag, dem 20. November vorigen Jahres blitzte mir das Wort Amen plötzlich auf. Dieses hebräische Wort hat dasselbe Bürgerrecht in der deutschen Sprache erlangt wie das Halleluja. Darum ist der Vergleich leichter und mit dem Verständnis der Leser eher zu rechnen.

Der besseren Übersicht wegen beachten wir zunächst: 1. Das Vorkommen des „Amen“ im Alten Testament. 2. Das „Amen“ im Neuen Testament. 3. Der geheimnisvolle Sinn des „Amen“ im Namen Gottes und des verklärten Hauptes der Gemeinde.

1. Amen im Alten Testament. Das Wort kommt hier nach der hebräischen Bibel 31mal vor. Das „Amen“ wird fast ausschließlich von Menschen gebraucht, wenn sie ein über sie ausgesprochenes Wort, sei es Fluch oder Segen, auf sich nehmen und seine Verwirklichung bejahen. So die Frau, gegen die die Fluchformel ehelicher Untreue gerichtet ist, und die Frau sagte: „Amen, Amen!“ (4. Mos. 5,22) Das ganze Volk bekennt sich zu der Gerechtigkeit der Strafe für Gesetzesübertretung mit „Amen“. (5. Mos. 27,15-26) Mit „Amen“ wurde Salomo zum König geweiht. (1. Kön. 1,36)

Mit einem Amen antwortet Jeremia für das Volk, es zur Treue verpflichtend gegenüber dem wiederentdeckten Gesetz - wohlgemerkt, dem wiederentdeckten -, nicht dem neufabrizierten der modernen Kritik. (Jer. 11,5) Wiederum braucht Jeremia das feierliche „Amen“ als Wunsch, die Weissagung des falschen Propheten Hananja möge in Erfüllung gehen: „Amen, so möge der HErr es geschehen lassen!“ (Kap. 28,6)

Dreimal ertönt das doppelte Amen in den Psalmen 41,13; 72,19 und 89,52. Es ist die freudige Bejahung des Lobpreises Gottes und der Wunsch für die Erfüllung der Verheißungen vom Offenbarwerden Seiner Herrlichkeit. Im 106. Psalm (V. 48) und ebenso in seiner Wiederholung

wunderbare Führung.

Mit einem „Amen“ verpflichtet sich die wiederhergestellte Gemeinde auf das Wort Nehemias. Desgleichen tut die versammelte Gemeinde vor dem aufgerollten Gesetzbuch, mit erhobenen Händen spricht sie ihr „Amen“ aus und fällt anbetend vor Gott nieder. (Neh. 5,13; 8,6)

Damit sind die Arten, wo „Amen“ im Alten Testament vorkommt, erschöpft. Ihre genauere Prüfung ergibt, daß „Amen“ eine bejahende, zustimmende Antwort Bedeutet. Nicht viel anders verhält es sich

2. mit dem „Amen“ im Neuen Testament. Wie im Alten Testament, so steht „Amen“ auch im Neuen als Ausklang lobpreisender Anbetung (Matth. 6,13 [Luth.-Übersetzung]; Röm. 1,25 u. a. Stellen) - als Wunsch, daß alle Gottessegnungen des neuen Lebens sich an den Gläubigen verwirklichen mögen (z. B. Röm. 15,33; Hebr. 13,25 usw.), als Schluß einer feierlichen Warnung mit dem Wunsch der Bewahrung vor der Gefahr des Abfalls (1. Joh. 5,21 [Luth.-Übersetzung]), ferner als Gebet um die baldige Verwirklichung der Ankunft des HErrn (Offenb. 22,21), als Einleitung zum Halleluja auf das vollendete Gericht über das Tier und auf das Erscheinen des HErrn zur Feier mit Seiner Gemeinde. (Offenb. 19,4)

So wandern „Amen“ und „Halleluja“ zusammen mit dem Volke Gottes auf den Gefilden Kanaans. Es ertönt mit dem Halleluja an Stätten der Anbetung und bekennt sich zustimmend und freudig zum Gott preisenden Halleluja. Wir hören es bei feierlichen Versprechungen und Worten segnender Herzen. (Vgl. auch 1. Kor. 14,16!)

An der Schwelle des Neuen Bundes trennt sich „Amen“ von seinem Busenfreunde, hier erfüllt es die Herzen der erkauften Gemeinde, aber nicht ohne Hoffnung des Wiedersehens; denn es wartet mit der Gemeinde, sich bei der Wiederkunft Christi mit dem Halleluja wieder zu vereinigen. Das geschieht auch. Dann sind „Amen“ und „Halleluja“ die beiden Säulen im vollendeten Tempel der erlösten Gemeinde (vgl. Offenb. 5,14; 19,3.4.6). Hier, und nur hier in der Vollendung ist das Halleluja ungetrübt und von hellem himmlischen Klang; das Amen aber ist der sprachliche Ausdruck für die Wirklichkeit der vollendeten Erlösung.

Das führt uns 3. zu dem Geheimnis des „Amen“ im Namen Gottes und des verklärten HErrn im Himmel.

Wir würden uns einer Oberflächlichkeit zuschulden kommen lassen, wenn wir nicht auf die sprachliche Bedeutung des „Amen“ eingingen.

„Amen“ entstammt der Wurzel, aus der alle Begriffe über „Glaube“, „Treue“, „Zuverlässigkeit“, „Wahrheit“ und „Wahrhaftigkeit“ kommen. Ihre gemeinsame Wurzel ist Festigkeit. „Amen“ ist das feste „Ja“ erfüllter Wirklichkeit. Darum ist Jesus, unser HErr, das göttliche Amen aller Gottesverheißungen, wie auch in Ihm Gottes Ratschluß unwandelbar ist, weil es in Ihm kein Schwanken zwischen „Ja“ und „Nein“ gibt. (2. Kor. 1,20) Das, was „Amen“ auf die lobpreisende Anbetung der unwandelbaren Treue Gottes sagen wollte, ist in Christus Wirklichkeit geworden. Als der Treue, Wandellose, ohne Anfang und ohne Ende, weil Er der Ewige, ist Er, Gott, Seinem wahrhaft göttlichen Wesen nach „der Gott Amen“. (Jes. 65,16) Jesus Christus, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umspannt und erfüllt als das treue Ebenbild des Vaters, auch Seinem Wesen nach, nur im unbegreiflichen Geheimnis Seiner Menschwerdung uns faßbar nahe geworden, Er ist derselbe: das unwandelbare „Amen“. Von hier aus fällt ein Licht auf den häufigen Gebrauch dieses Wortes im Munde unseres HErrn im allgemeinen und insonderheit im Evangelium des Johannes.

Seine Reden, die das Amen als Siegel tragen, führen es nicht am Schluß, sondern in ganz ungewöhnlicher Weise am Anfang als Einleitung. Der HErr will nicht die mit einem „Amen“ („Wahrlich“) eingeleiteten Worte als besonders wichtig oder glaubhaft auszeichnen. Das sei ferne! Alle Seine Reden und Worte sind ja Treue und Wahrheit.

Man denke sich aber hinein in die Wucht Seiner Aussage, in das Übermenschliche, das der HErr spricht und verspricht. „Kann das möglich sein“, tauchte unwillkürlich bei den Zuhörern die Frage auf, „daß ein Mensch, noch dazu in solcher Knechtsgestalt es erfülle?“ Darauf ertönt das einleitende „Amen“, welches den Hörer an die Person des Redenden bindet, die das gegebene Wort mit Seiner Unwandelbarkeit, Treue und Festigkeit deckt, mit einem Wort: mit dem „Amen“

Seines Selbst. Schön sagt Kögel: „Er deckt das Wort, nicht das Wort Ihn; Er deckt es nicht mit einer irgendwie Ihm eignenden Autorität, sondern es hat Ihn zum Inhalt, und deshalb ist es etwas unumstößlich Festes, etwas, was erlebt wird und werden muß, indem Er erlebt wird.“ (Wörterbuch der neutestamentlichen Gräzität, 10. Auflage, Seite 145.) So hat denn der HErr Selbst Sein Wort an die schwankende und wankende Laodizäergemeinde mit dem Geheimnis Seines Namens, „Amen“, begleitet. (Offenb. 3,14)

Einen weiteren, tieferen Einblick in die Bedeutung des „Amen“ gibt uns die Einsicht in das Wortbild und in den Zahlenwert des Wortes. Es kann hier auf die in der Heiligen Schrift bezeugten Wahrheiten des Wortbildes und der Zahlenwerte nicht eingegangen werden. Sie sind vorhanden, und wer sie nicht sieht, darf nur über eigene Blindheit klagen, aber nicht eine Tatsache leugnen, die sich auch in der Völkerwelt als heiliges Geheimnis offenbart hat. Also das Wortbild! AMeN wird nach dem hebräischen Geheimalphabet in drei selbständige Begriffe aufgelöst. Der erste Buchstabe „A“-leph vertritt den Gottesnamen „El“ und bedeutet „Gott“. Der zweite Buchstabe „M“ wird dem Wort „ melekh“ gleichgesetzt und bedeutet „König“, und endlich der dritte Buchstabe „N“ steht für das hebräische „neeman“ und wird „wahrhaftig“ gelesen, so daß „Amen“ als Verkürzung von „Gott ist der wahrhaftige König“ gelesen wird. Man setze und denke diesen Satz da, wo das „Amen“ steht, und man wird finden, daß hier eine große Wahrheit und ein seliges Geheimnis ruht. Dasselbe, nur in anderer Ausdrucksweise, bezeugt der Zahlenwert von Amen, der nach dem hebräischen Alphabet denselben Wert hat wie Jehova Adonai, nämlich die Summe 91, und bedeutet der Allherr Jehova.

N. R.

Treue.

(Dan. 6)

(Schluß.)

beobachteten. Und sie sahen ihn am Morgen, am Mittag und am Abend zu seinem Gott beten. Wie sie sich freuten, ihr Ziel erreicht zu haben! Seine Verurteilung war sicher. Sie eilen zum König und überbringen ihm die Botschaft, daß Daniel, „einer der Weggeführten von Juda“, nicht auf ihn achte und dreimal des Tages bete. Möchte die Welt das von uns sagen können! Der König wurde durch diese Botschaft sehr betrübt und sann darauf, Daniel zu befreien, aber er konnte es nicht. Das Gesetz der Meder und Perser konnte nicht abgeändert werden. So mußte der König schließlich den Befehl geben, ihn in die Löwengrube zu werfen. Wir können uns vorstellen, wie die Feinde jetzt triumphierend den Mann des Gebetes ergriffen und in die Löwengrube warfen. Daniel hatte viele Jahre mit Gott gewandelt, und eins ist sicher, der lebendige Gott ging jetzt mit ihm in die Löwengrube. Ein schönes Wort gab der König ihm dorthin mit: „Dein Gott, welchem du ohne Unterlaß dienst, Er möge dich retten!“ Das war für Daniel ein Trostwort, das Gott in den Mund des Königs gelegt hatte.

Der Erlaß des Königs war jetzt erfüllt. Die Nacht brach an; ohne allen Zweifel hatte Daniel eine bessere Nacht als der König Darius. Kein Schlaf kam in des Königs Augen, und sobald die Morgenröte aufging, stand er auf und ging eilends zur Löwengrube. Doch laßt uns einen Augenblick bei Daniel in der Löwengrube verweilen! Da ist er - ein schwacher und bejahrter Mann. Gewaltige, hungrige Löwen umgeben ihn. Was kann er ihnen gegenüber ausrichten? Es ist unmöglich, ihrer Macht zu entfliehen. Aber Daniel ist ein Mann des Glaubens und des Gebetes, und Gott antwortet auf solchen Glaubensgehorsam. Sein Gott war bei ihm. Gewiß, Löwen waren dort, aber in dieser Nacht war er weniger in der Gegenwart der Löwen als in der Gegenwart seines Gottes und viel glücklicher als Darius. Darius hatte eine elende, Daniel eine glückliche Nacht. Wir können gut verstehen, daß der König am Morgen mit klagender Stimme rief: „Daniel, Knecht des lebendigen Gottes, hat dein Gott, welchem du ohne Unterlaß dienest, vermocht, dich von den Löwen zu erretten?“ Er war nicht ganz sicher, aber Daniel konnte ihm bestätigen: „Mein Gott hat Seinen Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen, daß sie mich nicht verletzt haben.“ Der Rachen der Löwen war zugehalten, aber Daniels Mund war geöffnet zum Lobpreis dessen, was sein Gott an ihm getan hatte. Wie köstlich ist es, wenn ein Mensch in dieser Welt sagen kann: „Mein Gott!“ Paulus konnte so sagen. (Phil. 4,19) Ja, es

rühmen!

Nicht immer errettet Gott uns in dieser Weise von den Folgen des Bekenntnisses Seines Namens. Dies ist nicht immer Sein Weg. Wir sehen, Stephanus ging den Weg der Treue bis zum Tod, aber Gottes Kraft ging mit ihm, und Er öffnete den Himmel über ihm, daß das, was Menschen um ihn herum taten, seinem Blicke entschwand und sein Auge die Herrlichkeit Gottes sah und Jesum zur Rechten Gottes stehen. Sein Herz war so von diesem Gesicht erfüllt, daß sein Mund nicht zurückhalten konnte, es zu verkündigen. (Apgesch. 7,55.56)

Möchten diese Beispiele des Glaubens uns ermutigen, mit einem ungeteilten Herzen dem HErrn zu leben und zu dienen, der gesagt hat: „Ich will dich nicht versäumen noch verlassen“, so daß wir kühn sagen mögen: „Der HErr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Hebr. 13,5.6)

W. - A. v. d. K.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15)

(Fortsetzung.)

In der ersten Lieferung dieses Jahres beschäftigten wir uns mit vier Dingen, zu denen wir „jederzeit bereit“ sein möchten - Dingen, die besonders zum Jahresbeginn wichtig waren. Heute möchte ich zu den genannten (bereit sein 1. auf das Kommen des Herrn, 2. zum Sterben, 3. zum Leiden, 4. fürs Leben [Lebenskampf]) noch einige hinzunennen, die uns als die rechten „Abermenschen“, wie ich uns zu Anfang nannte, kennzeichnen sollten, während ich danach, später, übergehe, so der HErr will, auf die eigentliche Fortsetzung des Schriftwortes der Überschrift. Der HErr segne uns allen die Betrachtung Seines Wortes!

Seid aber jederzeit bereit“- nun, wozu? was soll ich aus der reichen Fülle des zu

Nennenden heute zuerst herausgreifen? „Seid jederzeit bereit“ ... 5. zum Dienen!

Dienen! Das ist ein großes Gebiet, und vieles läßt sich in dasselbe einordnen, was also uns bereit finden sollte. Da sind zunächst die zwei Hauptunterscheidungen zu beachten: Dienst für Gott und Dienst an den Menschen. Diese beiden sind wirklich jeder für sich wichtig, denn es ist nicht so, wie Lhotzky einmal sagt (so etwa), daß nur das wahrer Gottesdienst sei, den Menschen zu helfen. Gewiß ist das zum Teil richtig, aber jener nicht bibelgläubige Mann weiß doch wohl nicht, daß es ein dem HErrn Dienen („mit Freuden“ nach Ps. 100,2) gibt, wo der Mensch ganz ausgeschaltet ist und bleibt, einen Dienst für den HErrn, Ihm zu Ehren, Ihm zuliebe, um Seinetwillen, wo Er und nur Er der Mittelpunkt ist, und der Gläubige nur fragt: „HErr, was willst Du, daß ich tun soll?“ (Apgesch. 22,10) Den vollkommensten Ausdruck findet dieses Dienen da, wo Gläubige am ersten Tag der Woche auf dem Boden der Schrift zusammenkommen und nach den Gedanken des HErrn Sein Mahl feiern zu Seinem Gedächtnis. (1. Kor. 11,20-34) Da steht - wenn die Handlung recht verstanden wird - wirklich nur der HErr, der Herr Jesus Christus, vor den Augen des Herzens bei denen, die um Seinetwillen versammelt sind, und da ist Er der Selbstzweck des Dienstes aller; nicht Seine Segnungen für uns, sondern Er Selber erfüllt da die Herzen der Seinen, und Seine unfaßbare Liebe von Golgatha empfängt da die Antwort unserer (von Ihm uns geschenkten) Gegenliebe. Feiern wir alle, Geliebte, Sein Mahl, wie es Ihm teuer ist? Sind wir bereit zum Dienen - Ihm zu dienen um Seiner Selbst willen, selbst wenn wir „nichts davon“ hätten (?!), - ja, sind wir bereit zum Dienen in diesem Sinne? Dienen ist doch Abhängigkeit, ist doch Unterworfensein und Hingabe! Dienen wir Ihm, sind wir allezeit - Sonntag für Sonntag, wenn kein zwingender Grund zum Fehlen vorliegt, bereit zu diesem hingebenden Dienst an Ihm? Und wenn nicht - warum nicht?

Und wenn wir diese Art Dienst um Seinetwillen, nach dem Er Sich sehnte (Luk. 22,15!),verstanden haben und bereit sind, ihn auszuüben, so oft Er uns die Gelegenheit dazu schenkt, dann werden wir auch noch andere Möglichkeiten finden, wo wir Ihm in erster Linie dienen können. Sogar der „Dienst am Wort“ („des Wortes“) (Apgesch. 6,4) muß zuerst ein Dienst um des HErrn willen sein, sonst kann er nicht an Menschen gesegnet sein; wenn irgendwo, so ist hierauf die Stelle Kol. 3,17.23.24 anzuwenden, denn ein wichtigeres

öffentliches Tun als die Predigt Seines Wortes kann es ja gar nicht geben. Und in diesem Zusammenhange beachte man Gal. 1,10! Wirklich - zuerst muß Gott „zufriedengestellt“ werden bei diesem Dienst, dann werden es die Menschen auch (wenn sie wollen). Gott und Sein Wille ist der Maßstab jeglichen Dienstes unsererseits (wie wir's bei dem vollkommenen Diener Jesus Christus am herrlichsten sehen, man vgl. z. B. Matth. 4,10b!) und vor allem des Dienstes an Seinem Wort; nicht der Mensch ist der Maßstab, und nicht dürfen menschliche Maßstäbe die beeinflussen, welche „jederzeit bereit“ sein wollen, dem HErrn, unserem Gott, zu dienen! Und dazu sind wir ja auch bekehrt, Geliebte, wie es heißt in 1. Thess. 1,9: „... ihr habt euch bekehrt, dem lebendigen und wahren Gott zu dienen ...“, oder Hebr. 9,14: „... das Blut des Christus wird ... euer Gewissen reinigen von den toten Werken, um dem lebendigen Gott zu dienen“, oder 12,28: „... laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott dienen mögen in Frömmigkeit und Furcht“ usw., usw.

Sind wir „ jederzeit bereit“ zum Dienen, bereit, Ihm zu dienen? Und wenn nicht - und wenn Er uns nicht die Hauptsache ist bei allem Dienen -, woran liegt es? Wollen wir uns doch prüfen und reinigen (2. Kor. 7,1! Röm. 12,1!), wo es nötig ist - und wie es im Alten Testament so ungemein oft gesagt ist betreffs der Priester und Leviten (von vielen nur zwei Stellen: 2. Chron. 29,34 u. 30,15!) -, uns heiligen (d. h. absondern für Gott), damit wir Ihm dienen können als gereinigte Gefäße, „nützlich dem Hausherrn“! (2. Tim. 2,21)

Aber dann, wenn wir so Ihm zu dienen bereit sind, dann macht Er und Sein Dienst uns auch fähig, den Menschen (gläubigen und ungläubigen) richtig zu dienen! Dann werden wir auch vielleicht in den Dienst gestellt wie Paulus nach Röm. 15! Man lese nach, wie oft dort vom Dienen die Rede ist, und zwar nach dem griechischen Grundtext in drei verschiedenen Worten: a) Diener sein wie der Priester beim Opferdienst; b) heiligen Dienst verrichten; c) Diakonendienst tun (für die äußeren Bedürfnisse innerhalb der Gemeinde sorgen, „aufwarten“ und dgl., wie Apgesch. 6,2 „Tische bedienen“). In Vers 16 sind die beiden Worte unter a) und b) gebraucht. in Vers 25 das unter c). in Vers 27 das unter a), in Vers 31 das unter c) (vgl. 16,1 von der Phöbe! und 1. Kor. 16,15 usw.). Ich habe nicht den Raum, weiter auf diese kostbaren Dinge einzugehen, aber ich möchte im folgenden noch kurz einiges mit Schriftstellen aufzählen,

was zu dem gottgewollten Dienst an Menschen gehört:

Der Dienst der geistlichen Gaben (1. Kor. 12,5; Eph. 4,11ff. [12!]; Röm. 12,6ff.; 1. Petr. 4,10; Kol. 4,17 usw.);

der Dienst des irdischen Gebens. (2. Kor. 8 u. 9! siehe z. B. 8,4.14; 9,1.12 usw.; Hebr. 6,10; vgl. auch Jak. 1,26.27 u. a.) Hierher gehört auch die Gastfreiheit (vgl. Röm. 12,13; 1. Petr. 4,9; Hebr. 13,2 und 1. Tim. 3,2; Tit. 1,8 und 1. Tim. 5,10!, und siehe „Handr.“ Jahrbuch 6, Seite 18ff.!);

der Dienst an der Welt, indem wir ihr „das Wort der Versöhnung“ nahebringen. (2. Kor. 5,18ff.!; 3,6 usw.; 6,1-4!; Apgesch. 20,24!!)

Welch wichtiger Dienst, den die Apostel zuerst taten, sie, die echten „Diener Christi“ (1. Kor. 3,5; 4,1 usw.; 2. Kor. 11,23 [15!] u. a.), wie denn Paulus sich mit Vorliebe „Knecht“, sogar „Sklave Jesu Christi“ nennt (vgl. die Briefanfänge!). Er war auch allezeit bereit zum Dienen, sowohl dem HErrn zu dienen bereit als den Menschen! Sind wir „jederzeit bereit“, in den Linien der Schrift Gott und dem Herrn Jesus zu dienen und dann auch den Menschen? Daß wir doch ja nie bereit wären, der Sünde zu dienen als ihre Knechte. „Sklaven“ (Joh. 8,34; vgl. Röm. 6,17ff.; 7. 6!) - daß wir aber jederzeit mehr uns bereit machen ließen in der Kraft Seines Geistes, der die Kraft unseres ganzen Wandels ist (Gal. 5,25), dem HErrn zu dienen „zu allem Wohlgefallen“, in Wort und Werk und allem Wesen, und zwar Ihm Selber und Ihm an den Seinen und auch an der Welt! Er gebe uns Gnade dazu!

Doch ich muß den Gegenstand verlassen, da ich heute gern noch einiges mehr nennen möchte, wozu wir „jederzeit bereit“ sein möchten.

6. Zum Dienen, wenn's gottgewollt sein soll, gehören als Haupterfordernisse zwei Dinge, die uns jederzeit in „Bereitschaftsstellung“ finden sollten: Gehorsam und Liebe! Laßt uns uns zunächst mit der Frage kurz beschäftigen: Sind wir „jederzeit bereit“ zum Gehorchen?

Gehorsam ist wirklich, wie Schiller den Ordensmeister in der Ballade „Der Kampf mit dem Drachen“ sagen läßt: „des Christen Schmuck“, oder wie ein anderes Wort lautet: „Gehorsam - der Heiligen Kleinod“ (und „des Gläubigen Freiheit“). Gehorsam ist - gepaart mit echtem Herzensvertrauen - ein Hauptbestandteil wahren Glaubens (vgl. „Glaubensgehorsam“ in Röm. 1,4!), der erst durch den Gehorsam seine wirkliche Bewährungs- und Beweiskraft erhält. Wie hätte Abrahams Glaube je Anerkennung von Jehovas Seite bekommen können, wie hätte Abraham je „der Vater der Gläubigen“ genannt werden können, wenn er nicht gehorsam gewesen wäre und dadurch sein Vertrauen zu Gott bewiesen hätte?! (Hebr. 11,8 zu 1. Mos. 12,1ff.!) Vertrauen ohne Gehorsam ist ein leeres Wort; dem, dem ich vertraue, muß ich gehorchen, sonst beweise ich mein Vertrauen nicht. (Freilich andererseits: Gehorsam ohne Vertrauen ist tote Gesetzlichkeit! Dem, dem ich gehorche, muß ich auch vertrauen, sonst ist mein Gehorsam durch Furcht [Terror!] diktiert.) Und Dienst ohne Gehorsam ist weiter nichts als Eigenwilligkeit (vgl. Kol. 2,18.19). Wie mancher mag bereit sein zum Dienst, aber zu einem, den er sich selber zurechtgemacht hat! Wieviel eigenwilliger sogenannter „Gottesdienst“ ist in den großen Weltkirchen zu finden, aber er ist wertlos für Gott, da Dessen Grundsätze (Sein Wort) nicht beachtet und obenan gestellt werden, sondern vielmehr nur religiöse Menschenmeinung die Handlungsweise bestimmt! (Vgl. 1. Sam. 15,23!) Aber wir brauchen noch gar nicht die Weltkirchensysteme zu beobachten, um den Ungehorsam gegen die Grundsätze Seines Wortes festzustellen - auch in den Reihen der Gläubigen findet sich soviel „Dienst“, der aus Unwissenheit oder gar aus Sich-nicht-sagenlassen-wollen gegen die Schrift statthat, daß man erschrecken muß. So z. B. gibt's viele christliche Kreise, in denen der öffentliche, mündliche Dienst am Wort ausschließlich, und trotzdem Brüder vorhanden sind, von Schwestern (oft in sogen. „Tracht“) getan wird, die sich nicht entblöden, in allen möglichen Weisen über den Mann zu herrschen! Haben solche Gläubige nie 1. Tim. 2,11.12 oder 1. Kor. 14,34.35 gelesen?! Was wird das einmal für Beschämung vor dem Richterstuhl Christi geben! (2. Kor. 5,10) Aber hier ist nicht not, uns darüber zu besprechen, ob andere nach der Schrift oder gegen sie handeln, laßt uns vielmehr uns selber fragen, ob wir„jederzeit bereit“ sind, dem Worte zu gehorchen! Z. B. auch dann und gerade dann, wenn es uns unbequeme Dinge uns sagt! Sind wohl alle Leser dieser Worte biblisch getauft (d. h. nach dem auch heute gültigen Befehl Dessen, der allein das unbeschränkte Recht zum Befehlen hat, Matth. 28,19.20, wo

Luther ganz richtig übersetzt hat „... und taufet sie!“)? Vielleicht haben nicht alle bis heute gewußt, daß dies sinnbildliche Begrabenwerden der Gläubigen der Wille des HErrn ist und daß Glaube und Taufe zusammengehören (Mark. 16,16; Röm. 6; Kol. 2,12 usw.; über 80 Aussagen im Neuen Testament handeln von der Taufe, aber keine deutet die „Kindertaufe“ auch nur an!), aber ich frage uns Brüder und Schwestern hier ja, ob wir „jederzeit bereit“ sind zum Gehorsam, und da erlaube ich mir die herzliche Frage: Was hindert dich, dich biblisch (gläubig!) taufen zu lassen? (Vgl. Apgesch. 8,36!; vgl. Jahrb. 10, Seite 113ff.!) - Ist dein Hindernis bis heute vielleicht dein Ungehorsam oder nur deine mangelnde Erkenntnis bis hierher? - Dann im letzteren Falle bitte du, mein Bruder, nach Jak. 1,5 um Weisheit und Licht! Bitte aufrichtig und im Glauben - und bald wirst du ganz genau wissen, was du tun sollst! Und dann tue es sofort! (Joh. 14,13.14.21-23 usw.) Seid „jederzeit bereit“ zum Gehorchen! Sicher, der HErr wird die überströmend segnen, die Ihm gehorsam sind (2. Chron. 16,9; 1. Mos. 22,15ff. usw.), aber nicht das ist die Hauptsache, sondern das, daß Er verherrlicht wird durch uns, wenn wir gehorsam sind! Wie sehr diente z. B. Abrahams und Moses Gehorsam zur Ehre des HErrn! - Genug davon, vieles ließe sich noch anführen, besonders über die gottgewollte Absonderung und ihre strikte Durchführung nach 2. Kor. 6,14-18, aber ich will diesen Punkt schließen, indem ich die teuren Leser von Herzen bitte, denselben ja nicht als nebensächlich zu betrachten, als „nicht so wichtig“ (vgl. Jahrb 7, Seite 160ff.!) - es ist alles ungemein wichtig, was Gott uns im Neuen Testament gebietet, sowohl wenn es sich um moralische Dinge, wie wenn es sich um solche der „gesunden Lehre“ handelt! (Vgl. 1. Tim. 4,16 und 2. Petr. 3,18 u. a.!) Laßt uns lernen, wie der Herr Jesus, unser Heiland und auch unser herrlichstes Vorbild, sagte, in Schwachheit nachzusagen und nachzuleben dem „Deinen Willen, o Gott, tue ich gerne!“ (Ps. 40,8 nach Luth.; vgl. Hebr. 10,7-10!), oder „Dein Wohlgefallen zu tun, ist meine Lust“ (Elberfelder Übers.)! Der HErr helfe uns dazu in Gnaden!

Seid aber jederzeit bereit“- zum Dienen, zum Gehorchen und, was uns demnächst, so Gott will, beschäftigen soll, zum Lieben! Dem HErrn sei alles und seien alle Leser anbefohlen!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Frageund Antwort.

Frage 2

Ist nicht die Stelle Hes. 16,55 „... Sodom und ihre Töchter werden zurückkehren zu ihrem früheren Stande ...“ in Verbindung mit Matth. 11,24: „Dem Sodomer Lande wird es erträglicher ergehen am Tage des Gerichts als dir, Kapernaum“, ein Beweis dafür, daß die „Strafe ewigen Feuers“, welche nach Judae 7 Sodom und Gomorra leiden, bedeuten muß: eine „äonenlange“, d. h. schließlich einmal endende?

Antwort A,

den Freunden gewidmet, die sich noch soviel gesunden Sinn bewahrt haben, daß sie unvoreingenommen hören und lernen und sich Fragen gefallen lassen wollen.

Im ersten Buch Mose handelt es sich zunächst um die Menschen im allgemeinen; dann um die Väter Abraham, Isaak und Jakob. Vom zweiten Buch Mose an durch die Geschichtsbücher, die Psalmen und Propheten hindurch um Israel und die Nationen; also um das, was sich auf der Erde zuträgt. Das Jenseits wird nur selten hereingebracht, und dann nur als der Bereich des nebelhaften, der Schattenwelt. Lichtblicke, die über das Irdische sowohl wie über die Schattenwelt des Jenseits hinausgehen, wie die Weissagung auf den HErrn hin in Psalm 16,9-11, sind erst recht eine Seltenheit.

Haben sich die Freunde über diese Feststellung schon Rechenschaft gegeben? - Oder ist es nicht so? In bezug auf Hesekiel insbesondere stelle ich fest: es handelt sich ausschließlich um Israel und andere Völker, um Jerusalem und andere Städte, auf der Erde. Wievielmal in eurem Christenleben habt ihr schon das Alte Testament im Zusammenhang gelesen, Freunde?

getrieben fühlt, der sage sich: da darf ich nicht dreinfahren und irgendeine Stelle aus ihrem Zusammenhang nehmen und damit etwas beweisen wollen, das über das Diesseits hinausgeht; ich darf's auch anderen nicht nachsagen, nur weil sie es sagen.

In Hes. 16 handelt es sich um Jerusalem in ihrer Stellung als von Jehova Abgewichene, als Hure. Dazu von Vers 44 an um Samaria und Sodom und beider Tochterstädte, sowie nebenbei um die Städte Syriens und der an Syrien angrenzenden Länder, und um die Städte der Philister.

Was wird von Jerusalem und diesen Städten ausgesagt? Daß Jerusalem es schlimmer getrieben habe als die anderen. Und was noch? Daß alle drei: Sodom, Samaria und Jerusalem samt ihren Tochterstädten zu ihrem früheren Stande zurückkehren würden, Vers 55. In Vers 53 wird derselbe Gedanke ausgedrückt durch: „Ich werde ihre Gefangenschaft wenden.“ Wenn die Freunde mit den Ausdrucksweisen des Alten Testamentes vertraut sind, so werden sie wissen, daß dies eine durch den Gebrauch festgelegte Formel ist, um zu sagen, daß der frühere Zustand wiederhergestellt werde. Daß dem so ist, zeigt z. B. Hiob 42,10. Hiobs Krankheit war keine Gefangenschaft im buchstäblichen Sinne. Er war gefangen in seinem Krankheits- und Armutszustand. Sein früherer Zustand des Gesund- und Reichseins wurde wiederhergestellt. Zu: „Ich werde die Gefangenschaft deiner (Jerusalems) Gefangenen in ihrer (Sodoms und Samarias) Mitte wenden“, Vers 53, die Frage: War Jerusalem je in Sodom und Samaria in Gefangenschaft? Will das nicht einfach sagen: Du teilst das Los von Sodom und Samaria, d. h. ihr seid alle drei nicht mehr, was ihr waret, seid von der euch zudiktierten Strafe getroffen? Und was ist das, daß der frühere Zustand der drei wiederhergestellt wird, anderes als daß sie, die dem Untergang Anheimgefallenen, als Städte wiedererstehen werden? Der Gegensatz davon ist, daß eine dem Untergang anheimgefallene Stadt nicht wiederersteht. Ein Beispiel hiervon ist Babel: „... es soll in Ewigkeit nicht mehr bewohnt werden und keine Niederlassung sein von Geschlecht zu Geschlecht. Gleich der Umkehrung Sodoms und Gomorras und ihrer Nachbarn durch Gott, spricht Jehova, wird niemand daselbst wohnen und kein Menschenkind darin weilen.“ Jes. 13,20 und Jer. 50,39. So wie Sodom und Gomorra zur Zeit des Propheten verschwunden waren, so würde zu irgendeiner späteren Zeit Babel verschwinden und es für immer bleiben. - Hingegen: ist es unbekannt, daß Jerusalem in strahlendem Glanze erstehen

wird im Reiche, Jes. 54 und 60 u. a. O., auch wenn es in der kommenden Krisis nochmals zerstört wird, Jes. 29,1ff.; Sach. 14,1ff.? Desgleichen Samaria. Es wurde vom Assyrerkönig eingenommen, 2. Kön. 17, blieb aber bestehen bis in die christliche Zeit hinein. Es wurde zwar im zweiten Jahrhundert vor Christo durch Johannes Hyrkanus zerstört, wurde aber wieder aufgebaut. Aber wie Jerusalem in der kommenden Krisis von dem König des Nordens, dem zukünftigen Assyrer der Propheten, eine Zerstörung erleiden wird, so eine Stadt, die dann am Platze oder ungefähren Platze des früheren Samaria stehen wird. Jes. 28,1-4 und Micha 1,2-7 sind des Zeuge. Der mit den Propheten nicht vertraute Leser mag staunen. Aber dieselben geschichtlichen Ereignisse zur Zeit der Propheten waren nur ein vorlaufendes Geschehen dessen, was sich „am Ende der Tage“, wie auch so ein feststehender Ausdruck des Alten Testaments lautet, ereignen wird. Jerusalem und Palästina sind der Mittelpunkt der Wege Gottes mit der Erde. Wenn auch die Menschengenerationen vergehen, so bleiben doch für den Geist Gottes in Seinen Darstellungen die geographischen Verhältnisse, die Namen und die Beziehungen der Länder und Städte und deren Bewohner zu Jerusalem und Palästina dieselben. Man beachte Micha 1,3 und 4: so war es durchaus nicht, als Salmaneser Samaria einnahm. Wohl aber ist es die Sprache der Propheten, wenn sie von der Endzeit reden. Und nun, das, was an der Stätte Samarias stehen wird, wird als Wiederhergestelltes in der Endzeit und im Reiche dessen Namen tragen. Siehe Jer. 31, besonders Vers 5, und hier unsere Hesekielstelle, die nichts mehr und nichts weniger besagt, als daß Samaria, Ort und Gegend, sein wird, was es früher war. Ich möchte da noch ausdrücklich fragen: Werden die Bewohner dann dieselben Menschen sein, die einst drin lebten? Der Leser verzeihe die Frage; er wird gleich sehen, warum ich sie stelle.

Anschließend eine andere Frage: Darf jemand wagen, die dritte Stadt hier anders zu behandeln als diese zwei? Kann es nicht auch wieder eine Stadt Sodom geben am Gestade des Sees, der die frühere Landschaft der Städte Sodom und Gomorra, Adama und Zeboim, bedeckt? Müssen dann, anschließend an obige Frage, die Bewohner dieselben Menschen sein, die einst drin lebten? Wenn die Freunde, für die dies geschrieben wird, wieder staunen, so frage ich weiter: Ist ihnen nicht bekannt, daß nach Hes. 47,1-12, speziell 8-10, das Salzmeer zu einem See sich verschieben mögen; daß in dieser dann gesegneten Gegend eine Stadt entstehen mag, der in Anlehnung an die einstige der Name Sodom gegeben wird? Ist doch gegenwärtig schon, im Zeitalter der Ausgrabungen antiker Stätten, das Interesse an den Ufern des Salzmeeres durch die Auffindung der Ruinen des einstigen Sodom erweckt.

Die kommende Zeit der Einleitung des Reiches wird noch viel Erstaunliches bringen, das immer in der Schrift gestanden hat, nur nicht geglaubt worden ist. Joel 3,18 und Sach. 14,8 reden auch von diesem (buchstäblich zu nehmenden) Fluß. Auch scheint Sach. 14,10 eine Umwandlung des gebirgigen südlichen Teiles des Landes anzuzeigen, so daß es zu einer Niederung wie die Araba werden wird, so daß Jerusalem, sowieso schon hoch gelegen, buchstäblich „erhaben“ sein wird: „Schön ragt empor (dann), eine Freude der ganzen Erde, der Berg Zion, an der Nordseite, die Stadt des großen Königs.“ Psalm 48,2.

Der Ausspruch dann: „Sodom und ihre Töchter werden zurückkehren zu ihrem früheren Stande“ hat einfach das Wiedererstehen der Stadt und der von ihr abhängigen Ortschaften im Auge. -

Ist es nicht unehrlich, in der Frage Jerusalem und Samaria, Städte desselben verwerflichen Charakters wie Sodom (daher alle drei als Schwestern bezeichnet!), aus dem Spiel zu lassen? Steigt nicht Scham im Herzen derer auf, die so frivol mit dem Worte Gottes umgehen, wie auch im Herren derer, die unbedacht solche Torheiten sich bieten lassen und selber wieder anderen bieten?

Nun noch die Frage: Wenn wir einen zusammenhängenden Abschnitt der Bibel lesen, müssen wir uns nicht fragen, wenn wir anders ehrlich sein und Ehrfurcht vor dem Worte Gottes beweisen wollen: Was ist der Zweck oder die Absicht der Darstellung? Über die Hesekielstelle haben wir die Antwort Aufgezeigt. Was ist der Zweck der Ausspruche des HErrn in Matth. 11,20-24? Doch augenscheinlich der, die Verantwortung der Städte Chorazin, Bethsaida und Kapernaum derjenigen von Tyrus, Sidon und Sodom gegenüberzustellen und hervorzuheben, daß, wenn Tyrus und Sidon jetzt noch bestünden, die Einwohner sich geneigter zeigen würden,

von seiten des HErrn erfahren hatte, es noch bestehen würde. Darüber hinaus weist der HErr auf das zukünftige Gericht der Toten hin, wo es keine Erde und folglich keine Städte mehr gibt, Offenb. 20,4, um auf dem Vergleichswege festzustellen, daß Tyrus, Sidon und Sodom, d. h. deren einstige Bewohner, mit geringerer Strafe davonkommen werden als Chorazin, Bethsaida und Kapernaum, weil sie die Vorrechte der letzteren nicht genossen und infolgedessen eine geringere Verantwortung hatten, wie böse sie auch gewesen sein mochten und welcher Art auch ihre Strafe sein mochte, nach dem Grundsatz, den wir aus dem Munde des HErrn in Luk. 12,47 vernehmen: „Wer den Willen seines HErrn gewußt und nicht danach getan hat, wird mit vielen Schlagen geschlagen werden; wer ihn nicht wußte und tat, was der Schläge wert ist, wird mit wenigen geschlagen werden.“ Ist da etwas zu finden vom Aufhören oder Nichtaufhören der Strafe? Ist in Matth. 11 etwas zu finden vom Gerichtsurteil, was oder wie hoch es ist? Warum dann die Dauer des Gerichtsurteils hereinbringen, wenn die gar nicht in Frage kommt? Und ist es ehrlich, nur von Sodom zu reden und über die anderen fünf Städte hinwegzugehen, als ob sie Luft wären?

Was schließlich die Stelle im Briefe Judae betrifft, so kann jeder sehen, daß Judas die Folgerichtigkeit der Regierungswege Gottes zur Warnung vor Leichtsinn vor Augen führt. Das aus Ägypten gerettete Volk und gefallene Engel sind des Zeugen und mit diesen letzteren im Tun durch das Wörtchen „wie“ verglichen, die Städte Sodom und Gomorra und die Gegend um sie her. Über das Wort „ewig“ zu diskutieren liegt kein Anlaß vor, das ist nicht der Zweck, den Judas im Auge hat. Was auf der Hand liegt, ist, daß die Strafe in ihrer Art, wie sie hereingebrochen ist, fortdauert hinsichtlich der davon betroffenen Menschen, weil die Landschaft ja verschwunden ist.

Jede der drei Stellen hat ihren ihr eigentümlichen Sinn und Zweck: die in Hesekiel die Wiederherstellung zerstörter Städte auf der Erde. Die in Matthäus einen Vergleich zwischen der Herzenseinstellung von Bewohnern verschiedener Städte untereinander über empfangenes Licht und daraus sich ergebende Verantwortung. Die im Brief Judae Warnung davor, die Gnade Gottes in Ausschweifung zu verkehren, Vers 4, indem drei vorliegende allgemein bekannte Beispiele den feierlichen Ernst dieser Warnung in seinen unabänderlichen Folgen bezeugen.

Als Ergebnis unserer Studie eine letzte Frage: Ist es ehrlich oder unehrlich, diese Stellen zusammenzuwerfen, als ob jede dem gleichen Zweck diente, entgegen dem, was klar darin zum Ausdruck kommt, nur um eine Lieblingstheorie zu stützen, nämlich daß „ewig“ nicht „ewig“ bedeute? Wenn es nicht unehrlich ist, verrät es dann nicht tadelnswerte Unwissenheit und Unaufmerksamkeit?

F. Kpp.

Bemerkungen des Schriftleiters

Was sagen die Vertreter der Allversöhnungslehre zu dieser Antwort und Auslegung? Was sagen sie zunächst zu dem Ton, in dem sie gehalten ist? Ich frage so, weil im vorigen Jahrbuch, Lief. 5, in der wir uns mit dieser von uns als schriftwidrig angesehenen Lehre auseinanderzusetzen hatten, der Verfasser von Antwort A, der gleiche wie der obiger Antwort, unser alter, treuer Mitarbeiter F. Kpp., sehr ernst bezüglich der Frage geschrieben hatte, so ernst, daß auch Gegner der Allversöhnungslehre den Ton als „zu schroff“ beurteilten. Aber die Kritiker sollen wissen, daß mir jener Ton ganz aus der Seele gesprochen war, sonst hätte ich die Antwort vielleicht nicht aufgenommen! Nun, und heute? Ist der Ton obiger Antwort Auch „zu schroff“? Ist er nicht vielmehr, gerade weil so häufig in Frageform gehalten, sehr milde? Wenn auch sehr, sehr ernst, dem Gegenstand angemessen! - Es ist ja unmöglich, es allen recht zu machen! Das sei allen denen gesagt, die leicht mit der Kritik bei der Hand sind, die aber nicht immer ebenso gern selber hören und lernen! Was haben wir damals über jene ganze Lieferung 5 (1932) für kritische, ablehnende, schier gehässige (muß ich leider sagen!) Zuschriften bekommen, Zuschriften, wie sie Kindern Gottes eigentlich nicht ziemen, zumal einige zeigten, daß man das Heft gar nicht durchgelesen haben konnte! Allen diesen Zuschriften aber war eins gemeinsam, und wenn einzelne Leser dieser Worte sich jetzt getroffen fühlen sollten, so ist es nur gut! -, das war der geradezu erschreckend oberflächliche Schriftgebrauch bzw. die oberflächliche Schriftauslegung, deren jene Brüder sich bedienten. Mit solcher kann man natürlich alles beweisen, was man gern möchte. Aber bekanntlich gebraucht der Feind für jede seiner Lehren

auch die Schrift, doch - ist sein Gebrauch etwa etwas anderes als krasser Mißbrauch?! (Vgl. Matth. 4!) Ich wiederhole, was ich in jener Lieferung so oft schrieb (in meiner Antwort): „Brüder, Ihr müßt wieder ‚nüchtern werden aus dem Fallstrick des Teufels‘nach 2. Tim. 2,26!“ Der HErr gebe Euch Gnade dazu, auch dazu, ‚das Wort der Wahrheit recht zu teilen‘ (2,15), damit Ihr nicht alles, was Israel, die Welt, die Gemeinde usw. anbetrifft, so durcheinanderwürfelt!

Wie sehr dies geschieht, sieht man so recht an der bei jenen Brüdern gebräuchlichen Behandlung der Hauptstelle vorliegender Frage: Hes. 16,55! Als mir anläßlich meiner letzten Süddeutschland-Reise diese Stelle mehrfach genannt wurde, d. h. von Gegnern der Allversöhnungslehre, die aber doch beunruhigt waren durch dieselbe, da ward ich allmählich geradezu innerlich empört darüber, wie schonungslos durch die Allversöhnungslehre klare Aussagen des Neuen Testamentes, wie Judas V. 7, ihres Ernstes beraubt und ihrer Bedeutung entkräftet werden durch eine Prophetenaussage, die im Zusammenhang mit Israel gesagt ist! Ich sagte damals mehrfach, es ginge nicht an, Weissagungen von so stark prophetischer Sprache einfach einer deutlichen Aussage des Neuen Testamentes gleichzustellen, um diese dann abzuschwächen. - Und dann überhaupt Weissagungen des Propheten Hesekiel, die oft so schwer und dunkel sind, daß wir es in etwa verstehen, wenn den Juden untersagt war, diesen Propheten zu lesen vor ihrem 30. Lebensjahr! Ich habe mich sehr oft mit diesem Buch beschäftigt, auch schon ziemlich frühzeitig in meinem geistlichen Leben. Verfasser obiger Antwort Fragt sehr eindringlich, ob alle die, welche so schnell bereit sind, jene Stelle zu deuten und in solcher Weise, die Bibel schon durchgelesen hätten, und wie oft den Hesekiel und dergleichen. Nun, ich habe die Bibel ziemlich oft durchgelesen, seit einigen Jahren las ich sie jedes Jahr zweimal durch (was ich empfehlen möchte!), aber noch nie sind mir bei unserer Stelle irgendwelche Bedenken oder Vermutungen jener Deutungsart gekommen, wie sie die Vertreter der Allversöhnungslehre belieben! Ich habe stets in dem prophetischen Ausdruck „Jerusalem und ihre Töchter“, „Samaria und ihre Töchter“, „Sodom und ihre Töchter“ etwas anderes, sozusagen Geheimnisvolleres, gesehen als eine einfache Bezeichnung der Bewohnerschaft jener Städte. Dagegen ist die Sprache von Matth. 11 und Judas V. 7 doch so

scheinen müßte. Aber wenn man freilich, wie Antwort A am Schluß meint, beweisen will, daß „ewig“ nicht „ewig“ ist, dann ist jedes Mittel recht. Das sieht man nirgends so deutlich, wie in den einschlägigen Werken über die „Äonenlehre“, und noch einmal möchte ich wie in Lieferung 5/1932 hinweisen auf die (3) vorzüglichen Aufsätze von J. Warns und Erich Sauer in „Saat und Ernte“ 1932 über diesen und verwandte Gegenstände.

Zur Sache noch eine „Frage“, um in der Sprache unseres Mitarbeiters oben zu reden! Ich möchte die Vertreter der Allversöhnungslehre ernstlich bitten, sich mit diesen „Fragen“ auseinanderzusetzen; „Fragen“ über unsere Stelle, von der einer der bedeutendsten jener Lehrer triumphierend ausgerufen hat: „Es hat noch niemand eine Widerlegung der auf diese Stelle gegründeten Behauptung gegeben, daß Sodom und Gomorra einmal aus der Strafe des ewigen Feuers herauskämen!“ (Welche Anmaßung!) Ich frage die, welche in den betreffenden Ausdrücken ... „Sodom und ihre Töchter“ Personen sehen, d. h. die einstigen Bewohner aller jener genannten Städte - ich frage sie: was ist der „frühere Stand“, in den sie zurückversetzt werden sollen? (Die Übersetzungen sind hier alle ähnlich, gleichartig, wie z. B. auch Menge: „voriger Zustand“.) Möchten die lieben, werten Bruder sich einmal darüber äußern? Ist mit dem „früheren Zustand“ - also wenn es sich um die Bewohner von damals handelt! - der Zustand gemeint, in dem die Sodomiter sich befanden, bevor das Gericht sie traf (1. Mose 19), dann kann ich nicht finden, daß darin eine besondere, eine erstrebenswerte Wiederherstellung zu sehen sei! Dann wären sie - die Einwohner von Sodom und Gomorra usw. - doch in genau dem trostlosen Zustande wie ehedem und müßten einem neuen Gericht anheimfallen! Was wäre die „Wiederherstellung aller Dinge“ (jener so oft von den Allversöhnungslehrern gänzlich mißverstandene Ausdruck von Apgesch. 3,21, wenn ich ihn einmal so wie jene auffasse!) für eine schmerzliche Sache, wenn sie die Menschen von einst wieder in diesen ihren früheren Zustand hineinversetzte! Oder ist mit dem „früheren Zustand“ der im Paradiese gemeint? Aber es steht doch dreimal da „zu ihrem (eurem) ...“? Und „Sodom und ihre Töchter“ waren doch nicht im Paradiese? Aber wenn man das alles übersehen wollte - werden denn wir Menschen überhaupt wieder in den paradiesischen Zustand von einst zurückversetzt? Haben wir in Christo nicht mehr, nicht Größeres?! usw. usw. Aber weiter: wenn „Sodom und ihre Töchter“ - warum

in der Schrift steht!), dann werden wohl Dathan und Abiram (die „Rotte Korah“) auch wieder in den früheren Zustand versetzt, so daß sich die Geschichte ihres Abfalls wiederholen würde? Aber da sagen jene Brüder vielleicht: nein, sondern die fallen unter das Wort von Röm. 11,26, „ganz Israel“! O, was ist schon alles aus dieser Stelle gemacht worden in völliger Verkennung der einfachen Tatsache, daß es sich dort um „Israel als Ganzes“ handelt in seiner gottgewollten Einheit der 12 Stämme (vgl. Frg. 1 in Jahrb. 6!), aus denen allen der „Überrest“ errettet werden soll! (Röm. 9,27; 11,4) Genug davon, es ist hier nicht der Platz, hierüber im einzelnen zu reden, doch muß ich meinem Schmerze Ausdruck geben, daß Röm. 9-11, diese gewaltigen Kapitel, von der Allversöhnungslehre oft so gröblich mißdeutet werden, so als ob sie selbstverständlich diese Lehre brächten! Nein, selbstverständlich gerade das Gegenteil, wie schon 9,27 zeigt!

Also was ist mit dem Zurückversetztwerden in den früheren Zustand gemeint? Denn wenn jene einstigen Bewohner also nicht „des ewigen Feuers Strafe leiden“ (Jud. V. 7), weil es ihnen wie Chorazin usw. „erträglicher“ (aber doch nicht „gut“?!) gehen soll am Tage des Gerichts (Matth. 11), oder wenn in Jud. V. 7 „ewig“ wirklich nicht „immer“ bedeuten sollte, so müßte der „frühere Zustand“ ein schöner, erstrebenswerter sein, ein großer Gewinn! Ist oder wäre er das? Man sage nicht vorschnell „ja“, indem man die Sache vergleicht mit „Deutschland vor dem Kriege“ und sagt: wenn wir anders gelebt hätten („frömmer“ usw.), dann hätte uns das Gericht des verlorenen Krieges nicht getroffen! - „Wenn, wenn, wenn ...!“ Wie würden die Sodomiter leben, wenn sie als „Sodomiter“ wieder erstehen, in ihren „früheren“ Zustand versetzt würden? Sie würden als „Sodomiter“ leben und - sollen sie das ewig tun (oder im Sinne jener etwa „äonenlang“)? - Welch Schandfleck wäre dann auf der neuen Erde!! Ich gebe zu, daß diese Konsequenz (noch) nicht gezogen sein mag von jenen Brüdern - aber liegt sie nicht auf der Hand? Brüder, ich wende mich in wahrer Liebe an euer geistliches Gewissensurteil!

Darum - wie einfach, wenn man diese Stelle nicht auf die Bewohner als solche, sondern auf die Städte, Tochterstädte, Dörfer, also die Landschaft als solche bezieht und dann alle drei (Jerusalem, Samaria, Sodom) in ursprünglicher Schönheit wiederhergestellt findet im Tausendjährigen Reich, auf das sich als das Ende der Wege Gottes mit Israel als Ganzem alle

diese herrlichen prophetischen Aussagen beziehen, die in nichts der Stelle Judas V. 7 widersprechen, sondern die jenes „ewigen Feuers Strafe“ an ihrem Platze lassen und gegen die gerichtet, die sie sich einst mit Recht zuzogen. Wenn wir das Wort „recht teilen“, so kommen wir jedenfalls nicht dahin, deutlich geoffenbarte Aussagen des Neuen Testaments mit mehr oder weniger dunklen und uns vielleicht noch unklaren prophetischen Aussprüchen des Alten Testaments zu entkräften, sondern wir lassen alles in seinen Zusammenhängen stehen, wie es dasteht, und beugen uns der Wahrheit, auch wenn sie unsere Lieblingsmeinungen zerschlägt. Besser aber, daß dies hienieden geschieht, wo wir noch einmal „nüchtern“ werden können (wie oben gesagt), als dann vor dem Richterstuhl Christi, wo wir - wenn auch nicht das ewige Leben, so doch vieles einbüßen können, wenn unser Leben hienieden nicht dem entsprochen hat, was Gott Sich mit uns vorgenommen hat! Wenn wir alle aber mehr im Lichte des Richterstuhles wandeln würden, so würden wir alle es mit dem Worte Gottes in allen seinen Teilen und Äußerungen wahrlich ernster nehmen! Möge der HErr uns Sein Wort durch Seinen Geist wichtiger und uns „Ihm, mit Dem wir es zu tun haben“ (Hebr. 4,12f.), gehorsamer machen, d. h. auch was die Lehre betrifft! „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre!“ (1. Tim. 4,16) Er segne sie uns allen! Er segne uns Sein ewiges Wort!

F. K.

Wachsetaber in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesus Christus! Ihm sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18)

Der vor uns liegende Wettlauf.

(Hebr. 12,1-3)

Nachdem der Apostel im 11. Kapitel des Hebräerbriefes uns eine so große Wolke von Zeugen vorgeführt hat, die, so schwach sie auch in sich selbst sein mochten, den Wettlauf in treuem Ausharren vollendeten, ermahnt er uns, den auch vor uns liegenden Wettlauf mit Ausharren zu

laufen. So sehr diese Treuen, deren Auge auf den Unsichtbaren so gerichtet war, als sähen sie Ihn, uns auch ermutigen mögen, in dem Laufe auszuharren, die Kraft zum Ausharren empfangen wir nur, wenn unser Glaubensblick auf Jesus ruht, der den Lauf ohne Fehl vollendet und Sich zur Rechten des Thrones Gottes gesetzt hat.

Hier wie überhaupt im Hebräerbrief finden wir des öfteren den Namen des HErrn allein ohne jede Beifügung. Wenn wir Seinen Namen ohne jeden Titel finden, so tritt in besonderer Weise Seine Menschheit vor unser Auge. Jesus ist Sein Name, den Er als Mensch empfing, mit dem Er hienieden genannt und in dem Er gekannt wurde. Achtmal finden wir im Hebräerbrief Seinen Namen ohne Titel. (Hebr. 2,9; 3,1; 6,20; 7,22; 10,19; 12,2; 12,24; 13,12) Solche Stellen weisen uns auf die Menschheit des HErrn hin, die zu beachten in dem Anschauen Seiner hochgelobten Person wichtig ist.

Der Weg unseres Glaubenslebens wird in der Schrift wiederholt mit einem Wettlauf verglichen. Ein Wettlauf erfordert Hingabe, Ausharren, Entschiedenheit, ein ganzes Herz. Wenn unser Glaubensweg in der Schrift mit einem Wettlauf verglichen ist, so doch nicht in der Weise, als ob nur einer von den Vielen das Ziel erlangen könne. Alle können es erreichen, und Belohnung winkt jedem, und niemand braucht leer auszugehen. Das Ende des Wettlaufes ist die Herrlichkeit, und das Ziel ist Christus. Und nicht nur ist Christus unser Ziel, Er ist auch die treibende Kraft im Lauf, weil Ihm unser Herz gehört.

Es ist wie in den Tagen Davids. Als er verworfen und seines Thrones von seinem eigenen Sohn Absalom beraubt wurde, setzten die Getreuen des Königs ihr Leben für ihn ein. Als dann Jehova David Recht verschaffte und ihm den Sieg über die Empörer gab, liefen zwei Männer, die in dem Kampf gestanden hatten, zu David, um ihm die Botschaft des Sieges zu überbringen. Beide liefen einem Ziele zu, und doch war ein großer Unterschied in ihrem Lauf; der eine wird uns nicht mit Namen genannt, er war ein Kuschit, der andere war Achimaaz, der Sohn Zadoks. Der Kuschit trat den Lauf an, weil er dazu ausersehen und beauftragt wurde. Der andere, Achimaaz, lief, weil sein Herz ihn zu David trieb. Er hatte schon einmal in Gemeinschaft mit einem anderen (2. Sam. 17,15-22) David eine Botschaft überbracht, und zwar die traurige

von dem Verrat seines Sohnes Absalom, und nun, da Jehova David Recht verschafft hatte, brannte sein Herz, ihm als ein Zeuge seines Sieges entgegenzueilen und ihn mit der frohen Botschaft zu begrüßen. So liefen beide Männer einem gleichen Ziele zu, der eine lief dem Auftrag gemäß, wie es ihm vorgeschrieben war, der andere lief mit dem brennenden Herzen. Achimaaz überwand die Mühen und Beschwerden des Laufes um der vor ihm liegenden Freude willen, vor David als ein Zeuge seines Sieges zu stehen. Der Kuschit mochte seinen Lauf früher angetreten und einen Vorsprung haben, aber den Lauf des Mannes, der mit dem Herzen der Liebe lief, konnte er nicht überholen. Laßt auch uns mit einer solchen Hingabe den Wettlauf laufen, um nicht überholt zu werden! Sein Auge sieht uns. Er liest unser Herz. Er weiß, ob wir in der Liebe zu Ihm in der Rennbahn laufen oder ob wir nur laufen, weil es der uns vorgeschriebene Weg ist.

Paulus vergaß alles, was dahinten war, und streckte sich aus nach dem, was vorne ist. Das Ziel anschauend, jagte er hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu. (Phil. 3,14) Er lief nicht wie aufs Ungewisse, kämpfte nicht wie einer, der in die Luft schlägt; da gilt es aber oft, den Leib zu zerschlagen und ihn in Knechtschaft zu führen. (1. Kor. 9,26.27) Sind wir bereit, gleich der Wolke von Zeugen, Hab und Gut und alles daranzugeben und wie Mose die Schmach Christi für größeren Reichtum zu halten als die Schätze Ägyptens, indem unser Auge die Belohnung sieht?

Unsere Schriftstelle ermahnt uns, jede Bürde und die leicht umstrickende Sünde abzulegen. Der Wettlauf ist zu ernst und der Preis zu kostbar, um noch Bürden mitzunehmen. Unter Bürden dürfen wir nicht die mühevollen Arbeiten und Pflichten des Lebens verstehen; Bürden sind nicht Dinge, die uns von Gott zu tun auferlegt worden sind; Bürden sind Dinge, die wir selbst auf uns genommen haben und die uns Hemmnisse in dem Nachjagen des himmlischen Zieles sind. Solche Bürden mögen an und für sich nichts Böses sein, aber sie halten uns in dem Wettlauf und dem Nachjagen des himmlischen Zieles auf. So wenig wie jemand im irdischen Wettlauf einen Rucksack auf seine Schultern nimmt, so wenig können auch wir Bürden auf uns nehmen, wenn wir das Ziel, Christus zu erreichen und Seinem Bilde gleichförmig zu werden, erlangen wollen. Und wieviel sind der Bürden, die Kinder Gottes sich oftmals aufgeladen haben! Zu

Bürden können uns werden: Sport, Politik, Kunst, Musik, Photographie, Sammlungen usw., auch Rang und Würden; alles Dinge, die an sich nicht böse sind, aber die, wenn sie unser Herz einnehmen, uns aufhalten und hindern in dem Nachjagen des größten und herrlichsten aller Ziele.

Und nicht nur jede Bürde, auch die leicht umstrickende Sünde muß abgelegt werden. Bürden und Sünden gehen gar oft Hand in Hand. Die Schrift spricht hier von der „leicht umstrickenden Sünde“. Wer von uns hat nicht schon erfahren, wie leicht Sünde uns umstricken und zum Wettlauf unfähig machen kann?! Wie gut, daß eine Hand über uns waltet, die uns hält, und daß wir einen Sachwalter bei dem Vater haben! Und wohl uns, wenn wir durch Sein Verwenden für uns zur Buße und zum Selbstgericht geführt und von den Stricken der Sünde befreit werden! Wie ernst ist das Wort des HErrn, wenn Er uns in bezug auf die Dinge, die uns ein Fallstrick sind, sagt: „Wenn aber dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir.“ Und wenn sie uns wären wie die rechte (das ist die wichtigste) Hand, der HErr fordert Entschiedenheit und Selbstgericht: „Haue sie ab und wirf sie von dir.“ (Matth. 5,29.30) Die Verstümmelung mag uns wie ein großer Verlust erscheinen, in Wirklichkeit aber ist sie nur Gewinn.

„Laßt auch uns ... ablegen“, sagt der Apostel im Blick auf die „Wolke von Zeugen“. Und was legten diese treuen Zeugen ab! Und sie waren Menschen von gleichen Gemütsbewegungen wie wir. Wenn du eine Last hättest, legtest du sie nicht gern ab? Warum wird es manchen Kindern Gottes so schwer, Bürden und sogar Sünden abzulegen? Ist es nicht, weil solche Bürden gar nicht als Last empfunden, vielmehr noch geschätzt werden? Manche mögen zeitweise ihre Last als ein Hindernis in ihrem Laufe fühlen, aber sie sind daran so gebunden und so festgehalten wie der Fisch am Angelhaken. Möchte der HErr Gnade geben, daß all die Dinge, die uns ein Hindernis in dem Wettlaufe sind, nicht mehr Genuß seien, sondern als unerträgliche Last angesehen werden!

Schau hin auf Jesum, Er vollführte den Glaubenslauf von Anfang bis Ende, Er achtete der Schande nicht, und für die vor Ihm liegende Freude erduldete Er das Kreuz. Und liegt keine

Freude vor uns? Was war das für eine Freude, die Seine Seele so erfüllte, daß Er Golgatha dafür erduldete? Höre Seine Antwort: „Dein Wohlgefallen zu tun, Mein Gott, ist Meine Lust.“ (Ps. 40,8) Wenn auch in einem schwachen Maße - haben wir nicht etwa auch etwas von dieser Freude und Lust in unserem Herzen genossen, wenn wir Sein Wohlgefallen taten?

Er hat das Ziel erreicht, Er thront schon zur Rechten Gottes; wir sind noch in der Rennbahn, aber bald ist auch das Ziel von uns erreicht, und wir sind dort oben, wohin Er für uns als Vorläufer bereits eingegangen ist. In Ihm sehen und haben wir schon die Erfüllung aller Verheißungen. Daß Er dort ist, ist so gut, als wären wir schon dort, denn wir sind ein Teil von Ihm. Im Glauben erfreuen wir uns dessen und gehen durch diese Welt der Schmach, der Leiden und des Widerspruches, und damit wir nicht ermüden und ermatten, werden wir noch einmal aufgefordert, Ihn zu betrachten, der so großen Widerspruch von Sündern gegen Sich erduldet hat. Und wenn Er, der Heilige und Gerechte, so großen Widerspruch erdulden mußte, wieviel mehr werden wir Widerspruch finden! Sie wunderten sich über die Worte der Gnade, die aus Seinem Munde hervorgingen, aber ihr Stolz konnte es nicht verwinden, daß Er ihr Lehrer sein sollte, und in dem Widerspruch ihres Herzens sagten sie: „Ist dieser nicht der Sohn Josephs?“ Und von Wut erfüllt, wollten sie Ihn vom Rand des Berges hinabstoßen. (Luk. 4,14-30) Als Er einen armen Besessenen, Blinden und Stummen heilte, dann widersprach man Ihm und sagte, daß Er den Beelzebub habe. (Matth. 12) Und als Er Sich der Zöllner und Sünder annahm und mit ihnen aß, dann widersprachen sie und nannten Ihn einen Fresser und Weinsäufer. (Matth. 11,19) Und als Er den Kranken heilte, der 38 Jahre am Teiche Bethesda auf Genesung wartete, dann widersprachen sie und nannten Ihn einen Menschen, der den Sabbat breche. (Joh. 5,18; 9,16) Und noch, als sie Ihn bereits in ihre Gewalt gebracht hatten und Er ihnen bezeugte, daß sie Ihn würden kommen sehen auf Wolken des Himmels, da widersprachen sie Ihm und beschuldigten Ihn der Lästerung. (Matth. 26,64.65) Ja, laßt uns Ihn betrachten, der so großen Widerspruch von Sündern gegen Sich erduldet hat, damit wir nicht müde werden und in unseren Seelen ermatten!

A. v. d. K.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

„Seid bereit jederzeit“, des HErrn Kommen zu erwarten zum Sterben - zum Leiden - zum Leben - zum Dienen - zum Gehorchen - ja, zu all diesem „seid jederzeit bereit“ - das durften wir in den vorangegangenen Lieferungen besprechen, und dann kündigte ich an: „Seid aber - als rechte „Abermenschen“ - jederzeit bereit“

7. zum Lieben!

Das schreibt sich so leicht: zum Lieben! - doch darüber zu schreiben dünkt mich so schwer, fast unmöglich, daß ich beinahe bereue, dies angekündigt und begonnen zu haben! Aber wie schon gesagt: Zum Dienen (Punkt 5) gehört Gehorsam (Punkt 6) und Liebe! - Dann aber auch wiederum - kann es Köstlicheres geben als hiervon zu schreiben? Schwebt da nicht stets und unablässig jenes einzig herrliche Urvorbild vor uns, das Gott, unser Vater, Selbst uns gab, indem Er Seinen Sohn uns schenkte, worin Seine Liebe zu einer verlorenen Welt und zu uns ihre wunderbarsten Triumphe feiert? (Joh. 3,16; 1. Joh.-Brief) Schwebt nicht ferner jenes andere Urvorbild vor uns, das der Sohn uns mit Seiner Liebe gab, von der Paulus rühmt: „Der mich („uns“) geliebt und Sich Selbst für mich („für uns“) dahingegeben hat“ (Gal. 2,20 und Eph. 5,2), oder bezogen auf Seine Gemeinde: „... wie auch Christus die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat“ (Eph. 5,25)?! Ja, fühlen wir nicht sogar den lieblichen Hauch der „Liebe des Geistes“, von der der Apostel schreibt in Röm. 15,30? In allen diesen kostbaren Vorbildern finden wir Anleitung darüber, was „Liebe“ ist, und in der Gemeinschaft mit Dem, der Liebe ist, finden wir auch die Kraft zum Lieben - wir müssen diese nur nehmen!

Manchmal schon durfte ich in den „Handreichungen“ über die Liebe schreiben, so anläßlich der Frage aus dem 1. Joh.-Brief im 17. Jahrbuch - aber wie ernst ist es doch, über Liebe zu schreiben! Sieht man seine eigene Liebeleere nicht dabei stets vor Augen? Ist es nicht so, daß

Liebe zu geben? Und wie mancher Junggläubige (und nur solche Jungen im Glauben?) beschwert sich über die mangelnde Liebe in der (örtlichen) Gemeinde, statt daß er selber einen „Sack voll Liebe“ mit hineinbrächte! Täte er es, dann würde er sich vor Gegenliebe vielleicht kaum zu bergen wissen! Denn es ist ein eigen Ding um die (christliche) Liebe: Wer sie bei anderen sucht, wird stets enttäuscht; wer sie aber mitbringt, der weckt sie in anderen. Genau so machte es Gott - indem Er liebte und liebt uns, die wir nicht liebenswert sind, schüttet Er die Liebe in unser Herz aus durch den Heiligen Geist (Röm. 5,5), und wir können nicht anders: Wir müssen lieben; „wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat!“ (1. Joh. 4,19) Das ist gleichsam ein Grundgesetz!

Aber daß wir uns ja nicht selber betrügen: Liebe besteht nicht in Worten, auch nicht in sentimentalen Gefühlen! - Liebe ist Tat, ist Wahrheit, sonst ist sie gar nicht da, höchstens eine Karikatur von ihr, ein Scheinlieben! Die Liebe ist ja, wenn überhaupt vorhanden, auch in sich selbst ohne Maß, ohne Kalkulation, ohne Berechnung, ohne Einschränkung; halbe Beweggründe schaffen keine ganze Liebe. Ihr Betätigungsfeld mag beschränkt, mag klein sein, sie selber ist groß, ja unbeschränkt, ist keine „tote“ Gewohnheit; sie gibt, wenn echt, ihr Letztes, ihr Alles, ihr Bestes! Denn Liebe ist - wir sehen es an den Urvorbildern - Hingabe, ist Wille für den anderen (gegen sich selbst!), ist Opfer, ist - darum auch Leiden! Liebe ohne Leiden? Unmöglich! „Wem nie aus Liebe Leid geschah, geschah aus Lieb' auch Liebe nicht!“ hat die große Dulderin, die Preußenkönigin Luise gesagt - und wie recht hat sie! Eine Liebe, die nicht bereit ist, sich ganz zu opfern, wenn sie auch darunter zerbricht, ist nicht dem göttlichen Urbild entsprechend!

Freilich, nur Gläubige können so in Wahrheit lieben, Wahrheit in der Liebe, Liebe in der Wahrheit betätigen (Eph. 4,15), nur die biblische Liebe läßt sich in dieser Weise offenbaren; die irdische Liebe ist davon ja nur ein unendlich schwaches Abbild! Was auch an „Liebe“ auf der Welt ist, es ist alles durch Ichsucht, durch Selbstliebe befleckt - die an sich nicht Unrecht ist, wenn sie ihr Gegenstück hat: „Liebe den Nächsten wie dich selbst!“ sagt der Herr Jesus, sagt Gott (vgl. z. B. Luk. 10,27!), sagt Sein Wort (z. B. Jak. 2,8!), aber sie hat's eben meist nicht, dieses Gegenstück! - Die irdische Liebe, selbst die höchste, die Mutterliebe, ist nicht ganz rein, obwohl

sie sogar in der Tierwelt noch, wieviel mehr in der Menschenwelt, erhabene Größe offenbart; und die Gattenliebe, die Kindesliebe, die Liebe zu den Kindern, die Geschwisterliebe, die Freundesliebe - o ja, viel Schönes bringt sie zuwege, und ohne Liebe wäre es in der Welt nicht mehr zum Aushalten - aber, aber überall steht das Ich, das „liebe“ Ich, das „heilige“ Ich (wie man in Spanien sagt) daneben und entweiht die echte, weil selbstlose Liebe, die Liebe um ihrer selbst willen! Es ist ja auch wichtig zu sehen, daß jene „Liebe“, die in der Welt eine so große Rolle spielt, die Erotik, in der Heiligen Schrift nicht zu finden ist! Die beiden Worte im griechischen Grundtext des Neuen Testamentes für „lieben“ und „ liebhaben“ enthalten nichts dergleichen, und das kommt daher, weil sie ihr Urbild eben in Gottes Liebe und in Seiner Zuneigung zu uns haben ... (1. Kor. 13!)

Doch ich habe nicht den Raum, weiter hierüber zu schreiben.

Noch einige praktische Bemerkungen!

Die Liebe braucht Betätigungsfelder, sie kann nicht ohne solche sein. Sie braucht „Fronten“, und sie hat in der Schrift deren wenigstens drei: 1. Gott und Seinen Sohn, Liebe zum HErrn; 2. die Kinder Gottes; 3. die durch Liebe zu gewinnenden Ungläubigen (auch die Feinde, siehe z. B.

Luk. 6,35!). Wollte ich über dies alles schreiben, es würde ein Buch! Aber es ist ja auch gänzlich unnötig, da dies „Buch“ schon geschrieben ist: die Bibel! - Nur drei möglichst kurze Hinweise:

1. „Liebet ihr Mich, so haltet Mein Wort!“ sagt der HErr in den verschiedensten Variationen (vgl. z. B. Joh. 14,21-24 und 1. Joh.-Brief; 2. Joh. V. 6 usw.). Er wartet auf den Erweis unserer Liebe!

2. „Ein neues Gebot gebe Ich euch, daß ihr einander liebet, gleichwie Ich euch geliebt habe.“ (Joh. 13,34 und viele andere Stellen, besonders im 1. Joh.-Brief, aber auch oft bei Paulus, vgl. z. B. Röm. 13,8-10; Eph. 5,1.2; 1. Kor. 13 usw., auch bei Petrus: z. B. 1. Petr. 1,22; 2. Petr. 1 u. a.) Dies gilt auch für die christliche Ehe! Wie oft sagt das Wort den Männern (den Frauen nur einmal indirekt: Tit. 2,4!), ihre Weiber zu lieben, vgl. vor allem Eph. 5,22-33 u. a.! - Doch beachten wir, daß unsere Liebe zueinander kontrolliert und reguliert, in Schranken gehalten,

ausgedehnt und begrenzt wird durch unsere praktische Liebe zu Gott (vgl. 1. Joh. 5,2 und siehe dazu Jahrb. 10, Frg. 10!); ebenso andererseits ist in der Schrift betont, daß unsere Liebe zu Gott sich beweist in der zu unseren Brüdern. (1. Joh. 4,20, und siehe Jahrb. 17, Frg. 9!)

3. „Die Liebe des Christus drängt uns“ - wozu? ihnen, den Ungläubigen, das Wort der Versöhnung nahezubringen. (2. Kor. 5,14 usw.; vgl. Lief. 2, S. 38) Zu diesem Zwecke suchen wir, ohne die Grundsätze der Wahrheit irgendwie zu verleugnen (eine ernste Sache!), wie Paulus „allen alles zu werden, um auf alle Weise etliche zu gewinnen“. (1. Kor. 9,19-22) - Genug von diesen drei „Fronten“ - jeder Leser denke dem weiter nach!

Und nun - „seid aber jederzeit bereit - zumLieben“! Wir spüren, indem wir dies jetzt noch einmal vor unser inneres Auge stellen, die Schwierigkeit der Aufgabe dieses Bereitseins! Wir fühlen uns so unfähig, wir sehen die Hindernisse, wir spüren die Blicke der Kritik, des Übelwollens bei anderen, der Feindschaft Satans und seiner Getreuen, wir stolpern über das Zukurzkommen anderer in puncto „Liebe“ und machen es selber doch nicht besser - aber wir sehnen uns nach mehr Gnade, um mehr lieben zu können, wir möchten dem HErrn durch unsere Lieblosigkeit oder unseren Liebemangel keine Schande mehr machen, wir wollen Ihn nicht so oft betrüben durch unvollkommenes Halten Seines Wortes oder durch gewohnheitsmäßiges Dienen an den Seinen oder der Welt, ohne den stets frischen Zustrom der Liebe von oben - kurz, wir möchten mehr lieben in Wahrheit, wie können wir es? Wie sollen wir's nur machen, wir Armen, wir liebeleeren Geschöpfe? Wo ist die Hilfe, wo die Kraft? O nur nicht verzweifeln! „Wer da hat, dem wird gegeben“ - und „Bittet, so wird euch gegeben!“ sagt Sein Wort. (Luk. 8,18; Matth. 7,7 usw.) „Wen Weisheit mangelt, der bitte von Gott, und sie wird ihm gegeben werden!“ (Jak. 1,5) Sollte das für die Liebe nicht zutreffen? O versuchen wir's nur! Und wenn Liebe - „Licht und Liebe“ (1. Joh.-Brief) - das Wesen Gottes ist und wenn wir in Christo Jesu die Liebe verkörpert sehen und wenn wir „durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt werden durch den Geist“ (2. Kor. 3,18) - dann gibt's hier sicher für uns einen Weg, um mehr lieben zu lernen, d. h. mehr der Natur Gottes entsprechend wandeln zu können, wie es ein Paulus - auch nur ein Mensch! - konnte und uns darin voranging, so, wenn er uns ermahnt: „Ziehet die Liebe an!“ (Kol. 3,12ff.), und selber vorbildlich

handelt nach 2.Kor.12,15! - Ja, laßt uns mehr leben im Anschauen der Herrlichkeit Christi Jesu, auf den Knien, d. i. gebeugt, Ihn betrachtend in Seinem Wort; und sicher: wir werden besser lernen zu lieben wen, wie und wo es Sein herrlicher Wille ist, sind wir doch selber „Heilige und Geliebte“ und „angenehm gemacht in dem Geliebten“! (Kol. 3,12; Eph. 1,6) Laßt uns Ihm, wo es nötig ist, unser Zukurzkommen bekennen (auch hierfür gilt 1. Joh. 1,9!) und dann aufs neue „wandeln in Liebe“! (Eph. 5,1) Es ist wohl und gut möglich, denn Sein lebendiges Wort sagt es uns, und es sagt uns nie zuviel!

„Seid aber jederzeit bereit“ ... zum Lieben! „Alles bei euch geschehe in Liebe!“ (1. Kor. 16,14)

Seine genügende Gnade helfe uns dazu!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Wohin gehst Du?

Einleitung:

Zweck der Darstellung.

Gott Selbst wird unter ihnen sein und alle Tränen von ihren Augen abwischen. Und es wird keinen Tod mehr geben; kein Leid, kein Geschrei, kein Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenb. 21,4)

Mit diesenWorten kennzeichnet Gott, der „König der Ewigkeit“ (1. Tim. 1,17, in der Wortfassung der Miniaturbibel von Franz Eugen Schlachter), den Inhalt der nun bald sechstausendjährigen Menschheitsgeschichte. Wir leben in den „letzten Tagen“. (2. Tim. 3,1-15) Die Erde reift dem Gericht entgegen. Während Wissenschaft und Technik, oft in verderblicher Weise, sich vervollkommnen, greift der innere Verfall immer deutlicher um sich. Durch gewaltige, sich

häufende Naturereignisse wie auch durch Sein mehr verborgenes Eingreifen in den Lebensweg des Einzelnen mahnt die Stimme Dessen, „Dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist“ (Matth. 28,18), des „Königs der Könige und HErrn der Herren“ (Offenb. 19,16): „Tut Buße!“ (Apgesch. 3,19; 17,30) Doch wenige nur beherzigen diesen Ruf. So ist das Endgeschick der sündigen und daher ruhe- und friedelosen Menschheit unabwendbar. (Ps. 38,4; Jes. 48,22; 57,21; Klagel. 3,39)

Wachenden und wartenden Gotteskindern dagegen tönt das Wort ihres Heilandes und Hirten, ihres Freundes und Bräutigams entgegen: „Siehe, Ich komme bald!“ Trost und Warnung zugleich birgt es in sich. Auch die Gemeinde, die bluterkaufte Schar der Gläubigen, hat gefehlt, ist nicht mehr „ein Herz und eine Seele“. (Apgesch. 4,32) Sie bietet heute ein Bild unübersehbarer Zersplitterung. „Falsche Messiasse und falsche Propheten“ treten auf (Mark. 13,22); Irrlehren breiten sich aus. (2. Thess. 2,11.12)

Da steigt in manchem ehrlich suchenden Kinde Gottes die berechtigte Frage auf: „Wohin soll ich gehen?“

Diese Frage im Lichte der Bibel als des untrüglichen Wortes Gottes zu beantworten, ohne Rücksicht auf abweichende

Vermerk: Die Schriftstellen sind nach der Bibelübersetzung von Gymnasialdirektor Dr. Hermann Menge angeführt, soweit nichts anderes angegeben ist.

menschliche Ansichten, will vorliegende Schrift versuchen. „Dem Aufrichtigen sichert Gott das Gelingen“ (Spr. 2,7 in der Miniaturbibel), der Demütige erhält Gnade (Jak. 4,7), und ein inständiges Gebet wird erhört. (Jak. 5,16) Diese Verheißungen gelten auch für unsere gegenwärtige, so verwirrte Zeit. Zugleich möchten diese Zeilen ein persönliches Zeugnis ihres Schreibers für den König seines Lebens sein. Sie beanspruchen keine unfehlbare Autorität. Unser Erkennen ist und bleibt Stückwerk. (1. Kor. 13,9) Der Leser möge das Geschriebene betend prüfen! (1. Thess. 5,21) „Und wenn ihr über irgend etwas anderer Meinung seid, so wird Gott euch auch darüber Klarheit geben; nur laßt uns nach derselben Überzeugung, zu der wir

gelangt sind, unbeirrt weiterwandeln.“ (Phil. 3,15.16)

„Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz! Prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh', ob ich wandle auf trüglichem Wege, und leite mich auf ewigem Wege!“ (Ps. 139,24)

Erster Abschnitt:

DerMensch Gottes.

Jede Schrift, von Gottes Geist eingegeben, ist nützlich zur Belehrung, zur Bestrafung, zur Besserung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke geschickt.“ (2. Tim. 3,16.17, Miniaturbibel.)

1. Bekehrung und Wiedergeburt.

Die Darstellung wendet sich nur an wirkliche Christen und unter ihnen nur an solche, die bereit sind, in freudigererbietigem Gehorsam gegen die Gebote des HErrn den Weg der Wahrheit zu wandeln. (Spr. 8,34; Jer. 7,23; 1. Petr. 1,22; 1. Joh. 2,4.5; Jak. 1,22) Es ist daher zunächst Inhalt und Bedeutung des Namens „Christ“ klarzustellen.

Ein Christ ist eine Persönlichkeit,

die durch bußbereite, gläubig vertrauende Annahme des stellvertretenden Sühnopfers Jesu Christi am Kreuze von Golgatha sowie durch bedingungslose Willensübergabe zu bewußter persönlicher Lebensgemeinschaft mit ihrem Erlöser durchgedrungen ist (Bekehrung),

und die durch die Versiegelung mit dem Heiligen Geiste die Gewißheit ihrer Errettung als Folge der göttlichen Bestätigung ihres freiwilligen Herzensentschlusses erlangt hat (Wiedergeburt). (Eigentlich: Geburt „von oben her“.)

Der Entscheidungsschritt des Menschen (Jer. 24,7; Joel 2,13; Mal. 3,7; Apgesch. 3,19.26; 9,35;

11,21; 26,18; 2. Kor. 3,16; 1. Petr. 2,25) bewirkt also ein alsbaldiges unmittelbares Handeln Gottes. (Joh. 3,3; Titus 3,4-7; 1. Petr. 1,3.23 - Luk. 11,13; Apgesch. 15,8; Röm. 5,5; 8,9; 8,15.16.23; 1. Kor. 2,12; 2. Kor. 1,21.22; 5,5; Eph. 1,13.14; 1. Thess. 4,7.8; 2. Tim. 1,7; 1. Joh. 3,24) Gott bereitet aber auch die Bekehrung eines Menschen durch Berufung, Erleuchtung und Erweckung vor. (Jer. 31,18; Matth. 19,26)

Man wird daher kein Christ:

1. Durch Geburt. Gottes Wort spricht darum von einer neuen, geistlichen Geburt, der Wiedergeburt. Glaube ist etwas höchst Persönliches, vererbt sich nicht; wohl aber die Sünde. (Ps. 51,7; Joh. 9,34; 1. Petr. 1,18.19)

2. Durch christliche Erziehung. Gläubige Eltern, Verwandte und Lehrer können nur Wegweiser zur „engen Pforte“ sein. (Matth. 7,13.14)

3. Durch religiös-zeremonielle Handlungen. Genannt seien Säuglingsbesprengung, Konfirmation, Kommunion, Firmung und kirchliches Abendmahl zur Sündenvergebung. (Mark. 7,8.9.13; 2. Kor. 2,17; 4,2; Kol. 2,8)

4. Durch eigene Anstrengungen, Bußübungen und Kasteiungen. Sie führen nur zur „Fleischesheiligung“. (Joh. 6,63)

5. Durch gute Werke. Sie machen nur zu einem Pharisäer. (Matth. 7,22.23; Apgesch. 15,10; Röm. 3,28; 4,5; Gal. 2,16; Eph. 2,9.10)

„Was könnte ein Mensch als Lösegeld für seine Seele geben?“ (Matth. 16,26b)

Zusammenfassend:

Es kann niemand „nach seiner Fasson selig werden“, wie König Friedrich der Große einst, wenn auch in guter Absicht, erklärt hat. Es gibt nur eine „Fasson“: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch Mich!“ (Joh. 14,6)

„In keinem anderen ist das Heil zu finden; denn es ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir das Heil erlangen sollen.“ (Apgesch. 4,12)

„Einen anderen Grund kann niemand legen als den, der gelegt worden ist, und der ist Jesus Christus.“ (1. Kor. 3,11) Suche Jesum und Sein Licht! Alles andre hilft dir nicht!

„Nur Gnade ist's, die selig macht!“ (Apgesch. 15,11; Röm. 3,23.24; 11,6; 1. Kor. 15,10; 2. Kor. 8,9; 2. Tim. 1,9; 1. Petr. 1,13)

Ohne Blut keine Errettung und Sündenvergebung. (1. Kor. 5,7; 1. Petr. 1,18.19; Hebr. 9,22)

„Das Blut Seines Sohnes Jesus macht uns von aller Sünde rein.“ (1. Joh. 1,7)

„Das Blut an den Häusern, worin ihr euch befindet, soll ein Zeichen zu eurem Schutze sein; denn wenn Ich das Blut sehe, will Ich schonend an euch vorübergehen, und es soll euch kein tödliches Verderben treffen, wenn Ich den Schlag gegen das Land Ägypten führe.“ (2. Mos. 12,13) Der erstgeborene Sohn eines Ägypters wäre mithin gerettet worden, wenn er sich in jener Nacht in einem jüdischen Hause befunden hätte. Die Israeliten waren nach ihrer Errettung durchaus nicht bessere Menschen als zuvor; das haben sie später oft genug gezeigt.

Die wirksame Annahme der Gnade setzt aber die Erkenntnis voraus, daß man ohne sie ewig verloren ist. (Röm. 3,10-12; 6,23; Eph. 2,1; 1. Joh. 1,8)

„Er ist um unserer Übertretungen willen durchbohrt, zerschlagen wegen unserer Missetat; Strafe, uns zum Frieden, lag auf Ihm, und durch Seine Wunden ward uns Heilung. Wir gingen alle in der Irre wie Schafe, ein jeder wandte sich auf seinen Weg; aber Jahve warf unser aller Schuld auf Ihn!“ (Jes. 53,5.6, Miniaturbibel) „Was muß ich tun, um das Heil zu erlangen?“ „Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du das Heil erlangen.“ (Apgesch. 16,31) Das scheint zu einfach, um danach handeln zu können (vgl. 2. Kön. 5,13), und doch ist es Wahrheit.

Gewiß, Sünder sind und bleiben wir alle. (Ps. 14,3; Pred. 7,20; Jes. 1,6; Hes. 18,4)

und unbegnadigte Sünder. Das ist der so ernste, ewigkeitsentscheidende Unterschied.

Die Schrift kennt drei Arten des Todes:

1. Den geistlichen Tod. (1. Mos. 2,17) In ihm befindet sich infolge der Erbsünde jeder Mensch bis zu seiner Bekehrung. (Eph. 2,1-7)

2. Den leiblichen Tod. (1. Mos. 5,4.5) Dieser ereilt bis heute auch die Kinder Gottes. (Phil. 1,23)

3. Den ewigen Tod. (Offenb. 20,6) Er ist das Endgeschick aller Ungläubigen. (Offenb. 20,15)

Ergebnis:

„Wenn ich nur Dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist Du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil.“ (Ps. 73,25.26, Luthertext)

Noch eine Wahrheit:

„Christentum“ und „Religion“ sind grundverschiedene und miteinander unvereinbare Begriffe. Der religiöse Mensch - ein solcher ist auch der Mohammedaner, Buddhist, Brahmane, Konfuzianer oder der durch seinen Fetisch Gott suchende Neger - gestaltet sein Verhältnis zu Gott nach seinen eigenen unbeständigen Ansichten, Gedanken, Empfindungen und Gefühlen oder nach denen anderer Menschen. Der Christ erkennt Gottes Urteil über die Beschaffenheit seines Herzens an (1. Mos. 8,21; Jer. 17,9; Mark. 7,21-23) und beugt sich unter die majestätischen Worte:

„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht Meine Wege; sondern so hoch der Himmel über der Erde ist, soviel höher sind Meine Wege als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken.“ (Jes. 55,8.9)

H. J. M.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Frage und Antwort

Frage 3

Haben wir Gläubige das Tischgebet an Gott, den Vater, oder an den Herrn Jesus zu richten? (1. Mos. 1,29; 9,2b.3; Matth. 14,19; Luk. 24,30; Apgesch. 27,35; Röm. 14,6; 1. Kor. 10,21b.26;1. Tim. 4,3-5; Jak. 1,17.)

Antwort A

Können wir aus den angegebenen Schriftstellen die Antwort Auf diese Frage finden? 1. Mose 1,29 und 9,2b.3 sagen uns, daß „Gott“ dem Menschen zunächst „alles samenbringende Kraut“ sowie alle Baumfrucht und später auch noch „alles, was sich auf dem Erdboden regt, und alle Fische des Meeres“ - also die Tiere - zur Speise gegeben hat. Matth. 14,19 und Luk. 24,30 ist es der Herr Jesus, welcher die Speise darreicht, aber nicht als der ursprüngliche Geber, sondern als von Gott empfangend und an die Jünger weitergebend, denn Er dankte („segnete“ = lobpries, dankte) dafür, ehe Er sie weitergab. Apgesch. 27,35 dankte Paulus Gott für die Speise. Röm. 14,6 heißt es: „... denn er danksagt Gott.“ 1. Kor. 10,21b.26 ist es der HErr, dessen Tisches wir teilhaftig sind und dessen „die Erde ist und ihre Fülle“. In 1. Tim. 4,3-5 ist in Verbindung mit den Speisen immer von Gott die Rede. Jak. 1,17 sagt uns: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter ...“, also von Gott, wie der folgende Vers (V. 18) uns zeigt. - Wir sehen, daß diese Stellen unsere Frage nicht unmittelbar beantworten, aber doch helfen sie uns, denn mit Ausnahme von 1. Kor. 10,21b.26 stellen sie uns Gott als den Geber dar, und wenn wir auch wissen, daß auch der Herr Jesus „Gott“ ist (Joh. 1,1; Röm. 9,5; Tit. 2,13; Hebr. 1,8; 1. Joh. 5,20c), so weist uns doch im übrigen der Name „Gott“ im Neuen Testament immer auf den „Vater“ hin, wie Paulus 1. Kor. 8,6

Ihn, und ein HErr, Jesus Christus, durch welchen alle Dinge sind, und wir durch Ihn.“ Da nun der Dank für eine Sache immer dem Geber gebührt, und Gott, der Vater, der Geber ist („von welchem alle Dinge sind“ und von welchem „jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk“ herabkommt!), würde es also richtig sein, bei Tische Gott, dem Vater, für die Gaben zu danken. - Wie ist es aber mit 1. Kor. 10,21b.26 - steht diese Stelle nicht dem entgegen? Nein; denn es handelt sich in dieser Stelle nicht um das Empfangen von Gaben und darum auch nicht um die Frage, wem als Geber zu danken ist, sondern um die Verwirklichung der Gemeinschaft, in die wir als Erlöste gebracht sind, im täglichen Leben, in sorgfältigem Daraufachten, woran wir teilhaben, und damit zugleich um die Anerkennung des HErrn als unseres Herrn und als des HErrn über alles (denn Sein Tod ist die Grundlage für diese Gemeinschaft - Er hat uns so teuer erkauft! und nicht uns allein!); - bei allem, woran wir uns erfreuen und bei allem, was wir genießen, steht Er als der HErr vor uns; darum ist es „des HErrn Kelch“, den wir trinken, „des HErrn Tisch“, dessen wir teilhaftig sind, und darum heißt es Vers 26: „Die Erde ist des HErrn und ihre Fülle.“ Das entspricht ganz dem Psalm 24, aus dessen ersten Vers die erwähnten Worte angeführt sind. („Jehova“ - „der König der Herrlichkeit!“ Wir wissen, daß dieses sich auf den HErrn bezieht, durch den und für den alles geschaffen ist - welcher der Erbe aller Dinge ist und einst als „König der Herrlichkeit“ über alles herrschen wird!)

Einen weiteren Fingerzeig können wir im Evangelium Johannes in folgendem finden: Solange es sich um die Errettung des verlorenen Sünders handelt, ist es der Herr Jesus, der Sohn, welcher gibt - das, was der Sünder bedarf: „lebendiges Wasser“ (4,10-14; 7,37), „ewiges Leben“ (10,28; 17,2), die „Worte“ des Vaters (17,8); dann aber, nachdem sie dies empfangen haben und die Stellung als Kinder Gottes einnehmen, sehen wir den Vater als den, welcher gibt (14,16; 15,16; 16,23b), und den Sohn als den, welcher tut, was zu tun ist (14,13.14; 15,26 - „senden“, nicht „geben“! - 16,7). Als Geber erscheint der Sohn 14,27a, aber da handelt es sich um Seinen eigenen Frieden, den natürlich nur Er Selbst, nicht der Vater, geben kann, und 17,22, wo es sich um die Herrlichkeit handelt, die der Vater Ihm gegeben hat und Er an die Seinen weitergegeben hat bzw. -gibt. Das steht ganz im Einklang mit dem oben schon

den Sohn ist. Gott, der Vater, ist der Geber.

Nach all dem sind wir überzeugt, daß nach der Schrift Gott, der Vater, der Geber der Gaben ist, die wir für unseres Leibes Bedürfnisse empfangen, und wir daher unser Dankgebet an Ihn richten sollten. Wir sind auch überzeugt, daß es Ihm wohlgefällig ist, wenn wir dieses verstehen und es so tun. Es sollte uns am Herzen liegen, in allen Dingen Klarheit zu bekommen durch das kostbare Wort Gottes, um in allem - sei es in unseren Gebeten, unserem Reden oder unserem Tun - zu Seinem Wohlgefallen zu sein. Aber wenn es etwa nur Erkenntnis und nicht Sache des Herzens wäre, würde es freilich vor Gott keinen Wert haben, denn Er sieht das Herz an! Das gilt auch betreffs des Dankgebets bei Tische, und sicherlich ist ein an den Herrn Jesus gerichtetes Dankgebet, welches aus einem wirklich dankbaren Herzen kommt, Ihm wohlgefälliger als ein schriftgemäßes und formrichtiges Dankgebet, welches nur die Lippen sprechen. -

Zum Schluß möchten wir noch auf etwas aufmerksam machen, was vielleicht dem einen oder anderen der Leser dieser Zeilen dienen kann: Das Gebet bei Tische vor Beginn des Essens sollte der Gelegenheit entsprechen, also ein Dank sein für die Gaben, aber nicht ein langes Gebet, in welchem alles mögliche vorgebracht wird, was mit diesen Gaben gar nichts zu tun hat, mit dem eigentlichen Dank nur als nebensächlichem Anhängsel. Ein kurzer, herzlicher Dank für die Gaben und, je nachdem das Herz voll ist, ein Lobpreis Seiner großen Güte sollte der Inhalt des Tischgebets sein, vielleicht mit einem kurzen, fürbittenden Gedenken an unsere Mitmenschen, besonders an solche Kinder Gottes, die Mangel haben. - Möchten wir lernen, auch hierin uns mehr und mehr vom Geiste Gottes leiten zu lassen! -

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Der letzte Absatz dieser, wenn auch kurzen, so doch tiefgründigen, schönen Antwort ist sehr beachtenswert. Wie oft schon mögen Hausfrauen um die Güte und das Warmbleiben ihres

Ende finden konnte mit seinem „Tisch“-gebet, das besser ein Gebet im Kämmerlein gewesen wäre als ein solches vor Tisch - oder es wäre besser nach Tisch am Platze gewesen. Denn wenn nicht alle gläubigen Tischgenossen aus vollem Herzen mitbeten, sondern anderen Gedanken Raum geben (müssen!), dann ist der Segen und die Erhörlichkeit des Gebetes sehr in Frage gestellt. Oder sollte dieses etwa gar eine „Predigt“ sein? Wie ungeziemend und segenraubend wäre es dann erst! - Bedenken wir doch, was auch Antwort A im zweitletzten Absatz betont: „Der HErr sieht das Herz an!“ Das gilt sicher auch mit am meisten bezüglich unseres Gebetslebens.

Was die Antwort selber anbelangt, so brauche ich wohl nicht zu sagen, daß sie mein vollstes Einverständnis hat und auch gewiß das der meisten Leser, sonderlich derer, die „durch Gewohnheit geübte Sinne haben zur Unterscheidung“. (Hebr. 5,14)

Mit einigen Bemerkungen möchte ich die Ausführungen unseres lieben Mitarbeiters noch unterstreichen und erweitern.

Zunächst verweise ich eindringlichst auf die kostbare Antwort unseres einstigen teuren Mitarbeiters K. O. St. (†) auf die Frage: „Zu wem und wie soll man beten usw.?“ in Jahrb. 16, Frg. 4 (Seite 39ff.), die auch bezüglich vorliegender Sache Licht gibt.

Wörtliche Tischgebete haben wir ja in der Schrift nicht und auch in ihr nur selten Gelegenheiten des Betens vor dem Essen, so daß wir nicht unbedingt sagen dürften, es sei geradezu schriftwidrig, zum Herrn Jesus zu beten vor Empfang der leiblichen Gaben. Wenn daher Gläubige, die aus geistlicher Unkenntnis gewöhnt sind zu beten: „Komm, Herr Jesu, und sei unser Gast und segne uns, und was Du uns aus Gnaden bescheret hast!“, uns fragen würden, ob denn dies Gebet „schriftwidrig“ wäre, so würde ich nicht sagen: „ja, das ist es!“, sondern ich würde ihnen zu zeigen versuchen - wie auch obige Antwort Anstrebt -, daß wir Gläubigen von heute größere Vorrechte genießen (ganz abgesehen davon, daß obiges Tischgebet auch von sehr vielen Unbekehrten, auch von Kindern, gesprochen und somit oft nur geplappert wird!), daß wir durch Christum zum Vater gekommen sind, wie der HErr Selber nach Seiner

Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott!“ (wie kostbar!). Und ist es nicht so, wie unser Mitarbeiter dem Sinne nach schreibt, daß, wenn die Apostel (besonders Johannes) von der Errettung des Sünders reden, dann der Herr Jesus als der Geber genannt wird, sobald es sich aber um Kindesrechte handelt, von unserem Gott und Vater?! Das läßt sich nicht nur im Johannesevangelium verfolgen.

Unser Mitarbeiter betont, daß, wenn bei den Gebeten in den Schriftstellen der Frage von Gott die Rede ist, dann unser Vater gemeint sei nach 1. Kor. 8,6, und ich möchte dazu noch einige Stellen nennen, aus denen für mich unzweideutig hervorgeht, daß wir zu unserem Gott und Vater beten sollten, sobald es sich um Bedürfnisse unseres Lebens handelt: Phil. 4,6.19.20 in einem Zusammenhang, der mehr von äußeren irdischen Dingen als von himmlischen spricht; ebenso 1. Petr. 5,6.7! Und man lese den Abschnitt 2. Kor. 9,7-15, und man wird finden, wem die Danksagungen gebühren in äußeren, leiblichen (daß ich nicht auch sage, in „pekuniären“) Dingen (vgl. V. 10.11!). Und noch eine Stelle: 1. Tim. 6,17ff. Und damit sind die Stellen nicht erschöpft! Aber nun noch ein Hinweis! Wir wissen, daß das sogenannte „Vaterunser“ nicht für Gläubige jetziger Berufung gegeben ist; in Jahrbuch 6, Frage 7, und besonders auch in obiger Frage 4 aus Jahrbuch 16 (K. O. St. †), Seite 41, ist eingehend über die Bedeutung und Bestimmung des „Vaterunsers“ geschrieben, als gegeben besonders fürs Tausendjährige Reich! - aber ich frage: Wenn schon die Jünger von damals durch den HErrn belehrt wurden, daß sie also beten sollten: „Unser Vater ... unser nötiges Brot gib uns heute!“ (Matth. 6,11; Luk. 11,5 „täglich“) - wieviel mehr Ursache und Grund haben wir, die wir zu Gott geführt sind (1. Petr. 3,18), und die wir Ihn anreden dürfen „Abba, Vater!“ (Röm. 8,15), Ihm, unserem Gott und Vater täglich zu danken aus der Tiefe unserer erneuerten Herzen für das tägliche Brot, das Er in Seiner Gnade uns tatsächlich darreicht! Nicht daß wir beim Tischgebet notwendigerweise Ihn um Segen für die Speisen bitten müßten - manche Brüder tun dies nicht, und es ist ja auch so: was Er uns darreicht, das ist ja an sich schon gesegnet, eben, weil es von Ihm kommt (nach Jak. 1,17) - aber aus vollstem Herzen Ihn zu preisen, Ihm zu danken, Ihn anzubeten für Seine Vatergüte, die so liebevoll an uns denkt, das ist doch nicht mehr als geziemend für uns, Seine geliebten Kinder!

Aber ob der Herr Jesus dabei nicht zu kurz kommt? Nein, niemals, denn einmal ist Er es doch, durch den wir in die köstliche Kindesstellung versetzt sind und in dem wir Zugang zum Vater haben (Joh. 1,11-13 und Röm. 8; Eph. 2,18 usw.), und dann ist Er doch auch ständig bemüht gewesen und ist es durch den Heiligen Geist noch jetzt, den Seinen die Kostbarkeit der Vaterliebe, des Vaterherzens, des Vaterhauses und des Vaternamens kundzutun (Joh. 14-17), und so können wir ganz sicher sein, daß keiner sich mehr freut als Er, wenn wir den Vater ehren, und durch nichts wird Er, der Sohn, unser herrlicher HErr, mehr verherrlicht als dadurch, daß wir die Liebe „Seines Vaters und unseres Vaters, Seines Gottes und unseres Gottes“ dankend und preisend genießen und darin leben. Ebenso wie der Vater wacht über die Ehre des Sohnes und Seines Werkes für uns und in uns, so der Sohn über die des Vaters. (Joh. 5,23; 8,49.50.54!)

Außerdem aber beten wir doch zu Gott, unserem Vater, auch gemeinhin „im Namen des Herrn Jesus“, was ganz biblisch ist! So ehren wir stets beide!

Noch eine kurze Bemerkung: Die Stelle Apgesch. 27,35 ist mir bezüglich unseres Gegenstandes in mehr als einer Hinsicht wichtig! Sie stützt natürlich die Belehrung (vgl. Antw. A!), daß wir zu Gott (unserem Vater) vor dem Essen beten sollen, aber sie zeigt daneben, daß wir auch in Gegenwart Unbekehrter offen und frei vor den Mahlzeiten beten sollten (und gläubige Männer im Freien unbedeckten Hauptes! 1. Kor. 11,4,7!); es ist ja auch ein Zeugnis vor der Welt! Dazu aber belehrt sie uns auch, scheint mir, an wen wir, wenn Ungläubige dabei sind, unser Gebet richten sollen: an Gott! Mit anderen Worten: vor Ungläubige gehört im Gebet vor dem Essen nicht die Anrede „Vater“ (und natürlich auch nicht „Herr Jesus“), sondern Gott, denn „Er ist auch der Nationen Gott“! (Röm. 3,29) Man vergleiche dazu auch die Ansprache des Paulus im gleichen Kap. 27,21-26 u. a.! - Zusammenfassend also noch einmal: Vor den Ohren der Ungläubigen danken wir im Tischgebet vornehmlich Gott als dem Geber aller Gaben, während wir im Kreise der Familie Gottes, im Kreise von Kindern Gottes, schriftgemäß belehrt, „unserem Gott und Vater“ oder „Gott, unserem Vater“ u. ähnl. danken für alle Seine Güte, Seine Gaben und Wohltaten.

Er, unser Gott, dem wir täglich danken für Seine unaussprechliche Gabe (Christus!) (2. Kor. 9,15), gebe uns auch in diesen Dingen mehr Licht aus Seinem Wort!

F. K.

Frage 4

Wie ist 1. Kor. 14,32 zu verstehen: „Die Geister der Propheten sind den Propheten untertan“?

Antwort A

Aus dem 14. Kapitel des 1. Korintherbriefes ersehen wir, daß für die Ausübung der verschiedenen Gaben in der Gemeinde Freiheit war. Im 26. Vers dieses Kapitels lesen wir: ... „Wenn ihr zusammenkommet, so hat ein jeder von euch einen Psalm, hat eine Lehre, hat eine Sprache, hat eine Offenbarung, hat eine Auslegung usw.“ Diese Worte dürften uns ein Bild von dem gewöhnlichen Verlauf einer Versammlung in Korinth geben. Der Apostel spricht sich nicht weiter, weder lobend noch tadelnd, darüber aus, aber er gibt Anweisungen und feste Richtlinien für Maß und Ordnung bei dem Gebrauch der Gaben: „Propheten aber laßt zwei oder drei reden ...“ (V. 29) Diese göttliche Anweisung wird heute kaum noch in den Versammlungen beachtet oder doch sehr vernachlässigt. Der Sprecher können zuviel sein, aber auch entgegengesetzt: ein einzelner kann den Dienst allein für sich in Anspruch nehmen, zu lange und zu breit sprechen und dadurch die Erbauung hindern und den Geist betrüben. Dann folgt. „Und die anderen laßt urteilen.“ Alles ist an den göttlichen Aussprüchen zu prüfen. Zwei Prüfsteine für die Berechtigung jedes Dienstes in der Gemeinde legt der Apostel in diesem Kapitel fest. Der eine Prüfstein ist: „Alles geschehe zur Erbauung“ (V. 26), und der zweite: „Alles aber geschehe anständig und in Ordnung.“ (V. 40) Die Gemeinde hatte zu beurteilen, ob der Dienst am Worte diesen beiden Prüfsteinen entsprach. Die Gabe allein berechtigte nicht zum uneingeschränkten Dienst. Der Gebrauch der Gabe mußte ausgeglichen, gottgemäß geregelt sein und zur Erbauung dienen. Alles, was in der Versammlung geschah, mußte zur Erbauung der Gemeinde

dienen, sonst hatte es keine Berechtigung. Dann fährt der Apostel fort (V. 30): „Wenn aber einem anderen, der dasitzt, eine Offenbarung wird, so schweige der erste.“ Zur Zeit, als Paulus diese Worte schrieb, waren erst wenige Schriften des Neuen Testamentes bekannt, und Gott begegnete den Bedürfnissen Seiner Gemeinde in jenen Tagen durch besondere direkte Offenbarungen. Gott hat zu allen Zeiten verschiedene Kanäle für die Offenbarung Seiner Gedanken gebraucht, und auch jetzt sollte der Redende sich nicht seinen Impulsen hingeben, sondern sich bewußt sein, daß Gott auch andere Glieder der Gemeinde für Seine Offenbarungen braucht und darauf achten, daß diesen Raum gegeben werde. Ein Zusammenreden durfte nicht stattfinden. Er fügt hinzu: „Denn ihr könnt einer nach dem anderen alle weissagen, auf daß alle lernen und alle getröstet werden.“ (V. 31) So hoch die Propheten durch ihre Gabe auch begnadigt sein mochten, so waren sie doch gleich allen anderen Glieder an dem einen Leibe, und auch sie konnten in bezug auf die anderen Glieder des Leibes nicht die Sprache der Unabhängigkeit führen: „Ich bedarf deiner nicht.“ (1. Kor. 12,21) Auch sie waren nicht so befähigt, daß sie unabhängig von den Offenbarungen des Geistes gewesen wären, die der Heilige Geist vielleicht durch das geringste Glied in der Gemeinde geben mochte; deshalb sollte Freiheit und Raum gegeben werden jedem, den der Geist als Kanal für Seine Offenbarungen gebrauchen wollte. Der Apostel fügt dann hinzu: „Und die Geister der Propheten sind den Propheten untertan.“ (14,32) Wären sie dieses nicht, so ständen sie nicht in der Wahrheit des einen Leibes. Gerade in dem Untertansein lag die Anerkennung ausgedrückt, daß der Heilige Geist austeilt, „wie Er will“, und daß Gott die Glieder setzt, „wie es Ihm gefallen hat“. (1. Kor. 12,11.18) Dann folgt das köstliche Wort: „Denn Gott ist nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens, wie in allen Gemeinden der Heiligen.“ (14,33) Dieses Wort könnte die Überschrift des 14. Kapitels sein. In Gemeinden, wo kein Friede herrscht, da regiert nicht Gott, da ist der Teufel am Werk, der Gläubige für seinen Willen in seinem Fallstrick gefangen hat, soviel man es auch durch Einführung von menschlichen Ordnungen und Vorkehrungen vielleicht zu verdecken sucht.

Jemand möchte sagen, daß die Gabe der Propheten und des Weissagens in der Gemeinde heute nicht mehr vorhanden sei, und da es sich in diesen Versen nur um die eine Gabe der

maßgebend. Gewiß, in ihrer höchsten und besonderen Aufgabe finden wir die Propheten mit den Aposteln in dem Werke der Grundlegung der Gemeinde verbunden. (Eph. 2,20) Und in dieser Hinsicht haben wir Apostel und Propheten nicht mehr, weil der Grund gelegt ist und nicht zweimal gelegt werden kann, und jetzt vielmehr die Gaben der Evangelisten, Hirten und Lehrer „zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes, für die Auferbauung des Leibes Christi“ gebraucht werden. (Eph. 4,11.12) - Die Tage der Grundlegung und des Anfanges, da Gott durch Zeichen und Wunder mitzeugte „nach Seinem Willen“, d. h. solange es Ihm gefiel (Hebr. 2,4), und Er spezielle Offenbarungen zur Vollendung der inspirierten Schriften usw. gab, sind vorüber. Der Heilige Geist aber ist uns geblieben, und Er öffnet uns auch heute noch die Tiefen Gottes und offenbart uns alles, was für die Auferbauung des Leibes Christi nötig ist.

Wenn wir so auch anerkennen, daß gewisse Gaben, die im Anfang in der Gemeinde in Korinth gefunden wurden, durch die Untreue und Zerrissenheit des Volkes Gottes aufgehört haben oder doch vermindert worden sind, so folgt daraus noch nicht, daß die Belehrungen von 1. Kor. 14 für uns heute keine Bedeutung mehr hätten. Das ganze 14. Kapitel ist ein Kapitel der Ordnung, und die uns darin gegebenen Grundsätze für den Dienst in der Gemeinde und die Ausübung der Gaben sind unwiderruflich; und wenn die höchsten Gaben diesen unterstellt waren, so sind ohne Frage alle Gaben, die der HErr Seiner Gemeinde noch heute gibt, denselben unterstellt. So schwach auch alles heute im Vergleich mit den Tagen des Anfanges und der ungehinderten Entfaltung der Kraft des Heiligen Geistes in der Mitte der Gemeinde sein mag, so sind wir doch nicht ohne die Offenbarungen des Geistes, durch welche die Gemeinde des HErrn erbaut, ermahnt und getröstet wird. Diese Offenbarungen beziehen sich natürlich heute in besonderer Weise auf die Anwendung des Wortes der Schrift und der Entfaltung der darin enthaltenen Gedanken Gottes für den gegenwärtigen Tag.

Die Bezeichnungen „Prophet“ und „Weissagen“ meinen manche nur auf die Voraussage zukünftiger Dinge anwenden zu können. Diese Bezeichnungen beziehen sich in der Schrift aber durchaus nicht allein darauf. Jede Mitteilung der Offenbarung des Geistes Gottes ist darin eingeschlossen. Wir sehen dieses schon aus der Stelle, wo zum ersten Male in der Heiligen Schrift das Wort „Prophet“ gebraucht wird. In dieser Stelle (1. Mos. 20,7) wird Abraham als

„Prophet“ bezeichnet. Der letzte der alttestamentlichen Heiligen, der als „Prophet“ bezeichnet wird, ist Johannes der Täufer. (Matth. 11,9) - Aber nicht nur gottgeweihten Personen wurden göttliche Aussprüche in den Mund gelegt, auch solche, die dieses nicht waren wie z. B. Bileam (4. Mos. 22,38), Saul (1. Sam. 10,10.11), Kajaphas (Joh. 11,49-52), empfingen solche.

Wenn wir nun zum Neuen Testamente kommen, so finden wir, daß die Propheten der Gemeinde von den Aposteln, Hirten und Lehrern der Gemeinde unterschieden wenden und im weiteren Sinne auch von Gliedern der Gemeinde, die (in breiterem Sinne des Wortes) „weissagten“, ohne „Propheten“ zu sein. Im Neuen Testament wird „weissagen“ nicht ausschließlich auf das Reden der Propheten beschränkt, alle sollten danach eifern. Weissagen war sowohl eine „Gabe“ als in einem weiteren Sinne etwas auch für Alle Erstrebbares (1. Kor. 14,1.24.31.39; 1. Thess. 5,20 ), wogegen „Gabe“ eine „Gabe“ ist, die nicht durch Eifer zu erwerben ist. Weissagen in diesem Sinne ist das Aussprechen dessen, was der Gläubige durch die Offenbarung des Heiligen Geistes, sei es im Forschen der Schriften oder in der vertrauten Gemeinschaft seiner Seele mit dem Herrn, empfangen hat. Ein Mitteilen derselben in der Gemeinde mußte (wenn der Prüfstein: „alles geschehe zur Erbauung“ daran gelegt wurde) sich als zur Erbauung, Ermahnung und Tröstung der Gemeinde erweisen.

Wenn Kap. 14,3 gesagt wird: „Wer aber weissagt, redet den Menschen zur Erbauung und Ermahnung und Tröstung“, so ist damit nicht gesagt, daß jeder, der zur Erbauung usw. redet, ein „Prophet“ ist, obwohl ohne Zweifel die Mitteilungen eines „Propheten“ derart sind, daß sie erbauen, ermahnen und trösten. Über diesen 3. Vers mögen einige Worte von dem gläubigen Professor Godet hier Platz finden. Er sagt: „Neuerdings wird aus diesem Vers vielfach gefolgert, daß nach des Apostels Ansicht jeder, der erbaut, ermahnt und tröstet, den Namen eines Propheten verdiene, weil ja Weissagen soviel sei wie Erbauen, Ermahnen und Trösten. Dieser Schluß ist ungefähr ebenso richtig wie der folgende: Wer läuft, bewegt seine Beine; wer also seine Beine bewegt, der läuft; oder um ein näherliegendes Beispiel zu nehmen: Wer in Zungen redet, der redet mit Gott; wer also mit Gott redet, der ist ein Zungenredner. Nein, gewiß nicht; man kann erbauen, trösten, ermahnen, ohne darum die Bezeichnung eines Propheten oder einer Prophetin zu verdienen. Der eben genannten, ungereimten Schlußfolgerung liegt der

Wunsch zugrunde, gewisse Frauen für Prophetinnen ausgeben zu können, welche sich zu öffentlichem Reden berufen glauben ...“

A. v. d. K.

Antwort des Schriftleiters

Für diese ausführliche Antwort werden viele Leser dem Verfasser von Herzen dankbar sein. Sie behandelt in etwa die ganze Stelle, und die Leser haben durch diese Ausführungen Gelegenheit, die heutigen Zustände in den Gemeindeversammlungen eingehend an Hand der Schrift auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu untersuchen. (Übrigens wird, so Gott will, in der nächsten Lieferung eine ähnliche Sache veröffentlicht, so daß die in Frage stehenden Dinge eingehend verglichen werden können mit der Praxis in den Gemeinden von heute!)

Es ist ja so, daß heute selbst in Kreisen, die auf Schriftgemäßheit Anspruch erheben zu können meinen, diese Grundlinien von 1. Kor. 14 zumeist verlassen sind. Mit der Ablehnung unnüchterner Auswüchse, die bis ins Dämonische gehen wie die „Zungenbewegung“ der letzten drei Jahrzehnte, hat man häufig auch die an sich einfachen Grundsätze des biblischen Gemeindezusammenkommens verlassen, und wenn man sich dabei auch nicht auf die kirchlichen Traditionen stützt, die alles andere, nur nicht die Schriftgrundsätze gutheißen, so hat man doch nach und nach Formen angenommen, die von Jahr zu Jahr mehr erstarren zu einem System, das gerade als solches schriftwidrig ist, wenn die darin Befindlichen auch noch wahrhaft gläubige Leute sind.

Ich will heute aber nicht weiter auf diese Dinge eingehen, vielleicht findet sich bei der anderen Frage in der nächsten Lieferung bessere Gelegenheit dazu. Doch scheint es mir schon heute wichtig zu sein, uns alle zu ermahnen. Mehr zurück zum Wort, auch in der Gemeindepraxis!

Ein paar Worte zu der Frage selbst!

Die Gabe der Weissagung, der Prophetie - im griechischen Grundtext das gleiche Wort! - war

eine der (heute!) auffallenderen Geistesgaben, da sie oft in geheimnisvoll-offenbarender Weise nicht nur zukünftige, sondern auch gegenwärtige, ja vergangene Dinge und Ereignisse ans Licht brachte (vgl. Nathan vor David, 2. Sam. 12), öfter aber wohl noch in so ausgesprochener Weise der Gemeinde Erbauung durch das Wort der Offenbarung zuteil werden ließ, daß die diese Gabe Ausübenden in Gefahr kommen konnten, sich selber zu suchen (wie noch leichter und viel eher die Zungenredner!) und somit die göttliche Ordnung des Leibes Christi zu verletzen. Jeder, der sich selber sucht, zu glänzen trachtet, tut nicht, was zum Frieden, d. i. zur göttlichen Ordnung, dient, sondern er schadet der Gemeinde aufs empfindlichste.

Nun gab es im damaligen Heidentum genügend (abschreckende) Beispiele solcher, die, durch geheimnisvolle Kräfte der Mantik, der Wahrsagekunst, der Zauberei, auch eine (dämonische) Prophetengabe ausübten, bei der sie „außer sich“ gerieten und von den finsteren Mächten völlig beherrscht und unfähig wurden, sich selbst unter Kontrolle zu halten. Sie waren dann willenlose Werkzeuge, „Medien“ einer teuflischen Macht. War dies bei den biblischen, neutestamentlichen Propheten etwa auch so? Keineswegs! „Die Geister der Propheten sind den Propheten unterworfen“, untertan. Das bedeutet, daß die mit besonderen Gaben des Geistes (immer „desselben Geistes“, 1. Kor. 12,4ff.!) begabten Männer - es gab auch Frauen, die solche Gaben hatten, aber diese hatten in der Gemeinde zu schweigen! (V. 34ff.) - nie die Kontrolle, die geistliche, sittliche Herrschaft über die in ihnen wirkende Geistesgabenmacht verloren, so daß sie zur rechten Zeit mit ihren Offenbarungen aufhören konnten, teils um die letzteren der Prüfung seitens der Gemeinde auszusetzen (V. 29), teils um auch andere zu Worte kommen zu lassen. Sie hielten sich selbst unter Zucht, konnten es wenigstens, und mußten nicht etwa unter geistliche Zucht gestellt werden wegen ungehörigen Hervortretens, damit die Ordnung wiederhergestellt würde, sondern wenn V. 29 unter der Aufsicht der Gemeinde verwirklicht wurde, so ging auch der Erbauungsdienst der Propheten geordnet vor sich, ohne daß dem Fleisch Raum gegeben ward. Die Propheten - so müssen wir uns das vorstellen! - hatten, wie alle wahren Kinder Gottes, den Geist Gottes in sich wohnend, der seinerseits ihren eigenen menschlichen Geist beherrscht(e) (Röm. 8!) und (dadurch) auch die Seele und das Fleisch - so wie es bei uns allen ist oder sein soll (Gal. 5) -, außerdem aber hatten sie besondere

gegeben waren, dem Geiste Gottes, der in den Propheten (wie in uns!) wohnt(e), untertan, so daß, wenn der Prophet im Geist (d. h. im Heiligen Geist) wandelte, im Geist (d. h. dem Heiligen Geist) handelte, lebte und diente, er um der Ordnung, d. h. um des Friedens der Gemeinde willen, die in ihm wohnenden Kräfte und Wirkungen (Gaben) des Geistes in Zucht halten konnte, d. h. er konnte solange mit ihnen dienen, wie er selber, d. h. sein vom Heiligen Geist beherrschter Geist, für nötig und gut hielt bzw. wie und wie lange die Gemeinde ihm die Ausübung gestattete. Nie brauchte der Friede verletzt zu werden, denn geistlich wandelnde Propheten verloren nie die geistliche Herrschaft über sich selbst. „Die Geiste der Propheten sind den Propheten untertan!“ Was für eine wunderbare Sache! Und wo sind wir heute?! Der HErr erbarme sich unserer!

Und damit komme ich zum Schluß, indem ich hoffe, mit dieser kurzen Darlegung dem Frageeinsender und allen Lesern durch des HErrn Gnade ein wenig gedient zu haben! Möge sich allezeit das Wort des HErrn an uns lebendig erweisen (Hebr. 4,12) zu Seiner Ehre!

F. K.

Wir besitzen das prophetische Wort befestigt, auf welches zu achten ihr wohl tut, als auf eine Lampe, welche an einem dunklen Ort leuchtet, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen; indem ihr dies zuerst wisset, daß keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist. Denn die Weissagung wurde ehemals nicht durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste!“ (2. Petr. 1,19-21).

Die erziehende Hand Gottes.

(Hebr. 12,4-11)

Die gläubigen Hebräer waren durch viel Kampf der Leiden hindurchgegangen. (Hebr. 10,32) Leidenskämpfe sind heute noch das Teil der Kinder Gottes. Geschmäht, bedrängt, sind sie der

diesem Kampfe wider die Sünde hatten die Hebräer noch nicht bis aufs Blut widerstanden. Damit ist nicht ein Kampf gemeint, den wir mit dem Aufgebot aller unserer Kraft wider die eigene Sünde führen sollen. Nirgends in der Schrift wird uns etwas derartiges gesagt. Sünde sollen wir richten und uns davon reinigen lassen. In dieser Stelle spricht der Apostel von der Sünde als von einer feindlichen Macht, die in den Söhnen des Ungehorsams gegen sie in Verfolgungen auftrat, um sie vom Glauben abwendig zu machen. Dagegen ankämpfend, hatten sie noch nicht bis aufs Blut widerstanden, d. h. noch nicht in Treue bis zum Tode ihr Leben eingebüßt.

Mehr oder weniger stehen alle Kinder Gottes im Kampf der Leiden. „Alle aber auch, die gottselig leben wollen in Christo Jesu, werden verfolgt werden.“ (2. Tim. 3,12) Jesu Nachfolge kostet uns etwas in dieser Welt. Den gläubigen Hebräern kostete sie Hab und Gut. Meinen wir, daß der Raub unserer Habe etwas Leichtes sei? Viele Brüder in Rußland haben in dieser dunklen Zeit auch den Raub ihrer Güter erdulden müssen, und gar manche haben in Treue bis zum Tode auch ihr Leben eingebüßt.

Der Apostel will nun, daß die Hebräer ihre Leiden und Trübsale noch von einem anderen Gesichtspunkte als dem der Sünde und Feindschaft der Welt ansehen sollen, nämlich von dem der göttlichen Seite, und diese - die göttliche Seite - hatten sie in ihren Leiden außer acht gelassen. Er sagt deshalb Vers 5: „Ihr habt der Ermahnung vergessen, die zu euch als zu Söhnen spricht: Mein Sohn! achte nicht gering des HErrn Züchtigung, noch ermatte, wenn du von Ihm gestraft - zurechtgewiesen - wirst.“

Gott kann Leiden, die die Welt uns zufügt, als ein Mittel zu unserer Erziehung gebrauchen. Es ist köstlich und zugleich auch ein Trost für uns, solche Leiden mit der Hand Gottes zu verbinden. Aber mehr noch; wenn Gott von Züchtigungen redet, so tut Er es in Seinem Charakter als Vater. Liebevoll, wie kein irdischer Vater es zarter tun könnte, redet Er uns an mit „Mein Sohn“. Er will, daß gerade in den Leidenstagen das Bewußtsein, im Verwandtschaftsverhältnis als „Söhne“ zu Ihm zu stehen, unerschütterlich fest in unserer Seele verankert sein soll, damit in den Trübsalen unser Vertrauen zu Seiner Vaterliebe nicht leide. Mit unwandelbarer Liebe achtet

Sein Auge auf „jeden Sohn“. Da ist auch nicht eines Seiner Kinder, welches nicht beständig von Ihm umsorgt oder auch nur einen Augenblick versäumt würde. Wie Seine Hand auch über uns walten mag, Sein Ziel ist unsere Segnung sowohl für die Gegenwart als auch für die Zukunft.

Wie gut, daß wir uns unter Seiner erziehenden und doch liebenden Hand wissen! Wohin würden wir kommen, wenn Er uns nach unserem Willen gehen ließe? Wir bedauern solche Kinder, die ohne Zucht aufwachsen, und beklagen den Verlust, den sie dadurch in ihrem späteren Leben erleiden. Wenn wir unsere Kinder zurechtweisen und züchtigen, so geschieht es nicht, weil wir Freude an der Züchtigung haben, sondern weil die Zukunft unserer Kinder vor unserem Auge steht. Wir sehen Neigungen und Fehler, die ihnen in ihrem späteren Leben Schaden und Verluste bringen und die abgelegt werden müssen, und durch Erziehung bringen wir sie dahin. Wenn wir als leibliche Väter schon so im Blick auf das irdische Wohl unserer Kinder handeln, wieviel mehr tut es der Vater der Geister mit uns im Blick auf die Ewigkeit. Er führt uns Wege, auf denen offenbar wird, was in unserem Herzen ist. Der Weg der Zucht mag schmerzlich für uns sein; aber wir lernen auf solchem unser verdorbenes Herz kennen, wie wir es sonst nicht kennen gelernt hätten, und wir kommen zum Selbstgericht und zur Verurteilung des eigenen Willens und der Dinge der Welt und des Fleisches.

Zwei Ermahnungen werden in unserer Schriftstelle an uns gerichtet, erstens die Züchtigung des HErrn nicht gering zu achten und zweitens nicht darunter zu ermatten.

Der Gefahr zum „Geringachten“ sind wir besonders dann ausgesetzt, wenn es sich um Leiden mehr allgemeiner Art handelt. Oft achten wir solche kaum als aus Gottes Hand kommend. Wir sehen sie mehr als die Folgen der Umstände und Zeitverhältnisse an. In dem Leben der Kinder Gottes aber geschieht nichts, was nicht mit der Hand unseres Gottes verbunden werden muß; alles wird von Seiner Hand zum Segen für uns überwaltet. In allem, auch in dem Alltäglichsten, selbst dem Essen und Trinken, haben wir Seine Hand zu erkennen. Wir mögen mit Ungläubigen an einem Tische zusammen und von einer Speise essen, und doch ist es etwas anderes für uns als für die Ungläubigen; denn es ist für uns geheiligt durch Gottes Wort und Gebet. Der HErr sagt, daß selbst die Haare unseres Hauptes gezählt sind. Wenn dies für uns wahr ist, wie

können wir dann Sein Walten über uns, selbst in den kleinsten Fügungen, unbeachtet lassen, als seien sie etwas allgemeines! Die Welt mag solches tun, Kinder Gottes aber nicht.

Dann werden wir nach der entgegengesetzten Seite gewarnt, nicht zu ermatten, wenn wir von Ihm gestraft oder zurechtgewiesen werden. Diese Gefahr droht uns, wenn die Trübsalswege uns zu schwer erscheinen. Wir fangen an, darinnen zu ermatten, und suchen nach Auswegen, sie abzukürzen. Dies scheint bei den Hebräern der Fall gewesen zu sein. Die anhaltende Verfolgung hatte sie verzagt gemacht, ihre Hände waren erschlafft und ihre Knie gelähmt. (V. 12) Ist unser Blick auf die Umstände und nicht auf den HErrn gerichtet, so werden wir bald in unseren Seelen ermatten. Selbst in schweren Verfolgungen und Drangsalstagen sollen wir wissen, daß nicht Gottes Zorn, sondern Seine Liebe mit uns „als mit Söhnen“ handelt, denn „wen der HErr liebt, den züchtigt Er; Er geißelt aber jeden Sohn, den Er aufnimmt“. (V. 6) Züchtigung und Segen gehen Hand in Hand. Der Heilige Geist gebraucht hier das Wort „geißeln“; es ist, als ob Er uns damit an die tatsächliche Geißelung des HErrn erinnern will, der einen solchen Weg vor uns ging und das Ziel erreicht hat, damit auch wir in dem Troste Seines Mitgefühles den Wettlauf nicht aufgeben.

Es will uns oft schwer fallen, in Menschen, die uns hassen und uns Leiden zufügen, die Geißel Seiner Hand für die Erziehung Seiner Geliebten zu sehen. Der Apostel ermuntert deshalb die Hebräer, in den Leiden, die sie von ihren Feinden erduldeten, auszuharren, denn die Leiden, durch welche sie in Gottes Erziehungsschule hindurchgingen, waren Beweise ihrer Sohnesstellung. Alle Kinder Gottes ohne Ausnahme befinden sich in der Zucht und Schule Gottes; und weil alle Seiner Züchtigung teilhaftig werden, so beweisen die Trübsale, daß sie Söhne und nicht Bastarde sind. Bastarde und Knechte werden nicht gezüchtigt. Knechte werden, wenn sie ungehorsam sind, entlassen, nicht aber Söhne. Sie sind durch die Geburt ein Teil der Familie geworden und bleiben unter der Zucht des Vaters.

Vielleicht hat der HErr Seine züchtigende Hand auf jemand von uns gelegt. Wir mögen nicht verstehen, warum Er solches getan hat, und wir wehren und sträuben uns dagegen und meinen, so wahr und aufrichtig in den Vorsätzen unseres Herzens zu sein, daß kein Grund

vorhanden sein könne, so mit uns zu handeln. Aber Er kennt uns besser als wie wir uns kennen, wie auch der Arzt den Kranken besser kennt als dieser sich selbst.

Ach, wie wenig kennen wir die Wurzeln unseres eigenen Willens und den oft verborgenen Hochmut unseres Herzens, dem Gott widerstehen muß! Wir können, wie der König von Israel (2. Kön. 6,30), unter dem Druck der göttlichen Hand das Sacktuch versteckt auf bloßem Leibe anlegen, um vor den Menschen nicht als von Gott Gedemütigte und Gebeugte zu erscheinen. Solche versteckte Beugung genügt vor Gott nicht. Und wie wartet Gott in Geduld oft Jahre, ehe Er die Rute der Leiden über uns bringt, um uns von dem zu heilen, was Seiner Heiligkeit entgegensteht!

Seine Züchtigungen sind nicht immer Strafe für Ungehorsam; oft dienen sie auch zu unserer Erziehung, zu unserer Ermahnung, zu unserer Unterweisung usw.

Als Strafe für Sünde finden wir Gottes Züchtigung z. B. bei David wegen seiner Sünde an Urija (2. Sam. 12); ebenso auch bei den Korinthern wegen ihrer Gleichgültigkeit in bezug auf das Zusammenkommen zum Mahl des HErrn. Sie wurden deshalb vom HErrn gezüchtigt durch Schwachheit, Krankheit, sogar durch den Tod. (1. Kor. 11,30.32)

Die züchtigende Hand Gottes über Hiob war nicht Strafe, sondern Erziehung. Auf dem Wege der Leiden mußte Hiob sein verdorbenes Herz kennen und sich selbst verabscheuen lernen. Und wie lange dauert es oft bei uns, bis auch wir uns so kennen und in unserer Verdorbenheit verabscheuen gelernt haben! (Hiob 42,6)

Bei Paulus waren die Erziehungswege Gottes wieder ganz anderer Art. Die Leiden, unter welchen er seufzte, mußten ihm zur Bewahrung dienen. Überschwänglich große Offenbarungen waren Paulus anvertraut. Diese Offenbarungen empfing er in einem Leibe, in welchem der Feind ihn reizen konnte, sich zu überheben. Satans Engel schlug ihn mit Fäusten, und obwohl Paulus dreimal dieserhalb zum HErrn flehte, dieses zu verhüten, verhinderte es Gott doch nicht. Er wußte, daß für Paulus Gefahr bestand, sich zu überheben. Gott gab ihm deshalb einen Dorn ins Fleisch, damit er in fortwährender Abhängigkeit von Seiner Gnade seinen Dienst vollende.

Wenn Paulus auf sein Flehen auch eine andere Antwort Empfing, als wie er sie wünschte, so fand sein Gebet doch Erhörung in der Darreichung der Kraft, die der HErr ihm in seiner Schwachheit zuteil werden ließ. (2. Kor. 12,7ff.)

Und wiederum finden wir bei Paulus und seinen Mitarbeitern noch eine andere Seite in den Züchtigungswegen Gottes. In 2. Kor. 1,4 lesen wir von Drangsalen, die sie durchschreiten mußten, um darin Gottes Trost kennenzulernen, damit sie fähig waren, durch den Trost, mit welchem sie selbst von Gott getröstet worden waren, andere in ihren Drangsalen trösten zu können.

Aus allem diesen sehen wir, wie verschieden die Erziehungswege unseres Gottes mit uns sind und wie wichtig es ist, in den Drangsalen auszuharren, auch wenn wir den Nutzen, den sie für uns haben, noch nicht verstehen. Zucht ist, wie wir sahen, nicht nur eine Rute für Ungehorsame; oft ist sie das Messer zur Reinigung der Rebe, damit diese mehr Frucht bringe - oft die bewahrende Hand in uns drohenden Gefahren usw. Er weiß, was Er tut; Sein Tun ist immer Segen für uns. Wen Er liebt, den züchtigt Er. Seine Liebe tut dies nur, wenn es nötig ist, niemals ohne Grund und nur solange, bis Sein Ziel erreicht ist.

Wieviel Mühe mögen wir Gott machen, bis Er Sein Ziel bei uns erreicht, uns von unserem Stolz heruntergebracht, uns von unserem eigenen Willen (den wir in Blindheit manchmal gar oft für Gottes Willen halten können) gelöst hat, damit wir Seiner Heiligkeit, der Heiligkeit des Gottes teilhaftig werden, der Gerechtigkeit liebt und Sünde haßt. Wenn wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden, so lernen wir nach dem Maßstabe dieser Seiner Heiligkeit alles zu beurteilen, und wir selbst nehmen dann von allem Abstand, was mit derselben nicht zu vereinbaren ist.

Gewiß, Züchtigungen sind für die Gegenwart nicht Freude und sollen auch als Züchtigungen von Gottes Seite empfunden werden und auch Traurigkeit bewirken; hernach aber folgt die friedsame Frucht der Gerechtigkeit, jedoch nur denen, die durch sie geübt sind. Lehnen wir uns im Groll wider Seine züchtigende Hand auf, so wird unser Verlust groß sein; lassen wir uns aber durch dieselbe von den Hemmnissen Seines Segens lösen, so wird die friedsame Frucht, die

Die Schrift verbirgt uns nicht, daß dies Seelenübungen kostet. Da mag unser Herz fragen: „Warum dies - warum jenes - warum gibt mir Deine Hand nicht Gelingen ...?“ Auch Hebr. 5,14 redet von Übungen, dort „zur Unterscheidung des Guten sowohl als auch des Bösen“, hier aber handelt es sich um Übungen, Gottes Absichten und Ziele in Seinen Züchtigungen zu erkennen. Solche geistlichen Übungen gehen wider die natürlichen Neigungen des Fleisches, machen uns aber stille unter Seiner Hand und stärken uns, im Glauben auszuharren.

Laßt uns einander ermutigen, dem HErrn zu vertrauen, auch wenn wir Seine Wege vielleicht heute nicht verstehen! Seine Züchtigungen sind Samenkörner, die ihre Frucht an einem späteren Tage bringen. Keine Träne wird hier umsonst geweint. Alles Kreuz ist für die Gegenwart bitter, sein Ende aber selig - jeder Sieg, jede Treue wird einst herrliche Belohnung finden, wenn der HErr jedem seine Krone zuteilen wird.

A. v. d. K.

Wohin gehst Du? (Fortsetzung.)

2. Hindernisse auf dem Wege zu Christo.

Jede für Gott gewonnene Menschenseele ist ein Verlust für den „Fürsten dieser Welt“. (Joh. 12,31; 14,30; 16,11; Matth. 4,8.9) Es ist daher erklärlich, daß Satan alle ihm nur möglichen Mittel anwendet, um zu verhindern, daß eine suchende Seele wahren Herzensfrieden findet. Fünf Haupthindernisse auf dem Wege zu Christo sollen hier besprochen werden.

1. Satan spricht:

„Die Bekehrung hat Zeit bis zur Sterbestunde. Genieße nur erst dein Leben!“

Gott spricht:

27,1)

„Freue dich, Jüngling, in deiner Jugend und laß dein Herz guter Dinge sein in den Tagen deiner Jugendzeit; wandle die Wege, zu denen dein Herz sich hingezogen fühlt, und gehe dem nach, was deine Augen lockt; doch wisse, daß Gott um dies alles Rechenschaft von dir fordern wird.“ (Pred. 11,9)

„Du Narr! Noch in dieser Nacht fordert man dir dein Leben ab.“ (Luk. 12,20)

„Jetzt ist die hochwillkommene Zeit, jetzt ist der Tag des Heils!“ (2. Kor. 6,2)

„Heute, wenn ihr Seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht!“ (Hebr. 3,7)

Wer weiß, wann seine Sterbestunde schlägt und ob er in ihr noch Zeit und Kraft haben wird, den Namen des HErrn anzurufen?

2. Satan spricht:

„Du bist reich und hast Überfluß und brauchst keinen Heiland. (Hosea 12,9; Offenb. 3,17) Tue nur recht und scheue niemand. Dann wird der ‚liebe Gott‘dir schon gnädig sein!“

Gott spricht:

„Du bist elend, bemitleidenswert, arm, blind und bloß.“ (Offenb. 3,17)

„Was könnte es einem Menschen helfen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber doch seine Seele einbüßte?“ (Matth. 16,26a)

Vom sogenannten „lieben Gott“ steht nichts in der Schrift. Gott ist „Liebe“. (1. Joh. 4,8) Er ist aber auch Licht (1. Joh. 1,5), heilig (1. Petr. 1,15-19) und ein verzehrendes Feuer. (Hebr. 12,29) Gott kann keine Sünde dulden; sonst hätte der Herr Jesus nicht zu sterben brauchen! (Hebr. 2,3) Licht und Liebe sind untrennbare Wesenseigenschaften Gottes. Der HErr hat Sühnung und Versöhnung durch Seinen Kreuzestod bewirkt.

„Irret euch nicht: Gott läßt Sich nicht spotten! Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten. Wer also auf sein Fleisch sät, wird vom Fleisch Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, wird vom Geist ewiges Leben ernten.“ (Gal. 6,7.8)

„Schrecklich ist es, dem lebendigen Gott in die Hände zu fallen.“ (Hebr. 10,31)

3. Satan spricht:

„Deine Sünde ist zu groß, als daß sie dir vergeben werden kann.“ (1. Mos. 4,13, Luthertext)

Gott spricht:

„So kommt denn her, wir wollen miteinander rechten! Wenn eure Sünden auch rot wie Scharlach sind, sollen sie doch weiß werden wie Schnee; und wären sie auch rot wie Purpur, sollen sie doch weiß wie Wolle werden.“ (Jes. 1,18)

„Wo aber das Maß der Sünde voll geworden, da ist die Gnade überfließend geworden.“ (Röm. 5,20, Miniaturbibel)

„Das Blut Seines Sohnes Jesus macht uns von aller Sünde rein.“ (1. Joh. 1,7) Auch die kleinste Sünde muß vergeben werden; auch die größte Sünde kann vergeben werden.

4. Satan spricht:

„Du mußt erst auf beseligende Gefühle warten, ehe du glauben kannst, daß du errettet bist. Du bist noch viel zu kalt und empfindungslos. Sieh nur, wie strahlend andere Christen sind!“

Gott spricht:

„Der Herr Jesus Selbst ist unser Friede.“ (Eph. 2,14; Kol. 1,20) Er ist „der HErr des Friedens“! (2. Thess. 3,16)

Ein Friede, der sich auf Gefühle gründet, ist ein falscher Friede. Wir sollen keine „Barometer

Christen“ sein.

„Darin besteht die Liebe: Nicht daß wir Gott geliebt haben, sondern daß Er uns geliebt und Seinen Sohn zur Sühnung für unsere Sünden gesandt hat.“ (1. Joh. 4,10.)

5. Satan spricht:

„Sei doch verständig! Du weißt ja bereits aus deiner Schulzeit, daß Jesus für dich starb. Dieses Wissen genügt vollständig. Man muß nicht überfromm werden!“

Gott spricht:

„ Kommet her zu Mir alle, die ihr niedergedrückt und belastet seid! Ich will euch Ruhe schaffen!“ (Matth. 11,28)

„Wer zu Mir kommt, den werde Ich nicht von Mir stoßen.“ (Joh. 6,37)

Kopf- und Verstandesglaube reichen nicht aus; „Gib Mir, Mein Sohn, dein Herz!“ (Spr. 23,26)

„Der Weg zum Vaterherzen führt über Golgatha.“ Zum Kreuze jedoch leiten viele Wege hin. Gottes Geist wirkt nie schablonenhaft an den Menschenseelen. Wie es auf Erden nicht zwei völlig gleiche Charaktere gibt, so gibt es auch nicht zwei völlig gleiche Bekehrungen. Äußerlich ist jedes Gotteserlebnis verschieden, so mannigfach wie das Leben selbst. Innerlich aber hat es die gleiche Wirkung:

„Frieden!“

Es gibt Frieden mit Gott (Röm. 5,1), von Gott (Phil. 4,7; Kol. 3,15) und in Gott. (Joh. 16,33) Der erste Friede ist eine Frucht unseres Glaubens, der zweite unseres Gehorsams, der dritte unserer völligen vertrauenden Hingabe an den HErrn. Die Grenzen sind natürlich flüssig.

3. Die Grundlage der Erlösunug.

Unsere Erlösung beruht auf drei Faktoren, die sämtlich Ewigkeitsbestand haben:

1. auf der Person des Herrn Jesus Christus (Joh. 17,5; Hebr. 1,8; 13,8; 1. Joh. 1,1.2; 2,14),

2. auf Seinem Werk (Hebr. 5,9; 7,25; 9,12; 10,14) und

3. auf Seinem Wort. (Ps. 119,89; Jes. 40,8; Matth. 24,35; 1. Petr. 1,24)

Sie ist daher eine unbedingt gewisse. (1. Joh. 3,1.2; 5,13)

Es ist vollbracht! Es steht geschrieben!

Der HErr Jesus ist die sichtbare Verkörperung der dreieinigen Gottheit. (Joh. 14,9) Er ist die zweite Person dieser Gottheit; wahrer Gott (1. Joh. 5,20) und wahrer Mensch. (Hebr. 4,15) Er ist das Ebenbild Gottes des Vaters (2. Kor. 4,4; Kol. 1,15; Hebr. 1,3), wir sind das Ebenbild Gottes des Sohnes (Röm. 8,29; Kol. 3,10; 2. Kor. 3,18); Er ist der Weltenschöpfer (Kol. 1,16.17; Hebr. 1,2) und Weltenvernichter (2. Petr. 3,10), der Weltenerlöser (Joh. 1,29; 1. Joh. 2,2) und Weltenrichter. (Joh. 5,22) Er ist der Allmächtige (Matth. 28,18; Joh. 10,28; Offenb. 1,8), Allwissende (Joh. 2,24.25), mit einer einzigen Ausnahme: Mark. 13,32 und Allgegenwärtige. (Matth. 18,20; 28,20) Er ist König (Matth. 25,34; Joh. 18,37; Offenb. 1,5; 17,4; 19,6), Hoherpriester (Hebr. 2,17; 3,1; 4,14; 5,5.6; 6,20; 7,26.27; 8,1; 9,11) und Prophet. (Luk. 7,16; 24,19; Joh. 6,14; Apgesch. 3,22; Hebr. 1,1)

Gott der Vater ist Geist (Joh. 4,24) und für uns jetzt unsichtbar. (Joh. 1,18; Kol. 1,15; 1. Tim. 1,17; 6,16; 1. Joh. 4,12) Schon im Alten Testament handelt und erscheint daher immer Gott der Sohn, doch stets im Einvernehmen mit Gott dem Vater. (1. Mos. 19,24) Er wählt immer eine der Sachlage angemessene Erscheinungsform. Mitunter hat die Schrift für Ihn bei einer Offenbarung Seiner Person verschiedene Bezeichnungen. (2. Mos. 3,2-4) Er führt das Volk des Alten Bundes durch das Rote Meer und endlich in das verheißene Land. Er ist auch der Gesetzgeber vom Sinai. Und dann steht Jahve (2. Mos. 3,14.15; Joh. 18,6) in Knechtsgestalt (Phil. 2,5-11) unter den Menschen, die Er geschaffen hat, verkannt, verachtet, verhöhnt und

verlassen. Ja, wahrlich: „Er, obgleich Er reich war, wurde um unsertwillen arm, damit wir durch Seine Armut reich würden!“ (2. Kor. 8,9) Nun verweilt Er als unser Fürsprecher (1. Joh. 1,2) zur Rechten des Vaters (Hebr. 4,15.16) und, „wenn unser Herz uns verurteilt, Er ist größer als unser Herz und weiß alles“. (1. Joh. 3,20) Wie wird uns sein, wenn wir bei Ihm sein werden allezeit! (1. Thess. 4,13-18; Phil. 3,20.21; 1. Joh. 3,2)

Wir sollten Ihn in Wort und Lied niemals nur mit „Jesus“ anreden; Sein Name ist „Herr Jesus“. (1. Kor. 12,3)

„Was bin ich, HErr, wenn's mich betrifft?

Ein Abgrund voller Sündengift!

Was bin ich, Lamm, in Deiner Pracht?

Ein Mensch, der Engel weichen macht!“

Ebenso wunderbar wie Seine Person ist auch Sein Werk. Gottes heilige Forderungen sind durch den HErrn Jesus restlos erfüllt. (2. Kor. 5,21) Er hat den Vater durch Seinen Gehorsam verherrlicht (Joh. 17,4), uns selbst dem Fleische nach, das heißt: den alten Menschen, und damit den Quell der Sünde, am Kreuze vernichtet (Gal. 2,20; Röm. 6,6.11) und auch unsere einzelnen Sünden hinweggetan. (Kol. 2,13-15) Nun reicht Er uns aus der Herrlichkeit die Hand zum Herzensbunde. (Hos. 2,21. 22; 2. Kor. 11,2)

„Ehre sei Gott in Himmelshöhen und Friede auf Erden in den Menschen des göttlichen Wohlgefallens!“ (Luk. 2,14)

Der HErr und Sein ganzes Wort, wie es uns durch das wachende Walten des Heiligen Geistes abgeschlossen vorliegt, sind untrennbar. (Hebr. 4,12.13) Für einen Christen ist die Bibel ein Gesamtbrief des himmlischen Vaters an Seine auf Erden als „Fremdlinge“ und „Pilgrime“ wandelnden Kinder (1. Petr. 2,11), und die alleinige Richtschnur für sein Verhalten in allen Dingen des praktischen Lebens bis zum Antritt seines unverlierbaren Erbes bei seiner Heimkehr

ins Vaterhaus. (Apgesch. 20,23; Röm. 8,17; Gal. 3,29; 4,7; Eph. 2,19; 1. Petr. 1,3.4) Gottes Wort ist als Ganzes vollkommen, gilt für alle Zeiten und berücksichtigt jede innere und äußere Lebenslage. Es ist „die Wahrheit“ (Joh. 8,31.32; 17,17), für die wir Zeugnis ablegen. (Ps. 40,11; Joh. 5,33; 8,45; 18,37; 2. Kor. 13,8; Gal. 4,16; 2. Tim. 2,15) Darum „offenbart sich Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit von Menschen, die die Wahrheit durch Ungerechtigkeit unterdrücken“. (Röm. 1,18)

Die Bibel zeigt uns, wer Gott ist, wer der Mensch ist und wie beide durch den einen Mittler, den wahren Gott und wahren Menschen, vereinigt werden können. Sie enthält sämtliche Offenbarungen Gottes bis in die fernste Zukunft hinein. Neue „Offenbarungen“ in „Gesichten“ stammen daher nicht von Gott. Wohl aber offenbart Sich Gott jedem einzelnen Seiner Kinder durch Seine wunderbare Führung ihres Lebens.

In Seinem Worte enthüllt Gott Seinen Heilsplan. „Er hat uns ja das Geheimnis Seines Willens geoffenbart; dahin ging nämlich Sein Ratschluß, dessen Ausführung Er Sich vorgenommen hatte, sobald die Zeit zum Vollmaß der von Ihm geordneten Entwicklung gelangt wäre: Er wollte in Christo als dem Haupte alles einheitlich zusammenfassen, was im Himmel und was auf der Erde ist.“ (Eph. 1,9.10)

„Wenn Ihm aber alles unterworfen ist, dann wird Sich auch der Sohn Selbst dem unterwerfen, der Ihm alles unterworfen hat, damit Gott alles sei in allen.“ (1. Kor. 15,28)

Die Bibel ist das von Gott Selbst eingegebene Wort. (2. Tim. 3,16.17) Daher stempelt sich jeder, der ihr etwas hinzufügt - sei es auch mit der Begründung, sie nur „erklären“ oder „besser verständlich machen“, „der Gegenwart anpassen“ zu wollen oder etwas von ihr abstreicht - sei es durch Kritik oder Unterschlagung -, zum Sektierer im Sinne der Schrift. (5. Mos. 4,2; 13,1; 28,14; Spr. 30,5.6; Jer. 26,2; Matth. 5,19.20; 2. Kor. 2,17; 4,2; 1. Tim. 6,3.4; Offenb. 22,18.19) Nur nach ihrer Stellungnahme zur Bibel als dem urtextlich durch den Heiligen Geist inspirierten Worte Gottes entscheidet sich für eine Vereinigung die Frage, ob sie eine „Sekte“ ist oder nicht. (Apgesch. 24,14; 28,22; Tit. 3,10)

Irrlehren entstehen meist dadurch, daß man einzelne Schriftstellen ihrem inneren Zusammenhange mit der gesamten Bibel entreißt und dann über ihnen ein menschliches Lehrsystem errichtet.

An der wörtlichen Eingebung der Schrift (Verbalinspiration) ist mit zwei Erwägungen festzuhalten:

1. Die Bibel haben Menschen aller Stände und verschiedenen Charakters geschrieben. Bei jedem Schreiber tritt daher auch seine Eigenart sowie Wesen und Umfang seiner Berufung zutage. (Röm. 16,25.26)

2. Die mannigfachen Übersetzungen des Urtextes können diesem nicht unbedingt gleichgestellt werden. Auch haben sich beim Abschreiben des Grundtextes Fehler eingeschlichen, die aber im großen und ganzen unwesentlich sind.

Im übrigen kann nur der Heilige Geist Selbst uns rechtes Verständnis für Gottes Wort schenken. (Joh. 16,13; Matth. 11,25)

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

H. J. M.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

Wir betrachteten in den drei hinter uns liegenden Lieferungen sieben Dinge, zu denen wir „jederzeit bereit“ sein sollten: 1. auf das Kommen des HErrn, 2. zum Sterben, 3. zum Leiden, 4. zum Leben, 5. zum Dienen, 6. zum Gehorchen, 7. zum Lieben! Wahrlich, wichtige Dinge!

Heute möchte ich nun auf ein Weiteres hinweisen, das uns stets und „jederzeit bereit“ finden

Zeit betend“ (Eph. 6,18) oder: „Beharret im Gebet!“ (Kol. 4,2) oder: „Betet unablässig!“ (1. Thess. 5,17) oder: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, daß Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind ...!“ (1. Tim. 2,1.2) usw. usw.

Die lieben Leser werden nicht von mir erwarten, daß ich im Rahmen dieses viele Dinge berührenden fortlaufenden Aufsatzes eine „erschöpfende“ (?!) Darlegung über das Gebetsleben der Kinder Gottes bringe! Viele haben dies zu tun versucht, wie Finney, Torrey, Gordon, Pierson (in der empfehlenswerten Lebensbeschreibung Georg Müllers) u. v. a. m., neuerdings auch unser lieber Bruder Lang („Gebet ist Arbeit!“). Und je mehr man an Hand der Schrift solche und ähnliche Werke liest, desto reicher wird einem der Gegenstand, aber nicht nur das, sondern desto mehr scheint einem noch ungesagt geblieben zu sein - es ist eben ein unerschöpflicher Gegenstand, und die Heilige Schrift zeigt uns stets neue Tiefen in diesem Meer von gottverheißenen und gottgegebenen Möglichkeiten, wie ich das Gebet hier einmal nennen möchte. Aber nicht das ist das Unbegreiflichste an dieser Sache, daß uns solche Möglichkeiten göttlicherseits erschlossen werden, sondern das, daß wir, die so unendlich bevorzugten Gläubigen, diese Möglichkeiten nicht viel mehr be- und ausnutzen, also daß wir nicht viel mehr beten! Wahrlich, es ist ein Meisterstück Satans, die Gotteskinder von ihrem vornehmsten Vorrecht, dem des Betens, abzuhalten! Fast könnte man sagen, daß er keine Aufgabe so eifrig betreibt wie diese, die Gläubigen vom Beten abzuhalten. (Daneben stehen seine leider so sehr von Erfolg gekrönten Bemühungen um die Uneinigkeit der Kinder Gottes sowie die um die Verhinderung ihres Zeugens von der erfahrenen Rettung!)

Nein, nicht in längeren Ausführungen möchte ich uns hier zum Beten ermuntern, sondern nur einen kurzen, aber nicht weniger herzlichen Appell an uns richten, doch ja kein Hindernis aufkommen zu lassen oder im Herzen zu beherbergen, das uns untüchtig macht zu dem jederzeit Bereitsein zum Gebet. Denn - was mir seit langem so sehr ernst zu sein scheint: unendlich viele Umstände, wie Mängel, Schwächen, Zukurzkommen, Gebrechen, Hemmungen körperlicher, seelischer, geistiger und geistlicher Art, Angriffe von außen und von innen, Gefahren, Versuchungen, begangene Dummheiten, Torheiten, Fehler, ja, Sünden, unüberlegt

gesprochene Worte, gezeigte Mienen, getane Handlungen, eine Unzahl von unerfüllten Forderungen, Wünschen, Sehnsuchtsgedanken, erfahrenen Verleumdungen, Enttäuschungen, Schädigungen, Mißverständnissen, Nachteilen (erlittenen und zugefügten!), uns in den Weg geratene Steine, gegen „die Schienbeine unseres Wandels“ geworfene Knüppel, Sorgen, zu befürchtende Schwierigkeiten, unter der Oberfläche lauernde feindliche, auch suggestive Beeinflussungen, Fallstricke Satans, Zaubereien, unkontrollierbare eigene Seelenstimmungen, „kaputte“ Nerven, innere Kämpfe, Not und Nöte, Verluste usw. usw., ja, alles dies und hundertmal mehr läßt sich durch Gebet ausgleichen, heilen, abwenden, ersetzen- aber nichts und abermal nichts vermag das Gebet zu ersetzen! Nicht der übersteigerte „Betrieb“, nicht der heißeste Wille, nicht die energischste Haltung - rein nichts und nichts ist imstande, auch nur ein leises, nur für Gottes Ohren hörbares sekundenlanges Seufzen und dessen Wirkungen zu ersetzen! Wissen wir das? Aber natürlich! Nun, warum handeln wir so wenig nach diesem unserem Wissen? „Wer da weiß, Gutes und das Richtige zu tun, und tut es nicht dem ist es Sünde!“ (Jak. 4,17) Wir sind Gotteskinder - und doch arme Toren!

Solch ein kurzes Gebet sandte einst Nehemia zu Gottes Thron empor, während er vor dem König Arthahsastha stand und von diesem nach seinem Begehren, Jerusalems Trümmerhaufen betreffend, gefragt ward. (Neh. 2,4) Der „Erfolg“? Entsprach er den Erwartungen des Beters? Ich glaube, wenn irgendwo, so gilt hier (aber auch z. B. in Apgesch. 12,5 u. Folge!) das Wort „über Bitten und Verstehen“. (Eph. 3,20) Lesen wir nur nach, was alles im weiteren Verfolge der erhörten Bitte geschah! Wir sind oft so bescheiden! „Habe Ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, würdest du die Herrlichkeit Gottes sehen?!“ (Joh. 11,40) Ich fürchte, wir begnügen uns zu oft mit menschlicher oder irdischer „Herrlichkeit“ und erfahren darum nicht das, was wir erfahren könnten! Erwarte Großes von Gott, und du wirst Großes empfangen! „Ja, aber ...!“ Natürlich! Statt rechte „Abermenschen“ zu sein, die mit Gottes „Aber“ rechnen, rechnen wir mit dem häufigen menschlichen „Aber“ und sitzen dann traurig unter dem Ginsterstrauch, statt in des HErrn Kraft voranzugehen! Es kommt auf die „Weite“ an, schrieb mir vor einiger Zeit ein teurer Bruder, einer, der in glaubenskühner Weise schon viele Fragen an die „Handreichungen“ geschickt und manche beantwortet bekommen hat (auch die in diesem Heft) - es kommt auf

auf, und Ich will ihn füllen!“ Ja, Bruder, Schwester, es kommt auf die „Weite“ an! Aber doch nicht allein! Nein, es kommt noch auf etwas anderes an: darauf, daß da kein Hindernis sei im Auftun des Mundes! Verstehst du? „Seid aber jederzeit bereit zum Beten!“ Jederzeit? Ja, das ist gerade das Geheimnis. War Nehemia bereit, „jederzeit bereit“? Ja, wenigstens in dem Augenblick, als es nötig war, war er bereit - und das ist die Probe aufs Exempel! Ich denke, daraus lernen wir, daß er „ jederzeit bereit“ war. War der HErr „jederzeit bereit“? Welche Frage! Natürlich! Also darum auf: Laßt uns lernen von Ihm! Er sagt: „Lernet von Mir!“ (Matth. 11,29; vgl. Joh. 13,13.14a) Am besten lernt der Lehrling, der seinem Meister auf die Hände schaut, und bei uns sollte es anders sein? Wie schaute Paulus auf seinen HErrn und Meister, wie wurde er in Sein Bild verwandelt, und was ist - in dieser Hinsicht - Sein Bild? Das eines Hohenpriesters, der unsere Namen auf Seinem Herzen trägt und der sich immerdar für uns verwendet (Hebr. 7,25!)! War Paulus „jederzeit bereit“ zum Beten? Ganz gewiß! Ich denke, sein Gebetsleben ist vorbildlich (vgl. Röm. 1,10; 15,30; 1. Kor. 1,4; Eph. 1; Phil. 1,3.4.9ff.; Kol. 1,3.9; 1. Thess. 1,2.3 usw. ...). Also Vorbilder an ihm und anderen genug, wenn ich auch nicht mehr zu nennen Raum und Zeit habe ... Aber Geliebte, das beste Vorbild nützt nichts, wenn wir uns hindern lassen, und Gebetshindernisse sind eine gefährliche Sache! Soll ich dir schnell einige nennen? Höre: 1. das praktische Festhalten von erkannten Sünden! (Jes. 59,1.2; Ps. 66,18; 1. Petr. 3,10-12 [Zungensünden!!] u. a.); 2. selbstsüchtige Beweggründe zum Beten (Jak. 4,3); 3. Hes. 14,3: Götzen, Dinge, die den Platz einnehmen, der Gott allein gebührt in deinem Herzen! - 4. Spr. 21,13: Unbarmherzigkeit; 5. Jak. 1,5ff.: Unglaube! 6. Matth. 5,23: Unvers öhnlichkeit. Und so mag es noch manches geben, was im einzelnen Fall hinderlich ist. Vor allem fürchte ich, fehlt es uns oft an der nötigen Wachsamkeit! „Wachet und betet!“ sagt der HErr. (Matth. 26,41 u. a.) „Fanget die kleinen Füchse, die den Weinberg verderben!“ (Hohel. 2,15) Jeder mag in seinem eigenen Leben aufmerken, wer oder was solch „kleiner Fuchs“ ist, und dann - weg damit! auf daß das Gebetsleben nicht gehindert werde und jeder, ja, wir, du und ich, „jederzeit bereit“ seien zum Gebet, zur Fürbitte, zur Mitarbeit im Gebetskampf (Röm. 15,30!), und „nüchtern zu den Gebeten“ nach 1. Petr. 4,8 (5,5-9!) usw.

Genug davon! Mein Gebetsappell ist lang genug geworden, und am liebsten möchte ich weiter

tut nicht not; wir alle kennen solche Stellen zur Genüge - daran liegt's nicht - aber daran, ob wir „Täter Seines Wortes“ sind und sein wollen, „und nicht Hörer allein, die sich selbst betrügen“. (Jak. 1,22) Wie beten wir, Geliebte? Daniel betete, trotz der Aussicht auf die Löwengrube, „wie vordem“ dreimal des Tages, trotz aller politischen und religiösen Hindernisse treulich und erhörlich (Dan. 6,11.12) - wie beten wir? Noch ernster: „Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir, und er betete - und - und - und ...!“ (Jak. 5,17.18) Und wir? Sind wir „jederzeit bereit“ zum Beten („im Heiligen Geist“ nach Jud. V. 20), meine Brüder und meine Schwestern? Bitte, dem HErrn Antwort zu geben: Beten wir überhaupt? Und wenn nicht - warum nicht? Und wenn ja - warum nicht mehr, treuer, gläubiger, freudiger, aussichtsreicher?

„Und dies ist die Zuversicht, die wir zu Ihm haben, daß, wenn wir etwas nach Seinem Willen bitten, Er uns hört. Und wenn wir wissen, daß Er uns hört, um was irgend wir bitten - im Namen Jesu! (Joh. 16,23 u. a.) - so wissen wir, daß wir die Bitten haben, die wir von Ihm erbeten haben.“ (1. Joh. 5,14.15) „Habt Glauben an Gott!“ (Mark. 11,16)

„Seid aber jederzeit bereit“... zum Beten! - Beten wir? Er gebe uns Gnade dazu!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

Frage und Antwort

Frage 5

Wie ist 1. Kor. 14,26 zu verstehen? Soll bei allen Zusammenkünften der Gemeinde dieses beachtet werden, oder kann man sagen, z. B.: am 1. Sonntag im Monat hat Br. X, am 2. Br. Y die Verantwortung? Oder kann ein Bruder beauftragt werden, stets dafür zu sorgen, daß einer da ist, der die Verantwortung für den Dienst trägt?

Wenn eine örtliche Gemeinde regelmäßig (etwa sonntäglich) evangelisiert, hat dann dies Wort (1. Kor. 14,26) uns etwas zu sagen, oder müssen die Redner im voraus bestimmt werden?

Antwort A

Soweit wir diese in verschiedene Unterabteilungen zerfallende Frage verstehen, handelt es sich um Belehrung über die Zusammenkünfte irgendeiner Ortsgemeinde, und sicher ist das eine wichtige Sache, die man nicht übersehen darf. Wir sind gläubigen Männern begegnet, die behaupten, daß das Wort nichts darüber sagt, und darum stehe es uns ganz frei, uns einzurichten, wie es uns am besten und zweckmäßigsten vorkomme! Doch sind wir überzeugt, daß das eine irrige Ansicht sei, und wenn das Wort in dieser Hinsicht uns keine strengen Regeln und Vorschriften aufweist, so gibt es doch richtige Auskunft darüber, und zwar in breiteren, doch bestimmten Linien. Die landläufige Idee einer Gemeinde ist, daß sie aus einem Prediger und Mitgliedern, vielleicht mit etlichen (entgegen der Schrift gewählten) Ältesten, die vielfach Diakonen genannt werden, bestehe; bei einer Zusammenkunft einer solchen Gemeinde, meistens „Gottesdienst“ genannt, hat nur der Prediger allein das Recht und die Verantwortung, alles zu tun, und die Mitglieder hören nur andächtig zu. Wenn nun die Schrift uns keine Anweisung darüber gäbe, so wäre eine solche Ordnung, von außen gesehen, gar nicht schlecht, denn im allgemeinen läuft ein solcher Gottesdienst ruhig und würdevoll ab, ohne irgendwelche peinlichen oder unangenehmen Zwischenfälle. Doch die Erfahrung lehrt uns, daß diese schöne, doch menschliche Ordnung dazu führt, daß die Gabe des Predigers als eines Redners sich entwickelt, wenn er auch keine tiefe Erkenntnis der Schrift besitzt, doch die Gemeindemitglieder bleiben das ganze Leben lang unmündig, denn schwerlich kommt es zur geistlichen Entwicklung, weil von solchem Mitglied nur verlangt wird, daß es pünktlich und regelmäßig dem Gottesdienste beiwohnt, freigebig bei der Kollekte beisteuert und ein ordentliches Leben führt.

Zunächst möchten wir feststellen, daß jede örtliche Gemeinde ein kleines Bild der ganzen Gemeinde oder des Leibes Christi sein sollte; wie Paulus der Versammlung Gottes in Korinth

schreibt: „Ihr aber seid Christi Leib, und Glieder insonderheit.“ (1. Kor. 12,27) Gewiß war die Gemeinde zu Korinth nicht der ganze Leib Christi, aber sie sollte in jener Stadt eine Darstellung dieses einen Leibes sein; denn in dem ganzen Leibe Christi sollte jedes Glied seine ihm bestimmte Tätigkeit ausüben und seine Gabe entwickeln, wie Paulus an einer anderen Stelle schreibt: „Laßt uns in allem heranwachsen zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus, aus welchem der ganze Leib, wohl zusammengefügt und verbunden durch jedes Gelenk der Darreichung, nach der Wirksamkeit in dem Maße jedes einzelnen Teiles für sich das Wachstum des Leibes bewirkt zu seiner Selbstauferbauung in Liebe.“ (Eph. 4,15.16) Diese gegenseitigen Dienste und Handreichungen können wohl zu allen Zeiten geübt werden, ob die Gemeinde im versammelten Zustand sich befindet oder nicht, d. h. auch wenn die Glieder zu Hause oder bei der täglichen Arbeit sind, doch am stärksten kommen diese geistlichen Hilfsleistungen zum Ausdruck, wenn die Gemeinde an einem Orte zusammenkommt, denn die Zusammenkünfte einer Gemeinde müssen größere Bedeutung haben, als wir geneigt sind zu denken, sonst hätte die Schrift nicht so ernst ermahnt, „unser Zusammenkommen nicht zu versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist“. (Hebr. 10,25) Wir kommen also zu dem Schluß, daß, wenn die Zusammenkünfte einer Gemeinde ihr gewünschtes Ziel erreichen sollen, es nötig ist, daß sie nach der Weisung der Schrift geführt oder geregelt seien, damit die Gläubigen zum Besseren und nicht zum Schlechteren zusammenkommen, wie es leider bei den Korinthern war. (1. Kor. 11,17) Wir stoßen nun ziemlich oft auf die Spuren von Zusammenkünften der Gläubigen in der Apostelgeschichte; es scheint, als ob die erste Gemeinde - nämlich die in Jerusalem - nach der Ausgießung des Heiligen Geistes beständig im versammelten Zustande gewesen sei. „Alle aber, welche glaubten, waren beisammen - indem sie täglich einmütig im Tempel verharrten“ (Apgesch. 2,44-47); eine große Menge hatte sich zum HErrn bekehrt, so waren genug Heilige dort, um immer eine Versammlung zu haben; die Schrift aber berichtet uns nichts über die Ordnung dieser Zusammenkünfte, sondern sie hebt mehr die besondere gehobene Stimmung der in der ersten Liebe begeisterten Gläubigen hervor, denn große Gnade war auf ihnen allen.

Vielleicht war auf dem Obersaal, wo sie auf die „Kraft aus der Höhe“ geharrt hatten, ein immerwährendes Beisammensein; dort scheinen wenigstens die Apostel vielfach geblieben zu

verkauften Gutes brachte und den Betrag zu dem Füßen der Apostel legte; denn sie waren noch versammelt, als drei Stunden später die Sapphira hereinkam. (Apgesch. 5) Von allen Spuren solcher Zusammenkünfte in der Apostelgeschichte können wir hier ja nicht sprechen, das würde zu weit führen, wir finden aber z. B. eine besondere Gebetsversammlung in dem Hause der Maria in Kap. 12. Und in Kap. 11 lesen wir von einer bestimmten Ortsgemeinde in Antiochien, und in dieser Gemeinde kamen Barnabas und Paulus für ein ganzes Jahr zusammen und lehrten eine zahlreiche Menge; dann sehen wir, wie in der dortigen Versammlung oder Gemeinde Propheten und Lehrer waren, die ihre Gaben ausübten, indem sie dem HErrn dienten und fasteten (Apgesch. 13,1.2), aber der Heilige Geist hatte in Macht Seinen Ihm gebührenden Platz in der Mitte. Lukas berichtet in Apgesch. 20,7, wie die Gläubigen in Troas an dem ersten Tage der Woche versammelt waren, um Brot zu brechen, er selbst war dabei, und daß Paulus sich mit ihnen unterredete und das Wort erst bis Mitternacht verzog und dann bis zum Tagesanbruch (V. 11), da er an diesem folgenden Tage abreisen wollte.

In diesen verschiedenen erwähnten Zusammenkünften haben wir wohl manche wichtige Fingerzeige für uns.

Zunächst aber dürfen wir feststellen, daß der HErr Selbst in Matth. 18,20 etwas sehr Beherzigenswertes über das Zusammenkommen der Seinigen zu sagen hat, nämlich, daß man in Seinem Namen versammelt sein solle und die herrliche Verheißung habe, daß Er dann in der Mitte sein werde. In der Apostelgeschichte haben wir nun verschiedene Erwähnungen solcher Zusammenkünfte. Dann endlich finden wir in 1. Kor. 11,17 - 14,40 die geistliche Gesetzgebung oder die biblische Anordnung für solche Zusammenkünfte, und zwar für das Hauptzusammenkommen einer solchen örtlichen Gemeinde. Wohl war es ein Werk des Feindes, daß eine solche bedauernswerte Unordnung in dieser Zusammenkunft der Gemeinde Gottes zu Korinth herrschte, Gott aber in Seiner unendlichen Weisheit benutzte dieses so wunderbar, daß für alle Zeiten die Gläubigen bestimmte Anleitung über ihr Verhalten in der Versammlung durch die inspirierte Feder des Paulus erlangen sollten!

Vielleicht haben wir schon zuviel als Einführung zur Frage geschrieben, doch mußten wir den

Grund etwas vorbereiten. Nun, zunächst wird gefragt, wie 1. Kor. 14,26 zu verstehen sei? Wir stellen uns nun eine versammelte biblische Gemeinde vor; in dem Namen des Herrn Jesus Christus ist man zusammengekommen, Er ist gegenwärtig; der Heilige Geist hat die Leitung in Seiner Macht, denn Er teilt die verschiedenen Gaben aus; kein menschlicher Vorsitzender ist da, es gibt kein Vor- oder Zurücksitzen (ausgenommen, wenn Unbekehrte anwesend sind). Man will auch das Abendmahl des HErrn feiern, denn der Geist hat gerade dieses als erstes gesetzt in dieser göttlichen Gesetzgebung betreffs einer Zusammenkunft der Gemeinde (1. Kor. 11,20-34), und das führt zu Anbetung, Lob und Dank. Dann aber handelt es sich um die Erbauung der Gemeinde. (Es würde zu weit führen, wenn wir etwas über die Unordnung, die auch in diesem Punkte unter den Korinthern waltete, schrieben, darum unterlassen wir es.) Also nun kommen die verschiedenen Gaben zur Geltung, und unter der Zucht des Heiligen Geistes dienen einige Brüder nacheinander, und zwar auf keusche, zurückhaltende Weise. Einer hat einen Psalm, den man gemeinschaftlich singt; ein zweiter eine Lehre, noch einer eine Sprache (doch soll dieser schweigen, wenn kein Ausleger gegenwärtig ist); andere haben Offenbarungen oder Auslegungen, doch alles soll zur Erbauung geschehen. Wenn bei einem Bruder eine Neigung vorhanden sei, seine Stimme gern hören zu lassen, so soll er lieber länger warten, bevor er seinen Mund auftut; auch soll der lieber schweigen, der die Schwachheit hat, mit seiner Erkenntnis oder Beredsamkeit imponieren zu wollen, denn so etwas dient nicht zur Erbauung, sondern es ärgert die übrigen Geschwister und verscheucht die heilige, stille Weihe, die wie ein süßer Duft über der Gemeinde weht. „Während der König an seiner Tafel war, gab meine Narde ihren Duft.“ (Hohel. 1,12; Ev. Joh. 12,3) Heutzutage ist die Sache etwas anders, denn nun hat ein jeder die ganzen heiligen Schriften in der Hand, damals in Korinth war das nicht der Fall, und man wartete auf ein unmittelbares Wort vom HErrn ohne die Bibel; wir hingegen erlangen Erbauung vom HErrn nur durch das fertiggeschriebene Wort, nämlich die Lehre oder Offenbarung aus den heiligen Schriften. Wenn jemand vorgäbe, eine neue unmittelbare Offenbarung als vom HErrn ohne das Wort oder eine „Sprache“ zu haben, so würden wir dieses entschieden ablehnen.

Der Fragesteller möchte nun wohl wissen, ob bei allen Zusammenkünften der Gemeinde dies

kleineren Maße. Weiter wird gefragt, ob man einen gewisse Plan machen könnte, indem Br. X. für einen bestimmten Sonntag und Br. Y. für einen anderen Sonntag die Verantwortung für den Dienst übernähme; oder ob einer immer sorgen könnte, daß jemand da ist, der die Pflicht für den Dienst der Erbauung auf sich habe? Wir können nur sagen, daß das ein Abweichen vom biblischen Ideal einer Zusammenkunft der örtlichen Gemeinde wäre, es wäre die erste Etappe auf dem Wege zum Einpredigertum! Und wenn eine solche Ordnung in irgendeiner Gemeinde eingeführt werden sollte, so sollten doch die Aufseher der Gemeinde mitteilen, daß diese Einrichtung nur eine Krücke sei, weil sie sich ihrer Unfähigkeit, Untüchtigkeit und Schwachheit stark bewußt seien!! Nein, jeder Bruder soll an seinem Platz sein, besonders die die Aufsicht führenden Brüder, wenigstens ¼ Stunde, bevor die Versammlung anfängt; jeder soll ein geübtes Herz, ein zartes, geistliches Empfinden und ein gut funktionierendes Gehirn haben; und wenn man in Schwachheit die inneren Blicke auf den HErrn richtet und alles von Ihm erwartet, so wird es wohl ohne solche menschliche Einrichtung gehen. Wir haben aber noch solche Gemeinde zu suchen, wo alles vollkommen in dieser Sache „klappt“, wo alles wie auf geölten Rädern läuft, wo kein Mißton gehört wird, denn fehlerhafte Menschen sind wir ja alle noch. Viele Geschwister haben hier und da darunter gelitten, daß Brüder auf plumpe Weise versucht haben, etwas zu tun, ohne den Grundton des Geistes wahrgenommen zu haben, und die harmonische Melodie wurde unterbrochen; doch darf man nicht „das Kind mit dem Bade wegschütten“, darum ist Geduld miteinander so notwendig, obwohl es sehr schwer zu tragen ist, wenn eine sonst gesegnete Versammlung verdorben wird durch die ungeistlichen Versuche irgendeines Bruders, etwas zu tun oder in Selbstgefälligkeit zu dienen. Und wenn ein Bruder „mit den Sprachen der Menschen und der Engel redet und nicht Liebe hat, so ist er ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel“ (1. Kor. 13), denn „die Liebe erbaut“ (1. Kor. 8,1). Ach, daß wir alle nur praktisch wüßten, was es heißt, im Geiste zu sein in Seiner Gemeinde! Dann würden alle lernen, sachte zu walten wie Jehiskiah nach seiner Genesung, und so würden alle ihr Saitenspiel rühren alle Tage ihres Lebens im Hause Jehovas. (Jes. 38,15-20) Ja, wenn jedes Herz richtig nach dem himmlischen „Kammerton“ gestimmt wird, so stiege die schmelzende Melodie der Anbetung empor als ein Wohlgeruch unserem Gott, und die erquickende Erbauung in der Liebe würde nachfolgen. Es ist ein hohes Ideal, und wenn wir

immer wieder zu kurz kommen, wie tote Fliegen das Öl stinkend machen (Pred. 10,1), so wollen wir das uns gegebene Bild nicht ändern, sondern uns immer wieder danach ausstrecken, auch wenn wir uns dessen bewußt sind, daß dieses fehlerlos auf Erden niemals erreicht wird. -

Jetzt wird gefragt, ob in den Evangelisationsversammlungen, die im Raum der Gemeinde etwa regelmäßig abgehalten werden, dieses Wort in 1. Kor. 14,26 uns etwas zu sagen habe? Zunächst müssen wir klar konstatieren, daß die Evangelisationsstunde eigentlich keine Zusammenkunft der Gemeinde sei! Diese Behauptung mag wohl einigen befremdend vorkommen, doch sie ist richtig! Erstens bemerken wir bei genauer Betrachtung des Verzeichnisses der vom Heiligen Geiste ausgeteilten Gaben in diesem Abschnitt (1. Kor. 11,17 - 14,40), daß die Gabe oder der Dienst des Evangelisten keine Erwähnung findet, und das ist natürlich nicht bloß Zufall, sondern vom Geiste beabsichtigt! Wohl kommt diese Gabe in Eph. 4 vor, dort aber handelt es sich um den Leib Christi, d. h. um die ganze Gemeinde und ihr Herausgesammeltwerden aus der Welt, und nicht um die Erbauung einer Ortsgemeinde. Also dachte der Apostel nicht an Evangelisation, als er 1. Kor. 14,26 schrieb. Zweitens: eine Zusammenkunft der Gemeinde ist zur Erbauung der Gläubigen und nicht, um den Verlorenen die Heilsbotschaft zu verkündigen, dieses müssen wir scharf unterstreichen. In der Evangelisationsversammlung haben solche Brüder das Recht und die Pflicht, das Wort vom Kreuz zu predigen, die die notwendige Gabe dazu vom Heiligen Geiste empfangen haben. Brüder und Schwestern, die dieser Versammlung beiwohnen, gehen nicht hin in erster Linie, um erbaut zu werden (wenn sie auch erbaut werden, da die Verkündigung der großen in Christo geoffenbarten Liebe Gottes fürs Herz der Gotteskinder immer wohltuend und anregend ist), sondern sie gehen hin, um dem Evangelisten in der Arbeit Gemeinschaft zu erweisen und auch irgendwie mitzudienen und zu helfen. Vielleicht haben sie sich Mühe gegeben, einen unbekehrten Freund mitzunehmen, sie haben offene Augen, um zu sehen, wo sie nun auch Hand an die Arbeit legen können, sie nehmen ruhig Platz neben einer unbekehrten Seele, sie suchen, wenn nötig, die Lieder für sie, sie beten in der Stille während der Stunde für diese Seele, und nachher versuchen sie Gelegenheit zu finden, ein freundliches Gespräch anzuknüpfen, um alles auf das Eine, das not ist, zu lenken, vielleicht begleitet man dann diese

auf eine bescheidene und freundliche Weise. Gewiß, als Paulus sich täglich in der Schule des Tyrannus zu Ephesus unterredete, gingen auch viele Gläubige hinein, aber diese Unterredungen wurden sicher nicht nach 1. Kor. 14,26 geordnet. Nun, wenn man das alles betrachtet, so ist es klar, daß diese Anweisung, nämlich in 1. Kor. 14,26, hier keine Anwendung finden kann, ebensowenig in der Sonntagsschule, welche eigentlich eine Evangelisationsstunde für Kinder ist, aber hier würde wohl niemand fragen, ob diese Stelle uns etwas zu sagen habe! Besser ist es, wenn der Redner für die Evangelisation in dem Raum der Gemeinde vorausbestimmt wird (unter Gebet), und er wird vielleicht einen zweiten Bruder, bei dem diese Gabe zu „knospen“ anfängt, bitten, Gemeinschaft mit ihm in der Verkündigung des Wortes zu haben, gerade wie der starke Stamm Juda den schwächeren Stamm Simeon bat, mit ihm hinaufzuziehen und wider die Kanaaniter zu streiten. (Richt. 1,3)

Es ist uns nun wohl klar, daß man doch verschiedene Versammlungen in den Räumen der Gemeinde abhalten kann, die man nicht gerade unter die Kategorie „Zusammenkünfte der Gemeinde“ bringen kann. Aber die Anweisung in 1. Kor. 11 bis 14

soll unangetastet aufrechterhalten bleiben, denn der Herr will sicher vieles dadurch erzielen; wir meinen natürlich, wenn es sich wirklich um eine Zusammenkunft der Gemeinde handelt gemäß dem, wie die Schrift es beschreibt: „Wenn ihr als Versammlung (Gemeinde) zusammenkommet.“ (1. Kor. 11,18) Der HErr soll zu Seinem Recht als Herr kommen und der Heilige Geist als Leiter; das Herz jedes Bruders und jeder Schwester soll geübt sein, innige Gemeinschaft mit dem Vater unseres Herrn Jesus zu pflegen. Nein, wir wollen nicht, auch nicht im geringsten daran rütteln! Amen.

F. Btch.

Bemerkungen des Schriftleiters

Diese Antwort wird, so darf man wohl hoffen, nicht nur den Fragenden, sondern vielleicht alle Leser erfreuen und befriedigen, wenngleich nun erst recht mancher sagen wird: Wie weit sind

danach, nach dem Ideal, das die Schrift uns zeigt, unsere Zusammenkünfte als Gemeinde geistlich gebildet werden zu lassen im wahrsten Sinne des Wortes. Unsere Gesamt„bildung“ sollte mehr und mehr wachsen durch ein Hineingebildetwerden in das Wort des HErrn, so im Einzelglaubensleben, so im Leben der Gemeinde!

In voriger Lieferung behandelte die Frage 4 ähnliche Dinge, und ich kündigte da an, in der nächsten Lieferung (also der gegenwärtigen) mich vielleicht noch weiter mit diesen Fragen beschäftigen zu wollen. Doch angesichts obiger reichhaltigen Antwort Glaube ich, daß es nicht mehr so nötig ist, denn der Gegenstand ist, zumal bei Mitheranziehung eben von Frage 4, sehr gründlich behandelt. Ich beschränke mich darum auf einige Bemerkungen und Unterstreichungen.

Sehr wichtig scheint mir, den Unterschied zwischen Zusammenkünften als Gemeinde (nach 1. Kor. 11,18) und allgemeinen Versammlungen zum Zweck der Evangeliumsverkündigung oder auch der Bibelbesprechungen im weiteren Rahmen zu betonen. Ich meine mit letzteren, die aber natürlich auch sehr gut Gemeindezusammenkünfte sein können, solche Versammlungen, in denen wohl der Charakter der Erbauung und Bekehrung vorherrschend sein soll, die aber durch die selbstverständliche (also nicht ausnahmemäßige, wie in 1. Kor. 14,23.24!) Anwesenheit von Ungläubigen, vielleicht sogar in großer Anzahl (die womöglich auch Fragen stellen können), nicht als ein Zusammenkommen in Gemeinde im strengen Sinne anzusprechen sind. Solche Versammlungen unter das Wort der Frage 1. Kor. 14,26 stellen zu wollen würde dieses seiner Kostbarkeit berauben, indem der Heilige Geist unmöglich so in Kraft wirken kann da, wo die Grundbedingungen der Gemeinde des HErrn nicht erfüllt sind - und die sind Abgesondertsein und Heiligkeit, vgl. Apgesch. 5,13.14; 2. Kor. 6,15: „Welches Teil hat ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“ u. a. Wohlgemerkt: obige Antwort (und auch ich) sagt nicht, daß solche Zusammenkünfte nicht sein könnten - gerade Evangelisation, Kinderstunde, Jugendstunde, Missionsstunde u. a. können sehr gesegnete „Bemühungen der Liebe“ (1. Thess. 1,3) sein - aber der Charakter der Gemeinde ist der einer „Ekklesia“, d. h. einer „Herausgerufenen“, nämlich aus der Umwelt, und wenn mit diesem Charakter, der sich in Joh. 21,1.9 in den „verschlossenen Türen“ ausdrückte, wirklich Ernst gemacht würde auch heute

noch - und Gott sei Lob, es geschieht doch an manchen Orten! -, dann würden (und werden) sich Wirkungen wie die von 1. Kor. 14. 23.24 auch heute noch offenbaren, wenn auch die ursprüngliche Geisteskraft nicht mehr so mächtig vorhanden ist, da von Apgesch. 5 an der Geist zu oft und zu schmerzlich betrübt ist. Wenigstens wissen wir und weiß ich von Fällen zu sagen, wo anläßlich jener herrlichsten Zusammenkunft der Gemeinde, beim Mahl des HErrn - bei dem von uns aus nie Ungläubige zugegen sein sollten, auch nicht zum Zusehen!! -, in Unkenntnis Eintretende, die nunmehr im Raume blieben, aufs tiefste innerlich von der Gegenwart des HErrn berührt wurden und dem auch hernach Ausdruck gaben. Und das wird sich stets heute noch zeigen, wo mit dem Wesen der Zusammenkünfte nach Seinem Willen, also mit dem Charakter der geheiligten Absonderung, möglichst Ernst gemacht wird, auch bei Versammlungen mehr allgemeinerer Art. Und ganz sicher wird der Heilige Geist auch heute noch, wenn auch nicht wie in den Tagen der Vollkraft, uns befähigen und „begaben“ nach unserem Vers 26, wenn „die ganze Gemeinde an einem Orte zusammenkommt“ (V. 23). Aber wie oft fehlen manche (ohne krank oder sonst entschuldigt zu sein!!) in solchen Zusammenkünften (Hebr. 10,25), und statt daß die übrigen nun so rechte Gefäße der Macht des Heiligen Geistes sein können, müssen sie in ihren Herzen trauern über die Untreuen, Schlafenden oder lau und träge Gewordenen, und so kann der Geist nicht Seine Kraft entfalten! Man sage nicht, daß es nur auf „die zwei und drei“ ankäme (Matth. 18,20)! Wenn nur zwei oder drei vorhanden sind, so kommt es auf diese an, sind aber mehr Glieder in der örtlichen Gemeinde, so kommt es auf diese alle sehr an! Das zeigt uns die Schrift deutlich genug, und schon ein einziges Wort, wie Apgesch. 2,44: „Alle aber, welche glaubten, waren beisammen“, wiegt hier mehr als 100 „weise“ Entschuldigungen. Aber wenn wir daran denken, wie zerspalten das Volk des HErrn ist, so brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn wir von der Kraft von 1. Kor. 14,26 wenig erfahren. Doch möchte auch ich nicht unterlassen, hier darauf hinzuweisen, daß wir heute, wo das Wort Gottes vollendet ist, nicht auf neue Offenbarungen, Zungenbotschaften, Zeichen und (sinnenfällige) Wunder (vgl. Matth. 12,39!) zu warten haben, sondern daß das, was der Heilige Geist den von Ihm Beauftragten, Begabten in der Gemeinde gibt, stets „nur“ aus dem lebendigen Wort (Hebr. 4,12.13) entnommen ist, und was an diesem Prüfstein gemessen versagt, das ist nicht aus der Wahrheit, sondern stammt

von unten! - So z. B., wenn Schwestern innerhalb der in Gemeinde Versammelten reden oder gar Zungenbotschaften bringen, so ist das nicht vom HErrn, sondern vom eigenen oder von einem Truggeist (V. 34ff.!). (Ich verweise hierbei auf frühere Arbeiten unseres werten Mitarbeiters [F. Btch.], vor allem auf Jahrb. 14, S. 49ff.; ferner möchte ich Jahrb. 13, S. 102ff. und 12, S. 233 dringend zur Beachtung empfehlen. Auch ist in 14, S. 169ff. ein wichtiger Aufsatz von einem anderen Mitarbeiter über einen ähnlichen Gegenstand!) Hier ließe sich noch viel sagen, sonderlich über den Schwesterndienst überhaupt. Denn wenn z. B. Evangeliumsverk ündigung keine Versammlung „in Gemeinde“ ist, so könnte gefolgert werden, daß in solchen Zusammenkünften Schwestern doch öffentlichen Dienst tun konnten; aber zeigt uns etwa das Neue Testament, daß gläubige Schwestern öffentlich am Wort zu dienen haben? Zu dem bekannten Kinder-Sonntagsschul-Dienst eignet sich manche Schwester sicher sehr, aber solchen oft sehr lieblichen, herzlichen Dienst wollen wir doch wohl nicht vergleichen mit dem schwerwiegenden öffentlichen in gemischten Versammlungen?! Und wenn kürzlich einmal seitens eines bekannten Verfechters des Schwesternredens und -leitens in jeglicher Versammlung auf die alttestamentlichen Frauen Debora und die Prophetin Hulda hingewiesen wurde, so ist das nicht nur ein höchst gefährlicher Vergleich, da die Schwestern von heute doch wohl nicht behaupten können, Deboras oder Huldas zu sein, und dann ist doch auch der Dienst dieser alttestamentlichen Frauen kein Vorbild für die Ordnungen des Hauses Gottes auf neutestamentlichem Grunde! Was für eine geistliche Verwirrung herrscht in manchen Köpfen, und wie gern möchte man die Schrift benutzen, um eigene Unordnungen zu decken! Die ganzen religiösen Bestrebungen der Neuzeit in den Denominationen und „Kirchen“ zeigen die gleiche Tendenz!

Aber genug von solchen Dingen, genug auch der Bemerkungen und Unterstreichungen zu obiger feinen Antwort! Möge der HErr uns Gnade geben, die beherzigenswerten praktischen Unterweisungen auf uns und unsere Gemeindebetätigungen sowohl wie auf alle weiteren Dienste sinngemaß anzuwenden, indem wir in allem mehr der Schrift Raum lassen! Denn: „Dein Wort ist Leuchte unserem Fuß und Licht für unseren Pfad“ (Ps. 119,105), und selbst da, wo die Schrift uns nicht buchstäblich sagt: „Dies ist der Weg, auf dem ihr gehen sollt!“ (Jes.

Gewohnheit geübte Sinne bekommen zur Unterscheidung“ (Hebr. 5,14), desto mehr wird „das Wort der Wahrheit“ unter uns zur Geltung kommen, während schriftwidrige Grundsätze, selbst wenn sie noch so alt und ehrwürdig sind, nach den „Grenzen der Väter“ gezogen oder durch den „Wandel nach väterlicher Weise“ (1. Petr. 1,18) bestimmt - mehr und mehr ihre verpflichtende und bindende Bedeutung für uns verlieren. - Der Herr Jesus sagte zu Seinem Vater: „Heilige sie durch die Wahrheit, Dein Wort ist Wahrheit!“ (Joh. 17,17) Möchten wir dies mehr und mehr erfahren durch Seine Gnade!

F. K.

Das Zeugnis Jehovas ist zuverlässig, macht weise den Einfältigen!“ (Ps. 19,7b)

„Machet gerade Bahn ...!“

(Hebr. 12,13.)

In den vorhergehenden Versen unseres Schriftabschnittes hatte der Apostel von den Erziehungswegen Gottes geredet. Jetzt ermuntert er die Hebräer, die erschlafften Hände wieder aufzurichten. Wenn sie auch das Walten Gottes in den über sie hereingebrochenen Verfolgungen nicht verstanden, wie auch Kinder die Erziehungswege der Eltern nicht verstehen mögen, eins aber sollten sie wissen, daß alles, was durch ihres Gottes und Vaters Zulassung über sie kam, ihnen nützlich und heilsam sein mußte. Die Trübsale, durch welche sie hindurchgingen, sollten nach Gottes Liebe und Weisheit ihnen dazu dienen, Seiner Heiligkeit teilhaftig zu werden. „Darum“, sagt der Apostel, „richtet auf die erschlafften Hände und die gelähmten Knie.“

Die Welt mag in Leiden und Trübsalen verzagen, Kinder Gottes aber sollten es nicht. Und doch, wie leicht sind wir entmutigt, wenn Gott Seine Rute gebraucht und ernste Erziehungswege mit uns geht! Aber haben wir wirklich Grund dazu? Wissen wir nicht, daß unser Weg durch viel Trübsal zur Herrlichkeit geht? Begegnet uns etwas Fremdes? Haben wir vergessen, daß auch in

keine Ursache, unsere Hände erschlaffen und unsere Knie erlahmen zu lassen. Wie der Weg auch sei, laßt uns auch in dunklen Tagen dem HErrn im Glauben vertrauen! Der Psalmist sagt: „Der die Nationen zurechtweist, sollte Er nicht strafen, Er, der Erkenntnis lehrt den Menschen? Glückselig der Mann, den Du züchtigst, Jehova, und den Du belehrest aus Deinem Gesetz.“ (Ps. 94,10.12) Ja, glückselig der Mann, dem mit den Züchtigungen auch die Belehrungen des HErrn zuteil werden!

Alsdann fährt der Apostel fort: „Und machet gerade Bahn für eure Füße, auf daß nicht das Lahme vom Wege abgewandt, sondern vielmehr geheilt werde.“ Der Weg mag rauh und dornig sein, aber er muß gerade sein. Kein Abweichen, weder zur Rechten noch zur Linken, darf bei uns gefunden werden. Die Wege des HErrn sind gerade, und wenn Er uns führt, dann führt Er uns „auf Bahnen der Geradheit“. (Spr. 4,11) Als die Philister die Lade Jehovas, die sie geraubt hatten, auf einen neuen Wagen setzten und zwei säugende Kühe, deren Kälber sie zu Hause eingesperrt hatten, vor den Wagen spannten, gingen die Kühe „geradewegs“ auf dem Wege nach Beth-Semes, auf einer Straße gingen sie und wichen nicht zur Rechten noch zur Linken. (1. Sam. 6,10-12) Das ist die Weise, wie Gott führt. Er führt geradewegs so, daß selbst Einfältige nicht irregehen. (Jes. 35,8) Lassen wir uns von Ihm leiten, so liegen gebahnte und gerade Wege vor uns. David betete einst: „Leite mich, Jehova ..., ebne (oder mache gerade) vor mir Deinen Weg.“ (Ps. 5,8)

Wie wichtig ist es, gerade Bahn für unsere Füße zu machen, damit sie nicht auf Abwege geraten! Der Feind ist immer daran, „die geraden Wege des HErrn zu verkehren“, und wenn wir nicht wachsam sind, so können wir sicher sein, daß er wacht und Gelegenheit und Werkzeuge findet, die uns von dem geraden Wege des HErrn abwendig machen. Petrus warnt deshalb die Gläubigen vor solchen, „die den geraden Weg verlassen haben und abgeirrt sind, indem sie dem Wege des Balaam nachfolgten, des Sohnes Bosors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte“. (2. Petr. 2,15) Sind wir frei von der Gefahr des Abweichens und des Abirrens in verkehrte Dinge und Lehren? Sind wir den Verdrehungskünsten des Feindes nicht mehr ausgesetzt? Hat er aufgehört, die „geraden Wege des HErrn“ und das „gerade Wort Jehovas“ zu verkehren? (Apgesch. 13,10; Ps. 33,4) Locken uns keine Ungehorsams- und Balaamswege?

Lockt uns kein Gold Balaks, keine Freundschaft, kein Ansehen, keine Lust der Welt? Auch wir stehen den Versuchungen zum Ungehorsam, zum Trug, zur Lust dieser Welt nicht gefeit gegenüber. Gott kennt die uns drohenden Gefahren und ermahnt uns: „Machet gerade Bahn für eure Füße.“ „Laß deine Augen geradeaus blicken, und deine Wimpern straks vor dich hinschauen. - Ebne die Bahn deines Fußes, und alle deine Wege seien gerade; biege nicht aus zur Rechten noch zur Linken, wende deinen Fuß ab vom Bösen.“ (Spr. 4,25-27) Ja, Er sagt uns, daß Sein Herz erfreut ist, wenn unsere „Lippen Geradheit reden“. (Spr. 23,16)

Und nicht nur um unserer eigenen Füße willen sollen wir gerade Bahn machen; es gibt auch Lahme unter Gottes Volk, und Gott gedenkt hier der Lahmen. Er sagt: „Machet gerade Bahn für eure Füße, auf daß nicht das Lahme vom Wege abgewandt, sondern vielmehr geheilt werde.“ Unser abwegiges Verhalten kann dem Lahmen ein Anlaß werden, sich vom Wege abzuwenden und auf Abwege zu geraten, während er durch die gerade Bahn unserer Füße geheilt werden könnte. Schon die Tatsache, daß es Lahme auf dem Wege des Glaubens gibt, ist so traurig, daß sie uns mit Ernst über unseren Weg und unser Verhalten wachsam machen und zur Selbstprüfung und zur Beugung vor dem HErrn bringen sollte.

Lahmheit darf nicht mit Schwachheit verwechselt werden. Gottes Volk mag schwach sein, aber es ist nicht lahm. Schwachheit, Krankheit aber können Ursachen zur Lahmheit sein. Manche Kinder Gottes wurden durch Schwachheit lahm, weil sie sich nicht von der unverfälschten Milch des Wortes nährten. Sie blieben in ihrem Wachstum zurück und verkümmerten bis zur Lahmheit. Andere wurden „krank an Streitfragen und Wortgezänken“, weil sie nicht beitraten „den gesunden Worten, die unseres Herrn Jesus Christus sind, und der Lehre, die nach der Gottseligkeit ist“. (1. Tim. 6,3. 4) Die Philosophie des Menschen, die Dinge der Welt, die Lust des Fleisches, die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens fraßen an ihrem inneren Leben. Verkrüppelt und gelähmt wurde ihr Gang ein Gang des Strauchelns.

Mephiboseth, der Sohn Jonathans, wurde lahm durch einen Fall. Er fiel durch die Torheit seiner Amme. Als die Nachricht von dem Tode Sauls und Jonathans sie erreichte, da floh sie mit dem fünfjährigen Knaben vor David. Gewiß, sie hatte ihren Schützling lieb und war besorgt um sein

Leben. Sie traute David nicht, der Jonathan geschworen hatte, Güte seinem Hause zu erweisen, und Saul geschworen hatte, seine Nachkommen nicht zu vertilgen. (1. Sam. 20,15-17; 24,22.23) Sie kannte Davids Herz nicht; voll Furcht floh sie in Angst und Haß. Statt sich David anzuvertrauen, ging sie ihren eigenen Weg, und ihr verkehrter Weg wurde Mephiboseth zum Verhängnis; er fiel und wurde lahm für sein ganzes Leben. Welche Warnung für jeden von uns, dem HErrn zu vertrauen und Sein Wort im Glauben zu erfassen! „Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen.“ (Jes. 28,16) „Wer mit den Füßen hastig ist, tritt fehl.“ (Spr. 19,2)

Wir finden aber auch Lahme, die von Geburt an lahm sind. Apostelgeschichte 3,2 und 14,8 berichtet uns von solchen. Man möchte sagen, diese Lahmheit von Geburt an sei hoffnungslos, aber sie wurde durch die Kraft des Namens Jesu geheilt. So wie im Leiblichen, so ist es auch im Geistlichen. Auch hier gibt es Seelen, die gewissermaßen von Geburt an lahm sind. Ihnen wurde nie ein klares Evangelium verkündigt. Wohl erfaßte ihr Glaube den Heiland der Sünder, aber die herrliche Botschaft der Gnade Gottes und des Kreuzes Christi wurde ihnen mit so vielen Lehren und Satzungen der Menschen vermischt und umhüllt gebracht, daß sie gleichsam von Geburt an verkrüppelt und lahm ins Leben eingingen. Unbefestigt und bei ihrer Errettung stehengeblieben, kommen sie kaum zum Genuß der Freude, durch ein Opfer auf immerdar vollkommen gemacht zu sein. (Hebr. 10,14) Sie sind lahm von Geburt an; schwankend zwischen Furcht und Hoffen können sie nicht mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten.

Wir machten vorhin auf den Unterschied zwischen Schwachheit und Lahmheit aufmerksam. In 3. Mose 21,18ff. wird Lahmheit als ein „Gebrechen“ bezeichnet, welches den damit Behafteten, obwohl er ein Sohn Aarons war, von gewissen Segensvorrechten ausschloß. Durch seine Geburt gehörte er zur heiligen Priesterfamilie und durfte durch Gottes Gnade „das Brot seines Gottes von dem Hochheiligen und von dem Heiligen“ essen, jedoch „zum Vorhang“ durfte er seines „Gebrechens“ wegen nicht kommen und „zum Altar“ nicht nahen. Sein „Gebrechen“ schloß ihn nicht von dem Essen - dem Teilhaben - aus, wohl aber schloß es ihn vom „Herzutreten“ und „Darbringen“ der Opfer und des Brotes aus. Diese Vorschrift des Alten Testamentes läßt viel Licht auf das „Gebrechen“ der Lahmheit in geistlicher Hinsicht fallen.

Jedes Kind Gottes ist gleich den Söhnen Aarons eingefügt in das „heilige Priestertum“, um „darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum“. (1. Petr. 2,5) Das Gebrechen der Lahmheit kann ihre Zugehörigkeit zum Priestertum nicht aufheben (ebensowenig wie es die Verwandtschaft der Söhne Aarons berühren konnte). Sie sind Priester durch die Geburt und dürfen essen von dem heiligen Brote, und doch gehen sie ihres „Gebrechens“ wegen eines köstlichen Vorrechtes, nämlich des priesterlichen Dienstes der „Darbringung“ der „geistlichen Schlachtopfer“, der Opfer des Lobes und der Anbetung, verlustig. Mit einem Gebrechen belastet, durften Aarons Söhne nicht „zum Vorhang“ und nicht „zum Altar“ kommen. Gott hätte kein Wohlgefallen daran haben können. „Gebrechen“ hindern auch uns, vor dem Vater als Anbeter zu erscheinen und Ihm die Anbetung und Opfer des Lobes darzubringen. Mephiboseth durfte trotz seiner Lahmheit durch Davids Gnade an dessen Tische essen, sein Gebrechen aber hinderte ihn, David das Opfer seines Dankes darzubringen. (2. Sam. 16,2.3; 19,24-30)

So reich Gottes Gnade den Lahmen gegenüber auch ist, ihr Verlust ist dennoch groß. Der arme Lahme in Apgesch. 3 konnte von liebenden und mitfühlenden Händen bis hin zur „schönen Pforte“ getragen werden. Dort sah er andere in Verbindung mit dem Hohenpriester und der heiligen Priesterschar mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten - er konnte nicht hineingehen - er lag durch sein Gebrechen gebunden draußen und wartete auf die kleinen Mitteilungen, die ihm von denen dargereicht wurden, die in den Tempel hineingingen und den vollen Segen des Heiligtums genossen.

In welcher Gestalt und Form sich auch die „Gebrechen“ zeigen mögen - das Fleisch hat kein Recht zum Eintritt ins Heiligtum. Aber wie herrlich ist es, Ihn, unseren HErrn als Hohenpriester und Fürsprecher zu kennen, Ihn, der helfen und der das Lahme heilen kann! Er hat einen Thron der Gnade zu unserer Hilfe für uns aufgerichtet. Laßt uns mit Freimütigkeit hinzutreten! (Hebr. 4,16) Er löst uns nicht nur von allem, was uns fesselt und bindet, Er macht uns auch von allen Sorgen, allem Leid und jedem Druck so frei, daß wir mit Freimütigkeit ins Heiligtum eintreten und daß unsere Herzen, glücklich in Seiner Gegenwart, überströmen in Anbetung über die

Größe und Herrlichkeit Seiner Liebe.

Der HErr will, daß das Lahme geheilt werde. Er, der einst alle Lahmen, die zu Ihm kamen, heilte, heilt sie heute noch. Und wir sollen Ihm dazu Werkzeuge sein. Wie wichtig ist es deshalb, gerade Bahn zu machen, auf daß das Lahme geheilt werde! Aber ach, manche Lahme wissen nicht, daß sie lahm sind! Sie sind die Elendsten unter diesen Armen, denn sie verlangen nicht nach Heilung. Möchten wir nicht nachlassen, in Geduld den Weg eben und gerade zu machen, damit das Lahme geheilt werden möchte!

A. v. d. K.

Wohin gehst Du? (Fortsetzung.)

4. Drei Irrlehren.

Die Erlösung des Menschen war bereits von Gott dem Vater und Gott dem Sohne beschlossen, ehe die Welten und mit ihnen die Menschen erschaffen waren. (Eph. 1,4; Röm. 8,29.30)

Wenn nun auch Gott der Vater in Seiner Allwissenheit die genaue Zahl derjenigen Menschen kennt, die sich einmal für Seinen Sohn entscheiden werden, so nimmt dies doch keineswegs dem einzelnen die freie Willensbestimmung. Der Gang zu Christo ist der einzige Schritt, den der Mensch selbständig tun kann. Vorher ist er ein Knecht Satans, nachher ein Knecht Jesu Christi. Die Prädestinationslehre, nach welcher die Menschen von vorneherein entweder zur Seligkeit oder zur Verdammnis bestimmt sind, ist also irreführend. „Gott, unser Retter, will, daß alle Menschen gerettet werden und zur vollen Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott, ebenso ein Mittler zwischen Gott und Menschen, nämlich Jesus Christus als Mensch, der Sich Selbst zum Lösegeld für alle hingegeben hat.“ (1. Tim. 2,3-6) Gott gibt jedem Menschen die gleichen Bekehrungsmöglichkeiten. Er haßt die Sünde und hat sie völlig gerichtet; aber Er liebt den Sünder und hat eine ewige Erlösung bereitet. Er will jedoch freiwillige Entscheidungen erzielen. Darum läßt Er Sich herab, die Menschen zu bitten, sich mit Ihm versöhnen zu lassen.

(2. Kor. 5,20) Er zwingt sie jedoch nicht.

Falsch ist auch die sogenannte

Allversöhnungslehre.

Es gibt keine Errettung nach dem Tode. (Jes. 38,18) Sonst wäre jede Verkündigung des Evangeliums in der gegenwärtigen Zeit überflüssig. Auch der reiche Mann weiß, daß ihm nicht mehr zu helfen ist; deshalb möchte er seine noch auf Erden lebenden Brüder vom Jenseits aus besonders gewarnt wissen. (Luk. 16,27.28)

Es gibt nur zweierlei:

ewig errettet (Offenb. 22,5) oder

ewig verloren. (Offenb. 22,10.15)

Die Entscheidung über sein Geschick fällt der Mensch bereits auf dieser Erde. (Joh. 3,18) Auch das geistliche Leben des Gotteskindes in Christo, der ja unser ewiges Leben ist, beginnt, wenn auch zunächst unsichtbar (Kol. 3,3), schon hier unten. (Joh. 3,16.35; 5,24; 6,47) In der Herrlichkeit wird es dann sichtbar fortgesetzt werden. (Phil. 1,23; 1. Thess. 4,17) „Denn wir wandeln hier in der Welt des Glaubens, nicht in der Welt des Schauens.“ (2. Kor. 5,7) Ebenso lebt der ungläubige Mensch schon auf Erden in geistiger Verdammnis. (Jes. 60,2; Kol. 1,13) Denn ein Leben ohne den HErrn ist nicht wert, gelebt zu werden.

Das Gegenstück zur Allversöhnungslehre bildet die Allvernichtungslehre. Sie ist ebenfalls unbiblisch. (Mark. 9,44-48) Die Schrift spricht von ewigem Feuer (Matth. 18,8), ewiger Strafe (Matth. 25,46), ewigem Verderben (2. Thess. 1,9) und ewiger Verdammnis. (Hebr. 6,2) Die Stelle Mal. 3,19 betrifft ihrem offensichtlichen Zusammenhange nach nur die Vertilgung der „Gottvergessenen und Übeltäter“ von der Erde vor der Aufrichtung des Tausendjährigen Reiches. Ursächlich für die Entstehung beider Lehren sind offensichtlich menschliche

Diese Regungen sind aber irdischer Natur und fallen in der Ewigkeit fort. (Gal. 3,28; Kol. 3,11)

Wie Gott mit solchen Menschenkindern verfahren wird, die nie die Botschaft vom Kreuze gehört haben, wollen wir getrost Seiner Gerechtigkeit überlassen. Einen Anhalt geben

die Stellen Röm. 1,19-21 und 2,5-16.

5. Stellung und Zustand.

Ein Christ ist ein Mensch „ohne Vergangenheit“. „Ihrer Sünden und Gesetzesübertretungen will. Ich nicht mehr gedenken.“ (Hebr. 10,17. Ebenso: Ps. 103,12; Jes. 38,17; 43,25; 44,22; 53,6; Micha 7,19; Sach. 3,4; Joh. 1,29; Röm. 4,7.8; 6,7.22; 8,2; Kol. 2,13; 1. Petr. 2,24; 1. Joh. 3,5)

Deshalb geht ein wirklich Bekehrter (nicht nur „Erweckter“: um einen solchen handelt es sich in 2. Petr. 2,20-22; Hebr. 6,4-6; 10,26-30) nie mehr verloren. (Jes. 43,1; Joh. 5,24; 6,51; 10,27-30; 11,25.26; Röm. 5,8-10; 8,1.31-39; 1. Kor. 3,21-23; Hebr. 7,25. Die Stelle Phil. 2,12 spricht von unserer praktischen Glückseligkeit.) Gottes heilige Ansprüche sind durch den HErrn Jesus restlos erfüllt. Sein Leben „zur Rechten der Majestät Gottes in der Höhe“ (Hebr. 1,3) ist unwiderlegbarer Beweis dafür! Wäre unsere ewige Errettung abhängig von unserem treuen Wandel, so würde sie die Frucht unseres geheiligten Lebens bilden, mithin unser Werk sein. Alle unsere Tugenden sind aber „wie ein besudeltes Gewand“. (Jes. 64,6) Auch wäre die Verantwortung wieder auf unsere wunden, tragunfähigen Schultern zurückgelegt. Dem widerspricht jedoch der Charakter unserer Errettung:

umsonst (Jes. 55,1; Offenb. 22,17),

als freie Gnadengabe Gottes (Röm. 6,23),

durch den Glauben. (Apgesch. 16,13)

Der HErr gibt darum Wollen und Vollbringen (Phil. 2,13); Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens. (Phil. 1,6; Hebr. 12,2) Eine an Bedingungen geknüpfte Gnade ist keine Gnade; die

Bibel kennt keine „Strafaussetzung mit Bewährungsfrist“. Wen Gott einmal als Kind angenommen (wiedergeboren) hat, den verstößt Er nicht wieder. (Röm. 8,15.16.38.39; Eph. 2,19-22) Auch beginnt ja für uns das ewige Leben bereits mit unserer Bekehrung: ewiges Leben schließt aber begrifflich ein Aufhören aus. (Joh. 11,24-26; 17,2.3)

Wie steht es nun mit der sogenannten „Sünde wider den Heiligen Geist“? Der Ausdruck selbst findet sich nirgends in der Schrift. Die Bibel spricht:

1. Vom Widerstreben gegenüber dem Heiligen Geiste (Apgesch. 7,51);

2. vom Schmähen des Geistes der Gnade (Hebr. 10,29);

3. von der Lästerung des Geistes oder dem Reden wider den Heiligen Geist (Matth. 12,31.32; Mark. 3,28.29; Luk. 12,10);

4. vom Versuchen und Belügen des Heiligen Geistes (Apgesch. 5,3.9);

5. vom Betrüben des Heiligen Geistes (Eph. 4,30) und schließlich

6. vom Unterdrücken (Dämpfen oder Auslöschen) des Heiligen Geistes. (1. Thess. 5,19)

Alles dies sind Sünden wider den Heiligen Geist. Die ersten drei werden von den Weltkindern, die letzten drei von Gotteskindern begangen, wie der Zusammenhang der angeführten Schriftstellen deutlich ergibt.

Für unsere Betrachtung kommen nur die ersten drei in Frage. Sie haben das Gemeinsame, daß sie nicht vergeben werden. Bei der Lästerung des Geistes wird diese Tatsache ausdrücklich ausgesprochen, bei den anderen beiden Schriftstellen wird ebenfalls über die Folge dieser Versündigungen kein Zweifel gelassen. Wie ist dies zu erklären?

Die Aufgaben des Heiligen Geistes sind sehr mannigfacher Art. Wir müssen unterscheiden zwischen Seiner Tätigkeit gegenüber Gotteskindern und gegenüber Weltkindern. In bezug auf letztere sagt das Wort Gottes, daß Er die Welt überzeugen wird von der Sünde, von der

Gerechtigkeit und von dem Gericht. (Joh. 16,8)

Der Heilige Geist ist also bestrebt, den Menschen zur Buße zu leiten (Röm. 2,4), ihn zu Christo zu führen. Wer nun dieser Arbeit des Geistes Gottes an seinem Herzen und Gewissen beharrlich und bewußt widerstrebt (Apgesch. 7,51), der verfehlt dadurch den einen Weg, der allein zum Vaterherzen Gottes führt. Und so wird ihm sein gewollter Unglaube (Matth. 23,37) zu der einzigen unvergeben bleibenden Sünde, weil ihm somit durch eigene Schuld die Möglichkeit genommen wird, Vergebung aller seiner Sünden durch die gläubige Annahme des Sühnopfers Christi zu erlangen.

Dieser bewußte und gewollte Unglaube, wie er uns z. B. bei den Juden bei der Steinigung des Stephanus entgegentritt (ein beharrliches, unbeugsames Widerstreben, vgl. auch 2. Kön. 17,14; Spr. 29,1), kennt noch zwei Steigerungen. Er erkühnt sich in frecher Verblendung, den Geist der Gnade zu schmähen (Hebr. 10,29), und er lästert ihn endlich sogar als Satansgeist. (Matth. 12,31.32; Mark. 3,28.29; Luk. 12,10)

Der Herr Jesus Christus trieb die Dämonen durch den Geist Gottes aus. (Matth. 12,28) Die Pharisäer dagegen sagten: „Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch Beelzebub, den Obersten der Dämonen.“ Das ist die Lästerung des Geistes, die den Menschen nicht vergeben wird. -

Verschieden von unserer herrlichen Stellung in Christo ist aber unser praktischer Zustand. (Röm. 6,11; 1. Kor. 15,31; Phil. 2,12; 1. Tim. 6,12) Die Schrift trennt beide Seiten unseres neuen Lebens klar und deutlich. Unser Zustand wird erst dann unserer Stellung restlos entsprechen, wenn wir „Ihn sehen werden, wie Er ist“. (1. Joh. 3,2) Bis dahin sollen wir heranreifen „zum Vollmaß des Wuchses in der Fülle Christi“. (Eph. 4,13)

Durch untreuen Wandel können wir uns um den Lohn bringen. (1. Kor. 3,12-15; 2. Tim. 2,5) Glaube und Seligkeit, Wandel und Lohn sind untrennbar. (1. Kor. 9,24.25; 2. Tim. 4,8; 2. Joh. 8; Jak. 1,12; Offenb. 3,11; 22,12) Darum:

„Seid wachsam, stehet fest im Glauben, seid mannhaft, seid stark!“ (1. Kor. 16,13)

„Wenn aber das Werk jemandes verbrennt, so wird er den Lohn einbüßen; er selbst wird zwar gerettet werden, aber so, wie einer, der bei einem Brande nur mit dem nackten Leben davonkommt.“ (1. Kor. 3,15)

Darum wollen wir weder an der Hochmutsklippe noch an der Schwermutsklippe scheitern, sondern bestrebt sein, daß uns „der Eingang in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus in reichem Maße gewährt werde“. (2. Petr. 1,3-11)

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

H. J. M.

Ein trauriges Gutdünken!

1. Kor. 11,16.

Gibt es das auch in den heutigen örtlichen Gemeinden des HErrn, daß es „jemanden gut dünkt, streitsüchtig zu sein“? Schon traurig genug, daß es in der reichbegnadeten Gemeinde zu Korinth (1,5-7) wie in so manchen Punkten auch in dieser Hinsicht Mängel gab - da sollten wir Heutigen doch aus diesem Tadel des Paulus lernen, wie wir's nicht machen sollen! Aber es scheint leider so zu sein, daß einmal begangene Fehler sich immer wieder zeigen müssen, damit Salomos Wort, daß es „nichts Neues unter der Sonne“ gäbe, sich immer wieder erfülle (Pred. 1,9)! Die Menschheit verändert sich nicht, und auch wir Gläubigen offenbaren nur zu leicht wieder und wieder unsere alte Natur, obwohl wir wissen, daß unser alter Mensch mit Christo gekreuzigt ist. (Röm. 6,6) Aber das Wissen allein tut's nicht - „der Glaube ist eine Verwirklichung“! (Hebr. 11,1)

Die Stelle, die diesem kleinen Aufsatz zugrunde liegt, ist in den verschiedenen

Übertragungen schon Auslegung genug gibt - als wenn es derselben bedürfte! Man urteile selbst! Die Miniaturbibel sagt: „Will aber jemand rechthaberisch sein“; Menge: „Will jemand aber durchaus auf seiner abweichenden Ansicht bestehen“; Wiese: „Wenn aber jemand meint, er dürfe streitsüchtig sein“; Allioli: „Wenn aber jemand scheint, streiten zu müssen“; van Eß: „Sollte übrigens jemand Lust haben zu streiten“; und Luther sagt so: „... Lust zu zanken“! Da haben wir also zusammen eine kleine Auswahl von sieben Übersetzungen, und wir mögen uns fragen, ob eine auf uns selber Anwendung finden könnte. Sind wir vielleicht solche „Jemands“, die - und darauf kommt es dem ganzen Zusammenhang nach an! - bei einer klaren apostolischen Schriftlehre etwa streiten zu müssen meinen, zum Zanken Lust haben, ihre Rechthaberei glauben festhalten zu dürfen, durchaus auf ihrer abweichenden Ansicht bestehen wollen - wir armen Tröpfe! was bedeutet denn unsere „Ansicht“, wenn sie von der des Apostels oder des HErrn abweicht?! - oder denen es „ gutdünkt, streitsüchtig zu sein“?

Welch ein trauriges elendes „Gut dünken“! Wieviel Leid hat solch „Gutdünken“, solche Rechthaberei, solche Zanklust schon über örtliche Gemeinden des HErrn gebracht! Es ist zum Weinen! Und meistens haben solche streitsüchtigen „Quertreiber“ nicht die gleiche „Lust“ wie zum Streiten auch zum Sichbeugen, und so laufen sie lieber auf und davon, lassen die Gemeinde im Stich, versäumen das (biblische) Zusammenkommen der Gemeinde (Hebr. 10,25), bleiben lange fort, treiben sich hier und da herum, wo sie meinen, eher „ihr Recht“ in der von ihnen zu einer „Streitsache“ gemachten Angelegenheit zu bekommen, und kehren oft erst zurück, wenn sie auch in anderen Kreisen oder Benennungen tüchtig Staub aufgewirbelt haben. Arme Leute! Und wenn sie nur dann sich endlich beugen würden! Aber meist weit gefehlt! Jetzt meinen sie auf dem Boden ihrer erstmaligen Streiterei neue Lorbeeren einheimsen zu können; nach kurzer Zeit, in der man hofft, sie hätten sich geändert, geht die alte Geschichte wieder an. Aber inzwischen hat die betreffende örtliche Gemeinde vielleicht auch gelernt, und man handelt mit solchen nach Tit. 3,10 (vgl. 1,10!), oder man macht sie aufmerksam - mit Ruhe und Sachlichkeit! - auf die zweite Hälfte unseres Verses 1. Kor. 11,16 in Verbindung mit 14,33! Zum Streiten gehören im Grunde ja stets wenigstens zwei! Wenn nun die kluggewordene Gemeinde (falls sie beim erstenmal sich törichterweise auf Streiten einließ!)

Gelegenheit zur Fortsetzung seines bösen „Gutdünkens“ zu geben. In den Sprüchen Kap. 17 steht in V. 14 ein wichtiges Wort: „Der Anfang eines Zankes ist, wie wenn einer Wasser entfesselt; so laß den Streit, ehe er heftig wird!“- Ja, aber wie es machen? Mein teurer Bruder, meine liebe Schwester, eins der besten Mittel, es nie zu einem heftigen Streit kommen zu lassen, scheint mir das zu sein, daß der Klügere stets darauf aus ist, das vorletzte (nicht das letzte!) Wort zu behalten! Erprobe es einmal, du wirst dich wundern, wie schwer es dann zu einem heftigen Streite kommt! „Laß den Streit, ehe er heftig wird.“ Lies auch 2. Tim. 2,24!

Oder möchtest du doch lieber zu den Leuten mit dem „traurigen Gutdünken“ von 1. Kor. 11,16 gehören? Hast du vielleicht auch diese m. E. reichlich absonderliche „Gabe“, deren sich ein auch mir bekannter Bruder rühmt, wie kürzlich von zwei Seiten erzählt wurde: „die Gabe der Kritik“? Von wem er diese wohl hat? Von dem HErrn sicher nicht, denn von solcher „Gabe“ steht nirgends etwas in der Schrift! Wenn er diese „Gabe“ nur nicht vom Feinde hat, der bekanntlich schon im Paradiese Gott zu kritisieren anfing (1. Mose 3) und diese schlimme Fähigkeit den ersten Menschen beibrachte!? Gewiß ist es gut, „kritisch prüfend eingestellt“ zu sein nach Eph. 5,3-21 (10!) gegenüber den Verführungen der Welt, um nicht von ihr und dem Feinde übervorteilt zu werden, und noch mehr ist Selbstkritik eine gute und gesegnete Sache; aber in bezug auf Dinge der Welt und sich selbst gegenüber spricht ein solcher wenig von seiner „Gabe“, um so mehr leider, leider bezüglich der Angelegenheiten, Personen, Kreise, Verhältnisse, die Gottes Volk betreffen, also die Gott zugehören. Da wird alles und jeder kritisiert, und wenn an jemandem schon einmal etwas Gutes anzuerkennen ist, so muß doch gar schnell hinterher das „Aber“ der Kritik folgen, jenes „Aber“, das durch die schlimme „Gabe“ gebildet wird. Armer Bruder, als ein „unruhiges Gemüt“ schon seit vielen Jahren in jener Gegend bekannt, kann er nicht gut Frieden halten, ist nicht glücklich und macht nicht glücklich und hat dabei unleugbar gute Gaben von oben (Jak. 1,17), und wenn er diese betätigt, so freut sich jeder, und man kann sich kaum denken, daß da noch eine andere „Gabe“ so unheilvoll störend, zerreißend, niederreißend in Wirkung gesetzt werden kann - und doch ist es so: das Gift jener Gabe von unten muß sich zuzeiten auch noch entladen, und all das Gute und Schöne der anderen Gaben wird durch jenes verdorben! Der HErr erbarme sich dieses lieben Bruders!

Ist aber nur jener sonst so treue Mann ein solcher? Findet sich die böse „Gabe der Kritik“ nicht auch anderswo noch manchmal? Leider! Ja, wir alle müssen wachsam sein, daß der Feind uns nicht unversehens betrüge und für seine Zwecke (2. Kor. 2,11) mißbrauche; ja uns, nämlich unsere Zunge! (Jak. 3! 1. Petr. 3,8-12; Spr. 21,23 u. v. and. Stellen!) Aber davon will ich nicht mehr reden; das „Gebiet“ ist ja auch so sehr bekannt! Wenn wir ja uns schon einmal mit dem Zukurzkommen anderer mündlich beschäftigen müssen, dann bitte nie im Geiste der Kritik, d. h. eines schonungslosen, rechthaberischen Richtgeistes, bei dem ja auch nicht immer die volle Wahrheit gesagt wird (während wir selber tadellos sind in unseren Augen!), sondern in der Gesinnung Christi Jesu nach Phil. 2 und Gal. 6,1-5 u. a.! Kostbarer aber ist stets das Sichbeschäftigen mit den Dingen Phil. 4,8.9!

Genug von dem allen und zurück zu unserer Ausgangsstelle! Dünkt es uns jetzt noch gut, streitsüchtig, zanksüchtig zu sein, Geliebte? Haben wir nicht vielmehr einen rechten Abscheu schon gehabt oder wenigstens jetzt bekommen vor diesem „traurigen Gutdünken“? Der HErr schenke es uns allen, auch denen, die jene „Gewohnheit“ (mit Paulus) sowieso nicht haben, mehr und mehr, und Er mache es uns allen überaus lieblich und erstrebenswert, was Kol. 3,12-17 steht! (Bitte es betend lesen!) Ja, möge es bei uns so sein durch Gottes Gnade, was V. 15 sagt: „Und der Friede des Christus entscheide (so wörtlich!) in euren Herzen!“ Amen.

F. K.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

In den vier schon erschienenen Lieferungen beschäftigten wir uns mit acht Dingen, zu denen wir „jederzeit bereit“ sein möchten: 1. auf das Kommen des HErrn, 2. zum Sterben, 3. zum Leiden, 4. zum Leben, 5. zum Dienen, 6. zum Gehorchen, 7. zum Lieben, 8. zum Beten! Möge

In vorliegender Lieferung will ich nur ein wenig auf einen 9. Punkt eingehen, um dann in dem nächstfolgenden Heft, so Gott will, ganz kurz etliche Dinge zu nennen, die uns „jederzeit bereit“ finden sollten, worauf ich dann daran anschließend, s. G. w., auf den Gegenstand zu kommen gedenke, der in der dem Aufsatz zugrunde liegenden Stelle uns ans Herz gelegt ist. - Heute also:

„Seid aber jederzeit bereit“ ...

9. zum Glauben!

Wenn das Gebet (vgl. vorige Lieferung!) so überaus wichtig, weil unersetzlich, ist, so das Gebet im Glauben noch ganz besonders, vielmehr unser Beten sollte stets im Glauben sein! „Das Gebet des Glaubens“ (Jak. 5!) - wie mächtig, wie gesegnet ist das doch! Ach, daß wir alle, alle „Gläubigen“ - welch eine Bezeichnung - „gläubig“!! - doch mehr im Glauben beten möchten! Was könnte dann alles geschehen!

„Habt Glauben an Gott!“ (Mark. 11,16)

Also zum Zwecke des erhörlichen Gebets ist Glauben nötig, aber nicht nur allein zu diesem Zwecke! Der Glaube ist eine der unerläßlichen Vorbedingungen für die geöffneten Segenshände unseres Gottes, die bereit sind, wahrlich „jederzeit bereit“, uns mit Herrlichkeiten zu überschütten (Joh. 11,40, vgl. vor. Lief. S. 86!), aber der Glaube ist ebenso unerläßlich für unseren ganzen Wandel, wie das Wort sagt: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen!“ (2. Kor. 5,7) Ein Glaube, der erst sehen will, wird vom HErrn getadelt, wenigstens für die jetzige Haushaltung der Familie Gottes und der Jetztzeit: Thomas war noch nicht in das Verständnis der Familienbeziehungen Gottes eingegangen, als er zu „sehen“ wünschte, um glauben zu können! (Vgl. Joh. 20, 17.24! 25-29) An einem späteren Tage wird Israel zu sehen bekommen, wie es dies einst vor'm Kreuze seines verworfenen Messias wünschte. (Mark. 15,32! Offenb. 1,7!)

Was bedeutet denn „Glauben“? Viel ist schon über den Glauben geschrieben worden, u. a. ja

seinem Heft „Was heißt Glauben?“ Aber es ist, wie bei den Schriften über das Beten: man wird nie fertig mit diesen unerschöpflichen Gegenständen aus der Rüstkammer Gottes. Und je mehr man liest oder forscht über diese Dinge, desto mehr empfindet man den Abstand zwischen den herrlichen Ermahnungen zum Glauben und dem eigenen, oft so mangelhaften praktischen Glauben! „Seid aber jederzeit bereit“ - zum Glauben!

Der Glaube! Die Schrift redet, soweit ich sehe, vom Glauben in vierfacher Wirkungsweise: 1. vom Gläubigwerden der Unbekehrten (von dem Sich-Ihm-Anvertrauen, Seinem-Opfer-Trauen), siehe z. B. Apgesch. 10,43 oder 16,30.31; 2. vom Gläubig-geworden-sein der Glaubenden, z. B. Röm. 4 und Röm. 5,1ff.; 3. von ihrem fortgesetzten Glaubenswandel und Glaubenskampf, z. B. 2. Kor. 5,7; Hebr. 11,27; 1. Tim. 6,12 und 2. Tim. 4,7; 4. vom Glauben als dem Inbegriff dessen, was wir glauben auf Grund der Schrift, d. h. vom christlichen, heiligen Glauben (Judas V. 20 oder V. 3! oder 1. Joh. 5,4). Ebenso zeigt uns andererseits das Wort den Glauben in einer vierfachen Praxis oder Erfahrungstatsache, d. h. Glauben ist: 1. Vertrauen und 2. Gehorsam - dem, dem ich vertraue, dem muß ich auch gehorchen, sonst ist mein Vertrauen ein leeres Wort, und dem, dem ich gehorche, dem muß ich auch vertrauen, sonst ist mein Gehorsam tote Gesetzlichkeit -; 3. Rechnen mit Gott und Seinen Verheißungen; 4. Annahme und Verwirklichung (im Leben!) derselben (Hebr. 11,1)- ich darf nicht sagen, daß ich mit Gott rechne, wenn ich in der Praxis Ihn und Sein Wort verleugne, erst die tägliche tätige Verwirklichung meines Rechnens mit Gott und Seinem Wort zeigt den Wert des Glaubens! Alles dieses und noch mehr sieht man in dem kostbaren 11. Kapitel des Hebräerbriefes, worauf einzugehen sich hier erübrigt. Aber man mache doch z. B. mal Ernst mit V. 1 im Blick auf V. 27!

- Sehr wichtig ist auch das Wort vom Glaubensgehorsam, Röm. 1,5 u. a.

Wir dürfen uns aber nie hineinsteigern in ein Glaubenwollen von allem möglichen, wozu das Wort uns keine Grundlage gibt. Unendlich viele Enttäuschungen liegen auf diesem Gebiet mit nachfolgenden „Glaubensschiffbrüchen“ (1. Tim. 1,19), und zwar einfach deshalb, weil man meinte, im selbsterwählten, nicht durch den Geist bewirkten Glauben alles mögliche, was Gott gar nicht wohlgefällig war, sich nehmen zu dürfen, z. B. Gesundheit oder sonstige irdische

Güter. Man verstand das Wort Mark. 11,24 mechanisch anstatt geistlich und kam so zu Entgleisungen, die manchmal die traurigsten Folgen zeitigten. Wohl ist „dem Glaubenden alles möglich“ (Mark. 9,23), aber nimmermehr ist uns möglich, alles zu glauben, d.h. alles, was wir möchten, sondern „nur“ das, was „nach Seinem Willen“ ist, und ob es das ist, darüber entscheidet Sein Wort, das Er uns durch Seinen Geist lebendig macht und das den Glauben wirkt. (Röm. 10,17!)

Doch genug mit diesen äußerlich so einfachen, tatsächlich aber doch schwierigeren Dingen, schwierig aber nur, weil wir im allgemeinen so wenig praktisch im Worte leben. Wer im Worte lebt, der weiß, mit wem er rechnen darf. Hatte Abraham sichtbare Schwierigkeiten, Glaubensvertrauen zu betätigen? Er ist unser „Vater“ (Gal. 3) und er kann uns gute Unterweisung im Glauben geben, vgl. Röm. 4,19-21! Wer daraus nicht lernt, der lernt nie, recht praktisch zu glauben. Sehen wir nicht viel zu viel auf die Umstände, Geliebte? Sollten wir nicht mehr rechnen mit Gott, rechnen mit Seiner Liebe, rechnen mit dem HErrn und Seinen Verheißungen? Was würden wir dann erleben! Laßt uns - endlich sei's betont! - „jederzeit bereit“ sein, den gottgegebenen Verheißungen zu trauen! Nicht darauf kommt es an, Glaubenserfahrungen machen zu wollen - etwa um damit zu glänzen?! -, die Gottes Wort uns nicht verheißen hat, sondern darauf, „jederzeit bereit“ zu sein, Sein Wort im Vertrauen und Gehorsam zu verwirklichen, dann werden wir Erfahrungen machen, und zwar immer aufs neue, die uns die Wirklichkeit der Nähe Gottes gleichsam innerlich so spürbar (nicht gefühlsmäßig!) machen, daß wir „wandeln an Seiner Hand, wenn wir sie auch nicht sehn“, wie es in einem schönen Liede heißt. So wandelten Henoch, so Noah (Hebr. 11,7!!), so Abraham, so Joseph, so Moses (Hebr. 11,27), so David, so Elias und Elisa, so Daniel, so Esra und Nehemia usw., so auch Stephanus, Paulus und auch Petrus (vgl. z. B. Apgesch. 10!) und so vor allem unser geliebter Herr Jesus, Dessen vorbildliches irdisches Glaubensleben uns in Hebr. 12,1-3 u. a. gezeigt ist. „Lasset uns hinschauen auf Jesum, den Bahnbrecher und Vollender des Glaubens!“ (V. 2)

Genug der Worte - laßt uns nun zu Taten schreiten! Lasset uns „jederzeit bereit“ sein zum Glauben und Glaubens- d. i. Vertrauensgehorsam! Wir wissen doch, wem wir glauben und

„wem wir geglaubt haben“ (2. Tim. 1,12), und Er wird uns nie enttäuschen, wie er z. B. den Glaubensmann Georg Müller „nie enttäuscht“ hat. Es kommt nur darauf an, ob wir nach Jak. 1,22 „Täter Seines Wortes“ sein wollen, also ob wir „jederzeit bereit“ sein wollen- zum Glauben!

Der HErr vermehre uns diese Bereitwilligkeit!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

F. K.

Anerkennung alles Guten.

In dem köstlichen Philemonbriefe steht ein Wort, welches für unser praktisches Leben sehr wichtig ist. Es heißt in Vers 6: „Daß die Gemeinschaft deines Glaubens wirksam werde in der Anerkennung alles Guten, welches in uns ist gegen Christum Jesum.“ Dieses Wort mahnt zur Selbstprüfung. Erkenne ich alles Gute an, was in meinen Brüdern und Schwestern gegen unseren Herrn Christus Jesus ist? Wir sind von Natur geneigt, das Tadelnswerte an unseren Geschwistern sehr scharf zu beurteilen, ja, sogar davon zu reden, wo es gar nicht nützlich, sondern den Zuhörern schädlich ist. Das Gute an unseren Geschwistern sehen wir oft nicht oder nur oberflächlich. Wenn wir das Gute wirklich anerkennen - und die Liebe tut solches -, so werden wir selbst Nutzen davon haben. Wir werden dann selbst angespornt, Nachahmer des Guten zu werden. Gleicherweise werden auch die, welche durch uns von diesem Guten erfahren, zum Nachahmen ermuntert.

Wenn wir das Gute in Aufrichtigkeit anerkennen, so werden wir auch mehr und mehr lernen, den anderen höher zu achten als uns selbst, und vor Überhebung bewahrt bleiben. Wie leicht können wir in diese Sünde fallen! Denn wenn wir uns dünken, zu stehen, dann sind wir dem Fallen sehr nahe.

Wenn wir ein Herz und Auge haben für das Gute, was in unseren Geschwistern gegen den

HErrn ist, so werden wir selbst zur Treue gegen Ihn ermuntert werden. Wir werden auch nicht gleich mutlos, wenn wir hier und da Untreue an unseren Geschwistern wahrnehmen. Die Liebe freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit. Der Apostel Johannes schreibt in 3. Joh., Vers 4: „Ich habe keine größere Freude als diese, daß ich höre, daß meine Kinder in der Wahrheit wandeln.“ Keineswegs sollen wir gleichgültig gegen vorhandenes Böse sein, aber laßt uns auch alles Gute anerkennen, was irgend wir wahrnehmen in unseren Geschwistern gegen unseren Herrn Jesus Christus!

O. D.

„Er schämt sich nicht ...!“

(Hebr. 2,11)

In einigen Stellen der Schrift wird dem HErrn der Name „Erstgeborener“ oder auch „Erstgeborener vieler Brüder“ beigelegt. So auch im Hebräerbrief.

In Hebr. 2,5ff. sehen wir Ihn in Seiner Niedrigkeit als „Sohn des Menschen“. Dem Menschensohn war Nachkommenschaft verheißen; diese sind die Gläubigen. Um ihretwillen erduldete Er das Kreuz. Sie zu besitzen - mit diesem Gedanken ging Er an das Kreuz. Es war die Freude, die vor Ihm lag (Kap. 12,2). Diese hat Er Sich zum Eigentum erkauft, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem teuren Blut. Diese Schar brachte Er mit zur Herrlichkeit als Söhne Gottes. Ihnen gegenüber nimmt Er die Stellung eines Erstgeborenen unter vielen Brüdern ein. Der HErr der Herrlichkeit hat Sich so mit den Seinen verbunden, daß Er Sich trotz ihrer Schwachheit nicht schämt, sie Brüder zu nennen und in ihrer Mitte gefunden zu werden. (Kap. 2,11.12) Mit Freude und Jubel weist Er hin auf Seine Schar: „Siehe, Ich und die Kinder, die Gott Mir gegeben hat!“

Bruder, Schwester, betrachte aufmerksam Den, der Sich nicht schämt, dich unter Seine Brüder zu rechnen!

Und „Gott schämt Sich nicht, unser Gott genannt zu werden“. (Kap. 11,16)

A. Th.

Frage und Antwort

Frage 6

Was bedeuten die sieben Zeiten in Daniel 4,23?

Antwort: A

Bevor wir uns mit der Bedeutung des Gerichts beschäftigen, das über Nebukadnezar, den König Babylons, erging, dürfte es nützlich und dem Freunde des Wortes Gottes lieb sein, in Umrissen den prophetischen Rahmen gezeichnet zu sehen, in welchen der Geist Gottes diese Weissagung der „sieben Zeiten“ gestellt hat.

Während vieler Jahrhunderte hatte Gott die Geschicke der Erde inmitten Israels, Seines irdischen Volkes, gelenkt. Der Thron Jehovas bestand zu Jerusalem, und die Wolke der Herrlichkeit erfüllte den Tempel. In diesem Regierungssystem gruppierten sich alle Völker der Erde um Israel, ihren Mittelpunkt. (5. Mose 32,8) Aber Gottes auserwähltes Volk hörte nicht auf Seine Gebote. Israel und Juda mußten nacheinander in die Gefangenschaft geführt werden. Ammi („Mein Volk“) wurde zu Lo-Ammi. („Nicht Mein Volk“: Hosea 1,9) Die Wolke der Herrlichkeit verließ den Tempel. (Hes. 9,3; 10,4.18; 11,23) Einer der großen Wendepunkte in der Geschichte Israels war eingetreten.

Von dem Zeitpunkt der babylonischen Gefangenschaft an regierte Gott nicht mehr unmittelbar von einem irdischen Throne aus über die Erde. Im Himmel hielt Er die Fäden der Vorsehung (für die Erde) in Seiner allmächtigen Hand. Aber die Herrschaft auf der Erde und damit hohe Verantwortung übergab Er dem, der als Zuchtrute für Juda und Jerusalem benutzt worden war,

Nebukadnezar, dem Menschen der Erde. (Jer. 27,6; Dan. 2,37.38) Die Zeiten der Nationen hatten begonnen. (Luk. 21,24)

Aber die Herrschaft des Menschen konnte nicht immer bestehen. Das babylonische Reich, die nachfolgenden Weltreiche (Medo-Persien, Griechenland, Rom) und ihre Beherrscher entsprachen nicht der Verantwortung, die Gott in ihre Hand gelegt hatte. Der Mensch erwies sich als unfähig zur Regierung über die Erde. Um eine Herrschaft nach wahrhaft göttlichen Grundsätzen aufzurichten, muß der Sohn des Menschen kommen, unser Herr Jesus Christus. Die Zeiten der Nationen enden demnach mit der Wiederkunft des HErrn zu Herrlichkeit und Gericht. (Dan. 7,13.14; Matth. 24,27.30; Apgesch. 1,11; Offenb. 1,7; 19,11-16 und viele andere Stellen.) Der treue Überrest Israels, geläutert in der großen Drangsal, wird dann in Gnaden angenommen. Ein neuer Wendepunkt in der Geschichte Israels tritt ein. Israel wird wieder das begnadigte Volk Gottes (Hos. 2,23; Sach. 13,9), die Wolke der Herrlichkeit zieht in den neuen Tempel ein (Hes. 43,2), und das Reich der tausend Jahre wird unter der Herrschaft des Sohnes des Menschen (Ps. 8) ein Reich des Friedens und des Segens sein.

Diese bedeutsamen Zeitabschnitte der Regierungswege Gottes mit der Erde werden von den alttestamentlichen Propheten nach verschiedenen Gesichtspunkten behandelt. So beschreibt Jeremia - um das Wesentliche herauszugreifen - in erster Linie die beiden genannten Wendepunkte in der Geschichte Israels, die Zerstörung Jerusalems und die Wiederannahme des Volkes. (Jer. 31) Hesekiel schildert die Folgen dieser Wendepunkte, einmal die göttlichen Regierungsgrundsätze während der Zeiten der Nationen und ihren Zweck (Kap. 1-32), dann die Folgen der Wiederbelebung der Nation Israel. (Kap. 33-48) Daniels Weissagung aber befaßt sich mit der Geschichte der Nationen in den Zeiten der Herrschaft des Menschen der Erde. Er beschreibt die Zeiten der Nationen vom Anfang bis zum Ende, von Nebukadnezar bis zur Wiederkunft des HErrn, und zwar in Verbindung mit dem Lose des jüdischen „Überrestes“.

Die Kapitel 1-6 charakterisieren die Herrschaft des Menschen der Erde in den Weltreichen. Nebukadnezar verkörpert in erster Linie diese Macht. Verfolgen wir ihn und die Geschichte seiner Nachfolger, werden wir finden, daß der Mensch als Herrscher über die Erde sich in immer

stärkeren Gegensatz zu Gott stellt. In Dan. 2,12 offenbart sich seine Grausamkeit, in Kap. 3,1 Götzendienst zur Verherrlichung der eigenen Macht und die Verfolgung derer, die dem wahren Gotte dienen. (V. 8-23) In Kap. 4,30 erblicken wir den Hochmut (Vermessenheit: Kap. 5,20) der menschlichen Macht, in Kap. 5,3 Lästerung Gottes, Spott mit dem Heiligen des Tempels. Kap. 6,8 schließlich zeigt den Einfluß der königlichen Umgebung auf Darius, der den Menschen zum Gotte machen will.

In den gleichen Kapiteln sehen wir, daß Gott immer wieder dem Dichten und Trachten des Menschenherzens Einhalt gebietet, damit der Mensch der Erde zur Erkenntnis des Gottes des Himmels gebracht wird. Diese Erkenntnis steigt von Stufe zu Stufe. In Kap. 2,47 erkennt Nebukadnezar Gott als den Gott des Überrestes (vgl. „euer Gott“!) an. In Kap. 3,28 preist er den Gott des Überrestes. (Vgl. „der Gott Sadrachs usw.“!) In Kap. 4,34-37 preist er Ihn als den Höchsten, verherrlicht den ewig Lebenden, den König des Himmels. In Kap. 6,27.28 veranlaßt Darius, daß auch seine Untertanen Gott fürchteten. Einen so weittragenden Befehl hatte Nebukadnezar nicht gegeben. (Kap. 3,29) Darius verbannte den Götzendienst aus seinem Lande.

Die beiden fortschreitenden Linien weisen also einmal auf steigende Verderbtheit des Menschen, zum anderen auf steigende Erkenntnis Gottes. Prophetisch wird in ihnen der schlechte Zustand der Nationen während ihrer Herrschaft über die Erde und andererseits ihr Verhalten nach dem Wiedererscheinen des HErrn von verschiedenem Gesichtspunkt aus geschildert.

Das 4. Kapitel nimmt in diesem Rahmen einen besonderen Platz ein. Nebukadnezar ist der erste Vertreter der Herrschaft in den Zeiten der Nationen. Ihm allein hatte Gott persönlich die Macht übertragen. Des Königs Vermessenheit erreicht in unserem Kapitel ihren Höhepunkt. Er ist der stolze Baum, das Sinnbild der Macht. (Dan. 4,10.20.21.22; vgl. Jes. 2,12.13; 10,18.19; Hesek. 17,23; 31,3; Amos 2,9; Matth. 13,32; Offenb. 7,3; 8,7). Aber dieser Baum muß auf Beschluß Gottes, des Höchsten, umgehauen werden, und nur sein Wurzelstock darf in der Erde bleiben, bis „sieben Zeiten“ über ihm vergangen sind. Nebukadnezar wird von den Menschen

ausgestoßen, lebt „sieben Zeiten“ lang das Dasein eines Tieres, bis er erkennt, daß der Höchste über das Königtum der Menschen herrscht. Was bedeuten diese „sieben Zeiten“?

Das chaldäische Wort für „Zeit“ kann auch mit „Jahr“ überseht werden. Dieser Sinn ergibt sich z. B. in Kap. 7,25: „Zeit, Zeiten und eine halbe Zeit“, ein Ausdruck, der auf die zweite Hälfte der Jahrwoche des Gerichts hinweist. (Dan. 9,27; 12,7; Offenb. 12,14) Genauer bezeichnen Offenb. 11,2.3; 12,6; 13,5 diese Zeitangabe mit „zweiundvierzig Monaten“ oder „tausendzweihundertsechzig Tagen“, das sind drei und ein halbes Jahr. Wenden wir diesen Sinn des chaldäischen Wortes auf unsere Stelle an, so hat die Verstoßung Nebukadnezars, geschichtlich betrachtet, mit hoher Wahrscheinlichkeit sieben Jahre gedauert.

Die prophetische Bedeutung der sieben Zeiten umschließt jedoch einen tieferen Sinn. Wir erinnern uns, daß der Geist Gottes in Kap. 4 einen besonderen Charakterzug des Menschen der Erde hervorhebt, den Hochmut. Diese Vermessenheit Nebukadnezars kennzeichnet die ganzen Zeiten der Nationen. Seit der Zerstörung Jerusalems bis in die Zeit der Gerichte ist der Hochmut eine hervorstechende Eigenschaft der Herrscher über die Erde. Dem hält Gott nun den Spiegel menschlicher Torheit vor. Das persönliche Gericht, das Nebukadnezar traf, ist wiederum kennzeichnend für die ganzen Zeiten der Nationen. Hochmut, Streben nach persönlicher Unabhängigkeit gegenüber Gott, Berufung auf das eigene Können ist Torheit bei Gott. Die Herrschaft der Nationen steht, im Lichte Gottes gesehen, von Anfang bis zu Ende im Zeichen einer Torheit, die sich nicht einmal über den Stand der Tiere erhebt. „Die Weisheit dieser Welt ist Torheit bei Gott.“ (1. Kor. 3,19) Der Mensch, den Gott aufrecht geschaffen hat (Pred. 7,29), auf daß er zu Gott emporblicke, neigt sein Haupt dem Boden zu wie das Tier, in Unkenntnis des Höchsten. Er ist mit der Erde verwachsen. Das tut er, bis sieben Zeiten über ihm vergangen sind, bis ein Teil der Nationen, der in den Gerichten nicht umkommt, in das Reich des Friedens eingehen wird, nachdem Gott als der Höchste erkannt ist.

„Sieben“ ist in der Schrift die Zahl der göttlichen Vollkommenheit. Wie Er Selbst vollkommen ist, so sind es auch Seine Wege mit den Menschen, die Wege Seiner Regierung oder Seines Waltens. In unserer Stelle haben wir es damit und mit dem Lichte, das von Gott aus auf den

Menschen der Erde fällt, zu tun. Sein Licht, Seine Betrachtungsweise ist vollkommen.

Gott läßt die Torheit des Menschen ausreifen, bis man Ihn anerkennt und verherrlicht. Die Zeiten der Nationen bilden somit in den Augen Gottes eine vollständige Reihe des Zeugnisses von der Erniedrigung des Menschen bis zum Tiere. In den sieben Zeiten offenbart sich nicht in den Augen der Menschen, sondern in den Augen Gottes die völlige Torheit der Welt.

Der Ausdruck „sieben Zeiten“ wird hier viermal gebraucht. (Verse 16.23.25 und 32) Eine Parallele hierzu finden wir in 3. Mose 26. Das angekündigte Gericht über Israel erfährt dort viermal hintereinander siebenfache Steigerung. (Verse 18.21.24 und 28) Es ist ein göttliches Gericht in Seinen Regierungswegen mit dem Volke, darum göttlich vollkommen. So ist auch in Daniel 4 die Zeit des Gerichts über die Nationen - denn Unvernunft und Entfernung von Gott bedeuten von Nebukadnezar bis zur Wiederkunft des HErrn ein Gericht Gottes in Seinen Wegen mit dem hochmütigen Menschen - göttlich abgemessen, göttlich vorkommen. „Gott widersteht dem Hochmütigen.“ (1. Petri 5,5)

Vielleicht fragt mancher, ob man nicht aus der geheimnisvollen Zahl „sieben“ auch Anhaltspunkte für die Dauer der Zeiten der Nationen ableiten könne. Wüßte man dann doch, wann der HErr kommt! Aber vor solchen Spekulationen, die der menschlichen Phantasie Spielraum geben, wollen wir uns hüten. Es ist nicht unsere Sache, „Zeiten oder Zeitpunkte zu wissen, die der Vater in Seine eigene Gewalt gesetzt hat“. (Apgesch. 1,7). Alle menschlichen Erwägungen dieser Art mindern die freudige Erwartung, daß der HErr bald kommt. Wenn wir Ihn täglich erwarten, ist unsere Sehnsucht und Freude doch viel größer, als wenn wir wüßten, Er käme erst zu einem bestimmten Zeitpunkt!

Noch eine andere praktische Belehrung mögen wir aus unserer Frage ziehen! Sie mahnt uns, den Hochmut und damit die Unvernunft dieser Welt nicht zu teilen. „Wenn jemand unter euch sich dünkt, weise zu sein in diesem Zeitlauf, so werde er töricht, auf daß er weise werde.“ (1. Kor. 3,18) Wird dieser Vers nicht durch die Geschichte Nebukadnezars illustriert? - Unsere Aufgabe ist es, nicht gleichförmig dieser Welt, nicht in Hochmut und Unvernunft, sondern in

Erkenntnis des Sohnes Gottes. (Eph. 4,13)

Th. Bu.

Antwort des Schriftleiters

Anfangs hatte ich die Beantwortung dieser - aus der Schweiz an mich gelangten - Frage allein übernehmen wollen, doch wie gut, daß ich es nicht getan habe, die werten Leser hätten dann nicht solch eine reichhaltige Antwort Erhalten, wie diese unseres tief schriftforschenden Mitarbeiters, dem ich die Frage anvertraut habe und der mich und uns nicht enttäuscht hat. Dank sei dem HErrn!

Wenn man - wie ich auch getan haben würde - auf Dan. 7,25 in Verbindung mit Offenb. 12,14 (vgl. übrigens auch 11,9 u. 11!) hinweist, so ist es gut möglich, anzunehmen, daß die Zeit, die mit „Sieben Zeiten“ bezeichnet ist, sieben Jahre umfaßt haben muß. Gleichwohl halte ich es nicht für richtig, wenn eine bekannte Übersetzung, nämlich die Mengesche, ohne weiteres alle viermal „Sieben Jahre“ übersetzt! Das ist eben schon Auslegung, also mehr als Übersetzung! Denn das Wort für „Zeiten“ im Aramäischen (also in der Volkssprache, die ja auch der Herr Jesus sprach und in der das Buch Daniel von Kap. 2,4 bis 7,28 geschrieben ist) heißt wirklich „Zeit“, „bestimmte Zeit“; „Jahr“ dagegen erst im übertragenen Sinne. Darum bleiben wir ruhig bei „Sieben Zeiten“ in unseren Stellen! Es ist doch auch sehr bemerkenswert, daß Daniel, obwohl er alles, was der König Nebukadnezar geträumt hat, genau erklärt, keine Erklärung der „Sieben Zeiten“ gibt, also offenbar nicht geben soll: er läßt den Ausdruck „Sieben Zeiten“ unerklärt so stehen! Vielleicht sollte der König selber nicht wissen, wie lange die Zeit des Strafgerichts über ihn währen würde, vielleicht aber verstand er es bei dem damaligen Sprachgebrauch auch ohne weiteres. Uns aber ist damit der Ausdruck nicht erklärt, und wir sind daher auf Schriftvergleichung, wie oben geschehen, angewiesen. Und wenn die Deutung auch sehr einleuchtend ist, so scheint es mir doch nicht unbedingt festzustehen, daß es Jahre waren (Sonnenjahre, Mondjahre?), es könnten ja auch Monate gewesen sein! Zu letzterer Vermutung komme ich lediglich durch die Erwägung, daß dieses Ereignis - wenn es wirklich

sieben Jahre umfaßt haben sollte - doch kaum so völlig in Vergessenheit geraten sein könnte, wie es in der Weltgeschichte tatsächlich ist, während eine Krankheit von sieben Monaten eher unbekannt geblieben sein dürfte. Und es ist doch zum mindesten auch merkwürdig, daß Nebukadnezar noch nach sieben Jahren wieder als König eingesetzt wird usw. (V. 36!), was nach sieben Monaten alles viel natürlicher wäre. Aber ich will das alles nicht behaupten, nur mit zur Erwägung stellen. Für die Stellen in der Offenbarung ergäbe sich aus dieser Deutung ja keine Schwierigkeit und darum rückbezüglich auch nicht für Dan. 7,25, da in der Offenbarung der dort und in Dan. 7,25 gemeinte Zeitraum ja mehrfach auch in Monaten und Tagen genannt wird, aus denen die genau auf 3½ Jahre berechnete Dauer feststeht.

Wenn nun aber - was ich zeigen wollte - die Länge des Zeitraums nicht unbedingt sicher ist, obwohl für „Jahre“ die landläufige Meinung spricht, wie töricht ist es dann, aus dieser unbestimmten Angabe, deren Länge doch nur Gott voraus kannte, Folgerungen ziehen zu wollen auf den Zeitraum der Herrschaft der Nationen! Alle Berechnungen für die Feststellung des Kommens des HErrn haben sich bis jetzt als irrig erwiesen, und mag durch Ereignisse jüngsten Datums auch gefolgert werden, daß wir jenem sehr nahegerückt seien - wer könnte Genaueres, ja, Genauestes angeben (dürfen)?! Aber Luk. 21,28 - das gilt uns heute! Und im übrigen Mark. 13,37 mit 1. Thess. 1,9.10 u. a.!

Doch wenn der Fragende die Bedeutung der „Sieben Zeiten“ erbittet, so braucht sich die Antwort nicht notwendig auf die Zeitdauer zu beschränken, sondern sie kann, wie es auch unser Mitarbeiter getan hat, sich ebenfalls mit den Umständen befassen. Dazu noch ein kurzes Wort, nicht im Sinne der Prophetie (was oben reichlich geschehen), sondern mehr in praktischer Hinsicht!

Gott hat Sein Ziel, Seine Absicht mit Nebukadnezar erreicht, und zwar so völlig wie nur möglich, das zeigt die Tatsache, daß der gänzlich gedemütigte König sich so tief beugt, die Geschichte seiner Demütigung persönlich und ausführlich zu erzählen. Tiefbewend ist dieser Bericht mit dem wunderschönen Schluß (V. 37 in Verbindung mit V. 3!)! Demgemäß möchte ich sagen, daß die sittliche Bedeutung dieser „Sieben Zeiten“ die einer vollkommenen Bemühung

des heiligen Gottes ist, um einen Menschen, der mehr denn irgendein anderer die Verkörperung des menschlichen Selbstbewußtseins in nationaler, machtpolitischer und religiöser Hinsicht darstellt, völlig zu zerbrechen und erst wieder zu Ehren zu bringen, wenn er eingesehen haben wird, wer der wahre König ist: „der König des Himmels“. (V. 37) In dieser vier maligen Erwähnung - vier die Zahl der „erschöpfenden Vollständigkeit in der räumlichen Ausdehnung“ oder die Zahl der Erde nach allen Seiten hin! - der „Sieben Zeiten“ sehe ich einen Hinweis auf die irdische größtmögliche Ausgestaltung alles dessen, was der Mensch ist, hat und kann, wie es in den 4 Weltreichen zur Wirkung kommen wird bis hin zu dem Ziel, wenn „der König des Himmels“ die Herrschaft übernehmen wird. Aber dieser wird „jede Höhe“, die sich wider Ihn erhebt (2. Kor. 10,5!), gänzlich niederreißen und jeden Hochmut dämpfen, ja, vernichten in Seinen „Sieben Zeiten“, die Er über den 4 Reichen der Welt vollmachen wird. Und so gut Er das kann und tut, so gut kann Er auch zu aller Zeit mit jedem „Sichdünken, etwas zu sein“ (Gal. 6,3!), fertig werden. Seine „Sieben Zeiten“ als der Begriff Seiner vollkommenen Prüfung dessen, was der Mensch ist (vgl. die sieben Jahrtausende der Menschheitsgeschichte überhaupt, an deren Ende der Mensch sich wieder unter Satans Führung zu erheben trachten wird, und siehe die sieben Abschnitte der Geschichte Seiner Gemeinde in Offenb. 2 u. 3 und die sieben Gleichnisse in Matth. 13!) - ja, Seine „Sieben Zeiten“ stehen Ihm immer zur Verfügung, sind stets bereit, uns zu prüfen und zu demütigen, damit wir „erkennen“, wie Nebukadnezar erkannte! (V. 32!) Vielleicht lernen wir aus Dan. 4 dem Rate Davids (V. 27) rechtzeitig zu folgen („ Brich mit deinen Sünden!“), um nicht „Ärgeres“ über uns zu bringen (Joh. 5,14), aber wenn nicht - und Nebukadnezar ließ sich ja nicht warnen! -, dann stehen die „Sieben Zeiten“ vor der Tür, um uns zu züchtigen und zu demütigen, solange bis Gott Sein Ziel mit uns erreicht hat. „Am Ende der ( Prüfungs-) Tage“ (V. 34a, und jeder Tag hat seine Plage! Matth. 6,34b!) werden wir dann sagen: „Bevor ich gedemütigt ward, irrte ich“ - und die Fortsetzung lautet dann: „nun aber bewahre ich Dein Wort!“ (Ps. 119,167)

So haben wir versucht, in den beiden Antworten die „Sieben Zeiten“ in prophetischer und in sittlicher Hinsicht zu beleuchten mit dem Licht des unbestechlichen Wortes Gottes - nun möge Gott Gnade geben, daß wir dadurch diese Stelle tiefer erfassen und auf uns und unseren

Ehre des HErrn, dessen Wort „lebendig“ ist. (Hebr. 4,12f.)

Sein Name sei hoch gepriesen!

F. K.

„Jaget dem Frieden nach ...!“

(Hebr. 12,14)

Frieden und Heiligung finden wir in unserer Schriftstelle zusammengefügt. Sie sind als Ziele vor uns gestellt, denen wir mit allem Eifer nachjagen sollen. Das eine berührt unsere Beziehung zu den Menschen, das andere unsere Beziehung zu Gott. Solche Zusammenfügungen in der Schrift sind oft von besonderer Bedeutung und sollten viel mehr noch von uns beachtet werden. Auch in 1. Thess. 5,23 finden wir Frieden und Heiligung in einem Satze zusammengefügt: „Er Selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch völlig.“ Der Apostel wünscht, daß die Thessalonicher bei der Ankunft des HErrn möchten nach Geist, Seele und Leib tadellos gefunden werden. Sein Auge blickte hin auf die Treue Gottes, und er ruft: „Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun!“ (V. 24) Paulus kannte die Leiden, durch welche die Thessalonicher hindurchgingen. Er wußte, wie leicht die Ruhe und der Friede des Herzens durch Trübsale gestört und geraubt werden können, und er führt sie hin zu der Quelle unseres Friedens - zu Gott, dem Gott des Friedens. Dorthin kann keine Unruhe dieser Zeit dringen. Er bleibt der Gott des Friedens, und Seine Gedanken über uns sind unwandelbar Gedanken des Friedens.

Seine Friedensfülle und Seine Heiligkeit sind die Quelle und die Kraft, die uns treibt, dem Frieden mit allen und der Heiligkeit nachzujagen. Beides geht Hand in Hand. Wir können nicht der Heiligkeit nachjagen und den Frieden mit allen unbeachtet lassen. Der HErr will durch beides verherrlicht werden. Deshalb darf keinem Ermüden und Ermatten Raum gegeben werden. „Jage nach“, heißt das Wort, und darin liegt der Eifer, mit dem wir dem Frieden mit

Und doch kann eine Begrenzung nötig sein, denn wir haben in dem Nachjagen des Friedens mit allen auch der Heiligkeit nachzujagen. Wir können deshalb keinen Frieden auf Kosten der Heiligkeit oder auf Kosten der Wahrheit und der Treue zum HErrn haben. Eins aber ist wichtig: in uns selbst darf kein Hindernis des Friedens sein oder gar ein Anlaß zum Unfrieden gefunden werden. Deshalb sagt uns das Wort: „So viel an euch ist, lebet mit allen Menschen in Frieden.“ (Röm. 12,18)

Wieviel Weisheit und Gnade bedürfen wir doch in dieser Sache, besonders wenn der Hadergeist am Wirken ist oder wir anders denkenden gegenüberstehen! Da gilt es, sich als Söhne des Friedens zu beweisen und auch das glückselige Teil der Friedensstifter zu erlangen.

Wieviel Unheil hat der Feind schon durch Unfrieden angerichtet! Um das Verderben über Gottes Volk zu bringen, säet er Mißtrauen, Mißstimmungen, Neid, Hader, böse Verdächtigungen (1. Tim. 6,4), und diese öffnen ihm die Tür für sein schreckliches Werk. O daß wir Weisheit hätten, seine Absichten immer rechtzeitig zu erkennen, damit wir ihm nicht durch unser Verhalten Vorteile bieten! In solchen Zeiten heißt es, um Weisheit von oben zu bitten (Jak. 3,17) und auf die Worte zu achten, die aus unserem Munde gehen! Ein kleines Wort - wieviel kann es verderben! Ganz geringe Dinge, die so leicht hätten anders getan werden können, werden zu Mauern zwischen Bruder und Bruder. Sachen, die nicht wert sind, erwähnt zu werden, werden ins Ungeheure übertrieben, und das oft nur, um sein Rechthaben daran zu beweisen - und ach, man offenbart damit doch nur sein eigenes, stolzes und hartes Herz, das sich nicht selbst aufgeben will. Wie wahr ist es doch, wenn Jakobus sagt, daß das kleine Glied, die Zunge, „ein Feuer ist“ - „von der Hölle angezündet wird“ - „den ganzen Leib befleckt“ - „ein unstetes Übel voll tödlichen Giftes“ ist, und „einen großen Wald in Brand“ zu setzen vermag. (Jak. 3,5ff.)

Unfriede ist furchtbar. Welche Unsumme von Liebe und Freude ist dadurch vernichtet und wie viele Herzen und Gewissen sind dadurch schon verunreinigt worden! Wo der Unfriede zu Hause ist, da mangelt es an der Gnade Gottes. O möchten wir noch viel mehr dem Frieden mit allen nachjagen und achthaben, „daß nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide, daß nicht

werden“. Steht etwas zwischen mir und meinem Bruder, so steht auch ein Schatten zwischen mir und dem HErrn. „Laßt uns dem nachstreben, was des Friedens ist, und dem, was zur gegenseitigen Erbauung dient“ (Röm. 14,19), damit wir nicht gehindert sind, der Heiligung nachzujagen, ohne welche niemand den HErrn schauen wird!

A. v. d. K.

Gedanken über Apostelgeschichte 5,1-11.

Wie es möglich war, daß in dem engeren Jüngerkreis des HErrn ein Teufelskind (vgl. Joh. 6,70!) sein konnte, so befand sich in der ersten Christengemeinde auch ein vom Bösen beherrschtes Ehepaar. Wie ernst sollte uns das stimmen! Auch die beste Gemeinschaft ist nicht sicher vor unlauteren Gliedern, wenn nicht jedes einzelne Glied beständig vor dem HErrn steht. Ananias und Sapphira hatten miterlebt, wie Barnabas (Kap. 4,36 u. 37) als vor dem HErrn stehend einen Acker verkaufte und den Erlös zu der Apostel Füßen legte. Eins geworden - eins in der Sünde - wollten Ananias und Sapphira sich gleiches Lob erwerben. In ihrem Geben standen sie aber nicht vor dem HErrn, und das mußte ihnen zum Verhängnis werden. Ihre Herzen hingen am Gelde. Ehrgeiz und Geldgeiz machten sie eins in der Lüge. Wie traurig, wie ernst für uns! Sie behielten einen Teil des Erlöses von dem verkauften Gute für sich. Kein Mensch und auch nicht der HErr hätte ihnen das verwehrt, doch die besondere Beteuerung: „Ja, so teuer!“ offenbart uns das Einssein in der Lüge. Es ist immer Teufelsart und Teufelswerk, wenn wahre Worte (vgl. Matth. 4,6) und gottgewirkte Taten „nachgemacht“ werden. Ein Nachmachen und Nachahmen, wenn es nicht vom HErrn gewirkt ist, führt immer zur Sünde, ist Sünde. Wie Gott eben heilig ist in all Seinem Tun und Wesen und demzufolge nichts Unheiliges (Lüge, Betrug, Geldgier, Ehrgeiz und andere Dinge) dulden kann, weil es Seinem göttlichen Wesen und Seinem heiligen Willen widerspricht, so mußten eben auch Ananias und Sapphira in so erschütternder Weise erfahren, daß das verkehrte, vom Fleische gewirkte Einssein dem HErrn zuwider ist. Eben das ist ein herrlicher Wahrheitsbeweis für die Heilige Schrift, daß sie an Einzelpersonen und Gemeinschaften (Gemeinden) nichts beschönigt, sondern gemäß der Heiligkeit des Wortes

Bedecken und Zudecken, wie es in der Welt so „Mode“ geworden ist, sondern da wird nur das bedeckt und gänzlich beseitigt, was vor dem Angesicht des HErrn in Buße und Beugung geordnet ist. Ehe der HErr zudeckt und beseitigt, deckt Er auf, was das Verborgene unseres Herzens ist. Sind wir bereit, uns unter alles zu beugen, worauf Er Seine Hand legt, dann bedeckt Er in dem Sinne, daß Er unserer Übertretungen nicht mehr gedenkt. (Hes. 18,22)

Ananias und Sapphira haben sich in ihrem fleischlichen Einssein um den kostbaren Segen Gottes gebracht. Wie erschreckend ist das Ende beider! Die Gemeinde war zu jener Zeit eben noch im Werden; der Feind suchte seinem Einfluß geltend zu machen, indem er ihnen vorlog, daß es so genau nicht darauf ankomme. Soweit ich sehe, ist es seit Gründung der Gemeinde der zweite Angriff des Bösen; der erste liegt in der gleich zu Beginn scharf einsetzenden Verfolgung gegen die Sendboten des HErrn, wurde aber abgewiesen durch die völlige Ergebung der Jünger in den Dienst ihres Meisters; der zweite ist der Versuch, die Lüge in die Gemeinde hineinzutragen, und wurde auch abgewehrt durch den Tod der beiden in der Sünde eins gewordenen Ehegatten.

Und warum strafte der HErr hier so scharf? Zwei Gründe mögen es gewesen sein:

1. Der HErr durchschaute das Lügenwesen der eins gewordenen Eheleute und sah jedenfalls auch ihr Beharren in der Lüge; denn als Sapphira nach Vers 8 von Petrus besonders gefragt wird: „Sage mir, ob ihr für so viel das Feld hingegeben habt?“ antwortet sie: „Ja, für so viel“, und

2. Im Hinblick auf die Ansteckungsgefahr für die ganze Gemeinde mußte Gott so ernst reden. Uns geschrieben zur Warnung!

Noch etwas anderes: Für Ananias und Sapphira gab es kostbare Gelegenheiten, voll Geistes zu werden. Hätten sie den Wirkungen des Heiligen Geistes ihr Herz geöffnet, dann hätte nicht der Teufel ihre Herzen erfüllen können, wie es dem Ananias im dritten Verse gesagt werden muß. Doch diese Gelegenheiten wurden ohne Grund versäumt! Wieder: uns zur Warnung; denn: verlorene und versäumte Gelegenheiten kehren nicht wieder. Das mag uns als Seine teuer

Erkauften ernstlich dazu ermuntern, nicht ohne wahrhafte und vor dem HErrn gültige Gründe von den Zusammenkünften der Gemeinde fernzubleiben und uns gegebene Gelegenheiten, unserer Zubereitung dienend, ungenützt verstreichen zu lassen. Das schuldhafte Versäumen und Nichtbeachten Seiner uns angebotenen Gnade in kleinen Dingen zieht grobe Veruntreuungen nach sich. Ja, der HErr nimmt es ernst mit denen, die Seinen Namen tragen. Er verbürgt Sich für ihr volles Heil und fordert von den Seinen unbedingte Treue im Kleinen.

Mit der Treu' im Kleinen ehre deinen HErrn,

So nur kannst du leuchten als ein heller Stern.

Der HErr läßt uns sehen, wie ernst Er andere richtet, damit wir uns selbst richten. (Luk. 13,1-5) Es ließe sich noch vieles über diesen ernsten Gegenstand sagen. Mag das Gesagte uns zum Anlaß werden, weiter darüber nachzudenken zu unserer eigenen Umgestaltung in Seinen Sinn! Mit drei Gedanken will ich abschließen:

1. Das erste Unkraut unter dem Weizen wurde ausgerottet durch das Flammenauge unseres Gottes. Unkraut kann nicht Segnungen erwarten, sondern Vernichtung.

2. Der Feind hat's gesät, um das Werk Gottes anzutasten und zu zerstören. Doch: Ihm ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. (Matth. 28,18) Darum: Vertrauen wir uns vorbehaltlos dem HErrn an!

3. Der HErr des Ackers beseitigt das Unkraut in Ihm Selbst gebührender Weise. Beugen wir uns vor Ihm in Ehrerbietung, damit Er in der Zeit der Gnade alles Unkraut entfernen kann!

Br. (N. a. R.).

 

 

Wohin gehst Du?

(Fortsetzung.)

6. Erkenntnis und Wandel.

Nur ein wirkliches Gotteskind ist und bleibt ewig errettet. Man darf deshalb die Bekehrung nicht zu leicht nehmen. Dazu ist das Herzblutopfer unseres HErrn zu kostbar. Nur eine ganz entschiedene Abkehr von der Welt und sich selbst und Hinkehr zu Ihm schafft die Grundlage für einen fruchtbaren Wandel. (1. Joh. 2,15-17) Wer die Gnade des HErrn als Ruhekissen ansieht (Röm. 6,1.2), dem kann man wohl mit ziemlicher Gewißheit die Gotteskindschaft absprechen. Je mehr ein wahrer Christ sich in sein wunderbares Verhältnis zu seinem Heiland versenkt, um so dankbarer wird er werden und bestrebt sein, seine Dankbarkeit durch einen geheiligten Lebenswandel sichtbar zum Ausdruck zu bringen.

Es ist eine sehr ernste Tatsache, daß man in Kreisen von Kindern Gottes, denen der HErr viel Licht über Sein Wort hat schenken können, oft Selbstüberhebung, Übersättigung, Formengeist, Richtsucht, Trägheit, Oberflächlichkeit, Weltsinn, Kopferkenntnis, Abweichen und Zurückbleiben findet.

Andere in der Erkenntnis nicht soweit vorangeschrittene Gemeinden machen dagegen mitunter einen viel lebendigeren Eindruck. Woher kommt das? Mit dem Erkennen hat das Ausleben nicht Schritt gehalten. (1. Kor. 13,2; Jak. 1,22) „Die Erkenntnis (für sich allein) macht stolz, die Liebe aber erbaut.“ (1. Kor. 8,1) Nur „dem Demütigen gibt Gott Gnade“. (1. Petr. 5,5; Jak. 4,6) Erkenntnis wirkt Verantwortung. (1. Tim. 1,14) Möchten wir solchen Geschwistern gegenüber, die sich einfältig und treu bemühen, ihre nach unserer unmaßgeblichen Meinung geringere Erkenntnis in die Tat umzusetzen, mehr Phil. 3,13-16 zur Anwendung bringen!

Andererseits läßt sich nicht verkennen, daß manche Gläubige sich scheuen, eine klar erkannte Schriftwahrheit alsbald auszuleben. Bequemlichkeit, Menschenfurcht und Mangel an Aufrichtigkeit lassen sie eine eindeutige Stellungnahme umgehen. Sie sind „Kautschukchristen“. Kompromisse kennt aber Gottes Wort nicht. „Wer Meine Gebote hat und sie befolgt, der ist es, der Mich liebt; wer aber Mich liebt, wird von Meinem Vater geliebt werden, und auch Ich werde

„Der HErr ist für mich, ich fürchte mich nicht: was können Menschen mir tun?“ (Ps. 118,6) Siehe auch 2. Kor. 12,9!

7. Gesetz und Gnade.

Bei dem Zustandekommen des Erlösungswerkes ist jede Tätigkeit des Menschen als zwecklos ausgeschaltet worden. Dem Selbsterlösungstriebe des Menschen trug Gott durch die Schaffung des Gesetzes Rechnung. Der Mensch hat jedoch völlig versagt. (Röm. 7 und Gal. 3) Nun darf er ruhen von allen seinen vergeblichen Anstrengungen. „Es ist vollbracht!“ (Joh. 19,30) Im Zeitalter des Gesetzes endete die Woche nach sechs Tagen der Arbeit mit dem Sabbat als Ruhetag. In der gegenwärtigen Zeit der Gnade (Röm. 10,4) beginnen wir die Woche mit dem ersten Tage, dem Sonntage, dem Tage der Auferstehung unseres HErrn, dem Tage der Erquickung und Sammlung. Er drückt auch den folgenden Tagen sein Gepräge auf. Gott Selbst bereitet jetzt unsere Werke! (Eph. 2,10; Kol. 3,23) Welch wunderbarer Wechsel!

Natürlich sind wir auch im Neuen Testamente nicht ohne Gesetz. Wir leben im „Gesetze Christi“. (1. Kor. 9,21; Gal. 6,2; 1. Tim. 1,8.9; Jak. 2,8)

„Denn das Gesetz des Geistes, der das Leben in Christo Jesu verleiht, hat uns von dem Gesetz der Sünde und des Todes frei gemacht.“ (Röm. 8,2)

„Wer aber bis in das vollkommene Gesetz der Freiheit hindurchgeschaut hat und dabei beharrt, indem er kein vergeßlicher Hörer, sondern ein wirklicher Täter ist, ein solcher Mensch wird in seinem Tun selig sein.“ (Jak. 1,25)

„Freiheit in Zucht“ soll das Kennzeichen unseres Wandels sein. (Gal. 5,13.14)

Diese Freiheit fordert mehr als das Gesetz vom Sinai. (Matth. 5,17-48; Eph. 4,28) Nur in ihr wird unser Leben ein fruchtbares. (Matth. 7,16-20; Luk. 6,43.44; Joh. 15,5; Kol. 1,10; Jak. 2,26)

8. Der Name „Christ“.

Zum ersten Male findet sich die Bezeichnung „Christ“ in der Apgesch. 11,26:

„In Antiochia legte man zuerst den Jüngern den Namen ‚Christen‘bei.“

Die Christen waren solche Leute, die ihren Mitmenschen von ihrem HErrn, Jesus Christus, erzählten und die, was die Hauptsache war und zur Prägung dieses Namens führte, die Echtheit ihres Bekenntnisses durch ein ihm entsprechendes Leben bewiesen. Später wird dieser Name zur allgemeinen Kennzeichnung der Christo Angehörenden (Gal. 5,24), wie der Ausruf des Königs Agrippa zeigt:

„Beinahe bringst du es fertig, mich zu einem Christen zu machen!“ (Apgesch. 26,28)

Die Bibel übernimmt auch diesen Namen ausdrücklich: „Leidet er aber als Christ, so schäme er sich dessen nicht, sondern mache Gott durch diesen Namen Ehre.“ (1. Petr. 4,15.16)

Er ist also der den Kindern Gottes in Seinem Worte gegebene. Wir sollten mithin keinen anderen Namen führen!

Der Glaube des Christen ist an eine Person geknüpft, an den auferstandenen, zur Rechten Gottes des Vaters in dem Himmel thronenden und doch allezeit bei den Seinen weilenden Sohn Gottes. Christen besitzen ihren HErrn in vierfacher Weise: im Worte, im Herzen, um sich und über sich. Für Ihn werben wir um die Herzen der Menschen, nicht dagegen für irgendeine Sache oder Vereinigung. „Dem lebendigen und wahren Gott zu dienen und Seinen Sohn vom Himmel her zu erwarten“ (1. Thess. 1,9.10) ist Zweck und Inhalt unseres Christenlebens. Unsere Arbeit hat in den Augen des Herzenskündigers nur dann Wert, wenn ihre einzige Triebfeder die innige Liebe zu Ihm aus reinem Herzen und ungeheucheltem Glauben ist (1. Tim. 1,5; Offenb. 2,4) und wenn sie sich völlig in den Bahnen des Wortes Gottes bewegt. (1. Kor. 9,24.27; 2. Tim. 2,5)

Wir bekennen uns zu Ihm und damit zu Seinem Worte als Ganzem. Wir brauchen daher weder eine Spezialbenennung noch eine bekenntnismäßige Verfassung.

Jesus bedeutet Retter, Heiland und Erlöser; Christus heißt Gesalbter, Gekrönter und Herrscher. Seinen ersten Namen hat Er wahrgemacht, als Er in Menschengestalt auf diese Erde kam; den zweiten wird Er verwirklichen, wenn Er in Herrlichkeit wiederkommt, um Sein Tausendjähriges Friedensreich aufzurichten. Wir werden dann mit Ihm herrschen in alle Ewigkeit. (Offenb. 22,5) Freuen wir uns, uns nach Ihm nennen zu dürfen, Seinen Namen zu tragen, der über alle Namen ist!

Kinder Gottes, die unter Ablehnung jeglicher Parteistellung nur „der Richtung auf Jesum hin“ angehören wollen (Phil. 3,14; 1. Joh. 1,3), stoßen nun aber kirchlichen und staatlichen Behörden gegenüber mit der einfachen und schlichten Bezeichnung „Christ“ auf Schwierigkeiten. Ihnen wird in der Regel entgegengehalten, daß „wir doch alle Christen sind“ und daher diese Angabe zur spezialisierten Erkennbarkeit ihrer inneren Einstellung nicht ausreiche. Um nun den diesbezüglichen Forderungen der Behörden gerecht zu werden (Röm. 13,1; 1. Petr. 2,13), erscheint es angebracht und ausreichend, ihnen gegenüber den Namen „Christ ohne Sonderbekenntnis“ zu führen.

Zweiter Abschnitt:

Die Gemeinde Gottes.

Sollte sich mein Kommen aber verzögern, so sollst du daraus entnehmen, wie man sich im Hause Gottes zu verhalten hat; denn das ist ja die Gemeinde des lebendigen Gottes, die Säule und Grundfeste der Wahrheit.“ (1. Tim. 3,15.16)

1. Begriff, Stellung und Aufgabe.

Die Gesamtheit aller „Menschen Gottes“, ohne Rücksicht auf ihr etwaiges Sonderbekenntnis

(Joh. 10,14-16; Eph.

4,1-6), bildet die „Gemeinde Gottes“ im biblischen Sinne. Wie die Erlösung des einzelnen Menschen, so war auch die Schaffung der Gemeinde bereits vor Grundlegung der Welt von Gott dem Vater und Gott dem Sohne beschlossen. (Eph. 3,9) Die Verwirklichung dieses göttlichen Ratschlusses ist jedoch erst als Frucht des Todes unseres Herrn Jesus Christus in die Erscheinung getreten. „Christus hat die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie dahingegeben, um sie zu weihen, indem Er sie durch das Wasserbad des Wortes reinigte, und um so die Gemeinde für Sich Selbst in herrlicher Schönheit hinzustellen, ohne Flecken oder Runzeln oder ähnliche Fehler, vielmehr so, daß sie heilig und ohne Tadel sei.“ (Eph. 5,25-27) Von dieser Seiner Gemeinde sagt der HErr, daß „die Pforten der Hölle sie nicht überwältigen sollen“. (Matth. 16,18) Sie hat Ihn zur Grundlage, den Sohn des lebendigen Gottes, den Fels der Ewigkeiten! (Jes. 26,4; 1. Kor. 3,11; 1. Petr. 2,4)

Eine schöne Begriffsbestimmung der Gemeinde gibt uns der Apostel Paulus. Er schreibt im 1. Korintherbriefe (1,2):

„an die Gemeinde Gottes, die zu Korinth ist, an die Geheiligten in Christo Jesu, an die berufenen Heiligen, samt allen, die anrufen den Namen unseres Herrn Jesu Christi an jedem Orte, bei ihnen und bei uns.“ (Miniaturbibel.)

Die Schrift spricht von der Gemeinde in mannigfachen Bildern, um ihre Vielseitigkeit darzutun. Sie ist beispielsweise

die Braut, das Weib des Lammes (2. Kor. 11,2; Eph. 5,31.32; Offenb. 19,7; 21,9),

der Leib Christi (1. Kor. 12,27; Eph. 1,22.23; 5,30),

der neue Mensch (Eph. 2,14-16),

der Tempel Gottes und das Haus Gottes (1. Kor. 3,16.17; 2. Kor. 6,16; Eph. 2,20-22; 1. Tim. 3,15; Hebr. 3,6; 1. Petr. 2,5) und

die kostbare Perle (Matth. 13,45.46).

Sie ist die „Herausgerufene“. (Gal. 1,4; Miniaturbibel) In Verbindung mit ihrem himmlischen Haupte gesehen, heißt sie:

„der Christus“ (1. Kor. 12,12; Elberfelder Bibel).

Sie ist ferner die Schar der „Auserwählten“ (Kol. 3,12; 1. Petr. 2,9; Eph. 1,4; 2. Thess. 2,13) und der „Erstgeborenen“. (Jak. 1,18; Hebr. 12,23)

Durch die Gemeinde soll jetzt den Fürstentümern und den Gewalten in der Himmelswelt die vielgestaltige Weisheit Gottes kundgetan werden. (Eph. 3,10) Wahrlich, eine sehr hohe und verantwortungsvolle Aufgabe! Und ihre Glieder sollen sein „unsträfliche Gotteskinder inmitten einer verkehrten und verdrehten Menschheit, unter der ihr als helleuchtende Himmelslichter in der Welt erscheint“. (Phil. 2,15)

2. Die Einheit des Leibes.

Die Gemeinde Gottes bildet eine unzerstörbare Einheit. Sie ist durch den einen Geist zu einem Leibe zusammengeschlossen. (1. Kor. 12,13) Und sie wird durch die Liebe, das Band der Vollkommenheit, zusammengehalten. (Kol. 3,14; siehe auch Eph. 4) Örtliche Gemeinden sind daher nur Teile des Ganzen. Als Sonderbezeichnungen für sie kennt die Schrift nur die Ortsnamen. (1. Kor. 1,10-13)

Nicht ganz zutreffend ist der Ausdruck „Christliche Gemeinschaft“. Eine jede Gemeinde besteht durch die Gemeinschaft ihrer Glieder mit dem himmlischen Haupte; Gemeinschaft ist also etwas praktisches. (1. Joh. 1,3)

Unschön und mißverständlich für die Kenntlichmachung eines Kreises von Kindern Gottes ist der Name „Christliche Versammlung“. Am passendsten erscheint wohl für eine Vereinigung von Gläubigen die Bezeichnung

„Christliche Gemeinde“,

der dann die Angabe ihrer örtlichen Lage zur Unterscheidung beizufügen ist.

Von der Zusammengehörigkeit aller Kinder Gottes sollte auch unser Benehmen Geschwistern gegenüber zeugen, mit denen wir in Erkenntnisfragen nicht völlig übereinstimmen (Ps. 133; 1. Kor. 13), namentlich in Gegenwart von Ungläubigen! Man sollte auch nicht davon reden, daß Christen „die Einheit des Leibes zerreißen“, wenn sie sich nicht ausgerechnet einem bestimmten christlichen Kreise angliedern. Die sichtbare Einheit aller Gläubigen wird erst in der Ewigkeit zum Ausdruck kommen. Sie hier auf Erden bereits in die Erscheinung treten zu lassen ist heute nicht mehr möglich und auch nicht unsere Aufgabe. Wer oder was gibt uns außerdem das Recht, zu behaupten, daß wir „die allein Richtigstehenden“ sind, zumal, wenn der Wandel mit der Lehre nicht übereinstimmt? Stellen wir uns weiter einmal vor, alle Christen ständen unter einheitlicher irdischer Zentralgewalt: wäre das nicht Papsttum auf „biblischem Boden“? Würde nicht die Entfaltung der freien Persönlichkeit zum mindesten beeinträchtigt werden, die doch für den Bau des Reiches Gottes ausschlaggebend ist? Wir sind das „Salz der Erde“. (Matth. 5,13) Das Salz wirkt aber nur dadurch, daß es in anderen Stoffen oder Flüssigkeiten aufgeht. So sind auch wir Christen über die ganze Erde zerstreut, um Leuchttürme für schiffbrüchige Seelen auf dem Ozean des Lebens zu sein.

Auf der anderen Seite bieten die Gotteskinder durch ihre Zerrissenheit der Welt ein geradezu trostloses Schauspiel. Sie, die doch in bewußtem, einheitlichem Gegensatz zu der Masse der bloßen Formchristen stehen, ein lebendiges Zeugnis dessen sein wollen, was die Gnade des HErrn aus verirrten und verlorenen Sündern zu schaffen vermag, sind untereinander in eine unübersehbare Zahllosigkeit von Gruppen und Parteien zersplittert, die sich manchmal feindseliger gegenüberstehen, als dies im Verhalten der Nichtchristen zu ihnen zum Ausdruck gelangt. Dank der Trennungspolitik Satans sind es oft ganz unwesentliche Meinungsverschiedenheiten gewesen, die diese Abspaltungen aus geistlichem Hochmut und aus Unduldsamkeit, besonders in letzter Zeit, bewirkt haben. (Vergleiche schon 1. Kor. 3,1-4;

11,17-19) Andere Trennungen wieder sind ausschließlich durch persönliche, meist eifersüchtige Reibungen zwischen einzelnen Brüdern hervorgerufen worden. Jede dieser Richtungen behauptet, nur dem Worte Gottes gehorsam zu sein und verschanzt hinter dieser Redensart die Herrschsucht und den ungebeugten Eigenwillen ihrer Führer! Suchenden Menschenkindern aber wird durch solch fleischliches Benehmen der Weg zum Frieden erschwert, wenn nicht gar versperrt. Welch schwere Verantwortung laden diese falschen Führer auf sich! Auch von ihnen gilt in entsprechender Anwendung das Wort des HErrn:

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ (Matth. 7,20)

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

H. J. M.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

Wozu „bereit jederzeit“? Neun Punkte waren es bisher in den fünf schon erschienenen Lieferungen dieses Jahres, die uns bereit finden sollten jederzeit:

1. das Kommen des HErrn; 2. das Sterben; 3. das Leiden; 4. das Leben; 5. das Dienen; 6. das Gehorchen; 7. das Lieben; 8. das Beten; 9. das Glauben.

Wir werden nicht behaupten, daß wir in obigen Dingen schon vollendete „Täter“ (Jak. 1,22) sind, aber wir wollen uns darin üben und „durch Gewohnheit geübte Sinne“ bekommen (Hebr. 5,14), um in diesen und anderen gottwohlgefälligen Gegenständen geistliche Fortschritte zur Ehre des HErrn zu machen. „Wachset aber in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus ...!“ (2. Petr. 3,18)

Heute nun möchte ich, von der Weise in den letzten Lieferungen abgehend, eine ganze Reihe

Punkte bringen, wonach ich dann demnächst auf die in der Titelstelle eigentlich gegebene Ermahnung mein besonderes Augenmerk zu richten gedenke, so Gott will! Er gebe uns Licht und Verständnis aus Seinem kostbaren Worte über dasselbe, denn „Dein Wort ist Leuchte meinem Fuße und Licht für meinen Pfad!“ (Ps. 119,105)

Nun also: „Seid jederzeit bereit ...“

10. Zum Bekennen des Namens Jesu!

Ist das nicht eine ernste Sache? Ja, und weil sie das ist und weil dem HErrn so viel an unserem Bekennen Seines Namens liegt - ja, so viel, daß Er sagt: „Wer Mich bekennt vor den Menschen, den werde auch Ich bekennen vor Meinem Vater, der in den Himmeln ist“ (und das Gegenteil!) Matth. 10,32 -, deswegen ist der Feind so arg darauf aus, das Bekennen des Namens Jesu zu verhindern. Von Gott, ja, allenfalls von Christus zu reden, das erlaubt er notgedrungen gleichsam, aber das Aussprechen des köstlichen Jesus-Namens sucht er mit aller Macht zu unterbinden, ist doch dieser Name, der des Retters aus Satans Macht, aus Sünde und Tod (Matth. 1,21; 1. Thess. 1,10: „Jesus, der Retter vom zukünftigen Zorn“, Hebr. 7,25 u. a.) ihm „ein Dorn im Auge“. Da müssen wir Gläubigen mehr noch als anderswo auf der Hut sein! Wäre Simon Petrus mehr auf der Hut gewesen, hätte er die Warnung des HErrn nicht in den Wind geschlagen, so hätte er Ihn nicht so schnöde verleugnet, als ihm die Ehrenanrede zuteil wurde: „Auch du warst mit dem Nazarener Jesus!“ (Mark. 14,67) So fühlte er nur die Schande vor der Welt, nicht die „Ehre bei Gott“ heraus und - verleugnete den HErrn, den er im Innersten doch liebte.

Prüfen wir uns, Geliebte, ob wir „jederzeit bereit“ sind, den HErrn und Seinen Namen zu bekennen! Und dazu noch eins: Nie werden wir freudigen Herzens und bereitwilligen Geistes Seinen Namen bekennen können, wenn wir uns durch eigene Schuld auf falschem Boden oder in ungöttlicher Verbindung oder gar in persönlichem Sündetun befinden! Das lehrt uns die Geschichte von Petri Verleugnung auch, ebenso die von Davids Sünde. (2. Sam. 11; Ps. 51!) Darum, wenn wir, was so nötig ist, den Namen des Herrn Jesus wollen bekennen können,

auch mit aller Menschenfurcht! (Spr. 29,25a!)

Genug von diesem Punkt 10! Der liebe Leser denke dem aber weiter nach!

„Seid aber jederzeit bereit ...“

11. Zum Vergeben! Über dies Gebiet sollte man mehr sagen, als es in diesem engen Rahmen geschehen kann, aber möchten meine wenigen Worte die Notwendigkeit des Vergebens so unterstreichen, daß die, welche es angeht, nicht eher darüber hinwegkommen, bis sie danach gehandelt haben - denn, Geliebte, es ist doch so ernst, was Matth. 18,21.22-35 (vgl. Matth. 6,14.15) geschrieben steht! Ich glaube, Unversöhnlichkeit, Mangel an Vergebenkönnen, an Sündenbedecken (1. Petr. 4,7) u. dgl. ist nicht nur eins der tiefsten Hindernisse für das Gebet und dessen Erhörung (vgl. Matth. 5,23ff. u. a.), sondern es ist auch eins der Mittel, und vielleicht das am sichersten wirkende, zur Zerreißung manches Liebesbandes, so in der Ehe, in Verwandtschaften, in Freundschaften und nicht zuletzt in der Gemeinde des HErrn. Darum ermahnen die Apostel so besonders nachdrücklich zum Vergeben, und zwar zu einem solchen, das dem entsprechend sei, wie Christus uns vergeben hat (vgl. Eph. 4,32; Kol. 3,13). Das ist natürlich viel mehr als das in der fünften Bitte des ja auch nicht gerade für uns Glieder der Gemeinde des HErrn gegebenen „Vaterunsers“! An uns Höchstbegnadete werden auch höchste Anforderungen gestellt: unser Maßstab ist Christus! Aber wie oft mögen Gläubige der Jetztzeit nicht einmal dem niederen Maßstab entsprechen! Ich glaube, wir haben alle Ursache, uns manchmal zu schämen ob unseres Nachtragens und Nichtvergeben- oder - wenn schon - dann doch Nichtvergessenkönnens! - Gewiß gibt es ein „Sündenbehalten“ (Joh. 20,23 u. a.), wozu ein hohes Maß von Geistlichsein gehört (vgl. Jahrb. 1, Frage 26 u. a.), aber das hat mit Unversöhnlichkeit nichts zu tun, die eine schwere, böse Sünde ist. Geliebte, hat der HErr uns soviel vergeben, und vergibt Er, der uns durch Sein Wort fortgesetzt die Füße wäscht (Joh. 13) uns nach 1. Joh. 1,9 ständig wieder und wieder, wie sollten wir da doch „jederzeit bereit“ sein, „uns gegenseitig zu vergeben, wenn einer Klage hat wider den anderen“ (Kol. 3,13), also in rein persönlichen Dingen! Wieviel „Wurzeln der Bitterkeit“ (Hebr. 12,14.15) unterwühlen und

Weinberg zerstörenden „Füchse“ (Hohel. 2,15) betrachtet, so sind es oft gegenseitige Unversöhnlichkeiten, und zwar häufig um Dinge, die an sich „nicht der Rede wert“ sind. Aber gerade diese, die „kleinen“ Füchse, sind meist am hartnäckigsten.

Mit Spr. 17,9, Röm. 12,19 und Eph. 4,26 will ich auch diesen Gegenstand verlassen; der HErr aber gebe uns Gnade, „jederzeit bereit“ zu sein zum Vergeben!

„Seid aber jederzeit bereit ...“

12a. Zum „Sich-freuen mit den sich Freuenden“ und

12b. „zum Weinen mit den Weinenden!“ (Röm. 12,15) Ist das leicht? Ich glaube, eigentlich nicht! Und zwar glaube ich persönlich, daß das letztere noch leichter ist als das erstere, denn zu diesem gehört „nur“ Mitgefühl, zu jenem, d. h. zu dem Sichmitfreuen, gehört aber nicht nur Mitgefühl, sondern auch ein hohes Maß von Uneigennützigkeit, und diese ist eine große, seltene Tugend, die zu lernen ist an dem Herrn Jesus Selbst (Phil. 2!) und dann auch an Seinem menschlich größten Nachfolger Paulus.

Schon bei Punkt 7 wies ich auf die Stelle 2. Kor. 12,15 hin; hier geschehe es noch einmal, doch beachte man den ganzen Zusammenhang! Aber auch Mitgefühl lernen wir am besten zu den Füßen des HErrn! Wir müssen Ihn anschauen (2. Kor. 3,18) - wie Er in Nain „innerlich bewegt“ ist beim Anblick der Witwe, die ihren Sohn zu Grabe trägt (Luk. 7), und wie Er in Bethanien am Grabe Lazarus' weint (Joh. 11) -, um Sein mitfühlendes Herz zu sehen. Und aufs Herz kommt es beim Mitgefühl ja an, auf die Gesinnung des Herzens! Einem nur äußerlichen und nur „so, als ob“ scheinenden „Mitgefühl“, das keins ist, redet die Schrift nirgends das Wort! Ein paar herausgepreßte Tränen, ein wehleidiges Gesicht und sonstige Äußerlichkeiten können unter Umständen sogar verletzen, in nur seltenen Fällen wirken sie echt; man kann wohl seine Mienen verstellen, aber nicht das Herz. Und vergessen wir nie: „Gott sieht das Herz an!“ (Vgl. 1. Sam. 16,7) - Aber wie köstlich, wenn wirkliches vom Heiligen Geist hervorgerufenes Mitgefühl weint mit den Weinenden! Das tröstet, das erbaut, das richtet die

Weinen mit den Weinenden! - Aber ebenso bereit zu dem ersteren, Schwereren! Da sehen wir den HErrn auf der Hochzeit zu Kana, - der so oft mißverstandenen, dabei so voll wunderbarer Belehrungen durch den HErrn -, wie Er Sich mit den sich Freuenden freut, ja ihre Freude in der rechten Weise noch steigert (Joh. 2), und wir sehen Seine Uneigennützigkeit, und unsere Herzen wünschen, auch so mitfühlend und uneigennützig sich mitzufreuen, wo wir selber gar nichts zum Freuen für uns finden und wo uns vielleicht gar nicht dazu zumute ist! Das ist das Geheimnis wahren Mitgefühls, so oder so, daß es sich in die Lage des anderen so versetzt, als sei es die eigene: „Einer trage des anderen Last, und also erfüllet das Gesetz des Christus!“ (Gal. 6,2) Die Last kann eine Leidenslast sein, aber auch eine Freudenlast! Ja, seid jederzeit bereit, euch mitzufreuen oder mitzuweinen! Zum Bereitsein gehört hier der Wille zur Selbstverleugnung, und wenn jener und diese vorhanden ist, dann wird's ein rechtes Mitleiden und Mitweinen oder auch ein rechtes, echtes Sichmitfreuen, lediglich um des anderen willen - und so wird das Liebesgebot Christi erfüllt! Seine Gnade helfe uns zu diesem köstlichen, gesegneten „ jederzeit Bereitsein“!

Weiter! „Seid aber jederzeit bereit ...“

13. „Frieden zu suchen!“ (1. Petr. 3,11; Röm. 12,18 u. a.) Nur ganz kurz einige Worte! Man tut dir Unrecht, du begehrst auf, suchst dein Recht, wirst ungehalten, schreibst unfreundliche Briefe, drohst mit „Klage“ - ist das alles und vieles mehr etwa gottgewollt? Gewiß nicht! Paulus sagt den Korinthern: „Warum laßt ihr euch nicht lieber Unrecht tun? Warum laßt ihr euch nicht lieber übervorteilen!“ (1. Kor. 6,7; vgl. Phil. 4,5: „Nachgiebigkeit“) Da haben wir den göttlichen Grundsatz! Sicher gibt es im einzelnen auch einmal andere Wege und Auswege, aber der Grundsatz bleibt, und nach ihm handelte der Herr Jesus. Auf solchem Grundsatz fußend, ist es dann leicht, „jederzeit bereit“ zu sein zum „Frieden suchen“ mit jedermann, oder soviel an uns ist, mit allen Menschen Frieden zu halten (Röm. 12). Wer auf sein vermeintliches oder wirkliches Recht verzichten lernt, der lebt von sich aus im Frieden mit allen. Wer darauf aus ist, zu handeln nach der lieblichen Richtschnur: „Alles, was ihr wollt, daß die Leute euch tun, das tut auch ihr ihnen!“ (Matth. 7,12), der vermeidet von sich aus Streit und Neid und sucht wirklich Frieden mit allen. Natürlich handelt es sich hier um äußerliche Angelegenheiten, denn

um des Zeugnisses für den HErrn willen mag es ja zu Kämpfen und Leiden kommen, wo auch des Menschen Feinde seine eigenen Hausgenossen sein werden - Matth. 10,36 -, aber im äußeren Leben kann man gut Frieden halten von sich aus mit allen, wenn man „jederzeit bereit“ ist, Frieden zu suchen und auf eigene Rechte Verzicht zu leisten. Laßt es uns erproben!

Ferner: „Seid aber jederzeit bereit ...“,

14. „Gute Werke zu betreiben.“ (Titus 3,1.8.14 u. a.) Dieses Gebiet ist sehr reichhaltig, und ich kann es hier nur streifen. Wollte ich auch nur einiges berühren, so müßte ich mehrere Seiten schreiben. Darum hier nur kurz über eine Art von „guten Werken“ ein paar Stellen zur Ermunterung: Mark. 14,7; Luk. 16,9a; 1. Kor. 16,1.2; 2. Kor. 9,6-9; 1. Tim. 6,17-19; Apgesch. 20,33-35; Spr. 19,17; Ps. 112; Ps. 41,1; Spr. 11,24.25 usw., usw. „Gute Werke zu betreiben“ ist für Gläubige unbedingt erforderlich, um nicht „unfruchtbar“ zu sein (Tit. 3,14) - aber „gute Werke“ bestehen, wie angedeutet, doch nicht nur im Geben und Mitteilen - worüber ich übrigens schon in Lief. 2 beim „Dienen“ schrieb -, sondern in allem Werk und Wesen, das in der Nachfolge des Herrn Jesus zutage tritt, wenn der Gläubige danach trachtet, dem „guten, wohlgefälligen und vollkommenen Willen Gottes“ (Röm. 12,2) zu entsprechen. So zeigen auch die übrigen (außer den obigen) im Titusbrief angeführten Stellen von den „guten Werken“, daß damit das ganze christliche Leben gemeint ist. (1,16; 2,7 u. 14) Laßt uns lernen, „jederzeit zu jeglichem guten Werke bereit“ zu sein, denn nur durch einen solchen Wandel wird der HErr verherrlicht. (Vgl. Eph. 5,8-10; Kol. 1,10.11! u. a.) Doch genug davon! Der HErr mache uns diese Aufgabe und Verantwortung für dieselbe recht groß, damit wir mit Freuden „ jederzeit bereit“ seien zu solchem „Wandel in guten Werken“ aller Art; denn nur hienieden können wir den HErrn ehren durch unser Verhalten, auf das soviel ankommt! (Lies noch Eph. 4,20-24!)

Und nun zum Schluß noch einige Punkte, die ich aber nur noch (mit Schriftstellen) anführe, zu denen wir „jederzeit bereit“ sein sollten und durch Gottes Gnade auch können:

15. Zum Gleichgesinnt- und Niedriggesinntsein (Röm. 12,16; 1. Petr. 3,8);

16. zum „ Überwinden des Bösen mit dem Guten“ (Röm. 12,21);

17. zur „Unterwerfung unter die obrigkeitlichen Gewalten“ (Röm. 13,1ff.; 1. Petr. 2,13ff.; Matth. 22,21; - beide: Kaiser oder Regierung [Staat] und Gott haben ihre gerechten Forderungen an uns Gläubige, Gott aber gehört das Herz! und dazu lies noch Apgesch. 4,19.20; 5,29); beachte auch stets 1. Tim. 2,1-4!

18. zum „Stillesein“ (und Harren) Ps. 37 usw.;

19. zum „Wahrheit reden“ (Eph. 4,25 u. a.);

20. zum „Wirken, solange es Tag ist“ (Joh. 9,4; Eph. 5,15-17) und so fort!

Noch vieles ließe sich nennen, und mancher könnte noch dies und das anfügen, aber ich will nun endlich mit dieser Aufzählung schließen, um dann, so Gott will, in der nächsten Lieferung noch auf die Titelstelle in ihrem Zusammenhang und ihrer Bedeutung ein wenig einzugehen.

Möge es dem Heiligen Geiste, der uns in die ganze Wahrheit leiten will und der bemüht ist, den Sohn zu verherrlichen (Joh. 16), gelingen, uns diese vielen Dinge, zu denen wir „jederzeitbereit“ sein sollten, recht wichtig und kostbar zu machen, damit wir „wandeln in der Wahrheit“ (3. Joh. V. 4), und zwar je länger, desto mehr und treuer bis hin zu dem vielleicht oder wohl nicht mehr fernen Ziel! Der HErr spricht: „Siehe, Ich komme bald und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird.“ (Offenb. 22,12)

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 7

Werden nicht alle Kinder Gottes den HErrn schauen? oder nur unter der Bedingung von Matth. 5,8 und Hebr. 12,14?

Antwort A

Mit „den HErrn schauen“ meint der Fragesteller sicherlich das Den-HErrn-Sehen dann, wenn wir werden durch die Entrückung mit Ihm vereinigt sein und bei Ihm sein in der Herrlichkeit. Über diese wunderbare, vor uns liegende Sache - das Vereinigtwerden und Vereinigtsein mit dem HErrn in Seiner Herrlichkeit - gibt uns das Wort Gottes reichliche Belehrung. In Ev. Johannes 14,3 sagt uns der HErr, daß Er wiederkommen und uns zu Sich nehmen werde, auf daß, wo Er ist, auch wir seien, und Kap. 17,24 lesen wir wiederum, daß es Sein Wille ist, daß wir bei Ihm sein sollen, wo Er ist (auf daß wir Seine Herrlichkeit schauen). 1. Kor. 15 wird uns gesagt, wie wir dem Leibe nach dafür passend gemacht werden, dort zu sein, wo Er ist: Die Entschlafenen werden auferweckt werden in Unverweslichkeit, in Herrlichkeit, in Kraft - ein geistiger Leib -, und die Lebenden werden verwandelt werden (V. 42b-53). Phil. 3,21 sagt uns, daß wir dann einen Leib haben werden, der Seinem Leibe gleichförmig ist, den Er jetzt dort, wo Er ist, als der verherrlichte Mensch besitzt (wie auch Röm. 8,29 sagt: „Denn welche Er zuvor erkannt hat, die hat Er auch zuvor bestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“). Und 1. Thess. 4,15-17 zeigt uns, wie die Vereinigung mit Ihm geschehen wird: durch die Entrückung, nachdem unmittelbar vorher die Auferstehung der in Christo Entschlafenen (und die Verwandlung der Lebenden, die übrigbleiben bis zur Ankunft des HErrn) vor sich gegangen sein wird. Nun ist die Frage: Wer hat daran teil? Welche Voraussetzungen hierfür zeigt uns das Wort Gottes? Die Antwort Auf diese Frage ist einfach: Jeder, der Gott geglaubt hat und so unter die Wirkung des Opfers Jesu Christi gekommen ist. Das ist die Lehre des Wortes Gottes von Anfang bis Ende. Ist in einer der vorgenannten Schriftstellen oder sonstwo im Worte Gottes auch nur eine Andeutung dahingehend zu finden, daß das Teilhaben an der Entrückung und dem Vereinigtwerden mit dem HErrn in Seiner Herrlichkeit irgendwie von uns - unserem Zustand und Tun - abhängig gemacht wird? Nein,

Jesus Christus, ist also ein freies Geschenk der wunderbaren Gnade Gottes! Und darum ist es auch allen gegeben, die durch Glauben diese herrliche Gnade angenommen haben, ohne irgendwelche Ausnahme. Sie alle werden, wenn jener herrliche Augenblick gekommen sein wird, entrückt werden und bei dem HErrn sein! Und nun - darum haben wir obige Feststellung gemacht -: Ist es denkbar, daß irgendwelche von denen, die hiernach bei Ihm sein werden, wo Er ist, Ihn nicht sehen werden? Nein, das ist undenkbar! Hier auf der Erde zwar gibt es den Fall, daß infolge Blindheit ein Mensch den anderen, bei dem er ist, nicht sieht, aber in der Herrlichkeit wird es keine Blindheit oder irgendwelche - ja erst durch die Sünde in die aus Gottes Hand vollkommen hervorgegangene Schöpfung hineingebrachte - Unvollkommenheit mehr geben: Alle, die bei Ihm sein werden, werden Ihn auch sehen! Demnach ist unsere Antwort: Ja, alle Kinder Gottes werden den HErrn schauen!

Matth. 5,8 spricht nicht von dem Schauen des HErrn in der Herrlichkeit, sondern von dem Schauen Gottes. In bezug auf dieses aber - buchstäblich genommen - lehrt uns das Wort Gottes, daß der Mensch Gott nicht sehen kann: „Niemand hat Gott jemals gesehen“ (Joh. 1,18); „... der allein Unsterblichkeit hat, der ein unzugängliches Licht bewohnt, den keiner der Menschen gesehen hat noch sehen kann ...“ (1. Tim. 6,16). Und das ist ja auch selbstverständlich: Wie sollte Gott von uns - überhaupt von einem Geschöpf - gesehen werden können? Das Geschöpf - jedes - ist begrifflich gebunden, begrenzt (auch in der ewigen Herrlichkeit, so verschieden der Zustand dann von dem gegenwärtigen auch sein wird); Gott aber ist unbegrenzt. „Gott ist ein Geist“, sagt der Herr Jesus Joh. 4,24, womit Er bekunden wollte, daß Gott nicht den menschlichen Vorstellungen von Person und Ort unterliegt. Wenn Er sollte gesehen werden, könnte das nur sein in der Form irgendeines Seiner Geschöpfe; eine solche hat Er aber nicht; darum ist es vollkommen unmöglich, daß Er gesehen werden könnte, außer daß Er eine für Seine Geschöpfe wahrnehmbare Form annehme, wozu Er natürlich die Macht hat. Aber dann ist es eben nicht ein unmittelbares Schauen Gottes - das ist unmöglich -, sondern ein mittelbares, wie wir es im Alten Testament wiederholt finden (siehe 1. Mose 18,1.2ff. u. V. 22-33; 2. Mose 33,11a; 4. Mose 12,5.8 und andere Stellen) und wie es im Neuen Testament in der Person des Herrn Jesus uns in wunderbarster, vollkommener Weise vor Augen

1,18; 14,9-11), sondern Gott war in Ihm gegenwärtig (2. Kor. 5,19; Kol. 1,19), und Er wird auch in der Herrlichkeit in Ewigkeit Der sein, in welchem der unsichtbare Gott gesehen werden wird, was wir klar daraus ersehen, daß Er „das Bild Gottes“ (2. Kor. 4,4), „das Bild des unsichtbaren Gottes“ (Kol. 1,15) genannt wird. Das Wort sagt uns also klar, daß wir Gott Selbst nicht sehen können, in bezug auf den HErrn aber sagt es uns. „... wir werden Ihn sehen, wie Er ist“ (1. Joh. 3,2). Gott Selbst kann nicht gesehen werden, aber Er hat in Seinem geliebten Sohne, unserem verherrlichten HErrn und Heilande, uns Sein Bild gegeben! Wie wunderbar ist das! Wenn nun Matth. 5,8 gesagt ist: „... sie werden Gott schauen“, kann das nach dem, was wir vorstehend festgestellt haben, entweder nur in abstrakter (nicht buchstäblicher, sondern bildlich angewandter) Weise oder in der vorstehend eben erklärten (mittelbaren) Weise gemeint sein. Das letztere kommt dem Zusammenhange nach - es werden hier die Charakterzüge derer gezeigt, die auf das „Reich der Himmel“ warten, und dieses ist nicht droben in der Herrlichkeit, sondern hat seinen Platz auf dieser Erde, wie Matth. 13,24-50 klar zeigt - nicht in Frage, sondern nur das erstere: Die, welche reinen Herzens sind, sind glückselig, weil sie dadurch in einem inneren Zustande sind, in welchem sie Gott gleichsam persönlich fühlen, wirklich erleben, Gemeinschaft mit Ihm haben (wie dies im menschlichen Leben der Fall ist, wenn wir in der Gegenwart einer Person weilen, die wir hochschätzen und lieben). Es ist nicht nur das Bewußtsein Seiner Gegenwart, sondern mehr - ein Genießen Seiner Person, wie Er Sich uns geoffenbart hat; das drückt das Wort „schauen“ aus! Es ist also etwas, was wir hier auf der Erde, jetzt, erfahren dürfen und sollen, und spricht nicht von dem, was droben, in der Herrlichkeit, einst sein wird. -

In Hebr. 12,14 beziehen sich die Worte „ohne welche niemand den HErrn schauen wird“ auf das Schauen des HErrn in der Herrlichkeit, aber es soll in diesem Verse uns keineswegs gesagt werden, daß wir dadurch, daß wir „dem Frieden mit allen und der Heiligkeit nachjagen“, uns etwa dafür passend machen, den HErrn zu schauen, sondern der Vers zeigt uns, was zur Verwirklichung des im vorhergehenden Verse Gesagten notwendig ist: daß wir mit allen in Frieden sind und ein Leben der Heiligkeit - des „Geheiligtseins“ - führen, und ermahnt uns, nach diesem mit ganzem Herzen und allem Ernst zu trachten („jaget nach“!). Wenn es dann weiter

gezeigt: daß sie eine unerläßliche Eigenschaft aller derer ist, die den HErrn schauen werden - also mit zu dem gehört, was die Seinen passend macht, dort zu sein, wo Er ist! Dazu können unsere Anstrengungen nichts beitragen, sondern es ist das freie Geschenk Seiner wunderbaren Liebe und Gnade in Christo Jesu (Eph. 1,6). In Ihm sind wir bereits „Geheiligte“ und „Heilige“ (siehe Joh. 17,19; Röm. 1,7; 1. Kor. 1,2; 2. Kor. 1,1 usw.). Darum kann die Aufforderung, der Heiligkeit nachzujagen, nicht bedeuten, daß wir sie durch unsere Anstrengungen zu erlangen suchen sollen, sondern sie kann nur bedeuten, daß wir diese Heiligkeit, die wir in Christo vor Gott bereits besitzen, in unserem Leben mit allem Ernst praktisch zu verwirklichen suchen sollen! Wohl werden wir darin immer unvollkommen sein und hinter dem Ziel Gottes mit uns zurückbleiben, aber unser Herz sollte allezeit auf dieses Ziel entschieden gerichtet sein! In welchem Maße wir dies tun, wird einst offenbar werden, und je nachdem wir es getan haben, wird unser Lohn sein. Es werden darin große Verschiedenheiten sein, aber den HErrn schauen werden trotz dieser Verschiedenheiten alle Erlösten, denn alle besitzen diese „Heiligkeit“, weil sie Ihn besitzen, der Sich für sie hingegeben hat, in dem sie eine neue Schöpfung sind, der Sich Selbst für sie geheiligt hat. Die Menschen, welche den HErrn nicht schauen werden, weil sie die „Heiligkeit“ nicht besitzen, sind keine Erlösten; solche können aber auch gar nicht „der Heiligkeit nachjagen“, weil ein Mensch dies erst dann kann, wenn er Leben besitzt; ohne dieses weiß er auch gar nichts von dieser Heiligkeit, so gelehrt und so religiös er auch sein mag. Aber der Gläubige weiß von dieser Heiligkeit und besitzt sie, kann und soll ihr „nachjagen“, indem er sie in seinem täglichen Leben zu verwirklichen sucht, und wird einst „den HErrn schauen“!

Wenn wir mit Vorstehendem den ersten Teil der Frage mit Ja und den zweiten Teil mit Nein beantwortet haben, weil das Schauen des HErrn etwas ist, was ganz allein auf Seiner Gnade beruht, so möchten wir doch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß das in Matth. 5,8 und Hebr. 12,14 Gesagte uns nie wichtig genug sein kann! Wir haben schon erwähnt, daß der Lohn, den wir einst empfangen werden, dadurch bestimmt werden wird, wie wir uns in unserem Leben praktisch zu diesen Dingen gestellt haben, denn nur insoweit konnten und können wir etwas tun, was eines Lohnes wert ist, als wir reines Herzens gewesen sind und dem Frieden mit

geht uns viel verloren, wenn wir darin lässig waren. Darum laßt uns sorgfältig darauf achten, daß wir ein reines Herz haben, und mit aller Entschiedenheit dem Frieden mit allen und der Heiligkeit nachjagen! Tun wir das, dann verdienen wir uns zwar nicht dadurch das, was Gott uns in Seiner unendlichen Liebe aus freier Gnade schenkt, aber wir haben dadurch großen Segen schon hier und herrlichen Lohn einst in der Ewigkeit!

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Vorstehende Antwort, die meine vollste Zustimmung findet, wird vielleicht einigen Lesern befremdend sein vor allem in der Behandlung der ersten Stelle. Denn es wird viel davon geredet, daß ein reines Herz die Vorbedingung für das Schauen Gottes in der Herrlichkeit ist, und das sogar von lehrenden Brüdern, denen man solche Unklarheiten eigentlich nicht zutrauen sollte. Daraus entsteht dann gar leicht die (grundfalsche) Auffassung von der Elite- oder Auswahlentrückung, von der in der Schrift aber nicht nur nichts zu finden ist, die vielmehr die Dinge geradezu auf den Kopf stellt. Das zeigt obige Antwort Auch, aber die Meinung ist so weit verbreitet, daß man sie gar nicht ernst genug abweisen kann. Die Entrückung ist doch - gleichlaufend und auf gleicher Stufe mit der Erlösung unseres Leibes (Phil. 3,20.21) - die Frucht der Gnade Gottes; wäre es nicht so, so wäre die Erlösung von Seele und Geist wohl von der Gnade abhängig, aber zu der des Leibes genügte die Gnade nicht, da müßte der Mensch mitwirken! Aber der Mensch ist ein unteilbares Ganzes von Leib, Seele und Geist, und so gut letztere durch die Gnade erlöst sind, so gut ersterer, wenn auch der Zeit nach die völlige Erlösung des Leibes später in die Erscheinung tritt als die von Seele und Geist, und das hat ja auch seine guten Gründe, da im Leibesleben die Bewährungszeiten durchgemacht werden müssen, die dann den Lohnempfang vorbereiten. (2. Kor. 5,10; Offenb. 22,12)

Das „Schauen Gottes“ ist, wie in Antwort A gezeigt, etwas anderes als das Sehen des HErrn in Seiner Herrlichkeit. Freilich darf man nicht allzuviel Gewicht auf das deutsche Wort „schauen“ legen, denn das betr. griechische Wort bedeutet ebensogut „sehen“ und ist so auch in vielen

anderen Stellen übersetzt, wo „schauen“ nicht so sehr am Platze wäre, man vgl. z. B. Matth. 24,30; 26,64; Joh. 3,36; 16,16.22; 19,37; Apgesch. 2,17; 18,15; 20,25 u. a. Man kann natürlich auch „schauen“ sagen, aber das Wort „Schauen“ ist doch, wie Antwort A sagt, mehr eine Art von Genießen dessen, was man sieht, also „schaut“, in unserem Falle ein Genießen der Person des HErrn (Hebr. 12,14) oder Gottes (Matth. 5,8). Tatsächlich sagen die meisten Übersetzungen ja auch „Gott schauen“ und legen so der Stelle eine andere Bedeutung bei, als wenn sie sagen würden „Gott sehen“.

Die Schwierigkeit der Stelle Matth. 5,8 liegt mehr in dem Gegensatz gegen Stellen, die eben mit Gottes Ausspruch ein unsererseits-Gott-Sehen-Können für unmöglich erklären; obige Antwort Gibt solche Stellen an; man lese dazu aber auch 2. Mos. 33,20! (Vgl. darüber auch Jahrb. 1, Frage 28, und Jahrb. 3, Frage 17) Demgegenüber aber gibt es auch wieder wunderbare Stellen, die von einem „Schauen Gottes“ im Alten Testament so deutlich reden, daß wir gezwungen sind - da wirkliche Widersprüche in der Schrift nicht vorhanden sind! -, in diesem „Schauen“ eben doch etwas anderes als ein buchstäbliches Sehen zu erblicken. Solche Stellen sind z. B. 1. Mose 32,27-31 (V. 28.30: „Gott“) und 2. Mose 24,9-11! (V. 10.11 „Gott“) übrigens ist in dieser Stelle nicht Gott beschrieben, sondern der Ort, darauf Er stand - also schon diesen zu schauen war gleichsam wie ein Schauen Gottes! Auf solche Stellen, wie oben genannt, wo wir Gott schauen in Seinem Sohne oder im „Engel des Bundes“ u. dgl., gehe ich nicht mehr ein, ebensowenig wie auf solche vom „Sehen des HErrn“. Es ist ja auch für unser geistliches Empfinden leichter, das Schauen des HErrn, der Mensch ward um unsertwillen, uns vorzustehen als das Schauen Gottes, des Dreimalheiligen!

Aber aus solcher Stelle wie 2. Mose 24,9-11 geht m. E. klar hervor, daß das Schauen Gottes, wie Antwort A sagt, wie ein inneres Genießen Seiner Person ist. Aber wenn nun behauptet würde, gerade das hätten wir doch in der Herrlichkeit zu erwarten, und somit bezöge sich Matth. 5,8 doch auf diese, so möchte ich an die lieben Leser die Frage stellen, mit welchem Rechte sie dies eine Stück aus der Reihe von neun Glückseligkeiten herausnehmen, um es auf die zukünftige Herrlichkeit beim HErrn zu deuten, während doch die Verheißungen aller anderen acht sich auf die Segnungen im „Reiche der Himmel“ beziehen, das, wie Antwort A sagt, seinen

Platz auf dieser Erde hat (vgl. des Verf. Aufsatz in Jahrb. 14, Seite 30ff.). Nein, die köstliche Verheißung, Gott zu schauen, die denen „reinen Herzens“ zugesprochen wird, kann m. E. nach allem Gesagten sich „nur“ auf Segnungen, die hienieden genossen werden, beziehen. Der Schreiber des apokryphischen Buches Tobias hat in dem bekannten Wort „Dein Leben lang habe Gott vor Augen und im Herzen usw.“ (4,6) ähnliches als möglich ausgesprochen und offenbar zu erleben getrachtet. Es gibt eine innere Schau Gottes, die dem reinen Herzen Glückseligkeit vermittelt, und nur ein solches Herz, in dem Böses und Unsauberes keinen Platz hat, kann solchen Schauens teilhaftig werden, das sein Inneres erquickt. Das steht in Wechselbeziehung. -

Wir müssen uns nun alle fragen, ob wir diese Gluckseligkeit genießen oder ob wir kein reines Herz haben, sondern Böses darin beherbergen, so daß eine Scheidung zwischen Gott und uns da ist. (Jes. 59,2!!) Einige Psalmstellen zeigen uns auch diese innere Verbindungslinie zwischen dem reinen Herzen und der Gemeinschaft mit Gott. Ps. 24,3-6 (V. 5 „Gott“); Ps. 51,6-18 (10!); 73,1! Wie deutlich reden diese Worte, wenn auch alttestamentlich! Das Herz steht für Willen und Beweggründe - ist unser Herz ungeteilt? Wandeln wir in Unvermischtheit? Wenn „ja“, so haben wir innere Gemeinschaft mit Gott und genießen Seine Ströme der Wonne und freuen uns Seiner Nähe, wenn „nein“, so sind wir auch Kinder Gottes, die einst, und wer weiß wie bald, den HErrn schauen werden, aber wir wissen nichts von jener Glückseligkeit zu rühmen, unser Leben ist schal und leer, und über den Lohn solches Lebens steht etwas in 1. Kor. 3,15! Gott bewahre uns davor!

Die Auslegung der zweiten Stelle scheint mir sehr wichtig. Ich erinnere mich, wie ich einst in einer großen Gemeinde die Stelle ebenso ausgelegt hatte und nachher Brüder zu mir traten, die mit einem Aufwand vieler Worte, die schließlich sehr ungehalten klangen, mich zu überzeugen suchten von der Falschheit meiner und der Richtigkeit ihrer Anschauung, der zufolge unser Schauen des HErrn nur von unserem Jagen nach der Heiligkeit abhängig sei(!!). Ich sagte ihnen, wie furchtbar das sei und in was für ein unnüchternes „Jagen“ man dann hineinkäme und wie schließlich Fleischesheiligung oder auch Sündlosigkeitsbestrebungen - beides gleich verwerflich! - die Folgen solchen Mißverstehens dieser einfachen und so schönen

Stelle seien, aber sie ließen sich nicht bekehren; hoffentlich denken sie heute anders!

„Jaget nach“, kann auch wiedergegeben werden mit „strebet nach“ (so Elberf. in 2. Tim. 2,22, wo übrigens auch vom „reinen Herzen“ die Rede ist!). Dieses „Streben“ und „Nachjagen“ ist höchst wichtig im Blick auf V. 13 und 15. Als Gläubige sind wir in der Stellung des „Geheiligtseins“ in Christo Jesu, aber unser praktischer Zustand, unser Wandel und Verhalten kann darin mangelhaft sein, indem wir nicht tun nach V. 15 und womöglich Ähnlichkeit haben mit Esaumenschen (vgl. Jahrb. 17, Frage 8). Dabei aber ist die Heiligkeit oder das Geheiligtsein die Bedingung für das Schauen des HErrn, und in dem Maße, wie uns dieses eine köstliche Aussicht ist, werden wir danach streben, unser Geheiligtsein, d. h. unsere Absonderung von der Welt, vor ihr auszuleben. Es ist also ganz anders, als jene Brüder meinen: sie sehen in unserem Streben nach Heiligkeit oder Geheiligtsein die Grundlage für unser Schauen des HErrn (wie unsicher wäre dann letzteres für uns!!), während die Stelle der Schrift sagt, daß das Geheiligtsein die Bedingung für das Schauen des HErrn ist - und da ist uns letzteres sicher, und auch für das subjektive, persönliche Streben haben wir erst die rechte Möglichkeit in der objektiven, von Gott aus bestehenden Tatsache unseres Geheiligtseins. Warum nun aber das Streben, das Nachjagen, das praktische Darinleben? Nach dem Zusammenhang: der Gemeinschaft mit anderen und mit dem HErrn wegen, um anderen zu helfen, ihrer Stellung gemäß zu wandeln und nicht matt zu werden. Ein nicht von Gott und für Gott Geheiligter = Abgesonderter kann nimmermehr den HErrn schauen - welch ein Antrieb für uns, praktisch zu offenbaren, wer wir sind durch Seine Gnade, die uns für Ihn abgesondert hat! Noch einmal: wie gut, daß das Schauen des HErrn nicht von unserem Jagen und Tun abhängig ist, sondern von Seinem Getanhaben! Denn wer könnte je sagen, er hätte „genug getan“, um nun zu wissen, daß er Ihn sehen würde? Und wissen wir das etwa nicht? Ja, gepriesen sei Gott, das wissen wir! (1. Thess. 4,17 usw.)

Zusammengefaßt also nochmals: Ja, alle wahren Kinder Gottes werden - geistlicherweise - Gott schauen, erleben ihn innerlich, genießen die Glückseligkeit Seiner Gemeinschaft, sofern sie „reinen Herzens“ sind, und die Bedingung von Hebr. 12,14 ist keine unseres „Jagens“, Rennens und Laufens, also unseres Tuns, sondern der Heiligkeit und des Geheiligtseins in Christo Jesu,

das in Ihm uns zuteil geworden ist; aber unser Nachjagen und Streben nach diesem Geheiligtsein ist die geistliche Folge unseres Besitzes desselben, um auf diese Weise uns selbst und anderen zu helfen, einen freudigen Ausblick auf das baldige Schauen des HErrn.zu haben - und das alles zu Seiner Ehre! Amen.

F. K.

Zur Beachtung!

Wunderbarerweise, und nicht etwa nach Verabredung der beiden Schriftleiter, sind in dieser Lieferung mehrmals die gleichen Schriftworte und Gegenstände an verschiedenen Stellen genannt und behandelt. Das ist offenbare Geistesleitung, und der HErr hat uns sicher viel damit zu sagen. Man vergleiche z. B. den ersten Aufsatz mit der Frage 7 oder auch mit Seite 134 und 136 u. a.!

Der HErr werde durch alles verherrlicht!

(Die Schriftleitung.)

„Jaget nach ... der Heiligkeit, ohne welche niemand den HErrn schauen wird.“

(Hebr. 12,14)

So wie wir nach Frieden mit allen nur trachten können, wenn Gottes Friede unser Herz regiert, so können wir auch nur der Heiligkeit nachjagen, wenn wir Geheiligte in Christo Jesu geworden sind. Ehe der Apostel deshalb die Hebräer ermahnt, der Heiligkeit nachzujagen, schreibt er ihnen, daß sie „geheiligt sind durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi“. (Hebr. 10,10) Weil sie Geheiligte waren, sollten sie als solche auch der Heiligkeit in ihrem praktischen Leben nachjagen.

Bevor wir uns aber hiermit weiter beschäftigen, müssen wir wissen, was die Schrift mit „heilig“

bis zur Sündlosigkeit, ja bis zur Ausrottung der Sünde und der alten Natur usw. Wenden wir uns aber zum Worte Gottes und prüfen wir dieses sorgfältig, so finden wir, daß das Wort „heilig“ (ob es in Verbindung mit Personen oder Dingen usw. gebraucht wird) in der Schrift die Grundbedeutung von „abgesondert“ hat.

Nehmen wir eine Konkordanz zur Hand und schlagen die Stellen in der Schrift nach, in denen die Worte „heilig“, „heiligen“, „Heiligung“ usw. gebraucht werden, so werden wir unter Beachtung des Zusammenhanges bestätigt finden, daß der Grundbegriff dieser Worte „abgesondert“ ist, ein Abgesondertsein von dem Bisherigen, Gewöhnlichen oder Allgemeinen, und zwar für eine neue Stellung und Bestimmung. Nur einige wenige Stellen der Schrift mögen hier zur Prüfung angeführt werden!

1. „Ihr sollt Mir ... eine heilige Nation sein.“ (2. Mos. 19,6) Das Volk Israel war nicht tadelloser, reiner oder besser als andere Völker, Gott aber wollte es in eine besondere Stellung und Beziehung zu Sich Selbst bringen und heiligte - sonderte es zu diesem Zweck von allen anderen Völkern der Erde ab.

2. „Heilige Mir alles Erstgeborene, was irgend die Mutter bricht unter den Kindern Israel, an Menschen und an Vieh; es ist Mein.“ (2. Mos. 13,2) Gott forderte, daß alles Erstgeborene in Israel Ihm geheiligt - Ihm abgesondert werden sollte. Er forderte es für Sich: „Es ist Mein.“ Diese Erstgeborenen, ob Menschen oder Tiere, waren nicht vollkommener oder vorzüglicher als alle anderen, aber sie sollten geheiligt, abgesondert werden von allen anderen für Gott zu Seinem Gebrauch und Dienst.

3. Im Neuen Testament finden wir das Wort „heilig“ zum ersten Male in Verbindung mit Jerusalem, der „heiligen Stadt“. (Matth. 4,5) Weiter redet die Schrift von: heiligen Gefäßen, heiligem Schmuck, heiligem Wasser, heiligem Bund, heiligem Tempel, heiligen Händen, heiligem Kuß usw. Welche Anwendung kann „heilig“ in der Bedeutung einer inneren Reife oder Vollkommenheit in diesen Verbindungen finden? Jerusalem war nicht reiner oder besser als andere Städte. Über diese Stadt weinte der HErr, und in ihr wurden Er gekreuzigt. Aber selbst

hatte diese Stadt von allen anderen abgesondert, weil Sein Name dort wohnen sollte. (2. Chron. 12,13)

4. „Saget ihr von dem, welchen der Vater geheiligt ... hat: Du lästerst?“ (Joh. 10,36) In dieser Schriftstelle wird „heilig“ auf den Sohn Gottes angewandt. Wenn „geheiligt“ sein mit innerer Reife, vermehrter Reinheit und Heiligkeit verknüpft ist, wie könnte es dann auf den angewandt werden, der immer „der Heilige“ war und dessen Kommen in die Welt angekündigt wurde mit: „Das Heilige, das geboren ..., wird Gottes Sohn genannt ...“ (Luk. 1,35) Was hier aber gesagt wird, ist, daß der Vater den Sohn geheiligt - Ihn abgesondert und für die Vollführung des Werkes der Erlösung in die Welt gesandt hat.

5. Und weiter sagt der HErr Joh. 17,19: „Ich heilige Mich Selbst für sie, auf daß auch sie Geheiligte seien durch Wahrheit.“ Kurz bevor Er Sein Werk vollendete und die Welt verließ, sagt Er - der vom Vater „Geheiligte“ -, daß Er nun Sich Selbst für die Seinigen heiligt - absondert und gen Himmel fährt, um Sich dort für sie zu verwenden, damit sie durch das Licht der Wahrheit auch Geheiligte - Abgesonderte - von der Welt seien, die Ihn verworfen hat.

6. „Der ungläubige Mann ist geheiligt durch das Weib (oder in dem Weib), und das ungläubige Weib ist geheiligt durch den Bruder (oder in dem Bruder); sonst wären ja eure Kinder unrein, nun aber sind sie heilig.“ (1. Kor. 7,14) In dieser Schriftstelle wird das Wort „heilig“ in Verbindung mit äußeren und irdischen Verhältnissen gebracht. Der ungläubige Mann ist durch seine Willigkeit, mit seinem gläubig gewordenen Weibe weiterhin zusammenzuleben, in Gottes Augen geheiligt - abgesondert -, nicht in Christo Jesu, sondern in seinem Weibe - nicht in bezug auf ewige Segnungen, sondern in bezug auf äußere Segensvorrechte und -einflüsse durch sein Weib. So wie Speise durch Gebet geheiligt - abgesondert wird von anderer Speise (1. Tim. 4,5), so wird auch der ungläubige Mann durch seine eheliche Gemeinschaft mit einer Gläubigen abgesondert und unterschieden gesehen von Männern mit ungläubigen Weibern. Ebenso ist es mit den Kindern. Sie sind heilig (nicht gerettet), abgesondert gegenüber Kindern, die nicht in der Zucht und Ermahnung des HErrn erzogen werden.

wird: „Alle, die sich für die Gärten heiligen und sich reinigen hinter einem Götzenpriester in der Mitte her ..., die sollen allesamt ein Ende nehmen.“ (Jes. 66,17 - Menge-Übers.)

Wir kehren nun nach dieser Unterbrechung zur Betrachtung unseres Schriftwortes zurück. Wie oben gesagt, nachdem der Apostel den Hebräern geschrieben hatte, daß sie durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Christi geheiligt seien, forderte er sie nun auf, der Heiligung nachzujagen. Das erste hatte Gottes Gnade an ihnen getan, das zweite sollten sie tun.

Das gleiche finden wir bei den Korinthern. Paulus schreibt ihnen, daß sie „Geheiligte in Christo Jesu“, „berufene Heilige“, seien. (1. Kor. 1,2) Gottes Gnade hatte sie „abgewaschen“, „geheiligt“, „gerechtfertigt“. (1. Kor. 6,11) Dann aber werden sie ermahnt: „Die Heiligkeit zu vollenden in der Furcht Gottes.“ (2. Kor. 7,1) Das eine hatte Gott getan, das andere sollten sie tun.

Wir sehen somit, daß die Schrift in zwei verschiedenen Weisen von der Heiligung spricht, und dies ist höchst wichtig zu beachten. Sie spricht von der Heiligung 1. als von einem vollkommenen Werk der Gnade Gottes an uns, welches eine vollendete Tatsache ist, und 2. als von einer praktischen Heiligung, die nach dem Maße der Treue des Gläubigen wachsend und fortschreitend ist und deren Vollendung durch uns bewirkt werden soll.

Wenn Gott in Seiner Gnade mit dem Sünder handelt, so ist das erste, daß Er ihn von dem Schmutz seiner Sünden wäscht, ihn heiligt und rechtfertigt. So finden wir es in 1. Kor. 6,11: „Solches (Räuber, Trunkenbolde usw.) sind euer etliche gewesen; aber ihr seid abgewaschen, aber ihr seid geheiligt, aber ihr seid gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes.“ Sie wurden gewaschen von ihrer Unreinheit; sodann geheiligt - abgesondert von dem, was sie zuvor waren, und in eine neue Stellung gebracht, in welcher sie Zutritt ins Heiligtum hatten; alsdann folgt „gerechtfertigt“ - von Gott auf Grund des Todes und der Auferstehung Jesu Christi für gerecht erklärt.

Dies ist eine beachtenswerte Reihenfolge, die uns zeigt, wie Gott in Seiner Gnade mit dem

Sünder handelt. Er wäscht ihn, sondert ihn für Sich ab und spricht ihn gerecht. Vielleicht sagt jemand, daß die Reihenfolge in 1. Kor. 1,30 entgegengesetzt sei. Dort heißt es, daß Christus Jesus uns geworden ist „Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung“. Und doch ist die Reihenfolge die gleiche (Heiligkeit bleibt in der Mitte), sie wird nur von zwei Entgegengesetzten Gesichtspunkten aus gesehen; das eine Mal von der Seite des Sünders aus, das andere Mal von Gottes Seite aus.

Diesem Geheiligtsein auf Grund des Opfers Christi fügen wir durch unser Werk und unser Verhalten nichts hinzu. Es ist ein Heiliggemachtsein aus Gnaden, in welchem es keine verschiedenen Stufen oder Grade gibt, ebensowenig wie es solche in der Erlösung oder Rechtfertigung gibt. Was von Gottes Seite geschieht, ist vollkommen.

Wir kommen nun zu der zweiten Seite - zur Heiligkeit, die von uns vollendet werden soll. Jedes Kind Gottes ist ein Geheiligter in Christo Jesu, d. h. er ist durch Gottes Gnade in Christo Jesu abgesondert für Gott und deshalb auch verantwortlich, als ein Geheiligter für Gott zu leben. Während, wie schon gesagt, in dem „Geheiligtsein“ es keine verschiedenen Stufen noch Grade gibt, gibt es solche aber im praktischen Ausleben desselben.

Die Korinther entsprachen in ihrem Wandel und Verhalten nicht ihrer hohen Stellung, Geheiligte in Christo Jesu zu sein. Neid und Streit waren in ihrer Mitte. Paulus konnte zu ihnen nicht als zu Geistlichen reden, sondern als zu Fleischlichen, die nach Menschenweise wandelten. (1. Kor. 3,1-3) Und dennoch zögerte der Apostel nicht, ihnen zu schreiben, daß sie geheiligt seien, und sie als „Geheiligte in Christo Jesu“ und als „berufene Heilige“ anzureden. Aber eben deshalb konnte der Apostel sie auch ermahnen, sich selbst zu reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes und die Heiligkeit zu vollenden in der Furcht Gottes. (2. Kor. 7,1)

Und so wie die Korinther, werden auch die Hebräer in unserer Schriftstelle ermahnt, dieser ihnen aus Gnaden zuteil gewordenen Heiligkeit - ohne welche niemand den HErrn schauen wird - nachzujagen und sie im praktischen Leben zu verwirklichen. Dieses Nachjagen muß die naturgemäße Folge unseres Geheiligtseins auf Grund des Opfers Christi (gleichsam die Antwort

noch nicht erfaßt, wie können wir dann dem Geheiligtsein nachjagen? Solches würde nur ein Mühen in eigener Kraft sein, in welchem das eigene Ich zum Hauptgegenstand der Betrachtung und Beschäftigung unseres Herzens gemacht wird.

Sicher ist das Verlangen nach einem heiligen Leben von dem Heiligen Geiste gewirkt. Es kann nicht anders sein. Gottes Werk der Heiligung ist der Anfang und Ausgangspunkt eines neuen Lebens und inneren Triebes, seine Glieder nicht mehr in den Dienst der Unreinigkeit und Gesetzlosigkeit, sondern der Gerechtigkeit und Heiligkeit zu stellen. (Röm. 6,19) Der Gläubige kommt aber nicht eher dahin, bis er das völlige Errettungswerk Gottes erfaßt hat. Das, was darin unbefestigte Seelen niederdrückt, ist nicht das, was sie getan haben, sondern das, was sie selbst sind; nicht ihre Sünden beunruhigen sie - sie wissen, sie sind vergeben -, sondern ihre Unfähigkeit, Gott zu leben. Kurz, sie haben die Erfahrungen von Röm. 7,12 bis hin zu Röm. 8,2 noch nicht gemacht. Sie seufzen unter dem Gesetz in ihnen, welches dem Wollen des Geistes entgegen ist und demgegenüber sie die Kraft in sich vermissen, es wegzubringen. Bevor wir unsere völlige Errettung und Befreiung in Christo Jesu mit dem Herzen des Glaubens ergriffen haben, können wir aber dem, was Gottes Gnade für uns getan und aus uns gemacht hat, unmöglich entsprechen. Unsere Seele muß erst die Wahrheit unseres Geheiligtseins von seiten Gottes erfaßt haben, ehe wir die Heiligkeit vollenden können, denn unsere praktische Heiligkeit gründet sich ja darauf, daß wir „Heilige“ sind und nicht erst durch unseren „heiligen Wandel“ werden. Ein würdiger Wandel macht niemanden zu einem „Geheiligten“ in Christo Jesu, sondern umgekehrt, die Heiligung des Geistes macht uns zu Gottes würdig wandelnden Menschen. (1. Petr. 1,2; 2. Thess. 2,13) Auf Sein Wort: „Ihr seid abgewaschen, ihr seid geheiligt“, antwortet unser Glaube mit einem Wandel, „wie es Heiligen geziemt“, und wir rühren Unreines nicht an“. (Eph. 5,3; 2. Kor. 6,17)

Der Mensch im Fleische aber kann der Heiligkeit nicht nachjagen, und der Gläubige vermag es nur nach dem Maße seines Wachstums in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus (2. Petr. 3,18) und seines Gewurzelt- und Gegründetseins in der Liebe. (Eph. 3,17) Deshalb betete der Apostel auch für die Thessalonicher: „Euch aber mache der HErr völlig und überströmend in der Liebe ... um eure Herzen tadellos in Heiligkeit zu befestigen usw.“ (1.

Thess. 3,12 u. 13) Er wußte, daß, wenn ihre Herzen tadellos in Heiligkeit befestigt sein sollten, dies nicht, wie manche heute lehren, von einem besonderen Erfahrungsakte abhing, sondern davon, daß sie völlig und überströmend in der Liebe seien. Heiligkeit ist eine Wirkung der Liebe, einer Liebe, die ihre Quelle in dem Herrn Jesus hat und die zu denen ausströmt, die aus Gott geboren sind. (1. Joh. 5,1)

Deshalb schreibt auch Petrus: „Heiliget Christus, den HErrn, in euren Herzen.“ (1. Petr. 3,15) Das Herz muß Ihm geöffnet sein. Jagen wir der Heiligung nach, dann heiligen wir Ihn in unserem Herzen. Abgesondert von allem, was Anspruch an unser Herz macht, empfängt Er darin den Ihm gebührenden höchsten Platz, und für Götzen ist kein Raum mehr. Dann ist Er der Herr über alles im Herzen, dann bleibt kein Gedanke, keine Neigung, kein Wort, keine Handlung, über welcher Er nicht steht. Dann sind wir nicht mehr unser selbst.

Wir sehen, wie wichtig die Ermahnung ist: „Jaget nach der Heiligkeit, ohne welche niemand den HErrn schauen wird.“ Bald wird der große Tag der Offenbarung anbrechen, wo „wir Ihn sehen werden, wie Er ist“ (1. Joh. 3,2), aber schon vor diesem herrlichen Tage können wir Ihn schauen, nicht mit unseren leiblichen Augen, aber mit den Augen unseres Herzens (Eph. 1,18), die im Nachjagen der Heiligkeit immer mehr geöffnet werden, Ihn „mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt“ zu sehen. Doch hiermit wollen wir uns nicht mehr beschäftigen, hierüber ist bereits auf Seite 138ff. geschrieben worden. (Frg. 7!)

Der HErr betete einst für die Seinigen: „Heilige sie durch die Wahrheit; Dein Wort ist die Wahrheit.“ (Joh. 17,17) Möchten wir uns noch viel mehr mit dem teuren Worte unseres Gottes befassen, um die heiligende Kraft desselben an unserem Herzen zu erfahren!

A. v. d. K.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

In den schon erschienenen sechs Lieferungen dieses Jahres haben wir uns mehr oder weniger eingehend mit 14 verschiedenen Punkten beschäftigen dürfen, als mit Dingen, zu denen wir „jederzeit bereit“ sein müssen oder sollten. Außerdem habe ich in der letzten Lieferung noch sechs Dinge kurz mit Schriftstellen nur genannt, die uns ebenso „jederzeit bereit“ finden sollten, darunter die „Unterwerfung unter die obrigkeitlichen Gewalten“, d. h. der Gehorsam gegen die Regierung und die stete treue Fürbitte für sie usw., wie auch unsere rechte Stellung in all solchen Angelegenheiten Gott gegenüber nach des Herrn Jesu Wort Matth. 22,21!

Dann kündigte ich an, daß ich nunmehr, anschließend an diese 20 mehr oder minder ausführlich behandelten Gebiete, übergehen wolle zur Betrachtung der Titelstelle selbst, d. h. daß uns, s. G. w., jetzt noch der Punkt beschäftigen solle, der in der Schriftstelle der Überschrift eigentlich gemeint ist, denn das Schriftwort, dessen Anfang uns nun durch die so häufige Anführung sozusagen ins Herz gehämmert ist, lautet ja so:

Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert über die Hoffnung, die in euch ist, aber mit Sanftmut und Furcht; indem ihr ein gutes Gewissen habt ...!“ (1. Petr. 3,15)

Also wozu sollen wir hiernach „jederzeit bereit“ sein? „Jederzeit bereit“ zum (uns) Verantworten gegen Menschen!

Zur Verantwortung gegen jeden! Was ist das? Ist es das gleiche wie Antworten oder etwas Beantworten? Gewiß nicht! Es ist viel mehr, viel schwerer, viel ernster als antworten, so schwer dieses u. U. auch sein mag, denken wir z. B. an ein Examen! Aber „Verantwortung gegen jeden“ ist viel schwerer. „Sich-verantworten-müssen“ ist eine tiefernste Aufgabe, von der oft mehr als äußeres Gut, vielleicht sogar Gut und Blut, Leib und Leben abhängen kann. Beim Antworten brauche ich innerlich nicht beteiligt zu sein, ich kann vielleicht sogar neutral stehen, es ist nicht gesagt, daß es mich angeht, es kann ganz andere Leute oder Dinge betreffen, und die Verantwortung (eben diese in etwas anderem Sinne!) ist nicht so groß und drückend. Aber bei dem Sichverantworten - da kommt es sehr wohl auf mich an, auf mein innerlich-Dabeisein,

auf mein ganzes Sein, Geist, Seele und Leib. Es kann sich um ein Sichverantworten vor der hohen Obrigkeit handeln, und wer je dergleichen durchgemacht hat - ob schuldig oder unschuldig -, der weiß, daß es dabei auf jedes Wort, ja auf Miene und Blick, auf Gesichtsfarbe und Nervenruhe (Zittern?!), kurz, auf den ganzen Menschen ankommt. Da ist kein Ausweichen möglich, da ist man auch nicht „sein eigener Herr“, da heißt's von A bis Z dabei zu sein, soll nicht großer Schade entstehen. Man entschuldige die vielen Worte um diese schlichte Sache! Es könnte doch sein, daß sie nicht jedem so einfach erschiene. Am besten stellt man sich's vor, wenn man, wie gesagt, je in einem Streitfall um die eigene Sache hat kämpfen müssen und darum sich verantworten muß. Und dies übertrage aufs Geistliche, dann wird dir's erst recht ernst! Davon aber später!

Wie kommt aber der Apostel Petrus auf einen so ernsten Gegenstand? Darüber einige Worte aus dem Zusammenhang des ganzen Briefes!

Nachdem er in Kap. 2 von dem herrlichen geistlichen Hause gesprochen hat, das aus lebendigen Steinen gebaut wird, d. h. aus solchen, die mit dem lebendigen Steine, dem Herrn Jesus Christus, in Berührung gekommen sind (V. 4.5), geht er mit V. 11 über auf das praktische Glaubens- und Christenleben. Er hat vorher gezeigt (V. 9), was von uns, dem „auserwählten Geschlecht“, zu erwarten sei, daß wir „die Vortrefflichkeiten dessen verkündigen, der uns berufen hat usw.“ Und zwar haben wir das zu tun „in Wort und Werk und allem Wesen“, indem wir als rechte königliche Priester (Melchisedek!) aus dem Heiligtum heraustreten (Aaron - das heilige Priestertum! - hatte hineinzutreten, um die Sünden zu sühnen, Melchisedek, das königliche Priestertum! - kommt heraus aus der Gemeinschaft mit Gott, um zu segnen (1. Mos. 14,18ff.), um aus der Herrlichkeit der Vortrefflichkeiten des HErrn heraus die Menschen mit Segnungen zu erfreuen und zu beleben. Das eben geschieht in dem praktischen Leben der aus der Finsternis in Sein wunderbares Licht Berufenen. Und diese Ermahnungen beginnen mit V. 11. Da kommt's auf den Wandel in jeglichem Stande, in jeglicher Umgebung an! Dabei auch wieder der Hinweis auf die rechte Stellung zur Obrigkeit, auf die auch heute bei uns soviel ankommt. Dann wird gesprochen von dem praktischen Dienst der Hausangestellten, und in diesem Zusammenhang wird nachdrücklichst von Leiden geredet und von unserem rechten

Benehmen in denselben, welches wir nur von dem erhabensten Vorbild, dem des Herrn Jesus, kernen können. Dann kommen die Ehefrauen an die Reihe, auf deren Wandel doch auch soviel Wert zu legen ist, zumal zu dem Zweck, etwa noch ungläubige Männer zum Glaubensgehorsam zu bringen. (3,1ff.) Doch dann wird auch den Männern ihr Teil gesagt. (V. 7) Auf den Wandel eben aller Gläubigen richtet Petrus den Blick, denn ohne einen guten Wandel fehlt das wertvollste Stück unseres Zeugnisses vor der Welt, die es „befremdet“, daß wir so ganz andere Leute sind. (4,4!)

Schließlich kommt der Apostel - die einzelnen Klassen verlassend - auf alle und ihr Verhalten zu allen zu sprechen, zeigt unser Leben („im Gegenteil!“ V. 9) mit- und untereinander und ermahnt uns, auch die Zungensünden zu lassen. Dann - wenn diese Ermahnungen beachtet werden (die von V. 8 sonderlich, und da wieder vielleicht vor allem die „zur brüderlichen Liebe“), dann haben wir einen Gebete erhörenden Gott (V. 12, nur beiläufig: ob nicht manche ausgebliebene Gebetserhörung ihren Grund in dem mangelhaften Wandel gemäß dieser Stelle hat?!), und dann geht Petrus schon wieder über auf die Leidenslinie (wie in dem ganzen Briefe von Kap. 1 an!) und zeigt, welche Glückseligkeit in dem Leiden um die Gerechtigkeit liegt: nicht Furcht vor jenen sei unser Teil, sondern ein stilles für den HErrn im Herzen Abgesondertsein, das uns gewissermaßen furchtlos und treu macht in den uns auferlegten Schwierigkeiten.

Und dann folgt unsere Stelle von dem Sichverantworten! Ich denke, nun ist uns der Zusammenhang klar: Wir haben nach 2,9 das kostbare Leben des HErrn zu bezeugen (vgl. Apgesch. 1,8! oder Phil. 2,16), und dabei gibt's Leiden aller Art zu erdulden, und zwar auch solche, die uns vielleicht in das Gericht oder vor den Verhandlungstisch der uns gegnerischen Welt stellen, wo man uns ausfragt und aushorcht, vielleicht um einen Anlaß zu haben, gegen uns feindlich vorgehen zu können (vgl. Apgesch. 3-5!)

Wer weiß, ob diese Stelle nicht auch in politisch bewegten Zeiten oft ihre Kraft bewiesen hat oder beweisen wird. Denn „Sein Wort ist unseres Fußes Leuchte“ und „Sein Wort ist lebendig“. (Ps. 119 u. Hebr. 4,12)

in vielem könnten sie unsere Lehrmeister sein. Sie haben oft vor den dortigen Machthabern, Feinden Gottes, gestanden und Zeugnis abgelegt von der Wahrheit, von Jesus Christus, von Seinem Tode und Seiner Auferstehung. Manche haben ihre Treue in dem Sich verantworten mit dem Tode zu bezahlen gehabt, andere sind wunderbar befreit worden - alle aber, die um des Glaubens willen zur Verantwortung gezogen wurden, haben etwas geschmeckt davon, wieviel „besser es ist, wenn der Wille Gottes es will, für Gutestun zu leiden als für Bösestun“ (V. 17); alle, die sich durch Ihn in den Tiegel der Trübsal legen ließen, damit das Gold des Glaubens von den Schlacken befreit würde (vgl. 1,7!), haben etwas erfahren von Seinem innigen Mitgefühl und Seiner Barmherzigkeit (Jak. 5,11!), was so recht im Vollsinne erst in solchen „Ängsten für Christum“ (2. Kor. 12,10) erfahren werden kann. Und das wird jeder durchmachen, der die heilige „Bereitschaftsstellung“, das „jederzeit Bereitsein“ „zur Verantwortung gegen jedermann“ kennt, liebt und übt. Wer sich furchtsam „zurückzieht“ (Hebr. 10,38b!), wenn es gilt, in solcher Weise „den Grund der Hoffnung, die in uns ist“, zu bezeugen und sich über dieselbe zu verantworten, der lernt nie das köstliche „in aller ihrer Bedrängnis ward Er bedrängt“ (Jes. 63,9) kennen. Er erfährt nichts von dem, was die durch Saulus verfolgten Jünger wissen dürfen: wer sie verfolgt, verfolgt Ihn („Saul, Saul, was verfolgst du Mich?“ - „Ich bin Jesus, den du verfolgst!“ Apgesch. 9,4.5; 22,7.8; 26,14.15); er weiß nichts von der seligen Freude, wenn auch oft unter Tränen, die darin liegt, als „Sein Diener“ da sein zu dürfen, „wo Er, der HErr“ ist (Joh. 12,26; vgl. 15,20 usw.), und wie Er als ein Schlachtschaf angesehen zu werden (Röm. 8,35-37) oder mit in die Liste der Glaubenshelden zu gehören, die „ihr Leben nicht liebten bis in den Tod“!

Genug für heute von diesem so ernsten, aber auch so kostbaren „jederzeit Bereitsein“! Möge der HErr es uns überaus wichtig und kostbar machen, um Seinetwillen leiden zu dürfen, wenn Er es so will, und jederzeit bereit zu sein zur Verantwortung gegen jedermann, zu dem Uns-verantworten-zu-müssen über die Hoffnung, die in uns ist! Und was ist das für eine Hoffnung? Darüber, w. G., das nächste Mal!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.) F. K.

Wohin gehst Du? (Fortsetzung.)

3. Allianz.

Angesichts dieses traurigen Zustandes der Gemeinde Gottes haben sich in jüngster Zeit erfreulicherweise die Bestrebungen vermehrt, auf einen möglichst einheitlichen Zusammenschluß aller Kinder Gottes hinzuwirken. (Allianz.)

Eine solche Zusammenfassung kann nun Segen oder auch Gefahr bedeuten. Als Christen sollten wir, wie bereits betont, alle innerlich miteinander verbunden sein. Praktisches Zusammenarbeiten schließt jedoch oft Verleugnung der Wahrheit in sich, für die wir nach dem Stande unserer persönlichen Schrifterkenntnis einzutreten haben. „Wir vermögen nichts wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit.“ (2. Kor. 13,8)

„Wir sollen, der wahren Lehre getreu, durch die Liebe in allen Stücken in Ihn hineinwachsen, der das Haupt ist, Christus!“ (Eph. 4,15) Auch hat es keinen Wert, äußerlich für eine kurze Spanne Zeit eine Einheit vorzutäuschen, die doch nur bis zum Auseinandergehen bestehen bleibt.

„Gegen sich selbst so eng wie möglich, gegen andere so weit wie möglich“, ist wohl der beste Maßstab für das Zusammenwirken mit anderen Kindern Gottes. Feste Grenzen lassen sich nicht ziehen; man muß in jedem einzelnen Falle vom HErrn die Entscheidung erbitten. Er wird dann unsere Füße auf dem Wege des Friedens und der Wahrheit bewahren und unser unter der Freiheitsflagge des Kreuzes fahrendes Lebensschiff durch alle Klippen hindurch zum himmlischen Heimathafen steuern.

4. Religiöse Systeme.

Die Gemeinde besteht ausschließlich aus Kindern Gottes. Sie ist aus der Welt herausgerettet, hat also nichts mehr mit ihr gemein. (2. Tim. 2,4)

„Von mir aber sei es ferne, mich zu rühmen, denn allein des Kreuzes unseres HErrn Jesu Christi, durch welches mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt!“ (Gal. 6,14; Miniaturbibel)

Zwar weilen wir noch „in der Welt“ (Joh. 17,15; Matth. 10,16; 1. Kor. 5,9.10), sind aber nicht mehr „von der Welt“, sondern himmlische Bürger. (Eph. 2,19; Phil. 3,20)

Aus dieser uns von Gott gegebenen Stellung folgt, daß wir in Vereinigungen, die Gotteskinder und Weltkinder verbinden, keinen Platz haben dürfen. Wir haben insbesondere aus den weltlichen Kirchen durch Austritt auszuscheiden.

„Ziehet nicht mit Ungläubigen an demselben Joch.“ (2. Kor. 6,14-18. Ebenso: 3. Mose 20,26; 1. Kön. 8,53; Jes. 52,11; Jer. 51,45; Hebr. 13,10-14)

Alle religiösen Vereinigungen, sie mögen heißen, wie sie wollen, tragen ein gemeinsames Kennzeichen:

„Der HErr steht draußen!“ (Matth. 22,29; Mark. 7,6.7; Luk. 11,46; 2. Tim. 3,5) An dieser Tatsache ändert auch der Umstand nichts, daß sich in ihnen noch manche liebe Kinder Gottes befinden. Charakteristisch ist, daß die meisten gläubigen Pfarrer sich in der inneren oder äußeren kirchlichen Mission betätigen. Soweit sie jedoch noch „hauptamtlich“ tätig sind, fühlen sie sich in der Mehrzahl durch die häufig eintretenden Gewissenskonflikte recht unglücklich.

Die katholische Kirche will die Welt beherrschen (im Gegensatz zu Mark. 10,42-45 und Joh. 15,18-21). Die evangelische Kirche läßt sich von der Welt beherrschen (im Widerspruch mit 1. Kor. 7,23 und Jak. 2,1-6). Beides ist Sünde.

„Darum laßt uns zu Ihm aus dem Lager hinausgehen und Seine Schmach tragen!“ (Hebr. 13,13)

5. Äußerer Aufbau.

Das Haupt der Gemeinde ist der erhöhte HErr Selbst. (Eph. 1,22; 4,15; 5,23; Kol. 1,18) Er ist der alleinige HErr und Gebieter. (Jud. 4) Diese Betrachtung führt zur Frage der Organisation der Gemeinde. Sie beruht auf zwei Grundgedanken:

1. dem der gegenseitigen Ergänzung aller mit dem Worte dienenden Brüder (1. Kor. 14,26) und

2. dem der verantwortlichen Mitarbeit aller Glieder einer örtlichen Gemeinde. (Apgesch. 15,22; 17,11)

Was aus der Gemeinde wird, wenn diese beiden biblischen Richtlinien verlassen werden, hat die Entwicklung der Reichsgottesgeschichte gezeigt.

Die Gemeinde ist ein lebendiger Organismus. Ihre Organisation ist daher nur ihr Kleid. Ihr äußerer Aufbau ist nie Selbstzweck, sondern dient nur dem einen Bestreben, biblisches Leben zu entfalten. Dabei sind Verhältnisse, Umfang und Zusammensetzung einer örtlichen Gemeinde zu berücksichtigen. Gottes Wort stellt daher, abgesehen von der Durchführung der beiden soeben gezeigten Grundsätze, kein bestimmtes Schema auf. Einige Gemeinden hatten Älteste, andere keine. Vorsteher oder Aufseher, wie die Ältesten auch genannt werden, Diener, Evangelisten, Hirten und Lehrer gab es meist mehrere in einer Gemeinde, soweit praktisch die entsprechenden Gaben vorhanden waren. (Apgesch. 14,23; 1. Kor. 12,7-11.28; Eph. 4,11; 1. Tim. 3,8-12; 5,17; Tit. 1,5; 1. Petr. 5,1-4) Apostel und Propheten gibt es in der gegenwärtigen Endzeit nicht mehr; sie bildeten die Grundlage des Reiches Gottes. (Eph. 2,20)

Das Anwachsen der Gemeinde zu Jerusalem führte zur Abordnung von sieben Brüdern, die die Regelung der Witwenversorgung in die Hand zu nehmen hatten. (Apgesch. 6,1-7) Die Organisation folgte mithin immer den praktischen Bedürfnissen!

Ohne Form kein Inhalt! Man kann sogar die eigenartige Feststellung treffen, daß

Und gerade Gemeinden, in denen angeblich nur der Heilige Geist regiert - der Ausdruck „Geistesleitung“ wird mitunter zum leeren Schlagworte -, machen zuweilen einen ganz verknöcherten Eindruck. Sie leiden an geistiger Arterienverkalkung.

Gott ist auch ein Gott der Ordnung. (1. Kor. 14,3) Unordnung ist Tod! (Hiob 10,22; Miniaturbibel)

„Ich sehe mit Freuden eure Ordnung“ (Miniaturbibel) oder „festgeschlossene Kampfstellung“ (Menge-Bibel), bezeugt Paulus den Kolossern. (2,5)

Um ein Diener der Gläubigen sein zu dürfen, muß man bekehrt, bewährt und begehrt, d. h. von Gott berufen und empfohlen sein. (2. Kor. 3,1-5; 10,18)

Nur solche Brüder sind tauglich zum öffentlichen Dienst in der Gemeinde. (1. Tim. 3,5-7) Weitere praktische Anweisungen für das Zusammenkommen der Gläubigen finden sich im 1. Korintherbrief, Kap. 11 und 14 und im 1. Timotheusbrief, Kap. 2.

Auch im wesentlichen auf biblischem Boden stehende Kreise von Kindern Gottes tragen mitunter ein sichtbares oder verstecktes menschliches Gepräge; sie bilden kleine Kirchen für sich. Mitunter hatten sie eine gesunde Anfangsgeschichte zu verzeichnen. Entweder sind sie dann aber auf halbem Wege stehen geblieben, oder es führte im Laufe der Jahre die einseitige Betonung sowie menschliche Weiterbildung und damit Verbildung einzelner Schriftwahrheiten zu innerer Versandung. Gottes Wort kennt zwar den Dienst eines Predigers (Röm. 10,14; 1. Tim. 2,7; 2. Tim. 1,11; 4,5), nicht aber ein Predigermonopol und Amtsbezeichnungen nach Art der Kirchen. Sonst bilden wir einen Beamtenstaat auf „biblischem Boden“.

Der HErr Jesus sagt:

„Ihr sollt euch nicht „Meister“ nennen lassen; denn einer ist euer Meister, ihr aber seid alle Brüder. Und niemand auf Erden sollt ihr euren „Vater“ nennen; denn einer ist euer Vater, der im Himmel. Auch „Lehrer“ sollt ihr euch nicht nennen lassen, denn einer ist euer Lehrer, der Messias. Der Größte unter euch soll euer Diener sein. Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt

Und Paulus erklärt:

„Wir wollen nicht Herren sein über euren Glauben, sondern Gehilfen eurer Freude; denn ihr steht im Glauben.“ (2. Kor. 1,24; Miniaturbibel)

Etwas anderes ist es, wenn sich ein ohne irdischen Beruf im Weinberge des HErrn arbeitender Bruder gegenüber Behörden oder sonst außerhalb der Gemeinde als „Prediger“ oder „Missionar“ bezeichnet. Ebenso ist nichts dagegen einzuwenden, wenn eine örtliche Gemeinde einen ihr geeignet erscheinenden Bruder mit ihrer Vertretung in bestimmten Angelegenheiten beauftragt. Endlich läßt sich auch nichts gegen die zuweilen erforderlich werdende Gründung einer wirtschaftlichen Vereinigung sagen, die den Erfordernissen der Staatsgesetze entspricht, das innere Gemeindeleben jedoch nicht berührt.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

H. J. M.

Das feste Herz.

Das brauchen wir besonders in unserer unruhigen Zeit. Wie bekommen wir das? Der Apostel sagt es uns: „Es ist ein köstlich Ding, daß das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.“ (Hebr. 13,9b) Unser unruhiges, furchtsames, sorgenvolles Herz müssen wir in die Hand Gottes legen. Da wird es stille. Und Gott macht es fest durch Seine Gnade. Das, was vor allem geeignet ist, unser Herz fest zu machen, ist, daß wir den Blick auf Den richten, der gesagt hat: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden!“ Die Folge des gläubigen Aufschauens auf den HErrn wird sein, wie wenn Öl auf stürmische Wellen gegossen wird - es wird stille werden im Herzen, Friede erfüllt die Seele. Und ein anderes Mittel ist Gottes Wort. Aus diesem holen wir neue Kraft und Mut. Leider vernachlässigen wir so oft über der Zeitung die Bibel. Dann wird das Herz unruhig. Aber wie kann so oft ein einziges Wort aus der Schatzkammer des Wortes Gottes die Seele erquicken, den Mut beleben, die Sorgen verscheuchen! Ja, nimm dir

Zeit zum Beten und Bibellesen! Und du wirst erfahren, wenn du so im Gebet und Bibellesen mit dem HErrn verkehrst, dann wird dein Herz fest.

Frage und Antwort

Frage 8

Trägt der Herr Jesus noch - also in der Herrlichkeit - Seine Nägelmale und das Speermal? Joh. 20,20.25.27; Luk. 24,39; Offenb. 1,7. Wenn ja - wie ist es dann möglich, daß wir, die wir doch einen dem Seinen gleichförmigen „Leib der Herrlichkeit“ tragen sollen (Phil. 3,20.21), in demselben von unseren hienieden empfangenen leiblichen Mängeln und Gebrechen befreit sein können und doch auch sein müssen, wenn unsere Herrlichkeit vollkommen sein soll?! Denn Er sagt doch: „Siehe, ich mache alles neu!“ (Offenb. 21,5)

Antwort A

Die Erhabenheit der Person des HErrn legt uns ehrerbietige Zurückhaltung auf, wenn wir es unternehmen, auf diese Fragen zu antworten. Auch der Leser möge das nicht aus dem Auge lassen!

Die aus Johannes und Lukas angeführten Stellen sind der entsprechende Beweis, daß der auferstandene, aber noch nicht verherrlichte HErr dieselbe Person war, die am Kreuze gehangen hatte und tot in die Gruft gelegt worden war. Sie liefern den Beweis von der Erfüllung von Ps. 16,9und 10. Diese Beweislieferung dauerte 40 Tage hindurch nach Apgesch. 1,3. Die unmittelbare Anreihung des Berichts über Seine Himmelfahrt an die in Luk. 24,36ff. und Apgesch. 1,3ff. mitgeteilten Unterredungen läßt keinen Zweifel zu, daß der HErr da etwa die Wundenmale nicht mehr gehabt hätte. Hätte Er sie nun nach Seinem Eingang in die Herrlichkeit verloren? Dürfen wir aus den Worten der beiden Engel (Apgesch. 1,11) nicht entnehmen, daß Er sie noch haben wird, wenn Er „kommt also, wie ihr Ihn gen Himmel habt auffahren sehen“?

Nein; die Art und Weise überhaupt ist gemeint. Aber die Engel sagen bezeichnenderweise: „Dieser Jesus.“ Womit sie augenscheinlich sagen wollen: Der euch vertraute Jesus, wie ihr Ihn bis zu diesem Augenblick gekannt habt. Und Der hatte die Wundenmale. Liegt nicht auf derselben Linie Offenb. 1,7? Wozu wir Sach. 12,10 nehmen. Sollten die beiden Stellen nur die Handlung des Durchbohrens (welche ja der römische Soldat vollzogen hatte) hervorheben wollen und nicht zugleich die Tatsache, daß Er noch die Male der Durchbohrung trägt? Wenn das auch nicht ausdrücklich dasteht, so scheint doch das Wehklagen über Ihn sich darauf zu beziehen, daß sie die Wundenmale sehen und sich schmerzlich bewußt werden, daß sie Ihm dieselben verursacht haben. Auch Jes. 53,5 liegt auf dieser Linie der wehklagenden Selbstbezichtigung in der kommenden Zeit, wenn sie Ihn kennenlernen werden; nach Sach. 12 und Jes. 53 zunächst in ihrem Geiste durch die Übungen in der Drangsal; dann aber auch, wenn sie Ihn sehen werden nach Offenb. 1. Auch Sach. 13,6 scheint nahelegen zu wollen: Seine Hände werden, wenn Er kommt, die Wundenmale tragen, die Er bei Seinem früheren Dasein empfangen hat. Wie könnte sonst gefragt werden: „Was sind das für Wunden in Deinen Händen?“, wenn auch selbstverständlich nicht an eine buchstäblich von einem Menschen an Ihn gerichtete Frage zu denken ist. Der ganze zusammenhängende letzte Abschnitt im Propheten von Kap. 13,1 bis Kap. 14,21 handelt ja von der Zeit, da Er wiederkommt, wie der Inhalt und das fünfzehnmal wiederkehrende „an jenem Tage“ beweisen. Es ist der Tag der Gerichte und der Wiederherstellung Israels.

So weit, nämlich für die Zeit seit dem Kreuze bis zur Himmelfahrt und zu Seinem Kommen in Herrlichkeit, können wir uns auf die Schrift berufen, wenn wir sagen: Der Herr Jesus trägt noch in der Herrlichkeit Seine Wundenmale.

Wie aber ist es weiterhin für die Dauer des Reiches und für die Ewigkeit? Gibt uns die Schrift auch Unterlagen, um bestimmt „ja“ oder „nein“ sagen zu können? - Meines Wissens gibt sie keine. Wir sind darauf angewiesen, aus Bekanntem Schlüsse zu ziehen aufs Unbekannte, wenn die Frage uns nun einmal interessiert. Und wie sollte Seine Person uns nicht interessieren?

Die Tatsache, daß die Schrift über den in Frage kommenden Punkt wie über vieles andere

Schweigen bewahrt, mahnt uns zur Vorsicht.

Markus 18,12 gibt uns einen Fingerzeig. „... Er offenbarte Sich zweien aus ihnen in einer anderen Gestalt ...“ Vorher heißt es (V. 9): „... Er erschien zuerst der Maria Magdalene ...“ Wie war Er da, daß sie Ihn nicht erkannte, sondern für den Gärtner hielt? (Joh. 20) Waren nur „ihre Augen gehalten“ wie bei den Emmausjüngern und nachher „aufgetan“? (Luk. 24,16 und 31) Seine Stimme mußte zuerst doch auch einen anderen Klang haben, daß sie Ihn nicht daran erkannten. Und Er hatte doch gesagt, daß Seine Schafe Seine Stimme kennen. Als Er es wollte, als Er die Maria mit Namen rief, da erkannte sie Ihn. Hatten die beiden und die eine die Male in Seinen Händen nicht in acht genommen? Wir können keine Antwort Darauf geben, weil die Schritt schweigt. Aber die Mitteilung in Mark. 16,12: „Er offenbarte Sich in einer anderen Gestalt“, wird uns zu der Feststellung berechtigen: Er wird fürderhin bei irgendwelchen Gelegenheiten Sich auf eine Weise und in einer Gestalt zeigen, die Er für den Zweck als entsprechend erachtet. So tat Er schon vor Seiner Menschwerdung, angefangen vom Garten in Eden. Er erschien in Menschen- und Engelsgestalt; erschien dem Propheten Jesaja in nicht näher beschriebener Gestalt. (Jes. 6 und Joh. 12,37-41) Seit Seinem Weilen im Himmel als Mensch erschien Er mehrmals dem Saulus - Paulus von Tarsus. Ob es in einer oder in welcher Gestalt war, teilt uns dieser nicht mit; er sagt nur wie Jesaja: „Ich sah Ihn.“ (Apgesch. 22,18; 1. Kor. 9,1) Die Erscheinungen des HErrn, von denen die Offenbarung berichtet (1,13-16; 5,6; 19,12.13), haben symbolischen Charakter; sie können daher nicht übermitteln, wie der HErr für uns tatsächlich ist. Dies aber werden wir sagen dürfen zu Kap. 5,6: Das Symbol: „ein Lamm wie geschlachtet“ ist doch gewiß das Entsprechende für das, daß Er die Wundenmale droben noch an Sich hat, nachdem Er als sie habend gen Himmel gefahren ist. Wenn Er dann bei Seinem Offenbarwerden vom Himmel her nicht immer in einer Gestalt vorgeführt wird in der Schrift, die auf Sein Verwundetwordensein hinweist, so ist das eben nach dem Worte: „sich offenbaren in einer anderen Gestalt“, so oder so, je nachdem Er gekennzeichnet sein soll. In Offenb. 1,5 und 7 wird Er den sieben Versammlungen, und damit uns, vorgestellt als der getreue Zeuge, der Erstgeborene der Toten, der Fürst der Könige der Erde, und als der, der uns gewaschen hat in Seinem Blute; darum: mit den Wolken kommend und, wie eindrucksvoll der

Ähnlich Jes. 52,13ff.: Der Knecht, der Verachtete, der Gemarterte wird Könige aufbeben machen vor Verwunderung über Seine Erhabenheit. Von letzterer nur ist die Rede in Jes. 33,17; Ps. 45,2.3.4.8, weil stellvertretendes Leiden nicht in Frage kommt: Er ist einfach „der König in Seiner Schönheit“. Wiederum in anderer Gestalt durfte Ihn Daniel in Gesichtern der Nacht sehen, Dan. 7,13.14: einfach „wie eines Menschen Sohn“, ohne nähere Beschreibung. Diese Stelle führt über zu Seinen eigenen Worten in Joh. 5,22.27: Das ganze Gericht ist dem Sohne gegeben ... Er hat Gewalt empfangen, Gericht zu halten, weil Er des Menschen Sohn ist. Vor dem Empfang dieser Gewalt mußte aber der Sohn des Menschen sterben, damit man Ihn, den Getöteten, esse, d. i. im Glauben als solchen ins Herz aufnehme. (Joh. 6,53-57 oder 48-59) Diese zusammenhängenden Gedankengänge lassen es als ausgeschlossen erscheinen, daß der Sohn des Menschen, der auch das letzte Gericht ausüben wird, wenn die Erde und der Himmel vor Seinem Angesicht entfliehen werden (Offenb. 20,11ff.), nicht da auch noch die Male der empfangenen Wunden an sich trage. Und dieweil uns gar kein Fingerzeig gegeben ist, daß Er sie nach dem „Ende“ (1. Kor. 15,20-28) nicht mehr hätte, wollen wir dabei bleiben: Er wird sie immer haben. Wäre Er denn sonst Der, als welcher Er uns über alles teuer geworden ist? Können wir uns vorstellen, daß es einmal anders sein könnte als so, wie wir heute in heißer Be- und Verwunderung mit dem Dichter fragen: „Wie wird uns sein ..., wenn wir ...

Die Augen seh'n, die einst von Tränen flossen

Um Menschennot und Herzenshärtigkeit,

Die Wunden, die das teure Blut vergossen,

Das uns vom ew'gen Fluche hat befreit?“

(Ph. Spitta.)

Wir können's uns nicht vorstellen.

Und nun, wie es möglich ist, daß unser Leib Seinem Leib der Herrlichkeit gleich sein kann, ledig

Leibe der Herrlichkeit hat? Aber bitte! unsere jetzigen leiblichen Gebrechen und Seine Wundenmale können gar nicht verglichen werden! Seine Wundenmale sind wie Orden und Ehrenzeichen, die erworben sind! Erworben in Seinem sündlosen, heiligen Leib, der nach diesem getätigten Erwerb die Verwesung nicht sah, also mitsamt den Malen blieb, wie er war, nur daß er nicht von dieser Schöpfung war, sondern an Stelle dessen ein „himmlischer“, ein „geistiger“ wurde; siehe 1. Kor. 15,35-54 (40.44.45). Wir erwerben nichts in unserem natürlichen Leibe, das mit uns gehen könnte bei der Verwandlung oder Auferstehung. Unser Leib mit seinen Gebrechen ist der Verwesung unterworfen. Das ist ja das göttlich Große, daß Er dem ein Ende zu machen vermag, um das, was Er gibt, an die Stelle zu setzen. Die Wundenmale sind ein Bestandteil Seiner Person. Wir können und werden Ihm gleichförmig sein, ohne daß etwas denselben Entsprechendes in oder an uns sein müßte. Man erwäge die diesbezüglichen Ausdrücke der Schrift: Wir werden Sein Bild tragen. (1. Kor. 15) Ein Bild stellt dar; es ist nicht das Wesen der Person. Er ist Gott. Wir sind das nicht. Wir werden Ihm gleich oder ähnlich sein (1. Joh. 3,2); das Bild, das wir tragen werden, deckt sich also mit dem Original, welches Er ist. Deswegen sind wir aber nicht „Er“. Ebenso Röm. 8,29: als Zuvorerkannte sind wir zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein. Nicht werden wir werden, wer und was Er in Sich Selber ist. Und wie gesagt, zu Seinem Selbst als verherrlichter Mensch gehören Seine Wundenmale.

Wir können uns absolut keinen Begriff von Seinem und unserem Leibe der Herrlichkeit machen. Eine Ahnung nur davon kann uns aufgehen, wenn wir in den Evangelien von Seiner Verklärung lesen. Paulus sagt uns von seinem Entrücktsein ins Paradies, in den dritten Himmel, d. h. in die unmittelbare Gegenwart Gottes, daß es unbefugt sei, davon zu reden; eben weil das dort Vernommene nicht mit unserer Welt harmoniert, nicht zu unserem Begriffsvermögen paßt.

In bezug auf „Siehe, ich mache alles neu“ ist zu fragen: Was hat das mit uns zu tun? Sind wir bei diesem Neumachen nicht schon seit tausend Jahren dem HErrn gleich in dem Leibe der Herrlichkeit? Bezieht es sich nicht einfach auf die Gesamtheit der alten Schöpfung, die der neuen, ewigen Platz macht, wie die Verse 1-6, Offenb. 21, es zeigen? - Diese Worte haben nicht auf uns Bezug. Wir sind jetzt schon eine neue Schöpfung: „Wenn jemand in Christo ist, da ist

eine neue Schöpfung; das Alte ist vergangen, siehe, alles ist neu geworden.“ (2. Kor. 5,17) Das Empfangen des Leibes der Herrlichkeit ist nur die Besiegelung dieser Tatsache.

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Diese Antwort wird jeder aufmerksame Leser gleich mir „kostbar“ nennen, und durch dieselbe wird er auch die Berechtigung der ihn vielleicht sonderbar anmutenden Frage anerkennen. Wenn nun aber die Beantwortung umfassend genug erscheint, so seien doch einige Zusätze gestattet, die den Gegenstand vielleicht noch ein wenig mehr klären mögen, um möglichst jedes Mißverstehen in der Sache zu beseitigen.

Zunächst einen Hinweis zu der Fußnote a! Zu dieser Stelle aus Sach. 13 haben wir in Jahrb. 15 unter Frage 17 eine sehr gründliche, auch kostbare Arbeit aus der Feder unseres vor nunmehr 1½ Jahren entschlafenen teuren Mitarbeiters K. O. St. (Br. Steinert, einst in Leipzig!), auf die ich nachdrücklichst aufmerksam mache. Überhaupt sollten die Antworten von K. O. St. in den alten Jahrbüchern öfter nachgelesen werden, sie vermitteln ungeahnte Segnungen dem, der aufrichtig forscht. Und da die wunderbare uns unersetzlich scheinende „Stimme“ jenes Werkzeugs Gottes in dieser Welt für immer schweigt, so sollte das einzige, was von ihm gedruckt ist, eben jene (fast) 70 Antworten in den „Handreichungen“, allgemein mehr durchforscht werden; welchen Nutzen haben doch schon manche davon gehabt, denn von ihm gilt wirklich: „Wiewohl er gestorben ist, redet er noch!“

Was die Frage anbelangt, so habe ich sie schon vor Eintreffen obiger Antwort Der Hauptsache nach in gleichem Sinne dem Fragenden persönlich beantwortet: daß des Herrn Jesu Wundenmale gleichsam „Auszeichnungen“ seien, die Er behielte, während unsere Gebrechen als Folgeerscheinungen der Sünde in der Welt in dem Leibe der Herrlichkeit nicht mehr sein könnten. Und dazu noch einige Ausführungen!

Wenn schon unter gewöhnlichen Umständen das Erkennen von Personen sehr oft von dem

Vorhandensein „besonderer Kennzeichen“ abhängig ist, so war es bei dem Wiedersehen nach Seiner Auferstehung zwischen dem HErrn und den Seinen vorzüglich nötig, daß sie gänzlich ohne Zweifel blieben über Seine Person. Darum die Betonung von „Jesus Selbst“ in Luk. 24!, man vgl. V. 15.36.39! Daß dabei die Male der Nägel eine besondere Rolle gespielt haben müssen, geht aus dem Verhalten und den Worten des Thomas und aus dem gütigen Sich-Herniederneigen des HErrn zu dem zu anderen Zeiten unverständlichen, glaubenslosen Begehren des Thomas hervor. (Joh. 20,24-29) Es wäre wohl nicht zu dem gewaltigen Bekenntnis des Thomas (V. 28!) gekommen, wenn ihm der HErr nicht so und geradeso begegnet wäre! Und zwar ist es so wichtig, daß die Jünger (ohne Thomas) in Ihm auf Grund dieser Zeichen in den Händen und der Seite „den HErrn“ sehen - und Thomas Ihn mit „Mein HErr und mein Gott“ anredet. Aus dem allen, d. h. aus Luk. 24 und Joh. 20, ersehen wir, wieviel Mühe der HErr Sich gegeben hat, jeden, aber auch jeden auch nur erdenkbare Zweifel an der Tatsächlichkeit nicht nur Seiner leiblichen Auferstehung, sondern Seiner Sich gleichgebliebenen (identischen) Person zu zerstreuen. Das erscheint doch sonnenklar!

Was aber sollte nun Ihn veranlassen können, jene „Orden und Ehrenreichen“, wie Antwort A sie nennt, die Er Sich im heißen Kampfe um uns erworben hat, abzulegen? So gut wie - wir reden und vergleichen menschlich! - die „besonderen Kennzeichen“ am Körper den Menschen im allgemeinen nicht verlassen, solange er lebt, so gut wie die „Orden und Ehrenzeichen“, die er sich im Kriege erworben, ihm bis ans Lebensende verbleiben, so gut, denke auch ich (wie Antw. A), werden sie Ihm in Seiner Gestalt als verherrlichter Mensch - der Er ebenso gut immer bleibt wie „der Sohn“ usw. - nie genommen. Wer sollte sie Ihm auch nehmen? - Und warum sollte Er sie eben in dieser Seiner verherrlichten Menschheit ablegen? - Wenn wir Ihn sehen werden, wenn, wie es in einem schönen Liede heißt, aus jedem Munde ertönen wird: „Er ist's!“, dann werden es auch die Nägelmale sein, die wir an Ihm sehen, woran wir Ihn gleichsam „erkennen“, weswegen wir - wie Thomas - staunend und anbetend ausrufen werden: „Unser HErr und unser Gott!“ Das erscheint mir nicht zweifelhaft, und eher glaube ich, daß es uns Erlösten eine „Enttäuschung“ sein könnte, wenn wir Ihn, den Geliebten, nicht zu sehen bekämen, „so wie“ Ihn die Seinen damals sehen durften, als Er auferstanden war und als Er

in genau dem gleichen Segenslose sind, dem der Gemeinde, der Brautgemeinde des HErrn?!

Gewiß also, wir werden - als Ihm gleichgemacht - Ihn sehen, wie Er ist! (1. Joh. 3,1-3!)

Aber - und das ist nun die eigentliche Frage, die dem Einsender Schwierigkeiten macht - wenn wir Ihm gleichgemacht werden, wenn unser Leib gleichförmig gemacht werden soll dem Seinen in Herrlichkeit (Phil. 3,20), dann müßten doch unsere Gebrechen des Körpers genau so mit uns gehen, wie jene Nägelmale usw. mit Ihm in den Herrlichkeitsleib übergingen?!

Die Antwort unseres lieben Mitarbeiters ist ja so deutlich und einleuchtend, daß sie unbedingt überzeugend wirken muß. Nur möchte ich sie gleichsam noch ein wenig bestätigen.

Die Schwierigkeit des Fragenden hat ihren Grund, m. E., in dem noch etwas mangelnden Verständnis dessen, was es (lehrhaft) bedeutet, daß unser Leib umgestaltet werden wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. Bei solchen falschen Folgerungen, wie sie die Frage enthält, könnte man sogar dahinkommen zu sagen, unser Leib müßte dann sogar auch Nägelmale usw. tragen (!!, weil der Seine sie in der Herrlichkeit trüge. Aber, geliebte Geschwister, es ist schon so, wie in obiger Antwort Ausgeführt: es kommt auf das Wesen der Sache an, nicht auf das Äußere! Und um das uns ein wenig klarer zu machen, wenn Gott will, möchte ich verweisen auf des Herrn Jesu Menschwerdung. Die Schrift sagt Hebr. 2,17: „Darum mußte Er in allem den Brüdern gleich werden ...“ (Nur beiläufig: daß sich dies Gleich gewordenen nicht auf die Sünde bezieht, als hätte Er sündigen können, beweist u. a. Kap. 4,15!) Und noch eine Stelle: „... Er nahm Knechtsgestalt an, indem Er in Gleichheit der Menschen geworden ist, und in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden ...“ (Phil. 2,7.8), und noch eine: „... in Gleichgestalt (oder Gleichheit) des Fleisches der Sünde sandte Gott Seinen eigenen Sohn ...“ (Röm. 8,3) Das ist uns längst bekannt, nicht wahr?, wenn wir die Tiefen dessen auch nicht ausschöpfen können! Aber wem fiele es nun wohl ein zu denken oder gar zu sagen: „Also, weil Er uns so in allem gleich geworden ist, ja, weil Er Seiner Gestalt nach wie irgendein Mensch geworden ist, deswegen ist Er's auch dem Wesen nach?“ Wer würde wagen, so etwas zu behaupten? Es käme ja dem gleich, was ich oben in der Klammer ablehnte: daß Er

böse Irrlehre ist! - Er war Mensch, äußerlich jedermann so sehr erkennbar als solcher, daß die Juden Ihm auf Sein geheimnisvolles Wort von Seinem Gesehenhaben Abrahams entgegenwerfen konnten: „Wie, Du bist noch nicht 50 Jahre alt und hast Abraham gesehen?!“ (Joh. 9,57) Er war so völlig Mensch, daß Er leiden, bluten und sterben konnte - und doch auch dies tat Er höchst geheimnisvoll ganz und nur freiwillig? (Joh. 10,17.18) Er war Mensch, wenigstens äußerlich, wie wir? - nein, selbst das nicht einmal - denn sage: War Er je krank? Könntest du Ihn dir krank denken? Nimmermehr - nun also, so war Er auch nicht einmal dem Leibe nach Mensch wie ich und du! Hatte doch nie in Seinem Leben die Sünde ihr Wesen gehabt, wie konnte dann Krankheit drin wohnen? Wohl aber konnte Er „unsere Krankheit auf Sich laden“. (Jes. 53; Matth. 8,17) Das können wir nicht! Nicht die liebendste Mutter kann ihrem leidenden Liebling das rasende Fieber abnehmen, so gern sie's täte!

Nun - was will ich mit dem allen sagen?

Wir verstehen doch auch nicht Seine wunderbare Knechtsgestalt, Sein „in Seiner Gestalt als ein Mensch Erfundensein“, Sein „uns Gleichgewordensein in Seiner Menschheit“ usw. Wir staunen es an, wir beten bewundernd, überwältigt zu Seinen Füßen an, aber wir bekennen: „Kenntnis, zu wunderbar für mich!“ (Ps. 139, der von uns Menschen handelt, wieviel mehr, wenn wir an den Sohn des Menschen denken! Falle nieder, du, der du dies jetzt liesest und bete Ihn an, wie ich es jetzt tue!) O wie groß ist Seine verhüllte Herrlichkeit in Seiner Menschheit! Nun - und wie erst wird Seine offenbare Herrlichkeit droben sein! Was kein Auge gesehen hat, das werden wir dann schauen, verherrlicht wie Er, verherrlicht in Ihm! - Was ich nun hiermit zeigen wollte, ist dies: Der HErr war Mensch, aussehend wie wir, mit einer Menschengeschichte, wie wir sie in etlichen Punkten auch haben - und doch war Er so ganz anders als wir, nicht einmal Sein äußeres Äußere trug unser Gepräge, unsere Züge, hinter denen die Sünde lauert oder doch lauerte, wenn wir sie jetzt auch durch Glauben im Tode halten (können). Er war uns gleich und doch so ganz anders! Nichts wird uns aber die Tatsache streitig machen können, daß Er wahrer Mensch war und ist: Er, der Mensch Gottes, der „letzte Adam, der zweite Mensch“ (1. Kor. 15), der einst in unsere Welt eintrat, und um das zu können, den „Leib der Niedrigkeit“ annahm (vgl. Hebr. 2,14), um fähig zu werden zum Leiden und Sterben. Aber ebenso werden

wir in Seine Welt eintreten und den dazu passenden Leib der Herrlichkeit, gleich dem Seinen, bekommen, in dem nichts mehr von der alten Natur schlummern wird, und werden doch nicht, wie Antwort A zeigt, „Er Selbst“ sein. Uns wird Seine Natur verliehen, wir werden Teilhaber der göttlichen Natur werden in tieferem Sinne als schon hienieden (2. Petri 1,3ff.), Er aber hat diese Natur wesenhaft in Sich! Gepriesen sei Sein Name voller Herrlichkeit! Und da nun zu diesem Seinem wesenhaften Eigentum, zu Seinem innersten Wesensbesitz Seine „Orden und Ehrenzeichen“ - genau wie Seine erworbenen Titel, z. B. „der große Hohepriester“! -, also Seine Wundenmale, gehören, so werden sie unsere staunende Anbetung stets neu hervorrufen, die wir - und das ist das Wunder der Wunder in dieser Hinsicht! - gerade durch sie unsere „Wunden und Striemen und Eiterbeulen“, unsere Sünden mit allen ihren Folgen, für immer verloren haben. Was für uns Schande war, ist für Ihn bleibende Ehre! Ja, aus unserer Schande ward für Ihn ewige Ehre, indem Er „unsere Krankheiten trug und unsere Schmerzen auf Sich lud“, um sie für ewig zu beseitigen. Dafür sei Ihm ewig und immerdar Dank, Preis und Ehre aus unser aller ob Seiner Liebe und Seines Opfers, das Ihm diese „Orden und Ehrenzeichen“ eintrug, bewundernd-anbetenden Herzen! Amen.

F. K.

Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns (und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater) voller Gnade und Wahrheit; - aus Seiner Fülle haben wir alle empfangen, und zwar Gnade um Gnade!“ (Joh. 1,14.16)

Das Versäumen der Gnade Gottes.

(Hebr. 12,15-17)

In den früheren Betrachtungen über das 12. Kapitel des Hebräerbriefes sahen wir, daß jeder aus Gott Geborene und durch das Opfer Jesu Christi Geheiligte den Wunsch und das Sehnen nach Heiligkeit in seiner Seele trägt. Wohl mögen Fehltritte und Zukurzkommen bei uns

gefunden werden, aber der Heilige Geist, der in uns wohnt, hält dieses Verlangen in unseren Herzen wach. Er enthüllt durch das Wort der Wahrheit uns mehr und mehr die Herrlichkeit der Person unseres HErrn und des Werkes Seiner Liebe. Und indem Er so die Liebe Gottes in unser Herz ausgießt, löst Er uns von den Dingen der Welt, der Lust des Fleisches und den Wegen, in denen wir einst wandelten.

Je näher wir dem HErrn sind und Gottes Gnade kennen, um so mehr folgen wir dann der Ermahnung, dem Frieden und der Heiligkeit nachzujagen, womit Gott den köstlichen Segen, Ihn zu schauen, verbunden hat.

Wenn Gottes Gnade einen solchen Segen für Seine Heiligen und Geliebten bereit hat, so sollen wir in der Erlangung dieses Segens nicht lässig sein, aber nicht nur an uns allein sollen wir denken, ihn zu erlangen, sondern auch an alle die, mit denen Gott uns so eng verbunden hat. Wir stehen nicht für uns allein, sondern sind mit anderen gleich Gliedern eines Leibes verbunden und sollen deshalb auch in brüderlicher Sorge aufeinander achthaben, daß nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide und dadurch des Segens Gottes verlustig gehe.

Gottes Gnade ist für alle da. Niemand kann sich ihr entziehen, ohne Schaden für seine Seele und Segensverluste zu erleiden. Der Mangel an Gnade (oder wie übersetzt werden kann: versäumen, entziehen, unbenutzt lassen, abwenden von der Gnade) betrifft nicht den einzelnen allein, sondern er berührt die ganze Gemeinde, ebenso wie, wenn ein Glied leidet, der ganze Leib leidet. Wie wichtig ist es deshalb, achtzuhaben, daß sich nicht jemand von der Gnade Gottes abwende und eine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und viele durch diese beunruhigt und verunreinigt werden. O daß wir mehr Gottes Gnade kennten und in ihr gegründet seien! Nichts vermag uns so von uns selbst, von der Welt und dem Fleische zu lösen und mit dem HErrn zu verbinden wie die Erkenntnis der Gnade Gottes. Sie hält uns auch klein und demütig zu Seinen Füßen.

Der Anfang des Sich-Abwendens von der Gnade ist oft so gering, daß er kaum auffällt. Um den Mangel an der Gnade Gottes sehen zu können, bedürfen wir Augen, die nicht von dem

solche Augen, die befähigt waren, Gottes Gnade sehen zu können. Er war ein Mann voll Heiligen Geistes und Glaubens. Als er nach Antiochien kam, sah er die Gnade Gottes. (Apgesch. 11,23.24) Freude darüber erfüllte seine Seele, und er fand das rechte Wort für jene Gläubigen in der Ermahnung: „Mit Herzensentschluß bei dem HErrn zu verharren.“ Wie sehr bedürfen wir solcher Augen, die sowohl die Gnade Gottes als auch den Mangel an der Gnade Gottes sehen, um dann mit den rechten Worten helfen, stärken und aufrichten zu können! O möchten solche Barnabasse nie in der Gemeinde fehlen!

Ehe wir aber fähig sind, in der rechten Weise darauf zu achten, „daß nicht jemand an der Gnade Gottes Mangel leide“, müssen wir gelernt haben, auf uns selbst zu achten. Paulus ermahnt deshalb Timotheus: „Habe acht auf dich selbst und auf die Lehre; beharre in diesen Dingen; denn wenn du dieses tust, so wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, welche dich hören.“ (1. Tim. 4,16) Wir können niemand weiter führen, als wie wir selbst sind. Unser Gewicht und unsere Kraft liegt nicht in dem, was wir reden, sondern in dem, was wir sind. Bevor Esra anderen ein Führer aus Babel sein konnte, hatte er sein eigenes Herz darauf gerichtet, das Gesetz Jehovas zu erforschen und zu tun. (Esra 7,10) Unser Tun redet mehr als unser Wort. Petrus ermahnte die Ältesten, nicht nur die Herde Gottes zu hüten, sondern auch Vorbilder derselben zu sein. (1. Petr. 5,2.3) Esra war ein Vorbild. Paulus war ein Vorbild; er konnte Timotheus schreiben, daß er nicht nur seine Lehre, sondern auch sein Betragen genau kenne, und deshalb hatte er auch ein Recht, es mit solchem Nachdruck Timotheus und Titus ans Herz zu legen, Vorbilder der Gläubigen in Wort und Wandel zu sein. (1. Tim. 4,12; Tit. 2,7) Er, der viel mehr gearbeitet hatte als alle (1. Kor. 15,10), sah es als das Wichtigste für einen Diener Christi an, selbst durch die Wahrheit so gestaltet zu werden, daß sie in ihm geschaut werden könnte. (2. Kor. 4,1.2) Welchen Wert hat es auch, die Wahrheit zu verkünden, wenn wir kein Beispiel derselben sind! Wie ernst liegt die Verantwortung auf uns, das zu sein, was wir sagen! Wie groß steht auch in diesem die Person des HErrn vor uns! Er war durchaus das, was Er redete. (Joh. 8,25) Nur so sind wir fähig, denen zu helfen, die an der Gnade Gottes Mangel leiden, und Schaden in der Gemeinde zu verhüten.

An der Gnade Gottes Mangel zu leiden oder von derselben zurückzubleiben ist mit ernsten

Folgen verbunden. Entziehen wir uns der Gnade Gottes, so entziehen wir uns auch ihrer bewahrenden Kraft. Der Fürst dieser Welt gewinnt dann gar leicht Einfluß auf unser Herz, und wir verlieren das rechte Empfinden für die Sünde und die Dinge der Welt und ebenso auch die Wachsamkeit über uns selbst. Wir wissen alle, wie schnell wir von Natur dazu neigen. Segen geht dann nicht mehr von uns aus, ach nein, sondern statt des Segens Verderben. Ist die Gnade nicht mehr in uns wirksam, so werden andere bald von uns angesteckt sein, und eine Wurzel der Bitterkeit entspringt, durch welche dann die ganze Gemeinde befleckt, beunruhigt und verunreinigt wird.

Nun folgt in unserer Schriftstelle eine Warnung für solche, die sich der Gnade Gottes entziehen. Zuweilen hat der Feind diese Schriftstelle benutzt, schwache Gläubige zu erschrecken, die in Unachtsamkeit oder in schweren Umständen von dem Feinde zu Fall gebracht wurden und denen er einflüsterte, nun gleich Esau keinen Raum mehr für die Buße finden zu können. Esau aber war ein Gottloser und kein gefallener Gläubiger - ein Verächter der Gnade Gottes, und deshalb konnte er kernen Raum für die Buße finden. Solche gefallenen und verängstigten Kinder Gottes aber liegen in göttlicher Betrübnis und „in einer nie zu bereuenden Buße zum Heil“ vor dem Angesichte ihres Gottes. (2. Kor. 7,10) Dies war aber nie bei Esau der Fall; er suchte den Segen zu erben, aber für Buße über seine Sünde fand er keinen Raum. Esau ist, wie schon erwähnt, nie das Bild eines gefallenen Gläubigen; die Schrift sagt, er war ein „Gottloser“. Und er blieb ein Gottloser. Und ein Gottloser ist nie das Bild eines Gläubigen, und ein Gläubiger kann nie das Los des Gottlosen teilen - nie mit der Welt gerichtet werden. (1. Kor. 11,32) Aber Gott gibt uns in Esau eine Warnung vor den Wegen der Gottlosen, ihre Pfade zu betreten. Und das tun wir, wenn wir an der Gnade Gottes Mangel leiden und uns ihr entziehen. Und diese Gefahr ist groß, und ein heiliges Erschrecken sollte unsere Seele erfassen, wenn wir uns auf den Wegen Esaus entdecken. Schon der Psalmist ruft aus: „Wohl dem, der nicht wandelt im Rate der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzt, da die Spötter sitzen.“ (Ps. 1,1) Und ebenso warnt uns Gott in Esau vor dem Weg und dem Selbstbetrug dieses Gottlosen, dem für eine Speise der himmlische Segen feil war - der beides haben wollte, den Genuß der Gegenwart und den Segen der Zukunft. Wir können nicht beides haben, wie

himmlischer Segnungen erleiden.

Doch laßt uns noch etwas näher auf Esaus Geschichte eingehen! Sie ist eine besondere Warnung für alle, die nur den irdischen und fleischlichen Genüssen der Gegenwart leben, denen aber die göttlichen und ewigen Dinge wertlos sind. Esau war der Erstgeborene, und damit war ihm eine besondere Gnade zuteil geworden. Die Dahingabe dieses hohen Segens für den Genuß eines Linsengerichten ist sprichwörtlich geworden bis auf den heutigen Tag. Wie leicht er diesen Segen aufgab, das sehen wir aus seinen Worten: „Ich gehe hin zu sterben, und wozu mir da das Erstgeburtsrecht.“ (1. Mos. 25,32) Leichthin, ohne Bedenken, nur für eine flüchtige Stunde, gab er den besten Segen: von Gott mit dem Tau des Himmels gesegnet zu werden, hin. Obwohl Esau so leichtfertig, ja, verächtlich, über den Erstgeburtssegen redete, dachte er doch in Wirklichkeit nicht daran, ihn zu verlieren, denn als die Stunde kam, den Segen zu empfangen, wollte er ihn erben, mußte dann aber die furchtbare Erfahrung machen, daß er ihn verloren hatte.

Diese Warnung gilt allen, die das Beste der gegenwärtigen und der zukünftigen Welt begehren - die den Segen der Gnade Gottes und auch die Freundschaft und den Genuß dieser Welt haben möchten. Solche haben sich dem Irrtum Bileams überliefert, der den Lohn und das Gold Balaks haben wollte, zugleich aber auch wünschte, daß seine Seele den Tod der Rechtschaffenen sterbe und sein Ende gleich dem ihrigen sei. (4. Mos. 23,10) Und wie starb Bileam? Er kam um mit den Feinden des Volkes Gottes (Jos. 13,22), und sein Ende war gleich denen, die in die Grube hinabfahren. (Ps. 28,1) Allen diesen, die nicht kalt und nicht warm sind, die denen gleichen, die in den Tagen Elias auf beiden Seiten hinkten, soll Esau eine Warnung sein, ganz gleich, ob sie Gläubige oder Ungläubige sind. Jeder soll lernen, daß der Genuß dieser Welt ihn himmlischen Segen kostet. Es gibt kaum eine Geschichte, die so furchtbar die Verantwortung zeigt, die alle diejenigen trifft, welche geringschätzend und leichtfertig den „Tau des Himmels - die himmlischen Segnungen Gottes - für nichtige Dinge dieser Welt hingeben. Wenn Kinder Gottes auf den Weg der Gottlosen treten und für die Gegenwart leben, so beweist dieses, daß sie den himmlischen Segen geringschätzen, und ihr Verlust ist schon hienieden groß. Wie ungleich größer ist aber der Verlust derer, die an der Gnade Gottes vorübergehen und so ihr

Gnadenanrecht an dem Evangelium Gottes verwirken!

Isaak hatte für den Erstgeborenen einen Segen, in welchem nicht nur irdische Segnungen, sondern auch der „Tau des Himmels“ eingeschlossen war. (1. Mos. 27,28) Und Gott hat für die aus Ihm Geborenen einen Segen, in welchem ein unverwelkliches Erbteil in den Himmeln eingeschlossen ist. (1. Petr. 1,4) Für Esau hatte dieser Erstgeburtssegen keinen Wert, Jakob aber schätzte ihn so, daß er von Esau forderte, ihm die Sicherheit seines Erwerbes durch einen Schwur zu bestätigen. Diese Wertschätzung Jakobs des von Esau verachteten Erbes hätte Esau schon zum Nachdenken bringen sollen. Aber er beschwor Jakob den Verkauf seines Erstgeburtsrechtes. Was Gott in diesem Schwur sah, das sehen wir aus den Worten: „So verachtete Esau das Erstgeburtsrecht.“ Diese Tat seiner Verachtung kennzeichnete ihn als einen Verworfenen. Wie manche gute Eigenschaft wir auch in Esaus Leben finden mögen, während Jakobs Verhalten hier nicht gerade göttlich war, für Gott war jener ein Verächter Seiner Gnade - ein Ungöttlicher - ein Gottloser!

Und wie viele Verächter der Gnade Gottes gibt es heute! O möchte kein Leser dieser Zeilen den himmlischen Segen der Gnade Gottes, der mit dem Aus-Gott-Geborensein verbunden ist, geringachten und für den flüchtigen Genuß der Gegenwart hingeben! Gott warnt jeden, in Esaus Fußtapfen zu treten. Wie furchtbar war sein Schrei an dem Tage, da er den Segen erben wollte und dann die schreckliche Entdeckung machte, daß derselbe für ihn verloren sei! Vergeblich rief er wiederum und mit Tränen: „Segne mich, auch mich, mein Vater!“ So schrecklich wird auch einst der Ruf der törichten Jungfrauen sein: „HErr, HErr, tue uns auf!“ Ja, wir wissen aus der Schrift, daß selbst in der Hölle noch Rufe nach Erbarmen werden gehört werden. (Luk. 16,24) Der reiche Mann bat darum, aber er fand keinerlei Erhörung. Und so vergeblich wie der Ruf Esaus um den himmlischen Segen an dem Sterbebett seines Vaters war, ebenso vergeblich wird der Ruf jener Törichten sein, wenn die Tür verschlossen sein und der HErr antworten wird: „Ich kenne euch nicht.“

Esau weinte nicht über seine Sünde, sein Erstgeburtsrecht verachtet und verkauft zu haben, sondern darüber, daß er es verloren hatte. Nicht die Buße suchte er mit Tränen, sondern den

Segen. Aber seine Tränen konnten den Segensausspruch seines Vaters nicht ändern, der Segen blieb auf Jakob. Esau mußte sehen, daß sein Bruder den Segen erlangte, den er so leichtfertig verachtet hatte. Und so werden einst alle die Verächter die Gesegneten des HErrn schauen, und dann wird das Wort über sie wahr werden: „Sehet, ihr Verächter, und verwundert euch und verschwindet.“ (Apgesch. 13,41) Esaus Herz hatte sich verhärtet, er fand keinen Raum für die Buße. Und es kommt ein Tag, wo das Gericht der Verhärtung über alle Verächter des Evangeliums hereinbrechen wird und sie ebenso wie Esau nicht mehr Raum für die Buße finden werden. Sie gehen verloren, „darum (sagt Gott), daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“. Und deshalb sendet ihnen Gott eine wirksame Kraft des Irrtums, daß sie der Lüge glauben, auf daß alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit. (2. Thess. 2,10-12) Dies ist das Gericht der Verstockung.

Alles dieses sind ernste Warnungen, an Gottes Gnade vorbeizugehen. Ja, Gott warnt, ehe Er richtet! Der Herr gebe, daß wir den Segen schätzen, den Gottes Gnade uns geben will!

A. v. d. K.

 

Wohin gehst Du? (Schluß.)

6. Inneres Leben.

Kennzeichnend für den inneren Stand einer örtlichen Gemeinde ist immer das persönliche Herzensverhältnis der einzelnen Glieder zum HErrn. Sind wir in lebendiger Gemeinschaft mit Ihm, sind wir es auch untereinander. (1. Joh. 1,3) In jeder Gemeinde gibt es Weltchristen, Genießerchristen und Dienstchristen.

„Wenn darum eine in Christo ausgesprochene Ermahnung, wenn ein liebevoller Zuspruch, wenn Gemeinschaft des Geistes, wenn herzliche Liebe und Mitgefühl etwas gelten: so machet meine Freude dadurch vollkommen, daß ihr eines Sinnes seid, indem ihr dieselbe Liebe hegt und

einmütig dem gleichen Ziele zustrebt. Tut nichts aus Selbstsucht oder aus eitlem Ehrgeiz, sondern achtet in Demut einer den anderen höher als sich selbst; jeder habe nicht nur seinen eigenen Vorteil im Auge, sondern jeder auch den des anderen.“ (Phil. 2,1-4) „Traget einer des anderen Lasten und erfüllet so das Gesetz Christi.“ (Gal. 6,2) Das ist christlicher Sozialismus.

„So hatte nun die Gemeinde in ganz Judäa, Galiläa und Samaria Frieden; sie baute sich innerlich auf und wandelte in der Furcht des HErrn und wuchs auch äußerlich durch den Beistand des Heiligen Geistes.“ (Apgesch. 9,31)

Jeder Kreis von Kindern Gottes sollte, als Ganzes gesehen, ständig bedacht sein, in wirklicher Herzensverbindung mit dem himmlischen Haupte zu bleiben und seine Stellung sowohl wie in erster Linie seinen praktischen Zustand immer wieder demütig, nüchtern und aufrichtig an der Hand des Wortes Gottes zu prüfen.

Oft leidet die herzliche Bruderliebe durch ein fleischlich-gesetzliches Vertreten einzelner Schriftwahrheiten, die Wahrheit wiederum durch eine falsche Auffassung von biblischer Liebe. Wie häufig lassen die Gläubigen wahren geistlichen Takt auf allen Gebieten vermissen! (Röm. 13,7; Phil. 4,8.9; Kol. 4,5) Wie sehr waltet liebloser Richtgeist unter ihnen! (Röm. 14,4.12) Und wie oft steht auch hier der HErr neben all der Arbeit für Ihn!

Es gibt zwei untrügliche Wertmesser für die Bewertung des Zustandes einer örtlichen Gemeinde: die

Missionsarbeit und den Besuch der Gebetsversammlungen.

„Wo zwei oder drei auf Meinen Namen hin versammelt sind, da bin Ich mitten unter ihnen.“ (Matth. 18,20)

Nur dann kann der HErr in unserer Mitte weilen, sei es in der Gemeinde, sei es im kleineren Kreise, wenn wir ein Seiner würdiges Verhalten beobachten. Dies gilt besonders für unser Benehmen vor Beginn, aber auch nach Schluß unserer gemeinsamen Zusammenkünfte.

„Die Freude am HErrn ist eure Stärke!“ (Neh. 8,10; Phil. 4,4) Diese gottgewirkte Freude hat nichts zu tun mit übermütigem Scherzgeist oder oberflächlicher Ausgelassenheit, sondern ist so ruhig und tief „wie ein Strom“ (Jes. 48,18) und macht „auch das Tränental zum Quellort“. (Ps. 84,7; Miniaturbibel)

„Wo viele Worte sind, da geht es ohne Verfehlung nicht ab; wer aber seine Lippen im Zaume hält, handelt klug!“ (Spr. 10,19)

„Möget ihr also essen oder trinken oder sonst etwas tun: tut alles zur Ehre Gottes!“ (1. Kor. 10,31)

„Er Selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch; vollkommen möge euer Geist samt der Seele und dem Leibe ohne Tadel bei der Wiederkunft unseres HErrn Jesus Christus bewahrt werden. Treu ist Er, der euch beruft; Er wird es auch vollführen!“ (1. Thess. 5,23.24)

7. Zwei Gebote des HErrn.

Unser Gehorsam soll sich „in allen Stücken“ bewähren. (2. Kor. 2,9)

Es hieße nun zwar, über die aus dem Worte Gottes ersichtlichen Linien hinausgehen und damit menschliche Zäune aufrichten, wollte man die Aufnahme in eine örtliche Gemeinde von der Anerkennung bestimmter Erkenntnisgrundsätze abhängig machen. Andererseits jedoch hat eine Gemeinde die Verpflichtung, ihre Glieder durch klare, liebevolle Unterweisung zur gehorsamen Erfüllung der Gebote des HErrn anzuhalten.

„Wenn ihr Meine Gebote befolgt, werdet ihr in Meiner Liebe bleiben.“ (Joh. 15,10)

„Seine Gebote sind nicht schwer, weil alles, was aus Gott geboren ist, die Welt überwindet; und das ist die Siegesmacht, die die Welt überwunden hat: unser Glaube!“ (1. Joh. 5,3.4)

Die Taufe ist das symbolische Bekenntnis unseres Gotteserlebnisses: Untergetaucht = ich bin mit Christo begraben, die Fluten des Todes schlagen über mir zusammen; aufgetaucht= ich bin mit Christo auferstanden, steige zu neuem Leben aus dem Wasser empor. (Röm. 6,3.4) Das ist so einfach und doch so tief in der Bedeutung, daß man sich fragt, warum nicht alle Kinder Gottes durch diese sichtbare Handlung „an Gott die Bitte um ein gutes Gewissen richten“. (1. Petr. 3,21) Zwar ist die Taufe nicht Bedingung für die ewige Seligkeit (Mark. 16,16); denn sie ist ja das Zeugnis vor Engeln und Menschen, daß man eine Bekehrung und Wiedergeburt bereits erfahren hat. Deshalb kann man auch nur solche Menschen taufen, die bereits ein erkennbares Eigentum des Herrn Jesus Christus geworden sind. Aus diesem Gesichtspunkte ergibt sich auch die Unhaltbarkeit der sogenannten Haustaufe. Die Taufe ist auch nicht die Tür in die Gemeinde; die Tür ist allein der HErr Jesus. (Joh. 10,7.9; siehe auch Hebr. 10,19.20) Aber der HErr erwartet von uns diesen Gehorsamsschritt. Weigern wir uns, so werden wir nicht mehr „fröhlich unsere Straße ziehen“. (Apgesch. 8,35-39)

Das Abendmahl feiern wir zum Gedächtnis unseres HErrn. (Luk. 22,19.20; 1. Kor. 11,23-26) Sein Leiden und Sterben, Sein Weg von der Krippe bis zum Kreuz steht vor unserem geistigen Auge. „Und wir sehen Ihn, der für kurze Zeit unter die Engel erniedrigt gewesen ist, nämlich Jesum, um Seines Todesleidens willen mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ (Hebr. 2,9) Er sitzt „zur Rechten der Majestät in der Höhe“. (Hebr. 1,3 und 8,1). Im himmlischen Heiligtum ist unser Platz der Anbetung (Hebr. 10,19), in welcher wir dankbar Seiner gedenken.

„Ihm, der uns liebet und uns erlöst hat von unseren Sünden durch Sein Blut und uns zum Königreich gemacht hat, zu Priestern Seinem Gott und Vater, Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (Offenb. 1,6)

Das ist der Grundton dieser Weihestunde. Nicht unsere Segnungen, nicht Fürbitten und sonstiges beschäftigen uns in ihr, nein, sie gehört Ihm allein! Das ist Sein Herzenswunsch. Die ersten Christen erfüllten ihn jeden Sonntag. (Apgesch. 2,42.46 und 20,7) Die Teilnahme am Mahle des HErrn ist Vorrecht aller Kinder Gottes. Bedingung für die Zulassung darf deshalb nur

persönlichen Schrifterkenntnis des einzelnen erkennbar treuer Wandel sein. Irrlehrer (2. Joh. 7-11) und in ihrer Lebensführung Verwerfliche (1. Kor. 5,11-13) dürfen natürlich am Mahle des HErrn wie überhaupt am Gemeindeleben keinen Anteil haben. Es gibt nur einen Ausschluß aus der Gemeinde; dieser bezieht sich also nicht nur auf die Teilnahme am Brotbrechen.

8. Eine wichtige Frage.

Ein Kind Gottes, das von Menschen gelöst ist (Jer. 17,5-8) und nach den Grundsätzen der Schrift (1. Joh. 1,3) mit seinen geistlichen Brüdern und Schwestern im HErrn Jesus Gemeinschaft pflegen möchte, steht vor der wichtigen Frage, zu welchem Kreise von Christen es sich halten soll. Diese Frage läßt sich selbstverständlich nicht einheitlich beantworten. Man wird vor allem sein Augenmerk darauf richten müssen, ob eine Vereinigung von Gläubigen, die man aufsucht, das wirklich lebensvoll zum Ausdruck zu bringen sucht, was sie zu sein behauptet. Der HErr gibt sicher dem, der Ihn um Verhaltungsmaßregeln bittet, für den einzelnen Fall die erforderlichen Fingerzeige.

Dankbar darf ein Christ sein, wenn er solche Geschwister antrifft, die sich in einfacher biblischer Weise im Namen des HErrn Jesus versammeln (Apgesch. 1,12-14 und 2,42; Eph. 5,19-21; Phil. 4,4-9; Kol. 3,12-17), wie esdie ersten Christen taten, um zu des Heilandes Füßen von Ihm Selbst die rechte Speise zu erhalten. Solche Kinder Gottes sind sich bewußt, daß alles Erkennen Stückwerk bleibt (1. Kor. 13,9.10); sie möchten aber in der ihnen geschenkten Erkenntnis treu und gewissenhaft den schmalen Pfad des Glaubens pilgern. Sie möchten lernen, nichts für sich zu beanspruchen, und bekennen immer wieder mit freudigem Stolze das eine, daß sie mit Christo gekreuzigt, gestorben und begraben sind, was den alten Menschen oder das Fleisch betrifft, um mit Ihm zu leben dort, wo Er ist, in dem himmlischen Jerusalem (Röm. 6 und Hebr. 12,22-24), daß sie Christen und damit Kinder des Lichtes, königliche Menschen, Gesandte Gottes, Himmelserben und Herrlichkeitsträger sind.

Wir sollen keine „Zigeuner-Christen“ sein, die sich „von jedem Wind der Lehre wie Meereswogen hin und her werfen und umhertreiben lassen“. (Eph. 4,14) Auch sollen wir nicht

ohne sorgsam vor dem HErrn im Gebet geprüfte, auch wirklich stichhaltige innere Gründe uns von einer bestehenden Gemeinde, in die der HErr uns geführt hat, zurückhalten. (Hebr. 10,25) „Wer sich absondert, pflegt seine Liebhabereien.“ (Spr. 18,1; Miniaturbibel)

Zu einem rechten Verhalten in dieser Frage wie ja überhaupt zu einem dem HErrn wohlgefälligen Wandel gehört göttliche Weisheit.

„Sollte aber jemand unter euch Mangel an Weisheit haben, so bitte er Gott, der allen ohne weiteres und ohne unfreundliche Worte gibt; dann wird sie ihm zuteil werden!“ (Jak. 1,5) -

Schlußgedanken.

Der erschreckend zunehmenden Macht der Finsternis über die Menschheit hat die Gnade des HErrn Jesus eine immer unbeschränkter gewordene Möglichkeit entgegengestellt, das „Zeugnis von Christo“ rein und wahr zu verbreiten. Nutzen wir diese uns geschenkte Freiheit in rechter Weise aus? Möchte der HErr uns den tiefen Ernst der Zeit erkennen lassen und uns das rechte Verantwortungsbewußtsein ins Herz senken können, damit wir gesegnete Erfüller des Wortes werden:

„Achtet darauf, wie ihr vorsichtig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise; kaufet die Zeit aus, denn die Tage sind böse!“ (Eph. 5,15.16)

Maranatha! (Der HErr kommt!) (1. Kor. 16,22) Die Gnade des HErrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen! Amen.

H. J. M.

Das Gebet im Verborgenen.

„Du aber ... bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ (Matth. 6,6)

denn dadurch werden oft die Herzen der anwesenden Geschwister unwillig und betrübt. Die alte Natur ist geneigt, sich darüber aufzuregen, und der Geist des freudigen Gebets wird gedämpft. Aber in obiger Stelle handelt es sich nicht um die Gebetsstunde der Gemeinde, sondern um das Gebet im Kämmerlein im Verborgenen, wo man allein mit dem Vater, der ins Verborgene sieht, weilt und Ihm das Herz völlig im Gebet ausschütten kann.

Vieles ist wohl schon über das Gebet im Verborgenen geschrieben und gesprochen worden, aber es ist gut, immer wieder daran zu erinnern, damit wir nicht darin lässig werden. Petrus trug Sorge, die Gläubigen an gewisse Dinge zu erinnern, obwohl sie sie wußten. (2. Petr. 1,12) So haben auch wir uns selbst und auch andere an die Wichtigkeit des verborgenen Betens zu erinnern; denn gerade durch dieses erringen wir Siege über die unsichtbaren, geistlichen Mächte der Finsternis und dürfen für unseren HErrn Herrliches hienieden vollbringen.

Wenn unser Dienst, unser Zeugnis und unsere Arbeit für den HErrn nur immer gründlich im Gebet vorbereitet wären, so wäre unsere Tätigkeit viel erfolgreicher. Wie oft müssen wir klagen, daß unser Zeugnis so kraft-, salz- und saftlos ist - so trocken wie in der Sommerdürre. Wie traurig, so zu arbeiten! Vielleicht entschuldigen wir uns wie die Kinder der Wegführung, die die Arbeit an dem Bau des Hauses Gottes einstellten mit der Bemerkung, daß „die Zeit nicht dazu gekommen sei“. (Haggai 1,2) Wenn alles im verborgenen Gebet vorbereitet wäre, so würden wir herrliche Erfahrungen machen.

Man muß aber bekennen und gestehen, daß das Beten im Verborgenen keine leichte Sache ist, es ist keine Spielerei; viel leichter ist es, auf dem Podium zu stehen und das Wort zu verkündigen, als im Kämmerlein jahraus, jahrein auf den Knien zu verharren. Deswegen gibt es so wenige Gläubige, die sich dieser Art des Betens, diesem Werke der Fürbitte, hingeben. Zunächst ist es unbedingt notwendig, daß wir ein dazu entschiedenes Herz haben. Manche erkennen an, daß das Gebet im Verborgenen äußerst wichtig ist, und hoffen, später im Leben auch einmal damit anzufangen, im allgemeinen aber wird nichts daraus, denn „Wer auf den Wind achtet, wird nicht säen, und wer auf die Wolken sieht, wird nicht ernten“. (Pred. 11,4) Deshalb ist es das erste Erfordernis, zum festen Entschluß zu kommen, den Anfang damit zu

machen. Das Herz muß entschieden und der Wille völlig dafür sein, dann wird es geschehen, doch ohne Selbstverleugnung wird man in dieser Sache nichts ausrichten. Wenn man aber vor dem HErrn den Anfang gemacht hat und darin verharrt, so wird es zur lieblichen und heiligen Gewohnheit werden, und wir werden fühlen, daß wir das verborgene Gebet im Kämmerlein nicht mehr entbehren können, und die Erfahrung Davids wird auch die unsere sein: „Der Morgendämmerung bin ich zuvorgekommen und habe geschrien.“ (Ps. 119,147) Das Gebet ist eine Macht im Leben, ein Halt in schwankenden Stunden, ein Überwinden in Zeiten der listigen Angriffe des Feindes; ja, das Beten im Verborgenen wird vieles erzielen und Berge von Schwierigkeiten zu Ebenen machen.

Nun, wie fängt man das an? Unser HErr Selbst stand frühmorgens auf, als es noch sehr dunkel war, und ging hin an einen wüsten Ort und betete daselbst. (Mark. 1,35) Hier ist bestimmt ein Fingerzeig für uns; der HErr wollte allein sein im Gebet; im Hause Petri hätte Er vielleicht kein stilles Plätzchen finden können. Aber Er überwand diese Schwierigkeit und ging hinaus an einen wüsten Ort. Sicher war das eine Seiner Gewohnheiten, wie Er auch die Gewohnheit hatte, am Tage des Sabbats in die Synagoge zu gehen. (Luk. 4,16) Die Morgenstunde ist gewiß die geeignetste Zeit zum Gebet im Verborgenen, denn wenn man in den Strudel und die Arbeit des Tages kommt, so schwindet der frische Morgentau an der Seele hin, das Manna ist zerschmolzen von der Glut der Sonne. Abends ist man müde, der Kopf ist schwer und der Geist nicht frisch. Deshalb ist es gut, eine stille Zeit in der Frühe zu haben. Sollte es nicht möglich sein, wenigstens eine Viertelstunde früher aufzustehen, um das Angesicht des HErrn im Verborgenen zu suchen, als es sonst nötig wäre, um an die Arbeit zu gehen? Wenn das Gebetsleben nichts kostet, so ist es nicht viel wert. Doch betonen wir wieder, daß der ganze Mensch mit dem Willen und dem Herzen dabei sein muß, sonst wird man es früher oder später einstellen.

Sicher gibt es teure Seelen, die im Verborgenen beten; wohl erzählen sie nichts davon, das ist ein Geheimnis zwischen dem HErrn und ihrem eigenen Herzen; aber solche sind ein Segen und ein Salz für die Gemeinde, in welcher sie sich befinden. Wenn nur eine solche verborgen betende Seele in jeder Gemeinde wäre, so wäre das wie der Jubelschall um einen König in

ihrer Mitte. (4. Mos. 23,21) Es sind Gemeinden, die vorwärts schreiten und wieder andere, die wie Schmerzenskinder sind. Worin liegt denn der Unterschied? Vielleicht erfahren wir an jenem Tage, daß in der wachsenden Gemeinde eine oder mehrere Seelen waren, die verborgenes Gebetsleben führten. Man wußte nichts von ihrer geheimen Tätigkeit im Kämmerlein, aber die Frucht des verborgenen Betens wurde sichtbar, obwohl die Wurzel unter der Erde blieb. Gemeinden, die ihr Dasein kümmerlich fristen, haben kaum solche in ihrer Mitte, die diesen verborgenen Dienst tun.

Es sind ganz gewiß viele Gläubige, die noch nicht wissen, wie wichtig das verborgene Beten ist, denn sie haben kaum etwas davon selbst erlebt. Wohl beten sie oberflächlich, aber ein Gebetskampf im Kämmerlein ist ihnen unbekannt. Mögen solche nun aufgemuntert werden, den richtigen Anfang zu machen und darin auszuharren! Sie würden erfahren, daß eine geheimnisvolle geistliche Kraft sich allmählich offenbart, daß des HErrn Werk gedeiht, daß der Heilige Geist mehr Licht und Klarheit über das Wort gibt, daß sie ein inniges Verhältnis mit dem HErrn genießen und daß ihre Herzen getrost und freudig bleiben können auch in stürmischsten Tagen. Das Leben gestaltet sich anders, und ihr Zeugnis für den HErrn erweist sich in Kraft. Andere Gläubige merken bald, daß solche im Verborgenen betenden Seelen einen himmlischen Duft an sich tragen und ausbreiten.

Ja, Wunder der Gnade würden sich offenbaren, wenn man nur bereit wäre, dieses Wort des HErrn in bezug auf das Gebet im Verborgenen zu befolgen. Hier braucht man keine besondere Gabe zu haben, sondern ein williges Herz und einen festen Sinn. Der HErr fügt noch hinzu: „Und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.“ (Matth. 6,6) Nur soll das nicht ab und zu geschehen, wenn man sich gerade in einer passenden Stimmung befindet (das kann ja auch geschehen), sondern es soll bestimmt eine tägliche Gewohnheit sein, wie es bei dem Propheten Daniel in Babylon war (Dan. 6,11), dann kann man auch im Gebet ausharren, wenn, menschlich zu reden, keine Aussicht auf Erhörung vorhanden ist; man blickt auf den HErrn, denn Er ist allmächtig, und mit Ihm sind alle Dinge möglich.

F. Btchr.

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petr. 3,15) (Fortsetzung.)

Ja, was ist das für eine Hoffnung, derentwegen wir „jederzeit bereit“ sein müssen, uns zu verantworten? Petrus sagt „über die Hoffnung, die in euch ist“. Mir scheint, dieser Ausdruck erinnert an den des Paulus in Kol. 1,27: „... Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit ...“ Aber auch ohne diese Stelle ist es doch wohl für uns ganz außer Frage, was für eine Hoffnung gemeint ist. In der Schrift ist von „Hoffnung“ ja nicht in dem Sinne geredet, wie die Welt es tut, die nur gar zu gerne - statt sich zu bekehren - sagt, „ich hoffe auch, in den Himmel zu kommen“. Solchen muß man sagen, daß ihre Hoffnung trügerisch und unberechtigt sei und daß sie zuschanden werden würde dann, wenn's darauf ankäme. Das ewige Leben ist ein sicherer Besitz des Glaubens und wird nie mit dem Begriff des Hoffens im allgemeinen Sprachgebrauch verbunden, d. h. nicht mit dem der Ungewißheit. Darüber brauchen wir aber nicht weiter zu reden, das ist ja zu bekannt! Doch in welchem Sinne redet dann die Schrift von Hoffnung, diesem dritten Stück des christlichen Lebens („Glaube, Liebe, Hoffnung“), die sehr oft in den Briefen zusammen stehen, nicht etwa nur in 1. Kor. 13,13! (Vgl. z. B. 1. Thess. 1,3 und 5,8; Kol. 1,4; Eph. 4,2-5; Gal. 5,5.6; 1. Petr. 1,22.23 u. a.)

Soweit ich es verstehe, spricht das Wort Gottes von „Hoffnung“ in der Bedeutung von Erwartung, d. h. gewisser Erwartung zukünftiger Dinge und Herrlichkeiten; also, daß nur deshalb „Hoffnung“ gesagt wird, weil es sich um Dinge der Zukunft handelt, um Dinge, die noch nicht in die Erscheinung getreten sind, die aber genau so sicher sind, als wären sie es bereits. Sie gehören zu unserem unverlierbaren Zukunftsgut, so daß wir uns ihrer freuen können: „In Hoffnung freuet euch!“ (Röm. 12,12) und darum auch geduldig ausharren (siehe z. B. Röm. 8,23-25! u. a.). In diesem herrlichen Sinne trauern wir beim Heimgang unserer gläubigen Lieben „nicht wie die übrigen, welche keine Hoffnung haben“ (1. Thess. 4,13; vgl. Eph. 2,12), sondern unsere Hoffnung liegt vor uns (Hebr. 6,18), und wir gehen „in voller Gewißheit der Hoffnung bis ans Ende“ vorwärts (V. 11) und lassen uns „nicht abbewegen“ von der „Hoffnung

des Evangeliums (Kol. 1,23), denn es ist unser Gott und Vater, der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade“. (2. Thess. 2,16) Und es sind die Schriften, durch deren „Ermunterung wir die Hoffnung haben“ (Röm. 15,4), und darum arbeiten wir auch auf Hoffnung, wie das Beispiel aus der Natur in 1. Kor. 9,10 zeigt, und zwar mit Freimütigkeit auf Grund solcher Hoffnung (2. Kor. 3,12) usw., usw. Alle diese Stellen zeigen zum mindesten das eine, daß unsere Hoffnung wohl - was ja der Name besagt - in der Zukunft liegt, also soviel wie Erwartung ist, daß sie aber durchaus unerschütterlich ist.

Welches aber ist der Inhalt oder der Hauptinhalt unserer herrlichen Hoffnung? Ich glaube, um dies beantworten zu können, brauchen wir nur an 1. Tim. 1,1 denken, wo „Christus Jesus, unsere Hoffnung“ genannt wird. Also der Inbegriff alles dessen, was wir von der Zukunft erhoffen, erwarten, ist Christus Jesus Selbst, in und mit dem uns dann, wenn wir daheim sind, die unendlichen Herrlichketten der Welt Gottes erschlossen werden, so daß dann erst 1. Kor. 2,9 voll erfüllt werden wird. - „Christus Jesus, unsere Hoffnung!“ Welch ein köstlich Wort, welch liebliche Aussicht, welch ermunternder Vorblick! Christus Jesus!

„Christus“ - der Mensch im Vollsinne, wie Er in Gottes Augen sein sollte, Er als der zweite Mensch, der letzte Adam wird „viele Söhne zur Herrlichkeit führen“ (Hebr. 2,10), in Ihm stehen wir schon jetzt vor Gott in unvergleichlich kostbarer Stellung (die auf unseren praktischen Zustand hienieden bestimmend einwirken sollte!), und „Jesus“ - der Retter und Heiland, der uns bis ans Ende bewahren, retten wird vor dem Bösen (Hebr. 7,25) und uns sicher ans Ziel bringt, wo wir dann Ihn, der einstmals hienieden gelitten, in Vollkommenheit und in Seinem köstlichen „Selbst“ (vgl. Frage 8!) erblicken werden. Ja, das ist unsere glückselige Hoffnung: Er Selbst! Das ist unsere über alles herrliche Erwartung: „Ihn zu sehen, wie Er ist!“ „Und“, sagt der Apostel weiter: „Ein jeder, der diese Hoffnung zu Ihm hat, reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist.“ (1. Joh. 3,2.3) Ja, solche erhabene Hoffnung kann nicht ohne Bedeutung für unser Leben hienieden bleiben! Wir werden Ihn sehen - Herrlichkeit! Und wann? Wann Er wiederkommt, „auf daß, wo Er ist, auch wir seien“. (Joh. 14,1ff.!) Wo „der Sohn“ - da „die Söhne“! (Hebr. 1 u. 2) Nach der glorreichen Auferstehung, Verwandlung und Entrückung Seiner dann schon entschlafenen oder noch lebenden Heiligen „werden wir bei dem HErrn sein allezeit“ - welch

eine Ermunterung sind doch diese Worte! (1. Thess. 4,13-18!)

Ja, das ist die Hoffnung, das ist die herrliche Erwartung, zu deren „Verantwortung“ wir „jederzeit bereit“ sein sollen (und durch Gnade können!). Den „Grund“, d. i. den biblischen Grund (wörtlich: „das Wort“) dieser Hoffnung oder die Rechenschaft von ihr müssen wir jederzeit bezeugen können. Und das, nicht wahr, das sollte nicht so schwer sein, vorausgesetzt, daß wir selber ständig in der lebendigen Erwartung stehen und uns nicht erst im Augenblick, wo's darauf ankommt, künstlich hineinsteigern müssen! Und das wäre ja auch höchst schmerzlich! Dann wäre das letzte Gebet, das uns in den Mund gelegt wird (Offenb. 22,20b), ja nicht als für uns zu recht bestehend anzuerkennen, bzw. die also Betenden wären ganz anders Begnadigte als wir heute! Aber nein, das sind wir, wenn anders wir in lebendiger Gemeinschaft mit dem HErrn, dem Sohne Gottes, stehen ...! (1. Kor. 1,9) Und das hängt ab von unserer persönlichen Treue und davon, daß wir den Heiligen Geist nicht betrüben (Eph. 4,30), damit diese in uns ruhende und wirkende Hoffnung nicht beeinträchtigt werde. (V. 16!! davon noch später!) Das ist sehr bedeutungsvoll!

„Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung gegen jeden“ (nötigenfalls auch gegen die Obrigkeit, der gegenüber wir manche Verantwortung tragen, vgl. Röm. 13,1ff.; 1. Tim. 2,1ff.; 1. Petr. 2,13ff.; Titus 3,1ff.!), der Rechenschaft („Grund“) von euch fordert über die Hoffnung, die in euch ist- „aber mit Sanftmut und Furcht!“ Diese letztere Ermahnung ist eine sehr beachtenswerte, denn diese beiden Stücke werden oft ein wenig außer acht gelassen. Wieso? - Ach, es liegt so nahe, daß im glücklichen Besitze einer so herrlichen, weltüberwindenden Hoffnung bei der Verantwortung über den Grund derselben einerseits leicht selbstbewußt vorgegangen wird, und dadurch unfreundlich, gar grob und taktlos geredet und gehandelt wird, andererseits daß man ohne genügend geistlich - keusche Zurückhaltung und Furcht vor Übertreibung „den Mund zu voll nimmt“ und dadurch leicht ins Heucheln gerät, indem man mehr darzustellen und zu bezeugen trachtet als man hat und ist. Wir können sicher sein, daß Petrus wohl weiß, warum er uns solche Ermahnung gibt und geben muß. War er nicht einst auch so selbstbewußt gewesen, und hatte er nicht, indem er sich nicht vom HErrn warnen ließ (Luk. 22,31!), sondern ohne Furcht vor sich selbst dem Meister große Versprechungen gab, -

hatte er nicht auf diese Weise einen tiefen Fall getan? O Geschwister, wie wichtig ist das „mit Sanftmut und Furcht“ Rechenschaft zu geben! Unser Herz ist so trügerisch und spielt uns oft einen bösen Streich, wenn wir nicht diese praktische, warnende Ermahnung beherzigen! Wir sollen aber mehr sein als scheinen, nicht umgekehrt! Wie schlimm kann die Wirkung sein auf andere, wenn wir weder mit Sanftmut noch mit Furcht uns verantworten, sondern in - ach - so falschem, unberechtigtem Selbstbewußtsein handeln und damit bei aller Treue des Zeugnisses, der Verantwortung, doch den HErrn verunehren, weil nicht Seine Gesinnung in uns ist oder wenigstens im einzelnen Fall nicht von uns beobachtet ist! (Phil. 2!) O möchten wir uns vom HErrn Gnade schenken lassen, uns jeweils bewahren zu lassen vor uns selbst, vor Heuchelei, vor Unfreundlichkeit, damit unser Zeugnis nicht befleckt werde! „Mit Sanftmut und Furcht!“ Das ist Seiner wert, der uns würdigt, für Ihn und unserer Hoffnung Grund einzutreten!

Und damit genug für diesmal! Noch ein wenig soll uns, wenn Gott will, der nächste (16.) Vers in diesem Zusammenhang beschäftigen, womit wir dann zum Schluß kommen mit diesem Aufsatz: „Seid aber jederzeit bereit ...!“ Der HErr aber, des wir sind und dem wir leben dürfen, segne uns Sein kostbares Wort! Möchten wir „Täter“ desselben mehr und mehr werden, nach Jak. 1,22, zu Seiner Ehre!

(Schluß folgt, s. G. w.)

F. K.

Frage und Antwort

Frage 9

Warum sind wir mit der Erfüllung des Gesetzes durch Christus auch von dem Gebot der Sabbatheiligung entbunden trotz der vorgesetzlichen Stelle 1. Mose 2,2.3?

Antwort A

Die obige Stelle, 1. Mos. 2,2.3, enthält durchaus kein Gebot der Sabbatheiligung. Es wird uns nur gesagt, daß nach der Vollendung Seines Schöpfungswerkes Gott am siebenten Tage ruhte, ihn segnete und heiligte. Wenn Gott ruhte, sollte sicher auch der Mensch an Seiner Ruhe teilnehmen, und wir können davon überzeugt sein, daß es auch so geschah.

Aber von dem Tage an, da die Sünde in die Schöpfung kam, konnte Gott nicht mehr ruhen. Wie hätte Gott auch inmitten der Sünde und inmitten der durch die Sünde verdorbenen und unter dem Fluche seufzenden Schöpfung ruhen können?! Der HErr sagte deshalb den Juden gerade in bezug auf den Sabbat: „Mein Vater wirkt bis jetzt und Ich wirke“. (Joh. 5,17) Damit deutete Er an, daß Er hier auf Erden sei, ein Werk zu wirken, auf Grund dessen wir wieder an Gottes Ruhe teilnehmen sollten.

Wir finden daher auch in dem ganzen 1. Buche Mose nirgends ein Wort davon, daß Gott nach dem Sündenfalle wieder ruhte, noch den Menschen gebot, den siebenten Tag zu heiligen oder an demselben zu ruhen. Die Schrift berichtet uns deswegen über diesen weiten Zeitraum von mehr als 2000 Jahren kein Wort davon, daß auch nur einer der Glaubensmänner jener Zeit wie Henoch, Seth, Noah, Abraham, Isaak, Jakob u. a. m. den siebenten Tag gehalten oder daß Gott ihnen geboten oder sie irgendwie daran erinnert hätte, den siebenten Tag zu heiligen. Gott gab diesen Männern viele wichtige Anordnungen und Gebote, aber niemals ein solches. Wie gesagt, nirgends finden wir in der Schrift über diesen Zeitraum von mehr als 2000 Jahren auch nur die leiseste Andeutung von einem Halten des siebenten Tages. Alles dieses war sicher die Folge der Sünde und ein großer Verlust für die Menschen.

Wir können auch nicht den siebenten Tag, den Tag der Ruhe Jehovas inmitten Seiner vollendeten, herrlichen Schöpfung, auf irgendeinen anderen Wochentag verlegen, als habe er keine weitere Bedeutung als die eines Ruhetages in einer Sieben-Tage-Reihe. Ein solches Beginnen würde den Begriff der Ruhe Gottes am siebenten Tag völlig zunichte machen, die eine Ruhe war, die nur am siebenten Tag auf Grund der herrlichen Vollendung all Seiner Werke sein konnte und an der teilzunehmen auch dem Volke Gottes noch bleibt. (Hebr. 4,9)

Erst als das Vorbild von Christus, das Passahlamm, gegeben wurde und damit ein ganz neuer Anfang auf der ganz neuen Grundlage der Erlösung gemacht wurde, gab Gott dem Volke Israel den Sabbat. Auf dem Grunde der Erlösung als eine neue Schöpfung sollte der Mensch an Gottes Ruhe teilnehmen. Das Vorbild führt uns zu Christus, dem Anfang - dem Urheber der Schöpfung Gottes und zur Sabbatruhe des Volkes Gottes, in die einzugehen unser gesegnetes Teil ist.

Wir sehen somit, daß obige Stelle (1. Mos. 2,2.3) überhaupt kein Sabbatgebot für den Menschen enthält.

A. v. d. K.

Antwort des Schriftleiters

Wie könnte sie auch! Es ist ja ganz unmöglich, daß ein Sabbatgebot ganz allgemein gegeben sein konnte, wenn die Stelle 2. Mos. 31,12-17 als zu recht bestehend anerkannt wird: Der Sabbat ist nur als ein Zeichen zwischen Jehova und den Kindern Israel gegeben, und gerade in dieser Stelle ist Bezug genommen auf das Schriftwort unserer Frage. (V. 16.17!) Was Jehova vorbildlich tat, sollte Sein erwähltes Volk nachbildlich tun, um dadurch anzudeuten, daß es zur Ruhe gekommen sei. Da aber die Sünde noch weiter im Volke waltete, so konnte die Ruhe nicht vollkommen sein, ja, es wird gezeigt, daß auch z. B. Josua das Volk nicht wirklich zur Ruhe gebracht hatte. (Hebr. 3) Darum mußte das, was ein liebliches Zeichen für das befreite Volk sein sollte, stets neu geboten und die Übertretung dieses Gebotes mit ernsten Strafen belegt werden, da eben das Volk, wenn auch ins Gelobte Land, so doch nicht „in die Ruhe“ eingegangen war und darum auch nicht in die Vollkommenheit eines ungetrübten Lebens im Bunde mit Jehova. Das Buch der Schrift aber, das uns in vielen Worten und Stellen die Vollkommenheit und das Vollkommene zeigt, zu der wir - die gläubiggewordenen Israeliten zuerst! - gekommen sind, ist der Brief an die Hebräer, und dies Vollendete und Vollkommene und Vollkommengemachtsein (10,1) besteht nur in Christo, dem Hohenpriester „in Verbindung

kleinste Hinweis auf ein Halten des Sabbats?!

Ja, wenn irgendwo im Neuen Testament, in dem durchweg das Beobachten des Sabbats für die heutige Zeit der Gemeinde abgelehnt wird (vgl. Kol. 2 und Galaterbrief u. v. a. m.), etwas vom Halten des Sabbats stünde, so müßte es im Hebräerbrief sein! Aber nichts ist davon zu lesen.

Die Sabbatarier beunruhigen so viele unbefestigte Gläubige mit ihrer Irrlehre vom Sabbathaltenmüssen, die das praktisch in Christo zur Ruhe und zur Vollkommenheit Gebrachtsein leugnet, und man kann nur immer wieder ernstlichst auf den Galaterbrief und auf Röm. 10,4 (im Zusammenhang von V. 1-13) usw. hinweisen, um solchen armen Irregeleiteten zu helfen, wenn sie sich helfen lassen wollen! Ich gehe darum auf die Sabbatfrage als solche noch etwas ein!

Die „Handreichungen“ haben sich oft mit ihr zu beschäftigen gehabt, so z. B. in Bd. 1, Frg. 39; 2,17; 3,26; 4,19; 5,13; Bd. 6 (Gal. 5,22); 7,15; 8,13; 9,5; 13,19 usw.; 17,1!

Es gibt wirklich kein andres Gebot der Sabbatheiligung als in bezug auf Israel selbst. Die Sabbatarier können - da sie ja in anderen Dingen nicht Juden werden wollen (Bescheidung!!), doch aber nach der Schrift des ganzen Gesetzes schuldig sind, wenn sie ein Gebot übertreten (Jakobusbrief!) (und nie halten sie den Sabbat vollkommen; vgl. Jer. 17,21.22 und Gal. 6,13!!, und siehe das Heizen im Winter!!) - sie können sich nicht anders helfen, als daß sie sich „das geistliche, neutestamentliche Israel“ nennen - was es aber nicht in bezug auf Nichtjuden gibt nach der Schrift! Sie können zumal als Nichtjuden heute, wo Gott in der Haushaltung der Gemeinde „aus zweien eins gemacht hat“ (Eph. 2!) und Sich nicht mit Israel besonders beschäftigt (dies kommt später nach der Aufnahme der Gemeinde wieder an die Reihe, und dann kommt auch der Sabbat wieder zu seinem Recht!), in nichts weder an den Verordnungen noch an den Segnungen Israels teilhaben. Sie irren sehr, wenn sie's trotzdem wollen! Sie können aber ebensowenig an der Ruhe Gottes von 1. Mos. 2 teilhaben, weil sie wie wir nicht in jener Haushaltung leben! Die Sabbathalter wollen immer Gebote und Segnungen einer anderen Zeitperiode auf die heutige Zeit anwenden, und darum irren sie („weil sie die Schriften nicht

Christo Jesu durch Glauben an Sein Werk in Frage stellen, wenn sie neben den Glauben auch noch das Tun des Gesetzes stellen. (Galaterbrief!)

Doch ebensowenig wie es auf dem Boden der Gemeinde des HErrn eine biblische Sabbatheiligung gibt, ebensowenig eine biblische Sonntagsheiligung! Es mag eine staatsgesetzliche geben, und die mag manche irdisch-gute Gründe haben, aber es gibt keine „für den Gerechten“. (1. Tim. 1,9) Wenn man sich den herrlichen „1. Tag der Woche“ (wie er wieder und wieder in der Schrift genannt wird, vgl. z. B. Apgesch. 20,7 mit Joh. 20,1.19 und 1. Kor. 16,2 u. a.) nehmen läßt, um einen besonders bezeichneten Tag daraus zu machen im Sinne eines zu heiligenden Tages, wie der Sabbat ist, dann leistet man den Sabbatariern Vorschub, denn wenn von uns ein besonderer Tag „gehalten“ werden müßte, so könnte es eben nur der Sabbat sein, in bezug auf einen anderen hat Gott nie ein „Beobachten“ geboten; das Sabbatgebot aber gab Er nur Seinem alten Bundesvolke!

Genug von diesem allem!

Nein, nimmermehr können wir aus 1. Mos. 2,2.3 ein Sabbatheiligungsgebot herauslesen, wenn wir's nicht in sabbatarischer Voreingenommenheit zuvor hineingelesen haben. Und das armselige sogenannte Sabbatheiligen der heutigen Zeit mit jenem Ruhen Jehovas auf dem Boden Seiner noch sündenfreien Schöpfung vergleichen zu wollen verrät das törichte Selbstbewußtsein einer Gruppe von Menschen, die sich als besonders Auserwählte und Versiegelte fühlen, und zwar eben ihres vermeintlichen Gehorsams wegen, der aber gerade ihren Ungehorsam gegenüber den sie heute angehenden Teilen der Schrift (die Briefe der Apostel: die Lehre der Apostel!) offenbart. - Lassen wir uns warnen, geliebte Geschwister! Wie furchtbar ernst redet doch Gal. 5,4: „Ihr seid abgetrennt von dem Christus, so viele ihr im Gesetz gerechtfertigt werdet; ihr seid aus der Gnade gefallen!“ Laßt uns alle vielmehr und treuer beherzigen, was Paulus sagt Gal. 2,18.20.21: „Denn wenn ich das, was ich abgebrochen habe, wiederum aufbaue, so stelle ich mich selbst als Übertreter dar. Denn ich bin durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, auf daß ich für Gott lebe; ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich

durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat. Ich mache die Gnade Gottes nicht ungültig; denn wenn Gerechtigkeit durch Gesetz kommt, dann ist Christus umsonst gestorben.“ Der HErr gebe uns Gnade, Sein Wort recht zu teilen (2. Tim. 2,15) und demgemäß recht zu beobachten und darin zu wandeln durch Seinen Geist, durch den wir das Leben haben. (Gal. 5,25) Der Name des Herrn Jesus Christus sei ewig gepriesen!

F. K.

Frage 10

Wie ist Amos 6,6 zu verstehen: „Sie grämen sich nicht über die Wunde Josephs“?

Antwort A

„Wunde“ meint hier eine Wunde durch Bruch. Z. B. 3. Mos. 21,19: „ein Bruch an der Hand“. Jes. 30,13: Mauer, deren (Zusammen-) Bruch plötzlich kommt. Jes. 1,28: (Zer-) Bruch (oder: Zerschmetterung) der Sünder. Ps. 60,2: „Du hast das Land erschüttert, hast es zerrissen; heile seine Bruch (-stellen).“ Jer. 6,1: „Unglück ragt herein von Norden her und großer (Ein-) Bruch (oder Zerschmetterung).“

„Joseph“ steht für „Ephraim“, und dieses seit der Zweiteilung des Reiches für das Zehnstämmereich, weil Ephraim der stärkste der zehn Stämme war. Siehe z. B. Obadja 18; Hes. 37,16.17; Sach. 10,6.

„Sich über die Wunde Josephs nicht grämen“ bedeutet also: gleichgültig sein gegen das Übel, welches über das Zehnstämmereich schon gekommen war und im Begriff stand, es weiter zu treffen; siehe Kap. 1 und das zweite Buch der Könige bis Kap. 17. Und das steht in Verbindung mit den mißachtete Bitten, Ermahnungen, Drohungen Gottes wegen fernerer, grober und gröbster Sünden jeder Art seit Jerobeams I. Tagen, der den Kälberdienst eingeführt hatte. Auch

dem Zeitgenossen Amos', leitete nicht zur Buße, vielmehr zu Sorglosigkeit, als ob es immer so bliebe, zu ungezügelter Genußsucht und Gewalttätigkeiten gegen Unterjochte, gegen Schwache und Arme. Die gegenwärtige Zeit macht die Anwendung der sich aus der Lektüre der Propheten ergebenden Lehren auf uns selber sowohl leicht als auch eindringlich. Achten wir darauf!

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Keiner, der ein wenig Verständnis für die oft geheimnisvolle Sprache der Propheten hat, wird bezweifeln, daß die oben ausgesprochene Deutung der Stelle die richtige ist. Stellen, aus denen hervorgeht, daß „Joseph“ für Ephraim gesagt ist, finden sich noch öfter in der Schrift. So z. B. auch in Ps. 78,67f., einer Stelle, die von der Erwählung Davids spricht; und wenn es auch von alters her feststand, daß Juda der von Jehova erwählte Stamm für das Königtum sein sollte (vgl. den Segen Jacobs 1. Mos. 49,10!), so ist es doch angesichts der erhabenen Worte über Joseph (im Segen Jakobs 1. Mos. 49 und im Segen Moses in 5. Mos. 33), sehr bemerkenswert, daß dieser Stamm, dargestellt in den Söhnen Josephs, Ephraim und Manasse, bei weitem nicht auf der Höhe jener Segnungen blieb: er vermischte sich mit den Nationen (Hosea 6,8 u. a.) - d. h. er, der in jenen Segenssprüchen „der Abgesonderte unter seinen Brüdern“ genannt wird!

Ja, Joseph - Ephraim - „blutete gleichsam aus tausend Wunden“, und dieser Zustand sollte für Israel ein Gegenstand inniger Trauer gewesen sein, aber in Sorglosigkeit und Sicherheit (Amos 6,1) ging man über diese - unbequemen! - Dinge hinweg. Und wenn unser Mitarbeiter die Stelle mit einem kurzen Satz auf den heutigen Zustand des Volkes Gottes anwendet, so sehen wir uns sofort den Verwüstungen durch Trennungen usw. innerhalb desselben gegenübergestellt und wir klagen mit dem Dichter:

„Ganz zertrennt die Heil'gen stehen - Herr Jesu, komm!

Einheit ist nicht mehr zu sehen - Herr Jesu, komm!

Satans List hat sie zerstöret, Sünd' und Welt manch Herz betöret -

Ach, wie sehr wirst du entehret, Herr Jesu, komm!“

Was ist zu tun? Sorglos drüber hinzugehen? Sich etwa nicht grämen? O im Gegenteil, vielmehr sollte die Gesinnung Nehemias und seines Bruders Hanani (Neh. 1) uns beseelen oder die von Ps. 102,14 u. a. oder die von Jes. 62,6.7 und 64,10ff.; Dan. 9 u. ä.! - Joh. 17!

Doch will ich nicht weiter auf diese Vorbilder von wahrer gottgemäßer Trauer über den Zustand des (jeweiligen) Volkes Gottes eingehen. Aber es liegt mir auf dem Herzen, noch dessen Erwähnung zu tun, daß, wenn man obige richtige Deutung der Stelle sich zu eigen gemacht hat, man auch die rein wortgetreue überlegen könnte, wie ich sie als Anwendung gebraucht habe vor einigen Jahren in einem „O Land“-Blatt: „Wehe den Sorglosen!“ (Amos 6,1) Da erinnerte ich mit V. 6 an die Brüder Josephs in ihrem bösen und danach gleichgültigen Verhalten gegen ihren Bruder. (1. Mos. 37) Und ich glaube, daß wir in unserer Stelle Amos 6,6 in diesem Sinne einen ernsten Hinweis haben auf die Gefahr, der wir so leicht erliegen: wenn selbst im Glück, derer zu vergessen, die - vielleicht gar mit durch unsere Schuld - in Leidestiefen geraten sind, in denen ihnen ein wahres Mitleiden nach Gal. 6,2 u. a. not wäre und helfen könnte ... In weiterer Konsequenz dieser Deutung kämen wir auf das gleiche, wie oben gesagt, hinaus: die Bruchwunde Josephs, also des am Boden liegenden Volkes, nicht gleichgültig zu übergehen, sondern in echtem Sichgrämen darüber die Umstände jener zu den unseren zu machen, um auf diese Weise zur Auferbauung Seiner vielfach in Trümmer liegenden Gemeinde zu dienen. (Eph. 4; Kol. 2! 1. Kor. 12ff.)

Genug davon! Der HErr möge uns aus aller Sorglosigkeit bezüglich Seiner Sache aufwecken, damit wir an unserem Teile wirken, „solange es Tag ist“, zur Heilung der „Wunde Josephs“, d. i. aber im Sinne des Neuen Testamentes unter anderem auch der so leicht einreißende praktische Gemeindezustand von „Laodizea“! „Sei nun eifrig und tue Buße!“ (Offenb. 3,19)

Wie ernst ist doch Sein Wort, und wie wichtig für uns, dieses allein „unseres Fußes Leuchte und

ein Licht für unseren Pfad sein zu lassen“! (Ps. 119,105) „Das Wort des HErrn bleibt in Ewigkeit!“ (1. Petr. 1,23) Ihm sei Ehre!

F. K.

Ich ermahne euch nun, ich, der Gebundene im HErrn, daß ihr würdig wandelt der Berufung, gemäß welcher ihr berufen worden seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Langmut, einander ertragend in Liebe, euch befleißigend, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens! ... Die Wahrheit festhaltend in Liebe, laßt uns in allem heranwachsen zu Ihm hin, der das Haupt ist, der Christus!“ (Eph. 4,1-3.15)

„Seid aber jederzeit bereit ...!“

(1. Petri 3,15) (Schluß.)

Noch ein letztes Mal soll, wie gesagt, unser ernster und kostbarer Text uns beschäftigen, und zwar nunmehr nicht mehr die Stelle V. 15 selbst, sondern der nicht weniger bedeutsame Nachsatz: „Seid aber jederzeit bereit zur Verantwortung ..., indem ihr ein gutes Gewissen habt ...!“ (V. 16) Wahrlich, eine ernste Mahnung!

Ein gutes Gewissen! - Vor etlichen Jahren war an einem Orte eine christliche Konferenz, auf der über „Geistesleitung“ gesprochen wurde. Ich hatte daselbst in besonderer Weise zu dienen. Nach den einzelnen Vorträgen gab's des öfteren eine Art Besprechung, Fragen wurden gestellt und beantwortet usw. Ich hatte eben einen Vortrag beendet, in welchem ich nebenbei ziemlich ernst auf die Notwendigkeit, ein gutes Gewissen zu haben, hingewiesen hatte. Da erhob sich ein jüngerer Bruder - übrigens ein treuer, junger Mann, aus dem auch ein „treuer Zeuge“ geworden ist! - etwa mit den Worten: „Br. K., Sie reden soviel vom Gewissen! Unser Thema ist doch ‚Geistesleitung‘, und beim Gläubigen kommt's doch nicht mehr aufs Gewissen an, sondern auf Geistesleitung!“ Ich erwiderte in kurzen Ausführungen, die allen dienen sollten, etwa

wenn's auf dieses nicht mehr ankommt (gegenüber der Geistesleitung) - warum redet dann die Schrift, sprechen die Apostel, vornehmlich Paulus, noch soviel vom Gewissen?“ Und darauf nannte ich etliche Stellen, die klar zeigten, daß das Gewissen nichts Überflüssiges für die Gotteskinder ist. Ich glaube, dem teuren Bruder und anderen wurde damit gedient. Man kann leicht in einer gewissen Übergeistlichkeit von Geistesleitung reden, wo einfach dem Gewissen gefolgt zu werden braucht, vorausgesetzt, daß dieses nicht verbildet oder verletzt ist. Deutlich genug zeigt uns die Schrift, wie nötig es für uns ist, ein reines Gewissen zu haben. Geistesleitung (Röm. 8,12-17) ist an ihrem Platze unerläßlich, und es ist nicht so, daß sie zugunsten des Gewissens je entbehrt werden könnte, aber auf Grund der Geistesleitung das Gewissen zu mißachten wäre nicht nur ein schwerer, gewissermaßen taktischer Fehler, sondern auch durchaus schriftwidrig: Gewiß ist dieses sozusagen göttliche Überbleibsel aus der Anfangsgeschichte der sündig gewordenen Menschheit (vgl. Adams und Evas Verhalten nach dem Fall, 1. Mose 3!) bei dieser oft verderbt oder gar „wie mit einem Brenneisen gehärtet“ (1. Tim. 4,2), aber dies schließt nicht aus, daß das eben durch den Heiligen Geist erleuchtete Gewissen der Gläubigen (Röm. 9,1!) ein wichtiger Mahner und Helfer ist auf dem Wege einer geheiligten Nachfolge des HErrn im Gehorsam gegen Sein Wort. Jedenfalls sind unter den zirka 30 Stellen im Neuen Testament, die vom Gewissen handeln, etliche, die, wie unsere Stelle, den Ton legen auf das gute Gewissen der Gläubigen. Man vgl. bitte: 2. Kor. 1,12; 1. Tim. 1,5.19; 3,9 (1. Petri 2,19); 1. Petri 3,16.21! (Hebr. 9,14; 10,22); Hebr.13,18. Die eingeklammerten Stellen besagen ähnliches! Und im Grunde genommen handeln auch die meisten übrigen Stellen davon, daß das Gewissen, dieser innere „Korrektor“ unseres Handelns und Wandels, unbefleckt sein muß, unbeschwert, gereinigt, nicht verletzt (siehe z. B.: 1. Kor. 8,7ff.; 10,25ff.! und auch Röm. 13,5!). Denn das Gewissen ist, wenn es unter der Zucht des Geistes steht, stets ein geheimer Verbündeter Gottes, nämlich nötigenfall gegen uns, gegen unseren eigenen Willen. Freilich kann es uns nur warnen und mahnen und nachträglich strafen; bewahren kann das Gewissen selber uns nicht, da ist der Heilige Geist, der in uns wohnt, ungleich mächtiger, aber wenn Er uns auch leitet, so zwingt Er uns doch nicht zu dem erkannten Guten, Er ist aber leicht betrübt durch unsere Unwachsamkeit und zieht Sich dann zurück, d. h. Er läßt uns Seinen Trost, Seine Zusprüche, Seine Leitung fehlen, überläßt uns gleichsam eine Zeitlang uns selbst,

bis wir nach 1. Joh. 1,9 handeln, während das Gewissen, solange es nicht „totgetreten“ ist, nicht abläßt, uns zu strafen und uns vor uns selbst bloßzustellen, ja, an den Pranger zu stellen! Beide, der Heilige Geist als der Stärkere, weil ja völlig gottgemäße, und das rechtgeleitete, aber immerhin doch nur menschliche Gewissen arbeiten nach einem Fallen unsererseits an unserer Wiederherstellung - der Geist oft sehr zart, aber ebenso auch sehr eindringlich, das Gewissen oft ganz ungeschminkt und geradezu schroff (wer's erlebt hat, der merke darauf!). - Beides sind Mittel in Gottes Ratschluß, uns in Seiner Nähe zu halten. Das zeigen uns die einschlägigen Stellen sehr ernstlich, ohne daß ich mir die Zeit nehmen könnte, darauf noch näher einzugehen.

Petrus - immer der gleiche treue Mann, der zurückschaut auf seine dereinstige eigene Unwachsamkeit, nach welcher der HErr Selbst mit Seinem Blick (gleichsam an Stelle des Heiligen Geistes!) ihn von seiner Sünde überführt, während sein Gewissen ihn hinaustreibt in die Einsamkeit, wo seine Tränen der Reue ungehemmt fließen können (Luk. 22,61.62; 24,34!) - Petrus weiß, warum er seinen Briefempfängern die Notwendigkeit des guten Gewissens ans Herz legt. Er denkt darüber nicht anders als der Apostel Paulus, der Apgesch. 24,16 ausgesprochen hat, was uns allen stets eine gewichtige Mahnung bleibe! Ein nicht gutes Gewissen (vgl. Tit. 1,15 u. a.!) ist ein gar schlechter Begleiter für uns im Blick auf die Bezeugung dessen, wozu wir „jederzeit bereit“ sein müssen: Zur Verantwortung über die Hoffnung, die in uns ist! Wer ein schlechtes Gewissen hat, vermag nicht gar gut über die kostbare Hoffnung zu reden. Wie könnte er wohl?! Sein Gewissen straft ihn ja beständig, während er zu reden sucht, und flüstert ihm gar zu: „Du Heuchler!“ Und der Heilige Geist gibt ihm keine Freimütigkeit, so daß das, was er sagt, gequält und wenig überzeugend herauskommt. Und das mag immer noch gehen, denn der Weg zu 1. Joh. 1,9 ist für jeden Gläubigen gangbar und nicht weit, so daß er durch Gottes Güte bald zurechtkommt wie David in 2. Sam. 12! Aber wie ist es, wenn nun die Welt, die so aufmerksam ist auf das Zukurzkommen der Gläubigen, die Welt, die mit Luchsaugen die Gläubigen beobachtet, um sie anzuschwärzen (was „der Verkläger der Brüder“ so gern unterstützt und hervorruft!) - wie ist es, wenn die Welt weiß, daß ein Gotteskind kein reines Gewissen haben kann, weil sie ernsten

„wachen und beten“ für uns und füreinander, daß wir vor solcher Schande bewahrt bleiben und uns selber bewahren nach 1. Joh. 5,18, da jene doch stets auf unseren herrlichen HErrn fällt! Welch ein trauriges Beispiel bietet uns hierfür der große König Salomo in 1. Kön. 11! Ob er noch zu seinen Lebzeiten wieder zurechtgebracht ist - wir wissen es nicht, aber wie ernst ist im Blick auf ihn Hebr. 13,7!

Wie anders, wenn wir vor der Welt „ein gutes Gewissen haben“! Selbst wenn sie es nicht glaubt und, indem sie „unseren guten Wandel in Christo verleumdet“ (V. 16c), uns „als Übeltäter“ verdächtigt - wenn wir nur vor Gott „ein gutes Gewissen haben“, dann sind wir glücklich im HErrn und bereit, nicht nur freimütig nach V. 15 zu handeln, sondern auch „wenn der Wille Gottes es so will“, nach V. 17! (Vgl. 2,19 ff.!) Wie kostbar ist das!

Doch darüber will ich nicht mehr reden; es ist auch genug über diese an sich ja einfachen Dinge gesagt. Möchte es der Gnade des HErrn gelingen durch die Kraft des Heiligen Geistes, uns alle für diesen wichtigen Abschnitt 1. Petri 3,15.16 innerlich so recht zu erwärmen, auch unser Gewissen zu schärfen für das, was des Gewissens ist (in diesem Zusammenhang), damit wir, Seine Geliebten, alle wirklich mehr zur Ehre und zum Preise unseres einzig herrlichen Herrn Jesus Christus hienieden wandeln, bis daß Er kommt! Zu solchem treuen, gesegneten Wandel gehört aber nicht zum wenigsten eben auch dies Wort, das uns nun längere Zeit hindurch beschäftigen durfte:

Seid aber jederzeit bereit ... zur Verantwortung gegen jeden, der Rechenschaft von euch fordert über die Hoffnung, die in euch ist, aber mit Sanftmut und Furcht, indem ihr ein gutes Gewissen habt ...!“ (1. Petri 3,15.16) - „Christus Jesus, unsere Hoffnung“ (1. Tim. 1,1), sei ewig gepriesen! Amen.

F. K.

Hiobs Wehklage.

Drei Freunde Hiobs - Eliphas, Bildad und Zophar - kamen einige Monate nach Beginn seiner Krankheit zu ihm. Bei ihrem Eintreffen war die Krankheit schon so weit vorgeschritten, daß sie ihn bis zur Unkenntlichkeit entstellte. Sie waren gekommen, ihren Freund Hiob zu trösten - aber Worte des Trostes fanden sie nicht. Das Schweigen seiner Freunde bringt ihm zum Bewußtsein, wie furchtbar sein Zustand ist. Obwohl er noch nach Kap. 1,21.22 bei allem Verlust und bei aller Krankheit ausrufen kann: „Der HErr hat's gegeben, der HErr hat's genommen; der Name des HErrn sei gelobt!“, beginnt hier schon leise der Vorwurf gegen Gott. Das dauernde Schweigen und das trübe Verstummen seiner Freunde vermehrten seine an sich schon furchtbaren Schmerzen noch mehr.

Die langandauernde Leidensnot, deren Ende nicht abzusehen ist, dazu das unverständige Verhalten der Freunde, erschöpften völlig die Widerstandskraft des tapferen Hiob. Aus seinem Munde ist nun die ergreifende Wehklage nach Vers 1-10 zu hören: Die Verwünschung des Geburtstages, der Lobpreis der Todesruhe nach 11-19, die Klage über die nutzlose Verlängerung eines überaus qualvollen Lebens nach 20-26.

Die kalten Mienen seiner Freunde und die stummen Vorwürfe, daß er nicht ohne Grund so von Gott geschlagen sei, machen den Beginn seiner Versündigung aus. Er verflucht nicht, wie Satan es wollte, seinen Gott; er folgt auch nicht dem Rat seines Weibes, seinem Gott abzusagen, aber den Tag seiner Geburt und die Nacht seiner Empfängnis verflucht er. Der Tag seiner Geburt war und soll ein Unglückstag bleiben.

Nach Vers 11-13 spricht Hiob in vierfacher Weise über die Vernichtung seines Lebens: daß er schon vor der Geburt gestorben wäre, daß er gleich nach der Geburt sterbe, daß der Vater das Kind nicht auf die Knie nahm und anerkannte, daß ihm die natürliche Nahrung nicht zuteil wurde.

Mit dem Verfluchen seines Geburtstages verflucht Hiob zwar nicht Gott, aber doch wendet er sich gegen den Tag der Geburt und gegen die Nacht seiner Empfängnis. Beides ist aber von Gott geschaffen.

Aus seinem tiefen, qualvollen Schmerz und dem Verfluchen seines Geburtstages und damit aus seinem Auflehnen gegen Gottes Ordnung werden weitere ungöttliche Gedanken geboren. Der Tod erscheint ihm in seinem Schmerz als Ruhebringer, während sonst im Alten Testament der Tod ganz anders gesehen wurde. Nach dem Tode folgt ein düsteres Schattenleben, aus dem es keine Erlösung gibt (Kap. 7,9) und man Gott nicht preisen kann. (Ps. 6,5; 30,9)

Er bedenkt nicht, daß der HErr auch dort ist (Ps. 139,8) und daß die Bewohner des Totenreiches vor Ihm erbeben. (Kap. 26,5f.) Dies ist der Zustand der Abgeschiedenen ohne die Erlösung durch Christum.

Hiob gibt dem Satan in wesentlichen Punkten recht, stimmt ihm bei: Leben müssen sei eine schlechte Gabe Gottes für den Betrübten. Ihm wäre der Tod der begehrenswerteste Schatz. Er betrachtet sich als einen Unglücksmann, den alles nur denkbare Unheil trifft. Vor sich sieht er ein aussichtsloses, leeres, ja qualvolles Dasein. Ein schmerzlicher Schlag nach dem anderen kommt über ihn. Hiob bleibt bei der äußerlichen Schilderung seines großen Leidens stehen. Den Weg Gottes sieht er nicht mehr - den Blick nach oben hat er verloren.

Wie alles Ungöttliche zusammenwirkt! Hiob wird durch den Blick auf seine stummen Freunde in sieben Tagen so weit gebracht, daß er selbst den Blick auf und zu Gott verliert. Die göttlichen Gedanken treten mehr und mehr zurück, an ihre Stelle drängen sich menschliche, aus der Sünde geborene Gedanken und veranlassen ihn, daß er seinen Mund auftut - zur Klage, zum Fluche gegen Gottes Weisheit und Ordnung. Damit kommt er ganz in den Gegensatz zu dem Lamm Gottes, das Seinen Mund nicht auftat. (Jes. 53,7)

Woher kommt das Unglück? Diese Frage bewegt den geprüften Hiob. Nicht von Gott, das ist ihm innerlich gewiß. In sich selbst, in seinem Leben fand er aber auch keinen Grund, womit er die überaus ernsten und schmerzhaften Zorngerichte verdient hätte. Er sucht also den Grund seines Unglückes wie so viele Menschen damals und heutzutage in dem Tage seiner Geburt. Ja, wie bleibt sich die Welt doch so gleich! Die unerlöste, unerrettete Welt! Statt auf Gott zu hoffen, verfällt der Mensch den verkehrten Gedanken, die aus dem menschlichen Herzen heraus

geboren werden und hofft sich - unglücklich!

Aus Hiobs Klagen können wir lernen, wie der Mensch, auch der frömmste, in Zeiten der Anfechtung, der Trübsal und Leiden, der Versuchungen und Nöte über Gott und Gottes Wege, über sich selbst und über die Welt, über alle Dinge denkt und - urteilt. Wenn der HErr dem Menschen alles nimmt, was Er ihm vorher gegeben hat, wenn der Mensch allein gelassen wird, ganz allein, wenn er nichts weiß von der Güte und Gnade Gottes, wenn ihm alles genommen und nichts gegeben wird, wenn er nicht weiß, wohin er sich wenden soll, ja, was ist dann der Mensch? Der Mensch allein - ohne Gott - was für ein armes, jammervolles Bild!

Wohl kommen über jeden Menschen trübe Tage und Zeiten und Stunden, in denen er wünscht, lieber nicht geboren zu sein. Der Grund solchen Jammers liegt darin, daß das Herz von dem Irdischen und Vergänglichen so eingenommen war, daß es das Unsichtbare und Ewige aus dem Auge verloren hat und nur dem Vergänglichen, dem Verlorenen nachweint und keinen Ersatz sieht und weiß. Es ist eine der schwersten Proben, auch das Leid, das dem eigenen Denken und Meinen nicht Genehme geduldig zu ertragen. „Lerne leiden - ohne zu klagen.“ Lernen! Wohl dem, der guten Willens ist, willens zum Lernen, zum Leidenlernen, zum Nichtklagen! Kinder Gottes müssen das lernen, wenn auch oft - meist - allermeist gegen ihren Willen. Auch in solchen Zeiten der Leiden bleibt der Weg Gottes Liebe, lerne das begreifen, erfassen, im Glauben nehmen!

„Soll doch - trotz Kreuz und Pein - dies meine Losung sein:

Näher, mein Gott zu Dir! Näher zu Dir!“

Möchten wir in der Nachfolge Jesu mehr und mehr verstehen lernen, daß ohne den Willen Gottes auch kein Haar vom Haupt fällt, daß wir uns aber andererseits vor vielem Leid bewahren können, wenn wir dem Willen Gottes nicht erst unser Nein entgegensetzen. Es ist wohl selten ein Mensch durch so tiefes Leid hindurchgegangen wie Hiob, es ist wohl auch kein Gedanke gedacht oder ausgesprochen worden, den nicht auch Hiob gedacht und ausgesprochen hat; es ist aber auch kaum ein Mensch solange geduldig geblieben wie Hiob.

Ach, wie ist der Mensch so arm, so elend, so jämmerlich, wenn er nur nach unten schaut und in sich und um sich nichts als Unwertes sieht. Mag uns allen mit des HErrn Hilfe möglich werden, mehr und mehr, insbesondere auch in Zeiten der Trübsal, des Leides und der Heimsuchung den Blick aufzurichten zu Ihm, unserem verherrlichten HErrn, der uns kennt, uns erziehen und passend machen will, rechte Streiter Christi zu werden! Der HErr schenke uns, daß wir, wo und wie irgend Er uns erziehen will, stille werden und unseren Mund nicht auftun, sondern nur flehen und beten:

„Ja, Vater - Dein Wille geschehe!“

Sein Wille ist, daß wir hindurchgebracht werden zur Herrlichkeit. Ehre sei dem HErrn! Sein Weg ist und bleibt Liebe.

B. (N. a. R.)

Die ersten Verse der Bibel.

(1. Mose 1,1-5)

Geheimnisvolles Dunkel liegt zwischen dem ersten und dem zweiten Vers der Bibel. Wir wissen nicht mit Bestimmtheit, wie die erste Schöpfung, jene Erde, die nicht als Öde aus Gottes Hand hervorgegangen war (Jes. 45,18), wüst und leer wurde. Aber sie war wüst und leer, bevor Gott das Werk der sechs Tage begann, bevor Er durch das Wort Seiner Macht die erneuerte Schöpfung ins Dasein rief. Wie viele Jahre mögen zwischen diesen sechs Tagen und jenen liegen, von denen Gott sagte, daß sie „Im Anfang“ waren! „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde.“

Der Prophet Hesekiel lichtet das Dunkel ein wenig auf. Dort hören wir im 28. Kapitel (V. 11-19) von einem gesalbten Cherub auf Gottes heiligem Berge und inmitten feuriger Steine. Das Gleichnis, auf den König von Tyrus bezogen, stellt uns, so dürfen wir aus Einzelheiten

schließen, den Glanz eines Engels dar, der alle Pracht, die ihm Gott verliehen, dazu benutzte, von Gott abzufallen. Es ist ein Bild Satans, das uns wohl einen Blick in jene Zeiten vor alters gewährt, die zwischen dem ersten und zweiten Vers der Bibel beschlossen liegen. Der Abfall Satans und seiner Engel mag den Grund dafür abgeben, daß die Erde zu Beginn des Sechstagewerkes wüst und leer war.

Aber nicht diese Szene voller Schrecken, über die Gott den Mantel des Geheimnisses gedeckt hat, soll uns heute beschäftigen, sondern die Tatsache, daß es Gott bei den Schrecken der Finsternis nicht bewenden ließ. Wohl war Finsternis über der Tiefe. Kein Lichtglanz erhellte das undurchdringliche Dunkel. Kein Lebewesen regte sich über den düsteren Gewässern. Dennoch war die Erde nicht allein: Der Geist Gottes schwebte über den Wassern.

Wer von uns vermag zu ermessen, welche Gedanken unfaßbarer Weite Ihn bewegten, als Er über den Wassern der Tiefe schwebte? Wären sie zu Worten geformt worden, Menschen verständlich - es wären dennoch „unaussprechliche Worte“ gewesen! Eine Erde, die der Vernichtung geweiht schien, auf der nichts ein Zeichen der Erneuerung andeutete, deren Finsternis von keinem Lichtstrahl göttlicher Herrlichkeit erhellt wurde, bildete den Schauplatz der unergründlichen Gedanken des Geistes Gottes. Eine in Dunkelheit getauchte Erde war Zeuge Seiner Liebe, die nicht zuließ, daß die Schöpfung Gottes für immer wüst und leer blieb.

„Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht, Und Gott sah das Licht, daß es gut war; und Gott schied das Licht von der Finsternis.“ Das Werk des ersten Schöpfungstages wurde getan. Das Wort Dessen, der Selbst der Vater der Lichter ist (Jak. 1,17), von dem gesagt wird, daß Er Licht ist und gar keine Finsternis in Ihm (1. Joh. 1,5) - das Wort Gottes brachte Licht in die Finsternis, die über der Tiefe war. Die erste Bedingung für das Leben auf einer erneuerten Erde war geschaffen.

Dennoch gab es auch jetzt noch Finsternis auf der Erde; denn Gott nannte das Licht Tag, und die Finsternis nannte Er Nacht. Warum, fragen wir, ward die Finsternis nicht gänzlich von der Erde weggenommen? Gott sah, daß das Licht gut war; von der Finsternis sagt Er es nicht.

Hätte Er die Finsternis aus Seiner Schöpfung entfernt - es stand in Seiner Macht - so hätte, bildlich gesprochen, der Ratschluß Seiner Liebe nimmer erfüllt werden können. Alles, was wir in Ihm und in unserem teuren HErrn, in Jesu Christo besitzen, alles das, was vor Grundlegung der Welt, ja, von Ewigkeit her in Seinem Herzen war, konnte nur ausgeführt werden, wenn Gott das Gericht über die Finsternis, das Gericht über den Satan und seine Diener für den Tag bewahrte, den Er dafür bestimmt hatte. Das Friedensreich auf Erden unter der Herrschaft Christi, des Sohnes des Menschen, wird frei sein von den Einflüssen des Teufels. (Offenb. 20,1-3) Am Tage Seines Gerichts wird die alte Schlange gebunden werden, um schließlich, nach tausend Jahren, für ewig in den Feuer- und Schwefelsee geworfen zu werden. (Offenb. 20,10) Im Reiche Christi gibt es keine Nacht mehr. (Offenb. 21,25; 22,5) Der HErr, Gott, wird über Seinen Knechten leuchten.

Aber noch ist dieser Tag nicht angebrochen. Viele Ereignisse von äußerster Tragweite liegen zwischen dem ersten Schöpfungstage und dem Tage des Gerichts. Die Erde ward erneuert; die Finsternis über der Tiefe wurde durch die Strahlen göttlichen Lichtes erhellt. Der Geist Gottes schwebte nicht mehr einsam über den Wassern. Die Erde wurde belebt, der Mensch am sechsten Tage geschaffen und als Haupt der Schöpfung eingesetzt.

An dem Tage, da Gott von Seinen Werken ruhte, fiel Sein Geschöpf in Sünde. Und nun mußte um des Menschen willen auch die Schöpfung der Eitelkeit unterworfen werden. (Röm. 8,20) Seufzt sie nicht heute noch unter der Knechtschaft des Verderbnisses, unter den Folgen der Sünde, liegt sie nicht in Geburtswehen bis jetzt? (Röm. 8,22) Das aus Gottes Meisterhand hervorgegangene Werk der Erneuerung ward durch des Menschen Sünde verdorben. Der Erdboden wurde verflucht um des Menschen willen. Dennoch ward die Erde nicht wiederum wüst und leer.

Die Gnade Gottes trat dem Menschen zugute ins Mittel. Alle Tage der Erde sollten nicht aufhören Tag und Nacht; es war der Bund Gottes. (1. Mose 8,22; Jer. 33,20) Die Liebe Gottes tat noch viel mehr. Wenn der Mensch in Sünde gefallen und die Schöpfung durch den Menschen

Befreiung von dem Joch der Sünde vorgesehen. Der Sohn Gottes wurde Mensch auf Erden, wandelte sündlos durch eine Schöpfung, die unter der Sünde seufzte, und erlitt den Tod durch solche, für die Er Sein kostbares Leben gab. Der Erstgeborene aller Schöpfung machte Frieden durch das Blut Seines Kreuzes. Alle Dinge auf der Erde, alle Dinge in den Himmeln, alles, was durch die Sünde des Menschen in Mitleidenschaft gezogen war, wird durch Sein Werk mit Gott versöhnt werden. (Kol. 1,15-20) Aber nicht nur die Schöpfung, nicht nur die Dinge, sondern auch der Mensch, wenn er glaubte, erlangte Versöhnung und Frieden mit Gott. Unbegreifliche Tat, unermeßliche Liebe, welche die Grundlage zu völliger Neuordnung der Beziehungen Gottes zur Erde legte! Wir können nur „danksagen dem Vater, der uns fähig gemacht hat zu dem Anteil am Erbe der Heiligen in dem Lichte, der uns errettet hat aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe, in welchem wir die Erlösung haben, die Vergebung der Sünden“! (Kol. 1,12-14)

Das Werk Christi ist vollbracht; der Sieg über den Tod und die Schlange ist erstritten. Nun wartet Gott noch, bis alle Glieder Seiner Gemeinde gesammelt sind. Dann wird jeder Wunsch erfüllt sein. Die Erlösung unseres Leibes und die Befreiung der Schöpfung wird sich dann vollziehen.

Während dieser Wartezeit ist wiederum der Geist Gottes tätig. Einst schwebte Er über den Wassern einer Schöpfung, die wüst und leer lag, durch deren Finsternis kein Lichtstrahl drang. Heute seufzt eine erneuerte Schöpfung, bis sie freigemacht wird zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes.

(Röm. 8,18-30) Wer von uns kann dieses Seufzen der Kreatur wahrhaft verstehen? Wissen wir doch nicht einmal, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt! Aber der Geist Gottes nimmt sich unserer Schwachheit an, verwendet sich für uns in unaussprechlichen Seufzern. Er allein fühlt völlig das Leid der Schöpfung.

In jenen Tagen vor alters schwebte Er einsam über Wassern, die zu einer öden Erde gehörten. Heute wohnt Er in uns, den Gläubigen, denen Gott Licht geschenkt hat. Die Einsamkeit über der

22,17)

Bis dahin, bis zum Kommen unseres HErrn, laßt uns wandeln als Kinder des Lichts! Der Geist Gottes ermahnt uns, keine Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken der Finsternis zu haben; denn einst Finsternis, sind wir jetzt Licht in dem HErrn. (Eph. 5,8-11)

Th. Bu.

2. Petri 1,1-11.

Der Apostel Petrus schreibt an die Christen als an solche, die mit ihm und denen, die bei ihm sind, einen gleich kostbaren Glauben empfangen haben. Aus gleichem Verderben sind sie errettet worden durch dasselbe kostbare Blut Jesu Christi. Als gleich Unwürdige sind alle der gleichen Gnade teilhaftig geworden. Begnadigt in Christo sind alle gleich angenehm gemacht, und alle genießen die gleiche Stellung „in Christo“ vor Gott, der schwächste Gläubige wie die Apostel. Für alle ist das Werk der Erlösung vollbracht. Und als sie durch Gottes Gnade zum Glauben kamen, geschah es durch dieselbe Glaubenstat, die Gott durch Seinen Geist in ihnen gewirkt hat. Alles ist ein Geschenk, alles haben sie empfangen.

„Durch die Gerechtigkeit Jesu Christi, unseres Gottes und Heilandes.“ Gott hat in dem Tod und in der Auferstehung Jesu Christi eine gerechte Grundlage geschaffen, auf welcher Er die Schuld vergeben, die Schuldigen rechtfertigen und die Sünder in die Stellung des Gerechten versetzen kann (Röm. 3,25.26), der freiwillig den Platz der Ungerechten eingenommen hat (1. Petri 3,18) und für sie zur Sünde gemacht wurde, auf daß sie Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm. (2. Kor. 5,21)

Wenn aber auch alle gleich errettet und mit Gottes Gerechtigkeit bekleidet worden sind und diesen Gnadenstand mittels desselben Glaubens ergriffen haben, so besteht doch ein Unterschied im Genuß der Gnade, weil die uns geschenkte Stellung in Christo im praktischen Leben verwirklicht werden muß. Die Gnade Gottes muß in jedem einzelnen Falle und bei jeder

zur Grundlage für weitere Segnungen wird. „Was du geschenkt bekommen hast von Gott, erwirb es, um es zu besitzen.“ Gott reicht uns Gnade dar, aber wir machen nicht immer Gebrauch davon. Wenn wir statt in Abhängigkeit von Gott in Eigenkraft und Eigenwillen wandeln, so kann Gottes Gnade nicht wirksam sein. Dann gibt es keinen Fortschritt, kein Wachstum.

Ebenso verhält es sich mit dem „Frieden“. „Frieden mit Gott“ hat Christus am Kreuz gemacht, als Er uns mit Gott versöhnte. Dieser Friede kann nie in Frage gestellt werden, ihn besitzen alle, die an die Kraft Seines Blutes glauben, so gewiß, wie der Herr Jesus rief: „Es ist vollbracht!“ Dagegen „der Friede Gottes“, der allen Verstand übersteigt und unsere Herzen und unseren Sinn in Christo Jesu bewahrt, ist davon abhängig, wie wir unsere Sorgen auf Ihn werfen und unsere Anliegen vor Gott kund werden lassen (Phil. 4,6.7), oder nach Kol. 3,15 davon, wie wir uns dem Wirken des Geistes Gottes hingeben, damit Er die Charakterzüge der Auserwählten Gottes (V. 12-14-17) in uns hervorbringen kann. Es ist der Friede Gottes, der über allen Geschehnissen im Himmel und auf Erden in vollkommener Ruhe waltet, und der Friede des Christus, den Er während Seines Erdenwandels gegenüber allen Widersprüchen von Sündern (Hebr. 12,3) genoß. Diesen Frieden, der auch uns über alle widrigen Umstände des Lebens, Schwierigkeiten und Sorgen erhebt, will der HErr uns geben (Joh. 14,27) als Seinen Frieden. Diesen Frieden wünscht Petrus den Gläubigen mit der Gnade Gottes. Alle besitzen Gnade und Frieden, aber in verschiedenem Maße und nicht in gleichbleibender Stärke. Deshalb wünscht er ihnen Vermehrung dieser herrlichen und notwendigen Gaben. Er zeigt ihnen auch, wie die Vermehrung stattfindet: „Durch die Erkenntnis Gottes und Jesu, unseres HErrn.“

Daß Petrus auf die Erkenntnis so großen Wert legt (V. 2 und 3), ist charakteristisch für seine beiden Briefe, in denen er darauf dringt, daß wir uns im praktischen Leben als wahre Christen erweisen. Wenn unser HErr in Joh. 17,3 sagt, daß den allein wahren Gott und den Er gesandt hat, Jesum Christum, zu erkennen ewiges Leben ist, so ist die Erkenntnis auch für alle Dinge, die mit dem ewigen Leben verbunden sind, grundlegend und bedingend. Denn Erkenntnis ist nicht bloß Wissen oder Verstehen, sondern Eindringen in das Wesen und in die Gemeinschaft Gottes und Jesu Christi. (Joh. 17,10.21.23.26; Phil. 3,10) Die Erkenntnis schließt ein, 1. daß wir

Gott als den erkennen, durch dessen Willen wir auserwählt, zuvorbestimmt, berufen, gerechtfertigt, geheiligt, verherrlicht sind; 2. daß wir überzeugt sind, daß Gott in allen Lagen und Fällen, in Zeit und Ewigkeit für uns ist, und wir uns Seiner rühmen dürfen (Röm. 8,31; 5,11); 3. daß wir in Christo Jesu einen Retter, Hirten, HErrn, Hohenpriester, Sachwalter haben, der uns mit einer Liebe liebt, die alle Erkenntnis übersteigt.

Eine solche Erkenntnis verleiht uns Kraft zu einem gottseligen Wandel. Sie ist der Mittel- und Stützpunkt des Glaubens. Sie nährt, entfaltet, erweitert den Glauben und bewahrt den Glaubenden vor Verführungen. An uns ist es, diese Kraft in Anspruch zu nehmen, Gebrauch davon zu machen, sie in unserem Leben Wirklichkeit werden zu lassen.

Wir sind zur Herrlichkeit berufen. Für den Weg zu diesem Ziel brauchen wir Kraft. Wenn wir uns bewußt sind, daß diese Kraft uns geschenkt ist, so gereicht es uns zur Befestigung. Es ist wichtig zu verstehen, daß der Träger der Kraft der Heilige Geist ist, der uns gegeben ist und in uns wohnt. Dadurch ist uns alles geschenkt, was zum Leben und zur Gottseligkeit nötig ist. „Wenn wir durch den Geist leben, so lasset uns auch durch den Geist wandeln.“ (Gal. 5,25) Das uns Geschenkte fließt aus der Erkenntnis des uns Berufenden, d. h. unseres Herrn Jesus Christus. Er hat „uns berufen durch Herrlichkeit und Tugend“.

1. Durch Herrlichkeit. Es ist Seine Berufung (aktiv), weil Er uns berufen hat. (Eph. 1,18) Sie entspricht dem Reichtum Seiner Herrlichkeit, den Er in Sich Selbst hat, und sie entspricht dem Ziel der Herrlichkeit, zu dem Er uns führt. (Eph. 1,12,14; 1. Thess. 2,12; 1. Petr. 5,10) Auch wenn wir sie als unsere Berufung (passiv) betrachten, insofern wir berufen worden sind, ist sie der Herrlichkeit Seiner Gnade entsprechend, die souverän, frei und voll sich an uns als Unwürdigen erweist. (Eph. 1,6) - Er hat uns berufen

2. Durch Tugend. Die Tüchtigkeit, geistliche Entschiedenheit, Energie, Tapferkeit, Mut, die wir nach V. 5 darreichen sollen, ist zuerst und in vollem Maße in Christo vorhanden. Seine Tatkraft finden wir u. a. in folgenden Stellen beschrieben: Jes. 50,5: „Ich bin nicht zurückgewichen.“ V. 7: „Ich machte Mein Angesicht wie einen Kieselstein.“ Luk. 9,51: „Er stellte Sein Angesicht fest,

liegende Freude das Kreuz erduldete.“ In Betätigung Seiner Energie ist Er der Anführer unserer Errettung geworden.

Diese Seine Kraft erweist Christus nun auch in unserer Berufung. Nachdem Er uns zuvor erkannt hat, hat Er uns auch berufen (Röm. 8,29.30), und Er wird das Ziel Seiner Bestimmung mit uns erreichen. Denn „was Er Sich vorgenommen, und was Er haben will, das muß doch endlich kommen zu Seinem Zweck und Ziel“. Er ist der Anfänger und Vollender des Glaubens. Öfters ist in der Heiligen Schrift von dem Glaubens-Vertrauen und von dem Ausharren des Herrn Jesus die Rede, z. B. 2. Thess. 3,5. Als abhängiger Mensch war Jesus auf Vertrauen und Glauben angewiesen, und Er hat sie auch betätigt. (Ps. 16,1; Hebr. 2,13) Nachdem Christus so das Erlösungswerk vollbracht hat, bringt Er auch alle Söhne durch alle Schwachheiten und Gefahren des Weges sicher hindurch zur Herrlichkeit. (Hebr. 2,10)

Christus ist die Quelle unserer Glaubensenergie. Er hat den Glauben in uns gepflanzt. Er Selbst ist der Gegenstand unseres Glaubens. Er nährt ihn, Er stützt und stärkt ihn - bis wir einst bei Ihm sind und unser Glaube zum Schauen geworden ist. Er ist der Anfänger und Vollender unseres Glaubens. (Phil. 1,6; Hebr. 12,1.2) So sehen wir die „Herrlichkeit und Tugend“ in dem Herrn Jesus, in Seinem Charakter und in Seiner Tätigkeit in vollem Lichte erstrahlen, „durch welche Er uns die größten und kostbaren Verheißungen geschenkt hat“. Verheißungen, in deren Fülle wir am Ziele eingehen werden, die wir aber schon auf dem Wege zur Herrlichkeit (wenn wir unseren Wandel in Treue und Hingabe, mit ungeteiltem Herzen führen) schmecken und genießen können, als da sind: Die Zugehörigkeit zur Familie Gottes als Kinder, die Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne, der Friede Gottes und des Christus, die Offenbarung Seiner Geheimnisse u. a. m.

Durch den Besitz der großen und herrlichen Verheißungen werden wir praktisch Teilhaber der göttlichen Natur. Wie die „göttliche Kraft“, so ist uns auch die „göttliche Natur“ im Heiligen Geist gegeben. Der Heilige Geist hat uns gezeugt, wiedergeboren und uns dadurch das göttliche Leben mitgeteilt und uns zu Teilhabern der göttlichen Natur gemacht. Wir sollen nun nicht „stille“, sondern praktische Teilhaber, Mitarbeiter, Genossen werden. Das geschieht dadurch,

daß wir uns der Wirksamkeit des Heiligen Geistes hingeben, besonders das Wort Gottes in Seiner Gemeinschaft auf uns wirken lassen, daß wir Ihn durch Widerstreben und Ungehorsam nicht betrüben. Er will uns im Kampf gegen unsere alte Natur zum Sieg verhelfen, so daß die göttliche Natur zur Verwirklichung und Darstellung in unserem praktischen Leben kommt, durch einen Wandel im Geist, im Licht, in der Liebe. Denn Gott ist ein Geist, ist Licht und Liebe.

Niemand aber soll meinen, daß man sich der Verheißungen erfreuen könne, wenn man noch in die Welt und ihre Lust verwickelt ist. Daß es solche Gläubige gibt, zeigt 2. Petri 2,20. Der Psalmist fragt: „Sollte mit Dir vereint sein der Thron des Verderbens?“ (Ps. 94,20) Man kann nur dann Teilhaber und Genießer der großen Verheißungen sein, wenn man dem Verderben der Weltlust entflohen ist. Entfliehen heißt nicht nur, sich von der Welt abwenden oder ihr den Rücken kehren, denn dann kann man stehenbleiben, wobei man Gefahr läuft, in sie zurückzufallen, und Satan wird alle Lockungen und Drohungen aufbieten, um uns in seinem Gebiet festzuhalten. Entfliehen heißt Herausgehen, und zwar mit raschen Schritten, um nie mehr zurückzukehren. Ja, Entflohensein ist nicht einmal genug, es ist nur die negative Seite der Umkehr - man muß sich Gott, Christo, dem Guten zuwenden! „Kehrt um bis zu Mir!“ ruft Jehova. Außerdem ist es beachtenswert, daß Petrus den Christen, an die er schreibt, bezeugt: „Ihr seid entflohen.“

B.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Frage und Antwort

Frage 11

Was bedeutet die Mehrzahl „uns“ in 1. Mose 1,26 („Lasset uns Menschen machen in unserem Bilde“)? Kann man daraus auf eine Mitbeteiligung der Engel bei der Menschen Schöpfung und, daraus folgernd, möglicherweise auch auf eine Engelebenbildlichkeit des Menschen schließen?

Antwort A

Gott sprach: „Lasset uns Menschen machen.“ Über dies „uns“ haben die Gläubigen schon seit alters nachgesonnen. Schon die Kirchenväter hatten darüber ihre Gedanken, ja, vor ihnen sogar schon altjüdische Gesetzeslehrer. Im wesentlichen sind drei Antworten gegeben worden:

1. Es handle sich um eine Beratung Gottes mit den Engeln. So meinten es die alten jüdischen Targume, auch Philo, der Zeitgenosse des HErrn, der berühmte jüdische Philosoph im ägyptischen Alexandrien. Auch neuere Schrifterklärer haben das gelegentlich gemeint. Derselbe Gedanke liegt ebenfalls der obigen Frage zugrunde. Als Beweis nennt man in solchem Fall Stellen wie Ps. 8,5 (Hebr. 2,7) und Luk. 20,36. Letzteres Wort sagt, daß die Vollendeten im Stande der Auferstehung „den Engeln gleich“ sein werden. Doch müssen wir diese ganze Auffassung durch-aus ablehnen, denn:

a) wohl gibt es himmlische Engelratsversammlungen und Engelgerichtsversammlungen in der oberen Welt vor dem Throne Gottes (1. Kön. 22,19ff.; Ps. 89,7; Dan. 7,10). Aber dafür, daß Sich Gott in einem Schöpfer akt durch ein gemeinschaftliches „uns“ mit geschöpflichen Wesen, und seien sie noch so hoher Lebensordnung, zusammenschließt, dafür fehlt jeglicher Schriftgrund. Ja, Stellen wie Jes. 40,13 und Jes. 44,24 schließen diesen Gedanken geradezu grundsätzlich aus. Dort sagt der Prophet: „Wer hat den Geist Jehovas gelenkt und wer als sein Ratgeber ihn unterwiesen? Mit wem beriet er sich, daß er ihm Verstand gegeben und ihn belehrt hätte über den Pfad des Rechts, und ihn Erkenntnis gelehrt und ihm den Weg der Einsicht kundgemacht hätte?“ (40,13) Noch deutlicher ist die andere Stelle, die sich gerade auf die Schöpfung bezieht: „So spricht Jehova, dein Erlöser, und der dich von Mutterleibe an gebildet hat: Ich, Jehova, bin es, der alles wirkt, der die Himmel ausspannte, Ich allein“ (44,24). Die Schöpferkraft und das Schöpferrecht sind allein Gottes, des Unerschaffenen! Hierin teilt Er Seine Ehre und Macht mit keiner Kreatur, die Er ja durch Sein eigenes Wort Selbst hervorgebracht hat.

Natürlich sind, dem Plane Gottes nach, gewisse, und zwar sehr wesentliche Übereinstimmungen zwischen dem idealen Menschentum und dem Wesen der Engel vorhanden; aber diese haben ihren Grund darin, daß sie beide nach dem gemeinsamen Vorbild der göttlichen Heiligkeit und Liebe geschaffen sind, aber nicht darin, daß der eine, der Mensch, nach dem Bild des anderen, des Engels, geschaffen worden sei. Auch die Stelle Luk. 20,36 besagt das nicht; denn dort wird nur in zwei Punkten von einer Übereinstimmung des verklärten Menschentums mit den heiligen Engeln des Himmels geredet, nämlich daß für die erlösten und vollendeten Menschen weder die irdische Beziehung der Ehe noch das Sterben mehr bestehen wird. „Die aber würdig geachtet werden, jener Welt teilhaftig zu sein und der Auferstehung aus den Toten, heiraten nicht noch werden sie verheiratet; denn sie können auch nicht mehr sterben; denn sie sind Engeln gleich und sind Söhne Gottes, da sie Söhne der Auferstehung sind“ (Luk. 20,35.36). Daß wir diese Stelle recht erklären, indem wir diese „Engelgleichheit“ nicht als allgemeine „Engelebenbildlichkeit“ auffassen, sondern sie auf die Frage der Eheverhältnisse beziehen - wovon ja auch im Zusammenhang nur die Rede ist! -, beweist uns auch die Parallelstelle: „In der Auferstehung heiraten sie nicht, noch werden sie verheiratet, sondern sind wie die Engel Gottes im Himmel“ (Matth. 22,30).

c) Damit ist nun zwar nicht direkt ausgeschlossen, daß Sich Gott bei der Bildung und Formung des menschlichen Leibes (1. Mos. 2,7.22) irgendwie der Engel als der Durchführe Seiner Ordnungen und Vollstrecker Seiner Befehle bedient habe (vgl. Ps. 103,20). Aber ob dem so ist und inwiefern dies unter Umständen teilweise zu bejahen wäre, darüber kann kein Mensch etwas Bestimmtes sagen, und jede Spekulation darüber ist eitel. Persönlich entscheiden wir uns mehr für ein „Nein“, und zwar im Hinblick auf das sich gerade auf die Schöpfung beziehende Wort des Psalmisten: „Er sprach, und es war; Er gebot, und es stand da“ (Ps. 33,9). Mögen die Engel in ungezählten anderen Regierungsahngelegenheiten Gottes die „Täter Seines Wortes“ und Ausführungswerkzeuge Seiner Anordnungen sein (die damit noch immer nicht aufhören würden, Seine Taten und Seine Werkzeuge zu sein): in den Akten Seiner Schöpfermacht steht Gott allein und bedient Sich als des Durchführungsmittels Seiner Schöpfungspläne Seines Wortes! Dann, nach dem eigentlichen, grundlegenden Schöpfungsakt mag Gott das Prinzip der

die Engel große und wichtige, von uns nicht zu durchschauende Aufgaben haben; hier aber, wo es sich um die Frage der eigentlichen Schöpfung handelt, kommen diese Beziehungen unseres Erachtens nicht in Betracht.

2. Die zweite Antwort sieht in der Mehrzahl „uns“ in 1. Mos. 1,26 die Mehrzahlform der Hoheit und Majestät. Aber auch diese Antwort scheint uns nicht tief genug zu gehen; denn mögen auch menschliche Herrscher gar oft sich dieser Ausdrucksweise bedienen (z. B. „Wir, Kaiser Wilhelm von Gottes Gnaden“), so finden wir doch sonst unseres Wissens in der Heiligen Schrift kein einziges Beispiel, wo Gott diese Mehrzahl unzweideutig gebraucht.

So kommen wir zu einer dritten Antwort, die, wie wir glauben, dem vorliegenden Problem am meisten gerecht wird.

3. Das „uns“ ist die Mehrzahl der göttlichen Fülle; Gott redet aus der Fülle der göttlichen Kräfte und Wesenheiten, die Er besitzt, in der Mehrzahl von Sich und mit Sich. Die göttliche Einheit redet zu ihren Strahlungen allen; sie alle sollen sich konzentrieren; die ganze Fülle der Gottheit soll sich lebendig regen, um den Menschen sich zum Bilde zu schaffen.“ Aber zugleich deutet sich doch noch mehr an: es ist hier in der göttlichen Offenbarungsgeschichte der Keim einer Selbstunterscheidung in Gott, wie sie schon gleich in den allerersten Versen der Bibel, in der Nebeneinanderstellung von „Gott“ (Elohim) und „Geist Gottes“ (Ruach Elohim), vorliegt (Vers 1: „Im Anfang schuf Gott die Himmel und die Erde“, und Vers 2: „Der Geist Gottes schwebte über den Wassern“). Im Verlaufe der späteren Offenbarung des Alten Bundes wird diese Unterscheidung noch hervortreten, indem neben „Jehova“ die „Weisheit“ gestellt wird und von dieser in geradezu personhafter Weise geredet wird (lies Spr. 8,22-31!). Es ist eben so, daß die in dem göttlichen, absoluten Wesen konzentrierten, unendlichen Kräfte und Eigenschaften mehr sind als bloße Kräfte und Eigenschaften, daß sie übersinnliche Wirklichkeiten sind, die bei dem weiteren Fortschritt der göttlichen Heilsoffenbarung immer deutlicher als Personen des göttlichen Wesens hervortreten. Und mag auch vom Standpunkt des alttestamentlichen Schreibers und Lesers aus zunächst noch vieles undeutlich und verhüllt gewesen sein, wir, die wir das Licht der vollen Offenbarung des Neuen Bundes haben, können mit Luther über dies

„Uns“ in 1. Mos. 1,26 sagen: „Aus diesen Worten erzwinget sich's (ergibt sich notwendig), daß in der Gottheit mehr denn eine Person sein müsse, weil Er spricht: ‚Lasset uns Menschen machen‘, item ‚ein Bild, das uns gleich sei‘. Denn das Wörtlein ‚uns‘zeiget an, daß, der da redet, nicht allein sei.“

So ist denn mit der Mehrzahl der göttlichen Fülle - wenn auch noch nicht vom zeitgeschichtlichen und alttestamentlichen, so doch vom ewigkeitlichen und neutestamentlichen Gesichtspunkt aus - zugleich die Mehrzahl der göttlichen Dreiheit in der Einheit gegeben. Und hiermit gewinnt unsere Stellung zugleich eine Beziehung auf Christus, den Sohn Gottes. Wir schauen hier hinein in ein Gespräch, das der Vater zum Sohn und zum Heiligen Geist hatte (vgl. Ps. 110,1; Ps. 2,7.8!), und wir erfahren, daß nicht nur der Vater, sondern auch der Sohn und der Heilige Geist das ewige Vorbild unseres Seins sind.

Wir sollen geschöpfliche Abbilder des großen Gottes sein! Kann der Mensch höher geadelt sein, als „Bild Gottes“ und dem Sohne Gottes gleich zu werden? Kann es eine höhere Bestimmung geben als diese? In der Heiligkeit seines Wollens, der Weisheit seines Erkennens und der Seligkeit seines Fühlens soll er ein Bild der Freiheit, Geistigkeit und Seligkeit seines großen Schöpfers sein! Seine drei Seelenkräfte (Wille, Verstand und Gefühl) sollen auf ewig eine geschöpflichdreieinheitliche Verklärung der dreieinigen Seinsbestimmtheiten des ewigen Gottes sein. Und was noch dazu insonderheit seine Beziehungen zum Sohne Gottes betrifft, so soll er nicht nur geistig und geistlich „Seinem Bilde gleichförmig werden, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern“ (Röm. 3,29); sondern auch leiblich ist er nach dem ewig in Gott gegenwärtigen Urbild des einst nach Seiner Auferstehung für immer verklärten Herrlichkeitsleibes des Sohnes Gottes gebildet (vgl. Phil. 3,21; 1. Kor. 15,48.49).

Aber auch schon jetzt sollen wir Jesu Herrlichkeit widergeben. Aus unseren Augen soll Seine Freundlichkeit leuchten, aus unserem Dienen Seine Liebe strahlen. Unsere ganze Art soll „Seine Tugenden verkünden“ (1. Petr. 2,9); unser Wesen soll Ihn zum Inhalt haben, und aus unserem Leben sollen solche Wirkungen auf unsere Umgebung ausgehen, daß es auch von den Menschen um uns herum gesagt werden kann: „Da freuten sich die Jünger, als sie den HErrn

sahen!“ (Joh. 20,20)

Dies alles ist in das „uns“ von 1. Mos. 1,26 eingeschlossen. Kein Wunder, daß gerade hier der Heilige Geist den Schreiber zu dichterischer Höhe erhebt. In dreifachem Rhythmus gleichlaufender Zeilen feiert er die Erschaffung des nach Geist, Seele und Leib dreieinheitlichen Menschen durch den dreieinigen Gott.

„Gott schuf den Menschen in Seinem Bilde,

Im Bilde Gottes schuf Er ihn:

Mann und Weib schuf Er sie“ (1. Mos. 1,27).

An einem Freitag (dem 6. Tag der Schöpfungswoche) wurde der Mensch erschaffen. Doch dann kam die Sünde. Das hohe Ziel seiner Bestimmung schien ewig verfehlt. Da erschien der Erlöser: Christus, das göttliche Ur bild, befreite Sein gefallenes Abbild. Und wieder war es ein sechster Wochentag, ein Freitag, an dem Er das Werk der Erlösung grundlegend vollführte. Durch diesen Tag von Golgatha sind wir für die Ewigkeit errettet. Nun dürfen wir Ihm angehören und als die Seinen Sein Bild widerstrahlen. Sein Licht will unser Licht sein, Seine Freude unsere Freude, Sein Sieg unser Sieg und Sein Triumphwort am Kreuze unser Siegesruf:

„Es ist vollbracht!“

Er. Sr.

Antwort des Schriftleiters

Diese kostbare Antwort wird allen Lesern (nicht nur dem Fragenden) wie mir zu reicher Belehrung und Erquickung dienen. Wir haben Grund genug, dem HErrn zu danken für diese schöne Auslegung.

Unser lieber Mitarbeiter hat uns schon in Frage 8, Jahrbuch 16, eine tiefgründige Antwort über

Er. Sr.

Es scheint mir sehr bemerkenswert, daß der Verfasser obiger Antwort zu dem gleichen Ergebnis kommt, welches seit alten Zeiten in dem „Uns“ in unserer Stelle gesehen wird: das Geheimnis der „Dreieinheit“ Gottes. Und zwar nicht so, daß er einfach sagt: „so ist es!“, sondern daß er auf der Grundlage gleichsam der „göttlichen Fülle“ die Erkenntnis von der „Selbstunterscheidung in Gott“ aufbaut. Hier möchte ich einem Mißverständnis vorbeugen: Nicht daß in Gott Zweifel an diesen Dingen gewesen wären - wie könnte dem so sein?! Aber ich sage das, weil man infolge mannigfacher Irrlehren (wie z. B. der der fälschlich sogenannten „Ernsten Bibelforscher“, welche Schriftfälscher allerschlimmster Sorte sind!), die in der Welt ihr Wesen treiben, zuweilen Worte hört, die einem im Blick auf des HErrn Herrlichkeit die Röte heiligen Zornes ins Antlitz treiben möchten. Hierher gehören auch solche Gedanken, als wenn der Herr Jesus Sich erst nach und nach Seiner Gottessohnschaft bewußt geworden wäre!! Und hierher würde auch das dogmatische Mißverständnis gehören, als hätte die Person Gottes Sich erst nach und nach in die Dreiheit unterschieden!! Nein, im Gegenteil, von Anfang an ist die wunderbare Fülle Gottes in der Schrift bezeugt, und unsere Stelle gibt einen der Beweise dafür. Andere liegen in der Verschiedenheit der Namen Gottes, unter denen Er Sich geoffenbart hat. Also, wenn auch in Gott die Dreieinheit durchaus feststeht von Anfang an - ohne daß deswegen der Begriff derselben als ein biblischer Ausdruck gebraucht würde, und was schadet das? Ist es nicht köstlicher, solche Geheimnisse, die dem Verstand ohnehin unbegreiflich sind, mit den staunenden Augen des Glaubens zu sehen? Man vgl. Jahrb. 14, Frg. 21!, wo wir auch Gedanken über die Dreieinheit Gottes finden (F. Kpp.!) - also, wenn auch dieser Begriff der „Dreieinheit“ („Dreieinigkeit“, ich ziehe dem das Wort „Dreieinheit“ als deutlicher vor!) in Gott eine von und vor Anfang feststehende Tatsache ist, so war es doch um der nur sehr langsam möglichen Erkenntnis des gefallenen Geschlechtes der Menschen nötig, die Offenbarung dieser Herrlichkeiten schrittweise eintreten zu lassen, und eben das meint unser lieber Mitarbeiter, wenn er schreibt, daß „bei dem weiteren Fortschritt (oder ‚Fortschreiten‘) der göttlichen Heilsoffenbarung immer deutlicher die Personen des göttlichen Wesens hervortreten“. Für uns Gläubige des Neuen Testamentes ist dies alles deutlicher geoffenbart, und wenn das Wort

„Dreieinheit“ sich auch hier nicht findet, so doch die Tatsache um so klarer, z. B. im „Taufbefehl“, Matth. 28,19, und in den Kapiteln Joh. 14-17 und dann auch in vielen Stellen der Briefe, so z. B. 2. Kor. 13,13 u. a., und ich möchte die Gegner dieser biblischen Tatsache (Gegner, weil das Wort „Dreieinheit“ fehle!) einmal fragen: wenn solche Stellen nicht die Tatsache der Dreieinheit beweisen, ebenso wie schon jenes „Uns“ in 1. Mos. 1,26, was sagen sie dann? Wenn solche Stellen, in denen klar drei gleichwertige (ich rede menschlich und sehr unvollkommen!) Personen unterschieden werden, nicht die Fülle der Einen, sich in Drei Personen offenbarenden, Person Gottes besagen sollen und wollen, was besagen sie dann?? Wir wissen, daß die Juden bei ihrer Bekehrung von Haus aus stets die größte Schwierigkeit haben mit der Annahme der absoluten Göttlichkeit des Sohnes und des Geistes und - hätten sie mit dieser Schwierigkeit nicht recht, wenn es sich um selbständige, alleinstehende göttliche Wesen handeln sollte?! „Denn Gott ist einer!“ (1. Tim. 2,5) „Höre, Israel: der HErr, unser Gott, ist ein einiger Herr, und du sollst den HErrn, deinen Gott, lieben ...!“ (Mark. 12,29; vgl. 5. Mos. 6,4.5 u. a.) Aber wenn einem Menschen die Augen geöffnet werden für die Herrlichkeiten des lebendigen Gottes und für Seine Fülle, dann versteht er durch Glauben, daß in Gott Drei verschiedene, in Gott, dem Einigen, selbsttätig wirkende Personen (mehr als nur Kräfte und Ausstrahlungen!!) sind, und er betet im Geist und in der Wahrheit (Christus) den Vater an! Drei Personen in Einer Person, so wie der Mensch in diesem Bilde geschaffen ist als eine Dreieinheit in einer Person (als Leib, Seele und Geist, so ist Gott als das unendliche Urbild in Seiner Fülle eine vollkommene Dreieinheit in Einer Person. Gepriesen sei Er!

Ich muß es mir versagen (aus Raummangel), noch auf die Gottesebenbildlichkeit des Menschen einzugehen. Wie gut aber, daß wir nicht zur Engelebenbildlichkeit erhoben werden! Viele wären damit zufrieden, und die religiöse Meinung, daß heimgegangene Menschen, besonders Kinder, Engel würden - was die Schrift, Gott sei Lob! nicht sagt! -, hängt mit dieser falschen Anschauung zusammen. Aber wir sind höherer Vorrechte teilhaftig geworden: „Dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig!“ (Röm. 8,29, vgl. Antwort A!)

Welche Herrlichkeiten! Und wie wir dereinst Ihm auch dem Leibe nach gleichförmig sein werden (Phil. 3,21), so jetzt schon der Seele und dem Geiste nach, indem wir „durch das Anschauen

Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt werden von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist“ (2. Kor. 3,18). Das alles ist uns jetzt ermöglicht durch die Erlösung in Christo Jesu, aber bei seiner Erschaffung bekam der Mensch und trug der ungefallene erste Mensch in seiner Dreieinheit „Leib, Seele und Geist“ die Gottesebenbildlichkeit, die ihn befähigen sollte, gleichsam als stellvertretender König hienieden zu herrschen, wie Gott in Seiner unausforschlichen Herrlichkeit und Fülle des „Uns“ Seiner Dreieinheit über das Universum herrscht.

Genug von diesen unendlichen Herrlichkeiten, in die wir jetzt nur ahnend und tastend hineinblicken. Was wird es sein, wenn uns die Augen völlig geöffnet werden! (1. Kor. 2)

Möchten wir Gnade haben, hienieden uns als „Seine Zeugen“ (Apgesch. 1,8) zu beweisen und zu bewähren, in Wort und Werk und allem Wesen, indem wir somit der Welt einen kleinen, ach, so schwachen Anschauungsunterricht geben von dem, was Gott ist: „Geist“ und „Licht und Liebe“. (Joh. 4,24; 1. Joh. 1,5; 4,8 u. 16)

Möge Seine Gnade dies mehr und mehr in uns hervorbringen, indem wir „wandeln in Ihm“, d. i. „in Christo Jesu“! (Kol. 2,6)

F K.

Frage 12

Wie kann man sich gegenseitig lehren und ermahnen mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern nach Kol. 3,16?

Antwort A

Diese Frage ist sehr berechtigt, und bei tieferem Nachdenken muß man zu dem Schlusse kommen, daß die Übersetzung, auf Grund deren die Frage gestellt ist (wohl die „Elberfelder“), mit der Interpunktion, die sie hat, nicht den Urtext seinem wahren Sinne gemäß wiedergibt

(wie auch die von Luther nicht und jede andere nicht, die in gleicher oder ähnlicher Weise übersetzt), denn es ist nicht so und kann nicht so sein, daß wir uns gegenseitig mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern lehren und ermahnen. Das Lehren und Ermahnen hat vielmehr das Wort Gottes (oder wie hier gesagt ist, das „Wort des Christus“) zur Grundlage und zum Ausgangspunkt, während die Psalmen, Loblieder und geistlichen Lieder zum Singen da sind. Zwar gehören die Psalmen auch zum Wort Gottes, und auch sie können unter Umständen dazu benutzt werden, uns gegenseitig zu lehren und zu ermahnen; hier aber sind sie in Verbindung mit „Lobliedern und geistlichen Liedern“ genannt, also von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, und „Loblieder und Singetdemherrnkomplett_23_09_2019/singetdemherrn/index.htm“ sind doch nicht dazu da, uns gegenseitig zu lehren und zu ermahnen - letzterer Gedanke findet hier um so weniger Raum, wenn man beachtet, dass das im Urtext gebrauchte Wort, welches hier mit „ermahnen“ übersetzt ist, nicht den Sinn von „trösten“, „ermuntern“, „stärken“ in sich schließt wie ein anderes mit „ermahnen“ übersetztes Wort an manchen anderen Stellen (z. B. Röm. 12,8; 1. Kor. 14,31 usw.), sondern die Bedeutung von „mahnen“, „warnen“, „zurechtweisen“ hat -, sondern dazu, das zum Ausdruck zu bringen, was in unseren Herzen ist für Gott! Hiernach kommen wir zu dem Ergebnis, daß der Text im richtigen Wortlaut bzw. mit richtiger Interpunktion gar nicht sagt, daß wir uns gegenseitig „mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern lehren und ermahnen“ sollen, sondern daß wir „das Wort des Christus reichlich in uns wohnen lassen sollen, indem wir in aller Weisheit uns gegenseitig lehren und ermahnen“ - das ist der erste Teil des Verses -, und dann - gleichsam als notwendige Begleiterscheinung zu dem eben Gesagten -, daß wir „mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern Gott singen sollen in unseren Herzen in Gnade“. In diesem Sinne hat Dr. Heinrich Wiese übersetzt: „Das Wort des Christus soll reichlich bei euch wohnen: in aller Weisheit belehret und weiset einander zurecht, mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singet ob der Gnade Gott in eurem Herzen.“ Denselben Sinn erreicht man in der „Elberfelder“ Übersetzung (aber nicht in der von Luther) durch eine Änderung lediglich der Interpunktion in der Weise, daß man hinter „ermahnet“ ein Komma setzt und das hinter „geistlichen Liedern“ befindliche Komma beseitigt. Das entspricht auch ganz dem vor unserem Verse Gesagten (V. 12-15) und dem Wesen der Sache: Um das vorher Gesagte zu verwirklichen, bed ürfen wir dessen, daß „das Wort des Christus“ reichlich in uns wohnt;

dadurch empfangen wir Weisheit, indem uns durch das Wort Christus mitgeteilt wird, „der uns geworden ist Weisheit von Gott“ (1. Kor. 1,30), und in dieser Weisheit sind wir fähig, einander zu lehren und zu ermahnen. Aber nicht nur das, sondern unsere Herzen werden auch angestimmt zum Lobpreis Gottes, so daß wir „mit Psalmen, Lobliedern und geistlichen Liedern Gott singen“, nicht nur mit dem Munde, sondern „in unseren Herzen“, und zwar „in Gnade“, d. h.: Seine Gnade erfüllt unsere Herzen und herrscht in unseren Herzen. Und gerade dann, wenn es so ist in unseren Herzen, sind wir in dem rechten Zustande, uns gegenseitig zu lehren und zu ermahnen (zurechtzuweisen)!

Möchte es dem Geiste Gottes gelingen, auch in uns und unter uns das zu wirken, was wir in diesem eben betrachteten herrlichen Worte finden!

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Diese kurze, klare Antwort wird dem Frager (in der Schweiz!) und allen, denen die besprochene Sache schon Bedenken bereitet hat, helfen, „das Wort der Wahrheit richtig zu teilen“ (2. Tim. 2,15) im unmittelbaren Sinne des Wortes, indem die Satzzeichen richtig gesetzt werden!

Woher kommen hier die verschiedenen Übersetzungen? Lediglich von verschiedenen Lesarten! Die Lesart meines Nestleschen griechischen Neuen Testamentes, das ich, zur Zeit unterwegs auf Reisen, stets mit mir führe, gibt der Auslegung unseres Mitarbeiters recht, während unter den in dem gleichen griechischen Neuen Testament befindlichen Fußnoten (andere Lesarten!) die den betreffenden Übersetzungen zugrunde liegende Lesart, welche unser Mitarbeiter bekämpft, auch enthalten ist. Es kommt also lediglich auf das jeweilige geistliche Verständnis an, ob man dieser oder jener Anschauung recht gibt. Ich entscheide mich für die gleiche, die obige Antwort vertritt. Das spreche ich gern aus.

Gleichwohl verstehe ich auch die andere, derzufolge also die Gläubigen sich „mit Psalmen (alt-

und neutestamentlichen!), Hymnen und geistlichen Liedern gegenseitig lehren und zurechtweisen“ sollen, während sie „in ihren Herzen (dem) Gott singen in Gnade“. Denn obwohl ich dem Frageeinsender recht geben muß, wenn er in seinem Begleitbriefe meint, durch Gesang würden oft (nur) Gefühle berührt, sonderlich durch Solo- und Chorgesang, und Tränen flössen, die vielleicht nicht immer echte Bußtränen seien, so muß ich doch aus Erfahrung sagen, daß Lieder, auch Chöre und Solos, oft eine gewaltige Wirkung auf manchen Hörer ausgeübt und auch wahre Bekehrungen gewirkt haben, und letzteres um so eher, wenn es sich nicht um ausgesprochenen Kunstgesang, sondern um schlichte, eben nicht nur die Seele, das Gefühl berührende, sondern zu Herzen gehende Darbietungen gesungenen Evangeliums handelte und handelt. Denn „der Glaube kommt aus der Verkündigung, die Verkündigung aus Gottes Wort“ (Röm. 10), und da kann es unter Umständen ebensogut gesungenes wie gesprochenes Wort sein, was so tief wirkt, daß Menschen darunter zusammenbrechen. Hierüber ließe sich viel sagen, auch über die Stellungnahme der örtlichen christlichen Gemeinden zu Chor- und Sologesang, aber es führt hier zu weit; nur das sei gesagt, daß, wie über jegliche Wortdarbietung gewacht werden muß in der Gemeinde, und zwar seitens der Ältesten zuerst, so auch über die Wortdarbietungen der Chöre, deren Teilnehmer auch nur wahrhaft bekehrte Glieder der örtlichen Gemeinde sein dürfen, denn wie könnten Unbekehrte überhaupt zum Segen sowie Zeugen der (erfahrenen) Gnade sein? (Apgesch. 1,8) Doch genug hiervon!

Vorstehendes bezieht sich aber ja nicht auf unsere Stelle, in der doch nicht Evangeliumslieder für Unbekehrte gemeint sind, sondern Singetdemherrnkomplett_23_09_2019/singetdemherrn/index.htm, mit denen - wenn also die Stelle in dieser Lesart übersetzt wird! - sich die Gläubigen untereinander lehren und zurechtweisen sollen. Ist dies überhaupt möglich? Unser Mitarbeiter verneint es, und ich gebe ihm ja auch im ganzen recht. Dennoch glaube ich doch, daß auch die Übersetzung jener abzulehnenden Lesart eine Bedeutung haben kann, haben muß; denn wer nur jene Übersetzung hat (wie Luther, Elberf.), muß sich doch auch etwas dabei denken können, nicht wahr? Und da meine ich - unverbindlich! -, daß, wenn wir Gläubige wirklich „(für) Gott singen in unseren Herzen in Gnade“, dann auch andere Gläubige nicht nur erquickt und ermuntert, sondern auch belehrt und zurechtgebracht werden können. Es gibt sonderlich in den Stunden, wo lediglich die örtliche

Liederbüchern, daß durch manche von ihnen eine tiefe Wirkung auf betend singende Herzen ausgeübt werden kann. Ich denke z. B. an solche Lieder, die gleich „Lehrgedichten“ - man vgl. die sieben Lieder des Alten Testaments oder das neutestamentliche Neue Lied, das Lied des Lammes, Offenb. 5! - die Dinge enthalten, die bei uns „völlig geglaubt“ werden (Luk. 1,1), wie: „Fest stehet die Gemeinde allein auf Jesum Christ“ („Die Kirche steht gegründet“), noch mehr: „Durch alle Länder schreitet siegreich der Geist des HErrn“ u. dgl. m. Wenn - noch einmal betone ich's - solche Lieder, besonders aber Lieder, in denen wir den HErrn anreden, ja, anbetend preisen, wirklich betend gesungen werden, so werden sie eine belehrende, aufbauende, nötigenfalls auch strafend-zurechtweisende, ermahnende Wirkung haben und Fragen auslösen, die dann bei ihrer Beantwortung eine entscheidende Bedeutung auf aufrichtige Herzen haben werden. Das ist meine unmaßgebliche Meinung auf Grund jener Übersetzung.

Dennoch ziehe auch ich die Übersetzung, d. h. die Kommasetzung, vor, die unseren Mitarbeiter zu seiner einleuchtenden Antwort veranlaßt hat. Lassen wir demgemäß „das Wort des Christus“ reichlicher unter uns wohnen, damit wir in aller Weisheit uns gegenseitig zu lehren und zurechtzuweisen vermögen und damit wir befähigter werden, mit Psalmen, Hymnen und geistlichen, lieblichen Liedern in der Gnade unserem Gott in unseren Herzen zu singen! Von dem „Worte des Christus“ hängt das eine wie das andere ab, d. h. von unserer Stellung zu demselben, nämlich ob wir es reichlich in uns wohnen lassen oder nicht. Möchte es so sein, daß es „reichlich in uns wohne“ - zu unserer Auferbauung und zu Seiner Ehre! Amen. F. K.

Sinai und Zion.

(Hebr. 12,18-24)

Beim Lesen des Hebräerbriefes ist es immer wieder nötig, zu beachten, daß er an Gläubige aus dem Judentum geschrieben ist mit dem Ziel, sie zum treuen Ausharren in dem Bekenntnis

Christi zu ermahnen und zu ermuntern. Diese Gläubigen mußten um ihres Glaubens willen viel „Kampf der Leiden“ erdulden. So willig sie auch diese ertragen hatten, die Länge der Leiden aber machte sie müde. Sie fingen an, ihre Zuversicht und ihr freudiges Bekenntnis aufzugeben und sich dem Judentum wieder zu nähern. Das Zusammenkommen der Gläubigen wurde versäumt und das Ohr den mancherlei und fremden Lehren geliehen. (Kap. 13,9) So waren sie im Hören und Beachten der Wahrheit träge geworden, und statt der Zeit nach Lehrer zu sein, bedurften sie, wieder mit den Elementen des Anfanges der Aussprüche Gottes belehrt zu werden, und waren in Gefahr, vom Christentum wieder ins Judentum zurückzufallen. Kehrten sie sich aber dem Judentum zu, so gaben sie damit das Christentum auf und fügten sich denen an, die den Sohn Gottes verwarfen und und der Schmach preisgaben. (Kap. 6,6)

Um nun die „erschlafften Hände“ und die „gelähmten Knie“ zu stärken und aufzurichten, finden wir durch den ganzen Brief die unvergleichlich höheren und himmlischen Dinge des Christentums dem Judentum gegenüber ins Licht gestellt. Dies tut der Schreiber nun noch einmal am Schluß seines Briefes. Nachdem er Kapitel 11 den Blick der gläubigen Hebräer auf die Glaubenstreue der Väter gerichtet und sie im Anfang des 12. Kap. zum Aufblick auf Jesum ermutigt hatte, zeigt er ihnen, daß ihre vielen Leiden Erziehungswege der Vaterliebe Gottes seien, und ermahnt sie, gerade Bahn für ihre Füße zu machen und der Heiligung usw. nachzujagen. An dem erschütternden Beispiel Esaus, der geringschätzend seine Erstgeburt verkaufte und hernach die furchtbaren Folgen zu tragen hatte, werden sie in heiligem Ernst gewarnt, ihr hohes Vorrecht, zur „Gemeinde der Erstgeborenen“ gekommen zu sein, nicht gering zu achten und ihre himmlischen Segnungen in Christo nicht für ein kurzes, zeitliches Wohlergehen hinzugeben.

Um ihnen einerseits die Herrlichkeit ihrer himmlischen Berufung dem Judentum gegenüber und ihnen anderseits auch ihre Verantwortung angesichts solcher ihnen zuteil gewordenen Gnade zu zeigen, läßt er nun eine Gegenüberstellung von Gesetz (der Grundlage des Judentums) und Gnade (der Grundlage des Christentums) folgen. Er tut dieses, indem er sie auf die beiden Berge „Sinai“ und „Zion“ hinweist. Wie hätte er sie auch besser belehren und zum treuen Festhalten der Wahrheit ermuntern können, als indem er ihnen das Gesetz mit seinen

Schrecken und die Gnade mit der Fülle des Segens vor Augen führte?! Wenn jemand noch angefochten war, sich dem Judentum wieder zuzuwenden, so mußte er durch das Anschauen dieser beiden, jedem Juden wohlbekannten Berge in ihrer tiefen Bedeutung und den damit verbundenen wunderbaren Gottesoffenbarungen belehrt und gewarnt werden.

Sinai, der Berg der Gesetzgebung, spricht von den Forderungen des heiligen und gerechten Gottes an den Menschen, auf Grund derer Er ihn segnen will.

Zion spricht von dem Eingreifen Gottes in Gnade, als der Mensch auf dem Grunde seiner Verantwortung alles verloren und verwirkt hatte.

Laßt uns noch etwas näher auf diese beiden Berge eingehen!

Gott hatte Sein gnädiges Wort an Mose erfüllt: „Ich werde mit dir sein; und dies sei das Zeichen, daß Ich dich gesandt habe: wenn du das Volk aus Ägypten herausgeführt hast, werdet ihr Gott dienen auf diesem Berge.“ (2. Mose 3,12) Nun waren sie zu diesem Berge gekommen. Hier am Sinai redete Gott mit ihnen, richtete Seinen Bund auf und gab ihnen Sein Gesetz. Wenn sie fleißig auf Seine Stimme hören und Seinen Bund halten würden, so sollten sie Sein Eigentum sein aus allen Völkern. (2. Mos. 19,5)

Auf einer ganz neuen Grundlage begann Gott jetzt mit den Kindern Israel zu handeln. In Gnade und Erbarmen hatte Gott sie aus Ägypten und durch die Wüste bis zu diesem Berge geführt. Von nun an aber hatten sie es nicht mehr mit dem Gott der Gnade, sondern mit dem Gott der Heiligkeit und Gerechtigkeit zu tun, dessen Segen oder Fluch von ihrem Gehorsam - dem Halten Seines Gesetzes abhing.

Als Mose dem Volke die Worte Jehovas übermittelte, „antwortete das ganze Volk insgesamt und sprach: Alles, was Jehova geredet hat, wollen wir tun! Und Mose brachte die Worte des Volkes zurück zu Jehova.“ (2. Mose 19,8) In Dunkel gehüllt, fordert nun Gott, daß das Volk geheiligt und mit gewaschenen Kleidern vor Ihm zu erscheinen habe. Jeder einzelne sollte lernen, daß er jetzt Verantwortung trug, passend für Gottes Gegenwart zu sein. Unter erschreckenden

Begleiterscheinungen macht Gott dann die Forderungen Seines Gesetzes bekannt. So hatte das Volk Gott noch nicht kennengelernt. Bisher hatte Er es in Erbarmen auf Adlers Flügeln getragen, jetzt aber offenbarte Er Sich in allen Zeichen Seiner Heiligkeit und Gerechtigkeit in der Forderung ihres Gehorsams. Wie konnte es anders sein, als daß das Volk unter dieser Offenbarung Gottes zitterte und in Todesfurcht bat, daß Gott nicht weiter mit ihm reden möge. Jeder fühlte die Entfernung - den Abstand zwischen sich und Gott -, die Grenze, die niemand überschreiten konnte, ohne den sicheren Tod zu erleiden. So furchtbar waren die Begleiterscheinungen der Offenbarung Gottes auf Sinai, daß selbst Moses, der Mittler des Gesetzes, sagte: „Ich bin voll Furcht und Zittern!“ Und warum zitterten alle? Weil sie es unternommen hatten, alles zu tun, was Jehova redete. Selbst Moses zitterte, denn auch er war ein Mensch gleich den anderen. Wohl war er der Mittler des Gesetzes, aber nicht der wahre Mittler, sondern ein Vorbild des kommenden, der auf Grund Seines Opfers uns Gottes Liebe vermitteln konnte. Gott begleitete Sein Gesetz mit diesen erschreckenden Zeichen Seiner Heiligkeit und Seines verzehrenden Feuereifers: „damit Seine Furcht vor ihrem Angesicht sei, daß sie nicht sündigten“. (2. Mose 20,20) Keine Übertretung Seines Gesetzes konnte ungestraft, keine Sünde ungesühnt bleiben.

So sehen wir in Sinai das Herabkommen des heiligen Gottes, um mit dem Menschen auf Grund der gerechten Forderungen Seines Gesetzes in Segen oder Fluch zu handeln. Das Gesetz aber bewirkte Knechtschaft, Furcht und Schrecken und erwies sich als ein Dienst des Todes und der Verdammnis. (2. Kor. 3)

Der Apostel beginnt nun mit der Gegenüberstellung dessen, wozu die gläubigen Hebräer nicht gekommen waren

und wozu sie gekommen waren.

Israel kam zum Sinai, sie aber waren nicht gekommen: Zu dem Berge, der betastet werden konnte, und

zu dem entzündeten Feuer und

dem Dunkel und

der Finsternis und

dem Sturm und

dem Posaunenschall und

der Stimme der Worte, deren Hörer baten, daß das Wort nicht mehr an sie gerichtet würde.

Der Berg, zu dem sie nicht gekommen waren, wird hier nicht der Berg Sinai genannt, sondern der Berg, „der betastet werden konnte“. Alles, was mit diesem Berge in Verbindung stand, konnte mit den Sinnen des natürlichen Menschen - des Menschen im Fleische, betastet, gesehen, gehört, erfaßt, aufgenommen werden. Es bedurfte dazu nicht des Glaubens, wie auch Paulus schreibt: Das Gesetz aber hat mit dem Glauben nichts zu tun, sondern da gilt: „Wer diese Gebote erfüllt hat, wird durch sie das Leben haben.“ (Gal. 3,12, Menge) Dieser Tag des Berges, „der betastet werden konnte“, ist für immer vorüber. Gott beschäftigt Sich nicht mehr mit dem Menschen im Fleische. Der Tag seiner Prüfung ist vorbei; er ist als völlig untauglich, unverbesserlich und verdorben in dem Tode Christi gerichtet und abgetan. Wollten die gläubigen Hebräer wieder zu dem „betastbaren“ Berge zurückkehren, so machten sie damit das Kreuz Christi als das Ende des ersten Menschen zunichte und kehrten zu dem Zeitalter des Gesetzes und des Handelns Gottes mit dem Menschen im Fleische zurück.

Nicht zu einem irdischen Berge, sondern zu einem Berge im geistlichen Sinne - dem Berge Zion, waren sie gekommen, mit dem die Unbetastbaren, unsichtbaren und ewigen Dinge der Gnade Gottes in Verbindung standen - zu dem „Besseren“, das Gott für sie vorgesehen hatte (Hebr. 11,40) - zu den Dingen, die nicht von den Menschen im Fleische, sondern nur durch den Glauben erfaßbar und dem Glaubenden Wirklichkeiten sind. Wir lesen deshalb:

Ihr seid gekommen:

zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem; und

zu Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung; und

zu der Gemeinde der Erstgeborenen, die in den Himmeln angeschrieben sind; und

zu Gott, dem Richter aller; und

zu den Geistern der vollendeten Gerechten; und

zu Jesu, dem Mittler eines neuen Bundes; und

zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel.

Ist es nicht der Beachtung wert, daß in den Versen 18 bis 21 sieben Dinge genannt werden, die durch sechs „und“ zusammengefügt sind, und in den Versen 22-24 acht Dinge genannt werden, die durch sieben „und“ zusammengefügt sind? Die Zahlen sieben und sechs auf der einen Seite reden von einer Vollkommenheit, die neben einer Unvollkommenheit steht; und die Zahlen acht und sieben auf der anderen Seite von einem neuen Anfang verbunden mit Vollkommenheit. Das auf Sinai gegebene Gesetz war vollkommen, aber es war nicht die vollkommene Offenbarung des Herzens Gottes. In Zion aber sehen wir den Anfang eines Neuen - den neuen Menschen, und was mit diesem verbunden ist, muß vollkommen sein; denn alles, was hier mit Zion verbunden ist, gründet sich auf den gekreuzigten, auferstandenen und verherrlichten Christus.

A. v. d. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

„Der Gott des Friedens.“

(Röm. 15,33; Phil. 4,9 u. a. St.)

Seit langem beschäftigt mich dieser kostbare Gegenstand der Schrift, doch nicht nur der Gegenstand, sondern die Person Selber, ja, Er Selber ist es in der Mannigfaltigkeit Seines Wesens, in dem Er gemäß Seinem Worte mit diesem Ausdruck vor uns steht. Möge Er nun auch Gnade darreichen, daß die schriftliche Beschäftigung mit Ihm als „dem Gott des Friedens“ uns allen, allen Lesern, reichen Gewinn und Segen bringe!

Ehe wir nun aber dies Wort und die in Betracht kommenden Schriftstellen betrachten, wollen wir kurz andere Schriftworte an unserem geistlichen Auge vorbeiziehen lassen, in denen unser Gott mit irgendeiner Eigenschaft verbunden uns gezeigt wird. Natürlich will ich solche Worte hier nur aufzählen, die nähere Beschäftigung damit sei dem schriftforschenden Leser überlassen!

Soweit ich sehe und wenn ich mich nicht irre, finden wir im Neuen Testament neun verschiedene derartige Wortverbindungen, unter denen „der Gott des Friedens“ am häufigsten vorkommt, nämlich 7mal, wovon 5mal allein und 2mal zusammen mit anderen Ausdrücken. Die Stellen sind folgende: Röm. 15,33; 16,20; 1. Thess. 5,23; Phil. 4,9; Hebr. 13,20.21; ferner: „Der Gott der Liebe und des Friedens“ in 2. Kor. 13,11 und: „Ein Gott nicht der Unordnung, sondern des Friedens“ in 1. Kor. 14,33. Sonderlich die ersten 5 Stellen sollen uns, so der HErr will, näher beschäftigen. - Außerdem sei der Vollständigkeit halber noch die Stelle 2. Thess. 3,16 erwähnt, wo der HErr genant wird „der Herr des Friedens“.

Die übrigen 6 charakteristischen Wortverbindungen sind die folgenden: Gott ist 1. „der Gott aller Gnade“: 1. Petr. 5,10; 2. „des Maßes“: 2. Kor. 10,13;

3. „alles Trostes“: 2. Kor. 1,3 (ebenda auch „der Vater der Erbarmungen“); 4. „der Hoffnung“: Röm. 15,13; 5. „des Ausharrens und der Ermunterung“: Röm. 15,5; 6. „der Herrlichkeit“: Apgesch. 7,2 (vgl. „der Vater der Herrlichkeit“ in Eph. 1,17!). Dies alles sind Stellen aus dem Neuen Testament, aber wir haben auch im Alten Testament eine ganz besonders kostbare Wortverbindung: „Der Gott der Treue“ in 5. Mose 32,4 und Jes. 65,16; doch dies hier nur beiläufig, es mögen sich im Alten Testament ja noch ähnliche Ausdrücke finden! Noch andere

Verbindungen sind übrigens in den Psalmen häufig, wie nachgenannte: „Der Gott meines Lebens“: Ps. 42,8; „der Gott meiner Stärke“: Ps. 43,2; „der Gott meiner Rettung“: Ps. 51,14; „der Gott meiner Güte“, d. h. „der mir Güte erweist“: Ps. 59,17; „der Gott unseres Heils“: Ps. 65,5; oder auch „ein Gott der Rettungen“: Ps. 68,20. Genug von solchen Stellen, doch wir sehen, wie reich das Wort ist an Bezeugungen aller Art, um das herrliche, wunderbare, liebevolle Wesen unseres Gottes zu schildern. Wie haben wir es doch gut! Wie reich sind wir doch, die wir sagen und wieder und wieder täglich und stündlich erleben können: dieser Gott ist unser Gott! Daß wir uns doch unserer Würde und unseres in Ihm so Reichseins mehr bewußt wären und, soviel an uns liegt - und dies liegt an uns! -, mehr davon praktisch genießen und verwirklichen möchten!

Was bedeuten nun solche Ausdrücke wie die erstangeführten, insonderheit der so oft vorkommende: „der Gott des Friedens“? Man würde dem Worte Gewalt antun und es auch verflüchtigen, wollte man einfach sagen, es sei eine Verstärkung etwa für eine Benennung wie „der friedevolle Gott“! (Etwa auch der „hoffnungsvolle Gott“??!) Nein, wenn es nicht mehr besagen sollte, dann würde nicht solch gewichtiger Begriff gewählt, sondern dann spräche die Schrift eben in einfacheren Ausdrücken. Es muß aber nach dem Grundtext auch so heißen, es darf nicht abgeschwächt werden, und wir werden z. B. in Phil. 4,6ff. sehen, warum es gerade so heißen muß (Zusammenstellung von „Friede Gottes“, V. 6, und „Gott des Friedens“, V. 9)! Um nun bei der zur Betrachtung erwählten Wortverbindung zu bleiben: Was besagt also „Gott des Friedens“, was will das inspirierte Wort uns damit zu verstehen geben? - O soweit ich sehe, offenbart dieser Ausdruck, weit davon entfernt, nur eine überschwengliche Bezeichnung zu sein, eine Fülle von höchst praktischen Bedeutungen, die wir Gläubigen sämtlich reichlich erproben können, als da sind: „Der Gott des Friedens“ ist der Schöpfer, Erhalter und Bewahrer des Friedens (Friede absolut, für uns Friede des Gewissens, Friede des Herzens); in Ihm (in Gott!) hat alles, was den Frieden anbelangt, seinen Grund und seine Ursache, es ist in Ihm völlig und vollkommen vorhanden, es geht von Ihm aus, Er ist dafür die Quelle (die unerschöpfliche, stets reichlich und stets klar sprudelnde); er, der Friede, wird von Ihm verwaltet und dargereicht, entzogen oder auch vermehrt, wie Er will, denn Er ist ja absolut und

vertieft, wirkt den Frieden nach Seinem Maß („der Gott des Maßes“!) und nach Seiner Gnade („der Gott aller Gnade“!); und wie wir in allem und jedem allein von Ihm abhängig sind, so auch insbesondere dann, wenn es sich um den Frieden handelt, den wir uns nicht durch Werke und unseren Willen schaffen können - höchstens eine Zeitlang vortäuschen! - und den, wenn wir ihn haben, wir nicht nach unserem Wohlgefallen bilden, vertiefen und erhalten können, wenn die Grundbedingungen fehlen. Das und noch mehr heißt, oder das bedeutet, wenigstens in etwa, der kostbare Ausdruck „Der Gott des Friedens“. Daher ist „den Gott des Friedens“ mit uns zu haben oder zu wissen, daß Er mit uns ist, durch nichts, aber auch nichts, zu ersetzen; und andererseits ist Ihn entbehren zu müssen für ein Kind Gottes mit die größte Qual, weil ihm dann auch praktisch „der Friede Gottes“ fehlt, fehlen muß. Und das ist ein unendlich schwerer Verlust, denken wir nur an die Stelle Phil. 4,7: wie schlimm, wenn unsere Gedankenwelt nicht durch den Frieden Gottes bewahrt wird! Aber ich will der Besprechung jener Stellen nicht vorgreifen.

„Der Gott des Friedens“! Welch Ausdruck voller Herrlichkeit! Wie kostbar, Ihn mit uns zu haben, aber auch wie ernst, wenn dem nicht so ist! Fühlen wir etwas von diesem Ernst, Geliebte?!

Und nun möchte ich für diesmal noch ein wenig auf die erste der 5 Stellen (oder auch der 7!) eingehen, wo der Ausdruck „der Gott des Friedens“ in einem bestimmten Zusammenhang genannt ist:

Röm. 15,33: „Der Gott des Friedens aber sei mit euch allen! Amen.“ - Dieses Wort ist ein köstlicher Segenswunsch des Apostels Paulus an die ihm von Angesicht noch nicht bekannte christliche Gemeinde in Rom. Er hatte schon lange gewünscht (Kap. 1,10ff.), diese Gemeinde zu sehen, und nun, in diesem Kapitel, drückt er die bestimmte Hoffnung aus, sie besuchen zu können. (V. 24.28!) Ach, der Apostel war doch auch in dem Stücke ein Mensch wie wir, daß er nicht ahnte, was seiner wartete! Ja, er sollte nach Rom kommen, aber wie?! Als Gefangener! Dennoch - wenn er käme, würde er „in der Fülle des Segens Christi“ kommen (V. 29), das wußte er vorher, und das war auch so, daran änderten die äußeren Umstände nichts! Möchten wir doch (auch) in diesem seine rechten Nachahmer sein: daß die äußeren Umstände in nichts

unsere innere Stellung zum HErrn und zu den Seinen verändern dürfen, höchstens sie vertiefen! - Was nun von V. 30 bis zum vorletzten Verse des Kap. steht, das scheint mir der Zusammenhang zu sein, der den Apostel zu dem Schluß-Segensgruß veranlaßt, und das Handeln ihrerseits nach den Wünschen und Bitten des Paulus ist vielleicht - so denke ich wenigstens - die Bedingung auf ihrer Seite dafür, wie aus seinem Segenswunsch die herrliche Tatsache wird, daß der „Gott des Friedens“ tatsächlich mit ihnen sein würde. Denn darüber werden wir uns ja von vornherein klar sein: Bedingungen dafür auf Gottes Seite gibt es nicht, oder besser, die Bedingungen für das mit-uns-sein-Können des „Gottes des Friedens“ sind geschaffen und erfüllt auf Golgatha: „Gott ist für uns!“ (Röm. 8,32), denn wir sind „angenehm gemacht in den Geliebten“ (Eph. 1,7), und Er, „der Geliebte“, Christus Jesus, ist „Immanuel“, d. i. „Gott mit uns!“, im Vollsinne des Wortes. Aber auf unserer Seite müssen die Bedingungen erfüllt sein, die Sein mit-uns-Sein nicht hindern oder stören, insbesondere darf von uns nichts im Herzen beherbergt werden, was den „Gott des Friedens“ veranlassen müßte, uns Seine Gemeinschaft zeitweise zu entziehen.

Nun also, der Zusammenhang von V. 30 an zeigt uns, wieviel dem Apostel daran gelegen ist, daß die Römer, die Gläubigen in Rom, seiner in ihren Gebeten gedenken, ja, daß sie für ihn mitkämpfen möchten in den Gebeten, wie er selber es tat. Kennen wir solch Gebetskampf mit anderen und für andere? O wie wichtig ist doch das Kämpfen im Gebet! (Vgl. Kol. 2,1ff.) Aber ich beschränke mich auf kurze Andeutungen. Und dann folgen auf des Apostels Bitte an sie um Fürbittekampf drei „auf daß“, und diese geben deutlich an, für welche Gebiete Paulus ihre Mitarbeit im Gebet erbat. Und dann darauf der Segenswunsch! Ist es nicht so, als wenn er sagen will: Wenn ihr meine Sache zu der euren macht, so daß sie wirklich eure wird - und um euch, um Segen für euch handelt es sich ja sowieso! -, dann könnt ihr dessen sicher sein, daß der „Gott des Friedens“ mit euch ist!? Das dreimalige „auf daß“ umfaßt folgende drei Hauptgebiete, für die er Fürbitte braucht: 1. Errettung von den Ungläubigen (Juden!); vgl. 2. Thess. 3,1ff!; 2. seinen Dienst, den er in Jerusalem auszurichten hatte, von dem er wünscht, daß er den Heiligen angenehm sein möchte; 3. sein Kommen zu ihnen, damit es durch den Willen Gottes mit Freuden geschähe und zur gegenseitigen Erquickung für sie und ihn sei. Über

wichtig. Der 1. Punkt betrifft das äußere Leben der Arbeiter im Werk des HErrn, der 2. geistlichen Dienst an den Heiligen. Dieser bestand im Falle von Röm. 15 darin, daß Paulus die in den beiden christlichen Gemeinden gesammelte Beisteuer zu überbringen hatte (V. 26ff.); Geldangelegenheiten sind ja nur scheinbar äußerlich, in Wirklichkeit ist es eine peinlich genau zu handhabende Sache, solche Gaben zu überbringen; aber nicht nur das, sondern die Geber wie die Empfänger sollen vollauf innerlich befriedigt werden usw. Wie not tut da Fürbitte! Ja, bei Punkt 1 und Punkt 2: Fürbitte ist notwendig! Punkt 3 betraf das persönliche Verhältnis zwischen ihm und der Gemeinde in Rom, wo er noch nie gewesen war, und es ging dem großen Apostel so wie jedem anderen Arbeiter in des HErrn Sache: ehe man das erstemal in einen neuen Kreis geht, will man sich des Willens Gottes ganz gewiß sein und wünscht, mit innerer Freude zu kommen und auch so aufgenommen zu werden. Auch hierbei die Bitte um Fürbitte - wie natürlich! Wenn nur alle solche und ähnliche Angelegenheiten der Diener Christi mit dem nötigen Ernst und Verantwortungsbewußtsein auf jeder in Betracht kommenden Seite angesehen würden, wieviel treuer würde dann das Großkampf- und Siegesmittel der Fürbitte angewendet werden und wieviel reicher würden die äußeren und inneren Folgen und Ergebnisse sein! Und dann wird der „Gott des Friedens“ mit denen sein, die so zu tätiger Mitarbeit bereit und treu in ihr wären! Ich bin völlig überzeugt, daß der Apostel hier mit voller Absicht und geistgeleitet den Segenswunsch anfügt (was auch sein feierliches „Amen“ am Schluß zeigt!), und ich glaube wirklich, daß wir den Zusammenhang des Vorhergehenden mit diesem Segenswunsch so werten dürfen, wenn nicht sollen, daß im Falle sie treu nach V. 30-32 verfahren, der „Gott des Friedens“ tatsächlich mit ihnen sein würde, d. h. sie würden dann in ganz besonderer Weise Ihn in dieser Seiner Eigenschaft erfahren, Er würde ihnen „Frieden wie einen Strom“ darreichen, ihn vermehren und denselben sie in solcher Fülle erfahren lassen, daß sie den Segen der fürbittenden Mitarbeit in überwältigender Weise genießen würden. Genug davon!

Der „Gott des Friedens“, der Schöpfer, Verwalter, Geber und Erhalter des Friedens, mache auch aus uns Menschen treuester Mitarbeit in „Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung“ (1. Tim. 2,1ff.) für die Diener im Werk und für ihre mannigfachen Aufgaben, Gefahren und Schwierigkeiten,

und erstattet werden durch unseren reichen „Gott des Friedens“, der uns ständige Gemeinschaft mit Ihm schenken wird. Welche Gnade! Ihm sei Lob und Preis in Zeit und Ewigkeit!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

F. K.

Allein ...

In herrlicher Weise wird in der Heiligen Schrift das Wort „allein“ gebraucht. Es ist geradezu wunderbar und köstlich, diesem „Allein“ der Heiligen Schrift einmal etwas eingehend nachzuspüren. Es mögen in folgender Ausführung einige Stellen kurz betrachtet werden! In der Hauptsache will ich mich - weil der Gegenstand überaus reichhaltig und geradezu unerschöpflich ist - auf einige mir besonders wichtig und köstlich erscheinende Stellen des Neuen Testamentes beschränken.

In Matth. 4,10 sagt der Herr Jesus zur entscheidenden Abweisung dem Versucher, d. i. dem Satan: „... du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und Ihm allein dienen.“ Damit hat der HErr den Seinen aller Zeiten veranschaulicht und gezeigt, in welcher Weise Satan am sichersten abgewiesen wird. Es ist und bleibt das Kennzeichen wahrer Christen, dem HErrn allein zu dienen. Ganz für Ihn, ungeteilt Ihm folgend, das ist das Geheimnis eines gottseligen Lebens. Ihm allein dienen! Was für einen tiefen Sinn offenbart in diesem Zusammenhang das kostbare Wort „allein“! Liegen nicht unsere, ach, so häufigen Niederlagen im Glaubensleben gerade darin begründet, daß wir so wenig Ihm allein dienen? Da sind es oft so viele schädliche Einflüsse, denen unser Herz offen steht, aus dem „allein“ ist ein „viel“, oft ein „sehr viel“ geworden, wir sind zersplittert, aufgeteilt und zerteilt, vernehmen vieles und nichts recht, kommen in innere Unruhe, in eigene Gedanken, in Zweifel und Anfechtungen, in Nöte und Schwierigkeiten, bis wir uns in einem Gewühl und Gedränge zahlloser schädlicher Dinge entdecken. Gottes Wort gestattet dir nicht, auch nur zwei Herren zu dienen; nein, willst du gesegnet und gewappnet

sein, den Versucher abzuweisen, dann bedenke, wie der HErr zum Sieger wurde:

„... und Ihm allein dienen.“

In diesem „allein“ liegt für das Volk Gottes und damit für jeden Bruder und für jede Schwester noch ein anderer tiefer Gedanke, auf den ich hier noch kurz hinweisen möchte: Allein für Gott und für den HErrn da sein. Wir sind die gesegnetsten Menschen, die dienlichsten Staatsbürger, die treuesten Leute in Beruf und Stellung, wenn wir uns mehr und mehr dem Einfluß des Herrn Jesus und des Heiligen Geistes hingeben und öffnen, dem „Ihm-allein-Dienen“!

Ach, wären wir uns doch dieses hohen Adels bewußt, immer bewußt, wie gesegnet wären wir selbst, wie gesegnet unser Dienst, wie gesegnet unsere Mitmenschen, wie gesegnet durch das „Ihm-allein-Dienen“ unser Volk und Vaterland! Ihm allein! sei fortan unser ganzes Bestreben, unser ernstes und aufrichtiges Wollen! Ihm allein dienen! Ganz, allein für Ihn!

Eine ähnlich kostbare unter den zahlreichen „ Allein“-Stellen des Neuen Testaments finden wir in Matth. 17,8: „Da sie (die Jünger) aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesum allein.“

Ja, wie viele Dinge, Verhältnisse, Umstände, Hindernisse sehen wir oft auf dem Wege! Im Blick auf die Dinge dieser Welt kann einem schwer und bang ums Herz werden. Da ist so vieles in uns und um uns und mit uns und ebenso auch wider uns, daß wir ängstlich fragen möchten: Wohin? Wie nötig, daß wir in diesem Sinne Nachahmer der Jünger werden, die ihre Augen aufhoben und dann niemand sahen als Jesum - Jesum allein!

Mehr Aufblicken zu Ihm, mehr Hinschauen auf Ihn, mehr Anschauen Seiner herrlichen Person ist uns not. Der HErr, der mit der Sünde der Welt fertig geworden ist, indem Er Sich zu einem einmaligen, völligen und ewiggültigen Opfer hingab, Er wird auch mit uns, mit unseren Schäden und Mängeln fertig; Er erwartet von uns nur, daß wir zu Ihm aufschauen und es lernen, mehr und mehr nur Ihn allein zu sehen. Denke da keiner, daß er das schon könne! O nein, wir kommen aus der Schule nicht heraus, immer neue Lektionen gibt es da zu lernen, Lektionen

des Aufblickens, des Hinschauens auf Ihn. In Freude und auch im Leid, in Trübsal und Not, in Anfechtung und Heimsuchung laßt uns mehr und mehr Ihn allein sehen! Wir sind hier nicht Gewordene, sondern - Werdende!

Niemand als Jesus allein bestimme fortan all unser Tun und Lassen, unser Wünschen und Begehren! In dieser herrlichen Linie liegt auch das kostbare Geheimnis einer frohen, gottergebenen Jesusnachfolge. Wenn der HErr so unser Leben in Seine in jeder Hinsicht vollkommene Gnadenabsicht nehmen kann oder genommen hat, dann geht es vorwärts im Glaubensleben. Das „Ihn-allein-Sehen“ befreit uns von Menschenfurcht und Menschengefälligkeit, von falscher (fleischlicher) Rücksicht auf uns selbst und die Mitpilger, löst uns ebenfalls von allem Etwas-sein-wollen und von allem Richt- und Kritisiergeist, in den leider auch das Volk Gottes allzuleicht verfällt. Das Ihn-allein-Sehen bringt uns weiter auch in die rechte Stellung zu Seinem Wort. Es wird uns mehr und mehr „unseres Fußes Leuchte und das

Licht auf unserem Wege“. (Ps. 119,105) Unsere oft so menschlichen Bedenken treten zurück, wenn das Wort unsere klare Entscheidung und unser sofortiges Handeln fordert oder wenn es uns andererseits zu schweigen, zu lieben, zu glauben, zu beten befiehlt. Ja! Ihn allein sehen, o herrliches Gebiet, möchten wir's uns immer mehr zu eigen machen! Ihn allein sehen in allen Lebenslagen und -tagen; Ihn sehen und Ihm nacheifern in tiefer Ergebung, im einfältigen Glauben. Nichts und niemand sehen als Jesum allein!

Eine überaus kostbare und eherne Stelle des göttlichen „allein“ finden wir in Mark. 2,7 (Menge), in der es heißt:

„Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein?“

Es kommt mir bei Erwähnung dieser Stelle weniger auf den Zusammenhang an, in dem sie gesagt ist, als vielmehr auf die wunderbare Glaubenstatsache, daß Gott allein Sünde vergeben kann. Gott allein und sonst niemand in der Welt. Gott allein durch die vorbehaltlose Dahingabe des Sohnes Seiner Liebe in die Hände sündiger Menschen, die mit Ihm machen konnten, was sie wollten. Sie wollten Seinen Tod - und der Vater wollte durch Seinen Tod - unser Heil, unser

Leben. Gottlob, wir sind durch Ihn, durch Ihn allein auf ewig Sein unentreißbares Eigentum! Gott allein kann! Wie kostbar ist das zu allen Zeiten! Will irgendein Mensch Frieden mit Gott, Rettung Seiner unsterblichen Seele, Gewißheit der Vergebung, ewiges Heil - jeder kann es haben und finden und nehmen allein in dem, was Gott tat in Christo Jesu, unserem HErrn.

In diesem „allein“ liegt es für alle Zeiten fest, daß kein Mensch, wie groß auch immer sein Einfluß sein mag, etwas zu seiner oder der Rettung anderer tun kann, daß es neben dem von Gott festgelegten und bereiteten Wege keinen anderen gibt, der aus der Knechtschaft der Sünde herausführt als allein durch Gott, der Seinen Sohn gab, „auf daß alle, die an Ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben.“ (Joh. 3,16) Gott allein!

Da fällt jede Möglichkeit der Selbsterlösung, wie sie von unbußfertigen und hochmütigen Menschen aller Zeiten so begehrt und oft auch gelehrt wird. Da fällt aber auch jede Möglichkeit, aus Werken heraus gerecht werden zu wollen, weiter auch jene unsinnigen und unverantwortlichen Lehren vom Fegefeuer, wie sie in katholischen Kreisen mit konstanter Hartnäckigkeit vertreten werden. Gott allein kann Sünde vergeben! Vergeben dem, der persönlich kommt als ein armer, sündiger Mensch. Da ist auch keine Stellvertretung möglich, da kann nicht einer für den anderen bürgen und sich verwenden - nein, jeder muß selber kommen, und zwar zu Dem, der allein Sünde vergeben kann - zu Gott in Christo! Ja, Gott allein, dem Menschen bleibt nur eins, kommen, selber kommen und nehmen, was Gott allein tat in Christo. Gepriesen sei unser Gott, Er allein kann Sünde vergeben! Für uns, die wir Sein eigen sind, insofern so überaus kostbar, als wir nun von Ihm zeugen dürfen und Menschen hinweisen und hinführen dürfen zu Gott allein. Das sei uns heilige Pflicht, köstliches Vorrecht! Machen wir hiervon reichlich Gebrauch! Gott allein!

In vielen weiteren Schriftstellen wird das Wort „allein“ weiter beleuchtet. Es mag für diese Abhandlung bei den drei nur kurz erwähnten Stellen bewenden. Wer weiter über diesen Gegenstand nachdenken will, der lese an Hand einer Konkordanz die weiteren Stellen nach, sie sind kostbar und werden jeden Leser reichlich erquicken.

1. Ihm allein dienen!

2. Niemand als Jesus allein sehen!

3. Gott allein kann Sünde vergeben!

Br., N. a. Rstg.

2. Petri 1,1-11. (Fortsetzung.)

Nachdem Petrus in den uns geschenkten Kräften gleichsam die Einnahmeposten unseres Kontos als Errettete aufgezählt hat, ist der Ausgangspunkt gefunden für die Ausgaben. Denn durch die göttlichen Gaben sind wir imstande, darzureichen. Das zeigt uns schon das Wörtchen „deshalb“.

Und dann zählt er sieben Stücke auf, die aus unserem Glauben, wenn er normal ist, naturgemäß hervorfließen. Weil aber der Glaube, obgleich er uns von Gott geschenkt ist, doch in seiner Verwirklichung eine menschliche Betätigung ist, wobei es mangelhaft zugehen kann, gebraucht er die Aufforderung: Reichet dar! Wendet allen euren Fleiß an!

Die sieben Stücke sind: Tugend, Kenntnis, Selbstbeherrschung, Ausharren, Gottseligkeit, Bruderliebe, Liebe. Wir wollen sie zuerst einzeln, sodann in ihrem Zusammenhange betrachten.

1. Die Tugend oder geistliche Energie. Sie ist eben jene Tatkraft, durch die der HErr Seinen Erdenlauf vollendet und Sein Erlösungswerk vollbracht hat und durch die Er unsere Berufung zum Ziele führt. Diese Entschiedenheit muß auch die Erretteten kennzeichnen. Wir brauchten sie schon, um dem Verderben der Welt zu entrinnen. Nun brauchen wir Energie, um mit Herzensentschluß bei dem HErrn zu verharren. (Apgesch. 11,23) Die Tugend ist ferner der Mut, den Weg des Lebens zu gehen. Dabei wird uns das Fleisch (die alte Adamsnatur) immer wieder Schwierigkeiten machen und Fallstricke legen. Es gilt daher, mit steter Wachsamkeit jede

dürfen wir auch das Fleisch in uns als einen verurteilten und besiegten Feind betrachten und ihm in der Kraft der Gnade entgegentreten.

Die Tugend ist das erste Stück und die Grundlage der anderen. Wenn es an Entschiedenheit fehlt, so wankt das ganze Gebäude des Glaubenslebens. Erst das entschiedene, ungeteilte Herz verleiht den anderen Stücken Wirklichkeit. Denn die göttliche Kraft kann sich mit Gehenlassen des Fleisches nicht entfalten. Wenn wir nicht wirklich mit Gott sind, so ist die neue Natur nicht in Tätigkeit. Dann ist die Kenntnis nur ein fleischliches Aufblähen (Aufgeblasenheit). Dann ist die Selbstbeherrschung (sich nicht aufregen) nur philosophische Ergebung, die Enthaltsamkeit und Mäßigkeit Fleischesheiligung, die Geduld Heuchelei, das Ausharren schlägt um in Verdruß und Unverträglichkeit, die Gottseligkeit wird bloßer Schein, die Bruderliebe und die Liebe wird zur Lüge; denn die Liebe ist aus Gott und kann nicht äußerlich nachgeahmt werden. Ohne die Tugend sind die anderen Stücke alle nicht vorhanden oder nur Schein und Einbildung (Selbsttäuschung).

2. Um Gottes würdig zu wandeln, brauchen wir die Erkenntnis Seines Willens. (Kol. 1,9-11) Gottes Wille ist uns in Seinem Worte offenbart. Durch Erforschung des Wortes in der Kraft und Erleuchtung des Geistes empfangen wir göttliche Weisheit und Einsicht für das, was dem HErrn wohlgefällig ist. Wir gewinnen eine tiefere, innigere Bekanntschaft mit Gottes Gedanken. Dadurch wird das Herz erweitert, geheiligt, geistlich entwickelt. Die Bekanntschaft oder Vertrautheit mit Gott (Ps. 25,14) spiegelt sich im Wandel wieder. Sie bewahrt uns vor Irrtürmern. In Gottes Gegenwart sind wir demütiger, nüchterner. Wir können den Wert oder Unwert aller Dinge klarer beurteilen und schätzen. Wir wissen, wo unser Schatz ist und worin er besteht. Wir sehen dann, was uns in unserem Lauf hinderlich ist, und meiden es.

3. Diese Erkenntnis gibt unserem Willen die rechte Richtung, unseren Sinnen den rechten Gegenstand, unseren Neigungen und Wünschen die rechte Befriedigung. Das Fleisch wird im Tode gehalten, der natürliche Wille ist gebrochen, die natürlichen Neigungen werden drunten gehalten und nicht befolgt; sie mögen noch ab und zu sich anmelden, jedoch als Gewohnheit sind sie verschwunden. Wir nähren sie nicht mehr und geben ihnen keinen Raum mehr. Mit

anderen Worten: Wir reichen Enthaltsamkeit (Mäßigkeit) dar. Sie ist die Selbstbeherrschung unserer Gedanken, Gemütsbewegungen, Triebe, oder wie Paulus in 2. Kor. 10,4.5 sie nennt: Eine Gefangennahme aller dieser inneren Lebensäußerungen unter den Gehorsam des Christus. Beim Philosophen kann es etwas Ähnliches geben; er nennt es Ergebung ins Unabänderliche, Resignation, Nichtaufregen bei ärgerlichen Anlässen u. dgl. Allein beim Philosophen ist es nicht die Kraft Christi, die die Gemütsruhe hervorbringt, sondern die Überlegung der Vernunft, etwa: Aufregung nützt nichts, Zorn macht die Sache nur schlimmer, mit ruhiger Behandlung kommt man eben zum Ziel; Mensch, ärgere dich nicht! und ähnliche Zweckmäßigkeitsgedanken. Beim Christen dagegen ist es die Überwindung des aus dem Fleische aufsteigenden Temperaments oder der bösen Reizung durch die Kraft der Gnade.

4. Das Imtodhalten des Fleisches (des „Ich's“) lernt man nicht auf einmal; auch nicht durch Wissen, vielmehr durch vielfache Übung, die sich durchs ganze Leben erstreckt. Zur Übung bedarf es Proben. Die Proben schickt der HErr. In den Proben lernen wir zunächst das Fallen und Aufstehen sowie die eigene Kraftlosigkeit bis zur Verzweiflung an sich selbst; dann den Aufblick zum HErrn, der in Seiner Langmut und Gnade immer wieder vergibt, aufrichtet und wiederherstellt. „Anfechtung lehret aufs Wort merken.“ Endlich gelangen wir dazu, nicht aus eigenem Wollen und Können zu handeln, sondern bei Ihm vorher in jedem Einzelfalle Bewahrung (Ps. 16,1) und Kraft zum Überwinden zu holen. Nun fügt sich zu der Selbstbeherrschung das Ausharren in allen Übungen, die uns für den Kampf gegen unser Fleisch verordnet sind, im Überwinden alles dessen, was gegen den inneren Menschen anläuft, und aller Lüste, welche wider die Seele streiten.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.!)

B.

Frage und Antwort

Frage 13

Hat Joseph wirklich aus dem Becher (seinem Eigentum!) geweissagt? (1. Mose 44,5)

Antwort des Schriftleiters

Als ich kürzlich diese bei uns aus Norddeutschland eingegangene Frage ein paar Gläubigen vorlas, sagte eine Schwester sofort ohne Besinnen: „Ganz gewiß nicht! Nein!“

Wenn wir es nun bei dieser Antwort Bewenden ließen, so wäre der (die) Frageeinsender(in) wahrscheinlich so klug wie zuvor, denn diese Antwort wird man sich vermutlich selber schon gegeben haben. Aber damit sind wir der Frage nicht auf den Grund gekommen, und so sehr obige kurze Antwort Die betreffende Schwester mit ihrer berechtigt hohen Meinung von Joseph auch ehrt, so wenig kann sie den befriedigen, dem die ganze Angelegenheit schwere Rätsel aufgibt.

Sehen wir uns den Tatbestand an! Vielleicht werden nachher manche Leser zugeben, daß in dieser Stelle des teuren Wortes Gottes mehr liegt, als sie bisher gemeint haben.

An die Spitze meiner Ausführungen, die mir der HErr gegeben hat, stelle ich das zweimal in der Schrift vorkommende Wort betreffs Josephs: „Der Abgesonderte unter seinen Brüdern.“ (Im Segen Jakobs, 1. Mos. 49,26, und im Segen Moses, 5. Mos. 33,16. Welch ein Zeugnis aus zweier - und was für welcher! - Zeugen Mund!) Und warum dieses Wort zu Anfang? Weil es mehr als irgendeines imstande ist, unseren Blicken die rechte Richtung zu geben: wir sehen hinter dem schon wunderbaren, abgesonderten Joseph den unendlich viel wunderbareren „Abgesonderten unter Seinen Brüdern“, den Herrn Jesus, von dem jener Joseph ein so köstliches Vorbild ist, und zwar wie in seinen eigentümlichen Lebensführungen, so in seinem ebenso durchsichtig-klaren als auch tiefverborgenen, fast dunkel scheinenden Charakter. „Wer hat des HErrn Sinn erkannt?“ (Röm. 11,34)

Joseph ist immer „der Abgesonderte“! Laßt uns das fest im Auge behalten! Er ist „der Abgesonderte“ nach Jakobs Worten - und da war das Gesetz noch nicht gegeben! - und er ist

„der Abgesonderte“ in Moses Worten - und da war das Gesetz da! Mit anderen Worten: Joseph verwirklichte in seinem Wandel das Gesetz Gottes, ohne es zu kennen noch es kennen zu können, da es noch nicht gegeben war (vgl. nur 1. Mos. 39,9 u. a.!), er wandelte so treu, daß auch ein Gesetzgeber, wie Mose es war, ihn nicht anders als „den Abgesonderten unter seinen Brüdern“ nennen durfte.

Also: Wenn Joseph aus dem Becher geweissagt hätte - hätte er, der das Gesetz noch nicht hatte, dann etwas getan, was die Schrift eine ihm zuzurechnende Sünde genannt hätte („Übertretung“)? (Röm. 5 und Gal. 4) Gewiß nicht! Schon dieses darf als mit zur Beantwortung auf die Frage dienen! Man vergleiche hier das Verhalten der Rahab gegen ihr Volk, ein nach menschlichem Maßstab verräterisches, lügnerisches Verhalten, das aber von Gottes Seite noch hochbelohnt wird, da „aus Glauben“ geschehen. (Jos. 2; Jak. 2,25; Hebr. 11,31) Was wußte denn Rahab von Gottes Geboten? aber sie handelte im Glauben! Denken wir nicht, daß Gott dem unheiligen Grundsatz huldige: „Der heilige Zweck heiligt die (unheiligen) Mittel!“ Nein, sicher nicht, sondern: „wer da weiß, Rechtes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde“ (Jak. 4,17), aber ebenso: „Alles, was nicht aus Glauben geschieht, ist Sünde!“ (Röm. 14,23) Also, noch einmal: selbst wenn Joseph aus dem Becher geweissagt hätte, so hätte er nicht das Gesetz übertreten; denn er kannte es noch nicht!

Aber nun: hat er es getan? Und wenn er es getan hätte, was hätte er dann getan? Nichts anderes, nichts Schlimmeres, als die lieben „Christen“ von heute tun, wenn sie - etwa in der Silvesternacht! - „Blei gießen“! Die Formen, die das flüssige Blei im Wasser annimmt, werden gedeutet - und der Teufel steht dahinter und freut sich, die lachenden und scherzenden oder auch geheimnisvoll tuenden „guten Christen“ so recht an seinem Gängelband zu haben! Ja, die Formen der Zauberei mögen in den Jahrtausenden wechseln, das Wesen bleibt das gleiche. Hier ist aber nicht einmal die Form wesentlich verändert! Die „Christen“ sind bei den Ägyptern, jenen alten Zauberern, in die Schule gegangen (vgl. 2. Tim. 3,8!!). Jene hatten kostbare Trinkgefäße (und der wertvolle silberne Eigentumsbecher des Joseph, vielleicht ein Geschenk Pharaos, mochte sich in den Augen des Haushofmeisters gut für diese Zwecke eignen!) und bedienten sich kleiner Steine, gar Edelsteine, die sie ins Wasser taten, und aus den Formen-

und Figurenbildungen auf der Oberfläche des Wassers oder aus sonstigem, etwa Spiegelungen und Schattierungen, deuteten oder ließen sie sich deuten ihr Leben, ihre und der Ihren Zukunft und ihr Glück!

Und solchen „Hokuspokus“ sollte Joseph mitgemacht haben? Meine teuren Leser, wenn wir die Augen aufmachen, so begegnen wir Zaubereien bei den „Christen“ auf Schritt und Tritt, ebenso den mannigfachsten Formen des Aberglaubens (von der 13-Furcht bis zum „unberufen“ mit dem dreimaligen Klopfen unter der Tischplatte usw.), aber ein Joseph - ein Abgesonderter! - zaubert nicht, ruft nicht den Teufel an! „So glauben wir, und so reden wir!“ Also mit anderen Worten: er wäre, wenn er es nicht getan hätte, unseren heutigen sogenannten Christen weit voraus gewesen!

Ja, aber - es steht doch da! Wirklich?

Was wollte Joseph mit seinen Brüdern erreichen? O, er stand vielleicht doch gleichsam an Gottes Statt (vgl. 50,19), und er wollte sie „zur Buße leiten“ (Röm. 2,4), zur Erkenntnis ihrer Sünde, und auf keine Art schien es diesem Weisen - weise fast wie ein Salomo! - besser möglich, als wenn er den Benjamin in eine ähnliche Lage brächte wie die, in der er einst vor mehr als 20 Jahren (1. Mos. 37) von seinen Brüdern schnöde verstoßen, verkauft, ja sozusagen dem Tode überliefert worden war. Würde er nun den Benjamin durch ein besonderes Tun isolieren, den anderen gegenüberstellen, ihrem Urteil, ihrer Handlungsweise preisgeben, dann würde er an der Art, wie sie ihn behandeln würden, sehen, ob ihre Gesinnung noch ähnlich jener, die sie einst ihm gegenüber zur Schau stellten, sein würde. Man hat gewagt, den Joseph zu kritisieren (wie man sich auch nicht entblödet hat, des Paulus Verhalten in Apgesch. 21 zu tadeln!!), als sei dies Experiment zu gewagt gewesen und der Erfolg zu unsicher, ja, man hat sogar gesagt (wie oben erwähnt: „der Zweck heiligt die Mittel“), sein Verfahren sei moralisch nicht einwandfrei gewesen! O über die Superklugen! Er kannte seine Brüder von einst (die ihn für 20 Silberlinge verkauft hatten!!), und sie hatten keine Liebe verdient, und doch liebt er sie und sucht ihre Herzen für die Erkenntnis ihrer Sünde von einst zu gewinnen durch Leidenserziehung vom ersten Augenblick an, wo er sie erkannt - und mit welch

wachsendem Erfolg zeigt Kap. 42,21.22 und Kap. 44! Sind seine Wege mit ihnen nicht Wege der Liebe? Und muß Liebe nicht oft strafen, wenn ihr auch selbst das Herz blutet? Und welche Wege mußte Gott mit Seinem Sohne gehen, und danach welche Wege mit uns, damit das Ende gut sei?! (Vgl. auch 1. Mos. 22!)

Eine Zwischenfrage: Hat der Haushofmeister wohl gewußt, was Joseph vorhatte? Ich glaube, zum Teil ja, wie die Engel auch um unsere Erlösung wissen, aber die Beweggründe seines Herzens hat er nicht gekannt, er mochte sich sehr wundern darüber, daß sein Herr solches fortgesetztes Interesse an diesen Leuten hatte. Schickt der HErr nicht auch oft „Menschen, um über unser Haupt zu fahren“, ohne ihnen zu sagen, was Er mit uns vorhat, und in anderen Fällen beauftragt Er sogar Menschen oder erlaubt sogar dem Satan, uns zu quälen (Hiob 1 u. 2; 2. Kor. 12,7ff.), um etwa diesen anderen einen Anschauungsunterricht zu geben? Nein, das geschieht wohl auch (1. Kor. 4,9!!), sondern vielmehr um mit uns Bestimmtes, ewigkeitlich Großes zu erreichen! Und so hat er seine Brüder dem Hausmeister überlassen und hat diesem Anweisungen gegeben, die ganz im Rahmen der damaligen Anschauungen standen und die jener Ägypter wohl verstand.

Was trägt nun Joseph dem Haushalter auf zu sagen? Es gibt da verschiedene Übersetzungen der Stelle, und die bei Menge mit dem Zusatz (d. h. der zweiten Frage: „Warum habt ihr den silbernen Becher gestohlen?“) ist nach der „Septuaginta“ (d. h. der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes aus dem Jahre 280 bis 130 v. Chr.) angeführt; auch die lateinische Übersetzung (die „Vulgata“) aus dem vierten Jahrhundert nach Chr. hat diese Lesart. Ich persönlich kann mich für diesen Zusatz, der etwas später unverständlich Scheinendes erklären sollte, durchaus nicht erwärmen. Ich glaube vielmehr, daß Joseph sich absichtlich unklar ausdrückt und vielleicht sogar seinem Haushalter die genauere Formulierung der Anklage und ihrer Aufdeckung überläßt. Der Zweck war, die Brüder innerlich zu zerbrechen, das sollte aber auch nur von innen heraus kommen. (Sonst hätte Joseph ja ganz anders verfahren können, das bedenke man wohl! Er hatte die Macht dazu, aber was wäre dann in den Gewissen seiner Brüder erreicht? nichts!!) - Läßt Gott uns nicht oft „ins Feuer oder ins Wasser“ kommen? Sind es nicht gerade von Ihm zugelassene, für Ihn natürlich ganz durchsichtige, für uns aber völlig verwirrte Zustände, Verdächtigungen (für die kein wahrer Grund vorliegt), Nebenursachen aller Art usw., die uns zur Einsicht über uns selbst und zum Zusammenbruch bringen? Nachher ist uns dann alles klar! - Wunderbar ist diese dunkle Redeweise, in der für die Brüder alles liegen konnte und lag, wie die Frucht (Frucht kommt organisch von innen heraus!) nachher zeigt! „Ist es nicht der, aus welchem mein Herr trinkt und aus dem er zu wahrsagen pflegt?“ Auch wenn Joseph diese Worte buchstäblich zu sagen aufgetragen hat, so muß man nicht daraus schließen, daß er wirklich dieses getan habe, sondern sie sollen dazu dienen, den Brüdern zu zeigen, mit was für einem Mann sie es zu tun haben: ihm bleibt nichts verborgen! Und wenn Joseph nachher, gewissermaßen des Haushalters Worte berichtigend, sagt: „Wußtet ihr nicht, daß ein Mann wie ich wahrsagen (oder ‚es erraten‘) kann?“ (V. 15), so soll es wieder nur den Brüdern zeigen, daß ihm gegenüber alles Leugnen zwecklos sei. Leugnen? Aber sie hatten dies doch nicht getan? Nein, sie waren weder „Kundschafter“ (Kap. 42) - und zerbrachen innerlich doch schon fast völlig an dieser Anschuldigung (V. 21ff.) - noch waren sie Diebe - und doch brachte dieser Verdacht sie zur Offenbarmachung ihrer einstigen Missetat, d. h. zum völligen Zusammenbruch, zugleich aber auch zur Bloßlegung ihrer Herzen, nämlich ihrer Liebe zu Benjamin und zu ihrem Vater! (44,16!) Wie wunderbar ist Gott, unser Gott! Er vermag durch Wege Seiner Vorsehung Menschen völlig zu überführen. Wahrlich - Joseph konnte wahrsagen, aber durch Gottes Macht, seine Traumdeutungen hatten es zur Genüge gezeigt, und man kannte ihn in Ägypten als einen Mann, in dem der Geist Gottes ist. (41,38, vgl. Daniel!) Er legte nicht durch Wahrsagerei, sondern durch den Geist Gottes das Innere der Herzen bloß! Wenn der Haushofmeister seines Herrn Fähigkeiten mit dem ihm geläufigen Becherwahrsagen verbinden soll, so war das kein Tun nach dem falschen Grundsatz, den ich schon mehrfach anführte, daß der Zweck die Mittel heilige, und es war auch nicht nur eine experimentierende List - wie sehr tut man mit solcher abfälligen Denkweise dem „Abgesonderten unter seinen Brüdern“ Unrecht! -, sondern es war der Gipfelpunkt seiner Erziehungswege mit seinen Brüdern, es war Vorsehung im wahrsten Sinne des Wortes! Die Wege der Vorsehung Gottes finden wir am gewaltigsten geschildert im Buche Esther, jenem biblischen Buche, in dem Gott noch nicht einmal genannt wird! Und doch ein geisteingehauchtes (inspiriertes) Buch? Ja! Dem Glauben erkennbar und kostbar!

Und nun komme ich zum Ende mit meinen Darlegungen über unsere Stelle. Mehr wollte ich zeigen, als nur ein „ja“ oder „nein“ geben als Antwort Auf die Frage - das wird jedem aufmerksamen Leser nun wohl klar sein! Es kommt mir gar nicht auf eine solche Antwort An! Wir könnten „ja“ sagen im Blick darauf, daß Joseph das Gesetz noch nicht hatte - und wir würden der Stelle doch nicht gerecht! Wir können und dürfen „nein“ sagen nach allem Dargelegten, und es blieben doch Rätsel übrig! Aber wenn wir weder „ja“ noch „nein“ sagen - sondern uns leiten lassen zu sehen, daß es darauf ganz und gar nicht ankommt, sondern auf die Vorsehungswege Gottes, der Joseph als den treuesten der Treuen benutzt, um die Stammväter Seines auserwählten Volkes Israel innerlich und äußerlich zu bilden für ihre höchsten Aufgaben, dann verschwinden diese kleinen Schwierigleiten, und wir sehen, wie alles dem einen großen Zweck dienen muß und kann, selbst etwas, was wir nach unserer Erkenntnis der Schrift als unmöglich verwerfen und auch verwerfen dürfen (zumal doch auch die Schrift nirgends sagt und zeigt, daß Joseph sich wirklich dieser ägyptischen und modernen Wahrsagerei bedient habe! Der Geist Gottes vermischt Sich ja nicht mit dem Geist von unten.).

Ja, die Wege Gottes waren zum Ziel gekommen: Joseph war und blieb der „Abgesonderte unter seinen Brüdern“, die einst im Traum (Kap. 37,7) aufgerichtete Garbe Josephs - ein Bild von seinem auf Christus Jesus vorbildlichen Herrlichkeitsweg, der durch Leiden und Erniedrigung jeder Art zur Höhe ging! - ward jetzt in Wahrheit völlig aufgerichtet und stand, das Ziel war erreicht, die anderen Garben taten, wie einst im Traum geschehen, aber es war kein Schatten mehr zwischen ihren und seiner Garbe wie damals, als er ihnen den Traum erzählte, kein Schatten blieb mehr zwischen ihm und ihnen - die göttlichen Erziehungswege, die er mit ihnen ging, beseitigt, war das Ende Herrlichkeit! Dunkle, verschlungene Wege führten zu diesem Ziel - und ist es bei uns anders? Verstehen doch auch wir oft das Tun unseres Gottes nicht, zweifeln gar an Ihm. Und doch, das Ende ist Herrlichkeit, bei Ihm droben im Licht! Gepriesen sei Sein herrlicher Name und Dank sei Ihm für Sein köstliches Wort wie für alle Seine „Wunderwege“! „Hernach“ werden wir alles verstehen! (Joh. 13,7!)

Ihm in allem die Ehre!

F. K.

Frage 14

Warum wird in Offb. 20,13 die Erde nicht erwähnt, die ihre Toten wiedergibt?

Antwort des Schriftleiters

Über diesen Vers hat in Jahrb. 10, Frg. 16, unser werter Mitarbeiter F. Kpp. eine sehr gedankenreiche Antwort Gegeben, so daß ich mich hier auf weniges beschränken kann. In der Hauptsache handelte jene Frage über die 3 Begriffe: „Meer“, „Tod“ und „Hades“, doch wird von der „Erde“ auch kurz gesprochen. Verf. sagt dort wörtlich: „Daß beim Hergeben der Toten die Erde nicht genannt ist, scheint auf Selbstverständlichkeit zu beruhen und erinnert an die Worte des HErrn in Joh. 5,28: ‚Alle, die in den Gräbern sind ...‘: keine Andeutung (in dieser Stelle!) auf Tote im Meer oder durch Feuer Verzehrte, was beides auf Gerettete und Verlorene zutrifft; auch sonst nichts diesbezügliches in der Schrift; und doch wird Sein Machtwort beide Kategorien, so gut wie die ‚in den Gräbern‘ “,hervorrufen. - Soweit die Worte unseres Mitarbeiters, die ich nur deshalb hierher gesetzt habe, weil vielleicht nicht jeder heutige Leser im Besitze jenes Bandes oder Heftes aus dem Jahre 1925 ist. (Aber es wäre gut, wenn diese älteren Jahrbücher in vieler Hände wären!)

Diese kurze Andeutung unseres Mitarbeiters befriedigt eigentlich schon bezüglich vorliegender Frage. Aber ich glaube, noch ein paar Gedanken und Hinweise hinzufügen zu sollen.

Zu Anfang der gewaltigen Stelle, die uns in erhabener Kürze das allgemeine Weltgericht, d. h. das Endgericht, vor dem „großen, weißen Thron“ schildert, steht der vielsagende Ausdruck: „die Erde entfloh und der Himmel, und keine Stätte wurde für sie (griech. Mehrzahl, also für Erde und Himmel!) gefunden.“ (V. 11) Daß hier nicht der Himmel als der eigentliche Thron Gottes („der Himmel ist Mein Thron“, Jes. 66,1 und Apgesch. 7,49) oder „der dritte Himmel“, in

andeutungsweise gesagt zu werden. Wir unterscheiden ja im wesentlichen nach der Schrift drei Himmel: 1. den unmittelbar mit der Erde in Verbindung stehenden Luft- oder Wolkenhimmel - sicher die Behausung der Dämonen -, 2. den mit der Erde seit 1. Mose 1 mittelbar in Verbindung stehenden astronomischen Himmel und 3. den Himmel Gottes, betr. dessen wir aber nicht vergessen wollen, was Salomo zu Gott sagt: „... Siehe, die Himmel und der Himmel Himmel (d. h. die Himmel der Himmel) können Dich nicht fassen.“ (1. Kön. 8,27) Doch hier nichts weiter über dieses, das Stoff genügend für eine besondere Frage bieten würde! -

Zurück zu unserer Stelle! Dieser Satz deutet doch sicherlich auf 2. Petr. 2 hin, worauf ich aber nicht näher eingehen möchte. (Vgl. V. 5.7.10.12f. - für uns nicht zu vergessen V. 11!.) Aber wenn wir diese beiden Stellen miteinander verbinden, so ist es doch einleuchtend, daß die dem Gericht durch die Feuer des Thrones anheimfallende Erde vorher ihre Toten herausgeben mußte, denn mag auch, was ja schließlich „nur“ ein gewaltiges Bild von der Tatsächlichkeit des Gerichtes von 2. Petr. 2,10.12 ist, die Erde entfliehen - für die, welche die „so große Errettung mißachtet, versäumt“ haben, ist ein Entfliehen unmöglich! (Hebr. 2,3) Die Zustände, in denen Menschenleiber nach ihrem Tode sich aufhalten müssen, mögen im Gericht entschwinden - die Toten selber werden zum Gericht auferstehen, d. h. sie werden, mit ihrem für den Feuersee passend gemachten Auferstehungsleibe verbunden, vor den Schranken des weißen Gerichtsthrones erscheinen, um gerichtet zu werden nach ihren Werken. Wohl wird „die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden“ (2. Petr. 3,10), aber die Toten, und zwar alle („die übrigen“, Offenb. 20,5!), die nicht teilhaben an der ersten Auferstehung (V. 6), werden vor „dem großen, weißen Thron“ stehen und gerichtet werden „nach dem, was in den Büchern steht, nach ihren Werken“ (V. 12) Welch eine Szene wird das sein! Wie sollten wir, die wir begnadigt sind, doch noch in Eile aus dem Feuer zu reißen suchen, was irgend sich noch retten läßt (Judas 23; vgl. Spr. 24,10!), und wie sollte unser Wandel doch dem entsprechend sein, was das Licht jenes Thrones uns als Gottes Willen gemäß zeigt! Ja, „was für welche“ sollten wir sein, die wir die Ankunft des Tages Gottes erwarten. (2. Petr. 3,11!) Der HErr gebe uns ein heiliges Verantwortungsbewußtsein dafür, im Lichte jenes Tages zu wandeln! „Bald kommt der Tag“ Wie herrlich und wie ernst auch ist unser Blick in die nahe und in die ferne Zukunft.

Und nun noch einen letzten Gedanken zu der vorliegenden Frage! Wir können m. E. auch so antworten: Die Erde wird deshalb nicht besonders, oder für diese Auslegung richtiger, als umfassender Begriff genannt, weil die 3 Zustände, in denen die Menschen sich befinden, ja genannt werden, und diese Zustände oder Zuständlichkeiten gehören ja alle der Erde an: das Meer, der Tod, der Hades (Scheol), wobei „Tod“ sich, wie unser Mitarbeiter in der zu Anfang erwähnten Frage aus dem 10. Jahrb. beschreibt, auf die entseelten Leiber, während „Hades“ sich auf den Zustand (nicht nur oder nicht so sehr Ort), in dem die Seelen sind, bezieht. Wie furchtbar dann das Gericht über diese beiden Zustände! Genau wie über alle, die vor dem Gericht diesen angehörten: alles wird in den Feuersee geworfen! (V. 14.15; vgl. 21,8) Und das Meer? Dieses wird einfach aufhören gemacht, denn wenn von dem „neuen Himmel“ und von der „neuen Erde“ die Rede ist, weil der „erste Himmel“ und die „erste Erde“ vergangen ist, dann heißt es, „das Meer ist nicht mehr“! Kein Getrenntsein, keine Unruhe mehr auf der neuen Erde, gepriesen sei der HErr!

Und damit genug der Beantwortung der Frage! Möge der HErr uns die Sache selbst überaus wichtig machen, damit das praktische Ergebnis unserer nunmehr hoffentlich ein wenig erweiterten Erkenntnis sei, daß wir nicht „Hörer allein“ bleiben, sondern „Täter Seines Wortes“ werden (Jak. 1,22) und (auch dieses) „um so mehr, je mehr“ wir „den Tag herannahen“ sehen! (Hebr. 10,25 Schluß!)

F. K.

Sinai und Zion.

(Hebr. 12,18-24) (Schluß.)

Sinai war der Berg des Gesetzes - der Forderungen des heiligen Gottes -, den der Mensch im Fleische berühren konnte. Im Gegensatz zu Sinai steht Zion, der Berg der Gnade. Der Berg Sinai war umhegt, denn er brachte jedem, der ihn betastete, den sicheren Tod. Der Berg Zion

Ein „Berg“ wird in der Schrift oft als das Sinnbild großer Macht und Kraft gebraucht. Als „Berg“ ist Zion das Sinnbild der Kraft der unumschränkten Gnade Gottes auf Grund des vollendeten Werkes Christi. Ihm gegenüber erinnert uns der „Berg“ des Gesetzes an das Wort: „Der Stachel des Todes aber ist die Sünde, die Kraft der Sünde aber das Gesetz.“ (1. Kor. 15,56)

Zion war eine Burg der Jebusiter, die auf einem der Berge Jerusalems erbaut war - eine Felsenfeste, die für so uneinnehmbar gehalten wurde, daß, als David mit seinen Männern wider die Jebusiter in den Streit zog, diese sich in ihrer Feste so sicher fühlten, daß sie höhnend zu David sagten: „Du wirst nicht hier hereinkommen, sondern die Blinden und die Lahmen werden dich wegtreiben.“ Gott aber gab sie in Davids Hand, und er nahm die Burg ein und wohnte in derselben und nannte sie: „Stadt Davids“. (2. Sam. 5,6.7; 1. Chron. 11,4-9)

Um zu verstehen, daß Zion das Symbol der freien Gnade Gottes ist, müssen wir auf die Geschichte Israels vor der Zeit Zions zurückgehen.

Israel hatte am Berge Sinai gelobt: „Alles, was Jehova geredet hat, wollen wir tun.“ Aber es hatte völlig versagt und durch seine Untreue und Sünde alles verloren. Die Lade des Bundes - die Wohnung Jehovas, die einst drei Tagereisen vor ihnen herzog, um ihnen einen Ruheort zu erkunden, bei deren Aufbruch Moses sprach: „Stehe auf, Jehova, daß Deine Feinde sich zerstreuen, und Deine Hasser vor Dir fliehen!“ und der, wenn die Lade ruhte, sprach: „Kehre wieder, Jehova, zu den Myriaden der Tausende Israels!“ (4. Mos. 10,33.36) - diese Lade, die sie einst durch den Jordanstrom hindurch und zum Siege über Jericho führte, war nicht mehr in der Mitte Israels. Die Philister hatten sie weggenommen und sie in das Haus ihres Gottes Dagon gestellt. Die Nachricht der furchtbaren Tatsache, daß mit der Lade des Bundes Jehova Israel verlassen hatte, führte Elis Tod herbei; und sterbend nannte das Weib Pinehas' ihren Knaben bei der Geburt „Jkabod“, indem sie sprach: „Die Herrlichkeit ist von Israel gewichen!“ (1. Sam. 4)

Und in Wahrheit hatte Gott, ergrimmt über den Götzendienst Israels, Sein Volk verlassen. Hierauf bezieht sich das Wort des bedeutungsvollen 78. Psalmes, V. 59ff.: „Gott hörte es und

ergrimmte, und Er verachtete Israel sehr. Und Er verließ die Wohnung zu Silo, das Zelt, welches Er unter den Menschen aufgeschlagen hatte. Und Er gab in die Gefangenschaft Seine Kraft und Seine Herrlichkeit in die Hand des Bedrängers.“

Als das Volk das Land Kanaan in Besitz nahm, stand die Lade - die Wohnung Jehovas - in Silo, einem Orte im Stamme Ephraim. Ephraim nahm unter den Stämmen Israels den bevorzugten Platz eines Erstgeborenen ein. (Jer. 31,9; 1. Chron. 5,1.2) Hier in Silo in Ephraim befand sich die Lade bis zu dem Tage, da die Söhne Elis sie in den Streit wider die Philister trugen und sie von diesen geraubt und in die Gefangenschaft der Philister geführt wurde. Gott ließ dieses zu; Er gab in die Gefangenschaft Seine Kraft und Seine Herrlichkeit in die Hand des Bedrängers, und Sein Volk gab Er dem Schwerte preis; das Zelt Josephs verwarf Er, und den Stamm Ephraim erwählte Er nicht. (Ps. 78,61ff.) Damit unterbrach Gott jede Verbindung mit Seinem Volke, Er gab Sinai als Grundlage des Segens für den Menschen auf.

Nun, da jede Hoffnung für Israel dahin war und es alles verloren hatte, nun trat Gottes Gnade ins Mittel. Wohl verwarf und erwählte Er nicht den Stamm Ephraim, nicht den Berg Sinai, nicht den Menschen im Fleische, sondern wählte nach der Liebe Seines Herzens und der Unumschränktheit Seiner Gnade einen anderen Stamm und einen anderen Berg und einen anderen Menschen. Wir lesen V. 68ff.: „Er erwählte den Stamm Juda, den Berg Zion, den Er geliebt hat ... und Er erwählte David, Seinen Knecht“, und durch Seinen Gesalbten führt Er die Lade nach Zion, der Stadt Davids, zurück.

Es braucht nicht gesagt zu werden, daß sowohl David als auch die Bundeslade mit dem Sühnmittel Vorbilder von Christus sind, beide finden wir vereint in Zion. Dreißig Jahre war David, als er gesalbt wurde und die Regierung antrat, in Übereinstimmung mit der Zahl der Jahre, da der HErr als Mensch hier auf der Erde mit Heiligem Geiste gesalbt wurde. Und so wie der HErr nach Seiner Salbung anfing, das Werk, das der Vater Ihm gegeben, zu erfüllen, so begann auch David nach seiner Salbung, den Vorsatz Gottes auszuführen. Er nahm Zion ein und machte es zur Stadt seines Namens. In Abhängigkeit von Ihm bittet er Jehova, Seine Wohnung in Zion einzunehmen: „Stehe auf, Jehova, zu Deiner Ruhe, Du und die Lade Deiner

Stärke!“ Und Jehova bestätigt ihm: „Jehova hat Zion erwählt, hat es begehrt zu Seiner Wohnstätte: Dies (Zion) ist Meine Ruhe immerdar; hier (in Zion) will Ich wohnen, denn Ich habe es begehrt.“ (Ps. 132,8.13.14)

Und an dem Tage, als die Lade in Zion einzog und ihre Wohnstätte dort eingenommen hatte, sangen sie zum ersten Male den Lobpreis Seiner Gnade - den in Ps. 136 dann immer wiederkehrenden Refrain: „Seine Güte währt ewiglich.“ (1. Chron. 16,34)

Alles das, was wir im Vorbilde sehen, kommt in Vollkommenheit in Christo zum Ausdruck.

Mit der Kreuzigung Christi fand der Mensch und die Welt ihr Ende und Gericht. Aber wie im Vorbilde Gott einst die Lade zurückbrachte, so brachte Gott aus den Toten den großen Hirten der Schafe zurück. (Hebr. 13,20) Und „Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, wegen Seiner vielen Liebe, womit Er uns geliebt hat, als wir in den Vergehungen tot waren, hat uns mit dem Christus lebendig gemacht.“ (Eph. 2,4.5) Hier sehen wir in dem auferstandenen Christus den Berg Zion - die Macht der Gnade. In Ihm, dem Auferstandenen, findet Gottes Ratschluß und jede Verheißung ihr Ja und Amen.

So wie die Verantwortung des Menschen einst mit dem Berge Sinai verbunden war, so ist die Gnade Gottes in ihrer Unumschränktheit mit Zion verbunden. Der Berg Zion, nicht der natürliche Berg wie Sinai, der betastet werden konnte, sondern der Berg Zion im geistlichen Sinne, ist nach dem gänzlichen Verlorensein des Menschen der Ausgangspunkt Seiner Gnade in Rettung und Segen geworden. Deshalb konnte den Hebräern gesagt werden, daß sie zum Berge Zion gekommen seien.

Die Ehebrecherin in Joh. 8 läßt uns im Bilde Sinai und Zion sehen - das Gesetz und die Gnade: In den Schriftgelehrten und Pharisäern umgab sie das Feuer Sinais. Die Gegenwart des HErrn aber, dessen Finger einst das Gesetz schrieb, überführte jeden von seiner Sünde und Verdammnis. Das Weib aber fand nun ihre Rettung und Sicherheit bei Dem, der Sich zum zweiten Male niederbeugte und dessen Finger wiederum schrieb, aber jetzt nicht auf dem Boden der Verantwortung, sondern auf dem Boden der Gnade. Dies arme Weib war vom Sinai

zum Berge Zion gekommen.

A. v. d. K.

„Der Gott des Friedens.“

(Röm. 15,33; Phil. 4,9 u. a. St.)

(Fortsetzung.)

Nach mancherlei einleitenden Bemerkungen, u. a. Erklärung des kostbaren Titelausdrucks im allgemeinen, habe ich in der vorigen Lieferung die erste der Stellen ausführlich zu besprechen gesucht, in denen dieser Ausdruck vorkommt. Ehe ich nun heute auf die nächsten Stellen eingehe, hier noch einmal eine Aufzählung aller derselben, von denen ich einige wegen des baldigen Jahrbuchabschlusses ja nur kurz behandeln kann.

Fünfmal steht diese Zusammensetzung „Der Gott des Friedens“ allein im Neuen Testament, und zwar: Röm. 15,33; 16,20; Phil. 4,9; 1. Thess. 5,23; Hebr. 13,20.21, während noch zweimal diese Wortverbindung vorkommt mit einer Erweiterung: „Der Gott der Liebe und des Friedens“ in 2. Kor. 13,11 und „Ein Gott nicht der Unordnung, sondern des Friedens“ in 1. Kor. 14,33. Auf die letzteren zwei Stellen werde ich nicht mehr zu sprechen kommen können. Aber so köstlich die erste dieser beiden ist, so ernst ist die zweite! Die göttliche Ordnung ist die des Friedens, oder der Friede ist die wahre, gottgemäße Ordnung! - Übrigens habe ich gegen Ende des vorigen Jahrbuchs (17/1932) mich eingehend und rein praktisch mit dem Ausdruck: „Ein Gott nicht der Unordnung“ beschäftigen dürfen. Man lese jenes nach und verbinde das Gelesene im Herzen mit den gegenwärtigen Betrachtungen über „den Gott des Friedens“!

Das zweite zur Besprechung stehende Wort ist also Röm. 16,20! Der Zusammenhang dieser Stelle ist ganz außerordentlich ernst. Ich habe im Jahrbuch 13 bei Frage 13: Was heißt „einfältig zum Bösen sein“ (Röm. 16,19) mich in großen Zügen mit diesem Abschnitt beschäftigt und weise nachdrücklichst darauf hin. Ich sagte dort u. a.: „Der Apostel will, daß sie nicht nur (durch das Wort) geistlichweise sehen möchten, was gut ist in Gottes Augen ..., sondern sie sollen auch ... bemüht sein, sich allem Bösen gegenüber rein zu erhalten, sich gar nicht damit einzulassen, von vornherein sich nicht damit zu vermischen, so daß sie unzugänglich für dasselbe bleiben und darum gesichert gegen dasselbe; denn in nichts auf Böses eingehen macht unsere Stellung am sichersten! ... Dann würden sie die Macht des ‚Gottes des Friedens‘bald erfahren, der den Satan, d. h. hier die vom Satan gebrauchten Friedensstörer (z. B. auch Irrlehrer!) in kurzem überwältigen werde ... sie würden die friedevolle Gegenwart des ‚Gottes des Friedens‘kennen und genießen ...“ - Mit diesen Worten haben wir schon eine kurze Erklärung der Stelle! Es ist so, daß das mancherlei Böse innerhalb einer Gemeinde, in die solche Zwiespalt und Ärgernis anrichtende Leute Eingang fanden, die Aufmerksamkeit der Verantwortlichen aufs höchste fesseln sollte. (V. 17) Geschieht das nicht, so ist bald von Frieden innerhalb des Kreises nichts mehr zu spüren, denn der Feind erreicht auf solche Weise am besten, woran ihm mit am meisten liegt: daß der Heilige Geist - als „betrübt“ (Eph. 4,30) - Sich zurückzieht und nicht gottgemäß wirken kann. Unsegen auf der ganzen Linie ist dann die Folge! Und die „Schönrednerei“ dieser Leute (V. 18), die des Feindes Geschäfte besorgen, verführt dann auch noch gar leicht solche, die bis dahin „arglos“ waren, und gerade solche! Wenn aber nach V. 17 verfahren wird und nach V. 19 (siehe oben!), dann kann Gott wirken, und Er ist „der Gott des Friedens“! Er ist der, wie ich in voriger Lieferung sagte, der den Frieden hat, gibt, nimmt, vermehrt usw. Er ist die Quelle des Friedens, die unerschöpflich ist, und Er hat innerhalb Seiner Gemeinde kein größeres Wohlgefallen, als wenn Er ungehindert in Seiner ganzen Herrlichkeit wirken kann. Und wie jene Satansknechte darauf aus sind, Unfrieden zu säen und zu verbreiten, so ist Er bemüht, den Strom Seines Friedens über sie auszuschütten, ja, als „der Gott des Friedens“ unter ihnen zu walten und zu wirken. Aber Er sucht bei uns solche Treue, wie sie eben in V. 17 u. 19 sich zeigen muß, wenn sie überhaupt vorhanden ist. Tut sie das, d. h. sind wir solche Leute, dann werden wir den „Gott des Friedens“ ungehemmt zu unserem Besten in Tätigkeit sehen: Er wird den Satan hindern und schließlich unter unsere (nicht Seine!) Füße zertreten, was sicherlich u. a. auch bedeutet, daß wir selber völlig Sieger werden sollen über alle solche verderblichen, durch streitsüchtige Menschen oder Irrlehrer angerichtete Schäden innerhalb der Gemeinde. Er, unser Gott, ist für uns „der Gott des Friedens“; ist nun Sein Friede in der Versammlung gestört, und zwar ohne unsere Schuld, ja, haben wir selber Front gemacht gegen das Böse, dann wird dadurch unser Gott, der als „Gott des Friedens“, wie gesagt, für uns ist, zum Gegner unserer Gegner, und sie werden es zu spüren bekommen, was es heißt, uns gleichsam den Krieg erklärt zu haben (durch ihr böses Verhalten!): Er steht auf unserer Seite, und Er stellt den gestörten Frieden wieder her. „Kein Friede den Gesetzlosen!“ heißt es Jes. 57,21, und das wird vor allem der Feind, der Satan mit seinen Getreuen, erfahren. Es ist damit vergleichsweise so wie mit der Wolkensäule für Israel in 2. Mose 14,19.20: was für Sein Volk Licht und Herrlichkeit war, wurde für die Feinde Seines Volkes (darum für Seine Feinde!) Finsternis und Gericht! So kann man sagen, daß es für Gottes und Seines Volkes Feinde schon schrecklich ist, „den Gott des Friedens“ gegen sich zu haben - wie wird es aber erst sein, wenn sie es einmal zu tun bekommen werden mit dem „Gott des Gerichts“! (Jes. 30,18) - Doch genug über unsere Römerbriefstelle! Möchten wir nur solche sein, wie der Apostel uns zu sein ermahnt, er, der an den Römern Freude hatte, d. h. ihres Gehorsams wegen (V. 19) - ob er, und damit vor allem Gott, auch an uns, an unserem Gehorsam Freude haben könnte? Dann würden auch wir die Macht des „Gottes des Friedens“ mehr uns zum Guten kennenlernen, und Er würde nach 15,23 (vgl. vorige Lieferung!) ungehinderter mit uns sein. Möchten wir Ihn mehr erfahren - es liegt an uns, Geliebte im HErrn, ob und daß es geschieht! - Seine Gnade genügt auch hierzu!

Die nächste Stelle, die uns zur Besprechung obliegt, ist eine liebliche und köstliche: Phil. 4,9! Auch bei dieser ist der Zusammenhang wichtig, ja, vielleicht wichtiger als irgendwo anders! Wie ich schon in der vorigen Lieferung sagte (S. 223), ist hier besonders die Zusammenstellung von „Friede Gottes“ und „Gott des Friedens“ zu beachten. Das letztere ist das größere (und umfaßt auch das erstere) - natürlich, aber das erstere ist auch schon erstrebenswert und kostbar: den „Frieden Gottes“ zu erfahren als den, der unsere Herzen, Sinne und Gedanken in Christo Jesu bewahrt. (V. 7) Sicher ist dies die Vorstufe für die noch höhere Erfahrung vom Mit-uns-sein des „Gottes des Friedens“. Das von V. 7 wird uns zuteil, wenn wir uns freuen im HErrn und unsere Gelindigkeit allen Menschen kundwerden lassen, und vor allem, wenn wir, statt uns nutzlos zu sorgen, bei jeder Angelegenheit unserem Gott nahen, um Ihn in alles hineinzuziehen. Das

Gott über alles, macht die wunderbaren Kräfte Gottes uns zum Besten wirksam und öffnet uns die Schleusen des „Friedens Gottes“ - d. i. des Friedens, den Gott sowohl selber genießt als auch gibt (vgl. Joh. 14,27!). Dieser „Friede Gottes“, heißt es, „der allen Verstand übersteigt, wird unsere Herzen und unseren Sinn (unsere Gedankenwelt!) in Christo Jesu bewahren.“ Was könnte lieblicher sein?! Warum also so wenig Bewahrung der Herzen und Sinne bei manchen Gläubigen? Warum solche Unbeherrschtheit, ja Zügellosigkeit der Herzen und der Gedanken bei vielen Gläubigen? - Weil sie nicht gelernt haben, mit allen ihren Sorgen, selbst- oder nicht selbstverschuldeten, an Gottes Herz zu flüchten, sondern weil sie so oft allein damit fertig werden zu können hoffen. Viele Dummheiten und schlimmere Dinge sind schon die traurigen Folgen solcher Versäumnisse gewesen, denn wenn uns der „Friede Gottes“ nicht bewahrt, wer sollte es dann tun? Und wenn keiner es tut, wenn Herz und Gedankenwelt hemmungslos spazieren gehen auf gefährlichen Gefilden - welche Folgen kann das haben?! - Nein, laßt uns nie das „Und“ vergessen, mit dem V. 7 beginnt, es zeigt uns, daß wir die (an sich leichten) Bedingungen erfüllen müssen, dann wird der „Friede Gottes“ Herz und Sinn bewahren in Christo Jesu, und dann ist uns wohl in dem HErrn!

Aber um den „Gott des Friedens“ mit uns zu haben, nicht nur wie in Röm. 15,33 als Segenswunsch, sondern als selige Tatsache, muß noch mehr als nur ein Handeln nach V. 4-6 uns auszeichnen, und davon spricht V. 8, während die erste Hälfte von V. 9 uns hierin wie in so vielem den Apostel Paulus als tätiges Vorbild zeigt! Würden sie „dieses tun“, also handeln wie er, dann würde „der Gott des Friedens“ mit ihnen sein.

Und wie handelte der Apostel? Was hatten sie an ihm gelernt, von ihm empfangen und gehört und an ihm gesehen? O alle die köstlichen Dinge von V. 8 beschäftigten sein Herz, seine Gedanken, sein Sinnen und Trachten! Er erwog lauter Kostbarkeiten in seinem Innern, und dieses Sinnen machte ihn reich und glücklich, brachte ihm das Mit-ihm-sein des „Gottes des Friedens“ ein. Und auf diese Weise wandeln bringt's auch uns ein! Acht Punkte oder Dinge sind es, die uns der achte Vers vor Augen malt. (Ich fühle mich stark veranlaßt, ausgiebig über dieselben zu schreiben, aber der Raum läßt es nicht zu!) Wo diese acht Dinge zu finden sind, sagt Paulus uns nicht, sicher aber zuerst bei unserem geliebten Herrn Jesus. Wenn aber bei Ihm, dann auch, wenn auch in stark verkleinertem Maße, bei den Seinen! (Darüber nachher!) Manches wird man sogar, wenn auch wiederum stark verkleinert, in der Welt finden, und sofern es dort aus einem im allgemeinen gottesfürchtigen Herzen kommt, ist es nicht überflüssig zu beachten (vgl. Apgesch. 10,2-4.22.31!), doch braucht uns dies hier nicht zu beschäftigen. Dagegen sehen wir uns kurz die Heiligen an! Der Unterschied zwischen ihnen und dem HErrn ist zwar unsagbar groß, aber dennoch werden wir auch bei den schwächsten Gläubigen solche Dinge mehr oder weniger finden. Es fragt sich nur, ob uns daran liegt, sie zu sehen und zu finden! Es gibt leider, Gott sei's geklagt!, viele, die sich gläubig nennen und es wohl auch sind, die stets zuerst das Unvollkommene, gar Böse, die Fehler, Mängel, Zukurzkommen bei ihren Brüdern und Schwestern zu suchen und ans Licht zu ziehen bestrebt sind (ganz entgegen den Aposteln!). Ein Geist der Kritik beseelt sie und läßt sie kaum je ein Lob über ihre Brüder hören, dem sie nicht ihr hämisches oder sogar boshaftes „ja, aber ...“ anhängen. Sie machen es umgekehrt, wie es in Jer. 15,19 steht: „Wenn du das Köstliche vom Gemeinen absonderst, sollst du wie Mein Mund sein“ - sie sondern das Gemeine vom Köstlichen ab, was ja so sehr leicht ist, denn wie köstlich wir auch in Gottes Augen sind (vgl. Bileams Sprüche, wenngleich sie Israel betreffen: 4. Mose 23,9.21 usw.) - das Unvollkommene, ja, das, was vom Fleisch ist, schaut bei uns überall durch! Aber das soll man eben auch nicht suchen und hervorholen. Es mag nötig sein, daß eine Gemeinde sich einmal um der Zucht willen mit vorgekommenem und öffentlich bekannt gewordenem Bösen beschäftigen muß (1. Kor. 5), aber glücklicher wird das Herz nicht bei dieser, wenn auch einmal vor Gottes Angesicht notwendig gewordenen Tätigkeit. Nein, glücklich wird das Herz nur, wenn wir uns beschäftigen mit dem Guten, Gottgewirkten bei unseren Brüdern, die in Abhängigkeit vom Geiste Gottes und im Gehorsam gegen Sein Wort wandeln und darum „die Frucht des Geistes“ (Gal. 5) hervorbringen. Es gibt so viele, oft ganz kleine, liebliche Züge im geisterneuerten Charakter unserer Geschwister, daß wir gar keine Zeit haben sollten, uns mit dem Bösen bei ihnen mehr zu beschäftigen, als es eben um der Ordnung in der Gemeinde willen unumgänglich nötig sein mag. (Und dann hat's auch noch nicht jeder zu tun!) Wer immer das Gemeine statt das Köstliche sucht („das Köstliche aus dem Gemeinen aussondern“ ist unsere Aufgabe), der dient keinem zur Auferbauung, und nie wird er den „Gott des Friedens“ mit sich haben. Wie kann Gott da mitgehen?! Wie lieblich, zu sehen, wenn der

HErr die „kleinen“ (?) Züge geistgewirkten Tuns bei Seinen Heiligen hervorsucht, so z. B. in der Geschichte von der Witwe mit ihrem Scherflein (Mark. 12 u. a.) oder der Salbung durch Maria in Bethanien!

(Matth. 26; Mark. 14 und Joh. 12) Wie häßlich hier der Kritikgeist, und wenn er in der ersteren Geschichte nicht hervortritt, so liegt das auch wohl nur in den Umständen. Kritiker finden sich gar leicht und überall, aber der HErr straft sie auch und tritt allemal auf die Seite der ungerecht Angegriffenen!

Suche nur, Bruder, Schwester, Vers 8 gemäß bei deinen Brüdern und Schwestern, z. B. was aus der Wahrheit ist, was der Würde des heiligen Standes der Gotteskindschaft entspricht, was praktisch gerecht ist, was rein, unvermischt und duftend ist, was lieblich ist und auch so klingt, was aus geistlicher Energie und Vortrefflichkeit stammt und wo es etwas zu loben gibt - du wirst sicher viel finden (auch in der heutigen öffentlichen Welt!). Aber zum Suchen gehört der richtige Blick und die Freude am Finden auch des Kleinen, des in mancher Augen Unscheinbaren. Und darüber denke nach, dies erwäge und lerne daraus für dich selbst und dein Verhalten, ja, suche für dein eigenes Handeln nach jenen acht Dingen! Und dann wird „der Gott des Friedens“ mit dir sein! Die Beschäftigung mit den Dingen, mit denen auch Gott Sich am liebsten beschäftigt, taucht uns in den Strom des Friedens, läßt uns erfahren, daß unser Gott aus Seiner Friedensfülle uns überschüttet, so daß wir als wahre Friedenskinder anderen mitteilen können, was wir selber erfahren. „Der Gott des Friedens“ war mit Paulus, wie oft sehen wir das in der Praxis seines Lebens und Dienens! Und auch wir können das erfahren, wenn wir lernen von ihm. Hierüber ließe sich noch viel sagen, aber ich muß abbrechen. Möchte es so sein, daß wir diese ungemein reichhaltige Stelle mehr auskosten, ja vielmehr, daß „der Gott des Friedens“ uns die Kostbarkeit Seiner ununterbrochenen Gemeinschaft genießen und uns Seinen Frieden schmecken lasse, - welch ein Segen würden wir dann für andere werden, braucht doch kein Mensch etwas nötiger als Frieden, den Frieden, den allein Er hat und gibt, der „der Gott des Friedens“ und „der HErr des Friedens“ ist. (2. Thess. 3,16) Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

(Schluß folgt, s. G. w.)

F. K.

„Grüßet einander.“

Wenn wir Röm. 16 aufmerksam lesen, so fällt es uns auf, daß dieses Kapitel besonders viele Grüße enthält. Doch nicht nur im Römerbrief, auch in fast allen anderen Briefen finden wir solche. Wir sehen hieraus, daß der Brudergruß keine unwichtige, bedeutungslose Sache ist. Sie ist wichtiger, als wir vielleicht im allgemeinen annehmen.

Paulus, durch den Heiligen Geist geleitet, hielt es für gut, einzelne Geliebte besonders mit Namen zu nennen und zu grüßen. Wir können uns denken, daß diese Grüße den einzelnen besonders kostbar waren; kam doch dadurch des Apostels besondere Verbundenheit und Liebe zum Ausdruck. Vers 16 fordert er dann allgemein auf: „Grüßet einander mit heiligem Kuß!“ und ermuntert damit alle, den Brudergruß untereinander zu üben. Wenn er ermahnt, daß der Kuß als Grußform heilig sein solle, so sehen wir daraus, daß ein solcher auch unheilig sein kann und deshalb nur je unter Brüdern und unter Schwestern gewechselt werden sollte.

Der Aufforderung zum Grüßen in den Briefen der Schrift wird oft nicht genügend Beachtung geschenkt. „Grüßet jeden Heiligen in Christo Jesu! Es grüßen euch die Brüder, die bei mir sind. Es grüßen euch alle Heiligen und besonders die aus des Kaisers Hause.“ (Phil. 4,21.22) Welche Sorgfalt im Anbefehlen und Ausrichten der Grüße sehen wir in diesen Worten! Jeder Heilige sollte die an ihn gerichteten Grüße auch erhalten. Der Beweggrund zum Grüßen war herzliche Bruderliebe, und diese Liebe wußte sich innig mit den Geliebten Gottes verbunden und schätzte und ehrte jeden einzelnen. Und sicher, auch die Gegrüßten wußten den Gruß zu schätzen, in welchem sie das Band der Liebe und Gemeinschaft empfanden; und ganz besonders in Zeiten der Trübsal und Leiden mußte ihnen dies ein großer Trost sein.

Auch in unserer Zeit der Not sind Brüdergrüße eine besondere Stärkung den Gegrüßten. Wie

manche alleinstehende Brüder und Schwestern oder solche, die durch besondere Leiden gehen, sind schon durch einen Gruß gesegnet oder getröstet worden!

Der HErr Selbst hat uns ein Beispiel gegeben. Mit den Worten: „Seid gegrüßt!“ kam der auferstandene HErr den Frauen entgegen (Matth. 28,9), und mit dem Segensgruß: „Friede euch!“ trat Er wiederholt in die Mitte der Jünger. (Luk. 24,36; Joh. 20,19.26)

Grüße, die zugleich Segenswünsche sind, finden wir vielfach in den Briefen am Anfang und am Ende derselben. Einige solcher Segensgrüße seien erwähnt: „Gnade euch und Friede von Gott ...; die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch allen ...; Friede den Brüdern ...; die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit eurem Geiste ...; die Gnade sei mit euch!“

So wie wir persönliche Brudergrüße recht schätzen sollten, so auch Grüße von und an Gemeinden. Es ist nichts Geringes, wenn eine Gemeinde Gottes die andere grüßt. Der Gruß sollte uns auch aufs neue an die Wahrheit der Einheit in Eph. 4,4-6 erinnern.

Wir haben aber auch ein Wort der Schrift, das uns in einem gewissen Falle den Gruß verbietet. (Siehe 2. Joh. 9-11) Möchte der HErr uns Weisheit zur Unterscheidung geben, damit wir dieses Verbot recht befolgen. -

Es ist selbstverständlich, daß wir nicht nur Brüder grüßen, sondern auch Ungläubige, mit denen wir in besonderer Beziehung stehen, wie z. B. Angehörige, Hausgenossen, Nachbarn, Arbeitskollegen, Vorgesetzte usw. „Und wenn ihr eure Brüder allein grüßet, was tut ihr Besonderes?“ (Matth. 5,47; siehe auch Phil. 4,8 9)

Viel Segen kann durch einen freundlichen Gruß ausgestreut werden. Manches betrübte Herz wird durch einen Gruß erquickt, mancher Mißmut, Bitterkeit oder Haß vertrieben. Freundlichkeit im Gruß fördert auch nach außen hin das Werk Gottes.

Möchte unser Gruß, der Brudergruß wie der allgemeine Gruß, stets mit herzlicher Liebe gepaart sein und keine leere Form darstellen!

D.

2. Petri 1,1-11.

(Fortsetzung.)

Während das Ausharren mehr der aktive Ausdruck einer wirkenden Kraft ist, ist die passive Seite dieser Kraft die Geduld, das Ertragen der widrigsten Umstände, der Trübsale, der leiblichen und irdischen Bedürfnisse und Schwachheiten, die uns niederziehen und niederhalten wollen, damit unsere Glaubensflügel sich nicht wieder erheben. Alle diese Dinge treffen unser „Ich“, das sich dagegen aufbäumen will. Wird es jedoch im Zaum gehalten, so ist das Herz frei, das geistliche Leben wird dann durch nichts gefesselt, es kann genießen, was wahrhaft Freude und Herrlichkeit ist: Christus Selbst, unsere Stellung in Ihm, die Vaterliebe, die Kindschaft usw. Dies ist von hoher und grundlegender Bedeutung im christlichen Leben, besonders für die Gottseligkeit. (Siehe Punkt 5.)

Wenn aber das Fleisch auf irgendeine Weise wirkt, so daß eine Verfehlung entsteht, so muß das Gewissen in Tätigkeit treten; dann kann die Seele nicht im Licht und in der Gemeinschaft mit Gott stehen, weil das Licht dann die Wirkung hat, den Fehler aufzudecken. Das Gewissen kommt nicht eher zur Ruhe, bis das gerichtet und hinweggetan ist, was die Beunruhigung verursachte.

5. Wenn aber das Gewissen nichts hat, was nicht schon im Lichte Gottes gerichtet ist, so kann der neue Mensch ganz in Tätigkeit sein, sei es in Verwirklichung der Freude über die Gegenwart Gottes, sei es durch ein Leben, das Ihn verherrlicht. Dann sind wir in einem Zustand der Gemeinschaft mit Gott, wandeln mit Ihm, stehen im Genuß der Segnungen, die Sein Geist uns vermittelt, mit einem Wort: Es ist der Zustand der Gottseligkeit. Auch bei der Gottseligkeit ist festzuhalten, daß die Grundhaltung der Seele das Gestorbensein des „Ich“ sein muß und daß der Weg zur Gottseligkeit durch Proben, Übungen, Ausharren, Bewährung geht.

6. Die Bruderliebe. Ist das „Ich“ tot und der Wille gebrochen, so erträgt man die anderen mit Geduld. Man wird fähig, sich in sie, in ihren Herzenszustand, in ihre Prüfungen, in ihre Lagen und Umstände, in ihre Schwächen hineinzuversetzen, mit ihnen zu leiden und zu tragen, für sie zu beten. Unsere Zuneigungen zu ihnen, die von Gott mit gleicher Liebe geliebt und von Christo ebenfalls errettet sind, fließen ungehindert hervor; denn es sind solche, die mit uns an der göttlichen Natur teilhaben. So wird sich naturgemäß die Bruderliebe entfalten. Jeder, der den liebt, welcher geboren hat (Gott), liebt auch den, der aus Ihm geboren ist (die Kinder Gottes). (1. Joh. 5,1) Von Natur lieben wir nur die, die uns durch irgendeinen Vorzug angenehm und sympathisch sind, solche, die uns verstehen oder die wir verstehen. Die echte Bruderliebe liebt auch die Unsympathischen, die Schwachen, die Zurückgebliebenen, sie liebt trotz Nichtverstandenwerdens, ja, trotz Haß und Verfolgung. Ihre Weise ist Vergeben, Ertragen, wohlmeinende, versöhnliche Gesinnung. Die echte Bruderliebe schaut auf das, was Gott in den Brüdern gewirkt hat. Gerade ihre Fehler sind Anlässe zur Fürbitte.

7. Die Liebe. Sie ist das Wesen und die Natur Gottes. Aus ihr fließen alle anderen Betätigungen des neuen Lebens hervor. Sie ist aber nicht nur Quelle derselben, sondern durch die Liebe werden sie vollendet. Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit. (Kol. 3,14) Nach 1. Kor. 13,1-3 können große Gaben, ja, sogar sogenannte Liebeswerke (V. 3) vorhanden sein, und doch kann die wahre Liebe fehlen. Erst die Liebe gibt allem Kraft und Inhalt und Wert vor Gott.

Kann solche Liebe von uns dargereicht werden? Sie ist doch göttlich und nicht in uns gewachsen. Gott sei Dank, daß Er es auch an diesem wichtigen Stück nicht hat fehlen lassen! „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.“ (Röm. 5,5) Wir können sie empfangen, genießen, in ihr bleiben (Joh. 15,9.10), sie zurückstrahlen lassen (1. Joh. 4,19.11), sie in uns und mit uns vollenden lassen. (1. Joh. 4,12.17) Und in jedem Fall wird sie mächtige und kostbare Wirkungen in uns hervorbringen.

Was ist das Verhältnis der Liebe zur Bruderliebe? Die Liebe ist die Quelle der Bruderliebe. Die

vermengt werden, z. B. mit persönlicher Zuneigung oder damit, daß ein Bruder anziehende Charaktereigenschaften, Gaben, hat; sie kann ausarten, so inbrünstig und wahr sie sein soll, sie kann auch erkalten, vielleicht aus Anlaß einer Empfindlichkeit oder unbeabsichtigter Nichtbeachtung. Die Liebe muß den ersten Platz behalten. Die Bruderliebe darf die Liebe nicht einschränken; wenn sie echt ist, kennt sie keine Parteilichkeit. Die Bruderliebe darf die Liebe nicht beiseite setzen oder gar ausschließen, so daß, wenn ich die Brüder liebe, sonst nichts in meinem Herzen Raum hat. Die Liebe Gottes als die göttliche Natur leitet, beherrscht, charakterisiert die brüderliche Liebe. Wenn sie das nicht tut, so beherrscht uns das, was uns angenehm ist, - also unser eigenes Herz. Leitet die göttliche Liebe mich, so liebe ich alle Brüder, und zwar, weil sie Christo angehören, weil Christus sie liebt. An einem geistlichen Bruder werde ich mehr Genuß haben, aber einen schwachen Bruder werde ich mit zarter Rücksichtnahme behandeln, wenn nötig, ihm die Füße waschen, um ihn von einem Fall wiederherzustellen. Auf alle Fälle wird die Bruderliebe nicht mit Ungehorsam gegen Gott verbunden sein können, so daß ich einem Bruder zuliebe etwas tue, was nicht mit Gottes Wort übereinstimmt. Das gilt namentlich für den gemeinschaftlichen Dienst mit solchen Brüdern, die sich nicht auf dem Boden der Wahrheit, d. h. nur im Namen Jesu versammeln und nur die Leitung des Heiligen Geistes anerkennen. Denn „wer Mich liebt, der wird Mein Wort halten“, und Sein Wort sagt uns: „Von aller Art des Bösen (von moralisch und religiös Bösem) haltet euch fern!“ (1. Thess. 5,22), auch wenn es einen guten Schein hat.

Die Liebe Gottes wird in allen meinen Verhältnissen ihren Platz haben, den ganzen Wandel regieren und kennzeichnen, alle aufsteigenden Regungen meines Herzens beherrschen. Wenn sie das nicht tut, sei es, daß ich sie nicht zur Geltung kommen lasse (ignoriere aus Nachlässigkeit oder Übereilung oder sei es aus sonst einem Grunde), so werde ich sicher meinen eigenen Willen tun.

Alle sieben Stücke fließen aus der Erkenntnis Gottes und Jesu Christi hervor und haben als Triebkraft die Liebe Gottes, die als das Band der Vollkommenheit alle umschließt. Sie bilden zusammen eine Geistesfrucht. Gott erwartet diese Frucht von uns, denn es heißt V. 8: „Wenn diese Dinge bei euch sind, so stellen sie euch nicht fruchtleer hin in bezug auf die Erkenntnis

unseres Herrn Jesus Christus. Sie sollen aber nicht bloß bei uns sein, sondern „reichlich vorhanden“ sein, d. h. wir sollen sie wissen, besitzen und betätigen, wir sollen davon überströmen und sie überströmend darreichen. Sie sollten ein selbstverständliches Ergebnis unserer Erkenntnis und unseres Glaubenslebens sein, so wie man von einer Pflanze natürlicherweise eine Frucht erwartet.

Das Nichtvorhandensein der Frucht läßt auf einen schlechten Herzenszustand schließen. Trägheit ist ein Beharrungszustand im alten Wesen, in alten Gewohnheiten, im Wandel nach väterlicher Weise, in geläufigen Formen ohne bewußtes Leben, ohne Bedürfnis nach Fortschritt und Wachstum, ein Zustand der Selbstzufriedenheit: ich bin ja errettet, ich besitze Vergebung, ich wünsche nur ein kleines Plätzchen im Himmel. Solche Christen gleichen Pflanzen, die eine Saftstockung erlitten haben und dann im Wachstum zurückgeblieben sind; solche bringen entweder gar keine oder wenige und geringe und verkrüppelte Früchte.

Wenn die Heilige Schrift solche Personen als blind bezeichnet, so nennt sie damit die Ursache der Unfruchtbarkeit. Ein Blinder kann kein Licht aufnehmen. Es ist aber bekannt, daß Pflanzen ohne Licht nicht gedeihen. Blindheit ist Unempfänglichkeit für das göttliche Licht, ein geschlossenes Herzensauge für die Wahrheit, wobei der Grund des Geschlossenseins im menschlichen Willen liegt. Kurzsichtigkeit ist eine Einengung und Begrenzung im Blickfeld, in der Blickweite und in der Blickschärfe, die vom Eigenwillen und vom Beherrschtsein durch seine Begierden hervorgerufen wird. In solchen Zuständen wird dann nicht mehr das neue Leben, sondern das Eigenleben gelebt. Deshalb kann es leicht so weit kommen, daß man die Reinigung seiner vorigen Sünden vergißt. Es handelt sich nicht dabei um das Errettetsein (denn Petrus schreibt ja an Gläubige, V. 1), sondern um das Bewußtsein der Errettung, um den Verlust der Stellung als Christ, um die Reinheit im Gegensatz zu den Wegen der Welt und des Fleisches. Denn „vergessen“ ist nicht „verlieren“, sondern „ein sich dessen nicht mehr bewußt sein“. Das Herz ist in einen Zustand zurückgesunken, wie er zu der Zeit war, als es noch nicht von Sünden gereinigt war. Wenn der Mensch aus solch einem Zustand aufwacht, so hat er das Gefühl, als müßte er sich nochmals bekehren.

V. 10: „Darum, Brüder, befleißiget euch um so mehr, eure Berufung und Erwählung festzumachen; denn wenn ihr diese Dinge tut, so werdet ihr niemals straucheln.“

„Darum“, weil die Folgen der Unentschiedenheit und Trägheit so schwer sind. Welches sind die Folgen? Unfruchtbarkeit, Verfinsterung, Rückfall, und jetzt kommt noch das Straucheln dazu. Straucheln ist noch kein Sturz, aber es ist der Anfang dazu. Die Veranlassung ist irgendein Stein des Anstoßes, der in unserem Wege liegt. Wer strauchelt, hat ihn nicht beachtet. Straucheln ist demnach nicht naturnotwendig; die Unachtsamkeit, Gleichgültigkeit, Leichtfertigkeit ist sein Verschulden. Ein Kurzsichtiger und Blinder stolpert und stößt leicht an. Gottes Wort bezeugt, daß uns zu einem gottseligen Leben alles geschenkt ist, also auch geistliche Augen zum Sehen der Anstöße. Wenn ich nun trotz des scheinenden Lichtes der göttlichen Wahrheit und trotz der mir geschenkten Erkenntnis die Anstöße nicht beachte und strauchele, so liegt die Schuld an mir, an meinem Nichtsehenwollen. Durch Wachen und Beten, Energie und Fleiß kann ich der Gefahr entgehen. Gnade und Kraft liegen uns bereit. „Darum“ die Ermahnung: „Befleißiget euch um so mehr! Von Gottes Seite steht unsere Berufung und Erwählung unerschütterlich fest.“ (Röm. 11,29) „Die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar.“

Wie können nun wir sie auch festmachen? Antwort: Nicht durch Wissen dieser Dinge, sondern durch Tun. „Wenn ihr diese Dinge tut“, d. h. sie im praktischen Leben als Berufene und Erwählte darstellet. Es geschieht, wenn wir das Bewußtsein unseres Errettet- und Erwähltseins stets fest und frisch erhalten und uns nach mehr Erkenntnis, nach mehr Gnade ausstrecken. Stillstand ist Rückschritt. Die Jünger haben das verstanden, als sie baten: „HErr, vermehre uns den Glauben!“ Einen Fingerzeig gibt uns auch Jakobus in Kapitel 3,1-3, wo er sagt, wie Selbstbeherrschung in bezug auf unsere Zunge uns vor dem Straucheln zu bewahren vermag.

(Schluß folgt, s. G. w.!)

B.

Ein freundlich Wort.

Wie gut ist doch ein freundlich Wort,

Es scheucht der Seele Dunkel fort,

Gibt Mut verzagten Herzen.

In dieser Zeit der großen Not

Bereiten Sorgen, Krankheit, Tod

Den Menschen oft viel Schmerzen.

Das Leid sieht man nicht jedermann

An seinem Angesichte an;

Gar mancher trägt's verborgen.

Bemüh' dich deshalb allezeit,

Zu üben Lieb' und Freundlichkeit;

Sie mildern Leid und Sorgen.

Dein freundlich wie dein hartes Wort

Nimmt stets der Hörer mit sich fort;

Es wirket seine Früchte.

Oft sehn wir hier die Wirkung schon,

Doch sicher einst vor Gottes Thron

In Seinem ew'gen Lichte.

(D.)

Frage und Antwort

Frage 15

Woher wußte schon ein Noah von dem Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren? (1. Mos. 7,2)

Antwort A

Noah lebte, nach der Schrift, um 2300 vor Christo, Mose um 1500, also lebte Noah ungefähr 800 Jahre früher. Im mosaischen Gesetz ist der Unterschied zwischen reinen (d. h. zum Genuß und zu Opfern tauglichen) und unreinen Tieren klar geoffenbart und genau beschrieben (bes. 3. Mos. 11). Wie konnte aber schon Noah Jahrhunderte vorher diesen Unterschied kennen und demgemäß handeln? Daß aber diese Kenntnis bei ihm vorausgesetzt wird, geht deutlich aus dem Befehl des HErrn an ihn hervor: „Von allem reinen Vieh sollst du sieben und sieben zu dir nehmen, ein Männchen und sein Weibchen; und von dem Vieh, das nicht rein ist, zwei, ein Männchen und sein Weibchen.“ (1. Mose 7,2)

Wir antworten auf diese Frage folgendermaßen:

Der Unterschied zwischen „rein“ und „unrein“ an sich ist so alt, wie die Sünde alt ist. Er geht also über den Anfang des mosaischen Gesetzes, ja über die Zeit Noahs und sogar Adams hinaus und hat seine Urwurzel in dem vorgeschichtlichen Sündenfall Satans und seiner Engel. In der Menschheitsgeschichte war er zunächst als theoretische Möglichkeit in der

anerschaffenen Willensfreiheit und dem im Paradiese von Gott den Stammeltern verordneten Gebot gegeben und dann als verhängnisvolle Wirklichkeit seit ihrem Fall vorhanden.

Mit dem Fall des Herrn der irdischen Schöpfung war aber auch diese selbst gefallen, und so entstand ein Parallelismus (zueinander in Beziehung stehendes Nebeneinander oder Gleichlaufen) zwischen Geist und Natur, der nicht wie ursprünglich nur im Sinne idealer, schöpfungsmäßiger Symbolik dastand, sondern auch im Sinne ethischer bzw. unethischer Abbildlichkeit. Auf diesem Parallelismus beruht auch die Unterscheidung „reiner“ und „unreiner“ Tiere. Dies ist der entscheidende Ausgangspunkt zur Beantwortung unserer Frage.

Das mosaische Gesetz hat also diesen Unterschied nicht erst zu schaffen gehabt. Er ist vielmehr von den Menschen schon von jeher empfunden worden, und so hat man schon von den ältesten Zeiten des Menschengeschlechts her in allen Völkern von „reinen“ und „unreinen“ Tieren gesprochen. Dabei haben die verschiedensten Gründe mitgewirkt:

1. der Unterschied zwischen zahmen und wilden Tieren,

2. der damit sehr verwandte Unterschied zwischen schädlichen und unschädlichen Tieren, weiterhin

3. die Überzeugung, daß das Fleisch gewisser Tiere ungesund sei, vor allem auch

4. der natürliche Abscheu schon vor der Berührung und noch vielmehr dem Genuß mancher Tiere; dann auch

5. das natürliche Gefühl und die in jedem Volk und Menschen sostarke, unbewußte Neigung zur Symbolik, indem der in der Urzeit in mancher Hinsicht noch nicht sodurch eine ungöttliche und unnatürliche Kultur getrübte menschliche Geist in manchen Tieren Abbilder der Sünde und des Verderbens erblickte, die ihn mit Widerwillen und Abscheu erfüllten. Außerdem mußte auch

6. die enge Verknüpfung des Sündenfalls mit einem Gliede des Tierreichs (der Schlange) dazu mitwirken.

Bei den dem Götzendienst verfallenen Völkern spielten offenbar auch noch

7. magisch - mystische, astrologische und animistische Vorstellungen eine bedeutende Hauptrolle. Man glaubte, daß sich in den Tieren die verschiedenen guten oder bösen Gottheiten offenbarten. Die „unreinen“ Tiere sind dann die natürlichen Hüllen schädlicher Geister. So ist Ariman, der persische Gott des Bösen, abwechselnd Schlange, Kröte, Fliege usw. Die bösen Geister gehen ihres mordlustigen Charakters wegen in fleischfressende Tiere über oder in Tiere, die ihrer Geilheit wegen berüchtigt sind. In dem ägyptischen Tierkult erhalten Schweine und Krokodile göttliche Verehrung, weil sich in ihnen der gefürchtete böse Geist Typhon offenbare. Dazu kommen oft astronomische und sonstige Beziehungen, die geradezu, besonders im alten Ägypten, zu einer organisierten Verehrung „heiliger“ Tiere geführt haben. So ist es zum Beispiel weniger die Brauchbarkeit beim Feldbau, die den Stier heiligt, nicht die Nahrung spendende Milch, die die Kuh heiligt, sondern ihre Hörner, die an die Lichtstrahlen, insonderheit die Mondsichel, erinnern und sie so in Beziehung zur Mondverehrung bringen. Adler, Geier, Falke oder Sperber werden wegen ihres scharfen Blickes und ihres hohen Fluges sogar zum Sonnensymbol. Diese und ähnliche Ideen finden sich in Ägypten, Indien, Vorderasien und vielen Ländern der alten Welt.

Er. Sr.

So ist die Unterscheidung von „unreinen“ und „reinen“ Tieren nicht etwas nur Israelitisches oder Mosaisches, sondern etwas in dem Denken und der Sitte der Völker schon längst Vorhandenes und in ihrer religiösen Symbolik schon längst Empfundenes. An den in diesen Vorstellungen enthaltenen Wahrheitskern knüpft dann später, befreit von allem menschlichen Irrtum, die göttliche Gesetzgebung durch Moses an. So war es ja auch sonst mit vielen entscheidenden Hauptpunkten der mosaischen Einrichtungen. Sündenbewußtsein, Opfer, Altäre, heilige Handlungen gab es schon längst überall in der Völkerwelt, und zwar Jahrhunderte vor Mose. Das beweisen allein zur Genüge die Ausgrabungen in Vorderasien und Ägypten sowie die Kultur- und Religionsgeschichte der alten Inder, Chinesen und Perser. Das entscheidend Neue

großem Teil naturgemäßen Empfindens - von menschlichen Irrtümern befreit - zu einem göttlich autoritativen, genau abgegrenzten, planvollen System einer prophetisch-pädagogischen Erziehungsinstitution mitverwendet und dort eingebaut wurden, einer Erziehungsinstitution, deren leitendes Grundprinzip die Offenbarung der Heiligkeit Jehovas war. Sündenbewußtsein gab es schon vor Mose; aber es hatte noch nie eine planmäßige, objektive, göttliche Erziehungseinrichtung gegeben, um es zu stärken und zuverlässig zu entwickeln. Allein durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. (Röm. 3,20) Auch Opfer gab es schon vor Mose; man denke an Abel, Noah oder Abraham! Aber erst seit Mose gab es eine göttliche Opferinstitution, die nach genauen, göttlichen Regeln auf das eine Opfer hinführte, das am Stamme des Kreuzes, dem Altar von Golgatha, für die Sünden der Menschheit sterben sollte. Und so gab es auch den Unterschied von reinen und unreinen Tieren schon vorher; nur waren die Grenzen gar oft allzusehr verschwommen und unklar, oft widerspruchsvoll unter den Völkern. Dasselbe Tier, das dem einen Volk heilig und rein war, war anderen Völkern oft ein Greuel. Bei den Ägyptern war das sogar zuweilen innerhalb des eignen Volkes der Fall, indem die verschiedenen Gaue derselben Nation sehr verschieden darüber dachten, welches Tier heilig und rein sei und welches nicht. Aus all diesen Gründen muß auch dem Noah, der ja vor dem mosaischen Gesetz lebte, als die richtigen göttlichen Grenzen zwischen „rein“ und „unrein“ noch nicht geoffenbart worden waren, zwar nicht der Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren an sich, wohl aber die speziellere Begrenzung dieses Unterschiedes infolge besonderer Erleuchtung, wahrscheinlich sogar persönlicher Offenbarung von Gott her klargemacht worden sein.

Was war dann aber das diesbezüglich Neue seit der mosaischen Gesetzgebung? - Es wäre nicht genug gesagt, wenn wir das Neue, das in dieser Hinsicht von da an eintrat, nur in einer reinigenden Übernahme und Mitverwendung dieser alten Vorstellungselemente sähen. Das mosaische Gesetz geht ja in diesem Punkt gar nicht einmal auf physische, psychische, medizinische oder andere allgemein natürliche Gründe ein. Vielmehr erfährt diese ganze Unterscheidung seit der Gottesoffenbarung am Sinai eine durchgreifende mehrfache Vertiefung:

1. Eine göttlich-autoritative Abgrenzung, Richtigstellung und Festsetzung, welche Tiere im einzelnen für „rein“ und für „unrein“ zu halten seien, wobei auch alle heidnischen Beziehungen auf Naturverehrung ausgeschaltet und alles ganz allein auf den Grundgedanken der mosaischen Gottesoffenbarung, nämlich die Heiligkeit Jehovas, eingestellt wurde. Vgl. 3. Mose 11 (und siehe oben!).

2. Eine planvoll-systematische, durch Jahrhunderte laufende, symbolische Erziehungsinstitution zu vertieftem Verständnis des wesenhaften Unterschiedes zwischen „rein“ und „unrein“ an sich. In diesem Sinne werden die unreinen Tiere in der mosaischen Heiligkeitsoffenbarung zu Buß spiegeln für die Sünder, deren Sünden sich mannigfaltig in den betreffenden Tieren ausprägen, so daß uns die Unreinheit überall aus ihnen entgegentritt, die in uns selbst ist, und jeder in den verbotenen Tieren nun seine eigenen verderbten Eigenschaften erkennen kann. Auf diese Weise erinnern uns die unreinen Tiere an unsere eigene unreine Lust und sollen in uns das Verlangen nach Erlösung stärken. So ist das Schwein ein Bild des Schmutzes (2. Petr. 2,22), der Fuchs ein Bild hinterlistiger Schlauheit (Luk. 13,32), der Hund ein Hinweis auf Unreinigkeit (Spr. 26,11), der Esel ein Bild von Eigensinn und Dummheit (Hiob 11,12), die Schlange von Falschheit (Matth. 10,16) oder der Wolf von Wildheit (Joh. 10,12). Man vgl. auch das bekannte „Herzbüchlein“ von Johannes Goßner.

Die dritte Bedeutung dieses Unterschiedes unter den Tieren besteht darin, daß er 3. ein tragisch-symbolischer Hinweis darauf ist, daß durch den Sündenfall der größte Teil der Erdgeschöpfe mit verderbt ist und sich nach der Offenbarung der Söhne Gottes sehnt (vgl. Röm. 6,18-22). Daran konnte der sinnende Israelit immer wieder bei der begrenzten Auswahl seiner Fleischnahrung deutlich erinnert werden.

Zuletzt aber darf auch die allgemein heilsgeschichtliche Bedeutung dieses Unterschiedes nicht übersehen werden. Er ist

4. eine heilsgeschichtliche Darstellung der Sonderstellung Israels in der allgemeinen Völkerwelt im Zusammenhang mit der alttestamentlichen Zweiteilung der Menschheit in Israel und die

Nationen (vgl. Eph. 2,11ff.). Wir lesen in 3. Mose 20,23-26: „Ihr sollt nicht wandeln in den Satzungen der Nationen, die Ich vor euch vertreibe ... Ich habe zu euch gesagt: Ihr sollt ihr Land besitzen, und Ich werde es euch zum Besitz geben, ... Ich bin Jehova, euer Gott, der Ich euch von den Völkern abgesondert habe. Und ihr sollt unterscheiden zwischen dem reinen Vieh und dem unreinen, zwischen dem unreinen Gevögel und dem reinen, und sollt euch selbst nicht zu einem Greuel machen durch das Vieh und durch das Gevögel und durch alles, was sich auf dem Erdboden regt, welches Ich euch als unrein abgesondert habe. Und ihr sollt Mir heilig sein, denn Ich bin heilig, Ich, Jehova; und Ich habe euch von den Völkern abgesondert, um Mein zu sein.“ Beachten wir die Nebeneinanderstellung der Unterscheidung von reinen und unreinen Tieren einerseits, Israel und den Nationen andererseits, zwischen der „Absonderung“ in der Tierwelt und der „Absonderung“ in der Völkerwelt. Schon allein dieser Parallelismus legt den Gedanken nahe, daß die Unterscheidung zwischen reinen und unreinen Tieren nicht nur eine allgemein ethische Bedeutung habe, sondern auch eine heilsgeschichtliche, israelitisch-völkische; nicht als ob Israel in sich das eine „ reine“ Volk sei und die anderen Völker etwa die von vornherein moralisch gesunkeneren! Nein, gerade das Alte Testament sagt, daß Gott Sein irdisches Bundesvolk nicht erwählt habe, weil es besser oder stärker sei als die anderen Nationen. Man lese 5. Mose 7,7.8! Wohl aber handelt es sich um die heilsgeschichtliche Absonderung, Reinigung und Erziehung Israels im Alten Bunde. Inmitten einer unreinen, heidnischen Völkerwelt sollte Israel als ein reines, Jehova hingegebenes Volk dastehen, gleichwie es auch im Neuen Testament von den Jüngern Jesu heißt: „Siehe, Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.“ Israel hat diese hohe Berufung nicht erfüllt. Die Beiseitesetzung des Volkes durch den HErrn war die Folge. Aber die Aufgabe an sich war zunächst von Gott gegeben und auch durch diese Symbole ausgedrückt. Im Tausendjährigen Reich wird Gott mit Seinem alttestamentlichen Bundesvolke Seine Ziele erreichen. Dann werden auch die anderen Völker „reine“ Völker sein und Ihn, den HErrn, mit reinen Lippen loben und anbeten. (Zeph. 3,9) Aber auch schon jetzt ist in der Beiseitesetzung Israels und der direkten Öffnung des Reiches Gottes für die glaubenden Glieder der Völkerwelt in der gegenwärtigen Haushaltung dieser heilsgeschichtliche Unterschied zwischen „rein“ und „unrein“ aufgehoben. Nachdem Christus an das Kreuz erhöht ist und die „Zwischenwand der Umzäunung“ hinweggetan hat, will

Er sie alle (ohne Unterschied, ob geborene Juden oder geborene Heiden) zu Sich ziehen (Joh. 12,32, vgl. Eph. 2,11ff.).

So hat denn der Unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren seit der mosaischen Gesetzgebung eine ganz besondere Beziehung auf das Reich Gottes bekommen. „Derselbe Unterschied, den Gott in heilsgeschichtlicher Hinsicht damit aufrichtet, daß Er ein Volk Sich erwählt und in ein besonderes Verhältnis zu Sich gestellt hat, während alle übrigen Völker der Erde ihren eigenen Wegen und der Entwicklung des sündigen Naturgrundes, der im Menschen liegt, überlassen sind, der sollte auf dem Gebiet der Natur durch die Unterscheidung von reinen und un-reinen Tieren zur Erscheinung kommen. Denn die Natur ist ja überhaupt dazu bestimmt, ein Sinn- oder Abbild dessen zu sein, was im Bereich des geistigen Lebens oder genauer des Reiches Gottes vor sich geht. Daß wir aber wirklich in den reinen Tieren eine Repräsentation Israels oder eine Versicherung seiner Berufung im Gegensatz zu den noch unreinen Völkern zu erblicken haben, das wird deutlich durch das Gesicht des Apostels Petrus in Joppe bestätigt, der eben daran, daß ihm reine und unreine Tiere ohne Unterschied zum Schlachten und Essen vorgeführt werden, erkennen soll, daß die von dem Alten Testament aufgerichtete Scheidewand zwischen Heiden und Juden nunmehr hinweggenommen sei.“ Durch diese Reinerklärung aller bis dahin unreinen Tiere wurden auch alle Heidenvölker als mit Israel vor Gott gleichstehend erklärt, weil Christus auch für sie Sein Blut vergossen hat.

Diese Beziehungen gehören zwar erst der Zeit Jahrhunderte nach Noah an. Dennoch sind sie die Fortsetzung und Weiterbildung jener alten, schon in seinen Tagen und den Tagen der anderen Urväter vorhandenen Gedanken und gehören daher auch mit Recht in eine solche Betrachtung, wenn auch nur in weiterem Sinne, hinein.

Ein kurzes Schlußwort muß aber noch gesagt werden. Warum hat Noah von den reinen Tieren nicht nur drei Paare, sondern noch ein siebentes Tier mit in die Arche nehmen sollen? Der Hinweis auf die sinnbildliche Bedeutung der heiligen Bundeszahl Sieben, der unbedingt hierher gehört, ist zwar richtig, reicht aber nicht aus. Die Antwort liegt vor allem offenbar in der Tatsache, daß Noah nach der Flut dem HErrn ein Opfer darbrachte. (1. Mose 8,20) Für dieses

Opfer brauchte er ein reines Tier von je den verschiedenen Arten. Und hierin liegt eine tiefe Wahrheit: Gott kann zu Seinen Opfern nur Reines gebrauchen! So war es bei dem einen, größten Opfer, dem Sohne Gottes, der als der Reine für uns, die Unreinen, Sein heiliges Leben und Blut dahingab. So ist es aber auch in unserem Heiligungsleben! Heiligung und Reinigung sind die Voraussetzung dafür, daß Gott unsere Opfer und den Dienst unseres Lebens annehmen kann! Unversöhnlichkeit, Sündengebundenheit, Weltsinn, Festhalten gewisser Dinge unserer Vergangenheit sind ein Hindernis, daß der HErr unser Leben und Dienen als heiligen Opferdienst annehmen kann! Darum: „Reinigt euch, die ihr die Geräte des HErrn tragt!“ „Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welches euer vernünftiger Gottesdienst ist.“ (Röm. 12,1)

Er. Sr.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Zu dieser ausführlichen, schönen und sehr bemerkenswerten Antwort noch etwas sachlich Wesentliches anzufügen ist mir nicht gegeben, es ist auch kaum nötig. Aber etwas zu unterstreichen halte ich für gut.

Als ich den Aufsatz das erstemal durcharbeitete, dachte ich, je weiter ich kam, daß es gut sein würde, die Weise des HErrn, wie Er den Petrus von seinen an sich biblischen Vorurteilen gegen die ehemals als „unrein“ geltenden Tiere befreit, zu betrachten. (Apgesch. 10) Aber dann durfte ich diesen Hinweis in der Antwort unseres w. Mitarbeiters selber schon bemerken. Darum hier nur die „Unterstreichung“! Jedoch einen anderen Hinweis darf ich mir erlauben, das ist der auf 1. Kor. 8. Wieviel Mühe hat Gott doch, Menschen von ihren - jüdischen oder auch heidnischen! - zeremoniellen Hemmungen zu befreien! Gewiß waren solche Unterscheidungen einst gut und gottgewollt gewesen, „reine“ und „unreine“ Tiere mußten unterschieden werden, das gehörte mit zum Gehorsam gegen uralte göttliche Ordnungen, aber in Christo Jesu gibt es weder „Grieche noch Jude, Beschneidung noch Vorhaut“ usw. (Kol. 3,11) und ebensowenig einen

Gegensatz zwischen reinen und unreinen Speisen von Tieren! Wie ernst, wenn Gläubige heute noch Speiseverbote aufrichten zu können sich anmaßen! Kürzlich hörte ich von einem Manne, einem sich als „gläubig“ ausgebenden Arzte, der eine Reihe von Sonderlehren schriftwidriger Art vertritt, er habe behauptet, Eva habe ihrem Manne im Paradiese nicht eine „Frucht“ gereicht, sondern sie habe ein Schwein geschlachtet und ihm ein Stück Schweinefleisch präsentiert(!!). Das sei die Verführung zur Sünde gewesen! Diese mehr als nur schriftwidrige, völlig absurde, geradezu von einer gewissen Unnormalität zeugende „Anschauung“ entspricht ganz den Vorstellungen der indischen und sonstigen orientalischen Religionslehren, die mit der Bibel nichts zu tun haben, ja, ihr meist brüsk widersprechen - und die im Grunde genommen als schwere Irrlehren, zumal, nachdem wir das Neue Testament haben, auf Selbsterlösung des Menschen hinauslaufen, und zwar ohne Blutvergießen! „Kräftige Irrtümer!“

Wie gut, daß wir in Christo frei gemacht sind von allen gesetzlichen Maßnahmen, die der Absonderung des Volkes Gottes dienen sollten! (3. Mose 11; vgl. Antw. A!) Darum sind wir ja von Speiseverboten befreit, wenn eine gewisse zeitliche Einschränkung auch aus bestimmtem Grunde in Apgesch. 15 enthalten ist (vgl. das „Denn“ in V. 21! und siehe zu dieser Sache Jahrb. 1, Frage 36). Der Apostel Paulus hat sowohl persönlich die geistliche Freiheit am besten begriffen und geübt als auch durch Inspiration des Geistes am klarsten gegen solche Speiseverbote gesprochen und gelehrt. Wie deutlich lehrt er solches in dem obenerwähnten Kap.: 1. Kor. 8 im 8. Vers: „Speise empfiehlt uns vor Gott nicht; weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer noch, wenn wir essen, vorzüglicher.“ Das ist doch sehr klar! Aber gerade weil er so frei ist, d. h. weil Gott den Unterschied zwischen „rein“ und „unrein“ aufgehoben hat, besser: als in Christo erfüllt ansieht, deswegen kann der Apostel den ungleich höheren Standpunkt predigen, der uns Gläubige auszeichnen soll: den, aus Liebe zu den Schwachen (vgl. Röm. 14-15,7!) auf „unsere Rechte“ zu verzichten. Hierüber ließe sich viel sagen, doch will ich das Gebiet, als nur mittelbar zu unserer Frage gehörend, hier nicht mehr weiter besprechen. Es lag mir nur daran, die so ausführliche Antwort Durch dieses Eingehen auf praktische Anwendung der vertretenen Lehre zu unterstreichen. Möge dies ein wenig gelungen sein!

Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht; stehet nun fest und lasset euch nicht wiederum unter einem Joche der Knechtschaft halten!“ ... „Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden ..., dienet einander durch die Liebe!“ (Gal. 5,1.13!) Der Herr gebe uns Gnade dazu, mehr und mehr, zur Ehre Seines herrlichen Namens!

F. K.

Ein kleiner, aber wichtiger Vergleich.

(Luk. 2,15; 24,14.17)

Welchen Leuten gleichen wir, Geliebte im HErrn - den Hirten von Bethlehem oder den Emmausjüngern?

Oft ist uns in den Evangelien, auch in Lukas, gezeigt, wie gewisse Menschen „sich untereinander besprechen“ oder etwas (Wichtiges?) „zueinander“ zu sagen haben (man vgl. z. B. Luk. 4,36 und 20,14!) Solcherlei Stellen zu betrachten gibt uns manche Belehrung über die Gesinnungen der Menschen. Aber in den beiden Titelstellen ist ein sehr ernster Vergleich enthalten, und weil wieder die Zeit herangerückt ist, da insbesondere solche Texte, die von der wunderbaren Menschwerdung unseres geliebten Herrn Jesus berichten, ihre bedeutsame Sprache zu uns reden, da wollen wir einmal den obigen Vergleich ein wenig auf uns wirken lassen, zeigt er uns doch solche Gegensätze, daß wir vielleicht Ursache haben, uns vor den Hirten zu schämen, nämlich wenn wir allzuviel Ähnlichkeit mit den Jüngern von Emmaus haben sollten statt mit jenen Hirten!

Der Punkt, auf den es ankommt in beiden Stellen, ist der: Wie sah es in den Herzen der jeweils Beteiligten aus, als ihnen eine himmlische Botschaft zuteil ward? Kurz gesagt: War in den Herzen Glauben vorhanden? Die Schrift sagt: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen.“ (Hebr. 11,6)

Glauben! „Habe Ich dir nicht gesagt, so du glauben würdest, würdest du die Herrlichkeit Gottes sehen?“ (Joh. 11,40) Dieses Wort des Herrn Jesus ist ein göttlicher Grundsatz, der sich wieder und wieder bestätigt findet. Welch lieblichen Glauben bewiesen die Hirten, nachdem ihnen auf Bethlehems nächtlichen Fluren jene Botschaft geworden war, die bis zum heutigen Tage ungezählte Herzen höher schlagen ließ und die noch heute als sogenannte „Weihnachtskunde“ stets aufs neue Herzen und Häuser in der Christenheit beglückt und erquickt! Ja, der Glaube der Hirten war wirklich lieblich-schlicht und dabei so eifrig, tatkräftig und zielbewußt: „Es geschah, als die Engel von ihnen weg in den Himmel fuhren, daß die Hirten zueinander sagten: Laßt uns nun hingehen nach Bethlehem und diese Sache sehen, die geschehen ist, welche der HErr uns kundgetan hat!“ Kein Wunder, daß sie es nun so fanden, als sie „eilends“ kamen, so, wie es ihnen gesagt worden war (V. 15.16.20) - denn der HErr steht immer zu Seinem Wort, und sie hatten ja das Wort der Engel als Sein Wort genommen! Das ist Glaube, das ist Herzensvertrauen! Und nicht etwa war ihnen befohlen, „eilends“ hinzugehen und zu sehen, sondern ihr sehnendes Herz hieß sie diesen Weg gehen, auf dem sie für Zeit und Ewigkeit befriedigt wurden durch das Sehen des Verheißenen. Sie bekamen da Leben, ewiges Leben nach Joh. 17,3! Welch köstliches Vorbild geben uns diese „treuen Männer“ nach 2. Tim. 2,2 (und vgl. Jahrb. 17, Seite 266!), und wie bekannte Sich der HErr zu ihrem Glauben, indem Er sie für alle Zeiten in diese so überaus bewegende Geburtsgeschichte unseres HErrn eingereiht hat als Träger der als Wahrheit geglaubten göttlichen Botschaft (V. 17), deren Erfüllung sie vielleicht nicht mehr hienieden erlebt haben. Dank sei Gott, der ihre Geschichte in die Seines Sohnes eingefügt hat! Und so macht Er es ja auch mit uns geistlicherweise. - Aber - glauben wir so wie die Hirten? Glauben wir, „gleichwie die Schrift gesagt hat“? (Joh. 7,38) Vertrauen wir so Seinem Wort, auch wenn dessen Vollerfüllung noch auf sich warten läßt, z. B. die vom Kommen des HErrn? Ist unser Glaube wie der ihre tätig, tatkräftig, ja, in Liebe wirksam? (Gal. 5,6) Ach, möchten wir den Hirten gleichen in unserem Glaubensleben!

Leider nämlich, nur gar zu leicht, kann solch „träges Herz, zu glauben an alles, was die Propheten geredet haben“ (Luk. 24,25; vgl. auch Hebr. 4,2!), wie der HErr sie, die Jünger auf dem Wege nach Emmaus, tadelt, bei uns gefunden werden! Und wie war es denn bei ihnen? O,

sie gehörten zu den Jüngern des HErrn, sie hatten Ihn auch lieb, sie waren als die Seinen auch der erhabenen Botschaft von des HErrn Auferstehung gewürdigt worden - das zeigen ihre Worte V. 22-24 (welch vollständiges Zeugnis: auch hier durch Engel, und zwar an Menschen „von uns“!) - ,aber sie hatten eben nicht geglaubt! Und darum sind ihre Worte untereinander, ihre „Unterhaltungen miteinander“ (V. 14.15), auch keineswegs ermutigend und belebend. Nichts von der hoffnungsfreudigen Unterredung der Hirten! Diese feuerten sich gegenseitig an (vgl. 1. Thess. 5,11!), jene entmutigten sich gegenseitig! O wie leicht kann man sich untereinander schaden durch „zweifelnde Überlegungen“! (Phil. 2,14!) Wie „niedergeschlagen“ (V. 17) macht der Unglaube, wenn das Herz sich auch sehnen mag nach dem Anblick der Gnade Gottes und die Hoffnung auf Erlösung hat! (V. 21) Andererseits: wie aufrichtend können ein paar zur rechten Zeit gewählte Worte sein, wahrlich „goldene Äpfel in silbernen Prunkgeräten!“ (Spr. 25,11; siehe u. a. auch 16,24!) Doch ist ja nicht not, noch länger hierbei zu verweilen; köstlicher ist es, zu sehen, wie der treue HErr „Selbst“ (V. 15) Seine zweifelnden, mutlosen Jünger zurechtbringt und in ihnen die Ahnung Seiner glorreichen Auferstehung weckt, indem Er ihnen die Schriften öffnet und ihr Herz brennend macht, bis plötzlich ihre Augen aufgetan werden und sie Ihn erkennen! (V. 25 bis 32) Aber für alle Zeiten steht doch auch des HErrn tadelndes Wort gegen ihren Unglauben in der Schrift (V. 25, siehe oben), und daran müssen wir uns prüfen, wie es um uns steht, z. B. in den Dingen des täglichen Lebens und im Blick auf Seine Verheißungen. Genug davon!

Zurückblickend auf die „redlichen Hirten“, indem wir uns unter den ausgeführten Vergleich beugen, laßt uns Gnade haben, denen mehr und mehr ähnlich zu werden, die uns lehren, wie allein wir der Botschaft von Ihm begegnen dürfen: mit kindlich gläubigen Herzen, die da untereinander sprechen und sich ermuntern: „Laßt uns gehen und sehen!“ Solchem Glauben antwortet der HErr heute noch, indem Er geöffnete Augen für das jetzt noch Unsichtbare schenkt (vgl. 2. Kor. 4,18 und 5,7!), Freude und Seligkeit hinzufügt und „aus der Fülle des Herzens“ dankbar preisende Lippen schafft. Mögen wir das reichlicher erfahren!

„Ihm aber sei die Herrlichkeit, sowohl jetzt als auch auf den Tag der Ewigkeit! Amen.“ (2. Petr. 3,18b)

Die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem.

(Hebr. 12,22)

Unsere letzte Betrachtung über „Sinai“ und „Zion“ schlossen wir mit der Ehebrecherin in Joh. 8, die, bildlich gesprochen, den Weg vom Berge Sinai zum Berge Zion fand. Denselben Weg hatten auch die gläubigen Hebräer gefunden. Der Apostel schrieb ihnen: „Ihr seid gekommen zum Berge Zion.“ Aber dies war nicht alles. Mit dem Gekommensein zum Berge Zion hatte sich ihnen auch zugleich ein weiter Kreis von Segnungen aufgetan. Diese führt der Apostel ihnen vor Augen, indem er sagt, sie seien gekommen „zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem und zu Myriaden von Engeln usw.“ Wie mußten diese Worte ihre Herzen als gläubige Juden berühren, in deren Geschichte Jerusalem und die Engel eine so große Bedeutung hatten!

Aber nicht zum irdischen Jerusalem, der Stadt des großen Königs, sondern zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, waren sie gekommen. So wie Sinai im Gegensatz zum Berge Zion stand, so steht auch das himmlische Jerusalem im Gegensatz zum irdischen. Sie sollten lernen, daß sie nicht nur vom Gesetz zur Gnade, sondern auch von der Erde zum Himmel gekommen seien.

In der Schrift finden wir verschiedene Stellen, die unsere Gedanken zur Stadt Gottes lenken. Schon Abraham schaute nach dieser Stadt aus, die Grundlagen hat. Welche Offenbarung Gott Abraham von dieser Stadt gemacht hat, wissen wir nicht; aber wir wissen, daß er die Stadt erwartete, die ewige Grundlagen hat, „deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“. (Hebr. 11,10) In den Städten, die der Mensch in Unabhängigkeit von Gott baute und in denen Gott nicht wohnen konnte, wollte Abraham nicht wohnen noch Bürger sein. Deshalb wohnte er in Zelten und blieb Fremdling und Pilgrim in dieser Welt; und nicht nur er, sondern alle, die nach dieser

Hebräer und ebenso auch wir heute erfahren. Von dem Jerusalem droben schreibt Paulus den Galatern, daß sie unsere Mutter ist. (Gal. 4,26) Symbolisch ist sie die Mutter aller derer, die des Glaubens an Christum Jesum sind. Jerusalem ist die Heimat der Kinder Gottes, die Stadt, die Gott ihnen bereitet hat und in deren Mitte Er wohnt.

Diese Stadt stand vor dem Herzen des Apostels, als er den Philippern schreibt: „Unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten.“ (Phil. 3,20) Auch wir sind von dem Bürgertum auf Erden zum Bürgertum im Himmel gelangt.

Durch Glauben sind wir zu dieser Stadt gekommen, aber was wir im Glauben ergriffen haben, haben wir noch nicht tatsächlich in Besitz genommen. Wir besitzen es in Hoffnung. Der Apostel konnte somit den Hebräern schreiben: Wir suchen die zukünftige Stadt.“ (Hebr. 13,14) Wie schon gesagt, spricht die Schrift von Jerusalem in verschiedener Weise. Sie spricht in unserer Stelle vom „himmlischen Jerusalem“, im Galaterbrief vom „Jerusalem droben“, in der Offenbarung vom „neuen Jerusalem“ und von der „heiligen Stadt Jerusalem“. Obwohl alle diese verschiedenen Bezeichnungen ihre besondere Bedeutung haben, je nach dem Zusammenhang, in dem sie gefunden werden, so stehen sie doch (als alle in Verbindung mit der Stadt Gottes) in naher Beziehung zueinander.

Johannes wurde es gegeben, die heilige Stadt Jerusalem zu sehen. Sie kam aus dem Himmel hernieder von Gott, bereitet wie eine für ihren Mann geschmückte Braut. (Offenb. 21,2) Danach lesen wir Vers 9, daß ein Engel kam, ihm die Braut, das Weib des Lammes, zu zeigen. Das erste aber war, daß der Engel ihn im Geiste hinweg auf einen großen und hohen Berg führte, und von dort sah er dann die heilige Stadt Jerusalem herniederkommend in dem Schmuck der Herrlichkeit Gottes - der Herrlichkeit, der wir uns jetzt schon in Hoffnung rühmen (Röm. 5,2), die wir dann aber tragen werden. Auch wir müssen, um sie zu sehen, im Geiste sein und das, was hier unten ist, verlassen und zur Höhe hinaufsteigen. Welche Ermunterung mußte es für die Hebräer sein, die durch so viele Trübsale hindurchgingen, zu hören, daß sie zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, gekommen seien! Und ist es nicht auch uns

zur Ermunterung geschrieben? Gehören nicht auch wir der Brautgemeinde an, die jetzt mit dem Geiste vereint ruft: „Komm, Herr Jesus!“?

Wir möchten uns wundern, daß dieses wunderbare Gesicht Johannes in dem Doppelsinne als Braut und Stadt zugleich gezeigt wird, da doch Braut und Stadt etwas ganz Verschiedenes ist. Ähnliches finden wir auch in Joh. 10, wo der HErr uns als Hirte und zugleich auch als Tür gezeigt wird. Er war der Hirte und war doch auch die Tür.

Es ist oft gefragt worden, ob die Braut, das Weib des Lammes, Israel oder die Gemeinde sei. Diese Frage ist bereits in einem früheren Jahrgange eingehend behandelt worden. Ich zweifle nicht, daß die Gemeinde damit gemeint ist. Wenn das Weib des Lammes Israel wäre, so wäre das Weib des Lammes in Kapitel 19,6-10 auch Israel, was m. E. ganz ausgeschlossen erscheint.

Für unsere Hebräerstelle kommt aber diese Frage nicht in Betracht. Es handelt sich hier nicht darum, ob die Braut, das Weib des Lammes, Israel oder die Gemeinde ist. Hier handelt es sich allein um „die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem“. Wenn auch die Gemeinde es ist, die die Stadt bildet, so wird hier doch nicht die Gemeinde in ihrem besonderen Segenslose als Gemeinde dargestellt. Dies geschieht erst ein wenig später, als der Apostel den gläubigen Hebräern sagt, daß sie zu der „Gemeinde der Erstgeborenen“ gekommen seien. Hier wird nur von dem „himmlischen Jerusalem“ in dem Charakter als der „Stadt des lebendigen Gottes“ gesprochen. Es ist Seine Stadt, Seine Residenz. Sie steht im Mittelpunkt des Reiches. In Seiner Residenz muß das Geheimnis Seines Willens zuerst kundgemacht und gesehen werden. Alles, was Er Sich „für die Verwaltung der Fülle der Zeiten“ vorgesetzt hat (Eph. 1,10), nimmt von hier aus seinen Lauf.

Die Stadt des lebendigen Gottes, das himmlische Jerusalem, ist nicht ohne Verbindung mit den Heiligen des Alten Bundes und den Bewohnern der Erde in der Zeit der tausendjährigen Herrschaft Christi auf Erden. Die zwölf Tore dieser Stadt zeigen ihre Verbindung mit den Menschen des tausendjährigen Zeitalters an, denn „die Nationen werden durch ihr Licht wandeln“. (Offenb. 21,24) Engel als die Ausführer Seines Wortes und Wohlgefallens (Ps.

werdet den Himmel geöffnet sehen und die Engel Gottes auf- und niedersteigen auf den Sohn des Menschen.“ (Joh. 1,51) Es ist die Verbindung zwischen dem Himmel und der Erde.

Alles, was Gott in Christo vollführt hat, alles, was Sein Herz erfreut, wird in dieser Stadt gesehen werden. Und zu dieser Stadt waren die gläubigen Hebräer gekommen. Welche Ermunterung zum Ausharren lag darin für sie und auch für uns! Möchten wir treu sein, damit schon jetzt Gottes Wille und Wohlgefallen an uns offenbar und von uns ausgeführt werde!

A. v. d. K.

2. Petri 1,1-11. (Schluß)

In Vers 11 spricht der Apostel von dem Reich Gottes. Wir sind dessen eingedenk, daß im Reich Gottes die Gedanken und Gesetze und Grundsätze Gottes maßgebend sind. Wenn wir mit ihnen in Übereinstimmung sind, so haben wir teil am Reiche Gottes. Treue und Hingabe den Grundsätzen Gottes gemäß wie Untreue und Nachlässigkeit werden sich in Früchten auswirken. (Matth. 7,20) Wenn wir uns Dinge erlauben, die dem Reiche Gottes nicht entsprechen, wenn wir träge sind, dann betrüben wir den Heiligen Geist. Dann haben wir ein böses Gewissen, dann kann unmöglich unser Herz mit den Dingen Gottes beschäftigt sein. Dann wird aber das Herz auch von Befürchtungen beherrscht und von Zweifeln umgetrieben, ob man wirklich einen Eingang ins Reich Gottes hat. Ist jedoch unser Herz mit Gott verbunden, unser Wandel rein, unser Gewissen unbelastet und in Übereinstimmung mit der Herrlichkeit des Reiches Gottes, so liegt der Weg offen vor uns. Wir sehen in die Ferne, und nichts hindert uns, voranzuschreiten. Dann hat Gott keinen Tadel für uns. Dann ist uns der Eingang in Sein Reich weit geöffnet.

Wenn wir die beiden Briefe des Apostels Petrus betrachten, so werden wir finden, daß er die Gläubigen nicht wie Paulus als mit Christo auferstanden und ins himmlische Wesen (in die himmlischen Örter) versetzt ansieht (Röm. 6,4-11; Eph. 2,5.6), sondern er redet sie an als Fremdlinge auf dieser Erde (1. Petr. 1,1; 2,11), die wiedergezeugt sind zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten - zu einem unverweslichen und

unbefleckten und unverwelklichen Erbteil, das in den Himmeln für sie aufbewahrt ist - und die nun auf den HErrn warten, damit Er sie in den Vollgenuß der verheißenen Segnungen einführe. (1. Petr. 1,3-5) Als solche Fremdlinge sind sie verantwortlich für ihren Wandel und werden deshalb ermahnt, mit umgürteten Lenden ihrer Gesinnung (V. 13) völlig auf die Gnade zu hoffen, die ihnen bei der Offenbarung Jesu Christi gebracht werden wird. Sie werden aufgefordert (2. Petr. 1,5-7), alle die kostbaren Tugenden darzureichen, die die himmlischen Fremdlinge hienieden zieren sollen. Wenn sie das tun, so werden sie sowohl ihre Berufung und Erwählung festmachen als auch auf dem Wege zu der verheißenen Herrlichkeit vor Straucheln und Fallen bewahrt bleiben. Weil auf diese Weise Herz und Gewissen des Christen (vgl. 1. Petr. 4,16) unbeschwert sind, liegt nicht nur der Weg, sondern auch der Eingang in das ewige Reich des HErrn, dessen Miterben sie geworden sind (2. Petr. 1,11), offen vor ihnen. Er wird ihnen dargereicht, und zwar reichlich dargereicht. Die zukünftige Herrlichkeit wirft ihre Strahlen schon voraus auf den Weg, macht die Seele glücklich und erhebt sie über all das gegenwärtige Leid. Zugleich läßt sie den Christen den wahren Charakter alles dessen erkennen, womit der Fürst dieser Welt das geistliche Auge blenden und das Herz ablenken will.

Petrus redet in seinen Briefen nicht von der Hoffnung der Christen, nach welcher das verherrlichte Haupt Seine Glieder durch gebietenden Zuruf und die Stimme eines Erzengels und die Posaune Gottes (1. Thess. 4,16) zu Sich rufen wird, damit sie allezeit mit Ihm vereinigt sind, sondern er redet von dem Tag, an welchem der HErr als König in Macht und Herrlichkeit herniederkommen wird, um Sein Reich aufzurichten. Dabei denkt Er zunächst an die Herrlichkeit des Tausendjährigen Reiches. Aber der Ausdruck „ewiges Reich“ weist über das Zeitliche hinaus und lenkt unseren Blick auf die Ewigkeit als auf das, was unvergänglich und unveränderlich ist, auf den Zustand, der Offenb. 22,3-5 geschildert wird, wo „Seine Knechte Ihm dienen, Sein Angesicht sehen und herrschen werden in die Zeitalter der Zeitalter“, und auf das unerschütterliche Reich, von dem wir in Hebr. 12,27.28 lesen, wo von der „Erschütterung und Verwandlung“ alles Erschaffenen geredet wird: „Auf daß die Dinge, welche nicht erschüttert werden, bleiben“, und wo wir ermahnt werden: „Da wir ein unerschütterliches Reich empfangen, laßt uns Gnade haben, durch welche wir Gott wohlgefällig dienen mögen mit

Wichtig ist noch der Zusammenhang, in dem die sieben Stücke miteinander stehen. Hierbei ist das Wörtchen „in“ bei jedem bedeutsam. Jedes nachfolgende Stück ist in dem vorhergehenden eingeschlossen und enthält selber wieder das nächste, was anzeigt, daß keines als selbständige Frucht ohne die anderen sich wirksam erweisen kann, sowie, daß vom ersten bis zum siebenten ein stufenmäßiger Fortschritt stattfindet.

Der Zusammenhang kann in verschiedenen Bildern betrachtet werden:

1. Es ist, wie wenn eine kräftige Stimme ein herrliches Lied anstimmte, und sechsmal fällt eine neue Stimme mit der ihr eigenen Klangfarbe ein, bis endlich ein voller und mächtiger Chor in himmlischer Harmonie ertönt zur Verherrlichung Gottes.

2. Wie in Gal. 5,22 neue Einzeltugenden als eine Gesamtfrucht des Heiligen Geistes betrachtet werden, so bilden die in unserem Abschnitt 2. Petr. 1,5.6 genannten ebenfalls ein untrennbares Ganzes.

3. In Kol. 3,12-17 wird eine ganze Anzahl geistlicher Perlen an eine Schnur gefaßt, die die Heiligen, Geliebten und Auserwählten Gottes anziehen und tragen sollen. Die in unserem Abschnitt aufgeführten Tugenden bilden auch eine Perlenkette, die den Gläubigen ziert und dem Herrn Jesus gefällt.

4. Die Darreichung in 2. Petr. 1,5.6 gleicht einem Schmuckkästchen, das eigentlich aus sieben Einzelkästen besteht, die geheimnisvoll ineinander gefügt sind. Bei der Offnung eines jeden zeigt sich ein neues Kästchen mit einer neuen Kostbarkeit, bis im letzten die Herrlichste zum Vorschein kommt, die zugleich dem Ganzen den Zusammenhalt und höchsten Wert verleiht. Das erste umschließt alle anderen. Erst nach Darreichung der Entschiedenheit kann sich die Kenntnis entfalten und mehren; erst nachdem wir das in der Erkenntnis Gewonnene in die Praxis umgesetzt haben, werden wir imstande sein, Selbstbeherrschung zu offenbaren. Erst in der Selbstbeherrschung findet das Ausharren sein Übungs- und Bewährungsfeld. Und erst im Ausharren wird der Gläubige wahre Gottseligkeit empfinden. Nachdem so stufenmäßig fünf

Dinge gereift sind, die den inneren Menschen charakterisieren, zeigt die Bruderliebe die Kraft der Gotteskindschaft nach außen. Und endlich erglänzt das Köstlichste, die Liebe, deren Wesen und Quelle Gott Selbst ist. Sie erweist sich als Trieb- und Durchdringungskraft aller geistlichen Lebenstätigkeiten und aller Beziehungen zu Brüdern, zu anderen Menschen, ja, sogar zu Feinden. Dadurch werden wir zu Nachahmern Gottes. (Matth. 5,43-48)

Unser Herr Jesus hat alle sieben Stücke aufs vollkommenste dargestellt. Wenn wir aufgefordert werden, sie ebenfalls darzustellen, so wird es uns nur gelingen, wenn wir auf Ihn blicken, bei Ihm die Kraft holen und in Seine Fußtapfen treten. Das allein wird uns durch Seine Gnade vorwärtsbringen bis zum Ziel Seiner Herrlichkeit.

B.

Der Siegelring.

„An jenem Tage, spricht Jehova der Heerscharen, werde Ich dich nehmen - werde dich wie einen Siegelring machen.“ (Hagg. 2,23)

Wir sind geneigt, die Bücher der sogenannten kleinen Propheten zu vernachlässigen, als ob man kaum erwarten könnte, in ihnen verborgene geistliche Schätze zu finden. Sicher ist das nur zu unserem eigenen Nachteil, denn diese Bücher sind uns von Gott geschenkt, und die göttliche Belehrung darin ist von dem Heiligen Geist inspiriert; denn schrieb nicht Paulus dem jungen Timotheus: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt.“? (2. Tim. 3. 16.17)

Das Buch des Propheten Haggai ist ja nur ein kurzes, aus zwei Kapiteln bestehendes Werk; und obwohl die Zeit der Weissagung sich nur über einige Monate erstreckt, enthält es doch so viel gute geistliche Nahrung auch für unsere Tage, daß man sich nur darüber verwundern und daran erfreuen kann. -

Es war die Zeit nach der babylonischen Gefangenschaft; eine kleine, nur aus einigen tausend Seelen bestehenden Schar hatte den Rückweg nach Jerusalem angetreten, den Altar wieder an seiner Stelle aufgerichtet und den Grund zum Tempelbau gelegt. Es gelang aber dem Feinde, die begonnene Arbeit zum Stillstand zu bringen, und so entmutigt war dieser schwache Überrest, daß er sagte: „Die Zeit ist nicht gekommen, die Zeit, daß das Haus Jehovas gebaut werde.“ (Hagg. 1,2) Das war aber eine menschliche Ausrede, sich zu entschuldigen, die Arbeit aus Mutlosigkeit eingestellt zu haben. Nun kam die Botschaft Gottes durch die Propheten Haggai und Sacharja. „Und Jehova erweckte den Geist Serubbabels, des Sohnes Schealtiels, des Landpflegers von Juda, und den Geist Josuas, des Sohnes Jozadaks, des Hohenpriesters, und den Geist des ganzen Überrestes des Volkes; und sie kamen und arbeiteten am Hause Jehovas der Heerscharen, ihres Gottes.“ (Hagg. 1,14)

Alles war schwach und gering. Und in den Augen derer, die den früheren, vom König Salomo errichteten, herrlichen Tempel gesehen hatten, war es „wie nichts“ (Hagg. 2,3); denn ihr Bau geschah in „Drangsal der Zeiten“ (Dan. 9,25) Aber der HErr ließ es an Anregung und Aufmunterung nicht fehlen. Wiederholt gab Er Seine Verheißung, mit dem Volke zu sein, und ermahnte sie, stark zu sein, d. h. stark zu sein im Glauben und im Gottvertrauen. Und das ist etwas ganz anderes, als wenn man sich einbildet, in der eigenen Kraft oder vermöge der eigenen Fähigkeit etwas ausrichten zu können. Von diesem Starksein im HErrn wußte Paulus viel. Er schrieb den Korinthern: „Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und in vielem Zittern.“ (1. Kor. 2,3) Aber weil er sich seiner eigenen Hilflosigkeit wohl bewußt war, stützte er sich im Glauben auf den HErrn, der in der Nacht zu ihm sagte: „Fürchte dich nicht ...; denn Ich bin mit dir“ usw. (Apgesch. 18,9.10) Und so war er freimütig in seinem Gotte, das Evangelium Gottes „zu reden unter großem Kampfe“. (1. Thess. 2,2) Alle Knechte des HErrn wissen wenigstens etwas von solchen Seelenübungen, sie fühlen ihre eigene Unfähigkeit, ihr völliges Unvermögen, und trotzdem gehen sie vorwärts in den Kampf; nicht als ob es eine verlorene Hoffnung oder eine hoffnungslose Aufgabe wäre, nein, nicht das, denn alles ist ja die Sache ihres siegreichen HErrn. Vielleicht schlug das Herz Serubbabels, des Landpflegers, ein wenig schneller aus Angst, als er sich wieder an die Arbeit begab und die Kelle in der Hand

hielt, vielleicht waren die Hände geneigt zu erschlaffen und die Knie zu erlahmen (Hebr. 12,12), doch stark in seinem Gott arbeitete er weiter, denn er glaubte, daß der HErr Seine herrliche, trostreiche Verheißung, mit ihm zu sein, halten würde.

Und nun kommt für Serubbabel die Verheißung einer schönen Belohnung an jenem Tage; diese Vergeltung, dieser Preis oder diese Auszeichnung klingt zuerst ein wenig sonderbar, als ob sie nicht viel wert wäre, sie lautete: „Ich werde dich nehmen, und werde dich wie einen Siegelring machen; denn Ich habe dich erwählt, spricht Jehova der Heerscharen.“ Sicher wußte Serubbabel diese in Aussicht gestellte Anerkennung zu schätzen, und das sollte ihm als eine wunderbare Aufmunterung in Stunden der bangen Sorgen dienen.

Das Wort sagt nicht, daß der HErr den Serubbabel zu einem Siegelring machen würde, das hätte keinen Sinn, sondern, daß er ihn wie einen Siegelring machen würde. Jeder orientalische Monarch trug an seiner Hand einen kostbaren Siegelring als Zeichen seiner Macht, und damit stempelte er die königlichen Erlässe; er legte ihn niemals ab, damit niemand auf unbefugte Weise irgendeine Verordnung ergehen ließe und sie mit dem Siegelring des Königs stempele, als ob die Macht des Königs dahinter wäre. Der Machthaber gab genau Acht auf seinen Siegelring, er trug ihn Tag und Nacht. Dieser Ring wurde aus gediegenem Gold verfertigt, und das Siegel war aus einem kostbaren Diamant oder irgendeinem anderen wertvollen Edelstein, und auf diesem Stein wurde das königliche Wappen eingestochen. In der Beschreibung des wunderbaren Gewandes des Hohenpriesters Aaron lesen wir öfters von „Siegelstecherei“.

Es ist wunderbar, zu bemerken, daß der mächtige Pharao, der Selbstherrscher Ägyptens, seinen Siegelring sogar von seinen Händen herunterstreifte und ihn dem Joseph gab (1. Mos. 41,42) Vorbildlich bedeutet das wohl, daß die ganze Macht Gottes unserem teuren Herrn Jesus Christus übergeben ist, denn Er Selbst sagte: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. Gehet nun hin und machet alle Nationen zu Jüngern.“ (Matth. 28,18.19). In dieser Begebenheit erblicken wir etwas von der Bedeutung eines Siegelringes.

Wir wissen auch, daß der auf die Öffnung der Löwengruben gelegte Stein mit dem Siegelringe

Mensch dem Propheten Daniel zu Hilfe eilen möchte; also konnte seine Rettung von den Klauen der Löwen nur von Gott sein.

Wir bemerken wieder, wie äußerst wichtig der Siegelring an der Hand eines Königs war nach dem Ausspruch Gottes über den gefallenen König Konja in Jer. 22,24: „Wenn auch Konja ... ein Siegelring wäre an Meiner rechten Hand, so würde Ich dich doch von dannen wegreißen.“

Ja, jeder Herrscher hält seinen Siegelring fest. Der Siegelring ist einer seiner kostbarsten Schätze, der in sich selbst kostbar, wertvoll genug ist und hinter welchem die ganze Macht des Königs steht. Nun, an jenem Tage, sagte Jehova der Herrscharen, sollte sein Knecht Serubbabel wie ein Siegelring gemacht werden. War das nicht eine wunderbare Aufmunterung für ihn in den „Tagen kleiner Dinge“ (Sach. 4,10), in den Zeiten, als die dunklen Wolken sich zusammenzogen und unübersteigbare Berge von Schwierigkeiten auf dem Wege emporragten? Dieser Serubbabel war kein Moses, Josua oder David; er zog nicht aus, dem Feinde entgegen an der Spitze einer großen, gutgerüsteten Armee von tapferen Helden; nein, er war nur in einer verwüsteten und mit Feuer verbrannten Stadt, und dort, von Feinden umringt, sollte er das Senkblei ergreifen und das Haus Gottes gründen und zur Vollendung führen.

Wir leben nun in ähnlichen Zeiten am Ende dieses Zeitalters; es ist wieder die Zeit kleiner Dinge, unser Bauen ist schwach und mangelhaft; oft ist das arme Herz so zaghaft und mutlos. Gern möchten wir die Frische und die Kraft der apostolischen Tage wieder erleben, aber alles ist nur gering und schwach, und von der großen Namenchristenheit werden wir verachtet und verfolgt. Aber hier gilt auch die Ermunterung des Herrn, daß, wenn auch keine großen Wunder geschehen, Er doch Seine treuen Knechte, deren Seufzer so oft emporsteigen, wie einen Siegelring machen will; das bedeutet, daß sie sein wertvollster Besitz sein werden, den Er niemals preisgibt; denn niemand vermag einen Siegelring des allmächtigen Gottes von Seiner Hand zu reißen!

Wir wiederholen noch einmal die besonderen Kennzeichen eines Siegelringes: Der Machthaber schätzt seinen Siegelring sehr hoch; er läßt ihn niemals los; er schenkt ihm den Ehrenplatz an

Verheißung, die Er Serubbabel gab, auch an uns ihre Erfüllung finden möge!

F. Btch.

„Der Gott des Friedens.“

(Röm. 15,33; Phil. 4,9 u. a. St.)

In den letzten beiden Lieferungen habe ich mich nach verschiedenen einführenden Betrachtungen eingehend mit drei der Stellen beschäftigen dürfen, in denen der Ausdruck „Der Gott des Friedens“ gebraucht ist: Röm. 15,33; 16,20 und Phil. 4,9. Alle habe ich in ihren Zusammenhängen betrachtet. Es verbleiben uns noch zwei Stellen, d. h. solche, in denen allein die Verbindung „Gott des Friedens“ genannt ist, während ich, wie schon mehrfach gesagt, auf die beiden Stellen nicht mehr zu sprechen kommen kann (weil das Jahresende bevorsteht), in denen noch Erweiterungen des Ausdrucks genannt sind: 2. Kor. 13,11 und 1. Kor. 14,33; ferner auch nicht auf 2. Thess. 3,16 („Der HErr des Friedens“).

Nun also noch, soweit der HErr Gnade schenkt, zu den restlichen beiden Stellen 1. Thess. 5,23 und Hebr. 13,20! Aus Raummangel muß ich mich kurz fassen. Das darf ich bezüglich der ersteren der Stellen auch schon deshalb, weil sie schon einmal in diesem Jahrbuch ein wenig behandelt ist, nämlich von Br. A. v. d. K. auf Seite 121 in seinem Aufsatz: „Jaget dem Frieden nach ...“, im ersten Absatz. Der dort geäußerte Gedanke ist sehr kostbar und entspricht im wesentlichen dem, was ich mit einigen Worten zu sagen habe. Bitte dort nachzulesen!

Die Stelle (1. Thess. 5,23) handelt insonderheit von „Heiligung“. Auch über diesen Gegenstand schrieb dieses Jahr Br. A. v. d. K. ausführlich auf S. 145ff. (unter dem Titel: „Jaget nach ... der Heiligkeit usw.“). Er wies dort an sehr praktischen Beispielen aus der Schrift nach, daß „Heiligung“ Absonderung bedeutet, was wohl den meisten Lesern schon bekannt ist. Aber wenn man dies streng ins Auge faßt, dann entfällt jegliche Möglichkeit, bei diesem Wort an „Sündlosigkeit“ und dergleichen wohlfeile, aber in der Schrift nicht begründete Lehren zu

-werden heißt, wie auf S. 145 gesagt ist, „abgesondert sein (oder werden) von dem Bisherigen, Gew öhnlichen oder Allgemeinen, und zwar für eine neue Stellung und Bestimmung“. Das ist deutlich. Natürlich ließe sich solches Abgesondertsein bei Gläubigen nicht vereinen mit einem Wandel in Sünde, aber bei der „Heiligung“ ist nicht der praktische Wandel das Primäre, sondern vielmehr das Tun Gottes ist das erste: Er hat uns abgesondert, und wenn Er uns mahnt, die Heiligkeit zu vollenden in der Furcht Gottes (2. Kor. 7,1), so geschieht das nur als etwas auf dem Boden der objektiven, von Gott aus geschehenen Heiligung (Absonderung) Mögliches (man vergleiche dazu auch Frage 7 dieses Jahres, Antwort A von Th. K., Antwort B von dem Schreiber dieses!).

Wenden wir uns nunmehr zu 1. Thess. 5,23! Die Stelle ist ein Segenswunsch. Unser entschlafener treuester Mitarbeiter von einst, Br. K. O. St., gab von seinem Sterbebett aus diese Stelle einem von ihm für diese Zeit abschiednehmenden Bruder mit auf den Weg, und solche Anwendung dieses Segenswunsches scheint mir besonders köstlich. Paulus, der wohl besser als irgendeiner von uns den „Gott des Friedens“ in dieser Seiner Eigenschaft, des Friedens Quell zu sein, Frieden zu haben, zu geben, zu vermehren usw. (vgl. Lief. 10, S. 224!), kannte, wußte am besten, wie leicht wir am praktischen Frieden Mangel haben. Ja, bestünde der neue Mensch nur aus Geist, dann möchte der Friede nicht so leicht gestört werden, aber die Seele, die noch dazu in einem „Leibe der Schwachheit“ wohnt, gerät leicht unter natürliche, gar fleischliche Einflüsse, die ihr das neue Betätigungsfeld auf dem Boden des „wirklichen Lebens“ (1. Tim. 6,19!) zu rauben suchen. Daher soviel Kampf oft bei Gläubigen, die - obwohl sie zu den wahren „Geistlichen“ gehören können (Gal. 6,1) - noch seelisch wandeln und noch wenig davon wissen, wie sie durch den Geist die „Handlungen des Leibes“ töten können (Röm. 8,13), so daß auch der Leib dem „Neuen des Geistes“ diene. (Röm. 7,6; vgl. 12,1!) Darum wünscht er den geliebten Thessalonichern, deren praktisches Leben kampfreich und darum auch gesegnet war, die aber noch mehr lernen sollten, in praktischer Heiligkeit (Absonderung!) voranzugehen (vgl. Kap. 3,1 bis 4,8), daß „der Gott des Friedens“ sie völlig heiligen, d. i. für Sich absondern möge, damit „bei der Ankunft des HErrn“ sie „ganz und gar tadellos“ erfunden werden möchten. (Vgl. auch 3,12.13!) Wie gut, daß sie, daß wir nicht von uns aus „tadellos“ werden

rechnen dürfen damit, daß „treu ist, der uns ruft, - der wird es auch tun“! (1. Thess. 5,24) Dies letztere Wort geht über den Segenswunsch hinaus, indem es eine herrliche Verheißung schenkt - aber das erstere zeigt uns, daß es „der Gott des Friedens“ ist, der treu ist. Er bleibt sich treu! Er wünscht, daß wir im Frieden seien - und jede Sünde, jedes Nichtabgesondertsein für Gott, jedes Wandeln im Fleisch, jedes Tadelnswerte an uns usw. stört den uns zugedachten Frieden (der uns doch bewahrt nach Phil. 4,7!), und darum wolle „der Gott des Friedens“ tun, was Seines Wesens ist, um alle Störungen unseres geistlichen, seelischen und leiblichen Lebens zu beseitigen, damit, wenn der HErr kommt, alles vollkommen sei - „tadellos, lauter“! (wie in Phil. 2,15). Er wird es tun mittels Seines-uns-Heiligens, denn „Gottes Wille ist ja Heiligkeit für uns“. (4,4: dort in ganz praktischen Beziehungen!) - Wie köstlich, daß es „der Gott des Friedens“ ist, der diese Heiligungsarbeit unseres ganzen Menschen übernimmt bis auf den Tag der Ankunft des HErrn! In wie guten Händen sind wir da, und wie sicher wird dies Werk vollendet werden! wie anders, wie wenn wir es tun müßten! Wie werden wir staunen, wenn wir am Ziele sein werden bei Seiner Ankunft! - Nur noch eins: Laßt uns aber an unserem Teile nicht übersehen, was vorher in dem ganzen Kap. 5 steht: solch geistlich-praktischer, abgesonderter Wandel geziemt uns! Doch das Werk der Vollendung in der Heiligkeit bis auf Seinen Tag - das ist Sein Werk, das Werk „des Gottes des Friedens“! Ihm sei Preis und Anbetung - Er wird es auch tun! Er ist so treu!

Die letzte Stelle darf uns nunmehr nur noch ganz wenig beschäftigen, so schön sie auch ist: Hebr. 13,20.21! Vielleicht gibt der HErr Gnade, ein andermal unter anderen Gesichtspunkten auf dies Wort näher einzugehen.

Diese Stelle am Schluß des so ernsten, aber auch so köstlichen Hebräerbriefes ist höchst bemerkenswert, weil sie uns, die wir uns noch wie die Hebräer hienieden im Kampf befinden, auf den Boden der Auferstehung bringt, d. h. der Wiederbringung des „großen Hirten der Schafe“, und dies Sein Wiedergebrachtsein wird dem „Gott des Friedens“ zugeschrieben, der in der Kraft des Blutes des ewigen Bundes Den aus den Toten auferweckte, den wir nötiger als alles brauchen, um im täglichen Leben in den Genuß des Friedens zu gelangen. Er ist hier „der große Hirte der Schafe“ (in Joh. 10 „der gute Hirte“ und in 1. Petr. 5,4 „der Erzhirte“!), und -

sicher! - „unter Seinem sanften Stab geh ich aus und ein und hab' unaussprechlich süße Weide, daß ich keinen Mangel leide ...“ Ja, gewiß: „der Gott des Friedens“ wird dafür sorgen, daß Mangel und Zukurzkommen denen fern bleibt, die durch Jesum Christum, den großen Hirten der Schafe, vor Ihm wandeln alle Tage ihres Lebens. Denn nicht nur hat Er „unseren Herrn Jesus“ - wie schön ist dieser Ausdruck! - aus den Toten wiedergebracht, Ihn, der „Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes“ (Kol. 1,20), und zwar tat Er das eben als der „Gott des Friedens“, sondern in eben dieser Eigenschaft will Er - der Apostel wünscht den Hebräern und so auch uns, daß Er's tun möge! - uns „in jedem guten Werke vollenden“, indem Er - immer „der Gott des Friedens“! - in uns „schafft, was vor Ihm wohlgefällig ist“! Und das alles „durch Jesum Christum, welchem die Herrlichkeit sei von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“

Wie reich sind wir doch nach dieser Stelle, wir, die wir den „Gott des Friedens“ kennen! Er, der uns tadellos bewahren will bei der Ankunft des HErrn, Er vermag auch, uns zu „vollenden in jedem guten Werke“ usw.! Wie ähnlich sind die letzten beiden Stellen, nicht wahr?! Wieviel liegt doch den inspirierten Schreibern des Wortes daran, den „Gott des Friedens“ in all Seiner Herrlichkeit, Güte, Liebe, Kraft und in Seinem Tun uns vor Augen zu malen, Ihn, der der Born, der Geber, der Erhalter des Friedens ist und der alles, was diesem Frieden, Seinem Frieden, zuwider ist, so oder so wohl zu beseitigen weiß, damit wir, die glücklichen Empfänger und Besitzer des „Friedens Gottes“, Ihn, den „Gott des Friedens“, in Christo Jesu besser kennen und lieben lernen, bis wir droben sind in der Herrlichkeit!

Ja, wir sind in guten Händen, und wir bleiben es auch beim Hinübergehen ins neue Jahr, in den Händen dessen, der da war, ist und sein wird:

„Der Gott des Friedens!“

Ihm sei ewig Preis und Anbetung!

F. K.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

19. Jahrbuch (1934)

„Ermuntert einander!“

(1. Thess. 4,18; 5,11; Hebr. 3,13; 10,25.)

Das alte Jahr liegt hinter uns. Und welch ein Jahr! Voll Dank beugt sich unser Herz beim Rückblick vor dem HErrn, dessen mächtige Hand uns so gnädig vor der verderblichen Flut des Umsturzes und der Gewalttat gerettet hat. Und nicht allein dieses, wir beugen uns auch in Dank über Seine gnadenvolle Durchhilfe in so vielen Nöten und Bedrängnissen, an denen dieses vergangene Jahr so reich war. Wie wichtig ist in einer solchen Zeit das Wort der Ermahnung: „Ermuntert einander!“

Als einer, der selbst durch das Wort der Ermunterung aufgerichtet wurde, möchte ich an der Schwelle des neuen Jahres dies Wort der Ermahnung weitergeben: „Ermuntert einander!“ Welch ein weites Gebiet gesegneten Dienstes öffnet dieses Wort allen Kindern Gottes! Hier ist kein Gläubiger ausgeschlossen; für diesen Dienst bedarf es keiner Gabe, keiner Fähigkeit, nur eines Herzens der Liebe. Und wie viele sind es, die gerade in diesen schweren Tagen durch ein Wort des Trostes, einen Dienst der Liebe der Ermunterung bedürfen, damit Herz und Blick Dem zugewandt werde, der auch heute noch Sein Erbteil, wenn es ermattet ist, wieder aufrichtet! (Ps. 68,9)

„Ermuntert einander!“ sagt das Wort. Sind wir aber nicht viel leichter bereit, uns einander zu entmutigen als zu ermuntern? Ach, der Dinge, die uns verzagt und mutlos machen, gibt es im Leben so viele, wir brauchen wirklich diesen nicht noch mehr hinzuzufügen. Ein herzliches Wort der Teilnahme, ein Druck der Hand, eine kleine Tat der Liebe, wie vermag sie aufzurichten! Laßt uns wachsam sein über uns selbst, über unsere Worte, über unser Benehmen, daß wir den

aufrichten! Der HErr ist nahe, und der Tag, an welchem wir Gelegenheit haben, Liebe zu erweisen, wird bald vorüber sein.

Ist es nicht bemerkenswert, daß die Ermahnung, uns einander zu ermutigen, in den oben angeführten Schriftstellen mit der Nähe des Tages des HErrn verbunden ist? Nachdem Paulus die Thessalonicher mit der Ankunft des HErrn getröstet hatte, schreibt er: „Ermuntert nun einander mit diesen Worten.“ Und wiederum sagt er dasselbe Wort im Anschluß an die Unterweisungen über den kommenden Tag des HErrn. (1. Thess. 4,18; 5,11) Und den Hebräern wird geschrieben: „Ermuntert einander, und das um so mehr, je mehr ihr den Tag herannahen sehet.“ (10,25) Und Hebr. 3,13 lesen wir: „Ermuntert einander jeden Tag, solange es heute heißt.“ Auch nicht ein Tag soll ohne eine Ermunterung dahingehen. Gott zeigt uns damit, wie wichtig diese ist. Müssen wir nicht bekennen, daß wir hierin oft gefehlt haben? Hat es nicht an dieser Sorge füreinander gar oft gemangelt? O möchten wir mehr darauf bedacht sein, daß kein Tag vergehe, an welchem nicht Ermunterung ausgegangen ist, sei es durch Wort oder Tat, durch Mitgefühl, Gebet, Anerkennung alles Guten, Dankbarkeit, oder worin wir irgendeine Ermunterung oder Stärkung geben können. Der HErr ist nahe. Laßt uns deshalb, solange es heute heißt, einander trösten und stärken!

Die Schrift kennzeichnet die letzten Tage als schwere Zeiten. Wie dunkel sie auch sein mögen, wir haben Ihn. Er bleibt in diesem Tale der Todesschatten bei uns. Ihn können wir in unserer Bedrängnis anrufen, und Er antwortet uns auch in der Hülle der Donnerwolke. (Ps. 81,7) Er hat Seine Hand und auch einen Segen für uns selbst im Wetter der Trübsal; dessen können wir sicher sein.

Haben wir nicht manchmal mit aufrichtigem Herzen den HErrn gebeten, Hindernisse in unserem geistlichen Wachstum hinwegzunehmen? Wollen wir nun hadern, wenn Er dies in einer von uns nicht erwarteten Weise tut, wenn Er uns gleich Hiob Wege gehen läßt, auf welchen Er es dem Satan erlaubt, unsere Gesundheit, unseren Besitz, unsere Familie zu nehmen? Und warum ließ Gott dieses alles bei Hiob geschehen? Damit er sich selbst und auch seinen Gott kennenlernen sollte.

Hiob war nicht los von sich und von seiner Gerechtigkeit: Gott mußte ihn in Seine Schule nehmen. In Petri Herzen wohnte Selbstvertrauen: Gott mußte dies in ihm zerbrechen. Und wie ist es mit uns? Bergen auch wir noch Dinge in unserem Herzen, von denen wir gelöst - die in uns zerbrochen werden müssen? Weltliebe, Eitelkeit, Lust, Habsucht, Unversöhnlichkeit, Hochmut, wie leicht finden sie Raum in unserem Herzen! Johannes ermahnt die Gläubigen am Schluß seines ersten Briefes: „Kinder, hütet euch vor den Götzen!“ Götzen sind alle die sichtbaren und unsichtbaren Dinge, die unser Herz gefangen nehmen und denen wir huldigen. Sehr, sehr oft ist dieser Götze das eigene Ich, und Selbstzufriedenheit, Eigendünkel, Rechthaberei, Hochmut begleiten ihn auch dann, wenn er im Demutsgewande paradiert. Gott aber muß ihn zerbrechen, um uns segnen zu können.

Solches Zerbrechen ist sehr schmerzlich, und das Fleisch liebt solche Wege Gottes nicht. Wenn der HErr das Messer der Reinigung an uns legt, dann wünscht unser stolzes Herz oft, daß andere es nicht sehen möchten, und sucht es zu verbergen. Da möchte man das Sacktuch der Beugung und Demütigung gleich dem Könige Israels auf bloßem Leibe tragen. (2. Kön. 6,30) Dieser wollte das Gewand der Buße wohl dem allsehenden Auge Gottes zeigen, aber den Blicken der Menschen durch die königlichen Kleider verhüllen. Menschen zeigte er sich aufrecht und ging als König auf der Mauer einher - Gott zeigte er das Sacktuch der Beugung und Demütigung -, unter dem Sacktuch aber war ein ungebrochenes Herz. Gott aber führte diesen König in solche Tiefen, daß er die Oberkleider zerreißen und das Volk das Sacktuch sehen mußte. Gott kehrte das Innere nach außen.

Gott ist ein Gott der Wahrheit, und Er will Wahrheit. Hochmut - wie Gott sein zu wollen - führte zur ersten Sünde des Menschen; und das gefallene Geschlecht Adams trägt den Keim des Hochmuts seitdem in sich. Gott haßt das stolze Herz, und Er widerstehet dem Hochmütigen. Wie blind und töricht ist doch der Mensch, wenn er „meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist“. (Gal. 6,3) Ein solcher betrügt und täuscht sich nur selbst, aber nicht Gott. Gott hat Seine Kinder zu lieb, als daß Er sie nach der Torheit ihres Herzens gehen ließe; Er nimmt sie in Seine Erziehung, damit sie Seiner Heiligkeit teilhaftig werden.

Wie wahr und durchsichtig lebte und zeigte sich Paulus, wo er auch sein mochte! Die törichten Korinther, die auf das sahen, was vor Augen ist (2. Kor. 10,7), nötigten Paulus, von sich selbst zu reden; er tat es mit Widerwillen und nicht, ohne ihnen zu bezeugen, daß, wenn er auch in nichts den ausgezeichnetsten Aposteln nachstehe, er doch nichts sei. (2. Kor. 12,11) Er war ein Nachahmer dessen, der Sich Selbst zu Nichts machte; und als ein solcher fordert er uns auf, wiederum seine Nachahmer zu sein; nicht Nachahmer in Worten oder dem Fleische nach, sondern im Geist und in der Wahrheit. „Das Fleisch nützt nichts“, sagt der HErr, „die Worte, welche Ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ (Joh. 6,63) Der HErr machte Sich Selbst zu Nichts (Phil. 2,7) - wir aber sind nichts, und dies muß, wo wir auch immer sein mögen, in unserem Verhalten sichtbar sein.

Wenn der HErr uns dazu auch im neuen Jahre in der Schule der Leiden zubereiten will, dann laßt uns einander ermuntern und nicht vergessen, daß wir, wie auch der Weg sei, Seine Zusage haben: „Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Matth. 28,20) Uns will es manchmal scheinen, als ob der HErr uns in der Trübsal vergessen hätte. Gott aber war Hiob in den dunklen Tagen seiner Leiden nicht weniger nahe als in den guten, obgleich es ihm schien, als sei er von Gott völlig verlassen. Das gesegnete Ende in Hiobs Leben, als Gott sein Ziel mit Hiob erreicht hatte, beweist dieses. Darum wollen auch wir uns getrost Seiner Führung überlassen, da wir wissen, daß Er uns liebt und nur Gutes geben kann; dann wird Seine Liebe und Seine Macht die Quelle unserer Kraft und unseres Trostes sein.

A. v. d. K.

Wie kam es?

„Ich weiß gar nicht recht, wie es eigentlich kam! Das kam so plötzlich über mich, ehe ich mich recht besann - da war ich mitten drin und konnte nicht mehr zurück, und hernach blieb mir nur das schmerzliche Bedauern, die Reue, die Scham. Und wenn ich sagen würde: ‚Das soll mir nicht wieder passieren!‘, so fürchte ich, ist die Möglichkeit zu einem neuen Fall schon wieder

gegeben! - Wie soll ich's nur machen?“

Mein teurer Leser, kennst du diese Sprache? Hörtest du schon Ähnliches - vielmehr, sagtest du selber schon solche Worte, kämpftest du selber schon die gleichen Kämpfe aus, machtest du selber schon ähnlich schmerzliche Erfahrungen mit dir selber? Ja, das sind Gewissensfragen, und ihnen nicht auszuweichen ist klüger, als die Augen vor ihnen zu verschließen nach der „Vogel-StraußWeise “: „Wenn ich dich nicht sehe, siehst du mich auch nicht!“ Nein, damit kommt man nicht weiter, damit betrügt man sich selbst, damit wird man nicht frei und nicht froh!

Und nun - worauf will ich hinaus? Kurz gesagt, ich möchte im folgenden das ernste Wort aus 1. Kor. 10,12: „Wer zu stehen sich dünkt, sehe zu, daß er nicht falle!“ besprechen, aber nicht eigentlich dies Wort an sich - das spricht ja für sich allein! -, sondern vielmehr ist es meine Absicht, so der HErr will und ich lebe, fortlaufend Bilder und Beispiele aus der Schrift zu betrachten, und zwar in möglichst knapper Form, aus denen wir alle für uns lernen können, wie es kam! Denn solche Bilder aus dem Worte Gottes reden eine gewichtige Sprache. In ihnen, den Typen, finden wir uns selber wieder, wir sehen alle die Gefahren, die uns drohen, wir sehen die Anfänge zu schmerzlichen, schlimmen, ja fürchterlichen Ausgängen, und wir sehen zugleich auch die Hilfsmittel, wie man diesen Anfängen hätte von vornherein erfolgreich entgegentreten können (d. h. wenn der Wille dazu dagewesen wäre!), wir empfangen Belehrung und Licht für den Pfad des Glaubens, den wir zu gehen haben nach 2. Kor. 5,7: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen!“ - wir erfahren die Kraft des Wortes Gottes, das nach Ps. 119,105 „Leuchte meinem Fuße und Licht für meinen Pfad“ ist, und wir sehen die gewaltig tiefe Wahrheit von 1. Kor. 10,11, dem obiger Stelle vorangehenden Verse: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist!“, sowie von Röm. 15,4: „Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf daß wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“ Wie kostbar ist dieses!

Nach diesen einleitenden Bemerkungen stelle ich die praktischen Fragen, die im Verlaufe dieses

Aufsatzes nach und nach besprochen werden sollen, wenn auch nicht gerade in diesem Nacheinander, wie ich sie hier nenne:

Wodurch kam es, daß sie ihre Vorrechte verscherzten, was brachte sie zum Aufgeben ihrer Beziehungen zu Gott, ihrer Stellung, ihres Glaubens, ihrer Tatkraft, ihrer Freude im HErrn usw., was führte ihren Fall herbei oder wenigstens ihr Zukurzkommen, was machte sie unfähig, untüchtig zum Reiche Gottes, ungeeignet, die Sache Gottes zu vertreten, was raubte ihnen ihre Arbeit für den HErrn, ihre Betätigungsfelder zum Zeugnis für Ihn, ihr Ansehen bei den Menschen, so daß diese nicht mehr auf sie horten? usw. usw. Ja, was? wodurch und wie kam es?

Die Namen, die ich nun nachfolgend nenne, habe ich - absichtlich! - in keine nach Gesichtspunkten systematisch geordnete Reihenfolge gebracht; ich fürchtete, das würde ermüdend wirken, weil dann zuviel des Ähnlichen nahe beieinander stehen würde, was die Unmittelbarkeit der Anschauung stören könnte. Ich habe vielmehr die Personen zumeist in der Reihenfolge gelassen, wie sie sich mir aufdrängten, als ich im vergangenen Jahre begann, über den Gegenstand nachzusinnen, und wie mir gerade durch nähere Betrachtung des ersten meiner Reihe die Sache so wichtig ward, daß ich mich mehr und gründlich damit abgab.

Es sei noch vorausgeschickt, daß es, wie schon gesagt, in meiner Absicht und auch in der Natur der Sache liegt, wenn ich einige der Beispiele (bzw. Personen) nur kurz nenne, während andere ausführlich besprochen zu werden verdienen. - Der HErr aber segne uns diese Betrachtung Seines Wortes!

Aus der Fülle der vielleicht 40 und mehr Personen, die wir, s. G. w, an unserem geistlichen Auge vorüberziehen lassen wollen, soll die erste, die, wie erwähnt, mich erst auf dies Thema brachte, die des Königs Saul sein, der „eines Hauptes höher als alles Volk“ (1. Sam. 9,2 u. 10,23 nach Luther) in allem hervorragend war, in seiner Schönheit, Tapferkeit, Tüchtigkeit, Fähigkeit usw. sowohl wie leider auch in seinem Abweichen von Jehova, in seiner Sünde, in seinem Haß gegen David, in seinem Verderben! (Vgl. u. a. Davids Klage über ihn in 2. Sam. 1!)

Bei dem König Saul finden sich zweifelsohne schöne und wahrhaft königliche Züge! Man lese nur 1. Sam. 9; 10; 11 und insonderheit 10,27 u. 11,12-15! (Siehe auch 14,52!) Aber er war bei all seinen natürlichen Vorzügen und bei all seiner anfänglichen Hingabe an den HErrn doch kein wahrhaft treuer, dem HErrn gehörender Mann, er verließ sich nur allzusehr auf seine guten Absichten, auf seine Meinungen, auf seine Religiosität (vgl. Kap. 13,8ff.; 14,32ff. u. a.), und darum kam's ihm nicht immer so genau darauf an, was der Wille Jehovas war und was gemäß Seinem Worte war. Mit kurzen Worten gesagt: Saul scheiterte an der Klippe des Ungehorsams! Und weil diese Sache so ungeheuer wichtig für uns ist, für uns alle ist, deswegen soll sie eben auch - am Anfang eines neuen Jahres! - an der Spitze meiner Ausführungen stehen!

Wie also kam es, daß Saul, dieser zu Hohem berufene Mann, seine Vorrechte, seine Stellung, sein erbliches Königtum und schließlich sein Leben in einer seiner unwürdigen Weise verlor? Durch seinen Ungehorsam, den der HErr sogar „Widerspenstigkeit“ nannte in jener Stelle, die uns noch näher beschäftigen muß. (1. Sam. 15,22-23) Er ist in dieser Hinsicht ein echtes Abbild von dem ganzen Volke Israel, das gerade durch diese seine Sünde der „ Widerspenstigkeit“ wieder und wieder und endgültig (bis zu seiner Wiederherstellung am Ende der Tage!) alles Vorrechtliche verlor! Wie oft ist von der „Widerspenstigkeit“ des Volkes Israel die Rede! (Für viele, viele nur 2 Stellen: 5. Mos. 1,41ff. und Hes. 2,1-7 und so noch oft in Hesekiel!) Und wie sehr ist Israel in dieser Hinsicht eine Mahnung und Warnung für uns! Nichts ist so häßlich und gefährlich für uns in Gottes Augen wie Ungehorsam und Widerspenstigkeit! Lassen wir uns durch diese Beispiele der Schrift warnen, vor allem durch Saul, über den wir jetzt noch weiter zu schreiben haben!

Ungehorsam war das traurige Kennzeichen dieses Mannes, der mit Samuels, des ihm sehr zugetanen großen Propheten, Hilfe ein Mann „nach dem Herzen Gottes“ hätte werden können. Dieser Ungehorsam zeigte sich bei dem König schon sehr frühzeitig und gleich in solchem Maße, daß schon damals alles auf dem Spiele stand und mehr als das: schon bahnte sich die Verwerfung an. Diese traurige Geschichte steht 1. Sam. 13,8-15 und fällt mitten in die

Philisterkämpfe. Sicher wäre Saul siegreich gegen diesen Erbfeind gewesen und geblieben, wenn er nicht eigene Wege gegangen wäre. Aber er konnte nicht warten! Wie oft ist dies Übel der Urgrund zu Ungehorsamstaten! Samuels Nichtkommen war für Saul eine Prüfung, die er aber nicht erkannte und nicht bestand. So „überwand“ er sich (V. 12!), beachtete nicht das Gebot Jehovas und brachte Opfer dar, d. h. offenbar nicht durch Priester, sondern persönlich, wozu er doch kein Recht hatte! Wußte er das nicht? O gewiß, aber er „überwand“ sich eben aus fleischlicher Ungeduld! Dabei war er doch sehr religiös: er dachte, ohne Opfer sei kein Segen Jehovas zu erwarten, und da der Prophet nicht kam, so tat er, was sich für ihn nicht geziemte - und die Strafe folgt auf dem Fuße! (V. 13!) Dennoch - so ernst die Prophetenworte auch sind - vielleicht sind sie noch nicht endgültig, vielleicht läßt Gott noch Gnade walten, wenn Saul die nächste Probe besteht? Jedenfalls folgte noch eine Probe, einfach für einen Menschen, der gehorchen gelernt hat, sehr schwer für einen Saul, zumal, wenn er schon nicht mehr volle Autorität über das Volk hat, so daß er aus Furcht auf dessen Stimme hört! (1. Sam. 15,24!) Es ist stets so: fürchtet man nicht Gott, so wie sich's geziemt, dann fürchtet man Menschen! Wenn Gläubige das Wort Gottes und den Gehorsam gegen dasselbe über alles stellen, so stehen sie fest, machen sie aber Abstriche vom Wort des HErrn, gehorchen in erkannten Dingen nicht (z. B. bezüglich der Gläubigentaufe u. ähnl.), dann werden sie bald aus Furcht vor Menschen jeden göttlichen Pfad geistlicher Absonderung aufgeben und sich dem Wink von Menschen beugen. (Kompromißmenschen!)

Das Maß Amaleks, des Todfeindes Israels, war voll, darum sollte Saul ein schonungsloses Gericht an ihm, an den Amalekitern, vollziehen. (15,2.3!) Saul erringt einen großen Sieg, aber da das Wort des HErrn ihm nicht über alles ging, die Beute ihm außerdem zu schade zur gänzlichen Vernichtung schien (V. 9! 21!), so erfüllte er den ihm gewordenen Befehl nicht restlos, im Gegenteil! Und dieser „Rest“, den er in bester Meinung übrigließ, ward ihm zum endgültigen Verhängnis. Aber, könnte mancher denken (und so dachte er eben auch!!), wenn ich von dem Vieh etliche gute Stücke übriglasse zum Opfer (V. 21, vgl. V. 15!), so ist dies doch gut und ehrt doch den HErrn auch?! Ja, solche törichten eigenwilligen Gedanken haben nicht nur Kinder den Befehlen ihrer Eltern gegenüber, sondern auch wir erwachsenen kurzsichtigen

überlegt nicht so, er handelt, wie ihm aufgetragen, und bekommt dann seine Anerkennung. Der Gehorsam kritisiert auch nicht die ihm gewordenen Befehle, er tut sie und überläßt die Verantwortung dem Befehlshaber. Ein Saul kann nicht gehorsam sein, er muß selber handeln und - handelt hier nicht nur „töricht“ wie in 13,13, sondern böse, so böse, daß sein Eigenwille eben Widerspenstigkeit genannt und mit Abgötterei verglichen wird. (15,23!) Welche Verkehrtheit, zu meinen, Gott könne mehr Wohlgefallen an Opfern haben als an Gehorsam! (V. 22) Meine geliebten Leser, wir Gläubigen sind auch leicht in solchem Irrtum! Es kann sogar sein, daß wir bewußt im Ungehorsam wandeln, dabei aber glauben, Gott sähe darüber hinweg, wenn wir nur in anderen Punkten Sein Wohlgefallen täten, indem wir z. B. das Mahl des HErrn in biblisch einwandfreier Weise feierten oder sonst wie etwas täten, was gleichsam ein Opfer sei! O welch Selbstbetrug! Wie leicht wird Gott zum „Diener der Sünde“ des Ungehorsams gemacht, indem man diesen durch anderweitiges Wirken für Gott zu vertuschen sucht! O daß wir mehr im Blick auf den Richterstuhl Christi wandelten (Röm. 15,10; 2. Kor. 5,10), wo unser Tun ins rechte Licht gestellt werden wird! Wir würden dann sicherlich mehr Gewicht auf das Gehorchen legen als auf irgend etwas anderes! Laßt uns die erschütternd ernste Stelle 1. Sam. 15,22.23 (und dazu auch 1. Chron. 10,13.14!) etliche Male nacheinander lesen und den HErrn bitten, daß Er sie tief in unserem Herzen verankere, uns zum Segen, Ihm zum Preise! Dann würde der tiefschmerzliche Fall Sauls mit den Folgen seines Verscherzthabens seiner ursprünglich ihm zugedachten erblichen Rechte und seines eigenen Königtums für uns unberechenbaren Segen in sich schließen!

Wie kam es also bei Saul? Durch Ungehorsam- lediglich durch diesen! Wie furchtbar ernst! Mögen wir Gnade haben, dies tief auf unser Leben und Wesen wirken zu lassen, und möchten wir lieber denen gleichen, von denen Paulus rühmt: „... indem ich an euer aller Gehorsam gedenke ...“ (2. Kor. 7,15; vgl. Phil. 2,12) und: „Euer Gehorsam ist zu allen hingelangt“ (ist allen kundgeworden)! (Röm. 16,19) Am besten lernen wir den Gehorsam von Dem, „der gehorsam ward bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze“ (Phil. 2,8), von unserem geliebten Herrn Jesus Christus, dessen ständiger Gehorsam am lieblichsten sich offenbart in Seiner Herzensstellung zu Seinem Gott und Vater, wie sie vor allem ausgedrückt ist in Seinem

gefangennehmen unter den Gehorsam des Christus!“ (2. Kor. 10,5) und wandeln in demütiger Abhängigkeit von Ihm, dann werden wir weniger oft Grund haben, uns traurig zu fragen: „Wie kam es?“ Der HErr gebe uns Seine Gnade zu allem wohlgefälligen Wandel! (Vgl. Hebr. 12,28!)

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Das Verlangen, beim HErrn zu sein.

(Mark. 5,18)

Wenn wir jemand liebhaben, so ist es uns nicht gleichgültig, ob derselbe anwesend oder abwesend ist. Und so fühlen auch wir - alle, die Ihn liebhaben - Seine Abwesenheit. Wir empfinden es, daß Er, der uns geliebt und Sein Leben für uns hingegeben hat, nicht hier ist und noch von der Welt verworfen wird. Aber wir haben Seine Zusage, daß Er wiederkommt und uns zu Sich nehmen will, auf daß wir für immer dort sein sollen, wo Er ist. Diese Verheißung ist die Freude unseres Herzens, und wir sehnen uns nach der Stunde der Vereinigung mit Ihm. Wir wissen nicht den Tag Seines Kommens, aber der HErr hat uns Zeichen des Endes dieses Zeitalters gegeben, und diese Zeichen beginnen jetzt schon sichtbar zu werden. Wenn wir daraus sehen, daß das Ende des Zeitalters nahe ist, wieviel näher muß dann Sein Kommen sein, um die Seinigen zu Sich in die Luft zu entrücken! Diese köstliche Hoffnung, daß der HErr ganz nahe ist, erfüllt unser Herz mit tiefer Freude, und inbrünstig rufen wir: „Komm, Herr Jesus!“

Aber nicht allein ist es unsere Freude, bei dem HErrn zu sein, es ist auch die Freude des HErrn, uns bei Sich zu haben. Sein Verlangen ist nach uns, und wir verlangen nach Ihm. Er will uns bei Sich haben, und wir möchten bei Ihm sein.

Den Mann, der seinen Namen „Legion“ nannte, können wir als ein Bild von uns nehmen. Er verlangte, bei dem HErrn zu sein, und er bat Ihn, „daß er bei Ihm sein dürfe“. (Mark. 5,1-20;

Luk. 8,26-39) In diesem Manne sehen wir unsere Geschichte. Von der schrecklichen Gewalt Satans geknechtet, wohnte er in den Grabstätten. Diese Erde ist eine große Grabstätte, und in ihr wohnt der vom Satan beherrschte Mensch. Er ist ein Bild des Elendes, der sich selbst mit den Steinen der Sünde zerschlägt. Er ist ein Schrecken seiner Umgebung. Keine Macht dieser Erde kann ihm helfen; alle Stricke und Ketten, die ihm angelegt werden, ihn zur Vernunft und Ordnung zu bringen, werden von ihm zerrissen. Zu diesem Menschen kommt der Herr Jesus. Der arme Gebundene wünscht Ihn nicht; er meint, Er käme nur, um ihn zu „quälen“. Aber der HErr in Seinem Erbarmen macht ihn frei von der Gewalt der Finsternis, und nun sitzt er bekleidet und vernünftig zu Seinen Füßen. Welch ein Gegensatz! Versetzt aus der Gewalt der Finsternis in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. (Kol. 1,13)

Bald aber befällt neue Furcht sein Herz. Die Menschen wollen seinen Retter nicht in ihrer Mitte haben, und sein Wohltäter schickt Sich an, fortzugehen. Er sieht das Schiff am Ufer und den HErrn im Begriff, einzusteigen und mit Seinen Jüngern abzufahren. Wer wird sich seiner jetzt annehmen? Wer wird ihn vor dem Feinde bewahren, der ihn bisher gefesselt hielt und von dem er durch die gnädige Hand seines HErrn befreit wurde? Er wendet sich an den HErrn; er bittet, „daß er bei Ihm sein dürfe“.

Meinst du, daß der HErr für diese Bitte kein Ohr noch Herz hatte? Ganz gewiß, Er verstand sie, und Er entsprach ihr auch, aber nicht in der Stunde, als Er darum gebeten wurde. Der HErr gab ihm noch zuvor einen kleinen Auftrag, den er für Ihn ausführen sollte: „Gehe hin nach deinem Hause zu den Deinigen und verkündige ihnen, wieviel der HErr an dir getan und wie Er Sich deiner erbarmt hat.“ Wir wissen, daß er nun ging und überall die Geschichte seiner Errettung erzählte. Und in seiner Person war er der sichtbare Beweis der Wahrheit seiner Worte. Die Ewigkeit wird offenbar machen, wie viele durch sein Zeugnis zu dem HErrn geführt und gleich ihm von ihren Sünden befreit wurden. Mehr als 1900 Jahre ist er schon bei Dem, bei Dem zu sein er einst bat. Meinst du, daß die kurze Zeit seines Zeugnisses, die zwischen seiner Bitte, beim HErrn zu sein, und der Erfüllung derselben lag, ihm jetzt lang erscheint? Ich denke, wir alle fühlen, daß ihm diese Zeit, in der er für seinen HErrn zeugen durfte, als ein gnadenvolles Vorrecht unendlich wertvoll und kostbar sein muß. Möchten wir jetzt schon diese Zeit in diesem

Lichte sehen! Unser Verlangen ist wie das des vordem Besessenen, bei dem HErrn zu sein, aber möchten wir auch nicht weniger die kostbare Gelegenheit schätzen, zu erzählen, wie Er Sich unser erbarmt hat.

Nun laßt uns noch einen kurzen Blick auf den HErrn richten, dessen Verlangen es ist, uns bei Sich zu haben. Wir sehen Ihn in Joh. 14 auf dem Wege, von hier wegzugehen, nicht über den See, wie bei dem Besessenen, sondern durch die dunklen Wasser des Todes. Die Jünger erschraken, als Er zu Petrus sagte: „Wo Ich hingehe, kannst du Mir jetzt nicht folgen.“ (Joh. 13,36) Dann aber, ein wenig später, sagte Er: „Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten ..., auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet.“ Dann hören sie Ihn in Joh. 17,24 beten: „Vater, Ich will, daß die, welche Du Mir gegeben hast, auch bei Mir seien, wo Ich bin.“ Was sind diese Worte für unser Herz! Wie köstlich ist es für uns, daß es auch Sein Verlangen ist, uns bei Sich zu haben! Es ist kein Wunder, wenn wir bitten, bei Ihm zu sein; ein Wunder aber ist es, wenn Er zu Seinem Vater betet, daß Er uns bei Sich haben will. Bald wird dies Sein Gebet erhört sein! Auch wir harren sehnsüchtig auf die Erfüllung dieser Seiner Bitte. Möchte unser Leben davon ein Zeugnis sein!

(R.) A. v. d. K.

Die Begegnung.

„Dem HErrn entgegen in die Luft.“ (1. Thess. 4,17)

Vergebliche Mühe wäre es, den Versuch zu machen, diese wundervolle Begegnung zu beschreiben oder uns vorzustellen - wir meinen die Begegnung des HErrn mit Seiner teuer erkauften Gemeinde in der Luft. Die Herrlichkeit und die Freude des kurzen Augenblickes dieses Zusammentreffens werden weit das Ungemach der Wüstenreise überragen, wie Paulus schreibt: „Denn ich halte dafür, daß die Leiden der Jetztzeit nicht wert sind, verglichen zu werden mit der zukünftigen Herrlichkeit, die an uns geoffenbart werden soll.“ (Röm. 8,18; 2. Kor. 4,16-18)

Diese zukünftige Begebenheit wird auch „die glückselige Hoffnung“ genannt, welche Gottes Kinder mit Sehnsucht erwarten. (Tit. 2,13) In dem prophetischen Programm der Heiligen Schriften ist die Begegnung das nächste Ereignis, welches in Erfüllung gehen wird.

Wenn wir diese Begegnung in der Luft uns auch nicht vorzustellen vermögen, so dürfen wir doch die Vorbilder davon in dem Worte mit Wonne und Freude betrachten. Zwei solcher Bilder von ausnehmender Schönheit gibt uns die Schrift in der Begegnung Isaaks mit Rebekka (1. Mos. 24,61-67); und in der Davids mit Abigail. (1. Sam. 25,40-42)

Isaak wohnte nämlich zu der Zeit im Lande des Südens, und sein Vater Abraham hatte ihm alles gegeben, was er hatte. Unser HErr wohnt auch nunmehr in einem geistlichen Südlande; die eisigen Nordwinde wehen nicht mehr; das grausame Kreuz liegt hinter Ihm, und alle Gewalt im Himmel und auf Erden ist Ihm gegeben worden. Seine Gemeinde aber, von welcher Rebekka ein wunderbares Vorbild ist, befindet sich noch auf der Reise, getragen von dem Kamele, welches wohl den Glauben darstellt, und geführt wird sie vom Heiligen Geiste. Die Rebekka hatte schon von Isaak durch den gesandten Knecht silbernes und goldenes Geschmeide und Kleider bekommen. (1. Mos. 24,53) Höchstwahrscheinlich trug sie diese Kleider auf der Reise. Die in das Kleid der Gerechtigkeit Gottes gehüllte Gemeinde pilgert durch die Welt ihrem geliebten HErrn entgegen, und obwohl sie weder den Tag noch die Stunde des Zusammentreffens weiß, versteht sie doch nach den Zeichen der Zeit, daß die Wüstenreise mit raschen Schritten ihrem Ende zueilt, „denn noch über ein gar Kleines, und der Kommende wird kommen und nicht verziehen“. (Hebr. 10,37)

Der Knecht Abrahams hatte sicher eine wunderbare Art, den langen Weg zu verkürzen und die Aufmerksamkeit der Rebekka von den Beschwerden des Pfades abzulenken, indem er sehr vieles über Isaak zu erzählen hatte, und das erwärmte ihr Herz in Stunden der Zaghaftigkeit. Sicher erzählte er ihr auch die bedeutsame Geschichte von Abraham, wie er seinen einzigen Sohn, seinen geliebten Isaak, eines Tages in der Frühe nahm, um ihn auf Gottes Geheiß als ein Brandopfer auf dem Berge Moriah zu opfern. Gerade das Gegenbild dieser Geschichte wird

verstehen möge, was für sie geschehen ist, und ihre oft schwache Liebe für ihren HErrn gestärkt, vertieft und befestigt werde und sie der Mühsal des Weges weniger achte. Wie erhebend schreibt der Apostel darüber: „Welchen ihr, obgleich ihr Ihn nicht gesehen habt, liebet; an welchen glaubend ... ihr mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocket.“ (1. Petr. 1,8) Die Tragweite und die volle Bedeutung des Opfers Christi an dem Kreuz ist ein Ewigkeitsstudium; über dieses Thema kann der Heilige Geist dem lauschenden Herzen, jeder einfältigen und aufrichtigen Seele, aus dem Worte Erstaunliches aufschließen. Das ist ja Gottes Weisheit in einem Geheimnis, „uns aber hat Gott es geoffenbart durch Seinen Geist“ (1. Kor. 2,10)

So lernte Rebekka vergessen, was dahinten war. Die Farben der alten Vaterstadt, von der sie sich für immer getrennt hatte, verblaßten mehr und mehr. Wie herzinnig ruft der Geist der Gemeinde zu: „Höre, Tochter, und sieh, und neige dein Ohr, und vergiß deines Volkes und deines Vaters Hauses! Und der König wird deine Schönheit begehren, denn er ist dein Herr: so huldige ihm!“ (Ps. 45,10-11) Und bald ist der Augenblick da, in welchem sie unter Jubel und Freude in den Palast des Königs einziehen wird. Ja, die Gemeinde, dürfen wir nicht sagen: jedes Glied derselben, wird durch die Innewohnung und Zucht des Geistes auf die herrliche Begegnung vorbereitet, damit die Gemeinde ganz die Gesinnung ihres Hauptes trage. Denn „Christus hat die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben, auf daß Er sie heiligte, sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, auf daß Er die Gemeinde Sich Selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzeln oder etwas dergleichen habe, sondern daß sie heilig und tadellos sei“. (Eph. 5,25-27)

Isaak hatte auch noch ein Liebeswerk zu tun, und zwar das Zelt seiner verstorbenen Mutter seiner eigenen Liebe würdig einzurichten für seine Rebekka. Großer Reichtum stand ihm zur Verfügung; so dürfen wir wohl annehmen, daß er alles mit überreicher, orientalischer Pracht ausstattete, damit die heimkommende Braut nach der Reise ruhen könnte und auch sehen sollte, wie er sie liebte und alles für ihre Behaglichkeit vorbereitet hatte. Unser HErr hat das den Seinigen so deutlich gesagt, nämlich, daß Er hingehe, ihnen eine Stätte in den vielen Wohnungen in Seines Vaters Hause zu bereiten. Danach kommt Er wieder, um sie zu Sich zu

nehmen, auf daß sie seien, wo Er ist. (Joh. 14,2-3) Das ist unserem Herzen genug, Ihm dürfen wir alles getrost überlassen bis zu dem Tage, da wir mit Entzücken sagen: „Der König hat mich in Seine Gemächer geführt.“ (Hohel. 1,4)

Ja, der HErr wartet, und die Stätte ist sicher schon bereit; die Gemeinde hat nur noch eine gar kurze Strecke zurückzulegen, und dann endlich, vielleicht beim Anbruch des Abends - wie es mit Isaak war -, geht Er hinaus, ihr entgegen. Die Gemeinde hat es kaum nötig, zu fragen: „Wer ist der Mann, der uns da auf dem Felde entgegenwandelt?“, denn sie kennt Ihn schon, und nun kann sie vom Kamele herabsteigen, denn der Glaube geht ins Schauen über; im Glauben hatte sie gewandelt, aber nun sieht sie den, um derentwillen sie ihr Vaterhaus verlassen hatte. Jetzt nahm sie den Schleier und verhüllte sich, denn nunmehr ist sie nur für Isaak da, kein anderes Auge als das Seinige soll sie sehen, und erst im Inneren des Zeltes soll ihr Angesicht gesehen werden. Dann hebt er an zu sagen: „Siehe, du bist schön, meine Freundin, siehe, du bist schön, deine Augen sind Tauben.“ Und hingegeben erwidert sie: „Siehe, du bist schön, mein Geliebter, ja, holdselig; ja, unser Lager ist frisches Grün.“ (Hohel. 1,15.16)

Die Schrift berichtet, daß Isaak die Rebekka lieb hatte und sich nach dem Tode seiner Mutter tröstete. Ist das nicht gerade so mit unserem HErrn? Er liebt die Gemeinde, und in ihr sieht Er die Frucht der Mühsal Seiner Seele und sättigt Sich. Wie herrlich wird es sein, wenn endlich die Stunde der Begegnung da sein wird! Schenke der HErr Gnade, daß unsere Herzen jeden Tag auf diese Stunde des Zusammentreffens warten! Dann würden das Ziel und der Zweck des Lebens hienieden nicht sooft hin- und herschwanken. Ach, wie oft sind unsere Herzen so unbefestigt, und wir lassen uns so aufhalten auf dem Wege durch allerlei Kleinigkeiten, ja, wir lassen uns leicht um den Kampfpreis bringen. (Kol. 2,18)

Die Begegnung der Abigail mit David wird nicht so eingehend beschrieben, doch äußerst interessant und lehrreich ist die Geschichte. Sie wurde befreit von einem harten und boshaften Mann, um eines anderen zu werden. Als der Ruf ihr durch die Knechte Davids gebracht wurde, stand sie auf und beugte sich nieder und erklärte sich bereit, als eine Dienerin die Füße der Knechte ihres Herrn David zu waschen, doch machte sie sich eilends auf und ritt auf einem Esel

den Boten Davids nach, gefolgt von ihren fünf Mägden, und sie wurde sein Weib. (1. Sam. 25,40-42)

Die Begegnung der Gemeinde mit ihrem HErrn findet in der Luft statt; wenn der HErr mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herabkommen wird, werden zuerst die in Christo entschlafenen Heiligen auferweckt und danach die Lebenden verwandelt werden, und alle zusammen ihrem HErrn in Wolken entgegengerückt in die Luft, um ewig bei Ihm zu sein. Auf diesen wunderbaren Augenblick wartet die Gemeinde Gottes, und ihre Aufgabe ist es, immer in Bereitschaft zu stehen. Sie spricht: „Horch! mein Geliebter! Siehe, da kommt Er, springend über die Berge, hüpfend über die Hügel.“ Der Geliebte erwidert: „Mache dich auf, Meine Freundin, Meine Schöne, und komm! Denn siehe, der Winter ist vorbei, der Regen ist vorüber, er ist dahin. Die Blumen erscheinen im Lande, die Zeit des Gesanges ist gekommen. - Mache dich auf, Meine Freundin, Meine Schöne, und komm! Meine Taube im Geklüft der Felsen, im Versteck der Felswände, laß Mich deine Gestalt sehen, laß Mich deine Stimme hören; denn deine Stimme ist süß und deine Gestalt anmutig.“ (Hohel. 2,8-14)

Wie traurig ist es nun, wenn die Gemeinde oder einzelne Glieder derselben diese lebendige Hoffnung nicht mehr festhalten und pflegen, wenn man sagt: „Ich habe mein Kleid ausgezogen, wie sollte ich es wieder anziehen?“ (Hohel. 5,3) Oder wenn man wie jener böse Knecht in seinem Herzen sagt: „Mein Herr verzieht zu kommen.“ (Matth. 24,48)

Wie verhängnisvoll könnte das werden! Gewiß stehen wir immer in der Gefahr, daß diese Hoffnung bei uns verblaßt und man es sich in dieser Welt bequem macht, wie es die bekennende Christenheit tat. Da aber die letzte Stunde schon da ist, wollen wir die Lenden der Gesinnung umgürten, nüchtern sein und völlig hoffen auf die Gnade, die uns „gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi“ (1. Petr. 1,13), damit uns der Tag nicht wie ein Dieb ergreife.

Es ist notwendig, daß Gotteskinder sich immer wieder gegenseitig aufmuntern und ermahnen zur Liebe und zu guten Werken, und das um so mehr, als wir den Tag herannahen sehen. Wenn diese Hoffnung im Herzen wie eine helllodernde Flamme brennt, so wird das eine wunderbare

dann sein in heiligem Wandel und Gottseligkeit! Indem ihr erwartet und beschleunigt die Ankunft des Tages Gottes ..., so befleißiget euch, ohne Flecken und tadellos von Ihm erfunden zu werden in Frieden.“ (2. Petr. 3,11-14)

Gewiß, bei der Begegnung werden Seine Augen, welche wie Feuerflammen sein können, in einem Nu alles sehen, ob Flecken da sind oder sonst etwas Tadelnswertes an uns ist. Paulus schreibt den leider fleischlich gesinnten Korinthern: „Indem ihr die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus erwartet, welcher euch auch befestigen wird bis ans Ende, daß ihr untadelig seid an dem Tage unseres Herrn Jesus Christus.“ (1. Kor. 1,7-8) Ja, diese Begegnung ist recht nahe. Laßt uns nun in Bereitschaft stehen!

F. Btch.

Unsere Gebete.

1. Ermunterung.

Unser Gott ist „Hörer des Gebets“. (Ps. 65,2) Er, der das Ohr gepflanzt hat, sollte Er nicht hören? Der Allgegenwärtige, Allwissende, vernimmt jedes Wort, jedes Lallen, jedes Seufzen, das Ihm gilt, sei es schwach oder stark. Doch Gott ist nicht nur Hörer, Er will auch Erhörer der Gebete sein.

Es gibt einen Unterschied unter den Betenden. Es gibt Menschen, die Gott nur in äußerster Not anrufen, sonst nicht. Es gibt solche, die gottesfürchtig sind und öfter oder regelmäßig beten, und solche, die durch Glauben an den Herrn Jesus Christus in Lebensbeziehung zu dem lebendigen Gott stehen und ein Gebetsleben als geliebte Kinder führen. Für letztere sind diese Zeilen bestimmt. Gott erhört bisweilen die Gebete der beiden erstgenannten Menschengruppen. Vielleicht können etliche von uns solche Gebetserhörungen, die schon vor der Bekehrung erlebt wurden, bezeugen. Gott erbarmt Sich des Elenden und antwortet auch schwachem Glaubensvertrauen. Solche Gebetserhörungen sind natürlich kein Zeugnis Gottes dafür, daß der

frommer Mann. Seine Gebete stiegen hinauf vor Gott. Aber errettet war er zu der Zeit der Engelerscheinung noch nicht. (Apgesch. 10,13-14)

Wir, die wir aus Gnaden durch den Glauben an das reinigende Blut unseres Herrn Jesus Christus gerechtfertigt und geliebte Kinder geworden sind, werden im Worte Gottes zum Gebet ermahnt. Gott will einen innigen Verkehr mit uns, Seinen Kindern, denn Er liebt uns, und Er will Großes durch uns tun. Für unsere Herzen aber sind die Gebetserhörungen überaus kostbar und stärken unseren Glauben sehr und ermuntern uns, in Treue auszuharren.

In Matth. 7,7 spricht der HErr: „Bittet, und es wird euch gegeben werden.“ In Jak. 4,2 heißt es: „Ihr habt nichts, weil ihr nicht bittet.“ Und in Phil. 4,6 steht das bekannte schöne Wort: „In allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“ Der HErr sagt uns aber auch ein Gleichnis dafür, daß wir allezeit beten und nicht ermatten sollten; Er spricht von einer Witwe, die den Richter der Stadt solange drängte, bis er um ihres Drängens willen ihrer Bitte entsprach. (Luk. 18,1-8)

Wir bringen vielleicht manche verkehrten Bitten vor den HErrn und empfangen auch gar manchmal Unterweisung durch den Heiligen Geist und durch das Wort über die Torheit unserer Bitten. Doch ist es besser, wir schütten unsere Herzen im Gebet aus, als daß wir sie verschließen! In welcher Liebe und Sanftmut ertrug und unterwies der HErr z. B. Johannes und Jakobus und deren Mutter, als sie Verkehrtes von Ihm erbaten. (Matth. 20,20-28) „Desgleichen aber nimmt auch der Geist Sich unserer Schwachheit an; denn wir wissen nicht, was wir bitten sollen, wie sich's gebührt, aber der Geist Selbst verwendet Sich für uns in unaussprechlichen Seufzern.“ (Röm. 8,26) Der Heilige Geist ermahnt und ermuntert uns zu einem Gebetsleben: „Betet unablässig.“ (1. Thess. 5,17)

Die Verheißungen Gottes in bezug auf die Gebetserhörungen sind unfaßbar groß, doch sind sie auch von unserem Zustand abhängig gemacht gemäß der Heiligkeit unseres Gottes.

O. D.

Gottes Wege.

Wenn wir den Weg uns wählten,

Wär eben er und schön;

's wird auf bequemem Pfade

Doch auch zum Himmel gehn?!

So denkt der Mensch und gehet

Von Gottes Wegen ab,

Die oft so steil, so dornig

Und tief gar gehn hinab.

Doch wenn vor Seinem Throne

Wir einmal dürfen stehn,

Dann werden staunend, fragend,

Den Weg wir rückwärts sehn.

Dann sehn wir eigne Wege,

Die brachten Leiden viel;

Doch der, den Gott uns führte,

Der ging gerad zum Ziel.

(J. L.)

Frage und Antwort

 

 

 

Frage 1:

Ich bitte um eine Auslegung oder Erklärung von Sach. 5.

Antwort A

Die aufmerksame Lektüre der nachexilischen Bücher Esra, Nehemia, Haggai, Sacharja, Maleachi zeigt unter anderem, daß, wie vor dem Exil der Götzendienst ein hervorstechendes Merkmal bei den Juden war, so nachher der Geist des Gewinnmachens, der Ichsucht. Daß das nicht geht ohne mit den Grundsätzen des Rechts Gott und den Menschen gegenüber in Konflikt zu kommen, bedarf keines Beweises. Siehe aber doch als Beispiele Neh. 5,1-13; Hagg. 1,3-7; Maleachi 1,8.9.13.14 und 3,8.9. Hier in Sach. 5 wird aber erst so recht das zürnende Urteil Gottes über ihr Tun zur Kenntnis gebracht. Stehlen und falsch Schwören sind die Elemente, in denen ihr übles Tun sich zusammenfaßt. Der Inhalt der beiden beschriebenen Flächen der Rolle entspricht den beiden Übeln. So lautet die Erklärung in Vers 3. Die zwei Flächen der Rolle entsprechen auch den zwei Gesetzestafeln, deren Inhalt, zu Einzelheiten erweitert, das Verhalten gegen Gott und gegen den Nächsten festlegt und beurteilt. Der Unterschied zwischen der Rolle in Sach. 5 und den in der Bundeslade aufbewahrten Tafeln oder der vor der Lade niedergelegten Rolle mit den Gesetzesvorschriften (5. Mose 31,26; 2. Chron. 34,14) ist der, daß die Rolle vor jedermanns Augen durchs Land fliegt, so daß jedermann von dem darauf angedrohten Fluch Kenntnis nehmen kann. Da der auf der Rolle Moses angedrohte Fluch das Volk getroffen hat, ist es jetzt um so ernster, weil durch die Rückkehr aus Babel ein zweites Mal Gelegenheit gegeben war, Gehorsam zu beweisen. Eindringlich betont wird dies auch durch die Maße der Ausdehnung der ausgebreiteten Rolle. Die Fläche einer Rolle war kolonnenweise

Seite gleich wieder der Kolonnenbreite nach zusammengerollt. Hier war's anders. Zwanzig, hebräisch die Mehrzahlsform von zehn, und das einfache zehn legen den Gedanken an die zehn Gebote und an gesteigerte Verantwortung nahe. Auch wird der Fluch in der prophetischen Schau hier hingestellt als schon ausgegangen, als schon in das Haus des Diebes gekommen, als schon darin geherbergt (V. 4) und es schon vernichtet habend und als ein sich über die Fläche des ganzen Landes oder der ganzen Erde ausdehnender. Letztere ist sozusagen nur eine Erweiterung des Landes Jehovas, das dem Hebräer gegeben worden ist. Siehe 3. Mos. 25,23; 2. Chron. 7,20. Zu Vers 3 siehe Ps. 101,4-8; Jes. 65,16b. Dieser Punkt: Land = Erde legt nahe: gilt diese prophetische Schau nur der damaligen Zeit, oder erstreckt sie sich bis zum Ende hin, wie es gewöhnlich bei den Propheten der Fall ist? (Vgl. Hab. 2,2-4) Wir werden noch ein Wort darüber zu sagen haben, daß diese Schau in Kap 5 eingebettet ist in eine Reihe von Gesichten, die alle auf das Ende hin gehn.

Der Engel, der mit dem Propheten redete, muß sich zurückgezogen gehabt haben, daß es Vers 5 heißt: „Er trat hervor.“ Wir erwarten also etwas Neues. Dies Neue ist ein mit einem Bleigewicht zugedecktes Epha, in dem ein Weib sitzt, welches als die Gesetzlosigkeit gedeutet wird, d. i. als der Charakter, der nur sich selbst als Maßstab des Handelns kennt, nicht auch Gott oder den Nächsten. Die Deutung brauchen wir also nicht zu suchen. Sie entspricht dem, was die Schrift sonst über das Weib sagt: im üblen Sinn ist sie das Symbol des Zustandes religiossittlichen Verderbnisses. (Vgl. z. B. Offenb. 2,20ff.! Der Schriftl. F. K.)

„Epha“ ist für den Hebräer das Standard-Maß (Eichmaß). Beachten wir die zwei ersten, die Hauptpunkte: ein Epha; und: es kommt hervor. Dieses und daß der Prophet auf den fragenden Hinweis des Engels selber fragen muß: „Was ist es?“ (denn ein Epha hätte er doch erkennen müssen!), legt nahe: es bedarf gesalbter Augen, um zu unterscheiden, daß es einen Zeitpunkt gibt, wo das vorhandene religiössittliche Böse als ein sein Vollmaß erreicht habendes in die Erscheinung tritt. Das erinnert gar sehr wieder an die Endzeit, ist überhaupt die Anschauungsweise der Schrift (Offenb. 14,15.18) und ist eine Mahnung an unsere Adresse, aufmerksam auf die Zeichen unserer Zeit zu sein. Es wird noch eindringlicher gemacht dadurch, daß zur Kenntnis genommen werden kann: sobald der Energie des religiössittlich

Bösen, hier bildlich durch Aufheben des Deckels, die Möglichkeit zur Inanspruchnahme weiteren Spielraumes gegeben wird, benützt es diese Gelegenheit. Denn daß der Engel das Weib nach dem Aufdecken hineinwirft, läßt verstehen, daß es sich nach dem Aufdecken erhoben hatte. Es bleibt aber bei dem Gewordenen. Weiterer Ausdehnung wird durch göttliches Eingreifen Halt geboten. „Das Maß ist voll, das Gerichtsurteil ist über dich gesprochen“, will das Hineinwerfen und das Werfen des Deckels auf die Mündung des Epha sagen. Die Diebe und Meineidigen, nach Menschen und Gott nichts Fragende, sind also in ihren Personen und Handlungen ein Vollmaß von Gesetzlosigkeit im Lande und auf der Erde. Siehe Ps. 73,1-12.

Es ist nützlich, den Gedanken festzuhalten: vor dem Exil waren die Juden ein Ackerbau und Viehzucht treibendes Volk. Babel war ein Land, in dem der Handel blühte und als Folge Gewinnsucht und Luxus heimisch war (vgl. Hes. 17,4) wie in Tyrus (Hes. 27). Von Babel brachten die Rückkehrenden den Geist davon mit. Er haftet ihnen bis heute an! Da ist einleuchtend, daß aus allen Sündenarten ausgerechnet nur diese beiden in den Versen 3 und 4 ihnen zur Last gelegt werden: stehlen (durch Übervorteilen) und, beim Zurredegestelltwerden, falsch schwören!

Merkwürdig ist nun, daß das Epha, welches die aus diesem Geiste sich ergebende und das Vollmaß erreicht habende personifizierte Gesetzlosigkeit ist und enthält, nicht etwa unter Gericht kommt, wie man erwartet, sondern einfach zur Zurückbeförderung in das Land, woher diese Geistesverfassung und deren Folgen stammen, verurteilt wird. Noch merkwürdiger mutet die weitere Mitteilung an, daß 1. dem Epha dort ein Haus gebaut werden soll; 2. daß das Epha erst nach Aufrichtung des Hauses auf seine (erwägen wir: „seine“!) Stelle niedergesetzt werden soll. Zwischen dem Beginn des Hineingetragenwerdens und dem Niedergesetztwerden bleibt es in der Schwebe zwischen Erde und Himmel.

Die Deutung ist nicht allzu schwer: der seit damals sich betätigende Krämergeist der Juden und die ihm vermählte Gesetzlosigkeit samt dem getätigten Erwerb finden vorderhand kein Gericht, wohl aber das Urteil, nämlich so: sie sind bis zur Zeit des Endes dem Zugriff der Menschen entzogen (durch die Art und Weise, wie ihre Kapitalien und Wertobjekte international angelegt

sind), münden aber durch politische Zusammenhänge schließlich in das große System ein (immerhin aber mit für sich bestehender Abgrenzung: „Haus“), das in Offenb. 17 und 18 die große Babylon heißt. Dann wird das Gericht auch das Epha und sein Haus erreichen. Wir denken da an die Zusammenhänge: Offenb. 13: das Tier aus dem Meere, das Haupt des neuerstandenen römischen Reiches in Rom; das andere Tier aus der Erde, das als König und Antichrist in Judäa (Dan. 11,36-39) dem ersten Tier zu Diensten ist; Offenb. 17: die große Babylon und wieder das erste der beiden Tiere aus Kap. 13 im selben Kap. 17: das alles spielt sich auf dem religiös-sittlich verderbten Podium ab, das als erster Nimrod, der Gewaltige aus 1. Mos. 10, betreten hat (Babel war ja der Anfang seiner Gewaltherrschaft), auf dem die Menschenkinder von 1. Mos. 11 schon standen, auf dem Nebukadnezar stand und alle seinesgleichen standen, stehen und stehen werden, bis das Gericht all diese und all das wegrafft. Nur hat der Engel, der dem Propheten Aufschluß gibt, nicht den Auftrag, auch dieses in die Antwort Einzubeziehen.

Bleibt noch das von den zwei Weibern zu deuten. Die Deutung betreffend „Weib“ muß dieselbe sein wie oben: sittlich-religiöse Verderbnis. Wir denken und deuten aber hinzu: die Gesetzlosigkeit, die sittlich-religiöse Verderbnis, gräbt ihr eigenes Grab durch ihr Tun, führt ihr Urteil selber herbei, wenn auch noch soviel Zeit bis dahin vergeht und das Urteil anscheinend nicht einmal eines ist (nur ins Land Sinear bringen und gar in ein eigenes Haus: das scheint ja ein feines Ziel zu sein!). Zwei Dinge sind hier zu sehen: nach der Schrift das geringste genügende, aber nötige Zeugnis für die Echtheit einer Sache: die Ausführung des Verhängnisses steht unter Beweis! Dann wieder das Wort „hervorkommen“: ein erkennbarer Zeitpunkt, an welchem das Geschehen anhebt. Flügel: Fähigkeit, sich in der dem Zugriff entzogenen Sphäre zu halten und gleichzeitig um so ungehinderter dem Ziele zuzustreben; und zwar Storchen-Flügel: Unterstreichung des instinktiven Zuges zur Ursprungsstätte. Wind in den Flügeln: unsicht- und unbestimmbare Wirkung der göttlichen Vorsehung. die das Geschehen zu dem vorausgeschauten Endergebnis kommen läßt. Vgl. Hosea 4,19 mit Fußnote Elberf.: Ephraim als Weib betrachtet; Jer. 4,11.12; 51,1. Zusammenfassende Deutung, die uns Heutigen nicht schwer fällt: seit der Emanzipation (Verselbständigung) der Juden, die mit der

nahm (Zeitpunkt des Hervorkommens der zwei Weiber) ist das mehr und mehr sittlich-religiöser Verderbnis anheimfallende, nur auf Geld- und Machtbesitz ausgehende, mit der Weltpolitik verfilzte liberale Judentum auf dem besten Wege nach Babylon. Der Jude Antichrist wird das Prinzip in höchster Potenz verwirklichen, aber auch wie Babylon ins Verderben fahren.

Wir nehmen noch die Frage auf, ob die prophetische Schau in Kap. 5 nur der damaligen Zeit gelte, oder ob sie weiter hinaus und bis zur Endzeit gehe. Man beachte, daß sämtliche Gesichte der sechs ersten Kapitel in einer Nacht gegeben wurden, Kap. 1,8, und daß sie in Symbolen und Bildern zukünftige Ereignisse vorführen. Da sind die vier Weltreiche, Kap. 1 und 6,1-8; da ist Jerusalem und der Messias, Kap. 2,3.4; da ist als Schluß in Kap. 6 nicht mehr nur ein Gesicht, sondern auf Geheiß Jehovas eine symbolische Handlung, welche den Messias, den Sproß, als gekrönten Herrscher und Priester, als Herrlichkeitsträger und als Erbauer des Tempels des kommenden Reiches darstellt. Mutet da der Gedanke nicht sonderbar an, das dazwischenhineingeschobene fünfte Kapitel mit Gesichten derselben Nacht falle aus dem Rahmen und beziehe sich nur auf die damalige Zeit? Drängt sich nicht vielmehr der Gedanke auf: wenn das Gute von seiten Jehovas mitgeteilt wird, soll die Kehrseite, das Böse auf der Seite des Menschen nicht auch Erwähnung finden für die gleiche Zeitspanne, zumal „Land“ und „Erde“ als ein Begriff zu werten sind? Wenn man mit der Kenntnis der Wege Gottes, welche die Lektüre der Propheten überhaupt vermittelt, an das Studium dieser sechs Kapitel herangeht, so wird es nicht schwerfallen, mehr als nur die damalige Zeit aus dem fünften Kapitel herauszulesen.

Ich unterstelle die gegebene Deutung dem Urteil der Leser, ohne darauf zu bestehen, in allem das Richtige getroffen zu haben.

F. Kpp.

Schlußbemerkungen des Schriftleiters

Ich kann es nicht als meine Aufgabe ansehen, zu dieser sehr schönen und durchaus originalen

fehlen dürfte. Aber auf einen Punkt möchte ich hinweisen und ihn unter dem auch in dieser Lieferung schon bei meinem Aufsatz „Wie kam es?“ gebrauchten Schriftwort 1. Kor. 10,12 ein wenig auf unsere Zeit anwenden.

Als ich mich vor dem Empfang obiger Antwort selbst mit dem Text beschäftigte, stieg in mir die gleiche Frage auf, die unseren Mitarbeiter auch bewegt hat: Warum werden aus der Fülle der erwähnenswerten Sünden des nachexilischen Volkes Israel gerade das Stehlen und das Falschschwören herausgewählt?! Nun, Verfasser obiger Antwort sagt, daß diese beiden Dinge geradeso Sünden des aus der Gefangenschaft zurückgekehrten Volkes gewesen seien wie der Götzendienst die hervorstechendste Ungerechtigkeit der Zeit vor dem Exil. Sicher ist das wahr, aber doch nicht ausschließlich, denn schon [in den Sprüchen steht z. B. 20,10.23, und] in Micha (6,10) ist von dem „knappen verfluchten Epha“ die Rede, also zu einer Zeit, die über 200 Jahre vor dem Ende des Exils lag, und ebenso von dem Schwören schon in Hosea (vgl. „Schwören und Lügen“ in 4,2). Hosea aber lebte noch etwas früher als Micha. (Andererseits ist unter den nachexilischen Sünden auch noch der Selbstgerechtigkeit das Wort zu reden, wie sie besonders in des HErrn Tagen ihre verderblichen Folgen zeitigte.) Aber das ist wahr: das Falschschwören und das Stehlen sind Sünden, die dem zurückgekehrten und dann nach Hunderten von Jahren (bis heute hin!) wieder zerstreuten Volke besonders anhafteten. Ist es nicht daher auch erklärlich, daß der Herr Jesus das Schwören - wenigstens bei Seinen Jüngern! - verwirft? („Bergpredigt“ Matth. 5,33ff.! und siehe dazu den judenchristlichen Jakobusbrief 5,12!) Der Hauptgrund, weswegen gerade diese beiden Gebiete hier in Sach. 5 so besonders bevorzugt werden, scheint mir der zu sein, daß sie beide die unmittelbaren Folgen der Hauptsünde des Menschengeschlechtes überhaupt sind: des Lügens! Paulus sagt: „... Gott aber sei wahrhaftig, jeder Mensch aber Lügner ...“ (3,4) Aus der Lüge wächst der Diebstahl mit Naturnotwendigkeit heraus, aber ebenso die Heuchelei und, um diese zu decken, der Meineid, das Falschschwören. Israel aber sollte durch die Erziehung, die es im fremden Lande mittels Anschauung genossen hatte, das gelernt und eingesehen haben, daß die Lüge in jeder Form etwas Häßliches ist, etwas, was sich für Angehörige des Gottes, der wahr (treu) ist, nicht geziemt. Aber Israel hatte, widerspenstig, wie es stets war, es nicht gelernt, und noch heute hat es diesen Fehler

Aber haben wir ihn, diesen Fehler der ganzen Menschheit („im Lande“ gleich „auf der Erde“! wie Antw. A zeigt), „abgelegt“? (1. Petr. 2,1!)- Durch nichts können wir Gläubige der uns umgebenden Welt besser zeigen, „wer wir sind und was wir wollen“, als dadurch, daß wir jede Form der Lüge strikte ablegen und abgelegt haben! Alles mögliche ist nicht so wirksam wie dieses „Mittel“. Und wenn man des Paulus „Strafrede“ gegen Israel in Röm. 2 liest, so sieht man, wie die Lüge vor allem es ist, weswegen der Name Gottes ihrethalben gelästert wird unter den Nationen (V. 24!). Und Kinder Gottes auf dem Boden des Neuen Testaments, welche es mit der Wahrheit nicht genau nehmen, haben kein Mittel, das sie demgegenüber in die Waagschale legen könnten, um ihre eigene Echtheit zu beweisen. Wir brauchen natürlich nicht weiter hierauf einzugehen, aber wir müssen uns prüfen, ob wir in der heutigen Zeit, wo schon in der Welt so manches Unechte offenbar und ausgeschieden wird, gesehen und anerkannt werden als unbestechliche Zeugen der Wahrheit. Es nützt nichts, sich über die Merkmale der Zeit (der Endzeit!) klar zu sein, wenn man selber nicht anders ist oder sich nicht absondert von diesem (vgl. Röm. 2!) Charakter der „Gesetzlosigkeit“ (Sach. 5,6.8; siehe Antw. A!), diesem „Epha“, dem Sinnbild einer sittlich-religiösen Gesetzlosigkeit, der ein Haus gebaut ist, d. h. doch auch, die gleichsam zur Ruhe, zum Ungestörtsein (ungestört sich entwickeln zu können) gekommen ist im Lande Sinear, d. h. in der am Ende der Zeiten wiedererstandenen, aber in ihrem Wesen schon wirksamen Stadt Babel, d. i. Verwirrung. (Vgl. Jahrb. 17, Frage 7, (8 und 10!)

Möchten wir geistlicherweise, d. h. im rechten Sinne, denken und handeln nach 2. Kor. 6,14.17 (Offenb. 18,4), dann haben wir nicht nur, wie sicher, einen gewaltigen Erkenntnisgewinn aus obigen Betrachtungen über Sach. 5, sondern auch unser praktischer Wandel wird wahrhaft gebildet nach des Herrn Wort, und dies zu Seiner Ehre! Möge es durch Seine Gnade so sein!

F. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Ohne lange Einleitung und Überleitung aus der vorigen (1.) Lieferung möchte ich hier nur kurz darauf hinweisen, daß es mir in diesem Aufsatze darauf ankommt, den tieferen Gründen nachzugehen, wie es kam, daß diese und jene Persönlichkeit aus der Schrift nicht das Ziel erreichte, das ganz offensichtlich Gott ihr gesteckt hatte - daß man seine gottgewollten Vorrechte verscherzte oder einen tiefen Fall tat usw., usw. In Lieferung 1 habe ich mehr als ein Dutzend solcher Möglichkeiten angeführt, wie sie alle mehr oder weniger eine Illustration bilden zu der Stelle, von der ich ausgegangen bin: 1. Kor. 10,12.

Wir beschäftigten uns zuerst mit Saul und sahen, daß es bei ihm kam - durch Ungehorsam! Sonderlich betrachteten wir 1. Sam. 15,22-23! - Damit genug der Überleitung zum Heutigen!

Es dürfte jetzt vielleicht mancher an Jonathan denken, und in der Tat: dessen Leben und sein Vorbeigleiten an dem ihm von Gott sicher zugedachten Segenslose ist - so traurig es ist - sehr belangreich. Aber nicht nur ich habe mich früher eingehend mit seiner Person beschäftigt - vgl. Jahrb. 9, Seite 106ff., unter dem Titel „Außerhalb des Lagers“ (Hebr. 13,13) -, sondern auch Br. A. v. d. K. in dem Aufsatz „Jonathan“, Seite 193ff., Jahrb. 15. Außerdem finden wir in Jahrb. 13, Seite 193ff. schöne Ausführungen über Saul, Jonathan und Mephiboseth. Ich möchte darum hier davon absehen, mein „Wie kam es?“ über dieses Mannes Leben zu schreiben, dessen trauriges Ende mit seinem gottlosen Vater Saul auf Gilboa (1. Sam. 31) nicht seinem kostbaren Anfang und erstem Fortgang (1. Sam. 18 usw.) entsprach; ich brauche hier nicht mehr zu sagen als das: Es war „das Lager“ mit den Verführungen der Verwandtschaft, der Bequemlichkeit des Hofes, den althergebrachten „Gottesdiensten“ der religiösen Welt, das ihn vielleicht innerlich anwiderte und doch festhielt, das ihn die Beschwerden der Wüste und der Höhle Adullam nicht mittragen ließ, das ihn vielleicht nur schwer, aber doch so fesselte und so beeinflußte - weil er es nämlich nicht gleich, als er es als „böse“ erkannte, verlassen hatte! -, daß er seinen wirklich geliebten Freund David allein lassen konnte „im Walde“ (1. Sam. 20,43 und 23,18!)! Und so findest du Jonathan nicht in Hebr. 11. Nur sein „Anfang“ erscheint vorbildlich, sein Ende nimmermehr! Auf Jonathan paßt Hebr. 13,7 in nichts, weil er nicht zu handeln wagte gemäß Hebr. 13,13 oder Hebr. 11,25! - Doch genug mit diesen kurzen

Hinweisen! Man lese die angegebenen Aufsätze nach, man wird's nicht ohne Gewinn tun! Wie ernst sind doch die Warnungen, die von dem Ende dieses einst so begnadeten Mannes an uns ergehen! Laßt uns dem nachdenken!

Und nun, im Anschluß hieran, laßt uns eine Frau des Alten Testamentes erwähnen, deren Handlungsweise der des Jonathan ähnelt, wenn man auch sagen muß, daß letzterer zu den Gläubigen des Alten Testamentes gehört, jene Person aber durchaus nicht. Es ist Orpa im Buche Ruth (Kap. 1), sie, die ihrer Schwägerin Ruth zuerst so zu gleichen schien, die dann aber gerade durch den Gegensatz zu Ruth in um so größere Dunkelheit getaucht wird, als diese - eine der Vorfahren Davids und des HErrn, dem Fleische nach! - in strahlender Helligkeit erscheint. Ich frage, „wie kam es“, daß Orpa nach der anfänglichen Bereitwilligkeit, mit ihrer Schwiegermutter Naomi zu ziehen, doch abschwenkte? Waren es die Überredungsversuche der Naomi? Man hat diese dieserwegen zu tadeln versucht, doch glaube ich fest, daß die Vorsichtsmaßregeln der Naomi durchaus am Platze waren, konnte sie doch ihren Schwiegertöchtern wirklich nichts mehr bieten. Vielleicht war sie zu ängstlich, vielleicht hätte sie die beiden die Last der Entbehrung mittragen lassen sollen, ohne sie zu warnen, zumal ein Leben in Israel selbst im Mangel doch mehr sei als ein Leben im Überfluß in Moab? Ich will keine derartige Meinung kritisieren, aber mir scheint, daß ihre Einwände nur zu berechtigt waren, und sie, die doch die Charaktere ihrer beiden Schwiegertöchter am besten kannte, wußte als erfahrene Frau sicher gut genug, wie sie handeln mußte, um jene vor übereilten Schritten zu bewahren. Und sie hat sich nicht geirrt, am wenigsten wohl in der Orpa! Und von Ruth mochte sie im Herzen sowieso mehr erwarten als von Orpa. Diese Prüfung war sicher besser als die Vorwürfe, die ihr eine enttäuschte Orpa später gemacht hätte!

„Wie aber kam es“, daß Orpa sich zurückwandte? Und zwar nach einem so guten Anfang? (Jonathan!!) (V. 6-10) Hatte Orpa ihre Schwiegermutter etwa nicht lieb? Gewiß! Sie weinte mit (V. 9.14), sie küßte sie sogar beim Abschied, nachdem sie eine große Strecke Weges mitgegangen war. Aber „besser das Ende einer Sache als ihr Anfang“! (Pred. 7,8) Eine Strecke Weges ist nicht der ganze Weg, und je länger dieser ist, desto sicherer kommt der Zeitpunkt der Frage: „Soll ich oder soll ich nicht?“ Man kann, je länger der Weg ist, desto besser

überlegen, ob's der Mühe wert ist, ihn bis zu Ende mitzugehen, und sicher: Der Feind hat seine „Wegkreuzungen“ und „Wegmarken“, an denen die Seele stehenbleibt, das gegangene Stück überschaut, sich freut der zurückgelegten Strecke, aber auch wünscht, daß der unbequeme, steinige, holprige Weg bald ein Ende haben möchte! Ach, meine lieben Leser, wie trügerisch ist doch des Menschen Herz, wie leicht läßt es sich für eine Zeitlang „religiös interessieren“ - wenn's nur nicht zu lange dauert, nur nichts kostet, nur nicht zu „einseitig“ ist, nur nicht zu sehr das liebe Moab aus den Augen rückt! O Welt mit deinen Schätzen - wie bindest du das Herz! Doch eben nur, wenn man eine Orpa und keine Ruth ist! Gleiche Rechte hatten sie, gleiche Aussichten wie gleiche bevorzugte Vergangenheit (Schwiegertöchter einer gläubigen Naomi zu sein!), aber keine gleiche Zukunft! Wie so furchtbar ernst! Was wurde aus Ruth! Und was hatte dagegen Orpa erwählt? Ihr Volk und - ihre Götter! (V. 15) Was in ihrem Herzen war, das kam hervor, als die Entscheidung nicht mehr länger hinauszuschieben ging. Erst wenn wir sehen, was Ruth bewegte (V. 16.17), sehen wir auch so recht, wie oberflächlich eine weinende und Naomi küssende Orpa dachte. „Wie kam es“, daß sie zurückging? O nicht durch Naomis Warnungen! Nicht diese waren schuld, sie waren nur die Veranlassung, daß ihr Herz offenbar ward: Sie ging zurück aus Gründen, die in ihrem Hängen an ihren irdischen Beziehungen lagen. Sicher hatte sie bessere Aussichten, in Moab noch einmal Ehefrau und gar Mutter zu werden als - wie sie meinte, in dem armen Israel; sicher waren ihre heimischen „Gottesdienste“ herzerhebender als die in dem, wie in jeder Hinsicht, so auch in religiöser heruntergekommenen Lande Juda. Warum das Sichere für das Unsichere eintauschen? Das „Lager“ rief Jonathan, es rief auch Orpa, wenn auch ein ganz anderes, so doch im Charakter ähnliches! Arme Orpa! Wieviel hast du eingebüßt! „Was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, verlöre aber seine Seele!“ (Matth. 16,26) Arme Orpa, du hast deine Seele verloren an die Schätze dieser Welt! Moab war dir mehr als Gottes Volk und Land! Seele verloren - alles verloren! Lesen dies „Orpas“? Laßt euch warnen! Oder sind unter den gläubigen Lesern „Orpaähnliche“? Lassen wir uns ebenfalls warnen! Wie unendlich viel köstlicher, die glückliche Ruth als Vorbild zu betrachten! - 1. Kor. 10,12; Röm. 15,4!- „Wie kam es?“ -

neutestamentlichen Gläubigen angehört, dessen Weg aber - ebenfalls zu Anfang sehr schon! - stets zu den ernstesten Warnungen für uns Gläubige gehört, die es nur geben kann, zumal er ähnlich dem des Jonathan und der Orpa ist. Es ist Demas! Über ihn haben die „Handreichungen“ auch mehrfach geschrieben, so Br. v. d. K. in Jahrb. 14, S. 265 f., unter dem Titel „Demas, Lukas, Markus“, und in weit ausführlicherer Weise ich in Jahrb. 10, S. 211ff., unter der Überschrift: „Eine traurige Lebensgeschichte“. Ich habe diese eingeteilt in die 3 „Bilder“, die uns die Schrift von Demas (und Lukas) gibt in der Steigerung folgender Stellen: 1.) Philem. 23.24; 2.) Kol. 4,14; 3.) 2. Tim. 4,9.10. Indem ich hoffe, daß manche diesen Aufsatz nachlesen können, kann ich mich hier auf wenige Ausführungen beschränken. „Wie kam es“, daß dieser „ Mitarbeiter“ des Paulus so zurückging, daß ihn der schwere Tadel der letzten Stelle treffen muß: „Befleißige dich (Timotheus ist gemeint!), bald zu mir zu kommen, denn Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat, und ist nach Thessalonich gegangen ... Lukas ist allein bei mir“ - ja wie kam es? Aber ich möchte nicht so fragen: Wie kam es, daß er den Apostel verließ? Das ist ja klar genug gesagt, und was gesagt ist, ist schon eine unsagbar ernste Warnung für uns: „er hat den jetzigen Zeitlauf (wieder) liebgewonnen“! Ich möchte vielmehr so fragen: Warum gewann ein Demas den jetzigen Zeitlauf (wieder) lieb? In dieser Frage sehen wir die Gefahren für uns verborgen, ich meine, wir sehen, ob auch bei uns Gefahren dieser Art lauern.

Daß er „diesen Zeitlauf“ wieder liebgewonnen, hatte bei ihm zur Folge, daß er den einsamen Paulus noch einsamer (im Gefängnis!) zurückließ, also das Beiwort „mein Mitarbeiter“ für alle Zeiten verlor. Daß er „diesem Zeitlauf“ sich wieder zugewandt, hatte sicher auch die Folge, daß er nun nicht mehr mit dem Apostel leiden mußte, wie es sonst vielleicht zu befürchten war. (Ah - Furcht vor Leiden war bei Demas? Gewiß! Und bei uns?) Daß er wieder mit diesem Zeitlauf liebäugelte, brachte ihm vielleicht die Hoffnung auf ein längeres Leben ein - vielleicht unter dem Selbstbetrug, nun noch länger für den HErrn da sein zu können! usw. Aber warum? „Wie kam es“, daß er überhaupt auf „diesen Zeitlauf“ blickte? Nun, es steht nicht da, wie es kam, sagst du. Nein, es steht nicht da und doch ist es in der Schrift zu finden, wie es kommt! Ich glaube, daß „die kleinen Füchse, die den Weinberg verderben“, hier viel Schuld tragen (Hohel.

lassen. Solche „kleinen Füchse“ sind z. B-Mangel an Wachsamkeit, Gebetsunlust, Vernachlässigung des Bibellesens, Unachtsamkeit gegenüber „kleinen“ Vergehungen (ein Nichthandeln nach 1. Joh. 1,9!), Versäumnisse nach Hebr. 4,16, aber auch nach Matth. 5,23-25, oder nach 2. Kor. 7,1 u. a. zu verfahren usw. (vgl. übrigens Jahrb. 14, S. 158ff.!). Und solche „kleinen Füchse“ sind die inneren Ursachen für unsagbar viel Zurückgehen unter uns Gläubigen, für Menschenfurcht (statt Gottesfurcht!), Leidensscheu, Bekennerangst, Liebäugeln mit Zugeständnissen an die Welt, sonderlich die religiöse, und überhaupt für „Demaswege“. Die „Treue im Kleinen“ ist ein - was uns anbelangt - wunderbarer Schutz gegen „zeitläuftige Infektionskrankheiten“, während von Seiner (Gottes) Seite unentwegt für uns unser großer Hoherpriester und Fürsprecher (Hebr. 4 u. 1. Joh. 2,1) eintritt. Gerade deshalb ist aber unser Verhalten nach Hebr. 4,16 und 1. Joh. 1,9 so wichtig (s. oben!). „Wie kam es“ bei Demas zu seinem Aufgeben des Getrenntseins von dem jetzigen Zeitlauf, d. h. von dessen innerem Wesen, zu seiner Leidensscheu und zu dem daraus folgenden Verlassen des Apostels im Gefängnis? Letzten Endes vielleicht daher, weil er im Glaubensblick auf den HErrn nachlässig geworden war, weil er das Sichtbare dem Unsichtbaren vorzog (2. Kor. 4,16-18 und 5,7!) - in dieser Gefahr waren auch die Hebräer, an die der Hebräerbrief gerichtet ist! - und darum sicherlich der Ermahnung des HErrn vergessen hatte: „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommet!“ (Matth. 26,41)

Wenn wir diese Ermahnung als zu uns geredet annehmen und allezeit beherzigen, so, meine Geliebten, werden wir der Gefahr entgehen, „Demasseelen“ zu werden, was doch gewiß auch keiner von uns werden möchte. Lassen wir uns warnen, seien wir auf der Hut vor uns selbst, die wir uns oft die ärgsten Feinde sind! 1. Kor. 3,18! Jak. 1,22.

Wie kam es? Saul - Jonathan - Orpa - Demas? Welche Reihe, welch schmerzliche Erinnerungen - und es hätte nicht so sein müssen, wie es bei und mit ihnen war! Und keiner von uns muß zu kurz kommen, keiner muß fallen, keiner muß das Ziel verfehlen! Warum nicht? Weil „Gnade da ist zur rechtzeitigen Hilfe“. (Hebr. 4,16) Laßt uns sie benutzen, und laßt uns „wegblicken von allem, hin auf unseren HErrn, „auf Jesum, den Bahnbrecher und Vollender des Glaubens!“ (Hebr. 12,2) - Ihm aber sei in allem die Ehre und die Herrlichkeit, in Ewigkeit! Amen.

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Zwei Männer, die sterben wollten.

(1. Kön. 19,4 und Phil. 1,23)

Elias unter dem Ginsterstrauch: „Es ist genug; nimm nun, Jehova, meine Seele, denn ich bin nicht besser als meine Väter.“ Paulus im Gefängnis in Rom: „Ich habe Lust, abzuscheiden und bei Christo zu sein, denn es ist weit besser.“ Wieviel Gleiches hatten diese beiden auserwählten Rüstzeuge Gottes - wie große Taten waren durch beide geschehen, beide waren scheinbar gescheitert, beide hatten Lust zu sterben, - aber welch ein Unterschied zwischen beiden! Ein Unterschied so groß wie der zwischen Gesetz und Gnade, zwischen Fleisch und Geist, zwischen Adam und Christus.

Was für ein Mann war Elias! Was für eine Gestalt voller Kraft und Mut! Vom ersten Tage an, als er wie ein Meteor plötzlich in der Nacht des götzendienerischen Volkes Israel auftaucht, so unvermittelt wie Melchisedek auftrat, und sofort seine Vollmacht aufweist: „So wahr Jehova lebt, vor dessen Angesicht ich stehe, es soll diese Jahre weder Tau noch Regen kommen, es sei denn auf mein Wort!“ Und nicht minder machtvoll sein Auftreten am Karmel, nun vor dem ganzen Volke, als er den Abgefallenen zuruft: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“ Und Gott bekennt Sich zu Seinem Knecht, und das ganze Volk liegt auf dem Angesicht vor der Offenbarung des allmächtigen Gottes: „Jehova, Er ist Gott, Jehova, Er ist Gott!“ Dann erfolgt das Gericht über die Baalspfaffen, und auf das Gebet des Mannes Gottes ist der Himmel schwarz von Wolken und Wind und kommt der gewaltige Regen. Was für Kraft, Kraft, Kraft in diesem Manne! Wenn er jetzt im feurigen Wagen gen Himmel gefahren wäre, es würde uns schwer werden, das Wort des Jakobus zu glauben - das ihn doch unseren Herzen so nahe bringt -, daß Elias ein Mensch war wie wir und von gleichen Gemütsbewegungen wie wir.

Aber in Sichem, in der Königsburg, da kommt der Zusammenbruch. Am Widerstande eines Weibes wird das ganze Gotteswerk vom Karmel zuschanden. Sie herrscht über Ahab, und Ahab herrscht über das Volk. Alles war vergebens - Baal siegt doch! Da bricht der starke Mann zusammen. „Da er das sah“, da flieht er um seines Lebens willen. Muß man nicht an Petrus denken, den Felsenmann, der auf den Wogen ging, bis er „die Wellen und den Wind sah“ - und der in jener Nacht, da der HErr verraten war, weglief und der auch vor einem Weibe zuschanden wurde? „Was ist der Mensch, daß Du sein gedenkest?“

Ach, das Gesetz hat nichts zur Vollkommenheit gebracht, - auch nicht Elias, den mit Moses größten Repräsentanten des Gesetzes - des Alten Bundes. Dem Gesetz war es unmöglich, „weil es durch das Fleisch kraftlos war“. Auch bei Moses, durch den Gott das Gesetz gab. Wem hat das Herz nicht geschmerzt, wenn er las, wie Moses vom Berg Nebo das ganze verheißene Land liegen sah, von Dan bis Beerseba, das den Vätern zugesagte Land, und er darf nicht hinein! Vierzig Jahre der Wüstenreise liegen hinter Israel, „reich an Beschwerden, reicher an Schuld, aber am reichsten an göttlicher Huld“ -

nun ist das Ziel erreicht - aber das Land, da Milch und Honig fließt, ihm bleibt es verschlossen. Das Gesetz hat nichts zur Vollkommenheit gebracht. Gewiß, er ist nicht zu kurz gekommen, er starb, wie die Rabbinen überliefern, „am Kusse Gottes“, und niemand weiß sein Grab bis auf diesen Tag. Auch Elias kam nicht zu kurz, - vom Ginsterstrauch ging es zum Berge des Gesetzes, für das er so geeifert hatte, und dort wird ihm etwas von der Liebe offenbart, die des Gesetzes Erfüllung ist.

Aber „Was dem Gesetz unmöglich war, da es durch das Fleisch kraftlos war, das tat Gott, indem Er Seinen eigenen Sohn ... sandte.“ Kein vom Weibe Geborener vermochte in die Vollkommenheit einzugehen, ehe Er nicht die Erlösung vollbracht hatte. Und deshalb finden wir beide, Moses und Elias, auf dem Berge der Verklärung, - und was sie mit dem HErrn besprachen, das war der Ausgang, den der HErr in Jerusalem erfüllen sollte, den Exodus, wie das Wort im Urtext lautet, das gleiche Wort, das für den Auszug aus Ägypten gebraucht wird.

die Anbetung der unsichtbaren Welt über den wunderbaren Ratschluß Gottes, der die Erlösung bringen sollte, -Dinge, in welche Engel hineinzuschauen begehrten. War es ein Wunder, daß die „Menge der himmlischen Heerscharen“ aus der Welt ewigen Lichts hervorbrachen, als das Wort Fleisch ward, und daß sie in diese dunkle Welt hinein den Lobpreis schallen ließen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen.“ Es wäre erstaunlich gewesen, wenn es nicht geschehen wäre. Aber der HErr nimmt Sich nicht der Engel an, sondern des Samens Abrahams nimmt Er Sich an. Die Zeit war dem Verschwinden nahe, da selbst Männer wie Moses und Elias nicht zur Vollkommenheit gelangen konnten.

Welch eine andere Welt, nachdem der Ausgang in Jerusalem vollendet ist, - der Herzog des Lebens ist hindurchgegangen durch den Jordan des Todes und „führet jeden, der da glaubt, mit Ihm die gleiche Bahn“, hinein, durch den eigenen Tod hinein in das Land, da Milch und Honig fließt, aus der Wüste der alten adamitischen Natur hinein in das verheißene Land der neuen Kreatur in Christo. Welch ein Gottesgarten! In dieser Welt lebt Paulus, und deshalb will er auch sterben, „um bei Christo zu sein, welches auch viel besser wäre“ - aber nur aus Herzensfreude, nicht aus Verzweiflung. Auch er schien damals gescheitert zu sein. Gewaltige Taten hatte der HErr durch ihn getan. Überall brannten die Feuer des Glaubens, die er entzündet hatte, und nun, da er mitten in der Arbeit stand, da die neuentstandenen Gemeinden seiner so dringend bedurften - da läßt es Gott zu, daß sein auserwähltes Werkzeug beiseite gestellt - daß Paulus ins Gefängnis geworfen wird. Was wird aus dem Werk Gottes? Aber Paulus liegt nicht unter dem Ginsterstrauch - er liegt vor seinem Gott wie im Anfang, da er in Philippi mit zergeißeltem Rücken im hintersten Gefängnis mit den Füßen im Stock um Mitternacht Gott lobpries und lobsang. Und deshalb ist auch kein Brief so voll von Freude wie dieser Brief an die Philipper, etwa sechzehnmal ist hier von Freude und Sichfreuen die Rede. Durch ein Opfer auf immerdar vollkommen gemacht! Was kann uns da trennen von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn? In dieser Liebe ruhen - das ist das Land von Milch und Honig, von dem David etwas wußte, als er auf der Flucht vor seinem Sohne Absalom in der Wüste Juda lagerte und im Heiligen Geiste singen konnte: „Wie von Mark und Fett wird gesättigt meine Seele, wenn ich Deiner gedenke auf meinem Lager, über Dich sinne ich in den Nachtwachen!“ Das sind die

leitet. Da singt man vom Sieg in den Hütten der Gerechten. „Wer ist es, der die Welt überwindet, wenn nicht der, der da glaubt, daß Jesus der Sohn Gottes ist?“ Paulus lebte gern, denn er durfte dem HErrn dienen, Paulus starb gern, denn der Tod war der Diener, der dem heimkehrenden Gotteskinde die Tür öffnete zum Lichtersaal seines Vaters im Himmel, „darum wir leben oder sterben, wir sind des HErrn“ - o unbegrenzte Freude!

So ihr dieses wisset, selig seid ihr, so ihr es tut! Wenn wir in noch so fein verschleiertem Geiste des Gesetzes wirken, so ist der Zorn Gottes unser Teil. Aber glückselig, wenn wir praktisch ruhen von unseren Werken! Es gibt nur einen Weg des Wachstums: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden verwandelt in das nämliche Bild von einer Herrlichkeit zu der andern, als durch den HErrn, den Geist.“ Geht es uns nicht manchmal so, daß wir Vermehrung der Erkenntnis über strittige oder schwierige Schriftstellen für Wachstum halten? Aber Paulus sagt: „Wenn jemand sich dünkt, er erkenne etwas, der hat noch nicht erkannt, wie er erkennen soll; wenn aber jemand Gott liebt, der ist von Gott erkannt.“ Wenn wir die reine Himmelsluft der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn, unsere Herzen durchwehen lassen, - dann sind wir aus dem Gebiet des Gesetzes in das der Gnade, aus der Wüste in das Land, da Milch und Honig fließt, hinübergegangen - „und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden, wir wissen aber, daß, wenn es offenbar werden wird, wir Ihm gleich sein werden, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“ Halleluja! „Wohl uns des feinen HErren!“

E. L.

Die Null.

Man liest nicht selten geist- und sinnreiche Erklärungen über die in der Schrift vorkommenden Zahlen. Es mag angebracht sein, auch einmal etwas über die Null zu sagen, die allerdings unter dieser Bezeichnung in der Schrift nicht vorkommt.

Eine Null ist an sich nichts, und doch kann sie große Bedeutung durch die Stellung haben, die

sie einnimmt oder die man ihr gibt. Steht die Null allein, so ist sie bedeutungslos. Wert empfängt sie auf einmal, wenn sie hinter einer anderen Zahl steht, und zwar gleich zehnfachen, und wenn mehrere solcher Nichtse miteinander auftreten, 100-, 1000fachen usw. Je weiter hinten sie ihren Platz hat, desto größeren Wert verleiht sie den vor ihr stehenden Ziffern, desto gewaltiger wird die Wirkung ihrer Stellung. Eine schlimme Wirkung übt sie jedoch aus, wenn sie, wie in den Dezimalbrüchen, ihren Standort vor den Wertzahlen hat; dann drückt sie jede hinter ihr stehende Ziffer um das 10-, 100-, 1000fache usw. herab.

Die Übertragung auf das geistliche Gebiet liegt nahe. Die Null bin ich. In mir selbst bin ich als im Fleisch vor Gott stehend nichts nütze. (Joh. 6,63) Die einzige vor Gott gültige Wertzahl ist Christus. Wenn ich in Ihm meine Stellung habe, so gewinne ich vor Gott höchsten Wert. Dieses Bewußtsein sollte mich anspornen, die Stellung „in Christo“ festzuhalten, immer besser kennenzulernen, mich ihrer zu erfreuen, sie in meinem Wandel zu verwirklichen und so praktisch immer mehr hineinzuwachsen.

Das in jedem natürlichen Menschen herrschende „Ich“ hat die angeborene Neigung, sich vorzudrängen, seiner eingebildeten Wichtigkeit Geltung zu verschaffen, wie der Herr Jesus das so anschaulich an den Pharisäern zeigt, die bei den Gastmählern die ersten Plätze beanspruchten und bei anderen Gelegenheiten ihre Ehre suchten. Es widerstrebt dem Fleisch, unbeachtet und ungenannt zu bleiben, in die Ecke gestellt zu werden, nichts zu sein. Jedoch läßt das Wort Gottes und unsere eigene Erfahrung uns immer wieder wissen, daß das Fleisch auch noch in den Gläubigen wohnt. Infolgedessen steht der Gläubige immer in Gefahr, in das alte Adamswesen zurückzufallen und dem Gesetz der Sünde oder dem Grundsatz des Bösen, der in seinen Gliedern wirksam ist, Raum zu geben. (Röm. 7,19.23.25) Es erfordert viel Wachsamkeit und Gebet, um gegen die Reizungen des Fleisches gewappnet zu sein und zu bleiben und siegreich standzuhalten. (1. Petr. 4,1ff.)

Solange wir noch etwas sein und gelten wollen, indem wir unsere eigene Ehre suchen, steht es um unser Glaubensleben nicht gut. „Wie könnt ihr glauben, die ihr Ehre voneinander nehmt und die Ehre, die von Gott allein ist, nicht suchet?“ (Joh. 5,44) Wahrer Glaube ist mit wahrer Demut

(Niedriggesinntheit) gepaart, wie wir es so schön am Hauptmann von Kapernaum beobachten. Glaube erwartet nichts von sich selbst, sondern alles von Gott und Christo. Er nimmt alles als Gnadengeschenk Gottes an. Das Fleisch will nichts von Gnade wissen, will sich nichts schenken lassen, es will selbst wirken, Ruhm vor Gott haben. Seit Kains Tagen unternimmt der fleischlich gesinnte Mensch es, Gott durch seine Leistungen zu befriedigen. Welche Anstrengungen machen die Menschen zu ihrer Besserung und Veredelung, nur um nicht den Weg gehen zu müssen, den Gott in Seinem Sohne gegeben hat (Hebr. 10,20), weil dieser Weg Buße (Selbstverurteilung) und Glauben verlangt.

Auch viele Gläubige wandeln auf dem Wege der Gesetzesgerechtigkeit, wie wir es an den Galatern sehen. (Auch Apgesch. 21,20) Viele sind in dem Irrtum befangen, daß sie zwar durch das Werk Christi am Kreuz errettet werden, aber die Heiligung selber schaffen müssen. Sie lassen das Wort nicht stehen. (Eph. 2,8-10) In allen diesen Bemühungen ist das Bestreben des Fleisches, sich vorzudrängen, deutlich erkennbar. Dadurch wird Gottes Gnade ungültig gemacht, „denn wenn Gerechtigkeit durch Gesetz (sei es das sinaitische oder das in Vorsätzen sich selbst auferlegte) kommt, dann ist Christus umsonst gestorben“. (Gal. 2,21) Die Gesinnung des Fleisches (Röm. 8,6) und der Wandel nach dem Fleische (Gal. 5,19.26) verdecken den Herrn Jesus und vernichten das Zeugnis für Ihn vor der Welt.

Versteht aber der Glaubende seine Stellung in Christo, genießt er sie und verharrt er durch einen abhängigen und treuen Wandel darin, so wird er sich freuen, wenn es bei ihm Wirklichkeit wird, nichts zu sein, um durch Gottes Gnade etwas zu werden (1. Kor. 1,28) - schwach zu sein, damit die Kraft Christi über ihm wohne (2. Kor. 12,9.10) - niedrig zu sein (Röm. 12,16; Phil. 4,12) -der Geringste zu werden (1. Kor. 15,9; Luk. 9,48b) - abzunehmen, damit Christus wachse. (Joh. 3,30) Nur auf diese Weise wird die Gesinnung Christi (Phil. 2,5-8) aufgenommen. Auch im Geistlichen kann nur der hinaufrücken, der sich an den untersten Platz setzt, und erhöht werden, der sich selbst erniedrigt.

In 1. Kor. 1,17ff. wird uns eine ganze Reihe von Nullen gezeigt, die sich im Menschen verkörpern und vor Christum und Sein Wort stellen können, die aber Gott auf ihre Nichtigkeit

zurückführt. Da ist V. 17 Redeweisheit, V. 19 Philosophie und Gelehrsamkeit, V. 26 Macht und Adel, V. 27 Wissenschaft, V. 28 Ansehen und gesellschaftliche Stellung, lauter Dinge, die aus jener schlimmen Wurzel, dem Fleische, hervorwachsen, welches sich vor Gott rühmen möchte. (Phil. 3,3-9) Was aber Christus uns von Gott geworden ist, das steht hoch erhaben gegenüber aller Menschenweisheit und Wissenschaft: Gottes Weisheit; gegenüber aller Eigengerechtigkeit: Gottes Gerechtigkeit; gegenüber aller Selbstveredelung: Gottes Heiligkeit; gegenüber aller Selbsterlösung: Gottes Erlösung.

Im Epheserbrief lesen wir, wie die leeren und nichtigen Nullen nur durch Gottes Gaben ausgefüllt werden können. Ohne Gottes Offenbarung haben wir keine Erkenntnis (1,17), ohne Seine Erleuchtung sind wir unwissend (1,18 u. 4,17.18); ohne Seinen Reichtum sind wir arm (1,18), ohne Seine Kraft schwach, ohne Seine Barmherzigkeit tot (2,4), ohne Seine Herrlichkeit in Unehre. (1. Kor. 15,43) Nun hat Gott uns eine große Eins vorangesetzt in dem Christus, den Er Seiner Gemeinde als Haupt gegeben hat, durch welches alle die vielen Nullen einen vor Gott köstlichen Wert empfangen haben. Nun stimmen sie mit dem Apostel ein in den Lobgesang: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus!“ (1,3)

Die Null im Dienst.

Eine Null zu sein hat Bedeutung nicht nur für die Stellung, sondern auch für den Dienst des Gläubigen. Wenn ein Erretteter aus Liebe und Dankbarkeit dem HErrn dienen möchte, so hängt seine Brauchbarkeit davon ab, ob er eine Null werden und sich als solche behandeln lassen will. Der HErr mutet ihm nicht zu, daß er aus eigener Kraft Ihm diene. Er reicht Gaben und Kräfte dar und erwartet nur, daß man sie treu anwende. Der HErr allein kennt auch die Größe und Grenze der von Ihm ausgeteilten Dienste und Gaben. (Röm. 12,3-6; 1. Kor. 12,4ff.; Eph. 4,11.12) Deshalb kann jeder Dienst nur in Abhängigkeit von Ihm nutzbringend getan werden.

Das Wunder der Speisung der 4000 und 5000 ist ein belehrendes Beispiel. Die Jünger nahmen Brot und Fisch aus der Hand des HErrn, um es den Hundertschaften, die Er ihnen zugewiesen hatte, auszuteilen. Es war der HErr, der das Volk speiste, die Jünger waren nur Seine

Handlanger, die immer wieder ihre Hände von Ihm füllen lassen mußten. So hat der HErr als der Gott des Maßes (2. Kor. 10,13) jedem nicht nur das Maß der Gaben, sondern auch den Wirkungskreis zugeteilt. Er verlangt nur, daß der Diener seinen Platz treu ausfülle. Wer jedoch seinen Platz selbst auswählt und ohne Seine Berufung und Gaben auf eigene Faust und in eigener Kraft arbeitet, der gleicht der Null, die sich vordrängt und dabei ihren Wert einbüßt. (2. Kor. 10,14-18; Röm. 15,20) Wo bleibt da die Verherrlichung Gottes? Der Mensch mag Ruhm und Nutzen davon haben. Allein, der HErr sucht Frucht für Sich, die Er nur da findet, wo Er durch Seinen Geist wirken kann. (Gal. 5,22)

Bei jedem Dienst (sei es am Wort oder bei einem Liebesdienst) darf der Gesichtspunkt, daß der Dienst dem HErrn getan wird, nicht aus dem Auge verloren werden. Wohl war die Austeilung der Speise ein Dienst dem Volk, aber die Jünger verrichteten ihn für den HErrn, der sie in diese Arbeit gestellt hatte. So dient jeder Evangelist, Lehrer, Hirte der Gemeinde oder einzelnen Gliedern, aber wie die Berufung und Kraft vom HErrn kommt, so geschieht die Ausführung für Ihn, und die Frucht gehört Ihm als dem HErrn der Ernte. (Joh. 15,8; Kol. 3,24b; Röm. 14,18; 16,17.18; Phil. 3,2)

Möchten doch alle Arbeiter am Wort des HErrn reinen Kanälen gleichen, die den kostbaren Strom des göttlichen Wortes unverfälscht den Durstigen zuleiten! Ein Diener, der etwas für sich sucht, gleicht einer Röhre, die rostiges Wasser liefert. Da mag viel Eifer vorhanden sein. Aber es ist wichtig, nicht ein Sklave des christlichen Betriebes, sondern ein Sklave des HErrn zu sein. -

Weil der Diener ein lebendiges Werkzeug ist, braucht er selber auch Nahrung und Erquickung. Das kommt in des HErrn Wort (Joh. 7,37) zum Ausdruck: „Wer an Mich glaubt, aus des Leibe (aus dessen Innerem) werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Der Gedanke ist, daß jeder Glaubende zuerst selber getränkt wird, ehe er anderen Lebenswasser darreichen kann. Der Dienst ist nur dann lebenweckend und anregend, wenn er nicht einem mit angelerntem und verstandesmäßigem Wissen gefüllten Kopf entspringt, sondern aus einem in Geist und Herz niedergelegten Schatz hervorquillt. Dann wird das Reden zu einem Zeugnis. „Wir reden, was

wir (aus Erfahrung) wissen, und zeugen, was wir gesehen (erlebt) haben.“ (Joh. 3,11)

Des Dieners Aufgabe ist also ernster, als nur Kanal zu sein. Schon bei der Evangelisation wird das klar. Zur Errettung von Menschen kann der HErr nur Errettete gebrauchen. Zum Lehren taugen nur solche, die vorher vom HErrn Selbst gelehrt sind (vgl. Röm. 2,21) und gelernt haben (Matth. 11,29a), zum Trösten solche, die von Gott getröstet worden sind (2. Kor. 1,4.5), zum Aufseherdienst solche, die geübt sind, auf sich selbst acht zu haben (1. Tim. 4,15; Apgesch. 20,28), zum Dienst der Liebe solche, in deren Herzen Gott Seinen Geist der Liebe ausgießen konnte, die Seine Liebe an ihren Herzen erfahren haben und erfahren.

Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam. Wie ein Same durch seine Keimkraft neue Pflanzen hervortreibt, so schafft Gottes Wort neue Menschen, die in ihrem Leben das Wort verwirklichen, gleichsam leiblich darstellen. (Phil. 2,16) Ein Diener Gottes wird deshalb eine Persönlichkeit sein, deren Eigenleben in Selbstsucht und Diesseitsgebundenheit durch Gottes Geist niedergehalten wird und in der Christus Sich gestalten kann. (Gal. 4,19) Als Null in uns selbst sind wir tauglich, Sklaven Gottes und Jesu Christi zu sein.

B.

Unsere Gebete.

2. Erhörliche Gebete.

„Und was irgend ihr bitten werdet in Meinem Namen, das werde Ich tun, auf daß der Vater verherrlicht werde in dem Sohne.“ (Joh. 14,13) Jedem Kinde Gottes ist die Möglichkeit gegeben, in dem Namen des Herrn Jesus zu beten. Solche Gebete wird der HErr erhören zur Verherrlichung Seines Vaters. Der HErr Selbst ist hier der Erhörer des Gebetes. Ein Gebet wird nun aber durchaus nicht zu einem „Gebet in Seinem Namen“ dadurch, daß man in das Gebet die Worte einfügt: „Im Namen des Herrn Jesus.“ Beten in Seinem Namen schließt Seine Person ein und geschieht somit in Seinem Auftrag oder in völliger Übereinstimmung mit Ihm Selbst.

Wir erinnern uns, daß der Heilige Geist uns bisweilen gewisse Gebete aufs Herz legt, uns zum Gebet leitet, ja bisweilen drängt, für gewisse Personen und Dinge zu beten. Vielleicht haben wir dann später von der Notwendigkeit und der Erhörung des Gebetes erfahren. Wie notwendig ist es doch, daß wir alle für den Heiligen Geist brauchbare Gefäße sein möchten, die Er zu solchen Gebeten im Namen des Herrn Jesus, die also in Übereinstimmung mit Ihm Selbst sind, gebrauchen kann!

In Joh. 16,23 sagt uns der HErr ein ähnliches Wort: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Was irgend ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, wird Er euch geben.“ Hier stellt der HErr den Vater als den Erhörer der „Gebete in Seinem Namen“ dar, in dem vorigen Schriftwort war Er es Selbst, der Sohn. Dann sagt der HErr noch dieses kostbare Wort (Vers 27): „Der Vater Selbst hat euch lieb.“ Nicht erzwungener Weise erhört unser Vater solche Gebete, sondern gern, aus Liebe. Und diese Liebe sollte unser völliges Vertrauen zur Folge haben.

„Wenn ihr in Mir bleibet und Meine Worte in euch bleiben, so werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch geschehen.“ (Joh. 15,7) In diesem Schriftwort macht der HErr die Erhörung unserer Gebete davon abhängig, daß wir in Ihm bleiben, d. h. in der Gemeinschaft mit Ihm verharren, und daß Seine Worte in uns bleiben, d. h. daß wir dasselbe in Treue lesen, hören, innerlich aufnehmen (essen), bewahren und in die Tat umsetzen. Das Bleiben in Ihm und das Bleiben Seines Wortes in uns haben zur Folge, daß unsere Gebete in Übereinstimmung mit Ihm Selbst sind. Wenn der HErr sagt: „Was ihr wollt“, so erkennen wir, daß bei solchem erhörlichen Beten unser persönlicher Wille nicht ausgeschlossen ist. Er ist nicht ausgeschlossen, er ist mit tätig, er ist aber durch die Gemeinschaft mit dem HErrn und durch Sein Wort Ihm gemäß gebildet.

Der HErr sagt uns dann weiter: „Ihr habt nicht Mich auserwählt, sondern Ich habe euch auserwählt und euch gesetzt, auf daß ihr hingehet und Frucht bringet, und eure Frucht bleibe, auf daß, was irgend ihr den Vater bitten werdet in Meinem Namen, Er euch gebe.“ (Joh. 15,16) Der HErr erwartet von uns Frucht, und zwar bleibende Frucht. Das ganze Kapitel belehrt uns,

auch in diesem Kapitel, besonders aber in Gal. 5,22. Alle Frucht aber geht aus der bleibenden Gemeinschaft mit Ihm hervor. Wenn unsere Frucht bleibt, dann werden auch unsere Gebete in „Seinem Namen“, also in Übereinstimmung mit Ihm Selbst, sein und von unserem Gott und Vater erhört werden. Die Erhörung unserer Gebete hängt also auch von unserer Treue ab. Die Verantwortung wird zunehmen, so wie wir im Glauben und in der Erkenntnis zunehmen. Vielleicht müssen wir alle mehr oder weniger bekennen, daß wir weit hinter dem Ziel der Berufung zurückbleiben und daß dieserhalb auch unsere Gebete und die Erhörungen nicht das sind, was sie nach Gottes Gedanken sein sollten.

„Und alles, was irgend ihr im Gebet glaubend begehret, werdet ihr empfangen.“ (Matth. 21,22) Es dünkt uns diese Verheißung unseres HErrn fast zu groß, um sie für uns anwenden zu können, doch sehe ich keinen Grund dazu. Nur ist eines zu beachten. Nicht, „was wir irgend begehren“, werden wir empfangen, sondern was wir im Gebet „glaubend“ begehren. Der Glaube aber ist von Gott in uns gewirkt und ist nicht zu verwechseln mit Eigenwillen oder menschlicher Energie. Wir aber sollten mehr und mehr solche werden, in denen Gott diesen Glauben wirken kann!

O. D.

Nicht am Kreuz vorbei!

Es sei mir gestattet, für das angetretene Jahr des Heils 1934 unter obiger Überschrift einige Gedanken auszuführen!

Gefahren hat es für die Gläubigen zu allen Zeiten gegeben. Ja, es ist wohl so, daß das Volk Gottes unaufhaltsam und ununterbrochen durch Kämpfe hindurchging. Christ sein - heißt Kämpfer sein, heißt aber auch: Sieger sein! -

Wie jede Zeitperiode dem Volke Gottes bestimmte Gefahren brachte, so auch die unsere. Heute ist die Gefahr größer denn je, daß dem Volke Gottes - der Gemeinde Jesu Christi - das

besteht. Sie wird aber auch gesehen und erkannt, dafür sei dem HErrn Dank von ganzem Herzen! So hat z. B. ein führender Kirchenmann, der Landesbischof von Württemberg D. Wurm, folgende tiefgründige Worte gesprochen: „Freilich, es ist immer wieder die Erfahrung, daß der natürliche Mensch wohl die Verheißungen der göttlichen Hilfe gern annimmt, aber sich dem Bußernst verschließt. Seit der Aufklärung hat man sich immer wieder bemüht, an der ‚engen Pforte‘vorbeizukommen und den Menschen die Selbstdemütigung unter dem Kreuz zu ersparen. Aber es zeigt sich immer wieder, daß ein für die Bedürfnisse dessen, der das Leben und den Tod nicht wirklich ernst nimmt, zurechtgestutztes Christentum erst recht nicht anziehend wirkt und daß die Kirchen da am leersten sind, wo von der Herrlichkeit des Menschen gefabelt wird, statt die Herrlichkeit Gottes zu preisen. ... Suchen wir ihre Seelen und nicht ihren Beifall! Lasset uns Achtung bezeugen vor dem Volk, aber nicht uns richten nach der Masse, wenn Gewissen und Vernunft uns einen anderen Weg weisen!“

Erfreulich ist es, wenn auch in unserer Zeit Männer aufstehen, die, ohne von der Masse beeinflußt zu sein, den klaren und kostbaren Weg der Schrift bezeugen. So mag es auch uns allen ein heiliges Verlangen sein, nicht am Kreuz vorbei zu zielen, sondern das Kreuz mehr denn je zum Ausgangs- und Wertpunkt unseres ganzen Dienstes zu machen! Gewiß ist, daß der Herr Jesus auch mit den heutigen Menschen keine Ausnahme macht, Sein Wort bleibt auch in unserer Zeit dasselbe ernste, klare, gewaltige Wort, nach dem wir alle beurteilt werden. Auch heute noch gilt, was der Herr Jesus jenem großen Lehrer seinerzeit zu sagen hatte: „Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen.“ (Joh. 3,3) Das müssen sich auch die Menschen unserer Zeit sagen lassen, wenn sie nicht am Kreuz vorbei wollen. Das ist das Wort unseres Führers und Heilandes, unseres Erretters und Erbarmers, das ist ein wesentlicher Punkt Seines Programms, das wollen wir uns wohl merken. Er hat auch über die besten Leistungen und Werke der Menschen Sein Urteil gesprochen, es lautet: „Was vom Fleisch geboren wird, das ist Fleisch!“

So stehen wir an der Schwelle des neuen Jahres vor neuen Aufgaben. Sie bestehen darin, daß wir den Menschen unserer Zeit und insbesondere auch unseres Volkes das alte kostbare Evangelium bezeugen in der Weise, wie es der HErr von den Seinen fordert. Wir suchen nicht

den Beifall der Menge, nicht die Zustimmung der Masse, nein: Wir suchen ihre Seelen Dem zu bringen, der allein Leben und Seligkeit geben kann, dem Herrn Jesus. Es handelt sich also nicht nur um eine christliche Anschauung, sondern um das Wort vom Kreuz, welches eine Torheit ist denen, die verlorengehen; aber eine Gotteskraft denen, die errettet werden. (1. Kor. 1,18) Wir danken dem HErrn, daß Er uns im vergangenen Jahre vor der drohenden Gefahr des bolschewistischen Chaos bewahrt und gerettet hat, wir danken Ihm, daß Er unserem Lande einen treuen Führer schenkte, wir rühmen Seine Gnade und Treue, die uns geleitet hat, und wir schreiten ins neue Jahr hinein uns gegenseitig ermahnend:

Nicht am Kreuz vorbei!

In diesem Sinne - teure Glaubensgeschwister - hinein in das Jahr 1934 dem HErrn entgegen! Laßt uns gleich sein den Menschen, die auf ihren Herrn warten! Laßt uns einstimmen in den Ruf Seiner Brautgemeinde: Ja, komme bald, Herr Jesus! (Offenb. 22,20)

H. B., U.

Frage und Antwort

Frage 2

Was ist gemeint mit „einem der Tage des Sohnes des Menschen“ in Luk. 17,22? Gibt es mehrere - und welche?

Antwort

Im Worte Gottes ist das Wort „Tag“ viele Male in rein bildlichem Sinne gebraucht, um eine gewisse Zeit mit einem gewissen Charakter zu bezeichnen, wie z. B. Ps. 110,3.5; 1. Kor. 1,8. Wenn dieses geschieht, ist es immer in der Einzahl. Hierfür einige Beispiele, von den vielen Stellen nur einige herausgegriffen: Jes. 2,11.12; 11,10.11 usw.; Hes. 30,2.3; Joel 1,15; 2,1.2

3,10.12. - Wird aber das Wort „Tag“ in der Mehrzahl gebraucht, dann handelt es sich nie um eine solche bildliche Anwendung, sondern immer nur um Tage oder eine Zeitbezeichnung im gewöhnlichen Sinne.

Diesen Grundsatz finden wir auch in Luk. 17.

Die Pharisäer hatten den HErrn gefragt, wann das „Reich Gottes“ komme. Sie meinten das im Alten Testament angekündigte messianische Reich, also das Reich Gottes in sichtbarer Gestalt. Das lag (und liegt noch) in der Zukunft. Der HErr sucht ihren Blick von dem Zukünftigen weg auf das Gegenwärtige zu lenken, indem Er ihnen sagt, daß das Reich Gottes bereits da sei, mitten unter ihnen, doch in unsichtbarer Gestalt. (V. 20.21) Das war das, was die Pharisäer erkennen sollten. Seinen Jüngern aber sagte Er mehr. Sie betrachtete Er - wie noch an anderen Stellen, z. B. Matth. 10,23; 24,4ff. usw. - als Vertreter des gläubigen Überrestes Seines irdischen Volkes in der Endzeit, der durch die große Drangsal gehen und in dieser mit Sehnsucht nach Ihm als dem verheißenen Messias ausschauen wird, dem Erretter aus all ihrer schrecklichen Not und dem Bringer der von den Propheten angekündigten Segnungen, und ihnen gibt Er eine Belehrung in bezug auf das Kommen des Reiches Gottes nach den alttestamentlichen Verheißungen, in seiner sichtbaren Gestalt. (V. 22-36) „Es werden Tage kommen“ - Tage der Drangsal, in denen sie sich nach Seiner Gegenwart sehnen würden. Seine Gegenwart bedeutet Errettung, Geborgensein und Segnungen. Die Jünger, die bei Ihm waren, hatten den Segen Seiner Gegenwart genossen. Aber Er konnte nicht bei ihnen bleiben, sondern es würden Tage kommen, da Er nicht mehr sichtbar bei ihnen sein würde und sie nicht mehr jene mit Seiner leiblichen Gegenwart verbundenen äußeren Segnungen, sondern Kampf und Schwierigkeiten haben würden. Dann würden sie „begehren, einen der Tage des Sohnes des Menschen zu sehen“ - einen jener Tage, als Er bei ihnen war. Um diese Tage - die Tage Seines Erdenlebens- handelt es sich hier (V. 22): im Blick auf die Jünger, zu denen Er redete, buchstäblich; im Blick auf den durch die Jünger dargestellten Überrest in der großen Drangsal nicht buchstäblich, sondern im Sinne von Seiner Gegenwart auf der Erde; diese (der Überrest) werden sie (Seine Gegenwart) „begehren“, mit Sehnsucht nach Ihm ausschauend. Damit wird aber eine Gefahr verbunden sein: Dieses Ausschauen nach dem sichtbar

gegenwärtigen Messias wird von Betrügern benützt werden, die wartenden Gläubigen irrezuführen zu suchen, indem sie vorgeben werden, der erwartete Messias zu sein. (V. 23) Davor warnt der HErr die Seinen, und zugleich gibt Er ihnen ein untrügliches Kennzeichen, auf das sie nur zu achten brauchen, um vor solcher Irreführung bewahrt zu bleiben: Er sagt ihnen, wie Er sein wird „an Seinem Tage“ „Gleichwie der Blitz blitzend leuchtet von einem Ende unter dem Himmel bis zum anderen Ende unter dem Himmel.“ (V. 24) So kann nur Er sein, kein anderer, so daß jeder, welcher vorgeben wird, der Messias zu sein, infolge Mangelns dieses Kennzeichens ohne weiteres von den wartenden Seinen als Betrüger erkannt werden kann. Wenn Er so kommen wird - „mit Macht und großer Herrlichkeit“, wie es an anderer Stelle heißt -, dann ist „Sein Tag“ angebrochen. Dieses Sein Kommen ist der Beginn dieses „Seines Tages“, dessen Dauer sich erstreckt bis „die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden“. (2. Petr. 3,10)

Es gibt nur einen„Tag des HErrn“, nicht mehrere, verschiedene. Wir finden noch die Bezeichnung „Tag unseres Herrn Jesus Christus“, „Tag Jesu Christi“, „Tag Christi“ (1. Kor. 1,8; Phil. 1,6.10), doch ist dies derselbe „Tag“, nur daß hierbei die besondere Beziehung zu den die Versammlung bildenden Gläubigen der jetzigen Zeit in den Vordergrund gerückt ist und der Beginn früher, in dem Augenblick der Entrückung, liegt, während der „Tag des HErrn“ die Seite der Verantwortung hervorkehrt, das Offenbarwerden, Gericht und Herrschaft. (Apgesch. 2,20; 1. Thess. 5,2.3; 2. Thess. 2,1-12) Als „Tag Christi“ beginnt dieser „Tag“ mit dem Kommen des HErrn als der „glänzende Morgenstern“ (Offenb. 22,16) für die in der gegenwärtigen Zeit auf Ihn wartenden Seinen; als „Tag des HErrn“ aber beginnt er mit Seinem Erscheinen als „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal. 4,2) für Sein irdisches Volk und für die Welt. Von dem, was in der Bezeichnung „Tag Christi“ Ausdruck findet, weiß das Alte Testament nichts, da dieses zu jener Zeit nicht geoffenbart war, das ist rein neutestamentlich. Dagegen finden wir im Alten Testament viel von dem, was die Bezeichnung „Tag des HErrn“ in sich schließt. Dort wird in verschiedenen Ausdrücken von diesem „Tag“ gesprochen: als „Tag Seiner Macht“, „Tag Seines Zornes“ (Ps. 110), „jenem Tage“ (sehr viele Male - z. B. Jes. 11,10.11.16; 27,1.2.12.13 usw.),

Zorn, Gericht, Drangsal, aber auch an Errettung, Reinigung, Heiligkeit, Leben, Gerechtigkeit, Frieden, Freude und Wonne, Macht und Herrlichkeit und Fülle von Segen (unter Seiner Herrschaft auf der Erde). Die Beschreibungen dieses „Tages“ im Alten Testament gehen nicht über das messianische Reich hinaus. Im Neuen Testament sehen wir aber, daß derselbe auch noch die Auflösung der jetzigen Himmel und Erde im Feuer und das Endgericht (vor dem großen weißen Thron, Offenb. 20,11-15) in sich schließt. (2. Petr. 3,7.10) -

In Joh. 8,56 sagt der Herr Jesus: „Abraham, euer Vater, frohlockte, daß er Meinen Tag sehen sollte, und er sah ihn und freute sich.“ Dies sagte Er in Seiner Antwort Auf die Frage der Juden: „Bist Du etwa größer als unser Vater Abraham ...?“ - also, um ihnen zu zeigen, daß Er größer ist. Er spricht daher von „Seinem Tage“, an dem Er als der Größere offenbar sein wird - dem „Tage“ Seiner Macht und Herrlichkeit, von dem nach Abraham die Propheten soviel geredet haben. Dem Abraham aber war bereits von Gott Licht darüber gegeben worden, vielleicht im Blick auf das ihm und seinem Samen verheißene Land (1. Mos. 13,15), welches einst der Mittelpunkt Seiner Königsherrschaft sein wird, und so „sah“ Abraham im Geiste diesen „Tag“ des HErrn, und was er so im Geiste sah, erfüllte ihn mit Freude. Es ist derselbe „Tag“, von dem der HErr Luk. 17,24 spricht. -

In unserem Kapitel (Luk. 17) wird V. 26 noch einmal von „Tagen des Sohnes des Menschen“ gesprochen, und zwar als zukünftig, und in Verbindung damit V. 30 von „dem Tage, da der Sohn des Menschen geoffenbart wird“. An beiden Stellen handelt es sich nur um Tage im gewöhnlichen Sinne. Wir reden von „Tagen“ an Stelle von „zur Zeit“ („in den Tagen Luthers“ = „zur Zeit Luthers“) und von einem gewissen Tage als einem gewissen Zeitpunkt. Um diese beiden Begriffe handelt es sich hier. Der HErr hat V. 22 von einer Zeit Seiner Abwesenheit gesprochen und V. 24 von „Seinem Tage“ als etwas Zukünftigem, woraus sich also der Gedanke an ein einstiges Wiederkommen ergibt; V. 25 erklärt er den Grund dafür, daß es so geschehen muß: die Notwendigkeit Seines Leidens sowie Seine Verwerfung seitens „dieses Geschlechts“, und V. 26-30 zeigt Er ihnen, in welchem Zustande dieses Geschlecht zu der Zeit sein wird, da Er wiederkommen wird, indem Er es mit dem Menschengeschlecht in den Tagen Noahs vor der Flut und in den Tagen Lots in Sodom vergleicht. Wie die Menschen sich in jenen Tagen verhielten,

verhalten sie sich in der gegenwärtigen Zeit - leben nur sich selbst und wollen nichts von Ihm wissen - verwerfen Ihn, und so wird es zu der Zeit Seines Wiederkommens- „in den Tagen des Sohnes des Menschen“ - sein. Und wie es damals, an dem Tage, da die Flut hereinbrach, und an dem Tage, da Lot aus Sodom ging, für die Menschen keine Rettung mehr gab, sondern nur Verderben, so wird es auch für die Menschen, die für den HErrn keine Zeit hatten und Ihn verworfen haben, an dem Tage sein, da Er geoffenbart wird. -

In 2. Petr. 3,12 lesen wir auch noch von einem „Tage“ - dem „Tage Gottes“. Da heißt es aber nicht, daß „an“ diesem Tage „die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente im Brande zerschmelzen werden“, sondern daß dieses „wegen“ desselben geschehen wird, es also ihm voraus geht, damit er in Erscheinung treten kann. Daraus ergibt sich, daß der „Tag Gottes“ sich an den „Tag des HErrn“ (V. 10) anschließt, also nicht mit letzterem identisch ist, sondern das bildlich bedeutet, was auf den „Tag des HErrn“ folgt, und das ist die Ewigkeit. -

Wir haben auch 2. Kor. 6,2 mit angeführt, wo von dem „Tag des Heils“ geredet ist. Die Erklärung finden wir gleich in dem Verse selbst. Es heißt dort: „... jetzt ist der Tag des Heils.“ Daraus ersieht man, daß damit bildlich die Zeit gemeint ist, während welcher den Menschen das Heil in Christo angeboten wird. -

Die bildliche Anwendung des Wortes „Tag“ ist mit vorstehenden Ausführungen durchaus nicht erschöpfend behandelt, aber wir hoffen, daß sie zur Klarstellung der uns vorliegenden Frage genügen.

Wir stellen noch einmal fest: Luk. 17,22 handelt es sich um die Tage des Erdenlebens des HErrn. Es gibt nur einen„Tag des HErrn“, nicht mehrere.

Th. K.

Frage 3

Ist in Tit. 2,11 nicht das Gerettetwerden aller Menschen angedeutet?

Antwort des Schriftleiters

Keineswegs, sondern „nur“ die Rettungsmöglichkeit aller! Die Meinung verschiedener Ausleger der Schrift, daß schließlich alle Menschen errettet würden, haben wir in verschiedenen „Fragen“, sonderlich in Lief. 5 im 17. Jahrbuch, aber auch schon früher, z. B. in Frage 8 des Jahrbuchs 8 und vor allem im Jahrbuch 12, Frage 13 sowie auch in Jahrbuch 18, Frage 2 u. a., als durchaus irrig und irreführend, ja, als Irrlehre ablehnen müssen; und auch im Anschluß an vorliegende Frage kann dasselbe nur wiederholt werden. Wer aber mit vorgefaßter Meinung an diese und viele andere Stellen herangeht, wer also von vornherein jene Lehre als nicht nur möglich, sondern als schriftgemäß hinstellt, der findet sie an manchen Stellen, wo ein Unbefangener sich überhaupt nicht denken kann, wie man sie da hineinbringen kann. Das gilt z. B. auch für Joh. 3,36 oder Hebr. 9,27, so sonnenklare Stellen, die von bekannten Vertretern jener Lehre in einer Weise vergewaltigt werden, daß man sich für jene Brüder, sofern sie solche sind, schämen möchte ihrer Verdrehungskünste wegen! Wieder und wieder sage ich, wie ich's in Lief. 5 im 17. Jahrb. öfter tat: Es wird Zeit, daß diese Brüder wieder „nüchtern werden aus des Teufels Fallstrick“, nach 2. Tim. 2,26!

Was nun die Stelle der Frage anbelangt, so ist zu ihr zu sagen, daß es sich zunächst überhaupt nicht um die Rettung Ungläubiger handelt, obwohl man in der Anwendung diese Worte natürlich auf solche beziehen kann, wie denn ja auch diese Stelle sehr oft evangelistisch verwertet wird. Aber das ist doch nicht ihre Grundbedeutung! Sondern diese liegt dem Zusammenhang nach darin, welche heilbringende Wirkung die Gnade auf die verschiedenen Stände und Klassen der Gläubigen innerhalb der christlichen Gemeinde hat und haben muß, wenn die Lehre Gottes geziert, geschmückt werden soll durch den Wandel der ihr Anhangenden. Die „gesunde Lehre“ (2,1; vgl. 1,9 u. a.) hat auf alle Gemeindeglieder, auf alte und junge, auf Männer, Frauen, Jünglinge sowie auf Knechte einen heilsamen Einfluß, sucht alle dahinzubringen, sich ihrer heiligenden Wirkung zu erschließen, und das deswegen, weil die Gnade Gottes heilbringend, rettungbringend ist. Sie ist fähig, völlig zu retten, d. h. nicht etwa nur die Seele vom ewigen

Sünde! Alle Menschen, d. h. (dem Zusammenhang nach) nicht alle, zahlenmäßig verstanden, sondern alle Arten von Menschen, alle Charaktere, alle Stände, Berufsklassen, Geschlechts- und Herzensunterschiede, erbmäßig Belastete, Mühselige und Freie, alle, welchen Hemmungen sie auch untereinander ausgesetzt sein mögen, welche Rassen- oder Familienverschiedenheiten sie auch trennen mögen usw. usw. - alle, alle Menschen sind unter den Wirkungen der rettungbringenden Gnade rettungsfähig von allem, was sie untüchtig machen kann und machen würde, die innerhalb der Gemeinde wirksame Lehre zu zieren durch ihren Wandel. Diese kostbare Stelle, die so recht im Gegensatz gegen die fordernden und - da die Forderungen nicht erfüllt werden können - verdammenden Grundsätze des alttestamentlichen Gesetzes auftritt als die Bringerin göttlicher Möglichkeiten - die Gnade gibt stets, Gnade ist Gabe! -, diese Stelle, sage ich, zeigt, daß kein Mensch innerhalb der Gemeinde des HErrn, selbst wenn er von kretischer Gemüts- und Geistesverfassung wäre (1,10ff.!!), je zu verzagen braucht, als könne er nie so leben, wie die Schrift es ihm vorstelle. Nein, die Gnade genügt (2. Kor. 12,9), sie genügt auch zu einem Wandel im Licht drinnen und draußen! Sie erzieht („unterweist“) uns (V. 12!), und wenn sie es tut, was fürchten wir uns? Sie gibt nicht nur die Unterweisung, sie gibt auch die Kraft und Fähigkeit, ihr zu folgen.

Aber, wenn dem so ist - dann müssen wir auch die Gnade nehmen; wir müssen, dürfen und können „aus Seiner Fülle“ nehmen, „und zwar Gnade um Gnade“. (Joh. 1,16) Diese Verantwortung liegt vor unserer Tur, sonst leiden wir „Mangel an der Gnade“ (Hebr. 12,15), und das wird sich gar bald in unserem Leben und Verhalten und in dem Leben der Gemeinde zeigen. Daß wir es doch ja genau damit nähmen, auch damit, die Gnade, wenn wir sie nehmen, „nicht vergeblich zu empfangen“ (2. Kor. 6,1)! Das ist sehr ernst und verantwortungsreich, doch will ich nicht vom Thema zu weit abschweifen und breche hiermit ab. Der HErr gebe uns Gnade (wie oft beten wir so, nicht wahr?!), diese Dinge zu verwirklichen! Noch einmal: „die Gnade genügt“!

Ich muß aber noch auf die evangelistische Seite der Stelle wenigstens hingewiesen haben, so einfach diese auch ist! - Wenn gesagt oder gefragt würde, ob in diesem Worte nicht die Möglichkeit der Rettung aller Menschen angedeutet würde, so könnte man dem völlig

zustimmen, aber nicht dem, daß tatsächlich alle errettet werden. Wohl ist mit dem „in die Erscheinung Getretensein“ der Gnade - Gnade war auch im Alten Testament schon vorhanden (viele Stellen zeigen dies!) -, als nämlich Christus Jesus kam, litt, starb, auferstand, der ganzen Welt unsagbar Großes zuteil geworden, ist doch erst mit dem Christentum die christliche Liebestätigkeit für Kranke, Schwache, Krüppel, Blinde, Schwachsinnige usw. ins Leben gerufen, so daß in diesem Sinne alle, die ganze Menschheit, teilhaben an den Segnungen der Gnade; aber in der Bedeutung, die die Stelle uns vorstellt, ist nicht die Rede von einer Rettung aller! Durchaus nicht! Denken wir uns einen großen Saal voll von Kindern allen Alters, die erwartungsvoll nach den Türen schauen. Es ist ihnen gesagt worden, daß gleich eine Überraschung für sie alle hereinkäme. Jetzt öffnen sich die mächtigen Flügeltüren, und herein treten Menschen mit großen Körben, die voll der herrlichsten Früchte sind. Es wird laut verkündet, daß der gesamte Inhalt der Körbe für sie alle sei, sie sollten nur aus den ihnen entgegengestreckten Händen nehmen, was ihnen angeboten würde. Ich brauche nicht mehr zu schreiben, nicht wahr? Jeder versteht ohne weiteres! Waren nicht die Früchte für alle da - warum schlagen denn etliche sie aus (Jes. 55,1ff.), wollen sich nichts schenken lassen, wollen bezahlen, was frei und umsonst ist, wollen die Gnade sich verdienen?? Sie gehen leer aus, aber die Schuld ist nur die ihre! Die Segnungen der Körbe waren für alle da - so die Rettung, welche die Gnade mit sich bringt -, aber keinem werden jene wie diese aufgezwungen! „Wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst!“ (Offenb. 22,17) Es ist die Rettung bringende Gnade für alle ohne Unterschied da, aber wenn ihrer etliche sie ausschlagen, ist daran Gott schuld? Nur sie selber! Wie ernst das alles!

Geliebte, laßt uns die noch vorhandene Gnadenzeit ausnutzen und unentwegt die köstliche Gnade als heilbringend für alle verkünden „zu gelegener und zu ungelegener Zeit“. (2. Tim. 4,2) Viele, denen wir sie verkünden, werden sie noch annehmen - der HErr sei gelobt! Und laßt uns, die wir gläubig sind, uns mehr und völliger der erziehlichen und erziehenden Weise und Tätigkeit der Gnade erschließen, damit, wie oben ausgeführt, unser Wandel, sonderlich auch in der Gemeinde, mehr ein solcher werde, durch den „die Lehre, die unseres Rettergottes ist“, geziert werde in allem! (V. 10) Seine Gnade reicht aus allezeit! Ihm sei Dank!

F. K.

Das Begräbnis und die Auferstehung des HErrn im Lichte des Matthäus-Evangeliums.

Im 28. Kapitel des Matthäus-Evangeliums finden wir eine Gruppe von Frauen, die nach Maria Magdalena den auferstandenen HErrn sahen. In Maria (Joh. 20) dürften wir m. E. ein Vorbild jener Gläubigen sehen, die der Gemeinde angehören - die Ihn als den verherrlichten HErrn droben kennen. Zu Maria sagte Er, als sie Ihn anrühren wollte: „Rühre Mich nicht an, denn Ich bin noch nicht aufgefahren zu Meinem Vater. Gehe aber hin zu Meinen Brüdern und sprich zu ihnen: Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater, zu Meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh. 20,17) Dieser Bericht, den sie den Jüngern überlieferte, enthält die Wahrheit des jetzigen Zeitalters. Alles, was zwischen Gott und uns stand, hatte Sein Tod beseitigt, und auf Grund Seiner Auferstehung konnte Er jetzt alle, die an Ihn glauben, als Seine Brüder bekennen und in ein neues Verwandtschaftsverhältnis mit Gott einführen. Sein Vater war ihr Vater und Sein Gott ihr Gott. Mit Ihm vereint sind wir jetzt schon dort, wo Er ist. Das ist in Wahrheit himmlischer Grund. Ob wir ihn aber betreten und uns seiner erfreuen, ist eine andere Frage.

Als die Frauen in Matth. 28 dem HErrn begegneten und von Ihm begrüßt wurden, traten sie herzu, umfaßten Seine Füße und huldigten Ihm. Warum nun sagte Er zu dem einen Weibe: „Rühre Mich nicht an“, und den anderen erlaubte Er es? Nun, ich denke, der Grund ist ein sehr einfacher. Maria war berufen, die himmlische Seite der Wahrheit darzustellen, und sie selbst ist gewissermaßen ein Bild von den Gläubigen heute, die durch Glauben mit dem HErrn droben verbunden sind. Aber der HErr kommt wieder, alle Dinge wiederherzustellen im Himmel und auf Erden. Alle unsere Segnungen sind himmlisch. Das Alte Testament aber ist auch voll von Verheißungen irdischer Segnungen. Jetzt sehen wir, daß alles auf dieser Erde unter Satans Macht und Herrschaft verdorben und verkommen ist - aber, Gott sei Dank, diese Erde wird noch einmal unter der Herrschaft des Herrn Jesus stehen, und ein erneuertes Israel wird auf ihr wohnen, das Ihn erkennt und Ihm huldigt, so wie diese Weiber in Matth. 28 es tun.

Das Alte Testament ist voll von der Wahrheit, daß die Herrlichkeit des HErrn die Erde erfüllen wird, gleich wie die Wasser den Meeresgrund bedecken. Seine Herrlichkeit kann nicht eher die Erde erfüllen, als bis Er Besitz von ihr genommen und alles zurechtgebracht hat. Diese Zeiten der Wiederherstellung aller Dinge, von denen Petrus Apostelgeschichte 3,21 spricht, sind mit der Wiederkehr und Anwesenheit des Herrn Jesus verbunden. Seine Füße werden an jenem Tage auf dem Ölberge stehen (Sach. 14,4), und Sein irdisches Volk wird Ihn mit Entzücken begrüßen, wie es hier die Weiber tun.

Wir wissen, daß, als der Herr Jesus als der König der Juden in die Welt kam, Ihm der Thron verweigert und Er schmachvoll verworfen wurde. Es ist außerordentlich schön, zu sehen, wie passend zu diesen Tatsachen das Matthäus-Evangelium schließt. Es stellt uns den auferstandenen König in der Mitte einer Schar auf Erden dar, die Ihn erkennt und anbetet. Wenn wir nichts weiter als allein das Evangelium Matthäus besäßen, so müßten wir annehmen, daß der Herr Jesus jetzt noch auf der Erde anwesend sei, weil wir keinen Bericht von Seiner Himmelfahrt in diesem Evangelium haben und es mit den Worten schließt: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“

Wie gesagt, es ist schön, am Schluß dieses Evangeliums den HErrn in der Mitte derer hier auf Erden zu sehen, die ihre Freude in Ihm finden. Die Unterweisung, welche mit dieser Tatsache verbunden ist, ist keineswegs unwichtig. Es gibt Leute, die da meinen, weil der Bericht der Himmelfahrt im Matthäus-Evangelium fehlt, daß dasselbe aus diesem Grunde unvollständig sei. Hätten wir aber einen solchen Bericht in diesem Evangelium, so würde der Charakter desselben dadurch völlig verändert werden, und ich hoffe, fähig zu sein, dieses erklären zu können. Unter den Lesern werden sicher auch junge Gotteskinder sein, und ich zweifle nicht, daß, wenn sie einen Überblick über dieses Evangelium bekommen, sie sehen werden, warum wir die Himmelfahrt hier nicht aufgezeichnet finden und wie dieses mit dem ganzen Charakter des Evangeliums übereinstimmt.

Zunächst möchte ich bemerken, daß die 4 Evangelien uns den Herrn Jesus von vier

Juden, aber als den von ihnen verworfenen König und Messias, Markus beschreibt Ihn uns als den Diener, Lukas als den Sohn des Menschen, Johannes als den Sohn Gottes.

Matthäus, der Ihn uns als König der Juden beschreibt, beginnt mit dem Stammbaum - dem Geschlechtsregister des Königs, weil, wenn es sich um einen Thron und ein Königreich handelt, derjenige, der beides beansprucht, sein unbestreitbares Recht daran beweisen muß. Und gerade das wird hier am Anfang des Evangeliums getan. Das Geschlechtsregister des Herrn Jesus liefert den unwiderlegbaren Beweis Seines Anrechtes auf den Thron Davids.

Laßt uns nun einen Augenblick zum 1. Kapitel zurückgehen, dem Buche des Geschlechtes Jesu Christi, des Sohnes Davids, des Sohnes Abrahams. (V. 1) Einige Verse später lesen wir: „Isai aber zeugte David, den König. David aber zeugte Salomon von der, die Urias Weib gewesen.“ (V. 6) Hier in der Mitte des Geschlechtsregisters haben wir gleichsam den Grundton, auf den dieses Evangelium gestimmt ist. Es ist das Geschlechtsregister des Königs. Auf Einzelheiten können wir hier nicht eingehen. Aber in unwiderlegbarer Weise wird hier der Rechtsanspruch auf den Thron Davids erwiesen.

Ganz kurz möchten wir aber doch darauf hinweisen, wie wunderbar Gottes Gnade in diesem Geschlechtsregister zum Ausdruck kommt. Vier Frauennamen werden darin aufgeführt, die jeder andere außer Gott weggelassen haben würde. Wer würde, um den Anspruch an den Königsthron zu beweisen, in der Ausarbeitung eines Stammbaumes Thamar, Rahab, die Hure, Ruth und Bathseba, das Weib Urias, mit angeführt haben? Sicher niemand als allein Gott. Wir sehen, Gott schreibt dieses Buch anders, als wie Menschen es getan haben würden. Ein Mensch würde diese Namen sorgfaltig umgehen. Ruths Name war nicht unehrenhaft, aber sie war eine Moabiterin, und damit war es ihr für immer verwehrt, in die Gemeinde Jehovas einzutreten. (5. Mos. 23,3) Aber auf den anderen drei Namen ruhten die dunkelsten Flecke, die ein Weib haben kann. Ein Mensch würde es aufs sorgfältigste vermieden haben, solche Beziehungen anzuführen, die nur Makel auf seinen Stammbaum und sein Wappenschild werfen konnten. Nicht so Gott! Wenn Er den Stammbaum Seines Sohnes schreibt, der ein Mensch wurde, um den gefallenen Menschen zu segnen, so trägt Er diese Namen mit ein. In ihnen wird uns die

Gnade Gottes veranschaulicht, die sich zu den tief gefallenen Sündern niederbeugt, und mit diesen Frauennamen in Verbindung führt Er nun Seinen geliebten Sohn als den Heiland der Welt und auch als den König der Juden ein.

Das 2. Kapitel berichtet uns die Geburt des Königs und zugleich damit auch die erste Frage im Neuen Testament, nämlich die Frage der Magier: „Wo ist der König der Juden, der geboren worden ist?“ (V. 2) Dann folgt die Flucht nach Ägypten, „auf daß erfüllt würde ...“ (V. 15), und wiederum heißt es in bezug auf Sein späteres Wohnen in Nazareth: „Damit erfüllt würde, was durch die Propheten geredet ist.“ (V. 23) Nachdem die Geburt des Königs im 2. Kapitel bekannt gemacht ist, finden wir im 3. Kapitel die Proklamation Johannes des Täufers, daß das Königreich der Himmel nahe gekommen sei. In klaren Worten verkündigt er die Ankunft des Königs und tauft dann den König Selbst. Dieser erscheint nicht in Macht und Herrlichkeit, - niedrig und demütig wohnt Er unter dem gottesfürchtigen Überrest Israels. Im 4. Kapitel wird uns dann die Geschichte der Versuchung in der Wüste geschildert. Wenn wir sie von der Seite des HErrn aus betrachten, so ist es die liebliche Entfaltung Seiner Schönheit als abhängiger Mensch. Von einem anderen Gesichtspunkte aus aber zeigt sie uns die völlige Niederlage des unrechtmäßigen Fürsten und Gewalthabers dieser Welt. Satan ist besiegt. Der wahre König hat den überwunden, der gleichsam den Thron der Welt an sich gerissen hatte. Das ist der Satan.

In den Kapiteln 5.6 und 7 finden wir reichhaltige Belehrungen. Die dort gegebenen Unterweisungen mögen nicht alle an einem Tage von dem HErrn gegeben worden sein, aber der Geist Gottes hat sie so in diesen drei Kapiteln zusammengefügt. Wir nennen das Ganze gewöhnlich „die Bergpredigt“. Diese Kapitel geben uns in Einzelheiten die Grundsätze, die in dem Königreiche herrschen werden, wenn der wahre König die Herrschaft antreten wird. Bei dieser Gelegenheit mag bemerkt werden, daß der HErr auf Seinem ganzen Wege durch diese Welt nie von Sich Selbst als König spricht, außer in Matth. 25,34.40, wo Er aber von Seinem Kommen in Herrlichkeit und dem zukünftigen Gerichtstage redet. Nie beanspruchte Er hienieden Seine Königswürde. Wenn du oder ich es gewesen wären, würden wir nicht unser Recht gefordert haben? Er tat solches nie. Konnte Er das Königreich antreten und herrschen, wo Sünde und Auflehnung gegen Gott waren? Diese mußten entfernt werden, ehe Er den

Königssitz einnehmen konnte. Und dies geschieht auf dem Grunde der Erlösung.

In den Kapiteln 8 und 9 finden wir die Wunderkräfte zusammengefügt, die das Königreich des Messias kennzeichnen werden, wie es in Jes. 35 geweissagt ist. (Bitte, lies sorgfältig diesen Abschnitt, der in zusammenfassender Kürze die Wunderwerke des HErrn enthält!) Dieses 8. und 9. Kapitel spricht von zwölf Wunderwerken, und sicher sind sie in dieser Reihenfolge geordnet, um uns unwiderleglich zu überführen, daß Er, der verheißene Messias, wirklich gekommen war, denn Er tat das, was nur Jehova allein tun konnte. Dies ist gleichsam der springende Punkt in diesen beiden Kapiteln.

Wenn wir nun zum 10. Kapitel kommen, so finden wir den HErrn, wie Er Sich zwölf Jünger erwählt, sie zu Aposteln beruft und ihnen gebietet, das Königreich zu verkündigen. In Seiner Autorität kündigt Er das Reich der Himmel an und sendet Seine Apostel aus, es zu predigen. Man sollte meinen, daß nun alle den König anerkennen würden und das Königreich aufgerichtet werden würde. Aber ach, statt dessen finden wir im 11. Kapitel Johannes geärgert und die Pharisäer und die Welt in Ablehnung und Unglauben versunken, kurz gesagt, Sein Zeugnis wurde nicht angenommen. Im 12. Kapitel sehen wir nur das Wachsen des Geistes des Widerstandes und der Ablehnung. Obwohl das Volk erstaunt sagte: „Dieser ist doch nicht etwa der Sohn Davids (Matth. 12,23), ließen die religiösen Führer jener Tage - die Pharisäer - keine Regung für Ihn aufkommen. Sie antworteten: „Dieser treibt die Dämonen nicht anders aus als durch den Beelzebub, den Obersten der Dämonen.“ (V. 23.24) Seine gewaltige Macht, zu heilen und zu segnen, schrieben sie nicht der Kraft des Heiligen Geistes, die es in Wahrheit war, sondern dem Satan zu. In offener Weise lehnten sie Ihn ab, und die Folge war, daß Er am Schluß des 12. Kapitels es ablehnt, das Volk als Gottes Volk anzuerkennen. Das Band mit Israel ist zerrissen und das Volk der Juden im gegenwärtigen Zeitlauf verworfen. Der Gedanke an die Aufrichtung des Königreiches ist bis auf weiteres aufgegeben, denn wie kann das Königreich aufgerichtet werden, wenn der König verworfen ist?!

Das 13. Kapitel enthält die Geheimnisse des Reiches der Himmel. Das Königreich ist nun verborgen in einem Geheimnis. Während dieser Zeit, in der die sichtbare Entfaltung des

Königreiches auf Erden aufgeschoben ist, entfaltet Gott jetzt den Ratschluß Seiner Liebe, das Geheimnis Seiner Gemeinde.

In den folgenden Kapiteln finden wir dann, wie die Führer des Volkes den Anschlag schmieden, den Messias zu töten. Judas wird das Werkzeug in der Hand Satans, Ihn Seinen Feinden zu überliefern. Ihr Ziel ist gar bald erreicht. Sie nageln Ihn ans Kreuz, und über Sein Haupt setzen sie die Überschrift: „Dieser ist Jesus, der König der Juden.“ (Matth. 27,37) Wenn die Römer einen Menschen zum Tode verurteilten, dann wurde sein Verbrechen, für das er sterben mußte, über sein Haupt geschrieben. Was war nun Seine Beschuldigung? Daß Er das war, was Er gesagt hatte. Und was war Er? Er war Jesus von Nazareth, Jehova, der Heiland und König der Juden. Die Hohenpriester kommen zu Pilatus und sagen: „Schreibe nicht: Der König der Juden, sondern daß jener gesagt hat: Ich bin der König der Juden.“ (Joh. 19,21) Pilatus antwortete: „Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.“ (V. 22) Er war von der Wahrheit des Geschriebenen durchdrungen.

So starb der König, von seinen eigenen Untertanen gekreuzigt. Und die Schrift wurde erfüllt: „Und nach den zweiundsechzig Wochen wird der Messias weggetan werden und nichts haben.“ (Dan. 9,26)

Es ist sehr lehrreich, die besondere Art zu beachten, in der Gott durch Matthäus uns das Ereignis des Todes des Herrn Jesus sowie auch Sein Begräbnis und Seine Auferstehung berichten läßt. Der aufmerksame Leser wird erstaunt sein über das häufige Erscheinen des Ausdrucks „damit erfüllt würde ...“, der in dem Matthäus-Evangelium viel öfter vorkommt als in den anderen Evangelien. Wohl lesen wir dort des öfteren „wie geschrieben steht“, aber Matthäus geht weiter und sagt zwölfmal, „auf daß erfüllt würde“ (oder ähnlich). Siehe Kapitel 1,22; 2,15.17.23; 8,17; 12,17; 13,35; 21,4; 26,54.56; 27,9.35.

Nun wollen wir betrachten, was sich nach dem Tode des HErrn ereignete. „Als es aber Abend geworden war, kam ein reicher Mann von Arimathia, namens Joseph, der auch selbst ein Jünger Jesu war. Dieser ging hin zu Pilatus und bat um den Leib Jesu. Da befahl Pilatus, daß

Leinwand und legte ihn in seine neue Gruft, die er in dem Felsen ausgehauen hatte; und er wälzte einen großen Stein an die Tür der Gruft und ging hinweg.“ (Matth. 27,57-60) Man muß natürlich eine jüdische Gruft sich nicht so wie unsere Gräber vorstellen, die eine aufgeschaufelte Grube in der Erde sind. Die Schrift berichtet uns sorgfältig und genau, daß er das Grab in einem Felsen ausgehauen hatte und daß es ein neues Grab war. Und warum wird es noch besonders erwähnt, daß es noch ein neues Grab war? Weil Christo in allen Dingen der Vorrang gebührt. Er wollte nicht der Zweite sein, der auf dem Füllen saß (Mark. 11,2), und nicht den zweiten Platz in einem Grabe haben und nicht den zweiten Platz in deinem oder meinem Herzen!

Was Matthäus uns berichtet, war schon Jahrhunderte zuvor von Jesaja prophezeit worden. Wir lesen: „Er ist hinweggenommen worden aus der Angst und aus dem Gericht. Und wer wird Sein Geschlecht aussprechen? denn Er wurde abgeschnitten aus dem Lande der Lebendigen: wegen der Übertretung Meines Volkes hat Ihn Strafe getroffen. Und man hat Sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt; aber bei einem Reichen ist Er gewesen in Seinem Tode.“ (Jes. 53,8.9) Was sagt uns dieses Wort? Zweifellos, daß sie den Leib des HErrn mit den Leichnamen der Verbrecher, die an Seiner Seite starben, zusammen in eine Grube legen wollten. Satans Bosheit bewirkte nicht nur, daß Er durch einen vertrauten Freund verraten wurde, sondern auch, daß man, nachdem Er gestorben war, Seinen Leib in ein gemeines Grab werfen wollte. Gottes Antwort Auf die Beschimpfung Seines Sohnes war schon lange zuvor niedergeschrieben: „Man hat Sein Grab bei Gesetzlosen bestimmt, aber bei einem Reichen ist Er gewesen in Seinem Tode.“

Wie schön dieses auch ist, aber der Grund, weshalb es so sein sollte, ist noch viel schöner: „Weil Er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in Seinem Munde gewesen ist.“ (V. 9) In jener furchtbaren und schrecklichen Stunde, als scheinbar alles zu Ende war und die Jünger jede Hoffnung verloren hatten und es aussah, als hätte Satan alles in seine Hand bekommen, da erinnert Gott an das prophetische Wort, daß Er kein Unrecht begangen und kein Trug in Seinem Munde gewesen ist. Und da mußte der reiche Joseph von Arimathia eingreifen und für Seinen Leib eintreten. In diesem Leibe hatten Er Seinen Vater verherrlicht, und nun sorgte Gott

im Tode für diesen Leib, daß Er gemäß der Schönheit des Lebens auch bestattet werde. Laßt uns dies nicht vergessen! Es ist von dem Heiligen Geiste nicht so nebenbei geschrieben worden: „Bei einem Reichen ist Er gewesen in Seinem Tode, weil Er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in Seinem Munde gewesen ist.“ Solches Zeugnis konnte Gott sicher keinem anderen geben. Joseph von Arimathia, der schon vorher ein Jünger Jesu war, aber aus Furcht vor den Juden ein verborgener (Joh. 19,38), tritt nun mutig auf und bittet und erhält und begräbt den Leib des Herrn Jesus in seiner eigenen neuen Gruft. Was das Leben des HErrn bei Joseph nicht bewirkt hatte, das bewirkte jetzt Sein Tod: Er wurde ein freier Bekenner seines HErrn.

Im Johannes-Evangelium lesen wir: „... in welches noch nie jemand gelegt worden war.“ (Joh. 19,41) Warum legt Gott solchen Wert darauf, uns dies so genau zu berichten? Im Alten Testament finden wir die Antwort Darauf. Wir lesen 2. Kön. 13,20.21: „Und Elisa starb, und man begrub ihn. Und es kamen Streifscharen der Moabiter in das Land, als das Jahr anfing. Und es geschah, als sie einen Mann begruben, siehe, da sahen sie die Streifschar, und sie warfen den Mann in das Grab Elisas; und als der Mann hineinkam und die Gebeine Elisas berührte, da wurde er lebendig und erhob sich auf seine Füße.“ Laßt uns beim Lesen dieser Worte beachten, mit welchem Eifer Gott über alles wacht, was irgend mit der Person Seines geliebten Sohnes in Zusammenhang steht. Diese Stelle macht es uns leicht zu verstehen, warum uns gesagt wird, daß es „eine neue Gruft war, in welche noch nie jemand gelegt worden war“. Wie sorgsam teilt uns der Geist Gottes dieses mit! Wäre es nicht ein neues Grab gewesen, in welches noch nie jemand gelegt worden war, die Hohenpriester und Ältesten hätten den Soldaten kein Geld für die Lüge zu geben brauchen, daß, als sie schliefen, Seine Jünger gekommen seien und Seinen Leib gestohlen hätten. Satan und die Juden würden gar bald dafür gesorgt haben, daß das Gerücht von der Auferstehung Jesu als nichts Besonderes oder Neues abgetan worden wäre mit der Begründung, daß ja Gleiches schon in alttestamentlichen Zeiten vorgekommen sei; so würden auch in dieser Gruft einige Gebeine von einem heiligen Propheten gelegen haben, mit denen Sein Leib in Berührung gekommen und dadurch wieder lebendig geworden sei. Gott sah diese Lüge voraus und trug Sorge für ein neues Grab, und in dieses hinein legten sie den Herrn

(Schluß folgt, s. G. w.)

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Da wohl jeder Leser dieser Lieferung auch die ersten beiden dieses Jahres zu seiner Verfügung hat, so kann ich mir eine ausführliche Einleitung ersparen, da das, was ich mit diesem Aufsatz bezwecke, besonders in Lieferung 1 genügend beschrieben ist: Wie kam es, daß Personen der Bibel nicht die Ziele erreichten, die Gott ihnen vorbehalten hatte? Wie kam es, daß mancher einen tiefen Fall tat, bei dem ein Siegesleben das Selbstverständlichere zu sein schien? Wie kam es, daß Vorrechte verscherzt wurden, daß man nicht auf der geistlichen Höhe blieb, daß aus einem zugesprochenem Segen ein Fluch werden mußte usw., usw.? Ja, „wie kam es“? ... 1. Kor. 10,12.

Die Persönlichkeiten, die uns bisher beschäftigten, waren Saul - Jonathan - Orpa - Demas, und zwischen hinein warfen wir einige Blicke auf Israel.

Heute wollen wir uns aus Raummangel nur einen Mann ansehen, dessen Weg schon oft zu den schmerzlichsten Betrachtungen Anlaß gegeben hat, nämlich: Salomo!

Der König Salomo, Davids Sohn und frühzeitig von seinem Vater zu seinem Nachfolger bestimmt, war ein überaus gesegneter Mann, solange er in der demütigen Gesinnung von 1. Kön. 3,5-15 verharrte. Gott hatte ihm „über Bitten und Verstehen“ gegeben (3,12.13), und lange Zeit erzeigt sich der fromme junge König in seinem Verhalten gleichsam als „würdig der Berufung“. (Vgl. Eph. 4,1) Lange Zeit hindurch ist Jerusalem durch die dort zu Gehör aller Besucher kommende Weisheit Salomos der Mittelpunkt zahlreicher „Pilgerzüge“, die kamen, um seine Weisheit zu hören und ihm - ein Vorbild von den Segnungen des Tausendjährigen Reiches! - ihren Tribut zu zollen (siehe z. B. 1. Kön. 10,1-13.23-25); lange ist er ein Vorbild auf Christum, den Messias, und eben auf zukünftige Herrlichkeiten Israels hin, bis dann leider,

leider - es ist zum Weinen! - auch bei ihm die Nichtbeachtung des Grundsatzes 1. Kor. 10,13 einsetzt und es dann wie im Gleitfluge mit dem einst so kostbaren Leben dieses Hochbegnadeten Mannes abwärts geht, kaum daß man sagen durfte, es sei vor seinem Ende noch zur Beugung bei ihm gekommen! (Vielleicht doch, etwa nach Prediger 2?)

Wie kam es? Anfänge zum Abgleiten mögen in dem übergroßen Reichtum gelegen haben! Nicht etwa, daß, wem der HErr diesen schenkt, der Beschenkte denselben mißbrauchen müßte (vgl. 1. Tim. 6,10[.11]!), aber es scheint doch, als wenn Salomo mehr und mehr von dem Glanz seiner Herrlichkeit berauscht gewesen sei und ihn dann so übersteigert hätte, daß er eine Gefahr für sein Innenleben bildete. Die Schrift spricht von den Gefahren des „reich-werden-Wollens“ (1. Tim. 6,9.10), und wenn man sieht, wie bei Salomo, also schon beim 3. König Israels, die gottgewollten Grundsätze des Königtums verlassen werden (5. Mos. 17,16.17), so möchte man zittern vor den Folgen für diesen einst so demütigen Mann, dessen Herz sichtlich in Gefahr schien, sich zu überheben. (1. Kön. 10,26-29; vgl. 2. Chron. 9!) Ist es nicht so, daß, „wenn der Reichtum wächst“, der Mensch gern sein Herz darauf setzt? Würde Gott uns eine Warnung zuteil werden lassen, wenn sie nicht nötig wäre? (Ps. 62,10c)

Wieweit nun der große Salomo den Lockungen des gleißenden Glanzes nachgegeben haben mag, wenn er durch seine an Inhalt schier unermeßlichen Schatzkammern ging - einerlei, der Salomo von 1. Kön. 3 und der von 1. Kön. 11 würden für uns fast nicht die gleichen Träger dieses Friedens-Namens scheinen, wenn wir nicht wüßten, daß das Herz ein trügerisches, leicht zu beeinflussendes Ding ist und daß „vom Herzen die Ausgänge des Lebens“ gehen. Spr. 4,23! Wie schön hat der königliche Dichter dieses selbst gesehen und hier gesagt, aber es ist leichter, etwas Richtiges zu sehen und zu sagen als sich unter allen Umständen darunter zu beugen, und er selber sagt ja ebenfalls - und wohl mag er auch an sich selber dabei gedacht haben: „Besser ein armer und weiser Jüngling als ein alter und törichter König, der nicht mehr weiß, sich warnen zu lassen!“ (Pred. 4,13) - Genug - es kommt zu dem so unsäglich traurigen 11. Kap. in 1. Könige. Ich mag darüber eigentlich nichts schreiben, die Worte reden eine so laute, klare Sprache, daß Menschenworte nichts Wesentliches dazu zu sagen haben können, nur mit tiefer Beschämung können wir dergleichen lesen, und wir müssen, uns beugend, uns fragen, ob es

auch bei uns Personen oder Sachen gibt oder geben sollte, die unser Herz nicht ungeteilt mit dem HErrn sein lassen, ob es Dinge gibt, die unser Herz „neigen“ zu den Götzen, den religiösen Beeinflussungen unserer Zeit. Wieviel ernste Worte über die Folgen jener scheußlichen Handlungsweise: „Er hing mit Liebe an den fremden Weibern“ (über die er einst in den ersten Kapiteln der Sprüche als über schwere Gefahren gesprochen hatte). (V. 3) - „Die Weiber neigten sein Herz“ (V. 3 und 4; vgl. die Warnung V. 2!), „sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott“, „wie das Herz seines Vaters David“ (er richtete sich nicht nach biblischem Vorbild!); „Salomo wandelte der Astoreth nach“; Salomo tat, was böse war in den Augen Jehovas; „er folgte Jehova nicht völlig nach wie sein Vater David ...“, „er baute eine Höhe dem Kamos“(!!), „und also tat er für alle seine fremden Weiber“.

Welche Erniedrigung, welch Abirren, welches Verfehlen seines Zieles! Wir wollen alttestamentliche Männer Gottes nicht kritisieren, aber wir müssen der Schrift folgen, und sie zeigt uns hier Abgründe ohnegleichen und Folgen, unverständlich für den, der das Herz des Menschen nicht kennt. Der treue Nehemia weist auf diese Sünden Salomos hin, als er das aus Babel zurückgekehrte Volk warnt (Neh. 13,23-27. V. 26!), und hier haben wir eine schriftgemäße Auslegung und Anwendung jenes so tiefschmerzlichen Verhaltens des einst so großen Salomo!

Geliebte, laßt uns diesen Warnungen nicht für uns die Spitze abbrechen, indem wir sagen, derlei käme für uns gar nicht in Betracht, wir seien nicht „Salomo“, wir auf dem Boden des N. T. hätten nicht „viele Weiber“ und der - grobe - „Götzendienst“ sei keine Gefahr für uns (und der feine??). Wir müssen uns stets bemühen, geistliche Vergleiche zu ziehen, wenn auch die Einzelheiten bei uns andere sind. Und da sind in der uns umgebenden Welt in ihrem religiösen, auch kulturellen, und dadurch bestechenden Charakter und in ihren sonstigen Beziehungen auf unser Leben genügend Gefahren für uns „entschiedene“ Christen, uns beeinflussen zu lassen statt zu beeinflussen, uns von Christus abzuziehen, statt daß wir andere zu Christus ziehen, uns zu nicht an der Oberfläche liegendem Götzendienst zu leiten, statt daß wir andere von Götzen „feinster“ Art abbringen usw. Johannes hat die Aufgabe in seinem letzten Satz seines 1. Briefes, uns vor den Götzen zu warnen: „Kindlein, hütet euch vor den Götzen!“ (5,21) Nehmen

wir seine Ermahnung und damit des HErrn Warnung an, oder lehnen wir sie ab? Wollen wir von Salomo in seiner Blütezeit lernen oder von ihm in der Zeit seines Niedergangs? Wem gehören unsere Herzen? Wo ist unser Schatz? (Denn da, wo er ist, wird unser Herz sein, das sagt uns der Herr Jesus in Matth. 6,21.) Was unser Herz gefangen hält, wenn es nicht der HErr ist, dürfte ein Götze sein, der Verehrung und Dienst in irgendeiner feinen Weise beansprucht und empfängt. Doch sei darüber hier nichts weiter gesagt!

Aber wir müssen uns ja vor allem noch fragen, wie es dazu kommt! „Wie kam es“, daß ein Salomo so weit zurückging, daß er den Götzen Häuser baute? „Er liebte viele fremde Weiber“, heißt es in Vers 1. Vielleicht sagen wir nun: „Aber das tun wir doch nicht!“ Gewiß nicht, und hoffentlich nicht und niemals in so äußerlicher Weise! Aber der Ton liegt auch doch wohl mehr auf „fremde“, nicht wahr? Und da ist uns der Faden gegeben, der ihn in die Irre leitete: fremde Weiber! Eine doppelte Gefahr, aber durch das Wort „fremde“ sogar eine furchtbare und verderbliche Schlinge! Und, Geliebte, das Fremde (im geistlichen Sinne), das ist unsere Gefahr, und möge es nicht eine Schlinge für uns sein! Da liegen die Beeinflussungen, die auch heute uns gefährlich werden, nicht müssen, aber können, wenn wir nicht auf der Hut sind. Laßt uns zu dem Worte „fremd“, das in diesem Sinne im A. und N. T. oft vorkommt, noch lesen Luk. 16,12 oder Hebr. 13,9, und laßt uns bedenken - ernstlich und treu! -, was Joh. 10,5 geschrieben ist, was der Herr Jesus den Seinen sagte! Wie wichtig ist das!

Und damit genug der geistlichen Anwendungen jener Gefahren, denen ein Salomo erlag! Der HErr gebe uns Gnade und Weisheit, dem nachzudenken und es sinngemäß auf uns, unseren Wandel, unser Zeugnis, unsern Dienst, unsere Stellung, auch mitten im heutigen Leben, anzuwenden! Ps. 119,105! 1. Kor. 10,13!

In der nächsten Lieferung möchte ich nun, wenn der HErr will, zur Abwechslung eine ganze Reihe von Bildern über das „Wie kam es?“ anführen und stets nur wenige Worte darüber sagen, um dann später wieder ausführlichere Schilderungen zu geben. Der HErr aber lasse alles zu Seiner Ehre gereichen und gleicherweise zu unserer Auferbauung! 2. Petr. 3,18!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

3. Weitere Erfordernisse und Hindernisse.

Ein irdischer Vater liebt gerechterweise alle seine Kinder gleichmäßig, keines wird vorgezogen. Dennoch verhält er sich zu den Kleinen ganz anders als zu den Großen, von welchen er gemäß ihres Alters und Verstandes mehr erwarten kann. Auch zu den Gehorsamen wird er sich anders verhalten als zu den Ungehorsamen. Die Gehorsamen werden sich inniger mit dem Vater verbunden wissen und auch mehr Freimütigkeit haben zum Vorbringen ihrer Bitten als die Ungehorsamen. Auch werden sie viel mehr mit der Erfüllung ihrer Bitten rechnen können, weil ihre Bitten dem Willen des Vaters gemäß sind und weil sie durch ihren Gehorsam des Vaters Wohlgefallen haben. Dieses irdische Bild sei uns ein Gleichnis für die himmlischen Dinge!

Wir lesen in 1. Joh. 3,22: „Was irgend wir bitten, empfangen wir von Ihm, weil wir Seine Gebote halten und das vor Ihm Wohlgefällige tun.“ Wenn unser Herz uns nicht verurteilt in bezug auf unser Tun und Lassen, dann haben wir Freimütigkeit zu zuversichtlichem Beten. Wenn wir nicht sorgfältig wandeln, es etwa gar mit der Sünde leicht nehmen, dann können wir nicht auf Erhörung rechnen.

Nach 1. Tim. 2,8 werden die Männer ermahnt, „an jedem Orte zu beten, indem sie heilige Hände aufheben, ohne Zorn und zweifelnde Überlegung“. Heilige Hände sollten den Beter kennzeichnen. Auch sollten wir frei von Zorn sein in irgendeiner Sache und auch frei von zweifelnden Überlegungen. In Vers 10-15 werden die Weiber besonders ermahnt und getröstet.

In 1. Petr. 4,7 lesen wir: „Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet.“ Wie sehr leicht geschieht es, daß wir beim Beten unnüchtern sind. Leicht machen wir viele unnütze Worte. Nicht um unserer vielen Worte willen werden wir erhört, wie uns der HErr Selbst sagt. Zudem weiß auch unser Gott und Vater, was wir wollen und was wir bedürfen, ehe wir anfangen zu

beten. Kurz und inbrünstig sollte unser Gebet sein. Wir sollten bei öffentlichen Gebeten vor der Gemeinde auch deutlich reden, nicht dabei andere belehren wollen oder unseren Unwillen zum Ausdruck bringen über irgendeine Sache oder Person. Denn wir reden mit Gott, nicht zur versammelten Gemeinde, sondern in Übereinstimmung mit der Gemeinde, die das Amen sagen soll. Alles Überschwängliche oder Schwärmerische sollte jedem unserer Gebete fern sein.

„Und wenn ihr im Gebet dastehet, so vergebet, wenn ihr etwas wider jemanden habt.“ (Mark. 11,25) Möchten wir lernen, unseren Brüdern von Herzen zu vergeben, doch nicht nur diesen, auch allen Menschen, die sich an uns vergangen haben, damit kein Hindernis bei unseren Gebeten besteht!

In 1. Petr. 3,7 steht ein ernstes Wort für Verheiratete: „Ihr Männer, wohnet bei ihnen nach Erkenntnis, als bei einem schwächeren Gefäße, dem weiblichen, ihnen Ehre gebend, als die auch Miterben der Gnade des Lebens sind, auf daß eure Gebete nicht verhindert werden.“ Der HErr wolle uns helfen, daß wir mit Sorgfalt diesen ernsten Worten entsprechend wandeln! - Wie sehr ernst sind die Folgen der diesbezüglichen Verfehlung: Die Gebete werden nicht nur nicht erhört, sie werden sogar verhindert.

Ein Wort ist auch noch zu beachten: „Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen aber gibt Er Gnade.“ (1. Petr. 5,5) Der Herr Jesus war von Herzen demütig. Die rechte Herzensstellung vor Gott ist durch Demut gekennzeichnet, und diese sollte auch beim Gebet zum Ausdruck kommen in unseren Worten und in unserer jeweils schicklichen Körperhaltung. Abraham „stand“ bittend vor Jehova. (1. Mos. 18,22.23) David „setzte“ sich zum Gebet. (2. Sam. 7,18) Daniel „kniete“ täglich dreimal nieder. (Dan. 6,11) Jona betete in dem Bauche des großen Fisches. (Jona 2,2) Und von Ihm, unserem HErrn, lesen wir in den Gethsemaneberichten nach Lukas, Matthäus, Markus, daß Er niederkniete, auf Sein Angesicht fiel, ja sogar auf die Erde fiel, als das Leiden des Todes vor Ihm stand und Er für unsere Sünden und unsere Sünde ins Gericht zu gehen im Begriff stand.

O. D.

„Stirb und werde!“

Von dem großen deutschen Dichter Goethe ist folgender Spruch fast allgemein bekannt: „Lange hab' ich mich gesträubt, endlich gab ich nach: Wenn der alte Mensch zerstäubt, wird der neue wach. Und solang du das nicht hast, dieses Stirb und Werde, bist du nur ein trüber Gast - auf der dunklen Erde.“

Die große Umwandlung, die in Goethes Worten beschrieben wird, vollzieht sich nur unter dem Kreuz Jesu, und das Kreuz hat Goethe bekanntlich abgelehnt. Er ist in seiner Ablehnung bei weitem nicht der einzige gewesen; vor, mit und nach ihm sind es unsagbar viele Menschen, die ebenfalls das Kreuz ablehnen. Jesus aber - und das bedenke! - lehnte das Kreuz nicht ab, sondern nahm es auf Sich und trug es und gab Sein kostbares Blut zu „einer Erlösung für viele“. Das Kreuz gehörte von vornherein - um es mit einem zeitgemäßen Begriff zu sagen - zu Seinem Lebensprogramm. Der HErr entdeckte und fand das Kreuz auf den Blättern des leider auch heute wieder soviel angefochtenen „Alten Testamentes“, das - ernstlich sei es gesagt: Gottes Wort ist und bleibt! Wissen wir - die Gläubigen - was das bedeutet? Im Alten Testament fand der HErr die Spuren des Kreuzes (2. Mos. 12; Jes. 53), und Er erkannte im Kreuzeswege den Willen des Vaters. Freilich, auch Ihm suchte der Feind der Wahrheit - Satan - einen leichteren Weg vorzuschlagen (Matth. 4,1ff.), ja selbst die Jünger verstanden den Leidens-, den Kreuzesweg ihres Meisters nicht. Petrus fing an, Ihm zu wehren: „HErr, schone Dein Selbst; das widerfahre Dir nur nicht.“ (Matth. 16,22) Aber der HErr erkennt klar die List des Feindes und gibt ihm eine klare und scharfe Absage, wie es der 23. Vers des erwähnten 16. Kap. berichtet. Der HErr hat den Seinen, insbesondere Seinen Jüngern, wiederholt das große Grundgesetz des Reiches Gottes gezeigt und klargelegt, es lautet: „Wer sein Leben lieb hat, der wird es verlieren; wer es aber verliert um Meinetwillen, der wird es behalten zum ewigen Leben.“ (Matth. 16,25; Luk. 17,23; Joh. 12,25)

Den Weg des Kreuzes lehnen die modernen Religionen unserer Tage ebenfalls ab. Er ist ihnen Ärgernis, Torheit, sie können sich mit diesem Wege nicht einverstanden erklären. Der Grund

liegt darin, daß ihnen ein tieferes Verständnis für die Sünde und die Furchtbarkeit ihrer Folgen zumeist fehlt. Immer wieder werden dem eigenen Leben Zugeständnisse gemacht, und der Begriff der Sünde wird abgeschwächt bis in die Kreise der Gläubigen hinein. Die Folgen sind dann in dem Tiefstand des geistlichen Lebens zu sehen. Weil man den Kreuzesweg nicht will, kommt es zu keinem Glaubens- und Siegesleben.

Der Mensch will wohl „werden“, aber er will nicht „sterben“, und weil unser Gott ein Gott der Ordnung ist, bei dem es keine Umstellung Seines Wortes gibt, sind der „Werdenden“ so wenige. Die Sterbenden fehlen, die Kreuzesweg-Pilger sind immer und zu allen Zeiten - wenige. Wohl uns, wenn wir zu diesen „Wenigen“ gehören! Nur das gilt und taugt vor Gott, was aus Ihm Selbst ist. Was wir in ein sündiges Menschengeschlecht hineingeborenen Menschen bringen bzw. haben, das hat nur einen Wert: Es muß zerbrochen werden, muß den Weg des Sterbens gehen, muß umgestaltet werden in Sein Bild und Wesen. Wohl keiner hat die große Zentralwahrheit der Schrift intensiver erfaßt und durchlebt als der Apostel Paulus. Das „Stirb und werde“ zieht sich durch sein ganzes wunderbares, gottgeleitetes Leben hindurch. Seine Zeugnisse, seine Briefe, sein ganzer Dienst sind ausgefüllt von dem tiefen Wahrheitsgehalt des „Stirb und werde“. Er erlebt die Wahrheit des Wortes zunächst buchstäblich am eigenen Leibe, so nach Apgesch. 14,19; 16,23; 20,23; 23,10; 1. Kor. 15,31; 2. Kor. 4,7ff.; Phil. 2,17; 2. Tim. 3,11 u. a., aber auch geistlicherweise ist dieselbe Linie deutlich sichtbar, so nach Phil. 1,16; 2,21; Röm. 9,1-3 u. a. Dies alles war für ihn, den gesegneten Zeugen, die „Gemeinschaft Seiner Leiden“. Er war wohl der gesegnetste Knecht des HErrn und durfte gewaltige Siege erkämpfen zur Verherrlichung des Namens, „der über jeden Namen ist“. (Phil. 2,9)

Und wir? - Soll uns das „Stirb und werde“ nicht etwas zu sagen haben? Vielleicht gerade in unserer Zeit, in unseren Tagen? Muß es uns nicht tief beugen, wenn wir uns sehen in Seinem Lichte? Möchte der HErr uns auch durch das „Stirb und werde“ hindurchführen können, d. h. ganz in Seine Fußspuren leiten, damit wir auch als Gesegnete des HErrn zum Segen werden für eine Welt, die - auch heute noch - im Argen liegt. Es fällt dem Fleische immer schwer, den Kreuzes- oder Leidensweg zu gehen, es will immer anders, als wie Er will. Doch, gesegnet wir, wenn wir Seinen Willen erkennen und tun, gerne tun, auch wenn's dem Fleische wehe tut; denn

Sein Wille ist, uns durchs

Sterben zum Leben

zu bringen. Nur so werden wir „geschickt zum Reiche Gottes“.

Unserem HErrn sei Ehre und Anbetung! Sein Weg ist auch unser Weg!

H. B., U.

„Halte still, dulde still,

Herz, in deines Kummers Nächten!

Beuge dich, anstatt zu rechten;

Gott ja nur dich segnen will!

Halte still, dulde still!“

Frage und Antwort

Frage 4

An was alles ist wohl zu denken, wenn wir - vor allem in den Timotheusbriefen - von der „Wahrheit“ lesen? (Siehe 1. Tim. 2,4; 2,7; 3,15; 6,5; 2. Tim. 2,15.18; 3,7; 4,4; u. vgl. Tit. 1,14 u. 3. Joh. 3.) - Ist nach 1. Tim. 2,4 wohl ein Unterschied zwischen „gerettet werden“ und „zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“? - Versteht Johannes dasselbe unter „Wahrheit“ wie Paulus?

Antwort A

Die Hauptfrage berührt ein überaus weites Gebiet. Den allgemeinen Begriff von „Wahrheit“

könnte man vielleicht so zusammenfassen: Übereinstimmung einer Mitteilung oder Darstellung mit der Wirklichkeit. Das trifft natürlich auch immer zu, wenn im Worte Gottes von „Wahrheit“ gesprochen wird, was ja viele Male der Fall ist im Alten und im Neuen Testament. Jedoch ist dieser Begriff nicht erschöpfend, wenn es sich um die göttliche Wahrheit handelt. Unter „göttlicher Wahrheit“ verstehen wir die von Gott ausgehende, in Seinem Worte uns vorgestellte Wahrheit. Wenn im Worte Gottes von Wahrheit gesprochen wird in bezug auf den Menschen, wie z. B. 2. Mos. 18,21: „... Männer der Wahrheit“; Jos. 24,14: „... fürchtet Jehova und dienet Ihm in Vollkommenheit und Wahrheit“; Ps. 15,2: „... der Wahrheit redet von Herzen“ usw.; Röm. 9,1 und 1. Tim. 2,7: „Ich rede die Wahrheit (in Christo), ich lüge nicht“; Eph. 4,25: „... redet Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten“, da wissen wir, daß es sich um Aufrichtigkeit und Wahrhaftigkeit Gott gegenüber und Menschen gegenüber handelt. Wenn wir aber lesen, daß der Herr Jesus gesagt hat: „Ich bin ... die Wahrheit“; „Dein Wort ist Wahrheit“ (Joh. 14,6; 17,17) und was sonst noch im Sinne des von Gott uns in Seinem Worte Gesagten als die „Wahrheit“ vor uns tritt, dann fühlen wir, daß es sich um mehr als den eingangs erwähnten allgemeinen Begriff handelt: um die uns von Gott gegebene Offenbarung und das uns von Ihm gegebene Licht, in dem wir uns und alles sehen können und sollen, in der Vergangenheit und in der Gegenwart und auch im Blick auf die Zukunft, ja sogar die Ewigkeit, wenn auch nicht immer alles dieses in der jeweiligen Schriftstelle in den Vordergrund tritt.

An was alles zu denken ist, wenn wir von der „Wahrheit“ lesen, wollen wir an Hand verschiedener Schriftstellen etwas zu erkennen suchen.

Die Offenbarung Gottes ist fortschreitend geschehen, und so auch die der Wahrheit. Er war aber in Seiner Offenbarung von Anfang an derselbe: „Groß an Güte und Wahrheit“ (2. Mos. 34,6); „Alle Pfade Jehovas sind Güte und Wahrheit ...“ (Ps. 25,10); „... und die Wahrheit Jehovas währt ewiglich“. (Ps. 117,2) Er kann nie anders sein als wahr! - Aber erst die Gegenwart des Herrn Jesus auf der Erde stellte alles in das göttliche Licht (was durch das Gesetz nicht möglich war): „Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesum Christum geworden.“ (Joh. 1,17) Er konnte von Sich sagen: „Ich bin die Wahrheit.“ (Joh. 14,6) Wenn wir Ihn so betrachten, als „die Wahrheit“, wird unser Blick vor allem auf uns selbst gelenkt im Gegensatz

zu Ihm, dem wunderbaren, göttlich vollkommenen Menschen: an Seiner göttlichen Vollkommenheit als Mensch wird alles ans Licht gestellt, was und wie der Mensch ist, und gezeigt, wie der Mensch nach Gottes Gedanken sein soll. Aber nicht nur das: auch was Gott ist und wie Gott ist - daß Er Licht und Liebe ist -, Seine Heiligkeit, Gerechtigkeit, Seine Macht und Herrlichkeit, Sein ganzes Wesen wurden in Ihm, dem Sohne, geoffenbart! Wir fühlen uns außerstande, zu erfassen und zu sagen, was alles darin liegt, daß der Herr Jesus „die Wahrheit“ ist! Alles, was an Ihm gesehen wurde und was Er sagte, war „Wahrheit“. Darum sagte Er dem Pilatus: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, auf daß Ich der Wahrheit Zeugnis gebe“ (Joh. 18,37b), und Eph. 4,21 wird davon gesprochen, daß „die Wahrheit in dem Jesus ist“. - Und wie kostbar ist uns das Wort des Herrn Jesus Joh. 17,17: „Dein Wort ist Wahrheit!“ Gottes Wort sagt uns alles, wie es wirklich ist - zeigt uns den Zustand des Menschen, sein Leben, sein ewiges Teil; zeigt uns die Welt, wie sie ist mit all ihren Dingen, in ihrem wahren Wesen; läßt uns auch Blicke tun in die unsichtbare Welt und in die zukünftige Welt, ja, in die Ewigkeit hinein! Die Menschen sind in Irrtum und Finsternis über sich und alles in ihren Einbildungen und ihrem vermeintlichen Wissen, Erkennen und Erforschen und ihren Schlüssen und Annahmen, verblendet und irregeführt von dem „Gott dieser Welt“ und den Mächten der Bosheit und der Finsternis; das Wort Gottes aber gibt uns über alles Licht und sagt uns alles richtig - es „ist Wahrheit“! - So können wir auch verstehen, daß die Wahrheit freimacht, wie der HErr Seinen Jüngern Joh. 8,31.32 sagt und wir ja auch - dank Seiner Gnade! - selbst erfahren haben und immer mehr erfahren dürfen, und daß wir durch die Wahrheit geheiligt werden. (Joh. 17,17) Und der Geist ist es, der alles dieses in unseren Herzen wirkt und uns in die ganze Wahrheit leitet und von Ihm zeugt, darum wird Er „der Geist der Wahrheit“ genannt. (Joh. 14,17; 15,26; 16,13) - Gal. 2,5 und 14 lesen wir von der „Wahrheit des Evangeliums“ und sehen, daß damit eine besondere Seite der „Wahrheit“ ins Auge gefaßt ist, wie ja der Ausdruck schon hervorhebt das, was das Evangelium uns verkündigt und bezeugt (hier in Galater „die Freiheit, die wir in Christo Jesu haben“, wie es V. 4 heißt - die Freiheit von dem mosaischen Gesetz V. 7.8 im Blick auf die Beschneidung, V. 14 im Blick auf die jüdische Lebensweise). - Fünfmal hören wir von dem „Wort der Wahrheit“ (2. Kor. 6,7; Eph. 1,13; Kol. 1,5; 2. Tim. 2,15; Jak. 1,18), worin der Hinweis liegt, daß die Wahrheit durch das Wort mitgeteilt wird. 2. Kor. 6,7;

2. Tim. 2,15 und Jak. 1,18 bezieht der Ausdruck sich auf die „Wahrheit“ im Worte Gottes im allgemeinen, 2. Kor. 6,7 dahingehend, daß der „Diener Gottes“ sich auch in bezug auf das „Wort der Wahrheit“ als solcher erweisen muß; 2. Tim. 2,15 dahingehend, daß der „Arbeiter“ Gottes das „Wort der Wahrheit“ „recht teilen“ - eigentlich „in gerader Richtung schneiden“ -, d. h. ohne Rücksicht auf Urteil und Gunst von Menschen den wirklichen Gedanken und Absichten Gottes gemäß auslegen und anwenden soll, während Jak. 1,18 uns sagt, daß Gott durch Sein Wort uns „gezeugt“ - Leben gegeben - hat, wie auch 1. Petr. 1,23-25 es bezeugt. Eph. 1,13 und Kol. 1,5 aber bezieht der Ausdruck sich auf die im Evangelium enthaltene Wahrheit, wie schon der jedesmalige Zusatz zeigt (Eph. 1,13 „das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils“, und Kol. 1,5 „in dem Worte der Wahrheit des Evangeliums“), dem behandelten Gegenstand entsprechend, denn was wir in Christo haben (Eph. 1,3-11) und welche Hoffnung für uns aufbewahrt ist in den Himmeln (Kol. 1,5), ist kostbare Wahrheit des Evangeliums.

Als der Herr Jesus hier war, war in Seiner Person die „Wahrheit“ gegenwärtig und gab Er „der Wahrheit Zeugnis“. Dieses Zeugnis ist fortgesetzt worden und wird noch fortgesetzt durch den Heiligen Geist, den „Geist der Wahrheit“ (welcher 1. Joh. 5,6 Selbst mit der „Wahrheit“ identifiziert wird). Und als Seine Werkzeuge hierzu benutzt Er die Seinen. Sie sind das „Haus Gottes, welches die Versammlung des lebendigen Gottes ist“, und als solches sind sie „der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“ (1. Tim 3,15). Welch eine herrliche, aber auch verantwortungsreiche Aufgabe! Das ist gesagt in bezug auf uns als Gesamtheit, nicht von den einzelnen, aber jeder einzelne ist verantwortlich dafür und sollte sich dieser großen Verantwortung bewußt sein und treu und fest für die Wahrheit dastehen, sie kennend, liebend, darin lebend und sie festhaltend!

Das Ebengesagte bringt uns zu den verschiedenen weiteren Belehrungen, die zum Teil Warnungen und Ermahnungen sind, in bezug auf das Verhalten zur Wahrheit. Wir wollen nur kurz (meist ohne Zusatz) auf sie hinweisen. Das Wort spricht von „Gehorsam“ der Wahrheit gegenüber (Röm. 2,8: „der Wahrheit ungehorsam“; Gal. 5,7: „wer hat euch aufgehalten, daß ihr der Wahrheit nicht gehorchet?“ 1. Petr. 1,22: „eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit“); vom „Festhalten“ der Wahrheit (Eph. 4,15); von „Liebe“ zur

Wahrheit (2. Thess. 2,10: „die verlorengehen, darum, daß sie die Liebe zur Wahrheit nicht annahmen, damit sie errettet würden“). Die „Liebe zur Wahrheit“ ist - nach unserer Überzeugung - etwas, was kein Mensch von Natur besitzt (es handelt sich um die göttliche Wahrheit!), was Gott aber jedem Menschen als ein Geschenk anbietet und von dessen Annahme sein ewiges Heil abhängt. Es ist noch nicht die Wahrheit selbst, sondern erst die „Liebe“ zu ihr (und Liebe ist Wille! Der Schriftl. F. K.), aber nimmt er sie an, dann folgt, daß er auch die Wahrheit annimmt und errettet wird, während im Falle der Ablehnung er auch die Wahrheit ablehnt und deshalb verloren geht. Das Wort spricht vom „Glauben“ an die Wahrheit („zur Errettung“, 2. Thess. 2,13); von „Erkenntnis“ der Wahrheit (fünfmal 1. Tim. 2,4; 2. Tim. 2,25; 3,7; Tit. 1,1; Hebr. 10,26). Ferner finden wir: „von der Wahrheit entblößt“ (1. Tim. 6,5), „von der Wahrheit abgeirrt“ und „abirren“ (2. Tim 2,18; Jak. 5,19), „der Wahrheit widerstehen“ (2. Tim 3,8), „die Ohren von der Wahrheit abkehren“ (2. Tim. 4,4), „von der Wahrheit abwenden“ (Tit. 1,14), „wider die Wahrheit rühmen und lügen“ (Jak. 3,14), „in der gegenwärtigen Wahrheit befestigt sein“ (2. Petr. 1,12. „Gegenwärtige“ = „anwesende“, „vorhandene“, also die Wahrheit, welche da ist. Dr. Heinrich Wiese übersetzt: „... Wahrheit, die bei euch vorhanden ist“), „der Weg der Wahrheit verlästert werden wird“ (2. Petr. 2,2). Weiter lesen wir von: „die Wahrheit tun“, „In-uns-sein“ der Wahrheit, „die Wahrheit wissen“, „lieben in ... Wahrheit“ und daß wir „aus der Wahrheit sind“ (1. Joh 1,6.8; 2,21; 3,18.19); auch, daß „die Wahrheit in uns bleibt“ und „mit uns sein wird in Ewigkeit“ (2. Joh. 2, vgl. auch Ev. Joh. 14,16.17), von „wandeln in der Wahrheit“ (2. Joh 4 und 3. Joh 3 und 4) und von einem „Zeugnis von der Wahrheit selbst“ („Dem Demetrius wird Zeugnis gegeben von allen und von der Wahrheit selbst“, 3. Joh. 12). - Diese Liste könnte noch erweitert werden, aber das Angeführte genügt vielleicht, um zu zeigen, an wie vieles gedacht werden kann, wenn wir von der Wahrheit lesen. In der Frage sind die beiden Briefe an Timotheus besonders hervorgehoben. Wir wissen, daß es nützlich ist, das in einem Buche der Heiligen Schrift Gesagte unter dem Gesichtspunkte dessen zu betrachten, was den besonderen Gegenstand des betreffenden Buches bildet. Der besondere Gegenstand des 1. Tim.-Briefes ist das „Haus Gottes“ und das Verhalten in demselben, und im 2. Tim.-Briefe das „große Haus“ und das Verhalten unter den in diesem Bilde gezeigten Umständen. Wir zweifeln nicht, daß an diese besonderen Gegenstände mit zu

denken ist, wenn in diesen beiden Briefen von der „Wahrheit“ die Rede ist.

Die Frage, ob ein Unterschied ist zwischen „errettet werden“ und „zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“ (1. Tim. 2,4), ist - nach unserem Verständnis - zu bejahen. Denn das Errettetwerden setzt einen Herzens- und Willensentschluß voraus, während das Erkennen der Wahrheit ohne einen solchen geschieht, lediglich durch Erleuchtetwerden des geistigen Auges für die Wahrheit. Wohl hat der Fragesteller recht, wenn er - wie wir vermuten - meint, daß niemand errettet werden kann ohne eine gewisse Erkenntnis der Wahrheit, und darum Errettetwerden und Erkennen der Wahrheit zusammengehören. Aber diese „Erkenntnis der Wahrheit“ wird sich meist zunächst auf das beschränken, was zur Errettung nötig ist - die Erkenntnis der Sündenschuld Gott gegenüber und des Verlorenseins sowie des Herrn Jesus als Heiland für schuldige, verlorene Sünder durch Sein Leiden und Sterben am Kreuze. Dies erkennt er, und indem er den Herrn Jesus kindlich glaubend annimmt, wird er errettet. Aber es kann auch jemand die göttliche Wahrheit erkannt haben, alles wissen und doch nicht errettet sein (weil er nicht aufrichtig seine Zuflucht zum Herrn Jesus genommen hat). Das zeigt uns Gottes Wort (abgesehen davon, daß wir selbst vielleicht schon bei manchen Menschen diesen Eindruck gehabt haben). In Hebr. 6,4-8 spricht das Wort von Menschen, die „einmal erleuchtet waren“, alles „geschmeckt“ haben, was zu ihrer Errettung dienen konnte, aber „abgefallen sind“, und sagt, daß es unmöglich ist, sie „wiederum zur Buße zu erneuern“, und vergleicht sie mit dem Lande, welches den fruchtbringenden Regen getrunken hat, aber Dornen und Disteln hervorbringt und dessen Ende „die Verbrennung“ ist; und Kap. 10,26-31 ist von Menschen die Rede, die „mit Willen sündigen“, nachdem sie „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben“, und für die infolgedessen „kein Schlachtopfer für Sünden mehr übrig“ bleibt, sondern nur das Gericht! In beiden Fällen - wie auch 2. Petr. 2,20-22 - handelt es sich also um Menschen, die alles wußten, die Wahrheit kannten und doch nicht errettet waren (denn alle, welche errettet sind, sind es für ewig; sie sind eine Gabe des Vaters an den Sohn, die Er nicht verlieren wird (!) - Joh. 6,39 - und gehören zu Seinen Schafen, die niemand aus Seiner Hand rauben wird und niemand aus der Hand Seines Vaters rauben kann! - Joh. 10,27-30). Andererseits ist die „Erkenntnis der Wahrheit“, die ein Erlöster zur Zeit seiner Errettung besitzt, noch längst nicht

Wahrheit“ nach seiner Errettung fortschreiten, zunehmen. Darin könnte man den Grund dafür sehen, daß das Errettetwerden vorangestellt ist. Wir würden wohl die Reihenfolge umgekehrt gewählt haben. Aber vielleicht ist der Gedanke an Reihenfolge nicht so sehr - wenn überhaupt - für die gewählte Zusammenstellung bestimmend, als vielleicht der Umstand, daß vorher von Gott als „unserem Heiland-Gott“ gesprochen ist, also die Errettung der Menschen der herrschende Gedanke ist.

Und nun noch die Frage, ob Johannes dasselbe unter „Wahrheit“ versteht wie Paulus. Diese Frage ist nicht einfach mit „ja“ oder „nein“ zu beantworten. Es gibt nur eine „Wahrheit“ - nicht „Wahrheiten“ -, und insofern ist es dieselbe „Wahrheit“, von der Johannes und Paulus schreiben. Aber diese eine „Wahrheit“ ist so überaus vieles in sich schließend, so vielseitig, daß für beide Apostel - und auch für die anderen Schreiber im Worte Gottes - Raum genug war zu Verschiedenheiten in dem, was sie im Auge hatten, wenn sie von der „Wahrheit“ schrieben, nach der jedem von ihnen gegebenen besonderen Offenbarung. Jeder dieser beiden großen Apostel hatte eine besondere Aufgabe und dementsprechend besondere Gabe. Ein weltweit bekannter großer Schriftausleger schreibt hierauf bezüglich: „Johannes stellt Gott vor uns hin: den Vater, geoffenbart in dem Sohne, sowie ewiges Leben in Ihm. Paulus dagegen stellt uns vor Gott hin als angenommen in Christo.“ Das zeigt in wenigen Worten den Hauptunterschied im Dienste dieser beiden großen Diener Gottes und damit zugleich zwei wunderbare Seiten der einen herrlichen „Wahrheit“, und wir glauben, daß darin auch der Unterschied dessen besteht, was diese beiden Apostel im Auge hatten, wenn sie von der „Wahrheit“ sprachen und schrieben. (Nicht: darunter „verstanden“, sondern: dabei „im Auge hatten“, denn wir sind überzeugt, daß sie auch jeder für die anderen, nicht gerade ihren besonderen Dienst betreffenden Seiten der Wahrheit Verständnis hatten.) Kennzeichnend für erwähnte Verschiedenheit dürften folgende Schriftstellen sein: für Johannes: Ev. Joh. 1,14.17; für Paulus: 1. Tim. 3,15.

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Gewißlich hat diese ausführliche, klare und schöne Antwort nicht nötig, ergänzt zu werden. Da der Verfasser, unser teurer Mitarbeiter, aber gewünscht hat, daß ich etwaige Ergänzungen hinzufügen möchte, so sei hier zunächst einer Schriftstelle Erwähnung getan, die uns die ungeheure Bedeutung der göttlichen „Wahrheit“ vor Augen führt: Joh. 8,44.45! Dies Wort zeigt uns die Umgebung, in der die Wahrheit Gottes ihre Tätigkeit entfaltet (vgl. dazu 18,37.38a!): es ist die Welt der Lüge, die vom Teufel, dem „Vater der Lüge“, irregeleitet wird (vgl. 2. Kor. 4,2-4!). Wie treulich sollten wir Gläubigen Zeugen der Wahrheit sein, um Irregeleitete zur „Erkenntnis der Wahrheit“ zu führen! Wieviel kommt doch für uns darauf an, mit der Lüge in jeder Form aufgeräumt zu haben (vgl. meine Schlußbemerkung zu Frage 1 in Lief. 1!) und „die Wahrheit zu reden“ (Eph. 4,25 u. a.; vgl. 1. Tim. 2,7!)

Auch möchte ich noch einmal die oben in der Antwort Agenannte Schlußstelle erwähnen: in ihr (1. Tim. 3,15), scheint mir, kristallisieren sich gleichsam die vielfachen Hinweise auf die Wahrheit in den Timotheus-Briefen. Es ist die „Gemeinde des lebendigen Gottes“, die dort genannt wird „der Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit“, d. h. nicht ein Gebilde von Menschenhand, nicht eine Organisation, aufgebaut auf menschlichen, mit („etwas Bibel dabei“) vermischten Grundsätzen, sondern „das Haus Gottes“, die Gemeinde, d. i. ein Organismus, ein lebendiger Körper, hervorgegangen aus Ihm und getragen, gehütet, bewahrt, wachsend durch den lebendigen Gott Selbst - so ist sie diejenige Macht hier auf der Erde, durch die und in der die Wahrheit hienieden steht und als unantastbar gesehen werden kann. In ihr, in der Gemeinde des „lebendigen“ Gottes (nicht in irgendwelchen „christlichen Kreisen“), wird die Wahrheit in doppelter Hinsicht bewahrt und verkündet, und zwar als allein gültig: Christus Jesus, der Sohn Gottes, Er, der das fleischgewordene Wort ist (Joh. 1), und die Heilige Schrift, d. i. das ganze geschriebene Wort. Und zu dieser Gemeinde des lebendigen Gottes gehören nicht auf irgendeinem religiösen Bekenntnis Stehende, sondern nur solche, die wahrhaft errettet sind und zur Erkenntnis der Wahrheit gekommen sind (2,4). Gehören alle lieben Leser zur „Gemeinde des lebendigen Gottes“?

Wenn gefragt wird, ob ein Unterschied zwischen diesen letzteren Begriffen besteht, so möchte

ich hiermit das diesbezüglich in Antwort A Gesagte ausdrücklich bestätigen und unterstreichen, und zwar in jeder Hinsicht, und ich füge zu den 5 vorher genannten Stellen über „Erkenntnis der Wahrheit“ hier als sozusagen 6. hinzu 1. Tim. 4,3! Hier ist - wie oben in 2,4 Errettung - Glauben mit dem Erkennen der Wahrheit verbunden. Wir sehen, wie diese beiden Dinge untrennbar zusammengehören! Ein Erkennen der Wahrheit ohne Errettetsein oder ohne Glauben wird hier zum wenigstens nicht genannt (vgl. Tit. 1,1!), wenn auch manche Gläubige die Sache so darstellen, als könnte man das eine ohne das andere haben! Ja, dann aber kommt leicht so etwas wie Hebr. 6 oder 10 heraus! Wir dürfen doch auch nicht ganz außer acht lassen, daß „erkennen“ in der Schrift mehr ist als nur ein verstandesmäßiges Einsehen, es ist vielmehr ein inniges Eingehen auf die Gedanken Gottes, was uns schon die Tatsache zeigt, daß im Alten Testament die eheliche Vereinigung der beiden Geschlechter mit dem gleichen Tätigkeitswort ausgedrückt wird! - Daß die Stelle 1. Tim. 2,3-7 nicht den Anhängern der Allversöhnungslehre (vgl. Frage 3!) recht gibt, haben wir schon früher, so in Lieferung 5, Jahrbuch 17, gezeigt, denn wie unser obiger Mitarbeiter ja auch deutlich genug sagt, setzt das Errettetwerden einen Willensentschluß dessen, den Gott retten will, voraus. Gott zwingt nicht den entgegenstehenden Willen des widerspenstigen Menschen mit Gewalt nieder: der Glaube an den Mittler (V. 5) ist aber unerläßlich (V. 7 u. a., z. B. eben 4,3!).

Genug der Schlußbemerkungen! Mögen wir in allem uns Gnade schenken lassen nach 2. Timotheus, „das Wort der Wahrheit recht zu teilen“ (2,15) und allezeit „an der Wahrheit festzuhalten“ (3. Joh. V. 3), an der ganzen, ungeschmälerten - sowohl an der Art, die Paulus lehrte, wie auch an der der anderen Schreiber des Neuen Testaments (Johannes, Petrus u. a.) -, und inder Wahrheit zu wandeln“ (2. Joh. 4).

„Wandelt als Kinder des Lichts (denn die Frucht des Lichts besteht in aller Gütigkeit und Gerechtigkeit und Wahrheit), indem ihr prüfet, was dem HErrn wohlgefällig ist!“ (Eph. 5,8b-9)

F. K.

Das Begräbnis und die Auferstehung des HErrn im Lichte des Matthäus

Evangeliums.

(Schluß.)

In das neue Grab legten sie den Herrn Jesus. „Es waren aber daselbst Maria Magdalene und die andere Maria, die dem Grabe gegenüber saßen.“ (Matth. 27,61) Dies geschah nach unserer Zeitrechnung am Freitagnachmittag. „Des folgenden Tages aber, der nach dem Rüsttage ist, versammelten sich die Hohenpriester und die Pharisäer bei Pilatus und sprachen: Herr, wir haben uns erinnert, daß jener Verführer sagte, als Er noch lebte: Nach drei Tagen stehe Ich wieder auf. So befiehl nun, daß das Grab gesichert werde bis zum dritten Tage, damit nicht etwa Seine Jünger kommen, Ihn stehlen und dem Volke sagen: Er ist von den Toten auferstanden; und die letzte Verführung wird ärger sein als die erste. Pilatus aber sprach zu ihnen: Ihr habt eine Wache; gehet hin, sichert es, so gut ihr es wisset.“ (Matth. 27,62-65)

Aus diesen Worten des Pilatus möchte man annehmen, daß er ein Ahnen hatte, der HErr würde vom Tode auferstehen. Ohne Zweifel waren auch die Hohenpriester und Pharisäer dieserhalb nicht ohne Furcht. Konnte irgendeine Macht den im Grabe zurückhalten, der Toten das Leben gegeben und Lazarus aus dem Grabe hervorgerufen hatte? „Sie aber gingen hin und sicherten, nachdem sie den Stein versiegelt hatten, das Grab mit der Wache.“ (V. 66) Was sie nur tun konnten, taten sie, um zu verhindern, daß Er in diese Welt zurückkomme. Schrecklich ist der Gedanke, daß dies die geistlichen Führer des Volkes taten. Man stelle es sich vor: Siegel werden an das Grab eines toten Mannes gelegt und Soldaten mit gezogenen Schwertern da herumgestellt. In Wahrheit bewirkten sie damit das beste und sicherste Zeugnis Seiner Auferstehung. So schlägt Satan sich selber.

Nun lesen wir: „Aber spät am Sabbat, in der Dämmerung des ersten Wochentages, kam Maria Magdalene und die andere Maria, um das Grab zu besehen.“ (Matth. 28,1)

Wir müssen immer die jüdische Zeitrechnung im Auge behalten, daß der Tag in der Dämmerung um 6 Uhr abends begann. Beim Anbruch des ersten Wochentages, in der Abendzeit, gingen die Frauen, das Grab zu besehen. In Luk. 23,56 wird uns gesagt: „Den

Sabbat über ruhten sie nach dem Gebot.“ Sie hatten Spezereien bereitet, Ihn zu salben. Den Sonnabend also, das war der Sabbat, ruhten sie, und so erfüllten sie das Gesetz. Der Sabbat ist der letzte Tag der Woche, der Sonntag ist der erste Tag der Woche. Derartiges, wie „christlichen Sabbat“, wovon manche reden, gibt es nicht. Der erste Tag der Woche ist der Tag, dem der HErr durch Seine Auferstehung und durch Sein Erscheinen in der Mitte der Seinigen eine besondere Bedeutung gegeben hat. Und auch wir weihen ihn dem HErrn, indem wir gleich den Jüngern an diesem Tage zusammenkommen. (Joh. 20 und Apgesch. 20)

Wir haben gelesen: „Den Sabbat über ruhten sie nach dem Gebot.“ (Luk. 23,56) Sofort aber, als der Sonntag angebrochen war und sie nicht mehr durch das Sabbatgesetz gehindert waren, gingen sie noch im Zwielicht des Tages hin, das Grab zu besehen. (Matth. 28,1) Ob sie noch weiteres taten, wissen wir nicht. Die Schrift berichtet nichts darüber. Jedenfalls gingen sie beim Eintritt der Nacht zurück nach Hause. Denn daß sie die Nacht nicht am Grabe blieben und bei der Auferstehung des HErrn und bei dem Wegwälzen des Steines durch den Engel nicht zugegen waren, ersehen wir klar aus Mark. 16,2ff.: „Und sehr früh am ersten Wochentage kommen sie zu der Gruft, als die Sonne aufgegangen war.“ Dies Wort im Markusevangelium gibt uns mehr Licht. Im Gegensatz zu Matth. 28,1, wo die Frauen spät am Sabbat, in der Dämmerung des ersten Wochentages, zur Gruft gingen, berichtet uns dies Wort in Markus, daß sie sehr früh am ersten Wochentage, als die Sonne aufgegangen war, zur Gruft gingen. Wir dürfen also annehmen, daß sie zweimal am Grabe waren, einmal in der Abenddämmerung des ersten Wochentages, das Grab zu besehen (Matth. 28,1), und dann das zweitemal nach Beendigung der Nacht. In der Morgenfrühe nach Aufgang der Sonne kamen sie zur Gruft, um den Leib zu salben. Aber ehe sie zur Gruft kamen, und ehe die Sonne aufging, war der HErr schon auferstanden.

Als sie sich dem Grabe näherten, sprachen sie zueinander. „Wer wird uns den Stein von der Tür der Gruft wälzen? Und als sie aufblickten, sehen sie, daß der Stein weggewälzt ist.“ (Mark. 16,3.4) Ebenso berichtet auch Luk. 24,1: „An dem ersten Wochentage aber, ganz in der Frühe, kamen sie zu der Gruft und brachten die Spezereien, die sie bereitet hatten.“ Am Grabe hatten sie dann die Begegnung mit dem Engel, der ihnen den Auftrag gab, Seinen Jüngern die

Botschaft Seiner Auferstehung zu bringen. Als die Frauen zu den Jüngern gingen, wird sich meines Erachtens Maria ihren Freundinnen nicht angeschlossen haben, sondern am Grabe zurückgeblieben sein. Dieses trug ihr die köstliche Begegnung mit dem HErrn ein, von der wir Joh. 20 lesen. Ihre Freundinnen begegneten dann etwas später dem HErrn auf dem Wege nach Jerusalem. (Matth. 28,9)

Das in den Versen 1 und 2 in Matth. 28 Berichtete folgt der Zeit nach nicht unmittelbar nacheinander, sondern es liegt ein Zeitraum von mehreren Stunden dazwischen. Der erste Vers berichtet ein Begebnis für sich allein. Die Frauen waren in der Abendstunde beim Anbruch des neuen Wochentages zum Grabe gegangen, aber nicht die Nacht dort geblieben, sondern zur Stadt zurückgekehrt, ehe dann das in Vers 2 Berichtete geschah.

Wir lesen davon: „Und siehe, da geschah ein großes Erdbeben; denn ein Engel des HErrn kam aus dem Himmel hernieder, trat herzu, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf. Sein Ansehen aber war wie der Blitz, und sein Kleid weiß wie Schnee.“ (V. 2 und 3) Ein Erdbeben geschah, als der HErr starb, und ein Erdbeben geschah, als Er auferstand. Der Mensch ging an dem, was auf Golgatha geschah, unberührt vorüber. Die Erde aber erbebte, als der Sohn Gottes, der sie schuf, starb und damit die Geschichte des ersten Menschen beendete. Und wiederum wurde sie erschüttert, als Er aus dem Grabe auferstand. Was war geschehen? Das Wunderbarste, was je stattfand. Unendlich größer als die Schöpfung war die Auferstehung des Sohnes Gottes. Du sagst: Die Schöpfung war doch ein gewaltiges und wunderbares Werk! Ganz gewiß, aber wunderbarer war der Tod und die Auferstehung Dessen, der alles ins Dasein gerufen hatte. In Seinem Tode sühnte Er unsere Sünden, begegnete den Forderungen Gottes und verherrlichte Ihn, als Er in das Grab sank.

Als Er aber am Auferstehungsmorgen aus den Toten auferstand, da war dem Tode die Macht genommen. Die Schrift spricht, daß: „... Christus aus den Toten auferweckt worden ist durch die Herrlichkeit des Vaters“ (Röm. 6,4); und wiederum, daß Er „lebendig gemacht nach dem Geiste“ ist (1. Petr. 3,18); und wiederum berichtet sie, daß Er Selbst auferstand: „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten.“ (Joh. 2,19) Und weiter: „Ich

lasse Mein Leben, auf daß Ich es wiedernehme.“ (Joh. 10,17) Aber der Kernpunkt in unserer Betrachtung ist: Er ist auferstanden, und ohne Zweifel, ehe der Stein von dem Grabe hinweggerollt war.

Und warum wurde der Stein vom Grabe weggerollt? Um den Herrn Jesus herauszulassen? O nein, niemals! Der HErr bewahre uns vor solchen Gedanken! Ein Stein konnte Ihn nicht zurückhalten. Warum denn? Um mich und dich in das leere Grab blicken zu lassen, damit wir uns von dem, was geschehen war, überführen möchten. Seine Auferstehung ist uns der Beweis, daß der Tod zunichte gemacht, die Macht des Satans zerbrochen, Gott in betreff unserer Sünden verherrlicht und diese für immer hinweggetan sind. Er besiegte den Starken zuerst in der Wüste. (Matth. 4) Dann ging Er in sein Haus und nahm ihm seine Rüstung usw. (Luk. 11,22; Matth. 12,29) Und nun ging Er zu ihm hinab in das dunkle Reich des Todes und überwand ihn völlig, und machte durch den Tod den zunichte, der die Macht des Todes hat. (Hebr. 2,14) Als mächtiger Sieger stand Er aus den Toten auf, um nun andere in den Genuß Seines herrlichen Sieges zu führen.

Der Engel am Grabe redet die Frauen an. Sein erstes Wort ist: „Fürchtet euch nicht!“ Das erste Wort, welches die Schrift uns von den Lippen des auferstandenen HErrn berichtet, war: „Weib, was weinest du?“ Und das erste Wort, welches Er in der Mitte der versammelten Jünger sagte, war: „Friede euch!“ Das Wort des Engels: „Fürchtet euch nicht!“ ist sehr schön. Des HErrn Auferstehung soll uns jede Furcht nehmen. Die Furcht muß weichen, „denn die Furcht hat Pein.“ (1. Joh. 4,18) Wenn wir noch Furcht haben, dann kennen wir noch nicht die Wahrheit der Auferstehung Christi. Das erste Wort, welches der Engel an die Frauen richtete, war: „Fürchtet euch nicht!“ Und was sagte der HErr zu ihnen, als Er ihnen begegnete? „Seid gegrüßt!“ Wie lieblich mußte das Wort des Engels ihr Herz berühren, und wie köstlich wurde es von dem HErrn Selbst durch Seinen Gruß bestätigt! Lieber Leser, wenn wir die Kraft des Todes und der Auferstehung des Herrn Jesus erkannt haben, sind wir von aller Furcht befreit.

An dem Kreuze war Er das Opfer. Und was ist Er jetzt? Er ist der Sieger. Diese beiden Tatsachen müssen tief in unser Herz geprägt sein. Wenn ich Ihn am Kreuze sehe, sehe ich Ihn als Opfer.

Wenn ich Ihn auferstanden sehe, sehe ich Ihn als Sieger. Alle Gewalt und Macht ist in Seiner Hand. Wie kann da noch Furcht und Zweifel Raum in unserem Herzen haben? „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“ (1. Joh. 4,18) O wie groß und wie wunderbar sind diese beiden Tatsachen! Sie sind gleich dem Licht, welches in die Finsternis flutet. Sie machen unser Herz glücklich.

Und weiter sagt der Engel: „Ich weiß, daß ihr Jesum, den Gekreuzigten, suchet.“ Es ist köstlich, von einem Menschen zu wissen und zu sagen, daß er Jesum sucht. Was sagen andere hinter deinem Rücken von dir? Sagen sie, daß du Jesum suchst? Es ist das Beste, was du tun kannst. Wir brauchen Ihn allezeit. Der Engel fügt hinzu: „Er ist nicht hier, denn Er ist auferstanden, wie Er gesagt hat. Kommet her, sehet die Stätte, wo der HErr gelegen hat.“ Er führt sie gleichsam bis zur Tür des Grabes und fordert sie auf, das leere Grab, den Zeugen Seiner Auferstehung, anzuschauen. Wie erschrickt der Mensch vor dem Grabe! Ja, selbst Gläubige, wenn der Tod in ihr Haus kam, waren oft völlig aufgelöst. Warum? Weil sie die Wahrheit dieses Kapitels und die Worte: „Kommet her, sehet die Stätte, wo der HErr gelegen hat“, nicht in ihr Herz faßten. Und was sollten sie in dem Grabe sehen? Daß der Tod zunichte gemacht sei. Das Auge sieht den auferstandenen HErrn, und das Herz ist in Frieden.

Und nun sagt der Engel: „Gehet eilends hin und saget Seinen Jüngern, daß Er von den Toten auferstanden ist.“ Wenn du dieses selige Wissen für dich selbst hast, so gehe hin und sage es anderen!

Und weiter lesen wir: „Und siehe, Er geht vor euch hin nach Galiläa, daselbst werdet ihr Ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.“ (V. 7) Warum nach Galiläa? Er war Jesus von Nazareth, aus dem verachteten Galiläa. Er war nicht von Jerusalem, der Zentrale der religiösen Welt. Er stand außerhalb Jerusalems. Und so ist es noch heute. Wenn wir die Freude der Gemeinschaft des HErrn haben wollen, so müssen wir dort sein, wo Er ist. Wenn wir durch den Vorhang in das Heiligtum eintreten wollen (Hebr. 10,19.20), so müssen wir zu Ihm hinausgehen außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend. (Hebr. 13,13) Beides muß zusammengehen, so wie wir eine Schere nur haben, wenn beide Teile derselben zusammengefügt sind. Das eine ist nicht ohne

das andere. So wie die Frauen, so müssen auch wir dorthin gehen, wo Er ist. Und wo ist es? In dem verachteten Galiläa, dem Symbol der verachteten Stätte, wo die Jünger des HErrn zusammenkommen.

Ein anderer Evangelist berichtet: „Gehet hin, saget Seinen Jüngern und Petrus, daß Er vor euch hingeht nach Galiläa.“ (Mark. 16,7) Es ist sehr lehrreich, daß gerade Markus vom Heiligen Geiste geleitet wurde, die Erwähnung Petri in dem Ausspruch der Engel mit zu berichten. Denn gerade er - Johannes, der Markus zubenamt war (Apgesch. 12,12), hatte in seinem Dienst im Werke des HErrn nicht ausgeharrt (Apgesch. 13,13) und war nach Jerusalem zurückgekehrt. Welch ein Trost muß es für ihn gewesen sein, daß Er den Namen des Petrus in dieser Botschaft des Engels mit niederschreiben mußte - jenes Jüngers, der in der Treue auch nicht ausgeharrt hatte! Welch eine wunderbare Gnade liegt in diesem Worte: „Gehet hin, saget Seinen Jüngern und Petrus.“ Der HErr hatte ihn nicht vergessen, Er stieß ihn nicht von Sich. Gelobt sei Sein Name! Er gibt auch uns nicht auf, wenn wir schwach geworden und gefallen sind.

„Als sie aber hingingen, es Seinen Jüngern zu verkünden, siehe, da kam Jesus ihnen entgegen und sprach: Seid gegrüßt!“ Wir können nicht ausdrücken, was in diesen Worten enthalten ist. Ein Strom der Freude mußte in das Herz dieser Frauen fließen, als sie plötzlich diesen gnadenvollen Gruß hörten aus dem Munde des HErrn, den sie glaubten für immer verloren zu haben. Sie empfanden sofort, daß nun alle Not vorüber sei, „traten herzu, umfaßten Seine Füße und huldigten Ihm“. (Matth. 28,9) Und warum hindert Er sie nicht, Ihn zu berühren? Weil wir in diesem Evangelium Ihn als den auferstandenen König sehen in der Mitte eines gläubigen Überrestes auf Erden, der Ihn liebt und Ihn anbetet. Es ist ein Vorbild Seines zukünftigen Königreiches auf dieser Erde. Auch unsere Herzen freuen sich bei dem Gedanken, daß der Herr Jesus an einem zukünftigen Tage in der Mitte Seines Volkes, das nach Ihm ausschaut, erscheinen und auf dieser Erde herrschen und regieren wird. Der Psalmist singt: „Deiner harrt schweigend der Lobgesang, o Gott, in Zion, und Dir wird bezahlt werden das Gelübde.“ (Ps. 65,1) Dies ist wahr, weil Zions Stimme jetzt schweigt. Aber Zions Stimme wird an einem späteren Tage gehört werden.

Und was ist nun nach der Auferstehung des HErrn geschehen? Der Heilige Geist ist vom Himmel herniedergekommen, und während Gottes Plan mit Israel für eine Zeit beiseite gesetzt ist, bringt Er nun Seinen wunderbaren Ratschluß, das Geheimnis der Gemeinde, zur Ausführung, „welche Sein Leib ist, die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“. (Eph. 1,23) Die Huldigung und Anbetung, die Israel dem HErrn an einem späteren Tage bringen wird, wird Ihm jetzt von der Gemeinde dargebracht.

Hier, in unserer Matthäusstelle, nimmt Er die Huldigung derer, die Ihn lieben, an und spricht zu ihnen: „Fürchtet euch nicht, gehet hin, verkündet Meinen Brüdern, daß sie hingehen nach Galiläa, und daselbst werden sie Mich sehen.“ Mit diesen Worten bestätigt Er das Wort, welches der Engel zuvor geredet hatte, daß Galiläa der Begegnungsplatz mit dem HErrn sein solle. Dies stimmt so schön überein mit dem weiten Gebiet des Evangeliums. Es ist hier eine irdische Genossenschaft, gleichsam die Schar Seiner Brüder, die den König in ihrer Mitte haben möchten und die nun hingehen, um Ihm zu begegnen. Und zu diesen sagt Er: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ Möchten auch wir dies nie vergessen!

Und nun, Geliebte, derselbe HErr, den wir im Matthäusevangelium in der Mitte Seiner jüdischen Brüder sehen, der Kinder, die Gott Ihm gab, als Er von Israel verworfen war, ist durch Gottes Gnade auch unser HErr, den wir als solchen bekennen. Er ist jetzt nicht hienieden; Er ist jetzt im Himmel, mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt. Wenn wir in Maria Magdalene, welcher Sich der HErr zuerst zeigte, ein Vorbild der himmlischen Heiligen sehen, so sehen wir in diesen Frauen, denen der HErr Sich danach offenbarte, die irdische Seite Seines Königreiches. Die himmlische Seite ist die erste, alsdann folgt die irdische. Diese Ordnung finden wir selbst im Alten Testament. Isaaks Same sollte sein wie die Sterne des Himmels, Jakobs wie der Sand am Meere. Das eine Bild ist himmlisch, das andere irdisch. Aber Christus ist der Mittelpunkt beider. Welch ein Tag der Freude wird es sein, wenn Er einem gläubigen Überrest des Volkes, das Ihn einst als ihren Messias verwarf, mit den Worten begegnen wird: „Seid gegrüßt!“

W. (A. v. d. K.)

 

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

In den seitherigen drei Lieferungen dieses Jahres haben wir uns eingehend beschäftigen dürfen mit einigen Charakteren der Schrift, wie Saul, Jonathan, Orpa, Demas, Salomo, und zwischendurch auch Israel, unter dem Gesichtspunkt, wie es kam, daß diese Personen usw. nicht auf der Höhe ihrer Berufung blieben bzw. das Ziel nicht erreichten, das ganz sichtlich Gott ihnen gesteckt hatte, kurz, Ihm nicht zur Ehre ihren Lauf vollendeten, sondern zur Schande und sich selbst zum Verderben oder wenigstens zur Beschämung. Das Beispiel von dem großen Salomo wird - so hoffe ich - noch lange in uns nachwirken und helfen, daß wir uns vor ähnlichen Gefahren hüten. 1. Kor. 10,12!

Heute möchte ich nun, wie schon in letzter Lieferung angekündigt, zur Abwechslung mehrere Typen kürzer besprechen, um dann später wieder zu ausführlicheren Schilderungen überzugehen, so der HErr will.

Zunächst werfen wir einen Blick auf die „Rotte Korah“, die ein so schauerliches Ende fand in 4. Mos. 16 (V. 32.33!). Im Judasbrief Vers 11 wird eine geistliche Anwendung jener erschütternden Geschichte für unsere Zeit gemacht: „... sie sind in dem Widerspruch Korahs umgekommen“ Also gibt es so etwas auch heute noch? O gewiß, denn was war ihre Sünde? Einfach die: Mangel an Unterwürfigkeit dem gottgegebenen Führer des Volkes, dem Mose, gegenüber sowie ebenso (gleichgeschalteter) Mangel an Anerkennung der überragenden Bedeutung des gottgegebenen Priestertums Aarons. Sie - d. h. Korah mit den Seinen - wollten, obwohl sie Leviten (also bevorzugte Diener!) waren, mehr sein als sie sein konnten und durften, sie trachteten nach dem Priestertum (V. 10), mit hochtönenden Worten von Gleichmacherei (V. 3!), die Korah aber in Wahrheit nur auf sich bezog, widersprachen sie der einzigartigen Anordnung des Priestertums und sind damit für alle Zeiten gekennzeichnet als „Widersprechende“. Wer etwas sein will, was er weder ist noch sein kann, widerspricht der

Anordnung Gottes. Und heute - heute, wo es kein anderes wahres Priestertum hienieden gibt als das in 1. Petr. 2,1-10 geschilderte, heute, wo unser großer Hoherpriester droben ist (Hebräerbrief) - gibt's da auch noch den Widerspruch Korahs? Ja, eben in der Tatsache der Nichtanerkennung jenes alleinigen Hohenpriesters und in dem sich-zu-etwas-machen-Wollen, was man nicht ist: denn wer anders konnte zum Priestertum Gottes, zum heiligen oder auch zum königlichen Priestertum gehören, als der, welcher zu dem lebendigen Steine, Christus, gekommen ist?! (1. Petr. 2,4.5) Wer auf andere Weise als auf diese alleinige gottgewollte ein Priester Gottes zu sein wünscht, der macht sich des Widerspruchs Korahs schuldig, wenn auch allermeist ohne sein Wissen, während Korah wohl wußte, was er tat. Und wer den großen Hohenpriester nicht anerkennt, ähnelt dem Korah auch - und wenn Religionsgesellschaften so handeln? Sie werden einst die Folgen zu tragen haben! - Wie kam es also, daß Korah und seine Rotte ins Verderben gingen? Ihr sträflicher, böser Widerspruch war die Ursache. Und wir - wollen wir doch ja nie des Widersprechens gegen göttliche Anordnungen uns schuldig machen - wir können damit nie zur Ehre des HErrn sein und dienen! „... nicht widersprechend ...!“ (Tit. 2,9) - so im Kleinen - so im Großen!

Und wie kam es, daß Esau seiner Erstgeburtsvorrechte verlustig ging! Mehrfach ist in den „Handr.“ in den letzten Jahren über Esau geschrieben, u. a. im letzten (18.) Jahrbuch (S. 172ff.), so daß ich mich hier erst recht kurz fassen kann. Ich bitte aber nachzulesen, was ich auf S. 143f. in Jahrbuch 17 zu Frage 8 schrieb, u. a.: „... Wir sehen die ‚Edoms‘, die ‚Esaumenschen‘von heute vor uns, die um kurzer Erdengenüsse halben himmlische Anrechte verscherzen ...“ - Ja, wie kam es bei Esau? Bei Esau, der auch ein religiöser Mensch sein wollte? Er war in Wahrheit „ein Ungöttlicher“ (Hebr. 12,16); ihm war der irdische Genuß des Augenblicks mehr wert als die Verheißung für die Zukunft! Und wie oft wirft man uns Christen vor, wir seien keine rechten Gegenwartsmenschen, sondern lebten für eine ungewisse (!!?) Zukunft. Ja, das tun wir auch, nur daß unsere Zukunft durchaus gewiß ist, aber diese herrliche Zukunft bringt's mit sich, daß wir auch die Gegenwart richtig beurteilen, vor allem, daß wir uns durch die Scheingenüsse derselben nicht blenden lassen. Wie kam es bei Esau? Er lebte in einem falschen Verhältnis zur Gegenwart, er sah sie nicht an im Lichte der Ewigkeit, sondern er

morgen sterben wir!“ - Nun - wie anders sehen wir die Dinge an! Ja! laßt uns uns aber warnen lassen durch Esaus „Wie kam es“?

Und wie kam es bei Pilatus, daß er, der eine so kostbar-nahe Begegnung mit dem von ihm, dem obersten Richter, als „schuldlos“ angesehenen Herrn Jesus hatte, dennoch nicht recht richtete und damit sein Gewissen befreite und sich selbst die Möglichkeit gab, zu dem HErrn in nähere, in Herzensbeziehung zu kommen? Wie es kam? Ein paar Stellen sagen alles: Joh. 19,8.12, kurz, es war nichts als Menschenfurcht! Gewarnt war er genug, zumal durch sein treues Weib (Matth. 27,19), aber angeklagt zu werden, „des Kaisers Freund nicht mehr“ zu sein - das hält auch der Beste nicht aus! - also: der HErr wird verurteilt - und Pilatus geht innerlich genau so in die Nacht wie Judas vorher. Ja, „Menschenfurcht legt einen Fallstrick“ (Spr. 29,25) - und wie manche Gläubige sind in solchem Fallstrick zu Verleugnern der Wahrheit, zu „Feinden des Kreuzes Christi“ (nach Phil. 3,18, d. h. nicht gerade zu Feinden Christi, wohl aber Seiner Leiden; doch bedenke Röm. 8,17!) geworden! Möchten wir „stehen“ wie Paulus nach Apgesch. 26,22 und ohne Menschenfurcht die ganze Wahrheit bezeugen nach Offenb. 3,8! Wie kam es?

Und wie kam es bei Hymenäus und Alexander 1. Tim. 1,20. (Vgl. noch Philetus, der nach 2. Tim. 2,17 anscheinend zu der gleichen Gesellschaft gehörte, vielleicht nach der Regel von 1. Kor. 15,33: „Böser Verkehr verdirbt gute Sitten.“) Wie kam es, daß sich diese Menschen, die gewiß aus den Gläubigen waren, unter so schwere Zucht brachten, aber bis in den 2. Timoteusbrief nicht zurechtkamen, sondern immer weiter von der Wahrheit abirrten? (2. Tim. 2,18; 4,14) Sehr einfach zu sehen, wenn man sehen will! 1. Tim. 1,19 heißt es: „Sie haben ein gutes Gewissen von sich gestoßen, und so, was den Glauben betrifft, Schiffbruch gelitten.“ Es tut nicht not, darüber mehr zu sagen als dasteht: „Sie haben ein gutes Gewissen von sich gestoßen!“ Wie sie das machten, worauf es sich bezieht, ist hier gleichgültig, genug, sie taten es! Paulus „übt sich, allezeit zu haben ein Gewissen ohne Anstoß vor Gott und den Menschen“ (Apgesch. 24,16), sie aber stießen solch Gewissen fort und taten es offenbar lange und fortgesetzt, und die Folge war schauerlich. Geliebte, hat uns dies etwas zu sagen? Prüfen wir uns und hüten wir uns - „denn auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer“! (Hebr. 12,29) Anwendungen kann jeder selber machen - hier brauchen wir nur den traurigen Grundsatz zu

sehen, um für unter Gläubigen leider häufige, tiefe Fälle das „Wie kam es?“ beantwortet zu finden: „Ein gutes Gewissen von sich gestoßen!“ Der HErr bewahre uns davor! Er gebe uns Gnade, mehr und treuer zu wandeln nach 1. Kor. 10,12!

Genug für dieses Mal! Manche Belehrung, viel Mahnung und Warnung in diesen kurzen Darstellungen, die eigentlich noch kürzer sein sollten, aber nehmen wir sie, wie der HErr sie mir gab! Vielleicht das nächste Mal in ähnlicher Weise weiter! Ich schließe mit Eph. 5,15-17: „Sehet nun zu, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die gelegene Zeit auskaufend, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des HErrn sei!“ - Wie kam es?

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

4. Zu wem beten wir?

Wir beten zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Sohne Gottes, welcher unser Retter, unser Heiland, der Tilger unserer Sünden ist. Steht doch geschrieben: „Daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ (Phil. 2,10.11) „Und alle Engel Gottes sollen Ihn anbeten.“ (Hebr. 1,6) In der Herrlichkeit wird Ihm, dem Lamme, Anbetung von den Erlösten und Huldigung von der Engelwelt und von jedem Geschöpf. (Offenb. 5,8-14) Unsere Anrede für den HErrn sollte stets eine ehrerbietende sein. Niemals sollten wir Ihn nur mit „Jesus“ anreden, oder Ihn gar etwa als unseren „Bruder“ bezeichnen. Wenn Er die Seinen in Liebe und Gnade als Seine Brüder bezeichnet, so sollten wir nicht den Schluß hieraus ziehen, daß wir Ihn, den HErrn über alles, gleicherweise so anreden oder bezeichnen könnten. Wenn wir Ihn auch als den Vertrauten unserer Herzen kennen und lieben, so sollte aber doch

Es ist ein recht österlicher Klang, der hier aus dem Alten Testament zu uns kommt. Wir sind gewohnt, Wissen und Glauben wie unvereinbare Gegensätze anzusehen, und doch ist das nicht ganz richtig; denn was ich glaube, soll für mich zu einer Tatsache werden, auf die ich mich unbedingt verlassen kann. Als ich ein Kind war, weigerte ich mich zu glauben, daß die Sonne am Himmel stehe, weil ich sie hinter den dunklen Wolken nicht sehen konnte. Erst als mein Vater es bestätigte, glaubte ich es, weil er es sagte, und als dann die Sonne die Wolken durchbrach, da wußte ich es.

Darum ist es mir immer sehr tröstlich gewesen, daß der Apostel Paulus sagt: „Wir wissen aber, daß denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen“ (Röm. 8,28); oder 2. Kor. 5: „Wir wissen aber, so unser irdisch Haus, diese Hütte, zerbrochen wird, daß wir einen Bau haben, von Gott erbauet, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist, im Himmel“, oder wenn er Röm. 4,21 von Abraham bezeugt: „Er wußte aufs allergewisseste, daß, was Gott verheißt, das kann Er auch tun.“ O wenn es uns doch allen in unserem Glaubensleben so ginge, daß, wenn Sorge und Verzagtheit uns zu Boden werfen wollen, wir uns aufrichten könnten an dieser Gewißheit und uns sagen: „Er lebt, und Er hat uns verheißen, daß niemand uns aus Seiner Hand reißen kann - niemand und nichts!“ Wenn uns das zur unumstößlichen Wahrheit geworden ist, so mögen wir in uns wohl noch viele Schwachheit finden, aber wir haben doch einen felsenfesten Boden unter den Füßen, weil wir nicht auf uns selbst bauen, sondern einzig und allein auf Den, der uns erlöst und zu Gnaden angenommen hat. Und wenn wir auch im Dunkeln die ausgestreckte Heilandshand einmal nicht sehen und zu versinken fürchten, so wissen wir doch, daß wir immer wieder bitten dürfen: „Hilf meinem Unglauben!“

Frage und Antwort

 

 

 

Frage 5

War Abraham nach 1. Mos. 11,26.27 der älteste Sohn Tarahs? Wenn ja, wie reimt sich das mit

Haran gezogen sei? Wäre er nach einer vergleichenden Berechnung aus 11,26 und 32 schon 60 Jahre vorher ein erstes Mal in Kanaan gewesen auf eine erste in Chaldäa an ihn ergangene Aufforderung hin, Apgesch. 7,2-4?

Antwort

Eindeutig klare Aussagen der Schrift in Verbindung mit der Beachtung gewisser Grundsätze, die bei der Abfassung der Schrift angewandt worden sind, verhelfen zur Klarheit.

Einer (I) dieser Grundsätze ist: Söhne werden nicht der Geburtsfolge nach genannt, wenn es sich um die Stellung in dem Ratschluß und in den Gnadenabsichten Gottes handelt.

Ein zweiter (II), sich an diesen anschließender Grundsatz ist: gewöhnlich ist es ein jüngerer oder gar der allerjüngste der Söhne, den die Gnadenwahl Gottes herausgreift, oder wenn es sich um eine Familie handelt, eine der geringsten. Auch kommt's vor, daß beides zusammentrifft.

Gleich beim ersten Brüderpaar der Menschheitsgeschichte hatte der Jüngere, Abel, das Wohlgefallen Gottes, nicht Kain, der Ältere. Das zweite Beispiel in der Schrift sind die Söhne Noahs. In den Kapiteln 6-10 des 1. Buches Mose stehen sie immer in der Reihenfolge: Sem, Ham, Japhet. Und doch war Japhet der Älteste, Ham der Jüngste: 10,21 und 9,24. Die Erklärung ist einfach. Sem war von Gott dazu ausersehen, der Ahnherr derer und Dessen zu sein, durch welche und in welchem die Heilstatsachen für die Menschheit zum Austrag kommen sollten: Israels und des Christus. Also gebührt dem Sem der Vorrang in der Aufzählung. Daß Ham an zweiter und Japhet, obwohl Ältester, an dritter Stelle kommt, hebt einen anderen Grundsatz (III) heraus: das Nächstliegende kommt zuerst, dann das Entferntere. Die Schrift wurde durch Mose zunächst für Israel geschrieben. Und Israel ist der Mittelpunkt alles Geschehens auf der Erde. Also nimmt die Betrachtung bei ihnen den Ausgang: Außer von anderen semitischen Völkerstämmen waren sie von hamitischen Völkerschaften umgeben, ja kamen aus einer hamitischen, aus Ägypten, heraus und nahmen das Land hamitischer

auch erst hinter Ham: 10,1 zum letztenmal. Von Vers 2 an ist die Reihenfolge umgekehrt: Japhet, Ham, Sem, nach einem weiteren Grundsatz, der sich auch weiterhin findet (IV): wenn bei einer Person oder Sache länger verweilt werden soll und es sind andere Personen oder Sachen ebenfalls zu berücksichtigen, so wird mit dem Entfernteren und weniger in Betracht Kommenden begonnen, bis herwärts zu dem Allerwichtigsten, über den die Schrift sich dann verbreiten kann, ohne sich Einschränkung auferlegen zu müssen. Darum hier Japhet, Ham, Sem, weil sie bei des letzteren Nachkommen nun immerfort verweilen will; denn Kap. 11,1-9 ist nur eine, wenn auch notwendige, Einschaltung. 11 Vers 10 ist die Fortsetzung von 10,31, und diese Fortsetzung zieht sich durch die ganze Schrift hin, obwohl sie zunächst auf Abraham abzielt: 11,26ff.

Beiläufig: Wie vernunftgemäß ist die Abfassung der Schrift! Sie ist es in viel größerem Maße, als die meisten Leser entdecken oder ahnen. Und ihre Kritiker macht sie zuschanden, wenn diese das auch nicht wahr haben wollen. Wir sind gewohnt, zu sagen: Jakob und Esau, Mose und Aaron. Das ist uns zur Selbstverständlichkeit geworden. Mit Recht. Aber doch nur, weil die Schrift so spricht, den Jüngeren vor den Älteren setzt, der bevorzugteren Stellung wegen (Mose war 3 Jahre jünger als Aaron: 2. Mos. 7,7); z. B. Josua 24,4.5. Siehe Gideon, Richt. 6,15; Saul, 1. Sam. 9,21; David, 1. Sam. 16,11.

Noch einen in der Abfassung der Schrift angewandten Grundsatz (V) müssen wir zu unserer Antwort in Betracht ziehen: Die Schrift berichtet zielstrebig, d. h. sie geht direkt aufs ganze und nimmt lieber nachher eine Einzelheit wieder besonders vor, als daß sie sich vorher durch dieselbe aufhalten ließe. Das erste Beispiel dieser Art ist die Erschaffung des Menschen, 1. Mos. 1 und 2. Kapitel 1,26-29 berichtet summarisch die Erschaffung des Menschen als männlich und weiblich nach dem Schema des Berichtes über anderes, der vorangeht. Im 2. Kapitel folgt als etwas Spezielles die Schilderung des Wohnortes, den Gott dem vorderhand als männliches Einzelwesen daseienden Menschen bereitet, und dann die Erschaffung aus Adam der ihm entsprechenden weiblichen Hilfe.

Es ist wichtig genug, daß hier nebenher erwähnt werde: nicht ist es so, wie schon gefolgert

worden ist: Adam sei so und solange erschaffen gewesen, als die Erschaffung des Weibes erfolgte, und das „sehr gut“ am Ende der sechs ersten Tage sei also gar bald nicht mehr wahr gewesen, da ja Gott Selber gesagt habe, „nicht gut“ ist, daß der Mensch allein sei. Nein! Kap. 2 gehört ganz in den sechsten Tag hinein, in den sechsten Tag von 24 Stunden. Gott, welcher spricht und es steht da, brauchte nicht etwa einen halben oder dreiviertel Tag, um die Erde, die lebendigen Wesen, die Tiere, hervorbringen zu lassen, 1,24-26. Dieses und die Bildung des Menschenleibes konnte im Nu vor sich gegangen sein. Anschließend erfolgte die Bereitung des Gartens, das Herzubringen der Tiere zu Adam zur Benennung, wozu der Tag ausreichen konnte. Sie waren doch wohl in der Nähe. Es handelte sich um die Tierarten. Der eben erst dem Menschen eingehauchte Odem oder Geist Gottes verbürgt uns das Vorhandensein einer Weisheit in Adam, die wir uns gar nicht vorstellen können, so daß er im Nu die Tiergattungen nach deren Eigentümlichkeiten benennen konnte. Hierauf erfolgte das In-Schlaf-fallen-lassen Adams zur Entnahme der Rippe und deren Bauen zum Weibe, was als Tun Gottes im Nu geschehen war, so daß am Abend des sechsten Tages das „sehr gut“ ertönen konnte.

Wie viele Phantasien und Schwierigkeiten werden in die Schrift hineingetragen! Und sie ist doch so einfach!

Als Übergang zu Abraham noch einmal Noahs Söhne, 5,32: „Noah war 500 Jahre alt und zeugte Sem, Ham und Japhet. Frage: Hat sein Weib Drillinge geboren, oder jeweils einen in einem bestimmten Jahr? Ist es nicht wie bei den 9 vorhergehenden Vätern: als sie so und so alt waren, fingen sie an zu zeugen? Nur sind hier sämtliche Erzeugte gleich zusammen genannt, wie in Kap. 6,10 wiederum, ohne daß etwas über die Geburtsfolge gesagt wäre. Diese Frage muß, wenn möglich, anderswoher ihre Lösung finden! Ebenso aber auch dieselbe Frage bezüglich der 3 Söhne Tarahs, 11,26, mit der Wiederholung in Vers 27. Frage wieder: Hat Tarahs Weib ihm Drillinge geboren, als er 70 Jahre alt war, oder hat sie die drei in verschiedenen Jahren geboren? Ist es nicht eine Vermessenheit, steif und fest zu behaupten: so wie's hier steht, sei die Geburtsfolge gewesen, wenn doch anderwärts wie bei den Söhnen Noahs ein unzweideutiger Hinweis gegeben ist, daß es nicht so war?

Unter Zuhilfenahme der aufgezeigten Grundsätze können wir uns jetzt für die Antwort kurz fassen. 1. Mos. 11,26.27 ist nicht ausschlaggebend, um festzustellen, ob Abraham der älteste Sohn Tarahs war oder nicht: Grundsatz I.

Abraham war der jüngste oder doch zweitjüngste Sohn Tarahs, wie eindeutig aus 12,4 hervorgeht: Grundsatz II. Es geht auch daraus hervor, daß er Lot, den Sohn des 60 Jahre älteren Haran, mitnehmen konnte. Auch Nahor war jünger als Haran, da er eine Schwester Lots zur Frau nehmen konnte.

Abraham kann nicht 60 Jahre vorher ein erstes Mal in Kanaan gewesen sein. Es steht eindeutig da, 11,31, daß Tarah den Aufbruch nach Kanaan in die Hand nahm; daß sie nur bis Haran kamen und da wohnen blieben. Daß Abraham allein weitergezogen und wieder zurückgekehrt sei, ist eitel Phantasie. Grundsatz IV und V kommt hier in Frage: die Geschlechterfolge von 11,10 an strebt zu Abraham hin. Sie macht, bei Tarah angekommen, eine Pause, weil es für die in der Folge gegebene Geschichte unerläßlich ist, Persönlichkeiten aufmarschieren zu lassen, die eine Rolle spielen. Die Brüder Abrahams und deren Familien mußten neben ihm genannt werden, damit der Leser Bescheid wisse, wenn er von Haran, dem Herkunftsort der Rebekka, des Weibes Isaaks, und Lehas und Rahels, der Weiber Jakobs, von Lot und Laban und anderen von dort, liest. Nach dieser kurzen Mitteilung wendet sich der Bericht wieder Abraham zu, um nun unabgelenkt bei ihm verweilen zu können.

12,1 geht nach Apgesch. 7,2-4 auf den allerersten Anfang, auf den Ruf des Gottes der Herrlichkeit an Abram in Ur in Chaldäa (Mesopotamien) zurück. Josua (24,2.3) und Stephanus setzen den Auszug aus Ur und die Übersiedlung von Haran nach Kanaan rein auf das Konto Gottes. Dies unterstreicht eben, daß das Ingangsetzen des Aufbruchs durch Tarah nur eine Zwischenhandlung war, der Abram sich fügte. Abram mußte doch seinem Vater sagen, was er vorhabe; er konnte doch nicht wie Jakob mutterseelenallein ohne sein Weib und ohne Existenzmittel die Reise ins unbekannte Land antreten. Wir kennen ihn aus seinem Verhalten gegen Gott als einen Mann des strikten Gehorsams. Was wunder, daß er der Aufwallung seines

entgegensetzte, sondern einfach mitging, da er ja so der Aufforderung Gottes auch nachkam, mit Ausnahme des Punktes: Geh' aus deiner Verwandtschaft. Bei Tarah war es aber nicht Glaubensgehorsam. Darum blieb die Reisegesellschaft hängen, bis nach wenigen Jahren, wie man ausrechnen kann, durch Tarahs Tod der Weg für Abram frei wurde.

Die Worte des Stephanus sind so eindeutig klar, daß „Und Jehova sprach zu Abram“, 1. Mos. 12,1, mit den Einzelheiten, die dem Ruf sein einzigartiges Gepräge geben, nicht auf Haran paßt. Die Form des Zeitworts „sprach“ wird in diesen und jenen Übersetzungen verständlicher mit „hatte gesagt“ wiedergegeben, auch in anderen ähnlichen Stellen. Mit Recht. Die Elberfelder Übersetzung hatte es auch in der ersten Ausgabe. Esweist deutlicher als „sprach“ auf einen früheren Zeitpunkt zurück. Überdies braucht man sich nur zu fragen: War Haran Abrams Land oder Vaterland, wie Luther dem Sinne nach gelungen sagt? Man wird sich selber die Antwort „nein“ geben und sagen: Das war Ur in Chaldäa.

Man lasse sich also nicht durch allerhand mehr oder weniger spekulative Chronologien in Verwirrung bringen! Abraham war nicht der älteste Sohn Tarahs und war vor seines Vaters Tod nicht in Kanaan gewesen.

F. Kpp.

Frage 6

Gibt es eine Erklärung dafür, daß für die Weiber Esaus in 1. Mos. 26,34 und 28,9 andere Namen bzw. andere Herkunft angegeben sind als in 1. Mos. 36,2 u. 3?

Antwort

Ja, diese Erklärung gibt es. Wie wir auf die vorangehende Frage die Antwort An Hand von vom Geiste Gottes angewandten Grundsätzen haben geben können, so können wir zu dieser anderen Frage ausschlußgebende Grundsätze aufzeigen, welche die Menschen anwandten, ja in

eintraten, wenn ihr Leben eine andere Richtung nahm als bisher, oder wenn sie in ein anderes Land kamen, oder gar wenn beides sich zusammenfand, so war dies häufig mit einer Namensänderung verbunden. Reisende berichten, daß das heute noch im Orient, und besonders bei Frauen, z. B. bei Wiederverheiratung, vorkommt. Ja, kennen wir das nicht aus unserer deutschen Geschichte? Im Mittelalter war's Brauch, daß ein Mann oder Jüngling, wenn er in die Gelehrtenlaufbahn eintrat, seinen deutschen Namen in einen lateinischen oder griechischen verwandelte. Melan-chton hieß vorher Schwarz-erd; der Basler Theologe Oeko-lampadius Haus-schein. Beispiele aus der Schrift von seiten Gottes: Abram = Abraham; Sarai = Sarah; Jakob = Israel; Paschchur = Magor-Missabib (Jer. 20,3) u. a. Von seiten der Menschen: Esau = Edom; Gideon = Jerubbaal; Daniel und seine drei Freunde in Babel u. a. Auch Orte erlitten Änderungen ihres Namens bei Besetzung durch Eroberer: Bethel = Lus; Kirjath-Arba = Hebron; Lais = Dan u. a. Im Neuen Testament setzt sich das fort: Simon = Kephas = Petrus, Jakobus und Johannes = Boanerges; Joseph = Barnabas, Saulus = Paulus u. a.

Als Jakob aus Haran zurückkehrte, muß Esau nur vorübergehend aus irgendeinem Grunde im Lande Seir, im Gefilde Edom, gewesen sein, 32,3. Der kluge Jakob wird durch Boten oder Kundschafter das herausgebracht haben, und des Wohlwollens seines Bruders wollte er sich doch versichern. Nach der Aussöhnung wohnten sie ja beide noch in Kanaan, wie aus 36,6.7 hervorgeht. Esau war großmütig genug, die Weideplätze Kanaans seinem Bruder zu überlassen und wanderte selber aus. Es liegt nahe, zu vermuten, daß er die Gegend, in die er zog, das Gebirge Seir, wie es Vers 8 heißt, passend fand, sowohl der Sicherheit wegen, als auch seinem Hang zur Jägerei entsprechend. Und kennengelernt hatte er das Land, als er noch unverheiratet war, auf seinen Streifzügen als Jägersmann wohl, sonst hätte er sich nicht von dorther eine Frau genommen, wie wir gleich sehen werden, daß dies der Fall war. Wo wohnte Isaak zur Zeit, als Esau seine beiden ersten Weiber nahm? In Beerseba, im Süden des Landes Kanaan, Kap. 26,23-33! Man nehme eine Karte zur Hand, und man wird die Entfernung zwischen Beerseba und dem Gefilde Edom (Gefilde = Feld, nicht Gebirge) oder Gebirge Seir nicht übertrieben weit finden für den herumstreifenden Sohn eines Nomadenfürsten. Judith aus

Hethiters, Oholibama, die Tochter Anas, die (Enkel-)tochter Zibeons, des Hewiters (36,2.24.25); (26,34) in Basmath, der Tochter Elons, des Hethiters, Ada, die Tochter Elons, des Hethiters (36,2); (28,9) in Machalath, der Tochter Ismaels, Basmath, die Tochter Ismaels (36,3).

Es ist gar nichts Seltenes, daß für ein und dieselben Personen zweierlei Benennungen vorkommen, je nach der Betrachtungsweise. Die Handelsleute, die Joseph nach Ägypten brachten, hießen Ismaeliter der Abstammung nach, und Midiamiter als Kaufleute, weil die Karawanenführer hauptsächlich solche waren: 1. Mos. 37, 25. 28 a u. b. Ephratiter können Ephraimiter sein oder umgekehrt; und doch ist Ephrata = Bethlehem und hat nichts mit Ephraim zu tun. Siehe u. a. 1. Mos. 35,19 und dazu Richt. 12,5 u. 17,7 mit Fußnoten Elberf. Übers. und 1. Sam. 1,1. So ist es mit dem Hethiter Beeri oder Heviter Ana. Hethiter oder Kinder Heth (1. Mos. 23), von ihrem Stammvater Heth benannt,1. Mos. 10,16, kommt in der Mehrzahl vor, Hewiter, seit 1. Mos. 10,17, nur in der Einzahl (im hebräischen Text). Es kann wie Ephratiter ein bezeichnender Name sein, denn er bedeutet etwa „Dörfler, Bezirkler“ (wie wir weitere Bezeichnungen dieser Art haben: Gebirgler, Städter u. a.). Also Hethiter kann mit Hewiter verwechselt sein. Dann geht aus Kap. 36,24 hervor, daß Ana warme Quellen fand. Ist es verwunderlich, daß er daher den Beinamen „Beeri“, d. i. „mein Brunnquell“, erhielt, da er das in der Freude über den Fund ausgerufen haben mochte? Bekam nicht Esau den bleibenden Namen Edom, „rot“, weil er zu Jakob sagte: „Laß mich doch essen von dem Roten, dem Roten da!“, als er sein Erstgeburtsrecht um ein Linsengericht verkaufte? War Abraham nicht unter dem Beinamen „der Hebräer“ bekannt, d. h. der von „heber“, d. i. von jenseits (des Euphrat) Gekommene,1. Mos. 14,13? Der richtige Name Anas erscheint da, wo von seiner Abstammung die Rede ist, Kap. 36. In Vers 20 finden wir den Ahnherr Anas: Seir hieß der, mit dem Beinamen „Ho- d. i. etwa „Höhl-er“ = Höhlenbewohner, welcher Beiname den Nachkommen blieb, Vers 21.29.30. Wenn es sich nicht um die Abstammung handelt, heißt Ana Beeri. Und Ana steht in dem Kapitel, das den Umzug Esaus nach dem Gebirge Seir berichtet. Oholibama („mein Höhenzelt“) wird der ursprüngliche Name der Tochter Anas gewesen sein nach Vers 25. Als Esau sie nach Kanaan brachte, wurde sie Judith genannt, „Bekennerin“ (die sich zu dem Volksstamm bekennt, zu dem sie kommt?). Bei der Rückkehr in ihr Geburtsland konnte sie

Dagegen kamen Basmath, Elons Tochter, und Mahalath, Ismaels Tochter, nun zu einem fremden Volksstamm. Warum sollte dem Gebrauch nach nicht Namensänderung stattgefunden haben können? Basmath, d. i. die Duftige, Anmutige, wurde Ada, die Schmucke, geheißen, und weil Basmath doch ein lieblicher Name ist, bekam den die Mahalath, d. i. die Empfindsame, Leidende, Kränkliche. Vgl. zu Mahalath die Überschriften zu Ps. 53 und 88.

So lassen sich scheinbare Widersprüche mit Geduld und eingehender Untersuchung zur Zufriedenheit lösen. Zudem wird unser Wissen dabei bereichert (und durch beides unsere Dankbarkeit gegen den HErrn für Sein wunderbares Wort erhöht. Zusatz des Schriftl. F. K.).

F. Kpp.

Frage 7

Wer ist der Stern, der den Abgrund öffnet, Offenb. 9,1? Der Abgrund ist Luk. 8,31 und 2. Petr. 2,4 als Aufenthaltsort von geistlich-satanischen Wesen erwähnt. Ist demnach das Tier der Offenbarung (11,7; 12,3; 13,1-3; 17,8-11) ein dämonisches Wesen und kein Mensch? Der Abgrund scheint ein Geistergefängnis zu sein. (Offenb. 20,3)

Antwort

Kein Mensch wird präzise auf die Frage, wer der Stern ist, antworten können. Was in der symbolischen Sprache der Offenbarung mit einem vom Himmel auf die Erde gefallenen Stern gemeint ist, das ist: eine autoritäre Persönlichkeit die aus der ihr von Gott zur Leitung anderer gegebenen Stellung gefallen ist, immerhin aber noch nach dem Sturz ihrem Wesen nach weiterbesteht. An einen Menschen zu denken ist wohl ausgeschlossen auf Grund dessen, was folgt.

Was ist eigentlich der Abgrund, a-byssos = ohne Grund? oder wo ist er? Mit dem Wort wird im Alten Testament, wo es zum Teil als Synonym (sinnverwandtes Wort) von Scheol steht (Hiob

26,6; 28,22; 31,12; Ps. 33,11 [lies 10-12!]; Spr. 15,11; 27,20 sind alle Stellen, wo es vorkommt), eigentlich das Verlorensein, der Untergang, das Verderben bezeichnet: siehe Vers 11 in Offenb. 9; begrifflich auch als Örtlichkeit, als Bereich dargestellt wie Tod und Hades, die auch keine Örtlichkeiten im buchstäblichen Sinne des Wortes sein können, wie in Handr.-Band 10, Jahrg. 1925, Seite 221, dargelegt ist. Damit wäre die Frage des „wo?“ erledigt.

Wenn nun doch in symbolischer Sprache vom Schlund des Abgrunds und vom gegebenen Schlüssel zum Öffnen die Rede ist, so soll dem Leser damit anschaulich gemacht werden, daß durch ausdrückliche Zulassung nach dem Willen Gottes die autoritäre Persönlichkeit die Befugnis erhält, den sonst nur bis zu einem gewissen Grade von Gott gestatteten Einflüssen der satanisch-damonischen unsichtbaren Welt freien Lauf zu geben auf die Menschen zu, die nicht das Siegel Gottes an ihrer Stirn tragen; welche Einflüsse nur die verhüllenden Wegbereiter für das sind, was die Heuschrecken darstellen, was wir beiseite lassen, weil nicht danach gefragt wird.

Ob nun das Tier ein dämonisches Wesen ist oder andernfalls ein Mensch oder sonst was, ergibt sich aus dem, was wir über den Abgrund gesagt haben in Verbindung damit, daß es nicht nur aus dem Abgrund, sondern auch aus dem Meere aufsteigt, dem Bilde von in Aufruhr befindlichen Völkermassen, und auch aus der Erde, nach Daniel 7 dem Bilde geordneter Staatswesen. Die Beschreibung mit Nennung von Pardel, Bär und Löwe ist ein Hinweis auf Daniel 7. Das Tier ist das vierte der dort genannten und beschriebenen vier Weltreiche, indem es die Charaktere der drei ersten seinen eigenen Charaktereigentümlichkeiten hinzufügt. Vers 17 in Daniel 7 sagt eindeutig, daß die Weltreiche, also auch das vierte, und deren jeweiliger König oder Herrscher eines sind. Ferner haben diese mit ihrem Weltreich identifizierten Könige ihren Ursprung auf der Erde, stehen von ihr auf, Vers 17 u. 24, sind also Menschen, selbstverständlich. Offenb. 17,7-14 und Dan. 7,11 u. 26 zeigen das Tier von der Seite aus, daß es in der letzten Form des vierten Weltreiches vor uns steht; während Offenb. 19,20 und Dan. 7,24 es als in der Person

des letzten Herrschers verkörpert zeigen. Kennen wir das nicht aus der alten und neuen

Geschichte? Verkörperte nicht Nebukadnezar sein babylonisches, Alexander sein griechisch-mazedonisches Reich? Soll nicht Ludwig XIV. von Frankreich den Ausspruch getan haben: „Der Staat, das bin ich“? Verkörperte nicht Napoleon I. sein angestrebtes römisches Weltreich? Und wer verkörpert heutzutage ein faschistisches Italien? - um nicht, den Charakter der „Handr.“ verlassend, ein uns noch viel vertrauteres Beispiel anzuführen! Und doch wird die Verkörperung des zukünftigen römischen Weltreiches in der Person des „Achten“ (17,11) etwas in seiner Art noch viel Außergewöhnlicheres sein: Das Tier, Reich und Herrscher, sind in ihrer Natur eine Einsmachung mit dem Drachen, wie Offenb. 12 und 13 zeigen. Daher der Ursprung des Tieres auch aus dem Abgrund, d. h. dem Charakter nach! Das Tier ist kein dämonisches Wesen.

Wir kommen noch einmal auf den Stern zurück. Die Heuschrecken haben über sich einen König, den „Engel des Abgrundes“; d. h. einen Leiter, der in seiner Person der Vertreter ist von dem, was Abaddon, Apollyon eigentlich ist: siehe oben! Ist das nicht Satan selber? Ist nicht, nach anderweitigen Andeutungen der Schrift, durch ihn das Verderben in Gottes Urschöpfung hereingekommen, so daß, wo er ist und waltet (denn untätig ist er nicht), naturgemäß und zwangsläufig ein Bereich des Verderbens, des Abaddon, ist und er selber der Verderber, Apollyon, wird? Das gibt der Vermutung Raum, daß mit dem Stern ebenfalls er gemeint sein könnte, vgl. Jes. 14,12. Doch muß es bei der Vermutung sein Bewenden haben.

F. Kpp.

Alle von Gott eingegebene Schrift ist nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt!“ (2. Tim. 3,16.17)

Myriaden von Engeln.

(Hebr. 12,22)

Größe ihrer Segensvorrechte denen gegenüber zeigen, die noch unter dem Gesetze standen.

Sie waren gekommen vom Berge Sinai zum Berge Zion - vom irdischen Jerusalem zum himmlischen - von dem vermittelnden Dienst der Engel zur Festversammlung der Myriaden von Engeln - von der Gemeinde in der Wüste (Apgesch. 7,38) zur Gemeinde der Erstgeborenen, deren Namen im Himmel angeschrieben sind. Mose hatte ihnen gesagt, daß Gott Sein Volk richten werde (5. Mos. 32,36); sie waren gekommen zu Gott, dem Richter aller. - Die alte Haushaltung des Gesetzes hatte es mit den lebenden Gerechten auf Erden zu tun, auch sie waren zu diesen gekommen als vollendet in der Herrlichkeit. Von dem Mittler des Alten Bundes (Mose) waren sie gekommen zu Jesu, dem Mittler des Neuen Bundes, - und von dem Blute von Stieren und Böcken zu dem kostbaren Blute Jesu Christi, das besser redet als Abel.

Der Apostel enthüllt damit den im Glauben schwach gewordenen Hebräern eine Fülle von Vorrechten, die sie jetzt ihrem früheren Stande gegenüber besaßen, um sie zu ermutigen, ihr Vertrauen nicht wegzuwerfen und das Bekenntnis ihrer himmlischen Berufung festzuhalten. Möchten auch wir durch dieses Wort dazu gestärkt werden, denn alle diese Segensvorrechte sind unser kostbares Teil.

Nachdem wir in früheren Artikeln der „Handreichungen“ (Bd. 18) uns bereits mit dem Berge Zion und dem himmlischen Jerusalem beschäftigt haben, lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf die Myriaden von Engeln, der allgemeinen Versammlung, oder wie viele übersetzen: „Zu Myriaden von Engeln, zur Festversammlung.“

Wir müssen im Auge behalten, daß der Brief an Hebräer geschrieben ist, deren Geschichte mit dem Dienst der Engel durchwoben war. Durch ihre Vermittlung hatten sie das Gesetz empfangen, dessen sie sich so sehr rühmten; aber jetzt, nachdem sie an den Herrn Jesus gläubig geworden waren, waren sie in viel köstlichere Beziehung zu diesen wunderbaren, mächtigen und himmlischen Wesen gekommen. Nicht nur, daß sie als Erben der Seligkeit die Dienste der einzelnen Engel empfingen, sie waren auch gekommen zu der allgemeinen - zur Festversammlung der Myriaden von Engeln.

Wenn wir uns mit den himmlischen Geisterwesen - diesen Gewaltigen an Macht und Stärke - beschäftigen, so erfaßt uns Ehrfurcht und Staunen, und wir fühlen, daß wir ein geheimnisvolles Gebiet betreten, in welchem uns nur das Licht der Schrift leuchten kann. Über vieles schweigt sie. Sie berichtet nichts von ihrer Erschaffung, schließt sie aber mit ein, wenn sie von der Schöpfung aller Dinge redet, indem sie die unsichtbare Welt, die Fürstentümer und Gewalten mit nennt und uns sagt, daß alles durch Ihn und für Ihn geschaffen ist. (Kol. 1,16; Eph. 1,21; Joh. 1,3) Und aus Hiob 38,4-7 sehen wir, daß, als Gott die Erde gründete, die Engelwelt bereits da war und alle „Söhne Gottes“ vor Freude über Gottes Schöpfung jauchzten. Wer anders als Engel können die Söhne Gottes gewesen sein, von denen die Schrift an verschiedenen Stellen redet?! Von uns spricht die Schrift als von „Menschenkindern“ und „Menschensöhnen“ (Ps. 45,2), aber nie spricht sie von Engelsöhnen. Engel sind von Menschen ganz verschiedene Wesen - Wesen ganz anderer Art; Engeln ist nie der Auftrag geworden: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet ...“ (1. Mos. 1,28), sei es die irdische oder die himmlische Welt. Der Herr Jesus sagt: „Sie heiraten nicht, noch werden sie verheiratet.“ (Luk. 20,35.36) Während Gott nur ein einziges Menschenpaar schuf und dieses zur Vermehrung und zur Füllung der Erde bestimmte, wurde die Engelwelt nicht durch Vermehrung hervorgebracht, sondern allein durch die Schöpferallmacht Gottes. Jeder einzelne ging aus Gottes Schöpferhand hervor; sie vermehren und sie vermindern sich nicht, da sie nicht sterben. Von dem geschaffenen Menschenpaare ab sind alle Menschen aus einem Blut, Kinder voneinander und werden Kinder und Söhne der Menschen genannt, aber nie spricht die Schrift von Engeln als Engelsöhnen - sie nennt sie Gottes Söhne, weil jeder aus Gottes Schöpferhand hervorgegangen ist.

Ihre Zahl und ihre Macht ist für uns unfaßbar. Ihre Menge wird in unserer Schriftstelle mit Myriaden ausgedrückt, von ihrer Macht und Herrlichkeit zeugen viele Stellen des Alten und Neuen Testamentes. Ein einziger Engel vermochte das große Heer der Assyrer, 185000 Mann, zu schlagen. (1. Kön. 19,35) Und an dem Tage der Wiederkunft des HErrn wird ihre Macht in besonderer Weise hervortreten, wenn Er vom Himmel kommen wird „mit den Engeln Seiner Macht in flammendem Feuer, wenn Er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen“. (2. Thess. 1,7.8; Mark. 8,38) Diese und andere Stellen lassen uns etwas von dem Glanze der Herrlichkeit

und Macht ahnen, die den einst verworfenen und gekreuzigten HErrn umgeben wird, wenn Er zum zweiten Male auf diese Erde herniederkommt: dann nicht in der Knechtsgestalt, sondern in Seiner Herrlichkeit und der Herrlichkeit Seines Vaters und Seiner heiligen Engel.

Unsere Seele erfreut sich bei dem Gedanken, daß an diesem Tag Seiner Offenbarwerdung sich jedes Knie Ihm beugen wird und alle Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. „Dann wird Er Seine Engel aussenden, und sie werden aus Seinem Reiche alle Ärgernisse zusammenlesen und die das Gesetzlose tun, und sie werden sie in den Feuerofen werfen; da wird sein das Weinen und das Zähneknirschen.“ (Matth. 13,41.42) An diesem herrlichen Tage wird aber der Sohn des Menschen Sich auch derer schämen, die sich hier einst Seiner Worte schämten, und jeden vor den Engeln bekennen, der Ihn vor Menschen bekannt hat. (Mark. 8,38; Luk. 12,8)

Wenn die Schrift in den oben angeführten Schriftstellen (Kol. 1,16; Eph. 1,21) von dem HErrn als dem Erstgeborenen aller Schöpfung spricht, dann erwähnt sie dabei die unsichtbaren Throne, Herrschaften, Fürstentümer und Gewalten. Daraus und aus anderen Stellen der Schrift können wir entnehmen, daß es in der Engelwelt auch Engelfürsten, Rangordnungen usw. gibt. (Dan. 12,1; Luk. 1,19.26; Jes. 6 usw.) Von diesen hohen und auserwählten Engeln werden uns zwei, Gabriel und Michael, mit Namen genannt; von den gefallenen Engelfürsten einer: Satan, er ist der Widersacher Gottes, der auch Teufel genannt wird und der Ankläger der Brüder.

Von Gabriel spricht die Schrift als von dem Engel, „der vor Gott steht“. Wir lernen ihn in der Schrift als den kennen, der die guten Botschaften der göttlichen Gnade den Menschen überbringt; so finden wir ihn in Dan. 8,16

und 9,21; und gleichsam als himmlischer Evangelist erscheint er dem Zacharias und verkündigt ihm die gute Botschaft der Geburt Johannes des Täufers. Danach wird er zu Maria gesandt, ihr die Botschaft der Geburt des HErrn zu verkündigen. (Luk. 1,19.26)

Michael, den Erzengel, dagegen finden wir in der Schrift mehr als den, der den Kampf gegen alle führt, die wider Gott auftreten. Im Alten Testament ist er der schirmende Engelfürst des

Volkes Israel. (Dan. 10,13; 12,1) Er führt auch den Streit mit dem Teufel um den Leib Moses. Judas berichtet uns in seinem Briefe (V. 9) sein für uns so belehrendes Verhalten dem Teufel gegenüber. Obwohl er ein so hoch stehender Engelfürst war, bewahrt er doch den unermeßlichen Abstand zwischen sich und dem über alles erhabenen Schöpfer. In ehrfurchtsvoller Zurückhaltung wagt er selbst im Streit nicht ein lästerndes Urteil über den Teufel auszusprechen, sondern stellt ihn, den Satan, unter die Oberhoheit des HErrn und überläßt es diesem, das Urteil zu fällen und ihn zu schelten. (Siehe auch 2. Petr. 2,11) Am Schluß des heiligen Buches (Offenb. 12) wird uns noch einmal von diesem Engelfürsten berichtet, wie er und seine Engel wider den Drachen und dessen Engel kämpfen, sie besiegen und damit den Tag des Gerichtes und des Triumphes des HErrn über Seine Feinde einleiten.

Vieles hätten wir über den Dienst und die Tätigkeit der Engel zu sagen. Die Schrift ist voll davon. Unter ihrem Jubel vollzog sich die Gründung der Erde. Sie schauten alles, was auf ihr vorging. Sie sahen, wie Gott den Menschen aus Erde bildete - sahen, wie die Schlange Sein Werk verdarb - sahen, wie Gott durch die Flamme des kreisenden Schwertes den Weg zum Baume des Lebens versperrte - sahen, wie Gott Sich zu den gefallenen Menschen in Erbarmen neigte. Sie hatten Botschaften und Diente auszurichten an Abraham, Isaak, Jakob und deren Nachkommen; sie sahen die Untreue dieses Seines irdischen Volkes. Dann schauten sie das wunderbare Ereignis, daß der Schöpfer Selbst in Gleichheit der Menschen in Seine Schöpfung trat - sahen einen Menschen auf dieser Erde wandeln, der nicht aus dem Samen des gefallenen Menschen, sondern vom Heiligen Geiste gezeugt, Gott vollkommen verherrlichte. Sie sahen Ihn von Menschen verworfen, gekreuzigt, sterben und auferstehen, und wir lesen: „Sie begehrten da hineinzuschauen.“ Vom Kreuze herab hörten sie den Schrei: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen!“ und Seinen Ruf: „Es ist vollbracht!“ - sahen, wie Gott darauf mit dem Zerreißen des Vorhanges von oben bis unten antwortete. Sie sahen den HErrn auferstehen, und am leeren Grabe verkündigten sie den verzagten Weibern die Auferstehung und den Sieg ihres Erlösers, und am Tage Seiner Himmelfahrt verkündigten sie den gen Himmel schauenden Jüngern Seine Wiederkunft. Jetzt sehen sie Ihn mit Ehre und Herrlichkeit gekrönt als den Anführer der vielen Söhne, die Er zur Herrlichkeit bringt. Sie schauen die Scharen erretteter

göttlichen Natur geworden und Mitteilhaber der Herrlichkeit, die der Vater Ihm gegeben und die Er ihnen gegeben hat. (Joh. 17,22) Sie schauen sie als Erben Gottes und Miterben Christi und hören sie im Geiste der Sohnschaft rufen: „Abba, Vater!“

Und nicht allein schauen sie die Vorgänge auf dieser Erde, sie sind auch gegenwärtig und schauen die Vorgänge in der Gemeinde. Sie sind nicht allwissend; sie begehren in den Ratschluß der Liebe Gottes hineinzuschauen. (Siehe Handreichung Bd. 12, Seite 148ff.) Aus dem, was sie in der Gemeinde sehen, soll ihnen die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kundgetan werden. (Eph. 3,10) Sie schauen auf uns. Wir sind, wie ein anderer gesagt hat, das Lese- oder Lehrbuch der Engel. Um ihretwillen sollen die Frauen mit bedecktem Haupt beten. (1. Kor. 11,10) Wir sind ein Schauspiel nicht nur der Menschenwelt, sondern auch der Engelwelt. (1. Kor. 4,9) Sie beobachten uns, und Freude ist bei ihnen, wenn ein Sünder Buße tut. (Luk. 15,10)

Wenn sich unsere Gedanken so mit diesen mächtigen himmlischen Wesen beschäftigen, die an Stärke und Macht größer als wir Menschen sind (2. Petr. 2,11), die Gott Seine Diener, Täter Seines Wortes und Seines Wohlgefallen nennt (Ps. 103,20.21), so wird unser Herz mit Bewunderung erfüllt. Wieviel mehr mußte dies bei den Gläubigen aus dem Judentum der Fall sein, die den Dienst der Engel wie kein anderes Volk erfahren hatten! Und wie konnte es anders sein! Selbst Johannes fiel, als er den Engel sah, vor ihm nieder, um ihn anzubeten. Auch uns würde es nicht anders ergehen. Die Juden mochten ihren an den Herrn Jesus gläubig gewordenen Landsleute sagen, daß sie mit dem Verlassen des Judentums auch den Dienst der Engel eingebüßt hätten, der, wie gesagt, mit dem Judentum so eng verbunden war. Das Gegenteil aber war der Fall, der Apostel zeigt ihnen, daß sie nichts eingebüßt hatten. Er fragt: „Sind sie nicht alle dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, welche die Seligkeit ererben sollen?“ So wie sie einst dem HErrn in dem Stande Seiner Niedrigkeit in dieser Welt dienten, so dienen sie jetzt denen, die Er Sich mit Seinem Blute so teuer erworben hat. Er weiß, wir sind in einer Welt, in der Sein Feind Fürst ist, und Er umgibt die Seinigen mit einer Engelwache, uns zu dienen. Und will es der HErr, daß wir den Tag Seiner Ankunft nicht erleben sollen, so werden sie uns in diesem sterblichen Leibe den letzten Dienst, wie einst dem

Lazarus, erweisen und uns durch des Todes Türen zu dem Ort der Seligkeit tragen.

Aber noch mehr hatte der Apostel den Hebräern mitzuteilen. Auch zu der himmlischen Festversammlung der Myriaden von Engeln waren sie gekommen, und dieser sollten sie sich jetzt schon im Glauben erfreuen. Dürfen wir bei diesen Worten des Apostels nicht an Offenb. 5 denken, wo wir die Myriaden von Engeln, die Zehntausende mal Zehntausende und Tausende mal Tausende vom ersten und höchsten Engel bis zum letzten versammelt finden? Aber alle Rangstufen unter ihnen verschwinden in dieser großen und allgemeinen Versammlung der Herrlichkeit dem gegenüber, dem sie gilt. Und wem gilt diese Festversammlung? Dem geschlachteten Lamme, Dem Einen, Dessen Name über alle Namen ist, Dem, Der jedes Gläubigen Herz füllt und Dessen Liebe ihr Ruhm ist. Diese Myriaden von Engeln bedurften keiner Erlösung, und dennoch gilt ihr Lobpreis dem geschlachteten Lamme, durch welches der Ratschluß der ewigen Liebe vollführt und Gottes Herz erfreut wurde. Zu dieser allgemeinen und großen Festversammlung der himmlischen Freude sind wir durch Glauben gekommen! Sie ist für unser Herz schon jetzt eine Wirklichkeit, der wir uns im Glauben erfreuen.

Wenn dieser Lobgesang beginnt, dann wird er von der bluterkauften Schar angestimmt, dann folgen die Engel und dann die ganze Kreatur. Engel mochten vor der vollendeten Erlösung am Tage Seiner Geburt den Lobpreis: „Herrlichkeit Gottes in der Höhe usw. ...“ anstimmen und die Hirten danach ihren Mund auftun, Gott zu verherrlichen und zu loben, nun aber stimmt die erlöste Schar den Lobpreis Seines Namens an. Und bald wird der Tag gekommen sein, an dem der dreifache Chor - der Chor der verklärten Heiligen und der Chor der Myriaden von Engeln und der Chor der ganzen Kreatur zur Verherrlichung des für uns geschlachteten Lammes durch die Himmel schallt. „Amen, komm Herr Jesus!“

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Elf, einschließlich des kurzen Blickes auf Israel zwölf, Typen der Schrift haben wir in den schon erschienenen vier Lieferungen betrachtet, Typen, Beispiele von Menschen, die uns das tiefbeschämende Schauspiel des nicht Erreichthabens solches ihnen von Gott zugedachten Lebenszieles bieten, daß sie uns kostbare Vorbilder sein könnten! Wohl zeigten sich bei einigen, vor allem bei Salomo und Demas, vorbildliche Züge in ihren Lebensanfängen, aber „sie fuhren nicht fort“. (4. Mos. 11,25) „Wie kam es“, daß alle diese Menschen: Saul, Jonathan, Orpa, Demas, Salomo, (Rotte) Korah, Esau, Pilatus, Hymenäus, Alexander, Philetus nicht dahin gelangten, wohin sie nach dem Willen Gottes unzweifelhaft kommen sollten, bzw., sofern sie zu den Gläubigen gehörten und gehören, nicht das ihnen von Gott gesteckte Ziel ihres Zeugnisses erreichten, wie kam es, daß sie, wie ich in Lieferung 4 schrieb, „nicht Ihm zur Ehre ihren Lauf vollendeten, sondern zur Schande“? Ja, wie kam es? Ernst - diese Frage, ernst für uns alle, daß die im Hintergrunde dieses Aufsatzes stehende Stelle 1. Kor. 10,12 in ihrer auf alles mögliche anzuwendenden inneren Bedeutung und Kraft oft so wenig von uns beachtet wird! Gott helfe uns!

Wie kam es? Wieder möchte ich mehrere Typen der Schrift vorführen, wie der HErr Gnade schenkt. Der HErr gebe Gnade, daß wir nur nicht „vergeßliche Hörer“ seien! (Jak. 1,22)

Als ersten lassen wir den alttestamentlichen Achan vor unseren geistlichen Augen vorübergehen! Wie kam es, daß dieser Mann, dessen böses Tun uns im Buche Josua, Kap. 7, gezeigt wird, das Volk Israel auf seinem Zuge tiefer nach Kanaan hinein so „in Trübsal brachte“, daß man, um sich jener Sünde, die sonst auf der ganzen Gemeinde Israel als Bann lasten geblieben wäre, zu entledigen, ihn steinigen mußte? Denn jene Sünde, daß Achan von dem Jehova „Verbannten“, d. i. Geheiligten, etwas für sich genommen hatte, war eben nicht ein Einzeldiebstahl (vgl. das Nehmen Evas von der Frucht des Baumes in 1. Mos. 3!), sondern mehr: Es war eine Untat, die das ganze Volk anging, nämlich in der Wirkung, die sie hatte vom HErrn aus. Und sie war darum von weitest tragender Bedeutung, weil sie Israel zum weiteren Siegen, zum siegreichen Einziehen ins Gelobte Land unfähig machte, sie führte dazu, daß das Volk Gottes seinen Feinden „den Rücken“ zeigen mußte (V. 8!!), indem es vor der kleinen Stadt

Ai zuschanden wurde, während es die gewaltige Festung Jericho mühe- und verlustlos genommen hatte; als gehorsam dem Worte des HErrn konnten sie Sieger sein - und wir auch! Und hier vor Ai versagte ihre Kriegskunst, hatten sie Verluste an Menschenleben, erlahmte ihr Mut, triumphierte der Feind - und das alles, weil ein (bis dahin unbekannt gebliebener) Ungetreuer unter ihnen war, der einen Bann und damit dies Gericht Gottes über das ganze Volk gebracht hatte! Hat dies keine Bedeutung für uns, das Volk Gottes, die Gemeinde des HErrn, in heutiger Zeit? Diese Frage stellen heißt, sie bejahen müssen! 1. Kor. 12,26 (vgl. Jahrb. 13, Frg. 2!)

„Wie kam es“ nun zu dem Tun Achans, durch das er so strenge gestraft und aus dem unter so herrlichen Vorrechten vorangehenden Volke Gottes durch seine Steinigung ausgeschlossen werden mußte? In dem erschütternden Sündenbekenntnis des Mannes, das er vor dem Führer des Volkes ablegte, ist uns der Weg, den die Sünde genommen hatte, so einfach und schlicht aufgezeigt, daß wir gar nicht irregehen können: „Ich sah - mich gelüstete danach - ich nahm sie - sie sind vergraben.“ (V. 21) Kann es deutlicher gesagt werden? Es ist ja wunderbar mit diesem Bekenntnis! Wunderbar, daß dieser Sünder nicht wie Korah bis in den Tod hinein an seiner Sünde festhält, sondern sie freimütig bekennt, wunderbar auch die Höhe der geistlichen, gottgegebenen Kraft Josuas, wie sie sich zeigt in der Art der Behandlung des Falles und des Sünders (siehe besonders V. 20!), aber wie schön es auch ist, daß Achan so offenbar gemacht wird und so seinen Sündenweg ans Licht bringt - die Strafe wird vollzogen, denn Jehova Gott ist heilig und gerecht, und es handelt sich um mehr als um diesen Mann, es handelte sich um das Wohl und die Erziehung des ganzen Volkes!

„Ich sah - mich gelüstete danach - ich nahm ...!“ So kam es, geliebter Leser! So verscherzte ein Achan seine Vorrechte! So wurde er beinahe zu einem Fallstrick für die ganze Gemeinde der Kinder Israel, oder wenigstens, er wäre es geworden, wenn seine Sünde nicht sofort gesühnt worden wäre! Bruder, Schwester, haben auch wir manchmal „gesehen“, angesehen wie Achan, wie Eva- wie so ähnlich ist doch Achans Tun mit dem unserer ersten „Stammutter“! Ich hatte nicht vor, überhaupt über des Weibes Fall, der unser aller Fall ist, zu schreiben, aber, wenn wir uns Achans Verhalten und seine Folgen zur ernsten Warnung dienen lassen, dann können

wir nicht daran vorbeigehen, zu sehen, wie seine Sünde mit der Evas so ähnlich ist, daß wir sagen müssen: Hier finden wir die letzten Anfänge der Sünde überhaupt! Und das hat neutestamentlich Johannes so klar gesagt in seinen unzweideutigen Worten: „die Lust des Fleisches und die Lust der Augen“ (1. Joh. 2,16), und Jakobus beschreibt die Entstehung der Sünde in Kap. 1,14.15 ebenfalls so ähnlich: „ Ein jeder wird versucht, wenn er von seiner eigenen Lust fortgezogen und gelockt wird - danach, wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“ Wie ernst ist das! Wie ernst zu sehen an dem Kommen der Sünde in die Menschenwelt durch Eva (vgl. 1. Tim. 2,14!), wie ernst an ihrem „Nachfolger“ Achan! So verläuft auch unser Weg zum Sündigen! Das Weib hatte wie auch Adam keine an sich schon sündige Natur, wie sie Achan hatte, wie wir, du und ich; und dennoch: Das Einfallstor für die Sünde ist einst gewesen und ist geblieben fortgesetzt: das Auge, die dadurch entstehende Lust und das dann nicht mehr Zurückkönnen! „Ich sah - mich gelüstetete danach - ich nahm!“ O Bruder, wie redet das doch eine so laute, klare Sprache! Wir müssen es doch eigentlich dem Achan „danken“, daß er so unumwunden, genau wie die Schrift es durch Mose von Eva berichtet, über die Entstehung seiner Sünde sein Bekenntnis und seinen Bericht ablegt und damit uns allen die Frage beantwortet, die uns manchmal mehr oder weniger unbewußt in der Seele liegt: „Wie kam es nur?“ (Vgl. Lief. 1, Anfang des Aufsatzes!) Alle anderen Gründe, Ursachen, Nebenursachen, Veranlassungen, somit alle anderen „Wie kam es - Antworten“ finden ihren Urgrund in dieser Darstellung, die uns Achan gibt, mit der er seiner und unserer Stammutter Eva sich würdig erzeigt! Wie gut nur, wie unendlich herrlich, daß jetzt nach des Mittlers Blutvergießen, Seinem Tode und Seiner Auferstehung wir - „mit Christo gestorben, begraben und auferweckt“ (Röm. 6 u. a.) - nicht mehr sündigen müssen! Und daß - doch ist das eine andere Linie [Gesetz und Gnade, oder Freiheit vom Gesetz!] - „das Jerusalem droben ist frei, welches unsere Mutter ist“! (Gal. 4,26) - Dennoch - es bleibt die Warnung Achans an uns bestehen: „Ich sah - mich gelüstete danach - ich nahm!“ Mögen diese Worte so zu unserem Gewissen reden, daß wir diese Sprache nie mehr vergessen und dann unter ihrem Eindruck im Glauben zu verwirklichen mehr und mehr lernen: Röm. 6,12.17.18.11; Kol. 3 u. a.!

Adam, „der erste Mensch Adam“. Damit wurde das Fleisch des Menschengeschlechts sündlich! - Christus Jesus aber, „der letzte Adam, der zweite Mensch“ (1. Kor. 15,45.46), ebenso unmittelbar versucht durch den Teufel, der Ihn nicht als „Gottes Sohn“ anerkennen wollte, sich also in der wahren, nämlich unversuchlichen Natur des HErrn irrte - Christus ließ sich nicht täuschen durch das falsch angewandte Wort Gottes und fiel nicht! (Matth. 4,1-11 und Parall., vgl. Matth. 16,22.23) Er blieb stets „Er Selbst“ (Luk. 24,15.36.39), stets „Das Heilige“ (Luk. 1,35), stets „Der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist“ (Joh 1,18)! In Ihm sind auch wir Sieger, in Ihm allein! (Röm. 8) Preis sei Seinem herrlichen Namen!

F. K.

Ich hatte nicht so ausführlich über Achan schreiben wollen, doch der Vergleich mit Eva brachte es mit sich, und so haben wir ja auch eigentlich gleich 2 Typen betrachten dürfen. Mögen sie uns zum Segen sein! „Wie kam es?“

Und im Anschluß daran nenne ich nur kurz die beiden unglücklichen Angehörigen der Gemeinde des HErrn in der ersten Zeit: Ananias und Sapphira. (Apgesch. 5) Über dies Ehepaar ist mehrfach in den „Handr.“ geschrieben, so erst im vergangenen Jahrbuch (S. 123) und vor allem im Jahrbuch 4, Frg. 22, aber auch abgesehen davon brauche ich hier nicht ausführlich auf die Frage: „Wie kam es?“, bei diesen beiden einzugehen, weil die Ursachen bei ihnen denen bei Achan ähneln, d. h. nicht grobsinnlicher-, sondern geistlicherweise. Sie sahen, welchen Eindruck das Tun derer auf die Gemeinde machte, die, ohne Zwang, freiwillig (vgl. Frg. 15 in Jahrbuch 15!) ihr Vermögen für die Bedürftigen hergaben, und weil sie danach gelüstete, auch in solchem Ansehen zu stehen, wie z. B. Barnabas (4,36.37), weil sie gelüstete, auch als Opfernde gepriesen zu werden, so taten sie so, als ob sie auch ihr alles hingäben, behielten aber für sich einen Teil und meinten, sie könnten die Gemeinde ungestraft betrügen. Wenn sie das vielleicht gekonnt hätten (damals??) - Gott konnten sie jedenfalls nicht täuschen, und so war ihr Gericht, durch schnellen Tod aus der Gemeinde (wie Achan!) entfernt werden zu müssen, besiegelt. „Wie kam es“ also bei ihnen? Durch das „mehr-scheinen-Wollen als man ist“, weil „man“ gesehen hatte, daß solche, die gleichsam umgekehrt mehr waren, als sie

schienen, geehrt wurden oder daß es wenigstens ein „erhebendes Gefühl“ sein mußte, so als Opfernde angesehen zu werden. Kurz gesagt: sie waren Heuchler, Heuchelei müssen wir in tiefer Beschämung ihre Sünde nennen! Aber so kam es dazu, wenn es auch nicht buchstäblich dasteht: sie sahen, und sie bekamen Lust, es den anderen gleichzutun - aber nicht ehrlich, nicht aufrichtig, nicht ganzen Herzens, nicht ihrer Verantwortung vor dem HErrn sich bewußt usw. -, und so heuchelten sie und mußten die Folgen ihres bösen Tuns tragen, uns - den Gläubigen! - zur bleibenden Warnung! Wieder seien wir wie in Lief. 4 erinnert an das Wort: „Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer!“ (Hebr. 12,29) Wie ernst ist das doch! Wie nehmen auch wir Gläubigen oft die Gegenwart des HErrn in Seinem Hause so leicht! „Deinem Hause geziemt Heiligkeit, Jehova, auf immerdar!“ (Ps. 93,5) - „Wie kam es?“

Mit dieser Warnungsgeschichte für uns Gläubige glaube ich für heute schließen zu sollen. Ich hatte noch kurz auf einige ähnliche Typen hinweisen wollen, aber Zeit und Raum reichen heute nicht für mehr; also bleiben wir unter dem Eindruck des „Wie kam es?“ bei den Heutgenannten, und bitten wir den HErrn, uns Licht und Weisheit zu geben, wie wir das Gelesene sach- und sinngemäß auf uns anwenden oder uns unter diese stellen sollen, auch in heutiger Zeit! Denn die in der 1. Lief. angeführten Stellen 1. Kor. 10,11(.12) und Röm. 15,4 behalten für unser Leben in dieser Weltzeit ihre dauernde Bedeutung, und sie ihrerseits geben der Betrachtung der Typen des Wortes Gottes ihre dauernde, bleibende Bedeutung für uns. Wenn wir daher zu kurz kommen, geschieht es durch eigene Schuld, und wir und andere, auch die Gemeinde, erleiden dadurch schier unberechenbaren Schaden. Daß wir nur nie sagten: Ach, „das ist nicht so wichtig für uns“! (Vgl. Jahrb. 7, S. 160!) Was Sein Wort sagt, und zwar Alten genau wie Neuen Testaments, ist für uns Gläubige, für uns, Sein Volk, für mich und dich, und zwar für unser Herz, stets unendlich wichtig! Der Psalmist sagt Ps. 119,11: „In meinem Herzen habe ich Dein Wort verwahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige!“ Und wenn wir uns einmal fragen müssen: „Wie kam es?“ - haben wir da nicht vielleicht ehrlicherweise zu bekennen: „Weil ich Sein Wort nicht in meinem Herzen verwahrt habe!“? Darum - Er gebe uns Gnade, den Beispielen der Schrift die Beachtung zu schenken, die sie verdienen, und Sein Wort zu verwahren in unserem Herzen, dann werden wir nicht so oft schmerzlich zu fragen haben: „Wie kam es?“ - 2.

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

5. Gebetsanliegen.

Unsere Gebetsanliegen werden der Leitung des Heiligen Geistes, unserem Herzenszustand und unseren Bedürfnissen entsprechend sein. Wir beten für uns persönlich, für andere oder für das Werk des HErrn.

„Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“ (Phil. 4,6) In allem dürfen wir Gott nahen, sei es in großen oder kleinen Dingen, Ihm dürfen wir unser Herz ausschütten.

„Rufe Mich an in der Not, so will Ich dich erretten.“ (Ps. 50,15) Welche wunderbare Gnade und Hilfsbereitschaft offenbart Gott in diesen Worten! Seien es Nöte gleich Bergen, Er vermag sie zu versetzen; seien es Nöte gleich Zwergen, Ihm sind sie nicht zu klein, an ihnen vorüberzugehen. Unsere Nöte können sehr verschieden sein. Es können solche in bezug auf unsere leiblichen Bedürfnisse oder solche unserer Seele oder unseres Geistes sein. Wir dürfen um das tägliche Brot bitten (Matth. 6,11), sollen beten, daß wir nicht in Versuchung kommen (Luk. 22,40), und dürfen Gott um Weisheit bitten, wenn uns solche mangelt. (Jak. 1,5) Wir dürfen um Erkenntnis und Einsicht bitten, damit wir prüfen mögen, was das Vorzüglichere sei, damit wir lauter und unanstößig sind auf den Tag Christi. (Phil. 1,9.10) In den Fällen, wo uns die Heilige Schrift klare Weisungen gibt, sollten wir natürlich nicht um besondere Weisheit bitten, sondern um Gnade zur Ausführung des göttlich geschriebenen Gebotes. Denn alle Schrift ist uns gegeben zur Unterweisung (2. Tim. 3,16), und sie bewahrt sicher vor jedem Irregehen. Möchten wir sie mehr kennen! Siehe auch Jak. 3,17 für die Fälle, wo man etwa aus der Schrift keine Weisung finden kann.

Das Gebot der Liebe weist uns an, auch für die Brüder zu beten. „Einer trage des anderen Lasten.“ (Gal. 6,2) Es ist dazu nötig, daß wir auch die Lasten unserer Geschwister kennen, damit wir tragen helfen oder sie vor dem Thron der Gnade niederlegen können. - Der Apostel bat die Hebräer um Fürbitte: „Betet für uns.“ (Hebr. 13,18.19) Eine besondere Anweisung gibt uns Gott in bezug auf die Welt nach 1. Tim. 2,1.2: „Ich ermahne nun vor allen Dingen, daß Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind ...“

Für das Werk des HErrn zu beten ist ein besonderes Vorrecht und eine Mitarbeit. „Übrigens Brüder, betet für uns, daß das Wort des HErrn laufe und verherrlicht werde ... und daß wir errettet werden von den schlechten und bösen Menschen.“ (2.Thess. 3,1.2) Wie gar mancher Segen bei der Wortverkündigung wird auf die verborgene stille Fürbitte im Kämmerlein zurückzuführen sein, und wie gar manche Gefahr wird Gott von Seinen Knechten abgewendet haben, weil treue Beter hinter ihnen standen! - Ein Knabe betete z.B. treu für einen Missionar, daß ihn Gott vor den Bären bewahren solle, und das Gebet des Knaben wurde erhört. Der Missionar wurde in der Stunde der Gefahr, von einem Bären angefallen zu werden, gnädig bewahrt. -

So wichtig wie das einsame Gebet im Kämmerlein ist, so wichtig ist auch das gemeinsame. Wir sollten viel Wert auf das Gebet zu zweien, dreien oder mehreren legen und auf die Gebetstunden der Gemeinde, der wir zugehören. „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, um welche sie auch bitten mögen, so wird sie ihnen werden von Meinem Vater.“ (Matth. 18,19) Voraussetzung ist hierbei nach Vers 20, daß die zwei oder drei „in Seinem Namen“ versammelt sind, dann ist Er, der HErr, in ihrer Mitte. Welche Wirkung ein gemeinsames Gebet haben kann, das zeigt uns auch Apgesch. 4,23-31 und 12,5-17.

O. D.

Gottvertrauen.

Wenn wir im Glauben mit Gott wandeln, dann bringen wir alles, was unser Herz bewegt, vor Ihn. Unser höchstes und tiefstes Vertrauen besitzt Er, der uns ein Vater in Christo Jesu geworden ist. Wir dürfen und können Ihm alles anvertrauen, können Ihn bitten mit dem Freimut, mit der geliebte Kinder ihren Vater bitten. Wir mögen einen ganz vertrauten Menschen auf Erden haben, mit dem wir alles besprechen, was uns betrifft; unser letztes Vertrauen aber besitzt doch Er, der im Himmel ist.

Er irrt nie, niemals gibt Er Steine statt Brot; wir sind irrende Menschen; wir treten manchmal vor unseren Gott und Vater mit törichten, ja, mit schädlichen Wünschen. In Torheit fordern wir selber einen Stein statt Brot, eine Schlange statt eines Fisches.

Es mag sein, daß für uns eine Zeit gekommen ist, da wir nach Gottes Weisheit und Liebe Lasten tragen und Leid erleben sollen. Drückende Lasten und schweres Leid sind nach Gottes Willen nicht das Letzte, nie Sein Ziel; aber Leid und Lasten sind für Kinder Gottes manchmal der schmale, steile Weg zum gottgewollten letzten Ziele. Fleisch und Blut aber wehren sich immer gegen Last und Leid, und unser Herz und Mund erfleht dann, was Fleisch und Blut wünschen.

Gott hilft dann aber nicht so, daß Er die Last abnimmt und Leid in Freude verkehrt; nein, Er hilft so, daß Er Seinen Kindern Kraft gibt, indem Er ihnen Kräfte Seines Geistes schenkt. Darum dürfen wir als Gottes Kinder auch im Gebet nicht auf unserem eigenen Willen beharren. Es muß in unserem Herzen immer ausklingen in: „Doch nicht wie ich will, sondern wie Du willst.“

Jemand hat einmal gesagt: „In aller Frömmigkeit ist das Gebet der eigentliche Lebensausdruck.“ Aber es ist ein Unterschied, ob wir im Gebet unser eigenes Leben oder Gottes Leben suchen. Als sein „Pfahl im Fleische“ ihn quälte und hemmte, da suchte Paulus im Gebet zunächst sein eigenes und äußeres Leben. Dreimal flehte er um Befreiung von seinem Leiden. Dann hörte er des HErrn Stimme und folgte ihr: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine

wünschen und für gut halten, aber Er stärkt uns in der Kraft des Heiligen Geistes, uns an Seiner Gnade Tag für Tag genügen zu lassen und Ihn in der Schwachheit zu verherrlichen.

S.

Frage und Antwort

Frage 8

Wie ist es zu erklären, daß es in 1. Mose 2,8.10 heißt: „Garten in Eden“ und in 2,15 und 3,23.24 und Joel 2,3 „Garten Eden“.

Antwort A

Der Garten ist einfach nach dem Namen des Bezirks genannt, in dem er angelegt war. Da Gott nur den einen Garten pflanzte, macht das keine Schwierigkeit, war keine Verwechslung mit einem anderen Garten möglich. Es könnte auch übersetzt werden: „Der Garten Edens“ oder „von Eden“. Andere Sprachen sind gezwungen, so zu übersetzen. Z. B. englisch: „The garden of Eden.“ Französisch: „Le jardin d'Eden“ = der Garten von Eden. Es wäre zu wünschen, daß die deutschen Übersetzungen es so hätten. In Hes. 31,9.16: „Bäume Edens“ muß es Edens heißen. Es ist aber die gleiche Form und Betonung im Hebräischen wie in „Garten Edens“. Der Garten ist in Eden: die Bäume sind in Eden. Übrigens finden sich auch deutsche Übersetzungen „Garten Edens“. Eine, die von Martin Buber und Franz Rosenzweig, hat merkwürdigerweise in 1. Mos. 2,15 und Hes. 31,9.16 „Garten, Bäume von Eden“, und in 1. Mos. 3,23.24 „Garten Eden“ ohne ersichtlichen Grund; warum hier nicht auch „von Eden“?

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Unser Mitarbeiter hat, wie ich aus meiner Kenntnis der hebräischen Sprache bestätigen muß, durchaus recht mit seiner Behauptung, daß es überall heißen sollte: „Garten in Eden“, oder „Garten Edens“. Aber die Übersetzer haben doch wohl ein tieferes Empfinden gehabt dafür, daß, wenn der Garten, von Gott angelegt, sich in einem Bezirk befindet, der „Lieblichkeit“, „Wonne“ bedeutet, er selber auch Lieblichkeit und Wonne ist, und darum haben sie, nicht ganz sprach-richtig zwar, aber doch sinn-richtig, bald so, bald so übersetzt, um der Kostbarkeit des Gegenstandes besser gerecht werden zu können. (So meine ich wenigstens!) Es gibt noch etliche Stellen, wo das Wort „Eden“ als Name vorkommt; ich erinnere noch an Hes. 36,35, vor allem aber an Jes. 51,3! Diese Stelle scheint mir meine eben aufgezeigte Annahme zu bestätigen, denn hier wird „Eden“ mit dem „Garten Gottes“ gleichgesetzt - dieses sogar noch deutlicher in Hes. 28,13! -, und so ist es doch nicht von der Hand zu weisen, daß durch Rückschluß Eden selbst als der Garten in Eden angesehen oder mit ihm gleichbedeutend angesprochen werden kann. Sprachgewandten Landeskundigen wird es vielleicht nicht schwer werden, ähnliche Zusammenhänge in den heimischen Ortsbezeichnungen aufzufinden! Es steht gleichsam der Name für die Sache, wie es übrigens gerade in der Schrift so häufig ist.

Aber - wenn es sich um Sprachgenauigkeit handelt, so muß es heißen „in oder von Eden“ (Edens), und man könnte mittels Fußnoten die eine oder die andere Übersetzung mitfesthalten.

In keinem Falle aber braucht diese sprachliche (nicht sachliche!) Ungenauigkeit eine Beunruhigung hervorzurufen. In dieser grauesten, besser gesagt: goldigsten Vorzeit gab es der geheimnisvollen und symbolischen Bezeichnungen so viele, für die wir mangels Vergleichsmaterials keine unbedingt allein gültigen sprachlichen Begriffe haben und darum nicht ängstlich zu sein brauchen, wenn in dem vielfachen und ernsten Ringen um die beste, klarste Übersetzung kleine Verschiedenheiten sich bemerkbar machen. Die Sache selbst wird durch sie weder in ihrer Schönheit und Kostbarkeit geschmälert, noch in unserem richtigen Empfinden getrübt. - Wie aber wird es sein, wenn wir in die Herrlichkeiten Gottes selbst einst eintreten dürfen, die „Er bereitet hat denen, die Ihn lieben“?! (1. Kor. 2,9) Dann werden wir anbetend das schauen, wofür uns hienieden oft die rechten Worte gefehlt haben, und staunend

werden wir anbeten zu Seinen Fußen. Dann sind wir in dem wahren Paradiese Gottes, etwa in dem Urbild Seines Gartens, welcher nicht mehr durch menschliche Sünde befleckt und für uns verschlossen werden kann, noch zu werden braucht, und staunend werden wir das Lamm preisen, welches uns das wahre Land Edens geöffnet hat. Schon jetzt gilt uns Ps. 16,11 oder 36,7-10 (in V. 8: „Wonnen“ ist im Hebräischen die Mehrzahl von „eden“!); „wie aber wird's erst sein, wenn wir droben ziehen ein“?! - „Amen, komm Herr Jesus!“ Offenb. 22,20b.

F. K.

Frage 9

Wenn sich Micha 4,5 auf das Tausendjährige Reich bezieht, wie kann es dann von den Völkern heißen, daß „jedes im Namen seines Gottes wandeln wird“?

Antwort

Das erste, was zur Klärung der Frage getan werden kann, ist wohl, daß außer der Elberfelder andere Übersetzungen zu Rate gezogen werden. Wir sehen die Lutherische nach. Ältere Ausgaben haben wie die Elberfelder die Zukunftsform „jedes Volk wird wandeln ... wir werden wandeln“. Neuere, im Auftrage der Deutschen Evangelischen Kirchen-Konferenz durchgesehene, haben die Gegenwartsform „wandelt, wandeln“. Das wäre einfach, spräche von der Zeit der Propheten. Fremdsprachige Übersetzungen sind ebenfalls unter sich verschieden. Von vier voneinander unabhängigen französischen Übersetzungen sagen zwei „wird wandeln ... werden wandeln“; zwei „ein jedes Volk wandelt ... wir werden wandeln“. Das wäre ein Ausweg, weil das erste Satzglied sich so nicht auf das Reich zu beziehen brauchte, auf welches das zweite Satzglied offenbar hinweist, weil dabei steht „für immer und ewig“. Die englische Bibel hat „wird wandeln ... werden wandeln“ und weist auf Jer. 2,11 und Sach 10,12 hin, welche Stellen man nachschlagen wolle.

Von den mannigfachen Erklärungen der Stelle seien zwei hergesetzt. Delitsch‘ Prachtbibel,

Leipzig 1862: „Diese Worte sind verschieden aufgefaßt worden, indem man den ersten Satz entweder tadelnd (während die Heiden ihren Götzen dienen, dient Israel dem wahren Gott) oder anerkennend genommen hat (während die Heiden ihren „Göttern“, d. h. den von Gott über sie gesetzten Engeln oder Geisterfürsten, dienen und über diesem Dienste der Geschöpfe des Schöpfers vergessen, dient das Bundesvolk dem einigen, wahren Gott allein und unmittelbar).“ Ist diese Erklärung annehmbar?

Scofields englische Referenz Bible: „Buchstäblich: Alle Völker wandeln jetzt in dem Namen ihres Gottes, werden aber für immer in dem Namen Jehovas unseres Gottes wandeln.“ - Das läßt sich hören. Aber

wenn wir uns zum hebräischen Text wenden, so stimmt das nicht. „Jetzt“ steht nicht drin; das „wir“, das Scofield wegläßt, steht aber drin. Es sei auch gleich festgestellt, daß die Form des Zeitworts „wandeln“ für die Völker und für Israel dieselbe ist, so daß von Rechts wegen nicht in dem einen Falle die Gegenwartsform und in dem anderen die Zukunftsform gebraucht werden darf.

Aufschluß können wir nur im hebräischen Text finden.

1. Der ganze Abschnitt Kap. 4,1-8 untersteht dem Eingangswort: „Und es wird geschehen am Ende der Tage.“ Wie vor Jahren in einer Antwort Erwähnt, ist dies eine feststehende Formel des Alten Testaments, um den Endabschnitt des Verlaufs der Geschichte Israels zu bezeichnen; zum erstenmal gebraucht im Segen Jakobs. Absichtlich ist damit keine genaue Abgrenzung festgelegt; es ist „der hintere Teil“ der Tage. Vieles hat darin Platz: die Tage der Propheten, die Tage des Messias in seinem ersten und zweiten Kommen und die erste Zeit des Reiches. Durch letzteren Hinweis ist angedeutet, daß das Reich da sein kann, ohne daß Jehova, der Gott Israels, schon von allen Völkern gekannt ist.

2. Der Hebräer denkt und spricht nicht in unserem Sinne nach Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sondern einfach nach dem Begriff: entweder ist eine Sache, ein Geschehen, eine Handlung zum Abschluß gekommen oder sie ist noch im Fluß des Geschehens. Er kann dabei

sowohl an Zurückliegendes wie an Vorliegendes wie an in noch ferner Zeit Liegendes denken. Die Gliederung, die wir durch drei Vergangenheitsformen, eine Gegenwartsform und zwei Zukunftsformen in die Darstellung bringen, bewirkt er durch abwechslungsweisen Gebrauch seiner beiden Begriffe. Vers 1 z. B.: der Prophet macht durch prophetische Schau die Feststellung: „Es ist geworden im hinteren Teil der Tage“. Nun wechselt er mit dem Begriff und gibt eine Schilderung von dem, was er als geworden einführen will: „Der Berg Jehovas ist ein festgestellter auf dem Haupt der Berge, und ein erhabenerer als die Hügel ist er.“ Ob und wie lange das dauert, kommt nicht in Frage. Denn schon steht etwas weiteres vor ihm, das er durch erneuten Wechsel des Begriffs als Gewordenes, Abgeschlossenes aufzeigt: „geströmt zu ihm sind viele Völker, gegangen sind mächtige Nationen, und haben gesagt: ...“ Ehe er fortfährt, wechselt er wieder den Begriff und schildert, weil doch wiedergegeben werden soll, was sie unter sich sagten, ehe das Strömen, Gehen verwirklicht worden war: „Kommt, und wir steigen hinan ... er belehrt uns ... und wir wandeln ... von Zion geht aus.“ So geht es abwechslungsweis weiter.

3. Zu Vers 4 gelangt, finden wir an dessen Ende das Vorangegangene begründet durch die Feststellung, und das unter dem Begriff von etwas Abgeschlossenem: „der Mund Jehovas hat geredet“. Das nie Dagewesene, überwältigend Große, daß die Völker und Nationen, die bisher von Israel als Jehova nicht kennende gesehen worden waren, Ihn nun doch suchen und kennenlernen, läßt im fünften Verse den Propheten als Vertreter des Jehova fürchtenden Teiles Israels Veranlassung nehmen, das bisherige gegenseitige Verhältnis festzustellen. Es ist ihm noch zu neu, zu unfaßlich. Daher das begründende „Denn“, das immer die Bedeutung hat: „zugrunde liegt“. Es könnte auch mit „freilich“ wiedergegeben werden. „Freilich wandeln und werden noch wandeln alle Völker, ein jedes im Namen seines Gottes; wir aber wandeln und werden wandeln im Namen Jehovas unseres Gottes für immer und ewig.“ Er hat nämlich schon wieder den Begriff gewechselt, spricht nicht als von etwas zum Abschluß Gekommenen, sondern schildert. „Wie lange.“ Bis wann? Hört's einmal auf in bezug auf die Völker? Das kommt gar nicht in Frage, für das treue Israel gibt es kein Aufhören; das sagt der Nachsatz. Und daß es für die Völker und Nationen eine Änderung gibt, hat er ja bereits gesagt. Vergleiche

etwa an „die Erde wird voll sein der Erkenntnis Jehovas, wie die Wasser den Meeresgrund bedecken“; „Er wird der Gott der ganzen Erde genannt werden“; „Mir wird jedes Knie sich beugen“; „es essen und fallen nieder alle Fetten der Erde; vor Ihm werden sich beugen alle, die in den Staub hinabfahren ...“ (Ps. 22,29), und vorher Vers 27: „Es werden eingedenk werden und zu Jehova umkehren alle Enden der Erde; und vor Dir werden niederfallen alle Geschlechter der Nationen“, so steht es vollends außer Zweifel, daß die Völker nicht mehr ein jedes seinen eigenen Gott haben und demselben nachwandeln werden. Darum ist die einzig mögliche Erklärung die: so wie es zur Zeit des Propheten eine vorhandene Tatsache war, so wie sie weiterhin da war und da sein wird, so wird es in der Übergangszeit zum Reich und noch nach Beginn der Königsherrschaft Christi Völker ohne wahre Gotteskenntnis geben. Auf welchen Zeitpunkt ist übrigens der Beginn der Königsherrschaft Christi oder Gottes festzusetzen? In Offenb. 19 steht, daß er sie angetreten hat vor der Hochzeit des Lammes, vor seinem Auszug aus dem Himmel, um gegen die versammelten Nationen zu Felde zu ziehen. Und nach diesem, wenn das gesammelte Volk schon in Sicherheit im Lande wohnt, existiert noch der Gog von Hes. 38 und 39 im äußersten Norden als gegen Palästina heranziehender Feind. Und Jes. 66,19 offenbart uns: „Und Ich werde ein Wunderzeichen an ihnen tun, und werde von ihnen Entronnene an die Nationen senden, nach Tarsis, Pul und Lud, die den Bogen spannen, nach Tubal und Jawan, nach den fernen Inseln, die von Mir nicht gehört und Meine Herrlichkeit nicht gesehen haben; und sie werden Meine Herrlichkeit unter den Nationen verkündigen.“ Bleibt da nicht Zeit und Raum genug, daß es so sein kann, wie vorgetragen? Sein kann und sein wird „im hinteren Teil der Tage“? Denn wenn alles in diesem vierten und in dem folgenden fünften Kapitel auf Zukünftiges hin geht, so ist es nicht angängig, den Ausspruch vom Wandeln der Völker aus der Zeitfolge herauszunehmen, um ihn nur auf die Zeit des Propheten Bezug haben zu lassen. Es ist sehr schön z. B., wie Prof. Dr. Menge übersetzt: „Denn alle Völker wandeln, ein jedes in dem Namen seines Gottes, so wollen denn wir wandeln in dem Namen des HErrn, unseres Gottes, immer und ewiglich.“ Aber entspricht das dem Zusammenhang? Ist für den Leser damit der Stein des Anstoßes aus dem Wege geräumt, der ihn dadurch in Verlegenheit bringt, daß von den Völkern unerwartet das Gegenteil gesagt wird von dem, was er soeben über sie vernahm? Und auch schließt das folgende „an jenem Tage“

gleich wieder die Zukunft an.

Es muß dabei bleiben; die Zukunft ist von der Zeit des Propheten nicht zu trennen. Das Ausgesagte ist als in der Gegenwart und in der Zukunft andauernd zu werten; nur ob und wenn für die Völker eine Änderung eintritt, ist hier außer Betracht zu lassen. Man fühlt es ja: „wir“ ist ihm das zu Unterstreichende.

Sollte jemand stutzig werden an dem „alle Völker“, weil er es nicht vereinbar hält mit der Verbreitung der Kenntnis Gottes in allen fünf Erdteilen heutzutage, so bedenke er, daß es viele, viele Völkerschaften gibt und bis zum Wiederkommen des HErrn geben wird, die in den unerforschten Gebieten aller Erdteile leben. Ferner: Nach der Entrückung der Gemeinde und des Mit-ihr-weggehens des Heiligen Geistes von der Erde, wo Satan freie Bahn haben wird, die Menschen zu allem möglichen zu verführen, wird Götzen- und Teufelsdienst Trumpf sein bei der Gesamtheit der Menschenkinder; ausgenommen werden nur sein der Überrest aus den Juden und den zehn Stämmen und Gewisse aus den Nationen. Siehe Jes. 8,19-22; 60,2a; Offenb. 9,20; Matth. 25,31-46.

Dies in Betracht gezogen, wird gesagt werden dürfen: die Zukunftsform „wird wandeln ... werden wandeln“ ist der Gegenwartsform vorzuziehen, um dem wahren Sinn des Ausspruchs gerecht zu werden; und: es genügt nicht, ein gewiegter Philologe (Sprachenkundiger) zu sein, um die Bibel zu übersetzen, sondern es gehört daneben eine gründliche Kenntnis der Gedanken und des Ratschlusses Gottes dazu!

F. Kpp.

 

Frage 10

Bitte um eine Erklärung über 2. Thess. 2,1. Beziehen sich die Worte: „unseres Versammeltwerdens zu ihm hin“ auf die Entrückung der Gemeinde? Wenn ja, kann dann daraus nicht geschlossen werden, daß die Zukunft des HErrn und die Entrückung zusammenfallen und

Antwort

Die Frage, ob die Worte „unseres Versammeltwerdens zu Ihm hin“ sich auf die Entrückung der Gemeinde beziehen, ist mit Ja zu beantworten. In 1. Thess. 4,15-17 wird uns gesagt, „daß wir, die Lebenden, die Übrigbleiben bis zur Ankunft des HErrn, den Entschlafenen keineswegs zuvorkommen werden. Denn der HErr selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme des Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft, und also werden wir allezeit bei dem HErrn sein“. Wenn jener herrliche Augenblick gekommen sein wird, werden alle „Entschlafenen“ auferweckt werden, wie es 1. Kor. 15,35-50 so deutlich beschrieben ist, und die „Lebenden“, die noch im Leibe befindlichen Gläubigen, werden verwandelt werden, wie es 1. Kor. 15,51.52; 2. Kor. 5,2-4; Phil. 3,20.21 uns sagt, und zwar gleichzeitig mit der Auferweckung der Entschlafenen, nicht nach dieser, wie das „danach“ 1. Thess. 4,17 von vielen vielfach falsch verstanden wird. Dieses „danach“ bezieht sich auf die darauffolgende Entrückung der auferweckten und der verwandelten Heiligen, nicht auf die Verwandlung der „Lebenden“. Von dieser Verwandlung wird an dieser Stelle nicht gesprochen, weil sie nicht der Gegenstand der Frage der Thessalonicher war, die nur hinsichtlich der Entschlafenen im Unklaren und in Sorge waren. Die Auferweckung der Entschlafenen und die Verwandlung der Lebenden ist eine Handlung der Macht des HErrn; beides geschieht „in einem Nu, in einem Augenblick“, wie die schon genannte Stelle 1 Kor. 15,51.52 ganz unmißverständlich sagt. Dann sind die „Entschlafenen“ und die „Lebenden“ völlig gleich, passend für die Herrlichkeit, indem sie - die einen durch die Auferweckung (1. Kor. 15,43a), die anderen durch die Verwandlung (1. Kor. 15,52.53; Phil. 3,21) - einen Herrlichkeitsleib besitzen, gleichförmig dem des HErrn; und danach geschieht die Entrückung „in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft“. Das ist „unser Versammeltwerden zu Ihm hin“. Ein anderes gibt es nicht.

Wenn nun jemand aus dem Verbundenwerden dieses unseres „Versammeltwerdens zu Ihm hin“

(die Gemeinde) die große Trübsal durchmachen müsse, so gründet diese Schlußfolgerung sich offenbar auf die Annahme, daß die „Ankunft“ („Zukunft“) des HErrn immer Sein Kommen in Herrlichkeit und Macht, also Sein Kommen für die Welt zum Gericht und zur Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde, bedeute. Darum müssen wir feststellen, ob diese Annahme zutreffend ist oder nicht. Das mit „Ankunft („Zukunft“) übersetzte Wort des Urtextes: „parousia“, hat die Bedeutung von „Ankunft“ („Wiederkunft“), „Gegenwart“, „Anwesenheit“, den Sinn dieser verschiedenen Worte in sich vereinigend. Es kommt (nach einer dem Schreiber dieser Ausführungen zur Verfügung stehenden Konkordanz) im Neuen Testament vierundzwanzigmal vor und ist in der „Elberfelder“ Übersetzung einundzwanzigmal mit „Ankunft“ übersetzt (Matth. 24,3.27.37.39; 1. Kor. 15,23; 16,17; 2. Kor. 7,6.7; 1. Thess. 2,19; 3,13; 4,15; 5,23; 2. Thess. 2,1.8.9; Jak. 5,7.8; 2. Petr. 1,16;

3,4.12; 1. Joh. 2,28), einmal mit „Wiederkunft“ (Phil. 1,26) und zweimal mit „Gegenwart“ (2. Kor. 10,10; Phil. 2,12). Luther hat es dort, wo es sich auf etwas Zukünftiges bezieht, immer mit „Zukunft“ übersetzt, mit Ausnahme von 1. Kor. 15,23, wo er statt dessen schreibt: „wenn Er kommen wird“, und Phil. 1,26, wo er anstatt „Wiederkunft“ übersetzt: „wenn Ich wieder zu euch kommen werde“. (2. Kor. 10,10 und Phil. 2,12 übersetzt er anstatt „Gegenwart“ „Gegenwärtigkeit“.) - Wenn wir die genannten Schriftstellen nachlesen, finden wir, daß das so übersetzte Wort nicht nur auf den HErrn bezüglich, sondern auch in anderer Beziehung gebraucht ist: in bezug auf Stephanas, Fortunatus und Achaikus (1. Kor. 16,17), Titus (2. Kor. 7,6.7), Paulus (2. Kor. 10,10; Phil 2,12), den „Gesetzlosen“ (2. Thess. 2,9), und den „Tag Gottes“ (2. Petr 3,12), und daß es - mit Ausnahme von 2. Kor. 10,10 und Phil 2,12, wo es sich reinweg um „Gegenwart“ handelt - immer das Eintreten der „Gegenwart“ oder „Anwesenheit“ durch „Ankunft“ oder „Wiederkunft“ bedeutet (wie wenn jemand z. B. von einem anderen Orte her auf dem Bahnhof ankommt und, indem er aus dem Zuge steigt, für die ihn dort Erwartenden nun anwesend ist). Diese Bedeutung hat das Wort „parousia“ - „Ankunft“ immer, wenn es sich auf den HErrn bezieht. Damit ist aber gar nicht gesagt, daß es sich dabei um Seine „Ankunft“ in Macht und Herrlichkeit, für die Welt und Sein irdisches Volk, also am Ende der großen Drangsal, handeln muß, wie Matth. 24 und an anderen Stellen. Denn für gibt es doch ebenfalls eine „Ankunft“ des HErrn, wenn Er auch dann nicht auf diese Erde herabkommt, sondern nur bis zu einem gewissen Punkte in der „Luft“, wohin sie nach 1. Thess. 4,17 Ihm entgegengerückt werden „in Wolken“. Deshalb ist 1. Thess. 4,15 ohne jeden Zweifel das Wort „Ankunft“ auf jenen herrlichen Augenblick angewandt, wann Er für Seine himmlischen Heiligen kommen und gegenwärtig sein wird zu ihrer Entrückung. Darüber kann kein Zweifel sein, denn der Apostel spricht von den „Lebenden“ - also denen, welche noch hier im Leibe sind, wenn der HErr zur Entruckung kommt - als solchen, welche „übrigbleiben“ „bis zur Ankunft des HErrn“, also bei Seiner „Ankunft“ noch hier im Leibe sind. Mithin kann nur Seine „Ankunft“, mit welcher die Entrückung verbunden ist, gemeint sein. Diese„Ankunft“ kann es auch nur sein, von welcher 2. Thess. 2,1 gesprochen ist, weil mit ihr „unser Versammeltwerden zu Ihm hin“, also unsere Entrückung, verbunden wird. Der Apostel weist auf diesen wunderbaren Vorgang hin, von dem er in seinem ersten Briefe gesprochen hat und auf den die Thessalonicher warteten (und auch wir warten), um ihnen daran durch die folgenden Ausführungen zu zeigen, daß die durch falsche Lehrer sogar unter Mißbrauchung seines Namens verbreitete Lehre, der Tag des HErrn sei schon da, gänzlich irrig war, da ja erst der Abfall kommen und der „Mensch der Sünde“ geoffenbart sein müsse, was aber wiederum nicht sein könne, solange sie noch da waren (und nicht sein kann, solange wir noch da sind!), denn „das, was zurückhält“, ist die Versammlung oder die Gemeinde, in welcher „der, welcher zurückhält“, der Heilige Geist, wohnt (Vers 6 und 7), woraus sich zugleich klar ergibt, daß die Entrückung dem Erscheinen des „Menschen der Sünde“, d. i. des „Antichristen“, und damit der „großen Drangsal“, vorangehen muß, demnach die Versammlung die „große Drangsal“ nicht durchmachen muß. Die „Ankunft“ des HErrn bedeutet eben immer nur, wie oben ausgeführt, den Eintritt Seiner Gegenwart durch Sein Kommen, ohne in sich auszudrücken, ob für Seine himmlischen Heiligen zu ihrer Entrückung oder für die Welt und Sein irdisches Volk, und wird darum auch, wie wir gesehen haben, sowohl für den einen wie für den anderen Fall angewandt, und manchmal auch allgemein, ohne einen Unterschied in ebenerwähntem Sinne zu machen, wie 1. Kor. 15,23 im Blick auf die Auferstehung derer, „welche des Christus sind“, wo Seine „Ankunft“ zur Entrückung und die am Ende der großen Drangsal, womit die „erste Auferstehung“ abschließt, als ein Ganzes betrachtet wird, von dem

die erwähnten Unterschiede nur zwei Phasen sind; oder wie 1. Thess. 2,19; 5,23; Jak. 5,7.8; 1. Joh. 2,28 im Blick auf Anerkennung, Lohn, Verantwortung, wo - nach unserem Gefühl - die „Ankunft“ des HErrn so betrachtet wird, daß sie für uns mit Seinem Kommen für uns beginnt und mit Seinem Kommen für die Welt vollendet wird.

Nach alledem ist die in der Frage erwähnte Schlußfolgerung aus 2. Thess. 2,1 nicht im geringsten begründet.

Daß die Entrückung der Gläubigen vor der „großen Drangsal“ geschehen wird, ist nicht nur aus der oben kurz berührten Schriftstelle (2. Thess. 2,3-8), sondern auch noch aus anderen Schriftstellen klar zu ersehen. Wir weisen nur hin auf folgende: Matth. 25,1-13 (besonders V. 10 und 11: Die klugen Jungfrauen gingen ein zur Hochzeit, die anderen blieben draußen, und als sie später kamen, wurden sie nicht eingelassen. Sie gehen durch die „große Drangsal“, die „klugen Jungfrauen“ nicht!); 1. Thess. 1,10 („der uns errettet von dem kommenden Zorn“); 5,8.9 („angetan ... als Helm mit der Hoffnung der Errettung. Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung“!); Offenb. 4,1 („... was nach diesem“ - nach der in Kap. 2-3 gezeigten Geschichte der Versammlung [Gemeinde] auf der Erde - „geschehen muß: die von Kap. 6 an beschriebenen Ereignisse, Gerichte und die „große Drangsal“!); 4,2ff. (die 24 Ältesten im Himmel auf Thronen usw. Wenn wir nicht menschlichen Überlegungen Raum lassen, sondern nur dem folgen, was das Wort uns lehrt, können diese 24 Ältesten nicht Engelfürsten oder sonst welche Geistwesen sein, sondern nichts anderes als die bildliche Darstellung der entrückten himmlischen Heiligen; und sie sind im Himmel, wie Kap. 4 und 5 deutlich zeigen, vor Beginn der Gerichte usw., also vor der „großen Drangsal“). Hierzu erinnern wir noch an das bekannte alttestamentliche Bild von der Entrückung der Versammlung vor der „großen Drangsal“: die Entrückung Henochs und die Hindurchrettung Noahs durch die Flut. (1. Mos. 5,24; 6,9 - 8,22) Henoch bildet die Versammlung vor, Noah den gläubigen Überrest aus Israel, der durch die große Drangsal geht. Das Bild ist so einfach und klar, wie es nicht klarer sein kann: Die Entrückung Henochs geschah vor der Flut; so wird auch die Entrückung der Gläubigen oder die Seiner Gemeinde vor der „großen Drangsal“ geschehen! - Hierzu machen wir auf die Ausführungen in „Handreichungen“, Bd. 4 (1916), S. 148-160,

aufmerksam, wo dieser Gegenstand ausführlich und klar behandelt ist. (Auch an anderen Stellen und öfter, wie man mittels der Schriftstellenverzeichnisse leicht finden kann. D. Schriftl. F. K.)

Die Reihenfolge nach der im Worte Gottes uns gegebenen Unterweisung wird folgende sein: Das erste ist die Entrückung, auf die wir warten. Diese ist von keinerlei Ereignissen abhängig (als nur, daß der letzte nach Gottes Vorkenntnis hierzu Auserwählte hinzugetan sein wird) und kann daher jeden Augenblick geschehen. Dann ist eine kurze oder längere Übergangszeit bis zum Beginn der letzten - siebzigsten - Jahreswoche nach Dan. 9,27. Der Beginn dieser Jahreswoche (7 Jahre) setzt voraus, daß Israel als Volk wiederhergestellt ist, einen König hat (der sich später als der „Mensch der Sünde“, der „Gesetzlose“, der „Antichrist“, offenbaren wird) und einen Tempel in Jerusalem hat und daß das Römische Reich wieder besteht mit dem in Dan. 9,26b erwähnten „kommenden Fürsten“ als Oberhaupt. Dann - wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind - folgt diese letzte Jahreswoche, von der die zweite Hälfte (3½ Jahre) die vom HErrn in Matth. 24,21 erwähnte „große Drangsal“ sein wird. Am Ende derselben kommt der Herr, „der Sohn des Menschen“ „auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit“ zum Gericht für die Welt (Matth. 25,31-46) und zur Aufrichtung Seines Reiches, welches nach Offenb. 20,4.5 einen Zeitraum von 1000 Jahren umfassen wird. Darauf folgt eine kurze Zeit, während welcher der - während der tausend Jahre gebundene - Satan wieder losgelassen sein und die Menschen - „die Nationen, die an den vier Ecken der Erde sind“ - verführen und „zum Kriege versammeln“ wird (Offenb. 20,7-10); und dann ist das Gericht der „Toten“ (aller, die nicht geglaubt haben) vor dem „großen weißen Thron“. (Offenb. 20,11-15) Damit schließt die Geschichte der Menschheit auf der Erde und dieser Erde selbst ab; das ist „das Ende, wenn Er“ (der HErr, nachdem Er alles Ihm von Seinem Gott und Vater Aufgetragene ausgeführt haben wird) „das Reich dem Gott und Vater übergibt“ usw. (1. Kor. 15,24-28) Dann beginnt der ewige, vollendete Zustand, wie er in Offenb. 21,1-8 kurz und doch wunderbar klar beschriebet ist.

Th. K.

„Ich kenne deine Werke! Siehe, Ich habe eine geöffnete Tür vor dir gegeben, die niemand zu schließen vermag; denn du hast eine kleine Kraft und hast Mein Wort bewahrt und Meinen Namen nicht verleugnet ... Weil du das Wort Meines Ausharrens bewahrt hast, werde auch Ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die über den ganzen Erdkreis kommen wird, um die zu versuchen, die auf der Erde wohnen. Ich komme bald; halte fest, was du hast, auf daß niemand deine Krone nehme!“

(Aus dem Sendschreiben des Herrn Jesus an die Gemeinde in Philadelphia, Offenb. 3,8.10.11.)

Das Fragen nach dem bekannten Wege.

(4. Mose 22)

Die Geschichte Bileams enthält so gewichtige Unterweisungen für unser tägliches Leben, daß es wohl der Mühe wert ist, einige Augenblicke dabei zu verweilen. Die Ursachen und die Folgen eines Wandels in Ungehorsam gegen die Gebote des HErrn werden uns deutlich darin vor Augen gestellt. „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit.“ (2. Tim. 3,16) Mit dem Blick auf dieses Wort wollen wir Bileams Geschichte lesen und erwägen, und sie wird uns sicher zum reichen Segen dienen.

Die Kinder Israel waren bis an die Grenze des gelobten Landes gekommen und hatten sich gelagert in den Ebenen Moabs. Als Balak, der König der Moabiter, das große Volk sah, fürchtete er sich vor dem Volke und sandte deshalb Boten zu Bileam und ließ diesem sagen: „Siehe, ein Volk ist herausgezogen aus Ägypten; siehe, es bedeckt die Fläche des Landes, und es liegt mir gegenüber. Und nun komme doch, verfluche mir dieses Volk, denn es ist stärker als ich. Vielleicht gelingt es mir, daß wir es schlagen und ich es aus dem Lande vertreibe, denn ich weiß, wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht.“

Hinter diesen Worten, kann man mit Recht sagen, stand der Teufel, der als ein Feind des Volkes Gottes Balak gebrauchte und Bileam gebrauchen wollte, Gottes Volk zu verderben. Aus der ganzen Geschichte sehen wir klar, daß Bileam den Gott Israels kannte. Er wußte genau, mit welch mächtigem Arm Gott Sein Volk Israel aus Ägypten erlöst und durch das Schilfmeer geführt. Wenn die Furcht Gottes in seinem Herzen gewesen wäre, würde er Balaks Boten sofort abgewiesen haben. Er hätte sofort gewußt, Gott würde niemals zulassen, daß dieses Volk, welches Er so wunderbar geführt und geleitet hatte, verflucht und vertilgt werde. Aber diese wahre Furcht Gottes war nicht in Bileams Herzen. Seine Antwort zeigt uns dies, denn er sagte: „Übernachtet hier diese Nacht, und ich werde euch Antwort Bringen, so wie Jehova zu mir reden wird.“

Wie viele gleichen hierin Bileam! Weil man nicht in Gemeinschaft mit dem HErrn lebt, kennt man nicht die Listen des Feindes. Wandeln wir mit dem HErrn, dann wandeln wir im Licht, und das Licht offenbart die Dinge der Finsternis, und wir erkennen die Absichten des Satans, so daß wir nicht erst zu fragen brauchen, ob eine Sache vom Satan oder vom HErrn ist. Ist unser Auge einfältig, dann wird unser ganzer Leib licht sein.

Gott kommt zu Bileam und fragt nach seinem Besuch, um sein Herz zu prüfen. Bileam sagt Gott, was Balaks Boten von ihm wollen. Gott antwortet ihm: „Du sollst nicht mit ihnen gehen, du sollst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet.“ Dies war eine deutliche Sprache, die nicht mißverstanden werden konnte. Sie enthielt für Bileam ein klares Verbot, und das hätte ihm genug sein müssen. Er geht infolgedessen auch nicht mit den Männern Balaks, er unterwirft sich dem Willen des HErrn. Geschah es aus einem guten Beweggrunde? Brachte ihn die Furcht Gottes dazu? O nein, der weitere Verlauf seiner Geschichte zeigt uns dies deutlich. Schon die Worte, die er an die Boten Balaks richtete, zeigen uns den Zustand seines Herzens: „Gehet in euer Land, denn Jehova hat Sich geweigert, mir zu gestatten, mit euch zu gehen.“ Man fühlt diesen Worten die Mißstimmung seines Herzens ab, nicht mit ihnen gehen zu können: „Jehova hat Sich geweigert, mir zu gestatten.“ Er würde gern mit ihnen gegangen sein, aber er durfte nicht. Er fürchtete sich vor den Folgen, vor dem Zorn Jehovas. Sein Herz zog ihn nach

Moab und den Geschenken Balaks, aber die Furcht vor Strafe hielt ihn zurück. Ein Herz, welches dem HErrn gehört, spricht solches nicht. Es sagt mit Joseph: „Wie sollte ich dieses große Übel tun und wider Gott sündigen.“ (1. Mos. 39,9)

Der Satan wußte dies recht gut; er wußte, daß Bileams Herz „den Lohn der Ungerechtigkeit“ liebte, und deshalb kommt er zum zweiten Male in angeseheneren Männern, in Fürsten, zu ihm mit derselben Botschaft. Er hatte Bileams Worte gut verstanden, „der HErr hat Sich geweigert, mir zu gestatten“. Er hatte gut herausgefühlt, daß er lieber gegangen wäre, und darum läßt er ihm sagen: „Laß dich doch nicht abhalten, zu mir zu kommen.“ Wie listig ist doch der Teufel, und wie genau kennt er den Zustand unseres Herzens und weiß davon Gebrauch zu machen! Wie ernst ist dies für uns alle! Wir können versichert sein, wenn er sieht, daß wir nicht auf seine Einflüsterung achten und entschieden sind, dem Willen des HErrn gehorsam zu sein, daß er von uns abläßt. Wenn er aber sieht, daß wohl unser Mund die Versuchung abweist, das Herz ihr aber folgen möchte, dann kommt er immer wieder mit seiner Versuchung an uns heran, und so lange, bis wir ihr unterliegen. Wieviel hängt davon ab, daß wir mit einem wahrhaftigen Herzen vor dem HErrn stehen! Dann werden wir mit Freuden und nicht gezwungen die Versuchungen des Satans abweisen.

Als die Boten Balaks nun zum zweiten Male zu Bileam kamen, antwortete Bileam: „Wenn mir Balak sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so vermöchte ich nicht den Befehl Jehovas, meines Gottes, zu übertreten, Kleines oder Großes zu tun.“ Mancher wird sagen: „Das war wirklich fein gesprochen.“ O ja, aber es war nichts weiter als Schein. Der Mund kann oft so gute und fromme Worte reden, wogegen das Herz mit ganz anderen Dingen erfüllt ist. Wäre Bileams Herz mit seinen Worten in Übereinstimmung gewesen, dann hätte er die Boten Balaks sofort zurückgeschickt. Doch, was tut er jetzt? Hören wir die Worte, die jetzt seinen ersten folgen: „Und nun bleibet doch hier, auch ihr, diese Nacht, und ich werde erfahren, was Jehova ferner mit mir reden wird.“ Was sollte der HErr noch anderes mit ihm reden? Hatte Er nicht deutlich gesagt: „Du sollst nicht mit ihnen gehen, du sollst das Volk nicht verfluchen, denn es ist gesegnet?“ Kannte Bileam den Willen Gottes nicht? Ganz gewiß! Warum aber sandte er die Boten nicht zurück? Warum hielt er nicht einfach aufrecht, was der HErr ihm gesagt hatte?

Warum läßt er die Boten noch eine Nacht warten? Ach, sein Herz zog ihn nach Moab. Die Geschenke Balaks hatten es ihm angetan. Die Welt und ihre Dinge hatten zu großen Wert für sein Herz. Mit einem Worte, er hatte den Lohn der Ungerechtigkeit lieb, wie Petrus in seinem Briefe schreibt. (2. Petr. 2,15) Sein Mund sprach fromme Worte, aber sein Herz war vom HErrn weit entfernt. Er begehrte das Silber und das Gold, obgleich es seinen Worten nach schien, als hätte es keinen Wert für ihn. Aus diesem Grunde ließ er die Boten noch eine Nacht warten in der Hoffnung, daß der HErr ihm doch gestatten möchte, nach Moab zu gehen. Obwohl er den Willen Gottes genau kannte, wollte er doch wiederum danach fragen. Dies ist das Fragen nach dem bekannten Weg. Ein solches Fragen offenbart immer die Unwilligkeit des Herzens, den Weg zu gehen, von dem der HErr will, daß wir ihn gehen sollen.

Wie oft geschieht dieses von Gläubigen in unseren Tagen! Wie oft wird nach dem bekannten Wege gefragt! Man kennt den Willen des HErrn sehr gut, aber man hat keine Lust, ihn zu tun, weil das Herz nach den Dingen der Welt, und sei es auch der frommen Welt, verlangt. Was tut man nun? Es würde natürlich einen zu schlechten Eindruck machen, rundweg zu erklären: „Ich habe keine Lust, den Willen des HErrn zu tun.“ Das arglistige Herz findet deshalb andere Worte. Vielleicht sagt man: Um keinen Preis der Welt werde ich den HErrn aufgeben, wenn ich nur wüßte, was des HErrn Wille ist, so würde ich ihn sicher tun.“ Solche Worte klingen so gut und fromm, aber ach, sie verbergen oft doch nur die Unwilligkeit des Herzens. Man redet sich selbst vor, daß man den Willen des HErrn tun möchte, und doch beweist solches immer wieder neue Fragen und Rateinholen, daß man tatsächlich keine Lust hat, den Weg, den der HErr will, zu gehen.

Laßt uns einige Beispiele aus dem Leben nehmen! Da ist ein Gläubiger; er hat Zuneigung zu einer unbekehrten Person. Er weiß wohl, daß es gegen den Willen des HErrn ist, mit einer Unbekehrten die Ehe zu schließen. Das Wort des HErrn sagt: „Seid nicht in einem ungleichen Joche mit Ungläubigen.“ (2. Kor. 6,14) Dieses Wort ist klar und läßt keine Mißdeutung zu. Wohnt die Furcht Gottes im Herzen des Gläubigen und ist es ihm Freude, den Willen des HErrn zu tun, so wird er seine Zuneigung unter den Willen des HErrn stellen. Doch dieses tut er nicht, im Gegenteil, er versucht auf allerlei Weise, sein Vorhaben zu rechtfertigen. Er fragt beständig um

Rat, und wenn ihm ein solcher nach der Schrift gegeben wird, ist er nicht damit zufrieden. Vielleicht bittet er Gott, daß Er die Ehe verhindern möge, wenn sie nicht nach Seinem Willen sein solle. Dies alles geschieht jedoch, so gut es auch scheinen mag, um das Gewissen zum Schweigen zu bringen und dem Begehren des Herzens folgen zu können.

Nehmen wir ein anderes Beispiel: Ein Christ will irgendeine Sache anfangen oder vornehmen. Sein Gewissen sagt ihm, daß die Beweggründe, die ihn hierin leiten, nicht nach dem Geiste des HErrn sind. Vielleicht sind Hochmut, Weltlichkeit, Geldliebe, Neid, Rachsucht, Unzufriedenheit mit seinem Lose oder dergleichen die Triebkraft seines Vorhabens. Er weiß wohl, daß das Wort Gottes solche Beweggründe verurteilt, aber sein Herz ist so davon erfüllt, daß er es nicht überwindet, davon abzustehen. Was tut er nun? Er geht zu den Brüdern und fragt um Rat. Er sagt, die Sache sei ihm nicht klar, er wisse nicht, was er tun solle und er frage deshalb, was sie darüber denken. Sie raten ihm ab. Ist er nun fertig damit? O nein, er wünscht die Sache zu tun und doch wagt er es nicht, bis daß er solche gefunden, die sie gutheißen. Nun geht er zu solchen, von denen er annimmt, daß sie ihm in seinem Sinne raten werden. Gelingt ihm dies, so ist er hocherfreut und redet sich vor, daß nun alles in Ordnung sei. Armer Mensch! Er kennt den Willen des HErrn und fragt doch um Rat. Ist solches nicht ein Fragen nach dem bekannten Weg, und verrät ein solches Fragen nicht die Unwilligkeit des Herzens, das Ihm Wohlgefällige zu tun? Man gebraucht schöne und fromme Worte und versteckt dahinter seinen eigenen Willen und seine Halsstarrigkeit. Wie traurig ist der Zustand eines solchen Herzens! Möchten wir doch mehr lernen, solches vor dem HErrn zu verurteilen, damit wir vor den traurigen Folgen eines solchen Weges bewahrt bleiben!

Die traurigen Folgen eines solchen Zustandes und Weges sehen wir bei Bileam. Sein Herz wollte nach Moab, und darum ging er nochmals zu Gott und fragte nach dem bekannten Wege. Und was sagt der HErr jetzt? „Wenn die Männer gekommen sind, dich zu rufen, so mache dich auf, gehe mit ihnen; aber nur dasjenige, was Ich zu dir reden werde, das sollst du tun.“ Im ersten Augenblick möchte uns diese Antwort Befremden. Zuerst sagte Gott: „Du sollst nicht mit ihnen gehen“, und nun sagte Er: „Gehe mit ihnen.“ Wenn wir jedoch bedenken, was in dieser Zwischenzeit offenbar geworden war, dann wird uns Gottes Handlungsweise nicht mehr

befremden. Bileams Worte und Tun hatten deutlich bewiesen, daß er nur gezwungen zu Hause blieb; sein Herz verlangte nach dem Golde Balaks. Er ließ zum zweiten Male die Boten bei sich übernachten, um nochmals den HErrn zu fragen, trotzdem der HErr ausdrücklich zu ihm gesagt hatte, daß er nicht gehen solle. Daraufhin sagt jetzt der HErr: „Gehe!“ War ein anderer Weg noch möglich? Nein, Gott will keinen gezwungenen Dienst, Er will ein ungeteiltes Herz. Der HErr sagt gleichsam: „Wenn du durchaus gehen willst, dann gehe, du wirst früh genug die Folgen dann empfinden.“

So ist es auch mit uns. Haben wir keine Lust, den Weisungen des Geistes Gottes zu folgen, gehen wir nur aus Furcht vor Strafe den geraden Weg, und kommen wir immer wieder zum HErrn, um gemäß dem Begehren unseres törichten Herzens zu fragen, dann sagt der HErr gewissermaßen: „Tue, was du willst, gehe deinen eigenen Weg, tritt mit der Unbekehrten in die Ehe.“ Du weißt, daß dieses gegen Gottes Willen ist, doch du hast allerlei Entschuldigungen. Du sagst, es könne doch das Mittel zur Bekehrung sein. Nun, Gott läßt es zu. Aber die traurigen Folgen lassen dich bald die Torheit deines Weges erkennen. Oder, nach unserem zweiten Beispiel, du tust dein eigenes Vornehmen. Treue Brüder rieten ab; dein eigenes Gewissen sagte still in der Tiefe deines Herzens: „Stehe ab davon!“ Aber dein Herz ist damit verbunden, du willst nicht. Und der HErr läßt nun die Umstände sich so zusammenfügen, daß man dann meint, Seine Zustimmung sehen zu können. Aber bald wird der Irrtum sichtbar. So ist das Fragen nach dem bekannten Wege nur der Beweis der Unlust, Gottes Weisungen zu folgen. Wenn der HErr sieht, daß unsere Füße wohl noch auf dem rechten Wege sind, unser Herz aber weit davon entfernt ist, dann läßt Er es oft zu, daß unsere Füße dorthin kommen, wo unser Herz bereits ist. Ist unser Herz in der Welt und sind nur unsere Füße bei den Gläubigen, dann kann es bald geschehen, daß auch unsere Füße in der Welt sind. Welchen Wert hat es auch, nur noch äußerlich mit Gott und mit dem Herzen in der Welt zu sein!

Wenn der HErr solches zuläßt, dann ist es Sein Gericht über uns. Wir haben auf Seine Stimme nicht gehört, wir haben unseren eigenen Willen durchgedrückt. Wer nicht hören will, muß fühlen. Da ist kein anderer Weg, uns zur Besinnung zu bringen, als uns die traurigen Folgen unserer Torheit fühlen zu lassen.

In der Freude seines Herzens, sein Begehr erlangt zu haben, sattelte Bileam seine Eselin und machte sich auf den Weg in Gesellschaft der Fürsten, nach Moab zu ziehen. Doch kaum ist er auf dem Wege, da entbrennt der Zorn Gottes über ihn. Ein Engel des HErrn stellt sich als sein Widersacher ihm in den Weg. So geht es auch uns auf verkehrten Wegen! Seine Hand ist uns entgegen. Allerlei Schwierigkeiten stellen sich uns in den Weg. Die Sache geht nicht gut, und so wie bei Bileam werden die Schwierigkeiten immer größer. Zuerst stellte der Engel des HErrn sich in den Weg; dann trat er ihm entgegen zwischen zwei Mauern, so daß Bileams Fuß an die Mauer gedrückt wurde. Und dann trat der Engel des HErrn ihm nochmals in einem ganz engen Weg entgegen, wo kein Raum war zum Ausbiegen, weder zur Rechten noch zur Linken.

Vielleicht fragt jemand: „Warum aber dieses alles?“ Der HErr will unsere Augen öffnen. Er will, daß wir erkennen, wie verkehrt und töricht wir gehandelt haben - wie wir nur unseren eigenen Willen getan und unseren eigenen Gedanken gefolgt sind. Aber ach, wieviel Mühe kostet es oft den HErrn, bis wir dies erkennen! Wir sind ja oft so blind über uns selbst. Haben wir unseren eigenen Willen und unser Ziel erreicht, dann sind wir in der Freude darüber oftmals wie benebelt, daß wir die Schwierigkeiten, die sich uns entgegenstellen, gar nicht als von der Hand des HErrn kommend ansehen, sondern sie allerlei Umständen zuschreiben. Bileam dachte nicht daran, daß der Zorn Jehovas über ihn entbrannt sei; er war zu erfreut, nach Moab ziehen zu können, daß jedes Hindernis daran auf dem Wege ihn in Zorn versetzte. Ach, wie manches Mal handeln wir genau so! Wir geben die Schuld den Menschen - der Mann der Frau - die Frau dem Manne - die im Beruf Stehenden den mißlichen Zeitumständen und den Betrügereien der Menschen -, doch an der Hand des HErrn sieht man vorbei. Und so wie Bileam seine Eselin schlug, schlägt man auf die Umstände. Und wie er sich in seinem brennenden Zorn ein Schwert wünschte, um seine Eselin erschlagen zu können, so wollen auch wir die Umstände, die Menschen, oft sogar Brüder uns aus dem Wege räumen. Ach, wie blind ist doch unser Auge und verkehrt unser Herz!

Aber der HErr läßt uns nicht, Er hat ein Ziel mit uns, und dieses Sein Ziel muß mit uns erreicht werden. Wollen wir auf die sanfte Stimme Seines Geistes nicht hören, dann redet Er in

schärferer Weise zu uns. Bringen kleine Nöte uns nicht zur Einsicht, dann folgen schwerere. Der HErr läßt uns nicht. Welche Gnade! Er hat uns lieb, und wenn wir noch so verkehrt und halsstarrig sind, Er bringt uns dahin, wohin Er uns haben will. Aber es ist traurig, daß dazu oft erst ein langer und schwerer Weg nötig ist. Wandeln wir in der Einfalt des Herzens mit Ihm und überlassen wir uns Seiner Leitung, dann werden solche Wege nicht für uns nötig sein. Laßt uns niemals denken, daß wir allein durch solche schweren Wege geheiligt werden. O nein, es ist Gott keine Freude, solche Wege mit uns gehen zu müssen. Wandeln wir im Glaubensgehorsam und in der Abhängigkeit von Ihm, Er würde uns ganz andere Dinge offenbaren. Er würde dann mit uns wie mit Abraham sprechen, uns wie ein Freund seinem Freunde Seine Gedanken mitteilen. Dies alles verlieren wir jedoch durch unsere Verkehrtheit und Eigenwilligkeit. Die Zeit, die wir in einem solchen Zustand verbringen, ist verlorene Zeit - eine Zeit, aus der wir in der Ewigkeit keine Frucht finden werden.

Wohl ist es höchst traurig, wenn wir Gott nötigen, solche Wege mit uns zu gehen - und doch ist es ein Beweis Seiner Liebe, daß Er uns auch dann nicht uns selbst überläßt. Er will uns dahin bringen, wohin Er Bileam brachte, der am Schlusse ausrief: „Ich habe gesündigt!“ Ja, der HErr läßt es so weit kommen, daß wir schließlich keinen Rat mehr wissen, daß die Schwierigkeiten so groß und ihrer so viele werden, daß wir weder zur Rechten noch zur Linken ausweichen können und uns kein Ausweg mehr bleibt. Dann fangen die Umstände an, zu uns zu reden, und wir werden dahin gebracht, nicht länger die Hand der Menschen, sondern die Hand des HErrn in allem zu sehen. Wir fangen an, zu erkennen, daß das Gericht des HErrn über unseren Hochmut, unsere Weltlichkeit, Eigenliebe oder was es sonst sein mag, gekommen ist und daß darum alles verkehrt ging, dann beugen wir unser Haupt und bekennen Ihm: „Ich habe gesündigt.“ Dahin muß es kommen! Als der verlorene Sohn „zu sich selbst kam“, da fing er an, sich seines Vaters zu erinnern. Gott will, daß auch wir „zu uns selbst“ kommen, unsere Sünden Ihm bekennen und uns selbst verurteilen, und wenn wir gegen einen Menschen gesündigt, es auch diesem bekennen. O möchte der HErr mit uns allen zu Seinem Ziel kommen!

Diese ernste Geschichte ist uns zur Ermahnung und Belehrung durch den Heiligen Geist mitgeteilt. Möchte sie durch Gottes Gnade uns allen zum Segen sein! Bist du auf einem

verkehrten Wege, hast du deinen eigenen Willen getan und bist du nun in allerlei Schwierigkeiten, laß mich dich bitten, komme zu dir selbst, lege nicht den Menschen oder den Umständen oder gar Brüdern die Schuld zur Last, sondern siehe, daß des HErrn Hand wider dich ist, um dich zu lösen und zu entbinden von den Dingen, die Ihm mißfällig sind. Komm zur Einsicht, zur Beugung, wirf dich nieder vor dem HErrn und bekenne Ihm: „Ich habe gesündigt!“ Wohl war Bileam ein Gottloser und das Bekenntnis: „Ich habe gesündigt!“ nicht aufrichtig, denn er fügte wieder ein „Wenn“ seinem Bekenntnis und Verhalten hinzu: „Wenn es übel ist in Deinen Augen.“ Wenn das Bekenntnis: „Ich habe gesündigt!“ rechter Art, wirklich von Herzen kommt, dann wird mit der Sünde gebrochen und nicht noch mit einem „Wenn“ geliebäugelt.

Vielleicht fragst du: „Und dann?“ Dann wird der HErr dich weisen, welchen Weg du zu gehen hast. Vielleicht will Er, daß du den Weg, den du gegangen, verlassen, vielleicht aber auch, daß du auf demselben bleiben sollst. Beides ist möglich. Elia floh aus Unglauben vor Isebel; er ging 40 Tage und 40 Nächte durch die Wüste, bis er an den Berg Horeb kam; als ihm Gott dort den Irrtum seines Weges gezeigt hatte, mußte er den langen Weg der 40 Tage und Nächte zurückgehen, um nach Samaria zu kommen. (1. Kön. 19,15) Bileam jedoch wurde nicht zurückgeschickt; ihm sagte der HErr: „Gehe mit den Männern, aber nur dasjenige, was Ich zu dir reden werde, das sollst du reden.“ Der HErr wollte Bileam gebrauchen, den heidnischen Königen Seine Gedanken über Sein Volk Israel mitzuteilen und die köstliche Weissagung über den Messias - daß ein Stern aus Jakob hervortreten würde - kundzutun.

Bileam wurde nun zur Verherrlichung Gottes doch nach Moab gesandt. So kann es auch mit uns sein. Zuweilen läßt der HErr uns den verkehrten Weg, den wir gegangen sind, zurückkehren. Wir müssen die Sache, mit der wir verbunden waren, aufgeben. Doch manchmal gebietet Er uns, auf dem schweren Wege inmitten der Schwierigkeiten Ihn nun zu verherrlichen. Wie nötig ist es deshalb, uns in völliger Abhängigkeit vom HErrn zu halten und zu fragen: „Was willst Du, HErr, das ich tun soll!“

Meistens denken wir, daß wir den verkehrten Weg, den wir gegangen sind, verlassen müssen. Dies ist auch oft viel leichter, als auf dem, auf dem wir sind, zu bleiben. Doch unsere Gedanken

sind nicht Seine Gedanken; Er weiß besser, was gut und nützlich für uns ist, und steht unser Herz wirklich in der Abhängigkeit von Ihm, dann wird Er uns auch den rechten Weg weisen. Es ist deshalb nicht allein nötig, daß wir uns über unsere Verkehrtheiten beugen, sondern uns Ihm ganz überlassen, uns nach Seinen Gedanken zu führen. Der HErr gebe uns hierzu Gnade und bewahre uns vor Eigenwilligkeit und vor Fragen nach dem bekannten Weg, damit Er nicht genötigt sei, uns durch schwere Wege dahin zu bringen, wohin Er uns haben will.

Möchte diese Geschichte uns zur Warnung dienen und uns anspornen, mit ungeteiltem Herzen dem HErrn zu folgen und in Seiner Gemeinschaft zu wandeln! Dann wird der HErr uns wie einst Abraham Seine Gedanken offenbaren, und wir werden die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern genießen, mit denen Er uns in Christo gesegnet hat.

 

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

In der letzten Lieferung betrachteten wir die Gründe, infolge deren Achan, Eva und das Ehepaar Ananias und Sapphira nicht das ihnen von Gott gesetzte Lebensziel erreichten, sondern schmählich zu kurz kamen und so, statt gute Vorbilder zu sein, nur ein trauriges Bild darbieten, so recht als Beweise für die geistliche bleibende Wichtigkeit des uns gleichsam vom Hintergrund aus immer neu beschäftigenden Wortes: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12) Wenn wir die nun schon betrachteten Typen miteinander vergleichen, so drängt sich uns stets mehr der Eindruck auf, wie so ganz anders das Leben dieser Menschen hätte verlaufen können, wenn sie weise gewesen wären, nämlich weise durch das Wort Gottes, das ihnen nicht verborgen war, das sie aber eben nicht so beachteten, wie es dies verdient. Was Gott sagt oder uns sagen läßt, ist unendlich viel wichtiger als was der Teufel, die Welt, das Fleisch zu sagen hat oder sich einbildet, uns sagen zu dürfen. Hier sei noch einmal an das in letzter Lieferung am Schluß betonte Wort erinnert: Ps. 119,11: „In meinem Herzen habe ich Dein Wort verwahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige.“ Ja, hätten sich z. B. das Weib, die Eva, und Adam nur nach dem Worte Jehova Gottes gerichtet, wären sie gehorsam

sind nicht Seine Gedanken; Er weiß besser, was gut und nützlich für uns ist, und steht unser Herz wirklich in der Abhängigkeit von Ihm, dann wird Er uns auch den rechten Weg weisen. Es ist deshalb nicht allein nötig, daß wir uns über unsere Verkehrtheiten beugen, sondern uns Ihm ganz überlassen, uns nach Seinen Gedanken zu führen. Der HErr gebe uns hierzu Gnade und bewahre uns vor Eigenwilligkeit und vor Fragen nach dem bekannten Weg, damit Er nicht genötigt sei, uns durch schwere Wege dahin zu bringen, wohin Er uns haben will.

Möchte diese Geschichte uns zur Warnung dienen und uns anspornen, mit ungeteiltem Herzen dem HErrn zu folgen und in Seiner Gemeinschaft zu wandeln! Dann wird der HErr uns wie einst Abraham Seine Gedanken offenbaren, und wir werden die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern genießen, mit denen Er uns in Christo gesegnet hat.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

In der letzten Lieferung betrachteten wir die Gründe, infolge deren Achan, Eva und das Ehepaar Ananias und Sapphira nicht das ihnen von Gott gesetzte Lebensziel erreichten, sondern schmählich zu kurz kamen und so, statt gute Vorbilder zu sein, nur ein trauriges Bild darbieten, so recht als Beweise für die geistliche bleibende Wichtigkeit des uns gleichsam vom Hintergrund aus immer neu beschäftigenden Wortes: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12) Wenn wir die nun schon betrachteten Typen miteinander vergleichen, so drängt sich uns stets mehr der Eindruck auf, wie so ganz anders das Leben dieser Menschen hätte verlaufen können, wenn sie weise gewesen wären, nämlich weise durch das Wort Gottes, das ihnen nicht verborgen war, das sie aber eben nicht so beachteten, wie es dies verdient. Was Gott sagt oder uns sagen läßt, ist unendlich viel wichtiger als was der Teufel, die Welt, das Fleisch zu sagen hat oder sich einbildet, uns sagen zu dürfen. Hier sei noch einmal an das in letzter Lieferung am Schluß betonte Wort erinnert: Ps. 119,11: „In meinem Herzen habe ich Dein Wort verwahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige.“ Ja, hätten sich z. B. das Weib, die Eva, und Adam nur nach dem Worte Jehova Gottes gerichtet, wären sie gehorsam

sind nicht Seine Gedanken; Er weiß besser, was gut und nützlich für uns ist, und steht unser Herz wirklich in der Abhängigkeit von Ihm, dann wird Er uns auch den rechten Weg weisen. Es ist deshalb nicht allein nötig, daß wir uns über unsere Verkehrtheiten beugen, sondern uns Ihm ganz überlassen, uns nach Seinen Gedanken zu führen. Der HErr gebe uns hierzu Gnade und bewahre uns vor Eigenwilligkeit und vor Fragen nach dem bekannten Weg, damit Er nicht genötigt sei, uns durch schwere Wege dahin zu bringen, wohin Er uns haben will.

Möchte diese Geschichte uns zur Warnung dienen und uns anspornen, mit ungeteiltem Herzen dem HErrn zu folgen und in Seiner Gemeinschaft zu wandeln! Dann wird der HErr uns wie einst Abraham Seine Gedanken offenbaren, und wir werden die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern genießen, mit denen Er uns in Christo gesegnet hat.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

In der letzten Lieferung betrachteten wir die Gründe, infolge deren Achan, Eva und das Ehepaar Ananias und Sapphira nicht das ihnen von Gott gesetzte Lebensziel erreichten, sondern schmählich zu kurz kamen und so, statt gute Vorbilder zu sein, nur ein trauriges Bild darbieten, so recht als Beweise für die geistliche bleibende Wichtigkeit des uns gleichsam vom Hintergrund aus immer neu beschäftigenden Wortes: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12) Wenn wir die nun schon betrachteten Typen miteinander vergleichen, so drängt sich uns stets mehr der Eindruck auf, wie so ganz anders das Leben dieser Menschen hätte verlaufen können, wenn sie weise gewesen wären, nämlich weise durch das Wort Gottes, das ihnen nicht verborgen war, das sie aber eben nicht so beachteten, wie es dies verdient. Was Gott sagt oder uns sagen läßt, ist unendlich viel wichtiger als was der Teufel, die Welt, das Fleisch zu sagen hat oder sich einbildet, uns sagen zu dürfen. Hier sei noch einmal an das in letzter Lieferung am Schluß betonte Wort erinnert: Ps. 119,11: „In meinem Herzen habe ich Dein Wort verwahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige.“ Ja, hätten sich z. B. das Weib, die Eva, und Adam nur nach dem Worte Jehova Gottes gerichtet, wären sie gehorsam

sind nicht Seine Gedanken; Er weiß besser, was gut und nützlich für uns ist, und steht unser Herz wirklich in der Abhängigkeit von Ihm, dann wird Er uns auch den rechten Weg weisen. Es ist deshalb nicht allein nötig, daß wir uns über unsere Verkehrtheiten beugen, sondern uns Ihm ganz überlassen, uns nach Seinen Gedanken zu führen. Der HErr gebe uns hierzu Gnade und bewahre uns vor Eigenwilligkeit und vor Fragen nach dem bekannten Weg, damit Er nicht genötigt sei, uns durch schwere Wege dahin zu bringen, wohin Er uns haben will.

Möchte diese Geschichte uns zur Warnung dienen und uns anspornen, mit ungeteiltem Herzen dem HErrn zu folgen und in Seiner Gemeinschaft zu wandeln! Dann wird der HErr uns wie einst Abraham Seine Gedanken offenbaren, und wir werden die geistlichen Segnungen in den himmlischen Örtern genießen, mit denen Er uns in Christo gesegnet hat.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

In der letzten Lieferung betrachteten wir die Gründe, infolge deren Achan, Eva und das Ehepaar Ananias und Sapphira nicht das ihnen von Gott gesetzte Lebensziel erreichten, sondern schmählich zu kurz kamen und so, statt gute Vorbilder zu sein, nur ein trauriges Bild darbieten, so recht als Beweise für die geistliche bleibende Wichtigkeit des uns gleichsam vom Hintergrund aus immer neu beschäftigenden Wortes: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12) Wenn wir die nun schon betrachteten Typen miteinander vergleichen, so drängt sich uns stets mehr der Eindruck auf, wie so ganz anders das Leben dieser Menschen hätte verlaufen können, wenn sie weise gewesen wären, nämlich weise durch das Wort Gottes, das ihnen nicht verborgen war, das sie aber eben nicht so beachteten, wie es dies verdient. Was Gott sagt oder uns sagen läßt, ist unendlich viel wichtiger als was der Teufel, die Welt, das Fleisch zu sagen hat oder sich einbildet, uns sagen zu dürfen. Hier sei noch einmal an das in letzter Lieferung am Schluß betonte Wort erinnert: Ps. 119,11: „In meinem Herzen habe ich Dein Wort verwahrt, auf daß ich nicht wider Dich sündige.“ Ja, hätten sich z. B. das Weib, die Eva, und Adam nur nach dem Worte Jehova Gottes gerichtet, wären sie gehorsam

gewesen, - wie anders wäre ihr Leben verlaufen, wie anders aber auch wären die Folgen für die Menschheit gewesen! (Vgl. Röm. 5,19!)

gewesen, - wie anders wäre ihr Leben verlaufen, wie anders aber auch wären die Folgen für die Menschheit gewesen! (Vgl. Röm. 5,19!)

Ja, „der Ungehorsam des einen Menschen“ - was hat er uns eingetragen! Und Ungehorsam war es bekanntlich bei Saul, den wir als ersten betrachteten, und Ungehorsam war es auch bei dem Manne, den wir uns jetzt ein wenig ansehen wollen und der, obwohl er nicht zu den Gläubigen gehört, doch auch uns Gläubigen viel zu sagen hat, können wir doch aus allem lernen, was geschrieben steht. Dieser Mann den wir uns jetzt in schlichten, einfachen Belehrungen vor Augen stellen wollen, ist Herodes, d. h. nicht Herodes der Große, berühmt und berüchtigt durch die Zeit der Geburt des HErrn unter seiner Herrschaft in Israel und durch seinen grausamen Kindermord (Matth. 2), sondern dessen einer Sohn Herodes Antipas (vgl. meinen Aufsatz

„Hütet euch vor dem Sauerteig“, fortl. in Bd. 16, und da wieder Seite 199ff. „Sauerteig des Herodes“). Über diesen Herodes lesen wir des öfteren in den Evangelien, so u. a. in Matth. 14, aber besonders ausführlich in Mark. 6. Es ließe sich nun sehr viel sagen über das schlechte Gewissen des Königs, wie es aus seiner Redeweise V. 14 und 16 hervorgeht, sowie über seine spiritistische „Gläubigkeit“, daß ein aus den Toten Auferstandener „solche Wunderkräfte“ habe, aber über diese und andere Punkte (gottloser Eid z. B.!) zu schreiben ist jetzt nicht meine Aufgabe, auch nicht über das verderbliche Wirken des Weibes auch hier in dieser Geschichte usw. Der Vers vielmehr, in dem sich das ganze Wesen dieses zwiespältigen Charakters, der wirklich gar keinen rechten eindeutigen Charakter hatte, zeigt, ist V. 20. In den acht Punkten dieses Verses offenbart sich alles; aus ihnen sehen wir klar, warum und wieso es mit der Folgerichtigkeit des Teufels zu dem grausamen, boshaften, scheußlichen und hinterlistigen Verhalten dieses Mannes gegen den treuen Johannes den Täufer kommen mußte. Und mit diesem Verhalten war das Verderben des Herodes, wie ich für bestimmt glaube, besiegelt; für ihn gab es kein Zurück mehr, keine Rettung, keine Gnade. Hätte sonst nicht vielleicht der HErr doch wenigstens mit einem Worte ihm gedient? Aber Er hielt ihn keines Wortes (mehr) für würdig! (Luk. 23,9!) Eine kurze Kennzeichnung von V. 20 möge folgen: Die Herodias konnte eine Zeitlang ihr teuflisches Ziel nicht erreichen, da Herodes, Punkt 1, den Johannes „fürchtete“! Fürchtete er ihn ehrfürchtig, oder fürchtete er seine strafenden Worte, oder beides, oder wie fürchtete er ihn? Einerlei: er fürchtete ihn! Wie so oft Ungläubige eine ihnen schier unheimliche Scheu vor Gläubigen haben, so daß sie in ihrer Gegenwart keine faulen Witze

 

wagen und sich am liebsten davonmachen, wenn Gotteskinder ins Zimmer treten. Ein gutes Zeichen für das Wesen und den Wandel solcher Gläubigen! - 2. „da er wußte ...“ Er wußte etwas über und von Johannes! Keine Unsicherheit betr. dessen Person und deren Wirken war bei ihm. Diese Person flößte Wissen ein; man war sich klar über ihn und den Ernst seinem Worte und seines Handelns. Geliebte - nur nebenbei! - wissen die Menschen um uns? Wissen sie von uns? Was? Gutes? - Schlechtes, Nachteiliges? Daß wir doch den Menschen keine Rätsel aufgäben durch unser Verhalten, indem am Ende Wort und Werk bei uns auseinanderklaffen könnten hinsichtlich dessen, was man von uns hört und an uns sieht! - Was wußte Herodes von Johannes? Daß er 3. ein gerechter und 4. heiliger Mann war! Wunderbar, was er wußte! Ein (3.) gerechter Mann war Johannes, ja, gerecht in seiner Handlungsweise wie in seiner Predigt! Dafür nur je ein Beispiel: Bei seiner Bußpredigt hatte er keinen Unterschied gemacht zwischen den Berufen wie zwischen Hoch und Niedrig (siehe Luk. 3,10-14); und wie hatte er mit den religiösen Größen jener Zeit geredet! „Otternbrut!“ (Matth. 4,7), und hatte er wohl vor der Person des Herodes Antipas haltgemacht? Keineswegs, wie ja gerade Mark. 6,18 zeigt: „es ist dir nicht erlaubt, das Weib deines Bruders zu haben!“ Aber er wußte auch (4.), daß Johannes ein heiliger Mann war, heilig = für Gott abgesondert in seinem Tun und Lassen. Dafür Beispiele zu nennen erübrigt sich, aber man denke an seine Demut (Joh. 1,19ff.), an seine Zurückgezogenheit von den Freuden der Welt, an sein Auftreten usw.! Brüder und Schwestern! Wie redet das doch alles zu unseren Herzen und Gewissen! Was sehen die Leute an uns? Wie schätzen uns gerade die ein, denen wir die Wahrheit sagen mußten? Gerecht und heilig? - 5. „Er verwahrte ihn“, er gab acht auf ihn; man kann vielleicht auch sagen, daß Herodes, im Blick auf die Feindschaft der Herodias gegen den Johannes, ihn in Schutzhaft gehalten habe, damit sie nicht an ihn heran konnte, um sich zu rächen, wie sie wollte. Also war's doch ein schöner Zug bei ihm? Ja, natürlich „schön“, gerade so, wie man's oft findet in der Welt: Mischmasch im Wesen, Grausamkeit mit gelegentlicher Güte vermischt und dergleichen? Aber vielleicht noch besser: er gab acht auf ihn! - ja - nur leider nicht genügend! - 6. „Wenn er ihn gehört hatte ...“ Also: er hörte ihn! Man denke - welche Gnade für diesen gottlosen Mann: er durfte sich rühmen (sicher rühmte er sich gerne!!), den Johannes zu hören! Johannes, wenn auch schon der Gefangene der Feste Machärus, war doch sozusagen der Hofprediger des Königs. Und wie zu

allen Zeiten die Könige der Erde sich dann und wann einmal tüchtig die Wahrheit sagen ließen (aber unverbindlich für sie!!), so er auch! Er hörte ihn! O Geliebte: hören auch wir ihn? Wen? Den Johannes? Ja, z. B. in Evang. Joh. 1,35-37 oder 3,30 usw.? Aber mehr: hören wir den Herrn Jesus? Wie es heißt, d. h. wie Gott Selber sagt: „Ihn höret!“ (Matth. 17,5; Luk. 9,35) Aber der HErr sagt auch: „Sehet zu, wie ihr höret!“ (Luk. 8,18) und „Sehet zu, was ihr höret!“ (Mark. 4,24), und Er sagt ferner: „Höret Mich alle und verstehet!“ (Mark. 7,14) Es ist eine große Verantwortung, hören zu dürfen, aber es kommt darauf an, ob wir mit hörenden Herzen hören, und auch, ob wir nach dem Rechten hinhorchen oder nach Falschem, nach „Falschpropheten“ (Matth. 7,15 usw.), und ob wir verstehen wollen und noch mehr, ob wir tun wollen, gehorchen wollen! Jak. 1,22!- 7. Und Herodes? - o „er tat vieles, wenn er ihn gehört hatte“! Manche Reform in seinem Lande mochte der Predigt des Johannes zuzuschreiben sein! Manche „moralische Anwandlung“ mochte sich unter dem Eindruck der Worte des großen „Predigers der Wüste“ in des Herodes Leben geltend gemacht haben! Mancher erbärmliche Wicht in des Königs Umgebung mochte zusammengeschreckt sein, wenn der oft tieferschütterte König anfing, sein Leben zu bessern und zu verlangen, daß seine Höflinge es auch täten! „Ja, wir müssen uns bessern!“ Wie mancher hat unter den wuchtigen Schlägen geistgesalbt verkündeten Wortes dies schon bekannt und zugegeben! Und es ist nicht mal immer nur dabei geblieben! Manchmal ist wirklich manches geschehen durch die Predigten großer, wahrer Prediger an der Könige Höfe. Aber, aber ...! Aber, wenn er auch „vieles“ tat - er tat nicht alles, er tat nicht die Hauptsache, er tat nicht das, was des Johannes Lebenszweck in seinem Wirken war: er tat nichtBuße! Und wenn er auch 8. den Johannes gern hörte, so war dies Gernhören doch vielleicht nur eine Art Selbstbetrug, eine Art Ausweichen vor der Ganzheit der geforderten Umkehr. „Vieles“ tun - „gern“ hören paßt psychologisch so gut zusammen; nicht gern hören, weil man alles, die Hauptsache, Buße tun muß und schließlich auch tut - das ist eine bessere Zusammenstellung; aber das geht der Natur entgegen; doch „geht's der Natur entgegen, so geht's, wie Gott es will!“ - aber das ist und war nicht nach des Königs Geschmack - und darum mußte es dazu kommen, daß das Haupt des treuen Predigers fiel, freilich unter besonderen Umständen, auf die ich nicht einzugehen brauche (hier) - genug, er ward enthauptet! Warum? Weil Herodes, sein König, kein ganzer, gehorsamer Mann war, sondern weil er schielte nach der allen Zeiten die Könige der Erde sich dann und wann einmal tüchtig die Wahrheit sagen ließen (aber unverbindlich für sie!!), so er auch! Er hörte ihn! O Geliebte: hören auch wir ihn? Wen? Den Johannes? Ja, z. B. in Evang. Joh. 1,35-37 oder 3,30 usw.? Aber mehr: hören wir den Herrn Jesus? Wie es heißt, d. h. wie Gott Selber sagt: „Ihn höret!“ (Matth. 17,5; Luk. 9,35) Aber der HErr sagt auch: „Sehet zu, wie ihr höret!“ (Luk. 8,18) und „Sehet zu, was ihr höret!“ (Mark. 4,24), und Er sagt ferner: „Höret Mich alle und verstehet!“ (Mark. 7,14) Es ist eine große Verantwortung, hören zu dürfen, aber es kommt darauf an, ob wir mit hörenden Herzen hören, und auch, ob wir nach dem Rechten hinhorchen oder nach Falschem, nach „Falschpropheten“ (Matth. 7,15 usw.), und ob wir verstehen wollen und noch mehr, ob wir tun wollen, gehorchen wollen! Jak. 1,22!- 7. Und Herodes? - o „er tat vieles, wenn er ihn gehört hatte“! Manche Reform in seinem Lande mochte der Predigt des Johannes zuzuschreiben sein! Manche „moralische Anwandlung“ mochte sich unter dem Eindruck der Worte des großen „Predigers der Wüste“ in des Herodes Leben geltend gemacht haben! Mancher erbärmliche Wicht in des Königs Umgebung mochte zusammengeschreckt sein, wenn der oft tieferschütterte König anfing, sein Leben zu bessern und zu verlangen, daß seine Höflinge es auch täten! „Ja, wir müssen uns bessern!“ Wie mancher hat unter den wuchtigen Schlägen geistgesalbt verkündeten Wortes dies schon bekannt und zugegeben! Und es ist nicht mal immer nur dabei geblieben! Manchmal ist wirklich manches geschehen durch die Predigten großer, wahrer Prediger an der Könige Höfe. Aber, aber ...! Aber, wenn er auch „vieles“ tat - er tat nicht alles, er tat nicht die Hauptsache, er tat nicht das, was des Johannes Lebenszweck in seinem Wirken war: er tat nichtBuße! Und wenn er auch 8. den Johannes gern hörte, so war dies Gernhören doch vielleicht nur eine Art Selbstbetrug, eine Art Ausweichen vor der Ganzheit der geforderten Umkehr. „Vieles“ tun - „gern“ hören paßt psychologisch so gut zusammen; nicht gern hören, weil man alles, die Hauptsache, Buße tun muß und schließlich auch tut - das ist eine bessere Zusammenstellung; aber das geht der Natur entgegen; doch „geht's der Natur entgegen, so geht's, wie Gott es will!“ - aber das ist und war nicht nach des Königs Geschmack - und darum mußte es dazu kommen, daß das Haupt des treuen Predigers fiel, freilich unter besonderen Umständen, auf die ich nicht einzugehen brauche (hier) - genug, er ward enthauptet! Warum? Weil Herodes, sein König, kein ganzer, gehorsamer Mann war, sondern weil er schielte nach der

Welt, weil er mit Augenlust liebäugelte, weil er sich aus Menschenurteil etwas machte, statt wahrhaft gottesfürchtig zu sein („um derer willen, die mit zu Tische lagen“, V. 26), weil er spielte mit seinem Reich (V. 23) und mit Gottes Gedanken, deshalb scheiterte er - aber alle diese bösen Eigenschaften sprangen hervor aus der einen: Er tat vieles, aber nicht die Hauptsache, er tat nicht Buße, bekehrte sich nicht, und so mußte ein Böses nach dem anderen aus seinen Sünden hervorgehen ... Es ist bei uns nicht anders, auch wenn wir längst gläubig sind: Der Ungehorsam bringt manche böse Folgen mit sich, Vieles tun, aber die Hauptsache unterlassen, ist sehr gefährlich, weil es auch zur Selbstbespiegelung führt und mit der Selbstsucht nie aufräumt. Und so kam es bei Herodes, einem Manne, der das Heil leicht hätte ergreifen können, wenn es ihm ernst gewesen wäre, der aber seine Vorrechte verscherzte, nicht Buße tat und somit um eines lüsternen Tanzes willen das Haupt des Johannes fallen macht und sein eigenes Geschick mitbesiegelt. Möge der HErr Gnade schenken, daß wir Gläubige aus dieser sehr einfachen Geschichte lernen, uns nicht selbst zu betrügen, nicht zu denken, daß uns nichts Schlimmes geschehen könne, da wir ja gläubig seien, wir könnten wandeln, wie wir wollten! Viel würden wir einbüßen, und viel würden wir auch anderen im Wege sein. Darum gehorsam Seinem Worte, lieber nicht vieles tun, sondern weniges, aber die Hauptsache (die jeweilige) dabei! Der HErr gebe uns Licht und Weisheit! -

Für heute will ich's bei den schlichten Belehrungen, die uns der unglückliche Herodes gibt, bewenden lassen, jener Mann, der seinen Geburtstag so feiert, daß er statt, wie es sonst oft vorkommt, an solchem Freudentage eine Amnestie (Strafnachlaß) auszurufen, vielmehr an demselben seinem besten und vielleicht einzigen Freunde hienieden den Garaus macht! So erreichte der Teufel sein Ziel - aber wäre Herodes den Worten des Johannes restlos gefolgt, so wäre ihm solch schauerlicher Racheakt - eigentlich der Herodias, aber unter seiner Verantwortung! - erspart geblieben. Aber auch ihm gilt: „Du hast nicht gewollt!“- Und wir? sind wir gehorsam und treu? 1. Kor. 10,12! Der HErr segne uns Sein ernstes heiliges Wort!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

6. Danksagung, Anbetung.

„Danksaget in allem, denn dieses ist der Wille Gottes in Christo Jesu gegen euch.“ (1. Thess. 5,18) Wir haben viel Ursache zur Danksagung. Alles was wir sind, was wir besitzen und genießen, sind und haben wir von unserem Gott. Alle gute Gabe kommt von oben herab. Es ist nichts, was wir nicht von Ihm empfingen. Arbeit, Fähigkeiten, Kräfte, Gesundheit - Er hat sie uns geschenkt. Nahrung und Bedeckung - sie sind von Ihm. Doch wie leicht vergessen wir, in allem zu danken. Wir haben oft sehr viel zu bitten, aber wenig zu danken. Auch die oft genannte Philipperstelle (4,6) sagt uns, daß wir mit Danksagung unser Anliegen vor Gott kundwerden lassen sollen.

Unser Herr Jesus Selbst dankte. Er dankte für Speise und Trank (Luk. 22,17-19; 24,30), Er dankte für Gebetserhörung (Joh. 11,41), Er pries den Vater wegen Seines vollkommenen Tuns (Matth. 11,25). Er hat uns ein Vorbild gelassen. Wir dürfen und sollten uns als Seine Jünger erweisen durch Danksagung, besonders auch für Speise und Trank. Es ist dies der Wille Gottes. Auch ist es ein stilles, gelegentliches Zeugnis vor der Welt. Natürlich sollte das Danksagen kein gewohnheitsmäßiges Hersagen von einem Verschen sein. Unsere Danksagung sollte von Herzen kommen.

Gebetserhörungen sind ein besonderer Anlaß zum Danksagen. Wenn Gott uns auf unser Anrufen hin erhört hat, so sollen wir alsdann Ihn verherrlichen. Von den zehn Aussätzigen war nur einer dankbar. Dieser eine erfreute das Herz des HErrn, die neun aber betrübten Ihn, weil sie Gott nicht verherrlichten.

Ganz besondere Ursache zum Danken, Loben und Preisen haben wir wegen der empfangenen geistlichen Segnungen. Unsere Sünden sind vergeben, mit ewigem Heil, mit jeder geistlichen Segnung sind wir gesegnet. Die größte Gabe, unser HErr Selbst, hat Sich uns geschenkt. Er ist

unseres Herrn Jesus Christus! Bitte lies Eph. 1,1-14; Kol. 1,12-14.

In dem Bewußtsein der Treue und Liebe unseres Gottes sollten wir auch für das Unangenehme danksagen. Auch das Leid entspringt Seiner Treue und Liebe. Hiob konnte in seinem großen Leid am Anfang noch sagen: „Jehova hat gegeben und Jehova hat genommen, der Name Jehovas sei gepriesen!“ (Hiob 1,21) Paulus und Silas lobsangen Gott im Gefängnis. Dabei waren ihre Füße im Stock befestigt, und vorher waren sie um des Zeugnisses willen mit Ruten geschlagen. (Apgesch. 16,22-25)

Wir dürfen und sollen auch danksagen und loben im Liede. Die Psalmen sind voll des Lobes unseres Gottes. In Eph. 5,19.20 lesen wir: „... redend zueinander in Psalmen und Lobliedern und geistlichen Liedern (wir haben deren ja viele), singend und spielend dem HErrn in euren Herzen, danksagend allezeit für alles ...“ Siehe auch Kol. 3,16. Und in Psalm 69,30 spricht unser HErr im prophetischen Wort: „Rühmen will Ich den Namen Gottes im Liede, und Ihn erheben mit Lob.“ Und dies tut Er schon jetzt in den Seinen, besonders bei Seinem Mahl, an welchem die Seinen versammelt sind, um Seiner zu gedenken.

In diesem Seiner Gedenken und Anschauen Seiner Tugenden beugen wir uns in Anbetung vor Seiner herrlichen Person, welche gepriesen sei jetzt und in Ewigkeit. Siehe auch Offenb. 5. Das Mahl des HErrn ist nicht gegeben, um unserer Segnungen zu gedenken, sondern um Seiner zu gedenken, besonders in Seinem Leiden und Sterben. (1. Kor. 11,24.25) Es ist auch nicht gegeben, um hierbei unsere Bitten vorzubringen, und ganz und gar nicht dazu, um Sündenvergebung zu erlangen. - Die Anbetung des Sohnes führt uns schließlich zum Lobpreis und zur Anbetung unseres Gottes und Vaters, welcher Ihn aus Liebe uns gegeben hat.

O. D.

„Er betete heftiger.“

(Luk. 22,44)

Welch ein Vorbild gibt uns doch der teure Herr Jesus in allen Dingen! So auch im Gebetsleben! Sein Leben war wirklich auf und in Gebet gegründet, das läßt sich aus den Evangelien leicht nachweisen. Und so wunderbar es auch ist zu sehen, wie Er so völlig Mensch war, daß Er Seinen Pfad in steter Abhängigkeit von Seines Gottes und Vaters Willen pilgerte (vgl. V. 42), so müssen wir doch nicht nur Ihn bewundern auf diesem Seinem Gebetspfade, der ein unsagbarer Segenspfad ist, sondern wir müssen Ihm nacheifern und uns immer fragen: Wie beten wir ? Was lernen wir von Ihm bezüglich des Betens, dieser Grundbedingung aller Segnungen hienieden? (Vgl. auch 1. Petr. 4,7!)

Und da gibt die tief geheimnisvolle kostbare Gethsemanegeschichte uns reiche Belehrungen. Ich will hier keineswegs über diese Geschichte schreiben - wenn irgendwo, so heißt es hier: „Ziehe deine Schuhe aus von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land!“ (2. Mos. 3,5) - Nur einen kleinen Gedanken möchte ich äußern.

Wie oft ist es doch - sicher - schon in unser aller Leben so gewesen, daß wir in irgendeiner Sache tiefer und tiefer geführt wurden, so daß schließlich kein Ausweg mehr vorhanden war und wir hindurch mußten durch Leiden, Nöte und „Traurigkeit“ (V. 45), die uns „zu schwer“ schienen (und das trotz 1. Kor. 10,13!). Und dann gelang es vielleicht dem Feind, uns mutlos zu machen, - ja - vor allem bezüglich unseres Gebetskampfes. Es schien ja doch „zu nichts zu führen“, es schien ja „zwecklos“, „nutzlos“, „überflüssig“ - lauter kluge Redensarten des Feindes, des großen Betrügers! -, und dann gaben wir es vielleicht auf, durchzuhalten im Gebet, und große Segnungen, die Gott uns zugedacht hatte, gingen uns verloren! (Des Feindes Absicht mit uns!) Nun - und wie machte es der HErr? Wie tief geheimnisvoll der Gethsemanekampf auch für uns ist - eins ist sicher: Er führte den Kampf durch, und anders durch, als wir oftmals unsere tiefinneren Kämpfe! Denn als es für Ihn auf den Gipfel des Leidens kam oder als die tiefste Stelle Seiner Leidensniederung erreicht wurde, da stellte Er nicht etwa das Beten - als nutzlos!! - ein, nein, da „betete Er heftiger“! Bruder, Schwester, stehe anbetend still ob solchen Tuns deines Heilandes, ob solchen Vorbildes, ob solcher Treue! Wie muß Er dort gelitten haben! Welch ringender Kampf muß das gewesen sein, daß Sein Schweiß

wie große Blutstropfen wurde! Anbetungswürdig! aber das nicht allein - sondern wenn wir hieraus nicht lernen, wie wir uns zu verhalten haben, wenn auch für uns der Kampf heißer und heißer wird, dann lernen wir's nie! Und dann büßen wir Kostbares, nicht wieder Einzuholendes ein! Nicht schwer zu begreifen und einzusehen ist das, was ich hier schreibe - aber tun, tun, tun, Bruder, Schwester - das ist es, worauf es ankommt! Bedenken wir doch: Fünfmal in diesem kleinen Abschnitt des Gethsemane-Ereignisses nach Lukas ist vom „Beten“ die Rede, und gleichsam pyramidenförmig! (Fünf ist die Zahl des Sohnes Gottes!) Zeichne dir eine Pyramide! Setze an die beiden Fußenden das erste und letzte jener Gebetsworte von dem Abschnitt Luk. 22,39-46: „Betet, daß ihr nicht in Versuchung kommet“ (V. 40 u. 46); dann mache dir in halber Höhe der beiden schrägen Striche je eine Kerbe und schreibe dazu: „Er kniete nieder, betete ...“ (V. 41) und „Er stand auf vom Gebet“ (V. 45), und oben auf die Spitze setze das mittelste, das Hauptwort: „Und als Er im ringenden Kampfe war, betete Er heftiger.“ (V. 44) Welch eine wunderbare Pyramide, oder auch ein zu übersteigender Berg, links unten beginnend, rechts unten schließend, beginnend mit der Ermahnung an uns, schließend mit derselben, in halber Höhe ansteigend: „Er kniete nieder, betete“, in halber Höhe absteigend: „Er stand auf vom Gebet“; aber der Gipfel stets: „Er betete heftiger.“ Oder du stellst es noch richtiger dar wie eine Grube, in die Er hinabstieg, und ganz unten „betete Er heftiger“! Ach, der HErr schenke es uns, in Seine Fußtapfen zu treten, und dann, wenn es am tiefsten mit uns geht, auch „heftiger“ zu beten! Welch kostbares Mittel, nicht in Versuchung zu fallen: beten! Aber wenn wir tief hinab müssen: „heftiger“ beten, und wenn wir wieder oben sind - wieder weiter beten! Sicher - Geschwister, wir würden mehr Siegeserfahrungen machen Ihm nach, und auch manche innere Erquickung, von der kein Mensch etwas weiß, würde uns in schweren Stunden zuteil wie Ihm! (V. 43!) Warum oft Niederlagen, Zweifel, Zukurzkommen usw.? Weil wir nicht lernen, „heftiger“ zu beten, wenn's drauf ankommt, sondern weil wir zu früh aufstehen, ehe das Ziel, das Gott Sich mit uns steckte, erreicht und der Sieg erkämpft ist! Laßt uns lernen von Ihm, der uns auch hier „ein Beispiel“ gegeben hat, nachzufolgen Seinen Fußtapfen! Wenn Er solchen Pfad ging - wieviel mehr kommt es uns zu, „heftiger“ zu beten, wenn wir in der Tiefe sind?! und überhaupt: zu beten!

köstlichen Gewinn haben, wenn wir ihn haben wollen, indem wir uns auszustrecken trachten nach einem Gebetsleben, wie Er es uns vorlebte.

Geliebte, laßt uns es nicht vergessen: „Als Er in ringendem Kampfe war, betete Er heftiger!“ (V. 44) Sein herrlicher Name sei gepriesen! „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!“ (2. Kor. 9,15)

F. K.

Frage und Antwort

 

 

Frage 11

Warum sagt der Apostel Paulus in Eph. 3,1-6, daß es „in anderen Geschlechtern den Söhnen der Menschen nicht kundgetan worden sei, ... daß die aus den Nationen Miterben seien und Miteinverleibte und Mitteilhaber Seiner Verheißung in Christo Jesu durch das Evangelium“, - während doch Jakobus in Apg. 15,13-17 ein Wort aus Amos (9,11.12) zitiert und es anwendet auf die bekehrten Heiden?

Antwort des Schriftleiters

Die „Antwort“ läßt sich ganz kurz geben, indem man sagt, sie läge schon in der Fragestellung drin! Denn indem der Fragende (ein Bruder in Polen!) fast die ganze kostbare Epheserstelle wörtlich ausführt, muß er doch eigentlich selber schon sehen, daß sie viel mehr enthält, als was Jakobus in der Apostelgeschichte Kap. 15 sagt in seinem Zitat aus Amos! Der Fehler, den der teure Frager begeht und den sehr viele Geliebte des HErrn begangen haben, ist der, die Haushaltungen Gottes nicht auseinanderzuhalten sowie die Unterschiede in der Redeweise der Schrift nicht genügend zu berücksichtigen.

Nach dieser kleinen Einleitung, die uns die Wichtigkeit des „Rechtteilens“ des Wortes Gottes (2.

Das Alte Testament enthält manche der Amos-Stelle ähnliche Bemerkungen. Frage 9 dieses Jahres zeigt das auch! Es ist die wunderbare Gnade des HErrn, daß das einst bekehrte Israel die übrigen Nationen im größten Stil missionieren wird, so daß die Stelle aus Amos dann herrlich in Erfüllung gehen wird, während das, worauf Jakobus - ganz im Rahmen jüdischer Verheißungen stehend - die Stelle bezieht, als eine Art Vorerfüllung angesehen werden darf (wie Apgesch. 2,16ff. von Joel Kap. 2,28ff.). Offensichtlich will Jakobus mit dieser Darlegung die ängstlichen, engen Gemüter seiner judenchristlichen Brüder beruhigen, denen die Missionsweise des Paulus nicht richtig zu sein schien. (Vgl. später in Apgesch. 22,21.22 den Grund des Angriffs der Juden gegen ihn!) Darum auch betonte Petrus die ihm besonders zuteil gewordene Auserwählung, daß die Nationen durch seinen Mund das Evangelium hören und glauben sollten. (15,7) Wir sind stets gewohnt, Petrus den Apostel für die Beschneidung zu nennen, und gewiß mit Recht, gemäß Gal. 2,7.8, aber hier in Apgesch. 15 spricht Petrus von sich als von auserwählt zu sein, den Nationen das Evangelium zu verkünden, und es ist uns sicher, daß er nur den Vorgang in Apgesch. 10 meinen kann. (Später hat er dann - wie ich überzeugt bin! - in seinen Briefen jener Auserwählung gemäß in besonderen Maße auch den Heidenchristen Kleinasiens gedient!) Die Judenchristen gewöhnten sich nur sehr schwer daran, daß den Nationen das Heil ebenso gälte wie ihnen, die sie doch die ersten Verheißungen hatten. (Vgl. Röm. 3,1ff.; 9,4.5 u.a.) Aber sie begingen den gleichen Fehler wie in den letzten Jahrhunderten die Christen, und im umgekehrten Sinne: Diese meinen, ihnen gehörten alle Segnungen, die einst dem Volke Israel zugesprochen seien, während die Strafen jenem immer noch gälten, und jene meinen, die Heiden seien ausgeschlossen vom Heil und nur sie seien die Begnadigten. Aber beiden tut not, ernstlichst zu beachten, was Paulus in Röm. 9-11 schreibt; besonders in 11!

Das Volk Israel, besonders der zur Zeit der Apostel gläubig gewordene „Überrest“, hätte sich der vielen Stellen aus den Propheten erinnern sollen, die von der Bekehrung derer aus den Nationen handelten, dann wären sie sich ihrer Verantwortung für das Gläubigwerden der Heiden mehr bewußt gewesen und hätten sich herzlicher gefreut über die Segenstätigkeit des Barnabas und vor allem des Paulus, aber der nationale Stolz verblendete ihnen die Augen -

doch den Aposteln, Gott sei Lob, nicht! - Hier nun noch einige Stellen ähnlich der Amos-Stelle (dem Sinne nach): Jes. 49,6! 45,21.22; 60,1ff.; 66,18-21; Sach. 8,20-23 u. a. - Wenn also Jakobus die Amos-Stelle gebraucht, um den Judenchristen zu helfen, die Bekehrung derer aus den Nationen - die aber nicht etwa erst Juden werden mußten! - im biblischen Lichte zu sehen, so befindet er sich vollkommen auf dem Boden der Schrift, auf dem Grunde alttestamentlicher, klarer, göttlicher Verheißungen (- nicht aber auf dem neutestamentlicher, himmlischer Segnungen, wie sie der Lehre nach nur dem Apostel Paulus anvertraut sind!). Der Praxis nach hatten die Gläubigen aus den Juden ebenso wie die Apostel natürlich alle daran (d. h. an der himmlischen Berufung) teil, was es aber war, woran sie teil hatten, was es inGottes Augen bedeutete, das wußten die neutestamentlichen Gläubigen nicht eher, als bis der Heilige Geist ihnen durch Paulus darüber Belehrung gab. Gewiß hatte der Heilige Geist sie am Pfingsttage und weiterhin des unnennbaren Vorrechts teilhaftig werden lassen, der Gemeinde Jesu Christi (von der der HErr inMatth. 16 gesprochen hatte!) anzugehören (2,29ff.; in V. 29 auch der apostolische Hinweis auf die „Fernen“, die Heiden! 4,32; 5,12-14 usw.), und durch die Belehrungen des Geistes wuchsen sie mehr und mehr hinein in dies erhabene Vorrecht, aber was die Gemeinde ist, was sie eigentlich ist, wer dazu gehört und was sie nicht ist usw. - das hat Gott erst durch Paulus geoffenbart, und seine Briefe tun es auch uns noch kund. Während aber der 1. Korintherbrief die Gemeinde unter fast nur irdisch-praktischen Gesichtspunkten des „Leibes in Christo“ (vgl. Röm. 12,5) zeigt (vgl. z. B. Kap. 12!) und die Timotheusbriefe sie im Bilde des Hauses Gottes unserem geistlichen Gewissen nahebringen, ist es dem Paulus erst mit den beiden köstlichsten „Gefangenschaftsbriefen“ an die Epheser und Kolosser vorbehalten, uns die Lehre von dem „Geheimnis“ der Gemeinde von höchsten Gesichtspunkten aus zu offenbaren. (Vgl. auch die kurze Notiz Röm. 16,25-27: Paulus wußte dies „Geheimnis“ schon früher!) (Der Epheserbrief zeigt uns, was die Gemeinde für den Christus, das Haupt, ist und der Kolosserbrief, was der Christus, das Haupt, für Seine Gemeinde ist!)

Und welches ist dies „Geheimnis“? Der Fragende zeigt es selbst, wenn er in der Frage die 3 wichtigen „Mit...“ aufzählt: „Miterben“, „Miteinverleibte“, „Mitteilhaber“. Das war im Alten Testament nicht verheißen, wahrlich nicht! Die Lehre von der Gemeinde als Geheimnis kann im

sehen in Adam und Eva), aber nie als Lehre. Wer's gleichwohl versucht, bringt alles durcheinander; auch die Lehre von der christlichen Taufe findet sich nicht im Alten Testament, sie dennoch dort zu suchen und zu finden führt zu mancherlei Irrtümern, wie z. B. dem, sie mit der alttestamentlichen Beschneidung zu verwechseln! Nein, die Lehre von der Gemeinde (oder Versammlung) ist dem Apostel Paulus anvertraut, und er gibt sie uns in unnachahmlicher, weil eben ganz und durchaus geisteingehauchter Weise. Es hieße den Rahmen und Raum einer „Antwort“ weit überschreiten, wollte ich diese Lehre hier ausführlich bringen. Es ist auch nicht nötig. Oft haben die „Handr.“ in früheren Jahrbüchern über die Gemeinde geschrieben, in Fragebeantwortungen (u. a. durch den unvergeßlichen entschlafenen K. O. St.) und Aufsätzen, letztere sonderlich durch den Mitschriftleiter Br. A. v. d. K. (Vgl. z. B. Jahrb. 5!) Aber in Kürze: Ich frage den Fragenden: Wo ist in Apgesch. 15 in des Jakobus Worten auf Grund von der Amos-Stelle etwa eine Andeutung von der kostbaren Tatsache auch nur des „Mitleibes“? „Miterben“, „Mitteilhaber“ sollen die „Fernen“ aus den Nationen sein! Mit wem? Mit Israel freilich, aber dies Israel ist nicht das zukünftige des Tausendjährigen Reiches, nicht das der Prophetenstellen - es sind die zuerst vielen, jetzt wenigen, die, herausgerettet aus der widerspenstigen und um ihres Ungehorsams jetzt in dieser Zeit der Gemeinde beiseite gesetzten Nation, mit den ebenso aus den Nationen Herausgeretteten zu der „Herausgerufenen“ (der „Ekklesia“) gebildet, zusammengefügt, zusammengeschweißt (durch Seinen Geist!) werden und den „Mitleib“ darstellen, den der HErr, das Haupt Seines Leibes, kennt, sieht, beaufsichtigt, heilt, heiligt, reinigt (Kap. 5) usw., usw. „Sein Leib“ ist sie, die Gemeinde, Sein Leib - „die Fülle“ „Dessen, der alles in allem erfüllt“. (1,23) Ich bitte Euch, geliebte Leser, ich frage den Frager: ist dies nichts? Ist dies nichts anderes wie die Amos-Stelle, von der Apgesch. 15, wie gesagt, eine Vorerfüllung gibt, aussagt? Ist es nicht viel, viel, ja unendlich viel mehr? O Geliebte, wir wissen wirklich nicht genügend, was die Gemeinde - trotz all ihrer Schwäche hienieden! - sie, die himmlische Brautgemeinde - was sie für Ihn ist! Wüßten wir es besser, schätzten wir sie höher ein, ja, so wie Er nach dem Epheserbrief, wir würden oftmals anders handeln und wandeln. (Vgl. 4,1-7!! Siehe hierzu Jahrb. 11/2.) Aber ich will darüber nichts weiter sagen. Beugen wir uns, Geliebte, in den Staub über unsere so häufige Gleichgültigkeit Seiner Gemeinde, den Belangen derselben, die Seine Belange sind, gegenüber!

„Wache auf, der du schläfst!“ steht auch im Epheserbrief 5,14. Der Epheserbrief mit seinen mehr als 20 Aussagen über die „Liebe“ und „Geliebtsein“ (Christus „der Geliebte“, 1,6) kann allein - wenn überhaupt noch etwas es kann - auch in heutiger Zeit unserer Verantwortung für Seine Gemeinde, zu der gehören zu dürfen unser größtes Vorrecht ist, uns bewußt machen. Möge es dem HErrn gelingen, und möge Er dazu dies schwache Zeugnis vorliegender Fragebeantwortung mit benutzen wollen!

Aber noch einen ganz kleinen Hinweis muß ich geben: Das Geheimnis des „Mitleibes“ (siehe dazu die Belehrungen in Kap. 2,14ff.!!) hat viele wichtige Folgen für die in Gottes Augen Miteinverleibten, und eine dieser Folgen ist die Tatsache, daß in der Gegenwart (d. h. seitdem die Gemeinde gebildet wird, bis zum Abschluß derselben, der Entrückung der Seinen, vgl. Frage 10 dieses Jahrbuches!) Israel als Volk Gottes Alten Testaments keine Sondervorrechte innerhalb der Gemeinde des HErrn hat. „Die Berufung Gottes bleibt unbereubar“ (Röm. 11,29), wir werden das einst zu sehen bekommen - aber „in der jetzigen Zeit“ besteht „ein Überrest nach Wahl der Gnade“ (11,5), und der ist mit uns aus den Nationen zusammengeschlossen zu Seiner „Ekklesia“, Seiner „Herausgerufenen“, wo nicht mehr ist „Grieche und Jude“ usw. (Kol. 3,11), sondern wo „wir alle in einem Geiste, zu einem Leibe getauft sind, es seien Juden oder Griechen (Heiden aller Rassen!), es seien Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geiste getränkt worden“. (1. Kor. 12,12.13; vgl. Eph. 2,15.16!) Manche möchten diese Konsequenzen nicht ziehen, aber sie sind wichtig für uns, sonderlich in heutiger Zeit, wie es ebenso wichtig ist, daß die aus den Nationen keine Sondervorrechte um ihrer Nationalität willen innerhalb der Gemeinde des Leibes Christi haben. Diese beiden Seiten müssen beachtet werden von uns aus Gnaden Gläubigen (Eph. 2,5.8), die wir bewußt die Gemeinde des HErrn bilden. Was wir als Menschen sind, hat innerhalb der Gemeinde und auf ihrem Boden nichts zu sagen, soviel es in anderen Hinsichten auch bedeuten mag.

Das Große der Frage ist das unvergleichlich Kostbare: Wir, die wir „Fremdlinge sind betr. der Bündnisse der Verheißung“ (2,12) usw., wir aus den Nationen sind „Miteinverleibte“ usw. in Seinen Leib, in „den Christus“, denn „Er ist unser Friede“ - Er hat „aus beiden (Israel und Nationen) eines gemacht“, hat die zwei „Frieden stiftend zu einem neuen Menschen

geschaffen“! (2,15) Das ist: der Christus! Welche Erhabenheit, welch ein Neues, welche Kostbarkeiten!

Gepriesen sei Sein so überaus herrlicher Name! Dank sei Gott!

F. K.

 

Frage 12

Ist der Reiter auf dem weißen Pferde (Offb. 6,2) derselbe wie das Tier in Offb. 17,13?

Antwort

Die Frage, ob der erste Reiter in Offenb. 6,2 Christus oder das Evangelium ist, oder wer es ist, ist in den „Handreichungen“ Band 3, Seite 111-120, eingehend beantwortet worden. Die heutige Frage, ob der „Reiter“ auf dem weißen Pferde dieselbe Person wie das „Tier“ (Offenb. 17,13) - das Haupt des wieder aufgerichteten römischen Reiches - ist, dürfte wohl schwer mit einem bestimmten Ja oder Nein zu beantworten sein.

Offenb. 6 spricht von einer Person, die zur Zeit des Anfanges der Trübsalswoche auftritt als „Reiter“, während Offenb. 13,1; 17,13 usw. von einer Person spricht, die in den letzten 42 Monaten auftritt als „Tier“.

Die Zeit der Gerichte Gottes beginnt mit dem „Reiter“ mit dem Bogen, der noch keine Krone hatte, dem sie aber gegeben wird, und schließt ab mit dem „Tier“, welches in den letzten 42 Monaten das Oberhaupt des neu aufgerichteten römischen Reiches ist. Zwischen dem Auftreten des Reiters in Offenb. 6 und der Wirksamkeit des Tieres in den späteren Kapiteln der Offenbarung liegt also ein Zeitraum von Jahren - mindestens 3½ Jahren.

Meines Erachtens dürfte es wohl möglich sein, daß der Reiter in Offenb. 6,2 und das Tier in Offenb. 17 ein und dieselbe Person ist, die uns in dem Charakterbilde des „Reiters“ in ihrem

anfänglichen Wirken und in dem Charakterbild des „Tieres“ in ihrer Endtätigkeit gezeigt wird. Wir sähen dann eine Person, die, im Anfang (Offenb. 6) ungekrönt, sich aber durch ihre überragenden Fähigkeiten alles unterordnet und zur Neuaufrichtung des römischen Reiches hinführt und die uns dann später in dem Bilde des ersten Tieres (Offenb. 13,1.17 usw.) in ihrer Wirksamkeit in den letzten 42 Monaten gekennzeichnet wird - dieser schrecklichen Gerichtszeit der „großen Trübsal“, in welcher sich Satan in seiner Macht in zwei Personen, der politischen - dem Haupte des römischen Reiches - und der religiösen - dem Antichristen (dem „anderen Tiere“, Offenb. 13,11) - verkörpert.

A. v. d. K.

Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende. Glückselig, die ihre Kleider waschen, auf daß sie ein Recht haben an dem Baume des Lebens und durch die Tore in die Stadt eingehen! ... Der diese Dinge bezeugt, spricht: Ja, Ich komme bald! - Amen, komm, Herr Jesus!“ (Aus Offenb. Kap. 22,12-14 u. 20)

Die Spaltung des Reiches Israel.

Die Spaltung des Reiches durch Jerobeam war Gottes Gericht über Sein Volk. Zwei Personen treten in der Geschichte der Spaltung besonders hervor: Salomo und Jerobeam. Beide waren Werkzeuge - Gefäße in Gottes Hand; der eine berufen, die Segnungen Gottes, der andere berufen, die Strafe Gottes über Sein Volk zu bringen. Beide waren dafür verantwortlich, in der Ausführung ihrer Aufgabe nicht sich selbst, sondern Gott zu verherrlichen und Ihn darin darzustellen. Sie hatten nicht das Recht, in der Erfüllung ihrer Aufgaben nach Willkür zu handeln. Gott wacht darüber, daß die, welche Er zu Seinem Dienst bestellt, diesen Dienst auch so ausführen, daß Sein Wort und Sein Charakter darin gesehen werden. Der unsichtbare Gott will, daß Sein Wesen, Sein Wille und Walten durch Seine Diener zum Ausdruck gebracht werden sollen. Beide, sowohl Salomo als auch Jerobeam, fehlten hierin, und beide brachten deshalb

Gottes strafende Hand über sich. Salomo fehlte darin am Ende seiner Regierung, und Jerobeam versagte darin gänzlich. Es ist eine ernste Sache, in des HErrn Dienst zu stehen, denn „wer kann merken, wie oft er fehlet“? (Ps. 19,13 Luth.)

Viele Beispiele der Schrift zeigen uns, wie Gott nicht nur darauf achtet, daß Sein Wille getan wird, sondern auch darauf, wie derselbe ausgeführt wird; ob wir als Seine Diener es in Seinem Geiste tun, oder ob wir ein falsches Bild von Ihm geben.

Wir wissen alle, daß der Assyrer die Rute Seines Zornes, der Stock in Seiner Hand war, Sein Volk zu strafen, aber Er achtete darauf, wie Assyrien als Sein Werkzeug sich verhielt, als es Israel schlagen durfte. Er hörte die Worte des Königs: „Durch die Kraft meiner Hand und durch meine Weisheit habe ich es getan, denn ich bin verständig. Ich verrückte die Grenzen der Völker und plünderte ihre Schätze usw.“ Jehova fragt: „Darf die Axt sich rühmen wider den, der damit haut, oder die Säge sich brüsten wider den, der sie zieht?“ Weil der Stock sich rühmte wider den, der ihn in Seine Hand genommen hatte, Sein Volk zu züchtigen, kündigt Gott das Gericht der Heimsuchung über Assyrien an: „Und es wird geschehen, wenn der HErr Sein ganzes Werk an dem Berge Zion und an Jerusalem vollbracht hat, so werde Ich heimsuchen die Frucht der Überhebung des Herzens des Königs von Assyrien und den Stolz der Hoffart seiner Augen. Denn er hat gesagt: Durch die Kraft meiner Hand ... habe ich es getan.“ (Jes. 10,12-15)

Ein anderes Beispiel finden wir in Jehu. Er vollzog das gerechte Gericht Jehovas an der gottlosen Isebel und dem götzendienerischen Hause Ahabs, wie der HErr es geboten hatte. Aber Gott übersah nicht die eigenwillige Grausamkeit und Herzenshärte, in der Jehu handelte, die nicht dem Charakter Jehovas entsprach. Die Strafe dafür blieb nicht aus. Hosea mußte das Urteil ankündigen: „Um ein Kleines, so werde Ich das Blut Jisreels an dem Hanse Jehus heimsuchen.“ (Hos. 1,4)

Das Verhalten Jerobeams, durch den die Spaltung des Reiches geschah, ist ein höchst trauriges. Gott hatte diesen Mann aus dem Nichts hervorgezogen, zum König über Israel

in Seinen Wegen wandeln würde, ihm ein beständiges Haus zu bauen, so wie Er es dem David gebaut habe. (1. Kön 11,38) Ohne jeden Schwertstreich fiel ihm dann das Reich zu, und Gott ließ in keiner Weise auch nur den Zweifel aufkommen, daß die Spaltung des Reiches von Ihm ausgegangen sei. Obgleich Jerobeam alles dieses wußte und trotz der Verheißung, ihm ein beständiges Haus zu bauen, wenn er Seine Gebote beobachten würde, wandelte er doch nicht den Weg des Glaubens, sondern vertraute seinem Herzen und seiner Klugheit mehr als dem Gott, der ihm mit solcher Güte begegnet war.

Die Geschichte der Spaltung des Reiches durch Jerobeam ist eng verknüpft mit der Untreue Salomos. Um das Walten Gottes in der Spaltung des Reiches besser zu verstehen, müssen wir uns mit der Ursache der Spaltung, dem Abweichen Salomos und der Untreue des Volkes beschäftigen.

Salomo.

Blicken wir auf den Anfang der Regierung Salomos, so tritt uns in besonderer und lieblicher Weise dessen Herzensdemut entgegen. Jehova erschien ihm in Gibeon. Und Gott sprach: „Bitte, was Ich dir geben soll.“ Mit dieser Aufforderung prüfte Gott sein Herz. Wie klein und gering Salomo in seinen eigenen Augen war, zeigt seine Antwort: „... Ich bin ein kleiner Knabe, ich weiß nicht aus- und einzugehen; und Dein Knecht ist in der Mitte Deines Volkes, das Du erwählt hast, eines großen Volkes ... So gib Deinem Knechte ein verständiges Herz, Dein Volk zu richten.“ (1. Kön. 3,7.8.9) Salomo spricht von sich nicht als König, sondern als Knecht Jehovas, und von dem Volke spricht er nicht als von seinem, sondern als von Jehovas Volk. In dem tiefen Gefühl seiner Ohnmacht und Hilflosigkeit, Gottes Volk nach dem Willen Jehovas regieren zu können, bittet er um ein verständiges Herz. Diese Bitte war gut in den Augen des HErrn, und Er, der über Bitten und Verstehen gibt, gab ihm das, um welches er nicht gebeten - Reichtum und Ehre - hinzu, und außerdem sollten auch seine Tage noch verlängert werden, wenn er wie sein Vater David in Seinen Wegen wandeln würde.

So auch mit uns. Sind wir klein in unseren Augen, so gibt Gott auch uns ein weises Herz, das

Ihn erkennt, wie Er auch dem Herzen, das Ihn liebt, sein Begehr erfüllt.

Manche haben Salomo um die Erlaubnis, Gott eine Bitte aussprechen zu dürfen, beneidet. Aber wir brauchen Salomo nicht zu beneiden; Gott hat uns mehr freigestellt als Salomo. Wir dürfen Ihm nicht nur eine Bitte, sondern alle unsere Anliegen aussprechen. Salomos Bitte offenbarte sein Herz, und unsere Bitten offenbaren auch die Gedanken unserer Herzen. Möchten wir von Salomo lernen, um geistliche Dinge zu bitten, Ihn besser zu erkennen und in Sein Bild verwandelt zu werden!

Salomo hatte die Tochter des Königs von Ägypten zum Weibe genommen. In dieser Vereinigung dürfen wir wohl wie in der des Joseph mit einer Ägypterin einen vorbildlichen Hinweis auf die Segensvorsätze Gottes mit den Nationen der Erde sehen. Im Anfang seiner Regierung lesen wir: „Salomo liebte Jehova, indem er in den Satzungen seines Vaters David wandelte.“ (1. Kön. 3,3) Dieses köstliche Zeugnis der Liebe zu Gott und des Haltens Seiner Satzungen und Gebote konnte Gott ihm am Anfang seiner Regierung geben. Kein schöneres Zeugnis kann einem Menschen gegeben werden. Die Liebe zum HErrn und das Halten Seines Wortes gehen zusammen. Das eine ist nicht ohne das andere. Der HErr sagt: „Wenn jemand Mich liebt, so wird er Mein Wort halten.“ (Joh. 14,23)

In dieser Liebe zu Jehova verharrte Salomo nicht. Während wir im Anfang seiner Regierung lasen: „Salomo liebte Jehova“, lesen wir in 1. Kön. 11,2: „Salomo liebte viele fremde Weiber.“ Und zwar liebte er nicht nur viele, sondern fremde, abgöttische Weiber, und dazu noch aus Völkern, von denen Gott ausdrücklich gesagt hatte: „Sie sollen nicht unter euch kommen; gewiß, sie würden euer Herz neigen ihren Göttern nach.“ Und gleich einer Klage folgen die Worte: „An diesen hing Salomo mit Liebe.“ Und so, wie Gott es zuvor gesagt hatte, so geschah es. Wir lesen: „Und seine Weiber neigten sein Herz ... anderen Göttern nach ..., und sein Herz war nicht ungeteilt mit Jehova, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David.“ Hand in Hand mit dem Verlassen der Liebe zu Jehova ging auch das Verlassen der Gebote Jehovas.

Ist es nicht so: In dem Maße, wie die Liebe zum HErrn erkaltet, in dem Maße zieht die Liebe zur

und das Verlassen der Versammlungen dagegen zu. Das Betreten der abschüssigen Bahn geschieht nicht erst dann, wenn die Fehltritte sichtbar werden, es ist längst zuvor im Herzen geschehen; den Anfang wird niemand gewahr. Keiner merkt es als nur allein der Herzenskündiger. Er sieht das Erkalten der Liebe, die Verdunklung des Lichtes in der Seele, das Trübewerden der Augen des Herzens, die nicht mehr klar Gutes und Böses unterscheiden, und das Taubwerden der Ohren für die Stimme des Heiligen Geistes.

Der HErr sagt: „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommet.“ (Matth. 26,41) Und Paulus schreibt: „Wer zu stehen sich dünkt, sehe zu, daß er nicht falle.“ (1. Kor. 10,12) Wie nötig es ist, wachsam zu sein, das sehen wir so recht an Salomos Geschichte. Salomo ließ es an der Wachsamkeit über die Neigungen seines Herzens fehlen; Weiber konnten sein Herz neigen. Welches sind die Dinge, die unser Herz in Gefahr bringen? Wohin gehen die Neigungen unserer Herzen? Was fesselt dein Herz? Wo triffst du immer wieder deine Gedanken? Damit ist dein Herz beschäftigt. Salomos Herz „war nicht ungeteilt“ mit Jehova, seinem Gott, wie das Herz seines Vaters David. (1. Kön. 11,4) Der HErr will nicht unser Herz mit einem anderen teilen. Er sagt: „Niemand kann zwei Herren dienen ..., ihr könnet nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Einer muß zurückstehen - muß zurücktreten hinter den, den unser Herz am meisten schätzt.

Gott erinnert Salomo immer wieder an seinen Vater David, dessen Herz ungeteilt mit Jehova war. Gewiß, David fiel, von der Versuchung überwältigt, wiederholt tief in Sünde, aber er brach damit, und in Geradheit und Lauterkeit beugte er sich darüber vor seinem Gott. Und Gott sah sein Herz, daß es ungeteilt Ihm anhing. Von Salomo wird uns solches nicht berichtet. Trotzdem haben wir Grund, sowohl aus dem Nichterwähnen seiner Fehltritte im Buch der Chronika als auch aus der Zusage Gottes, seine Verkehrtheiten wohl zu bestrafen, aber Seine Güte ihm nicht zu entziehen, wie Er sie Saul entzogen habe u. a. m. (2. Sam. 7,15), entnehmen zu dürfen, daß er sich gebeugt und Gottes Vergebung gesucht und gefunden hat.

Gott zürnte Salomo, „weil er sein Herz von Jehova abgewandt hatte“, von dem Gott, „der ihm zweimal erschienen war“ und der ihn gerade vor den fremden Göttern gewarnt hatte, ohne daß

Salomo dies beachtete. Gott ist langsam zum Zorn und groß an Güte und Treue. (Ps. 86,15) Diese Güte und Treue Gottes kommt besonders in Seinem zweimaligen ihm Erschienensein zum Ausdruck, welches hier als ein erschwerendes Moment in der Verbindung mit Salomos Untreue angeführt wird.

Zum ersten Male erschien Gott Salomo zu Gideon. (1. Kön. 3,5) Zum zweiten Male erschien Er ihm nach der Vollendung seiner großen Bauten und der Erfüllung all seines Begehrens. (1. Kön. 9) Sein erstes Erscheinen war Ermutigung für den demütigen Salomo; Sein zweites Erscheinen war Ermahnung, Verheißung und Warnung für den auf der Höhe seines Erfolges stehenden Salomo.

Gott hatte Sein Wort, welches Er ihm bei Seiner ersten Erscheinung gegeben, eingelöst. Er hatte ihm Weisheit gegeben und ihn all sein Begehr gelingen und vollenden lassen. Nun, da er am Ziel seiner Wünsche stand, erscheint ihm Jehova zum zweiten Male. Gott kennt das Menschenherz;

Er weiß, daß die größten Proben für uns nicht die Tage des Kreuzes und der Leiden sind, sondern die Tage des Glückes und Glanzes, des Gelingens und des Jubelns. Gott gibt so gern; Er ist der Geber aller guten Gaben. Es ist Seine Freude, uns zu segnen; aber Seine Segnungen erforschen unser Herz. Wie leicht hängt sich das Herz an die Gaben, und der Geber derselben steht daneben!

Gott sah diese Gefahr bei Salomo. Gott warnt, bevor Er richtet. Auch Salomo wurde gewarnt. Gott erscheint ihm zum zweiten Male. Er erinnert ihn daran, daß Er sein Gebet und Flehen erhört habe; Er ermahnt ihn, in Lauterkeit und Geradheit vor Ihm zu wandeln; Er verheißt ihm, wenn er Seine Satzungen und Rechte beobachten werde, seinen Thron zu befestigen; Er warnt ihn vor dem Nichtbeachten Seiner Gebote und dem Sichbücken vor anderen Göttern. Gott kennt unser Herz besser als wir. Auch Salomo wußte dieses; er selbst hatte es vor Gott ausgesprochen: „Denn Du, Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder.“ (1. Kön. 8,39) Wenn Gott so sein Herz kannte und eigens erschien, ihn zu ermahnen und zu warnen, Seine

so wie es einst sein Vater David tat, der zu Jehova sagte: „Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, Du verstehst meine Gedanken von ferne ..., siehe, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf dem ewigen Wege.“ (Ps. 139,2.24)

Kannte Salomo nicht die Satzungen und Gebote des HErrn? Wußte er nichts von dem Königsgebot, welches Gott durch Mose gegeben hatte? (5. Mose 17,14-20) Hatte er sich, wie es Gott geboten, eine Abschrift dieses Gesetzes schreiben lassen und es täglich gelesen? Drei Dinge nannte Gott, die nicht bei ihm als König gefunden werden sollten: 1. Er sollte sich nicht viele Rosse halten und sich diese nicht aus Ägypten holen lassen, 2. sollte er sich nicht viele Weiber nehmen, damit sein Herz nicht vom HErrn abwendig gemacht werde, und 3. sollte er Silber und Gold sich nicht im Übermaß sammeln.

Heidnische Könige mochten in diesen Dingen den Glanz ihrer Größe und Macht zum Ausdruck bringen, aber ein König des Volkes Gottes sollte seine Herrlichkeit nicht in diesen Dingen suchen und zeigen. Seine Größe sollte in seiner Treue und Abhängigkeit von seinem Gott gesehen werden, der Seine Macht und Herrlichkeit durch ihn offenbaren wollte.

Es ist betrübend, zu sehen, wie Salomo in allen drei Punkten fehlte. „Nicht viele Rosse“ hatte Gott geboten - er aber hatte 40000 Stände für Rosse (1. Kön. 4,26); und statt die Rosse Ägyptens zu meiden, sandte er dorthin, um sich diese berühmten ägyptischen Pferde für seinen Marstall und für seine Kriegsmacht holen zu lassen. (1. Kön. 10,28) Vermochten die Rosse Ägyptens ihm die Sicherheit und Verteidigung seines Reiches zu stärken? Wie stand diese seine Handlung im Gegensatz zu dem, was Gott im Roten Meere getan hatte! Was sollten ihm diese Rosse Ägyptens, über welche seine Vorfahren sangen: „Das Roß und seine Reiter hat Er ins Meer gestürzt.“ Sie jubelten Jehova zu: „Meine Stärke und mein Gesang ist Jah, denn Er ist mir zur Rettung geworden.“ Diesen Glaubensstand verließ Salomo. Jesaja, der Prophet, mußte ausrufen: „Wehe denen, welche nach Ägypten hinabziehen um Hilfe, auf Rosse sich stützen und die ihr Vertrauen auf Wagen gesetzt, weil ihrer viele, und auf Reiter, weil sie zahlreich sind.“ (Jes. 31,1)

mehren“, sehen wir Salomo den Reichtum so aufhäufen, daß das Silber in Jerusalem gleich den Steinen war. (1. Kön. 10,27) Das, was ihm anfangs als Segen von Gott gegeben wurde, wurde ihm nun, als sein Herz darauf gerichtet war, zum Unsegen. Sein Herz hängte sich an den Reichtum und nicht an den Gott, der einst das ganze Volk in der Wüste mit dem Manna vom Himmel, klein wie Koriandersamen, erhielt. Aber ist das koriandersamen-kleine Manna nicht kostbarer als Gold und Silber? Für den, der Gott als seinen Erhalter sieht, sicher!

Weiter sehen wir, wie Salomos Herz durch die vielen Weiber vom HErrn abgezogen wurde. Er beobachtete nicht das Gebot für den König: „Er soll sich die Weiber nicht mehren, daß sein Herz nicht abwendig werde.“ Er mehrte ihre Zahl auf tausend (siebenhundert Fürstinnen und dreihundert Kebsweiber). Und wie Gott zuvor gesagt, so geschah es: Seine Weiber neigten sein Herz. Ein zahlenreicher Harem war in jenen Tagen der Glanz eines königlichen Hofstaates. Und Salomo ahmte der heidnischen Welt nach. Die Ordnung Gottes genügte ihm nicht. Seine Seele fand nicht in Gott und dem Erlangen Seines Wohlgefallens ihre Befriedigung. Er fiel in den Irrtum, in welchen immer wieder auch Kinder Gottes fallen, zwei Herren zu dienen. „Sein Herz war nicht ungeteilt.“ Er wollte es teilen zwischen Gott und seinen Weibern, und die Folge war, Gott teilte sein Königreich zwischen ihm und seinem Knecht. Wie erinnert uns Salomos Weg an das Wort des HErrn an Ephesus: „Ich habe wider dich, daß du deine erste Liebe verlassen hast.“ (Offenb. 2,4) Das war der Anfang des Weges, der in Laodizäa endete. So auch in der Geschichte Salomos; im Anfang liebte er den HErrn, am Ende aber die vielen fremden Weiber.

Nun richtete Gott das ernste Wort an Salomo: „Darum, daß solches bei dir gewesen ist und du Meinen Bund nicht beobachtet hast ..., werde Ich dir das Königreich gewißlich entreißen ..., in deinen Tagen will Ich es nicht tun, um deines Vaters David willen ... Einen Stamm will Ich deinem Sohne geben, um Meines Knechtes David willen ...“ (1. Kön. 11,9-13) Wir lesen nicht, daß diese Worte seines Gottes eine Beugung bei Salomo bewirkten. Wie ganz anders war es doch in dieser Hinsicht bei seinem Vater David!

Diese Worte lassen uns wieder das wunderbare Walten unseres Gottes anschauen. Um seines Vaters David willen sollte das Königreich erst nach seinem Tode geteilt und aus der Hand seines

Sohnes gerissen werden. Diese Stelle und viele andere Beispiele der Schrift öffnen uns einen Blick in das geheimnisvolle Walten unseres Gottes. Wir sehen, daß Kinder um der Sünde ihrer Eltern willen und Nationen um der Sünde ihrer Herrscher willen nach Gottes unausforschlicher Weisheit manchmal zu leiden haben, wie auch anderseits Kinder sowie auch Völker um der Treue ihrer Eltern bzw. ihrer Herrscher willen gesegnet werden. Der Mensch mag sich dagegen auflehnen und es als Ungerechtigkeit bezeichnen, aber die Wahrheit dieser Tatsache bleibt bestehen. Sehen wir nicht Tag für Tag vor Augen: Kinder, belastet mit den Sünden ihrer Eltern, und Völker, belastet mit den Sünden ihrer Herrscher? Wie sorgfältig sollten Kinder Gottes auf ihren Leib, auf ihr Leben, auf jedes ihnen anvertraute Gut achten, es für den HErrn zu gebrauchen und Ihn damit zu verherrlichen! Ein hinterlassener Segen Gottes ist wertvoller als ein hinterlassenes Gut. Für jeden Mißbrauch und jede Untreue in der Verwaltung des uns Anvertrauten mögen unsere Nachkommen zu leiden haben. Aber wie dem auch sei, Gottes vergeltendes Walten geht nicht über die kurze Zeit dieses Erdenlebens hinaus. Nie wird ein Mensch um der Sünde anderer willen für die Ewigkeit verlorengehen. Der Weg der Errettung ist geöffnet für jeden. Verloren geht der Mensch nur aus eigener Schuld.

Oft beantwortet Gott die Buße Seiner Kinder über ihre Sünden nicht allein mit der Vergebung, sondern auch mit dem Erlassen der Strafe; anderseits aber haben wir auch viele Beispiele der Schrift, daß die Folgen unserer Sünden von Gottes Seite nicht aufgehoben werden: David tat tiefe Buße über seine Sünde gegen Uria, aber trotz der erlangten Vergebung mußte er doch schwer darunter leiden. Auch Manasse fand Gnade und Vergebung seiner vielen Sünden, und doch mußte sein Land Juda um seiner Sünde willen leiden. 2. Kön. 23,26 lesen wir: „Doch kehrte Jehova nicht um von der großen Glut Seines Zornes, womit Sein Zorn über Juda entbrannt war, wegen all der Reizungen, mit welchen Manasse Ihn gereizt hatte. Und Jehova sprach: Auch Juda will Ich von Meinem Angesicht hinwegtun, wie Ich Israel hinweggetan habe.“ „Wie unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar Seine Wege!“ (Röm. 11,33) Einmal werden wir erkennen, wie genau alles mit der Waage Seines Heiligtums gewogen ist. Gott wird recht behalten und Sieger bleiben, wenn man mit Ihm rechtet! (Röm. 3,4, Menge)

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Ohne weitere Einleitung - über solche das Thema betreffende sehe man die jeweiligen Anfänge des Aufsatzes in den ersten Lieferungen des Js. ein! - betrachte ich, nachdem ich im letzten Heft eingehend über Herodes geschrieben habe, heute wieder einmal mehrere Typen der Schrift, so wie der HErr Gnade darreicht.

Laßt uns zunächst einige Blicke werfen auf Gehasi, jenen wohl noch nicht alten Diener und Gehilfen des Propheten Elisa in den ersten Kapiteln vom 2. Buche der Könige. Wie wahr ist doch das Wort des Apostels Paulus in 1. Tim. 6,10: „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche vom Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben.“ Ja, „wie kam es“ bei dem armen Gehasi? Es kam durch die Geldliebe, daß seiner zunächst gesegneten, man kann wohl sagen, zukunftsreichen Laufbahn ein plötzliches Ende mit Schrecken gesetzt ward, und zwar im Verlauf der kostbaren Geschichte von Naaman, dem Syrer, in 2. Kön. 5. Vielleicht darf man aus 8,4 entnehmen, daß Gehasi von seinem Aussatz wieder geheilt worden sei, gewiß nach tiefer Beugung, aber sein Leben war dann nicht mehr das wie im Anfang. Ohne auf die Geschichte von Naaman näher einzugehen, die von jeher das Entzücken derer war und stets neu erregte, die das kostbare Evangelium von Jesus Christus verkünden dürfen, glaube ich doch kurz die Punkte aufzählen zu sollen, in denen der sich steigernde geistliche Niedergang des Gehasi sich offenbarte; er ist so recht ein Mann geworden mit einer „Form der Gottseligkeit ohne Kraft“ nach 2. Tim. 3, das Bild eines Menschen, der nicht Gottes Ehre, sondern seinen eigenen Vorteil suchte und das völlige Gegenteil ist von der Charakteristik Pauli in 1. Thess. 2,1-13:

1. Gehasi denkt an das Geld Naamans, V. 20, und das unter jenen wunderbaren Umständen;

2. er ruft Jehova mit den gleichen Worten an wie Elisa, V. 20, vgl. V. 16, als dieser sich weigert,

3. er heuchelt und lügt zweimal, V.22 und 25; aber, aber „Lügen haben kurze Beine“, wie deutlich sieht man das hier!;

4. er unterschlägt das Geld, V. 24; das paßt gut zur Lüge und zur Heuchelei;

5. er hofft mit Frechheit bei Elisa durchzukommen, V. 25; kannte er seinen Herrn so schlecht? Wie wird die heutige, auch z. T. so freche Namenchristenheit einmal erschrecken, wenn sie sieht, wie sie sich in dem lebendigen Gott geirrt hat!

6. Aufs Ganze gesehen: Er zieht den vermeintlichen Reichtum dem Frieden seiner Seele und auch dem Frieden, dem Nichtbeunruhigen (vgl. Apgesch. 15,19), des Naaman vor, und

7. er erkannte die Zeit nicht, die Zeit des Verfalles, die Zeit, in der es nicht auf eigenes Wohlleben ankommt, sondern auf die Rechte Gottes und ihre Vertretung durch die Treue und Selbstlosigkeit der „Menschen Gottes“. (V. 26, vgl. übrigens Jer. 45: Jeremias Wort an seinen Schreiber Baruch, V. 5! 1. Tim. 6,11)

8. Und wie sah Gott den doppelherzigen, geldliebenden Gehasi? Er sah ihn innerlich so, wie Er ihn dann auch nach außen hin machte: aussätzig! (V. 27)

Diese kleine Geschichte stellt uns alle vor ernste Fragen. auf die ich nach dieser Punkte-Aufstellung nicht mehr einzugehen brauche. Laßt uns alle vorsichtiglich wandeln in dieser Zeit des Verfalls und der Offenbarwerdung der Namenchristenheit, und laßt uns uns bewahren (lassen) vor Doppelherzigkeit, sobald es sich um die Frage von Geld und Besitz handelt! „Der Betrug des Reichtums“ und „die Begierde nach den übrigen Dingen“ (Matth. 13,22; Mark. 4,19) sind arge Fallstricke für manches schön und gesegnet begonnene Leben von Gläubigen geworden. Das lehrt uns Gehasis Fall! - (Vgl. den 1. Aufsatz in dieser Lief.) „Wie kam es?“!

Und wie kam es, daß der Landpfleger Felix nicht zum Glauben kam, trotzdem er den Paulus öfter hörte und ganz offenbar - wie Herodes den Johannes, Mark. 6, vgl. vorige Lief.! - gern und mit Bedacht? (Apgesch. 24) Wie es kam? Ein einziger Satz zeigt es ganz klar, wie es kam,

und zwar nicht nur, daß der unglückliche „Glückliche“ („Felix“ heißt „der Glückliche“) nicht errettet wurde, sondern auch daß er sicher - wie Pilatus! - gegen besseres Wissen an dem Apostel Paulus das Justizverbrechen beging, ihn gefangen zu lassen, als er selber von Cäsarea weggehen mußte. Er, der „den Weg“ (das Christentum) überhaupt besser kannte, wohl durch seine jüdische Frau, erscheint zuerst als ein fast sympathischer Mann, ja geradezu „nett“ zu Paulus! (V. 23) Solche „netten“ Namenchristen findet man überall, „sympathische“ Leute, mit denen sich's ganz gut leben läßt, bis plötzlich ihr wahres Gesicht zum Vorschein kommt: „... Zugleich hoffte er, daß ihm von Paulus Geld gegeben würde“ (das dieser vielleicht „von den Seinigen“ (V. 23) bekommen hätte oder bekommen könnte oder würde, kalkulierte der sehr verschuldete, leichtlebige, schlaue Felix!), „deshalb ließ er ihn auch öfter holen und unterhielt sich mit ihm.“ (V. 26) Armer Mann, er kam nicht auf seine Rechnung bei dem um der Wahrheit willen unbestechlichen Apostel, und seine Seele ging ins Verderben um seines geteilten Herzens, seines Welt- und Geldsinns und seiner Sinnenlust willen! Ja, so kam es, daß der Glückliche - wie glücklich hätte er werden können, er, der einen Paulus „über den Glauben an Christus“ hören durfte! - ewig unglücklich wurde! Felix - Infelix!

Lehrt uns, obwohl wir gläubig sind, diese Geschichte nichts? Ich denke doch, genau wie die des Herodes! „Wer Ohren hat zu hören, der höre!“ „Das Wort Gottes ist lebendig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend usw.“ (Hebr. 4,12f.) „Wie kam es?“

Ich hatte vorgehabt, ausführlich über Bileam zu schreiben, aber durch den vorzüglichen Aufsatz (von uns unbekanntem Verf.) in der vorigen Lief., übersetzt aus jener alten holländ. christl. Zeitschrift, scheint es mir jetzt nicht nötig, mich näher mit diesem Manne zu beschäftigen, der mir - geht es mir allein so? - ein geradezu psychologisches Rätsel zu sein scheint. Einen zwiespältigeren Charakter gibt es in der Schrift wohl kaum! Und wenn wir sehen wollen, wie es kam, daß dieser Mann - der es wahrlich besser hätte haben können - seine Seele verlor und von den Kindern Israel mit dem Schwerte getötet wurde (Josua 13,22!), so brauchen wir nur die Stellen im Neuen Testament zusammenzuhalten, in denen sein Name und sein Verhalten uns gezeigt werden - uns zur Warnung: 2. Petr. 2,(14.)15.16; Jud. V. 11; Offenb. 2,14 mit den 3 Hauptworten: „er liebte den Lohn der Ungerechtigkeit“, „sie haben sich für Lohn

dem Irrtum Balaams überliefert“, „Ich habe ein weniges wider dich, daß du solche dort hast, welche die Lehre Balaams festhalten, der den Balak lehrte, einen Anstoß (zum Fallen!) vor die Söhne Israels zu legen, Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben.“ Über diese 3 Punkte will ich also, soviel sich auch sagen ließe, jetzt nicht schreiben, ich will nur kurz zusammenfassend betonen, „wie es kam“ bei diesem unseligen Propheten: durch Zwiespältigkeit des Charakters - ich nannte diese schon! - und Unentschiedenheit, aus der heraus sein falscher Rat wider bessere Erkenntnis entstand. Und sicher, auch dieses hat uns manches zu sagen, „denn alles, was zuvor geschrieben, ist ja zu unserer Belehrung geschrieben“ (Röm. 15,4 und 1. Kor. 10,11) ..., damit, „wer zu stehen sich dünkt, nicht falle“! (V. 12) Immer wieder im Verlaufe dieses Aufsatzes finden wir dies Wort als Warnung für uns! - So kam es bei Bileam - und hätte so anders sein können, denn dieser Mann ward wirklich hoch begnadet, als er seine köstlichen Weissagungen über das Volk Israel geben mußte. (4. Mose 22-24)

Zum Abschluß des Aufsatzes in dieser Lief. lassen wir uns noch kurz mahnen durch das erschütternd ernste, ganz besonders den Gläubigen geltende Bild der (gläubigen) vielfältig gesegneten Mirjam. (4. Mose 12) In dieser Geschichte ist Aaron eng mit Mirjam verbunden, sowohl in der Schuld wie auch in deren Wirkung, denn wenn ihn, als den Hohepriester wohl, auch nicht die gleiche Strafe äußerlich traf, so doch innerlich: V. 11 „auf uns“, „wir töricht“, „uns versündigt“ - aber über Aaron möchte ich, wenn Gott will, später in anderer Sache noch besonders schreiben, darum mögen diese wenigen Worte über ihn an dieser Stelle genügen! „Wie kam es“ bei Mirjam (und Aaron)? Sie sowohl wie auch Aaron starben ja auch vor Mose, ihrem doch jüngeren Bruder! Besonders aber zeigt 4. Mose 12, durch welche tiefen Wege das Geschwisterpaar gehen mußte, und warum? Insbesondere also, warum ging es mit Mirjam so tief? Ganz kurz und knapp gesagt: Weil sie gegen die Führung, gegen den gottgegebenen Führer murrte(n)! (V. 1.2) Wohl ward die Strafe nach siebentägiger Erziehungszeit von ihr genommen, aber wie ernst, daß solche sie überhaupt treffen mußte! Wie weit entfernte sich diese Frau von den Gedanken Gottes, indem sie gegen ihren Bruder (?) - das wäre wohl nicht so wichtig gewesen -, gegen den Führer des Volkes, gegen den wohl sanftmütigsten Menschen (V. 3) (daß das gerade hier uns berichtet wird!), gegen den „König in Jeschurun (5. Mose 33,5!)

Schluß!), sondern das seinerseits in gottgemäßer Weisheit geschah! Wieviel hat uns dies - auch heute äußerlich! (Röm. 13,1-8! u. a.) - in der Gemeinde des HErrn zu sagen! „Gehorchet euren Führern und seid unterwürfig!“ heißt es in Hebr. 13,17, und vor allem erwartet Er, der HErr, unser wahrer himmlischer Führer, „der Anführer unserer Errettung“ (Hebr. 2,10), daß wir Ihm rückhalt- und bedingungslos in voller Hingebung dienen und gehorsam sind aus Liebe und Überzeugung! Möge auch von uns heißen, was der Apostel von den Römern rühmt: „Euer Gehorsam ist zu allen hingelangt!“ (Röm. 16,19 u. a.) Wie also kam es bei Mirjam, daß sie so tief hinunter mußte? Durch ihr Murren gegen Mose, den gottbestätigten Führer des Volkes Gottes! Möge uns dies eine ernste Warnung sein! „Gott läßt Seiner nicht spotten“ (Gal. 6,7), und „auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer!“ (Hebr. 12,29)

Wolle der HErr uns Gnade geben, die ernsten Belehrungen Seines Wortes recht auf uns anzuwenden und uns durch sie „weise machen“ zu lassen ..., „auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“. (2. Tim. 3,15-17)

„Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb!“ (Ps. 119,140)

„Wie kam es?!“

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

7. Wie wir hinzutreten sollten.

„Da wir nun, Brüder, Freimütigkeit haben zum Eintritt in das Heiligtum durch das Blut Jesu ..., so laßt uns hinzutreten mit wahrhaftigem Herzen, in voller Gewißheit des Glaubens, die Herzen besprengt und also gereinigt vom bösen Gewissen, und den Leib gewaschen mit reinem Wasser.“ (Hebr. 10,19.22)

Inbezug auf das Hinzutreten ist zuerst die Wahrhaftigkeit unserer Herzen erforderlich. Nur zu leicht kommt es vor, daß wir beim Beten, Loben oder Anbeten nicht wahrhaftig sind, daß also unser Beten nicht wirkliches Herzensanliegen ist. In Geist und Wahrheit sollten wir anbeten.

Dann ist die volle Gewißheit des Glaubens genannt. Nicht nur Glaube, der an sich schon Überzeugtsein, Vertrauen und Gehorsam einschließt, ist genannt, sondern „volle Gewißheit des Glaubens“.

Danach ist die Besprengung des Herzens und damit die Reinigung vom bösen Gewissen genannt. Jede erkannte Sünde sollte uns zum Bekenntnis bringen, und wir sollten uns an die Reinigung durch das Blut erinnern. Auch wenn uns nichts bewußt ist, so ist es immer nur das „Blut Jesu“, was uns das Hinzutreten mit Freimütigkeit ermöglicht. Möchten wir alle Tage die Gnade haben, unsere Sünden zu erkennen!

Dann sollte auch der Leib mit reinem Wasser gewaschen sein. Selbst wenn wir mit Sorgfalt gewandelt haben, so können wir aber doch nicht vermeiden, daß der Staub dieser Welt uns beschmutzt. Unsere Gedanken und Gefühle werden durch das tägliche Erleben in der Welt nachteilig beeinflußt. Wenn wir vor dem Hinzutreten Gottes Wort lesen und auf uns wirken lassen, so wird es den inneren Menschen reinigen, gleichwie reines Wasser den Leib reinigt.

Es sind vier wichtige Stücke, die wir beherzigen möchten: Wahrhaftigkeit, volle Glaubensgewißheit, ein gutes Gewissen und Reinigung durch das Wort. Der HErr helfe uns dazu in Gnaden, dies Wort auszuleben!

O. D.

Frage und Antwort

Frage 13

Was bedeutet die Vermengung von Eisen und Töpferton in Dan. 2,33 und: „Sie werden sich mit dem Samen der Menschen vermischen“? (V. 43) Ist damit die Vermischung der lateinischen Völker mit den slawischen und germanischen gemeint? Ist esrichtig, daß - wie oft behauptet wird - das römische Reich ganz genau in seinen früheren Grenzen (Rhein und Donau) wiedererstehen wird? (Off. 13,3.)

Antwort A

Eine bessere Deutung der beiden ersten Fragen als die in Frageform gegebene gibt es nicht. Es ist überhaupt nur eine Frage, wie Vers 43 deutlich zeigt. Die bildhafte Ausdrucksweise: Vermischung von Eisen und Ton, entspricht der auf Menschen übertragenen: die Vermengung der „sie“, die mit dem Eisen gemeint sind, mit „dem Samen der Menschen“, was nach der Sprechweise der Schrift meint: mit gewöhnlichem Menschenmaterial im Gegensatz zu höher stehenden Klassen. Hat das vielhundertjährige Bestehen des römischen Imperiums, - die Schenkel -, rein das römische Wesen - Eisen - aufgewiesen, so muß das neue Element - Ton - etwas von außen Hereingekommenes, in seinem Wesen direkt Gegenteiliges sein. Symbolisiert Eisen unbeugsame Härte, die Entgegenstehendes einfach zertrümmert, so symbolisiert Ton Schmiegsamkeit, Nachgiebigkeit Druck gegenüber, Anpassungsfähigkeit, neben Minderwertigkeit. Letztere kommt besonders zum Ausdruck in dem ein paarmal hinzugefügten „lehmig“, eigentlich „von Dreck“. Deutlich tritt der Gegensatz zutage: das römische, aristokratische, keine Rücksicht kennende, auf fest organisierte militärische, mit Skrupellosigkeit gepaarte Macht sich stützende Herrschaftssystem und das nur auf Sippenverwandtschaft und Stammeszugehörigkeit fußende, noch barbarische Germanentum. (Das Slaventum kann hier außer Betracht bleiben!)

Zwei so grundverschiedene Elemente können nicht ineinander aufgehen. Das Eisen bleibt starr; der Ton kann sich ihm anschmiegen. Dabei bleibt's aber, und die Geschichte bestätigt es bis heute. In den zersplitterten Teilen des einstigen westlichen Römerreiches (denn nur dieses kommt in Frage, wie wir sehen werden) hat sich einerseits der oben skizzierte Charakter des

römischen Herrscherwesens erhalten, wie auch der des Germanentums. Die Schrift kann wunderbar treffend kennzeichnen. 1. „Es wird ein geteiltes Königreich sein“, d. i. gemäß dem oben Gesagten. 2. „Zum Teil wird das Königreich stark sein“, d. i. soweit der römische Wesenscharakter sich in den Regierungsformen durchsetzt; „und ein Teil wird zerbrechlich sein“, d. i. soweit die Sippen- und Stammesschwächen, die Rivalitäten unter ihnen, das Erbübel der Germanen, in Frage kommen. Denn: „zerbrechlich“ geht nicht mehr auf den bildhaft gebrauchten Ton, sondern gemahnt, als Königreich, an etwas Zusammengeschweißtes, das bei Belastung auseinanderbricht. Ich wüßte nicht, welch treffendere Deutung der Prophezeiung gegeben werden könnte.

Und doch scheint noch etwas drin zu liegen, das mehr gefühlsmäßig empfunden wird, als geschichtlich gedeutet werden kann. Nämlich: Das ursprüngliche Römertum schloß wohl schon Adel und gewöhnliches Volk in sich, die oft unter sich in Fehde lagen; eigentliche plebejische Masse entstand aber erst zur Zeit der Cäsaren, nachdem Rom angefangen hatte, das Sammelbecken von Menschen aus allen Teilen des Reiches zu sein. Da ergab sich's, daß die „sie“, welche das Eisen repräsentierten, die echt römisches Wesen jeweilig verkörpernde Herrscherschicht, ob sie nun Cäsaren, Senat, Präfekten oder was sonst waren, immer mehr von der Gunst der Masse, sogar der militärischen, abhängig waren. Und doch konnte sich beiden nicht vermischen. So ging dies Doppelsystem im Laufe der Zeit und der Schwächung der Staatsgewalt über auf die zuerst als Gäste, dann als Eroberer eindringenden Fremdstämmigen, auf die Germanen. Das führt zur Endzeit hinüber.

Die Zehen entsprechen den 10 Hörnern des Tieres in Dan. 7 und Offenb. 13, und die Hörner, also die Zehen auch, den 10 Königen in Offenb. 17, wodurch wir erfahren, wer die in Dan. 2,44 ohne Vorstellung eingeführten Könige sind. Sie, „die noch kein Königreich empfangen haben, aber Gewalt wie Könige empfangen eine Stunde mit dem Tiere“ (dem Haupte des wiedererstandenen Reiches; Offenb. 17,12), sind in der Endzeit das Eisen, Dan. 2,43. Das westliche römische Reich bestand zwar unter germanischer Herrschaft nominell fort bis zum Jahre 1806, aber nur in Bruchteilen. Doch werden die 10 Zehen = Hörner - Könige erst in jetzt noch ausstehender Zukunft in Erscheinung treten. Das Meer, d. i. die brodelnden

Völkermassen, aus denen das Tier aufsteigt und wohl auch die eines Sinnes mit letzterem seienden „Wie-Könige“ (Offenb. 17,12), und „der Same der Menschen“ legen nahe, daß da erst so recht seine Auswirkung haben dürfte, was sich vor unseren Augen in der gegenwärtigen, dem Ende nahen Zeit in Anfängen anbahnt: es erstehen Männer, die mit der Fähigkeit begabt sind, autoritär zu wirken und zu regieren in demselben Charakter, der Rom einst kennzeichnete. Das begeistert die Menge. Und wenn noch, wie im alten Rom, für „panem et circenses“, gleichsam die leiblichen und seelisch-geistigen Bedürfnisse der Menschen, ausreichend gesorgt wird, so können die jeweils führenden Männer mit dem Volke rechnen, und es folgt ihnen hingebend; so vermischt sich Eisen und lehmiger Ton, ohne doch ineinander aufzugehen; denn Masse bleibt Masse in ihrem Wesen, und Eisen bleibt Eisen in dem seinen. Aber sie gehen miteinander.

Was die Frage nach den Grenzen des neuerstehenden römischen Reiches angeht, so ist zu bedenken, daß sie fließend waren, je nach geglückten oder verfehlten Kriegszügen und je nachdem die eroberten Gebiete einverleibt oder nur behauptet oder nicht gehalten werden konnten. Jedenfalls ist keine Stelle in der Schrift vorhanden, die von genauen Grenzen spricht, weder für früher noch für später. Warum dann viel Wesens daraus machen? In Sachen der Prophezeiung ist Beschränkung auf das, was die Schrift zu erkennen gibt, am Platze. Auf die Frage z. B., ob auch die asiatischen Länder in Frage kommen, läßt sich sagen, daß das nicht der Fall ist, trotz gegenteiliger Meinung gewisser Ausleger. Denn die Füße und Zehen, so wie sie beschrieben und gedeutet sind, existieren in West-Rom. Und an den Füßen, an West-Rom, wird die Statue vom Gericht getroffen. Nach Dan. 7,12 wurde den drei ersten Reichen aufeinanderfolgend die Herrschaft zwar genommen, sie hatten aber in Unterworfen- oder Aufgesogensein durch das jeweils nächstfolgende völkischen Bestand, so daß, indem die Füße getroffen werden, doch das Gesamte getroffen wird, wenn der Stein an die Füße schlägt, an den, zeitlich gesehen, letzten Teil des Ganzen. Wenn von diesem letzten Teil die Rede sein soll in seinen nördlichen Grenzen, wird wohl das, was nicht innerhalb derselben lag, als nicht in Frage kommend betrachtet werden dürfen. Und, wie oben gesagt, sei hier die Anwendung auf das innerhalb Liegende gemacht: Die Schrift schweigt darüber, gibt nur die allgemeine

nachher auf 7 reduziert werden nach Dan. 7,8: So schweigen auch wir und wahren dadurch die Würde der Schrift, indem wir eingedenk sind, daß die politischen Ereignisse sich in dauerndem Wechsel ablösen, so daß, was jetzt feststeht, in späteren Tagen verändert sein kann. So lassen wir uns nicht durch starke, hoffnungsvolle Worte betr. der irdischen Zukunftsherrlichkeit der Reiche dieser Welt beirren, sondern warten geduldig ab, was werden wird, indem wir „erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“ (Tit. 2,13), und lassen Rhein und Donau Grenzen sein oder nicht.

Offenb. 13,1 u. 3 hat aber damit nichts zu tun. Die 7 Köpfe sind nach Kap. 17,10 sowohl 7 Berge als auch 7 Könige: Rom, die sogenannte „Sieben-Hügel-Stadt“ (ihre Gründung war auf 7 Hügeln!), und 7 Regierungsformen. Letztere heben sich, als Festgesetztes und Hochragendes, aus den landläufigen Gepflogenheiten des Lebens heraus wie Berge aus der niederen Landschaft; und in der griechischen Sprache wurde „Basileus“, König, auch gebraucht für jeden Vornehmen irgendwelcher Art, ja sogar für Gesetze als Königen des Staates. Jeder Geschichtskundige kennt die 6 bis zur Zeit, da die Offenbarung gegeben wurde, dagewesenen, aufeinandergefolgten Regierungsformen in Rom: 1. Könige, 2. Konsuln oder Zweimännerkollegium, 3. Dezemvirn oder Zehnmännerkollegium, 4. Kriegstribunen, 5. Diktatoren, 6. Kaiser. Letztere Regierungsform bestand damals. Der 7. würde erst noch kommen, aber nur eine kleine Weile bleiben, was in Napoleon I. erfüllt wurde, dessen Absichten und der Beginn der Erfüllung derselben bekannt sind. Der 8. ist eben das kommende Tier, eine aus den 7 Regierungsformen und doch, in ihrem Wesen einzigartig, der Abschluß.

F. Kpp.

Zusätze des Schriftleiters

Obwohl ich zu der Frage nichts Wesentliches hinzuzusetzen für nötig halte, glaube ich einiges Grundsätzliches beifügen zu sollen.

Mit mir werden manche, vielleicht nicht alle, Leser es dem Verfasser obiger Antwort Dank

dem Worte Gottes“ gegeben ist, nicht oder höchstens leise andeutungsweise eine Berührung „aktueller Zeitereignisse“ gewagt hat. Als ich diese Frage vor mehreren Monaten aus der Schweiz erhielt, war ich mir durchaus nicht klar darüber, ob ich sie zur Beantwortung bringen lassen würde, da ich begreiflicherweise fürchtete, daß der eventuelle Beantworter den Rahmen unseres Blattes überschreiten würde, liegt das - heute - doch gar zu sehr nahe für uns deutsche Blätterschreiber. Aber das schien mir wie eine Herabwürdigung unseres Blattes! Ich finde es, nebenbei, sehr leicht und einfach, auf Zeitereignisse einzugehen und sie im Lichte des Wortes Gottes zu betrachten, aber ob sie dabei stets richtig beleuchtet werden, ob nicht vielmehr das Wort Gottes oftmals geradezu vergewaltigt wird - das ist doch eine andere Frage! Es gibt große christliche Blätter in unserem Lande, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Zeiten in biblischer Belichtung zu sehen, aber ich, der ich seit etlichen Monaten mehrere solcher Blätter zugesandt bekomme, kann nicht sagen, daß ich durch diese Betrachtungen sonderlich angezogen würde bzw. daß mir das Wort Gottes dadurch klarer würde. Wenn nun noch die Grundeinstellung solcher Blätter eine ist, welche wir als unbiblisch stets und entschieden ablehnen, wie u. a. die der sogen. „Allversöhnung“ (vgl. u. a. Jahrb. 17, Lief. 5!), so sehe ich nicht ein, daß durch solche Zeitbetrachtung, die oftmals zu gesucht und dadurch sogar aufdringlich wirkt, der Gemeinde Gottes in der Gegenwart nur genützt wird, wenngleich ich auch wiederum gern zugeben will, daß man als Arbeiter im Werk des HErrn durch solche Blätter hin und her Anregungen im Blick auf die Zeit empfangen kann: „Alles ist euer!“ Aber die „Handreichungen“ - das sei hier grundsätzlich gesagt, vor allem denen, die mehr Zeitgeschichtliches in ihr suchen - sollen (mit den Worten unseres lieben Mitarbeiters, die er mir schrieb auf meine Anfrage, ob er sich getraue, vorliegende „Frage“ unpolitisch zu beantworten) sich nicht „auf das schlüpfrige Gebiet der Politik“ begeben, sondern sie sollen das Wort bringen, und zwar als erstes; nicht so, daß das Wort herhalten muß, um die verschiedenen Meinungen der Leser und Mitarbeiter in politischer Hinsicht zu stützen oder als richtig zu „beweisen“, sondern das Wort soll der Gegenstand, die Hauptsache sein und bleiben, solange uns der HErr erlaubt, es auf diese Weise zu verkünden, und die Zeitereignisse mögen in der Betrachtung des Wortes selbst gefunden werden, ohne daß sie besonders genannt und berührt werden. Denn das Wort ist ja stets zeitgemäß, und so wird jede biblische Auslegung, dem einen

so, dem anderen so, nützen zur Beurteilung der Dinge des Lebens.

2. Tim. 3,15-17; 2. Petr. 1,19-21; 1. Kor. 2,12-16; Eph. 5,13-17.

Was nun insbesondere Dinge der Zukunft anbelangt, so stehe ich ganz und gar auf dem Standpunkt unseres Mitarbeiters: „In Sachen der Prophezeiung ist Beschränkung auf das, was die Schrift zu erkennen gibt, am Platze.“ Ganz ähnlich sprach einst unser geliebter entschlafener Bruder, Freund und Mitarbeiter K. O. St., als man ihn um seine Meinung fragte wegen eines Konferenzthemas aus den mittleren Kapiteln der Offenbarung. Er betonte damals, daß man solche Themen lieber nicht wählen sollte, denn einmal seien die Anschauungen über ein und dieselbe Sache jener Kapitel leicht auch unter sonst sich nahestehenden Brüdern zu verschieden, und dann seien es eben Dinge der Zukunft, die wir nur perspektivisch sähen und daher nicht unbedingt sagen könnten, wie bei vergangenen und vorbildlichen Dingen: „so ist es zu verstehen und nicht anders!“ Darum seien solche Themen für eine allgemeine Konferenz unfruchtbar, so gut und wichtig es sei, sich in kleinen Kreisen über derlei auszusprechen.

Unser lieber Mitarbeiter geht auf die Schlußfrage absichtlich nicht zu ausführlich ein, aber das betont er ungemein deutlich, daß es sich nur um West-Rom handeln könne, obwohl neuere Ausleger hier andere Erkenntnisse zu vermitteln trachten. Es liegt für mich kein Grund vor, diesen Auslegungen hier Raum zu geben, doch scheint mir - durch das bedrohliche Anwachsen des Islams in Asien, der Religion des falschen Propheten Mohammed - die Meinung wenigstens erwägenswert, welche das Gebiet von Ost-Rom - Konstantinopel! (Ende 1453) - mit in den Kreis der Prophetie der Endzeit einzubeziehen sucht. Ich erwähne dies nur, um zu zeigen, daß in der Prophetie manchmal mehrere Linien nebeneinander laufen, aber am Ende der Tage werden die Erfüllungslinien sich ganz scharf kristallisieren in den Brennpunkten der biblischen Prophezeiungen, und daher kommen wir nach Daniel 2 und 7 immer wieder auf das eigentliche Rom, West-Rom, zurück, auf das, wie unser Mitarbeiter nachweist, das über die Zehen und Hörner Gesagte genau zutrifft. Vielleicht aber werden die Grenzen doch weiter zu fassen sein, als sie ursprünglich waren und in der Frage angedeutet sind, denn in seiner Blütezeit erstreckte sich das römische Weltreich ja sehr weit hinein nicht nur nach Mittel- und Nordeuropa, sondern

auch nach Süden (Afrika) und Osten (Asien).

Wie gut, daß die Schrift keinen Zweifel darüber läßt, daß diese Dinge der Zukunft vorbehalten sind, d. h. wohl einer nahen, aber jetzt nicht auszurechnenden Zukunft, indem zuerst die für uns unbestimmte Zeit der Gemeinde abgeschlossen sein muß (mit der Entrückung der Gläubigen, 1. Thess. 4), ehe „die Zeiten der Nationen“ sich vollenden können. Aber „es ist nahegekommen das Ende aller Dinge, seid nun besonnen und nüchtern zu den Gebeten! Vor allen Dingen habt untereinander eine inbrünstige Liebe ...!“ (1. Petr. 4,7.8) Mögen wir nicht so sehr nach „Zeichen des Ende“ - was eher Israel gilt denn uns - ausschauen, als vielmehr der Schrift gemäß uns so benehmen, wie es sich für Wartende geziemt, Wartende aber auf das erste demnächstige Zukunftsereignis: das Kommen des Herrn Jesus für die Seinen! (Offenb. 22,7.12.20)

F. K.

Frage 14

Wie erkennt man die, welche aus Parteisucht etwas tun? Phil. 2,3. Wie können wir die Einheit des Geistes bewahren? Eph. 4,3.

Antwort

Es ist sicher nicht von ungefähr, sondern eine Wirkung des Heiligen Geistes. wenn in der heutigen Zeit wieder Fragen hin und her in den Kreisen der Kinder Gottes auftreten, die weniger Lehrpunkte zum Inhalt haben als die Gemeinschaft der Gläubigen untereinander. Wir leben eben in der Zeit der Geisterscheidung, und je frecher finsteres Heidentum wieder auflebt, um so heller sollten wir unser Licht leuchten lassen. Das aber läßt sich nur durch Gemeinschaft untereinander und mit dem HErrn verwirklichen. (Joh. 17,21)

In unserem Wort „Parteisucht“ haben wir nun eins der großen Hindernisse für jede echte

der Apostel in diesem Kapitel die Philipper zu wahrer Gemeinschaft erziehen will, muß er auch die beiden größten Feinde derselben nennen.

Was ist nun „Parteisucht“? Das Wort im Urtext bedeutet zunächst Streitsucht. Wiese übersetzt an dieser Stelle Rechthaberei. Ich glaube, daß in diesen Worten eine Entwicklung zu sehen ist: von der Streitsucht zur Rechthaberei bis zur Parteisucht. Will man die Parteisüchtigen erkennen, so prüfe man die Geister auf diese Eigenschaften. Streitsucht ist oft etwas sehr Interessantes, zeugt von Interesse an der Schrift, an der reinen Lehre. Ist es aber nicht nur Liebe zum Wort, sondern eben eine Sucht, wird der Blick getrübt für das Wichtigste, resp. für das weniger Wichtige. Ich glaube, daß der HErr uns das besondere Licht geschenkt hat, was eben Sein Wille vor allem anderen ist, daß die Seinen Gemeinschaft miteinander haben. Lassen sie sich aber das Auge für diese Wahrheit (1. Petr. 1,22) trüben, dann ist es nicht mehr verwunderlich, wenn in ihren Streit ein Geist der Kritik, ja Unbrüderlichkeit kommt, den man Rechthaberei nennt. Auf diese Weise ist es Satan sogar gelungen, Lehren, die der HErr um der Gemeinschuft willen gegeben hat, durch die Rechthaberei der Menschen dazu zu benutzen, Geschwister voneinander zu trennen. Und wenn dann die Rechthaberei nicht nur eine zeitliche Verirrung war, die wie die Finsternis vor dem Licht verschwand, als man sich auf das neue Gebot, auf das Lebenselement der Kinder Gottes (die Liebe!) besann, dann ist die Rechthaberei zur Parteisucht entwickelt, die nicht mehr an den Bestand und Aufbau der ganzen Gemeinde des HErrn denkt, sondern eben nur noch an den Aufbau, an Ruhm und Bedeutung der eigenen Partei, der Gesinnungsgenossen, ja des eigenen „Ich“. Das ist bis heute noch immer der Ausgang jedes Lehrstreites gewesen, bei dem man die wichtigste Lehre des Neuen Testamentes in bezug auf die Gemeinde, ihre unbedingte Zusammengehörigkeit, vergaß! Schon zur Zeit der Apostel gab es sehr verschiedene Meinungen, aber mit welch heiliger Energie versucht vor allem der Apostel Paulus immer wieder, die Brücke zu schlagen. Ich erinnere an Röm. 14,1 oder an die Tatsache, daß er gerade den Korinthern, die in Parteien zu zerfallen in Gefahr waren, das Wort des HErrn vom Mahl überlieferte.

Und doch gibt es auch für den Apostel Grenzen, abgesehen von den selbstverständlichen, die uns z. B. in 2. Kor. 6,14ff. und 2. Joh. V. 7-10 genannt werden, die es ihm unmöglich machen,

mit gewissen Menschen Gemeinschaft zu haben, ja, er muß über sie ein hartes Urteil fällen. Ich erinnere da an Phil. 3,2: „Hunde“, „schlechte Arbeiter“ und „Zerschneidung“ ist das umfassende Urteil, das diese Leute nach Art, Arbeitsmethode und Erfolg kennzeichnet.

Damit sind wir zum wichtigsten Kennzeichen streitsüchtiger, parteisüchtiger Menschen gekommen. „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!“ Ist die Frucht der Wirksamkeit oder gar Lehrtätigkeit eines Bruders Trennung inmitten treuer Kinder Gottes, so hat im besten Falle die Wichtigkeit irgendeiner Lehre seine Gedanken so gefangen genommen, daß er die wichtigste Lehre, die der unbedingten Zusammengehörigkeit der Gläubigen, vergessen hat. Wir wissen wohl, daß alle wahren Kinder Gottes den einen Glauben haben (Eph. 4,5), ebenso wahr ist aber auch, daß sie gerade in und durch die Gemeinschaft noch hingelangen sollen zu der Einheit des Glaubens oder der Glaubensüberzeugungen. (Eph. 4,13) Ja, die Unterschiede in den Glaubensüberzeugungen waren zur Zeit der Apostel z. T. bedeutend größer als heute. Ich er-innere nur an den Unterschied der Überzeugung der Juden- und Heidenchristen. Durch die geistliche Arbeit der Apostel wurde trotzdem eine Trennung vermieden. Und heute? Kleinigkeiten im Verhältnis zur wichtigsten Lehre der Zusammengehörigkeit genügen zum Bau dicker Mauern! Das ist niemals die Wirkung des Heiligen Geistes, der immer wahre Kinder Gottes zu einigen bemüht ist; nein, das ist ein Triumph Satans, der als „Engel des Lichtes“ es verstanden hat, Streitsucht, Rechthaberei und Parteisucht mit heiligen Mäntelchen zu umhüllen, wie z. B.: „Liebe zum Wort“ „Treue zur ganzen Wahrheit“, „deutlicher Ton der Posaune“ usw. Man vergesse nicht, daß die Wahrheit die Zusammengehörigkeit der Gläubigen ist, die Wahrheit, der alle anderen Stücke dienen sollten.

Das Gefährliche bei dieser satanischen Beeinflussung ist, daß Satan sich nicht damit begnügt, Streit anzuzetteln, sondern sein Ziel ist, den Charakter solcher streit- und parteisüchtigen Brüder zu verderben, wie uns einige Beispiele im Neuen Testament beweisen. Ich nenne einige Stellen, in denen wir eine Steigerung wahrnehmen können: Phil. 1,17; Phil. 2,3; Jak. 3,16; 2. Kor. 12,20; Phil. 3,2; Röm. 2,8; 3. Joh. V. 9.10; 2. Tim. 2,16-18.

Da besteht natürlich schließlich keine Möglichkeit der Gemeinschaft mehr um des Wohles des

Ganzen willen. Da muß auch Trennung von einzelnen der Gemeinschaft aller dienen. Auch dafür einige Stellen: 2. Tim. 2,23-25.19.21; Röm. 16,17; 1. Kor. 5,2.

Wie aber können wir nun die Einheit des Geistes bewahren, abgesehen von dem notwendigen Verhalten zu letztgenannten Entgleisten?

Mir scheint, daß der Text Eph. 4,1-3 geradezu eine erschöpfende Methode dazu uns an die Hand gibt.

Wir haben es hier nicht mit irgendeiner moralischen Ermahnung zu einem würdigen moralischen Leben zu tun, sondern es liegt dem Apostel daran, daß die Gläubigen es lernen, der Berufung zu der einen Gemeinde, von der er geschrieben hatte, würdig zu wandeln, indem sie „die Einheit des Geistes“ bewahren.

Und wie geschieht das? Wie ist das möglich?

1. In aller Demut! Sind wir uns schon einmal darüber tief innerlich klargeworden, daß nichts unsere Gemeinschaft untereinander so böse stört und schließlich zerstört wie Hochmut, Dünkel oder eitler Ehrgeiz? Umgekehrt gibt es außer der Liebe kein festeres Band als echte Demut, die den anderen höher achtet als sich selbst. (Phil. 2,3) Ist das überhaupt möglich? Nun, wenn wir uns selbst im Lichte des Wortes Gottes betrachten, werden wir immer bei uns mehr Tadelnswertes finden als beim anderen.

2. Mit Sanftmut: Diese Eigenschaft wächst ebensowenig wie Demut auf natürlichem Boden. Man kann sie nur lernen am Beispiel und in der Schule des HErrn. Aber wie notwendig ist sie, um die Ecken und Kanten, die sich nur zu leicht bei uns noch vorfinden, zu glätten und zu mildern. Statt dessen sind wir törichten Menschen oft stolz auf eine gewisse Forsche, mit der wir inmitten der Geschwister aufzutreten wagen, natürlich „im Dienste der Wahrheit“ (womit man sein Wesen gern deckt). Leider wird die Gemeinschaft dadurch leicht verletzt und damit die Wahrheit. Sanftmut sucht Brücken zu schlagen, solange wie nur eben möglich.

3. Mit Langmut: Das ist eine göttliche Eigenschaft, die wir durch rechte Erkenntnis Gottes,

unseres Vaters, lernen sollen. (Kol. 1,11) Ich meine, wenn wir über die Langmut Gottes, die Er der Welt gegenüber, ja auch der Gemeinde und vor allem uns selbst gegenüber offenbart, mehr nachsinnen, dann wird es uns danach nicht so schwer fallen, den „Mut“, einen anderen zu be- oder gar zu verurteilen, an sich halten zu lassen. Das ist Langmut! Aber wie voreilig sind wir da oft. Und der Erfolg? Die Gemeinschaft leidet Not!

4. Ertraget einander in Liebe! Dieser wie alle vorangehenden Ausdrücke beweisen, daß die Gemeinschaft der Gläubigen nichts Natürliches oder gar Selbstverständliches ist. Nein, um zu wahrer Geistesgemeinschaft zu gelangen, gilt es überall, in uns und im anderen, Widerstände zu überwinden, die aus der Veranlagung des alten Menschen stammen, also nur zu natürlich sind. Es gibt eben immer leicht etwas, was wir aneinander auszusetzen haben, was wir zu ertragen lernen müssen. „Sie suchen alle das Ihre“ ist wohl die trefflichste Charakteristik der adamitischen Art. Unsere von Gott uns gegebene neue Art aber sucht Gemeinschaft und damit das Gemeinwohl. Nichts gibt in dieser Welt der Gemeinde eine solche Stoßkraft, solche Leuchtkraft, wie die wahre, echte Gemeinschaft der Liebe. Daraus erklären sich die ungeheuren Anstrengungen Satans, gerade die Geistes- und Liebesgemeinschaft der Heiligen zu zerstören. Für uns aber wäre es eine Unmöglichkeit, all die Widerstände zu besiegen, wenn nicht die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen wäre. (Röm. 5,5) Das ist aber ja eine göttliche Tatsache, und durch sie wird auf uns die ganze Verantwortung gelegt, eifrig bestrebt zu sein und zu bleiben, die Einheit des Geistes zu bewahren. Jene Tatsache aber gibt uns mit der Verantwortung auch die Kraft zur Verwirklichung! -

H. K. in W.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese in sich geschlossene schöne Antwort unseres Mitarbeiters, der aus zwei ihm anvertrauten Fragen eine gemacht hat, bedarf keiner Ergänzung, wenngleich sich über den Gegenstand selber noch vieles sagen ließe. Das will ich aber nicht tun, ich möchte nur auf ältere Fragen hinweisen, in denen dies Gebiet auch gestreift wird: Jahrb. 15, Frage 3 und 21 und Jahrb. 13,

Frage 3.

Wichtiger, als etwa noch viele Worte über den Gegenstand zu verlieren, scheint mir die Frage an unsere Herzen, ob wir bereit sind, nach obigen an sich einfachen Unterweisungen zu handeln. Brüder, Schwestern, wir wissen das ja alle, daß das liebe „Ich“, oder wie der Spanier sagt: „Santo Jó“ - „das heilige Ich“, zumal wenn übertragen auf die „Ichs“ einer Gemeinde, in der Parteisucht eingerissen ist, gar gepflegt statt bekämpft wird, das größte Hindernis in der Bewahrung dessen bietet, was der Heilige Geist gemacht und uns anvertraut hat, wie es als „Einheit des Geistes“ uns gezeigt wird in den sieben Stücken von Eph. 4,4-6, welche die Segensschätze der am Pfingsttage gegründeten Körperschaft Seines Leibes, Seiner Gemeinde sind. (Vgl. die Lehre des Epheser-Briefes!) Das „liebe Ich“ ist immer bestrebt, das, was Gott herrlich gemacht hat, zu zerstören, und oft, wie Antwort A so klar zeigt, unter dem Deckmantel sehr schöner Ausdrücke und bester Absichten. Wir können gar nicht argwöhnisch genug über unser „Ich“ wachen! Doch müssen wir ihm nicht folgen! Wir sind „gestorbene“ Leute! Wir kennen wohl alle diesen Wandspruch, der ein durchkreuztes „Ich“ aufweist und darunter ein großes klares „Er“. So möge es sein - durch Glauben -, und dann wird das Bewahren der in Christo gegebenen „Einheit des Geistes“ möglich sein, und wir werden darin um so mehr Fortschritte machen, als wir uns hüten vor jeglichem Betrüben des Geistes. (4,30!)

Der HErr gebe uns allen Gnade, die leichtverständlichen, aber nicht ebenso leicht zu befolgenden Anweisungen der Schrift, wie sie uns Antwort A darbietet, „im Bande des Friedens“ zu verwirklichen aus Glauben und Liebe zu des HErrn Ehre!

F. K.

Die Spaltung des Reiches Israel.

(Schluß.)

Unvermerkt, allmählich hatte Salomo die abschüssige Bahn betreten. Die Schrift zeigt uns 1.

17,14-20), Rosse Ägyptens und Weiber und Gold und Silber zu meiden, nicht mehr beobachtete (1. Kön. 10,26ff.; 2. Chron. 9,27.28), war sein Herz nicht mehr ungeteilt mit Jehova, seinem Gott. (1. Kön. 11,4) Die nächste Stufe ist dann: „Er wandelte der Astoreth nach.“ (V. 5) Und gar bald folgt darauf: „Er tat, was böse war in den Augen Jehovas.“ (V. 6) Und wieder einen Schritt tiefer: Offenkundig vor den Blicken des Volkes baute er für die Götter seiner fremden Weiber Höhen, damit diese ihren Göttern räuchern und opfern konnten. (V. 7 und 8)

Wenn die Schrift uns auch keinen Anhalt dafür gibt, daß Salomo selbst den Göttern seiner Weiber opferte oder an ihrem Götzenkult teilnahm, so begünstigte er solchen doch durch die Aufrichtung der Höhen und bahnte damit der Abgötterei den Weg zum Volke Gottes.

Gott hatte Salomo gewarnt, zweimal war Er ihm erschienen, aber Salomo hatte nicht auf Gottes Warnung geachtet. Nun folgt die Strafandrohung: „Darum daß solches bei dir gewesen ist, und du Meinen Bund nicht beobachtet hast und Meine Satzungen, die Ich dir geboten habe, so werde Ich dir das Königreich gewißlich entreißen und es deinem Knechte geben. Doch in deinen Tagen will Ich es nicht tun, um deines Vaters David willen.“ (1. Kön. 11,11.12) Dieser Knecht war der in Vers 26 genannte Jerobeam.

Nach dieser Ankündigung des Gerichtes hören die näheren Mitteilungen über das weitere Leben, Wirken und Sterben des Königs auf. Salomo regierte natürlich über sein Land weiter, und die Welt merkte wohl schwerlich einen Unterschied, Gott aber hatte kein Wohlgefallen mehr an dem Wirken des Mannes, der nicht mehr ungeteilten Herzens im Glauben vor Ihm wandelte. Der Heilige Geist, der bis dahin so eingehend über ihn berichtet hatte, gibt uns jetzt keine Kunde mehr von seinem weiteren Leben. Das letzte, was uns gesagt wird, ist: „Und Salomo suchte Jerobeam zu töten.“ Gott hatte zu ihm gesagt, daß Er das Königreich ihm gewißlich entreißen und es seinem Knechte geben werde. Diesen Vorsatz Gottes suchte Salomo durch die Tötung Jerobeams zu unterbinden. Statt sich in Demut vor Gott über seine Versündigungen zu beugen, lehnt sich sein Herz gegen Gottes gerechte Strafe auf. Sein Vorhaben gelingt aber nicht, und er muß erfahren, daß er Gottes Absichten nicht verhindern kann.

zu finden? Wie ganz anders sind die Berichte der Schrift über Davids letzte Tage und letzten Worte! (2. Sam. 23) Ungeteilt hing sein Herz an Jehova, seinem Gott, trotz so manchen Fehlens in seinem Leben. Die Ehre seines Gottes ging ihm über alles. Die Sorge für Gottes Volk erfüllte sein Herz bis zuletzt. Wie ermahnt er seinen Sohn Salomo, der Hut Jehovas zu warten und in Seinen Wegen zu wandeln! (1. Kön. 2,3) Möchte das Ende des Lebens Salomos uns eine Warnung sein! Es ist so recht eine Illustration des Wortes: „Wenn jemand sich zurückzieht, so wird Meine Seele kein Wohlgefallen an ihm haben.“ (Hebr. 10,38)

Salomo mußte jetzt erfahren, daß das Verlassen Jehovas Unruhe und Herzeleid bringt. Auch wir müssen dies auf schmerzlichen Wegen lernen. Satan versteht es meisterhaft, unsere Herzen zu reizen. Sind wir dann seinen Lockungen gefolgt, so müssen wir inne werden und erfahren, wieviel Jammer und Herzeleid es bringt, den HErrn verlassen und Ihn nicht gefürchtet zu haben. Die glücklichen Zeiten des ungestörten Friedens und der Freude des Wohlgefallens Jehovas sind dann dahin. Auch Salomo mußte dies erleben. Wohl wurden ihm die zehn Stämme seines Königreiches um Davids willen nicht bei seinen Lebzeiten entrissen, aber die Vorboten dieses Gerichtes stellten sich schon bald nach der Ankündigung desselben ein.

Drei Personen werden mit Namen genannt, die jetzt als seine Widersacher und Gegner auftreten: Hadad, der Edomiter, und Reson, der Sohn Eljadas, und Jerobeam, der Sohn Nebats. Von den beiden ersten Widersachern lesen wir, daß Gott sie erweckte; nicht, als ob Gott Haß und Feindschaft in ihren Herzen erweckt hätte (Gott versucht niemand zum Bösen), damit war ihr Herz schon längst gegen Salomo erfüllt. Aber durch das Zurückziehen Seiner Hand gab Gott den beiden Widersachern den Weg frei, ihren Haß gegen Salomo zu betätigen. Ohne daß beide es wußten und wollten, mußten sie der strafenden Hand Gottes als Werkzeug dienen.

Solange Salomo mit seinem Gott wandelte, konnte er sagen: „Jehova, mein Gott, hat mir Ruhe geschafft ringsum, da ist kein Widersacher mehr und kein schlimmes Begebnis.“ (1. Kön. 5,4) Damals war er größer als alle Könige der Erde. So groß war seine Macht, daß diese ihm Geschenke brachten. Niemand wagte es, sein Widersacher zu sein. Jetzt aber traten Widersacher gegen ihn auf, und nicht etwa Könige, sondern untergeordnete Personen. Ja, so

war seine Größe und Macht, seitdem der HErr Seine Hand von ihm zog, von ihm gewichen, daß sogar der Knecht Salomos, Jerobeam, es wagte, seine Hand wider ihn zu erheben.

Wandeln wir im Glauben, so wissen wir, daß der HErr in allem Seine Hand hat. Er kann uns Freunde und Retter erwecken, wie wir das in den Tagen der Richter sehen, wie Er uns auch Widersacher erwecken kann, die einen uns zum Segen, die anderen uns zur Demütigung und zur Züchtigung.

Das Auge des Glaubens sieht Gott in allen Dingen. So sehen wir es bei David, als Simei mit Steinen nach ihm warf und ihm so schrecklich fluchte: „Hinweg, hinweg, Mann des Fluches und Mann Belials usw.“ Da beugt sich Davids Herz, und er antwortet in Demut: „Lasset ihn, daß er fluche; denn Jehova hat es ihm gesagt.“ Und indem so sein Auge in dem Fluche Simeis Gottes Hand und Gericht sieht, schaut er doch aus nach Gottes Gnade und fügt hinzu: „Vielleicht wird Jehova mein Elend ansehen, und Jehova mir Gutes erstatten dafür, daß mir an diesem Tage geflucht wird.“ (2. Sam. 16,5-14) Salomo war diese Stunde der tiefen Demütigung seines Vaters wohl bekannt. (1. Kön. 2,8.9) Ach, daß er von seinem Vater gelernt und ebenso wie dieser Gottes Hand in seinen Widersachern gesehen und sich vor seinem Gott gedemütigt hätte! Aber er bäumte sich gegen seine Widersacher auf und suchte sie zu beseitigen. Und wie steht es mit uns?

Noch eine andere Unterweisung und Warnung gibt Gott uns in Salomos Geschichte. Gott hatte Salomo so hoch erhoben, aber er blieb nicht treu. Seine eigene Untreue mußte er nun in seinem Knechte Jerobeam wieder erleben. Gott handelt nach Seinem Wort: „Was irgend ein Mensch sät, das wird er auch ernten.“ (Gal. 6,7) Wir möchten es als ein merkwürdiges Geschick bezeichnen, daß gerade der Mann, der so von Salomo bevorzugt und von Dankbarkeit gegen ihn erfüllt sein sollte, es ist, der seine Hand wider ihn erhebt. Gott aber zeigt uns daran, daß Er nach dem Grundsatz Seines obigen Wortes über uns waltet. Auch wir ernten, was wir säen. All unser Tun kommt einmal auf uns zurück, es sei Gutes oder Böses. Möchten wir um Weisheit und Gnade bitten, daß wir vor böser Aussaat bewahrt bleiben, die oft so leichten Herzens gesät wird und mit vielen Tränen später geerntet werden muß. Salomo

erkannte in Jerobeams Untreue nicht seine eigene Untreue gegen Gott wieder; er würde sonst nicht versucht haben, ihn zu töten. Und handeln wir nicht oft ebenso, weil wir unsere eigenen Verfehlungen in dem Tun unserer Widersacher nicht wiedererkennen und uns darunter beugen?

Rehabeam.

Als Salomo entschlafen, wurde Rehabeam, sein Sohn, König an seiner Statt. Die zehn Stämme hatten ihn aber noch nicht als König bestätigt noch ihm gehuldigt. Neid, Eifersucht, Unabhängigkeitsgedanken hatten in ihren Herzen Raum gefunden. Sie wünschten vor seiner Anerkennung als König ihm ihre Beschwerden und Wünsche vorzutragen und seine Stellungnahme diesen gegenüber zu erfahren.

Jerobeam, der vor Salomo nach Ägypten geflüchtet war, war von dort zurückgekehrt und wurde nun der Wortführer der Unzufriedenen. Sie beklagen sich über das harte Joch Salomos. Ob sie wirklichen Grund dafür hatten oder ob es nur ein Vorwand für ihre aufrührerische Gesinnung war, ist schwer zu sagen. Die Schrift erwähnt jedenfalls nicht, daß Salomo das Volk durch schwere Fronarbeiten bedrückt hatte, im Gegenteil lesen wir von dem ganzen Volke (Juda und Israel): „Sie aßen und tranken und waren fröhlich.“ (1. Kön. 4,20; vgl. 4,25 und 8,66)

Rehabeam erbittet sich für seine Antwort Auf ihre Klagen drei Tage Bedenkzeit. Er berät sich in dieser Zeit mit den Alten, die vor seinem Vater Salomo gestanden hatten, als auch mit den Jungen, die mit ihm aufgewachsen waren und die jetzt vor ihm standen. Ach, daß er in diesen drei Tagen zu Jehova, seinem Gott gegangen wäre und wie einst sein Vater um ein verständiges Herz zur Unterscheidung zwischen Gutem und Bösem gebeten hätte! (1. Kön. 3,9) War es nicht immer so gehandhabt worden in Israel, daß das Volk in ernsten Entscheidungsstunden vor Jehova trat? Vorbilder und Beispiele dafür hatte er genug. Als es sich in den Tagen Samuels auch um die Königsfrage handelte, da berief Samuel das ganze Volk zu Jehova, und es stellte sich nach seinen Stämmen „vor Jehova“. (1. Sam. 10,17-19) Und wiederum, als David König wurde, schloß er einen Bund mit dem Volke „vor Jehova“. (2. Sam.

5,1-3) Und noch zur Zeit seines Vaters Salomo versammelte sich „die ganze Gemeinde Israel“, und sie opferten Schlachtopfer „vor Jehova“. Wie schnell war es abwärts gegangen! Das Volk hatte seinen Gott verlassen. Es bückte sich vor Astoreth, der Gottheit der Zidonier, Kamos, dem Gott der Moabiter, und vor Milkom, dem Gott der Kinder Ammon, und wandelte nicht in den Wegen Jehovas, zu tun, was recht in Seinen Augen war. (1. Kön. 11,33) Jehova war völlig vergessen! Weder Rehabeam noch Jerobeam dachten daran, das Volk vor Jehova zu stellen. In der ganzen Angelegenheit wird nicht ein einziges Mal Sein Name genannt!

Statt mit Gott berät sich Rehabeam mit Menschen. Den Rat der Alten zu einer gelinden Antwort, die den Grimm abwendet (Spr. 15,1), gibt er auf und folgt dem Rate der Jungen, der seiner Gesinnung und seinem trotzigen Herzen entspricht. Er vertraut seiner Macht, redet hart zum Volke, gibt sich für soviel größer und stärker als sein Vater Salomo aus, wie die Lende stärker ist als der kleine Finger; er kündigt an, daß er das Volk nicht mit den gewöhnlichen Strafmitteln behandeln, sondern mit Stachelpeitschen zur Arbeit für ihn anhalten werde. Mit dieser anmaßenden überhebenden und tyrannischen Antwort verleugnet er völlig den Charakter Jehovas als „barmherzig und gnädig ..., groß an Güte und Wahrheit“. (2. Mos. 34,6) Gott hatte aber bereits durch Seinen Propheten Achija angekündigt: „Ich werden den Samen Davids um deswillen demütigen, doch nicht für immer.“ (1. Kön. 11,39)

Der Bruch war nun vollzogen. Das despotische Auftreten des Königs hatte Öl ins Feuer gegossen. Alles Gute, was sie unter der Regierung Davids und Salomos empfangen hatten, war vergessen. Unzufrieden und Aufruhr im Herzen tragend, dachten sie nur an die Arbeiten und Mühen, aber nicht daran, daß jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum in Sicherheit gewohnt hatte alle Tage Salomos. (1. Kön. 4,25) Nun hatten sie einen Grund oder doch den Schein des Rechtes, sich von dem Volksbedrücker loszusagen. Nun konnten sie ihre Trennungsgedanken und Unabhängigkeitsgelüste jederzeit mit dem Deckmantel der Schuld Rehabeams verhüllen.

Einst kamen sie zu David und bekannten: „Siehe, wir sind dein Fleisch ..., du warst es, der Israel aus- und einführte; und Jehova hat zu dir gesagt, ...: Du sollst zum Fürsten sein über

Mein Volk.“ (2. Sam. 5,1.2) Jetzt riefen sie: „Was haben wir für Teil an David? und wir haben kein Erbteil am Sohne Isais! Zu deinen Zelten, Israel!“ (1. Kön. 12,16) Wußten sie nicht, daß einst Scheba, ein Belialsmensch, dieselben Worte gerufen und mit seinem Kopfe hatte bezahlen müssen? Hätte das Gericht, welches Scheba traf, ihnen nicht eine Warnung sein sollen, daß auch sie nicht ungestraft mit den gleichen verächtlichen Worten David verwerfen konnten? Mit der Verwerfung Davids verwarfen sie auch alle Verheißungen und alle Segnungen, die mit David verbunden waren.

Wie zu jener Zeit David, der Sohn Isais, so wird heute der große Sohn Davids, Christus, verworfen. An Christus, an dem Jesus von Nazareth, dem Sohne Gottes, will man keinen Teil haben. Der Ruf: „Hinweg, hinweg mit diesem!“ (Luk. 23,18; Joh. 19,15) ist seit jenem Tage der Verwerfung Christi nicht verstummt. Alle aber, die kein Teil an Christo haben wollen, haben auch keinen Teil an der Errettung, an den Segnungen, die allein mit Seinem Namen verbunden sind.

Die zehn Stämme waren zufrieden mit dem Wohlergehen, das ihnen durch die Regierung Davids zuteil geworden, aber mit ihm selbst und mit seinem Hause wollten sie nichts mehr zu tun haben. So werden auch die Wohltaten und das Wohlergehen, die der Welt mit dem Christentum zuteil geworden sind, anerkannt, aber mit Jesus, dem Sohne Gottes, dem Heiland der Welt, will man nichts zu tun haben. Damals wie jetzt stimmte die große Zahl in den Ruf der Verwerfung ein; eine kleine Zahl, ein Stamm, blieb treu.

Möchten wir nicht wankend werden! Er ist und bleibt der HErr; alles hat der Vater Ihm in die Hand gegeben; alle Gewalt und Macht ist Sein. (Joh. 3,35; 13,3) So sicher, wie das Gericht Scheba ereilte und die zehn Stämme die Folgen ihrer Verwerfung tragen mußten, so sicher wird auch für alle die, welche jetzt nicht wollen, daß dieser über sie herrsche (Luk. 19,14.27), der Tag kommen, da sie als Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt werden. (Hebr. 1,13) Dann wird jedes Ohr Seine Stimme hören (Joh. 5,28), jedes Auge Ihn sehen (Offenb. 1,7), jedes Knie sich Ihm beugen und jeder Mund bekennen, daß Jesus Christum Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters. (Phil. 2,10.11)

Obgleich Gott die Spaltung des Reiches zur Strafe und Demütigung des abtrünnigen Volkes Salomo angekündigt hatte, will Rehabeam die nun durch seine Torheit sich von ihm getrennt habenden zehn Stämme mit Waffengewalt zurückbringen und sich unterwerfen. Hier sehen wir so recht das Menschenherz. Statt sich über seine Sünde und Torheit zu demütigen, Gottes strafende Hand zu erkennen, sich derselben zu beugen im Vertrauen, daß Seine Gnade wieder zurechtbringen kann, was die Sünde verdorben hatte, stützt er sich auf seinen Verstand. (Spr. 3,5-7) Trotzig stellt er ein Heer von 180000 auserlesenen Kriegern auf, um, ohne Gott zu fragen, einen schrecklichen Bruderkrieg zu beginnen.

Der von ihnen so schmählich vergessene Gott greift jetzt voll Erbarmen ein. Er sendet Seinen Propheten Schemaja mit der Botschaft zu Rehabeam und zu dem ganze Hause Juda und Benjamin: „So spricht Jehova: Ihr sollt nicht hinaufziehen und nicht mit euren Brüdern, den Kindern Israel, streiten; kehret um, ein jeder nach seinem Hause, denn von Mir aus ist diese Sache geschehen.“ (1. Kön. 12,24)

Keiner wagt dieser Botschaft Gottes zu widersprechen. Gottes Gnade weiß diese von Ihm abgefallenen und dem Götzendienst ergebenen Herzen durch die Schrecken des Bruderkrieges zu erwecken, daß sie auf Seine Stimme achten. Mußten sie sich nicht sagen: „Ist die Sache von Ihm aus geschehen, so ist dieser Kampf ein Kampf gegen Gott und nicht nur aussichtslos, sondern auch verderblich für uns!“? Wir lesen: „Und sie hörten auf das Wort Jehovas.“ Und wir? 180000 Männer gaben ihren Vorsatz auf, folgten dem Worte des HErrn und wurden dadurch vor den Schrecken des Bruderkrieges bewahrt.

Salomo sagt: „Wer auf Mich hört, wird sicher wohnen ... vor des Übels Schrecken.“ (Spr. 1,33) Vor wie vielem Leid und Weh werden wir bewahrt, wenn wir dem Worte des HErrn folgen! Wie schwer aber fällt es dem menschlichen Herzen, seinen Willen aufzugeben! Und wieviel Segen geht dadurch verloren! Der Mund des HErrn preist die „glückselig, die das Wort Gottes hören und bewahren“. (Luk. 11,28) Und Salomo schreibt: „Glückselig der Mensch, der auf Mich hört.“ (Spr. 8,34)

Ach, daß wir mehr auf die Stimme des HErrn und weniger auf die Stimme unseres Herzens hören möchten! Wir würden die Wahrheit der Worte Elihus erfahren: „Wenn sie hören und sich unterwerfen, so werden sie ihre Tage in Wohlfahrt verbringen und ihre Jahre in Annehmlichkeiten. Wenn sie aber nicht hören, so rennen sie ins Geschoß und verscheiden ohne Erkenntnis.“ (Hiob 36,11.12) Eine treffliche Illustration zu diesen Worten finden wir in Amazja, der „tat, was recht war in den Augen Jehovas, jedoch nicht mit ungeteiltem Herzen“. (2. Chron. 25,2ff.) Solange er nach den Worten des HErrn tat, war die Hand des HErrn mit ihm, als er aber nach seinem eigenen Herzen handelte, rannte er ins Geschoß und starb dahin in Unverstand.

Alle diese Dinge sind uns zur Belehrung und Warnung geschrieben. Möchten wir daraus lernen, mit ungeteiltem Herzen dem Worte des HErrn zu folgen und unsere eigenen Gedanken aufzugeben.

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Viele Personen und Typen der Heiligen Schrift haben wir schon an unserem geistigen Auge vorbeiziehen sehen, die uns alle mehr oder weniger erschütternde Beweise dafür geben, daß man z. B. die Wahrheit von 1. Kor. 10,12: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle“, nicht ohne Schaden übersieht. Gläubige und Ungläubige zeigten uns im Verlaufe der bisher erschienenen Lieferungen 1-7, daß es nur zu leicht möglich ist, hohe Vorrechte zu mißachten, kostbare Ermahnungen mit Füßen zu treten, ergreifende Schriftzeugnisse zu verwerfen - daß aber der heilige und gerechte Gott Seiner nicht spotten läßt, so daß solche Verkehrten oder auch nur solche oberflächlichen oder unvorsichtigen Menschen eben nicht das ihnen von Gott gesteckte Ziel erreichen, wobei sie uns ein Beispiel hinterlassen, wie wir es nicht machen sollten noch dürfen. Daß wir diese Mahnungen doch ernst nähmen!

Nachdem ich in der vorigen Lieferung über Gehasi, Felix, Bileam (kurz), Mirjam (und Aaron kurz) geschrieben habe, beschäftigen wir uns diesmal zuerst mit Petrus! Freilich nicht zu ausführlich, denn über ihn ist in den „Handr.“ so oft schon eingehend geschrieben, z. B. in Aufsätzen von Br. A. v. d. K., wie in Jahrbuch 10, S. 15ff., daß ich mich hier auf weniges beschränken kann.

Simon Petrus wird ständig vor uns stehen als ein warnendes Beispiel dafür, daß geschwelltes Selbstbewußtsein die Ursache zu tiefschmerzlichem Fall sein muß. (Luk. 22,33 usw.) Die Unkenntnis über uns selbst, über die Unverbesserlichkeit und Verdorbenheit unseres Herzens, wie es von Natur ist, wird stets wieder und wieder uns betören, wenn wir nicht wachsam sind, und zumal, wenn wir gleichsam in Gethsemane schlafen. Wie ernst die Frage an uns: „Simon, schläfst du?“ (Mark. 14,37) Wie wichtig sollte für uns doch das Handeln nach des HErrn Wort in Gethsemane sein: „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommet!“ (Matth. 26,41; Mark. 14,38; vgl. Luk. 22,40.46!) Wachen wir, beten wir? Wachen und beten wir? Du? Ich? Heute, morgen, und dann auch noch länger? Es sind so einfache, aber so ernste Gewissensfragen, und wieviel hängt oft für die allernächste Stunde von solchem wachenden Beten ab! Wir sehen es bei Petrus, er wachte nicht - drum betete er nicht - er schlief!! Nicht daß wir ihn tadelten - nein, wir tadeln uns!

Und aus diesen kleinen Zügen im Zustand des Simon Petrus heraus möchte ich mit der Frage: „Wie kam es?“ etwas anderes betonen als nur sein Selbstbewußtsein als Grund für seinen tiefen Fall der Verleugnung seines teuren HErrn! Es ist die Leichtfertigkeit! Ich glaube, man dürfte so sagen: Die letzte, tiefste Ursache bei ihm war sein Selbstbewußtsein und das Nichtkennen seines trügerischen Herzens, aber der Grund zu dem Zukurzkommen war seine Leichtfertigkeit! Und wo Ursache und Grund feststehen, da ist eine äußere Veranlassung nicht weit; und die war z. B. gegeben, als der HErr so schmachvoll gefangengenommen wurde. Einen feurigen, mutigen (ja, wenn's nicht auf Mutigsein ankam!) Petrus mußte die Art und Weise der Gefangennahme des HErrn schwer erregen - das ist nur zu verständlich! -, und so wartet er auf seine Frage (denn daß er sie stellte, geht aus der Vergleichung der Stellen Matth. 26,50ff.;

Mark. 14,47; Luk. 22,49ff.; Joh. 18,10f. hervor mit ziemlicher Sicherheit): „HErr, sollen wir mit dem Schwerte dreinschlagen?“ die Antwort Gar nicht ab, sondern schlägt drauflos, und der HErr muß die Wirkung seiner Leichtfertigkeit wieder heilen (Luk. 22,51), wie Er denn ja in Lukas als der Priester Gottes vor uns steht, d. h. als der, der es durch seine priesterliche Tätigkeit ist. Und vor allem war es Leichtfertigkeit, die den Simon Petrus dahin brachte, daß er sich - trotz der Warnungen seines HErrn - niedersetzte mit an das Kohlenfeuer, das die Knechte, weil es kalt war, im Hofe angezündet hatten. (Matth. 26,58.69-75; Mark. 14,54.66-72; Luk. 22,54-62; Joh. 18,15-18.25-27) „Armer, aber gewarnter Petrus, du mußt deine Leichtfertigkeit noch einmal schwer büßen!“ - „Ach, ich will doch nur das Ende sehen.“ (Matth. 26,58) - „Petrus, du wirst es nicht zu sehen bekommen, denn deine Augen werden verschleiert sein von den Tränen der Reue, die du über dich selbst und über dein leichtfertiges und trauriges Verhalten weinen wirst!“ Ja, so hätte man mit ihm reden können! So könnte man manchmal vielleicht zu und mit uns reden, wenn wir so leichtfertig die Gesellschaft loser, ungläubiger, ungeistlicher Menschen aufsuchen - nicht, wenn Gott uns in unserem Berufe täglich mit solchen zusammenbringt, dann haben wir da unsere Aufgaben! -, und wie oft geschieht dies gerade nach kostbaren Stunden der Gemeinschaff in der Gemeinde, daß Gläubige gleichsam, wie wenn sie nun „genug“ hätten, hinterher gleich mit Ungläubigen zusammenzukommen suchen, nicht um diese göttlich zu beeinflussen, sondern um, wenn sie es auch nicht denken, durch ihr geistloses Geschwätz sich beeinflussen zu lassen - und dann ist Verleugnung des HErrn nicht weit! - „Wachet und betet!“

Es ließe sich sehr viel über die Verleugnungsgeschichte selber sagen, aber das will ich nicht tun, es ist ja auch nicht mein Thema! Nein, ich wollte besprechen: „Wie kam es“, daß Simon Petrus diesen tiefen Fall tat? Wir sahen Ursache, Grund und Veranlassung, und wir - schämen uns! O mögen wir alle Gegenmittel gegen die Leichtfertigkeit und jedes Spielen mit der Sünde gebrauchen, um dem HErrn nicht solche Schande, aber auch solchen Kummer zu bereiten! Später bei der Pfingstpredigt und an der „schönen Tür“ des Tempels und z. B. Apgesch. 10 usw. sehen wir keine Leichtfertigkeit mehr bei Petrus, dem Apostel, aber in seiner Geschichte vor dem Kreuz erblicken wir sie nur zu oft, und wir prüfen uns selbst und sagen uns „auf den Kopf“ zu: Da und da, da warst du, d. h. da war ich selber schuld - nicht die Verhältnisse und

Ich bediente mich der Leichtfertigkeit, wie einmal mit Absicht gesagt sein möchte in bewußter negativer Anführung von 2. Kor. 1,17. Paulus war nicht leichtfertig! Und Er sowohl wie Petrus (letzterer in 1. Petr. 4,7!) betonte später so oft die Nüchternheit und das Besonnensein. (Die Tim.- und Titusbriefe!) Der HErr gebe uns Gnade, diese - nun doch etwas länger gewordenen Ausführungen an der Schrift zu prüfen und dann anzuwenden auf Herz und Leben; wir werden dann bessere Erfahrungen machen in solchen Umständen, und manche böse Lage werden wir geistlich vermeiden lernen (vgl. 1. Kor. 15,33 und Ps. 1,1!), während der HErr uns - wenn wir treu sind und treu geworden sind im Kleinen dieses Gebietes! - dann auch bei anderen Gelegenheiten zum Zeugnis gebrauchen wird, und freudig und voll Kraft und Mut werden wir es ablegen, und Er wird's segnen! - Leichtfertigkeit - ein schlimmer Feind der Gläubigen! „Wachet und betet!“ „Wie kam es?“ - Wieviel hat die Geschichte des Petrus uns doch zu sagen - wenn wir uns sagen lassen wollen! Ja, Petrus, wie kam es? O ganz genau würde Petrus uns auf diese Frage antworten können; und er hat es auch gewissermaßen mit dem 1. Kap. in seinem 2. Briefe getan.

Genug von dieser „Wie kam es“-Frage! Und nun noch schauen wir ein wenig auf Festus und Agrippa in Apostelgeschichte 26, doch gehört zu der mir aus Raummangel nicht möglichen Kernzeichnung dieser beiden auch Kap. 25! Man lese nur Vers 1-12 und Vers 13-22 (V. 18.19!) und Vers 23-27 genau durch, man wird zum mindesten finden, daß sowohl Festus wie Agrippa „sympathische“ Menschen sind, nicht so (vgl. vorige Lief.), wie Felix es nur zu sein scheint! Aber beide gehen doch am Evangelium, das ihnen ganz nahetritt, vorüber. Beide hätten sich bekehren können, der Römer gar wohl nach der Rede des Paulus (vgl. Apgesch. 10!) und der Jude? Er glaubte den Propheten! Paulus sagt: „Ich weiß, daß du glaubst!“ (26,27), und sicher stimmt es. Agrippa war ein Mann, dem die Verheißungen des Alten Testaments nicht nur nicht unbekannt waren, sondern der sie glaubte und der in dem „nicht in einem Winkel“ Geschehenen von Golgatha usw. sicher die Erfüllung kannte. Wunderbar! Ja, und doch griff er nicht zu? Doch ließ er sich - beinahe wohl, aber nicht ganz - „überreden, ein Christ zu werden“? Traurig! Dieser beiden Menschen Geschick könnte einen zu Tränen rühren. Wie leicht hätten sie es haben können! Und solcher gibt es zu allen Zeiten und in allen Völkern viele! -

Der eine, der Festus, hält Paulus, als er von der Auferstehung redet, für verrückt (V. 24), und dabei war er doch tief ergriffen! Der andere? Vielleicht hätte er sich noch überreden lassen, wenn Bernice, seine Schwester, nicht dabei gewesen wäre, sie, zu der er unerlaubte Beziehungen unterhalten haben soll! Ja, „die Sünde ist der Leute Verderben“, hier haben wir wohl den wahren Grund seines sich nicht Überredenlassens, wie so tausend- und abertausendfach der tiefste Grund für ein sich nicht Findenlassen die Sünde - und oft die gleiche! - ist. Beide, Festus und Agrippa (mit Bernice), nahe und doch so fern! Letzterer sogar ganz nahe, vor der Pforte, und doch, ach, ganz fern! Hätten sie statt über Paulus über sich selbst zu Gericht gesessen (V. 30-32), dann wäre das Ende für alle (auch Bernice!) ein anderes gewesen, aber so: der eine, der Gefangene, ein ewig glücklicher Mensch (V. 29), größer als alle, die anderen arme in ihren Sünden, ihrer Bequemlichkeit, Genußsucht, Menschenfurcht und in ihrem Stolz (der Römer!) usw. gebundene Leute, die am Heil vorbeigleiten! „Wie kam es?“ Beide, - ja, alle drei, wenngleich die Juden voll viel größerer Verantwortung, gewürdigt, den Paulus zu hören, gingen des Heiles verlustig, weil sie sich nicht beugen wollten. Und das wiederum, weil die Sünde sie festhielt.

Hat uns dies auch etwas zu sagen? Doch, wenn auch zunächst nur für unseren Dienst an den Menschen, daß wir doch ja nie den tiefen Urgrund aller Weigerung übersehen möchten: die Sünde!

Wir werden den Menschen am besten helfen, wenn wir bei allen Weigerungen, auch den „wissenschaftlichen“ Ablehnungen, und zur Zeit bei denen, die durch gewisse zum Heidentum führen wollende Vorträge neuerer Unglaubensrichtungen beeinflußt sind, immer auf die große Frage der Sünde hinweisen. Und je mehr die Sünde als Tatsache geleugnet wird, desto ernster müssen wir sie brandmarken bei solchen, denen wir zu dienen haben, aber auch desto entschiedener und auch herzlicher müssen und dürfen wir das Heil in Christo bezeugen, solange es Tag ist. -

Daneben aber legt diese Geschichte auch uns die Frage vor, ob wir solche glücklichen Leute

etwas, wie jene Menschen, Gebundene sind, daß auch wir mit reinem Gewissen (Apgesch. 24,16) den Menschen offen und freimütig bezeugen können, was Paulus aussprach: „Ich wollte zu Gott, daß ... alle, die mich heute hören, solche würden, wie auch ich bin!“ (26,29) Gepriesen sei der HErr, daß wir es sein dürfen! „Wie kam es?“

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

8. Das sogen. „Vaterunser“.

Außer den betrachteten Schriftstellen gibt uns auch noch die Stelle Matth. 6,9-13 (siehe auch Luk. 11,2-4) wichtige Belehrungen über das Beten. Die Stelle wird vielfach mit „Vaterunser“ bezeichnet. Der HErr Selbst hat dieses Wort gegeben: „Betet ihr nun also: Unser Vater, der Du bist in den Himmeln, geheiligt werde Dein Name; Dein Reich komme; Dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden. Unser nötiges Brot gib uns heute; und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben; und führe uns nicht in Versuchung, sondern errette uns von dem Bösen.“

Man kann nicht annehmen, daß der HErr den Jüngern, besonders aber uns, den Erlösten, die wir den Heiligen Geist empfangen haben, das Gebet zum wörtlichen Gebrauch gegeben hat. Die übrigen Belehrungen in der Heiligen Schrift geben uns zu dieser Auffassung Anlaß. Daß ein auswendig gelerntes Gebet schließlich zu einem Formgebet ohne Wahrhaftigkeit wird, ist wohl anzunehmen. Wenn es auch anfänglich mit Ernst und Ehrfurcht gebetet oder hergesagt werden mag, so wird es doch schließlich dahin kommen, daß es hergeplappert wird. Solches aber ehrt Gott nicht, sondern verunehrt Ihn und Seinen heiligen Namen.

Sehr ermunternd ist die Anrede, die uns, die Erlösten, an unsere Kindesstellung erinnert und daran, daß Gott unser liebender Vater ist, welcher treu für uns sorgt und ein Herz und Ohr für

uns hat. Der Zusatz: „Der Du bist in den Himmeln“ erinnert uns an Seine Hoheit und Majestät. Ist doch der Himmel Sein Thron und die Erde der Schemel Seiner Füße.

Die folgenden Bitten betreffen zuerst Gottes Angelegenheiten, dann erst folgen unsere persönlichen. Das Heiligen des Namens Gottes, das Fördern Seines Werkes durch uns und andere und das Geschehen Seines Willens bei uns und anderen sollte unser vornehmliches Herzensbegehren sein. Nun folgen unsere menschlichen, persönlichen Angelegenheiten. Wir bedürfen des Brotes und der irdischen Mittel für die Erhaltung unseres Lebens. Wir bedürfen zur Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit dem HErrn der Reinhaltung unseres Gewissens, indem wir unsere Sünden bekennen und dabei auch selbst vergeben jedem, der gegen uns gesündigt hat. Wir bedürfen ferner im besonderen der Bewahrung vor Versuchungen, die von innen und außen uns bedrohen. Denn das Böse ist noch in uns, und die Welt und der Fürst dieser Welt um uns her.

Wenn wir nun auch überzeugt sind, daß das „Vaterunser“ nicht für die Zeit nach der Erlösung auf Golgatha und der Ausgießung des Heiligen Geistes gegeben ist, so enthält es doch auch für die Gläubigen in diesem Zeitalter sicher manche kostbaren Belehrungen.

O. D.

Frage und Antwort

Frage 15

Enthält die Geschichte von Mephiboseth in 2. Sam. 19,24-30 prophetische Beziehungen und Bilder auf die neutestamentliche Gemeinde des HErrn? Und wenn ja, was für welche?

Antwort A

Darf man vielleicht diese anregende und nicht alltägliche Frage etwas anders formulieren,

prophetisch Vorbildliches darstellt, und nicht nur in bezug auf die neutestamentliche Gemeinde?

Die einzig in ihrer Art allein stehende Gemeinde des HErrn, wie wir sie im Neuen Testament finden, war nicht ein Gegenstand der direkten Weissagungen der verschiedenen Propheten im Alten Testament, denn sie war in anderen Geschlechtern den Söhnen des Menschen nicht kundgetan worden, denn sie ist das wunderbare Geheimnis des Christus, welches jetzt der HErr Seinen heiligen Aposteln und Propheten geoffenbart hat im Geiste; und dies ist uns in den Episteln Pauli kundgetan, besonders in Eph. 2,11 bis 3,21. Trotzdem war die Gemeinde verborgen in den schönen Vorbildern des Alten Testamentes, aber niemand im Alten Bunde hatte eine Ahnung davon, denn niemand kann richtiges Verständnis für ein Vorbild haben, wenn er das Gegenbild nicht auf irgendeine Weise gesehen hat. Wohl sind im Alten Testament prophetische Verheißungen in reicher Fülle von den Segnungen der Nationen, wenn der richtige, längst verheißene Messias endlich auf dem Throne Davids sitzt; aber diese glückliche Stellung derer aus den Nationen würde man sich so etwa vorstellen wie die Helden nicht vom Volke Israel, die sich David in seiner Erniedrigung und Erhöhung anschlossen, wie zum Beispiel: Ittai, der Gathiter, mit seinen 600 Mann. (2. Sam. 15) Auch wir heutzutage würden gar kein Verständnis für die Gemeinde aus den Vorbildern derselben haben, wenn wir nicht deutlich das Gegenbild, nämlich die Gemeinde selbst, vor unseren Augen hätten, ja, vielmehr zu ihr - durch Gottes Gnade - gehören dürften, indem wir alle - Gläubige aus allen Völkern und Sprachen - in einem Geiste zu einem Leib getauft worden und alle mit einem Geiste getränkt worden sind. (1. Kor. 12,13) Also bleibt ein Vorbild verhüllt, solange das Gegenbild nicht offenbar geworden ist; das Vorbild hat nämlich die Aufgabe, den echten Gegenstand zu illustrieren, aber es ist bedeutungslos ohne sein Gegenbild. Zeigt man mir ein Bild von einer mir völlig unbekannten und gleichgültigen Person, so interessiere ich mich nicht im geringsten dafür, weiß ich aber etwas von der Betreffenden, wenn ich sie auch nicht persönlich kenne, so betrachte ich das Bild mit Interesse und fühle, daß ich nunmehr die Person ein wenig besser kenne. Noch ein Beispiel, um diesen Punkt zu beleuchten: Man zeige einem in der deutschen Geschichte völlig unwissenden Menschen drei Bilder, nämlich: eine befestigte Stadt des Mittelalters am Meere, vom Feinde belagert, und eine Kriegsflotte, die sich der bedrängten

wahnsinnige Menschen stehen und den Schiffern ihr ganzes Vermögen anbieten, um über den Fluß gerudert zu werden; ein weißes Kriegsroß galoppiert reiter- und ziellos durch die Reihen der in einer großen Schlacht mutig kämpfenden Kriegsknechte; - kann jener Unwissende nun daraus eine nur nebelhafte Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs sich zurechtstellen? Er hat keine Ahnung, um was es sich handelt. Hat er aber ein volkstümliches Buch über diesen Krieg gelesen, so interessiert er sich für die drei Bilder, er betrachtet sie eingehend; o ja, sagt er, es handelt sich um die Aufhebung der Belagerung von Stralsund, die Erstürmung Magdeburgs durch Tilly und die entscheidende Schlacht bei Lützen mit König Gustav Adolfs Tod. - Ebenso waren die Vorbilder im Alten Testament auf die Gemeinde des HErrn vorher völlig verhüllt, nun aber ist die Gemeinde - das Gegenbild - schon da, und man freut sich sehr über die Rebekka, so lehrreich und erbaulich ist die Geschichte ihrer Berufung, ihrer Wüstenreise, bis sie in das von ihrem Isaak herrlich ausgestattete Zelt eingeführt wird, wo sie sich ihm entschleiert. Interessant sind ebenso dann, wenn auch im kleineren Maße, Asnath, Zippora usw., die die Weiber aus den Nationen des Joseph und des Mose während der Zeit ihrer Verwerfung von ihren Brüdern nach dem Fleisch geworden sind.

David nun ist ja ein großzügiges Vorbild unseres HErrn, sowohl in seiner eigenen Person als auch in seinen Eigenschaften und seiner Geschichte. Es ist jetzt nicht möglich, uns eingehend damit zu beschäftigen, und sowieso ist das fast jedem Gotteskind zur Genüge bekannt. Er ist der Gesalbte Gottes; er machte den zunichte, der die Macht des Todes hatte (Goliath, 1. Sam. 17), um die in Todesfurcht zitternden Israeliten daraus zu befreien; er wurde verworfen und für vogelfrei erklärt, und dann versammelte sich zu ihm eine gar wunderliche und sehr gemischte Gesellschaft, die allmählich anschwoll, denn später steht geschrieben: „Denn es kamen von Tag zu Tag zu David, um ihm zu helfen, bis es ein großes Heerlager wurde, wie ein Heerlager Gottes.“ (1. Chron. 12,22) Diese alle wurden zusammengeschmolzen, verschiedenartig wie sie auch waren. Diese Schar nun ist bestimmt ein treffliches Bild auf die Gemeinde des HErrn, die anziehende Person Davids hielt sie alle zusammen, ebenso wie es in bezug auf unseren HErrn geschrieben steht: „Auf daß Er die zwei, Frieden stiftend, in Sich Selbst zu einem neuen Menschen schüfe.“ (Eph. 2,15)

Sicher sind all die verschiedenen Menschen, die sich zu David versammelten und von denen die Schrift erzählt, vorbildliche Charaktere, da ist Jonathan, Abjathar, Abigail, der junge namenlose Ägypter (1. Sam. 30) usw., auch die Helden, von denen in 2.Sam. 23 die Rede ist. Doch wenn diese Schar, die sich um David während der Zeit seiner Verachtung versammelte, die Gemeinde darstellt, so muß man annehmen, daß, als David endlich König auf dem Throne geworden ist, die Vollzahl eingegangen ist und die Gemeinde vorbildlich fertig geworden ist; der schon längst gesalbte König, der Zermalmer des Kopfes der Schlange, tritt nun seine öffentliche Regierung an; Saul ist gefallen und Israel in Verwirrung. Doch er regiert zuerst 7 Jahre und 6 Monate zu Hebron („Gemeinschaft“), das kann prophetische Beziehung, wenn auch nur sinnbildlich, auf die Wiederkunft des HErrn mit Seiner Gemeinde haben, denn noch ist er nicht König über ganz Israel, er herrscht noch nicht in Jerusalem, obwohl er sonderbarerweise das abgehauene Haupt des Goliath gerade nach Jerusalem gebracht hatte! (1. Sam. 17,54) Während dieser Zeit kamen vier Menschen zu David, um Anerkennung und Belohnung zu finden und vielleicht in sein Gefolge aufgenommen zu werden: Der Sohn eines amalekitischen Fremdlings, Abner, Baana und Rekab, doch alle wurden getötet als Andeutung, daß die Zeit der Gnade vorbei sei für solche, die die gelegene Zeit versäumt hatten, zu David zu kommen, und dazu war für einen Amalekiter keine Gnade möglich! Dieses illustriert 2. Thess. 2,10-12. Viele andere versammelten sich zu ihm, als er in Hebron regierte, doch zu der besonderen Schar konnten sie nicht gerechnet werden. Nach den 7½ Jahren bemächtigte sich David Jerusalems mit Gewalt und herrschte als alleiniger Herrscher dort (2. Sam. 5,6-9); das stellt wohl die Erscheinung des HErrn in großer Macht und Herrlichkeit dar, wovon die Rede ist in so vielen Schriftstellen, hauptsächlich in Offenb. 19. Der Widerstand der

Jebusiter wurde leicht gebrochen, aber noch leichter wird der Widerstand des Tieres, der Könige der Erde und ihrer Heere an dem großen Tage Gottes, des Allmächtigen, von dem Könige der Könige und HErrn der Herren in einem Nu gebrochen werden. Wir könnten wohl diesen herrlichen Vergleich noch weiter verfolgen, denn er ist so interessant und anregend, doch wenn wir das täten, kämen wir überhaupt nicht dazu, die Frage betreffs Mephiboseth zu beantworten, obwohl, was wir schon geschrieben haben, dazu führt. Wir möchten trotzdem nur

noch bemerken, daß die 33 Jahre der Herrschaft Davids in Jerusalem über ganz Israel und Juda uns erscheinen, als ob sie eine bildliche Zahl darstellen, und zwar nicht nur des Tausendjährigen Friedensreichs, sondern des ewigen Reiches unseres Gottes (1. Kor. 15,24-28); denn es ist die Zahl des Auferstehungstages und des Neumachens aller Dinge, mit der Zahl unseres vollkommenen, dreieinigen Gottes vervielfältigt: (3 + 8) x 3 = 11 x 3 = 33.

Jetzt kommen wir zu Mephiboseth! Er war ja nur 5 Jahre alt, als die Katastrophe auf dem Berge Gilboa geschah, als Saul und Jonathan ihr Leben verloren. Also wenn wir uns streng nach unserem Vorbild richten wollen, so könnte er überhaupt nicht zur Gemeinde gehören! Er könnte auch nicht als einer betrachtet werden, der den Gnadentag versäumt hätte, denn er war unmündig. Was muß doch der arme kleine Knabe gelitten haben mit seinen gebrochenen Füßen, die niemand richtigzusetzen verstand! Betonen wir wieder, daß wir diese lehrreiche Geschichte jetzt nur von der vorbildlichen Seite aus betrachten, so hebt das doch die Möglichkeit nicht auf, sie als einen wunderbaren Gegenstand zur Verkündigung des Evangeliums in diesen Tagen mit reichem Segen zu verwenden. Mephiboseth ist vorbildlich ein armer Mensch, der wohl unter der herrlichen Regierung Davids lebte, doch blieb er soweit wie nur möglich von dem König entfernt, unbekannt, kauernd in seinem Versteck. Gibt nun die Handlungsweise Davids mit ihm uns nicht einen Fingerzeig von den wunderbaren Gnadentaten unseres HErrn in Seinem kommenden Friedensreich? Sollten nicht solche, die zitternd aus ihren Schlössern (Schlupfwinkeln) hervorgucken (2. Sam. 22,46), freundlich herausgeholt und zu der Stadt des großen Königs und zu dem König selbst gebracht werden? Bereitet nicht der wahre König selbst buchstäblich beim Antritt Seines Reiches allen Völkern ein Mahl von Fettspeisen, ein Mahl von Hefenweinen, von markigen Fettspeisen, geläuterten Hefenweinen auf dem Berge Zion? (Jes. 25,6) Mephiboseth wurde von Davids Knechten einige Jahre nach dem Regierungsantritt geholt und zu ihm gebracht, als er auf dem Throne seiner Herrlichkeit saß; die Früheren, die die Gemeinde darstellen, liefen zu ihm über und versammelten sich zu ihm, als er noch verworfen war, als er noch wie ein toter Hund oder ein Floh war (1. Sam. 24,15); der Unterschied zwischen diesen beiden Arten ist uns einleuchtend. Gleich nachdem Mephiboseth zu David gebracht wurde, berichtet die Schrift, wie der König wieder seine

doch der törichte junge Mann glaubte nicht, also kam ein schnelles Gericht auf ihn, denn er verlor seinen Thron und sein Leben. (2. Sam. 10) Dies kann man auch als Evangeliumsthema gut gebrauchen, doch vorbildlich stellt es Reichsverhältnisse dar.

Die eigentliche Frage aber, die wir zu beantworten versuchen, ist die, ob eine spätere Begebenheit im Leben Mephiboseths prophetische Beziehungen und Bilder auf die neutestamentliche Gemeinde des HErrn enthält. Nach unserem bisherigen Studium müssen wir mit „Nein“ antworten, denn vorbildlich liegt seine geistliche Erfahrung nicht im Haushalt des Geheimnisses, sondern im Tausendjährigen Reich. Wenden wir uns zu dieser Begebenheit in 2. Sam. 19, 24-30 nun ein wenig: hier handelt es sich um die Empörung Absaloms; ob wir nun so weit gehen dürfen, den Gedanken zu äußern, daß vielleicht diese Rebellion des rachesüchtigen und eitlen Königssohnes prophetische Beziehung auf die letzte Empörung gegen den HErrn in Offenb. 20,7-10 enthält? Man konnte wohl erwidern, daß das zu weit hergeholt wird, also wollen wir nichts dogmatisch behaupten; eine gewisse Vergleichsmöglichkeit dürfen wir aber doch beobachten. Absalom stahl das Herz der Männer von Israel (2. Sam. 15,6); also wird der Teufel, nachdem er für eine kurze Zeit aus dem Abgrund gelassen wird, wieder durch Betrug die Herzen der Männer dieser Welt stehlen, obwohl sie solange unter der sanften und gerechten Friedensherrschaft des HErrn gewesen sind. (Offenb. 20,8) Das endete mit dem schnellen Untergang Absaloms, und es wird enden mit endgültigem Gericht des Teufels in dem Feuer- und Schwefelsee. Also denken wir, daß diese Begebenheit in dem Leben Mephiboseths auch für uns lehrreiche Punkte enthält, wenn auch keine Bilder auf die neutestamentliche Gemeinde. Wir sehen einen armen, an beiden Fußen lahmen Menschen, der die reiche und köstliche Gnade des großen Königs in vollen Zügen ausgekostet hat. Sein Herz wird wohl am Anfang keine besondere Liebe für David empfunden haben, aber nach und nach, als er täglich wie ein Königssohn am Tische des Königs saß unter dem Panier der Liebe (Hohel. 2,4), da wuchsen beständig seine Bewunderung und Liebe für den König. Nach einigen Jahren geschieht die Empörung, er will nur dem König treu bleiben und mit ihm ziehen, aber da er daran durch seinen Knecht Ziba verhindert wurde, so will er trotzdem in Jerusalem leben, so wie wenn er draußen auf dem freien Felde mit den Knechten des Königs wäre, er reinigte seine Füße nicht,

in Frieden einzog. (2. Sam. 19,24) Sein Herz gehörte völlig David, und wenn nur sein geliebter König in Frieden in sein Haus gekommen ist, so kann er gern auf alles sonst, was ihm gehört, verzichten. (2. Sam. 19,30) Es war gar keine Neigung da, weder sich auf die Seite Absaloms zu schlagen noch den eitlen Gedanken zu hegen, daß das Haus Israel ihm wieder das Königtum seines Vaters geben würde. (2. Sam. 16,3) Die Gnade hat den völligen Sieg in seinem Herzen errungen, und so bleibt er bis auf den letzten Grund desselben seinem teuren König treu. Eine Begebenheit wie diese könnte unmöglich in Verbindung mit der Gemeinde des HErrn sein, denn schon hat Er Sich Selbst sie verherrlicht dargestellt ohne Flecken und Runzel, geschweige denn „lahme Füße“! (Eph. 5,27) Belehrend ist die Geschichte trotzdem, sie zeigt wieder, daß solche, die nur äußerlich sich dem HErrn gebeugt haben, in der Tat aber nicht wiedergeboren sind und niemals geschmeckt haben, daß der HErr gütig ist, leicht können von dem fleischlich-prächtigen Absalom betrogen werden; aber kann er ein Herz betören, welches, wie das Herz Mephiboseths, verquickt und mit Ketten der Liebe an das Herz des Herrn Jesus gebunden ist? Die Schmeicheleien der „Absaloms“, die Verleumdung der „Zibas“ und innere Kränkung können wohl ein Herz bewegen und betrüben, aber von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn, uns zu scheiden, vermögen sie nicht; das ist wahr in bezug auf die Gläubigen dieses gegenwärtigen als auch auf die des zukünftigen Zeitalters.

Sein Name sei gelobt!

F. Btchr.

Anmerkung des Schriftleiters

Dieser reichhaltigen und sehr tiefgehenden Antwort, die sich mit vielerlei Einzelheiten beschäftigt, können wir, denke ich, vollauf beipflichten. Jedenfalls stehe ich nicht an, dies zu tun. Ich weiß nicht, was den Fragenden bewogen hat, diese Frage einzusenden. Daher vermag ich auch nicht zu sagen, ob es sich vielleicht um eine diesbezügliche Diskussion in einer örtlichen Gemeinde handelt. Aber wohl möchte ich wissen, worauf ein etwaiger Gegner, also in diesem Falle einer, der die Behauptung aufgestellt haben könnte, welche unser Mitarbeiter

ablehnt - worauf also er seine Behauptung gründen könnte. Denn allein darauf, daß der HErr jetzt abwesend ist und (bald) wiederkehrt und die Seinen Ihm entgegenkommen (indem sie Ihm entgegengerückt werden; 1. Thess. 4) - ich meine, darauf allein kann man doch diese Behauptung nicht gründen, wenngleich die Tatsache, daß Mephiboseth dem König entgegenkommt, die hier zweimal berichtet wird (V. 24 u. 25), ja sehr schön und eindrücklich ist und allein an sich wohl erinnern mag an unser Ihm sehnsüchtig Entgegensehen (und darum -gehen) jetzt, während Er noch abwesend ist. Aber unser Mitarbeiter zeigt an Eph. 5,27, daß der Vergleich nicht stimmt. Und wenn nun jemand sagen würde: ... aber diese Stelle zeigt doch mehr unsere Stellung in Christo, nicht so sehr unseren gegenwärtigen Zustand des Schwach- und Unvollkommenseins, so möchte ich fragen: Ist unser Zustand hienieden der wie bei Mephiboseth eines absichtlich Unvollkommenseins, einer absichtlichen Unschönheit, ja, geradezu eines betonten Unordentlichseins?? Ist nicht vielmehr unser Wunsch und Begehren das eines uns-reinigen-Wollens, gleichwie Er rein ist nach 1. Joh. 3,2.3? Ist es nicht vielmehr unser Schmerz, daß unser Zukurzkommen oft so wenig ausgeglichen, oft so arg sichtbar, oft so störend und den HErrn, gerade weil Er abwesend ist, verunehrend ist? Sehnen wir uns nicht gerade danach, so zu sein, wie Er ist? Streben wir nicht danach, durch Anschauen Seiner Herrlichkeit in Sein Bild verwandelt zu werden durch den HErrn, den Geist? (2. Kor. 3,18) Ist nicht gerade die praktische subjektive Heiligung (infolge der in Christo Jesu tatsächlich objektiv vorhandenen) ein Gegenstand unseres ernstesten Glaubenswandels? (Hebr. 12!) usw. usw.! Ja, so ist es, aber bei Mephiboseth war die Unordnung, war die zur Schau getragene Mangelhaftigkeit seiner äußeren Person Absicht, um seine Trauer zu zeigen, um seine Teilnahme an dem Geschick des Königs zu bezeugen! Er wäre so gern mitgegangen - in die zeitliche Verbannung (wo ist hier das Gegenbild in der jetzigen Abwesenheit unseres HErrn?!), aber er ward betrogen und kam nicht mit, weil er verleumdet ward durch seinen Knecht, diesen erbärmlichen Ziba. Und wenn man über dies alles hinwegsehen will - wie solche es so gern tun, die um einer Lieblingsmeinung willen klare Schriftstellen verwischen, indem sie schwierigere, dunklere Stellen jene klaren überschatten lassen -, dann frage ich nur noch, wie wollen sie erklären, daß David diesem Ziba die Hälfte des Besitzes Mephiboseths (d. h. Sauls Erbe) zuerkennt (V 29), wobei sich die Selbstlosigkeit des Mephiboseth wunderbar enthüllt (V 30).

Was hat dies alles mit der Gemeinde zu tun, die keine irdischen Besitztitel hat, deren Erbteil „nur“ himmlisch ist, und die sich ihren HErrn, d. i. ihr Haupt, nicht so vorstellen kann, daß es (Er) das, was ihr, der Gemeinde gehört, mit einem Ziba teilen läßt?! Wer ist überhaupt Ziba, wer oder was ist uns mit Ziba vorgestellt, wenn etwa Mephiboseth hier die Gemeinde des HErrn bei dessen Wiederkunft darstellen soll? Wir kämen, fürchte ich, in völlig geistloses Phantasieren hinein, wenn wir hier Vergleiche suchten, wofür die Schrift keine klaren Andeutungen gibt. Seien wir geistlich nüchtern, das Allegorisieren und überall Gleichnisse-Sehen usw., Vergleiche Aufstellen mit dem kostbaren neutestamentlichen Geheimnis der Gemeinde schließt Gefahren in sich, die Ausgangspunkte für Irrtümer mancher Art werden können. Und - ehe man solche Vergleiche sucht und hier und da in der Schrift Alten Testaments findet, ist es doch viel schöner, solche lieblichen Geschichten erst einmal nach allen Seiten hin natürlich aufzufassen und sich zu erklären zu suchen und sich zu fragen, was haben sie mir persönlich zu sagen bezüglich meines Verhältnisses zum HErrn? Zum Beispiel wäre die Frage für mein Herz ungleich wichtiger als die gestellte: Was habe ich aus dem Verhalten Mephiboseths zu lernen in bezug auf das meinige zu dem teuren Herrn Jesus, insofern auch Er hienieden verworfen ist? Oder inwiefern ist Mephiboseth ein nachahmenswertem Vorbild in Selbstlosigkeit und Herzenshingabe an den HErrn? Oder können wir in Mephiboseth nicht auch vorbildliche Züge auf den HErrn erblicken? usw.

Die Geschichte Davids ist, wie das unser teurer Mitarbeiter auch so fein ausführt, ungemein reich an Vorbildern aller Art für uns, aber die tieferen Seiten dieser Vorbilder sind mehr in Verbindung mit Israel und dem Tausendjärigen Reich zu sehen als mit der Gemeinde des Herrn. Jedenfalls ist jenes das Näherliegende. In dieser Verbindung sehen wir doch auch die neutestamentlichen Anführungen (Zitate) Davids aus dem Munde des HErrn in den Evangelien, z. B. Matth 22,41-46 u. a. Aber auf diese Dinge will ich nicht mehr eingehen, sonst müßte noch viel gesagt werden.

Laßt uns nur treu weiterforschen in der Schrift und stets den HErrn um Licht bitten, und laßt uns, indem wir das tun, nie außer acht lassen, daß wir das Wort der Wahrheit richtig zu teilen haben (2 Tim. 2,15), was der HErr uns, seinen Arbeitern, anbefehlen läßt - also ist es möglich!

-, sonst kommen wir in „ungöttliche, eitle Geschwätze“ hinein. (V. 16-19!) Diese Verantwortung ist ernst. Und die Irrtümer unter den Gläubigen stammen doch eben fast nur aus ungöttlicher, eitler, geschwätziger Auslegung der Schriften! - Der HErr bewahre uns davor!

„Meine Seele hat Deine Zeugnisse bewahrt, und ich liebe sie sehr!“ (Ps 119,167)

F. K.

Frage 16

Bezieht sich Offb. 22,1-5 auf das Tausendjährige Reich? Es heißt doch unter anderem: „... und die Blätter des Baumes sind zur Heilung der Nationen!“ -

Antwort des Schriftleiters

Die Antwort Auf diese Frage ist schon in der Fragestellung gegeben! Mehr als der Fragende sagt, braucht zunächst nicht gesagt zu werden; nur daß man noch dafür Beweise und Erklärungen beibringen möchte!

Die Schriftstelle, die in der Frage angeführt ist, ist die neutestamentliche Erfüllung der Stelle aus dem Propheten Hesekiel Kap. 47,12. Der Zusammenhang, in dem diese Stelle steht (Kap. 40-48), gibt uns wohl die vollkommenste Schilderung des zukünftigen irdischem Jerusalems, und dieses wird der Sammelpunkt der Nationen werden, die dort Gotteserkenntnis lernen werden. Dann wird z. B. auch Sach. 8,18-23 zur Erfüllung kommen, auch Jes. 65,17 (nicht erst V. 18!) -25 u. a. Wenn auch Vers 17 nach Offenb. 21,1 auf den Ewigkeitszustand bezogen wird, so ist auch der Zustand des Himmels (das himmlische Jerusalem!) und der Erde im Tausendjährigen Friedensreich ein so völlig neuer, daß diese Stelle sehr wohl auch darauf bezogen werden kann. Sie hat eben, wie so manche, zwei Erfüllungen (eine auf Israel, das Tausendjährige Reich, und eine auf die Ewigkeit bezügliche).

Und so wie in Hes. 40-48 von dem neuen, aber irdischen Jerusalem der nahen Zukunft des

Tausendjährigen Reiches die Rede ist, so in Offenb. 22,1-5, ja, schon vorher von dem Jerusalem, das „droben“ ist, „der Heiligen Stadt“ (21,2), und zwar in ihrer Stellung und Bedeutung zu und für eben jenes Reich des Friedens und der Gerechtigkeit. Dieses Reich wird wieder Sammlungsort, so auch die Quelle unendlicher Segnungen für die Nationen sein, die für viele hundert Jahre geheilt werden durch die Blätter des Baumes des Lebens. Über diesen Gegenstand schrieben die „Handr.“ schon in Jahrb. I, Seite 105ff.

Noch ein Wort zur Einteilung der Offenbarung in den letzten Kapiteln:

Bekanntlich stehen wir gegenwärtig in der Zeit der Gnade Gottes, und so schließt das Buch der Offenbarung für uns auch mit der „Gnade des Herrn Jesus Christus“. Mit diesem Worte grüßt Johannes, der das Buch zu schreiben hatte, alle Heiligen, und da er an bestehende Gemeinden, die eine Darstellung der Geschichte Seiner Gemeinde hienieden abgeben, zu schreiben hatte (vgl. 1,19 u. Kap. 2 u. 3), so sind es die Heiligen der jeweiligen Gegenwart, an die er schreibt. Also der Schluß der Offenbarung greift auf die Gegenwart, auf unsere Tage zurück! Das geht ebenso aus den vorherigen Worten hervor. Es sind die Worte, mit denen die eigentliche „Offenbarung Jesu Christi, welche Gott Ihm gab, um Seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muß“ (1,1!), abschließt: Der HErr spricht von Seinem Kommen, und wir, d. i. die Gemeinde der Heiligen, sagen: „Amen, komm Herr Jesus!“ Es ist also die Zeit der Gegenwart! Wann beginnt dieser Abschnitt? Greifen wir weiter zurück, so sehen wir deutlich in dem siebenfachen „Ich“ des HErrn (V. 7.12.13.16a [„Ich Jesus“ in der Mitte der sieben Stellen!] 16b.18.20) eine gewisse Steigerung oder einen pyramidenförmigen Aufbau, und wir begreifen, daß dieser Abschnitt mit Vers 6 beginnt und tatsächlich die Gegenwart zeichnet. Es ist doch ganz klar, daß die Gegenwart nur dadurch für uns Gläubige so wichtig und kostbar ist und daß wir sie auch besonders auszukaufen bestrebt sind, weil es die Zeit des Wartens auf Sein Kommen sowie der Gnade für die Welt ist. (V. 17!!) Darum hat der HErr sie uns auch an das Ende Seines Buchen setzen lassen, nicht etwa als das Ende Seiner Wege mit dem Universum, sondern als das Ende unseres Weilens hienieden. Denn wir, besser die Gemeinde, ist der Zentralgedanke Gottes in dieser Zeit und in Ewigkeit.

Greifen wir dann zurück, so kommen wir auf das zeitlich nach der Gemeindezeit liegende Tausendjährige Reich. Dieses aber gesehen von droben, von dem himmlischen Jerusalem aus. Dieser Abschnitt beginnt offensichtlich nach Vers 8 in Kapitel 21, also mit Vers 9. (21,9 - 22,5) Er ist gekennzeichnet durch die Heilige Stadt (V. 10) und ihre Herrlichkeit, kristallisiert in dem Lamm. (21,22.23; 22,3 usw.) Wir beginnen den Abschnitt deswegen mit 21,9, weil - indem wir wiederum zurückgreifen - uns in Kapitel 20,7 - 21,8 offenbar die den ewigen Zustand einleitenden Dinge gezeigt werden mitsamt dem Endgericht vor dem großen Weißen Thron und der ewige Zustand der Dinge selbst. Hier haben wir das Ende der geoffenbarten Wege Gottes: 20,15 - 21,8. Und wenn jemand nun sagt: Ja, aber hier wird doch in 21,2 auch schon von der Heiligen Stadt geredet, also bezieht sich doch Vers 2-8 auch schon auf das Tausendjährige Reich, so ist darauf zu erwidern, daß die Dinge nicht unter dem Gesichtspunkt des Reiches gesehen werden, d. h. nicht dieses ist die Hauptsache, sondern das himmlische Jerusalem ist der Angelpunkt der Wege Gottes, darum wird alles von jenem aus gesehen, so daß wir in 21,1-8 den ewigen Zustand haben, aber gesehen vom himmlischen Jerusalem aus und in Vers 9 - 22,5 das Tausendjährige Reich, wie ich schon sagte, gesehen ebenfalls vom himmlischen Jerusalem aus, der himmlischen Brautgemeinde des HErrn! Kapitel 21,1-8 kann ja schon deshalb nicht das Tausendjährige Reich betreffen, weil der Feuersee - das Ende der Wege Gottes mit den ungläubig gebliebenen Menschen! - ja erst als der zweite Tod nach dem Endgericht als die Behausung jener gerichteten Menschen erscheint, nachdem er schon vorher, vor dem Tausendjährigen Reich, die Bleibestätte des Tieres und des falschen Propheten geworden ist (19,20), während der Teufel nach der Zeit des Reiches hineingeworfen wird. (Vgl. 20,7-10.15; 21,8!)

Noch weiter zurückzugreifen, glaube ich, tut nicht mehr not, um zu zeigen, wie die Einteilung der letzten Kapitel der Offenbarung ist. Mit Kapitel 19 geht das Gericht der antichristlichen Zeit zu Ende, es folgt das Reich der tausend Jahre! (20,1-6) Dann das Ende (vgl. 1. Kor. 15,24-28); dann die Beschreibung der Heiligen Stadt in ihren Beziehungen auf Ewigkeit und Reich, dann die Gegenwart mit ihrem Warten auf des HErrn Wiederkunft und der Evangeliumsverkündigung bis dahin, wann die gegenwärtige Gnadenzeit, das „Heute“ von Luk. 4,21, ihren Abschluß findet.

In dem allem sind vielerlei wunderbare Geheimnisse enthalten, auf die ich hier nicht mehr eingehen kann. An ihnen werden wir hienieden nie ausstudieren. Die „Handreichungen“ haben öfter über Stellen und Gebiete aus diesen Abschnitten geschrieben; über manches schrieb auch unser unvergeßlicher Mitarbeiter K. O. St., der nun schon seit 2½ Jahren beim HErrn ist.

Möchten wir Gnade (nehmen und) haben, die heutige Wartezeit zu Seiner Ehre auszukaufen in Lehre und Leben, wir, die wir solcher Herrlichkeiten gewürdigt sind! Gehören wir doch in erster Linie zu den Bewohnern des himmlischen Jerusalem, das über der erneuerten Erde in der Luft sein wird, wohin wir bald „entrückt werden“, und „also bei dem HErrn sein werden allezeit“. (1. Thess. 4,17) Zwischen dieser herrlichen, himmlischen Heiligen Stadt und dem irdischen neuen Jerusalem von Hes. 40-48 des Tausendjährigen Reiches werden dann während jener Zeit die regsten Segensbeziehungen herrschen, und wir werden nicht nur vor allem die unausdenkbaren himmlischen Segnungen genießen, sondern auch Augenzeugen sein dessen, was der HErr als König Seines Reiches an Israel, Seinem Volk, und an den Nationen zu tun vermag - die dann in viel größerer Bevölkerungsdichte als heute die Erde wirklich füllen werden nach 1. Mos. 1,28, auch das, was jetzt noch Wüste ist! Wahrlich, das alles zusammen eine Aussicht, eine Zukunft, betreffs derer wir wohl sagen mögen: „Das, was uns singen machet, ist, was im Himmel ist!“ Der herrliche Name des HErrn sei ewig gepriesen! Wie nahe mag diese Zukunftsherrlichkeit sein!

„Der diese Dinge bezeugt, spricht: Siehe, Ich komme bald!“ (Offenb. 22,20a) „Aufgeschaut, sel'ge Braut!“ „Maranatha!“ (1. Kor. 16,22)

F. K.

Bemerkung zu Lief. 7!

Es bittet mich unser Mitarbeiter F. Kpp. zu betonen, daß er mit meinem Zusatz S. 164 zu seiner Antwort (Frg. 15) durchaus einverstanden sei bezüglich dessen, was ich über die Ausdehnung des römischen Zukunftsreiches gesagt habe. Er habe nur ausdrücken wollen, daß als

Herrschaftsmetropole nicht etwa an eine andere Stadt als Rom zu denken sei, nicht etwa an Babylon, wie man sich von gewisser Seite jetzt bemühe zu beweisen. Aber betreffend der möglichen Ausdehnung des Reiches sei er ganz der gleichen Meinung wie ich.

Der HErr aber gebe uns, all den Seinen, Licht aus Seinem Wort über Sein Wort! (Apgesch. 17,11!)

F. K.

„Die Sünde Jerobeams, wodurch er Israel sündigen machte.“

(1. Kön. 12,26-33)

Die Spaltung war vollzogen und Gottes Volk in zwei und zehn Stämme zerrissen. Hätten wir nur den Bericht in 1. Kön. 12,1-24, so müßten wir das tyrannische Auftreten Rehabeams als die Ursache der Spaltung ansehen. In dem 11. Kapitel, Vers 31-33, gibt Gott aber als Ursache der Spaltung mit einem „Darum“ die Abgötterei des Volkes und noch früher, Vers 11, ebenso mit einem „Darum“ den Ungehorsam Salomos als Ursache an. Durch Rehabeam wurde die Spaltung herbeigeführt; sie war die Folge seines harten und hochmütigen Auftretens, und dafür war er verantwortlich. Die Anlässe dazu lagen aber weiter zurück, da die Schrift sowohl die Sünde Salomos als auch die Sünde des Volkes als Ursache dieses Gerichtes Gottes über Sein Volk nennt.

Der Unglaube nimmt solche sich scheinbar widersprechende Aussprüche der Schrift gern als Beweise für die Unzuverlässigkeit derselben und fragt, um welcher Sünde willen die Trennung nun geschehen sei. Solches Fragen zeigt nur die Feindschaft des menschlichen Herzens gegen Gott. Wenn Gott einmal auf Grund des Ungehorsams Salomos und zum anderen Male auf Grund der Abgötterei des Volkes das Gericht der Spaltung ankündigt und dieses dann auf das Verhalten Rehabeams folgen läßt, so zeigt Er damit an, daß jede einzelne dieser drei Verfehlungen Grund genug war, Gottes Strafe herbeizuführen, und sowohl Salomo als auch das

Wir beachten oft nur die äußeren Umstände, durch welche gerade eine Trennung herbeigeführt wird, und bleiben bei diesen stehen. Aber solchen äußeren Umständen liegen oft viel tiefere Ursachen zugrunde, die als die wahren Anlässe bei Trennungen nicht erkannt werden. Der wahre Anlaß der Trennung des Volkes Israel lag zunächst in dem Ungehorsam Salomos und weiter in der Abgötterei des Volkes und schließlich in dem gottvergessenen Auftreten Rehabeams, durch welches die Trennung dann herbeigeführt und die Strafankündigung Gottes vollzogen wurde.

Wie viele Trennungen sind seit den Tagen Rehabeams geschehen, und wie manche unserer Leser mögen solche selbst erlebt haben! Waren sie nötig? Um solche zu rechtfertigen, werden Streit-, Erkenntnis-, Ausschluß-Fragen usw. zu Trennungsgründen gemacht. Aber waren diese die wirklichen Ursachen? Lagen die wirklichen Ursachen nicht vielmehr im Hochmut, im Rechthaben, im Mangel an Liebe, im Unglauben, kurz im Herzen der Kinder Gottes verborgen? Wieviel Bruderkrieg ist allein durch die Herzenshärtigkeit der Kinder Gottes entstanden! Und wie unnatürlich und gottentehrend ist Bruderzwist! Kein Krieg ist so erbittert, so grausam, so verderblich für den einzelnen wie auch für die Gesamtheit wie gerade Bruderkrieg! Möchten wir uns Gnade und ein demütiges Herz von dem HErrn erbitten, um vor solchem bewahrt zu bleiben!

So wie Gott es Salomo zuvor verkündigte, ihm um seines Ungehorsams willen zehn Stämme zu entreißen und sie seinem Knechte zu geben, so verkündigte Er auch dem Knechte Salomos, Jerobeam, daß Er ihn zum König über zehn Stämme machen wolle. (1. Kön. 11,26ff.) Ehe Gott dieses tat, zeigte Er es beiden an. Warum? Weil der Mensch in seiner Auflehnung gegen Gott immer versucht, alle Geschehnisse als natürliche Folgen der Umstände hinzustellen, aber nie bereit ist, Gottes waltende Hand in allen Dingen anzuerkennen. Hier aber wollte Gott niemandem einen Durchschlupf lassen; keiner sollte sagen können, daß die Spaltung des Reiches sich aus politischen Wirren ergeben habe. Jeder sollte wissen, daß die Sache von Ihm geschehen, daß Seine züchtigende und waltende Hand sie als Strafe über Sein Volk gebracht habe. In allen Geschehnissen, ob groß, ob klein, redet Gott. Sein Ziel ist, uns wieder zum

Bewußtsein unserer Abhängigkeit von Ihm zu bringen. Wie aber sträubt sich der Mensch, seine Abhängigkeit von Gott anzuerkennen!

Und nicht allein die Teilung des Reiches sagte Gott zuvor; Er nannte auch beiden (Salomo und Jerobeam) den Grund, warum Er dieses tun wolle, nämlich deshalb, weil man Ihn verlassen habe. Der Botschaft an Jerobeam aber fügte Er die herrliche Verheißung hinzu: „Und dich will Ich nehmen, daß du regierest über alles, was deine Seele begehren wird, und König seiest über Israel. Und es wird geschehen, wenn du hören wirst auf alles, was Ich dir gebiete, und auf Meinen Wegen wandeln und tun wirst, was recht ist in Meinen Augen, indem du Meine Satzungen und Meine Gebote beobachtest, wie Mein Knecht David getan hat, so werde Ich mit dir sein und dir ein beständiges Haus bauen, wie Ich es dem David gebaut habe, und werde dir Israel geben.“ (1. Kön. 11,37.38) Wie warnte und zugleich wie ermutigte Gott Jerobeam mit diesen Worten, Ihm gehorsam und treu zu sein! Und wie versagte Jerobeam gänzlich!

Gott hielt Sein Wort; so wie Er gesagt hatte, so geschah es. Er demütigte „den Samen Davids“. (1. Kön. 11,39) Klein und gering war das Reich Juda dem Reiche Jerobeams gegenüber. Ohne jeden Kampf legte Gott die Herrschaft über die zehn Stämme in Jerobeams Hand. Und als Rehabeam dieserhalb kämpfen wollte, verhinderte es Gott (1. Kön. 12,24) dadurch, daß Er nochmals feststellte, daß die Sache von Ihm ausgegangen wäre. Nicht Kampf und Streit geziemte sich jetzt, sondern Beugung und Demütigung. Rehabeam beachtet die Worte des HErrn. Er gibt den Kampf auf. Jerobeam dagegen (der Gottes Gnade so überreich erfahren hatte) trägt Mißtrauen in seinem Herzen und spricht: „Nun wird das Königreich an das Haus Davids zurückkommen.“ (1. Kön. 12,26)

Gott kennt die verborgenen Gedanken unserer Herzen und bringt sie ans Licht. Es nützte nichts, daß die Obersten einst die Jünger aus dem Sitzungssaal des Synedriums herausschickten, Gott konnten sie nicht herausschicken. Er hörte die Worte, die sie hinter geschlossener Tür redeten, und ließ dieselben in Seinem Buche als ein Zeugnis wider sie niederschreiben. (Apgesch. 4,15ff.; 5,34; 2. Kön. 6,12 u. a. m.) Aber nicht nur unsere Worte hört Gott, auch die Gedanken unserer Herzen kennt Er. Das, was Jerobeam nicht mit seinen

Lippen aussprach, aber in seinem Herzen dachte, wußte Gott. Und der Gott, der die Ratschläge der Herzen offenbar macht, offenbart uns auch die Gedanken, die durch das Herz Jerobeams gingen: „Wenn dieses Volk hinaufziehen wird, um im Hause Jehovas zu Jerusalem Schlachtopfer zu opfern, so wird das Herz dieses Volkes sich zu ihrem Herrn zurückwenden, zu Rehabeam, dem Königvon Juda; und sie werden mich töten und sich zu Rehabeam, dem König von Juda, zurückwenden.“ (1. Kön. 12,27)

In diesen Worten läßt Gott uns das Selbstgespräch Jerobeams in seinem Herzen hören. Wir sehen gleichsam, wie in einer stillen Stunde die gewaltigen Vorgänge jener Tage an seiner Seele vorüberziehen. Er überlegt, wie sich der Lauf der Dinge nun weiter entwickeln wird, und Bedenken wegen des gemeinsamen Gottesdienstes mit den Stämmen des Reiches Juda steigen in seinem Herzen auf. Die politische Einheit des Volkes war zwar durch die Spaltung zerstört, aber die innere Zusammengehörigkeit bestand noch und wurde in besonderer Weise durch die von Gott angeordneten Gottesdienste in Verbindung mit dem Tempel in Jerusalem und dem levitischen Priestertum aufrechterhalten. Statt nun seinem Gott zu vertrauen und auf Ihn zu warten, daß Er, der die Spaltung vollzogen, auch das Weitere so ordnen werde, daß trotz der völkischen Trennung der göttliche Einheitsgedanke aufrechterhalten bleibe, sieht er in der einheitlichen Anbetung Gottes eine Gefahr für den Bestand seines neugegründeten Reiches und auch eine Gefahr für sein eigenes Leben.

Er vergegenwärtigt sich, wie seine Untertanen zu den hohen Festtagen ins Land Juda ziehen, um Jehova, ihren Gott, im Tempel zu Jerusalem anzubeten. Er sieht schon im voraus, wie durch die feierlichen Gottesdienste und durch den brüderlichen Verkehr mit den beiden Stämmen des Reiches Juda die Gefühle der Zusammengehörigkeit und Einheit lebendig werden und die Herzen wieder zusammenschmelzen.

Das Ergebnis seiner Überlegungen ist, daß die alte Gottesdienstordnung für die neuen Verhältnisse nicht mehr geeignet sei und den jetzigen angepaßt werden müsse. Kurz, er ist entschlossen, die politische Scheidung Israels von Juda auch auf das gottesdienstliche Gebiet weiterzuführen und damit einen endgültigen Schnitt zwischen beiden Reichen zu vollziehen.

An die Satzungen und Rechte Jehovas denkt er nicht mehr. Für ihn kommt jetzt nur der Bestand seines Reiches und die Sicherstellung seiner Herrschaft in Frage. Die göttlichen Dingen interessieren ihn nur noch soweit, als sie seinem Ziele, sich das Reich zu befestigen, förderlich sind.

In Gottes Wegen zu wandeln, um die Verheißung Gottes, Ihm ein beständiges Haus zu bauen, zu erlangen, hat er aufgegeben. Nun, da das Reich in seiner Hand ist, hat er für den Bestand seines Hauses und seines Reiches mehr Vertrauen zu seiner staatsmännischen Klugheit als zu Gottes Verheißung.

Welche Warnung für uns! Wie leicht geraten auch wir in diesen Fallstrick. Gottes Güte vertraut auch unseren Händen etwas an. Aber wenn wir erlangt haben, was wir begehrten, dann werden auch wir auf die Probe gestellt, ob wir weiter in der Abhängigkeit von Ihm und im Glaubensgehorsam nach Seinem Worte zu handeln bereit sind, oder ob wir unserer eigenen Klugheit und Geschicklichkeit mehr vertrauen als Ihm.

Zwei Dinge sind Jerobeam besonders hinderlich in der Erlangung seiner Ziele: Die gottesdienstlichen Feiern und Feste, die mit dem Hause Jehovas in Jerusalem verbunden sind, und das levitische Priestertum. Gottes Gesetz ganz aufzugeben und etwas Neues dafür einzuführen, wagt er nicht. Er ratschlagt und sinnt deshalb, die göttlichen Einrichtungen zu verändern und ihnen eine solche Form zu geben, daß darin der Schein der Gesetzestreue und der Anbetung Jehovas möglichst gewahrt bleiben. Daß er damit sein Volk sündigen machte, kümmerte ihn wenig.

Als erstes Resultat seines Sinnens und Ratschlagens berichtet uns die Schrift, daß er zwei goldene Kälber machte und zu dem Volke sprach: „Es ist zuviel für euch, nach Jerusalem hinaufzuziehen; siehe da, Israel, deine Götter, die dich aus dem Lande Bethel hinaufgeführt haben.“ (1. Kön. 12,28) Das eine goldene Kalb stellte er im Süden seines Reiches, in Bethel, und das andere im Norden seines Reiches, in Dan, auf. Dem Volke erklärte er sie für Sinnbilder der Gottheit, die Israel aus dem Lande Ägypten herausgeführt habe. Damit sollte dem Volke

nahegebracht werden, daß der Gott, der sie aus Ägypten geführt habe, nicht nur im Reiche Juda (in Jerusalem), sondern auch in dem neuen Reiche Israel wohne, und auch in Bethel und Dan zu verehren sei. Zudem sei es auch für das Volk zuviel, nach Jerusalem hinaufzuziehen. Der Verehrung Jehovas geschehe durchaus kein Abbruch, wenn diese zu Bethel oder Dan dargebracht werde. Für das Volk aber sei es weit leichter und bequemer, zumal Jerusalem auch nicht mehr als nur der Name eines Ortes, ebenso wie Bethel und Dan, sei. Daß Gott aber Jerusalem erwählt und am Altar Seines Hauses und nicht auf den Höhen vor den goldenen Kälbern in Bethel und Dan verehrt sein wolle, wurde dem Volke nicht gesagt. So streute Jerobeam listig Sand in die Augen des Volkes und führte es auf die abschüssige Bahn der Sünde des Götzendienstes und legte damit gleich am Beginn seines Reiches die Grundlage für den Untergang desselben und die Wegführung des Volkes in die assyrische Gefangenschaft. (2. Kön. 17,7ff.)

Weiter berichtet die Schrift: „Er machte Häuser der Höhen und machte Priester aus sämtlichem Volke, die nicht von den Kindern Levi waren.“ (1. Kön. 12,31) Die Söhne Levi waren von Gott zum Opferdienst bestimmt. Er hob dieses ihnen von Gott bestimmte Vorrecht auf. In seinem Reiche gab es keinen Unterschied mehr; jeder aus dem Volke konnte Priester werden. Wer Lust dazu hatte, den weihte er. (1. Kön. 13,33)

Und weiter berichtet die Schrift: „Und Jerobeam machte ein Fest im 8. Monat, am 15. Tage des Monats, wie das Fest, das in Juda stattfand, und er opferte auf dem Altar. Ebenso tat er zu Bethel, indem er den Kälbern opferte, die er gemacht hatte. Und er bestellte in Bethel die Priester der Höhen, die er gemacht hatte, und er opferte auf dem Altar, den er zu Bethel gemacht hatte, am 15. Tage des 8. Monats, in dem Monat, den er aus seinem Herzen erdacht hatte.“ (1. Kön. 12,32.33)

Das Laubhüttenfest war das Fest des siebenten Monats; er verlegte es auf den achten Monat, „den er aus seinem Herzen erdacht hatte“. Alles war Nachahmung, nur äußeres Formwesen ohne Wahrheit. Mit all diesen Dingen suchte er die Gunst und Gefolgschaft des Volkes zu gewinnen. Der wahre Zweck und das Endziel all seiner Maßnahmen war, das Volk dem Hause

Gottes zu entfremden und damit zugleich den patriotischen Sinn für das neue Reich zu heben und die Abkehr vom Reiche Juda zu fördern, um dadurch sein Reich und sein Haus zu bauen, welches Gott ihm verheißen hatte, daß Er es tun wolle, wenn er Seine Gebote beobachten werde. (1. Kön. 11,38)

So kümmerte er sich nicht um Den, der in bezug auf Sein Wort gesagt hatte: „Du sollst nichts hinzufügen und nichts davontun.“ (5. Mose 12,32) Auch in diesen dunklen Tagen gab es Treue, „die ihr Herz darauf richteten, Jehova, den Gott Israels, zu suchen“. Alle diese verließen sein Land und ihr Besitztum und siedelten über nach Juda und nach Jerusalem. (2. Chron. 11,13-17; 15,9)

Die Handlungsweise Jerobeams war solch ein Greuel in den Augen Gottes, daß an vielen Stellen der Schrift diese seine Sünde, wodurch er Israel sündigen machte, sprichwörtlich seinem Namen beigefügt wird. Seine Sünde ist eine Warnung allen denen, die leicht mit den Anordnungen Gottes umgehen und aus ihrem Herzen Änderungen ersinnen, ebenso wie das Verhalten der Treuen in jenen Tagen eine Wegweisung für die ist, welche dem HErrn anhangen.

Auch wir leben in den Tagen, da Gottes Volk zerrissen und die Anordnungen des HErrn verändert, nachgeahmt und entstellt sind, je nachdem, wie Menschen es sich ersannen und ihren Zwecken anpaßten.

So wie in den Tagen Jerobeams der Gottesdienst den göttlichen Anordnungen nicht mehr entsprach, so werden auch heute die Richtlinien des Wortes über das Zusammenkommen des Volkes Gottes kaum noch beobachtet. Der Dienst geschieht nicht mehr von dem priesterlichen Geschlecht. Wer Lust hat, kann dazu eingesetzt werden. Während Gott sagt, daß Er die Glieder an dem Leibe setzt, wie es Ihm gefällt, und der Geist die Gaben austeilt, „wie Er will“ (1. Kor. 12,11.18), bestimmt heute der Mensch die Diener, wie er will.

Es gibt ja kaum noch eine Lehre oder Anordnung Gottes in bezug auf Seine Gemeinde, die nicht von dem Menschen verändert ist, ja oft so verändert, daß das, was Gott darin offenbaren wollte, völlig verdreht und geradezu auf den Kopf gestellt ist. Wir brauchen nur an die Taufe

und das Abendmahl zu denken.

Die Schrift lehrt uns, daß der durch den Glauben mit Christo gestorbene Gläubige durch die Taufe mit Ihm begraben wird, auf daß, wie Christus aus den Toten auferweckt ist, auch er in der Neuheit des Lebens wandele. In ihrer Nachahmung und Veränderung, sowohl in der Form als der Bedeutung, wird die Taufe ausgeübt an solchen, die noch nicht mit Christo gestorben - Ihn noch nicht als ihren Heiland kennen. Statt daß die Taufe auf die Notwendigkeit der vorangegangenen Buße und des Glaubens für den Empfang derselben hinweist, ist sie eine Einrichtung geworden, durch welche die Notwendigkeit der Buße und des Glaubens verdunkelt und der Unterschied zwischen durch das lebendige und bleibende Wort Gottes Wiedergeborenen und Nichtwiedergeborenen aufgehoben wird. (1. Petr. 1,23)

Und ebenso ist es mit dem Abendmahl des HErrn. Statt daß es eine Festfeier der Erlösten ist, in der sie ihres Heilandes gedenken - Seinen Tod verkünden und ihre Einheit mit Ihm und allen Gläubigen als ein Leib ausdrücken, ist es geradezu zu einer Verdunklung dieser Wahrheit gemacht worden, denn auf der einen Seite nehmen Gläubige und Ungläubige daran teil, und auf der anderen Seite ist es ein Parteimahl und Trennungszeichen der Glieder des einen Leibes geworden.

Möchte „die Sünde Jerobeams, wodurch er Israel sündigen machte“, uns eine ernste Warnung sein!

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Wer diese Aufsatzreihe aufmerksam gelesen und ihren Inhalt auf sich gewirkt haben ließ, der muß, denke ich, innerlich berührt und bewegt worden sein davon, daß es oft nur scheinbar kleiner Ursachen oder Gründe bedurft hat, um Menschen, auch und gerade Gotteskinder, zu Fall

zu bringen oder sie an einer hohen Berufung vorbeigleiten bzw. sie ihr eigentliches Ziel, das Gott Sich mit ihnen steckte, nicht erreichen zu lassen. „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ Dies Wort - 1. Kor. 10,12 -, das immer aufs neue an unserem geistlichen Auge vorüberzog in allen möglichen Beziehungen, zeigt uns, daß es sehr leicht geschehen kann, Vorrechte unbeachtet zu lassen und Aufgaben zu verfehlen, wenn man nicht auf der Hut ist oder leichtfertig ist, wie Simon Petrus, mit dem wir uns in vor. Lief. beschäftigten (und nach ihm mit Festus, Agrippa und Bernice). Aus allen Fällen, auch denen Ungläubiger, haben wir zu lernen, denn gar leicht kann in irgendeiner Form sich auch bei uns „ein böses Herz des Unglaubens“ (Hebr. 3,12) zeigen, das Verkehrtheiten in sich birgt, wie sie bei Weltkindern gang und gäbe sind, aber bei uns, als unserer nicht wert, nicht gefunden werden sollten. Aber wie leicht täuschen wir uns über uns selbst (wie die Welt es so gern tut), vertrauen uns selbst und - werden zuschanden dann, wenn's drauf ankommt! (Petrus!) Ja, „wie kam es?“

Heute glaube ich, wenn auch mit Zittern, aber doch getreu meiner Aufgabe, an eines Mannes Fehlen (ausführlich) herangehen zu sollen, der wirklich sonst und in allem vollkommen zu sein scheint, soweit wir dies von Menschen sagen dürfen: Wenigstens spricht die Schrift von ihm in einer überwältigenden Weise und zeigt uns ein Vorbild schier ohnegleichen in ihm. Wer ist's? Moses! Und, nicht wahr, ihm an die Seite zu stellen ist doch wohl nur einer, und diesen einen werde ich nicht unter den Gesichtspunkt „Wie kam es?“ zu stellen wagen: Paulus! Denn wenn auch er „nur ein Mensch“ ist, so, glaube ich, steht es uns nicht frei - obwohl sich arme Menschen schon vor Kritik(!!) an Paulus in seinem Wege nach Jerusalem usw. nicht gescheut haben (und das trotz solcher Worte wie Apgesch. 20,24; 21,13 und 23,11!) - also ich glaube, es steht uns nicht frei, den Apostel, der „Christi Nachahmer“ war wie sonst keiner (Vgl. 1. Kor. 11,1 u. a.), in seinem Verhalten unter unsere leicht verzerrende Lupe zu nehmen. Dies sein Verhalten mag uns „kleinen Geistern“ vielleicht nicht immer ganz verständlich sein - und dann ist es nötig für uns, „die Hand auf den Mund zu legen“, aber - bei aller erlaubten Beurteilung, die Paulus bezüglich seiner Worte sogar einmal den Korinthern ermöglicht (1. Kor. 10,15) - zum Kritisieren haben wir kein Recht! (Die „Handr.“ haben einmal in einem der ersten Jahrgänge solcher „Kritik“, wenn sie auch ehrerbietig gemeint war, Raum gegeben - und wie habe ich mich

Nein, Paulus und sein Tun werde ich nicht unter die Frage „Wie kam es?“ stellen; ich kann von ihm besser lernen, wenn ich mich vor seinem Verhalten demütig beuge, mögen andere es anders machen, wenn sie es verantworten zu können meinen, ich könnte es nimmer! Aber mit Moses, diesem gewiß nicht minder großen, ja gewaltigen Manne und Charakter, ist es doch etwas anderes. Das Fehlen, das auf seinem Lebenswege liegt, wird von der Schrift deutlich als ein solches gekennzeichnet, gerügt, ja, herbe gestraft. Und so dürfen auch wir uns, uns beugend, fragen: „Wie kam es“, daß Mose, der Mann Gottes, er, der höchster Gnaden teilhaftig geworden ist: in der Gegenwart Gottes 2 x 40 Tage zu weilen (vgl. 5. Mose 9,9 u.18!) und Ihn mit sich reden zu hören „von Mund zu Mund“, also sogar zu Ihm persönlich oft reden zu dürfen (vgl. Jehovas Worte über ihn in 4. Mose 12,7.8!) - wie kam es, daß er des Vorrechts, mit in das Gelobte Land gehen zu können, verlustig ging und verlustig blieb, wenngleich er es vom Berge Pisga aus gleichsam in einem „Gesicht des Allmächtigen“ (vgl. Bileam in 4. Mose 24,4!) zu sehen bekam (5. Mose 3,27; 34,1-4) - wie kam es, daß er, der sich 40 Jahre nach diesem „Lande, das von Milch und Honig fließt“, gesehnt hatte, es schließlich doch nicht betreten durfte? Ja, und wie kam es, daß überhaupt jenes Ereignis eintrat, welches die Schuld trug an diesem Entbehrenmüssen einer Segnung, die jahrzehntelang vor seinen Augen als die schönste stand, die er sich hätte erbitten können? Wie mag er, der große Führer, sich gefreut haben, das Volk hineinzuführen in das Erbland, und nun mußte er den Jüngeren bestimmen, Josua (5. Mose 3,28; vgl. 1,37.38), der diesen erhabensten Führerdienst tun sollte! Wahrlich, ein harter Schlag und trotz aller Güte Gottes in seinem Leben völlig unabwendbar. Ähnlich Paulus nach 2. Kor. 12, aber aus anderem Grunde, hat auch Mose gefleht um Nachlaß dieser Folge seines Verhaltens, aber vergeblich. Und was in des Paulus Fall Gnade, Erziehergnade und Weisheit des HErrn war, das war bei Moses doch unleugbar eine Art von Strafe, die nur durch das nachträglich zugebilligte Sehendürfen des Landes (und zwar in Gottes Gemeinschaft!) gemildert wurde (5. Mose 34), die aber im wesentlichen bestehen blieb. - Wieviel hat dies doch auch uns zu sagen! Unser Gott ist ein heiliger Gott, der zu Seinem Worte steht, laßt uns niemals denken, „es sei nicht so schlimm“! - Vgl. noch 5. Mose 4,21.22 u. 32,48-52!

Nun - die Geschichte, die einem Mose den Weg verbaute zu den letzten, höchsten, göttlichen

Segnungen, denen im Lande, die er erwartete, ist die von 4. Mose 20,6-13. Wahrlich, eine ernste Sache! Einst hatte Mose den Felsen schlagen müssen, den gleichsam „geistlichen Felsen, der sie begleitete: Christus“. (1. Kor. 10,4) Das war in 2. Mose 17, zu Anfang der Wüstenreise des Volkes Israel, gewesen. Und da war es mit Recht, weil auf den Befehl Jehovas, geschehen, und es war ein Vorbild dafür, wie einst der geistliche Felsen in Wahrheit geschlagen werden würde am Kreuz und wie aus diesem Geschlagensein Ströme von Segen sich ergießen würden auf das Volk und auch auf die Welt. Aber hier, viel später, als das Volk längst von den immerfließenden Segnungen des Christus genoß, hier durfte der Felsen nicht geschlagen werden - nie wieder wird Er geschlagen werden so wie damals am Kreuz! Köstlich ist das! -, hier sollten Mose und Aaron „zu ihm reden“, und dann würde er sein Wasser ihnen geben (V. 8!). Aber Mose schlug ihn, und das zweimal, und zwar mit jenem Stabe, den er einst hatte anwenden müssen, den er jetzt aber nur sozusagen als Zeugen jener Begebenheit mitnehmen sollte zu dem Felsen. Uns mag dies Ereignis bei oberflächlicher Betrachtung „nicht so schlimm“ vorkommen, aber es war schlimm, erstlich eben aus dieser tiefen vorbildlichen Bedeutung heraus, daß der Felsen (d. i. Christus) nicht noch einmal geschlagen werden durfte - daß ein Mose das nicht bedachte! Ja, „was ist der Mensch!“ -, zweitens aber, weil Jehova Gott es anders befohlen hatte: Er hatte gesagt: „rede vor ihren Augen (denen des Volkes, für die alles, was Mose tat, Offenbarung Gottes und unbedingt gut war!) zu dem Felsen, so wird er sein Wasser geben“, aber Mose - mit tiefer Bewegung schreibe ich es nieder, und so auch lies du es! - gehorchte nicht! Aaron (der Hohepriester!!) auch nicht, aber so ernst das auch war, daß Mose im Ungehorsam seinen Bruder als Genossen hatte, so kam es hier um seiner Hauptführerschaft willen doch in erster Linie auf ihn an, wenngleich Gott nachher sagt: „Weil ihr - deswegen sollt ihr nicht ...!“ (V. 12) Er war nun einmal bei weitem der Größere, der Führer, und Aaron, was ihn (Mose) betraf, nur „sein Mund“ und sein Gehilfe. (Vgl. 2. Mose 4,15.16.17!) Mose also in erster Linie war nicht gehorsam - zitternd sagen wir es und lesen wir es! -, d. h. er (und Aaron mit)

glaubte Jehova nicht, so sagt der HErr: „Weil ihr Mir nicht geglaubt habt ...!“ Glaube ist Vertrauen und Gehorsam; ein Vertrauen ohne Gehorsam gegen den, dem wir zu vertrauen vorgeben, ist ein leeres Wort, wie ein Gehorsam ohne Vertrauen Gesetz ist. Mose kannte doch

nicht?! Nein, tatsächlich nicht, das zeigte sich in seinem nicht Gehorchen, nicht buchstäblich Gehorchen! - O meine Brüder und Schwestern, glauben wir Gott stets? Gehorchen wir Ihm? Wenn nicht, so laßt uns nicht von unserem Glauben sprechen! - Und noch eins: Reden wir zu dem geschlagenen Felsen? Wir dürfen es täglich, Dank sei Gott! - Und dieser Mangel an praktischem Glauben hatte zur traurigen Folge, daß dadurch die Kinder Israel einen falschen Begriff von Jehova bekamen (Er ward „nicht in ihren Augen geheiligt“, abgesondert, so hingestellt, wie Er wirklich war!), und eine neue köstliche Offenbarung von Jehova, die Er ihnen hätte zuteil werden lassen können, ging ihnen verloren und wurde Ihm unmöglich gemacht. Ich rede menschlich, aber, meine Geliebten, nichts kann unserem Gott eine größere Freude und Erquickung sein, als wenn Er den Seinen zeigen kann, wer Er ist, welche Liebe in Ihm für uns wohnt, welche Herrlichkeiten Er für uns bereit hält, wenn Er Glauben bei uns findet! Und wir enttäuschen Ihn so oft, und hier enttäuscht Ihn sogar ein Mose! Wie gut, an Seinem Sohne ist Er nie enttäuscht worden (und wir auch nicht) und wird's nie sein - und „wie sollte Er uns mit Ihm nicht auch alles schenken“?! (Röm. 8,32) Und obwohl Mose Ihn enttäuscht und Aaron mit - dennoch: in Seiner Gnade, in Seinem Erbarmen gibt der Felsen gleichwohl sein Wasser, wenn Ihn diese Schläge, gleichsam „im Hause derer, die Ihn lieben“ (Sach. 13,6), auch bitter geschmerzt haben müssen um des in ihnen liegenden Mißtrauens des Mose (und des Aaron) willen. Aber das Volk sollte unter diesem Fehler bei seinen Führern nicht leiden, sein Durst wird gestillt! Das alles ist wunderbar und wahrhaft groß. Aber wer leiden muß - das ist Moses (und Aaron)! Und er hat darunter tief und schwer gelitten, das zeigen die schon erwähnten Stellen aus dem 5. Buche Mose! Wie schmerzlich muß es ihm gewesen sein, unter der Inspiration des Geistes Gottes schreiben zu müssen: „Auch wider mich erzürnte Jehova eurethalben und sprach: Auch du sollst nicht hineinkommen!“ (5. Mose 1,37) Wenn man die Verse vorher liest, so fühlt man folglich den Schmerz des Gegensatzes (siehe V. 36 am Schluß!!); oder in Kap. 3,26: „Aber Jehova war über mich erzürnt und hörte nicht auf mich.“ Gewiß - darüber brauchen wir keine Sorgen haben, daß ihm etwa sein Vergehen nicht vergeben worden sei - sicher! Das zeigt doch der weitere Weg und zuletzt Kap. 34 deutlich, aber wenn wir z. B., wenn auch in anderem Zusammenhang, lesen: „In denen, die Mir nahen, will Ich geheiligt und vor dem ganzen Volke will Ich verherrlicht werden“ (3. Mose 10,3!), so sehen wir, daß Er in den Wegen

Seines heiligen Waltens Sein Wort aufrechthalten muß um Seiner Selbst willen, und „wem viel anvertraut ist, von dem wird viel verlangt“ ist einer Seiner ehernen Grundsätze. Bei David finden wir das gleiche: Persönliche Vergebung seiner Schuld, aber ein Aufrechthalten des Wortes des HErrn, so daß viel Leid auf seinem ferneren Wege lag!

Also, wie kam es, daß ein Mose sein Vorrecht, das Volk ins Gelobte Land einzuführen und selbst die Segnungen des Landes zu genießen, verscherzte? Weil er in einem entscheidenden Augenblicke seines Lebens und Dienstes nicht im Glaubensgehorsam handelte! Das ist ernst und redet ernst zu uns! O wieviel kommt doch auch auf manchen Augenblick unseres Lebens an! Wie manchmal hängen Segnungen und verscherzte Segnungen von einem Augenblick und von unserem gläubigen oder ungläubigen Verhalten in demselben ab! Wie kam es? Haben wir Glauben? Gehorchen wir Gott?

Und noch ein ganz kurzes Wort über die zweite Frage: „Wie kam es“, daß es für Mose überhaupt solch trauriges Ereignis des Unglaubens wie 4. Mose 20,6-13 gab? Die Antwort ist auch nicht schwer, wenngleich angesichts von Kap. 12,3: „Der Mann Mose aber war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen, die auf dem Erdboden waren“ doch auch tiefbewegend: Das beständige Widerstreben des Volkes wurde ihm schließlich doch einmal zuviel, „nur“ einmal, aber das war von entscheidender Bedeutung! Hier nun nach tieferen Gründen zu suchen steht uns gewiß nicht zu, aber wohl geziemt es sich für uns, uns zu fragen, „wie es kam“, daß wir manchmal schon anderen gegenüber ungeduldig wurden und die „Sanftmut des Geistes“, nach der wir streben sollen (1. Tim. 6,11), vermissen ließen, so daß schmerzliche Entgleisungen die Folge waren. - Doch ich muß und will für heute schließen: Diese ganze Geschichte spricht ernstlichst zu unserem Herzen und Gewissen und stellt uns alle vor manche tiefe Fragen, zusammengefaßt in unserer einen: „Wie kam es?“ - Der HErr aber segne

uns Sein köstliches Wort! 1. Petr. 1,25.

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Unsere Gebete.

9. Vorbilder

Abraham, der Mann des Glaubens und Gehorsams, brachte Jehova sein Herzensanliegen und sprach: „Siehe, mir hast Du keine Nachkommen gegeben ...“ Und Abraham fand Gnade und empfing die Verheißung der Erhörung. (1. Mos. 15,3-5) - Er trat in Fürbitte für die in Sodom wohnenden Gerechten ein und wurde erhört, indem Lot vor dem hereinbrechenden Gericht herausgerettet wurde. (1. Mos. 18,22-33; 19,29)

Mose betete für das Volk Israel, das Jehova um schwerer Sünde willen vernichten wollte. Er wurde erhört und errettete somit ein ganzes, großes Volk vom Gericht der Vernichtung durch seine Fürbitte (2. Mos. 32) - Er trat ferner schreiend im Gebet ein für seine aussätzige Schwester Mirjam, die wegen Übelredens sich diese Zucht Gottes zugezogen hatte. Er wurde erhört. Nach sieben Tagen wurde sie wieder ins Lager aufgenommen. (4. Mos. 12) - Mose nahm eine Ausnahmestellung zu Jehova ein. Jehova redete mit ihm von Mund zu Mund, und deutlich, nicht in Rätseln (4. Mos. 12,7.8); denn er war treu.

„Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir; und er betete ernstlich, daß es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Und wiederum betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“ (Jak. 5,17.18)

Daniel, der treue Mann, welcher dreimal täglich auf seinen Knien betete und lobpries, beugte sich unter die Sünde seines Volkes Israel und betete für dasselbe um Vergebung und Rettung, und er wurde erhört. (Dan. 9) Die Gefangenschaft wurde gewendet.

Jona, welcher durch Ungehorsam in den Bauch des großen Fisches kam, betete aus demselben zu seinem Gott. Er fand Gnade. Jehova befahl dem Fische, und er spie Jona an das Land aus.

Die Gemeinde zu Jerusalem betete um Freimütigkeit für die Knechte Gottes zum Reden Seines Wortes und um Bestätigung durch Zeichen und Wunder. Sie wurde erhört. (Apgesch. 4,23-31)

Paulus betete dreimal zum HErrn wegen seines Leidens, des Dornes für das Fleisch. Er wurde erhört, indem der HErr Seinem treuen Knechte Unterweisung gab: „Meine Gnade genügt dir, denn Meine Kraft wird in Schwachheit vollbracht.“ Der HErr wollte zwar das betreffende Leiden nicht wegnehmen, weil es Sein Knecht zur Bewahrung bedurfte, aber Er erhörte ihn, indem Er ihn gnädig unterwies. (2. Kor. 12,7-9)

Nicht immer sind die Gebetserhörungen nach unseren Gedanken, das sehen wir auch bei Martha und Maria und dem krank gewordenen Lazarus. Aber dennoch sollten wir uns im Glauben bewußt sein, Er hört mich und liebt mich auch dann, wenn Seine Gedanken höher sind als meine Gedanken und Seine Wege andere sind als meine Wege. Auch macht Gottes Heiligkeit und Treue bisweilen ein Handeln in Zucht notwendig, was selbst eine an sich wohlgefällige Fürbitte nicht oder doch nicht völlig abwenden kann. Das sehen wir auch bei Mirjam, die, trotz der Erhörung der Fürbitte von Mose, dennoch sieben Tage lang außerhalb des Lagers sein mußte zu ihrer Beschämung. Dies Wort redet ernst auch zu uns und sollte uns mit Furcht Gottes erfüllen in bezug auf unseren Wandel in Sorgfalt, damit Gott nicht die Gebetserhörung verneinen muß, weil etwa Seine Heiligkeit Zucht erforderlich macht. Siehe auch 2. Sam. 12,1-23. Doch wollen wir hierbei nicht an andere, sondern an uns selbst denken.

Das alleinige vollkommene Vorbild im Wandel und Beten ist unser HErr Selbst. „Der in den Tagen Seines Fleisches, da Er sowohl Bitten als Flehen Dem, der Ihn aus dem Tode zu erretten vermochte, mit starkem Geschrei und Tränen dargebracht hat (und um Seiner Frömmigkeit willen erhört worden ist).“ (Hebr. 5,7) Er tat nichts von Sich Selbst aus, außer was Er den Vater tun sah. (Joh. 5,19) Er suchte nie Seine Ehre, sondern ehrte Seinen Vater. (Joh. 8,49.50) Das Wohlgefallen Seines Gottes zu tun (Ps. 40,8), das war Seine Lust, deshalb wurden auch Seine Gebete allezeit erhört. (Joh. 11,42) Wenn Er auch allezeit im Gebet war, so zog Er Sich doch auch in besonderer Weise zurück in die stille Einsamkeit zum Gebet. Welch ein inniges

Seines Hierseins. Denken wir an das Gebet in Gethsemane, an das hohepriesterliche Gebet (Joh. 17) und an die sieben Worte am Kreuze. Welche Herrlichkeit sehen wir doch in Ihm durch Seine Gebete! Und Er war durchaus das, was Er redete und betete. Vollkommen war Sein Wandel, vollkommen waren Seine Gebete. Gepriesen sei Er, der schöner ist als alle Menschensöhne. Und Er hat uns ein Vorbild gelassen in bezug auf den Wandel und in bezug auf das Gebet; beides gehört zusammen. -

Der HErr helfe uns, Ihm ähnlicher zu werden im Wandel und in unseren Gebeten!

O. D.

Frage und Antwort

Frage 17

Wie der Herr Jesus es macht, ist es doch immer gut, aber was kann man Gegnern sagen, wenn sie einem von Widersprüchen in dem Verhalten des HErrn sprechen und dabei hinweisen z. B. auf Joh. 7,8 u. 10?

Antwort A

Ehe ich zur Erklärung der Stelle in Joh. 7,8 und 10 und damit zur Lösung jenes scheinbaren Widerspruches kommen werde, wobei ich mich gern als Schüler von Professor Godet bekenne, erlaube ich mir, einiges Grundsätzliches über die Methode des Feindes zu sagen, mit der er den Glauben an die Worte Jesu zu hintertreiben versucht. Ich meine jetzt das schwere Geschütz: den Zweifel! Schon im Paradiese begann die Schlange mit dieser Waffe, wenn sie fragt: „Sollte Gott gesagt haben?“ Und es ist ja auch gar nichts anderes zu erwarten, denn weil der Satan „der Vater der Lüge“, die Bibel aber „das Buch der Wahrheit“ ist, muß der Feind einen erbitterten Kampf gegen dieses Buch, gegen die Wahrheit aufnehmen, will er sich nicht selbst aufgeben. Daß aber die Bibel das Buch der Wahrheit ist, dafür gibt es keinen absolut den

natürlichen Menschen überzeugenden Beweis philologischer, philosophischer oder gar mathematischer Art, sondern einzig und allein den Erfahrungsbeweis der aus Wort und Geist Geborenen. „Du hast Worte ewigen Lebens“ ist das Bekenntnis des Petrus, weil er es erlebt hat. Die Schrift ist also nicht nur die schlichte Offenbarung der Wahrheit, sondern das Wort des HErrn erzeugt im Geiste des Menschen, der es annimmt, ewiges Leben. Der Grund für diese einzigartige, wunderbare und unerklärliche Wirkung liegt in der Tatsache, daß die Bibel „pneumatikos“, d. h. „vom Geist inspiriert“, „geistdurchweht“ und „geistmitteilend“, „geistaushauchend“ ist.

Haben wir es nun zu tun mit Menschenkindern, die wirklich ehrlich die Wahrheit suchen - mit anderen sich abzugeben ist wertlos -, so ist es wichtig, wollen wir solchen Menschen dienen, daß wir selbst uns immer wieder auf diese Grundlage stellen und dieser Tatsache uns erinnern. Nur so werden wir in der Lage sein, mit dem Wort, das uns der HErr anvertraut hat, zum Licht zu führen, zu überführen und geistlich zurechtzubringen, was der hehren Majestät und Größe des Wortes sich zu beugen gewillt ist.

Aller sonstigen Zweifelsucht oder besser Kritik am Worte Gottes aber schleudern wir ein unduldsames Nein entgegen. Warum sollten wir tolerant sein, ist es Gott in diesem Falle doch nicht, unser so überaus gnädiger und barmherziger Gott und Vater! Wir verdammen niemanden, aber die Schrift tut es. Wer nicht glaubt, nicht glauben will, wird abgetan. (Mark. 16,16 oder Joh. 3,18) Und das ohne zu fragen, welche Umstände und Zweifel den Menschen am Glauben hindern. Oder wie sagt der Apostel Paulus Gal. 1,8? Der Totalitätsanspruch des Wortes Gottes ist eben ein vollständiger, dem wir kleinen Menschenkinder mit unserem so beschränkten, durch die Sünde degenerierten und dezimierten Verstande uns zu beugen haben. Und wie glückselig, wer es getan hat und es immer wieder tut! Und je öfter und wirklicher wir es auch in bezug auf unser irdisches und praktisches Leben tun, um so wirklicher werden wir die Wahrheit des Wortes aus dem Wort erfahren: „Euer Glaube beruht nicht auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.“

Und nun zur Betrachtung unserer Stelle in Joh. 7,8.10!

Zunächst ist zu sagen, daß man eine Stelle nur immer im Zusammenhang mit dem Vorangehenden, mit der Situation des Gesagten auszulegen versuchen soll. Hier ist der Zusammenhang folgender: Die Brüder Jesu, die noch nicht an Ihn glauben (V. 5), fordern Ihn auf, Sich in Jerusalem als Messias zu zeigen und dann die Anerkennung dieser Würde durchzusetzen, die Ihm ja sicher nicht versagt werden könnte, wenn Er wirklich das war, was Er behauptete. Nun konnte der HErr Seinen Brüdern nicht den Grund angeben, warum Er ihrem Wunsche nicht willfahren konnte, denn Er hätte ihnen sagen müssen, daß die Offenbarung als Messias, die allerdings einmal kommen solle, der Auftakt zu Seiner Kreuzigung sein würde. Angedeutet hat Er es aber in den Worten Vers 7: „Die Welt haßt Mich“ ... Dafür aber ist Seine Zeit, griechisch kairos, d. h. „günstiger Augenblick“, noch nicht gekommen. Für sie ist es der günstige Augenblick, durch ihr Hinaufziehen nach Jerusalem sich als gläubige Israeliten zu erweisen, Er aber kann Sich noch nicht als Messias offenbaren, weil Seine Zeit (kairos) noch nicht gekommen ist. (Vers 8)

Sehr deutlich wird dieser Sinn der Entgegnung Jesu durch die Worte: Ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest, „um Mich als Messias zu offenbaren“, kann man weiter lesen. Daß Er einmal die große messianische Kundgebung, nach der Seine Brüder verlangten, ausführen müßte, wußte Er wohl. Aber das sollte nach Vollendung Seines Auftrags in Israel und zum Passahfest geschehen. Darum zog Er nicht zu diesem Fest, um Sich als Messias zu offenbaren. Daß die Brüder Ihn so verstanden haben, beweist, daß sie, als sie sich einige Monate später bekehrten, in den nachfolgenden Ereignissen die vollkommen genügende Erklärung dieses Wortes fanden und daher nicht im geringsten an der Wahrhaftigkeit ihres göttlichen Bruders zweifelten.

In Vers 10 erhält diese Auslegung eine Bekräftigung durch die Umstandsbestimmung: „wie im Verborgenen“. Der HErr war sonst kein Mensch, der Sich versteckte, aber Er fühlte nicht die Freiheit, in diesem Falle öffentlich, etwa mit einer Karawane, nach Jerusalem zu gehen, weil dadurch leicht das Ende Seiner Tätigkeit, wenigstens nach dem Willen der Gegner, hätte beschleunigt werden können, was nur unnötigen Kampf bewirkt hätte. Es konnte leicht ein neuer Sturm der Begeisterung losbrechen wie der in Kap. 6, ohne daß es dann vielleicht

möglich sein würde, ihn zu beschwichtigen. Der Zustand der Gemüter, wie er in Vers 11-13 geschildert wird, beweist, daß die Gefahr sehr nahe lag. So aber konnte der HErr den feindseligen Maßnahmen der Behörde vorbeugen. Aber wie anders gestaltete sich doch Sein Einzug in Jerusalem dieses Mal: In Kapitel 2 sehen wir Ihn noch in königlicher Würde den Tempel reinigen, in Kapitel 5 war Er als einfacher Pilger gekommen, jetzt sieht Er Sich genötigt, inkognito (als Unbekannter) hinzugehen.

Daß der HErr doch nach Jerusalem geht und nicht einfach fern bleibt, hat seinen Grund darin, daß Sein Werk in Israel noch nicht zum Abschluß gekommen war. Und wie deutlich hat Er gerade bei diesem Besuch in Jerusalem Sich als der Prophet Gottes erwiesen, der noch manches zu sagen hatte! (V. 14ff.)

H. K. in W.

Antwort des Schriftleiters

Diese schöne, klare Antwort sucht der Schwierigkeit aus dem Zusammenhang heraus Herr zu werden, und ich glaube, daß es dem Verfasser gelungen ist, den Fragenden den - gewiß - nur scheinbaren Widerspruch zu lösen. Wirkliche Widersprüche sind ja nicht in der Schrift, Schwierigkeiten aber werden für unsere stückweise Erkenntnis oft noch lange bleiben. Wer aber bezüglich dieser Stelle sagt - und das ist gesagt worden, und zwar in ungeziemenderen Worten als ich wage hier wiederzugeben -, daß an dieser Stelle Jesus bewußt die Unwahrheit gesagt habe (ein solcher Kritiker sagt natürlich nur „Jesus“, nicht „der Herr Jesus“, darum habe ich es auch so hergesetzt!), der hat sich noch nie Mühe gegeben, die Schwierigkeit zu lösen, und der scheint sogar Gefallen daran zu haben, die Sache so aufzufassen, d. h. eine ausreichende Erklärung für das Gegenteil wäre ihm womöglich gar nicht lieb, weil sie zu seinem menschlich - allzu menschlichen „Jesusbilde“ nicht passen würde, zu jenem wissenschaftlichen, liberaltheologischen „Jesusbilde“, das die absolute metaphysische (übersinnliche) Gottessohnschaft des HErrn nicht anerkennt. Solchen Leuten wie den Kritikern des Wortes Gottes gegenüber keine Toleranz, wie unser lieber Mitarbeiter sehr richtig und wichtigerweise

betont!

Unser herrlicher HErr blieb stets Er Selbst! Er konnte nicht auf ein Fest als solches gehen, um dort - wie Seine Brüder wünschten - sozusagen zu „glänzen“. Dann wäre Er den Festefeiernden gleich gewesen. Solche, die die wahre Bedeutung des Laubhüttenfestes nicht kannten, die nur ein rauschendes Volksfest liebten, durften nicht erwarten, den Herrn Jesus als den ihrigen dabei zu finden. „Dieses“ Fest war nicht Sein Fest! Man beachte das zweimalige (!) „dieses“ in Vers 8! Wenn einst Sein Reich gekommen sein wird, dann wird Er, der König, mit Seinem Volke Seine Feste, „die Feste Jehovas“, in Herrlichkeit feiern, aber jetzt war Er in Niedrigkeit und verworfen, da hätte ein Auftreten Seinerseits, so wie sie es wünschten, nur Ihn ihnen gleichgemacht, und wie hätte das sein können?! Wünschte Er etwa äußeren Beifall? Nie! Und wenn Er nun doch hinaufgeht? O so tut und tat Er es gerade nicht aus dem von Seinen Brüdern gewünschten Grunde, sondern nur einfach, um das Wort zu bringen (keine Zeichen!). Er bleibt eben stets das Licht und die Wahrheit!

Aber noch einmal zu der Schwierigkeit! Ich finde es geradezu wunderbar und sehe es als ein Zeugnis für die Wortinspiration an, daß der Schreiber des Evangeliums sich keine (menschliche) Mühe gibt, hier eine andere („plausible“!) Erklärung einzufügen. Johannes schrieb, wie er inspiriert schreiben mußte, und wenn die Schrift, die königliche Schrift, nicht selber davor zurückschreckt, daß hier ein Schatten auf den HErrn fallen könnte, nun wohl - er hat keine Aufgabe, Schatten, welche die unverständigen Menschen sehen, zu beseitigen! Wenn aber die Kritiker sagen, der HErr habe bewußt die Unwahrheit gesagt, so wird es ihnen vielleicht nicht viel nützen, wohl aber den Angefochtenen, sich daran erinnern zu lassen, daß unser geliebter Herr Jesus als der Sohn nie selbständig handelte, sondern immer und überall in ausschließlich vollem Gehorsam gegen Seinen Gott und Vater, der Ihn Augenblick für Augenblick leitete, gleichsam in Vollerfüllung von Ps. 32,8.

Hierüber gibt uns Joh. 5,19f. u.a. klares, helles Licht! Wenn wir dies beachten - tun wir's nicht, so sind wir selber schuld an unseren Irrtümern über Ihn, den Sohn! -, so wird es uns doch ganz einfach, daß der Vater Ihn leitete zu der Antwort Auf die wundersüchtigen Wünsche Seiner

leiblichen Brüder: „Gehet ihr hinauf zu diesem Feste, Ich gehe nicht hinauf zu diesem Feste.“ Dann sind sie gegangen, sicher bald, um den Anfang nicht zu verpassen, denn der Weg von Galiläa ist weit bis nach Jerusalem. Hinaufgehen mußten sie ja nach dem Wort Jehovas (5. Mos. 16,16), und Er, der freiwillig „unter Gesetz“ war (Gal. 4,4!), Er ging auch, aber nicht mit ihnen, nicht vor ihnen, nicht nach ihnen, nicht ihnen nach, nicht wie sie, nicht mit den gleichen Wünschen wie sie, nicht um Seinetwillen, sondern um derer willen, die Ihn brauchten. (7,37ff.!) Wann ging Er denn? Als der Vater es Ihm sagte, als Er des Vaters Gebot erhielt zu gehen, da ging auch Er, nicht offenbarlich, sondern wie im Verborgenen. So konnte es geschehen, daß die Juden, die Ihn suchten, Ihn nicht fanden. (V. 11) „Wo ist jener?“ Ach, hätten sie Ihn gesucht mit heißen, verlangenden Herzen, wie gern hätte Er Sich finden lassen! Es ist heute nicht anders! „Den Aufrichtigen läßt er es gelingen.“ (Spr. 2,7) Aber dann, „um die Mitte des Festes“ war Er plötzlich da, da war Seine Zeit erfüllt. (V. 8) Wie einfach dies alles, wenn man gemäß obiger Antwort sieht, warum Er nicht mit ihnen gehen konnte - etwa in äußerer Hinsicht! -, und wenn man beachtet, daß Er nur tat, was der Vater Ihm zeigte - innerster Grund! Wo bleibt da Raum für auch nur den allergeringsten Schatten einer Unwahrheit?! Dergleichen ist ja bei Ihm unmöglich, Er ist die Wahrheit, aber abgesehen von dieser Grundtatsache - wo ist denn hier etwas Unwahres? Er sagt Seinen Brüdern, was Er ihnen sagen mußte und - „dieses“ Fest sah Ihn nicht! Er tut, was der Vater Ihm auftrug, und war dann da, wo Er Gelegenheit hatte, Seine Lehre hörenden Ohren und Sein Leben (Seinen Geist) verlangenden Herzen mitzuteilen; und diese Gelegenheit war am reichsten vorhanden auf dem Feste, auf solchem Feste, wo so viele zusammenkamen. Wie einfach das alles, wenn man Zusammenhang (Antw. A) und den Willen (die Leitung) des Vaters beachtet und sich nicht von übelwollender Kritik beeinflussen läßt! Herrlicher HErr, wir glauben an Dich und an Dein Wort, und wir danken Dir, daß Du es so und nicht anders uns gesagt hast und uns überliefern ließest! Schenke uns Gnade, Dir allezeit zu trauen und Dich zu betrachten, um mehr in Dich hineinverwurzelt und in Dein Bild verwandelt zu werden (2. Kor. 3,18), auf daß wir Deine treuen, gläubigen Zeugen seien in Wort, Werk und allem Wesen! Gepriesen und angebetet sei Dein so überaus kostbarer Name! Amen.

F. K.

Frage 18

Was für ein Altar ist in Hebr. 13,10 gemeint und welches ist der auf ihm stattfindende Dienst? Bezieht sich V. 13 auf diesen Altar bzw. den Dienst?

Antwort A

Wir müssen die betreffenden Verse im Zusammenhang mit dem Vorangehenden und Nachfolgenden betrachten. In dem Briefe an die Hebräer ist der Schreiber bzw. der Geist Gottes bemüht, dem Leser zu seiner Ermunterung zum Ausharren auf dem Glaubenswege den Herrn Jesus Christus in Seiner sowohl alle Engel wie auch die größten Personen und herrlichsten Dinge des Alten Bundes unendlich überragenden Größe und Herrlichkeit vorzustellen. Zum Schluß, in Kapitel 13, ermahnt er dann zu einem Wandel, der dieser wunderbaren Person entspricht. Nachdem wir in den Versen 1-6 zum Bleiben in der Bruderliebe, zur Gastfreundschaft, zum Mitgefühl mit den Gefangenen (um Seines Namens willen) und denen, die Ungemach leiden, zur Hochhaltung der Ehe und Reinhaltung derselben (der von Gott gegebenen Grundlage der ganzen menschlichen Ordnung!) und zur rechten Einstellung bezüglich der materiellen Dinge und unserer Bedürfnisse angehalten worden sind, werden wir in Vers 7 an unsere „Führer“ erinnert, die „das Wort Gottes“ zu uns „geredet haben“, also nicht mehr unter uns sind, sondern bereits von uns gegangen - daheim - sind, und werden ermahnt, „den Ausgang ihres Wandels anschauend, ihren Glauben nachzuahmen“. (Es kommt darauf an, wie der Ausgang, der Abschluß ihres Wandels war! Und den Glauben, der in ihrem Wandel und bei dem „Ausgang“ ihres Wandels sich zeigte, sollen wir nachahmen! Auch ein „Führer“ ist ein schwacher Mensch, und dieses und jenes in seinem Wandel mochte von dieser Schwachheit zeugen und daher nicht nachahmenswert sein; aber sein Glaube ist nachahmenswert!) - Das Erinnern an diese von uns gegangenen Führer erweckt zwei Gedanken in uns, denen in Vers 8 begegnet wird: Erstens: Diese Führer sind von uns gegangen - sie konnten nicht bleiben. Aber Der, von dem sie zu uns geredet haben und der die Quelle

ihrer Freude und ihrer Kraft war, Er ist uns geblieben und bleibt uns ewig! Und zweitens: Sie haben uns diese wunderbare Person vorgestellt, indem sie „das Wort Gottes“ zu uns „geredet“ haben; und diese von ihnen durch das Wort Gottes uns vorgestellte Person, Jesus Christus, bleibt unveränderlich dieselbe, so wie das Wort Gottes sie uns vorstellt! Es tauchten schon zu der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde, andere, vom Worte Gottes abweichende Lehren über die Person des HErrn auf - „mancherlei und fremde Lehren“ -, die den Schein besonderer Weisheit und besonderer Frömmigkeit zu erwecken suchten und geeignet waren, unbefestigte Seelen „fortzureißen“. Daher die Warnung in Vers 9. Mit dieser Warnung, sich nicht durch solche „fremden“ Lehren fortreißen zu lassen, ist der Hinweis verbunden, daß das Herz durch Gnade befestigt wird, nicht durch „Speisen“, woraus zu schließen ist, daß unter den „mancherlei und fremden Lehren“ auch die war, daß das jüdische Speisengesetz gehalten werden müsse. Das gibt dem Schreiber des Briefes Anlaß, auf den großen Unterschied zwischen dem Christentum und dem Judentum hinzuweisen, wozu er das bekannte Bild des „Altars“ benutzt (Vers 10): Im Alten Bunde wurden die Opfer auf dem ehernen Altar dargebracht, und die Priester, und in bestimmten Fällen auch der Opfernde, aßen von demselben. (Siehe z. B. 3. Mos. 6,7-11.17-22; 7,1-10.11-16; vgl. auch 1. Kor. 9,13 und 10,18) Das Essen von dem auf dem Altar Dargebrachten drückte Teilhaben an dem, was das Opfer für Gott ist, und Gemeinschaft aus. Wir wissen, daß der eherne Altar und die auf ihm dargebrachten Opfer Vorbilder waren von dem Kreuz auf Golgatha und dem Opfer Christi auf demselben. Dieses ist unser „Altar“, von dem wir „essen“, indem wir uns an Ihm erfreuen, uns von Ihm nähren. Hieran teilzuhaben und hierin mit uns Gemeinschaft zu haben, „haben kein Recht, die der Hütte dienen“, d. h. die im Judentum und damit noch immer bei den Vorbildern bleiben, denn durch das Festhalten am Judentum und an den Vorbildern leugnen sie, daß diese durch den Herrn Jesus erfüllt sind, und leugnen damit, daß Er der ist, von dem diese Vorbilder reden: Sie verwerfen Ihn! Und dieses Verwerfen schließt sie völlig von dem aus, was wir haben! Letzteres zeigt uns Vers 11, der zur Begründung für das in Vers 10 Gesagte uns auf ein alttestamentliches Vorbild hinweist: das Sündopfer, dessen Blut durch den Hohenpriester in das Heiligtum (das Allerheiligste) hineingetragen wurde, und die Tatsache hervorhebt, daß von solchen Tieren „die Leiber außerhalb des Lagers verbrannt“ wurden (siehe 3. Mos. 16,27), worin wir ein Bild sehen sowohl

für die Verwerfung des HErrn seitens der Welt als auch für das Nichtteilhaben derselben an Ihm. Ja, es ist ein von der Welt verworfener Christus, den wir haben: So, wie von jenen Tieren die Leiber „außerhalb des Lagers“ verbrannt wurden, so hat Er „außerhalb des Tores“ gelitten! (Vers 12) Das „Lager“ zu der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde, war die damalige religiöse Welt, das Volk der Juden bzw. das Judentum; für den Gläubigen aus den Juden jetzt ist es fürs erste noch dasselbe (das Judentum), solange er noch nicht aus diesem herausgegangen ist; und für die aus der Namenchristenheit heraus Gläubiggewordenen ist das „Lager“ die jetzige religiöse Welt, die uns umgibt, die Ihn nicht kennt und mehr oder weniger offen und bewußt verwirft. Aber da, wo Er verworfen ist, ist unser Platz nicht mehr! Deshalb werden wir Vers 13 aufgefordert: „Deshalb laßt uns zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers, Seine Schmach tragend.“ Das sagt uns der Geist Gottes! Darum, geliebter Bruder, geliebte Schwester, hast du das schon getan? - innerlich? und auch äußerlich?! Manche sagen: Innerlich bin ich getrennt von all den Dingen; das Äußerliche ist nicht sowichtig. Ist das wirklich so - „nicht so wichtig“ , wenn Gott es sagt? Der Feind ist immer bemüht, uns von dem zurückzuhalten, was Gott von uns will, und so auch - und ganz besonders - in dieser Sache, sei es durch List, indem er uns den Blick trübt für die klaren Linien nach dem Worte oder uns scheinbare oder wirkliche Vorteile oder Nachteile vorstellt oder sonstwie uns zu täuschen sucht, daß Gott auch so mit uns zufrieden sei, oder durch Gewalt auf mancherlei Weise; aber lassen wir uns nicht hindern, Ihm gehorsam zu sein, denn es ist ja zu Ihm, unserem HErrn hin! und wo könnte es wohl besser und lieblicher für uns sein, als bei Ihm? Und glaube es doch: Es macht unser Herz glücklicher, den Platz der Schmach - „außerhalb des Lagers“ - mit Ihm zu teilen, als in der Welt (im religiösen „Lager“) einen Platz der Ehre einzunehmen! Können wir mit einer Welt, die in ihrer Religiosität Ihn verworfen hat und verwirft, uns eins machen und mit ihr Gemeinschaft haben, in welcher Beziehung es auch sei? (Siehe 2. Kor. 6,14-18!) Insoweit wir solches tun, verleugnen wir Ihn, und dann gehört unser Herz nicht Ihm, der „außerhalb des Tores“ für uns gelitten hat! (Siehe auch S. 198f. D. Schriftl. F. K.)

In obigen Ausführungen hat die Frage im Grunde bereits ihre Beantwortung gefunden. Wir wissen, daß alle die Gegenstände des Gottesdienstes im Alten Bunde, alle Geräte und alle

dargebrachten Opfer: Immer ist es Christus und immer wieder Christus. So ist also auch der „Altar“, Vers 10, Christus und das, was wir von diesem Altar „essen“, Christus, indem wir Ihn betrachten und bewundern und unsere Herzen an Ihm sich erfreuen und stärken als dem ewig gültigen, kostbaren, vollkommenen Opfer für uns am Kreuze auf Golgatha. Dieses Betrachten und Bewundern und Sich-an-Ihm-erfreuen und Stärken tun wir in besonderer Weise gemeinsam, wenn wir zu Seinem Gedächtnismahle versammelt sind, aber nicht nur dann, sondern auch einzeln allezeit, wenn wir glaubend uns mit Seiner herrlichen Person beschäftigen und uns in Seine wunderbare, am Kreuze so völlig enthüllte Liebe versenken. - Vers 13 fassen wir nicht so auf, daß es sich um einen Dienst handelt, sondern so, daß es sich darum handelt, den Platz der Verwerfung mit Ihm zu teilen einer Welt gegenüber, die Ihm diesen Platz gegeben hat. Um dieses zu tun, müssen wir „zu Ihm hinausgehen, außerhalb des Lagers“. Tun wir das, so werden wir „Seine Schmach tragen“. Insofern bezieht Vers 13 sich auf den „Altar“ von Vers 10, denn dieser ist „außerhalb des Lagers“, denn Er hat ja „außerhalb des Tores gelitten“. - Wenn wir von einem „Dienst“ auf diesem unserem „Altar“ in dem Sinne, wie der Fragesteller ihn offenbar meint, reden wollen, dann finden wir diesen Dienst in den Versen 15 und 16: das Darbringen des „Opfers des Lobes“, „das ist die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen“, und der „Opfer des Wohltuns und Mitteilens“. Denn diese Darbringung soll geschehen „durch Ihn“, das ist: mit dem Blick unseres Herzens hin nach Golgatha - in dem tiefen Bewußtsein unseres Herzens, daß wir das, was wir tun - sei es, daß unsere Lippen Ihn loben, Seinen Namen bekennen, oder daß wir wohltun und mitteilen -, nur tun können, weil Er dort für uns gelitten hat und gestorben ist, und daß es nur darum Gott wohlgefallen kann, weil Er jetzt als unser Hoherpriester droben ist und nach der Herrlichkeit Seiner Person uns vor Gott vertritt! Vergessen wir nicht, diese Opfer darzubringen! und so darzubringen - „durch Ihn“; dann „hat Gott Wohlgefallen“ an ihnen! -

Der Gegenstand, welcher uns hier beschäftigt hat, ist überaus kostbar und wichtig. Möchten wir ihn recht verstehen und in unserem Leben die zwei Dinge verwirklichen, die unser kostbares Vorrecht hierbei sind: daß wir immer und nur von diesem „Altar“, den wir „haben“, „essen“ - von Ihm uns nähren! - und den Platz mit Ihm teilen, den Er in dieser Welt einnimmt (der

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Der Verfasser obiger köstlichen Antwort meint, es ließe sich noch manches anfügen, und ich möchte das tun, aber - obwohl sich vieles noch sagen ließe, will ich dies doch nicht tun, zum Teil da der Raum mangelt und auch, weil es mir besser scheint, wenn die Leser selber mehr in den Gegenstand eindringen. Nur einige Worte!

Ja, unser Altar ist Christus mit all dem, was Er auf dem Fluchholz, dem Kreuze, welches Sein Altar war (auf dem Er Sich Selbst dahingab!), vollbracht hat! Wunderbare Tatsache - für Gott, für uns! Wenn aber der heilige Gott durch nichts und niemanden befriedigt werden kann als durch Christus, wie können dann noch Gläubige meinen, mit religiösen Übungen, mit irgendwelcher Religion des Fleisches, und ob es auch eine christliche Religion wäre, Gott einen Dienst tun, Ihn befriedigen, Ihm Freude machen zu können?! Der Altar ist Christus, der Altar, „von dem zu essen, mit dem Gemeinschaft zu haben, kein Recht haben, die der Hütte dienen“! Wenn schon der alttestamentliche, von Gott einst eingerichtete Kultus, der vorbildliche Bedeutung hatte, heute keine Bedeutung als Dienst für Gott mehr hat, wieviel weniger eine andere menschliche oder „geschichtlich gewordene“ Religion, so schön sie auch aussehen mag! Darum hinaus zu Ihm, „außerhalb des Lagers“, werte Gläubige!

Ja, Christus ist unser Altar! Welch kostbare Bedeutung bekommt dann ein Wort wie 2. Mos. 29,37: „... der Altar soll hochheilig sein: alles, was den Altar anrührt, wird heilig sein“ (d. i. für Gott abgesondert). Wenn es das nun wird, dann soll es dies aber auch tatsächlich sein, zumal wenn die Erfüllung des Vorbilds in Christo tatsächlich gegeben ist! Wie ernst und zugleich köstlich von diesem Gesichtspunkt aus Stellen wie Röm. 12,1 oder auch 1. Petr. 2,5! Man lese die Stellen nach, betend und Ihn anbetend! (Aber ich muß mir versagen, auf dieses näher einzugehen.)

Christus Jesus ist alles für uns und in Ihm ist uns auch alles geschenkt (Röm. 8,32) -, was

suchen wir Hochbegnadete also in den Religionen des Fleisches? Der HErr gebe uns Licht durch Seinen Geist, diese Dinge zu sehen und dann praktisch zu handeln im Gehorsam gegen Sein Wort aus Liebe zu Ihm (Joh. 14,21), in dem wir „Leben, und zwar im Überfluß“ haben. (Joh. 10,10) Er ist unsere Ruhe (Hebr. 4), unser Hohepriester (Hebr. 5-7), unser Opfer (Hebr. 9 u. 10), unser Altar, - unser ein und alles! Hochgelobt sei Er ewiglich! Wie reich sind wir gemacht in Ihm! Wissen wir das und schätzen wir es so, daß wir „außerhalb des Lagers“ bei Ihm und mit Ihm zu sein und „Seine Schmach“ zu tragen für ein köstliches Gut halten, so köstlich, daß es uns genügt, weil es Ihm, ja, weil es Seinem und unserem Gott und Vater genügt? Eine ernste Frage! - Mögen unsere Herzen in diesen Dingen „durch Gnade befestigt“ werden (Vers 9), Ihm zum Preis, Ihm zum Ruhm!

F. K.

Jerobeam und der Mann Gottes aus Juda.

(1. Kön. 13,1-10)

Jerobeam hatte die sündigen Pläne seines Herzens, durch welche er seinen Thron befestigen wollte, zur Ausführung gebracht: Götzenbilder waren in Bethel und Dan aufgestellt - Priester aus allem Volke gemacht und die Feste und Einrichtungen Jehovas verändert. Menschen, die sich selbst zu Priestern gemacht hatten, übten den selbsterdachten Gottesdienst aus, und das Volk bückte sich in der Vorstellung, Jehova anzubeten, vor den goldenen Kälbern. So waren Jehova und Sein Wort beiseite gesetzt und eine von Menschen ersonnene Religion an deren Stelle getreten. Und alles dieses tat Jerobeam nicht in Unwissenheit, sondern in der vollen Kenntnis Jehovas und Seiner Gebote, nur weil er in seinen Überlegungen eine Gefahr darin für sein Königreich sah. (Vgl. Röm. 1,21.22)

Unser heutiger Abschnitt schließt sich eng an die Schlußverse des 12. Kapitels an. Er berichtet uns, wie Jerobeam an dem von ihm errichteten Altar steht, um zu räuchern. Es scheint ein besonders festlicher Tag zu sein. Vielleicht sollte hier in Bethel die feierliche Einführung des

neuersonnenen Gottesdienstes stattfinden und auf diesem Altar der neue Kultus zur Darstellung kommen - weshalb der Mann Gottes dann auch nicht Jerobeam, sondern den Altar anredet. Um den neuen gottesdienstlichen Einrichtungen ein besonderes Ansehen und Gewicht zu geben, tritt der König in eigener Person an den Altar, um die Opferhandlung zu vollziehen, die ihm nicht erlaubt war, und die nur der Familie Aarons zustand. In öffentlicher Mißachtung der Bestimmungen Gottes, vor den Augen des ganzen Volkes erkühnte er sich, an den Altar zu treten und dem Befehle Gottes zuwider seinen selbstersonnenen Gottesdienst auszuüben.

Gott schweigt nicht zu diesem seinem bösen Tun. Er sendet Seinen Boten aus dem Lande Juda, Sein Urteil wider diesen freventlich errichteten Altar und Kultus auszurufen. Der Name des Boten wird uns nicht genannt, aber er wird uns als ein „Mann Gottes“ bezeichnet. Männer, die diesen herrlichen Titel trugen, hat es zu allen Zeiten gegeben. Von Mose, David, Elia, den Propheten, Timotheus u. a. m. spricht die Schrift als von „Männern Gottes“. Sie sind Menschen, die für Gott eintreten und Seine Rechte behaupten. Wenn Gott und Sein Wort aufgegeben wird, bekennen sie Ihn, auch wenn sie ganz allein stehen. So, wie die Sterne in den Stunden der Dunkelheit hervortreten und sichtbar werden, so treten auch die Menschen Gottes ganz besonders in den dunklen Zeiten des Aufgebens der Wahrheit und des Verleugnens des HErrn hervor. Getrennt vom Bösen, zeugen, handeln und stehen sie im Glauben für ihren Gott, ohne äußere Stützen, allein vertrauend Seiner Macht und gekennzeichnet durch ihr treues Eintreten für ihren Gott und das Festhalten Seines Wortes.

Die Aufgabe, die der Mann Gottes von Juda erfüllen sollte, war nicht einfach. Tiefe Feindschaft herrschte zwischen Israel und Juda. Jerobeam hatte, um sein Volk vom Lande Juda fernzuhalten und damit es auch nicht zu den Festfeiern nach Jerusalem gehe, Jehova und Sein Wort verlassen und einen eigenen Gottesdienst ersonnen, durch welchen sein Volk unabhängig vom Hause Gottes in Jerusalem und der Bestand seines Reiches gesichert werden sollte. An dem Tage nun, da der kluge und mächtige König sein Werk krönen und in der Mitte seines Volkes und der Höchsten seines Reiches in eigener Person den neuen Kultus an dem von ihm gemachten Altar zu Bethel ausüben wollte, wollte auch Gott Sein Gericht über diesen Frevel verkünden lassen. Das war für den Mann Gottes keine kleine Sache; er, ein einzelner Mann,

noch dazu aus dem verhaßten Juda, sollte dem mächtigen König das Gericht Gottes ankünden, und zwar nicht im Verborgenen unter vier Augen, sondern öffentlich vor dem ganzen Volke!

Vom Worte Jehovas gewiesen, geht er nach Bethel und kommt dort zu der Stunde an, als der König am Altar steht, um zu räuchern. Dem Geheiß des HErrn folgend, unterbricht er furchtlos - plötzlich die feierliche Stille mit dem Ruf: „Altar, Altar! So spricht Jehova: Siehe, ein Sohn wird dem Hause Davids geboren werden, Josia sein Name; und er wird auf dir die Priester der Höhen schlachten, die auf dir räuchern, und man wird Menschengebeine auf dir verbrennen!“ Der Altar war gleichsam der Inbegriff, der Repräsentant der neuen Religion. Und mit der Ank ündigung, daß Menschengebeine auf ihm verbrannt würden, zeigte Gott an, welch ein Abscheu dieser Kultus Ihm war.

Wir können verstehen, daß der König, als er sein Programm so jäh durchkreuzt sah, seine Hand ausstreckte und voll Zorn rief: „Greifet ihn!“ Der HErr aber nimmt Seinen mutigen Zeugen in Seinen Schutz. Niemand folgt dem Befehle, ihn festzunehmen. Etwas anderes bannt ihren Blick: des Königs Hand verdorrt. In dem Augenblick, als er rief: „Greifet ihn!“, ließ Gott seinen Arm erstarren und nahm damit seinen Worten jede Kraft. Denn wer wollte nun noch wagen, seine Hand wider den Propheten Gottes auszustrecken, ohne sich der Gefahr auszusetzen, in gleicher Weise von Gott gestraft zu werden?! Da stand der König, umgeben von seinem Volke, als ein Bild des Schreckens und der Warnung. Gott hatte den zum Befehl erhobenen Arm zur warnenden Hand gemacht, Seinen Knecht ja nicht anzutasten. Und noch mehr! Sie sehen den Altar bersten und die Fettasche darauf verschüttet werden. So hatte der Mann Gottes es angekündigt, als Beweis dafür, daß Jehova durch seinen Mund geredet habe. (1. Kön. 13,3) Staunend, ja, bis ins Innerste getroffen, sieht das Volk den König gerichtet und den Altar verworfen. Kein Zweifel war gelassen: Gott hatte geredet! Jeder mußte fühlen, daß Gottes Gericht den treffen würde, der mit diesem Altar verbunden war. Welch eine gewaltige Mahnung zur Buße und Umkehr ließ Gott von diesem Altar ausgehen! Ja, Gott weiß Seinen Knecht zu schützen und Seinen Worten Nachdruck zu geben. Und wie Er Seinen Knecht nicht verließ, als dieser in ernster Stunde furchtlos und treu das Zeugnis für seinen Gott ablegte, so wird der HErr auch uns nicht verlassen, wenn wir in dunkler und gefahrvoller Zeit Seinen

Namen bekennen und Wege des Glaubens und Gehorsams gehen. Möchten wir es mehr lernen, den Blick auf Ihn zu richten und nicht auf die Macht des Bösen und auf die Schwierigkeiten.

Gott läßt das Gericht und auch den Vollstrecker des Gerichtes durch den Mann Gottes verkünden, so wie es auch heute unsere Aufgabe ist. (Apgesch. 17,30.31) Aber Seine Langmut wartet mit der Ausführung des Gerichtes, um noch die Gewissen zu erreichen. Er ist ein Gott, der keinen „Gefallen am Tode des Gesetzlosen hat, sondern daß

der Gesetzlose von seinem Wege umkehre und lebe!“ (Hes. 33,11) Mag Gottes Geduld auch lange mit der Ausführung des Gerichtes warten, so läßt Er es doch an Beweisen für den sicheren Vollzug desselben nicht fehlen. Sein richtender Arm wurde schon in der gelähmten Hand des Königs und in dem Riß des Altars geschaut und bezeugte dem König und dem Volke das sichere Kommen Seines gerechten Gerichtes.

Der Unglaube mag über die Langmut Gottes spotten und sagen: „Wo ist die Verheißung Seiner Ankunft? denn seitdem die Väter entschlafen sind, bleibt alles so von Anfang der Schöpfung an.“ Wir aber wissen, daß der HErr die Verheißung nicht verzieht, sondern daß Er langmütig ist, „da Er nicht will, daß irgendwelche verlorengehen, sondern daß alle zur Buße kommen“. Und wir achten deshalb „die Langmut unseres HErrn für Errettung“. (2. Petr. 3,4.9.15) Die Welt kümmert sich nicht um die Weissagung Henochs, des siebenten von Adam: „Siehe, der HErr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen.“ (Jud. 14) Und die Menschen höhnen, weil es noch nicht geschehen ist, aber sie vergessen, daß Gott sie schon einen Vorboten dieses Gerichtes in der Sintflut hat sehen lassen.

Bis auf den heutigen Tag hat Gott nicht aufgehört, durch solche Vorboten - gleichsam Schatten der zukünftigen Geschehnisse - die Welt an die sichere Erfüllung Seines Wortes zu mahnen. Aber so wie damals alle diese Warnungsstimmen weder bei dem König noch dem Volke wahre Buße und Umkehr bewirkten, so ist es auch heute noch, und die Weissagung Jesaias erfüllt sich: „Mit Gehör werdet ihr hören und doch nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und doch nicht wahrnehmen; denn das Herz dieses Volkes ist dick geworden und mit den Ohren

Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren und Ich sie heile.“ -“Glückselig aber eure Augen, daß sie sehen, und eure Ohren, daß sie hören.“ (Matth. 13,14-16) Jerobeam, der so kühn und Gott herausfordernd an den Altar getreten war und in seiner Wut über die Störung den Mann Gottes zu greifen befohlen hatte, muß nun seine völlige Ohnmacht erkennen. Kleinlaut, demütig, wendet er sich jetzt an den Mann Gottes um Fürbitte, gewissermaßen seine Sünde vor Gott zu lösen, wie es einst Moses für seine Schwester Mirjam tat. (4. Mos. 12,13) Der König bittet: „Flehe doch Jehova, deinen Gott, an und bete für mich, daß meine Hand mir wiedergegeben werde.“ (V. 6) Er sagt nicht „mein Gott“ noch „unser Gott“, er sagt: „Flehe ... deinen Gott an.“ Armer Mann! Sein Gewissen mußte ihm sagen, daß er kein Recht hätte, diesen Gott „seinen Gott“ zu nennen, noch Gnade von Dem zu erwarten, gegen Den und gegen Dessen Boten er so frevelnd gesündigt hatte und den er nun öffentlich als Gottes Boten, der in Jehovas Auftrage geredet hatte, anzuerkennen gezwungen war.

Der Mann Gottes betet für den, der ihn haßte und ihm Böses zugedacht hatte. Der Mann Gottes war sich bewußt, an „diesem Orte“ für seinen Gott zu stehen und ihn darzustellen. O möchten auch wir uns dessen mehr bewußt sein! König und Volk hatten durch sein Zeugnis Ihn als den heiligen und richtenden Gott erlebt, der Sünde bestraft; nun sollten sie Ihn auch erleben als Den, der gnädig und barmherzig ist und das Angesicht nicht von denen abwendet, die zu Ihm umkehren. (2. Chron. 30,9) Der Mann Gottes erfüllt das Wort des HErrn: „Tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen.“ (Matth. 5,44) Er handelt nach dem Herzen Gottes, und das Gebet für seinen Feind wird erhört.

Welch ein herrliches Vorbild für uns! Hat der HErr nicht auch uns zugesagt, zu tun, was wir in Seinem Namen bitten? (Joh. 14,13) Die Söhne sollen die Art des Vaters haben. Wir sollen Christi Bild tragen: Nicht Böses mit Bösem vergelten und Scheltwort mit Scheltwort, sondern vielmehr segnen, damit wir den Segen erlangen. (1. Petr. 2,21-23; 3,9) Der Knecht Gottes, obwohl er ein Mann aus dem Königreich Juda war, zeigte keine Feindschaft gegen den feindlichen König von Israel. Er konnte nicht hindern, daß dieser ihm feind war. Auch wir können nicht verhindern, daß andere uns feind sind, aber wir sollten keinem Menschen feind sein oder dessen Feindschaft erwidern, sondern ihm Gutes tun und feurige Kohlen auf sein

Haupt sammeln. Beschäftigt sich aber unser Herz mit dem Bösen oder mit dem, was man uns angetan hat, so werden auch wir bald nicht mehr frei vom Bösen bleiben und, statt das Böse mit dem Guten zu überwinden, vom Feinde versucht werden, das Böse mit Bösem zu vergelten (Röm. 12,17-21), und den Segen verlieren, den wir, wenn wir Segnende sind, ererben.

Auf das Gebet des Mannes Gottes wird die verdorrte Hand des Königs wieder hergestellt, aber nicht sein Herz geändert. Als der König seinen Arm wieder bewegen kann, nimmt er eine völlig andere Stellung dem Manne Gottes gegenüber ein. Er zollt ihm seine Anerkennung, lädt ihn in sein Haus ein, sich zu stärken und ein Geschenk anzunehmen. Wenn wir unser Herz kennen, dann verstehen wir, welche Versuchung und welch listige Schlinge dieses Angebot für den Mann Gottes sein mußte. Der König hatte die gewaltige Wirkung des Eingreifens Jehovas durch Seine Macht nicht verhindern können. Nun suchte er sie durch seine Freundschaft zu schwächen und zu verwischen. Gott kannte die Gefahr zuvor, und Er gab Seinem Knechte Anweisung, wie er sich an „diesem Orte“ verhalten solle. Kein Brot solle er dort essen und kein Wasser trinken, auch nicht auf dem Wege zurückgehen, den er gegangen war. So wie einst Abraham das Angebot des Königs von Sodom und Daniel das Angebot Nebukadnezars ablehnten, so wies auch hier der Mann Gottes das Angebot des Königs Jerobeam zurück. Die Weise, wie er es tat, sich einfach und allein auf das Wort Gottes berufend, ist sehr belehrend für uns. Sein Wort ist unsere beste Wehr und Waffe, den listigen Anläufen des Feindes zu entgehen und in der Versuchung bewahrt zu bleiben. Der HErr Selbst ist unser Vorbild, der, als Er vom Teufel versucht wurde, dem Versucher einzig und allein mit dem geschriebenen Worte entgegentrat.

Wie mußte die Ablehnung, nicht um die Hälfte seines Hauses dasselbe betreten zu wollen, den König berühren! Wie mußte er es fühlen, daß Gott Sich um seiner Sünde willen so von ihm abgekehrt hatte, daß Er Seinem Knechte befohlen, keine Gemeinschaft, keine Verbindung mit ihm und allem, womit seine Person verbunden war, zu haben, noch mit dem Orte, wo Gott so verunehrt wurde! Enthält dieser Befehl nicht auch Unterweisungen für uns? Auch für unser Zeugnis und unsere Stellung zu Gott ist es durchaus nicht gleichgültig, mit welchen Personen oder Dingen wir in Gemeinschaft oder Verbindung stehen. Das Essen und Trinken wird in der Schrift oft als ein Zeichen des Gemeinschaftverhältnisses angesehen. (1. Kor. 5,11; Luk. 15,2;

Gal. 2,12; 1. Kor. 10,18 u. 21)

Der HErr hat uns begnadigt, Seine Zeugen in dieser Welt - an „diesem Orte“ - zu sein. Er will nicht, daß wir durch Gemeinschaft mit den Ungläubigen und der Welt die Kraft Seines Zeugnisses in Frage stellen und unser persönliches Verhalten in Widerspruch mit demselben bringen. (2. Kor. 6,14-18) Der Mann Gottes entfernte sich deshalb, ohne das Geringste von dem König anzunehmen.

Er hatte das Wort seines Gottes geredet - das Zeugnis abgelegt - alles weitere überläßt er seinem Gott. So schnell und so still, wie er gekommen war, entzieht er sich jetzt den Augen der Menschen, damit nicht durch das Schauen auf seine Person die Kraft des abgelegten Zeugnisses geschwächt und der Blick von dem HErrn abgelenkt werde.

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Fortsetzung.)

Ohne eine andere Einleitung als den Hinweis - wieder und wieder! - auf: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,13) und auf den dieser Stelle vorangehenden Vers: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben zu unserer Ermahnung ...“ möchte ich heute nun eine Reihe von Namen und Umständen nennen, ehe ich dann in der nächsten Lieferung, so Gott will, noch einmal über einen oder zwei Menschen ausführlicher schreibe.

Heute stelle ich an die Spitze unserer „Wie kam es?“ - Betrachtungen jene Persönlichkeit, auf die der Herr Jesus mit einem so unsagbaren Ernst als auf ein Warnungszeichen hinweist mit den Worten: „Gedenket an Lots Weib!“ (Luk. 17,32) Am allerernstesten scheint es mir zu sein, daß Er dies Warnungswort an Seine Jünger richtet. (V. 22ff.)

Also kann man ein Jünger sein und dennoch verlorengehen - denn daß Lots Weib verlorenging, daran ist doch nicht zu zweifeln! Somit ist das Wort „Jünger“ noch nicht immer gleichbedeutend mit „Kind Gottes“. Denn ein wahres Kind Gottes geht nimmermehr verloren! Oder aber Seine wahren Jünger sollen mit dieser Warnung zur Entschiedenheit angefeuert werden, da sie auch leicht auf andere den Eindruck machen könnten, sie glichen Lots Weib. Wie dem nun auch sei - „wie kam es“, daß dies unglückliche Weib eines, wenn auch noch so schwach stehenden, Gläubigen ihr Vorrecht, mit aus Sodom herausgerettet zu werden, verscherzte? (1. Mos. 19) O es ließe sich vieles sagen über das sicherlich traurige Leben dieser Frau, denn daß Lot in den Augen seiner ungläubigen Schwiegersöhne war „wie einer, der Scherz treibt“ (V. 14), das war auch ihre Schuld mit - in der Ehe haben stets beide Teile ihre Verantwortung mit- und füreinander und zusammen für andere! Und eine Sarah war z. B. in Hagars Sache, die Abraham zum Fallstrick hätte werden können, eine bessere Gehilfin für ihren Mann (Kap. 16), als das Weib des Lot ihm gewesen sein konnte. Aber um eine kurz sein sollende Antwort zu geben, genügt es, einfach zu betonen, daß ihr Zurückblicken (V. 26) zurückzuführen ist auf ihre Weltliebe und Unentschiedenheit. Es waren die inneren Bindungen an Sodom, die sie aus Kummer und Neugier sich umsehen ließen, es war aber auch ihr nicht Gelernthaben, Gott aufs Wort zu gehorchen - Lot selber sah sich nicht um! -, das sie den Befehl Gottes vergessen ließ! Wie ernst ist das! Schon ihr Stillstehen (das zum sich Umsehenkönnen nötig ist), zeigt ihren Mangel an Gehorsam. - Lernen wir doch daraus, Geliebte! „Gedenket an Lots Weib!“ Stillstand ist schon Rückschritt in geistlicher Hinsicht. Wir sollen wachsen (2. Petr. 3,18 u. a.), wir sollen kämpfen (1. Tim. 6,10ff.!!), wir sollen, weil's möglich ist!, Überwinder sein, ja, mehr als das! (Röm. 8,27) „Bleibet nicht stehen!“ (Vgl. V. 17 ganz!) Möge Gott uns Gnade schenken, vielmehr: mögen wir Gnade nehmen (vgl. „laßt uns Gnade haben!“ in Hebr. 12,28), um von Lots Weib zu lernen, wie wir's nicht machen dürfen, wenn wir nicht Unwiederbringliches einbüßen wollen! „Gedenket an Lots Weib!“

Ja, „wie kam es“? -

Die Lösung, „wie es kam“ bei dem „reichen Jüngling“ (Luk. 18 u. Parall.), ist in dem einen

kleinen Wörtchen „denn“ gegeben: „... denn er hatte viele Güter“, oder: „denn er war sehr reich“! (V. 23) Und die schmerzliche, tiefbewegende Antwort Des HErrn auf das Betrübtwerden des jungen Obersten zeigt auch uns, welch ein Hindernis in geistlicher Hinsicht die Güter - irgendwelche!- sind. „Wie schwerlich werden die, welche Güter haben, in das Reich Gottes eingehen! (V. 34) Die Frage der Jünger und des HErrn Antwort Gibt uns noch mehr Aufschluß und sollte ernstlich von uns geprüft werden, wenn je die Gefahr wächst, durch - nochmals sei's gesagt! - irgendwelche Güter im praktischen Leben gehindert zu werden, Ihm, dem HErrn, den Vorrang in allem zu lassen oder eingeräumt zu halten. (Kol. 1,18) Was ist Er uns wert, oder um welchen Preis ist Er - und wenn schon nicht Er Selbst, so doch Sein Friede, Seine Freude, Seine Liebe usw. - uns feil? Das klingt nur schroff, in Wirklichkeit treten die Güter leicht einmal an die Stelle, die nur Ihm gebührt, und dann tritt das schon bei dem vorigen Abschnitt genannte Wort 1. Tim. 6,10ff. voll in sein Recht. Wie sollte uns diese Erkenntnis beugen und zurechtbringen, wenn irgendwie geistliche Verluste um irdischen Gewinns willen eingetreten sind! „Wie kam es?“ „... denn er war sehr reich!“ - so kam es, daß er betrübt von dannen ging, er, der zu Hohem berufen schien! Bruder, Schwester, was ist Christus Jesus uns wert? Laßt uns dem „Totalitätsanspruch“ des HErrn nicht ausweichen, es wäre uns zum Schaden, und umgekehrt dient es uns zu ewigem Segen, wenn wir mehr und mehr zu verwirklichen lernen, was Luk. 14,33 steht! Dadurch werden wir nicht etwa unbrauchbar für diese Welt und die Aufgaben in ihr, aber wir bewerten die Dinge richtiger und werden nicht „kraftloses Salz“. (V. 34)

Also „wie kam es“? Wir wissen es genau genug - aber wollen wir lernen daraus für uns?

In 3. Mose 10 wird uns ein tieferschütterndes Ereignis erzählt, das sehr erinnert an die Geschichte von „Ananias und Saphira“. (Apgesch. 5 und vgl. Lief. 5 d. J.!) Man könnte sagen, daß dies Ehepaar geistlicherweise das gleiche tat wie die Hauptpersonen jenes Geschehnisses: Nadab und Abihu. Auch Ananias und Saphira - Priester im neutestamentlichen Sinne! - brachten gleichsam „fremdes Feuer“, wollten den Anschein erwecken, das gleiche zu tun wie die anderen, aber sie heuchelten und - wurden sofort gerichtet! Und Nadab und Abihu? „Fremdes Feuer, das Jehova nicht geboten hatte“, heißt es in V. 1! Es ist müßig, auf die Zusammensetzung irgendwelchen „Feuers“, mit dem man den Gottesdienst ausüben will,

Gewicht zu legen, denn es ist wertlos vor Gott und ruft Sein Mißfallen hervor. „Wie kam es“, daß diese beiden Priester Gottes so furchtbar und eindrücklich gerichtet werden? „Fremdes Feuer“ brachten sie dar! Ja, so sagt die Schrift. Aber wußten sie - als Priester, Söhne Aarons! - das denn nicht? Gewiß, doch hier liegt wohl die tiefere Antwort Auf die Frage: „Wie kam es?“ Sie mochten denken, mit Eigenem Gott ebenso gut dienen zu können wie mit dem ihnen von Ihm Gebotenen; vielleicht hätten sie sich, wenn alles gut gegangen wäre, dessen gar noch gerühmt, daß sie mit ihrem eigenen Gedankenerzeugnis ebenso gut hätten dienen können wie Eleasar und Thamar mit dem von Gott gebotenen Feuer! Vielleicht hätten sie ihre „Erfindung“, daß man auf diese Weise die schwierigen (?? 1. Joh. 5,3b!) Gebote des HErrn umgehen könnte, nutzbar gemacht oder zu machen gesucht für die ganze Priesterschaft, und - das hätte der Tod für den gottgewollten Priesterdienst werden können, in dem doch alles vorbildlich auf Christus war (auch das heilige Feuer und das heilige Räucherwerk!). Aber was kümmert das den, der sich rühmt, in „eigenwilligem Gottesdienst“ einen besonderen „Schein der Weisheit“ zu haben (Kol. 2,23) oder den Anschein einer besonderen Weisheit erwecken zu können - ja, was kümmert es ihn, was Jehova will, wenn der Mensch hier Grund zum Triumph hat darüber, daß er selber „etwas kann“ und nicht nötig hat, sich gängeln zu lassen?! Ja, im Grunde genommen ist jeder „eigenwillige Gottesdienst“ nur Ungehorsam wie bei Saul. (1. Sam. 15,23, vgl. Lief. 1!) Und das ist so geblieben bis heute und nicht nur in den schriftwidrigen Einrichtungen der großen Religionsanstalten, sondern auch in der Gemeinde der Heiligen. Wer etwas sein und können will, ohne Gottes Wort und Willen hinter sich zu haben, wer sich zu einem Dienst für Gott begeistern läßt ohne durch den „Geist aus Gott“ (1. Kor. 2,12), der bringt „fremdes Feuer“! Hierher gehört die ungöttliche Begeisterung mit dem sogen. „Pfingstgeist“ der „Zungenbewegung“, der ein Geist von unten ist, jedoch auch jegliche Beeinflussung, die nicht durch den nur ans Wort gebundenen Geist Christi gewirkt ist, wie z. B. die Abhängigkeit von dem von den Vätern Überkommenen - wo man nach laodizäischer Art nicht mehr weiter lernt, sondern stehen bleibt und sich des Habens der ganzen Wahrheit rühmt - oder die Verwurzelung in Regeln, Sitten und Gebräuchen, die, aus der Welt übernommen, in der Gemeinde zweckmäßig erscheinen, dabei aber weiter nichts sind als tote Form usw. „Fremdes Feuer“, nicht gewirkt durch den stets nur Christum verherrlichenden Geist, der nur das Wort gelten

läßt, kann unmöglich das Wohlgefallen des HErrn haben, es ist die Wiedereinsetzung des „Menschen im Fleisch“, der am Kreuze sein Ende gefunden hat (3. Mos. 9!), in geistliche Rechte, die nur einer hat: der HErr Selbst, in der Mitte der Seinen wirksam durch Seinen Geist und Sein lebendiges Wort. Wie kam es also, daß Nadab und Abihu eines so fürchterlichen Todes vor Jehova starben? Sie hatten vergessen, wer und wo sie waren, sie wollten selbst etwas tun und haben, womit sie vor Gott und Menschen glänzen könnten, sie haben in Wahrheit „um den Preis ihrer Seele geirrt“ (Jer. 42,20), sie mußten Jehova besser kennen, aber sie waren verblendet durch ihr eigenes Können und (vermeintlich) „bestes Wollen“! Laßt uns sie nicht verurteilen, ohne uns selber tief zu verurteilen und zu beugen! Was ist der Mensch! Wie leicht vergißt er, was er ist und was der HErr ist! Wie leicht spielt auch der Gläubige, obwohl nach 1. Petr. 2 zum heiligen Priestertum gehörig, mit falschen Einbildungen über sich selbst und Gottes Heiligkeit! Wohl ist der HErr barmherzig, aber - einst und vielleicht wie bald: vor Seinem Richterstuhle wird viel „fremdes Feuer“ sein verdientes Gericht finden, Geschwister! Seien wir doch auf der Hut! 3. Mose 10,3, das ich schon bezüglich Mose in Lief. 9 nennen durfte (S. 205), behält auch auf neutestamentlichem Grunde seine tiefe, geistliche Bedeutung.

„Wie kam es?“

Der verfügbare Raum in dieser Lief. ist bald zu Ende, darum werfen wir zum Schluß nur noch einen kleinen Blick auf das ernste „Wie kam es?“ bei dem König Joas in 2. Chron. 24,2 u. 17ff. Solange der Priester Jojada lebte, solange tat Joas, was recht war in den Augen Jehovas. Ein schönes Zeugnis für Jojada, überhaupt für gottgegebene Führer (vgl. 2. Tim. 3,10!), aber der König handelte aus Menschengefälligkeit, und als der Priester Jojada gestorben war, da zeigte sich des armen Königs Unselbständigkeit und daraus entstehender Abfall nebst schwerster Sünde. (V. 21.22!) Aber er bekam seinen Lohn. (V. 24.25!) „Wie kam es“ bei ihm? Er hatte kein festes Herz! Auch das redet zu uns! (Hebr. 13,8.9!) Merken wir nur auf! Und dazu gleich noch ein Wort über den Nachfolger des Joas, seinen Sohn Amazja, in 2. Chron. 25! Man lese das ganze Kapitel, das mancherlei Belehrungen für uns enthält! Wie schmerzlich, daß auch dieser Mann, der ebenso wie Joas ziemlich gut anfing, solch traurigen Fortgang und solch elendes Ende hatte. (V. 27!) Aber „wie kam es“? Ach, er hatte, wie die Schrift bezeugt, kein

ungeteiltes Herz! (V. 2) Darum stellte er auch die Edomitergötter sich zu Göttern auf (V. 14ff.), und darum erhob sich auch sein Herz (V. 18.19) und ließ sich nicht sagen! Geliebte, haben wir stets und überall ein ungeteiltes Herz? Der HErr gebe uns Gnade dazu, die Wichtigkeit dessen zu erkennen und uns zu beugen, wenn hier Mängel, vielleicht tief verborgene, aber ängstlich gehütete, liegen, die dann, wenn's drauf ankommt, uns in traurigster Weise zu Fall kommen lassen. Möge Ps. 119,10.11 unser Gebet und unser Handeln sein, dann werden wir keine solche schmerzlichen „Wie kam es?“ zu beklagen haben.

Doch hiermit will ich für heute schließen! Möge der HErr Sein heilig Wort an unser aller Herzen lebendig wirken lassen Ihm zum Ruhm, uns zur Auferbauung und dadurch auch anderen zum Segen!

Das Wort des HErrn bleibt in Ewigkeit!“ (1. Petr. 1,23) „Wie kam es?“

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Die drei Hauptsachen.

„Jesus spricht zu ihm: Du hast es gesagt. Doch Ich sage euch: Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht und kommen auf den Wolken des Himmels.“ (Matth. 26,64)

In obiger Schriftstelle unterscheiden wir drei Hauptpunkte: 1. Die Person des HErrn; 2. das vollbrachte Werk des HErrn; 3. die herrliche Erscheinung des HErrn zum Gericht.

Als der HErr vor dem Hohenpriester und dem jüdischen Synedrium stand, antwortete Er nichts auf ihre kleinlichen und widersprechenden Anklagen und Angriffe; als aber der Hohepriester aufstand und Ihn bei dem lebendigen Gott beschwor zu sagen, ob Er der Christus, der Sohn Gottes, sei, tat Er Seinen Mund auf und bestätigte einfach und schlicht, daß Er gerade das sei,

was Kaiphas gefragt hatte. Alles hängt davon ab, ob Er die richtige Person ist; Er Selbst in Seiner stillen und demütigen Weise bezeugt, daß Er der Christus, der Sohn Gottes ist. Er ist Gottes Gesalbter und Gottes Sohn. Gott hat Ihn als Seinen König auf Zion gesalbt. (Ps. 2,6)

Und dann erzählt dieser Gesalbte von dem Beschluß, indem Jehova zu Ihm gesprochen hat: „Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeugt.“ (Ps. 2,7) Das bedeutet, daß Er von Ewigkeit her Gottes Sohn ist und daß Er an einem bestimmten Tage Mensch geworden ist. „Da zerriß der Hohepriester seine Kleider und sprach: Er hat gelästert.“ (Matth. 26,65) Wir weisen sein Urteil mit unserem ganzen Herzen zurück, denn im Glauben haben wir schon Gottes Zeugnis über Seinen Sohn vernommen: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ (Matth. 3,17) Wohl ist diese Person so wunderbar, daß wir sie mit unserem beschränkten Verstand weder zu fassen noch zu verstehen vermögen; Er Selbst sagte einmal: „Und niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater.“ (Matth. 11,27) Es genügt uns vollständig, daß Er die richtige Person, die Offenbarung Gottes Selbst ist. Immer macht der Feind listige Angriffe auf die Person des Herrn Jesus Christus; schon an dem Tage, als der Versucher zu Ihm trat und sprach: „Wenn Du Gottes Sohn bist ...“ (Matth. 4,3) Leider werden diese Angriffe nicht nur von ausgesprochenen Gottesleugnern gemacht, sondern der Teufel verwendet auch solche dazu, die sich Christen nennen, um Seine Person herunterzusetzen. Unsere Absicht ist nicht, hier auf diese raffinierten Angriffe auf die Person Christi einzugehen, doch sollten sich alle Kinder Gottes davor hüten, von diesem verderblichen Sauerteig angesteckt zu werden. Der HErr Selbst weist in Seiner bündigen Erklärung Kaiphas gegenüber auf Seine Person als die erste Hauptsache hin.

Die zweite Hauptsache ist Sein vollbrachtes Werk, denn Er sagt: „Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht.“ (Matth. 26,64) Niemals hätte Er Seinen Platz auf dem Thron Gottes eingenommen, wenn Er nicht alles erfüllt und alles vollbracht hätte. Derselbe, der in Ps. 2 sagte: „Du bist Mein Sohn“, Derselbe ist es, der nun zu dem HErrn spricht: „Setze Dich zu Meiner Rechten, bis Ich Deine Feinde lege zum Schemel Deiner Füße!“ (Ps. 110,1) Diese Tatsache ist von großer Bedeutung, denn der Heilige Geist betont sie wiederholt und hebt sie immer wieder hervor. Derselbe große Feind, der Angriffe auf

die Person Christi macht, setzt alle Hebel in Bewegung, um das vollbrachte Werk Christi, des Gesalbten Gottes, zu verkleinern oder ungültig zu machen; doch die inspirierten Schriften bezeugen diese zweite Hauptsache in klaren und bestimmten Worten als unumstößliche Tatsache.

Im Alten Bunde stand der Priester „täglich da ... oft dieselben Schlachtopfer darbringend, welche niemals Sünden hinwegnehmen konnten, Er aber, nachdem Er ein Schlachtopfer für Sünden dargebracht, hat Sich auf immerdar gesetzt zur Rechten Gottes, fortan wartend, bis Seine Feinde gelegt sind zum Schemel Seiner Füße“. (Hebr. 10,11-13) Gott forderte Seinen geliebten Sohn auf, Sich zu Seiner Rechten zu setzen, weil Er mit dem wunderbaren Erlösungswerk am Kreuzesstamme auf ewig zufrieden war; und nicht nur das, der HErr Selbst sagte, daß Er überwunden habe und Sich mit Seinem Vater gesetzt habe auf Seinen Thron. (Offenb. 3,21)

Wenn Er zu Kaiphas und dem Synedrium sagte: „Von nun an werdet ihr den Sohn des Menschen sitzen sehen zur Rechten der Macht“, so bedeutet das, daß Er im Begriff war, das große Opfer zu vollbringen und daß Ihn nichts daran hindern konnte, denn es war der feste Beschluß des dreieinigen Gottes von Ewigkeit; ein Fehlschlag war einfach ausgeschlossen und unmöglich. Kaiphas verwarf auch diese zweite Behauptung des HErrn, und das Synedrium antwortete und sprach: „Er ist des Todes schuldig.“ (Matth. 26,66) Die wahrhaftigen Gläubigen aller Zeiten aber halten obigen Ausspruch des HErrn im Glauben fest. Es ist ihnen ein reicher Trost, zu wissen, daß Er zur Rechten der Majestät in der Höhe sitzt. (Eph. 1,20; Hebr.1,3; 8,1) Auf diesem Fundament stehen sie mit gereinigtem Gewissen, indem sie Frieden mit Gott im Herzen haben.

Der dritte Punkt ist, daß Er auf den Wolken des Himmels kommen wird. Er hat das wohl dem Kaiphas und dem jüdischen Synedrium gesagt, Er sagt es aber auch uns und allen, die Ohren haben, zu hören. Wer jetzt nicht im Glauben den Sohn des Menschen zur Rechten der Macht sitzen sieht, der wird Ihn tatsächlich dann sehen, wenn Er mit den Wolken kommt. Die Schrift sagt: „Jedes Auge wird Ihn sehen, auch die Ihn durchstochen haben, und wehklagen werden

Seinetwegen alle Stämme des Landes. Ja, Amen.“ (Offenb. 1,7) Eine wunderbare poetische Beschreibung finden wir in den Psalmen: „Da wankte und bebte die Erde, und die Grundfesten der Berge erzitterten und wankten, weil Er entbrannt war ... Und Er neigte die Himmel und fuhr hernieder, und Dunkel war unter Seinen Füßen ... Und es donnerte Jehova in den Himmeln, und der Höchste ließ Seine Stimme erschallen.“ (Ps. 18,7-13)

Sehr wahrscheinlich konnten der Hohepriester und andere theologisch ausgebildeten Glieder des Synedriums über bedeutungslose Spitzfindigkeiten klügeln und argumentieren, aber die geistliche Bedeutung des Wortes war ihnen verborgen, denn „das Geheimnis Jehovas ist für die, welche Ihn fürchten.“ (Ps. 25,14) Ja, das Kommen oder die Erscheinung des HErrn auf den Wolken des Himmels mit Macht und großer Herrlichkeit (Matth. 24,30) ist die dritte Hauptsache; und es ist der Wunsch jedes treuen und demütigen Gotteskindes, mit Ihm zu kommen, denn „wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit Ihm geoffenbart werden in der Herrlichkeit“ (Kol. 3,4); denn das ist die Offenbarung der Söhne Gottes. (Röm. 8,18.19)

„Und die Kriegsheere, die in dem Himmel sind, folgten Ihm auf weißen Pferden, angetan mit weißer, reiner Leinwand. “ (Offenb. 19,14) Henoch, der siebente von Adam, weissagte: „Siehe, der HErr ist gekommen inmitten Seiner heiligen Tausende, Gericht auszuführen ...“ (Juda 14) Hier handelt es sich nicht um die Ankunft unseres Herrn Jesus Christus und um unser Versammeltwerden zu Ihm hin (2. Thess. 2,1), sondern um den Tag, wenn Er Vergeltung gibt denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen: „welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des HErrn und von der Herrlichkeit Seiner Stärke“. (2. Thess. 1,8.9)

Der Feind rüttelt auch beständig an dieser Tatsache; er flüstert es so manchen ins Ohr, daß es eine solche Vergeltung, ein solches Gericht ja nicht geben könne, da es nicht mit der Liebe Gottes übereinstimme!! Doch es ist der „Tag der Rache unseres Gottes“. (Jes. 61,2) Die Lehre vom ewigen Gericht gehört auch zu dem Wort von dem Anfang des Christus. (Hebr. 6,1.2)

vollgültiges Erlösungswerk; 3. Seine herrliche Erscheinung zum Gericht, sind uns vom HErrn Selbst bezeugte Tatsachen, die das Herz jedes Gläubigen mit Freude und Anbetung erfüllen.

F. B.

Frage und Antwort

Frage 19

„Wie kann ich meinen Freunden nachweisen, daß der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern Gott Selbst ist?“

Antwort A

Unsere Frage führt in die Ewigkeit hinein, in die unergründlichen Tiefen der Gottheit. Voraussetzung alles Nachdenkens hierüber ist die Erkenntnis unserer eigenen Unzulänglichkeit. Gott ist im Himmel, und der Mensch ist auf Erden, und bei aller Begnadigung des Sünders bleibt der ewige Abstand bestehen. Nur mit tiefster Ehrfurcht können wir ein wenig über das Wesen des Unendlichen nachsinnen. Christus und Gott - in welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Das ist, zum Teil erweitert, unsere Frage.

Bei den verschiedensten Gelegenheiten hat der „Sohn Gottes“ Selbst einen deutlichen Unterschied zwischen Sich und „Gott“ gemacht.

„Ihr glaubet an ‚Gott‘; glaubet auch an Mich.“ (Joh. 14,1) „Dies ist aber das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren ‚Gott‘, und Den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ (Joh. 17,3) Darum nennt Er den Vater auch Seinen „Gott“. „Mein ‚Gott‘, Mein ‚Gott‘, warum hast DuMich verlassen?“ (Mark. 15,34) „Ich fahre auf ... zu Meinem ‚Gott‘und eurem Gott.“ (Joh. 20,17)

Denselben Unterschied machen des öfteren Seine Apostel; zum Beispiel: Gott ist der „ ‚Gott‘...

unseres Herrn Jesus Christus“ (Eph. 1,3), „Christus ist ‚Gottes‘“. (1. Kor. 3,23) Was Christus lebt, „lebt Er ‚Gott‘ “. (Röm. 6,10) „ ‚Gott‘war in Christo“, die Welt mit Sich Selbst versöhnend. (2. Kor. 5,19) Darum ist das Ziel der Erlösung auch der „Thron ‚Gottes‘und des Lammes“. (Offenb. 22,3)

In all diesen Stellen - und ihre Zahl ließe sich ohne Schwierigkeit wesentlich vermehren - wird das Wort „Gott“, gerade in einem Zusammenhang, wo auch von Christus die Rede ist (!), nicht auf den „Sohn“ (Joh. 1,18; 3,16; 11,27; 20,31; 1. Joh. 4,9 u. v. m.), sondern auf den Vater angewandt!

Daher der Gedanke mancher, daß der „Sohn“ überhaupt nicht als „Gott“, sondern eben nur als „Sohn“ Gottes bezeichnet werden dürfe. Alles andere sei theologische Spekulation und Ballast traditioneller Dogmatik. Die Bibel selber bezeichne den „Sohn“ niemals als „Gott“, daher dürften auch wir dies nicht tun.

Dabei übersehen sie aber, daß dieser ersten Reihe von Schriftstellen eine zweite gegenübersteht und sich mit ihr harmonisch verbindet, die dies dennoch tut!

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh. 1,1) Dies ist das Wort, welches dann später in Christo Fleisch geworden ist. (Joh. 1,14) Also ist Christus „Gott“! Als solchen hat Er Sich auch in Seiner Menschwerdung Seinem Volke, wenn auch verhüllt, dargeboten. Darum lautet der Vorwurf Seiner Gegner nicht nur, daß Er Sich zu „Gottes Sohn“ mache (Matth. 26,63), sondern zu „Gott“. „Wegen eines guten Werkes steinigen wir Dich nicht, sondern wegen der Lästerung, und weil Du, der Du ein Mensch bist, Dich Selbst zu Gott machst.“ (Joh. 10,33) So sagt auch Paulus im Römerbrief, wo er die Vorrechte Israels aufzählt: „... Deren die Väter sind, und aus welchen, dem Fleische nach, der Christus ist, welcher über allem ist, Gott gepriesen in Ewigkeit.“ (Röm. 9,5) Auch Johannes bezeugt: „Wir wissen aber, daß der Sohn Gottes gekommen ist und uns ein Verständnis gegeben hat, auf daß wir den Wahrhaftigen kennen; und wir sind in dem Wahrhaftigen, in Seinem Sohne Jesus Christus. Dieser ist der wahrhaftige ‚Gott‘und das ewige Leben.“ (1. Joh. 5,20) Darum nennt der Apostel

unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus“. (Tit. 2,13) Und in der Ewigkeit redet der Vater Selbst den Sohn klar als „Gott“ an. Denn „in bezug auf die Engel zwar spricht Er: ‚der Seine Engel zu Winden macht und Seine Diener zu einer Feuerflamme‘; in bezug auf den Sohn aber: ‚Dein Thron, o Gott, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit; ... Du hast Gerechtigkeit geliebt und Gesetzlosigkeit gehaßt; darum hat Gott, Dein Gott, Dich gesalbt mit Freudenöl über Deine Genossen.‘ “ (Hebr. 1,7-9)

So ist beides zugleich wahr: der Sohn ist „Gott“, und der Vater ist „Gott“; der Vater ist der Gott des Sohnes, „Sein“ Gott. Wie dies aber zu erklären ist, weiß kein Mensch und kann nie einer wissen. Uns genügt die Tatsache des Schriftzeugnisses.

Die Unfruchtbarkeit und Sinnlosigkeit christologischer Spekulationen und Debatten haben die „trinitarischen“ Streitigkeiten des 4.-6. Jahrhunderts zur Genüge bewiesen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts tauchten sie in England unter den Gläubigen noch einmal auf, nur mit weniger Scharfsinn und geringerer philosophischer Logik. So verlor man sich in Spitzfindigkeiten, redete oft aneinander vorbei und betrieb Haarspaltereien mit - stumpfen Messern. Dasselbe sehen wir heute gelegentlich in Deutschland. Wahres Wissen aber weiß hier seine Grenzen, sein Nichtwissen.

Bei einer ganz präzisen Fragestellung müßte aus unserer obigen Frage das Wort „selbst“ gestrichen werden. Es ist sowohl vor als auch nach dem Wort „Gott“ undeutlich. Die Frage sollte nicht lauten: „Ist der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern Gott Selbst?“, sondern: „Ist der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern direkt Gott?“ Denn bei ersterer Fragestellung denkt man bei „Gott“ sofort an den Vater, und dann wäre sie allerdings mit „Nein“ zu beantworten; denn der „Sohn“ ist nicht der „Vater“. Wohl aber sind beide „Gott“!

Die beste Darstellung (nicht „Erklärung“) dieses ewigkeitlichen Verhältnisses hat der bekannte große Mohammedanermissionar Raimundus Lullus (gest. 1315) gegeben. Es ist ein Dreieck mit Schwerpunkt und Winkelverbindungslinien sowie sinnvoller Eintragung der Worte „Gott, Vater, Sohn, Heiliger Geist“ und der Wörtchen „ist“ bzw. „ist nicht“.

Dreieinigkeit

Das heißt: Der Vater „ist nicht“ der Sohn; der Sohn „ist nicht“ der Heilige Geist; der Heilige Geist „ist nicht“ der Vater.

Aber: Der Vater „ist“ Gott; der Sohn „ist“ Gott; der Heilige Geist „ist“ Gott.

Gott ist vollkommene Liebe. Aus dem Wesen der Liebe aber folgt notwendig Dreieinheit. Wie schon Augustinus sagte: „Wenn Gott die Liebe ist, dann muß in Ihm ein Liebender, ein Geliebter und ein Geist der Liebe sein; denn es ist keine Liebe denkbar ohne einen Liebenden und einen Geliebten.“ Nun mag zwar bei Menschen ein Liebesbund schon in der Zweiheit der Personen - und gerade in ihr! - seine Genüge finden. Nichtsdestoweniger liegt es im idealen Begriff der Liebe selber, stets eine Dreieinheit zu sein:

ein Aus-sich-sein der Liebe, da sie aus dem Liebenden hervor geht,

ein Zu-sich-sein der Liebe, da sie zu dem Geliebten hin strebt, und

ein In-sich-sein der Liebe, da sie die beiden durch den gemeinsamen Geist der Verbundenheit ineinander verschlingt.

So weit gelangt, tastend, das menschliche Denken, daß aber diesen drei Momenten der Gottesidee auch tatsächlich drei Personen oder, besser gesagt, Überpersonen entsprechen, das vermag nur die Offenbarung des ewigen Gottes Selber kundzutun. Der Vater ist der aus Sich seiende, der Sohn der zu Sich gelangende, der Geist der Sich in Sich bewegende Gott: der Vater ist der Liebende, der Sohn der Geliebte, der Heilige Geist der Geist der Liebe.

Der Vater ist als Vater der überzeitliche Urgrund der Taten des Sohnes und der Ausgangspunkt aller Offenbarungen der Gottheit. (Eph. 1,9.11) Alles, was der Sohn hat, hat Ihm der Vater „gegeben“. (Joh. 5,26; 6,37; Ps. 2,8) Der Sohn ist der vom Vater „Gesandte“ (Matth. 10,40; Joh. 3,17; 4,34; 7,16; Gal. 4,4 u. a.), der von Ihm „Ausgegangene“ (Joh. 16,27.28; 17,8), ja, die „Gabe“ des Vaters an die Welt. (Joh. 3,16; 2. Kor. 9,15) So ist denn der Vater der Ausgangspunkt, der Sich aus Sich bewegende Gott.

Wenn aber der Vater als dieser Urgrund alles dem Sohne „gegeben“ (Joh. 5,26), ja alles „für“ den Sohn erschaffen hat (Kol. 1,16), so daß Dieser der „Erbe aller Dinge“ ist (Hebr. 1,2), dann ist der Sohn in der Gottheit dasjenige Ich, zu Dem die Tätigkeiten des Vaters hin gelangen, also der zu Sich seiende Gott.

Der Geist ist dann der Sich in Sich bewegende Gott, der gleicherweise vom Vater (Joh. 14,16; Gal. 4,6) wie vom Sohne ausgeht (Joh. 16,7; Apgesch. 2,33) und darum sowohl „Geist Gottes“ (Röm. 8,14) als auch „Geist des Sohnes“ genannt wird (Röm. 8,9; Gal. 4,6), also in gleichem Verhältnis zum Vater und zum Sohne steht.

Drei Überpersonen und doch ein Gott, Hervorgehen aller Taten des Sohnes aus dem Vater und

doch ewige Anfangslosigkeit wie Er, Wesensgleichheit mit Gott und doch freiwillige Unterordnung (1. Kor. 15,28), Ursache aller Ursachen und doch Selber unverursacht - wahrlich hier sind Geheimnisse über Geheimnisse. Hier steht der endliche Geist ewig vor dem Rätsel des Unendlichen. Selbst bis in endlose Ewigkeit gelangt raumzeitliches Denken niemals in die Sphäre der Überräumlichkeit und Überzeitlichkeit Gottes hinein. Denn Gleiches wird nur von Gleichem erkannt, also Gott nur durch Gott.

In der Heilsgeschichte aber ist eine wunderbare Tatoffenbarung dieses ganzen, unendlichen Gottes:

Er verklärt Sich vor aller Zeit als der Ursprung der Schöpfung in der Hervorbringung der Welt und der Menschheit als ihrer Krone;

Er verklärt Sich im Ablauf der Zeit als Begründer des Heils im Menschwerden, Sterben und Auferstehen und

Er verklärt Sich am Ende der Zeit als Vollender des Heils in der Beseligung aller erlösten Geschöpfe.

Aber hinter dieser dreifachen Offenbarung Seiner ewigen Liebe steht Er Selbst, der ganze, dreieinige Gott, und zwar so, daß wohl in allen Offenbarungen der ganze Gott wirkt, daß aber beim Ursprung der Vater besonders hervortritt, bei der Erlösung der Sohn und in der Vollendung der Heilige Geist.

Der Vater ist Gott über uns, der Anfang und das Ziel;

der Sohn ist Gott bei uns, der ewige Mittler;

der Geist ist Gott in uns, der Verklärer und Vollender.

So aber wird die Heilsgeschichte eine dreifache Tat des dreieinigen Gottes und damit zugleich eine persönliche Selbstentfaltung des Ewigen.

Auch in der Wiedergeburt des einzelnen ist der ganze Gott wirksam: er ist geboren aus Gott dem Vater (1. Joh. 4,7), auf Grund des Werkes des Sohnes (1. Petr. 1,3), durch die Wirksamkeit des Heiligen Geistes. (Joh. 3,5-8)

„Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Joh. 3,1)

Ihm aber, „dem Könige der Zeitalter, dem unverweslichen, unsichtbaren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ (1. Tim. 1,17)

Er. Sr.

Zusätze des Schriftleiters

Der Verfasser dieser kostbaren Antwort schreibt in seinem Begleitbrief: „Ist Dir die Antwort zu lang oder stimmst Du manchem nicht bei, so kannst Du kürzen. Es läßt sich andererseits ja auch noch unendlich viel hinzufügen. Vieles müßte noch mehr begründet werden.“ - Nun, ich habe nichts gekürzt, das durfte ich schon nicht wagen, um die Einheitlichkeit der Antwort nicht zu stören, aber ich würde es auch nirgends für nötig ansehen zu kürzen. Freilich - zum Erweitern läßt die Antwort Raum genug. Dennoch möchte ich nicht viel schreiben, um nicht ein „Buch“ hinzuzufügen! Jedoch sei eins gesagt: Gerade solche „christologischen“ Fragen scheinen mir sehr wichtig, und ich habe in den „Handr.“ mich öfter mit solchen befaßt. Ich darf da u. a. erinnern an den Aussatz über „Seine Armut“ in Jahrb. 6; ferner an die über den „Sohn des Menschen“ in Jahrbuch 6 und an die über Gal. 4,4 („Geboren von einem Weibe, geboren unter Gesetz“), in Jahrb. 11, wo ich auch eingehend über Gegenstände vorliegender Frage schrieb, u. a. Aber auch andere Mitarbeiter haben sich in ähnlichen Aufsätzen über diesen köstlichen Gegenstand geäußert, so z. B. in Jahrb. 9 über Matth. 11,27 (O. v. Br.); „Der Eingeborene und der Erstgeborene“, Jahrb. 10 (Gr.), usw. Öfter hat auch Br. A. v. d. K. hierüber geschrieben, doch fehlt der Raum, um auf alle diese Aufsätze hinzuweisen. Nur noch einige Fragen führe ich an, die man nachlesen wolle im Blick auf oben berührte Gegenstände, u. a. auch die

„Dreieinheit“: Jahrb. 18/11 (Er. Sr.); Jahrbuch 1/10; 6/17 (K. O. St. †!); 13/22 (F. Kpp.); 9/4 usw. Auch Th. K. u. F. Btchr. schreiben über solche Dinge.

Solche Fragen nach der Person des Sohnes sind nicht selten, da ja dem Fürsten der Finsternis nichts wichtiger sein kann, als den Sohn anzutasten. Gelingt ihm dies, dann macht er es dem sich verführenlassenden Menschen unmöglich, errettet zu werden, steht und fällt unsere Errettung doch mit unserer Stellung zum Sohn (Joh. 3,16 u. a.), und außerdem unterbindet der Feind damit auch das Lob, die Ehre des Sohnes, was ihm vielleicht noch wichtiger ist als das Nichtgerettetwerden der Menschen. Über nichts aber wacht der Vater so eifrig, eifersüchtig, wie über die Ehre des Sohnes. (Joh. 5!)

Vor mir liegt eine eben heute angekommene neue ähnliche Frage, die einen Zweifel verrät - nicht an der Ewigkeit des Sohnes Gottes, aber an der Berechtigung des Sohnestitels von Ewigkeit. Der Fragende weiß nicht, ob man vom „ewigen Sohne“ reden darf. Nun, der Ausdruck steht wohl so nicht in der Schrift, aber die Tatsache, daß Er immer von Ewigkeit zu Ewigkeit der Sohn ist - „der Sohn Gottes“ heißt Er als Mensch nach Luk. 1,35! -, die Tatsache wird in der Schrift so überaus deutlich bezeugt, daß ein Zweifel daran schon gefährlich ist, wenn er nicht gar schon auf einen Angriff des Feindes schließen läßt. Ich denke, daß obige Antwort Dem Fragenden hilft. Und im übrigen sagen doch fast alle Stellen vom „Sohn“ (zu unterscheiden vom „Sohn Gottes“), auch insbesondere die 5, die vom „eingeborenen Sohn“ reden (Ev. Joh. 1,14.18; 3,16-18; 1. Joh. 4,9), daß Er stets der Sohn war. Wenn Er nicht stets der Sohn war, der in des Vaters Schoß ist (vgl. meinen Aufsatz über Gal. 4,4 oder Fußnote von Br. A. v. d. K. Jahrb. 10, S. 168!), dann war der Vater einst auch nicht „Vater“, sondern es hatte einen Zeitpunkt geben müssen, an dem Er es geworden wäre. Grenzt das nicht an philosophische Irrlehre? (Gnostizismus, Bibelforscher sprich: -fälscher!) Einige Stellen aber zeigen die gleiche Tatsache deutlich dem Nachdenkenden, so Joh. 8,35.54.59; Hebr. 1,1-5.8 (Spr. 8,30 [vgl. Jahrb. 9/4; Antworten von N. R...y; K. O. St. † u. mir]); Joh. 5! Hebr. 7,28; 13,8; Jes. 9,6 („Vater der Ewigkeit“)!! u. a. Er ist uns geoffenbart als der Sohn von Ewigkeit her, aber wie das Wort „Dreieinheit“ nicht buchstäblich in der Schrift steht und gleichwohl die Tatsache der Dreieinheit unbedingt feststeht (und nicht nur für den Glauben, sondern auch für den bibelgebundenen

Verstand!), so mag vielleicht, wie schon gesagt, der Ausdruck „der ewige Sohn“ aus keiner Übersetzung hervorgehen, aber die Tatsache steht fest. Und sollte, wenn vom „ewigen Geist“ die Rede ist (Hebr. 9,14), der Sohn gewissermaßen weniger ewig sein?! Aber mehr: Die Schrift zeigt uns den „Schoß des Vaters“ als den Platz der vertrauten Gemeinschaft zwischen Vater und Sohn: Den Sohn etwa nicht als ewig ansehen hieße das Liebesband zwischen Vater und Sohn zerreißen oder es erst angeknüpft werden lassen in der Zeit! Aber „Gott ist Liebe“ (1. Joh. 4,8.16), und zwar von Ewigkeit her (oder etwa nicht?!), und der Gegenstand Seiner Liebe war (ist und bleibt in erster Linie) der Sohn. Wenn der Sohn nicht von Ewigkeit her ist, dann die Liebe auch nicht. Zur Liebe aber gehören nicht nur zwei, sondern drei, wie oben in Antwort A so schön gezeigt ist, zum mindesten aber zwei. Woher wüßten wir, was Liebe ist, wenn wir sie nicht in jenem Urbild sähen?!

Ich habe diese Frage hier mit gestreift, um dem Bruder, dem an einer schnellen Antwort Gelegen ist, gleich mitzudienen, da diese Frage ja mit in den Rahmen der vorliegenden Frage paßt. - Noch einmal aber erinnere ich daran, daß „der Sohn“ und „der Sohn Gottes“ - beides nur auf Jesus Christus bezüglich - in der Schrift unterschieden sind. „Sohn Gottes“ heißt Er während Seines Menschseins (Luk. 1,33), und als „Sohn Gottes“ ist Er durch Totenauferstehung erwiesen (Röm. 1,4), aber „der Sohn“ heißt Er in Seinen ewigen Beziehungen zum Vater und in Seiner ewigen Wirksamkeit. (Vgl. Hebr. 1,1-5 u. a.) Neben „Sohn Gottes“ tritt dann noch „Sohn des Menschen“. -

Wenn nun in unserer Frage der Wunsch nach Hilfe geäußert wird, wie der Fragende seinen Freunden nachweisen könne, daß der Herr Jesus nicht nur Gottes Sohn, sondern Gott Selbst, d. i. = „direkt Gott“ (Er. Sr.), ist, so glaube ich, ist darauf zu antworten: Sind die Freunde gläubig? Wenn nicht, und das scheint fast so, dann gilt hier doch 1. Kor. 2,12-14 (vgl. Jahrb. 15, Frage 6!). Es ist meines Erachtens kaum anzunehmen, daß ungläubige, wenn auch religiöse Leute, diese tiefen Dinge über Christus begreifen und sich zu eigen machen können; es ist aber auch nicht nötig, daß sie dieses vor ihrer Bekehrung richtig auffassen und annehmen. Gläubig müssen und können sie werden an den eingeborenen Sohn Gottes, ohne die Tiefe Dessen zu erfassen, der ihnen gepredigt wird als ihr Sünderheiland, „der Heiland der Welt“. (Joh. 4,42)

Kamen sie zu Ihm, entstand durch das Hören der „frohen Botschaft“ von Ihm in ihnen Glauben (Röm. 10) - denn das Wort schafft Leben! -, dann wird der Geist sie nach und nach in die ganze Wahrheit über den Sohn einführen (Joh. 16); aber es ihnen, wenn sie diesen Geist noch nicht haben, beweisen, das dürfte sich als unmöglich zeigen. Doch soll nicht verkannt werden, welch eine Überzeugungskraft darin auch Ungläubigen gegenüber liegt, wenn man ihnen gleichsam die absolute Totalität des Christentums, der Lehre von Christus und ihren Folgen, zeigen kann, indem man ihnen ohne Zaudern bezeugt: „Ja, Christus Jesus ist „über allem Gott, gepriesen in Ewigkeit“. (Röm. 9,5) Er ist „der wahrhaftige Gott und das ewige Leben“ (1. Joh. 5,20), und die Schrift bezeugt aufs klarste: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott und das Wort war Gott“ (d. i. 1. ewiges Dasein des Wortes = Christus n. V. 4 u. 14! 2. ewig Gott nebengeordnet; 3. ewig Gott gleich oder selbst Gott!) (Joh. 1,1) usw. Und wenn wir den Zuhörern bezeugen können, daß wir in unserem Glauben keine Schwierigkeit haben, das ganze Wort Gottes, die ganze Heilige Schrift anzunehmen und vor allem auch das, was sie sagt über den „Sohn Seiner Liebe“ (Kol. 1,13), an dem Er, Gott, Wohlgefallen gefunden hat (Matth. 3), dann helfen wir „suchenden Seelen“ mehr als mit langatmigen theologischen Erklärungen, für die ihnen jegliches Verständnis mangelt. „Die Wahrheit wird - freimachen!“ (Joh. 8,32)

Bekennen sich die „Freunde“ aber als gläubig, dann wäre noch zu vermuten, daß sie durch die Irrtümer irgendwelcher christologischer Irrlehren in Zweifel geraten waren, und dann kann ihnen nur eins helfen: Zurück zum einfachen, kindlichen Glauben an die Schrift! In solchen, aber auch in ersteren Fällen wird sich die Anwendung und Beugung unter Joh. 7,17 empfehlen: ein oft erprobtes, bewährtes Mittel aus dem Munde des HErrn Selbst!

Ich schließe meine „Zusätze“, die sich sozusagen zu einer „Antwort“ ausgewachsen haben, mit der Bitte an die teuren Leser, daß sie (wie ich) mehr und mehr sich mit der kostbaren Person des HErrn beschäftigen möchten. (Joh. 5,39) Kein Gegenstand ist so köstlich, so befriedigend - man denke: da sieht man ganz und gar von sich, von Menschen im Fleisch, von unseren Schwächen und Gebrechen usw. ab! -, so herzerquickend und belebend, so auferbauend wie dieser, d. h. wie Er! Und ich glaube auch sagen zu dürfen: Auf keine andere Weise, durch kein anderes Mittel werden wir das, was wir sein möchten, oder kommen wir so in einen praktischen

geheiligten Zustand hinein, wie wir ihn alle doch so sehr ersehnen, wie durch die innige Beschäftigung mit Ihm und Seiner Schönheit, Seiner Herrlichkeit! 2. Kor. 3,18!

Laßt uns Ihn „betrachten“, bewundern, anbeten - wir werden dadurch immer mehr „reich in Gott“!

Hochgelobt und verherrlicht sei Sein kostbarer Name! „Das Wort ward Fleisch und zeltete unter uns!“ (Joh. 1,14) Dank und Preis sei Ihm in Ewigkeit!

F. K.

Der Mann Gottes aus Juda und der alte Prophet in Bethel.

(1. Kön. 13,11-34.)

Mit einem großen und gefahrvollen Auftrag hatte Gott Seinen Knecht, den Mann Gottes aus Juda, betraut. Treu hatte dieser das Wort Jehovas ausgerichtet, und Gott hatte mit wunderbarer Macht ihn beschirmt und den gottlosen König gedemütigt.

Jetzt kommen wir zum Abschluß der Geschichte. So wie bisher unser Herz mit Bewunderung sowohl über die Treue Gottes als auch über die Treue Seines Knechtes erfüllt wurde, so wird unsere Seele nun mit Trauer und Schmerz erfüllt; ja, Unwille steigt im Herzen wider den alten Propheten auf, und unserem Sinne hätte es mehr entsprochen, wenn das strenge Gericht, das den Mann Gottes aus Juda traf, den alten Propheten in Bethel getroffen hätte.

Aber auch diese Begebenheit ist uns zur Belehrung und Warnung geschrieben. Laßt uns nun dem Berichte der Schrift folgen und von Herzen um ein rechtes Verständnis desselben bitten!

Jerobeam hatte den Mann Gottes eingeladen: „Komm mit mir ins Haus und stärke dich ...“ Jehova aber hatte dem Manne Gottes geboten: „Du sollst kein Brot essen und kein Wasser trinken, und du sollst nicht auf dem Wege zurückkehren, den du gegangen bist.“ (1. Kön.

Worte aber waren klar und nicht mißzuverstehen, und die Sache des Mannes Gottes war nur, dem Worte Jehovas gehorsam zu sein. In dieser Gesinnung antwortete er dann auch dem Könige: „Wenn du mir die Hälfte deines Hauses gäbest, so würde ich nicht mit dir hineingehen; und ich werde kein Brot essen und kein Wasser trinken an diesem Orte.“ (V. 8) Alsdann trat er auf einem anderen Wege den Rückweg nach Juda an. Soweit waren alle Gefahren und Versuchungen glücklich überwunden. Aber er war noch nicht in sein Land zurückgekehrt. Er war noch auf dem Wege, wo Kampf und Versuchung ihm begegnen konnten. Und diese Versuchung nahte ihm jetzt in einer ganz anderen Gestalt als zuvor. Der Feind konnte nicht nur den gottlosen König Jerobeam benutzen, sondern auch einen alten Propheten in Bethel; er tritt uns entgegen als brüllender Löwe, aber auch als ein Engel des Lichtes. Wenn wir ihn in seiner wahren Gestalt sehen, dann fürchten wir uns und suchen Hilfe beim HErrn, so wie Petrus es tat; als er den starken Wind sah, schrie er zum HErrn: „HErr, rette mich!“ Kommt der Feind aber in Engelsgestalt, dann sind wir gar leicht bereit, unserer eigenen Kraft zu vertrauen, und in höchster Gefahr, die Abhängigkeit vom HErrn aufzugeben.

Mit einem „Aber“ berichtet uns Gott von dem Wohnen eines alten Propheten in Bethel. Dessen Söhne kommen und erzählen ihm alles, was der Mann Gottes in Bethel getan, und die Worte, die er zu dem König geredet hatte. Der Vater erkundigt sich nach dem Wege, den der Mann Gottes gegangen, und als er dies erfahren, läßt er den Esel satteln, reitet ihm nach und findet den Mann Gottes unter einer Terebinthe sitzen. Nachdem er sich vergewissert hat, daß er den Mann Gottes aus Juda vor sich hat, spricht er zu ihm: „Komm mit mir nach Hause und iß Brot.“ Als der Mann Gottes aus Juda auch ihn mit dem Befehl seines Gottes, kein Brot und kein Wasser an diesem Orte zu sich zu nehmen, bekannt macht, antwortet ihm der alte Prophet: „Auch ich bin ein Prophet wie du; und ein Engel hat zu mir geredet durch das Wort Jehovas und gesagt: Bringe ihn mit dir in dein Haus zurück, daß er Brot esse und Wasser trinke.“ (V. 18) Dies aber war eine Lüge. Und auf diese Lüge hin kehrte er mit ihm zurück und aß Brot in seinem Hause und trank Wasser.

Die Versuchung war groß! Gefahr nahte sich ihm, von der er nichts ahnte: Er hielt sich vielmehr allen Gefahren und Versuchungen für entronnen. Der ihm gewordene Auftrag war ja

ausgerichtet und er auf dem Wege der Heimkehr. Unter einer Terebinthe ließ er sich nieder. Meinst du nicht, daß die vergangenen Stunden des schweren Kampfes noch einmal an seiner Seele vorüberzogen und daß Freude und Zufriedenheit seine Seele erfüllten? Alles war vorüber; er sieht keine Gefahr mehr. Das götzendienerische Bethel liegt hinter ihm; einsam ruht er unter der Terebinthe in Zufriedenheit und vermeintlicher Sicherheit.

Da naht sich ihm ein ehrwürdiger alter Mann. Sie sind einander unbekannt, aber dieser redet ihn an und fragt, ob er der Mann Gottes aus Juda sei. Und nachdem er dies bejaht, spricht der alte Prophet: „Komm mit mir nach Hause und iß Brot.“ Wie ganz anders ist die Person, die ihn jetzt einladet, Brot zu essen und Wasser in seinem Hause zu trinken, als die Person des Königs Jerobeam! Auch ihm antwortet der Mann Gottes mit dem Befehl seines Gottes. Da stellt sich der alte Prophet ihm vor als einen, der gleichen Standes mit ihm sei. Auch er sei ein Prophet Jehovas, und ein Engel habe ihm eine Botschaft von Gott gebracht, ihn, den Mann Gottes, in sein Haus zu führen, um Brot zu essen und Wasser zu trinken.

Wie gesagt, die Versuchung war groß. Hier stand der Ausspruch, der ihm von Gott gegeben war, dem Ausspruch, den ein Engel von Gott gebracht haben sollte, gegenüber. Gewiß, hier sprach kein feindseliger Jerobeam, hier sprach -zwar ein ihm bisher unbekannter Mann - aber doch ein Mann, der bekannte, ein Bruder zu sein und deshalb als ein solcher auch von ihm angesehen und gehört zu werden Anspruch machte. Aber dessen Worte standen im Widerspruch mit den Worten seines Gottes. Welches Wort sollte ihm jetzt gelten? Das Wort, das Jehova zu ihm geredet hatte, oder das Wort, welches jetzt der alte Prophet zu ihm redete? Eines von beiden mußte zurücktreten.

Wenn der Mann Gottes sich weniger sicher gefühlt und auf seiner Hut gewesen wäre, dann würde er zum mindesten zu seinem Gott gegangen sein und hätte Jehova über diese Sache befragt. Gott würde ihm sicher geantwortet haben. Jehova Selbst hatte ihm befohlen, kein Brot zu essen und kein Wasser zu trinken, und von diesem Worte hätte er nicht anders weichen dürfen, es sei denn, daß auch Jehova Selbst Sein Wort aufgehoben hätte. Wie entschieden ist dagegen die Sprache des Apostels Paulus! Die Botschaft, die Gott ihm offenbart hatte, hielt er

fest, ganz gleich, was auch ein Mensch oder ein Engel dazu sagen mochte; war es mit der göttlichen Botschaft nicht in Übereinstimmung, so sollte jenen ein Fluch treffen. (Gal. 1,8) Der Mann Gottes ging aber an dem Worte Jehovas vorüber und folgte dem Worte eines Menschen.

Alles dieses ist uns zur Ermahnung geschrieben; wir sollen daraus lernen, mehr auf das Wort unseres Gottes zu achten, es festzuhalten und den Worten der Menschen gegenüber zu behaupten. Ohne Zweifel hatte Gott einst den alten Propheten als Seinen Mund gebraucht; und Gott wählt Sich heute noch Menschen als Werkzeuge für Seinen Dienst. Wir haben auch solche zu ehren, die Er mit Seinem Dienst beehrt, und werden ermahnt, die Ältesten, welche wohl vorstehen, doppelter Ehre würdig zu achten, „sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre“. (1. Tim. 5,17) Aber nie dürfen wir ihnen den Platz des HErrn einräumen und nie ihr Wort an die Stelle Seines Wortes setzen. Hierin fehlte der Mann Gottes aus Juda. Er lieh dem alten Propheten sein Ohr. Sein Titel, ein Prophet Jehovas zu sein, sein Alter und Ansehen blendeten seine Augen, und ohne Jehova zu fragen, ging er an den klaren Worten seines Gottes vorüber und folgte dem Worte eines Menschen. Möchten wir die Warnung, die Gott uns in dieser Geschichte gibt, recht in unser Herz nehmen!

Was nun folgt, muß jedes Herz erschüttern. Während sie zu Tische sitzen, geschieht das Wort Jehovas zu dem alten Propheten, und dieser muß dem Manne Gottes aus Juda zurufen: „So spricht Jehova: Darum daß du gegen den Befehl Jehovas widerspenstig gewesen bist und nicht beobachtet hast das Gebot, das Jehova, dein Gott, dir geboten hat, und bist umgekehrt und hast Brot gegessen und hast Wasser getrunken an dem Orte, von welchem Er zu dir geredet hat: Iß kein Brot und trinke kein Wasser! so soll dein Leib nicht in das Grab deiner Väter kommen“ (V. 21. 22) Wie furchtbar! Der alte Prophet, der den Mann Gottes belogen und betrogen hatte, dessen Mund muß diesem jetzt das Gericht verkünden, welches zugleich auch seine Sünde ans Licht brachte und verurteilte. Er sagt ihm nicht, daß er jetzt auf dem Heimweg durch einen Löwen getötet werden würde, sondern nur, daß sein Leib nicht in das Grab seiner Väter kommen werde. Alsdann sattelte er ihm seinen Esel, und der Mann Gottes aus Juda zieht fort.

Welch eine Last mußte jetzt auf dem Herzen des Mannes Gottes und ebenso auf dem des alten Propheten liegen! Und welche Gefühle seine Seele durchziehen! Der eine schuldig in seinem Gewissen, dem Worte seines Gottes ungehorsam gewesen zu sein, der andere schuldig, seinen Bruder zur Sünde verleitet zu haben. Ein Löwe, von Gott gesandt, tötet den Mann Gottes auf dem Wege. Er darf den Leib Seines Knechtes nicht beschädigen, und er darf auch den Esel nicht zerreißen. Beide müssen neben dem Leichnam des Mannes Gottes als Zeugen des Gottesgerichtes stehenbleiben. Auch die vernunftlose Kreatur ist dem Willen und Gebote Gottes untertan. Raben mußten auf Gottes Geheiß in der Hungersnot dem Propheten Elia das Leben erhalten, und ein Löwe mußte auf Sein Geheiß dem Manne Gottes das Leben nehmen und dann neben demselben Wache stehen.

Es mag uns die Sünde des Mannes Gottes aus Juda weniger schwer erscheinen als die des alten Propheten, der diesen zum Ungehorsam gegen Gott verführte, und Vergleiche und Fragen mögen unwillkürlich im Herzen aufsteigen, warum den einen solche ernste Strafe traf, wogegen der andere eines natürlichen Todes starb und wir nichts von einer Strafe desselben hören. Wenn wir auf solche Fragen auch keine Antwort Finden als das Wort Davids: „Jehova ist gerecht in allen Seinen Wegen ...“ (Ps. 145,17) und mit Hiob sprechen lernen: „Siehe, Er rafft dahin, und wer will Ihm wehren? Wer zu Ihm sagen: Was tust Du?“ (Hiob 9,12; Dan. 4,35b), so dürfen wir doch über das Tun unseres Gottes nachdenken und daraus lernen.

Kurz zusammengefaßt war die Aufgabe des Mannes Gottes, Jerobeams Abweichen vom Worte Gottes ins klare Licht zu stellen und Gottes Gericht über diese Sünde zu verkünden. Und was war nun geschehen? Er, der Mann Gottes war selbst in diese Sünde gefallen, über welche er das Gericht verkündigt hatte, und hatte durch sein eigenes Abweichen vom Worte Jehovas der göttlichen Botschaft die Kraft genommen. Gott aber bewahrte die Zuverlässigkeit Seines Wortes mit dem sofortigen Gericht der Sünde Seines Knechtes und bestätigte somit das sichere Geschehen Seines Wortes durch das Gericht an Seinem Knecht. Die Grabstätte des Mannes Gottes wurde somit ein ständiges Zeugnis von der Zuverlässigkeit Seines Wortes und für uns zur ernsten Warnung, von Seinem Worte ja nicht abzuweichen.

Gott vollzog das Gericht über Seinen Knecht, den Mann Gottes, sogleich. Dagegen aber ließ Er das Gericht über die Sünde Jerobeams, mit der er Israel sündigen machte, zwar zuvor verkünden, schob es aber mehr als dreihundert Jahre hinaus bis auf den Tag, da ein Sohn Davids, Josia, kommen werde. (1. Kön. 13,2; 2. Kön. 23,15-20) So wartet Gott auch heute noch mit Seinem Gericht über eine götzendienerische Welt, bis das Maß ihrer Sünden voll und der Herr Jesus das Gericht über diese Welt vollführen wird, wogegen aber jetzt die Zeit gekommen ist, „daß das Gericht anfange bei dem Hause Gottes“. (1. Petr. 4,17)

Wie schon angedeutet, ringt sich die Frage in uns auf, warum die Sünde des alten Propheten, die doch so offenkundig zutage trat, scheinbar übergangen wird, während die uns viel geringer scheinende Sünde des Mannes Gottes so ernst mit dem Tode bestraft wurde. Eine Antwort könnte vielleicht die sein, daß Gott in diesem Abschnitt die Sünde Jerobeams und das Zeugnis des Mannes Gottes aus Juda als den Hauptgegenstand in den Vordergrund stellt, wogegen die Person des alten Propheten nur gleichsam eine Nebenfigur in diesem göttlichen Berichte ist und deshalb uns nicht Eingehenderes weiter mitgeteilt wird. Aber doch können wir in bezug auf unsere verschiedenartigen Empfindungen über Sünden, die wider Gott geschehen, und über Sünden, die wider den Bruder geschehen, etwas lernen, obgleich letztere gewiß auch Sünden gegen Gott sind.

Als Gott die zehn Worte gab, schrieb Er sie nicht auf eine, sondern auf zwei Tafeln. Die Schrift sagt uns nicht, welche Gebote Er auf die eine und welche Er auf die andere schrieb. Allgemein wird aber angenommen, daß die eine Tafel die Gebote, welche unser Verhalten gegen Gott, und die andere die Gebote, welche unser Verhalten gegen Menschen betreffen, enthielten. Und diese Annahme scheint auch eine Bestätigung durch den HErrn zu finden, denn auf Seine Frage: „Was steht im Gesetz geschrieben?“ antwortete der Gesetzgelehrte dieser Zweiteilung gemäß: „Du sollst den HErrn, deinen Gott, lieben ... und deinen Nächsten wie dich selbst.“ Und der HErr bestätigte, daß er recht geantwortet habe. Diese Zweiteilung können wir m. E. auch in den Schriftstellen Matth. 22,34-40 und Mark. 12,28-34 finden.

Jehovas aufgab, eine Sünde wider Gott, und die Sünde des alten Propheten, als er seinen Bruder betrog, eine Sünde wider den Nächsten. Wenn wir die Empfindungen unserer Herzen beim Lesen dieses Schriftabschnittes beachtet haben, so werden wohl die meisten Leser zugeben, daß die Sünde des alten Propheten wider seinen Bruder unser Gemüt tiefer berührte als die Sünde des Mannes Gottes wider Gott. So können wir uns oft über eine Sünde gegen einen Bruder erregen und in aller Entschiedenheit dagegen auftreten (und sicher mit Recht), wogegen aber eine Sünde gegen den HErrn, ein Hinweggehen über Sein Wort, uns ganz ruhig lassen kann.

Auch in unseren Empfindungen können wir schief werden und den rechten Maßstab verlieren. Wir urteilen dann nach unserem eigenen, törichten Herzen und nicht den Gedanken Gottes gemäß. Bei Hiob mochte vieles verkehrt sein, aber in seinem Herzen trug er die rechten Gedanken über Gott, so daß Gott Zeugnis gab, daß Sein Knecht Hiob (im Gegensatz zu seinen drei Freunden) geziemend von Ihm geredet habe. Jede Verfehlung gegen den Nächsten - den Bruder - muß uns sicher betrüben, aber wieweit tragen wir in erster Linie Schmerz darüber, daß solche Verfehlungen Sünde auch gegen Gott und Symptome – Kennzeichen - eines traurigen Herzenszustandes sind?

A. v. d. K.

(Schluß folgt, s. G. w.!)

Wie kam es?

(Fortsetzung)

„Was brachte sie zum Aufgeben ihrer Beziehungen zu Gott, ihrer Stellung, ihres Glaubens, ihrer Freude usw.? Was führte ihren Fall herbei, machte sie unfähig, untüchtig zum Reiche Gottes, ungeeignet, die Sache Gottes zu vertreten usw.?“ Solche und ähnliche Fragen haben wir bei den bis jetzt behandelten zirka 30 Typen besprochen, stets unter der Schriftstelle 1. Kor.

Wie kam es? Ach, möchte der HErr Gnade geben, daß der Ernst dieser Frage uns allen ins Herz gedrungen sei! 1. Kor. 10,11!

Heute nun ist nicht viel Raum zur Verfügung, und dabei nähern wir uns dem Ende des Jahrbuchs! Da möchte ich zunächst eine Reihe von Männern anführen, bei denen ich wieder nur kurz in Verbindung mit einschlägigen Bibelstellen die Gründe zu dem „Wie kam es?“ nenne, indem dem Leser überlassen bleibt, sich weiter mit den Dingen zu beschäftigen, und danach sollen in der letzten Lieferung noch ein paar Typen genauer besprochen werden, wenn der HErr Gnade gibt.

Wie kam es, daß Kain (1. Mos. 3) seine Stellung als Erstgeborener verlor, unstet und flüchtig ward? Die Schrift spricht vom „Wege Kains“. (Judas V. 11) Es war ein falscher Weg, es war ein Gott nicht genügen könnender Gottesdienst, nämlich einer ohne Sühnungsblut, allein auf Grund der Arbeitskraft, die ein Kain aufbringen konnte. Es war ein Gottesdienst ohne ein „vorzüglicheres Opfer“ - dieses brachte allein Abel (Hebr. 11,4), nicht Kain! Er mochte sich an der Frucht der Mühsal seiner Hände freuen, aber Gott diese darzubringen ohne Gefühl für seine eigene Unvollkommenheit und Sünde - das war Eigenwille und konnte Gott nicht befriedigen. Leben anstatt Leben mußte dargebracht werden, woran allein zu sehen war, daß der Opfernde eine Empfindung von seinem durch Sünde verwirkten Leben hatte. Abel hatte sie („durch Glauben“!), Kain nicht, und da Gott dem Abel das Zeugnis Seines Wohlgefallens gab, dem Kain aber nicht, so entstand bei letzterem der Neid, der ihn seinen Bruder erschlagen ließ, so daß der Erdboden zum erstenmal das Blut eines Menschen trinken mußte. - „Wie kam es?“ O, Kain ist das Vorbild vieler ungezählter Millionen, die da nicht verstehen - weil sie es nicht wollen -, daß Gott Leben anstatt Leben fordern muß und daß Er die Erfüllung Seiner Forderung erst in Seinem Sohne fand, wenn auch im Vorbild schon bei Abel. Aber erst in Seinem Sohne ist Er völlig befriedigt, und keiner auch heute kann in Gnaden bei Gott sein, der nicht ruht in dem vollbrachten Werk des Sohnes, denn allein dessen Blut reinigt von aller Sünde. (Joh. 1,7)

Und „wie kam es“ bei Simson? Geistlicher Schlaf, falsche Liebe und böse Lust sind es, die diesen gewaltigen Mann, der viele Jahre Israel in Kraft richtete, schließlich zu Fall brachten. Und

wenn er am Ende auch noch einmal seine Kraft wiedergewann und wenigstens mit seinem eigenen Tode vielen Philistern das Leben raubte (Richt. 16,30), so ist doch sein vorheriger Fall tief betrüblich, zumal er selbst „nicht wußte“, wohin es mit ihm gekommen war(V. 20!), nachdem er der falschen Delila „sein ganzes Herz“ (V. 17) kundgetan hatte! Welche Gefahr besteht doch auch für uns darin, den Weltkindern „unser ganzes Herz“ zu offenbaren, mit ihnen mitzugehen, ihnen anzugehören! Vorsichtig müssen wir wandeln, um nicht den Geist zu betrüben und schließlich zu erfahren, daß der HErr Sich von uns zurückzieht. Armer, großer Simson, das hätte nicht zu geschehen brauchen, wozu du es kommen ließest! „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist, denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens!“ (Spr. 4,23) Sinnenlust infolge von mangelnder Wachsamkeit hat schon manchen Gläubigen zu Fall gebracht und ihm kostbare Stücke seines Lebens und seiner Lebenskraft geraubt und ihn oft auf viele Jahre hinaus lahmgelegt! „Er wußte nicht, daß der HErr von ihm gewichen war!“ (V. 20) Wie namenlos ernst! Wie kam es? -

Und wie kam es bei Judas Iskarioth? Ich fühle nicht das Recht, im Rahmen dieser kurzen Notizen an das Geheimnis dieser Person zu rühren, das sich ausdrückt in des HErrn Wort über ihn: „der Sohn des Verderbens“ (Joh. 17,12) u. ähnl. - ich möchte nur wenige Worte über das Bild geben, das uns in ihm vor Augen steht, denn in dieser Hinsicht ist er uns eine Warnung, welche praktischen Wert für uns hat. - Wenn wir die Stellen (z. B.) Matth. 26,14ff.; Joh. 12,6; Apgesch. 1,16; 1. Tim. 6,10 lesen und betrachten, so sehen wir in dem Verräter einen Mann voll schnöder Geldliebe und Weltansehens und Trachtens nach beidem (für letzteres vgl. auch das schimpfliche Versprechen an die religiösen Machthaber, den HErrn durch einen Kuß - durch einen schmutzigen Judaskuß! - ihnen zu überliefern). Geld- und Weltliebe brachte ihn, soweit wir es sehen und beurteilen dürfen, zu Fall; aber er bekam den vollwertigen „Lohn der Ungerechtigkeit“ (Apgesch. 1,18) dafür, daß er ein falscher „Wegweiser“ geworden war. (V. 16) Wie furchtbar ernst ist doch des Verräters Tun und Verzweiflung und Ende! Eine Mahnung für alle, die einmal einen scheinbar guten Anfang gemacht haben, wohl aufzupassen, daß nicht Geldliebe und Ehre bei Menschen ihnen raube, was Gott ihnen schenken wollte! Wie kam es? „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen“, ja, das sagt die schon oben genannte Stelle 1. Tim.

manche sich auf diesem Gebiet nicht leicht etwas sagen ...! Wie kam es?

Und wie kam es, daß Hiob von Kap. 3 an ins Hadern mit Gott hineinkam, nachdem sein Leben einen so guten Beginn und langjährigen Fortgang zeigt? Nicht daß ich uns das Recht zubilligen würde, diesen doch wunderbaren Mann zu kritisieren - da müßten wir vielmehr uns unter die geistliche Lupe der Schrift nehmen und uns fragen, wie wir wohl bei und nach jenen „Hiobsposten“ geredet und gehandelt hätten, wie wir uns verhalten hätten angesichts der beständigen Fehlurteile der drei „Freunde“ (wahrlich, erbärmliche Freunde!) und bei dem Schwerliegen der Hand Gottes auf dem Geprüften! Nein, nicht kritisieren können wir ihn, aber fragen müssen wir uns doch, was denn Gott mit ihm vorhatte, daß Er ihn durch solche Tiefen führte. Wie kam es bei Hiob? Hiob in all seiner eigenen Güte kannte sein Herz nicht - das ist das Ganze! Er redete und haderte in einer gewissen Selbstgerechtigkeit, die ihn sogar den unendlichen Abstand zwischen ihm und Gott nicht mehr sehen ließ. Aber er lernte! O daß wir so lernten wie er, daß, wie er von dem Elihu, seinem wahren Freund, so wir von dem göttlichen Elihu, dem HErrn Selbst und Seinem Worte uns sagen ließen („Die Weisheit von oben läßt sich sagen“, Jak. 3,17 nach Luther, auch richtig!) und uns nach dem Zukurzkommen so zurechtbringen ließen wie Hiob! Er lernte, indem er Jehova kennenlernte, sich selber kennen und - verabscheuen! (42,5.6) Das ist groß und wunderbar und die Quelle neuer und größerer Segnungen! Das will der HErr auch mit uns erreichen. Mögen wir Ihm nicht im Wege stehen, damit Er Seine Ziele mit uns erreiche - dann werden auch unsere Wege geebnet und gesegnet sein, Ihm zur Ehre! Wie kam es?

Gern hätte ich nun noch kurz hingewiesen auf Joab, den Feldobersten des David, jenen stets nicht ganz ehrlichen, stets etwas hinterhältigen, stets, trotz all seiner unbestreitbaren Tüchtigkeit, nicht ganz zuverlässigen Mann! Aber der Raum läßt es nicht mehr zu. Und so bitte ich, um das „Wie kam es“, daß dieser Mann auch elend zu Tode kam (1. Kön. 2,21 durch das Gerichtsurteil Salomos), zu verstehen, nachzulesen eigentlich die ganze Geschichte Davids! -, was 2. Sam. 3,28.29 und 1. Kön. 2,5 steht! Ich denke, auch dieses hat uns etwas zu sagen, geradeso wie das „Wie kam es?“ im Leben Jonas, jenes vom HErrn anerkannten Propheten (Matth. 12,39.40 u. a.), der nicht einverstanden war mit Jehovas Erbarmen und daher

ungehorsam war (4,1-3), nachdem er schon in Kap. 1,2.3 anscheinend aus Furcht vor der Ausführung des ihm gewordenen Auftrages im Ungehorsam von dem Angesichte Jehovas hinweggeflohen war. Aber wie tiefernst für uns und auch wie köstlich, daß und wie Jehova Seinen Propheten immer wieder zurechtbringt und braucht zu großen Dingen! Gelobt sei Sein Name!

Möge der HErr uns alle diese kurz genannten Beispiele wichtig und wertvoll machen, damit wir uns unter Zucht halten und keine solchen schmerzlichen „Wie-kam-es?“-Fragen in unserem Leben beantworten müssen wegen verfehlter Wege! Laßt uns Ihm gehorsam sein, laßt uns „wandeln im Glauben“ (2. Kor. 5,7), bis hin zum herrlichen Ziel, das nicht mehr weit!

F. K.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Nicht von der Welt.

„Sie sind nicht von der Welt, gleichwie Ich nicht von der Welt bin“ (Joh. 17,16) Wir kennen dieses Wort aus dem Gebet unseres HErrn, das Er vor Seinem Weggang im Blick auf die Seinen betete. Wenn wir dieses Wort, das auch uns gilt, erwägen, so wird uns aufs neue bewußt, welchen Platz uns der HErr in der Welt gegeben hat.

Durch das Wort der Wahrheit gezeugt, sind wir nicht mehr solche, die der Welt angehören und in den Dingen der Welt Befriedigung finden. Errettet aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe, sollten wir in heiliger Absonderung von allen Dingen der Welt der Finsternis uns als Himmelsbürger erweisen. Selbst die alttestamentlichen Heiligen bekannten, daß sie Fremdlinge und ohne Bürgerrecht auf der Erde seien, und brachten zum Ausdruck, daß sie ein Vaterland suchten. Sie trachteten „nach einem besseren, das ist himmlischen. Darum schämt Sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden, denn Er hat ihnen eine Stadt bereitet“. (Hebr. 11,13-16)

Wohl leben und arbeiten wir noch in dieser Welt, aber nicht als Bürger, die hier im Vollsinn des Wortes „wohnen“. Wir sind Fremdlinge und sollten von der Welt genug haben, wenn wir Nahrung und Bedeckung haben. Abraham wohnte in Zelten; unser HErr hatte nicht, da Er Sein Haupt hinlegte.

Die Schrift ist uns zur Belehrung gegeben. Vielleicht ist es gut und nötig, daß wir uns besonders an diese Dinge erinnern, damit wir nicht abirren vom schmalen Wege.

Der HErr Selbst war nicht von der Welt. Wie hätte Er, der Himmlische, Sich eins machen können mit der Welt, die unter dem Fluche stand und steht und die die Finsternis mehr liebt als das Licht? Er suchte einzelne Seelen herauszuretten für Sich und Sein himmlisches Reich, denn Sein Reich war und ist jetzt nicht von dieser Welt. Er begehrte nicht die Ehre von einer solchen Welt der Finsternis, nicht ihren Reichtum, nicht ihre Herrlichkeit. Er, der zwar das Wohl der Menschen suchte, bewahrte Seinen Charakter als der himmlische Fremdling, der in vollkommener Treue die Aufgaben erfüllte, die Ihm Sein Vater gegeben hatte. Nein, Er war nicht von der Welt. Er suchte in der Welt nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse umzugestalten, das war nicht Seine Aufgabe, das war und ist Aufgabe besonderer Werkzeuge Gottes. Auch nicht die Befreiung von den Römern erstrebte Er. Seine Aufgabe war eine himmlische, die ewiges Gewicht hatte. Die irdischen Verbesserungen sind gut, aber sie haben nur zeitlichen Wert, die himmlischen Dinge im Reiche Gottes aber haben ewigen Wert.

Geliebte Geschwister, die wir Genossen der himmlischen Berufung aus Gnaden durch unseren Herrn Jesus Christus geworden sind, laßt uns Seine Herrlichkeit anschauen, damit auch wir verwandelt werden möchten in Sein Bild mehr und mehr, und daß wir bewahrt bleiben möchten vor Abirren vom schmalen Wege Seiner Nachfolge! Denn gleichwie Er ist, sind auch wir in dieser Welt. „Wir sind nicht von der Welt, gleichwie Er nicht von der Welt ist.“

O. D.

Immer wieder ist es köstlich, die Person des HErrn anzuschauen. Nichts auf dieser Erde kann das Herz wirklich glücklich machen. Viele haben versucht, durch die Genüsse dieser Welt glücklich zu werden, aber diese können unser Herz nicht stillen. Alle aber, die den HErrn kennengelernt haben, erfahren, daß Er allein es ist, der das Herz wahrhaft glücklich machen kann. Dies sehen wir auch aus dem kleinen Abschnitt in Luk. 19,1-10.

Zachäus begehrte, Jesus zu sehen. Er wünscht, Ihn kennenzulernen. Dieses eine, tiefe Verlangen erfüllte seine Seele und ließ ihn alle Schwierigkeiten, die sich ihm in den Weg stellten, überwinden. Seine kleine Gestalt und auch sein Reichtum waren Hindernisse für ihn. Aber das Verlangen seiner Seele, den Herrn Jesus zu sehen und kennenzulernen, war größer als die Schwierigkeiten.

Zachäus kletterte auf einen Maulbeer-Feigenbaum, um Jesus zu sehen; und wie merkwürdig: wir lesen nicht, daß Zachäus Jesus sah, sondern daß der Herr Jesus den Zachäus sah. Es ist sehr schön, dieses in dem Worte Gottes zu bemerken. Der HErr las das Verlangen in Zachäus Seele, Ihn zu sehen, Ihn kennenzulernen. Jesu Auge war auf Zachäus gerichtet, so wie wir es von dem Vater in Luk. 15 lesen, dessen Auge auch auf den verlorenen Sohn gerichtet war, als dieser begehrte, zum Vater und ins Vaterhaus zurückzukehren.

Was muß es für Zachäus gewesen sein, als der Herr Jesus seinen Namen rief: „Zachäus!“ Muß es ihn nicht gewundert haben, daß der Herr Jesus seinen Namen kannte, und noch mehr, daß Er sagte: „Steige eilends hernieder, denn heute muß Ich in deinem Hause bleiben!“? Das hatte Zachäus nicht erwartet, sicher nicht gedacht, daß der Herr Jesus ihn anblicken und mit ihm reden würde.

Und ist es nicht groß und wunderbar, daß Er, der Schöpfer Himmels und der Erde, Sich herabläßt, Sich mit einem einzelnen Menschen zu beschäftigen? Aber als Er in Zachäus das Verlangen nach Seiner Person sah, sollte Er dieses Verlangen nicht stillen? Er, der dazu vom Himmel auf die Erde herniedergekommen ist, um zu suchen und zu retten, was verloren ist!?

Wir können es uns vorstellen, wie schnell Zachäus vom Baum herab zu Ihm kam, um Ihn nun in sein Haus zu führen. Können wir uns eine größere Freude vorstellen? Aus dem Munde des Herrn Jesus hören wir nun die Worte: „Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.“

Vielleicht sagt ein Leser: „Auch ich möchte den Herrn Jesus besser kennenlernen. Zachäus konnte Ihn mit seinen Augen sehen und in Person in sein Haus aufnehmen, aber Er ist nicht mehr hienieden, wie kann ich Ihn jetzt kennenlernen?“ Laß mich dir sagen, daß der Herr Jesus dich nicht weniger liebt als den Zachäus, daß Er auch dein Herz liest und dein Verlangen kennt. Du kannst den Herrn Jesus nicht mit deinen leiblichen Augen sehen, aber in dem Worte Gottes siehst du Ihn, und wie du Ihn dort kennenlernst, so ist Er heute noch; Er ist Derselbe gestern und heute und in Ewigkeit. (Hebr. 13,8) Es ist heute noch Seine Lust und Seine Freude, jede Seele glücklich zu machen, die im Glauben sich Ihm anvertraut und sich Ihm überläßt. Und wenn du dieses tust, so wirst du mit all den vielen Tausenden, die an Ihn glauben, die Erfahrung an deinem eigenen Herzen machen, daß Er, und nur Er allein, uns wahrhaft glücklich machen kann.

L. Abb.

Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott.“ (Kolosser 3,2.3)

Frage und Antwort

Frage 20

Ist der Altar, den Ruben, Gad und Halb Manasse - Jos. 22 - am Jordan bauen, biblisch einwandfrei berechtigt, oder ist das Bauen desselben, trotz der Zustimmung des Priesters Pinehas usw. (V. 30.31), doch als eine Abweichung in das religiös Böse aufzufassen, etwa alsVorstufe von dem Kälberdienst Jerobeams in Bethel, 1. Kön. 12,?

Welche neutestamentliche Beleuchtung könnte man jenem Altar Rubens geben?

Antwort A

Wie hatte Mose seinerzeit das Sitzenbleibenwollen diesseit des Jordan beurteilt? Welche Befürchtung glaubt er aussprechen zu sollen? Die, welche in den Worten liegt: „Wenn ihr euch von Jehova abwendet ...!“ (4. Mos. 32,15) Er befürchtete, hatte das Ahnungsvermögen, daß durch das Nichtmehrverwachsensein mit dem Volkskörper mit der Zeit eine Abkehr von Jehova Platz greifen könnte; denn der Jordan, die natürliche Ostgrenze des verheißenen Landes, konnte möglicherweise eine Scheidung innerhalb des Volksganzen machen, wenn die 2½ Stämme sich diesseits seßhaft machten. Diese Befürchtung drücken sie selber aus in ihrer Antwort An Pinehas und begründen sie damit, nicht daß die Abkehr von ihrer Seite ausgehen könnte, sondern daß ihren Nachkommen die Beteiligung am Dienste Jehovas eben der gedachten Scheidung wegen von den Nachfahren der Jenseitigen verwehrt werden könnte.

Aus ihren Worten spricht wahre Herzenssorge, das spüren wir beim Lesen. Das spürten auch Pinehas und seine Begleiter; darum war die Sache gut in ihren Augen. Als eine Abweichung auf die Linie des religiös Bösen kann der Altar in der Beleuchtung ihrer Worte nicht gewertet werden. Für den später eingeführten Kälberdienst war das Goldene Kalb eine wesentliche Vorstufe gewesen.

Aber etwas anderes macht sich aus ihren und Moses Worten heraus mit Gewichtigkeit fühlbar: ihr Begehren an und für sich und die Tatsache, daß es ihnen auf ihr unnachgiebiges Drängen hin gewährt wurde, war die eigentliche und begründete Ursache ihrer Befürchtungen. Die Erkenntnis davon drängt sich ihrem Gewissen auf. Es ist ja so: Gott entspricht manchem Begehren, das Ihm mißfällig ist und in seinen Auswirkungen den Begehrenden zum Schaden oder gar zur Katastrophe werden muß. Die Geschichte Israels bietet mehr als ein Beispiel davon: die Wachteln eines (Ps. 78,29-31); der König Saul ein anderes, (Hos. 13,9-11). Das eintretende Verhängnis ist die Strafe für die Unbelehrbarkeit.

Der Segen Jehovas in der außergewöhnlichen Mehrung ihres Viehbestandes ließ sie aus den Augen verlieren, daß ein noch größerer Segen ihrer im eigentlichen Lande Jehovas wartete, ließ sie übersehen, daß kurzsichtiges Festhaltenwollen eines gegenwärtigen Segens ein späteres Zukurzkommen, den Verzicht auf einen folgenden größeren Segen in sich schließen mag und daß es gleichzeitig ein Versagen in Ausführung des wohlgefälligen Willens Gottes ist. Denn sie schätzten durch ihr Begehren die Wahl Gottes für Sein Volk in betreff des Landes, das Er zu geben für gut fand, geringer ein als ihre eigene Wahl; als ob Gott nicht so gut wie sie gewußt hätte, daß das Land Jahser und das Land Gilead und die übrige Gegend dort ein Ort für Vieh wäre! Und Er wollte trotzdem Sein ganzes Volk beisammen in deutlich umrissenem und abgegrenztem Bezirk um Sich haben!

Indem wir diese Gedanken zum Ausdruck bringen, sind wir schon in den Lichtschein getreten, den das Neue Testament auf diese Begebenheiten fallen läßt.

Doch zuvor eine kurze Überleitung. Es gibt Gläubige, die wissen, daß sie durch das Blut des Passahlammes, unseres Passahs (1. Kor. 5), in Sicherheit sind, wie der Israelite es dort in Ägypten war. Sie wissen, daß durch den Tod Christi am Kreuze der Feind, Satan, besiegt wurde und ihnen nichts mehr anhaben kann, sofern sie im Glauben gegründet und festbleiben, wie der Pharao mit seiner Heeresmacht im Schilfmeer umkam und Israel nichts mehr anhaben konnte. Sie singen Lieder des Lobes und der Erlösung wie Israel. Sie essen das Manna, Christum, das Brot aus dem Himmel für die Wüstenreise; genießen von dem Wasser aus dem geschlagenen Felsen, welcher ebenfalls Christus ist: die erfrischenden, stärkenden Segnungen des durch Ihn gekommenen Geistes. Sie haben davon gehört, daß ihr und aller Gläubigen gegenwärtiges, nicht nur erst zukünftiges Teil droben ist, wo der Christus ist, daß sie „gesegnet seien mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo“, ja, daß sie sich schon dort sitzend wissen dürfen in Ihm. - Und doch ...!

Da sind wir nun an dem Altar Rubens angelangt. Die Gläubigen, von denen wir sprechen, gehen nie über den Jordan. Es gibt andere aus ihrer Mitte, die gehen hinüber, wie die

Absicht, nach erfüllter Hilfeleistung dahin zurückzukehren, wo Weiber, Kinder und Vieh waren, d. h. wo ihr Herz war. (Wie sagt doch der HErr? „Wo euer Schatz ist, da wird auch euer Herz sein!“ Matth. 6,21!) Eine dritte Klasse von Gläubigen geht hinüber in das Land der Verhei ßung, um dort das gute Teil in Besitz zu nehmen und zugleich um dem wohlgefälligen Willen Gottes durch das Hinübergehen zu entsprechen.

Die Rubeniter, Gaditer und die Hälfte der Manassiter machen 110580 oder rund 110000 Mann aus (4. Mos. 26,7.18.34), 40000 davon zogen gerüstet mit ihren Brüdern über den Jordan (Jos. 4,13). 70000 blieben also diesseit des Flusses. Welche Schau zieht da vor unserem Geistesauge auf? Diese: Die Zurückgebliebenen erleben nicht das Wunder des Durchgangs im Bett des Flusses; sehen nicht die als bedeutsame Zeichen zu wertenden Begleitumstände: die vorangehende Lade, das abreißende Wasser, das Herausnehmen aus dem Flußbett von 12 Steinen und das Aufstellen derselben in Gilgal, das Aufstellen von 12 anderen Steinen im Flußbett, da, wo die Lade gestanden hatte, das Beschnittenwerden in Gesamtheit, die gemeinsame Feier des Passah, das Essen vom Erzeugnis des Landes an Stelle des aufhörenden Mannas. War das, im Lichte der Belehrungen des Neuen Testaments gewertet, nicht ein beklagenswerter, unersetzlicher Verlust?

Des weiteren: Gingen sie nicht des Miterlebens der herrlichen Machttaten Gottes im Besiegen der Feinde im Lande verlustig? Verlustig auch der Erfahrungen, welche die anderen durch die Züchtigung im Falle „Achan“ machten, und der Erfahrung der Folgen, die sich aus dem Fall „Gibeoniter“ ergaben? Beschnitten mochten sie irgendwie und irgendwann auch werden, sonst wären sie ja außerhalb des Volksverbandes und nach dem schon an Abraham gerichteten Wort Jehovas der Ausrottung verfallen gewesen. Das Passah mochten sie feiern; aber was war die persönliche Feier desselben gegenüber der gemeinsamen Feier der anderen in Gilgal im Anschluß an das Beschnittenwordensein da selbst, was in seiner symbolischen geistlichen Wertung etwas einzig Dastehendes ist, nämlich ein Tun Gottes zu ihrer Ehrenrettung, obwohl Josua es war, der die Beschneidung vollzog: Gott Selber wälzte von ihnen die Schande Ägyptens ab, die Schande, Ägyptens Sklaven gewesen zu sein! (Jos. 5,9)

Der Jordan bedeutet den Tod Christi in dem Sinne, daß Sein Tod unser Mit-Ihm-gestorben-sein einschließt, dieses veranschaulicht in den 12 im Jordan aufgerichteten Steinen. Die Lade, die in den seine Ufer überflutenden Strom tritt und vor der die Wasser den Weg freigeben, das ist Er, der in den Tod ging, dadurch denselben überwand und den Weg frei machte für die Seinen, daß sie durch denselben hindurchgehen können, ohne von seiner Gewalt angetastet zu werden. Die 12 aus dem Flußbett genommenen und in Gilgal aufgerichteten Steine sind das Zeugnis, daß wir aus dem Tode in das Leben hinübergegangen sind, wie Er vom Tode nicht behalten werden konnte, sondern auferstand: Die Lade stieg aus dem Flußbett herauf, als alle vor den wiederheranrollenden Fluten in Sicherheit waren.

Den 70000 jenseits Gebliebenen entsprechen solche Gläubigen (und ihre Zahl ist groß!), die wohl annehmen, daß Christus für sie gestorben ist und ihre Schuld getilgt wie auch den Feind besiegt hat (Symbol: das Rote Meer), die aber nicht begreifen, daß sie selber mit Christo weggetan sind. Sie schlagen sich darum immer mit ihrem „Ich“ herum und kommen nie zur Ruhe, anstatt glaubend zu erfassen, daß der alte Mensch richterlich im Tode Christi sein Ende gefunden hat und sie somit von ihm befreit sind.

Als Fortsetzung hierzu bedeuten die 12 aus dem Jordan genommenen Steine, daß wir als Mitauferstandene in Neuheit des Lebens wandeln, was noch genaueren symbolischen Ausdruck in der Beschreibung findet, dort durch eine äußerliche im Fleische, bei uns durch die des Herzens im Geiste. (Vgl. Röm. 6,3ff.; Kol. 2,11ff.; Röm. 2,28.29) So ist denn in allem „Gott für uns“, hat es selber in die Hand genommen, die Schande des der Sünde und der Welt Versklavtseins von uns abzuwälzen. - Die vielen, den 70000 entsprechenden Gläubigen lernen das nicht. Woran liegt die Schuld? Nicht meistenteils an Saumseligkeit, am Nichternstmachen?

Als weitere Folge kommt für die betreffenden Gläubigen hinzu, daß sie sich nicht drein finden können, das Verständnis nicht aufbringen, das dem Passah entsprechende Gedächtnismahl des HErrn als rein gemeinschaftliches Mahl zu feiern; sie bleiben, wenn sie nach ihrem Sprachgebrauch „zum heiligen Abendmahl gehen“, immer am eigenen Persönlichen hangen.

vom alten Getreide des Landes, ungesäuerte Brote und geröstete Körner“, kennen sie nicht oder doch nicht mit der Empfindung, welche die anderen haben. Denn auch diesseit des Jordans gab es sicherlich altes Getreide und hörte das Manna auf.

Das alte Getreide des Landes, entweder als geröstete Körner oder als ungesäuert Gebackenes, genießen bedeutet, indem es die besprochenen Geschehnisse zur Voraussetzung hat: den droben zur Rechten Gottes sitzenden Christus (Joh. 6,62; Kol. 3,1-3) so kennengelernt zu haben und innerlich zu genießen, wie Er nach dem ewigen Ratschluß und den Vorsätzen Gottes in Seinen Ämtern und Würden als Hoherpriester und zukünftiger Richter und Weltherrscher, „dessen Ursprünge von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her sind“ (Mich. 5,1), und als Sohn in Seiner Beziehung zum Vater von Ewigkeit her geoffenbart und den Gläubigen bekannt gemacht worden ist. Etwas davon vernehmen die nicht in alles Eingehenden auch, aber wie und wo und wann? Die gerösteten Körner flechten den Gedanken an die Leidensprüfungen, und das ungesäuert Gebackene den an die erprobte Lauterkeit der Menschheit des auf der Erde gewesenen Jesus ein. Es ist das etwas anderes als nur den Jesus zu kennen, der aus dem Himmel als Brot Gottes herniederkommt und der Welt das Leben gibt, Sich zu genießen gibt als Manna, als Brot des Lebens, um das Leben der an Ihn Glaubenden während der Wüstenreise zu erhalten und zu stärken. (Joh. 6) Es ist mehr, obwohl beides nebeneinander besteht.

Dann gibt es also noch Erfahrungen, die sich ergeben, wenn man, angetan mit der Waffenrüstung Gattes, den Listen und Tücken des Teufels Widerstand leistet. Eben weil man aus geistlichem Verständnis heraus seiner Vorrechts- und Hoheitsstellung in den himmlischen Örtern sich bewußt ist und sich darin ergeht, sucht der Feind uns in unserem Leben auf der Erde zu Fall zu bringen; daher die Aufzählung der praktischen Stücke der Waffenrüstung und die Empfehlung des richtigen Gebrauchs derselben. (Eph. 6) Der Gläubige, der seine bevorrechtete Stellung droben nicht oder nur vom Hörensagen kennt, kann hier nicht mitreden.

Gibt es Fehlschläge und Zukurzkommen oder gar Sünden, die Züchtigungen nach sich ziehen, so muß auch das zum Guten mitwirken, wie Josua es in den Fällen „Achan“ und „Gibeoniter“ erfuhr (lernen: nicht zuerst verzagen, sondern die Ursache im eigenen Lager suchen!

Rachsüchtige Zusammenrottung der Feinde verschafft um so größeren Sieg). Freilich gibt's diese Erfahrungen auch bei den anderen Gläubigen. Ob aber die Würdigung der Ergebnisse der Zucht dieselbe ist, ist eine andere Frage. Siehe Hebr. 12,11 unter Beachtung der Worte: „... denen, die durch sie geübt sind.“

Eines Punktes muß zum Lobe Gottes noch Erwähnung getan werden: 12 Steine heißt Er im Jordan aufrichten,12 hinaustragen, nach der Zahl der Stämme, obwohl nur 9½ ganz und von den übrigen nur ein Bruchteil hinüberging, ein Bruchteil, weil außer 110580 über 20 Jahre alten Männern all die Männlichen unter 20 Jahren noch da waren, dazu die Frauen und Mädchen. Ob sie selber es wollen oder nicht, Gott sieht Sein Volk immer als ein Ganzes an. So auch heute. Ob ein Teil der Gläubigen seine Stellung in Christo kennt und genießt oder nicht, Gott sieht sie alle in der ihnen in dem Geliebten zugedachten Stellung vor Sich und spricht so von ihnen. Der Schaden, der ihnen aus dem Nichtverstehen entsteht, fällt ihnen zur Last; aber auch Gottes Ehre erleidet Einbuße wie dort durch das Verhalten der 2½ Stämme.

Und nun noch der Kern der Frage. Wir ändern den Schlußsatz um in: „In welche neutestamentliche Beleuchtung könnte man jene rücken, die den Altar Rubens errichteten?“, jene 40000, die die Segnungen und Machttaten Jehovas im Lande miterlebt hatten, die von dem Durchgang durch den Jordan, von der Gesamt-Beschneidung, dem Gesamt-Passah, dem Gesamt-neues-Getreide-essen usw. wußten und, ihrem gefaßten Vorsatz treu, nach 5 Jahren zurückkehrten, durch den Jordan zurück auf die andere Seite? Da ihr Zurückkehren von Anfang an als unabwendbares Geschehen hingenommen wurde, so kann Josua sie für ihr treues Verhalten loben, ihnen segnende und mahnende Worte mit auf den Weg geben und sie für sich selber und für die Nichtmitgezogenen reiche Beute mitnehmen lassen.

Nicht für jeden Punkt der geschichtlichen Geschehnisse braucht durch neutestamentliche Beleuchtung ein Gegenpunkt festgestellt zu werden. Es genügt, Grundsätzliches zu entdecken und aufzuzeigen.

Da sind Gläubige, die durch irgendwelche Fügung und Führung Gottes in einen Kreis solcher

des Jordans und dem Dazugehörigen entsprechen. Da lernen auch sie verstehen, was jene kennen, empfinden es wohl auch mit, können sogar eine Zeitlang davon eingenommen sein und die Kenntnis davon verbreiten helfen; erfahren etwas von der wirksamen Kraft Gottes im Kampfe gegen den Feind, bis eines Tages frühere, nie ganz gelöste Bindungen sie wieder in ihren Bann ziehen, so daß ein Zurückkehren in Lebenslagen und -weisen folgt, die das Erlebte zwar nicht verwischen, aber so abschwächen, daß der praktische Nutzen des Erlebten dahin ist. Eine gewisse Aufrichtigkeit läßt die Sehnsucht nach dem Drangegebenen nicht verschwinden; da aber die nötige Energie den Bindungen gegenüber nicht aufgebracht wird, so bleibt's bei der Sehnsucht und bei der Befürchtung, das Gehabte vollends zu verlieren. Diese Sehnsucht und Befürchtung entspricht dem Altar Rubens.

Dieser in allgemeinen Zügen geschilderte Fall tritt in mancherlei Abwandlungen auf und in bald stärkerer, bald schwächerer Ausprägung. Um eine beliebige Abwandlung aus vielen herauszugreifen: Da ist eine Familie. Die Eltern sind schon als Kinder in den in Frage kommenden Wahrheiten unterwiesen worden, haben ihrerseits ihre Kinder so unterwiesen, welche, groß geworden, mit den Eltern wandeln gemäß der Erkenntnis der kostbaren Wahrheiten, die sie ererbt und angenommen hatten. Da geschieht etwas nicht gerade Seltenes Zwistigkeiten und gekränktes Ehrgefühl verursachen Wegbleiben des Familienhauptes aus dem Kreise, wo diese Wahrheiten vertreten werden und zeitweiliges Hingehen in einen anderen Kreis, der dem verlassenen nicht entspricht, unter Gefolgschaft etlicher der Familienglieder, die Sehnsucht nach dem Draugegebenen bricht schließlich dem Familienhaupt das Herz, er stirbt, ohne daß der Arzt eine körperliche Krankheit feststellen kann. Nach des Vaters Tod gehen die anderen vollends zurück und dahin, wo wohl Segnungen zu finden sind, wie die im Lande Gilead sind, aber eben nicht Segnungen des Landes, in dem Gott Seinen Segen geben will, d. h. da ihn geben kann und auf besondere Weise gibt, wo das Zusammengeschweißtsein aller Gläubigen, das Zusammenverbundensein durch die Gelenke der Darreichung aller Glieder des Leibes Christi durch den Einen Geist anerkannt und dem Geiste Raum gegeben wird, entsprechend der durch Ihn geschaffenen Einheit zu wirken, durch welche Glieder Er will, so daß das genannte „da“ dem weiter oben in bezug auf Israel geprägten Satz entspricht: „Gott

Ein dritter Fall noch: Das Zurückgehen nach dem Erlebthaben der größten Vorrechte und Segnungen kann sogar bis zur Welt zurückführen. Außer stets zu erlebenden derartigen Fällen, wie sich einer gegenwärtig vor meinen Augen abspielt, wo der Wunsch, das Gehabte weiter zu genießen, unleugbar vorhanden, aber die Macht der entgegenstehenden Umstände stärker ist als das Beharrungsvermögen, sei der Fall „Demas“ erwähnt! Wenn ein Mitarbeiter des Apostels Paulus die Welt, den jetzigen Zeitlauf, liebgewinnen und zu ihr zurückkehren konnte, was will man von anderen sagen? Nicht daß dies als Entschuldigung gedacht oder gesagt sei! Gewiß nicht! Es soll nur die Feststellung von Wirklichkeiten sein. Unzweifelhaft hat in jedem Falle das Herz nicht die unwiderrufliche Entscheidung getroffen, welche kein „Zurück“ eintreten läßt.

In Fällen wie „Demas“ sei man nicht vorschnell bei der Hand, zu urteilen: „Einst ein Kind Gottes, jetzt wieder verloren!“ Man lasse den Betreffenden in der Hand Gottes! Ist er wirklich Sein Kind, so wird Er ihn auf irgendeine Weise zurückzubringen wissen. Wissen wir, ob Demas nicht wieder zurechtgebracht wurde? Wenn es nicht möglich wäre, daß Kinder Gottes die Welt liebgewinnen, so wäre die Mahnung des Apostels Johannes an die Jünglinge unter den Kindern Gottes (1. Joh. 2,15): „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm“, völlig überflüssig. Tatsachen bezeugen aber, daß sie wohl am Platze ist und zur Warnung für wirkliche, nicht nur vermeintliche Kinder Gottes geschrieben ist. Kinder Gottes, die einmal den Jordan durchschritten haben, können so handeln, daß sie wie jene 40000 den Weg wieder rückwärts machen, und das nicht nur bis nach Gilead wie jene, sondern durch die Wüste bis nach Ägypten zurück, bis in die Welt, wo sie erneut der Sündensklaverei verfallen, ärger als zuvor.

Vor 40 Jahren war's! Ich stellte als junger Meister einen 17jährigen Gesellen ein neben einem älteren gläubigen. Durch das Zeugnis in der Familie und die liebevollen Bemühungen eines alten, in der Familie verkehrenden Bruders wurde er nach nicht vielen Wochen für den HErrn gewonnen. Viele Monate war er bei uns und erwies sich als ein treuer Jünger des HErrn; und das auch nachher, als er in einem Nachbarort in Stellung war; desgleichen anschließend im Ausland bei einem gläubigen Meister, bei dem ich selber seinerzeit gewesen war. Daß er aber

gegen Ende seines Aufenthalts da nicht mehr derselbe blieb, ahnte ich aus der Art seiner Briefe und wurde auf Anfrage beim Meister dessen gewiß. Zurückgerufen in Stellung bei uns, erwies sich die Befürchtung als begründet. Nach anfänglichem Mitgehen mied er die Versammlungen, blieb schweigsam und taub gegen alle Bitten und Mahnungen und platzte schließlich gegen den älteren Arbeiter, der noch da war, heraus: „Ich will jetzt meine Jugend, will jetzt die Welt genießen!“ Auf die Bemerkung, daß in diesem Falle kein Platz mehr für ihn in meinem Hause sei, ging er. Er tat, was er gewollt hatte. Eine kurze Zeit hatten wir ihn noch im Auge; er erfuhr auf üble Weise, was Wirtshaus- und sonstiges Weltleben für Folgen hat: daß es zerschlagener Glieder wegen ins Krankenhaus führt usw. Dann kam seine Militärzeit, und er entschwand unseren Blicken für 10 Jahre. Da wir von der Echtheit seiner Bekehrung überzeugt waren, blieb er Gegenstand unserer steten Fürbitte. Nach 10 Jahren kam ein Brief von ihm an den alten, inzwischen heimgegangenen Bruder, der Reue- und Bußbezeugungen und bittere Selbstanklagen enthielt mit Bitten an den Bruder und die Brüder um Verzeihung, wie ich sie noch nie kennengelernt hatte. Aufgenommener Briefwechsel mit dem im Ausland Weilenden enthüllte einen Weg, der mit göttlichen Züchtigungen gepflastert war und zunächst doch zu nichts führte. Zum Beispiel erzählte er: „... ich fiel in der Nacht des 15. Juli die Festungsmauer in den Wallgraben soundso viele Meter hinab und blieb 12 Stunden liegen, bis mich ein Mann fand. Meine Beine waren gebrochen, aber mein Herz nicht.“ Wie er weiter berichte, lag er fünf Monate unter unsäglichen Schmerzen im Spital: Nichts änderte seinen harten Sinn. Nach mancherlei weiteren bitteren Erfahrungen kam endlich der Augenblick der Besinnung; aber nicht durch eine neue Züchtigung, sondern in Verbindung mit einem geringfügigen familiären Ereignis trat ihm die Liebe des HErrn so vor die Seele, daß sie ihn überwältigte. „Da brach mein Herz“, schrieb er. Unsere liebevollen Bemühungen im Verein mit Brüdern des Landes, in dem er war, brachten ihn wieder völlig zurecht, so daß er ein um so treuerer Jünger und Zeuge des HErrn wurde, je tiefer er fühlte, was er dem HErrn angetan und was Dieser an ihm getan hatte. Durch den Krieg, den er auf der Gegenseite mitmachen mußte, lösten sich unsere Beziehungen wieder. Erst 12 Jahre nach dem Kriege konnte ich seine Spur im Ausland wiederfinden. Ich suchte ihn auf. Der Krieg mit seinen zermürbenden Begleiterscheinungen und unliebsamen Folgen, die ihn an einen einsamen Ort verschlagen hatten, wie auch betrübliche

Familienverhältnisse hatten einen gebrochenen Mann aus ihm gemacht. Doch hat der HErr ihn wieder aufgerichtet und ihn an einen Ort kommen lassen, wo er sich der Gemeinschaft der Heiligen wieder erfreuen kann.

Soll diese Abhandlung mit der ergreifenden Schlussgeschichte uns nicht erschüttern und uns die Bitte auf Herz und Lippen legen: HErr, erhalt mich treu, treu Dir, und Deine Segnungen würdigend an dem Platze, wo Du sie in größter Fülle zu spenden für gut befunden hast!?

F. Kpp.

Zusätze des Schriftleiters

Nach dem mehrmaligen „Genuß“ dieser umfangreichen, so schönen Antwort unseres teuren Mitarbeiters, welcher der Antwort Einen besonderen Schluß gegeben hat, glaube ich nicht, Wesentliches hinzufügen zu sollen, zumal ein weiteres Eingehen sich durch den beschränkten Platz von selber verbietet. Es wäre dann auch nötig, zu weit auszuholen. - Nur eine Anwendung noch möchte ich von oben ausgesprochener Deutung machen, eine Anwendung, die ihre Berechtigung leider nur zu sehr beweist. Und dann noch eine Mahnung!

Diese Anwendung betrifft den Versammlungsbesuch! Das ist auch so ein unschönes Kapitel bei vielen Gläubigen, die gleichsam ihren „Hausaltar“ rühmen, da sie durch den „Hausgötzen“. wie ich ihn immer nenne, die Bequemlichkeit - in allen möglichen Formen -. sich abhalten lassen, in die Versammlung zu gehen (vielleicht weil es regne usw.!) mit der fadenscheinigen Begründung, daß sie sich daheim „ebensogut erbauen könnten“. Zugegeben, daß es möglich wäre, zu Hause genau die gleichen Segnungen zu erfahren wie da, wo die Heiligen im Namen des Herrn Jesus zusammen sind, so wäre das Fehlen solcher „Rubeniter“, „Gaditer“ und „Halbmanassiter“ - was hier alles nur verschiedene Typen der gleichen Klassen von Gläubigen andeutet - doch nicht zu rechtfertigen (abgesehen von schwereren Krankheits- und ähnlichen Fällen, die stichhaltig vor dem HErrn), da sie eben durch ihr Dabeisein die Ehre des HErrn, die Freude der Geschwister, den Glauben der Heiligen - vgl. Röm. 1,10-12! - die Stärkung der

Segnungen des gottgewollten Beisammenseins in reichstem Maße schmecken und zu verwirklichen lernen. Wer die regelmäßigen Gemeindeversammlungen der Heiligen ohne Not versäumt, büßt viel ein und wird nie so recht fest, was man an jenen 2½ Stämmen, die immer außen vor waren, auch beobachten kann. „Versäumet nicht eure Versammlungen“, eure biblischen, schriftgemäßen Zusammenkünfte, „wie es bei etlichen Sitte ist“. (Hebr. 10,25) Der schönste, größte und geschmückteste Hausaltar, die Stätte des Familienzusammenseins (so wichtig und nötig er ist), ersetzt nicht den Altar, den wir haben (vgl. Frage 18 in Lief. 9), um den sich die zu Ihm Hinausgegangenen scharen (Hebr. 13), kann im Gegenteil bei unrichtiger Wertung des wahren Altars, der gemeinsamen Anbetung, ein Hindernis werden, sobald, noch einmal sei's gesagt, der Hausgötze „Bequemlichkeit“ die Herzen mit Beschlag belegt hat. Darum, Geschwister, hinüber über den Jordan ins „Land“.

Und noch eine Mahnung ernster Art: Wir sehen aus Josua 22, mit was für Gedanken die 9½ Stämme im Lande den Bau des Altars Rubens betrachteten und mit welchen Gedanken sie umgingen: „Krieg!“ (V. 12) Aber es ging doch anders wie später in Richter 20! Denn die Rubeniter usw. antworteten in geziemender Weise, während dort der Stamm Benjamin nicht auf die Stimme seiner Brüder hören wollte (V. 13), abgesehen davon, daß sein Vergehen auch ein ganz anderes war; und so kam es zu einem furchtbar erbitterten Bruderkrieg, der in Jos. 22 völlig vermieden wird (vgl. auch Richter 8, Gideon mit 12, Jephta!).

Sollten wir Gläubigen, wie wir auch „stehen“, wie weit wir auch in unserer Erkenntnis und unserem Genießen Christi sein mögen oder wie wenig wir davon kennen - diesseits und jenseits des Jordan, wie oben so schön ausgeführt -, sollten wir, sage ich, nicht mit mehr Liebe, Tragkraft und Güte miteinander umgehen und im Auge behalten, daß nach den Gedanken Gottes Sein Volk, ja Seine Gemeinde zusammengehört und nicht etwa zersplittert bleiben wird in Ewigkeit? (Vgl. Frage 14, Antw. A!) Wieviel Krieg unter den Gläubigen, wo die Gesinnung gegeneinander nach Jos. 22 (auf beiden Seiten) soviel mehr erreichen würde. Wie leicht ein Verhalten nach Richter 20 statt nach Jos. 22! Der HErr schenke uns, daß wir mehr miteinander handeln nach Eph. 4,15.16; 5,1!

Und damit schließe ich. Möge Sein Wort, Sein wundersames Wort, sich unter uns in Kraft erweisen zu Seiner Verherrlichung, bis daß Er kommt, und Er kommt bald! „Maranatha!“ (1. Kor. 16,22)

F. K.

Der Mann Gottes aus Juda und der alte Prophet in Bethel.

(1. Kön. 13,11-34.)

Wenn wir uns noch einmal mit dem göttlichen Bericht im 1. Buche der Könige, Kap. 13, befassen, so geschieht es, um uns besonders mit dem alten Propheten in Bethel zu beschäftigen. Wir sind uns bewußt, daß wir (wenn auch von anderen Gesichtspunkten betrachtet) manches bereits auf Seite 241ff. Gesagte noch einmal erwähnen müssen. Wir bitten dieserhalb um Nachsicht. Die Geschichte dieser beiden Knechte Gottes ist aber so reich an Belehrungen, daß wir trotz der Wiederholungen, die für den Zusammenhang dieses Artikels nötig sind, doch vertrauen, daß der HErr den Lesern einen inneren Gewinn schenken wird.

*

Beim Betrachten dieser Geschichte steigt ganz von selbst die Frage in unserem Herzen auf: „Was bewog den alten Propheten, den Mann Gottes in sein Haus zu bringen, daß er, um dies zu erreichen, selbst vor einer Lüge nicht zurückschreckte? Wenn die Schrift auch nichts Bestimmtes hierüber sagt, so finden wir doch Mitteilungen, die, wenn wir an unser eigenes Herz denken und an das Wort: „Wie im Wasserspiegel das eine Gesicht dem anderen entspricht, ebenso das Herz des einen Menschen dem anderen“ (Spr. 27,19), die uns dann manches ahnen lassen, was uns zur Belehrung und Warnung dienen kann.

So lesen wir, daß der alte Prophet in Bethel wohnte. Er wohnte an dem Orte, wo Jehova verunehrt, Sein Wort verdreht und beiseitegesetzt wurde. Die Priester und Leviten und alle, die

ihr Herz darauf richteten, Jehova, den Gott Israels, zu suchen, verließen ihr Besitztum und zogen nach Juda und nach Jerusalem. Sie lösten um der schrecklichen Abgötterei willen ihre Verbindungen mit dem Lande Jerobeams. Warum ging der alte Prophet nicht? Was hatte er noch an diesem götzendienerischen Platze zu tun? Fühlte er nicht, daß sein Bleiben im Gegensatz und Widerspruch mit denen stand, die das Land verließen? Wenn er - der alte Prophet - dort wohnen blieb, so verurteilte er damit den Wegzug seiner Brüder oder stellte denselben doch wenigstens als unnötig hin. So wurde durch sein Verbleiben die Tat jener Treuen, die Bethel und das Land verließen, um dorthin zu gehen, wo Jehova angebetet und Sein Wort noch beachtet wurde, entkräftet. Er wohnte, wie einst Lot in Sodom, an einem Platze, von dem aus die Sünde zum Himmel stieg.

Ist dies nicht eine Warnung für uns, nicht gleich dem alten Propheten oder gleich Lot in der Welt zu verweilen oder an Stätten, wo das Wort Gottes beiseite gesetzt und ein von Menschen ersonnener Kultus ausgeübt wird? Was haben wir mit diesen Dingen noch zu tun? Warum nehmen Gläubige heute nicht ihre von der Welt - auch der frommen Welt - abgesonderte Stellung ein? Ach, ist es nicht, weil man das Gefühl für die Verunehrung des HErrn und die Beiseitesetzung Seines Wortes verloren hat? Der HErr besitzt das Herz nicht mehr allein. Gewiß, man nimmt nicht an groben Dingen teil, wie auch sicher der alte Prophet die Abgötterei Jerobeams nicht mitmachte. Man will neutral stehen. Man ist gleich denen in Laodizäa, nicht kalt und nicht warm. Solche Gläubigen läßt die Welt sich gefallen, solche verachter sie nicht. Der alte Prophet wurde sicher in Bethel als eine ehrwürdige Person anerkannt, ebenso wie einst auch die Person und das Wort Lots im Tore Sodoms anerkannt wurden. Die Verunehrung des HErrn und die Nichtachtung Seines Wortes fallen solchen Gläubigen nicht aufs Herz, und sie haben kein Empfinden dafür, daß sie das Zeugnis der Wahrheit durch ihre Gemeinschaft mit Ungläubigen schwächen. (2. Kor. 6,14ff.)

Als die Söhne des alten Propheten kamen und ihrem Vater erzählten, was an jenem Tage zu Bethel geschehen sei, teilten sie ihm auch die Worte mit, die der Mann Gottes dem König geantwortet habe, als dieser ihn in sein Haus einlud. Es ist gut zu verstehen, daß der alte Prophet den Wunsch hatte, diesen treuen und mutigen Zeugen, den Jehova so wunderbar

bestätigt hatte, kennenzulernen und Gemeinschaft mit ihm zu haben. Als er sich auf den Weg gemacht und ihn gefunden hatte, lud er ihn in sein Haus ein. Nun hört er, daß Gott es ihm bedingungslos verboten hatte, „an diesem Orte“ Brot zu essen und Wasser zu trinken. Dieses Gebot Gottes hätte sein Gewissen erreichen und ihm sagen müssen, daß er selbst „an diesem Orte“ nicht nur Brot aß und Wasser trank, sondern sogar seine Wohnung hatte. Aber sein Gewissen wird nicht berührt, und dies zeigt den Stand seines Herzens Jehova gegenüber. Hätte er in der Furcht Jehovas gestanden, so würde er den Mann Gottes ermutigt haben, den Befehlen seines Gottes gehorsam zu bleiben. Statt dessen mißachtet er das klare Wort Jehovas und verleitet seinen Bruder zur Übertretung. Er schrickt, um sein Ziel zu erreichen, nicht vor einer Lüge zurück, ja, nicht einmal davor, die Lüge als einen Ausspruch Jehovas auszugeben. Wozu ist doch der Mensch fähig - ja, ein Gläubiger fähig -, wenn er die Furcht Gottes verläßt! Wie ernst mahnt uns diese Geschichte an das Wort: „Wachet, stehet fest im Glauben!“ (1. Kor. 16,13) „Wer zu stehen sich dünkt, sehe zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12)

Wenn wir uns fragen, warum der alte Prophet so beharrlich sein Ziel, den Mann Gottes in sein Haus zu bringen und mit ihm zu essen und zu trinken, verfolgte, so können wir den Grund dafür nur in dem Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ahnen. Aus dem Bericht der Söhne des alten Propheten sehen wir, daß die Leute in Bethel wußten, daß der Mann Gottes „an diesem Orte“ nicht bleiben und nicht essen und trinken durfte. Mußten die Leute nicht merken, daß, wenn der alte Prophet „an diesem Orte“ wohnte, er mit diesen Worten Jehovas in Widerspruch stand? Fiel es nicht auf, daß der Mann Gottes, so wie er nicht in das Haus des gottlosen Jerobeam, ebenso auch nicht in das Haus des alten Propheten einkehren durfte?

Versetzen wir uns einmal selbst in diese Lage! Fühlen wir dann nicht, welch eine Versuchung es für den alten Propheten war, den Mann Gottes in sein Haus zu bringen und ihn zu veranlassen, wenigstens mit ihm Brot zu essen und Wasser zu trinken? Welch eine Anerkennung wäre es für ihn! Dann wäre doch mindestens ein Unterschied zwischen ihm und dem gottlosen Jerobeam gemacht und der Eindruck verwischt, daß sein Haus von dem Manne Gottes ebenso gemieden wäre wie das Haus Jerobeams. Vom menschlichen Herzen aus gesehen können wir ahnen, wieviel dem alten Propheten daran liegen mußte, sich und sein Haus in den Augen des Volkes

dadurch wieder in Ansehen und Ehre zu bringen, daß der Gottesbote nicht in das Haus des Königs, aber in sein Haus einkehrte und mit ihm aß und trank.

Ach, wie scheut doch der Mensch keine Mühe und Beschwerde, List und Tücke, wenn es sich um sein Ansehen und seine Ehre handelt; und wie wenig Zeit und Mühe hat er übrig, wenn es sich um die Ehre und das Ansehen des HErrn handelt! Ja, „arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen?“ (Jer. 17,9) Und Salomo sagt: „Mein Sohn, merke auf meine Worte ... Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens.“ (Spr. 4,20.23)

Als er den Mann Gottes in sein Haus geführt hatte, werden da nicht die großen Taten und die Gerichtsankündigung Gottes das Tischgespräch gewesen sein? Ich kann es mir nicht anders denken, als daß das Gewissen des alten Propheten unter diesen Gesprächen zum Erwachen kam. Überwältigt von seiner eigenen Schuld und Sünde, wird er nun der Mund Gottes, seinem Bruder die Strafe zu verkünden. Bedrückt sattelte er ihm den Esel, und der Mann Gottes zieht seines Weges. Bald darauf vollzieht Gott das angekündigte Gericht über Seinen Knecht. Leute, die des Weges kommen, sehen seinen Leichnam liegen und den Löwen daneben stehen. Sie kommen in die Stadt und erzählen, was sie gesehen haben.

Als dies zu den Ohren des alten Propheten kommt, spricht er sofort: „Dies ist der Mann Gottes, der dem Befehle Jehovas widerspenstig gewesen ist.“ Deckt Gott in dem Worte „widerspenstig“ nicht etwas von dem auf, was Sein Auge im Herzen des Mannes Gottes sah? Als er von dem König eingeladen wurde, antwortete er: „Ich würde nicht mit dir hineingehen“ (V. 8); als der alte Prophet ihn einlud, antwortete er ihm: „Ich kann nicht ... mit dir hineingehen.“ (V. 16) In diesem „kann nicht“ liegt leise die Bereitwilligkeit, dem alten Propheten in sein Haus zu folgen; in dem Worte „widerspenstig“ die Abneigung und das Sträuben des Herzens, dem Befehl Jehovas jetzt zu gehorchen!

Der alte Prophet läßt sich nun den Esel satteln, und vom Gewissen gestraft, schuld am Tode seines Bruders zu sein, macht er sich auf den gefahrvollen Weg, den Leichnam seines Bruders

dem Wege und den Löwen und Esel daneben stehen. Der Löwe durfte den Mann Gottes töten, aber, seiner Natur entgegen, den Leib nicht fressen noch den Esel zerreißen. Beide standen als stumme Zeugen der gewaltigen Hand Gottes neben dem Leichnam. Niemand sollte das Wunder des Gerichtes Gottes als einen Unglücksfall hinstellen können. Gott vermag Seinen Gerichten ein solches Gepräge zu geben, daß selbst die Welt, die Gott nicht kennt, Seine Hand darin anerkennen muß. (Siehe auch 2. Kön. 17,24ff.)

Welch ein Anblick mußte es für den alten Propheten sein, als er den Mann Gottes, mit dem er vor wenigen Stunden gegessen und getrunken hatte, tot hingeworfen auf dem Wege und neben ihm den Löwen und den Esel stehen sah! Reue, Jammer und Schmerz nagten jetzt an seiner Seele. Welchen Wert hatte sein Leben noch für ihn! Er achtet nicht der Gefahr, gleichfalls vom Löwen getötet zu werden, tritt an den Leichnam heran, nimmt ihn, und mit Mühe legt er ihn auf den Esel, um ihn in sein Grab zu betten.

Aus dem gequälten, reuevollen Herzen über seine eigene Schuld und das traurige Ende seines Bruders ringt sich nun die Klage: „Ach, mein Bruder!“ Solche Folgen hatte er nicht geahnt. Zu spät war es jetzt, etwas wieder gut zu machen. Welche Warnung für uns! Wie leicht nehmen wir es manchmal mit der Lüge und dem Truge und ahnen nicht die furchtbaren Folgen.

Konnte er auch im Leben nicht mehr mit dem Manne Gottes verbunden sein, so wollte er es wenigstens im Tode sein. Er befiehlt seinen Söhnen: „Wenn ich gestorben bin, so begrabet mich in dem Grabe, in welchem der Mann Gottes begraben ist; leget meine Gebeine neben seine Gebeine.“ (V. 31) Das Grab, in dem sie gemeinsam ruhten, sollte dem ganzen Volke ein Zeuge der Heiligkeit Gottes und der Zuverlässigkeit Seines Wortes sein.

Eins aber konnte er noch im Leben: sich mit dem Zeugnis des Mannes Gottes eins machen. Er bestätigt: „Das Wort wird gewißlich geschehen, welches er durch das Wort Jehovas ausgerufen hat wider den Altar, der zu Bethel ist, und wider alle Häuser der Höhen, die in den Städten Samarias sind.“ (V. 32) Wohl mag Gott mit der Ausführung Seines Wortes oftmals zögern, aber was Er sagt, das geschieht.

Als nach langer Geduld dann der Tag kam, da Gott durch Josia, den Sohn vom Hause Davids, das Gericht vollzog, da gedachte Gott dieses einsamen Grabes, in dem die Gebeine Seiner Knechte lagen. Sie mochten unter Seiner züchtigenden Hand „an diesem Orte“ - dieser Stätte ihrer Untreue, auch begraben worden sein, aber das Gericht sollten sie nicht mit den Abtrünnigen dort teilen. An diesem Tage des Gerichtes ehrte Gott Seine beiden Knechte und rettete sie. Ihr Grab durfte nicht verletzt und ihre Gebeine nicht bewegt, geschweige mit denen der Abtrünnigen verbrannt werden. (2. Kön. 23,15-19) „Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu.“ (2. Tim. 2,13) Seine züchtigende Hand mag uns auch heute, wie es einst in Korinth geschah, mit dem Tode strafen, aber wenn es geschieht, „so werden wir vom HErrn gezüchtigt, auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden“. (1. Kor. 11,32)

Wie ernst und vielseitig redet diese Geschichte zu unserem Herzen! O daß wir daraus lernen möchten, über unser Herz wachsam zu sein und die Nähe Sodoms zu meiden und uns warnen zu lassen, unser Ohr jemandem zu leihen, dessen Worte im Widerspruch mit den klaren und sicheren Worten unseres Gottes sind, wie hoch der Rang und Stand, das Ansehen und die Gelehrsamkeit eines solchen auch sein mögen! Die Schrift warnt uns: „Geliebte, glaubet nicht jedem Geiste!“ (1. Joh. 4,1) „Sehet zu, daß nicht jemand sei, der euch als Beute hinwegführe durch die Philosophie und durch eitlen Betrug nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt, und nicht nach Christo.“ (Kol. 2,8)

Laßt uns nie vergessen, daß unsere Verantwortung, dem Worte des HErrn gehorsam zu sein, bleibt, auch wenn der Feind uns mit noch so großer Gewalt und List umstellt, und daß auch die Sünde anderer, womit sie wider uns sündigten, unsere Untreue nicht entschuldigt noch uns schützt vor der strafenden Hand des HErrn.

Bewahre mich wie den Augapfel im Auge; birg mich in dem Schatten Deiner Flügel.“ (Ps. 17,8)

A. v. d. K.

Wie kam es?

(Schluß.)

Noch ein letztes Mal sammeln wir uns kurz um das so vielfach genannte Wort: „Wer da stehe, der sehe wohl zu, daß er nicht falle!“ (1. Kor. 10,12), und da dieses Wort an sich deutlich genug redet, besonders für solche, die stets mitgelesen haben, so will ich kein weiteres Wort als Einleitung sagen, um den knappen Raum nicht mehr als nötig zu belegen.

Gern hätte ich noch ausführlicher geschrieben über Aaron, wie ich auf S. 157 dieses Jahres ankündigte, wo ich mich kurz mit ihm beschäftigte in Verbindung mit 4. Mose 12. Aber wenn ich auch auf das Hauptkapitel hinweisen darf, das uns Aarons Sünde zeigt und die Sünde, die er über das Volk brachte, wodurch er es sündigen machte: 2. Mose 32, so kann ich doch nicht mehr so eingehend betrachten, wie der Hohepriester dazu kam, „das Volk zügellos“ zu machen (V. 25, vgl. 21 mit dem herben Vorwurf Moses an ihn: „Was hat dir das Volk getan ...?“). Wohl war das Volk zügellos (V. 25), wohl war es widerspenstig und „hartnäckig“ (V. 9; man vergleiche dazu die neutestamentliche Beurteilung in Apgesch. 7,39-41), so daß man einerseits sagen kann: Aaron, auf den doch damals noch nicht die ganze Würde des Hohepriestertums gelegt war (3. Mos. 8 u. 9), folgte nur ihrem bösen Willen, der sich dann auch so recht äußerte in V. 6. (Vgl. Apgesch. 7,41!) Aber andererseits war Aaron damals schon der stellvertretende Führer des Volkes (siehe 2. Mos. 4,14-16; auch 24,14!), und als solcher hätte er ihre Ungeduld beschwichtigen können müssen (32,1), zumal er selbst doch auf dem heiligen Berge gewesen war und wußte, was mit Mose geschehen war! Aber dazu zeigte er sich unfähig, und so führte er (vorsichtig sei's gesagt!) selber das Volk in die Sünde hinein und entschuldigte sich dann später mit der argen Gesinnung des Volkes. (V. 22!) Sein Verhalten ist tiefbeschämend für uns alle und ein ernster Prüfstein für uns, die wir 1. Kor. 10,11 und Röm. 15,4a kennen. Aber wenn wir nun fragen, „wie kam es“, daß Aaron sich so versündigte und andere, die auf ihn blickten, sündigen und sie zum Gespött machte (V. 25), so möchte ich nur eine einzige Schriftstelle dazu anführen, die uns das Zukurzkommen Aarons begreiflich macht und als Frage an uns vor uns

steht: Als Hoherpriester sollte er (später) das Volk auf dem Herzen tragen, statt dessen verführte er dieses zur Sünde - wie weit war er damals von solch priesterlicher Gesinnung entfernt, wie sie sein Bruder Mose, der wahre Führer Israels, offenbart in V. 32! (Kap. 32, V. 32!! Man vgl. Paulus in Röm. 9,3! Das ist wahre Priestergesinnung!) So kam es: in seiner Gesinnung war der Mangel, daher folgte er auch in der Tat! Die Gesinnung Jesu Christi (Phil. 2,5) schützt uns vor Abgleiten, und wenn Aaron in wahrer, echter Gesinnungs- oder Herzensgemeinschaft mit Jehova gewesen wäre, dann hätte das ungeduldige Bitten des Volkes ihn nicht so überrascht, daß er nun seinerseits das Volk zu Fall brachte! Geliebte, nur wenn wir nichts zwischen den HErrn und uns kommen lassen (innerlich), werden wir gesegnet und zum Segen sein! Ein Aaron war aber - so groß er war - nie (auch später nicht) das, was ein Mose war - und wie oft ist ähnliches heute der Fall! Halten wir uns „nahe bei Jesu“, dann fallen wir nicht und bringen auch andere nicht zu Fall!

Einen kurzen Blick werfen wir im Vorbeigehen auf das „Wie kam es?“ bei dem großen Elia, den wir noch viel weniger kritisieren dürfen als Aaron. Mit jeder Kritik biblischer Menschen kritisieren wir uns selbst! - Auf des Elias Flucht vor Isebel (1. Kön. 19) - vgl. Petri Verleugnung vor einer Magd! (siehe S. 177ff.!) - möchte ich hier nur hinweisen in Verbindung damit, daß es bei einem anderen Gottesmann so ganz anders war, nämlich bei Paulus in Apgesch. 20,24! Aber die fast unerklärliche Menschenfurcht bei dem gewaltigen Propheten Elias war doch nicht eigentlich nur solche für sich bestehende, sondern sie war vielmehr erst die Folge von seinem Enttäuschtsein darüber, daß die anfangende Erweckung Israels auf Ahab keine durchgreifende Wirkung gehabt hatte, und darum auf Isebel schon gar nicht. Und enttäuschte Leute, das sagte ich schon oft, begehen leicht Torheiten! Laßt uns, wenn wir je uns unter den Ginsterstrauch (V. 4) setzen, uns jedesmal genau prüfen, ob wir nicht selber schuld sind an dem erlittenen Zukurzkommen, und dann laßt uns, gleichsam das „Was tust du hier?“ von V. 9 u. 14 hörend, bereit sein, uns vom HErrn durch die Offenbarung Seiner Selbst zurechtbringen zu lassen! In Seiner Nähe verlernen wir das Sehen auf uns, und so werden wir fähig, nachdem wir „alles ausgerichtet“ haben, „zu stehen“! (Eph. 6,13)

Und nun zuletzt - „wie kam es“ bei David? Wie bei Mose und anderen gehen wir nur zitternd an

seine Beschämung heran und fragen erschüttert: Wie war es nur möglich? Und leise, eindringlich sagt die Antwort: Wenn zu einer Zeit, da die Könige ausziehen zum Kampf, ein David bequem und etwa des Kampfes überdrüssig daheim bleibt und seine Augen, statt sie auf seinen tapferen Helden (wie Uria!) ruhen zu lassen, umherschweifen läßt, dann „lauert die Sünde vor der Tür“ (1. Mos. 4,7), und die Katastrophe ist nicht weit. (2. Sam. 11,1.2!) Wachsamkeit! „Wachet und betet, auf daß ihr nicht in Versuchung kommt!“ (Matth.

26,41), so heißt es auch hier wie bei Petrus, Simson u. a. Und sich stets dessen bewußt bleiben, wer und was man ist und sein darf! „Standesgemäß man wandeln muß!“ Wir sind auch „Könige und Priester“ (Offenb. 1,6), und uns gebührt eine königliche und priesterliche Haltung inmitten dieses bösen Zeitlaufs. (1. Petr. 2,9.10) Aber davon ist nicht mehr zu reden; nur eins noch sei gesagt: Wohl selten ist eine biblische Persönlichkeit so tief gebeugt worden über sein Zukurzkommen wie der große, treue König David, der trotz jener Schuld (vgl. 1. Kön. 15,4.5) ein Vorbild blieb für spätere Zeiten (mit ihm wurden die späteren Könige stets verglichen!), - aber wäre das wohl so gewesen, wenn er nicht eine so tiefe, bleibende Buße getan hätte, wie sie z. B. Ps. 32 oder 51 zeigen? Wenn je bei uns ein tiefer Fall zu beklagen wäre, laßt uns handeln nach 1. Joh. 1,9, aufrichtig, und der HErr wird uns wieder zurechtbringen und vielleicht auch uns, wie David, anderen wieder zum Segen setzen können.

„Wie kam es?“ Noch viele Typen der Schrift ließen sich nennen, z. B. Hiskia u. a.! Mögen wir alle weiter darüber forschen unter der Leitung Seines Geistes an Hand Seines Wortes! Mögen aber die vielen betrachteten Typen und Personen (über 40!) unsere Herzen berührt haben und noch berühren, auf daß der uns vom HErrn durch diese Aufsätze zugedachte Segen uns voll zunutze komme, was wiederum zu Seiner Ehre dienen würde! Laßt uns mehr und mehr nicht „Hörer allein“ sein, sondern in Wort, Wesen und Werk „Täter Seines Wortes“ werden nach Jak. 1,22, und zwar in Seiner Kraft! (Gal. 5,25) Seine Gnade genügt dazu! (2. Kor. 12,9) - „Wie kam es?“

F. K.

Nur Seine Kleider.

„Sie haben Meine Kleider unter sich verteilt, und über Mein Gewand haben sie das Los geworfen.“ (Joh. 19,24; Ps. 22,18)

Die religiöse und politische Welt wollte unseren HErrn nicht, sie schlugen Ihn gemeinsam ans Kreuz. Als sie Ihn gekreuzigt hatten, dann erfüllten sie ungewollt auch das prophetische Wort Ps. 22,18, indem sie Seine Kleider unter sich teilten. Ihn Selbst wollten sie nicht, aber Seine Kleider begehrten sie. Die Kleider waren den vier Kriegsknechten so begehrenswert, daß sie dieselben unter sich verteilten und wegen des Gewandes, des Leibrocks, das Los warfen. Der Leibrock war ohne Naht. Vielleicht hatten liebe Hände denselben mit besonderer Sorgfalt hergestellt und ihn dem HErrn überreichen lassen. Heißt es doch von den Ihm nachfolgenden Frauen, daß sie Ihm mit ihrer Habe dienten, somit können wir auch annehmen, daß Seine Kleider Gaben der Liebe von den Seinen waren.

Es würde gewiß diese Klage nicht in Psalm 22,18 enthalten sein, wenn nicht der HErr über dieses Tun der Kriegsknechte innerlich schmerzlich bewegt gewesen wäre. Auch ist dies in allen vier Evangelien enthalten, was zu beachten ist. Wir wissen nicht, ob die Kriegsknechte völlig in Unkenntnis über die Person des HErrn waren. Wir sollten meinen, daß sie doch ein wenig von Seinen Wundern gehört hätten.

Was hatte der HErr, und wie hatte der HErr doch gewirkt! Gnade und Wahrheit war von Ihm ausgegangen. Wohltuend war Er umhergezogen. Und nun war Er am Kreuz, aus dem Weinberge hinausgeworfen, in die Hände der Nationen überliefert. Man wollte Ihn nicht! Seine Kleider nur - die begehrte der Mensch, aber Ihn nicht!

Doch, Lob und Dank unserem Gott, einige waren es dennoch, und einige sind es noch heute, die Ihn Selbst begehrten und begehren. Aus Gnaden dürfen wir, Seine Erlösten, uns zu dieser kleinen Schar von Gläubigen rechnen, die Ihn Selbst begehren.

Die Welt ist heute die gleiche wie damals. Viele begehren vom Herrn Jesus auch heute noch nur irdischen Gewinn. Er gilt ihnen nur als Helfer in irdischen Dingen. Von Herzen Ihn aufnehmen, das wollen die Vielen nicht. Als Vorbild in bezug auf Seine Tugenden lassen Ihn viele auch noch gelten. Sie begehren somit einen Teil Seiner Kleider, Seiner äußeren Gewohnheiten, Seiner Gerechtigkeiten. Sie sagen, Er sei ein vorbildlicher Mensch gewesen, dem man in gewissen Dingen nachahmen sollte. Doch Ihn ganz aufnehmen, so wie die Schrift sagt, das mögen sie nicht.

Es geht uns, den Seinen, in dieser Welt so, wie es unserem HErrn erging. Die Welt will auch uns nicht, aber sie will gern Nutzen von uns, den Frommen, haben. Auch wir tragen Leid darüber, wenn wir sehen, wenn Menschen wohl unser Irdisches begehren, aber nicht uns selbst mit unserem HErrn. Wie könnte es auch anders sein! Uns trifft das gleiche Los wie unseren HErrn - Verwerfung. Doch, wenn wir mit Ihm leiden, werden wir auch mit Ihm verherrlicht werden. (Röm. 8,17) Wohl tragen wir Leid im Blick auf die Welt und auf einzelne, aber wir freuen uns auch im Blick auf Ihn, unseren HErrn. Wir freuen uns, Ihm anzugehören für Zeit und Ewigkeit. Ja, gleichwie Er ist, sind auch wir in dieser Welt.

Sie teilten Seine Kleider unter sich, und über Sein Gewand warfen sie das Los. Ihn Selbst aber wollten sie nicht!

O. D.

Gott und Mensch.

„Der Heilige Geist wird über dich kommen, und Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren werden wird, Sohn Gottes genannt werden.“ (Luk. 1,35)

Die Menschwerdung des Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes, geschah durch den Heiligen Geist. Er, der Ewige, durch welchen alle Dinge und für den alle Dinge sind und durch Den alles

besteht - Er wurde Mensch. Welch ein wunderbares Geheimnis! Kein Mensch kann es begreifen. Der Glaube nur schaut es und betet an. Und das nicht aus uns, Gottes Gabe ist es. Fleisch und Blut haben uns dies nicht geoffenbart, sondern der Vater unseres Herrn Jesus Christus.

Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Er kam in das Seinige. Er machte Sich Selbst zu nichts und nahm Knechtsgestalt an. Er war in Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden. Er war Mensch, doch ohne Sünde - ein vollkommener Mensch. Er aß und trank, Er wurde müde, Er schlief, Er redete, Er betete, Er empfand Leid und Schmerz und Mitgefühl. Alles an Ihm und in Ihm war vollkommen und heilig. Er war Mensch und doch - welch ein Abstand zwischen Ihm und uns, zwischen Ihm und den Juden! Wie ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, so war er unter den Söhnen.

Deshalb sollten wir Erlösten Ihn niemals als Juden bezeichnen, so wie Ihn die Welt als solchen bezeichnet. Er kam aus den Juden. Die Welt sieht in Ihm nur einen Juden im allgemeinen Sinne, weil sie Seine Herrlichkeit nicht kennt und nicht an Ihn glaubt. Die Welt sah die Stiftshütte nur von außen und von ferne, die Priester aber sahen etwas von der inneren Herrlichkeit. Und wir Begnadigte, wir sehen nicht nur im Glauben Seine äußere Erscheinung, wir schauen etwas von Seiner Wesensherrlichkeit und von der herrlichen Majestät Seiner Person. Und wir sollten uns nicht scheuen, klar zu bekennen, wer Er ist, daß Er, aus den Juden kommend, der Heilige, der Ewige, der Sohn Gottes, der Heiland der Welt ist. Wenn auch die Welt diese Wahrheit antastet, Er, der Sohn Gottes, der Fels der Ewigkeit, bleibt. „Ihm sei die Herrlichkeit und die Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit!“ (Offenb. 1,6b)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 21

Worauf bezieht sich der Ausdruck „ein gutes Werk in euch angefangen“ in Phil. 1,6?

Antwort

Wenn wir die dem V. 6 vorangehenden Verse und den Vers nachher sorgfältig lesen, sehen wir, daß das „gute Werk“, welches der Apostel V. 6 im Auge hat, nicht das den Philippern zuteil gewordene Heil, nicht ihre Errettung, ist, sondern die von ihnen bewiesene „Teilnahme an dem Evangelium“ - das Interesse, welches sie für das Werk des HErrn hatten und betätigten. Sie waren Christen, die sich nicht damit begnügten, sich selbst errettet zu wissen, sondern wünschten, daß auch ihre Mitmenschen diese Errettung erfahren möchten, und darum an der Verbreitung des herrlichen Evangeliums mithalfen, soviel und wie irgend sie konnten. Diese Mithilfe übten sie auch darin mit aus, daß sie für die Bedürfnisse derer, die das Evangelium verkündigten, mit Sorge trugen. Auf diese Weise hatten sie auch dem Apostel ihre „Teilnahme an dem Evangelium“ bewiesen „im Anfang des Evangeliums“ und auch später (s. Kap. 4,15.16) und auch jetzt wieder (s. Kap. 4,10.18). Sie machten sich dadurch eins mit dem Apostel in seinem Dienst und seinen Umständen - sowohl in seinen „Banden“ (er befand sich im Gefängnis) als auch „in der Verantwortung und Bestätigung des Evangeliums“- und wurden so seine „Mitteilnehmer der Gnade“, die in ihm so mächtig wirkte. (1,7) Diese von den Philippern von Anfang ihrer Bekehrung an bewiesene „Teilnahme an dem Evangelium“ war etwas, was das Herz des Apostels erfreute und wofür er Gott dankte, weil ja doch die Philipper dieses Gute nicht aus sich selbst hatten, sondern Gott es in ihnen gewirkt hatte. Es war Sein Werk in ihnen; Er hatte dieses „gute Werk“ in ihnen angefangen, und Paulus war „eben dessen in guter Zuversicht“, daß Er es auch „vollführen“, d. h. Weiterführen, „zur Vollendung führen“ werde, und zwar „bis auf den Tag Jesu Christi“: bis zu dem Augenblick, wo der „Tag Jesu Christi“ beginnen wird, von dem Gesichtspunkte aus betrachtet, daß sie noch hier leben würden, wenn Er aus den Himmeln kommen wird, um Seine Erlösten heimzuholen, wie seine Worte Kap. 3,20.21 bekunden: „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit ...“ Das „bis auf“ bedeutet „bis an“, „bis zu“, wie z. B. Luther und Wiese und an anderen Stellen auch die „Elberfelder“. das betreffende

griechische Wort übersetzt haben. (Vgl. Matth. 24,38; Luk. 17,27; Apgesch. 1,3; 3,21 u. a. m.) Der mit dem Kommen des HErrn für die Seinen beginnende „Tag Jesu Christi“ würde ihrem Pilgerlauf ein Ende setzen, und bis dahin würde Gott in ihnen dieses „gute Werk“ fortsetzen und vollenden. Wenn nun auch die Philipper den „Tag Jesu Christi“ nicht hier erlebt haben, war dennoch der Gedanke des Apostels vollkommen richtig, denn der „Tag Jesu Christi“ bildet die Fortsetzung ihres hier im Leibe der Niedrigkeit gelebten Lebens in einem neuen, Seinem Leibe der Herrlichkeit gleichförmigen Leibe genau so wie bei denen, die jenen herrlichen Augenblick Seines Kommens hier auf Erden erleben werden. Daher hat das Wort Phil. 1,6 für alle, in denen Gott „ein gutes Werk angefangen hat“ (dieses „gute Werk“ kann das sein, was wir bei den Philippern gesehen haben oder was sonst es auch sei - das worin wir unser Leben unserem Gott zur Verfügung stellen: Gebet und Fürbitte, Sorge um das geistliche oder leibliche Wohl der Seelen [oder beides] -, jeder wahre, geistgewirkte Dienst für den HErrn) - zu jeder Zeit Geltung gehabt und weiterhin Geltung zu ihrer Ermunterung, bis der HErr kommt. Gegenwärtig sind wir es, die gemäß Phil. 3,20.21 Ihn erwarten und uns auf Sein Kommen freuen. Möchten wir auch alle solche sein, in denen Gott „ein gutes Werk angefangen hat“ und in denen Er es auch „vollführen“ kann „bis auf den Tag Jesu Christi“ - bis Er kommt und uns heimholt in Seine Herrlichkeit! -

Das in Phil. 1,6 Gesagte wird manchmal als ein Trostwort zur Stärkung schwacher, verzagter Seelen benutzt im Blick auf ihr Heil, ihre Errettung, um sie zu ermuntern und zu befestigen, indem man ihnen mit diesem Worte zeigen will, daß Gott treu ist und dafür sorgen werde, daß der in ihnen gewirkte Glaube und das, was durch diesen in ihnen ist, nicht aufhören, sondern ihnen erhalten bleiben werde bis ans Ende. Eine solche Anwendung dieses Wortes ist nichts Unrechtes, obwohl das nicht der Gedanke dieser Schriftstelle ist, wie wir nach dem oben Ausgeführten gesehen haben. Aber wenn jemand diese Schriftstelle in ebenerwähnter Auslegung als Ruhekissen für das Fleisch benützt, indem er sagt: „Der HErr hat ja ein gutes Werk in mir angefangen“ - seine Errettung meinend - „und wird es auch vollenden, gleichviel wie ich in meiner Schwachheit wandle“, so ist das ein verderblicher Irrtum und ein Mißbrauch dieser Schriftstelle, vor dem nicht eindringlich und entschieden genug gewarnt werden kann.

haben, aber sie ist uns nicht dazu im Worte Gottes bezeugt, daß wir in bezug auf unseren Wandel gleichgültig sein sollen, sondern dazu, uns die Herrlichkeit der Person Christi und Seines Werkes und die Größe der Gnade Gottes zu zeigen und gerade dadurch uns anzuspornen, auch einen dem entsprechenden Wandel zu führen. Die ebenerwähnte irrige und mißbräuchliche Anwendung vorlegender Schriftstelle offenbart einen Herzenszustand, der äußerst beklagenswert ist und es ausgeschlossen erscheinen läßt, daß Gott in einem solchen Christen - wenn er ein Christ und nicht etwa nur ein Mensch ist, der nur „die Erkenntnis der Wahrheit empfangen“ (Hebr. 10,26), aber nicht den Herrn Jesus in sein Herz aufgenommen und darum auch kein Leben aus Gott hat - „ein gutes Werk angefangen hat“, da ihm die unerläßliche Voraussetzung hierfür: Aufrichtigkeit und Hingabe des Herzens, fehlt. Möchte ein solcher seinen Irrtum erkennen und aufrichtig und gründlich Buße tun! -

„Ein gutes Werk in euch“ - von Gott! - welch eine kostbare Sache ist das für unser Herz, wenn es von dem Verlangen erfüllt ist, Ihm, unserem Gott, Ihm, unserem HErrn, zu leben, und es darum auch - im Bewußtsein unserer Schwachheit - sich dessen getrösten darf, daß Er, der dieses „gute Werk“ in uns angefangen hat, es auch fortführen wird, bis wir diesen Schauplatz verlassen, um ewig bei dem HErrn zu sein! Preis und Dank sei Ihm dafür!

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Diese belangreiche Antwort wird vielen dienen, sie wird die Wichtigkeit der „Gemeinschaft mit dem Evangelium“ (oder „der Teilnahme an dem E.“) denen gegenüber groß machen, die sich zu leicht auf das „nur selig“ stützen, und sie wird ebenso denen den Grund unter den Füßen ins Wanken bringen, die da sich zu fest darauf verlassen, daß der Wandel gleichgültig sei, wenn nur Gott „das gute Werk in ihnen angefangen“ habe. Alles dies ist ungemein ernst und verdient unser aller eingehendste Beachtung, denn bekanntlich liegt dem Feind stets daran, die Herzen der Gläubigen in falsche Sicherheit zu wiegen. Und wenn die „Handreichungen“ auch stets mit größter Gewißheit bezeugt haben, daß echte Kinder Gottes nimmermehr verlorengehen

können, so liegt uns Schriftleitern wie ebenso den Mitarbeitern doch nicht weniger daran, zu betonen, daß der Wandel der Gläubigen unsagbar wichtig ist, ja daß die Tatsache wahren Christseins erst durch den treuen Wandel so recht bezeugt werden kann. Das sei am Ende des Jahrbuchs noch einmal klar ausgesprochen!

Worauf stützen sich solche Gläubige leicht? Daß Er, der „das gute Werk“ in ihnen angefangen habe, es auch vollführen werde. Sicher, das wird Er tun, aber hier in unserer Stelle handelt es sich nicht um „das gute Werk“! Wenn solches dastünde, so wäre wohl nur zu denken an den Glauben bzw. an das Glaubenkönnen, das Gott jedem aufrichtig Wollenden gibt. (Eph. 2,8-10) Aber das steht nun einmal nicht da, sondern es heißt: „ein gutes Werk“, darum ist es ganz richtig, wenn unser Mitarbeiter aus dem Zusammenhang danach sucht, welches Wert gemeint sein könnte. Und der Zusammenhang redet deutlich, wie denn überhaupt von dem „Evangelium“ im Philipperbrief neunmal die Rede ist, aber stets in einer Weise, die sozusagen vor allem schon gläubig Gewordene betrifft. Man lese die Stellen im Zusammenhang nach: 1,5.7.12.16.27 (2x); 2,22; 4,3.15. Das Evangelium ist eben nicht nur die Frohbotschaft für Sünder, sondern auch das Lebenselement für Kinder (Gottes). Laßt uns das nicht vergessen, sonderlich nicht am Ende eines Jahres! Wir wachsen nie aus dem Evangelium heraus oder - wir wachsen überhaupt nicht! Vergleiche übrigens das Evangelium im Epheserbrief, z. B. 3,6 und 6,15.19, oder siehe Röm. 1,15 verglichen mit V. 16 und 2,16 usw.!

Natürlich gehört zur Teilnahme am Evangelium das Gläubigwerden oder vielmehr: es kann keine Teilnahme am E. geben ohne das demselben gläubig Gewordensein. Das wissen wir und werden wir auch nicht vergessen. Unbekehrte Menschen können ja auch eine gewisse Teilnahme am Evangelium zu zeigen versuchen, etwa durch Gaben oder z. B. durch Gastfreundschaft (wie bei Konferenzen!), aber - wenn auch der HErr das Herz ansieht und demgemäß uns in Apgesch. 10 (V. 4.31!) eine wunderschöne Belehrung in besonderer Hinsicht gibt, so kann nach der Schrift doch erst dann von „Gemeinschaft mit dem Evangelium“ geredet werden, wenn letzteres angenommen und erfahren ist und dann auf dem Boden solcher Tatsache nun die Beteiligten ihre Teilhaberschaft mit Christo oder mit Seinem Wort und Evangelium praktisch betätigen. Denn erst dann stehen die sich - so oder so - Beteiligenden

auf einem Grunde (1. Kor. 1,9; Apgesch. 2,42; 1. Joh. 1,3 u. a.), während sie vorher durch die Grenzlinie zwischen Leben und Tod (Joh. 5,24) geschieden waren. (Vgl. auch 2. Kor. 6,14.15!) Es ist aber kein Raum, um näher hierauf einzugehen.

Die Bekehrung, das Gläubigwerden der Philipper bietet uns köstliche Darstellungen davon, was echte Bekehrung ist. Sowohl in der ersten Anfangsgeschichte des Evangeliums in Philippi wie auch in der darauffolgenden, gleichfalls der Periode des Anfangs angehörenden Begebenheit finden wir ein derart radikales Annehmen des Evangeliums, daß sofort die Früchte des angenommenen und in den Glaubenden wirkenden Wortes (vgl. 1. Thess. 2,13!) wunderbar klar in Erscheinung treten, nämlich die Gemeinschaft mit dem Evangelium, die Teilnahme an demselben. Man lese nur Apgesch. 16,13-15 und 30-34 darüber nach! Hier nur kurz einige Punkte: Nachdem ihr der HErr das Herz aufgetan hatte und sie wahrhaft errettet war, diese Errettung auch durch schriftgemäße Taufe bezeugt hatte, stellt sich die Lydia unter das Urteil der Brüder bez. ihres Gläubigseins - macht sie also Gemeinschaft mit dem alles beurteilenden geistlichen Sinn des Apostels und seiner Mitarbeiter (1. Kor. 2,15) und bittet um so weitgehende Gemeinschaft mit ihr, daß sie ihr Haus der jungen Gemeinde des HErrn zur Verfügung stellen darf, d. h. sie beweist das, was Paulus später an den Philippern rühmt: ihre „Teilnahme an dem Evangelium“ in hervorragender Weise. Wer hatte solch „gutes Werk“ in ihr angefangen? Es kann nicht anders sein: nur der HErr, der ihr Herz auftat und sie das Wort fassen ließ. Wochen später („viele Tage“, V. 18) sehen wir Paulus und Silas um ihres Glaubens und der Tat des Glaubens an der armen Magd willen ins Gefängnis geworfen und dort den HErrn verherrlichen. Und Gott wirkt ein wunderbares Werk, wodurch alle berührt werden und der Kerkermeister gründlich zerbrochen am Boden liegt. Seine Herzensfrage von V. 30 wird ihm mit V. 31 beantwortet (Evangelium! Frohbotschaft!). Das verkündete Wort hat seine lebendigmachende Wirkung, der arme Knecht der Sünde wird zu glücklichem Gotteskinde und mit ihm sein ganzes Haus. Aber woran sieht man das, was kann seinen Glauben so schnell bezeugen, daß ein jeder ihn sieht und daß Paulus in Phil. 1,6.10-11 Jahre später auch an den Kerkermeister denken mag mit überströmendem Dank: „der, welcher ein gutes Werk in euch angefangen, wird's auch vollführen ...!“? Was? O das rasch folgende „Und - und“ zeigt es klar: Es ist die köstliche

Gemeinschaft mit seinen Brüdern Paulus und Silas: Er nahm sie zu sich, er machte Gemeinschaft mit ihren ihnen vor der Welt (nämlich von ihm selber einige Stunden zuvor) zugefügten Leiden: Er wusch ihnen die Striemen ab, dann ließ er sich mit seinen ebenfalls gläubig gewordenen Hausgenossen (biblisch) taufen, dann aber machte er Hausgemeinschaft mit Paulus und Silas und schließlich Tischgemeinschaft - so nahm er in frohlockender Freude „an den Bedürfnissen der Heiligen teil“ (Röm. 12,13!) als einer, der jetzt zu den „Heiligen“ zählte, und sicher: Er wird dies Werk weitergeübt haben, und am Tage Christi, den auch wir noch erwarten, wird auch er als „Mitteilnehmer der Gnade“ (V. 7 am Schluß) seinen Lohn empfangen (nach 4,17!). Wie lieblich ist doch Gottes Wort!

Schätzen wir solche „Teilnahme am Evangelium“, Geliebte? Das Jahr geht still zu Ende, und der HErr fragt uns mit dieser Frage, ob auch wir Gemeinschaft mit dem Evangelium beweisen. Denn daß Er auch in unseren Herzen ein Werk in dieser Hinsicht angefangen hat, ist ohne Frage, hat Er doch uns „Seine Liebe“ ins Herz ausgegossen. (Röm. 5,5) Wie aber handeln wir, wie antworten wir auf Sein Wirken des Geistes in uns, das uns veranlassen möchte, mit Leib, Seele und Geist „mit dem Evangelium teilzuhaben“, Gemeinschaft zu haben? (1. Kor. 9,23)

Der HErr gebe uns Gnade, mit geöffneten Augen unser Vorrecht und unsere Verantwortung auf diesem Gebiet zu erkennen und im Lichte des Tages Christi in jeder Hinsicht, und so auch in der besprochenen, „würdig zu wandeln des Evangeliums des Christus“ und, feststehend in einem Geiste, „mit einer Seele mitzukämpfen mit dem Glauben des Evangeliums“, bis der HErr kommt!

Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offenb. 22,20b)

F. K.

2. Kor. 13,8; 2. Petr. 3,18!

Offenb. 22,21!

 

 

 

20. Jahrbuch (1935)

Barnabas.

Das erste, was die Schrift uns von Barnabas berichtet, ist eine Tat, die uns die tiefe Hingabe seines Herzens an den HErrn erkennen läßt. Barnabas war ein bemittelter Mann, ein Grundbesitzer aus Cypern. Wir lesen von ihm Apgesch. 4,36: „Joseph aber, der von den Aposteln Barnabas zubenamt wurde (was verdolmetscht heißt: Sohn des Trostes), ein Levit, ein Cyprier von Geburt, der einen Acker besaß, verkaufte ihn, brachte das Geld und legte es nieder zu den Füßen der Apostel.“ Freiwilligen Herzens, gedrängt von der Liebe Christi, löst er sich von seinem irdischen Besitz und Beruf und verbindet sich mit dem Werke, den Wegen und dem Lose der verachteten Jünger des HErrn.

Die Schrift beschreibt uns Barnabas als einen guten Mann voll Heiligen Geistes und Glaubens. (Apgesch. 11,24) Diese seine Kennzeichnung durch den Geist Gottes schließt den Gedanken, vorschnell den Acker verkauft und das Geld den Aposteln gegeben zu haben, aus, beweist uns vielmehr, daß es die wohlerwogene Tat eines Mannes des Glaubens war, der dieselbe in der Kraft des Heiligen Geistes tat und der die Dinge, die ihm bis dahin Gewinn waren, nun als Verlust achtete. Sicher wird es auch damals manche gegeben haben (wie es auch heute noch solche gibt), die eine solche Hingabe als übertrieben ansehen und sagen: „Warum gleich so ins Extreme gehen? Warum gleich seinen Stand und Beruf aufgeben, in den doch Gott ihn gestellt hatte? Zudem hatte er auch noch eine Schwester und einen Neffen, für die er hätte sorgen und denen er von seinem Besitz hätte abgeben können!“ Auf solche menschlich einleuchtenden Gründe möchten wir nur sagen, daß ein Mann voll Heiligen Geistes und Glaubens sich auch der Verantwortung seinen natürlichen Verwandten gegenüber wohl bewußt ist, ohne Ansprüchen Rechte einzuräumen, die den höheren Forderungen des Herrn Jesus Christus widerstreiten.

Nachdem nun Barnabas für den Dienst des HErrn frei war, finden wir ihn zunächst in Jerusalem, wo er in glücklicher Gemeinschaft mit den Jüngern sich des Vertrauens der Gemeinde erfreut, in deren Mitte er sich als ein wahrer Barnabas, ein „Sohn des Trostes“, erwies.

Und als an einem Tage der noch nicht lange bekehrte Saulus nach Jerusalem kam und sich den Jüngern anzuschlie ßen suchte, sich aber alle in Furcht und Mißtrauen von ihm zurückhielten, da gebrauchte der HErr Barnabas, demjenigen die Hand zu reichen und den durch sein Zeugnis in die Gemeinde einzuführen, der dem HErrn „ein auserwähltes Rüstzeug“ war. Haben wir auch schon einmal einen solchen Dienst tun dürfen und das hohe Vorrecht gehabt, einem Jungbekehrten die Hand der Gemeinschaft zu reichen und ihm im Namen des HErrn ein Willkommen in der örtlichen Gemeinde zu bieten? O möchten wir mehr von diesem Geiste des Barnabas besitzen, der sich des verkannten Bruders annahm und ihn zu den Aposteln führte.

Hier haben wir die erste Anknüpfung des Bandes, welches diese beiden aufrichtigen, hingebenden Diener des HErrn später für eine Reihe ereignisreicher Jahre in Freud und Leid im Werke des HErrn vereinigte - zwei Knechte Christi, die sich gegenseitig um so besser verstehen und schätzen konnten, als beide in gleicher Gesinnung das, was ihnen einst Gewinn war, um Christi willen aufgegeben hatten.

Waren auch zunächst ihre Wege in der Arbeit im Werke des HErrn noch nicht vereint, weil Paulus wegen der Verfolgung von den Jüngern nach Tarsus geschickt war, so waltete Gottes Hand doch über diesen beiden so, daß Barnabas später nach Tarsus ging, um Paulus aufzusuchen und ihn mit in die Arbeit nach Antiochien zu nehmen, in der sie dann eine Reihe von Jahren in enger Verbundenheit standen. Wie dieses zuwege kam, ersehen wir aus Apgesch. 11,19-26:

Gerüchte einer großen Erweckung in Antiochien kamen zu den Ohren der Gemeinde in Jerusalem. Solche Gerüchte sind selige Botschaften, und wir können die Freude der Gemeinde verstehen. In dem Bewußtsein der Einheit aller Kinder Gottes fühlten sie diesen Jungbekehrten in Antiochien gegenüber eine Verantwortung und sandten Barnabas dorthin, um an dem

segensreichen Wirken des Geistes Gottes teilzunehmen. Als dieser dorthin kam und die Wunder der Gnade Gottes sah, ermahnte er alle, mit Herzensentschluß bei dem HErrn zu verharren. Bald aber sah er, daß es zuviel Arbeit gab - das Netz so voller Fische war, daß er zum Ziehen desselben einen Gehilfen brauchte.

Wie wir bereits in Apgesch. 9,27 sahen, war Barnabas von der Bekehrungsgeschichte des Paulus genau unterrichtet, und sicher war ihm auch das Wort des HErrn, daß er Ihm ein auserwähltes Gefäß sein sollte, welches Er weit weg zu den Nationen senden wolle, bekannt. (Apgesch. 9,15; 22,21; 26,16) Wie dem auch sei, zweifellos ging er, vom Geiste Gottes an Paulus erinnert und von Ihm geleitet, nach Tarsus, um Paulus zu suchen und ihn in die Arbeit unter den Nationen einzuführen. Wie wunderbar sind die Wege des HErrn in der Berufung Seiner Knechte! Er weist auf Seinem Erntefelde jedem Arbeiter den Platz an, auf dem Er ihn haben will.

Köstlich ist es auch, sowohl in Paulus als auch in Barnabas die demütige Gesinnung, die einen Arbeiter im Werke des HErrn ziert und den HErrn ehrt, zu sehen. Das auserwählte Gefäß des HErrn drängt sich nicht in die Arbeit. Still arbeitet Paulus so in der Verborgenheit für seinen Herrn, daß, als Gott ihn für größere Aufgaben brauchen will, er erst von Barnabas gesucht werden muß. Ebenso ist es auch mit Barnabas. Wäre die Gesinnung seines Herzens weniger lauter und demütig gewesen - hätte er sich und seine eigene Ehre gesucht, sich groß machen wollen -, so hätte er sicher Paulus, den höher Begnadigten und Begabten nicht in die Arbeit nach Antiochien gerufen und ihm den Vorrang eingeräumt. Können wir, die wir begnadigt sind, im Werke des HErrn zu arbeiten, von diesen beiden Brüdern nicht etwas lernen? (Apgesch. 11,25)

Ein ganzes Jahr blieben beide zusammen in Antiochien und belehrten die jungen Gläubigen dort, die infolge ihres treuen Wandels als Nachfolger Christi zum ersten Male von der Welt mit dem köstlichen Namen „Christen“ bezeichnet wurden.

Als der Geist eine große Hungersnot in Judäa anzeigte (Apgesch. 11,27ff.), da regte sich die

Mittel, das Band der Einheit und der Liebe unter den Gläubigen zu befestigen. Beide, Barnabas und Saulus, wurden nun die Boten der Gemeinde in Antiochien, die gesammelte Hilfsleistung den Gläubigen in Judäa zu überbringen. Wie köstlich ist dieser gegenseitige Dienst der Liebe! Die Gläubigen in Judäa hatten ihnen ihre Liebesgemeinschaft bewiesen in der Sendung des Barnabas. Nun erwiderten die Gläubigen in Antiochien diese Liebe in einer Sendung für ihre Bedürfnisse. Die einen hatten ihnen gedient im Geistlichen, und sie dienten diesen wieder im Leiblichen. Antiochien empfing einen Segen von Jerusalem, und Jerusalem wurde ein Segen von Antiochien gebracht. So verwirklichten schon diese Gläubigen das Wort, welches Paulus später als einen bleibenden göttlichen Grundsatz den Galatern schrieb: „Wer in dem Worte unterwiesen wird, teile aber von allerlei Gutem dem mit, der ihn unterweist.“ (Gal. 6,6) Hierzu vergleiche man auch Röm. 15,26.27.

Es ist nicht unsere Aufgabe, die Missionsreisen des Barnabas und Paulus zu verfolgen, so lehrreich es auch sein würde, sondern wir wollen nur kurz einige der wichtigsten Punkte im Leben des Barnabas betrachten.

Ein solcher Punkt ist zunächst die klare Bestätigung seines gemeinsamen Dienstes mit Paulus durch den Heiligen Geist, welcher sprach: „Sondert Mir nun Barnabas und Saulus zu dem Werke aus, zu welchem Ich sie berufen habe.“ (Apgesch. 13,2) Welche Freude und Gewißheit muß es sowohl für Barnabas als auch für Paulus sein, sich so durch den Heiligen Geist zur gemeinsamen Arbeit bestimmt zu sehen! Und wie mochte Barnabas jetzt den Segen empfinden, seinen Grundbesitz verkauft zu haben! Er konnte nicht mehr beunruhigt werden durch den Gedanken an vielleicht ungepflegte Weinberge, Feigenbäume, Ackerarbeiten usw. Welch reichen Ersatz hatte der HErr ihm für das gegeben, was nach Ansicht der Welt ein großes Opfer war. Aber so ist es, wenn wir das, was uns Gewinn und wertvoll (nicht das, was wertlos) ist, um Christi willen aufgeben - der HErr bleibt nie unser Schuldner.

Als der König von Sodom Abraham eine reiche Siegesbeute anbot, antwortete dieser: “... Nichts für mich!“, dann aber trat Gott an ihn heran und sprach. „... Ich bin ... dein sehr großer Lohn.“ (1. Mos. 14,22 - 15,1) Und ebenso finden wir es bei Mose. „Durch Glauben weigerte sich

Mose ... ein Sohn der Tochter Pharaos zu heißen, und wählte lieber, mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden ... denn er schaute auf die Belohnung.“ (Hebr. 11,24ff.) Und welch eine Belohnung! Wir sehen ihn mit dem HErrn zusammen auf dem Berge der Verklärung. Auch uns gilt das Wort des HErrn noch: „Es ist niemand, der Haus oder Eltern ... verlassen hat um des Reiches Gottes willen, der nicht Vielfältiges empfangen wird ...“ (Luk. 18,29.30)

Wohl war der Weg, den Barnabas jetzt ging, ein Weg der Mühe und des Kampfes, aber auch des Segens, der Freude und der Kraft. Wieviel Freude und Liebe er auf diesem Wege in seiner Seele genoß, können wir aus dem Briefe entnehmen, den er mit anderen Brüdern von Jerusalem nach Antiochien zu bringen hatte. Wir lesen Apgesch. 15,25: „Es deuchte uns gut, Männer auszuwählen und sie mit unseren Geliebten, Barnabas und Paulus, zu euch zu senden, mit Männern, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus.“ Wieviel Liebe drückt sich in diesen Worten aus! Sie nannten sie „ihre Geliebten“. Und warum empfingen sie diese Liebe? Weil sie für den Namen des Herrn Jesus Christus ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten. Was haben wir hingegeben - aufs Spiel gesetzt für den Namen unseres Herrn Jesus Christus?

So finden wir diese beiden Brüder ungefähr acht Jahre in treuer Liebe und Einmütigkeit in der Arbeit im Werke des HErrn vereint. Überall, wohin der HErr sie führte, verkündigten sie das Evangelium, belehrten, befestigten die Jungbekehrten, ermahnten, im Glauben auszuharren, und verhehlten nicht, daß alle durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müßten. (Apgesch. 14,21.22)

Aus der Geschichte des Barnabas lernen wir aber auch, daß es ernster Prüfung bedarf, mit wem wir uns verbinden, ganz besonders, wenn es sich um die Arbeit im Werke des HErrn handelt.

Ein warnendes Beispiel finden wir in der Geschichte Josaphats. Er war ein aufrichtiger, treuherziger Mann, der Jehova fürchtete. Aber die natürlichen Neigungen seines großen und gutmütigen Herzens, mit den Menschen auf gutem Fuße zu stehen, führten ihn sogar zu einer

wenn nicht die mächtige Hand Gottes eingegriffen, er sein Leben verloren hätte. (2. Chron. 18) Überhaupt sollte jede Verbindung mit ungläubigen von Kindern Gottes aufs Wachsamste vermieden werden!

Barnabas Geschichte aber belehrt uns auch, daß für eine gemeinsame Arbeit im Werke des HErrn nicht jeder Bruder geschickt und fähig ist. Wer würde denken, daß das, was mit dem kurzen Satze: „Sie nahmen auch Johannes mit, der Markus zubenannt war“, (12,12.25) ausgesprochen wird, soviel Leid und Schatten in späteren Tagen über Barnabas bringen würde! Und doch war es so.

Es war so natürlich und sicher auch eine Freude für Barnabas, die Begleitung des jungen Neffen zu haben. Und auch für den Neffen, der die Gemeinschaft der Heiligen im Hause seiner Mutter in Jerusalem genossen hatte, war es gewiß ein angenehmer Gedanke, in die Fußtapfen seines Onkels zu treten und ihn auf seinen Reisen zu begleiten. Aber auch diese Lektion mußte gelernt werden, daß für solche Dienste nur erfahrene und im Kampf bewährte Streiter Christi geeignet sind, die bereits in der verborgenen Treue gleich David die Schafe des Vaters weideten und Löwen und Bären erschlugen, ehe sie auf offenem Felde dem Riesen Goliath entgegentraten.

Markus war ohne Zweifel ein begabter junger Mann mit einem warmen Herzen für den HErrn und ein treues, tätiges Glied in der Gemeinde in Jerusalem. Wir können gut verstehen, daß er von der lieblichen Arbeit der heimischen Versammlung aus den Reisedienst seines Onkels draußen in den schönsten Farben sah, als er aber selbst seine Hand an diesen Pflug legte, da erfuhr er gar bald, daß er der Belastung dieses Weges nicht gewachsen war. Die Schrift berichtet kurz: „Als aber Paulus und seine Begleiter von Paphos abgefahren waren, kamen sie nach Perge in Pamphilien. Johannes (Markus) aber sonderte sich von ihnen ab und kehrte nach Jerusalem zurück.“ (Apgesch. 13,13) Die Proben, die diese Arbeit an ihn stellten, zeigten, daß er für solche Aufgaben noch nicht reif war. Mutlos und enttäuscht verließ er das Werk und die Arbeiter und kehrte unter das Dach der Gemeinde in Jerusalem zurück.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Ein beherzigenswerter Rat.

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21.)

Ich höre, noch ehe die ersten Zeilen des Aufsatzes gelesen sind, den Einwand: „... aber sind denn nicht alle Ratschläge der Schrift beherzigenswert, sonderlich die vielen in Röm. 12?!“ - Gemach! Natürlich sind sie es, und wenn jeder, der obigen Einwand macht, nur alle Ratschläge, Gebote des HErrn und Seiner Apostel und erst recht Seine Befehle als für sich so beherzigenswert ansehen wollte, wie sie es sind, und sich dann tatsächlich nach ihnen richten würde, so sähe es ein gut Teil anders auf der Welt aus, denn dann würden die Kinder Gottes einen viel stärkeren Einfluß auf unserer armen Erde haben und auf die Menschen ausüben. Aber leider ist es ganz anders in der Praxis des Christenlebens: Eine Unzahl sehr einfacher Vorschriften, Ratschlage, Aufträge, Befehle wird wenig oder gar nicht beachtet, und - unendliche Segnungen bleiben aus! Unsere Schuld! Und so ist es mit dem Schriftwort, das ich an die Spitze zu setzen mir erlaubte und das uns nun, so der HErr mit Seinem Kommen noch verzieht und Gnade gibt, in den nächsten Monaten eingehender beschäftigen soll.

Röm. 12 enthält wahrlich viele köstliche Ermahnungen, und zwar von Anfang an, und dann ab V. 9 in 13 Versen eine herrliche Fülle von Worten praktischer Liebe. Zuerst ist unsere Haltung untereinander und von V. 17 an unsere Haltung in der Öffentlichkeit behandelt. Dem widerspricht nicht V. 14, denn diese gottgemäße Ermahnung für uns bezieht sich wenigstens ebenso sehr wie in bezug auf Ungläubige auf Gläubige, die andere verfolgen (und wie!); leider gibt's das! In den 5 Versen von V. 17-21 aber haben wir eine Reihe ernster Worte, die sich auf unser Verhalten gegenüber dem uns zugefügten Bösen beziehen, doch beabsichtige ich nicht, jene näher zu betrachten, ich will vielmehr nach dieser kleinen Einleitung unmittelbar zu der paulinischen Mahnung von V. 21 übergehen.

Dieser Vers enthält in seinen im deutschen 14, im griechischen Grundtext nur 12 Wörtern fünf zu beachtende Tatsachen: a) Das Böse (kann auch heißen „der Böse“ - „der Gute“, doch ist wohl besser zu sagen „das Böse“!) kämpft gegen uns; b) es kommt aber auf uns an, was es gegen uns erreicht oder nicht erreicht; c) jedoch wir sollen nicht nur uns nicht überwinden lassen, d) sondern mehr als das: wir sollen überwinden! e) noch mehr: mit dem Guten! - Einige Vergleiche mit anderen Mahnungen seien hier kurz angefügt: „auch den anderen Backen“, „auch den Mantel“, „zweite Meile“ in Matth. 5,38-42 oder V. 46.47 oder 1. Petr. 4,19: nicht nur uns stille Ihm befehlen, sondern außer diesem uns Ihm „befehlen im Gutestun!“ u. a. Es wird also von uns Gläubigen mehr erwartet als etwa nur ein stilles uns Gefallenlassen dessen, was mit uns geschieht! Kinder Gottes sollen nicht nur - wenn auch im besten Sinne - passiv (leidend) sein, sondern im höchsten Sinne aktiv (handelnd). Beides miteinander verbunden ist das rechte echt christliche Verhalten. Das ist sehr wichtig, da es z. B. den Menschen „den Wind aus den Segeln nimmt“, die - falsch verstanden! - handeln nach dem Liede: „... lasse still die andern breite, lichte, volle Straßen wandern.“ Das ist ja unter Umständen sogar herzlos, wenn auch der Dichter (Scheffler) es anders meinte. Nein, echte, reine, heilige Aktivität wird von uns erwartet, und je näher das Kommen des HErrn ist, desto mehr sollten wir auf dem Posten sein, das uns umgebende Böse mit dem Guten zu überwinden, d. h. also es nicht etwa „totzuschlagen“ (das können wir in den wenigsten Fällen, und es ist nicht unsere Aufgabe, das tat der HErr ja nicht einmal!), nicht zu vertilgen - es ist noch nicht an der Zeit, das zu tun, das wird der HErr tun zu Seiner Zeit -, sondern zu überwinden, also womöglich etwas Positives, Gutes, geradezu Wertvolles dabei zu erreichen durch unser Überwinden! Wir müssen da bei dem HErrn Selbst und in Seinem Wort in die Schule gehen (und wenn Er will, werden wir das auch nach und nach tun), dann werden wir sehen, welch große Dinge, geistliche Erfolge sich zeitigen lassen, wenn wir dieses gottgemäße Tun beobachten. Denn Gott Selber handelt, wie wir noch genauer sehen werden, in Vollkommenheit so, und Jesus Christus handelte hienieden so, und dementsprechend sehen wir, wieviel Mühe Er Sich gibt, in den Seinen diese Gesinnung hervorzubringen. Die Schrift gibt uns herrliche Zeugnisse hiervon, und wir werden vielleicht noch viel mehr Beispiele finden, als ich hier besprechen kann, wenn wir erst einmal durch Seine Gnade Augen dafür bekommen haben.

Ermunterung sagen, daß wir ja vielleicht täglich an uns selber Erfahrungen machen (können) betr. unseres Schriftwortes, indem wir das Böse in uns nicht besser überwinden können als durch das Gute, welches darin besteht, daß wir den Blick richten aufs Kreuz, und im Glauben verwirklichen, daß unser alter Mensch mitgekreuzigt ist mit Christo. (Röm. 6)

Ist es nicht sehr „ beherzigenswert“, daran zu denken, danach zu tun?! Ist es nicht so, daß viele, und nicht nur junge, Gläubige auf diesem Gebiet immer wieder die schmerzlichsten Rückschläge erleben, weil sie sich in einen nutzlosen Kampf mit der Sünde in ihnen, d. h. also mit ihrem alten „Ich“ und seinem Wirken, einlassen, ja, sich darin verzehren? Und dann meinen sie noch biblisch zu handeln auf Grund von Hebr. 12,4, und sie sehen nicht, daß es sich hier durchaus nicht um einen Kampf gegen „die Sünde in uns“ handelt, sondern um den gegen die uns umgebende Sünde (vgl. V. 3!!), einen Kampf, der bis zum Blutvergießen um der Wahrheit willen führen kann. Nein, gegen den alten Menschen zu kämpfen ist uns nirgends geboten! Und warum sollten wir gegen etwas kämpfen, was - in Gottes Augen - nicht mehr lebt, keine Lebensberechtigung mehr hat (weil unverbesserlich!) und darum zum Tode verurteilt und, noch mehr, tatsächlich für Gott tot ist?! Unser alter Mensch mit seinem „Ich“, mit seiner innewohnenden Sünde, ist nach Gottes Gedanken mit Christo gekreuzigt und gestorben und „begraben in der Taufe“ (Kol. 2,12), und für uns ist er auch gestorben, sobald wir uns im Glauben mit dieser einzigartigen Tatsache göttlicher Weisheit, Gerechtigkeit und Gnade eins machen. „Haltet euch (darum) der Sünde für tot, Gott (3. Fall) aber lebend in Christo Jesu!“ (Röm. 6,11) Dieses „haltet euch“ geschieht im Glauben. Glauben aber ist Vertrauen und Gehorsam! So, indem wir dieses Gute anwenden, also in Glaubenshingabe und Glaubensannahme, uns hängend gleichsam an den einzig Guten, an Christus, mit diesem Guten das absolut Böse (uns selbst, unser „Ich“ und die Sünde in uns) bekämpfen, werden wir es überwinden und Sieger sein in der Praxis des täglichen Lebens. Und die fortgesetzte Erfahrung eines solchen Siegeslebens auf Grund des einzig Guten von Röm. 6 wird uns ein „festes Herz“ geben, das sich nicht so leicht betrügen läßt durch die Versprechungen des sich nicht unter den Tod Christi beugen wollenden alten „Ichs“. Wir werden es in seine Todesschranken zurückweisen und den Glaubensblick unentwegt gerichtet halten auf den herrlichen Sieger von

Höhen Seines Sieges; ein Wandeln nach Röm. 8!

Möge der HErr uns Gnade schenken, tatsächlich täglich neue Glaubens-Erfahrungen zu machen in der praktischen Anwendung von Röm. 12,21, im Überwinden des alten Menschen usw. auf der Grundlage des siegreichen Kampfes, den unser geliebter Herr Jesus Christus auf Golgatha ausgefochten hat - für uns, d. h. uns zum Nutzen und auch stellvertretend für uns, also an unserer Stelle.

So sei unser apostolisches Schriftwort uns wirklich ein beherzigenswerter Rat unseres teuren HErrn!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

F. K.

Werkzeuge.

„Das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, auf daß Er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, auf daß Er das Starke zuschanden mache ... Damit sich vor Gott kein Fleisch rühme.“ (1. Kor. 1,27-29.)

Wir möchten die Aufmerksamkeit unserer Leser darauf richten, daß Gott Sich für Sein Werk hienieden Seine Werkzeuge anders wählt als die Welt. Diejenigen, welche Er Sich erwählt, läßt die Welt unbeachtet. Sie empfangen die Befähigung für Seinen Dienst nicht von der Welt, sondern von Ihm Selbst, und Er stellt sie genau zu der Zeit in Seine Arbeit, wenn sie nötig sind.

Alle Anmaßung des Menschen wird durch die Predigt von dem gekreuzigten Christus zunichte gemacht, Gottes Weisheit und Kraft aber darin enthüllt, so daß dem Fleische kein Ruhm mehr bleibt.

Einige Beispiele, wie Gott Sich Seine Werkzeuge erwählt und zubereitet, mögen für das soeben

Wer würde gedacht haben, daß jener Knabe, der von seinen neidischen Brüdern in die Grube geworfen wurden, von Gott erwählt war, der „Zaphnath = Pahneach“ - der Erhalter des Lebens, der Vizekönig Ägyptens zu sein? (1. Mos. 41,45) Für einige Silberstücke verschachert, ungerecht angeklagt, vergessen, befand sich der junge Mann, Joseph, den Gott mit den größten Gaben betraut hatte, im Gefängnis.

Wir hören immer wieder gern die Geschichte des Traumes Pharaos von den sieben fetten und den sieben mageren Kühen, die aus dem Nil heraufstiegen. Durch diesen Traum bringt Gott Sein Werkzeug - den armen, verachteten hebräischen Gefangenen, aus der Verborgenheit hervor, stellt ihn ausgerüstet mit Seinem Geist und genau an dem Zeitpunkte, da es nötig war, an seinen Platz, um in der nahenden Hungersnot der Brotgeber und Lebenserhalter der Menschen zu werden.

Jahre gingen über Ägypten dahin. Joseph war längst vergessen. Eine dunkle Zeit der Bedrückung brach für die Kinder Israel an. Der König, der Joseph und seine Tat nicht kannte, entwarf den schrecklichen Plan, durch die Tötung aller männlichen Kinder die Übervölkerung seines Landes durch die hebräische Rasse einzuschränken.

Wer konnte denken, daß das hilflose kleine Wesen, welches in dem kunstvollen Kästchen aus Schilfrohr am Ufer dahintrieb, der große Befreier und Gesetzgeber des Volkes Israel sein würde?!

Die Tochter Pharaos kam an den Nil, entdeckte das kleine Kunstwerk aus Binsen, ließ es öffnen und sah ein weinendes Knäblein - sah das Bild der größten Schwachheit und Hilflosigkeit des Menschen. Dies weinende Knäblein war der große Mose, das von Gott erwählte und zubereitete Werkzeug, das Gefäß der größten Gaben, der mächtige Führer Israels durch das Rote Meer.

Wir haben nicht nötig, zu sagen, daß ebenso wie bei Joseph auch sein Hervortreten genau zu der Stunde geschah, die in Gottes Plan festgelegt war. Seine Geschichte ist ja allen Lesern bekannt.

300 Jahre waren dahingegangen, die Kinder Israel sind im Lande Kanaan, aber unterjocht und bedrückt von den Midianitern. Gott sendet Seinen Engel zu dem am wenigsten einflußreichen Manne des Volkes, zu Gideon. Seine Familie war die geringste in Manasse und er der Jüngste im Hause seines Vaters. Diesen begrüßt der Engel als das auserwählte Werkzeug Jehovas. Gott rüstete ihn mit allen Führereigenschaften, mit Ausharren, Hingabe, Glauben, Güte und Demut aus.

Ein „Gerstenbrot“ sollte in das Heerlager der Feinde rollen und das stolze Zelt der Midianiter umstürzen. Diesen demütigen Streiter, der in den Augen der Menschen nichts war, erkor Sich Gott, die Herrschaft der Midianiter umzustürzen.

Noch ein Beispiel aus dem Alten Testamente mag erwähnt werden!

Nicht nur seinen Brüdern, auch dem König Saul schien der von Gott auserwählte Retter zu jung und unfähig zu sein, den Kampf mit dem Riesen aufzunehmen: „Du vermagst nicht wider diesen Philister zu gehen, um mit ihm zu kämpfen; denn du bist ein Jüngling, er aber ist ein Kriegsmann von seiner Jugend an.“ (1. Sam. 17,33)

Der junge Schafhirte David, der so beanstandet wurde, den hatte Gott Sich in Seiner Schule herangebildet, und genau in der Stunde, als Gott Sein Volk erlösen wollte, offenbarte Er ihn. In ihm sehen wir ein köstliches Vorbild von Christus, der in das Tal des Todes hinabstieg, dem Starken zu begegnen und seine Macht zu nehmen.

Diese wenigen Beispiele zeigen uns, daß alles - die Mittel, die Wege, die Führungen usw. von Gott ausgingen. Unter dem Gewande eines Hirten schlug das Herz eines Königs - und „der große Hirte Seiner Schafe“ schafft auch in uns, was vor Ihm wohlgefällig ist. (Hebr. 13,21)

In der äußeren Erscheinung des Apostels Paulus war nichts, was Menschen fesseln konnte. Gelehrsamkeit und Redeweisheit, obwohl er solche besaß und solches in Korinth bewundert wurde, wollte er in dem Dienste des HErrn nicht gebrauchen, ebenso wie auch David die

Schwachheit, in Furcht und Zittern bei den Korinthern, auf daß ihr Glaube nicht auf Menschen-Weisheit, sondern auf Gottes-Kraft beruhe. (1. Kor. 2,5)

In uns erwählte Sich Gott das Törichte und Schwache, um das Weise und Starke zuschanden zu machen. Durch das, was in dieser Welt verächtlich ist, vollführt Er Sein großes Werk, damit sich vor Ihm kein Fleisch rühme.

Es ist unseren Herzen köstlich, in Joseph, Mose, David und anderen Vorbildern den Herrn Jesus zu erkennen und die Rettung, die wir in der Botschaft von dem Kreuze Christi verkündigen. Ja, „wir aber predigen Christum als gekreuzigt, den Juden ein Ärgernis, und den Nationen eine Torheit; den Berufenen selbst aber ... Christum, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1. Kor. 1,23.24)

In dem Kreuze Christi hat Gott den ersten Menschen abgetan. Deshalb kann für die Botschaft von dem Kreuze Christi auch die Weisheit der Menschen nicht gebraucht werden.

Wie glücklich sind diejenigen, welche in dem Kreuze Christi ihr Ende gefunden haben, sich selbst nichts gelten und in sich selbst nichts sind! Solchen wird ein Schilfkästlein, ein Gerstenbrot, ein zerbrochener Krug, eine Schleuder der Weisheit und Kraft Gottes mehr wert sein als alle menschliche Kraft und Weisheit. Und sie werden allen Ruhm dem geben, dem er allein gebührt.

B. - v. d. K.

Etwas vom Ältestendienst.

In 1. Tim. 3,15 lesen wir: „auf daß du wissest, wie man sich verhalten soll im Hause Gottes“. In diesem Hause muß alles nach göttlicher Ordnung und Anordnung ausgeführt werden. Sein Wille, Sein Wort, Sein Wesen soll darin zum Ausdruck kommen und geoffenbart werden.

Im 2. Kapitel wird über das Gebet gesprochen. Das Gebet ist eine unumgängliche

Notwendigkeit und unbedingte Voraussetzung für jeglichen Dienst. Denn nur im persönlichen Umgang mit Gott, nur wenn ich Seine Nähe suche und mich da aufhalte, lerne ich Ihn kennen, lieben und Ihm gehorchen. Das Gebet wird deshalb auch dem Ältestendienst vorausgeschickt.

In Kap. 3,1 lesen wir: „Wenn jemand nach einem Aufseherdienst trachtet, so begehrt er ein schönes Werk.“ Beim Lesen eines solchen Wortes könnte vielleicht jemand auf den Gedanken verfallen, wir würden ermuntert, uns selbst zu Aufsehern über die Geschwister aufzuschwingen, um die Aufsicht über sie zu führen. In Kap. 5,17 steht sogar geschrieben, daß die Ältesten doppelter Ehre würdig geachtet werden sollen. Das wäre so ganz im Sinne des alten Menschen, ist aber im Hause Gottes ausgeschlossen und unmöglich. Über Gottes Haus steht und waltet der Hausherr Selbst, und Seine Ehre gibt Er keinem anderen.

Gott hat dafür gesorgt, daß Sein Wille klar zu erkennen ist und fleischliche Spekulationen ausgeschlossen bleiben. Er hat Selbst einen Maßstab gegeben, mit dem gemessen werden soll. In den ersten Versen des 3. Kapitels werden uns die Eigenschaften aufgezählt, die von einem Ältesten verlangt werden: „nüchtern, besonnen ... lehrfähig ... gelinde ... nicht geldliebend, der dem eigenen Hause wohl vorsteht ... nicht ein Neuling, auf daß er nicht, aufgebläht, ins Gericht des Teufels verfalle. Er muß aber auch ein gutes Zeugnis haben von denen, die draußen sind“, zuerst erprobt werden, und wenn sie untadelig sind, können sie dienen und „wohl vorstehen“. (5,17)

Für den Ältesten gilt in besonderem Maße die Ermahnung: „Sei ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, Liebe, in Glauben, in Keuschheit ... Habe acht auf dich selbst.“ (4,12.16)

Wir sehen also, daß für den Ältestendienst ein gottesfürchtiger, reiner und heiliger Wandel von Gott gefordert wird. Und darin besteht das schöne Werk, daß wir alles daran setzen, diesem göttlichen Maßstab in allem und jederzeit zu entsprechen, um befähigt zu sein, achtzuhaben - aufzusehen, daß im Hause Gottes alles gottgemäß zugehe.

Dieses Ziel ist aber nicht mit einem Schlage erreicht. Männer wie Mose, David, Paulus u. a. m. mußten in Gottes Schule zubereitet werden für ihren großen verantwortungsvollen Dienst, den

sie in der Mitte des Volkes Gottes zu tun hatten. Auch sie mußten lernen, alles abzulegen und für Dreck zu achten, was ihnen bisher wichtig und wertvoll war, und lernen, in Gottes Gedanken, in Seinem Wort und Willen aufzugehen. Und weil sie das taten, wurden sie auserwählte Werkzeuge zur Ehre ihres Gottes und zu jedem guten Werke völlig geschickt. Genau so ist es bei den Ältestendiensten. Auch da gibt es ein Zubereitetwerden in Gottes Schule, ein göttliches Werden. Wie ernst ist also ein solcher Dienst, und wieviel Verantwortung für seinen eigenen Wandel ist damit verbunden!

Wenn wir unter der erziehenden Hand unseres Gottes gelernt haben, demütig zu werden und demütig zu bleiben, so wird dies auch in der Gemeinde offenbar. Dann erleben wir, was Josua (3,7) erlebte: „An diesem Tag will Ich beginnen, dich in den Augen von ganz Israel groß zu machen.“ Dann wird Gott wirken eine Achtung und ein vom Heiligen Geist ausgehendes „Geehrtwerden“; denn Gott Selbst hat auf die Ältesten Ehre gelegt. Aber das ist das Letzte, das Gekröntwerden des treuen bewährten Dieners und seines Dienstes. Dann aber laßt uns auch recht beachten Hebr. 13,17: „Gehorchet euren Führern und seid unterwürfig; denn sie wachen über eure Seelen (als die da Rechenschaft geben sollen), auf daß sie dies mit Freuden tun und nicht mit Seufzen.“

P. S.

Frage und Antwort

Frage 1

Das Mahl des HErrn ist nur für Gläubige, andererseits soll jeder Gläubige normalerweise auch an demselben teilnehmen: Warum durften nun bei der ersten Feier - der Einsetzung - nur Seine Jünger teilnehmen, und überhaupt nur Männer - und nicht auch etwa Lazarus, Maria usw.?

Antwort A

In 1. Kor. 11,23-25 finden wir die umfassendste Mitteilung über die Einsetzung des Mahles des HErrn. Dort lesen wir, daß sowohl bei dem Brote wie auch bei dem Kelche der HErr Seinen Jüngern sagte: „Dieses tut zu Meinem Gedächtnis.“ Und V. 26 setzt der Apostel Paulus erklärend hinzu: „Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des HErrn, bis Er kommt.“ Das Mahl soll also zu Seinem Gedächtnis geschehen und ist die Verkündigung Seines Todes. Demnach setzt dasselbe voraus, daß der HErr nicht mehr hier ist und daß Sein Tod erfolgt ist. Diese Voraussetzungen wurden erfüllt durch den Tod des HErrn am Kreuze und Seinen Hingang zum Vater in den Himmel, wo Er seitdem weilt. Aber als der HErr das Mahl einsetzte, fehlten sie noch: Er war noch da, in ihrer Mitte, und Sein Tod war noch nicht erfolgt. Konnten sonach Seine Jünger bei jener Gelegenheit das Essen des Brotes und Trinken des Kelches zu Seinem Gedächtnis tun und Seinen Tod verkünden? Nein. Aber der HErr hatte ihnen vorher gesagt, daß Er getötet und am dritten Tage auferweckt werden würde und daß Er die Welt wiederum verlassen und zum Vater hingehen werde, und Er war für die darauffolgende Zeit Seiner Abwesenheit für sie besorgt; für diese Zeit gab Er ihnen dieses Gedächtnismahl. Also war jenes an das Passahmahl anschließende Mahl nicht die „erste Feier“ des Mahles des HErrn, sondern nur die Einsetzung desselben, die Anweisung an die Jünger, daß und wie dieses Mahl nach Seinem Weggang zu Seinem Gedächtnis gehalten werden solle. Dieses bestätigen auch die Worte „so oft“ in V. 25 und 26: „Dies tut, so oft ihr trinket, zu Meinem Gedächtnis“, und: „Denn so oft ihr dieses Brot esset und den Kelch trinket, verkündiget ihr den Tod des HErrn ...“ Aus dem eben Dargelegten - daß es nicht die „erste Feier“, sondern nur die Einsetzung, die Anweisung für das spätere Halten des Mahles war - erklärt es sich, daß bei dieser Gelegenheit nur die elf Apostel - Judas Iskariot war vorher hinausgegangen, wie Joh. 13,21-30 klar ergibt (siehe „Handreichungen“ 1914, Bd. 2, S. 95-100) - und keine anderen zugegen waren, denn die Apostel waren es, welche Er bestellt hatte, „auf daß sie bei Ihm seien“ (Mark. 3,14), die also den engsten Kreis um Ihn bildeten und dazu erwählt waren, die Vermittler Seiner Lehre und Seiner Gedanken zu sein. Diese waren Seine Vertrauten, Seine „Freunde“. (Joh. 15,14.15) Nur sie versammelte Er in jener ernsten Stunde um Sich, und ihnen gab Er die Anweisung für Sein Gedächtnismahl. Und sie haben es dann, als die Zeit gekommen

Seinem durch die Apostel uns vermittelten Worte. - Der Apostel Paulus war bei der Einsetzung noch der Gesetzeseiferer Saulus und daher nicht dabei, aber auch er hat später „es von dem HErrn empfangen“ und den Gläubigen übermittelt. (1. Kor. 11) -

Zum Schluß weisen wir noch einmal darauf hin, daß wir bei dem Mahl des HErrn gemäß Seinem Worte: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“, Seiner als eines Abwesenden gedenken - als unseres durch den für uns am Kreuze erlittenen Tod von uns gegangenen Heilandes, der jetzt in der Herrlichkeit ist. Wohl hat der HErr gesagt: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte“ (Matth. 18,20), und das ist sicherlich auch wahr, wenn wir zu Seinem Mahle versammelt sind, doch das ist Seine Gegenwart durch Seinen Geist. Diese ist uns allezeit unendlich wert und überaus kostbar. Aber beim Mahl des HErrn sind unsere Herzen mit Seiner leiblichen Person beschäftigt - im Blick auf Seinen Tod am Kreuze, und was und wo Er jetzt ist -, und dem Leibe nach ist Er nicht in unserer Mitte, sondern in der Herrlichkeit. Aber es wird nicht immer so bleiben, sondern Er wird wiederkommen und uns zu Sich nehmen. Dann haben wir aufgehört, durch Sein Mahl Seiner zu gedenken. Wir tun es, „bis Er kommt“. Daraus ergibt sich ein ernster Gedanke für uns: Es könnte sein, daß der HErr vor dem nächsten „ersten Tage der Woche“ kommt; dann war der erste Tag gegenwärtiger Woche die letzte Gelegenheit für uns, dem Wunsche Seines liebenden Herzens zu entsprechen: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis“ (die wir am ersten Tage der Woche zu diesem kostbaren Zwecke zusammenkommen). Hast du diese Gelegenheit benützt?! Oder vielleicht ist der nächste erste Tag der Woche die letzte Gelegenheit; wollen wir nicht gern Sein Herz erfreuen und diese Gelegenheit benützen, wenn es uns irgend möglich ist? Er hat uns so geliebt, und Seine Liebe ist noch dieselbe; und Er hat gesagt: „Dies tut!“ Wollen wir es nicht tun, so viel und so lange wir es können?! -

Th. K.

Anmerkungen des Schriftleiters

Wie kostbar, daß die erste Frage des 20. Jahrbuchs der „Handreichungen“ sich mit dem

Vorrecht und der Verantwortung der Gläubigen beschäftigt, „das Mahl des HErrn“ treulich zu feiern. Unser lieber Mitarbeiter hat nach Beantwortung der Frage wichtige Ermahnungen für uns, die Gläubigen, angefügt, Ermahnungen, die uns um des HErrn willen wertvoll genug sein sollten, um ihnen nachzukommen, so oft es uns nur irgend möglich ist. Während aber die hier nicht zu behandelnde Frage der Gläubigentaufe vornehmlich eine solche unseres Gehorsams ist, ist die der Feier des Herrnmahles in besonderem Maße eine solche unserer Gegenliebe, nachdem Er uns zuerst geliebt hat. Doch sei hier über unsere Beweggründe zum Beobachten Seiner, des Herrn Jesu, neutestamentlichen Gebote nichts weiter gesagt! (Joh. 14,15.21)

Doch möchte ich noch mit ein paar Worten auf die Frage selber eingehen. Verf. obiger Antwort hat nachgewiesen, daß „die Apostel die Vermittler Seiner Lehre und Seiner Gedanken“ zu sein, von Ihm erwählt waren, und dieser Punkt ist es, der uns noch ein wenig beschäftigen möge! Wohl hatten und haben alle die Seinen, auch die Marien, auch Lazarus usw. im weitesten Sinne die Aufgabe, „Seine Zeugen“ zu sein (Apgesch. 1,8 u. a.), aber Seine Befehle, Seine Aufträge, welche die Grundlagen Seiner Gemeinde bildeten, gab Er nur Seinen Aposteln (Eph. 2,20 u. a.), die damit eine ganz besondere Autorität genossen (vgl. Frage 2, Antwort A!), die natürlich keinem anderen zukommen konnte, sollte nicht alles in Verwirrung geraten. Nur sie waren die Kenner, die Träger Seiner unmittelbaren Offenbarungen - später auch Paulus -, und nur sie genossen darum auch das Vorrecht, die Einsetzung des Abendmahles und dessen Beziehungen zum Passahmahl und zu anderen Dingen aus eigenster Erfahrung kennenzulernen. Und Paulus bekam daher diese und andere Belehrungen auch unmittelbar vom HErrn Selbst! Und als die junge Gemeinde des HErrn zusammenkam, tat sie es, indem sie „verharrte 1. in der Lehre der Apostel, 2. in der Gemeinschaft, 3. im Brechen des Brotes und 4. in den Gebeten“. (Apgesch. 2,42) Die Lehre der Apostel war (auch in dieser Stelle selbst, ähnlich wie in 1. Kor. 1,30 „zur Weisheit gemacht“) dabei durchaus grundlegend und bleibt es. Wir haben die Apostel nicht mehr (als Personen!), aber wir haben ihre Lehre (vgl. z. B. Matth. 28,18-20!), und darauf, wie wir derselben nachkommen, beruht die Gemeinschaft (vgl. 1. Joh. 1,1-4!), und - haben wir Lebens- und Liebesgemeinschaft mit dem HErrn und untereinander, so dürfen und werden wir fortgesetzt auch Sein Mahl feiern („das Brot brechen“) und werden auch nicht müde werden im

Es ließe sich natürlich noch viel mehr sagen über den grundlegenden Dienst der Apostel, aber das Gesagte in Verbindung mit obiger Antwort wird genügen, um die Frage als beantwortet anzusehen.

Der Frager ist, soweit ich weiß, seit längerer Zeit ohne seine Schuld nicht in der Lage, an christlichen Versammlungen mit dem Herrenmahl teilzunehmen. Aber wenn alle, die dies köstliche Vorrecht haben, es nur recht ausüben wollten, sonderlich nach dem Lesen dieser Antworten, so würde aus der Frage des z. Z. einsam stehenden Bruders ein großer Segen hervorwachsen für des HErrn Gemeinde, und der Fragende würde etwas von diesem Segen zu spüren bekommen, und sicher würde und wird der HErr ihm seinen Eifer um Sein Werk vergelten. - Uns aber gilt Jer. 5,3a und 1. Joh. 2,3-6!

F. K.

Frage 2

Woran kann man wohl denken bei den Anreden der sieben Sendschreiben (Offenb. 2 u. 3)? Luther übersetzt „Vorsteher“, andere (Elberfelder u. a.) „Engel der Versammlung“.

Antwort A

„Vorsteher“ steht in Luthers Übersetzung nicht im Text, sondern als zugesetzte erklärende Anmerkung. Im Text steht in neuen und alten Ausgaben auch „Engel“. Ohne Frage steht die Bezeichnung „Engel“, wenn es sich nicht um einen Boten des Himmels handelt, stellvertretend für jemand, der in seiner wirklichen Persönlichkeit nicht in Frage kommen kann. Z. B. „ihre (der Kindlein) Engel in den Himmeln schauen allezeit das Angesicht Meines Vaters, der in den Himmeln ist (Matth. 18,10)“, will sagen, in Anlehnung an die Gepflogenheiten an den Höfen orientalischer Herrscher, daß nur Vertraute das Angesicht des Herrschers schauten, d. h. in seine unmittelbare Gegenwart Zutritt hatten (z. B. Esther 1,14; 4,11), nicht daß ein wirklicher

diese Kleinen, die auf der Erde sind, so liebevoll im Auge hat, daß sie der Ehre teilhaftig sind, von Ihm als in Seiner unmittelbaren Gegenwart in den Himmeln seiend eingeschätzt zu werden. Gegensatz: Die unter Sündenverantwortlichkeit stehenden erwachsenen Menschen sind in der Ferne von Ihm, können nicht als so in Seiner Gegenwart weilen könnend betrachtet werden wie diese Kleinen. (Ein Schutzengel dagegen ist ein wirklicher, unsichtbar ein Kind umgebender Himmelsbote, der das Kind in einem speziellen Gefahrenmoment behütet.) Der Engel des Petrus, von welchem die im Hause der Mutter des Markus Versammelten sagen (Apgesch. 12,15), „es ist sein Engel“, ist ebenso zu nehmen: eine stellvertretende mit dem Verstand unerklärbare Erscheinung des körperlich abwesenden Petrus.

Wenn wir dies auch feststellen, so dürfen wir doch nicht übersehen, daß die Engel der Versammlungen (Gemeinden) zuerst als „Sterne“ zu sehen sind, und zwar in oder auf der Hand dessen, der einem Menschensohne gleicht. (Offenb. 1,16.20) Sterne sind Symbole von untergeordneten Autoritäten, stellen solche dar, hier als ganz in der Gewalt des in verzehrender Heiligkeit auf dem Plane seienden Sohne des Menschen sich befindend. Sterne sind auch für des nachts Reisende Mittel zur Orientierung in bezug auf die einzuschlagende und einzuhaltende Richtung. Wie reimt sich zusammen: Stern und Engel zugleich? Die Erklärung liegt zunächst darin, daß „Stern“ Symbol ist, Engel aber nicht. Für weiteres Verständnis müssen wir für die Punkte, die sich auf untergeordnete Autorität und Stellvertretung beziehen können, den Inhalt der Sendschreiben ins Auge fassen. Die Gemeinden selber stehen da unter dem Symbol von Lichtträgern, d. i. Leuchtern mit Lampen. Sie können demnach nicht ohne weiteres des gleiche sein, was die Stellvertreter der Gemeinden oder Versammlungen, die Engel, sind, die ja ihrerseits auch als Sterne dargestellt werden. Geheimnisvolle Zusammenhänge walten da ob, wie es auch in 1,20 steht.

Weil das Wort „Vorsteher“ (Bischof) genannt worden ist, sei die Frage aufgeworfen: Sollte ein solcher als mit Autorität bekleidet geachtet werden? Nein! Vorbilder der Herde sollen sie sein. (1. Petr. 5,3) Sie können also nicht gemeint sein. Autorität hatten nur die Apostel (siehe z. B. Petrus Apgesch. 5; Paulus 1. Kor. 5; 2. Kor. 13,10; 1. Tim. 1,20). Wir erinnern uns aber, daß der HErr in Matth. 18,18 der örtlichen Versammlung Autorität in bezug auf Binden und Lösen

zuerkannte. Auch waren die in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens noch nicht zersplitterten Versammlungen Lichtkörper zur Orientierung in der Nacht der Welt. Das über den Sternen waltende Geheimnis wird vom HErrn gelüftet dadurch, daß Er dem Johannes eröffnet: die Sterne sind Engel, d. i. Stellvertreter der Versammlungen (Gemeinden).

Es ist nicht zu verkennen, daß, was dem Engel gesagt wird, der betr. örtlichen Versammlung selber ganz direkt gilt, wenn es heißt: „Wer ein Ohr hat, höre.“ „Dem, der überwindet“, oder „wer überwindet“. „Etliche von euch.“ „Auf daß ihr geprüft werdet.“ „Ihr werdet Drangsal haben“ usf. Ebensowenig aber ist zu verkennen, daß unterschieden wird zwischen dem Engel, dem Stellvertreter, und der Versammlung als solcher. Z. B.: „Ich werde deinen Leuchter [‚du Engel‘] wegrücken“: der Leuchter ist die betreffende Versammlung. „Ich komme dir [‚Engel‘] und werde Krieg mit ihnen führen.“ „Du [‚Engel‘] duldest das Weib Jesabel, und sie verführt Meine Knechte.“

In den Versammlungen gab es keinen einzelnen Ältesten, Vorsteher, Bischof; immer waren es mehrere. (Apgesch. 20,17; Phil. 1,1; Tit. 1,5; 1. Petr. 5,3) Die Bezeichnung „Engel“ für einen solchen Dienst ist ganz unbekannt. Wie machen wir uns denn die Zusammenhänge verständlich? - So: Gott will als Abschluß des Kanons der Schrift noch eine letzte Kundgebung heraufführen. Der Gegenstand derselben ist der, der A und O aller Schrift ist: Jesus Christus. Darum wird diese Kundgebung auch von Johannes umschrieben: „Das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi“: 1,2. Der Weg aber, den Gott zu dieser letzten Kundgebung wählt, ist ein ungewöhnlicher. Erstens gibt Er diese Kundgebung oder Offenbarung oder Abdeckung von Verdecktem dem, der eben der Gegenstand derselben ist. Dieser, Jesus Christus, soll diese Kundgebung Seinen Knechten übermitteln, damit sie Kenntnis davon erlangen, auf welche Weise und in welcher Reihenfolge der große Auseinandersetzungsprozess zum Austrag kommt, der den Sohn des Menschen zum Triumphe über alle Feinde führen wird. Das soll natürlich dazu dienen, die Hände der Knechte im Mitkämpfen für ihren Herrn und Gebieter zu stärken. Als zweiten Punkt vernehmen wir, daß Jesus Christus einem Bevorzugten aus der Zahl Seiner Knechte die Kundgebung übermittelt, damit der sie zu den anderen hinleite. Als drittes müssen wir in acht nehmen, daß Er die Sendung, die Übermittelung, nicht sozusagen „mit offenem

Visier“, wie wir uns zu sagen erlauben, vornimmt, also etwa so, wie Er dem Paulus auf dem Wege nach Damaskus erschien, sondern unter der Verhüllung eines Engels, der aber „Sein Engel“ heißt, wie wir es aus dem A. T. wissen, wenn dort vom „Engel Jehovas“ die Rede ist, obwohl der Erscheinende Jehova Selber war. Daß Jesus Christus Selber es ist, geht aus Seinen Worten hervor, wenn Er Sich als der Sohn des Menschen zeigt und als solcher spricht.

Dieser Umweg in bezug auf die Kundgebung und die Behandlung der Seinigen, denen sie gilt, als „Knechte“ schließt aus, daß Er Sich mit ihnen befasse, wie es früher der Fall war, da Er als der erhöhte HErr und als das Haupt des Leibes durch den vom Vater und von Ihm ausgegangenen Geist die Seinen mittelst der Gaben, die Er gab, bediente. Weil es sich um die Offenbarungswege Gottes durch Ihn handelt, fallen die Versammlungen Seiner „Knechte“ ebenfalls unter Seine richterliche Beurteilung, denn die Gerechtigkeit Gottes erheischt, daß das Gericht bei denen anfange, die mit Ihm in nächster Verbindung sind. (Amos 3,2; Hes. 9,6; 1. Petr. 4,17)

„Leuchter“ versinnbildlichen die Versammlungen oder Gemeinden in ihrer Verantwortung, in dieser finsteren Welt das Licht, das Er durch den Geist ihnen vermittelt, erstrahlen zu lassen. Die Beurteilung zeigt das Versagen in diesem Punkte an. Wie mag dies Versagen gekommen sein, oder wie kommt es? Wir können sowohl aus der Kenntnis der Zeit, da die Briefe der Apostel geschrieben wurden, wie aus der heutigen einen Schluß ziehen, den nämlich: Der Zustand der Versammlungen, Gemeinden, Kirchen entsprach und entspricht mehr oder weniger dem Stand des Dienstes am rufenden, bildenden, aufbauenden Worte. Wie es damit bestellt war und nach und nach bergab ging zur Zeit der Apostel, zeigen uns ihre Briefe an Versammlungen und an Einzelpersonen. Wie es damit bestellt ist in der Gegenwart, zeigt ein Blick in die Runde. Sind die Glieder der großen staatlichen Kirchengebilde in ihrem geistlichen Zustand nicht das Spiegelbild der offiziell ausgebildeten und lehrenden Theologen? Ist's in freikirchlichen und Gemeinschaftskreisen nicht ebenso, nämlich entsprechend dem, was an Wortverkündigung und Lehre geboten wird? Und in den noch übrigbleibenden gläubigen Kreisen ist's doch auch nicht anders. Das soll nur eine Beschreibung, nicht ein Werturteil oder eine Verurteilung sein. Auch ist dabei nur die jedesmalige Gesamtheit ins Auge gefaßt, nicht

Einzelpersonen, denn unter diesen finden sich die größten Abstufungen geistlichen Zustandes und von Kundgebung geistlichen Lebens.

Und nun, dieweil örtliche Versammlungen oder Gemeinden und die, welche in ihrer Mitte Gaben zu ihrer Bedienung empfangen haben, und dieweil beide Teile gleichermaßen Verantwortung tragen, der eine Teil aktiv durch Dienst, der andere passiv durch Entgegennahme und Beurteilen des Dienstes, erklärt es sich, daß der „Engel“ einer Versammlung, der dem HErrn speziell verantwortliche Vertreter derselben und mehr oder weniger ihr Former, durch eben die für den Dienst, für die Anwendung der Gaben Verantwortlichen dargestellt wird, ohne daß Einzelpersonen in Frage kamen. Denn schließlich hat jedes Glied irgendeine Gnadengabe empfangen, die es zum Nutzen des Ganzen zu verwenden hat. Aus diesem letzteren Grunde sind auch „Engel“ und „Versammlung“ zum allergrößten Teil bezüglich der Verantwortung eins gemacht. Ist es in Thyatira (als prophetisch die Entwicklung zum römischen Katholizismus hin darstellend) nicht leicht zu sehen, wie der Klerus, der speziell verantwortliche „Engel“, den schon aufgekommenen Bilderdienst weiterentwickelte (wie es auch in Pergamus geschah), während andere, Einfältige, sich davon fernhielten, ja, dagegen protestierten, und so überwanden? Aufkommen gegen den Klerus konnten sie nicht: Der blieb der Hauptverantwortliche. In diesem Sinne wird schon bei Ephesus begreiflich: „Ich werde deinen Leuchter [‚Engel‘] wegrücken“, das nämlich, was durch dich, besonders verantwortlicher und darstellender Teil der örtlichen Gemeinde, aus dieser geworden ist. (Vgl. Apgesch. 20,28-32) Wir formulieren am besten, wer oder was der „Engel“ ist, so: Er stellt die personifizierte Verantwortung und dementsprechend praktische Verantwortlichkeit dar, die auf der Versammlung als Ganzem sowohl wie speziell auf besonders im Vordergrunde stehenden Gliedern liegt.

Der HErr kann Sich nicht direkt aussprechen; so soll ein jeder Seine eigene Verantwortung fühlen und sich zugleich ein Bild davon machen können, wie der urteilende und richtende HErr die Gesamtheit, deren Teil er ist, ansieht. Das übt eine heilsame Wirkung aus und hilft dazu, die persönliche Beziehung zum HErrn so innig wie möglich zu gestalten.

Merkwürdig ist, daß in den drei letzten Versammlungen Sardes, Philadelphia, Laodicäa kein Unterschied mehr zwischen „dem Engel der Versammlung“ und dieser selbst gemacht wird.

Nach diesen Erläuterungen ist es nicht allzuschwer, die noch zu suchende Verbindungslinie zwischen „Engel“ und „Stern“ zu finden. Durch wen fallen ganz selbstverständlich die der Versammlung (Gemeinde) vom HErrn zuerkannten autoritären Entscheidungen? Doch durch eben die, welche wir als „Engel der Versammlung“ angesprochen haben. Eine Versammlung Gottes, sagen wir der damaligen Zeit, oder heute solche, die sich deren Grundsätze zu eigen machen, oder andere der angeführten kirchlichen Körperschaften, konnte oder kann oder können nicht durch Abstimmung einen Entscheid herbeiführen, sondern durch einsichtsvolle, verantwortungsbewußte Männer (Röm. 14,1), deren Entscheidung dann durch das Gesamt gutgeheißen oder abgelehnt, in den meisten Fällen aber bindend wird. (Vgl. Apgesch. 15) Ist dies Konzil in Jerusalem, diese besonders deutlich erkennbare, unter der Oberautorität Christi getätigte Autorität nicht dem Symbol „Stern“ entsprechend, Sterne gehalten in der Hand des Menschensohnes und zugleich dem, was „Engel“ meint, nämlich Vertretung der Jerusalemer Versammlung? Der Unterschied ist nur der, daß nicht eine der sieben Versammlungen hier in Frage kommt, sondern die Jerusalemer Versammlung. Dann noch das, was „Stern“ ist, zur Orientierung in dieser geistlich finstern Welt: Sind es nicht diese besonders Verantwortlichen, die „Licht“ sind oder dazu gesetzt sind, es zu sein? Richtet sich nicht auch das zu ihnen gehörende Gesamt nach dem Licht, das sie vermitteln, ob es nun wahres Wegweiserlicht oder Irrlicht ist, wie leider, leider viele dieser „Sterne“ es sind, die die Menschen in den Sumpf führen? Wiederum: Waren nicht in der Hinsicht „wegweisendes Licht“ die Verantwortlichen auf dem Konzil in Jerusalem, ein „Stern“ in der Hand Christi, auf Seiner Rechten aufliegend („auf“ Offenb. 1,20)?

Solange „das, was ist“ Bestand hat, d. h. solange der HErr die Seinen nicht entrückt hat, solange Seine Gemeinde noch hienieden ist, hier in ihrem fortschreitenden Verfall in den sieben aus den anderen herausgesuchten örtlichen Gemeinden verkörpert, Laodicäa bis dahin auch noch dazu gehörend, sind die sieben Sterne in Seiner Hand. Trotz allem Verfall bleibt das so

zum Wohl Seiner Knechte in den Gemeinden.

„Nach diesem“, d. h. nachdem die Geschichte der Gemeinde auf Erden durch die Entrückung zum Abschluß gekommen ist, kann keine Rede mehr von Sternen und Engeln der Versammlungen sein. Auch bei Laodicäa nicht, welches als leere Schale, des Kernes verlustig gegangen, nur noch zum Gericht des Ausgespieenwerdens übrigbleibt.

Gedanken haben weiten Spielraum. Doch ist in diesen Ausf ührungen darauf Bedacht genommen, sie nicht weiter schweifen zu lassen, als der Fragesteller in der Frageformulierung angeregt hat.

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Diese tiefe, biblisch begründete Antwort Gibt viel Licht für vorliegende Frage, die merkwürdigerweise erst im 20. Jahrbuch der „Handreichungen“ erscheint, obwohl sie doch - wenigstens mündlich! - oft gestellt worden sein mag und ist. Bei uns traf sie dafür jetzt auch gleich zweimal in kurzem Abstand ein!

Einige Winke zur Beantwortung glaube ich noch hinzufügen zu sollen. Zunächst verweise ich bezüglich der Frage über den Dienst und die Obliegenheiten der Engel auf die sehr belangreiche Antwort unseres Mitarbeiters Er. Sr. in Jahrb. 16, Frg. 8. Freilich hat der Verfasser in nichts, nicht einmal durch Bibelstellen, auf die Anführung der „Engel“ in den Sendschreiben-Kapiteln hingewiesen, aber doch scheint mir jene Antwort wichtig zu sein auch im Blick auf gegenwärtige Frage. Vor allem betont Verfasser unter Punkt 5, daß die Engel „die Wächter der sittlichen Weltordnung Gottes“ seien (vgl. Dan. 4,17.24), und ich glaube, daß von hier eine Beziehung auf die Sendschreiben gefunden werden könnte. Doch überlasse ich wie in allem, so auch in diesem jedem Leser das Weiterforschen.

Nicht übersehen werden darf, daß die Offenbarung - in der soviel von Engeldienst die Rede ist

und die selbst durch einen Engel dem Johannes gezeigt wird - in Bildern, Symbolen (Sinnbildern!) und Zeichen redet („zeigen“ - „in Zeichen zeigen“! 1,1). Wer natürlich dem Worte die Bedeutung von „Vorsteher“ gibt, diesen Begriff dann im katholischen Sinne von „Bischof“ faßt, dem eine Autorität zugeschrieben ward, die niemals in der altchristlichen Gemeinde einem einzelnen zukam - ja, auch bei weitem nicht einmal den geistlichen, gottgewollten „Führern“ von Hebr. 13,7.17.21 -, der macht sich die Erklärung leicht, oder vielmehr dem ist die Erklärung des Wortes „Engel“ leicht gemacht, nicht aber die eigentliche Bedeutung klargeworden. Nein, das Wort „Engel“ (= Bote, Übermittler, dienstbarer Geist nach Hebr. 1,14 usw.) ist hier an den Anfängen der Sendschreiben als ein Symbol aufzufassen, das dem Sinne der Engeltätigkeit entspricht. - Die Engel standen den Gemeinden nicht vor, sie waren keine Bischöfe (!); sie stehen vor Gott, nicht vor den Gemeinden! Ihr Dienst hier, indem sie gleichsam schon mit ihrer Bezeichnung, ihrer Nennung als Adressaten in den Gemeinden (Versammlungen) einen Dienst ausüben, ist tief geheimnisvoll, wobei hinzukommt, daß sie in Kapitel 1 als „Sterne“ bezeichnet werden. Ja, eigentlich ist der Begriff der Sterne der erstere, und erst hernach wird gesagt: „die sieben Sterne“ - jene, die Johannes auf der Rechten des Richters sah! - „sind Engel der sieben Gemeinden“, aber in Kapitel 3,1 werden „die sieben Sterne“ auch von „dem Engel der Gemeinde“ unterschieden!

Die Sterne sind Himmelslichter, die wohl auf die Erde leuchten (vgl. Jer. 31,35), die aber in erster Linie, was sie sind, für Gott sind. (In der schönen Stelle Phil. 2,16 werden wohl wir Gläubigen „Himmelslichter“ genannt, aber das Wort dort im Grundtext ist ein anderes als das für „Stern“.) Man vgl. dazu Ps. 147,4 und 148,1-3, oder auch Hiob 25,5.6 und 38,31ff.! Wie dem aber auch sei - es sind wirklich geheimnisvolle Zusammenhange zwischen diesem allem, und Raum zum Forschen bleibt genug.

Wenn wir nun sagen daß die „Sterne“ in dem, was sie sind bzw. sein sollen, dem Urteil Gottes unterstehen und daß sie als „Engel“ Boten Gottes sind, Vermittler, Vertreter, die vor Gott stehen, dann, so glaube ich, finden wir auch eine Beantwortung für unsere Frage, die der oben gegebenen (Antwort A) nahekommt und sich in den Konsequenzen wohl auch mit ihr deckt. (Ich habe die folgende Anschauung schon seit vielen Jahren mein eigen genannt.)

Der Engel der Gemeinde, d. i. der örtlichen Versammlung, ist ein Bild von dem geistlichen Gehalt der Gemeinde, d. h. von dem, was sie wirklich ist, wie sie ist vor Gott, was Gott in ihr sieht, wie sie vor Ihm, dem Richter, dem HErrn steht - kurz: das wahre, innere Bild der Gemeinde, von Gott aus gesehen - das stellt der Engel dar, während das, was man auf der Erde sieht: „der Leuchter“ = Lichtträger ist. Man spricht oft von der verantwortlichen Seite der örtlichen Gemeinde und sagt, das sei die Gemeinde als „Leuchter“, aber so richtig dies wohl ist - ich glaube, daß der Ausdruck „der Engel der Gemeinde“ noch viel mehr der verantwortlichen Seite entspricht. Alle drei Ausdrücke: „Stern“ (d. h. die sieben Sterne, sie sind nicht gesondert), „Engel der Gemeinde“ und Gemeinde als „Leuchter“ (die sieben Leuchter) zeigen die verantwortliche Seite vor Christus, dem Richter, soweit ich sehe, nur unter verschiedenartigen Gesichtspunkten, je nach den Eigenschaften, die den drei Begriffen innewohnen oder mit ihnen offenbart werden. Das aber, was eine Gemeinde wirklich ist, nämlich vor Gott, kristalliert sich in ihrem inneren, organischen Aufbau und in dem praktischen Verhalten ihrer Glieder, welches wiederum abhängig ist von dem Wirken solcher, welche die Verantwortung der Gemeinde, die sie vor dem HErrn und vor der Welt hat, richtig erkennen und einschätzen. Somit kämen wir auf diesem Wege schließlich zu dem Endergebnis wie Antwort A, daß nämlich mit dem „Engel der Versammlung“ die wahren „Verantwortlichen“ gemeint seien. Nur möchte ich noch einmal besonders betonen, was auch unser Mitarbeiter andeutet, daß es sich dabei nicht um „amtliche“, oder soll ich sagen: mit Würde umkleidete, von Menschen ausgezeichnete einzelne Personen handelt, sondern um das Ganze des wahren, inneren Wesens oder Gehalts der Gemeinde, wie er vor Gott steht; und das bedeutet wieder nicht: eine Gruppe oder Körperschaft („Brüderrat“!!) innerhalb der Körperschaft der Gemeinde, sondern es sind die (noch mehr als nur 1. Thess. 5,12) von Gott Gekannten, die der örtlichen Versammlung oder Gemeinde ihren Charakter geben gemäß dem Grade der Verantwortung, dem sie in ihrer Handlungsweise entsprechen; dies alles so gesehen, wie Gott, der Richter es sieht.

Jeder Leser dieser Betrachtungen wird, wovon er schon vorher durchdrungen war, jetzt noch mehr fühlen: Es ist ein geheimnisvolles, schwieriges Gebiet, aber es ist auch ein wunderbarer

Segen, sich damit beschäftigen, diesen Geheimnissen nachspüren zu dürfen. Auch hierin gelte für uns: „Ich freue mich über Dein Wort wie einer, der große Beute findet“ (Ps. 119,162), und „meine Seele hat Deine Zeugnisse bewahrt, und ich liebe sie sehr“ (V. 167).

F. K.

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

Ohne auf die Fragen der Einleitung, die ich in Lief. 1 bringen durfte, noch einmal einzugehen, will ich nur kurz den Hauptgrundsatz hervorheben, daß obigem Worte zufolge von uns Gläubigen mehr als nur Passivität, stilles Dulden erwartet wird, daß wir vielmehr das uns umgebende und sonstige Böse so zu überwinden haben, daß dabei etwas Positives, Gutes, Wertvolles erreicht wird. Ich ging dann noch auf die Art und Weise ein, wie wir das uns allen so wohlbekannte Böse in uns auch nicht anders wirklich überwinden könnten als mit dem Guten, nämlich dem, welches uns die Lehre von Röm. 6 an die Hand gibt, indem wir uns im Glauben der Sünde für gestorben, für Gott aber lebend in Christo Jesu erachten und so das alte „Ich“, als mit Ihm gekreuzigt, im Glauben stets in seine Todesschranken zurückweisen könnten usw. ... Bei diesem geistlichen Überwinden des Bösen mit dem Guten würden wir die Erfahrungen eines Siegeslebens machen, das auf andere Weise (etwa durch eigene Anstrengungen) nicht zu erzielen sei. Mögen wir also hierin die Kostbarkeit unseres Schriftworts erproben und darin täglich Erlebnisse und Fortschritte machen durch Seine Gnade!

Im folgenden gehe ich nun dazu über, Beispiele aus der Schrift zu besprechen, in denen der Grundsatz unseres Leitwortes mehr oder weniger offenbar oder wenigstens in etwas angestrebt wird.

Ich will, genau wie im vorigen Jahrbuch in meinem durchlaufenden Aufsatz „Wie kam es?“, keine bestimmte Reihenfolge beobachten, keine Steigerung, keine Einteilung geben, sondern die Beispiele so, wie der HErr sie mir wichtig machte und macht, nennen, besprechen und für den Leser wichtig zu machen suchen, und zwar gemäß Röm. 15,4!

Als erstes greife ich aus der Fülle des Stoffs das doch geradezu „auf der Hand liegende“ Beispiel der Geschichte von David und Saul heraus, und zwar nach 1. Sam. 24 und 26! Eine kurze Skizzierung der Begebenheiten schicke ich voraus, wenngleich ich doch hoffen darf, daß diese im allgemeinen wohlbekannt sind!

Jahrelang, 4-6 Jahre hindurch, befand sich David auf der Flucht vor dem König Saul, und zwar war ersterer schon lange, zirka als 25jähriger, zum König gesalbt, als er durch den Neid Sauls (18,6-9) von diesem angefeindet, sich auf die Flucht vor diesem begeben mußte, dem er durch sein Saitenspiel (16,20-23) und durch seine siegreichen Kriegszüge (V. 13ff. und 30) doch nur Gutes erwiesen hatte. Und war die Rettung, die Jehova durch Davids Hand von dem Philister Goliath geschaffen hatte (1. Sam. 17), etwa ein Kleines? Nein, es war eine Großtat, aber gerade dieser und der sonstigen Erfolge wegen haßte Saul den tapferen jungen Krieger. (Vgl. z. B. 18,29!)

Es ist tiefbewegend zu sehen, zu welchen Bosheiten der unselige Saul fähig war, um damit David zu treffen. (Vgl. 22,11-23) Sicher wird es jenen „Priestern Jehovas“ nicht vergessen werden, daß sie gleichsam für David ihr Leben ließen, aber wenn man bedenkt, daß 85 Mann fallen mußten, weil „ihre Hand mit David“ war (V. 17), so muß man staunen, daß David dann später so gütig und milde mit diesem seinem Todfeind zu handeln imstande war. Welch eine Illustration gibt er doch für unsere Stelle! - Die Zeit ging dahin, manches geschah, aber stets war David auf der Flucht vor Saul, Jonathan besuchte seinen Herzensfreund, aber zeigte sich nicht fähig, den Platz der Verwerfung (vgl. 22,1.2!) mit David zu teilen, 23,16ff. (wie ernst! darum dann später das traurige Ende des doch frommen Jonathan mit seinem gottlosen Vater, Kap. 31!), und dann, nach einer gottgeschenkten, wunderbaren Bewahrung Davids (am Ende

dieser sich als ein echter Knecht Gottes, der auf Gottes Stunde warten kann, bewies und „das Böse mit dem Guten“ überwand: Kap. 24.

Nun ist es natürlich nicht nötig, über den einfachen Tatbestand, den jeder kennt oder neu nachlesen kann, etwas zu sagen; aber doch glaube ich auf einige Punkte näher hinweisen zu sollen, die das Tun Davids mehr ins Licht rücken können als eben nur der, wie gesagt, „einfache Tatbestand“. Ich will diese Punkte sozusagen nummerieren, um sie deutlicher zu machen:

1. Davids Aufenthaltsort ward - von wem auch immer - verraten. Wenn man sich verraten fühlt oder weiß, dann übt das auf das Verhalten gemeinhin eine üble Wirkung aus. Bei David auch?

2. Ob Davids Schar sich seit den Tagen von Adullam (Kap. 22,1.2) auch jetzt schon (vgl. 26,13) vergrößert hatte, wissen wir nicht genau, aber wenn 3000 (V. 3) gegen 400 stehen, so müssen letztere jede sich ihnen bietende Gelegenheit ausnützen, um bestehen zu bleiben. War David nicht ein Tor, daß er diese sich ihm einzig in der Art bietende Gelegenheit nicht ausnützte? Ja, ein Tor vor der Welt!

3. Hatte Gott ihm nicht eine so günstige Lage geschaffen, wie in V. 4 angegeben? Doch ganz sicher - aber wozu? Unsere Leitstelle sagt es! (Röm. 12,21)

4. Hatten seine Männer nicht recht mit ihren Worten V. 5? Wenn wir auch nichts Näheres wissen über diese Weissagung, so wird doch mit der Tatsache dieses Augenblicks ein solches Wort Jehovas wahrscheinlich. Welche Versuchung ist dieser Augenblick, sind diese Worte seiner Leute - die doch auch das beständige Umherirren einmal satt bekommen konnten (V. 8a!) (vgl. 30,6!! Solche Gesinnung hat auch einmal einen Anfangspunkt, der tief verborgen und weit zurückliegen kann!) - für den geprüften Flüchtling! Dennoch, er sucht nicht sich, nicht sein Recht, nicht Rache, nicht Böses, er sucht nur mit Gutem das Böse zu überwinden.

5. Aber er schneidet - als Beweisstück (V. 12!) - den Zipfel vom Oberkleide Sauls ab. War's recht? Wir mögen so fragen, denn dem David schlug hernach das Herz! Warum? Wegen des Zipfels? Gewiß nicht, dies Beweisstück trat ja auch nachher doch in seine Rechte! Aber warum

schlug ihm denn das - so zartfühlende! - Herz? Weil er in seinem Tun, trotz aller guten Gesinnung, dennoch ein Ausstrecken seiner Hand nach dem Gesalbten Jehovas sah. Und ob er nicht einen Augenblick nur lang die Versuchung fühlte, dem Saul dennoch ein Leids zu tun? Wäre das nicht natürlich gewesen? Aber dann hätte er sich von dem Bösen überwinden lassen und - nie wäre er das in vielem so kostbare Vorbild auf den wahren David, Christus, geworden! Nein, dem Feinde seiner Seele wurde widerstanden, indem er den Feind seines Leibes leben ließ, und der Seelenfeind mußte weichen, während sein persönlicher Feind noch eine Zeit am Leben blieb, ihm aber doch nichts anhaben durfte. (Hier eine ganz kleine Bemerkung, Brüder: Kennen wir solche, darf ich sagen, „Zipfelgefahrenaugenblicke“? Kennen wir ein Spielen mit dem Gedanken an irgendein Unrecht, von dem wir nur einen „Zipfel“ wollen - aber wenn wir dabei sind, uns des Zipfels zu bemächtigen, dann bleiben wir nicht wie David, sondern dann wird die Gefahr uns zu groß, und wir erliegen ihr? Laß den „Zipfel“, wenn er eine Gefahr für dich werden könnte!)

6. Welch wunderbarer Sieg! David mochte solch Wort wie Röm. 12,21 nicht kennen, aber diese Gesinnung war in ihm, und war's in diesem Falle nicht „die Gesinnung, die auch in Christo Jesu war“? (Phil. 2,5) Und sind seine Worte, die er dann nachher an Saul richtet, als dieser der „Gefahr“, die für ihn eine hätte werden können, aber seitens eines David nicht wurde, entronnen war - sind seine Worte (V. 12-16) nicht ganz und gar neutestamentlich, ganz im Sinne der letzten Verse von Röm. 12 oder von 1. Petr. 4,19? Ist es nicht so, daß heute - auch unter Gläubigen! - gar zu leicht nach V. 10 gehandelt und allen möglichen Verleumdungen geglaubt wird, während einfachen, aber lieblichen Tatsachen, wie z. B. zur Versöhnung hingestreckten Händen, nicht geglaubt wird? Ja, warum glaubte Saul nicht dem David, warum glaubte er den „Belialsmenschen“ - vgl. Spr. 16,27: „ein Belialsmann gräbt nach Bösem!“ - auch nachher mehr als dieser Tat Davids, mit der dieser seine versöhnliche treue Gesinnung besser bewiesen hatte als mit dicken Briefen? Warum jagte Saul „einem toten Hunde, einem Floh“ (V. 15) lieber nach als den Landesfeinden? Weil sein Herz böse war, das ist es! Darum waren seine an sich schönen Worte, begleitet von Weinen (V. 17ff.), doch eben auch nur Worte und weiter nichts, und als die verräterischen Siphiter wieder kamen, um David in Sauls Hand

und wieder mit 3000 Männern auszuziehen, um seinen Todfeind? nein, seinen einzigen, seinen besten Freund zu töten!

7. Wird David wieder imstande sein, Röm. 12,21 zu verwirklichen? Wird er? O David hatte in Kap. 25 eine neue Probe bestanden, freilich nicht sofort! Der „Zipfel“ war eine größere Gefahr geworden als in Kap. 24 bei Saul. Aber - ohne daß ich näher auf diese Geschichte, David und Abigail (Nabals Weib) eingehen möchte - Jehova tritt ihm in Abigail wunderbar entgegen und verhindert ihn, in Blutschuld zu kommen, V. 26, und so erringt er auch hier einen herrlichen Sieg. Freilich, wenn man solch kostbare Worte hören darf wie Abigails Rede (V. 23-31), dann kann man nur trotzig sein und dadurch zu Fall kommen, oder man muß Sieger werden! David wurde Sieger, und wie schön, daß er zuerst Jehova dafür preist (V. 32, vgl. 39 Mitte!), daß Er ihm die Abigail entgegengesandt hat. Erinnert das nicht an 1. Kor. 4,7: „Was hast du, das du nicht empfangen hast?“ Aber das weitere trifft David nicht: „Wenn du es aber empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?!“ Demütiger David, wie spricht dein Verhalten doch zu unserem Herzen! Ja, du ließest dir sagen (V. 34.35) und offenbartest so wahre „Weisheit von oben“

(Jak. 3,17!), und darum (vgl. Spr. 2,1-8; 3,7.8.19-26 u. a.) wurdest du fähig zu noch größerem Siege als in Kap. 24, in Kap. 26!

Es ist wohl nicht nötig, dies Kapitel auch so aufzuteilen wie 24, es spricht ja zu deutlich zu uns! Aber einige Worte möchte ich darüber niederschreiben, die uns Davids noch immer (leider nicht mehr in 27!) schier vollkommene Gesinnung (Vorbild auf Christus, vgl. Ps. 17,3!) zeigen und sein Tun gemäß Röm. 12,21.

War die Gelegenheit nicht noch verführerischer als Monate zuvor? Brauchte hier David seine Hand zu beflecken? Abisai war ja so bereit zur Tat, und sicher - „nur ein einziges Mal“ hätte er seinen Speer gebraucht! (V. 8) Aber David als echter Führer weiß: Was der Unterführer tut, fällt auf den Führer zurück, wenn dieser es hätte hindere können. Er erlaubt es nicht aus heiligen Beweggründen, wie das erstemal. Er fühlte seine Verantwortung. (Wie leicht betrügen sich

hatten, und nun weniger schuldig zu sein wähnen!! Als wenn Gott Sich durch uns betrügen ließe!) Nein, David bleibt schuldlos, so günstig auch die Gelegenheit gewesen wäre und so gern seine Leute auch endlich den lästigen Feind beseitigt hätten. Nein, David schafft sich nicht selber Hilfe (25,31), er kann warten und indessen gleich „einem Floh, einem Rebhuhn“ auf den Bergen bleiben. (26,20) So siegt man! So ist es, wenn man sich nicht vom Bösen überwinden läßt, sondern das Böse überwindet mit dem Guten. Ja, dann kann man sogar andere belehren, andere strafen, weil sie nicht besser achtgegeben haben auf ihren Schützling. (V. 14-16) Saul hört nun noch einmal - zum letztenmal! Wie erschütternd! - die Stimme dessen, der nie aufgehört hat, ihn zu ehren, ja, zu lieben! Einmal wird jeder unbekehrte Mensch die Stimme seines Retters zum letztenmal gehört und - verworfen haben, dann folgt das Gericht, wie ist das doch so ernst! Saul beugt sich in V. 21, und fast scheint es echt, aber aus 27,4 geht hervor, daß er David trotz all seiner schönen Worte, auch seiner Verheißung (V. 25) doch noch weiter gesucht hat, bis er hörte, er sei zu den Philistern geflohen. (Schade, daß David im Glauben schwach wurde, aber wollen wir ihn richten, wir?!) Ja, Saul blieb sich gleich, er ließ sich stets vom Bösen überwinden - weil's nie aus seinem Herzen wirklich herausgekommen war -, und so überwand er jede bessere Regung, jede bessere Erkenntnis, die er durch Davids Tun bekam, immer wieder mit dem Bösen. Das ist der Feind, das ist der Teufel! Wie klar ist das zu sehen, und wie herrlich demgegenüber hebt sich das Tun Davids, noch mehr, das des HErrn Selber, ab als ein ständiges Verhalten gemäß Röm. 12,21.

Wo aber war die Kraft für David oder die Kraftquelle, immer wieder, fast ununterbrochen solche Siege zu erringen? Ich glaube darin, daß seine Herzensstellung die war von 30,6 am Schluß: „Aber David stärkte sich in Jehova, seinem Gott.“ So war seine Herzensstellung schon gewesen, als er noch die Herde seines Vaters hütete und sie nicht nur gegen Löwen und Bären verteidigte, sondern diese sogar angriff und besiegte. (17,31-37!) Und diese Kraftquelle ist auch heute noch nicht versiegt, geliebte Geschwister! Sieger, Überwinder, „mehr als Überwinder“ können wir nach Röm. 8,37 nur, aber dann auch stets und ständig, sein „durch den, der uns geliebt hat“. Wir können es! Wollen wir es auch sein? - So köstlich auch die Vorbilder sind, wir werden nur dann auch unsere Erfahrungen machen, wenn wir uns Ihm,

Weide bei dem Vieh seines Vaters und dann später wieder und wieder. Dann werden wir (geistliche) Erfahrungen machen gemäß denen, die David in den Psalmen beschreibt, so in dem wunderbaren Ps. 18, siehe z. B. V. 20ff., V. 29 bis 35 usw. -!

Noch andere Gelegenheiten lassen sich aus Davids Geschichte finden, wo und wie er das Böse überwand durch das Gute, aber ich will für heute schließen. Das nächste Mal werde ich, so Gott Gnade gibt, einen anderen Mann aus dem A. T. anführen, der uns lehrt, wie man unsere Stelle auch Brüdern gegenüber beweisen kann. Möge es uns, je älter wir im Glauben werden, geschenkt werden, „Sein Wort wirklich als unseres Fußes Leuchte“ zu gebrauchen (Ps. 119,105) und dabei „nicht Hörer allein“, „die sich selbst betrügen“, sondern „Täter Seines Wortes“ (Jak. 1,22) zu sein, Ihm zur Ehre und uns allezeit zum Segen! Durch Seine Gnade sei uns also weiterhin wichtig Sein „beherzigenswerter Rat“ von Röm. 12,21!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Einige Worte über die Bekleidung in der Schrift.

Die Bekleidung des Menschen hat ihren Ursprung im Sündenfall; denn sie wäre nicht nötig gewesen, wenn nicht die Sünde durch den Menschen ihren Einzug gehalten hätte. Darum lesen wir im Worte Gottes, nachdem der Mensch gefallen war, in 1. Mos. 3,21: „Und Jehova Gott machte Adam und seinem Weibe Röcke von Fell und bekleidete sie.“ Doch wird uns hier zum erstenmal klar gezeigt, daß dies nur auf Grund eines Opfers geschehen konnte. Das Leben eines Tieres mußte preisgegeben werden, Blut mußte fließen; denn ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung. Alles das war notwendig, um die Blöße, die Nacktheit des gefallenen Menschen zu bedecken. Dies ist das erste und wichtigste Kleid. Wir müssen dort anfangen, wo Gott anfängt, wenn wir ein klein wenig von den Kleidern der Schrift verstehen lernen wollen. Es mußte ein Opfer gebracht werden, wenn wir bekleidet werden sollten. Keinen anderen Weg kannte der allmächtige, allweise und der allgütige Gott. Wie ernst und doch wie herrlich, daß es

so ist! Gott Selbst brachte das erste Opfer, um den Menschen aller Zeiten eine göttliche, eindringliche Unterweisung zu geben, daß ihre Sünden nur durch das Blut und Leben eines anderen gesühnt und bedeckt werden könnten. Die Gläubigen aller Zeitalter zeigten durch das Darbringen von Tieropfern dem Jehova, daß sie diese erste göttliche Heilsunterweisung nicht nur verstanden, sondern auch im Glauben erfaßt und im Herzen verwirklicht hatten. Ihre Opfergaben bewiesen die Anerkennung der gerechten Forderungen eines heiligen Gottes sowie ihre Entfernung von Gott durch Sünde. Wie aber Gott Selbst das erste Opfer brachte, war es doch nur ein Hinweis auf das von Gott gegebene letzte, größte und eigenartigste Opfer in der Dahingabe Seines eingeborenen Sohnes, das die Erfüllung aller Opfer in sich schloß. Darum kein Opfer mehr außer Ihm.

Doch um auf die Kleidung zurückzukommen, möchten wir gleich am Anfang bemerken, daß das Wort Gottes dreierlei Hauptkleidungen der Gläubigen unterscheidet. Wie beschämend für uns, daß wir so wenig vertraut sind mit der göttlichen Kleidung, aber leider nur zu oft mit den Moden dieses Zeitlaufes!

Die erste Art von Kleidung haben wir bereits genannt, Es ist die Fell- und Opferkleidung, die unsere Nacktheit vor einem heiligen Gott bedeckt. (Vgl. 2. Kor. 5,1-4)

Die zweite Kleidung wird nicht durch ein Opfer gewonnen, sondern durch eine Pflanze. Wir finden sie in 2. Mos. 28,42 und 3. Mos. 16,4. Es ist die sogenannte Linnenkleidung. Ferner wird in 2. Mos. 25,4 bis 2. Mos. 39,29 das Wort: „Byssus“ zirka 32mal gebraucht. Im hebräischen Text sind dies zwei verschiedene Worte. Nicht alle Übersetzungen halten diese Ausdrücke getrennt, zum Schaden des sorgfältigen Bibellesers. Es besteht ein Unterschied im Gebrauch dieser Stoffe und deren sinnbildlicher Bedeutung. Wie es denn ja keinen Unterschied im Worte Gottes gibt ohne eine geistliche Bedeutung. Wir kommen auf den Unterschied später zurück.

Die dritte Hauptbekleidung wird uns hauptsächlich in der Priesterkleidung der Herrlichkeit, des Schmuckes und der Farbenprächtigkeit in 2. Mos. 28,2ff. vorgestellt. Diese dritte Art von Kleidung schließt sicherlich solche, wie wir sie in Jes. 61,3.10 und Matth. 22,11 finden, ein.

Bedeutung zu erkennen sind, ist jetzt nicht der Platz, auf alle Einzelheiten und Verschiedenheiten einzugehen. Begnügen wir uns mit einer kurzen Charakterisierung der drei Hauptgruppen. Der vollendetste Ausdruck von der dritten Hauptkleidung ist uns in dem „besten Kleid“ von Luk. 15 gegeben. Es ist wohl kaum nötig zu bemerken, daß all die verschiedenen Kleider die Mannigfaltigkeit des Werkes und die Herrlichkeit der Person des Herrn Jesus vorstellen.

Das erste Kleid, das Fell- und Opferkleid, möchte uns besonders die Notwendigkeit des Opfers ans Herz legen. Es bildet naturgemäß die Voraussetzung der zwei anderen Kleider. Wer nicht diese so wichtige Kleidung in diesem Leben durch den Glauben an den Sünderheiland sich aneignet, wird niemals gewürdigt werden, in der Zukunft das weiße Linnenkleid zu tragen.

Die Fellkleidung wird jetzt, in der Wüste, im Leibe der Niedrigkeit getragen. Die Kleidung entspricht ganz den Umständen der Pilger und Fremdlinge in der Welt, die ihnen durch das Opfer des Herrn Jesus und Seiner Verwerfung zur Wüste geworden ist. Wir gehen nicht in der Nacktheit unserer Sünden durch die Wüstenwelt, sondern tragen das Kleid und die Kennzeichen des für uns gestorbenen Christus. Welch eine Gnade! Das weiße Linnenkleid trägt Reichs- und Zukunftscharakter. Wir tragen es noch nicht, obwohl es uns verheißen ist. Offenb. 3,4 und 19,8. Dieses Kleid steht nicht in Verbindung mit Seiner Niedrigkeit und Verwerfung, sondern mit Seiner Erhöhung, Macht, Herrlichkeit und Seinem Reich. Weiß ist die Farbe des Lichtes, des Sieges und der Reinheit. Unser Leib der Niedrigkeit wird umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. Das Licht ist die Sonne der Gerechtigkeit, der Sieg ist im Löwen von Juda uns gezeigt und die Reinheit in dem Heiligen Gottes. „Wenn Er, der Christus, unser Leben, geoffenbart wird, dann werden wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.“ (Kol. 3,4) Weiße Linnenkleidung trug der Hohepriester am sogenannten Versöhnungstag. Vgl. 3. Mos. 16,4.23. Ins Allerheiligste ging er nie in seinem Prachtgewande. Diese weiße Linnenkleidung stand in enger Beziehung zur Sühnung. Sühnung - nicht Versöhnung, dies kommt im A. T. kaum vor - ist das immer wiederkehrende Wort in diesem Hauptkapitel des 3. Buches Mose. Blut war notwendig zur Reinigung, um im Lichtweiß und der Lichtreinigkeit einst mit Christo erscheinen zu können. Vgl. Offenb. 7,14. Dieses weiße Kleid

trägt Verwaltungscharakter und schließt zugleich Verantwortlichkeit in sich. Es ist allen Treuen verheißen, die Seine Erscheinung liebhaben. Wir werden in Seinem Reiche der Herrlichkeit so erscheinen, wie wir jetzt für Ihn leben und was wir während Seiner Verwerfung für Ihn sind.

Der Unterschied zwischen dem „Kleid“ und dem „weißen Kleid“ und der „feinen Leinwand“ in Offenb. 3,4.5 und 19,8 scheint der zu sein:

Mit „Kleid“ wird unser Wandel, unser Verhalten in dieser Welt vorgebildet. Vgl. 1. Petr. 1,13; Luk. 12,35; 2. Mos. 12,11.

Das weiße Kleid wird hier als Lohn für die Treue im Überwinden gegeben. Wir dürfen nicht vergessen, daß die Verheißungen der vier letzten Sendschreiben immer mit dem Reiche in Verbindung stehen. Es werden uns die Dinge als Verheißungen für Treue in Aussicht gestellt, die uns doch nur gegeben werden können auf Grund der Sühnung. Die „feine Leinwand“ in Offenb. 19,8 bildet mehr den Charakter des Kleides, wie das „weiße Kleid“ mehr die Art des Kleides, vor. Im weißen Kleid wird die Treue, das Überwinden belohnt. Die „feine Leinwand“ spricht mehr von dem, was wir für Ihn taten und wirkten und wie wir für Ihn lebten. Jede Tat der Liebe, jeder kleine Dienst, jeder verborgene Schmerz um Seinetwillen, jede Regung des Herzens für Ihn, in anderen Worten: jede „Feinheit“ der Liebe, der Zuneigung und Hingabe für Ihn in dieser Zeit Seiner Verwerfung wird in der „feinen“ Leinwand zur herrlichen Darstellung kommen. Alles Verborgene wird der HErr offenbar machen, also im „weißen Kleid“ das Verneinen der Welt mit ihrer Sünde, in der „feinen Leinwand“ das Bejahen Christi und die Hingabe an Ihn. Offenb. 3,4 ist persönlich, Offenb. 19,8 gemeinsam. Hier scheint auch der Unterschied zwischen der „Leinwand“ und dem „Byssus“ in 2. Mose zu liegen. Die Leinwand steht mehr in Verbindung mit Sühnung, den gerechten Forderungen Gottes, und trägt einen verantwortlichen Charakter; hingegen der Byssus, welcher im N. T. gleichbedeutend ist mit der „feinen Leinwand“, stellt mehr das Werk der Liebe für Ihn uns vor. Denn der Byssus wurde zur Stiftshütte verwandt, welche ein Bild des Wohnens Gottes in Gnade unter Seinem Volke ist.

Dann finden wir auch noch einen Gegensatz dieser drei Kleidungen. Das Fellkleid steht im

Gegensatz zu dem Prunkkleid der falschen Kirche, Offenb. 17,4; das beste Kleid in Luk. 15 steht im Gegensatz zu dem Kleid des reichen Mannes in Luk. 16. Der große Unterschied ist, daß den Gläubigen die Kleider von Gott gegeben werden. Vgl. 1. Mos. 3,21; Offenb. 3,5 und 19,8. Die Ungläubigen jedoch kleiden sich selbst und verzichten auf die Kleidung Gottes in Christo Jesu.

Nun haben wir noch nichts über die dritte und letzte Kleidung geschrieben. Sie zeichnet sich aus durch Herrlichkeit, Schmuck und Farbenpracht. Vgl. 2. Mos. 28,2.5. Nur nebenbei möchten wir bemerken, daß alle drei Kleiderarten in der Stiftshütte, dem Bild von dem Werke und der Herrlichkeit des HErrn, zum Ausdruck kommen. Wir vernehmen von Fellen, Leinwand und Byssus sowie von Herrlichkeit, Schmuck und Farbenpracht in den Geräten und dem Bau sowie von Teppichen der Hütte. Was könnte wohl über dies alles geschrieben werden! Wie das Fellkleid unsere Nacktheit deckt vor einem heiligen Gott und das weiße Kleid Sühnungs- und Reichscharakter trägt, so spricht das beste Kleid von der Versöhnung und der neuen Schöpfung. Das Fellkleid spricht zu uns von dem Opfer Christi, das weiße Kleid von dem Blute und der Sühnung des HErrn und das beste Kleid von dem, was Christus, der zweite Mensch, für das Herz Gottes ist. Wir sind nicht nur erlöst, noch nur gereinigt, so kostbar wie dies auch ist, sondern angenehm gemacht in dem Geliebten. Wir stehen in der Vortrefflichkeit, in dem Wert und in der Herrlichkeit Seiner gesegneten Person vor Gott. Wenn wir irgend etwas schwer verstehen und uns dessen nicht erfreuen, so ist es die Versöhnung. Das Priestertum, der verlorene Sohn, der wieder ins Vaterhaus geführt wurde, zeigen uns, was Versöhnung ist. Dieses beste Kleid kann weder beschmutzt noch gereinigt werden, weil es sich hier weniger um Sein Werk als vielmehr um die Annehmlichkeit und Vortrefflichkeit Seiner Person handelt. Auf Ihm, dem zweiten Menschen, ruht das Wohlgefallen Gottes.

O daß wir mehr bei Gott zu Hause wären, um praktisch am Genuß der Wertschätzung des Sohnes beim Vater teilzunehmen! Wie der verlorene Sohn gekleidet wurde mit dem besten Kleid und das Alte vergangen und alles neu geworden war, so ist auch der alte Mensch im Gericht beseitigt, so daß wir in dem neuen, zweiten Menschen Christus vor Gott stehen und uns erfreuen dürfen mit Gott in Christo, im Vaterhaus. Möge es unserem Gott und Vater in Christo

gefallen, uns Einsicht, Verständnis und Gnade zu geben, praktisch in dieses unser Ziel einzugehen!

O daß wir mehr verstehen lernten, was es bedeutet, daß wir jetzt in der Wüste das Fellkleid tragen, welches unsere Nacktheit deckt: Sein Opfer; daß wir dann das weiße Kleid tragen in Seinem Reiche und Seiner Herrlichkeit, welches uns an die Reinigung von unseren Sünden erinnert: Sein Blut; daß wir droben im Vaterhaus ewig angetan sein werden, nicht nur mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, sondern auch mit der Vortrefflichkeit und Herrlichkeit Seiner Person; wir werden dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig sein: Seine Person! Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe!

K. O. St. †.

Sauls Frage.

„Wessen Sohn bist du, Jüngling?“ (1. Sam. 17,58.)

Ist es nicht auffallend, daß der Heilige Geist ein scheinbar bedeutungsloses Gespräch zwischen dem König Saul und seinem Heerobersten Abner in der Heiligen Schrift aufbewahrt hat? Das Gespräch kommt uns so kleinlich und farblos vor, und manche haben sich daran gestoßen, daß Saul überhaupt Abner fragte, wessen Sohn der Jüngling sei, da David schon früher in dem Hause Sauls gewesen war und dieser ihn somit kennen mußte; hatte er doch sogar zu Isai, dem Vater Davids, mit der Bitte gesandt: „Laß doch David vor mir stehen, denn er hat Gnade gefunden in meinen Augen.“ (1. Sam. 16,22) Und nun fragte er, wessen Sohn er sei! Gar mancher findet viel an der Schrift auszusetzen, weil er von der inneren, geistlichen Bedeutung derselben keine Ahnung und kein Verständnis hat. Wir wollen auch heute nicht untersuchen, ob die Frage unvernünftig klingt oder nicht, noch wollen wir den Versuch machen, die angebliche Unstimmigkeit auszugleichen, sondern wollen sehen, ob der Heilige Geist auf etwas Besonderes unsere Herzen lenken will - ob Er uns mit dieser Frage sogar noch nach 3000 Jahren etwas zu sagen hat.

Wenn wir nun diese Frage Sauls mit der Frage des HErrn vergleichen, die Er den Pharisäern vorlegte: „Was dünkt euch von dem Christus? Wessen Sohn ist Er?“ (Matth. 22,42), so geht uns schon ein Licht auf, und wir verstehen, daß der Heilige Geist die Augen unseres Herzens nicht auf David lenken noch uns mit der unaufrichtigen Frage, wessen Sohn David sei, beschäftigen will, sondern daß Er uns auf den hinweisen will, dessen treffliches Vorbild David war! Es ist in der Tat die Frage aller Fragen, sogar die Ewigkeitsfrage, die einen jeden persönlich angeht und wovon unser Seelenheil abhängt.

Als Saul dem Abner die Frage stellte, sah Abner einen schlichten Hirtenknaben, mit einem Stab und einer Schleuder in der Hand und einer Hirtentasche an seine Schulter gehängt, furchtlos dem Riesen der Philister entgegentreten. Abner wußte nur wenig von Hirtenknaben, denn er war ein Feldherr und pflegte Umgang mit mächtigen Kriegern in glänzender Waffenrüstung zu haben - wie sollte er wissen, wessen Sohn ein solcher Jüngling sei. So antwortete er vielleicht geringschätzend: „So wahr deine Seele lebt, o König, ich weiß es nicht!“ Wir können uns kaum zurückhalten, dem stämmigen Abner zuzurufen: „Du weißt es nicht, Abner, und doch geht der Jüngling dem Riesen entgegen, um Israel zu befreien. Deine Unwissenheit ist unglaublich, ja, verderblich.“ Wundern wir uns, daß Jahre später, als Abner sein Leben verlor, David klagte: „Mußte, wie ein Tor stirbt, Abner sterben?“ (2. Sam. 3,33) Nein, er mußte nicht so sterben, trotzdem starb er so, denn er wußte nicht, wessen Sohn der war, der dem Riesen den Kopf zermalmte. (1. Mos. 3,15) Und leider schien er auch gleichgültig darüber zu sein, ihm ging kein Licht auf, denn ein Mann des Glaubens war er nicht; er merkte nicht und nahm unter dem schlichten Hirtenrock des David nicht den gesalbten Gotteskönig Israels wahr. Wohl kam Abner so weit, zu erfahren, daß David der Sohn Isais sei, doch dort blieb die Sache stehen; er forschte nicht weiter, also blieb er in der Finsternis.

Wir sind überzeugt, daß dieses scheinbar bedeutungslose Gespräch zwischen Saul und Abner gerade deshalb von dem Heiligen Geist eingegeben ist, weil es die größte Bedeutung hat. Der Heilige Geist fragt heute nach jeden: „Was dünkt euch von dem Christus, ‚Wessen Sohn ist Er?‘“ Eine erweckte Seele kann wohl mit Saulus von Tarsus weiter fragen: „Wer bist Du, HErr?“ und

wird die Antwort Erhalten: „Ich bin Jesus.“ (Apgesch. 9,5)

Die Pharisäer, denen der HErr diese Frage vorlegte, wußten, daß der Christus Davids Sohn sei, weiter aber sind sie nicht gekommen, gerade wie Saul und Abner, obwohl der HErr tiefer in die Sache einging, um ihre Herzen zu erwecken. Sie fanden keine Antwort weiter, sie wußten nicht, wessen Sohn Er sei. Sie waren zu stolz, zu selbstgerecht, zu hochgestellt, den HErrn um Klarheit zu bitten. Das Resultat war das gleiche wie bei Saul und Abner, sie verwarfen und bekämpften Ihn und verurteilten Ihn sogar zum Tode. Viele von diesen Pharisäern kamen vielleicht um, als Jerusalem von den Römern eingenommen wurde, und das Dunkel der Finsternis ist ihr ewiges Teil. Sie erkannten nicht den Tag der Heimsuchung. Hinter dem Vorhang des Fleisches nahmen sie die Herrlichkeit eines Eingeborenen vom Vater nicht wahr. (Joh. 1,14) Wie herrlich ist es, wenn eine Seele durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes mit Johannes, dem Täufer, bezeugen kann: „Und ich habe gesehen und habe bezeugt, daß dieser der Sohn Gottes ist.“ (Joh. 1,34)

Diese Frage wird beständig in der Schrift auf verschiedene Art und Weise gestellt, z. B.: „Und was der Name seines Sohnes, wenn du es weißt?“ (Spr. 30,4) Gott will immer wieder die Aufmerksamkeit aller Menschen auf Seinen geliebten Sohn lenken, von dem alles abhängt. Sogar von der Herrlichkeit herab ruft Er, auf Seinen Sohn hinweisend: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe!“ (Matth. 3,17; 2. Petr. 1,17.18) Doch die Welt, vom Teufel betrogen, kennt Ihn nicht. (Joh. 1,10) Auf die alte Frage: „Wessen Sohn ist dieser Jüngling?“ antwortet sie heute noch wie Abner damals: „Ich weiß es nicht.“ Darum kommt die Welt der Aufforderung des Geistes, den Sohn zu küssen, nicht nach. (Psalm 2,12). Sie macht Gott zum Lügner, weil sie an das Zeugnis nicht glaubt, welches Gott über Seinen Sohn gezeugt hat. (1. Joh. 5,10)

Saul und Abner gingen zugrunde; und so gehen alle verloren, die nicht wissen wollen, wer und wessen Sohn Er ist. Die Ihn aber kennen, vertrauen sich Ihm völlig an. (Joh. 17,3)

F. Btch.

Kleine Füchse.

„Fanget uns die Füchse, die kleinen Füchse, welche die Weinberge verderben; denn unsere Weinberge sind in der Blüte!“ (Hohel. 2,15)

Wie kleine Füchse durch Unterwühlen die Weinberge verderben, so verderben oft kleine Sünden den Weinberg unseres Herzens. Wenn wir menschlich von „kleinen“ Sünden reden, so sind diese natürlich nicht weniger böse als große Sünden.

Kleine Füchse treten nicht sehr auffällig in Erscheinung, und doch tun sie im Verborgenen ihr Zerstörungswerk. Gleicherweise sind auch kleine Sünden der Tat oder der Unterlassung nicht sehr bemerkbar, und doch tun sie bei uns, wenn sie vorhanden sind, das Zerstörungswerk in unserem Inneren. Die Frucht, die der Heilige Geist in uns wirken will, kann alsdann nicht hervorkommen.

Nur zu leicht betrüben wir durch Gedankensünden, die wir dulden, den Heiligen Geist, oder durch Worte oder Taten. Dabei können es auch Worte sein, die wir hätten reden sollen, und Taten, die wir hätten tun sollen.

Die Gemeinschaft mit unserem Herrn Jesus Christus, die das Kostbarste unseres Christenlebens ist, wird nur zu oft gestört durch die kleinen Füchse in unserem Leben, die wir gewähren lassen, ohne sie zu fangen. Vielleicht betrüben wir den HErrn und den Heiligen Geist durch Witzelei oder faules Geschwätz, durch Unfreundlichkeit oder Härte oder Richtgeist oder Hochmut oder durch Lässigkeit in der Pflichterfüllung, im Gebetsleben, im Bibellesen, im Hören des Wortes u. dgl.

Wenn die Freude am HErrn nachgelassen hat, dann laßt uns, geliebte Brüder und Schwestern, Zeit nehmen, unser Leben zu überprüfen, ob nicht kleine Füchse vorhanden sind, die den Weinberg der Freude verderben!

Zu den kleinen Füchsen können gar manche unscheinbare Dinge zählen wie Unordnung, Unsauberkeit, Lässigkeit in der Zurückerstattung geliehener Gegenstände, besonders Bücher, leichtfertiges Versprechen und Nichthalten, unerfüllte Pflichten, Übertreibungen oder Täuschungen, Unpünktlichkeit u. dgl. Wenn wir nicht wachen und beten, so sind wir in Gefahr, in unserem Gewissen abzustumpfen, zu verhärten und von der Sünde umstrickt zu werden. Die innige Gemeinschaft mit dem HErrn ist uns alsdann verlorengegangen, die Freude an Ihm ist nicht mehr unser Teil und die erste Liebe ist verlassen.

Wolle unser treuer HErr uns, den Schreiber wie den Leser, vor solchem Schlimmen bewahren und uns nötigenfalls Gnade schenken zur rechtzeitigen Hilfe und Buße, wenn wir dieser bedürfen!

O. D.

Frage und Antwort

Frage 3

Mußte der Prophet Hosea wirklich Gomer heiraten (Hosea 1,2.3) und der Prophet Hesekiel alles genau so tun, wie wir es in Hesekiel 4 finden? Was lernen wir daraus für den praktischen Dienst?

Antwort A

a) Zum Fall Hosea.

Was dasteht und wie es dasteht und durch die Namen der in Frage kommenden Persönlichkeiten als geschichtliche Tatsache verbürgt wird, erheischt die Antwort: Ja, der Prophet mußte wirklich die Gomer heiraten, und er hat es getan. Wenn die Geschichte der damaligen Zeit gekannt ist, so betrachtet der Leser staunend die Sinnfälligkeit des

Anschauungsunterrichts, den Jehova Seinem Volke gab. Waren es zuerst und weiterhin Zeichen und Wunder, welche die Sendung eines Propheten beglaubigten (Mose, Josua, Samuel, Elija, Elisa), so wurden in der Zeit, die dem Ende der beiden Reiche zustrebte, der eine und andere der Propheten selber in ihren Personen zu Zeichen, um, wenn möglich, das Volk zur Besinnung und zur Umkehr zu bringen. Der erste war es sogar, obwohl ungewollt, Leuten außerhalb Israels: Jona als aus dem Tode Erstandener den Niniviten. Jesaja war einmal drei Jahre lang ein Wunderzeichen betreffs Ägyptens und Äthiopiens, indem er diese ganze Zeit über nackt, d. i. ohne Oberkleid („im Hemd“ würden wir sagen), und barfuß umhergehen mußte (Jes. 20). Seine zwei Söhne waren durch ihre auffälligen Namen, deren einer von Jehova befohlen war, und bei zwei Gelegenheiten in ihren Personen für Juda Wunderzeichen (Jes. 7,3 und 10,21; 8,3.18). So als zeitlich nächster Hosea. Wenn Gott dem Zehnstämmereich, welches der Repräsentant des Gesamtvolkes Israel war, ebenfalls eine lebendige Veranschaulichung dessen geben wollte, was bald aus ihm werden und was es in Zukunft wieder sein würde, so mußten gesetzesvorschriftliche Schranken wegfallen; aus Rand und Band war ja doch schon alles. Um die ganze Darstellung zu vervollständigen, mußte der Prophet außer der Heirat mit der Gomer noch eine Liebschaft mit einem anderen Weibe eingehen, die schon einen Buhlen hatte und schon Ehebruch trieb. (Kap. 3) Der Prophet tat in beiden Fallen auf Geheiß Gottes nur, was im Lande gang und gäbe war, ohne daß jemand etwas dabei fand, Kap. 1,2c und alle Kapitel. War Gott nicht frei, Seinerseits für Seine Zwecke dem Volke gegenüber ähnlich zu verfahren? Veranschaulicht sollte werden: Die Blutschuld des Hauses Jehus, begangen durch letzteren in Jisreel, sollte ihre Sühne finden: Der erste Sohn sollte deswegen „Jisreel“ heißen, um jene Tat in Erinnerung zu bringen. Die erste Tochter sollte in ihrem Namen darstellen, daß die Langmut Jehovas, Gnade zu üben, zu Ende war, die zweite Tochter, daß Jehova gesonnen war, Seinem Volke überhaupt den Abschied zu geben. Bis der zweideutige Name Jisreel von der einen Bedeutung „Gott zerstreut“ zu der anderen „Gott säet ein“ gewandelt und „Nichtbegnadigte“, „Begnadigte“ und „Nichtmeinvolk“ „Meinvolk“ werden würde, würde das Volk sein wie durch jene Buhle von Kap. 3 dargestellt, indem der Prophet für Jehova in dessen Verhältnis zum Volke figuriert.

Unterlassung der Beschneidung in der Wüste, obwohl Gott schon Abraham die Todesstrafe für deren Unterlassung angedroht hatte. Die Feier des Passah konnte im ersten Monat unterbleiben, 4. Mose 9 (siehe dazu auch 2. Chron. 30,13.15.18-20), die Unterlassung der Opfervorschriften am großen Versöhnungstag zur Zeit Samuels, Sauls und Davids, dieweil die Bundeslade nicht mehr in der Stiftshütte war: siehe 1. Sam. 7,1; 1. Chron. 13,4.5; 16,1; 21,29; 2. Chron. 5,5.7.

Das gottbefohlene Tun Hoseas bezüglich der Heirat mit der Gomer wäre zwar nicht eine Gesetzwidrigkeit gewesen, denn meines Wissens ist die Heirat mit einer Hure nur den Priestern verboten (3. Mos. 21,7); doch hätten die aus solcher Verbindung entsprossenen Kinder nach 5. Mos. 23,2 nie das israelitische Staatsbürgerrecht erlangen können. (Vgl. aber die Fälle Rahab und Jephta!) Doch da die Sache von Gott in Seiner Unumschränktheit befohlen war, hatte Hosea nur zu gehorchen.

b) Zum Fall Hesekiel.

Was dem Propheten da befohlen wurde, ist nicht buchstäblich zu verstehen, sondern als ein Gesicht zu nehmen. Der Beweis für diese Behauptung ist leicht zu erbringen. Die Formel: „Die Hand Jehovas kam über...“ führt jedesmal eine Verzückung ein, 1,3.4 zu Anfang der ersten Verzuckung, 3,14 an deren Ende: „Die Hand Jehovas war stark auf mir.“ Da kam er wieder zu sich inmitten der Weggefährten, Vers 15.

Nachdem er sieben Tage hinstarrend vor Entsetzen über die Verzückung dagesessen hatte, kam da, wo er war, die Hand Jehovas zu einer zweiten Verzückung über ihn, 3,22, nachdem ihm ohne Verzückung feierlich auferlegt worden war, ein treuer, verantwortungsbewußter Warner der Gesetzlosen zu sein. Dies zweite „Gesicht“ (7,13!) bringt in den Abschnitt 4,1 - 5,4 durch das ihm figürlich befohlene Tun zur plastischen Darstellung, was in dem dazu gehörigen Abschnitt 5,5 - 7,27 in fünfmal neu anhebender Rede erklärt und bis in Einzelheiten erläutert wird. Die Benennung „Gesicht“ aus des Propheten eigenem Munde beweist, daß er das Befohlene nicht wirklich zu tun brauchte. (Vgl. 8,3!) In Kap. 8,1 kommt zum dritten Male eine

Das Datum dieser dritten Verzückung ist ein weiterer Beweis für die Nichtwirklichkeit des aufgetragenen Tuns des zweiten Gesichtes.

Die erste Verzückung kam über den Propheten im fünften Jahre der Wegführung des Königs Jojakim, am 5. des 4. Monats: 1,2. Nachdem die Verzückung vorüber war, gingen sieben Tage dahin bis zur zweiten Verzückung: 3,15.16.22, „daselbst“ schließt an die sieben Tage direkt an, wie auch die Erläuterungen in 5,5 - 7,27 eine ergänzende Erweiterung der Erklärungen von 2,1 - 3,9 sind und 3,10 nahelegt, daß weitere mündlich an seine Volksgenossen zu richtende Mahnungen dem Propheten aufgetragen werden würden; zuvor aber sollte diesem eine Erholungspause von sieben Tagen (7 die, symbolische Zahl für einen in sich abgegrenzten Zyklus in geistlicher Bewertung) gegönnt sein (3,15), damit er das Überwältigende, eines Menschen physische Kraft Angreifende des ersten Gesichts innerlich verarbeiten konnte, ehe die Fortsetzung in einem zweiten Gesicht erfolgen sollte. Diese Fortsetzung erfolgte also am zwölften Tage des vierten Monats des fünften Jahres. Das dritte Gesicht erfolgte am fünften Tage des sechsten Monats im sechsten Jahre. Das heißt 405 Tage, in Mondmonaten gerechnet, nach dem zweiten Gesicht, oder 413 Tage, wenn der Monat zu 30 Tagen genommen wird, was aber wohl nicht in Frage kommt, da allgemein nach Mondmonaten von 29½ Tagen gerechnet wurde. 390 + 40 = 430 Tage sollte der Prophet die Ungerechtigkeit der Häuser Israel und Juda tragen, 4,4-6; da hätte er 25 Tage vor Beendigung des gebundenen Daliegens, 4,8, die dritte Verzückung gehabt, was ausgeschlossen ist, da er beim Ergriffenwerden von ihr im Kreise der Ältesten von Juda in seinem Hause saß. 3,24 sagt ihm Jehova freilich, er solle in sein Haus gehen, aber auch, daß er sich einschließen solle und daß ihm Stricke angelegt werden würden, 3,25, ja dieses derart durch Jehova Selber, daß er sich nicht würde von einer Seite auf die andere umwenden können, 4,8; und doch sollte er eben dies nach den ersten 390 Tagen tun, 4,6: beides unvereinbar. Zudem: 390 Tage gebunden auf ein und derselben Seite liegen ist physische Unmöglichkeit, und von einer übernatürlichen Befähigung ist nicht die Rede. In Wirklichkeit tun, was dasteht, mußte Hesekiel also nicht.

c) Zu: „Was daraus für den praktischen Dienst zu lernen ist“ kann in einem kurzen Satz die Antwort Gegeben werden, diese nämlich: Stell dich deinem Herrn rückhalts- und vorbehaltslos

zur Verfügung in allem, wozu Er dich gebrauchen will!

F. Kpp.

Zusätze des Schriftleiters

Diese klare Antwort sucht der unleugbaren Schwierigkeiten in gesegneter Weise Herr zu werden; ob es ihr gelungen ist, möge der Leser, auch der Fragesteller, beantworten - mich befriedigt sie vollkommen! Wer da meint, daß der dritte Teil zu kurz komme, der stelle sich einmal im Vollsinne unter jene wenigen Zeilen, bzw. er werde einmal bereit, dem HErrn unter allen Umständen zu gehorchen, wo irgend etwas von ihm gefordert wird, was ihm schwerfällt, dann wird er die Kürze und darum Klarheit jener Beantwortung zu c vollauf zu würdigen wissen. Eine noch größere Kürze weist z. B. das Schriftwort Jak. 1,22 auf - handeln wir danach? Immer und überall? Oder nach Joh. 14,15? Oder nach Hebr. 13,17; 2. Kor. 2,9 u. ähnl.? Was braucht's darüber vieler Worte? Aufs Tun kommt's an!

Ein paar Bemerkungen noch zu b, Hesekiel betreffend!

Es könnte nun gesagt werden: „Wenn diese Aufträge von Kapitel 4 usw. nicht wirklich erfüllt werden mußten - und sie mußten es nicht, wie obige Antwort klar genug nachweist -, worin liegt dann ihre Anschauungskraft, ihre Bedeutung für das widerspenstige Volk, ihre Macht, letzteres unter Gericht oder Verantwortung zu stellen? - Da möchte ich hinweisen auf die so schmerzliche Begebenheit, wie des Propheten Weib („die Lust seiner Augen“) von ihm genommen wird und er nicht klagen und weinen soll, wie es sonst natürlich und allgemein üblich war vor jedermanns Augen. Ganz offensichtlich ist er gehorsam dem Befehl des HErrn - wie schwer es ihm auch gewesen sein mag! -, und sofort fragt das Volk: „Willst du uns denn nicht kundtun, was dies uns bedeuten soll, daß du so tust?“ (Kap. 24,15-19 usw.) Das war die erste Frucht seines Gehorsams in solch absonderlicher Sache. Nun finden wir freilich in dem Kapitel 4 und folg. nicht solche Antwort Des Volkes auf das Tun des Hesekiel, und man könnte oberflächlich daraus schließen, daß er gar nichts getan habe. Aber ich denke so, daß er wohl

ihn aufmerksam geworden und hat ihn gefragt, was er täte - wie es dies in Kap. 12,9 deutlich getan hat, und so hat er das, was ihm im Gesicht aufgetragen ist, ihnen genau erzählt und auf diese Weise ihr Gewissen zu wecken gesucht. Ich will dies nicht fest behaupten, aber so etwa wäre m. E. die Sache zu denken. Ich möchte dafür eine Analogie, in gewisser Weise ein Seitenstück, anführen aus unserem Sprachgebrauch: Wenn eine trauernde Mutter, deren Sohn oder Tochter böse Wege geht, ihrem Kinde sagt: „Seit Wochen und Monden sorge ich mich um dich, nachts mache ich kein Auge zu im Gedenken an deine bösen Wege, ich liege Nacht und Tag um dich am Boden vor Leid und Zerbrochensein, wann wird dich endlich der Kummer deiner Mutter rühren? Du siehst doch, wie ich mich um dich verzehre usw.“ - ich sage, wenn sie so redet, dann wird wohl keinem einfallen zu sagen: „Ach, das ist ja gar nicht wahr, die Mutter schläft doch noch manche Stunde, sonst könnte sie ihre viele tägliche Arbeit ja gar nicht tun, und wie sollte sie mit dieser wohl fertig werden, wenn sie tatsächlich Nacht und Tag am Boden läge usw.“, sondern wir verstehen den Mutterschmerz vollauf, reden auch nicht von Übertreibung, sondern wir wissen, daß diese Sprache eine bildliche und dabei doch nicht weniger tatsächliche ist, die das tiefinnere Herzeleid der gramerfüllten Mutter in plastischer Weise wiedergibt. Und wenn's auch eine bildliche Sprache ist, so könnte ein stiller, ungesehener Beobachter doch manches Mal die arme Mutter tatsächlich und wirklich am Boden liegend, betend und ringend um ihr Kind, schauen, ohne daß dies ununterbrochen so sein müßte und könnte. - Und hier noch ein biblisches Beispiel: Ps. 132,1-5! So fasse ich die Bildersprache des Hesekiel auf. Es sind Bilder von inneren Wirklichkeiten (ähnlich wie das Buch der Offenbarung), die zuzeiten in die plastische Wirklichkeit hineinragen und dann das Erstaunen des Volkes hervorrufen, eines Volkes, dessen Gewissen zu abgestumpft war, als daß das Wort allein ohne gesehenes oder erlebtes Bild auf dasselbe Eindruck gemacht hätte. Und auch so war die Wirkung nur eine vorübergehende, nicht das Herz und Leben umwandelnde. Darum bedeuteten die Bilder und die Berichte von ihnen eben auch vor allem Gericht und Verwerfung des Volkes - aber nicht für immer! (Vgl. z. B. 20,39ff.) Gelobt sei Gott!

Die prophetische Sprache ist an sich sehr schwer, und die des Hesekiel am meisten, glaube ich sagen zu dürfen. In späteren Zeiten war seitens der jüdischen Schriftgelehrten das Studium

Ältesten“ nicht anzuerkennen haben, dennoch ist das rein äußere Verständnis des Hesekiel auch für Gläubige nicht so einfach wie das des so durchsichtig klar schreibenden Propheten Jeremia. Gleichwohl kommt auch bei diesem bildliche Sprache vor, und Frage 11 im 17. Jahrbuch der „Handr.“ beschäftigt sich mit derjenigen von Kap. 25,15-28. Dort sind auch grundsätzliche Worte über die prophetische Sprache niedergelegt.

Schließlich will ich nicht unerwähnt lassen für solche, die doch an der zum Zweck der Veranschaulichung notwendigen buchstäblichen Durchführung der Auftrage, die Hesekiel in Gesichten bekam, festhalten wollen, daß die Septuaginta (die allerdings oft ungenaue griechische Übersetzung des Alten Testaments, vgl. Frage 44 in Jahrbuch 1) in Kap. 4,5 statt 390 nur 190 Tage liest und daß gelehrte schriftgläubige Ausleger annehmen, Hesekiel sei durch göttliche Fügung in einen Zustand der „Starrsucht“ gefallen, durch den dies lange Liegen „mit feindlichem Antlitz und gegen Jerusalem erhobenem Arm“ möglich geworden sei, und so sei „der verstummte Prophet ein unheimliches Wahrzeichen, der beredteste Stundenzeiger für das Geschick der Hauptstadt“ gewesen. (Klostermann und v. Orelli.) Aber warum dann die Stricke? (V. 8) Nun, wie dem auch sei, ich gebe unserem werten Mitarbeiter recht und habe ja auch versucht, diese Anschauung in einem eigenen Bilde, dem von der trauernden Mutter, zu stützen.

In jedem Falle war der Prophet Hesekiel ein Wahrzeichen, und eben dies war Hosea mit seiner Heirat der Gomer (vgl. Punkt a) auch, und indem sie gehorsam waren, offenbarten sie die Gefühle des HErrn im Blick auf die Widerspenstigkeit und Sünde Seines Volkes, und wir würden Gott sehr Unrecht tun, wenn wir meinen sollten, es käme Ihm nicht darauf an, wie Sein Volk von heute wandelt. Wenn wir Röm. 2,17-24 lesen, so sehen wir, daß das jüdische Volk jener Zeit sich nicht gar so sehr von dem Zustand unter den erwähnten Propheten unterschied - wie aber sind wir? Hat uns diese Bibelstelle nichts zu sagen? Ich denke doch, und wenn wir von ihr eine Linie ziehen etwa zu Eph. 5,1-21 u. a., so sehen wir, wieviel dem HErrn darauf ankommt, daß wir uns unterscheiden von den „Söhnen des Ungehorsams“! Wir, Sein Volk der Jetztzeit, sollten gleichsam Propheten sein im geistlichen Sinne, die wie Hosea und Hesekiel Wahrzeichen des Lichtes sind, Ihm zum Ruhm, Ihm zum Wohlgefallen, als „Nachahmer Gottes“ (5,1). Er

gebe uns Gnade (mit diesem Wunsche, dieser Bitte will ich schließen), treulich zu handeln nach Eph. 5,8: „Wandelt als Kinder des Lichts!“

F. K.

Sehet nun zu, wie ihr sorgfältig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise, die gelegene Zeit auskaufend, denn die Tage sind böse. Darum seid nicht töricht, sondern verständig, was der Wille des HErrn sei!“ (Eph. 5,15-17)

Barnabas. (Schluß)

Wir kommen nun zu einem Wendepunkt in der Geschichte dieser beiden gesegneten Männer: Barnabas und Paulus. Stunden der Prüfung werden keinem Diener des HErrn erspart, und eine solche kam jetzt über Barnabas und Paulus. Klar und deutlich hatte der Heilige Geist einst diese beiden Brüder in Antiochien für den gemeinsamen Dienst der Reise ausgesondert, und wunderbar hatte der HErr diesen Dienst gesegnet.

Als Paulus und Barnabas sich nun nach ihrer Rückkehr von Jerusalem eine Zeitlang wieder in Antiochien aufgehalten und mit anderen Brüdern das Wort des HErrn verkündigt hatten, sprach Paulus zu Barnabas: „Laß uns nun zurückkehren und die Brüder besuchen in jeder Stadt, in welcher wir das Wort des HErrn verkündigt haben, und sehen, wie es ihnen geht.“ (Apgesch. 15,36)

Barnabas scheint mit dem Vorschlag Pauli sofort einverstanden gewesen zu sein, dann aber stellte sich eine Meinungsverschiedenheit heraus. Barnabas beabsichtigte, wie auf der ersten Reise, auch Johannes (genannt Markus) wieder mitzunehmen, „Paulus aber hielt es für billig, den nicht mitzunehmen, der aus Pamphylien von ihnen gewichen und nicht mit ihnen gegangen war zum Werke“. (Apgesch. 15,38) Jeder der beiden Brüder glaubte mit seiner Meinung und seinem Vorhaben im Rechte zu sein, und da jeder auf seinem Sinn bestand, kam es zu einem erbitterten Streit und schließlich zu einer Trennung dieser beiden so reich gesegneten Männer.

Welch ein Schmerz und wie demütigend ist es, zwei geliebte Brüder in Erbitterung sich trennen zu sehen! Dieser Auftritt, diese Erbitterung und Trennung war sicher kein Werk des Heiligen Geistes, sondern die Folge der Wirksamkeit des Fleisches, und nicht etwa nur auf einer, sondern auf beiden Seiten. Die Schrift verschweigt die Fehltritte der Heiligen nicht - auch nicht die der größten und würdigsten Knechte Gottes. So demütigend ein solches Vorkommnis ist, so kann es uns doch auch wieder vor Verzagtheit bewahren, wenn wir sehen, daß keiner durch diese Welt gegangen ist, der nicht mit dem Psalmisten bekennen muß: „Mein Fuß hat gestrauchelt; aber Deine Gnade, HErr, hielt mich.“

(Ps. 94,18 Luth.) Nur einer ist vollkommen, unser hochgelobter HErr. Wie gut, unseren Blick immer wieder von unserem eigenen Fehlen auf Ihn und Seine Gnade richten zu können, der sowohl uns als auch unsere Fehltritte zum besten wenden kann.

Die Frage steigt natürlich in unserem Herzen auf: „Wie war es möglich, daß diese beiden bewährten Knechte Christi so verschiedenen Sinnes über Markus und dessen Verhalten sein konnten? Auf ihrer ersten Missionsreise hatten sie Markus als Diener und Gehilfen mitgenommen. Als sie bis Perge in Pamphylien gekommen waren, gab Markus die weitere Mitreise auf und kehrte nach Jerusalem zurück. Damit, daß er die beiden Brüder verließ, darf nicht gefolgert werden, daß er den HErrn verlassen, noch daß er mit der Aufgabe des Reisedienstes die Arbeit im Werke des HErrn aufgegeben habe. Keinesfalls haben wir ein Recht, seine Rückkehr nach Jerusalem für Sünde zu erklären. Wenn sein Verhalten Sünde gewesen wäre, hätten sicher zwei Männer wie Paulus und Barnabas ein gleiches Urteil darüber gehabt. Aber eben, weil mit dem Verhalten des Markus nicht Sünde verbunden war, war je nach der Seite, von der aus es angesehen wurde, auch eine verschiedene Beurteilung dieses seines Verhaltens möglich. Einheitlichkeit ist ja nicht möglich, wenn Auffassung und Beurteilung einer Sache von verschiedenen Stand- oder Gesichtspunkten aus geschehen. Hier finden wir vielleicht die Lösung für das betrübende Aneinandergeraten dieser beiden Brüder.

Aus welchem Grunde Markus als Diener die weitere Reise mit Paulus und Barnabas aufgab,

ab und kehrte nach Jerusalem zurück.“ (Apgesch. 13,13) Ob ihm die Beschwerden und Anstrengungen der Reise zu groß wurden - ob ihn die Sorge um die verwitwete Mutter heimwärts zog - ob ihm das schöne und wichtige Werk des HErrn in Jerusalem anziehender und wichtiger erschien als die Reise als Diener mit Paulus und Barnabas oder ob er sich mit Paulus weniger gut verstand - wissen wir nicht - jedenfalls haben wir kein Recht, irgendwelche Verfehlungen damit zu verbinden.

Vielleicht sah Barnabas die Sache von dieser - wir möchten sagen - menschlich natürlichen Seite aus an, die seinem Naturell entsprechen mochte (er war „ein guter Mann“ - „ein Sohn des Trostes“, Apgesch. 11,24 u. 4,36), konnte doch auch Markus in der Zwischenzeit gereifter und gegründeter geworden sein, kurz, Barnabas hielt ihn durchaus für fähig und geeignet, wieder mit auf die Reise genommen zu werden.

Paulus war aber ganz entgegengesetzter Meinung und weigerte sich entschieden, Markus als Begleiter mitzunehmen. Hieraus sehen wir deutlich, daß Paulus das Verhalten des Markus von einer ganz anderen Seite aus angesehen haben muß als Barnabas. „Er hielt es für billig, den nicht mitzunehmen, der aus Pamphylien von ihnen gewichen und nicht mit ihnen gegangen war zum Werk.“ (Apgesch. 15,38) Er nahm das Umkehren des Markus sehr ernst und sah darin einen Mangel an Treue und Ausharren und urteilte (gewissermaßen vom geistlichen Standpunkt aus), daß der, welcher sie einmal verlassen und in dem Werke nicht ausgeharrt hatte, sich des hohen Vorrechtes, an solcher Arbeit teilzunehmen, unwert gemacht habe. Sicher war es, vom Standpunkte des Dienstes aus gesehen, keine geringfügige Sache, in der Arbeit, die der Heilige Geist den beiden Knechten Gottes angewiesen hatte, versagt zu haben. - Als ein Kenner des Gesetzes mochte Paulus sich auch der Worte Moses erinnern: „Wenn du wider deine Feinde zum Kriege ausziehst ... Wer ist der Mann, der ... verzagten Herzens ist? Er gehe und kehre nach seinem Hause zurück, damit nicht das Herz seiner Brüder verzagt werde wie sein Herz“ (5. Mos. 20,1.8) und hielt es deshalb für billig, den, dem die Anforderungen des Kampfes zu schwer geworden und der von ihnen gewichen war, nicht wiederum mitzunehmen, damit nicht andere leicht und geringfügig über die Arbeit im Werke denken möchten, als könne man daran nach Belieben teilnehmen oder nicht.

Kommen heute solche Dinge des Streites und der Erbitterung nicht mehr vor? Können manche Dinge, die zur Erbitterung und Entzweiung unter Brüdern führen, nicht auch von verschiedenen Gesichtspunkten aus gesehen und beurteilt werden? Auch hier stellt die Schrift nur die Erbitterung fest: „So daß sie (beide) sich voneinander trennten.“ Sie entschuldigt weder den einen noch den anderen. Beweist nicht jeder Hader - jeder Zank - jede Zwietracht - die Tätigkeit des Fleisches? (Gal. 5,19.20) Wie schnell sind wir doch oft miteinander fertig und halten womöglich noch das, was vom Fleische war, für Geist! Ach, wenn der HErr so schnell mit uns fertig wäre, wie wir miteinander, wo wären wir?

Obwohl beide Brüder sich jetzt in der gemeinsamen Arbeit trennten, so doch nicht in der Arbeit im Werke des HErrn. Wir sehen dieses aus dem Jahre später geschriebenen 1. Korintherbrief. (Kap. 9,6) Paulus stellt dort Barnabas, seinen früheren Mitarbeiter, neben sich, woraus hervorgeht, daß Barnabas also nach der Trennung, wenn auch nicht im Reisedienst, so doch in der Heimatarbeit im Werke des HErrn und auch in Ansehen stand.

Wenn wir den Namen des Barnabas nach der Trennung somit auch nicht mehr in den Berichten der Missionsreisen in der Apostelgeschichte finden, so darf daraus kein Werturteil über seine weitere Arbeit oder gar über seinen inneren Herzenszustand gefolgert werden. Wir würden solches nie wagen auszusprechen; das hat Der Sich vorbehalten, Der allein in das Herz sehen kann. Er wird das Urteil sprechen, wenn Er kommt. Unser Lob oder Tadel haben keinen Wert, köstlich aber wird es sein, wenn einem jeden sein Lob von Gott werden wird. (1. Kor. 4,5)

Barnabas zog, wie es scheint, bald nach dem Zwiespalt von Antiochien fort und nahm Markus mit. (Die Schrift bringt wenigstens den Bericht seiner Abreise im unmittelbaren Anschluß an die Erbitterung.) Was mochte nach diesem traurigen Zusammenstoß in der Seele der beiden Brüder vorgehen? Warum reiste Barnabas sobald ab? War sein Herz verzagt geworden, weil sich kein Verstehen - keine Einigungsmöglichkeit zwischen ihm und Paulus geboten hatte? War er mutlos geworden, wie es einst die Herzen der Jünger waren, als Petrus sagte: „Ich gehe hin fischen!“? (Joh. 21,2) Wie leicht werden wir müde und matt im Werke, wenn sich

brüderlicher Gesinnung und Anerkennung - an einem Eingehen in das, was des anderen ist - die Hindernisse im gegenseitigen Verstehen!

Barnabas war der Ältere im Glaubensleben und wahrscheinlich auch an Jahren. Bald nach Pfingsten schon finden wir ihn in der Gemeinde zu Jerusalem und so wertgeschätzt, daß die Apostel ihm den Namen Barnabas („Sohn des Trostes“) gaben, Saulus dagegen wird bei der Steinigung des Stephanus als „Jüngling“ bezeichnet. Nach dessen Bekehrung war es Barnabas, der ihn in die Gemeinde zu Jerusalem einführte, und wiederum war es Barnabas, der ihn später aufsuchte und auch in die Arbeit in Antiochien einführte. Wir sehen aus allem, daß Barnabas ein geliebter und tätiger Führer war. Unter den Namen der Propheten und Lehrer in Antiochien finden wir seinen Namen an erster und den Namen Saulus an letzter Stelle. Und so finden wir es weiter. Immer wird der Name des Barnabas als der des Älteren und Führers zuerst genannt.

Dann aber tritt in Paphos eine ganz bedeutungsvolle Wendung in doppelter Hinsicht ein. Im Kampf dort mit den Mächten der Finsternis wird Paulus mit dem Heiligen Geiste erfüllt und von da ab nicht mehr mit seinem hebräischen Namen Saulus, sondern nur mit seinem römischen Namen Paulus genannt. Und nicht dieses allein, von jetzt an finden wir Paulus als den Wortführer und Handelnden und seinen Namen dem des Barnabas vorangestellt (mit Ausnahme von Apgesch. 14,14; 15,12 u. 25). Diesem entsprechend werden die Reisegefährten nun mit ihm (gleichsam der Hauptperson) verbunden. Wir lesen Apgesch. 13,13: „Als aber Paulus und seine Begleiter von Paphos abgefahren waren.“ Bis dahin stand Barnabas im Vordergrund als Führer. Jetzt aber sehen wir, wie das „auserwählte Rüstzeug“ plangemäß seiner Bestimmung zugeführt wird. Wie nahm Barnabas - wie nahm Markus dieses auf? Ist es nicht vielsagend, wenn die Schrift gerade in diesem Zusammenhang dann berichtet: „Johannes (Markus) aber sonderte sich von ihnen ab und kehrte nach Jerusalem zurück.“ (Apgesch. 13,13) Man fühlt, daß hier Zusammenhänge und Verbindungen liegen, die vielleicht auch in der Erbitterung, als die Absonderung des Markus wieder zur Sprache kam, auf das Verhalten des Barnabas und ebenso auf das des Paulus einwirkten. Gott aber hat über diese Dinge den Schleier gezogen. Möchten auch wir lernen, den Schleier über Dinge zu ziehen, die nicht zum Guten dienen!

Wie aber nahm Barnabas die Führerschaft des Paulus auf? Es ist so köstlich, zu sehen, er, der Ältere tritt zurück und bewahrt den Charakter eines Knechtes Jesu Christi, der die Souveränität seines HErrn anerkennt, jeden Knecht an den Platz zu stellen, wo Er ihn gebrauchen will. Er geht nicht mit Markus zurück. Neidlos ordnet er sich in die Reihe der „Begleiter“ des Paulus ein und beendet mit ihm die erste Missionsreise, die gewissermaßen unter seiner Führerschaft begonnen wurde. Ja, er ist auch willig, ihn auf der zweiten Reise zu begleiten.

Wieviel können wir hier von Barnabas lernen! Prüfe jeder einmal sein Herz! Bleibt es still, wenn die Arbeit, die dir bisher anvertraut war, einem anderen übergeben wird und der HErr dir einen in Menschenaugen bescheideneren Dienst anweist? Ja, freut sich dein Herz, wenn Gott dessen Dienst segnet? - Wenn alles Gute, was du empfängst, von oben herabkommt, so empfängt dein Bruder sein Gutes auch von dort her. - „Jede gute Gabe ... kommt von oben herab.“ (Jak. 1,17) - Warum soll dann dein Herz dem nicht zugetan sein, dem Gott Seine Güte erweist?

Wir fühlen, wie nötig es ist, die Lenden unserer Gesinnung zu umgürten. (1. Petr. 1,13) Geben wir dem Neid und der Mißgunst erst Raum in unserem Herzen, dann ist es nur noch ein Schritt, und das „Ich“ sucht in der Herabsetzung des anderen sich hervorzuheben und zur Geltung zu bringen. O daß wir mehr über unser Herz wachten! Die Schrift sagt: „Behüte dein Herz mehr als alles, was zu bewahren ist; denn von ihm aus sind die Ausgänge des Lebens.“ (Spr. 4,23) Selbstliebe und Selbstsucht vermögen unser Auge so zu blenden, daß wir es gar nicht merken, wie das armselige „Ich“ bei uns aus allen Löchern herausschaut. Seine Gnade bewahre uns davor!

Barnabas reiste mit Markus zunächst nach Cypern in die alte Heimat zurück. Ach, daß Barnabas, der einst die Jünger so lieblich ermahnte, mit Herzensentschluß bei dem HErrn zu verharren, sich jetzt des Wortes des HErrn erinnerte: „Wer glaubt, wird nicht ängstlich eilen.“ (Jes. 28,16) Aber schnell entschlossen löste er das vom Heiligen Geiste selbst gefügte Band der Arbeitsgemeinschaft mit Paulus.

Es möchte jemand sagen: „Ist es nicht ganz gleich, wo Barnabas und Markus dem HErrn

dienen, ob in Jerusalem oder Cypern oder an der Seite des Paulus in Syrien und Cilicien?“ Gewiß ist der Dienst für den HErrn an einem Orte so wichtig wie an dem anderen. In diesem Falle jedoch handelt es sich um eine andere Frage: Was war die Ursache - der Grund, daß Barnabas und Markus nach Cypern und Jerusalem gingen und nicht mit Paulus nach Syrien und Cilicien? Hatte der Heilige Geist sie zu dieser Rückkehr veranlaßt, oder war es ihr eigener Entschluß und Wunsch? Abgesehen von dieser Frage müssen wir gewiß festhalten, daß die Heimatarbeit genau so wichtig ist wie der Dienst in der Ferne. Ja, der Dienst in der Heimat ist sogar fast immer die Vorschule für den Dienst in der Ferne, wie wir dieses auch bei Barnabas und Paulus sehen. Möchte deshalb die Wichtigkeit der Arbeit in der Heimat viel mehr erkannt, verstanden und geschätzt werden!

Auf schmerzlichem Wege mußte Barnabas lernen und oftmals auch wir. Gottes Gnade aber, die auch unser Fehlen zum besten zu wenden vermag, waltete sicher auch über Barnabas, indem Er ihm andere Aufgaben zuteilte, wenn auch in kleinerem Ausmaße als einst in der Verbindung mit Paulus.

Nicht nur Barnabas, auch Markus und Paulus hatten zu lernen. Der HErr kommt mit uns zum Ziele. Solange wir hienieden sind, sind wir in Gottes Schule. Wenn wir uns von dem Blick Seiner Augen - durch Sein Wort nicht leiten lassen, dann läßt Er unsere Verkehrtheiten geschehen, damit wir unsere Torheiten erkennen und, wenn auch auf schmerzlichem Wege, davon geheilt werden.

Markus hatte sein unbeständiges Wesen kennenzulernen. Kurz entschlossen konnte er freudig Barnabas und Saulus begleiten und ebenso schnell dann auch wieder verlassen und dann wiederum bereit sein, mit ihnen auf die Reise zu gehen. - Jetzt mußte er lernen, daß es keine leicht zu nehmende Sache war, in einem vom Heiligen Geist gewiesenen Werke nicht auszuharren.

Wie wunderbar Gottes Gnade zurechtbringen und sich verherrlichen kann, das sehen wir in besonderer Weise bei Markus. Gott führte diesen Seinen fehlenden Knecht (Markus) in das Licht

muß Markus, der in der Treue und im Ausharren zu kurz gekommen war, in das Leben des „treuen Zeugen“ hineingeschaut und sich in seinem Mangel gesehen haben, daß Gott gerade ihn mit der köstlichen Aufgabe betrauen konnte, in dem Markusevangelium das Leben Seines Sohnes zu beschreiben als des Knechtes Jehovas, der da kam, nicht um bedient zu werden, sondern um zu dienen, und der in der Knechtsgestalt gehorsam war bis zum Tode am Kreuz.

Und auch Paulus mußte in seiner strengen Ablehnung des Dienstes des Markus vom HErrn unterwiesen werden. Wie lieblich ist es, zu sehen, wie Paulus dem Manne, dessen Dienst er einst bis zur Erbitterung ablehnte, Grüße sendet, ihn lieben und schätzen lernt und ihn zu sich ruft und erklärt: „Er ist mir nützlich zum Dienst!“ (2. Tim. 4,11) Aus allem diesen sehen wir, wieviel wir noch zu lernen haben. Möchten auch diese Unterweisungen uns lehren, in der Demut einer den anderen höher zu achten als uns selbst. (Phil. 2,3)

Doch wir können diese Betrachtung nicht schließen, ohne noch kurz auf die Stunde der Erbitterung zurückzukommen. Paulus wählte sich nach derselben Silas zum Mitarbeiter und zog mit ihm aus, von den Brüdern der Gnade Gottes befohlen. Lag nicht eine Wolke über dieser Abschiedsstunde? Konnte es anders sein? Stand sie doch unter dem Druck der Erbitterung! Wieviel Segen hatte der HErr einst der Gemeinde durch diese beiden Brüder vermittelt! Ein ganzes Jahr hatten beide, geliebt und geehrt von allen, in ihrer Mitte gearbeitet, und eine zahlreiche Menge war dem HErrn hinzugetan worden. Und nun gingen beide in Erbitterung getrennte Wege! Barnabas war bereits abgereist; Paulus hatte sich Silas als Mitarbeiter erwählt; so konnten sie diese nur noch der Gnade Gottes befehlen. Wenn sie an die erste Abschiedsstunde dachten, wie ganz anders war diese gewesen! Da standen sie unter der Segenswolke des Heiligen Geistes. Die Gemeinde hatte gefastet und gebetet, und beiden waren die Hände aufgelegt worden. - Es kann nicht anders sein: Uneinigkeit und Erbitterung unter Brüdern werfen ihre Schatten auch auf die Gemeinde und bringen Kummer und Schmerz auch über diese. Der HErr bewahre uns, nicht an der Gnade Gottes Mangel zu leiden, daß nicht irgendeine Wurzel der Bitterkeit aufsprosse und uns beunruhige und viele durch diese verunreinigt werden! (Hebr. 12,15) Hinter allem steht der Satan, und seine Gedanken sind uns nicht unbekannt. (2. Kor. 2,11)

Eins aber laßt uns noch aus dem weiteren Verlauf lernen, daß die Erbitterung zwischen diesen Brüdern nicht zu einer Trennung unter den Gemeinden führte und sie auch nie dahin führen sollte. Wir schließen diese Betrachtung mit dem letzten Wort der Heiligen Schrift: „Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit allen Heiligen!“ (Offenb. 22,21)

„Auf dem so schmalen Pfade gelingt uns ja kein Tritt,

Es geh' denn Seine Gnade bis an das Ende mit.“

(R.) A. v. d. K.

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

In der letzten Lieferung sahen wir, in wie wunderbarer Weise David eine Verwirklichung dieses Wortes gab, gerade als ob er es schon gekannt hätte. (1. Sam. 24-26) Ich deutete schon an, daß wir im folgenden Heft - also jetzt - an einem anderen Manne aus dem A. T. sehen würden, wie sich die Wahrheit und Schönheit dieses Wortes auch Brüdern gegenüber beweisen ließe. Dieser Mann ist der Richter Gideon (Richterbuch Kap. 6-8), der rund 175 Jahre vor David lebte und dessen Geschichte außerordentlich belehrend ist.

Ich habe nun nicht die Absicht, näher auf diese Geschichte einzugehen, aber ich rate jedem, sie oft und aufmerksam zu lesen, sie zeigt uns einen noch jungen Mann, dem das Wichtigste seines Lebens zu sein scheint, mit und für Gott zu leben, und der darum auch ein gesegnetes Werkzeug wird, in diesem Falle zur Befreiung seines Volkes vom feindlichen Joche Midians. Sicher wird Gott Menschen für Seine hohen Zwecke gebrauchen, die schon frühzeitig Ernst

Gott zu gefallen und von Ihm gesegnet zu werden in irgendwelcher Weise. Wenn ich nun also auch nicht näher seine Taten besprechen will, so möchte ich doch einer Begebenheit in der Vorgeschichte gedenken, die mir für später für sein Verhalten gemäß unserer Stelle von Bedeutung zu sein scheint. Denn wie David in seiner Jugend seine kostbaren Erfahrungen mit seinem Gott machte beim Weiden der Schafe seines Vaters (vgl. 1. Sam. 17) - ich schrieb darüber! -, so äußerte sich auch bei Gideon schon frühzeitig ein ganz besonderes Verhalten, das ihm in seinem Tun gemäß Röm. 12,21 eine gewisse Grundlage zu geben scheint.

Ich meine den V. 13 in Kap. 6! Der Engel Jehovas hatte sich zu Ihm herabgelassen, um ihm eine herrliche Verheißung zu geben, die er damit beginnt, daß er ihm selber eine Ermutigung und eine hohe Auszeichnung zuteil werden läßt: „Jehova ist mit dir, du tapferer Held!“ (V.13) Wird Gideon durch diese Auszeichnung stolz, vergißt er durch sie sein, vielmehr des Volkes Elend? Nein, gerade das Gegenteil! Die Antwort, die er dem Engel gibt, ist einfach köstlich! Ihn hatte der Engel angeredet, ihn hatte er nach Gottes Willen ausgezeichnet - aber Gideon, dieser junge Mann, antwortet mit solch freimütigen, aber auch belangreichen Worten, Worten, die fast neutestamentlich, gemeindlich, anmuten, daß wir tief betroffen fragen: „Das steckte in diesem jungen Manne drin?“ - Ja! Und wir müssen auch uns fragen: Denken wir ebenso? Da wird eines Mannes Dienst hervorgehoben, gerühmt vor anderen. Nimmt er diesen Ruhm an? Rühmt er sich dessen, zeigt er, wieviel ihm an demselben liegt und wie hoch sein Dienst erhaben sei über den anderer - oder bleibt er demütig und blickt hin auf das gedemütigte Volk Gottes, mit dem er sich zusammenschließt und so allen Ruhm von sich abweist? Geliebte, das ist nur ein Fall von Anwendung dieser wunderbaren Stelle! - Das Verhalten, die Antwort Gideons ist geradezu köstlich: Er schließt sich sofort mit dem schwer leidenden Volke Gottes zusammen, es ist ihm gleichsam unverständlich, daß man von ihm, dem „Jüngsten“, dem „Geringsten“, reden kann (V. 15!), während das ganze Volk so im Elend daliegt. Zähle einmal die Worte „uns“ und „unser“! Siebenmal in einem Vers solche Ausdrücke! Er war gemeint, aber er meint „uns“! „Jehova ist mit dir, du tapferer Held!“ - „Bitte, mein Herr! Wenn Jehova mit uns ist, warum hat denn dieses alles uns betroffen? Und wo sind alle Seine Wunder, die unsere Väteruns erzählt haben, indem sie sprachen: Hat Jehova uns nicht aus Ägypten herausgeführt? Und nun hat

„uns“! Meine Brüder und Schwestern - das sind die Menschen, die Gott brauchen will und kann als Führer zum Segen für die Menschen, ja, für Sein Volk, die sich mit der Not desselben zusammenschließen, die nicht bei jeder ihnen passend erscheinenden Gelegenheit (nämlich weil sie sich beleidigt fühlen, weil sie nicht genügend beachtet werden) damit spielen und davon reden, daß sie am liebsten in einen anderen Kreis gingen, weil der Zustand der jeweiligen örtlichen Gemeinde, der sie angehören, ein so „beklagenswert schlechter“ sei! „Am liebsten ginge ich auf und davon, wenn ich nur wüßte, wohin?!“ Ja, ist denn das die Sprache der Treuen, der Durchhaltenden, der sich verantwortlich Wissenden? Sicherlich nicht! - O meine Brüder, laßt uns lernen von Gideon! Wahrlich, der Zustand des Volkes Gottes damals war nicht beglückend und beneidenswert, aber ein Gideon kennt seinen Platz, hält unbedingt treu zusammen mit Gottes Volk, redet nicht von sich und seinen Enttäuschungen, sondern von denen, die der HErr Sein Eigen nennt, von Seinem Volk (wie ein Paulus vom 12stämmigen Volk redet, als wahrlich von diesem nichts zu sehen war (Apgesch. 26,7) - und wird gebraucht, gerade dies armselige Volk zusammenzuhalten und neu aufzubauen und zu beweisen, daß Gott Sein Volk nicht verlassen hat. Genug davon, doch laßt uns etwas von dieser Gesinnung lernen und offenbaren!

Auf diesen grundlegenden Erörterungen aus der Anfangsgeschichte Gideons ergibt sich bei gegebener Veranlassung sein Verhalten gleichsam gemäß Röm. 12,21 sozusagen von selbst. Die Gelegenheit, wo sich seine Weisheit und Milde im Sinne unserer Stelle so köstlich zeigt, ist im Anfang von Kap. 8! Wir wissen, daß er seine Streiterschar, die er wie in einer gewaltigen Erweckung zusammenbringt, mehrmals reduzieren muß, und zwar aus gewissen Gründen. (7,2.3 u. 4.8) Als aber der Sieg errungen war, da konnten auch andere sich an den Auswirkungen desselben, der Verfolgung des Feindes, der Bestrafung feindlicher Fürsten beteiligen. Unter diesen nachträglichen Mitkämpfern befanden sich „alle Männer von Ephraim“, die Gideon gerufen hatte - sicherlich, damit auch sie - gleichsam „ganz Israel“ - an dem Siege teilhätten. Das war schön und geistlich-kameradschaftlich gedacht. Aber jene Ephraimiten dachten nicht so wie der gottgewählte Führer! Sie glaubten sich von Manasse benachteiligt, weil sie nicht zur rechten Zeit, zu Beginn des Kampfes gerufen seien. Ob diese Entrüstung ganz echt war?

Einerlei, sie war zum mindesten sehr wenig liebevoll, sehr wenig demütig und sehr wenig geistlich. Diese Männer standen nicht auf der geistlichen Höhe eines Gideon, und wenn er in ebensolchem Wesen gehandelt hätte wie sie, dann hätte der große Sieg nach außen mit einer schmerzlichen Niederlage nach innen geendet! Aber Gideon war ein ganz anderer Charakter! „Sie zankten heftig mit ihm“ (8,1) - aber er nicht mit ihnen! Er blieb gewissermaßen stets dessen eingedenk, daß er den Kampf für das ganze Volk führte („uns“!) und daß er deshalb auf der Hut sein müßte, es möge etwa ein Stamm abgeschnitten werden. (Vgl. 21,2.3.6!) Er antwortete in einer geradezu herzlichen Art, brüderlich-lieb, zuvorkommend, selber zurücktretend, demütig, still und gütig, daß wir uns Mühe geben sollten, solche Sprache miteinander zu sprechen, wenn je ein Streit auszubrechen, eine Übervorteilung einzureißen, ein Mißverständnis aufzukommen scheint, das dann bei weiterem unklugem Verhalten zum offenen Kampf führen könnte. Wunderbar dies: „Was habe ich nun getan im Vergleich zu euch?!“ Klingt das nicht fast zu demütig? Der Führer, der von Gott gebraucht ist, einen Sieg ohnegleichen zu erringen - und dann mit 300 Mann! -, der „alle Männer von Ephraim“ gerufen hat, die dann vermöge ihrer ungeschwächten Kampfkraft kaum so sehr wie ihrer großen Zahl wegen den verhältnismäßig leichten Fang der durch die Niederlage völlig fassungslosen Fürsten Oreb und Seeb machen durften („durften“, weil Gideon es ihnen erlaubte und nahelegte! V. 24) - ich sage: dieser Führer spricht doch fast zu demütig! Aber ich glaube, er fühlte, was bei den ehrgeizigen Ephraimiten auf dem Spiele stand, und so handelte er gütig und überwand ihr Böses mit seinem Guten, seiner Güte und Demut! Er preist sie wegen ihrer „Nachlese“, die seine Weinlese weit überträfe! Er zieht Gott mit hinein und sagt ihnen, sie lobend, Gott habe die Fürsten von Midian, Oreb und Seeb, in ihre Hand gegeben ..., und dann: „und was habe ich tun können im Vergleich mit euch?“ Das ist überwältigend! Das ist doch wohl die Gesinnung des demütigen Meisters, unseres Herrn Jesus, das ist, wie wenn es dem Paulus abgelauscht ist (z. B. 2. Kor. 12,15!). Welch eine Lehre für uns, die wir so leicht uns einzelne selbst, unsere eigene Arbeit, unser eigenes Tun, unsere „so guten“ Absichten, unsere Mühe, unsere Erfolge in den Vordergrund zu rücken geneigt sind, um die der anderen zu verkleinern. Ja, ja unser „Ich“! Der HErr gebe uns Gnade, aus dieser Haltung des Gideon viel zu lernen für unser Zusammenstehen

und die ihre Aufgaben und Pflichten erfüllen und ihrer Verantwortung nachkommen so gut wie wir, wenn auch vielleicht auf ganz andere Weise und auf ganz anderem Boden! Tragkraft und Güte tut uns so not, Verständnis für andere und ihre Gedankenkreise (während wir so leicht und so gern andere nach uns beurteilen und einschätzen) und Anerkennung ihrer, unserer Meinung nach vielleicht kleineren Gabe („was hast du, das du nicht empfangen hättest? Wenn du es aber auch empfangen hast, was rühmst du dich, als hättest du es nicht empfangen?“ 1. Kor. 4,7) und dessen, was sie leisten, wenn sie auch nicht mit uns wetteifern können (??)! Tragkraft der kleinen Schwächen bei anderen und Güte gegen die Brüder und daher Niedriggesinntheit, Demut und Sanftmut, ja Liebe untereinander tut uns not. Dann bleibt auch Gottes Volk zusammen, wird nicht zerrissen, und - gerechtfertigt oder ungerechtfertigt aufsteigender Zorn wird besänftigt. (V. 3!) „Dieses Wort“ von ihm bewirkte das - ach, laßt uns Gnade nehmen und haben, „dieses Wort“ der Güte und Sanftmut auch zu reden, wo irgend möglich, dann würde sicher oft unsagbar viel erreicht im Verkehr untereinander innerhalb der Gemeinde des HErrn! „Eine gelinde Zunge zerbricht Knochen!“ (Spr. 25,15b) „Euer Wort sei allezeit in Gnade, mit Salz gewürzt!“ (Kol. 4,6a)

Das kostbare Verhalten Gideons ist wirklich ein solches, das unsere Stelle Röm. 12,21 verwirklicht: „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ Sein Verhalten strahlt um so heller, als der einige Jahrzehnte später lebende Richter Jephtha - wahrlich, auch ein gewaltiger und treuer Mann; auch wie Gideon im Glaubenskapitel Hebr. 11 genannt! - sich leider nicht zu den gleichen geistlichen Höhe erhob wie Gideon. Wir haben ihn nicht zu richten, aber wir haben zu lernen, und da die Veranlassung zu dem so schmerzlichen Ergebnis sozusagen die gleiche war, ja, auch mit dem gleichen Stamm (Ephraim), so ist uns das Lernen leicht gemacht! (Richter 12!) Sicher, wenn der große Jephtha gedacht und gehandelt hätte wie Gideon, dann wäre der so überaus schmerzliche Verlust von 42000 Ephraimitern vermieden worden! (Es ist bezeichnend, daß der Gebrauch des Wortes „Schibboleth“ auf ein so betrübliches Ereignis zurückgeht!) Doch will ich darüber nicht mehr schreiben; nur fragen möchte ich uns alle: Wie wollen wir lieber handeln - wie Gideon in Richter 8 oder wie Jephtha in Kap. 12? Und so gern wir auch sagen wollen: „wie Gideon“! - müssen wir

das Volk Gottes wohl so zerspalten, wenn es mehr gegangen hätte nach Richter 6,13 und 8,2.3?! Ach, wie ernst sind doch die Belehrungen des Wortes Gottes, wie ernst sagt es uns 1. Kor. 10,11: „Alle diese Dinge aber widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung, auf welche das Ende der Zeitalter gekommen ist!“ (Vgl. Röm. 15,4) Ja, wie ernst ist Sein Wort, aber auch wie kostbar, gepriesen sei Er! Er gebe uns Gnade, aus Seinem Worte uns belehren zu lassen, wie wir dem „beherzigenswerten Rat“ von Römer 12,21 besser nachkommen können - zu unserer Auferbauung und vor allem zu Seiner Ehre!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Psalm 23.

Der HErr ist mein Hirte: Selige Heilsgewißheit.

Mir wird nichts mangeln: Heilige Sorglosigkeit.

Auf grünen Auen und an stillen Wassern: Überfluß an Gaben und Gnaden.

Er erquicket meine Seele: Glückselig in der Liebe Jesu.

Er führet mich auf rechte Straße: Wegsicherheit unter höchster Führung.

Ob ich schon wanderte im finstern Tat: Furchtlosigkeit.

Denn Du bist bei mir: Vertrauen.

Du bereitest mir einen Tisch angesichts meiner Feinde: Geborgenheit und Ruhe, auch in Gegenwart der Feinde.

Du salbest mein Haupt mit Öl: Geistessalbung.

Schenkest mir voll ein: Überfließendes Leben.

Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang: Frohe Hoffnung.

Und ich werde bleiben im Hause des HErrn immerdar: Gelübde der Treue.

E. v. T.

Frage und Antwort

Frage 4

Was bedeutet das „Jetzt“ in Joh. 12,31?

Antwort A

„Jetzt ist das Gericht der Welt, jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden.“ So hat der HErr kurz vor Seinem Hingang ans Kreuz gesprochen. Wie ist dies „jetzt“ zu verstehen? Welches Gericht ist gemeint? Wann wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen?

Zweifellos redet der HErr von Golgatha. Denn der Tod Jesu ist das Fundament alles Heils. Nicht nur Seine Auferstehung, nein, auch schon Sein Sterben war ein Triumph. Denn die Dahingabe Seines Lebens geschah im Hinblick auf Seine Widerlebendigwerdung und Rückkehr in ein menschliches, aber dann verklärtes und verherrlichtes Leben. (Joh. 10,17) Nur infolge dieses inneren Zusammenhanges und dieser gleichzeitigen Zusammenschau konnte der Gekreuzigte ausrufen: „Es ist vollbracht!“ Nur deshalb kann auch Paulus gerade das Kreuz als einen „Triumph“ bezeichnen. Er, Christus, hat, als Er die Fürstentümer und Gewalten ausgezogen hatte, sie öffentlich zur Schau gestellt, „indem Er durch dasselbe über sie einen Triumph hielt“. (Kol. 2,14.15)

Welt getragen. Durch das Kreuz ist Er „die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt“. (1. Joh. 2,2) Zugleich aber ist damit nicht nur die „Verdammung“ der Welt als ungöttlicher Welt gemeint, sondern „richten“ heißt zweierlei: den sittlichen Zustand nach der schlimmen wie auch nach der guten Seite hin offenbar machen und dementsprechend das Urteil sprechen. Das Kreuz Christi aber macht einerseits offenbar, wie gesunken, verloren und gottfeindlich die allgemeine Welt ist, daß sie für Ihn, den König der Ehren, keinen anderen „Thron“ hat als den Hügel Golgatha! Andererseits aber stehen auch andere unter dem Kreuz: Maria, Johannes, der Jünger, den Jesus lieb hatte, und - im Geist seitdem - so viele Tausende, die gerade den Gekreuzigten als ihren Erlöser erlebt haben.

So ist das Kreuz und der Gekreuzigte eine große „Scheidung“ (- das griechische Wort für „Gericht“ heißt auch „Scheidung“ -); den einen ein „Stein des Anstoßes“ und „ein Fels des Ärgernisses“ (1. Petr. 2,8), ein Zeichen, „dem widersprochen wird“ (Luk. 2,34), den anderen aber der kostbare „Eckstein“, auserwählt und aufs festeste gegründet (Ps. 118,22; Jes. 28,16; 1. Petr. 2,6); den Juden ein Anstoß, den Griechen eine Torheit, den Erlösten aber die Kraft Gottes (1. Kor. 1,22.23) und die Wahrheit und die Weisheit und die wunderbarste Liebesoffenbarung des Höchsten (1. Kor. 1,24).

2. Und weil dieses „Gericht“ der Welt zugleich die Grundlage ihrer Errettung ist, ist es verbunden mit dem Hinausgeworfenwerden des Fürsten dieser Welt. Der HErr redet hier in der Form der Zukunft. „Der Fürst dieser Welt wird hinausgeworfen werden.“ Vollendet wird dies werden erst in der Endzeit, wenn Satan, die alte Schlange, in den Feuersee geworfen sein wird. (Offenb. 20,10) Aber begründet worden ist es auf Golgatha. Daher diese so merkwürdige Verbindung von Gegenwart und Zukunft: „‚Jetzt‘‚wird‘er hinausgeworfen ‚werden‘!“ Aber dazwischen liegen ungezählte Triumphe der Auswirkung des Kreuzes. Jedesmal, wenn eine Seele zum Glauben an den Gekreuzigten kommt, verliert Satan einen Teil seines Reiches. Er wird aus diesem Herrschaftsgebiet „hinausgeworfen“. (Matth. 12,29) Christus zieht ein und richtet Sein Regiment auf. Mit Golgatha aber beginnt diese Reihe der Siege. Seiner Kraft nach ist das Ausgestoßenwerden Satans im Kreuzestode Christi begründet; seiner Auswirkung nach geschieht es allmählich, seiner Vollendung nach wird es einst völlig sein.

Und gerade das ist die geheimnisvolle Spannung, die das gegenwärtige Zeitalter beherrscht: nach (!) dem Siege des Triumphators ist das Reich des Siegers verborgen, und das Reich des Besiegten ist offenbar! Der Überwinder scheint überwunden, und der Überwundene scheint zu triumphieren.

Darum sind wir jetzt „Wartende“. Wir sind auf „Hoffnung errettet“. (Röm. 8,24) Darum schauen wir aus nach Seiner Wiederkunft. Sein Erscheinen in Herrlichkeit ist die Lösung aller Spannungen.

Darum auch der doppelsinnige Gebrauch des Wortes „erhöhen“. „Und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht sein werde, werde alle zu Mir ziehen.“ (Joh. 12,32; vgl. 3,14; 8,28) Die Erhöhung ans Kreuz (V. 32.33) und die Erhöhung auf den Himmelsthron gehören zusammen. Der Gekreuzigte ist der Gekrönte (Phil. 2,8-11; Hebr. 2,9); und darum muß der alte Fürst dieser Welt „hinausgeworfen“ werden, weil der neue, der eigentliche Fürst, der König aller Könige, Seinen Einzug halten will!

3. Und warum sagt der HErr „Jetzt“, obwohl Er doch noch vor Golgatha steht? - Weil Er als Gott alle Zeiten zugleich sieht, weil Er nicht an die Zeitschranke gebunden ist und weil Ihm schon bei dem Hingang zum Leiden „die vor Ihm liegende Freude“ vor Augen stand. (Hebr. 12,2) So sieht Er schon vor Golgatha und Pfingsten Seine Jünger als „Söhne“ Gottes an. (Matth. 5,45; 6,9-13) So nennt Er sie schon vor Golgatha „rein“ um Seines Wortes willen. (Joh. 15,3) So sagt Er schon vor Golgatha zum Vater: „Ich habe das Werk vollbracht, welches Du Mir gegeben hast, daß Ich es tun sollte.“ (Joh. 17,4)

Zugleich aber steht dieses „Jetzt“ auch in Beziehung zu dem Augenblick, in dem der HErr es tatsächlich damals sprach. Die Griechen waren gekommen, um Ihn zu sehen. (V. 20-24) Doch der HErr konnte sie nicht ohne weiteres empfangen, weil die „Zwischenwand der Umzäunung“ zwischen Israel und den Nationen noch bestand. (Eph. 2,11-22) Erst wenn Er „erhöht“ sein würde - nach Golgatha nebst Seiner Himmelfahrt -, wird Er sie „alle“ (die Griechen wie die Juden usw.) ohne Unterschied zu Sich ziehen können. (Vgl. Apgesch. 10; Eph. 2,16.17)

Dennoch ist Ihm dieses Kommen der Griechen ein prophetisches Zeichen. So werden sie dereinst kommen aus den Ländern der Nationen, von allen Gegenden der Erde, um Ihm zu huldigen: im Zeitalter der Gemeinde wie im Zeitalter des Messiasreiches! Er, der Sohn Davids, wird dastehen als Panier der Völker; und nach Ihm werden die Nationen fragen. (Röm. 15,12; Jes. 11,10) Das wird dann in Wahrheit eine „Verherrlichung“ des Menschensohnes sein!

Aber diese Seine „Verherrlichung“ ist wie die des Weizenkornes. Es muß in die Erde gelegt werden und sterben, wenn es Frucht bringen soll. So auch Christus. Sein Leiden ist darum nicht nur die Vorstufe zur Herrlichkeit, sondern der Beginn der Verherrlichung selbst. Die „Stunde“ der Verklärung beginnt mit einer „Stunde“ der Not. Darum spricht Er: „Die Stunde ist gekommen, daß der Sohn des Menschen verherrlicht werde.“ (V. 23) „Jetzt“ ist Meine Seele bestürzt, und was soll ich sagen: „Vater, rette Mich aus dieser Stunde!“? Doch darum bin Ich in diese Stunde gekommen. Vater, verherrliche Deinen Namen! (V. 27.28)

So also beginnt „jetzt“ die Ausführung des Gerichts. „Mit Seinem schmerzlichen Todesgefühl beim Kommen der Griechen kündete es sich an, durch Seinen Tod wurde es vollzogen, durch Seine Auferstehung offenbar gemacht und durch Seinen Heiligen Geist der Welt bekannt gemacht (Joh. 16,11) und von ihr angeeignet.“

Darum auch Sein doppeltes, triumphierendes „Jetzt“ (V. 31), das Er dem einmaligen, zitternden „Jetzt“ von soeben gegenüberstellt. „‚Jetzt‘ist Meine Seele bestürzt.“ (V. 27) Aber: „‚Jetzt‘ ist das Gericht dieser Welt! Jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden.“

Er. Sr.

Zusätze des Schriftleiters

Unser werter Mitarbeiter meint in seinem Begleitschreiben, seine Antwort sei nur „eine knappe Skizze, aber vielleicht der Ausgangspunkt zu noch weiteren Hinzufügungen, die ein solches gewaltiges Wort ja ganz von selbst nahelege“. Nun, ich denke, seine gute „kurze Skizze“ ist

ausführlich genug, um jedem aufmerksamen Leser zu helfen, selber weiter zu forschen auf Grund des klar Gegebenen. Gleichwohl möchte ich noch einige Gedanken äußern zur geneigten Prüfung.

„Jetzt ist das Gericht der Welt!“ Ja, es ist die mächtige Krisis der Welt: Nach der einen oder nach der anderen Seite des Kreuzes - tatsächlich dargestellt durch die beiden Räuber am Kreuz (Luk. 23) - kann die Entscheidung fallen für den Sünder, für mich, für dich! - aber sie muß es auch: Neutralität beim Kreuze gibt es nicht und nie. (V. 25.26) Christus hat die Entscheidungsmöglichkeit für jeden geschaffen, die Möglichkeit aber wird Verpflichtung zur Entscheidung! Der Feind ist besiegt, das ist die objektive Seite des Gerichts der Welt, der die subjektive, persönliche, folgen muß: daß jeder, für den das „Gericht der Welt“ objektive Tatsache ist, es wage, sich offen für den Gekreuzigten zu entscheiden. Der Teufel kann den nicht mehr halten, der in dem Gericht der Welt sein eigenes Mitgerichtetsein anerkennt und sich dem Richter, der heute noch sein Retter ist, willig unterwirft. Der Zeitpunkt ist „Jetzt“! Es ist das „Jetzt“, das damals mit dem Kreuz und dem Opfer des Sohnes Gottes eingeleitet wurde und dem „Jetzt“ in Kap. 5,25 entspricht. Wer es nicht anerkennt, verfällt dem Gericht nach dem Tode. (Hebr. 9,27) Was die Welt in Gottes Augen wert ist, ist im Kreuze, in der Kreuzestat zu sehen: Sie ist gerichtet: Denn wenn der Fürst eines Landes gerichtet ist, dann nimmt sein Land daran teil; hier ist „der Fürst dieser Welt“ gerichtet und damit auch sein Gebiet, abgesehen davon, daß auch die Bösartigkeit der Welt an sich schon im Kreuze zur Aburteilung gekommen ist. Wohl dem, der das gewaltige „Jetzt“ anerkennt und einsieht, was es den Sohn kostete, dies Gericht hinauszuführen, wenn Er Sich auch wie in Joh. 17,4 jenseits des vollbrachten Werkes sieht. Wer es annimmt, gehört zu denen, die sich ziehen lassen durch Ihn zu Ihm! (V. 32) Diese Stelle ist von der Irrlehre der sog. „Allversöhnung“ dazu mißbraucht worden, daß alle Menschen (der Zahl nach) gerettet werden müßten, weil der HErr sie alle zu Sich zöge. Aber, wie unser Mitarbeiter ganz klar sagt, handelt es sich um die verschiedenen Gruppen von Menschen - Juden und Griechen, indem nach Seiner Erhöhung der Weg frei sei eben auch für die Griechen, von denen Ihn damals einige zu sehen wünschten. (V. 20.21) Wenn auch diese Griechen, die zum Feste kamen, sog. „Proselyten“, also schon Anhänger des Judentums waren,

- d. h. noch Heiden! - von Ihm gezogen werden. [Römerbrief! „Juden und Griechen“ wie z. B. 10,11.12.] (Gewiß zieht Er in einem Sinne alle Menschen, aber nicht alle folgen dem Zug!) „Alle“, das sind alle Arten von Menschen: Geschlechter, Rassen, Völker, Nationen, auch Charaktere, Mühselige, Gebundene, Beladene usw. -

Wie mag unser geliebter HErr Sich auf den Zeitpunkt gefreut haben, wo Er „sie alle“ ziehen würde! Wie war Er doch so bereit, den Leidensweg bis zu Ende zu gehen! Wunderbar jenes andere „Jetzt“ von V. 27! Welche Seelenkämpfe, inneren Nöte, Vorempfindungen und Erschütterungen hat Er doch durchgemacht im Blick auf das Kreuz, an dem Er in Seiner moralischen Heiligkeit die Stunden der Berührung mit der Sünde und des Verlassenseins von Seinem Gott und des leiblichen Todes durchkosten sollte! Schreckte Er deswegen zurück vor diesem äußersten Schritt? Gewiß nicht! Gepriesen seist Du, teurer HErr, daß Du nicht nach Errettetwerden aus „dieser Stunde“ ausschautest. Hättest Du das getan, wie hätte der Vater Deinen Wunsch nicht erfüllen sollen?! Aber was wäre dann aus uns geworden?! Wir hätten nie errettet werden können, nie würde der Fürst dieser Welt hinausgeworfen worden sein, nie wäre in dem Gericht über diesen das Gericht über sein Herrschaftsgebiet - die Welt vollzogen worden, nie hätte uns ein Lichtstrahl ewigen Lebens geglänzt! Dank sei Dir, treuer HErr, daß Du willig in dieser Stunde bliebst, wenn auch Deine reine Seele unsagbar gelitten hat, mehr als wir je nachfühlen können! - Und doch wurde Er aus „dieser Stunde“ gerettet, nur noch nicht in jenen Augenblicken, erst mußte „das Gericht der Welt“ tatsächlich vollzogen sein, dann erfolgte auch für Ihn die Rettung aus „dieser Stunde“ tiefster Erniedrigung, die zugleich die voll wunderbarster Herrlichkeit war, darum auch hier in der Vorerfüllung in V. 28 die kostbare Ablösung von dem Ereignis des Verses 27 folgt ... Wie köstlich für uns, daß diese drei „Jetzt“ von V. 27 und 31 (das Wort „Jetzt“ kommt auch typisch oft im Johannesevangelium vor!) für Ihn längst erfüllt sind und daß wir vielleicht nur noch kurze Zeit zu warten haben, bis auch wir in die volle Herrlichkeit des durch Seinen Tod Errungenen eintreten werden: „Wir werden Jesum sehen, des Vaters Lieb' verstehen, anbeten Ihn in ew'ger Freud' “ - ja wir werden im Vollsinne wissen, was es ist, Seinen Vater als unseren Vater zu kennen und zu lieben und für ewig dort Ihm gleich zu sein (1. Joh. 3,1.2), Ihm, der uns geliebt und errettet hat mittels Seines so

F. K.

Frage 5

Wissen wir nach der Schrift, zu welcher Zeit die Gläubigen vor dem Richterstuhl Christi erscheinen werden? (2. Kor. 5,10) Ist es richtig, wenn gesagt wird a) zuerst die Entrückung, b) dann der Richterstuhl Christi, c) dann die Hochzeit des Lammes?

Antwort A

Den Zeitpunkt unseres Offenbarwerdens vor dem Richterstuhl des Christus gibt Gottes Wort uns nicht an. Der Wortlaut des betreffenden Verses (2. Kor. 5,10) ergibt nur dieses unmißverständlich, daß es sich um etwas handelt, was erst nach unserem Erdenleben geschehen wird („auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat ...“ - eine Abrechnung über etwas Dahintenliegendes!). Daher müssen wir versuchen, aus der Sache selbst einen Anhalt dafür zu finden, wann dieses Offenbarwerden sein wird.

Was bedeutet das: „Vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden?“ Das durch diese Worte vor unser geistiges Auge gestellte Bild ist so: Wir vor dem Richterstuhl, auf welchem Christus sitzt. Sollen wir dort gerichtet werden? Nein! Wohl ist der, welcher auf dem Richterstuhl sitzt, Der, dem der Vater „Gewalt gegeben hat, auch Gericht zu halten, weil Er des Menschen Sohn ist“ (Joh. 5,27), „der von Gott verordnete Richter der Lebendigen und der Toten“ (Apgesch. 10,42), der von Gott bestimmte „Mann“, durch welchen Er „den Erdkreis richten wird in Gerechtigkeit“ (Apgesch. 17,31) und von dem wir 2. Tim. 4,1 nochmals lesen, daß Er „richten wird Lebendige und Tote“, und gewiß wird Er demgemäß einst alle richten, die nicht geglaubt haben; Er ist aber auch zugleich Der, welcher einst am Kreuze für uns (die wir glauben und Sein sind) im Gericht war und die Strafe, die uns hätte treffen müssen, an unserer Statt erduldete und der gesagt hat: „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Wer Mein Wort hört und

glaubt Dem, der Mich gesandt hat, hat ewiges Leben und kommt nicht ins Gericht, sondern er ist aus dem Tode in das Leben übergegangen.“ (Joh. 5,24) Demnach kann es sich nicht darum handeln, daß wir vor Seinem Richterstuhl erscheinen, um gerichtet zu werden. Wie könnte das auch sein? Denn das, was dort einst erscheinen wird, ist die neue Schöpfung! Wir werden dort sein in unserer „Behausung, die aus dem Himmel ist“ (2. Kor. 5,1.2), in dem Leibe, welcher „gleichförmig sein wird Seinem Leibe der Herrlichkeit“ (Phil. 3,21), und wir werden „Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist“. (1. Joh. 3,2b) Wie könnten wir da gerichtet werden? Was wäre da zu richten? Und das Wort sagt auch nicht, daß wir gerichtet werden, sondern daß wir „offenbar werden“. Das heißt: Das, was wir hier im Leibe sind, unser Leibesleben, wird dort offenbar gemacht, völlig aufgedeckt, in seiner Wirklichkeit vor Augen gestellt - so, wie es, vor Seinem Auge in Seinem Lichte gesehen, ist! Dann werden auch wir es so sehen, wie Er es sieht. Vor Ihm ist es jetzt schon offenbar; dann wird es auch uns offenbar sein. - Nach Überzeugung des Schreibers dieser Zeilen handelt es sich hierbei nicht auch um unser Leben vor unserer Bekehrung - für dieses werden wir nicht mehr verantwortlich gemacht, denn dieses hatten wir als Sünder und als Feinde Gottes gelebt in unserer Unwissenheit im Unglauben, und als solche sind wir vor Gott im Tode Christi am Kreuze zu Ende gekommen und hinweggetan -, sondern um unser Leben seit unserer Bekehrung als Kinder Gottes; als solche sind wir Gott verantwortlich für unser Tun. Dann wird jeder von uns seinen Glaubensweg im Lichte Gottes sehen - alles, was Gott durch uns tun konnte (möchte es vieles sein, durch Seine Gnade!), und auch alles, was vom Fleische war, all unser Irren und Fehlen! Und in Verbindung hiermit heißt es dann: „Auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.“ Für ersteres werden wir Lohn empfangen (vgl. Matth. 5,12; Luk. 14,14; 1. Kor. 3,14; Gal. 6,9; 2 Tim. 4,8 u. a. m.), und für letzteres - wie ist es damit? Die Strafe dafür hat Er am Kreuze für uns erduldet - gepriesen sei Er! -, so daß solche für uns nicht mehr in Frage kommt; aber wir werden alles, was in unserem Leben als Kinder Gottes nicht gut war, vollkommen vom Standpunkte Gottes aus und in Seinem Lichte betrachten und be- und verurteilen! Welch eine wunderbare und unsagbar ernste Sache! Wohl sind wir auch jetzt schon unserer neuen Natur nach und durch den in uns wohnenden Heiligen Geist befähigt, die Dinge im Lichte Gottes zu erkennen und zu beurteilen

und das Böse zu verurteilen, und sollten dieses tun; doch kann und wird dieses immer nur in Unvollkommenheit geschehen; dann aber werden wir es in Vollkommenheit tun.

Nun ist die Frage die, ob dieses Offenbarwerden sofort nach unserer Entrückung sein wird, oder etwa an einem späteren Zeitpunkte. Nach dem, was wir vorstehend als das Offenbarwerden uns vorstellen, erscheint die Verlegung auf einen späteren Zeitpunkt unseres Erachtens völlig unannehmbar. Wie wäre es möglich, daß wir in der Herrlichkeit sein könnten, vollendet, ohne daß wir auch unser Erdenleben diesem vollendeten Zustand gemäß erkennen und beurteilen könnten? Sah nicht sogar der reiche Mann, „in dem Hades seine Augen aufschlagend, als er in Qualen war“ - also sofort nach seinem Abscheiden -, sein verlorenes Erdenleben in dem Lichte der Ewigkeit? (Luk. 16,23ff.) Und sagt uns nicht Gottes Wort, daß dann, „wenn das Vollkommene gekommen sein wird“ (wenn wir beim HErrn sein werden), wir „erkennen werden, gleichwie auch wir erkannt worden sind“? (1. Kor. 13,9-12) Das heißt, wir werden dann vollkommen erkennen! Demnach kann es nicht anders sein, als daß wir mit dem Augenblick, in dem wir im Auferstehungsleibe in die Herrlichkeit eingehen - also unmittelbar an die Entrückung anschließend -, auch in die vollkommene Erkenntnis über das von uns als Kinder Gottes gelebte Erdenleben eintreten werden! Nicht erst später. Also folgt nach unserem Verständnis das offenbarwerden vor dem Richterstuhl des Christus sofort auf die Entrückung. - Auch im Blick auf die „Hochzeit“ erscheint es uns als eine unerläßliche Voraussetzung, daß vorher das Offenbarwerden vor dem Richterstuhl des Christus geschieht, denn ehe eine Hochzeit gehalten wird, muß alles in Ordnung sein! Können wir, wenn wir es genau betrachten, es uns denken, daß erst die „Hochzeit“ wäre, und erst später das Offenbarwerden? Nein! Das Offenbarwerden muß vorausgehen!

Nach all dem kann die Reihenfolge u. E. nur so sein, wie sie schon in der Frage angedeutet ist: Auf die Entrückung folgt unmittelbar das Offenbarwerden vor dem Richterstuhl des Christus und dann später die Hochzeit.

Was für wunderbare Dinge sind es doch, um die es sich hier handelt! Wie unbeschreiblich herrlich sind dieselben! Und wie ernst ist der Gegenstand, der uns beschäftigt hat - unser

Offenbarwerden vor dem Richterstuhl des Christus! Im Lichte dieses Richterstuhles sollte unser Leben von uns gelebt werden! Darum sagt der Geist Gottes uns dieses! Der HErr schenke uns allen Gnade, es allezeit zu tun!

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Diese Antwort Gibt durchaus das wieder, was auch ich auf diese Frage zu sagen hätte, vielleicht wird dem Frage-Einsender (in der Schweiz) diese Bestätigung nützen. Dennoch möchte ich noch auf besonders eine Stelle hinweisen, die mir außerordentlich beweiskräftig erscheint. Zuvor aber sei des kleinen Schriftchens gedacht, das Br. A. v. d. Kammer, der Mitschriftleiter der „Handr.“, vor Jahren als erweiterten Abdruck eines seiner größeren Aufsätze herausgegeben hat, das schon vielen in Hinsicht des Gegenstandes genutzt hat: „Der Richterstuhl Christi“, im „Handr.“-Verlag (30 Seiten, 20 Rpf.).

Es könnte sich eine noch ganz andere Frage erheben als die oben gestellten: Wäre es nicht ganz gut denkbar, daß, wie Hebr. 9,27 sagt, es sei dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das Gericht, so auch für uns Gläubige der Richterstuhl Christi sofort nach unserem leiblichen Entschlafensein in Kraft träte, daß er also gleichsam eine ständige Einrichtung sei, deren Tatsächlichkeit wir sofort nach unserem Heimgange erfahren würden? - Nun, „ganz gut denkbar“ möchte dies vielleicht sein - besonders weil wir törichten Menschen uns überhaupt alles dieses der Zukunft Angehörende gar nicht gut anders vorstellen können, wie wenn es Dinge der Erde wären! Nein, wenn wir über diese Vorgänge nicht ebenso wie über unsere Errettung klare Offenbarungen Gottes, nämlich in Seinem Worte, hätten, so würden wir hier wie überall genau in dem gleichen Dunkel tappen wie alle Weltweisen unserer und früherer Zeiten, sofern sie das Buch Gottes abzulehnen für besser halten (nach dem Welt-Grundsatz: „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß!“). Ja, „ganz gut denkbar“ für den natürlichen Menschen ist ja alles mögliche, aber wo ist da Gewißheit?! Gewißheit gibt uns nur das Wort, und wo dieses schweigt, schweigen auch wir, sonst phantasieren, spekulieren und - irren wir! „Ihr irret, weil

ihr die Schriften nicht kennet!“ (Mark. 12,23-27)

Aus der Stelle 2. Kor. 5,10 (ebenso wie aus der ähnlichen Röm. 15,10) geht freilich, wie unser Mitarbeiter sehr richtig sagt, der genaue Zeitpunkt nicht hervor, darum solche Fragen, wie die gestellten, wohl möglich sind. Aber handelt es sich bei unserem Offenbarwerden vor dem Richterstuhle Christi nicht um Lohn bzw. Beschämung (Verlust, Schadenleiden, 1. Kor. 3,10-15)? Ja! Also dürfen oder müssen wir doch wohl jene Stelle heranziehen, die von dem Kommen des HErrn in ganz besonderer diesbezüglicher Hinsicht handelt: Offenb. 22,12, die da heißt: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit mir, um einem jeden zu geben, wie sein Werk sein wird!“ Diese Stelle zeigt uns, daß ein Lohnempfang auf unsere Werke hin gleich nach dem Entschlafen nicht in Frage kommen kann - ganz abgesehen von anderen Erwägungen und Schriftstellen, z B. 1. Kor. 4,5: „bis der HErr kommt“ u. a. -, sie zeigt uns aber ebenso, daß die Hochzeit des Lammes nicht vorher sein kann, ehe die Lohnfrage nicht erledigt sei, wird doch wohl auch erst durch diese die Sitzordnung bei Tische bestimmt! (Wir reden menschlich, vgl. Luk. 14,7-11!) Wenn der HErr kommt -und Er kommt bald, „Maranatha!“ -, dann will Er Lohn austeilen! Ist das nicht deutlich genug? Er kommt zur Entrückung der Seinen. Er gibt ihnen ihren Lohn (oder läßt sie Verlust erleiden), Er setzt sich mit ihnen zu Tische, zur Hochzeit, nachdem, wie unser Mitarbeiter so schön ausführt, alles in Ordnung gebracht ist, denn wahrlich: Ehe Hochzeit gehalten wird, muß (auf der Erde wenigstens!) manches geordnet sein! Und Er hat uns viel zu lieb, als daß Er uns in einer traurigen Ungewißheit lassen könnte, die doch sozusagen unsere Hochzeitsfreude beeinträchtigen könnte.

Ich glaube also, auch auf Grund der angegebenen Stelle zu dem gleichen Ergebnis zu kommen wie unser lieber Mitarbeiter!

Mit einigen ernsten Gedanken will ich schließen: Meine Brüder, meine Schwestern - was auch alles für wunderbare und herrliche Gedanken mit unserem Offenbarwerden vor dem Richterstuhle Christi zusammenhängen mögen - wie z. B. (einige Ausleger sagen so!) das Sehen aller der Wunderwege, welche die Gnade hienieden mit uns gegangen ist -, eines ist absolut sicher, „auf daß ein jeder empfange, nach dem er gehandelt hat in dem Leibe, es sei

Gutes oder Böses“! Ja, auch „Böses“! Alle müssen wir offenbar werden! Aus diesem Worte schließe ich - wenn auch andere anders denken -, daß wir voneinander Kenntnis haben werden, daß also nicht jeder für sich beurteilt wird! Das könnte ein bequemerer Gedanke sein, und manchem wäre es vielleicht recht angenehm, sich sagen zu dürfen: dann weiß der andere, an dem ich mich versündigt habe (natürlich als Gläubiger!), wenigstens nichts davon! Meine Brüder, ich halte diese Ausflucht für töricht, denn einmal denken wir drüben über uns so, wie Gott denkt (da wir in verherrlichtem Leibe sind, vgl. Antw. A!), und dann kann doch das Böse, was wir im Leibe getan, erst dann richtig von uns gesehen, angesehen, zugegeben, gerichtet werden, wenn der oder die anderen dabei sind! (Vgl. übrigens 1. Tim. 5,20!) Laßt uns nicht denken: Wie schön wäre das, wenn jeder ganz allein für sich offenbar würde! Denn solcher Gedanke wäre nur eine haltlose Entschuldigung verkehrter Handlungen hienieden gegen andere! Laßt uns auch bedenken, daß böse (auch - Gott sei Lob! - gute) Handlungen aus dem Gedankenleben hervorkommen, und über dieses spricht die schon genannte Stelle 1. Kor. 4,1-5 in ernstester Weise! Aus allen diesen wichtigen Erwägungen heraus, die ich noch einmal zusammenfasse in „... auf daß ein jeder empfange, nach dem er gehandelt hat im Leibe ...!“, folge für uns eines, was uns in unserem ganzen Leibesleben begleiten möge: daß wir mehr, treuer, entschiedener, bewußter, verantwortungsvoller, auch freudiger und glücklicher, in jedem Falle aber tatsächlich wandeln möchten im Lichte des Richterstuhls! Tun wir es, oder vorsichtiger gesagt: täten wir es mehr, wir alle, wir Gläubigen untereinander, vor dem HErrn, auch in der Welt, vor allem auch in der Gemeinde, dann würde es, dann müßte es naturgemäß, dann könnte es, was so schwer scheint, wirklich gottgemäßer unter uns aussehen „in Wort und Werk und allem Wesen“! Ließen wir stets und überall uns leiten von dem Gedanken an den Richterstuhl des Christus, dann würden wir mehr wandeln im Gehorsam gegen Sein ganzes Wort, in hingebenderer praktischer Liebe zu den Geschwistern im HErrn, in überredenderer Liebe zur Welt. (2. Kor. 5,11.14) Und dann: Wie köstlich ist es doch auch zu wissen, dort kommt alles zurecht, was sich hier auf Erden nicht zurechtbringen ließ, und dort werden alle Rätsel gelöst, auch die, welche wir in uns selbst trugen, mit denen wir hienieden nicht fertig wurden! - Und noch Größeres als „nur“ der Richterstuhl Christi darf vor uns stehen und unsere Wege beleuchten, das ist Er Selbst, der uns entgegenkommt und den wir sehen werden, wie Er ist,

und bei dem wir sein werden allezeit. (1. Joh. 3,2; 1. Thess. 4,17) Das ist doch das Herrlichste, das unseren Wandel am tiefsten und köstlichsten zu beeinflussen imstande ist, nicht wahr?! Darum: „So ermuntert nun einander mit diesen Worten!“ (V. 18)

Der HErr aber sei gepriesen für diese herrliche Hoffnung! „Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offenb. 22,20)

F. K.

Elia vor Ahab.

(1. Kön. 17,1)

Nach der gesegneten Regierungszeit Salomos wurde das zwölfstämmige Volk in zwei Teile zerrissen: Rehabeam, der Sohn Salomos, wurde König über das zweistämmige Reich Juda und Jerobeam König über das zehnstämmige Reich Israel.

Um die zehn Stämme unabhängig von den Festen Jehovas im Tempel zu Jerusalem zu machen, stellte Jerobeam goldene Kälber in Bethel und Dan auf und führte dadurch Gottes Volk dem Götzendienst zu. Diese Sünde war so schrecklich in Gottes Augen, daß, wenn Jerobeams Name in der Schrift genannt wird, auch immer wieder seiner Sünde gedacht wird, mit der er Gottes Volk sündigen gemacht hatte. Welche Mahnung für uns, wachsam über unser Werk in Gottes Gemeinde zu sein!

Durch den Propheten Achija ließ Gott dem Weibe Jerobeams sagen, daß Er um seiner Sünde willen Unglück über dessen eigenes Haus und auch über das Reich Israel bringen werde. (1. Kön. 14) Und so geschah es. Sein Sohn Nadab, der nach ihm König wurde, wurde von einem Verräter ermordet und mit ihm das ganze Haus Jerobeams. Sein Mörder wurde dann König. Und so ging es weiter: Verräter, Trinker, Mörder usw. herrschten in dem vierzigjährigen Zeitraum zwischen Jerobeam und Ahab über Gottes ungetreues Volk. Dann tritt Ahab - der siebente König - die Herrschaft an. Von ihm sagt die Schrift: „Ahab tat mehr, um Jehova, den

Gott Israels, zu reizen, als alle Könige von Israel, die vor ihm gewesen waren.“ (1. Kön. 16,29-33) Nicht genug, daß er in den Sünden Jerobeams wandelte, er verheiratete sich auch noch mit einem heidnischen Weibe - der götzendienerischen Isebel; die Altäre Jehovas wurden niedergerissen, und dem Baal wurden sie aufgerichtet; die Propheten Jehovas wurden getötet und ein Heer von Baalspriestern eingesetzt, die das Volk zum Abfall von Jehova verführten. Um gleichsam das Bild des völligen Abfalles in den Tagen Ahabs zu vollenden, berichtet dann die Schrift: „In seinen Tagen baute Hiel, der Betheliter, Jericho wieder auf. Mit Abiram, seinem Erstgeborenen, legte er ihren Grund, und mit Segub, seinem Jüngsten, stellte er ihre Tore auf, nach dem Worte Jehovas, das Er durch Josua, den Sohn Nuns, geredet hatte.“ (1. Kön. 16,34) Mit diesem Bericht zeigt uns die Schrift, wie völlig Jehova beiseite gesetzt und Sein Wort vergessen war. (Wir bitten hierüber den Artikel: „Der Wiederaufbau Jerichos“ in den „Handr.“, Bd. 10, Seite 118, zu beachten.)

Nie zuvor war Gottes Volk so tief gesunken; es schien wirklich, als lebe Baal, aber nicht mehr Jehova, als sei Baal und nicht mehr Jehova Israels Gott. Seinen Platz hatte ein toter Götze eingenommen, und diesem wurde Jehova gleichgeachtet. In diese Nacht des Abfalls tritt plötzlich Elia ein und verkündigt dem König, daß Jehova lebt und Israels Gott ist.

Menschen mögen Gott aus ihrem Leben und Herzen verbannen, aber eins vermögen sie nicht, sich den Augen Gottes zu entziehen. Auch Ahab hatte Gott aus seinem Leben ausgeschaltet, aber er mußte erfahren, daß Gottes Auge auf ihn gerichtet war. Plötzlich sieht er sich dem Knechte Jehovas gegenüberstehen, der ihm die Wirklichkeit Gottes, des lebendigen Gottes, bezeugt und ihm dessen Botschaft überbringt, daß weder Tau noch Regen fallen werde, es sei denn auf das Wort Seines Knechtes.

Gottes Volk hatte unter der Führung Ahabs Jehova, die Quelle lebendigen Wassers, verlassen, „um sich Zisternen auszuhauen - geborstene Zisternen, die kein Wasser halten“. (Jer. 2,13) Jetzt sollte es erfahren, daß Jehova, Israels Gott, lebe und daß Seine strafende Hand die Quellen dieser Erde vertrocknen lassen würde. Gott hatte Sein Volk durch den Mund Moses gewarnt, sich vor anderen Göttern zu bücken, damit Er nicht den Himmel verschließe und kein

Regen mehr sein werde. Diese Warnung hatte Gott in feierlicher Weise dem Volke auf Herz und Seele gebunden und es verpflichtet, dieselbe auch ihre Kinder zu lehren. (5. Mos. 11,16-20) Wer aber dachte in Ahabs Tagen noch daran? Gott aber hatte diese Seine Worte nicht vergessen. Nachdem Er lange Zeit Sein schuldiges Volk in Geduld getragen hatte, kündet Er jetzt dem König die Erfüllung Seines Wortes an.

Mit welcher Ruhe und Kraft erledigt sich Elia seines Auftrages! Er steht vor dem Angesichte Gottes. Der lebendige Gott ist ihm Wirklichkeit. Was ist Gott uns? Vielen ist Gott nur ein Begriff, eine Idee. Ist Gott uns Wirklichkeit? Ist Er uns der lebendige Gott, der Seine Hand - auch in den kleinsten Dingen hat? Wenn wir bewußt gleich Elia vor Gottes Angesicht stehen, muß dann nicht von Gottes Herrlichkeit auch etwas in und durch uns sichtbar werden? Wie in den Tagen Elias, sind auch wir vom Abfall umgeben. Auch wir haben eine Botschaft auszurichten, aber die Botschaft, die wir auszurichten haben, ist eine herrlichere als die des Elia, sie ist Gnade, nicht Gericht. Sind wir treu darin? Wir wissen nicht, wie lange der Tag des Heiles noch währt; darum laßt uns die Zeit auskaufen und die köstliche Botschaft der Gnade Gottes ausrichten, sei es in Wort oder Schrift, solange wir noch dazu Gelegenheit haben!

Über das frühere Leben Elias schweigt die Schrift. Gott bereitet Sich Seine Werkzeuge oft ganz unbemerkt und unbeachtet von Menschen in der Stille zu, und wenn dann Seine Zeit gekommen ist, ruft Er sie auf den Plan, Seinen Willen auszuführen. In der Geschichte des Volkes Gottes finden wir dieses oft. So war es bei Joseph, bei Mose, und besonders im Buche der Richter haben wir viele Beispiele dafür. Wenn es schier hoffnungslos für Gottes Volk aussah, dann brachte Gottes Gnade die Werkzeuge ans Licht, die Er Sich im Verborgenen für Seine Ziele und Pläne zubereitet hatte.

Wenn das Alte Testament uns auch über das frühere Leben Elias nichts berichtet, so finden wir im Neuen Testament doch eine wichtige Mitteilung darüber. Jakobus schreibt (Kap. 5,17): „Elias war ein Mensch von gleichen Gemütsbewegungen wie wir; und er betete ernstlich, daß es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Und wiederum betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“ Aus diesen

Worten sehen wir, daß Elia ein Leben des Gebetes und der Gemeinschaft mit Gott führte. Hier lernen wir das Geheimnis seiner Kraft kennen.

Ehe er vor Ahab hintrat, hatte er in inbrünstigem Gebet mit seinem Gott gerungen. Sein Gebet war kein oberflächliches; die Schrift sagt ausdrücklich: „Er betete mit Gebet“ oder „ernstlich“ - „inbrünstig“ - „eindringlich“. Sein Gebet war ein Ringen um die Ehre Jehovas, die mit Füßen getreten wurde - ein Ringen um Gottes Volk, das dem Abfall entgegenging. Er empfand dieses in seinem Herzen. Er sah den Abbruch der Altäre Jehovas - sah die Ermordung der Propheten Jehovas - sah das Böse sich erheben, triumphieren und gleich einer Flut Gottes Volk mit sich reißen - sah, wie keiner mehr Jehova die Treue hielt, keiner mehr für die Rechte Jehovas eintrat. (1. Kön. 19,10) Seine Seele litt unter dem Abfall des Volkes. Das aber war nicht alles. Er tat mehr. Er betete mit Inbrunst, er betete mit Gebet, eindringlich. Er war ein Mensch von gleichen Empfindungen wie wir. Was empfinden wir? Ist der Abfall heute geringer als damals? Leidet auch unser Gemüt darunter? Fühlen wir die Schmähungen des Namens des HErrn? Sehen und empfinden wir, wie auch unter den Gläubigen die Treue nachläßt, auch im Bekennen Seines Namens? Beten wir mit Gebet, mit Inbrunst?

Elia betete um das Gericht, daß es nicht regnen möge. Unser Herz mag über eine solche furchtbare Bitte erschrecken. Ohne Zweifel aber kannte Elia die feierliche Strafandrohung Jehovas in 5. Mos. 11,16.17. In dem ernsten Gebetsumgang mit Gott wurde ihm gewiß die Erleuchtung, daß das Maß der Sünde voll sei und Gott jetzt den Himmel verschließen und durch Seine strafende Hand das Volk zur Umkehr bringen wolle. Betend im Heiligen Geiste wußte er, daß seine Bitte an Gott, keinen Regen zu geben, nach dem Willen und Herzen Jehovas sei.

Und so gewiß war sich Elia der Übereinstimmung seiner Bitte mit dem Willen Gottes, daß, als er vor dem Angesichte Jehovas stehend Ahab das Aufhören von Tau und Regen ankündete, er hinzufügen konnte: „Es sei denn auf mein Wort.“ Hatte Gott seinen Mund gebraucht, das Gericht anzukünden, so wußte er im Glauben, daß Gott auch wiederum seinen Mund zur Ankündigung des Segens gebrauchen und damit das Zeugnis Seines Knechtes bestätigen werde. Wie ermunternd ist es, die Güte und Treue des HErrn zu sehen, wie Er Sich zu Seinem Knechte, der

Seinen Willen tut, bekennt! Wir tun leider oftmals unseren eigenen Willen, sogar zuweilen in der Meinung, den Willen des HErrn zu tun; können wir uns dann wundern, wenn Seine Hand und Kraft nicht mit uns ist?!

Blicken wir auf den Glauben des Elia, so möchten wir uns unseres Kleinglaubens schämen. Ist Elias Gott nicht auch unser Gott? Konnte der HErr nicht auch uns fragen: „Wie, habt ihr keinen Glauben?“ (Mark. 4,40) „Was seid ihr furchtsam, Kleingläubige?“ (Matth. 8,26)

*

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten.“ (Röm. 12,21)

Nach einer persönlichen und biblischen Einleitung beschäftigte ich mich in der zweiten Lieferung mit David und Saul und in der letzten mit Gideon und den Ephraimitern (im Gegensatz zu Jephtah usw.!).

Heute nun möchte ich einige Züge aus dem Leben des wunderbaren Vorbildes von Christus, des Joseph, anführen, ehe ich dann auch einmal einen neutestamentlichen Beleg für meine Ermahnung betrachte.

Über Josephs Leben ist schon viel geschrieben, auch die „Handreichungen“ brachten öfter Betrachtungen über ihn, z. B. seine Tätigkeit, um seine Brüder zurechtzubringen (so in Jahrb. 18, Frage 13), so daß ich nicht zu eingehend über ihn schreiben zu müssen glaube. Aber einige Begebenheiten möchte ich doch näher in Augenschein nehmen; der HErr gebe Seinen Segen dazu!

Ehe ich aber auf sein Verhalten zu seinen Brüdern zu sprechen komme, zunächst eine andere

Gelegenheit, die ihn als Vorerfüller unserer Stelle zeigt! Ich meine die Geschichte von 1. Mose 39. Schon die ersten Verse (V. 1-6) offenbaren etwas in Hinsicht unseres Themas. Denn wahrlich, Joseph, der noch so junge Mann, hätte wohl aufbegehren können über die ihm unverständlich, gar böse erscheinende Handlungsweise Gottes, wie denn doch überhaupt die Jugend, auch die gläubige, nicht immer so gern bereit ist, lieber Unrecht zu leiden, als Unrecht zu tun, d. h. in Worten und Redereien. Hier aber haben wir einen Jüngling, der stille sein kann, sich dem HErrn hinzugeben bereit und somit von diesem überströmend gesegnet, und zwar so, daß ihm im Hause des Potiphar die Stelle gleichsam eines sozusagen freien Haushofmeisters zuteil wird. Nichts von bösen Gedanken und häßlichen Gefühlen - wenn schon nicht gegen die Menschen seiner dortigen Umgegend, so doch gegen Gottes Führung, finden wir bei diesem frommen Jüngling. Still und zufrieden tut er seinen Dienst, überwindet tatsächlich mit dem Guten das ihm durch Menschen, durch seine Brüder widerfahrene Böse und wird dadurch ein „gesegneter Mann“. (Ps. 1,1.3) - Wir alle sollten uns fragen, ob wir wohl auch diese Gnade hätten, unter solchen Umständen, ungerecht nicht nur behandelt und verhandelt, sondern auch beraubt aller natürlichen Hilfsquellen, verbannt aus dem Vaterhause, entführt aus dem Heimatlande usw. - ich sage, unter solchen Umständen still und treu zu bleiben und so zu erfahren, daß der Segen Gottes mit uns ist und unsere Pfade ebnet. Geliebte, es kommt nicht so sehr darauf an, wo wir stehen, wenn wir nur da, wohin Gott uns gestellt, treu und demütig - still unseren Pfad wandeln, wenn wir auch nicht wissen, für wie lange die Wege so und nicht anders gehen werden. Joseph ist uns ein liebliches Vorbild dafür, daß Treue nicht von besonderen Lebensumständen abhängig ist, sondern daß der Verlauf dieser von unserer Treue und Demut abhängig ist. Bist du in die Ecke gestellt, Bruder, Schwester? Tadle nicht die Hand, die es tat, schilt nicht die Mittelspersonen, sondern bleibe stille und handle nach 2. Mos. 14,14, und du wirst ererfahren, wie Gott Sich zu dir bekennt. Überwinde wie Joseph das Böse mit dem Guten, und Gott wird dich keine Sekunde länger, als Er für gut hält, warten lassen!

Aber dann - ist ein „Aber“ berechtigt? Die Schrift sagt „Und“ (1. Mos. 39,7) - kommt eine schwere Versuchung, vielleicht die schwerste, wenigstens uns so erscheinende, in dem Leben dieses Jünglings. Er kannte nicht das Wort: „Fliehe die Lüste der Jugend!“ oder: „Die

junger Freund, was wird wohl aus deinem späteren Leben werden, wenn du nicht lernst, die Lüste des Fleisches zu beherrschen, sondern dich ihnen, ohne Willen vielleicht, preisgibt? Siehe, Joseph tat es nicht, Joseph blieb keusch und enthaltsam, darum konnte ihm die Versuchung auch nichts anhaben. Joseph blieb seinem Gott ergeben, so daß er Worte reden und verwirklichen konnte, die damals noch im Herzen Gottes, bevor das Gesetz gegeben war, waren, die aber durch seine Gottesfurcht gleichsam in ihn hineingepflanzt, ihn zu einem leuchtenden Vorbild für die Jugend, auch die von heute, machte: „Wie sollte ich ein so großes Übel tun und wider meinen Gott sündigen?“! (V. 9) Das war eine Sprache, welche jenes untreue, ihn verführen wollende Weib noch nie in ihrem Leben gehört hatte! Mit diesen Worten überwand Joseph, dem das Gesetz doch noch nicht gegeben war, das Böse mit dem Guten! Er blieb sich selber nicht nur, sondern er blieb Gott und Seinem Wort treu. Und wer Gott treu bleibt, der bleibt's auch den Menschen. (Vgl. Apgesch. 24,16!) So Joseph dem Potiphar! In diesem Siege lag aber mehr für ihn als nur eine Bewahrung seines Leibes, mehr als nur sittliche Reinheit und sittliches Reinbleiben - es lag darin eine neue Vorausbestätigung dafür, daß Joseph „der Abgesonderte unter seinen Brüdern“ war (1. Mos. 49,26 und 5. Mose 33,16), damals schon, o schon in Kap. 37 zu Anfang, und daß er mit diesem Verhalten zu einem Segenskanal ohnegleichen wurde. Wenn jemand meint, das sei vielleicht zu weit gegangen - bitte, drehe die Sache um und frage, was aus jenen entnervten Lüstlingen wird, d. h. wenn Gott in Seiner Gnade sie nicht noch beizeiten herumholt! Ein Joseph ohne diese reine Vergangenheit wäre sicher kein Werkzeug zur Wiederherstellung seiner in allen Dingen sündigen Brüder geworden! - „Bewahre dich selbst keusch!“ (1. Tim. 5,22c) „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ Das tat er! -

Aber dies schmutzige Weib gibt keine Ruhe. Sie benimmt sich so, wie Salomo es viel später beschrieben hat, vor allem in Spr. 7 (mit den tiefbewegenden Versen 22.23). Ihr Wille ist: Es muß gelingen! Sie ist ein Werkzeug des Teufels, um Joseph unfähig zu machen, das zu werden, wozu Gott ihn dereinst machen will! Ach, Ihr jungen Brüder und Schwestern, wenn man Euch doch warnen könnte, vielmehr wenn Ihr Euch doch durch Josephs Geschichte segnen ließet! - Sie erreicht ihr erbärmliches Ziel nicht! Wenn sie auch ihrer ganzen gemeinen Untreue gegen

Joseph zum erstenmal?! Ich glaube es nicht, er in seiner wahren Schönheit (V. 6 am Schluß) war ihr nur ein willkommenerer Spielball ihrer Lüste als die Männer gewöhnlichen Schlages von ihresgleichen! - Den Joseph, den „Abgesonderten“, den wahren „Nasiräer“ (d. h. ehe es das Gesetz des Nasirs gab!), den vermag sie nicht auf ihre niedere Stufe herunterziehen; er reißt sich los, als sie ihn festzuhalten sucht - und damit besiegelt er sein Geschick! (V. 12ff.) Konnte Gott das nicht verhindern? Seine Wege sind vollkommen, und wenn Er diese Gelegenheit nicht zugelassen hätte, nie wäre die Reinheit Josephs so herrlich erstrahlt wie nun, wo er wieder ungerecht verdächtigt und ins Gefängnis geworfen wird! Hätte er sich nicht wehren können? Ob sein Herr, der doch vielleicht sein schlimmes Weib kannte, sich nicht durch Josephs Worte hätte die Augen öffnen lassen? Aber dann hätte Joseph jene Ehe vollends zertrümmert, und dann hätte er seine Sache selbst in die Hand genommen und hätte sich großer Segnungen Gottes beraubt und wäre womöglich untauglich zum späteren Dienst geworden. Nein, er blieb still und gefaßt, er überwand wieder das Böse, von dem er sich nicht überwinden ließ, mit dem Guten, er ward gleichsam „mehr als Überwinder“ (Röm. 8,37), denn Geliebte, Überwinder kann man auch sein mit geballter Faust und mit gezücktem und losschlagendem Schwert, aber um „mehr als Überwinder“ zu sein, dazu bedarf's gleichsam der Gesinnung Christi, „der nicht wiederschalt, wenn Er gescholten ward, der nicht drohte, wenn Er litt, sondern der sich dem übergab, der da recht richtet“. (1. Petr. 2,22.23) Solch einer - im Vorbild - war Joseph!

So geht Joseph - schier freiwillig! - ins Gefängnis, denn seine Zeit war noch nicht gekommen wie dereinst beim HErrn, und - warten ist auch dienen! Aber wo Gott den Joseph auch hinstellt, wo ein Joseph sich auch hinstellen läßt - überall wird er ein Segen! (Kap. 40) So im Hause Potiphars, so im Gefängnis! Wahrlich, es wäre nur natürlich gewesen, wenn er dorten seinem Unmut freien Lauf gelassen hätte und sich einmal gründlich und endgültig - gewiß, das wäre dann endgültig gewesen! Wie leicht tut einer etwas in Unbesonnenheit und dann war's endgültig gewesen! - gegen sein Geschick aufgebäumt hätte! Er hätte eher das Recht gehabt als ein anderer, von „Zeiten der Verfolgung“ zu reden, wie mancher gern tut, um sich den Nimbus eines „christlichen Märtyrers“ zu geben, nämlich dann, wenn's kaum etwas Nennenswertes kostet und die Schuld noch dazu der Betreffende selber hatte! Nein, Joseph fühlt sich nicht als

„was er tat, ließ Jehova gelingen“ (39,23), Er, der „mit ihm war und ihm Gnade gab in den Augen des Obersten ...“ (V. 21) Gewiß wird Gnade nicht verdient, aber handelt sie in Willkür? Ist der Joseph von Kap. 39 nicht der rechte Mann, um die Gnade von Kap. 40 zu erfahren und in Kap. 41 an seinen rechten Platz zu kommen? Gewiß: „Es ist alles Gnade“! Aber wer hatte mehr Gnade: Abraham oder Lot? Antwort: Abraham! - Nur von ungefähr? Gewiß nicht! Geliebte, wenn wir nicht Gnade haben zu diesem und jenem (Hebr. 12,28) und wenn uns dies und das nicht oder gar nicht „gelingt“, laßt uns wohl prüfen, ob wir nicht selber schuld sind!

So war Joseph ein gesegneter Mann, auch z. B. für die beiden Hofbeamten, den Obersten der Schenken und den der Bäcker, wenn auch die Wahrheit für diesen letzteren bitterer war (doch konnte er sich nun auf den Tod vorbereiten!). Welch ein Mann - dieser demütige Joseph, der stets die Wahrheit zu sagen, zu bezeugen bereit ist! (Ist er nicht Daniel zu vergleichen?!) - Und so reift er aus zu seiner hohen Berufung, und so ist er ein Vorbild auf unseren geliebten HErrn! So aber auch wird er das passende Werkzeug, um seine Brüder zurechtzubringen. Und Gott kommt nie zu spät. Wohl macht Joseph einen menschlichen Versuch, den Menschen, dem er Güte erweist, um eine Gegengüte zu bitten (40,14.15), aber - es durfte noch nicht sein, darum wird seine Bitte vergessen (und gewiß: „Undank ist der Welt Lohn!“, das wird hier nebenbei offenbar; es ist aber auch Nebensache, Gott kann auch den Undank der Welt benutzen zur Erziehung Seiner Werkzeuge!). Und wieder sehen wir Joseph in der Stille, wie sehr er innerlich auch leiden mochte. „Laß dich nicht überwinden vom Bösen, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“

Und dann endlich finden wir Joseph an der Arbeit, um seine Brüder zurechtzubringen! Hat er sie einst in der Wüste gesucht, sie, die seiner Liebe nie wert waren, hat er einst kein Hehl daraus gemacht, sondern offen bekannt vor jedermann: „Ich suche meine Brüder!“ (37,16), so suchte er sie jetzt wiederum - und fand sie. Hatte er einst ihr ständig Böses gegen ihn beantwortet mit seinem guten, liebevollen Suchen, so überwindet er das Böse jetzt endgültig mit dem Guten, indem er sucht und sucht und in seiner erfinderischen Liebe Wege voll schier unverständlicher Tiefe geht, um sie zum Zerbrechen - dem Zustand, der der Wiederherstellung vorangehen muß- und dann zur Heilung zu bringen. Und nicht zu früh, nicht eher, als bis ihm sonnenklar

geworden ist, daß ihre Gesinnung durchaus neu geworden ist, nicht eher bricht er seine tiefschürfenden Prüfungswege ab. (44,14-34!) An ihrem Verhalten in Sachen Benjamin sieht er ihre Herzensumwandlung und spürt: Nun ist das Böse endgültig besiegt - und „da konnte Joseph sich nicht mehr bezwingen ...!“ (45,1) Köstlich, lieblich, überwältigend! Göttliche Gesinnung, göttliche Segnungen, göttliche Handlungsweise, göttliche Ergebnisse tiefgreifender Erziehungswege - alles sehen wir bei diesem wunderbaren Joseph, der ein verborgenes Leben mit seinem Gott geführt haben muß (Vorbild auf Christus!), wie es menschlich kaum wunderbarer sein kann. Das sind die Menschen, die das Böse überwinden mit dem Guten, die sich nie zuvor vom Bösen überwinden lassen, die stets mit Gott wandeln und die stets auf der (geistlichen) Höhe sind, auf der sie unmittelbar die „Darreichungen des Geistes“ (Phil. 1,19), der Gesinnung Gottes empfangen!

Es ist nicht nötig, die Geschichte der Beugung und Heilung der Brüder Josephs im einzelnen zu besprechen. Man lese die Geschichte oft, auch unter dem Gesichtspunkt unseres Titelwortes, und man wird verstehen, was sie uns zu sagen hat. Geliebte, nur zu den Füßen Jesu lernen wir Seine Gesinnung kennen, haben und verwirklichen. Die Welt kann uns da nichts geben, auch ihre besten Beweggründe erreichen nicht die Tiefe der biblischen! - Menschen wie Joseph werden und reifen in der Stille, aber diese gottgemäße Stille ist nicht gebunden an ein Leben irdischer Zurückgezogenheit von allem Verkehr mit anderen Menschen - solche „Stille“ genoß Joseph nicht auf seinem verantwortungsvollen Posten: a) im Hause Potiphars, b) im Gefängnis, c) am Hofe Pharaos; er stand vielmehr mitten im Geschehen der Welt drin (schon im Vaterhause, wo er sich mit der Sünde seiner Brüder beschäftigen mußte neben seinem Hirtendienst [37,2], wofür er ihren Haß erntete), aber er verstand es, ein verborgenes Leben mit Gott zu führen, und daher die Kraft, nicht vom Bösen überwunden zu werden, sondern dieses mit dem Guten zu überwinden! Das brauchen auch wir, die wir (nicht im Kloster, nicht in stiller „Selbstbeschaulichkeit“) im flutenden Leben unserer Zeit „unseren Mann zu stellen“ haben, das brauchen wir? Was? Das Kämmerlein, den verborgenen Umgang mit Gott, das „Wachsen in der Gnade“ (2. Petr. 3,18), das Anschauen Seiner Herrlichkeit, um in Sein Bild verwandelt zu werden! (2. Kor. 3,18) Das uns umgebende Böse mit dem Guten zu überwinden

nötig, auf das in die Gemeinschaft mit dem HErrn Hineingehen und bei Ihm zu verharren kommt's an! Christliche Charaktere von Siegern und Weltüberwindern im Sinne von Röm. 12,21 werden zu den Füßen des HErrn im Gehorsam gegen Sein Wort, in Abhängigkeit von Seinem Willen. Wo sie dann in der Öffentlichkeit der Welt zu stehen haben, ist im Grunde einerlei, man kann in Weltabgeschiedenheit sich ebenso sehr vom Bösen überwinden lassen, wie man mitten im Getriebe der Welt das Böse mit dem Guten überwinden kann - der Grund zu beiden liegt nur da, wo unsere Lebenswegen sind und wie wir sie gebrauchen. Ein Joseph blieb stets „der Abgesonderte unter seinen Brüdern“, mochte er im Hause des Vaters oder des Potiphar, im Gefängnis oder am Hofe Pharaos sein - er blieb stets er selbst! (Und wieviel mehr war das bei unserem herrlichen HErrn der Fall!) Auf die Lebensquelle kommt's an für ihn, für dich, für mich - nicht auf die Lebensumstände! „Ich fürchte Gott!“ (42,18) ist sein Bekenntnis vor seinen ihn nicht erkennenden Brüdern - es war sein Lebensbekenntnis! Er war der Gesandte Gottes (vgl. 45,5.7! Ps. 105,17ff.), und er lebte als solcher und ward als solcher gebraucht „zur Erhaltung des Lebens“.

Genug von dem allen! Möge der HErr uns Gnade schenken, die Geschichte Josephs unter dem Gesichtspunkt unserer Schriftstelle zu betrachten (Röm. 12,21), und, sicher: Wir werden gesegnet werden und selber fähiger, das, was dies Wort uns sagt, anzuwenden in jeder Lebenslage. Dann werden nicht diese uns, sondern wir sie meistern, wir werden nicht sitzen unter dem Ginsterstrauch in eigener Kraft, sondern wir werden wandeln in der Kraft der Speise Gottes überallhin, wo Er uns brauchen will zu Seines Namens Ehre. (1. Kön. 19) Wie ein Elias, wie ein Joseph! „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Bösen mit dem Guten!“ Seine Gnade genügt dazu!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

„Da bin Ich in ihrer Mitte.“

(Matth. 18,20)

Es ist das herrliche Teil der Kinder Gottes, im Glauben des HErrn Wort zu verwirklichen: „Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“ (Matth. 18,20) Dies ist ein großes Vorrecht. Es ist das Vorrecht der Gemeinde Gottes auf Erden. Wenn heute auch Tausende hinweggehen über die von Gott geoffenbarte Wahrheit über Seine Gemeinde und an ihre Stelle menschliche Einrichtungen gesetzt haben, ist es doch noch immer das Vorrecht selbst der kleinsten Zahl, sich in Seinem Namen und im Bewußtsein Seiner Gegenwart zu versammeln.

Als der Apostel Paulus die Korinther über die Zusammenkünfte der Gläubigen belehrte (1. Kor. 11-14), stellte er das Zusammenkommen der Gemeinde zur Feier des Abendmahles an die erste Stelle. Und kann es etwas Köstlicheres geben als das Zusammenkommen zum Gedächtnis unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus? Der ausdrückliche Wunsch des HErrn: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ muß das Herz eines jeden Gläubigen tief berühren und das Verlangen wecken, Ihm die Antwort Der Liebe in dem Zusammenkommen zur Feier Seines Mahles zu geben. Ist dieser Zug des Herzens nicht mehr vorhanden, dann ist auch das Köstlichste aller Zusammenkünfte nur eine Form ohne den Geist, ein Schatten ohne das Wesen, eine Schale ohne den Kern.

„Wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“ Wunderbare Zusage! Der HErr der Herrlichkeit ist da. Sind wir in Seinem Namen versammelt (Sein Name drückt alles aus, was Er ist), so können wir auf Seine Gegenwart rechnen. Ist die Tatsache Seiner Gegenwart durch Glauben eine Wirklichkeit für unser Herz, so wird sich alles in unserer Mitte demgemäß ordnen und vollziehen. Dies wird in einer besonders deutlichen Weise in dem vorhin erwähnten köstlichsten aller Zusammenkünfte der Gläubigen, in der Feier Seines Mahles, sichtbar werden. Wenn unsere Herzen in dem Bewußtsein Seiner Gegenwart und unter der Macht Seiner Liebe sind, so werden wir Sein in Wahrheit gedenken, und die Stimme des Lobes und der Anbetung wird in unserer Mitte gehört werden. Wenn der HErr gegenwärtig ist,

kostbaren Vaternamen kundtun und unsere Herzen mit Lob und Anbetung füllen. Er will dies tun. Und was Er durch Seine Gegenwart tun will, dürfen wir uns nicht anmaßen, in eigener Kraft durch Anreizungen von Gefühlen, Stimmungen usw. tun zu wollen. Er ist in der Mitte und ist Er da, dann muß auch Leitung und Kraft allein von Ihm ausgehen.

Die Gemeinde ist kein Ort, wo der Mensch Vorschriften und Anordnungen machen darf. Der HErr ist dort. Die Frage ist nur, ob wir geistlich genug sind, Seine Gegenwart zu verwirklichen und uns Seinem Worte zu unterstellen. Ein Mangel dieses geistlichen Zustandes läßt sich durch nichts ersetzen. Und gehen wir, ohne zur Erkenntnis dieses Mangels zu kommen, darüber hinweg, so wird, geistlich gesprochen, der Tod in die Gemeinde einziehen.

Wir können der Erkenntnis nach mit den höchsten Wahrheiten vertraut sein, können uns auch in jeder Weise schriftgemäß ausdrücken, ja selbst im Gebet Worte der Anbetung finden, und unser Herz kann fern davon sein. Wie furchtbar ist es, Gott mit Worten der Anbetung anzureden und ungerichtete Dinge im Herzen zu haben! Wir singen gewisse Lieder, passend für die Zusammenkunft, aber das Singen, auch der schönste Gesang, ist noch keine Anbetung. Die Anbetung des wahrhaftigen Anbeters kennzeichnet der HErr dadurch, daß sie in Geist und Wahrheit geschieht. „Und der Vater sucht solche als Seine Anbeter.“ (Joh. 4)

Jedem Zusammenkommen, in welchem der HErr der Mittelpunkt und allein der Mittelpunkt ist, sollte eine Selbstprüfung in Seinem Lichte vorausgehen, und ganz besonders, wenn wir uns zu Seinem Mahle zusammenfinden. „Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche.“ Äußerlich mag scheinbar alles in Ordnung sein, fehlt aber die Selbstprüfung, wie kann dann Gott Wohlgefallen an uns haben? O wie nötig ist es, in Selbstgericht zum HErrn zu kommen! Der niedrige Zustand in vielen Gemeinden Gottes liegt in diesem Mangel an Selbstgericht, in dem Mangel an der treuen Wachsamkeit über uns selbst im Lichte der Gegenwart Gottes. Was wir nötig haben, ist nicht höhere Erkenntnis, sondern geistliche Gesinnung und ein aufrichtiges und demütiges Wandeln in dem Lichte, welches der HErr uns gegeben hat. Wir müssen uns selbst erniedrigt haben, ehe uns Gott erhöhen kann. „Auf diesen will Ich blicken: auf den Elenden und den, der zerschlagenen Geistes ist, und der

da zittert vor Meinem Worte.“ (Jes. 66,2)

Selbstgericht ist ein bewußtes Geschehen in unserer Seele, ein Vorgang in unserem Herzen, der durch keine Erkenntnis ersetzt werden kann. Die Gemeinde ist Gottes Haus, Seine Wohnung, wo Seine Ehre und Herrlichkeit gesehen werden soll. Darf da noch Raum sein für Weltliebe - Eifersucht - Ehrgeiz - übles Nachreden - Verdächtigungen - Verleumdungen - Habsucht - Betrug - Gleichgültigkeit und Trägheit im Werke des HErrn - ein Betragen, welches nicht würdig ist der Gemeinde, in der der HErr wohnt? Wenn solche Dinge in der Gemeinde, wo die Stimme der Anbetung gehört und das Gedächtnis des HErrn gefeiert wird, Raum haben, Dinge, die so laut zum Selbstgericht und Bekenntnis mahnen, wie kann der HErr da gegenwärtig sein und verherrlicht werden? Meinen wir, daß der HErr über diese Dinge hinwegsieht? Wie groß wird der Verlust an jenem Tage sein, wenn der HErr kommt und Sein Lohn mit Ihm!

Es ist nicht der Mangel an Licht oder an Erkenntnis, daß solche traurigen Dinge in den Gemeinden der Heiligen gefunden werden, sondern, wir wiederholen es: der Mangel an Selbstgericht! Mit wahrem Selbstgericht aber ist vereint ein wahres Bloßlegen unserer Sünden vor Gott und, wenn nötig, auch vor Menschen. Wenn ich mich übler Nachrede oder eines ungeziemenden Betragens oder gar Verdächtigungen oder Verleumdungen gegen meinen Bruder schuldig gemacht habe, was geziemt sich dann mehr als ein offenes Bekenntnis dem, gegen den ich gefehlt habe?! Geschieht dieses nicht, so mag ich mit Engelzungen reden, ich bin doch nur ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel. (1. Kor. 13,1) „Bekennet denn einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ (Jak. 5,16) Dies ist ein wichtiges Wort!

Ungerichtete Dinge beeinflussen den Zustand einer Versammlung mehr, als wir denken. Ja, scheinbar kleine Dinge wie Argwohn, böse Vermutungen, Verdächtigungen, übles Nachreden können wie die Pest ganze Versammlungen verseuchen und zugrunde richten. Falls solche betrübenden Dinge vorhanden sind, dann ist Flehen und Gebet wichtiger, als Anbetung bringen zu wollen, wofür die Bedingungen nicht vorhanden sind. Vor allen Dingen sollten wir wahr sein

vor Gott, vor uns selbst und untereinander. Gott will Wahrheit und Wirklichkeit. Und wenn wir im Laufe der Woche dem HErrn nicht treu waren, können wir Ihm am Sonntag in der Versammlung wohlgefallen? Wenn wir in der Woche böse Nachreden geführt haben, wie können wir Ihn dann in der Versammlung im Geist und in der Wahrheit anbeten wollen?

Den Zusammenkünften der Heiligen, sei es zum Brechen des Brotes oder zum Gebet usw., sollte stets ernstes Selbstgericht vorausgehen. Ohne dieses gibt es keine wahre Gedächtnisfeier unseres HErrn noch eine Anbetung des Vaters. Unsere Vorrechte sind groß, aber sie erfordern unumgänglich die Erfüllung gewisser Bedingungen, ehe wir uns unserer Segnungen erfreuen können. Und eine dieser Bedingungen ist das Selbstgericht. Lassen wir diese unbeachtet und maßen uns doch an, Ihm mit unseren Lippen Anbetung zu bringen und Sein Mahl zu feiern, so können wir Seine züchtigende Hand über uns bringen. Das Verharren in einem ungerichteten Herzenszustand muß jedes geistliche Leben zugrunde richten; und ach, manche befinden sich auf diesem Wege.

Das Wort ermahnt uns: „Habe acht auf dich selbst!“ (1. Tim. 4,16) „Ebne die Bahn deines Fußes, und alle deine Wege seien gerade.“ (Spr. 4,26) „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen. Aber wenn wir uns selbst beurteilten, so würden wir nicht gerichtet. Wenn wir aber gerichtet werden, so werden wir vom HErrn gezüchtigt, auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden.“ (1. Kor. 11,30-32)

Laßt uns dankbar sein für alles, was der HErr uns gegeben hat; aber laßt uns auch um Gnade bitten, treu zu sein in der Erfüllung der Bedingungen, die für den Empfang der Segnungen nötig sind, und nicht versuchen, solche durch ein äußeres Mitmachen erlangen zu wollen, ohne die Bedingungen dafür zu erfüllen.

„Wer also irgend das Brot ißt und den Kelch des HErrn trinkt unwürdiglich, wird des Leibes und Blutes des HErrn schuldig sein. Ein jeder aber prüfe sich selbst, und also esse er von dem Brote und trinke von dem Kelche.“ (1. Kor. 11,27.28)

E. A. - A. v. d. K.

„Friede euch!“

(Joh. 20,19-21)

Mit diesem Gruß trat der Herr Jesus als der Auferstandene in die Mitte der Seinen. Die zerstreuten Jünger waren wieder zusammengekommen. Ihre Herzen waren sehr beunruhigt. Der Tod des HErrn, dann die Botschaft von Seiner Auferstehung, dazu die Furcht vor den Juden bewegte sie.

Auf einmal tritt Er, der Auferstandene, in ihre Mitte mit dem wunderbaren Gruß: „Friede euch!“ Diese Worte waren Trost und Kraft für ihre traurigen, unruhigen und furchtsamen Herzen. Denn Seine Worte sind Geist und Leben. Mit Seinem friedespendenden Geist war auch Seine sichtbare Gegenwart verbunden. Er zeigte ihnen Seine Hände und Seine Seite. „Da freuten sich die Jünger, als sie den HErrn sahen.“ Freude und Friede war ihnen wieder geschenkt. Ihre Augen schauten Ihn, den Helden und Friedefürsten, welcher Frieden gemacht hatte durch das Blut Seines Kreuzes. (Kol. 1,20)

Der Herr Jesus ist besorgt für die Seinen. Er sucht ihnen den inneren Frieden zu erhalten. Vor Seinem Weggang spricht Er zu den Jüngern: „Euer Herz werde nicht bestürzt“ (Joh. 14,1) und „Frieden lasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch; nicht wie die Welt gibt, gebe Ich euch. Euer Herz werde nicht bestürzt, sei auch nicht furchtsam.“ (Joh. 14,27) Und nach Seiner Auferstehung steht Er unter ihnen mit dem wunderbaren Wort: „Friede euch!“

Vielleicht haben wir alle schon ähnliches erlebt wie die Jünger, indem Er uns spürbar nahegetreten war und uns durch ein Wort den Frieden ins Herz zurückschenkte, den wir verloren hatten. Seine Treue ist groß, Ihm sei Dank!

Der HErr wiederholte den Friedensgruß an die Jünger. „Jesus sprach nun wiederum zu ihnen: Friede euch! Gleichwie der Vater Mich ausgesandt hat, sende Ich auch euch.“ Der HErr gibt den Jüngern bei dieser Begegnung einen Auftrag und wiederholt zuvor den Friedensgruß. Er

vermehrt ihnen gewissermaßen den Frieden in Verbindung mit dem Auftrag. Sie brauchten nicht in Unruhe zu kommen wegen ihrer großen Aufgabe. Entsprechend der Aufgabe war auch ihr zugeteilter Friede. Bei der Ausführung Seiner Gebote, bei dem Wandeln auf Seinen Wegen wird auch Sein Friede nicht fehlen. -

In der schon erwähnten Stelle Joh. 14,27 spricht der HErr auch zweimal von Frieden: „Frieden lasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch.“ Wir verstehen zumeist dieses Wort so, daß der HErr zuerst von dem Heilsfrieden und dann von dem Frieden, den Er Selbst besaß, sprach. Der Heilsfriede ist unser Teil geworden, als wir die Erlösung durch Sein Blut durch die Gnade glaubend erfassen durften. „Da wir nun gerechtfertigt worden sind aus Glauben, so haben wir Frieden mit Gott.“ (Röm. 5,1) Kein Friede dem Gesetzlosen! Dem Erlösten aber ist mit der Bekehrung der Friede mit Gott geschenkt worden. Dieser Friede bleibt uns.

Doch der HErr will uns den Frieden mehren. „Sein“

Friede soll unser Teil werden. Wenn unser Wandel in Übereinstimmung mit Gottes Willen ist, wird der HErr uns auch Seinen Frieden geben können. Der HErr tat stets das, was Seinem Gott und Vater wohlgefällig war, deshalb wohnte in Ihm vollkommener Friede, den Er „Seinen“ Frieden nennt.

Wir haben vielleicht schon alle diesen Seinen Frieden bei uns ein wenig verspürt. Vielleicht spürten wir etwas davon, als wir unser Anliegen mit Gebet und Flehen und Danksagung vor Gott kundwerden ließen oder im Glauben Wege des Gehorsams gingen. Wir empfanden einen besondern Zufluß des Friedens von oben. Es war gleichsam wie das Bewußtsein der Übereinstimmung unserer Wege mit dem wohlgefälligen Willen unseres HErrn.

Der Friede ist ein Geschenk Gottes. Wir haben solchen Frieden nicht in uns. Friede gehört zu der Frucht des Geistes. (Gal. 5,22) Und so wie Liebe und Freude nicht aufhören werden, so auch der Friede. „Denn das Reich Gottes ist ... Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geiste.“ (Röm. 14,17)

Daß wir so wenig Seinen Frieden genießen, liegt an uns selbst. Die erwähnte Stelle Phil. 4,4-9 zeigt uns, wie unser Gebetsleben und Wandel sein sollte. Wenn wir diesem Worte gemäß wandeln würden, dann wäre auch die dazugehörige Verheißung unser Besitz. Der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, würde unsere Herzen und unseren Sinn bewahren in Christo Jesu. Auch der Gott des Friedens würde mit uns sein. Wie so weit bleiben wir doch hinter dem zurück, was wir sein sollten!

Die Schrift redet viel von dem Frieden der Kinder Gottes. Die meisten Briefe enthalten am Anfang den Segenswunsch, daß Gnade und Friede uns von unserem Gott zufließen mögen.

Wir bedürfen alle dauernd der Gnade. Wir bedurften ihrer bei der Bekehrung, wir bedürfen ihrer dauernd zur Bewahrung und zu allem rechten Tun und Lassen. Ja, was wären wir ohne Seine fortwährende immer wieder erneut zufließende Gnade? Mit der Gnade bedürfen wir auch dauernd der Darreichung des Friedens von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus. Nicht zwecklos hat der Heilige Geist diesen Wunsch in bezug auf die Gnade und den Frieden so oft eingefügt.

Wie sehr leicht werden wir durch die Dinge dieses Lebens beunruhigt! Trübsal, Sorgen, Mühen, zu große Geschäftigkeit rauben uns nur zu oft den Frieden. Der HErr will nicht, daß wir bestürzt und beunruhigt sein möchten. Er ist für uns besorgt. Wir sollen in Frieden Seine Pfade wandeln, Ihm nach. Er ist für uns da; denn Er liebt uns. Er ist uns nahe und will auch uns segnen durch dieses kostbare Wort: „Friede euch!“

O. D.

Frage 6

Warum sind wohl in 1. Mose 49 (2. Mose 1) und 5. Mose 33 die Namen der Stämme in gänzlich

verschiedener Reihenfolge aufgeführt? Liegen darin geistliche Fingerzeige oder Belehrungen, auch fürs Neue Testament?

Antwort A

Irrtum vorbehalten finden sich Aufstellungen der Söhne Jakobs oder Stämme Israels im Alten Testament einundzwanzig, im Neuen Testament eine, und jedesmal ist die Reihenfolge eine andere. Der Grund der jeweiligen Aufstellung ist zum Teil zu erkennen, zum Teil nur zu ahnen, zum Teil weder das eine noch das andere; über die Aufstellungen der drei genannten Abschnitte ist zu sagen:

In 2. Mose 1 ist die Reihenfolge eine dem natürlichen Empfinden entsprechende: Der Geburtsfolge nach die sechs Söhne der erstgeheirateten Frau und der eine Sohn der zweitgeheirateten; dann der Geburtsfolge nach die Söhne der Mägde. Joseph kann nicht dastehen, weil er nicht mit Jakob nach Ägypten kam, sondern da war. (Verse 1 u. 5)

In 1. Mose 49 gibt der Segen Jakobs über seine Söhne, welche „die zwölf Stämme Israels sind“ (Verse 1.2 u. 28), eine prophetische Schau über die Geschichte des Volkes von der Zeit seines Entstehens an bis hinein in die kommende Segenszeit unter der Herrschaft Dessen, welcher sowohl der Abgesonderte unter Seinen Brüdern, der Hirte und Stein Israels, ist als auch der Löwe aus Juda, der nach Kampf und Sieg als Friedefürst das Zepter führen wird. (Verse 26.24.9.10) Was später getrennt als Propheten-, Priester- und Königtum in Erscheinung trat, war in den Vätern Abraham, Isaak und Jakob unausgesprochen vereinigt. Ps. 105,14.15: „Er ließ keinem Menschen zu, sie zu bedrücken, und ihretwegen strafte Er Könige: Tastet Meine Gesalbten nicht an, und Meinen Propheten tut nichts Übles.“

Die Unterlage der Schau bilden Charaktereigenschaften, Handlungen und Stellung der zwölf Erzeuger der zwölf Stämme. Der prophetische Charakter der Schau wird gewährleistet durch den Ausspruch Jakobs: „Ich will euch verkünden, was euch begegnen wird in künftigen Tagen.“ (Vers 1) Und das, was im Laufe der Zeiten kund wurde und in deren fernerem Lauf noch kund

gegenwärtige und eine zukünftige Geschichte.

Bei genau der Hälfte der Stämme ist die Geschichte unschwer aus dem Leben der Väter herauszulesen, für die andere Hälfte der Söhne Jakobs sind wir hinsichtlich ihres persönlichen Charakters auf die hier gegebene Schilderung angewiesen. Später gegebene Offenbarungen der Schrift und die Geschichte erweisen die Schilderung als zutreffend.

Ruben, Simeon und Levi weisen die Kennzeichen des natürlichen Menschen auf: Sünde durch Übermut und Gewalttat. Joseph steht da als im voraus zum Retter der Welt und Segensspender abgesondert. Juda, der Garant Ben Jamin's, des „Sohnes der Rechten“ (Kap. 43,9 u. 44,32ff.), dem Charakter nach mit diesem verbunden, veranschaulicht deutlich die Führerschaft unter den Stämmen.

„In kürzester Zusammenfassung ergibt sich folgende Gesamtübersicht der Geschichte Israels:

Frühere Geschichte der Nation.

Ruben: Der Anfang und Fortgang ihrer Geschichte weist Unstetigkeit und Götzendienst auf.

Simeon und Levi: Volk und Priester vereinigt zu Grausamkeit und Bosheit (siehe die Propheten!), dieses auslaufend in die Ermordung des Messias.

Juda: Königtum und königliche Herrschaft in Christo eingesetzt. (Ps. 2)

Gegenwärtige Geschichte der Nation.

Sebulon: Israel der Mittelpunkt des Welthandels.

Issaschar: Israel williger Tributzahler in Unterwürfigkeit unter die Nationen.

Zukünftige Geschichte des Volkes.

Dan: Die Macht und Energie Satans und der Schrei des Überrestes in der kommenden Krisis

Gad: Der Überrest überwunden in der Drangsal, schließlich aber selber Überwinder.

Aser: Die Erde gibt dem siegreichen Israel ihren Ertrag.

Naphtali: Genuß der Freiheit, welche die Gnade gebracht hat, und Siegesjubel.

Joseph und Benjamin: Persönliche Vorbilder des HErrn, vereinigt in Herrlichkeit und Macht zu Israels Gunsten.“

Reihenfolge der 12 Stämme hier.

Ruben |

Simeon, Levi |

Juda } die sechs Söhne Leas.

Sebulon |

Issaschar |

Dan, Sohn der Magd Rahels |

Gad, Sohn der Magd Leas } Söhne der Mägde.

Aser, Sohn der Magd Leas |

Naphtali, Sohn der Magd Rahels |

Joseph } die beiden Söhne Rahels.

Benjamin |

Die vier ersten und die zwei letzten, eben diejenigen, von denen wir sagten, daß ihre

Geburtsfolge, die anderen nicht.

Ein in die Augen springender Punkt der Reihenfolge ist dieser: Die Anordnung entspricht dem, was die Heiratsgeschichte Jakobs vorschattend veranschaulicht: Rahel, die Erstgeliebte, wurde dem Jakob erst als zweite gegeben. So Israel. Der HErr starb für die Nation, und doch wurde Ihm zuerst die Ekklesia, die Versammlung, gegeben. Dieser entspricht Lea. Rahel stellt die Juden dar: Aus ihr, aus ihnen ist am Ende der in Herrlichkeit und Macht erscheinende Messias. Geht Lea, die nicht direkt begehrt war, der Rahel voran, so ist es auch so mit ihren Kindern. Und zwar werden ganz schicklich Sebulon und Issaschar, obwohl nach den Söhnen der Mägde geboren, den Söhnen der Mägde vorangestellt. „Gott ist nicht ein Gott der Unordnung.“ (1. Kor. 14,33)

In 5 Mose 33 ist zu beachten, daß dies letzte der fünf nach Mose benannten Bücher ein Rückblick auf die vierzig Jahre seit dem Auszug ist und ein erneutes Vorstellen der Bedingungen, unter deren Erfüllung sie im Lande würden wohnen bleiben können, ansonsten sie aus demselben vertrieben werden würden. Dieses Gestelltsein unter Gesetz wird in den Versen 2-5, in hochpoetischer Form zusammengefaßt, dem Segen vorangesetzt und gibt den Gedanken ein, daß der Inhalt dieses Segens es mit ihrem Wohnen im Lande zu tun haben könnte. Der Inhalt bestätigt das, und es ist nicht nur das Wohnen vor der Wegführung, sondern allgemein, auch im kommenden Reiche. Die Zeit des Nichtwohnens im Lande viele Jahrhunderte hindurch bleibt außer Betracht, nur ein einziges Mal, Vers 7, findet sich eine Anspielung darauf: das Zurückbringen Judas zu seinem Volke. Es ist einfach die Beziehung des zwölfstämmigen Volkes im Lande zu Gott gemäß Seiner Regierung.

Ähnlichkeiten mit Jakobs Aussprüchen finden sich in Rubens Kleinbleiben, Judas mächtigem Emporkommen, Josephs Segnungen, Sebulons kaufmännischem und Issaschars geruhsamem Lebensstil und Gads kühnem Draufgängertum. Gegensatz ist festzustellen bei Levi, dessen gottehrende Einstellung bei der Sache des goldenen Kalbes die durch Jakob angedrohte Zerstreuung in Israel, obwohl sie eintrat, in eine solche verwandelte, die als Segen gewertet werden durfte, weil Levi Diener des Heiligtums wurde und Gott Selber sein Erbteil sein wollte.

Simeon fehlt in der Aufstellung, weil für ihn die Ahndung durch Jakob bestehen blieb: Er bekam sein Erbteil nicht gesondert, sondern wohnte mit Juda zusammen mitten in dessen Erbteil. (Jos. 19,1.9) Dafür wurde Joseph in das Erstgeburtsrecht eingesetzt (1. Chron. 5,1.2), wurde in Ephraim und Manasse zu zwei Stämmen. (1. Mos. 48,5) Von Benjamin, Dan, Naphtali, Aser wäre Besonderes zu sagen.

Reihenfolge in 5. Mose 33.

Ruben |

Juda } drei älteste Söhne Leas.

Levi |

Benjamin }zwei Söhne Rahels.

Joseph { Ephraim } |

| Manasse |

Sebulon } zwei jüngere Söhne Leas.

Issaschar |

Gad, ältester Sohn von Leas Magd |

Dan, ältester Sohn von Rahels Magd } Söhne der Mägde.

Naphtali, jüngster Sohn von Rahels Magd |

Aser, jüngster Sohn von Leas Magd |

Wenn die Aufeinanderfolge dem Auge so vorgeführt und dabei festgehalten wird, daß die Anordnung von Gott ist, so erscheint eine moralische Ordnung, der wir unsere Bewunderung

1. Die drei Ältesten der ersten Frau kommen zuerst, dabei Juda vor Levi, weil er der würdigere ist.

2. Der Liebling Jehovas und der Nasiräer unter seinen Brüdern kommen nun. Beide Söhne der „geliebten Frau“. Meint man nicht in dieser Folge von Nummer 1 und 2 einen Wiederschein von 5. Mos. 21,15-17 zu sehen? Man lese die drei Verse. Ganz so konnte es ja nicht sein, aber Zurückhaltung in die zweite Nummer ist doch treffend. Der Erstgeborene zuerst, mag er sein, wie er will. Dann der Königliche, dann der Priesterstamm. Daß darin „der Liebling“ kommt, in dessen Gebiet (in Jerusalem) der Thron und der Tempel Jehovas zu stehen kommen würden, verwundert nicht. Da Joseph nun aber doch das Erstgeburtsrecht besaß, so mußte sein Platz zum mindesten jetzt gleich nach den erstgeborenen Söhnen der gehaßten Frau kommen.

3. Die jüngeren Söhne Leas, der Gehaßten. (1. Mos. 29,31) Zuletzt, wie treffend und richtig,

4. die Söhne der Mägde.

*

„Im Meere ist Dein Weg,

Und Deine Pfade in großen Wassern,

Und Deine Fußtapfen sind nicht bekannt.“

(Ps. 77,19)

*

„Deine Gerechtigkeit ist gleich Bergen Gottes,

Deine Gerichte sind eine große Tiefe.“

(Ps. 36,6)

*

Die geistlichen Fingerzeige oder Belehrungen sind in vorstehendem zugleich mit der Antwort Auf das, „warum“ die Reihenfolge verschieden ist, gegeben. Daß eine Belehrung fürs Neue Testament darin läge, kommt mir nicht zum Bewußtsein. Bedauerlich ist nur, daß dem Fragebedürfnis nach näheren Erläuterungen, das durch die knapp gehaltenen Ausführungen geweckt werden wird, wegen Platzmangels nicht entsprochen werden kann.

F. Kpp.

Zusätze des Schriftleiters

Vorstehende höchst belangreiche Antwort wird manche Leser ebenso überraschen wie die Frage selbst. Bezieht diese sich doch auf ein Gebiet, das für die meisten sozusagen „terra nova“, gänzlich „unerforschtes Gebiet“, „Neuland“ ist, weswegen die Antwort mehr als nur „interessant“ ist. Jedenfalls aber ist wieder einmal zu sehen, daß die Heilige Schrift unerschöpflich, daß in ihr nichts von ungefähr ist und daß die absonderlichsten Fragen in ihr von hohem geistlichem Wert und keineswegs überflüssig sind. Fast könnte man sagen: Wer hätte gedacht, daß es auf diese Frage eine so schöne Antwort Geben könnte! Und wenn unser Mitarbeiter bedauert, auf weitere Erläuterungen verzichten zu müssen, so ist dazu nur zu sagen: Möge nur jeder Leser sich Mühe geben, weiter zu forschen, und wenn sich daraus noch neue Fragen ergäben, so wäre es ja nicht schwer, dann später, so Gott will, auf solche noch in diesen Blättern einzugehen. Möge es zunächst nur allen so gehen, daß sie bewundernd ausrufen: „Wohlgeläutert ist Dein Wort, und Dein Knecht hat es lieb!“ (Ps. 119,140)

Mit wenigen Gedanken möchte ich noch auf den letzten Teil der Frage zu sprechen kommen wegen Belehrungen fürs Neue Testament aus dieser Frage.

Es geht mir ungefähr so wie unserem lieben Mitarbeiter, daß Belehrungen in dieser Hinsicht nicht unmittelbar zu sehen seien. Aber doch finde ich eine insofern, als auch im Neuen

Testament öfter Namensverzeichnisse aufgeführt werden, in denen kleine Verschiedenheiten in der Reihenfolge zu sehen sind. Wir haben z. B. viermal eine Aufzählung der zwölf Apostel des HErrn. Und während in diesen (Matth. 10,2-4; Mark. 3,16-19; Luk. 6,14-16; Apgesch. 1,13.14.16ff.) immer Simon Petrus an der Spitze steht, schließt die Reihe stets mit Judas Iskariot, bis dieser dann in Apgesch. 1 unter der Zahl fehlte, aber gleich darauf wird von seinem Ende gesprochen, und er wird in tiefbewegender Weise ersetzt durch Matthias. Sehr bemerkenswert ist auch die Verschiedenheit der Namen (siehe Judas = Lebbäus oder Thaddäus und Simon der Kananäer, d. i. Zelotes, der „Eiferer“). Fragen möchte ich, warum wohl später nie mehr von dem Beinamen des Jakobus und Johannes „Boanerges, d. i. Söhne des Donners“, die Rede ist!. Ob es genügte, daß der HErr ihnen diesen Namen gab, um sie nie wieder solchem Namen gemäß handeln zu lassen? (Etwa wie Luk. 9,54!) Eine ganze Reihe von Fragen können sich erheben im Blick auf die verschieden angeführten Namen, ihr Verhältnis zum HErrn, ihre Fähigkeit, ihr zum Teil frühzeitiges Nichtmehrgenanntwerden in der Schrift, kommt doch sogar Petrus schon ab 15,8 in der Apostelgeschichte nicht mehr vor, und über ihre Wahl durch den HErrn im einzelnen, die manches offen läßt, so z. V. ob Nathanael in Joh. 1,45 und 21,2 wirklich Bartholomäus ist und warum er in den Verzeichnissen statt mit dem schönen ersteren Namen (d. i. „Gott gibt“) nur mit dem Zunamen Bartholomäus genannt wird. Und dann: Warum enthält das Johannesevangelium kein Verzeichnis, während es doch so ganz besonders viel Persönliches aus der Geschichte der einzelnen Apostel und Äußerungen von ihnen anführt, so in Kap. 1 und z. B. 6,6.7; 12,21; 14,8 (Philippus); 11,16 (Thomas); 13,23; 19,26; 21,7.20 (Johannes); 6,8; 12,22 (Andreas); 14,22 (Judas); 20,24ff. (Thomas) usw. Das Johannesevangelium stellt eben alles an seinen rechten Platz, entsprechend dem Charakter Christi als der Wahrheit, und so haben wir wohl in ihm gerade keine Aufzählung der Jünger, aber mehr: eine wunderbare Charakteristik von ihnen.

Aber genug dieser Hinweise, die ich nur gab als Vergleich mit jenen alttestamentlichen Aufzählungen der Söhne Jakobs, der Stämme Israels. Laßt uns solche Dinge nicht „trocken“ nennen, laßt uns vielmehr forschen wie jene Einsenderinnen vorliegender Frage (einige ziemlich einsame treue Schwestern!), dann wird uns in allem Der groß, der Kern und Stern der

alle Ihm am Herzen liegen, was wohl wiederum uns, den Seinen heute, zeigen soll, wieviel Ihm an uns liegt; denn von Dem, den man lieb hat, sieht man gern Bilder, und welche Bilder wären wohl schöner, herrlicher, aber auch wahrer als die, welche Sein Wort uns gibt?! Und am schönsten, ja, unendlich viel schöner als alle ist Er Selber! Darum „betrachtet den Apostel und Hohenpriester unseres Bekenntnisses, Jesum ...“! (Hebr. 3,1ff.) Da werden wir nie müde, Schönheitszug um Schönheitszug zu entdecken, zu bewundern und zu preisen, und so werden wir in Sein Bild umgewandelt nach 2. Kor. 3,18! Möge es immer mehr so geschehen! Ihm aber sei die Ehre, Ihm auch der Dank für Sein kostbares Wort!

F. K.

Elia am Bache Krith.

(1. Kön. 17,2-6)

Der erste Glaubensschritt Elias war getan. Unerschrocken hatte er dem mächtigen König die kurze Botschaft des göttlichen Gerichts angekündigt, und schon empfängt er einen neuen Auftrag: „Gehe von hinnen ... und verbirg dich am Bache Krith.“ Kaum hatte Gott ihn aus der Verborgenheit gerufen und zu einem ganz kurzen Dienst benutzt, so wird er schon wieder in die Einsamkeit gesandt. Und wozu? Er soll sich verbergen.

Wieviel Unterweisung enthalten doch die beiden kleinen Worte: „Verbirg dich!“ Das Hervortreten liegt dem Fleische nahe, nicht aber das Zurücktreten - das Sichverbergen. Wir sind so leicht von uns selbst und von der Wichtigkeit unseres Dienstes erfüllt, wollen wir aber dem HErrn brauchbare Gefäße sein, dann müssen wir aufhören, in unseren eigenen und in den Augen anderer etwas zu sein. Glücklich ist der Knecht, der seine Knechtesstellung versteht: Nichts in sich selbst zu sein und sich in Dem zu verbergen, dem er dient. Ein solcher Knecht wird immer die Aufmerksamkeit von sich ab auf seinen HErrn hinlenken.

Gott hatte noch Vieles und Großes für Seinen Knecht zu tun; für diese Aufgaben aber bedurfte

Zeit von mehr als drei Jahren. Gott erzieht Sich jeden Knecht für das Werk, zu welchem Er ihn gebrauchen will.

Ehe Joseph geschickt war, als Herrscher über ganz Ägyptenland die großen Pläne Gottes auszuführen, hatte er Gottes erziehende Hand in der Grube und im Gefängnis nötig.

Mose mußte vierzig Jahre in der Einsamkeit der Wüste zubereitet werden, ehe er als Führer das Volk Gottes von der Knechtschaft Ägyptens befreien konnte.

David war der von Gott erwählte König Israels. Aber ehe er über Gottes Volk regieren konnte, mußte er Gottes Schule durchmachen und den Kampf mit Löwen, Bären und dem Riesen Goliath aufnehmen.

Paulus, der hochbegnadigte Apostel, hatte ein Arabien nötig. Wollen wir uns wundern, wenn auch wir in Gottes Schule genommen werden? Wenn wir dem HErrn gebräuchliche Gefäße sein wollen, dann müssen auch wir von Seiner Hand dafür zubereitet werden.

Das ganze Kapitel (1. Kön. 17,2-24) gibt uns einen tiefen Einblick in die Erziehungswege Gottes mit Elia, wie Er ihn stufenweise für die großen Aufgaben, die er erfüllen sollte, vorbereitet. Es sind in diesem Kapitel gleichsam drei Kurse, die Elia durchzumachen hatte. Am Bache Krith lernte er sein eigenes Nichts und die Größe seines Gottes kennen, dem selbst die unvernünftige Kreatur unterworfen war. In Zarpath lernte er die Erhabenheit Gottes über alle Lagen und Umstände kennen, und schließlich hatte er zu lernen, daß Gott auch über dem Tode steht.

Wie gesagt, die erste Lektion hatte Elia am Bache Krith zu lernen. Heldenhaft hatte er vor Ahab gestanden. Und nun? Nun sollte er sich verbergen, gewissermaßen verstecken. Meinst du, daß dieser Auftrag seiner Natur nicht entgegenging, gerade jetzt, wo es angesichts des Gerichtes so nahe lag, dem Volke die Buße zu predigen? Jetzt sich zu verbergen mußte ihm sicher schwer werden.

Der HErr kennt unser Herz, wie leicht wir von uns selbst erfüllt sind. Und auch der Teufel ruht

des HErrn zu verbinden. Wie leicht bilden wir uns ein, Vieles tun zu können, und deshalb muß es auch so oft in unserem Leben heißen: „Verbirg dich!“

Als die Apostel mit übervollem Herzen zum HErrn kamen und Ihm „berichteten alles, was sie getan und was sie gelehrt hatten“, da war das „Verbirg dich!“ auch für sie an der Zeit. Was sagte der HErr zu ihnen? „Kommet ihr selbst her an einen öden Ort besonders und ruhet ein wenig aus.“ (Mark. 6,30.31)

Der HErr weiß besser als wir, wie nötig wir die Zeit der Stille und des Alleinseins mit Ihm brauchen. Wenn unser Dienst für Ihn das Maß des Umganges mit Ihm überschreitet, so werden wir sicher zu kurz kommen. Übersteigt der Oberbau die Tragfähigkeit des Fundamentes, so zeigen sich bald gefährliche Risse, und der Zusammenbruch ist nicht weit. Überragen die Zweige eines Baumes in ihrer Ausbreitung die Wurzeln, so kann der Baum dem Sturme nicht standhalten. Ebenso ist es auch mit uns im Dienste des HErrn. Unser Ohr muß zuerst zum Hören geöffnet sein, ehe wir „mit der Zunge der Belehrten“ sprechen können. (Jes. 50,4.5) Möchten wir alle dies besser verstehen! O möchte dieses „Verbirg dich!“ von uns allen mehr geübt werden, als wie wir es tun!

Welch ein hohes Vorbild haben wir hierfür in dem HErrn Selbst! Wie suchte Er die stillen, abgeschiedenen Plätze auf und brachte die Nächte im Gebet und Umgang mit Seinem Gott und Vater zu! Nicht als ob Er es nötig gehabt hätte, Sich zu verbergen - Sein ganzes Leben war ja ein „Sich-verbergen“, Sich-Selbst-erniedrigen und Gehorsamsein. Dies war Sein Weg, und Seinen Fußtapfen sollen wir nachfolgen.

Gott gebot aber Seinem Knechte nicht nur, sich am Bache zu verbergen, Er sagte ihm auch in Seiner Güte: „Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen.“ Wie unverständlich mußte dies alles für Elia sein! Aus dem Bache konnte er trinken, aber wie sollten Raben einen Menschen versorgen können! Elia fragt nicht, er geht. „Und er ging hin und tat nach dem Worte Jehovas.“ Möchte das der Heilige Geist auch von uns jederzeit und in allen Lagen und Verhältnissen sagen können! Wie lange sollte Elia dort bleiben? Er wußte es nicht. Er hatte den

Wege zu gehen, Wege, die wir nicht verstehen! Und doch geht Gott solche gar oft mit uns. Denken wir an Noah! Gott sprach: „Mache dir eine Arche ... Und Noah tat es.“ (1. Mose 6,14.22) Ohne zu fragen, baute er ein gewaltig großes Schiff, nicht etwa am Wasser, sondern mitten auf trockenem Lande.

Wenn Gott Seine Gerichte über die Menschen bringt wie in den Tagen Noahs oder Elias, so sehen wir, daß auch diejenigen, die abseits von den Sünden derer stehen, die diese Züchtigung hervorriefen, doch an den Folgen, die diese Gerichte hervorrufen, in gewissem Maße teilnehmen müssen. Elia hatte gebetet, daß kein Regen auf die Erde falle; an den Leiden, die durch die Trockenheit hervorgerufen wurden, hatte er ebenso wie Ahab und das abgefallene Volk teilzunehmen. Und doch, welch ein großer Unterschied zwischen Elia und Ahab! Während Gottes Hand wider Ahab und das Volk aufgehoben war und diese die Rute Gottes in sehr schmerzlicher Weise fühlen mußten, erfuhr Elia die gütige Hand seines Gottes, der seine Bedürfnisse kannte und Sorge trug, daß seine Seele am Leben erhalten blieb, so wie wir in Psalm 33,18.19 lesen: „Siehe, das Auge Jehovas ist gerichtet auf die, so Ihn fürchten, auf die, welche auf Seine Güte harren, um ihre Seele vom Tode zu erretten und sie am Leben zu erhalten in Hungersnot.“

Nach dem Worte Jehovas: „Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen“, machte er sich auf den Weg nach dem Bache Krith, und die unsichtbare Hand des Allmächtigen führte ihn an den von niemandem gekannten Ort seiner Versorgung. Es gab nur den einen Platz, an dem Gott ihn versorgen wollte. Wie wichtig mußte Elia das kleine Wort „daselbst“ sein! Hätte der Prophet sich an einen anderen Ort begeben, der ihm vielleicht besser erschienen wäre, so würde er die Fürsorge seines Gottes nicht gehabt haben.

Welche Lehre liegt darin auch für uns! Wenn wir mit Gott wandeln, dann wissen auch wir, an welchem Platze uns Gott haben will, und wir verharren dort solange, bis Er ebenso klar und bestimmt uns einen anderen anweist. Auch hierin können wir von Elia lernen. Beachten wir, nachdem die Schrift uns berichtet: „Und er ging hin und tat nach dem Worte Jehovas“, fügt sie nochmals sorgfältig hinzu: „Und er ging hin und blieb am Bache Krith.“ (V. 5) Sind wir an dem

Platze, wo der HErr uns hingestellt hat, dann können wir mit Seiner Gnade und Treue rechnen.

Von Gottes Hand geleitet, zog Abraham einst in das Land Kanaan. Dort erschien ihm Jehova und sprach zu ihm: „Deinem Samen will ich dieses Land geben.“ Als aber Hungersnot im Lande war, zog Abraham nach Ägypten „hinab, um sich ‚daselbst‘ aufzuhalten“. (1. Mose 12,7.10) Er handelte in menschlicher Klugheit, aber nicht im Glauben, und die Folge war: Sünde, Kummer und Herzeleid. Er entging der Hungersnot, aber auch der Fürsorge seines Gottes, Der ihn im Lande der Hungersnot sicher ernährt hätte. Wollen wir uns der Fürsorge Gottes erfreuen, so müssen wir an dem uns von Gott bestimmten Platze sein. Elia mußte sich den Bestimmungen Gottes, sowohl hinsichtlich des Platzes als auch seiner Ernährung durch Raben, unterordnen ; so können auch wir nur den Segen und die Sorge unseres Gottes erfahren, wenn wir uns gehorsam Seiner Führung überlassen. Der unbedingte Gehorsam auf das Wort des HErrn ist der einzige Weg, um von Ihm gesegnet zu werden.

Am Bache Krith, allein mit Gott, lernte er die Macht und die Treue seines Gottes kennen, aber auch seine gänzliche Ohnmacht und Abhängigkeit von Ihm. Hier in der Einsamkeit war er völlig von der Welt und allen natürlichen Hilfsquellen abgeschlossen. Um so deutlicher wurde ihm die Unbegrenztheit der Hilfsmittel, die Gott zur Verfügung stehen, vor Augen geführt.

„Ich habe den Raben geboten, dich daselbst zu versorgen.“ Auf dieses Wort hatte Elia Tag für Tag zu vertrauen. Welch eine Glaubensübung war dieses stille Verweilen am Bache Krith für Elia! Jeden Morgen und jeden Abend, Tag für Tag hatte er für seine Speise auf das Kommen der Raben zu warten; nicht als ob die Raben etwas seien; aber in ihnen schaute er Den, der gesagt hatte: „Ich habe den Raben geboten.“ Die allmächtige Hand, die ihn an diesen Ort geführt hatte, führte nun auch die Raben dorthin, um Seinen Knecht zu versorgen.

Als Boten Gottes kamen sie an den verborgenen, allein Gott bekannten Ort; und als Zeugen Seiner Treue und Sorge legten sie das Mahl des Propheten, welches sie ihrer Natur nach selbst verzehrt hätten, dem Gebot des Schöpfers gehorsam, vor Elia nieder. So geschah es Tag für Tag. Am Morgen brachten sie Brot und Fleisch, und am Abend brachten sie Brot und Fleisch;

Verfügung stand, daß selbst die unvernünftige Kreatur in ihren natürlichen Neigungen sich nicht regen und bewegen konnte ohne Seinen Willen.

Die Einsamkeit am Bache Krith war für Elia keine verlorene Zeit. Hier lernte er den Gott Israels kennen wie nie zuvor, und hier wurde sein Glaube für größere Proben zubereitet. Wenn Gott uns in die Stille führt und durch Glaubensproben hindurchgehen läßt, so laßt uns nicht wie Abraham diesen ausweichen, sondern auch dankbar dafür sein! Wir brauchen solche.

*

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

Diesen kostbaren Grundsatz der Schrift fanden wir in einigen Typen des Alten Testaments, wie in David, Gideon und Joseph, verwirklicht, und zwar stets unter besonderen Segnungen des HErrn, was ja auch nicht anders sein kann; wenn jene Männer so nach Gottes Gedanken handeln, ob sie auch dies Schriftwort persönlich noch nicht kennen, so wird Gott Sich unbedingt zu ihnen bekennen. Und wenn wir daher in unserem praktischen Leben die gleiche Gesinnung beweisen, indem wir - was ich in der 1. Lief. Durchführte -, im Glauben uns der Sünde für tot haltend (Röm. 6), diese somit durch das Gute (im letzten Grunde Christus!) überwinden, statt uns von ihr überwinden zu lassen, so werden auch wir den Segen Gottes mit uns haben und reichlich genießen. Es kommt wirklich nur darauf an, in allem nach Seinem Willen zu fragen, d. h. um ihn zu tun, so müssen wir die herrlichsten Erfahrungen von Seiner Gnade und Treue machen und dadurch zu einem Segen für andere werden, was doch auch unseres Herzens Begehren ist. Wieviel liegt doch in dem „Laß dich nicht ...!“ Die Gefahr ist täglich da, aber die Kraft zum Überwinden des Bösen auch, nur muß sie genommen und benutzt werden! Denn wer

auch schwerer, trüber, ungesegneter sein. Man zahlt stets einen zu hohen Preis, wenn man nicht gehorsam und treu und dem Willen Gottes ergeben bleiben will. (Vgl. Lot und erst recht Lots Weib oder z. B. auch Ananias und Sapphira!)

Heute nun möchte ich, wie ich letztens ankündigte, ein neutestamentliches Beispiel für unseren Grundsatz betrachten, und zwar das des Stephanus.

Es würde zu weit führen, wollten wir die ganze, wenn auch der biblischen Zeit nach nur kurze Lebensgeschichte dieses Mannes (Apgesch. 6 u. 7) beschreiben, so sehr auch sonderlich Apgesch. 7 zum Forschen einladet, ist es doch eine ganz überwältigend wunderbare Rede, die dieser Gottesmann dort vor dem Synedrium (6,12.15) hält! Schon nur äußerlich angesehen ist sie ein Meisterwerk allerbester Rhetorik, aber von göttlichen, geistlichen Gesichtspunkten aus geschaut enthält sie einen derart klaren, durchsichtigen, dabei aber unsagbar tiefen Abriß der Geschichte Israels, wie er übersichtlicher und erschütternder nicht sein kann. Und dabei mit einer ungeheuren Fülle von Einzelheiten, die, wie ich schon vor Jahren durch gründliches mich Hineinvertiefen selber finden durfte, sich alle sozusagen auf die Zahl 9 bringen lassen. Ich fand schon über 10 Dinge, die in neunfacher Verschiedenheit in jenem Kapitel enthalten sind, z. B. 9 Arten, in denen Gott genannt ist; 9 Männer der Geschichte Israels mit Namen genannt (Abraham, Isaak, Jakob, Joseph, Moses, Aaron [in traurigem Sinne!], Josua, David, Salomo; 9 Zitate aus dem Alten Testament; 9mal Moses mit Namen genannt (V. 20.22.29.31.32.35.37.40 u. 44); 9mal Israels Widerstand gekennzeichnet (V. 9.25ff.39a.39b.41.43.51f.54.57) usw., usw. Dann finden wir in 9 Punkten, die Joseph betreffen, sozusagen ein vollkommenes Vorbild auf Christus und in dem neunmaligen Erwähnen der Väter (8mal „unsere“,1mal „die“) das Bild der durch Autorität gekennzeichneten Geschichte Israels, der letzteres aber nicht entsprach. Noch mehr kommt dies zur Geltung in dem neunmaligen Anführen von „Dieser Moses“ oder „dieser“, auf Moses bezogen.

Doch genug mit diesen unvollkommenen Bemerkungen, durch die ich nur dartun möchte, welch ein gesegneter, vom HErrn gebrauchter, vom Geiste inspirierter Mann in seinem Tun und Reden dieser Stephanus gewesen ist, er, der seine Rede mit „dem Gott der Herrlichkeit“ beginnt und

am Schlusse derselben die Herrlichkeit schaut, er, der stets Gott den rechten Platz gibt und der von den Dingen, die Israel gehören, unablässig so redet, wie die Schrift redet, ja, der sie reden läßt (vgl. 1. Petr. 4,11!); darum auch solche Wirkung auf seine Zuhörer, die ihn wohl steinigen konnten, die sich aber ohne Frage dem gewaltigen Eindruck seiner Rede nicht entziehen konnten.

Inwiefern verwirklicht er nun unseren Grundsatz? O in mehrfacher Weise, so auch dadurch, daß er sich - wie sein göttlicher Meister, Christus Jesus - ungerecht verdächtigen ließ, ohne sich dieserhalb zu wehren. (6,10ff.) Hätte er sich gewehrt, ob dann wohl „sein Angesicht wie das eines Engels“ gestrahlt hätte, wie man wohl annehmen darf? (V. 15) Dann ferner in der Anrede 7,2 „Brüder und Väter“! Meinte er dies echt und wahrhaft so? Es gibt Gläubige, die gar zu gern in den Anreden und im Benehmen ihrer Geschwister im HErrn gegen sie selbst Falschheit entdecken wollen und nicht glauben, daß etwa herzliche Anreden (z. B. in Briefen!) so herzlich gemeint seien, sie wittern überall Heuchelei! Das ist traurig und wirft kein gutes Licht auf ihren eigenen Charakter. Stephanus jedenfalls hat offensichtlich, wie später Paulus in Apgesch. 22,1, mit diesem sich noch immer Einsmachen mit denen, die seine erbittertsten Feinde waren, etwas anderes bezweckt, als ihnen etwas vorzuheucheln! Wenn sie sich durch seine Liebe nicht gewinnen ließen - schlimm für sie, er hatte es echt gemeint, er überwand das Böse mit dem Guten. Laßt uns diesen kleinen Punkt auch beachten, laßt uns auch nicht, wenn mal etwas zwischen uns und diesen und jenen gekommen ist, sofort unsere Anrede in eine wesentlich kühlere Form abgleiten lassen! Und wenn wir mißverstanden werden, so ist das bei weitem nicht so schlimm, wie wenn unsere Liebe tatsächlich am Erkalten wäre!

Sehr bemerkenswert aber erscheint mir sein Verhalten nach V. 51.52. Er mußte zu diesem Schluß gelangen - ja, Schluß, denn wenn er auch hätte weitersprechen wollen, sie hätten ihn nicht mehr dazu kommen lassen in ihrer jetzigen Verfassung. (V. 54) Aber bei ihm sieht man, daß dieser furchtbar ernste Schluß durchaus nicht in fleischlicher Erregung gesprochen war, sonst wäre der Geist betrübt gewesen und die nächste, die Endszene, hätte nicht eintreten können. Nein, Stephanus blieb stets auf der geistlichen Höhe, mit der er vorher gehandelt, gearbeitet und geredet hatte. (6,10.5) Er war hier nicht hingerissen durch das Fleisch, dem

Fleisch ließ er keine Wirksamkeit mehr zu, er konnte im Geist vollenden, was er im Geist angefangen hatte. (Vgl. Gal. 3,3!) Er ließ sich nicht vom Bösen überwinden, und darum konnte er - und das war der so überaus herrliche Ausklang seines kostbaren Lebens! - das Böse überwinden mit dem Guten, und zwar ganz in der Gesinnung Jesu Christi, nämlich so, wie dieser am Kreuze Selber gehandelt hatte. Ich sage noch einmal, der Schluß seiner Rede war nicht fleischlicher Zorn, es war ein überführendes Zeugnis gegen sie (wie in Vollkommenheit Matth. 23!) unmittelbar unter Geistesleitung und im abhängigsten Gehorsam gegen Seine Stimme, gemäß Joh. 16,8. Und zwar sprach er ohne Überleitung vom vorherigen, es war Gottes abschließendes Urteil, das er aussprach in völligster Übereinstimmung mit Ihm, dem er gedient hatte, und darum teilte er nunmehr auch des HErrn Verwerfung. In allem war er das bis zuletzt vom Heiligen Geist gebrauchte Gefäß Gottes, zuerst in Gnade, dann in Gericht. Nein, wahrlich, er hatte sich nicht vom Bösen überwinden lassen! Er hätte es getan, wenn er dies Letzte verschwiegen hätte, aber „Männer Gottes“, das sind solche, die für Gottes Ehre unter allen Umständen eintreten, sind keine Feiglinge! Und so ist der triumphierende Schluß dieses Lebens ein triumphierendes Überwinden des ihm angetanen Bösen mit dem Guten, nämlich mit der Gesinnung Christi bis zum letzten Atemzuge. „Wer so stirbt, der stirbt wohl!“ „Gedenket eurer Führer, die euch das Wort Gottes verkündigt haben, und das Ende ihres Weges anschauend, ahmet ihren Glauben nach!“ (Hebr. 13,7) Ja, welch ein Ausklang! Er ist voll Heiligen Geistes (V. 55), er sieht unverwandt gen Himmel, und dann öffnete sich seinem Blick die Herrlichkeit Gottes, er schaut Jesum (V. 56) stehend zur Rechten Gottes, so, als wolle Er hinabkommen, Seinem treuen Knecht beizustehen, und dann spricht er sein letztes Zeugnis von diesem Jesus aus (V. 56), ein Zeugnis, das dem des HErrn Selber entsprach. (Mark. 14,62) Das alles geschah noch im Synedrium, nicht erst unter dem Steinhagel der gegen ihn fanatisierten Feinde Christi. Dann aber wird ihm gleichsam das Ende zuteil, das sie dem HErrn bereitet hätten, wenn sie die Erlaubnis gehabt hätten (vom Römer), jemanden richterlich zu töten (Joh. 18,30-32): Sie steinigten den Stephanus. (V. 58) Um ihn war die Hölle los, aber über ihm war der Himmel geöffnet, und dann - wie der HErr Seinen Geist in des Vaters Hände übergeben hatte (Luk. 23,46), womit Er Sein letztes Wort am Kreuz sprach, so sprach Stephanus fast mit gleichen Worten sein erstes Wort während der Steinigung aus: „Herr Jesus,

nimm meinen Geist auf!“ (V. 59), und als letztes spricht er ein ähnliches aus wie das, welches der Herr Jesus als erstes am Kreuz gesagt hatte (Luk. 23,34): „HErr, rechne ihnen diese Sünde nicht zu!“ (V. 60), und so entschläft er im Frieden. Und Saulus schaut zu! Was mochte in seiner Seele vorgehen? (Vgl. 22,20!)

So überwand Stephanus das Böse mit dem Guten, uns ein Beispiel hinterlassend, daß wir seinen gesegneten Fußspuren nachfolgen. Und viele Märtyrer sind ihm im Leben und im Sterben nachgefolgt. Die Gesinnung des Herrn Jesus, wie sie so wunderbar in der „Seines Zeugen Stephanus“ (22,20!) widerstrahlt, hat herrliche Wirkungen gehabt in der Geschichte der Märtyrer aller Zeiten seit damals. Verständlich! Was aber lernen wir, gegenwärtig nicht in Märtyrerzeiten lebend, daraus? Nun, möge es dem Heiligen Geist gelingen, uns in Christi Bild zu verwandeln durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit (2. Kor. 3,18), ähnlich dem, wie es bei Stephanus der Fall war! (V. 55ff.) Und mögen wir, wenn wir je nach Beispielen suchen für unser Leitwort, diese köstliche Stelle uns zum Muster nehmen, die uns „Sieg auf der ganzen Linie“ zeigt, aber genau die gleiche Art von Sieg wie beim HErrn: die durch scheinbares Unterliegen! Das ist stets ein des HErrn und der Seinen würdiges „Überwinden des Bösen mit dem Guten.“

Wie herrlich ist doch überall Sein Wort! Er sei ewig gepriesen!

(Forts. folgt, s. G. w.!)

F. K.

Die Gefahren der Jugend.

Eine der größten Gefahren der Jugend ist die Welt. „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist.“ (1. Joh. 2,15) Was das Herz liebt, dem strebt es nach. Liebe ist die stärkste aller Kräfte, und sie sucht jedes Hindernis, das sich ihren Wünschen in den Weg stellt, zu überwinden. Möchte sich deshalb die Jugend bewahren lassen vor der Liebe zur Welt. Sie ist der Feind der

Simsons Kraft dahin war, als er sein Haupt in den Schoß der Delila gelegt hatte. Armer Simson! Einst war

er stark, einst trieb Gottes Geist ihn (Richt. 13,25; 14,6.

19), und er vermochte den Löwen zu zerreißen, die Tore von Gaza fortzutragen und die Feinde mit einem Eselskinnbacken zu zerschlagen; doch als er durch die Delila seiner Kraft beraubt war, wurde er gebunden, geblendet, ein Spott und Spielball der Feinde Gottes. (Richt. 16,25) „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist“, stehet in flammender Schrift über der Geschichte dieses noch nicht alten Mannes geschrieben.

Von den Jünglingen sagt die Schrift, daß sie stark sind. (1. Joh. 2,14) Abgesehen von dem geistlichen Sinn dieses Schriftwortes ist auch die natürliche Kraft ein Kennzeichen der Jugend; und diese sucht nach einem Ausgleich. Und so locken Fußballklub, Tennisplatz und sportliche Spiele usw. als harmlose Ausgleiche die Jugend an. Ist denn irgendwie Böses darin, wenn man einen Ball über den Spielplatz treibt oder sich sonstwie an Sport betätigt? Sind dieses nicht harmlose und gesunde Betätigungen? Vielleicht sind sie das, obwohl gar manche durch solche zu Schaden gekommen sind. In was für Verbindungen, Freundschaften, Verwickelungen aber führen sie hinein!? Gibt es keine besseren Ausgleiche für die Kräfte der gläubigen Jugend als solche, die mit der Welt und ihrer Freundschaft verknüpft sind?

Vor einigen Jahren kannten wir einen Jüngling; er war ein ernster Christ, treu in dem Besuch der Versammlungen und ein fleißiger Arbeiter unter der Jugend. In den Gebetsversammlungen hörten wir oft seine Stimme, die vor dem Throne der Gnade Kraft und Hilfe erflehte. Wie vielversprechend war das Leben dieses jungen Mannes! Er glich einem Baume im Obstgarten, der im Frühling mit den schönsten Blüten übersät ist. Aber in einer unglücklichen Stunde betrat er den Tennisplatz. Allmählich und stufenweise kam er in den weltlichen Verkehr, und schließlich gab er alles auf, was das Leben eines Christen kennzeichnet. Und nun gleicht er einem hoffnungslosen Wrack, ruiniert - gänzlich ruiniert durch die Liebe zur Welt und die Dinge, die von der Welt sind.

Jugend, hüte dich vor dem ersten Schritt auf dieser Bahn! Es ist die breite Straße, die von Christus hinwegführt. Denkt an Simson, denkt an sein Ende und nehmet die göttliche Warnung an! Niemals kann zu gleicher Zeit in unserem Herzen die Liebe der Welt und die Liebe des Vaters wohnen. Es ist darin kein Raum für beides zu gleicher Zeit. Kein Mensch vermag zwei Herren zu dienen. Er wird einem anhangen und den anderen verachten. Einer muß zurückstehen. Gott und der Mammon können nicht auf ein und demselben Throne sitzen.

Die Welt und all ihre Lust und Herrlichkeit vergeht, und wer sie liebt und die Dinge, die in ihr sind, gleicht einem Menschen, der seine besten Güter preisgibt und dann als ein Verirrter sich auf den Straßen des Lebens verlassen findet. So erging es Lot. All seine Besitztümer gingen in der Umkehrung Sodoms in Rauch auf. Seine Sonne erlosch am Abend seines Lebens. Er selbst wurde gerettet, doch wie durchs Feuer. (1. Kor. 3,15) Seine Geschichte aber redet heute noch zu uns als eine Warnung durch all die Jahrhunderte hindurch: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist ..., die Welt vergeht und ihre Lust; wer aber den Willen Gottes tut, bleibt in Ewigkeit.“ (1. Joh. 2,14-17)

St.-E. K.

Die Gefahren des reiferen Alters.

Im allgemeinen richten sich die Ermahnungen, dem HErrn zu leben, und die Warnungen, den Schlingen der Welt und des Satans zu entfliehen, an die jüngeren Gläubigen. Und mit Recht. Doch sind die älteren und alten Gläubigen weniger Gefahren ausgesetzt als die Jüngeren?

Bei einer Betrachtung der Bücher der Chronika fiel es auf, daß eine nicht geringe Zahl von den Königen Judas, die in ihren jüngeren Jahren taten, was recht war in den Augen Jehovas, in ihren reiferen Jahren und in ihrem Alter von Jehova abwichen und Ihm sogar den Rücken kehrten. Wir wollen nicht auf die herzbewegende Geschichte Salomos eingehen, der in seinem Alter auch nicht mehr ungeteilten Herzens Jehova nachwandelte und, wie es scheint, auch nicht

Seite 146, geschrieben.

Wir wenden uns zu Asa, dem Sohne Abijas. (2.Chron. 14ff.) Im Anfang seiner Regierung tat er, „was gut und recht war in den Augen Jehovas, seines Gottes“. Die fremden Altäre und Höhen wurden hinweggetan, die Bilds äulen zerbrochen, das Gesetz Jehovas wurde wieder die Richtschnur des Volkes Gottes, und das Land hatte Frieden und Ruhe. Als die Feinde wider ihn in den Krieg zogen, gab Gott ihm den Sieg. Nach 36 Jahren reicher Erfahrungen der Güte Gottes war sein Herz nicht mehr ungeteilt auf Jehova gerichtet, und er zog die Hilfe Ben-Hadads, des Königs von Syrien, dem Arme Jehovas vor. Als der Seher Hanani ihm seine Torheit zeigte und sagte: „Hierin hast du töricht gehandelt“, beugte er sich nicht in Demut, sondern ärgerlich darüber und erzürnt legte er ihn in den Stock. Die Folge war, daß Gott ihn in seinem Alter „überaus krank“ an seinen Füßen werden ließ; gewissermaßen ein äußerer Ausdruck seines inneren Zustandes, von dem er auch nicht geheilt wurde.

Josaphat wandelte in den Wegen seines Vaters Davids. Er suchte den Gott seines Vaters und wandelte in Seinen Geboten. Josaphat begann gut, er bewahrte sich auch während seines Lebens ein zartes Gewissen, und Jehovas Segen war mit ihm. (2. Chrom 17ff.) Und doch, nachdem Gott ihn mit Reichtum in Fülle gesegnet hatte, konnte er, wie es scheint, um seinem Sohne Joram den Weg zu einer standesgemäßen Heirat zu ebnen, sich mit dem gesetzlosen Ahab, dem Hasser Jehovas, befreunden und so eine Verbindung mit der Welt eingehen. Dieses Verhalten Josaphats brachte dann viel und schweres Leid über Juda.

Joas tat, was recht war in den Augen Jehovas, solange der Priester Jojada lebte. (2. Chron. 24ff.) Aber als sein treuer Ratgeber starb, dann kamen die Obersten, Fürsten von Juda, bückten sich vor dem König, und nach dieser ihrer Huldigung erreichten sie es, den Götzen dienen zu können; und so wurde er eine Beute ihrer Schmeichelei. Als der Sohn seines alten, treuen Freundes ihm und dem Volke ihre Untreue vorhielt, tötete er ihn, und sterbend sprach dieser: „Jehova möge es sehen und fordern!“ Und Jehova sah es und forderte es von Joas - und dieser starb durch die Hände seiner eigenen Knechte.

ungeteiltem Herzen, aber am Ende seiner Regierung huldigte er den Göttern von Edom und hörte nicht mehr auf die Warnungsstimme der Propheten Jehovas. „Und von der Zeit an, da Amazja von Jehova abgewichen war, machten sie eine Verschwörung über ihn zu Jerusalem ... und töteten ihn. (2. Chron. 25,27)

Ussija war 16 Jahre alt, als er König ward, und er tat, was recht war in den Augen Jehovas - er suchte Gott, und Gott gab ihm Gelingen. In seinen alten Tagen aber erhob sich sein Herz, und als er in Vermessenheit handelte, zeigte sich der Aussatz an seiner Stirn, und als Aussätziger starb er. (2. Chron. 26)

Hiskia war einer der gottesfürchtigsten Könige Judas, und wunderbar war Gottes Hand in allen seinen Wegen mit ihm. Aber in seinem Alter erhob sich sein Herz. Wir lesen: „Hiskia vergalt nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen war, denn sein Herz erhob sich und es kam ein Zorn über ihn.“ (2. Chron. 32,25)

Josia war 8 Jahre alt, als er König ward. Seine Geschichte ist voll Belehrungen und Ermunterungen für uns. Aber nachdem 30 Jahre gesegnetsten Wirkens vergangen waren, „hörte er nicht auf die Worte Nekos aus dem Munde Gottes“, und er starb. (2. Chron. 35,22)

Alles dieses ist uns zur Belehrung geschrieben. Das Zukurzkommen dieser sieben Könige Judas lehrt uns deutlich, daß, wie alt wir auch geworden sind und welche Erfahrungen wir auch von der Güte Gottes gemacht haben mögen, wenn wir nicht demütig und in der Abhängigkeit von Ihm bleiben, so sind wir in Gefahr, dem Feinde zur Beute zu fallen.

Wenn unser Herz sich auf Schriftkenntnis, geistliche Erfahrungen, Gaben und Fähigkeiten etwas einbildet und darüber in Anmaßung sich erhebt, dann sind wir in der größten Gefahr, nicht nur das Bewußtsein unseres eigenen Nichts zu verlieren, sondern auch unsere Abhängigkeit von der ständig uns bewahrenden Gnade aufzugeben.

Vierzig Jahre lang hatte der HErr die Gemeinde in Ephesus mit den größten geistlichen Segnungen überschüttet, ihr Weisheit und Einsicht geschenkt und das Geheimnis Seines Willens

kundgetan, und dann mußte Er über sie klagen, daß sie ihre erste Liebe verlassen habe.

Welche ernste Sprache redet dieses zu uns allen und insonderheit zu denen, die auf dem Wege des Glaubens älter und alt geworden sind! Mögen sie ihre Herzen vor Selbstbewu ßtsein und Hochmut bewahren lassen, damit sie den Jüngeren zum Segen und dem Namen des HErrn zur Ehre sein mögen!

M. - v. d. K.

Gute Tage.

„Wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der enthalte seine Zunge vom Bösen und seine Lippen, daß sie nicht Trug reden; er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach.“ (1. Petr. 3,10.11) Hiermit gibt die Schrift dem, der gute Tage sehen will, eine sechsfache Anweisung. Alle Menschen, besonders wenn sie alt geworden sind, begehren ein angenehmes Leben und gute Tage auf Erden. Aber weitaus die Mehrzahl derselben läßt sich vom Satan betrügen und folgt seinen Lügen und seinem Betrug. Er spiegelt ihnen im Sündendienst gutes Leben und gute Tage vor.

Es ist möglich, auf Erden gutes Leben und gute Tage zu haben, schon in der Jugend und bis ins hohe Alter, aber Gottes Wort allein zeigt den Weg dazu. Welches ist er? „Enthalte deine Zunge vom Bösen und deine Lippen, daß sie nicht Trug reden.“ Was wir reden, ist Saat, die der Wind nicht verweht, weder im Guten noch im Bösen, und als solche von größter Bedeutung, nicht allein für die, zu denen wir reden mögen, sondern in erster Linie für uns selbst. Der HErr sagt zu den Pharisäern, die Ihn anfeindeten und allerlei Böses, Teuflisches wider Ihn redeten: „Ich sage euch aber, daß von jedem unnützen Wort, das irgend die Menschen reden werden, sie von demselben Rechenschaft geben werden am Tage des Gerichts.“ (Matth. 12,36) Hast du schon im Worte gelesen von der glatten Zunge, den falschen Lippen? Von einem Munde, der glatter ist als Butter oder Öl? Von all diesem sind gute Tage fern; ihre Frucht ist Elend und Herzeleid für den, der dergleichen übt und pflegt.

Aber nicht nur, was wir reden und wie wir reden, zeigt an, wohin wir gehen, und kennzeichnet unser Leben, sondern auch, was wir tun. „Wende dich ab vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach!“ Wahrlich, dies ist überall nötig. Was wird alles gelogen und geschmeichelt, im Verkehr, im Geschäft, in der Politik, in den Tagesblättern! Das Ende ist Elend und Jammer. Von allem diesem soll Gottes Volk frei sein. Gottes Kinder sind Friedenskinder, Friedenssucher, und sie gehen auf Friedenswegen. Ihr Herr ist Christus Jesus! Gutes Leben, gute Tage haben, heißt Ihn haben - Ihn suchen - Ihn lieben - Ihm gehören und ehrlich, offen, wahr sein im Reden, im Tun, im Lassen, und zwar im beständigen Ausblick auf Ihn.

E. R.

Frage und Antwort

Frage 7

Wieviele Geistesgaben gibt es nach der Heiligen Schrift? Können die Geistesgaben in Röm. 12,6ff. und die Liebe in 1. Kor. 13 auch als Geistesgaben bezeichnet werden? Inwiefern ist ein Unterschied zu machen zwischen Geistesgaben und Geistesfrucht, da die Liebe auch in Gal. 5,22 genannt ist und in 1. Kor. 12,9 der Glaube als Geistesgabe bezeichnet wird? Ist die Zungengabe als hervorragendste Geistesgabe zu werten, wie hier einmal ein Bruder sagte?

 

Antwort A

Ehe wir den ersten Punkt der Frage beantworten können, müssen wir wissen, was alles unter den Begriff „Geistesgaben“ fällt. Die Schriftstelle, auf welche unser Gedanke gerichtet wird, wenn wir das Wort „Geistesgaben“ hören, ist 1. Kor. 12. Dort werden wir über die „geistlichen Gaben“ belehrt, und es wird gesagt, daß wir unter der Leitung und Herrschaft des Heiligen Geistes stehen und dieser sich durch unsere Handlungen offenbart. (V. 1-7) Um dieses uns

recht verständlich zu machen, wird das Bild eines Leibes gebraucht und an diesem gezeigt, daß, wie der aus vielen Gliedern bestehende Leib ein Ganzes ist und jedes Glied, beherrscht durch den einen Geist, eine Aufgabe, einen Dienst zum Nutzen des ganzen Leibes und die zu diesem Dienste notwendige Fähigkeit hat, so auch alle die einzelnen Gläubigen durch den in jedem von ihnen wohnenden einen und denselben Heiligen Geist zu einem Ganzen vereinigt sind und jeder einzelne einen Dienst zum Nutzen des Ganzen und auch die Fähigkeit dazu empfangen hat. (V. 12-27) Diese Dienste bzw. die Fähigkeit zu denselben sind „durch den Geist gegeben“ (V. 8) und werden daher von uns „Gaben des Geistes“ oder „Geistesgaben“ genannt. Wir sagen „von uns“, denn das Wort selbst - im Urtext - nennt sie nicht so, sondern nur „Geistliches“ (pneumatikos) in der Mehrzahl (12,1 und 14,1), womit offenbar nur das Wesen der Gaben (daß sie geistlich sind, weil durch den Geist gewirkt und den Geist offenbarend) ausgedrückt, nicht aber die damit verbundene Gnade hervorgehoben werden soll. Wenn letzteres geschehen soll, werden die Gaben als „Gnadengaben“ bezeichnet (12,4.9.28.30.31), weil es Gnade ist, die sie verleiht und selbst zugleich mit diesen Gaben verliehen oder gegeben wird. Da die „Geistesgaben“ 1. Kor. 12 dort auch „Gnadengaben“ genannt werden und wir daraus sehen, daß hier beide Bezeichnungen dieselbe Sache vorstellen, nur von verschiedenen Gesichtspunkten aus, müssen wir vor Beantwortung des ersten Punktes erst noch den ersten Teil des zweiten Punktes der Frage berühren: ob die Röm. 12,6ff. genannten Gaben - die dort „Gnadengaben“ genannt werden - auch als „Geistesgaben“ bezeichnet werden können. Das Wort „Gnadengabe“ kommt, soviel wir feststellen konnten, 17mal vor. Wenn wir diesem Worte nachgehen, finden wir, daß dasselbe auf Gaben verschiedener Art angewandt wird: Röm. 1,11 im Blick auf das, was Paulus den Gläubigen in Rom durch seinen Dienst zu ihrer Befestigung usw. bringen wollte; im gleichen Briefe Kap. 5,15. 16 im Blick auf die „Gabe der Gerechtigkeit“; Kap. 6,23 im Blick auf das ewige Leben; Kap. 11,29 im Blick auf die dem Volke Israel gegebenen Verheißungen; Kap. 12,6 im Blick auf die verschiedenen Tätigkeiten der Gläubigen im Werke des HErrn; 1. Kor. 1,7 im Blick auf das Wort und die Erkenntnis und alles, was zum Zeugnis des Christus unter ihnen gegeben war; in demselben Briefe Kap. 7,7 im Blick auf leibliche Dinge; Kap. 12 im Blick auf „geistliche Gaben“; 2. Kor. 1,11 im Blick auf die persönliche Aufgabe und Befähigung des Apostels Paulus; 1. Tim.

4,14 und 2. Tim. 1,6 im Blick auf die Aufgabe und Befähigung des Timotheus, und 1. Petr. 4,10 im Blick auf den jedem einzelnen zugeteilten Dienst. Hieraus ersehen wir, daß es „Gnadengaben“ allgemeiner Art und „Gnadengaben“ persönlicher Art gibt:

I. „Gnadengaben“ allgemeiner Art, wie:

die geistlichen Darreichungen durch das Wort Gottes (wie Röm. 1,11), die jeder Gläubige entgegennehmen kann;

die „Gabe der Gerechtigkeit“ (Röm. 6,15.16) und das ewige Leben (Röm. 6,23), welches beides jedem Gläubigen geschenkt ist;

die Israel gegebenen Verheißungen (Röm. 11,29), die für „ganz Israel“ sind. (Obiges soll nicht etwa eine vollständige Liste dieser Art „Gnadengaben“ sein.)

II. „Gnadengaben“ persönlicher Art (wie Röm. 12,6-8 und in den oben aus 1. Kor. usw. aufgeführten Schriftstellen), die den einzelnen Gläubigen als besondere Gabe zu einem besonderen Zwecke - dem einen diese, dem anderen jene - zugeteilt werden.

Daß alle „Gnadengaben“, gleichviel welcher Art, durch den Heiligen Geist gewirkt sind bzw. mitgeteilt werden, ist wohl für uns keine Frage und bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen. Aber ob alle „Gnadengaben“ persönlicher Art - nur diese kommen hierfür in Frage - auch „Geistesgaben“ im Sinne von 1. Kor. 12 sind oder nicht, ist nicht so klar. Wir machen einen Vergleich der Röm. 12,6-8 genannten „Gnadengaben“ mit den 1. Kor. 12 aufgeführten „Geistesgaben“: Die Röm. 12,6 als erstes genannte „Weissagung“ ist auch 1. Kor. 12,10 mit genannt und folglich eine „Geistesgabe“. Die anderen Röm. 12 aufgeführten „Gnadengaben“ (Dienst; Lehren; Ermahnen; Mitteilen; Vorstehen; Barmherzigkeit üben) sind 1. Kor. 12 nicht genannt, können aber vielleicht in den dort aufgeführten Gaben mit gefunden werden: das „Lehren“ in „Wort der Weisheit“ und „Wort der Erkenntnis“ (V. 8), und in diesen beiden auch das „Ermahnen“ (denn dazu gehört Weisheit und Erkenntnis aus der Schrift und die Fähigkeit, sie dem anderen mitzuteilen); den „Dienst“ in „Hilfeleistungen“ (V. 28), und darin vielleicht auch

das „Mitteilen“ und das Barmherzigkeitüben“; und das „Vorstehen“ in „Regierungen“ (das „Steuern“; „Lenkung“. Wiese übersetzt: „Verwaltungen“). (V. 28) Solchenfalls könnten also die Röm. 12 genannten „Gnadengaben“ auch als „Geistesgaben“ betrachtet werden. Aber Röm. 12 werden die dort erwähnten Gaben nicht unter dem Gesichtspunkt betrachtet, daß der Geist Sich durch sie offenbart, wie dies 1. Kor. 12 geschieht, sondern unter dem Gesichtspunkt, daß den einzelnen für die ihnen zugeteilte Tätigkeit (ihren Dienst) die dazu notwendige Gnade verliehen ist (V. 6: „nach der uns verliehenen Gnade“). Wir tun daher gut, bei der Bezeichnung zu bleiben, die der Heilige Geist gerade anwendet, um nicht durch eine andere Bezeichnung einen Gedanken in die betreffende Schriftstelle hineinzutragen, den der Heilige Geist nicht damit verbindet. - Aus Vorstehendem ergibt sich, daß es nicht möglich ist, die Zahl der „Geistesgaben“ festzustellen, weil wir die Linien nicht so klar ziehen können. Und selbst wenn wir uns hierbei auf 1. Kor. 12 beschränken wollten, könnten wir es nicht, weil auch da uns nicht eine klare Liste der „Geistesgaben“ gegeben ist. Das war nicht die Absicht des Apostels. Wohl finden wir in V. 8-10 eine Aufführung von neun Geistesgaben, aber wenn wir V. 28 lesen, empfinden wir, daß die Aufzählung der „Geistesgaben“ nicht eine erschöpfende Liste sein soll - hier finden wir noch: „Hilfeleistungen“, „Regierungen“ -, sondern nur geschehen ist, um uns die weise Ordnung Gottes in der Verteilung der verschiedenen Dienste und die verschiedene Wichtigkeit dieser Dienste vor unsere Augen zu führen. Dazu kommt noch, daß von den aufgeführten „Geistesgaben“ einige nicht mehr vorhanden sind. Die Röm. 12,6-8 genannten „Gnadengaben“ gibt es noch und wird es geben, solange die Versammlung (Gemeinde) hier ist. Von den 1. Kor 12 aufgeführten „Geistesgaben“ aber sind diejenigen in Wegfall gekommen, die den Charakter von „Zeichen“ tragen, durch die am Anfang „der HErr mitwirkte und das Wort bestätigte“, wie es Mark. 16,20 heißt. Das sind: die „Gnadengaben der Heilungen“ (wenn auch noch manchmal auf das Gebet des Glaubens hin wunderbare Heilungen geschehen mögen, so doch nicht mehr in der Weise wie zu Anfang - denken wir z. B. an die Heilung des Lahmen, Apgesch. 3,1-10! - und nicht mehr durch diese Gabe); „Wunderwirkungen“ („Wunderkräfte“); „Arten von Sprachen“ (oder „Zungen“), und „Auslegung von Sprachen“. Diese haben aufgehört, nachdem sie ihren obenerwähnten Zweck erfüllt hatten. (Betreffs der „Sprachen“ oder „Zungen“ siehe 1. Kor. 13,8-10, wo wir sehen, daß die „Sprachen“ „aufhören“ sollten - als der

Brief geschrieben wurde, waren sie noch -, und sie haben aufgehört, wogegen „Prophezeiungen“ und „Erkenntnis“ „weggetan“ werden sollen, wenn „das Vollkommene gekommen sein wird“, das ist dann, wenn der HErr kommen und uns heimholen wird in Seine Herrlichkeit. Hierzu vgl. auch „Handreichungen“ Bd. 2, S. 101 u. 102.) -

Die Liebe 1. Kor. 13 ist nicht zu den „Geistesgaben“ zu rechnen. Wie schon gesagt, sind „Geistesgaben“ besondere Gaben zu besonderen Zwecken an die einzelnen Gläubigen, die Liebe aber ist in das Herz eines jeden Gläubigen ausgegossen durch den Heiligen Geist (Röm. 5,5), und Dieser möchte sie in jedem Gläubigen zur Entfaltung und Betätigung bringen als den rechten Beweggrund für die Ausübung der in Kap. 12 genannten „Geistesgaben“. Die Liebe gehört mit zu der „Frucht des Geistes“. (Gal. 5,22) Der Unterschied zwischen „Gabe“ und „Frucht“ kommt schon in diesen beiden Worten selbst zum Ausdruck: Eine „Geistesgabe“ ist einem Gläubigen gegeben als „Offenbarung des Geistes“, die „Frucht des Geistes“ aber wird in einem Gläubigen hervorgebracht durch die Wirksamkeit des Geistes.

„Glaube“ als „Geistesgabe“ kann selbstverständlich nicht den Glauben im allgemeinen Sinne bedeuten - Glauben, durch den wir errettet sind und Besitz nehmen von allem, was Gott jedem Seiner Kinder schenken will, denn diesen Glauben besitzen alle Kinder Gottes. Hier aber handelt es sich um eine besondere Gabe an einen oder den anderen Gläubigen, denn es heißt: „einem anderen aber Glauben in demselben Geiste“. (V. 9) Es muß demnach Glaube in einem besonderen Sinne sein, außer dem allgemeinen, allen Gläubigen geschenkten Glauben - Glaube, der nicht nur wirklich auf Gott vertraut und dem nichts zu groß und nichts unmöglich erscheint - so sollte ja unser aller Glaube sein! -, sondern der auch gewiß weiß, Gott gibt oder tut das Erbetene, so, wie es erbeten ist! Schreiber dieser Zeilen las einmal folgende kleine Geschichte: Ein Diener des HErrn befand sich auf der Überfahrt über den Kanal nach England. Er mußte notwendig zu einer bestimmten Zeit an seinem Bestimmungsort sein. Aber es herrschte dichter Nebel, und die Fahrt konnte nur ganz langsam vor sich gehen. Da bat der Diener des HErrn den Kapitän, er möchte mit ihm zusammen wegen des Nebels beten. Beide knieten nieder, und der Diener des HErrn betete, daß Gott den Nebel wegnehmen möchte, damit er noch rechtzeitig an seinen Bestimmungsort kommen könne. Nachdem er gebetet

hatte, sagte er dem Kapitän, er brauche nicht noch zu beten; er wisse, daß sein Gebet erhört sei. Und es war so - der Nebel verschwand. Das ist es, was mit „Glauben“ als „Geistesgabe“ gemeint ist. Dieser Glaube ist eine besondere Gabe. -

Die „Zungengabe“ als hervorragendste „Geistesgabe“ zu werten ist völlig unbegründet. Diese Gabe an sich gibt hierzu gar keinen Anlaß, und das Wort Gottes gibt dieser Gabe nicht nur nicht einen solchen Platz unter den „Geistesgaben“, sondern das Gegenteil: Bei der Aufzählung der Gaben 1. Kor. 12 kommt das Zungenreden und dessen Auslegung immer zuletzt (V. 10 und 30); Kap. 13 wird, wie schon obenerwähnt, von den „Sprachen“ (oder „Zungen“) gesagt, daß sie „aufhören“ sollten (und sie haben aufgehört), im Gegensatz zu anderen, die bleiben, solange die Versammlung (Gemeinde) hier ist; Kap. 14 wird wieder und wieder gezeigt, daß „Weissagen“ mehr wert ist als das „Reden in Sprachen“ - V. 5 wird gesagt, daß der größer ist, welcher weissagt, als der, welcher in Sprachen redet, und V. 39 werden die Korinther ermahnt: „... eifert danach, zu weissagen, und wehret nicht, in Sprachen zu reden.“ Das „wehret nicht“ zeigt so recht den geringen Wert, den der Apostel auf das „Reden in Sprachen“ (das „Zungenreden“) legte. Darum ist es eine beklagenswerte Verirrung in doppelter Weise, wenn Gläubige jetzt nach „Zungenreden“ trachten und dasselbe als etwas Großes hinstellen, denn erstens hat das echt biblische Zungenreden längst aufgehört, und zweitens nahm es unter den „Geistesgaben“ den untersten Platz ein. Solches Trachten ist gegen das Wort. Was Gott hat aufhören lassen, weil es nicht mehr am Platze ist, sollen wir nicht wieder herbeizuholen verlangen, sonst bieten wir dem Feind Gelegenheit, uns das Begehrte vorzutäuschen und auf diese Weise uns und anderen großen Schaden zuzufügen, wie die Vergangenheit es reichlich gelehrt hat in der „Pfingstbewegung“ und in anderen Sachen. Und jetzt mehr denn je ist der Feind bemüht, durch allerlei falsche, aber sehr schön, fromm, tiefgläubig und tiefschöpfend klingende Lehren (z. B. die Lehre von der „Allversöhnung“ oder „Allaussöhnung“!) irrezuführen und noch nicht errettete Seelen vom Ergreifen des Heils in Christo fernzuhalten. Seien wir nüchtern und wachsam!

Am Schlusse von 1. Kor. 12 (V. 31) sagt der Apostel: „Eifert aber um die größeren Gnadengaben“ - das sind die auch jetzt noch vorhandenen -; „und einen noch weit

vortrefflicheren Weg zeige ich euch.“ Und dann folgt das wunderbare Kapitel der Liebe - Kap. 13. Das sei es, worum wir eifern und wonach wir trachten! -

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Mit dieser ausführlichen und sehr tiefgehenden, dabei aber für Forscher noch Fragen offen lassenden, schönen Antwort hat unser lieber Mitarbeiter hoffentlich nicht nur dem Fragesteller (in Polen!), sondern auch vielen anderen Lesern einen guten Dienst tun dürfen, d. h. wenn die werten Leser sich dienen lassen wollen!

Ich füge noch einiges bei, unser Mitarbeiter wünschte es sehr.

Je und dann haben die „Handreichungen“ sich mit Fragen zu beschäftigen gehabt, die durch die Irrtümer der sogenannten „Pfingstkreise“ oder der „Zungenbewegung“ entstanden waren, so in Jahrb. 6, Frg. 13 und bei anderen Gelegenheiten. Aus derselben Grundlage ist vorliegende Frage erwachsen, wie der letzte Teil derselben deutlich offenbart. - Die „Pfingstler“, durch die soviel Verwirrung gebracht ist über die Gemeinde des HErrn, können es nie vertragen, zurechtgewiesen zu werden, daß die „Zungengabe“ aufgehört habe und außerdem die gemeindlich geringste Gabe gewesen sei, und darum hat Schreiber dieses auch oft von der Zungenbewegung Angehörenden recht unfreundliche Worte zu hören und zu lesen bekommen, die ihn aber nicht verwundern und auch nicht irremachen können in der striktesten Ablehnung dieser ihm aus eigenster mehrjähriger Anschauung bekannten Sache als einer vom Feind ins Dasein gerufenen in jeder Hinsicht schriftwidrigen Bewegung. Und dabei hat die Zungenbewegung mit ihrem vorherrschenden Element der zungenredenden Frauen ja selber sich stets wieder als schriftwidrig dokumentiert, wie auch unser Mitarbeiter Br. F. Btchr. in seinem in Jahrbuch 14, S. 49 veröffentlichten und im Verlage der „Handr.“ als Sonderdruck für 0,10 RM erschienenen Aufsatz „Prüfet die Geister!“ nachgewiesen hat, indem er zeigt, daß in keiner der in Frage kommenden Stellen der Schrift je Frauen mit der Zungengabe ausgestattet

also in 1. Kor. 14 über Zungenreden gesprochen wird, so wäre, falls Frauen diese Gabe empfangen hätten, zwischen den von ihr handelnden Stellen und dem genannten V. 34f. ein wirklicher Widerspruch, der aber in der Schrift nicht möglich ist! Genug hiervon!

Über „Geistesfrucht“ („Frucht des Geistes“) nach Gal. 5,22 habe ich u. a. in Jahrb. 6 einen längeren Aufsatz geschrieben, auf den ich den Fragesteller hinweise. Geistesfrucht ist organisch von innen aus dem in unserem erneuerten Geiste tätigen Geiste Gottes hervorwachsend; sogenannte Geistesgabe (s. u.!) ist unabhängig von organischem Wachstum und ebenso von unserem eigenen inneren Zustande, es ist eine Gabe, zu deren Dasein wir nichts zu tun haben, obwohl ein Streben danach (Bitten darum) uns möglich ist (1. Kor. 12,31); aber auch ein noch so treuer Wandel bewirkt nicht das organische Hervortreten der betreffenden Gabe. Sie ist eine Wirkung der absoluten Souveränität des Geistes. Außerdem ist Geistesfrucht nach der Schrift ein Ganzes, das sich aus köstlichen Eigenschaften zusammensetzt, während die Gabe ein Hervortreten („Offenbarung“ V. 7, vgl. Antwort A!) besonderer Einzelfähigkeiten ist.

Antwort A zeigt, daß der Ausdruck „Geistesgaben“ nicht streng biblisch ist. Das Wort zu Anfang von 1. Kor. 12,1 und 14,1, das unser Mitarbeiter mit „Geistliches“ wiedergibt, ist das gleiche, das mehrfach Personen beigelegt ist, z. B. in Gal. 6,1: „ihr, die Geistlichen“, ebenso aber auch in 1. Kor. 2,15; 3,1; 14,37. Der Merkwürdigkeit halber sei mitgeteilt, daß es Übersetzungen gibt, die das Wort in 1. Kor. 12,1 auch auf Personen an gewandt wissen wollen, aber das scheint mir gänzlich abwegig zu sein. Es ist ein Wort, das, wenn nicht auf Personen bezogen, notwendig, auch wenn im Grundtext keine steht, im Deutschen eine Ergänzung verlangt, so in 1. Kor. 2,13 oder Röm. 15,27, und so auch in unseren beiden Stellen 1. Kor. 12,1 und 14,1. Soll man nun sagen „Gaben“, also „Geistesgaben“? Wäre es nicht viel richtiger, von „Geisteswirkungen“ zu reden nach V. 6ff.! Ich möchte dies vorschlagen. Dann bliebe das schöne Wort „Gnadengaben“, das, wie auch Antwort A zeigte, so oft genannt wird, auch in 1. Kor. 12, für sich bestehen, als Wirkung des Geistes wohl, aber nicht so sehr als Seine Gabe, sondern vielmehr als die der Gnade. Der Geist ist eine göttliche Person, die Gnade entspringt dem Wesen Gottes: Licht und Liebe. Im Grunde ist es wohl das gleiche, aber von verschiedenen Gesichtspunkten aus gesehen, und die Gnadengaben sind ebenso „Geisteswirkungen“ wie die

übrigen nicht als „Gnadengaben“ bezeichneten Dinge. Alles in allem aber widerspricht diese Darstellung der Schrift der Meinung, als seien die Geistesgaben, lies Geisteswirkungen, ein zählbares Häuflein! Nein, nur: Im Korintherbrief sind die angeführt, die für die Korinther von Wichtigkeit waren (zum Teil weil sie sie unter- oder auch überschätzten), aber ihre Anzahl ist nicht begrenzt auf 9 oder 10 oder 20, sondern je nachdem „wie Er will“ (V. 11), wie Er es für gut hält, teilt Er aus, teilt Er mit, wirkt Er allsouverän, gleichwie der Leib viele Glieder hat (wie viele?!!) und alle nötig sind. Noch sehr vieles wäre zu sagen, z. B. auch über die „Gaben“ nach Eph. 4, das Gesetztsein nach 1. Kor. 12,28, aber es führt hier zu weit, und es ist auch gut, wenn zum Weiterforschen Stoff bleibt. Ader die von zahlenmäßig beschränkten „Geistesgaben“, „Gaben“ der Gnade usw. reden, die suchen Gott in ein System einzuzwängen und denen ist auch die Zungengabe etwas ganz besonders Hohes. Wer aber Gott als den Unendlichen zu kennen sucht, der fragt nicht nach dem „Wieviel?“, sondern nach dem „Wie?“, und dann kommt er zu 1. Kor. 13, zur Liebe, und da hört das Zählen, das Schematisieren, das Katalogisieren, das Systematisieren, das Einschränken in menschliche Maße auf, und das Wasser reicht weiter als nur bis zu den Knöcheln, bis zu den Hüften, bis zur Brust - es ist wie vergleichsweise in Hes. 47,5 ein unermeßlicher Strom des Wesens Gottes!

Mögen wir Gnade nehmen, „Gnade um Gnade“ nach Joh. 1,16, um in diesen Kostbarkeiten unseres Gottes zu „schwimmen“ und uns dann auch von Ihm gebrauchen und begaben zu lassen, „wie Er will“! (V. 11)

Er sei ewig gepriesen für Seine unausschöpfbare Gnade und Herrlichkeit, die Er uns geoffenbart hat und worinnen Er uns atmen, leben und forschen läßt, bis „das Vollkommene gekommen sein wird“. (1. Kor. 13,10!)

„Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; die größte aber von diesen ist die Liebe.“ (V. 13)

F. K.

Frage 8

Ist nicht ein Gegensatz vorhanden zwischen Jak. 1,21 und 1. Petri 2,1, indem Jakobus nur „alles Übermaß von Schlechtigkeit“ abzulegen ermahnt, während Petrus sagt: „Leget nun ab alle Bosheit ...!“

Antwort des Schriftleiters

Ja, ein Gegensatz wäre tatsächlich vorhanden, wenn die Übersetzung, die der Jakobusstelle hier zugrunde liegt, die richtige oder, vorsichtig gesagt, die einzig mögliche und wahrscheinliche wäre. Wenn wir Gläubigen nur das Übermaß von Schlechtigkeit ablegen sollten, die Schlechtigkeit (Bosheit) selber aber ruhig im Herzen weiter wirken lassen dürften, so wäre nicht nur ein Gegensatz vorhanden gegen die Petrusstelle, sondern vor allen auch gegenüber der Lehre des Paulus, wie denn ja sowieso so oft gefaselt wird, zwischen Paulus und Jakobus bestünden tiefgreifende Gegensätze. Das ist nicht wahr, sondern jeder behandelt den Glauben von besonderen Gesichtspunkten aus. Das nur beiläufig, aber wenn Paulus sagt: „Haltet euch der Sünde für tot“ (Röm. 6), oder wenn man z. B. nur Kol. 3,5-11 liest, dann möchte man doch sagen: Da ist doch Jakobus der mildere, der erlaubt das Böse in uns, aber vor dem Übermaß von Bosheit sollen wir uns hüten! Andere Ernstere wiederum könnten verzweifelnd sagen: Ach, es nützt ja doch alles nichts, der gleiche biblische Schreiber, der da sagt: „wir alle straucheln oft (mannigfaltig)“ (3,2), der empfiehlt auch, nur die groben Dinge abzulegen, die Bosheit selbst bleibt doch drinnen! Es hilft nichts, wir bleiben gebunden, gefangen in der Sünde, die heiligen Schreiber helfen einem nicht, geraten nur noch selber in Gegensätze gegeneinander; es ist zum Verzweifeln! Und wo ist die Grenze nach oben oder unten, wenn nur „das Übermaß der Bosheit“ abgelegt werden soll? Ja, so wäre es, wenn diese Übersetzung die einzig mögliche wäre! Und wer auf seine „Elberfelder Übersetzung“ pocht und keine, wenigstens zum Vergleichen, daneben nötig zu haben meint - wie so oft haben die „Handreichungen“ empfohlen, andere Übersetzungen mit zum Vergleichen zu nehmen, wenn wir auch für den

Menge: „den letzten Rest der Bosheit“;

Miniaturbibel: „den ganzen Vorrat von Bosheit“;

Wiese: „jeden Überrest böswilliger Gesinnung“.

Ich denke, das genügt! Luther übrigens sagt einfach „alle Bosheit“; der will mit dem Wort „alle“ auch wirklich alles gesagt sein lassen.

Sind denn nun diese Übersetzungen erlaubt? Durchaus, vor allem, wenn man das griechische Wort oder ihm stammverwandte häufige Worte an folgenden Stellen vergleicht, z. B. Matth. 14,20; 15,37; Mark. 8,8; Luk. 9,17; Joh. 6,12.13. Hier heißt es doch ganz offensichtlich die „übriggebliebenen“ (Brocken), und so meine ich, daß die befriedigendste Übersetzung sein dürfte: „leget ab alle Überbleibsel der Bosheit“ (vgl. v. Eß und Menge!). Ich hoffe, mit dieser Angabe denen einen Dienst zu tun, die Schwierigkeiten haben, weil sie entweder mit dem Worte „Übermaß“ sich nicht zufrieden erklären können oder weil sie fürchten, nie zu einem Leben des Sieges gelangen zu können. Es ist für solche doch geradezu beruhigend, sich sagen zu dürfen: das Grobe ist schon am Kreuz gesühnt, getragen, besiegt, beseitigt durch meinen Herrn Jesus Christus, aber die Reste, die Überbleibsel, die aus dem Untergrund unserer alten Natur, unseres „Ichs“, noch mal aufsteigen können, die habe ich in der Kraft des Kreuzes persönlich abzulegen, von denen soll ich mich im täglichen Leben lösen, praktisch nichts mit solchen „Überbleibseln“ zu tun haben wollen: weg damit, sie hindern, sie sind keinem zum Segen, es dient mir zum Leid und anderen zum Unsegen, wenn ich mich nicht zu lösen vermag von allen geistlichen Unsauberkeiten und jedem an die Oberfläche meines Lebens dringenden Überbleibsel von Bosheit, einer Bosheit, die seit Christi Tod und Auferstehung keine Lebensberechtigung mehr für die hat, die nach Seinem eigenen Willen durch das Wort der Wahrheit gezeugt sind, auf daß sie eine Erstlingsfrucht Seiner Geschöpfe seien. (V. 18)

Also auch hier bei Jakobus wie bei Petrus, wie bei Paulus (wie auch bei Johannes in anderen Worten) das „leget ab!“ Das radikale, uneingeschränkte „leget ab!“ Der Totalitätsanspruch des

HErrn an unser neues, geistliches, Ihm geweihtes Leben! Wie ernst ist das, aber auch wie heilig-herrlich, weil es möglich ist, möglich durch die Wirkung Seines Geistes, der Sein Wort uns zur Lebenskraft macht. (V. 21b.22!) Gelobt sei Gott!

Und was gehört z. B. zu solchen „Überbleibseln“ der Bosheit, die abzulegen sind? O alles kann dazu gehören, sicher aber sind bei Jakobus die Sünden der Zunge vor allem mit eingeschlossen. (Vgl. V. 26 und Kap. 3!) Wieviel Leid richten sie an, wieviel Elend in den Häusern und in den Gemeinden! Meint Petrus das nicht auch mit, gerade in 1. Petr. 2,1? Ach, Geliebte, alle Apostel warnen davor, ja, die ganze Schrift tut es (Sprüche Sal.!), und warum? Weil es etwa nicht nötig wäre? O wie so nötig haben wir solche Warnungen! Der HErr gebe uns Gnade - und Er tut es auch -, laßt sie uns nur nehmen (Hebr. 12,28!), um die ganze Ermahnung von Jak. 1,21 recht praktisch auf uns anwenden zu können Tag für Tag, bis hin zum nicht mehr fernen Ziel! Und dann geht's heim zu Ihm in die dann tatsächliche „Ewige Freiheit“ von allen Gebundenheiten, die uns hienieden noch zu schaffen machten. „Leget ab!“ (Jak. 1,21; 1. Petr. 2,1; vgl. Röm. 13,12; Kol. 3,8 u. a.)

Der HErr sei gepriesen für Sein kostbares Wort!

F. K.

Elia in Zarpath.

(1. Kön. 17,7-24)

Am Bache Krith hatte Elia die Treue seines Gottes erfahren. Gehorsam der Anweisung des HErrn: „Aus dem Bache wirst du trinken“, hatte er aus dem Bache getrunken. Dann aber lesen wir Worte, die uns fast unmöglich erscheinen: „Da vertrocknete der Bach.“ Konnte der Bach vertrocknen, wenn Gott bestimmt hatte, daß Sein Prophet daraus trinken sollte? Was konnte das bedeuten? War Elia nicht an dem rechten Platze? War er verkehrt gegangen und nicht an dem richtigen Bache? Unmöglich! Denn Gott hatte den Raben geboten, ihn daselbst zu

solche Erfahrungen und wie geheimnisvoll Gottes Wege! Man ist sich gewiß, nach dem Worte des HErrn zu stehen und zu wandeln und erfährt dann scheinbar ein Versagen von seiten Gottes. Wie wird in solchen Umständen unser Glaube geprüft! Kühn hatte Elia vor dem König bezeugt, daß er vor dem lebendigen Gott stehe, und nun vertrocknet der Bach. Wird sein Glaube nun noch ausharren? - Gott ist größer als die Quellen, die Er gegeben. Sie mögen vertrocknen, Gott aber bleibt! Hier, an dem vertrocknenden Bache mußte der Prophet lernen, Gott mehr zu vertrauen als den dargebotenen Gaben.

Ähnliche Erfahrungen machten einst die zwei Schwestern in Bethanien. (Joh. 11) Krankheit und Tod hielten in ihrem stillen Hause Einkehr. Ihres Bruders beraubt, befanden sie sich gleichsam dem vertrockneten Bache gegenüber. Dieser Trübsalsweg aber diente zur Herrlichkeit Gottes, damit der Sohn Gottes verherrlicht werde. Und das, wodurch der Sohn Gottes verherrlicht wurde, brachte Segen den Heiligen. Der Tod mochte Lazarus hinwegnehmen, aber Jesus, der Sohn Gottes, blieb! Das Aufhören der Quelle des irdischen Lebens diente zur Offenbarung der Quelle der Liebe, die nie versagt, einer Quelle der Kraft ohne Grenzen.

So war es auch in den Tagen des Propheten. Der vertrocknete Bach diente zur Entfaltung größerer Herrlichkeit Gottes und reicherer Segnung Elias. Gott ließ es geschehen, um den Propheten von dem versagenden Bach hinweg zu dem Mehl, welches nie versagt, und dem Öl, welches niemals mangelt, zu führen und um Sich ihm dort als den Gott, der Tote auferweckt, zu enthüllen. Der Bach vertrocknete, damit Elia neue Erfahrungen von der Herrlichkeit, Macht und Gnade seines Gottes machen sollte.

Ist es heute anders? Wir alle gebrauchen irdische Quellen, und Gott weiß, daß wir sie für unser irdisches Leben bedürfen, und doch läßt Gott das Vertrocknen unseres Baches oft zu. Krankheiten, Verluste kommen, Unterstützungen hören auf, Quellen versiegen, und wir stehen gleichsam vor dem vertrockneten Bach. Wie gut, in solchen Tagen des Zusammenbruches unserer irdischen Hoffnungen dem lebendigen Gott zu vertrauen und zu Seinem Willen und Seinen Wegen im Glauben „ja“ zu sagen! Trübsalswege werden von Gott oftmals gebraucht, um uns die Quelle Seiner Liebe und uns Segnungen zu öffnen, die wir zuvor nicht kannten. Möchten

wir es mehr im Glauben erfassen, daß Gott in allen Lagen genug ist und es Ihm nie an Mitteln und Wegen fehlt, Seine Macht und Hilfe zu offenbaren, wenn Seine Absichten bei uns erreicht sind.

Gott vergaß Seinen Knecht nicht. Als der Bach vertrocknet war, gab Er ihm weitere Wegweisung. Die Art und Weise aber, wie Er für ihn sorgte, diente dazu, ihn auf dem Wege des Glaubens zu erhalten. Sein Auftrag lautete: „Mache dich auf, gehe nach Zarpath, das zu Zidon gehört, und bleibe daselbst; siehe, Ich habe daselbst einer Witwe geboten, dich zu versorgen.“

Wie im Anfang, so finden wir auch in diesem Befehl des HErrn wieder die bemerkenswerten drei Worte: „Daselbst“, „geboten“ und „versorgen“. Er, der einst den Raben gebot, gebot jetzt einer Witwe - der für das „daselbst“ den Bach Krith bestimmte, bestimmte dafür jetzt Zarpath - und der die Versorgung Seines Knechtes damals Raben übertrug, übertrug sie jetzt einer armen Witwe. Die Umstände wurden verändert, Jehova aber blieb derselbe.

Mit diesem Auftrag mußte Elia das verheißene Land verlassen und in eine Stadt der Heiden gehen. Manche Beispiele der Schrift zeigen uns, daß, wenn Menschen oder Völker Gott und Sein Wort verlassen, Gott Sich in der Unumschränktheit Seiner Gnade solchen zuwendet, die bereit sind, ihr Herz Seiner Stimme zu öffnen und von Seiner Gnade Gebrauch zu machen. Als der HErr in Matth. 15 Sein Urteil über die blinden Leiter der Blinden ausgesprochen und das heuchlerische Herz des Volkes bloßgelegt hatte, ging Er in die Grenzen von Tyrus und Sidon und brachte Seine Gnade einem kananäischen Weibe, die kein Anrecht darauf hatte. (Vgl. Apgesch. 18,46.48)

In dieses Gebiet wurde jetzt Elia gesandt. Israel hatte auf die züchtigende Hand Jehovas nicht geachtet. Nun wurde Elia zu einem Weibe gesandt, das, entfremdet dem Bürgerrecht Israels, keine Hoffnung hatte und ohne Gott in der Welt war. (Eph. 2,12) Diese sollte ihn versorgen, und er sollte ihr zu einem Kanal der Gnade Gottes werden.

Für Elia war dieser Weg eine nicht geringe Prüfung. Können wir verstehen, was es für Elia sein mußte, daß er, der Prophet Jehovas, Jehovas Land verlassen und in das Land der Heiden gehen

sollte, und noch dazu in das Land, dem die gottlose Isebel entstammte, die den Baalsdienst in Israel eingeführt und die Propheten Jehovas ermordet hatte?! Und nicht allein das, er, der Knecht Jehovas, sollte sich dort von einer Witwe versorgen lassen! Wenn er die Witwe hätte ernähren sollen, so wäre die Probe für Elia nicht so hart gewesen. Nun aber war es umgekehrt. Wie sehr mußte ein Aufenthalt in Zidon seinem jüdischen Empfinden und seine Ernährung von einem Weibe seiner Mannesehre entgegenstehen! Das aber war der Weg, den Gott ihn wies. Wahrlich, ein schwerer Weg!

Nun kam die Entscheidung für Elia. Wird er den Weg gehen? Macht er Einwendungen? Keine Widerrede kommt über seine Lippen, Gott hatte geredet, und er macht sich auf und geht. Dieser einfache und sofortige Gehorsam bewies, daß er vor Jehova, dem Gott Israels, stand. Das Kennzeichen eines Knechtes ist, dem Willen seines Herrn unterworfen zu sein. Tragen wir dieses Kennzeichen? - Gewiß, der Weg des Gehorsams ist kein leichter Weg. Er erfordert beständige Selbstverleugnung, und wir können ihn nur gehen, wenn unser Glaube auf Gott ruht und Herz und Gewissen und Wandel mit Seinem Wort und Willen übereinstimmen.

Wie köstlich ist Elias Gehorsam! Können wir nicht etwas von ihm lernen? Warum finden wir soviel Schwäche bei uns? Ist es nicht, weil wir lieber unseren eigenen Willen als den Willen des HErrn tun? Gehorsam, Kraft und Segen gehen im Glaubenswandel zusammen. Aber unsere Überlegungen und unser Besserwissen machen uns oft zu unnützen Knechten.

Im Glauben, gehorsam dem Worte des HErrn, machte Elia sich auf und geht nach Zarpath. Nun handelt es sich für ihn darum, die Witwe zu finden, die seine Wirtin werden soll. Am Eingang der Stadt begegnet ihm eine Witwe, die gerade daran ist, ein paar Holzstücke aufzulesen. Ihre dadurch offen zutage tretende Armut stört ihn nicht. Er weiß, daß es für Jehova kein Hindernis gibt, durch viel oder wenig zu helfen. (1. Sam. 14,6) Und ebenso weiß er, daß Jehova schon mit der Witwe, die ihn versorgen soll, geredet und Auftrag dazu gegeben hat. Auf Grund dieser Tatsache ruft er ihr zu: „Hole mir doch ein wenig Wasser im Gefäß, daß ich trinke!“ Was wird sie nun tun? Mit welcher Aufmerksamkeit mag Elia sie beobachtet haben!

suchen und heimführen sollte. Als Rebekka an die Quelle kam, bat auch er um ein wenig Wasser aus ihrem Kruge (1. Mos. 24), um an ihrer Willigkeit zu erkennen, daß sie die für Isaak bestimmte Braut sei. Und daran, daß die Witwe willigen Herzens hinging, um Wasser zu holen, mußte auch Elia erkennen, daß Gott ihr Seinen Auftrag, ihn zu versorgen, ins Herz gegeben habe, denn dem natürlichen Herzen entspricht eine solche Bereitwilligkeit nicht, sondern vielmehr das Verhalten Nabals: „... Soll ich mein Brot und mein Wasser nehmen ... und es Männern geben, von denen ich nicht weiß, woher sie sind?!“ (1. Sam. 25,11) Wenn bei der herrschenden Dürre der Bach vertrocknete, so hatte die Witwe sicher keinen Überfluß an Wasser, und ihre Bereitwilligkeit, den Propheten damit zu versorgen, mußte Elia deshalb ein sicheres Erkennungszeichen sein, die von Gott bestimmte Witwe vor sich zu haben. Auf ihrem Gange, ihm das Wasser zu bringen, ruft er ihr nun nach: „Hole mir doch einen Bissen Brot in deiner Hand!“

Diese weitere Forderung brachte die wahre Lage dieser armen Witwe ans Licht. Sie verbirgt ihm nichts und spricht: „So wahr Jehova, dein Gott, lebt, wenn ich einen Kuchen habe außer einer Handvoll Mehl im Topfe und ein wenig Öl im Kruge! Und siehe, ich lese ein paar Holzstücke auf und will hineingehen und es mir und meinem Sohne bereiten, auf daß wir es essen und dann sterben.“

Sie erkennt in dem Fremdling einen Juden und spricht zu ihm von Jehova, seinem Gott, nicht ihrem Gott. Sie hatte gleich Tausenden heute eine gewisse Kenntnis von dem lebendigen Gott, aber diese Kenntnis war ohne Nutzen für sie. Ihr Vertrauen war nicht der lebendige Gott, ihr Vertrauen ruhte auf dem Mehl im Topfe und dem Öl im Krug. Darüber hinaus gab es für sie kein Leben. „Essen und sterben“ war ihre Sprache. Und gleichen wir nicht oft noch der Witwe und sehen nur auf das Vorhandene und nicht auf den lebendigen Gott, in dessen Hand unser Leben ist? Als der HErr die Volksmenge speisen wollte, da zählten die Jünger das Geld, die Brote und die Fische, aber mit dem HErrn in ihrer Mitte rechneten sie nicht. Sind sie unser Bild?

Die Witwe war am Ende ihrer Hoffnung auf Erhaltung ihres Lebens und enthüllte ihre verzweifelte Lage offen dem Propheten. Darauf ruft Elia ihr zu: „Fürchte dich nicht!“ Wie

tröstlich mochten diese Worte ihr Herz berührt haben! Aber dann folgt sofort: „Gehe hinein, tue nach deinem Worte, doch bereite mir zuerst einen kleinen Kuchen davon und bringe ihn mir heraus; und dir und deinem Sohne bereite danach.“

Wie hart, ja unverschämt erscheint es dem natürlichen Herzen, von einer vor Hunger sterbenden Witwe zu verlangen, einem Fremden zuerst und danach sich und ihrem Sohne Speise zu bereiten. Warum sollte sie den Propheten vorgehen lassen und ihm zuerst bereiten? Sie sollte Gott in der Person Seines Knechtes sehen und erkennen, daß alles, was sie besaß, ihr von Gott anvertraut war und Er somit auch den ersten Anspruch daran hatte. Dieses göttliche Anrecht an das Mehl und Öl der Witwe beanspruchte Gott jetzt durch Seinen Knecht. Wir sind so geneigt, den uns anvertrauten Besitz als unseren eigenen anzusehen, anstatt uns zu erinnern, daß alles, was wir sind und haben, dem HErrn gehört und wir schuldig sind, es Ihm auf Seinen Wink zurückzugeben. Die Forderung, zuerst dem Propheten zu bereiten, war eine Prüfung sowohl für die Witwe als auch für Elia. Menschlich gesprochen mußte es für Elia unendlich schwer sein, der Witwe, deren Lebenshoffnung an diesem letzten Mehl und Öl hing, den göttlichen Anspruch daran zu stellen, und noch schwerer, auch von ihr anzunehmen. Er aber stand jetzt hier als Jehovas Knecht, der seine Person und seine Gefühle ganz beiseite zu setzen hatte. -

So hatten einst zwei Jünger dem HErrn ein Füllen zu bringen. Er war der Herr, und als solcher fordert Er es von den Besitzern mit den Worten: „Der HErr bedarf seiner.“ Die Besitzer des Füllens beugten sich widerspruchslos unter Seine Oberhoheit und Forderung und überließen es dem HErrn. Ebenso sollte jetzt die Witwe die Oberhoheit und die Ansprüche Jehovas an ihren Besitz in der Forderung anerkennen, Seinem Knechte zuerst und sich und ihrem Sohne danach zu bereiten.

Was Gott auch immer fordern mag, Er reicht auch zum Gehorsam die dafür nötige Kraft dar. Als Gott der Witwe Seine Forderung stellte, stärkte Er auch gleichzeitig den Glauben der Witwe durch die sichere Zusage: „Das Mehl im Topfe soll nicht ausgehen und das Öl im Kruge nicht abnehmen bis auf den Tag, da Jehova Regen geben wird auf den Erdboden.“ Wenn alle Dinge

Gott möglich sind, dann ist auch dem Glaubenden alles möglich. (Mark. 9,23; 10,27) Die Witwe vertraute Jehova und tat nach Seinem Wort, und die Folge war, daß ihr Haus keinen Mangel kennenzulernen brauchte.

Eine ernste Glaubensprobe war überstanden. Sie versorgte Gottes Knecht und Gott versorgte sie. Überall um sie herum war Not und Tod, in ihrem Hause Leben und Genüge. Glückliche Witwe! Hätte sie erst für sich selbst und ihren Sohn gesorgt, sie würde für den Knecht Gottes nichts übrig behalten haben, und sie selbst wäre vor Hunger umgekommen.

Laßt uns von der Witwe lernen, das vom HErrn uns anvertraute Gut Ihm zur Verfügung zu halten, so wird Er es vermehren, und wir werden keinen Mangel haben. So war es bei der Witwe. Das Mehl im Topfe ging nicht aus, und das Öl im Kruge nahm nicht ab, nach dem Worte Jehovas, das Er durch Elia geredet hatte. So stand das Haus der Witwe unter der segnenden Hand Gottes. Ja, es ist so, wir können dem HErrn nichts geben, ohne von Ihm zu empfangen. Tag für Tag war in ihrem Hause für jedes Bedürfnis zur Genüge vorhanden. Gott gab keinen Vorrat für den morgenden Tag, kein Sack Mehl, kein Faß Öl kam ins Haus. Das hätte unserem Herzen entsprochen. Der HErr aber weiß, was wir für Gebilde sind, und Er hält uns Tag für Tag von Seiner Gnade abhängig.

Das Haus der Witwe soll aber noch eine Stätte weiterer Offenbarung der Herrlichkeit des lebendigen Gottes werden. Elia und die Witwe haben noch größere Proben des Glaubens zu bestehen; sie sollen nicht nur Gott als den Erhalter des Lebens, sondern als den Gott der Auferstehung erfahren, der das Leben aus dem Tode wiedergeben kann. Die Witwe hatte Ihn bisher als den Gott der Gnade kennengelernt, jetzt sollte sie Ihn auch als den Gott der Wahrheit erleben, der Sünde in Sein Licht stellt und richtet. Ihr einziger Sohn erkrankt und stirbt. - Angesichts des Todes erwacht ihr Gewissen. Der Tod ist der Sünde Lohn, und sie gedenkt nun ihrer Sünden. Solange alles ungestört im Leben dahingeht, stellen wir uns kaum in das Licht Gottes, um Selbstgericht zu üben. Kommen aber Prüfungen über uns, dann stehen wir still; unser Gewissen wird wach, und wir überdenken unsere Worte, Gewohnheiten und Geschehnisse und beugen uns vor dem HErrn.

Elia blickte nicht auf die Krankheit als Ursache des Todes, sondern er sieht in dem Tod des Knaben die Hand des lebendigen Gottes. Für ihn war es Gott, der das Leben des Sohnes der Witwe hinweggenommen hatte. Er weiß, Gott allein kann es wiedergeben. Er ist kraftlos, aber sein Gott lebt, und er kann beten! Und er tut es - er berührt die mächtigen Hände des lebendigen Gottes - und betet: „Jehova, mein Gott, laß doch die Seele dieses Kindes wieder in dasselbe zurückkehren.“ Wie einfach, wie ungekünstelt und kurz ist sein inbrünstiges Gebet!! Er machte nicht viele Worte. (Vgl. Matth. 6,7.8; Pred. 5,2) Und Gott erhört sein Gebet. Er offenbart Sich als der Gott der Auferstehung, der nicht nur die Quelle und der Erhalter des Lebens ist, der auch dem Tode die Macht nehmen und das Leben wiedergeben kann.

*

Und Jesus antwortet und spricht zu ihnen: Habet Glauben an Gott!“ (Mark. 11,22)

*

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

Nachdem wir in der vorigen Lieferung von Gott beschäftigt wurden mit der köstlichen Geschichte, d. h. letzten Lebensgeschichte des Stephanus (Apgesch. 7), in der wir so ein ganz besonders eindrückliches Bild obigen Wortes vor uns haben, möchte ich nun noch ein paar alttestamentliche Beispiele nennen, ehe wir dann zu dem Hauptdarsteller dieses Wortes im Neuen Testament kommen und danach (wenn Er will und wir leben!) zu dem HErrn oder zu Gott Selbst.

Unter den alttestamentlichen Bildern gedenken wir zunächst des Mose mit der Mirjam in 4.

Mos. 12! Über diese Geschichte habe ich unter anderem Gesichtspunkt in der Reihe der „Wie kam es?“-Beispiele im letzten (19.) Jahrbuch einiges sagen dürfen, natürlich besonders die Mirjam

Betreffendes. (Vgl. Jahrb. 19, Seite 157/158!) Darum möchte ich mich auch kurz fassen, wenngleich jetzt diese ernste Begebenheit unter ganz anderem Gesichtswinkel gesehen werden will: unter dem des Mose! Nur wenige Worte über die Vorgeschichte! Mose hatte in seiner einzigartigen Führerschaft es für gut befunden, ein kuschitisches Weib zu nehmen. Vielleicht hat man diese immerhin besondere Tatsache ähnlich zu werten wie die zeichenartigen Heiraten einiger Propheten (vgl. Hosea 1 und 3 und siehe zu Frg. 2 ds. Js.!). Seine Geschwister verstanden sein Tun nicht nur nicht - daß auch Aaron nicht, ist für diesen, den Hohepriester, doch tief beschämend! -, sondern sie erlaubten sich, gegen ihn zu murren und sich gegen ihn aufzulehnen, was sicher, da sie doch mit zu den Führern gehörten, böse Folgen gehabt hätte, wenn Jehova nicht sofort eingegriffen hätte. Jehova? Nicht Mose? Wehrte er selber sich nicht gegen dies unverständige, lieblose und böse Verhalten derer, die ihn besser kennen und ihm treuer folgen sollten? Nein, er wehrte sich nicht! Vielmehr heißt es, wohl mit ganz absichtlicher Betonung hier: „... Und Jehova hörte es. Der Mann Mose aber war sehr sanftmütig, mehr als alle Menschen ...“ V. 3. Nein, er schalt nicht wieder, er strafte die Widerspenstigen nicht, er klagte sie auch nicht an (hierin viel größer als Elia, der leider [doch haben wir kein Recht, ihn zu kritisieren!] - das Volk anklagte und dafür gebeugt ward! 1. Kön 19,10-14ff.) Mose blieb still, er überwand hier wirklich das Böse mit dem Guten - das Murren mit Sanftmut und Stille, sicher „übergab er sich Dem, der recht richtet“ (1. Petr 2,23) -, und damit macht jeder Mensch stets die besten Erfahrungen, glauben wir es nur! - Das ist wahrlich ein herrliches Verhalten: Sanftmut der Anklage entgegenzusetzen! Der HErr schenke uns hierüber Licht und Gnade zum entsprechenden Verhalten!

Aber Gott greift ein! Er ließ die ungerechte Anklage nicht auf sich beruhen, Er tritt ein für seinen schnöde angetasteten treuen Knecht, der sich nicht selber rechtfertigte, sondern stille sein und bleiben konnte! - Was für ein ernstes Strafgericht kam über die Geschwister, sonderlich über die ältere Schwester - war sie wohl neidisch gewesen?! - Aber ehe das Gericht

sie trifft, muß sie des HErrn Lob über Mose und sein Verhältnis zu Ihm, Jehova, hören. Wie mag sie sich da schon geschämt haben! Gewiß, sie war eine große, eine tapfere, eine gesegnete Frau (gewesen), aber hier war sie nicht mehr auf der geistlichen Höhe von einst, und hier mußte sie einsehen, daß sie (wie Aaron) ihrem geistlich weit größeren Bruder „nicht das Wasser reichen“ konnte! Ich finde es übrigens gewaltig, daß sie - ohne zu wissen, was ihrer wartete, erst diese ernste Anklagerede Jehovas hören mußte! Ja, kein Mensch wird dereinst verurteilt, ohne zu wissen, warum?! „Der große, weiße Thron“ wird alles enthüllen (Offenb. 20,11-15), ehe das Gericht eintritt, ein Gericht aber ohne Heilung und Rückgängigmachung wie hier! -

Mirjam ward aussätzig, und zwar sofort in solchem Maße, daß V. 12 als Klage Aarons berechtigt ist! Ja, Gott ist heilig, und, Brüder, Schwestern, vergessen wir nie, keinen einzigen Tag: „Auch unser Gott ist ein verzehrendes Feuer!“ (Hebr 12,29) Sind wir nicht manchmal in Gefahr, es z. B. mit dem Gehorsam oder mit der praktischen Heiligung nicht gar so genau zu nehmen, so als wenn wir vorstehendes Wort vergessen hätten?! Laßt uns uns davor bewahren lassen! Denke: „Auch unser Gott ...!“

Und der Mann Mose? Kein Triumph bei ihm! Wie hätte dem auch sein können bei ihm, dem Manne Gottes?!

Triumph über den Fall eines Gegners ist sicher kein Zeichen von Geistlichkeit! Glaube es, Mose blieb in der inneren Gegenwart des HErrn, um sofort zur Verfügung sein zu können, wenn es an ihn käme, und um keine Fehlbitte zu tun! Und es kam schnell an ihn, schnell wurde er vor die Probe gestellt, ob er auch ein zweites Mal (vgl. David mit Saul, 2. Lief.!) das Böse mit dem Guten überwinden würde; und er tat es in geradezu vollkommenem Maße. Jeder hätte es verstanden, wenn er gleichsam in Führerschaft V. 14 gesagt hätte, aber das tat nicht er, sondern Jehova als Richter, wohl als begnadigender, aber auch erziehender Richter! Nein, Mose war sofort bereit, auf Aarons Beugung hin für Mirjam zu beten, ja zu schreien zum HErrn. Und siehe, ein Mose, ein treuer Mann, „mit dem der HErr von Mund zu Mund redet, der das Bild Jehovas schaut“ (V. 8), tut wirklich keine Fehlbitte, sobald er das Böse bei anderen mit dem

gottgeschenkten Guten bei sich überwindet! Sein Gebet bleibt nicht unbeantwortet wie so viele Gebete von Gläubigen unserer Tage, die keinen ungetrübten Himmel über sich haben, mit ihrem Gott nicht in Ordnung sind. Zum erhörlichen Beten gehört ein Verhalten nach 1. Joh. 3,21.22!

So überwand Mose in einem? nein, zwei typischen Fällen vorbildlich das Böse mit dem Guten. Es sind nicht die einzigen Fälle in seinem Leben, aber es sind so bemerkenswerte und ausdrückliche, daß wir gut daran tun, den HErrn zu bitten, uns diese Gesinnung zu lehren, die eine alttestamentliche Vorschattung auf Christus Jesus gibt und die in ihrem Ernst und in ihrer Lieblichkeit tief zu unseren Herren redet, zu uns, die wir so leicht in das Gegenteilige fallen, womit wir freilich dem HErrn keine Ehre machen und auch keine Freude. Wahrlich, oft müßten wir vielleicht bekennen in „gottgemäßer Betrübnis“ (2. Kor. 7,10): „Unser ist die Beschämung des Angesichts“ (Dan. 9,8). Das aber wäre ein großer Segen für uns!

Und nun noch einige Worte über einen der größten Dulder des Alten Testaments, dem ein ganzes und sehr langes Buch gewidmet ist: Hiob! Freilich, wollte ich auch nur ein wenig ausführlich auf seine vom Satan angezettelte Leidensgeschichte eingehen, es wäre kein Raum dazu vorhanden, aber ich glaube auch nicht, daß es nötig ist. Wir haben alle - alle Leser dieser Zeilen?? - das Buch Hiob (sicher) schon durchgelesen (hoffentlich öfter als nur einmal!!), haben die bis auf einige Goldkörner hier und da schier unerträglich banalen, oberflächlichen Anklagereden der 3 ersteren Freunde - deren eigentliche Freundschaft mit dem Verhalten von 2,11-13 erschöpft zu sein scheint - auf uns einstürmen lassen, wobei wir wohl restlos mit Hiob fühlten, haben aber ebenso seine oft vermessenen Worte gehört und ernstlich betrauert, da sie ein so überwältigendes Bild ebenso von der Nichtigkeit des Gott gegenübertretenden Menschen wie von der Torheit seiner Selbstbespiegelung geben - ich sage, wir haben das alles so oft gelesen, daß ein näheres Eingehen sich darauf erübrigt. Ungleich besser wäre es schon, die kostbaren Reden Elihus und vor allem die von Jehova selbst zu betrachten, aber auch dazu fehlt der Raum. Ich bitte nur, daß man das Buch Hiob wieder und wieder lesen möchte (und zwar empfehle ich am meisten, es kursorisch, in möglichst einem Zuge, höchstens in zwei Absätzen, an einem bis zwei Tagen durchzulesen, weil man dann einen unübertrefflichen

Überblick hat), damit man einen möglichst umfassenden Gesamteindruck gewinne und nicht zu sehr sich in Einzelheiten verliere - d. h. in solche Einzelheiten, die gar nicht wert sind, daß man sich in sie vertiefe!

Nun, der Riesenkampf geht zu Ende, Jehova bleibt restlos Sieger, Hiob gegenüber nicht etwa nur - das wäre ja selbstverständlich! -, sondern vor allem so, daß der Dulder Hiob völlig und auf allen Seiten überwunden, gebeugt (39,34.35), aber auch überzeugt, gedemütigt und darum auch zu einer ungeahnten inneren geistlichen Höhe erhoben, geläutert vor den tief erschütternden Miterlebenden steht (42,1-6), so daß er, der sich vorher wohl von dem Bösen (in sich) überwinden und hinreißen ließ zu törichten Reden, nun das Böse überwindet, das ihm von jenen Freunden zugefügt und angetan ist, mit dem Guten einer treuen Fürbitte. Sie bedurften derselben sehr - übrigens, wer bedürfte nicht der Fürbitte?! -, denn sie hatten nach Gottes (und nach unserem) Urteil nicht geziemend von Jehova-Gott geredet, und wenn Hiob jetzt nicht für sie eingetreten wäre, wer weiß, was aus diesen „leidigen Tröstern“, diesen armseligen Vertretern einer religiösen Schwätzerei, diesen schier gewohnheitsmäßig „Bösesgräbern“ (Spr. 16,17), diesen ihr eigenes schlimmes Herz nicht kennenden Selbstgerechten noch geworden wäre, wo sie geendet hätten! Aber ein gottgebeugter, durch Gnade gedemütigter Hiob (vgl. Ps. 119,67!) weiß zu bitten! Wer könnte wohl besser, erhörlicher beten als einer, der die Gnade, das göttliche Erbarmen, das „innige Mitgefühl“ des HErrn (Jak. 5,11) so erfahren hat wie Hiob?! Fürbitte für Feinde oder doch falsche oder unbewahrte Freunde - das ist ein wirkliches Überwinden des Bösen mit dem Guten! Das lehre auch uns, HErr, unser Gott, wir brauchen dieses so sehr! -Ja, Hiob kann uns viel lehren, Negatives und Positives, aber seine Fürbitte am Schluß seiner Leidensgeschichte - denn nun ward sein Leiden beendet, nun kam er auch zu neuer äußerer, ungeahnter Höhe hinauf (V. 10) - seine Fürbitte ist etwas ungemein Köstliches. Sind wir Beter, Geliebte? Sind wir Fürbitter? Überwinden wir das Böse um uns herum mit dem Guten treuester Fürbitte? Der HErr schenke es uns aus der kostbaren Belehrung durch den vom Feinde schwer geprüften, von Gott dem HErrn treulich gedemütigten und überwundenen und dadurch zum Überwinder gewordenen Hiob, der uns eine so deutliche Darstellung unserer Titelstelle Röm. 12,21 gibt!

Zum Schluß noch eine liebliche Begebenheit aus der Tätigkeit des Elisa, des Mannes der Gnade (Elias der Prophet des Gerichts!). Die betreffende Geschichte steht in 2. Kön. 6 und ereignete sich während der Kämpfe Samarias und des Königs von Samaria (Joram) mit den Syrern. Im Verlauf dieses Krieges geschah es, daß die Syrer in Elisa, dem Propheten, den erkennen mußten, durch den ihnen fortgesetzt der Sieg unmöglich gemacht wurde (V. 8-12!). Daraufhin wollte ihr König den Propheten unschädlich gemacht wissen (V. 13). Der dann folgende Verlauf des Versuches, mit großer Heeresmacht den Elisa gefangen zu nehmen, zeigt uns die einzigartige Stellung der Kraft des Propheten in seiner unvergleichlichen Gemeinschaft mit Jehova, der auf seine Bitte nicht nur dem bestürzten Knecht Elisas die Augen öffnete, damit er die himmlischen Streiterscharen sehen kann, sondern Der auch die Syrer mit Blindheit schlägt, so daß sie ihn, den sie suchten, nicht finden konnten. Dann erbietet er selber sich, sie zu führen „zu dem Mann, den sie suchten“, nämlich zu ihm hin, dessen Wohnsitz ja Samaria war. (V. 19) Als sie nun da angekommen sind, werden ihnen wiederum auf das Gebet Elisas hin die Augen geöffnet, und sie sehen sich mitten in Samaria, also in Feindesland. (V. 20) Die Frage des Königs von Israel, sehr gut nach Menge: „Mein Vater, soll ich sie ohne Gnade niederhauen lassen?“ zeigt dieses Mannes Herz, aber auch seine Machtlosigkeit in Anwesenheit des Propheten! (V. 21) Dessen Antwort Aber offenbart ihn wirklich als den Mann der Gnade, als der er sich so oft schon gezeigt hatte. Er fragt den König: „Würdest du denn solche niederhauen lassen, die du mit deinen Waffen gefangen genommen hättest?“ - Hoffentlich nicht! Jedenfalls, ein Elisa hat nichts von der Gesinnung eines ungöttlichen Königs Joram, der wohl nur allzugerne bereit gewesen wäre, Böses mit Bösem zu vergelten und sich vom Bösen seines Herzens überwinden zu lassen, so daß er gar Kriegsgefangene niedergemacht hätte. So aber muß der König sich fügen und belehren lassen, daß in diesem Falle erst recht keine Erlaubnis für ihn bestünde, die auf so merkwürdige Weise kriegsgefangen Gewordenen zu erschlagen. Im Gegenteil: Das Böse muß man überwinden durch das Gute! „Setze ihnen Speise und Trank vor, daß sie essen und trinken und dann zu ihrem Herrn ziehen!“ Was, das und das? Das war aber eine Zumutung, eine doppelte (!), an den König von Israel! Dennoch - so groß war die Autorität des Propheten, daß ein König seinen Rat unbedingt und in überwältigender Weise befolgt, und

mehr in das Land Israel!“ (V. 23)

Das war Anschauungsunterricht gemäß Röm. 12,21! So ward das Böse überwunden mit dem Guten, und gleich in zweifachem Sinne, einmal bezüglich der Feinde des Volkes Gottes und dann im Herzen des Königs, der diese Lehre gewiß nicht vergaß. Und vergessen wir sie? Redet sie nicht zu unserem Herzen? Können wir uns nicht auch ausmalen, welche innere Wirkung in den Herzen der Feinde erzielt wird bei solcher Handlungsweise zu ihrer Erquickung? Ist das nicht ein rechtes Speisen und Tränken der Feinde und ein „Sammeln feuriger Kohlen auf ihr Haupt“? Ist somit das Ganze nicht geradezu eine köstliche Illustration von Röm. 12,20.21? Wieviel mehr könnten wir manchmal erreichen, wenn wir öfter mit solcher Gesinnung erfüllt wären, statt mit der des Echos: „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt's wieder heraus!“ Elisa, der Prophet der Gnade, lehrt uns, im rechten Augenblick Gnade walten zu lassen, er lehrt uns gleichsam ein Handeln, nicht nur Reden nach Spr. 25,15b. (Elb. u. Menge) Wie oft machen wir es anders und verderben soviel, wo eine Anlehnung an diese Gesinnung Elisas, ja überhaupt eine „Gesinnung, wie sie in Christo Jesu war“ (Phil. 2,5), Wunderdinge erreichen würde! Genug! Aber laßt uns dem nachdenken und uns Gnade schenken lassen, besser zu lernen: „... sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ - Dank sei unserem Gott für Sein reiches, lebendiges Wort!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

F. K.

Epaphroditus.

Wir möchten den Leser einige Augenblicke mit Epaphroditus beschäftigen und bitten ihn, den Abschnitt Phil. 2 aufmerksam zu lesen. Es liegt viel Köstliches darin verborgen, und wir wünschen, daß es noch viele Männer gleich Epaphroditus in der Gemeinde Gottes geben möge.

Man möchte vielleicht fragen, ob Epaphroditus ein bedeutender Evangelist oder sonst ein

Mitarbeiter“, „Mitstreiter“ von dem Apostel gegeben werden. Die Schrift sagt uns nichts davon, daß er ein ausgezeichneter Prediger oder hochbegabter Lehrer in der Gemeinde Gottes gewesen sei. Alles, was von ihm in der obengenannten Schriftstelle gesagt wird, ist, daß er in einer Zeit, da ein Mann fehlte, bereitwillig war, einen vorhandenen Mangel abzuhelfen, um gleichsam das fehlende Glied in der Kette zu ersetzen.

Die Sache war diese: Die Philipper trugen den Wunsch in ihrem Herzen, dem verehrten und bejahrten Apostel im Gefängnis in Rom eine Unterstützung zu senden. Er war in Not, und sie wünschten, seiner Not abzuhelfen. Sie liebten ihn, und Gott hatte es ihnen ins Herz gegeben, an seinen Leiden und Bedürfnissen teilzunehmen. Wenn er auch fern von ihnen war, so sehnten sie sich doch danach, ihm mit ihrer Habe zu dienen. Wie schön war dies! Und wie köstlich mußte diese Liebe dem Herzen des HErrn sein! Und wie ihre Liebe und ihr Dienst den teuren Gefangenen erfreute, das können wir fühlen, wenn wir die herzlichen Worte lesen, mit denen er den Philippern den Empfang ihrer Gabe bestätigt. Wir finden diese seine Worte in Phil. 4,10-18 und bitten, diese mit Aufmerksamkeit zu lesen. Hier sehen wir die Lücke, welche Epaphroditus in diesem gesegneten Dienst ausfüllte.

Da lag der geliebte Apostel im Gefängnis in Rom, und in Philippi lag das Opfer der Heiligen zu seiner Erquickung bereit. Wer aber sollte es dem geliebten Apostel Paulus überbringen? Damals gab es noch keine Eisenbahnen, keine Bankwechsel noch Postanweisungen. Zu jener Zeit war es kein geringes Unternehmen, von Philippi nach Rom zu reisen. Nun war Epaphroditus, dieser teure, bescheidene und hingebende Diener Christi, bereit, sich für diesen Dienst zur Verfügung zu stellen, dem Mangel abzuhelfen und das fehlende Glied in der Kette zu bilden. Er bot sich an, das zu tun, was gerade nötig war, und nichts weiter als ein Verbindungskanal zu sein zwischen der Gemeinde in Philippi und dem Apostel in Rom.

So groß und wirklich die Not des Apostels, und so kostbar und passend die Gabe der Philipper auch sein mochte, so würde es ohne Epaphroditus doch an einem Mann gefehlt haben, um beide zusammenzubringen.

danach, ein in die Augen fallendes Werk zu tun, das seinen Namen überall bekannt machte und ihm Ruhm einbrachte. Er war ein bescheidener, demütiger Diener des HErrn, einer von jenen Arbeitern, zu denen sich das Herz hingezogen fühlt. Wie lieblich, wie anziehend ist ein anspruchsloser, bescheidener, demütiger Mann, der damit zufrieden ist, ein Nothelfer zu sein und den Dienst (worin er auch bestehen mag) zu tun, der gerade zur Zeit notwendig ist und zu dem des Meisters Hand ihn fähig gemacht hat!

Es gibt aber auch solche Personen, die überall Kopf und Schwanz sein müssen. Diese scheinen zu denken, daß nichts recht gemacht werden kann, wenn sie nicht ihre Hand dabei im Spiele haben. Eine vorhandene Lücke auszufüllen, damit sind sie nicht zufrieden. Wie abstoßend und unangenehm sind solche Personen! Sie haben viel Selbstvertrauen, genügen sich selbst und drängen sich überall in den Vordergrund. In Gottes Gegenwart findet man sie kaum. Einen Zusammenbruch ihres eigenen Willens, Niedriggesinntheit und Demut merkt man ihnen nicht an.

Zu dieser Klasse gehörte Epaphroditus nicht. Er setzte, um anderen zu dienen, sein Leben aufs Spiel, und als er an der Schwelle des Todes stand, dachte er nicht an sein Leiden, sondern an das anderer. Die Schrift berichtet von ihm, daß er sehr bekümmert war, nicht weil er krank war, sondern weil die Philipper gehört hatten, daß er krank sei. (Phil. 2,26) Das ist wahre Liebe. Epaphroditus wußte, wie sehr seine geliebten Brüder in Philippi betrübt sein würden, wenn sie von seiner ernsten Krankheit hörten, einer Krankheit, die er sich infolge seines bereitwilligen Dienstes zugezogen hatte.

Alles dieses ist überaus lieblich. Es tut unserem Herzen wohl, diesen schönen Bericht in der Schrift zu betrachten. Epaphroditus hatte offensichtlich in Christi Schule gelernt. Er hatte zu den Füßen seines Meisters gesessen und von Seiner Gesinnung in sich aufgenommen. Anderswo hätte er solche Hingabe und dienende Liebe nicht lernen können. Die Welt kennt nichts davon, und unsere Natur lehrt sie uns auch nicht. Solche Gesinnung können wir nur von dem Meister lernen. Möchten wir alle mehr davon kennen! So hoch auch unsere Erkenntnis und unser Wissen sein mag, aber ach, an der hingebenden, dienenden Liebe mangelt es oft noch.

Eigenliebe und Selbstsucht stecken uns allen tief im Herzen; wie häßlich, ja unerträglich sind diese aber, wenn sie bei denen, mit denen der Name des HErrn verbunden ist, zutage treten.

Wir wollen nur noch zum Schluß der herzlichen Weise gedenken, in welcher der Apostel seinen geliebten Mitarbeiter der Gemeinde in Philippi empfiehlt. Es ist so, als ob er (um menschlich zu sprechen) nicht genug aus ihm machen könne. Wie rührend, wenn er schreibt: „Er verlangte sehnlich nach euch allen, und er war sehr bekümmert, weil ihr gehört hattet, daß er krank war. Denn er war auch krank, dem Tode nahe; aber Gott hat Sich über ihn erbarmt, nicht aber über ihn allein, sondern auch über mich, auf daß ich nicht Traurigkeit auf Traurigkeit hätte.“ (Phil. 2,26.27) Welch ein Strom von Liebe quillt hier aus dem Herzen des Apostels! Das Herz des Apostels und der ganzen Gemeinde in Philippi ist mit diesem sich aufopfernden Diener Christi beschäftigt. Hätte Epaphroditus sich selbst und seine Interessen gesucht oder wäre er mit seinem eigenen Werk beschäftigt gewesen, so würde seines Namens und seines Werkes wohl kaum auf den Blättern der Heiligen Schrift gedacht worden sein. Aber nein, er dachte nicht an sich selbst, er dachte an andere, und deshalb dachten andere an ihn.

So wird es immer sein. Ein Mensch, der viel an sich selbst denkt, erspart es anderen, an ihn zu denken. Aber ein bescheidener, demütiger, anspruchsloser, von seinem Ich gelöster Diener, der an andere denkt und für andere lebt, der in den Fußtapfen Jesu Christi wandelt, ein solcher wird die Liebe, Ehre und Sorge des Volkes Gottes empfangen.

Paulus fährt dann fort: „Ich habe ihn nun desto eilender gesandt, auf daß ihr, wenn ihr ihn sehet, wieder froh werdet, und ich weniger betrübt sei. Nehmet ihn nun auf im HErrn mit aller Freude und haltet solche in Ehren; denn um des Werkes willen ist er dem Tode nahegekommen, indem er sein Leben wagte, auf daß er den Mangel in eurem Dienste gegen mich ausfüllte.“ (Phil. 2,28-30)

So war es mit diesem geliebten und geehrten Diener Christi. Er hatte sein Leben nicht geachtet, sondern es seinem HErrn zu Füßen gelegt, um die fehlende Verbindung zwischen der Gemeinde Gottes in Philippi und dem leidenden, bedürftigen Apostel in Rom herzustellen. Und

Ansehen und Ehren zu halten. Der Heilige Geist hat durch die Feder des Apostels uns seinen Namen und seinen kostbaren Dienst für immer in dem heiligen Buche festgehalten. Und dieser göttliche Bericht ist von ungezählten Millionen gelesen worden, während die Namen und Taten der sich selbst suchenden, eigennützigen Diener in die Vergessenheit versunken sind.

C. H. M. (K.)

Frage und Antwort

 

Frage 9:

Ist das in 2. Mose 33,7 erwähnte „Zelt der Zusammenkunft“ das gleiche wie das in 2. Mose 40,2 erwähnte „Zelt“? Der Bau oder die Herstellung des in 2. Mose 40,2 erwähnten Zeltes wird doch erst von 2. Mose 35 an erzählt! Ich bitte um eine Erklärung!

Antwort

Es handelt sich um zwei verschiedene Zelte. Es hieße in Kap. 33,7 besser: „und Mose nahm ein Zelt ...“, wie es übrigens auch gewisse Übersetzungen haben. Selbige fügen dann die erläuternde Fußnote hinzu: „Buchstäblich das Zelt, d. h. dasjenige, von dem im folgenden die Rede ist.“ Das deutet auf die eigentümliche Verwendung des Artikels im Hebräischen hin „um eine ... zunächst noch unbekannte und daher nicht näher zu bestimmende ... Sache als eine solche zu bezeichnen, welche unter den gegebenen Umständen ... als in Betracht kommend zu denken sei.“

Mose schlug dieses Zelt sich auf, weil er Jehova und sich selber beim beiderseitigen Verkehr von dem Volke, das durch das goldene Kalb Jehova verleugnet hatte, distanzieren (geistlicherweise räumlich unterscheiden) wollte, so wie Jehova und er fern vom Volke gewesen waren, als die Tat geschah. Das eigentliche erst nachher errichtete Zelt, nachdem Mose durch seine Fürbitte Gnade für das Volk erwirkt hatte, schlug er nicht für sich auf; es wurde vielmehr

Jehovas Wohnung in ihrer Mitte; siehe Kap. 29,42.46. - Hier, Kap. 33, ging Mose in das Zelt hinein, und die Wolkensäule besuchte ihn, Vers 9, am Eingang, während beim eigentlichen „Zelt der Zusammenkunft“ Jehova drin war und Mose auf Anruf herzukam, um Instruktionen zu empfangen: 3. Mos. 1,1 und weiterhin.

F. Kpp.

Frage 10:

Die Bundeslade wurde nach 1. Sam. 4 vom Altar getrennt und unter Salomo, 1. Kön. 8, wieder mit dem Altar vereinigt. Wie finden wir hiervon eine Anwendung auf unsere Tage?

Antwort A

Mit dem Altar meint der Fragesteller wohl den Altar, den Bezaleel in der Wüste gemacht hatte? Dem ist nicht so. Es ist der Altar, den Salomo gemacht hatte. Vergleiche 1. Kön. 8,54 und 64 mit 2. Chron. 6,12 und 7,7. Überhaupt reden 1. Kön. 8,4 und 2. Chron. 5,5 nur von der Lade, dem Zelt und den dazugehörigen Geräten. Der Altar und seine Geräte samt dem Waschbecken, welche Dinge im Vorhof standen, werden nicht erwähnt. Der Grund ist der, daß eine ganz neue Ordnung der Dinge ihren Anfang nahm. Die erste Ordnung hatte mit 1. Sam. 4 durch fortgesetzte Verschuldung des Volkes ein schmähliches Ende gefunden. Der Zwischenzustand, der durch Samuel auf kommende Wiederherstellung einigermaßen eingeleitete wurde, wurde unter David weitergeführt zur Vorbereitung für die Erfüllung auf neuer Grundlage von 2. Mos. 15,17. Ps. 132,13.14 und 1. Chron. 23,25 sind der Auftakt dazu.

Der Altar Salomos soll kein Ersatz für den in der Wüste gemachten sein, von dem keine Rede mehr ist, sondern eine Weiterentwicklung des von David auf der Tenne Ornans, des Jebusiters, errichteten. (Vgl. 2. Sam. 24,18.25 und 1. Chron. 21,18.26 und 22,1 mit 2. Chron. 7,1 und 3. Mos. 9,24)

jetzt ein. Jehova und die Lade Seines Bundes mit dem Deckel, zwischen dessen Cherubim Er thronte, gingen ebenfalls zur Ruhe ein. Im Anfang hatte die Lade selber dem wandernden Volke einen Ruheort zur Zwischenrast erkundet, 4. Mos. 10,33; und Jehova wanderte immer mit, 2. Sam. 7,6 und 1. Chron. 17,5; und immer war die Aufforderung 4. Mos. 10,35f.; Ps. 68,1 und 132,8.10 aktuell, bis jetzt zum letztenmal dies Wort von Salomo ausgesprochen wird und die Erfüllung eintritt. (2. Chron. 6,41.42 und 7,1) Später wird es freilich noch einmal aktuell sein!

Im 9. Vers dieses 7. Kapitels wird noch mitgeteilt, daß die ersten sieben Tage dieses Tempeleinweihungs- und Laubhüttenfestes insonderheit eine Feier der Einweihung des Altars Salomos waren. Am zehnten Tag des siebenten Monats, dem großen Versöhnungstag, begann die Einweihung des Altars.

Lade und Altar waren also wieder vereinigt, wenn die Sache auch ein ganz anderes Gesicht hat, als der Fragesteller es sich dachte. - Die Lade war früher im Zelt, jetzt aber im Tempel. Das Zelt nämlich ist verschlungen vom Tempel oder Palast, wie das Haus heißt (1. Kön. 6,17), ist sozusagen Tempel geworden, welchen Namen es übrigens früher schon hatte. (1. Sam. 1,9!) - Die Darstellung in der Chronika (auf Grund gewisser Einzelheiten anders als in 2. Könige) ist: Salomo und die Altar- und Tempeleinweihung nebst Laubhütten lassen im Vorbilde an unseren Augen vorüberziehen: Jehova-Messias tritt die Herrschaft an im Reiche: Ps 24,7.9.10. Was schon 3. Mos. 9,23.24 zu sehen ist, wird Wirklichkeit: Christus als König und Priester tritt heraus aus dem Heiligtum, worin Er verborgen war, und erscheint in Herrlichkeit. Das wird dem beim Reichsbeginn vorhandenen, zunächst aus dem jüdischen Überrest bestehenden Volke die Gewähr dafür sein, daß Gott das Opfer angenommen hat, das ihr Messias einst für sie darbrachte. (Vorbild: 3. Mos. 9,15-23a) So werden sie nach der Zeit ihres steten Sündigens gegen Jehova, ihren Gott, durch das Mittel des Altars angenommen und in die Freude eingeführt werden, deren Sinnbild das Laubhüttenfest ist, und die tiefgefühlte Dankesempfindung wird ihren Ausdruck finden in dem seit Davids Tagen prophetisch geprägten Lobeswort an Jehova: „Seine Güte währet ewiglich.“ Sie selber sind der lebendige Beweis davon: Sie sind ein Volk von Anbetern geworden, das die Herrlichkeit Jehovas schaut. (Kap. 7,1-3.6.12.16) -

Eine Anwendung auf unsere Tage betreffs der Vereinigung von Bundeslade und Altar in diesen Schriftabschnitten gibt es nicht.

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Diese schöne, inhaltreiche Antwort unseres lieben, treuen Mitarbeiters zeigt ohne weiteres, daß eine solche Anwendung auf unsere Tage nicht zu machen ist, weil von einer Wiedervereinigung von Lade und Altar im Sinne des Fragestellers (eines fleißigen „Handr.“-Lesers in Westdeutschland) doch gar nicht die Rede sein kann. Aber darüber hinaus verstehe ich sehr wohl das in dem Begleitschreiben unseres Mitarbeiters kurz ausgedrückte Erstaunen sowohl über die Frage selbst wie über die eventuelle Anwendung. Warum muß denn alles, was typisch jüdisch oder Israel betreffend ist, unbedingt auf uns oder unsere Zeit Anwendung finden? Wenn die Schrift sagt: „Alle diese Dinge widerfuhren jenen als Vorbilder und sind geschrieben worden zu unserer Ermahnung ...“ (1. Kor. 10,11), einer Stelle, der ich im vorigen Jahrbuch im Aufsatz „Wie kam es?“ oft Erwähnung getan habe, so ist damit doch nicht gesagt, daß nun alles Alttestamentliche unbedingt etwa neutestamentliche Gegenstücke haben müßte. Dadurch kann man sehr leicht in geistloses Allegorisieren hineingeraten, und wer weiß, wie oft das schon geschehen ist. Vgl. übrigens auch Frage 15 in Jahrb. 19, besonders Seite 189! So ernst und beachtenswert auch die schon genannte Stelle 1. Kor. 10,11 ist, so gefährlich scheint es mir, ganz abzusehen von dem Zusammenhang derselben und nun alles, aber auch alles, was im Alten Testament gesagt ist, auf irgendwas in der Gemeinde oder im Kommen des HErrn usw. anzuwenden oder anwenden zu wollen, wobei das Wort oft geradezu vergewaltigt wird. Womöglich werden gar Lehren auf solche ungeistlichen Vergleiche aufgebaut. Vor allem aber kommt man leicht dahin, die Grundstelle selbst oder die Sache, um die sie sich dreht, nicht gründlich zu erforschen, so daß man vor lauter Suchen nach Vergleichen an den wichtigen Belehrungen selber achtlos vorübergeht. Zur Belehrung aber ist uns alles, was zuvor geschrieben ist, gegeben nach Röm. 15,4, und wir sollten zunächst auch bei Belehrungen, die

ganz offensichtlich neutestamentliche Vergleiche nicht nur zulassen, sondern geradezu fordern (vgl. z. V. 4. Mos. 21,4-9 mit Joh. 3,14-16, ein besonders typisches Beispiel!), zuerst immer darauf aus sein, die alttestamentliche Bedeutung zu erforschen und zu finden sowie sie zu verwerten im Rahmen des Gegebenen. Dann ergibt sich die Anwendung zunächst auf uns selbst und dann auf einen weiteren Kreis oft ganz von selbst.

Ich habe Vorstehendes für ernst genug genommen, um es hier einmal niederzulegen, weil wir, d. h. auch wir, so leicht der Gefahr erliegen, das, was Israel gehört, ohne weiteres auf die Gemeinde zu übertragen, während es doch gerade für uns, die wir von religiösen Bindungen uns freihalten, so kostbar sein sollte, zu sehen, wie die Wege Jehovas mit Seinem alten Bundesvolk zu einem herrlichen, hier in 1. Kön. 8 in Vorerfüllung schon gesehenen Ende und Ziel kommen. Er bringt Sein Volk zur Ruhe! Er hat's verheißen, und hier durch Salomo zeigt Er uns, daß Er's kann; und wenn's durch Israels Untreue auch wieder verloren ging - Er wird dennoch Sein Ziel erreichen zu Seiner Zeit. „Es bleibt noch eine Sabbatruhe dem Volke Gottes übrig!“ Das bezieht sich da, wo es steht (Hebr. 4,9), zuerst auch auf das alttestamentliche Bundesvolk, wenn wir auch diese Tatsache mit für uns zu nehmen das Recht haben. Aber zunächst ist Israel gemeint, und da sei hingewiesen auf das ganze Kapitel Jes. 11 (vgl. V. 10)! Wie sollte es uns doch am Herzen liegen, daß dieser Zustand bald einträte! Möge der HErr bald, wie Er verheißen, „eine abgekürzte Sache“ tun auf Erden! (Röm. 9,28)

Doch will ich nicht weiter abschweifen, ich wollte nur in etwas zeigen, wie kostbar es ist, Israel zu lassen, was Israel gehört, und nicht stets Vergleiche anzustreben, wobei die Grundtatsache zu leicht aus dem Auge verloren und nicht genügend gewürdigt wird.

Dennoch, wie wunderbar ist Sein Wort in allem! Wie belehrt und erquickt, warnt, tröstet und belebt es doch stets und ständig und überall! Darum wollen wir alle - das sei dem lieben Fragesteller auch zur Ermunterung zugerufen! - treulich weiterforschen und uns so und so auferbauen lassen auf diesem einzigartigen Grunde, der unbeweglich steht!

„Alle von Gott eingegebene Schrift ist auch nütze zur Lehre, zur Überführung, zur

vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt.“ (2. Tim. 3,16.17)

F. K.

Frage 11

Warum schreibt Jakobus an die zwölf Stämme (Jak. 1,1), die doch zu seiner Zeit in der Zerstreuung und gar nicht mehr erreichbar waren?

Antwort A

Gar nicht mehr erreichbar? Das gilt heute. Damals galt das noch nicht. Freilich waren die zwölf Stämme nicht ein zusammengefügtes Ganzes seit den Tagen der assyrischen Gefangenschaft, aber vorhanden waren sie „in der Zerstreuung“, und als Israeliten kannten sie sich untereinander, wenn auch die namentliche Stammeszugehörigkeit bei manchen nicht mehr gekannt sein mochte. Und mit Gottes Gedanken gedacht, waren immer, was Israelite war, die zwölf Stämme Seines Volkes. Müssen wir annehmen, daß die in Apgesch. 2,9.10 Aufgezählten nur Juden oder Benjaminiter waren, nicht auch aus den anderen Stämmen? Parther, Meder, Elamiter, Mesopotamier z. B. konnten nach 2. Kön. 17,6 andere als nur Juden umfassen. Übrigens kam es vor dem Exil vor, daß welche aus den zehn Stämmen zu den zwei Stämmen übersiedelten. In 2. Chron. 30 z. B. lesen wir, daß etliche aus Aser, Manasse und Sebulon nach Jerusalem kamen. Aus diesen Aseriten wird wohl die Prophetin Anna in Luk. 2 gewesen sein. Jakobus meint: Mein Schreiben gilt allen, welche sie sein mögen, die aus den zwölf Stammen sind, die überallhin zerstreut, aber durch das Erscheinen des Messias Gegenstände der Begnadigung Gottes geworden sind. Er schrieb seine Epistel eine Reihe von Jahren vor der Zerstörung Jerusalems. Nachdem Stadt und Tempel als Mittelpunkt des religiösen Systems vom Erdboden verschwunden waren und im Laufe der Jahrhunderte auch die Wohnsitze der Stämme verschiedene Male unter andere Botmäßigkeit kamen, erlosch nach und nach das Wissen um die zehn Stämme.

Der uns Heutigen unbegreifliche, aber zur Zeit des Jakobus wirklich bestehende Zustand war, wie wir's bei der Versammlung in Jerusalem sehen, daß die an den Messias Jesus Gläubigen sich nicht von der Synagoge und dem Tempel trennten, sondern ruhig mit den nicht an Jesum Glaubenden zusammen Gottesdienst hielten. Der Inhalt der Epistel entspricht ja auch ganz diesem unnormalen Zustande.

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Ja, das Volk Israel blieb immer das zwölfstämmige! Kein Mensch hat das schöner gesagt, weil in keiner entgegengesetzteren Lage, als der Apostel Paulus in Apgesch. 26,7! Der Herr Jesus deutet dasselbe an in Matth. 19,28 und Luk. 22,30 (siehe auch Offenb. 21,12 und Apgesch. 7,8). Das Volk Gottes irdischer Berufung, mochte es auch noch so sehr geistlich heruntergekommen und eben zerstreut - „in der Zerstreuung“ - sein (griechisch in der „Diaspora!“), es blieb in Gottes Augen stets das ganze, ungeteilte, und so wird es auch einst errettet werden, nämlich als ein Ganzes, gleichsam als ein „Ganz-Israel“. (Röm. 11,25.26) Ich empfehle hierzu dringend das Nachlesen von Frage 1 in Jahrbuch 6! Ganz Israel, Israel als Ganzes (Ungeteiltes), ist auch gemeint in Apgesch. 2,36 u. a. (Vgl. 2. Chron. 12,1 und 35,3! und vgl. zu dem Gebrauch des Wortes „ganz“ auch Matth. 2,3 oder 8,34, d. h. nicht jeder einzelne, sondern die Stadt - das Volk als ein Ganzes.)

„Der HErr hat“ immer „ein Auge auf die Menschen und auf alle Stämme Israels“, heißt es Sach. 9,1, als auch schon lange nicht mehr alle Stämme beisammen waren, und in Hes. 47,13, das auf die zukünftige Herrlichkeit im Lande geht, wird gesagt: „So spricht der Herr Jehova: Dies ist die Grenze, nach welcher ihr euch das Land als Erbe verteilen (oder erben!) sollt nach den zwölf Stämmen Israels.“ Als Hesekiel dies herrliche Gesicht der Zukunft Israels sah, waren die Stämme längst zerstreut, und nur die zwei bekannten, Juda und Benjamin (mit etlichen aus Levi), kehrten aus der (babylonischen) Gefangenschaft zurück. (Vgl. z. B. Esra 1,5 u. 4,1!)

Dennoch blieb in den Treuen stets der Gedanke an das ganze Volk lebendig, das zeigt uns z. B. Esra 8,35, eine köstliche Stelle, die der Jakobusstelle würdig an die Seite zu setzen ist. Der treue Überrest, zu dem auch Jakobus gehörte, richtete stets den Blick gleichsam auf die „unbereubare Berufung Gottes“ (Röm. 11,29) und handelte demgemäß. (Sollten wir es in den heutigen Tagen der Zerrissenheit des einen Volkes Gottes, Seiner Gemeinde, des unteilbaren Leibes Christi, des Volkes der himmlischen Berufung [Epheserbrief] anders machen? Sollten wir uns durch die fleischlichen Trennungen abhalten lassen, den Blick auf das Ganze gerichtet zu halten? Gewiß nicht! Und Joh. 17,20.21.24 kommt auch zu Seiner Zeit noch zur Erfüllung!)

Und so schrieb der treue Jakobus (der jüngere, der „Bruder des HErrn“) seinen den Umständen entsprechenden (vgl. die schöne Antwort A am Schluß!) Brief an die zwölf Stamme in der Zerstreuung. Sicher waren in Jerusalem am Pfingsttage viele solche zugegen gewesen, und ebenso sicher gehörten in den vielen zum Teil judenchristlichen Gemeinden in der Diaspora etliche den zehn Stämmen an. („Ephraim“ in den Propheten, vgl. Hosea, u. a. Kap. 12!) Aber eine Unterscheidung war ihnen und ist uns nicht mehr möglich. Der HErr wird sie zu finden wissen, sie, die über den ganzen Erdball verstreut sind, an Seinem Tage, der nicht mehr fern ist. Und denen, die dem Charakter Elias entsprechen, der allein übriggeblieben zu sein glaubte und der doch erfahren mußte, daß der Überrest außer ihm noch 7000 umfaßte (1. Kön. 19), nämlich die, welche Beter sind wie Elia (Jak. 5,17.18), die warten mit Ausharren auf die Ankunft des HErrn, des Richters, der alles, auch was die zwölf Stämme angeht, zurechtbringen wird; und mit ihnen lassen auch wir es uns gerne sagen, was Jakobus spricht in 5,8: „Habt auch ihr Geduld, befestigt eure Herzen, denn die Ankunft des HErrn ist nahegekommen!“ - Ihm sei Dank und Preis!

F. K.

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und allem Frieden im Glauben, damit ihr überreich seiet in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes!“ (Röm. 15,13)

Elia und Obadja.

(1. Kön. 18,1-16)

Elia ist noch in Zarpath. Kein Wort Jehovas war ihm wieder geworden. Noch immer harrt er still verborgen im Hause einer Witwe an dem Platze aus, den Gott ihm angewiesen hatte. Solch ein stilles abhängiges Warten auf den HErrn und Seine Wegweisung will uns oft sehr schwer fallen und stellt unseren Glauben und unsere Treue und Abhängigkeit auf eine harte Probe. Jakobus sagt: „Das Ausharren aber habe ein vollkommenes Werk.“ (Jak. 1,4) Elias Ausharren in Zarpath ist uns ein rechtes Beispiel hierfür. Möchten wir von ihm lernen!

Viele Tage, mehr als zwei Jahre, war er in Zarpath. Da, im dritten Jahre, geschah das Wort Jehovas zu ihm: „Gehe hin, zeige dich Ahab, und Ich will Regen geben auf den Erdboden.“ (Vers 1) Im Anfang, als Gott den Regen zurückhielt, war das Wort des HErrn: „Verbirg dich!“ Jetzt hieß es: „Zeige dich!“ „Alles hat seine bestimmte Zeit“, sagt Salomo; „Schweigen hat seine Zeit und Reden hat seine Zeit“. (Pred. 3,1-8) Alles geschieht nach göttlicher Anordnung. Wohl uns, wenn wir Seinem Herzen so nahe sind, Seine Stunde zu kennen!

Die Zeit des Verbergens war vorüber. Welch ein Wechsel sollte jetzt in den Wegen Elias stattfinden! Gehorsam, ohne auch nur ein Wort einzuwenden, verläßt Elia das friedliche Haus der Witwe, um sich dem nach seinem Blute dürstenden Ahab zu zeigen. Wie köstlich ist das Bild eines demütigen, gehorsamen Knechtes! Möchten auch wir mehr dieses Bild tragen! Wußte Elia, als er sich aufmachte, Ahab zu begegnen, was seiner wartete? Wir wissen es nicht. Gott aber läßt ihn über nichts im Unklaren. Auf seinem Wege zu Ahab muß ihm Obadja begegnen, und durch diesen erfährt er, mit welch tödlichem Haß er von dem König gesucht wird, und weiter, daß die schreckliche Isebel die Propheten Jehovas bereits ausgerottet habe. Meinst du, daß diese Mitteilung keinen Eindruck auf Elias Herz machte? War er nicht „ein Mann von gleichen Gemütsbewegungen wie wir“? Jenem Manne sollte er sich jetzt zeigen. Mußte diese Nachricht nicht wiederum eine neue Probe für Elias Glaubensgehorsam sein? Aber die Jahre der

Verborgenheit hatten ihn für die neuen und großen Aufgaben, die jetzt seiner warteten, zubereitet. Er hatte in Gottes Schule gelernt, sich der allmächtigen Hand seines Gottes zu überlassen, der das Leben erhalten und wiedergeben konnte; im Glauben ging er den dunklen ihm von Gott gewiesenen Weg.

Jemand möchte fragen: Wozu war es nötig, sich Ahab zu, zeigen? Gott konnte doch Regen geben, ohne Seinen Knecht der Gefahr auszusetzen, von Ahab getötet zu werden! Gewiß hätte Gott ohne Begegnung Elias mit Ahab Regen geben können, aber als Elia dem König anzeigte, daß weder Tau noch Regen sein werde, fügte er hinzu: „Es sei denn auf mein Wort!“ (1. Kön. 17,1) Dieser Ausspruch gibt uns die Erklärung für den Auftrag: „Gehe hin, zeige dich Ahab; und Ich will Regen geben auf den Erdboden.“ Auf das Wort Seines Knechtes an Ahab hatte Gott den Regen zurückgehalten, und wieder auf das Wort Seines Knechtes an Ahab sollte er wiederkehren. (Vgl. 1. Kön. 17,1 mit 1. Kön. 18,41) Elia mußte deshalb mit Ahab zusammenkommen. Hätte Gott Regen ohne die vorherige Ankündigung durch Elia gegeben, so hätte Sein Knecht als ein falscher Prophet und der Eintritt des Regens als ein Erfolg der Baalspriester und eine Tat Baals hingestellt werden können. Kein Durchschlupf sollte dem König gelassen werden, das ganze Volk sollte wissen, daß dieses Gericht von Jehova gekommen und von Jehova allein auch wieder aufgehoben wurde. Köstlich ist es auch, zu sehen, wie Gott hierin Elia anerkennt und das Wort Seines Knechtes rechtfertigt. Wenn der HErr uns eine Botschaft anvertraut und uns aussendet, so verbindet Er Sich in Seiner Gnade auch mit uns. Er sagt: „Wer aufnimmt, wen irgend Ich senden werde, der nimmt Mich auf. Wer aber Mich aufnimmt, nimmt den auf, der Mich gesandt hat.“ Welch ein köstliches und ermutigendes Wort für die Boten des HErrn!

Schrecklich müssen diese drei Jahre und sechs Monate der Dürre gewesen sein. Sie erinnern uns an die drei und ein halb Jahre der großen Trübsal im Buche Daniel und der Offenbarung. Der Himmel war verschlossen, als ob keine Gnade von dorther mehr zu erwarten sei, und der Prophet Gottes, auf dessen Wort der Himmel sich wieder öffnen und Tau und Regen spenden solle, war wie vom Erdboden verschwunden, und das ganze Volk diente dem Baal; und doch waren 7000 noch in Israel, die ihre Knie vor Baal nicht gebeugt hatten. Niemand wußte von

ihnen, weil sie ihren Glauben an Jehova verbargen. Gott allein kannte sie, und Er allein vernahm ihr Seufzen in dieser schrecklichen Zeit der Not. Und Er, der barmherzig und gnädig ist und nicht immerdar rechtet, gedachte sicher auch dieser schwachen Gläubigen, die Ihn fürchteten; „denn so hoch die Himmel über der Erde sind, ist gewaltig Seine Güte über die, welche Ihn fürchten.“ (Ps. 103,11) Er will wieder in Gnade Seines Volkes gedenken, und Er offenbart Elia Seinen Vorsatz, wieder Regen auf den Erdboden zu geben.

Unser Kapitel beginnt mit der Ankündigung des Regens und schließt mit dem Eintreten eines starken Regens. Was aber zwischen der Ankündigung des Regens und dem Eintritt desselben stattfand, ist von tiefster Bedeutung für uns. Ehe Er den Regen gab, hatte Er ein Wort mit den Menschen zu reden - mit Obadja - mit Ahab - mit dem Volke - mit den Propheten des Baal. Mit allen diesen wollte Gott reden, bevor Er den Regen gab. In allen Personen dieses Kapitels kann man gewisse Klassen von Menschen unterscheiden; in Elia sehen wir den Menschen Gottes - Gläubige, die in Entschiedenheit abgesondert vom Bösen treu für den HErrn stehen; in Obadja sehen wir die große Masse der Unentschiedenen, die vermischt mit der Welt kein Zeugnis für den HErrn sind; Ahab ist das traurige Bild des Götzendieners, der Jehova den Rücken gewandt hat, das Volk ist die urteilslose, von Würdenträgern beherrschte Masse; die Propheten des Baal sind die falschen Lehrer, die die „Lehren von Dämonen“ (1. Tim. 4,1) in Gottes Volk hineintragen. Wie gesagt, mit allen diesen wollte Gott reden und sollte gehandelt werden, ehe Er den Segen des Regens und den Regen des Segens gab.

Auch das Verhalten Elias ist reich an Unterweisung für uns. Wahr und ernst spricht er mit Obadja, in Strenge mit Ahab, Entschiedenheit fordert er vom Volk, und in Gerechtigkeit handelt er mit den Propheten des Baal. Nach dem Worte des HErrn: „... Jener Prophet ... soll getötet werden, denn er hat Abfall geredet wider Jehova ... um dich abzuleiten von dem Wege, auf welchem zu wandeln Jehova, dein Gott, dir geboten hat. Und du sollst das Böse aus deiner Mitte hinwegschaffen.“ (5. Mos. 13,5)

Auch heute schaut Gottes Volk nach dem Regen des Segens aus. Warum bleibt er aus? Wo sind die Hindernisse? Zwischen der Verheißung des Segens und dem Empfang desselben steht

unsere Treue. Hat Gott auch mit uns ein Wort über Weltsinn, Götzendienst, Unentschiedenheit, falsche Lehren zu reden?

Nach diesem allgemeinen Überblick kommen wir zu den Einzelheiten unseres Kapitels. Gott hatte Elia Seinen Vorsatz, Regen zu geben, mitgeteilt. Nun unterbricht der Heilige Geist Seinen Bericht und macht uns mit der Person des Obadja und der Hungersnot, die über Samaria gekommen war, bekannt. Wie schwer die Hungersnot war, sehen wir daraus, daß der König selbst ging, an den Wasserquellen und Bächen Gras zu suchen, um, wenn möglich, seine Pferde und Maultiere am Leben zu erhalten. So schwer Jehovas Hand auch auf dem König und seinem Lande lag, keine Reue, keine Demütigung unter die gewaltige Hand Gottes kam in sein Herz, sondern seine Seele war mit Zorn und Haß gegen Gott erfüllt. Welch ein Bild der Feindschaft und Härte des menschlichen Herzens!

Ganz im Gegensatz zu Ahab berichtet uns der Heilige Geist von Obadja, daß er ein Mann war, der Jehova sehr fürchtete. In den Tagen, als die gottlose Isebel die Propheten Jehovas ausrottete, unternahm er das Wagnis, das ihn sein Leben hätte kosten können, hundert Propheten der Mordgier Isebels zu entziehen, indem er je fünfzig in einer Höhle verbarg und dort mit Brot und Wasser versorgte. Warum teilt uns der Heilige Geist dieses mit? Augenscheinlich, damit wir wissen sollen, daß Obadja wirklich ein gläubiger und Jehova fürchtender Mann war. Das Gleiche, was hier der Heilige Geist von ihm berichtet, sagt etwas später Obadja von sich selbst zu Elia. (V. 13) Hätte der Heilige Geist uns dies aber nicht schon zuvor berichtet, wir würden es nicht für möglich gehalten haben, daß ein Mann, der Jehova sehr fürchtet, am Hofe eines Ahabs und einer Isebel den geehrten Stand eines Hofmeisters hätte haben können. Wir würden ihn höchstens für einen Scheingläubigen halten. Und ist es nicht ein schlechtes Zeichen, wenn wir, um andere von unserem Gläubigsein zu überzeugen, uns erst auf unsere Taten berufen müssen?!

Wie muß Obadja es verstanden haben, seinen Glauben und seine Gottesfurcht zu verbergen, daß selbst die scharfen Augen einer Isebel ihn nicht zu entdecken vermochten, sondern daß ihm soviel Vertrauen und Wohlwollen zuteil wurde, daß er über das ganze Haus Ahabs gesetzt

wurde!

In diesem Hause, dessen Versorgung durch seine Hand ging, aßen hunderte von Baalspropheten. Was mußte seine Seele darüber empfinden! Die, welche hier aßen, waren es, die das Volk zum Abfall und unter Gottes Gericht gebracht hatten. Sie aßen, und das Volk starb vor Hunger.

Lot quälte einst seine gerechte Seele durch das, was er in Sodom sah und hörte. Was sah und hörte Obadja im Hause Ahabs? Mußte es nicht in seiner Seele und in seinem Gewissen heißen: „Hier ist nicht dein Platz!“ Hier in diesem Hause, wo er die Anordnungen und Befehle der Isebel zur Tötung des Propheten Jehovas erlebte, hier, wo der Haß gegen Jehova auf Seine Propheten übertragen und von den 400 Götzenpriestern, die Tag für Tag am Tische der Isebel aßen, täglich neu geschürt wurde, da war er ein geehrter Mann. Sicherlich fühlte er den Haß gegen Jehova und empfand mit die Leiden seiner Brüder, der Propheten Jehovas, und es gelang ihm, hundert dieser Propheten der Mordgier Isebels zu entziehen. Die Schrift sagt uns nicht, wie er es vermochte, diese hundert Männer in der Zeit der Hungersnot und Dürre mit Brot und Wasser zu erhalten. Sein beunruhigtes Gewissen mochte sich damit erleichtern, daß er seine Stellung in Ahabs Hause, seine Verbindungen in der Beschaffung der Nahrungsmittel zum Nutzen und zur Rettung der hundert Propheten benutzt habe. Heimlich suchte er Jehova zu dienen, offenkundig vor den Blicken der Menschen aber diente er Ahab. Nehmen wir an, Elia oder Daniel hätten in diesem Hause gestanden, würden sie nicht für die Rechte Jehovas eingetreten sein und ihr Zeugnis mit ihrem Blute besiegelt haben?

Ach, Obadja ist ein Beispiel jener Klassen von Gläubigen, die, obwohl Kinder Gottes, doch mit der Welt verbunden sind. Gar manche betrügen sich mit dem Gedanken, in ihrer gottwidrigen Gemeinschaft mit der Welt bleiben zu können, weil sie durch ihre einflußreiche Stellung und ihr Ansehen glauben, dem Volke Gottes besser nützen zu können. Ach, solche haben noch nicht erkannt, daß zwischen Licht und Finsternis keine Gemeinschaft, zwischen Christus und Belial keine Übereinstimmung sein kann. Jede Gemeinschaft des Gläubigen mit der Welt bringt ihn unter ihren Einfluß und läßt ihn die Treue zum HErrn aufgeben. Die Gegensätze, die wir in

dieser Hinsicht bei Elia und Obadja sahen, sehen wir z. B. auch bei Micha und Josaphat, bei David und Jonathan und a. m. Micha, der Prophet, wurde von Ahab ins Gefängnis geworfen, wogegen Josaphat zur gleichen Stunde von Ahab geehrt wurde. Der eine litt um seines treuen Zeugnisses willen, der andere saß am königlichen Festmahl. Diese Gemeinschaft mit Ahab kostete Josaphat aber fast das Leben. Was mochte Josaphat gefühlt haben, als er geehrt und sein Bruder mit Drangsal gespeist wurde?! David, verfolgt und verworfen, verbarg sich in der Höhle Adullam. Jonathan aber blieb in dem Hause seines gottlosen Vaters Saul, obwohl sein Herz mit David war, und er wußte, daß diesem der Königsthron werden würde. Wie kam es, daß Jonathan von den Philistern erschlagen wurde? Warum hing sein Leichnam an der Mauer von Beth-Schan? Weil er in seinem Leben nicht mit David, sondern mit Saul verbunden war. Wie groß war sein Verlust? Wie groß wird unser Verlust sein, wenn wir es an der Treue zum HErrn fehlen lassen! Der Tag ist nahe, wo der HErr kommt und Sein Lohn mit Ihm.

Gläubige, die für sich selbst diese Absonderung nach 2. Kor. 6,14-18 nicht verwirklichen, haben das Verbleiben Obadjas als ein Ausharren in Treue, unter schweren Umständen hingestellt und versucht, es durch die Treue Daniels im Hause des heidnischen Königs von Babel und anderer treuer Männer in ähnlichen Lagen zu begründen und zu rechtfertigen. Ein solcher Vergleich Daniels mit Obadja ist nicht nur unzulässig, sondern auch irreführend. Daniel war nicht freiwillig wie Obadja im Hause des Königs und ebenso nicht Nehemia in der Burg Susan, noch Joseph in dem Hause Potiphars. Diese Männer traten treu für ihren Gott ein. Wie kühn stand Daniel vor Belsazar und wie offen diente er „ohne Unterlaß“ seinem Gott, selbst angesichts der Löwengrube. (Dan. 6,11.17) Obadja dagegen wagte nicht, Ahab den Namen Elias, geschweige denn den Namen Jehovas zu nennen, aus Furcht, getötet zu werden. Obadjas Aufenthalt brachte dem Hause Ahabs keinen Segen. Welch ein Segen ging dagegen von Daniel, Nehemia und Joseph aus (1. Mos. 39,5), die treu ihren Gott bekannten!

Elia ist auf dem Wege in das Land Israels, sich Ahab zu zeigen. Bevor aber Elia mit Ahab zusammentrifft, muß Obadja seinen Weg kreuzen. Hier haben wir wieder ein Beispiel, wie Gott die Wege der Menschen führt und ihre Schritte leitet. Der eine geht auf das Wort Jehovas, den Regen, mit welchem Gott Sein Volk segnen will, einzuleiten, der andere geht auf das Wort

Ahabs, um Gras für dessen Pferde zu suchen. Gott aber überwaltet die Schritte dieser Männer so, daß Ahab und Obadja getrennte Wege gehen mußten, damit Elia zuerst Obadja und danach Ahab begegnen und somit das Gewissen dieser beiden Männer einzeln berühren konnte. Wie wenig beachten wir oft die Wegführungen unseres Gottes! Salomo sagt: „Das Herz des Menschen erdenkt seinen Weg, aber Jehova lenkt seine Schritte.“ (Spr. 16,9)

So war es auch bei Ahab. Jehova lenkte seine Schritte, Elia zu begegnen. Er dachte nur an seine Rosse und Maultiere und teilte das Land unter sich und Obadja, um an den Wasserquellen und Bächen Gras zu suchen. Ach, daß sie sich zu Jehova gewandt hätten, statt zu den Wasserquellen dieser Erde zu gehen, und Gnade für sich gesucht hätten, anstatt Gras für die Pferde! Gott aber war in den Gedanken Ahabs ausgeschlossen. Er trug Sorge für seine Rosse und Maultiere und keine Sorge für sein Volk. Obwohl er ein Israelit war, hatte er doch den Glauben an Jehova aufgegeben. Seine Gedanken waren nur auf das Irdische gerichtet. Möchten wir uns warnen lassen! Irdische Interessen können das innere Leben des Glaubens so völlig ersticken, daß die himmlischen Dinge nichts Anziehendes mehr für unser Herz haben. Prüfen wir uns! Worauf sind unsere Gedanken gerichtet, und wohin gehen die Neigungen unseres Herzens? Und was ist unser Ziel? Möchten wir mehr in das Heiligtum gehen, um das Ende zu sehen! (Ps. 73,17) Denn „diese Welt vergeht und ihre Lust“. (1. Joh. 2,17)

Als Obadja auf dem Wege ist, Gras für die Pferde seines HErrn zu suchen, kommt ihm Elia entgegen. Der Heilige Geist teilt uns nun die Worte, die bei dieser kurzen Begegnung gesprochen wurden, wörtlich mit; sie sind deshalb auch bedeutungsvoll für uns. Obadja erkennt Elia sofort, er fällt auf sein Angesicht und spricht: „Bist du es, mein Herr Elia?“ Diese Worte verraten uns die Bestürzung und den Schreck, der durch seine Seele geht. Was hatte er von Elia zu erwarten? Schuldbewußtsein, Erwartung eines Tadels mochten sich mit seinem Schreck verbinden. Im Hause Ahabs war er der Angesehene, der Größere. Jetzt aber standen beide in Gottes Gegenwart, und hier spürt er die Größe des treuen Zeugen Jehovas, so daß er auf sein Angesicht fällt und fragt: „Bist du es, mein Herr Elia?“ Er kann es noch nicht fassen, daß es Elia wirklich ist. Vielleicht empfand er, daß jetzt mit dem Erscheinen Elias gewaltige Dinge geschehen würden. Elia beschränkte seine ganze Antwort Auf die wenigen Worte: „Ich bin's;

gehe hin, sage deinem Herrn: Siehe, Elia ist da!“ Er fügt nicht einmal den Namen „Ahab“ hinzu, als er von seinem Herrn spricht. Für Elia hatte Obadja keinen anderen Herrn mehr als nur noch Ahab; Obadja ist für ihn nur noch der Knecht des gottlosen Ahab und nicht mehr der Knecht Jehovas. - Er empfing seine Aufträge von Ahab - Elia die seinigen von Jehova. - Welch ein Gegensatz zwischen Obadja und Elia! Was hatte ein Mann, der Jehova von seiner Jugend an fürchtete, im Hause eines Königs zu tun, der ein offener Feind Jehovas war und der den treuen Propheten Jehovas mit tödlichem Haß verfolgte, wogegen Obadja seine Gunst genoß?

Wie befremdend, zurückhaltend, ja kalt ist die Begegnung Obadjas mit Elia! Kein Ausdruck der Freude, den treuen Knecht Jehovas zu sehen, kommt über Obadjas Lippen. Fürchteten nicht beide Jehova, den Gott Israels? Waren sie nicht wirkliche Brüder? Aber sie dienten in Wahrheit nicht einem gemeinsamen Herrn. Auch auf Elias Seite ist keine Freude über das Zusammentreffen mit dem Manne, der Jehova fürchtete, spürbar. Warum fehlte jede Herzlichkeit? Welche Gemeinschaft kann zwischen einem Knecht Jehovas und einem Diener Ahabs bestehen? Wie ganz anders war es, als sich einst zwei Brüder, Mose und Aaron, am Berge Gottes begegneten! Diese standen beide im Dienste eines Herrn. Und Aaron begrüßte seinen Bruder mit dem Kuß der Liebe. (2. Mos. 4,27)

Elia bestätigt Obadja nur kurz seine Frage, daß er es sei, und beauftragt ihn alsdann, dem gottlosen Ahab seine Gegenwart anzuzeigen. Obadja fühlte die Schwere dieses Auftrages; er sollte den Propheten Jehovas dem Ahab verraten und dem Tode ausliefern. Wir können verstehen, wie schwer das einem Manne sein mußte, der in seinem Herzen Jehova fürchtete. Dreimal versuchte er, von diesem Auftrag loszukommen. Die Antwort, die Obadja in den Versen 9 bis 14 auf diesen Auftrag Elias gibt, wirft ein helles Licht auf das Innenleben Obadjas. Wohl fürchtete er Jehova, aber das dreimalige Hinzufügen: „Er wird mich töten“ zeigt uns, wie groß die Furcht war, mit der er den Menschen Ahab fürchtete. (Spr. 29,25a)

*

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

Nachdem ich in der vorigen Lieferung einige Begebenheiten aus dem Leben der drei Männer des Alten Testaments: Moses, Hiob und Elisa angeführt habe, Beispiele, die wirklich die Schönheit unseres Textwortes darzutun imstande sind, will ich nun heute wiederum zum Neuen Testament übergehen und an einigen Geschichten aus dem Leben und Dienst der Apostel zeigen, daß sie, wenn auch nicht dies Wort buchstäblich, so doch den Sinn desselben gut genug kannten. Wie könnte es auch anders sein, nachdem sie den Heiligen Geist empfangen hatten, der doch in Wahrheit „der Geist der Weisheit ist“ (Eph. 1,17)?!

Viele Einzelheiten aus den ersten Zeiten der christlichen Gemeinde mögen im Sinne unseres Textwortes zu werten gewesen sein, uns sind in der kostbaren Apostelgeschichte einige berichtet worden, welche den Wert unseres Leitwortes in hervorragender Weise zeigen. Ich weise da zunächst hin ganz allgemein auf das Verhalten der Apostel vor der Welt, wenn diese Welt auch zunächst die von ihresgleichen zu sein schien. Sie war ja doch so ganz anders, und die Jünger des HErrn empfanden den Unterschied auch immer tiefer und gaben dem auch Ausdruck, so wenn Petrus zuerst von dem „verkehrten Geschlecht“ redet, später aber diesen Menschen verkehrten Geschlechtes, das sich gleich blieb, ins Angesicht sagt, daß sie Jesum ermordet hätten. (5,30) Aber obwohl dem so ist, lassen sie dennoch nicht ab, „Buße und Vergebung der Sünden “ zu verkünden (V. 31), obwohl es näher läge, zu denken, daß sie sich nun endlich von diesem Volke abwenden würden. Aber nein, stets suchen sie das Böse mit dem Guten einer ganz anderen Gesinnung zu überwinden - und so machen es die Gläubigen, wenn sie recht stehen, noch heute!

Köstlich ist doch auch jene Stelle, nach der sie, trotz Gamaliels freilich nur halbherzigen Rates zum Guten, geschlagen wurden und nun nicht etwa murren und seufzen über den harten Dienst des HErrn, sondern „voll Freude“ aus dem Synedrium hinweggingen, weil sie gewürdigt worden

waren, für den Namen (Jesu) Schmach zu leiden. (5,40-41) Aber damit nicht genug - sie hörten nicht auf zu lehren und den Herrn Jesus als den Christus zu verkündigen, (42) indem sie so dartaten, was Petrus und Johannes in 4,19f. bekannt hatten: „Ob es vor Gott recht ist, auf euch mehr zu hören als auf Gott, möget ihr beurteilen; denn es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.“ Ja, das heißt gewissermaßen auch, das Böse mit dem Guten zu überwinden und sich nicht vom Bösen überwinden zu lassen!

Aber diese Beispiele und viele andere, die, wie gesagt, geschehen sein mochten, lagen alle in der allerersten Anfangszeit der jungen Gemeinde des HErrn, als der Geist Gottes noch unbetrübt (Eph. 4,30) in ihnen und unter ihnen waltete und wirken konnte so, daß gleichsam der HErr selber zugegen schien. - Wie aber wird es nun sein, wenn das erste große Betrüben des Geistes eingetreten ist? Es wird ja, ehe es noch auf andere böse einwirken kann, sofort gerichtet (Apgesch. 5), aber jetzt war das praktische Böse doch drin in der Gemeinde, - werden nun die Apostel noch Gnadenkraft genug haben, um Böses mit Gutem zu überwinden? Oder werden sie selber - auch doch nur Menschen! - vom Bösen hingerissen werden?

Die so ernst beginnende und so lieblich schließende Geschichte in Apgesch. 6 zeigt es.

Mit dem Murren der Hellenisten, d. h. dem des griechischen Bestandteils der judenchristlichen Gemeinde in Jerusalem, kam eine große Gefahr für die noch junge Gemeinde auf. Wenn die Apostel jetzt nicht Weisheit haben, um die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, so sind schwerste Schädigungen nicht mehr zu vermeiden. Die Gemeinde befand sich doch erst im ersten Jahre ihres Bestehens, und die alte aus der Wüstenreise her so wohlbekannte Sucht der Juden, zu murren, mußte den Führern, wie einst gut 1500 Jahre zuvor dem Mose, tiefe Sorgen bereiten, nur daß es hier nicht von hebräischen Christen aus Palästina ausging, sondern von jüdischen Familien- und Gemeindegliedern aus den westlichen Ländern des Römischen Reiches, also aus der sogen. „Diaspora“ (Zerstreuung), die nach Palästina zurückgewandert waren. Und so war's eigentlich noch schlimmer, denn von diesen fremdländischen Judenchristen hätte man wohl mehr Großzügigkeit, Menschenkenntnis und Tragkraft erwarten können, da sie der Weltbildung mehr zugänglich gewesen waren, als von den einheimischen Palästinensern. Aber

sie fühlten sich nun einmal zurückgesetzt, sie meinten, ihre Witwen würden bei der täglichen Liebesarbeit übersehen oder wenigstens weniger gut behandelt, und solche Dinge wiegen bei einem Juden, wenn er auch Christ geworden ist, schwerer als bei anderen. Und die Witwenversorgungsfrage war stets und ist noch heute eine ernste Sache! Es kam hinzu, daß die Sprachverschiedenheit sie einander fremd machte! Sie sprachen wohl meist griechisch untereinander, und die althebräischen Gemeindeglieder bedienten sich wohl mehr des Aramäischen als Umgangssprache, und so mochten selbst die Apostel nicht solchen Einfluß auf jene haben wie auf die übrigen, mit denen sie schon lange zusammengelebt hatten, auch vor ihrer Bekehrung. Volkssitte, Volkssprache, Heimatgefühl usw. sind immerhin nicht zu unterschätzende Bande. Das echte Christentum überbrückt diese leicht trennend wirken könnenden Elemente naturhafter Lebensäußerung, die an sich nicht böse und für den Gläubigem wie alles Geschaffene (vgl. Frage 13!), das er mit Danksagung annimmt, zum Nutzen, zum Segen, zur Freude sind (1. Tim. 4,4.5): Die Zugehörigkeit zu dem einen Leibe, welcher ist Christus, schafft ein festeres Band auch zwischen sich sonst entgegenstehenden Nationen als das sonst so berechtigte Heimat- und Vaterlandsbewußtsein innerhalb der eigenen Nation, von dem es für uns auch heißt: „Alles ist euer!“ (1. Kor. 3,21) In Christo „ist nicht Grieche und Jude usw., sondern Christus alles und in allen“. (Kol. 3,11) Und in jener Gemeinde in Jerusalem handelte es sich noch nicht einmal um die äußersten volklichen Gegensätze, sondern nur um Bestandteile innerhalb des Judentums, und dennoch solche inneren Gegensätze, als solche empfunden und störend einwirkend auf die geistliche Gemeinschaft! Aber konnte man denn auch schon solches Gedankengut bei ihnen, diesen jungen Christen, erwarten, wie es später Paulus mit seinem Evangelium des Christus verkündigt? Keineswegs, dazu waren sie noch zu unerfahren im Worte der Wahrheit, wenn sie auch die Apostel in ihrer Mitte hatten. So wird ihr Murren uns verständlich, wenn es an sich auch böse war - sicher ein Versuch des Feindes, die junge Gemeinde zu zerreißen, seine Gedanken gehen stets auf dieses aus! (2. Kor. 2,11) - und selbst, wenn es nicht berechtigt gewesen sein sollte.

Und wenn uns ihr Murren schon verständlich ist, wie denn nicht den Aposteln?! Diese gottgegebenen (Eph. 4,11a) Männer kannten ihre Leute und deren Schmerzen, und sie waren

zu überwinden! O daß wir Heutigen allemal solche Weisheit hätten, so oft es sich um eine Gemeindegefahr handelt! Welche Torheiten werden von uns doch leicht begangen, wie so manchmal siegt der Feind, wo ein wenig Weisheit und Gnade nach unserer Stelle (Röm. 12,21) Wunder gewirkt hätte! - Schon daß „die Zwölfe die Menge der Jünger beriefen“ und die Geschichte nicht so im Geheimen von sich aus (gleichsam „vom grünen Tisch aus“) zu erledigen trachteten, war göttliche Weisheit, der heute häufig diametral entgegengesetzt gehandelt wird! Nein, das Murren - zuerst natürlich geheim - war allen offenbarlich geworden, mochten sich nun auch alle damit beschäftigen, es gottgemäß zu beseitigen! Dann bewundern wir, wie die Apostel die Sache bereinigen. Sie selber wollen und dürfen sich nicht mit dieser äußeren Sache befassen! Sie haben höhere Aufgaben als etwa die, „Tische zu bedienen“! Sie haben das Wort Gottes zu verkündigen, am Worte zu dienen, die Wahrheit zu predigen, Sünder zu Christo zu führen und die von Gott der Gemeinde Hinzugetanen weiterzufördern im Worte des Christus und im Wandel nach Seinem Willen. Sich mit jenen Dingen zu befassen wäre für sie Verzettelung, wäre ein „Verlassen des Wortes Gottes!“ Wie unsagbar wichtig dies alles! Aber es scheint in ihrer Weisheit noch ein weiterer Grund für ihre Weigerung, sich selber mit der Sache zu befassen, verborgen zu sein: Sie alle waren Judenchristen aus Palästina, jene Murrenden waren Hellenisten. Wenn sie, die Zwölfe, eben auch Apostel waren, so waren sie doch „auch nur“ Menschen, und die Hellenisten hätten mit einem Schein des Rechts sagen können: „Ach, die verstehen uns ja nicht, die gehen ja auch mit viel zu hohen, herrlichen Gedanken um, als daß sie sich herniederneigen könnten zu unseren armen Witwen, von denen ja auch keine richtig aramäisch reden kann!“ Nein, nein, die Apostel waren zu weise, um diesen selbstverständlichen inneren Einwänden nicht gewachsen zu sein. Sie konnten und wollten nicht alles tun; zumal die Gemeinde in Jerusalem doch sehr groß war! Sie traten - das Böse mit dem Guten überwindend - bescheiden zurück und trugen der Gemeinde (den „Brüdern“) auf, sich nach sieben Männern aus ihnen umzusehen „von gutem Zeugnis, voll Geistes und Weisheit“ (wie köstlich ist dies, doch kann ich darauf hier nicht eingehen), während sie selber verharren wollten (V. 4) im Gebet (1. Punkt!) und im Dienst des Wortes (2. Punkt!). Welch erhabene Weisheit, welche Liebe, Demut, Sanftmut, Handeln nach Spr. 25,15b und Röm. 12,21! Es ist nicht verwunderlich, daß „diese Rede der ganzen Menge gefiel“. (V. 5) Hier sahen alle ihre

Belange in wahrhaft göttlicher Weise vertreten, hier fühlten sie Geisteswehen und Gebetsluft, hier konnten sie vertrauen, daß alles gut würde und kein Schatten sie in ihrer Gemeinschaft beeinträchtigen könnte. - Der Feind, der vielleicht gleichsam schon auf Zehenspitzen gestanden und in die Gemeinde hineingelugt hatte, weil er einen großen „Sieg“ witterte, mußte für diesmal gänzlich beschämt und völlig entwaffnet davonziehen, die „Gemeinschaft des Geistes“ blieb gewahrt, die Gemeinde blieb einig und treu dem Leiten des Geistes, der überragende Einfluß der Apostel blieb ungehemmt, ja hatte sich sicher noch vermehrt. Ja, ein Handeln nach Röm. 12,21 schafft einen günstigen Nährboden für das Aufgehen der „Frucht des Geistes“ (Gal. 5,22). Daß wir davon lernten!

Die wunderbare Wahl, zu der sich die Apostel dann in jeder Hinsicht bekannten (Gebet und Händeauflegung, d. i. Gemeinschaftmachung mit Person und Dienst der Betreffenden, V. 6), fiel auf sieben Männer mit griechischen Namen! Wir können daraus wohl entnehmen, daß es sämtlich Hellenisten waren, also nicht palästinensische Judenchristen. Selbst wenn dem nicht so sein sollte, so waren diese weisheitsvollen, geisterfüllten „treuen Leute“ (2. Tim. 2,2) doch wenigstens solche, die dem griechischen Sprachgebiet angehörten und somit den Witwen der Hellenisten am besten dienen konnten. Aber ich glaube, daß sie alle selber Hellenisten waren, nicht nur Griechisch Redende. (Von Stephanus wissen wir jedenfalls, daß er in die Synagoge der Libertiner [Freigelassenen] ging, und das war eine Synagoge der Hellenisten. [V. 9.]) Somit war dem Murren jeglicher Boden entzogen; sie hatten jetzt ihre Leute zu ihrer Witwenbedienung und wußten ihre Angehörigen in besten Händen. Aber etwa nur sie? Nein, auch die hebräischen Judenchristen, denn auch ihre Witwen fielen unter die Bedienung seitens dieser sieben „Almosenpfleger“, Diakonen zur äußeren Bedienung der Gemeinde. Es ist ja ganz klar, daß diese Männer, unter solchen Umständen erwählt, auch für den Urbestandteil der jüdischen Gemeinde die besten Kräfte darstellen mußten, war es für sie doch eine gottgeschenkte Ehre, von der ganzen Gemeinde für diesen wichtigen Dienst erwählt zu sein, für einen Dienst, von dem die ganze Gemeinde Segen hatte.

Dieser Segen findet seinen Beweis darin, daß „das Wort Gottes wuchs“, daß „die Zahl der Jünger sich vermehrte“, daß auch „eine große Menge der Priester dem Glauben gehorsam

wurde“. (V. 7) Wäre das alles wohl geschehen, wenn die Apostel nicht solche Gnade gehabt hätten, „sich nicht vom Bösen überwinden zu lassen, sondern vielmehr das Böse zu überwinden mit dem Guten“?! Sicher nicht! Ja, das waren die Anfangszeiten, zu denen wir, nachdem der Heilige Geist millionenfach betrübt ist, nicht zurückkehren können, aber wir können noch beten, wir können noch handeln nach Röm. 12,21, wenn wir wollen, und wir werden sehen, daß Gott, der treue Gott, sich stets zu denen wunderbar bekennt, die in allem Sein Wort zu befolgen trachten, die nicht abhängig sein wollen von Menschenwort und religiösen Meinungen, sondern die fragen wie Paulus: „Was willst du, HErr, daß ich tun soll?“ (Apgesch. 22,10) Und Er will, daß wir „das Böse überwinden mit dem Guten“. Und in Seiner Kraft, durch Seinen Geist und Seine Gnade ist es auch uns möglich! Gepriesen sei Gott!

F. K.

Die Heilige Schrift.

„Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nütze zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt.“ 2. Tim. 3,16.17.

Das Höchste und Kostbarste, was wir in der Welt besitzen, ist das geschriebene Wort Gottes. Es ist deshalb so hoch und kostbar, weil es von Gott eingegeben ist. Alle Schrift ist von Gott eingegeben. Gott hat geredet in den Propheten, Gott hat geredet im Sohne. (Hebr. 1,1) „Heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste.“ (2. Petr. 1,21) Und dieses Gottes-Wort ist durch die heiligen Männer des Neuen Testaments vollendet worden. (Siehe Kol. 1,25)

Es ist eine besondere Gnade, daß uns Gott Sein Wort in die Hand gegeben hat, ja, daß Er Sich zu uns Menschen herabgeneigt, zu uns geredet hat und uns alles das geoffenbart hat, was uns nützlich und nötig ist. Und wenn wir bedenken, „Wer“ es ist, der in dem Worte zu uns redet, so sollte unser ganzer Mensch sich beugen vor der Autorität Seines Wortes und von Herzen dankbar sein, daß wir es lesen dürfen in Frieden. Viele unserer geliebten Brüder haben

Verfolgung, ja den Tod erleiden müssen, weil sie das Wort Gottes lasen. Wir aber dürfen es noch ungestört lesen, das ist große Gnade.

Wenn sich Menschen erdreisten, das Wort Gottes anzutasten, zu verdrehen oder nur zum Teil anzuerkennen oder gar ganz zu verwerfen, so tun sie dies zu ihrem eigenen Verhängnis. Wir, die wir aus Gnaden Eigentum des HErrn Jesus geworden sind, sollten nicht zu denen gehören, die sich „über“ das Wort stellen, sondern uns völlig „unter“ die Autorität des Wortes beugen in kindlicher Furcht. Gewiß werden wir nicht alles verstehen. Doch deshalb ist nicht das Wort Gottes verkehrt, sondern wir Menschen sind verkehrt.

Der Ungläubige mag vielleicht nach Beweisen fragen, daß die Bibel wirklich Gottes Wort ist. Mancherlei Beweise lassen sich anführen, wie z. B. erfüllte Prophezeiungen und anderes. Doch wird solche Beweisführung selten zum Glauben verhelfen. „Wenn jemand Seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist.“ (Joh. 7,17) Wenn der Wille vorhanden ist, dann wird Gott auch das Wissen und den Glauben schenken können in bezug auf Sein Wort.

Die Heilige Schrift ist nutze zur Lehre.

„Dein Wort ist Wahrheit.“ (Joh. 17,18) Wir leben in einer Welt der Lüge und der Finsternis. In dieser Welt steht das Wort der Wahrheit als ein göttlicher Zeuge und leuchtet als ein Licht an einem dunklen Orte. Ja, wir selbst sind von Natur Finsternis. Wenn wir das Wort der Wahrheit nicht hätten, was wüßten wir über Gott, was wüßten wir über uns selbst? Wo wäre ein Mensch, der uns könnte belehren, da doch alle Menschen unwissend, ja verfinstert am Verstande sind? Sind sie doch alle von demselben Ton gemacht wie auch wir. Nicht die Überlieferungen sind uns zur Belehrung gegeben. Wie wäre es auch möglich gewesen, daß ein verkehrtes Geschlecht wichtigste Wahrheiten jahrtausendelang der Wahrheit gemäß überliefern könnte? Gott kannte den Menschen, deshalb ließ Er die Wahrheit durch den Heiligen Geist mittels heiliger Menschen Gottes niederschreiben. Unserem Gott sei Lob und Dank, daß Er Sorge getragen hat, daß somit die Wahrheit uns erhalten geblieben ist bis auf diesen Tag! Und sie wird auch erhalten bleiben, dafür wird Seine Weisheit und Stärke sorgen. Himmel und Erde werden vergehen, aber Seine

Worte werden nicht vergehen.

Die Heilige Schrift belehrt uns über die Entstehung der Welt, besonders der Erde, über die Schöpfung des Menschen, über den Sündenfall und über den dadurch bedingten Fluch über diese Erde. Sie belehrt uns über das Mühen Gottes mit dem einzelnen und mit Völkern. Sie offenbart uns Gottes Ansprüche an den Menschen. Diese Ansprüche werden besonders in der Geschichte Israels offenbar. Wir sehen besonders an dem Beispiel dieses einen Volkes, daß Gott allmächtig, gerecht und heilig ist. Gegen den Gottesfürchtigen ist Er gütig, gegen den Ungehorsamen ist er ein strafender Gott. Gott offenbart sich im Alten Testament in Seiner Heiligkeit. „Heilig, heilig, heilig ist Jehova der Heerscharen.“ (Jes. 6,3) Wenn wir daselbst auch oft Gottes Liebe und Güte entdecken können, so tritt aber doch vorwiegend diese erwähnte Eigenschaft Gottes hervor. Gemäß dieser Offenbarung Seiner Heiligkeit handelten und beteten auch die damaligen Männer Gottes. Denken wir z. B. an die Handlungen des Elias und an die Gebete Davids in den Psalmen, wo er Rache erflehte an Seinen Feinden.

Lesen wir im Neuen Testament (außer der Offenbarung), so sehen wir vorwiegend Gottes Gnade und Liebe hervorstrahlen. Seine Gerechtigkeit und Heiligkeit hat deshalb keineswegs aufgehört, das lehrt uns das Wort und zeigt uns die Erfahrung, aber Gottes Handeln und das Handeln Seiner Heiligen ist doch vorwiegend durch Gnade gekennzeichnet. Als einmal der Herr Jesus mit den Jüngern von den Bewohnern eines Ortes nicht aufgenommen wurde und die Jünger gleich dem Elias Feuer vom Himmel als Strafe erbitten wollten, da sprach der HErr das bekannte Wort: „Wisset ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?“ Der Geist der Gnade, der Sich im HErrn offenbarte, der sollte auch in den Kindern dieses Geistes offenbar werden. Auch lesen wir an einer Stelle: „Rächet nie euch selbst, Geliebte.“ Rachegedanken oder Rachegebete entsprechen nicht unserer Berufung. (Dennoch sind z. B. jene Psalmen mit Rachegebeten für uns wichtig, weil uns dadurch Gottes Heiligkeit offenbar wird.) Gott offenbarte durch Hingabe Seines geliebten Sohnes ans Kreuz Seine Liebe zu einer verlorenen Welt, indem Er die Möglichkeit der Erlösung für alle gab. Wohl sehen wir auch hier die Heiligkeit Gottes in bezug auf das notwendige stellvertretende Opfer unseres Heilandes für unsere Sünde und Sünden, doch die Liebe und Gnade tritt für uns ganz besonders in Erscheinung. (Siehe auch Tit. 3,4.5)

Es ist verständlich, daß bei solcher Offenbarung Gottes auch wir Begnadigte in diesem Geiste der Gnade und Liebe durch diese Welt pilgern sollen. Der HErr Selbst hat uns ein Vorbild gelassen, und das Neue Testament belehrt uns.

Mit der Entrückung der Gemeinde wird das Zeitalter der Gnade seinen Abschluß finden. Gott wird Sich dann, wie uns das Buch der Offenbarung zeigt, als heiliger und gerechter Richter offenbaren. Auch das Handeln Seiner Zeugen wird gemäß dieser Offenbarung sein. (Siehe Offenb. 11,1-13) Auch die Gebete der Heiligen bringen diese Offenbarung Gottes zum Ausdruck. (Siehe Offenb. 6,9.10) Diese Gebete sind wieder ähnlich den Gebeten in den Psalmen.

Wir sehen aus dieser beiläufigen Betrachtung, daß wir die ganze Heilige Schrift zur Belehrung benötigen, um das Handeln unseres Gottes und das Seiner Heiligen in etwas verstehen zu können.

O. D.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Frage und Antwort

Frage 12

Warum fehlt in 4. Mose 4 beim Aufbruch und Zurechtmachen der Geräte für die Wanderung das Handfaß, das Waschbecken?

Antwort A

Weil es keine Offenbarung Gottes in Christo darstellt, wie die anderen Gerätschaften symbolisch dies tun. Die stellen nämlich dar:

1. Die Lade mit dem Deckel: Christus in Seiner zweifachen Herrlichkeit als Mensch und als Gott (Akazienholz und Gold), droben gekrönt, und Sühnmittel für uns;

2. der Tisch: Christus in der Herrlichkeit, unsere, der Himmlischen, Speise;

3. der Leuchter: Christus in der Herrlichkeit, der das Licht des Heiligen Geistes gibt zu Seinem eigenen besseren Gekanntwerden von den Seinen;

4. der goldene Räucheraltar: Christus der Treffpunkt zwischen Gott und den Heiligen zur Anbetung,

5. alle Geräte des Dienstes im Heiligtum: was an einzelnem zu unserem Anbetungsdienst im Heiligtum gehört; und als

6. der einzige im Vorhof in Betracht kommende Gegenstand: der Opferaltar: Christus am Kreuze auskostend, was der heilige Gott zur Sünde zu sagen hat. -

Diese Gegenstände nehmen zu diesem ihnen eignenden Charakter etwas hinzu, wenn sie in Beziehung zur Wanderung durch die Wüste gesehen werden. Das Gegenstück ist, was an dem Herrn Jesus in Seinem Leben und Wandel gesehen wurde auf der Erde und was in unserem Leben und Wandel gesehen wird als an solchen, die durch Christus mit Gott in Verbindung sind.

Veranschaulichung an einem der sechs Gerätschaften: die Lade, im Heiligtum unbedeckt: Christus in der Gegenwart Gottes offenbarlich das, was Er in Sich Selber ist, seit Er dort ist. Als Er die Erde, die Wüste, durchschritt, bedeckte Ihn zunächst der deckende Vorhang Seiner Menschheit (Hebr. 10,20), d. h. die göttliche Heiligkeit und Gerechtigkeit (das Gold) war überdeckt von der Menschheit. Über die Menschheit Christi breitete sich aber das, was bildlich durch Dachsfell dargestellt wird, welches auch die äußerste Decke der Stiftshütte war: die praktische, stets wachsame Heiligkeit, die vor ansteckendem Übel bewahrt. Und doch war darüber noch etwas anderes zu sehen: der himmlische Charakter Seiner Person (blau) trat in Erscheinung, weil die Beziehungen zwischen Gott im Himmel und Ihm unmittelbare waren. (Der

Glaube freilich nur unterschied das.) Die Stangen dran getan sagen vollends, daß Er durch alle Umstände der Wüste ging.

Bei den anderen Gegenständen ist die Deutung ähnlich zu machen. Bei allen ist es Gott, in Christo Sich mit uns in Beziehung setzend. Und weil die Heiligen in dieselbe Stellung zu Gott gebracht sind, in der Christus ist, mit Ausnahme natürlich dessen, was Christus in Sich Selber ist, so hat unser Wandel als Himmlische, die durch die Wüste gehn, sich abzuleiten von dem, was an Ihm, als Er hier war, und was in den Ihn vorstellenden Vorbildern zu sehen ist.

Und nun zum Waschbecken! Bestandteil: Erz, Sinnbild richterlichen Eingreifens. Inhalt: Wasser, Reinigungsmittel. Die Priester, so oft sie zum Dienst antraten, waren gehalten (außer das erstemal bei ihrer Einweihung, da Mose sie wusch [3. Mos. 8]), sich selber zu waschen, Vorbild des Selbstgerichts für uns durch Anwendung des zurechtweisenden Wortes auf Herz und Gewissen. Das gehört aber nicht zu den Offenbarungen Gottes in Christo! Mit was sollte es bedeckt werden? Mit blauem Purpur? Es stammt nicht vom Himmel. Mit Karmesin, dem Symbol der durch Leiden erworbenen Herrlichkeit (Kreuz und Krone!)? Kann's nicht bei ihm geben. Mit rotem Purpur, Symbol der Königsherrlichkeit? Ebensowenig. Mit Dachsfell, Symbol der entschiedenen Abweisung alles dessen, was von außen her der Heiligkeit entgegen ist? Hätte gar keinen Sinn, da Erz und Wasser für leider vorhandenes Übel zur Anwendung da sind.

Also ist es leicht begreiflich, daß der Transport des Beckens vor sich ging, ohne daß eine besondere Bemerkung hierüber erforderlich wäre. So wird auch bei uns, wenn anders unser geistlicher Zustand ein normaler ist, das Selbstgericht als etwas Selbstverständliches, von dem gar kein Aufhebens zu machen ist, durch unser Christenleben hindurch mitgenommen. Es wird für uns am Ende der Wüstenreise aufhören.

Selbstverständlich waren es Leviten, die das Becken trugen. Aber als etwas, „womit man Dienst verrichtet“ (Verse 9.12.14), wurde es nicht gewertet; es war's ja tatsächlich nicht. Entsprechend ist auch Selbstgericht kein „Dienst für Gott“. Christus aber, symbolisch in der Lade, dem Tisch, dem Leuchter, dem goldenen Altar und dem Opferaltar dargestellt, wird

und droben (Offenb. 22,3), und wir, Priester und Leviten, werden immer sein, was wir in Ihm und in Verbindung mit Ihm sind.

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Wer diese köstliche Antwort liest, und zwar mit mehr als nur literarischem - mit innerem Anteil, der muß zu dem Schluß kommen, daß die Frage (herrührend von den gleichen Einsendern wie Frage 6!) ganz richtig gestellt ist, weil eben tatsächlich des Waschbeckens hier nicht Erwähnung getan ist. Ich betone dies deswegen, weil es Übersetzungen gibt, die nach der Aufzählung der Geräte in Vers 14 weiterlesen „samt allen Geräten des Altars“. Dadurch könnte man auf den Gedanken kommen, das eherne Waschbecken mit zu diesen Geräten zu rechnen. Freilich wäre das gänzlich abwegig, aber die Möglichkeit bestünde doch, zumal wenn man weiß, wie leicht symbolische Zusammenhänge gesucht und gefunden werden von solchen, die gern überall etwas Besonderes finden wollen. Außerdem aber gibt es Übersetzungen, die in Fußnote der Tatsache Erwähnung tun, daß es hinter V. 14 einen hebräischen Zusatz gegeben habe, der sich mit dem Waschbecken befaßt habe. Wenn ich auch nicht glaube, daß viele Leser solche Bibelausgaben haben, so habe ich doch die Sache berührt aus einem Grunde, nämlich um sie restlos abzulehnen. Es handelt sich um nicht mehr als um einen Zusatz, der von späteren Abschreibern des Bibelgrundtextes gemacht sein mag, die offensichtlich die gleichen Schwierigkeiten wie unsere Fragesteller in dem Fehlen eines Auftrages über das Waschbecken sahen und wohl meinten, einen Zusatz wagen zu dürfen, um die Schwierigkeit wegzuräumen. Aber die Bearbeiter des hebräischen Textes haben jenen nicht gelten lassen und ihn höchstens als sozusagen zweckentsprechende Erweiterung des ursprünglichen Textes registriert. Aber er ist eben nicht zweckentsprechend und muß darum ganz richtig, wie die Übersetzungen aus dem Grundtext es auch tun, gestrichen werden. Er hilft nicht zum Verständnis, sondern er raubt die tiefere geistliche Bedeutung des Fehlens einer Bemerkung über das Tragen des Waschbeckens, wie wir sie in der obigen Antwort sehen. Gewiß würde eine für das natürliche Auge bestehende

sich nicht erklären könnte, wieso denn das für Reinigung von äußerem Schmutz dienende Becken gleichfalls mit Dachsfell umhüllt werden könnte, wenn doch dieses die Decke für den goldenen Altar, der doch ein besonderes Abbild von Christo sei, sein solle. - Genug davon, aber wir sehen, wie auch in dieser Frage mehr liegt als nur, was das natürliche Auge sieht.

Das Waschbecken war sehr wichtig an seinem Platz, und es konnte nicht entbehrt werden. Darum fand es sich auch im späteren salomonischen Tempel (1. Kön. 7 u. a.), und wenn wir den ungeheuren Inhalt beachten, etwa 500-750 Hektoliter, dann sehen wir, welch ein Gewicht der Heilige Geist darauf legt, daß dies Gerät mit seinem Zweck, die Priester zum Dienst fähig zu machen, gebührend berücksichtigt wird. Im N. T. finden wir die Fußwaschung (Joh. 13, vgl. Jahrb. 5, Frage 27!) und die Betonung des reinigenden Wassers Seines Worten, aber so unentbehrlich diese Seite des Wortes auch für uns ist (vgl. Eph. 5,26; Joh. 17,17 u. a.), da wir uns stets wieder im Wandel beschmutzen, so zeigt sie uns doch auch, wie unfähig wir in uns selbst sind, den Priesterdienst auszuüben nach Gottes Gedanken. Wer diese Dinge mißachtet, der mag sich wohl vorkommen, als habe er vor Menschen das Recht zum Dienen, aber vor Gott täuscht er sich selbst! Laßt uns vorsichtig und achtsam sein, den Heiligen Geist nicht zu betrüben (Eph 4,30), aber laßt uns ebenso von der göttlichen Fürsorge Gebrauch machen, wenn wir gesündigt haben. Das „Waschbecken“, das wir brauchen, ist leicht zu erreichen, und das Selbstgericht beginnt mit dem Handeln nach 1. Joh. 1,9! Dann ist die Reinigung uns sicher, und der Dienst ist ungehindert. Gepriesen sei Gott, der für uns in jeder Hinsicht reichlich gesorgt hat!

Wie aber vermeiden wir solche Zustände, die uns zwingen, von diesen Anordnungen Gebrauch zu machen? Indem wir mehr Ihn und Seine Herrlichkeit anschauen, wie sie z. B. uns in jenen Geräten des Altars usw. anstrahlt. Laßt uns aus dem Fehlen jeglicher Angabe über das Tragen des Waschbeckens auf dem Zuge durch die Wüste auch das lernen, daß, wenn unser Herz ruht in dem, was Er ist, und wir uns in Sein Bild verwandeln lassen „durch den HErrn, den Geist“ (2. Kor. 3,18), daß, sage ich, dann Befleckungen im Wandel nicht so selbstverständlich sind, wie wenn wir, Ihn aus dem Auge verlierend, in eigener Kraft etwas wollen und wirken. Laßt uns dazu lesen und beherzigen Kol. 3,1-3! Der HErr sei gelobt für Seine Liebe, in der zu ruhen für

uns die größte Sicherheit, aber auch die beste Befähigung zum Dienst für Gott bedeutet! Laßt uns im Heiligtum leben, in das hineinzugehen der Weg uns eröffnet ist in Ihm! Welche Gnade und Herrlichkeit!

F. K.

Frage 13

Um was für Dinge handelt es sich in 1. Tim. 4,4? Gibt es hier irgendwelche Einschränkungen, etwa nach Apgesch. 15,28.29?

Antwort des Schriftleiters

Kurz gesagt: um alles, was der kreatürlichen Welt angehört, soweit es in unseren Gesichtskreis tritt! Das Wort „Geschöpf“ oder „Geschaffenes“ läßt gar keine Einschränkung zu! Im Alten Testament gab es Speiseverbote. Wie schwer diese auf denen, denen sie galten, lasteten, zeigt die Befreiung des Petrus von ihnen in Apgesch 10! Obwohl sicher das Gesetz der erlaubten und verbotenen Speisen keine Leichtigkeit bedeutete für den davon Betroffenen, so waren diese Verbote doch so tief eingewurzelt im jüdischen - auch judenchristlichen - Volksempfinden, daß ein dem HErrn gehorsamer Petrus ausrufen konnte: „Keineswegs, niemals!“ (10,14) Nun, der HErr verstand es, ihn eines Besseren zu belehren, und Petrus ließ sich sagen. Aber in Apgesch. 15 gab es wieder ein neues Speiseverbot, doch, wie ich glaube und in Bd. 1, Frage 36 ausgeführt habe, hatte dieses nur, obwohl vom Heiligen Geist eingeführt, zeitliche Bedeutung! Ähnlich wie das, was Paulus in Röm. 14 sagt, wo die Liebe jedes freimütige Essen bis zum völligen Verzicht darauf einschränken kann um der schwachen Brüder willen, so weist Jakobus darauf hin, daß um der Judenchristen willen ein solches Verbot am Platze sei, da solche damals noch an jedem Orte und in jeder Gemeinde in der Mehrzahl oder wenigstens reichlich vorhanden waren. (15,21!) Und wenn Paulus im Gehorsam gegen den Geist Gottes und den Beschluß der Apostel auch nachher in der Apgesch. auf diesen Vorgang hinzeigt und sich

Briefen, doch nie wieder etwas von diesem Speiseverbot. Ja, 1. Kor. 8 und 10 sagen eigentlich das Gegenteil! Damit ist aber nicht ein Gegensatz zu dem in Apgesch. 15 ausgesprochenen (also, wie ich glaube, zeitlichen) Beschluß konstruiert, sondern die Gründe waren nicht mehr akut, die damals die Apostel und die Gemeinde zu ihrem Beschluß geführt hatten. Wir dürfen doch auch nie außer acht lassen, daß die Apostelgeschichte nicht gleichzusetzen ist mit der Apostellehre! Jene war Entwicklung, diese ist in den apostolischen Briefen festgelegt. In jener konnten die sog. „noachischen Gebote“ (1. Mos. 9,1ff.) (obwohl nicht genannt!) eine Bedeutung gewinnen, in den Briefen, vor allem denen des Paulus, gibt es keine Speise-Einschränkung mehr, außer, wenn die Liebe zu den Schwachen eine solche gebeut. Und ist im Grunde genommen nicht jenes Verbot in Apgesch. 15 auch nur um der Liebe willen zu Judenchristen, denen das Essen von allerlei sonst ihnen verboten gewesenen Genüssen Gewissensnot oder beim Anblick anderer, Freierer, Kummer und Leid bereiten mußte, gegeben?! Aber wie dem auch sei, die Apostelgeschichte - soviel sie uns auch lehrt, fordert nicht von uns ein Leben so oder so, aber die Briefe regeln unseren Wandel bis ins kleinste. Und soviel Paulus auch gegen Hurerei u. dgl. Sünden zu sagen hat - Speisegesetze gibt er uns nicht, im Gegenteil, er sagt z. B. „Speise empfiehlt uns (vor) Gott nicht, weder sind wir, wenn wir nicht essen, geringer, noch sind wir, wenn wir essen, vorzüglicher“. (1. Kor. 8,8) Diejenigen, die sich auch heute noch nach jenen „noachischen Geboten“ glauben richten zu sollen, obwohl nicht Noah unser Vater ist, sondern Abraham ist der Vater der Gläubigen(!) - wir schelten sie nicht, sie stehen und fallen ihrem HErrn! -, mögen wohl bedenken, daß die Sabbatarier uns den Sabbat auch nicht allein deswegen aufzwingen wollen, weil er im Gesetz vorgeschrieben sei, sondern weil Gott den Sabbat schon weit vorher geheiligt habe durch Sein eigenes Ruhen. (1. Mos. 1) Wenn jene sich nach Speiseverboten Richtenden also sagen: nicht weil es gesetzliche Verordnungen sind, halten wir sie, wir stehen nicht unter Gesetz, sondern weil sie dem Noah geboten wurden, so mögen sie wohl bedenken, daß sie leicht denen Vorschub leisten können, die sich bei Sabbat, und Beschneidung auch, auf frühere als gesetzliche Unterweisungen berufen können, und dann würde man ihnen nicht so leicht widersprechen können! - Nein, dem Gerechten ist kein Gesetz gegeben als das der Liebe!

sagt, daß „nichts verwerflich“ sei! Wenn die Belehrung von Apgesch. 15 noch Gültigkeit hätte (außer auf der Linie der Liebe zu dem Schwachen!), dann wäre hier ein unüberbrückbarer Gegensatz! Gott hat die Speisen geschaffen zur Annehmung mit Danksagung für die, welche glauben und die Wahrheit anerkennen. (V. 3!) Warum Einschränkungen machen, wo die Schrift, d. h. „die Lehre der Apostel“, zu der wir doch zurückzukehren uns bemühen, keine macht?! Wer heute noch (wo Moses nicht an jedem Orte solche hat ... V. 21) glaubt, nach Apgesch. 15 verfahren zu sollten, der tue es dem HErrn, aber er sage nicht, daß um jener zeitlichen Verfügung willen hier in 1. Tim. 4,4 eine Einschränkung zu machen, ja auch nur möglich sei! Sie ist nicht möglich, sonst widerspricht sich die Schrift! Die Sache ist sehr, sehr ernst, Bruder! Jedes Geschaffene ist gut, wenn mit Danksagung genommen, denn es wird geheiligt, d. i. für Gott abgesondert, durch Gottes Wort und Gebet. D. h. auf doppelte Weise wird es abgesondert: 1. durch Gott Selbst, indem Er hier und anderswo Sein Wort, durch das Er alles geschaffen hat, dafür einsetzt, 2. durch uns im Gebet! Das erste Glied „durch Gottes Wort“ ist nicht so zu verstehen, daß wir etwa durch Lesen eines Schriftabschnittes oder eines Kalenderzettels das Geschaffene für Gott absondern, sondern das tut Gott Selber hier durch Sein Wort, aber der zweite Partner sind wir selber, die wir beten; damit in Verbindung können wir ja auch ein Gotteswort lesen, um der Seele Nahrung zu geben, aber die Hauptsache ist das Gebet! Beten wir stets, Geliebte, wenn wir irgendwelches Geschaffene zu uns nehmen, gebrauchen oder seiner teilhaftig werden? V. 4 prüft uns und unseren Herzenszustand. Wir sollten z. B. nie versäumen, vor dem Essen zu beten! Auch nicht, wenn Gegner des HErrn es sehen. Es ist ja auch ein Zeugnis, obwohl wir nicht beten aus diesem Grunde, sondern eben, um die Dinge für Gott abzusondern und Ihm für dieselben zu danken. Das hier nur nebenbei! Keine Einschränkung, bitte nicht! V. 5 zeigt uns, wieviel dem Heiligen Geist darauf ankommt, daß diese Belehrung den Brüdern, der Gemeinde zuteil werde. Die Gefahr von V. 1-2 ist besonders eine der letzten Zeiten, und wir sollten darüber wachen, ihr nicht die Wege zu ebnen durch Unklarheiten unsererseits, indem wir sagen: „doch eine Einschränkung“! Nein, jedes Geschaffene ist gut! Sogar der Mensch war es zu Anfang (1. Mos. 1,31!), aber er sündigte und verlor sein Gutsein mit einem Schlage, aber die Dinge leiblicher, seelischer und geistiger Art, die geschaffen sind zur Annehmung mit Danksagung, sind immer noch gut, weil (und wenn)

geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet. Wer nach dieser Regel lebt, der vermag sich selber vor nicht notwendigen Gewissensnöten zu bewahren, und er wird anderen einfache, schlichte, überzeugende Belehrung zuteil werden lassen können, ohne ihnen Gewissensschwierigkeiten zu bereiten. Gewiß werden auch solche, die anders stehen, anderen kein Joch auf den Hals legen wollen, denn die Ablehnung derer, die „gebieten, sich von Speisen zu enthalten“ (V. 3a), ist ja zu ernst, als daß man andere zwingen möchte, im Lichte eines fremden Gewissens zu wandeln und zu handeln; aber wenn wir auch frei genug sind, den fremden Hausknecht vor seinem eigenen HErrn stehen zu lassen (Röm. 14,4), so ist doch schon eine Gefahr darin, wenn man die Möglichkeit auch nur einer Einschränkung in 1. Tim. 4,4 durchblicken läßt. Nein, die apostolische Belehrung über das Haus Gottes läßt keine Speiseeinschränkungen, keine Einschränkungen im Gebrauch irgendwelches Geschaffenen zu; aber auch sie verweist den Timotheus und uns auf die Liebe: „Sei ein Vorbild der Gläubigen in der Liebe!“ (V. 12) Die Speiseverbote des Alten Testaments hatten erziehende Bedeutung bis auf Christum, und die von Apgesch. 15 waren von vorübergehendem Wert und aus Liebe gegeben zu Andersdenkenden, und auch wir können aus Liebe zu Schwachen, zu Judenchristen, zu gesetzlich Stehenden, und zu wem es sonst auch sein mag und aus welchem Grunde es auch ratsam sei, auf alles verzichten, was uns sonst durch Gottes Wort und durch Gebet geheiligt worden ist oder werden würde. Aber ein neues Joch des Gesetzes mit „du sollst“ und „du sollst nicht“ lassen wir uns nicht auferlegen, nachdem wir in Christo „zur Freiheit berufen worden sind“. (Gal. 5,1.13.14; Kol. 2,20-23)

Preis und Dank sei unserem Gott dafür, daß „jedes Geschaffene gut ist, und nichts verwerflich, wenn es mit Danksagung genommen wird, weil es geheiligt wird durch Gottes Wort und durch Gebet“! Ihm in allem die Ehre!

F. K.

Fünf Worte.

(1. Kor. 14,19)

Es ist wunderbar, zu beachten, wie die Worte der Heiligen Schrift auf unser Herz wirken. Sie sind in Wahrheit „wie Treibstacheln, und wie eingeschlagene Nägel“. (Pred. 12,11) Manchmal ist es nur ein kurzes Wort der Schrift, der Teil eines Verses, und Herz und Gewissen werden davon so berührt und angefaßt, daß schon damit die Göttlichkeit des Wortes völlig bewiesen wird. Wie oft haben wir die Kraft des einfachen Wortes Gottes erfahren! Wirklich, „das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert und durchdringend bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes, und ein Beurteiler der Gedanken und Gesinnungen des Herzens.“ (Hebr. 4,12) Es ist wirklich eine Freude, dieses zu erfahren, besonders in der gegenwärtigen Zeit, wo der Feind Gottes und des Menschen auf allerlei Weise sucht, die heiligen, von Gott eingegebenen Schriften abzutun und mit Schmutz zu bewerfen.

Diese und ähnliche Gedanken haben oft mein Herz beschäftigt, wenn ich die Worte, die die Überschrift dieses Artikels bilden, las. „Ich will“, sagte der sich selbst verleugnende und demütige Apostel, „in der Gemeinde lieber fünf Worte mit meinem Verstande reden, auf daß ich auch andere unterweise, als zehntausend Worte in einer Sprache.“ (1. Kor. 14,19) Wie wichtig ist dies für alle, die in der Versammlung reden! Gewiß, die Sprachen hatten ihren Wert, denn sie waren zu einem Zeichen für die Ungläubigen (V. 22), in der Gemeinde aber waren sie nutzlos, wenn nicht ein Ausleger da war. (V. 28)

Der große Zweck, in der Versammlung zu reden, ist die Erbauung, und dieser Zweck kann nur erreicht werden, wenn wir verstehen, was gesprochen wird. Es ist gänzlich unmöglich, daß ich durch die Rede eines Mannes erbaut werden kann, wenn ich nicht verstehe, was er sagt. So einfach dieses scheint, verdient es doch die größte Aufmerksamkeit aller, die öffentlich in der Versammlung sprechen.

Ferner laßt es uns recht beachten und ins Herz fassen, daß die alleinige Befugnis, in der Versammlung aufzustehen und zu reden, die ist, daß der HErr uns selbst etwas zu reden gegeben hat. Nichts ist törichter, als zu versuchen, zehntausend Worte zu reden, wenn der HErr

vorkommt! Und ach, es kommt gar manches Mal vor! Welche Gnade ist es, wenn wir uns bewahren lassen, nicht über das uns zugeteilte Maß hinauszugehen! Dies uns zugeteilte Maß mag gering sein, es macht nichts aus; auf die Größe des uns zugeteilten Maßes kommt es nicht an, wohl aber darauf, daß wir einfach und wahr sind. Ein ernstes Herz ist besser als ein fähiger Kopf und ein inbrünstiger Geist besser als eine geläufige Zunge. Das wahre, innige Verlangen, die Herzen zu erreichen, wird sich wirksamer erweisen und Gott wohlgefälliger sein als die glänzendsten Gaben ohne dieses. Gewiß, wir sollen nach den besten Gaben streben, aber vor allem den vortrefflicheren Weg im Auge behalten, den Weg jener Liebe, die sich selbst verbirgt und nur das Wohl des anderen sucht. Damit ist nicht gemeint, etwa die Gabe gering zu achten, sondern daß wir die Liebe höher schätzen lernen.

Schließlich laßt uns noch eine einfache Regel beachten, die sicher dazu beitragen dürfte, den Dienst des Wortes in den Versammlungen zu heben und zu ordnen: „Nimm dir nicht vor, etwas zu sagen, weil dir die Fähigkeit zu reden gegeben ist, sondern rede, weil dir etwas gegeben ist, das gesagt werden soll.“ Das ist sehr einfach. Es ist doch eine armselige Sache, wenn jemand soviel Stoff zusammensucht, um damit einen gewissen Raum von Zeit auszufüllen. Nie sollte es so sein! Wenn der HErr uns zum Dienst des Wortes berufen hat, laßt uns Fleiß anwenden - auf den Dienst achten - Seine uns verliehene Gnadengabe anfachen - auf Leitung des Geistes Gottes warten - den verborgenen Umgang mit dem HErrn pflegen - im Geiste der Schrift leben, so werden wir zum Gebrauch des Meisters zubereitet, und unser Dienst (bestehe er auch nur in fünf Worten) wird Christus verherrlichen und den Menschen zum Segen sein. Aber nie sollte jemand sich zu einem Worte in der Versammlung erheben, dem der HErr nicht etwas zu sagen gegeben und der sich nicht bewußt ist, daß es zur Erbauung geschehen muß.

Wir können gar nicht sorgfältig genug auf uns selbst achten. Wir reden nicht in unserer, sondern in Gottes Gemeinde. Wir reden an dem Platze, von dem der HErr gesagt hat: „Da bin Ich in der Mitte“ und wo „alles“ zur Erbauung geschehen soll, ja, wo wir „suchen“ sollen, überströmend zur Erbauung der Gemeinde zu sein. (1. Kor. 14,26 und 12) Was nicht zur Erbauung dient, darf dort nicht ausgesprochen werden. Niemand redet dort für sich selbst, sondern für den anderen. Deine Worte mögen an sich gut sein, wenn aber der andere nicht

erbaut wird (vgl. 1. Kor. 14,17), welchen Wert haben sie dann? Welches Recht bestand, überhaupt zu reden?

Zwei oder drei mögen in der Versammlung reden, die anderen haben zu urteilen. (1. Kor. 14,29) Selbst der große Apostel fordert auf: „Beurteilet ihr, was ich sage!“ (1. Kor. 10,15) Ein Dienst, der nicht zur Erbauung der Hörer geschieht, ist nicht nur nutzlos, er dient auch nicht zur Ehre des HErrn, noch zum Wohle der Seinigen; gar oft aber ist er für uns selbst und andere zum Schaden. Wir stehen uns ja von Natur zu nahe, um unseren Dienst selbst richtig zu beurteilen.

Ja, Selbstbewußtsein kann unser Herz so erfüllen, daß wir andere nicht für fähig halten, unseren Dienst beurteilen zu können. Das kann auf den „natürlichen Menschen“ zutreffen, nicht aber auf den „geistlichen“. „Der geistliche aber beurteilt alles“ (1. Kor. 2,14-16) - er mag ungebildet sein, aber er hat „Christi Sinn“ und „urteilt geistlich“ - und das geistliche Urteil haben wir für das „Werk des Dienstes“ nötig.

Wie wichtig es für den Diener ist, von sich selbst gelöst - gerettet zu werden, das sehen wir aus den Worten des Apostels Paulus an Timotheus: „Habe acht auf dich selbst ..., wenn du dieses tust, wirst du sowohl dich selbst erretten als auch die, welche dich hören.“ (1. Tim. 4,16) Wenn wir uns aber nicht selbst zurechtweisen und uns selbst von Dingen, die nicht zum Wohle und zur Erbauung der Gemeinde dienen, lösen und erretten lassen, so können wir andere nicht von dem lösen, von dem sie gerettet zu werden bedürfen. Weiter als wozu wir selbst gelangt sind, können wir andere nicht führen!

Möchten alle, die in der Versammlung reden, sich der großen Verantwortung bewußt sein, daß sie ihren Mund nicht in ihrer Gemeinde, sondern in Gottes Gemeinde, wo der Herr in der Mitte ist, auftun!

C. H. M. - A. v. d. K.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

In der vorigen Lieferung beschäftigten wir uns hauptsächlich mit der Geschichte der Wahl jener sieben „Almosenpfleger“ von Apgesch. 6, Anfang und sahen, wie treu die Apostel nach obigem Grundsatz verfuhren, als sie das „Murren der Hellenisten“ mit einer wahrhaft weisen Gegenmaßnahme beantworteten. - Heute nun sollen einige Begebenheiten aus dem Leben des größten der Apostel an unserem geistlichen Auge vorüberziehen und uns ermuntern, ihm getreulich nachzufolgen, der wirklich ein Recht hat zu sagen: „Seid meine Nachahmer!“ (Phil. 3,17), da er - Paulus- selber in vollkommenem Maße dem Herrn Jesus nachzuwandeln begehrte und darin uns vorangeht. (Vgl. auch Frage 15 in dieser Lief.!)

Wenn man das Leben dieses begnadeten Mannes von Anfang an seit seiner Bekehrung kennen würde, d. h. ausführlicher, als es die Apgesch. zu bringen die Aufgabe hat, so würde man sicher eine Fülle von Gelegenheiten der Anwendung jenes von ihm selbst durch Inspiration des Geistes geprägten Satzes sehen, aber wir müssen uns bescheiden und solche Begebenheiten aus dem finden, was uns überliefert ist. Und da nenne ich als erste die Begegnung des Paulus mit dem Landpfleger Felix in Apgesch. 24. Nicht, daß ich über diese Geschichte ausführlich zu schreiben für nötig hielte, aber mit einigen Worten muß ich doch zeigen, inwiefern denn hier der Grundsatz zur Geltung kommt.

Zunächst - was die erste Hälfte des Verses angeht: „Laß dich nicht von dem Bösen überwinden!“ - wie kostbar zu sehen, daß Paulus, der völlig unschuldig ins Gefängnis kam, den damaligen bösen Machthabern gegenüber nicht etwa widerspenstig sich zeigte (Matth. 5,39), sondern „willfährig“ (V. 25 nach Luth.) auf sich nahm, was von ihnen ihm auferlegt wurde. Gott stand hinter allem, und wie ein Joseph, wie ein Daniel usw., so nahm auch Paulus alles aus Gottes Hand und blieb somit willig und ergeben, schalt nicht wider, rief nicht Gericht auf seine Widersacher herab, sondern verwirklichte auch die zweite Hälfte des Verses: Er überwand

tatsächlich das Böse mit dem Guten einer demütigen Gesinnung, wie sie sein Meister stets offenbarte. Denn daß Paulus sich überhaupt dazu hergab, mit diesen armen Menschen über das Höchste, was es gab, so zu reden, wie er tat, war ja schon Demut und Gnade. Daß er aber in seiner Rede dem Felix das Gewissen schärfte, seine Sünden zu sehen (V. 25), das war mehr, das war ein Versuch, das Böse bei Felix mit dem Guten der Botschaft Gottes zu überwinden. Der Erfolg war nicht, wie er wünschte, aber er hat wenigstens den Felix und sein Weib, eine Jüdin, nicht ohne Licht über sie beide selbst gelassen und hat so dem Bösen das Gute gegenübergesetzt, uns zum Vorbild!

Viel deutlicher kommt das Verhalten nach diesem Leitwort bei Paulus hervor in der Geschichte von Apgesch. 26. Köstlich schon zu Anfang des Kapitels: „Ich schätze mich glücklich, König Aprippa, - daß ich ... mich vor dir verantworten darf.“ (V. 2) Es war ihm erlaubt, für sich selbst zu reden, aber er freut sich über die Gelegenheit, einem jüdischen König das Evangelium bringen zu dürfen. „Glücklich“ schätzte er sich! Keine wütende Anklage, kein Wort der Verzweiflung und des Hasses über die Ungerechtigkeit der römischen Gerichtspflege und über die unleugbaren Fehler jener Justiz, die man an ihm verbrochen hatte. Ja, und wo wurden nicht Fehler gemacht? Wer unter den Menschen ohne Fehler ist, der möge Steine werfen! (Vgl. Joh. 8,7!) Nein, hier finden wir einen Mann, der das Recht hatte, sich „Römer“ zu nennen, und der es bei anderer Gelegenheit auch tut (Apgesch. 16, in jenem Kap., wo der Grundsatz Röm. 12,21 auch herrlich-siegreich ist!) und der hier mit vollem Willen, mit vollem Dabeisein ungerecht leidet und glücklich ist, wenn man ihn beachtet, damit er dann die Quelle seiner Glückseligkeit aufdecken kann! Ein an Gott hingegebenes Leben, das in einer unüberbietbaren Weise unterwürfig unter „die Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat“, glücklich ist, Gelegenheit zu haben, von Christo Zeugnis ablegen zu dürfen „in Wort und Werk und allem Wesen“. „Ich schätze mich glücklich!“ Bruder, Schwester, - was leidest du? Wie leidest du? Ungerecht? Von welcher Seite? Bitte, schätzest du dich glücklich, reden zu dürfen zu einer Welt, die ohne Christus ist, von dem, was dich glücklich gemacht hat? Vielleicht darfst du das nicht, nicht reden von Ihm? Vielleicht hast du es nur nicht gewagt?! Vielleicht auch solltest du erst zeugen durch deinen Wandel - wie Paulus -, und dann bekämest du auch das Recht (die Vollmacht!),

daß die ihm zur Verfügung stehende Zeit kostbar, ja, Gnadenzeit ist, die Zeit auszunutzen, die Herzen zu packen, die Gewissen zu treffen! Wie versteht er - nicht überwunden von dem Bösen! -, das Böse, das gegen ihn gar keine Macht zu haben scheint, mit dem Guten (ja, mit Christo, dem einzig Guten!) zu überwinden bis hin zu dem gewaltigen Endsieg über Agrippa (V.27 und Festus innerlich! Das zeigten die Worte von V. 31): „Ich weiß, daß du glaubst!“ (den Propheten nämlich, wenn auch noch nicht dem Auferstandenen!) - ein Ausruf, der den Agrippa zu dem Eingeständnis zwingt: „Beinahe überredest du mich, ein Christ zu werden!“ O man hat diese Stelle anders übersetzen und auffassen wollen - ich weiß wohl, aber das sind nur Ausflüchte, um dem einfachen Sinn aus dem Wege zu gehen, der darin liegt, daß das lebendige Wort des HErrn (Hebr. 4,12ff.!), geredet durch den Apostel, im Begriff stand, Leben zu wecken! Wer weiß, was geschehen wäre, wenn jetzt der Apostel den Agrippa nur 10 Minuten für sich hätte haben können?! Übrigens, wer weiß, was in dessen Herzen geschehen ist?! - Triumphierend antwortet Paulus, und mit diesen Worten siegt er vollends, nach Röm. 12,21 überwindet er vollends jegliches Böse mit dem Guten: „Ich wollte zu Gott, daß über kurz oder lang (mit wenigem oder vielem) nicht allein du (ist das nicht verheißungs- und hoffnungsvoll?), sondern auch alle, die mich (welch gewaltiges geistliches Selbstbewußtsein!) heute - ja heute am Tage der Gnade! - hören, solche würden, wie auch ich bin (herrlich!), abgesehen von diesen Fesseln!“ Nein, die letzteren wünscht er ihnen nicht, und sie hätten sie auch nicht tragen können wie er. Seinen Ruhm, für Christum zu leiden, läßt er sich doch auch nicht und nie streitig machen! Aber sein Glück, seine tiefe unversiegbare Freude, sein Ruhen in Christo und sein völliges Genughaben an Ihm, sein Geborgensein in Ihm, seine Erwartung auf Ihn - kurz, seine ganze unendliche Seligkeit -, die wünscht er ihnen, mit diesen barmherzigen Worten voll Liebe für immer jeder Möglichkeit, gegen seine Feinde Groll im Herzen tragen zu können, die Spitze abbrechend. Das war ein Gefangener der weltlichen, der römischen Obrigkeit, der viel mehr war, wie er an anderen Stellen sagt: „Ich, der Gefangene Christi Jesu“ (Eph. 3,1; vgl. Philem. V. 1 u. a.), und so sollten wir sein, ob äußerlich frei oder gefangen: Menschen, die allezeit das Böse überwinden mit dem Guten in einer Weise wie Paulus und bei Gelegenheiten aller Art, wo wir vor der Welt stehen und ihr mit Wandel und Wort zu dienen haben.

geliebten Apostels, ehe ich dann, so Gott will, in der nächsten Lieferung zu zeigen suche, wie Paulus den Grundsatz von Röm. 12,21 auch im Verkehr mit den Gläubigen vertritt. - Jene Begebenheit ist die der Meerfahrt des Gefangenen nach Italien mit dem schweren Schiffbruch, in Apgesch. 27. Von Anfang an sehen wir den Apostel den anderen überlegen, wie V. 9 und 10 zeigen. Ganz besonders aber merken wir aus V. 21-26, daß Paulus ununterbrochen in Lebensgemeinschaft mit seinem Gott gewesen ist, so daß er jetzt ermuntern und aufrichten kann die, die sonst haltlos zusammengebrochen wären. Welch wichtiger Dienst, allezeit, auch heute! Was haben die wahren Christen doch der Welt voraus, und wie können sie im geeigneten Augenblick doch so entschieden auf den Gang der Ereignisse Einfluß ausüben, wenn sie vorher Beter waren und sind, bzw. Menschen, die ununterbrochen mit Gott in Gemeinschaft stehen! Wie wunderbar die Ermahnung: „Seid gutes Mutes, ihr Männer! denn ich vertraue Gott!“ - Wie oft, auch z. B. im Felde, haben sich andere an den Gläubigen aufrichten können! Wie ist es jetzt mit uns? Meine Brüder und Schwestern, zu schelten und klagen nutzt nichts, schadet aber; tun es andere, so tue du es nicht mit, aber vertraue Gott, bete, und du bist zum wenigsten imstande, die Klagenden aufzurichten! Und das brauchen sie. Da überwindest du das Böse mit dem Guten. - Weiter tat er es bei seinem dritten Auftreten, V. 31, und an alle dachte er; das zeigt sich in V. 31 und ganz besonders bei seinem vierten Wort. (V. 33ff.) Wie wunderbar wirkte sein Wort und sein Beispiel! Was wäre doch geschehen, hätte er sich vom Bösen, etwa vom Murren und Verzweifeln, überwinden lassen! Aber nein, das ist eines Paulus - und deiner und meiner! - nicht würdig, ihm und uns geziemt nur das ungeteilte Tun nach unserem Verse Röm. 12,21, und dann werden wir stets herrliche Dinge erleben!

Ich kann jetzt die einfachen Betrachtungen dieser Lieferung schließen, aber wie einfach sie auch sind - sie möchten eine deutliche Sprache reden zu unserem Herzen und uns fähiger machen, die Welt unsere geistliche Kraft spüren zu lassen, in der es möglich ist, dem Bösen gegenüber völlig siegreich und in diesem Siege für andere ein Segen zu sein. Üben wir uns in der Verwirklichung solchen Schriftwortes, bald wird es uns Lebensbedürfnis sein, darin zu wandeln! Bei allem aber, was man üben soll, muß man Vorbilder haben, und in Paulus haben wir hier und in anderen betrachteten und nicht betrachteten Stellen ein durchaus einwandfreies

meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren, meine Leiden usw.“ (2. Tim. 3,10.11) Alles das, was Paulus „mein“ nennt, war aber auch wieder und wieder ein Wandeln nach Röm. 12,21! Laßt uns tun nach seinem Wort: „Seid meine Nachahmer, gleichwie auch ich Christi!“ (1. Kor. 11,1!)

Dem HErrn Preis und Dank für Sein allgenugsames Wort!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Blicke in Gottes Erzieherweisheit.

(Gedanken zum Buche des Propheten Jona.)

Das Buch des Propheten Jona gehört zu den biblischen Büchern, die am stärksten dem Spott der Welt ausgesetzt sind. Von vielen, auch einflußreichen Menschen dieser Welt ist es zur Zielscheibe ihres Spottes verwendet und gebraucht worden. Allein, diese Abhandlung will uns vom Gegenteiligen etwas aufzeigen und uns in die Erzieherweisheit unseres Gottes hineinblicken lassen.

Gott hat in Seiner Weisheit in dieses Buch weit mehr hineingelegt, als allgemein angenommen wird. In Liebe und Langmut sieht Gott dem Treiben dieser Welt zu, Ihn jammert des armen, irregeleiteten Menschengeschlechtes. Er will seine Rettung und Erlösung. Jona hält sich für viel zu würdig, als solchem Heidenvolk die Botschaft von der Liebe Gottes zu bringen, und sucht sich auf eine höchst gleichgültige Art des göttlichen Auftrages zu entledigen. Er ergreift die Flucht, die Flucht vor Gott! Doch Gottes Liebe und Heilsratschluß muß den Menschen mitgeteilt werden, Er liebt Seine Geschöpfe und will ihr Heil, ihre wahre Freiheit. Gott redet - damals wie heute! Er redet durch mancherlei Art und Weise: durch Seine Schöpfung, durch Naturkatastrophen, durch Krieg und Kriegsgeschrei, durch gewaltige Ereignisse im Völkerleben, durch Sein Wort, durch Seinen Sohn, den Herrn Jesus Christus! Gott redet auch zu unserer Zeit

in unseren Tagen; möchten wir für Seine Sprache ein geöffnetes Ohr und Herz haben!

So empfing einst Jona einen in jeder Weise klaren, unzweideutigen Auftrag von Gott, er lautete: „Mache dich auf! Gehe hin! Predige!“ (Kap. 1,2) Dreifach ist der göttliche Auftrag, den Jona hier empfing: 1. „Mache dich auf!“ Gott will uns herausstellen, loslösen von allen Dingen, die geeignet sind, uns zu hindern. Er will uns isolieren und befähigen zum Dienst für Sich. „Fertigmachen!“ so könnten wir mit einem zeitgemäßen Befehlswort die Forderung Gottes an Jona übersetzen; d. h. reiße dich los von der bisherigen Bequemlichkeit und aus deinem bisherigen Wandel, eine neue Aufgabe wartet deiner! Gott braucht einen ganzen Mann, ungeteilte Kräfte! Nur völlig gelöste Leute sind geschickt zum Dienst für den HErrn. Es ist in Wahrheit etwas Großes um diesen göttlichen Auftrag: „Mache dich auf!“ Wir tun gut, uns täglich so angeredet zu wissen; denn erst bei der Befolgung dieser ersten Aufforderung kann uns Gott zur Entgegennahme Seines weiteren Auftrages gebrauchen, wenn Er weiter redet:

2. „Gehe hin!“ (in die große Stadt Ninive). Das ist wiederum ein göttlicher Befehl. Er schließt vorerst unseren eigenen Willen völlig aus und fordert zum anderen das Aufgeben jeder eigenen Meinung. Durch neue Aufträge beabsichtigt Gott nicht nur die Ausbreitung Seines Evangeliums, sondern ist bemüht, uns als die Beauftragten Seines Dienstes immer tiefer in das Geheimnis Seines Willens, in die grundlose Tiefe Seiner Liebesabsichten und Seines völligen Heilsratschlusses einzuführen, tiefer hinein in die Gemeinschaft mit Ihm, tiefer auch in die Erkenntnis der Verderbtheit des sündigen Menschen. Jona stand dem Auftrage und Befehle Gottes entgegen, er wollte nicht. Sein Wille stand dem Willen Gottes entgegen. Er sucht und findet einen Ausweg, der ihn allerdings durch ungeahnte Lektionen göttlicher Erzieherweisheit hindurchführen sollte. Am Nichtwollen, am Nichthörenwollen göttlicher Aufträge und Warnungen sind so unendlich viele Menschen schon zerschellt und haben eine Kette der Leiden, Enttäuschungen, Nöte und Ruhelosigkeiten durch- und auskosten müssen, die ihnen Gott gern erspart hätte. Wie oft müssen wir uns auch als Gläubige in Bahnen und auf Wegen entdecken, die - wenn der HErr nicht dazwischenträte - uns nur zum Verhängnis werden müßten. „Gehe hin!“ So heißt Gottes Auftrag an uns noch heute. Groß ist auch in unseren Tagen das „Ninive“, das der Herr vor dem Untergang retten möchte. Findet Er uns bereit zum Dienst, zum

Ausrichten Seines Auftrages, zum „Gehe hin“? Wollte Gott!

Der weitere Auftrag Gottes an Jona lautet:

3. „Predige!“ Gott wollte durch die Predigt vom Glauben jenen Menschen die Möglichkeit ihrer Rettung mitteilen lassen. Als Volk Gottes haben wir nach wie vor den Auftrag, „zu dienen dem lebendigen Gott“. Gewiß, es ist nicht leicht, mit einem göttlichen Auftrag unter die Menschen zu treten, die Gott nicht kennen und Ihm nicht dienen; aber mit dem göttlichen Auftrag ist immer auch die Kraft zur Ausführung desselben gegeben. Das wurde und wird leider von uns, Geliebte - so oft übersehen, vergessen! Wenn wir freilich mehr nach dem Herzen Gottes gesinnt wären, dann würde uns solcher Dienst Freudendienst, dann würden uns unsere Füße behände in das „Ninive“, d. i. in die noch unerlöste Welt, hineintragen, um ihr zu predigen und zu bezeugen, daß es aus Sünde und Elend und Verderben und Verzagtheit und Lebensüberdruß einen kostbaren Weg der Befreiung gibt für alle, die guten Willens sind und die es in ihrem Herzen aufrichtig meinen. Ein Weg zur Freiheit, zur Wiedererlangung paradiesischer Herrlichkeit - der Weg über Golgatha. „Predige!“ Ach, überhören wir nicht diesen göttlichen Auftrag!

Die Predigt vom Glauben ist das Netz, mit dem alle Suchenden zum Finden geführt, alle noch Unerlösten, Gebundenen zur Freiheit der Kinder Gottes gelangen können. Jesus Christus ist dieser Weg. Ihn einer heilsbedürftigen Welt zu bezeugen sollte unsere größte Freude sein. Predige! - in Wort und Wandel! Beides muß, wenn ihm die göttliche Wirkung folgen soll, übereinstimmen. Bedauerlich, den HErrn verunehrend, wenn diese Übereinstimmung von Wort und Wandel nicht vorhanden ist.

Möchte unser aller größtes Verlangen sein und werden „bis zum Sterben - Seelen für das Lamm zu werben“.

Wie findet uns Gott, wenn heute Sein Auftrag uns gilt:

„Mache dich auf, gehe hin, predige!“?

Wie fand Er einen Jona? Wie findet Er dich?

Gott hat Seine Erzieherweisheit an Jona gezeigt, Er ist mit ihm zum vorgenommenen Ziele gekommen, Ihm können auch wir nicht aus der Schule laufen! Sind wir bereit, unsere Lektionen zu lernen? Freiwilliger Gehorsam erspart uns allen viel Herzeleid! „HErr - laß uns deines Auftrages gewärtig sein“, das sei unsere aufrichtige Bitte!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

H. B., U.

Vier Kennzeichen.

Der Brief an die Philipper zeigt uns viererlei Dinge, die den Wandel desjenigen kennzeichnen, der sich seiner Verbindung mit Christus in der Herrlichkeit bewußt ist.

Erstens, er trägt den ernsten Wunsch und Entschluß in seinem Herzen, daß Christus hoch erhoben werde an seinem Leibe, sei es durch Leben oder durch Tod. (Phil. 1,20) Was könnte schöner und gesegneter sein, als daß das Werkzeug, durch welches Satan Unehre auf den Namen Gottes brachte, nun so völlig ein Gefäß für Christum wird, daß Er, Christus, durch dasselbe hoch erhoben werden kann? Der leitende Grundsatz eines solchen Lebens ist: „Denn das Leben ist für mich Christus.“ (V. 21)

Christus hatte in dem Herzen Seines treuen Dieners Paulus alles andere verdrängt. So sehr er die Heiligen liebte und auf ihr Wohlergehen bedacht war, so hingebend er sich in seinem Dienst und seiner Arbeit zeigte, so nahmen doch diese nicht den ersten Platz in seinem Herzen ein, sondern allein Christus war sein Beweggrund, seine Kraft und der Mittelpunkt all seiner Gedanken. Wenn es so bei uns ist, dann wird Christus auch an unserem Leibe hoch erhoben. Möchten wir in diesen letzten Tagen mehr verstehen, daß wir berufen sind in die Gemeinschaft Seines Sohnes Jesus Christus, unseres HErrn! (1. Kor. 1,9)

Ein zweites Kennzeichen finden wir im 2. Kapitel des Philipperbriefes. Die Gesinnung der

Demut, der Gnade und der Selbstlosigkeit, welche in Christo Jesu war, wird auch unsere Gesinnung, so wie wir es bei Paulus, Timotheus, Epaphroditus und anderen sehen. Die Beweise der „Beschneidung“ werden offenbar, indem wir durch den Geist Gottes dienen, uns Christi Jesu rühmen und nicht Vertrauen auf Fleisch haben. (Phil. 3,3) Christus und die Kraft des Heiligen Geistes lösen uns vom eigenen Ich und vom Fleische, und wir wandeln den Fußtapfen Christi nach. Gesegnet sind solche Wege, welche die Gemeinschaft mit dem unsichtbaren Haupte und die Entfaltung dieser nie versiegenden Kraft in sich schließen.

Drittens wird uns gezeigt (Kap. 3), daß wir ein abgesondertes Volk auf dieser Erde sind, weil wir in ganz neue Verbindungen gebracht worden sind. Es heißt: „Unser Bürgertum ist in den Himmeln.“ Gepriesen sei der HErr für diesen Trost! Wir sind im wahrsten Sinne Bürger „der Stadt, welche Grundlagen hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“. Unser Vaterland befindet sich droben, wo Christus ist. Daher versteht es sich, daß wir auf Erden Fremdlinge und Pilgrime sind. Möchten wir es immer mehr erkennen, wie sehr unsere Verbindung mit Christus in der Herrlichkeit uns von der Welt trennt, damit unser Wandel die Wirklichkeit des Bekenntnisses, daß unser ewiges Vaterland und unsere Heimat droben sind, beweist.

Ein viertes Kennzeichen des Wandels eines Gläubigen, der sich seiner Verbindung mit Christus in der Herrlichkeit bewußt ist, finden wir darin, daß er sich über die Umstände zu erheben vermag. Das Bewußtsein der Allgenügsamkeit Christi erfüllte das Herz des Apostels derart, daß er sagen konnte: „Ich habe gelernt, worin ich bin, mich zu begnügen. Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß Überfluß zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluß zu haben als Mangel zu leiden. Alles vermag ich in Dem, der mich kräftigt.“ (Phil. 4,11-13) Wie köstlich ist ein solcher Wandel! Obwohl er über die Umstände durch das Schauen der Herrlichkeit Christi erhoben war, so rührte und erfreute die Liebe und Sorge der Philipper doch sein Herz, und er, der auch ihre Nöte kannte, nimmt teil an diesen, und er tröstet sie: „Mein Gott aber wird alle eure Notdurft erfüllen nach Seinem Reichtum in Herrlichkeit in Christo Jesu.“ (Phil. 4,19)

Dies sind einige wenige Züge im Wandel und Wesen eines himmlischen Menschen auf der Erde

- eines Menschen, der sich seiner Verbindung mit Christo in der Herrlichkeit bewußt ist und sich deshalb abgesondert von einer Welt hält, in welcher sein HErr verworfen ist. Möchte das Licht Seiner Herrlichkeit auch unser Herz immer mehr erleuchten!

H. H.

Die Heilige Schrift.

(Fortsetzung.)

Die Heilige Schrift belehrt uns über die Personen der Gottheit. Nur durch die Schrift wissen wir, daß Gott Vater, Gott Sohn, Gott Heiliger Geist ist, welchem Ehre und Herrlichkeit sei jetzt und in Ewigkeit.

Die Heilige Schrift belehrt uns über die Engelwelt.

Die Heilige Schrift belehrt uns über den Zustand der Menschheit im allgemeinen und über unseren persönlichen Zustand, der ein durch die Sünde verdorbener und deshalb verlorener ist. Sie belehrt uns, daß der Mensch ewig besteht und daß der Tod nur ein Übergang in die Ewigkeit ist. Sie belehrt uns über das Gericht nach dem Tode, über die Unmöglichkeit, in diesem Gerichte bestehen zu können. Sie zeigt uns aber auch klar die Möglichkeit, von unserer Schuld befreit zu werden und in einen gottwohlgefälligen Zustand zu kommen. Sie spricht klar und bestimmt, daß der an den Herrn Jesus Gläubige durch Sein Blut gereinigt, gerechtfertigt ist und nicht ins Gericht kommt. Sie redet von den herrlichen Segnungen der Gläubigen um des Sohnes willen.

Sie redet von dem Ort der Qual der Ungläubigen, die das Werk des Sohnes Gottes nicht annehmen und dem Evangelium Gottes nicht gehorchen.

Sie belehrt uns im Neuen Testament über den Vorsatz Gottes mit den Gläubigen unserer Zeit, über die besondere Stellung der Gemeinde. Die Heilige Schrift belehrt uns über die Entwicklung

der Welt und über das Ende aller Dinge. Die Bibel ist das Buch, das allein göttlichen Ursprungs und göttlichen Inhaltes ist und über alle Bücher erhaben ist, weil es allein uns die Wahrheit lehren kann. Sie ist nütze zur Belehrung, und wenn wir die Wahrheit auf uns wirken lassen, dient sie uns zur Überführung von unserer Verkehrtheit.

Die Heilige Schrift ist nütze zur Überführung.

Wenn wir die Schrift glaubend mit Ehrfurcht und Gebet lesen, da stoßen wir oft auf Stellen, die uns von unserer Verkehrtheit überführen. Die Meinungen, die wir anfänglich über Gott hatten, erkennen wir als verkehrt. Unser ganzer Irrtum wird uns stückweise klar. Die gute Meinung, die wir über uns selbst hatten oder noch haben, wird durch die Aussprüche Gottes zunichte. Denken wir z. B. an Röm. 3,9-18, wo uns die Maske der Selbstgerechtigkeit genommen wird. Wir werden überführt von unserem wahren Zustand. So wie Gott es uns hier sagt, so sind wir von Natur, ich und du, lieber Leser. Und wenn wir die uns gelehrten Zehn Gebote aufrichtig auf uns einwirken lassen, so werden wir auch durch diese überführt als Sünder, als Schuldige vor Gott und Menschen. Wir werden von dem Gesetz als Übertreter überführt. (Jak. 2,9) Durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde. (Röm. 3,20) Wir werden aber auch oft von unserer ungeziemenden, unzufriedenen, lieblosen Gesinnung durch die Schrift überführt.

Allerdings kommt es auch leider vor, daß wir durch Aussprüche nur von Menschen überführt werden, was für uns Kinder Gottes dann recht beschämend ist. Denn solches kann doch wohl nur eintreten, wenn Gottes Wort nicht auf unser Gewissen einwirken kann. Wohl hat uns (und allen Menschen) Gott auch das Gewissen gegeben, was uns auch an sich überführt, doch ist dasselbe bisweilen auch trügerisch, da es verhärtet oder auch zu schwach sein kann. Das Wort Gottes wirkt bildend auf unser Gewissen, ist also höher stehend als das Gewissen. Deshalb sagt auch die Schrift: „Dein Wort ist Leuchte meinem Fuße und Licht für meinen Pfad.“ (Ps. 119,105) Nicht so redet die Schrift vom Gewissen. Wenn wir uns durch die Gnade ein reines Gewissen bewahren wollen vor Gott und Menschen, dann wird das ohne Trug möglich sein, wenn wir uns aber bewahren nach Seinem Worte, dann werden wir unseren Pfad in Reinheit wandeln. (Ps. 119,9)

Nicht selten, ja vielfach kommt es vor, daß der mit dem Wort Gottes Dienende zuerst selbst durch das behandelte Wort überführt wird von Unstimmigkeiten im eigenen Leben. (So erging es auch dem Schreiber dieser Zeilen.) Man erfährt die Wahrheit dieses Wortes: „Denn das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert.“ (Hebr. 4,12) Das Wort überführt zunächst den Dienenden und dann den Hörer oder Leser, soweit es Gott in Gnaden wirkt.

Wir haben Beispiele in den Schriften, daß Menschen überführt wurden durch Gottes Wort oder Gottes Botschaft. David wurde durch den Propheten Nathan überführt, (2. Sam. 12,1-15) Ninive durch die göttliche Botschaft von Jona. (Jona 3,1-9) Die mit Richtgeist erfüllten Juden, die betreffs der Steinigung des gefallenen Weibes zum HErrn kamen (Joh. 8), wurden durch die Worte des HErrn überführt von ihrem eigenen Zustand und von ihren Sünden.- Doch das Wort Gottes überführt nicht nur, es weist auch zurecht.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 14

Wer sind die in Daniel 7,27 erwähnten Heiligen?

Antwort

Es sind, um zunächst strikte im Rahmen des Gesichtes zu bleiben, Angehörige des Volkes Israel, denn sie gehören dem Volke an, dem das Reich und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel gegeben werden. Das ist Israel. Daß sie die Benennung „Heilige der höchsten (Örter)“ haben, sagt aus, daß sie mit dem Gott in Verbindung stehen, der

als „der Höchste“ dieselbe kennzeichnende Benennung trägt wie sie. Die beiderseitige Benennung drückt aus, daß zu der Zeit, da der Mensch in der Person des letzten Herrschers der Weltreiche sich anmaßt, Gott trotzig herauszufordern, sie auch in Mitleidenschaft gezogen werden. Wie andere Stellen es deutlich sagen, sind es die treuen Juden, die in der großen Drangsal ihrem Gott treu bleiben und deswegen verfolgt und getötet werden: Verse 21 und 25. Solange, seit Nebukadnezar, die Zeiten der Nationen dauern, denselben die Herrschaft über die Erde anvertraut ist (Dan. 2,37.38.44), ist Jehova, der Gott Israels, „der Gott des Himmels“ geworden. „Der Höchste“ heißt Er schon bei Melchisedek. (1. Mos. 14,18-22) So reden von und zu Ihm nicht nur Nebukadnezar und Cyrus, sondern auch Daniel, Esra, Nehemia; auch „König des Himmels“ und „Herr des Himmels“ heißt Er. (Esra 1,2; 5,11.12; Neh. 1,5; 2,4; Dan. 2,19; „der Höchste“: 4,2.17.25.34)

Nun, die genannten Treuen erkennen Ihn, den Gott des Himmels, den Höchsten, an als den, dem sie zugetan bleiben wollen, auch wenn's in den Tod ginge, wenn der Mensch mit Gewalt es anders will (Sadrach, Mesach und Abednego!) - oder daß sie von Ihm die Befreiung erwarten, wenn Er sie gewähren wollte, nicht von sonst jemand. Darum werden sie ehrenhalber dem Rang entsprechend tituliert, den Gott einnimmt; er ist im Himmel, „wohnt in der Höhe ...“ (Ps. 115,3; Jes. 57,15), bewohnt „die höchsten (Örter)“; so heißen sie denn auch „Heilige der höchsten (Örter)“. Entsprechend der göttlichen Gerechtigkeit „werden sie das Reich empfangen und besitzen bis in Ewigkeit, ja bis in die Ewigkeit der Ewigkeiten“, Vers 18. Das Gesicht hat ja zum Zielpunkt die Einführung des Messias, des Sohnes des Menschen (Ps. 2 und 8), zu ewiger Herrschaft: Verse 13.14.27b. Daß das für die Zeit des Bestandes der Erde in Verbindung mit dem Volke sein wird, das aus den Juden und Israeliten, die die Gerichte überstanden haben (Dan. 2,44), und aus ihren Nachkommen besteht (Ps. 22,30.31), ist jedem Bibelkundigen bekannt.

Daß die Heiligen der höchsten Örter in Vers 21 und 22b nur einfach „die Heiligen“ heißen, tut nichts zur Sache; der Zusammenhang zeigt, daß es dieselben sind.

Soweit, werden wir sagen dürfen, konnte Daniel als Jude die gegebene Erklärung verstehen;

auch verstehen, daß mit dem Antritt der Herrschaft Gerichtausüben verbunden war (Vers 22 und 26), was im Altertum ganz natürlich mit Herrschen zusammenging. Daß aber weiterhin Geheimnisvolles in der Deutung des gehabten Gesichts liegen mußte, wird er empfunden haben, wir empfinden's ja auch; denn gewöhnlich geht in der Schrift die Deutung einer empfangenen Mitteilung über den Rahmen der letzteren hinaus. Uns kommt zugute, daß wir das Licht des N. T., insonderheit der Offenbarung, auf das Gesicht und seine Deutung fallen lassen können und dann noch manches sehen.

Um bei der Hauptsache der Frage zu bleiben, bei den „Heiligen der höchsten Örter“: Die Deutung gibt an die Hand, daß der Titel sich einfach von der Beziehung ableitet, daß im übrigen die Betreffenden sowohl auf der Erde als im Himmel sein können; denn Verfolgung und Vernichtung können nur auf der Erde stattfinden, und Gerichtausüben und bis in die Ewigkeit der Ewigkeiten Herrschen kann nur Überirdischen zugesprochen werden. Das wird bestätigt durch Offenb. 20,4. Das Gerichthalten der Heiligen der höchsten Örter und das Sichsetzen des Gerichts (Dan. 7,22.26) wird erweitert durch die Mitteilung, daß die, welche Gericht halten, auf Thronen sitzen, ohne daß aber mitgeteilt wird, wer sie sind. Die aus den treuen Juden, die in der Verfolgungszeit des letzten Weltherrschers einerseits Jesum als den Messias und König Seines Volkes erkannt und bezeugt und dafür ihr Leben gelassen haben und andererseits das Tier und sein Bild, eben dieses Weltherrschers (Offenb. 13,11-18), nicht angebetet und sein Malzeichen nicht an sich genommen haben, diese Heiligen aus Dan. 7 (Offenb. 13,6.7) werden aber nur den vorher genannten zugesellt als des „mit dem Christus Leben und Herrschen“ mitteilhaftig. Nun, andere Stellen des N. T. belehren uns, daß sowohl wir wie die Heiligen des A. T. gemeint sind, denn wir sind beide „des Christus“ (1. Kor. 15,23.24), wir sind übrigens schon „mitauferweckt und mitsitzend in den himmlischen (Örtern) in Christo Jesu“ (Eph. 2,6); belehren uns, daß wir die Welt und Engel richten werden (1. Kor. 6,2.3). So wird kund, was Daniel verborgen blieb, daß „die Heiligen der höchsten (Örter)“ ein umfassender Ausdruck ist für alle, die mit Christo verbunden sind, denn der Glaube und die Erwartung der alttestamentlichen Heiligen ging auf Ihn hin, wenn das ihnen gegegebene Offenbarungslicht auch noch recht matt war und vieles im Dunkeln ließ. Es wird ferner kund, daß das „Herrschen

Ewigkeiten“ (Dan. 7,18) entsprechend ist dem, was von dem mit den Wolken des Himmels kommenden Sohne des Menschen gesagt wird (Dan. 7,13.14.27), nämlich daß „Seine Herrschaft eine ewige Herrschaft ist, die nicht vergehen wird“, worin liegt, daß dies über den Bestand der jetzigen Erde und des jetzigen Himmels hinausgeht, so daß klar wird, warum so rätselhaft „Heilige der höchsten Örter“ steht und ebenso rätselhaft von dem „Volke der Heiligen der höchsten Örter“ gesagt wird, daß ihm „das Reich (oder Königtum) und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel gegeben werden“. Während der tausend Jahre (Offenb. 20,4), da alles aufgehauptet, d. h. in eins zusammengebracht ist in dem Christus, was in dem Himmel und was auf der Erde ist (Eph. 1,10), wird das Königreich, das der Gott des Himmels aufrichtet, auf der Erde keinem anderen Volke überlassen werden (Dan. 2,44). Mit dem Verschwinden der Erde und der Einführung einer neuen wird aber selbstverständlich das Volk und seine Herrschaft verschwinden. Aber das Herrschen, das Königsein der Heiligen der höchsten Örter in einem neuen Himmel und auf einer neuen Erde wird fortdauern wie das des Sohnes des Menschen. Es braucht keine Schwierigkeit zu machen, daß geschrieben steht (1. Kor. 15,24), daß „Er das Reich dem Gott und Vater übergibt, wenn Er weggetan haben wird alle Herrschaft ...“: Herrschaft kann da sein ohne entgegenstehende feindliche Mächte, kann ausgeübt werden mit Wohlwollen auf dem Verwaltungswege. Daß das überhaupt das Ziel Gottes ist, warum Er den Menschen erschaffen hat als herrschendes Haupt inmitten einer vollkommenen, guten Schöpfung, geht aus dem ersten Kapitel der Bibel hervor: „... herrschet über ...“ (1. Mos. 1,28) Ich weiß wohl, daß das hier gebrauchte Wort „herrschen“ nicht das königliche Herrschen ausdrückt, sondern eigentlich „niedertreten“, „bewältigen“, und nur dem Sprachgebrauch nach gleich „herrschen“ überhaupt geworden ist. Es ist aber darum eben um so bezeichnender. Der Gedanke eines Reiches mit einem Herrscher, einem König, sollte erst später in Erscheinung treten. Darum also ist es so groß und interessant, den Gründen nachzuspüren, warum die und die Ausdrücke in der Schrift gebraucht sind. Es verbirgt sich dahinter ein Gedankenreichtum und Tatsachen, die überwältigend sind, nachdem man sie erkannt hat. So ebenso dieser Ausdruck „Heilige der höchsten (Örter)“.

P. S. Es wird ja niemand auf den Gedanken kommen, es seien Engel darunter zu verstehen,

abwegig wäre; und die Stelle „nicht Engeln hat Er unterworfen den zukünftigen Erdkreis“ (Hebr. 2,5), setzt es vollends außer Zweifel.

F. Kpp.

Frage 15

Ich bitte um eine kurze Erklärung von Phil. 3,10-16, besonders bezüglich des Gegensatzes von V. 12 und 15.

Antwort A

Der Brief an die Philipper zeigt uns, wie der Christ durch diese Welt gehen sollte. Als Vorbild hierfür tritt uns der Schreiber dieses Briefes, der Apostel Paulus, selbst vor unser Auge. Für ihn gab es nur noch eins, was für ihn Leben, Vorbild, Ziel und Kraftquelle auf seinem Pilgerpfade war: Christus. Er war es, der seinem Leben Inhalt gab und es in allem bestimmte. Darum konnte er sagen: „Das Leben ist für mich Christus.“ (Kap. 1,21) Er war es, der im Blick auf die Gesinnung, die in dem Christen sein sollte, vor seinem Geistesauge als das herrliche Vorbild stand in Seiner völligen Selbstaufgabe und Selbsterniedrigung und in Seinem vollkommenen Gehorsam „bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze“, so daß er die Philipper ermahnt: „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war, ...“ (Kap. 2,5-8) Er war es, den er als das herrliche Ziel seines Pilgerlaufes vor sich sah, dem er mit ganzer Hingabe und Kraft zueilte, wie er schreibt: „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorn ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu.“ (Kap. 3,14) Er war es, der für ihn die Quelle der Kraft in allen den Umständen seines Pilgerlaufes war, wie er bezeugt: „Alles vermag ich in dem, der mich kräftigt.“ (Kap. 4,13) Immer Christus, und alles Christus! Darum war Christus dem Apostel über alles groß und unbeschreiblich herrlich! Alles verlor seinen Wert und seine Schönheit für ihn gegenüber dieser wunderbaren Person! Und dieses tritt uns besonders in Kap. 3 entgegen: Was irgend ihm

willen für „Verlust“ geachtet - als etwas betrachtet, was den Genuß der Person Christi beeinträchtigte und verringerte -, er achtete auch noch alles für „Verlust“ wegen der Vortrefflichkeit der Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn (diese Erkenntnis war ihm überaus kostbar, und sie wollte er sich durch nichts verkümmern lassen): um Seinetwillen hatte er alles „eingebüßt“ (Luther sagt gut: „für Schaden gerechnet“) und es für „Dreck“ geachtet - also für etwas, was nicht nur wertlos war, sondern womit man keine Berührung haben mochte - in dem Bestreben, Christum zu „gewinnen“ und „in ihm erfunden“ zu werden - d. h.: von Christo, so wie Er ihm geoffenbart war, glaubend immer mehr Besitz zu ergreifen und in seinem Leben, in allem, was man an ihm sah, Ihn zum Ausdruck zu bringen -, verbunden mit dem Bewußtsein des Besitzens einer Gerechtigkeit, die nicht seine eigene, aus dem Gesetz, war, sondern „die durch den Glauben an Christum war - die Gerechtigkeit aus Gott durch den Glauben“. (V. 7-9) Dabei blieb aber der Apostel nicht stehen, sondern sein Verlangen ging weiter - es ging darauf aus, „zu erkennen“ dreierlei: 1. „ihn“ (Christum), 2. „die Kraft seiner Auferstehung“ und 3. „die Gemeinschaft seiner Leiden“. Hatte der Apostel Ihn noch nicht erkannt? Wußte er noch nichts von der Kraft Seiner Auferstehung und von der Gemeinschaft Seiner Leiden, als er diesen Brief schrieb? Gewiß hatte er das und wußte er davon, mehr als irgendein anderer, wie seine vor diesem geschriebenen Briefe (an die Galater, die Thessalonicher, die Korinther, die Römer und die Epheser) und auch der Brief an die Philipper selbst zeigen. Aber das am Schlusse von V. 10 und in V. 11 Gesagte: „indem ich seinem Tode gleichgestaltet werde, ob ich auf irgendeine Weise hingelangen möge zur Auferstehung aus den Toten“ läßt erkennen, daß bei seiner hier ausgesprochenen Sehnsucht, „zu erkennen“, der Apostel einen besonderen Gegenstand im Auge hatte: den Tod und die Auferstehung Christi. Er war so erfüllt von Christo und liebte Ihn so sehr, daß er von dem Verlangen durchdrungen war, Ihm in allem gleich zu werden, soweit dies möglich war - auch in dem Erleiden des Todes und in dem Erleben der Auferstehung. Wenn der Apostel von der „Gemeinschaft seiner Leiden“ und „seinem Tode gleichgestaltet werden“ spricht, ist selbstverständlich dabei kein Gedanke an die stellvertretende Seite des Todes Christi, sondern nur der Gedanke an den Weg, auf dem Christus aus dieser Welt gegangen ist: Der Apostel wollte denselben Weg gehen wie sein geliebter HErr - Tod und Auferstehung! Das steht in keiner Weise in Widerspruch zu dem in 2.

Kor. 5,4 Gesagten, daß wir „nicht entkleidet, sondern überkleidet werden möchten, damit das Sterbliche verschlungen werde von dem Leben“, oder auch zu dem in unserem Kapitel V. 20 und 21 Gesagten, daß wir „den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen“, in welchen beiden Stellen er nicht den Tod und die Auferstehung, sondern die Verwandlung - ohne den Tod zu sehen - als unsere Hoffnung hinstellt; denn in diesen beiden Stellen spricht er von der Erwartung der Gesamtheit der Gläubigen: „wir möchten“ - „wir erwarten“, während er dagegen hier (Phil. 3,10.11) von sich ganz persönlich sprich - von dem Verlangen, welches sein Herz erfüllte und wohl auch erst mit der Zeit in ihm erwacht und mächtig geworden war. Damit änderte oder schwächte er das anderswo im Blick auf die Hoffnung der Gesamtheit Gesagte nicht im geringsten ab, wie ja auch die schon erwähnten darauffolgenden, auf die Gesamtheit bezüglichen V. 20 und 21 desselben Kapitels zeigen. - Sein Verlangen war, zur Auferstehung aus den Toten („Aus-“ oder „Heraus-Auferstehung“) hinzugelangen. Aber er sprach es nicht als Bitte aus, sondern als einen Wunsch: „ob nicht“, und überließ Gott auch das Wie: „auf irgendeine Weise“. Es konnte ja nur durch den Tod sein; welcher Art dieser sein würde, war Gottes Sache. Daß Paulus V. 10 und 11 nicht die Verwirklichung des Todes Christi und Seines Auferstehungsleben in seinem Leben hier im Auge hatte - so sehr dies an sich ihm auch allezeit am Herzen gelegen haben wird -, es sich also nicht um eine bildliche Redeweise handelt, wie diese Stelle von manchen Schriftauslegern verstanden wird, sondern um Tod und Auferstehung in buchstäblichem Sinne, ergibt sich aus V. 11, da selbst dann, wenn man berücksichtigt, daß es stets das Verlangen eines jeden Gläubigen sein muß und auch des Apostels Paulus sein mußte, in der Verwirklichung des Todes Christi und in dem Ausleben seines Auferstehungslebens fortzuschreiten, die Worte dieses Verses hiermit nicht vereinbar erscheinen, weil

1. das „Hingelangen“ zu dieser Verwirklichung nicht „auf irgendeine Weise“ geschehen kann, sondern die „Weise“ eine ganz bestimmte, klare, bekannte ist (s. Röm. 6,4.5; 2. Kor. 3,17.18);

2. die Worte „Aus-Auferstehung aus den Toten“ überhaupt keine andere Auslegung zulassen als nur die buchstäbliche, da eine „Aus-Auferstehung“ die später folgende Auferstehung der

zurückbleibenden Toten voraussetzt. Das Wort „Aus-Auferstehung“ kommt nur hier vor und ist offenbar vom Geiste Gottes hier gerade darum gewählt, um unmißverständlich zu zeigen, daß der Apostel die Auferstehung der entschlafenen Gläubigen im Auge hat, die aus den Toten heraus werden auferweckt werden. - Wenn die Worte des Apostels V. 11 eine bildliche Bedeutung haben sollten, müßten unter den „Toten“ geistlich Tote verstanden werden und es müßte Paulus sich noch zu diesen gezählt haben. Das ist ein Unding. - Oder er müßte bei diesen Worten die Auferstehung Christi bzw. das Leben, das Er als der Auferstandene lebt, im Auge gehabt haben, doch ist eine solche Deutung eine Vergewaltigung des klaren Wortlautes, denn der Apostel spricht ja von seinem Hingelangen zur „Aus-Auferstehung aus den Toten“. -

Wir können uns darum nur zu der Auslegung bekennen, wie wir sie oben ausgesprochen haben. - Zu diesem Punkte weisen wir noch auf die Antworten zu Frage Nr. 21 in den „Handreichungen“, Band 1 (1913), S. 77-80, hin. -

Die „Aus-Auferstehung aus den Toten“ war für den Apostel - wie auch heute noch für uns - etwas Zukünftiges, vor ihm liegendes Kostbares, was er V. 14 als „Kampfpreis“ (Luther „Kleinod“; Wiese: „Siegespreis“) bezeichnet, der am „Ziel“ seiner wartete. Darum schreibt er, daß er es noch nicht ergriffen habe und noch nicht vollendet sei, aber ihm nachjage in dem Bestreben, es zu ergreifen (denn dazu hatte ja Christus Jesus ihn ergriffen - von ihm Besitz genommen!), eines tuend: daß er, vergessend, was dahinten, und sich ausstreckend nach dem, was vorn ist, das Ziel anschauend, hin jage „zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu“. (V. 12-14) Christus war die wunderbare Person droben, die sein Glaubensauge als das herrliche Ziel anschaute und ihn mächtig anzog, so, daß seine Schritte beflügelt wurden auf dem Wege durch diese Wüste der himmlischen Heimat zu.

In V. 15 ermahnt der Apostel die, welche „vollkommen“ sind, „also gesinnt“ zu sein. Das Wort „vollkommen“ hat den Sinn von „erwachsen“, „reif“. Solche sollten eingehen in die Gedanken, wie der Apostel sie in bezug auf den eben behandelten Gegenstand entwickelt hatte. Doch hat der Apostel Nachsicht mit Schwachheit und fügt deshalb hinzu: Wenn sie über etwas anders denken sollten, werde Gott ihnen auch dieses offenbaren (darüber Klarheit geben). Damit aber

nicht etwa durch Verschiedenheit in der Auffassung über dieses oder jenes Zwiespalt unter ihnen entstehen könnte, ermahnt der Apostel die Philipper, insoweit als sie Klarheit hätten, nach derselben Richtschnur - oder in demselben Pfade - gleichgesinnt zu wandeln. (V. 16)

In der Frage ist von einem Gegensatz zwischen V. 12 und 15 die Rede, wohl im Blick darauf, daß V. 12 der Apostel sagt: „Nicht daß ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei“, und andererseits V. 15: „So viele nun vollkommen sind.“ Daß hierin kein Gegensatz besteht, wird aus den obigen Ausführungen über diese Verse bereits klargeworden sein. In V. 12 hat der Apostel die noch in der Zukunft liegende Auferstehung im Auge. Wenn diese geschehen sein wird, dann wird der Apostel - und werden auch wir - „vollendet“ (oder „vollkommen gemacht“) sein. Da dies aber noch zukünftig war (und ist), mußte der Apostel sagen, daß er noch nicht „vollendet“ sei. V. 15 hingegen handelt es sich um einen Zustand der Reife, eine gewisse (bedingte) Vollkommenheit, hier im Glaubensleben, wie Matth. 5,48; 19,21; Kol. 4,12; Jak. 1,4; 3,2, zu der wir heranzuwachsen vermögen, wenn wir treu sind, und heranwachsen sollen. Es gab auch unter den Philippern solche, die in diesem Sinne „vollkommen“ waren. Es ist also zwischen den beiden Versen kein Gegensatz vorhanden. -

Der Apostel fährt dann in V. 17 fort: „Seid zusammen meine Nachahmer, Brüder, und sehet hin auf die, welche also wandeln, wie ihr uns zum Vorbilde habt.“ In der Tat sehen wir in dem Apostel Paulus ein unerreichtes Vorbild in bezug auf das Herzensverhältnis eines Gläubigen zum HErrn, einen Wandel in wahrer himmlischer Gesinnung, mit ganzer Hingabe an Ihn und brennender Sehnsucht nach Ihm. Laßt uns darum rechte Nachahmer des Apostels sein!

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Ohne auf den ganzen Zusammenhang der ganzen, in obiger Antwort so klar, verständlich und schon besprochenen Stelle noch einmal näher einzugehen, möchte ich noch mit einigen eigenen Darlegungen auf den Kernpunkt derselben und auf den angeblichen Gegensatz zu

kostbare Stelle zu betrachten, aber wenn man den Kernpunkt nicht beachtet, so werden alle Betrachtungen nicht den gewünschten Erfolg, eine Erklärung zu geben, haben können. Daher kommen immer wieder Schwierigkeiten bei dieser an sich einfachen Stelle, die durchaus keine schwere, mystische Lehrausfassung enthält, sondern sonnenklarstes praktisches Leben und diesbezügliche Ermunterung.

Diese letztere richtet sich an die „Vollkommenen“! Gewiß muß man nicht oder sollte man nicht, wie es schon geschehen ist, dieses Wort ironisch gemeint ansehen, weil es in Philippi Aufgeblasene gegeben habe, die sich vollkommen zu sein dünkten, aber in Wirklichkeit höchst unvollkommen waren. Nein, den Begriff der „Ironie“ möchte ich für mein Teil nicht in diese köstliche Stelle hineingetragen wissen. Aber wohl richtet der treue Apostel seine Ermahnung an solche, die der Gelegenheit, ihre Vollkommenheit zu beweisen, besser nachkommen sollten, als sie tun mochten: Wenn ihr vollkommen seid, so beweist es, indem ihr meine Nachahmer seid! Wollt ihr das nicht, dann laßt ihr die beste Gelegenheit, zu zeigen, wer ihr seid, ungenutzt vorübergehen! - Und was für eine Nachahmung war es denn, die sie in ihrer Vollkommenheit beweisen sollten? Anders gesagt: In was für Stücken wünschte Paulus in ihnen Nachahmer zu sehen, indem er sie so liebevoll in das „laßt uns“ einschließt? In dem Einen: a) vergessen, was dahinten; b) sich ausstrecken nach dem, was vorn; c) anschauen das Ziel; d) hinjagen zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben! Dieses Eine tat er und, da wünschte er Nachahmer! (Sind wir es?!) Dieses Eine, was er tat, war ihm der Ersatz für das, was er ersehnte, und er hoffte, durch seine Befähigung in diesem vierfachen Einen das „ergreifen“ zu dürfen, was seines von Christo ergriffenen, Christum liebenden Herzens Verlangen war: auf irgendeine Weise zur „Aus-Auferstehung “ aus den Toten hinzugelangen! Warum? Weil er Christo ähnlich, ja in seinem eigenen Tode dem Tode Christi gleichgestaltet zu werden wünschte, d. h. weil er die Gemeinschaft der Leiden des Christus im Vollsinne auskosten und damit Ihn Selbst und Seine Auferstehungskraft erkennen wollte. Ergriffen hatte er es noch nicht, er wußte ja nach Kap. 1,25, daß er noch hienieden bleiben sollte um der Philipper (u. a.) willen. So hätte es geschehen können, daß der HErr vorher wiedergekommen sein könnte, so daß er gar nicht mehr hätte zu sterben brauchen. Er wäre dann lebendig verwandelt worden (1.

geistlich-tiefen Herzenszustand des Apostels, dem Christus wirklich alles war, nicht mehr als das Erstrebenswerteste entsprach. Vielmehr wollte er sterben und dann leben, indem er die „Heraus-Auferstehung“ der in Christo Entschlafenen mitmachen dürfte; das war sein Wunsch. Nicht daß er - was auch einige gemeint haben - eine Einzel-Auferstehung für sich erfahren wollte, die Schrift gibt nach 1. Kor. 15,23 („sodann!“) kein Recht zu solcher Annahme, wie sehr auch einige Lehrer der Gemeinde sozusagen von einer „Eliteeinzelauferstehung“ hervorragend heiliger Menschen gefaselt haben, aber er wünschte doch etwas Besonderes: nämlich - unbedingt zu sterben, aber wie? So wie Christus, sein Leben, also durch einen gewaltsamen Tod, durch einen echten Martyrertod (d. h. nicht durch einen unheiligen, ungeistlichen, gesuchten, sondern durch einen solchen echten, wie der seines HErrn war). Ob er nicht im Herzen dachte an den Tod, dem er einst noch als Feind hatte beiwohnen dürfen, den des Stephanus?! So zu sterben wie Christus, um der Wahrheit und Liebe willen, das war sein Sehnen. Vielleicht durch die Löwen, vielleicht durchs Kreuz, vielleicht durch Enthauptung (wie es in Wirklichkeit wurde) - einerlei - nur sterben wie Er und dann einst, wann auch immer, einstmals bestimmt, die Kraft Seiner Auferstehung kennenzulernen, gleichsam das „Lazarus, komm heraus!“ hören und verwirklichen zu dürfen, das war sein Verlangen. Hierin hatte er noch keine Gewißheit, Vollendung in diesem Sinne war ihm noch nicht geworden, aber er jagte dem nach! Wie? Indem er keine Rücksicht auf sein eigenes Leben kannte und nahm (Apgesch. 20,24!), jetzt nach vier Jahren Gefängnis weniger denn je! Welch wunderbarer Mann, welch erhabenes Lebensziel, welche Ausschließlichkeit seiner Handlungsweise: Christus und nur Christus, Seine Leiden, Sein Tod als die Art und Weise der von ihm gewünschten Gemeinschaft! Glücklicher Paulus, welch ein Vorbild bist du uns! Glückliche Nachahmer, die in deinen Fußtapfen wandeln, wie du in denen des HErrn! O HErr, hilf uns, des Paulus Nachahmer zu sein!

Das also der Kernpunkt, von dem ich oben redete, und der Verfasser von Antwort A sagt's in seiner Art ebenso: daß Paulus wünscht, auf irgendeine Weise dem Tode Christi gleichgestaltet zu werden, um dann zu jener großen „Aus-Auferstehung“ aus dem Todesgebiet zu gelangen, der wir alle, die wir „des Christus sind bei Seiner Ankunft“ (1. Kor. 15,23) entgegensehen und entgegengehen. Aber gewiß wird - das geht mir aus dieser gewaltigen, kostbaren

liegen, die in der Weise ihres Lebens („Christus“, nach Phil. 1,21) und der ihres Todes Ihm möglichst gleichgestaltet waren. Vielleicht dürfen wir hier hinweisen auf die ganz besondere Belohnung, die den Überwindern zuteil wird nach Offenb. 2,17. Es ist etwas Persönliches, und ich möchte meinen, daß, wenn jener wunderbare Aus-Auferstehungstag kommt, Paulus und solche, die seine Nachahmer sind, einen anderen, persönlicheren „Gewinn“ haben werden als solche, die nicht so wahrhaft „vollkommen“ und hingegeben an Ihn gelebt haben bzw. so entschlafen sind. Ich will keine Lehre daraus machen, aber ich frage das praktische Leben: Wer genießt mehr von der Liebe eines anderen - der, der ihr mit seiner Gegenliebe so hingegeben lebt, daß er alles mit ihr gemeinsam zu haben wünscht, oder der, der, wenn er jene (Liebe) schon kennt, doch kein besonderes Gewicht darauf legt, sie in jeder Hinsicht kennenzulernen? Sicher der erstere! Und ein solcher ist Paulus! Genug davon! Möchten wir tiefere Blicke tun in den unausforschlichen Reichtum des Christus, um uns mehr freuen zu können der Allgenugsamkeit des Christus schon heute im irdischen Leben und dereinst erst recht, wenn Er kommt und wir „Ihn sehen, wie Er ist“. (1. Joh. 3,2) „Vergessend, was dahinten, und mich ausstreckend nach dem, was vorne ist, jage ich, das Ziel anschauend, hin zu dem Kampfpreis der Berufung Gottes nach oben in Christo Jesu!“ (Phil. 3,14) Mögen wir alle, ja alle, durch Seine Gnade - also gesinnt sein! Amen.

F. K.

Wenn ihr nun mit dem Christus auferweckt worden seid, so suchet, was droben ist, wo der Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes! Sinnet auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist; denn ihr seid gestorben, und euer Leben ist verborgen mit dem Christus in Gott. Wenn der Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, dann werdet auch ihr mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit!“ (Kol. 3,1-4.)

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

In der letzten Lieferung, in der ich mich mit Beispielen aus dem Leben des Apostels Paulus beschäftigte, Beispielen, in denen sein Handeln nach unserer Schriftstelle hervortrat, insofern er mit der Welt zu tun hatte und dabei stets obigen Grundsatz betätigte, kündigte ich an, daß ich nunmehr noch davon schreiben würde, wie dieses Wort auch in Pauli Verhalten gegenüber den Gläubigen zutage träte. Das soll auch noch geschehen, s. G. w.! Zuvor möchte ich aber noch einiges über jene Begebenheit sagen, die ich in dem letzten Hefte nur mit einem einzigen Satze gestreift habe (auf S. 173). Es ist die mit dem Kerkermeister von Philippi in Apgesch. 16! Ich glaube doch nicht, daß diese Geschichte es verdient, mit nur einem Satze berührt zu werden, sie ist gerade, was unsere Stelle anbelangt, doch sehr belehrend.

Zunächst sehen wir schon in dem täglichen Zusammentreffen des Paulus und Silas mit jener armen durch einen Wahrsagergeist gebundenen Magd, wie die Apostel, insonderheit Paulus, dem Übel zu begegnen suchen. Denn wenn jene auch scheinbar die volle Wahrheit sagte, so war es doch nicht so (das tut der Teufel nie!), und außerdem, selbst wenn es nicht nur eine „halbe Wahrheit“ gewesen wäre, so hätte Paulus vom Feinde doch kein Zeugnis angenommen, wie ja auch der Herr Jesus den Dämonen nicht erlaubte, von Ihm zu reden (vgl. Mark. 1,34). Dennoch handelte Paulus nicht in fleischlicher Eile, er läßt trotz seiner Herzensbetrübnis über das Tun der Magd diese eine lange Zeit gewähren, läßt somit das Böse gleichsam ausreifen, ehe er dem Dämon aus dessen armem, auch von menschlicher Herrschaft um Geldes willen geknechteten Opfer auszufahren gebietet. (V. 16ff.) - Vielleicht dürfen auch wir hieraus lernen, bei bestimmten Fällen nicht zu eilig mit dem schließlich wohl notwendigen Tun zu verfahren, sondern zuerst zu versuchen, durch unser Stillesein etwas zu erreichen und in solcher Weise das Böse mit dem Guten auszulöschen.

Die beiden Zeugen kommen nun ob ihrer Guttat ins Gefängnis und werden noch extra fest „verwahrt“. Zuvor sind sie geschlagen und auf alle Weise mißhandelt worden. Die Obrigkeit des

Angeklagten durch ihre Handlungsweise zu verurteilen; eigentlich aber war ihnen alles „unverurteilt“ geschehen (V. 37!), sie waren ohne Urteilsspruch gestraft worden. Sie tragen es in hingebender Geduld, sie schelten nicht dawider, sie drohen nicht, wo sie leiden (vgl. 1. Petr. 2,23), sie überlassen alles Gott, Ihm, dem sie gehören und der zur rechten Zeit eingreifen kann - der aber auch ihr alles bleibt, wenn Er nicht unmittelbar eingreift. (Vgl. Dan. 3,17.18!) Sie tun Besseres als klagen murren und seufzen oder gar das Gericht der Vergeltung auf ihre Feinde herabzuwünschen: Sie beten und singen! (V. 25) Sie preisen Gott, sicherlich in der gleichen Gesinnung wie einst die Apostel in Apgesch. 5,41. Ob sie wohl auch für den Kerkermeister gebetet haben und für die Magd und für die Obrigkeit der Stadt und für die ihnen zuhörenden Gefangenen? Ich glaube es bestimmt, ich denke, sie waren auch „mehr als Überwinder“ (vgl. Frage 16) und haben so im Gefängnis vielleicht wirksamer die künftigen Segnungen vorbereiten können als in der Freiheit.

Und nun greift Gott ein, und wie! Da ward alles erschüttert, nicht nur die Gefängnismauern, sondern auch die Insassen, und der Kerkermeister auch. (V. 26.27) Und nun sehen wir den Apostel (und seinen treuen Gehilfen) wieder handeln nach unserer Stelle: Der arme Gefängnisdirektor, verantwortlich nach römischem Rechte für jeden ihm anvertrauten Gefangenen, wollte sich das Leben nehmen - ja, er als Heide hätte es sogar tun müssen, sollte nicht Schimpf und Schande über seine ganze Familie kommen. Und dabei war er doch an der sehr wohl möglichen Flucht der Gefangenen gänzlich unschuldig. Denn diese wären doch, menschlich gesprochen, Toren gewesen, hätten sie die ihnen sich so plötzlich bietende Freiheit nicht benutzt! Und dennoch taten sie - alle - es nicht. Wie kam das? Hielt die Ehrfurcht vor den merkwürdigen, so glücklichen Gefangenen in der innersten Gefängniszelle sie zurück? Oder hatten die Apostel selber ihnen zugeredet zusammenzubleiben, sie, die doch zunächst nicht sehen konnten, was jene taten, oder sind es nur die Trümmer gewesen, die ihnen den Weg versperrt hatten? (Als wenn entschlossene Leute sich dadurch hätten aufhalten lassen!) - Einerlei, sie waren da und blieben da, einfach weil die Wunderhand Gottes ebenso das Gefängnis einstürzen lassen wie auch die Gefangenen am Leben und an Ort und Stelle bleibend erhalten konnte. (Jer. 32,27) Der schlaftrunkene, dem Tode geweihte Kerkermeister sieht

Richtung der innersten Zelle eine laute Stimme, die ihm trotz ihrer Gewalt lieblich geklungen haben muß - o wie gütig ist unser Gott! -: „Tue dir kein Leid an, denn wir sind alle hier!“ (V. 28) Das war Musik in den Ohren, ja, im Herzen für diesen armen beinahe dem Verderben Anheimgefallenen, den nun für immer bei sich zu haben der Teufel gehofft hatte. Ja, das war Musik! Das war ein Verhalten nach Röm. 12,21, das war ein Überwinden des Bösen, das jener Mann ihnen zugefügt hatte, mit dem Guten, das in den Aposteln wohnte und waltete. Keine Rache an dem Manne, keine Vergeltung gegen ihn, sondern nur Liebe zu ihm regierte in den Herzen der Männer Gottes! Wunderbar ist die Geschichte in allen ihren Einzelheiten: Wohl wußte Paulus als Römer (V. 37a!), daß der Kerkermeister sich das Leben nehmen mußte, aber woher wußte er es, daß jener es gerade in diesem einzigen Augenblicke tun wollte? Sehen konnte er es ebensowenig, wie jener die Apostel und die anderen erblicken konnte, sonst hätte er ja nicht an den Tod gedacht, da er dann ja gewußt hätte, daß keiner entwichen war! Nein, unser Gott tut nichts halb! Alles war ein Wunder, eine ganze Kette von Wundern! Sollten auch wir Ihm nicht mehr vertrauen? „Tue dir kein Leid an!“ So war von denen, die er verderben wollte, ihm das Leben gerettet, keinen Augenblick zu früh, keinen zu spät hatte ihn die Retterstimme erreicht, die sein leibliches Leben erhielt. Und so tief war die Erschütterung seiner Seele, so völlig hatte Gott Sein Werk an ihm getan, daß er, nachdem Licht geworden war (ja, auch zuerst in seiner Seele!), zitternd den Evangeliumsboten zu Füßen fällt und an sie, die er jetzt „Herren“ nennt, die entscheidende Frage tut (V. 30.31), die über sein Leben und das vieler anderer später (zuerst der Seinen) für ewig entschied. Wunderbar bist Du, o Gott! Preis sei Dir, Preis sei Dir, Herr Jesus, Preis Dir und Ehr! - Aber nicht eins von diesem allen wäre geschehen, wenn Paulus und Silas nicht so köstlich verstanden hätten, das Böse mit dem Guten zu überwinden. O daß wir alle lernten von ihnen!

Aber damit ist die Geschichte noch nicht zu Ende. Sie hat noch einen sehr belangreichen Schluß, aus dem auch wir noch Wichtigstes entnehmen können, und wieder durch unser Titelwort.

Der Tag nach dieser ereignisreichen Nacht, da allen Einwohnern Philippis ein heilsamer Schrecken eingejagt ist, sieht unsere Glaubensmänner in vollster Handlungsfreiheit. Sie sind

jetzt geehrte, aber auch gefürchtete Leute. So ganz wohl mag der hohen Obrigkeit nicht mehr gewesen sein bei dem Gedanken, Leute gestraft zu haben, die nichts Böses, nur Gutes (an der Magd) getan hatten, die aber ganz offenbar von ihrem Gott glänzend gerechtfertigt waren, und sie versuchen, die Sache zu vertuschen und die beiden heimlich loszuwerden. Aber so ging das nicht bei einem Manne wie Paulus! Heimlichkeiten sind ihm ein Greuel (vgl. übrigens u. a. Nehemia [Neh. 6,10ff. u. vorher!]), aber nicht nur das, sondern hier stand Größeres als etwa die Ehre eines beleidigten Römers auf dem Spiel! Darum handelte Paulus selbst hier nach dem Grundsatz von Röm. 12,21, obwohl es, oberflächlich betrachtet, nicht so scheint. Gewiß, er forderte kein Recht für sich, wenn es nur um ihn selber ging, und Silas gewiß auch nicht. (Vgl. 1. Kor. 4,9-14!) Aber hier stand die spätere Ehre der jungen christlichen Gemeinde auf dem Spiele! Hätte die heidnische Obrigkeit später ausstreuen können (durch irgendwelche Organe), daß die Apostel sozusagen „bei Nacht und Nebel“ die Stadt verlassen hätten (und was kann man hinterher alles zusammenreden über einen beliebigen Fall!!), dann wären auf die kleine, aber jetzt durch des Kerkermeisters Familie willkommen vergrößerte Gemeinde im Hause der Lydia schwere Schatten gefallen, und keiner hätte sie so recht zerstreuen können. Darum mußte die Obrigkeit selber kommen und die Boten Gottes in allen Ehren aus der Stadt hinausbegleiten. (Das Größere wäre gewesen, wenn sie, wie einst die Samariter den HErrn [Joh. 4,40], die beiden gebeten hätten, noch bei ihnen zu bleiben und ihnen allen die Frohbotschaft zu bringen, doch das konnten sie nicht!) Sie müssen einen gewaltigen Schrecken bekommen haben, als sie hörten, Paulus und Silas seien Römer (vgl. 23.27), und so wurden diese wirklich in Ehren hinausgebracht und gingen als Freie zu der Gemeinde, zu den Brüdern in Lydias Haus, ermunterten sie und zogen weiter auf der Siegesbahn des Evangeliums „im Triumphzuge in Christo“. (2. Kor. 2,14) Die Ehre der Gemeinde Christi war gerettet, und dies war wichtig, zumal jetzt doch auch ein römischer Beamter zu ihr gehörte. Das Wort „Alles geschehe anständig und in Ordnung“ (1. Kor. 14,40) muß auch in den Gemeindeangelegenheiten nach außen hin zu sehen sein, keiner darf uns mit Recht etwas nachsagen können, am wenigsten die Obrigkeit! Darum war des Paulus Verhalten hier bei ihrem Auszuge auch ein vorbildliches nach unserer Stelle Röm. 12,21, und wir sehen wiederum, wie vielseitig dies Wort ist, gepriesen sei Gott! Es gebe uns Weisheit, in jedem

einzelnen Falle stets das Rechte zu tun, nicht um unsert-, sondern um Seinet- und der Seinen willen! Alles an seinem Platz: Stillesein und Harren, Beten und Singen, Frohbotschaft im Dunkeln als praktische Liebe zu den Verlorenen, aber auch ein Bestehen auf öffentliche Ehre und Recht, sofern die Sache des HErrn dabei in Betracht kommt - ja, alles an seinem Platze, wenn wir uns nicht vom Bösen überwinden lassen, sondern vielmehr das Böse mit dem Guten, ja, mit Christus Selbst, überwinden wollen!

Nun komme ich auch heute noch nicht dazu, des Paulus Verhalten nach unserem Worte im Verkehr mit den Gläubigen zu kennzeichnen; aber ich glaube, die Geschichte von Apgesch. 16 war wichtig genug, um den bekannten Grundsatz vor unserem geistigen Auge Punkt für Punkt sich entwickeln sehen zu können; und dazu mußte ich so ausführlich schreiben. In der nächsten Lieferung werden wir dann, s. G. w., das nun schon zweimal Angekündigte sehen! Möge der HErr uns Sein herrliches Wort segnen, und mögen wir Gnade haben, Ihm in allem wohlgefällig zu dienen (Hebr. 12,28), und nicht zum wenigsten dadurch, daß wir stets besser lernen zu verwirklichen: Röm. 12,21!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Wo ist das Schwert?

„Und Jehova sprach zu dem Engel, und er steckte sein Schwert wieder in seine Scheide.“ (1.Chron. 21,27)

Das wunderbare Zeitalter, in welchem wir uns jetzt befinden, wird „die Verwaltung der Gnade Gottes“ genannt. (Eph. 3,2) Das heißt das Zeitalter, in welchem Gnade herrscht oder in welchem das Schwert des HErrn in der Scheide ruht oder schläft.

Das Schwert des HErrn ist ein Symbol des gerechten Gerichtes Gottes über die schuldbeladene Welt. Diese Welt hat sich wider ihren Schöpfer und Gott empört, sie hat die Lüge des Teufels

angenommen, sie hat auch Gottes geliebten Sohn zum Tode verurteilt, und bis zum heutigen Tage liebt sie die Finsternis mehr denn das Licht, weil ihre Werke böse sind. (Joh. 3,19) Die Schrift erklärt, daß jeder Mund verstopft und die ganze Welt dem Gericht Gottes verfallen sei. (Röm. 3,19) Nun wollen wir fragen, wie es gekommen ist, daß das Urteil Gottes über diese Welt noch nicht vollstreckt ist. Es scheint, als ob die Menschen ungeniert sündigen dürfen; sie machen sich sogar lustig über ein kommendes Gericht, sie denken, daß sie niemals von Gott zur Rechenschaft gezogen werden! „Sie setzen in den Himmel ihren Mund, und ihre Zunge wandelt auf der Erde.“ (Ps. 73,9) Wie kommt das nun? Auf diese Frage antworten wir, daß das Schwert des HErrn in diesem Zeitalter in der Scheide ruht; und aus der lehrreichen Begebenheit in 1. Chron. 21 und 2. Sam. 24 lernen wir Gottes Erklärung darüber.

Das Volk Israel unter dem König David hatte schwer gesündigt. Wohl wollen wir jetzt nicht untersuchen, was die Sünde war oder wie es dazu gekommen ist. Wenigstens ist eine ernste Strafe Gottes gekommen. Eine Pest raffte im Nu siebzigtausend Mann von Israel hinweg, und schon stand der Engel Gottes über Jerusalem mit dem in der Hand gezückten Schwerte, um es zu verderben. Gott aber hat immer in Seinem Herzen Liebe für die arme, schuldige Menschheit. So sagte Er zu dem Engel: „Genug! Ziehe jetzt deine Hand ab.“ Das Schwert war noch ausgestreckt, es war noch nicht in der Scheide! Das konnte noch nicht geschehen, weil die Gerechtigkeit Gottes noch nicht befriedigt war. Könnte nun etwas getan werden, um das Schwert in die Scheide zu bringen? David ist es ja merkwürdigerweise nicht eingefallen, das Richtige zu tun. Gott Selbst also mußte den Anfang machen, und Sein Engel „sprach zu Gab, dem Propheten, daß er zu David sage, David solle hinaufgehen, um Jehova einen Altar zu errichten auf der Tenne Ornans, des Jebusiters.“ (1. Chron. 21,18) Sicher ist nun dem König David ein Licht aufgegangen, denn es steht weiter geschrieben: „Und David baute daselbst Jehova einen Altar und opferte Brandopfer und Friedensopfer; und er rief zu Jehova, und Er antwortete ihm mit Feuer vom Himmel auf dem Altar des Brandopfers.“ (1. Chron. 21,26) Und dann erst sprach Jehova zu dem Engel, und er steckte sein Schwert wieder in seine Scheide.

In dieser Geschichte will Gott uns nun deutlich zeigen, wie es gekommen ist, daß in diesem Zeitalter zwischen der Ausgießung des Heiligen Geistes zu Pfingsten und dem Kommen des

HErrn für Seine bluterkaufte Gemeinde das Schwert des Gerichtes in der Scheide ruht und die Strafe auf die sich empörende Menschheit nicht fällt.

Das Opfer Davids auf der Tenne Ornans, d. h. wirklich auf dem Berge Morija, wo Abraham seinen Sohn auf Gottes Gebot opfern wollte und wo später der König Salomo den herrlichen Tempel baute, stellte vorbildlich das wunderbare Opfer des Herrn Jesus auf dem Kreuz dar, wo Er Sich durch den ewigen Geist ohne Flecken Gott opferte (Hebr. 9,14), ja, wo Er einmal in der Vollendung der Zeitalter geoffenbart wurde zur Abschaffung der Sünde durch Sein Opfer und wo Er einmal geoffenbart worden ist, um vieler Sünden zu tragen. (Hebr. 9,26-28) Damals fiel das Feuer des Gerichtes und verzehrte das Brandopfer Davids; jetzt aber in Wirklichkeit, als unser teurer HErr auf dem Kreuze schmachtete, ist das Gericht auf Ihn gefallen, das Schwert des Gerichtes ist nicht in das Herz eines gewöhnlichen Lammes gefahren, sondern es fiel auf Gottes Lamm, wie es geschrieben steht: „Schwert, erwache wider Meinen Hirten und wider den Mann, der Mein Genosse ist! spricht Jehova der Heerscharen; schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen.“ (Sach. 13,7) Ja, die gerechten Forderungen eines dreimal heiligen Gottes wurden völlig und auf ewig befriedigt; Gottes gerechter Zorn wurde für immer gestillt. Deswegen kann das Schwert des HErrn in diesem Zeitalter der Gnade, in welches unser Los gefallen ist, in der Scheide ruhen, denn jetzt herrscht die Gnade durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesum Christum, unseren HErrn. (Röm. 5,21)

Diese wunderbare Gnadenzeit wird aber einmal ein Ende haben. Das Schwert des HErrn wird aus der Scheide gezogen werden und in Seiner Hand gezückt, denn es steht geschrieben: „Denn der Zorn Jehovas ergeht wider alle Nationen, und Sein Grimm wider all ihr Heer ... Denn trunken ist im Himmel Mein Schwert; ... Das Schwert Jehovas ist voll Blut ...“ (Jes. 34,2.5.6) Man kann spotten, aber die Langmut Gottes hat einmal ein Ende, und bald sinkt die Sonne, und die Tür der Gnade wird auf ewig verschlossen.

Die ernste Lebensfrage nun ist, und zwar für jede Seele, die: Wie kann ich den besten Gebrauch von dieser Gnadenzeit machen, d. h. während das Schwert in der Scheide bleibt? Hier finden wir den Feind so fleißig, denn er hat religiöse Lügen aller Art, indem er auf diesem

Gebiet die Menschen zu narkotisieren versucht, damit sie die Gnadenzeit versäumen, und also werden Millionen betrogen. Sie sind der Meinung, daß es genügt, wenn man zu irgendeiner Kirchenorganisation gehört, die biblische Geschichte ein wenig kennt und den äußeren christlichen Pflichten gewissermaßen nachgekommen ist. Ist das nicht ein großartiger Betrug? Denn ohne daß man wiedergeboren wird, kann man das Reich Gottes nicht sehen. Will man aber den richtigen Gebrauch von der Zeit machen, in welcher das Schwert in der Scheide steckt, so eilt man, so wie man ist, zu den Füßen des Herrn Jesus hin, indem man sein Vertrauen auf den Herrn Jesus und Sein vollbrachtes Werk setzt. Dann wird einem sicher Gnade zuteil, gerade wie der Apostel Petrus es verkündigte: „Diesem geben alle Propheten Zeugnis, daß jeder, der an Ihn glaubt, Vergebung der Sünden empfängt durch Seinen Namen.“ (Apgesch. 10,43)

Also steckt das Schwert in der Scheide. Und was machen wir Gläubigen in dieser wunderbaren Zeitperiode? David rief aus, als das Schwert in die Scheide kam: „Dieses hier soll das Haus Jehovas Gottes sein, und dies der Altar zum Brandopfer für Israel.“ (1. Chron. 22,1) Und sofort fing er an, großartige Anstalten zu treffen, um den herrlichen Tempel zu bauen, und also steht es geschrieben: „So bereitete David Vorrat in Menge vor seinem Tode.“ (1. Chron. 22,5) Wir haben auch durch Gottes Gnade den richtigen Platz und die kostbare biblische Grundlage gefunden, auf der das geistliche Gotteshaus gegründet steht, gerade dort, wo das Opfer angenommen wurde und wo das Schwert auf Gottes Geheiß in die Scheide gesteckt wurde. Das ist der Fels, auf welchem der HErr Seine Gemeinde baut. (Matth. 16,18) „Denn einen anderen Grund kann niemand legen, außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus.“ (1. Kor. 3,11) Ja, dieses geistliche Haus wird auf der Grundlage der Apostel und Propheten aufgebaut, „indem Jesus Christus Selbst Eckstein ist.“ (Eph. 2,20) Die Kinder der Wegführung fanden diesen Grund wieder, als sie aus Babel nach Jerusalem heimkehrten, wenn auch unter Kehricht und Schutt; dort bauten sie in den Tagen der Drangsal das Haus wieder auf.

Ist es uns nun ein Hauptanliegen des Lebens, für dieses wunderbare Gotteshaus geistliches Baumaterial mit Fleiß zu sammeln, oder bringen wir nur ein wenig Stroh, Heu und Stoppeln lässig zusammen, damit es an dem Tage verbrannt werde? David sagte: „In meiner Mühsal

habe ich für das Haus Jehovas hunderttausend Talente Gold und tausendmal tausend Talente Silber bereitet ...“ (1. Chron. 22,14) Wenn wir nun als kluge Gotteskinder die Zeit gut auskaufen wollen, so sammeln wir mit dem ganzen Herzen gutes Material; wir steigen auf das Gebirge, um das zu tun (Hag. 1,8), denn bald geht die Zeit, in welcher das Schwert schläft, zu Ende, und die Nacht kommt, wo niemand wirken kann.

F. Btch.

Blicke in Gottes Erzieherweisheit.

(Gedanken zum Buche des Propheten Jona.)

(Fortsetzung.)

Auf der Flucht vor Gott. (Jona 1,3-12)

„Aber Jona machte sich auf und floh vor dem HErrn“, so berichtet die Schrift. (Jona 1,3 Luth.) Dem dreifachen göttlichen Auftrage (Mache dich auf, gehe hin, predige!) glaubte Jona am einfachsten durch die Flucht ausweichen zu können. Gleich ihm ist die ganze ungläubige und gottlose Welt auf der Flucht vor Gott. Die einen entledigen sich Seiner durch einfache dreiste Ablehnung, die anderen durch Leugnung Seiner Existenz. Beide Gruppen ahnen freilich nicht, daß sie sich selbst richten und bloßstellen. Gottes Wort bezeugt von der ersten Gruppe, daß es unmöglich ist, ohne Glauben Gott zu gefallen (Hebr. 11,6), und die zweite Gruppe kennzeichnet das Schriftwort: „Die Toren sprechen in ihrem Herzen: Es ist kein Gott ...“ (Ps. 14,1 Luth.)

Doch muß auch eine dritte Gruppe Erwähnung finden, die sich hin und wieder auch auf der Flucht vor Gott befindet, das sind wir selbst, die Gläubigen. Jona ist uns dafür ein erschütterndes Beispiel. Als Gläubiger auf der Flucht vor seinem Gott, Dessen Auftrag er nicht ausrichten will! Sein ungebrochener Sinn war der Grund seiner Flucht. In Kap. 4,1-3 offenbart uns Gott seinen inneren Zustand, dort heißt es: „Und es verdroß Jona sehr, und er wurde zornig. Und er ... sprach: Ach, Jehova! ... Darum kam ich zuvor, indem ich nach Tarsis entfloh;

denn ich wußte, daß Du ein gnädiger und barmherziger Gott bist, langsam zum Zorn und groß an Güte, und der Sich des Übels gereuen läßt.“ Wie verfinstert war sein Sinn! Man kann ein Mann mit großen Fähigkeiten und Vorzügen sein, und doch - auf der Flucht vor Gott. Flucht ist aber in jedem Falle Glaubensschwachheit; denn die Schrift versichert uns: „Wer glaubt, der flieht nicht.“ (Jes. 28,16 Luth.)

Ach, wie schnell sinken wir oft auch zurück in die alte Atmosphäre, in der wir ehedem lebten und aus der wir kraft der Gnade des HErrn herausgenommen sind! Und noch einige Gedanken über das Wohin der Flucht. Wohin floh Jona? Ach, in eine Schule der Tiefe. Gott hatte noch viel vor mit dem flüchtenden Propheten. Gott nahm ihn in eine Ihm eigene Erziehungsschule im Bauche jenes Fisches. (Kap. 2)

In dieser Schule - Erziehungsschule - Gottes lernt Jona Gottes Gericht kennen, lernt auch die Gnade Gottes kennen und lernt den gewaltigen Schulmeister kennen, dem er nicht entrinnen konnte. Jetzt ist Gott am Werk, ein Werkzeug zu bereiten. Jona wird von Stück zu Stück zerbrochen, überwältigt. Gott läßt ihn sinken, von heidnischen Schiffsleuten wird er ins Meer geworfen. Doch, Mittel der Errettung hat Gott, wie sie kein Sterblicher hat. Gott läßt ihn sinken, aber nicht ertrinken. So sehen wir den Schüler Jona vor seinem großen Lehrer, der Bauch des Fisches ist des flüchtenden Propheten Schulstube. Wie wunderbar sind Gottes Wege!

Jona lernt bald hinter allem Geschehen Gott sehen, erkennt Ihn immer mehr. „Ich rief aus meiner Bedrängnis zu Jehova“, so sagt die Schrift von Jona. (Kap. 2,3) Ja, wie bewahrheitet sich's doch: „Wenn keiner sonst mehr helfen kann, dann ruft man Ihn um Gnade an.“ Tief, unsagbar tief geht er durch, der vorher ungehorsame Prophet. Bald sieht er, daß keine Türen zum Leben für ihn mehr offen stehen. Kein Ausweg - verzweifelte Lage! Da öffnet ihm Gott einen Weg der Errettung, und so kann Jona nach Kap 2,7 bekennen: „Ich fuhr hinab zu den Gründen der Berge; der Erde Riegel waren hinter mir auf ewig. Du führtest mein Leben aus der Grube herauf, Jehova, mein Gott.“ In der Not fand er sich zurück zu dem lebendigen und persönlichen Gott!

gewaltig zugleich. Zusammenfassend will ich sagen: In der Erziehungsschule Gottes lernte der Prophet seine so gewaltige Lektion. Seinem harten, ungebrochenen Willen stand der unbeugsame Wille Gottes - seine Rettung und Ninives Bußzeit - gegenüber.

Gott kam zum Ziele mit Jona, den Er liebte. Gott kommt auch mit uns zum Ziele, auch wir müssen unsere Lektion lernen. Doch: Je williger wir sind, um so freundlichem ist der HErr. Gehorsam erspart uns viel, viele herbe Lektionsabschnitte. Groß ist unseres Gottes Erziehungsweisheit! Ihm sei tiefe Anbetung! Der HErr mache auch uns dienstbereit wie einen Jona, doch - wenn möglich - ohne so gewaltige Erziehungsmittel anwenden zu müssen! Es liegt an uns! Gott segne uns!

H. B., U.

Die eine sehr kostbare Perle!

Wiederum ist das Himmelreich einem Kaufmann gleich, der wertvolle Perlen suchte; und als er eine besonders kostbare Perle fand, ging er hin und verkaufte alles, was er besaß, und kaufte sie. (Matth. 13,45.46 Menge).

Einen überaus großen Reiz bilden die Gleichnisse des Herrn Jesus im Neuen Testamente. Manche sind uns ein Rätsel und Geheimnis, und kaum vermögen wir den Schleier ein wenig zu lüften.

Mit der einen sehr kostbaren Perle wollen wir uns ein wenig beschäftigen.

Wer ist der Kaufmann, der unsere Aufmerksamkeit auf sich lenkt, und wer ist die „besonders kostbare“ Perle? Es ist wohl keine Frage, daß der Kaufmann der Herr Jesus ist. Aber die besonders kostbare Perle, was bedeutet sie? - Ich bin früher falsch belehrt worden, indem mir gesagt wurde, die sehr kostbare Perle sei der Herr Jesus Selbst! - Aber der himmlische Kaufmann kann nicht gleichzeitig auch die sehr kostbare Perle sein. Eine solche Auslegung ist widersinnig.

Nein und abermals nein! Die eine sehr kostbare Perle ist sowohl die einzelne Menschenseele als auch die Brautgemeinde Jesu Christi!

In Matth. 16,26 stellt der Herr den Wert einer Menschenseele über den der ganzen Welt. Und warum? Die Welt vergeht, sie hat keinen bleibenden Bestand. Die Seele aber ist unvergänglich. Weil sie aus Gott ist, hat sie ewige Existenz.

Ist schon der Wert einer einzigen Menschenseele so groß, wie überaus kostbar muß die Gemeinde sein! Und das ist es ja eben, was uns den erhabenen himmlischen Kaufmann so groß macht. Er ist der wahre Kaufmann. Er ist Kenner der echten, sehr kostbaren Perle. Keiner hat wie Er ihren Wert erkannt. Sie lag ja geraubt, gefangen in den Händen Satans, des Teufels, des Gottes dieser Welt. Durch ihn war sie dem Tode geweiht und ging hoffnungslos dem Verderben entgegen.

So lesen wir des öfteren von dem Herrn Jesus, daß Er gekommen sei aus der Herrlichkeit des Himmels, um zu suchen und zu retten, was verloren ist. In einem Liede heißt es: „Er verließ Seine Heimat voll Pracht!“ - Nur ein Trieb war in Ihm: die Perle zu suchen und für Sich zu erwerben.

Und wir fragen uns: Was war der Kaufpreis? Es war Sein eigenes kostbares Blut! - Für Geld etwas zu kaufen ist ein kläglicher Ersatz in dieser Welt, denn es ist totes Metall. Der Kaufpreis für diese Perle aber war Sein eigenes Blut. Nur dieser überaus wertvolle, ja wertvollste Preis gilt in den Augen Gottes! In dem Blute ist das Leben! Um die Gemeinde zu gewinnen, gab der Herr Jesus Sein eigenes Blut und damit Sein Leben her. Einen größeren Wert, einen höheren Preis gab es nicht. Sein eigenes Herzblut! Um diesen Preis bist du, teurer Leser, und bin ich erkauft worden. Das muß uns in den Staub beugen - muß uns zu Tränen rühren - muß Gegenliebe in meinem Herzen erwecken.

Als der Herr Jesus am Kreuze hing und mit der Hingabe Seines Blutes und Lebens den Kaufpreis bezahlt hatte, da geschah etwas Besonderes. Die wachthabenden Soldaten hatten

den Befehl bekommen, den drei Gekreuzigten die Beine zu zerschlagen. Das taten sie bei den beiden Verbrechern, der Herr Jesus aber war bereits verschieden, und sie brachen Ihm die Beine nicht. Aber einer der Kriegsknechte öffnete mit einem Speer die Seite des HErrn, und Johannes berichtet darüber: „Da floß Blut und Wasser heraus.“ Und er fügt diesem Bericht noch sein besonderes Zeugnis hinzu. (Joh. 19,34-37) Das Blut ist die vollkommene Reinigung für unsere Sünden, und das Wasser die tägliche Reinigung durch Sein Wort. Jeder Glaubende, der dies für sich in Anspruch nimmt und für die Tat von Golgatha Gott von Herzen dankt, der ist hinzugebracht zur Gemeinde. - Wie gewaltig redet doch Gott durch dies reine unschuldige Blut Seines geliebten Sohnes zu den Menschen: „Das tat Ich für dich!“ Er, das Lamm Gottes, mußte verwundet werden und sterben. Aus Seiner Seite ist die Gemeinde genommen. Jes. 53,5 ging hier in Erfüllung: „Um unserer Übertretungen willen war Er verwundet.“

Im Jahre 1909 war ich auf Amrum, einer der nordfriesischen Inseln in der Nordsee. Wir suchten Perlen in den vielen Miesmuscheln am Strande. Einen gerade anwesenden Professor der Naturwissenschaft fragten wir, wie denn eine solche Perle entstünde. Er sagte, wenn sich zwischen die beiden Schalen eines Muscheltieres ein feines Seesandkörnchen schiebt, so wird das zarte Tier an dieser Stelle verwundet. Es sucht nun mit seinem eigenen Saft das Sandkörnchen zu umwehen oder zu umspinnen, und daraus entsteht die Perle. Ist es nicht wunderbar, daß unser hochgelobter HErr uns, die Glaubenden, mit dieser kostbaren Perle vergleicht?!

Und dann finden wir in den Briefen viele Belegstellen, die das Obige bestätigen. Davon einige: Eph. 5,25-32 berichtet uns, daß Christus die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben hat. Weiter lesen wir 1. Kor. 6,20: „Denn ihr seid um einen Preis erkauft worden; verherrlicht nun Gott in eurem Leibe.“

Titus 2,13.14: „Indem wir erwarten die glückselige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesus Christus, der Sich Selbst für uns gegeben hat, auf daß Er uns loskaufte von aller Gesetzlosigkeit und reinigte für Sich Selbst ein Eigentumsvolk, eifrig in guten Werken.“ In Eph. 4,1-16 finden wir die wundervollen Aufgaben der Glieder dieser

einzigartigen Gemeinde. Und 1. Kor. 12 schildert uns die lebensvollen Beziehungen der Glieder des Leibes Christi untereinander als eines wunderbaren Organismusses. Dieser Gemeinde bezeugt der HErr: „Ja, Ich komme bald!“ - Und sie antwortet: „Amen; komm, Herr Jesus!“ (Offenb. 22,20)

J. Mwz.

Die Heilige Schrift.

(Schluß.)

Die Heilige Schrift ist nütze zur Zurechtweisung.

Wenn uns das Wort Gottes in irgendeiner Sache überführt hat, so wird uns wohl meist sogleich bewußt, was im Gegensatz zu dem Verkehrten das Rechte ist. Sind wir in Sünden gefallen und durch die Schrift überführt worden, so weist sie uns auch zugleich zurecht darüber, wie wir hätten handeln oder nicht handeln sollen. Wenn wir z. B. im Zorn ungeziemend geredet haben und zunächst uns gar nicht bewußt wurden, daß wir gesündigt hatten, so wird uns gewiß ein Wort Gottes überführen und zurechtweisen, wie etwa dieses: „Alle Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung sei von euch weggetan.“ (Eph. 4,31) Auch ein Thomas mußte wegen seines Unglaubens zurechtgewiesen werden. (Joh. 20,27-29) Auch Petrus erfuhr eine Zurechtweisung vom HErrn, als er, es menschlich gut meinend, den HErrn zurückhalten wollte, den Weg des Leidens und Sterbens zu gehen, der doch göttlich und zu unserer Erlösung nötig war. (Matth. 16)

Unzählige Male haben wir Begnadigte alle wohl Zurechtweisungen schon erfahren, was oft sehr schmerzlich ist. Möchten wir uns alle dahin bewahren lassen, Zurechtweisungen in Demut anzunehmen, und dies auch dann, wenn es nicht durch die Heilige Schrift, sondern etwa durch Menschen oder durch andere Dinge geschieht. Balaam wurde durch ein Lasttier zurechtgewiesen. (2. Petr. 2,15.16) Jeder Irregegangene bedarf der Zurechtweisung. Die

Die Heilige Schrift ist nütze zur Unterweisung in der Gerechtigkeit.

Damit wir als Menschen Gottes vollkommen seien, zu jedem guten Werke völlig geschickt - dazu unterweist uns die Heilige Schrift. Wieviel ist uns doch geschenkt, und wie wenig entsprechen wir doch diesem allen! Wenn wir in etwa uns Menschen Gottes nennen dürfen, so möchten wir auch danach streben, zu jedem guten Werke völlig geschickt zu sein! Gott hat uns viele und mannigfaltige Unterweisungen gegeben. Zunächst haben wir das Vorbild in unserem HErrn Selbst. Sein ganzes Tun und Lassen ist dauernd Unterweisung für uns, wie wir uns in vorkommenden ähnlichen Fallen verhalten sollten. Wenn wir anschauen Seine Heiligkeit, Seine Treue, Seine Liebe, Seine geistliche Energie, Seinen Eifer, Seine Geduld, Sein Mitgefühl, Seine Langmut, Seine Sanftmut, Seine Demut, Seinen Gehorsam, dann empfangen wir Unterweisung über Seine Vortrefflichkeit uns zum Vorbild für unseren eigenen Wandel.

Viele Unterweisungen finden wir auch an uns direkt gerichtet. Wir werden unterwiesen, wie wir wandeln sollen in dieser Welt als Mann, als Weib, als Kind, als Knecht, als Herr. Wir werden unterwiesen über unsere Stellung zur Obrigkeit, unsere Stellung zur politischen und ungöttlichen, religiösen Welt. Wir finden Unterweisung, wie wir uns verhalten sollen gegenüber dem mannigfaltigen Bösen, das an uns herantritt durch Versuchungen von innen und von außen oder durch Ungerechtigkeiten, Bosheiten und Feindschaften, die uns zugefügt werden. Wir werden unterwiesen, wie wir uns in Trübsalen verhalten sollen, indem wir wissen sollen, daß uns nichts von ungefähr geschieht, daß vielmehr alles aus der Hand unseres Gottes und liebenden Vaters kommt, uns zum Nutzen. Wir werden unterwiesen über praktische Bruderliebe, daß sie nicht in Worten, sondern in der Tat bestehe. - All die Fülle von kostbaren und vollkommenen Unterweisungen gibt uns die Heilige Schrift, und zwar zu dem Zwecke, daß wir als Menschen Gottes vollkommen seien, zu jedem guten Werke völlig geschickt. Wir erkennen auch hieraus, wie sehr notwendig es ist, daß wir die Heilige Schrift mehr und mehr kennen lernen, um sie auch auszuleben.

*

Was uns mit der Heiligen Schrift geschenkt ist, wissen wir gar nicht recht zu würdigen. Es ist die einzige und göttliche Grundlage unseres Glaubens. Wiedergeboren durch das Wort Gottes, wachsen wir auch durch dasselbe, denn es ist uns Milch (1. Petr. 1,23; 2,2) und Speise (Hebr. 5,12-14) Es dient uns zur Reinigung (Eph. 5,26), zur Ermunterung (Röm. 15,4), zum Trost, als Waffe gegen die Angriffe des Feindes. (Eph. 6,17) Es dient uns zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung, wie wir im besonderen betrachten durften.

Viel ist uns allen das Wort Gottes schon gewesen durch die gnädige Darreichung des Heiligen Geistes, und unser treuer Gott wird es uns gewiß auch als unseren einzigen wahren Schatz erhalten, bis wir Ihn, unseren HErrn, schauen dürfen von Angesicht zu Angesicht. Lassen wir uns in dieser Zeit nicht irgend schwankend machen: Die Heilige Schrift ist göttlich vollkommen in ihrem Aufbau. Der Ungläubige sieht oft eine Menge Unstimmigkeiten. Und wie kann es auch anders sein? Zumeist kennt er die Bibel gar nicht und redet nach, was andere reden. Wie wäre es auch überhaupt möglich, daß ein Ungläubiger schwierigere Stellen verstehen könnte?! Sagt doch Gottes Wort selbst: „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt wird.“ (1. Kor. 2,14) Weil der Ungläubige den Geist Gottes nicht hat als Lehrer und Leiter, so muß ihm die Heilige Schrift ein verschlossenes Buch sein. Uns selbst ist es früher auch so ergangen. Und wenn wir heute auch verhältnismäßig nur wenig verstehen, so freuen wir uns aber doch über dieses Wenige „wie einer, der große Beute findet“. (Ps. 119,162) Altes und Neues dürfen wir hervorbringen aus diesem Schatz. Möchten wir Sein Wort mehr und mehr kennenlernen und lieben und zugleich bewahren, um es zu tun. „Glückselig, die das Wort Gottes hören und bewahren.“ (Luk. 11,28)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 16

Was heißt oder bedeutet „wir sind mehr als Überwinder“ in der Wirklichkeit? (Röm. 8,37)

Antwort

Diese Frage, so oder so ähnlich gefaßt, wurde mir in letzter Zeit mehrfach gestellt. Sie ist eine Frage für das praktische Leben, nicht für ein Leben der Theorie oder am Schreibtisch. Zunächst aber müssen wir sie dem Wortlaut nach betrachten. Sie steht ja in einem überaus kostbaren, uns allen sehr bekannten Zusammenhang, und es ist nie gut, solchen aus dem Auge zu verlieren, d. h. Bibelstellen von vornherein gleich aus dem Zusammenhang herauszustellen; und man sieht dann auch manches ganz falsch. Zum Beispiel kann man das, was Phil. 4,4-6 steht, nicht gut in den Rahmen des Galaterbriefs stellen, nicht wahr? Wenn dem aber so ist, so sieht man ohne weiteres, daß geistlicherweise „Galater“ zu nennenden Christen nicht Trostworte wie Phil. 4,4-6 helfen, sondern sie muß man mit gewichtigeren Worten zurechtzubringen trachten, etwa wie Gal. 5,13ff. es tut.

Nun also, unsere herrliche Stelle von dem „mehr-als-Überwinder-Sein“ steht am ersten Schluß des Römerbriefs, am Schluß

nämlich seines allgemein belehrenden Teils. Diese Belehrungen handeln von dem Menschen in seinem Verderben nach dem Fleische und dem Menschen in seiner neuen Stellung in Christo, wie denn Kap. 5 uns Christus als unser neues Haupt (gegenüber Adam), Kap. 6 als den neuen Herrn (gegenüber der Sünde), Kap. 7 als den neuen Ehemann (gegenüber dem Gesetz), Kap. 8 als den Urheber einer neuen Gesinnung in uns zeigt, den Geist Christi (gegenüber der Gesinnung des Fleisches). In Verbindung hiermit sowie auch selbständig in vielen anderen Linien sind uns in Röm. 8 Segnungen in Christo gezeigt, die wirklich von weltüberwindender Wirkung für uns sind, wenn wir so in Christo leben (nicht nur der Stellung nach, sondern in unserem praktischen Zustand). Die Steigerung in Kap. 8 ist überwältigender Natur - kein Wunder daher, wenn Paulus, selbst überwältigt und zudem stets ein Werkzeug des ihn inspirierenden Geistes, zu diesem herrlichen Schluß kommt, V. 31-39, der von jeher das

Schluß für sich betrachten und besprechen, wie auch ich gern tue, aber wer vergißt, wo er steht, der baut ein Gebäude ohne Grundlage. Die Grundlage ist die nach den tiefen Römerkapiteln 1-8 sich ergebende Gewißheit, daß Gott für uns ist und daß darum keiner wider uns sein könnte; natürlich so nur in göttlichem Lichte gesehen: im irdischen gesehen, werden wir viele entschlossene Gegner haben, wenn wir gleichsam Römerbriefmenschen geworden sind. Aber sie werden nichts, was von bleibender Bedeutung wäre, gegen uns unternehmen können: Selbst wenn sie uns den Tod bringen, so wird ihre Macht doch nicht weiter reichen. Wir sind vermöge unserer Stellung in Christo in unauflöslicher Verbindung mit der Liebe Christi und mit der Liebe Gottes (V. 35.39); wir sind und bleiben Gottes Auserwählte, die der Teufel selbst zu verklagen wagen mag, aber es wird ihm nicht gelingen, da er es mit Christus zu tun hat, der alles für uns ist, aber damit auch alles gegen ihn! Dreimal heißt es „für uns“ (V. 31.32.34), und da ist ein Heil verankert, das nichts und niemand in Erschütterung bringen kann, irdische Leiden aber können es nur befestigen, da sie uns inniger auf Ihn werfen, mit Ihm verbinden. Mögen es die Leiden des geistlichen Leidenssiebengestirnes sein von V. 35 oder die des zehn Teile umfassenden Leidenskatalogs von V. 38.39 - sie vermögen nichts anderes gegen uns, als was in der Liebe Gottes für uns vorgesehen ist, geschenkt in Christo! (vgl. Phil. 1,29), und was zu unserer Erziehung nötig sein mag, damit uns eben diese Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn, größer wird als alles. - Das also ist gleichsam die Situation, der geistliche Rahmen, in dem nun von dem „Mehr-als-Überwindertum“ gesprochen ist. Also, mit anderen Worten, nicht zu jedermann unter Gottes Volk, mag er stehen wie er will, auch wenn er nichts von Röm. 8 zu verwirklichen trachtet, ist von diesem „Überwindertum“ geredet, sondern zu „Auserwählten“, die diesen „Titel“ zu verdienen suchen, da ihnen daran liegt, nach Röm. 4-8 zu wandeln und den Charakter von 8,31-39 zu tragen. Ist es nun nicht eine ernste Frage an unser, mein und dein, Herz, ob wir hier Ähnlichkeitszüge aufzuweisen haben - ob uns wenigstens daran gelegen ist, daß ein anderer sie in uns (d. h. in unserem Herzen) sieht, nämlich Er Selber?

„Aber in diesem allen sind wir mehr als Überwinder durch den, der uns geliebt hat“, so heißt unsere Stelle. In welchen allen? In den 7 sich steigernden Punkten von V. 35 und 36, die

Punkte: 1. allgemeine „Drangsal“, wohl mehr äußerer Natur, wie sie damals in der römischen Gemeinde schon leise anhob; 2. „Angst“, aus dem Äußeren nach innen sich vertiefend (Angst ist ein tiefes Wort!); 3. „Verfolgung“, ein ausgeprägterer Begriff, der das Leiden schon viel genauer umriß und der die tiefinnerlich entstehende Angst rechtfertigte; 4. „Hungersnot“ - denke an die russischen Gläubigen! - immer bestimmter, immer ernster, immer bewegender hebt sich das Leiden heraus, dem sie schon ausgesetzt waren oder vielleicht bald würden ausgesetzt werden; 5. „Blöße“ gehört als ergänzender Begriff zur Hungersnot, diese noch verschärfend; 6. „Gefahr“ geht auf die Möglichkeit, das Leben lassen zu müssen; und 7. „Schwert“ raubt es ihnen vielleicht tatsächlich! (Vgl. V. 36!) - Welche Steigerung, nicht wahr - bis zum „Schlachtschafetum“! Und darin Überwinder zu sein - das ist schon viel, und wir fragen uns erschüttert: Würden wir es sein? Ja, würden wir es in Wirklichkeit sein, und waren wir es schon? Ja, schon ein Überwindertum ist viel in solchen Lagen, aber ungleich mehr ist ein „mehr-als-Überwinder-Sein“. Luther sagt: „darin überwinden wir weit“; er gibt damit die Stelle auch recht gut wieder. Es soll eben ein „Drüberhinaus“ über etwas an sich schon Großes charakterisiert werden. Aber „Überwinden“ ist doch oft nur nach außen hin groß! Man kann überwinden mit der Faust in der Tasche! Ein Bruder sagte einmal, wenn er von jemandem gekränkt oder falsch beurteilt oder gar beleidigt würde, so balle er die Faust, aber in der Tasche, und bliebe nach außen hin ruhig, dann käme er gut drüber hinweg. Das mag nach außen gut aussehen, aber wie ist es vor Gott? Gott sieht auf das Herz, und eine, wenn auch nur in der Tasche, geballte Faust verrät keinen unbedingt guten Überwindergeist. Oder etwa doch? Nein, gewiß nicht! Der Schächer zur Linken vom HErrn überwand auch in seiner Weise, aber mit welchen Haß- und Rachegedanken! Wie ganz anders der Schächer zur Rechten! Das war ein echter, rechter Überwinder, zuerst über sein eigenes Herz, dann über seinen bösen Genossen, dann über seine eigene Sünde, über die Umstände, über die Todesfurcht, ja, über den Tod selbst, da er diesem die Bitte an den HErrn voransetzen konnte. Und da er diese Überwinderkraft in einer ganz offenbar neuen, von Gott gewirkten Gesinnung offenbarte, so kann man wohl von ihm sagen, daß er mehr war als ein bloßer Todesüberwinder, was in teuflischer Gesinnung sein ehemaliger Genosse auch war oder zu sein sich wenigstens den Anschein gab. Aber da war ja noch einer, der überwand, das war der HErr Selber! Und Er war

im vollsten und höchsten Sinne ein „Überwinder“ (vgl. Offenb. 5,5!), ja, „mehr als nur ein Überwinder“! Freiwillig hatte Er Sein Kreuz getragen, freiwillig ließ Er Sich darannageln, freiwillig gab Er Sein teures Leben als Lösegeld! Alles, was wir tun müssen - tun wir es im Herzen mit freiem Willen, dann sind wir Überwinder! Muß es nun einmal gelitten sein - nun wohl, dann wollen wir es auch (gerne) tun! Dann sind wir nicht gezwungene Kreuzträger (wie Simon von Kyrene, Matth. 27,32), sondern freiwillige, und darum Überwinder; wenn aber nun auch noch in der Gesinnung, „die auch in Christo Jesu war“ (Phil. 2,5), dann sind wir „mehr als (nur) Überwinder“. Seine Gesinnung in Gethsemane und am Kreuz war die der gleichbleibenden Liebe zu Seinem Vater, obwohl dieser Ihn solchen Weg gehen hieß, war die der vergebenden Liebe zu den Menschen, Seinen Feinden, obwohl sie so ungerecht gegen Ihn handelten, war die der Güte gegen die Seinen, obwohl sie Ihn zunächst alle verließen, war die der Gnade gegen den einen Schächer, obwohl dieser Ihn zuerst mit geschmäht hatte. (Matth. 27,44) Ich denke, diese Beispiele unseres geliebten HErrn Selber reden lauter als alles andere von einem „Mehr-als-Überwindertum“. Und dazu noch ein kleines praktisches Beispiel an Hand der Schriftstelle Matth. 5,38.39: a) „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ - einfache alttestamentliche Vergeltung, gar keine Frage, ob man auch anders handeln könnte; b) kein Widerstand gegen das Böse, die Beleidigung einstecken, die Backe schlagen lassen - Überwindertum; c) nun aber die andere Backe hinhalten, also „das Böse mit dem Guten überwinden“ nach Röm. 12,21 (vgl. den fortlaufenden Aufsatz „Ein beherzigenswerter Rat“) = mehr als Überwinder sein! Oder: Wem bei einer tätlichen Beleidigung die Hand zuckt in der Tasche oder bei einer solchen durch Worte der Geist sich rüstet auf eine scharfe Erwiderung, da ist kein Überwindergeist, wo aber die Hand, das Wort noch zurückgehalten wird, da wird überwunden, wo nun aber der Mund segnende Worte ausspricht, die Hand gütig dem Feinde entgegengestreckt wird, da ist „mehr-als-Überwinderkraft“, die natürlich nur Gott Selbst darreichen kann.

Diese Begriffsbestimmung, zunächst ganz theoretisch in Vorbild und Auslegung, die wende sinngemäß auf die 7 Punkte von V. 35.36 an, dann wirst du in etwas wissen, was es ist um das „mehr-als-Überwinder-Sein“ nach Röm. 8,37. Nur eine Anwendung hier: Wer um Christi willen

Vorrecht (wie Paulus Phil. 4,11-13 - wie denn überhaupt im Leben des Paulus sich viele Beispiele für diese Gesinnung zeigen!), und dann innerhalb dieser Nöte noch versucht, anderen zu helfen, dazu die Peiniger zu segnen - der ist „mehr als Überwinder“. Genug davon, aber laßt uns uns fragen, ob wir in solcher Weise auch schon irgendwie „mehr als Überwinder“ gewesen sind! Es gibt etwas Entgegengesetztes, tief Beschämendes, z. B. daß Gläubige nicht nur bestimmte Sünden - also noch ganz etwas anderes als gottgewollte Leiden um des HErrn willen! - nicht überwinden können, sondern fortgesetzt Überwundene sind, ja, indem sie womöglich sich noch der Schande rühmen (Phil. 3,19), noch mehr als (nur) Überwundene sind. Möchten wir, Geliebte, dies nicht auf uns anwenden müssen!

Nein, möchten wir vielmehr alles, was es in unserem praktischen Leben zu überwinden gibt, Sünde, Versuchungen, weltliche Dinge, schlechte Anlagen oder Angewohnheiten, dann aber auch solch hohe Dinge wie die von V. 35f., gottgemäß überwinden, ja durch rechte Gesinnung in diesem allen und in noch vielem anderen „mehr als Überwinder sein durch den, der uns geliebt hat“! „Denn“, sagt Paulus, ich bin überzeugt, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn.“ (V. 38.39)

Gepriesen sei Er ewiglich! Amen.

F. K.

Frage 17

Was kann gemeint sein mit dem „Verherrlichtwerden des HErrn in Seinen Heiligen“, und wie ist es zu verstehen, daß die Thessalonicher, und damit doch wohl wir auch, „der Berufung würdig erachtet“ werden sollen nach 2. Thess. 1,10 und 11?

Antwort A

Die Frage besteht aus zwei Teilen: 1. das „Verherrlichtwerden des HErrn in Seinen Heiligen“ betreffend, und 2. das „der Berufung würdig Erachtetwerden“ betreffend.

Zu 1:

In der genannten Schriftstelle V. 10 ist vom Kommen des HErrn die Rede. Im ersten Briefe an die Thessalonicher lesen wir von Seinem Kommen zur Entrückung der Seinen (4,15-17), hier aber handelt es sich um Sein Kommen zum Gericht für die Welt (und zur Aufrichtung Seines Reiches auf der Erde). Das zeigen die vorhergehenden Verse 6-9. Wir warten mit Freude und Sehnsucht auf Sein Kommen zu unserer Entrückung. Bei diesem werden die Entschlafenen auferweckt und die Lebenden verwandelt werden - beides gleichzeitig, nicht nacheinander, wie manche lehren, sondern „in einem Nu, in einem Augenblick“, wie 1. Kor. 15,51.52 sagt -, und „danach“ (d. h. nachdem dieses geschehen ist, sich unmittelbar daran anschließend - ohne irgendwelches Verweilen auf der Erde, welches letztere manche sich denken und lehren, wofür aber gar keine Ursache zu erkennen und gar kein Schriftgrund vorhanden ist) geschieht die Entrückung „in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft“, „und also werden wir allezeit bei dem HErrn sein“. Das ist unsere herrliche Hoffnung und etwas überaus Kostbares für unser Herz! Das im zweiten Briefe an die Thessalonicher behandelte Kommen des HErrn ist hiervon ganz verschieden. Bei dem Kommen zur Entrückung kommt Er als der erwartete, geliebte Heiland für die Seinen, um sie dorthin heimzuholen, wo Er ihnen die Stätte bereitet hat; bei Seinem Kommen zum Gericht kommt Er unerwartet für die Welt als der Richter, um „Vergeltung“ zu geben „denen, die Gott nicht kennen, und denen, die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorchen“. Bei dem einen kommt Er nicht auf die Erde herab, sondern nur in das Luftgebiet (das ergibt sich klar aus 1. Thess. 4,17), und kein Auge der Zurückbleibenden wird Ihn sehen (dieser Vorgang wird für die Welt unsichtbar sein; siehe auch Matth. 23,39); bei dem anderen kommt Er auf die Erde herab, und „jedes Auge wird Ihn sehen“ (siehe Matth. 24,30 und Offenb. 1,7). Bei dem einen werden die Seinen von der Erde weg zu Ihm hin gerückt und mit Ihm eingehen in die Herrlichkeit (Joh. 14,3; 17,24; 1. Thess. 4,17); bei dem anderen werden die Seinen mit Ihm kommen und mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit.

(Kol. 3,4; 1. Thess. 4,14; Jud. 14; Offenb. 19,14) Und letzteres ist der Zeitpunkt, von welchem 2. Thess. 1,10 spricht - jener „Tag“, an welchem Er kommen wird, um „verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben“. Dann werden wir einen Leib der Herrlichkeit haben, gleichförmig Seinem Leibe der Herrlichkeit (Phil. 3,21), und in dieser wunderbaren Herrlichkeit werden wir geschaut werden; und alle, die uns sehen werden, werden wissen, daß Er es ist, der uns, die wir einst schuldige und verlorene Sünder waren, so herrlich gemacht hat. Wir werden als Sein herrliches Werk vor ihren Augen sein. Und die Wirkung wird die sein wie bei einem herrlichen Werk eines großen Meisters: Das Werk preist den Meister; durch die Herrlichkeit des Werkes wird dem Anschauenden der Schöpfer dieses Werkes herrlich, und der Meister wird in seinem Werke bewundert. So wird es bei Seiner Offenbarung sein, wenn wir mit Ihm werden geoffenbart werden in Herrlichkeit! - Beachten wir hierbei einen beim Lesen der Worte V. 10 wohl von uns allen mehr oder weniger empfundenen feinen Unterschied, den der Geist Gottes macht, wenn Er sagt: „verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen“ und „ bewundert in allen denen, die geglaubt haben“. Schreiber dieser Zeilen maßt sich nicht an, eine bestimmte Auslegung hierüber geben zu können, neigt aber zu folgendem Gedanken: Als „Seine Heiligen“ strahlen sie das aus, was Er ist (das sollten wir schon hier, im Leibe der Niedrigkeit, tun, was aber nur in großer Schwachheit geschieht; dann aber, von jeder Schwachheit befreit und vollendet, wird es in Vollkommenheit geschehen), und machen dadurch Ihn herrlich in den Augen der sie Anschauenden (vgl. Joh. 17,22.23). Als solche, „die geglaubt haben“, erinnern sie an den Weg, auf dem Er sie zu solcher Herrlichkeit gebracht hat, und die sie Anschauenden werden, hiervon überwältigt, Ihn bewundern!

Zu 2:

V. 11 zeigt uns, was dem Apostel hinsichtlich der Thessalonicher angesichts des vorher behandelten, so überaus ernsten Gegenstandes auf dem Herzen lag und ihn im Gebet bewegte. Er schreibt: „Weshalb wir auch allezeit für euch beten.“ Was er betete, sagt er nicht. Wir können es uns vielleicht denken, wenn wir hierzu die Verse 3 und 4 lesen, wo er (anerkennend) spricht von ihrem Glauben und ihrer Liebe und von ihrem Ausharren und ihrer Treue in allen ihren Verfolgungen und Drangsalen, die sie erduldeten. Er sagt nur, daß er allezeit für sie

betete. Aber er gibt das Ziel an, welches er bei diesem Gebet im Herzen hatte: „auf daß unser Gott

1. euch würdig erachte der Berufung und

2. erfülle alles Wohlgefallen an Gütigkeit und das Werk des Glaubens in Kraft“.

Wir sind überzeugt, daß dieses nicht der eigentliche Gegenstand, sondern - wie schon gesagt - nur das Ziel seines Gebets war. „Denn beides - das unter 1. und 2. Angeführte - ist nicht etwas, was Gott auf Bitten hin tut, sondern etwas, was an Voraussetzungen gebunden ist: „Der Berufung würdig erachten“ kann Gott jemand nur dann, wenn derselbe der Berufung würdig wandelt (siehe Eph. 4,1); und „alles Wohlgefallen an Gütigkeit“ meint nicht „Wohlgefallen an Seiner Gütigkeit“, denn es handelt sich hier nicht um Gottes Gütigkeit - das sagt der Urtext gar nicht und entspricht nicht dem Zusammenhange -, sondern um unser Wohlgefallen an Gütigkeit. Das mit „Gütigkeit“ übersetzte Wort hat den Sinn von „Güte“, „Rechtschaffenheit“, und kommt außer hier nur noch dreimal vor: Röm. 15,14; Gal. 5,22 und Eph. 5,9, wo es immer nur auf Menschen bezüglich ist. Und auch hier bezieht es sich auf Menschen. Dieses Wort ist nie auf Gott angewandt, wie auch „das Werk des Glaubens“ „erfüllen (= vollständig machen, ergänzen, zur Vollendung bringen) in Kraft“ kann Gott nur dann, wenn „Wohlgefallen an Gütigkeit“ und ein „Werk des Glaubens“ vorhanden ist. Somit kam es darauf an und wird der Apostel darum gebetet haben, daß die Thessalonicher in diesen Dingen (Voraussetzungen) stets erfunden werden und darin Fortschritte machen möchten, weil dann Gott das oben unter 1. und 2. Genannte tun konnte. Dem entspricht die Übersetzung (Elberf.): „auf daß unser Gott ...“, weil „auf daß“ den Zweck oder das Ziel einer Handlung anzeigt (wie z. B. 1. Tim. 3,14.15: „Dieses schreibe ich dir ... auf daß du wissest ...“).

Die gefragte Stelle (V. 11) ist also so zu verstehen: Der Apostel hatte bei seinem Gebet die herrliche Berufung der Erlösten im Auge, wie sie im zweiten Teile des V. 5 und in V. 10a hervortritt, und fühlte tief, daß das Leben der Gläubigen, ihr Wandel, in allem mit dieser herrlichen Berufung im Einklang stehen und stets so sein sollte, daß Gott sie „der Berufung

er für die Thessalonicher. Und so gilt es auch für uns. Gott gebe uns dazu Gnade!

Th. K.

Antwort des Schriftleiters

Der Verfasser vorstehender schöner Antwort hat sich der Kürze befleißigt, und ich möchte sagen: leider! Denn seine wirklich kostbare Antwort hätte nicht an Klarheit gelitten, wenn die Frage noch ein wenig ausführlicher behandelt worden wäre, sonderlich was Teil 2 anbelangt. Ich gehe darum noch ein wenig auf diese Stelle ein. Sie ist nur zu verstehen im engen Anschluß an den Zusammenhang, d. h. den des Kommens des HErrn in Seinem Gerichtscharakter (2. Thess. und Offenb.), während ja der 1. Thessalonicherbrief das Gleiche, aber in Seinem Gnadencharakter - Abschluß der Wege des HErrn mit den Seinen hienieden! - behandelt.

Zu 1. Hier nur wenige Worte! Wenn von Herrlichkeit die Rede ist, so steht dieser in der Schrift ungemein häufig vorkommende Begriff meist oder stets in gewisser Beziehung zu Gemeinschaft. Im Alten Testament erschien Jehova in der Herrlichkeitswolke (der „Schechinah“) zum Zeichen, daß Er, wenn im A. T. auf dem Boden des (nicht erfüllten!) Gesetzes auch in gewisser Entfernung (2000 Ellen bei der Bundeslade! Josua 3!), dennoch mit Seinem erwählten Volke in Gemeinschaft zu sein wünschte, und wenn dieses immer wieder widerstrebt, dann will Er wenigstens mit Mose in Gemeinschaft sein. Vgl. hierfür nur einige Stellen und Kapitel in den Schriften Moses wie unter vielen: 3. Mos. 9,22-24; 2. Mos. 16; 29,43; 33; 4. Mos. 14 und 16. (Die Stellen selbst mag sich jeder nachschlagen!) Im Neuen Testament, auf dem Boden des erfüllten Gesetzes (in Christo), ist es natürlich viel mehr so, daß mit „Herrlichkeit“ Gemeinschaft mit Ihm verbunden ist, vor allem zu sehen im Johannes-Evangelium, vgl. z. B. 1,14 und Kap. 17. Man prüfe das nach am Worte! Und dann wende man diese Tatsache auf unsere Stelle an: Dann, wenn Er mit den Seinen und durch sie bei Seinem Kommen zum Gericht über die Nationen (Matth. 25) gesehen wird, dann soll die ganze Welt sehen, welche Gemeinschaft in Heiligkeit und Herrlichkeit zwischen Ihm und den Seinen

besteht. Dann wird offenbar werden, was sie Ihm sind, wenn Er sie Seiner Herrlichkeit würdigt und sie Seinen Glanz ausstrahlen! Wieviel sollte uns doch jetzt schon daran liegen, Ihm Ehre zu machen, ja, und auch die Freude, daß uns an diesen zukünftigen Herrlichkeiten etwas liegt, durch die dann Er in Seiner Herrlichkeit, in der Er uns in Seiner Gemeinschaft gesehen werden läßt, wiederum geehrt wird. Das Geschenk Seiner Gemeinschaft ehrt und verherrlicht den Geber derselben, und je größer sie uns wird, desto herrlicher wird unser sonst so armes Leben. Die Kronen, die Er uns verleiht, werfen wir Ihm zu Füßen des Thrones, um Ihn zu ehren (Offenb. 5,10), der uns solcher Herrlichkeit für wert hält. Er und wir - das wird einmal das sich den staunenden Blicken des Universums darbietende Schauspiel in Herrlichkeit sein. Leben wir hienieden dementsprechend?

Das leitet über zu 2.

Es handelt sich nicht, wie vielleicht der Fragende gemeint haben mag, um ein der Berufung zum ewigen Leben „Würdig-gemacht-werden“ durch unser Tun (oder auch unser Gebet) im Sinne einer Werkheiligkeit, so, als könnten wir etwas tun, um überhaupt erst einmal würdig gemacht zu werden. Nein, das sind wir als Seine Heiligen (V. 10!) längst. Würdig hat uns Sein Blut gemacht. (Vgl. Kol. 1,12!) Das ist eine objektive Tatsache, zu der wir weder etwas hinzufügen noch die wir verbessern könnten. Aber des treuen Apostels Wunsch war - natürlich entsprechend dem Wunsche des HErrn Selbst! -, daß Gott („unser Gott“, also auch der ihre, sie waren längst Sein Eigen!) sie ständig in einem derart würdigen (Ihm entsprechenden) Zustand - vgl. den Gebrauch des Wortes „würdig“ in Luk. 7,4.7, V. 6 ein anderes Wort! und in Offenb. 5 (4x „würdig“!) - erachten oder ersehen, sehen, schauen oder erblicken und demgemäß rühmen möchte, daß V. 12 statthaben könnte. Darum betete er, daß ihr Zustand der hohen Berufung (V. 5) entsprechen möchte, auf daß (= Zweck) unserem Gott möglich sein würde, sie in solchem zu sehen. Die ganze Stelle - so schwer sie wäre, wollte man darin eine Gefahr für uns sehen, das ewige Leben zu verscherzen (man hat das schon getan!) - ist sehr einfach, wenn wir sie, sie z. B. vergleichend mit Kol. 1,10.11 und Eph. 4,1, auffassen als eine Ermunterung zu einem würdigen Wandel (vgl. Antwort A!), den dann „unser Gott“ anerkennen würde, weswegen Er sie als würdig erachten würde der praktischen Berufung (Beruf!), mit Ihm zu herrschen und zu

richten in Seinem Reiche (V. 5). Schon in V. 5 ist das Würdiggeachtetwerden ihr Teil, indem die besonderen Leiden, die Gott ihnen sandte (V. 4), zeigen, wie hoch Er sie einschätzt! (Vgl. Röm. 3,31-39) In dem Maße, wie ihr würdiger (d. i. Ihm entsprechender) Wandel auf Pauli Gebet hin wachsen würde, in dem Maße würde Gott ihnen Beweise geben dafür, daß Er sie auch würdig erachten und alles Wohlgefallen an Gütigkeit usw. an ihnen erfüllen würde (vgl. die Auslegung in Antwort A!). Das ewige Leben haben sie alle - im Gegensatz zu denen von V. 8-9! -, aber die besondere Berufung, deren unser Gott sie würdig (Ihm entsprechend) erachten, anerkennen sollte, war abhängig von einem Verhalten, das dem Fürbittedienst des Apostels unterworfen war. Und das ist köstlich. Wenn man natürlich „Berufung“ und „ewiges Leben“ (Heil und Errettung) miteinander verwechselt, dann könnte man fürchten, sich durch den Wandel das Leben erwirken zu müssen. Aber nein, das haben wir ein für allemal in Christo, jedoch die Berufung (gleichsam in Seinen Gerichtshof) ist abhängig von unserem würdigen Wandel, und daß er das sei, also daß der Wandel würdig sei, damit sie würdig erachtet werden möchten - dafür betete der Apostel, und in diesem Sinne sollten auch wir mehr füreinander beten. Vielleicht, wenn wir es mehr täten, würde Er zulassen, daß uns allerlei in den Weg gestellt würde, Leiden usw. (V. 5), die uns abziehen von den Dingen der Zeit und unseren Wandel so läutern und umwandeln, daß wir passend werden für jenes Würdig-geachtet-werden durch unseren Gott. Und das ist doch ein herrliches Ziel!

Der HErr schenke uns Gnade, unsere diesbezügliche Verantwortung füreinander mehr zu erkennen, damit wir mehr handeln nach V. 11a; vgl. dazu z. B. Kol. 1,9 mit 4,12 (Erkenntnis Seines Willens als Gebetsgegenstand, und ein betender Epaphras handelt demgemäß!). Wie oberflächlich ist mancher Fürbittedienst! Hier finden sich erhabenere Gebetsanliegen, würdig unserer Stellung in Christo. Geliebte, Er kommt - und wie findet Er uns?

„Amen, komm, Herr Jesus!“ (Offenb. 22,20)

F. K.

Ein beherzigenswerter Rat.

(Fortsetzung.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

In den letzten beiden Lieferungen beschäftigten wir uns mit Szenen aus dem Leben des Apostels Paulus, die unseren Schriftgrundsatz offenbarten im Verhalten dieses treuen Mannes gegenüber der Welt, im letzten Heft in der Geschichte vom Kerkermeister zu Philippi, und schon zweimal kündigte ich an, auch in seinem Benehmen unter den Gläubigen die Befolgung unseres Textwortes nachzuweisen. Dies soll nun heute geschehen.

Freilich kann es sich nur um eine Auswahl von Gelegenheiten handeln, bei denen deutlich zu sehen ist, daß Paulus auch bei den Geliebten des HErrn nach diesem Worte zu verfahren suchte, denn es dürften sich bei näherem Zusehen wohl mehr Stellen finden, als ich hier um des beschränkten Raumes willen anführen kann. Aber die ich anführe, sollen eben auch zu weiterem Forschen anregen.

Schmerzlich ist es, daß bei einer der erstmöglichen Gelegenheiten keiner der beiden Beteiligten, auch ein Paulus nicht, nach Röm. 12,21 zu handeln trachtete, das ist in dem Barnabas-Paulus-Zerwürfnis in Apgesch. 15 am Schluß. Doch will ich darüber weiter nichts sagen, als nicht zum Thema gehörend, zumal Br. A. v. d. K. zu Anfang dieses Jahrbuchs über „Barnabas“ geschrieben hat. Aber indem ich dieser Stelle gleich zu Beginn meines Aufsatzes Erwähnung tue, möchte ich zeigen, daß ein Paulus (wie Barnabas) ein Mann von gleicher Art war wie wir alle! (Vgl. Jak. 5,17! aufs Gebet bezüglich!) Wenn er daher nachmalig den Grundsatz von Röm. 12,21 so treulich zu verwirklichen trachtete, so zeigt uns die Anführung der Erbitterungsgeschichte, die so echt menschlich ist - obwohl Paulus mehr im Recht war als Barnabas! -, daß wir, von Natur gleiche Charaktere wie Paulus, auch imstande sind, nach seinem guten Vorbild zu wandeln, daß wir also nicht sagen dürften: „Ja, das war auch Paulus!“ - Ja, jenes andere in Apgesch. 15 war auch Paulus!

Auf die Stelle Apgesch. 16,3 möchte ich hier nicht näher eingehen, da sie nicht unmittelbar mit unserer Titelstelle zusammenhängt und der Nachweis des paulinischen Handelns auch hier nach Röm. 12,21 etwas zu lang werden würde. Übrigens haben wir in Jahrb. 2, Frage 17, ausführliche Beantwortungen der schwierigen in V. 3 liegenden Frage: „Warum beschnitt Paulus den Timotheus?“

Auch die Geschichte der Auferweckung des Eutychus (Apgesch. 20,7-12) erwähne ich, als nicht unbedingt hierhergehörend, nur im Vorbeigehen. Doch ist es mir ganz sicher, daß der Teufel dort eine empfindliche Störung der gesegneten Zusammenkunft der Gläubigen beabsichtigte, und dieses Böse überwand Paulus allerdings in kostbarer Weise mit dem Guten. Er überwand das Böse eines gerade in jenen Stunden durch die Umstände tiefschmerzlichen Todes mit dem Guten des gottneugeschenkten Lebens. Wahrlich, ein lieblicher Tausch, zumal wenn wir den Teufel gleichsam hinter dem Vorhang lachen hören über seinen gelungenen Streich gegen die Gemeinde in Troas. Aber gedachte er es böse zu machen - Gott gedachte es gut zu machen und tat es durch Paulus. Wie kostbar dann V. 12!

In die Stelle Apgesch. 20,31 will ich Röm. 12,21 nicht hineinkonstruieren, aber Geliebte, wenn Paulus mit Tränen ermahnt, dann hat er auch Grund dazu, und wer weiß, ob nicht solchen gemäß unseres Wortes?! Wer weiß, ob es sich nicht vielleicht auch um solche „Älteste“ gehandelt haben mag, von denen Paulus später zu Timotheus, der doch auch in Ephesus war, redet in 1. Tim. 5,20?! (Ein Wort, über das in Jahrb. 16, Frage 2 handelt).

Ob Paulus in 21,20ff. nicht das Böse des Eiferns bei den Gläubigen aus den Juden für das Gesetz mit dem Guten einer freiwilligen Unterordnung unter das Gesetz beantworten wollte, um, ihr Vertrauen gewinnend, ihnen dadurch oder danach besser eine Belehrung über ihre falsche Stellung geben zu können? Doch will ich mich hier nicht mit dieser vielumstrittenen Stelle beschäftigen, was übrigens in den „Handreichungen“ schon mehrfach, und zwar so oder so, geschehen ist. Jedenfalls, Geliebte, kritisieren, gar verurteilen dürfen wir (wer sind „wir“?!) den Apostel nicht, um so weniger, als Gott es nicht tut! (Im Gegenteil! 23,11 und siehe 21,13!)

„Bin ich also euer Feind geworden, weil ich euch die Wahrheit sage?“ so lautet ein tiefbewegendes Wort des Apostels an die Galater. (4,16) Welch einen Kummer hatten sie ihm bereitet, indem sie als Heidenchristen den Einflüsterungen der judenchristlichen Lehrer Gehör geschenkt hatten und sich zur Gesetzesbeobachtung, Vollzug der Beschneidung (heute das gleiche: Sabbathalten! siehe 4,10!) bereit erklärt hatten (sie „wollten unter Gesetz sein“, V. 21!). Ja, welches Leid fügten sie durch solch Verhalten dem treuen Diener zu! Dennoch spricht er: „Ihr habt mir nichts zuleide getan.“ (V. 12) Hatten sie nicht? Einerlei, der Apostel wertet es nicht so und handelt so nach Röm. 12,21! Aber sie, die ihn einst gleich einen Engel Gottes aufgenommen hatten, wandten sich jetzt von ihm ab! Wahrscheinlich wurde ihnen gesagt: „Paulus -? ach, ja, das ist ein ganz honoriger, netter, begabter Mann, aber er wandelt nicht nach der Wahrheit des Wortes, ihr müßt euch nicht von ihm beeinflussen lassen, er tut den Willen Gottes nicht; wir haben das lange mit angesehen mit schweren, stillen Befürchtungen, aber jetzt halten wir es doch für an der Zeit, euch zu warnen und eines Besseren zu belehren.“ Und das taten sie denn in solcher Weise und mit den Hintergedanken, die 4,17 und 6,12.13 beschrieben sind. Und die armen verführten Galater (5,7.8) - doch warum ließen sie sich verführen? (1,6, Paulus wundert sich darüber!) -, sie sahen dann gar bald ihren treuen Apostel als „Feind“ an. Ist das heute nicht oft ebenso?! Aber Paulus läßt sich nicht verdrängen von den Irrlehrern, auch darin offenbart er Röm. 12,21! Hätte er sich einschüchtern lassen, so wäre er nicht der gewesen, der er war! Aber er mahnt die Gläubigen mit dem Wort oben (4,16), einmal zu überlegen, ob der ihr Feind sei, der ihnen die Wahrheit sagt. Der Apostel sagt ihnen stets die Wahrheit - das ist einfach und klar, lassen sie sich von seinen Lehren abziehen, so fallen sie dem Irrtum zum Opfer. (Darum für uns so wichtig: „Sie verharrten aber in der Lehre der Apostel“, Apgesch. 2,42) Indem er aber nicht böse auf sie ist - wohl geistlich zornig auf jene Irrlehrer (1,7.8.9!) -, sondern ihnen weiterhin die Wahrheit sagt, während er doch menschlich genug Grund gehabt hätte, sich nun auch von ihnen abzuwenden, da handelt er nach unserer Titelstelle in echt apostolischer Gesinnung, von der zu lernen uns zukommt. Wohl hätte ihn das Böse im Verhalten der Galater überwinden können - er ist doch auch nur ein Mensch! -, aber er überwindet es mit dem Guten der Gesinnung Christi. Nein, er war nicht ihr Feind geworden,

Gesinnung die Wahrheit sagt, ist unser Freund! So wurde dieser Angriff Satans abgeschlagen, „auf daß die Wahrheit des Evangeliums bei euch verbliebe“. (2,5) Lernen wir daraus? Oder wollen wir die als Feinde ansehen, die uns die Wahrheit bringen?

„Was denn? Wird doch auf alle Weise - Christus verkündigt, und darüber freue ich mich, ja, ich werde mich auch freuen.“ (Phil. 1,18) Eine wunderbare Gesinnung, ein köstliches Überwinden des Bösen mit dem Guten und die Philipper daran teilhaben zu lassen, ja, sogar sie zu Mitfürbittern dieserhalb zu machen. (V. 19) Hat es den großen, edlen Apostel gar nicht berührt, daß in Rom, wo er um Christi willen gefangen war, „etliche Christum aus Neid und Streit verkündeten“, „nicht lauter, indem sie meinen Banden Trübsal zu erwecken gedenken“? (V. 15.17) Ja, sicher hat es ihn berührt, aber nicht so, wie der Teufel es wollte, sondern so, daß er seine ganz und gar auf Christum gerichtete Lebenshaltung (V. 20.21) nur um so mehr offenbaren durfte. Hat er wirklich keine persönlichen inneren Leiden dabei empfunden? Er läßt nichts davon merken, wohl aber sehr das Gegenteil, wie die zweimalige Betonung seiner Freude beweist! Welch großdenkender Mann! Ja, aber seine Kraft war Christus (4,13!), das laßt uns nicht vergessen. Und wenn wir in ähnlichen Fällen nicht imstande sind, Röm. 12,21 hier zu betätigen, so laßt uns wohl nachforschen im eigenen Leben, ob „das Leben für uns Christus“ ist (V. 21), sonst sollte uns solch Verhalten wie bei dem Apostel wohl schwer fallen! Alles richtet sich nach der Quelle unserer Kraft, sonst werden wir eher handeln nach dem Grundsatz, „Gleiches mit Gleichem zu vergelten“! Das ist leicht, aber bringt keinen Segen, sondern nur Unsegen!

Stellen wie 4,8.9 und V. 11ff. lassen sich auch unter dem Gesichtspunkt unseres Wortes betrachten.

Ebenfalls aber auch 2. Tim. 4,14, wo er alle Gegenmaßnahmen, z. B. in Worten, ablehnt und dem HErrn die Vergeltung völlig überläßt. Desgleichen V. 16! Gleicherweise enthält der köstliche Philemonbrief Züge im Sinne von Röm. 12,21. Ganz besonders aber, und damit bringe ich diese Betrachtung über des Paulus Handeln nach unserer Titelstelle zum Abschluß, sehen wir in der schon einmal früher bei David genannter Stelle 2. Kor. 12,15 diese köstliche Gesinnung. Bei

den Korinthern waren auch falsche Diener Christi („Falschapostel“, „betrügerische Arbeiter“ nach 11,13-15, und vgl. Frage 12 im Jahrbuch 15!) am Werke, um die Arbeit und Person des Apostels Paulus zu verunglimpfen und zu verleumden. Er warnt vor ihnen durch mehrere Kapitel hindurch (10-12). In Frage 6 im Jahrbuch 14 habe ich mich eingehend damit befaßt (im Anschluß an die Frage „Was bedeutet 2. Kor. 13,8?“). Da schreibe ich u. a. den Satz: „Wie hat doch Paulus leiden müssen, nicht nur durch solche Satansknechte, sondern vielmehr durch seine geistlichen Kinder, die jenen vertrauten und darum ihm mißtrauten. In gewisser, wenn auch geringerer Weise machen treue Arbeiter noch heute ähnliches durch, und ein wie großer Schmerz ist das!“ Und im Blick auf solche Gläubigen, die ihm solchen Schmerz bereiteten, schreibt er obengenanntes Wort 2 Kor. 12,15 (nach der Elberfelder Übersetzung): „Ich will aber sehr gern alles verwenden und völlig verwendet („aufgezehrt“ nach anderer Übersetzung) werden für eure Seelen, wenn ich auch, je überschwenglicher ich euch liebe, um so weniger geliebt werde.“ Ist das nicht schier völlig die Gesinnung Christi Jesu, von der Paulus sagt: „Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war!“ (Phil 2,5)? Und jedenfalls ist jenes Handeln eine der vollkommensten Darstellungen, die ich kenne von Röm. 12,21 „Laß dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ Also, er ist bereit, immer weniger geliebt zu werden, und das will er beantworten mit immer überschwenglicherer Liebe. Und Liebe ist Hingabe, Wille für die anderen, Wille zur Gemeinschaft unter allen Umständen, Liebe ist Opfer und willige Entbehrung, ist Leiden und Kreuz, ja, Liebe ist das Wesen Gottes, des Gottes, der „Licht“ und „Liebe“ ist (1 Joh 1,5 und 4,8.16); und so möge uns nach dem Blick auf Paulus, das menschlich vollkommenste Werkzeug, noch, so Gott will, ein Blick auf Gott Selbst vergönnt sein, der der herrlichste Erfüller von Röm. 12,21b ist! Ja, wahrlich: Er überwindet das Böse mit dem Guten im kostbarsten Sinne; darüber später, so Gott Gnade gibt! Aber in Paulus, dem „Lehrer der Nationen in Glaube und Wahrheit“ (1. Tim. 2,7b), haben wir ein wunderbares „Vorbild“, nach dem Grundtext richtiger „Abbild“ (1. Tim. 1,16), um zu lernen, Fortschritte zu machen gemäß unserem teuren Titelwort! Der HErr gebe uns dazu Gnade und Weisheit!

(Fortsetzung u. Schluß folgt, s. G. w.)

F. K.

Blicke in Gottes Erzieherweisheit.

(Gedanken zum Buche des Propheten Jona. Kapitel 3)

(Fortsetzung.)

Nachdem Jona seine so gewaltige Lektion gelernt hatte und die ganz persönliche Erfahrung machen mußte, daß vor Gott keine Flucht möglich ist, führte ihn Gott auf wunderbare Weise wieder in die Behausung der Menschen. „Und Jehova befahl dem Fische, und er spie Jona an das Land aus“, so berichtet kostbar und schlicht die Schrift. Jona erlebt, was David in seinem (139.) Psalm sagt: „Nähme ich Flügel der Morgenröte, ließe ich mich nieder am äußersten Ende des Meeres, auch daselbst würde Deine Hand mich leiten und Deine Rechte mich fassen.“ (V. 9 und 10)

Wie sollte uns - die Geliebten Gottes - das ernst stimmen und von uns beherzigt werden, die wir so oft geneigt sind, unserem Gott und HErrn den Gehorsam zu verweigern, und so selbst die Ursache dafür sind, daß wir hart angefaßt werden müssen von Ihm, unserem geliebten HErrn, der uns züchtigen muß, „auf daß wir nicht mit der Welt verurteilt werden.“ (1. Kor. 11,32) Ja, es ist etwas Großes um den Gehorsam gegen Gott.

Jona mußte seinen Ungehorsam mit so tiefen Erfahrungen büßen, und sicher geht es allen Kindern Gottes so, daß sie nach dem Maße ihrer Gehorsamsverweigerung in die entsprechende Erziehungsschule Gottes genommen werden. Genau so, wie dem Lehrer und Erzieher Mittel und Wege gegeben sind, ungehorsame Schüler zu kurieren, so vermag unser Gott, nur in herrlich vollkommener Weise, Seine Auserwählten zu erziehen.

Es ist so, daß die Gläubigen im allgemeinen von der Tatsache überzeugt sind, daß Gottes Wege vollkommen, Gottes Wille heilsam und zu unserem Besten sind. Allein, wenn der HErr mit

einem Seiner Kinder einen besonderen Weg geht oder für den und jenen einen besonderen Auftrag hat, dann ist es merkwürdigerweise oft so, daß wir mit dem göttlichen Willen nicht mehr einverstanden sind und für den uns gewordenen Auftrag andere Geschwister für geeigneter halten als uns selbst.

Da ist es denn nur gut, daß wir dem Willen Gottes nicht zu widerstehen vermögen. Es wird entweder so, daß unser eigener Wille bricht und zerschellt und wir uns dem HErrn in Buße und Beugung stellen, oder aber - und das ist leider oftmals der Fall -, daß die Gehorsamsverweigerung eine Abstumpfung des Gewissens zur Folge hat und ein teures Menschenherz wieder in die Welt hineinläuft, um unglücklicher denn je sich selbst und anderen Mitmenschen das Leben schwer zu machen.

Nicht umsonst gibt uns die Schrift Warnungen vor diesem traurigen Zustand, der um so beklagenswerter ist, weil solche als Kinder Gottes die Güte und Gnade Gottes erfahren haben. Solche müssen oft schmerzliche Wege der Zucht gehen, bis sie zum Selbstgericht und zur Verurteilung ihres eigenen Willens kommen. David mußte die züchtigende Hand Gottes wegen seiner Sünde an Urija kennenlernen. (2. Sam. 12) Auch die Korinther erfuhren die züchtigende Hand Gottes, die Schwachheit, Krankheit und sogar den Tod über sie brachte. Solche Gerichte aber sind, wie schon gesagt, Züchtigungen von Gottes Hand, damit die Gläubigen nicht mit der Welt verurteilt werden.

Durch Gottes Güte findet sich Jona nach gründlicher Erfahrung und Beugung zurück und ist alsdann bereit, zu gehorchen. Und was für einen Auftrag hat Gott für ihn nach gelernter und tieferlebter Lektion? Nach Vers 1 und 2 des 3. Kap. ist ihm derselbe dreifache Auftrag gegeben, dem er einst durch die Flucht zu entrinnen suchte:

„Mache dich auf! Gehe hin gen Ninive! Predige!“

Diesmal findet der HErr einen willigen Boten. Unverzüglich macht er sich auf in die große Stadt und verkündet dort den Willen Gottes vom nahen Untergang im Falle weiterer Verstockung. Die gewaltige Bußpredigt des Jona verfehlte ihre Wirkung nicht; denn nach den Aufzeichnungen der

Schrift ordnete sogar der König von Ninive selbst nicht nur besondere Buße an, sondern auch er selbst „stand von seinem Throne auf und legte seinen Mantel ab und hüllte sich in Sacktuch und setzte sich in die Asche“. (Kap. 3,6) Daß es sich nicht nur um äußere Bußübungen handelte, sondern wirklich innere Umkehr auf Jonas Predigt hin erfolgte, geht daraus hervor, daß die Schrift weiter zu berichten weiß:

„Und Gott sah ihre Werke, daß sie von ihrem bösen Wege umgekehrt waren; und Gott ließ Sich des Übels gereuen, wovon Er geredet hatte, daß Er es ihnen tun wolle, und tat es nicht.“ (3,10)

So selbstverständlich es auch ist, daß Gott der HErr mit bloß äußeren Bußübungen (Werken) nicht zufrieden ist, so muß doch um vieler Gläubigen willen immer wieder darauf hingewiesen werden, daß Versuche und Bemühungen, sich durch selbst auferlegte Gesetzlichkeiten und gute Werke vor Gott in Gunst zu bringen, leider nicht zu den Seltenheiten gehören. Wie einst Ninive nach beherzigter Bußpredigt dem Untergang und damit dem Verderben entrann, so ist es auch heute und in alle Zukunft hinein nur dadurch möglich, vor Gott in Gnaden zu sein, wenn Er - dessen Flammenaugen alles durchdringend sind - uns sieht in aufrichtiger Buße und Beugung. Aus dem behandelten Gegenstand sei abschließend für diesmal noch der Gedanke herausgenommen, daß mit dem zurechtgebrachten Propheten Jona auch die große Stadt Ninive eine Zeit der Buße erlebt - und Gottes Gnade erfährt: Gnade vor Recht.

Wie hat ein Jona doch lernen müssen, das Leben seinem Mitmenschen wert zu achten! Vor seiner Zurechtbringung vergaß er bei aller Eigenwilligkeit das mögliche Heil und die Rettung einer vielleicht Millionenstadt, nach gelernter Lektion weiß er die Rettung seiner Mitmenschen - ihr Heil und ihre Begnadigung zu schätzen, er hat ein Herz für die entfremdeten, irregeleiteten Bewohner Ninives.

Ach, wie oft schleicht jener böse und ungöttliche Gedanke eines Kain auch in unsere Herzen, und wir fragen: „Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Geliebte, fühlen wir die große Verantwortung, die uns von Gott auferlegt ist und die unseren Nächsten, den „Niniviten“ unserer Tage, gilt? Möchte der HErr uns zubereiten können zu rechtem, willigem Dienst, zu

der HErr uns gebrauchen könnte zu gesegnetem Dienst in unserem „Ninive“, sei unser aller herzlicher Wunsch, unser heißes Gebet! Gott segne uns!

H. B., U.

„Gesegnet in allem.“

(1. Mose 24,1)

Bist du das? -

Abrahams Leben geht dem Ende zu. Die Schrift beginnt schon im 24. Kapitel, zu Isaaks Geschichte überzuleiten. Doch der Heilige Geist läßt in einem Nebensatz noch einmal Licht auf das Leben Abrahams fallen. Ein kurzer, wuchtiger Satz läßt uns noch einmal sinnend aufhorchen:

„Gesegnet in allem!“

Das ist es ja, wonach wir alle verlangen - nach einem gesegneten Leben. Wir wünschen geradezu solchen Lebensabschluß wie Abrahams. -

Bin ich ein gesegneter Mensch? Der Segen Gottes hatte gewiß viel tiefere Bedeutung als die eines rein äußeren Gedeihens. Kann man bei äußerem Wohlergehen nicht doch ungesegnet sein? Müssen wir anderseits nicht zugeben, daß man trotz bitterer Not und wirtschaftlicher Armut ein gesegneter und gottseliger Mensch sein kann? -

So zwingt uns dieses Wort zu ernster Selbstprüfung. Wir fangen an, die uns irdisch anvertrauten Verhältnisse, unsere bisherige Lebensführung zu überdenken und solche mit dem äußeren und auch mit dem Glaubensleben Abrahams zu vergleichen.

Es liegt ja nicht an dem HErrn, wenn wir nicht gesegnet sind. Auch wir sollen gesegnet werden und hernach ein Segen sein. Es dünkt uns, Abrahams Leben müsse sein Geheimnis gehabt

haben, welches wir noch nicht kennen.

Wie kam Abraham zum vollen Segen in seinem Leben? Nur durch den Glaubensgehorsam! Wieder ist es in 1. Mose 12,4 ein kleiner Nebensatz, der seinen vorbildlichen Gehorsam zeigt: „wie Jehova zu ihm geredet hatte“. Ach, daß wir doch ohne Widerrede und dann ganz dem HErrn gehorsam wären, wenn Er zu uns spricht! Durch Sein Wort redet der HErr noch heute zu uns, durch Seinen Geist möchte Er uns in ein in allem gesegnetes Leben einführen.

Es schreit oft in uns: Mache Ernst! Es drängt uns zum entscheidenden Schritt; wir fühlen es, daß Bindungen mit dem Fleisch oder der Welt uns hindern, ein gesegnetes Leben zu führen. Wieviel heilige Stunden in der Gegenwart des HErrn und unter Seinem Volk eilen ergebnislos in das Meer der Zeit, und ein Rückblick ängstigt uns!

Warum nicht Täter Seines Wortes? Wir hören nicht auf die Stimme unseres Gottes, sondern auf die Stimmen der Menschen in Familie, Freundschaft und Welt.

Wir schwanken oft und viel, weil wir nicht einfach und einfältig gehorsam sind. Die Folge ist, daß wir in unserem Urteil unklar und unsicher werden und deshalb ungesegnet sind.

Welch ein Vorbild ist uns da der Herr Jesus, Phil. 2,8.9: „... der Sich Selbst erniedrigte, indem Er gehorsam ward bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze. Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben.“ - Hebr. 11,8 spricht so einfach von Abraham: „Durch Glauben war Abraham, als er gerufen wurde, gehorsam ...“ Abraham muß auch durch allerlei Proben des Lebens gehen; er machte wohl Fehler; aber wenn Gott ihn anrief, dann war er zur Stelle und führte aus, was und wie es der HErr verlangte.

Aber noch einen anderen köstlichen Charakterzug offenbart sein Glaubensleben: Vertrauen! Abraham glaubte dem HErrn! Das heißt praktisch, er traute Gott mehr als den Ratschlägen und Warnungen der Menschen. Er rechnete tatsächlich mit Wundern der Gnade Gottes in seinem Leben. Wie das Vertrauen, so auch das Maß des Segens. (Vgl. Matth. 8,13) Abraham ließ die natürlichen Grundsätze der Menschen fallen und rechnete allein mit den Weisungen und

Verheißungen seines Gottes. Ist es nicht Paulus, der auch so glückselig bekennt, daß er wisse, wem er sein Vertrauen „geschenkt“ habe? (2. Tim. 1,12)

Wann schlägt die Stunde für uns, wo der Glaube ein fortgesetztes Vertrauen wird, welches Sorge, eigenes Bemühen und Bauen auf Sichtbares nicht aufkommen läßt und wo Gott unser Leben segnen kann? -

Wollen wir nicht in diesen beiden Voraussetzungen für ein gesegnetes Leben einen Neuanfang machen? - Ein neues Leben in Gehorsam und Vertrauen! Es muß bei uns Beugung und Bitte, Suchen und Verlangen vorhanden sein. Alles Tiefergeführtwerden im inneren Leben beginnt immer mit Aufrichtigkeit und Selbsterkenntnis. Wir haben den Segensbrunnen verschüttet, den Gottes Gnade uns gegraben hatte. Das Wort steht da, damit wir innerlich aufger üttelt werden, uns fragen, ob wir in allem gesegnet sind. - Und warum nicht? -

Es kann sich doch nur um eine neue Hingabe an den HErrn handeln, damit wir gesegnet werden. Am Gehorsam und Vertrauen merken wir die Spannkraft des Glaubens. Die Müdigkeit im inneren Leben verschwindet, man ist offen für den Heiligen Geist und den Einfluß des Wortes Gottes. Gehorsam und Vertrauen sind Glaubensenergien, die uns vor dem Rückfall ins alte Wesen bewahren und uns im Glauben erhalten.

Gott gibt nur dem den Segen, der ihn wirklich begehrt. Gott erneuert nur den, der um Erneuerung seines Verhältnisses zu Ihm in Gehorsam und Vertrauen bittet.

Gott wartet, und Gott wirkt, je nachdem wir eingestellt sind zu Seinem Willen. Er wartet auf die Zeit, wo wir aus Un- und Aberglauben schreien nach dem Segen, den Er uns verheißen hat. Er macht uns arm und leer, damit wir den ungesegneten Zustand unseres Lebens erkennen und den Weg gehen, der Segen einbringt.

Die Zeit unseres flüchtigen Lebens ist nur kurz; möchte es am Ende des Lebens heißen: Er war von Gott gesegnet in allem.

Ed. v. d. K., H.

Ein Wort der Ermunterung.

Hebr. 1,10-12: „Du, HErr, hast am Anfang die Erde gründet, und die Himmel sind Werke deiner Hände; sie werden untergehen, Du aber bleibst; und sie alle werden veralten wie ein Kleid, und wie ein Gewand wirst Du sie zusammenwickeln, und sie werden verwandelt werden. Du aber bist derselbe, und Deine Jahre werden nicht vergehen.“

Fast in jedem Buch der Bibel werden wir am Anfang in die Gegenwart dessen gebracht, welcher ewig ist. So auch in dem Brief an die Hebräer. Zug auf Zug wird uns durch den Geist Gottes Seine gesegnete Person vor die Seele gestellt; Strahl auf Strahl zeigt uns die Herrlichkeit Seines Wesens; Wort für Wort hebt die Gottheit des Sohnes, des Erben aller Dinge, des Schöpfers aller Welten, des Abglanzes der Herrlichkeit Gottes und des Abdrucks des Wesens Gottes, des Machtträgers, des Sündenreinigers sowie des von Seinem vollbrachten Werke zur Rechten der Majestät in der Höhe Ruhenden hervor. Wir stehen und beten an, ganz umstrahlt und eingehüllt von Ihm, gefangen durch Ihn und erhoben zu Ihm.

Möge es durch die Gnade Gottes unsere beglückende und gesegnete praktische Erfahrung werden, zu Ihm erhoben zu werden, um bei Ihm zu sein und in Seiner Gegenwart zu weilen!

Nachdem uns im ersten Kapitel gesagt ist, was Er ist, wird uns dann gesagt, daß Er bleibt. Beides ist für uns von großem Nutzen, nicht etwa nur für die Bereicherung unserer Erkenntnis, sondern besonders auch für unser tägliches Leben mit allen Anfechtungen, Schwierigkeiten und Proben. Der Vergleich mit den Engeln (V. 5), mit der Schöpfung (V. 10), mit Moses (Kap. 3), mit Josua (Kap. 4), mit Melchisedek (Kap. 5) usw. führt zu dem gesegneten Ergebnis, daß Seine Herrlichkeit sie alle weit überstrahlt. Wie vor der aufgehenden Sonne die Sterne am Himmel erblassen, nicht daß sie nicht mehr da wären, sondern sie werden nur nicht mehr gesehen, weil sie alle in die Lichtfülle der Sonne getaucht, von ihr gleichsam aufgenommen sind, so werden die Geschöpfe und die Schöpfung eigentlich nur herangezogen, um den großen Gegensatz zu zeigen zwischen Geschöpf und Vorbild einerseits, dem Schöpfer und Wesen aller Vorbilder

anderseits. Sie alle müssen Ihm Platz machen; sie alle müssen gehen. Darum finden wir das kostbare, trostspendende, ermutigende und hoffnungsbelebende Wort Vers 11: „Du aber bleibst.“ Ja, mein Bruder und meine Schwester: „Er bleibt.“ Dein Liebstes mag vom HErrn abgerufen werden; du magst getrennt sein von deinen Lieben, von deiner Arbeit, von deinem Lande, abgeschnitten von Menschen ganz einsam und verlassen dastehen, mißverstanden und vergessen in Leid, Schmerz und Trauer: Richte nur dein mit Furcht erfülltes Herz auf Den, der da bleibt! Er hat gesagt: „Ich will Dich nicht versäumen, noch Dich verlassen.“ Eines nach dem anderen mag dich verlassen. Vielleicht muß dein Gatte in den Krieg; oder ein Bruder nach dem anderen wird eingezogen. Auch denkst du vielleicht, der HErr habe dir auf deine Gebete nicht geantwortet, dir die Bitte versagt. Nein, geliebtes Kind Gottes, alles soll dazu dienen, daß du erfahrest: Er bleibt, weil Er mehr ist als alle und alles andere. Welche Gnade! Er bleibt bei dir, mit dir und um dich. Er will dir Sonne sein in rosigen Tagen, aber auch der glänzende Morgenstern in der finstersten Nacht der Endzeit; dein Begleiter auf leidensreichem Lebenswege, die Quelle in dieser Wüstenwelt. Er will uns alles sein, ja, mehr als wir denken. Aber dies ist noch längst nicht alles. Wie von Ihm gesagt wird: „Du aber bleibst“, so wird auch gesagt: „Du aber bist derselbe.“ Wie Er bei jenem, welches vergeht, der „Bleibende“ ist, so ist Er bei diesem, welches verwandelt wird, der „Unveränderliche“. Was verändert sich nicht in dieser Zeit! Ja, was hat sich nicht schon verändert! Und mit Recht können wir sagen auf Grund Seines Wortes: Was wird sich nicht noch alles verändern?! Und doch brauchen wir keine Furcht zu haben, weil Er unveränderlich ist, weil Er derselbe ist. Die Länder, die Völker, die Zeiten, die Verhältnisse, die Christen, deine Freunde, ja, du selbst: sie alle mögen sich verändern. Er aber bleibt derselbe; der ewig Unveränderliche! Welch ein Hort und Fels inmitten des hohen Wellenschlages des brausenden Weltmeeres der heutigen Zeit! Möge unser Glaube in Ihm verankert sein, und wir werden den Inhalt obigen Wortes in all seiner Kostbarkeit, Kraft und Größe erfahren.

Nachdem nun der Geist Gottes eine scheinbare Unterbrechung gemacht hat, nimmt Er im letzten Kapitel denselben Faden wieder auf, „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit“. Verstehen wir wohl! Wie unsere (deine) Vergangenheit durch Seine Hand zu einer

geschehen; aber hier schließt der Herr noch nicht ab. Er ist nicht nur der Anfang - gestern - und der Fortgang - heute -, sondern auch der Letzte - in Ewigkeit -. Er will deine und meine Zukunft, die durch Seine Vorsehung und Weisheit vor uns verschleiert liegt, zu einer Segenszeit machen, die Ihn verherrlicht und uns segnet. Mit felsenfester Zuversicht können wir mit dem Dichter sagen: „Der Wolken, Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn, der wird auch Wege finden, wo mein Fuß gehen kann.“ Warum können wir dies sagen? Weil Er bleibt und derselbe ist immer und ewiglich! Gepriesen sei Sein Name!

K. O. St. †.

(Erlaubt. Nachdruck aus „Saat u. Ernte“.)

Die schwersten Stunden unseres HErrn.

„Um die neunte Stunde aber schrie Jesus auf mit lauter Stimme und sagte: Eli, Eli, lama sabachthani? Das ist: Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen? ... Jesus aber schrie wiederum mit lauter Stimme und gab den Geist auf.“ (Matth. 27,46.50)

Als die römischen Soldaten das ungerechte Urteil der damaligen Obrigkeit vollzogen, die Hände und Füße unseres HErrn an das Kreuz nagelten, da begannen wohl die schwersten Stunden für Ihn, obwohl Er bereits in Gethsemane und bei dem Verhör und der Verhöhnung und Geißelung unsagbar gelitten hatte. - „Sie haben Meine Hände und Meine Füße durchgraben“, so klagt bereits in Ps. 22,16 prophetisch der Geist Christi. Doch bei all dem Schweren sehen wir Ihn in einer Hoheit und Würde, die uns zur Bewunderung und Anbetung bringt. Ohne Schelten, ohne Drohen ließ Er die Vollendung Seiner Verwerfung geschehen. Das dargebotene Betäubungsmittel nahm Er nicht. Er litt als der Held, obgleich Er alles viel tiefer empfand als wir, denn Er war heilig.

Im Sonnenbrand von 9 bis 12 Uhr sehen wir im Geiste Ihn dort blutend hängen, gehaßt und geschmäht von den Menschen, die Er doch so innig liebte. Er, der Reine, der Vollkommene,

und des Trostes für den reuigen Übeltäter, Worte der Fürsorge für Seine Mutter und Seinen Jünger Johannes. Wir schauen Ihn in Seinem großen Leiden, in Seiner größten Schmach; aber wir schauen Ihn auch in Seiner höchsten inneren Schöne.

In der Finsternis von 12 bis 3 Uhr hören wir unseren HErrn in Drangsal aufschreien: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen?“ Waren etwa die körperlichen und seelischen Leiden des HErrn jetzt zu schwer geworden, daß Er aufschreien mußte? Sie waren sehr schwer, doch das, was Ihn aufschreien machte, das war das Verlassensein von Seinem Gott, das sagen uns Seine eigenen Worte. Ach, wir Begnadigten wissen, warum Er verlassen war. „Die Strafe zu unserem Frieden lag auf Ihm ... Jehova hat Ihn treffen lassen unser aller Ungerechtigkeit.“ (Jes. 53,5.6) Seine Seele hat das Schuldopfer gestellt, das Gottes Heiligkeit zur Tilgung unserer Schuld fordern mußte. Die Wogen und Wellen des Gerichtes Gottes wegen all unserer bösen Taten gingen dort über Ihn, unseren HErrn, unseren Stellvertreter. Deshalb schrie Er auf, deshalb war Er verlassen. Wir können nicht ermessen, was Er in diesen Stunden litt. Er, der in innigster Gemeinschaft mit Seinem Gott gewandelt hatte, Er stand jetzt Ihm gegenüber unter Gericht, war verlassen von Ihm, Seinem Gott! Was liegt doch schon in den Worten „Mein“ Gott, „Mein“ Gott! Welch innerer Schrei Seiner Seele! Ach, dieser Schrei gilt mir und gilt dir, lieber Leser; denn Er nahm meinen, nahm deinen Platz dort ein. Deshalb rief Er wohl auch: Mein „Gott“, nicht: Mein Vater, weil Er stellvertretend den Platz des Sünders, des gefallenen Geschöpfes gegenüber Gott, dem Schöpfer, im Gericht einnahm. Da der Sünde Sold der Tod, d. h. Trennung von Gott, ist, so mußte Er als Stellvertreter den Tod schmecken auch im Verlassensein von Seinem Gott. Was dieses alles für Ihn, den Heiligen, war, das ersehen wir schon aus diesen Seinen Worten: „Ich muß Mich taufen lassen mit einer Taufe; und wie ist Mir so bange, bis sie vollendet werde!“ (Luk. 12,50 [Luth.]) Und was Er bereits in der Vorempfindung dieses Schwersten in Gethsemane litt, das ersehen wir aus dem Bericht des Heiligen Geistes nach Mark. 14,33: „Er fing an, sehr bestürzt und beängstigt zu werden“, und wie Er dreimal hinging und betete, „wie“ wohl noch nie ein Mensch gebetet hat.

Nicht nur für unsere Tatsünden war unser HErr im Gericht, auch für unseren ganzen sündigen Zustand, der uns mit der Geburt überkommen ist. „Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns

zur Sünde gemacht, auf daß wir Gottes Gerechtigkeit würden in Ihm.“ (2. Kor. 5,21) Dieses Wort zu erfassen in seiner Fülle ist uns nicht gegeben. Wir können nur sinnend anbeten über der Größe des Werkes und sehen, daß unser ganzer Mensch mit seinen sündigen Werken und seinem Zustand sein Ende gefunden hat im Gericht an unserem Stellvertreter.

Wir können wohl verstehen in etwa, was es war, daß der HErr von der damaligen Obrigkeit zum Übeltäter gemacht wurde; denn Er wurde ganz wie ein solcher behandelt, verurteilt und hingerichtet. Wir können aber nicht verstehen, was es für Ihn war, daß Er von Gott zur Sünde gemacht wurde. Wir können nur ein wenig ahnen von der Schwere des Werkes. Wie unausforschlich ist doch das Werk Gottes, das dort am Kreuze geschah! Es dürfte wohl das größte sein, was je geschehen ist und je geschehen wird.

Matthäus und auch Markus berichten durch den Heiligen Geist, daß unser HErr mit einem lauten Schrei verschied. Es bewegt unser Inneres, wenn wir an diesen Schrei unseres HErrn denken. Stellt dieser Schrei doch uns den Schrecken des Gerichtes vor unsere Seele, in welches Sich der HErr freiwillig für uns hineinbegeben hatte. Er hat uns geliebt und Sich Selbst für uns hingegeben. Ewig sei Ihm Dank und Anbetung! Ewig sei unserem Gott und Vater Dank und Anbetung, daß Er „Seinen eigenen, Seinen geliebten Sohn nicht geschont, sondern Ihn für uns alle hingegeben hat“! (Röm. 8,32)

O. D.

Frage und Antwort

Frage 18

Ist Babylon 1. Petr. 5,13 Rom, wie viele lehren? (Andere lehren, „der andere Ort“, Apgesch. 12,17, sei Rom.) Ist es nicht sehr gut denkbar, daß Petrus unter den Juden in Babylonien gearbeitet habe?

Antwort A

Wo käme der einfältige Leser der Schrift hin, wenn er auf alles hören wollte, was ihm die Fama, d. i. unkontrollierbare Nachrichten und Behauptungen, zuträgt? Er hätte keinen festen Boden mehr unter den Füßen. Daß in dieser Petrusstelle und in der angeführten Stelle der Apostelgeschichte Rom gemeint sei, ist in dem ersten Falle eine jeden Grundes entbehrende, im zweiten eine lächerliche Behauptung zugunsten der ebenso falschen Behauptung, Petrus habe die Gemeinde in Rom gegründet und sei ihr erster Bischof gewesen, so daß die Päpste seine Nachfolger seien.

Es ist nicht nur denkbar, daß Petrus unter den Juden in Babylonien gearbeitet habe, sondern es ist als Tatsache zu nehmen, weil es dasteht. Es ist eine aus der einschlägigen Literatur bekannte, aus Schriftstellern der damaligen Zeit von Jahrhundert zu Jahrhundert in späteren Schriftstellern weitergegebene Kunde, daß „das Land Babylon, d. h. das Ländergebiet, wo die Flüsse Euphrat und Tigris am nächsten zusammentreten und durch zahlreiche Kanäle verbunden waren, wodurch das Land äußerst fruchtbar ward, eine ganz außergewöhnlich große jüdische Bevölkerung beherbergte, gab es doch große und bedeutende Städte, wie Nahardea und Pampedita, welche ganz und gar nur jüdische Einwohner hatten. Die jüdische Bevölkerung des ganzen Landes war so groß, daß man das Land selbst geradezu „Land Israel“ nannte. Die Juden daselbst waren besonders stolz auf ihre rein jüdische Abkunft ... Sie trieben Handel und Schiffahrt, Handwerk und Ackerbau, und viele besaßen großen Reichtum ...“ Das war nach der Zerstörung Jerusalems. Es war vor diesem Ereignis nicht anders. Apgesch. 2,9.10 gibt uns Bescheid, macht es auch leicht begreiflich, daß Petrus die Anwesenheit des Silas und dessen Rückkehr nach Kleinasien benützte, um ihm einen Brief an die Christen daselbst mitzugeben, waren sie doch z. T. vor ihm gestanden, als er ihnen wie den anderen seinen Heroldsauftrag am Pfingsttage in Jerusalem ausrichtete. Das dort genannte Mesopotamien gehört der natürlichen, nicht der staatlichen Geographie an. „Zwischenstromien“, d. i. das Land zwischen Euphrat und Tigris, meinte bald nur den nördlichen Teil, wie wir es aus der Geschichte

Strabo, Ptolemäus, Plinius; bald das ganze sich bis zum Persischen Meerbusen erstreckende Zwischenflußland; so Plinius 6,31. So brauchten die in Apgesch. 2,8-11 redend aufgeführten Diasporajuden nicht noch extra „Babylon“ zu sagen, wenn sie „Mesopotamien“ sagten. Die Stadt

Babylon selbst sei zu Beginn der christlichen Ära nur zu einem kleinen Teil bewohnt gewesen, und das hauptsächlich, wenn nicht ganz von Juden .

Bei dem unter a) genannten Schriftsteller Heman, selbst Christ gewordenem Juden, ist auch zu lesen, Seite 35: „... Bis jetzt (d. i. dem Anfang des zweiten Jahrhunderts) hatten Juden und Judenchristen noch harmlos und unbeanstandet miteinander verkehrt, ja, sich auch religiös auseinandergesetzt. Gamaliels II. Schwager, der eisern streng an der Tradition festhaltende R. Elieser ben Hyrkan, hatte mit Christen eingehende Gespräche über Worte Jesu. Als aber ...“ - Welch ein Licht wirft das auf die Epistel des Jakobus! Vgl. dort z. B. 2,1ff.; 4,1ff.; 4,13; 5,1ff.

Wie war es die einfachste Sache der Welt, daß Petrus auch in Babylon weilte, um auch dort nach den (jüdischen) Lämmern und Schafen Christi zu sehen! Wie empfiehlt sich auch ganz folgerichtig der Eindruck, den der Inhalt der beiden Petrusbriefe macht, daß sie speziell an Christen aus den Juden sich wenden, wie die Epistel des Jakobus an die noch nicht dem gänzlichen Unbekanntsein anheimgefallenen zwölf Stamme sich wendet.

Dürfte der Vermutung Raum gegeben werden, daß der Fragesteller durch die neuerdings wieder (wie schon früher) in die Auslegung der Prophezeiung hineingetragene Meinung oder Behauptung beunruhigt sei, daß die Hauptstadt des wiedererstehenden vierten Weltreiches der Nationen ein wiedererwecktes Babylon am Euphrat sein werde und daß das Wiedererstehen der Stadt schon in nächster Zeit zu erwarten sei?

Wenn dieser Gedanke beim Fragesteller Fuß gefaßt hätte, so wäre zu sagen, daß doch leicht einzusehen ist, daß der Name „Babylon“, der des ersten der vier Weltreiche damals, doch nur übertragen ist auf die Hauptstadt von dem, was in der Endzeit die letzte Phase des Gesamtweltreichs, die Aufsummierung aller vier, ist. Eben der Aufsummierung und

Einbeziehung aller Eigenschaften der vorangegangenen Reiche wegen, zuzüglich des ganz ihm speziell eignenden Charakters (Offenb. 13 und 17) trägt das Reich als System, das Herrschaft und Götzendienst des ursprünglichen Babylon in höchster Ausprägung in sich vereinigt, den Namen dieser Stadt.

Das Babylon der alten Welt war in einer Ebene erbaut, und so wäre das zu erbauende wieder in derselben Ebene; übrigens, nach den Zeitungsberichten, einige Dutzend Kilometer von der Stelle des einstigen entfernt, welchem ewige Verwüstung zudiktiert ist. (Jes. 13,20.22; Jer. 50,39; 51,26.62-64) Um der Beschreibung in Offenb. 17,9 zu entsprechen, müßten in der Euphratebene zuerst sieben Berge entstehen, auf denen dann die Stadt erbaut werden könnte. Während doch jedes in der Geographie und der alten Geschichte beschlagene Kind weiß, daß Rom auf sieben Hügeln erbaut wurde und steht. Siehe auch „Handr.“ 1934, Frage 13, mit Bemerkung auf Seite 192, und die warnenden Worte des Schriftleiters Seite 163, nicht auf alles hereinzufallen, was Bücher und Zeitschriften an vorschneller Deutung gegenwärtiger politischer Geschehnisse ihren Lesern bieten.

Es ist etwas ganz anderes, sich auf Grund von Angaben der Schrift in Verbindung mit der Völkertafel von 1. Mos. 10 ein Bild von der zukünftigen Gestaltung der Völkerwelt und der kommenden Ereignisse zu machen, aber ohne sich darauf zu versteifen, festzustellen, das jetzt sei die Erfüllung von diesem, das von jenem usw.

Ein in der ganzen Welt bekannter, vielgerühmter und vielgeschmähter Diener des HErrn entwarf zu seinem eigenen Studium eine prophetische Karte und schrieb sich 3, 4 Seiten Erläuterungen dazu auf. Die Karte liegt vor mir mitsamt den Erläuterungen. Sie trägt den Vermerk: „Diese Karte wurde Anno 1828/29 entworfen.“ Aus den Bemerkungen (manche harren noch der geschichtlichen Erfüllung) nur zwei oder drei: „Die Türkei in Europa wird wieder Griechenland werden soweit als Philipps (Vater Alexanders) Macht reichte.“ „Österreich wird wahrscheinlich die ... und bosnischen Provinzen, die keinen Teil des griechischen Königreichs bildeten, annektieren“ ... „Ich denke, Österreich wird zerstückelt werden und seine Stellung ändern.“ Ist das nicht erstaunlich? neben anderem, das ich nicht anführe. Aber - der betreffende

Schriftforscher hängte das nicht an die große Glocke, sondern verschloß es in seinem Schreibtisch mit anderen Studienentwürfen. Erst nach seinem anfangs der achtziger Jahre erfolgten Tode wurde es gefunden.

So muß man mit dem prophetischen Wort umgehen. Wo es unmißverständlich ist, bleiben wir fest dabei. Wo es das nicht ist, bescheiden wir uns und lassen uns an dem, was unzweideutig ist, genügen. Der eine große Gegenstand für das Herz bleibt immer der HErr Selbst.

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Ich glaube, wir dürfen dankbar sein dafür, daß in obiger Antwort unseres altbewährten Mitarbeiters zum ersten die Meinung, daß unter „Babylon“ in 1. Petr. 5,13 Rom gemeint sei, verworfen ist, zum zweiten die schon in der auch von ihm erwähnten Frage 13 in Jahrb. 19 behandelte Babylonangelegenheit dahingehend geklärt ist, daß nicht Babylon die Hauptstadt des wiedererstehenden vierten Weltreiches ist, sondern Rom, aber Rom mit babylonischem Charakter! Die erstere übrigens auch unter Gläubigen weitverbreitete Anschauung wird gern so begründet, als habe man zu jener Zeit Rom nicht nennen dürfen, ohne mit dem römischen Staate in Konflikt zu kommen, und so habe man einen unverfänglicheren Namen dafür eingesetzt. Aber abgesehen von dieser Menschengefälligkeit und Menschengebundenheit wäre es doch höchst irreführend, wenn ein Apostel in einem einfachen Grußwort, also nicht in einem prophetischen Zusammenhang (wo Symbolik möglich wäre!), etwas anderes meint, als er schreibt. (Sind vielleicht die Ortsangaben des Paulus, z. B. am Schluß des 2. Timotheusbriefes, also [sogar]

eines stark prophetischen Briefes, auch so geheimnisvoll zu werten??!) Vor allem aber wäre diese phantasievolle Bezeichnung Roms doch nur dann einigermaßen erklärlich, wenn nachgewiesen wäre, daß Petrus den Brief von Rom aus geschrieben hätte! Woher weiß man denn, daß er überhaupt dort war? Vielleicht aus unserer Stelle 1. Petr. 5,13, indem man sie der

umdeutet?! Merkwürdigerweise schreibt sogar „Onesimus“ in seinen im allgemeinen sehr guten „Zeittafeln zur Bibel“, Petrus sei in Rom gekreuzigt. Weiß er das aus der Schrift oder aus der Tradition? Er gibt eine Schriftstelle an, und zwar - 1. Petr. 5,13!! Also wir sehen, diese so einfache Stelle hat statt Klarheiten lauter Unklarheiten mit sich gebracht, aber diese Unklarheiten stecken in uns Menschen, nicht in der Schrift, Gott sei Preis dafür!

Bleiben wir nicht dabei, daß Babylon in unserer Stelle Babylon ist, so können wir es ja gern vergeistigen und umdenken, aber dann wäre es doch m. E. viel richtiger, es geistlicherweise so zu deuten, wie unser lieber Mitarbeiter F. Btch. tut in „Handr.“ Jahrb. 14, Frage 19, S. 238: „... Vielleicht schrieb Petrus seine Episteln in Jerusalem, wo die jüdischen Gottesdienste in Verbindung mit den hinweggenommenen Schattenbildern noch gehalten wurden; wenigstens die erste Epistel schrieb er durch Silas, und er bestellte Grüße von der Auserwählten in Babylon, als ob der ganze jüdische Gottesdienst jetzt eine Verwirrung (Babel) geworden sei: Und ebenso wie Jesaja 700 Jahre früher Jerusalem ‚Sodom und Gomorra‘nannte, Jes. 1,10, so nannte Petrus Jerusalem Babylon, denn dort verleugnete man die gegenwärtige Wahrheit [hierüber handelt die dortige Frage! Der Schriftl.] oder lehnte sie ab. (Vgl. 5,12.13)“ Ich muß sagen, diese Symbolik hat mehr für sich, als Petrus nach Rom zu verpflanzen, wie die Tradition (die Phantasie!) es tut. Aber warum denn Symbolik? Bleiben wir bei dem einfachen Textwort, so ist alles klar. Wir haben doch keinerlei religiöse Bedenken, das ganze Wort gelten zu lassen! Darum lassen wir stehen, was dasteht: Babylon in 1. Petr. 5,13 ist jene alte Stadt am Euphrat.

In jener Frage 13, 19. Jahrb. haben der gleiche Mitarbeiter und ich die sonderlich in einem die Irrlehre der Allversöhnung vertretenden Blatt fortgesetzt betonte Meinung abgewiesen, als sei der Mittelpunkt, die Herrschaftsmetropole des zukünftigen römischen Weltreiches Babylon, d. h. das wiedererstandene! Die heute von unserem Mitarbeiter beiläufig angeführten Beweise dagegen sind sehr belangreich, da unbedingt auf der Schrift fußend. Er spricht u. a. auch von der Tatsache der Aufsummierung der Eigenschaften der vier vorangegangenen Weltreiche unter dem Charakter von Babel. Ich möchte hierzu daran erinnern, daß nach Dan. 2 das Bild der vier Weltreiche, die dort prophetisch bis zum Ende reichen, d. h. bis zur Zerstörung durch den Stein (Christus), durchaus einheitlich ist - nicht wie später vier Tiere nacheinander (eine andere

Linie!), aber siehe auch 7,12! -, indem in der angegebenen Verkörperung alle diese Reiche enthalten sind, die dann durch den Stein zusammen zerstört werden. (V 44f.) Man könnte denken, daß doch durch das vierte Reich schon alle vorherigen zermalmt sind.

(V. 40) Aber das war nur die geschichtliche Tatsache, die prophetische ist die, daß am Ende der Tage das Königreich Christi alle Charakterzüge der Herrschaft der Nationen vernichten wird, da die „Zeit der Nationen“ eine (durch das verkörperte Bild in Dan. 2) einheitliche ist. Die Charaktere aller dieser Weltreiche werden am Ende sich wiederfinden, und das wird ein religiös-politisch-technisch-wirtschaftliches Babel sein, dessen staatlicher Mittelpunkt die Hauptstadt des wiedererstandenen vierten Weltreiches ist, nicht aber Babylon, das nach den Gedanken Gottes nicht wiederhergestellt werden sollte, somit für die göttliche Prophetie keine Sonderbedeutung hat, ein wie wichtiges Kulturzentrum es für die Menschen auch werden mag!

Da die obige 13. Frage aus Band 19 und die vorliegende von dem gleichen Einsender herrühren, wolle nicht nur er, sondern alle, die Band 19 haben, möglichst beide zusammen studieren! Hienieden sind zur Zeit alle Dinge derart im Fluß, daß die Herauskristallisierung des Endzustandes noch nicht zu erkennen ist, darum sei man doppelt vorsichtig mit der Feststellung angeblich sicherer Ergebnisse der neueren Forschungen! Das viele „weise“ Beobachten, Reden und Behaupten tut's nicht, nur „das Wort ist unseres Fußes Leuchte“ (Ps. 119,105), und stets gilt für uns: „und nun - auf was harre ich, HErr? Meine Hoffnung ist auf Dich!“ Das ist „die glückselige Hoffnung“. (Ps. 39,7; Tit. 2,13)

F. K.

Frage 19

Nach Offenb. 5,8-10 fallen auch die 4 Tiere nieder, singen ein neues Lied usw. Das in V. 8-10 Gesagte bezieht sich auf die Tiere und die 24 Ältesten. Was hat das zu sagen? Wer sind die 4 Tiere, die mit den Ältesten auf der Erde herrschen werden? Die Gemeinde hat doch eine himmlische Berufung (Eph. 1,3); sie kann es also nicht sein. (Merkwürdigerweise sind in V. 8-10

die 4 Tiere und die Ältesten als „sie“ erwähnt, in V. 11 dagegen auch die Engel.)

Antwort A

Es sind mehrere Zurechtstellungen in den Textanführungen der Frage nötig, und als Folge davon an den aus den Anführungen gezogenen Schlüssen.

1. Es ist besser, nach dem Griechischen und nach dem Vorgang der neueren Übersetzungen nicht „Tiere“ zu sagen, sondern „Lebewesen“. Die Darstellung, die in Kap. 4,6-8 davon gegeben wird, besagt dreimal nur „gleich“ dem und dem Tier, und einmal „wie“ eines Menschen Angesicht, was das Unpassende des Ausdrucks „Tier“ fühlen läßt.

2. Freilich fallen, Kap. 5,8, auch die Lebewesen nieder. Aber das „sie hatten ein jeder“, eigentlich „Habende ein jeder“, in der männlichen Form im Griechischen, bezieht sich eigentlich nur auf die Ältesten, nicht auf das sächliche „Lebewesen“. Im Deutschen kann der Unterschied bei „habend“ nicht gemacht werden; wohl aber weist das „jeder“ direkt auf die Ältesten zurück. Also nur die Ältesten haben Harfen und goldene Schalen voll Räucherwerk (wie einleuchtend das!), und nur sie singen das neue Lied von V. 9 und 10. Am Schlusse des in den Versen 11-14 beschriebenen nachfolgenden Aktes fallen auch nur sie nieder und beten an.

3. Haben die Lebewesen nichts mit dem neuen Liede zu tun, dann kann sich das „uns“ in „uns Gott erkauft“ und „uns unserem Gott zu Königen und Priestern gemacht“ auch nicht auf sie, sondern nur auf die Ältesten beziehen. Aber auch das ist nicht einmal der Fall, so wahr es ist. Nach den verläßlichsten Autoritäten der Textforschung und denselben nach in den neueren Übersetzungen gehört „uns“ nicht in den Text; so daß die Ältesten überhaupt nicht von sich selbst reden. Sie, als Priester, bringen die Gebete der dann in Schwierigkeiten auf Erden sich befindenden Heiligen vor dem Throne dar und denken folglich an alle, die nach der Prüfungs- und Drangsalszeit mit Christus, dem Lamme, herrschen werden, Kap. 20,4. Die Ältesten selber werden natürlich auch dabei sein, da sie in dem vorliegenden Gesicht schon als Könige mit Kronen gesehen werden.

4. Es ist ein Schade für die Bibelleser, daß Luther Kap. 5,10 übersetzt hat: „wir werden Könige sein auf Erden“, und daß auch neuere Übersetzer denselben Fehler machen, wie einer derselben sagt: „und königlich werden sie herrschen auf Erden“. Es kann freilich so übersetzt werden, aber es kommt doch immer auf den richtigen Sinn an, und der ist hier „über“. Ist eine Stelle da, die besagt, daß die Heiligen, die mit Christo im Reiche die Herrschaft teilen, dies auf der Erde tun werden? Ich weiß keine. Es ist doch dasselbe wie Offenb. 2,26: über die Nationen Gewalt haben. Wenn Sprachstudien am Platze wären, könnte die Richtigkeit von „über“ auch sprachlich belegt werden. Auf der Erde ist es einzig „das Volk“ der Heiligen der höchsten oder himmlischen Örter, dem das Reich und die Herrschaft und die Größe der Königreiche unter dem ganzen Himmel gegeben wird, Daniel 7,27; das ist: dem neuerstandenen Israel. Es ist ganz richtig vom Einsender der Frage gedacht, daß, wenn und weil die Berufung der Gemeinde himmlisch ist, sie nicht auf der Erde sein kann.

Die Frage: Was hat das zu sagen? ist durch vorstehende Zurechtstellungen gegenstandslos geworden.

Daß in Vers 11 auch die Engel neben den Lebewesen und den Ältesten erwähnt werden, macht klar, daß die Lebewesen weder Engel noch verherrlichte Menschen sind.

Bleibt noch die Frage zu beantworten, wer die vier Lebewesen sind. Wenn wir fragen „wer“?, dann denken wir an Personen. Es kommen aber keine Personen oder Persönlichkeiten in Frage.

Das Buch der Offenbarung hat als Zweck, die Ereignisse und Handlungen in der Schöpfung, in der Menschen- und Engelwelt in Gesichten an uns vorüberziehen zu lassen, damit wir in unserem Geiste miterleben können, wie die Herrschaft Gottes durch den Herrn Jesus zum Durchbruch kommt. Dazu muß Himmel und Erde in Erschütterung geraten. (Hagg. 2,21-23)

Wenn Gott die Pläne Seiner Regierungswege auf der Erde durchführt, so müssen Ihm alle Dinge als ausführende Organe zu Diensten sein. Er gebraucht Engel, Menschen, Tiere und Naturgewalten dazu, je nachdem es passend und entsprechend ist. Wir finden das durch die

ganze Schrift hindurch. Siehe das erste Beispiel für Engel 1. Mos. 3,24; siehe für Tiere Offenb. 6,8 = Hes. 14,21 u. a. St.!

Der Thron im Himmel ist der Ausgangspunkt alles richterlichen Eingreifens in der Zeit, die die zwischen Offenb. 4,1 und 20,15 berichteten Geschehnisse umfaßt. Wenn dieses Eingreifen vermittelst der eben genannten Geschöpfe geschieht, so ist es einleuchtend, daß die sinnbildliche Darstellung derselben so in Verbindung mit dem Throne geschieht, wie es in Offenb. 4,6-11 der Fall ist.

Wird die Ausführung göttlicher Gerichte nicht durch majestätische Beeindruckung, verbunden mit Kraft, mit Beharrungsvermögen, wenn das Eingreifen ein andauerndes ist, durch die Intelligenz, genau zu treffen, durch Raschheit und Zielsicherheit des Geschehens, wenn's plötzlich sein soll, gekennzeichnet? Wie soll und kann uns Menschen das begrifflich vorgeführt werden anders als durch Sinnbilder, die aus Geschöpfen bestehen, die sich innerhalb der Welt, in der wir leben, finden? Ist die Vorführung nicht göttlich treffend gewählt, wenn sie durch eine Vierheit irdischer Geschöpfe geschieht, dieweil 4 die sinnbildliche Zahl der Universalität, des Überallhin-sich-erstreckens, ist, durch eine Gleichheit mit Löwe, Rind, Adler und durch das „wie ein Menschenangesicht“? Wozu kommt, daß alles Auge ist an diesen sinnbildlichen Darstellungen (vgl. Hes. 10,12): eine Vermittlung des Eindrucks: Alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen Dessen, mit dem jedes Geschöpf es zu tun hat. (Hebr. 4,13!) Entsprechend dieser Tatsache werden die ausführenden Organe alles zu finden wissen, was von ihnen erreicht werden soll: Nichts wird durchgehen! Als Sinnbilder von Tatsachen und Werkzeugen kann das sonst Unvernünftige sein, daß sie sowohl um den Thron her als auch inmitten des Thrones, wie wenn sie ein Teil davon wären, gesehen werden.

Weil sie die gedachten Vertreter der irdischen Geschöpfe sind, ist es zu verstehen, daß ihnen Herrlichkeits-, Ehre- und Dankesbezeugung zugeschrieben wird und in Kap. 5 des Amensagen zu denselben Bezeugungen von seiten aller Geschöpfe. Siehe Ps. 148 und 150.

Aus Vorstehendem erhellt zur Genüge, daß zu fragen ist, „was“ sind die Lebewesen, anstatt

3mal „Heilig“ zurufen, weil Seine Ahndungen des Frevels auf der Erde durch sie, die Werkzeuge, Ihn als den Heiligen erweisen. Vgl. z. B. Jes. 5,16; 4. Mos. 20,13; Hes. 28,22; 38,16.

Als drittes noch erhellt, daß sie als das, was sie sind, nicht Harfen haben und nicht das im Wortlaut vorliegende Lied singen können; natürlich auch nicht Vermittler der Gebete der Heiligen sein und über die Erde mitherrschen können.

Wer Interesse für eine Abhandlung hat, die alle Stellen, wo die Cherubim-Seraphim-Lebewesen vorkommen, einbezieht, der lese die Antwort Auf Frage 1 im Jahrbuch 1929 der „Handreichungen“!

F. Kpp.

Anmerkungen des Schriftleiters

Nicht mehr als ein paar Ausführungen zu dieser klagen Antwort, die dennoch, so darf ich wohl sagen, den Hauptgegenstand nur streift. Das ist kein Tadel, natürlich nicht, sondern nur die Feststellung, daß dieser Hauptgegenstand, „die vier lebendigen Wesen“, eben ein derartiges Geheimnis ist, daß alle Aufsätze über sie - und wir haben in den „Handreichungen“ schon öfter darüber zu schreiben gehabt, man vgl. zu am Schluß von Antwort A angegebener Frage z. B. noch die „Räderfrage“ (4 in Jahrb. 11, S. 69! und 94!) - nur ein Tasten und Stammeln über die erhabensten Dinge der uns noch unsichtbaren Welt sind, nämlich über den Thron Gottes und seine symbolische Darstellung. Wir wissen, daß Jehova Seinem Volke verbot, von Ihm Selber Bilder und Darstellungen zu geben (2. Mos. 20,4 u. a.), und es ist Torheit, wenn die sog. christliche Kunst dieses, wenn auch nur Israel gegebene Verbot mißachtet oder sich einbildet, Gott einen Dienst zu tun mit Bildern von Ihm und Seinem Christus. Aber die vier lebendigen Wesen von Offenb. 4 - können wir sie (wer und was sie sind) etwa darstellen? Die symbolischen Darstellungen der Schrift wie die der Cherubim in der Stiftshütte (2. Mos. 25), im Tempel Salomos und auch in Hes 41, seien genug für unser Vorstellungsvermögen! Menschliche

ergründen und je fertig werden mit dem, was sie sind, das können wir, meine ich, nie! Und warum nicht? Weil sie mit dem Thron organisch zusammengehören, ein Ganzes bilden, eine Einheit. „Und auf dem Throne saß Einer!“ (Offenb. 4,2!) Schon was V. 3 sagt, kann nicht besser dargestellt werden als mit diesen Worten! V 4 können wir uns in etwa vorstellen, das reicht in unsere menschliche Sphäre hinein und ist ja auch ein Bild von den alt- und neutestamentlichen Heiligen. Aber dann folgt der Thron mit seinen Organen (V. 5ff.), und da stehen wir still und beten an Den, der auf dem Throne sitzt! So ist meine arme, schwache „Anschauung“ von diesen Dingen, die, wie ich glaube, uns ein Bild geben sollen von der unantastbaren Herrlichkeit des Dreimalheiligen. Er, der auf dem Throne sitzt, ist in Seinen Organen, in den Vertretern Seines Thrones, der hier Gerichtsthron ist (bis Kap. 20), uns vorgestellt in Seiner Unendlichkeit, Allmacht, Allwissenheit, Allgegenwart, Allgenugsamkeit usw. Ich denke manchmal: Wir können - und zwar wir alle, Seine Heiligen - über diese Dinge sagen, was wir wollen oder sagen wollen möchten, wir berühren dennoch nur die Oberflache dieser Herrlichkeiten; die Tiefen erforschen wir nicht, nicht einmal die des Thrones, geschweige denn Gottes Selbst! 1. Kor. 2,10ff. widerspricht dem nicht nur nicht, sondern sagt das gleiche, und V. 12 offenbart uns, daß allein der Geist Gottes uns belehren kann und auch belehrt über die Dinge, die uns von Gott geschenkt sind, nicht daß wir die Tiefen Gottes selber ausforschen konnten; zu diesen aber gehört der Thron mit seinen Attributen, seinen Organen.

Diese Organe sind nicht etwas gleich Beamten, sondern sie sind geistwesenhafte Vertreter, nicht Personen, die, wenn auch noch so gewaltig, doch ihre faßlichen Grenzen haben, sondern organisch zusammengehörige Sinnbilder (eins nicht und nie ohne die anderen) der göttlichen Fülle und unfaßlichen Vollkommenheit. (Wir reden auch von „Organen“ etwa der Regierung oder des Staates und meinen dann nicht Personen an sich - wenngleich es Personen sind, doch auch eine Zeitung kann ein Regierungsorgan“ sein! -, sondern das in ihnen verkörperte Wesen des Staates in irgendeiner bestimmten Hinsicht; wir könnten mit einer Person, die solch „Organ“ [das griechische Wort bedeutet zunächst „Werkzeug“] darstellt, verwandt sein, aber wenn wir mit ihr als staatlichem „Organ“ zu tun haben, so hat das menschliche Verwandtsein nichts zu bedeuten, wir haben es mit ihm als der Verkörperung des Staates zu tun, und was wir

Staatsidee.) Ich gebe zu, daß diese Erwägungen schwieriger Natur sind, aber wer meint, daß man über diese Dinge auch nur so reden kann wie über die viel lieblicheren, einfacheren von Kap. 5 oder gar in dem überlegenen Ton eines Alleswissers, der sieht nicht, daß in diesen Lebewesen gleichsam der lebendige Gott Selber in Seiner richterlichen Herrlichkeit vor uns steht und uns durchleuchtet mit Seiner unbestechlichen Wahrheit und Heiligkeit. Wenn auch nicht von jeher, so doch seit langem sind mir diese Kapitel wie Hes. 1; Jes. 6 (Seraphim); Offenb. 1 und 4 mit als die tiefsten der Heiligen Schrift überhaupt vorgekommen, weil sie uns mit dem Wesen des Dreimalheiligen bekannt machen, und Offenb. 5 zeigt uns dann das Mittel, durch das wir zu dem Throne nahen, ja, mit ihm zusammengehören dürfen; es ist „das Lamm inmitten desThrones“. (V. 6)

In Offenb. 4 sehen wir die Wirklichkeit Gottes, die Welt Gottes, in Kap. 5, wie wir in diese Welt hineinkommen, ja, ein Bestandteil von ihr werden. Aber während wir in den „Ältesten“ niederfallen vor dem Throne und anbeten, sprechen „die vier Lebewesen“ nur „Amen“. Sie, die Organe des Thrones, bestätigen den Thron, Seine Heiligkeit und Seine Gerichte; wir aber kennen Den, der uns - einst Sünder, nun Kinder! - fähig gemacht, zur Umgebung des Thrones zu gehören: das Lamm - wir beten an!

Ja, wir beten Dich, das Lamm, schon heute an, Herr Jesus! - Aber laßt uns über dem schon jetzt Kennen des Lammes nicht vergessen, daß die Heiligkeit des Thrones und die Herrlichkeit Dessen, der darauf sitzt, unantastbar bleibt für uns, daß wir nie ein Recht haben, diesem Throne in ungeziemender Vertraulichkeit zu nahen, und daß alles, was mit ihm in Verbindung steht, uns geoffenbart und darum verständlich gemacht ist in den Organen oder Vertretern des Thrones: den vier Lebewesen, die in fast unnennbarer Vollkommenheit und Hoheit uns die unendliche Herrlichkeit und Heiligkeit des Thrones unseres Gottes darstellen und damit andeutungsweise Ihn Selber! - Wie groß bist Du! Dank und Anbetung Dir in Ewigkeit, Dir, o Gott, der Du uns in ChristoJesu Vater geworden bist!

F. K.

Gehaßt ohne Ursache!

Geliebt ohne Ursache!

Der HErr hatte mit Seinen Jüngern das Passah gefeiert und das Abendmahl eingesetzt; nun ging Er mit ihnen hinaus nach Gethsemane. Er wußte, „daß Seine Stunde gekommen war“. (Joh. 13,1) Seine Seele empfand den Haß der Welt. Wir sehen dies aus den Worten an Seine Jünger: „Sie haben gesehen und gehaßt sowohl Mich als auch Meinen Vater. Aber auf daß das Wort erfüllt würde, das in ihrem Gesetz geschrieben steht: ‚Sie haben Mich ohne Ursache gehaßt‘.“ (Joh. 15,24.25) Dieses Wort aus Ps. 69,4 bezeugt uns, daß nichts in dem Leben unseres hochgelobten HErrn war, was den Haß der Welt hätte hervorrufen können, sondern vielmehr, was Liebe hätte bewirken müssen.

Der Grund alles Hasses lag in dem Herzen und der Gesinnung des gefallenen Menschen. „Die Gesinnung des Fleisches ist Feindschaft gegen Gott“ (Röm. 8,7), und somit gegen den in Niedrigkeit in dieser Welt wandelnden Sohn Gottes. Ein böses, ein neidisches Auge sieht wie durch ein gefärbtes Glas alles - auch das Schönste - in der Färbung des Glases, und so sieht der ungläubige Mensch in Ihm nur einen Wurzelsproß aus dürrem Erdreich, der keine Gestalt noch Schöne hat. Die Braut aber erkennt Ihn als den Schönsten, „ausgezeichnet vor Zehntausenden“, an dem alles lieblich ist. (Hohel. 5,10.16) Und wenn, lieber Leser, dein Herz das Gleiche empfindet wie die Braut im Hohenliede, so beweist es, daß Gnade dein Auge geöffnet hat, Seine Lieblichkeit zu erkennen.

Wenn auf der einen Seite kein Grund vorhanden war, den Herrn Jesus zu hassen, so war anderseits in der Natur des gefallenen Menschen kein Grund vorhanden, von Gott geliebt zu werden. Wohl aber war für Gott, „der zu rein von Augen ist, um Böses zu sehen“ (Habakuk 1,13), Grund genug vorhanden, den Sünder von Sich zu stoßen. Und damit ist der Zustand jedes Unbekehrten gekennzeichnet.

In dem Kreuze Christi sehen wir die göttliche und die menschliche Natur entfaltet - die Natur Gottes, die Liebe ist, und die menschliche Natur, die, wie wir gesehen haben, Feindschaft gegen Gott ist. Der grundlose Haß der Menschen, der sich bisher in Widerspruch, Lästerung und Verfolgung geäußert hatte, fand am Kreuze Christi auf Golgatha seine volle Entfaltung. Die Wunder Seiner Macht, die Taten Seiner Liebe und Seines Erbarmens hatte man dem Beelzebub zugeschrieben. Immer wieder hatte man Steine aufgehoben, sie auf Ihn zu werfen, und immer wieder wurde ihre Wut von Gott in Schranken gehalten. Dies aber war nicht mehr der Fall, als der HErr den Händen der Sünder überliefert wurde. Jetzt war „ihre“ Stunde gekommen, so wie der HErr sagte: „Dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis.“ (Luk. 22,53) Seine Allmacht, mit der Er Tote lebendig machte - Sturm und Wellen stillte - Dämonen austrieb, gebrauchte Er nicht für Sich Selbst. Gleich einem Lamme ließ Er Sich zur Schlachtung führen. (Jes. 53,7) Mehr als zwölf Legionen Engel standen für Ihn bereit, und mit Frohlocken wären sie für den Mann der Schmerzen eingetreten. Das Kreuz auf Golgatha enthüllt der ganzen Schöpfung, der sichtbaren und unsichtbaren, die Natur des gefallenen sündigen Menschen und die Natur Gottes als Licht und Liebe.

Der Reine und Heilige, den man keiner Sünde zeihen konnte, Er ertrug die Schande und das Anspeien, das Schlagen und das Höhnen der Sünder, zuerst von seiten des jüdischen Pöbels (Luk. 22,63), dann von Herodes und dessen Kriegsleuten (Luk. 23,11), die Ihn in das Spottgewand der Königswürde hüllten. Den gleichen Hohn und Schimpf wiederholten etwas später die Soldaten des Pilatus, sie aber fügten dem Purpurmantel noch eine Dornenkrone und einen Rohrstock als Zepter hinzu und fielen vor Ihm spottend auf die Knie. (Matth. 27,28-31)

Pilatus, der dreimal öffentlich erklärt hatte, keine Schuld an Ihm finden zu können, verfügte Seine Geißelung und überlieferte Ihn, gekreuzigt zu werden. Als die Kreuzigung mit ihren Qualen vollzogen war, tut der HErr Seinen Mund auf, und Sein erstes Wort vom Kreuz herab ist: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Luk. 23,34) Barabbas, den Aufrührer und Mörder, gab er (Pilatus) los - „Jesum aber übergab er ihrem Willen“. (Luk. 23,25) Und was war ihr Wille? Daß Er schmach- und qualvoll zwischen zwei Übeltätern sterben sollte.

War nun, als Er am Kreuze hing, ihr „Haß ohne Ursache“ gesättigt? Nein, mit Seinem körperlichen Leiden, mit Seinem Blut war ihr Haß noch nicht gestillt. Den leiblichen Schmerzen fügen sie auch die seelischen noch hinzu. Jede Würde, jede Eigenschaft, in welcher Er anerkannt und Ihm gehuldigt worden war, wird jetzt Ihm zum Hohn und Spott gebraucht. Er war der Sohn Gottes! Höhnend ziehen sie an Seinem Kreuz vorüber, lästern Ihn, indem sie ihre Köpfe schütteln und sagen: „Der Du den Tempel abbrichst und in drei Tagen aufbaust, rette Dich Selbst. Wenn Du Gottes Sohn bist, so steige herab vom Kreuze.“ (Matth. 27,39.40) Er ist der Heiland, der Retter der Sünder, der König Israels, der Geliebte Gottes! Die Hohenpriester samt den Schriftgelehrten und den Ältesten spotten: „Andere hat Er gerettet, Sich Selbst kann Er nicht retten, Er ist Israels König; so steige Er jetzt vom Kreuz herab, und wir wollen an Ihn glauben. Er vertraute auf Gott, der rette Ihn jetzt, wenn Er Ihn begehrt; denn Er sagte: Ich bin Gottes Sohn.“ (V. 41-44) In ihrem blinden Haß bestätigten sie, die Worte ihrer prophetischen Schriften selbst erfüllt zu haben. (Ps. 22,7.8)

Wie der HErr diesen ihren Hohn aber empfand und wie Seine Seele darunter litt, das enthüllt uns der Heilige Geist prophetisch mit den Worten: „Du, Du kennst Meinen Hohn und Meine Schmach und Meine Schande; vor Dir sind alle Meine Bedränger. Der Hohn hat Mein Herz gebrochen, und Ich bin ganz elend; und Ich habe auf Mitleiden gewartet, und da war keines, und auf Tröster, und Ich habe keine gefunden.“ (Ps. 69,19.20) Wahrlich, furchtbar war der Haß der Menschen „ohne Ursache“. Seine Liebe - die Liebe des „Freundes der Sünder“ (Matth. 11,19) - aber war so grenzenlos, daß aller Haß und alle Bosheit der Menschen sie nicht vermochte auszulöschen. (Hohel. 8,7)

So unvergleichlich diese Leiden des HErrn sind, mit allem, was die Geschichte der Menschen zu berichten weiß, hatte der HErr doch noch Leiden zu erdulden, die für Ihn furchtbarer waren als alles, was wir bisher betrachtet haben - Leiden, die schon im Vorgefühl Ihm blutigen Schweiß im Garten Gethsemane (Luk. 22,44) und Tränen und Geschrei auspreßten, von denen wir in Hebr. 5,7 lesen. In diesen Leiden hatten weder der Satan noch die Menschen ihre Hand (obwohl das Werk Satans und die Sünde des Menschen sie zu dessen Rettung nötig machten). Diese

Leiden, von denen wir jetzt sprechen, erlitt Er allein unter der Hand Jehovas, als Er für uns zur Sünde gemacht wurde. (2. Kor. 5,21) Alles, was Er von seiten des Satans und der Menschen erduldete, konnte niemals die Sühnung unserer Sünde bewirken.

Die Liebe Gottes zum Menschen war es, die diese unvergleichlichen Leiden dem Heiligen und Reinen auferlegte, und die Liebe des Heilandes zu den Sündern war es, diese unvergleichlichen Leiden von Gottes Hand als Strafe für den Sünder zu erdulden und das Werk der Sühnung zu vollbringen. Diese Sühnung konnte nur von dem ausgehen, gegen den der Mensch gesündigt hatte. (Ps. 51,4) Gott Selbst lud die Strafe, die der Übertreter zu tragen hatte, auf Den, der Sünde nicht kannte, und ließ Ihn treffen unser aller Ungerechtigkeit. (Jes. 53,6)

Ich brauche kaum zu sagen, daß wir Grund haben, anzunehmen, daß diese unvergleichlichen Leiden von unserem anbetungswürdigen Heiland in jenen drei Stunden der Finsternis erduldet wurden, als Er den bitteren Schrei ausstieß: „Mein Gott, Mein Gott, warum hast Du Mich verlassen:“ (Ps. 22,1; Matth. 27,46; Ps. 102,10) Und warum geschah es? Weil es Jehova gefiel, Seine Seele zum Schuldopfer für unsere Sünden zu stellen. Der Heilige Geist drückt dies noch stärker aus in 2. Kor. 5,21: „Den, der Sünde nicht kannte, hat Er für uns zur Sünde gemacht.“ Wie unaussprechlich feierlich erscheinen uns in diesem Lichte die Worte des Propheten Sacharja 13,7: „Schwert, erwache wider Meinen Hirten und wider den Mann, der Mein Genosse ist! spricht Jehova der Heerscharen; schlage den Hirten, und die Herde wird sich zerstreuen.“

In diesem gewaltigen Handeln des heiligen Gottes mit dem Herrn Jesus, dem Mittler zwischen Gott und Menschen, wird uns das Wesen Gottes als Licht und Liebe enthüllt. Er ist Licht, und als Licht muß Er Sünde verabscheuen und strafen - Er kann unmöglich an ihr vorübergehen. Und Er ist Liebe, und diese leitet Ihn, Seinen eingeborenen Sohn zu geben und die Strafe zu unserem Frieden auf Ihn zu legen, „auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe“. (Joh. 3,16)

Menschen lieben die, die ihnen Gutes erweisen, und für „den Gütigen möchte vielleicht jemand zu sterben wagen“, obgleich dieses ein sehr seltenes Vorkommnis in der Geschichte dieser

wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“ (Röm. 5,7.8)

Das Feuer Jehovas, das einst auf dem Berge Karmel auf das Brandopfer Elias herabfiel, verzehrte nicht nur dieses, sondern auch die Steine, und leckte das Wasser im Graben auf. (1. Kön. 18,38) Für das Feuer dieser Erde sind Steine keine Nahrung, und Wasser bringt es zum Erlöschen. Das Feuer aber, das vom Himmel auf Elias Opfer fiel, verzehrte auch die Steine und das Wasser, und ebenso verzehrte es das Opfer Christi auf Golgatha und auch die Steine unseres Hasses und die Flut unserer Sünden.

Wie ganz anders ist doch die Liebe Gottes als die Liebe der Menschen! Menschen wenden ihre Liebe Personen zu, die sie ihrer Liebe würdig finden, Gott aber wendet Seine Liebe denen zu, die Ihn „ohne Grund“ hassen. Ohne Ursache sind wir von Ihm geliebt. Er liebte uns, als wir Gottlose und Sünder - als wir in den Vergehungen tot und Seine Feinde waren. (Röm. 5,6-10; Eph. 2,4.5) In den Leiden Christi sehen wir einerseits den Haß des Menschen, der seine Quelle in der Feindschaft seines Herzens gegen Gott hat, und andererseits das Erbarmen Gottes, dessen Quelle allein in dem Herzen Seiner Liebe zu den gefallenen Menschen ist.

So lehrt uns das Kreuz Christi:

Gehaßt ohne Ursache! Geliebt ohne Ursache! J. H. S. - A. v. d. K.

„Wie er vordem getan hatte.“

Dan. 6,11.

Selbstverständlich wird in den „Handreichungen“ oft auf das Gebetsleben der Kinder Gottes hingewiesen; es kann dies ja auch nicht zu häufig geschehen. Wie beten wir, Geschwister?

entsprechend? Möchte es so sein! Prüfen wir uns! Vieles wird versäumt, vieler Segnungen gehen wir und andere verlustig, wenn wir nicht Beter sind, was ja wohl mehr ist, als nur zuzeiten beten.

Daniel lehrt uns nicht nur, was „beten“ ist, sondern was es heißt, ein Beter zu sein. Er war ein Beter im vollsten Sinne. Dazu kurz einige Punkte, kurz und knapp angeführt, uns zur Mahnung!

Der Text ist wohlbekannt, auch die „Handreichungen“ haben vor einigen Jahren über denselben geschrieben. Das tut aber nichts. Solche Texte kann man gern öfter besprechen, sonderlich wenn man wünscht, ein Beter zu werden.

Vordem!“ Mein Bruder, meine Schwester! Dein „Vordem“ vor dem „Heute“ war gestern, vor morgen ist heute, das „Heute“ baut sich und baut auf dem „Gestern“ auf! Seien wir praktische Leute, der Text ist so schlicht und praktisch, daß wir gar nicht fehlgehen können in seiner Erklärung. Warst du gestern ein Beter? Wirst du es heute noch werden? (vgl. Paulus: Apgesch. 9,11 am Schluß!) Wenn du nun morgen heimgehen solltest, was würde dann von Gott, dem Allsehenden, über dein Gestern gesagt werden können? Daß du gebetet hattest, daß du ein Beter warest? Manchmal müßte vielleicht gesagt werden über den einen oder den anderen: Er war ein Denker - aber ein Beter? Nicht, daß ich wüßte! Mein Bruder, vor Gott gilt nur die Wirklichkeit! Wie war's mit unserem „Vordem“?

Aber Daniels „Vordem“ hatte noch andere Inhaltspunkte, das geht aus dem ganzen Kapitel hervor: Zählen wir schnell einiges auf! V. 5: „sie konnten keine schlechte Handlung an ihm finden“ (wie mögen sie gesucht haben!), „weil er treu war!“ So sah sein „Vordem“ außerhalb des Kämmerleins aus! V. 6a: „wir werden gegen diesen Daniel keinen Anklagegrund finden.“ So war sein Ansehen in der Welt, so sah es vordem um ihn herum aus, wenn man die Meinungen der Menschen über ihn fragen wollte. Meine geliebten Brüder und Schwestern, wie urteilen die Menschen über unseren Dienst in der Welt? Sage nicht, das sei einerlei, wenn man nur wüßte, wie Gott urteilte. Ja, weißt du das? Denkst du, Gott beurteilt deinen äußeren Dienst als „gut“, wenn die Menschen dich - etwa - nennen würden (ich sage es mit Zittern): faul, träge, untreu,

Klatsch zugänglich usw. usw. Würde da das Urteil Gottes gar so anders lauten? - Wie ist unser „Vordem“? Aber V. 6b: „wir werden gegen ihn etwas finden in dem Gesetz seines Gottes!“ Warum denn? O weil er ein so treuer Mann war, treu seinem Gott! Das wußte man, und da würde man ihn zu Fall bringen können, nicht in dem Sinne, daß er seine Treue gegen seinen Gott aufgeben würde ihnen zuliebe, sondern eben: Er würde sie fortsetzen, auch wenn sie Gefahr für ihn bedeutete. Und darauf gründeten diese Leute ihren Plan, und der gelang (zunächst), eben weil Daniel sie nicht enttäuschte! Enttäuschen wir die Menschen durch Untreue Gott und Seinem Worte gegenüber? Erwarten sie wohl manchmal ein anderes Verhalten von uns, weil sie uns als wahre Christen kennen, und sind enttäuscht, daß wir mehr ihnen ähneln als unserem Herrn Jesus Christus? Wie also sieht unser „Vordem“ aus? Vor was? Vor einer ernstesten Probe unserer Treue, unseres Gebetslebens, unseres Wandels mit Gott! Kommen wir nie in ernste Krisen hinein? Sicher! Sind wir da gerüstet durch ein herrliches „Vordem“, oder tappen wir unvorbereitet in Schwierigkeiten hinein, die Gott zuläßt, um uns in uns selbst zuschanden werden oder uns Seine Treue und Gnade besonders erfahren zu lassen?! Das muß doch jeder zugeben: Daniel war nicht unvorbereitet! Sein „Vordem“ entsprach seinem „Heute“, dem „Heute“ besonderer Prüfung, in der sein Leben auf dem Spiele stand: Und gab es für ihn noch ein Morgen, es würde dem „Heute“, dem „Vordem“ entsprochen haben - und es entsprach ihm. (V. 29 und die weiteren Kapitel!) Wunderbar!

Wie sah sein Heute der Prüfung nun aus?

1. Als er erfuhr, welcher Plan gegen ihn ausgeheckt war, „ging er in sein Haus“ (V. 11a), nämlich still und völlig gottergeben! Wohlgemerkt: Er lief nicht zum König, um sich zu beschweren (und seine Beschwerde als die eines der höchsten Beamten, als die des designierten Reichskanzlers, hätte unbedingt Erfolg gehabt!); nein, er ging in sein Haus. Was tun wir, wenn wir ungerecht, ohne Schuld unsererseits, in eine schwierige Lage kommen? Die Schrift sagt: „Jehova wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein!“ (2. Mose 14,14) Glauben wir dieses oder nicht? Wir können es ständig erfahren!

2. Dann lesen wir (11b): „er hatte in seinem Obergemach offene Fenster nach Jerusalem hin“.

Aus dem ganzen Vers geht hervor, daß er diese offenen Fenster vordem hatte und jetzt auch noch; sein „Heute“ in dieser Hinsicht war wie sein „Vordem“. Es ist wichtig, das zu beachten. Was hätte wohl näher gelegen, d. h. wenn Daniel sich nach Menschen gerichtet hätte, als sich jetzt zu fragen: „Ist es wirklich so nötig, daß die Fenster, so etwas Äußerliches, nach Jerusalem offenstehen? Wenn mein Herz nur offensteht zu Gottes Stadt hin, dann ist's doch auch gut?“ - Aber nein, die Fenster blieben offen! Oder er hätte sagen können: „Vorsicht tut not, ich kann ja in dem Gemach, dessen Fenster hinten zum Hofe führen, die Fenster öffnen, das fällt nicht auf, und da ich Jerusalem auch vorn heraus doch nicht sehen kann, so ist es eigentlich gleichgültig.“ Wäre es gleichgültig gewesen? Nein, es hätte ein feiges Herz offenbart, es war eines Daniel unwürdig, die Fenster blieben vorn heraus offen! - Oder er hätte stillschweigend die Vorhänge vorziehen können - und damit hätte er auch vor sein Herz einen Vorhang gezogen! Nein, es blieb alles, wie es „vordem“ gewesen! Glücklicher Daniel!

3. „Und dreimal des Tages kniete er auf seine Knie und betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vordem getan hatte.“ (V. 11c) Aber Daniel, das ist unweise von dir, so darfst du die Welt nicht reizen: „Knie nicht nieder, auf die äußere Form kommt's nicht an!“ Und dreimal des Tages? Warum? Gott hört dich auch beim erstenmal zur Genüge. So? Aber ein Mann heiliger Gewohnheiten (wie Christus!) gibt diese, gibt seine Gebetszeiten nicht aus Menschengefälligkeit preis! Und dann Lobpreis? Dazu ist jetzt doch kein Anlaß! - Ach, warum denn nicht? „Sollt ich meinem Gott nicht singen, sollt ich Ihm nicht dankbar sein?!“ „Seid dankbar in allen Dingen!“ (1. Thess. 5,18) „Aber du spielst mit deinem Leben!“ - „Das ist Gottes Sache! Ich will lieber treu sein als leben!“

Siehe, das ist Daniel! So „vordem“ wie gegenwärtig, wie nachdem! Das ist Treue, das ist Liebe zu Gott! Der Erfolg, besser der Segen, kann nicht ausbleiben. Zunächst finden die Feinde, was sie erwartet haben und darum suchten, und triumphieren, aber ihr Ende ist anders als ihr Anfang: V. 25! Unser Gott ist gerecht!

Es kommt nun alles, wie es kommen muß, und mehr als das! Darüber in der Schlußlieferung der „Handr.“ noch ein paar Worte - aber laßt uns uns fragen: Wie waren wir bis heute

„vordem“? Wie werden wir morgen und übermorgen sein? Waren wir treu, waren wir entschieden? Wie beteten wir „vordem“, und wie werden wir von nun an beten? Wenn nicht ein Leben der Treue wie bei Daniel dahintersteht, so werden wir zum treuen Gebet auch nicht zuviel Lust verspüren. Es paßt dann das eine nicht mit dem anderen zusammen und - wir beten dann eben nicht, weil wir's „vordem“ auch nicht - so recht - taten, und ungemessene Segnungen gehen uns und durch uns anderen verloren!

Brüder, Schwestern, wie beten wir? Ja, beten wir überhaupt, beten wir regelmäßig, beten wir unbedingt täglich, beten wir im Kämmerlein kniend? Sind wir Beter? Wie ist unser „Vordem“? Wie wird unser „Heute“, wie unser „Morgen“ sein? Gott segne uns!

F. K.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Ein beherzigenswerter Rat.

(Schluß.)

„Laß dich nicht von dem Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit dem Guten!“ (Röm. 12,21)

Eine ganze Reihe von Typen Alten wie Neuen Testamentes sind nun in diesem Jahrbuch an unseren Augen vorübergezogen, und wir haben in vielfältiger Weise den Rat von Röm. 12,21 beherzigt gefunden, uns zu mahnenden Vorbildern für unser eigenes Verhalten im praktischen Leben sowohl in- wie außerhalb der Gemeinde des HErrn, im Gemeinschaftsleben wie auch draußen im Lebenskampf. - Für die letzte Lieferung hatte ich mir vorbehalten und angekündigt, daß ich nun noch zeigen wollte, wie auch unser Gott diesen Grundsatz befolgt, und dies zu betrachten sei jetzt unser Gegenstand! Doch kann ich diesen nur andeutungsweise „behandeln“, darf nur ganz kurz auf denselben hinweisen. Und dies nicht etwa aus Raummangel, sondern aus einem ungleich tieferen Grunde! Über diesen „Gegenstand“ könnte

wohl fortlaufend durch ein ganzes Jahrbuch geschrieben werden - aber nicht unter unserer gewählten Überschrift! Man wolle nachlesen in Lief. 1, warum ich mich zu dieser entschloß. Ja, über Menschen kann wohl unter dieser geschrieben werden, nicht so über Gott, den Dreimalheiligen, und zwar weder über Gott in der Person des Vaters noch über Gott in der Person des Sohnes, noch über Gott in der Person des Heiligen Geistes! Und warum nicht? Aus dem einfachen und doch so tiefen Grunde, weil es für Gott in dieser Sache kein Entweder-Oder gibt wie für uns Menschen, selbst für die besten, wie etwa Paulus u. a. Gott, und zwar in jeder der 3 sich geoffenbart habenden Personen des Einen Gottes, kann nur das Böse überwinden mit dem Guten, und wie gesagt, das wäre ein herrlicher Gegenstand zu fortlaufender Betrachtung, aber Er kann nicht von dem Bösen überwunden werden, kann Sich nicht von ihm überwinden lassen! „Gott kann nicht versucht werden vom Bösen!“ (Jak. 1,13) Er ist nicht nur sündlos, sondern auch unversuchlich! Auch der Herr Jesus in Seiner heiligen Menschheit ist - wohl versucht worden (Hebr. 2,18; 4,15) - in Seiner Natur unversuchlich, d. h. in Seiner Natur („Das Heilige“, Luk. 1,35) ist keine Möglichkeit, Ihn zu Fall zu bringen, vorhanden (gewesen). Ich habe hierüber schon vor mehr als 25 Jahren geschrieben in meinem Buch „War Jesus versuchlich?“, das seit langem vergriffen ist, aber auch in den „Handreichungen“ habe ich des öfteren diese Tatsache betont und darüber geschrieben, so in meinem (fortlfd.) Aufsatz „Geboren von einem Weibe“ (Gal. 4,4) in Jahrbuch 11. Hier genüge dieser Hinweis auf Seine fleckenlose Heiligkeit, um sofort zu sehen, daß man nicht betr. Seiner ohne weiteres über Röm. 12,21 schreiben kann, insbesondere nicht unter vorliegender Überschrift! Darum nur zum Schluß unseres Aufsatzes einige wenige Beispiele von der Erfüllung des 2. Teiles des Verses durch unseren Gott.

Das herrlichste Beispiel für uns, um uns zur Anbetung zu veranlassen, ist gleich unseres Gottes Verhalten gegenüber dem soeben in Sünde gefallenen, somit von Gott abgefallenen ersten Menschenpaare. (1. Mose 3) Hätte Gott - aber Er hat nicht! Gepriesen sei Er! - sofort jede Verbindung mit dem Menschengeschlecht abgebrochen, wohin wären wir dann gekommen, was wäre aus uns geworden?! Nie wären wir erlöst worden, nie aus den verdienten Sündenfolgen herausgekommen, nie hätten wir die Möglichkeit gehabt, Gottes Vaterherz, Gottes Vaterliebe zu

Willens in Gegensatz zu Gott, seinem Schöpfer, getreten, da trat Gott ins Mittel! Sein Dennoch-in-den-Garten-Kommen war Gnade, noch mehr, daß Er wieder mit dem Menschen anknüpfte, mit ihm, der sich vor Gott versteckte! Welche Gnade, welch Überwinden des Bösen mit dem Guten, daß Er den Menschen anrief: „Wo bist du?“ (1. Mose 3,9), welch ernstes, aber doch gnadenreiches Gericht, daß Er den Sünder wohl aus dem Paradies verbannte, ihm aber die Möglichkeit offenließ, erlöst zu werden durch den Retter, den Er von Anfang an verhieß. (V. 15) So rühmte sich die Barmherzigkeit wider das Gericht. (Jak. 2,13!)

Und so ist Gott dem Sünder nachgegangen durch die Jahrtausende hin, so hat Er in der Person Seines Heiligen Geistes und durch Sein Wort die Menschen wieder und wieder gesucht, gelockt, gemahnt, gewarnt und - tut es heute noch! „Deshalb, wie der Heilige Geist spricht: Heute, wenn ihr Seine Stimme höret, verhärtet eure Herzen nicht!“ (Hebr. 3,7 u. 4,7 im Zusammenhang der ganzen Kapitel 3 u. 4, die uns die Bemühungen des Heiligen Geistes, das Böse mit dem Guten zu überwinden, durch die Geschichte Israels hin zeigen.) So hat der Heilige Geist gearbeitet an unserer Rettung, und so ist Er noch heute tätig an der widerspenstigen (vgl. Apgesch. 7,51) Menschheit - bis die Gnadenzeit endgültig zu Ende ist. (Joh. 16,7-11 u. a.)

Und der Sohn? Gottes Sohn, unser herrlicher Herr Jesus, Gott und Mensch in einer Person, das ewige Wort (Joh. 1,1ff.) - welchen Beitrag bringt Er herbei zum Beweis dafür, daß Gott stets das Böse mit dem Guten zu überwinden trachtet? O nicht allein, daß Er uns in Seinem Wandel nach den Evangelien diesen göttlichen Grundsatz offenbart (z. B. in Luk. 9,51-56 und 10,30-37), nein, in Seinem Leiden und Sterben, in Gethsemane, in Gabbatha (Joh. 19,18) und auf Golgatha, von Seinem Kreuze herab in jedem Seiner Worte, in der Tatsache, daß Er Sich nicht durch die Engellegionen befreien ließ (Matth. 26,53), daß Er nicht herabstieg vom Kreuze (27,40), daß Er um unserer Sünden willen Sein Blut vergoß (Jes. 53 u. a.), daß Er die Stunden des Gottverlassenseins (V. 46 u. Mark. 15 u. Ps. 22 u. Ps. 88!) voll auskostete, Sich zur Sünde machen ließ (2. Kor. 5,21), um sie völlig zu überwinden, daß Er ins Grab stieg, um siegreich aufzuerstehen usw. usw. - ja, in diesem allen und in vielem mehr offenbarte Er Sein unvergleichliches, sündloses, heiliges, köstliches Handeln nach Röm. 12,21b so vollkommen,

daß wir anbetend stillestehen und Ihn rühmend preisen, „weil Er es getan, vollbracht hat“. (Ps. 22,31; Joh. 19,30) „Preis sei Dir, Herr Jesu, Preis Dir und Ehr!“

Und damit schließe ich meine Betrachtungen! Nichts will ich in bezug auf sie zu diesen Schlußworten über Ihn, unseren herrlichen HErrn und Sein unendlich kostbares, unerreichbares Vorbild hinzufügen als die Mahnung von Phil. 2,5ff.:

Diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war!“ Ja, Amen!

F. K.

Blicke in Gottes Erzieherweisheit.

(Gedanken zum Buche des Propheten Jona.)

(Schluß.)

Jonas Erzürnung über Ninives Verschonung und die göttliche

Zurechtweisung (nach Kap. 4).

Wir sahen in dem bisher Betrachteten, daß Jona nach gründlicher Buße und Beugung in die Umgebung der Menschen zurückkehrte und nach Kap. 3 bereit ist, den göttlichen Auftrag auszuführen. Seine Bußpredigt in Ninive hat zur Folge, daß dort Umkehr und Einkehr und Hinkehr zu Gott erfolgten, und Gott konnte in Anbetracht der bußfertigen Menschenkinder das Urteil über Ninive ändern, so daß es nicht dem Untergang verfiel. Gott - reich an Güte und Gnade - ließ das Unheil über Ninive nicht eintreten, weil dort noch Menschen waren, die sich sagen ließen. Man sollte meinen, der Prophet wäre über die gewaltige Wirkung seiner Predigt - des Aufrufes zur Buße - innerlich erfreut und vor Gott dankbar gewesen. Wie muß es uns deshalb befremdend anmuten, wenn die ersten Worte des 4. Kapitels lauten: „Das verursachte aber dem Jona großen Verdruß, und er geriet darüber in Zorn.“ (Kap. 4,1 Menge) In seinem

ungöttlichen Verhalten beginnt er zu beten und sucht vor Gott seine ehemalige Flucht zu rechtfertigen. Sein verkehrtes Sinnen geht sogar so weit, daß er zu sterben wünscht. Wie deutlich zeigt das Verhalten Jonas nach selbsterfahrener Begnadigung die Verkehrtheit des Menschenherzens! Ist es nicht so, daß wir uns als die Begnadigten Gottes oft in ähnlichen Gedankengängen bewegen? Wie könnte Gott einem solchen ungöttlichen Denken und Handeln zustimmen! Nein, Jona muß die Zurechtweisung hinnehmen, die in der Frage liegt, die Gott an ihn richtet: „Ist es recht von dir, so zu zürnen?“ Mit ihm beginnt der HErr eine neue Lektion durchzunehmen. Das war nötig; denn Jona mußte von der Verkehrtheit seines Herzens erneut überzeugt werden, und das geschieht auf wunderbare Weise. Ach, wie tief und groß und erhaben sind die Gedanken und Absichten Gottes, möchten wir sie mehr und mehr verstehen und erkennen und sie uns zu eigen machen!

Mit der Zurechtweisung „Ist es recht von dir, so zu zürnen?“ geht Jona aus der Stadt Ninive hinaus und wartet in einer von ihm selbst erbauten Hütte, was der Stadt geschehen würde. Vor seiner Hütte läßt Gott einen Wunderbaum aufschießen (schneller denn durch natürliches Wachsen), und Jona ist sichtlich erfreut, unter dem wohltuenden Schatten dieses Baumes zu wohnen. Ihm fehlt nichts mehr. Aus Ninive ist er herausgegangen, eine Hütte ist seine Wohnstätte, der Schatten des Baumes tut ihm wohl. Und Ninive? Jona wartet - auf seinen Untergang.

Allein: Gottes Gedanken sind nicht Jonas Gedanken. Der Prophet muß eine neue Lektion gründlich lernen. Der schattige Wunderbaum, an dessen schnellem Wachsen Jona große Freude hatte und unter dessen Schatten er sich erquickte, geht schnell, sehr schnell ein. Ein Wurm ist die Ursache des schnellen Absinkens von Jonas unentbehrlicher Schattenquelle. Alles muß Gott dienen - selbst ein Wurm kann Sein Werkzeug sein. Zu jenem Wurm gesellt sich ein schwüler Ostwind, und mit dem umgesunkenen Wunderbaum beginnt Jona die Hitze der Sonne zu spüren. Er empfindet ihre sonst so lieblichen Strahlen so lästig, daß er ohnmächtig wird und erneut, d. i. zum zweiten Male in diesem Kapitel, den Tod herbeiwünscht. Auf die Frage Gottes „Ist es recht, daß du wegen des Wunderbaumes zürnest?“ (Kap. 4,9) sucht er sich noch zu rechtfertigen mit den Wort: „Mit Recht zürne ich bis zum Tode!“ (Kap. 4,9)

Der schnell aufgewachsene und ebenso schnell verdorrte Wunderbaum bringt den Propheten in eine nahezu verzweifelte Lage. So sollte - mußte es kommen; denn nun konnte ihn Gott tief beschämen und dem an sich bedeutungslosen Wunderbaum die Einwohner einer Weltstadt gegenüberstellen. Jener Baum war weder aus Jonas Bemühen hervorgegangen, noch hatte er zu seiner Entfaltung irgend Hand angelegt, nein - nur sein Schatten tat ihm wohl. Und weil er den nicht mehr haben konnte, tat ihm das schnelle Verdorren leid, jammerte er über zerstörte Bequemlichkeit. Und Ninive? Lag ihm offenbar nicht so am Herzen. Wohl hatte er jene Stadt zur Buße aufgerufen, wahrscheinlich aber nicht an die gewaltige Wirkung seiner Predigt geglaubt; denn wie hätte er sonst über das verhütete Unglück traurig, ja zornig sein können? Wie wenig priesterliches Verhalten, wie wenig Mitgefühl und göttliches Verantwortungsbewußtsein!

Gott weist Seinen Knecht gründlich zurecht und läßt ihn Seine Geduld und Güte erblicken, indem Er an ihn die Worte - gewaltig und beschämend für Jona, erhaben und tief nach dem Herzen Gottes - richtet: „Du erbarmst dich des Wunderbaumes, um welchen du dich nicht gemüht und den du nicht großgezogen hast, der als Sohn einer Nacht entstand und als Sohn einer Nacht zugrunde ging; und Ich sollte Mich Ninives, der großen Stadt, nicht erbarmen, in welcher mehr als hundertzwanzigtausend Menschen sind, die nicht zu unterscheiden wissen zwischen ihrer Rechten und ihrer Linken, und eine Menge Vieh?“ (Kap. 4,10 u. 11)

Ob Jona diesen Worten aus dem Munde Gottes wohl etwas zu erwidern hatte? Ob sie ihn erneut trafen - und ihm sein eigenes Herz und das Herz Gottes zeigten?

Die Schrift berichtet uns nichts weiter. Und das ist sicher nicht ohne Grund. Jona ist beschämt, tief beschämt, göttlich zurechtgewiesen. Sicher hat er seinen Gott verstanden und sich vor Ihm wieder tiefgebeugt. Und wir? Ach, wie oft ist die Geschichte Jonas unsere Geschichte! Wie sehr beklagen wir oft dahingesunkene Bequemlichkeiten aus lauter egoistischen Beweggründen, und wie oft bekümmern wir uns nicht um „die Stadt Ninive“, für die genau so wie für uns die Güte und Langmut Gottes ausreicht.

Mit dem bisher Gesagten schließe ich die kurze Betrachtung über das Buch Jona. Sicher kann

der HErr jedem lieben Leser einen Segen bereiten, wenn das in den verschiedenen Lieferungen Geschilderte als Anregung hingenommen wird, darüber weiter nachzudenken und vor Gott zu erwägen. Zeitlich weit zurückliegend, doch so gegenwartsnahe dünkt uns das Buch Jona und mit ihm die ganze Heilige Schrift Alten und Neuen Testamentes. Mag sie uns in vorgerückter Weltzeit und später Stunde immer mehr sein und werden

„unseres Fußes Leuchte und ein Licht auf unserem Wege!“ (Ps. 119,105)

Fliehet zu Gott! Er segne uns!

H. B., U.

Beten bei sich selbst oder zu Gott.

Luk. 18,9-14.

Wenn wir die bekannte Schriftstelle von dem Pharisäer und dem Zöllner aufmerksam lesen, so fällt besonders ein Wort auf: „Der Pharisäer ... betete bei sich selbst.“

Der HErr stellt uns in diesem Gleichnis einen selbstgerechten und einen schuldbewußten Menschen vor. Er zeigt uns den Inhalt ihrer Gebete und läßt uns einen Blick in ihr Inneres tun. Während das Gebet des schuldbewußten Menschen kurz, wahrhaftig und demütig ist vor Gott, ist das des selbstgerechten lang, unwahrhaftig, hochmütig. Jedes Kind Gottes hat einmal das Gebet des schuldbewußten Menschen zu Gott und dem Herrn Jesus gebetet und betet es auch immer wieder, wenn auch in anderen Worten. Wir sind irrende Menschen. Es besteht die Gefahr, daß uns der natürliche Hochmut immer wieder befällt, obgleich wir uns der Sünde für tot halten sollten und könnten. Wir können leicht in eine pharisäische Gesinnung hineingeraten und uns selbst gefallen und nicht mehr in Demut wandeln und beten. Wir können dahin kommen, daß unser Gebet nicht mehr zu Gott gebetet wird, sondern vor Menschen. Ja, es kann vielleicht geschehen, daß wir gleich dem Pharisäer bei uns selbst beten. Wir sprechen das Gebet gewohnheitsmäßig her und vergessen, daß wir doch zu Gott reden. (!) Bei dem Beten eines

Gebetsverschens oder eines abgelesenen gedruckten Gebetes dürfte auch meist das Bewußtsein fehlen - du betest jetzt zu Gott. Es liegt uns Begnadigten daran, daß das, was wir beten, unser Gott vernimmt, daß es zu Ihm hinkommt, in Sein Ohr und Herz dringt. Ein Gebet bei uns selbst ist wertlos; ein Gebet zu Gott kann allein etwas erreichen, wenn auch nicht immer die Erhörung unserem Sinn gemäß ist.

In mehreren Stellen der Heiligen Schrift ist besonders hervorgehoben, daß das Gebet zu Gott gebetet wurde. Von Jona lesen wir: „Jona betete zu Jehova, seinem Gott.“ (Kap. 2,2) Und in der Apgesch. 12,5 heißt es: „aber von der Versammlung geschah ein anhaltendes Gebet für ihn (Petrus) zu Gott.“ Der HErr Selbst spricht nach Matth. 6,6: „... bete zu deinem Vater.“

Möchte der HErr uns alle, den Schreiber wie den Leser, bewahren, daß wir nicht etwa bei uns selbst oder vor den Menschen beten, sondern in Demut - bewußt zu dem lebendigen Gott!

O. D.

Frage und Antwort

Frage 20

Wie ist das Hohepriestertum des Herrn Jesus zu verstehen im Blick auf das Vorbild in Aaron einerseits und die „Ordnung Melchisedeks“ andererseits?

Antwort A

„Hoherpriester“ bedeutet: „Hauptpriester“, „Erster Priester“. Priestertum ist: Gott Nahen und Dienen. Der Hohepriester, wie wir ihn in Aaron sehen, tat dies in einer den wahren „Hohenpriester“, Christus, vorbildenden Weise.

Der Herr Jesus wird uns nur im Brief an die Hebräer als „Hoherpriester“ vorgestellt. Auch nur dort wird das in Melchisedek gegebene Vorbild erwähnt und gemäß Ps. 110,4 auf den Herrn

Jesus angewendet. Beide Vorbilder - Aaron und Melchisedek - waren nötig, um uns den Herrn Jesus als Hohenpriester vorzubilden: Melchisedek (zuerst), um uns das ewige Sein Seiner Person und den ewigen Bestand Seines Priestertums zu zeigen; Aaron, um uns die verschiedenartige Herrlichkeit Seiner Person und Sein Vor-Gott-Sein für uns und Seine Tätigkeit vor Gott für uns dazustellen. Wir sehen, welche großen Unterschiede bestehen in dem, was uns in genannten beiden Personen vorgebildet ist. Dazu kommt aber noch ein weiterer, in Hebr. 7 besonders hervorgehobener Unterschied, der in der Verschiedenheit der „Ordnung“ besteht, die uns in den beiden Vorbildern vor Augen tritt: Während das Hohepriestertum Aarons übertragbar war - es ging nach dem Tode des Hohenpriesters auf dessen ältesten Sohn über (siehe 2. Mos. 29,29; 4. Mos. 20,26) -, ist in Melchisedek nach Hebr. 7 uns ein unübertragbares Priestertum vorgebildet, indem gesagt ist: „Denn dieser Melchisedek ... weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend, aber dem Sohne Gottes verglichen, bleibt Priester auf immerdar.“ (Hebr. 7,3.23.24) Darum heißt es im Briefe an die Hebräer immer wieder, daß der Herr Jesus Hoherpriester geworden ist „nach der Ordnung Melchisedeks“. (Hebr. 5,6.10; 6,20; 7,17.21)

Nach dem Obengesagten ist die Antwort Auf unsere Frage nicht schwer, wenn wir unterscheiden zwischen der „Ordnung“, nach welcher Er als Hoherpriester bestellt worden ist, und dem „Vorbild“, nach welchem Er für uns droben vor dem Angesicht Gottes ist und für uns tätig ist:

Die Ordnung ist die „Ordnung Melchisedeks“,

das Vorbild ist das Vorbild Aarons.

Damit ist die Frage an sich beantwortet. Aber wir haben notwendigerweise hierzu noch etwas hinsichtlich dessen hinzuzufügen, was in Melchisedeks Herauskommen mit Brot und Wein und seinem zu Abraham gesprochenen Segen vorgebildet ist. Doch ehe wir das tun, möchten wir kurz einen Blick auf das „Vorbild Aarons“ tun. Was wir in diesem Vorbild sehen, ist überaus kostbar:

I. Sein Dienst. Bei diesem haben wir zu unterscheiden zwischen seinem beständigen Dienst

und dem am großen Versöhnungstage einmal im Jahre. Erstens sein beständiger Dienst: Im Heiligtum vor Gott als Vertreter Seines Volkes zu sein und durch bestimmte Verrichtungen dafür Sorge zu tragen, daß dort das aufrechterhalten blieb, was (sinnbildlich) den Bedürfnissen des Volkes Gottes auf seiner Wüstenreise entsprach. Diese Verrichtungen waren: das Zurichten der Schaubrote auf dem goldenen Tische (2. Mos. 25,30; 3. Mos. 24,5-9), das Zurichten der Lampen des goldenen Leuchters (2. Mos. 27,20.21; 3. Mos. 24,1-4) und das Räuchern des wohlriechenden Räucherwerkes auf dem goldenen Altar (2. Mos. 30,7.8). Was hierin vorgebildet ist, tut der Herr Jesus als unser Hoherpriester droben beständig für uns: Ununterbrochen sorgt Er

für die Aufrechterhaltung unseres Vor-Gottes-Auge-Seins in unserer unverletzlichen Einheit nach dem Wohlgeruch Seiner eigenen herrlichen Person und für den Genuß dieser herrlichen Tatsache unsererseits,

für die Aufrechterhaltung des Zeugnisses des Heiligen Geistes in uns und durch uns und

für die Wohlannehmlichkeit dessen, was aus unseren Herzen zu Gott emporsteigt.

Beständig verwendet Er Sich für uns „in den Sachen mit Gott“ und in den uns begegnenden Versuchungen, damit wir ohne Schaden durch diese Welt hindurchgehen können. (Siehe Hebr. 2,17,18; 4,14-16; 7,25 - 8,2) - Zweitens sein Dienst einmal im Jahre: Am großen Tage der Versöhnung (richtiger: Sühnung) - einmal im Jahre - ging der Hohepriester nach Darbringung des Bockes des Sündopfers, der für das Volk war, mit dessen Blute in das Heiligtum innerhalb des Vorhanges (also in das „Allerheiligste“) und sprengte von dem Blute auf die Vorderseite des Deckels (der Bundeslade) „gegen Osten“ und vor den Deckel, siebenmal, um Sühnung zu tun. (3. Mos. 16) So ist der Herr Jesus mit Seinem eigenen Blute „ein für allemal in des Heiligtum eingegangen, als Er eine ewige Erlösung erfunden hatte“ - „in den Himmel selbst, um jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns zu erscheinen“. (Hebr. 9,12.24)

II. Seine Kleidung. Dem Dienste Aarons entsprach seine Kleidung. Erstens für seinen beständigen Dienst: Diese war die in 2. Mos. 28 beschriebene - „heilige Kleider“, „zur

Herrlichkeit und zum Schmuck“. Wir können nur kurze Hinweise geben. Sie war gefertigt aus Gold, blauem und rotem Purpur, Karmesin und Byssus. Diese Dinge bilden uns das Wesens und die Eigenschaften unseres herrlichen Hohenpriesters vor. Das Gold: Seine göttliche Natur (Joh. 1,1-3.14; Röm. 9,5); der blaue Purpur: Seinen himmlischen Charakter (Joh. 3,13; 1. Kor. 15,47); der rote Purpur: Seine königliche Würde (Matth. 2,2; Joh. 18,37); das Karmesin (Farbe des Blutes): Hinweis auf Seinen Tod am Kreuze (Matth. 26,28; Hebr. 9,12); der Byssus: Bild Seiner göttlich reinen, fleckenlosen Menschheit (Luk. 1,35; 3,22; Joh. 1,14; 6,69; 8,29); „in Kunstweberarbeit“: Alle diese herrlichen Eigenschaften wunderbar ineinander verwoben. (Das Gold war zu dünnem Blech geplättet und in Fäden zerschnitten und unter die anderen Materialien der betreffenden Kleidungsstücke verarbeitet. 2. Mos. 39,3: Die Göttlichkeit Seiner Person leuchtete überall in Seinem Leben hindurch!) Dieses bezüglich der Materialien. Die einzelnen Kleidungsstücke kennzeichnen die mannigfaltigen Verrichtungen und Eigenschaften des hohenpriesterlichen Dienstes: Das Ephod und der Gürtel dazu, beides dargestellt aus allen vorgenannten verschiedenen Materialien, sprechen davon, daß Er Sich in Seiner ganzen herrlichen Person für uns verwendet. (Der Gürtel bringt zum Ausdruck, daß Er der Diener ist, der immer für uns da ist, und daß alle Seine Herrlichkeits- und Wesenszüge in Seinem Dienste für uns zur Geltung kommen.) Die beiden Schulterstücke mit den auf die zwei Onyxsteine eingegrabenen Namen der zwölf Stämme Israels und das „Brustschild des Gerichts“ (oder „Rechts“), ebenfalls mit den Namen der zwölf Stämme Israels auf den zwölf kostbaren Edelsteinen, zeigen, daß unser herrlicher Hoherpriester uns, die Seinen, in der ganzen Kraft Seiner Person und ganzen Liebe Seines Herzens vor Gott vertritt. Die „Urim und Thummim“ in dem „Brustschild des Gerichts“ auf Seinem Herzen deuten an, daß Er - durch den Heiligen Geist - uns allezeit betreffs aller Umstände unseres Lebens den Willen und die Gedanken Gottes mitteilt (wenn wir bereit und geübt sind, sie uns mitteilen zu lassen!). Das Oberkleid des Ephods, ganz aus blauem Purpur, spricht von dem ganz und gar himmlischen Charakter unseres Hohenpriesters. (Hebr. 7,26!) Die Schellen von Gold und Granatäpfel von blauem und rotem Purpur, welche sich abwechselnd an dem Oberkleid befanden: Erstere deuten hin auf das göttliche Zeugnis in Seinem Dienst, letztere auf die Fruchtbarkeit Seines Dienstes. Das Goldblech an Seiner Stirn mit der Inschrift „Heilig dem Jehova“ (das „heilige Diadem“) bezeugt,

daß Er uns vor Gott nach Seiner Heiligkeit vertritt und hiermit Seine Heiligkeit vor Gott die unsere ist. (Hebr. 7,26) Der Leibrock von zellenförmigem Gewebe von Byssus, der Kopfbund von Byssus und der Gürtel in Buntwirkerarbeit und die Beinkleiber von Linnen: Bild von Seiner göttlich vollkommenen Gerechtigkeit, in der Er als Mensch hienieden gewesen ist und gewandelt hat, ohne die Er nie hätte unser Hoherpriester werden können. (Vgl. Hebr. 5,8) Darum werden hier auch die „Söhne Aarons“ erwähnt mit fast gleicher Kleidung wie die ebengenannten Stücke: Leibrock, Gürtel, hohe Mützen, Beinkleider von Linnen, und im Blick auf das Weihen und den Priesterdienst mit Aaron verbunden. D. h.: In der Kraft Seiner Gerechtigkeit als Mensch sind auch wir passend, als Priester Gott zu nahen und zu dienen. - Zweitens für seinen (Aarons) Dienst am großen Tage der Versöhnung, einmal im Jahre: Die Kleidung für diesen Dienst war eine ganz andere. 3 Mos. 16,4 lesen wir: „Er soll einen heiligen Leibrock von Linnen anziehen, und Beinkleider von Linnen sollen auf seinem Fleische sein, und mit einem Gürtel von Linnen soll er sich umgürten, und einen Kopfbund von Linnen sich umbinden: das sind heilige Kleider; und er soll sein Fleisch im Wasser baden und sie anziehen.“ Alles war von Linnen („feiner Leinwand“). Diese „heiligen Kleider“ von Linnen und das „Baden seines Fleisches im Wasser“ vor dem Anziehen derselben sind hier ein Bild von der göttlich vollkommenen Reinheit und Fleckenlosigkeit des HErrn in Seinem ganzen Leben hienieden. Das waren Wesenszüge Seiner Natur. So war Sein Leben, Sein Wandel, Sein Dienst, Sein Sinn und Wille. Er war in vollkommener Weise „der Heilige Gottes“. (Joh. 6,69) Er brauchte nicht erst für Sich Selbst zu opfern (wie menschliche Priester), sondern war vollkommen passend, in das himmlische Heiligtum einzugehen, nachdem Er „durch den ewigen Geist“ Sich Selbst geopfert hatte. Nun dürfen wir mit einem vollkommen zur Ruhe gebrachten Gewissen und glücklichem Herzen Ihn droben wissen als unseren Hohenpriester, der zum Beweise der vollbrachten Erlösung jetzt vor dem Angesicht Gottes für uns ist. (Hebr. 9,11-26) -

Nun noch etwas über Melchisedek. Melchisedek kommt für das Hohepriestertum des Herrn Jesus nur hinsichtlich der „Ordnung“ in Betracht. Anders ist im Brief an die Hebräer auf Melchisedek nicht Bezug genommen. Aber wir wissen, daß in Melchisedek nicht nur diese „Ordnung“ vorgebildet ist, sondern mehr. Melchisedek war nicht Hoherpriester - das konnte er

Wein heraus, als Abraham von der siegreichen Schlacht gegen Kedorlaomer und die mit diesem verbündet gewesenen Könige zurückkehrte, und segnete Abraham mit jenem wunderbaren und für das hier Vorgebildete charakteristischen Segen: „Gesegnet sei Abraham von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt! Und gepriesen sei Gott, der Höchste, der deine Feinde in deine Hand geliefert hat!“ (1. Mos. 14,17-20a) Hierin erblicken wir ebenfalls ein herrliches Vorbild auf den Herrn Jesus hin. Wir wissen, daß in demselben der Herr Jesus als der „Priester-König“ vorgebildet ist, als welcher Er einst gleichsam aus dem Himmel hervortreten wird für Sein irdisches Volk, um sie nach dem Sieg über ihre Feinde mit „Brot und Wein“ zu stärken und sie zu segnen. Das ist uns klar und gewiß. Aber wir wissen auch, daß alle dem irdischen Volke Gottes gegebenen Verheißungen - soweit sie irdischer Natur sind, jetzt geistlich - ihre Vorauserfüllung finden an denen, die durch den Glauben an den Herrn Jesus das himmlische Volk Gottes sind, weil bei ihnen die Voraussetzungen für diese Verheißungen durch das Werk des Herrn Jesus und ihren Glauben an Ihn erfüllt sind. So war es mit der Verheißung der Ausgießung des Heiligen Geistes nach Joel 2 in Apgesch. 2, und so ist es nach unserer Überzeugung auch mit dem, was wir in Melchisedek vorgebildet sehen. Die Erfüllung an dem irdischen Volke Gottes wird geschehen, wenn 2. Mos. 19,5.6 an ihnen wahr sein wird: daß sie Gottes „Eigentum“ sind „aus allen Völkern“ und sie Ihm „ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation“ sind. Das waren sie noch nie im Vollsinne des Wortes, aber sie werden es einst sein. Dann ist Gott gekannt als „Gott, der Höchste, der Himmel und Erde besitzt“, wie Melchisedek in seinem Segen Ihn nennt und wie Er 2. Mos. 19,5b auch sagt: „Denn Mein ist die ganze Erde“, und der Herr Jesus ist dann ihr Priester-König nach dem Vorbilde Melchisedeks. Und die Vorauserfüllung? 1. Petr. 2,9 schreibt der Apostel an die Gläubigen: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation, ein Volk zum Besitztum ...“ Er sagt nicht: „Ihr werdet sein“, sondern „ihr seid.“ Und was er den Empfängern seines Briefes schreibt, gilt für alle Gläubigen seit Apgesch. 2, auch für uns! Demnach ist für uns die Voraussetzung für das, was wir in Melchisedek als dem „Priester-König“ vorgebildet sehen, erfüllt, und somit ist für uns der Herr Jesus auch bereits der „Priester-König“, der uns immer zur rechten Zeit mit „Brot und Wein“ entgegenkommt - die geistliche Stärkung uns darreicht - und uns segnet, um uns dadurch fähig zu machen, den listigen Anschlägen des in

Gestalt eines Freundes, eines „Engels des Lichts“, sich uns nahenden Feindes (des „Gottes dieser Welt“) zu begegnen und „Seine Tugenden“ in dieser Welt zu verkündigen. -

Also ist der Herr Jesus für uns droben als der Hohepriester, welcher in den Himmel gegangen und dort für uns vor Gott ist und Sich allezeit für uns verwendet, und als der Priester-König, welcher aus dem Himmel uns stärkt und segnet. - Welch eine Gnade, daß wir Ihn so kennen! Laßt uns viel hiervon Gebrauch machen! -

*

Ehe wir schließen, möchten wir noch auf einige oft zu beobachtenden Unklarheiten aufmerksam machen, die Bezeichnungen des Herrn Jesus betreffend. Es wird von manchen vom Herrn Jesus als „Sachwalter“ (oder „Fürsprecher“) und als „Mittler“ gesprochen, wenn sie Seine Tätigkeit für uns als „Hohenpriester“ meinen, und überhaupt mit diesen Bezeichnungen so umgegangen, als ob sie alle dasselbe bedeuteten. Letzteres ist aber durchaus nicht der Fall, sondern jede Bezeichnung bringt eine besondere Seite des Dienstes des Herrn Jesus zum Ausdruck:

Als „Hoherpriester“ verwendet Er Sich für uns vor Gott so, wie wir es in vorstehender Betrachtung gesehen haben, so daß wir auf unserem Gaubenspfade in Seiner Kraft vorangehen können, wenn wir von Seinem Dienste als Hohenpriester Gebrauch machen. Wir haben dann Sieg und bleiben vor Sünde bewahrt.

Als „Sachwalter“ (oder „Fürsprecher“) verwendet Er Sich für uns „beim Vater“, wenn wir gesündigt haben. (1. Joh. 2,1) Das ist also nicht Sein Dienst als Hoherpriester, sondern als Sachwalter.

Als „Mittler“ ist Er überhaupt nicht für uns Gott gegenüber oder dem Vater gegenüber tätig, wie viele sich eine dahingehende unklare Vorstellung von Ihm als „Mittler“ machen (als ob Er zwischen uns und Gott vermittelte - für uns vor Gott einträte. Letzteres tut Er, wie wir eben gesehen haben, als „Hoherpriester“ und als „Sachwalter“, mit dem hervorgehobenen Unterschiede). Sondern als „Mittler“ nimmt Er den Platz zwischen Gott und den Menschen ein,

um den Menschen das zu übermitteln, was Gott ihnen mitteilen will. Das zeigt uns klar das alttestamentliche Vorbild in Mose, wie wir es in 5. Mos. 5,5 und 27 sehen: Mose stand zwischen Gott und dem Volke und empfing von Gott dessen Worte an das Volk und übermittelte diese Worte dann dem Volke. (2. Mos. 32,11-14 und 30-32 war Mose nicht als „Mittler“ tätig, sondern als „Fürsprecher“ für das Volk.) Und so, wie Mose der Mittler des Alten Bundes war, so wird der Herr Jesus der „Mittler“ des verheißenen „Neuen Bundes“ genannt. (Hebr. 8,6; 9,15; 12,24) Gegenwärtig aber ist Er „Mittler zwischen Gott und Menschen“ - nicht „zwischen Menschen und Gott“ - nach 1. Tim. 2,5, indem Er den Menschen das übermittelt, was im Herzen Gottes ist: daß Gott der „Heiland-Gott“ ist, „welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“. (1. Tim. 2,3.4) Was V. 6 gesagt ist: „der Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle“, bezieht sich auf den Herrn Jesus nicht als „Mittler“, sondern als „Mensch Christus Jesus“. - Darum wird auch vom Herrn Jesus nie als „unserem Mittler“ oder „Mittler für uns“ gesprochen, sondern immer nur als von dem „Mittler“. Er wird genannt: „Mittler zwischen Gott und Menschen“; „Mittler eines besseren Bundes“; „Mittler eines neuen Bundes“, letzteres zweimal.

Wir sollten lernen, die Dinge der Schrift gemäß zu unterscheiden und uns der Schrift gemäß auszudrücken.

Th. K.

Zusätze des Schriftleiters

Diese letzteren Bemerkungen sind sehr wichtig, kranken doch wir Gläubigen leicht mehr oder weniger an dem Gebrauch falscher Begriffe, indem viele Dinge der Schrift entweder unrichtig aufgefaßt oder unrichtig angewandt werden. Was insbesondere den Begriff des „Mittlers“ anbelangt, ein Wort, das im N. T. nur sechsmal vorkommt (Gal. 3,19.20; 1. Tim. 2,5; Hebr. 8,6; 9,15; 12,24), so sehen wir allein schon in dem christlichen Liederschatz eine Fülle falscher Anwendungen (man vgl. z. B. „Ruh - Ruh - im Schoße des Mittlers, ich eile dir zu“ oder „Großer Mittler, der zur Rechten Seines großen Vaters sitzt“ - das ganze Lied ist sehr schön, aber es

handelt doch vom Hohenpriester!). Man kann übrigens sicher sein, daß viele unrichtige Vorstellungen der Gläubigen von unrichtigen Darstellungen in Liedern herrühren, diese natürlich zuerst von unrichtigen Anschauungen. - Nein, der Mittler ist nicht Hoherpriester, aber auch nicht Fürsprecher, noch auch Sachwalter, d. i. Rechtsanwalt, er ist wirklich „nur“ Übermittler, Vermittler göttlicher Gedanken. (In der Welt gibt's auch Vermittler - die sog. „Treuhänder“ gehören dazu -, und sie haben nicht selbständig von sich aus zu handeln, sondern sie sind gleichsam Vertreter des Rechts und haben beiden Seiten zu dienen.) Der HErr schenke uns klare Begriffsunterscheidung Ihm zum Ruhme, uns zur Auferbauung!

Die vorliegende Frage, deren köstliche Beantwortung durch unseren altbewährten Mitarbeiter uns einen Bibelkursus in kleinem Maßstab geschenkt hat, ist entstanden aus einem Satz in einer Fußnote zu einem Aufsatz „Christus - unser Hoherpriester“ in einer sehr bekannten ernstchristlichen Zeitschrift. Dieser Satz lautete: „Der HErr ist heute nicht Priester nach dem Vorbild Melchisedeks, sondern nach dem Vorbild Aarons.“ - Unser w. Mitarbeiter hat gezeigt, daß „Vorbild“ und „Ordnung“ zu unterscheiden sind - indem unser HErr Priester „nach der Ordnung Melchisedeks“ ist, ist Er damit noch nicht Priester nach dem Vorbild Melchisedeks. Das wird Er erst an einem späteren Tage sein. - Das ist zunächst durchaus einleuchtend, denn die Schrift (Hebr. 7) zeigt uns ja, daß Er Priester „nach der Ordnung Aarons“ nicht einmal genannt werden kann (V. 11)! „Unser HErr ist aus Juda entsprossen“ (sehr wichtig und ernst!), und zu diesem Stamme hat Moses nichts über Priestertum geredet. (V. 14!) Wenn also das Priestertum nicht geändert worden wäre, d. h. die Ordnung desselben, dann hätte Er nie Hoherpriester werden können. (V. 11.12 usw.) Das „fleischliche Gebot“ (V. 16) konnte Ihn nicht dazu machen, wohl aber der Eidschwur Gottes. (V. 20!) Das Gesetz wurde seiner Unvollkommenheit wegen abgeschafft (V. 18); es konnte auch gut abgeschafft werden, die Ordnung Aarons konnte durch eine andere bessere ersetzt werden, da der, der kam, den Willen Gottes zu erfüllen (10,6ff.), und dem die Verheißung von Ps. 110,4 galt, Sich von Anfang an als Priester offenbart hat, wie ein Vergleich der Evangelien (besonders Lukasl) mit Hebr. 2,17.18 und 4,14ff. und Kap. 5 zur Genüge zeigt. Der Gedanke und die Tatsache des Hohepriestertums Christi „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“ (V. 16) ist unsagbar köstlich und reich wie Gott Selber! Dieses

für Herz und Gemüt. Und insofern ist der Hebräerbrief, der allein uns in diese Dinge einführt, sozusagen gleich einem geöffneten Himmel, aus dem immer herrlichere unerschöpfliche Segnungen auf uns herniederströmen. Unser Mitarbeiter hat sehr richtig darauf hingewiesen, daß, wenn auch Melchisedek im Hebräerbrief nur hinsichtlich der „Ordnung“ des Priestertums in Betracht komme, dennoch in seiner Person für uns noch mehr Vorbilder auf Christus liegen, nämlich im Anschluß an 1. Mos. 14,17-20a, jener Stelle, wo der Priester-König Melchisedek zuerst genannt ist. Und er zeigte ebenfalls, daß in uns Gläubigen von heute eine Vorauserfüllung gegeben sei bezüglich der Israel gewordenen Verheißung, daß es ein Königtum von Priestern sein solle. (2. Mos. 19,5.6) Diese Vorauserfüllung, die Antwort A sehr richtig und fein mit 1. Petr. 2,9 in Verbindung bringt, findet sich ja oft im Neuen Testament, so z. B. in Hebr. 10,19-25 und 13,15.16 oder in Kol. 4,2-6 (2-4 Priesterdienst = opfern, V. 5.6 königlicher Dienst = geben, schenken, segnen, darreichen!) oder in Röm. 12,1-8, wo es sehr leicht zu sehen ist, u. a.

Aber, unter vollster Wahrung der erwähnten Tatsache, daß wir im Hebräerbrief Melchisedek nur der „Ordnung“ des Priesterdienstes wegen angeführt finden, womit jener angefochtene Satz, der die Frage veranlaßte, gewissermaßen gerechtfertigt erscheint, denke ich doch, daß wir auch im Hebräerbrief ein gewisses Hinausgehen über das Thema der „Ordnung“ finden, also daß Christus uns auch in Verbindung mit dem Hebräerbrief, nicht nur, wie unser Mitarbeiter so wahrhaft köstlich ausführt, in Verbindung mit 1. Mos. 14, nach dem Vorbild Melchisedeks begegnet. Ich erlaube mir darüber nur wenige Andeutungen, ich meine aber, daß wir weiter darüber forschen sollten.

Ist es nicht an sich schon etwas unendlich Kostbares, Ihn eben durch die Tatsache „nach der Ordnung Melchisedeks“ zu kennen als den „Priester auf immerdar“ (7,3), weil „Er lebt“ (V. 8), weil Er es ist „nach der Kraft eines unauflöslichen Lebens“ (V. 16), weil „Er in Ewigkeit bleibt“, weil Er „ein unveränderliches Priestertum hat“ (V. 24), weil „Er immerdar lebt“ (V. 25)?! Ist es nicht lieblich, zu wissen, daß Er Sich diese in Ps. 110,4 Ihm verheißene Würde Selber erworben hat durch Sein Verhalten als Priester, nicht daß Er sie erblich empfangen hätte? Ist die Tatsache des uns geschenkten Wissens um diese Herrlichkeiten nicht schon ein Dienst des königlichen

Priesters - hat Er uns damit nicht wahrhaft königlich beschenkt? Deutet darauf nicht auch hin 3,1: „betrachtet den Hohenpriester ... Jesum!“ und 8,1.2? Wir betrachten voll staunender Bewunderung - nicht zuerst weil wir sie um unserer Schwachheit willen nötig hätten, sondern aus Liebe - „die Dinge, die uns von Gott geschenkt sind“. (1. Kor. 2,12) Sind wir nicht wirklich königlich beschenkt? - Aber dies ist, ich gebe es zu, eine mehr nur gefühlsmäßige Erwägung. Doch weiter: Sehen wir nicht in unserem Hohenpriester, also gerade im Hebräerbrief, den König, der „Sich gesetzt hat“, und zwar eben als Hoherpriester, „zur Rechten des Thrones der Majestät in den Himmeln“? In keinem Briefe kommt dieser und ähnliche Ausdrücke so oft vor wie im Hebräerbrief, und so vor allem in 8,1.2, wo wir Ihn sehen in Verbindung mit dem Thron und dem Heiligtum, vgl. auch Kap. 1 (V. 8.13 u. a.). Was bedeutet doch dies alles für uns! Wahrlich, Aaron mußte immer aufs neue hineingehen, um den Dienst im Heiligtum zu verrichten, und ebenso seine vielen Nachfolger, aber setzen konnten sie sich nicht im Heiligtum! Christus aber, unser Hohepriester, der droben eintrat ein für allemal ..., als Priesterkönig „begrüßt von Gott als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks“ (5,10), Er tritt wieder und wieder (wie einst einmal Seine wunderbare Vorschattung, Melchisedek) im Rahmen des Hebräerbriefs heraus aus dem Innern der Herrlichkeit, um uns immer herrlicherer Segnungen teilhaftig zu machen, die uns stärken und segnen. Vor allem macht Er uns des Lebens teilhaftig, das in Ihm ist und das Er ans Licht gebracht hat durch Seinen Tod (2,14.15), Er bringt uns mit dem lebendigen Gott in Beziehung (9,14; 12,22; vgl. 3,12 negativ) und macht uns so, weit über das Vorbild Aarons hinausgehend, zu Gegenständen Seiner Tätigkeit gleichsam nach dem Vorbild Melchisedeks. Gewiß ist Sein hohepriesterliches Tun nach dem Vorbild Aarons viel umfassender und auch leichter für uns zu begreifen, da es unmittelbar in unser Leben der Schwachheit hienieden eingreift (einen Gipfelpunkt in diesem Tun sehen wir in 7,25), aber zu entdecken, scheint mir, ist im Hebräerbrief Sein Wirken nach dem Vorbild Melchisedeks doch auch, und vielleicht noch viel mehr, als ich in Schwachheit anzudeuten mich unterfing.

Der Thron und das Heiligtum sind jetzt die Stätte unseres Hohenpriesters, und „wir sehen Jesum, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (2,9), und daß wir Ihn so sehen - während Er hienieden verworfen ist -, ist königliche Gabe an uns Arme! Ja, Er ist unser Hohepriester, d. h.

einen Hohenpriester, der Mitleiden hat mit uns. (4,15) Ja, das ist und hat Er nach dem Vorbild Aarons. Aber, wenn wir hier dennoch auch schon ein wenig schmecken dürfen von Seinem Vorbild als „Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks“ - bald, ja bald werden wir Ihn in Wirklichkeit sehen als den herrlichen Priesterkönig, dem „der zukünftige Erdkreis“ unterworfen ist (2,5ff.), und dann werden wir in Vollkommenheit „ein Königtum von Priestern“ sein unter und mit Ihm. Bis dahin warten wir gemäß 10,35-38a in Geduld und sehnlichem Verlangen nach Seinem Kommen. „Komm, Herr Jesus!“ Aber bis Du kommst, freuen wir uns Deiner als unseres wahren „Hohenpriesters“, der Du es allein sein kannst und bist „nach der Ordnung Melchisedeks“, in die ja ein Hohepriestertum sowohl nach dem Vorbild Aarons wie nach dem Vorbild Melchisedeks eingeschlossen ist - wir freuen uns und rühmen uns „eines solchen Hohenpriesters“, über den Hebr. 7,24-28 geschrieben steht! Wie reich sind wir in Dir! Gepriesen seiest Du, Herr Jesus, in Ewigkeit! Amen.

F. K.

„Wie er vordem getan hatte.“

Dan. 6,11. (Schluß.)

In der vorigen Lieferung habe ich uns allen ernste Fragen gestellt. Es handelte sich um unser „Vordem“, weil von diesem das „Heute“ und „Morgen“ oft allein abhängt und weil es so wichtig ist, was über unser „Vordem“ von Gottes Seite ausgesagt werden wird, wenn unser Leben plötzlich zu Ende geht oder gehen sollte, was ja keiner von uns wissen kann. Daniels, unseres Vorbilds, „Vordem“ vor dem Tage ernstester Prüfung - ja, vor dem Weg in die Löwengrube - war ein Bleiben und Verharren in seiner Gebetsgewohnheit, und zwar ohne daß er irgend Rücksicht auf Menschenwort nahm, weil ihm hierin keiner etwas ge- oder verbieten konnte! Hier war er - sonst der treueste Diener seines irdischen Königs - allein abhängig von seinem Gott, für den er lebte und, wenn's sein mußte, zu sterben bereit war. Ja, Vers 11 ist in jeder Hinsicht ein echtes Zeugnis von dem neutestamentlichen „man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“. (Apgesch. 5,29) Wir wissen, daß man dies Wort nicht etwa eigensüchtigen Zwecken dienstbar

machen kann, Gott ist stets heilig, und ein Mißbrauch Seines Wortes macht sich bald bestraft! Im allgemeinen ist es geradezu so, daß wir um Gottes willen, im Gehorsam gegen Sein Wort, den menschlichen Obrigkeiten gehorchen und zu gehorchen haben (Röm. 13,1ff. u. a.), verlangt aber irgendeine irdische Gewalt etwas, was gegen Gottes Wort und darum gegen unser Gewissen geht, dann stehen wir wiederum auch nur in Seinem Wort, wenn wir Ihm mehr gehorchen als den Menschen. (Apgesch. 4,19!) Sind wir in solchen Fällen aber aus Furcht vor Menschen Seinem Wort ungehorsam, so werden wir unsere Strafe zu tragen haben. (Vgl. Saul in 1. Sam. 15, z. B. V. 22.23.24!) Aber man sei auch auf der Hut, daß man nicht seine eigene Anschauung von einer Sache mit dem Willen Gottes verwechselt und somit glaubt, z. B. den obrigkeitlichen Gewalten in gewissen Fällen nicht untertan sein zu müssen! Vieles wird als Märtyrertum gewertet, was oft nur Ungehorsam oder sogar Widerspenstigkeit gegen einem selbst unbequeme Maßnahmen der irdischen Gewalten ist. Unser „Ich“ ist bald in dieser, bald in jener Richtung in Gefahr, sich selbst, seine „Überzeugung“, mit dem Worte Gottes zu vertauschen; wir aber betrügen uns nur gar zu leicht.

Jedoch in der Geschichte Daniels war alles klar, einleuchtend und gänzlich Gottes Willen gemäß, was der Prophet tat. Er blieb sich gleich, seinen heiligen Gebetsgewohnheiten treu, abhängig allein von Seinem Gott, für den er lebte und für den er auch willig sich in die Löwengrube werfen ließ.

„Wie er vordem getan hatte.“ (V. 11) Ein Leben der Treue, des Gehorsams, der Liebe gegen seinen Gott zeichnete ihn aus, und die Wut der Menschen änderte daran nicht das Allermindeste. Er hatte seinen Gott, er kannte seinen Gott, und sein Verhalten ist der beste Beweis für sein eigenes späteres Wort: „Die Leute, die ihren Gott kennen, bleiben fest!“ (11,32 so nach versch. Übersetzungen) Er betete „wie vordem“, er verhielt sich beim Gebet „wie vordem“, er lobpries „wie vordem“. Und wir? Du, ich, Bruder, Schwester? Noch einmal jetzt, ehe ich weitergehen darf, die Frage: Wie sah unser „Vordem“ vor dem „Heute“ aus? Und vergiß nicht, zu dem „Vordem“ eines so treuen Gebetslebens gehörte bei Daniel ein einwandfrei treuer, vor den listigen und boshaften Augen der Menschen anerkannt tadelloser Wandel im Leben, Beruf (Staatsmann!), Zeugnis und Treue gegen seinen Gott. (V. 5.6) Ja, wenn dem so ist, dann

läßt sich's unbeschwerten Geistes beten, und darin leitet einen nicht Menschenfurcht, sondern Gottesfurcht! - Es ist so auch mit der Fürbitte und der Bitte um solche: Paulus in Hebr. 13,18 zeigt uns da vieles. Wer ein schlechtes Gewissen hat, kann nicht freimütig um Fürbitte nachsuchen. Und wie oft mag dgl. doch geschehen! Doch dann gibt's keine Erhörung, denn Gott ist heilig! -

Wie war und verlief nun das „Heute“ der Prüfung nach dem „Vordem“ jenes treuen, o so treuen Gebetsverhaltens des „Vielgeliebten“, wie er später mehrmals von Gott selbst genannt wird? (9,23; 10,11.19)

Die erheuchelte Gerechtigkeit geht ihren Lauf! Mit solcher angeblichen Gerechtigkeit verurteilte man später auch unseren teuren Herrn Jesus: „Er hat gelästert, was bedürfen wir noch Zeugen?“ (Matth. 26,65) Aber sie werden diese Szene ihrer Ungerechtigkeit einmal wiederfinden, und wie jene, die den Daniel so boshaft verleumdeten, am nächsten Tage selber die unmittelbare Bekanntschaft der Löwen machen mußten, wobei es mit ihnen ungleich anders ging als mit ihrem gestrigen Opfer, so haben die, so den HErrn hinterlistig verurteilten, längst schon und von Geschlecht zu Geschlecht ihre Strafe zu leiden gehabt. Sie sind unter der Macht der Nationen wahrlich auch gleichsam in der Löwen Rachen gefallen! Dennoch, „Gottes Berufung ist unbereubar“ (Röm. 11,29): „Es wird aus Zion der Erretter kommen und die Gottlosigkeiten von Jakob abwenden.“ (V. 26b.) -

Also die vermeintliche, aber heuchlerische Gerechtigkeit geht ihren sehr gewundenen Lauf! Der König selber - in diesem Kapitel als edler Mensch, aber nicht so recht als ein Charakter geschildert - wird in einer Schlinge gefangen, die er sich nicht nur in Einfalt, sondern auch aus Eitelkeit selbst gelegt hat: Er muß seinen offenbar sehr hochgeschätzten treuen Daniel drangeben. Wie groß sein Schreck wohl gewesen ist, als er merkte, in welche Falle er gegangen! „Daniel ... verrichtet dreimal des Tages sein Gebet!“ Welch ein Verbrechen, welch eine Unklugheit!? Nein, welch eine Treue, welch eine Gottesfurcht, welch ein Sieg über Menschenknechtschaft, aber auch welch ein erhoffter und erwarteter Beweis für jene Menschen, daß sie „nur in dem Gesetz seines Gottes einen Anklagegrund gegen ihn finden

könnten“. (V. 6!) Jetzt hatten sie ihn, jetzt muß sowohl Daniel als auch der König, der arme, abhängige Mann, „daran glauben“! Wie zeigt sich seine ganze „konstitutionelle“ Gebundenheit - wie anders war im babylonischen Weltreich der große Nebukadnezar dran! -, aber auch wie turmhoch stand der obwohl gefangene Daniel über ihnen allen! (Vgl. Apgesch. 26, Paulus!) Nicht gebunden war er, ich könnte denken, daß er schier freiwillig - wie in Vollkommenheit der HErr nach Joh. 19,4 („ich führe ...“) .5 („Er ging“) - den bitteren Weg zur Löwengrube gegangen sei, ohne sich zu wehren, nur vertrauend seinem Gott! War's wohl seine edle, todesbereite Haltung, die den armen König zwang, vielleicht sehr zum Ärger jener gemeinen Höflinge, zu sagen: „Dein Gott, welchem du ohne Unterlaß dienst, Er möge dich retten!“ (V. 17)? Ich glaube es. Jedenfalls war's dem König schlimmer ums Herz als dem Daniel. Aber welch ein Zeugnis aus dem Munde des Königs, vor aller Ohren, wenigstens der Zunächststehenden, für seinen Daniel! „Ohne Unterlaß!“

(Vgl. V. 21!) Ja, sein „Vordem“ war ein Beten ohne Unterlaß, ein unermüdliches Treusein, eine unablässige Hingabe Augenblick für Augenblick an seinen Gott! „Betet ohne Unterlaß!“ (Vgl. Luk. 18,1ff. u. 1. Thess. 5,17) Meine Brüder, wir gehen ins neue Jahr! Soll unser nächstes Jahr, wenn Gott uns noch hienieden läßt, auch der HErr noch harrt mit Seinem Kommen - soll es ein gesegnetes sein? Laßt uns die Zeit bis zum Ende dieses Jahres „ohne Unterlaß Gott dienen“, wie Daniel „vordem“ getan hatte!

Des Dramas ernstester Akt beginnt, alles geht ordnungsgemäß zu (V. 18!), und dann folgt die Nacht, für den König, dem nicht Engel zur Seite stehen, ungleich qualvoller als für den gottseligen Daniel. Doch wir sehen in dem Fasten jenes Mannes (in jeder Hinsicht! V. 19.20) wieder ein Zeichen seiner edlen Gesinnung, die laut redet und ihn - darf ich hier an einen möglichen Vergleich denken? - vielleicht dem Kornelius an die Seite stellt. (Apgesch. 10) Jedenfalls sind die nachmaligen Segnungen bei beiden Männern geradezu unermeßlich!

Wunderbar, überwältigend dann wieder, in frühester - keinen Augenblick länger als nötig - Morgenstunde schon, das erneute Zeugnis des Darius für Daniel. (V. 21) „Knecht des lebendigen Gottes“ - wieviel hatte er doch innerlich schon gelernt! - „Hat dein Gott, welchem du

ohne Unterlaß dienst“... Ist das nicht köstlich?! Leider fehlt mir der Raum, darüber noch mehr zu schreiben, aber hier wieder die Bitte an uns, das neue Jahr richtig zu beginnen, indem wir „vordem“, vor seinem Beginn, uns schon üben in dem, was wir nachher tun möchten! Ach, Geliebte, wie so leicht gibt's ein schmerzliches Zukurzkommen bei uns, weil wir „von morgen ab“ das tun wollen, was wir „vordem“ getan haben sollten, was wir aber, weil wir es „vordem“ versäumten, auch „heute“ nicht zu tun imstande waren, so daß das Morgen ganz und gar zerbrach! Wie ernst ist das doch! „Vordem“!-

Ja, sein Gott hatte vermocht, ihn von den Löwen zu erretten! (V. 21b) Was vermag Er etwa nicht? Glaube, glaube, glaube Ihm doch, mein Bruder, meine Schwester! Tue es heute, damit du es morgen besser kannst und noch besser beim Übertritt ins neue Jahr! (Jer. 32,27!)

Aber nun höre - leider nur kurz! - die Worte des treuen Daniels! (V. 23) „Mein Gott hat Seinen Engel gesandt und hat den Rachen der Löwen verschlossen ..., weil - wenn ich von Anfang an aufgezählt hätte die Punkte, die über Daniel ausgesagt sind, so wäre dies m. E. Der 10.! - weil vor Ihm Unschuld an mir gefunden wurde; und (Punkt 11!) auch vor dir habe ich kein Verbrechen begangen!“ Erinnern diese Worte, besonders der Satz von der „Unschuld“, nicht an 1. Petr. 4,13: „Daß doch niemand von euch leide als Mörder oder Dieb oder Übeltäter ...; wenn aber als Christ, so schäme er sich nicht“?! Daniel wußte sich in jeder Hinsicht, in der man ihm etwas anzuhängen suchte, unschuldig, und daß er's war, wußten ja auch seine Gegner. Aber, daß Gott es wußte und anerkannte, das war das Große. Ich denke an die Stelle, da Paulus sagt: „Ich bin mir selbst nichts bewußt, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt. Der mich aber beurteilt, ist der HErr.“ (1. Kor. 4,4) Wir beurteilen uns leicht falsch, da wir uns stets nur das Beste gönnen und auch zu uns selber keine rechte Distanz haben, um uns selber richtig sehen zu können. Aber wie gut, der HErr hat „die richtige Distanz“, und noch besser: Er hat mit uns nur das Beste im Sinn (darum auch Röm. 8,28!) und beurteilt uns und unsere Beweggründe stets richtig. Vertrauen wir Ihm nur, auch für 1936 in all solchen Sachen, in denen wir uns von Menschen übervorteilt oder falsch beurteilt fühlen! - Sein Tag kommt auch, und Er bringt das Verborgene der Herzen ans Licht! (1. Kor. 4,5, lies die ganze Stelle!) Aber Daniel fühlte sich nicht nur unschuldig, er war es, subjektiv und auch objektiv (in dem, was seine Person anging,

und auch in der Sache!), und darum durfte er sich des rettenden Eingreifens seines Gottes gewiß sein. - Und dann der zweite Grund: „Auch vor dir, o König, habe ich kein Unrecht begangen!“ Wirklich nicht? Hatte er dem König nicht doch geschadet, indem er, ein so hoher Beamter, sich einer Gehorsamsverweigerung schuldig gemacht und dadurch ein schlechtes Beispiel gegeben hatte? Ein oberflächlicher Beurteiler mag es so ansehen, aber es stimmt nicht, und warum nicht? Ich glaube, meine Geschwister, wir haben hier eine alttestamentliche Auslegung von den Stellen im N. T., die von unserem Gehorsam gegen die Obrigkeit handeln, in Verbindung mit dem schon genannten: „Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen“, eben wenn es sich um Gewissenskonflikte handelt, indem die Obrigkeit etwas dem Worte Gottes Entgegengesetztes von Gläubigen verlangt. Denn unser Gehorsam ist stets durch das Wort Gottes reguliert. Und was der König (d. h. in Wirklichkeit ja eigentlich nicht er, sondern seine Leute) gefordert hatte, war im höchsten Maße unsittlich (in übertragenem Sinne), unrecht, gegen göttliches und menschliches Recht: Er durfte vor Gott und vor Menschen nicht sozusagen göttliche Ehren beanspruchen. Das wird der Antichrist tun in einer noch zukünftigen, vielleicht baldigen Zeit (2. Thess. 2,4!), und dann werden die dann auf der Erde befindlichen Gläubigen (der Überrest aus Israel) auch deswegen zu leiden haben, aber wenn es diesem geheimnisvollen, satanisch inspirierten Gegenchristus schon nicht zukommt, sondern Strafe findet, wieviel weniger einem irdischen Könige! (Vgl. Nebukadnezar, Kap. 3 und 4!) Nein, da war Daniel völlig berechtigt, den Gehorsam zu verweigern, und damit tat er dem König keinen Ungehorsam an, eben weil dieser hier keine Forderungen aufstellen durfte. So kann Daniel in wunderbarem Freimut erklären und sicher in Gegenwart vieler Zeugen: „Auch vor dir, o König, habe ich kein Verbrechen begangen.“ Er hatte gehorsam der Stimme seines Gesetzes gehandelt: „Du sollst keine anderen Götter haben neben Mir.“ (2. Mose 20,3!) Wenn wir diese Stelle aus Daniel 6 ernstlich bedenken, so sehen wir deutlich genug, wo eine mögliche Beschränkung für uns im Gehorsam gegen die obrigkeitlichen Gewalten liegt: da, wo sie etwas fordern, was objektiv, also nicht etwa nur meinem Empfinden gemäß, Gott, den lebendigen Gott, ausschaltet, negiert (verneint), nicht gelten läßt. Nicht was hierin Ungläubige tun und zu tun haben, haben wir zu beurteilen (zu kritisieren!), aber wenn uns der Dienst des lebendigen Gottes verwehrt ist, statt dessen Menschenanbetung, Menschenvergottung u. dgl. auch uns zur

Pflicht gemacht wird (also an Stelle unseres bisherigen Dienstes für Gott), dann heißt es „man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ - Manche sind leicht geneigt, dies Wort anzuwenden, wo es sich ganz einfach auf berechtigte Befehle einer Obrigkeit handelt, „die doch das Schwert nicht umsonst trägt“, die gewisse Forderungen an alle ihre Untertanen hat, aber wenn sie widergöttliche, unsittliche Forderungen stellt wie Nebukadnezar und Darius, dann weiß ein Daniel, wissen Leute wie Sadrach, Mesach und Abednego, was sie zu tun haben. Sollten wir ihnen nachstehen in dieser Erkenntnis? Daniel konnte seinem König in größter Treue dienen in allem, vordem wie nachmalig, aber hierin nicht, und so mußte er ungerecht leiden und - tat es willig und gern, und Gott bekannte Sich zu ihm, uns zum Trost und zur Erquickung, wenn auch Gott heute auf neutestamentlichem Boden nicht oft so eingreift. Dennoch Röm. 8,28-39! Preis sei Ihm!

Der 24. Vers bringt den 12. Punkt bezüglich Daniels: - alles dieses, „weil er auf seinen Gott vertraut hatte!“ Welch herrliches Zeugnis! Bruder, Schwester, das, ja, das nimm mit ins dunkle neue Jahr! Weil er auf seinen Gott vertraut hatte! Haben wir ein „Vordem“ in unserem Gebetsleben, in unserem Wandel, in unserem Zeugnis, in unserem Dienst, in unserer Treue, in unserer Arbeit wie Daniel? Wie war unser „Vordem“ dieses Jahres, wie wird unser Nachmals des nächsten sein? Verdiente sein Gott solches Vertrauen? Welche Frage! (Vers 25 ist auch ein Beweis für das berechtigte Vertrauen.) Geliebte, wir können unserem Gott nie zuviel vertrauen! So sei unser Weg in der Zukunft ein Weg restlosen Vertrauens und Gehorsams, so oder so und gewiß werden wir dann auch „Gedeihen haben“. (V. 29!) Wie oft zeugt das Gegenteil im Leben von Gläubigen davon, daß sie keinen rechten Glauben haben, d. i. Vertrauen mit Gehorsam gepaart im täglichen Leben nicht offenbaren. Gott läßt Sich nichts abringen, sind wir aber treu und gehorsam, so werden wir wie Abraham oder wie Daniel u. a. sehen, daß Gott königlich vergilt und lohnt.

Die Verse 26-28 zeigen, daß die ganze Sache auf Darius einen geradezu herzensumwandelnden Eindruck gemacht hat. Ich will sie nicht mehr ausführlich besprechen als nicht unmittelbar zum Thema gehörend, aber ich sage soviel: Wenn der König hiernach in einer königlichen Botschaft an die ganze damals bekannte Welt mitteilt, was er in seinem Königreiche

befiehlt, so ist das ein überströmendes Zeugnis für Daniel und noch mehr für Gott, für den, von dem und über den er erhabene Worte findet. Er kann der übrigen Welt nichts befehlen, aber er kann sie wissen lassen, was er da anordnet, wo er zu gebieten hat, und damit gibt er der Welt einen wunderbaren Beweis und Anschauungsunterricht dafür, daß Gott, „der lebendige Gott“, nicht nur da ist, sondern sich offenbart in Zeichen und Wundern dem, der auf Ihn traut. Größeres konnte er damals der Welt nicht mitteilen lassen, größeres konnte er damals aber auch nicht erleben, als er erlebt hatte: „Der da rettet und befreit!“ Wo war „das Gesetz der Meder und Perser, welches unwiderruflich war“(!), geblieben?! In Fetzen gerissen, die Fetzen wirbelten sozusagen den Männern jenes Gesetzes nach, über den Rand der Löwengrube! Was aber ward aus diesem Befehl des gläubiggewordenen Königs des 2. Weltreiches? Wir lesen ihn noch heute mit Bewunderung und wissen, daß dieses Zeugnis für Ihn, den lebendigen Gott, nicht leer zurückkommen wird! Ja, königlich lohnt Gott jedem, der sich zu Ihm bekennt, auch ein Darius wird seinen herrlichen Lohn bekommen, er wird einst auch schauen dürfen, was dies Zeugnis ausgerichtet hat.

Meine geliebten Leser, was könnte doch in der Welt noch geschehen, wenn wir mehr wären „fest und treu wie Daniel“! Er war es „vordem“- er war es nachdem! Er war es in seinem Gebetsleben und in seinem Wandel vor der ihn umgebenden Welt, er war es in seinem irdischen Staatsdienst wie in seinem Dienst für sein Volk Israel, er war es in Not und Gefahr und in guten Tagen - er ist und bleibt auch ein herrliches Vorbild für uns, die wir jetzt die Schwelle zu einem neuen Jahre überschreiten! Möchten wir ihm nacheifern, ihm, der uns als wahrer Nacheiferer Gottes diesen, den lebendigen Gott in Seinem wunderbaren, liebenden Tun, in Seiner Bewahrung und Segnung kennen lehrt und vor Augen malt so, wie auch wir Ihn brauchen für unseren Lebenskampf bis hin zum herrlichen Ziel! Möchte uns das wichtige Wort der Überschrift eine Mahnung für die Zukunft und Hilfe für den Tag sein: „Wie er vordem getan hatte!“ Der treue, o so treue Gott gebe uns viel Gnade, dem nachzudenken und nachzuwandeln und auf diese Weise zu „wachsen in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus“ nach 2.Petr. 3,18!

Ihm sei allein die Ehre und der Ruhm in Ewigkeit! Amen.

F. K.

„Wunderbarer.“

„Man nennt Seinen Namen: Wunderbarer.“ (Jes. 9,6)

„Wie sich viele über Dich entsetzt haben.“ (Jes. 52,14)

„So wird Er viele Nationen in Staunen setzen.“ (Jes. 52,15)

Wie passend ist der obige Name für unseren HErrn, welcher der Sohn Gottes und der Sohn des Menschen ist! „Groß ist das Geheimnis der Gottseligkeit: Gott ist geoffenbart worden im Fleische.“ (1. Tim. 3,16) Es ist heute noch genau so groß, wie es zu allen Zeiten war; es kann nicht anders sein. Menschliche Vernunft und Geistesfähigkeiten reichen nicht hin, dieses Geheimnis zu enthüllen. Vor Tausenden von Jahren fragte Agur: „Was ist ... der Name Seines Sohnes, wenn du es weißt?“ (Spr. 30,4) Gott allein kann Antwort Geben: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater.“ Viele Namen hat der Sohn. In diesem Namen „Wunderbarer“ liegt Seine Gottheit und Menschheit verborgen. Siebenhundert Jahre vor Seinem Kommen auf Erden wurde dieser Sein Name genannt, und die obigen Schriftstellen fanden ihre Erfüllung.

Ja, wer ist Ihm, dem Wunderbaren, gleich? Wunderbar in Seiner Geburt, wunderbar in Seinem Leben, Worten und Werken, wunderbar in Seiner Gnade und Macht, wunderbar in Seinem Tode, Seiner Auferstehung und Himmelfahrt, sitzend zur Rechten der Majestät in der Höhe! Er, der Wunderbare, ist der Christus Gottes, der Arm Jehovas. Wunder über Wunder! Worte versagen hier. „Wer aber wird Sein Geschlecht beschreiben?“ (Apgesch. 8,33) Alles ist an dem Wunderbaren wunderbar. Wo Er, der Wunderbare, gesehen und gehört wurde, gerieten die Menschen außer sich, in Verwunderung, in Entsetzen und Staunen. Wenn wir einen Blick in nur ein Evangelium, in das Lukas-Evangelium, tun, so beginnt die Verwunderung, das Staunen usw. der Menschen schon in dem Kapitel Seiner Geburt. Es lohnt sich, einmal die nachstehenden Schriftstellen zu überblicken: Luk. 2,18.33.47.48; 4,22.32.36; 5,9.26; 8,25.56; 9,43; 11,14;

20,26; 24,12.22.41. Wie gesagt, diese Stellen sind alle aus nur einem Evangelium, die uns die Weissagungen bestätigen.

Das Geheimnis der Person, deren Name „Wunderbarer“ ist, hat Gott den Weisen und Klugen verborgen, aber Unmündigen geoffenbart. (Matth. 11,25) Diese, die keine Kraft in sich haben, noch auf ihre Weisheit vertrauen, beugen sich in Anbetung vor Ihm.

Und noch etwas, das mit dem „Wunderbaren“ verbunden ist, finden wir in Jes. 8,18: Wir lesen dort: „Siehe, Ich und die Kinder, die Jehova Mir gegeben hat, wir sind zu Zeichen und Wundern in Israel.“ Immer wieder enthüllen sich neue, unzählige Wunder. Nicht nur das große, alles überragende Geheimnis Seiner Person, auch das Geheimnis Seiner Gemeinde, verbunden mit Ihm, ist ein Wunder im Himmel und auf Erden. Wie wunderbar ist Sein Rat und Sein Tun! Was sind diese für mein und dein Herz?

J. D. G. - A. v. d. K.

 

„Du aber, o Mensch Gottes!“

(1. Tim. 6,11)

„Menschen Gottes“ sind Menschen, die in einer gottfeindlichen Welt für Gott da sind, die allen Fleiß daran setzen, Seinen Willen zu erkennen, um ihn zu tun. Dazu gehören geübte Sinne, vor allem aber auch ein Eingehen auf die Gedanken Gottes. Nun aber steht der Mensch Gottes inmitten eines verkehrten und verdrehten Geschlechtes. Gerade die beiden Timotheusbriefe zeigen uns, wie selbst manche Gläubige irren und abirren vom Wege der Wahrheit. Timotheus war in der glücklichen Lage, einen Vater in Christo zu haben, der ihn wie ein Vater unterwies und ermahnte. Dieser Vater in Christo, Paulus, wiederum erkannte in Timotheus sein echtes Kind im Glauben.

Im ersten Briefe stellt Paulus dem Timotheus den Weg „etlicher“ vor Augen und stellt ihn zum Schluß des Briefes mit dem eindrücklichen „Du aber, o Mensch Gottes“ in Gegensatz dazu. Wir

wollen uns den Weg dieser „etlichen“ in dem Briefe etwas näher ansehen.

In 1. Tim. 1,3: „Auf daß du etlichen gebötest, nicht andere Lehren zu lehren.“ Wie ist doch die Lehre, und zwar die gesunde Lehre, unter dem Volke Gottes vernachlässigt! Wenn es nicht immer erbaulich oder rührselig ist, dann schmeckt so manchem das Wort Gottes nicht. Und doch ist die gesunde Lehre die Grundlage jedes geistlichen Wachstums.

Dann folgt 1. Tim. 1,5.6. Hier wird von dem ungeheuchelten Glauben gesprochen, wovon etliche abgeirrt waren. Wie geneigt ist das menschliche Herz, mehr zu scheinen, als wir sind! Zeiten und Not und besondere Proben machen offenbar, ob unser Glaube echt oder geheuchelt ist. Nur was wir verwirklichen, ist echter Glaube. Der Glaube läßt uns die Dinge erkennen und verstehen. Nicht jede Erkenntnis verwirklichen wir durch den Glauben, wenigstens nicht immer.

1. Tim. 1,19 spricht Paulus von dem guten Gewissen, welches „etliche“ von sich gestoßen und so, was den Glauben betrifft, Schiffbruch gelitten haben. Haben wir auf dem Wege nicht Gläubige kennengelernt, die gleich einem Wrack am Strande liegen? Welche Hoffnungen sind einst auf den einen oder anderen gesetzt worden! Das Gewissen aber blieb nicht zart, der Geist Gottes wurde gedämpft, die Beweggründe waren nicht lauter; da kam eines Tages der Schiffbruch. In Gottes Gegenwart kann auf die Dauer keine Unlauterkeit bestehen, entweder es kommt zur Buße oder zum Schiffbruch.

1. Tim. 4,1 sagt uns, daß in den späteren Zeiten „etliche“ von dem Glauben abfallen werden, indem sie achten auf betrügerische Geister und Lehren von Dämonen. Wenn die abschüssige Bahn einmal betreten ist, geht der Weg bald weiter abwärts. Ist das Ohr und das Gewissen für die Unterweisungen des Heiligen Geistes nicht mehr empfänglich, so öffnen sie sich den betrügerischen Geistern. Gar mancher hat verleugnet, was er einmal bekannt hat.

Kapitel 5,15 spricht von „etlichen“, die sich abgewandt haben, dem Satan nach. Im Blick auf diese warnt der Apostel vor dem Müßigsein und den traurigen Dingen, die daraus so leicht hervorgehen, wie das Laufen von Haus zu Haus, Geschwätzigkeit, vorwitziges Reden, welches nicht zum Guten dient. Es ist traurig ernst - aber wahr -, daß gerade Schwestern - jüngere

Witwen, in dieses Netz des Satans geraten, und noch trauriger ist es, wenn ältere Witwen oder Schwestern sich von dem Zeugnis des Geistes Gottes abwenden und dem Satan in dieser Weise Raum geben. Wieviel Böses ist aus losen Geschwätzen schon hervorgegangen - geistliches Leben zerstört - Herzeleid über Gottes Volk gebracht - ja, ganze Gemeinden sind durch diese Dinge zugrunde gerichtet worden. In dieser Stelle gibt der Heilige Geist Schwestern eine ganz besondere ernste Warnung, den traurigen Weg dem Satan nach zu betreten. Es ist sicher beachtenswert, daß es dem Feinde gelang, das erste Murren, - die erste Unzufriedenheit in Verbindung mit den Witwen in die Urgemeinde hineinzutragen. (Apgesch. 6,1ff.) Dieselbe Gefahr droht uns auch heute noch. Laßt uns vor den Schlingen Satans auf der Hut sein!

1. Tim. 6,10 lesen wir: „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche vom Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben.“ Der Herr Jesus sagt Matthäus 6,24: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ Gar manches Herz ist durch den Dienst des letzteren hart und kalt geworden. Bezeichnenderweise ist die Geldliebe eine Wurzel alles Bösen. Ach, wenn irgendwo solche Wurzeln in unserem Herzen stecken, laßt sie uns ausziehen, damit wir uns füllen lassen können mit der Liebe zu Ihm und den Seinigen!

Dann sind uns die „etlichen“ noch einmal Vers 21 genannt. Diese hatten durch das fälschlich sogenannte „Wissen“ hinsichtlich des Glaubens das Ziel verfehlt.

„Du aber, o Mensch Gottes, fliehe diese Dinge!“ Selbst ein Timotheus stand in Gefahr, durch diese Dinge vom geraden Wege abgelenkt zu werden. Darum legt der besorgte Vater in Christo so sehr die Betonung auf das „du aber“. Wenn wir diese Dinge fliehen, können wir anderen nachstreben. Und welches Herz eines Menschen Gottes möchte nicht streben nach Gerechtigkeit, Gottseligkeit, Glauben, Liebe, Ausharren, Sanftmut des Geistes?! (V.11) Freilich fallen uns diese köstlichen Eigenschaften nicht ohne weiteres in den Schoß. Darum folgt: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens!“ (V. 12)

Und nun, mein Bruder - meine Schwester - erkennst du - daß es auf dich persönlich ankommt?

handele, als ob es nur von dir abhinge, daß die Gemeinde lebendig und frisch dastehe! Hingabe ist not. Im Werke des HErrn gilt immer noch das Wort des Herrn Jesus: „Geben ist seliger als nehmen.“

(Apgesch. 20,35) Als Mensch Gottes bist du so reich gemacht, daß du darauf nicht zu warten brauchst, daß dir gegeben werde, sondern gib du, reiche du dar aus der Fülle Seiner Herrlichkeit, die dir als Mensch Gottes erschlossen wurde! Oder aber gehörst du zu den „etlichen“? Dann prüfe dein Herz und komme zurück, wenn du irgendwie abgeirrt bist! Die Gnade reicht aus auch zur Wiederherstellung. Bleibe aber nicht entmutigt oder enttäuscht am Wege stehen, sondern werde und sei ein „Mensch Gottes“, der für Ihn da ist in dieser Welt!

W. Dt.

„Sie gaben sich selbst zuerst dem HErrn.“

Das obige Zeugnis stellt der Heilige Geist in dem Briefe an die Korinther den Gläubigen in Mazedonien aus. (2. Kor. 8,5) Welch ein kostbares Zeugnis! Ob der Heilige Geist solches auch uns geben kann? Wir können verstehen, daß dieser Herzensstellung entsprechend auch das praktische Leben dieser Gläubigen war. Denn „von dem Herzen aus sind die Ausgänge des Lebens“. In demselben Kapitel, Vers 3, wird von diesen Gläubigen weiter gesagt: „Denn nach Vermögen ... und über Vermögen waren sie aus eigenem Antriebe willig ...“ Nur mit solcher Gesinnung ist es möglich, am Bau des Hauses Gottes mitzuwirken, wie wir es auch beim Bau der Stiftshütte sehen in 2. Mose 35,5.10.21.22.25.26.29.

Nicht in allen Gemeinden war diese innere Herzensstellung vorhanden. In Galatien hatten sie das Gesetz wieder zur Geltung kommen lassen. Kap. 3,3 lesen wir: „Nachdem ihr im Geiste angefangen habt, wollt ihr jetzt im Fleische vollenden?“, so daß Paulus in Kap. 5,4 schreiben mußte: „Ihr seid aus der Gnade gefallen.“ Bei einem solchen Zustand ist es nicht verwunderlich, wenn wir Kap. 5,15 lesen: „Wenn ihr aber einander beißet und fresset, so sehet zu, daß ihr nicht voneinander verzehrt werdet.“ Wie betrübend ist es, wenn Kinder Gottes auf

solchen Wegen wandeln!

Auch in Korinth war der Zustand der Herzen ein anderer als bei den Gläubigen in Mazedonien. Dort war der alte Mensch wieder in anderer Beziehung in Erscheinung getreten. Dort hatten die Gläubigen die Anschauungen, Sitten und Gebräuche der Welt in die Gemeinde Gottes hereingebracht.

Böse Unterschiede zwischen arm und reich, gebildet und ungebildet wurden gemacht. Die einen wählten sich dieses, die anderen jenes Werkzeug Gottes und hingen dem einen an und lehnten das andere ab. Die Folge war, daß Spaltungen und Streitigkeiten in ihrer Mitte entstanden, und nicht allein das, sogar in Fragen des irdischen Besitzes - des „Mein und Dein“ suchten sie sich zu übervorteilen und führten Rechtshändel vor ungläubigen Richtern. (1. Kor. 6,4-8) Ihnen mußte ernstlich bezeugt werden: „Ihr seid noch fleischlich ... und wandelt nach Menschenweise.“ (3,3) Sie hatten ganz das Haupt des Leibes, Christus, den alleinigen HErrn und Gebieter, außer acht gelassen und vergessen, daß es bei Gott kein Ansehen der Person gibt.

Bei den Thessalonichern, die auch zu denen aus Mazedonien gehörten, war das anders. Dreierlei wird von ihnen gerühmt (1. Thess. 1,3):

1. ihr Werk des Glaubens,

2. die Bemühungen der Liebe,

3. das Ausharren der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus.

Das Werk ihres Glaubens begann mit ihrer Bekehrung von den toten Götzenbildern zu dem lebendigen Gott. Das war für sie wirklich ein Werk des Glaubens; denn es bedeutete für sie ein vollständig anderes Leben, eine völlige Umwandlung ihrer seitherigen Anschauungen. Was ihnen seither wichtig und heilig war, das taten sie nun als falsch und irrig ab. Ihr ganzes bisheriges Leben wurde ins Licht Gottes gestellt und nach Seinem Willen und Wort umgestaltet.

aus den Himmeln zu erwarten.“ (1. Thess. 1,9.10)

Als sie das Wort der Kunde Gottes empfingen, nahmen sie es nicht auf als Menschenwort, „sondern wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort“. (1. Thess. 2,13) Es wurde Leuchte ihrem Fuß und Licht für ihren Pfad. (Ps. 119,105) Obgleich ihr Weg durch viele Drangsale ging, nahmen sie doch das Wort auf „mit Freude des Heiligen Geistes, so daß sie allen Gläubigen in Mazedonien und Achaja zu Vorbildern wurden“. (1. Thess. 1,6.7) Eine solche Entwicklung wird nur bei solchen gefunden, die zuerst sich selbst dem HErrn geben. Dann kann der Töpfer aus dem Ton ein Ihm gebräuchliches Gefäß gestalten.

Als zweites werden die Bemühungen der Liebe genannt. In Kap. 4,9 heißt es von ihnen, daß es nicht nötig sei, ihnen über die Bruderliebe zu schreiben, da sie von Gott Selbst gelehrt seien, die Brüder zu lieben. Und das taten sie gegen alle Brüder! Wie herzlich war ihr Verhältnis zu dem Apostel Paulus, dem in Korinth und Galatien so sehr widerstanden wurde. Von Timotheus hatte Paulus erfahren, daß sie ihn und seine Mitarbeiter allezeit in gutem Andenken hatten und sie sehr verlangten, ihn zu sehen. (1. Thess. 3,6) Für sie war Paulus der Gesandte Gottes, der ihnen die Botschaft des Glaubens verkündigt hatte, und sie nahmen ihn deshalb mit herzlicher Liebe und großer Freude auf. Er war ihnen ein Diener Gottes, in dem sie Gottes Wirken erkannten und auch würdigten. Wie herzlich war andererseits auch die Liebe des Apostels zu den Thessalonichern. Er war zart in ihrer Mitte gewesen, so wie eine Amme ihre eigenen Kinder pflegt. (2,7) Auch in seinem Herzen war ein sehnliches Verlangen, sie zu sehen, weil sie ihm lieb geworden waren. (2,8) Wieviel können wir darin von den Thessalonichern lernen! Die Bruderliebe ist ein wichtiges Kennzeichen der Gläubigen. Der Herr Jesus Selbst sagt in Joh. 13,35: „Daran werden alle erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“

Als Drittes wird genannt „das Ausharren der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus“. Wie oft ist im ersten Thessalonicherbrief die Rede von Leiden, Drangsalen, Nöten! In Leiden und Schwierigkeiten werden unsere Blicke und Herzen hingezogen zum Thron der Gnade, von dem uns Hilfe kommt. In solcher Lage erkennen wir unsere Hilflosigkeit und Ohnmacht und warten

auf die Rettung durch unseren allmächtigen Gott, der in Christo uns zum Vater geworden ist. In den Drangsalen dieser Zeit wird uns auch die Welt mehr und mehr zum Pilgertal, zur Fremde, wo wir keine bleibende Stätte haben. Wir sehnen uns nach Ihm und den ewigen Friedenshütten, nach den Wohnungen, die der HErr uns beim Vater bereitet hat. Und diese Hoffnung belebt uns und gibt uns Kraft zum Ausharren und Überwinden. So war es auch bei den Thessalonichern. Im ersten Brief schließt jedes Kapitel mit dem Hinweis auf das Kommen des HErrn. Wie mag das die bedrückten und niedergebeugten Herzen aufgerichtet und getröstet haben! In derselben Weise trösten und ermuntern auch wir uns durch den Zuruf: „Der HErr ist nahe!“

Der HErr in Seiner großen Gnade wirke auch in unserem Herzen eine völlige und restlose Hingabe unserer selbst an Ihn, daß wir zuerst trachten nach dem Reiche Gottes und es allem anderen voranstellen!

P. S.

Nichts ist umsonst.

Nichts ist umsonst! Das kleinste Wort,

Ob sanft, ob rauh, mag wohl verwehen;

Sein Einfluß aber wirket fort;

Es kann und wird nicht untergehen;

Da ist ein Herze, das es trifft;

Die Folgen kennt nur Gott allein!

Vielleicht ist's ein verzehrend Gift,

Vielleicht ist's warmer Sonnenschein.

Nichts ist umsonst! Die kleinste Tat

Hat eine Macht, die wir nicht ahnen,

Und wird sich sicher ihren Pfad

Hinauf zum Throne Gottes bahnen;

Wie Wellenreife auf der Flut,

Bewegt sich rings der Strom der Zeit:

Das Resultat, ob schlecht, oh gut,

Verkündet einst die Ewigkeit.

(?)

Der HErr aber richte eure Herzen zu der Liebe Gottes und zu dem Ausharren des Christus!“ (2. Thess. 3,5)

2. Kor. 13,8; 2. Petr. 3,18!

Offenb. 22,21!

 

 

 

21. Jahrbuch (1936)

Zur Jahreswende.

Wieder stehen wir am Anfang eines neuen Jahres. Wen beschleicht nicht Furcht, wenn er in die

dunkle Zukunft sieht und an all die Not denkt, die gleich einer Wolke drohend über den Völkern wie auch über dem Leben der einzelnen steht?! Wie tritt uns beim Rückblick gerade in der Jahreswende die Ungewißheit und Unsicherheit alles Irdischen doch so recht vor Augen!

Viele sahen ihre Hilfsquellen versiegen - ihre Gesundheit und Kräfte schwinden - verloren unverschuldet Arbeit und Brot. Ein Bangen beschleicht ihr Herz, wenn sie wie einst die Jünger ihre Denare zählen - auf die vorhandenen Brote und Fische blicken und dann feststellen müssen: „Es reicht nicht hin, auf daß ein jeder etwas weniges bekomme.“ (Joh. 6,7-9) Da blickt das sorgenschwere Herz bange in die Zukunft und fragt: „Was wird das neue Jahr uns bringen?“

Bekommen wir auch keine Antwort Auf solche Frage, so hören wir doch wie eine Stimme aus dem Himmel das Wort unseres Gottes: „Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen!“ (Hebr. 13,5) Ja, Dank sei dem HErrn, auch heute noch erfahren wir es wie einst die Jünger, daß fünf Brote und zwei Fische in Jesu Händen hinreichen, nicht nur uns, sondern Tausende zu sättigen! Ist der HErr bei uns und mit uns, dann kann uns das Dunkel der Zukunft nicht schrecken; der Glaube erfaßt Ihn und spricht kühn: „Der HErr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten; was wird mir ein Mensch tun?“ (Hebr. 13,6) Auch wenn unser Weg hinab ins Tal des Todesschattens geht - wir fürchten nichts Übles, Sein Stecken und Sein Stab, sie trösten uns. (Ps. 23)

Wohl uns, der HErr ist unsere Zuflucht! Er bleibt unsere Burg, in der wir uns bergen, wenn die Ströme kommen und die Winde wehen. Alle, die je Ihm vertrauten, wurden nicht beschämt. Sollten wir Ihm nicht vertrauen? Bei Ihm ist keine Veränderung, Er bleibt derselbe in Seiner Liebe und Treue - und ein Glaubensblick auf Ihn macht unser Herz still.

Getrost gehen wir ins neue Jahr. Wir haben Sein Wort: „Ich bin bei euch alle Tage!“ Und nicht nur diese Verheißung haben wir aus Seinem Munde, sondern auch die köstliche Zusage: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir!“ (Offenb. 22,12) Laßt uns deshalb mit dem alten Jahre alle Lässigkeit im Werke des HErrn - alle Lauheit im geistlichen Leben ablegen! Laßt uns vergessen, was dahinten ist und uns ausstrecken nach dem, was vor uns liegt! Bald kommt

A. v. d. K.

Elia und Obadja.

(1. Kön. 18,8-16)

Einen schweren Auftrag hatte Obadja von Elia erhalten. Er sollte zu Ahab gehen und ihm sagen.: „Siehe, Elia ist da!“ Das hieß mit anderen Worten für Obadja, er solle den Propheten Jehovas an Ahab verraten und dem Tode ausliefern. Wir können verstehen, wie erschrocken Obadja über diesen Auftrag sein mußte. Er, der in seinem Herzen Jehova sehr fürchtete, sollte hingehen und den treuen Knecht Jehovas an Ahab ausliefern.

Aber nicht allein das. Obadja fühlte auch sofort, daß die Ausführung dieses Auftrages für ihn selbst höchst gefährlich werden könne. Er hatte kein gutes Gewissen. Einerseits klagte es ihn an wegen seiner gottwidrigen Verbindung mit dem Hause Ahabs und andererseits wegen der heimlichen Versorgung der hundert Propheten Jehovas, welche ihn auch in beständiger Furcht vor Entdeckung hielt; denn mit der Macht und dem Beistand Jehovas konnte er in dieser Sache infolge seines belasteten Gewissens nicht rechnen.

Bei dem Gedanken, Elia dem König melden zu sollen, befällt ihn Angst um sein Leben. Konnte Ahab bei der Überbringung dieser Botschaft nicht mißtrauisch werden und denken, er habe den Aufenthaltsort Elias gewußt und mit diesem unter einer Decke gesteckt? Und wenn dann alles ans Licht käme, so wäre er ein verlorener Mann. Das Ergebnis seiner Überlegungen ist: „Er wird mich töten!“

Wie arm und unglücklich ist doch ein Kind Gottes, welches zwei Herren zu dienen sucht! Obadja ist hierfür ein rechtes Beispiel. Im tiefsten Grunde seines Herzens fürchtete er Jehova - nach außen aber zeigte er sich der Welt, als sei er völlig eins mit Ahab. Er hatte auf das Fleisch gesät, und vom Fleische mußte er nun ernten. Und ist dies nicht das Teil aller, die auf Fleisch säen? Wie schnell kommt oft der Tag, wo wir bitter ernten müssen, was wir gesät haben!

Möchten wir aus den Warnungsbeispielen des Wortes Gottes lernen, nicht in einem Joche mit Ungläubigen zu sein! „Denn welche Genossenschaft hat Gerechtigkeit und Gesetzlosigkeit? oder welche Gemeinschaft Licht mit Finsternis? und welche Übereinstimmung Christus mit Belial? oder welches Teil ein Gläubiger mit einem Ungläubigen?“ (2. Kor. 6,14-18) Nichts schwächt ein Kind Gottes so wie ein geteiltes Herz, ein Verharren in der Welt.

Obadja gibt sich nun alle Mühe, Elia zu bewegen, ihn von diesem ihm so gefahrvoll erscheinenden Auftrag zu entbinden, aber dreimal hält Elia seinen Befehl aufrecht:

„Gehe hin, sage deinem Herrn: Siehe, Elia ist da!“ (V. 8.11.14); und dreimal drückt ihm Obadja die Besorgnis in seiner Antwort Aus: „Er wird mich töten!“ (V. 9.12.14); und dreimal bringt er einen Grund vor, um Elia von der Gefährlichkeit seines Auftrages zu überzeugen. (V. 10.12.13)

Diese Botschaft Ahab zu überbringen scheint Obadja nichts anderes zu sein, als in den Tod zu gehen. Er meint, Elia wisse nicht, in welche Lebensgefahr er durch seinen Auftrag komme, und bringt ihm deshalb seine Beweisgründe dafür vor, die er mit den Worten schließt: „Und nun sprichst du: Gehe hin, sage deinem Herrn: Siehe, Elia ist da! und er wird mich töten.“ (V. 14) In diesen Worten drückt er Elia die Ungereimtheit seines Auftrages mit den bestehenden Verhältnissen aus, die es ihn als selbstredend erscheinen lassen, daß Elia seinen Befehl zurücknehmen müsse. Er fragt deshalb: „Was habe ich gesündigt, daß du deinen Knecht in die Hand Ahabs geben willst, daß er mich töte?“

(V. 9) Elia antwortet auf diese Frage nicht; sie zeigt aber, wie wenig Obadja sich der Sünde seiner Verbindung mit Ahab bewußt war.

Laßt uns noch etwas näher auf die drei Beweisgründe Obadjas eingehen.

Zuerst machte er Elia mit der offenkundigen Feindschaft Ahabs gegen ihn bekannt. Um seiner habhaft zu werden und ihn zu töten, hatte Ahab den Propheten sogar in den angrenzenden Königreichen suchen lassen. Obadja kannte diesen tödlichen Haß, den Ahab gegen den treuen und unerschrockenen Zeugen Jehovas in seinem Herzen trug. Er konnte es nicht verstehen,

daß Elia, nachdem er Kenntnis hiervon hatte, es dennoch wagen wollte, sich Ahab zu zeigen. Er kannte eben das Geheimnis der Kraft Elias nicht. Bei ihm drehte sich in erster Linie alles um sein eigenes Leben, dies kam immer wieder durch die Furcht, getötet zu werden, zum Ausdruck.

Sein zweiter Grund war, daß Gott Seinen Propheten nie in die Hand Ahabs fallen lassen würde; daß dann aber er (Obadja) dafür haftbar gemacht werden würden, weil er ihn nicht bei der Begegnung festgenommen oder - als einen Schädling des Volkes - sofort getötet habe. Diese Gefahr begründet er Elia damit, daß, wenn er jetzt hingehe, um den Auftrag dem König auszurichten, der Geist Jehovas Elia irgendwohin tragen und verbergen würde; und wenn Ahab dann käme und ihn nicht fände, er an seiner Statt werde sterben müssen.

Wie tief lassen uns diese Worte in das Herz des Obadja schauen! In bezug auf Elia hatte er volles Vertrauen zu Gott, daß dieser Seinen Knecht vor dem Zorn des Königs bewahren würde. Warum hatte er solches Vertrauen nicht auch für sich selbst zu Gott? Konnte Gott nicht auch ihn vor Ahab schützen? Ach, er wandelte nicht als ein Knecht Jehovas - seine gottwidrige Stellung und sein schuldiges Gewissen hatten ihm jedes Vertrauen auf Gott in bezug auf sich selbst geraubt. Elia vertraute auf Gottes Rettung; Obadja sah nur den Tod durch Ahabs Hand vor sich, und deshalb suchte er so beharrlich, von dem gefährlichen Auftrag Elias loszukommen.

Und noch einmal, zum dritten Male, wendet er sich an Elia, und diesmal sucht er sein Herz zu gewinnen. Er erinnert ihn, daß auch er von seiner Jugend an Jehova angehöre und manches Gute getan habe. Sicher fühlte er den Widerspruch dieser Worte mit seiner jetzigen Stellung zu Ahab, die gegen ihn zeugte. Aber doch, er konnte auf Gutes - auf eine große Tat hinweisen, die er getan hatte, und er fragt, ob es Elia nicht berichtet worden sei, daß er, als Isebel die Propheten Jehovas tötete, hundert Mann versteckt und mit Brot und Wasser versorgt habe. Elia hatte nicht nötig zu fragen, ob von dem, was er getan, berichtet worden sei. Sein ganzes Leben war ein Zeugnis und ein Dienst für seinen Gott, Obadjas Tat aber, die wir nicht verkleinern wollen, war gewiß ein Dienst, den er um Jehovas willen den armen verfolgten Propheten getan hatte, aber er geschah nicht in ungefärbtem und völligem Glauben, denn in dem Lichte der

Heiligkeit Gottes und der Wahrheit konnte er nicht bestehen. Er selbst war aber von seiner Tat so eingenommen, daß er meinte, sie sei ein Grund, sein Leben zu schonen und nicht in Gefahr zu bringen.

Wie traurig stimmen uns diese Gegenreden Obadjas, der doch gewohnt war, Ahabs Worten ohne Widerspruch zu gehorchen, der aber gegen den göttlichen Befehl des Propheten voller Einwendungen ist. Bei Obadja drehte sich alles um ihn selbst, um sein Leben, aber kein Wort der Reue oder des Schmerzes über den Abfall oder des Eifers für den verworfenen Gott Israels kommt über seine Lippen. Woher kam dies? Ach, Obadja bestätigt uns, daß nichts das innere Leben eines Kindes Gottes so schwächt wie ein geteiltes Herz und das Verharren in einem ungleichen Joche. Und doch versuchen Kinder Gottes immer wieder, Gott und der Welt zugleich zu dienen und Gottes Forderungen denen der Menschen unterzuordnen.

Elia geht weder auf die Gründe Obadjas ein noch entbindet er ihn von seinem Auftrag. Nur insofern beruhigt er den zagenden und zitternden Obadja, daß er ihm die feierliche Zusage gibt: „So wahr Jehova der Heerscharen lebt, vor dessen Angesicht ich stehe, heute werde ich mich ihm zeigen!“ Das waren feierliche Worte, die aber auch Obadjas Herz und Gewissen treffen mußten, denn vor wem stand er? Der Herr, vor dem er stand, war Ahab.

Im Glauben an den lebendigen Gott ist Elia bereit, zum zweiten Male vor das Angesicht Ahabs zu treten. Er fürchtete die Wut des Königs nicht, die Obadja mit Schrecken erfüllte. Welch ein Gegensatz zwischen zwei Menschen, die beide Jehova fürchteten.

Menschliches Urteil mochte das Leben Obadjas in seiner angesehenen Stellung am königlichen Hofe angenehmer und höher einschätzen als das Leben Elias in der Einsamkeit am Bache Krith oder im Hause einer armen Witwe. Der Glaube aber achtet die Schmach Christi für größeren Reichtum als die Schätze Ägyptens. Diesen unerforschten Reichtum Christi, für den einst Mose Ägypten aufgab und den Elia in der Abgeschiedenheit mit seinem Gott genoß, den verlor Obadja, und den verlieren alle „Obadjas“, die nicht wagen, den Weg der Treue und Absonderung von der Welt zu gehen.

A. v. d. K. (m. Benutz. engl. Lit.)

„Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte.“

(2. Kor. 6,9a)

In einem etwas anderen, sicher auch angängigen Sinne möchte ich in diesem Aufsatz, der, so Gott will, durch etliche Lieferungen hindurchgehen wird, das Wort der Überschrift gebrauchen, als wie es zunächst von Paulus gemeint ist. Der Apostel will in dem wunderbaren Aufbau von V. 3-10 zeigen, in was für Umständen usw. er und die übrigen Mitarbeiter an der Verkündigung der Gnade Gottes (V. 1) sich zu bewähren hätten, und es ist da leicht zu sehen, welche Bedeutung obiger Ausdruck hat, ohne daß ich beabsichtigte, hier darauf einzugehen. Mochten jene bei vielen in der Welt unbekannt sein - sie waren bei anderen, vor allem bei Gott, durchaus wohlbekannt; mochten die einen sie schmähen als „gänzlich unbekannte Leute“, andere priesen sie als solche, die man besonders gut kannte und sicher auch hoch schätzte. Wir brauchen nicht traurig darüber zu sein, wenn viele uns mißachten, verachten und übersehen, vielleicht absichtlich, anderen, denen wir dienen durften mit dem besten Dienst, sie werden uns nicht vergessen, und vor allem vergißt uns unser treuer Gott und Vater nicht. Er weiß, wo wir wohnen! (Vgl. Offenb. 2,13!) Noch vieles ließe sich über den Titelausdruck sagen, aber das ist, wie oben bemerkt, nicht meine Absicht und auch nicht meine Aufgabe für diesmal.

Ich habe vielmehr - wie ich glaube, vom HErrn geleitet - im Sinne, in diesem forttaufenden Aufsatz etliche Typen von Menschen der Heiligen Schrift zu betrachten, die nicht zu den Bekannteren zählen, sondern von denen nicht so sehr viel in der Schrift gesagt ist, die aber durch die Umstände ihres Lebens und ihrer Tätigkeit unserem Gott „wohlbekannt“ sind und darum uns, den Liebhabern Seines Wortes, auch bekannter sein sollten, als es gemeinhin der Fall ist. Wer regelmäßig das Wort Gottes durchzulesen gewohnt ist, der hat natürlich alle die im folgenden genannten Namen schon öfter gelesen, und manches mag ihm an ihnen wichtig geworden sein, manches auch mag er noch bis heute übersehen haben. Vielleicht gefällt es

Gott, uns durch Seinen Geist den einen und anderen so vor Augen zu malen, daß wir Sehnsucht bekommen, auch in diesen „Unbekannten“, aber, als im Worte Gottes Erwähnten, doch für Gott Wohlbekannten Vorbilder fürs eigene Leben, für den eigenen Dienst zu finden. „Denn alles, was (zuvor) geschrieben, ist zu unserer Belehrung geschrieben“ - dies Wort aus Röm. 15,4 gilt auch hier.

Formal will ich es nun wieder so machen wie in den vergangenen beiden Jahren: Ich will keine nach Gesichtspunkten geordnete Reihenfolge innehalten, sondern die Personen so nennen, wie sie mir in den Sinn, in die Erinnerung, unter die Augen (bei meinem derzeitigen fortlaufenden Bibellesen) gekommen sind. Es wird sich dabei naturgemäß mehr um alttestamentliche Namen handeln als um natürlich ungleich bekanntere aus dem Neuen Testament. Dennoch werden auch von diesem einige genannt werden, so auch schon sehr bald. Der HErr aber gebe Gnade, daß ich stets das Rechte denke und niederschreibe und daß wir alle für alles das rechte Verständnis haben, vor allem auch für die persönliche, praktische Anwendung!

Als ersten der Reihe nenne ich den, der eigentlich die Veranlassung zu diesem Thema für mich wurde:

Baruk,

den Schreiber des Jeremia, jenes viel leidenden Propheten, der das Ende der Wegführungen des Volkes Israel weissagte und erlebte. Der Name Baruk kommt schon vorher ein paarmal in der Schrift vor, und es handelt sich dabei wohl um verschiedene Personen; aber sie hinterließen alle ein gutes Andenken - man vgl. Nehem. 3,20 u. 10,7 u. 11,5 -, besonders der erste, der uns als „eifrig“ genannt wird bei dem Mauerbau Jerusalems. Sicher möchten wir durch ihn lernen, wie man von Gott „eifrig“ genannt werden kann. Nun, der HErr beachtet das, was an Seinem Werk geschieht, stets ganz besonders, und es sollte uns nicht schwer sein, „eifrig“ zu sein, wenn es sich um Seine Sache handelt. Welch ein Vorrecht, dabei sein zu dürfen, wenn Sein Wert getan werden soll; vgl. 1. Kor. 15,58! Eben hierher gehört doch auch Hebr. 10,24.25!

Aber die Hauptperson dieses Namens (Baruk) ist die jenes Schreibers. Übrigens ist er wohl zuerst ein selbständiger Mann gewesen, wie mir Jer. 32,12 anzuzeigen scheint. Aber dann beruft ihn, wie ich glaube, der große „Prophet des Leidens“ in seinen Dienst (V. 13!), und wir sehen von da an diesen Baruk als einen treuen Gefolgsmann Jeremias, und nicht nur das, sondern auch als einen treuen Mann, der sich von seinem Meister wirklich gebrauchen läßt und Bedeutung erlangt, obwohl er gleichsam nur „im Schatten des Größeren lebt“. Aber was tut das? Er war Gott wohlbekannt! Wenn das der Fall, so bedürfen wir keiner weiteren Beachtung seitens der Menschen! Oder etwa doch? „Ob mich andere tadeln, loben, anerkennen, mißverstehen - HErr, Dein Wohlgefallen droben soll mir über alles gehen!“ Ja, das genügt und genüge für uns! - Die Begebenheit, wo uns Baruk zuerst vorgestellt wird, ist eine Glauben voraussetzende Tat (man lese die Geschichte unbedingt nach!). Bei Jeremia sehen wir nachher (V. 16ff.) ein dringendes gläubiges Gebet im Blick auf die Erfüllung der Verheißung des HErrn, aber von Baruk lesen wir nichts ähnliches. Er glaubt anscheinend auch! - Die nächste Gelegenheit zeigt uns Baruk bei der Niederschrift und Vorlesung der Weissagungen des Propheten (Kap. 36) und der Behandlung, die diese seitens des Königs Jojakim erfährt: Dieser verbrennt aus Oberflächlichkeit die ganze Buchrolle; Baruk aber liest die ganze Rolle vor, getreu dem Auftrag des Jeremia, und zwar zweimal, und es ist tiefbewegend zu sehen, daß die Obersten des Volkes doch nicht so gleichgültig erschienen im Blick auf das angekündigte Gericht, wenigstens halten sie es für gut, den König zu benachrichtigen. Und dann erfolgt die Verlesung dieser Botschaft, und hier zeigt sich die ganze Gemeinheit des gottlosen Königs, der nicht ahnt, was der morgige Tag bringt. Das alles hier näher auszuführen, verbietet der knappe Raum, aber wir sehen, daß Baruk, der uns die Art der Schreibweise bei dieser Gelegenheit beschreibt (V. 17.18), in nachahrnenswerter Treue seinen Dienst tut, bis er in Gefahr kommt, deswegen leiden, gar sterben zu müssen. (Gleichwohl, wie schön ist V. 19, wie wacht Gott über die Seinen, vgl. V. 26 am Schluß, und wie macht Er auch die Zuhörer dem treuen Vorleser geneigt!) Die dritte Verlesung vor dem König hält nicht Baruk, sondern Jehudi, und der Erfolg ist der, daß der gottlose König den Ernst der Weissagungen so sehr verachtet, daß er die Blätter zerschneidet und dem Feuer überantwortet; als wenn man etwas Unbequemem dadurch

Aber zum zweiten Male werden die gewaltigen Gerichtsworte aufgeschrieben, und wieder muß es Baruk tun und noch etliche neue Worte gleichen Inhalts hinzufügen! Freuen wir uns nicht an seinem Gehorsam?! Stehen wir auch so bereitwillig im Dienst am Worte Gottes? Heute ist es wahrlich nicht weniger wichtig als damals, dem Worte treu zu sein.

In Kap. 43,3 sehen wir ein offenbares Verleumdetwerden des gehorsamen Mannes seitens der Ungehorsamen! (V. 1ff.), und dann erfahren wir, daß er mit seinem Herrn, dem Propheten, in die Gefangenschaft zieht ...

Kap. 45,1-5 zeigt uns dann eine schmerzliche Seelentrübung bei diesem uns ob seiner Treue gewiß liebgewordenen Manne. Und wenn wir uns ein wenig kennen, so möchten wir wohl auch manchmal solchen Gefahren erliegen, wenn der HErr uns nicht bewahren würde. Hier wird er von dem Propheten, dem zweifellos größeren, standhafteren Manne zurechtgewiesen und getröstet - das Ganze aber als ein über ihn ergangenes Wort von Jehova gesagt. Solche Mühe gibt sich der HErr mit den Seinen! So hat Er, „der die Niedrigen tröstet“ (2. Kor. 7,6), später auch den Paulus getröstet: „Meine Gnade genügt dir“ (2. Kor. 11,9), so nimmt Er Sich stets der Schwachheiten der Seinen an, wenn sie sich nur verlassen auf Ihn! So vergißt Er auch deiner nicht, du manches erleidendes Kind Gottes, das du vielleicht gar nahe am Verzweifeln bist!

Der arme Baruk - der offenbar ein tiefes Gebetsleben führt, findet keine Erhörung, keinen Trost mehr im Flehen, da alles um ihn herum aussichtslos erscheint und er nicht versteht, warum das alles so sein müsse. Ja, „in der Welt habt ihr Angst“, sagt der HErr zu den Seinen, aber wie groß ist der Trost, der ihnen wird in Seinem Sieg! (Joh. 16,33!) Hier enthält die göttliche Antwort Durch den Propheten nicht einen so gearteten Trost, aber doch - wenn man Gottes Gedanken weiß, so ist das schon eine Klärung. Aber ob diese dem Baruk lieb war? Er hatte, ob von dem Ehrgeiz des kleinen Mannes oder durch die hohe Ehre, des Propheten Mitarbeiter zu sein, bewogen, wohl gehofft, es in dieser Welt, in diesem Zeitlauf noch zu etwas Besserem bringen zu können, und nun muß er nach vielem vergeblichem Seufzen erfahren, daß alles Bestehende dem Unglück preisgegeben würde und daß er somit gleichsam nur ein Leben

auch gebeugt haben, denn vielleicht ist ihm sein Trachten als falsch nicht eher so recht zum Bewußtsein gekommen, als bis der Prophet ihn zurechtwies. Jedenfalls bedurfte er dieser Ermahnung sehr - und wir etwa nicht? Wie oft sagt oder deutet die Schrift im Neuen Testament Mahnungen an wie „Sinnet nicht auf hohe Dinge, sondern haltet euch herunter zu den niedrigen, seid nicht klug bei euch selbst!“ (Röm. 12,16 u. a.) Und es ist eine gefährliche Sache für uns, in Gerichtszeiten oder in Zeiten, da die Welt dem Gerichtetwerden entgegengeht, nach hohen Dingen zu trachten. (Vgl. auch Luk. 22,24-27!) Seien wir auf der Hut, Geliebte! Und lassen wir uns reinigen durch das Wort (wie Baruk hier sozusagen auch durch das Wort zurechtgebracht und gereinigt wird), lassen wir uns warnen vor jeglichem Trachten danach, in der Welt etwas anderes zu sein, als wozu uns der Ruf des HErrn macht: „Seine Zeugen!“ (Apgesch. 1,8) Wir haben hier nichts uns hoch Machendes zu erwarten: In einer Welt, durch die unser geliebter HErr, unberührt von ihrem Wesen, hindurchgeschritten ist als „der treue und wahrhaftige Zeuge“

(Offenb. 3,14, wohlgemerkt im Sendschreiben an Laodicea!), wo Er nicht trachtete nach äußeren Ehren und Anerkennungen, sondern „der Allerverachtetste“ war (Jes. 53) - in solcher Welt haben wir wohl unseren Beruf in jeder Hinsicht treu zu erfüllen, treu zu leben, z. B. auch nach Tit. 3,1ff., aber „uns von der Welt unbefleckt zu halten“ (Jak. 1,27b). Baruk, der alttestamentliche Gehilfe des Jeremia, war anscheinend in Gefahr zu vergessen, wo er war (in Ägypten!!), er ersehnte Ruhe und eine gewisse Befriedigung in dieser Welt, ja, er erhoffte noch Größeres, „hohe Dinge“, aber er ward „treulich gedemütigt“, sicher mit Erfolg (Vgl. Ps. 119,67 u. 71!); und auch wir werden oftmals gebeugt und gedemütigt, damit wir wieder und wieder lernen, was Sein Wort sagt von uns, was wir sind und sein sollen für Gott, bis Er, unser HErr, kommt, und dann, ja, dann werden wir Niedrigen erhöht werden.

Laßt uns Sein Wort bewahren und halten, weil wir Ihn lieben, der uns zuerst geliebt hat (Joh. 14,23 usw.); das Wort bewahrt uns vor falscher Beurteilung der Welt und dessen, „was in der Welt“ ist, und richtet unsere Blicke dorthin, wo Er jetzt ist, und dann haben wir, was der liebe Baruk suchte: Ruhe für unsere Seelen; und wir werden bewahrt bleiben durch Gottes Macht, durch Glauben (der nicht schaut auf das Sichtbare! 2. Kor. 5,7!) zur Errettung, die bereit ist, in

der letzten Zeit geoffenbart zu werden usw. (1. Petr. 1,5) Mit diesen Worten könnte man die dem Baruk gegebene Schlußverheißung vielleicht ins Neutestamentliche übersetzen. Der HErr bewahre uns vor jeglichem „Trachten nach hohen Dingen“ in dieser Welt, und Er hebe unsere Augen auf, auf daß wir „niemanden sehen als Jesum allein“. (Matth. 17,8)

Hiermit möchte ich meine schwachen Bemerkungen über einen der „Unbekannten, dennoch bei Gott Wohlbekannten“ der Heiligen Schrift schließen mit der Bitte zum HErrn, daß Er uns Sein Wort segnen wolle. Er sei dafür gepriesen!

F. K.

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

„Und sie ... verdarben den Ertrag des Landes.“

(Richter 6,4)

Die Überschrift ist ein Wort aus der Geschichte Gideons. Israel war durch seine Untreue unter die Herrschaft Midians gekommen. Midian ist ein Bild der Welt, und Midian verdarb dem Volke Gottes den Ertrag des Landes. Sie ließen ihm keine Lebensmittel übrig. Gott hatte Sein Volk in ein Land voll Milch und Honig geführt, das „die Zierde von allen Ländern“ war (Hes. 20,6), und verheißen, daß es in diesem Lande „nicht in Dürftigkeit Brot essen“ und es ihm an nichts mangeln werde. (5. Mos. 8,9)

Weshalb sind in diesem gesegneten Lande so viele Kinder Gottes arm und leiden Mangel an Nahrung? Warum finden sie keine Speise? Die Bibel ist ihnen ein verschlossenes Buch, und ihre Seele leidet Mangel und Not. Woher kommt es? Hat das Land seine Fruchtbarkeit verloren? Nein, niemals! Ach, es ist der Feind, der sie unter die Herrschaft der Welt gebracht hat, der ihnen den Ertrag des Landes - den Weizen - die Nahrung verdirbt.

Du kannst nicht die Welt und Christus zugleich genießen. Es ist unmöglich. Christus ist die

Speise des Volkes Gottes; aber das Brot vom Himmel kann nicht mit den Zwiebeln Ägyptens, mit den Melonen dieser Welt zusammen genossen werden.

Fragst du: „Was ist die Welt?“ Eine Liste ihrer Dinge und Gewohnheiten kann ich dir nicht geben. Der Heilige Geist gibt uns aber Besseres, um sie zu erkennen. Er sagt: „Alles, was in der Welt ist ... ist nicht von dem Vater.“ (1. Joh. 2,16) Alles, was du nicht in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne haben und dessen du dich nicht erfreuen kannst (wie harmlos es auch scheinen mag), meide, es ist von der Welt und verbunden mit ihrer Lust - der Lust des Fleisches und der Augen und dem Hochmut des Lebens. (1. Joh. 2,16) Wie einfach und klar sagt Jakobus: „Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.“ (Jak. 4,4)

Satan ist ein Feind, der nie ruht. Er ist der Verderber, der alles verwüstet. Und wie er die Erde durchstreift, um zu verderben, das wissen wir aus der Geschichte Hiobs. (Kap. 1,7.10) Ständig spät er nach Angriffspunkten aus, die Geliebten Gottes zu verderben, und hat er irgend etwas entdeckt und ein Einfalltor gefunden, sei es in unser Herz, sei es in die Gemeinde, so dringt er gleich einer alles überbrausenden Flut herein, seine Lust am Verderben auszuüben.

Und mit welcher Gier er Gottes Segnungen zerstört, das sehen wir wieder in der Geschichte Hiobs. Kaum hatte Gott es ihm erlaubt, Hiob anzutasten, da nahm er an einem Tage, ja, vielleicht in einer Stunde, dem Hiob alles, was er hatte. (Hiob 1,13-19) O welch ein Feind ist Satan! Listig wie die Schlange, stark wie der Löwe und die Zahl seiner Engel Legion! Und dieser Feind ist ständig am Werke, uns den Ertrag des Landes zu verwüsten und keine Lebensmittel zu lassen.

Israel fühlte unter dem Druck Midians seine Not und Ohnmacht. Es konnte nicht ohne Nahrung sein. Sie klagten nicht einer den anderen an - sie schrien zu Gott um Hilfe. Und sind wir nicht unglücklich, wenn der Feind seine Macht und Wirksamkeit über Gottes Volk ausübt und den Ertrag des Landes verdirbt und die Lebensmittel raubt? Sehnen wir uns nicht nach Speise? Ist Christus und Sein Wort nicht unsere einzige Speise? Kannst du ohne Ihn und ohne Sein Wort

Gideon wollte dem Feinde den Weizen nicht überlassen. Andere mochten den Ertrag des Landes hergeben - er verbarg ihn. Konnte er ihn nicht offen auf der Tenne ausdreschen, so klopfte er ihn in der Kelter aus. Er mußte seine Nahrung behalten. Die Kelter erinnert uns an die Kelter, in der unser HErr Sein Blut für uns fließen ließ. Dort sammelte Gideon seinen Weizen, die Nahrung für sein Leben. Und Gott grüßte ihn dort als einen „tapferen Helden“. Niemand kannte ihn als einen solchen, Gott aber sah sein Ringen mit dem Feinde seiner Seele. Wo in der Verborgenheit, den Menschen unbekannt, sieht Gott diese „tapferen Helden“ heute, die sich die Minuten abringen, weil sie die Milch des Wortes, die Stille des Gebetes mit ihrem Gott nicht „Midian“ opfern wollen?!

Sichtungszeiten sind Prüfungs-, aber auch Segenszeiten. Wohl kommen wir in das Sieb, damit die Spreu von uns abgetan werde. Der Glaube aber sieht die erziehende und die liebende Vaterhand seines Gottes, die uns von uns selbst lösen und Seinem Bilde ähnlich machen will.

A. v. d. K.

Maria, die Mutter Jesu.

Es wird denen, die mit der römischen Lehre zu tun haben, eine Hilfe sein, zu sehen, daß das Zeugnis des Heiligen Geistes von Anfang an im offenen Gegensatz zu dieser Lehre steht. Die Heilige Schrift begegnete gleichsam schon im voraus dieser Irrlehre, ehe sie auftrat, und gibt uns damit einen Beweis ihrer göttlichen Inspiration.

Wem wird in den Berichten der Heiligen Schrift, wo wir den Herrn Jesus mit Maria zusammen finden, gehuldigt, und wer wird angebetet? Die erste Stelle, wo wir den Herrn Jesus und Maria zusammen finden, ist Matth. 2,11. Sie berichtet uns von den Weisen aus dem Morgenlande, die durch den Stern zu dem Orte geführt wurden, wo das Kindlein war. „Und als sie in das Haus gekommen waren, sahen sie das Kindlein mit Maria, Seiner Mutter, und sie fielen nieder und huldigten Ihm; und sie taten ihre Schätze auf und opferten Ihm Gaben.“ Maria wird gar nicht

Genau so war es schon bei dem früheren Besuch der Hirten. Wohl fanden sie Maria und Joseph. Aber von wem sprachen sie danach? Nicht von Maria, nicht von Joseph. Ihre Augen hatten das Kindlein gesehen, und sie machten „überall das Wort kund, welches über dieses Kindlein zu ihnen geredet worden war.“ (Luk. 2,17) Dies ist nichts Außergewöhnliches. Auch der Engel hatte keine andere Botschaft. Er sprach nichts von Maria, sondern von dem Heiland, - dem Erretter, der in Davids Stadt geboren, „welcher ist Christus, der Herr“. Und diesen würden die Hirten „finden, in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegend“. (Luk. 2,11.12) Alle anderen Personen bleiben ungenannt und unerwähnt.

Und weiter, als Joseph und Maria das Kindlein in den Tempel brachten, da ruhte der Blick Simeons nicht auf Seiner Mutter, nicht auf Joseph, sondern auf dem Kindlein, und er sprach: „Meine Augen haben Dein (Gottes) Heil gesehen.“ (Luk. 2,30) Es war nicht mit Maria, sondern mit dem Kindlein verbunden. Marias Stellung war eine völlig andere. Simeon konnte Maria segnen, aber nicht das Kindlein. Es hätte viel näher gelegen, wenn Simeon das Kindlein gesegnet hätte, aber die Schrift sagt: „Das Geringere wird von dem Besseren gesegnet.“ (Hebr. 7,7) Wie hätte Simeon da den HErrn segnen können? Wohl aber konnte er Maria segnen. (Luk. 2,34.35)

Und wiederum sehen wir den Herrn Jesus mit Seiner Mutter im Tempel, als Er 12 Jahre alt war. Sie war erstaunt über Ihn; sie verstand Ihn nicht, und wir hören deutlich die zarte Zurechtweisung aus Seinen Worten heraus: „Wußtet ihr nicht, daß Ich in dem sein muß, was Meines Vaters ist?“ Als der vollkommene Mensch „war Er ihnen untertan“. „Und Seine Mutter bewahrte alle diese Worte in ihrem Herzen.“ (Luk. 2,49-51) Schon zuvor lesen wir, daß sie alle Worte, die über den Herrn Jesus geredet worden waren, in ihrem Herzen bewahrte und erwog. (Luk. 2,19) Obgleich sie die von Gott so reich Gesegnete war, war doch ihre Seele mit der Freude über ihren Heiland erfüllt. Und diese Freude des Frohlockens ist nicht allein Marias Teil, sondern aller derer, die den Herrn Jesus als „Gott geoffenbart im Fleische“ erkannt und als den Heiland angenommen haben.

Winkes bedurfte, sondern diesem auch sofort folgte. Ihre Aufgabe war nicht, Führerin zu sein; sie hatte alles zu unterlassen, bis Seine Stunde gekommen und Er sagen würde, was getan werden sollte. Es ist so ergreifend, am Schluß dieses Evangeliums die Liebe des HErrn zu Seiner Mutter zu sehen und zugleich, wie Maria und Johannes sofort taten, was der HErr sagte. „Von jener Stunde an nahm Johannes Maria zu sich.“ (Joh. 19,26.27) So handelten beide nach dem Wort, was Maria einst gesagt hatte: „Was irgend Er euch sagen mag, tut.“ (Joh. 2,5) Immer ist Er der Bestimmende! Möchten wir dieses lernen und verwirklichen!

Noch auf eine andere Schriftstelle möchte ich hinweisen, in der, wie es scheint, Maria sich mit Seinen Angehörigen eins machte - sich an die Seite Seiner Brüder stellte, um Ihn in Seinem Wirken, welches sie nicht verstand, zu unterbrechen. Aber Sein Wort, allein den Willen Gottes zu tun und alles andere beiseite zu setzen, entschied alles. (Vgl. Mark. 3,21 m. 31ff.)

Warum finden wir dieses fortwährende und beständige Enthüllen Seiner Herrlichkeit in allen Schriftstellen, in welchen wir den HErrn zusammen mit Maria erwähnt finden? Warum wird in all diesen Schriftstellen nichts von der entgegengesetzten Seite gesagt? Sind alle diese Stellen nicht gleichsam ein vorbereitendes Zeugnis gegen die Irrlehre Roms? Wie klar tritt das Ziel des Heiligen Geistes hervor, den Herrn Jesus als den einzigen Heiland und Erretter zu erhöhen, damit wir Ihn als solchen annehmen und mit Thomas in Anbetung sagen mögen: „Mein HErr und Mein Gott!“ und um mit Johannes, dem Täufer, in unserem täglichen Leben zu verwirklichen: „Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.“ (Joh. 3,30)

Übersetzt von O. v. B.

Frage und Antwort

Frage 1

Ich bitte um eine Erklärung von Hesek. 31, besonders V. 2-9! Ist dort nach V. 2 von „Ägypten“ oder von „Assur“ (V. 3) die Rede? Wenn möglich, bitte ich auch um eine ausreichende Erklärung

der symbolischen Bezeichnungen.

Antwort

Nach Vers 2 ist von Assur die Rede, zunächst bis Vers 9. Mit Vers 10 entsteht eine Schwierigkeit. Das „Darum ... weil du ... macht den Leser stutzig. Er fragt sich: Ist der Pharao gemeint oder weiterhin der Assyrer, weil der Text sofort in der dritten Person, mit „er“, weitergeht? In Luthers Übersetzung steht statt „du“ „er“, was unmißverständlich den Assyrer meint. Auch der weitere Text bietet bei Luther keine Schwierigkeit.

Der hebräische Text von Vers 10 hat aber tatsächlich „du“. Wem gilt das? Wenn wir die Elberfelder Übersetzung befragen, so finden wir zunächst: „Darum, so sprach der HErr, Jehova: Weil du hochgeworden bist an Wuchs, und er seinen Wipfel bis zwischen die Wolken streckte, und sein Herz sich erhob wegen seiner Höhe: so werde ich ihn in die Hand des Mächtigen der Nationen geben; nach seiner Bosheit soll er mit ihm handeln; ich habe ihn verstoßen. Und Fremde ... hieben ihn um und warfen ihn hin ...“ Da stellt sich die Sache so dar: Durch das „sprach“ werden wir in die Zeit zurückversetzt, da Assur noch nicht von den Chaldäern niedergeworfen war, was zirka 625 v. Chr. durch Nabopolassar, den Vater Nebukadnezars, geschah. Wir vernehmen in Vers 10, was Jehova über ihn dachte; in Vers 11, was Er ihm tun werde. Vers 12ff. spricht dann von der Gegenwart aus zurückschauend in die Vergangenheit, weil zur Zeit des Ausspruchs, im 11. Jahr der Wegführung Jojakins und Hesekiels (Hes. 1,2 und 33,21), zirka 590 v. Chr., schon etwa 35 Jahre seit Assurs Fall vergangen waren.

Das Hebräische läßt aber auch zu, daß das „sprach“ in Vers 10 mit „spricht“ wiedergegeben werde. Dann ist der Ausspruch gleich von da an rückschauend. Die Anrede an Assur ergeht zunächst direkt mit „du“, um aber sofort in das „er“ der neun ersten Verse zurückzufallen. Es ergibt sich dann als Text: „Darum, also spricht der HErr, Jehova: Weil du dich erhoben hast an Hochwuchs ... und er seinen Wipfel unter dichtbelaubte Zweige gestreckt hat und sein Herz sich in seiner Höhe erhoben hat, so habe Ich ihn in die Hand des Mächtigen der Nationen gegeben, usw.“ (Französische Übersetzung von J. N. Darby und die gewöhnliche englische.)

Es ist zu bemerken, daß, wie in Vers 13 ein Wortspiel in „Stamm“ liegt, das auch „Leichnam“ bedeuten kann, so liegt hier eins in dem Wort „Wolken“, das zugleich „dichte, verflochtene Zweige“ meinen kann. Siehe Fußnote Elberfelder Übersetzung. Denn für Wolken im eigentlichen Sinne gibt es ein anderes Wort.

Eine dritte überaus interessante Bewertung und Wiedergabe des 10. Verses findet sich in der Übersetzung des jüdischen Professors Martin Buber. Da gilt das „du“ dem Pharao, indem das „Darum ..., weil du ...“ als Zwischensatz genommen wird, und das weitere eine Fortsetzung der Allegorie der Verse 3-9 ist. Das ist es ja in der Tat samt gleichzeitiger Deutung der Allegorie. -Text nach M. Buber:

„Darum hat so mein HErr, ER, gesprochen,

dieweil auch du ragend an Wuchs bist:

... Als seinen Wipfel er gab zwischen die Wolken

und ob seines Ragens sein Herz sich erhob,

gab Ich ihn in die Hand eines Machthabers der Weltstämme,

daß nach seinem Frevel er ihm tue, ja tue,

verstoßen habe Ich ihn. usw.“

D. h.: „Dieweil du, Pharao, dich auch so erhebst wie Assur, so höre weiter, wie es ihm ergangen ist, und nimm dir ein Beispiel an ihm.“ Letzteres steht als allgemeine Warnung in Vers 14 und als an den Pharao dann direkt gerichtet in Vers 18.

Warum, mag gefragt werden, wird gerade Assur in solch eingehender Allegorie dem Pharao als Spiegel vorgehalten? Antwort: Weil beide in ungezügelter Überheblichkeit einem Ziele zustrebten, das sie nach Gottes Plan, den Er mit den Nationen hatte, nicht erreichen sollten. Sie

kannten Gottes Plan freilich nicht. Es war aber genug, daß ihr Planen den Absichten Gottes entgegen war. Darum mußte Sein Urteil sie treffen. Außer Assur war niemand dagewesen, der das gleiche Ziel im Auge gehabt hätte wie der Pharao. Der Plan Gottes war, den Babylonier Nebukadnezar zum Weltherrscher zu machen. Daniel 2 ist deutlich darüber. Jes. 10,5ff. (V. 7!) schon deckt die Aspirationen Assurs auf. Zu König Josias Zeit wollte der damalige Pharao, Neko mit Namen, Nebukadnezar die Weltherrschaft streitig machen, ohne es zu erreichen: 2. Kön. 23,29 und 24,7. Der Pharao der Kap. 29-32 des Propheten Hesekiel, Hophra: Jer. 44,30, versuchte ebenfalls sein Glück gegen Nebukadnezar: Jer. 37,5.11; Hes. 17,15.17. Er hätte besser getan, es bleiben zu lassen. Seine Überheblichkeit blickt durch in Kap. 29,3; 32,2. In Übereinstimmung damit sagt der griechische Geschichtsschreiber Herodot von ihm, er habe sich stolz und gottlos gerühmt, daß er seine Herrschaft so sicher gegründet habe, daß es in keines Gottes Macht liege, sie ihm streitig zu machen. - Hochmut kommt vor dem Fall.

In der Geheimkanzlei des HErrn der Herren war es beschlossen, daß wegen der Sünden Seines Volkes Sein Thron von Jerusalem weggenommen werden sollte. In der Person Nebukadnezars sollte ein Herrscher aus den Nationen auf den Thron der Welt kommen. Dieweil das Gericht an Seinem Volk und Haus begann, Hes. 24, mußten alle anderen auch dran glauben. Zunächst die Völker, die rund um Israel her waren: Ammon, Moab, Edom, Philistäa, Tyrus und Sidon; dann der Rivale des Babyloniers: Ägypten: Hes. 25-32; Jer. 25,8.9.15ff.

Die Bildersprache in Kap. 31 ist so zu deuten: Die Sphäre des Königseins wird mit Eden, dem Garten Gottes, verglichen. Die Stellung der Könige ist erhabener, vorzüglicher im Verhältnis zu anderen Menschen, wie der Garten in Eden eine Vorrangstellung und Vorzüglichkeit dem übrigen Erdboden gegenüber hatte. So wie die einzelnen Bäume der Art, dem Wert und der Größe nach verschieden sind, so sind die Herrscher ebenfalls an Machtfülle, Größe, Einfluß auf andere Herrscher und Menschen und auf alle Lebensgebiete untereinander verschieden. Der König von Tyrus rangierte unter den vorzüglichsten, Kap. 28,12.13. Der Assyrer erst recht, und der Pharao nicht minder. Wenn es von Assur gar heißt, er sei eine Zeder auf dem Libanon gewesen, so soll damit die Stellung als die allermächtigste und ganz ausnahmsweise bevorzugte hingestellt werden. Flut, Ströme, Kanäle sind als Handelsbeziehungen zu deuten,

die reich und groß machen und andere Menschenklassen (alte Bäume des Feldes, Vögel, Tiere) in den Genuß von Reichtum, Größe und Ehre einbeziehen. (Vgl. das England oder Deutschland der Vorkriegszeit!) Keine andere Königsherrschaft der damals bekannten Völker konnte sich in dieser Beziehung mit Assyrien messen; es blieb unerreicht in jedweder Beziehung: Verse 3-9.

Es ist zu bemerken, daß nach Daniel 4 Nebukadnezar, auch mit einem Baume verglichen, dank der ganz einzigartigen ihm von Gott gegebenen Stellung überhaupt ohne Vergleich dastand.

Die Bildersprache, in welcher die Vernichtung der assyrischen Königsmacht in den Versen 10-14 beschrieben wird, wird nach Vorstehendem dem Verständnis keine Schwierigkeiten bereiten.

Die bildliche Redeweise der Verse 15-17 ist womöglich noch packender. Wie im Alten Testament von den Verstorbenen gesagt wird, sie fahren ins Totenreich hinab, weil vom Insgrablegen ausgegangen wird, so ist hier alles als Personen in der Unterwelt gedacht: Dieselben Dinge, welche das Großwerden vermittelt hatten, der Standort, die anderen Herrschergeschlechter, seine Vasallen, alles ist in schlotterndem Aufruhr und in Beben.

Wie eindringlich also die Lektion für Pharao Hophra!

F. Kpp.

Zusätze (nicht eine 2. Antwort) des Schriftleiters

Es gibt hoffentlich nicht viele „Handreichung“-Leser, welche diese 1. „Frage und Antwort“ des neuen Jahrbuchs nicht gelesen haben, und dann weiter: Es gibt hoffentlich nur wenige Leser vorstehender Antwort, die sich nicht gefreut haben darüber, daß Nr. 1 des Fragenteils aus dem Alten Testament ist! Ja, wir wollen es gern und klar bezeugen, daß wir auf dem Boden der ganzen Heiligen Schrift stehen und daß wir das Alte Testament ebenso schätzen und lieben wie das Neue Testament, gehören doch beide Bestandteile des Wortes Gottes unauflöslich zusammen, und ist doch das Alte Testament als „Verheißung“ unentbehrlich für das tiefere

Verständnis des Neuen Testaments, der „Erfüllung“. Darüber hinaus aber: Wer könnte das Alte Testament richtig verstehen, wenn er nicht den im Neuen Testament bezeugten Weg, die im Neuen Testament gelehrte Wahrheit, das im Neuen Testament verkündete und angebotene Leben in Christo Jesu (Joh. 14,6) gefunden hätte und von dieser Grundlage aus das Alte Testament zu betrachten gewohnt sein würde?! Und wenn ohne das Alte - das Neue Testament gleichsam in der Luft hängt, so ist doch ohne letzteres das wahre Verständnis des Alten Testaments schlechterdings eine Unmöglichkeit!

Also wir bezeugen es am Anfang eines neuen Jahres freudig und deutlich, was wir von dem Alten Testament und von allen seinen 39 Büchern halten, wir bezeugen aber auch mit dieser 1. Frage, daß wir die in den alttestamentlichen Propheten uns dargestellte Geschichte des alttestamentlichen Volkes Gottes und der Nationen jener Zeit für nicht nur durchaus unwiderleglich, sondern für nach allen Seiten hin göttlich beglaubigt halten, denn, wie es 2. Petr. 1,20.21 heißt: „... indem ihr dies zuerst wisset, daß keine Weissagung der Schrift von eigener Auslegung ist. Denn die Weissagung wurde niemals durch den Willen der Menschen hervorgebracht, sondern heilige Menschen Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist“ - Gott Selber verbürgt Sich für die Wahrheit der Berichte, sowohl der lehrhaften wie auch der poetischen, wie auch der geschichtlichen, und die wunderbare Einteilung, die der Herr Jesus Selber für das Alte Testament gibt, z. B. in Luk. 24: „... in dem Gesetz Moses, den Propheten und Psalmen“, ist für uns ebenfalls wie alles andere, was Gott über Sein Wort gesagt hat, vollauf maßgeblich.

Nach diesem einleitenden Bekenntnis, dem zu Beginn eines neuen Jahrgangs einige Bedeutung zukommt, möchte ich meiner uneingeschränkten Freude über obige Antwort Ausdruck geben. Ich will sie nicht erweitern, brauche es angesichts des reichen Inhalts derselben ja auch nicht, aber ich möchte betonen, was sich mir nach dem Durcharbeiten derselben geradezu aufdrängt: Ist es nicht wunderbar, wie unser Gott uns nicht nur durch diese prophetischen Schilderungen zu Mitwissern Seiner Pläne und Absichten mit den besprochenen Völkern (Assur, Ägypten, Babylonien und Israel) macht, sondern daß Er uns in diesen Abschnitten Seines Wortes so unzweideutig zeigt, daß Ihm die Nationen nicht gleichgültig sind und daß Er deren Geschicke

und Geschichte in so unnachahmlicher und bilderreicher Weise zeichnet, daß wir bewundernd Ihn preisen müssen: „O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes!“ (Röm. 11,33) und: „Er offenbart das Tiefe und das Verborgene; Er weiß, was in der Finsternis ist, und bei Ihm wohnt das Licht“ (Dan. 2,22), daß wir uns aber auch zu beugen alle Ursache haben, weil wir Gläubigen von heute so vielfach meinen, uns ginge die Geschichte der Völker nicht gar soviel an. Wirklich nicht? Wir leben doch noch immer in den „Zeiten der Nationen“ (Luk. 21,24! Hes. 30,3), und wenn es Gott gefiel, den Haushalt der Gemeinde des HErrn in die „Zeiten der Nationen“ einzuschalten (Eph. 3), so sollten wir Hochbegnadeten doch auch mit wirklicher Anteilnahme, nicht nur so nebenbei (etwa weil wir die Augen einmal nicht davor verschließen können), die Geschichte der Nationen verfolgen, immer freilich von den höchsten Gesichtspunkten geleitet, wie sie uns gezeigt sind z. B. in Apgesch. 3,18-26 oder 17,26-31; 1. Tim. 2,1-5 u. a.

Und hierzu nur einen kleinen Hinweis noch auf die Zeiten, in die obige Frage (und Antwort) hineingehört! Ist es nicht geradezu gewaltig, wie unser Gott die Geschichte Nebukadnezars überwaltet, neben dem Assur und Ägypten, diese riesigen alten Macht- und Kulturzentren, einfach nicht mehr aufkommen können, sondern ihre Bedeutung verlieren und an ihn, den Herrscher der Welt, abtreten müssen?! Ist es z. B. nicht überwältigend zu sehen, wodurch Nebukadnezar das Land Ägypten bekommt und dessen Reichtum (!) wegtragen usw. darf? Man lese Hes. 29,17-20! (Aber Israel wird darüber nicht vergessen, köstlich! V. 21!) Wirft dieser kleine Abschnitt nicht geradezu ein Blitzlicht auf Gottes Weltenregierung in diesen „Zeiten der Nationen“? Man denke dem nach, ich möchte hier nichts weiter darüber sagen! Möge der HErr uns Gnade geben, auch diesen Seiten Seines Wortes mehr Beachtung zu zollen! Je näher und je schneller wir - ganz unleugbar - dem Ende dieser Zeiten entgegengehen, desto mehr sollten wir, wie auf anderen, so auch auf diesen Gebieten „mit Gott Schritt zu hatten“ suchen. Das geschieht aber nicht, wenn wir meinen, die Geschichte der Nationen ginge uns gar nichts an, wir seien nur (?) „ein himmlisches Volk“! (?) Ja, das sind wir, Gott sei Anbetung, Preis und Ehr dafür, aber - wir leben doch in zwei Welten, und wie haben auch in dieser Welt noch unsere Aufgaben, denen wir als „himmlische Menschen“ nachzukommen haben (vgl. z. B. 1.

nicht vergessen wollen, daß es in V. 23 heißt „von Herzen“!

Man entschuldige die nur scheinbare Abschweifung: Ich habe diese Dinge im Anschluß an die erste sich bietende Gelegenheit gewissermaßen als grundsätzlich gesagt, um damit zu zeigen, daß wir eine sehr ernste Verantwortung haben, als Menschen himmlischer Berufung nicht zu vergessen, weswegen wir als Angehörige der irdischen Nationen noch in dieser Welt sind. Wir können dies nach keiner Seite hin zu ernst betrachten, wie es uns z. B. im Worte des HErrn gesagt ist in Luk. 24,45-48!

Der HErr segne uns Sein kostbares, Sein ganzes, Sein heiliges, Sein unantastbares, Sein herrliches Wort Alten und Neuen Testamentes! Und Er helfe uns in Gnaden, mehr „Täter Seines Wortes“ zu werden (Jak. 1,22), bis daß Er kommt - und Sein Kommen ist nahe!

F. K.

Frage 2

Hat in Joh. 10 die Wiederholung der beiden Aussprüche des HErrn: „Ich bin die Tür“ und „Ich bin der Gute Hirte“ eine besondere Bedeutung?

Antwort des Schriftleiters

Ich möchte nicht denken, daß irgend etwas, was der HErr sagt, etwa keine besondere Bedeutung habe; freilich - welche?, das ist wohl nicht immer gleich zu sehen, und darum ist obige Frage vollauf berechtigt. Über sie einiges zu sagen sei mir vergönnt!

Zunächst gebe ich den Hinweis, daß im Jahrbuch 17 aus der Feder unseres Mitarbeiters Er. Sr. ein längerer Aufsatz über „Wer ist der Mietling?“ zu finden ist. Doch brauche ich hier nicht des längeren auf das Ganze der drei Gleichnisse, die unser lieber Mitarbeiter besprochen hat, eingehen.

Wenn wir das Johannesevangelium genau durchlesen, so finden wir öfter in verhältnismäßig engem Rahmen gleichlautende Aussprüche oder Ausdrücke des HErrn oder der Seinen. Ich er-innere hier nur an einige wenige, so an Kap. 1,29(ff.) und 35(ff.): „Siehe, das Lamm Gottes!“ Deutlich ist der Unterschied: 1. Sündentilgung usw., 2. Gemeinschaft, oder 18,4-8: „Wen suchet ihr?“ und „Ich bin's“; demgegenüber sagt Petrus zweimal „Ich bin's nicht“ (17 u. 25), und zweimal ist von ihm gesagt: „er wärmte sich“ (18.25). Und solcher Verdoppelten gibt es besonders im 4. Evangelium etliche, und erst die Zusammenhänge machen die Gründe zu den doppelten Aussagen klar.

Ist es so nicht auch bei den zweimaligen Aussagen des HErrn, die zur Frage stehen? Sicher! Laßt uns also diese Zusammenhänge in Kürze betrachten!

Im ersten Gleichnis (das sie nicht verstanden, V. 6! Verstehen wir es?) kennzeichnet der HErr den wahren „Hirten der Schafe“ im Gegensatz zu solchen, die durch ihr Verhalten („anderswo übersteigen“) sich als „Diebe und Räuber“ ausweisen. Der wahre Hirte kommt auf rechtmäßigem Wege in den Hof der Schafe! Da der HErr Sich nachher als die Tür bezeichnet, denken manche, Er könne im ersten Gleichnis nicht auch Selbst gemeint sein. Warum nicht? Jedes Gleichnis besteht doch einmal ganz und gar für sich, so daß man nicht eins durch andere auslegen muß noch kann, und andererseits bestehen sie zusammen in wenigstens einem oder mehr Vergleichspunkten. Für sich bestehen sie, so daß man aus jedem den oder die Hauptpunkte leicht finden kann. Das ist im ersten vor allem der rechtmäßige Weg, der den wahren Hirten kennzeichnet. Nun ist der HErr doch wahrlich auf dem einzig rechtmäßigen Wege gekommen, dem des Willens Gottes (Joh. 5), dem des Wortes Gottes (Joh. 6), und angekündigt durch Johannes den Täufer (Kap. 1), während die bösen Hirten durch ihre Satzungen und ihren eigenen Willen, ihre Selbstgerechtigkeit und Eigenliebe kamen und sich ein ihnen nicht von Gott zuerkanntes Recht über die Herde anmaßten. (Joh. 8 u. a.) (Ich deute das alles nur an, ohne es näher durch einzelne Schriftstellen zu belegen, es ist ja nicht der Gegenstand der Frage.)

Insoweit besteht also das erste Gleichnis ganz für sich. Das gedankliche Verbindungsglied zu

gekommen und dadurch erwiesen bin als der „Hirte der Schafe“, so müssen alle, welche rechte Hirten der Schafe sein wollen, aber auch alle, die zu Meinen Schafen (Hes. 34!) gehören sollen, durch die rechte Tür eingehen und den rechten Hirten erkennen. (Dies alles auf die kürzeste Art gesagt!) Beides aber bin Ich! Ja, das ist Er: sowohl „Tür“ als „Hirte“, „Tür im zweiten Gleichnis (V. 7-10), „Hirte“ im dritten Gleichnis (V. 11-18 usw.). Das zu sehen ist wichtig!

Ich verlasse nun diese Art der Zusammenfassung dieser drei Gleichnisse und gehe über auf die eigentliche Frage!

Es wäre deutlicher, wenn das erste„Ich bin die Tür der Schafe“ so übersetzt würde (was natürlich auch erlaubt ist): „Ich bin die Tür zu den Schafen.“ (V. 7) Der nächste Vers macht klar, inwiefern: Da sind andere gekommen, aber sie kamen nicht durch die einzige, rechte Tür zu den Schafen, darum hörten die (rechten) Schafe auch nicht auf sie. - Zweitens:„Ich bin die Tür.“ (V. 9) Inwiefern diese zweite Bezeugung der doch schon im vorletzten Verse gegebenen Aussage? Vers 10 macht es deutlich: Ich bin die Tür - auch für die Schafe, d. h. sie selber müssen auch durch Mich (hindurch) eingehen. Tun sie das, dann sind sie errettet und werden in neue, freie, herrliche Lebensbeziehungen gebracht.

Also die beiden Aussagen des HErrn „Ich bin die Tür“ deuten ganz verschiedene Beziehungen an:

1. Die Tür und die durch dieselbe Eingehenden zu den Schafen;

2. die Tür und die durch dieselbe eingehenden Schafe.

Im ersteren Falle sind gleichsam die gemeint, welche den Menschen helfen wollen, errettet zu werden und somit Schafe des HErrn zu werden; die zu ihnen Kommenden müssen durch die rechte Türe kommen (Christus!), d. h. praktisch: Sie müssen erst selber errettet sein, ehe sie anderen dienen können, Schafe Jesu Christi zu werden. Im zweiten Falle: Wer in Lebensbeziehung zum HErrn kommen will, muß durch Ihn, die rechte Tür, eingehen, dann wird er errettet und befreit werden.

Kürzer gesagt:

1. Die Tür (Christus) und die Führer zum Heil.

2. Die Tür (Christus) und die zum Heil Geführten.

Auf die gleiche Weise betrachten wir nunmehr den zweifachen Ausdruck des HErrn im dritten Gleichnis:

„Ich bin der Gute Hirte.“

Bezog sich das vorherige Gleichnis mehr auf die Führer und die Geführten, die beide es nur werden auf dem Wege durch die „Tür“, so bezieht sich das vorliegende dritte Gleichnis mehr auf Ihn Selber, den, der ja „Tür“ und „Hirte“ in einer Person ist, also hier auf Ihn als den Hirten:

1.„Der Gute Hirte“ weist sich aus als solcher dadurch, daß Er Sein Leben gibt für die Schafe. (V. 11) (Gepriesen sei Er in Ewigkeit!)

2.„Der Gute Hirte“ kennt (im Vollsinn von „Gemeinschaft machen“) die Seinen, hat sie, gehört ihnen, sie aber gehören Ihm, sie sind so mit Ihm verbunden wie Er und der Vater. (V. 14) (Wunderbar, anbetungswürdig groß!)

Im ersten Falle steht der „Gute Hirte“ dem „Mietling“ gegenüber. Wer das ist, braucht hier nicht weiter untersucht zu werden, jedenfalls sind solche gemeint, die in Wahrheit „nicht Hirten“ sind, denen die Schafe nicht zu eigen sind, die nimmermehr für sie sterben würden, sie nicht durch ihren Tod (wie der Gute Hirte durch Seinen Tod) erworben haben, sie vielmehr dem Wolf, dem Erzfeind, dem „alt-bösen Feind“ kampflos überlassen würden.

Im zweiten Falle ist ein ähnlicher Gegensatz ja nicht vorhanden (durch Gegensatz-Aufzeigen wird ja oft eine Sache sehr geklärt!), es sei denn, daß wir einen sähen in der Tatsache, daß hier mit dem zweiten „Ich bin der Gute Hirte“ auch die „anderen Schafe“, die Er hinzubringen will, in Verbindung stehen, worin ja für die Juden (Judenchristen) stets eine große Schwierigkeit lag.

Sie haben sich nur sehr schwer daran gewöhnen können, die Heidenchristen als vollberechtigt anzuerkennen, ja, überhaupt mit solchen zu rechnen (Apgesch. 10 und späterhin). Aber es wird eine Herde zustandekommen, weil ein Hirte! Aber, wenn wir hier auch einen Gegensatz sehen können, so ist der doch nicht der Gegenstand hier. Das zweite„Ich bin der Gute Hirte“ hat vielmehr dem ersten gegenüber die wunderbarsten „Ausgestaltungen“ aufzuweisen, weswegen es als selbständig neue Aussage wahrlich seine göttliche Berechtigung hat. Diese „Ausgestaltungen“ sind folgende, soweit ich sehe: 1. Er spricht in Verbindung mit Seinem Hirtendienst von denen, für die Er „der Gute Hirte“ ist: von den Seinen! Er nennt und kennt sie als „die Meinen“; 2. diese aber kennen wiederum Ihn! Es ist ein Gemeinschaftsverhältnis zwischen ihnen und Ihm, so wie zwischen Ihm und dem Vater, auf der gleichen Grundlage, der Liebe! 3. Der HErr sprach im ersten Fall (V. 11) in der dritten Person: Er läßt sein Leben ...; hier aber spricht Er ganz persönlich: „Ich lasse Mein Leben ...“, und dies Wort wird dann weiter ausgeführt in V. 17 und 18, wo es wieder aufgenommen und in köstlicher Weise beschrieben wird als die freiwillige Tat des Sohnes, derentwegen Ihn der Vater liebe usw. Wie redet dies alles zu unseren Herzen! 4. Weiter spricht Er von den „anderen Schafen“ (siehe oben!); auch sie werden Seine Stimme hören usw., und es wird 5. dahin kommen, daß „Eine Herde“ unter „Einem Hirten“ sein werde. Auf Vers 17 und 18 wies ich ja schon oben hin, aber wenn man will, so kann man das in diesen Versen Gesagte als 6. und 7.„Ausgestaltung“ zählen. - Wie berechtigt also ist doch dies zweimalige „Ich bin der Gute Hirte!“ Noch einmal in kürzerer Zusammenfassung gesagt wie bei dem doppelten „Ich bin die Tür“:

1. Der Gute Hirte im (beschriebenen!) Gegensatz zum Mietling.

2. Der Gute Hirte und die Seinen, oder der Gute Hirte in allen Seinen herrlichen Bezeugungen zum Wohle der Seinen, mit denen Er in den innigsten Beziehungen steht.

Von diesen, den Seinen, hat Er dann noch manches zu sagen - wie teuer sind wir Ihm, und wie köstlich ist und wird Er doch fortgesetzt als der Gute Hirte erwiesen - in den Versen 26 bis 30! Wahrlich, „es ist etwas, ein Schäflein Christi sein“. Aber wenn man auch solchen Hirten hat!

zwei Doppelselbstbezeugungen, auch wechselweise, kreuzweise betrachten kann: 1a mit 2a und 1b mit 2b und in anderen Verbindungen. Immer wird jegliche Betrachtung dem einen vom Heiligen Geiste gewollten Zwecke dienen: Ihn uns groß zu machen, Ihn, den der Vater gesandt hat, nicht nur uns zum Heile, sondern Ihm, dem Vater, zur Wonne! Ja, Ihn, der bereit war, mit den menschlichen „Türen“ - Eingangsmöglichsten der Religionen - und den menschlichen „Hirten“ - Führern zum Verderben - sich vergleichen zu lassen, wobei Er in allem der unendlich Überragende ist an Herrlichkeit, Verkommenheit, Liebe, Gnade usw., auch an Treue in den Ihm übertragenen Aufgaben, die Tür und der Hirte zu sein. Wahrlich: „Keinen Hirten hat die Erde so wie Er an Liebe reich, denn Er ist für Seine Herde Hirt und Opferlamm zugleich!“ Wahrlich, Er hat's am Kreuz bewiesen: „Ich lasse Mein Leben für die Schafe!“ Aber am Auferstehungstage machte Er auch wahr: „auf daß Ich es wiedernehme“, und so ist Er für die Dauer noch heute auch für uns „der Gute Hirte“ in so vielen und reichen Beziehungen - wie Er auch allezeit bleibt „die Tür“ in nicht minder wichtigen Bedeutungen!

„Die Tür“ und „der Gute Hirte“ - beides ist Er, unser herrlicher Herr und Heiland, der Sohn Gottes und der wahre Mensch Christus Jesus, beides in einer Person; welche Kostbarkeit ist uns doch in und mit Ihm geschenkt. Wie sollten wir doch vor allem Ihn anschauen und immer wieder „betrachten“. (Vgl. Hebr. 3,1!) Er ist es wahrlich wert! Gepriesen sei unser Gott und Vater, der uns Ihn geschenkt hat, und gelobt sei Er, unser HErr, für Seine unendliche Liebe, Güte und Treue, die wir täglich in Ihm erfahren! Ja, Dank und Anbetung sei Dir, Herr Jesus, in Ewigkeit! Amen.

F. K.

Elias zweite Begegnung mit Ahab.

(1. Kön. 18,17-20)

Obadja ist auf dem Wege, Ahab die Botschaft zu bringen: „Siehe, Elia ist da!“ Armer Obadja! Was mochte auf diesem Wege sein Herz wohl bewegen? Als Ahab diese Botschaft vernimmt,

hört er auf, Gras zu suchen, und geht dem Manne entgegen, den er mit seiner ganzen Seele haßt.

Dann kommt die Begegnung. Wie so ganz anders wird Ahab sich diese gedacht haben! Furchtlos tritt Elia dem König, der ihm nach dem Leben trachtet, entgegen. Er weiß sich von Jehova gesandt. Und ist Gott für ihn, wer will wider ihn sein? (Röm. 8,31) Der mächtige König darf seine Hand nicht wider den ohne Wehr und Waffe vor ihm stehenden Propheten erheben. Alles, was er zu tun vermag, ist, ihn anzuklagen, der Schuldige an der Trübsal Israels zu sein.

An seine Schuld und Sünde denkt Ahab nicht. So ist das menschliche Herz! Kommen Tage der Trübsal, so sucht es die Schuld nicht bei sich, sondern ladet sie anderen Schultern auf. So machte es Ahab, und so macht man es noch heute. Menschen, die mit Gott wandeln, die den Sünder in Gottes Gegenwart führen und zur Buße rufen, sind noch heute in den Augen der Welt Trübsals- und Unheilstifter, die den Frieden und die gute Ordnung stören.

Als Paulus und Silas in Philippi die frohe Botschaft verkündigten, wurden sie angeklagt als Menschen, die ganz und gar die Stadt verwirrten. Man warf sie ins Gefängnis und legte ihre Füße in den Stock. (Apgesch. 16,20ff.) Selbst dem Herrn Jesus erging es nicht anders. Er, „der umherging, wohltuend und heilend alle, die von dem Teufel überwältigt waren“ (Apgesch. 10,38), wurde beschuldigt: „Diesen haben wir befunden als einen, der unsere Nation verführt.“ (Luk. 23,2) Und als ein Übeltäter wurde Er ans Kreuz genagelt.

Diese Praxis hat der Feind noch nicht aufgegeben. Wenn jemand sich zum HErrn bekehrt und Ihm nachfolgt, dann erlebt man, daß die eigenen Hausgenossen seine Feinde werden, daß der Mann wider das Weib, die Eltern wider die Kinder sind und die Gläubigen als Unheilstifter und Friedensstörer beschuldigt werden. Sind sie die Schuldigen? Nein, sicherlich nicht! Von wessen Seite wird der Friede gestört? Und weshalb stört man ihn? Weil man den HErrn verwirft und nicht zulassen will, daß der andere Ihm nachfolgt. Scheinbar, mit einem gewissen Recht, konnte Ahab den Elia beschuldigen, Trübsal über Israel gebracht zu haben, denn auf sein Gebet hin war der Himmel verschlossen. Warum aber hatte er darum gebetet? Damit das Volk durch

zurückkehren möge.

Solche Männer aber liebt die Welt nicht - sie stören die Ruhe. Mit Gläubigen gleich Obadja oder den Siebentausend, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hatten, die aber den HErrn nicht bekennen und die Welt in ihren Sünden schlafen lassen, ist der Fürst dieser Welt schon zufrieden. Solche irdischgesinnten Gläubigen werden ebensowenig als Unheilstifter angesehen, wie Obadja es in seinen Tagen wurde, sie sind vielmehr geschätzte und angesehene Leute. Bei ihnen dreht es sich nur um die Frage Jorams: „Ist es Friede?“ (2. Kön. 9,17) Ob es ein Friede ist auf Kosten der Wahrheit und Heiligkeit Gottes, das drückt sie wenig; wenn ihre Ruhe nur nicht gestört wird! Elia aber fürchtete nicht den Kampf. Er dachte nicht daran, das vorn Götzendienst benebelte Volk Gottes ungestört schlafen zu lassen und dem Baal das Feld zu räumen. Er ging zu Gott und bat, den Himmel zu verschließen und Trübsal und Not auf das Volk zu legen, damit es zum Erwachen und zur Besinnung kommen möchte.

Auf Ahabs Anschuldigung, Trübsal über Israel gebracht zu haben, nennt Elia ihm den Mann, der das Unheil über Gottes Volk gebracht hat. Offen und kühn, wie einst Nathan dem David, Johannes dem Herodes, Paulus dem Felix ihre Sünde vor Augen stellte, so stellte Elia dem Ahab seine Sünde vor Augen und bezeugte ihm: „Ich habe Israel nicht in Trübsal gebracht, sondern du und das Haus deines Vaters, indem ihr die Gebote Jehovas verlassen habt, und du den Baalim nachgewandelt bist.“

Viel können wir aus diesen Worten lernen! Klar spricht Elia es aus, daß die Unheilstifter - die, welche Trübsal über Gottes Volk und über Seine Gemeinde bringen - diejenigen sind, die Gottes Wort beiseite setzen und ihre Götzen, ihre Traditionen, Einrichtungen und menschlichen Ordnungen an dessen Stelle aufrichten. Nie aber sind jene, die das Wort des HErrn festhalten, Trübsalsbringer. Vom Standpunkte Ahabs aus waren Luther und alle jene Männer, die ihr Leben für den HErrn und die Unantastbarkeit Seines Wortes einsetzten, Unheilstifter und sind es heute noch in den Augen der Ahabsfamilie unserer Tage. Der HErr aber erkennt sie als treue Knechte an, die gleich Elia inmitten des Verderbens Sein Wort bewahren und Seinen Namen nicht verleugnen. (Offenb. 3,8) Das Wort Samuels: „Siehe, Gehorsam ist besser als Schlachtopfer,

Aufmerken (auf Gottes Stimme) besser als das Fett der Widder“ (1. Sam. 15,22), hat heute noch seine Gültigkeit. Wie Elia nicht mit Obadja, so mögen wir mit denen, die über Gottes Wort hinweggehen, nicht verbunden sein können, denn wir müssen in Übereinstimmung mit dem HErrn und mit Seinem Worte sein.

Kein Wort vermag Ahab zu antworten. Sein Gewissen ist berührt. Wie klein und still ist er geworden! Er steht dem Manne gegenüber, der vor Jehova steht. Welche Kraft geht von einem Menschen aus, der mit Gott wandelt! Wie hat sich das Blatt gewendet! Der Untertan gebietet dem König: „Und nun sende hin, versammle ganz Israel zu mir nach dem Berge Karmel, und die vierhundertundfünfzig Propheten des Baal und die vierhundert Propheten der Aschera, die am Tische Isebels essen.“ Der König gehorcht!

Elia hatte für seinen Weg das klare Wort seines HErrn. Und deshalb fürchtete er nicht das Heer der achthundertfünfzig Propheten des Baal und der Aschera. Haben wir nicht auch das Wort Gottes und klare Anweisung für unseren Weg? Möchte auch in unserem Herzen der Glaube eine solche Kraft sein, Sein Wort zu verwirklichen!

„Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte.“

(2. Kor. 6,9a)

(Fortsetzung.)

In der ersten Lieferung besprach ich einleitend das Wort so, wie es im Zusammenhang zu verstehen ist, und dann wandte ich es im besonderen Sinne auf solche Personen der Heiligen Schrift an, die zu den Unbekannteren zählen. Dann habe ich als ersten in dieser Reihe Baruk genannt, den Schreiber des Propheten Jeremia. - Eine weitere Überleitung will ich mir sparen und nun sogleich, wie schon angekündigt, übergehen auf einen Mann im Neuen Testament, der m. E. mit unter unser Thema fällt:

Tertius.

Von ihm handelt, wie es übrigens im N. T. oft der Fall ist, nur ein einziger kleiner Vers: Röm. 16,22! Nun sind freilich in diesem köstlichen Grußkapitel viele nur ganz kurz genannt, ohne daß ich sie alle unter unserem Thema besprechen könnte, aber Tertius scheint mir in gewisser Hinsicht zu verdienen, daß man ein liebendes Wort über ihn sagt, wird er doch, glaube ich, leicht verkannt, während die übrigen vielen Namen dieses Kapitels im Gegenteil fast stets rühmlich ausgezeichnet werden, nämlich von Paulus selbst, und das enthebt sie ohne weiteres des Übersehenwerdens; Tertius aber, der sich selbst nennt und sich so vor dem Vergessenwerden schützen zu wollen scheint, könnte gerade deswegen leicht dem Nichtbeachtetwerden verfallen! (Spr. 27,2!)

Aber ich glaube, man täte ihm Unrecht, wenn man ihn des Selbstruhms ziehe. Und wenn man etwa meint, er hätte doch warten können, bis Paulus, dessen Schreiber er doch war (wie Baruk des Jeremia!), auch ihn genannt haben würde unter den Grüßenden, dann sei darauf geantwortet, daß er vielleicht dem Apostel gesagt habe: „bestelle auch von mir einen Gruß!“ und dieser habe ihm überlassen, selbst seinen Gruß anzufügen. Und als Paulus dann den ganzen Brief noch einmal durchgelesen habe, da habe er den irgendwo eingeschobenen Vers des Tertius gleichsam unterstrichen, und es sei ihm nicht in den Sinn gekommen, seinen treuen Schreiber zu beschämen, indem er den kurzen Satz noch gekürzt habe, nein, vielmehr habe er denselben sozusagen geheiligt und ihm einen besonderen Ehrenplatz angewiesen in seinem eigenen Brief - zwischen Timotheus, seinem Mitarbeiter, nebst seinen Verwandten, und dem Gajus, dem Hauswirt der Gemeinde! Da steht nun der kleine Satz für alle Zeiten in dem großen, gewaltigen, rangersten Briefe des Paulus an die Römer, denen der - darf ich sagen - „kleine“ Tertius - „der Dritte“ (Christus der Erste in allen Dingen, Kol. 1,17, danach Paulus, und als Dritter Tertius!) sonst hienieden stets unbekannt geblieben wäre, und uns auch. „Unbekannt und doch wohlbekannt“, gepriesen sei Gott!

„Aber, lieber Tertius, ist es nicht ein wenig kühn gesagt: „Ich, Tertius, der ich diesen Brief

geschrieben habe“? Das ist doch gar nicht so, Paulus hat ihn doch geschrieben, und hätte er dich nicht gewürdigt, sein Schreiber zu sein, so hätte manch anderer, der schreiben konnte, den Dienst mit Freuden getan!“ - „Ja“, antwortet da der treue demütige (ja, demütige!) Mann, „ich wollte doch so gern all den teuren Geschwistern einen Gruß sagen, mir war das Herz so voll, nachdem ich diesen wunderbaren Brief diktiert bekommen hatte, und als mein geliebter väterlicher Freund so viele Personen nannte, da wagte ich zu hoffen, er würde mich fragen: ‚Soll ich auch von dir grüßen, Tertius?‘- und dann flüsterte ich ganz leise: ‚auch von mir grüße, bitte!‘und dann sagte er gütig zu mir: ‚o das tue nur selber, und schreibe gleich dazu, wer du bist - Gott, der HErr, weiß es und ich weiß es auch, da sollen's alle wissen, was du mir gewesen bist!‘Seht, und so kam es, daß ich so schrieb unter seinen Augen und sozusagen mit seinen eigenen Worten. Hätte ich sonst je geschrieben, ‚ich, Tertius - ich, der Dritte‘? Ich bin doch garnichts - aber doch, ich bin gewürdigt worden, dafür danke ich dem HErrn in Ewigkeit, solchen Brief schreiben, nur schreiben, nein, nicht denken, nur niederschreiben zu dürfen, von nun an werden mich, auch mich (wie einst Maria [Luk. 1,48]), glücklich schätzen alle, die seine Worte, ja Gottes Worte, aber in meinen Schriftzügen, lesen werden! Ich glücklicher, dreimal glücklicher Tertius, so ein kleines Nichts, aber doch eine überglückliche Schreiberseele, ja, ‚ich, Tertius, der ich diesen Brief niedergeschrieben habe, grüße euch im HErrn!‘ “

Verstehen wir dies kleine „Gespräch“, deuten wir's recht? Ach, ich denke mich so lebhaft hinein in die Seele dieses treuen Mannes (2. Tim. 2,2!), daß ich nicht besser als in dieser Weise sagen konnte, was mich bewegt bei dem Satz, der beginnt mit „Ich, Tertius ...“

Siehe, unser Tertius stand, wenn schon Baruk in dem des Jeremia, so er erst recht in dem Schatten des Größeren. Aber er wurde auch gebildet durch seinen großen Meister, er bekam etwas von dessen Gesinnung, der Gesinnung des Kleinen, des Demütigen, was ja „Paulus“ heißt. Paulus sagte (später) auch einmal: „Ich, Paulus ...“ (Philem. V. 19). Und unser geliebter Herr Jesus neigt Sich am Schlusse der Schrift zu uns Niedrigen herab - Er, „der die Niedrigen tröstet“ (vgl. 2. Kor. 7,6) - mit Seinem köstlichen „Ich, Jesus ...“ (Offenb. 22,16) Wie wunderbar ist doch die Schrift! Preis sei dem HErrn!

„Ich, Tertius ...“ Ja, kommt auf einen Schreiber nicht auch viel an? Heute bei der Maschinenschrift kommt die Eigenart des Schreibers nicht mehr zur Geltung, aber dereinst, als das Schreiben eine seltene Kunst war, da kam auf die Deutlichkeit viel an, also auf die Treue im Draufhorchen, was gesagt wurde, da mußten die späteren Abschreiber genau wissen, um was es sich handelte in so manch schwierigen Partien - also immer war's die Treue des Schreibers, die nötig war. Wehe, wenn der Schreiber unaufmerksam oder eitel war! Wenn auch der Brief nochmals durchgelesen ward vom Verfasser, so konnte doch eine Ungenauigkeit sehr schädlich sein; denn man bedenke doch: Beim Diktieren war der Verfasser („heilige Männer Gottes haben geredet, getrieben vom Heiligen Geist“, 2. Petr. 1,21) von Gott inspiriert, beim Durchlesen aber mußte er sich ganz genau alles vergegenwärtigen, natürlich auch unter Inspiration des Geistes, was er geschrieben, Ungenauigkeiten aber mußten zur Folge haben, daß der ganze Zusammenhang neu untersucht werden mußte. Welcher Abschreiber aber hätte sich später so hineindenken können? Wie gut, daß unser Gott gewacht hat darüber, sonst hätten wir nicht solche genauen Texte. Tertius, welch treues Vorbild bist du uns doch! Wir wollen dir in der Treue und in der Demut nacheifern, dir, der du ein Nachfolger Pauli gewesen bist. Demütig und treu!

Er mußte auch immer bereit sein, „in Bereitschaft stehen“ (Mark. 3,9; vgl. „Handr.“ Bd. 10, S. 243f.!), durfte keinen eigenen Willen geltend machen, mußte wiederum darin „demütig und treu“ sein, abhängig und gehorsam! Ein schöner Dienst, aber ein schwerer Dienst! Doch wir zehren davon und danken Gott dafür, unserem Gott, der auch dem Tertius ein Vergelter sein wird.

Tertius grüßt uns im HErrn. Wir danken ihm heute für diesen Gruß! Aber noch mehr: Tertius wird wohl gewußt haben, warum er, der des Schreibens Kundige, den Satz so setzte, denn man kann ihn nach dem griechischen Grundtext ebensogut so lesen: „Ich, Tertius, der ich diesen Brief im HErrn (nieder)geschrieben habe, grüße euch!“ Vielleicht will er uns beides sagen: „Habt keine Sorge, wenn auch Paulus den Brief nicht persönlich niederschrieb, sondern „ich, Tertius“, - er ist von mir im HErrn geschrieben, in heiliger ernster Verbindung mit dem HErrn

unter Seinem Beistand, ja, Er führte mir bei des Paulus Diktat die Feder ... es ist alles echt in heiliger Treue und Gesinnung im HErrn; so wie ich euch grüße, weil nur der HErr das Band ist, durch das wir - sonst uns unbekannt - uns nun wohlbekannt sind, so darf ich euch auch versichern, daß es nur der HErr ist, in dessen Kraft ich diesen Brief des Paulus zu Papier brachte! „Im HErrn - Er das Band, Er die Kraft, Er unsere Freude, Er der Urgrund, ohne den der Brief nicht wäre, was er sein soll für die Gemeinde, ohne den aber auch mein Gruß euch nichts bedeutete!“ „Im HErrn!“

Seht, meine geliebten Leser, das ist Tertius, der bescheidene, stille, demütige, treue Schreiber des Paulus, der Schreiber Gottes, Knecht Jesu Christi und Diener der Gemeinde des HErrn!

Noch manches ließe sich sagen, aber dies genügt, um uns zu sagen: „Gehe hin und tue desgleichen!“ Vieles lehrt Tertius uns, mich - dich auch? Ich hoffe es, Er, der Unbekannte und doch Gott Wohlbekannte, lehre uns, was es ist um ein verborgenes Leben im HErrn, ein Leben nicht hochgerühmter Werke, aber ein Leben der stillen, treuen Niedrigkeit im Dienst für den HErrn und für die Seinen! „Im HErrn!“ „Ich Tertius, der ich diesen Brief (nieder)geschrieben habe, grüße euch im HErrn!“

Dank, Dank für diesen Gruß, ist uns derselbe doch das, was Grüße stets sein sollten: ein Segenswunsch für unser Leben, für unser Zeugnis, für unseren Dienst - „im HErrn“!

Gepriesen sei unser Herr Jesus Christus in Ewigkeit, Amen!

(Forts. folgt, s. G. w.!)

F. K.

Sinai und Golgatha.

Zweimal hat während der Menschheitsgeschichte Gott den Menschen Sich insbesondere geoffenbart. Das erstemal redete Gott vom Sinai aus jene gewaltigen Worte, die uns in der

Heiligen Schrift 2. Mos. 20 und 5. Mos. 5 aufbewahrt sind. Mit dieser Offenbarung vollzog Gott den ersten Bundesschluß mit einem Volke, das zwar heute noch lebt aber - infolge des eigenen Ungehorsams und der Verwerfung des Retters und Heilandes Jesus Christus - unter alle Nationen zerstreut und zum Unsegen der Völker geworden ist (Sach. 8,13): den Israeliten.

Die beiden obenerwähnten Schriftabschnitte enthalten die Forderungen, die Bedingungen Gottes, die dem Volke Israel bei der Bundesschließung vorgelegt worden sind. Die Zehn Gebote oder das Gesetz, wie wir es von Jugend auf kennenlernen, sind die Grundlage, auf der Gott Selbst den Bund mit Israel errichtete.

Allein, nur sehr bald stellte es sich heraus, daß das Bundesvolk Israel die Forderungen Gottes nicht erfüllte und es somit zum Bundesbruch kam. Gott hatte ernst, unzweideutig und klar gesprochen - Israel hatte gehört und auch versprochen zu halten, ist aber dem Versprechen nicht treu geblieben, hat also die Bundespflichten nicht eingehalten und somit auch die Bundesrechte nicht genießen können. An jene uns ebenfalls bekannten Forderungen, die im „Gesetz vorn Sinai“ von Gott her ausgesprochen und aufgestellt wurden, schlossen sich eine lange Reihe göttlicher Segnungen, die Israel infolge seines Ungehorsams sich verscherzte.

Wie furchtbar ist allein schon der Gedanke an den schnöden Ungehorsam Israels! Welche Kette von Erfahrungen herber Art schlossen sich an jene ersten Gehorsamsverweigerungen Israels! Gottes Forderung blieb und bleibt, Er hat Sein Wort festgemacht über die Zeitalter der Zeitalter.

Am Geheiß Gottes konnte Israels zunehmende Ungehorsamslinie gemessen werden. Aus Ungehorsam und Bundesbruch folgten in erschreckender Zunahme Verhärtung, Verstockung, Abfall, Feindschaft, Auflehnung, Verwerfung. Sinai zeigt die Stetigkeit, die Beharrlichkeit, die Unabhängigkeit, die Heiligkeit Gottes einerseits und die zunehmende Verstockung und Verhärtung Israels andererseits. Sinai offenbart Gottes Heiligkeit und Israels Herzenshärtigkeit.

Sinai ist aber nicht nur ein geschichtlich bedeutsamer Begriff von der Verstockung des alten Bundesvolkes Gottes und von der Heiligkeit Gottes, nein, es ist darüber hinaus ein für die Gegenwart und für die Zukunft der Menschheitsgeschichte überaus bedeutender

Entscheidungsbegriff für alle Menschen; denn wer irgendwie in die Beziehung zu Gott tritt, muß Ihn erst erfahren als von Sinai her, d. h. er muß Gottes Forderungen vernehmen.

Wer einmal in seinem Leben die Stimme Gottes vom Sinai her vernimmt, der wird an seine Brust schlagen und seufzen ob seiner Gottesferne und Sündenschuld, der wird erkennen: Gott fordert - aber ich kann nicht erfüllen. Ja, wer wollte sich unterwinden, mit Gott zu rechten? Wir bleiben Ihm schuldig - den Gehorsam, den Er fordert; und mit dem schuldigen Gehorsam verfallen wir ausnahmslos Seinem göttlichen Urteilsspruch genau so wie einst Israel, das in seiner Herzenshärtigkeit und in seiner Verstockung Hand anlegte an den Sohn Gottes und Ihn zu Tode brachte, das aber, in die Zerstreuung gegeben, heimatlos, friedelos, gottlos, segenslos, verflucht und verstockt geblieben ist bis auf den heutigen Tag.

Sinais Sprache schallt hinein bis in unsere Tage und überführt uns von unserer Schuld, überzeugt uns von der Verkehrtheit unseres Herzens und Wesens. Sinai verurteilt uns, weil es die Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes verkündet und uns in Sünde und Übertretung findet.

Gäbe es neben Sinai nichts anderes als unsere Verurteilung vor Gott, es wäre traurig und niederschmetternd für uns - für alle Menschen, für Israel und die Nationen! Doch Gott sei Dank! Neben Sinai redete Gott ein zweites Mal zu den Menschen. Anders als das erste Mal, nicht fordernd - sondern gebend, Gnade anbietend, erlösend, befreiend durch -

Golgatha!

Wie wunderbar! Es gibt keinen Ort auf Gottes weitem Erdboden, der größer und gewaltiger wäre an zeit- und ewigkeitsgeschichtlicher Bedeutung als jener Hügel, von dem der Dichter singt und bezeugt:

„Durch manche Länderstrecke, die ich auf Erden sah,

Geht mir ein stiller Hügel, der Hügel Golgatha.“

Sinai stehenden - und deshalb verworfenen Menschheit. Golgatha wird zum gewaltigsten Schauplatz der Liebe und Güte Gottes. Wieder offenbart Gott den Menschen Sich insbesondere, diesmal in erlösender Gnade auf dem Grunde der Gerechtigkeit.

Was nie im Vermögen der Menschen lag und was wir ewig schuldig geblieben wären, das hat Gott Selbst durch den Herrn Jesus Christus erfüllt. Er hat unser aller Schuld und Sünde auf Sich genommen und hat durch Seinen Gehorsam (Phil. 2,5-11) uns Gerechtigkeit vor Gott erwirkt.

In Joh. 19 ist jenes gewaltige Geschehen beschrieben. Golgatha wird zur Zufluchtsstätte für alle, die Gnade suchen und wollen. Durch den Gehorsam des Herrn Jesus Christus ist uns der Weg frei geworden zu Gott, unserem Vater. In Golgatha ist aufgerichtet die Gehorsamslinie, die uns in Gnaden brachte vor Gott. Hinfort brauchen wir nicht zu empfangen, „was unsere Taten wert sind“ (Luk. 23,41), sondern wir sind begnadigt in Christo Jesu. Er bürgt für uns; Er verwendet Sich für uns bei Gott; Er deckt und bedeckt uns völlig durch Sein Blut.

Nach göttlichen Gesichtspunkten zerfällt die Menschheit in zwei große Heerlager, die sich lediglich in Größe und Zustand unterscheiden. Das erste Heerlager steht unter der Forderung Gottes vom Sinai, es bleibt Ihm schuldig, offenbart sich durch Ungehorsam, Verhärtung, Verstockung, Feindschaft und Ablehnung; es verfällt dem göttlichen Urteil „... weichet von Mir, ihr Übeltäter!“ (Matth. 7,23)

Im zweiten Heerlager finden und sammeln sich alle die teuren Menschenseelen, die sich der Gnade anvertrauen und aus Gnaden gerechtfertigt sind durch die Erlösung. Ihre Losung lautet:

„Gnade muß es sein, Gnade allein!“

Geliebte Geschwister! Mag uns das hier kurz Geschilderte dazu dienen, daß wir uns mehr und mehr der Gnade anvertrauen, die uns von Golgatha her gereicht wird! Sinai bedeutet: gerechte Verurteilung - weil unvergebene Schuld.

Golgatha bedeutet: unverdiente Rechtfertigung - Erlösung aus und durch Gnade! - Der Gott

H. B., U.

Der Neue Bund.

Gehören wir ihm an?

Oft wird von den Gläubigen der Jetztzeit als von den „Kindern des Neuen Bundes“ besprochen. Dieser Ausdruck zeigt, wie wenig im allgemeinen über diese Dinge nachgedacht wird. Die Gemeinde Gottes gehört nicht dem Neuen Bunde an. Der Neue Bund gehört dem Hause Juda und Israel. Gott wird den Neuen Bund mit diesem Volke aufrichten, wenn die Gemeinde vollendet ist. Das Wort „neu“ hat hier nur eine Bedeutung in Verbindung mit „alt“. Mit der Gemeinde gibt es keinen Alten und gibt es deshalb auch keinen Neuen Bund. (Hebr. 8,8-13)

Der Neue Bund ist die neue Willensbestimmung, nach der Gott mit dem Haus Juda und Israel verkehren und handeln wird. Die Gemeinde ist aber nicht das „Haus Juda und Israel“, noch wird sie je unter dieser Bezeichnung in der Schrift genannt.

Der Alte Bund hatte seine Grundlagen: das Blut der Opfer, das Gesetz usw. Auch der Neue Bund hat seine Grundlagen, auf denen er aufgerichtet werden wird. Sie bestehen 1. in dem Blute des Neuen Bundes; 2. in dem Mittler des Neuen Bundes; 3. in dem Geiste des Neuen Bundes. Diese Grundlagen des Neuen Bundes sind da, ehe der Neue Bund da ist. Auf diesen Grundlagen wird Gott den Neuen Bund mit dem Hause Israel und Juda an einem späteren Tage aufrichten.

Vor der Aufrichtung des Neuen Bundes mit Juda und Israel sind wir gleichsam im voraus mit den Segnungen des Neuen Bundes gesegnet worden, mit denen später, wenn der Neue Bund aufgerichtet sein wird, das Haus Juda und das Haus Israel gesegnet werden wird.

Wir sind damit gesegnet worden, nicht, indem wir zum Neuen Bunde gekommen sind, sondern indem wir, wenn ich so sagen darf, zu den Grundlagen des Neuen Bundes gekommen sind. Wir

sind gekommen zu dem Mittler des Neuen Bundes (nicht zum Neuen Bunde! das ist doch ein großer Unterschied) und zu dem Blute der Besprengung, das besser redet als Abel.

Der „Mittler“ des Neuen Bundes und das „Blut“ des Neuen Bundes sind in ihrer Wirksamkeit nicht beschränkt auf die Grenzen des „Neuen Bundes“, sondern sie sind auch erreichbar für die, welche außerhalb des „Bundes“ stehen. Der „Bund“ wird mit dem Hause „Israel“ errichtet werden, das „Blut“ des Neuen Bundes aber ist vergossen für „viele“. (Matth. 26,28)

Wir werden Diener des Neuen Bundes genannt (2. Kor. 3,6), weil wir das, was der Neue Bund ist, nämlich die Bedingung und Bestimmung, auf Grund deren Gott mit den Menschen in Gnade verkehren und handeln will, verkündigen. Wir laden die Menschen ein, zum Blut und zum Mittler des Neuen Bundes zu kommen, um die Segnungen des Neuen Bundes vor dem Tage seiner Aufrichtung mit Israel zu empfangen.

Die Segnungen, die wir durch die Verkündigung der Bedingungen (auf Grund deren Gott jetzt schon segnen will) anbieten, sind die Segnungen des Neuen Bundes, die später Israel zuteil werden, nämlich 1. die Vergebung der Sünden („Gott gedenkt unserer Sünden nicht mehr“), 2. die Gabe des Heiligen Geistes (durch den Er Sein Gesetz in das Herz schreibt) und 3. die Erkenntnis Gottes (alle erkennen den HErrn). (Hebr. 8,10-12)

Obgleich wir so Diener des Neuen Bundes sind, d. h. die Verkündiger der Bestimmungen, auf Grund deren Gott mit den Menschen in Gnade handeln will, so stehen wir, die Glieder der Gemeinde Gottes, doch in einem viel engeren Verhältnis zu Gott als in einem Bundes-Verhältnis. Unser Verhältnis zu Gott ist das der Kinder zum Vater, Wir nennen Ihn „Vater“ und sind Seine geliebten Kinder. Das ist ein Verhältnis, bei dem von einem Bunde keine Rede sein kann. Diese Unterscheidungen mögen für solche, die sich noch nicht damit beschäftigt haben, anfänglich nicht leicht sein, aber sie sind wichtig.

A. v. d. K.

(S. Antw. a. Frg. 3, Jahrb. 12.)

Einige Worte über die Zeichen in Markus 16,17.18.

Der Abschnitt Mark. 16,9-20 ist von einigen als Anhang, d. h. als nicht dem Evangelium nach Markus zugehörig, bezeichnet worden. Doch ist es nicht nötig, die verschiedenen Lesarten der alten Handschriften zu erforschen, um zur Klarheit zu kommen. Wir glauben vielmehr, daß der ganze Zusammenhang, Aufbau und Schluß dieses Evangeliums uns zeigt, daß das in diesem Abschnitt Gesagte unbedingt hierher gehört. Die Frage ist nun, ob die in V. 17 und 18 genannten Zeichen sich auch heute noch erfüllen und wie dieses Wort sich in der Gegenwart auswirkt.

Vor allen Dingen müssen wir die Tatsache feststellen, ob dieses Wort uns irgend die Berechtigung gibt, es ohne weiteres auf alle Zeiten und so auch auf uns anzuwenden. Wenn wir das Ende des Evangeliums nach Matthäus lesen, finden wir die Zusage des HErrn: „Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Matth. 28,20) Die Zusage Seiner Gegenwart zu allen Zeiten haben wir; wo aber wird uns gesagt, daß die Zeichen allezeit von Seinen Jüngern vollbracht werden? Weder hier noch woanders gibt uns der HErr für diese Zeit der Gnade die Verheißung des Fortbestehens des Wirkens offenkundiger Wunder und Zeichen nach Einführung des Christentums in diese Welt. So finden wir in 1. Kor. 12 ebensowenig die Zusicherung des Fortbestehens der Wundergaben; darum wird 1. Kor. 13,8-10 ein Unterschied gemacht durch die Worte „aufhören“ und „weggetan werden“. Die „Sprachen“, welche von den Wundergaben immer zuletzt genannt werden - vgl. 1. Kor. 12,28.30 -, schließen die Reihe und sind hier angeführt als aufhörende Gabe, wogegen die Prophezeiung wohl den wichtigsten Platz einnimmt und erst weggetan werden wird, wenn das Vollkommene gekommen sein wird durch das Kommen des HErrn. So wird in Eph. 4,13 ausdrücklich das Wörtchen „bis“ vom Heiligen Geiste gebraucht, was in Mark. 16 und 1. Kor. 12 und allen anderen Stellen fehlt, wo es sich um Wundergaben handelt, weil die Gaben zur Erbauung der Gemeinde, welche das Wachstum des Leibes bewirken, bleiben werden, bis die Gemeinde vollendet ist in Herrlichkeit.

Obwohl Gott uns immer wunderbar führt, bewahrt und segnet - ja, unser ganzes Leben ist eine Kette von Wundern -, so müssen wir doch offenkundige, der Welt ins Auge fallende Wunder unterscheiden von denen, die wir als Kinder Gottes in unserem Leben durch Seine Erleuchtung und Gnade sehen. Letzteres sind Wunder, die die Welt nicht wahrnimmt oder die sie einfach natürlich erklärt.

Die andere Frage wäre, was wir unter Zeichen zu verstehen haben. Nicht jedes Wunder ist ein Zeichen, obwohl ein Zeichen fast immer ein Wunder ist. Die Schrift unterscheidet „mächtige Taten“, „Wunder“ und „Zeichen“ (Vgl. Apgesch. 2,22; 2. Kor. 12,12)

„Mächtige Taten“ zeigen uns die Allmacht Gottes;

„Wunder“ offenbaren mehr Seine Allgegenwart;

„Zeichen“ stehen in Verbindung mit Seiner Allwissenheit. Zeichen tragen fast stets einen prophetischen, geistlich vorbildlichen Charakter. In ihnen finden wir stets eine Tatsache, die eine geistliche Sache vorbildet. Z. B. das erste Zeichen, welches der HErr tat, bestand darin, daß Er Wasser in Wein verwandelte. (Ev. Joh. 2,11) Diese Begebenheit bzw. dieses Zeichen ist ein Bild von der Freude im Tausendjährigen Reich; zugleich aber auch zeigt es uns die Freude im Herzen eines Menschen, der den HErrn im Glauben erfaßt hat.

(Umständehalber bringen wir heute nur die Einleitung, in folg. Liefg. s. G. w. den Hauptteil u. Schluß.)

D. Schriftl.

Frage und Antwort

Frage 3

keine Krankheit mehr treffen dürfe.

Antwort A

Da ich selbst ein „Lahmer“ bin, habe ich über diese Frage vielleicht mehr nachgedacht als andere. Zudem habe ich die Heilkraft des HErrn an mir selbst erfahren. Kerngesund kam ich zur Welt, doch schon halbjährig bekam ich Kinderlähmung. Bis zum dritten Jahre war ich ein elendes Kerlchen, das auf der Erde mit einen Wasserkopf herumkroch. Wäre das so weitergegangen, wäre ich bald reif für die Anstalt gewesen. Nun, meine gläubigen Eltern haben viel über mir gebetet, aber eines Abends doch ganz besonders. Am anderen Morgen war das Kopfkissen zum Auswringen; das Wasser war wohl aus den Ohren ausgetreten. Von da an bin ich kerngesund, das heißt, die durch die Lähmung zerstörten Muskeln blieben verschwunden, so daß ich noch heute ein Lahmer bin. Später noch beteten zwei Brüder über mir, Elias Schrenk und Vater Seitz, aber ich blieb lahm. Daß der HErr heilen kann, wußte und glaubte ich, aber es war offenbar nicht Sein Wille, daß ich ganz gesund würde. Heute muß ich, wenn ich auf mein Leben und mich selbst blicke, sogar dem HErrn für diesen Weg danken, denn ohne diese Zügel wäre ich niemals Lehrer an der Bibelschule geworden. So habe ich eigentlich die Frage aus meiner Erfahrung heraus schon beantwortet, doch die Schrift gibt uns gerade in den Erfahrungen der Männer Gottes eine unzweideutige Antwort.

Was die Auslegung nun von Jes. 53,4-6 betrifft, machen wir uns am gewissesten die Auslegung des Matthäus zu eigen in Matth. 8,17. Dort wird ganz deutlich gesagt, daß das „Aufsichnehmen“ unserer Krankheiten und Schwachheiten eben die Heilung der Menschen zur notwendigen Folge hatte, und zwar aller, die mit Ihm in Berührung kamen. Aus Matth. 8,7 geht hervor, daß der HErr Selbst die Heilung mit Seiner leiblichen Gegenwart verbindet. Wörtlich übersetzt müßte man lesen: „Hinkommend werde Ich ihn heilen.“ Daher war es an dieser Stelle das Zeichen eines besonderen Glaubens, wenn der Hauptmann auf den für den HErrn beschwerlichen Weg in sein Haus verzichtete und sich mit einem Wort begnügte. Und weil der HErr nicht nur der Menschensohn war, von dem Kraft ausging, sondern auch der Sohn Gottes, genügte auch ein

Und was geschah dann, als der HErr die Erde verließ? Zunächst verschwand mit Ihm auch jene wunderbare Heilkraft, die von Seinem Leib ausging; aber dann, zu Pfingsten, gab der HErr auch Seinen Aposteln sowie anderen in der jungen Gemeinde Heilungskräfte. (1. Kor. 12,28) Wenn nun Gott wiederholt durch die Hände des Paulus ungewöhnliche Wohltaten vollbrachte (Apgesch. 19,12.13), auf die Paulus sich als die Zeichen des Apostels berufen konnte (2. Kor. 12,12), so sehen wir darin den besonderen Zweck der Heilung überhaupt. Durch die Heilwunder wurde nicht nur der Herr Jesus als der Verheißene bestätigt, sondern auch die Apostel und durch sie die ganze Gemeinde wurden offenbar als Beauftragte des Gottes, der größer und stärker ist als alle anderen Götter und ihre Religionssysteme, bei denen Wunderwirkungen auch zu finden waren. Im Blick auf die Ausbreitung des Evangeliums sind die Heilwunder also Kraftbeweise, die das Heidentum mit seinen Wundern aus dem Felde schlagen. Christus bleibt auch auf diesem Gebiet Sieger. Ganz ähnlich war es mit dem Zungenreden, das auch bei den Heiden zu finden war. Der Unterschied wird durch die Stellen in 1. Kor. 12,2 und 14,32 deutlich genug gezeigt. Auch die Wunder des Mose, die wohl nachgemacht, aber nie erreicht werden, könnte man hier anführen. Dieser apologetische Zweck der Heilwunder wird noch durch die Tatsache bestärkt, daß der Herr Jesus nicht heilte, um zu heilen, um gesunde Menschen wieder ins Leben zu schicken, sondern stets verband Er damit den Zweck, diese Menschen für Sich zu gewinnen, ihnen innerlich zu helfen. Darum trauerte der HErr, als neun Aussätzige wohl äußerlich, aber nicht innerlich geheilt wurden. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt das Heilen, das Gesundmachen an sich, so wundert man sich nicht mehr, daß uns Sein Beispiel im Neuen Testament erzählt wird, wo ein Gläubiger, ein bereits für Christus Gewonnener, plötzlich durch ein Heilwunder gesund gemacht wird! Beispiele für kranke Kinder Gottes gibt es dagegen genug. Trotzdem werden auch damals sicher manche Kinder Gottes auf das Gebet hin plötzlich geheilt sein, doch die Möglichkeit der Heilung ist den Gläubigen der damaligen Zeit so selbstverständlich, daß ein besonderer Bericht ihnen überflüssig erscheint.

Und ich meine, wer in der Wiedergeburt die Heilung seines eigenen Geistes wirklich erlebt hat, dem ist die Heilung des Leibes unbedingt das kleinere Wunder. Sollte nun nicht jedes am Leibe kranke Kind Gottes dieses Wunder erstreben, um nicht zu sagen ertrotzen, und zwar auf Grund

von Bibelstellen wie Joh. 15,7;

16,23; Mark. 11,24?! Ganz gewiß nicht, es sei denn, daß dafür eine klare Anweisung in den Briefen stände. Eine solche aber gibt es nicht, im Gegenteil, wir finden in 1. Joh. 5,14 eine wichtige Beschränkung unserer eigenwilligen Gebete, die mehr oder weniger nur unser äußerliches Wohlergehen zum Gegenstand haben. Vor allem lese man 2. Kor. 12,1-9. Wenn wir aber dann noch bedenken, daß drei Apostel sich der Trübsale, unter denen sicher auch Krankheit und Gebrechlichkeit zu verstehen ist, geradezu rühmen (Röm. 5,3-5; Jak. 1,2; 1. Petr. 1,6.7), weil sie die Liebe ihres göttlichen Erziehers dahinter erblicken, dann sollten wir lernen, uns freudig in den Willen des HErrn zu ergeben. Und wer noch immer nicht den Wert der Krankheit erkennen will, der besuche im Leid und in Schmerzen erprobte Kinder Gottes, nicht um sie zu trösten und zu ermuntern, sondern um sich dort etwas zu holen.

Jedenfalls ist es im Leben des Apostels Paulus so wie im Leben ungezählter treuer Kinder Gottes eine erwiesene Tatsache, daß Krankheit und Gebrechlichkeit nicht zur Verunehrung des HErrn führt, sondern im Gegenteil! Wie viele gebrechliche und körperlich schwer leidende Zeugen des HErrn waren besonders begnadete und fruchtbare Kinder Gottes!

Und doch gibt es Krankheit und Übel, die ihrem Wesen oder ihrem Ursprung nach den HErrn verunehren. Für diesen Fall haben wir offenbar die Anweisung in Jak. 5,13f. Glauben wir wirklich, daß zur Erreichung des Heilwunders an sich die Mithilfe der Ältesten nötig ist? Ob nicht auch z. B. Mutter und Kind gemeinsam den Arm des HErrn bewegen können zu den wunderbarsten Offenbarungen Seiner Liebe und Hilfe? Die Frage stellen heißt: sie im tiefsten Herzen mit einem jubelnden und dankbaren „Ja“ beantworten.

Ganz etwas anderes aber ist es, wenn ein Bann oder eigene Schuld vorliegt, deren Folgen allen offenbar sind. Darum lesen wir, daß das Gebet des Glaubens den Kranken nicht heilen, sondern retten wird, und hinterher kommt dann noch die innerliche Wiederherstellung durch den HErrn. (Jak. 5,15) In Vers 16 wird geradezu zu einem Sündenbekenntnis vor dem Gebet der Ältesten aufgefordert. Und wenn dann Elias als Beispiel erwähnt wird, so erkennen wir, daß gerade wie

Stärkste ist im Gegensatz zum Reich der Finsternis, das mit seiner den HErrn entehrenden Krankheit ein schuldiges Kind Gottes infiziert hat. Daß wir aber in dieser Richtung diesen Fall betrachten müssen, zeigt der Schluß Jak. 5,19.20 unmißverständlich.

Solche Krankheiten allerdings dürfen, wenn sie ein Kind Gottes befallen haben, nicht auf ihm bleiben, denn das gereicht zur Verunehrung des HErrn. Darum sollte auch die Gemeinde das lebhafteste Interesse an der Beseitigung solcher Krankheiten haben.

Alle anderen Krankheiten und Gebrechen aber wollen wir ansehen als Beweise ganz besonderer Liebesabsichten unseres großen Meisters mit uns erbärmlichen Menschenkindern. Je mehr und gründlicher der Ton sich kneten läßt, um so köstlicher das Gefäß, das des Meisters Künstlerhand aus ihm machen kann.

Einst aber, wenn Er Sich uns (auch körperlich) nähert, dann wird von uns allen abfallen, was Seine leibliche Gegenwart nicht dulden kann, denn: Er trug unser aller Krankheit und Not ans Kreuz und damit fort aus dem Angesicht Gottes.

H. K., W.

Antwort des Schriftleiters

Diese schöne, fast möchte ich sagen liebliche Antwort verdient weiteste Beachtung, zumal der weltbekannte Mitarbeiter sein eigenes Beispiel mit in die Waagschale legen darf. Tatsachen sprechen oft lauter als Worte.

Zunächst möchte ich einige Hinweise geben! Mit der Frage der Stellung der Kinder Gattes zur Krankheit haben sich die „Handreichungen“ schon öfter zu befassen gehabt. Beispielsweise ist über die Frage des Ältestendienstes in Jak. 5, und warum die Ältesten in bestimmten Fällen von Krankenheilung beteiligt sein sollten, ausführlich, und besonders von A. v. d. K., in Frage 31, Jahrbuch 3, geschrieben. Über die Frage der „Handauflegung“, die durch die Jakobusstelle berührt wird, ist viel in Frage 15, Jahrbuch 11, gesagt, und vielleicht wird im Verlauf der

nächsten Monate die Antwort Darüber von dem vor vier Jahren entschlafenen teuren Mitarbeiter K. O. St. neu abgedruckt erscheinen. Und da in Mark. 16 auch eine wichtige Stelle über Krankenheilung (als „Zeichen“) steht, worüber wir in Jahrbuch 13, Frage 16, kostbare Ausführungen des Ebengenannten haben, so soll in vorliegender und folgender Lieferung diese Antwort Auch nachgedruckt werden. In ebendiesem Jahrbuch 13 ist von unserem teuren Mitarbeiter F. Btchr. ein sehr kostbarer Aufsatz „Krankheit“ enthalten! (Bitte Seite 30, vorletzten Absatz, genau beachten!) Ferner ist von dem in christlichen Kreisen bekannten gläubigen Arzt Dr. G. H.(aack) unter dem Titel „Krankheit und Heilung“ in Jahrbuch 11 ein guter Aufsatz erschienen, der auch als Sonderdruck für 20 Pf. bei der Geschäftsstelle der „Handreichung“ zu haben ist. Br. H. schreibt auch klar über die Jakobusstelle und das Dabeisein der Ältesten. Und so findet sich hin und her noch manches über dies alle Gläubigen mehr oder weniger beschäftigende Gebiet, was aufmerksame Leser, die alle Jahrbücher haben, wohl finden werden.

Noch einiges zum Gegenstand der vorliegenden Frage! Soweit ich sehe, fehlen solche, die mit ihrer Lehre die Veranlassung zu vorliegender Frage sind, in wenigstens dreifacher Hinsicht:

1. Sie tun Gläubigen, die ein tiefgeistliches Leben führen, dabei aber an irgendwelchen Krankheiten leiden, bitter unrecht mit ihrer Anschauung; sie verstehen sie nicht, verurteilen sie darum und machen ihnen oft viel Mühe und Kummer, bringen sie auch sogar in Kämpfe und womöglich in Zweifel, ob ihr Weg der richtige und ob ihr Leiden nicht etwa Folge eines verkehrten Weges sei. (Das kann natürlich auch einmal so sein, aber dann ist das Leben der betreffenden kein geistliches, sondern wird sich sicher bei Gelegenheit als erheuchelt - geistlich oder fleischlich - erweisen.) Ungezählte Gläubige haben ihren „Pfahl im Fleisch“ (nach 2. Kor. 9) zu tragen und werden dadurch nicht etwa ungeistliche Leute, sondern sie verwirklichen Stellen wie Hebr. 12,4-11 u. v. a. in geradezu beneidenswerter Weise - wie der große Apostel Paulus, der durch sein Leiden in 2. Kor. 9 auch nicht etwa an seinem geistlichen Leben Einbuße erlitt, sondern vielmehr wuchs. (Vgl. 2. Kor. 4!) Oder will man ihm Vorwürfe machen, daß er eine verkehrte Lehre gehabt habe, indem er sein Kranksein - und zwar unter der Macht eines Engels Satans! - mit Gottes Gnade in Verbindung gebracht habe?! Manche haben gewagt, Paulus zu

kritisieren, aber sie tun das nur mit Schaden für sich selbst. Und wer Gläubigen, die innerlich wissen, daß sie recht stehen vor dem HErrn, Schwierigkeiten macht, der versündigt sich auch; er irrt auch bezüglich dessen, daß Gott dieses und jenes gebrauchen kann, auch einen Engel Satans, um die Seinen demütig zu erhalten! Manche sogenannte „Wunderheiler“ sind so hochmütig, daß es eine Gnade Gottes wäre, wenn Er sie aufs Krankenbett legte ...!

2. Solche Lehren, daß ein Gläubiger nicht mehr krank sein dürfe, sind aber auch meist sehr inkonsequent, indem sie (ähnlich, wie die diesen verwandten schriftwidrigen Sündlosigkeitslehren manche Sünden nicht als Sünden ansehen!) manche Krankheiten, körperliche Verfallerscheinungen einfach nicht als Krankheit buchen, sondern eben als naturhaften Abbau der Körperfunktionen. Sehr bequem! Zahnerkrankungen gehören dann nicht zu den Krankheiten, die eines Kindes Gottes unwürdig sind! Ein Kind Gottes kann auch leben wie es will, ungesund, ja gesundheitswidrig - die Inkonsequenz dieser Lehre schützt es vor wirklichem Kranksein, und wenn doch einmal eine Krankheit nicht wegzuleugnen ist, nun, dann hat sie äußere Ursachen, die womöglich eine Ehre für den Betroffenen darstellen. (Verfolgungen um Christi willen?) Genug von solchen Abwegen, die aber nicht zu selten sind.

3. Der Hauptfehler aber, in den die Vertreter dieser Lehre fallen, scheint mir der zu sein, daß sie die beiden großen Berufungen, die irdische Israels und die himmlische der Gemeinde, verwechseln bzw. nicht unterscheiden. Für Israel war es Verheißung, daß Jehova Gott keine der Krankheiten der Ägypter auf sie legen würde, wenn sie Sein Wort treu beobachten würden (vgl. 2. Mos. 15,26; 5. Mos. 7,9-15 u. a.!), der Gemeinde aber ist solche Verheißung nie gegeben, ist doch für ihre Glieder die irdische Krankheit etwas Nebensächliches, die (himmlische) Berufung nicht Hinderndes (womöglich sogar Förderndes, da es das Hängen am Irdischen mehr abschneidet). Dagegen: Israel sollte durch seine irdischen Segnungen ein Zeuge Jehovas an die Nationen sein, wie das ganze 5. Buch Mose zeigt, vgl. Jes. 43 und 44! und siehe obige Antwort!

Und auf dieser Grundlage steht meines Erachtens auch die Stelle unserer Frage: Jes. 53,4-6: Für Israel ist da zunächst an leibliche Krankheiten gedacht, was ja die von unserem Mitarbeiter

angezogene Stelle Matth. 8,17 genau genug sagt. - Für die Gläubigen auf dem Boden der Gemeinde aber ist die Stelle Jes. 53,4 ganz und gar zuerst in dem Sinne aufzufassen, den uns Vers 5 und 6 am Schluß selbst an die Hand gibt: Mit der Krankheit ist die Sündenkrankheit (die Sünde als Krankheit) gemeint, und von ihr loszukommen ist die Hauptsache und die Vorbedingung für ein Leben im Frieden des Herzens, nicht so sehr in der Freude über irdische Segnungen und Krankheitsbeseitigung. Gewiß ist auch für Israel die Rettung von Sünden das Größere (vgl. die Heilung des Gichtbrüchigen, Mark. 2, aber im Grunde genommen geht schon diese Geschichte über den Rahmen israelischer Auffassung etwas hinaus), wie andererseits auch innerhalb der Gemeinde in allen Zeiten wunderbare Heilungen vorkamen und vorkommen, besonders in der ersten Zeit, wo es auf die äußere Bezeugung der Kraft Gottes noch mehr ankam. (Vgl. Apgesch. 4!) Aber die Grundlinie ist die genannte: In Israel, dem Volk irdischer Berufung, kam's auf irdische Segnungen an (vgl. 5. Mos. 28!), in der Gemeinde, die himmlischen Ursprungs (Eph. 1), himmlischen Wandels (Phil. 3,20) und himmlischen Ziels (1. Thess. 4) ist, kommt's fortgesetzt auf Segnungen geistlicher Art an, die eben in ihrer Art der Gemeinde, auch wenn ihre Glieder zum Teil krank am Leibe sind, ihr geistliches Übergewicht über die sie umgebende Welt, auch die religiöse, geben. - Es ließe sich hierüber noch sehr viel sagen, aber ich denke, das Gesagte wird genügen, um den treuen Schriftforschern genügend Anleitung zum Weitereindringen in die ganze Wahrheit zu geben.

„Fürwahr, Er hat unsere Leiden getragen, und unsere Schmerzen hat Er auf Sich geladen - um unserer Übertretungen willen war Er verwundet - die Strafe lag auf Ihm, damit wir Frieden hätten, und durch Seine Wunden sind wir geheilet ...“ (Jes. 53,4.5) Köstlich!

Gepriesen sei unser Gott und Vater in Christo Jesu, gelobt seiest Du, unser teurer Erretter und HErr!

F. K.

Frage 4

a) Wann ist der „Leib Christi“ (die Gemeinde) ins Dasein getreten? Zu Pfingsten? Oder sind die Heiligen im Alten Bunde auch dazu zu zählen?

b) Warum wird Eph. 2,12 Israel erwähnt - „entfremdet dem Bürgerrecht lsraels“ usw. -, wenn doch erst durch Paulus das Geheimnis der Gemeinde geoffenbart wurde?

c) Welche „Heiligen“ sind Eph. 2,19 gemeint? („Mitbürger der Heiligen“) - des Alten Bundes?

d) Mit wem sind Eph. 3,6 die aus den Nationen „Miterben“, „Miteinverleibte“ und „Mitteilhaber“?

e) Gal. 3,29 werden die Gläubigen als Abrahams Same gerechnet. Ist nun Abraham auch zu der Gemeinde zu zählen? Dann würde die Gemeindelinie im Alten Bunde zu sehen sein. Oder ist Abraham auf eine andere Linie zu stellen?

Antwort

Zu a:

In den „Handreichungen“, Bd. 6 (1918/19), S. 104ff., ist die Frage beantwortet: „Welche Stellung nehmen die alttestamentlichen Gläubigen zur Gemeinde Gottes ein; gehören sie dazu, oder nicht ...?“ Dazu lesen wir in Antwort A: „... Es gibt Segnungen, die für alle Heiligen (Alten und Neuen Testamentes) gemeinsam sind: Alle sind auf dem Grunde des Glaubens errettet, die Schuld aller ist gesühnt durch Sein Blut, und alle werden der Auferstehung des Lebens teilhaftig ... Eine andere Frage ist die der Stellung und des Segensloses oder Segenskreises. Da belehrt uns das Wort Gottes deutlich, daß es verschiedene Familien- und Segenkreise gibt. Ein ganz besonderer Segenskreis ist durch die Unumschränktheit Gottes Seiner Gemeinde zugeteilt. Die verschiedenen Segenskreise finden wir z. B. in Stellen wie Eph. 3,15, da wird von den verschiedenen Familienkreisen gesprochen; in Hebr. 12,23 spricht der Heilige Geist von der Versammlung der Erstgeborenen, worunter ohne Zweifel die entschlafenen Heiligen der Gemeinde zu verstehen sind, wogegen der Ausdruck ‚die Geister der vollendeten

zwischen den alt- und den neutestamentlichen Heiligen finden.“ Und in Antwort B lesen wir: „Die alttestamentlichen Heiligen gehören nicht zur Gemeinde Gottes, denn diese Gemeinde, ‚die da ist Sein (Christi) Leib‘ (Eph. 1,23), ist erst am Pfingsttage gegründet, wie aus vielen Stellen, wie z. B. auch aus 1. Kor. 12,13, hervorgeht, während die Belehrung darüber, aus wem diese Gemeinde gebildet ist, erst dem Apostel Paulus zur Verwaltung anvertraut war. (Vgl. Eph. 2 und 3!)“ Diese Ausführungen entsprachen nach unserer Überzeugung der Heiligen Schrift und geben uns zu a) unserer Frage die klare Antwort: Der „Leib Christi“ (die Gemeinde) ist zuPfingsten ins Dasein getreten. Die alttestamentlichen Heiligen gehören nicht dazu. - Das zeigen uns auch noch andere Stellen, z. B. die Worte des Herrn Jesus Matth. 16,18: „... auf diesen Felsen will Ich Meine Versammlung (Gemeinde) bauen.“ Der HErr spricht von Seiner Gemeinde als etwas Zukünftigem; sie war noch nicht vorhanden. Oder Eph. 2,20, wo in bezug auf den „Bau“, der - wie wir wissen - die Gemeinde Gottes ist, gesagt ist: „... aufgebaut auf die Grundlage der Apostel und Propheten“, woraus sich ebenfalls klar ergibt, daß die Gemeinde unter dem Alten Bunde nicht bestand, sondern erst mit den Aposteln und (neutestamentlichen) Propheten ihren Anfang nahm. Diese Tatsache schließt zugleich die andere in sich, daß die alttestamentlichen Heiligen nicht zu dem „Leibe Christi“, der Gemeinde, gehören.

Zu b:

Zu dieser und zur nächsten Frage (c) finden wir in Band 12 der „Handreichungen“ (1927) wertvolle Ausführungen. Zu beachten ist zu den Eph. 2 und 3 berührenden Punkten der Frage, daß von Kap. 2,11 bis Kap. 3,11 der Apostel die herrliche Tatsache ans Licht stellt, daß die Gemeinde aus dem Volke Israel und aus den Nationen heraus gebildet ist. Von diesem Gesichtspunkte aus ist alles in diesen Versen Gesagte zu betrachten. Er redet in diesem Abschnitt ausschließlich zu den Gläubigen aus den Nationen - „... ihr, einst die Nationen im Fleische ...“ (V. 11) - und zeigt ihnen, nachdem er vorher festgestellt hat, daß alles nur durch die Gnade und nur Gottes Gabe ist und niemand sich rühmen kann, was diese Gnade an und mit ihnen getan und in welche Stellung sie sie gebracht hat, indem er - unter Gegenüberstellung zu Israel - sie zunächst an ihr hoffnungsloses „Einst“ erinnert (V. 12) und dann ihnen ihr gesegnetes „Jetzt“, zusammen mit denen aus Israel, vorstellt. - Nun zu der

Frage, warum Eph. 2,12 Israel erwähnt wird:

Da müssen wir erst einmal zu verstehen suchen, was „Bürgerrecht Israels“ bedeutet. Das mit „Bürgerrecht“ übersetzte Wort des griechischen Textes finden wir nur noch einmal im Neuen Testament: Apgesch. 22,28. (Nicht Eph. 2,19 und nicht 1. Petr. 2,11. In diesen beiden Stellen steht ein Wort, welches einen Menschen bezeichnet, der nicht Glied des Volkes ist, unter dem er sich befindet, also nicht die Rechte eines Bürgers besitzt, sondern nur das ist, was wir im Alten Testament mit „Beisasse“ bezeichnet finden, wie 1. Mos. 23,4: „Ich bin ein Fremdling und Beisasse bei euch“; 2. Mos. 12,45: „Ein Beisasse und ein Mietling soll nicht davon essen“ u. a. m.) Apgesch. 22,24-29 sehen wir, daß der festgenommene Paulus mit Geißelhieben ausgeforscht werden sollte, aber durch seinen Hinweis darauf, daß er ein Römer sei, davor bewahrt blieb. „Ein Römer“ bedeutete hier, daß Paulus das römische Bürgerrecht besaß, und als römischer Bürger hatte er gewisse Vorrechte: Er durfte nicht ohne Untersuchung gefesselt werden, durfte nicht gegeißelt werden, war vor schimpflicher Todesstrafe geschützt, hatte das Recht, in seiner Streitsache den Kaiser anzurufen (was er auch später getan hat: Apgesch. 25,11. Siehe auch Apgesch. 16,37.38. An diesem Beispiel sehen wir etwas von der Bedeutung des Wortes „Bürgerrecht“. Es bedeutet: Zugehörigkeit zu einer Volksgemeinschaft, Gliedschaft in einem Volkskörper, mit den dem Zugehörigen zustehenden Rechten. Das römische Bürgerrecht - und wohl auch manches andere - konnte durch Geld oder andere Leistungen erworben werden; das „Bürgerrecht Israels“ aber war nicht so zu erwerben; Israel war das Volk Gottes, und das „Bürgerrecht“ desselben im Sinne unseres Schriftwortes setzte wirkliche Zugehörigkeit zum Volke Gottes voraus. - Hieran schließt sich der Gedanke an die „Bündnisse der Verheißung“. Diese sind ebenfalls Israel gegeben. - Wenn nun auch Israel gefehlt und dadurch jedes aus den ihm gegebenen Verheißungen herzuleitende Recht Gott gegenüber verloren hat und es ebenso wie die Nationen allein auf die Gnade Gottes angewiesen ist, so sagt doch Gottes Wort, daß „die Gnadengaben und die Berufung Gottes unbereubar“ sind (Röm. 11,29) und lehrt uns, daß Er Sich an Seine Verheißungen gebunden hält und sie erfüllen wird, wenn Israel zu Ihm umkehren wird. (Röm. 11,23.25-32) Es war und ist von dem Volke Israel immer ein „Überrest“ da, und es wird ein solcher bis zum Ende immer da sein (Röm. 9,25-29;

bestehen (für die jetzige Zeit der Gemeinde in himmlischer bzw. geistlicher Beziehung). Die Nationen aber hatten das nicht, wußten nichts davon; sie waren diesem „Bürgerrecht Israels“ entfremdet und „Fremdlinge betreffs der Bündnisse der Verheißung“. Das gehört mit zu dem hoffnungslosen „Einst“ derer aus den Nationen - dem traurigen Zustand vor ihrer Bekehrung -, bezieht sich also auf die Zeit, zu welcher sie noch nicht zu der Gemeinde gehörten, so daß das dem Apostel Paulus geoffenbarte Geheimnis der Gemeinde durch die Eph. 2,12 erfolgte gegenüberstellende Erwähnung Israels überhaupt nicht berührt wird.

Zu c:

Der Apostel sagt: „Also seid ihr denn nicht mehr Fremdlinge und Beisassen (solche, die kein Bürgerrecht besitzen), sondern ihr seid Mitbürger der Heiligen.“ Sie teilten also nun das Bürgerrecht der anderen Heiligen, d. h. - um im Bilde des unter b) hierzu Gesagten zu reden - waren nun Bürger des Gemeinwesens, Glieder des Volkes geworden, welches die Heiligen bilden. Wir wissen, daß es sich hierbei nicht um ein geographisch oder rassisch abgegrenztes Volk auf der Erde, sondern um ein geistliches Volk handelt, und glauben, daß der Apostel im Einklang mit dem ihn hier beschäftigenden Gegenstand dabei das Volk Gottes im Auge hat, welches die aus Juden und Heiden gebildete Gemeinde ist und dessen Bürgertum nach Phil. 3,20 „in den Himmeln“ ist. Wenn dem so ist - wie wir glauben -, sind die Eph. 2,19 erwähnten „Heiligen“ die zur Gemeinde gehörenden Gläubigen ausIsrael. Auch hier, wie vorher und nachher, ist es die Gegenüberstellung von denen aus Israel und denen aus den Nationen.

Zu d:

Diese Frage hat eigentlich in obigem ihre Beantwortung mit gefunden, da die Verse bis Kap. 3,11 den von Kap. 2,11 an behandelten Gedanken weiter entwickeln. Die Antwort ist also: Mit denen aus Israel. Das ergibt der ganze Zusammenhang, wie schon oben gesagt, von Kap. 2,11 an. Die Gemeinde ist gebildet aus Juden und Heiden heraus - das ist die herrliche Tatsache, das Geheimnis, welches dem Apostel durch Offenbarung kundgetan worden war. (3,3) Die Juden waren „die Nahen“, die aus den Nationen „die Fernen“. (2,13.17) Die

hat Er hinweggetan durch Seinen Tod am Kreuze; Er hat aus beiden eins gemacht und sie in Sich Selbst zu einem neuen Menschen geschaffen. (2,14.15) „Durch Ihn haben beide den Zugang durch einen Geist zu dem Vater“ usw. (2,18ff.), und „die aus den Nationen“ sind nun „Miterben“, „Miteinverleibte“ (wörtlich „Mitleib“) und „Mitteilhaber Seiner Verheißung in Christo Jesu“. (3,6) Wir wissen, daß Israel das auserwählte irdische Volk Gottes ist und ihm in erster Linie „die Verheißung in Christo Jesu“ gegeben war. Darum sagte auch der Herr Jesus: „Ich bin nicht gekommen, als nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Matth. 15,24), und darum wurde das Evangelium im Anfang immer zuerst den Juden verkündet: „... allen Nationen, anfangend von Jerusalem“ (Luk. 24,47); Apgesch. 1,8b; 2,14; 13,46; Röm. 1,16; 2,10. Daher sind die aus Israel ohne Zweifel in erster Linie die „Erben“, die, aus denen der „Leib“ zuerst gebildet wurde (Apgesch. 2,1-4), und „Teilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu“; und die aus den Nationen sind ihnen in allem gleichgemacht - sind „Mit erben“, „Mit leib“ und „Mit teilhaber seiner Verheißung in Christo Jesu“. Gepriesen sei Er dafür!

Zu e:

Wenn wir Gal. 3,29 als „Abrahams Same“ bezeichnet werden, bedingt das nicht, daß Abraham zur Gemeinde zu zählen sei, was nach unserer Feststellung gleich zu Anfang (daß die alttestamentlichen Heiligen nicht zu der Gemeinde gehören) nicht der Fall ist, sondern besagt nur, daß wir als solche, die „Christum angezogen“ haben und infolgedessen in Ihm gesehen werden, Der nach Vers 16 Abrahams verheißener Same ist, Dem die Verheißungen zugesagt waren - daß wir also als solche als „Abrahams Same“ gerechnet werden und „nach Verheißung Erben“ sind. (Wie Abraham Röm. 4,16 „unser aller Vater“ genannt wird, weil wir des Glaubens Abrahams sind.)

In Abraham finden wir nicht die Gemeindelinie, sondern die Glaubenslinie, welche sich durch die ganze Heilige Schrift hindurchzieht und auf der alle Erlösten stehen. - Wie herrlich ist diese schriftgemäße Tatsache! -

Th. K.

Elia auf dem Berge Karmel.

1. Kön. 18,21ff.

Elia hatte Ahab seine Sünde und die des Hauses seines Vaters vorgehalten und als die Ursache des göttlichen Gerichtes der Hungersnot bezeichnet. Alsdann beauftragt er ihn: „Und nun sende hin, versammle ganz Israel zu mir nach dem Berge Karmel, und die vierhundertundfünfzig Propheten des Baal und die vierhundert Propheten der Aschera, die am Tische Isebels essen.“ (V. 19) Ob dieses „Und nun“ den König ahnen ließ, daß Gott nun zu dem Abfall des Volkes nicht mehr schweigen, sondern mit mächtiger Hand eingreifen würde? Wir wissen es nicht. Aber so völlig stand er unter dem Zwang der göttlichen Macht, daß er wider seinen Willen den Willen und Vorsatz Gottes ausführte und alle Kinder Israel und die heidnischen Propheten - die Verführten und die Verführer - nach dem Berge Karmel bestellte. Auf den Ruf des Elia wären sicher die Baalspriester nicht nach dem Karmel gekommen; auch das Volk hätte wohl kaum gewagt, dem Rufe des dem Königshause so verhaßten Elia zu folgen.

Ob die vierhundert Propheten der Aschera dem Befehle Ahabs folgten und nach dem Karmel kamen, ist aus dem Schriftworte nicht klar zu ersehen. Sie standen unter dem Schutz und Befehl Isebels, an deren Tisch sie aßen. Vielleicht witterte sie Gefahr für ihre Schützlinge, wenn diese dem Propheten Gottes gegenübertreten würden, dem überirdische Kräfte zur Verfügung standen, und erlaubte ihnen nicht, dem Befehle Ahabs zu folgen.

Wie gesagt, den Ruf Elias hätte wohl kaum jemand beachtet, nun aber der König rief - wenn auch mit innerem Widerstreben -, kamen alle. Wie bewahrheitet sich doch auch hier das Wort Asaphs: „Ja, verherrlichen muß Dich des Menschen Grimm.“ (Ps. 76,11, Wiese)

Welche Bewegung mußte dieser Versammlungsbefehl bei dem Volke auslösen! Wir haben keinen Schriftgrund, anzunehmen, daß irgend jemand wußte, was dort geschehen würde, alle aber mußten ahnen, daß große Dinge bevorstanden. Aus allen Richtungen des Landes strömte

lebendige Gott offenbaren wollte.

Wenige mochten es sein, die Elia von Angesicht kannten. Jetzt stand der Mann, dessen Name in aller Munde, der jahrelang wie vom Erdboden verschwunden, der im ganzen Lande und in den angrenzenden Ländern gesucht worden war, einsam, schutzlos, vor ihnen in der Gegenwart seiner Todfeinde. Niemand stand an seiner Seite; ihm gegenüber sah das Volk die große Schar der Propheten des Baal und den König bei ihnen. Eine feierliche Spannung liegt über der Menge. Als erster tut Elia seinen Mund auf. Er eröffnet gleichsam die Versammlung. Er wendet sich nicht an den König, er wendet sich an das Volk und ruft diesem zu: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Wenn Jehova Gott ist, so wandelt Ihm nach; wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach!“ Er fordert von dem Volke Entscheidung und Entschiedenheit. Welche Kraft lag in diesem Zuruf!

Ist eine solche Aufforderung zur klaren Stellungnahme für den HErrn nicht auch heute am Platz? Wieviel Wankelmut, wieviel Hinken auf beiden Seiten ist unter dem Volke Gottes! Wird denn heute keine Entschiedenheit mehr von uns gefordert? Höre, was Er, der größer ist als Elia, sagt: „Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Matth. 6,24) Und Jakobus richtet an die Untreuen mit dem geteilten Herzen die Frage: „Ihr Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist? Wer nun irgendein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.“ (Jak. 4,4) Der HErr will ein ganzes Herz, Er sagt: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig; und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht würdig.“ (Matth. 10,37.38) Das Tragen auf beiden Schultern ist Ihm ein Greuel, Er klagt über Laodizäa: „Ach, daß du kalt oder warm wärest! Also, weil du lau bist und weder kalt oder warm, so werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.“ (Offenb. 3,15.16)

Ja, der HErr fordert Entschiedenheit. Wohl sagt Er, wenn es sich um uns oder um unseren kleinen Kreis handelt, das milde Wort: „Wer nicht wider euch ist, ist für euch.“ (Luk. 9,50) Wenn

es sich aber um die Stellungnahme für Ihn oder den Feind - für Christus oder Belial - für das Wort der Wahrheit oder Menschenlehre handelt, dann fordert der HErr ganze und offene Entschiedenheit: „Wer nicht mit Mir ist, ist wider Mich; und wer nicht mit Mir sammelt, zerstreut.“ (Luk. 11,23)

Aber es ist heute noch so, wie jemand vor bald hundert Jahren schrieb: „In unseren Tagen gilt jeder, der ganz und gar zum HErrn hält, für einseitig; man gibt es für besondere Weisheit aus, über den Parteien zu stehen und es unentschieden zu lassen, ob der HErr bloß Mensch oder der eingeborene Sohn Gottes sei, so daß am Ende das Hinken auf beiden Seiten als das wahre Christentum gelobt wird.“ Und ebenso unentschieden möchten heute manche darüber hinweggehen, ob die Schrift das inspirierte Wort Gottes oder nur Gottes Wort in der Schrift enthalten sei, ob es richtig sei, daß die einen in die ewige Pein und die anderen in das ewige Leben eingehen oder ob alle Menschen mitsamt dem Teufel und seinen Engeln selig werden. Wieviel Hin- und Herschwanken, wieviel Tragen auf beiden Schultern findet man in diesen und vielen anderen Stücken, wo ganze Entschiedenheit von uns gefordert wird!

Von den Worten Elias im Gewissen getroffen, antwortet ihm das Volk kein Wort. Unter dem ganzen Volke ist auch nicht einer, der es wagt, in einem offenen Bekenntnis sich auf die Seite Jehovas und Seines treuen Knechts zu stellen. Wohl wissen wir aus dem Worte, daß siebentausend in Israel waren, die ihre Knie nicht vor Baal gebeugt hatten. Was mochte durch die Seelen dieser Siebentausend gegangen sein, als sie die kühnen Worte Elias hörten?! Mußte ihr Herz nicht jubeln? Diese Siebentausend wußten, daß Jehova der lebendige Gott und Baal ein toter Götze sei, und viele andere, zu deren Herzen Gott durch die Trübsale geredet hatte, wußten das gleiche. Aber keiner fand den Glaubensmut, dem HErrn zu vertrauen und sich zu Ihm zu bekennen.

Und wie ist es mit uns? Trifft das Wort Elias: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“ auch uns? Fühlst du, daß dein Gewissen auch von dieser Frage berührt wird? Die Frage Elias ist: „Wie lange?“ Beantworte sie; sage, wie lange willst du in dem unentschiedenen und doppelherzigen Wesen verharren? Brich damit! Du kannst darin nicht glücklich sein, und kein Segen kann von

dir ausgehen. Du täuschst dich und andere. Ja, die Frage: „Wie lange?“ ist ernst und prüfend für unser Herz. Bald kommt der HErr, und die Gefahr ist groß, Seinen Lohn zu verlieren. (Offenb. 22,12)

Stumpf hatte das Volk den Zuruf Elias hingenommen; kein Mund hatte sich zu einer Antwort - zu einem Bekenntnis zu Jehova geöffnet. Ihre Untreue war erwiesen. Jetzt zieht Elia das Resultat; er spricht zu dem Volke: „Ich bin allein übriggeblieben, ein Prophet Jehovas, und der Propheten des Baal sind vierhundertundfünfzig Mann.“ (V. 22) Welch ein Schmerz drückt sich in diesen Worten aus! Ein Bekenner Jehovas vierhundertundfünfzig Baalpropheten gegenüber! Dunkel war es in Israel geworden. Siebentausend hatten zwar ihre Knie nicht dem Baal gebeugt, aber ihren Mund zu einem Zeugnis für den HErrn hatten sie nicht aufgetan! Im Verborgenen mochten sie ihren Schmerz dem HErrn klagen, Menschenfurcht aber machte sie untauglich, dem HErrn nützlich zu sein.

O, daß Menschenfurcht unsere Lippen nicht schließen möchte, den HErrn zu bekennen! Daß die Gefahr für uns alle groß ist, sehen wir schon daraus, daß Paulus selbst einem Timotheus durch den Heiligen Geist schreiben mußte: „So schäme dich nun nicht des Zeugnisses unseres HErrn, noch meiner, Seines Gefangenen, sondern leide Trübsal mit dem Evangelium, nach der Kraft Gottes.“ (2. Tim. 1,8) Wieviel mehr haben wir dieses Wort der Ermahnung in diesen dunklen und letzten Tagen zu beachten!

A. v. d. K.

„Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte.“

(2. Kor. 6,9a)

(Fortsetzung.)

Wie in der ersten mit Baruk, dem Schreiber des Jeremia, so beschäftigten wir uns in der zweiten Lieferung mit Tertius, dem Schreiber des Paulus. - Heute nun wende ich mich in der

Schilderung unbekannterer Menschen der Schrift wieder zum Alten Testament. Ehe ich aber zur Besprechung übergehe, möchte ich einige Hinweise geben. Es gibt nämlich manche Personen, die wohl unter mein Thema fallen dürften, die aber schon bei anderen Gelegenheiten oder in selbständigen Aufsätzen eingehende Würdigung in den „Handreichungen“ gefunden haben und darum im Rahmen unseres Themas nicht Erwähnung finden sollen. Solche Personen sind u. a.: Jabez (1. Chron. 4) in Jahrb. 11; Pinehas (4. Mose 25) in Jahrb. 9; Ebedmelech (Jer. 38f.) in Jahrb. 5; Ittai (2. Sam. 15) in Jahrb. 8; Schobi, Makir und Barsillai (2. Sam. 17) in Jahrb. 9 (S. 92ff.). Und über den Schwestersohn des Paulus (Apgesch. 23) handelt Frage 12 im Jahrb. 13. - Ich denke, mit diesen kurzen Hinweisen etlichen Lesern und Besitzern der älteren Jahrbücher einen kleinen Dienst zu tun!

Ich gehe nun über zur Betrachtung zweier Männer im Buche Nehemia (Kap. 1 u. 7):

Hanani und Hananja.

Wie in dem Grußkapitel Rom. 16, von dem ich in letzter Lief. sprach, viele Namen vorkommen, die durch besondere Bemerkungen des Apostels ausgezeichnet sind, so enthalten die Bücher Esra und Nehemia viele Namen, die rühmend erwähnt werden (z. B. Neh. 3), ohne daß man sie alle in dem engen Rahmen eines gedruckten Aufsatzes aufführen könnte. Aber die beiden Obengenannten nehmen doch noch einen besonderen Platz ein und finden doch (bei der Fülle der Ereignisse und Personen) vielleicht nicht die ihnen gebührende Beachtung. Darum seien sie hier genannt!

Nun müssen wir uns zunächst darüber klarwerden, welche Männer gemeint sind, denn die Namen sind nicht selten im A. T.! Der erstere ist im Buche Nehemia zweimal vertreten - d. h, an drei Stellen, doch ist sicher an zwei Stellen (wenn nicht an allen) der gleiche Mann gemeint, eben der, den ich uns hier zeichnen will: Hanani, der Bruder Nehemias, Kap. 1,2 und 7,2 (12,36). Doch kommt der Name noch mehrfach im A. T. vor. Vor allem in 2. Chron. 16,7, und dieser Hanani, dieser mutige Mann, verdiente auch, besonders erwähnt und besprochen zu werden. Vielleicht komme ich später in Verbindung mit einem anderen Manne noch auf ihn

zurück (s. G. w.!). - Aber der Name Hananja kommt noch öfter vor, wenigstens 14mal im ganzen A. T., wovon wohI 6mal allein in Nehemia, doch glaube ich, daß der von Kap. 7,2 und der von 12,12 derselbe ist, und eben von diesem soll hier die Rede sein. Jedoch die zwei von Kap. 3,8 u. 30 sollen nicht vergessen sein, denn Gott läßt sie rühmend nennen (als am Mauerbau beteiligt), und den von 12,41. Doch, wie gesagt, auch sonst ist der Name häufig, aber nur einer dieses Namens sei noch genannt, den Schriftforschern „wohlbekannt“. Hananja, der erste der 3 Gefährten Daniels in Dan. 1,6, somit einer der drei herrlichen Glaubensmänner im Feuerofen, Dan. 3!

Nicht wahr, immer wieder sagen wir Gläubigen es in tiefer Freude und Ehrfurcht: Das Wort Gottes ist köstlich, reich an Belehrung, Kraft und Wirksamkeit in allen seinen Teilen, Abschnitten und Verbindungen, auch in seinen Namensanführungen, wozu noch kommt, daß viele der Namen eine oft typische, vielfach sehr bezeichnende Bedeutung haben, die zu dem jeweiligen Namensinhaber meistens in besonderer Beziehung steht. Unsere zur Besprechung kommenden Namen z. B. bedeuten „der Gütige“ und „Güte Jehovas“. Gott sei gepriesen für Sein wundervolles Wort!

Hanani und Hananja, in Kap. 7,2 zusammengenannt, waren Männer, wie jeder Führer sie sich wünscht, Männer, die Sinn hatten für die Sache, auf die es ankam, Männer, die mit ihrer ganzen Person sich einzusetzen bereit waren, wo es galt. Man denke nur nicht, daß solche Männer reichlich vorhanden seien, nie wird man das finden! Es gibt Zeiten, da sie reichlicher da zu sein scheinen - so auf allen Gebieten, auch dem des öffentlichen Lebens -, aber dann gibt's auch wieder Zeiten, die an solchen Männern arm sind. Das ist fast wie ein Grundsatz.

Wer war Hanani? Sowohl in 1,2 wie in 7,2 wird er „ein Bruder des Nehemia“ genannt, besonders die Fassung des Ausdrucks in 7,2 verbietet an nur einen, neutestamentlich gesagt, geistlichen Bruder oder volklichen Bruder zu denken. Ich glaube vielmehr aus dem Wort 7,2 geht ganz klar hervor, daß es sich wirklich um einen leiblichen Bruder Nehennas handelte. Denn, wenn man in 1,2 denken könnte, es könne ebensogut sich um einen Bruder des gleichen Volkes gehandelt haben, der Nehemia in dessen heidnischen Abgeschlossenheit besucht habe,

was auf diesen einen so besonderen Eindruck gemacht habe, so könnte das doch nicht mehr auf 7,2 zutreffen, da inzwischen Nehemia jahrelang bei seinem Volke zugebracht hatte und nun nicht mehr einen einzelnen Volksgenossen mit dem Wort „Bruder“ auszeichnen konnte. Nein, er war Bruder des Nehemia und als solcher von gleichartig guter Gesinnung wie sein an Bedeutung größerer Bruder. Nehemia hatte nach 1,2 mehrere Brüder, und sie waren in Jerusalem - vielleicht bei früherer Gelegenheit - angesiedelt worden vorn persischen König. Das ist gut denkbar, zumal Hanani bei seinem Bericht nicht von „wir“ spricht, sondern von anderen, den „Übriggebliebenen“, sich also offensichtlich von letzteren unterscheidet. Das aber nur nebenbei!

Die Brüder also kommen zusammen, Begleiter Hananis, gleichsam Zeugen der Gespräche sind dabei. Der Inhalt etwaiger vorheriger Gespräche ist gleichgültig, die Schrift erwähnt nichts von solchen. Aber Nehemia fragt dann nach den der Gefangenschaft „Entronnenen“ und nach Jerusalem.

Meine lieben Leser, die Dinge und Worte sind ja sehr einfach, und doch! - wäre Hanani ein anderer gewesen, als er war, dann hätten's einige belanglose Worte auch getan! Wäre Hanani ein genußliebender Mensch gewesen - „deren Gott der Bauch, ... die auf das Irdische sinnen“ (Phil. 3,19) -, dann hätte er wohl etwas anderes getan, als hier seinem Bruder das Herz schwer gemacht; dann hätte er vielmehr vor allem daran gedacht, mit seinen Genossen einmal auf Kosten seines vornehmen Bruders einige vergnügliche Wochen in der persischen Reichshauptstadt zu verleben. Die Gelegenheit war doch günstig, man muß doch das Gute nehmen, wenn sich’s einem so leicht bietet!! Meine Freunde, die Schrift zeigt stets Parallelen eigener Art. Wenn Elieser von Damaskus nicht der gewesen wäre, als den Abraham seinen Knecht (Haushofmeister) kannte, dann hätte er das Anerbieten Labans wohl angenommen, noch „ein wenig“ dort zu bleiben mit der Braut Isaaks. (1. Mose 24,54.55, und man vgl. dazu Richt. 19,3ff.!) Aber nein, Elieser sagt: „Haltet mich nicht auf, da Jehova Glück zu meiner Reise gegeben hat; entlasset mich, daß ich zu meinem Herrn ziehe!“ (V. 56) Also ohne Verzug sofortige Abreise mit Rebekka! Das ist eines treuen Knechtes würdig! - Und hier ebenso: Hanani ist kein Mann des Genießens, kein Knecht der Lüste des Fleisches, kein schlaffer

Lebemann, dem die Reise an den Hof goldene Genüsse vorgaukeln konnte! Nein, er ist ein Mann heiliger Einseitigkeit! Brüder, Schwestern, das sind die echten „Menschen Gottes“! Denen nachzueifern ist eine gesegnete Sache.

Hören wir kurz seinen Tatsachenbericht, einen Bericht, wie er nüchterner, aber auch, weil er den Stempel der Wahrheit trägt, ergreifender gar nicht sein kann. Und der „Erfolg“? Solche Berichte haben stets „Erfolg“ bei Menschen wie Nehemia, oder es gibt keine „Erfolge“ mehr auf diesem Gebiet. (Man vgl. die „Erfolge“ des Berichts über Korinth seitens der Hausgenossen der Chloe auf den Apostel Paulus! 1. Kor. 1) - Der Bericht ist also höchst nüchtern und läßt an Deutlichkeit gar nichts, aber auch rein gar nichts, zu wünschen übrig:

1. Die Übriggebliebenen (3mal dies Wort in V. 2 und 3, Hinweis auf den Überrest!) sind a) in großem Unglück, b) in Schmach; und

2. die Mauer von Jerusalem ist niedergegerissen; und

3. seine Tore sind mit Feuer verbrannt!

Wenn man vergleicht, wie die Sache später läuft, was unter der gottgemäßen Tatkraft des glaubensstarken, aber auch sehr energischen Nehemia später aus den Übriggebliebenen, aus Jerusalems Mauer und seinen Toren wird, dann kann man nur staunend anbeten den „Gott, der aus Finsternis Licht leuchten läßt“ (2. Kor. 4,6), aber daß Gott das tat - denn Er will, daß die Seinen handeln, daß sie tun, was sie können, Müßiggängern hilft Er nicht! -, das ist dem zu danken, daß Männer da waren (vgl. Deboras Triumphgesang, Richt. 5,2: „Weil Führer führten usw.“, vgl. V.9!).

Hanani, der Unbekannte, hatte ein Herz für das arme zertretene Volk, das aber nicht nur zertreten war von seinen Feinden, sondern das sich selber weggeworfen hatte: „Unglück und Schmach“! Wie oft gibt es so etwas in der Weltgeschichte der Völker (die Parallelen liegen hier sehr nahe, aber die „Handreichungen“ haben es nicht mit solchen zu tun!). Gewiß, Hanani, du hast ganz recht, das Unglück war groß, es läßt sich nicht verkleinern! Aber daß das Volk (das

Volk Gottes!) sich selber wegwarf, daß es vor den Augen der Welt das elende Schauspiel der Zerrissenheit, Uneinigkeit, Feigheit und Genußsucht bot, das war Schmach, und zwar eine nicht nötig gewesene! 90 Jahre waren vergangen seit der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft unter Serubabel, 70 seit Erbauung des Tempels, und - noch lag die Stadt offen dem Zugriff der Feinde preisgegeben, die Mauer ein einziger verlängerter Schutthaufen (2,13-16!), die Tore gähnende Löcher, ja, das war eine Schmach! Brüder, Schwestern, empfinden wir so wie Hanani, dieser edle, treue Mann? Empfinden wir die selbstverschuldete Schmach der Spaltung unter dem Volke Gottes - oder leiden wir nur unter dem „großen Unglück“ des „Satans Macht hat sie zerstöret“? Wir werden nie dem Feinde wirksam entgegentreten können, wenn wir unsere Schuld nicht sehen und empfinden, noch darüber Buße tun (wie Nehemia, wie Daniel!).

Die Schmach des Volkes war groß, das sehen wir nachher an den Bemerkungen der Feinde des Volkes Gottes, der religiösen Leute Sanballat und Konsorten (Sanballat, Tobija und Geschem!) in 2,10 und 4,1-3. Aber sie mußten bald anderer Ansicht werden, die neuen Tatsachen zwangen sich ihnen auf, und mit Nehemia war nicht zu spaßen!

Daß aber Nehemia diesen gewaltigen Mauerbau in Angriff nehmen konnte, ja, daß er überhaupt an dies Glaubenswerk ging und so Großes leistete, das alles ist dem Zeugnis des „Unbekannten und doch Wohlbekannten“, dem Hanani, zu danken, der ein Herz für Gottes Volk und für Gottes Sache hatte, der wußte, wo es fehlte, und der den Mut hatte, die Dinge beim rechten Namen zu nennen! Er war ein Mann nicht des Jammerns über „die Tage des Verfalls“, wie man das in Wort und Schrift so oft hört, daß es einem über wird, zumal von seiten solcher, die dergleichen stets im Munde führen, so wie so gut wie nichts getan wird, was irgendwie mit den Worten eines Hanani und dem Tun eines Nehemia Ähnlichkeit hätte - eher das Gegenteil! -, sondern er war ein Mann, dem die Beseitigung des „großen Unglücks“ und der „Schmach“ am Herzen lag und der darum ganz sichtlich nur auf die Frage seines Bruders wartete, um dann zu sagen, was gesagt werden mußte. Er allein konnte die Dinge nicht ändern, aber er konnte vom HErrn gebraucht werden, um den, welcher eine Änderung bewirken konnte, auf den Plan zu bringen! Wahrlich, es ist ein gesegneter Dienst, den du tatest, Hanani, wir wollen lernen von dir! Er war

nicht ein Mann, der tatenlos die Hände faltete und über die Dinge, wie sie „nun einmal geworden“ waren, die Augen zum Himmel hob und sich selbstbewußt brüstete, er sei ja an dem allen nicht schuld, die Schuldigen säßen anderswo - „in den Denominationen und Sekten!“ -; nein, er griff gern zu, wo zu helfen war, er war „Lückenbüßer“, wo Not am Mann war; und darum, meine Brüder, darum geschah etwas, was noch heute uns immer zu neuer Bewunderung reißt und uns hoffen läßt, daß auch heute noch Mauerbau, Toreeinsetzung und Dankchor nicht unbekannte Dinge bleiben müssen.

Wo sind Männer wie Hanani?

Daß da die Belohnung nicht ausbleiben kann, ist selbstverständlich. Daß Nehemia, der Führer, seinen Bruder später an einen der hervorragendsten? - ja, aber vor allem verantwortungsreichsten Posten stellt (7,2), wer könnte das tadeln?! Sein Bruder hatte sich bewährt, als noch nichts von dem Kommenden zu sehen war; er hatte als „unbekannt“ sich die Wertschätzung, zu den „Wohlbekannten“ bei Gott und bei den Männern Gottes gezählt zu werden, erworben durch „Wahrheit in der Liebe“ (vgl. Eph. 4), Tatkraft, Treue und Hingabe - er wird auch in nunmehr nötig und wichtig gewordenen Diensten seinen Mann stellen (vgl. Matth. 25,21 und Luk. 19,16.17!; das ist auch ein Grundsatz Gottes!). Und so wird er dann mit Hananja zusammengetan - zwei Männer, die einander würdig waren! -, und da mögen sie nun handeln dem Willen und der Ehre Gottes gemäß zum Besten Seines Volkes!

Wenn der HErr will, werden wir in der nächsten Lieferung das Wirken dieser beiden (weiter) betrachten.

„Handelt, bis daß Ich komme!“ sagt der HErr auch uns. (Luk. 19,13) Laßt uns lernen von dem unbekannten, uns nun aber wohlbekannten Hanani, und laßt uns nie vergessen, was steht in Offenb 22,12! Der HErr segne uns Sein Wort!

(Forts. folgt, s. G. w.!)

F. K.

Priester Gottes.

„Ihr sollt Mir ein Königreich von Priestern und eine heilige Nation sein.“ (2. Mose 19,6)

„Und Er hat uns gemacht zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater.“ (Offenb. 1,6)

Gottes Wille war, daß das Volk Israel, welches Er auf Adlers Flügeln getragen und zu Sich gebracht hatte, Ihm Selbst ein Königreich von Priestern sein sollte. Dieses ist damals nicht völlig in Erfüllung gegangen. Aber ein Stamm und eine Familie aus dem ganzen Volke wurde genommen und dem Dienste des HErrn im Heiligtum geweiht.

Priester ist derjenige, der in Gottes Gegenwart - ins Heiligtum geht, um den Gottesdienst zu verrichten. Ein solcher hat somit das herrlichste und kostbarste Vorrecht, welches überhaupt einem Menschenkinde von Gott zuteil werden kann.

Die Schrift sagt: „Jeder aus Menschen genommene Hohepriester wird für Menschen bestellt in den Sachen mit Gott, auf daß er sowohl Gaben als auch Schlachtopfer für Sünden darbringe usw.“ (Hebr. 5,1ff.) Und wiederum: „Jeder Hohepriester wird bestellt, um sowohl Gaben als auch Schlachtopfer darzubringen.“ (Hebr. 8,3) Aaron war der aus Menschen genommene Hohepriester, und Priester waren auch seine Söhne mit ihm und nach ihm. Zu diesem wichtigen Dienst wurde er feierlich gesalbt und geweiht - eine Handlung, welche bis in jede Einzelheit für uns bedeutungsvoll und lehrreich ist. Wir können uns aber damit jetzt nicht beschäftigen. Auf einen Punkt aber möchten wir hinweisen, nämlich auf das Salböl. (2. Mos. 29,7) Dieses Salböl wird „ein Öl der heiligen Salbung“ genannt. (2. Mos. 30,22-33) Mit diesem heiligen Salböl wurden Aaron und seine Söhne gesalbt, um Jehova den Priesterdienst auszuüben. Die Bestandteile dieses Öles der heiligen Salbung wurden genau angegeben, sie sind auch voller geistlicher Bedeutung.

Dieses einzig in seiner Art gemischte Salböl ist ein treffliches Vorbild des Heiligen Geistes,

wogegen die heiligen Kleider, die Aaron zum Schmuck und zur Herrlichkeit trug, unseren Herrn Jesus als Den von Gott gesalbten Hohenpriester darstellen, dem Gott nicht nach Maß den Geist gegeben hat. Der Herr Jesus ist in dieser Hinsicht allein der wahrhaft Gesalbte Gottes, denn Er ist ein Diener des Heiligtums und der wahrhaftigen Hütte, welche der HErr errichtet hat und nicht der Mensch.

In dem jetzigen Zeitalter ist der Herr Jesus Christus der einzige Hohepriester. Gott hat Ihn mit Freudenöl gesalbt mehr als Seine Genossen. „Myrrhen und Aloe, Kassie sind alle Seine Kleider.“ (Ps. 45,7.8) Dieser herrliche Hohepriester ist für uns im Heiligtum. Alles, was unsere ewigen Segnungen betrifft, liegt in Seinen mächtigen Händen. „Er vermag völlig zu erretten, die durch Ihn Gott nahen, indem Er immerdar lebt, um Sich für sie zu verwenden.“ (Hebr. 7,25)

Aarons Söhne, obwohl sie Priester waren, hatten kein Recht, in das innerste Heiligtum zu treten. Auch die Seinigen hat der HErr zu Priestern gemacht. Aber niemals hätten sie ein Schlachtopfer für Sünden darbringen können. Die Lehre von dem allgemeinen Priestertum ist den meisten Gläubigen bekannt; aber sie ist mehr als eine Theorie oder ein Dogma; sie ist eine sehr praktische Wahrheit. Laßt uns noch einige Augenblicke dabei verweilen.

Im Buch der Offenbarung (Kap. 1,5.6) wird uns gesagt, daß Er uns geliebt, uns von unseren Sünden gewaschen und zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater gemacht habe. Dies letztere geschah durch die Salbung mit dem Heiligen Geist - dem heiligen Salböl. Ohne dieses ist niemand ein wahrer Priester Gottes. Jede bekehrte Seele aber ist dadurch von Ihm zu einem Priester Seinem Gott gemacht. Die Schrift sagt: „Ihr habt die Salbung von dem Heiligen und wisset alles ..., die Salbung, die ihr von Ihm empfangen habt, bleibt in euch ...“ (1. Joh. 2,20.27) Jedes Kind Gottes sollte wissen, daß es ein Priester Gottes ist und von dem Herrn Jesus dazu durch die Salbung mit dem Heiligen Geist gemacht worden ist.

Aaron und seine Söhne wurden Priester, um Gott den Priesterdienst auszuüben; ebenso haben die Priester, die der HErr Seinem Gott und Vater gemacht hat, das Vorrecht, die Pflicht und die Freude, Gott den Priesterdienst auszuüben. Dieser Priesterdienst gilt in erster Linie nicht

es gern und sollen es mit Eifer tun. Die Ausübung des wahren Priesterdienstes Gott gegenüber aber wird im allgemeinen wenig verstanden. Petrus sagt über diesen Dienst klar und bündig, daß wir selbst, als lebendige Steine aufgebaut, ein geistliches Haus sind, „ein heiliges Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum“. Und weiter: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum.“ (1. Petr. 2,5.9) Sollten alle geliebten Kinder Gottes sich nicht mit Ernst prüfen, ob dieser ihnen gegebene Priesterdienst auch von ihnen ausgeübt wird?! Dieser Dienst besteht darin, Gott geistliche Schlachtopfer durch Jesum Christum wohlannehmlich darzubringen.

Wir betonen nochmals, daß der HErr uns Seinem Gott und Vater zu Priestern gemacht hat, deshalb geziemt es sich, ernstlich darauf bedacht zu sein, mit unbeschuhten Füßen ins geistliche Heiligtum zu treten, um Gott den Priesterdienst zu verrichten, d. h. die geistlichen Schlachtopfer darzubringen, nicht nur einzeln, sondern auch gemeinschaftlich mit allen Heiligen, besonders am ersten Tage jeder neuen Woche, wenn wir uns in Seinem Namen versammeln, um den Tod des HErrn in dem Brechen des Brotes zu verkündigen und Seiner zu gedenken.

Sogar auch hier fehlt manchmal das Verständnis für den heiligen Priesterdienst. Dies zeigt sich oft in dem Vorschlagen von Liedern, die für diesen Dienst gänzlich unpassend sind, oder in dem Vorbringen unserer Anliegen in Bitten und Flehen vor Gott, anstatt als Priester dem HErrn die Huldigung und Anbetung unserer Herzen darzubringen. Steht nicht deutlich geschrieben: „Durch Ihn nun laßt uns Gott stets ein Opfer des Lobes darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen. Des Wohltuns aber und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.“ (Hebr. 13,15.16) Und weiter: „... durch die Erbarmungen Gottes, unsere Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer, welcher unser vernünftiger Gottesdienst ist.“ (Röm. 12,1)

Der HErr gebe Gnade, daß auch unter uns mehr Anregung bewirkt werde, uns als Priester Seinem Gott und Vater zu betätigen! Gewiß wird oft das Wort Hebr. 10,19.20 in der Gemeinde gelesen. Wenn wir aber dann mit Freim ütigkeit ins Heiligtum treten, welches wir nur als

Priester tun können, so laßt uns auch getreulich den Priesterdienst ausüben.

Zacharias, der Vater Johannes des Täufers, hatte als Priester den Dienst vor Gott zu erfüllen; er ging in das Heiligtum des HErrn, um zu räuchern. (Luk. 1,8-10) Sein Dienst galt allein Gott. Laßt uns auch als Priester Gottes in dem geistlichen, inneren Heiligtum das nämliche tun! Wenn wir diesen Priesterdienst Gott nicht ausüben, so hat der HErr uns umsonst zu Priestern gemacht. Oder ist es etwa nur ein Ehrentitel, daß wir Priester Gottes sind? Ein solcher Gedanke wäre Torheit! Hat der HErr die Seinigen Seinem Gott und Vater zu Priestern gemacht, so sind sie es auch wirklich, und der HErr erwartet den Priesterdienst von ihnen. Möchte jedes Herz ein goldener Rauchaltar sein, von welchem geistlicher Weihrauch zu Gott emporsteigt, Ihm wohlgefällig durch Jesum Christum!

Andere Dienstleistungen haben einmal (vielleicht gar bald) ein Ende, denn es kommt die Nacht, da niemand wirken kann, d. h. einmal werden wir nicht mehr das Evangelium den Unbekehrten verkündigen noch den verirrten Schafen mit Geduld nachgehen usw. Unser Priesterdienst aber besteht ewig. Wir sehen in der Offenbarung die Heiligen, bekleidet mit weißen Kleidern und Palmen in den Händen, Gott in Seinem Heiligtum Nacht und Tag dienen. (Offenb. 7,15) Kann das etwas anderes sein als eine Fortsetzung ihres Priesterdienstes in der Ewigkeit, den sie hier auf Erden in schwacher Weise angefangen hatten? In den ewigen Hütten kann man kein Evangelist oder Hirte sein, aber ein Priester Gottes. Und noch einmal wird uns am Schluß der Offenbarung gesagt, daß Seine Knechte Ihm dienen oder Gottesdienst erweisen werden von Ewigkeit zu Ewigkeit. (Offenb. 22,3-5) Und ist es nicht das Herrlichste und Kostbarste, was die Erlösten des HErrn auch schon hienieden tun können?

Wenn es sich um den Dienst am Worte in den Zusammenkünften der Gemeinden handelt, sagt die Schrift: „Propheten aber laßt zwei oder drei reden.“ (1. Kor. 14,29) Der Priesterdienst aber wird nicht auf zwei oder drei beschränkt, denn Er hat alle zu Priestern Seinem Gott und Vater gemacht. Laßt uns deshalb dieses hohe Vorrecht nicht versäumen!

F. Btch.

Einige Worte über die Zeichen in Markus 16,17.18.

(Fortsetzung.)

Nun wird in der Markusstelle V. 17ff. am Anfang wie auch am Schluß von Zeichen gesprochen. Wenn wir nun die gegebene Deutung berücksichtigen, kommen wir doch zu anderen Ergebnissen, als wie es gewöhnlich verstanden wird. Wenn wir auch annehmen können, daß diese Dinge im apostolischen Zeitalter erfüllt wurden, wo Dämonenaustreiben, in neuen Sprachen Reden (vgl. Apgesch. 2 und 10), Schlangenaufnehmen (vgl. Apgesch. 28,1-6) usw. eine geschichtliche, buchstäbliche Erfüllung fanden, so sind wir doch gezwungen, eine geistliche Bedeutung in diesen Zeichen zu sehen, weil sie ausdrücklich vom HErrn „Zeichen“ genannt werden. In diesen Zeichen ist ohne Zweifel der vollkommene Sieg des HErrn über Satan (Dämonen - Schlangen), Tod (Tödliches trinken) und Sünde (neue Sprachen - Schwache) zum Ausdruck gebracht. Was hätte es für einen Wert, äußerlich von diesen Dingen befreit zu sein oder bewahrt zu bleiben, wenn wir innerlich, geistlich von dieser großen Dreimacht: Satan, Tod und Sünde, für immer geknechtet wären? An den geistlichen Segnungen dieser - durch die Zeichen vorgebildeten - Dinge nimmt ein jeder Gläubige teil, was ja auch das Wesentliche ist, ohne daß die äußeren Dinge sich an ihnen vollziehen müssen, da sie doch nur die Schale, nicht aber den Kern des Christentums bilden und nur zur Einführung und Bestätigung des anfänglich verkündigten Wortes geschahen, um die Menschen zur geistlichen Erfüllung der mit den Sinnen und äußerlich wahrnehmbaren Zeichen durch den Glauben an den Heiland der Sünder zu bringen. So sind auch liebe Geschwister ohne jeden Auftrag von Gott in die äußere Praxis von Apgesch. 19,11.12 verfallen, weil sie den Dingen anstatt Gott vertrauten. Nach unserer Überzeugung muß jeder, der dies tun will, erst das in Apgesch. 5,15 Gesagte tun können. Petrus war der größte apostolische Zeuge von Apgesch. 2 - 15, Paulus von Apgesch. 16 - 28, jener der Apostel der Beschneidung, dieser der Apostel der Vorhaut. Sie waren die beiden Hauptapostel. Woher könnte heute jemand das Recht ableiten, dasselbe zu tun? Es wäre ähnliches, wie wenn wir dem Worte Gottes, das uns durch die Apostel vermittelt, geoffenbart

andere, weil es nicht Gottes Absicht ist.

Wenn wir Apgesch. 19,12 mit 1. Mos. 3,7.19 vergleichen, finden wir, daß beides Folgen der Sünde waren, jetzt aber, da Gott Sich in Seiner unumschränkten Gnade in Christo geoffenbart hat und Gott in Seiner großen Barmherzigkeit Selbst diese Dinge benutzt als Zeichen, daß die Macht des Feindes und der Sünde gebrochen ist und jeder, der unter die Folgen des Sündenfalles gekommen ist und unter die Macht des Feindes, der Sünde und Krankheit, Rettung haben kann durch den Glauben an den Herrn Jesus. Es ist doch offensichtlich, daß durch diese Wunderwerke in der Stadt, wo Satan eine besondere Macht entfaltete, gezeigt werden soll, daß seine Macht gebrochen war durch den Namen des Herrn Jesus. Schweißtücher heute in diesem Sinne benutzen zu wollen wäre nicht nur eine vollkommene Verkennung der damaligen Wunderwerke, sondern Aberglaube anstatt Christusglaube.

Weiter ist zu berücksichtigen, daß die Wunder meistens an Menschen geschahen, die bisher unbekehrt waren, und daß wir nach dem Grundsatz des Wortes handeln sollen: „Wir wandeln durch Glauben, nicht durch Schauen“ (2. Kor. 5,7 und Ev. Joh. 20,29), und daß Zeichen und Wunder in bestimmten Zeitgrenzen gehalten wurden bzw. werden, die man wie folgt formulieren könnte:

I. Die Wunder der Schöpfungsperiode. (1. Mos. 1,2)

II. Die Wunder der Erlösungsperiode des Volkes IsraeI. (2. Mos. - Josua) Besonders durch Mose und Josua vollführt.

III. Die Wunder der WiederhersteIIungsperiode. (1. Kön. - 2. Chron.) Elia und Elisa.

IV. Die Wunder der besonderen Gottesoffenbarungsperiode der Gnade (die vier Evangelien und Apostelgeschichte). Der Herr Jesus und Seine Apostel.

V. Die Wunder der Befreiungs- und Erneuerungsperiode, welche noch zukünftig ist. (Offenb. 11 - 20,1-6)

VI. Die Wunder der Neuschöpfungsperiode des Weltalls. (Offenb. 21,1-7)

Diese verschiedenen Wunder bildeten bzw. bilden die Einleitung je eines neuen Zeitabschnittes in der Geschichte des Waltens Gottes mit Seinen Auserwählten. Und wenn wir beachten, daß - wie wir schon bei anderer Gelegenheit einmal betont haben - nur Juden göttliche Wundertäter waren und außerhalb der umgrenzten Wunderperiode ganz wenige Wunder verrichtet wurden, so wird uns von Gott der Zeitboden Selbst zugeteilt, auf welchem es Gott wohlgefiel, Sich also zu offenbaren. Im letzten Grunde ist das Übergehen dieser Dinge doch ein Verkennen der Wege Gottes. Es ist für uns nie eine Frage der Macht Gottes, sondern Seiner Weisheit, die wir in Seinem Worte zu verstehen suchen. Wir haben hier keinen Raum, diese Frage eingehend zu behandeln, doch möchten wir noch hervorheben, daß die Grundlage aller Wunderwirkungen die Totenauferweckung ist. Darum nehmen die Totenauferweckungen auch einen hervorragenden Platz ein. Sie sind gewirkt durch Elia und Elisa, den Herrn Jesus, Petrus und Paulus. (1. Kön. 17,17-24; 2. Kön. 4,20-37; 13,21; Luk. 7,11-16; Matth. 9,23-26; Joh. 11,11-44; Apgesch. 9,36-42; 20,9-12) Das sind acht Auferweckungen. Aber auch Israel wurde aus dem Grabe Ägypten von Gott gerufen. Die Toten in Christo werden auferweckt werden. (1. Thess. 4,16) Israel wird geistlich auferweckt werden. (Hes. 37) So ist die Auferweckung stets der Ausgangspunkt jeder Wunderperiode, wie auch Gott nur auf dem Boden der Auferstehung physisch oder geistlich Seine Wunderherrlichkeit entfaltet, weil Christus, Sein Sohn, unser HErr, durch Sein Sterben und Seine Auferstehung die gerechte, sittliche und gottwohlgefällige Grundlage gelegt hat. Ihm sei Preis und Dank!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Vielfach hast Du Deine Wundertaten und Deine Gedanken gegen uns erwiesen, Jehova, mein Gott; nicht kann man sie der Reihe nach Dir vorstellen. Wollte ich davon berichten und reden, es sind ihrer zu viele, um sie aufzuzählen.“ (Ps. 40,5)

Frage und Antwort

Frage 5

Wie ist in dem doch sonst nicht so sehr schwer verständlichen Zusammenhang von Jes. 13,9-16 der Vers 12 (nach der Elberf. Übers.) zu verstehen?

Antwort

Wenn der Zusammenhang dieser Verse unschwer verständlich ist, dann ist der Sinn des 12. Verses doch noch leichter verständlich. Kostbar ist, was verhältnismäßig selten oder nur mit großen Kosten zu beschaffen ist. Beides trifft auf „pas“, d. i. gereinigtes, gediegenes Gold, und auf „Rethem Ophir“, d, i. Ophirgold, zu. Das gewöhnliche Gold, „sahab“, war nicht so selten. Der Sinn der Stelle ist: Es werden so viele Menschen umkommen, daß die Übrigbleibenden verhältnismäßig so selten sind wie beide Goldarten.

Das Übrigbleiben von Menschen, d. i. Männern, in geringer Zahl wird auch durch andere Vergleiche veranschaulicht. Kap. 4,1: Sieben Weiber hängen sich an einen Mann, daß er sie eheliche, weil die Mehrzahl der Männer durchs Schwert gefallen ist: 3,25.

Die Frage macht es aber wahrscheinlich, daß der Zusammenhang des Kapitels doch nicht richtig begriffen wird, sonst würde der Vers verstanden werden. -

Die Weltreichsgeltung Babels, wie sie durch Nebukadnezar entstand, lag zur Zeit Jesajas noch im Schoße der Zukunft. Trotzdem muß Jesaja in den Kapiteln 13-23 seine zehn Gerichtsaussprüche über die Nationen, zuallererst über Babel, und in den Kapiteln 24-27 eine Ergänzung dazu vortragen.

Das ganze wird belichtet durch das Kennwort „Der Tag Jehovas“. (V. 6.9) Nun belehrt uns 1. Thess. 5,2 und 2. Thess. 2,2, daß der Tag Jehovas oder des HErrn nicht kommt, es sei denn, daß der Mensch der Sünde, der Anti-Christus, geoffenbart sei. Daß das in der Mitte der 70. Jahrwoche Daniels geschieht, ist bekannt. Ebenso bekannt ist, daß dies nach Offenb. 13 in

Verbindung mit der letzten Phase des dann neuerstandenen Weltreiches Rom-Babylon geschieht. Als bekannt wird ferner vorausgesetzt, was es um das eine vierfache Nationen-Weltreich Babel-Medo-Persien-Griechenland-Rom-Babylon für eine Bewandtnis hat.

Das Merkwürdige in Jes. 13 und 14 bis Vers 23 ist nun, 1. daß die vorausgeschaute Zerstörung des Babel Nebukadnezars durch die Meder und Perser in Verbindung mit dem heute noch zukünftigen Tag des HErrn gebracht wird; 2. daß die endgültige Wiederherstellung Gesamt-Israels, von dem zur Zeit, da diese Aussprüche Jesajas getätigt wurden, erst die 10 Stämme, Juda überhaupt noch nicht, in die Gefangenschaft weggeführt waren, an den Fall Babels geknüpft wird. Diesen Fall zeigt deutlich an 13,1-5 und 14-22 sowie 14,21-23. Die Sprache von 13,6-13 und 14,3-20 läßt sich aber mit diesem Fall nicht deuten. Solche Aussprüche zeigen vielmehr, daß, weil Israel der Mittelpunkt der Wege Gottes mit den Nationen ist, Er den Abschluß Seiner Wege im Gericht an Israel und den Nationen an dem Tage vollführt, welcher „Der Tag Jehovas“ heißt. Sie zeigen ferner an, daß Er auch vor dem offiziellen Beginn dieses Tages Gerichte an den Nationen übt, die auf der gleichen Linie liegen wie die des eigentlichen Tages und darum auch mit dem gleichen Namen belegt werden, so daß wir deutlich unterscheiden können: Die jetzige Zeit der Sammlung der Ekklesia (Gemeinde des HErrn) gehört nicht zu den Wegen Gottes mit Israel und den Nationen. Israels Fall und seine Gefangenschaft in Babel (bis heute) sind direkt mit der Endzeit verknüpft. Wir werden geheimnisvoll zu dem politischen Babylon dieser Endzeit und zu dessen Gericht geführt. Und da stehend ist es ein leichtes, zu begreifen, daß nach dem Wegraffen von Menschen, wie es die Endzeit-Gerichte bringen werden, in den von den Gerichten betroffenen Ländern Eurasiens (Europas und Asiens) Unmassen von Kriegsleuten umkommen, somit nachher Menschen, Männer, etwas Rares sein werden. Vgl. u. a. Jes. 24,6; Hes. 39,4.9.12.17-20; Ps. 110,6; Offenb. 14,19.20; 19,11-18 und 21.

F. Kpp.

Anmerkung des Schriftleiters

Durch diese deutliche Antwort ist sicher alles klargeworden, was den Fragenden zu seiner Frage bewog. - Aber ich möchte diesem doch noch in etwas das Wort reden. Denn so ganz einfach ist der Zusammenhang von V. 11 und 12 eben nicht für den der prophetischen Sprache nicht Kundigen. In V. 11 wird ernstestes Gericht verkündet, und in V. 12 wird auf einmal davon geredet, daß die Sterblichen kostbar, ja kostbarer als seltenstes Gold gemacht werden sollten? Da ist es doch verständlich, wenn ein weniger Kundiger hier sich verwundert und staunt: Wie kann im Gericht von irgendwelchem Wert der zu Richtenden geredet werden? Ja, wenn es sich um Erlösung handelt, dann ist der Kaufpreis unendlich viel höher im Wert als Gold und Silber (1. Petr. 1,18f.), aber bei Gericht, wenn dem „Tage der Zornglut“ (V. 13) preisgegeben, was ist dann schon der Sterbliche, der Mensch, wert?! -

So, denke ich mir, ist die Frage entstanden! Nun aber wird der Fragende einsehen, daß es sich um Menschen handelt, die sozusagen das Gericht überdauern, die nicht hinweggerafft worden sind in den gewaltigen Gerichten, die mit dem Sturz des (zukünftigen) „Babels“ der Prophetie zusammenhängen. Ja, da werden die Menschen kostbar sein, kostbarer als alle irdischen Schätze, eben weil ihrer so wenige Hinübergerettete sein werden.

Es liegt, wie ich glaube, also - wie so oft - an der prophetischen Sprache, daß unsere Stelle schwer verständlich schien. Die Sterblichen werden nicht etwa im Gericht so kostbar gemacht, sondern sie werden dann, von jenseits desselben geschaut, kostbar, d. h. wie Antwort A sagt, selten sein. Was für eine gewaltige Zeit wird die des zukünftigen „Tages des HErrn“ sein! Wir können uns kaum recht hineindenken noch begreifen, was Gott alles vorhat zu tun. Aber dann wird auch eine andere Stelle, in der das Wort „kostbar“ oder „wertvoll“ eine besondere Rolle spielt, seine Erfüllung finden, so wenig es heute auch danach aussieht: Jes. 43,3-7: Völkerschaften werden anstelle dieses geliebten Volkes, weil es „teuer, wertvoll“ ist in Jehovas Augen, dahingegeben werden! Kaum ausdenkbar, aber in der prophetischen Schau uns als Wirklichkeit dargestellt, weil ein Tun Gottes in der Zukunft Seines Ratschlusses. (V. 8-13.21) Wie wunderbar wird doch diese Zukunft sein, und zwar bei und nach den großen Gerichten! -

F. K.

Frage 6

„Wie ist der Ausdruck des Apostels Paulus zu verstehen und inwieweit darf er praktisch gebraucht oder verwertet werden: ‚die göttliche Torheit‘gegenüber der menschlichen (Elb. ‚das Törichte Gottes‘)? 1. Kor. 1,25.“

Antwort A

Gott ist der Urquell aller Weisheit. Jede Pflanze auf der Wiese, jedes Mücklein im Sonnenschein, jeder Baum im Walde, alle Kreatur Himmels und der Erden von den kreisenden Kräften im winzigen Atom bis hin zu den Sonnen und Sternen im Äther des Weltalls - sie alle verkündigen die Weisheit des Schöpfers. Von ihr zeugt die Lebensgeschichte des einzelnen, die Geschichtsführung der Völkerwelt, der Äonenverlauf der Heilsentwicklung. „Jehova gibt Weisheit; aus Seinem Munde kommen Erkenntnis und Verständnis“ (Spr. 2,6); Er ist „der allein weise Gott“. (Röm. 16,27)

Wie aber kann da die Heilige Schrift von einer „göttlichen Torheit“ reden? (1. Kor. 1,25) Was will sie damit sagen? Inwieweit dürfen wir diesen Ausdruck verwenden?

Zunächst ist von vornherein klar, daß das Wort „Torheit“ bzw. „töricht“, wenn es in Bezug auf Gottes Offenbarungsmethoden angewandt wird, nur als in Anführungsstrichen gedacht aufgefaßt werden darf. Die Menschen in ihrer Blindheit und ihrem Unverstand nennen das „töricht“, was in Wahrheit unendliche Weisheit ist. Es ist nur scheinbare, nur sogenannte „Torheit“, in Wirklichkeit aber ewige (vom Sünder allerdings verkannte) Gottesweisheit. Nur der Unglaube meint hier „Torheit“ zu sehen; dem Glauben, der gottgemäß denkt und in das Innere schaut, ist gerade diese „Torheit“ ein Beweis göttlicher Fülle, und zwar dies in doppelter Hinsicht: in bezug auf die göttliche Unendlichkeit und in bezug auf die göttliche Ehre.

1. In bezug auf die Unendlichkeit Gottes ist das, was die Ungläubigen hier „Torheit“ nennen, in Wirklichkeit ein Ausfluß Seiner unerschöpflichen, alles endliche Denken überragenden Ewigkeitsfülle. Allerdings scheint dem rein geschöpflichen, noch dazu sündhaft entarteten Denken des Menschen vieles an der göttlichen Heilsgeschichte widerspruchsvoll und unbegreiflich - die Dreieinheit der göttlichen Personen, der Ursprung des Bösen, die rechtliche Zurechnungsmöglichkeit eines stellvertretenden Strafleidens, das Weiterbestehen der Macht Satans trotz des Sieges von Golgatha -; aber der Grund liegt nicht in dem Unvermögen des Ewigen, sondern in der Fassungsunfähigkeit der gefallenen Kreatur. Schon im alltäglichen Leben sind wir überall von Rätseln umgeben. Wir wissen nicht, was „Stoff“ ist; wir wissen nicht, was „Kraft“ ist; wir wissen nicht, was „Leben“ ist; wir wissen nicht, was „Tod“ ist. Wir wissen - ohne göttliche Offenbarung - nicht den Ursprung der Welt und ebensowenig das Ziel aller Welt. Ja, wir erklären täglich Dinge, von denen wir wenig wissen, durch Dinge, von denen wir gar nichts wissen. Hat aber der Mensch nicht den Mut und die Demut, diese seine Unzulänglichkeit anzuerkennen, so macht er sich hochmütig zum Kritiker des Ewigen und verfällt in den Wahnwitz, mit dem Maßstab des Endlichen das Unendliche ausmessen zu wollen. Und wenn dies dann natürlich nicht möglich ist, so nennt er das Unergründliche in seiner Überheblichkeit „Torheit“ und ist doch in Wahrheit selber der Tor, wie Luther es einmal ungefähr so ausgedrückt hat: „Siehet es mich närrisch an, so ist des eben keine andere Ursache, als daß ich ein großer Narr bin, der die göttliche Weisheit nicht zu fassen vermag.“ Alle hochmütige Selbstsicherheit ist, schon rein menschlich, stets Zeichen eines kleinen Geistes.

2. In bezug auf die Ehre Gottes ist die Erwählung des Schwachen und Törichten vor der Welt eine Maßnahme Seines heiligen Eiferwillens zu Seiner eigenen, göttlichen Selbstverherrlichung. Von all den Sonnen und Sternen des Weltraums hat Gott die winzige Erde erwählt und auf dieser das kleine Land Kanaan und in ihm das Volk Israel, das „geringste“ aller Völker (5. Mos. 7,7), in Israel aber die Stadt Bethlehem, die zu gering war, um unter die Tausende von Juda gerechnet zu werden (Mich. 5,1), in Bethlehem selbst aber die Krippe! Und von der Krippe ging es weiter bis an das Kreuz! So erwählt Sich Gott stets das Geringe: zum ersten Zeugen des Neuen Testaments Matthäus, den Zöllner, zur ersten Verkündigerin der Auferstehung Maria

Magdalena, die große Sünderin (Mark. 16,9; Joh. 20,11-18), zum hervorragendsten Apostel Paulus, den „ersten aller Sünder“. (1. Tim. 1,15) Auch in der Gemeinde sind es nicht viel Edle und Gelehrte, nicht viel Reiche und Mächtige, nicht viel Große und Gewaltige (1. Kor. 1,26-29), keine prunkenden Synoden, keine hochklingenden Titel, keine verstandesscharfen Glaubensdebatten, keine Anerkennung von der Welt. Gewiß, einzelne sind da: Zinzendorf war Reichsgraf - aber Luther war Bauernsohn, John Bunyan war Kesselflicker, William Carey Schuhmacher, Tersteegen Bandwirker. Timotheus hatte seine Magenschwäche (1. Tim. 5,23) und Paulus seinen „Pfahl im Fleisch“. (2. Kor. 12,7) Das Ganze aber geschieht, damit sich vor Ihm kein Fleisch rühme, sondern „wer sich rühmt, der rühme sich des HErrn“. (1. Kor. 1,31) Je schwächer das Material, desto größer - bei jeder Kunstleistung - die Ehre des Meisters. Je kleiner die Armee, desto gewaltiger - bei gleichem Siege - der Ruhm des Triumphators. Dies ist der eigentliche Grund der Erwählung des weltlich „Törichten“ durch den allein weisen Gott. Die „Torheit der Predigt“ ist die Methode Seiner göttlichen Ehre.

Bei einer solchen Sachlage ist es klar, daß wir nur mit dem äußersten Vorbehalt und dem vorsichtigsten Taktgefühl die menschliche Torheit neben die Methode der göttlichen Erwählung des „Törichten“ stellen dürfen. Es sind zwei wesenhaft verschiedene, geradezu entgegengesetzte Größen. Das eine ist eine wirkliche, das andere nur sogenannte Torheit. Das eine gilt es zu erkennen; das andere nennen nur die, die es verkennen, „Torheit“. Das eine kommt aus der Endlichkeit, das andere aus der Unendlichkeit, das eine soll uns beugen, das andere soll Gott erheben; das eine führt zu unserer Demütigung, das andere zu Gottes Verherrlichung. Und weil Gottes Weisheit unsere Torheit überwaltet und weil Seine ewige Kraft unsere Schwachheit durchwirkt, ist das „Törichte Gottes“ weiser als die „Weisheit“ der Menschen und das „Schwache“ Gottes stärker als alles „Heldische“ der menschlich Starken. Aber völlig löst sich diese Spannung erst bei dem Eintritt der Vollendung; denn erst dann wird offenbar, inwiefern Gott gerade durch das Schwache Seinen Sieg erreichte und durch die Benutzung des „Törichten“ Seine Weisheit kundmachte. Erst dann werden uns auch die Augen für Seine Unendlichkeit aufgehen, und Ihm werden wir alle Ehre zu Seinen Füßen niederlegen. Doch im Glauben sprechen wir schon jetzt: „Dem allein weisen Gott durch Jesum Christum, Ihm sei die

Er. Sr.

Antwort des Schriftleiters

Ist diese Antwort nicht köstlich? Und sollte sie uns nicht genügen? Der Verfasser meint, ich solle noch etwas hinzufügen! Das will ich tun im Aufblick zum HErrn, aber die Arbeit unseres Mitarbeiters wird sicher bei den meisten der Leser den Vorzug genießen. Und das ist schön!

Zunächst sei es ganz klar ausgesprochen: Diese Frage stammt aus einem Gebiet, da „unsere“ Elberfelder Übersetzung der Bibel wohl nur wenigen bekannt ist, wo dagegen die französische Bibelübersetzung gilt. Aus deren Sprachgebiet stammt der Ausdruck „die göttliche Torheit“. Da aber dieser auch so in der lutherischen Bibelübersetzung steht (in anderen kaum!), so mögen auch manche, die neuere andere Übersetzungen nicht kennen, über diesen Ausdruck gestolpert sein. Jedoch nach dem Grundtext scheint mir derselbe nicht statthaft zu sein, wobei ich gern anerkenne, daß er zu Luthers Zeiten und in jenen Kreisen nicht so ausgefaßt sein mag wie dort, wo die Frage entstanden ist. Denn wenn in der französischen Übersetzung steht „La folie divine“, zu deutsch „die göttliche Torheit“ - „Narrheit“, dann wird meiner (vielleicht unmaßgeblichen) Meinung nach von Gott„nicht geziemend“ geredet! (Hiob 42,8c) Aber nicht nur das, sondern die Stelle wird auch missverstanden ; und auch dadurch wird ungeziemend über Gott geredet. Es dürfte doch wahrlich nicht schwer zu sehen sein, daß es sich um einen und nur einen Weg der Errettung handelt in 1. Kor. 1, um den Weg des Kreuzes, die Tatsache des Gekreuzigten und Auferstandenen, des Christus! Dieser Weg entspricht Gottes Weisheit, er wird aber von der hochmütigen Menschheit „Torheit“ genannt. Nun wohl, Gott als der Größere steigt herunter und stellt Sich auf diesen armseligen Boden, d. h. Er begegnet, wie stets, dem Menschen da, wo der Mensch ist. Nennt der Mensch im allgemeinen das „Wort vom Kreuz“ eine „Torheit“ (der Jude nennt es ein Ärgernis [V. 23], d. h. etwas, woran er sich stößt, worüber er fällt, vgl. Gal. 3,13!) - nun gut, dann nennt auch Gott es so („Torheit der Verkündigung“ V. 21) und zeigt dem selbstbewußten, dabei so abgrundtief törichten („töricht“ im A. T. hat stets die Nebenbedeutung von „böse“, „schlecht“, vgl. die Psalmen!) Menschlein, daß die angebliche

„Torheit“ unendlich weiser als alle „Weisheit der Weisen“ (V. 19) ist: Es gefiel Ihm, unserem Gott, wohl, vermöge solcher „Torheit der Predigt“ die daran Glaubenden zu erretten! (V. 21) Welche Gnade: Gott läßt Sich durch die Bosheit des Menschen, der Seine Weisheit lächerlich machen will, nicht abhalten, auch und gerade auf jenes Boden die Glaubenden selig zu machen! Gepriesen sei Er! Mag der Mensch Gottes Liebeswege zu durchkreuzen suchen - diese sind stärker, Gott überwindet das Böse mit dem Guten! (Röm. 12,21, vgl. den gleichbetitelten Aufsatz im vorigen Jahrbuch!)

Wenn nun im weiteren Verlauf in jenen genannten Übersetzungen in V. 25 „die göttliche Torheit“ steht, so wäre das an sich schon nicht so schlimm, wenn man den Ausdruck richtig (wie oben angegeben) auffaßt, wenn man aber ihn so ungeziemend verwertet, daß man sozusagen darin schwelgt und dem Feinde, der stets Gott zu verunglimpfen sucht, Anlaß gibt, triumphierend davon zu reden, Gott würde sogar im inspirierten Wort „töricht“ genannt („toll“, „närrisch“), dann ist das mehr als ungeziemend, dann ist es gefährlich und läßt den Abstand „von 2000 Ellen“ vermissen. (Josua 3,4) Und dann stehe ich nicht an zu sagen, daß die Übersetzung „die göttliche Torheit“ falsch, weil zum mindesten irreführend ist, zumal nach dem Grundtext „nur“ dasteht: „das Törichte Gottes“ und ebenso „das Schwache Gottes“. Und diesen Ausdruck auf die Person Gottes zu beziehen, ist auch mehr als töricht, denn er bezieht sich nach dem Zusammenhang (V. 26ff.) auf Sein Tun! Was erwählt Er? Das Törichte, das Schwache, das Unedle, das Verachtete! Mochte der Mensch Sein Tun, Seine Tat des Kreuzes „töricht“ nennen - ja! Gott wählt auch gerade das Törichte usw. aus, um das, was sich selbst rühmt, zunichte zu machen! Das ist ein Grundsatz der Schrift! Dafür enthält die Schrift eine schier unermeßliche Fülle von Beispielen. Man denke hier (in rascher Folge) an Abel mit seinem Opfer, an Joseph mit seinen Träumen und seinem Leibrock, an Gideon mit seinen 300 mit Fackeln und Krügen, die zerbrochen werden sollten, Bewaffneten (Richt. 7), während Gideon selber aus dem „schwächsten 1000“ war (6,15), so daß er wahrlich nichts war als ein „Gerstenbrot“! (7,13) Und war er darin nicht ein wunderbares Vorbild von dem, von dem 2. Kor. 8,9 spricht?! Man denke ferner an Ruth, die Moabitin, an das Umzogenwerden Jerichos, an die Heilung Naemanns im schmutzigen Jordan, an David, den jüngsten Sohn Isais, an die fünf glatten Steine, mit denen

Ja, „das Törichte Gottes“, so heißt es, nicht „die göttliche Torheit“! Laßt uns geziemender reden von Ihm und laßt uns auch solche Ausdrücke mit heiliger Ehrfurcht betrachten und nicht mit unheiliger Hand zerpflücken und den gierigen, sensationslüsternen Menschen ausliefern, so wie man unseren geliebten HErrn „in die Hände sündiger Menschen überlieferte“. Mit welchem Abscheu mochten die Engel an diese Hände denken, die sie in Sodom kennengelernt hatten, und gerade auch sie sagen es von Ihm, Er sei „in die Hände sündiger Menschen überliefert“. (Luk. 24,7!) Laßt uns unserem Gott nichts „ungereimtes“ zuschreiben! (Hiob 1,22)

Vor eineinhalb Jahrzehnten behandelte ich bei Evangelisationen über den Text 2. Kön. 5 ein paarmal das Thema „Die Torheit der Predigt“, aber selbst dieser Ausdruck schien mir bald, als von der Welt gebraucht, irreführend und ungeziemend, obwohl er als buchstäblich in der Schrift dastehend nicht im Entferntesten an den anderen „die göttliche Torheit“ (Narrheit) heranreicht - aber wenn einer meint, mit dem letzteren der Welt dienen zu sollen und zu können, so haben wir den Bruder zwar nicht zu richten, aber wir sollten unsere warnende Stimme erheben um der Ehre unseres Gottes willen und um der möglichen Irreführung armer, sowieso irrender Menschenkinder willen, denen solche Anstöße schaden können für Zeit und Ewigkeit. Ich meine, man kann nicht vorsichtig und zart genug über die Dinge Gottes und vor allem Seine Person vor der Welt reden, die doch nicht das (geistliche) Organ des Verständnisses hat wie wir und die darum viel leichter etwas mißversteht und dann einen Schaden leidet, den wir nicht heilen können, ebensowenig wie wir die verletzte Ehre unseres von der Welt sowieso so oft in den Schmutz gezerrten Gottes und HErrn, den wir mit solchen Ausdrücken verunglimpfen, wiederherstellen können. Nur Er Selber kann dies! Laßt uns uns in heiliger Furcht scheuen, denn auch hierin gilt Matth. 12,36, wo vom „Rechenschaft-geben-müssen von jedem unnützen Wort am Tage des Gerichts“ geredet ist! Vor dem „Richterstuhl des Christus“ werden solche Dinge der Gläubigen auch verhandelt werden! (2. Kor. 5,10) Ja, Er gebe uns Gnade, den heiligen Abstand zwischen uns und Ihm nicht zu vergessen noch zu verwischen, noch ihn in ungeziemender Vertraulichkeit zu verkleinern, sondern Ihn stets als den Dreimalheiligen zu kennen, zu verkünden, zu preisen und so von Ihm zu reden, wie Er es wert und würdig ist, Ps. 19 (u. a. V. 7-11.14!); Jud. V. 24.25!

F. K.

Seid heilig, denn Ich bin heilig!“ (1. Petr. 1,16)

 

Elia auf dem Berge Karmel.

(1. Kön. 18,22-40)

Im Laufe unserer Betrachtung haben wir gesehen, wie Gott durch Elia nacheinander mit dem gläubigen, aber untreuen Obadja, dann mit dem abtrünnigen Ahab und mit dem betrogenen und verführten Volke redete. Unser heutiger Abschnitt berichtet uns nun, wie Gott durch Seinen treuen Knecht dem versammelten Volke die ganze Nichtigkeit und Torheit des Baalsdienstes vor Augen führt und Sein Gericht an den gottlosen Baalspriestern vollziehen läßt.

Jehova hatte man in Israel entthront; Seine Altäre waren niedergerissen und Seine Propheten getötet worden. Dafür hatte man den Baal zum Gott Israels erhoben, ihm Altäre gebaut, und ein Heer von vierhundertundfünfzig Baalspropheten führte das Volk in den Götzendienst ein.

In dieser dunklen Zeit, als das Volk nach beiden Seiten hinkte, forderte Elia eine klare Stellungnahme: „Wenn Jehova Gott ist, so wandelt Ihm nach; wenn aber der Baal, so wandelt ihm nach.“ Die große Frage war: Wer ist Gott, Jehova oder Baal? Diese Frage sollte jetzt auf dem Karmel entschieden werden. Aber nicht Elia oder die vierhundertundfünfzig Baalspropheten sollten sie entscheiden, auch nicht durch menschliche Behauptungen, Beweisgründe und Vernunftschlüsse sollte sie entschieden werden, sondern derjenige, welcher wahrhaftig Gott sei - Jehova oder Baal -, sollte sie selbst ohne jede menschliche Beteiligung und Einmischung entscheiden. Dies war der Plan, der hier auf dem Karmel zur Ausführung gebracht werden sollte.

Wieviel verborgenes Ringen und Eifern Elias um die Wiederherstellung der niedergetretenen Ehre Jehovas mag dieser Karmelversammlung vorausgegangen sein! Wir ahnen etwas davon,

wenn wir an die Worte denken, die Elia im Rückblick auf Karmel sagte: „Ich habe sehr geeifert für Jehova ...“ (1. Kön. 19,10) Ja, lieber Leser, Karmelstunden und -siege haben ihre Vorbereitung im Verborgenen. O daß wir mehr von diesem verborgenen Kampf und Ringen mit Gott kennten! In der Stille, allein mit seinem Gott, eiferte und rang Elia um die Zurückführung des Volkes, und Gott gab ihm Unterweisung, so daß er von allem, was er auf Karmel tat, sagen konnte, es nach den Worten Jehovas getan zu haben. (1. Kön. 18,36)

Elia hatte, wie gesagt, seine Anweisungen von Gott empfangen. Ehe er sie aber zur Ausführung brachte, suchte er das Herz und Gewissen der Versammelten zu berühren, indem er ihnen die Größe ihres Abfalles durch die Tatsache vor Augen führte, daß nur ein einziger, noch übrig gebliebener Prophet Jehovas vor ihnen stand, während der Baals-Propheten vierhundertundfünfzig waren. Welch ein erschütterndes Bild! Dies mußte ihnen deutlicher als Worte sagen, daß das Zeugnis Jehovas in ihrer Mitte am Verschwinden war. Und erkennen wir nicht hierin ein Vorbild von der letzten Zeit?

Nachdem er ihnen damit die ganze Größe und Weite ihrer Verwerfung Jehovas gezeigt hatte, machte er sie mit seinem Vorschlag bekannt: Das Volk solle zwei Farren bereitstellen. Von diesen beiden sollten die Baalspriester einen wählen, ihn zerstücken und aufs Holz legen, aber kein Feuer daran legen. Den anderen Farren wolle er (Elia) nehmen und mit demselben ebenso tun. Die Baalspriester sollten dann über das dem Baal zubereitete Opfer den Namen Baals anrufen, und er wolle über das Jehova dargebrachte Opfer den Namen Jehovas anrufen. Und der Gott, welcher mit Feuer antworten würde, solle als der wahre Gott anerkannt werden.

Wieviel Glaubenskraft lag in diesem Vorschlag verborgen! Hing doch auch für Elia jetzt alles davon ab, daß Sich Gott zu seinen Worten bekannte! Woher hatte Elia diesen Glaubensmut? Die Antwort Finden wir in seinen ersten Worten an Ahab: „So wahr Jehova lebt, der Gott Israels, vor Dessen Angesicht ich stehe.“ (1. Kön. 17,1) Darin lag das Geheimnis seiner Kraft. Er kannte Ihn als den lebendigen Gott, und bewußt stand er vor Seinem Angesicht. Hier im Verborgenen empfing er die Anweisungen und Worte seines Gottes für seinen Weg; und indem er diesen Weg im Glaubensgehorsam ging, erlebte er die Macht und Treue seines Gottes in der

wunderbarsten Weise.

Gehorsam aufs Wort ging er nach dem Bache Krith, und Gott ernährte ihn dort durch Raben, und gehorsam aufs Wort ging er nach Zarpath, und Gottes Treue ließ das Mehl im Topf und das Öl im Kruge nicht ausgehen. Im Gebetsringen um den toten Sohn der Witwe erlebte er Gott als den Gott der Auferstehung. Und wiederum gehorsam aufs Wort ging er Ahab, seinem Todfeinde, entgegen, und machtlos stand ihm der König gegenüber, willig, seinen Auftrag auszuführen. Auch hier auf Karmel handelte Elia nicht in Selbständigkeit, sondern (wie wir aus seinem Gebet ersehen) wieder nach den Worten seines Gottes (wenn uns auch Näheres hierüber nicht mitgeteilt ist).

Elia war es genug, nichts weiter als das Wort seines Gottes zu haben. Haben wir weniger? Ist es uns genug? Elia kannte seinen Gott und vertraute Ihm. Kennen wir Ihn, und vertrauen wir Ihm? Warum sind wir so schwach? Warum sehen wir so wenig die Entfaltung Seiner Macht? Ist Seine Hand zu kurz geworden, um zu retten, und Sein Ohr zu schwer, um zu hören? (Jes. 59,1) Liegt es nicht daran, daß es uns an dem verborgenen Umgang - am Gebetsleben und am Glaubensgehorsam fehlt? Möchten wir aus dem Gebets- und Glaubensleben des Elia lernen! Er betete nicht nur, er erwartete auch Großes von seinem Gott. Wie manchmal sind unsere Gebete so unbestimmt, so allgemein und ohne Glaubenserwartung, daß der HErr auch uns fragen könnte: „Was willst du, daß Ich dir tun soll?“ (Luk. 18,41)

Doch kehren wir zu unserer Geschichte zurück! Elias Vorschlag war so einfach, unparteiisch und einleuchtend, daß das ganze Volk, welches zuvor Elia kein Wort geantwortet hatte, jetzt wie aus einem Munde sprach: „Das Wort ist gut!“ Wie erleichtert mochte das Volk aufatmen, als es diese Worte hörte, die eine endgültige Entscheidung bringen mußten! Was aber mochte bei diesen Worten durch die Seele Ahabs und durch die Seele der Baalspropheten gehen? Wie unbequem mochte ihnen dieser Vorschlag sein! Aber sie konnten sich demselben nicht entziehen.

Das Volk stellte die beiden Stiere bereit. Elia vermeidet jeden Schein der Parteilichkeit und

zuerst zu, denn ihr seid die Vielen, und rufet den Namen eures Gottes an; aber ihr sollt kein Feuer daran legen.“ (V. 25) Wir lesen nicht, daß sie den Farren wählten (- wir können dies gut verstehen), sondern, daß sie den Farren „nahmen, den man ihnen gegeben hatte, und richteten ihn zu“. Was konnten sie anderes tun? Sie mußten ihn nehmen. Wohl nie haben sie ein Opfer dem Baal so unwillig und innerlich widerstrebend zugerichtet wie dieses, welches Elia veranlaßt hatte.

Vom Morgen bis zum Abend riefen sie: „Baal, antworte uns! Aber da war keine Stimme, und niemand antwortete.“ Elia schaute still ihren vergeblichen Bemühungen zu. Er wußte, daß von einem toten Götzen nichts zu erwarten sei. Um die ganze Nichtigkeit ihres toten Götzen darzustellen (die Jesaja in Kapitel 44,15ff. so treffend zeichnet), gibt er ihn durch Spott der Verachtung preis. Dadurch gereizt verdoppeln sie ihre Anstrengungen. Sie hüpfen um den Altar, ritzen sich mit Messern und Schwertern bis zum Bluten, und meinen die Erhörung dadurch herbeiführen zu können. Aber kein Feuer, keine Stimme und keine Antwort kam. So aber macht es der Mensch, der den lebendigen Gott nicht kennt, heute noch. Bleibt die Erfüllung seiner Bitte aus, so vermehrt er seine Anstrengungen, um sie von seinem Gott zu erzwingen.

Es ist so, wie jemand gesagt hat: Man dünkt sich hoch erhaben über den Baalsdienst, und doch dient man dem Geschöpf mehr als dem Schöpfer. (Röm. 1,25) Man macht sich seinen Gott nicht mehr aus Holz und Stein, aber man schnitzt sich ihn aus den eigenen Gedanken, so wie man ihn braucht und haben möchte, und betet seine eigenen Ideale an. Von dem Gott, der heilig ist und dem sündigen Menschen eine Errettung gegeben hat, der gerecht ist, der Sich nicht spotten läßt, sondern auch zürnt und straft, von diesem Gott, wie Er Sich in Seinem Wort geoffenbart hat, will die Welt nichts wissen. Sie will nur einen Gott, der nicht zürnt und nicht straft, der kein Vergelter ist. Über einen solchen Gott würde Elia heute nicht weniger spotten als einst über den Götzen Baal. -

Wie furchtbar ist der Gedanke, daß einmal ein Tag kommt, wo alle diese gleich den Baalspropheten vergeblich rufen werden: „HErr, HErr, tue uns auf!“ Das ist das traurige Ende aller, die eigenen Idealen nachjagen und sich an den Gebilden ihrer Gedanken ergötzen, an

dem lebendigen Gott aber und dem von Ihm den sündigen Menschen gegebenen Mittler, Christus Jesus, vorübergehen. So lesen wir auch von dem Volke Israel, daß es sich ein goldenes Kalb machte und sich ergötzte an den Werken ihrer Hände (Apgesch. 7,41), und die Folge war, daß Gottes Gericht sie ereilte.

Als auch in der Zeit von Mittag bis zur Zeit des Speisopfers keine Antwort von Baal kam, war die Nichtigkeit ihres toten Götzen völlig erwiesen. Jetzt kommt Elia an die Reihe. Er ruft das Volk ganz nahe zu sich heran: „Tretet her zu mir!“ Und das ganze Volk schart sich um ihn. Sie sollen Augenzeugen sein von allem, was er tun würde. Jede seiner Handlungen sollen sie sehen und prüfen; jeder Zweifel, jedes Leugnen des Eingreifens Jehovas soll unmöglich gemacht werden.

Seine erste Handlung ist, den niedergerissenen Altar Jehovas wieder aufzubauen. Der Altar (ein Bild vom Kreuze Christi) war und ist die Grundlage, der Mittel- und Sammelpunkt des Volkes Gottes. Kein Wort hören wir währenddessen aus dem Munde des Elia. Eine feierliche Stille herrschte in dem versammelten Volke. Es empfing in dem Aufbau des Altars einen Anschauungsunterricht. Und welche Gedanken mochten die Herzen bewegen, als sie sahen, daß Elia ihn aus zwölf Steinen nach der Zahl der Stämme Jakobs aufrichtete (V. 31), da ihr Reich doch jetzt nach der Spaltung nur noch aus zehn Stämmen bestand.

Es genügte Elia nicht, das Volk nur von der Torheit des Götzendienstes zu überführen, auch die göttliche Wahrheit mußte behauptet und ihnen vor Augen gestellt werden. Und dieses tat er, indem er ihnen in den zwölf Steinen die Einheit des zwölfstämmigen Volkes wieder ins Bewußtsein rief.

Wohl war das Volk in zehn und zwei Stämme zerrissen. Sein Zukurzkommen und Fehlen aber konnte den Vorsatz Gottes über Sein Volk nicht aufheben. Die Einheit Seines Volkes steht unverändert und beständig vor Gottes Auge. Er sieht Sein Volk in dem Lichte Seines unwandelbaren Ratschlusses, den Er zustande bringt. Elias Glaube blieb nicht bei der Zerrissenheit des Volkes stehen, sondern hielt fest und behauptete das, was bei Gott wahr ist.

Israel darzubringen, obwohl er nur König in Juda, dem zweistämmigen Volke war. Und Paulus spricht in Apgesch. 26,7 von der Hoffnung des zwölfstämmigen Volkes, und ebenso sendet Jakobus seine Grüße den zwölf Stämmen in der Zerstreuung und bekundet damit die Einheit Israels. Und wie die Einheit Seines irdischen Volkes trotz ihres Fehlens so unverändert wie Sein Ratschluss vor Gott besteht, ebenso unverändert steht auch die Einheit Seiner Gemeinde vor dem Auge Gottes; und wir sind verpflichtet, das festzuhalten und zu behaupten, was bei Gott wahr ist.

Auf dem wiederhergestellten Altar bereitet Elia dann das Opfer für Jehova zu. Alsdann zieht er einen Graben um den Altar herum und befiehlt dem Volke, dreimal Wasser über das Brandopfer und auch über das Holz zu gießen. Das geschah in einer so reichlichen Weise, daß das Wasser von dem Altar herabfloß und auch den Graben mit Wasser füllte. Er machte die Schwierigkeiten, dieses Opfer durch Feuer zu verzehren, so groß wie möglich, damit der Sieg und Triumph Jehovas um so herrlicher hervorkommen möchte. Hier war jeder Zweifel ausgeschlossen; Gottes Macht allein vermochte dieses Opfer durch Feuer zu verzehren.

Können wir uns ein Bild machen von der Spannung, mit der jedes Auge jetzt auf Elia ruhte? Den Baalspriestern war keine Antwort Geworden. Was würde jetzt geschehen?

Noch wartet Elia bis zu der Zeit, da man das Speisopfer Jehovas opfert. Dies läßt uns erkennen, daß er den Beweggrund für die Erhörung seines Gebetes nicht in seiner Person oder in seiner Treue erblickte, sondern in dem Opfer (ein Vorbild des Opfers Christi), welches er jetzt für Jehova zugerichtet hatte. Alsdann trat er an den Altar und betete: „Jehova, Gott Abrahams, Isaaks und Israels! Heute werde kund, daß Du Gott in Israel bist und ich Dein Knecht und daß ich nach Deinem Worte alles dieses getan habe. Antworte mir Jehova, antworte mir, damit dieses Volk wisse, daß Du Jehova Gott bist und daß Du ihr Herz zurückgewendet hast.“

Es ist beachtenswert, daß Elia Jehova nicht als den Gott Jakobs, sondern als den Gott Israels anredet. Israel war der Name, den Jakob empfing, als „ein Mann“ mit ihm rang, den er, als er

empfing er den Namen Israel (d. h. Gotteskämpfer) ..., „denn du hast mit Gott und Menschen gerungen und hast obgesiegt“. (1. Mos. 32,26ff.) Mit diesem neuen Namen Jakobs waren die Segensverheißungen Gottes für ihn und seine Nachkommenschaft verbunden, und diesen Namen gebrauchte Elia in seiner Anrede vor Gott.

Elia machte nicht viele Worte in seinem Gebet. Klar und deutlich bringt er zum Ausdruck, was er von seinem Gott erbittet. Auch in diesem können wir von Elia lernen. Der HErr Selbst warnt uns vor dem Plappern im Gebet (Matth. 6,7), und die Schrift ermahnt uns, im Gebet zu wachen. (Kol. 4,2; Eph. 6,18) In seinem ringenden Kampfe in Gethsemane betete der HErr dreimal dasselbe kurze Wort. Möchten wir nicht unbedacht mit unseren Lippen in der Gegenwart des HErrn reden. (Vgl. Pred. 5,2)

Elia bittet: „Antworte mir, Jehova, antworte mir!“ und gibt zwei Gründe dafür an: 1. Damit das Volk wisse, daß Jehova Gott ist, und 2. daß das Herz des Volkes zu Ihm zurückgewandt werden möge. Für sich selbst möchte er nichts weiter haben als die Bestätigung, ein Knecht Jehovas zu sein, der dessen Worte vollführt. Diese Demut finden wir auch bei Paulus. Er sagt: „Dafür halte man uns: für Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes.“ (1. Kor. 4,1) Das, was sein Herz in seinem Gebet erflehte, betraf allein die Ehre Jehovas und die Zurückführung des Volkes zu seinem Gott, aber nicht sein eigenes Ich. Bleiben nicht manche unserer Gebete unerhört, weil wir und unsere eigenen Dinge und Pläne im Mittelpunkt derselben stehen?

Sobald Elia sein Gebet beendet hatte, fiel das Feuer Jehovas herab und verzehrte das Brandopfer und das Holz und die Steine und die Erde, und das Wasser, das im Graben war, leckte es auf.

Welch ein überwältigender Anblick! Ja, Jehova ist Gott! Als die Menge sah, wie das Feuer Jehovas das Opfer verzehrte, ob es da wohl an die Bedeutung des Opfers dachte, daß es an ihrer Statt verzehrt wurde? Wer hätte sie vor dem Gerichte Gottes schützen können? Elias Gebet konnte sie nicht schirmen. Das Feuer aber verzehrte das Opfer, und sie gingen frei aus. So ziehen sich die Hinweise auf das große und vollkommene Opfer Jesu Christi vom Sündenfall

Der Beweis, daß Jehova Gott sei, war voll erbracht, und die Wirkung war überwältigend. „Als das ganze Volk es sah, da fielen sie auf ihr Angesicht und sprachen: „Jehova, Er ist Gott! Jehova, Er ist Gott!“ So ist es auch mit uns. Wenn unser Glaubensauge Gott schaut, der das Opfer auf Golgatha verzehrte, und Den, der dort für uns starb, verherrlicht zur Rechten Gottes sitzen, dann beugen sich auch unsere Herzen in Anbetung, und wir bekennen Seinen Namen.

Von der Macht Jehovas überwältigt, war das Volk sofort bereit, auf die Aufforderung Elias das von Gott gebotene Gericht (5. Mos. 13,5) an den Baalspropheten zu vollziehen. Sie wurden gegriffen und am Bache Kison gerichtet. Unheil über Unheil hatten sie durch ihre Verleitung zum Abfall von Jehova über das Volk Gottes gebracht. Nun ereilte sie das Gericht und der Feuereifer Gottes, der die Widersacher verschlingt. Furchtbar ist es, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen. Und furchtbar war ihr Ende. Eine Warnung für alle, die den Geist der Gnade schmähen. (Hebr. 10,29.31)

*

„Als Unbekannte und (doch) Wohlbekannte.“

(2. Kor. 6,9a)

(Fortsetzung.)

In voriger Lieferung durfte ich ausführlich schreiben über Hanani, den Bruder Nehemias. (Neh. 1,2; 7,2) Ich sagte schon, daß dieser Mann und der, den ich mit ihm zusammen betrachten wollte, Hananja, einander würdig seien und daß sie, wie uns 7,2 zeigt, einen verantwortungsvollen Dienst bekommen hätten, der auch noch Gegenstand einer kurzen Betrachtung hier sein soll. Zuvor aber müssen wir uns noch mit diesem Hananja ein wenig näher befassen.

Nur ein kurzes Wort handelt von ihm, eben Neh. 7,2, aber was liegt doch in diesen wenigen

Worten! Wie knapp und doch inhaltsreich zeichnet die Schrift solche Leute - gegenüber oft langatmigen Lebensbeschreibungen bedeutender Männer der Geschichte! Es kommt eben darauf allein an, was solche Menschen der Schrift für Gott sind, alles andere wäre hier überflüssiges Beiwerk. (Es ist für uns stets wichtig, „mit Gott Schritt zu halten“! Was Er nicht als groß ansieht, das ist es auch nicht, was Er aber hervorhebt, das müßte uns viel mehr beschäftigen, als es gemeinhin geschieht!)

Hananja war Oberster der Burg, „Burgkommandant“. Als solcher muß er sich bewährt haben, sonst hätte er nicht befördert werden können zum Stadtkommandanten, d. h. mit Hanani zusammen, mit dem er sich sicher in den Dienst teilte. Dieser Dienst, in wie vielen Einzelfällen er auch bestanden haben mag, war in der Hauptsache ein gewissenhafter Wachdienst über die Tore! Sage nicht, dies sei doch nichts Besonderes und dies könnten doch auch minder wichtige Personen besorgen! Gewiß, die Ausführenden waren ja auch „gewöhnliche“ Wachen (V. 3) - gewöhnliche? Nein, es waren Bürger Jerusalems! Aber die Oberaufsicht führten neben ihren sonstigen Obliegenheiten eben Hanani und Hananja, und wahrlich, für ein Volk, das „abgesondert wohnt“ (wohnen sollte! 2. Mos. 19,5.6 u. v. a. St., vgl. auch 4. Mos. 23,9 [wie ernst!]), ist der Wachdienst an den Toren ein unsagbar wichtiger, vor allem in solchen Zeiten wie damals, wo Vermischung so leicht möglich war. Wieviel hat uns, dem neutestamentlichen Volke Gottes, das doch zu sagen, nicht wahr?!

In diesem Dienst waren nur Leute zu gebrauchen, die sich nicht nur schon anderweitig bewährt hatten, sondern denen man zutrauen konnte, sie würden sich auch fernerhin bewähren (man beachte „nicht ein Neuling!“ in 1. Tim. 3,6). Hanani war solch ein „Bewährter“ (vgl. Apelles, Röm. 16,10 und siehe dazu Jahrb. 8, S. 68ff.) - das sahen wir schon - und Hananja? O von ihm ist der kurze Satz gesagt, der geradeso, d. h. mit dem Worte „sehr“, soweit ich weiß, von gar keinem anderen gesagt wird: „Er war ein sehr treuer Mann und gottesfürchtig vor vielen.“ Das genügt doch als Charakteristik! Es genügte Nehemia zu wissen, daß Hananja so war, es genügte Gott, der ihn durch Nehemia auf hohen Posten stellte, genügt es auch uns, um uns zur Selbstbeugung zu veranlassen und uns zu fragen, ob wir auch wohl so genannt werden könnten, d. h. von Gott? Prüfen wir uns!

Über die kostbare Eigenschaft, welche die Schrift „Treue“

nennt, haben die „Handreichungen“ schon so oft Aufsätze gebracht, habe auch ich schon so oft schreiben dürfen, daß ich es mir sparen kann, hier auf solche Artikel hinzuweisen; jeder, der ältere Jahrbücher hat, kann mit leichter Mühe solche finden. - Wenn wir beachten, welch großen, ja einzigartigen Wert unser Gott auf die „Treue“ legt bei denen, die Ihm dienen, dann müssen auch wir uns stets aufs neue dazu bereit finden, diese Eigenschaft nicht nur zu kennen, sondern auch zu üben. (Jak. 1,22) Gott schaut auf die Treue, auf sie sind Seine Augen gerichtet (Jer. 5,1 u. 3a; 1. Kor. 4,2 [so macht’s schon die Welt!]; 2. Tim. 2,2 u. v. a.), nicht auf die Größe der Leistungen! Die Treue findet großen Lohn, dann, wenn's aufs Lohnen ankommt (Matth. 25), nicht die Leistung entscheidet („über weniges“!); unser erhabenstes Vorbild ist Der, der zugleich uns die Kraft zum Treusein schenkt: „der Gott der Treue“, der treu ist (5. Mos. 32,4; 1. Kor. 1,9 u. a., vgl. Jahrb. 17, S. 274ff.); Gott ist treu, der HErr ist treu!

Bei der „Treue“ kommt's auf das Durchhalten, die Beständigkeit an! Es kann ein Mensch etwas Großes tun,1mal, 2mal, aber nicht immer ist er der gleiche treue Mann, er läßt vielleicht gerade dann nach, wenn's drauf ankommt: Er wird nicht „treu“ genannt werden, wohl „fähig“, „tüchtig“, „stark“ und „groß“, aber nicht „treu“! Das ist sehr ernst. Ein Schüler mag einmal etwas Besonderes leisten, er bringt eine „1“ nach Hause, jedermann freut sich und - doch war's eine zu frühe, weil leider zu bald vorübergehende Freude: Er fuhr nicht fort! (Vgl. 4. Mos. 11,25) Er wurde wieder nach einer einmaligen Anstrengung nachlässig, wie er vordem gewesen. Da vergißt man auch seine einmalige gute Leistung! Da ist ein anderer, treu im täglichen, kleinen Dienst tut er mit Lust und Liebe, Hingabe und Fleiß seine Pflicht, und eben durch seine „Treue im Kleinen“ tut er auf die Dauer mehr als nur seine Pflicht, und sein Lohn wird groß sein! Es ist gar nicht auszudenken, was sich durch Treue erreichen läßt und - wieviel durch Untreue verscherzt werden kann, im täglichen Leben in der Welt schon, und erst recht im Leben für Gott. (Beispiele aus der Schrift anzuführen erübrigt sich hier.) Nun, Hananja war treu, mehr als das: Er war „ein sehr treuer Mann“. Man möchte denken, daß das Treusein keine Steigerungsform haben kann: Man sei entweder treu oder nicht treu. Aber es ist doch unter

Umständen wohl angängig, jemandes Treue besonders zu rühmen, wenn bei besonderen Gelegenheiten, wo man kaum darauf rechnet, ein Beweis von Treue gegeben wird, der um so mehr ins Gewicht fällt, als andere völlig versagen. In dieser Weise mag Hananja seine große Treue erwiesen haben. Treu mußten die Torwächter ja schon sein, aber bei dem, der sie unter sich hat, kann man mit Recht noch ein besonderes Vorbild in der Treue erwarten. Hananja gab es, und warum?, weil er ein gottesfürchtiger Mann war. Er tat, was und wie er's tat, für Gott! In heiliger Hingabe opferte er sein Leben auf im Dienst des HErrn als ein Muster von besonderer Treue - tat er alles so, wie es uns (neutestamentlich) in Kol. 3,17 u. 23.24 anempfohlen ist. Und solche Leute braucht Gott - damals wie heute, solchen Leuten vertraut Er Seine Sachen an, Seine Aufgaben, Seine Dienste, Seine Belange!

Wie schön ist der Pflichtenkreis der beiden treuen Männer Hanani und Hananja in 7,3 beschrieben! Womöglich sagst du, es sei wenig gewesen, was sie zu tun gehabt hätten! Wenn es wenig war, dann doch nicht zu wenig, um eben unter die Anerkennung des HErrn in Matth. 25 zu fallen („über weniges getreu“), aber war es wirklich „wenig“? Wäre nicht denkbar, daß mit dem Inhalt dieses 3. Verses nur die Hauptsache geschildert worden sei, daß aber der dazu gehörenden Obliegenheiten eine große Menge von Einzelheiten gewesen sei?! Man denke dem nach! Vielleicht darf ich hieran kurz anknüpfend in der nächsten Lieferung noch einiges dazu sagen, während ich heute aus Raummangel schließen muß. „Treuen Leuten“ (2. Tim. 2,2) wird etwas anvertraut; ja, das zeigt Neh. 7,2.3, und „treue Leute“ verdienen aus dem Übersehenwerden herausgehoben zu werden, und darum glaubte ich, dieser beiden Männer besondere Erwähnung tun zu sollen, damit sie aus Unbekannten - Wohlbekannte werden möchten, ihnen zu einem dankbaren Gedächtnis, uns zur gesegneten Mahnung, ihnen nachzueifern, dem HErrn allein zur Ehre!

(Forts. folgt, s. G. w.!)

F. K.

Einige Worte über die Zeichen in Mark. 16,17.18.

(Schluß.)

Doch nun nochmals zurück zu unserer Markusstelle! Markus ist das vernachlässigste Evangelium. Es wird am wenigsten gelesen, verstanden und verwirklicht. Der Gründe sind viele, warum es so ist. Nicht die Kürze des Evangeliums, denn diese müßte eigentlich das Gegenteil bewirken, noch die Ähnlichkeit mit Matthäus halten die Kinder Gottes zurück, dieses wunderbare kurze Zeugnis Gottes für den treuesten und allein vollkommenen Seiner Diener zu lesen, sondern, wie wir vermuten, ist es das verborgene, beständige Wirken und Dienen für Seinen Gott, was uns vielleicht unbewußt abhält, dieses Evangelium besonders zu studieren. Die meisten haben wohl ein besonderes Interesse für den Zeichenschluß dieses Evangeliums, aber wenig für seinen Inhalt und sein Wesen.

Im allgemeinen sagt man, daß Christus uns hier als der vollkommene Diener und Prophet gezeigt wird. Das ist wahr. Doch hat dem Schreiber dieses einmal die kurze Bemerkung eines Bruders viel genützt, den HErrn in Markus als den Neuschaffenden und Wirkenden zu sehen, der dieselben Phasen in geistlicher Weise durchläuft, in welchen Er am Anfang als Schöpfer-Gott Sich offenbart. Wir sehen eine wunderbare Übereinstimmung von 1. Mose 1 - 2,3 mit dem gesamten Markusevangelium. So auch mit den Schlußversen dieses Evangeliums, die uns viel klarer werden in dieser Betrachtungsweise:

Matthäus geht zurück auf David und Abraham; es ist die Verheißungslinie.

Lukas auf die von David eingeführte Priesterordnung und auf Adam.

Johannes geht über den Anfang der Schöpfung hinaus.

Markus aber geht auf den Anfang der Schöpfung zurück, darum fängt es an: „Anfang des Evangeliums Jesu Christi.“ Wie Er ehedem wirkte, wirkt Er jetzt eine neue geistige Schöpfung. Bitte zu vergleichen:

1. Mose 1,1: Mark. 1,1:

Anfang der Schöpfung. Anfang des Evangeliums.

1. Mose 1,2: Mark. 1,12:

Das Brüten des Geistes. Das Wirken des Geistes Gottes.

1. Mose 1,3: Mark. 1,13:

Licht siegt über die Finsternis. Christus siegt über Satan.

1. Mose 1,6-8: Mark. 1,14 - 3,35:

Scheidung der Wasser. Männer empfangen himmlischen

Ruf (also geschieden von der Welt).

1. Mose 1,9-13: Mark. 4 - 6,6:

Scheidung der Erde von dem Scheidung zwischen Glauben und

Wasser. Unglauben.

1. Mose 1,14-19: Mark. 6,7 - 7,23:

Himmlisches Licht. Das himmlische Zeugnis.

1. Mose 1,20-23: Mark. 7,24 - 10,52:

Wasser wird belebt. Nationen werden heimgesucht.

1. Mose 1,24.25: Mark. 11,1 - 15,47:

Tiere, Haustiere (deren Felle Dienst, Treue und Tod.

spätere Bekleidung der Menschen).

1. Mose 1,26: Mark. 16,1-20:

Der Mensch ist Krone der Christus, der neue Mensch in

Schöpfung, im Bilde Auferstehung, die Krone der

Gottes geschaffen. Erlösung.

Diese Zusammenstellung ist ganz primitiv gehalten und hat nur für Menschen anregenden Wert, die Gottes Wort lieben und tiefer in das Wort Gottes einzudringen suchen. Wir sind überzeugt, daß hier noch viele unerforschte Tiefen liegen, die uns dieses so oft vernachlässigte Evangelium sehr kostbar machen würden.

Dies ist der Grund, daß am Ende dieses Evangeliums vom HErrn der Befehl gegeben wird (16,15), nicht nur der ganzen Welt, sondern der ganzen Schöpfung- denn darum handelt es sich hier - das Evangelium zu verkündigen (vgl. Mark. 10,6 und 13,9.10), Worte, die nur in Markus genannt werden. Ist dies zufällig? Die ganze Schöpfung soll die Kunde von dem Siege über Satan, Sünde und Tod durchdringen - die Zusicherung, daß die Schöpfung frei wird von der Knechtschaft der Sünde.

Anschließend an diese Botschaft wird von der Dämonen-Austreibung gesprochen. Wie Satan aus dem Menschen ausgetrieben wird, so wird er einst von der Schöpfung Gottes, von dem All des Lichtes und der Wonne für ewig mit seinem Anhang ausgeschlossen werden. (Vgl. V. 16b)

Aber das Merkwürdigste ist, daß in diesem kurzen Evangelium viel, ja mehr und eingehender von dem Feinde berichtet wird als in den anderen. Es sind so viele Stellen, daß wir sie hier gar nicht anführen können. Der Schöpfer- und Erlöser-Gott reinigt Seine Schöpfung von der Macht des Feindes; es geht zurück auf 1. Mos. 3, wo wir den Sündenfall finden. Darum wird der Feind am Ende ausgetrieben. Dieses Wort steht in engster Verbindung mit dem Inhalt, Zweck und Ziel des Evangeliums. Nur hier finden wir das Wort: „Schweig', verstumme!“ (4,39) Satan wird zum Schweigen gebracht und muß verstummen vor Ihm, der die Schöpfung von seinem Einfluß

reinigt.

Sie werden neue (nicht andere) Sprachen reden. Wir haben das Verkehren im Gespräch mit Gott verloren. Wir lauschten auf die Stimme des Feindes; unsere Sprache hatte ihre Quelle in der Gottentfremdung, Gottesunkenntnis und dem Unglauben. Wenn Satan ausgetrieben ist, sprechen wir in neuen Sprachen, weil wir die neue Lehre (1,27) ins Herz aufgenommen haben. Dinge, die wir nur in Markus finden. Nicht wir sind der Schlange unterworfen, sondern sie ist uns unterworfen. Die tödlichen Quellen sind entgiftet. Der Tod hat keine Macht über uns, die wir mit dem Auferstandenen verbunden sind. Wir sind stark in unserem HErrn, und die Schwäche des Zweifels ist beseitigt.

Alle diese fünf Dinge finden wir in 1. Mos. 3. Wir haben keinen Zweifel, daß dies der Grund ist, sie hier genannt zu finden. Die zwei Wunder, die wir nur in Markus finden, 7,31-37 und 8,22-26, und die charakteristisch für dieses Evangelium sind, bestätigen dieses: Wir hören und reden gottgemäß in neuen Sprachen, unsere Sprache ist von dem Unglauben, Zweifel und dem Gift der Sünde gereinigt, und haben geöffnete Augen für die herrliche Neuschöpfung Gottes.

Wir fanden eine solche Fülle von Stoff in der Eigenart dieses Evangeliums und der Darstellung des HErrn, daß, wenn wir ihn nur oberflächlich behandeln wollten, wir anstatt einer Antwort Ein Buch schreiben müßten. Wir empfinden, wie unfähig wir sind, die Fülle des Stoffes dieses Evangeliums zu meistern, ja, daß wir nicht einmal fähig sind, die wenigen Brocken und Anregungen in einer Ihm würdigen Form dem Leser nahezubringen. Der HErr schenke uns Gnade, Sein Wort und Seine Person so lieben zu lernen, daß wir nicht nur eifrig, betend Sein Wort lesen, sondern auch tun, was Er uns sagt! Dann werden wir wirklich sagen können, was gleichsam die Überschrift dieses Evangeliums ist: „Er hat alles wohlgemacht!“ (7,37) Vergleiche dazu das sechsfache „gut“ und das einmalige „sehr gut“ in 1. Mose 1! Amen.

K. O. St. †.

Frage und Antwort

Frage 7

Kann man Näheres erfahren über das ergreifende Wort 1. Mose 4,16 und seine Beziehungen zur Schrift Alten und Neuen Testaments sowie zur heutigen Zeit, möglichenfalls auch zur Prophetie?

Antwort A

Das weitere über Kain folgt in den Versen 17-24. Das brauchte nicht gefragt zu werden. Bei dem Land „Nod“ ist es zwecklos, nach einem speziellen Bezirk der Erdoberfläche zu fragen. Der Name ist nach seiner Bedeutung zu werten, und die ist „Flucht“, nach dem Worte Jehovas in Vers 12: „unstet und flüchtig sollst du sein auf der Erde.“

Wenn nach den näher bezeichneten Beziehungen gefragt wird, dann ist aber auch das Vorhergehende und Nachfolgende in Kap. 4 einzuziehen. Da geht dann von Vers 4 sofort eine direkte Verbindungslinie zu Hebr. 11, Vers 4 hin. Wie Scheinwerferlicht erleuchtet letztere Stelle die erstere und läßt deutlich erkennen: Abel stellte sich auf den Boden einer irgendwie beiden zuteil gewordenen Belehrung: Der sündige Zustand des Menschen erfordert, daß ein Stellvertreter den Tod erleide, sollte der dem Tode verfallene Mensch dem Tode auf die eine oder andere Weise entrinnen können. (Welches die Art und Weise des Entrinnens ist, wurde später erst geoffenbart: Auferstehung oder Entrückung, nicht „bewahrt bleiben vor dem leiblichen Tode“.) Abel wird „ein Gerechter“ betitelt, weil er den rechten, den von Gott, der die Todesstrafe verhängt hatte, gewiesenen Weg ging.

Die Linie geht weiter zum 1. Brief des Johannes, Kap. 3,7-12, wo Abels Tun, Abels Darbringung eines stellvertretenden Opfers, geradezu als der Inhalt seiner ganzen Lebensführung dargestellt wird, als „seine Werke“. Dadurch erfährt die Linie eine Rückführung zur Epistel des Jakobus, Kap. 2,14-26: Die Werke sind der Beweis, daß der Glaube, d. i. „die Verwirklichung dessen, was man hofft, die Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht“, tatsächlich

vorhanden ist. Ohne diesen Beweis ist das Sagen: „Ich habe Glauben“ eine Vorspiegelung falscher Tatsachen.

Kain hatte auch Werke. Auch seine ganze Lebensführung wird „seine Werke“ betitelt. Er spiegelte nichts vor. Er gab sich, wie er war. Seine Werke hatten nur den einen Fehler: Sie waren böse und taten kund, daß er selber „aus dem Bösen“ war. Er wollte nicht anerkennen, daß sein Zustand als ein dem Todesurteil verfallener Mensch Stellvertretung im Sterbenmüssen erheische. Er wollte eigenwillig Gott zufriedenstellen durch Darbringen von etwas Eigengewirktem, das vom verfluchten Erdboden stammte.

Kommen wir um die Folgerung herum: Wer in derselben Verfassung ist wie Kain, steht auch unter der gleichen Beurteilung: Er ist aus dem Bösen, und seine Werke sind böse? Dies Urteil empört den Menschen. Dann muß ihn aber auch das Urteil Gottes über Kain empören. Denn Kain meinte, er handle gut und recht, während Gott urteilte, daß seine Werke, der Ausdruck seiner Lebensführung, seiner Gesinnung, böse seien. Ist es verwunderlich, daß „der Weg“ eines, der aus dem Bösen ist, zu herausforderndem Verhalten Gott gegenüber führt? Siehe die Epistel des Judas, Vers 11, zu der die Linie der Schrift weiter führt!

„Ungut getan“ nennt Jehova Kains Darbringung seiner Opfergabe. Zurechtbringen ließ Kain sich nicht. 1. Mos. 4,7. So führte ihn „sein Weg“ zum Brudermord. Die Gesinnung „aus dem Bösen“ zeitigte die Tat, die auf der Linie liegt, die wir in der Schrift zurück zum Evangelium Johannes, Kap. 8, ziehen: Vers 41: Die wie Kain werkefrommen Juden tun die Werke ihres Vaters (sie suchen den Gerechten zu töten, Vers 37!); sie sind aus ihrem Vater, dem Teufel, und wollen die Begierden ihres Vaters tun, der von Anfang an ein Menschenmörder ist, Vers 44.

Der Weg Kains und der Weg der Juden sind ein und derselbe. Kain tötet seinen Bruder, den gerechten Abel, die Juden sind die Mörder „des Gerechten“ geworden. (Apgesch. 3,14.15 u. 7,52) Dafür ist Kain verflucht vom Erdboden hinweg und ist unstet und flüchtig auf der Erde. Doch sorgt Jehova vor, daß sich niemand an Kains Leben vergreife. Er sollte nur der ständige Beweis des vergeltenden Strafurteils Gottes sein. Man übersehe nicht: Es handelt sich um

Genau so ist es mit den Juden. Das Blut des Gerechten, dessen Mörder sie sind, schreit zu Gott von der Erde. Nach ihrem eigenen Willen, Matth. 27,25, ist es über sie gekommen und kommt weiter über sie. „Der Zorn ist völlig über sie gekommen.“ (1. Thess. 2,16) Unstet und flüchtig irren sie in der Welt umher. Fern vom „Land der Zierde“ sind sie, wie Kain fern von Eden ist. Wenn sie sich auch ansässig machen, wie Kain ein Stadterbauer wurde, so sind ihre Wohnsitze doch „Nod“, d. i. Flucht, Verbannung. Ebensowenig hilft über das „in Nod Wohnen“ hinweg, daß sie den Gegenden ihrer Niederlassungsorte ihren Stempel dadurch aufdrücken, daß sie, im ganzen gesehen, die ausgeprägtesten Materialisten sind, wie Kain seine Stadt nach dem Namen seines Sohnes benannte und seine Nachkommen ebenso unentwegte Materialisten waren und in der Gottesferne sich so einrichteten, daß es sich ohne Gott leben ließ, wie diese Juden tun; denn obwohl sie Juden bleiben, leben sie ohne Gott. Die gegenwärtige Zeit hat ihnen ja den Titel geprägt: „der ewige Jude“, d. i. der immerfort Wandernde. Die stets andauernden Judenverfolgungen, zu denen sie selbst Anlaß geben, unterstreichen die Ruhelosigkeit, zu der sie verurteilt sind.

Das wäre die Beziehung der Stelle 1. Mos. 4,16 zur gegenwärtigen Zeit, übertragenauf das getreue Gegenbild Kains, die Juden. Gleichzeitig ist damit auch vorbildlich eine Beziehung zur Prophetie des Alten und Neuen Testaments gegeben. Diese hat ja zum eigentlichen Gegenstand den verheißenen Weibessamen, der von Seth kommen würde. Und Seth war Ersatz für Abel. Neben diesem eigentlichen Gegenstand läuft die Geschichte des anderen her, dem die Stellung und Würde eines Erstgeborenen gehörte wie Kain: 2. Mos. 4,22: die Geschichte Israels. Dieser erstgeborene Sohn Israels ist die Jahrhunderte hindurch das getreue Spiegelbild Kains, des Erstgeborenen Adams, gewesen: Gott sich nicht unterwerfen, mit Haß verfolgen und umbringen alle, die den Charakter Abels tragen. „Wehe euch ... ihr bauet die Gräber der Propheten und schmücket die Grabmäler der Gerechten und saget: Wären wir in den Tagen unserer Väter gewesen, so würden wir nicht ihre Teilhaber an dem Blute der Propheten gewesen sein. Also gebet ihr euch selbst Zeugnis, daß ihr Söhne derer seid, welche die Propheten ermordet haben; und ihr, machet voll das Maß eurer Väter ... damit über euch komme alles gerechte Blut, das auf der Erde vergossen wurde, von dem Blute Abels des Gerechten an ... Dieses alles

wird über dieses Geschlecht kommen ...“

Es ist über sie gekommen, wie zu Anfang ausgeführt, und wird noch weiter über sie kommen. Es besteht also wirklich eine überaus bemerkenswerte Beziehung zwischen dem in der Tat ergreifenden Inhalt des Wortes von 1. Mos. 4,16, wenn es nicht für sich allein, sondern als Mittelpunkt des ganzen 4. Kapitels genommen wird, und der ganzen übrigen Schrift Alten und Neuen Testaments bis zum heutigen Tage. Denn nicht der erstgeborene Sohn Jehovas, Israel, hat Abels Blut vergossen, sondern der erstgeborene Sohn Adams, Kain, dessen Name im Alten Testament nur in 1. Mos. 4 vorkommt. Und doch wird die Schuld Kains diesem Israel, genauer den Juden, aufgebürdet. Warum? Weil nach Gottes Regierungswegen immer das Ende die Last trägt! Die Juden haben in ihrem Verhalten Kains Erbschaft angetreten, darum liegt auf ihnen die Last, und sie müssen dieselbe tragen.

Daß es in Matth. 23,35 heißt: „bis zum Blute Zacharias, des Sohnes Barachias, den ihr zwischen dem Tempel und dem Altar ermordet habt“, meint: alles vergossene Blut, wovon das ganze Alte Testament spricht. Denn in der hebräischen Bibel sind die Bücher der Chronika die letzten der Reihenfolge nach, weil sie als letzte des Kanons nach der Rückkehr aus Babylon geschrieben wurden, was aus ihrem Inhalt leicht zu beweisen ist. Im 2. Buch, Kap. 24, Vers 21, ist diese Mordtat verzeichnet. Jener Sekarja oder Zacharias war zwar buchstäblich der Sohn Jojadas; wer aber schon die Geschlechtsregister studiert hat, weiß, daß es gang und gäbe war, einen Mann als Sohn eines früheren Ahnherrn zu bezeichnen, wenn das Familiengeschlecht hervorgehoben werden soll. Z. B. der Prophet Sacharja (Sekarja, Zacharias) heißt in seinem Buch auch „Sohn Berekjas“, mit der Hinzufügung: „des Sohnes Iddos.“ In Esra 5,1 und 6,14 heißt er aber der Sohn Iddos, in Neh. 12,16 ebenfalls, wo zugleich zu sehen ist, daß er zu den Priestern gehörte. Oder in 1. Chron. 4,1 heißt Hur „Sohn Judas“ im fünften Geschlecht! Vgl. 1. Chron. 2,4.5.9 (Kelubai = Kaleb)

und Vers 19.20 mit 2. Mos. 31,1.2. Die Sache weiter zu verfolgen ist hier nicht der Ort, so interessant es wäre. Auch wenn der Prophet Sacharja gemeint sein sollte, käm's der Zeit und dem Zweck nach aufs gleiche heraus: Das Blut aller Märtyrer in eurer Geschichte vom 1. Buch

Mose an bis zum letzten Buch wird euch zugerechnet.

Vorstehender Umriß wird genügen, um den Frager zufriedenzustellen.

F. Kpp.

Antwort des Schriftleiters

Zu dieser geradezu wunderbaren Antwort, die uns ein gewaltiges Gemälde darbietet, gebe ich zunächst einen Hinweis! Der Verfasser spricht auch über die Stelle Matth. 23,35.36. Über diese ist im Jahrbuch 15 aus der Feder unseres teuren Mitarbeiters Th. K. auch eine kostbare Antwort Gegeben. (Frage 1 über die Parallelstelle Luk. 11,50.51) Das Ergebnis beider Mitarbeiter ist im wesentlichen das gleiche.

Die Antwort selber geht weit über das hinaus, was die Fragenstellerin meinte, aber gerade das wird ihr zu dem, was sie selber von der in Frage stehenden Stelle meint, sehr wichtig sein als Erweiterung. Sie dachte vor allem daran, was doch alles darin liege und liegen könnte, daß ein Mensch „unstet und flüchtig“, fern von Gott, sein Leben zubringen müsse, womit er doch ein Bild der ganzen Menschheit sei, die, solange sie in Sünde lebe, fern von Gott durch die Welt irren müsse.

Und das ist so, und gerade darum wird diese in obiger Antwort Gegebene biblische Erweiterung der Sachlage der Fragenden viel geben, denn eben in Israel sehen wir das Kaindasein sich noch schärfer kristallisieren als in der Menschheit im allgemeinen. Es ist ja auch so, daß Gott uns an einem Volk, das Er noch dazu mit hohen Verheißungen ausgestattet hatte, das allgemeine Verderben des Menschen im Fleisch vor Augen führen wollte (Röm. 2 u. 3!), so daß die Wege, Um- und Abwege dieses Volkes und ebenso seine dereinstige Umkehr uns zeigen, wer und was wir sind ohne Gott und in der Sünde und wie allein es ein Heraus aus dem Elend für uns gibt: durch Buße, zu der Gottes Güte uns leiten will. (Röm. 2,4)

Wichtig, aber nicht schwer zu sehen ist, wie bei der Darstellung in Antwort A nicht etwa davon

geredet wird, daß Israel dem Fleische nach Kains Nachkomme sei; gewiß nicht, aber ebenso sind wir übrigen Nationen es nicht. Israel stammte von der sethitischen Linie ab, über Noah zu Sem. Doch ebenso stammen wir Nationen von Adam-Seth-Noah ab, nur über Japhet. Doch die Nachkommen Seths haben sich wie die Kains in gleicher Weise verderbt, so daß auch sie dem Gericht der Sintflut überliefert werden mußten, und nur Noah blieb mit den Seinen nach Gottes Ratschluß übrig, denn er „fand Gnade bei Gott“ (1. Mos. 6,8), d. h. neutestamentlich ausgedrückt: Er bekehrte sich!

Auch aus diesen Erwägungen heraus ist es vollauf berechtigt, Kain als das Urbild des Volkes Israel anzusehen, das, wofern es nicht Buße tut, dem Verderben preisgegeben bleiben muß. Es hat den Gerechten getötet - ja, aber es hat auch nicht Buße getan bis heute, und so muß es tragen, was es selber verschuldete. Welch ein Bild bietet uns doch die ganze, auch heutige, Weltgeschichte von der Gerechtigkeit Gottes in bezug auf Sein Volk. Diejenigen, die immer nur die unleugbar schlimmen Seiten dieses Volkes sehen, verurteilen und sich grauenerfüllt von ihm abwenden, sehen nicht, wie der Fluch, zu dem dieses Volk für andere geworden ist, tatsächlich der Fluch Gottes, Sein Gericht, Seine gerechte Vergeltung gegen dasselbe ist. Und weil die Menschheit im allgemeinen diese Unheilswirkung Israels nicht mit Gottes Gericht in Verbindung bringt, sondern sie in der Rasse an sich sieht, deswegen verstehen sie auch nicht, daß es nicht immer so bleiben muß. Einmal, aber erst nachdem es durch Gott gerettet ist, einmal soll es nach der Schrift auch zum Segen sein! (Sach. 8,13!) Dann wird sein Kaincharakter aufhören. Aber davon weiß die Kaingeschichte nichts zu sagen. Ja, dann hört Kain auf, ein Bild für Israel zu sein! Gepriesen sei Gott! Doch heute -: „sie sind den Weg Kains gegangen.“ (Jud. V. 11)

Aber uns sagt die Schrift: „Sei nicht hochmütig, sondern fürchte dich.“ (Röm. 11,20) Uns! auf uns, die Nationen, trifft das Bild von Kain: „unstet und flüchtig“ nicht so unmittelbar zu, wenigstens nicht äußerlich, oder nur in einem bedingten Maße. Jedoch insofern, als die Sünde in sich stets die Wirkung hat, eine Scheidung zwischen den Menschen und Gott zu bringen - außer dem, daß Gott eine solche gerichtlich über die Menschheit verhängt hat: „... du wirst sterben!“ (1. Mos. 2,17; 4,11; Röm. 6,23a) -, insofern ist die Menschheit auch vor Gott auf der

Flucht (vgl. Luk. 15,13ff.), weil im tiefsten Kern ihres Wesens „unstet und flüchtig“. Erst wenn sie zum Glauben kommt, sich zurückfindet zu Ihm, wie der jüngere verlorene Sohn, dann kommt sie wahrhaft zur Ruhe. Nichts kann dem verlorenen Menschen helfen wie echte Buße; daß Kain sie nicht tat (ebensowohl wie Judas Iskariot, entgegen Simon Petrus!), das ist sein eigengewähltes Verhängnis und macht ihn zum Vorbild aller, die - wiewohl sie ihr Gericht „unstet und flüchtig“ fühlen, und wiewohl sie unter ihrem Verhängnis leiden - dennoch nicht umkehren, sondern „fern“ bleiben, wie Israel bis heute! Kain „ging weg vom Angesicht des HErrn“ - wie schrecklich, ja, aber auch wie zielbewußt: Kein Abel störte ihn mehr in seinem Wege und in seiner Religion, kein Seth kam bis zu ihm hin, die Strahlen göttlicher Huld blieben ihm verborgen, dem Bruderhasser, dem Brudermörder, dem Menschenmörder (1. Joh. 3,15) - welch furchtbare, aussichtslose Perspektive für die, so nicht Buße tun! Welche Mahnung aber auch für uns Gläubige zur Bruderliebe! Möge sie nur ungeheuchelt sein! (1. Petr. 1,22)

Was lehrt uns doch alles jenes zur Frage stehende Wort! Wie wunderbar ist „Sein Wort, das unseres Fußes Leuchte ist und ein Licht für unseren Pfad“. (Ps. 119,105)

„Nicht wie Kain!“ (1. Joh. 3,12) Das ist ja auch ein Mahnwort, an Gläubige gerichtet! „Nahet euch Gott, und Er wird Sich euch nahen! Säubert die Hände ... Demütiget euch vor dem HErrn, und Er wird euch erhöhen!“ (Jak. 4,8-10)

„Nahe bei Jesu, o Leben, so schön, seliges Wandeln auf sonnigen Höhn!“

F. K.

Frage 8

Von welchem Zeitpunkt redet Matth. 28,18, und was ist die mögliche Tragweite dieser Tatsache (d. h. des hier vom Herrn Jesus Gesagten)?

Antwort A

Vor dem unbefangenen gläubigen Leser dieses Verses steht der Herr Jesus als der wunderbare, auferstandene HErr und Heiland, welcher das schwere Werk der Erlösung, Gericht, Tod und Grab hinter Sich hat und nun nicht mehr die Stellung eines gehorsamen Dieners, sondern des über allem Geschaffenen stehenden HErrn einnimmt und als solcher den Seinen den Befehl in Vers 19 und 20 gibt. Sowohl Zeitpunkt wie Tragweite des in Vers 18 Gesagten sind für Ihn keine Frage. Wenn der HErr sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden“, dann steht für Ihn fest:

was den Zeitpunkt betrifft, daß der HErr diese Gewalt nicht etwa erst später einmal empfangen wird, sondern von Seiner Auferstehung an besitzt, und

was die Tragweite betrifft, daß diese Gewalt unbegrenzt ist, alles Bestehende umfassend- „Himmel und Erde“, oder wie es in Kol. 1,16 heißt: „alle Dinge ..., die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten.“

Als „Gott, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5), besaß Er diese Gewalt zwar von Ewigkeit her; aber als Mensch ist sie Ihm erst gegeben worden, nachdem Er das Werk der Erlösung vollbracht hatte und auferstanden war. Seine Werke vor Seinem Tode zeugten zwar auch von dieser göttlichen Macht, aber diese Werke hatte Er nur im Auftrage Seines Vaters getan (Joh. 5,36; 10,25), und Er schrieb sie dem Vater zu (Joh. 10,37.38; 14,10c), und Er nahm den Platz des von Gott abhängigen Menschen ein. (Joh. 11,41.42) Nun aber, nach vollbrachtem Werke und Auferstehung, nimmt Er den Platz des Sohnes ein, dem alles unterworfen ist. (1. Kor. 15,24-27; Eph. 1,20-22; Phil. 2,9-11; Hebr. 2,5-9a; 1. Petr. 3,22)

Eine andere Sache aber ist es, inwieweit bzw. in welcher Weise und wann der HErr von dieser Gewalt Gebrauch macht.

Was die unsichtbare Welt betrifft, sagen uns verschiedene, oben schon mit angeführte Schriftstellen (Eph. 1,20.21; 1. Petr. 3,22), daß Gott Ihn zu Seiner Rechten gesetzt hat in den

himmlischen Örtern, „über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft“, und daß Er, „in den Himmel gegangen, zur Rechten Gottes ist, indem Engel und Gewalten und Mächte ihm unterworfen sind“. Hieraus dürfen wir u. E. schließen, daß, soweit ebengenannte Schriftworte von himmlischen Wesen und Mächten reden, von diesen die Ihm gegebene Gewalt gekannt und anerkannt ist.

Was aber die sichtbaren, d. h. die uns umgebende Welt, anbelangt, so wissen wir, daß bis jetzt der HErr Seine Ihm gegebene Gewalt noch nicht öffentlich geltend gemacht hat, weil nach Gottes Plan der Zeitpunkt hierfür noch nicht da ist. Es ist so, wie wir Hebr. 2,8c-9a lesen: „Jetzt aber sehen wir Ihm noch nicht alles unterworfen. Wir sehen aber Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.“ Nur der Glaube sieht Ihn so. Für den Glaubenden ist das Matth. 28,18 Gesagte eine gegenwärtige, herrliche Tatsache, die sein Herz mit großer Freude und unbegrenztem Vertrauen zu Ihm, unserem herrlichen, allmächtigen HErrn und Heiland, erfüllt. Es ist so überaus köstlich und trostreich für ihn, zu wissen: Er hat alle Gewalt, nicht nur im Himmel, sondern auch auf der Erde - da, wo ich bin; alles liegt in Seiner allmächtigen Hand - mein Leben, alle meine Umstände, alles, alles! Alles muß gehen, wie Er es will, der mich liebt mit unvergleichlicher Liebe und besser weiß als ich, was gut für mich ist! So kennt und sieht Ihn der Glaube. Das natürliche Auge sieht es nicht, aber der Glaube schaut es und dankt Ihm und betet Ihn an! - Die ungläubige Welt aber sieht Sein Walten nicht und meint, weil Er scheinbar alles seinen Weg gehen läßt, daß Er gar nicht da sei, oder fragt überhaupt nicht nach Ihm oder lacht und spottet über Ihn und sieht die Seinen als rückständige und dumme Menschen an. So war es, seit der HErr jene in V. 18 uns berichteten Worte gesprochen hat; so ist es gegenwärtig, und so bleibt es, solange die Seinen noch hier sind. Aber wir wissen, daß es nicht immer so bleiben wird, sondern daß wohl sehr bald der Zeitpunkt da sein wird, da der HErr aus Seinem Verborgensein der Welt gegenüber heraustreten wird. Zu der Gewalt, die Ihm gegeben ist, gehört auch die Gewalt,

- Gericht zu halten (Joh. 5,22.27), und zwar ist Er „der Richter der Lebendigen und der Toten“ (Apgesch. 10,42; 2. Tim. 4,1; 1. Petr. 4,5); und

- die Toten aufzuerwecken (Joh. 5,28.29) - die geglaubt haben, zum Leben (das ist die „Auferstehung des Lebens“, welche Offenb. 20,5b „die erste Auferstehung“ genannt wird und vor dem Tausendjährigen Reiche geschehen wird, wie V. 6 deutlich zeigt), aber die nicht geglaubt haben, zum Gericht (das ist die „Auferstehung des Gerichts“. Diese wird nach Offenb. 20,5a nach dem Tausendjährigen Reiche sein und kann erst dann sein, da dieses Gericht naturgemäß erst nach dem Reiche stattfinden wird); und

- die bei Seinem Kommen zur Entrückung auf der Erde lebenden Seinen zu verwandeln (1. Kor. 15,51.52).

So wird der Augenblick kommen, wo der HErr (als „der glänzende Morgenstern“ nach Offenb. 22,16) für die Seinen kommen und als ersten Teil der „Auferstehung des Lebens“ die „Toten in Christo“ auferwecken und die Lebenden verwandeln und dann beide von dieser Erde weg zu Sich in Seine Herrlichkeit entrücken wird (Joh. 14,3; 1. Thess. 4,16.17); und dann - nach dieser Entrückung - werden die auf der Erde befindlichen Menschen mehr und mehr von der Gewalt zu spüren bekommen, die Ihm gegeben ist, durch die Gerichte, die dann mit zunehmender Schwere über die Erde kommen werden, wie die Offenbarung in den Kapiteln 6 bis 19 uns zeigt, bis der HErr Selbst kommen wird „mit Macht und großer Herrlichkeit“ (Matth. 24,30), als Richter für die ungläubige Welt (Matth. 25,31ff.; 2. Thess. 1,6-10a), aber als Retter und Segensbringer für die dann an Ihn Glaubenden und auf Sein Erscheinen Wartenden (als „die Sonne der Gerechtigkeit ... mit Heilung in ihren Flügeln“ nach Mal. 4,2), um das im Alten Testament angekündigte und vielgepriesene messianische Friedens- und Segensreich aufzurichten (vgl. Jes. 2; 9,1-7; 11; 35; 65,18-25; Offenb. 11,15), welches nach Offenb. 20,4-6 tausend Jahre währen wird. Auf dieses Kommen des HErrn und die damit verbundenen Ereignisse weisen viele alttestamentliche Stellen hin, wie Ps. 2; 8; 110; Jes. 11,1-10; Dan. 2,34.35.44.45a; und in noch umfassenderer Weise wird im Neuen Testament davon gesprochen, wie z. B. in Matth. 24, besonders V. 29-31; 25,31-46; Offenb. 19,11-21. Dann wird auch auf der Erde von allen auf ihr lebenden Menschen erkannt und anerkannt werden - und anerkannt werden müssen -, daß der Herr Jesus Der ist, dem „alle Gewalt gegeben“ ist. -

Aber damit ist diese herrliche Tatsache noch nicht erschöpft. Wie schon erwähnt, gehört zu der dem Herrn Jesus gegebenen Gewalt auch die, „Gericht zu halten“ - „Lebendige und Tote zu richten“, Das Gericht der Lebendigen wird vor dem Tausendjährigen Reiche sein, wie die vorstehend mit erwähnte Stelle Matth. 25,31ff. zeigt und des Reiches wegen auch unbedingt notwendig ist; das Gericht der Toten aber wird nach dem Tausendjährigen Reiche sein, wie wir aus Offenb. 20,11-15 klar sehen und es der Sache selbst wegen ja auch nicht anders sein kann. Also dieses Gericht hat der Herr Jesus noch auszuführen, nachdem das Tausendjährige Reich vorüber sein wird, Er ist Der, welcher auf dem „großen weißen Thron“ sitzt. Welch eine Erhabenheit! Welch eine Gewalt! - Dieses Gericht wird den Abschluß der Geschichte dieser Erde bilden, und damit auch den Abschluß der dem Herrn Jesus von Gott in Verbindung mit dieser Erde übertragenen Aufgaben. Das sehen wir recht klar bei einem Vergleich mit 1. Kor. 15,24-28. Dort lesen wir, daß der HErr herrschen muß, „bis Er alle Seine Feinde unter Seine Füße gelegt hat“, und „der letzte Feind, der weggetan wird, ist der Tod“. (V. 25.26) Sonach wird mit dem Wegtun dieses „letzten Feindes“, des Todes, die Herrschaft des HErrn ihr Ende erreichen. Und dies wird bei dem Gericht der Toten eintreten, denn Offenb. 20,14 wird uns gesagt: „Und der Tod und der Hades wurden in den Feuersee geworfen.“ Dann wird also der Tod, der „letzte Feind“, weggetan sein, und damit wird der Herr Jesus alles ausgeführt haben, was der Vater Ihm aufgetragen und wozu Er Ihm „alle Gewalt“ gegeben hat. Bis dahin wird Er herrschen. Dann aber wird Er „das Reich dem Gott und Vater übergeben“. (V. 24) Dann herrscht nicht mehr Er als der verherrlichte Mensch, sondern dann wird „Gott alles in allem“ sein.

Hiermit sind wir an der Grenze des Zeitpunktes sowohl wie der Tragweite von Matth. 28,18 angekommen, soweit wir beides aus dem Worte Gottes erkennen können.

Welch ein großer, herrlicher, wunderbarer HErr und Heiland ist es, den wir haben!

Th. K.

Diese köstliche Antwort Gleicht einem Bibelkursus im kleinen und bedarf wohl nicht so sehr einer Ergänzung! Aber da der Verfasser meint, ich könne vielleicht noch etwas beifügen, so will ich das hinzusetzen, was mir noch am ehesten erweiterungsbedürftig vorkommt, was aber gar nicht ernst genug ins Auge gefaßt werden kann. Das ist die Tatsache, die natürlich oben schon angedeutet ist, die aber noch sozusagen unterstrichen werden muß, daß der teure Herr Jesus hienieden wohl auch der Sohn (vgl. Hebr. 1,1) war und als solcher in jeder Hinsicht vollkommen, denn die Schrift sagt: „Es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen“ (Kol. 1,19; vgl. 2,9) - daß Er aber, als Er Knechtsgestalt annahm, Sich Selbst so völlig entäußert hat (Phil. 2,5ff.), Sich Seiner Machtvollkommenheiten derart begeben hat, daß Er Sich beispielsweise von einem samaritischen Weibe abhängig machte, als Er durstig war (Joh. 4) u. dgl. m. Erst von dem Zeitpunkt der

Auferstehung

an gilt das Wort, das zur Frage steht. Diese Seine Auferweckung (vom Vater aus geschaut) oder Auferstehung (wie Er sie von Sich aus vollbrachte) setzte Ihn in den „Stand der Erhöhung“, wie man die zweite Hälfte von Phil. 2,5-11 deutet, ab V. 9. In Seiner Erniedrigung war Er sittlich wohl ebenso vorkommen wie in Seiner Erhöhung, sündlos, heilig, rein, ohne Flecken, ohne Fähigkeit zu sündigen, aber die leiblichen Folgen der Erniedrigung trug Er in anbetungswürdiger Weise: Er war zuzeiten hungrig, durstig, müde, bedurfte der Ruhe, gab die Allwissenheit dran (sogar bis zu Mark. 13,32!), genoß nicht die Vorzüge der Allgegenwart (wenn Er auch auf Entfernungen hin heilen konnte, Luk. 6 und Joh. 4), verzichtete auf Seine Allmacht, z. B. in Matth. 26,53 u. a. St., usw. Aber was Er in Seiner Selbsterniedrigung gebrauchte, wie Essen und Trinken, das benutzte Er nach Seiner Auferstehung als Beweis dafür, daß Er es Selbst war („Jesus Selbst!“ Luk. 24,15.36.39-43); was Er in der Zeit Seiner Selbstentäußerung von den Menschen annahm - freilich, um daran wiederum Seine Wundermacht zu zeigen: Matth. 14,18; 15,34.36 -, das gab Er dann selbständig von Sich aus: Joh. 21,9; wozu Er die Seinen vor dem Kreuz langsam erziehen mußte: zum Glauben an Ihn, das, oder den forderte

Sich gnädig herniederbeugt (Joh. 20,27, „sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“). Und so ließe sich eine Fülle von Beweisen finden für die völlig verschiedene Sachlage für Ihn vor und nach der Auferstehung. Die Tatsache der Auferstehung kann nie zu hoch gewertet werden; sie tritt bei manchen hinter das Kreuz zurück, aber ganz mit Unrecht; ohne die betonte Tatsache der Auferstehung (die Schrift wacht darüber, daß sie nie vergessen werde) ist das Kreuz nichts als ein, zwar wunderbarer, Opfer- und Märtyrertod ohne sittliche, rettende Bedeutung für uns! Das zu unterstreichen lag mir am Herzen.

Und dazu noch eins! Das Wort im griechischen Grundtext, das hier in der gefragten Stelle für „Gewalt“ steht und das hiermit nicht deutlich genug wiedergegeben ist, ist das für „Vollmacht“, nicht das für „Macht“ als „Kraft“, für dynamische Kraft. Diese letztere hat der HErr, der vollkommene Mensch Gottes, in Seinem Erdenwandel in wunderbarer Weise ungezählte Male bewiesen, wie denn eins der im Grundtext angewandten Worte für „Wunder“ geradezu ebenso heißt, daß man es unmittelbar mit (dynamische) „Machtentfaltungen“ übersetzen könnte (Elberf. Üb.: „Wunderwerk“), so in Matth. 11,20.21.23 und an vielen anderen Stellen. Diese „Wundermacht“ hat dem HErrn nie gefehlt, derselben hat Er Sich nicht zu entäußern brauchen, sie war vielmehr eine beständige Wirkung Seiner ununterbrochenen vertrauenden Abhängigkeit von Seinem Vater, dem Er Seine Werke (ganz allgemein gefaßt), wie ebenso Antwort A zeigt, ja auch zuschreibt (siehe z. B. Joh. 10,37.38 oder 5,19.36 oder gar 14,10!). Aber mit der (sittlichen, geistlichen) „Vollmacht“ ist es anders, diese ist Ihm erst mit Seiner Auferstehung all umfassend zuteil geworden, in der Zeit Seiner Erniedrigung besaß Er sie nicht so allgemein. Es gibt Stellen wie Luk. 4,36, wo „Vollmacht“ und „Wunderkraft“ in einem Satz steht, es gibt ferner viele Stellen, die von Seiner „Vollmacht“ in dieser und jener Hinsicht reden (z. B. Matth. 9,6.8; 10,1; Luk. 4,32; Joh. 5,27; 10,18 usw.), aber gleichwoht ist es nie „alle Vollmacht“, die Er als Mensch hienieden gehabt hätte, auch hierin „geziemte es Ihm, um Deswillen alle Dinge und durch Den alle Dinge sind, indem Er viele Söhne zur Herrlichkeit brachte, den Anführer ihrer Errettung durch Leiden vollkommen zu machen.“ (Hebr. 2,10! „Anbetung Dir, dem Lamme!“) Er hätte wohl die „Macht“ gehabt, „Sich Selbst zu retten“, auch am Kreuz (Mark. 15,31.32; vgl. Luk. 4,29.30!), aber nicht die sittliche „Vollmacht“, die Machtbefugnis dazu, wie hätte Er sonst

Anbetungswürdig ist Seine so tiefe Selbsterniedrigung! - Aber alle Gewalt, alle Vormacht, alle Rechte und Vollmachten im Himmel und auf der Erde wurden Ihm, dem Sohne, und Ihm, dem verklärten Sohne des Menschen gegeben mit Seiner Auferweckung bzw. Auferstehung, mit Seinem vollbrachten und in Erscheinung getretenen herrlichen Siege, und - ja! - in dieser unendlichen Vollmacht ist Er bei uns alle Tage, in dieser durch nichts mehr zu hemmenden Vollmacht aber auch sandte Er und sendet Er noch heute Seine Boten aus in alle Welt, und sie wissen sich unter dem Schutze Dessen, dem im Himmel und auf Erden nichts in den Weg treten kann (hierher gehört z. B. auch Röm. 8,33.34!), weswegen auch Seinen Jüngern nichts geschehen kann, was nicht gleichsam aus Seiner Hand kommt oder „an Ihm vorbei muß“, nichts, was Er nicht für gut für sie hält. (Röm. 8,28!) Wie kostbar ist das!

Und einst (doch noch nicht als Letztes, vgl. Antw. A am Schluß! und 1. Kor. 15,24) werden wir Ihm alles unterworfen sehen (Hebr. 2!), Ihm, dem Sohne, dem verherrlichten Menschen, dem Christus, dem Haupt der erneuerten Menschheit, in Dessen seliger Gefolgschaft alle die sein werden, die Ihn hienieden kennen und lieben gelernt haben in Seiner Selbsterniedrigung und in Seiner Auferstehungsherrlichkeit. Gepriesen sei Sein wunderbarer Name, und „Gott sei Dank für Seine unaussprechliche Gabe“! (2. Kor. 9,15)

F. K.

Elia auf dem Gipfel des Karmel.

(1. Kön. 18,41-46)

Große Dinge waren geschehen. Das Feuer Jehovas hatte das Opfer Elias verzehrt; das Volk war zu seinem Gott zurückgekehrt und hatte sich von den Baalspriestern und dem Götzendienst gereinigt. Nun war das Hemmnis beseitigt - der Weg frei, und Gott konnte Sein Volk mit Regen vom Himmel segnen. Der HErr erreicht oft erst auf schweren Wegen der Trübsal Sein Ziel, uns zum Selbstgericht zu bringen und uns von den verborgenen Götzen unseres Herzens zu lösen.

Ahab hatte alles miterlebt. Er war Zeuge gewesen der Offenbarung Gottes vom Himmel und der Bestätigung Seines Propheten Elia. In der Mitte des Volkes Gottes hatte er gesehen, wie es sich vor seinem Gott beugte, sich von den Baalspropheten reinigte und sie dem Gericht am Bache Kison übergab. Welche Wirkung hatte dies alles auf sein Herz und sein Gewissen? Verstand er den Ruf der Gnade und kam er zur Buße? Laßt uns sehen!

Aus den Worten Elias: „Gehe hinauf ...“ können wir entnehmen, daß Ahab mit hinabgegangen war an den Bach Kison, um zu sehen, was mit seinen Baalspriestern geschehen würde. Auch im nächsten Kapitel lesen wir, daß er Isebel alles berichtet, „wie Elia alle Baalspropheten mit dem Schwerte getötet hätte“. Obgleich er König war, war er doch völlig machtlos, sie zu schützen. Was aber mochte beim Anblick dieses furchtbaren Gerichtes Gottes durch seine Seele gegangen sein? Mußte sein Gewissen ihm nicht sagen, daß auch er dieses Gericht verdient hätte? Das ganze Volk war niedergefallen und hatte Jehova als seinen Gott bekannt - wer aber hätte mehr Ursache gehabt, auf sein Angesicht zu fallen, als Ahab?

Keine Spur von Buße bewegte Ahabs Herz. David betete einst in tiefer Beugung: „Sei mir gnädig, o Gott, nach Deiner Güte; nach der Größe Deiner Erbarmungen tilge meine Übertretungen! Wasche mich völlig von meiner Ungerechtigkeit, und reinige mich von meiner Sünde! Denn ich kenne meine Übertretungen, und meine Sünde ist beständig vor mir.“ (Ps. 51,1-3) Ahab aber kannte seine Übertretungen und seine Sünde nicht. Ihm war es nur um Regen zu tun, ein Wohlleben zu führen, aber nicht um Gnade von Gott.

Wie hart kann doch ein Menschenherz werden, wenn es sich dem Rufe der Gnade Gottes verschließt! Dieses mochte Elia empfinden, als er ihm sagte: „Gehe hinauf, iß und trink, denn es ist ein Rauschen eines gewaltigen Regens.“ Sicher war Ahab froh, als Elia ihn mit diesen Worten entließ und er sich nun aus der ihm so unheimlichen Gegenwart des Propheten entfernen und in seinem Hause wieder essen und trinken konnte.

Wir lesen weiter: „Und Ahab ging hinauf, um zu essen und zu trinken.“ Ja, Elia hatte ihn durchschaut. Dieser Mann kümmerte sich weder um Jehova noch um Baal, weder um den

Propheten des lebendigen Gottes noch um die vierhundertundfünfzig Propheten des Baal. Für ihn drehte sich alles nur um seine eigene Person - sein Essen und Trinken - sein Wohlleben - seine Rosse und Maultiere, für die er mehr Sorge trug als für seine Seele. (1. Kön. 18,5)

Und ist dieses nicht auch das Bild der Ahabsmenschen unserer Tage? Wie arm und beklagenswert sind sie! Sie erleben gleich Ahab die züchtigende Hand Gottes, erfahren die Eitelkeit und Unsicherheit der Dinge dieser Welt, werden durch Gottes suchende Liebe gleich Ahab in die Mitte des Volkes Gottes geführt und schauen dort die umwandelnde Gnade Gottes an anderen. Sie aber werden durch die ergreifendsten Ereignisse nicht erschüttert, und die stärksten Rufe zur Buße und Bekehrung haben auf ihr Herz keine Wirkung. Ihre Interessen drehen sich nur um das irdische Wohlleben. Die Frage des Kerkermeisters: „Was muß ich tun, daß ich errettet werde?“ kommt nicht über ihre Lippen.

Und kommen sie, genötigt, einmal in die Versammlung der Kinder Gottes, so kommen sie nicht wie Kornelius, um vor Gott gegenwärtig zu sein und zu hören, was Gott befohlen hat (Apgesch. 10,33), ihnen ist die Versammlung nur eine Stunde der Abwechslung, der Unterhaltung und der Kritik. Man fühlt es bisweilen solchen armen Ahabsseelen ab, wie froh sie sind, aus der Gegenwart der Kinder Gottes herauszukommen, um wieder die irdischen Dinge zu suchen, die Gott ihnen manchmal durch Trübsale entzog, um sie zur Buße zu leiten.

Doch wenden wir unsere Aufmerksamkeit wieder Elia zu!

Der Mann des Glaubens kennt die Gedanken seines Gottes. Er wußte, daß Gottes Trübsalswege jetzt ihr Ziel erreicht hatten, und sein geistliches Ohr vernahm schon das Rauschen eines gewaltigen Regens.

So ist es auch heute. Geistliche Menschen, deren Leben in der Gemeinschaft mit dem HErrn ist, kennen die Gedanken Gottes und verstehen Sein Walten. Sie wissen, daß Trübsale gar oft die Wegbereiter für Gottes Segnungen sind. Wenn Augen und Herzen noch in Buße und Selbstgericht weinen und andere nichts vernehmen, hört ihr geistliches Ohr schon das Rauschen des Segens. Nur der Glaube erfaßt Gottes Walten und erkennt im Lichte des

prophetischen Wortes die Zeichen der Zeit. Auch diese dreieinhalb Jahre der Trübsal in den Tagen Elias bieten uns in mancherlei Weise Vergleiche mit den dreieinhalb Jahren der zukünftigen „großen Trübsal“, die die Segensherrschaft des HErrn auf Erden einleiten wird.

„Ahab ging hinauf, um zu essen und zu trinken. Elia aber stieg auf den Gipfel des Karmel; und er beugte sich zur Erde und tat sein Angesicht zwischen seine Knie.“ (V. 42) Wie gewaltig drückt der Heilige Geist in diesem „Aber“ den Gegensatz zwischen Elia und Ahab aus. Ahab geht nach Jisreel. Dort hatte er seinen Palast. (1. Kön. 21,1) Er geht hin, „um zu essen und zu trinken“, Elia aber steigt auf den Gipfel des Berges, um eine Begegnung mit seinem Gott zu haben. Seine Seele sehnt sich, in der Einsamkeit allein mit seinem Gott zu sein, Ihm sein Herz auszuschütten und den Regen des Segens für das arme, verführte Volk zu erflehen.

O daß diese vertraute Gemeinschaft mit Gott mehr bei uns gefunden würde. Wieviel Segen liegt in der stillen Einsamkeit mit Gott verborgen! Wir wissen, wie der HErr in Seinem Erdenleben dieses Alleinsein mit Seinem Gott und Vater pflegte, und Er sagt zu uns: „Wenn du betest, so gehe in deine Kammer und, nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist.“ (Matth. 6,6) Wie oft ist unser Gebet gehindert, weil die Tür nicht geschlossen war vor den Einflüssen der Dinge, die draußen sind, die unsere Gedanken hemmen und uns das Bewußtsein der Gegenwart des HErrn rauben!

Verlieren unsere Herzen den Ernst, die heilige Scheu Seiner Gegenwart, so sinkt das Gebet herab zu einer kalten, toten Form. Solche Beter erwarten auch gar keine Erhörung;

ja, sie wissen nach ihrem „Amen“ oft nicht einmal, was sie gebetet haben. Solch ein Beten sollte man nicht mehr „Beten“ heißen. Der HErr nennt es Plappern: „Wenn ihr aber betet, sollt ihr nicht plappern wie die von den Nationen ... seid ihnen nun nicht gleich.“ (Matth. 6,7.8) Wenn wir nichts von Gebetserhörung zu berichten wissen, so möge es uns ein Anlaß sein, unser Gebetsleben im Lichte Gottes zu prüfen.

Kühn und aufrecht stand Elia vor seinem Gott, vor dem ganzen Volke, vor dem Könige und den falschen Propheten, Hier, auf dem Gipfel des Berges, im Alleinsein mit seinem Gott aber beugte

er sich zur Erde und tat sein Angesicht zwischen seine Knie. Tiefe Demut und Ehrfurcht erfüllten seine Seele, während er mit Inbrunst des Herzens um Regen für sein Volk bittet.

Jakobus berichtet uns: „Und wiederum betete er, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“ (Jak. 5,18) Jakobus nennt uns den Gegenstand seines Gebetes, und unsere Schriftstelle zeigt uns den Platz und die äußere Haltung, die Elia in seinem Gebet einnahm.

Er ist in der Gegenwart seines Gottes, den er wenige Stunden zuvor in der Größe Seiner Allmacht und Treue erlebt hatte. Er kann nicht stehen vor Ihm, er muß sich zur Erde niederbeugen, er muß sein Angesicht zwischen seine Knie nehmen. Sein Herz diktiert ihm, sein Nichts der Größe Gottes gegenüber auszudrücken. Dies empfand auch Abraham, als er Fürbitte für Sodom einlegte und sagte: „Ich habe mich unterwunden zu dem HErrn zu reden, und ich bin Staub und Asche.“ (1. Mos. 18,27) Die innere Stellung unseres Herzens zum HErrn wird sich mehr oder weniger auch in der äußeren Haltung ausdrücken.

Oft hört man die Worte: „Auf die äußere Haltung kommt es nicht an.“ Gewiß, sie ist nicht die Hauptsache. Es kommt auf das Kniebeugen und die Haltung unseres Angesichtes ebensowenig an wie auf das Viel oder Wenig, den Wohl- oder Mißlaut unserer Worte.

In jeder Stellung kann man beten; das sehen wir aus vielen Beispielen der Schrift. Jakob in seinem hohen Alter und Hiskia in seiner Krankheit beteten im Bett liegend. (1. Mos. 47,31; 2. Kön. 20,2) Abraham, Josua und andere fielen auf ihr Angesicht nieder. (1 Mos. 17,3; Jos. 5,14; Luk. 17,16) Von Daniel, Stephanus, Paulus u. a. m.

lesen wir, daß sie niederknieten. (Dan. 6,11; Apgesch. 7,60; 20,36) Der Zöllner betete stehend, mit niedergeschlagenen Augen. (Luk. 18,13) Das wunderbare Dankgebet in 2. Sam. 7,18 oder 1. Chron. 17,16 sprach David sitzend vor Jehova.

Warum berichtet der Heilige Geist in all diesen Schriftstellen uns die äußere Haltung der Beter, wenn sie ganz belanglos wäre? Können wir nichts daraus lernen? Zeigt unsere äußere Haltung

nicht oft unsere Haltung innerlich? Wird nicht, wenn wir uns der Gegenwart des HErrn bewußt sind, die innere Stellung unserer Herzen sich auch in unserer äußeren Haltung widerspiegeln? Und umgekehrt, wird nicht, wenn die Gegenwart des HErrn vergessen ist, auch die Gleichgültigkeit und Bequemlichkeit Ausdruck finden? Gewiß, man kann die Knie beugen und doch ungebeugten Herzens sein. Aber das soll uns nicht hindern, sondern vielmehr anspornen, nach Wahrheit und Übereinstimmung des Inneren mit dem Äußeren zu streben. Gott sucht solche, die Ihn in Wahrheit anbeten, und Er blickt auf die, die zerschlagenen Geistes sind und die da zittern vor Seinem Wort. (Jes. 66,2)

Elia weiß, daß sein Gebet in Übereinstimmung mit dem Worte Gottes ist (1. Kön. 18,1), und er ist sich deshalb der Erhörung desselben so gewiß, daß er seinen Diener beauftragt, nach dem Meere hin Ausschau nach einer Regenwolke zu halten. Der Diener meldet: „Es ist nichts da.“ Elia ist nicht enttäuscht und entmutigt. Er antwortet dem Diener: „Gehe wieder hin, siebenmal.“ Er hält an im Gebet, er kann warten. Gott antwortete nicht sofort mit dem Regen auf Elias Gebet. Elia soll lernen, im Gebet zu verharren. Aber Gott enttäuscht Seinen Knecht nicht. Haben wir dieses Wachen und Warten nicht auch nötig? Paulus ermahnt die Epheser und die Kolosser, in ihren Gebeten zu wachen und anzuhalten. (Eph. 6,18; Kol. 4,2)

Wie manchmal sind wir ungeduldig, weil wir die Hilfe und Antwort Gottes für eilig halten und meinen, daß Gott deshalb unsere Bitte auch sogleich erhören müsse. Gott aber läßt uns oft warten. Wir sollen lernen, daß wir nichts zu fordern oder gleichsam von Gott zu erzwingen haben. Gebet ist kein Fordern, es ist das willenlose, Ihm ergebene Rufen des Herzens und ein Erfassen Seiner Macht und Liebe im Glauben. Der HErr betete: „Nicht wie Ich will, sondern wie Du willst!“ Und Sadrach, Mesach und Abednego stellten jene dringende Sache ihrer Errettung aus dem Feuerofen ganz in die Hand ihres Gottes, ob Er sie erretten wolle oder nicht. (Dan. 3,16.18)

Wir müssen lernen, daß wir nicht zu fordern, sondern nur zu bitten haben. Gebet ist kein Fordern. Jakobus sagt nicht, daß das Gebet eines Gerechten alles vermag, sondern daß es „vieI“ vermag. (Jak. 5,16) Gott stellt auch manchmal unser Ausharren auf die Probe. Gottes

Wege und Ziele sind oft andere als unsere. Wir sehen alles gar zu oft nur von unserer Seite aus, aber Gott sieht alles in dem Lichte Seiner Herrlichkeit, und Seine Wege sind andere als unsere Wege und Seine Gedanken als unsere Gedanken. Alle unsere Bitten und Anliegen können wir Gott aussprechen, aber wir haben sie Seiner Weisheit zu überlassen.

Die siebenmalige Sendung des Knaben zeigte das Ausharren des Elia, und er wurde in seinem Ausharren nicht beschämt. Als sein Ausharren „ein vollkommenes Werk“ war (Jak. 1,4), kommt endlich die Botschaft: „Siehe, eine Wolke, klein wie eines Mannes Hand, steigt aus dem Meere herauf.“ Der Knabe sah sie nicht größer als eines Mannes Hand. Aber hinter dieser kleinen Wolke sah Elia die Hand seines Gottes, und im Glauben schickt er Ahab die Botschaft: „Spanne an und fahre hinab, daß der Regen dich nicht aufhalte.“

Das natürliche Auge sah nur ein kleines Wölklein. Elia aber hatte die Hand seines Gottes in den kleinen Dingen erfahren. Eine handvoll Mehl, ein wenig Öl im Kruge hatte hingereicht, den ganzen Haushalt der Witwe zu ernähren. Mit fünf Broten und zwei Fischen speiste der HErr fünftausend Männer ohne Weiber und Kindlein. Und aus der kleinen Wolke wie eines Mannes Hand konnte Gott den Himmel schwarz von Wolken machen. „Ahab bestieg den Wagen, ging nach Jisreel. Und die Hand Jehovas kam über Elia; und er gürtete seine Lenden und lief vor Ahab her bis nach Jisreel hin.“

Die Schrift sagt uns nichts Näheres, warum Elia dem Wagen des Königs vorauslief. Vielleicht finden wir eine Antwort in den Gewohnheiten jener Zeit, daß dem Wagen des Königs Läufer vorausliefen, das Kommen des Königs oder eines Großen des Landes anzuzeigen und den Weg für denselben frei zu machen.

Als das Volk in den Tagen Samuels sich einen König forderte gleich allen Nationen, warnte Gott sie, indem er ihnen die Rechte des Königs vorhielt, sie aus Freien zu Leibeigenen zu machen: „Dies wird das Recht des Königs sein, der über euch regieren wird: Eure Söhne wird er nehmen und für sich bestellen ... daß sie vor seinem Wagen herlaufen.“ (1. Sam. 8,11) Diese Läufer gehörten somit zu dem königlichen Hofstaat und dienten zum Glanz der königIichen Hoheit. So

Leute, die vor ihm herliefen, um sich dadurch ein königliches Ansehen zu geben und die Augen des Volkes auf sich zu lenken. Ganz das gleiche finden wir auch bei Adonija. (2. Sam. 15,1 und 1. Kön. 1,5)

Wir wissen nicht, als Elia den König zur Abfahrt drängte, damit der Regen ihn nicht aufhalte, ob nach den Aufregungen des Erlebten und bei dem drohenden schwarzen Himmel und der Dringlichkeit der Abfahrt des Königs alle Läufer beisammen waren, so daß Elia sich durch die Hand des HErrn geleitet zu diesem Dienst erbot. Oder tat Elia es, um ihn trotz alles Vorhergegangenen vor dem Volke als Landesherrn und König zu ehren? Oder sollte Ahab durch die Begleitung Elias gerade jetzt, wo er zu seinem gottlosen Weibe ging, sich bewußt werden, daß Gottes Auge auf ihn gerichtet blieb? Oder wollte Gott dem König noch eine besondere Gnade erweisen, damit er jetzt, wo er wieder unter den verderbenden Einfluß Isebels kam, diesem nicht, ohne Hilfe in seiner Nähe zu haben, preisgegeben sei?

Eins wissen wir sicher, Elia ging diesen Weg nicht nach seinem eigenen Willen. Die Hand des HErrn kam über Elia und gab ihm die Kraft für diesen nicht leichten Weg. Wir können hieraus lernen, daß das Wort: „Ehret den König!“ (1. Petr. 2,17) nicht seine Gültigkeit verliert, auch wenn derselbe ein Ahab oder ein Nero ist -, daß wir unseren Feinden zu dienen haben nach dem Worte Salomos: „Wenn deinen Hasser hungert, speise ihn mit Brot, und wenn ihn dürstet, tränke ihn mit Wasser; denn glühende Kohlen wirst du auf sein Haupt häufen, und Jehova wird dir vergelten.“ (Spr. 25,21.22) Solange Gottes Langmut währt, laßt uns die Gelegenheit benutzen, auch Gottlosen durch Worte und Werke der Liebe die Gnade Gottes nahezubringen!

A. v. d. K.

Eden und Gethsemane.

Zwei Gärten, die Schauplätze gewaltiger Geschehen gewesen sind, sollen im folgenden ein wenig betrachtet werden.

„Himmel und Erde vollendet waren samt ihrem ganzen Heer“, hatte Er auch am sechsten Tage die Schöpfung gekrönt durch die Erschaffung des Menschen nach dem Bilde Gottes. Nun war alles nach Seinem Urteil „sehr gut“, und Gott ruhte am siebenten Tage. (1. Mos. 1,26ff.31; 2,7 und 1) Wie einfach für die Geliebten Gottes, sie brauchen sich um den Streit der Meinungen um Ursprung und Herkunft des Menschen nicht zu kümmern; für sie, denen Gottes Wort mindestens ebensoviel und mehr gilt wie Auffassung oder Lehrmeinung irgendwelcher Forscher und Denker, ist die Fragen einfach und schlicht gelöst; denn aus dem Munde Gottes wird zum ersten Male das Wort „Mensch“ ausgesprochen. Unser Ursprung liegt sonach in Ihm Selbst, durch dessen Machtwort wir ge- und erschaffen sind. Gott, der HErr, bereitete einen Garten und gab ihn den nach Seinem Bild geschaffenen Menschen zum Aufenthaltsort. (2,8)

Im Garten von Eden wird dem Menschen auch die Gehilfin bereitet, die ihm von Gott gegeben wird. Im Garten fanden die nach dem Ebenbild Gottes geschaffenen Menschen alles, was sie an Bequemlichkeiten benötigten, darüber hinaus auch reichlich „tägliches Brot“. Von allen Bäumen des Gartens durften sie essen und sich freuen, daß ihnen alles untertan war, alles geschaffen um ihretwillen. Den Garten zu bauen und zu bewahren war nach der Anweisung Gottes die dem Menschen gestellte Lebensaufgabe. Neben solcher gesegneten Freiheit lag in den von Gott gegebenen Anweisungen nur eine Beschränkung. „Von dem Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, mußt du unbedingt sterben“, so hatte Gott, der HErr, angeordnet und befohlen.

Allein, der Leser kennt ja jenen traurigen Ausgang. Die Schlange vermochte es, Zweifel am Gebote Gottes in die Herzen der ersten Eltern zu legen, und in dem „Sollte Gott gesagt haben“ lag der Weg der Sünde. Das Nichtbleiben bei dem Worte Gottes wurde die Ursache zur Sünde und ist es geblieben durch die jahrtausendlange Menschheitsgeschichte.

Eden wird nunmehr der Schauplatz des Sündenfalles, der die Ausweisung der Menschen aus paradiesischer Herrlichkeit zur Folge hat. Hinfort mußte der Mensch von dem verfluchten Acker mit Mühe sein Brot essen im Schweiße seines Angesichtes, hinfort mußte das Weib Kinder gebären mit Schmerzen. Mit dem Fluche beladen, verlassen beide das Paradies, das ihnen von

Gott Selbst bereitet war. Eden ging somit verloren, und seitdem war zwischen Gott und (Seinem Ebenbild) Mensch die Sünde getreten. Hinfort war der Verkehr zwischen Gott und den Menschen nur bedingt möglich. Die Sünde wurde zur Scheidewand zwischen Geschöpf und Schöpfer.

Im Zustand der Sünde verlor sich das Menschengeschlecht mehr und mehr. Bald konnten sie sich auch in ihrer Sprache nicht mehr verstehen. Sündenherrschaft machte sich geltend, und die Menschen wurden, weil los von der Bindung zu Gott hin, immer mehr in ihren Bannkreis gezogen. Alle Versuche, die Gott, der Herr, um das gefallene Menschengeschlecht zu seiner Errettung und Umkehr unternahm, sie blieben ohne ersehnte und für die Menschen befreiende Wirkung. Gott sandte Richter und Könige und Propheten, alle mit dem gleichen Auftrage, die Menschen zur Umkehr zu bewegen. Allein, entweder verhallten die Mahnungen zur Buße gänzlich, oder aber sie hatten eine nur ganz bedingte und in der Beziehung zum Menschengeschlecht nur unbedeutende Wirkung. Es blieb bei dem durch die Ausweisung aus dem Garten Eden bewirkten Getrenntsein von den Segnungen Gottes.

Die Menschheit schmachtete mehr und mehr unter der Sündenherrschaft. Mochte auch das Sehnen und Verlangen nach den Segnungen Gottes oft deutlich hervortreten, es wurde von den gefallenen Menschen kein Weg gefunden und gezeigt, auf dem ein Nahen zu Gott möglich gewesen wäre. Der Mensch konnte und mußte infolge des Ungehorsams die Segnungen Gottes verlieren, fand jedoch keinen Weg zurück zu Gott. Das ist eine gewaltige Sprache, die uns von dem ersten Garten dieser Erde redet: Gefallen, abgeirrt, los von Gott - durch eigene Schuld.

Jahrtausende vergehen. Noch immer bemüht sich die Menschheit um einen Aufstieg. Vergebens! Als aber die Zeit erfüllet ward, da begann Gott zu reden und zu handeln. Wohl mußte Gott, der HErr, gemäß Seiner Heiligkeit das Verbleiben in dem Garten von Eden versagen; allein Seine Liebe zu Seinen nach Seinem Bild geschaffenen Menschen hörte damit nicht auf.

Wieder ist es ein Garten, in dem sich Gewaltiges ereignet und noch Gewaltigeres vorbereitet, in Art und Weise ganz anders als der paradiesische Zustand Edens. Die Schrift teilt uns Näheres

Garten kam mit Namen Gethsemane. (Matth. 26,36) In diesem Garten kämpft der HErr einen überaus schweren und ernsten Kampf. Dort liegt Er auf Seinen Knien im heißen Gebetskampf. Betrübt bis zum Tode ist Er. Das Ihm bevorstehende Gericht der Sündenschuld einer gefallenen Menschheit drückt Ihn zu Boden. Den Beistand Seiner Jünger findet Er in dieser so bedrängten Stunde nicht, ihre Augen sind voll Schlafes. Jener Kampf, der schwerste seiner Art - endet mit der inneren Gewißheit der baldigen Vollendung, des baldigen glorreichen Sieges. Mit dem „so geschehe Dein Wille“ (V. 42) richtet Sich der HErr auf, um wenige Augenblicke später von Judas verraten zu werden.

Gethsemane ist der Garten von ewigkeitsgeschichtlicher Bedeutung! Der HErr kämpft hier um die Erlösung einer gefallenen Menschheit, d. h. Er legt durch Seinen Gehorsam bis zum Tode, ja, zum Tode am Kreuze, den Weg zu Gott frei. Sein vollkommener Sieg wurde uns allen, die wir an Ihn glauben, die Ursache zum ewigen Leben.

Joh. 3,16 sagt uns, daß wir, die wir an Ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern ewiges Leben haben. Was Menschen nicht vermochten und auch heute nie vermögen, das tat Gott durch Seinen geliebten Sohn, unseren Herrn Jesus Christus. Nun kann Er wieder mit uns verkehren und wir mit Ihm auf der Grundlage der Erlösung durch Sein Blut. Was uns mit der paradiesischen Herrlichkeit Edens verlorenging, ist uns im siegreichen Gebetskampf in Gethsemane und im Tragen unserer Schuld am Kreuze auf Golgatha in ungleich herrlicherer Weise wiedergeschenkt. In beiden Fällen waren es Liebeserweisungen Gottes uns Menschen gegenüber. Möchte es dem HErrn gelingen, uns willig zu machen, an der von Ihm vollbrachten Erlösung teilzunehmen durch gläubige Hingabe und Übergabe!

Im Lichte Edens werden wir beurteilt nach unseren Werken, empfangen wir, was unsere Taten wert sind; im Lichte Gethsemanes und Golgathas ist uns Gottes Liebe im größten Ausmaß angeboten: Gnade, Friede und ewiges Leben! Preis sei unserem Gott und unserem Herrn Jesus Christus!

H. B., U.

Auserwählte Gottes, Heilige und Geliebte.

(Kol. 3,12)

Auserwählte Gottes. Unser Herr Jesus sprach nach Joh. 15,16: „Ihr habt nicht Mich auserwählt, sondern Ich habe euch auserwählt und euch gesetzt, auf daß ihr hingehet und Frucht bringet ...“ Von Ihm, unserem HErrn und Gott, ist alles ausgegangen. Er hat uns auserwählt. Nicht von uns ist das Werk in uns ausgegangen. Wir, von Natur tot in Sünden, hatten kein Verlangen nach Ihm, aber Ihn verlangte nach uns, und Er erwählte uns für Sich.

Bei der Auserwählung hat der HErr einen gewissen Zweck und ein Ziel mit uns vor, nämlich: „das Fruchtbringen“. Die Rebe, die am Weinstock ist, soll Frucht bringen. Dazu ist sie da. Sie ist nicht für sich selbst da, sondern zum Nutzen und zur Ehre des Gärtners. Das Obstbäumchen, das irgendein Gärtner erwähIt und veredelt und pflanzt, hat nur den Zweck, dem Gärtner zu dienen. Das Gefäß, welches der Töpfer bildet, soll lediglich zur Ehre des Töpfers gereichen, nicht zur Ehre des Gefäßes.

Wir finden in der Schrift wiederholt mit der Auserwählung auch den Zweck verbunden. So lesen wir außer der erwähnten Johannesstelle in 1. Petr. 2,9: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ... damit ihr die Tugenden Dessen verkündigt, der euch berufen hat“, und in Eph. 1,4: „Wie Er uns auserwählt hat in Ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und tadellos seien vor Ihm in Liebe“. Und dieses alles soll dienen: „zum Preise Seiner Herrlichkeit“. Nicht dem Geschöpf, auch wenn es noch so sehr gesegnet ist, gebührt die Ehre und Herrlichkeit, sondern dem Gott, durch Den es ist.

Die Auserwählung ist ein Gnadenakt unseres Gottes. Deshalb gebührt auch Ihm allein die Ehre. Bei diesem ist aber keineswegs die Verantwortung des Menschen ausgeschlossen. Das zeigen uns viele andere Schriftstellen. Wenn wir es auch nicht völlig zu erfassen vermögen, so dürfen wir doch Gott „glauben“. Siehe auch Röm. 8,29! - Auserwählte Gottes - welche Gnade und

das Los ist uns gefallen aufs Lieblichste. Unserem Gott und Vater und unserem HErrn sei Dank und Anbetung!

Heilige. Durch die Auserwählung, die mit der Bekehrung ihren Ausdruck gefunden hat, sind wir auch Heilige geworden. Mit dem kostbaren Blute unseres HErrn sind unsere Herzen durch den Glauben besprengt und gereinigt und geheiligt worden. Wir sind abgewaschen, wir sind geheiligt, wir sind gerechtfertigt worden in dem Namen des Herrn Jesus und durch den Geist unseres Gottes. (1. Kor. 6,11) Das ist das Werk unseres Gottes. Er hat uns zu Heiligen gemacht ohne unser Verdienst. Er hat uns versiegelt durch Seinen Geist, und wir sind nicht mehr von der Welt, obgleich wir noch in dieser leben. Als solche, die mit dem lebendigen Gott in Verbindung gebracht sind, sind wir auch befähigt worden, Frucht für Ihn zu bringen. Unsere Aufgabe ist nun, auch gemäß dieser Sonderstellung uns als solche zu erweisen, die abgesondert sind für Gott. Wir sollen praktisch heilig sein in allem Wandel. „Seid heilig, denn Ich bin heilig“, so sagt Gott in Seinem Wort. Früher war unser Leben ein weltliches, jetzt ist es himmlisch eingestellt. Früher lebten wir in der Sünde, jetzt haben wir unsere Heiligkeit zu vollenden in der Furcht Gottes. „Haltet euch der Sünden für tot, Gott aber lebend in Christo Jesu.“ (Röm. 6,11) Früher waren wir Finsternis, jetzt sind wir Licht in dem HErrn. Ja, wir sollen durch Wandel und Wort Lichter sein in dieser Finsternis - Zeugen für unseren HErrn.

Füllen wir unseren Platz als Heilige in dieser Welt aus? Jagen wir dem nach, was wir sein sollten? Wie leicht werden wir in die politische und religiöse Welt hineingezogen! Jakobus schreibt ein Wort, das uns zur ernsten Wachsamkeit treiben sollte: „Ihr Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist? Wer nun irgend ein Freund der Welt sein will, stellt sich als Feind Gottes dar.“ (Jak. 4,4)

Heilige vor Gott sind wir durch die Gnade unsere HErrn, Heilige in unserem Wandel möchten wir mehr und mehr werden. Dazu verhelfe uns der HErr!

Geliebte. Wir sind nicht nur Auserwählte Gottes und Heilige, wir sind auch Geliebte. Nichts erquickt und tröstet unsere Herzen mehr als das Bewußtsein: Ich werde geliebt; ich werde

Heiligen Geist.“ Gottes Liebe gegen uns ist erwiesen darin, daß Christus für uns starb. (Röm. 5,5.8) „Größere Liebe hat niemand, als diese, daß jemand sein Leben läßt für seine Freunde.“ Dieser „Jemand“ ist unser HErr, und diese Freunde sind wir und sollen wir werden mehr und mehr. Wenn uns diese Liebestat lebendig vor der Seele steht, dann ist uns auch Seine Liebe groß. Doch nicht nur am Kreuze kommt die Liebe zu uns zum Ausdruck, sie kommt auch zum Ausdruck in dem Hohepriestertum unseres HErrn. Wenn wir straucheln, so bringt uns Seine Treue und Seine Lieber wieder zurecht. Und in bezug auf die Bedürfnisse unseres Lebens sorgt Seine Liebe für uns. Ja, Er ist besorgt für uns. Welch ein Ausdruck Seiner Liebe und Treue ist doch dieses Wort in 1. Petr. 5,7!

Die Liebe unseres Gottes besteht nicht nur in Worten, sondern in der Tat und Wahrheit. „Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen.“ „Gott ist Liebe.“ Wie oft hat uns auch das Wort unseres HErrn erquickt: „Der Vater Selbst hat euch lieb.“ (Joh. 16,27) Welch ein Ausdruck Seiner Liebe liegt auch in der Fülle der geistlichen Segnungen, die Er uns zugedacht hat! Ihm sei ewig Dank! - „Lasset uns Ihn lieben, denn Er hat uns zuerst geliebet.“ (1. Joh. 4,19 - Luth.)

Der HErr spricht in Seinem Gebet Joh. 17,24: „Vater, Ich will, daß die, welche Du Mir gegeben hast, auch bei Mir seien, wo Ich bin, auf daß sie Meine Herrlichkeit schauen, die Du Mir gegeben hast ...“ Die Liebe des Vaters hat den Sohn mit einer Herrlichkeit gekrönt, die wir jetzt nicht erfassen können. Und diese sollen wir schauen, sollen mit teilhaben an der Freude des Sohnes. „Gleichgestaltet Seinem Leib der Herrlichkeit“, sollen wir eingeführt werden in den Kreis der ewigen Liebe. - „Geliebte Gottes“ zu sein - welch eine Gnade! Anbetung sei unserem Gott und Vater und unserem Herrn Jesus Christus!

O. D.

Frage und Antwort

Frage 9

Was für einen praktischen Wert hat für uns die Völkertafel 1. Mose 10

a) im Hinblick auf das Verständnis der Heiligen Schrift;

b) für die heutige bzw. die Endzeit?

Antwort zu a)

Stellen wir uns vor, nach Kap. 9,29 ginge die Erzählung mit 11,1 weiter: Wir wären nicht überrascht. Die ersten neun Verse empfänden wir als eine Mitteilung darüber, wie die Sprachen entstanden sind, und Vers 10 nähmen wir ohne weiteres als Weiterführung des Gedankens auf, daß in Verbindung mit einem Lobpreis Jehovas, 9,26, gesagt worden war, Jehova sei der Gott Sems. Von Japhet ist das nämlich nicht gesagt; von Ham natürlich erst recht nicht. Von Sem aber stammt das Volk Israel ab.

Dann stellen wir uns weiter vor, wie viele Male wir beim Lesen der übrigen Bücher des A. T. fragend vor dem oder jenem Namen einer Nation stehen würden und gerne etwas über ihren Ursprung wüßten!

Oder wir läsen in 5. Mos. 32,8: „Als der Höchste das Erbe austeilte den Nationen, als Er voneinander schied die Menschenkinder, da stellte Er fest die Grenzen der Völker nach der Zahl der Kinder Israel“: Wüßten wir da nicht gerne Bescheid über diese Nationen und Völker? Oder schon gleich nachdem wir in Kap. 11 des 1. Buches bis zu Abram weitergelesen hätten, dann zu Isaak, Jakob, Joseph kämen, würden wir nicht fragen: Wo kommen die Ägypter, die Kanaaniter, die Philister her?

Beim letzten Spruch Bileams 4. Mos. 24 wären wir in Verlegenheit bezüglich der Küste von Kittim und bezüglich Assurs. Und wenn wir erst zu den Propheten kommen und da in gewissen Abschnitten die Weltgeschichte teilweise oder ganz vor uns ausgebreitet finden, wie alles in Beziehung zu dem Volke Jehovas steht, wie Nationen kommen und verschwinden: Kämen wir

stehenden, weil der Ursprung doch vielfach den Volkscharakter sich auf der und der Linie entwickeln läßt? Sagen wir doch auch: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, was sowohl für Einzel-Persönlichkeiten wie für Völker- und Sippschaften wahr ist. Und dieweil die vielgestaltige Geschichte Israels und der Nationen im A. T. ihren Ausgangspunkt im prophetischen Segen Noahs über seine drei Söhne hat, so stünden wir gar oft vor einem Rätsel, das sich hören läßt, wenn wir die Völkertafel zu Rate ziehen.

*

Zu b)

Es ist zunächst interessant, daß dies Kapitel bis ins N. T. hineinreicht: Es bezeugt die Einheit des Menschengeschlechts, wie Paulus auf dem Areopag in Athen von dieser Einheit spricht und ausdrücklich hervorhebt, daß Gott, der Schöpfer der Welt und Herr des Himmels und der Erde, jede Nation gemacht und verordnete Zeiten und die Grenzen ihrer Wohnung bestimmt habe. (Apgesch. 17,24ff.) Dies ist nichts anderes als die Ausweitung von 1. Mos. 11,8.9 und 5. Mos. 32,8. Die Aufstellung der Völkertafel ist eine Vorwegnahme dessen, was auf Kap. 11,1-9 folgte. Denn wenn der Anfang des Reiches Nimrods Babel war, so mußte dieses zuerst da sein; und aus 11,10-16 in Verbindung mit 10,25 kann berechnet werden, wann ungefähr die Zerstreuung und die Entstehung Babels stattfand. Noah und seine Söhne lebten noch lange nach der Entstehung Babels, Noah wohl über 200, Sem wohl über 350 Jahre.

Ferner ist bemerkenswert, daß nur von gewissen Söhnen Noahs weitere Nachkommen aufgezählt werden, so daß man denken muß, diese seien deswegen besonders genannt, weil sie irgendwann und irgendwie mit Israel in Berührung kommen würden. In der vergangenen Geschichte Israels war es auch so; in der kommenden wird es wieder so sein.

Für die heutige Zeit ist deutlich, daß entsprechend dem Segen Noahs die führenden Nationen der Welt Japhetiten sind. Wie wüßten wir es, wenn wir die Völkertafel nicht hätten? Die Identifizierung der Nationen der Tafel kann hier aus Raummangel nicht gegeben werden. Sie ist

gegeben: Von Japhet stammten ab die Meder, Griechen, Römer, Russen, Germanen, Gallier und Briten, von Ham: die Ägypter, Afrikaner, Babylonier, Philister und Kanaaniter, von Sem: die Hebräer, Perser, Assyrer und die Araber.

Die Welt hallt heute wider von Bündnissen, Pakten usw. der Nationen. Übersehen wir nicht, daß der Anlaß zur Bildung der Nationen der versuchte Pakt von 1. Mos. 11,4 war! Alles wiederholt sich in der Welt, wie es der Prediger in seinem Buche sagt. So werden auch die Nationen von 1. Mos. 10, die zum Teil wie die zehn Stämme Israels verschollen sind, ihre nationale Auferstehung direkt oder durch die Bewohner ihrer einstigen Wohnsitze erleben, erleben sie zum Teil vor unseren Augen und werden in dem großen Zusammenprall der Völkermassen in der Endzeit, mit dem uns die Bücher der Propheten und gewisse Psalmen und die Offenbarung bekannt machen, auf dem Plane sein.

Nehmen wir als Beispiel den 83. Psalm. Wer mit den Psalmen vertraut ist, weiß, daß sie prophetisch sind, gerade die Serie der Psalmen Asaphs von 73 bis 83 trägt den Beweis davon an der Stirn. Hatte etwas dem in Psalm 74 ähnlichen zu Asaphs Zeit schon stattgefunden? So ist auch ein Pakt wie der in Ps. 83, in dem Assur vorkommt, zur Zeit Asaphs nicht dagewesen. Zur Zeit des Königs Josaphat, 2. Chron. 20, könnte es scheinen, als sei es das gewesen; aber die im Psalm genannten Philister, Tyrer und Assur waren nicht dabei. Es muß schon dabei bleiben, daß der Psalm auf die Endzeit geht, mochte auch ein teilweises Muster davon schon dagewesen sein. Die Schriften der Propheten lassen erkennen, daß es solches in der Endgeschichte Israels und der Nationen geben wird. Heute schon sind rund um Palästina die Ansätze dazu da.

Aus den Propheten sei erwähnt, daß Mizraim (Ägypt.) und [As]-Syrien (Assur und Aram) in ihren Herrschern als Könige des Südens und Nordens erscheinen, auch in der Endzeit, Daniel 11; für dieselbe Zeit wird auch Griechenland (Javan, Ionien) ausdrücklich genannt, Sach. 9,13.

Und dann sei noch der allerletzte Bund von Nationen angeführt! Ihre Namen werden genannt. Die Zeit ist die, da der vom Himmel mit Seinen Heerscharen herniedergestiegene HErr die

und Süden vernichtet haben wird, Offenb. 19; Dan. 11,36ff. Sein Land, das „Land der Zierde“, wird den Anfang Seiner Königsherrschaft erlebt haben und befriedet sein. Da erscheint noch einmal ein Feind aus dem äußersten Norden. Siehe Hes. 38 und 39. Da finden wir Nationen genannt, die von allen drei Söhnen Noahs herkommen. Japhetiten: der Anführer, Fürst von All-Russia: „Rosch, Meschek und Tubal, vom Lande des Magogvolkes.“ Rosch, abgekürzt aus [Ti-]Ras. Meschek und Tubal: Moskau und Tobolsk (?), ursprünglich Völkerschaften im Bereich und jenseits des Schwarzen und Kaspischen Meeres, [Tog]-Arma: gekürzt zu Armenien. Semiten: Perser. Hamiten: Kusch (Äthiopien) und Put.

Es ist festzustellen, daß die Völkertafel in ihren Besonderheiten, Erwähnung oder Nichterwähnung von Nachkommen Noahs im dritten oder vierten Glied, nicht nur auf 5. Mos. 32,8 zurückzuführen ist, sondern auch auf die im Worte Gottes verheißene, dereinstige endgültige Wiederherstellung Israels in seinem Lande.

Die Schrift hat noch immer Recht behalten, auch in ihren unwahrscheinlichsten Feststellungen. Sie wird auch in dieser Feststellung Recht behalten.

Ob in der Völkertafel die Zahl 70 der Völker, die herauskommt, wenn man die Hauptäste der Familien mit den Abkömmlingen (bei Japhet 7 + 7 = 14, bei Ham 4 + 26 = 30, bei Sem 5 + 21 = 26) zusammenzählt, etwas mit der dreimal genannten Zahl 70, als wie viele Jakob nach Ägypten kam (1. Mos. 46,27; 2. Mos. 1,5; 5. Mos. 10,22), zu tun hat, lasse ich als fraglich samt der daraus gezogenen Folgerung dahingestellt.

„Die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste.“ (2. Petr. 1,21)

F. Kpp.

Gedanken über Apgesch. 7,54-60.

Zu dieser Stelle, die uns Gläubige stets aufs neue ergreift, so oft wir sie lesen, ist mir unter

vielen eins so besonders köstlich: daß wir in ihr ein eigentümlich schönes Beispiel haben von der erst viel später uns geschenkten Belehrung über das Verwandeltwerden in des Herrn Jesu Bild nach 2. Kor. 3,18. Nämlich in Vers 59 und 60 finden wir ganz deutlich die Gesinnung Jesu, und zwar entspricht Vers 59 dem Wort des HErrn am Kreuz nach Luk. 23,46: „Vater, in Deine Hände übergebe Ich Meinen Geist“, und Vers 60 der ebenfalls am Kreuz ausgesprochenen Bitte des Heilands: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!“ (Luk. 23,32-34) Daß bei dem HErrn diese Worte in umgekehrter Reihenfolge (und zwar als letztes und erstes Wort am Kreuz!) erfolgten und daß sie sich betreffs ihrer Tiefe und Breite, Länge und Höhe weit über die des Stephanus erhoben, zeigt die Vollkommenheit des Menschen Christus Jesus gegenüber dem Menschen Stephanus. Aber dieser beweist uns, daß es herrliche, köstliche Tatsache ist mit der Verwandlung in des HErrn Bild, wenn die Vorbedingung derselben unser Teil ist: „Das Anschauen der Herrlichkeit des HErrn.“ Er hatte in seinem Leben also hineingeblickt, und besonders seine Todesstunde gibt uns davon ein liebliches Zeugnis in Vers 55. Und hierzu noch eins, was mir wertvoll zu sein scheint: „Wann schaute Stephanus gen Himmel - als er unter den Steinwürfen zusammenbrach, also in der höchsten Todesnot, oder schon vorher? Nicht wahr, der Heilige Geist berichtet uns, daß er vorher seinen Blick aufwärts gerichtet hielt, daß er „voll Heiligen Geistes unverwandt gen Himmel schaute!“ Welch gesegnetes Tun!

Meine geliebten Geschwister! Ist das unsere Übung? Oder sind erst die Not, die Kriegsnot, höchstes Leid, Krankheit, Tod vor Augen unsere Lehrmeister im Schauen gen Himmel? Sicher werden wir auch dann etwas von Ihm sehen, und Er wird uns nicht enttäuschen; aber Er ist es wert, daß wir auf Ihn schauen zu aller Zeit, auch in guten Tagen, daß unsere Blicke sich wegkehren von dem Wesen der Welt in jeder Hinsicht, dem HErrn in der Herrlichkeit aber zugewandt sind, und wir mehr und immer treuer werden. (Hebr. 12,1-3) Daß wir mehr in der Gesinnung des Paulus stehen nach Phil,1,21 oder auch den beiden Menschen in Luk. 2,25-38 gleichen! Welch Gewinn für Zeit und Ewigkeit ist diese Gesinnung! Es ist die Gesinnung, die auch in Christo Jesu. war; es ist Sein Wesen, Sein Verhalten auch in Seiner Erdenlaufbahn gewesen, zu aller Zeit mit dem Vater in Verbindung und Gebetsverkehr zu leben. Ganz besonders schön offenbart uns dies Joh. 16,33 - 17,1ff.!

Möchten wir doch lernen von Stephanus, uns hineinverwandeln zu lassen in des Herrn Jesu Bild durch das Anschauen Seiner Herrlichkeit! „Laßt uns Gnaden haben“ (Hebr. 12,28), diese böse Zeit auszukaufen durch treues Zeugen von Ihm und für Ihn, der uns liebt und Sich Selbst für uns gegeben hat (Eph. 5,1-21); aber laßt uns nicht vergessen, durch Gnade den Blick fest auf Ihn gerichtet zu haben zu aller Zeit, in Freud und Leid, damit unser Sinn und Wesen in Seines hineingebildet unserem mündlichen Zeugnis entspricht und früher oder später unser Heimgang - wie Er will (Joh. 21,22), so oder so, ob ehe Er kommt oder dann, wenn Er kommt - ein Triumph sei, ein herrlicher Sieg, „ein reichlicher Eingang in das ewigem Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus“ (2. Petri 1,11)!

F. K. †

Der gefangene Adler.

Als ich kürzlich in S. war, bot sich mir ein wehmütiger Anblick. Ich sah einen großen Adler in einem großen eisernen Käfig. Die Sonne, die strahlend am Himmel stand, schien ihm zuzurufen, sich doch von der Erde aufzuschwingen und sich in seinem natürlichen Element zu bewegen und zu erfreuen. Und gleichsam dieser Einladung folgend, wandte er seine Augen der Sonne zu, breitete seine gewaltigen Schwingen aus und setzte zum Fluge an. Dann aber, man sah es ihm an, wurde er sich der eisernen Stäbe bewußt, die ihn zu einem Gefangenen machten. Der königliche Vogel senkte seine Flügel, neigte seinen Kopf in deutlich wahrnehmbarer Enttäuschung und Beschämung. Mit wachsender Teilnahme beobachtete ich den armen gefangenen Vogel an diesem lieblichen Sommernachmittag. Immer wieder, wenn er nach der Sonne schaute, blitzte das Licht in seinen Augen auf und hob er die Flügel in vergeblichem Bemühen, sich in die Lüfte zu schwingen. Und ebensooft sanken seine Flügel wieder herab, beugte er den Nacken mit den Zeichen einer Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit, wie ich sie kaum jemals gesehen habe. Und doch lag das Sehnen nach Freiheit so deutlich in seinen blitzenden Augen, und seine ausgestreckten Schwingen bezeugten, daß er auch die Fähigkeit hatte, sich in der Freiheit zu bewegen. Nur der Käfig war

es, der ihn trotz seines Verlangens und seiner Kraft zu einem Gefangenen machte.

Der gefangene Vogel wurden mir zu einem Gleichnis. Er redete zu mir von Gläubigen - und ach, wie viele mag es geben - die das Sehnen nach den himmlischen Dingen, die ihnen gehören, im Herzen tragen und auch die Fähigkeit besitzen, in ihrem Sinnen und Denken dort zu leben, wo ihr wahres Leben ist, denn der Heilige Geist wohnt in ihnen. Und doch wissen und kennen sie kaum etwas von dem wirklichen Genuß der himmlischen Dinge. Vielleicht haben etliche sie einst geschmeckt, aber jetzt nicht mehr, weil sie von der Welt gefangengehalten werden.

Und was ist das für ein Käfig, der sie gefangenhält? Der Käfige, die der Teufel hat, sind viele. Manche Gläubige sind im Käfig der ungöttlichen Verbindungen um irdischer Vorteile willen. Andere sind von der Freundschaft der Welt umschnürt, und ihr Herz ist durch Untreue verengt. Die Gläubigen in Korinth waren in diesem traurigen Zustand, als Paulus ihnen schrieb: „Ihr seid nicht verengt in uns, sondern ihr seid verengt in eurem Innern.“ (2. Kor. 6,12)

Wieder andere sind fleischlich gesinnt und vom Fleische gefangengehalten, Sie haben vergessen, daß wir nicht Schuldner sind dem Fleische, „um nach dem Fleische zu leben, denn wenn ihr nach dem Fleische lebet, so werdet ihr sterben.“ (Röm. 8,12.13) Sie sind von der Lust des Fleisches umstrickt. Die Dinge, mit denen sie einmal tändelten und spielten, wurden zur Gewohnheit, und als sie wünschten, frei davon zu werden, entdeckten sie, daß sie Gefangene geworden waren. Andere sind gleich denen, über welche der Apostel weinte, die auf das Irdische sinnen. Auch Geldliebe ist ein schrecklicher Käfig. Alle diese armen Gefangenen werden in ihrem engen Käfig festgehalten, und in ihrem Begehren nach den irdischen Dingen haben sie ihre Freude an den himmlischen Dingen verloren.

Die Erfahrungen dieser Gläubigen gleichen der des gefangenen Adlers. Sie besuchen die Versammlungen, und sie hören das Wort des HErrn. Ihre Herzen werden berührt, und sie heben ihre Augen auf und schauen den Glanz der Herrlichkeit des HErrn, und das Verlangen nach jenen Dingen, von denen sie wissen, daß sie ihnen gehören, wird lebendig in ihren Herzen.

Herzen. Sie mögen ihren Herzenszustand vor anderen verbergen, sie selbst aber müssen sich die Vollständigkeit ihrer Niederlage gestehen. In Reue und mit neuen Vorsätzen und Gebeten wälzen sie sich schlaflos auf ihrem Bett, und ist der neue Tag gekommen, so sehen sie wieder, daß all ihre Vorsätze vergeblich waren. Die Lockungen, mit denen der Teufel sie einst verführte, waren zu einem Käfig geworden, der sie eisern gefangenhält. Sie, die der HErr freigemacht, sind wieder Gefangene, und fast zweifeln sie, daß die geistliche Freude und Freiheit jemals wieder ihr Teil werden wird.

Ich bin überzeugt, daß das, was ich hier schreibe, die bittere Erfahrung einiger ist, die es lesen, und daß in ihrem Herzen sich die bange Frage erhebt: „Gibt es noch einen Weg der Befreiung für mich?“ Ja, es gibt einen, denn der HErr ist barmherzig und gnädig. Gnade ist es, die uns im Anfang Errettung und Befreiung schenkte, und Gnade ist es, die uns wieder zur Freiheit führen kann, wenn wir sie verloren haben. So schrecklich auch der Rückfall gewesen sein mag, Gott bleibt der Gott aller Gnade. Er ist gut und zum Vergeben bereit und groß an Güte gegen alle, die Ihn anrufen. (Ps. 86,5) Das heißt aber nicht, daß Er über die Sünden Seiner Kinder leicht hinweggehe, als seien sie nichts, sondern daß es in dem Herrn Jesus Christus eine volle Sühnung und Befreiung für alle gibt.

Aber auch auf der Seite des Verstrickten und Gefallenen bedarf es eines erwachten und geübten Gewissens. Jene Tränen der Nacht und Seufzer der Reue zeigen, daß das Leben der Seele nicht erloschen ist. Furchtbar aber ist der Zustand, wenn das Gewissen verhärtet und die Seele das Empfinden für die Sünde verlor. Wenn aber die Seele von Herzen Leid trägt über den traurigen Fall, so beweist dies, daß ein treuer Sachwalter bei dem Vater und der Heilige Geist in dem Herzen tätig sind, und die Seufzer des Gefangenen steigen empor zu Gott. (Ps. 79,11) Welch ein Trost ist dies für das reuige Herz!

Natürlich kann es keine Befreiung geben, wenn nicht ein wirkliches Verurteilen und Drangeben des Bösen in Wahrheit und vom Herzen aus stattfindet. Es war das Herz, das zuerst verlockt und verstrickt wurde, und auch die Wiederherstellung muß vom Herzen aus beginnen. Das Böse kann aufgegeben werden unter dem Druck von Umständen oder der Furcht vor den

Folgen, aber es wird sicher wieder fortgesetzt werden, wenn die Furcht verschwunden und die Gelegenheit dafür sich wieder bietet. Dann aber werden die Gitter des Gefängnisses viel stärker sein als zuvor. Der Weg zur wirklichen Freiheit ist, daß das Herz von dem bösen Wege überführt und geheilt wird, und dieses geschieht durch die Erkenntnis des Kreuzes Christi und was es in sich schließt.

Das Kreuz Christi ist die Offenbarung der heiligen und gnadenvollen Liebe Gottes, und es redet zu uns von der Sühnung unserer Sünden - von Jesus Christus, dem Gerechten, der jeder Anklage wider uns begegnet. Die Sünden aus unserer unbekehrten Zeit und ebenso die Sünden nachdem fanden dort ihre Sühnung, und der Herr Jesus, der die Strafe für uns in jener schrecklichen Stunde am Kreuze trug, ist jetzt für uns in der Gegenwart des Vaters als unser Fürsprecher tätig. (1. Joh. 2,1) Erfassen unsere Herzen das vollkommene Werk Christi am Kreuz, dann stimmen auch wir in den Ruf des Apostels (Gal. 2,20) ein: „Ich bin mit Christo gekreuzigt, und nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir; was ich aber jetzt lebe im Fleische, lebe ich durch Glauben, durch den an den Sohn Gottes, der mich geliebt und Sich Selbst für mich hingegeben hat“, ja, selbst für mich, den unglücklichen Zurückgegangenen und Gestrauchelten.

Wer die wiederherstellende Gnade erfahren hat, der bezeuge auch anderen zur Warnung seine bittere Erfahrung, daß nie ein Gläubiger Befriedigung in fleischlichen Dingen finden kann, sondern nur Seelenkämpfe, Kummer, Schmerz und Leid. Mit jedem Sicheinlassen in Dinge, die den HErrn verunehren, räumen wir dem Teufel einen Vorteil über uns ein und vergeuden nicht nur die kostbare Zeit, für den HErrn zu wirken, sondern bringen uns in Gefahr, von dem Feinde gefangengenommen zu werden.

Gott hat Lust an der Wahrheit im Innern (Ps. 51,6), und diese muß Er bei uns finden. Kein Selbstbetrug darf in unserem Herzen vor Ihm sein, denn Er weiß alles und ist bereit, alles zu vergeben, wenn wir es Ihm bekennen. Und wenn wir gegen Menschen gefehlt haben, so haben wir auch denen, gegen welche wir gesündigt haben, es zu bekennen. David sagt: „Als ich schwieg, verzehrten sich meine Gebeine durch mein Gestöhn den ganzen Tag. Denn Tag und

Nacht lastete auf mir Deine Hand (welch treue Gottesliebe!); verwandelt ward mein Saft in Sommerdürre. Ich tat Dir kund meine Sünde und habe meine Ungerechtigkeit nicht zugedeckt. Ich sagte: Ich will Jehova meine Übertretungen bekennen; und Du, Du hast vergeben die Ungerechtigkeit meiner Sünde.“ (Ps. 32,3-5) Welch unvergleichliche Gnade enthüllen uns diese Worte! Gott antwortet auf das offene Bekenntnis der Wahrheit sofort mit Seiner Gnade. Ja, es ist Gnade Gottes, die das Herz zum Bekenntnis bringt, und Gnade Gottes, die dann sofort vergibt. Er ist treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.

Der erste Schritt zur Freiheit ist, daß das Herz dahin geführt wird, den eigenen traurigen Rückgang oder die Sünde des Falles zu erkennen und in dem Bewußtsein der unwandelbaren Gnade vor Gott in Demut zu bekennen. Alsdann dürfen wir uns Seiner vergebenden Gnade erfreuen und erkennen, daß, so wie allein die Gnade unsere Vergangenheit löschte, wir auch allein durch Gnade den Weg in Zukunft zu gehen vermögen. Der nie ruhende Feind wird stets neu versuchen, uns zu umstricken. In dem Bewußtsein unserer Kraftlosigkeit sollte die Bitte unseres Herzens immer wieder sein: „HErr, sei Du meine Kraft! Halte mich, bewahre mich!“ Denn unser törichtes und arglistiges Herz ist immer geneigt, den Einflüsterungen des Feindes Gehör zu geben. Unsere Sicherheit liegt in dem Sichbergen bei dem HErrn.

Eine andere Gefahr für das wiederhergestellte Herz besteht darin, sich zuviel mit der Vergangenheit zu beschäftigen, Der HErr sagt: „Ihrer Sünden und ihrer Gesetzlosigkeiten werde Ich nie mehr gedenken.“ (Hebr. 10,17) Dies sollte für uns eine solche Wirklichkeit sein, daß sie unserem Verhalten Richtung gibt. Wenn wir das Vergangene zurückrufen, so sollte es nur sein, um Gott für die Gnade zu preisen, mit der Er vergeben hat, und den, der uns soviel vergeben, auch viel zu lieben. Jedes Mit-sich-selbst-beschäftigt-sein ist unheilvoll und hindernd für unser inneres Wachstum, es gibt uns weder Kraft noch Freiheit; aber es kann, besonders wenn es ein tieferer Fall war, zu einer gefährlichen Neigung bei uns werden.

Die wahre Freiheit des Gläubigen liegt in der Freude am HErrn. Der Heilige Geist wohnt in jedem bluterkauften Kinde Gottes und befähigt es, in dieser herrlichen Freiheit zu leben. Wenn

ein Herz sich mit Abscheu und Ekel vom sündlichen Wege abkehrt und wieder Dem zuwendet, dessen Liebe sich nie verändert, so findet es die Stäbe seines Gefängnisses beseitigt, und es darf sich wieder der Freiheit der Kinder Gottes erfreuen. Der Gläubige kann seine Schwingen wieder emporheben wie ein Adler; kann laufen und nicht ermatten, gehen und nicht ermüden. (Jes. 40,31)

Vielleicht ist das ungleiche Joch - das einige gefangenhält - eine Ehe mit einem Ungläubigen; und davon können sie nicht befreit werden. Unendlich traurig sind solche Fälle; aber auch für solche ist Hoffnung. Auch hier muß der Ungehorsam dem ausdrücklichen Gebote des HErrn gegenüber bekannt werden, und die Gnade Gottes vermag dann das Herz zu befreien, selbst wenn der Käfig bleibt. Das demütige Herz wird sich beugen vor Gott und Seine züchtigende Hand anerkennen, und der Ehegatte, der nicht dem Worte gehorsam ist, mag gewonnen werden durch den Wandel ohne Wort. (1. Petr. 3,1)

Die Gnade unseres Gottes ist unsere Hoffnung und unsere Kraft. „Wo aber die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden.“ (Röm. 5,20) Sie ist größer als all unser Zukurzkommen, sie kann nie fehlen. Die Sünde soll nicht über uns herrschen, denn wir sind nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade. (Röm. 6,14) Bei dem HErrn ist Vergebung, damit Er gefürchtet werde. (Ps. 130,4)

Niemand aber denke, daß Vergebung und Befreiung auch zugleich die Befreiung von der züchtigenden Hand Gottes in sich schließe oder daß die uns zuteil gewordene Gnade uns davor bewahre, zu ernten, was wir gesät haben, oder daß Gott in Seiner Sorge über uns aufhöre, uns für Sich zu erziehen. Wenn wir dies erwarten, dann zeigen wir nur, daß wir unsere Zurechtweisung noch nicht verstanden haben. Wenn eine Seele wirklich wiederhergestellt ist, so wird sie demütig die Gerechtigkeit Gottes in allen Seinen Wegen und Führungen mit uns anerkennen und überströmen in Dankbarkeit für alle ihr zuteil gewordene Gnade.

J. T. M. - A. v. d. K.

Der Hauch Gottes.

„Und Jehova Gott ... hauchte in seine Nase den Odern des Lebens.“ (1. Mos. 2,7)

„Er hauchte in sie und spricht zu ihnen: „Empfanget Heiligen Geist!“ (Joh. 20,22)

„Den der Herr Jesus verzehren wird durch den Hauch Seines Mundes.“ (2. Thess. 2,8)

Aus der oben angeführten ersten Schriftstelle sehen wir, daß Gott dem aus dem Staube der Erde gebildeten Menschen den göttlichen Odem des Lebens einhauchte und derselbe damit eine lebendige Seele wurde. Solches geschah den Tieren nicht. Nur der Mensch empfing diesen Odem des Lebens aus Gott, ein Tier aber niemals.

Daraus ersehen wir, daß die Evolutionstheorie dem klaren Worte Gottes widerspricht. Dieses Leben hört niemals auf zu existieren und kann nicht vernichtet werden, denn es ist der Odem des Lebens aus Gott. Verschiedene Arten von Tieren haben im Laufe der Jahrtausende aufgehört zu sein, sie sind ausgestorben, der Mensch aber nicht.

Gott hat dieses Einhauchen niemals wiederholt, sondern angeordnet, daß dieser Odem des Lebens beständig fortgepflanzt werde von den Eltern auf die Kinder. Sogar Eva hat diesen Odem nicht neu von Gott bekommen, sondern sie wurde durch Adam desselben teilhaftig, denn sie wurde aus seiner Seite genommen. Du und ich, wir haben heute nichts anderes als den Odem Gottes, den Er damals in die Nase des ersten Menschen hauchte. Dieser Odem hat nie etwas von seinem Werte verloren. Ein Mensch kann das weder völlig verstehen noch erklären. Paulus sagte den Athenern, daß Gott Selbst allen Leben und Odem und alles gibt und daß

wir Gottes Geschlecht sind. (Apgesch. 17,25-29) Wenn nun der Körper vergeht, weil er durch die Sünde sterblich ist und wir dem Leben Gottes von Natur entfremdet sind, d. h. die geistliche Verbindung mit Gott durch die Sünde abgeschnitten ist, so vergeht doch dieser von Gott eingehauchte Odem niemals. Er existiert auf ewig. Über diesen großen Gegenstand schreiben

wir jetzt nicht, weil wir noch etwas über das zweite und dritte Hauchen zu sagen haben.

In der zweiten Stelle (Joh. 20,22) hauchte der Herr Jesus an dem Auferstehungstage in Seine Jünger. Nachdem Er das große Erlösungswerk vollbracht, gebraucht Er Seine wunderbare göttliche Kraft, Heiligen Geist in die Jünger zu hauchen. Nur Gott vermag dies zu tun, und niemals hat unser HErr aufgehört, Gott zu sein. Er, der um unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden ist (Röm. 4,25) - der im Anfang der Schöpfung in Adams Nase den Odem des Lebens hauchte -, hauchte jetzt als der Auferstandene aus den Toten Heiligen Geist - den Odem, die Energie eines neuen Auferstehungslebens - in die Jünger. Als der letzte Adam wurde Er zu einem „lebendigmachenden Geist“. (1. Kor. 15,45)

Dieser Hauch des auferstandenen HErrn ist nicht zu verwechseln mit dem persönlichen Herabkommen des Heiligen Geistes am Pfingsttage, als aus dem Himmel ein plötzliches Brausen geschah wie von einem dahinfahrenden gewaltigen Winde. (Apgesch. 2) An diesem Tage, als der Herr Jesus den Heiligen Geist vom Himmel ausgoß (Apgesch. 2,33), wurden die Gläubigen, wie wir wissen, in dem einen Geiste zu einem Leibe getauft (1. Kor. 12,13) und mit Kraft aus der Höhe angetan, Seine Zeugen zu sein. Von dieser Taufe hat Johannes der Täufer im Geiste geweissagt, und auch der Herr Jesus Selbst hat den Seinigen diese Verheißung gegeben, ehe Er gen Himmel fuhr.

Wie das Einhauchen des Odems des Lebens in die Nase des Menschen am Schöpfungstage nur einmal geschah und sich niemals wiederholte, so hat auch der auferstandene HErr nur einmal Heiligen Geist in Seine Jünger gehaucht. Und wie das natürliche Leben seinen Anfang hatte, als Gott den Odem des Lebens in Adam hauchte, so hatte auch das neue geistliche Leben seinen Anfang, als der Auferstandene - Gott geoffenbart im Fleische - in Seine Jünger Heiligen Geist hauchte.

Dieser Hauch des Geistes eines neuen Auferstehungslebens fand von den Jüngern aus seine Fortpflanzung wie das natürliche Leben von Adam aus seine Fortpflanzung fand. Niemals ist

ohne irgendwelche menschliche Vermittlung, ohne eine menschliche Stimme oder eine von Menschen geschriebene Schrift oder durch das vom Heiligen Geiste inspirierte (aber von Menschen geschriebene) Wort Gottes dabei tätig war. Also ohne menschliche Vermittlung ist es niemals geschehen.

Diese Tatsache beweist wieder die Einheit aller Gläubigen, denn niemand kann sagen: Ich bin ganz unabhängig von irgendeinem von Gott gebrauchten Menschen zum HErrn gekommen; oder: Ich habe den Hauch des Geistes unmittelbar vom Himmel erhalten. Wenn das wäre, so hätte mit einem solchen eine neue Familie, eine neue Gemeinde ihren Anfang gefunden. Doch der HErr hat nur einen Leib, und jedes Glied hat durch die Berührung mit dem vom HErrn den Jüngern eingehauchten Heiligen Geist seinen Anfang genommen und ist alsdann durch den Empfang des Heiligen Geistes dem einen Leibe hinzugefügt worden, ebenso wie auch der Lebensanfang jedes Gliedes der Menschheit auf den Hauch Gottes in Adams Nase zurückgeht. Es ist wichtig, bei dem „ersten“ und „zweiten“ - dem „alten“ und „neuen Menschen“ das Gleichartige und wiederum Gegensätzliche zu beachten.

Deshalb, so wie Gott bei der Schöpfung aus einem Blute jede Nation der Menschen gemacht hat, indem Er den Odem des Lebens in Adams Nase hauchte, so auch in dem Gebiete der neuen Schöpfung sind alle wahrhaft Bekehrten von dem Geisteshauch des Auferstehungslebens berührt - gezeugt und in einem Geiste zu einem Leibe getauft worden. „Denn sowohl der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, sind alle von einem.“ (Hebr. 2,11) Dieser Geisteshauch ist nie erloschen, wenn auch die Mächte der Finsternis ihn aufs heftigste bekämpft haben. Ein neues Hauchen durch den HErrn und eine neue Taufe des Geistes - eine neue Bildung Seines Leibes ist niemals geschehen und ist einfach ausgeschlossen.

Die dritte Schriftstelle spricht von dem Hauch des Mundes des HErrn bei Seiner Offenbarung vom Himmel mit den Engeln Seiner Macht in flammendem Feuer. (2. Thess. 1,7.8) Darauf wies Johannes der Täufer schon hin, als er verkündigte: „Er wird euch mit dem Heiligen Geiste und mit Feuer taufen und Seinen Weizen in die Scheune sammeln, die Spreu aber wird Er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer.“ (Matth. 3,11.12) Der Hauch Seines Mundes ist nicht

wie am Auferstehungstage ein Lebenshauch, Gnade und Vergebung der Sünden jedermann anzubieten, sondern jetzt bedeutet er verzehrendes Gericht für alle, „die Gott nicht kennen und die dem Evangelium unseres Herrn Jesus Christus nicht gehorcht haben, welche Strafe leiden werden, ewiges Verderben vom Angesicht des HErrn ...“ (2. Thess. 1,8.9) Den Gesetzlosen wird der Herr Jesus verzehren „durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft.“ (2. Thess. 2,8)

Aus Offenb. 19,20 ersehen wir, daß das Tier und der falsche Prophet ergriffen werden, wenn der HErr auf dem weißen Pferde kommt. Lebendig werden die zwei in den Feuersee geworfen, der mit Schwefel brennt. Auch hier finden wir keine Wiederholung, denn nur einmal lesen wir von diesem verzehrenden Hauch Seines Mundes. Es ist das Gericht und der Eifer eines Feuers, das die Widersacher verschlingen wird. Weiter trifft das Gericht auch die, welche zur Linken des Königs stehen. (Matth. 25,41-46) Nach dem Tausendjährigen Friedensreich des HErrn kommt der Teufel selbst an die Reihe; er wird in den Feuer- und Schwefelsee geworfen, „wo sowohl das Tier ist als auch der falsche Prophet; und sie werden Tag und Nacht gepeinigt werden von Ewigkeit zu Ewigkeit“. (Offenb. 20,10) Und zuletzt werden alle, deren Namen nicht in dem Buche des Lebens geschrieben gefunden werden, in den Feuersee geworfen. (Offenb. 20,15) „Und Feuer fraß aus Seinem Munde.“ (Ps. 18,8)

Laßt uns den HErrn preisen, daß der Hauch des Geistes auch uns zu neuem Leben erweckte! Möchten auch durch uns viele von dem Lebenshauch des Geistes berührt werden und einverleibt der Schar der Erretteten, dem Gerichtshauch des Feuers entrinnen.

F. Btch.

Seine Herrlichkeit.

Die Heilige Schrift berichtet uns viel über die Herrlichkeit der Person unseres Herrn Jesus Christus. Betrachten wir Ihn als den Ewigen, den Sohn Gottes, oder als den vollkommenen Menschen oder als den Diener Gottes oder als den König, immer wird unser Herz mit

Bewunderung und Freude, ja mit Anbetung erfüllt. Oder denken wir daran, daß der Vater alles in Seine Hand gelegt hat, die Schöpfung, die Erlösung, die Segnungen, das Hohepriestertum, die Entrückung und Auferweckung, den Richterstuhl, das Weltgericht, das Tausendjährige Reich, das Endgericht, so können wir uns nur beugen und anbeten in Staub und Asche.

Daß Er der Ewige ist, Gott, gepriesen in Ewigkeit, das bezeugen uns viele Seiner eigenen Worte und die der Apostel, welche durch den Heiligen Geist die Heiligen Schriften geschrieben haben. Er spricht von Sich Selbst: „Ich bin von dem Vater ausgegangen und bin in die Welt gekommen; wiederum verlasse Ich die Welt und gehe zum Vater“ (Joh. 16,28), und „Wahrlich, wahrlich, Ich sage euch: Ehe Abraham ward, bin Ich.“ (Joh. 8,58) Der Apostel Johannes zeugt mit kurzen, aber sinnigen und majestätischen Worten: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns (und wir haben Seine Herrlichkeit angeschaut, eine Herrlichkeit als eines Eingeborenen vom Vater ...).“ (Joh. 1,1.14) Er ist nicht zu vergleichen mit Engeln oder Engelfürsten. „Denn zu welchem der Engel hat Er je gesagt: Du bist Mein Sohn ...?“ In bezug auf den Sohn spricht Er: „Dein Thron, o Gott, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ (Hebr. 1,5.8)

Von dem wunderbaren Verhältnis des Sohnes zu Seinem Vater verstehen wir sterbliche Menschen wenig. Wir lesen: Als die Schöpfung ihren Anfang nahm, „da war Ich Schoßkind bei Ihm, und war Tag für Tag Seine Wonne“. (Spr. 8,30) „Der Vater liebt

den Sohn und hat alles in Seine Hand gegeben.“ (Joh. 3,35) Und wie herrlich ist das Zeugnis des Vaters über Seinen Sohn: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ (Matth. 3,17) Dieses Zeugnis gilt uns Menschen. Der Vater suchte die Ehre Seines geliebten Sohnes, und der Sohn suchte die Ehre Seines Vaters. Er, der Sohn, tat und redete nichts ohne den Vater und bezeugte: „Mein Vater ist größer als Ich.“ (Joh. 14,28)

Strahlen Seiner göttlichen Herrlichkeit sehen wir auch in Seinem Erdenwandel. Als Nathanael unter dem Feigenbaum war, bevor Philippus ihn rief, sah ihn der HErr. Als Petrus mit der Angel den Fisch herausholen sollte, da wußte der HErr bereits von dem Geldstück, das der Fisch im

Ihm zur Verfügung stand. Er war der Allwissende, Gott, gepriesen in Ewigkeit. Und Seine schöpferischen Wunder zeugen von Seiner Schöpferherrlichkeit. Denken wir nur an die Verwandlung des Wassers in Wein, an die Vermehrung von Brot und Fisch bei der Speisung der Tausende, an das Wandeln auf dem See oder an die Auferweckung des Lazarus - Herrlichkeit über Herrlichkeit strahlt uns entgegen. Ja, „durch Ihn sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten; alle Dinge sind durch Ihn und für Ihn geschaffen“. (Kol. 1,16) Ihm sei Ehre und Anbetung!

Die Menschwerdung des Sohnes Gottes ist über alles Verstehen wunderbar. Gott und Mensch - anbetungswürdiges Geheimnis. Die Engelwelt war in freudiger Bewegung in der Stunde der Geburt unseres Heilandes. „ Euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der HErr“ (Luk. 2,11), so sprach der Engel zu den Hirten. Er, der Heiland und der Gesalbte - Er war der HErr. Er war der HErr über alles. Und von Ihm lesen wir: „Und Jesus nahm zu an Weisheit und an Größe, und an Gunst bei Gott und Menschen.“ (Luk. 2,52) Von Ihm lesen wir ferner (Mark. 6,3): „Ist dieser nicht der Zimmermann?“ Er hat das Leben mit seiner Mühe und Beschwerde kennengelernt. Er kann uns verstehen. „Worin Er Selbst gelitten hat, als Er versucht wurde, vermag Er denen zu helfen, die versucht werden.“ „Der in allem versucht worden ist in gleicher Weise wie wir, ausgenommen die Sünde.“ (Hebr. 2,18; 4,15) In Ihm war keine Sünde, Er wurde von dem Engel „das Heilige“ genannt. Er war ohne Fehl und ohne Flecken, denn Seine Menschwerdung geschah durch den Heiligen Geist. (Luk. 1,35) „In Seiner Gestalt wie ein Mensch erfunden“ (Phil. 2,8), wandelt Er in Abhängigkeit von Seinem Gott, ging umher und tat wohl. Voll innigen Mitgefühls nahm Er teil an dem Leid der Menschen, war innerlich bewegt beim Anblick des Elendes des einzelnen wie der großen Menge. Ja, Er weinte über Jerusalem im Gedenken der Gerichtstage, die über diese Stadt kommen sollten. Er aß und Er trank. Er kannte Freude und Betrübnis. Er ermüdete durch die Anstrengung der Reise durch Samaria, und Er schlief auf einem Kopfkissen, während der Sturm tobte.

Wenn wir Ihn so in Seiner Menschheit betrachten, so fühlen wir uns besonders zu Ihm hingezogen. Er ist uns so nahegekommen, daß wir vertrauensvoll alle unsere menschlichen

Angelegenheiten Ihm sagen können im Glaubensgebet.

Obgleich Er uns, den Brüdern, so nahegekommen ist, so bleibt aber dennoch ein großer Abstand zwischen Ihm und uns. Er kannte keine Sünde. Alles an Ihm war lieblich, war rein, war wahr. „Du bist schöner als die Menschensöhne, Holdseligkeit ist ausgegossen über Deine Lippen.“ (Ps. 45,2) Als Er gefragt wurde: Wer bist Du? Da sprach Er: „Durchaus das, was Ich auch zu euch rede.“ (Joh. 8,25) Seine Worte entsprachen völlig Seinem Wesen und Seiner Stellung. Was Er redete, das war Er. Er und nur Er allein konnte solches sagen.

Hier verspüren wir schon den Abstand zwischen Ihm und uns. Unsere Worte entsprechen durchaus nicht immer unserem wahren Zustand. Wieviel Unwahrhaftigkeit ist bei uns! Ja, selbst die Bruderliebe kann geheuchelt sein.

Er hat uns ein Vorbild gelassen, daß wir sollen nachfolgen Seinen Fußtapfen. Kein Trug war in Seinem Munde erfunden. Seine Liebe war durchaus wahr. Die Fürbitte für Seine Feinde entsprach völlig Seinem Herzen vergebender Liebe.

Was Er, der Heilige, angesichts des Todes am Kreuze empfunden hat, können wir nicht verstehen. Sein Schweiß wurde wie große Blutstropfen in dem ringendem Kampfe in Gethsemane. Und wie die Schmach und Verhöhnung Sein Inneres ergriffen hat, das läßt uns das Psalmwort ahnen: „Der Hohn hat Mein Herz gebrochen, und Ich bin ganz elend; und Ich habe auf Mitleiden gewartet, und da war keines, und auf Tröster, und Ich habe keine gefunden.“ (Ps. 69,20) Er weiß, was es heißt, verachtet, verleumdet, geschmäht und gehaßt zu sein. Doch Er blieb derselbe, der vollkommene Mensch, auch in den schwersten Stunden. Er konnte von Sich in Wahrheit sagen: „Ich habe Jehova stets vor Mich gestellt; weil Er zu Meiner Rechten ist, werde Ich nicht wanken. Darum freut Sich Mein Herz, und frohlockt Meine Seele. Auch Mein Fleisch wird in Sicherheit ruhen. Denn Meine Seele wirst Du dem Scheol nicht lassen, wirst nicht zugeben, daß Dein Frommer die Verwesung sehe.“ (Ps. 16,8-10) Wie Sein Leben vollkommen war, so war auch Sein Weggang nach Seiner Auferstehung herrlich. „Und es geschah, indem Er sie segnete, schied Er von ihnen und wurde hinaufgetragen in den Himmel.“ „Segnend“ schied

Mensch in den Himmel. Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

(Fortsetzung folgt, s. G. w.)

Aus der Fülle des Herzens redet der Mund

(Matth. 12,34b)

Wenn unser Herz erfüllt ist von einem Gegenstand, dann ist es ganz natürlich, daß wir gern davon reden. Ob andere sich dafür interessieren oder nicht, sie werden davon zu hören bekommen, und weil wir so enthusiastisch von unserem Lieblingsgegenstand reden, werden sie sich schließlich auch dafür interessieren. Gerade so ist es, wenn der Herr Jesus der Mittelpunkt unseres Lebens und Denkens ist. Wir müssen von Ihm reden, weil wir Ihn über alles lieben. Unser Herz ist voll von Ihm, und jedermann, der mit uns in Berührung kommt, wird das bald merken. Es ist nie schwer, von dem Herrn Jesus zu reden und zu zeugen, wenn das Herz von Ihm voll ist. Die den HErrn wahrhaft lieben, finden überall Gelegenheiten, ein Wort für Ihn zu reden. Das ist ihnen so natürlich wie das Atmen. „Liebe macht erfinderisch“, sie findet überall Veranlassung, für den HErrn einzutreten und Ihn anderen anzupreisen. Die Ursache, weshalb so viele Christen so wenig von dem Herrn Jesus reden und niemals ein Zeugnis für Ihn haben, liegt darin, daß sie nicht voll sind von Ihm und sie daher nicht von Seiner Liebe getrieben werden. Von Christus erfüllte Menschen werden auch für Ihn zeugende Menschen sein.

*

„Siehe, Ich bin bei euch alle Tage bis zur Vollendung des Zeitalters.“ (Gedicht)

(Matth. 28,20)

Wenn ich Jesum habe,

Bin ich nie allein;

Mag auch sonst mein Leben

Still und einsam sein.

Weil ich Jesum habe,

Hat die Seele Ruh,

Wenn's an Kraft ihr fehlet,

Dann legt Er dazu.

Seit ich Jesum habe,

Ist Sein heil'ger Will'

Meine ganze Labe,

Sie macht froh und still.

Jesus, heiliger Name,

Jesus, früh und spät;

Deines Geistes Gabe

Macht ihn zum Gebet.

(A. M.)

Stärkungen für den HErrn auf Seinem

Leidensweg nach Golgatha.

(Wiedergabe aus dem Gedächtnis der letzten Ansprache

von Br. Fritz Koch beim Mahl des HErrn in Dresden.)

In den schweren Leiden, die der HErr um unsertwillen auf Seinem Weg nach Golgatha erlitt, ließ Sein Gott Ihn nicht ohne Stärkungen. Er litt als der vollkommene Mensch unsagbar unter dem Gericht Gottes, denn Er war ohne Sünde. Kein Mensch auf dieser Erde wird je auch nur annähernd verstehen können, was der HErr auf Seinem Wege nach Golgatha litt. Seine Seele war bestürzt - betrübt bis zum Tode, doch unter den Seinigen, der kleinen Schar, die Er liebte und bis ans Ende liebte, waren einige, die Ihm Erquickung und Stärkung auf diesem Wege zum Tode - der Sühnung unserer Sünden - waren.

Maria von Bethanien, deren ganzes Herz dem HErrn hingegeben war und die sich sehnte, dem geliebten Meister ihre Liebe zu erweisen, kam und salbte den HErrn mit der sehr kostbaren Narde. Vielleicht hatte sie lange Zeit gebraucht, diese köstliche Narde, die nur tropfenweise mit vieler Mühe gewonnen werden konnte, für ihren geliebten HErrn zu sammeln. Sie kannte nicht die Tragweite ihres Tuns, sie liebte den HErrn und gab Ihm das Köstlichste, was sie besaß. Doch der HErr verstand die Größe ihrer Tat und enthüllte das darin verborgene Symbol, indem Er sagte: „Sie hat es zu Meinem Begräbnis getan.“ (Matth. 26,12) Er tadelte die Jünger, die verständnislos ihr Liebeswerk herunterzogen und ihr dadurch Mühe machten, als habe sie nicht recht gehandelt, indem Er für sie eintrat und sagte: „Was machet ihr dem Weibe Mühe? denn sie hat ein gutes Werk an Mir getan.“ Sie hatte Den gesalbt, der König und Priester war, auf Erden aber von den Menschen weder Anerkennung noch Salbung empfing, da Er nicht aus dem Stamme Levi war. Nach der Vollendung Seines Werkes aber ging Er als der große Hohepriester mit Seinem eigenen Blut ins Heiligtum. Der HErr krönte diese köstliche Tat Marias mit den Worten: „Wahrlich, Ich sage euch: Wo irgend dieses Evangelium gepredigt werden wird in der ganzen Welt, wird auch von dem geredet werden, was diese getan hat, zu ihrem Gedächtnis.“ (Matth. 26,1-13) Was muß diese Liebestat für des Heilandes Herz gewesen sein, dessen Angesicht nach Golgatha gerichtet war, um für unsere Sünden zu sterben! Wie mag es Sein

Widerhall gefunden hatte und hervortrat gerade zur Zeit der grausigen Tat Judas', dem der Meister für dreißig Silberlinge (den dritten Teil des Geldwertes jener Narde) feil war!

Als das Passah nahte und die Jünger Ihn fragten: „Wo willst Du, daß wir es bereiten“, da zeigte der HErr ihnen den Weg zu dem großen, mit Polstern belegten und zur Festfeier fertigen Obersaal. (Luk. 22,7ff.; Mark. 14,12ff.) In der Stadt war ein Mann, dessen Herz für den HErrn schlug, der aber vielleicht wie Nikodemus nicht den Mut fand, frei und offen auf die Seite des HErrn zu treten, der aber in seinem Herzen den Wunsch hatte: Möchte doch der HErr, der nicht hat, wo Er Sein Haupt hinlegt, in dein Haus kommen und dort mit Seinen Jüngern das Passah feiern. Im Vertrauen, daß der HErr, der die Herzen der Menschen kennt, auch sein Verlangen sehen werde, bereitete er seinen Obersaal zu, damit, wenn der HErr seinen Wunsch erfüllen und das Passah bei ihm halten wolle, alles für Ihn fertig sei. Und der HErr enttäuschte ihn nicht. Erquickend aber muß es für den HErrn gewesen sein, ein Herz in der Stadt zu wissen, das in dieser Zeit, als Er schon steckbrieflich gesucht wurde (Joh. 11,57) und alle Türen sich vor Ihm schlossen, sein Haus Ihm öffnete und Sorge für Ihn und für die Passahfeier trug.

Doch auch die kleine Schar der Zwölfe war des HErrn Stärkung und Trost. Er blickte auf sie und sagte: „Ihr aber seid es, die mit Mir ausgeharrt haben in Meinen Versuchungen.“ (Luk. 22,28) Was liegt in diesen Worten für ein tiefes Empfinden von dem, was durch des Heilandes Seele ging, wenn Er auf die kleine Schar Seiner Jünger schaute, die dreieinhalb Jahre mit Ihm gewandelt und mit Ihm ausgeharrt hatten! Wir dürfen nie vergessen, Er war ein wahrer Mensch, der Leid und Schmerz empfand und ebenso auch die Liebe Seiner Jünger, die Seinem Herzen wohltat, obgleich Er wußte, daß jetzt in der Stunde der Gewalt der Finsternis alle Ihn verlassen und fliehen würden. Seine Langmut trug sie, denn sie waren ja noch nicht angetan mit der Kraft aus der Höhe, aber sie waren Seines Herzens Freude. „An ihnen“, so heißt es in Psalm 16,3, „ist alle Meine Lust.“

Nun aber kam die Gethsemane-Stunde, und von ihr sagt der HErr: „Siehe, es kommt die Stunde und ist gekommen, daß ihr zerstreut sein werdet, ein jeder in das Seinige, und Mich allein lassen werdet; und Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei Mir.“ (Joh. 16,32) In

Gethsemane konnte keiner von den Seinigen Ihn stärken, aber der Vater war bei Ihm, und zu Ihm erhebt Er Seine Stimme: „Mein Vater, wenn es möglich ist, so gehe dieser Kelch an Mir vorüber; doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst.“ Die schwachen Jünger schliefen ein. Sie erfaßten nicht die Klage des HErrn: „Also nicht eine Stunde vermochtet ihr mit Mir zu wachen?“ (Matth. 26,39.40) Für die Leiden des HErrn in Gethsemane, als Sein Schweiß wie große Blutstropfen auf die Erde herabfiel, gab es keine Stärkung für Ihn von seiten eines Menschen, aber der Vater ließ den geliebten Sohn, als Er in ringendem Kampfe war, nicht ohne Stärkung. Ein Engel, ein Bote jener himmlischen Welt, wo der Vater war, kam hernieder und stärkte Ihn. Das ist wunderbar, und wir beugen uns und beten an.

Man hatte den HErrn ergriffen, verspottet, angespien, geschlagen und schließlich vor Pilatus geschleppt. Die Menge um Ihn her schrie und tobte: „Hinweg mit Ihm!“ Die Seinen hatten Ihn verlassen, verleugnet und waren geflohen. In dieser Verlassenheit des HErrn, preisgegeben der Wut der Juden, erscheint plötzlich ein Bote aus dem Hause des Pilatus. Er drängt sich durch die Volksmenge, seine Botschaft dem Landpfleger zu überbringen. Pilatus sitzt schon auf dem Richterstuhl. Nun empfängt er die Nachricht seines Weibes: „Habe du nichts zu schaffen mit jenem Gerechten!“ (Matth. 27,19) Hörte der HErr, der vor dem Richterstuhl stand, diese Worte? Auch wenn Er sie nicht hörte, Er, der alles wußte und Selbst die Herzen kannte, Er wußte um diese Botschaft, mit der ein heidnisches Weib in dem Augenblick für Ihn eintrat, als Er verlassen von Seinen Jüngern unter der wilden Wut der Juden litt. Diese Worte mögen gleich lindem Balsam Seinem Herz gewesen sein und Ihn gestärkt haben. Ein Weib, das Weib Seines „Richters“, trat für Ihn ein, als kein Mund sich zu einem Worte der Liebe oder Verteidigung für Ihn öffnete und nur der Schrei: „Er werde gekreuzigt!“ an Sein Ohr drang. Werden wir das Weib des Pilatus einst beim HErrn sehen? Ich bin davon überzeugt.

Auf dem Wege nach Golgatha trug ein Mensch, Simon von Kyrene, Sein Kreuz mit Ihm. Nicht ganz allein mußte der HErr die Kreuzeslast von Jerusalem nach Golgatha tragen. Wird nicht auch das Erquickung für Ihn gewesen sein? Glücklicher Simon, du durftest dies tun, wenn du auch in der Stunde das hohe Vorrecht noch nicht verstanden haben magst, das dir zuteil wurde.

Dann wird uns die rührende Szene unter dem Kreuze des HErrn geschildert. Johannes hatte sich unter dem Kreuze seines geliebten HErrn eingefunden, und mit ihm standen dort Maria, die Mutter des HErrn, und einige andere Weiber. Auch durch Marias Herz drang jetzt das Schwert. Wie erquickend und tröstend mußte es dem HErrn gewesen sein, die teuren Angesichter derer, die auf Seinem Erdenwege mit Ihm gewandelt waren, unter Seinem Kreuz, inmitten der rohen, haßerfüllten Menge zu schauen! Sicher waren sie eine Stärkung und Freude für Ihn. Aber selbst noch in dieser Stunde umgab Er Seine Mutter mit liebender Sorge. Er kannte das Schwert, das durch ihre Seele ging. Er vertraute sie Seinem Jünger an.

Aus dem Stimmengewirr der Spötter und Lästerer dringt die Stimme des Schächers an des Heilandes Ohr: „Dieser hat nichts Ungeziemendes getan.“ Zuvor hatte auch er in die Schmähungen der anderen mit eingestimmt. (Matth. 27,44) Hingenommen und überwältigt von der vergebenden Liebe dessen, der neben ihm hängt, wendet sein Herz sich Ihm zu, und er fleht: „Gedenke meiner, HErr, wenn Du in Deinem Reiche kommst.“ Wie mochte diese Bitte das Herz des HErrn bewegen! Er fand eine Frucht „von der Mühsal Seiner Seele“ (Jes. 53), die mit Ihm ins Paradies einging, in der Stunde, als Gott Sein Gericht über die Sünde an Ihm vollziehen wollte. Konnte es eine größere Erquickung in dieser Stunde der tiefsten Leiden und Erniedrigung für den HErrn geben?

Und noch eine letzte leibliche Labe wurde dem HErrn am Kreuze zuteil, die auch Seine Seele erquickt haben wird. Ein Kriegsknecht nahm einen Schwamm, füllte ihn mit Essig und tränkte Ihn; und der HErr nahm diese Wohltat, die Ihm aus dem Herzen des Mitgefühls eines römischen Soldaten dargebracht wurde, an. (Matth. 27,48; Joh. 19,28.29) Solche Erquickung war für einen als Staats-Verbrecher Hingerichteten nicht vorgesehen. Auch diese Tat des Erbarmens und Mitgefühls wird nicht vergessen werden. Der HErr, der nicht einen Trunk kalten Wassers, dem Geringsten dargereicht, vergißt (Matth. 10,42), wie wird Er diese Linderung Seines Durstes am Kreuze vergessen am Tage des Lohnes?

„Es ist vollbracht!“ hören wir nun den HErrn rufen, vollbracht das schwere Werk! Er übergibt

Weibes des Pilatus: „Fürwahr, dieser Mensch war gerecht“, und bekennt Ihn vor seinen Kriegsleuten als den Sohn Gottes. (Luk. 23,47; Matth. 27,54)

Dann finden wir die liebende Sorge der Seinigen nach Seinem Tode. Joseph von Arimathia, der verborgene Jünger, tritt jetzt offen hervor und weiht dem HErrn sein eigenes Grab. Und Nikodemus, der einst bei Nacht zu Jesus kam, bringt eine Mischung von Myrrhe und Aloe, bei hundert Pfund. Und die Weiber, die Spezereien und Salben für Ihn bereiteten und früh am Morgen zu Seiner Gruft kamen - nichts wird der HErr vergessen! Droben werden wir einst sehen, wie köstlich dem HErrn alles das gewesen ist, was Liebe für Ihn tat.

Und Er sieht auch unsere Liebe zu Ihm, die uns zusammengeführt hat, Sein Wort zu halten:

„Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“

E. K.

„Wo ist, o Tod, dein Stachel?“

(1. Kor. 15,55-58)

Auf zwei Dinge möchten wir hinweisen, die zu verstehen für uns von größter Wichtigkeit sind: 1. Zu erfassen, was der Tod in seiner wahren Bedeutung ist und 2. daß der Tod unser ist, wie die Schrift sagt: „... Es sei Welt oder Leben oder Tod ... alles ist euer.“ (1. Kor. 3,22) Fast alles um uns ist geeignet, uns einen falschen Begriff von dem zu geben, was der Tod ist. Manche sehen ihn als ein Naturgesetz an; aber wie man ihn auch anschauen mag, alle müssen zugeben, daß er auf der Erde herrscht und alle Nachkommen Adams ihm unterworfen sind und von ihm auf eine gleiche Stufe gestellt werden.

Vielleicht besuchen einige, die diese Zeilen lesen, gern alte Friedhöfe. Hier liegen die Menschen, die großen und die kleinen, beisammen. Alle Unterschiede haben aufgehört. Der Gelehrte und der Unwissende, der Tyrann und der Bedrückte, der König und der Untertan - ob

in einem marmornen Grabgewölbe oder unter einem schlichten Hügel - alle werden vorn Tode gleichgemacht. Ob Kaiser oder Sklave, es gibt keinen Unterschied, der Tod endet das Leben des Menschen auf Erden. Der Friedhof ist kein schlechter Ort zum Nachdenken. Wirklich, die ganze Erde ist wie ein großer Friedhof.

Der Tod ist das Gericht Gottes über den gefallenen Menschen, dem niemand entrinnen kann. Gott hat das Todesurteil über den Sünder ausgesprochen und keine Begnadigung gewährt. Das verhängnisvolle Klopfen des Todes wird an der Tür des Schlosses des Königs ebenso wie an der Tür der Hütte des Armen vernommen.

Die Bedeutung des Todes in Gottes Gegenwart zu lernen ist von höchster Wichtigkeit für uns alle. Und ich bin überzeugt, daß keiner, der dies liest, darüber leicht hinweggeht. Wir alle müssen lernen, daß der Tod der Sünde Lohn ist. Selbst bei dem Heimgang eines Gläubigen, dem der Sieg Christi voll zuteil wird (denn für ihn hat der Tod keinen Stachel mehr), ist es doch wichtig, den Ernst dieses Augenblickes zu empfinden. Gottes Gericht über den gefallenen Menschen muß vollzogen und die Weite des Abstandes des Menschen von Gott geschmeckt werden. Es kann nicht anders sein, das Schwert muß auch in unsere Seele dringen, und wir müssen verwirklichen, daß der Tod der Sünde Sold ist.

Aber der Herr Jesus Christus hat dem Tode die Macht und auch den Stachel genommen, und wir Gläubigen werden nunmehr ermuntert, allezeit überströmend in dem Werke des HErrn zu sein, da wir wissen, daß unsere Arbeit nicht vergeblich ist in dem HErrn. (V. 58)

Ich erinnere mich eines Skorpiones der gefährlichsten Art, dem aber der giftige Stachel genommen war. Beim Anblick desselben blieb das Gefühl des Grauens, aber das schreckliche Tier vermochte nicht mehr meinen Frieden und meine Ruhe zu stören. Seine Gegenwart war nicht mehr mit Furcht und Unruhe für mich verbunden.

So ist auch dem Tode der Stachel genommen, und wir können nun in dem Gebiete, wo der Tod noch ist und herrscht, fest, unbeweglich und allezeit überströmend in dem Werke des HErrn sein. Der HErr, der in Seiner Liebe zu uns den Tod für alles schmeckte (Hebr. 2,9) und den Sieg

über das Grab davongetragen hat, hat uns zu diesem Werke berufen. Seine Liebe ist die uns bewegende Kraft, treulich darin zu verharren. Wir sollten dies als ein hohes uns anvertrautes Vorrecht schätzen und treu in der Verkündigung Seines Sieges über den Tod sein, dem Er den Stachel genommen hat.

Sein Weg von Gethsemane zum Kreuz und zum Grab zeigt uns aber, was Ihn dieser Sieg kostete. Die Schatten des Todes begleiteten Ihn auf Seinem ganzen Wege. Das sehen wir schon bald nach Seiner Geburt aus den Worten Simeons an Maria, als er ihr sagte, daß ein Schwert ihre Seele durchdringen werde. Die vollen Schrecken desselben aber treten uns erst am Schluß Seines Lebens entgegen, als Er, der vollkommene Mensch, dem Tode als dem Gericht Gottes über den gefallenen Menschen zu begegnen hatte. Was das Erdulden dieses Gerichtes für Ihn, den Heiligen war, das vermögen wir nie zu erfassen. Wenn aber die Schrift uns sagt, daß Sein Weg für uns in den Tod mit starkem Geschrei und Tränen verbunden war (Hebr. 5,7), dann empfinden wir etwas von der Tiefe Seiner Leiden, und unser Herz beugt sich über unsere Schuld und in Anbetung über Seine Liebe. Für Ihn war der Stachel des Todes nicht hinweggenommen. Er mußte den Tod in seiner ganzen Bitterkeit als Gottes Gericht über die Sünde schmecken. Für uns aber wurde der Stachel hinweggenommen, als Er die Schwere des Gerichtes auf Golgatha erduldet und den Sieg errungen hatte. Er mußte den Kelch trinken, und Er trank ihn bis zur Neige.

Nachdem der HErr den Stachel des Todes hinweggenommen, ist Er auferstanden und hinaufgefahren in die Höhe und ist jetzt im Begriff, wiederzukommen, um die entschlafenen Heiligen aufzuwecken und die lebenden zu verwandeln und mit Sich in die Herrlichkeit zu nehmen. Bald wird der HErr kommen; bis dahin sind wir berufen, an diesem Platze der Sünde und des Todes fest und unbeweglich in Seinem Werke zu stehen. Und ach, wie wenig können wir für Den tun, der an das Kreuz ging, um dem Tode mit all seinen Schrecken für uns zu begegnen. Darum laßt uns die Zeit auskaufen, solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann. (Joh. 9,4)

Es liegt etwas Feierliches in dem Abschluß eines Tages und ein noch weit größerer Ernst in dem

Abschluß eines Lebens auf Erden. Wie manchmal schauen wir dem Untergang der Sonne zu, wie sie sich in ein tiefes Rot verwandelt und dann im Westen verschwindet. Der Tag ist vergangen und die Nacht hereingebrochen. Eine passende Stunde, sich die Frage zu stellen: „Wie habe ich diesen Tag verbracht?“

Gar manche sind in der letzten Zeit abgerufen, um vom Leibe ausheimisch bei dem HErrn einheimisch zu sein - manche, von denen wir wünschen, daß sie hätten länger bei uns bleiben mögen. Das Bewußtsein der unfehlbaren Weisheit des HErrn und Seiner unwandelbaren Liebe macht unsere Herzen still auch im Schmerz an ihrem Grabe. Es ist nicht unsere Sache, zu wissen, wann der Tag unseres Lebens für einen jeden von uns endet, wohl aber, ob unser Leben mit Seinem Dienst ausgefüllt sei.

Unser ganzes Leben gleicht einem Tage. Ich denke jetzt weniger an unsere irdischen Aufgaben, sondern an unser Leben im Dienste unseres HErrn. Uns allen sind nicht gleiche Gelegenheiten, gleiche Fähigkeiten, gleiches Maß von Gaben anvertraut worden. Jeder hat seinen eigenen besonderen Dienst, aber das, was wir in unserer Schriftstelle vor uns haben, spricht zu uns allen.

Gott gibt uns den Sieg durch unseren Herrn Jesus Christus. Die Sünde, der Stachel des Todes, ist gesühnt, und selbst das Grab ist nicht mehr fähig, den Gläubigen festzuhalten. Die Auferstehung in ihrer vollsten Entfaltung steht vor der Tür; und wir, die wir in unserer Seele die Kraft der Auferstehung kennen, sind berufen, an dem Platze, wo die Sünde und der Tod noch sind, fest und unbeweglich im Werke des HErrn zu stehen.

Das gegenwärtige Zeitalter, in dem wir leben, neigt sich dem Ende zu. Haben wir unsere Aufgabe verstanden? Sind wir wahrhaft überströmend im Werke des HErrn wie jene, die da fest und unbeweglich stehen inmitten des allgemeinen Abfalles in dieser Epoche?

Die Welt bemüht sich, den Tod, der Sünde Sold, als ein Naturgesetz abzutun, um die Todesfurcht zu verleugnen. Die Gläubigen aber verwirklichen den Sieg des HErrn über den Tod. Unser Auge sieht jene Welt, die der HErr uns erschlossen hat und in deren Licht unser Leben

ist. Möchten wir mehr die Kraft Seiner Auferstehung erkennen und in der Gemeinschaft Seiner Leiden gefunden werden! (Phil. 3,10)

„Wo ist, o Tod, dein Stachel? Wo ist, o Tod, dein Sieg?“

L. B. - A. v. d. K.

Seine Herrlichkeit.

(Fortsetzung.)

Wenn wir unseren HErrn als den vollkommenen Diener anschauen dürfen, so ist uns bewußt, daß solches eben auch nur in großer Unzulänglichkeit und Schwachheit geschieht. Unsere geringe Erkenntnis über Seine unausforschliche Herrlichkeit ist nur Stückwerk. Wir sind aber überzeugt, daß es unserem HErrn wohlgefällig ist, Seine Herrlichkeit anzuschauen.

Wie wir allgemein annehmen, so zeigt uns das Markus-Evangelium unseren HErrn als den Diener Gottes. Auffallend ist, daß am Anfang des Evangeliums der Heilige Geist hervorhebt, daß der Herr Jesus der „Sohn Gottes“ ist. Wir finden hier kein Geschlechtsregister, auch keine große Einleitung. Der Text beginnt gleich mit Seinem Dienst, nachdem Seine Taufe und die Bewährung in der Versuchung in der Wüste erwähnt ist.

Sein Dienst war ein ganz anderer als wie der der Schriftgelehrten. Staunen rief er hervor. „Er lehrte sie wie einer, der Gewalt hat.“ Die Macht des Feindes mußte weichen. Er hatte zuvor den Starken gebunden durch Seinen vollkommenen Gehorsam. Selbst Seine Angehörigen mußten zurücktreten, wenn es sich um den Dienst Gottes handelte. Auch die eigenen Bedürfnisse traten zurück, denn wir lesen, daß sie wegen der Volksmenge nicht einmal essen konnten. (Mark. 3,20) Der Eifer um Sein Haus verzehrte Ihn.

In Jesaja 50,4-9 sehen wir besondere Herrlichkeiten in Seinem Dienst. „Der HErr, Jehova, hat Mir eine Zunge der Belehrten gegeben, damit Ich wisse, den Müden durch ein Wort

aufzurichten.“ Ziel und Zweck der Befähigung war, den Menschen zu dienen. Keiner der Propheten und Diener vor Ihm war befähigt wie Er, und kein Diener nach Ihm wird befähigt sein wie Er. Doch Er sagt durch den Heiligen Geist in dem Propheten, daß „Jehova“ Ihm die Zunge der Belehrten gegeben hat, um den Müden zu dienen. Den glimmenden Docht löschte Er nicht aus, das geknickte Rohr zerbrach Er nicht. Er richtete auf, Er verband das Verwundete, Er sammelte das Zerstreute.

Wunderbar ist es, wie Er in herzlichem Erbarmen, in herzlicher Liebe diente. Er war voll innigem Mitgefühls und barmherzig. Er sah die Not des Volkes, daß sie wie Schafe waren ohne Hirten. Er liebte den reichen Jüngling, Er liebte die Martha und Maria und den Lazarus, Er liebte die Seinen und diente ihnen bis ans Ende. Aus der Fülle Seiner Liebe und Seines Erbarmens quoll Sein Dienst. O welch ein Diener, welch ein Vorbild ist Er für uns alle, die wir Seinen Geliebten und unseren Mitmenschen dienen dürfen! Bei Ihm sehen wir das Wort von der Liebe (1. Kor. 13) vollkommen erfüllt.

In Jesaja 50,4 lesen wir weiter: „Er weckt jeden Morgen, Er weckt Mir das Ohr, damit Ich höre gleich solchen, die belehrt werden.“ Jeden Morgen ward Ihm, dem vollkommenen Diener, das Ohr geweckt, um zu hören und Belehrung entgegenzunehmen. Vielleicht geschah die Belehrung durch die heiligen Schriften, vielleicht auch durch besondere Offenbarungen.

Viel hat uns dieses herrliche Vorbild des vollkommenen Dieners zu sagen. Gleichen wir in etwa Ihm in bezug auf die Morgenstunde, die Gott uns gibt? Ist unser Ohr geöffnet für die Belehrungen durch Sein Wort? Ist es uns das Manna in der Wüste dieser Welt, das täglich unsere innere Nahrung ist und das wir anderen weitergeben?

„Der HErr, Jehova, hat Mir das Ohr geöffnet, und Ich, Ich bin nicht widerspenstig gewesen, bin nicht zurückgewichen.“ (V. 5) Ihm wurde das Ohr geöffnet für das bevorstehende Leiden, aber Er wich nicht von dem Wege der Treue und des Gehorsams. Er bot Seinen Rücken den Schlagenden bei der Geißelung, und Seine Wangen den Raufenden, als sie Ihm ins Angesicht schlugen. Sein Angesicht verbarg Er nicht vor Schmach und Speichel. Er machte Sein Angesicht

gehorsam bis zum Tode, ja bis zum Tode am Kreuze. „Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge ...“ (Phil. 2,9.10) Der treue Diener war nach unserer Jesajastelle überzeugt, daß Er nicht würde beschämt werden, und Er ist es nicht geworden, und es wird auch die Stunde kommen, wo diese Philipperstelle voll ihre Erfüllung finden wird.

Er war „nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“. Er gab Sein Leben zum Lösegeld für uns, Seine Erlösten. Nichts konnte uns lösen von Schuld und Sünde, nichts von der Gewalt der Finsternis, als nur der Dienst Seiner Lebenshingabe für uns. Nun wissen wir, dieser treue Knecht und Auserwählte Gottes, an welchem Seine Seele Wohlgefallen hatte, wurde auferweckt und in den Himmel aufgenommen „und setzte Sich zur Rechten Gottes“, um von da aus mitzuwirken bei dem Dienst in Seinem Werke. (Mark. 16,19.20)

Ihm sei Ehre, Dank und Anbetung!

(Schluß folgt, s. G. w.)

Die Kostbarkeit.

Um zu Kostbarkeiten zu gelangen, muß der Mensch oft einen langen mühseligen Weg gehen. Es stellen sich ihm oft Hindernisse in den Weg, die er nicht meistern kann, und mancher kommt dabei nie zum Ziel. Hier aber soll nicht von Kostbarkeiten der Erde gesprochen werden, sondern von „der Kostbarkeit“. Es gibt nur diese eine! Diese ist so groß, so unbestritten herrlich, daß sie alle irdischen Kostbarkeiten übertrifft und weit in den Schatten stellt.

Diese „Kostbarkeit“ ist der Herr Jesus Christus, der wahrhaftige Gott und das ewige Leben. (1.Joh. 5,20) Wie aber komme ich zu diesem Besitz? Wir lesen dazu 1. Petr. 2,1-10.

Muß es nicht verwundern, daß der Apostel Petrus im Anfang dieses Kapitels vom Ablegen redet, nachdem er den Fremdlingen von der Zerstreuung im 1. Kapitel bereits gesagt hat, daß

sie durch den Glauben an den Herrn Jesus Christus zu einem unverweslichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbteil gekommen sind (V. 4), daß sie den HErrn liebten, obgleich sie Ihn noch nie gesehen haben (V. 8), daß sie mit dem kostbaren Blut Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken, erlöst worden sind (V. 18 und 19) und daß sie durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe gekommen sind? (V. 22) Warum die Aufforderung des Ablegens? -

Die Eigenschaften, die abgelegt werden sollen, sind kurz gesagt: das Element des natürlichen Menschen! Bosheit, Trug, Heuchelei, Neid und übles Nachreden sind die Dinge, in denen sich die Empfänger des Petrusbriefes ursprünglich bewegten und in denen sie lebten. Dies alles soll durch Ablegen aus ihren Herzen verschwinden. Die Aufforderung des Ablegens des alten Menschen gründet sich auf die höchste Gnade Gottes, weil Er ein vollkommen Neues im Herzen des Gläubigen schafft.

Es ist doch keine Frage, wenn ich einem Kinde in der einen Hand einen Stein anbiete und in der anderen Hand eine schöne Weintraube, daß es, ohne zu überlegen, nach der köstlichen Traube greift. So will uns unser Gott das Böse nehmen und unser Herz von innen heraus gänzlich erneuern.

Im April d. J. sah ich einem Gärtner zu, der Bäume veredelte. Er schnitt ihnen zunächst die Kronen ab und dann setzte er in die frisch blutende Rinde das Edelreis. Das alte „Ich“ muß sterben, dann kann der „Christus“ in mir geboren werden. - Diesem Schnitt des himmlischen Gärtners möchten sich manche Kinder Gottes entziehen und ihren eigenen Willen nicht aufgeben.

Ja, mein teurer Leser, so hoch der Himmel über der Erde ist, sind die Weisheit und Wege Gottes höher als die des Menschen. Ist dies Sein Weg mit uns und sind Seine Segnungen für uns mit dem Sterben des alten Menschen verbunden, so wollen wir den Weg willig gehen, denn Sein Weg ist heilig und führt zum herrlichen Ziel.

So bekommen alle, die abgelegt haben, einen neuen Trieb - „wie neugeborene Kindlein seid

begierig nach der vernünftigen unverfälschten Milch des Wortes Gottes“. Haben wir früher eine Begier nach den Dingen dieser Welt an den Tag gelegt, so jetzt durch den göttlichen Gnadenakt von oben eine Begier nach dem Worte Gottes.

Als ich vor 13 Jahren Brüder kennenlernte, die den Herrn Jesus und Sein Wort liebten und deren Speise das Wort Gottes war, sagten sie zuweilen: „Ich habe gegessen.“ Sie wollten damit zum Ausdruck bringen, daß der HErr ihnen wieder Stellen aus Seinem Wort klargemacht hatte, und diese Entdeckung war ihnen wie Milch, die Neugeborene mit Behagen trinken. Durch solches Aufnehmen des Wortes Gottes wachsen wir heran zur Errettung. Nicht als ob die Errettung durch das Blut Jesu noch einer Vervollkommnung von seiten des Menschen nötig hätte, sondern das „Wachsen zur Errettung“ ist das persönliche Inanspruchnehmen des Heils durch den Glauben des einzelnen. Der Glaube ist immer die Hand, die in Empfang nimmt, was Gottes Gnade ihm darreicht.

Darum redet auch der Apostel in diesem Zusammenhang von der Güte des HErrn, die die Fremdlinge damals geschmeckt haben. Ja wahrlich, es ist nur unverdiente Güte und Barmherzigkeit Gottes.

Und nun erst kommt der Heilige Geist zu dem erhabenen Gegenstand, wohin Er die Kindlein im Glauben bringen will. „Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Steine, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar.“ Alle Wiedergeborenen sind zu dem Herrn Jesus Christus gekommen als zu dem Grund- und Eckstein. Wenn der Heilige Geist uns hier den Herrn Jesus als den lebendigen Stein vor Augen führt, so will Er damit andeuten, daß dieser wunderbare HErr von „unerschütterlicher Festigkeit“ ist. Er hat nichts mit irdischen Größen gemein. Sie alle sind leicht erschütterlich und vergänglich. Er aber, unser Herr Jesus Christus, bleibt derselbe gestern, heute und in Ewigkeit - immer derselbe! Er konnte sagen: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Unerschütterliche Majestät in der Höhe und im Heiligtum! Der Prophet Jesajas bringt dies zum Ausdruck, Kap. 28,16: „Siehe, ich gründe einen Stein in Zion, einen bewährten Stein, einen kostbaren Eckstein, aufs festeste gegründet.“ Solchen Verlaß braucht der Mensch! Wir, die wir doch nichts sind, sollen gegründet werden auf

diesen unseren Gott!

Von den Menschen zwar verworfen; ja, von den Menschen wurde dieser wunderbare himmlische HErr nicht erkannt. Sie kreuzigten Ihn, und so hielten sie Ihn für beseitigt. (Matth. 27,66) Aber Gott hat Ihn auferweckt von den Toten, Er lebt! - Und alle, die an Ihn glauben, werden ebenfalls „lebendige Steine“! - Das ist eben das wunderbare Werk Gottes, daß Er aus Nichtigkeiten lebendige Steine macht. Ein Petrus vor dem Kreuz konnte Ihn verleugnen: „Ich kenne den Menschen nicht.“ Ein Petrus nach der Auferstehung des HErrn sagte: „Denn es ist uns unmöglich, von dem, was wir gehört und gesehen haben, nicht zu reden.“ (Apgesch. 4,20) Und Apgesch. 5,29: „Man muß Gott mehr gehorchen als Menschen.“ Als Luther auf dem Wege zum Reichstag nach Worms war, klopfte ihm der Ritter Frundsberg auf die Schulter und sagte: „Mönchlein, Mönchlein, Ihr geht einen Gang, dergleichen ich und meinesgleichen nie gegangen sind.“ Luther antwortete: „Und wenn soviel Teufel in Worms wären wie Ziegel auf den Dächern, so will ich doch hinein.“ Und so stand er da, ein lebendiger Stein: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir! Amen!“ Und Gott half ihm hindurch. Hundert Jahre früher ließ sich ein Johannes Huß, ein geistesmächtiger Professor, lieber auf dem Scheiterhaufen verbrennen, als daß er von seinem Herrn Jesus Christus gelassen hätte. - So hat der HErr Sein Wort wahrgemacht zu aller Zeit. Diese Kostbarkeit „besitzen“, das ist Leben und Seligkeit. Jeder, der diesen unerschütterlichen Glauben an den Herrn Jesus Christus hat, der besitzt diese Kostbarkeit und hat damit mehr als alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit.

J. Mwz.

Frage und Antwort

Frage 10

Warum heißt es siebenmal in Offenb., Kap. 2 und 3: „Wer Ohren hat zu hören, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ und nicht, was das Wort oder der Herr Jesus sagt?

Ist es richtig, wenn behauptet wird, heute rede Gott nicht durch das Wort zu den Gemeinden, sondern für uns sei nach Offenb. 2 u. 3 maßgebend, was der Geist sage? Wenn dem so ist, so müßte doch der gesamte „Dienst des Wortes“ (Apgesch. 6,4) eine grundlegende Änderung erfahren.

Antwort

In Verbindung mit dieser Frage ist der Spruch Davids in 2. Sam. 23,1-7 bemerkenswert und lehrreich, besonders Vers 2: „Der Geist Jehovas hat durch mich geredet, und Sein Wort war auf meiner Zunge.“ Dieses bezieht sich auf die herrlichen geschriebenen Psalmen Davids, die eine unversiegbare Quelle des Trostes, der Belehrung, der Ermunterung der Ermahnung und der Warnung sind. Hier ist es wieder der Geist, der etwas Wichtiges zu sagen hat; wie redet Er nun? Sein Wort war auf der Zunge des hochgestellten Mannes, des Gesalbten des Gottes Jakobs und des Lieblichen in Gesängen IsraeIs! Hier kommt wieder so deutlich der Grundsatz zum Vorschein, den wir in das eigene Herz und in das Herz aller Gläubigen einprägen möchten, nämlich, daß der Heilige Geist Sich der Lippen eines Gesalbten bedient, um Seine wichtigen Mitteilungen den Menschenkindern kundzutun. Wenn wir nun in Offenb. 2 und 3 siebenmal aufgefordert werden, das zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt, so soll man lauschen auf das geredete Wort des HErrn, welches Johannes in ein Buch zu schreiben und an die sieben Gemeinden zu schicken hatte. (Offenb. 1,19) Wir wissen von keinem anderen Weg in der ganzen Heiligen Schrift.

Sogar Bileam, der leider den Lohn der Ungerechtigkeit liebte, als er seinen Spruch anhob und sprach, bekam von Jehova ein Wort in den Mund gelegt (4. Mose 23,5); und dieses Wort Jehovas ist für unsere Belehrung in der Bibel geschrieben. Wir wollen also nur im Worte, d. h. in den Heiligen Schriften, hören, was der Geist den Gemeinden zu sagen habe; und dem demütigen und belehrbaren Herzen kann und will der Geist Sein eigenes geschriebenes Wort erklären und erleuchten.

habt weder jemals Seine (des Vaters) Stimme gehört, noch Seine Gestalt gesehen -; denn welchen Er gesandt hat, diesem glaubet ihr nicht.“ (Joh. 5,37.38) Wir hören nun im Glauben einzig und allein die Stimme des Vaters, und Seine Gestalt sehen wir, und zwar im Sohne, denn: „Wer Mich gesehen hat, hat den Vater gesehen ... Die Worte, die Ich zu euch rede, rede Ich nicht von Mir Selbst; der Vater aber, der in Mir bleibt, Er tut die Werke.“ (Joh. 14,8-12) Ja, es ist klar nach den Schriften, daß der Geist im Sohne spricht; jedes Seiner gesprochenen Worte, jede Seiner Bewegungen, jedes Seiner Wunderwerke, jede Seiner herrlichen Taten sind vom Vater und eine Offenbarung des dreieinigen Gottes; und wenn wir hören, was der Geist den Gemeinden zu sagen hat, so hören wir die ganze Gottheit, denn der Geist erforscht und redet die Tiefen Gottes durch den Mund des Herrn Jesus.

Ist das nicht eine merkwürdige Frage? Solchen lieben Brüdern, die durch unreife Bemerkungen einen Bruder dazu bewogen haben, eine solche Frage einzusenden, möchten wir zurufen oder die Gegenfrage des HErrn vorlegen: „Irret ihr deshalb nicht, indem ihr die Schriften nicht kennet, noch die Kraft Gottes?“ (Mark. 12,24) Die Frage der damaligen Sadduzäer scheint mir so ziemlich auf demselben geistlichen Niveau zu stehen wie die obige zu beantwortende Frage.

Wir können bündig antworten, daß das, was der Geist den Gemeinden sagt, gerade das ist, was der Herr Jesus sagt, und was der Herr Jesus sagt, ist gerade das, was das geschriebene Wort uns berichtet; aber wir wollen ein wenig tiefer in diese Sache schauen. Wenn wir die inspirierten Berichte in den vier Evangelien nur ein wenig sorgfältig lesen, so bemerken wir, daß unser HErr weder predigte noch lehrte, noch Wunder tat, bevor auf Ihn der Heilige Geist herabfuhr. Wohl saß Er als zwölfjähriger Knabe einmal im Tempel inmitten der Lehrer und hörte ihnen zu und befragte sie (Luk. 2,46.47); trotzdem fing Er Seinen öffentlichen Dienst erst dann an, als Er die wunderbare, sichtbare Salbung mit dem Heiligen Geiste empfangen hatte und eine Stimme aus den Himmeln gekommen war, welche sprach: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe.“ (Matth. 3,17) Dieses Zeugnis Gottes über Seinen Sohn wurde wiederholt und bekräftigt, als eine Stimme aus der überschattenden lichten Wolke bei der Verklärung des HErrn kam, welche sprach: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe; Ihn höret.“ (Matth. 17,5) Diese Begebenheit machte auf

Petrus einen solch gewaltigen und dauernden Eindruck, daß er viele Jahre nachher schrieb: „Und diese Stimme hörten wir vom Himmel her erlassen, als wir mit Ihm auf dem heiligen Berge waren“ (2. Petri 1,18), und am Ende desselben Kapitels schreibt Petrus: „Heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geist.“ Aus dem oben Gesagten ist es nun klar, daß alles, was der HErr sagte, lehrte oder weissagte, von dem Heiligen Geist war; und wir dürfen niemals, auch nicht im geringsten sogar, andeuten, als ob der HErr und der Heilige Geist nicht ganz einstimmig wären, oder daß wir verpflichtet wären, mehr auf das zu hören, was der Geist sagt, als auf das, was der HErr Selbst sagt!! Wir lehnen einen solchen Gedanken ganz entschieden ab, und zwar mit Entrüstung, da wir keinen passenderen Ausdruck finden, um unseren Unwillen darüber auszusprechen.

In dem Buch des Propheten Jesaja finden wir mindestens drei bemerkenswerte Weissagungen über den kommenden Messias, die uns deutlich die Wahrheit vor Augen stellen, daß alles, was der HErr lehrt oder tut, vom Heiligen Geiste ist. Wir führen diese drei Stellen an: „Und auf Ihm wird ruhen der Geist Jehovas, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und Furcht Jehovas.“ (Jes. 11,2) Diese Weissagung macht es uns klar, zumal wenn wir noch weiter lesen, daß alles, was Er tat oder sprach, in der Kraft des Heiligen Geistes gewesen ist. Die zweite Weissagung lautet: „Siehe, Mein Knecht, den Ich stütze, Mein Auserwählter, an welchem Meine Seele Wohlgefallen hat: Ich habe Meinen Geist auf Ihn gelegt, und Er wird den Nationen das Recht kundtun ... Er wird der Wahrheit gemäß das Recht kundtun ... und die Inseln werden auf Seine Lehre harren.“ (Jes. 42,1-4) Die dritte Stelle ist diese: „Der Geist des HErrn, Jehovas, ist auf Mir, weil Jehova Mich gesalbt hat, um den Sanftmütigen frohe Botschaft zu bringen“ usw. (Jes. 61,1-3) Der HErr Selbst nun schlägt diese herrliche Stelle in der Synagoge zu Nazareth auf, und nachdem Er dies vorgelesen hatte, fing Er an, zu den Zuhörern zu sagen: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.“ (Luk. 4,21)

Aus diesen Stellen ist es klar ersichtlich, daß alles, was der HErr spricht, redet, lehrt oder tut, vom Heiligen Geiste ist. Der Heilige Geist spricht und handelt durch den Herrn Jesus. Darum war es eine unverzeihbare Sünden daß die Pharisäer sagten: „Dieser treibt die Dämonen nicht

anders aus, als durch den Beelzebub, den Obersten der Dämonen.“ (Matth. 12,24) Der HErr trieb durch den Geist Gottes die Dämonen aus. (V. 28) Das war die Lästerung des Geistes seitens der Pharisäer, die den Menschen nicht vergeben werden wird. Das beherzigenswerte Wort in Joh. 3,34 betont die nämliche Wahrheit: „Denn Der, welchen Gott gesandt hat, redet die Worte Gottes; denn Gott gibt den Geist nicht nach Maß.“ (Joh. 3,34) Hier haben wir die mit menschlichem Verstand unbegreifliche Dreieinigkeit; und der Sohn, das fleischgewordene Wort, redet die Worte Gottes, weil Gott Ihm nicht nach Maß den Geist gegeben hat, und in Ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig (Kol. 2,9), „denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle, in Ihm zu wohnen.“ (Kol. 1,19)

Wenn nun der, welcher Ohren hat, siebenmal aufgefordert wird, zu hören, was der Geist den Gemeinden sagt, so bedeutet das, daß der Herr Jesus Selbst zu den Gemeinden spricht, wie wir es bei jedem der sieben Sendschreiben finden, und das ist das, was der Geist den Gemeinden sagt, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes (1. Kor. 2,10), und niemand weiß, was in Gott ist, als nur der Geist Gottes. (V. 11) Wenn wir nun das alles ernst, und zwar mit demütigem Herzen betrachten, so gewinnt an Wichtigkeit alles, was der HErr gesagt, gesprochen, gelehrt oder getan hat, sowohl als Er hier auf Erden war als auch jetzt, wenn Er in der Mitte der sieben Leuchter wandelt; denn jedes Seiner göttlichen Worte ist ein Ausspruch des Heiligen Geistes, und zwar aus dem Herzen oder aus den Tiefen Gottes. Ja, wenn wir hören wollen, was der Geist den Gemeinden sagt, so vernehmen wir die lieblichen Klänge der Stimme unseres geliebten HErrn, denn für jedes gläubige Herz und jedes sich Ihm neigende Ohr sind beide untrennbar eins.

Wenn wir nun zu der zweiten Seite der Frage uns wenden, nämlich ob es richtig sei, wenn behauptet wird, heute rede Gott nicht durch das Wort zu den Gemeinden, sondern für uns sei nach Offenb. 2 und 3 maßgebend, was der Geist sage, so müssen wir dem Fragesteller „reinen Wein einschenken“ und ihm klipp und klar sagen: Nein, das ist nicht richtig! Gott redet noch durch das Wort; unser teurer HErr ist ja das Wort, und Gott verlangt, daß wir Ihn hören. In dem geschriebenen Worte haben wir alles, was der Heilige Geist uns darüber zu sagen hat: „Denn nicht ihr seid die Redenden“ - sagte der HErr zu Seinen Jüngern - „sondern der Geist eures

Vaters, der in euch redet“. (Matth. 10,20) Und wenn man behauptet, daß in dieser Stelle es sich um etwas anderes handele, so antworten wir darauf, daß in den Heiligen Schriften stets nach demselben Grundsatz gehandelt wird; Petrus schreibt: „Denn die Weissagung wurde niemals durch den Willen des Menschen hervorgebracht, sondern heilige Männer Gottes redeten, getrieben vom Heiligen Geiste.“ (2. Petr. 1,21) Wir können wohl diesen zweiten Teil der Frage mit der Gegenfrage beantworten: „Wie redet denn der Heilige Geist überhaupt in unseren Tagen, wenn nicht durch das Wort? Hat Er uns sonst etwas mitzuteilen, was nicht in den Heiligen Schriften geschrieben steht? Haben wir irgendwo in dem Wort einen Anhaltspunkt dafür, daß in den letzten Tagen der Heilige Geist uns neue Offenbarungen machen werde, welche in den Schriften nicht enthalten seien?“ Wohl sagt der Geist ausdrücklich, daß in späteren Zeiten betrügerische Geister dämonische Lehren aufbringen werden. (1. Tim. 4,1) Aber alles, was wir in diesem Zeitalter brauchen, und alles, was der Heilige Geist uns mitzuteilen hat, ist in den Heiligen Schriften enthalten; also brauchen wir unter Gebet nur im Wort zu forschen, und wenn wir willig sind und hören, so sollen wir das Gute des Landes essen (Jes. 1,19); ja, der HErr läßt uns Honig saugen aus dem Felsen und Öl aus den Kieselsteinen, geronnene Milch der Kühe und Milch der Schafe samt dem Fette der Mastschafe und Widder, der Söhne Basans und der Böcke, samt dem Nierenfett des Weizens; wir trinken der Traube Blut und feurigen Wein (5. Mose 32,13.14); dann wenden wir uns mit Abscheu von dem Weinstock Sodoms ab; Giftbeeren wollen wir nicht, das Gift der Drachen wollen wir nicht schlürfen, denn ihr Wein ist grausames Gift der Natter. (V. 32.33)

Denkt vielleicht der Fragesteller, daß wir Gotteskinder in diesen letzten Tagen uns von dem untrüglichen Worte zu Fabeln wenden und darauf warten sollen, bis uns von irgendeiner verdächtigen Seite neue Gedanken eingehaucht und eingeflüstert werden? Wenn dem so wäre, so bekämen wir solche sicher von dem Weinstock Sodoms und von den Fluren Gomorras - bitter sind solche Trauben.

Nein, der Dienst des Wortes braucht keine grundlegende Änderung zu erfahren. Wenn der Dienst des Wortes kräftiger und wirkungsvoller sein soll, so ist es nötig, daß wir mehr im Gebet verharren wie die Apostel nach Apostelgeschichte 6,4. Denn dadurch gewinnen wir mehr Kraft

aus der Höhe, und der Heilige Geist wird durch uns reden. Er wird uns mehr Licht über das Wort schenken, denn die Schriften zeugen von unserem HErrn. (Joh. 5,39) Wie warm würde es uns dann ums Herz, und wie warm würden die Herzen auch derer sein, wenn wir mit der frischen Milch des Wortes und der gediegenen festen Speise dienen dürfen. Wir werden dann den Schafen und Lämmern nicht altes, hartgebackenes Brot anbieten, sondern sie auf grüne Auen und zu stillen Wassern führen.

F. Btch.

Eine Stimme der Warnung.

Der HErr aber sprach: Simon, Simon! Siehe, der Satan hat euer begehrt, euch zu sichten wie den Weizen. (Luk. 22,31ff.)

Der Herr Jesus sagt, daß der Teufel Sein Feind ist. (Matth. 13,25) Das Wirken Seines Feindes ist immer darauf gerichtet, das Werk des HErrn zu verderben, damit der HErr nicht dadurch verherrlicht, sondern verunehrt werde. Das Ziel seiner Versuchungen zur Sünde sind weniger wir selbst, als vielmehr der HErr. Er ist es, der entehrt und dessen Werk verdorben werden soll. Haben wir nicht alle mehr oder weniger dies durch traurige Erfahrungen bitter erlebt und lernen müssen? Und doch hätten wir es weniger bitter lernen können, wenn wir mehr acht gegeben hätten auf die Fallstricke des Feindes, durch die er andere, die vielleicht stärker und fester gegründet waren als wir, zu Fall brachte, und wir uns diese als Warnung hätten dienen lassen.

Simon Petrus war nicht ein bloßer Bewunderer des Herrn Jesus Christus. Er liebte seinen HErrn mehr als ich und vielleicht auch mehr als du. Wenn er sagte: „HErr, mit Dir bin ich bereit, auch ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“, so waren das ohne Zweifel Worte, die aus dem tiefsten Grunde seines Herzens kamen. Auch in unseren Tagen würden gewiß viele Gläubige, wenn es gefordert würde, bereit sein, ihr Leben um Christi willen dahinzugeben (wie es in Rußland heute noch geschieht), und doch sehen wir zuweilen gerade solche durch Satans List und Blendung in - wie soll ich sagen - kleinen und nichtigen Dingen straucheln und fallen. Der HErr kennt das

menschliche Herz, und Er sagt uns die Wahrheit über unser Herz: „Arglistig ist das Herz, mehr als alles, und verderbt ist es; wer mag es kennen? Ich, Jehova, erforsche es.“ (Jer. 17,9.10) Petrus mußte die Wahrheit dieses Wortes an seinem eigenen Herzen erleben, und auch wir müssen sie lernen. Möchten wir sie nicht durch schmerzliche Erfahrungen, sondern durch die Unterweisung Seines Wortes lernen!

Laßt uns nicht leicht über den Fall Petri hinweggehen! Gott hat ihn in Seinem Worte aufgenommen, damit wir nicht unserem arglistigen Herzen vertrauen und in eine ähnliche Sünde fallen möchten. Und doch, wie leicht sind wir immer wieder bereit, den Gedanken unseres Herzens zu vertrauen und ihnen zu folgen. Ja, das Vertrauen auf uns, auf unser verderbtes Herz, ist eine beständige Schlinge, in die der Feind uns Iocken will. Dieser Schlinge zu entgehen, soll Petri Fall uns eine beständige Mahnung sein.

Der HErr kannte die Schwachheit Seines Jüngers, und Er warnt ihn: „Wahrlich, Ich sage dir, daß du in dieser Nacht, ehe der Hahn kräht, Mich dreimal verleugnen wirst.“ Wir möchten sagen: „Das kann Petrus nicht tun.“ Und auch Petrus antwortet kühn dem HErrn: „Selbst wenn ich mit Dir sterben müßte, werde ich Dich nicht verleugnen.“ (Matth. 26,34.35) Und Petrus geht auch, als der HErr gefangengenommen wird, entschlossen mit in das Haus des Hohenpriesters. Er will halten, was er versprochen hat, und mit seinem HErrn durch dick und dünn gehen. Er liebte Ihn wirklich, und er muß wissen, was aus Ihm wird, und folgt Ihm von fern. Ein wenig später sehen wir ihn in dem Hofe des Hohenpriesters mit den Feinden des HErrn am Feuer sitzen, um den weiteren Verlauf zu beobachten. Eine Magd sieht ihn; sie sieht sich ihn genauer an. Mußte Petrus sich nicht beobachtet fühlen, und bemerkt sie seine Bestürzung unter ihrem Blick? Da hört er, wie sie zu den Männern spricht: „Auch dieser war mit Ihm.“ Ohne einen Augenblick zu zögern, kommt seine Antwort: „Weib, ich kenne Ihn nicht.“ Bebt uns nicht das Herz in der Brust? Sind das wirklich die Worte des Mannes, der wenige Stunden zuvor seine Liebe bis in den Tod beteuerte? Ja, es ist kaum zu fassen, es ist derselbe. Kurz danach sieht ein anderer ihn und spricht zu ihm: „Auch du bist einer von ihnen.“ Und wieder ist Petrus sofort mit der Antwort Bereit: „Mensch, ich bin's nicht.“

Es ist geradezu erschütternd, wie jemand, dessen Liebe zum HErrn gar nicht in Frage zu stellen ist, den HErrn so bewußt und wiederholt verleugnen kann. Wenn das Petrus möglich war, wieviel weniger sind wir vor solchem Fall sicher! Gelingt es dem Feinde, uns auf die schlüpfrige Bahn zu führen und ihm Raum zu geben, so ist es schier unmöglich, auf dem betretenen Wege zurückzugehen. Ja, aus eigener Kraft wäre es nicht möglich, wenn der HErr nicht in Seiner Gnade, so wie bei Petrus, unser Herz berührte. Dies sehen wir aus dem Gang der weiteren Geschichte.

Nach Verlauf von etwa einer Stunde behauptet ein anderer und sagt: „In Wahrheit, auch dieser war mit Ihm; denn er ist auch ein Galiläer.“ Da erklärt Petrus erregt und entrüstet: „Mensch, ich weiß nicht, was du sagst!“ Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn.

Der HErr hörte diese Worte hinter Seinem Rücken. Vermögen wir uns eine Vorstellung zu machen von dem Schmerz, den diese Worte der Verleugnung in der Stunde Seiner Verlassenheit Ihm bereiten mußten? Was tut der HErr? Er wendet Sich um. Kein hartes Wort, kein Wort der Verachtung, kein Vorwurf kommt über Seine Lippen. Er blickt Seinem armen gefallenen Petrus ins Auge. Und welch ein Blick?! Kein Blick des Zornes! Ein Blick tiefer Liebe und tiefen Leides! Ein Blick, der ihn an die Warnung und treue Liebe seines HErrn erinnert und ihn zur Besinnung bringt.

Wie oft ist dieses Bild an meiner und gewiß auch an deiner Seele vorübergezogen! Wie tief berührt dieser traurige Fall unser Herz; denn wir wissen, daß wir dasselbe tun können, was Petrus tat.

Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Wohl nie sind heißere Tränen als diese über seine Wangen gerollt. Wenn Tränen Unrecht auslöschen könnten, dann hätten wohl diese es vermocht. Aber sie kamen zu spät; die Sünde war geschehen. Wohl war es eine Sünde, die der Gesinnung seines Herzens völlig fern lag; in der Stunde der Sichtung des Satans aber vergaß er das Wort des HErrn und vertraute seinem eigenen Herzen. Nun vermochte er nicht, seine Sunde ungeschehen zu machen, so sehr er sie auch bereute.

Sein HErr wurde verurteilt, gekreuzigt und starb. Armer Petrus! Welche Last lag auf seiner Seele! Dann aber kam der Auferstehungsmorgen und mit der Botschaft der Auferstehung des HErrn auch die frohe Kunde, daß Er dem Simon erschienen sei. (Luk. 24,34) Der HErr erbarmte Sich Seines gefallenen Jüngers; seine Sünde wurde vergeben. Was in dieser heiligen Stunde zwischen dem HErrn und dem gebeugten Jünger vorging, darüber hat der HErr den Schleier gezogen. Die Stunde einer solchen Begegnung mit dem HErrn soll nicht durch die Augen und Ohren anderer entweiht werden.

Möchte Petri Erleben mir und dir eine Warnung sein, unserem arglistigen Herzen zu vertrauen! Die Schrift sagt: „Wer auf sein Herz vertraut, der ist ein Tor.“ (Spr. 28,26) Und: „Wer zu stehen sich dünkt, siehe zu, daß er nicht falle.“ (1. Kor. 10,12)

Und wenn wir gleich Petrus in das Netz des Feindes geraten und gefallen sind, so mögen wohl Schmerzen und Leiden unserer Sünde folgen; denn wir ernten, was wir säen, aber nie wollen wir vergessen, daß, so sehr wir den HErrn auch betrübt haben, Er barmherzig und gnädig und groß an Güte ist. Seine Liebe bleibt den Seinigen unverändert zugetan; wir ändern uns, Er aber nicht. Er bleibt derselbe, gestern, heute und in Ewigkeit.

*

„Unter dir sind ewige Arme ausgebreitet.“

(5. Mos. 33,27, Menge)

Obwohl wir es hier mit einer bildlichen Sprache zu tun haben, so veranschaulicht sie uns doch eine ewige Tatsache, die für uns Gläubige sehr köstlich ist. Nicht nur sind meine Sünden durch das Werk Christi am Kreuz gesühnt, und ich bin passend gemacht für das Erbe der Heiligen im Licht, sondern ich soll auch die Liebe dessen kennen und genießen, der dieses Werk für mich vollbracht hat. Wenn einst in diesen Worten gezeigt wurde, wie Gott Sein irdisches Volk trug und schützte, so können dieselben in noch weit tieferer Bedeutung auf das himmlische Volk

Gottes angewandt werden. Und gerade auf dem Wege durch diese Welt haben wir es so nötig zu wissen, daß ewige Arme der Liebe unter uns ausgebreitet sind.

Es ist dem HErrn nicht genug, mir am Ende meines Weges ein ewiges Erbteil zu geben. Er hat mich auch auf dem Wege dahin wie ein geliebtes Kind in Seinen Schutz genommen. Dies ist mehr als Vergebung der Sünden. Es ist die Liebe eines Herzens, das nicht ruhen kann, ohne Seine Liebe zu entfalten. Er hat uns in Seine Hand genommen und sagt: „Sie gehen nicht verloren ewiglich, und niemand wird sie aus Meiner Hand rauben.“ Und dies sollen wir wissen. Er sagt uns das, damit wir uns dessen freuen sollen. Aber, was hat es Ihn gekostet, uns so in Seine Arme nehmen zu können? Er mußte die Qual des Verlassenseins von Gott schmecken.

„Unter dir sind ewige Arme ausgebreitet.“ Diese Arme werden nie müde. Und wenn Kummer und Sorgen, Leid und Schmerz über uns kommen (Satan, Welt und das eigene Herz bereiten uns solche oft), so darf ich doch wissen, daß unter mir ewige Arme ausgebreitet sind. Ich trage meine Trübsal nicht allein. Er trägt mich und meine Bürde und wird nicht müde; denn es sind „ewige Arme“, die unter mir ausgebreitet sind.

Es scheint, daß Johannes mehr als ein anderer Jünger diese Liebe des HErrn verstand und im Glauben erfaßte. Er ist es, der sich beim Abendessen an die Brust Jesu lehnte und sich auch wiederholt den Jünger nennt, „den Jesus liebte“. Denkst du auch zuweilen, daß du der Jünger bist, den Jesus liebt? Daß du von ewigen Armen umschlossen bist? Und diese Arme dich nie lassen werden? Und du deinen Weg nie allein zu gehen hast? Johannes dachte so. Und war er dazu berechtigter als du? Er ruhte in der Liebe des HErrn während der letzten und dunkelsten Stunden Seines Lebens auf Erden. Und in seinem Briefe schreibt Johannes uns: „Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.“

Welche Wirkung hatte dieses Glaubenserfassen der Liebe Gottes auf Johannes? Die Wirkung war, daß alle „Furcht“ schwand. Er schreibt: „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus ... wer sich fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.“ Er wußte sich in diesen Armen, und dort hatte Furcht keinen Platz. Es ist etwas überaus Herrliches und Köstliches, die Wirklichkeit dieser

Verbannung einsam auf Patmos stand, da war diese Liebe seines Gottes auch dort seine Freude und sein Trost. Sein Mund floß über von „dem, der uns liebt und uns von unseren Sünden gewaschen hat in Seinem Blut“. (Offenb. 1,5)

Wie wichtig und wie nötig ist es, „zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende Liebe des Christus“, diese Liebe, die uns liebt bis ans Ende. Pauli Gebet in Eph. 3 war, daß die Gläubigen sie erkennen und ihre Herzen darin ruhen möchten. Laßt es uns doch im Glauben erfassen, daß diese Liebe Wirklichkeit und für uns vorhanden ist! Um dich und um mich sind diese ewigen Arme.

Wenn der HErr als der Gute Hirte Sein verlorenes Schäflein gefunden hat, so legt Er es mit Freuden auf Seine Schultern (Luk. 15,5), auf die Schultern, die unsere Leiden getragen und unsere Schmerzen auf Sich geladen haben. Wessen Freude ist damit gemeint? Es ist die Freude des Hirten, der Sein Schaf gefunden, und der Platz des Schafes ist auf Seinen Schultern - in Seiner Hand - in Seinen Armen. Diese Worte zeigen uns das Herz unseres HErrn. Dort sollen wir ruhen, nicht vorübergehend, sondern immer. Warum ruhen Kinder Gottes dort oft so wenig? Haben wir erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat? „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe.“ (1. Joh. 4,18) Wenn wir in dem Sonnenschein der Liebe Gottes leben, so wird auch unser Wandel durch sie gekennzeichnet sein.

Einige Worte über 2. Kor. 5.

Am Ende des vierten Kapitels finden wir die Ausdrücke der „äußere“ Mensch und der „innere“ Mensch. Der eine steht in Verbindung mit der Erde, der andere mit dem Himmel und der Herrlichkeit. Der Lichtglanz des Evangeliums der Herrlichkeit Christi hatte Paulus geleuchtet und zur Annahme des Heils in Christo geführt. Die Wege des Todes, die er jetzt in der Nachfolge des HErrn ging, dienten dazu, ihm das vergängliche Wesen des äußeren Menschen

immer mehr zu zeigen, während der innere Mensch Tag für Tag erneuert wurde. Das schnell vorübergehende Leichte der Drangsal, so nennt Paulus die Wege der Leiden, konnte mit dem Verfallen des äußeren Menschen jeden Augenblick, wenn Gott es wollte, zu Ende kommen. Was würde alsdann geschehen? Ein über die Maßen überschwengliches ewiges Gewicht von Herrlichkeit würde sein Teil werden. Das veranlaßt ihn, nicht das anzuschauen, was man sieht, sondern das, was man nicht sieht; „denn das, was man sieht, ist zeitlich, das aber, was man nicht sieht, ewig“. (2. Kor. 4,18) Das Ewige ist dort, wo Christus ist. Wenn unser Herz aber an irdischen Dingen hängt, können wir nicht mit ungeteiltem Herzen beten: „Komm, Herr Jesus!“

Nachdem der Apostel von der schnell vorübergehenden Drangsal geredet hat, kommt er im fünften Kapitel auf den Leib und dessen Zustand zu sprechen. Von dem Leibe sagt er, daß derselbe nicht eine dauernde Wohnung, sondern eine Hütte ist, die zu jeder Zeit abgebrochen werden kann. Im Gegensatz hierzu besitzt der Gläubige einen Bau im Himmel, welcher, da er von Gott ist, ewig ist. Mit dem Worte „wir wissen“ drückt er aus, daß die Gläubigen die völlige Gewißheit haben, diese himmlische Heimstätte zu besitzen, wenn ihre irdische zerstört wird. Paulus nennt den Leib ein „irdisches Haus“, weil derselbe aus der Erde und für die Erde gebildet ist, Über diese Dinge war Paulus in völliger Gewißheit, und deshalb konnte er sagen: „So sind wir nun allezeit gutes Mutes.“ Dieser Bau, von dem er redet, ist der verherrlichte Leib, ein Haus aus dem Himmel. Es kommt aus dem Himmel, weil alles, was dem auferweckten Staub Gestalt und Beschaffenheit verleihen wird, aus dem Himmel kommt, wenn der HErr erscheint.

Der dritte Vers ist eine Andeutung auf Adam, als er gefallen war. Die Folge seiner Sünde rief bei ihm das Empfinden seiner Nacktheit hervor. Diese Nacktheit versuchte er mittels Feigenblättern zu bedecken, mußte sie aber trotz derselben vor Gott zugestehen. Seine selbsterfundene Bedeckung war vergeblich. Die Gläubigen aber werden von Gott sowohl dem inneren als dem äußeren Menschen nach als Sein Werk bezeichnet, denn beide sind von Ihm geschaffen.

Es ist auch wichtig, zu bemerken, daß hier zwei verschiedene Worte „entkleidet“ und „nackt“ gebraucht werden. Das erstere bezieht sich auf den Zwischenzustand in der Zeit, wenn die

Seele von dem Leibe getrennt ist. Das letztere aber beschreibt den Zustand der Unbekehrten vor Gott, weil sie an dem dem Bilde Christi gleichförmig gemachten verherrlichten Leibe kein Anrecht haben. Der Apostel sehnt sich nicht danach, entkleidet zu werden, d. h. zu sterben, sondern überkleidet zu werden mit dem verherrlichten Leib, mit der Behausung, die aus dem Himmel ist. Sollte er aber sterben, so war er sich seiner Auferstehung gewiß. Doch möchte er lieber, wenn das Sterbliche von dem Leben verschlungen würde, das er schon in Christo besaß. Der Empfang des Heiligen Geistes war ihm eine Bürgschaft, daß Gott Sein Werk vollenden würde. Deshalb fügt er hinzu: „So sind wir nun allezeit gutes Mutes.“

Manche Christen sagen: Wenn die Zeit für mich kommt, wo ich von diesem Leibe ausheimisch sein werde, dann werde ich bei dem HErrn einheimisch sein. Das ist gewiß wahr. Das sehnende Herz des Apostels empfand aber das Noch-ausheimisch-sein vom HErrn, und dies ließ ihn sagen: Solange wir einheimisch in dem Leibe sind, sind wir von dem HErrn ausheimisch. Wohl war er in der Kraft des Glaubens „gutes Mutes“, aber sein Herz sehnte sich, ausheimisch von dem Leibe und einheimisch bei dem HErrn zu sein - seine Lust war, abzuscheiden und bei Christo zu sein. Die Wirkung des Sehnens nach dem HErrn war das inbrünstige Verlangen, ganz gleich, ob einheimisch oder ausheimisch, dem HErrn wohlgefällig zu sein.

Dann aber gibt er noch einen zweiten Grund an, Ihm wohlzugefallen: „Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan hat.“ Der Richterstuhl Christi übt einen mächtigen Einfluß auf unser Leben zum Wohlgefallen des HErrn aus.

Wir sind Gottes Werk. (Eph. 2,10) Und Gottes Werk kann nicht in das Gericht kommen. Deshalb spricht der Apostel nicht vom „Gericht“, sondern vom „Offenbarwerden“. Das Offenbarwerden des Gläubigen wird auf das vollkommenste zeigen, daß er Gottes Werk ist, denn es findet erst dann statt, wenn er schon in dem verherrlichten Leibe - dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig gemacht ist. Obgleich nicht das Werk Gottes, noch die Person des Gläubigen ins Gericht kommen kann (Joh. 5,24), so werden doch die Handlungen des Gläubigen offenbar werden. Das ganze Leben des Gläubigen wird sich im vollen Lichte des Richterstuhles aufrollen, und wir

werden all unser Tun sehen, wie Christus es gesehen und beurteilt hat.

Die Gottlosen sowohl als auch die Gerechten werden offenbar werden, wenn auch nicht zur gleichen Stunde. Aus dem Buche der Offenbarung sehen wir, daß ein Zeitraum von tausend Jahren dazwischen liegt. Für den Ungläubigen bleibt dann nur die Verdammnis übrig, und deshalb fügt der Apostel hinzu: „Da wir nun den Schrecken des HErrn kennen, so überreden wir die Menschen.“ Wir aber wissen, daß der Richter auf dem Richterstuhl der ist, welcher alle unsere Sünden an Seinem eigenen Leibe trug. Alles, was als das Werk des Geistes sich erweist, wird Belohnung empfangen; und alles andere wird Verlust für uns sein.

Das Offenbarwerden vor dem Richterstuhl Christi geht dem Offenbarwerden der Heiligen mit Ihm in Herrlichkeit voraus. Aus Offenb. 19,7.8 ersehen wir, daß

das Weib des Lammes sich für die Hochzeit bereitet hat, ehe der HErr aus dem Himmel herniederkommt. Die Hochzeit ist die Vereinigung der wahren Braut mit Ihm, nachdem die Hure (Babylon) gerichtet worden ist. Die wahre Braut ist in feine Leinwand gekleidet, die symbolisch die Gerechtigkeiten der Heiligen darstellt.

Um in den Himmel einzugehen, müssen wir die Gerechtigkeit Gottes haben. Wenn wir aber mit dem HErrn aus dem Himmel kommen, werden wir mit all den Gerechtigkeiten bekleidet sein, die am Richterstuhl Christi uns zugeteilt werden konnten für alles, was wir durch die Gnade Gottes in der Kraft des Geistes für Ihn getan haben. In dem Lichte des Richterstuhles soll unser Leben sein!

Außer diesem aber fügt der Apostel noch einen dritten Beweggrund an, dem HErrn zu leben und Ihm wohlgefällig zu sein. Er sagt: „Die Liebe Christi dränget uns,“ Die Liebe Christi legte ihm eine Verpflichtung auf. Er urteilte, daß, wenn Christus für alle, die im Tode lagen, gestorben ist, daß dann diejenigen, die durch Christum leben, jetzt dem leben sollen, der für sie gestorben und auferweckt worden ist. Der Tag ist nahe, an dem der HErr verherrlicht werden will in Seinen Heiligen und bewundert in allen denen, die geglaubt haben. (2. Thess. 1,10) Jetzt aber, vor diesem Tage, ist es das köstliche Teil derer, die Leben durch Christum haben, sich zu

beeifern, Ihm wohlgefällig zu sein.

T. H. R.

Seine Herrlichkeit.

(Schluß.)

Das Anschauen der königlichen Herrlichkeit unseres Herrn Jesus Christus erfüllt unsere Herzen mit Freude und zugleich auch mit Ehrfurcht und Anbetung.

Betrachten wir Ihn als den ewigen König oder als den König, der als Mensch in Niedrigkeit hier wandelte, oder als den König in Seiner richterlichen Herrlichkeit oder als den König der Gerechtigkeit und des Friedens im Tausendjährigen Reiche, immer strahlt uns Seine herrliche Majestät entgegen. Wenn auch wir Kinder Gottes dieser Zeit Ihn besonders als unseren HErrn und Bräutigam kennen, so erquickt es aber dennoch unsere Herzen, Ihn zu betrachten als den König in Seiner Schöne.

In Hebr. 1,8 lesen wir: „... in bezug auf den Sohn aber: Dein Thron, o Gott, ist von Ewigkeit zu Ewigkeit, und ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter Deines Reiches.“ Der Thron des Sohnes Gottes ist ein ewiger Thron. Solange die Menschheit besteht, ist unser HErr Herrscher. „Durch Mich regieren Könige, und Fürsten treffen gerechte Entscheidungen; durch mich herrschen Herrscher und Edle, alle Richter der Erde.“ (Spr. 8,15.16) Alles steht unter der Oberherrschaft des HErrn, über alles Geschaffene herrscht Er, der Sohn. Da von Ewigkeit her Sein Thron besteht, so ist auch die Engelwelt mit eingeschlossen. Anbetung sei Ihm, dem Sohn Gottes, dem Herrscher von Ewigkeit her.

Wenn auch mehrere Stellen in der Heiligen Schrift „Gott“ als den Herrscher oder König über alles nennen, so reden aber doch obengenannte Stellen von dem Sohn Gottes. Wir wissen, auch der Sohn ist Gott, und der Vater hat alles in die Hand des Sohnes gelegt.

Es ist an sich sehr tröstlich für unsere Herzen, daß wir wissen, alles Weltgeschehen steht unter der Oberherrschaft unseres Gottes. Ja, sogar alles Geschehen in unserem persönlichen Leben überwaltet Er. Wohl wirkt der Satan noch, der Fürst dieser Welt, doch kann er nichts tun als nur das, was der HErr der Herren und der König der Könige zuläßt und Ihm dient in Seinem Plan mit der Welt und mit uns, siehe z. B. Hiob. Ja, die Haare unseres Hauptes sind gezählt. -

Wunderbar ist es, daß der Sohn Gottes, Dessen Herrschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit ist, Mensch wurde. „Frohlocke laut, Tochter Zion; jauchze, Tochter Jerusalem! Siehe, dein König wird zu dir kommen ...“ (Sach. 9,9) Der König kam zu Seinem Volke, zu welchem Er in besonderer Beziehung stand von Abraham an. Von Menschen gesehen, war Er aus dem königlichen Geschlecht Davids. (Matth. 1) Denn wie man meinte, war Er der Sohn Josephs, der aus dem Geschlecht Davids war. Seine Menschwerdung geschah durch den Heiligen Geist. (Matth. 1,20) In Armut geboren, wurde Ihm dennoch königliche Ehrung zuteil. Magier kamen und huldigten Ihm.

Wenn nun auch Sein Volk Israel als Ganzes Ihn nicht annahm, so war unter diesem doch eine kleine Schar, die Ihn ehrte und liebte. Lieblich ist das Zeugnis des Nathanaels: „Rabbi, Du bist der Sohn Gottes, Du bist der König Israels.“ (Joh. 1,49) Die Hoffnung Seiner Getreuen war zuerst nur auf die Aufrichtung des Reiches Israel gerichtet. Doch der HErr belehrte sie wiederholt, daß jetzt Sein Reich nicht von hier war und daß Verwerfung und Schmach Seiner wartete. Es ist uns aber eine Freude, daß Ihm königliche Ehrung wurde bei Seinem Einzug in Jerusalem. „Hosanna dem Sohne Davids! Gepriesen sei, der da kommt im Namen des HErrn! Hosanna in der Höhe!“ (Matth. 21,9) „Gepriesen sei, der da kommt im Namen des HErrn, der König Israels!“ (Joh. 12,13)

Doch bald danach sehen wir Ihn, den König, völlig verworfen. Geißel und Dornenkrone, ein Rohr und ein Purpurmantel waren Sein Teil von dieser Welt, und schließlich das schmachvolle Kreuz mit der Überschrift: „Dieser ist Jesus, der König der Juden.“ Doch gerade in Seinem Leiden wird Seine innere Schöne besonders offenbar. Würde und Hoheit sehen wir in Seinem

Dies alles geschah unter der Zulassung und nach Vorkenntnis Gottes, um die Erlösung zu vollbringen. Doch als das Werk vollbracht war, dann sehen wir wieder königliche Ehrung unseres HErrn. Er wurde begraben wie ein Reicher. Ein reicher Mann, Joseph, mußte diesen ehrenden Dienst tun. Und die Auferstehung war ein Triumph über Seine Feinde. Bei Seinem Abschied hören wir noch die majestätischen Worte aus Seinem Munde: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“

Noch ist vor der Welt Sein Reich verborgen; es ist inwendig in den Seinen, die jetzt die Verwerfung mit Ihm teilen. Bald aber kommt die Stunde, in der Er die Seinen zu Sich nimmt und als der „König der Könige und HErr der Herren“ die Erde richten und Krieg führen wird in Gerechtigkeit. (Offenb. 19,11-21) Dann werden Seine Feinde gelegt werden zum Schemel Seiner Füße. „Wenn aber der Sohn kommen wird in Seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit Ihm, dann wird Er auf Seinem Throne der Herrlichkeit sitzen.“ (Matth. 25,31) Er wird das Gericht hinausführen zum Siege. Er wird Sein Volk läutern im Feuer und erretten und erhöhen vor allen Völkern, und Er Selbst wird König sein, und Seine Erlösten werden mit Ihm herrschen tausend Jahre. (Offenb. 20,4) Dann wird alles erfüllt werden, was in den Psalmen und Propheten geschrieben steht von der wunderbaren Zeit Seiner Herrschaft über diese Erde. „Jehova regiert. Es frohlocke die Erde, mögen sich freuen die vielen Inseln!“ (Ps. 97,1) „Singet Jehova ein neues Lied, singet Jehova, ganze Erde!“ „Saget unter den Nationen: Jehova regiert!“ (Ps. 96,1.10)

Dann werden die Schwerter in Pflugmesser verwandelt werden und die Völker den Krieg nicht mehr lernen. (Jes. 2,4) Auch die Feindschaft in der Tierwelt wird aufhören (Jes. 11,6-10), und die Pflanzen unter der Fülle des Segens gedeihen. In Gerechtigkeit wird Er, der König, regieren, und Brot wird in Fülle sein für alle, die den König ehren. Aber in Gerechtigkeit werden jeden Morgen die Gesetzlosen vertilgt werden.

Wir Begnadigten aber, wir dürfen nach Seinem Rat bei Ihm sein und dürfen teilnehmen an Seiner Herrschaft in Herrlichkeit. Anbetung und Ehre und Herrlichkeit sei Ihm, unserem HErrn,

auch das Wort in 1. Kor. 15,24 in Erfüllung gehen: „... dann das Ende, wenn Er das Reich dem Gott und Vater übergibt.“

*

Gottes Wege mit uns.

Die Schrift sagt den Gläubigen, daß sie in Christo sind, und auch, daß Christus in ihnen ist. Wenn diese Wahrheit in unserem Leben Ausdruck finden soll, muß das Fleisch danieder gehalten werden. Das Fleisch wird nie in uns verändert; wir haben beständig über dasselbe zu wachen.

Paulus ward in das Paradies entrückt. War das Fleisch nicht mehr in ihm? Er sagt, daß ihm ein Dorn für das Fleisch gegeben wurde, ein Engel Satans, auf daß er ihn mit Fäusten schlage, damit er sich nicht überhebe. (2. Kor. 12,1-10) Wir wissen nichts Näheres hierüber. Aber es war etwas, was ihn demütigte. Der HErr setzte Seinen Diener den Faustschlägen des Satans aus, aber Er begegnete diesen durch etwas, das Paulus in den Staub legte. Der HErr nimmt die hohe Offenbarung nicht von ihm weg, aber auch nicht den Dorn.

Auf ähnliche Weise handelte Gott mit Hiob. Er konnte von ihm zu Satan sagen: „Hast du acht gehabt auf Meinen Knecht Hiob, denn niemand auf der Erde ist wie er.“ Gott hatte ihn so gesegnet, daß Hiob von sich selbst sagen konnte: „Wenn das Auge mich sah, zeugte es von mir.“ Das war wahr, aber es hatte Hiob dahingeführt, groß von sich zu denken, und deshalb gab der HErr ihn hin, auf daß er zerbrochen würde. Dann sprach Hiob nicht mehr von sich: „Wenn das Auge mich sah, zeugte es von mir“, sondern: „nun siehet Dich mein Auge, darum verabscheue ich mich“. (Hiob 29 und 42)

Das ist es, was wir alle nötig haben, ein volles Bewußtsein von dem, was wir in uns selbst sind. Nie aber soll dadurch abgeschwächt werden, was wir in Christo sind.

Diesen Schatz haben wir in irdenen Gefäßen. Das Fleisch will uns hindern, diese Wahrheit zu

verwirklichen, und muß deshalb beständig danieder gehalten werden. Ich muß lernen, daß das Fleisch keinen eigenen Willen haben darf, und in dem Maße ich dies lerne, wachse ich zu Ihm, meinem Haupte, hin. Gottes Treue und erziehende Hand lehrt mich immer mehr, von Ihm abhängig zu sein und mir meine völlige Schwachheit zum Bewußtsein zu bringen, um dann gleich Paulus sich der „Schwachheit zu rühmen, damit die Kraft Christi über mir wohne. Dann haben wir Wohlgefallen an Schwachheiten, an Schmähungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten für Christum; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark“. (2. Kor. 12,9.10) Das Geheimnis der Kraft ist das Bewußtsein, daß ich gar nichts tun kann, aber daß Seine Kraft in meiner Schwachheit sich auswirkt.

Wir sind noch hier gelassen, um das Leben Jesu in dieser Welt, die Er verlassen hat, zu offenbaren. Dies ist der Zweck aller Wege Gottes mit uns. (Vgl. 2. Kor. 4,10.11) Wenn Gott Seinen Sohn dahingegeben hat, um uns zu Seinem Eigentum zu machen, sollten nicht unsere Herzen dann so für Ihn schlagen, daß wir nur Ihm leben, der für uns starb? Wir haben kein Recht mehr, uns selbst zu leben, sondern nur Dem, der für uns gestorben und auferweckt ist. Möchten wir uns doch mehr dessen bewußt sein, daß Christus einen Anspruch an unser Leben hat, damit wir für Ihn da sind, bis Er kommt!

J. N. D.

Acht Dinge, die ich sah ...

(1. Kön. 10,4.5)

In unseren Tagen, wo Gott, der Vater, durch den Heiligen Geist bemüht ist, durch die Verkündung des Evangeliums Ungeretteten das Heil im Blute des Lammes Gottes immer noch anzubieten, entfaltet derselbe Gott durch alle Wirkungen des Heiligen Geistes bei den von Gott Berufenen die Möglichkeit, daß sie Jesum über alles schätzen und lieben lernen, daß sie verstehen lernen, daß sie Ausgesonderte sind und als Folge davon ein Leben der Absonderung in Heiligkeit leben sollen.

Gläubige sind eine Stadt, die oben auf dem Berge liegt und deshalb nicht verborgen sein kann! (Matth. 5,14) Das sollten auch die Gläubigen wissen. Sie sind nicht verborgen vor den Augen Gottes, sie sind aber ebensowenig verborgen vor den Augen der Welt! Und jene Welt, die Ungläubigen, haben heute noch, genau wie jene Königin damals, ein Recht darauf, etwas bei Gläubigen zu sehen von der Macht der Gnade, die nicht nur Sünde vergibt, sondern den Wandel auf Erden so umgestaltet, daß er ein Zeugnis für Gott und den Herrn Jesus ist!

Ich habe mich oft gefragt, was jene Königin des Südens wohl gesagt und getan haben würde, die uneingeladen kam, nur auf einen Ruf hin, den ihr Ohr erreichte, hätte sie bei Salomo nicht das gefunden, was in Vers 4 und 5 steht ...

Aber Gott sei Dank, jene Heidin sah etwas, was sie zu einem Lobpreis (Vers 9) dem Gott Salomos gegenüber veranlaßte und darin aussprechen ließ, daß Gott Israel ewig liebt!

Es ist nun auch in unseren Tagen genau noch so wie in jenen Tagen, daß man bei Gläubigen - bei von Gott Berufenen etwas zu sehen wünscht, was man selbst nicht hat.

Abessiniens Königin brachte ein „scharfes Auge“ mit. So ist es auch heute noch.

Acht Dinge sah jene Königin - eines so wichtig als das andere, keines weniger bedeutend. Sie sah

1. Salomos Weisheit - eine Weisheit von „oben“;

2. das Haus, das er gebaut hatte;

3. die Speise seines Tisches;

4. das Sitzen seiner Knechte;

5. das Aufwarten seiner Diener;

7. seine Mundschenken (die Trinkeinrichtungen);

8. den Aufgang, den Salomo selbst hatte, als er in das Haus Jehovas ging.

Das sah jene Königin einst; sie sah, es war bei Salomo nicht nur eine Lehre vorhanden, sondern ein persönlicher Wirklichkeitsglaube und eine vollkommene Ordnung in seinem Hause, und dieses Sehen brachte sie dahin, daß „sie außer sich“ geriet und den Gott Salomos pries und verherrlichte.

Nicht immer beobachten uns Königinnen, die selbst wissen, daß sie keine Weisheit besitzen und deshalb solche bei dem „Mehr-als-Salomon“ (Matth. 12,42) suchen, aber zu beachten haben die Gläubigen, daß sie „eine Stadt sind, die oben auf dem Berge liegt und nicht verborgen sein kann!“

H. Hdt. Schw.

Frage und Antwort

Frage 11

Wer war MeIchisedek und worin bestand sein Priesterdienst?

Antwort

Das Geheimnis, das die Person und Geschichte Melchisedeks umgibt, hat schon oft zu der Frage geführt: Wer war Melchisedek? Die Berichte über ihn in Hebr. 7,3 usw. haben manche annehmen lassen, er sei eine göttliche Person. Dies ist aber nicht der Fall; denn dieser Vers sagt klar und deutlich, nicht, daß er der Sohn Gottes sei, sondern daß er dem Sohne Gottes verglichen - ähnlich gemacht sei. Daraus ersehen wir, daß Melchisedek ein Mensch war, den Gott Sich ersehen und bestimmt hatte, ein Vorbild von dem Sohne Gottes zu sein.

Den ersten Bericht über Melchisedek finden wir in 1. Mos. 14,18. Der erste Krieg, von dem die Schrift berichtet, ist beendet. Abraham ist Sieger und zieht beladen mit Beute heimwärts. Da erscheint plötzlich ein Mann von hoher irdischer und geistlicher Würde. Er ist König von Salem und Priester Gottes, des Höchsten. Seine Herkunft, Familie und sein Geschlecht sind mit einem Schleier umhüllt, den wir nicht durchschauen können. Suchen wir den Anfang seiner Tage, er ist nicht zu finden. Fragen wir nach dem Ende seines Lebens, es hat nicht aufgehört. Ein Geheimnis umgibt seine Person und sein Erscheinen. Er kommt mit Brot und Wein in seinen Händen und mit dem Segen Gottes auf seinen Lippen. Er stärkt den Patriarchen Abraham auf seinem Wege mit irdischer Erquickung und mit noch größerem - mit geistlichen Segnungen von Gott, dem Höchsten, der Himmel und Erde besitzt. Abraham huldigt Melchisedek in seiner Erhabenheit und gibt ihm den Zehnten von allem. Dies ist die Beschreibung des Mannes, in dem wir die Züge dessen sehen sollen, der Priester ist in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks. (Hebr. 5,6)

Gott sorgte dafür, daß von Melchisedek kein Geschlechtsregister, keine Angabe seines Vaters, seiner Mutter, seiner Geburt usw. aufgezeichnet wurde. Auf Grund des Fehlens jeder Angabe konnte von ihm gesagt werden: „Ohne Vater, ohne Mutter, ohne Geschlechtsregister, weder Anfang der Tage noch Ende des Lebens habend.“ Keine Forschung kann den Anfang noch das Ende seines Lebens entdecken. Seine Zeit ist gleichsam von Ewigkeit zu Ewigkeit, und somit konnte Melchisedek ein Vorbild von der Person des Herrn Jesus Christus sein. Denn von wem kann dies gesagt werden, und von wem können die Titel getragen werden „König der Gerechtigkeit“ und „König des Friedens“ in ihrer vollen Bedeutung als allein von dem Herrn Jesus Christus?

Das Priestertum Christi nach der Ordnung Melchisedeks steht im Gegensatz zu dem Priestertum nach der Ordnung Aarons. Nach der Ordnung Aarons mußten der Vater und die Mutter des Priesters bekannt sein. Das Priesterrecht ging von dem Vater auf den Sohn über. Wer sein Vaterhaus und sein Geschlechtsregister nicht nachweisen konnte, war von dem Priesterdienst ausgeschlossen. (Neh. 7,64) Bei Melchisedek, dem Priester Gottes, des

Höchsten, war es anders. Die Schrift gibt, wie schon gesagt, keine Kunde von seinem Vater, seiner Mutter, noch von seiner Nachkommenschaft. Wir kennen weder den Anfang seiner Tage noch das Ende seines Lebens.

Diese Auslassungen sind um so bezeichnender, als wir den Bericht von Melchisedek im ersten Buche Mose finden, in dem gerade die Aufzeichnung der Geschlechtsregister anderer wichtiger Personen mit großer Sorgfalt geschieht, von Melchisedek dagegen wird nichts gesagt. Darin sehen wir aufs neue den Vorsatz Gottes bestätigt, daß Melchisedek ein Vorbild von dem Sohne Gottes sein sollte, dessen ewige Herkunft ein Geheimnis ist, der aber, als Er auf Erden erschien, gesehen und betastet werden konnte.

Dieses Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks hat nichts mit Geburt oder Nachkommenschaft - Dinge, die der Erde angehören - zu tun. Es gründet sich allein auf den Eidschwur Gottes. Und weil es auf dem Eidschwur Gottes beruht, ist es unveränderlich und von ewigem Bestand. Und deshalb vermag auch allein der Sohn - der Herr Jesus, auferstanden aus den Toten - das Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks auszuüben.

In Hebr. 7,4 wird mit den Worten: „Schauet, wie groß dieser war“, die Größe der Person Melchisedeks (und damit die des Herrn Jesus Christus) hervorgehoben. Seine Größe und Hoheit wird dann darin nachgewiesen, daß er nicht dem Priesterstamme Levi entsprossen war, und weiter, daß Abraham (der Vorfahr Levis) ihm zehntete, und noch besonders, daß Abraham von Melchisedek gesegnet wurde; denn dem konnte nicht widersprochen werden, daß „das Geringere von dem Besseren gesegnet“ wird. In dem Segnen Melchisedeks zeigt sich der grundsätzliche Unterschied zwischen dem Priestertum Melchisedeks und dem des Aaron. - Der Priesterdienst nach der Ordnung Melchisedeks war mit Segnung verbunden, während der Priesterdienst nach der Ordnung Aarons mit immer wiederkehrenden Opfern verbunden war.

In Seinem Erdenleben konnte der Herr Jesus keinen Priesterdienst ausüben, weil derselbe allein dem Stamme Levi übertragen, der HErr aber dem Stamme Juda entsprossen war, „zu welchem Stamme Mose nichts in bezug auf Priester geredet hat“. (Hebr. 7,14; 8,4) Der

geopfert und das Erlösungswerk vollendet hatte. Nun nimmt Er Seine Rechte als „König der Gerechtigkeit“ und als „König des Friedens“ auf und wird von Gott begrüßt als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedeks. (Hebr.

5,10) Deshalb hat Sein Priesterdienst nichts mehr mit Opfern für die Sünde zu tun. Sein Dienst gilt Seinen Erlösten, sie zu segnen mit den Segnungen, die die Frucht Seines Werkes sind, und sie in das Heiligtum Gottes zur Anbetung Seines Vaters zu führen.

Die volle Entfaltung des Priestertums unseres Herrn Jesus Christus nach der Ordnung Melchisedeks wird erst in der Zeit der tausendjährigen Herrschaft des HErrn auf Erden geschaut werden, wenn alle Seine Feinde nach Ps. 110 zum Schemel Seiner Füße gelegt sind, wie wir es nach dem Vorbilde bei Abraham nach der Schlacht der Könige sehen. (1. Mos. 14) Dann werden Ihm die Enden der Erde zum Besitztum gegeben (Ps. 2,8) - dann wird der Fluch von dem Volke der Juden hinweggenommen und das Seufzen der Schöpfung beendet sein, und alle Enden der Erde werden Ihn fürchten. (Ps. 67,7) Von dieser Zeit der Melchisedek-Regierung Christi in den kommenden Tagen spricht der 72. Psalm, der mit den Worten schließt: „Und die ganze Erde werde erfüllt mit Seiner Herrlichkeit! Amen, ja, Arnen.“

Auch in der gegenwärtigen Zeit ist der Priesterdienst des HErrn voll Segen für die Gläubigen. Solange wir in der Wüste mit ihren Nöten sind, haben wir den Dienst unseres Hohenpriesters nötig, um von dem Throne der Gnade Hilfe zu empfangen, damit wir in das Heiligtum zur Anbetung Gottes eintreten können.

Der Dienst eines Priesters der irdischen Ordnung kann nicht dem entsprechen, was die Genossen der himmlischen Berufung bedürfen. Der Hohepriester, der diesen angemessen - für diese passend ist, muß „heilig, unschuldig, unbefleckt, abgesondert von den Sündern und höher geworden sein als die Himmel“ usw. (Hebr. 7,26.27) Er, der die Frage der Sünde in dem Opfer Seiner Selbst geordnet hat, kann in der Ausübung Seines Priesterdienstes Gnade für alle unsere Bedürfnisse darreichen. Er kann Mitleid haben mit unseren Schwachheiten und vermag unsere Herzen in der Erkenntnis Seiner Liebe über alle Sorgen zu erheben. Er vermag von

Vaters mit Ihm im Heiligtum teilhaben können. Dieser Art ist Sein Dienst für die Seinigen.

*

Elia auf der Flucht.

(1. Kön. 19,1-3)

Mit Bewunderung haben wir den Glaubensweg Elias in den beiden vorhergehenden Kapiteln betrachtet. Allein, voll Glaubens stand er auf dem Karmel dem gottlosen König, einem Heer von Baalspriestern und einem abtrünnigen Volke gegenüber. In der Ruhe des Glaubens wartete er das völlige Offenbarwerden der Nichtigkeit des Baals und alles Baalsdienstes ab. Als auf alles Rufen seiner Priester - ihr Hüpfen um seinen Altar - Ritzen mit Schwertern und Lanzen bis zum Bluten, Baal nicht antwortet, baut Elia den niedergerissenen Altar Jehovas auf, und zur Zeit des Abendopfers ruft er den Namen des HErrn an, und sofort antwortet Gott mit Feuer vom Himmel und verzehrt sogar das Wasser und die Steine. Überwältigt von der Machtoffenbarung Gottes fällt das ganze Volk auf sein Angesicht zur Erde und bekennt Jehova als Gott und vollzieht dessen Gericht an den Baalspriestern, die das Unglück über Gottes Volk gebracht hatten.

In welchem Gegensatz zu diesem Glaubenssieg finden wir Elia in unserem heutigen Schriftabschnitt! Derselbe Mann, der dreieinhalb Jahre furchtlos und treu für seinen Gott eintrat und dessen Sache zum völligen Siege führte, bricht hier unter dem Geist der Furcht zusammen und begibt sich, auf die Drohung eines Weibes hin, auf die Flucht, sein Leben zu erretten, und wird zum Ankläger seiner Brüder.

Da drängt sich uns die Frage auf: Wie war ein solcher Umschlag bei einem Elia möglich, der bis dahin allen Gefahren und seinem Todfeinde furchtlos ins Auge schaute? Wie war es möglich, daß er unmittelbar nach dem gewaltigen Siege auf Karmel in völlige Verzagtheit versinken und alles aufgeben konnte? Es kann nur heilsam für uns sein, den Dingen nachzuforschen, die

Warnung dienen zu lassen.

Versetzen wir uns zunächst in seine Lage. Sein ganzes Leben und Wirken hatte nur ein Ziel gehabt: Israel zu seinem Gott zurückzuführen. Nach dem herrlichen Siege Gottes auf Karmel hielt er dieses Ziel für erreicht. Das ganze Volk hatte zur Erde gebückt Jehova als Gott bekannt, und Gott hatte mit dem Regen Seiner Gnade darauf geantwortet. Das Volk war erwacht, und Elia erwartete nun nach diesem Bekenntnis, daß es sich sicher von Isebel und dem Baalsdienst abwenden und wie ein Mann sich um ihn scharen und Stellung für Gott nehmen werde. Er hielt den Feind jetzt für vollkommen geschlagen, und die Erwartung der Rückkehr des Volkes zu Gott war aufs höchste gestiegen. Hatte nicht Gottes eigene Hand ihn vor dem Wagen Ahabs her nach Jisreel geehrt? War das nicht ein Zeichen, daß auch die gottlose Isebel sich nun der Macht des HErrn werde beugen müssen? Elia ist sich seines Sieges völlig gewiß.

In Jisreel ist Ahab mit seinem Weibe allein. Elia weiß, jetzt erfährt Isebel alles, was auf Karmel geschehen war: wie der Baalskultus sich als Götzendienst erwiesen habe und zusammengebrochen sei, wie das Volk sich der Baalspriester bemächtigt habe und diese von ihm getötet worden seien, daß dagegen aber Jehova als der lebendige Gott kundgeworden und vom Volke anerkannt worden sei. Würden diese Nachrichten Isebel die Augen öffnen? Würde sie Gottes Sprache verstehen, in sich schlagen und sich unter die gewaltige Hand Gottes beugen? Konnte seine Führung nach Jisreel nicht auch damit zusammenhängen, daß Gott Seine Macht jetzt auch an der Königin offenbaren wolle? Hatte doch auch der König sich der Macht des lebendigen Gottes beugen müssen und weder seine Hand noch seine Zunge rühren können, Gottes Gericht von den Baalspriestern abzuwenden!

Was aber geschieht? Statt Beugung nimmt Isebel den Kampf mit dem Propheten auf. Ihr ganzer Haß wendet sich gegen den Knecht Gottes, der es gewagt hatte, seine Hand an ihre Baalspriester zu legen. Sie sendet ihm die Botschaft: „So sollen mir die Götter tun und so hinzufügen, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dein Leben eines von ihnen gleich mache.“

Herodes den Henker sandte, Johannes, dem Täufer, den Kopf zu nehmen? Die Antwort liegt nahe: Sie wagte es wahrscheinlich des Volkes wegen nicht, das sich hätte empören können, weil es noch unter dem Eindruck des gewaltigen Erlebens auf Karmel stand und in Elia den Propheten Jehovas achtete. So weit zu gehen wagte sie nicht, genau wie später die Hohenpriester und Schriftgelehrten es auch nicht dem HErrn gegenüber wagten. (Matth. 21,46; Luk. 19,47.48; 20,19; 22,2; Apgesch. 4,26) Sie schickte ihm die Botschaft ihrer Rache und wartete die Wirkung ab, ob vielleicht Elia sich der Gefahr, in ihre Hände zu fallen, selbst entziehen und gehen würde.

Mit einer solchen Botschaft hatte Elia nicht gerechnet. Auf solchen Ausgang war er nicht gefaßt. Er hielt ja den Feind für völlig geschlagen und Isebels Macht für gebrochen. Statt dessen erlebt er nun (an dem Orte ihrer Residenz und ihres Palastes, 1. Kön. 21,1) ihre ungebrochene Macht. Sie schwört ihm bei ihren Göttern den Tod. Er sieht sich in seinen Erwartungen gänzlich enttäuscht. Das Volk, das vom Karmel zurückgekehrt ist, kümmert sich weder um Jehova noch um ihn, Seinen Propheten. Alles ist fehlgeschlagen. Dunkelheit umfängt ihn. Welchen Wert hat es nun noch, für den HErrn einzutreten, da das Volk sich nicht vom Götzendienst löste noch für den HErrn und Seinen Knecht Stellung nahm, sondern sich weiterhin von dem Weibe beherrschen ließ, daß ihm nach dem Leben trachtete! Kummer und Verzagtheit erfüllen seine Seele. Er ist fertig mit allem. Hoffnungslos, müde und niedergebeugt, gibt er den Dienst für den HErrn auf.

Elias Geschichte bestätigt uns wieder, daß die gefährlichsten Stunden für uns nicht immer die sind, in denen wir durch Kampf und Leiden gehen. Die gefährlichsten Zeiten sind vielmehr die Zeiten nach den Kämpfen - nach errungenen Siegen - nach empfangenen Segnungen, nach einem standhaften Eintreten für den HErrn und dem treuen Bekenntnis Seines Namens. Gerade in solchen Zeiten sind wir in Gefahr, uns mit dem errungenen Siege zu beschäftigen und uns zu erfreuen an dem, was wir gesprochen und getan haben und wie wir den Angriff des Feindes überwunden haben. In der Siegefreude fühlen wir uns so leicht sicher; wir werden sorglos und achten nicht mehr darauf, mit der ganzen Waffenrüstung Gottes angetan zu stehen. Legen wir aber, wenn auch nur etwas, von der ganzen Waffenrüstung Gottes ab, so vermögen wir selbst

den scheinbar kleinen Angriffen des Feindes nicht mehr standzuhalten. Dann können wir das gleiche, was wir hier an Elia sehen, noch erleben, daß Männer des Glaubens, die heute in der Kraft des HErrn stehen, morgen ihren Stand für den HErrn aufgeben, weil sie, verzagt gemacht, aufhörten, in Glaubensabhängigkeit vom HErrn ihre Kraft aus der einzigen Quelle der Kraft zu schöpfen.

Solange wir im Kampfe stehen und den Feind vor uns sehen, wissen wir uns abhängig vom HErrn, in dessen Kraft allein wir dem Feinde begegnen können. Vergessen wir aber unsere Abhängigkeit von Ihm und halten wir uns nicht mehr nahe dem HErrn, so sind wir sicher nahe dem Teufel und seiner List. Es ist Gottes Weisheit, die uns durch Anfechtungen, Leiden und Trübsale gehen läßt, damit die Bewährung unseres Glaubens köstlicher als die des Goldes möge erfunden werden. (1. Petr. 1,7) Gerade auf Wegen der Leiden und Trübsale lernen wir Gehorsam.

Als Elia vom Karmel herabstieg und in der Kraft des HErrn vor dem Wagen des Königs herlief, ahnte er nicht, welch ein Ansturm der Finsternisgewalten in Jisreel über ihn hereinbrechen würde. Von der Höhe des Sieges geht Elias Weg nun hinab in die Schule der Anfechtung und Prüfung. Und haben diesen Weg nicht mehr oder weniger alle Knechte des HErrn zu gehen?

Die Botschaft Isebels zeigte ihm, wie die Sachen standen. Wir lesen: „Als er das sah, machte er sich auf und ging fort um seines Lebens willen, und kam nach Beerseba, das zu Juda gehört.“ „Als er das sah“ - in dieser Stunde stand nicht der lebendige Gott, sondern Isebel, ihre Rache und die Haltlosigkeit des Volkes, vor seinem Auge. Was mochte in seiner Seele vorgehen? Von seinem bisherigen Weg konnte er sagen, daß er alles getan habe nach dem Worte des HErrn (1. Kön. 18,36), jetzt aber leitete ihn nicht das Wort Jehovas, sondern Isebels Wort. Bisher stand niemand zwischen ihm und seinem Gott, jetzt stand Isebel dazwischen. Er mißt den Kampf mit Isebel nicht an Gottes Kraft, sondern an seiner Kraft, und in dem Augenblick verlor er allen Mut. Die Psalmisten David und Asaph gedachten in den Stunden der Dunkelheit der Wunder und Machttaten ihres Gottes. (Ps. 70,16; 77,11) Erinnerte er sich nicht, wie Gott ihn durch Raben ernährte - wie das Mehl im Topf und das Öl im Kruge nicht abnahm -

wie Gott den Toten zum Leben zurückführte und auf sein Gebet mit Feuer vom Himmel geantwortet hatte? Der Mann des inbrünstigen Gebets wendet sich in seiner Hoffnungslosigkeit jetzt nicht an seinen Gott, bittet nicht um Wegweisung, er geht selbst den Weg, „um seines Lebens willen“.

Sein Auge sah nur die mächtige IsebeI und seinen Tod. Petrus sah nur den starken Wind, und er sank. Der große Prophet und der große Apostel, als sie auf das blickten, was vor Augen war, sahen sie ihre Kraftlosigkeit und sanken. Und geht es uns anders? Nur dann, wenn gleich Mose unser Glaubensauge den Unsichtbaren sieht, sind wir befreit von der Furcht und vermögen wir wider die Listen des Teufels zu bestehen.

Erinnert uns diese dunkle Stunde in Elias Leben nicht auch an ähnliche Stunden in unserem Leben? Wie schnell vergaßen auch wir die Machttaten Gottes - vergaßen die Wunderwege, die Er uns führte - vergaßen die Gnade, mit der Er uns trug - vergaßen die Macht, mit der Er uns schirmte! Wir sahen nur das Leid und den Untergang, und anstatt in die Gegenwart des lebendigen Gottes zu gehen, Gnade und Kraft zum Ausharren zu empfangen, versuchten wir den Trübsalen zu entfliehen.

Mit der Flucht Elias hatte der Teufel sein Ziel erreicht. Und wie kam er zu seinem Ziel? Das erste, was die Schrift uns im Zusammenhang mit dieser traurigen Sache sagt, ist, daß ein Gespräch zwischen Ahab und Isebel stattfand. Dieses Gespräch drehte sich um Elias Wirksamkeit und die Tötung der Baalspriester. Und das Ergebnis dieses satanischen Gespräches finden wir in den Worten des zweiten Verses: „Da sandte Isebel einen Boten“ mit der Botschaft ihres Hasses und ihrer Rache zu Elia. Wie listig ist der Feind in der Erreichung seines Zieles, den Knecht Gottes dahin zu bringen, den Platz, an den Gott ihn jetzt geführt hatte, zu verlassen und seinen Dienst als ein Knecht des HErrn aufzugeben! Was er bisher nicht zu erreichen vermochte, erreicht der Feind nun durch ein dunkles Gespräch. Und wie oft sind durch Gespräche des Hasses, der Feindschaft, der Unversöhnlichkeit usw. Knechte des HErrn müde und verzagt gemacht und ist dem Werk des HErrn geschadet worden! O, daß Kinder Gottes mehr über ihre Gespräche wachen möchten, damit sie Ausgänge des Segens und nicht

des Verderbens seien!

Wenn Menschen die Geschichte Elias geschrieben hätten, so würden wir wohl schwerlich etwas von dieser Stunde seiner Schwachheit und Glaubenslosigkeit erfahren haben. Wenn Gott aber die Geschichte eines Menschen schreibt, dann zeichnet er uns den Menschen, wie er in Wahrheit ist, und da müssen wir die tief demütigende Erfahrung machen, daß bei uns allen, auch bei den besten, seien es Patriarchen oder Apostel, beschämende Widersprüche im Leben und Wandel gefunden werden.

Nur bei einem, unserem Herrn Jesus Christus, finden wir Vollkommenheit, sowohl als Er auf der Höhe des Erfolges und der Anerkennung von seiten der Menschen stand als auch in der Dunkelheit Seiner Verwerfung und der scheinbaren Erfolglosigkeit Seiner Arbeit. In Mark. 1,22ff. sehen wir Ihn gewissermaßen auf der Höhe Seines Dienstes: Die Menschen staunen Ihn an über die Wunder Seiner Gnade, und die Dämonen bekennen Ihn als den Heiligen Gottes; Er aber bewahrt im Gebet am einsamen Ort als Mensch Seine Abhängigkeit von Gott. Die Jünger mögen sich erfreuen über den Zulauf des Volkes und Ihm sagen: „Alle suchen Dich“ (V. 37), Er aber antwortet: „Laßt uns anderswohin in die nächsten Flecken gehen, auf daß Ich auch daselbst predige; denn dazu bin Ich ausgegangen.“ (V. 38)

Er war nicht in die Welt gekommen, um bewundert zu werden, sondern um zu suchen und zu erretten, was verloren ist.

Und wiederum, in der Tiefe Seiner Verwerfung und der scheinbaren Erfolglosigkeit Seiner Arbeit (Jes. 49,4), als Er nach all den Worten und Taten der Liebe verachtet und als „ein Fresser und ein Säufer“ verworfen wurde, blieb Sein Vertrauen zu Seinem Gott und Vater unerschüttert, und Er spricht: „Ich preise Dich, Vater, HErr des Himmels und der Erde, daß Du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast, und hast es Unmündigen geoffenbart. Ja, Vater, denn also war es wohlgefällig vor Dir.“ (Matth. 11,19.25) Sein ganzes Leben war ein Leben ununterbrochener Abhängigkeit von Seinem Vater.

Wie gut, daß wir unseren Blick von den Knechten weg zum Meister, unserem Herrn Jesus

Christus, dem Knechte Jehovas, hinwenden können, bei dem allein Vollkommenheit gefunden wird. Er wurde nie vom Erfolg geblendet und von scheinbaren Niederlagen mutlos gemacht.

Friede.

„Friede euch!“ (Joh. 20,19 u. 20) sagte am Abend des ersten Tages der Woche der auferstandene HErr zu Seinen Jüngern. Er sprach diese Worte nicht nur als ihr liebender HErr und Meister, sondern auch als mächtiger Sieger. Er allein hatte auf dem Kreuze die Last ihrer Sünden und den Zorn Gottes darüber getragen, Er war geschlagen worden um ihrer Übertretungen willen. Er war gestorben; aber Er hatte durch den Tod den zunichte gemacht, der die Macht des Todes hatte. (Hebr. 2,14) Er war begraben worden; aber Er hatte die Fesseln des Grabes gesprengt. Frieden - vollkommenen, ewigen Frieden hatte der Sieger als Frucht Seines Versöhnungswerkes errungen.

Und mit diesen Worten zeigte Er ihnen Seine Hände und Seine Seite, diese Wunden, in welchen wir durch Glauben den Beweis sehen, daß unsere Schuld vollkommen getilgt ist. Indem wir Ihn betrachten, der auferstanden ist, um nie mehr zu sterben, zieht Ruhe und Frieden in unsere Herzen ein.

Aber ein zweites Mal spricht der Herr Jesus zu ihnen: „Friede euch!“ (Joh. 20,21) Warum wohl dies? Die Jünger waren ja voll Freude, als sie den HErrn sahen. Er war ihre Sicherheit und ihre Wonne. Warum denn sagte der HErr wiederum zu ihnen: „Friede euch!“?

Das erstemal sprach Er ihnen Frieden zu in bezug auf sie selbst, das zweitemal in bezug auf ihren Dienst an anderen. Erfüllt mit Frieden und mit Seiner Liebe, im Bewußtsein des Wertes Seines großen Opfers, sollten sie ausgehen in die arme, sündenbeladene Welt. „Gleichwie Mich der Vater gesandt hat, so sende Ich auch euch.“ Sein Vater hatte Ihn von Seinem Herzen weg zu den Menschen gesandt, und die Antwort Auf diese Liebe war die Dornenkrone, das Kreuz,

Toten, und von jenseits des Grabes aus sendet Er Seine Boten in dieselbe Welt, die Ihn gekreuzigt, um in ihr Seinen Sieg und Seine Liebe zu verkündigen.

Wenn du, lieber Leser, diesen Frieden im Herzen trägst und genießt, wenn du weißt, Er ist dein Friede, so gehe zu denen, die in der Welt friedelos, mühselig und sündenbeladen sind. Sage ihnen, was der HErr an deiner Seele getan hat. Wir sollen uns nicht nur freuen, daß wir selber den HErrn gefunden haben und mit ewigen Segnungen gesegnet sind, diese Freude und dieser Frieden soll uns vielmehr antreiben, anderen den Friedensfürsten nahezubringen.

Wie groß ist die Friedelosigkeit gerade in unseren Tagen des Hastens und Jagens, der Sorgen und Not. Überall um uns her ist Ruhelosigkeit, draußen in der Welt und drinnen im Herzen der Menschen. Da sollst du und ich ein Friedensbote sein.

So bringe, getrieben von der Liebe des Herrn Jesus Christus das Wort des Friedens zu anderen. Möchtest du es willig und freudig hintragen zu denen, die es noch nicht empfangen haben, denn lieblich sind in den Augen des HErrn die Füße derer, die frohe Botschaft bringen, die den Frieden erkundigen. (Jes. 52,7)

U.

Kurze Gedanken über 1. Tim. 4,1-3.

In dieser Schriftstelle gibt Paulus durch den Heiligen Geist uns prophetisch ein Bild von dem Wesen der letzten Zeiten. Es ist eine Stimme der Warnung, wie wir solche oft in der Schrift finden, z. B. in Hebr. 3,7 und 12 warnt uns der Geist vor der Verhärtung des Herzens und vor dem Abfall. Hier warnt Er uns vor falschen Lehren und Dingen, die die Gottseligkeit - das Leben des Glaubens zu Gottes Wohlgefallen - zerstören. Der Geist sagt uns, woher diese Lehren kommen. Sie kommen aus der Hölle, denn sie werden durch Dämonen den Menschen übermittelt. Und weiter zeigt Er uns, wie sie den Menschen gebracht werden: Betrügerisch und heuchlerisch werden sie dargeboten. Betrügerisch, weil sie ihre Lehren als hohe Offenbarungen

Guten umhängen, um so den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Weiter zeigt der Apostel uns, wie das Gewissen derer aussieht, die von den betrügerischen Geistern geleitet werden: Ihr Gewissen ist „wie mit einem Brenneisen gehärtet“. Sie haben das Empfinden der Furcht vor Gott verloren. Über die Dinge, welche Gott für die Menschen geschaffen hat, erdreisten sie sich, zu verfügen und andere Anordnungen zu treffen, als wie Gott sie gegeben hat. Sie treten dabei mit Autorität auf und verbieten und gebieten, als ob sie Rechte über die von Gott gegebenen Dinge hatten. Sie „verbieten zu heiraten und gebieten, sich von Speisen zu enthalten“. Der Geist deckt hier schon die Keime der fleischlichen Heiligkeit und frommen Äußerlichkeiten, die sich später im Mönchwesen entwickelten, auf und warnt vor den satanischen, frommen Lehren und den Leuten, die sie bringen. Die Stimme des Geistes ist deshalb eine Stimme der Warnung für alle, welche „glauben und die Wahrheit erkennen“, nicht von dem Glauben abzufallen. Der Anfang des Abfalles ist das Achten auf die betrügerischen Geister - das Beachtenlehren der Dämonen. Wir ahnen oft gar nicht, wie gefährlich es ist, wenn unser Herz anfängt, solche Lehren zu beachten.

Damit ist schon der Anfang des Abfalls da, und das Licht der Wahrheit beginnt schon in unseren Seelen dunkel zu werden.

*

Frage und Antwort

Frage 12

Matth. 13,44-46: Wer oder was ist der im Acker verborgene Schatz und die eine sehr kostbare Perle? Wer ist der Finder in dem einen und anderen Falle? Wer der Käufer des Ackers und der Perle?

Antwort

Wie bekannt, kommt der Titel „Reich der Himmel“ nur in Matthäus vor. Der König ist abwesend. Was trägt sich da in diesem Be-Reich zu? Weist der Bereich im Laufe der Zeit Strukturveränderungen auf? Welches soll der sittliche Charakter des Reiches in denen sein, die darin sind oder es ausmachen? Denn vorderhand, solange der König Seine Ansprüche auf das Territorium, d. i. auf die Erde, nicht geltend macht, besteht Seine Herrschaft nur über die Menschen, soweit sie Seine Autorität anerkennen. Die Antwort Geben uns außer anderen Belehrungen über den Gegenstand, z. B. die Bergpredigt, die „Gleichnisse des Reiches der Himmel“.

Ist es schon aufgefallen, daß es dieser Gleichnisse ausgerechnet 10 sind? Die Zahl der Verantwortlichkeit des Menschen gegen Gott? So daß in der gegenwärtigen Zeit zu diesem geheimnisvoll daseienden Reich der Himmel zu gehören eine besondere Verantwortlichkeit in sich schließt? Der HErr Selbst sagt in Vers 11, daß Seine Reden über dieses Reich Geheimnisse seien. Da, wo Er Deutungen gibt, wie über den Säemann, über das Unkraut und über das Netz, lüftet Er den Schleier des Geheimnisvollen, und die feierliche Wirklichkeit des Geschehens liegt offen vor uns.

Dieweil der HErr über das Senfkorn, den Sauerteig, den Schatz und die Perle keine Deutung gibt, kommt uns der Gedanke: Er wollte etwas übriglassen zur Übung für die Zeit, da das Reich nach Seiner Erhöhung eingeleitet, der Heilige Geist als Sein Stellvertreter herabgekommen, und die Jünger sowohl wie die durch sie an Ihn Glaubenden erinnert werden würden „an alles das, was Er gesagt hatte“ und „in die ganze Wahrheit geleitet“ werden würden. (Joh. 14,26 und 16,13) Als Matthäus seinen Bericht über das Leben, die Reden und die Taten des HErrn für die Gläubigen abfaßte, war der Geist schon längst da. Wird Er uns nicht behilflich sein, die rechte Deutung zu finden, wenn wir uns unvoreingenommen weisen lassen? Soll da nicht auch der Zusammenhang der Gleichnisse uns etwas zu sagen haben?

Die ersten 6 der 10 Gleichnisse finden sich in Kapitel 13, und zwar je 3 und 3 gesondert. Der HErr gibt sie unaufgefordert; und daß Er je drei aneinanderreiht, veranlaßt uns zu fragen: Liegt

wenn wir eine Abhandlung über alle 7 Gleichnisse dieses Kapitels zu schreiben hätten. So aber müssen wir uns Beschränkung auferlegen. Folgendes sei aber doch gesagt: die restlichen 4 der 10 stehen in den Kapiteln 18, 20, 22, 25; sie dienen dort als Fortsetzung gepflogener Unterhaltungen zur Belehrung und Warnung, zur Hervorhebung gewisser sittlicher Charakterzüge, welche bei denen, die im Reiche der Himmel sind, gefunden werden sollen.

In Kap. 13 steht das Gleichnis vom Säemann, wie der HErr Selbst es nennt, voran. Nicht eigentlich als eins vom Reiche der Himmel. Die Erklärung, die Er von dem Samen, dem Wort, und von dem viererlei Boden, dem Menschenherzen, gibt, erfüllte sich dazumal wie heute. „Das Wort vom Reiche hören“ (V. 19), taten schon die, die Johannes den Täufer und nach ihm den HErrn über das nahe seiende Reich der Himmel reden hörten.

Die 3 ersten der 6 zeigen auf, nachdem das Reich eingeleitet sein würde: in dem Gleichnis vom Unkraut die verderbliche Tätigkeit des Feindes, in dem vom Senfkorn das Großwerden des Reiches in räumlicher Ausdehnung, in dem vom Sauerteig einen inneren nicht sein sollenden Wandlungsprozeß.

Die zweiten 3 lassen erschauen im Schatz und in der Perle einerseits die Wertgegenstände, die das Reich der HimmeI birgt und als was der HErr sie im voraus sieht, und andererseits im Netz, in ganz verschiedener Darstellung, wie sie und von wo sie hergeholt werden.

Der Vollständigkeit halber sei noch hergesetzt: Die dritten 3, das vom König, der mit seinen Knechten abrechnet, das vom Hausherrn, der Arbeiter in seinen Weinberg sendet, das vom König, der seinem Sohn Hochzeit machte, führen Gottes Gnade und Güte vor, in der Er handelt und wie Er erwartet, daß die Gegenstände dieser Gnade derselben Verständnis entgegenbringen und sich dementsprechend in ihrem eigenen Verhalten zeigen.

Das zehnte, das von den 10 Jungfrauen, indem es vom Endpunkt aus, dem Punkt, wo das Reich aufgehört haben wird, etwas Geheimnisvolles zu sein, im voraus einen Rückblick auf das, was war, tun läßt, führt eindringlich vor Augen, wie man durch Leichtfertigkeit um den Preis seiner Seligkeit irren kann. Man beachte: Kap. 24,39.40: „... die Ankunft des Sohnes des

Menschen. Alsdann werden zwei auf dem Felde sein usw.“ 25,1: Alsdann (wenn der Sohn des Menschen gekommen sein wird) wird das Reich der Himmel gleich geworden sein (nicht „ist gleich geworden“ wie in Nr. 1, 7 und 9, oder „ist gleich“ wie in Nr. 2-6 und 8), d. h. am Schlußpunkt der Linie stehend und Rückschau haltend wird diese Schau sich als das und das darbieten.

Wir wenden uns nun der zweiten Dreiheit der Gleichnisse: Schatz, Perle, Netz, zu. Wir stellen aber zuerst fest: Unter Gleichnis ist zu verstehen die Darstellung eines der Natur oder dem Leben entnommenen Vorgangs, der entsprechende Vorstellungen auf seelischem und geistlichem Gebiete des Menschenlebens weckt. Dabei ist zu beachten, daß die gewonnenen Vorstellungen nicht bis zum äußersten in der Vergleichbarkeit getrieben werden dürfen. Ein Punkt des Gleichnisses kann oder mehrere können in der erweckten Vorstellung beiseite gelassen werden. Andere im Gleichnis nicht besonders hervorgehobene Punkte können in der Vorstellung hinzutreten. Eines aber steht fest: Die gewonnenen Vorstellungen ergeben zusammengefaßt einen springende Punkt. Auf den zielt das Gleichnis ab. Der HErr Selbst in dem Gleichnis vom Unkraut und der Deutung davon gibt diese Belehrung.

Der Frage über Schatz und Perle liegt eine Einsendung zugrunde, die im Gegensatz zu den Ausführungen im Septemberheft 1935 der „Handr.“, worin der Herr Jesus als der Finder und Käufer der Perle hingestellt wird, will, daß der Mensch der Finder und Käufer, und der Herr Jesus der Schatz und die Perle sei. - Kann das sein?

Die in Vers 44 vorgestellte Hauptsache ist: Reich der Himmel und im Acker verborgener Schatz decken sich in der Vorstellung. Als zweites kommt erläuternd hinzu: Der Schatz ist von einem Menschen gefunden und im Acker verborgen worden. Als drittes noch: Der Mensch will um jeden Preis den Acker haben; zu diesem Ende verkauft er alles, was er hat, und kauft tatsächlich den Acker. Aber, fragen wir interessiert: Warum kauft er nicht einfach den Schatz, warum den Acker? Seine Freude gilt doch dem Schatz! Überhaupt: Warum hat er diesen nicht gleich behalten? Warum verbirgt er ihn, und das im Acker? Sonderbare Sache! Ja, sonderbar in der Tat ist das, was Gott tut und was der Herr Jesus tut. Eine Anleitung zur Deutung gibt uns

der HErr in Vers 38: „Der Acker ist die Welt.“ Da taucht aber auch sofort die Frage auf: Kann ein Mensch die Welt kaufen? Antwort: Nein. Damit wäre eigentlich die Frage entschieden. Aber noch mehr: Hat der Mensch etwas zu verkaufen? Antwort Ebenfalls: Nein; denn er hat nur seine Sünden. Auch wenn er reich an irdischem Gut wäre wie der Jüngling in Kap. 19, seinen Besitz verkaufte und den Erlös den Armen gäbe, wäre er doch seiner Sünden nicht ledig. Sich den Herrn Jesus als Schatz kaufen, könnte er keineswegs, nicht nur weil er nichts hat, sondern weil es sich darum handelt, die Welt zu kaufen.

Sich mit irdischem Besitz „eine gute Grundlage für die Zukunft sammeln“ (1. Tim. 6,19), sich „mit dem ungerechten Mammon Freunde machen, um ... aufgenommen zu werden in die ewigen Hütten“, gilt nur solchen, die schon Jünger, Nachfolger Jesu sind; und was sie als Ersatz für Drangegebenes empfangen, empfangen sie aus Gnaden nach der Unumschränktheit Gottes: Matth. 19,27 - 20,16; sie kaufen es nicht. Und was sollten die Armen, welche die Mehrzahl derer bilden, die errettet werden, verkaufen? Und überdies: Hat der Mensch, der Jesus als einen Schatz besitzt, Freude über Ihn gehabt, ehe er Ihn besaß oder überhaupt von Ihm wußte, wenn er z. B. ein Heide war? Es steht ausdrücklich da, daß der betreffende Mensch Freude über den Schatz hatte, ehe er den Acker kaufte. Will der natürliche Mensch überhaupt etwas von dem Herrn Jesus wissen, es sei denn, daß der Vater ihn zum Sohne ziehe? (Joh. 6,44)

Es muß doch wohl so sein, daß der Herr Jesus der ist, der um den Schatz weiß, der vor Freude alles verkauft und den Acker, nicht den Schatz kauft. Gibt die Schrift Anhaltspunkte hierfür? Ich glaube ja. Wenn wir an die Bitten des HErrn an den Vater in Johannes 17 denken, dann kommen wir wohl auf die rechte Spur. Vers 6: „Ich habe Deinen Namen geoffenbart den Menschen, die Du Mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren Dein, und Du hast sie Mir gegeben.“ Vers 9: „Ich bitte für die, welche Du Mir gegeben hast, denn sie sind Dein.“ Vers 11: „Ich bin nicht mehr in der Welt, und diese sind in der Welt ... Heiliger Vater, bewahre sie ...“ Vers 15: „Ich bitte nicht, daß Du sie aus der Welt wegnehmest, sondern daß Du sie bewahrest ...“ Vers 16: „Sie sind nicht von der Welt ...“ Vers 18: „... Ich habe sie in die Welt gesandt ...“

Wir haben oben gesagt, daß man in einem Gleichnis nicht notwendigerweise jeden Zug desselben ausdeuten müsse. Dieser Hinweis wäre anwendbar daraufhin, daß im Gleichnis der Mensch zuerst den gefundenen Schatz verbirgt, und dann unverständlicherweise den Acker, nicht den Schatz kauft. Wir haben aber auch gesagt und den HErrn Selbst in der Deutung des Gleichnisses vom Unkraut auf dem Acker als Kronzeugen dafür angeführt, daß in der Deutung Punkte, die sonst unangebracht wären, gerade hervortreten. So hier: Daß die Menschen in Joh. 17 für Ihn der Schatz im Acker, in der Welt, sein mögen, leuchtet ein. Er, als in die Welt Gekommener, sieht oder findet (es ist ja alles Gleichnis, Vergleich!) den Schatz, die zur Ernte weißen Felder (Joh.

4,35); der Schatz bleibt aber vorderhand da, wo er ist: in der Welt. Um sich aber den Schatz zu sichern, erwirbt er den Acker der Welt. Um das zu bewerkstelligen, war Er, da Er reich war, arm geworden (2. Kor. 8,9); da Er in Gestalt Gottes war, machte Er Sich Selbst zu nichts (Phil. 2,6.7); Er erwarb den Besitz, d. i. was in den Himmeln und was auf der Erde ist, anders gesagt: die Welt (Eph. 1,14.10), obwohl Schöpfer aller Dinge, hat Er als Erniedrigter, als alles Drangegebenhabender, durch das Blut Seines Kreuzes alle Dinge auf der Erde und in den Himmeln mit der Fülle der Gottheit, die leibhaftig in Ihm wohnt, versöhnt, sie in richtige Beziehung zur Gottheit zurückgebracht, d. i. erworben, d. i. gekauft, auf Grund der Hingabe Seiner Selbst für sie.

Diese Hingabe zum Opfer geschah zugleich für das irdische Volk, für Israel: „Darum hat auch Jesus, auf daß Er durch Sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.“ (Hebr. 13,12) Und noch etwas liegt darin: Vor Seiner Selbsthingabe zum Opfer, speziell für Israel, wurde Er von diesem Seinem Volke, von den Juden, verworfen, Er, der ihnen verheißene Messias. Da begab Er Sich denn dieser Seiner Würde, um sie erst in späteren Tagen wieder anzunehmen. Es sollte nach den Absichten Gottes so kommen, um Raum zur Ausführung der Ratschlüsse Gottes zu schaffen, die auf ein himmlisches Volk abzielten: eben auf den Schatz und die Perle. „... Du hast Mich emporgehoben (nämlich zur Messiaswürde) und hast Mich niedergeworfen“ (nämlich von dieser Stellung weg bis zum Verkürzen Meiner Tage),

hören wir darum aus Seinem Munde im 102. Psalm; und dem Daniel wurde gesagt (Kap. 9,26): „Und nach den 62 Wochen wird der Messias abgeschnitten werden und wird nichts haben.“ Da Er mit Gott Seinem Vater nur einen und denselben Willen hatte, so sind wir, auch auf Grund anderer Stellen, berechtigt zu sagen: Er gab alles dran, bildgesprochen „verkaufte“ alles, was als Messias Israels Sein Teil war, um weiter hinausreichende Ratschlüsse durch Sein Sterben zur Erfüllung zu bringen, Ratschlüsse, die, wie gesagt, auf ein himmlisches Volk abzielen, das Ihm zu Genossen in der zukünftigen Entfaltung Seiner Herrlichkeit gegeben wird. „Genossen der himmlischen Berufung“, ... „wir sind die Genossen des Christus geworden“ ... (Hebr. 3,1.14) Es kann nicht anders sein, als daß die, die in der jetzigen Zeit Sein sind, der Schatz für Ihn sind, und zwar einfach als Einzelpersönlichkeiten; jetzt noch nach Seinem eigenen Willen im Acker, in der Welt verbleibend, von Ihm absichtlich dahin getan nach Joh. 17,18: „... habe auch Ich sie in die Welt gesandt“; „verborgen“, weil die Welt sie nicht kennt als das, was sie sind, so wenig als sie den HErrn Jesus Selbst kennt, noch den Vater.

Daß auch die Deutung über die Perle, der Herr Jesus sei sie, unhaltbar ist, ergibt sich nach dem vorangegangenen von selbst. Umgekehrt aber, und „wiederum“, um dieses Wort aus Vers 45 zu gebrauchen: Er, der HErr, sieht als Perle, als ein einziges, unteilbares, wertvolles Ganzes in vollendeter Ausgestaltung diese selben Menschen, die der Vater Ihm gegeben hat, „in eins vollendet“, Joh. 17,21-23: „Auf daß sie alle eins seien“ ..., sie in uns eins ..., daß sie eins seien ..., sie in eins „vollendet ...“ Könnte jemand etwas anderes in diesen, eine strahlende Einheit gewordenen, Menschen erkennen als die Gemeinde in Eph. 5, die Braut, das Weib des Lammes in Offenb. 21; dort zwar als in ihrem LichtgIanz strahlende Stadt, welche Sich zu erwerben der Christus alles, wie beim Schatz gesagt, ja, Sich Selbst hingab? Braucht der Ausdruck „schöne Perlen suchen“ und das Abstehen vom Suchen weiterer nach dem Finden der „einen sehr kostbaren“ eine Schwierigkeit zu machen? Es kommt doch nur auf den springenden Punkt an bei einem Gleichnis!

Man übersehe nicht: Das Reich der Himmel, geheimnisvoll existierend, seit der König im Himmel ist, und der Mensch, ein Kaufmann, decken sich in der Vorstellung. Nicht Reich und Perle decken sich, wie vorher Reich und Schatz sich decken. Als zweites kommt erläuternd

hinzu: Der Kaufmann sucht schöne Perlen; es ist ein Vorsatz da; er weiß genau, was er will; als Fachmann versteht er sich auf die Ware. Er findet eine, die es ihm so antut, daß er nicht nach weiteren sucht. Als drittes vernehmen wir wie beim Schatz: Er verkauft alles, was er hat, und kauft die eine. Dieser dritte Punkt ist derselbe wie beim Schatz. Es ist derselbe Verkauf und derselbe Kauf. Das Suchen ist ein Vorsatz. Ein solcher kommt beim Schatz nicht vor. Wenn etwas dem Vorsatz entsprechendes genannt werden soll: Sehen wir dies Suchen nicht schon im Paradiese? Jehova, Gott, kannte das Verlangen Adams, „der ein Bild des Zukünftigen ist“, und ließ ihn nach dem Erwachen den Schatz finden, der ihn befriedigte: die Männin; und doch kostete sie Adam eine seiner Rippen, während er in tiefem Schlafe lag: das Spiegelbild vorn Tode des Christus, aus dem Ihm Sein anderes Ich wurde: die Gemeinde: Fleisch von Seinem Fleisch, Bein von Seinem Gebein (Eph. 5); die einzelnen Glieder des geheimnisvollen Christus zusammen: „Ein Brot, ein Leib sind wir die Vielen.“ (1. Kor. 10,17) Merkt man nicht Seinen Vorsatz, Sein Suchen in Matth. 16: „Auf diesen Felsen (daß Ich der Sohn des lebendigen Gottes bin) will Ich Meine Gemeinde bauen“? Weil Er der Sohn des lebendigen Gottes ist, konnte Er Sein Leben geben als Kaufpreis, um es wiederzunehmen nach dem Gebote Seines Vaters (Joh. 10,17.18) Oder wie Paulus in Eph. 5 uns den suchenden, der Verwirklichung zustrebenden Vorsatz des Christus kundtut: „... der Christus hat die Gemeinde geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben, auf daß ... Er die Versammlung Sich Selbst verherrlicht darstellte, die nicht Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern daß sie heilig und tadellos sei.“ Kann für dieses Idealbild in der Welt der Materie ein treffenderes Symbol gefunden werden als eine Perle, und gar wenn es eine ist, die alle überstrahlt? Denn es gibt haushaltungsmäßige Einteilungen unter den Erlösten: Da sind die alttestamentlichen Heiligen; da sind die Heiligen aus den Juden und den Nationen, die nach der Hinwegnahme der Gemeinde bis zum Reiche hin da sind, von denen ein Teil als Märtyrer stirbt, die anderen ins Reich auf der Erde eingehen; da sind die, die während des Reiches selber geboren werden: alle erlöst, „erkauft“ (Offenb. 5,9), auch nur durch die Hingabe Seiner Selbst als Opfer: Nicht gehören aber diese zur Gemeinde, zur Braut, zur Perle als strahlender Einheit; auch nicht zum Schatz. Man darf nie vergessen, daß es sich in den 10 Gleichnissen vom Reiche der Himmel nur um die Zeit handelt, die zwischen dem Weggang des HErrn und Seinem Wiederkommen liegt.

Der HErr gebraucht zwei Gleichnisse, auch wenn es sich um die gleichen Menschen handelt, weil ein Schatz aus einer Menge einzelner Wertgegenstände bestehen kann. Die Menschen, die der Vater dem Sohne aus der Welt heraus gibt, sind dem Sohne einzeln teuer; zwischen Ihm und jedem einzelnen besteht eine persönliche Beziehung, die immer bestehen bleiben wird. Er hat Sich auch an Stelle jedes einzelnen hingegeben. Alle zusammen aber sind ein Schatz, ohne als eine Einheit betrachtet zu sein.

Die eine Perle hingegen, die kostbare, läßt die Einzel-Persönlichkeiten als solche völlig aus dem Auge verschwinden. Nur die in der vollkommenen Einheit, der abgerundeten, flecken- und runzellosen Gestalt, dem strahlenden Glanze erscheinende Gesamtheit kommt für das Herz des es so wollenden HErrn, des Christus, in Frage.

Das dritte Gleichnis der zweiten Serie, das vorn Netz“, scheint auf den ersten Blick nichts mit dem vom Schatz und dem von der Perle zu tun zu haben. Ist es aber nicht auffallend, daß Matthäus, indem er den HErrn alle 6 nacheinander geben läßt, bei jeder Serie von 3 die gleichen Einführungsworte gebraucht, bei Serie 1 dreimal „ein anderes Gleichnis legte Er ihnen vor“, bei Serie 2 nach dem ersten „das Reich der Himmel ist gleich“ zweimal „wiederum ist das Reich der Himmel gleich“, so daß das dritte auch zum ersten gehört wie das zweite?

Wir entdecken in der Deutung des Gleichnisses vom Netz, daß von den guten Fischen nicht mehr die Rede ist, wie in der Deutung des Gleichnisses vom Unkraut der Weizen nicht mehr erwähnt wird. Welchem Hauptgedanken können wir das Netz und die Tätigkeit der Fischer einordnen? Doch dem: Gute Fische sollen in die Gefäße zusammengebracht werden. Es liegt auf der Hand, daß es richtig ist, hierin die Evangelistent ätigkeit als ein Ganzes von Anfang bis zu Ende der Gnadenzeit, des Bestehens des Reiches der Himmel in seiner jetzigen Form, zu erkennen. Daß die Fischer die Faulen auswerfen, ist nichts Absonderliches, gehört hier zur Vervollständigung des Bildes, wenn es naturgetreu sein soll. Die durch die Wortverkündigung für den HErrn Gewonnenen werden der Gemeinde hinzugetan, zugleich auch dem Herrn Selbst. Siehe das in Apgesch. 2,17 und 11,24. Auch in Apgesch. 19,9 sehen wir, wie Paulus eine

Glaubenden, sich selbst überläßt. Der Zweck des Netzes (denn nur um dieses handelt es sich nach der Darstellung des HErrn, Reich der Himmel und Netz decken sich in der Vorstellung) ist also: Gute zusammenzubringen. Liegt das nicht, nur in völlig anderer Gestalt, auf der Linie der beiden vorangegangenen Gleichnisse? Sind die guten Fische nicht dieselben Einzelpersönlichkeiten, die den Schatz ausmachen, nachdem sie alle zusammengebracht sind, und dann wiederum, als Einheit in Vollendung gedacht, die Perle? Das wäre nämlich die Erklärung dafür, warum in der Deutung nicht mehr von den Guten die Rede ist, die im Gleichnis die Hauptsache sind. Als der Gemeinde und damit dem HErrn Hinzugetane sind sie dem Gedankenkreis, der es mit dem Netz zu tun hat, entrückt, darum ist auch von ihrem weiteren Schicksal nicht die Rede. Die Faulen, die im Gleichnis Nebensache sind, bilden dagegen den Hauptgegenstand in der Deutung. „Also“, sagt der HErr, aber im umgekehrten Sinne zum Gleichnis. Nicht ausgeworfen werden die faulen Fische, sondern die „Bösen“, wie sie jetzt heißen, werden aus der Mitte der Gerechten ausgesondert und wie das Unkraut in den Feuerofen geworfen.

Die in Gefäße Gesammelten, der Gemeinde, der Ekklesia, Hinzugetanen, sind zur Zeit dieser Aussonderung schon längst zum HErrn aufgenommen. „Die Vollendung des Zeitalters“ (V. 49) ist der Zeitpunkt, wo der jetzt schon geoffenbarte, aber noch zurückgehaltene Zorn Gottes vom Himmel her (Röm. 1,18) über die Menschen kommen wird, welche die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen. Es sind dann an Stelle derer, welche die aufgenommene Ekklesia bildeten, andere Gläubige da, wie oben schon gesagt; die sind dann die, die hier die Gerechten heißen. So heißen ja auch die alttestamentlichen Heiligen. Das ist auch ein Grund, warum die Guten nicht mehr erwähnt werden. Sie sind, indem sie ihre besondere Stellung als die Ekklesia beibehalten, im Verein mit all denen, die bis an den Beginn des Reiches hin auferweckt werden (Offenb. 20,4), droben, wo alle miteinander leuchten wie die Sonne in dem Reiche ihres Vaters. Siehe die Verse 39-43 in der Deutung des Unkrauts.

Die im Netz „zusammengebrachten“ und in Gefäße getanen Guten sind die, die nach 1. Thess. 1,9.10 den Sohn Gottes aus den Himmeln erwarten, - Jesum, der sie errettet von dem kommenden Zorn. Der Abschluß der „christlichen“ „antichristlich“ gewordenen Ära ist nach 2.

Thess. 1,9 „ewiges Verderben vom Angesicht des HErrn und von der Herrlichkeit Seiner Stärke, wenn Er kommen wird, um an jenem Tage verherrlicht zu werden in Seinen Heiligen ...“

Inmitten von dem, was in den 4 ersten Gleichnissen und in dem letzten als durch eingedrungenes Schlechtes verderbt oder als an und für sich als ungut vor unsere Augen tritt, erscheinen im 5. und 6. Gleichnis diejenigen, die nach dem göttlichen Vorsatz den gewollten guten Kern bilden, in göttlicher Kostbarkeit und Schönheit, dem Herzen des Herrn Jesus entsprechend, wie gar nicht mit dem anderen in Berührung gekommen, obgleich das doch war. - Ist das nicht würdig des HErrn und Seiner Weise, Darbietungen von Geschehendem zu geben, damit dadurch Gemeinschaft der Empfindungen in den Herzen derer wachgerufen werde, die eben die in Frage kommenden Gegenstände Seiner Zuneigungen, Seiner Liebe sind?

Ich bin mit der Antwort weit über den Rahmen der eigentlichen Frage hinausgekommen. Die Zuschrift erging sich aber auch in einer Menge von Einzelheiten; und die Ausweitung in der Behandlung der Frage wird wohl für viele manches Ungeahnte bieten.

F. Kpp.

Philippus' vierfache Belehrung.

Die Schrift ist zu unserer Belehrung, Tröstung und Ermahnung geschrieben. Darum hat es dem Heiligen Geiste gefallen, gewisse Ereignisse der Jünger Christi zu berichten. Philippus wird im Johannesevangelium viermal erwähnt.

Das erstemal berichtet uns die Schrift (Joh. 1,43) über Philippus, wie er von dem Vater zum Sohne gezogen wird. Der Gute Hirte sucht Sein Schaf. Jesus wollte nach Galiläa gehen „und findet Philippus“. Ist das nicht auch ebenso mit uns geschehen? Können wir nicht auch sagen:

„Eh ich Dich suchte, fandest Du mich

Und nahmst mich gnädig an.“?

Der überglückliche Philippus erzählt voll Freude dem Nathanael sein Erleben: „Wir haben Den gefunden, von welchem Moses in dem Gesetz geschrieben und die Propheten, Jesum, den Sohn des Joseph, den von Nazareth.“ Und er ladet ihn ein mit den Worten: „Komm und sieh!“

Das Sehnen seines Herzens, die tiefe Not seines Gewissens wurden gestillt, denn er hatte nicht allein den Messias, sondern auch das Lamm Gottes, den eingeborenen Sohn im Schoße des Vaters gefunden. Er hatte den Einen kennengelernt, der allen seinen Nöten begegnen konnte.

Ist dies nicht die Weise des Vaters, wie Er mit uns allen handelt? Ist es nicht Seine größte Freude, wenn Er uns zeigen kann, daß alle unsere Not als arme und verlorene Sünder in Jesus, dem Sohn Seiner Liebe, vollkommen gestillt werden kann? Erst dann, wenn wir den Wert Seines Werkes als des Lammes Gottes erfassen, sind wir geistlich frei, Seinem Ruf: „Folge Mir nach!“ gehorsam zu sein.

Als Gott zum ersten Male Abraham die Frohbotschaft verkündigte, ihn zu segnen, sagte Er nicht nur: „Ich will dich ... segnen“, sondern auch: „Und du sollst ein Segen sein.“ Wenn wir in Christo noch nicht volle Genüge gefunden haben, daß wir gleich Philippus gedrängt werden, andere an dem Segen der Erkenntnis des Einen, den wir gefunden haben, teilhaben zu lassen, so beweisen wir damit deutlich, daß wir Philippus' erste Lektion noch nicht gelernt haben.

Wie kann uns geholfen werden? Joh. 7,37.38 lesen wir: „Jesus stand auf, rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir und trinke. Wer an Mich glaubt, gleichwie die Schrift gesagt hat, aus dessen Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Wenn wir den dürstenden Menschenherzen kein Lebenswasser zu bringen vermögen (sei es den Heiligen oder den Sündern), so ist es uns not, zu des Meisters Füßen zu sitzen, um mit Philippus zu erfahren, daß Er uns so zu füllen vermag, daß es auf andere überfließt.

Das zweitemal wird Philippus in Joh. 6 erwähnt. Jetzt hat er eine Lektion in der Wüste zu lernen. Wenn wir bei unserem ersten Kommen zum HErrn die Fülle entdecken, die in Ihm für uns vorhanden ist, und die Ketten unserer ägyptischen Knechtschaft für immer zerbrochen

sehen, so ist unsere nächste Aufgabe, zu erfassen, daß derselbe, der unsere Sünden in Seinem Tode gesühnt hat, uns auch durch die Wüste dieser Welt sicher hindurchführt. Mit Philippus müssen wir lernen, daß Er für alle unsere Bedürfnisse sorgt.

In unserem Kapitel finden wir die Jünger in einer Schwierigkeit. Sie haben nichts zu essen und sehen auch keinen Weg, wie sie der Not abhelfen könnten. Da wendet der HErr Sich an Philippus mit der Frage: „Woher sollen wir Brot kaufen, auf daß diese essen?“ Philippus und Andreas antworten beide, aber sie machen ihre Berechnungen ohne den HErrn. Der eine schaut auf die Größe der Schwierigkeit, der andere auf die kargen Mittel. Sind wir in schwierigen Lagen ihnen nicht oft sehr ähnlich? Wie tröstlich aber ist es, zu wissen, daß, wenn in den Prüfungen der Wüste unser Herz offenbar wird, auch das Herz und die Hilfe des HErrn offenbar werden. Denn wir lesen: „Er Selbst wußte, was Er tun wollte.“ Das will uns sagen, daß Er den Weg aus den Prüfungen weiß, ehe sie über uns kommen. Wenn unser Glaube mit Ihm rechnet, so werden wir erfahren, daß es für Ihn keine Schwierigkeit gibt, aus der Er uns nicht herauszuführen vermag.

Philippus entdeckte dies, als er den HErrn sagen hörte: „Machet, daß die Leute sich lagern.“ Das viele Gras an diesem Ort mag uns daran erinnern, daß Er Seine Schäflein gern auf grünen Auen und an stillen Wassern weidet. Die Mühsal des Weges ist Ihm oft gerade das Mittel, uns Seine unumschränkte Macht zu offenbaren, mit der Er uns aus jeder Schwierigkeit herausführen kann.

Danach unterweist Er uns, daß Er nicht nur unsere zeitlichen Bedürfnisse befriedigen will, sondern daß Er das wahrhaftige Brot aus dem Himmel - das Brot Gottes ist, der der Welt das Leben gibt. Und indem wir uns von diesem Brote nähren, haben wir das hohe Vorrecht, die Gemeinschaft mit dem Vater zu genießen.

In Joh. 12 finden wir Philippus ein drittes Mal erwähnt. Er ist mit einer Anzahl suchender Griechen im Gespräch, die Jesus zu sehen wünsche. Er weist sie nicht einfach zurück; er hat Interesse an ihren Seelen und teilt ihren Wunsch, Jesum zu sehen, Andreas mit. Beide gehen

gewesen sein über die neue Lektion, die der HErr ihnen jetzt erteilt!

Zu keiner Zeit Seines Erdenwandels schienen die Umstände so günstig für die Aufrichtung Seines Königreiches und die Offenbarung Seiner Herrlichkeit zu sein wie an jenem Tage. Sein Weg wurde mit Palmzweigen bestreut, Hosiannarufe schallten Ihm entgegen, und in Erfüllung des prophetischen Wortes: „Siehe, dein König kommt, sitzend auf einem Eselsfüllen“, ritt Er in Jerusalem ein. „Die Welt läuft Ihm nach“, sagten die Pharisäer in ihrem Haß. Und nun suchten auch die Heiden Ihn und vollenden somit das erhebende Bild des Willkommens.

Der HErr aber barg in Seinem Herzen ein Geheimnis, das ihnen noch fremd war. Er wendet Sich von dem strahlenden Vordergrund des Königreiches weg und dem dunklen Hintergrund des Kreuzes und des Grabes zu. Können wir uns die Verwunderung des Philippus angesichts seiner glühenden jüdischen Hoffnungen vorstellen, als der HErr jetzt von Sich als von einem Weizenkorn redet, daß in die Erde fallen und sterben muß, damit es nicht allein bleibe?

Wir wissen, was der HErr meinte, aber für Philippus war es ein neues Offenbaren des göttlichen Zieles. Wie lassen uns diese Worte tief in das Herz unseres HErrn schauen! Es befriedigte Ihn nicht, Seine Herrlichkeit allein zu besitzen; Er will Seine Geliebten bei Sich haben; sie sollen das Erbe mit Ihm, dem wahren Erben, teilen. Wie öffnet uns dies den Blick in das zukünftige Zeitalter, da wir als Kinder, geliebt vom Vater - als Braut, geliebt vom Bräutigam - in Herrlichkeit werden offenbar werden als die Frucht jenes Weizenkornes, das in die Erde fiel und starb! -

Noch einmal, das viertemal, in Joh. 14 sehen wir den Meister und Philippus beisammen. Wenn wir über die Unterredung nachdenken, überrascht uns die Geduld und die Herablassung des Lehrers Seinem Schüler gegenüber. Wie freundlich und ergreifend beantwortet der HErr die Bitte des Philippus, ihm den Vater zu zeigen: „Solange Zeit bin Ich bei euch, und du hast Mich nicht erkannt, Philippus?“

Während der ganzen Jahre der Jüngerschaft hatte der gesegnete Sohn des Vaters den Vater kundgemacht. Jedes Wort, jedes Wunder, jede Handlung Seines Lebens waren der lebendige

Ausdruck des Vaters. Wer Ihn gesehen hatte, hatte den Vater gesehen. Welch ein Trost für uns, die wir so langsam lernen, daß der HErr, anstatt zu tadeln, die Lektion noch einmal mit Philippus durchgeht! Er sucht es seinem Glauben faßbar zu machen, daß Er in dem Vater und der Vater in Ihm sei und dieser die Worte spreche, die Er zu ihnen rede, und auch die Werke vollführe, die Er tue. Alsdann ermutigt Er Seine Jünger durch den Hinweis, daß alle Hilfsquellen des Vaters ihnen - den Bittenden - geöffnet seien.

Und nun wollen wir uns fragen: Haben wir die vier Lektionen des Philippus gelernt? Haben wir Ihn gefunden als den Heiland unserer Seele und auch als den Helfer in jeder Not und Schwierigkeit? Schauen wir aus nach dem Tage Seiner Herrlichkeit, an dem wir als Miterben Seinem Herzen nahe sein sollen? Wenn dies der Fall ist, so laßt uns täglich mehr im Glauben das wunderbare Offenbarwerden des Vaters im Sohne erfassen, damit Er nicht auch zu uns sagen müsse: „Solange bin Ich bei euch, und du hast Mich nicht erkannt!“

H. N. - H. K. W.

Schriftgemäße Stellung und geistlicher Zustand.

„Und wenn ihr Blindes darbringet, um es zu opfern, so ist es nichts Böses; und wenn ihr Lahmes und Krankes darbringet, so ist es nichts Böses.“ (Mal. 1,8)

Das Volk Israel befand sich nicht mehr in der babylonischen Gefangenschaft, wo es an den Flüssen saß und weinte - wo es die Lauten an die Weiden hing, weil es Zions Lieder nicht singen konnte, wo es bedrückt und traurig fern von der Heimat war. Wie hätte es auch ein Lied Jehovas auf fremder Erde singen können?! (Ps. 137,1-6) Nein, es war wieder durch die Gnade Jehovas, der die Gebete einiger treuer Männer, die sich demütigten und die Sünden bekannten, erhört hatte, in dem alten, heiß geliebten Heimatlande. Wie groß war die Freude, wieder in Jerusalem zu sein, obwohl die Stadt bei der Rückkehr nur ein Trümmerhaufen war! Der Altar war wieder an seiner richtigen Stelle aufgerichtet, der Tempel unter großem Kampf, trotz Feindschaft und Widerwärtigkeiten auf der alten Grundlage aufgebaut und der gesetzmäßige

Gottesdienst mit den rechten Priestern wieder eingeführt. Auch die Mauern hatte man später unter der mutigen Führung des treuen Nehemia um die Stadt gebaut. Zu diesem allen hatte der HErr Freudigkeit und Gelingen gegeben.

Ja, das Volk war wieder auf dem richtigen Platze in dem Gelobten Lande. Aber der geistliche Zustand des Volkes ließ viel zu wünschen übrig. Das Herz war trotzig geworden und geneigt, dem HErrn zu widersprechen. Äußerlich ging es nicht gut im Lande, weil die züchtigende Hand des HErrn auf demselben lag. Der Fresser verdarb die Frucht des Bodens, der Weinstock auf dem Felde trug fehl (Mal. 3,11), und die äußeren Verhältnisse im Lande waren weder günstig noch gedeihlich. Das alles kam daher, weil der geistliche Zustand nicht so war, wie er hätte sein sollen. Man brachte dem HErrn das Schlechte der Herde als Opfergabe; man sagte, daß der Tisch des HErrn verächtlich sei, man brachte unreines Brot auf den Altar. Deshalb mußte der HErr sagen: „Ich habe keine Lust an euch, spricht Jehova der Heerscharen, und eine Opfergabe nehme Ich nicht wohlgefällig aus eurer Hand an.“ (Mal. 1,10) Die Priester waren leider die Führer in diesen Gott entehrenden Sachen, und Gott ließ ihnen sagen: „Ihr aber seid abgewichen von dem Wege, habt viele straucheln gemacht im Gesetz ... So habe auch Ich euch bei dem ganzen Volkes verächtlich und niedrig gemacht, in demselben Maße wie ihr Meine Wege nicht bewahret und die Person ansehet beim Gesetz.“ (Mal. 2,8.9)

Ja, groß war die Anklage Gottes wider das ins Gelobte Land zurückgekehrte Volk, und ernste Warnungen über ein schnell hereinbrechendes Gericht wurden gegeben. „Ich werde euch nahen zum Gericht ...“ (Mal. 3,5) Dies alles ist ernst und lehrreich für uns; denn dies sagt uns, daß es möglich ist, sich an dem richtigen, von Gott bestimmten Platze zu befinden, wie damals Israel (5. Mose 16,6; 1. Chron. 22,1), und doch in einem geistlich traurigen Zustand zu sein. Mit dem Volke Israel kam es dann so weit, daß es sogar den HErrn der Herrlichkeit, seinen Messias, gerade an dem von Jehova erwählten Orte, Seinen Namen daselbst wohnen zu lassen, zum Tode verurteilte und kreuzigen ließ!! Danach ließ der HErr die Römer kommen, die Stadt zugrunde richten und das Volk in alle Welt zerstreuen. (Matth. 22,7)

Auch wir wollen gewiß durch Gottes Gnade an dem Orte sein, den Er erwählt hat, d. h. wir

wollen die schriftgemäße Stellung einnehmen und nicht in Babel bleiben. Gerade wie Ägypten die Welt vorbildlich darstellt, in welcher wir uns in unseren unbekehrten Tagen befanden, so bedeutet Babel die religiöse Welt, in welcher leider viele Gotteskinder noch bleiben. Sie entschuldigen sich mit der Ausrede, daß viele, die in Babel blieben, ein heiligeres Leben führen als solche, die herausgingen. Leider ist das oft wahr, allein diese Ausrede wird an jenem Tage vor dem HErrn nicht stichhaltig sein. Der HErr fordert in Seinem Worte die Absonderung des Gläubigen von den Ungläubigen und ihren religiösen Systemen und Organisationen. Das kann und muß aber im Geist der Demut und des kindlichen Vertrauens auf den HErrn geschehen. (2. Kor. 6,14-18)

Wenn wir durch die Gnade Gottes nur den einfachen biblischen Grund einnehmen, indem wir die Anordnung der Schrift betreffs Anbetung, Dienst des Wortes usw. befolgen, so müssen wir desto mehr acht auf unseren geistlichen Zustand geben, sonst kommen wir in Gefahr, dem Volke Israel nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft ähnlich zu werden; und wie schlecht es mit Israel stand, finden wir besonders in dem Buche Maleachi. Das Herz des Volkes stand nicht recht zu seinem Gott, und das offenbarte sich in dem ganzen Wesen und Wandel desselben; darum mußte der HErr klagen: „Eure Worte sind trotzig gegen Mich gewesen.“ (Mal. 3,13) Das brachte schließlich das Gericht über das Volk; „denn die Zeit ist gekommen, daß das Gericht anfange bei dem Hause Gottes“. (1. Petri 4,17) Wenn nun unser geistlicher Zustand auf einem niedrigen Niveau ist und wir uns darum nicht kümmern, sondern stolz auf unsere schriftgemäße Stellung sind, „indem wir sprechen: Der Tempel Jehovas, der Tempel Jehovas, der Tempel Jehovas ist dies!“ (Jer. 7,4), so wird Gericht auf uns kommen, wie der HErr das der Gemeinde zu Laodizäa ankündigte: „So werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.“ (Offenb. 3,16)

Paulus schrieb über die Juden: „Denn der Name Gottes wird eurethalben unter den Nationen gelästert.“ (Röm. 2,24; siehe auch Hes. 36,20-23; Jes. 52,5) Sie wollten das besondere Volk Gottes sein und den ganzen Gottesdienst genau nach dem vorgeschriebenen Gesetz an dem von Gott erwählten Orte ausüben, und doch waren sie in einem traurigen, geistlichen Zustand! Der HErr bezeugt dies in den ernsten Worten: „Ihr übergehet das Gericht und die Liebe Gottes;

diese Dinge hättet ihr tun und jene nicht lassen sollen.“ (Luk. 11,42)

Wie kann nun der oft niedrige geistliche Zustand wieder gehoben werden? Sicher nur durch Selbstgericht und die Lebensgemeinschaft mit dem HErrn. Von Ihm lernen wir, was Er von uns verlangt und fordert. (Matth. 11,29.30; Joh. 13,14-17) Wenn wir das Herz unseres HErrn erfreuen wollen, müssen wir ein wachsames Herz über unseren eigenen geistlichen Zustand haben, damit die wahre Frucht des Geistes und die liebliche Frucht der Gerechtigkeit mehr und mehr an uns offenbar werde. Eine äußere schriftgemäße Stellung ohne den entsprechenden inneren geistlichen Zustand ist dem HErrn ein Greuel und bringt das Gericht über uns.

F. Btch.

Kain und Abel.

(1. Mose 4)

Zweimal in den Lieferungen des laufenden Jahrbuches der „Handreichungen“ war von der Zahl „zwei“ die Rede. In Lieferung 2 sprach ich kurz über den kostbaren Gegenstand „Sinai und Golgatha“, in der 5. Lieferung waren es zwei Gärten, die im Mittelpunkt der Betrachtungen standen: „Eden und Gethsemane.“ Für diesmal wollen wir über zwei Brüder „Kain und Abel“ ein wenig sprechen. Gewiß will der HErr den lieben Lesern der „Handreichungen“ auch damit etwas sagen.

Im 3. Kapitel des 1. Buches Mose finden wir den traurigen Anfang der Sünde. Seit es dem Versucher gelang, in dem Menschen an dem Gebote Gottes, d. i. an dem von Gott Selbst Befohlenen, Zweifel zu erwecken und ihn zum Ungehorsam zu führen, entfernte sich der Mensch mehr und mehr aus der Gegenwart und Nähe Gottes. Es blieb nicht bei jenem ersten Sichverbergen vor Gott, es wurde daraus die lange, aber ebenso traurige Geschichte der Lösung und Abkehr von Gott und Seinen Segnungen. In Kain haben wir bereits die Vollendung der Sünde, die sich in Lüge, Frechheit und Stolz offenbart. Es ist bis heute das Bestreben der

und Genüssen machen zu wollen. In dieser so ernst-traurigen Geschichte Kains haben wir die Anfänge der beiden Hauptströmungen der Welt: Den Kampf zwischen Glauben und Unglauben. In Kain und Abel beginnen sich die beiden großen Linien zu entwickeln, die bis in die Gegenwart hinein deutlich genug in Erscheinung treten.

Kain und sein Geschlecht offenbaren das ruchlose und unstete Menschenherz, das nie zur Ruhe kommt, das böse ist und böse bleibt und Böses, nur Böses hervorbringt, das von der Sünde beherrscht ist und ihr dienen muß, ob es will oder nicht.

In Abel ist die andere Linie erkennbar, die in bewußter Abhängigkeit und Beugung vor Gott wandelt und die Gnade Gottes sucht und annimmt.

Nach 1. Joh. 3,12 und Hebr. 11,4 bezeugt uns die Schrift die Gesinnung Kains: „Nicht wie Kain aus dem Bösen war und seinen Bruder ermordete; und weshalb ermordete er ihn? Weil seine Werke böse waren, die seines Bruders aber gerecht.“ „Durch Glauben brachte Abel Gott ein vorzüglicheres Opfer dar als Kain.“ Aus dieser Bezeugung des Wortes Gottes sehen wir, daß Abel gläubig, Kain aber ungläubig war. Und aus dieser Haltung folgt auch die ihres Handelns, die wir im 1. Buche Mose 4,3.4 finden.

Zum ersten Male wird hier in der Schrift das Opfer erwähnt. Das Opfer ist u. a. ein Ausdruck des im Herzen des Menschen ruhenden Gefühles seiner Abhängigkeit von Gott und des Triebes, sich Ihm zu nahen. Gott sieht nicht nur auf die Opfergabe, sondern auch auf das mit dem Opfer verbundene Herz. Danach allein entscheidet Gott - nach keinem anderen Gesichtspunkt.

Kain überging in seinem Opfer die Sünde und das darüber ausgesprochene Todesurteil Gottes und die dadurch bewirkte Entfernung und Entfremdung von Gott. In der Verkehrtheit des Menschenherzens, in selbstgerechtem Sinn trat er vor Gott hin, als ob nichts - kein Fall noch Sünde - geschehen sei und Gott an seinem Opfer Wohlgefallen haben müsse.

Abel dagegen opferte mit geängstigtem Herzen und mit dem Verlangen nach Gottes Gnade von den Erstlingen seiner Herde. Demütig und abhängig von Gott brachte er im Glauben das

Sühnungsblut zwischen sich und Gott.

In der Darbringung dieser ersten Opfer offenbaren sich deutlich erkennbar die beiden Grundrichtungen des Menschenherzens: Die Anerkennung des Todesurteiles Gottes über die Sünde und gläubige Hingabe an Gott (Abel), und die Entfremdung in Selbstgerechtigkeit von Gott (Kain).

Und weiter geht der Weg der Sünde. Als die Schrift bezeugen kann, daß Gott Abel und sein Opfer in Gnaden ansah, auf Kains Opfer aber nicht blickte, da ergrimmte Kain sehr und wird trotz der ernsten Warnung Gottes nach Kap. 4,6-8 zum Mörder an seinem eigenen Bruder Abel. Das unbeugsame, mit Neid und Haß erfüllte Herz schrickt auch nicht vor dem Mord zurück. So stehen Neid und Haß am Eingang der Menschheitsgeschichte. Das erste Todesopfer: der eigene Bruder! Und wie viele Kriege sind seitdem unter Brüdern, Geschlechtern und Völkern geführt worden! Der Kainssinn ist noch nicht ausgestorben in der Welt, er sucht und findet leider oft auch Eingang in den Kreisen der Gläubigen. Abel-Leute wehren sich nicht mit dem Schwert; sie sterben und siegen im Unterliegen.

Und nun noch einige Züge der Kainsnatur:

Weil Kain seine Sünde nicht bekennen wollte, so mußte sie Gott Selbst ans Licht bringen.

Heimatlosigkeit ist die Strafe der Sünde; unstet und flüchtig auf Erden, ruheloses Umherirren schon hienieden und keine Hoffnung auf die Heimat der Seele.

Verzweiflung ist das Ende der Sünde. Die blutbefleckten Hände eines Kains schrecken ihn immer wieder auf. Die Erinnerung ist wie eine schreckliche Natter. Täglich wird ihm das Blut seines Bruders vorgehalten.

Ach, und dasselbe taten sündige Menschen mit dem Herrn Jesus Christus, dem Heiland der Welt! Kainsnaturen und Kainsgesinnung!

Die Kainsgesinnten sind bis in unsere Tage hinein groß an Zahl. Sie wollten nicht, daß Gott über

Dann möchte ich dir heute diese Aufgabe groß und wichtig machen. Es ist so schade, daß in kirchlichen Kreisen fast die ganze Verantwortung auf den Pfarrer gewälzt wird. Darum macht man es auch vielfach in Gemeinschaftskreisen so, daß man die Verantwortung auf den Prediger oder die angestellte Schwester abschiebt.

Nein, du darfst Seelen werben! Du darfst die Freude erleben, Menschenseelen zu Jesu zu führen. „O Gott, wie muß das Glück erfreun, der Retter einer Seele sein“, so sagt der Dichter mit Recht.

Also laßt uns aufwachen für die Aufgabe, Seelen nicht an uns zu ziehen, sie für uns zu gewinnen, sondern für unseren hochgelobten HErrn, den himmlischen Bräutigam!

*

Brot ohne Mehl

lautet die Überschrift eines Artikels von Robert Westendorf in „Auf der Warte“, aus dem wir folgenden Auszug bringen:

Ein Wort von Spurgeon dürfte den Predigern unserer heutigen Zeit ganz besonders ins Herz gebrannt werden, weil es eine Wahrheit ausspricht, die wie nur je auch heute von grundlegender Bedeutung ist. Das Wort heißt: „Eine Predigt ohne Jesus ist eine wertlose Predigt. Sie ist wie Brot ohne Mehl. Das wesentliche Element fehlt.“

Aus der Zeit der Hungerblockade des großen Krieges erinnern wir uns wohl noch, was es zu bedeuten hat: Brot ohne Mehl. Wir wissen, was es für ein wertloses Brot ist, das keinen Nährwert hat, in dem das wesentliche Element, eben das Mehl, fehlt oder nur dürftig enthalten ist. Das Brot sättigt nicht oder doch nur ganz vorübergehend ein wenig, es nährt nicht, und die Folge ist Unterernährung. Und es entsteht dann wohl mit einemmal ein Heißhunger nach wirklichem Brot, in dem Mehl das wesentliche Element ist und das darum sättigt und nährt und Kraft gibt. So ist es mit der Predigt. Ist diese ohne Jesus, ist Jesus nicht ihr wesentliches

Element, dann ist sie wertlos, ohne Nährwert, kraftlos.

Es war im großen Kriege der Feind, der uns durch die Hungerblockade und ihre Folgeerscheinungen aushungern und klein kriegen wollte. Wir haben einen ganz anderen, noch viel größeren Feind, den Feind Gottes und Jesu Christi, der uns am liebsten aushungert und uns dann mit der Speise, die er zu geben hat, satt machen will. Es ist der Teufel, der ein Interesse daran hat, daß den Menschen Brot ohne Mehl, Predigten ohne das wesentliche Element, ohne die eigentliche Kraft, ohne Jesus, dargeboten werden. Und jede solche Predigt ohne Jesus ist nur dazu da, die Menschen innerlich, seelisch mehr und mehr auszuhungern. Mögen die Predigten noch so geistvoll, noch so „gewaltig“, noch so gut ausgedacht und disponiert sein, sie sind dennoch nichts anderes als wertloses Brot ohne Mehl, wenn ihr Zentrum, ihre Mitte, ihre Kraft, ihr Gehalt nicht Jesus und Jesus allein ist.

Predigten können Rekordleistungen menschlichen Geistes, ja, Rekorde des Teufels sein. Und was hat doch alles in einer Predigt Raum, und was kann alles zu ihrer Verzierung dienen, wenn Jesus den Platz räumen muß! Ohne Jesus ist wirklich für alles Raum in einer Predigt, während freilich dann, wenn Jesus Mitte und eigentliches Element der Predigt ist, nicht mehr viel Raum für vieles andere übrigbleibt. Der Apostel Paulus, der selbst wußte, daß er in Jesus das Lebensbrot gefunden hatte, und der darauf bedacht war, auch den anderen dieses Brot des Lebens weiterzugeben, der auch wußte, was menschlicher Geist und seine Höchstleistungen sind - und zur fundamentalen Erkenntnis gelangte, daß das alles „Dreck“ sei! -, sagt den „weisen“ Korinthern: „Ich hielt mich nicht dafür, daß ich etwas wüßte unter euch, als allein Jesum Christum, den Gekreuzigten.“ (1. Kor. 2,2) Mögen die einen wer weiß was für „Zeichen“ fordern und die anderen nach immer neuer „Weisheit“ lüstern sein, Paulus sagt: „Wir aber predigen den gekreuzigten Christus.“ (1. Kor. 1,23) Wesentliches Element der Predigt ist und bleibt Jesus allein, wie wesentliches Element des Brotes das Mehl ist! „Es sei aber ferne von mir, mich zu rühmen, denn allein von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi, durch welchen mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.“ (Gal. 6,14)

Solche Predigten sind dem Teufel ein Greuel, die nichts anderes wissen, rühmen und predigen

als allein Jesus! Aber sie sind Botschafter an Christi Statt.

*

Nachstehende Worte, die der Beherzigung aller Kinder Gottes wert sind, bringt die Beilage zur „Guten Botschaft des Friedens“.

Unsere Zusammenkünfte zum Gebet.

In vielen Versammlungen erfreuen sich die „Gebetsstunden“ nicht gerade eines regen Besuches, während man an einigen Orten, Gott sei Dank, diese Klage nicht anzustimmen braucht. Ich glaube, daß die Ursache eines offenbaren Mangels im Besuch der Gebetsversammlungen nicht nur bei den fehlenden Geschwistern, sondern oft genau soviel an einer verkehrten Gestaltung der gemeinsamen Gebetsstunden liegt. Wie oft ist schon in Wort und Schrift darauf hingewiesen worden, daß man in der Versammlung nicht zu lange Gebete sprechen soll! Aber bei den meisten der betenden Brüder scheint solche Ermahnung bisher wenig gefruchtet zu haben, vielleicht deshalb nicht, weil sie dabei an andere statt einmal jeder an sich selbst gedacht haben. Ich wünschte aber, daß einmal jeder Bruder, der öffentlich betet - ohne Ausnahme - sich fragen möchte: „Bin etwa ich gemeint?“ Bevor einer den Mund auftut zum Gebet, soll er sich vor dem HErrn darüber klar sein, daß es ernst und verantwortungsvoll ist, zu dem großen Gott zu reden. „Darum seien deine Worte wenige!“ Und wenn du wirklich dich vom Geiste gedrängt fühlst, in der Versammlung ein Anliegen vor Gott zu bringen, so laß es zunächst bei dem einen, ganz bestimmten Anliegen bewenden. Sprich so laut, daß jeder Anwesende, auch die Schwester in der hintersten Bank, mitbeten kann. Du magst dein Herz vor Gott in den Staub beugen, was dich aber nicht zu hindern braucht, den Kopf hochzuheben und mit lauter und vernehmlicher Stimme dein Gebet zu sprechen. Wie sollen andere Amen sagen, wenn sie deine Worte nicht einmal verstanden haben? Wenn du also das, was der Geist Gottes dir besonders aufs Herz gelegt hat, kurz und verständlich vor Gott und Menschen ausgesprochen hast, dann suche nicht mehr nach Worten, nicht mehr nach anderen Gedanken, sondern habe den Mut, ganz unvermittelt vielleicht, dein Gebet kurz durch dein eigenes lautes

Amen zu beenden. Dann wirst du fast immer erleben, daß auch die anderen laut und herzlich Amen sagen. Und das wird dir Freimütigkeit schenken, ein anderes Mal - vielleicht noch in der gleichen Gebetsstunde - ein anderes Anliegen in gleicher Kürze vor den HErrn zu bringen. Und noch eines, und zwar etwas sehr Wichtiges, wird vielleicht durch ein solch kurzes, sich auf einen bestimmten Gegenstand beschränkendes Gebet erreicht werden: daß nämlich Brüder, die sich bisher nicht öffentlich beteiligten, auch zu solch kurzen Gebeten Mut bekommen. Und nachher weiß dann noch jeder: Dieser Bruder hat für die Obrigkeit gebetet, jener nur der Kranken gedacht, ein dritter Gottes Hilfe und Weisheit zur Erziehung unserer Kinder herabgefleht, ein vierter die so wichtige Sonntagsschularbeit zum Gegenstand seines Gebetes gemacht, ein fünfter des Werkes des HErrn im Auslande, ein sechster des Werkes im Inlande, ein siebenter der Arbeit in den Waisenhäusern und Kinderheimen gedacht.

Oder es sind - vielleicht aus einer anderen Gebetsstunde - andere Eindrücke zurückgeblieben: Ein Bruder hat besonders um die Erhaltung des Friedens für unser Volk gebetet, ein anderer für die Erhaltung und Vermehrung des brüderlichen Einvernehmens in der örtlichen Versammlung, wieder einer für die Ausbreitung und freimütige Verkündigung des Evangeliums; ein anderes Gebet galt der Bewahrung unserer Jugend vor antichristlichen Einflüssen, ein weiteres wird ausschließlich den immer noch einzeln vorhandenen Arbeitslosen und den Bedürftigen überhaupt gewidmet. Ein Bruder ist warm und eindringlich für die Witwen und Waisen eingetreten, ein anderer wieder fürs große Werk der Schriften- und Kalenderverbreitung. Und dann hat, vielleicht dadurch veranlaßt, ein Bruder der Schreiber der Schriften gedacht und Gottes Beistand für ihre Arbeit und Seine Bewahrung für ihre Person selbst erfleht.

Soll ich noch schildern, wie der Inhalt der einzelnen Gebete einer dritten, einer vierten Gebetsstunde sein könnte? Wenn ich noch erinnern wollte an das Vorbringen praktischer Schwierigkeiten in der eigenen oder in der Nachbarversammlung, an das Anrufen des HErrn um Erweckung der so nötigen Gaben, an die Ausübung des Ältesten- und Hirtendienstes, an den Dienst der Schwestern, an die Gemeinschaft aller Gläubigen, an die Besuche der Alten und Schwachen, an die Beziehungen zwischen jung und alt - wo wäre schließlich ein Aufhören möglich? Solange wir auf Erden sind, hat der geistlich gesinnte Christ eine schier

unerschöpfliche Fülle von Anliegen, von Sorgen, von Flehen vor Gott zu bringen. Schon allein in dieser Hinsicht braucht's in den Gebetsversammlungen an Stoff wahrlich nicht zu mangeln. Und wie wohltuend und herzerfrischend wirkt zwischen hindurch mal eine Danksagung aus übervollem Herzen für Gottes Gnadenbeweisung! Und wenn wir erst anfangen zu danken, ist da ein Aufhören eher möglich als beim Flehen? Und schließlich laßt mich noch hinweisen auf die mancherlei Anlässe, die wir in unseren Tagen und in unseren Reihen sowohl wie auch in der gesamten Christenheit finden, uns vor dem heiligen Gott in ernster und gemeinsamer Buße zu beugen!

Weit, weit bin ich davon entfernt, Gesetze aufzustellen oder gar ein Schema zu verkünden - nur Anregungen möchte ich geben und, die es besonders angeht, herzlich bitten: Betet in den Gebetsversammlungen kürzer, betet um bestimmte Dinge oder Personen, damit es auch mehr Frische und mehr Beteiligung zum Gebet und zum Sprechen des gemeinsamen Amens gibt. Die Brüder, welche in einem Gebet alles bringen wollen, wirken ermüdend auf die Versammlung ein, und ich glaube nicht, daß Gott deshalb mehr auf sie hört, weil sie solange beten und so vieles auf dem Herzen haben. Wenn die anderen Geschwister nicht mehr recht folgen können, geht ja auch der Charakter des gemeinsamen Gebetes in gewissem Maße verloren. Und gerade das gemeinsame Gebet hat besondere Verheißungen! Deshalb sei zum Schluß auch noch empfohlen, daß besondere Umstände möglichst vorher zur Kenntnis aller Geschwister gebracht werden; und dann erst knie man nieder und bete! Der HErr sagt in Matth. 18: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgend eine Sache, um welche sie auch bitten mögen, so wird sie ihnen werden von Meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“

*

Frage und Antwort

Frage 13

Ist im Passah nach 2. Mose 12 das Mahl des HErrn vorgebildet (wie von manchen angenommen wird)?

Antwort

Nein.

Wohl sind gemeinsame Züge vorhanden: Beide Handlungen sind Gedächtnisfeiern. Beide weisen auf den Opfertod Christi hin. Von dem Passahlamm durfte kein Unbeschnittener essen (V. 43-48), und an dem Mahl des HErrn teilzunehmen hat kein Ungläubiger ein Recht. Aber wenn wir das Passah in seinen Einzelheiten genauer betrachten, sehen wir, daß es uns nicht das Mahl des HErrn, sondern etwas ganz anderes bildlich darstellt.

„Passah“ bedeutet „Vorübergehen“ (V. 11c-13): Jehova ging in jener Nacht durch das Land Ägypten und schlug alle Erstgeburt; aber überall, wo Er das Blut des geschlachteten Lammes an der Oberschwelle und an den beiden Pfosten, an den Häusern, sah, ging Er an der Tür vorüber und erlaubte dem Verderber nicht, in die Häuser zu kommen, um zu schlagen (V. 7.13.22 u. 23). Alle, die in diesen Häusern waren, waren geschützt vor dem Gericht durch das Blut des geschlachteten Lammes. Das war der Hauptgedanke der Feier.

Dem fügten sich aber noch zwei Sachen an, ohne die das Bild unvollständig wäre:

So vor dem Gericht geschützt durch das Blut des geschlachteten Lammes, sollten sie dieses Lamm essen, am Feuer gebraten, und ungesäuertes Brot mit bitteren Kräutern, nichts davon roh, und keineswegs im Wasser gesotten, sondern am Feuer gebraten (V. 8 u. 9): Sie nährten sich von dem geschlachteten Lamme, und zwar in der allein dem Sinne der Handlung entsprechenden Form und mit den angemessenen Beigaben.

Und also sollten sie es essen: Ihre Lenden gegürtet, ihre Schuhe an ihren Füßen und ihren Stab in ihrer Hand; und sie sollten es essen in Eile (V. 11): Sie waren fertig zum Weggang und aßen

Aus diesen hervorgehobenen Zügen ist klar erkennbar, was das Passah vorbildet: Als erstes, daß der Glaubende durch das kostbare Blut Christi errettet ist von dem Gericht, welches alle die treffen wird, die nicht geglaubt haben. Er ist gedeckt durch das Blut Dessen, der an seiner Statt das Gericht erduldete. Als zweites: Als Erretteter nährt er sich nun von Ihm, d. h. findet nun sein Herz seine alleinige, aber völlige Befriedigung in Ihm, und zwar nicht als einem bloß, wenn auch alle anderen überragenden, vorzüglichen Menschen und auch nicht als einem Märtyrer, sondern als Dem, der für ihn durch Gericht und Tod gegangen ist, und in Verbindung hiermit unter Verurteilung und Reinigung von allem Bösen und in dem Bewußtsein, daß es seine Sünden waren, derentwegen Er leiden mußte. Und als drittes: Als solcher, der sich durch Sein kostbares Blut errettet weiß und sich nun von Ihm nährt, ist er jederzeit und völlig bereit, diesen Schauplatz der Sünde und des Todes zu verlassen, um dorthin zu gehen, wo Er ihm die Stätte bereitet hat, und wartet er beständig auf diesen herrlichen, ersehnten Augenblick.

Das alles sind wunderbare Segnungen, die uns durch Ihn geworden sind: unsere Errettung, unsere geistliche Speise, unsere herrliche Hoffnung; und wenn wir mit diesen Dingen beschäftigt sind, sind wir mit uns beschäftigt. So war es bei der Feier des Passah: Es war eine Feier zum Gedächtnis daran, daß Jehova an den Häusern der Kinder Israel in Ägypten vorüberging, als Er die Ägypter schlug und die Häuser der Kinder Israel errettete; es war ein Gedächtnis an ihre Errettung. Aber so ist es nicht bei dem Mahle des HErrn. Bei diesem sind nicht unsere Errettung, nicht die uns durch Ihn gewordenen Segnungen der Gegenstand, sondern nur Er Selbst. Als Er das Mahl einsetzte, sagte Er Seinen Jüngern: „Dieses tut zu Meinem Gedächtnis.“ Unser Blick ist dabei auf Ihn gerichtet; Er steht vor unserem Auge als Der, welcher am Kreuze für uns litt und starb. So oft wir von dem Brote essen und von dem Kelche trinken, verkünden wir Seinen Tod; aber nicht, um damit unsere Errettung zu rühmen, sondern um Seine darin so vollkommen zum Ausdruck gekommene Liebe zu preisen und damit Ihn zu verherrlichen!

Wir sehen, daß es durchaus nicht zutreffend ist, in dem Passah ein Vorbild auf das Mahl des HErrn zu sehen, daß es aber ein schönes Bild ist von der Errettung durch das kostbare Blut

Christi und von gewissen Wesenszügen des sich daranschließenden Glaubenslebens.

In letzterer Beziehung möchten wir nur noch ganz kurz auf die in den Versen 15-20 gegebene Vorschrift betreffs des Essens von Ungesäuertem hinweisen. Von dem ersten Tage an, an dem das Passahlamm geschlachtet wurde, bis zu dem siebenten Tage, sieben Tage lang, durfte nur Ungesäuertes gegessen werden und kein Sauerteig im Hause sein; aller Sauerteig mußte weggetan sein. Das war das „Fest der ungesäuerten Brote“. Wir wissen, daß im Worte Gottes der Sauerteig immer ein Bild des Bösen und die Zahl sieben die Zahl der geistlichen Vollkommenheit ist. Darum sehen wir in dieser Vorschrift ein Bild davon, daß der Erlöste von dem ersten Tage seines Glaubenslebens an und das ganze Glaubensleben hindurch bis zum Ende alles Böse hinwegtun und sich davon rein erhalten soll und daß auch in der Gemeinde nichts Böses geduldet werden darf. So schrieb Paulus in 1. Kor. 5,6-8 den Korinthern, und sagt er uns: „Wisset ihr nicht, daß ein wenig Sauerteig die ganze Masse durchsäuert? Feget den alten Sauerteig aus, auf daß ihr eine neue Masse sein möget, gleichwie ihr ungesäuert seid. Denn auch unser Passah, Christus, ist geschlachtet. Darum laßt uns Festfeier halten, nicht mir altem Sauerteig, auch nicht mit Sauerteig der Bosheit und Schlechtigkeit, sondern mit Ungesäuertem der Lauterkeit und Wahrheit.“ Wir haben das „Passah“ erlebt und leben nun das „Fest der ungesäuerten Brote“. O daß wir letzteres durch Seine Gnade immer und immer mehr tun möchten! Wir tun es nicht dadurch, daß wir beim Mahl des HErrn Brot verwenden, welches ohne Sauerteig bzw. ohne Hefe zubereitet ist, und ungegorenen Wein trinken - das ist es nicht, worum es sich handelt (s. hierzu „Handreichungen“ Bd. 9, S. 231-234), sondern durch einen Wandel im Lichte, in Ihm, in wahrer Verurteilung alles Bösen und Trennung und Reinerhaltung von allem Bösen! Und wenn wir so „Festfeier halten“ (wozu wir in 1. Kor. bereits in Kap. 5 ermahnt werden!), dann können wir mit glücklichem Herzen das Mahl des HErrn halten (was wir dann erst in Kap. 11 vor uns haben)! -

Th. K.

Frage 14

„Ich bitte um eine Erklärung von Epheser 3,14-21.“

Unterfragen:

a) Woran ist in Vers 15 bei dem Ausdruck „Familien“ zu denken?

b) Warum sagt der Apostel in Vers 18 „völlig zu er erfassen“?

c) Wie ist es zu verstehen, wenn von „Breite“ und „Länge“ und „Tiefe“ und „Höhe“ gesprochen wird, und wovon wird überhaupt bei der Erwähnung dieser Ausdehnung gesprochen?

d) Wie ist zu verstehen: „zu erkennen die die Erkenntnis übersteigende?“

e) Was ist mit der „ganzen Fülle Gottes“ in Vers 19 gemeint?

Antwort

Zu a). Es ist an einen Familienvater und an das Verhältnis zu denken, in dem alle die zu ihm stehen, die ihr Dasein von ihm ableiten. Hier ist Gott als Familienvater gedacht in dem Sinne, daß alle vernünftigen, geistgezeugten und geistbegabten Wesen im Himmel und auf Erden Ihm ihr Dasein verdanken; die Engelwesen nach ihren Rangordnungen und die Menschen nach den verschiedenen Haushaltungen, in die sie sich seit dem Fall im Paradies im Fortschreiten der Zeit gesetzt finden. Ja sogar, was überhaupt Geschöpf ist, kommt in Frage: „Denn wenn es anders solche gibt, die Götter genannt werden, sei es im Himmel oder auf Erden (wie es ja viele Götter und viele Herren gibt), so ist doch für uns ein Gott, der (Familien-) Vater, aus welchem alle Dinge sind ...“ (1. Kor. 8,5.6); eigentlich, was im Deutschen nicht gebräuchlich ist zu sagen: „die alle Dinge“, d. i. die Gesamtheit alles Geschöpflichen. Auch statt „aus“ sagen wir „von“ welchem alle Dinge sind. Im Griechischen ist die Schwierigkeit nicht vorhanden, weil das Wort Familie von dem Wort Vater gebildet wird. Vater = pater; Familie = patria. Luk. 2,4 z. B.: „Joseph ... ging ... in Davids Stadt, weil er aus dem Hause und der patria (Familie, Geschlecht, Nachkommenschaft) Davids war. Oder Apgesch. 3,25: „Und in deinem Samen werden gesegnet

werden alle patriai (Vaterschaften, Familien, Geschlechter, Nachkommenschaften) der Erde.“ Für Dinge und Tiere ein Beispiel aus dem Alten Testament: Jer. 15,3: „Denn Ich bestelle über sie vier Familien ... das Schwert ... die Hunde ... das Gevögel ... das Vieh ...“ „Familien“ übersetzt mit „Arten“ (von Übeln). Für Menschen Amos 3,1.2: „... ihr Kinder Israel, über die ganze Familie (oder Geschlecht), die Ich aus dem Lande Ägypten heraufgeführt habe! indem Er spricht: Nur euch habe Ich von allen Familien (Geschlechtern) der Erde erkannt.“

Die Ausführungen des Apostels in den Versen 2-11 über „das Geheimnis“ und der Hinweis in Vers 10, daß die Engel jetzt auf der Erde einen Vorgang und eine Sache in Ausführung begriffen sehen, die sie in Staunen setzt, weil sie bis jetzt keine Ahnung davon gehabt hatten, führen ihn dazu, von dem Geheimnis wie von einer der Familien zu reden, die dem Willen und den Gedanken Gottes ihr Sein zuzuschreiben haben. Warum sonst verbindet er „die Verwaltung des Geheimnisses“ mit „dem die alle Dinge geschaffenhabenden Gott“, Vers 9? So war auch dieses Neue etwas, was zu dem hinzutrat, das die Engel in der Geschichte der Menschheit schon gesehen und zum Teil selber ausgeführt hatten. So hatten sie z. B. gesehen, wie die Nachkommen Abrahams von Ägypten an, und am Sinai als Volk Israel, zu einer der Familien wurden, die Paulus ins Auge faßt; die Gesetzgebung geschah ja durch ihre Vermittlung. (Apgesch. 7,53 und Hebr. 2,2) Also selber auch hingerissen von anbetender Bewunderung über das Neue, dies ihm geoffenbarte Geheimnis, wie er in Vers 6 davon spricht, beugte der Apostel seine Knie vor Dem, in dessen Herz der Ursprung des Geheimnisses liegt, vor dem „pater“, von dessen „pater“ = Name jede „patria“ so heißt oder „benamt“, d. i. benannt wird, nämlich eben „patria“, Familie. „Vater“

wird also hier und in 1. Kor. 8,6 nur gebraucht, um den ins Dasein rufenden Gott zu bezeichnen. „Jehova ..., ist Er nicht dein Vater, der dich erkauft hat? Er hat dich gemacht und dich bereitet“ (5. Mos. 32,6), diene als Beispiel dafür.

Zu b). Warum „völlig erfassen“? Weil anderenfalls, etwa durch nur spielerisches Umgehen mit diesen hehren Wahrheiten, der in Vers 19 genannte Zweck nicht erreicht wird, welcher ist: erfüllt werden zu der ganzen Fülle Gottes.

Zu c). Dieweil der Apostel nicht sagt, an was er denkt, wenn er von dessen Breite, Länge, Tiefe, Höhe spricht, setzt er voraus, daß seine Leser es von selbst begreifen; oder er kann meinen, daß sie verstehen: Wir sollen erfassen, daß es Begrenzungsmöglichkeiten darin überhaupt nicht gibt. Denn Breite, Länge, Tiefe, Höhe können sich auch grenzenlos ausdehnen, und mein forschender Geist kann dessen innewerden, so daß die aus der Welt der Materie auf das geistliche Gebiet herübergenommenen Begriffe nur die Unmeßbarkeit zum Ausdruck bringen sollen. Steht nicht in Vers 8: „... den unausforschlichen Reichtum des Christus zu verkündigen ...“? Und der Vater, von dem jede patria in den Himmeln und auf Erden patria heißt (wir als die Ekklesia, als der Leib des Christus also auch eine patria, dürfen wir dazudenken), möge uns geben, ist das Gebet des Apostels, daß der so gekennzeichnete Christus in unseren Herzen wohne. Hand in Hand damit geht: In Liebe sind wir gewurzelt wie der Baum im Erdreich, und gegründet wie ein Gebäude auf sein Fundament; hier auch „Liebe“, denn wir wissen, daß Gott uns mit Seiner vielen Liebe geliebt hat, als wir in den Vergehungen tot waren. (Kap. 2,4.5) Und in Vers 9 unseres dritten Kapitels hat der Apostel von Gottes „Vorsatz der Zeitalter“ gesprochen, den Er in Christo Jesu, unserem HErrn, gefaßt habe, was zurückweist auf das, was er in Kap. 1,3-11-14 gesagt hat. Kann uns nun ein Licht aufgehen? Auserwählt in Christus zur Sohnschaft und um heilig und tadellos in Liebe vor dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus zu sein; mit letzterem Erben des gesamten durch Ihn erworbenen Besitzes, des Alls, zu sein; was unausforschlicher Reichtum des Christus ist, unser Teil; in Liebe eingesenkt und gegründet; Christus Selbst, der Mittelpunkt und das Ziel aller Wege Gottes, durch den Glauben in unseren Herzen wohnend: Mit anbetender Beund Verwunderung sucht unser Geist, Ausschau haltend, im Verein mit dem Apostel, wie er das alles benennen soll, ob und wo er eine Begrenzung dazu feststellen kann: Er findet keine Antwort! - Dies die Antwort Auf Frage c.

Zu d). Das Bindewort „und“ zeigt an, daß die Liebe des Christus etwas Gesondertes ist von dem, was sich auf Breite, Länge, Tiefe, Höhe bezieht. Mit dieser „Liebe des Christus“ meint der Apostel wohl nichts anderes als das, was er in Kap. 5 des näheren ausführt: die Selbsthingabe des Christus für die Ekklesia, die Gemeinde. Es ist ein Widerspruch in sich selbst, etwas

erkennen zu können, was die Erkenntnis übersteigt. Also will er eben auf die unvorstellbare Größe dieser speziellen Liebe hinweisen, wie er in Vers 17 die Liebe, Gottes natürlich, allgemein genannt hat.

Zu e). „Erfüllt sein zu der ganzen Fülle Gottes“ scheint wie die Punkte der Fragen c und d eine Ungereimtheit zu sein, weil wir als endlich geschaffene Wesen die Fülle Gottes nicht in uns haben können. Das ist aber auch nicht gemeint. Das Wörtchen „zu“, das Richtung und Absicht ausdrückt, gibt Aufschluß. Wenn ich einen Korb ins Meer tauche, so ist zwar nicht das Meer im Korb, aber Ziel und Absicht sind erreicht, nämlich daß der Korb mit dem, was das Meer, das Meerwasser ist, angefüllt sei: Jeder Bestandteil des Meerwassers nach seiner chemischen Zusammensetzung ist ebensogut in dem winzigen Inhalt des Korbes enthalten wie in dem unmeßbar großen Becken des Ozeans. Indem wir die uns geoffenbarten Gedanken und Ratschlüsse Gottes in uns aufnehmen, werden wir zu der ganzen Fülle Gottes erfüllt, wie der Korb zu (nicht „mit“!) der ganzen Fülle des Ozeans erfüllt ist.

Das Erfülltsein mit den also geoffenbarten Gedanken und Ratschlägen Gottes führt zwangsläufig zu der Doxologie (dem Ehre- und Herrlichkeitgeben) der Verse 20 und 21.

F. Kpp.

Nachfolge.

(Luk. 9,43-62)

Es ist wichtig, zu sehen, wie die verschiedenen Begebenheiten unseres Schriftabschnittes zu den Schlußversen desselben hinführen.

Während die Volksmenge sich „über alles, was Jesus tat“, verwunderte, richtete der HErr Worte an Seine Jünger, die ohne Zweifel eine tiefe Bestürzung bei ihnen hervorrufen mußten. Sie erwarteten von Ihm die Aufrichtung des Königreiches, und Er, der König, sprach von Seiner Verwerfung und von Seinem Tode. Vor dem Auge des HErrn aber stand immer das große Ziel

Gottes und die Zubereitung der Jünger für dasselbe.

Der folgende Vers (46) gibt uns einen Einblick in das Herz und die Gedanken der Jünger und auch in unser eigenes Herz. Wie wenig stimmen sie überein mit Seinem Herzen! Die Gedanken der Jünger waren damit beschäftigt, „wer wohl der Größte unter ihnen wäre“. Der HErr hatte von Seinem Tode - von der Stunde der Gewalt der Finsternis geredet, ihre Herzen waren aber weniger mit Ihm als mit sich selber beschäftigt. Welche Vollkommenheit sahen sie bei ihrem HErrn, der sie so unendlich liebte - ja, liebte bis ans Ende. Er nahm den niedrigsten Platz ein, und doch war Er der Größte. Wie ärmlich nahm sich ihre Ruhm- und Ehrsucht gegen Ihn aus, der in Wahrheit der HErr war und doch nur das eine Ziel vor Sich hatte, den Willen Seines Vaters zu tun.

Der HErr stellte ein Kindlein neben Sich. Dieses kleine, unbedeutende Wesen empfing dadurch Bedeutung. In diesem Kindlein an Seiner Seite sollten sie sich sehen. Er will sie von ihrer eigenen Größe und Selbstwichtigkeit herabführen. In dem Verbundensein mit Seinem Namen lag ihre Größe. Er erklärt ihnen, wer ein so geringes Wesen in Seinem Namen aufnähme, habe Ihn und damit auch Den, der Ihn gesandt habe, aufgenommen. Waren sie bereit, sich wie ein kleines unwichtiges Wesen in Seinem Namen aufgenommen zu sehen? Ach, nein, jeder suchte seinen Namen über den des anderen zu stellen; aber es ist nur ein Name in dem Ohre des Vater lieblich. Übertrifft dieser Name in meinem Herzen jeden Namen in der Welt? Ist dieser Name mir so groß, daß das unbedeutendste Wesen, das mit diesem Namen gedeckt ist, mein Herz anzieht? Dann muß jede Ehr- und Ruhmsucht in mir gerichtet und abgetan werden.

Bei den Worten des HErrn (V. 48) erinnert sich Johannes eines Vorfalles, wo er gegen die hier ausgesprochenen Worte gehandelt hatte. Er hatte es jemandem verwehrt, sich im Namen des HErrn Elender anzunehmen und von Dämonen zu befreien. Der HErr überführt hier Seine Jünger von der Enge des menschlichen Geistes. Unser selbstsüchtiges Herz ist so ungern bereit, die Wirksamkeit der göttlichen Macht in anderen anzuerkennen, wenn diese nicht mit uns in Verbindung stehen. Wie leicht sind wir bereit, ebenso wie die Jünger zu handeln. Da möchte man jede Tätigkeit, die nicht unsere Zustimmung hat, als etwas Unerlaubtes oder doch

Regelwidriges hinstellen, eben weil der Betreffende nicht mit uns dem HErrn nachfolgt. Der HErr aber sprach: „ Wehret nicht“, denn wenn jener Mann auch nicht in ihrer Mitte war, so war er doch an ihrer Seite, denn er stand in dem Kampfe wider den Satan auf der Seite des HErrn. Brüder mochten, um den Banden des Paulus Trübsal zu erwecken, aus unlauteren Beweggründen Christum verkündigen. Paulus konnte sich nicht über ihre traurigen Beweggründe freuen, aber er freute sich darüber, daß Christus verkündigt wurde. Ihre Beweggründe mußten ihn schmerzen und verletzen, aber der demütige Geist Christi in ihm ließ ihn seinen Gefühlen nicht Raum geben. Haben wir nach dieser Seite hin nicht auch etwas zu lernen?

In den Versen 51-56 finden wir wiederum die Jünger in einer Gesinnung, die der des HErrn nicht entsprach. Der HErr hatte um eine Ruhestätte gebeten und wurde schroff abgewiesen. Der harte Sinn der samaritanischen Dorfbewohner konnte die Gefühle des HErrn wohl verwunden, aber nicht die gleiche Härte bei Ihm auslösen. Jakobus und Johannes dagegen, erfüllt von dem Gefühl des ihrem HErrn angetanen Unrechtes, waren sofort bereit, in dem gleichen Geist der Härte zu handeln und den göttlichen Zorn herabzurufen. Sie konnten dafür auch gute Beispiele aus den Schriften des Alten Testamentes anführen. Der HErr aber „strafte sie und sprach: Ihr wisset nicht, wes Geistes ihr seid“. Damit weist der HErr hin auf die Verschiedenheit der Wege und Offenbarungen Gottes in dem jetzigen gegenüber den Wegen Gottes in den früheren Zeitaltern. Und diese zu unterscheiden ist auch für uns sehr nötig.

Die Leute von Nazareth verwunderten sich einst über die Worte der Gnade, die aus Seinem Munde hervorgingen. (Luk. 4,22) Und wie mochten die Jünger erstaunen, als sie jetzt wiederum Zeugen Seiner Gnade waren! Was empfinden unsere Herzen, wenn wir die Langmut und Gnade Gottes einer Welt gegenüber sehen, die Seinen Sohn verwirft und mit Füßen tritt? Paulus schreibt den Philippern: „Denn diese Gesinnung sei in euch, die auch in Christo Jesu war.“ (2,5) Diese Gesinnung wird aber nur in uns gefunden werden, wenn wir, nahe Seinem Herzen, Seinen Fußtapfen folgen. Welche Hindernisse sich aber in der Nachfolge Jesu uns entgegenstellen, dafür finden wir einige Beispiele in den Schlußversen unseres Kapitels, Vers 57-62.

In dem ersten Beispiel sehen wir einen Mann, der in Begeisterung für den HErrn willens ist, Ihm nachzufolgen. Er spricht: „Ich will Dir nachfolgen, wohin irgend Du gehst, HErr.“ Der HErr prüft die Wahrheit seiner Worte. Er stellt seinen Entschluß den Tatsachen gegenüber, daß die Füchse Höhlen haben und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen nicht habe, wo Er Sein Haupt hinlege. Hatte jenes Dorf der Samariter nicht die Wahrheit Seiner Worte bewiesen? Er kam in das Seinige, aber die Seinigen nahmen Ihn nicht auf. Der Vater aber nahm Ihn auf, und dort im Hause des Vaters hat Er eine Stätte bereitet, wo Er die mit Freuden begrüßen will, die Ihm hier nachfolgen. Dort ist der Platz Seiner Ruhe, und der Weg dorthin geht durch den Tod. Wenn wir Ihm nachfolgen wollen, so haben wir denselben Weg vor uns, und dieser Weg bedeutet Entsagen - Sterben und ein Verwirklichen dessen, daß wir unseren Ruheplatz nicht in dieser, sondern in einer anderen Welt haben.

Um dem HErrn auf dem Wege, den Er durch diese Welt ging, nachzufolgen, reichen ein begeisterter Willensentschluß und menschliche Kraft nicht aus. Möchten wir in der Nachfolge Christi besser verstehen lernen, was es heißt, „allezeit das Sterben Jesu am Leibe umhertragen, auf daß auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde.“ (2. Kor. 4,10)

In dem folgenden Beispiel (Vers 59.60) fordert der HErr einen anderen auf, Ihm nachzufolgen. (Nach Matth. 8,21 war dieser ein Jünger des HErrn.) Er war aber nicht bereit, der Aufforderung des HErrn sofort nachzukommen. Was hielt ihn zurück? Hatte er eine Entschuldigung? Sein Vater war gestorben und mußte beerdigt werden; gewiß eine an sich berechtigte und von Gott anerkannte Sache. (1. Mos. 3,19; 5. Mos. 34,6) Müssen solchen Dingen gegenüber die Ansprüche des HErrn zurücktreten? Wie verhielt Sich der HErr dazu? Er hebt die Pflichten der natürlichen Verwandtschaft nicht auf, aber Er erlaubt nicht, daß diese Seiner Nachfolge und der Verkündigung des Reiches Gottes vorangestellt werden. Der HErr antwortet dem Manne, der ein „Zuvor“ Seinen Ansprüchen entgegenstellt: „Laß die Toten ihre Toten begraben, du aber gehe hin und verkündige das Reich Gottes.“ Dieses Wort sagt ihm und auch uns klar und deutlich, daß jede Sache zu unterlassen ist, wenn sie uns hindert, das zu tun, was der HErr von uns fordert. Auch das scheinbar Dringendste, wenn es ein Hindernis ist, dem HErrn zu folgen,

hat kein Recht, anerkannt zu werden. Der Ruf und die Ansprüche des HErrn gehen vor. Wer andere Anforderungen, auch wenn man sie mit Pflicht entschuldigen möchte, Seinen voranstellt, stellt Ihn zurück.

Zweimal spricht der HErr hier von „Toten“, zwar nicht im gleichen Sinne, aber doch in Verbindung miteinander. Es handelte sich hier um einen Jünger des HErrn, dem der HErr gebot, hinzugehen und das Reich Gottes zu verkündigen, und um das Begräbnis eines ungläubig gewesenen Vaters. Zu diesem Jünger sagt der HErr, er solle die (geistlich ) Toten ihre Toten begraben lassen und sich nicht dadurch zurückhalten lassen, den Auftrag des HErrn auszuführen. Alle Dinge, die auf dem Gebiet des Gerichtes und des Todes liegen, haben das Interesse derer, die im Tode sind, die Dinge des Reiches Gottes aber haben den Vorrang bei den Jüngern des HErrn. Für diese Dinge gibt es bei ihnen kein Zuvor.

In dem dritten Beispiel haben wir jemand, der sich selber auf den Pfad der Jüngerschaft wagt. Auch er hat ein „Zuvor“, das der HErr anerkennen soll. Bei ihm handelt es sich um die Rücksichtnahme auf verwandtschaftliche und gesellschaftliche Gebräuche. Das Haus dieses Mannes hatte in seinem Herzen einen wichtigen Platz. Er wußte nicht, wie sehr die Höflichkeitspflichten des gesellschaftlichen Lebens ablenken und aufhalten in der Nachfolge des HErrn. Der HErr sagt ihm klar, daß es auch in diesen Dingen kein „Zuvor“ Seinen Ansprüchen gegenüber gibt: „Niemand, der seine Hand an den Pflug gelegt hat und zurückblickt, ist geschickt zum Reiche Gottes.“

Wer mit einem Pflug über das Feld zieht, muß den Endpunkt im Auge haben, sonst wird er eine gekrümmte Furche zurücklassen. Auch nur eine augenblickliche Ablenkung des aufs Ziel gerichteten Blickes ist verhängnisvoll. Vielleicht war es etwas Harmloses, was die Ablenkung verursachte, und die Abweichung mag dem natürlichen Auge sehr klein vorkommen, und doch steht nichts Geringeres auf dem Spiel als das Passendsein für das Reich Gottes.

So lernen wir aus diesen drei Beispielen:

1. Daß Begeisterung und eigene Kraft nicht ausreichen, dem HErrn nachfolgen zu können;

2. daß, wenn wir verwandtschaftliche Beziehungen (so wichtig und von Gott angeordnet sie auch sind) den Ansprüchen des HErrn gegenüber den Vorrang geben, wir der Verkündigung des Reiches Gottes Schaden zufügen;

3. daß Rücksichtnahme auf verwandtschaftliche und gesellschaftliche Gebräuche in der Nachfolge Jesu solchen geistlichen Mangel bewirken können, daß wir unfähig für das Zeugnis werden und aufhören, dem HErrn zubereitete und nützliche Gefäße zu sein.

Möchte diese betrachtete Schriftstelle zu unserem Herzen reden, um über die Neigungen unserer Herzen zu wachen!

v. S.-W. - v. d. K.

Zwei Wege.

„Gehet ein durch die enge Pforte; denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der zum Verderben führt, und viele sind, die durch dieselbe eingehen. Denn eng ist die Pforte und schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind, die ihn finden.“ (Matth. 7,13.14)

Klar und vernehmlich schildert der HErr Selbst in diesen so klaren und eindeutigen Worten die beiden möglichen Wege, auf denen die Menschen als Vielheit (und auch der Mensch als Einzelwesen) der Ewigkeit entgegeneilen. Zwei Wege und außer diesen kein anderer! Das ist für die Gläubigen um so ernster, als daraus die notwendige Konsequenz gezogen werden muß, den einen oder den anderen Weg zu gehen.

Der eine der beiden Wege ist der Weg ins Verderben. Er braucht nicht erst gesucht zu werden. Ohnehin wandelt der Mensch auf ihm; denn er ist der Weg der Gottlosigkeit, in welcher Form sich diese auch immer zeige. Er ist der Weg der Gottlosigkeit, auch wenn der Mensch mit irgendeiner religiösen Meinung und in nur äußerlicher religiöser Tradition einhergeht. Auf ihm gelten alle Meinungen und Anschauungen, jeder kann seine „Weltanschauung“ beibehalten und

braucht davon nichts abzulegen. Jeder kann seinem eigenen Gutdünken entsprechend leben und handeln. Auf diesem Wege ist Platz für alles, was an Auffassung und Meinung nur je Menschenhirne dachten, schrieben, predigten und verkündigten. Eine breite Basis von der offenen und frechen Gottlosigkeit bis zur frommen religiösen Übung in eigener Gerechtigkeit und Werkheiligkeit. Doch noch weitaus mehr ist auf diesem Wege haltbar. Jeder kann nach Herzenslust leben und handeln. Es braucht sich keiner einer Tat zu fürchten, denn die Verantwortlichkeit kennt man nicht. Kein Wunder, daß der HErr diesen Weg so kennzeichnet und von ihm sagt, daß viele auf ihm wandeln und auf ihm auch ins Verderben eingehen.

Ganz anders ist die Beschreibung des schmalen Weges, auf den der Mensch nur treten kann, wenn er die enge Pforte durchschreitet, d. h. wenn er ganz allein und persönlich vor Gott den HErrn hintritt und sich Ihm stellt als aus der Irre, aus der Gottlosigkeit kommend und Leben, Vergebung der Sünde und Frieden mit Gott suchend.

Wahrhaftig, die enge Pforte ist so eng, daß aller Eigenruhm und alles Geltenwollen vor Gott dahintenbleibt; so eng, daß auch persönliche Meinung und Anschauung keinen Platz haben. Gottes Auge wacht an dieser Pforte, und noch nie ist es jemandem möglich gewesen, durch diese Pforte zu schreiten unter Beibehaltung des eigenen und alten Wesens. Gott schaut jeden an mit Seinem alles durchdringenden Auge. Seien wir uns stets auch dessen bewußt, daß nach dem Hindurchschreiten durch die enge Pforte der Weg schmal ist. Auf demselben ist kein Raum mehr für ein fleischliches, geselliges Neben- und Miteinander. Auf ihm finden wir nur die schmale Linie der Fußtapfen Jesu, in die jeder persönlich treten muß. Es ist der schmale Weg dem Lamme nach. Wie ernst sind die Worte des HErrn, wenn Er von diesem Wege spricht: „Wenige sind, die ihn finden.“

So verschieden die Pforten, so sind es auch die beiden Wege und damit auch die beiden Ziele. Während der eine zum Verderben führt, hat der andere die ewige Seligkeit zum Ziele. Also, beide haben ein Ziel, beide münden laut der eindeutigen Darlegung des HErrn in der Ewigkeit, der eine in ewiger Verdammnis, der andere in ewiger Glückseligkeit, im Gottschauen. Auch das mag uns Gläubigen der besonderen Beachtung wert sein, daß es nicht auf die Stellungnahme

der Menschen zur Darlegung des HErrn über die beiden Wege ankommt; nie wird der HErr um der Menschen willen Seine Worte ändern oder menschlichen Auslegungen recht geben. Es ist daher auch belanglos, ob der Mensch - wer immer es auch sei - die Worte des HErrn in diesem oder jenem Stück anerkennt oder nicht. Wesentlich ist aber, zu wissen, daß

jeder Mensch nach dem Worte des HErrn, das er entweder ablehnte oder anerkannte, beurteilt wird.

Es ist daher auch töricht und für die Menschen von großem Schaden, wenn sie eine dem Worte des HErrn völlig entgegenstehende Lösung suchen und in der allzu menschlichen Konstruktion des sogenannten „goldenen Mittelweges“ zu finden glauben. Von einem solchen ist auch nicht ein Wort in der Schrift zu finden. Wenn in vielen Fällen menschlicher Entscheidungen ein „goldener Mittelweg“ durchaus zu begrüßen und gutzuheißen ist, so muß doch um das Wort Gottes und um der Verantwortlichkeit der Menschen willen mit allem Nachdruck darauf hingewiesen werden, daß die Bibel bezüglich der Ewigkeit einen solchen Weg nicht kennt.

Er wird und muß deswegen als ein Versuch des Bösen gedeutet werden, Menschen in seinen Bannkreis zu ziehen und sie am Ende als arme Betrogene dem gleichen Ziele entgegenzuführen, in dem auch der breite Weg endet: ins Verderben.

Deswegen müssen alle unsere Entscheidungen eindeutig und klar sein, müssen sich aus dem Wort ergeben und uns an das Wort binden.

Verglichen mit den in früheren Lieferungen des laufenden Jahrganges Gebotenem kann zusammenfassend gesagt werden: Die vier Abhandlungen, „Zwei Berge“ (Sinai und Golgatha), „Zwei Gärten“ (Eden und Gethsemane), „Zwei Brüder“ (Kam und Abel) und „Zwei Wege“ (der breite und der schmale Weg), weisen auf die beiden großem Linien der Heiligen Schrift hin; die eine zeigt den Menschen in seiner zunehmenden Gottentfremdung und Sünde, in seinem ruhelosen und unsteten Dahintreiben in die Ewigkeit mit ihrem erschreckenden Ernst und Ausgehen im Verderben - die andere die Güte, die Gnade und das Erbarmen Gottes, der von Sich aus, unser ewiges Heil bedenkend, handelte, damit wir nicht nach Art des breiten Weges

empfangen müssen, was unsere Taten wert sind, sondern als Begnadigte und Errettete gar fröhlich rühmen können - unseren Gott und Vater und unseren Herrn Jesus Christus hier zeitlich und dort ewiglich.

Möchte so allen lieben Lesern ein Segen werden und der HErr verherrlicht werden durch unser durch Ihn Selbst gewirktes entschiedenes Bekenntnis, bei Ihm zu sein und zu bleiben - um jeden Preis. Gott segne uns!

H. B., U.

 

 

Der Vatername.

Der Vatername unseres Gottes ist uns, Seinen Kindern, besonders kostbar. Durch unseren Herrn Jesus Christus ist uns derselbe geoffenbart worden. Er Selbst sprach das bekannte Wort: „Niemand erkennt den Sohn, als nur der Vater, noch erkennt jemand den Vater, als nur der Sohn, und wem irgend der Sohn Ihn offenbaren will.“ (Matth. 11,27) Mit der Belehrung erkennen wir den Vater. (1. Joh 2,13c) In Luk. 15,11-32 wird uns besonders die erbarmende, aufnehmende und vergebende Liebe unseres Gottes und Vaters gezeigt. Innerlich bewegt über den heimkehrenden Sohn, lief er ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küßte ihn sehr. Das beste Kleid, den Ring, die Sandalen, das gemästete Kalb und Freude und Jubel fügte der Vater hinzu.

Auch uns ist das beste Kleid geschenkt worden: Christus ist uns von Gott geworden zur Gerechtigkeit. Der Ring ewiger Liebe ist uns geworden: Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist. Wir sind beschuht worden mit den Sandalen der Sohneswürde, wenn wir auch jetzt noch Kinder sind. Wir nähren und erquicken uns im Bilde des gemästeten Kalbes - durch die Segnungen des Opfertodes unseres HErrn und durch die Kostbarkeit Seiner Person Selbst. Freude des Heils und Jubel ist auch unser Teil.

Der Vatername offenbart uns Erbarmen und Liebe.

Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so hat Sich Gott über uns erbarmt und Seine Liebe uns geschenkt. Unser HErr versichert uns: „Der Vater Selbst hat euch lieb.“ (Joh. 16,27) Welch ein Trost ist diese Wahrheit für unser Herz! Sich von Menschen geliebt zu wissen ist kostbar, sich aber von unserem Gott und Vater geliebt zu wissen ist überaus groß. Im Anschauen dieser Liebe ruft Johannes aus: „Sehet, welch eine Liebe uns der Vater gegeben hat, daß wir Kinder Gottes heißen sollen!“ (1. Joh. 3,1) Einst waren wir Feinde, jetzt sind wir Kinder Gottes. Einst war Gottes Zorn über uns, jetzt Seine Vaterhände. Nach Röm. 8,15 haben wir den Geist der Sohnschaft empfangen, „in welchem wir rufen: Abba, Vater!“

In Mal. 1,6 lesen wir ein Wort, was wir beachten möchten: „Ein Sohn soll den Vater ehren und ein Knecht seinen Herrn. Wenn Ich denn Vater bin, wo ist Meine Ehre?“ Auch in unserer Gebetsanrede sollen wir die rechte, wenn auch kindliche Ehrfurcht zum Ausdruck bringen.

Der HErr bemühte sich besonders, die Jünger in das Kindesverhältnis einzuführen. In bezug auf ihr Vertrauen, ihre Gebete, ihre Sorgen und Ängste, ihr Verhalten zur Welt und auch ihr Verhalten zueinander sollten sie sich als Kinder ihres himmlischen Vaters erweisen. Auch uns gilt diese Bemühung unseres HErrn.

Unser Gott und Vater ist auch unser Versorger in allen unseren Bedürfnissen. „Euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles bedürfet“, so ruft uns der HErr in Seiner Liebe zu. (Matth. 6,32)

Unser Gott und Vater ist größer als alles, und niemand kann uns aus Seiner Hand rauben. Das ist ein großer Trost für unser schwaches Herz inmitten dieser Welt der Finsternis.

Unser Vater ist auch unser Erzieher. „Gott handelt mit euch als mit Söhnen; denn wer ist ein Sohn, den der Vater nicht züchtigt? Wenn ihr aber ohne Züchtigung seid, welcher alle teilhaftig geworden sind, so seid ihr denn Bastarde und nicht Söhne.“ (Hebr. 12,7.8) Alle Kinder Gottes müssen diese erziehende Liebe unseres himmlischen Vaters erfahren. Wohl ist sie nicht ein Gegenstand der Freude, sondern der Traurigkeit für die Gegenwart; aber sie ist nötig, damit wir

Seiner Heiligkeit teilhaftig werden. Möchten wir geübt sein, die Züchtigungen in der rechten Weise und aus Seiner Hand entgegenzunehmen, damit die friedsame Frucht der Gerechtigkeit daraus hervorgehe! Wir sollen uns schon hier als Söhne unseres Vaters erweisen, der in den Himmeln ist. Und Er spricht zu uns als zu Söhnen: „Mein Sohn, achte nicht gering des HErrn Züchtigung, noch ermatte, wenn du von Ihm gestraft wirst; denn wen der HErr liebt, den züchtigt Er.“ (Hebr. 12,5.6) Zudem wissen wir auch, daß Er nicht zulassen wird, daß wir über Vermögen versucht werden. Seine Treue und Liebe wacht über uns, denn unser himmlischer Vater kennt uns, und die Haare unseres Hauptes sind gezählt.

Unser Gott und Vater ist nicht nur unser Versorger und Erzieher, Er ist auch der segnende Vater. Mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern hat Er uns gesegnet. (Eph. 1,3) Ein unverwesliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil bewahrt Er uns auf in den Himmeln. (1. Petr. 1,4) Hier in der Fremde gibt Er uns schon, was wir bedürfen - dazu auch viele besondere Erquickungen und Freuden -, dort aber in der Heimat gibt Er uns unser ewiges Erbteil. Dieses Erbteil wird nicht von Motte und Rost zerstört, es ist unverweslich. Dazu ist es unbefleckt, rein, heilig. An den Erbschaften dieser Welt klebt vielfach die Sünde. Jenes Erbe ist auch unverwelklich, es büßt in Ewigkeit nichts ein an Herrlichkeit.

Besonders lieblich ist uns das Wort unseres HErrn, daß Er uns in dem Hause Seines Vaters eine Stätte, eine Wohnung, bereitet hat. Welch liebliches Wort ist das Wort: Vaterhaus! Im Vaterhause droben ist unser wahres und ewiges Heim. In der Gegenwart unseres himmlischen Vaters werden wir ewig in Seiner Liebe glücklich sein. Liebe, Friede und Freude ist dort zu Hause. Dort werden wir unseren geliebten HErrn sehen, wie Er ist, wir werden bei Ihm sein, wir werden Seine Herrlichkeit schauen, die Ihm Sein Vater gegeben hat. Dort werden wir unsere Brüder und Schwestern wiederfinden, von welchen wir hier uns trennen mußten. Wir werden gleich einer großen Familie vereint im Vaterhause sein. - Wenn wir bedenken, daß

wir einst Feinde, verdammungswürdige Sünder, waren, auf denen der Zorn Gottes war, und daß wir nun Kinder Gottes sind durch unseren Herrn Jesus Christus, so sollten unsere Herzen voll Freude, Dank und Anbetung sein. - Gepriesen sei unser Gott und Vater!

O. D.

Die Schrift muß erfüllt werden.

Man hat im Alten Testamente 333 prophetische Aussprüche, die Beziehung auf Christum haben, gefunden. Die Mehrzahl derselben sind bereits buchstäblich erfüllt. Das gibt uns die Gewißheit, daß auch die übrigen, wenn Gottes Zeit gekommen ist, genau so erfüllt werden.

Nachstehend folgt eine kleine Zusammenstellung von 26 Weissagungen auf Christus und gleich daneben der Nachweis ihrer Erfüllung.

Die sorgfältige Beachtung dieser Schriftstellen in einer stillen Stunde wird sicher zur Befestigung unseres Glaubens dienen und dürfte auch eine gewinnbringende Beschäftigung für eine Jugendstunde sein.

Weissagung: Erfüllung:

1. Die besondere Kennzeichnung des HErrn. Jes. 7,14 Matth. 1,22.23

2. Der Ort Seiner Geburt. Micha 5,1 Matth. 2,6

3. Seine Flucht nach Ägypten und Seine Rückkehr

von dort. Hos. 11,1 Matth. 2,14.15

4. Der erste Anschlag auf Sein Leben. Jer. 31,15 Matth. 2,17.18

5. Sein Wegbereiter, Johannes der

Täufer. Jes. 40,3; Mal. 3,1 Matth. 3,3; Matth. 11,10

6. Sein Wohnen in Galiläa und Kapernaum. Jes. 9,1.2 Matth. 4,14-16

7. Die Heilung der Leidenden und Sein Mitgefühl. Jes. 53,4 Matth. 8,17

8. Sein Erbarmen Sündern gegenüber. Hosea 6,6 Matth. 9,13

9. Seine Stellungnahme als Knecht Gottes zu Dessen

Wohlgefallen. Jes. 42,1 Matth. 12,17

10. Seine Salbung und Seine Botschaft. Jes. 61,1.2 Luk. 4,17-21

11. Der Unglaube des Volkes. Jes. 53,1 Joh. 12,38

12. Die Verblendung des Volkes als

Folge des Unglaubens. Jes. 6,9.10 Joh. 12,40

13. Sein Reden in Gleichnissen. Jes. 6,9; Ps. 78,2 Matth. 13,13.14; Matth. 13,35

14. Gehaßt ohne Ursache. Ps.35,19; 69,4 Joh. 15,25

15. Sein Einzug als König in Jerusalem.

Sach. 9,9; Ps. 118,25.26; Ps. 8,2 Matth. 21,4.9.15

16. Sein Verrat. Ps. 41,9 Matth. 26,47-54

17. Der Verräterlohn - der Preis des

Geschätzten. Sach. 11,12.13 Matth. 27,9

18. Sein Verlassenwerden von den Jüngern.

Ps. 69,20; Jes. 63,5 Matth. 26,56

19. Die Verteilung Seiner Kleider. Ps. 22,18 Matth. 27,35

20. Seine Rufe am Kreuz. Ps. 69,21; Ps. 22,1 Joh. 19,28; Matth. 27,46

21. Seine Kreuzigung mit den Übeltätern. Jes. 53,12 Mark. 15,28

22. Seine Gebeine durften nicht zerschlagen werden.

Ps. 34,20; 2. Mos. 12,46 Joh. 19,36

23. Das Durchbohren Seiner Seite. Sach. 12,10 Joh. 19,37

24. Seine Auferstehung. Ps. 16,10 Apgesch. 2,31; Joh. 20,9

25. Seine Himmelfahrt. Ps. 110,1 Apgesch. 2,34

26. Die Ausgießung des Heiligen Geistes. Joel 2,28 Apgesch. 2,17

H. H., A.

Frage und Antwort

Frage 15

1. Wird nach bestimmten Schriftstellen der Tempel wieder gebaut werden? Wenn ja, nach welchen?

2. Wird im 1000jährigen Reiche der Tempel sein? Wenn ja, unter welchen Kennzeichen zu den früheren - bzw. zu 1. hieroben?

Antwort

Zu 1. Eine Schriftstelle, die dem Buchstaben nach sagt, daß der Tempel in der Zeit zwischen seiner Zerstörung durch die Römer und dem Wiederkommen Christi gebaut werden würde, gibt

es m. W. nicht. Wohl aber sind Schriftstellen da, die die Tatsache als Folgerung an die Hand geben.

In 2. Mos. 15,13 ist in Verbindung mit der Befreiung des Volkes aus der Macht des Pharao die Rede von der heiligen Wohnung Jehovas, zu welcher Er das Volk geführt habe, so als ob die Wohnung schon vorhanden wäre. Im 17. Verse wird dies ausdrücklich festgestellt: „Du wirst sie bringen und pflanzen auf den Berg Deines Erbteils, die Stätte, die Du, Jehova, zu Deiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, HErr, das Deine Hände bereitet haben.“ Der natürliche Eindruck hiervon ist: Nach den Gedanken Gottes gibt es für Ihn als eine Ihm stets gegenwärtige Sache, ob sie materiell existiere oder nicht, die heilige Wohnung, den heiligen Berg, die Stätte, die Er zu Seiner Wohnung gemacht, das Heiligtum, welches Seine Hände bereitet haben; vorausschauend bereitet durch David, 1. Chron. 29,2; gebaut, gemacht durch Salomo, 2. Chron. 3,8; 6,2, und zwar, wie Salomo sich in letzterer Stelle ausdrückt, zu Jehovas Sitz für Ewigkeiten, worin wiederum der oben ausgedrückte Gedanke liegt: Für Jehova ist das Haus eine für Ihn stets vorhandene Sache. Wie wenig die Zeitabstände da eine Rolle spielen, zugleich wie des Menschen Sünde und Gottes Stellungnahme dazu in Gericht und Gnade die Ausführung Seiner Gedanken herbeiführen, zeigt die in 2. Sam. 24 und 1. Chron. 21 berichtete Sünde Davids durch die Volkszählung. Das Resultat davon war, daß die Wohnung Jehovas auf der Erde, deren heilige Stätte, auf den Berg zu stehen kam, wo einst Isaak im Bilde als Vorbild des wahren Lammes Gottes geopfert worden war. Opfern und räuchern war auch der eigentliche Zweck, zu dem das Haus erstellt wurde, 2. Chron. 2,4. Man nehme zusammen 1. Chron. 22,1; 2. Chron. 3,1; 1. Mos. 22,2; 2. Mos. 15,13 und urteile: Ist der Tempel Jehova-Gottes nicht etwas Immerexistierendes? Wie ist es da auf dieser Linie liegend, daß Jehova nach vollzogenem Gericht an Seinem Volke, an Seiner Stadt und an Seinem Hause nach Ablauf eines Kreislaufs von 10mal 7 Jahren von Sich aus für den Wiederaufbau Seines Hauses sorgte, dadurch, daß Er den Geist des Perserkönigs Kores-Cyrus erweckte, der durch seinen Erlaß den Zurückkehrenden den Weg dazu frei machte: Jer. 25,11.12; Dan. 9,2; 2. Chron. 36,22.23; Esra 1,1-4. Und als die Bauenden in ihrer Arbeit säumig wurden und sie einstellten, führte Jehova ihnen durch schlechte Ernteergebnisse und diesbezügliche Hinweise das Niederträchtige ihrer

Arbeit wieder aufnahmen und zu Ende führten. Er ist immer drauf aus, daß der Tempel da sei. Siehe den Propheten Haggai, insbesondere Kap. 1,4.14. Mochte der Bau armselig aussehen im Vergleich zum ersten Tempel, 2,3, es war Sein Haus: Sein Herz war da, hing an Seinem Hause. Begreifen wir von da aus die Eifersucht, mit der Er, als Er in der Person des Sohnes in ihre Mitte getreten war, über die Heiligkeit Seines Hauses wachte, indem Er die Ochsen-, Schafe-, Taubenverkäufer und Geldwechsler daraus verwies, Matth. 21; Mark. 11; Luk. 19 und Joh. 2? Die Jünger begriffen diesen Eifer, wie Johannes das berichtet, Kap. 2,17; sie dachten an Ps. 69,9: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.“ Wobei wir bedenken müssen: Durch David, den Psalmisten, redete der Geist Jehovas: 2. Sam. 23,2, ein weiterer Beweis für das gar nicht hoch genug einzuschätzende Interesse, das Gott-Jehova-Jesus an Seinem Hause hat, wenn Er Seinem Interesse und Seinem eifersüchtigen Wachen über dasselbe dergestalt schon Ausdruck gibt, ehe es nur gebaut ist. Denn das Haus war noch nicht gebaut, als David den 69. Psalm dichtete. Der armselige Tempel der aus Babylon Zurückgekehrten wurde von Herodes dem Großen Stück für Stück umgebaut zu einem mit verschwenderischem Luxus ausgestatteten Gebäudekomplex. Ist nun das Interesse Gottes an Seinem Tempel nach dessen Zerstörung durch die Römer mit einem Male erloschen? Das können wir nach dem bisher Festgestellten nicht denken.

Eine Zwischenbemerkung ist notwendig, ehe wir weitergehen. - Er hatte schon vorher und hat seither einen Tempel anderer Art. Wie aus Joh. 2,19-22 hervorgeht, war der heilige Leib Jesu, wir werden sagen dürfen durch den bei Seiner Taufe auf Ihn in leiblicher Gestalt wie eine Taube gekommenen Heiligen Geist, Luk. 3,22, der Tempel, neben dem noch bestehenden, aber der Zerstörung anheimgegebenen materiellen. Seit der Ausgießung des Heiligen Geistes am Tage der Pfingsten ist die Ekklesia, die Versammlung oder Gemeinde, der Tempel Gottes, wie uns zur Genüge bekannt ist: 1. Kor. 3,16.17; 6,19; 2. Kor. 6,16; Eph. 2,21. In eben diesen Stellen tut sich dieselbe Eifersucht Gottes über die Heilighaltung dieses geistlichen Tempels kund. Nachdem der letzte lebendige Stein eingefügt ist, wird Christus Seine Ekklesia von der Erde weg zu Sich nehmen, das ist ja heute eine wohlbekannte Wahrheit.

Nun ist Raum da auf der Erde, daß der Tempel Gottes wieder ein materieller sein kann. „Wird

er wieder gebaut werden?“ wird gefragt. Wir können ohne weiteres antworten: Wenn ein irdisches Volk da ist, dann wird auch der Tempel da sein. Daß die Juden ins Land der Väter zurückkehren, erleben wir jetzt schon. Daß sie es zu einer Volksgemeinschaft bringen werden, ist uns aus der Schrift gewiß. Und daß sie den Tempel bauen werden, ist uns ebenfalls gewiß, weil die Schrift sein Vorhandensein voraussetzt, ohne zwar von seinem Gebautwerden zu sprechen; und das wohl deshalb nicht, weil der Anlaß zum Bau in ihrem Rassebewußtsein und Nationalstolz liegt und nicht in göttlicher Anweisung. Gott erkennt auch diesen Tempel an, obwohl er durch ein Götzenbild entweiht werden wird, Dan. 12,11 und Matth. 24,15, wie einst Antiochus Epiphanes zur Zeit der Makkabäer den damaligen Tempel schändete, Dan. 11,31. Aus Gründen der Raumersparnis seien außer den zwei Stellen in Daniel 12 und Matth. 24 noch folgende beweisende Stellen, die man nachlesen wolle, nur angeführt: Jes. 66,1.6 und Mal. 3,1.2. Frage: Existierte nicht der Tempel Salomos zur Zeit Jesajas? Wenn „ja“, dann muß der, von dem hier die Rede ist, ein noch zu bauender sein. Maleachi 3,1 hatte eine Vorerfüllung dadurch, daß der HErr in Jerusalem und in den Tempel einzog; die endgültige Erfüllung mit dem in Vers 2 angedrohten Gericht steht noch aus. Ps. 74,3-7; 79,1.7; Sach. 14,2: Der von der jüdischen Volksgemeinschaft zu erbauende Tempel wird in dem ausbrechenden großen Konflikt der Mächte, die Palästina zum Kriegsschauplatz machen, samt dem größten Teil der Stadt wieder zerstört werden. Daniel 11,36ff. spricht besonders deutlich von diesen Geschehnissen (Vers 36: der König, nämlich der jüdische, der „Gesetzlose“ von Hes. 21,30 und 2. Thess. 2,3.4), aber auch Jesaja, z. B. 28,14-21; 29,1-8. Man muß sich durch eingehendes Studium der Propheten und Psalmen klargeworden sein, daß der Geist Gottes in den Propheten und Psalmdichtern die Zeit des Endes mit der Zeitgeschichte der jeweiligen Schreiber verknüpft. Daß das so gut bei einem Asaph oder Heman der Fall war wie bei David und den Propheten, bezeugt die Schrift deutlich: 1. Chron. 25,1-7. Wie die wechselvolle Geschichte der zu verschiedenen Zeiten gebauten Tempel für Gott immer nur die eine Geschichte des Tempels ist, so ist auch das Wechselvolle in der Geschichte Seines Volkes für Ihn nur die Geschichte im Zusammenhang, Anfang und Ende aneinandergereiht und ineinander verflochten. Das müssen wir erkennen lernen. Seit der Verwerfung des Messias klafft eine Lücke in der Geschichte des Volkes bis zur Zeit des Endes, so daß die eigentliche Geschichte erheblich zusammenschrumpft

und Anfang und Ende gar nicht so weit auseinanderliegen.

Zu 2. Ja, der Tempel wird sein im 1000jährigen Reiche, erbaut durch den Messias, den König Selber, genau wie Sein Vorbild, Salomo, den Tempel baute. Selbstverständlich baut keiner von beiden eigenhändig. Dazu sind die Werkleute da. Sach. 6,12.13 sagt, wer der Bauherr ist: der Sproß, der schon in Kap. 3,8; in Jes. 4,2 und 11,1; in Jer. 23,5 und 33,15 genannt wird. Sach. 6,15 sagt, wer die Werkleute sein werden: Entfernte, Fremde; wie solche auch die Mauern des zukünftigen, aus der Asche wieder erstehenden Jerusalems bauen werden, Jes. 60,10, und wie Salomo Fremdlinge zum Tempelbau verwendete, 2. Chron. 2,17.18. Die Entwürfe zum Bau stammen von dem göttlichen Architekten Selber samt den Vorschriften für den Tempel- und Opferdienst, Hes. 40 - 47,12, genau wie David zum salomonischen Tempel die Entwürfe, Muster, Maße usw. durch den Geist und durch Schrift empfing, 1. Chron. 28,11.12-19, und Mose auf dem Berge das Muster für die Hütte und für alles, was er machen sollte, Hebr. 8,5 = 2. Mos. 25,40; denn die Hütte war auch schon „der Tempel“ Jehovas: 1. Sam. 1,9.

Weitere Stellen, die von dem Dasein des Tempels im 1000jährigen Reiche reden, unter Hinweis auf das oben über die prophetische Redeweise des Geistes in den Propheten und Psalmen Gesagte: Jes. 2,3 = Micha 4,1.2; Jes. 18,7; 60,13; 66,20; Hes. 37,26; 43,1-6.7.9; 47,1.2; Sach. 14,16-20.21; Mal. 3,3.4; Ps. 48,9; 65,4; 66,13; 76,2; 84,1-4.10; 92,13; 96,8.9; 100,4; 122,1.9; 134,2; 150,1.

„Unter welchen Kennzeichen im Verhältnis zu den früheren Tempeln dieser neue Tempel da sein wird?“ - Er wird zwar für den eigentlichen Tempelraum, Heiliges und Allerheiliges, die gleichen Maße wie der salomonische Tempel aufweisen, d. i. die doppelten der Stiftshütte (Hes. 41,34 = 1. Kön. 6,2 = 2mal die Maße von 2. Mos. 26,15-25), wird aber in Verbindung mit der Neueinteilung des Landes (Hes. 45,1-8; 47,13 - 48,29), mit veränderten Opfer- und Festzeitenbestimmungen (45,18 - 46,15) für ewig, solange diese Erde Bestand hat, die Wohnstätte Jehovas sein, welcher dann „der Gott der ganzen Erde“ genannt werden wird, nicht mehr nur „der Gott des Himmels“. „Die gewissen Gnaden Davids“, Jes. 55,3, werden ihre Erfüllung finden; der Neue Bund (Jer. 31,31-34), auf Grund des Blutes des Ewigen, eben dieses

Neuen Bundes (Hebr. 13,20; Matth. 26,28; Luk. 22,20; Jer. 32,40; Hes. 37,26; Sach. 9,11) wird eingeweiht werden; und was seit Moses Tagen verheißen, aber nicht gegeben war, nämlich ein Herz, um zu erkennen, Augen, um zu sehen, Ohren, um zu hören (5. Mos. 30,6; 29,4), wird ihnen werden. (Jer. 24,7; Hes. 36,24-28) Dies und manches andere, das anzuführen zu weit führen würde, steht mit dem Tempel des Reiches in Verbindung. Einige Beispiele: Es ist nicht mehr die Rede von einem Hohenpriester, nur von Priestern, in den Kapiteln 40-48 Hesekiels; Jesus, der Messias, ist der Melchisedek = König und = Priester; da ist kein Raum für einen Hohenpriester; es ist keine Rede von Gold und Silber an diesem Tempel; es sind keine Symbole (Gold = Gottesgerechtigkeit, und Silber = Gottesgnade in Erlösung) mehr nötig wie bei der Stiftshütte und bei Salomos Tempel: Die Wirklichkeit ist an die Stelle der Symbole getreten. Wenn sie auch verwendet werden, so stehen sie doch nicht als solche in der Beschreibung. Es gibt kein tägliches Abendopfer mehr wie früher, nur ein Morgenbrandopfer: vgl. 4, Mos. 28,3.4 mit Hes. 46,13-15; weil Jes. 60,19.20 da ist: Es gibt keine geistliche Nacht mehr für Israel, welcher halber in der Stiftshütte und in Salomos Tempel die Lampe brennen mußte; in Hesekiels Verordnungen ist von keinem Leuchter mehr die Rede! Es gibt keinen Versöhnungstag mehr am 10. Tag des 7. Monats, 3. Mos. 23,27, mit den charakteristischen zwei Böcken, 3. Mos. 16,5-10.15-17.20-22. Dafür gibt es die Entsündigung des Heiligtums durch das Blut eines jungen Farrens am ersten Tage des ersten Monats. Früher galt: „Und den Farren des Sündopfers und den Bock des Sündopfers, deren Blut hineingebracht worden ist, um Sühnung zu tun im Heiligtum, soll man hinausschaffen außerhalb des Lagers und ihre Häute und ihr Fleisch und ihren Mist mit Feuer verbrennen.“ (3. Mos. 16,27) Dann gilt: „Darum hat auch Jesus, auf daß Er durch Sein eigenes Blut das Volk heiligte, außerhalb des Tores gelitten.“ (Hebr. 13,12) Dies Geheiligtsein durch das ein für allemal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi, welches gegenwärtig für uns Tatsache ist, wird dann Tatsache für das Volk sein, so daß das Jahr beginnen kann mit einer einfachen Entsündigung des Heiligtums. Auch kein Fest der Wochen, kein Pfingstfest, wird mehr gefeiert werden, weil das Gegenbild des Vorbildes, die Ekklesia, ihrer Bestimmung, der Teilhaberschaft an der Herrschaft des Christus, zugeführt worden ist. Kurzum: Mit dem Tempel des Reiches ist die ganze in Israel und auf der Erde geoffenbarte Herrlichkeit Gottes verbunden; was von Anbeginn an von Gott ins Auge gefaßt

war, ist in endgültiger Form in Verbindung mit dem Tempel, der gleich zu Anfang in der Stiftshütte dargestellt war, da zu Seiner Verherrlichung.

Mit dem ohne Seinen Auftrag gebauten Tempel der ungläubigen Juden, obwohl derselbe anerkannt wird, hat dieser Tempel nichts gemein.

F. Kpp.

Frage 16

Denkt Paulus in 1. Kor. 8,13 nur an Opferfleischessen oder an Fleischessen überhaupt? M. E. geht es aus Vers 13 nicht klar hervor, wie der Apostel es meint.

Antwort

Dafür geht es aus Röm. 14 um so deutlicher hervor. Man erkennt dort aus Vers 2, daß ängstliche Gemüter glaubten, auf Fleischgenuß überhaupt verzichten und sich mit Gemüse begnügen zu sollen. Sie mochten es zur Erreichung eines höheren Grades von Heiligkeit für unerläßlich halten, was bei heidnischen Philosophen und Asketen, die der Gottheit näherkommen wollten, schon im Schwange ging; sie mochten an Vorbilder im Alten Testament denken, etwa an Daniel und seine drei Freunde, auch daran, daß vor der Sintflut anscheinend von den Menschen kein Fleisch gegessen wurde, sonst hätte die dem Noah gegebene Erlaubnis dazu keinen rechten Sinn. Obwohl sie darin irrten, wie Vers 14 zeigt, mehr noch 1. Tim. 4,1-3.4.5, so sollten doch diejenigen, welche es besser verstanden, ihre Schwachheit ertragen und lieber das Fleischessen und Weintrinken ganz bleiben lassen, als dem Schwachen ein Ärgernis in den Weg zu legen, siehe Röm. 14,19-21-23. So geht der Apostel in 1. Kor. 8 nach der Abhandlung über das Opferfleischessen oder -nichtessen der schwachen Brüder wegen auf das Essen überhaupt über, und weil er nun einmal beim Fleischessen ist, nimmt er das als allgemeines Beispiel, um dasselbe zu sagen, das er auch den Römern schreibt: aufs Fleischessen überhaupt verzichten, wenn's anderen zuliebe wünschenswert ist.

F. Kpp.

„Die Befehle des HErrn sind richtig, sie erfreuen das Herz.

Das Gebot des HErrn ist lauter, es erleuchtet die Augen.“ (Psalm 19,8)

„Laßt uns nun hingehen nach Bethlehem!“

(Luk. 2,15)

Wie lieblich klingt der Name Bethlehem-Ephrata dem Ohr jedes Gläubigen! Ist es doch der Ort, den Gott ersehen und zuvor bestimmt hatte, an dem unser HErr und Heiland diese Erde betreten sollte. Aber nicht nur dieses große Ereignis, auch andere Begebenheiten, die an diesem Orte geschehen sind, berichtet uns die Schrift. Zum ersten Male wird Bethlehem-Ephrata in 1. Mos. 35,16-19 erwähnt. Am Wege dorthin starb Rahel. Jakob erinnerte sich in der Stunde seines nahen Todes des Heimganges seiner Rahel, die er auf dem Wege nach Ephrat, d. h. Bethlehem, begraben hatte. (1. Mos. 48,7)

Bethlehem war auch das Reiseziel Noomis und Ruths, als sie vereinsamt, arm und elend das Land Moab verließen. Auch Samuel wurde nach Bethlehem gesandt, um David zum König Israels zu salben. (1. Sam. 16) Drei Helden brachen in ihrer Liebe zu David durch das feindliche Lager der Philister, um aus der Quelle zu Bethlehem David einen Trunk Wasser zu holen. Hirten hörten aus dem Munde der Engel die himmlische Botschaft von der Geburt des Heilandes in Bethlehem, und ihr Entschluß war, nach Bethlehem zu gehen und die Sache zu sehen, die der HErr ihnen kundgetan hatte. Mit der Botschaft zugleich umstrahlte sie die Herrlichkeit des HErrn.

Wir verlieren viel, wenn wir die himmlische Erscheinung nur auf die Hirten, die sie tatsächlich erlebten, beschränken und nicht den Weg nach Bethlehem gehen, um für uns selbst zu sehen, was da geschehen ist. Möchte ihr Entschluß: „Laßt uns nun hingehen nach Bethlehem“, einen

Widerhall in unserem Herzen finden! Wir werden manche Unterweisungen aus Bethlehem mitnehmen können.

Jakob war ein Hirte, und er war auf dem Wege nach Bethlehem. Er erreichte den Platz, als das Kostbarste, was er auf Erden besaß, von ihm genommen war. Ist es nicht auch so mit uns, daß die Herrlichkeit Bethlehems unsere Seele umleuchtet, wenn wir den Tod auf alles, was in dieser Welt ist, geschrieben finden? Wollen wir die Dinge des Ratschlusses Gottes sehen, dann müssen wir zuerst sehen, daß die Dinge, die in der Welt sind, die unser Herz an das Irdische fesseln, unter dem Tode und dem Gerichte Gottes sind. (1. Joh. 2,17) Paulus drückt dies in den Worten aus: „Aber was irgend mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust geachtet.“ (Phil. 3,7) Und so verstehen wir, was in Bethlehem geschehen ist.

Den gleichen Grundsatz finden wir auch in der Geschichte Noomis und Ruths. Als einsame Witwen, die alles, woran ihr Herz einst hing, in Moab verloren hatten, gingen sie nach Bethlehem. Mit Weinen endete die Nacht in Moab, aber Freude brachte ein neuer Morgen in Bethlehem. In Bethlehem, dem „Brothause“, fanden sie alles, was sie bedurften: Gemeinschaft, Mitgefühl, Freude und Liebe. Sie kamen nach Bethlehem zur Zeit der Gersten-Ernte, ein Vorbild von dem, was wir in der Auferstehung Christi finden.

Samuel mußte auch den Weg nach Bethlehem gehen. Er war ein angesehener Mann, auferzogen im Hause Gottes, ein großer Prophet. Aber auch er mußte, um den König, den Auserwählten Gottes, zu sehen, die Reise nach Bethlehem machen. Und welch ein reicher Segen ging von Bethlehem aus! Dort sah er David, „schön von Augen und von gutem Aussehen“. (1. Sam. 16,12) Alles an Christo ist lieblich. Um dies aber zu erkennen, müssen wir die Reise zu Ihm hin machen. Hiob sagt: „Weisheit wird im Lande der Lebendigen nicht gefunden.“ (Hiob 28,13) Und wir finden Christus nicht in der Welt, so wie es der Engel sagte: „Er ist nicht hier, denn Er ist auferstanden.“ (Matth. 28,6)

David hatte Verlangen nach einem Trunk aus der Quelle Bethlehems (2. Sam. 23,15-17), und er sprach diesen Wunsch seines Herzens aus. In Bethlehem war er geboren; dort hatte er

David so nahe, daß sie den Wunsch seines Herzens hörten. Auch wir sollen dem HErrn, dem wahren Sohne Davids, so nahe sein, daß wir den Wunsch Seines Herzens kennen.

Der Weg, den diese Männer zu gehen hatten, war voller Gefahren, aber in ihrer Liebe zu David drangen die drei Helden durch das feindliche Lager der Philister und brachten David die ersehnte Erfrischung aus der Quelle Bethlehems. David nahm das Wasser und goß es als ein Opfer aus vor dem HErrn, denn das Leben dieser seiner drei Getreuen hing daran. In ähnlicher Weise mögen auch wir durch eine gefahrvolle Welt hindurchdringen, um Ihm ein Opfer unserer Liebe zu weihen, welches zugleich als ein Trankopfer Gott dargebracht wird.

Drei Männer erquickten, als sie ihm diesen Trunk darbrachten, durch ihre Liebe das Herz Davids am Tage seiner Verwerfung. Und erquicken wir nicht das Herz des HErrn jetzt am Tage Seiner Verwerfung, wenn wir den Wunsch Seines Herzens erfüllen: „Dies tut zu Meinem Gedächtnis!“?

Möchten wir mit den Hirten sagen: „Laßt uns nun hingehen nach Bethlehem und diese Sache sehen, die geschehen ist, welche der HErr uns kundgetan hat!“ Lukas schreibt mit dem Blick auf den verherrlichten Christus. Er sieht Bethlehem im Lichte der Herrlichkeit. Wenn wir Bethlehem so sehen, dann hört Bethlehem auf, uns nur ein geschichtlicher Ort zu sein, dann wird Bethlehem uns der Ort, von dem aus Gottes Liebe in der Geburt Christi Sich in Gnade den Menschen nahte und von dem aus die Welt den Lobpreis der Engel vernahm: „Herrlichkeit Gott in der Höhe, und Friede auf Erden, an den Menschen ein Wohlgefallen!“

G. L. - A. v. d. K.

Große Freude!

Als der Engel die Geburt unseres Herrn Jesus Christus den Hirten auf dem Felde kundmachte, da sprach er das bekannte Wort: „Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die für das ganze Volk sein wird; denn euch ist heute, in Davids Stadt, ein Erretter

Die Botschaft, die der Engel überbrachte, ist eine große Freudenbotschaft und betrifft das ganze Menschengeschlecht. Gott hatte schon viele Botschaften durch heilige Menschen Gottes und durch Engel übermitteln lassen, nie aber eine solche herrliche und große wie diese. Und wenn der Engel sagt: „Ich verkündige euch ‚große Freude‘ “, so ist es auch in Wahrheit eine Botschaft großer Freude, denn so wie es Gott berichtet, so ist es; was Er sagt, ist wahr.

Wenn Gott durch den Engel sagen läßt: „Denn euch ist heute ein Erretter geboren“, so zeigt Er zugleich an, worin die große Freude besteht, nämlich - in einer Errettung. Wer aber errettet werden soll, muß sich in Gefahr befinden, zu verderben.

Geliebte Geschwister, ist es nicht so, daß uns Erretteten diese „große Freude“ bisweilen verlorengeht und daß ein Wort Gottes sie erst wieder neu beleben muß?

Wenn wir darüber nachdenken: - Wir alle haben gesündigt und hätten nie die Herrlichkeit Gottes erreicht (Röm. 3,23), wir alle waren dem Gericht Gottes verfallen (Röm. 2,3), und der Zorn Gottes war auf uns. (Joh. 3,36) Der Himmel war uns für immer verschlossen. Keine Anstrengung reicht aus, die Herrlichkeit Gottes zu erreichen, den Ansprüchen eines heiligen Gottes zu genügen. Nichts hätten wir tun können, um dem gerechten Gericht Gottes und dem Zorn Gottes zu entfliehen. Wir waren verloren!

Und nun bedenken wir: - Gottes Liebe und Erbarmen fand eine Möglichkeit zu unserer Errettung in der Menschwerdung Seines geliebten Sohnes und in der Erlösung durch Sein Kreuz. Wir können diese Liebestat unseres Gottes und Erbarmers in ihrer Größe an sich nicht erfassen. Nur das, was uns dadurch geworden ist, können wir ein wenig ermessen. Wir haben einen Erretter vom ewigen Verderben, von ewiger Verdammnis. Wir sind durch diesen Erretter befreit von aller Sündenschuld und sind gerechtfertigt und geheiligt und vollkommen gemacht durch Ihn und in Ihm. Ist das nicht Ursache zu großer Freude?

Und noch mehr. Unser Erretter, unser HErr, hat uns eine Stätte im Vaterhause bereitet (Joh. 14,2.3), und Er will, daß wir Seine Herrlichkeit schauen sollen (Joh. 17,24), ja daß wir Ihn

Selbst sehen sollen, wie Er ist. Zudem wissen wir, daß nun unser Gott „unser Vater“ geworden ist und wir „Seine Kinder“. (1. Joh. 3,2)

In Wahrheit, es ist eine „große Freude“, daß uns der Erretter geschenkt ist und mit Ihm auch alles. Auch in bezug auf das Erdenleben ist uns mit Ihm alles geschenkt. Es ist keine Einbildung, wenn wir mit unserem Retter ein Leben der Gemeinschaft führen dürfen und sollen. Wir dürfen zu Ihm, dem gegenwärtigen HErrn, beten, unser Herz Ihm ausschütten in allem. Für diese „große Freude“ sei unserem Gott und Vater ewig Dank. Seine Liebe hat uns die Errettung bereitet und auch die vielen Segnungen. Mit dem Erretter, Seinem geliebten Sohne, hat Er uns auch alles geschenkt. (Röm. 8,32; Eph. 1,3-14)

Juble, mein Herze, ich habe den Heiland gefunden;

Er hat für ewig Sich nun meiner Seele verbunden!

Bringe Ihm Dank mit lautem Freudengesang!

O. D.

Treue im Hause Gottes.

(4. Mose 12)

Gott Selbst gab einst Mose das Zeugnis, in Seinem Hause treu gewesen zu sein. (4. Mos. 12,7; Hebr. 3,2) Es ist etwas Großes um die Treue. Zu allen Zeiten war es so, aber besonders in unserer Zeit, wo soviel Untreue im Hause Gottes gefunden wird. Sehr bezeichnend ist es, daß der Anlaß zu diesem Zeugnis Gottes von der Treue Moses eine sehr traurige Begebenheit war. Neid und Ehrsucht hatten in den Herzen Aarons und Mirjams Raum gefunden. Beides sind sehr gefährliche Giftpflanzen; wenn über diese nicht gewacht und ihre Schößlinge und Wurzeln entfernt werden, dann zeigen sich bald gefahrvolle Vergiftungen, so wie wir es in 4. Mos. 12 finden.

Mirjam und Aaron glaubten ein Recht zu haben, gegen ihren Bruder zu sprechen, weil sie meinten, seine Heirat mit dem kuschitischen Weibe sei eine grobe Verfehlung. Zwar mußten sie zugeben, daß diese nach ihrer Auffassung schwere Verfehlung dem HErrn kein Hindernis war, Mose in besonderer Weise in Seinem Dienst zu gebrauchen. Sie sagten darum: „Hat Jehova nur mit Mose allein geredet? Hat Er nicht auch mit uns geredet?“ Gewiß, es war die Wahrheit; aber weil Gott auch schon durch sie geredet hatte, glaubten sie, daß das, was sie jetzt wider Mose sprachen, auch von Gott sei, um damit ihren Anschuldigungen gegen Mose mehr Gewicht zu geben. Sie fühlten sich nicht geehrt genug, und der Platz, den sie in der Gemeinde einnahmen, war ihnen nicht hoch genug.

Die Schrift sagt: „Und Jehova hörte es“. Ja, Er hörte damals und hört auch heute noch, was wider Seine Knechte gesprochen wird, und wacht darüber.

Mirjam und Aaron hatten sich in ihren Anschuldigungen wider Mose auf das Reden Gottes mit ihnen berufen. In Vers 4 lesen wir dann, daß der HErr plötzlich wieder zu ihnen sprach, aber auf eine andere Weise, als wie Mirjam und Aaron es sich gedacht hatten. Der HErr ließ die drei Geschwister: Mose, Aaron und Mirjam in Seine Gegenwart treten. Dann richtete Er Worte an die beiden Unzufriedenen und Nicht-genug-Geehrten, die aber nicht eine Anerkennung und Bestätigung ihrer Behauptungen waren, sondern eine scharfe Zurechtweisung, wogegen Mose vom HErrn anerkannt und gerechtfertigt wurde. Das Wort in Vers 2: „Und der HErr hörte es“, ist ein Trost für uns, wenn wir durch böse und gute Gerüchte gehen.

Was tat oder was sagte Mose zu seiner Verteidigung, als seine Geschwister so gegen ihn redeten? Der Schein und die Überlieferungen sprachen gegen ihn, denn es scheint doch so gewesen zu sein, daß das Volk seit Abrahams Tagen darauf achtete, sich nicht mit anderen Völkern zu verschwägern. Wir lesen nicht, daß Mose sich verteidigte; er schwieg, aber Gott schwieg nicht dazu. Es heißt: „Jehova sprach plötzlich.“ Gott zeigte klar und deutlich, welchen Platz Mose nach Seinem Wohlgefallen in Seinem Hause einnahm und daß er sich nicht selbst an diesen Platz gestellt hatte, sondern von Ihm dahin berufen war. Ja, noch mehr, Gott gibt sogar

Gespräch mit Aaron und Mirjam mit der Frage: „Warum habt ihr euch nicht gefürchtet, wider Meinen Knecht, wider Mose, zu reden?“

Alsdann lesen wir Vers 9, daß der HErr fortging. Gott hatte nichts mehr mit Aaron und Mirjam zu reden, aber die Sache war damit noch nicht für sie beendet. Wenn der HErr nicht mehr durch Sein Wort zu uns redet, dann redet Er oft durch Seine strafende Hand. Wir lesen dann auch in Vers 10: „Und siehe, Mirjam war aussätzig wie Schnee!“ Es ist immer eine sehr ernste Sache, wenn Gott nicht mehr durch Sein Wort zu unseren Herzen redet. Alle, die Sein Wort nicht mehr hören und sich nicht durch Sein Wort zurechtbringen lassen und unter dasselbe beugen wollen, müssen gar oft die richtende Hand des HErrn fühlen.

Israels Geschichte zeigt dies in deutlicher und ernster Weise. Denken wir an Jerusalem. Als der HErr in die Stadt einzog, brachten Ihm Seine Jünger und eine große Volksmenge besondere Huldigung entgegen und rühmten Seine Wunderwerke. Da forderten etliche der Führer des Volkes den HErrn auf, es den Jüngern zu verbieten. Er aber antwortete ihnen: „Ich sage euch, wenn diese schweigen, so werden die Steine schreien.“ (Luk. 19,40) Die Juden haben später die Jünger des HErrn in Jerusalem zum Schweigen gebracht. Die Ruinen und Steine Jerusalems aber haben Jahrhunderte hindurch wider ein ungehorsames und widerborstiges Geschlecht gezeugt. Die Sprache dieser Steine ist ähnlich derjenigen, die wir in Offenb. 16,5.6 finden: „Du bist gerecht, der da ist und der da war, der Heilige, daß Du also gerichtet hast. Denn Blut von Heiligen und Propheten haben sie vergossen, und Blut hast Du ihnen zu trinken gegeben; sie sind es wert.“

Das Gericht über Mirjam machte einen so erschreckenden Eindruck auf Aaron, daß er seinen Bruder mit „Herr“ anredet, Mirjam und Aaron wollten ihrem Bruder nicht den Platz zugestehen, den der HErr ihm gegeben hatte. Wenigstens versuchten sie durch ihr Reden, ihm denselben streitig zu machen und ihn ein wenig beiseite zu drücken. Welch traurige Gesinnung! Auch heute noch kommt es vor, daß Brüder meinen, sie kämen nicht genug nach vorn, sie würden nicht genug geachtet. Und dann folgt das Verdächtigen und Reden gegen die Brüder, die ihnen im Wege zu stehen scheinen.

Ach, wie leicht finden Verdächtigungen willige Ohren, darauf zu hören, und Lippen, das Gehörte weiterzutragen! Dann bestätigt sich die Wahrheit des Sprichwortes: Wo die Hirten sich zanken, schmachtet die Herde. Wenn so etwas geschehen ist, gibt es nur ein Heilmittel, nämlich ein unumwundenes Bekenntnis und Sich-beugen unter seine Schuld. So finden wir es bei Aaron. Er bekennt vor Mose, töricht gehandelt und gesündigt zu haben, und bittet für Mirjam. Mose ist sofort bereit, sich für seine Schwester vor dem HErrn zu verwenden, die wahrscheinlich die Anstifterin dieser traurigen Sache war. Mose schrie zu Gott: „O Gott, bitte, heile sie doch!“

Es scheint, daß Mirjam und Aaron es gern gehabt hätten, wenn die ganze Angelegenheit vor dem Zelte der Zusammenkunft erledigt worden wäre, und auch Mose zeigte durch seine Fürbitte, daß er in seiner Sanftmut und Bescheidenheit zufrieden gewesen wäre, wenn die Gemeinde nichts davon erfahren hätte. Der HErr aber wollte nicht darauf eingehen. Er forderte, daß Mirjam sich sieben Tage lang außerhalb des Lagers schämen solle. Sicher hatte der HErr damit nicht nur die Zurechtbringung und Wiederherstellung Mirjams und Aarons im Auge, sondern daß auch die Furcht des HErrn über die ganze Gemeinde kommen möge.

Obwohl die böse Aussaat durch den Mund Mirjams und Aarons göttlich geordnet wurde, so wurde doch der Zug des Volkes Gottes durch die Wüste dadurch aufgehalten. Und wir wissen nie, welche Folgen eine Aussaat böser Dinge haben kann. Wie schwer mag es Mirjam gewesen ein, daß Gottes Volk um ihrer Sünde willen sieben Tage aufgehalten wurde, denn wir lesen, daß das Volk Gottes erst nach ihrer Wiederherstellung weiterzog. (V. 15.16) Und wie manchmal haben wir gesehen, daß wegen des traurigen Verhaltens eines Bruders oder einer Schwester es in der ganzen Gemeinde nicht mehr voranging.

In dem 16. Kapitel finden wir eine noch viel schlimmere Verdächtigung gegen Mose, den Knecht Gottes, in der Geschichte von Korah und seiner Rotte. Ist es nicht bezeichnend und merkwürdig, daß dieser Mann ein Verwandter (Vetter) Moses war? (2. Mos. 6,16-21)

Wie viele Warnungen und Belehrungen enthält doch Gottes Wort für uns auf dem Wege durch diese Welt! Möchten wir doch das Wort, welches Petrus in seinem ersten Briefe, Kapitel 3, Vers

10, schreibt, beachten: „Denn wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der enthalte seine Zunge vom Bösen und seine Lippen, daß sie nicht Trug reden; er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach; denn die Augen des Herrn sind gerichtet auf die Gerechten, und Seine Ohren auf ihr Flehen; das Angesicht des HErrn aber ist wider die, welche Böses tun.“

Hch. N., B.

Das Fünftel.

Im dritten Buche Mose (5,16) finden wir die merkwürdige Verordnung des Fünftels. Um die Kraft des Wortes Gottes selbst auf unsere Herzen wirken zu lassen, führen wir die Schriftstellen nicht nur an, sondern schreiben sie hier nieder, damit sie auch tatsächlich gelesen werden, denn wie oft geschieht es, daß angeführte Schriftstellen einfach überschlagen werden. Wir wissen ja schon so viel!

Wir lesen 3. Mose 5,15.16 (Menge-Bibel): „Wenn jemand eine Veruntreuung begeht und sich unvorsätzlich an Dingen vergreift, die dem HErrn geheiligt sind, so soll er dem HErrn als seine Buße einen fehlerlosen Widder von seinem Kleinvieh ... als Schuldopfer darbringen. Außerdem soll er den Betrag, um den er das Heiligtum geschädigt hat, erstatten und noch ein Fünftel des Betrages dazulegen und es dem Priester übergeben. Wenn der Priester ihm dann durch den als Schuldopfer dargebrachten Widder Sühne erwirkt hat, wird ihm die Vergebung zuteil werden.“

Weiter unten im nächsten Teil des Kapitels, Vers 24, finden wir wieder das Fünftel. Wir führen auch diese Schriftstelle hier buchstäblich an: „Wenn sich jemand vergeht und sich eine Veruntreuung gegen den HErrn zuschulden kommen läßt, indem er seinem Nächsten gegenüber etwas Anvertrautes oder Hinterlegtes oder Endwendetes ableugnet oder einen Nächsten um etwas übervorteilt oder etwas Verlorenes gefunden hat und es ableugnet, oder wenn er falsch schwört in bezug auf irgendeine Handlung, durch die sich jemand versündigen kann ..., und

zwar soll er es nach seinem vollen Wert erstatten und noch ein Fünftel des Betrages dazulegen.“

Es liegen hier zwei ganz verschiedene Fälle vor, und es ist merkwürdig, wie der Heilige Geist bei der Einführung dieses zweiten Falles Worte gebraucht, die Er bei dem ersten Fall nicht gebraucht hat. Unseres Erachtens scheint der erste Fall schwerwiegender als der zweite zu sein. Hier aber wird das Vergehen als gegen den HErrn Selbst angesehen. Es heißt Vers 21: „Wenn sich jemand vergeht und sich eine Veruntreuung gegen den HErrn zuschulden kommen läßt ...“ Die Worte, die dann weiter folgen, wollen wir doch recht auf unser Gewissen fallen lassen. Wir stehen ja hier inmitten des praktischen Lebens, wo auch unter uns, den Kindern Gottes, an ihrem geistlichen Wohlergehen so manches Traurige nagt. Es ist schon eine bittere und beschämende Tatsache, daß unter den Gläubigen Sünden gegeneinander vorkommen. Diese betrübende Tatsache ist sehr demütigend. Noch schlimmer ist es, wenn wir, obwohl unser Gewissen (wenn wir gewöhnt sind, damit vor dem HErrn zu stehen) uns beschuldigt, uns darüber hinwegsetzen. Dann wird das Gewissen zum Schweigen gebracht, und es kann dahin kommen, daß es nicht mehr zu uns redet, und so bleibt die Sünde unanerkannt mit all den unglücklichen und traurigen Folgen, die ein solches Versäumnis nach sich zieht. Möchten wir besser verstehen lernen, daß Sünden gegen unsere Nächsten (ob gläubig oder nicht, das macht keinen Unterschied) an erster Stelle Sünden gegen den HErrn sind!

Gewiß, in Seiner wunderbaren Gnade hat Gott durch die Anordnung des Schuldopfers für die Not, die durch unsere Sünde entstanden ist, eine Abhilfe getroffen. Aber wir dürfen nicht übersehen, daß das Opfer erst dann seine Anwendung fand und vom HErrn angenommen wurde, wenn die Sache mit dem Nächsten in Ordnung gebracht und das Fünftel hinzugefügt war. Sicher hat diese Anordnung einen tieferen und herrlicheren Sinn in bezug auf das Opfer unseres HErrn. Aber wir möchten uns heute nur mit der ganz praktischen Seite in bezug auf unser Leben beschäftigen.

Wir schreiben für Gläubige, für Brüder und Schwestern. Wir wollen ja auch lernen als Gläubige. Ist es nicht betrübend, daß wir als Gläubige der Ermahnung von Kol. 3,9 bedürfen: „Belügt

euch nicht gegenseitig!“? Welche Sünde war es, die bei Ananias und Sapphira mit einer sofortigen Todesstrafe gerichtet wurde? Petrus sagt es uns in Apgesch. 5,3: „daß du den Heiligen Geist belogen hast“. Die Lüge den Brüdern gegenüber war eine Lüge wider den Heiligen Geist. Und „als Ananias diese Worte hörte, fiel er nieder und gab seinen Geist auf.“ Ein gleiches Los traf die Sapphira! Wie furchtbar ernst!

Ja, liebe Geschwister, wir haben es zu tun mit einem heiligen Gott! Bedenken wir es wohl! Und wenn nun beim Lesen dieser Zeilen unser Gewissen uns Dinge vor unser Herz bringt, Dinge, die vielleicht schon in ferner Vergangenheit liegen, so möge der Heilige Geist uns dahin bringen, auch tatsächlich nach dem Grundsatz, den Er Selbst uns gezeigt hat, zu handeln.

Man verstehe mich wohl, ich hege nicht im geringsten den Gedanken, daß eine nicht anerkannte Lüge oder irgendwelche Sünde einem Kinde Gottes die Seligkeit droben verlustig machen könnte. Diese hat ja ihren Grund voll und ganz in dem am Kreuz vollbrachten Werke unseres HErrn. Ich glaube auch nicht, daß Ananias und Sapphira verloren sind.

Die Korinther, an welche der Heilige Geist durch Paulus schrieb, waren Gläubige. Gerade deshalb, weil sie Gläubige waren, erging über sie ein so ernstes Gericht. Wie werden sie gestaunt haben, als sie erfuhren: „Deshalb sind viele unter euch schwach und krank, und ein gut Teil sind entschlafen.“ (1. Kor. 11,30)

Es ist herzerquickend, zu sehen, wie diese ernsten Worte einen reichen Segen gewirkt haben. Im zweiten Briefe heißt es, Kapitel 7,11: „Denn siehe, eben dieses, daß ihr Gott gemäß betrübt worden seid, wieviel Fleiß (Ernst) hat es bei euch bewirkt! sogar Verantwortung, sogar Unwillen, sogar Furcht, sogar Sehnsucht, sogar Eifer, sogar Vergeltung.“

Es sei gestattet, hier auf einen oft vorkommenden Fehler den Finger zu legen. Manche Gläubige meinen, es genüge, wenn sie betreffs ihrer Sünden, ihres Vergehens dem Nächsten gegenüber, den HErrn um Vergebung bitten. Hier liegt aber ein doppelter Irrtum vor. Erstens heißt es nirgends, daß Gott unsere Sünde vergibt, wenn wir um Vergebung bitten. In 1. Joh. 1,9 heißt es nicht: Wenn wir um Vergebung bitten, sondern: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er

treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ Wir fühlen sehr gut, wieviel tiefer dies geht als das vielfach oberflächliche Um-Vergebung-bitten.

Hier ist auch eine ernste Lehre für Eltern ihren Kindern gegenüber. Manche Eltern sagen ihrem Kinde, wenn es etwas Böses verübt hat: „Du sollst erst um Vergebung bitten.“ Dazu sind die Kinder gar bald bereit. Aber frage dann mal dein Kind: „Nun, was soll ich dir denn vergeben?“ Da wird man dann erfahren, wieviel schwerer es ist, die Sünde zu nennen, zu bekennen.

Ein ernstes und schönes Beispiel gibt uns die Geschichte Davids. Er hatte nach 1. Chron. 21 den Befehl gegeben, das Volk zu zählen. Darauf folgte das furchtbare Strafgericht Gottes. Als David aber zur Erkenntnis seiner Sünde kam, da hören wir nicht ein Flehen um Vergebung, sondern ein vollständiges Bekenntnis des Bösen, das er verübt hatte. „Und David sprach zu Gott: Bin ich es nicht, der gesagt hat, das Volk zu zählen? Und ich bin es, der gesündigt und sehr übel gehandelt hat.“ Und sofort nach Davids Bekenntnis seiner Sünde war die Vergebung des HErrn da. -

Wie traurig ist es, daß Streitigkeiten unter Geschwistern oft lange, ja, das Leben hindurch fortbestehen, die sich doch als Gottes Kinder wissen! Wie ernst ermahnt uns Gottes Geist in 1. Kor. 6,7: „Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, daß ihr Rechtshändel miteinander habt. Warum laßt ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum laßt ihr euch nicht lieber übervorteilen? Aber ihr tut unrecht und übervorteilet, und das Brüder!“

Im Gegenteil dazu steht die Sache mit dem Fünftel. Nach Gottes Gedanken bin ich berufen, meinem Nächsten gegenüber so zu handeln, daß er nicht nur durch meine Sünde, meine Untreue keinen Schaden leidet, sondern ich soll es so machen, daß er Gewinn dabei hat. Ja, aber wie soll ich das machen? Wenn es sich um stoffliche Dinge handelt, werden die Schwierigkeiten oft nicht so groß sein. Aber wenn es sich um Verleumdungen, üble Nachreden handelt, wie bringe ich hier das Fünftel?

Darf ich fragen: Bist du schon dahin gekommen, deine Sünde deinem Bruder oder Schwester gegenüber offen und ganz zu benennen? Oder versteckst du dich vielleicht hinter Menschen,

während dein Gewissen dir sagt, daß es vor Gott nicht gilt? Vielleicht findest du, daß auf der anderen Seite die schwerste Schuld liegt. Laß solches fahren! Verstecke dich nicht hinter Feigenblättern! Tritt mit deiner eigenen Schuld hervor und nenne sie offen mit Namen: „Ich habe so und so gesündigt.“ Wenn du dazu kommst, dann wirst du auch erfahren, wie der HErr Gnade gibt, das Fünftel hinzuzufügen.

M. J. Sch.

Welche Liebe!

Sehet, sehet, welche Liebe

Hat der Vater uns gezeigt;

Sehet, wie Er voll Erbarmen

Über uns Sein Antlitz neigt!

Seht, wie Er das Allerbeste

Für das Allerschlechtste gibt:

Seinen Sohn für unsre Sünden -

Sehet, seht, wie Er uns liebt!

Sehet, sehet, welche Liebe

Unser Heiland zu uns trägt,

Wie Er alles für uns leidet,

Selbst, daß man ans Kreuz Ihn schlägt,

Wie Er da auch noch den letzten

Tropfen Bluts für uns vergießt,

Sehet, seht, ob das nicht Liebe,

Namenlose Liebe ist!

Sehet, sehet, welche Liebe

Uns erzeigt der Heil'ge Geist,

Wie Er auch den ärgsten Sünder

Gern zum Leben unterweist,

Wie Er strafend, lehrend, tröstend

Immer zu den Menschen spricht,

O wer priese solche große,

Dreifach große Liebe nicht!

(Ph. Spitta.)

Frage und Antwort

Frage 17:

Ist Hiskias Antwort Auf Jesajas Gerichtsankündigung, 2.Kön. 20,19 (Jes.39,8) im Sinne der Mengeschen Übersetzung zu werten: „wenn es nur mir wohl geht; was dann wird, stört mich nicht“? oder wie David eine gewisse Rechtfertigung Gottes und Genugtuung in der Strafe durch

den Tod seines Kindes sah, 2. Sam. 12,20 und weiterhin 15,26 - und wie Eli, 1. Sam. 3,18?

Antwort

Es ist nicht zu leugnen, daß die Übersetzung von Prof. Dr. Menge: „Gut ist das Wort des HErrn, das du mir mitgeteilt hast; er dachte nämlich: Nun gut, es wird ja doch Friede und Sicherheit herrschen, solange ich lebe“, obigen Eindruck: „Wenn es nur mir wohlgeht“, gewinnen läßt. Falls der Eindruck der richtige wäre, träfe dann die Dolmetschung Dr. Menges das, was Hiskia sagen will? Wie dolmetschen andere Übersetzer die Worte Hiskias? Und welcher Übersetzer trifft das Richtige? Andere Übersetzungen, sowohl deutsche wie englische und französische, Luther, wie die griechische Septuaginta und die lateinische Vulgata, legen einen andern Sinn hinein. Ich bekenne, daß ich die Übersetzung der Elberfelder Bibel oder die französische von J. N. D. für die gelungenste halte. Denn der hebräische Text leitet den zweiten Satz mit der Fragepartikel „ha?“ ein: „Nicht wahr? es wird Friede und Bestand sein in meinen Tagen.“ Oder französisch: „Wird so nicht Friede und Bestand während meiner Tage sein?“ Die Gesinnung, die aus dieser Formulierung spricht, ist in Übereinstimmung mit der vorangehenden, die in dem unterwürfigen Hinnehmen des göttlichen Strafgerichts zum Ausdruck kommt in den Worten: „Das Wort Jehovas ist gut, das du geredet hast.“ Es ist in Übereinstimmung mit der Gesinnung der Abhängigkeit von Gott und der Hingabe an Ihn, die in der vorangehenden Geschichte Hiskias zutage tritt. Seine Verfehlung, daß er das Vertrauen auf Jehova verlor, indem er dem Assyrerkönig den zuerst verweigerten Tribut doch anbot und später Jehovas Wohltaten vergaß und sich mit seinem Reichtum vor den Gesandten von Babel großmachte, ist nicht die Grundhaltung seiner Seele.

Um aber nicht der Vorliebe für die Elberfelder Übersetzung geziehen zu werden, sei die des jüdischen Professors Martin Buber hergesetzt, die, auch in Frageform, dasselbe sagt wie die Elberfelder: Chiskijahu sprach zu Jeschajahu: „Gütig noch ist Seine (Jehovas) Rede, die du geredet hast. Und sprach weiter: Nicht wahr, da in meinen Tagen doch Frieden und Vertrauen bleiben darf?“ - Es ist so in Übereinstimmung mit der Parallelstelle in Jesaja, die statt der

Bestand sein in meinen Tagen.“ (Elberf.) „Denn in meinen Tagen darf Frieden und Vertrauen bleiben.“ (Prof. Buber.) „Es wird ja doch Friede und Sicherheit herrschen, solange ich lebe.“ (Dr. Menge.) Dr. Menge wird in der Stelle im Buche der Könige auch dasselbe sagen wollen, was die anderen sagen. Es wird ihm nicht zum Bewußtsein gekommen sein, daß die Form der Übertragung zweideutig ist. In der richtigen Wiedergabe klingt aus den Worten Hiskias Erleichterung darüber, daß das Hereinbrechen des Gerichts noch hinausgeschoben wurde: „Jehiskia demütigte sich wegen der Überhebung seines Herzens ... und der Zorn Jehovas kam nicht über sie in den Tagen Jehiskias.“ (2. Chron. 32,26) Darum mögen wir ruhig bei der Auffassung bleiben, daß er nach begangenem Fehler und empfangener Zurechtweisung in Unterwürfigkeit Gott rechtfertigte, wie David und Eli es taten. Das Wort Jehovas erschien ihm ganz mit Recht noch „gut“ gegenüber dem, was er verdient hatte. Er hatte gesagt: „Ich will sachte wallen alle meine Jahre wegen der Betrübnis meiner Seele usw.“ (Jes. 38,15) Und nachher konnte er so vergeßlich sein und sich beim Besuch der Gesandtschaft Merodak-Baladans etwas auf den wiedererlangten Reichtum einbilden. Siehe 2. Chron. 32,31.

F. Kpp.

Frage 18

Welcher Unterschied besteht zwischen: „Der Garten Eden“ und „Garten in Eden“? (Schriftstellen: 1. Mose 2,8 mit Fußnote; 2,10.15; 3,23.24.) Anmerkung: Lies auch - weil genauer -: „Garten Eden“.

Antwort

Da 2,8 und 10 deutlich dartun, daß Eden ein Bezirk war und der Garten innerhalb dieses Bezirkes lag, ein Teil desselben war, und zudem der Name „Eden“ die Bedeutung „Wonne, Lieblichkeit“ hat, so kann der Garten sowohl entsprechend seiner Lage als „in“ Eden seiend oder der Bedeutung des Namens der Landschaft nach als selber „Eden“, d. i. Lieblichkeit,

Es liegt nichts Besonderes hinter der Doppelbenennung. Setze Garten „Lieblichkeit“ neben Garten „in Lieblichkeit“, dann wird keine Schwierigkeit vorhanden sein. Die, wie Fragesteller bemerkt, genauere Lesart „Garten Eden“ findet dann ihre Anwendung; 2,15 könnte dann gelesen werden: „... setzte ihn in Eden-Garten“; 3,23.24: „schickte ihn aus Eden-Garten hinaus ...; gegen Osten von Eden-Garten“. Am besten wäre die sprachlich einzig richtige Wiedergabe, wie Englisch und Französisch dem Genius dieser Sprachen nach sagen müssen: „Garten Edens.“ Siehe „Handreichung“ 19. Jahrbuch, Frage und Antwort 8, Seite 112.

F. Kpp.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

22. Jahrbuch (1937)

Gedicht

So sei denn alles schnöde Zagen

Auf ewig in die Flucht gesandt!

Wo nichts ist, wird der Glaube sagen:

HErr, alles ist in Deiner Hand!

Ja, wenn die Welt zusammenbricht,

So fürchtet sich der Glaube nicht;

Denn Du bist seine Zuversicht!

(E. G. Woltersdorf.)

An unsere Leser!

„HErr, Gott, Du bist unsere Zuflucht für und für. Ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist Du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit ... Fülle uns frühe mit Deiner Gnade, so wollen wir rühmen und fröhlich sein unser Leben lang ... Und der HErr, unser Gott, sei uns freundlich und fördere das Werk unserer Hände bei uns, ja, das Werk unserer Hände wolle Er fördern!“ (Ps. 90,1.2.14.17)

Mit diesem Gotteswort möchten wir unsere Freunde am Anfang des begonnenen Jahres von Herzen grüßen. In einem neuen Gewande ziehen unsere „Handreichungen“ diesmal hinaus. Das Format ist größer geworden; der Inhalt soll reichhaltiger gestaltet werden. Eine Anzahl neuer Mitarbeiter haben ihre regelmäßige Hilfe in Aussicht gestellt. Wir hoffen, mit diesem allen einem vielseitig ausgesprochenen Wunsch der Geschwister hin und her entgegenzukommen. Mit all diesen Umständen hängt es auch zusammen, daß unsere Januarnummer diesmal verspätet in die Hände unserer Leser gelangt. Wir bitten, dies in Anbetracht der besonderen Lage freundlichst entschuldigen zu wollen. Zugleich sprechen wir sofort zu Beginn des neuen Jahres die herzliche Bitte aus: Helft uns durch treue Fürbitte! Seid Mitarbeiter an der gemeinsamen Sache! Bleibt uns treu als regelmäßige Leser! Sucht noch neue Leser zu gewinnen! Jeder „Handreichungs“-Leser - ein „Handreichungs“-Mitarbeiter! Wir suchen ja nicht das Unsere, sondern die Ehre des HErrn! Und gerade dem gemeinsamen Ringen hat der HErr besondere Verheißungen zugesagt. Dies gehört mit zu dem Wesen der Gemeinde als des „Leibes“ Christi.

Und so möchten auch unsere „Handreichungen“ weiterhin ein wenig dazu beitragen, daß der Leib Christi gebaut werde, „durch die Gelenke und Bänder versorgt“ (Kol. 2,19) und „zusammengehalten mit Hilfe aller Gelenke, die ihren Dienst verrichten nach der besonderen Tätigkeit, die jedem Gliede zugewiesen ist“. (Eph. 4,16, Alb.) „Siehe auf den Dienst, den du im HErrn empfangen hast, daß du ihn erfüllest!“ (Kol. 4,17)

Er Selbst aber, das Haupt, soll in allem gepriesen werden zur Ehre Seines Namens, zur inneren Weiterführung Seiner Heiligen, zu unserem tieferen Eindringen in Seinen Erlösungsplan, zu stets sieghafterer Offenbarwerdung Seiner mannigfaltigen Gottesweisheit!“ (Eph. 3,10.11)

Die Schriftleitung.

„Wie aber ist es, daß ihr diese Zeit nicht beurteilet?“

(Luk. 12,56)

Wenn diese Zeilen in die Hände unserer lieben Leser kommen, ist das alte Jahr vergangen und das neue angebrochen. Wieder sind wir um einen Zeitabschnitt dem Ende näher gerückt. Wie haben wir die Zeit ausgekauft? Sind wir uns bewußt, welch ein kostbares Pfund Gott in derselben uns anvertraut hat, um damit zu wuchern?

Der HErr sagte einst zu der Volksmenge: „Das Angesicht der Erde und des Himmels wisset ihr zu beurteilen; wie aber ist es, daß ihr diese Zeit nicht beurteilet?“ (Luk. 12,56) Wie beurteilen wir als Gläubige die Zeit? Was ist uns ihr Wert und ihr Zweck? Die Welt sagt: Zeit ist Geld, und ein gutes Leben ihr Ziel und Zweck. Kinder Gottes aber sehen die Zeit von anderen, von göttlichen Gesichtspunkten aus.

Sie sehen die Zeit in ihrer Bedeutung zur Ewigkeit und wissen, daß in der jetzigen Zeit Gott den gefallenen Menschen in Gnade begegnet und ihnen ewiges Leben geben will.

Muß dieses Wissen, lieber Leser, nicht unser ganzes Leben, unser Wesen und unser Verhalten zu den Menschen beeinflussen? Wenn Gott jetzt den Sünder ohne eigenes Verdienst auf Grund des Glaubens erretten und ihm ewiges Leben geben will - wenn dies das Ziel Gottes in der jetzigen Zeit ist, dann muß unser Ziel und Wirken mit diesem Ziele Gottes in Einklang sein. Alsdann streben wir uns danach aus, daß in unserem Verhalten und Wesen Gottes Wille und Wesen gesehen werden. So war es bei den Treuen aller Zeiten. Sie trachteten danach, daß

Gottes Eigenschaften und Gottes Wille in ihrem Leben zu sehen waren. Die Untreuen mochten auch Gott kennen, aber ihr Verhalten gab nicht das rechte Bild von Gott.

Wir möchten das oben Gesagte durch ein oder zwei Beispiele noch erläutern, damit diese ernste Wahrheit neu auf unser Herz gelegt werde, weil wir alle darin oft straucheln. In der Geschichte des Heerobersten Naaman finden wir sowohl ein Beispiel von Treue als auch von Untreue in der Darstellung Gottes, der durch uns gekannt werden will. O möchte unser Leben immer ein Brief Christi sein, gelesen von allen Menschen!

Naaman war ein aussätziger Heide. Er hatte gehört, daß der Gott Israels Aussatz heilen könne. Er wußte aber nicht, daß es allein aus Gnaden geschah, ohne Ansehen der Person und ihrer Würde, ihres Verdienstes und ihrer Darbringung von Schätzen und guten Werken. Diese Wahrheit sollte Naaman vor dem Hause Elisas und in dem Verhalten des Propheten ihm gegenüber lernen. Als er mit seinen Rossen und Wagen und Schätzen vor dem Hause des Propheten hielt, um geheilt zu werden, ging dieser völlig über seine hohe Würde und seine Schätze hinweg, kam nicht einmal zu ihm heraus, sondern sandte ihm nur eine Anweisung für seine Heilung. Und wiederum, als Naaman nach seiner Heilung seine Schätze öffnete, um seine Heilung zu belohnen, nahm der Prophet nichts an, damit die Gnade seines Gottes nicht durch eine Lohnannahme verdunkelt werde.

Elisa kannte Gottes Gedanken, kannte Seine Gnade und Sein Erbarmen dem armen aussätzigen Syrer gegenüber. Naaman aber mußte von seiner Höhe als Heeroberster des Königs von Syrien herabgeführt werden, um in der rechten Stellung als ein armer Aussätziger vor Gott zu erscheinen. Vor der Tür des Propheten mußte er dies lernen.

Elisa als Gottes Prophet nahm deshalb keine Rücksicht auf seinen Rang und Stand. Er sah nur seinen Aussatz und seine Not, schickte ihm aber eine klare Anweisung, wie er von seinem Aussatz frei werden konnte. Mit dieser Botschaft kannte Naaman den Weg zu seiner Rettung. Beugte er sich vor Gott als ein dem Tode unrettbar Verfallener, der dem Hohen und Erhabenen nichts darbringen noch vergelten konnte, der allein auf Gnade angewiesen war, so stand ihm

seine Heilung, wie sie geschehen müsse, seine eigenen Gedanken. Aber Gott kümmerte sich nicht um sie. Naaman wollte als der große Feldherr behandelt und geheilt werden und nichts umsonst von Gott haben. Elisa aber konnte Belohnung nicht annehmen, denn Naaman sollte Gott erkennen als einen gebenden und nicht als einen empfangenden Gott.

Treu stand Elisa an seinem Platz. Gleich einem Spiegel gab er die Hoheit und Herrlichkeit seines Gottes und den Glanz Seiner Gnade wieder. Sein Herz begehrte kein Ansehen, keinen Gewinn, keine Ehre für sich, er suchte nur seines Gottes Ehre. Frei von Habsucht, vermochte auch das Drängen Naamans ihn nicht zu bewegen, auch nur ein Geringes von ihm anzunehmen. Seines Gottes Charakter und Wesen sollte auch nicht durch die Annahme des Geringsten verfälscht werden. Elisa verstand seine Zeit. Er wußte, was er zu tun hatte, damit Gottes Bild und Wesen durch ihn recht dargestellt werde.

Etwas ganz anderes finden wir in Gehasi. Auch er kannte Gott und sollte die Zeit, Ihn recht darzustellen, kennen. Gottes Ehre aber stand nicht vor seinem Auge. Sein Herz begehrte nicht, das rechte Bild von Gott zu geben, sein Herz begehrte das Silber und die Feierkleider Naamans. Das Verlangen nach den Schätzen Naamans raubte Gehasi jede Besonnenheit. Es ist so, wie Jakobus schreibt: „Wenn die Lust empfangen hat, gebiert sie die Sünde, die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.“ (Jak. 1,15) Wie ernst ist dieses.

Dem Auge Gottes bleibt nichts verborgen. Alles ist bloß und aufgedeckt vor den Augen Dessen, mit Dem wir es zu tun haben. (Hebr. 4,13) Wie bald mußte Gehasi dies erfahren! Gott brachte das Verborgene ans Licht, und ein ernstes Gericht traf Gehasi. Die Worte des Propheten sind von tiefer Bedeutung. Er fragt: „War es Zeit, Silber zu nahmen und Kleider zu nehmen und Olivenbäume und Weinberge und Kleinvieh und Rinder und Knechte und Mägde?“ Die zuletzt genannten Dinge scheint der Feind dem Auge Gehasis als durch das Silber Naamans erreichbar vorgegaukelt zu haben. Das Ende aber war das strenge Gericht: „So wird der Aussatz Naamans an dir haften und an deinem Samen ewiglich. Und er ging von ihm hinaus, aussätzig wie Schnee.“ (2. Kön. 5,26.27)

Lüge und seinen Betrug bezieht, so schrecklich diese auch waren, sondern er nimmt Bezug auf die Zeit. Er fragt gleichsam, ob jetzt die Zeit dazu da sei, Silber und Kleider zu nehmen - die Dinge der Welt zu ernten. War es nicht die Zeit, den lebendigen Gott zu verherrlichen und kundzutun? Gehasi dachte nur an die Gelegenheit, irdischen Gewinn erlangen zu können. Aber die Zeit der Ernte war noch nicht gekommen. Er wollte den Segen, den Lohn, vor der Zeit haben. Und diese beschäftigten sein Herz mehr als die Ehre Gottes und die rechte Darstellung Seines Charakters in der ihm dazu gegebenen Zeit.

Welch tiefer Ernst liegt in dieser Frage: „War es Zeit, Silber und Kleider, Olivenbäume und Weinberge zu nehmen?“ Ja, lieber Leser, ist es die Zeit, jetzt nach irdischen Dingen zu trachten und unsere Berufung zu vergessen? Gehasi hatte die Besonderheit jener Stunde, einem Gott fernstehenden Heiden das rechte Bild von dem lebendigen Gott zu geben, nicht beachtet. Wie ernst ist diese Geschichte! „Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu.“ Er verleugnet Sich denen gegenüber nicht, die Ihn kennen und die Er berufen hat, Ihn zu verherrlichen.

Andererseits finden wir in dieser Geschichte eine wunderbare Zartheit und Gnade Gottes Naaman gegenüber, dessen Herz Gott wohlzugefallen wünscht, aber sich seiner Schwachheit bewußt ist. Wie zart geht der Prophet auf seine Schwierigkeiten ein. Er legt keine Last auf ihn, die er noch nicht tragen kann. (2. Kön. 5,18.19)

Möchten wir uns mehr bewußt sein, daß unsere Segnungen und unser Erbteil nicht in dieser Welt sind, sondern daß wir Genossen der himmlischen Berufung sind. Unser Verlust ist groß, wenn unser Sinn auf das gerichtet ist, „was auf der Erde ist“. (Kol. 3,2) Wir verlieren dann den Blick für Gottes Gedanken und beurteilen die Zeit nicht in dem Lichte der Offenbarung des Evangeliums der Gnade Gottes.

Nun laßt uns noch kurz auf eine andere Schriftstelle hinweisen! Wir lesen Haggai 1,4: „Ist es für euch selbst Zeit, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüst liegt?“

Seiner Untreue wegen war Gottes Volk aus seinem Lande vertrieben. Ein Überrest war im Vertrauen auf Gottes Gnade und Treue zurückgekehrt, klein an Zahl und in großer

Schwachheit. Trotz allem Widerstand aber bauten sie das Haus Gottes und behaupteten die Rechte des HErrn. Dann aber kam eine Zeit der Prüfungen und Schwierigkeiten. Müde und matt geworden, hielten sie es für verfrüht, an dem Wiederaufbau des Hauses Gottes zu arbeiten. Sie sahen die Zeit nicht mehr vom göttlichen Standpunkt aus und in Verbindung mit Gottes Plänen und Gottes Haus. Sie urteilten nach dem Sichtbaren und sagten: „Die Zeit ist nicht gekommen, die Zeit, daß das Haus Jehovas gebaut werde.“ Und die Folge war, daß sie ihre eigenen Häuser bauten und die Zeit für sich selbst benutzten, sich ihr Leben angenehm und schön zu machen.

Sicher war ihr Irren und ihre Untreue nicht so offenkundig böse wie in dem Falle Gehasi, aber dem Grundsatz nach war es das gleiche. Auf diese ihre Worte hin geschah dann das Wort des HErrn durch den Propheten zu ihnen: „Ist es für euch selbst Zeit, in euren getäfelten Häusern zu wohnen, während dieses Haus wüst liegt?“ Kann das Verhalten dieses Überrestes nicht auch mit unserer Zeit verglichen werden? Haben diese Worte nicht auch uns etwas zu sagen? Arbeiten wir am Bau des Hauses Gottes? Oder ist unser Sinnen auf den Bau unseres eigenen Hauses, auf unseren Wohlstand, unsere Bequemlichkeit, Ehre und Ansehen gerichtet? Wollen wir uns am Anfang eines neuen Zeitabschnittes nicht prüfen, worauf unser Herz gerichtet ist? Darauf kommt es an!

Die Worte, die Haggai dem Volke sagen mußte: „Richtet euer Herz auf eure Wege!“ (V.6), gelten auch uns! Warum ist so wenig Frucht für Gott zu sehen, so wenig Eifer für Sein Werk? Warum kennen wir so wenig die Freude am HErrn in unserem Herzen? Ist es nicht, weil wir mehr für unsere Dinge als für die Dinge des HErrn besorgt sind?

Und eins noch: Wie beurteilen wir den Wert der Zeit? Als ein kostbares Pfund, mit dem wir wuchern sollen, ist sie uns vom HErrn anvertraut, und von ihrem Gebrauch werden wir einst Rechenschaft abzulegen haben. Sie ist uns gegeben, um Ewigkeitslohn in ihr zu erwerben. Ihr Wert ist um so größer, ais ihre Dauer kurz und ungewiß ist. Hiob sagt, daß unsere Tage dahingleiten schneller als ein Weberschiffchen und unser Leben wie ein Hauch ist. (Hiob 7,6.7) Die Zeit, die vergangen, kehrt nie wieder zurück, sie gehört uns nicht mehr. Darum ermahnt uns das Wort, die Zeit auszukaufen. (Eph. 5,16; Kol. 4,5) Von welch unsagbarem Wert ist im

Blick auf die Ewigkeit deshalb die kurze Zeit unseres Lebens. In ihr haben wir das unschätzbare Vorrecht, dem Herrn Jesus Christus zu dienen, Seine Tugenden zu verkündigen; nie wieder haben wir die Gelegenheit, für Den zu zeugen, der uns geliebt wie kein anderer, der unser Gericht getragen, uns von unseren Sünden gewaschen und uns das Haus Seines Vaters geöffnet hat.

„Da wir die Zeit erkennen, daß die Stunde schon da ist, daß wir aus dem Schlaf aufwachen sollen; denn jetzt ist unsere Errettung näher, als da wir geglaubt haben: Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Laßt uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen.“ (Röm. 13,11.12)

(M. A.) Alb. v. d. Kammer.

Der Gnadenhaushalt Gottes

Vom hohen Stand der Ekklesia wollen wir reden. „Durch Herrlichkeit und Vollkommenheit berufen“, hat sie die „größten“ Verheißungen im Besitz. (2. Petr. 1,3.4) Gerade in dem „jetzigen“ Zeitalter wird der „unausforschliche“ Reichtum Christi verkündigt. (Eph. 3,8)

Zu „vielgestaltig“ (Eph. 3,10) sind die „himmlischen Segnungen“ der Gemeinde (Eph. 1,3), als daß sie durch eine einzige Beschreibung ausgedrückt werden könnten. Daher gebraucht der Geist Gottes die verschiedensten Bilder und Vergleiche, um so wie durch ein Prisma den Sonnenglanz ihres Ewigkeitslichtes in seine Einzelstrahlen zu zerlegen.

Zu allen drei Überpersonen des göttlichen Wesens steht die Gemeinde in Beziehung, zum Vater, zum Sohn und zum Heiligen Geist.

In ihrer Beziehung zu Gott ist sie ein „Haushalt“. Gott ist der „Vater“ (Röm. 8,15; Gal. 4,6; Joh. 20,17), und die Erlösten sind Seine „Hausgenossen“. (Eph. 2,19; Gal. 6,10) In ihren Pflichten sind sie Seine „Sklaven“ (1. Petr. 2,16), in ihren Vorrechten Seine „Söhne“. (Röm. 8,14)

I. Die Sklavenstellung der Erlösten.

Durch das Blut Jesu Christi „für Gott erkauft“ (Offenb. 5,9), nicht mit Silber oder Gold (1. Petr. 1,18), sondern „um den Preis“ Seines Lebens (1. Kor. 6,20; 7,23), das „Lösegeld“ von Golgatha (Matth. 20,28; 1. Tim. 2,6), sind die Erlösten nicht mehr ihrer selbst (1. Kor. 6,19), sondern Sklaven Gottes (Röm. 6,22) und Christi. (Röm. 1,1; Eph. 6,6) Sie sind ewig Sein Besitz (Tit. 2,14), Seine Werkzeuge, die Er gebraucht, Seine Sklaven, die Er zum Zeichen ihrer Unverkäuf-

(Aristoteles).

lichkeit mit Seinem Geiste „versiegelt“ hat. (Eph. 1,13; 4,30; 2. Kor. 1,22) Ihr „Loskauf“ ist zugleich „Kauf“, ihre Befreiung zugleich Bindung und ihre Sklavenstellung ein

Eigentumsverhältnis (1. Petr. 2,9),

Gehorsamsverhältnis (Röm. 6,17.18) und

Schutzverhältnis zugleich (Gal. 6,17; Joh. 10,28.29).

II. Die Sohnesstellung der Erlösten.

Aber noch höher geht Gottes Ratschluß des Heils. Die aus der Sklaverei der Sünde Befreiten sollen nicht nur Seine Diener sein, die, vom Verderben erlöst, nun Täter Seines Wohlgefallens sind; sondern Er will sie zur Anteilnahme an Ihm Selber gelangen lassen, zum Teilhaftigwerden Seiner göttlichen Natur. (2. Petr. 1,4) Sie sollen Kinder (Röm. 8,21), Söhne (Röm. 8,14), ja Erstgeborene Söhne (Hebr. 12,23) sein.

1. „Kinder.“ Dies und nichts Geringeres ist es, was die Heilige Schrift meint, wenn sie immer wieder von dem Geborensein der Erlösten aus Gott spricht; denn die Erhebung der Begnadigten in die Sohnesstellung ist nicht nur eine formelle Zu-Söhnen-Erklärung, eine rechtliche Erhöhung und Ernennung, gewissermaßen eine juristische Adoption, sondern eine

tatsächliche Zeugung (Jak. 1,18), ein wirkliches Umgeborenwerden, ein organisches Geborensein aus Gott. (Joh. 3,3.5; 1. Petr. 1,23; 2,2; 1. Joh. 2,29; 3,9) „Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater bewiesen, daß wir

Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind es auch!“ (1. Joh. 3,1)

2. „Söhne.“ Als solche aber sind sie zugleich „mündig“. Gerade dies ist der Hauptunterschied zur alttestamentlichen Zeit. Denn wohl war die „Sohnschaft“ schon ein israelitisches Gut. (Röm. 9,4; 5. Mos. 14,1; 2. Mos. 4,22) Aber sie war damals noch im Zustande der Unmündigkeit und unterschied sich in nichts von der Stellung eines Sklaven. (Gal. 4,1) Darum stand Israel auch noch unter einem „Knabenerzieher“, dem „Zuchtmeister“, dem Gesetz. (Gal. 3,24) „Nun aber der Glaube gekommen ist, sind wir nicht mehr unter dem Zuchtmeister.“ (Gal. 3,25) Das Gläubigwerden bedeutet für einen Israeliten seine „Mündigwerdung“, sein Selbständigwerden vom „Erzieher“, das heißt, seine Freiheit vom Gesetz (Gal. 4,1-5); und da nun in der Gemeinde zwischen Juden und Heiden „kein Unterschied“ mehr besteht (Eph. 2,11-22; 3,6; Apgesch. 11,17), sind auch die Gläubigen aus den Nationen derselben Freiheit teilhaftig.

Aber nicht nur „Kinder“ und „Söhne“ sind sie, sondern auch

3. „Erstgeborene Söhne!“ Die Erlösten dieses Zeitalters sind die „Erstlinge Seiner Kreaturen“ (Jak. 1,18), die „Gemeinde der Erstgeborenen, die im Himmel angeschrieben sind“. (Hebr. 12,23) Als Erstgeborene aber haben sie:

priesterliche Stellung (4. Mos. 8,16-18; 1. Petr. 2,5),

königliche Würde (1. Chron. 5,1.2; Offenb. 1,6) und ein doppeltes Anteil am Erbbesitz. (5. Mos. 21,15-17; Eph. 1,3)

So vollendet sich in dem Erstgeburtsrecht ihre Sohnesstellung: Als „Kinder“ haben sie Sein Leben, als „Söhne“ Stellung und Würde, als „Erstgeborene“ Seine Herrlichkeit.

Bei dem allen aber bleibt der unendliche Abstand zwischen dem „Sohn“ und den „Söhnen“, dem

„Erstgeborenen“ (Röm. 8,29; Kol. 1,15.18) und den „Erstgeborenen“, auf ewig bestehen. Er ist der eine, innergöttliche Sohn des Höchsten (Mark. 14,61.62), und sie sind die vielen, innerweltlichen Söhne des himmlischen Vaters. Er Selbst ist der „Eingeborene“ (Joh. 1,14.18; 3,16), der „Erbe aller Dinge“ (Hebr. 1,2), der „Gott über alles, gepriesen in Ewigkeit“ (Röm. 9,5); und sie sind die Begnadigten, aus Sünde und Elend Geretteten. Doch schämt Er Sich nicht, sie Seine „Brüder“ zu nennen; denn beide, sowohl Er, der da heiligt, als auch sie, welche geheiligt werden, sind von dem gleichen Vater. (Hebr. 2,11.12)

Wir aber wollen als „Söhne“ unseren himmlischen Vater verherrlichen. Söhne des Höchsten sollen ihrem Vater ähnlich sein. Und weil Er der Urquell der Liebe ist, sollen auch sie in der Liebe wandeln. „Liebet eure Feinde, segnet, die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen, damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist ... Denn wenn ihr liebet, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? Und wenn ihr eure Brüder allein grüßet, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe? Also sollt ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist.“ (Matth. 5,44-48)

Söhne des Höchsten sollen in der Freiheit wandeln. Denn „weil ihr Söhne seid, hat Gott den Geist Seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft: Abba, Vater! Also bist du nicht mehr Sklave, sondern Sohn“. (Gal. 4,6.7)

Söhne des Höchsten sollen in der Ehrfurcht wandeln. Denn „wenn ihr Den als Vater anruft, der ohne Ansehen der Person richtet nach eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht“. (1. Petr. 1,17)

Söhne des Höchsten sollen in freudigem Vertrauen wandeln. Denn „ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, wiederum zur Furcht, sondern einen Geist der Sohnschaft habt ihr empfangen, in welchem wir rufen: Abba, lieber Vater“. (Röm. 8,15)

Söhne des Höchsten sollen unter der Geistesleitung stehen. Denn „so viele durch den Geist Gottes geleitet werden, diese sind Söhne Gottes“. (Röm. 8,14)

Söhne des Höchsten sollen in der Hoffnung der Herrlichkeit leben. Denn „wenn Kinder, so auch Erben - Erben Gottes und Miterben Christi ..., erwartend die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes“. (Röm. 8,16.23) Wir sind auf Hoffnung errettet. Welche Er gerechtfertigt hat, diese hat Er auch verherrlicht.

Die Erwartung des Sohnes Gottes.

(1. Thessalonicher 1)

Paulus spricht von der Person des Herrn Jesus Christus als von unserer Hoffnung. (1. Tim. 1,1) Unsere Hoffnung sind nicht bloß Ereignisse. Gewiß, die Schrift kündet Ereignisse an, und wir erwarten solche, doch es sind nicht nur Ereignisse, die wir erwarten, so gewaltig sie auch sein mögen. Unsere Erwartung ist die Person, die sie ausführt, und diese ist größer als die Ereignisse. Diese Person ist der Sohn Gottes, der Herr Jesus Christus, unser Heiland und HErr. Und weil diese Person unserem Herzen so groß ist, fesseln uns auch die Ereignisse, weil sie mit Seiner Herrlichkeit verbunden sind und mit Seinem Triumph über jede widerstehende Macht im Himmel und auf Erden.

Die Ereignisse, die mit dem Kommen des HErrn verbunden sind, können von verschiedenen Gesichtspunkten aus betrachtet werden. Man kann sie sehen sowohl in ihrer Bedeutung für die Gläubigen als auch in ihrer Bedeutung für die Welt usw. Am meisten aber wird es unser Herz beschäftigen, welche Bedeutung sie für den HErrn haben.

In jedem Briefe des Neuen Testamentes finden wir Wahrheiten, die mit dem Kommen des HErrn verbunden sind. Und zwar werden sie uns, dem allgemeinen Charakter des Briefes entsprechend, dargeboten. Die Briefe an die Thessalonicher wurden an junge Christen geschrieben. Die in diesen Briefen vermittelten Belehrungen tragen deshalb auch grundlegenden Charakter. Und diesem entsprechend sind auch die Unterweisungen über das

Kommen des HErrn. Im Epheserbrief dagegen ist der Ratschluß Gottes in einer wunderbar tiefen Weise dargelegt. Dementsprechend lesen wir dort von der Hoffnung Seiner Berufung und von dem Reichtum der Herrlichkeit Seines Erbes in den Heiligen.

Wir möchten für das, was wir eben gesagt haben, ein Bild gebrauchen.

Die verschiedenen Glieder einer großen Familie sind alle in ihren Herzen und Gedanken beschäftigt mit der Rückkehr des Vaters nach einer langen Abwesenheit. Ein großer Unterschied aber besteht darin, wie der älteste Sohn und wie das jüngste Kind über die Rückkehr des Vaters denken. Wirkliche Freude über die Rückkehr des Vaters erfüllt alle Glieder der Familie. Aber die Gedanken des Kindes gehen kaum über die Freude hinaus, mit dem Vater wieder zusammen zu sein. Der älteste Sohn dagegen hat ein Alter erreicht, in dem er schon befähigt ist, auf alle Angelegenheiten seines Vaters verständnisvoll einzugehen. Er kann deshalb verstehen, was seine Rückkehr nach den verschiedensten Seiten hin zu bedeuten hat.

So ähnlich ist es auch mit der Wahrheit des Kommens des HErrn. Das jüngste Kind Gottes, das in der Wahrheit des Evangeliums sein Heil gefunden hat, ist erfreut bei dem Gedanken, seinen Heiland und HErrn von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Aber je nach seinem Wachstum in der Erkenntnis der Wahrheit wird es mehr und mehr von dem wahrnehmen, was mit dem Kommen des HErrn verbunden ist sowohl für die Welt als auch für die Gläubigen und für den HErrn Selbst.

Laßt uns nun ein wenig näher auf den kostbaren Inhalt des ersten Kapitels des 1. Thessalonicher-Briefes eingehen. Gerade der erste Brief ist in seiner Einfachheit und der Innigkeit der Liebe zum HErrn so erquickend und auch ermahnend und prüfend für unser Herz. Der Brief ist nicht eine Entfaltung des Evangeliums; solche finden wir im Römerbrief. Aber dieser Brief zeigt uns die Wirkungen, die das Evangelium bei denen hervorbringt, die es im Glauben annehmen. Das Evangelium war solchen verkündigt worden, die durch ihre Unkenntnis über Gott entartet und Götzendiener geworden waren. Der Apostel war zu den Thessalonichern gekommen, nachdem man ihn in Philippi um des Zeugnisses des HErrn willen gemißhandelt

Thessalonich das Evangelium zu verkündigen. Und das ihnen gepredigte Evangelium erwies sich an ihnen in Kraft und im Heiligen Geiste, so daß die Wirkungen des Evangeliums jedermann klar an ihnen sehen konnte.

Das Evangelium offenbarte ihnen den lebendigen Gott, den sie bis dahin nicht kannten. Als das Licht Gottes in ihr Herz leuchtete, wurde der Zauber der Götzen gebrochen, mit denen sie fortan nichts mehr zu tun haben wollten. Sie wandten sich von den Götzenbildern weg zu Gott hin. Und so bewahrheitete sich wiederum, was der HErr einst zu Paulus sagte: „Ihre Augen aufzutun, auf daß sie sich bekehren von der Finsternis zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott, auf daß sie Vergebung der Sünden empfangen und ein Erbe unter denen, die durch den Glauben an Mich geheiligt sind.“ (Apg. 26,18)

Von dem Tage an, da sie das Wort des HErrn aufgenommen hatten, bekam ihr Leben eine völlige Schwenkung und Umwandlung. Bis dahin waren sie Götzendiener gewesen, arme Sklaven ihres eigenen Willens, ihrer Leidenschaften und Lüste. Von nun an stand ihr Leben in Beziehung zu dem lebendigen und wahren Gott. Das Licht Gottes war in ihr Herz gefallen. Das Evangelium ist der Lichtglanz der Herrlichkeit Christi. (2. Kor. 4,4-6) Und dieser hatte ihnen geleuchtet zur Erkenntnis Gottes, dem sie von nun an dienten. Ihre Bekehrung war nicht der Abschluß; ihrer Bekehrung folgte das Dienen dem lebendigen und wahren Gott. Der Bekehrung folgt nicht die Ruhe, sondern der Dienst.

Jeder Mensch dient einem Gott, entweder dem Gott dieser Welt oder dem lebendigen Gott. Der Dienst des einen ist mit Bitterkeit und Verderben verbunden; der Dienst des anderen mit Glück und Freude und der Erwartung des Sohnes Gottes aus dem Himmel. Gibt es einen glücklicheren Dienst als diesen? Gibt es eine bessere Erwartung in dieser Welt als die Erwartung Seines Sohnes?

Wenn der Apostel von der Erwartung Seines Sohnes aus dem Himmel spricht, so fügt er hinzu: „Den Er aus den Toten auferweckt hat.“ Er weist damit darauf hin, daß der, den wir aus dem Himmel erwarten, derselbe ist, der einst an unserer Stelle im Gericht stand, der am Kreuze

der jetzt alle Gewalt im Himmel und auf Erden in Seiner Hand hat. Diesen erwarten sie, und diesen erwarten wir aus den Himmeln.

Alle Segnungen der Menschen kommen von dort her. Alle Segnungen, die wir als Christen besitzen, besitzen wir als Hoffnung durch das Licht aus dem Himmel. Und die Vollendung all unseres Segens erwarten wir mit dem Kommen Seines Sohnes. Wenn ihre Segnungen durch die Annahme des Evangeliums schon so große in dieser Welt waren, welche Segensfülle wird sich dann erst ergießen, wenn Er Selbst, der Sohn vom Himmel, kommt. Das Bemühen der Menschen geht oft dahin, sich unabhängig von Gott und unabhängig vom Himmel zu machen. Aber alle wahren Segnungen kommen von oben herab und stehen alle in Verbindung mit dem Sohne Gottes, den wir aus dem Himmel erwarten und nach dessen Anblick sich unser Herz sehnt.

Noch eins fügt der Apostel der Erwartung des HErrn hinzu. Er sagt: „Der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ Mit dem Kommen des HErrn ist die Errettung vom Zorn verbunden. Die Werke des Teufels werden dann ihr Ende finden. Zorn ist aufgehäuft über die Welt, Zorn ist auch aufgehäuft über das abtrünnige Volk Israel, aber kein Zorn ist vorhanden für die, die dem Herrn Jesus angehören. Sie erwarten Ihn als ihren Befreier von dem kommenden Zorn. Gottes Gericht über ihre Sünde fand in dem heiligen Opfer Christi seine Vollstreckung. Als der, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht wurde, öffnete sich für uns der Genuß der Liebe und Gnade Gottes durch das Verbundensein mit Seinem geliebten Sohn.

So war es bei den Gläubigen in Thessalonich. Wie steht es mit den Lesern dieser Zeilen? Hat das Evangelium in Kraft und im Heiligen Geiste so in deinem Herzen gewirkt, daß du befreit von der Sünde nun mit glücklichem Herzen dem lebendigen und wahren Gott dienst und Seinen Sohn aus den Himmeln erwartest?

A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.

Eine Stunde besonderer Freude im Leben des HErrn.

(Lukas 10,21)

Als der Herr Jesus nach Seiner Taufe inmitten Seines Volkes wandelte, befand Er Sich in ähnlicher Lage wie wir heute. Leben wir nicht in einer Zeit hochgespannter Erwartungen, Befürchtungen, Hoffnungen? Geradeso erging es unserem HErrn, als für Ihn die Stunde kam, in aller Öffentlichkeit den Auftrag des Vaters zu vollbringen, der nichts Geringeres enthielt, als die Bollwerke Satans zu zerstören. Unser Text nun spricht von der Stunde einer besonderen Freude des HErrn, als Er erlebte, wie Sein Vater im Himmel beschlossen hatte, die Macht des Feindes zu bekriegen und zu besiegen.

Sicherlich wird auch das für uns eine Freude und Ermunterung sein, zumal im Bewußtsein unserer eigenen Kleinheit und Erbärmlichkeit und im Anblick der Macht des Feindes! Die Vorgeschichte dieser Freude Jesu ist die Rückkehr der Siebenzig. Glückstrahlend konnten diese einfachen Leute berichten, wie sie weit mehr erlebt hatten, als sie nach den Worten des HErrn erwartet hatten. (V. 9) Sogar die Dämonen waren ihnen untertan! Und der HErr Selbst konnte von noch einem herrlicheren Sieg reden, denn nicht nur die Dämonen allein, auch ihr Anführer, der Satan, hatte erleben müssen, daß ein noch Gewaltigerer auf der Erde war. Doch nicht eigentlich dieser Sieg war der Grund zur Freude; noch etwas anderes erzeugte nicht nur in Seinem Gemüt und Gefühl, sondern sogar in Seinem Geiste eine tiefe Freude, eine Freude, die ein heißes Dankgebet Ihm aus dem Herzen lockte. Der HErr redet auch nicht nur den Vater an, von dem Er Sich geliebt weiß, Sein Handeln ist ein solch wunderbarer Beweis von Seiner Souveränität, daß Er Ihn „HErr des Himmels und der Erde“ anreden muß.

Was tat nun der ewige Gott und tut Er noch heute? Als erstes verbirgt Gott! Es ist doch eine gewaltige, ernste Sache, daß Gott im Himmel zunächst verbirgt!

Welch ein Jubel ging durch das Universum, als Gott endlich redete im Sohn! (Hebr. 1,2) Darin zeigte sich die Herablassung Gottes, die Heil und Errettung erwarten ließ. Aber es gibt hier auf Erden Menschen, denen verbirgt Gott, was sie in den Stand setzen könnte, nicht nur selbst der Macht der Finsternis zu entfliehen, sondern auch anderen Wegweiser und Führer zum Heil zu

werden, um so die Bollwerke Satans zu zerstören. Es sind die Weisen und Klugen, denen Gott vorenthalten muß, was sie zu Menschen Gottes, zu Trägern göttlicher Autorität in dieser Welt machen könnte.

Natürlich handelt es sich hierbei nicht um Weise und Kluge an sich, sondern nur um solche, die sich dafür halten (Röm. 1,22), deren Weisheit und Klugheit sie hindert, vor der göttlichen Weisheit sich in den Staub zu beugen. Denn wo ist das Menschenhirn, das ewige Dinge erfassen oder begreifen könnte! (1. Kor. 2,14) Solche Menschen kann Gott nicht gebrauchen, hier auf Erden Sein Werk zu tun. Schon in Luk. 5,36-38 wird entschieden die Mitwirkung der „Alten“, d. h. derer, die keinen Arzt nötig haben (V. 31) oder die am „Alten“ festhalten (V. 30.33; 6,2), abgelehnt. Also nicht die offiziellen geistlichen Führer der damaliger Zeit konnte der ewige Gott im Himmel hier auf Erden in Seinem Weinberg gebrauchen! Das mußten ganz andere Leute sein! Wie aber schauten sie aus, denen Gott nicht „verbergen“ mußte, sondern „offenbaren“ konnte? Unmündige werden sie genannt, und diese Tatsache liegt so fern jeder menschlichen Berechnung und Art, daß der HErr nun zur Bekräftigung hinzufügt: „Ja, Vater, so ist es bei Dir beschlossen!“ Wohl dem Menschenkinde, das seine Hand auf den Mund legen kann, wenn es sich zu Gott naht, um einen Auftrag zu empfangen. Nur so kann es ja „ganz Ohr“

sein. Das ist das Geheimnis göttlicher Ausbildung allein in Seiner Schule, die Gott anerkennen kann, ja, die Gott gebrauchen und ausrüsten kann mit göttlicher Vollmacht. (Luk. 10,19) Das sind die Leute, die keine andere Weisheit besaßen und gelten ließen als die, die der HErr ihnen vom Vater Selbst mitgeteilt hatte. (Joh. 17,8) Die anderen hätten es ja doch nicht lassen können, ihre eigenen Sprüche hinzuzufügen, ihre eigenen Gedanken zu verfechten, wodurch nach dem Beispiel ihrer Väter mehr zerstört als aufgebaut wurde.

Darum wurde zunächst das Heil angeboten in einer Form, daß auch das Kind es verstand und annehmen konnte; aber auch das Wirken für den HErrn in Seinem Weinberg sollte abhängig sein und bleiben von einer „Unmündigkeit“ oder Unselbständigkeit, die es niemals wagen würde, in eigener Waffenrüstung dem Feinde zu begegnen!

Werkzeug zu erwählen, da geschah es doch erst, nachdem ihm die eigene Weisheit zerbrochen, ja, zur Torheit geworden war.

Daß der HErr Himmels und der Erde die größte und heilsamste Umwälzung in der Weltgeschichte durch Leute vollbrachte und vollbringt, die in dieser Welt nichts gelten, das ist der Grund der tiefen Freude Jesu in dieser denkwürdigen Stunde!

Heinz Köhler.

Gottes Sorge für die Armen.

„Wenn ihr die Ernte eures Landes erntet, so sollst du den Rand deines Feldes nicht gänzlich abernten und sollst keine Nachlese deiner Ernte halten ... für den Armen und für den Fremdling sollst du sie lassen ... Der Lohn des Tagelöhners soll nicht bei dir über Nacht bleiben bis an den Morgen.“ (3. Mos. 19,9-13)

Die obige Schriftstelle zeigt uns die Sorge Gottes für den Armen und für den Fremdling. Wenn die Ernte eingeholt wurde, sollten das Land oder die Weinberge nicht völlig abgeerntet werden; es sollte etwas übriggelassen werden für den Armen und für den Fremdling. Die von Gott mit Besitz Gesegneten sollten diesen Geist der Sorge für die Armen in ihrem Herzen tragen. Kein Geist der Habsucht und der Härte sollte durch ein völliges Abernten des Feldes oder des Weinberges sichtbar werden. Ein schönes Bild der Barmherzigkeit und Sorge für den Armen finden wir in der Geschichte Ruths. Der reiche Boas gestattete ihr, nicht nur auf seinem Felde aufzulesen, er ließ sie auch an den Mahlzeiten seiner Schnitter teilnehmen. Er hatte ein Gefühl für die arme Ruth, die keinen Ernährer, keine feste Arbeitsgelegenheit hatte und nun durch fleißiges Ährenlesen ihren Lebensunterhalt zu erwerben suchte. Boas hatte aber auch ein Verständnis für die Gefühle der Armen, die sich den Härten des Lebens schutzlos ausgesetzt sehen und denen gegenüber andere es oft an der passenden Rücksichtnahme und Zartheit fehlen lassen. Er gebot deshalb seinen Knechten, die arme Frau am Ährenlesen nicht zu hindern, zu belästigen oder anzutasten, sondern ihr vielmehr hilfreich zu sein. Auch sollten sie

sie nicht bei ihrer Arbeit, die von ihrer Armut zeugte, beschämen oder sie gar schelten. Welch ein tiefes Verständnis hatte Boas für die Empfindungen des Armen! Dieses Verhalten Boas' war in Gottes Augen so köstlich, daß Er es in Seinem Worte aufbewahrt hat, damit wir davon lernen sollen. Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung und Ermahnung geschrieben.

Das, was Boas tat, war die Ausführung der Anordnungen, die Gott Seinem Volke gegeben hatte. Gott hatte Boas das Feld gegeben, und Boas gab von seinem Felde wieder die Nachlese den Armen. Gott hat uns unser Durchkommen gegeben, und wir geben von unserem Durchkommen wieder eine Nachlese den Armen. Gott ist der große Geber aller. Er ist gütig über alle; Er läßt jeden Morgen Seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte. Er tränkt die Erde und befruchtet sie und macht sie sprossen und gibt Samen dem Säemann und Brot dem Essenden. (Matth. 5,45; Jes. 55,10) Unser Gott ist ein gebender Gott, und uns wird gesagt: „Seid nun Nachahmer Gottes, als geliebte Kinder.“ (Eph. 5,1.2) Wenn wir diesem Bilde Gottes nachahmen sollen, wo ist da die Grenze des Gebens für uns? Nicht die Forderung des Gesetzes ist unser Maß, sondern der Maßstab ist kein Geringerer als Er Selbst. In dem Kinde soll der Vater gesehen werden, und erst recht in einem geliebten Kinde, in dem Kinde, das sich vom Vater geliebt weiß. Wie viele Unterweisungen für das praktische Leben bietet uns doch die Schrift!

Aber nicht nur für den Armen sorgt Gott, auch um den Lohn des Tagelöhners kümmert Er Sich. Er gebietet: „Der Lohn des Tagelöhners soll nicht bei dir über Nacht bleiben bis an den Morgen.“ (3. Mos. 19,13) Wie groß ist unser Gott! Ich lasse hier die Gedanken eines anderen folgen: „Der Hohe und Erhabene, der in Ewigkeit wohnt“, beugt Sich herab und nimmt Kenntnis von den Gedanken und Gefühlen, die in dem Herzen eines armen Tagelöhners aufsteigen. Er weiß, wie dieser auf den Empfang seines Lohnes rechnet. Der Lebensunterhalt seiner Familie hängt davon ab. Und Gott sagt gewissermaßen: „Enthalte ihm seinen Lohn nicht vor.“ Laß ihn nicht mit einem schweren Herzen nach Hause gehen und das Herz seines Weibes und seiner Kinder schwer machen. Auf jeden Fall gib ihm den Lohn, den er verdient und auf den er ein Recht hat und den er braucht. Er ist Gatte und Vater und hat die Hitze und die Last des Tages getragen,

damit sein Weib und seine Kinder nicht hungrig zu Bett gehen. Enttäusche ihn nicht, gib ihm, was ihm zukommt!

So nimmt Gott Notiz von den Empfindungen eines Arbeiterherzens. Kann jemand solche Stellen lesen, ohne davon betroffen zu werden? Nichts kann für ein zartes Herz schmerzlicher sein als jene Rücksichtslosigkeit, die oft ein Reicher dem Armen gegenüber ausübt. Reiche denken oft nicht an die Kümmernis eines Tagelöhners, der in der Erwartung seines Lohnes getäuscht ist. Wenn wir wissen wollen, wie Gott über eine solche Handlungsweise denkt, so brauchen wir nur auf Seinen heiligen Unwillen achten, den Er in den Worten ausdrückt: „Siehe, der Lohn der Arbeiter, die eure Felder geschnitten haben, der von euch vorenthalten ist, schreit, und das Geschrei der Schnitter ist vor die Ohren des Herrn Zebaoth gekommen.“ (Jak. 5,4) Der HErr hört den Schrei des bekümmerten und in seinen Erwartungen getäuschten Arbeiters. Die Armen stehen unter der besonderen Fürsorge Gottes. Immer und immer wieder gedenkt Er ihrer in Seinem Wort: „Denn erretten wird Er den Armen, der um Hilfe ruft, und den Elenden, der keinen Helfer hat.“ (Ps. 72,12) In der Welt findet man viel Herzlosigkeit, und auch in unserem Herzen gibt es ein großes Maß von Selbstsucht. Laßt uns deshalb dieses alles wohl bedenken! Wenn schon die Juden durch das Gesetz belehrt wurden, eine freundliche Gesinnung den Armen gegenüber zu haben, wieviel mehr sollte bei uns, die wir durch das Evangelium Gott nahe gebracht sind und Seinen Geist empfangen haben, herzliches Mitgefühl und Hilfsbereitschaft gegenüber jedem menschlichen Elend gefunden werden!

Alb. v. d. Kammer.

Segen nach Leid.

Gar oft führt Gott Seine Kinder auf schwere und trübe Wege, um sie hernach Seine Liebe um so besser sehen zu lassen. So war es auch bei den drei Geschwistern in Bethanien, die ihr Herz und Haus dem HErrn geöffnet hatten, die Ihn allezeit mit ganzer Liebe empfingen, und bei denen der Herr Jesus sicher manche Stunde erlebte, die Ihm eine besondere Freude auf Seinem schweren Wege hienieden war.

Weit gefehlt ist es, zu glauben, diese Geschwister wären wegen ihres innigen Verhältnisses zum HErrn vom Leid verschont geblieben! Auch für sie kam ein dunkler Tag, der Tränen und Herzeleid brachte: Lazarus, der Bruder, wurde krank und drohte zu sterben. Die Schwestern, Maria und Martha, klagten aber nicht darüber, daß Gott solches zugelassen hatte, sondern sie rechneten mit der Liebe des HErrn und sandten die Botschaft an Ihn: „HErr, siehe, der, den Du lieb hast, ist krank.“ (Joh. 11)

Was muß es für den Herrn Jesus gewesen sein, daß sich Menschen in dieser Weise auf Seine Liebe stützten und sich auf sie beriefen, als sie Seine Hilfe erflehten! Und dennoch half Er nicht sofort. Wir sollten meinen, Er hätte sich eiligst nach Bethanien begeben, um den Schwestern zu zeigen, daß sie nicht umsonst zu Ihm gesandt hatten. So rechnet Menschenverstand, der HErr aber denkt anders. Er blieb noch zwei Tage an dem Orte, wo Er war, weil Er die Herrlichkeit Gottes offenbaren wollte.

Hätte Er gleich geholfen, dann hätten die Schwestern nur erfahren dürfen, daß der HErr von schwerer Krankheit heilen konnte. So aber, nachdem Lazarus gestorben war, durften sie erleben, daß Er als Lebensfürst die Fesseln des Todes zu sprengen vermochte.

Eine bange Wartezeit war es für die Schwestern. Vielleicht haben sie angefangen, an des HErrn Liebe zu zweifeln. Wie aber werden sie Ihm für die Stunden tiefster Not gedankt haben, als Er ihren Bruder auferweckt und Sich dadurch in Seiner göttlichen Liebesmacht geoffenbart hatte! So deutlich hatten sie seither noch nie erkannt, wie sehr Er sie liebte!

Des HErrn Zeitrechnung ist eine andere als unsere, und Seine Hilfsmaßnahmen sind viel wunderbarer als unsere sorgenvollsten Berechnungen. Je länger Er mit Seinem Eingreifen zögert, um so herrlicher ist hernach Seine Hilfe. Drum wohl uns, wenn wir warten können und auch im Leid mit Seiner Liebe rechnen!

Hans Metzger.

Frage und Antwort

Frage 1

Wie ist Matth. 2,1-11 im Vergleich zu Luk. 2,39 zu erklären? Nach der Matthäusstelle scheint der Aufenthaltsort des Joseph und der Maria mit dem Kindlein Jesus zur Zeit des Besuches der Magier vom Morgenlande Bethlehem gewesen zu sein, und zwar waren sie in einem Hause, nicht mehr im Stalle, während nach der Lukasstelle ihr Wohnort Nazareth war.

Antwort

In Lukas Kap. 2 wird uns V. 1-7 berichtet, daß Joseph mit Maria, seinem Weibe, der angeordneten Einschreibung wegen aus der Stadt Nazareth nach Bethlehem hinaufzog und dort der Herr Jesus geboren wurde. In V. 21 sehen wir, daß Er, „als acht Tage erfüllt waren“, beschnitten und Sein Name Jesus genannt wurde. Und V. 22 lesen wir: „Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz Moses erfüllt waren, brachten sie Ihn nach Jerusalem hinauf, um Ihn dem HErrn darzustellen.“ Nach 3. Mos. 12,1-4 trat dieser Zeitpunkt - das Erfülltsein der Tage ihrer Reinigung - 40 Tage nach der Geburt ein: 7 Tage war sie „unrein“, und 33 Tage mußte sie „im Blute der Reinigung bleiben“. So lange also hatten Joseph und Maria mit dem Kindlein Jesus in Bethlehem verweilt. Dann zogen sie in Befolgung des Gesetzes zu dem in V. 22 und 23 angegebenen Zwecke nach Jerusalem hinauf. Weiteres über ihr Dortsein lesen wir in V. 25-38. Und von Jerusalem kehrten sie dann in ihre Stadt Nazareth zurück, wie V. 39 uns sagt. Aus diesem Bericht ersehen wir klar, daß Joseph und Maria zu jener Zeit ihren Wohnsitz in Nazareth hatten und nach Verlauf der V. 4-38 berichteten Dinge diesen Wohnsitz auch beibehielten.

Was in Matth. 2 berichtet wird, ist in Luk. 2 unberührt gelassen, und umgekehrt. In beiden Fällen entspricht dies dem Charakter des betreffenden Evangeliums: Matthäus zeigt uns den

wurde, gemäß der Weissagung über die Geburt des erwarteten „Führers“, und der Bericht über die Magier aus dem Morgenlande, die Verfolgung seitens des Herodes und die Flucht nach Ägypten. Lukas aber zeigt Ihn als den vollkommenen Menschen - darum der eingehende Bericht über Seine Geburt usw. unter Übergehung der eben aufgeführten Dinge.

Was nun die Schwierigkeit des Einsenders obiger Frage betrifft, daß nach Matth. 2 Joseph und Maria mit dem Kindlein Jesus in einem Hause in Bethlehem gewohnt zu haben scheinen, als die Magier vom Morgenlande zu ihnen kamen (V. 11), während nach Luk. 2,39 sie ihren Wohnsitz in Nazareth hatten, so erinnern wir uns zunächst mit aller Entschiedenheit daran, daß es im Worte Gottes keine Widersprüche gibt. Also liegt auch hier auf keinen Fall ein solcher vor. Wie wir gesehen haben, ergibt sich aus Luk. 2 ganz klar, daß Joseph und Maria vor ihrer Reise nach Bethlehem in Nazareth wohnten, daß sie nach Bethlehem nur reisten, um sich dort „einschreiben“ zu lassen und dort nur blieben, bis „die Tage ihrer Reinigung erfüllt waren“, daß sie dann nach Jerusalem gingen, nur um dort dem Gesetz betreffs des Kindleins Jesus zu genügen, und daß sie dann nach Nazareth zurückkehrten, also weiter dort wohnten. Die Flucht nach Ägypten war später. Von Ägypten in das „Land Israel“ zurückgekehrt, nahmen Joseph und Maria mit dem Kindlein Jesus wiederum ihren Wohnsitz in Nazareth, wie Matth. 2,19-23 uns sagt, ohne daß dort ersichtlich ist, daß sie schon vorher dort gewohnt hatten. Letzteres kam für Matthäus nicht in Betracht. - Wie ist es nun mit V. 11 in Matth. 2? War das in Bethlehem, oder wo sonst? Der unbeeinflußte und nicht voreingenommene Leser von Matth. 2 wird nicht anders denken, als daß es in Bethlehem war. (Und das nimmt der Schreiber dieser Zeilen auch an.) V.8 lesen wir, Herodes und die Magier betreffend: „Und er sandte sie nach Bethlehem und sprach: Ziehet hin und forschet genau nach dem Kindlein ...“ Folglich war ihr Ziel nun Bethlehem, und wir lesen nichts davon, daß sie anderswohin gegangen seien, sondern nur, daß der Stern vor ihnen herging und sie dahin leitete, wo das Kindlein war. Wenn es nun so ist, daß es in Bethlehem war, dann sehen wir, daß Joseph und die Maria mit dem Kindlein Jesus in einem Hause waren, nicht in einem Stalle. Wenn letzteres überhaupt einmal der Fall war - die Schrift sagt es nicht -, dann war es eben nicht mehr so. Und was die Zeit betrifft, müßte das Eintreffen der Magier bei Joseph und Maria und dem Kindlein Jesus vor Ablauf der vorerwähnten

der Geburt des Herrn Jesus; nicht erst später, wie vielfach angenommen wird. Denn wenn letzteres (daß die Magier erst später eingetroffen seien) der Fall gewesen wäre, dann könnten sie das Kindlein Jesus nicht mehr in Bethlehem gefunden haben, sondern nur in Nazareth. Dann müßte also das in Matth. 2,11 Berichtete in Nazareth geschehen sein. Das ist aber nach dem ganzen Bericht Matth. 2 unwahrscheinlich. Deshalb nehmen wir an, daß es in Matth. 2,11 sich um Bethlehem handelt, ehe Joseph und Maria mit dem Kindlein Jesus von dort wieder weggegangen waren, und daß sie danach von da, wie Luk. 2,22-39 berichtet, nach Jerusalem gingen und von dort nach Nazareth zurückkehrten.

Th. Küttner.

 

„Er zog seinen Weg mit Freuden.“

(Apgesch. 8,39)

Wie ist es, lieber Leser, ziehst du deinen Weg mit Freuden? Kinder Gottes sollen glückliche Menschen in dieser Welt sein, und ein glücklicher Mensch zieht seine Straße mit Freuden, unabhängig von den Verhältnissen und Umständen, in denen er sich befindet.

Von dem Herrn Jesus lesen wir, daß Er in einer Stunde, da Er verworfen wurde, im Geiste frohlockte und sprach: „Ich preise Dich, Vater!“ (Luk. 10,21) So, wie Er frohlockte und Seinen Vater pries in der bitteren Stunde Seiner Verwerfung, ebenso können auch wir, die wir Ihm angehören, frohlocken und unseren Weg mit Freuden ziehen.

Der Kämmerer tat es. Er war jungbekehrt, aber er zog seinen Weg mit Freuden. Der Geist des HErrn hatte Philippus von seiner Seite hinweggenommen und ihn allein gelassen. Er reiste in ein Land, wo er vielleicht nicht einen fand, der dem HErrn angehörte. Und doch zog er seinen Weg dorthin mit Freuden. Und warum sollte er seinen Weg nicht mit Freuden ziehen? Gott hatte seine Seele vom Verderben erlöst und sein Auge von den Tränen. Kämpfe und Versuchungen mochten dort seiner warten, aber er hatte Frieden mit Gott durch den Herrn Jesus Christus,

konnte ihm fehlen. Wohl hatte er wie wir alle auf dem Wege viel zu lernen, sind wir doch in uns selbst schwach und sündig und tragen ein Gesetz der Sünde in unseren Gliedern, das uns in Gefangenschaft bringen will (Röm. 7,23); aber wir lernen auch den Erretter kennen, der uns in die Befreiung führt.

Der Kämmerer zog seinen Weg mit Freuden. Und wohin führt dieser Weg der Freude? Er führt zu dem Tage, an dem wir eingehen in die Freude unseres HErrn. Der Weg mag durch das Tal der Todesschatten gehen oder auch uns zu der Stunde führen, da der Herr Jesus mit gebietendem Zuruf kommt und die Seinigen von dieser Erde entrückt, um allezeit bei Ihm zu sein.

Dorthin führt der Weg, lieber Leser, den der Kämmerer mit Freuden zog, und dieser Weg ist auch unser Weg. Können wir ihn nicht auch mit Freuden ziehen?

Was machte sein Herz so glücklich, daß er seinen Weg mit Freuden zog? War es sein hoher Rang und Stand, den er in der Welt einnahm? Manche streben nach einer hohen Stellung und meinen, wenn sie eine solche erreichten, wären sie glücklich. Der Kämmerer hatte sie, aber sie machte ihn nicht glücklich; er sehnte sich nach der wahren Glückseligkeit. Deshalb machte er die weite Reise von Äthiopien nach Jerusalem, um sie dort im Tempel zu finden. Und wenn du, lieber Leser, danach trachtest, eine hohe Stellung zu erringen, so wirst du die gleiche Erfahrung des Kämmerers machen, daß sie dein Herz nicht befriedigen kann. Und selbst wenn du dein Ziel erreichtest und dich daran erfreutest, wie lange würde deine Freude währen? Wie lange hatten Alexander und Napoleon ihren hohen Rang? Waren sie glückliche Menschen? Weißt du, wie sie starben? Wo ist alles das geblieben, was sie errangen? Und wenn sie eine kurze Zeit daran Freude hatten, ihre Freude währte nicht lange. Die Freude aber, die der HErr uns gibt, bleibt in Ewigkeit. Der HErr sagt: „Euer Herz wird sich freuen, und eure Freude nimmt niemand von euch.“ (Joh. 16,22)

Oder denkst du, daß Reichtum glücklich macht? Möchtest du reich sein? Suchst du Gold und Silber anzusammeln und Besitztümer dieser Welt zu erwerben? Höre, was Gott zu dem Manne

fordern; was du aber bereitet hast, für wen wird es sein?“ (Luk. 12,20) „Die Geldliebe ist eine Wurzel alles Bösen, welcher nachtrachtend etliche von dem Glauben abgeirrt sind und sich selbst mit vielen Schmerzen durchbohrt haben.“ (1. Tim. 6,10) Reichtum und Besitz machen nicht glücklich. Der Kämmerer war nicht nur „ein Gewaltiger“, er war auch gesetzt über den ganzen Schatz der Königin der Äthiopier, aber glücklich war er nicht. Jage nicht den Dingen nach, die nicht glücklich zu machen vermögen, die dich aber mit vielen Schmerzen durchbohren können! Laß dich warnen vor der Habsucht; sie ist Götzendienst, und um ihretwillen kommt das Zorngericht Gottes über die Söhne des Ungehorsams. (Kol. 3,5.6) Sei nicht unter ihnen!

Auch Religion und Frömmigkeit können dem Herzen nicht Ruhe und Frieden geben. Der Kämmerer war ein religiöser und frommer Mann. Er reiste eigens von Äthiopien nach Jerusalem, um dort an geheiligter Stätte anzubeten. In diesem hehren Tempel hoffte er das verborgene Sehnen seiner Seele nach Frieden mit Gott zu stillen. Fand er, was er suchte? Nein! Frömmigkeit, religiöse Gebräuche, Gottesdienste sah er dort. Aber auch diese konnten ihm keinen Frieden geben. Dies kann nur einer - Er, der den Frieden gemacht hat. Über Diesen aber hatten sie gerufen: „Kreuzige, kreuzige Ihn!“ (Luk. 23,21-23) und Ihn alsdann durch die Hand der Gesetzlosen ans Kreuz geheftet und umgebracht. (Apgesch. 2,23) Was blieb ihnen noch? Ein herrlicher Bau, pompöse Gottesdienste und Zeremonien. Diese aber können den verworfenen Sohn Gottes, den Heiland der Sünder, nicht ersetzen. Den heiligen Tempel, bei dem sie ihre Schwüre abgaben, den hatten sie zu einem Kaufhause und zu einer Räuberhöhle gemacht. Ist es deshalb zu verwundern, daß der Kämmerer unbefriedigt und mit leerem Herzen in sein Land zurückkehrte?

Wenn du, lieber Leser, geheiligte Stätten und Gottesdienste aufsuchst, um darin den Frieden für dein Herz zu finden, so wirst du die Erfahrung des Kämmerers machen und leeren Herzens bleiben. Hohe Worte und feierliche Zeremonien mögen dich begeistern, liebliche Gesänge und herrliche Musik dich entzücken, deine Gefühle berauschen, dich beseligen und erbauen; dieses alles kannst du haben ohne Christus. Die glückselige Gewißheit der Vergebung, die Freude der Erlösung und des Friedens mit Gott aber kannst du nie auf diesem Wege erlangen.

Sieh' den Kämmerer! Er suchte Frieden. Auf welcher Grundlage wollte er ihn finden? Er wollte Gott Anbetung darbringen, aber ohne den Mittler und ohne mit Gott versöhnt zu sein. Er erwartete die Versöhnung und den Frieden mit Gott als eine Antwort Auf seine Anbetung und seine frommen Übungen.

Tausende gleichen hierin heute noch dem Kämmerer. Sie erwarten ihre Errettung und Seligkeit durch ihr Gehen in die Gottesdienste und durch die frommen Dinge und Übungen, die sie tun. Christus aber hat das Werk zur Sühnung unserer Sünden vollbracht durch das ein für allemal geschehene Opfer Seines Leibes. (Hebr. 10,10) Mit unseren Werken und unserer Frömmigkeit uns mit Gott versöhnen zu wollen ist nichts anderes als ein Beiseitesetzen des Werkes Christi. Frieden mit Gott kann nicht durch Werke, sondern nur auf Grund des Glaubens an Den erlangt werden, Der Frieden gemacht hat durch das Blut Seines Kreuzes. (Röm. 5,1f.; Kol. 1,20)

Die Geschichte des Kämmerers zeigt uns somit, daß ein hoher Stand, Reichtum und Religion die Not der Seele nicht stillen können. Laßt uns nun sehen, wie dieser Mann den Frieden fand, der ihn so glücklich machte, daß er nun seine Straße mit Freuden zog.

Er ist auf der Rückkehr; niemand hatte ihm den Weg zum Frieden zeigen können. Nur blinde Blindenleiter hatte er gefunden. Den, den er nicht im Tempel fand, den fand er jetzt auf dem Weg, der „öde“ ist.

Er suchte aufrichtigen Herzens. Apgesch. 8,21 lesen wir von einem Manne, dessen Herz nicht aufrichtig war vor Gott und deshalb weder Teil noch Los an dem Werke und Wirken Gottes hatte und in der Finsternis blieb. Gott aber, gnädig, barmherzig und gerecht, läßt dem Aufrichtigen das Licht in der Finsternis aufgehen. (Ps. 112,4) Er fügte es, daß der Kämmerer in den Besitz einer Abschrift des Propheten Jesaja gelangte. Es ist dem Kämmerer nicht genug, die Heilige Schrift zu besitzen; er liest sie auch. Er ist allein mit dem Worte seines Gottes, und das, was er in Jerusalem nicht gefunden hat, das sucht er jetzt weiter in der Schrift des Propheten. Er kennt den Weg des Heils nicht und weiß nichts von Jesus, dem Sohne Gottes, dem einzigen Heiland; aber er ringt nach Licht.

Gott sieht sein Verlangen und kommt ihm zu Hilfe. Ein Engel des HErrn, einer der Diener derer, die die Seligkeit ererben sollen, beauftragt Philippus, den „öden“ Weg nach Gaza zu gehen. Gott führt die beiden zusammen - den, der den Weg kennt, mit dem, der den Weg sucht. Wunderbar sind Gottes Wege! Manche unserer teuren Leser könnten sicher auch von wunderbaren Gottesführungen erzählen, wie Gott auch ihnen in den Dunkelheiten und den Fragen ihres Herzens einen Philippus sandte. Der Kämmerer las das Wort nicht nur still für sich; er las es laut. Er versteht die Worte des Propheten nicht; vielleicht suchte er durch lautes Lesen dieselben leichter zu verstehen. Wie müht er sich, das Wort des Propheten zu erfassen! Plötzlich vernimmt er neben seinem Wagen die Worte: „Verstehst du, was du liesest?“ Ein Fußgänger, ein Fremdling, ruft ihm diese Worte zu. Ehrlich und einfach antwortet er: „Wie könnte ich, wenn nicht jemand mich anleitet.“

Hier zeichnet uns der Heilige Geist das Bild einer aufrichtigen und ernstlich suchenden Seele. Er ist durch diese Frage nicht beleidigt; er fühlt seine Unwissenheit, und aufrichtig bekennt er sie. Die Frage des Philippus läßt ihn vermuten, daß der Fremdling ihm helfen könne, und er bittet ihn, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen. Er fragt nicht, wer Philippus ist; er wünscht nur, Licht zu haben, durch wen es auch sei. Dies zeigt uns den Ernst, mit dem er sucht.

Nun findet auf dem Wagen gleichsam eine Bibelstunde und Evangeliumsverkündigung statt. Von dieser Jesajastelle anfangend, verkündigt ihm Philippus nun das Evangelium von Jesus. Welche Freude ist es für Philippus und für jeden Gläubigen, zu einer nach Frieden dürstenden Seele von dem Heiland zu reden. Und wunderbar ist das Walten der unsichtbaren Hand Gottes - der Kämmerer muß das 53. Kapitel des Propheten Jesaja lesen: „Er wurde wie ein Schaf zur Schlachtung geführt ...“ Sehen wir hierin nicht den Zug des Vaters zum Sohn? Diese Schriftstelle war es gerade, die für ihn paßte. Daß sein Blick gerade auf diese Stelle gerichtet wurde, zeigt uns, wohin der Sünder sein Auge wenden soll. Golgatha ist der Ort, wo der Grund zur Rettung des Sünders gelegt wurde.

Der Kämmerer fragt: „Von wem sagt der Prophet dieses?“ Er kann nicht begreifen, wie ein

verkündigt Philippus ihm das Evangelium von Jesu. Er spricht zu ihm von Jesu, dem Sohne Gottes, der auf diese Erde kam, um für verlorene Sünder zu sterben und Sein Volk zu erretten von ihren Sünden (Matth. 1,21), aber von den Menschen verworfen und gekreuzigt wurde. Sein Leben wurde von der Erde hinweggenommen, da Er als das Weizenkorn in die Erde gelegt wurde. Sein Geschlecht wird nicht mit dem auf der Erde lebenden, sondern mit dem aus den Toten auferstandenen und verherrlichten Christus jetzt gefunden. Seine Nachkommenschaft sind die an Ihn Glaubenden, und in ihnen wird Er jetzt gesehen.

Das lebendige Wort Gottes wirkt in seinem Herzen, und himmlisches Licht der Liebe Gottes erfüllt seine Seele. Er sieht, daß das, was der Prophet geschrieben, auch ihm gilt, daß Christus Jesus auch für seine Sünden starb, und sein Glauben verbindet sich mit Dem, der auf Golgatha die Strafe zu seinem Frieden trug. Alles, was er brauchte, findet er in dem Herrn Jesus, dem kostbaren Namen, der den Menschen gegeben ist, in welchem sie errettet werden müssen! (Apgesch. 4,12) In Ihm findet er sein Heil und den Frieden, nach dem sich seine Seelen solange gesehnt hat.

Auf ihrer Fahrt kommen sie an ein gewisses Wasser. Der Kämmerer spricht: „Siehe, da ist Wasser, was hindert mich, getauft zu werden.“ Ohne Zweifel hatte Philippus von dem letzten Befehl des HErrn auf dieser Erde zu ihm gesprochen: „Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium der ganzen Schöpfung. Wer da glaubt und getauft wird, wird errettet werden.“ (Mark. 16,15.16)

Sein Glaube hatte Den angenommen, dessen Leben auf Golgatha von der Erde weggenommen war. Hatte Er, der für ihn starb, die Welt des Fleisches verlassen, so geziemte es sich auch für ihn, sie zu verlassen und in dem Sinnbilde der Taufe sein Einsgemachtsein mit dem Kreuze und dem Grabe seines HErrn und Heilandes zu bekennen. Hier in der Taufe wurde sozusagen der schwarze Mann begraben, um fortan in der Neuheit des Lebens zu wandeln. (Röm. 6,4) Nicht nur seine Sünden mußten weggetan werden, auch er selbst als ein Mensch im Fleische mußte hinweggetan - begraben werden.

irdische Gefäß und Werkzeug wird von ihm genommen, aber die Quelle alles Lebens - Christus - bleibt, und Er ist genug für ihn. Er zieht seine Straße mit Freuden. Er hatte seinen Heiland gefunden, Jesus, den Sohn Gottes, der ihn geliebt und Sich Selbst für ihn hingegeben hat.

Die Freude, mit der er seinen Weg zog, war keine zukünftige, sondern eine gegenwärtige, die er jetzt auf seinem Wege genoß. Kennen wir diese Freude? Genießen wir sie? Wir erlangen sie nicht durch unsere Anstrengung; diese Freude liegt in der Gemeinschaft mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus. Möchten wir in dieser Freude unsere Straße ziehen!

Alb. v. d. Kammer.

Der Sinn des Alten Testaments.

Christus ist durch das Alte Testament im Kommen begriffen. Das Evangelium ist im Alten Bunde am Werden. „Das Alte Testament ist Morgendämmerung und Morgenrot. Das Morgenrot gehört zur Sonne. So gehört das Alte Testament zu Jesus Christus“ (Professor Emil Brunner).

Deutlich zerfällt die alttestamentliche Vorgeschichte in zwei Hauptabschnitte:

Die Uroffenbarung von Adam bis Abraham, ungefähr 2400 Jahre, wo Sich Gott in der ganzen Menschheit, und zwar vornehmlich als Herrscher und Weltregierer, bezeugt (1. Mos. 1-11), und

die vorbereitende Heilsoffenbarung von Abraham ab, ungefähr 1900 Jahre, wo Er Sich zunächst in einem kleineren Kreise und vor allem als zu erwartender Erlöser und Heiland bezeugt.

Unverkennbar zerlegt sich die vorbereitende Heilsoffenbarung wiederum in zwei Unterteile: den Abrahamsbund und den Bund des Gesetzes.

Der Abrahamsbund ist die Grundlage von allem Folgenden. Abraham ist der „Vater aller Gläubigen“. (Röm.

4,11.12) Der Segen, der hinfort allen Glaubenden zuteil werden soll, ist durchaus „Segen

Abrahams“ (Gal. 3,14; vgl. V.9), der in Christo Jesu zu allen Menschen gelangt.

Im Abrahamsbund sind schon alle Hauptgrundsätze der neutestamentlichen Gnadenoffenbarung dem Keime nach enthalten: die Bedingungslosigkeit der Erlösung in freier Rechtfertigung und Verherrlichung (1. Mos. 15,6; Röm. 4,9-16), das Fundament der Erlösung als Auferweckungsmacht Gottes (Röm. 4,17-25; Hebr. 11,19), der Mittler der Erlösung als erwarteter Same (Gal. 3,16; Joh. 8,56-58), das Ziel der Erlösung als ersehnte himmlische Stadt. (Hebr. 11,9.10) So wird klar, daß das Evangelium des Gemeindezeitalters durchaus Fortsetzung und Verklärung des Abrahamsbundes ist, daß also der „Neue“ Bund seinem Wesen nach älter ist als der mit Mose (Hebr. 8,8.9) beginnende „Alte“ Bund.

Aber warum kam dann Christus nicht schon zur Abrahamszeit (um 1900)? Sagt uns das Neue Testament nicht klar, daß es bei der Erlösung, was die Menschenseite betrifft, allein auf den Glauben ankommt? (Röm. 3,28) Und war nach der Schrift dieser Glaube nicht in Abraham schon da, und zwar sogar schon in sehr entwickeltem Maße? Ist da eine Gesetzesperiode von 1500 Jahren nicht überflüssig, ja unnötig aufhaltend und geradezu ein Rückschritt?

Und doch gab Gott das Gesetz so majestätisch mit Donnern und Blitzen, unter Bergbeben und Posaunenhall! (2. Mos. 19,16-18; Hebr. 12,18) Und dennoch ließ er die im Schatten des Todes dahinschmachtende Menschheit noch anderthalb Jahrtausende auf das Kommen des Erlösers warten! (Jes. 9,1.2) Hierfür muß es gewichtige Gründe geben. Welche aber sind diese?

Die Antwort Der Schrift ist, daß der Hauptsinn des Gesetzes in der Ausgestaltung der Erlösererwartung durch Offenbarmachung der menschlichen Sündhaftigkeit bestehe und daß dadurch das Gesetz ein „Zuchtmeister auf Christum“ sei, und zwar auf Ihn als den Heiland der Sünder. (Röm. 3,20; 7,7; Gal. 3,19.24) Nicht etwa „beiseitegesetzt“, sondern ergänzt hat es ihn und ist neben ihn gestellt. Es wurde „hinzugefügt“. (Gal. 3,19; Röm. 5,20)

Dennoch war diese Hinzufügung nötig. Denn bei aller Erhabenheit und Tiefe des Abrahamsbundes fehlte ihm doch die genügende Betonung der Sünde. In dieser noch gar zu geringen Entfaltung der menschlichen Verlorenheit und Unfähigkeit zur Selbsterlösung lag seine

Hauptunvollständigkeit; und doch war gerade ihre Erkenntnis die wichtigste Voraussetzung für das Erleben von Golgatha! Darum mußte er ergänzt werden, und das geschah durch das Gesetz. „Durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“ (Röm. 3,20) Darum ist Heiligkeit des HErrn sein eigentlicher Grundgedanke. Es ist die Heiligkeitsoffenbarung Gottes an den unheiligen Sünder. Es ist die auf der Schaubühne der Weltgeschichte als Musterbeispiel gegebene, für Israel eingesetzte Kundgebung des göttlichen Willens für das moralische Verhalten der Menschen. Durch das Gesetz wird die Sünde als „Zielverfehlung“ und Übertretung (Röm. 4,15), als Ungehorsam und Rebellion offenbar gemacht. Wohl gab es schon vor Mose immer wieder von Fall zu Fall „Gebot“ und „Übertretung“ (Röm. 5,14.18; 1. Tim. 2,14); aber erst seit Mose gab es eine ununterbrochen fortlaufende, Jahrhunderte hindurch wirkende, systematische Erziehungsinstitution für Sündenerkenntnis in Wort und Symbol. (2. Mos. 20; Hebr. 10,3; 9,7)

Fortan zerfällt die ganze vorchristliche Heilsoffenbarung in zwei Hauptabschnitte; den Verheißungsbund und den Bund des Gesetzes. In jenem steht das Positive, in diesem das Negative im Vordergrund. Bei Abraham ist es der Segen (Gal. 3,9.14), bei Mose der Fluch (Gal. 3,13), bei Abraham das Leben (Röm. 4,17-25; Hebr. 11,19), bei Mose der Tod. (2. Kor. 3,6; Röm. 7,9.10) Der Mosesbund gipfelt in der Kreuzigung (Gal. 2,19.20; 3,13), der Abrahamsbund in der Auferstehung. (Hebr. 11,19; Röm. 4,17; 19,23-25) Das Gesetz ist Karfreitag, die Verheißung Ostersonntag.

Aber sie beide gehören zusammen. Denn der Sünder soll erlöst werden, und dazu ist Erneuerung und Wiedergeburt nötig. Wiedergeburt aber hat menschliche Bekehrung zur Voraussetzung, und Bekehrung ist zweierlei: Abkehr und Hinkehr, ein „Nein“ zu sich selbst und ein „Ja“ zu Gott, oder, neutestamentlich ausgedrückt, Buße und Glauben. Erst hier aber offenbart sich uns der eigentliche Sinn der alttestamentlichen Vorgeschichte:

Jahrhunderte hindurch spricht Gott das Wort „Glaube“ in die Heilsgeschichte hinein - das ist der Sinn des Abrahamsbundes. Er ist eine zwei Jahrhunderte lang währende Erziehung zum Glauben.

Und

Jahrhunderte hindurch spricht Gott das Wort „Buße“ in die Heilsgeschichte hinein - das ist der Sinn des mosaischen Gesetzes. Es ist eine anderthalb Jahrtausende lang währende Erziehung zur Buße.

„Tut Buße“ und „Glaubet an das Evangelium“, sagt Christus (Mark. 1,15) und umschließt somit alle beide zu erlösender Einheit. Das ist der neutestamentliche Sinn des Alten Testaments.

Zu diesen beiden Hauptsäulen der alttestamentlichen Gottesoffenbarung - dem Abrahamsbund und dem Gesetz - tritt aber als drittes noch die Messiasprophetie hinzu. Zielbewußt voranschreitend im Lauf der Jahrhunderte, schildert sie in immer enger werdenden, konzentrischen Lichtkreisen, einer sich nach oben hin verjüngenden Pyramide gleich, das Kommen des Welterlösers. Der Heiland der Welt stammt:

aus der Menschheit, ist „Weibessame“ (1. Mos. 3,15), so heißt es zur Zeit Adams und Evas (um 4300);

aus Sems Geschlecht (1. Mos. 9,20), so prophezeit Noah (um 2300);

aus Abrahams Samen (1. Mos. 12,1-3), so sagt ihm Gott Selbst (um 1900);

von allen Nationen, die von Abraham stammen, aus Israel - so beweisen es die Bundesübertragungen an Isaak und Jakob (um 1850), vgl. 1. Mos. 26,3.4; 28,13.14;

von allen Israeliten aus dem Königsstamm Juda (1. Mos. 49,10), so heißt es um 1800;

von allen Vaterhäusern Judas aus Isais Geschlecht und insonderheit aus Davids Nachkommenschaft (1. Chron. 17,3-14; 2. Sam. 7,4-16), so besagt es die Sendung des Propheten Nathan an David (um das Jahr 1000).

So ist die Prophetie in stufenweisem Aufgang des Lichts vom Allgemeinen zum Besonderen

vorangeschritten, vom Amt zum Amtsträger, vom Sachlichen zum Persönlichen, gleichsam von „Christus“ zu „Jesus“. Das Alte Testament ist ein „Ziehen des Vaters zum Sohne“ gewesen (vgl. Joh. 6,44), gleichwie das Neue Testament ein „Ziehen des Sohnes zum Vater hin“ ist. (1. Kor. 15,28) Das Alte Testament gleicht einem gestirnten Nachthimmel, das Neue einem sonnenhellen Tage.

„Die Propheten sind die Sterne und der Mond; aber Christus ist die Sonne.“ (Luther.) Von Ihm „zeugen alle Propheten, daß durch Seinen Namen alle, die an Ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen“. (Apgesch. 10,43) Christus ist das Thema des Alten Testaments. So hat Er es Selber gesagt. (Joh. 5,39; Luk. 24,25-27.46) So bezeugt es Sein größter Apostel. (1. Kor. 15,3.4; Apgesch. 26,22.23) Erst von dem König der Schrift aus kann das Zeugnis Seiner vorausgesandten Herolde verstanden werden. Erst von dem Neuen Testament aus löst sich die Frage nach dem Alten Testament.

Erich Sauer.

Die Toten in Christo.

(1. Thess. 4)

Der Tod kann uns (den Gläubigen) nichts von den Segnungen rauben, zu denen Gott uns berufen hat. Gott hat uns gesetzt zur Erlangung der Seligkeit durch unseren Herrn Jesus Christus. (1. Thess. 5,9) Nichts, selbst nicht der Tod kann uns um diesen Segensvorsatz Gottes bringen. Gott Selbst ist es, der uns gerechtfertigt und mit dem Heiligen Geiste versiegelt hat. Wer will Anklage wider uns erheben? Wenn das Evangelium in der Kraft des Geistes in uns wirksam ist, so stehen wir schon jetzt im Genuß der Liebe Gottes und werden bewahrt und frei gemacht von den Einflüssen, die uns einst gefangenhielten. Äußerlich aber, als noch in der Welt lebend und vor den Augen der Menschen, nehmen wir noch teil an den Leiden, Nöten und dem Tode - den Dingen, die die Sünde über die Menschen gebracht hat.

nicht nur wenn wir leben, sind wir des HErrn, sondern auch wenn wir sterben, sind wir des HErrn. (Röm. 14,8) So sagte der HErr einst in bezug auf Johannes: „Wenn Ich will, daß er bleibe, bis Ich komme“ - in bezug auf Petrus dagegen spricht Er von dessen Tode, mit welchem er Gott verherrlichen sollte. (Joh. 21,19.22) Damit zeigt der HErr, daß sowohl das Leben als auch der Tod der Seinigen von Seinem Willen abhängen. Seitdem Er für uns gestorben ist, ist der Tod keine zwingende Notwendigkeit für uns. Und selbst wenn er eintritt, so ist dies für uns kein Zeichen von Gottes Mißfallen, sondern wir „entschlafen durch Jesum“. (1. Thess. 4,14) Stephanus starb, als er die Wahrheit bezeugte, und indem er dies tat, befahl er seinen Geist dem HErrn an. In dieser ernsten Stunde war er sich voll bewußt, daß er sich unter der waltenden Hand und Sorge des HErrn befand, der seinen Geist aufnehmen werde. An anderer Stelle wird uns gesagt, daß der HErr die Schlüssel des Todes und des Hades hat. (Offenb. 1,18) Die Seinigen, die ausheimisch von dem Leibe sind, sind schon bei Ihm. (2. Kor. 5,8) Paulus wußte, daß bei Christus zu sein das weit Bessere für ihn sei, das Nötigere für die Gemeinde aber sei, noch im Fleische zu bleiben. Und trotz seines Verlangens, bei Christo zu sein, wählte er das Bleiben im Fleische. (Phil. 1,23ff.)

Der Apostel enthüllt den Thessalonichern nun die Wege Gottes in bezug auf die Entschlafenen. Er will sie nicht darüber in Unwissenheit lassen, damit sie sich nicht betrüben wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Der Geist Gottes hat die Gläubigen mit Banden der Liebe verbunden, die über den Tod hinausgehen; denn sie selbst waren von Gott gelehrt, einander zu lieben (V. 9). Diese Liebe bewegt deshalb unsere Herzen, das Walten Gottes in bezug auf die entschlafenen Gläubigen in Christo zu kennen. Er sagt ihnen, daß, wenn wir glauben, daß Jesus gestorben und auferstanden ist, also auch Gott die durch Jesum Entschlafenen mit Ihm bringen wird. Diese Thessalonicher erwarteten Gottes Sohn vom Himmel, den Er von den Toten auferweckte, den Herrn Jesus. Jetzt werden sie darüber unterrichtet, daß Gott mit Ihm auch die Entschlafenen wiederbringen werde. Dann wird es sich zeigen, daß sie keineswegs etwas eingebüßt haben von dem, zu welchem sie berufen waren.

Alsdann sagt er ihnen „im Worte des HErrn“ (wie die Botschaft eines Propheten), wie sich alles ereignen wird. Er bekundet, daß es Gläubige geben wird, die bis zum Kommen des HErrn noch

am Leben geblieben sind. Obwohl diese niemals durch den Tod gehen werden, so werden sie doch nicht den Vortritt vor denen haben, die entschlafen sind. Wenn der HErr in Seiner göttlichen Kraft kommt, mit der Er vermag, Sich alle Dinge zu unterwerfen (Phil. 3,21), so wird die erste Ausübung Seiner Macht zugunsten der Entschlafenen in Christo sein. Die Toten in Christo werden zuerst auferstehen.

Es ist sehr wichtig, zu beachten, in welcher Weise der HErr hier dargestellt wird. Es ist der „HErr Selbst“ in Seinem Charakter als „HErr“. Einst kam durch Ihn das wunderbare Licht Gottes aus dem Himmel zu uns. Jetzt kommt Er als der HErr vom Himmel, um die Herrschaft anzutreten über alles, was auf Erden ist, und die erste Kundgebung Seiner Macht ist Sein Anspruch auf die Leiber der Heiligen. Der HErr wird uns hier mit allen Zeichen Seiner Herrschaft und Macht gezeigt. Er kommt mit gebietendem Zuruf, durch den Er alles in Ordnung bringen wird nach dem ewigen Vorsatz Gottes. Er kommt mit der Stimme eines Erzengels. Die Schrift sagt uns nicht viel von der Tätigkeit der Engel. Sicher hat Gott Seine Absicht damit. Außer anderem aber finden wir ihre Tätigkeit in Verbindung mit den Toten. Der HErr sagt von Lazarus (Luk. 16,22), daß er von Engeln getragen wurde, und aus Judas 9 ersehen wir, daß der Erzengel Michael mit dem Leibe Moses zu tun hatte und er dabei dem Widerstand des Teufels begegnete. Was auch immer die Aufgaben der Engel sein mögen, hier lesen wir, daß der HErr (der das Haupt aller Fürstentümer und Gewalten ist), wenn es sich um die Leiber der entschlafenen Heiligen handelt, mit der Stimme eines Erzengels kommt. Alle Herrschaft ist in Ihm vereint.

Die „Posaune Gottes“ dürfte Beziehung haben auf die Verordnung für Israel im 4. Buche Mose, Kapitel 10. Wenn der Augenblick für den Abmarsch des Feldlagers gekommen war, dann hatten die Priester, die den Willen Gottes kannten, die Posaunen zu blasen, gerade so als zur Zeit des Krieges. Es gab Feinde, die sich dem Marsche des Volkes Gottes widersetzten, aber Gott, gesehen in der Bundeslade, erhob Sich vor ihnen her, und Seine Feinde wurden zerstreut, und die, welche Ihn haßten, flohen vor Seinem Angesicht. Gottes Volk konnte abmarschieren, ob vom Osten oder vom Süden, siegreich zogen sie dem Ruheorte Gottes entgegen, denn der HErr war vor ihnen ausgezogen.

In welcher Vollkommenheit offenbart sich die Autorität und Macht des HErrn! Die Toten in Christo stehen zuerst auf; alsdann werden die Lebenden zusammen mit ihnen in Wolken entrückt, um dem HErrn in der Luft zu begegnen. Es ist nicht nur die Wahrheit der Auferstehung, die wir in diesem Schriftabschnitt vor uns haben (wie in 1. Kor. 15), sondern Auferstehung im Blick auf unsere himmlische Vereinigung mit dem HErrn. Ob wir sterben oder am Leben bleiben bis zu Seinem Kommen, wir werden zusammen entrückt, um dem HErrn zu begegnen und für immer bei Ihm zu sein. Da, wo Er ist, da werden auch wir sein, denn wir werden allezeit bei Ihm sein.

Viel - große Ereignisse erwartet die Welt; wenn der HErr Seine Herrschaft und Macht antritt, dann wird Er Seine Engel aussenden, und sie werden aus Seinem Königreiche alle Ärgernisse zusammenlesen und die das Gesetzlose tun. (Matth. 13,41) Alles wird Seinen Füßen unterworfen werden. Es ist aber ein kostbarer Gedanke, daß die ersten Taten Seiner Macht sich auf diejenigen erstrecken, die Sein Eigentum sind, indem Er, die da schlafen, auferweckt und die ganze Schar zu Sich entrückt, um mit Ihm geoffenbart zu werden in Herrlichkeit. (Kol. 3,4)

Dieses köstliche Licht der Wiederkunft unseres HErrn läßt Gott uns auf unserem Pfade durch diese Welt, der von Sorge und vom Tod umsäumt ist, leuchten. Es soll uns eine Stärkung sein, um mit Ausharren auf den HErrn zu warten und dem gesegneten Augenblick entgegenzusehen, der uns in die Gegenwart des HErrn führt, um auf ewig bei Ihm zu sein.

A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.

Wache auf!

„Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten!“ (Eph. 5,14)

Ein Weckruf für Gläubige! Ist das denn möglich, daß sie Toten gleichen? Gottes Wort stellt fest: „Als aber der Bräutigam verzog, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.“ (Matth. 25,5) Doch

jetzt ist nicht die Zeit zum Schlafen, denn der Bräutigam naht, „gehet aus, Ihm entgegen“. (Matth. 25,6)

„Glückselig jene Knechte, die der HErr, wenn Er kommt, wachend finden wird!“ (Luk. 12,37a)

Deshalb wache auf! So ruft dich der HErr.

Wache auf, der du dich in die Beschäftigungen des Lebens verwickelt hast (2. Tim. 2,4), der HErr bedarf deiner!

Wache auf, der du müßig beiseite stehst! Gehe in Seinen Weinberg! (Matth. 20,4)

Wache auf, der du nur ißt und trinkst und arbeitest und tot bist für den HErrn! Der HErr braucht Streiter. „Ihr werdet Meine Zeugen sein!“ (Apgesch. 1,8)

Wache auf, der du berückt bist von dem berauschenden Trank dieser Welt! Der HErr ist nahe. (Phil. 4,5b)

Wache auf, der du müde und matt geworden bist, und der Christus wird dir leuchten!

Satansfront ist wach und marschiert; schon bricht sie in unsere Reihen. Daher der Schlafgeist, daher die Müdigkeit, daher die Gebetslosigkeit. „Es ist aber nahe gekommen das Ende aller Dinge. Seid nun besonnen und seid nüchtern zum Gebet.“ (1. Petr. 4,7) So mahnt Gottes Wort.

Wache auf, der du den Bruder kritisierst oder gar bekämpfst. Du kritisierst und bekämpfst Christus. „Was verfolgst du Mich?“ (Apgesch. 9,5) Du hast deine erste Liebe verlassen. Nie hättest du das damals tun können. „Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke“ (Offenb. 2,5), denn der HErr sagt: „Vor allen Dingen aber habt untereinander eine inbrünstige Liebe, denn die Liebe bedeckt eine Menge von Sünden.“ (1. Petr. 4,8) Ja, sie bedeckt sie, aber sie trägt sie nicht hinten herum von Haus zu Haus und posaunt sie auch nicht weit in die Welt hinaus. Der du das tust, wache auf, du bist gleich den Toten rings um dich her.

Christus braucht Menschen, die da wachen, die bereit sind, für Ihn einzutreten, die da vermögen am bösen Tage zu widerstehen und die, wenn sie alles ausgerichtet haben, noch fest auf den Füßen stehen (Eph. 6,13), deshalb, „Brüder, seid stark in dem HErrn und in der Macht Seiner Stärke“. (Eph. 6,10)

„Glückselig jene Knechte, die der HErr, wenn Er kommt, wachend finden wird! Wahrlich, Ich sage euch: Er wird Sich umgürten und sie sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen. Und wenn Er in der zweiten Wache kommt und in der dritten Wache kommt und findet sie also - glückselig jene Knechte!“ (Luk. 12,37.38)

Frhr. v. Schleinitz.

Dornenwege.

Wege voll Dornen, Gott läßt sie uns gehn,

Und Seine Gedanken wir oft nicht verstehn.

Doch brechen auf einmal die Rosen hervor;

Dann öffnet der Vater uns Kindern das Ohr,

Dann hören wir deutlich, wie Er zu uns spricht:

„'s war alles nur Liebe, verstehst du Mich nicht?

Die Dornen, sie schmerzen, Ich weiß es, Mein Kind,

Doch weiß Ich auch deutlich, wie nötig sie sind.

Sie dürfen nur wachsen, wenn Ich's haben will.

Ich möchte dich segnen und so dich erziehn,

Daß du Mir kannst dienen - das ist Mein Bemühn.

Und hältst du Mir stille, dann darfst du auch sehn,

Daß Rosen nur wachsen, wo Dornen schon stehn. -

Oft lange verborgen, in Knospen gehüllt,

Doch sind sie im Innern mit Duft schon gefüllt. -

Auf einmal entfalten sie all ihre Pracht,

Und Sonne dir leuchtet nach finsterer Nacht.“

(Hans Metzger.)

Junge Zeugen.

Keinem seiner Mitarbeiter hat der Apostel Paulus soviel anvertraut, keinem einen so verantwortungsvollen Auftrag gegeben wie seinem Freunde Timotheus. Wie ernst es Paulus mit seinem Auftrag meinte, für wie wichtig er ihn hielt, geht aus den Worten hervor: „Ich bezeuge ernstlich vor Gott und Christo Jesu, der da richten wird Lebendige und Tote, und bei Seiner Erscheinung und Seinem Reiche: Predige das Wort, halte darauf in gelegener und ungelegener Zeit, überführe, strafe, ermahne mit aller Langmut und Lehre.“ (2. Tim. 4,1.2)

Wir konnten vielleicht denken, Paulus hätte diesen wichtigen Dienst einem älteren Manne übertragen. Wenn Timotheus auch nicht mehr so jung war, wie oft angenommen wird - er mag immerhin ungefähr 40 Jahre alt gewesen sein, als Paulus ihm schrieb -, so war er doch gegenüber den alten Brüdern noch reichlich jung. Und trotzdem hält Paulus ihn für den geeignetsten und zuverlässigsten seiner Mitarbeiter.

Schon als beide sich kennen lernten, hatte Timotheus ein so gutes Zeugnis bei den Brüdern in Lystra, daß Paulus sich entschloß, ihn zum Dienst mitzunehmen. (Apgesch. 16,1-3) Daß Paulus damit keinen Fehlgriff getan hatte, zeigte die Bewährung des jungen Zeugen. Wenn er ihm darum Vertrauen schenken kann, daß er sich auch weiterhin als treu erweise, und ihm folglich in besonderer Weise die Sorge für die Versammlungen und den Dienst am Evangelium aufs Herz legt, so ermahnt er ihn doch eindringlich zur Beständigkeit, Treue und Sorgfalt.

Nachdem Paulus in 2. Tim. 3 die letzten Tage als schwere Zeiten gekennzeichnet hat, in denen z. B. die Menschen „eigenliebig “ und „geldliebend“ sind, „mehr das Vergnügen lieben als Gott“ und „eine Form der Gottseligkeit haben, deren Kraft aber verleugnen“, schreibt er an Timotheus: „Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast, und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast, und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die vermögend sind, dich weise zu machen zur Seligkeit durch den Glauben, der in Christo Jesu ist.“ (3,14.15)

Zwar gebrauchen viele, denen die Notwendigkeit von Buße, Bekehrung und Wiedergeburt bezeugt wird, dieses Wort als Ausrede und sagen: „Ich bin christlich erzogen und unterrichtet worden und habe es darum nicht nötig, mich zu ändern oder etwas Neues anzunehmen; ich bleibe in dem, was ich gelernt habe.“

Wir haben aber nur dann Pflicht und Berechtigung, in dem Gelernten zu bleiben, wenn wir

1. davon „völlig überzeugt“ sind, wenn wir also das uns verkündigte Wort nicht nur auswendig gelernt und vorurteilslos hingenommen haben, sondern wenn es sich an unseren Herzen als das Evangelium von dem völligen Heil in Christus Jesus, als die „Kraft Gottes, zum Heile jedem Glaubenden“, hat erweisen können, wenn wir

2. wissen, von wem wir gelernt haben, d. h., daß wir die, die uns unterwiesen haben, auch als solche kennen, die in der inspirierten Lehre der Apostel verharren und dies nach allen Seiten hin durch die Übereinstimmung mit dem Worte und durch Wesen und Wandel bezeugen, und

wenn wir

3. die „heiligen Schriften“ kennen und anerkennen als das von Gott eingegebene Wort, das „weise macht zur Seligkeit“ und das „nutze ist zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, auf daß der Mensch Gottes vollkommen sei, zu jedem guten Werke völlig geschickt“. (3,16.17)

Nur wer im Glauben und in der Lehre gesund ist (Tit. 1,9.13), kann anderen Wegweiserdienste tun und eine Hilfe auf dem Wege sein. Gerade junge Menschen, die mit glühender Liebe und glückseligem Überzeugtsein von ihrem HErrn und Heiland zeugen, sind ein sichtbarer Beweis für die Wahrheit des Evangeliums!

Nichts paßt schlechter zur Jugend als immerwährendes Wanken und Schwanken. Zwar vertieft sich im späteren Alter das Glaubensleben; aber wohl dem, bei dem es schon in der Jugend fest gegründet ist und allen bösen Einflüssen zum Trotz bewahrt bleibt! Fest gegründete junge Christen kann der HErr später als Säulen in Seiner Gemeinde gebrauchen. Wir wollen viel darum beten, daß Er in den Kreisen der Gläubigen solche Jugend erwecken möge.

Wie sollten andererseits die, die das Evangelium verkündigen und das Wort Gottes lehren, ernstlich danach trachten, ihr ganzes Leben in Übereinstimmung mit ihren Worten zu bringen! Timotheus konnte und sollte auf die als Vorbilder blicken, die ihn gelehrt hatten. Paulus rühmt den „ungeheuchelten Glauben“ der Großmutter und Mutter des Timotheus (2. Tim. 1,5), und von sich durfte er sagen: „Du aber hast genau erkannt meine Lehre, mein Betragen, meinen Vorsatz, meinen Glauben, meine Langmut, meine Liebe, mein Ausharren, meine Verfolgungen, meine Leiden.“ (2. Tim. 3,10.11)

Timotheus sollte sich aber nicht damit zufrieden geben, daß ihm andere als gesegnete Vorbilder gedient hatten, sondern er sollte danach trachten, selbst ein Vorbild zu werden. Darum schreibt ihm der Apostel: „Niemand verachte deine Jugend, sondern sei ein Vorbild der Gläubigen in Wort, in Wandel, in Liebe, in Glauben, in Keuschheit ... Bedenke dies sorgfältig; lebe darin, auf daß deine Fortschritte allen offenbar seien.“ (1. Tim. 4,12.15)

Wenn wir uns vom HErrn beauftragt glauben, Sein Wort zu verkündigen, sind dann solche vorbildlichen Eigenschaften bei uns zu finden, oder müssen unsere Zuhörer sie mühsam bei uns suchen? Wollen wir Kinder und junge Menschen für den HErrn gewinnen und ihnen das Zugehören zum Volke Gottes als etwas Gesegnetes und Liebliches vor die Seele stellen, dann müssen sie an uns harmonische Übereinstimmung zwischen Wort und Wandel erkennen. Und niemand beobachtet in dieser Hinsicht schärfer als die Jugend. Wenn sie unter dem Volke Gottes viele solche Vorbilder sehen kann, wie es die Großmutter und die Mutter des Timotheus und sein Lehrer Paulus waren, dann wird der HErr auch viele junge Brüder befähigen und beauftragen können, in besonderer Weise „das Werk des Dienstes“ zu tun.

Und ist es uns um unser Christenleben ernst, dann begehren wir auch, die „heiligen Schriften“ mehr und besser kennenzulernen; dann wird es uns liebe Gewohnheit, aber auch heilige Pflicht sein, das Wort Gottes stets als Prüfstein sowie zur Bestätigung und Bekräftigung dessen zu gebrauchen, was uns in den Versammlungen verkündigt wird.

Wohl hatten die Thessalonicher das Wort „in vieler Drangsal mit Freude des Heiligen Geistes“ aufgenommen, so daß sie allen Gläubigen in Mazedonien und in Achaja zu Vorbildern geworden waren (1. Thess. 1,6.7), und doch nennt das Wort Gottes die zu Beröa edler als die in Thessalonich, weil sie „täglich die Schriften untersuchten, ob dies (was ihnen verkündigt worden war) sich also verhielte“. (Apgesch. 17,11)

Niemals hätte Timotheus eine so verantwortungsvolle Aufgabe für die Gemeinde des HErrn bekommen können, wenn er nicht das Wort Gottes durch begieriges Lernen und eifriges Forschen gründlich kennengelernt hätte. War er doch nicht beauftragt worden, eigene Gedanken zu lehren und nach eigenem Gutdünken zu urteilen, sondern das Wort zu predigen, darauf zu halten zu gelegener und ungelegener Zeit und mit ihm zu überführen, zu strafen und zu ermahnen.

Es ist ein unermeßlicher Segen, daß der HErr Zeugen gegeben hat, die in Seinem Auftrag „zur Vollendung der Heiligen, für das Werk des Dienstes und für die Auferbauung des Leibes Christi“

(Eph. 4,12) wirksam sind. Es ist naturgemäß, daß dieser Dienst in der Regel von älteren Brüdern getan wird. Gesegnet und notwendig ist es aber auch, daß jüngere Brüder - auch Schwestern will der HErr an ihrem Platz gebrauchen - darum beten, Er möge sie zur Mitarbeit in Seinem Werke berufen und befähigen.

Wir können aber nur dann Seine Zeugen und Diener in Seiner Gemeinde sein, wenn beständiges Bleiben im angefangenen Glaubensleben, Treue im praktischen Wandel und sorgfältiges Forschen im Worte Gottes bei uns vorhanden sind.

H. Metzger.

Frage und Antwort

Frage 2

Wie kommt es, daß die Gefilde der Amalekiter“ schon in 1. Mose 14,7 genannt werden, obwohl die Amalekiter doch nach vielfacher Annahme Nachkommen Esaus sein sollen? 1. Mose 36,12.

Antwort

Es kommt daher, daß die Amalekiter, die gemeint sind, eben schon da waren zur Zeit Abrahams, folglich nicht Nachkommen Esaus waren. Der Schein trügt auch hier! Wenn die anderen im gleichen Kapitel genannten Völkerschaften: Rephaim, Susim, Emim, Horiter (in Kap. 36 wieder genannt), Amoriter, damals existierten, so muß das für die Amalekiter, die zwischen Horitern und Amoritern genannt werden, auch zugegeben werden. Ebenso ist es mit den aufgezählten Landstrichen. Existierten das Tal Sittim, Asteroth-Karnaim, Ham, die Ebene von Kirjathaim, das Gebirge Seir, El Paran usw., so muß das „Gefilde der Amalekiter“ als ebenso gekannt angenommen werden. Übrigens steht nirgends, daß das Volk der Amalekiter von dem Enkel Esaus gleichen Namens abstamme. Es ist in Kapitel 36,15-19 nur die Rede von den 14 Fürsten oder Stammeshäuptern der Söhne Esaus, und unter ihnen wird der Fürst

Amalek genannt. Es ist keine Spur davon vorhanden, daß die Nachkommen dieser 14 Fürsten nach ihren Erzeugern 14 Völkerschaften gebildet hätten, jede nach dem Namen ihres Stammvaters benannt wie die 12 Stämme der Söhne Jakobs. Sie heißen alle nachher einfach Edomiter. Von V. 31-43 ist zu lesen, daß (Wahl-) Könige in Edom herrschten. Dann sind wieder die Fürsten aufgezählt, aber es sind nur noch 11; der Fürst Amalek ist nicht darunter; von den anderen 13 Namen kommen nur 2 vor. Man kommt zu der Schlußfolgerung, daß das die späteren Fürsten waren, etwa die zur Zeit, da Moses dieses schrieb.

Dann: Kommen nicht gleiche Namen bei verschiedenen Menschen vor? Wievielmal ist dies nicht in der Schrift der Fall? Kommt nicht in Vers 10 und 17 der Name des Schwiegervaters Moses Reghuel vor? War es darum Moses Schwiegervater?

Ein anderes: Nach arabischen Überlieferungen wären die Amalekiter ein uralter hamitischer Stamm echter Araber, der früher als die Ismaeliter in Arabien gewohnt hätte und mit den Kanaanitern verwandt gewesen wäre. Diese Überlieferung scheint in der Schrift ihre Bestätigung zu finden. In eben der in Frage kommenden Stelle 1. Mos. 14, aber auch in Richt. 10,11.12, werden sie zusammen mit den kanaanitischen Völkerschaften genannt, und ihre Wohnsitze finden sich zwischen Mittel-Palästina und Ägypten, also unter und bis zu anderen Hamiten. Schlage nach und siehe außer 1. Mos. 14: 2. Mos. 17,8ff. und 1. Sam. 15,7; 4. Mos. 13,29 und 14,45: „im Lande des Südens“ = Südpalästina: Richt. 5,14; 12,15; 1. Sam. 27,8 und 30,1. Eine so weit ausgebreitete Nation soll von dem nur einmal genannten Fürsten Amalek herkommen, und nur die Nachkommen der 13 oder 10 anderen Fürsten sollen „Edom“ oder „die Edomiter“ sein?

Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß wir sie noch in Verbindung mit Ammonitern finden, Richt. 3,13; mit Midianitern Richt. 6,3 und 7,12; mit Kenitern (siehe unten) 1. Sam. 15,6. Saul schlug sie, 1. Sam. 15; David unterjochte sie, 2. Sam. 8,12; die Simeoniter, zur Zeit Hiskias, „schlugen den Überrest, die Entronnenen von Amalek“, 1. Chron. 4,42.43.

Ein Letztes: Dem Spruch Bileams, 4. Mos. 24,18-22, ist zu entnehmen, daß in frühester Zeit

Nationen“ genannt. Ebenda sehen wir Edom oder Seir gänzlich unterschieden von Amalek, ganz für sich gesehen und genannt in Vers 18. Anschließend an Amalek sieht das geöffnete Auge des Sehers die „Keniter“, einen Völkerstamm, der 1. Mos. 15,19 unter den schon in Kap. 14 genannten kanaanitischen Stämmen aufgezählt wird und nach 1. Sam. 15,6; 27,10; 30,29 an der südöstlichen Grenze Kanaans unter den Amalekitern wohnte. (Beiläufig: So scheint der Schwiegervater Moses, Jethro, von diesem hamitischen Stamm gewesen zu sein, was die merkwürdige Benennung des Weibes Moses in 4. Mos. 12,1: „ein kuschitisches Weib“ erklären würde.)

Und noch einmal, in Psalm 83, Vers 6 und 7, finden wir Edom und Amalek so hingestellt, als ob gar kein verwandtschaftlicher Zusammenhang zwischen ihnen bestünde.

Für mich unterliegt es keinem Zweifel, daß nur die Nichtbeachtung dieser in der Schrift zerstreut umherliegenden Tatsachen im Verein mit dem zufällig unter den Nachkommen Esaus genannten Fürsten Amalek Anlaß zu der Verwechslung gegeben hat. Daß die Edomiter durchweg als die Erzhasser Israels auf dem Plane sind, verschaffte dem Mißverständnis noch leichteren Eingang.

Dem unbefangen prüfenden Leser muß aber die Unhaltbarkeit der gewöhnlichen Annahme einleuchten.

F. Kaupp.

Frage 3

Wo werde ich als Glied der Brautgemeinde während des 1000jährigen Reiches sein? (auf der Erde oder in deren Luftbereich?) Und in welcher Gestalt? (Herrlichkeitsleib? oder nur im Geiste?)

Antwort

In 1. Thess. 4,17 lesen wir: „... und also werden wir allezeit bei dem HErrn sein“ (nach geschehener Entrückung). Das besagt, daß wir allezeit dort sein werden, wo der HErr sein wird. Zunächst werden wir nach der Entrückung dort sein, wo der HErr uns die Stätte bereitet hat - im Vaterhause droben, in Seiner Herrlichkeit, „in den Himmeln“. (Joh. 14,2.3; 17,24; Phil. 3,20) Und wenn Er geoffenbart werden wird - das ist, wenn Er kommen wird „mit Macht und großer Herrlichkeit“ zum Gericht für die Welt und zur Aufrichtung Seines Reiches (Matth. 24,29-31) -, werden auch wir mit Ihm geoffenbart werden in Herrlichkeit. (Kol. 3,4) Dann wird der HErr nicht nur in „die Luft“ herabkommen vom Himmel, wie es nach 1. Thess. 4,17 zur Entrückung der Seinen geschehen wird, sondern auf die Erde, wie nach verschiedenen Schriftstellen angenommen wird (siehe Jes. 4,2; 11,1-10; Sach. 14,4; Matth. 24,27-51; Offenb. 19,11-21), und die zu Ihm entrückten und mit Ihm vereinten himmlischen Heiligen werden mit Ihm kommen. Aber wir vermögen nicht das Wie Seines Hierseins uns vorzustellen und vermögen nicht zu sagen, ob es die ganze Zeit bis zu dem in Offenb. 20,7-9 beschriebenen Ende hin währen wird oder nicht. Wohl wird Seine Herrschaft kein Ende haben und Sein Königreich „ewiglich“ bestehen (Jes. 9,7; Dan. 2,44; 7,13.14.27b; Luk. 1,33), aber nach Hes. 44-46 wird ein „Fürst“ da sein und ist im Blick hierauf wohl anzunehmen, daß der HErr als König nicht persönlich auf dem Throne in Jerusalem sitzen, sondern durch diesen Fürsten vertreten sein wird. (Siehe Hes. 44,3; 45,7.8.13-17.22-25; 46,2.4-8.10-12.16-18) Darum ist es auch nicht möglich, über uns, die wir bei dem HErrn sein werden, bezüglich unseres Verhältnisses zur Erde während des Tausendjährigen Reiches uns eine Vorstellung zu machen und etwas darüber zu sagen. Auch nicht auf Grund der Stelle Matth. 8,11, wo der HErr sagt: „Ich sage Euch aber, daß viele von Osten und Westen kommen und mit Abraham und Isaak und Jakob zu Tische liegen werden in dem Reich der Himmel“, denn (nach Auffassung des Schreibers dieser Zeilen) erstens spricht diese Stelle nicht von uns, sondern von einem anderen Segenskreis (den für das Tausendjährige Reich Berufenen), und zweitens ist das „Zu-Tische-Liegen“ hier bildliche Rede des HErrn im Blick auf die Segnungen des Tausendjährigen Reiches. Die Segnungen dieses Reiches auf der Erde sind für die dann auf der Erde lebenden Menschen, nicht aber für die auferstandenen oder verwandelten himmlischen Heiligen. In das Tausendjährige Reich

übriggelassen sein werden (siehe Jes. 4,3.4; Zeph. 3,11b-13; Matth. 24,40.41; Luk. 17,34.35), Menschen in Fleisch und Blut. (Siehe Matth. 24,22a) Wir aber, die wir Glieder Seines Leibes sind, zu Seiner Gemeinde gehören - ja, alle himmlischen Heiligen -, und damit kommen wir zu dem zweiten Teile der Frage („in welcher Gestalt?“), werden dann nicht einen Leib von Fleisch und Blut, sondern - gleichviel ob durch Auferstehung oder durch Verwandlung - einen geistigen Leib haben gleich Seinem Leibe der Herrlichkeit. Das sehen wir klar aus 1. Kor. 15,42-53; 2. Kor. 5,1-4; Phil. 3,20.21; 1. Joh. 3,2. Dieser geistige Leib ist ein himmlischer Leib, der für die Herrlichkeit passend ist, in welcher der Herr Jesus als der verherrlichte Mensch jetzt weilt und uns die Stätte bereitet hat. Dort sind wir zu Hause, wie schon oben gesagt. Dieser Leib bedarf selbstverständlich keiner Speise von dieser Erde. Wohl aß der HErr nach Seiner Auferstehung vor Seinen Jüngern (Luk. 24,42.43; siehe auch Apgesch. 10,40.41), dies tat Er aber nur, um ihnen zu zeigen, daß Er es wirklich war und nicht nur ein Geist. Und bei der Einsetzung des Gedächtnismahles sprach Er zu Seinen Jüngern davon, daß Er „von diesem Gewächs des Weinstocks“ „an jenem Tage neu“ mit ihnen trinken werde in dem Reiche Seines Vaters (Matth. 26,29), woraus man annehmen kann, daß Er im Tausendjährigen Reiche mit den Seinen von dem „Gewächs des Weinstocks“ trinken wird. Aber auch das wird sicherlich nur bei einer besonderen Gelegenheit und zu einem besonderen Zwecke sein. Ob auch wir solches werden zu tun vermögen - man könnte es annehmen, da unser Herrlichkeitsleib ja dem Seinen gleichförmig sein wird - und tun werden, können wir nicht sagen.

Was unseren Platz während des Tausendjährigen Reiches in Beziehung zu dieser Erde anbelangt, könnte man nach Jes. 60,1.2; Hes. 37,27 und Offenb. 21,9-27 (besonders Vers 10 und 24) annehmen, daß dieser Platz gleichsam über dem irdischen Jerusalem sein wird. Aber auch das ist ja nur eine bildliche Vorstellung, und wir müssen uns dessen bescheiden, daß wir diese Dinge jetzt nicht zu verstehen vermögen. Wenn wir werden verherrlicht sein, werden wir schauen und verstehen und staunen! -

Th. K.

„Dem HErrn entgegen!“ das ist der Weg,

Und ist auch schwankend und schmal der Steg:

Er, der uns rufet, Er stärkt den Schritt,

Und, gibt Er Lasten, Er trägt sie mit.

„Dem HErrn entgegen!“ die Losung sei!

Er macht uns Selber von allem frei,

Von jeder Kette, die uns noch hält,

Von jedem Feinde, der uns noch fällt.

„Dem HErrn entgegen!“ durch Nacht und Graus,

Fort aus der Fremde ins Vaterhaus!

„Dem HErrn entgegen!“ Dort allezeit

Ihn Selbst zu schauen in Herrlichkeit!

(Julie v. Hausmann.)

Der Tag der Auferstehung.

Der Tag der Auferstehung ist der Tag des Anfanges einer neuen Schöpfung. Als der Auferstandene ist Christus der zweite Mensch, der letzte Adam, das Haupt eines neuen Geschlechtes. „Denn gleichwie in dem Adam alle sterben, also werden auch in dem Christus alle lebendig gemacht werden.“ (1. Kor. 15,22) Als der Herr Jesus starb und begraben wurde, da war das Ende alles Fleisches vor Gott gekommen und abgetan. In Ihm aber als dem

Auferstandenen aus den Toten nahm ein Neues seinen Anfang - ein völlig Neues, das keine Verbindung mehr mit dem Menschen im Fleische hat. So wie Adam das Haupt eines Geschlechtes war, das von ihm gezeugt wurde, so ist Christus das Haupt eines neuen Geschlechtes, das sein Leben von Ihm hat. „Wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind; und wie der Himmlische, so sind auch die Himmlischen.“ (1. Kor. 15,48) Christus ist der Anfang einer neuen Schöpfung.

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde. In sechs Tagen wurden der Himmel und die Erde, das Meer und alles, was in ihnen ist, gemacht. Und Gott ruhte am siebenten Tage. (2. Mos. 20,11) Diese Reihe von sieben Tagen - eine Woche - bildeten in sich einen Zeitabschnitt, der Gottes Schöpfungswerk und auch Gottes Ruhe umschloß. Diese Ruhe wurde aber bald unterbrochen. Adam, das Haupt der Schöpfung, fiel in Sünde und wurde damit dem Tode unterworfen und in ihm seine ganze Nachkommenschaft. (1. Kor. 15,22)

In einer Welt, wo Sünde und Tod herrschen, kann Gott aber nicht ruhen. Als der Mensch fiel, begann Gottes Liebe wieder zu wirken. Der Herr Jesus sagt: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und Ich wirke.“ (Joh. 5,17) In gar mannigfacher Weise konnte Gottes Wirken sowohl in den Wegen Seiner Gnade als auch Seiner Gerichte gesehen werden.

Als die Verdorbenheit und Unverbesserlichkeit des Menschen völlig erwiesen war, sandte Gott Seinen Sohn. Der zweite Mensch - der letzte Adam („letzte“, weil kein anderer nach ihm kommt) kam in die Welt und verherrlichte Gott da, wo der erste Mensch Ihn verunehrt hatte. Alsdann trug Er das Gericht, dem die ganze Welt infolge der Sünde verfallen war. (Röm. 3,19) Das Kreuz Christi ist deshalb das Urteil über den ersten Menschen und das Ende alles Fleisches vor Gott.

Blicken wir noch einmal auf die Schöpfungswoche zurück, so sehen wir, daß Gott am sechsten Tage Sein größtes Werk: Die Erschaffung des Menschen in Seinem Bilde und Seinem Gleichnis, vollendete. „Und Gott sah alles an, was Er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut.“ (1. Mos. 1,26-31)

So wie Gott am sechsten Tage der Schöpfungswoche das Werk vollendete, so vollendete auch der Herr Jesus Sein Werk am sechsten Tage der Woche. Am sechsten Tage trank Er den Kelch und vollbrachte alles, was zur Verherrlichung Gottes und zu unserer Sühnung getan werden mußte. Als Er rief: „Es ist vollbracht!“, war das Werk getan. Er neigte das Haupt und übergab den Geist. „Ich habe Dich verherrlicht auf der Erde; das Werk habe Ich vollbracht, welches Du Mir gegeben hast, daß Ich es tun sollte.“ (Joh. 17,4) Dort, in dem Kreuze Christi, fand der Mensch, dessen Untauglichkeit völlig erwiesen war, sein Urteil und sein Ende.

Der siebente Tag war dann die Grabesruhe des Menschen, der im Tode sein Ende gefunden hatte.

Dann kam der „achte“ Tag, der unsere Gedanken zur Ewigkeit lenkt. Mit dem „achten“ Tage, dem ersten der Woche, beginnt ein neues Werk, eine neue Schöpfung, die das Kreuz zur Grundlage hat und deren Haupt der gekreuzigte, gestorbene, auferstandene und verherrlichte Christus ist. Das Alte war vergangen. Das Grab am siebenten Tage beendete die Geschichte Adams und der mit ihm verbundenen Schöpfung. Die neue Schöpfung aber hatte in Christo, dem Auferstandenen, ihren Anfang genommen.

Nachdem der Sabbat, der kein Licht und keinen Trost in sich barg, vergangen war, brach der erste Tag einer neuen Woche an und mit ihm ging die Sonne auf. (Mark. 16,2) Es war der Morgen eines neuen Tages, dessen Sonne nie untergeht. Es ist bedeutungsvoll, daß gerade Markus dieses sagt, der in seinem Anfangsbericht über den Dienst des HErrn den „Abend“ erwähnt, „als die Sonne unterging“. Jetzt war die Sonne des Auferstehungstages aufgegangen und hatte Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht durch Den, Der den Tod dadurch zunichte machte, daß Er starb. Ihn vermochte der Tod nicht zu halten. Der Fürst des Lebens, der Erstgeborene aus den Toten, der Anfang der Schöpfung Gottes, der Erstgeborene vieler Brüder, verließ das Grab.

Früh am Morgen des neuen Tages offenbart der Auferstandene Sich den einzelnen, die bedrückten und verzagten Herzens waren, und sendet den betrübten Jüngern die Botschaft von

der neuen himmlischen Verwandtschaft: „Ich fahre auf zu Meinem Vater und eurem Vater und zu Meinem Gott und eurem Gott.“ (Joh. 20,17) Mit diesen Worten verbindet der Herr die Jünger mit Sich in Seinem himmlischen Stande, den Er als der auferstandene Mensch bei dem Vater hat. Er sagt nicht: Zu unserem Vater und unserem Gott; Er bewahrt den besonderen Platz und Abstand, der allein Ihm gehört. Und doch verbindet Er die Jünger mit dem, was Sein ist. Er hatte teilgenommen an dem, was ihr Teil war, damit sie an dem teilhaben sollten, was Sein Teil ist. Gott ist Sein Vater, und deshalb, weil Er Sein Vater ist, ist Er jetzt auch ihr Vater.

Diese köstliche Botschaft der neuen Verwandtschaft führte damals und führt auch jetzt die Jünger des HErrn zusammen. Der HErr tritt in die Mitte der versammelten Jünger mit dem Gruß des Friedens. Schon vor Seinen Leiden sagte der HErr: „Frieden lasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch.“ (Joh. 14,27) In jener Stunde vermochten sie diese Worte nicht zu erfassen. Ihr Herz war bestürzt und furchtsam. Jetzt war Friede gemacht durch das Blut Seines Kreuzes. Der Feind war völlig überwunden. Es gab keinen Feind mehr, der diesen Frieden je wieder stören konnte. Aber auch jetzt noch waren sie unverständigen und trägen Herzens, zu glauben. Doch dann schwand das Dunkel ihrer Seele. Er zeigte ihnen Seine Hände und Seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den HErrn sahen.

Wenn unser Glaubensauge den HErrn sieht, freut sich dann nicht auch unser Herz? Die Welt kann Ihn nicht sehen. Der HErr sagt: „Die Welt sieht Mich nicht mehr; ihr aber sehet Mich.“ (Joh. 14,19) Wenn wir Paulus gefragt hätten, was sein Auge sehe, würde er nicht antworten: „Wir sehen Jesum ... mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“? (Hebr. 2,9) Diese Freude fanden die Jünger, als sie den HErrn in ihrer Mitte sahen. Diese Freude finden wir auch heute nur in Seiner Gegenwart. Diese Freude hat nichts mit dieser Welt zu tun. In ihr hat der HErr keinen Platz und wir auch nicht. Die Jünger hatten die Türen vor der Welt und ihren Dingen verschlossen.

„Ihr aber sehet Mich“, und weiter sagt der HErr: „Weil Ich lebe, werdet auch ihr leben.“ (Joh. 14,19) Dieses „Schauen“ Christi und dieses „Leben“ in Christo liegt außerhalb der Welt. Christus ist unsere Quelle. Wir sehen Christus, und wir leben durch Ihn und mit Ihm. Möchten wir mehr von diesem Schauen und Leben wissen! Dieses Schauen und Leben ist dort, wo

Christus ist, zur Rechten Gottes. Ist unser Leben nicht dort, so ist unser Leben überhaupt kein wahres Leben, denn um uns herum ist nur der Tod.

Welche Gnade und welch hohes Vorrecht ist es, am ersten Tage der Woche, dem Auferstehungstage, zusammenzukommen, Sein zu gedenken und Seinen Tod zu verkündigen und Ihn Selbst in unserer Mitte zu haben! Möchte es nie mit einem kalten Herzen geschehen, sondern mit einem Herzen der Liebe, Ihm als ein heiliges Priestertum die Opfer des Lobes darzubringen, die Frucht der Lippen, die Seinen Namen bekennen, damit es so sei, wie es im Hohenliede heißt: „Mein Geliebter komme in Seinen Garten und esse die Ihm köstliche Frucht.“ (Hohel. 4,16)

Alb. v. d. Kammer.

Der Tag des HErrn.

(1. Thess. 5,1-11)

Über zwei Dinge hatte der Apostel nicht nötig, den Thessalonichern zu schreiben: 1. über die Bruderliebe und 2. über den Tag des HErrn; denn sie waren von Gott gelehrt, einander zu lieben, und über den Tag des HErrn waren sie unterrichtet worden. (1. Thess. 4,9; 5,2)

Das Licht der Liebe Gottes hatte ihnen geleuchtet. Diese göttliche Liebe, die durch den Heiligen Geist in ihre Herzen ausgegossen war, begann in ihnen zu wirken und floß nun von ihnen auf ihre Brüder über. Der Apostel hatte deshalb nicht nötig, ihnen über die Bruderliebe zu schreiben.

In ähnlicher Weise schreibt der Apostel Johannes den Kindlein: „Die Salbung, die ihr von Ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr bedürfet nicht, daß euch jemand belehre, sondern wie dieselbe Salbung euch über alles belehrt und wahr ist und keine Lüge ist, und wie sie euch belehrt hat, so werdet ihr in Ihm bleiben.“ (1. Joh. 2,27) Durch den Heiligen Geist war in ihnen göttliches Empfinden geweckt worden. Sie hatten gewissermaßen das Empfinden eines kleinen

Kindes, das sich an der Mutter Brust schmiegt und von einem Fremden, den es nicht kennt, wegwendet. Aber doch hielt es der Apostel für notwendig, sie vor Verführern zu warnen. Ihre Sicherheit lag in der Tatsache, daß sie von Gott Selbst gelehrt und durch die Kraft und Wirkung der göttlichen Liebe gebildet und umgestaltet worden waren.

Durch diese Umgestaltung trugen sie den Charakter von Söhnen des Lichtes und Söhnen des Tages. „Ihr alle seid Söhne des Lichtes und Söhne des Tages; wir sind nicht von der Nacht, noch von der Finsternis.“ (1. Thess. 5,5) Nacht und Finsternis sind die Kennzeichen der Welt; und mit diesen beiden verbunden sind noch zwei andere Kennzeichen, nämlich Schlaf und Trunkenheit. „Die da schlafen, schlafen des Nachts, und die da trunken sind, sind des Nachts trunken.“ (V. 7) Diese Charakterzüge drücken das völlige Versunkensein der Welt in Finsternis über Gott aus und zeigen andererseits, wie die Berauschung an den Dingen der Welt jedes nüchterne Denken und Urteilen über göttliche Dinge zerstört. Wie scharf auch der Verstand eines Menschen und wie groß auch seine Willenskraft sein mögen, kennt er Gott nicht, so ist seine Seele in Finsternis, und „wer in der Finsternis wandelt, weiß nicht, wohin er geht“. (Joh. 12,35)

Aus diesem Zustand ist der Gläubige durch das Licht Gottes herausgeführt worden. Und soweit dieses Licht durch den Heiligen Geist in uns wirkt, scheinen wir als Lichter in der Welt, stellen das Wort des Lebens dar (Phil. 2,15.16) und verkündigen die Tugenden dessen, der uns berufen hat aus der Finsternis zu Seinem wunderbaren Licht. (1. Petr. 2,9) Und nicht allein das, wir werden auch durch den Heiligen Geist bekannt mit der Herrlichkeit jenes Tages, der die lange Nacht der Torheit und Sünde des Menschen beendet. In einem gewissen Maße tragen wir schon etwas von den Kennzeichen jenes Tages an uns, an dem die ganze Erde Seiner Herrlichkeit und Seines Ruhmes voll sein und in ungestörtem Frieden und Freude ruhen wird. (Hab. 2,14; 3,3) Alsdann werden die Menschen Gott kennen und sich Seiner freuen. So wie jetzt alle Dinge in einem gewissen Maße den Stempel des gefallenen Menschen tragen, so wird dann alles zum Segen der Menschen das Wesen Gottes widerspiegeln. Wunderbarer und herrlicher Weg! Die Erlösten des HErrn werden zurückkehren „und nach Zion kommen mit Jubel, und ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; sie werden Wonne und Freude erlangen, und Kummer und Seufzen werden entfliehen“. (Jes. 35,10) Der Tod wird verschlungen sein auf

ewig, und die Tränen werden von jedem Angesicht abgewischt werden. (Jes. 25,8)

Die gläubigen Thessalonicher besaßen die prophetischen Schriften, die die Herrlichkeit und die Segnungen jenes Tages des HErrn bezeugen. Aber erst durch die Erkenntnis Gottes waren sie befähigt, die Weissagungen zu erfassen und Verständnis von dem Tage des HErrn zu haben. Wenn der Tag anbricht und der Morgenstern in dem Herzen des Gläubigen aufgeht, entfalten sich die Weissagungen in einer Fülle, Vollständigkeit und Klarheit, in der wir sie zuvor nicht sahen.

Durch die Erkenntnis Gottes und im Lichte der Herrschaft Christi sehen wir, daß gewisse Dinge geschehen müssen, weil sie durch Gottes Herrlichkeit und Gerechtigkeit bedingt sind. Unsere Fähigkeit im Verstehen des Wortes der Wahrheit steht ohne Zweifel im Verhältnis zu unserer Gotteserkenntnis. Die Thessalonicher mußten deshalb auch mit der anderen, sehr ernsten Seite dieses Tages bekannt gemacht werden. Sie wußten genau, daß für die schlafende Welt der Tag des HErrn wie ein Dieb in der Nacht kommen werde.

Jeder, der Gott und Sein Wort kennt, weiß und versteht, daß Gott jetzt an dem Tage Seiner Gnade noch nicht in den Lauf der Welt eingreift, um sie in Ordnung zu bringen. Heute ruft Gott durch das Evangelium die einzelnen aus der Welt heraus, rechtfertigt sie von Schuld und versiegelt sie mit dem Heiligen Geist. Diese Herausgerufenen sind Seine Untertanen, die Ihm dienen. In ihnen wird Sein Königreich jetzt gesehen, aber es ist noch nicht öffentlich aufgerichtet und kundgemacht. Diejenigen aber, die von Gott gelehrt sind, kennen die Ziele Gottes und wissen, was sich ereignen muß, wenn Er in den Lauf der Welt eingreift.

So wie Gott es einst Saulus von Tarsus zuließ, bis zu einem gewissen Punkt in Eigenwillen seinen Weg zu gehen, ihn dann aber in einem Augenblick durch das Licht vom Himmel demütigte, zerbrach und zu Seinen Füßen niederbeugte, so läßt Gott es auch der Welt zu, in Eigenwillen und anmaßendem Stolz ihre erstrebten Ziele zu erreichen. Aber in einem Augenblick wird auch sie gedemütigt und zum Schemel Seiner Füße gelegt werden.

In dem ersten Falle (Saulus) offenbarte sich die unterwerfende Kraft des HErrn in Gnade - im

anderen dagegen wird Seine unterwerfende Kraft Sich im Gericht offenbaren: „Wenn sie sagen: Friede und Sicherheit, dann kommt ein plötzliches Verderben über sie, gleichwie die Geburtswehen über die Schwangere, und sie werden nicht entfliehen.“

Kennen wir Gottes Gedanken und Vorsätze, die Er über diese Welt hat, so ist die Folge, daß der Gläubige sich von der Welt und ihrem Wesen trennt. Als Söhne des Lichtes und des Tages stößt uns die Welt mit all ihrem Prahlen und ihren Anmaßungen ab. Unser Herz wünscht allein die Erhöhung des HErrn, und alles, was dem widerspricht, bewirkt in unserem Herzen Schmerz und Widerwillen. Der Apostel setzt in seinem Briefe voraus, daß es so bei den Thessalonichern ist, und ermahnt sie, darin zu verharren und das, was sich für sie als Söhne des Lichtes schickt, festzuhalten. „Also laßt uns nun nicht schlafen wie die übrigen, sondern wachen und nüchtern sein.“ „Wir aber, die von dem Tage sind, laßt uns nüchtern sein.“ Wir sollen einer Wache gleichen, die während der Nacht wacht - und sollen uns von jedem berauschenden Einfluß frei halten, damit wir nicht in Gefahr kommen, den nüchternen Sinn zu verlieren. Nichts ist gefährlicher als religiöse Berauschung irgendwelcher Art.

Die Waffenrüstung, die uns gegen die uns umgebenden Einflüsse schützt, besteht in drei Dingen: Glaube, Liebe und Hoffnung. Der Brustharnisch und der Helm bedecken die lebenswichtigen Körperteile des Menschen. Unser Schutz liegt in dem vom Geiste Gottes gewirkten Zustand. Wenn Glaube und Liebe in unserem Herzen wirksam sind, werden wir nicht schlafen. Und wenn das Licht der Hoffnung hell in unseren Seelen leuchtet, so werden die berauschenden Einflüsse der Welt uns den nüchternen Sinn nicht benebeln noch der Glanz und Schimmer der Welt uns betrügen.

Der Glaube führt uns in das Licht der unsichtbaren Welt, und wir leben in den Dingen, die geistlich sind und außerhalb dieser Welt sich befinden, und wenn göttliche Liebe uns umgestaltet, dann nimmt der HErr den ersten Platz in unserem Herzen ein, und wir suchen und finden unsere Verbindung in dem Kreise der Seinigen. Und in der Hoffnung erwarten wir nichts Geringeres, als Anteil zu haben an dem Erbe Dessen, Der für uns gestorben ist. Und wir schätzen diesen Anteil, weil es Seine Freude ist, ihn uns zu geben; denn Er starb, damit wir

zusammen mit Ihm leben möchten. (1. Thess. 5,10)

Das ist unser sicheres, herrliches Los, welches uns erwartet. Es macht deshalb nichts aus, ob wir noch längere Zeit auf unserem Wachtposten zu verharren haben oder ob wir entschlafen; nie ist Gottes Zorn unser Teil, sondern die Seligkeit und ein Anteil mit Ihm, der für uns gestorben ist.

Eins ist gewiß, der HErr ist nahe. O möchten wir unseres Gottes würdig wandeln, der uns zu Seinem Königreich und Seiner Herrlichkeit berufen hat!

A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.

Städte des Verderbens im Lande der Verheißung.

(Josua 2)

Wie eigentümlich ist es doch, daß das Land der Verheißungen, das so vieles Gute für Israel in sich birgt, auch Städte des Verderbens enthält! Kanaan war das kostbare Erbteil, aber Jericho mußte gerichtet werden. Gutes und Böses liegt hier unten sehr nahe beieinander. Während wir meinen, das Gute einnehmen zu dürfen, können wir durch das Böse schon Schaden erleiden. Die Kundschafter sollten Kanaan und Jericho erkunden. Die Erkundung von Jericho war sicherlich schwieriger als diejenige von Kanaan. Aber beide Erkundungen waren geheim. Die heimlichen Dinge schließen die größten Gefahren in sich, und doch setzt das Leben der Menschen sich aus verborgenen Beobachtungen, Wahrnehmungen, Feststellungen und Entschlüssen zusammen, die nur schwer zu kontrollieren sind.

So nahe Gutes und Böses auch beisammen liegen mögen, so gibt es für die Boten Gottes doch eine Möglichkeit, klar zu unterscheiden. Solche Unterscheidungen sind notwendig im Dienste Gottes und Seines Volkes.

Kanaan war das gute geräumige Land; aber Jericho mußte zerstört werden. Doch selbst in

Jericho waren noch Menschen, die teilhaben sollten an den Verheißungen. Rahab mit ihrem Hause sollte gerettet werden, wogegen die übrigen Bewohner Jerichos in ihrer Feindschaft gegen Gott dem Gericht verfielen. Wunderbar weiß die unsichtbare Hand Gottes die Kundschafter auf ihren Erkundungswegen zu bewahren!

Die Lage des Hauses der Rahab auf der Mauer läßt schon den Schluß zu, daß ihre Neigungen nicht das Innere der Stadt suchten. Die Karmesinschnur, die sie aus dem Fenster hängt, nachdem die Kundschafter ihr Haus verlassen hatten, redet allerdings dann noch deutlicher, wohin das verborgene Sehnen ihres Herzens geht.

Die Kundschafter finden den Weg in ihr Haus, und sie weiß das für sie so kostbare Leben der Männer, von denen ihre Rettung abhing, vor der feindlichen Macht des Königs von Jericho zu bewahren. Dieser Feindschaft gegenüber entfaltet sich die Glaubensenergie einer Rahab in ihrer Kraft und Schönheit.

Der König fühlt mit seinem Volk sein Verderben näher kommen ebenso wie Rahab. Aber sein Königtum ist ihm eine stärkere Fessel als die Furcht vor Jehova. Für Rahab stand es fest, daß das Land der Verheißungen dem Volke Gottes gehörte. Es gab für sie kein Zögern mehr; sie trennte sich von Jericho in ihrem Inneren und besprach ihre Rettung mit den Boten Gottes.

Zwischen ihnen und Rahab entwickelte sich ein wunderbares Verhältnis innerer Gemeinschaft, indem sie sich gegenseitig dienten. Rahabs Dienst bestand darin, das Leben der Kundschafter zu bewahren, welche wie Schafe unter Wölfen (Matth. 10,16) der Willkür des Königs preisgegeben waren. Die Kundschafter dagegen verbürgten sich mit ihrem Leben für die Rettung Rahabs und ihrer Familie. (1. Joh. 3,16) Rahab und ihr Haus sollten erfahren, daß Jehova sie ebenso zu retten vermochte, wie Er die Israeliten in Ägypten errettet hatte. (2. Mos. 12,13)

Böses und Gutes dicht beieinander! Gott wirkt das Gute in den Herzen der Menschen und scheidet es vom Bösen, so wie Er in der ersten Schöpfung Licht von der Finsternis schied. „Denn wir sind Sein Werk, geschaffen in Christo Jesu zu guten Werken, welche Gott zuvor

bereitet hat, auf daß wir in ihnen wandeln sollen.“ (Eph. 2,10)

von Rohr - Levetzow.

Ein Brief von Johannes Warns.

Zehn Tage vor seinem Heimgang sandte mir unser lieber, heimgegangener Bruder den nachstehenden Brief, den er seiner Frau vom Bett aus diktierte. Dieser Brief zeigt sein klares Erfassen der aus falschen Schriftauslegungen entstehenden verkehrten Ideen. Unsere Leser wird sicherlich dieses Schreiben interessieren.

Als ich seine Zeilen erhielt, kam mir zum erstenmal deutlich zum Bewußtsein, daß unser Bruder schwerkrank war und sein Zustand sehr besorgniserregend sein müsse. Vier Tage später, also am 21. Januar, rief ich in Wiedenest an, um Johannes Warns zu seinem Geburtstag meinen Glückwunsch auszusprechen. Von seiner Frau hörte ich, daß er das Bett nicht verlassen könne und sein Augenlicht bedeutend abgenommen habe. Sechs Tage später ging er heim. Obwohl ich das Schwerste befürchtete, hat mich diese Mitteilung tief erschüttert. Es gibt Augenblicke in unserem Leben, für die wir keine Worte haben. Wir stehen gebeugten Hauptes vor unserem Gott, der die Liebe ist, und können nur sagen: „Denen, die Gott lieben, muß alles zum besten dienen.“

Chr. Schatz.

Wiedenest, den 17. 1. 1937.

Lieber Christian!

Da ich schon eine ganze Woche fest zu Bett liege, muß ich diesen Brief meiner Frau diktieren.

Am letzten Sonntagabend überfiel mich ein abscheulicher Brustkrampf, der 12 Stunden anhielt und von einer 12stündigen Atemnot gefolgt war. Das war der Anfang einer schweren Grippe mit

scheint, fieberfrei, wenigstens zeigt das Thermometer nur 37,6°. Da will ich Dir nun zunächst meinen herzlichsten Dank sagen für die feine Einleitung ins Neue Testament von Feine-Behm. Ich werde mich, sobald ich am Schreibtisch sitzen kann, in das Buch vertiefen. Ich werde dann auch versuchen, einen Artikel zu schreiben über die Irrlehren, die X. veranlassen, in der letzten Nummer des ... Blattes nach 2. Joh. zu verfahren. Ich kann nicht begreifen, wie alte Lehrbrüder, die mehr als 50 Jahre die Bibel gelesen haben, so wenig zwischen Wesen und Bild zu unterscheiden imstande sind. An vielen Stellen bezeichnet doch „ist“ nicht das Wesen an sich, sondern dient zur Anknüpfung eines Vergleiches. „Ich bin“ der Weinstock, „Ich bin“ der Gute Hirte. Christus „ist“ das Lamm usw. Wenn es nun wirklich so wäre, daß der Vergleich des Bräutigams und des Hirten in der Heiligen Schrift nur auf Israel angewandt wäre, so hätten wir durchaus ein Recht, diese Bilder auch auf Christus und die Gemeinde oder auf Christus und die einzelne Seele anzuwenden. Denn was dadurch ausgedrückt werden soll, bleibt auch für uns eine unumstößliche Wahrheit. Das Bild des Bräutigams soll die Beziehung der Liebe und der Treue betonen. Das Bild des Hirten die treue Fürsorge und Leitung, die der HErr den Seinen gewährt. Das Bild des Weinstocks die organisch Lebensverbindung. Keines der Bilder darf gepreßt werden. Das Bild des Bräutigams schließt alle Gedanken an Ehe und Heirat aus. Weder der persönliche Christus noch Christus mit Seiner Gemeinde werden eine Ehe mit den Juden vollziehen. Israel ist Braut, insofern es sich in bräutlicher Liebe von allen Götzen abwendet und sich nur an den HErrn hält. So kann Paulus auch von der Gemeinde sagen, daß er sie Christus als eine reine Jungfrau darzustellen sich bemühe, oder das Bild der Ehe von Christus und der Gemeinde gebrauchen. Beide lieben Brüder, N. und N., sind zu wenig theologisch gebildet, um sich von der Verwendung von Tropen, Bildern, Gleichnissen, Parabeln, Allegorien für dogmatische Lehren fernzuhalten. Es ist die alte Methode, wenn andere Beweise fehlen, den Weg der Allegorie zu beschreiten. X. hat ganz recht, wenn er die Lieder vom Guten Hirten und vom Warten der Braut weiter singt. Ich tue es auch. Aber er sollte das „ist“ nicht pressen und zu sehr seiner Phantasie freien Lauf lassen, was ich ihm schon oft gesagt habe. N. steht unter dem Einfluß einer in Amerika sehr beliebten Schrifterklärungsmethode. Die äußerste Konsequenz davon sehen wir bei Knoch. Die Anfänge bei Bullinger. Da soll bei jedem Ausdruck festgestellt werden, welches die einzig erlaubte Anwendung ist. Mir kommt es immer so vor, als

wenn statt gründlicher Studien eine Art Rechenschieber, Logarithmentafel und zuletzt eine Kartothek gebraucht wird. Das klingt sehr gelehrt und imponiert vielen, ist aber noch lange nicht eine pneumatische Schriftexegese.

N. hat sicher recht, daß oft sehr falsch gebetet wird. Daß man z. B. um Dinge bittet, die längst gegeben sind; daß man Gott bittet, etwas zu tun, was Gott von uns erwartet zu tun usw. Nur übertreibt er augenscheinlich auch hierin. Mir ist aber ganz sicher, daß Gott Sich durch ein dogmatisch oder grammatisch nicht ganz korrektes Gebet nicht hindern läßt, den Beter zu erhören.

Mit herzlichem Gruß von Haus zu Haus Dein

getreuer

gez. H. Warns.

Für heute.

Du brauchst nicht mehr zu tragen,

Als nur die Last von heut'

Und brauchst nichts weiter fragen,

Als was Gott jetzt gebeut.

Mehr soll dein Fuß nicht gehen,

Als nur den nächsten Schritt,

Mehr nicht dein Herz verstehen,

Als was es heute litt.

Nicht weiter darfst du sorgen,

Als was heut' Gott gefällt.

Das Nachher und das Morgen

Sei Ihm anheimgestellt.

Heut' trägt Er deine Bürde,

Heut' ebnet Er den Pfad;

Daß heut' dir Gnade würde,

Er schon beschlossen hat.

Für heut', nicht spätre Zeiten

Gibt Jesus Kraft und Mut,

Gibt Macht und Möglichkeiten

Und Schutz in Seinem Blut.

Für heut' quillt dir Sein Bronnen,

Für heut' strahlt dir Sein Licht,

Für heut' hat Freud' und Wonnen

bereit Er, zage nicht!

(H. v. R. †.)

Christliche Unterhaltung.

Christliche Unterhaltung wird selbst in gläubigen Kreisen leider zu wenig geübt und gepflegt. Warum scheint es soviel leichter zu sein, über diese und jene Beschäftigung, über das Wetter, über Tagesfragen und Politik als über die wichtigen geistlichen Angelegenheiten und das Wohl oder Wehe des inneren Lebens sich zu unterhalten?

Ist es nicht traurig, daß man so wenig Häuser, Familien und Kreise findet, in welchen wahrhaft christliche Unterhaltung gepflegt wird? Ach, wie oft wird mehr über Geschwister geredet als von dem HErrn!

Und doch ist gerade die christliche Unterhaltung über unsere heiligsten Güter, die gegenseitige Mitteilung über unsere Erfahrungen im Glaubensleben ein Mittel zur Förderung und Stärkung des inneren Lebens. Und es gefällt auch dem HErrn. In Maleachi 3,16 lesen wir: „Die Gottesfürchtigen reden miteinander und trösten einander, und der HErr höret es.“ Das heißt, der HErr hat Wohlgefallen und Freude daran.

Wieviel mehr würden Kinder Gottes in ihrem täglichen Leben die Gegenwart des HErrn verspüren und gesegnet werden, wenn sie mehr untereinander über den HErrn sich unterhalten und so einander erbauen würden im geistlichen Leben!

„Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über.“ Liegt darin nicht, daß, wenn jeder Gläubige bestrebt wäre, das innere Leben zu pflegen und mit göttlichen Dingen sich viel zu beschäftigen, es ihm beim Zusammenkommen mit anderen Gläubigen Bedürfnis sein würde, von dem, was sein Innerstes bewegt, von seinen Erfahrungen im HErrn zu reden?

Die stockende Unterhaltung, wenn das Thema auf geistliche Dinge und Erfahrungen kommt, läßt den Schluß zu, daß das persönliche geistliche Leben von den meisten Christen allzu wenig gepflegt wird, daß es ihnen zu fremd und unbekannt ist, als daß sie viel darüber reden könnten. Das deutet hin auf eine beklagenswerte Geistesarmut, auf ein kümmerliches

Gemeinschaftsverhältnis mit dem HErrn.

Mögen doch die geistlichen Dinge, unser Verhältnis zum HErrn, die Vertiefung in Gottes Wort und Wahrheit den Gläubigen wieder so wichtig werden, daß sie sich gedrungen fühlen, mit anderen ihre Gedanken, Empfindungen und Erfahrungen zu teilen! Es würde dann einer zur Erbauung des anderen im göttlichen Leben beitragen.

A. d. „Sendboten“.

Darf ich noch?

„Darf ich noch?“ „Darf ich noch dieses oder jenes tun?“ „Darf ich noch da- und dorthin gehen?“ So haben wir sicher auch schon gefragt. Solche Fragen können einem feinen Gewissen entstammen, oft aber werden sie dem heimlichen Wunsche entsprechen, die Grenzen gegenüber dem, was Welt heißt, ein wenig verwischen zu können. Und meist ist es so, daß schon bei ihrem Aufsteigen Gefahr im Verzuge ist, vom schmalen Pfad in irgendeinem Punkte abzuweichen.

In vielen Fällen wird es so sein, daß wir in bezug auf unser Verhalten in der Welt nicht die Antwort Aus dem Worte Gottes finden, die wir gerade begehren. Wir können die Bibel nicht ohne weiteres in der Erwartung aufschlagen, daß uns je und je eine passende Stelle entgegenfällt, die wir unter Umständen noch nach unserer Meinung glauben drehen und deuteln zu dürfen.

Es gehören schon „geübte Sinne“ dazu, d. h. beständiges Horchen auf die Stimme des Geistes Gottes und bereitwilliges Eingehen auf Sein Locken und Mahnen, wenn es Ihm gelingen soll, uns in Fragen und Nöten des praktischen Lebens auf geeignete Stellen aufmerksam zu machen und uns ihre richtige Anwendung zu zeigen.

Zweifelsohne gibt es aber auch Schriftstellen, die uns unzweideutig erkennen lassen, ob unser Verhältnis zum HErrn durch unser Verhalten getrübt zu werden droht oder ob unser Beginnen

Seinem Wohlgefallen entspricht und wir dadurch Seiner Freude teilhaftig werden. Eine solche Stelle wollen wir uns hier vor Augen führen.

Naamann, der Heeroberste des Königs von Syrien, war von seinem Aussatz geheilt worden, indem er - wenn auch nach heftigem Sträuben - das Wort des Propheten Elisa befolgt und sich siebenmal im Jordan gebadet hatte. Und noch mehr: Er hatte die Götter, die er seither verehrte, als eitle Nichtigkeit und den Gott, dem Elisa diente, als den allein wahren Gott und somit auch als seinen Gott erkannt.

Diesem Gott sollte fortan sein Leben gehören. Darum sagte er zu dem Propheten: „Siehe doch, ich erkenne, daß es auf der ganzen Erde keinen Gott gibt, als nur in Israel.“ (2. Kön. 5,15) „Dein Knecht wird nicht mehr anderen Göttern Brandopfer und Schlachtopfer opfern, sondern nur Jehova.“ (V. 17)

Eins aber beschwerte ihn, und das drückte er dem Manne Gottes gegenüber, zu dem er Vertrauen gewonnen hatte, offen aus: „In diesem Stücke wolle Jehova deinem Knechte vergeben: Wenn mein Herr in das Haus Rimmons geht, um sich daselbst niederzubeugen - denn er lehnt sich auf meine Hand, und ich beuge mich nieder im Hause Rimmons -, ja, wenn ich mich niederbeuge im Hause Rimmons, so möge doch Jehova deinem Knechte in diesem Stücke vergeben!“ (V. 18)

Was wollte er damit sagen? Der Syrerkönig war gewöhnt, in den Tempel Rimmons zu gehen und sich vor dem Bilde dieses falschen Gottes niederzubeugen. Naamann mußte, seinem Rang und seiner hohen Stellung entsprechend, seinen Herrn dorthin begleiten und ihm beim Niederbeugen den Arm leihen, damit der König sich darauf stütze. „Darf ich noch“ - das war der Sinn seiner Frage - „diesen Dienst weiter tun, nachdem mir die Erkenntnis des allein wahren Gottes zuteil geworden ist; oder verunehre ich Ihn, wenn ich gemäß meiner ‚Dienstvorschrift‘dem König bei seiner falschen Gottesdienstübung behilflich bin, auch wenn mein Herz gewiß nicht mehr dabei beteiligt ist?“

Welche Antwort sollte ihm Elisa geben? Hätte er ihm gesagt, „du darfst das nicht mehr tun!“,

dann wäre dieses Verbot eine zu schwere Last für den jungbekehrten Naamann gewesen, und er hätte ihn in eine falsche Gesetzesfrömmigkeit gezwängt. Wiederum durfte Elisa nicht der Gleichgültigkeit das Wort reden;

unmöglich konnte er zu Naamann sagen: „So ernst und so genau brauchst du es nun doch nicht zu nehmen!“ Dann wäre Naamann niemals ein klares Zeugnis für seine Umgebung geworden.

Und doch gab der Prophet dem Heerobersten eine Antwort, wie sie nicht besser und nicht deutlicher hätte sein können. Sie bestand in den wenigen Worten: „Gehe hin in Frieden!“ (V. 19)

Elisa wollte ihm damit sagen: „Naamann, du hast durch die Erkenntnis Gottes, der dich geheilt und errettet hat, einen Frieden bekommen, den du vorher nicht kanntest. Wird dieser Friede nicht gestört, sobald du mit dem König in das Haus Rimmons gehst und ihm beim Niederbeugen hilfst, dann tue diesen Dienst ruhig weiter. Merkst du aber, daß er dadurch zu weichen droht, dann tue es nimmermehr! Dein Friede, dieses kostbare Geschenk deines Gottes, sei dir mehr wert als deine Stellung und als Ehre und Gunst bei Menschen!“

Und nun zurück zu uns! Wenn uns in irgendeiner Lage, unter irgendwelchen Umständen dieses „Darf ich noch?“ bewegt oder beschwert, gilt uns dann nicht in gleicher Weise diese Antwort? Wie sollten wir uns den Frieden unseres Gewissens und unseres Herzens von Gott bewahren lassen und ihn uns niemals selbst durch eigne Schuld verscherzen!

Gerät dieser Friede, der uns durch das teure Blut Jesu Christi zuteil geworden ist und durch die Verbindung mit Ihm erhalten bleibt, durch irgendein Tun, durch irgendeinen Gang oder durch irgendeinen Umstand in Gefahr und kommen wir dadurch in innere Unruhe, dann sollten wir eiligst zurückschrecken wie vor einem heißen Gegenstand, der uns durch seine ausstrahlende Hitze vor dem Gebranntwerden warnt!

Beachten wir die Belehrung, die Gott auch uns durch das Wort Elisas gibt, dann wird das alte „Darf ich noch?“ uns nicht mehr soviel zu schaffen machen. Wohl aber ist klaren göttlichen Aussprüchen gegenüber ganze Herzensentschiedenheit nötig, um dieses Gotteswort in rechter

Weise anzuwenden. Möchten wir allezeit dazu bereit sein!

Hans Metzger.

Du sollst ein Zeuge sein!

Der Herr Jesus hat von Paulus zu Ananias gesprochen: „Dieser ist Mir ein auserwähltes Rüstzeug, Meinen Namen zu tragen sowohl vor Nationen als Könige und Söhne Israels.“ (Apg. 9,15) Wir betrachten gern das Einzigartige der Paulus-Mission und rechtfertigen unsere Lauheit mit der Ausrede: „Er ist ein ‚auserwähltes‘Rüstzeug, ich aber bin es nicht.“

Die paulinische Dienstfülle findet ihren Grund darin, daß er ein „auserwähltes Rüstzeug“ war. Der Unterschied zwischen Paulus und uns zeigt sich im Umfang der Mission. Er sollte sowohl den Nationen als Königen und Söhnen Israels ein Zeugnis sein, von uns erwartet es der HErr zunächst nur in einfacher, schlichter Weise unserer näheren Umgebung gegenüber. Viele glauben wegen ihrer kleinen Gabe „bescheiden“ auf ihre scheinbar nur geringe und doch dem HErrn so wichtige Aufgabe verzichten zu dürfen und übersehen dabei den gemeinsamen, allen Gläubigen geltenden Auftrag: „Meinen Namen zu tragen.“

Wer sich nun rechtfertigen will, dem wird es ergehen wie jenem schriftgelehrten Mann, der als letztes Wort aus des HErrn Munde hörte: „Gehe hin und tue du desgleichen!“ (Luk. 10,37)

Der Herr Jesus ruft heute mit „Folge Mir nach!“ den einzelnen. Denn wenige wandeln den schmalen Pfad. Jedem rechten Jünger gilt dies bestimmte, jeden Zweifel ausschaltende „du“, das dich und mich herausholt aus der alten Bahn der Gleichgültigkeit.

„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als Mich, ist Meiner nicht würdig.“ (Matth. 10,37)

„Ein jeder nun, der Mich vor den Menschen bekennen wird, den werde auch Ich bekennen vor Meinem Vater, der in den Himmeln ist.“ (Matth. 10,32)

„Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit ...“ (Matth. 6,33)

Möchten wir dem HErrn in der Bereitwilligkeit der Maria antworten: „Siehe, ich bin die Magd des HErrn, mir geschehe nach Deinem Wort!“ (Luk. 1,38) Dann erfahren wir die Wirklichkeit von Jes. 55,9: „Denn wie der Himmel höher ist als die Erde, so sind Meine Wege höher als eure Wege und Meine Gedanken als eure Gedanken.“ Diese lieblichen Trostworte, die wir im Leiden gerne hervorholen, gewinnen dann ernste Gegenwartsbedeutung und Alltagssinn.

Und nun gehe! Du bist gerufen! Drum mache dich fertig und greife selbst mit an! Die Weltmenschen gehen um mit toten Werken, die sie einst mit nichts rechtfertigen können. Deine wenigen Worte sollen, dem faden Geschwätz gar mancher entgegen, Salz in sich haben und all deine Werke den Stempel des Reinen tragen. Dann wirst du mit Worten und Werken ein lebendiger Gottes-Protest gegen Menschen sein, die Gott vergessen haben. Dem Berufenen nun wird dein Zeugnis zur Buße vor Gott im Namen Jesu gereichen. Seine Buße in dem Glauben an das Evangelium führt ihn zur Schar der vor Grundlegung der Welt auserwählten Heiligen. Und dein Lohn wird nach deinen Werken dich finden!

Du bist gerufen, drum laß doch die „andern“!

Zeuge du, auch ohne die „andern“!

Und gehe du - zu all deinen „andern“!

K. W. Scharf.

Aus der Jugendarbeit im Siegerland.

Wieder war Klafeld am 1. Januar der Treffpunkt der gläubigen Jugend aus der näheren Umgebung. Manche waren unserer Einladung zur gemeinsamen Betrachtung des Themas „Die Gemeinde Jesu Christi und ihre Bedeutung für die Jugend“ gefolgt.

Uns wurde die Gemeinde als auf festem Grunde stehend gezeigt, von der Christus sagt, daß sie

Wir merkten auch etwas von der durch Christus geschaffenen Einheit, die trotz aller Streitigkeiten und Parteiungen doch da ist und die wir darzustellen versuchen. Allein die Schrift und nicht irgendein Dogma ist uns Richtschnur unseres Lebens.

Von großer Wichtigkeit, so sahen wir, ist auch der Dienst der einzelnen in der Gemeinde. So wie jedes Glied am Körper seine Aufgaben hat, so brauchen sich die Glieder des Leibes Christi zur Dienstleistung und Erbauung. Jedes Glied ist mitverantwortlich für die Sache des HErrn.

Darum hat auch die gläubige Jugend ihre Aufgabe in der Gemeinde. Leider ist es so, daß vielfach die Jugend nicht ihren Platz in der Gemeinde einnimmt. Mag auch manchmal die falsche Haltung und Geringschätzung von seiten der älteren Brüder den jüngeren gegenüber in etwa schuld sein, so haben doch wir uns unter unsere Versäumnisse zu beugen. „Niemand verachte deine Jugend!“ wird dem jungen Timotheus gesagt. Zugleich ist damit eine Bedingung verbunden: „Sei ein Vorbild!“ Möge sich jung und alt in lieblicher Gemeinschaft zur gemeinsamen Arbeit in der Gemeinde und an der Welt zusammenfinden!

Am Abend hatten wir Evangelisation und Zeugnisversammlung. Der Ruf des HErrn gilt auch jungen Menschen. Dies bezeugten einige Brüder in kurzen, klaren Worten. Zwei Soldatenbrüder zeigten aus ihren Erlebnissen, daß ganze Christen gerade auch als Soldaten dem HErrn nachfolgen und dienen können.

Die jungen Schwestern halfen durch ihre passenden, schlichten Lieder, das Wort in den Herzen zu vertiefen. So war unser Jugendtag vom HErrn reich gesegnet. Wir glauben, daß unsere Jugend neue Anregungen erhalten hat, die sich zum Segen der ganzen Gemeinde auswirken, wenn die gläubige Jugend ihre Stellung in der Gemeinde zur Freude der älteren Brüder einnimmt.

In einem benachbarten kleinen Dorf war am 3. Januar eine Jugendversammlung, zu der die Dorfjugend eingeladen war. Der kleine Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Gespannt lauschten die Zuhörer den frischen, lebendigen Worten der jungen Brüder, die auf die Frage:

„Wer ist Jesus Christus?“ den HErrn als ihren Heiland und Erretter priesen.

Dieser Dienst machte uns sehr viel Freude. Sahen wir doch, wie der HErr Türen auftut. Darum wollen wir weiter arbeiten, bis Er kommt.

Gustav Irle.

Die Liebe

hat eilende Füße. Sie läuft dem Bruder entgegen oder geht ihm nach. Sie ist stets bereit, freudig die zweite Meile zu gehen. Sie scheut keine Wege, um den Bruder zu suchen und zu finden oder das verirrte Schäflein aus den Dornen zu holen. - Auch einen Mund hat die Liebe; einen Mund, aus dem alles Scharfe und Bittere entfernt ist, eine Zunge, berührt von der glühenden Kohle des Altars, und Lippen, die mit den Müden zu reden wissen zur rechten Zeit und jederzeit bereit sind, dem Nächsten zu dienen, wie er es bedarf. - Die Liebe hat ein Herz voll Erbarmen. Sie sucht zu verstehen, auch da, wo sie nicht verstanden wird. Sie fühlt mit, sie leidet mit, sie trägt mit.

Eva von Tiele-Winckler †.

Frage und Antwort

Frage 4

Welche geistliche oder sinnbildliche Bedeutung hat der „dritte Tag“ (Joh. 2,1)?

Antwort

Bereits in Kap. 1 lesen wir wiederholt von Tagen. Dreimal heißt es: „Des folgenden Tages.“ Das erstemal heißt es so V. 29. Ehe von einem „folgenden“ Tage geredet werden kann, muß ein Tag

lesen wir dann wieder: „Des folgenden Tages“; das ist also der dritte Tag. Dann heißt es noch einmal so V. 43. Das ist mithin der vierte Tag. Wie ist es nun zu verstehen, wenn es in Kap. 2, V. 1 heißt: „Und am dritten Tage war eine Hochzeit zu Kana in Galiläa“? Daß es nicht der dritte Tag von V. 35 ist, ist ohne weiteres klar. Es kann sich also nur um einen neuen Zeitabschnitt handeln. Die Erklärung finden wir, wenn wir uns daran erinnern, daß die Hochzeit zu Kana ein (schönes) Bild vom Tausendjährigen Reiche ist, ferner, daß bei Gott „tausend Jahre wie ein Tag“ sind (Ps. 90; 2. Petr. 3,8), und daß bis zum Kommen des HErrn auf diese Erde in Niedrigkeit 4000 Jahre seit der Erschaffung des Menschen vergangen waren. Fassen wir dieses alles ins Auge, so ergibt sich - bei Anwendung der Rechnung von 1000 Jahren für einen Tag - leicht folgendes Bild:

Die 4 Tage in Kap. 1 bilden die Zeit bis zum Kommen des HErrn in Niedrigkeit vor. Das ist ein Abschnitt für sich.

Dann kommt - daran anschließend - ein anderer Abschnitt von weiteren 3 Tagen, welche die Zeit nach dem Kommen des HErrn in Niedrigkeit vorbilden. Davon sind Kap. 2,1 zwei Tage ganz übergangen, weil sie die gegenwärtige Zeit der Beiseitesetzung Israels infolge der Verwerfung des HErrn vorbilden, während welcher die Gemeinde des HErrn herausgerufen und gesammelt wird. Diese Zeit währt nun fast 2000 Jahre. Der dritte Tag dieses neuen Zeitabschnittes aber wird vor unser Auge geführt als ein Tag der Freude (die Hochzeit zu Kana), weil er Israels Wiederherstellung und Wiederannahme und Segnung im Tausendjährigen Reiche vorbildet.

Mithin ist dieser „dritte“ Tag des neuen Zeitabschnittes mit den vier Tagen des ersten Zeitabschnittes zusammengerechnet in Wirklichkeit der siebente Tag. Wir wissen, daß für Israel der siebente Tag der Woche der Sabbat war, der Tag der Ruhe, und daß dieser Tag u. a. ein Bild vom Tausendjährigen Reiche ist (in welchem Israel zur Ruhe gelangt sein wird; Hes. 39,26 Schluß u. a. m.).

Der vorstehend entwickelte Gedankengang wird sehr unterstützt durch Hos. 6,1-3, wonach Israel dann, wenn es in seiner Bedrängnis den HErrn eifrig suchen wird (s. 5,15), sprechen

hat geschlagen und wird uns verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen wieder beleben, am dritten Tage uns wieder aufrichten; und so werden wir vor Seinem Angesicht leben. So laßt uns Jehova erkennen, laßt uns trachten nach Seiner Erkenntnis! Sein Hervortreten ist sicher wie die Morgendämmerung; und Er wird für uns kommen wie der Regen, wie der Spätregen die Erde benetzt.“ Da wird erst von der Beiseitesetzung und der darauffolgenden Wiederherstellung gesprochen; dann sehen wir die zwei Tage der Beiseitesetzung, und dann den dritten Tag der Wiederannahme - das Tausendjährige Reich! - genau übereinstimmend mit Joh. 2,1.

Wenn auch für jene drei Tage des zweiten Zeitabschnittes es zutrifft, daß tausend Jahre wie ein Tag sind, können wir erkennen, wie weit die Weltenuhr vorgerückt ist. - Für uns aber dürfen wir den HErrn erwarten ohne Rücksicht auf Zeit und Geschehen - jeden Augenblick! -

Theod. Küttner.

Frage 5

Was ist unter dem „kommenden Zorn“ zu verstehen? (1. Thess. 1,10)

Antwort

Zum rechten Verständnis des vorliegenden Gegenstandes ist es nötig, daß wir zunächst einmal in das Alte Testament schauen. Da finden wir viele Stellen, die von einem „Zorn“ Gottes reden, welcher sich über diese gottlose Welt ergießen soll, und zwar zu einer Zeit, die nach den angegebenen Kennzeichen auch jetzt noch nicht vorüber oder da ist, sondern noch in der Zukunft liegt. Dieses zeigen uns klar: Ps. 2; 21 (V. 8.9); 110 (V. 5.6); Jes. 13,9-13; 30,27-33; Jer. 30,23.24; Zeph. 2,1-3; 3,8; Dan. 8,19; 11,36. Dem Charakter und Zweck des Alten Testaments entsprechend beschränkt das hier über den „Zorn“ Gottes Gesagte sich auf die Erde, d. h. auf die Gerichtshandlungen Gottes mit den Menschen, welche zu jener Zeit, der „bestimmten Zeit des Endes“, auf der Erde leben werden.

annehmen, daß der Gedanke des Alten Testaments über diesen Gegenstand auch hier nicht aus dem Auge gelassen werden darf, wenn von dem „Zorn“ Gottes gesprochen wird. Johannes der Täufer hat vielleicht nur in diesem alttestamentlichen Sinne gedacht, als er zu den zu seiner Taufe kommenden Pharisäern und Sadduzäern sprach: „Otternbrut! Wer hat euch gewiesen, dem kommenden Zorn zu entfliehen?“ Und wenn wir die auf die Ereignisse jener noch zukünftigen Endzeit bezüglichen Reden des Herrn Jesus Matth. 24 (Mark. 13; Luk. 21) und Offenb. 6-19 lesen (Offenb. betr.: wo wir gleichsam die Abrechnung Gottes mit dieser Erde finden. „Zorn“ betr.: s. 6,17; 11,18; 14,10; 16,19; 19,15), sehen wir ebenfalls, daß es sich hier um Gerichtshandlungen Gottes auf dieser Erde handelt. Aber wenn der Apostel Paulus in Röm. 1,18; 2,5.8; 5,9 und in 1. Thess. 1,10 und 5,9 von Gottes „Zorn“ schreibt, würde es unser Empfinden nicht befriedigen, wenn der Gedanke in gleicher Weise auf das Ausgießen dieses Zornes über diese Erde beschränkt würde. Wir glauben vielmehr, daß in diesen obengenannten Schriftstellen der in dem Worte „Zorn“ ausgedrückte Gedanke sowohl die Gerichte Gottes über diese gottlose Welt am Ende dieses Zeitalters als auch darüber hinaus die sonstigen ewigen Gerichtsfolgen der Sünde umfaßt.

Wie tröstlich und kostbar ist es darum für unsere Herzen, wenn wir Röm. 5,9 lesen: „Vielmehr nun, da wir jetzt durch Sein Blut gerechtfertigt sind, werden wir durch Ihn gerettet werden vom Zorn.“ Und 1. Thess. 1,10: „... und Seinen Sohn aus den Himmeln zu erwarten, den Er aus den Toten auferweckt hat - Jesum, der uns errettet von dem kommenden Zorn.“ Und 1. Thess. 5,9: „Denn Gott hat uns nicht zum Zorn gesetzt, sondern zur Erlangung der Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus, der für uns gestorben ist.“ Diese Errettung ist durch Ihn: Was die Gerichte Gottes über diese gottlose Welt hier auf der Erde am Ende dieses Zeitalters betrifft, wird sie dadurch geschehen, daß Er uns, die Seinen, aus dieser Welt wegnimmt durch die Entrückung (1. Thess. 4,15-17), ehe der „Zorn“ über diese Welt kommt. Und was die ewigen Gerichtsfolgen betrifft, beruht sie darauf, daß Er am Kreuze den Platz der Seinen mit all ihren Sünden einnahm. - Weil nun der „Zorn“ Gottes in beiderlei Beziehung noch zukünftig ist, wird von der Errettung von diesem „Zorn“ nicht als etwas schon Geschehenem, in der Vergangenheit Liegendem, gesprochen, sondern als von etwas, das noch geschehen wird, auch

im Vordergrunde steht: „Jesum, der uns errettet“ - errettet dann, wenn Errettung in Frage kommt. Weil wir mit Ihm verbunden sind für ewig, wird kein Zorn Gottes uns treffen - weder hier noch in Ewigkeit!

Theod. Küttner.

Gedicht

Kreuz und Elende, das nimmt ein Ende,

Nach Meeresbrausen und Windessausen

Leuchtet der Sonne gewünschtes Gesicht.

Freude die Fülle und selige Stille

Hab ich zu 'rwarten im himmlischen Garten;

Dahin sind meine Gedanken gericht't.

(Paul Gerhardt.)

Durch viele Trübsale ins Reich Gottes.

(Apgesch. 14,22)

Unser Weg zur Herrlichkeit geht durch Leiden. Das war auch der Weg des HErrn. Und Paulus sagt uns: „Daß wir durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen müssen.“ Dieses „muß“ will uns oft nicht gefallen. Wir möchten den Weg ebener - lieblicher haben. Wenn es uns aber mit der Nachfolge des HErrn und dem Eingang ins Reich Gottes ernst ist, dann geht es durch Kreuz zur Krone und durch Leiden zur Herrlichkeit. Wenn der HErr Selbst und Paulus und alle Heiligen durch viele Trübsale zur Herrlichkeit gingen, können wir dann ohne diese dort

eingehen? Wenn Sein Haupt mit Dornen gekrönt wurde, haben wir Besseres zu erwarten?

Möchten wir lernen, weniger auf die Trübsale zu sehen als vielmehr auf das Ende des Weges - die Herrlichkeit! Diese Leiden gehören zu den Fußtapfen, die der HErr uns hinterlassen hat. „Ihr werdet von allen gehaßt werden um Meines Namens willen.“ (Matth. 10,22) „Ein Knecht ist nicht größer als sein Herr.“ (Joh. 15,20) „Und wer nicht sein Kreuz aufnimmt und Mir nachfolgt, ist Meiner nicht würdig.“ (Matth. 10,38) Von dem HErrn heißt es prophetisch: „Für Meine Liebe feindeten sie Mich an ... Und sie haben Mir Böses für Gutes erwiesen, und Haß für Meine Liebe.“ (Psalm 109,4.5) Auch das müssen Kinder Gottes in der Nachfolge des HErrn erfahren. Von der Welt erwarten wir nichts anderes, aber wenn es von Gläubigen geschieht, so ist der Schmerz unvergleichlich größer.

Paulus erfuhr solches. Er war ein Gefangener in Rom, und das Todesurteil des Kaisers stand ihm bevor. Von dort aus schrieb er seinen Brief an die Philipper und berichtete diesen, daß die meisten der Brüder durch seine Bande viel mehr erkühnt worden seien, das Wort Gottes zu reden ohne Furcht. Aber etliche von diesen Brüdern predigten Christum aus Neid und Streit, indem sie seinen Banden Trübsal zu erwecken suchten. Wie schwer mußte es Paulus sein, daß sie seinen Leiden und seinen Kümmernissen und Trübsalen noch hinzuzufügen suchten!

Aber er wußte, wohin er sich in diesen Stunden der Dunkelheit zu wenden hatte. Welcher Friede, welche Ruhe liegen in seinen Worten, wenn er inmitten dieser Umstände den Philippern schreibt: „Freuet euch in dem HErrn allezeit! Wiederum will ich sagen: Freuet euch!“ (Phil. 4,4) Aus diesen Verhältnissen heraus vermochte er sie zu ermutigen: „Seid um nichts besorgt, sondern in allem lasset durch Gebet und Flehen mit Danksagung eure Anliegen vor Gott kundwerden.“ Das war es, was er tat. In diesen Worten verrät er den Philippern das Geheimnis seiner Kraft, und er gibt ihnen zugleich die Zusicherung, daß, wenn sie so handeln würden, der Friede Gottes, der allen Verstand übersteigt, ihre Herzen und Sinne bewahren würde in Christo Jesu. Er hatte seine Sorgen in Gottes Hand gelegt, seine Anliegen in Gebet und Flehen vor Ihn gebracht, und nun erfüllte Gottes Friede sein Herz trotz des Gefängnisses und der Trübsale, die ihm Brüder zufügten.

Ähnliches finden wir auch in Davids Leben.

Der 3. Psalm läßt uns einen Blick in Davids Herz tun, als er in den Tagen der Bedrängnis vor seinem Sohne Absalom floh. Der eigene Sohn verfolgte den Vater. David hatte seinen Sohn trotz seiner großen Sünde, über die er sich nicht gedemütigt, in sein Haus aufgenommen. Und als Antwort Auf diese Liebe Davids suchte derselbe nun in Neid und Herrschsucht den Platz, den Gott seinem Vater gegeben hatte, an sich zu reißen.

Aus 2. Sam. 15 ersehen wir, wie tief David unter der Undankbarkeit seines Sohnes litt. Er ging die Anhöhe der Olivenbäume hinauf und weinte. Sein Haupt war verhüllt, und er ging barfuß. Im nächsten Kapitel lesen wir dann von einem Manne vom Hause Sauls; sein Name war Simei. Dieser fluchte David, warf mit Steinen nach ihm und beschimpfte David als einen Mann des Blutes und nannte ihn einen Mann Belials, den Gott jetzt für seine Sünden bestrafe.

Wie schwer dies auf Davids Seele lag, das sehen wir aus dem 3. Psalm. Er sah die Menge seiner Bedränger, die sich wider ihn erhoben hatten, die ihn so verurteilten, daß sie sagten, für einen Mann, wie er es sei, gäbe es keine Rettung mehr bei Gott. Kann ein Weh größer sein als dieses im Leben Davids? Als er diese Worte im 3. Psalm geschrieben hatte, stellte er dahinter ein „Sela“, eine Pause.

Im 3. Verse sehen wir David dann als einen Mann, der Gott kennt und Ihn zwischen sich und seine Feinde stellt. Er sagt: „Du aber, Jehova, bist ein Schild um mich her.“ Gott war sein Schild, mit dem er dem Angriff des Feindes begegnen und sich schützen konnte. Er erhebt seine Stimme zum HErrn, und nicht umsonst. Gott antwortet ihm von Seinem heiligen Berge. Und wiederum macht er nach dem vierten Verse eine Pause und schreibt ein „Sela“.

Und was folgt jetzt? Sind seine Feinde nicht mehr da? Ist Absalom besiegt? Ist Simeis Lästerung verstummt? Sind die, die da sagten, daß es bei Gott keine Rettung mehr für ihn gebe, schon zuschanden geworden? Nichts von alledem. Die Umstände sind unverändert, auch seine Feinde haben sich nicht verändert; aber im Herzen Davids ist eine Veränderung

geschehen. Seine Hilfe kam von dem HErrn, und der Friede Gottes erfüllte seine Seele. Er konnte sich niederlegen zum Schlaf, und er erwachte mit dem Bewußtsein, daß die Macht des HErrn ihn stütze. Wohl waren die Zehntausende des Volkes, die sich wider ihn gesetzt hatten, noch da, aber er fürchtet sich nicht; er erwacht nicht, um zu weinen und zu klagen, sondern um zu preisen. Er hatte seine Rettung in die Hand seines Gottes gelegt. Und wenn der HErr für uns ist, wer will wider uns sein? Aber noch mehr. David hat gelernt, daß Segen das Ziel der Trübsal ist, und er rühmt: „Vom HErrn ist die Rettung; Dein Segen ist auf Deinem Volke.“ Und wiederum schreibt er ein „Sela“.

Auch wir müssen lernen, daß Gott uns Wege der Trübsal gehen läßt, um uns zu segnen. Deshalb ermahnt uns auch Jakobus: „Nehmet, Brüder, zum Vorbild des Leidens und der Geduld die Propheten“, und weist uns hin auf das Ausharren Hiobs und auf das Ende des HErrn. Hiob mußte lernen, daß Gott ihm in den Drangsalen etwas zu sagen hatte. In der Drangsal öffnet Gott das Ohr. (Hiob 36,15) Wir können Drangsale nicht entbehren; wir müssen durch viele Trübsale in das Reich Gottes eingehen. Dieses „muß“ ist unseres Herzens Härtigkeit wegen notwendig. In den Trübsalen lernen wir uns selbst erkennen und den HErrn suchen. Und noch mehr, wir lernen Ihn kennen und Ihm vertrauen und machen Erfahrungen Seiner Treue und Seiner Hilfe. Der Psalmist sagt: „Am Tage meiner Drangsal suchte ich den HErrn.“ (Ps. 77,2) Er nimmt seine Zuflucht zu Gott und bekennt, daß Stärke und Hilfe in den Drangsalen reichlich bei Ihm gefunden werden. (Ps. 46,1) Und er nennt Ihn seine hohe Feste in den Zeiten der Drangsal. (Ps. 9,9)

Wenn wir unsere Drangsale und unsere Leiden mit denen vergleichen, die ein Paulus, ein David u. a. durchzumachen hatten, wie klein kommen sie uns dann vor! Und wenn wir sie mit der Herrlichkeit vergleichen, die an uns geoffenbart werden soll, dann fühlt unser Herz, daß sie nicht einmal eines Vergleiches wert sind. (Röm. 8,18)

„Da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, laßt auch uns ... mit Ausharren laufen den vor uns liegenden Wettlauf ...“, auf daß wir nicht ermüden, indem wir in unseren Seelen ermatten. (Hebr. 12,1-3)

Alb. v. d. Kammer.

Der Mensch der Sünde.

(2. Thess. 2)

Zwei Dinge werden in diesem Kapitel erwähnt, die dem Tage des HErrn vorangehen, nämlich der Abfall und der Mensch der Sünde. Die Thessalonicher waren durch die Verfolgungen und Drangsale, die sie zu erdulden hatten, beunruhigt worden, daß diese Leiden schon ein Teil des Tages des HErrn seien. Das war aber nicht der Fall, sondern ihre Leiden waren um des Reiches Gottes willen. (2. Thess. 1,4.5) Gott hatte sie Seines Reiches würdig erachtet, um dessentwillen sie jetzt litten. An dem Tage des Herrn Jesus aber würde ihnen gerechterweise Ruhe zuteil werden, während diejenigen, die sie jetzt verfolgten, Trübsal und Vergeltung empfangen würden.

Der Apostel bittet sie deshalb, sich nicht erschrecken zu lassen, als ob der Tag des HErrn schon da sei. Er bittet sie um der Wahrheit der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus willen und ihres Hinauf-versammelt-werdens zu Ihm hin durch angebliche Geistesoffenbarung usw., sich nicht erschüttern zu lassen, als sei der Tag des HErrn mit den Trübsalsgerichten schon angebrochen. Der Apostel hatte sie ja selbst darüber belehrt (in seinem ersten Briefe), daß, wenn der HErr komme, die erste Tat Seiner Macht die sein werde, die ganze Schar der Seinigen - die auferweckten Entschlafenen und die verwandelten Lebenden - zu Sich hinauf zu versammeln in die Luft.

Nach dieser Entrückung wird eine kurze Spanne Zeit sein, in welcher der Mensch völlig zeigen wird, wozu er in seiner Gottentfremdung fähig ist. Solange die Gemeinde als Gottes Wohnung noch auf Erden ist, hält sie gleich einem Hindernis die Menschen auf, ihre Gottlosigkeit zu entfalten. Sobald aber die Gläubigen zum HErrn hinauf versammelt sind, ist das Hindernis fort. Und dann wird der offene Abfall zutage treten, der es dem Antichristen, dem Menschen der

Höhepunkt erreichen. Das Gericht über den Antichristen geht der Aufrichtung des Reiches unseres Herrn Jesus Christus voran.

Der Mensch nach dem Fleische kann sich nicht verändern. Er ist derselbe, wie am Anfang, so am Ende. Im Anfang verführte der Satan den Menschen mit der Versuchung: „Ihr werdet sein wie Gott.“ - Und am Ende wird der Mensch sich in den Tempel Gottes setzen, sich als Gott darstellen und göttliche Verehrung annehmen.

Während der Menschheitsgeschichte hat es manche Vorläufer dieser Endzeit gegeben, hier aber spricht der Apostel von dem tatsächlichen Auftreten „des“ Antichristen, des Menschen der Sünde, des Sohnes des Verderbens. Johannes spricht schon in seinem ersten Briefe davon, daß viele Antichristen geworden seien (1. Joh. 2,18), hier aber lesen wir: „Schon ist das Geheimnis der Gesetzlosigkeit wirksam.“ Diese Worte zeigen uns, daß alle Elemente der Endzeit schon vorhanden sind. Aber da ist das, „was zurückhält“, und „der, welcher zurückhält“, wodurch das Erscheinen „des“ Antichristen gehindert wird. Solange der Heilige Geist hier auf der Erde in Seiner Gemeinde wohnt, ist ein Damm da, den die Flut der satanischen Macht nicht zu durchbrechen vermag. Auch die Obrigkeit ist ein Hemmnis wider die Bosheit, sich zu entfalten. Laßt uns Gott dafür danken!

Der Abfall - die offene Verwerfung des Christentums wird kommen. Dem Grundsatz nach zeigt sich der Abfall schon jetzt. Paulus schreibt schon Timotheus, daß der Geist ausdrücklich sagt, daß in den späteren Zeiten etliche vom Glauben abfallen werden, indem sie achten auf betrügerische Geister und Lehren der Dämonen, die in Heuchelei Lügen reden und betreffs des eigenen Gewissens wie mit einem Brenneisen gehärtet sind. Die wesentlichen Grundlagen des Christentums sind in der Welt schon längst aufgegeben, sogar von Männern, die äußerlich das Bekenntnis des Christentums aufrechterhalten; und manche, die für Stützen des Christentums gehalten werden, sind oft die größten Feinde des christlichen Glaubens.

Das Böse, das in unserer Schriftstelle besonders gekennzeichnet ist, ist die Gesetzlosigkeit - die Behauptung des menschlichen Willens, der keine Einschränkung duldet. Jetzt geschieht

Achtung vor der Heiligen Schrift und den göttlichen Dingen äußerlich zur Schau getragen. Der starke Zug geht jedoch dahin, daß der Wille des Menschen allein herrschen und alles dem Urteil und Willen des Menschen unterworfen sein soll.

Sobald aber „der, welcher zurückhält, aus dem Wege ist“, wird der christliche Glaube und auch der äußere Schein der Unterwerfung unter Gott aufgegeben wenden. Das, was sich vorübergehend vor bald 150 Jahren in der französischen Revolution zeigte, nämlich daß Gott von der Welt ausgeschlossen wurde, das wird dann tatsächlich geschehen. Die Gesetzlosigkeit, die solange im Verborgenen wirkte, wird sich dann in einer Person, in dem Antichristen, der hier der Gesetzlose - der Mensch der Sünde - der Sohn des Verderbens genannt wird, verkörpern. Er wird göttliche Verehrung beanspruchen und wird seine Ansprüche durch übernatürliche Kräfte rechtfertigen, die nach der Wirksamkeit des Satans sind, „in aller Macht und allen Zeichen und Wundern der Lüge“. Die Furcht Gottes ist dann aufgegeben und die Vergötterung des Menschen an ihre Stelle getreten. Man ist entzückt über alles, was an Wunder grenzt, ohne nach seinem Ursprung zu fragen.

Gottes Gericht aber steht dahinter. In gerechter Vergeltung Seiner Verwerfung wird Gott einen starken Irrwahn senden, daß diese der Lüge glauben, auf daß alle gerichtet werden, die der Wahrheit nicht geglaubt, sondern Wohlgefallen gefunden haben an der Ungerechtigkeit. Gott wird dann den Menschen die Freiheit geben, zu zeigen und zu erweisen, was sie wirklich sind. Gottes Wahrheit ist mächtig, die Seele, die sie liebt, von den dämonischen Einflüssen zu befreien. Die Menschen wollen sie aber nicht annehmen, denn ihre Herzen haben Wohlgefallen an dem Bösen gefunden, und Gott erlaubt es ihnen, ihr Herz zu offenbaren.

Der Mensch der Sünde ist nicht der erste, der den Namen „Sohn des Verderbens“ trägt. Der HErr bezeichnete schon damals Judas Iskariot, als Er von Seinen Jüngern sagte, daß Er sie behütet und keiner von ihnen verloren sei als nur der Sohn des Verderbens. (Joh. 17,12) In Judas sehen wir den eigenwilligen Menschen, der seiner Begierde und Lust nachgeht und sein wahres Gesicht so vollkommen zu verbergen wußte, daß er der kleinen Gruppe, die den HErrn hier auf Erden umgab, angehören konnte. Seine Gegenwart brachte das zerstörende Element

in den kleinen Kreis hinein; aber es vernichtete den, der es hineintrug. Durch ihn und durch seinen Verrat, der zu dem Tode des HErrn beitrug, wurde die Auflösung jenes begnadeten Kreises herbeigeführt, aber das Verderben kam über ihn selbst. In der gleichen Weise wird in 1. Kor. 3,17 von dem Verderber des Tempels Gottes gesagt, daß Gott ihn verderben wird. Und so wird auch der Herr Jesus den Sohn des Verderbens verzehren durch den Hauch Seines Mundes und vernichten durch die Erscheinung Seiner Ankunft.

Welche Erleichterung, sich von diesem dunklen Gemälde des Abfalles, der Bosheit und des Gerichtes wegwenden zu können und mit dem Apostel Gott zu danken, der uns „von Anfang erwählt hat zur Seligkeit in Heiligung des Geistes und im Glauben an die Wahrheit“. (V. 13)

„Er Selbst aber, unser Herr Jesus Christus, und unser Gott und Vater, Der uns geliebt und uns ewigen Trost und gute Hoffnung gegeben hat durch die Gnade, tröste eure Herzen und befestige euch in jedem guten Werke und Wort.“ (2. Thess. 2,16.17)

A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.

Erweist allen Ehre; liebet die Brüderschaft; fürchtet Gott; ehret den König!

(1. Petr. 2,17)

Unsere Zeitgenossen wollen praktisches Christentum sehen. Doch nicht nur unsere Zeitgenossen erwarten das, auch unser Gott und Vater will, daß wir, Seine Kinder, Sein Wort ausleben. Der Heilige Geist hat vor dem oben genannten Worte von unserem Verhalten zu den menschlichen Einrichtungen geredet. Obgleich wir hier Fremdlinge (V. 11) sind, so sollen wir uns aber doch den menschlichen Einrichtungen unterwerfen. Dabei soll dies aber nicht nur der oberen Behörde gegenüber geschehe, auch den unteren Behörden (den Statthaltern) gegenüber. Sind sie doch von Gott bestimmt zur Bestrafung der Übeltäter und zum Lobe derer, die Gutes tun. In Röm. 13,1-7 heißt es sogar in bezug auf die Obrigkeit, daß sie „Gottes Dienerin“ ist, und in bezug auf die Beamten, daß sie „Gottes Beamte“ sind. Außer den

an die Polizei, Post, Eisenbahn, Krankenkassen, Hilfswerke u. dgl. Alles dieses sind menschliche Einrichtungen zum Wohle aller. Und diese Einrichtungen haben Vorschriften und gesetzliche Bestimmungen, denen wir uns unterwerfen sollen, nicht nur der Strafe wegen, sondern des Gewissens wegen vor Gott.

Wenn wir nun in dem obengenannten Wort lesen: „Erweiset allen Ehre“, so haben wir dabei zuerst an die Männer zu denken, welche die genannten menschlichen Einrichtungen verwalten und bedienen. Ihnen gebührt Ehre, und zwar den höheren und auch den niederen Beamten. Wir ehren sie durch willige Unterordnung und lobenswertes Verhalten. Doch wir dürfen dieses Wort wohl auch anwenden auf andere Personen, denn es heißt ja: Erweiset „allen“ Ehre. Die Heilige Schrift nennt uns einige Personen besonders, die wir ehren sollen. „Ehre deinen Vater und deine Mutter.“ „Ehre die Witwen, die wirklich Witwen sind.“ (1. Tim. 5,3) „Alle, welche Knechte unter dem Joche sind, sollen ihre eigenen Herren aller Ehre würdig achten.“ (1. Tim. 6,1) „Die Ältesten, welche wohl vorstehen, laß doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre.“ (1. Tim. 5,17) Der Mann soll sein Weib ehren. (1. Petr. 3,7) „In der Bruderliebe seid herzlich gegeneinander, in Ehrerbietung einer dem anderen vorangehend.“ (Röm. 12,10) - Gewiß können wir das Wort „allen“ auch auf alle unsere Mitmenschen beziehen, mit denen wir zu tun haben. Allen gebührt Achtung und Höflichkeitserweisung und Ehre.

Das folgende Wort: „Liebet die Brüderschaft“ erinnert uns besonders an die innige Beziehung zu unseren Brüdern und Schwestern. Nach der Schrift sind alle durch das Blut Jesu Erlösten Brüder untereinander. Wir sind Kinder eines Vaters. Wir haben einen HErrn, Jesus Christus, den Sohn Gottes. Wir haben einen Geist. Wir bilden durch die Gnade eine Familie, eine Brüderschaft, die nicht von Menschen gemacht ist, sondern von Gott. Der Arme und Reiche, der Hohe und Niedrige, der Alte und Junge, der Weiße und Schwarze begegnen sich in dieser Brüderschaft. Freuen wir uns dieser Brüderschaft? Lieber wir sie? Welch wunderbare Vereinigung schon jetzt und dann dereinst in der Herrlichkeit!

Die Liebe zur Brüderschaft findet ihren Ausdruck in der Bruderliebe. Viel spricht die Schrift von

der Bruderliebe. Sie ist etwas Natürliches, weil wir von Gott dazu gelehrt sind. (1. Thess. 4,9) Schon David schreibt etwas von der Kostbarkeit der Bruderliebe: „Siehe, wie gut und wie lieblich ist es, wenn Brüder einträchtig beieinander wohnen.“ (Ps. 133,1) Die Bruderliebe äußert sich nicht nur durch Worte, auch durch die Tat. (1. Joh. 3,18) Die Bruderliebe ist das Band, was uns praktisch vereint. Sie sollte auch zu Brüdern „anderer Kreise“ tätig sein, ohne daß wir dem Licht der eigenen Erkenntnis untreu werden. Daß wir in dieser Beziehung gar manchmal gefehlt haben, das wollen wir nicht verhehlen. Wir halten bisweilen die Erkenntnis fest auf Kosten der Liebe, oder wir lieben und sind dem Lichte untreu, das uns Gott gegeben hat. Möchten wir die Wahrheit festhalten in Liebe, so wie Gottes Wort uns sagt.

In unserem Wort heißt es weiter: „Fürchtet Gott!“ Dieses Wort bringt uns neben den beiden zuvor genannten zum Bewußtsein: Wir stehen vor Gott. Gott will, daß wir diese Dinge in Seiner Furcht ausleben sollen. Wir werden an unser persönliches Verhältnis zu Gott erinnert. Die Gottesfurcht bewahrt uns vor einseitigem Ausleben der genannten Dinge und somit in den Linien des Wortes Gottes. Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Es sind mehrere Stellen im Neuen Testament, die uns zur Gottesfurcht ermahnen: „Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht.“ (1. Petr. 1,17) „... indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ (2. Kor. 7,1)

„Ehret den König“, so heißt es dann weiter in unserem Schriftwort. Nachdem wir zur Gottesfurcht ermahnt worden sind, kommt der Heilige Geist wieder zurück auf die Ehrerbietung, und zwar besonders dem König gegenüber. Der König ist das Oberhaupt eines Volkes. Dem Oberhaupt, ob es nun den Titel eines Königs oder Kaisers oder Präsidenten oder Führers trägt, gebührt besondere Ehre vor allen. Es ist keine leichte Aufgabe, die Gott dem Oberhaupt eines Volkes gegeben hat. Deshalb werden wir auch ermahnt, für diese Oberherren zu beten und sie zu ehren.

Vollkommen ist das Wort unserem Gottes! Mit kurzen Sätzen belehrt es uns, um uns zu bewahren vor jeder Einseitigkeit. Es lehrt uns, allen Ehre zu geben, die Brüderschaft zu lieben, Gott zu fürchten und das Haupt der Obrigkeit zu ehren. Möchten wir Gnade haben, mehr und

mehr Gottes Wort auszuleben!

Otto Dietrich.

„Und er führte ihn zu Jesus.“

(Joh. 1,42)

In der obigen Schriftstelle wird uns berichtet, wie Andreas mit dem Heiland bekannt wurde und wie er dann gleich seinen Bruder Simon Petrus zu dem Herrn Jesus führte.

Wie gewinnt man einen Menschen für den Herrn Jesus? Eine Frage, die uns auf der Seele brennt. Ihre Beantwortung ist ganz einfach. „Und er führte seinen Bruder zu Jesus.“ Glaubst du, daß Simon mitgegangen wäre, wenn Andreas mit saurem Blick und trübem Sinn etwas von dem HErrn vorgetragen hätte? Meinst du, wenn Andreas eine wohlgesetzte Rede mit Bibelstellen und Beweisen vor seinem Bruder gehalten hätte, daß dieser daraufhin zum Herrn Jesus gegangen wäre?

So wichtig die Verkündigung des Evangeliums ist, nicht minder wichtig ist das persönliche Zeugnis, wenn ein Mensch einem anderen sein Glück verrät und dieses Glück lautet: „Wir haben den Messias, den Heiland gefunden.“

Nimm diejenigen, die dir nahestehen und lieb sind, aufs Herz und führe sie zum HErrn! Mit dem Glück, das aus deinen Augen leuchtet, und der Freude, die in deinem Herzen wirkt, sprich von Dem, der dein HErr und dein Gott ist.

Dies ist in Wahrheit unser aller Aufgabe, gerade in unserer fragenden und zweifelnden Zeit. In deinem Hause, unter denen, die mit dir verkehren, die in dein Zimmer kommen, die dich besuchen - wurde von allen diesen einer durch dich zum Heiland geführt? Hast du irgend einem Menschen, solange du schon auf Erden weilst, für das Heil seiner Seele genützt? Die Frage, die wir uns am Abend eines jeden Tages vorlegen: „Habe ich jemanden zum HErrn geführt?“, wird

beantwortet werden: Da, wo du ganz schlicht von deinem unzweifelhaften Glück zeugtest, nicht nur mit Worten, sondern mit Kraft, nicht mit Reden nur, sondern mit Taten, da hast du zum Heiland geführt.

Ist das nicht heute der große Mangel unter Kindern Gottes, daß wir mit der persönlichen Erfahrung unserer Errettung nicht werbend sind, sondern zurückhaltend, als sei es eine Verlegenheitssache? Und wiederum im Gegensatz hierzu ist es ein trauriges Zeichen, wenn der Mund ständig geschwätzig voll Redensarten von Christus ist. Möchten wir durch Gottes Gnade eifrig und geschickt sein, andere zum Heiland zu führen!

Bezzel.

Er muß wachsen.

Er muß wachsen, ich muß sterben,

Er muß groß sein und ich klein,

Soll zu Seinem Kind und Erben

Ich erwählt, bereitet sein.

Und ich küsse Deine Hände,

Wenn sie es an mir vollbracht;

Hat mein Ich doch bis zu Ende

Mir nur Herzeleid gebracht.

Er muß wachsen; Freude, Frieden,

Freiheit, Leben wachsen mit;

Ewig von Ihm ungeschieden

Geht's dann vorwärts Schritt um Schritt.

Er muß wachsen, daß im Wandern

Immer heller Er zu sehn,

Und um Seinetwill'n die andern

Auch die schmale Straße gehn.

(H. v. Redern.)

Der Mantel und die Bücher des Apostels.

(2. Tim. 4,13)

Paulus stand am Ende seiner Laufbahn. Er lag im kalten Gefängnis, und der Winter nahte. Sein Wunsch, den Mantel zu haben, den er in ferner Gegend zurückgelassen hatte, zeigt uns Paulus als den Nachfolger Dessen, der arm um unsertwillen wurde und nicht hatte, wo Er Sein Haupt hinlegte. Wir sehen ihn hier in Umständen und Beschwerden, die er an anderer Stelle so ergreifend beschreibt: „In Gefängnissen ..., in Hunger und Durst ..., in Kälte und Blöße.“ (2. Kor. 11)

Alle Aussichten auf irdische Wohlfahrt, Rang und Stand, Genossen und Freunde hatte Paulus um der Erkenntnis Christi Jesu willen eingebüßt. Jetzt, am Ende seiner Tage auf Erden, sehen wir ihn in einer Lage, die unser Herz tief bewegt. Er empfindet den Mangel genügender Kleidung, sich vor Frost zu schützen; gar nicht zu reden von dem Mangel an Dingen, die seine Lage hätten erleichtern können. Was aber mußte sein Herz erst über den Mangel der Liebe jener Brüder empfinden, die sich von ihm abgewandt hatten! Wieviel Schmerz liegt in den Worten:

verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat.“ Von der Welt konnte er kein Mitgefühl erwarten, wohl aber von denen, „die trauten Umgang miteinander pflogen, ins Haus Gottes wandelten mit der Menge.“ (Ps. 55,14) Einer aber, der nie fehlt, verließ ihn nicht. Paulus bekennt: „Der HErr aber stand mir bei und stärkte mich.“ Er stand in den dunkelsten Tagen an seiner Seite, ihn zu stärken, zu retten und zu bewahren für Sein himmlisches Reich. So schwer und bedrückend die Leiden waren, die er von seiten der Welt durchzumachen hatte, und so schmerzlich die Erfahrungen von seiten der Brüder sein mochten, um so herrlicher und köstlicher waren die Erfahrungen der Treue seines HErrn, die all dieser Leiden wohl wert waren.

An einen der wenigen, die ihm ihre Liebe bewahrt hatten, wendet sich Paulus mit der Bitte, noch vor dem Winter zu kommen und ihm den Mantel, den er in Troas gelassen hatte, zu bringen, ebenso die Bücher, besonders die Pergamente. Was das für Bücher waren, wissen wir nicht. Der Apostel bezeichnet sie nicht näher. Timotheus wußte, welche es waren und wozu Paulus sie gebrauchte. Wir aber sehen aus diesem Wunsche des Apostels, daß er sie schätzte und daß sie ihm nützlich waren. Wenn Paulus solchen Wert auf den Empfang derselben legte, daß sie ihm aus der Ferne gebracht werden möchten, so mußten sie entweder ihm selbst oder in irgendeiner Weise der Sache des HErrn fördernd und nützlich sein.

Wir aber lernen daraus, die Mittel, die uns zur Förderung und Belehrung und der Sache des HErrn dienen können, nicht gering zu achten, sondern mit Fleiß zu gebrauchen.

Alb. v. d. Kammer.

Ein Wort an die gläubige Jugend.

Wenn wir die im Rahmen der „Handreichungen“ gegebene Möglichkeit, der Jugend besonders zu dienen und sie auch zu Worte kommen zu lassen, in Zukunft reichlicher als bisher ausnutzen wollen, entsprechen wir damit einem schon lange gehegten Wunsch vieler junger Geschwister.

Manche werden vielleicht enttäuscht sein, keinen genau abgegrenzten und der Seitenzahl nach

den wichtigen Teil der eigentlichen Schriftforschung zu beeinträchtigen und zweitens keine scharfe Abgrenzung zwischer Alter und Jugend zu ziehen; denn was vornehmlich für reifere Leser geschrieben ist, die gerne tiefer in das Wort Gottes eingeführt werden, gilt auch der Jugend; und was der Jugend in besonderer Weise dient, hat auch dem Alter noch etwas zu sagen und wird gerne von ihm beachtet werden.

Zum leichteren Erkennen sei aber vermerkt, daß die für die Jugend besonders geeigneten Artikel an den Schluß des allgemeinen Teiles, also vor den Frageteil, gesetzt werden.

Als Bearbeiter des mehr das praktische Leben betreffenden Teiles, zu dem auch alle für die Jugend geschriebenen und von ihr selbst eingesandten Artikel gehören, bitte ich alle jungen Geschwister hin und her: Laßt euch durch die „Handreichungen“ im Glaubenskampf stärken und tiefer in die Erkenntnis einführen; lest sie eifrig und mit betendem Herzen; macht andere junge Gläubige auf das Blatt aufmerksam und regt sie zum Bezug desselben an; helft selbst an der Gestaltung des Blattes mit, indem ihr kurze Artikel, Berichte über Jugendtreffen, Anregungen und Fragen einsendet! Wir sind für jede, auch die kleinste und einfachste Mitarbeit dankbar.

Und ich handle ganz im Sinne der Jugend, wenn ich die älteren und erfahrenen Brüder besonders herzlich bitte: Helft uns in unserem Begehren, zum vollen Manneswuchse heranzuwachsen und bewährte Werkzeuge des HErrn zu werden, indem ihr uns mit eurer vom HErrn geschenkten Erkenntnis und aus dem Schatze eurer Segenserfahrungen reichlich dient! Wir möchten Nachahmer des HErrn sein und darum auch eurem Vorbilde nacheifern.

Hans Metzger.

*

Was wir als gläubige Jugend wollen.

Endlich ist unser jahrelanger Wunsch erfüllt! Die Jugend hat in den „Handreichungen“ Gelegenheit zur Mitarbeit, und ich glaube, daß recht viele Gebrauch davon machen werden.

Die Jugend braucht Pflege durch Wort und Schrift. Ein Streben nach Einheit und Gemeinschaft geht durch unser Land. Auch wir als gläubige Jugend streben nach der von dem Herrn Jesus erbetenen Einheit und der Gemeinschaft aller Kinder Gottes auf dem Boden der Schrift.

Feinde von innen und Feinde von außen bedrohen die Seele der christusgläubigen Jugend. Darum heißt es, zusammenzurücken und die Reihen zu schließen, einander zu helfen und zu lieben. Da gilt es zu wachen und gewappnet zu sein mit der Waffenrüstung, die uns von Gott geschenkt wird. (Eph. 6,10ff.)

Die Pflege der an Christus gläubigen Jugend besteht darin, daß wir praktische Bibelarbeit treiben, das Wort in einer der Jugend verständlichen Art, frei von allem liberal-theologischen und traditionellen Ballast, nahezubringen versuchen. So und nicht anders fassen wir unseren Dienst auf.

Wir sehen unsere Aufgabe darin, das untrügliche Wort Gottes auch durch die Jugend zu verkündigen, und das wollen und dürfen wir tun, getreu dem Befehl des HErrn, damit noch manche zur Erkenntnis der Wahrheit kommen und Sein Reich gebaut werde.

Gustav Irle.

*

Jugendkonferenz in Zwickau (Sa.).

Wie in jedem Winter fand auch in diesem Jahre eine Jugendkonferenz in Zwickau statt, und zwar am 7. Februar. Viele Geschwister aus nah und fern hatte der HErr an diesem Tage zusammengeführt.

Nachdem wir in den vergangenen Jahren die Themen „Unser Ziel“, „Unser Kampf“, „Unsere Hoffnung“, „Unsere Stärke“ und „Unser Glaube“ betrachtet hatten, war diesmal „Unsere

Zum Eingang der Nachmittagsbetrachtung - am Vormittag waren wir schon zum Brotbrechen vereint - gab Br. Metzger einen Überblick über das, was Gottes Wort von unserer Berufung sagt. Er zeigte, kurz zusammengefaßt, folgendes:

1. Wer hat uns berufen? Gott Selbst. 1. Kor. 1,9; 1. Thess. 2,12.

2. Wer ist berufen? Wer nichts gilt vor der Welt. 1. Kor. 1,26-28.

3. Wodurch sind wir berufen?

a) Durch das Evangelium. 2. Thess. 2,14.

b) Mit heiligem Ruf. 2. Tim. 1,9.

c) Nach Vorsatz. Röm. 8,28.

d) In der Gnade. Gal. 1,6.

e) Durch Herrlichkeit und Tugend. 2. Petr. 1,3.

4. Wozu sind wir berufen im Hinblick auf die Herrlichkeit?

a) Zum ewigen Leben. 1. Tim. 6,12.

b) Zur ewigen Herrlichkeit. 1. Petr. 5,10.

c) Zu Seinem eigenen Reiche und Seiner eigenen Herrlichkeit. 1. Thess. 2,12.

d) Zu Seinem Licht. 1. Petr. 2,9.

e) Zum Kampfpreis. Phil. 3,14.

5. Wozu sind wir berufen in bezug auf den praktischen Wandel?

b) Nicht zur Unreinigkeit,1. Thess. 4,7,

c) sondern zur Heiligkeit. 1. Petr. 1,15.

d) Zur Freiheit. Gal. 5,13.

e) Zum Fleiß. 2. Petr. 1,10.

f) Zum Segnen. 1. Petr. 3,9.

g) Zum Frieden des Christus. Kol. 3,15.

Anknüpfend an 1. Kor. 1,26-28 zeigte Br. Pickard aus dem Leben Simsons, Gideons, Samuels und Jakobs, wie Gott das Starke zuschanden macht und Seine Gnade in den Schwachen verherrlicht.

Br. Herrmann fuhr, auf Jeremias hinweisend, in denselben Gedankengängen fort und betonte besonders, daß Gottes Gnadengaben und Berufung unbereubar sind (Röm. 11,29), auch wenn wir zunächst durch Eigensinn oder Zaghaftigkeit Seinem Wirken an und durch uns hindernd im Wege stehen.

Anschließend durften wir zwei Zeugnisse hören. In herzerfrischender Weise erzählte ein junger Bruder aus dem Erzgebirge, wie der HErr ihn von seiner Jagdleidenschaft befreit hatte.

Die Wortverkündigungen und Zeugnisse wechselten mit Chören der Oberlungwitzer und Zwickauer Jugend ab.

Alle Geschwister, ob jung oder alt, standen unter dem Eindruck, daß der treue HErr uns neu belebt und gestärkt hatte.

(Nach Aufzeichnungen von H. Wzk. u. H. Hdl.)

*

Jugendtag auf dem Westerwald.

Das war bereits der dritte größere Jugendtag innerhalb eines Jahres hier auf dem Westerwald. Wir haben erkannt, daß die Kräfte der gläubigen Jugend in den Dienst der Gemeinde und somit in den Dienst für unseren Heiland gestellt werden müssen. Deshalb wurde auch gerne von den älteren Brüdern ein Tag während der Evangelisation durch Br. Irle für uns freigelassen und die Jugend unserer Nachbardörfer auf den 7. Februar eingeladen.

Bei herrlichem Sonnenschein kamen über unser Erwarten viel Gäste. Fast reichte unser Versammlungsraum nicht aus. Wir hatten zwar auch kein großes Vereinshaus, sondern nur zwei geräumige Bauernstuben zur Verfügung. Aber trotz der für eine solche Versammlung etwas engen Verhältnisse wurde die Freude unserer Herzen, die Freude am und im HErrn, nicht getrübt.

Das Thema: „Timotheus, ein Gefolgsmann Jesu Christi“, wurde nach folgenden Gesichtspunkten betrachtet:

1. Seine Jugend. 2. Tim. 1,5.

Timotheus war im Glauben erzogen worden, und dies wirkte sich segensreich für sein ganzes Leben aus. Trotzdem mußte er den Herrn Jesus als seinen persönlichen Heiland erleben.

2. Seine Berufung. Apgesch. 16,1-3.

Nachdem er sich dem HErrn übergeben hatte, wird er von Ihm in Seinen Dienst berufen. Er hört den Ruf und folgt ihm ohne Vorbehalt.

3. Timotheus als Vorbild. 1. Tim. 4,12-16.

Zu einem Leben im Dienst für den HErrn gehört ein guter, vorbildlicher Wandel. Timotheus war in allen Dingen ein Vorbild für die Gläubigen. Das war zugleich das beste Zeugnis für die Welt.

4. Die Belohnung. 2. Tim. 4,7.8.

Wenn wir so würdig des Evangeliums wandeln und immerdar in der Gegenwart Gottes leben, werden wir einst als Lohn die „Krone der Gerechtigkeit“ empfangen. Und wer wollte nicht Teilhaber sein an diesem Sieges- und Ehrenzeichen?

Nach der eigentlichen Wortbetrachtung bezeugten viele junge Brüder, daß nur der Herr Jesus wahrhaft glücklich machen kann. Diese schlichten Zeugnisse dienten sehr zur Stärkung und Ermunterung, und der Name unseres HErrn wurde verherrlicht.

Und es ist unser Wunsch hier auf dem Westerwald, daß unser ganzes Leben etwas zu Seiner Ehre sei. Das wünschen wir auch aller Jugend, die sich nach Seinem Namen nennt. Was ist wohl schöner, als so im Dienst für unseren HErrn zu stehen?

Adolf Fey.

Frage und Antwort

Frage 6

Welches von den vier Evangelien bringt die geschichtliche Reihenfolge der Berichte?

Antwort

Die Frage nach der geschichtlichen Reihenfolge setzt den Gedanken voraus, daß die Evangelien etwas wie eine Beschreibung des Lebens des HErrn seien. Dem steht abweisend gegenüber, daß Johannes feststellt: „Wenn alles, was Jesus getan hat, einzeln niedergeschrieben würde, so würde nach meinem Dafürhalten die Welt die geschriebenen Bücher nicht fassen.“

Das sagt deutlich, daß sowohl seine eigene Schrift über den HErrn wie die Schriften der

Reden gesagt und geschrieben werden könnte.

Daß über 40 Fälle gleichermaßen von Matthäus, Markus und Lukas mitgeteilt werden, zirka 8 von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes, daß außerdem manche Begebenheiten von 2 oder 3 der 4 Evangelisten berichtet werden, aber manchmal unter einem anderen Gesichtspunkte und in anderer Reihenfolge, zeigt an, daß ein und dieselben Mitteilungen in bestimmter Absicht ausgewählt wurden. Wenn etliche Begebenheiten nur von einem der vier berichtet werden, so wird es noch augenscheinlicher, daß ein jeder eine besondere Aufgabe hatte.

Wenn man sich in den Geist eines jeden der vier Schriftsteller hineingelesen hat und dann alle vier Berichte zusammen auf sich wirken läßt, so merkt man, daß man es eigentlich nicht mit der Lebensbeschreibung einer Person zu tun hat, sondern daß man sich vor die Persönlichkeit selbst gestellt findet, daß uns eine Persönlichkeit geoffenbart wird.

In Matthäus unterscheiden wir den König-Messias der Juden, in Markus den Knecht Jehovas, der als Sohn Gottes Sich zu dieser Stellung erniedrigt, in Lukas den Sohn des Menschen, der kam, um zu suchen und zu erretten, was verloren ist, was in mancher Szene, die nur er berichtet, auf besondere Weise zum Ausdruck kommt. In Johannes stehen wir unvermittelt vor dem Fleisch gewordenen Wort, das bei Gott war und Selbst Gott ist. Es ist nicht überraschend, daß wir darum, weil Er das Wort, der Offenbarer Gottes ist, weniger Taten als vielmehr Reden haben.

Selbstverständlich ist der HErr in jedem der vier Evangelien neben dem Charakter, der Ihm in demselben hervorstechend eigen ist, auch das, als was Er in den jedesmaligen drei anderen geschaut wird. Denn in den Schriften des Alten Testaments wird von Ihm als alle vier Charaktere in sich vereinigend geweissagt. Das göttlich Große ist, daß Er, nachdem Er dagewesen ist, der Erinnerung, dem Gedächtnis (2. Tim. 2,8), dem Glauben (Joh. 14,1) unter je einem der vier Charaktere übergeben worden ist.

Wenn Er in Matthäus in dem Charakter des König-Messias und des Gott-mit-uns in Verbindung mit dem des Propheten und des leidenden und danach verherrlichten Knechtes Jehovas

dargestellt werden soll, werden wir erstaunt sein, zu finden, daß Matthäus sich souverän über die Zeitfolge hinwegsetzt und zeitlich auseinanderliegende Taten und Reden in Gruppen zusammenfaßt, um in ihrer gedrängten Kürze großartige Gemälde zu entwerfen, wie wir sie aus den Propheten, allermeist aus Jesaja, gewohnt sind? Z. B. Matth. 4,23-25 und Kap. 8 und 9 für Taten entsprechend Jes. 35,5.6 und 53,4; Matth. Kap. 5-7 für Lehren, nämlich, daß Er die Vielen zur Gerechtigkeit weise, d. i. ihnen praktische Unterweisung darin gebe nach Jes. 53,11 und Ps. 40,9. Wir werden es nicht anders erwarten.

Das Evangelium des Matthäus kann also nicht das sein, nach dem gefragt wird.

Wenn Lukas Ihn besonders als Den darstellen soll, der als Sohn des Menschen den Menschen da sucht, wo er ist, die geheimen Beweggründe des Menschenherzens offenlegt und gleichzeitig die vollkommene Gnade Gottes zum Ausdruck bringt, die dem Herzen so wohl tut, oder wenn Er zwei sich ergänzende, aber zeitlich nicht nebeneinander liegende Tatsachen ins Licht stellen will, wie das Hören des Wortes Gottes und das Gebet, Luk. 10,38 bis 11,13: wundern wir uns darüber, daß der Geist Gottes Sich die Freiheit nimmt, Sich zweckshalber nicht an die zeitliche Reihenfolge zu binden? Wir Menschen machen es gegebenenfalls ebenso. Wenn Luk. Kap. 1,3 von „der Reihe nach schreiben“ spricht, so meint er eben der Reihe nach so, wie der Zweck es ihn tun heißt.

Das Evangelium nach Lukas ist also auch nicht das, nach welchem gefragt wird.

Bei Johannes dienen die wenigen geschichtlichen Ereignisse allermeist als Anlaß, längere, in sich abgeschlossene Reden des HErrn einzuführen. So lag für ihn kein Grund vor, die Zeitfolge zu verlassen. Zur Darstellung der persönlichen und göttlichen Herrlichkeit des HErrn in Wunderzeichen und Reden brauchte er das nicht. Da aber der Aufbau seines Evangeliums von dem Aufbau der drei anderen so grundverschieden ist und er so wenig von dem Tun des HErrn berichtet, ist sein Evangelium eigentlich auch nicht die Antwort Auf die gestellte Frage.

So wird das des Markus das erfragte sein. Denn eins wird doch nach dem genannten Gesichtspunkt angelegt sein. Und von einem Diener oder Knecht erwartet man, daß er die ihm

aufgetragene Arbeit eines nach dem anderen in rascher Folge tue. So ist es auch in diesem Evangelium. „Alsbald“ ist das Kennzeichnende der Geschehnisse. Man nimmt auch gern davon Kenntnis, daß die Arbeit eines Knechtes gründlich getan sei. Auch das trifft zu. Das Gehaben, Tun und Reden des HErrn zieht in präziser, packender, Einzelheiten darbietender Form an uns vorüber. Man hat bei der Lektüre bald den Eindruck: Hier liegt zeitliche Reihenfolge vor.

Von den frühesten Zeiten an war das Interesse an der vorliegenden Frage wach. Seit Erfindung des Buchdrucks sind in alten Bibelausgaben Evangelienharmonien zu finden. Eine mir vorliegende aus dem 18. Jahrhundert deckt sich mit neueren und mit den hier gemachten Ausführungen: Johannes und Markus chronologisch folgerichtig; Lukas weniger; Matthäus am allerwenigsten.

Wenn Markus allenthalben als der die Zeitfolge genau Einhaltende hingestellt wird, so muß doch gesagt werden, daß man nicht behaupten darf, Lukas und Matthäus müßten sich an der Hand von Markus zurechtstellen lassen, wenn man sie der Zeitfolge nach ordnen wollte. Es mögen sich ähnliche Dinge mehrfach ereignet haben, von denen wir meinen, es sei ein und dasselbe Geschehnis. Ein Beispiel: Ist der Besuch in der Synagoge in Nazareth in Luk. 4 derselbe wie der in Mark. 6 und Matth. 13? Für solche, die der Meinung sind, die Dienstzeit des HErrn habe 2½ Jahre gedauert, ist es ein und derselbe Besuch; für die anderen, die in der Mehrzahl sind und wohl recht haben, umfaßte die Dienstzeit des HErrn 3½ Jahre, und dann ist das in Matthäus und Markus Berichtete ein späteres Geschehen als das in Luk. 4. Noch ein Beispiel: Luk. 9,51.52; 13,22; 17,11: sind das drei Reisen nach Jerusalem oder zwei, oder beziehen sich alle drei Stellen auf die eine letzte Reise? Alle drei Annahmen finden ihre Vertreter. Es sind triftige Gründe da, welche weiter auszuführen hier nicht der Ort ist, die nahelegen, daß Lukas in allen drei Stellen ein und dieselbe Reise im Auge hat. Und hatte Markus, Kapitel 5,22 (= Luk. 8,41) das eine Mal die Zeitfolge verlassen, oder tut das Matthäus, Kapitel 9,18?

Wenn ich mich unterfange, als Antwort Auf die gestellte Frage zu sagen: Markus ist es, der die geschichtliche Reihenfolge der Berichte bringt, so füge ich allen Ernstes hinzu: Es ist nicht wichtig, hierüber im Rahmen des Möglichen Bescheid zu wissen; einzig wichtig, heilsam und

förderlich dagegen ist, die Persönlichkeit unseres HErrn so zu studieren, wie Gott sie uns auf vierfache Weise in den vier Evangelien offenbart.

Franz Kaupp.

 

 

 

 

Frage 7

Ich bitte um eine Erklärung von Mark. 13,32. Was will sagen „noch der Sohn“?

Antwort

Die Schriftstelle, über die gefragt wird, lautet: „Von jenem Tage aber oder der Stunde weiß niemand, weder die Engel, die im Himmel sind, noch der Sohn, sondern nur der Vater.“ Das hat der Herr Jesus gesagt in bezug auf den Tag und die Stunde Seiner Wiederkunft auf die Erde „in Wolken mit großer Macht und Herrlichkeit“ (V. 1-31). Die viel erörterte und viel umstrittene Frage ist die: Wußte der Herr Jesus tatsächlich diesen Zeitpunkt nicht? oder in anderen Worten: War der Herr Jesus als Mensch auf der Erde allwissend oder nicht? Wir können nur mit größter Ehrfurcht und heiliger Scheu uns mit dieser Frage beschäftigen in dem Bewußtsein, daß die herrliche Person des Herrn Jesus für uns ein wunderbares und unergründliches Geheimnis ist und daß wir über sie nur das wissen können, was Gottes Wort uns über sie mitteilt. Darum - was sagt das Wort Gottes uns hinsichtlich obigen Gegenstandes? Die Erklärung, der Herr Jesus sei wohl allwissend gewesen, wie aus vielen Stellen, besonders im Evangelium Johannes, sich ergebe, nur im Markusevangelium sage Er, daß Er „nicht wisse“, weil Er dort den Platz des gehorsamen Knechtes Gottes einnehme und ein Knecht nicht wisse, was sein Herr tut (wie der Herr Jesus Joh. 15,15 sagt) - also die Erklärung lediglich mit dem Charakter des Markusevangeliums -, befriedigt nicht. Es ist richtig, daß eine Menge Schriftstellen von einem übernatürlichen Wissen des Herrn Jesus zeugen. Einige davon: Matth.9,4 lesen wir: „Und als Jesus ihre Gedanken sah, sprach Er: Warum denket ihr Arges in euren Herzen?“; 17,27: „... wirf deine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt, tue seinen Mund auf, und

2,24.25; 4,17.18; 6,64b; 11,4.11-14; 13,38) Andererseits gibt es eine Anzahl Schriftstellen, die dieses übernatürliche Wissen vermissen lassen: Matth. 8,10; Mark. 6,6 und Luk. 7,9 heißt es, daß Er „Sich verwunderte“; Mark. 11,13 ging Er zu einem Feigenbaum hin, um zu sehen, „ob Er vielleicht etwas an ihm fände“; Joh. 5,20 sagt Er von Sich als Sohn: „Denn der Vater hat den Sohn lieb und zeigt Ihm alles, was Er Selbst tut; und Er wird Ihm größere Werke als diese zeigen ...“, und 8,26: „... der Mich gesandt hat ist wahrhaftig; und Ich, was Ich von Ihm gehört habe, das rede Ich ...“, und wiederum V. 28: „... wie der Vater Mich gelehrt hat, das rede Ich.“ Und ganz besonders tritt dies Matth. 27,34 hervor: „... gaben sie Ihm Essig mit Galle vermischt zu trinken; und als Er es geschmeckt hatte, wollte Er nicht trinken.“ Diese Beispiele bekunden einesteils ein übernatürliches Wissen von Dingen, die dem Menschen verborgen sind, und anderenteils ein Begrenztsein des Wissens auf die menschliche Kenntnis und Wahrnehmung. Wenn wir dieses beides genau beachten und hierzu uns noch des Wortes Phil. 2,6.7 erinnern, wo in bezug auf Ihn gesagt wird: „... welcher, da Er in Gestalt Gottes war, es nicht für einen Raub achtete, Gott gleich zu sein, sondern Sich Selbst zu nichts machte (wörtlich: ‚Sich Selbst entäußerte‘oder ‚entleerte‘) und Knechtsgestalt annahm, indem Er in Gleichheit der Menschen geworden ist“, so erscheint die Annahme berechtigt, daß der Herr Jesus in Seinem Erdenleben den Platz des Menschen, der in allem von Gott abhängig und in Seinem Wissen auf das Wahrnehmbare und mit Seinem Geiste Faßbare und von Gott Ihm Mitgeteilte beschränkt ist, so ganz und so völlig einnahm, daß Er von Seinen göttlichen Eigenschaften, also auch von Seiner Allwissenheit, immer nur dann und nur insoweit Gebrauch machte, als in jedem einzelnen Falle der jeweilige Auftrag des Vaters es erforderte, sonst aber gemäß dem von Ihm hienieden eingenommenen Platze darauf verzichtete. Wir finden im Worte Gottes nicht einen einzigen Fall, in dem der Herr Jesus von Seiner Allmacht Gebrauch gemacht hat, außer daß es zur Ausführung der Ihm vom Vater aufgetragenen Werke geschah. Und dasselbe dürfen wir genau so gut auf Grund des Wortes betreffs Seiner Allwissenheit annehmen. Die Frage ist nicht: War der Herr Jesus hier auf der Erde allmächtig? - war Er allwissend?, sondern - in den verschiedenen Fällen -: Machte Er Gebrauch von Seiner Allmacht? - von Seiner Allwissenheit? oder nicht? So erklärt sich auch Mark. 13,32 aufs einfachste, ohne jede gekünstelte oder gezwungene Auslegung. Wie der Herr Jesus dort gesagt hat, so war es auch wirklich,

denn Er sagt nicht so und meint etwas anderes. Er machte in diesem Falle keinen Gebrauch von Seiner Allwissenheit. Betreffs jenes Zeitpunktes hatte Er keinen Auftrag vom Vater, denn es war nicht nötig für die Jünger, diesen Zeitpunkt zu wissen (vgl. Apgesch. 1,7). Auch steht dazu Matth. 24,36 nicht im geringsten im Gegensatz, sondern sogar völlig im Einklang, indem auch da der HErr sagt, daß Sein Vater allein jenen Tag und jene Stunde wisse - nur daß Er dort nicht hervorhebt, daß auch Er, der Sohn, es nicht wisse. -

Wird durch obige Annahme die Herrlichkeit der Person unseres HErrn etwa verdunkelt? Nein, nicht im geringsten, sondern das Gegenteil: Je mehr wir sehen, wie völlig Er den Platz des Menschen hier auf der Erde einnahm, um so herrlicher wird Er uns! Gepriesen sei Er! -

Theodor Küttner.

Elia unter dem Ginsterstrauch.

(1. Kön. 19,3-9)

Die Hand Jehovas hatte Elia nach Jisreel geführt. Welch freudige Hoffnung mochte Elias Herz bewegen, als er vor Ahabs Wagen herlief! Und wie jäh wurden seine frohen Erwartungen zerstört! Dreieinhalb Jahre hatte er, ein einzelner Mann, für seinen Gott gestanden und gezeugt. Nun, nach dem herrlichen Siege auf Karmel glaubte er das Ziel erreicht und die Frucht seiner treuen Arbeit ernten zu können. Statt dessen trifft ihn der Racheschwur Isebels. Von dem ganzen Volke, das auf Karmel Jehova als Gott bekannt hatte, regte sich auch nicht einer für Ihn noch für Seinen Propheten!

Wir lesen: „Und als er das sah.“ (V. 3) Was sah er? Sah er Gottes Allmacht, Gottes Treue und Hilfe in den vergangenen Tagen? Nein, sein Auge sah nicht mehr den lebendigen Gott, er sah nur noch sich - das treulose Volk - die ihm nach dem Leben trachtende Isebel und den Zusammenbruch seiner ganzen Arbeit. In dem Augenblick, als er seinen Blick von dem lebendigen Gott abwandte, sah er Gefahren, die nicht da waren, als er auf Gott blickte.

Vor dem vermeinten Zusammenbruch seiner ganzen Arbeit stehend, hatte er nur einen Gedanken, soweit wie möglich fortzueilen und das Land Ahabs und Isebels zu verlassen. Er, der Mann, der gestern noch vor dem Könige stand und vierhundertfünfzig Baalspropheten dem Gericht überlieferte, flieht heute mutlos und verzagt, um sein Leben zu erhalten. Das ist so recht unser Bild, wenn Unglaube unser Herz erfüllt und wir Gottes Arm und Macht nicht mehr sehen und Seine Treue und Durchhilfe vergessen.

Dieser Tag in Elias Leben zeigt uns klar, was wir sind, wenn wir aufhören, den HErrn vor Augen zu haben, und nur uns selbst und die Umstände sehen. Aber diese Dinge hat der HErr zu unserer Ermahnung niederschreiben lassen, und wie gut, daß sie uns zur Belehrung gegeben sind! „Denn Er kennt unser Gebilde, ist eingedenk, daß wir Staub sind.“ (Ps. 103,14) Und wer von unseren Lesern wüßte nicht etwas von Zeiten der Verzagtheit zu sagen?

„Und Elia machte sich auf und ging fort um seines Lebens willen.“ Hatte Gott ihm solches geboten? Auf wessen Stimme hin ging er? Auch der Teufel redet zu uns; er versteht die Gestalt eines Engels des Lichtes anzunehmen und die Stimme des Guten Hirten nachzuahmen. Wandeln wir nicht im Lichte, in der Gemeinschaft des HErrn, so kann er uns leicht täuschen. Wie oft fragt man: „Warum soll ich dies oder jenes nicht tun?“ Ist es verboten? Warum sollte Elia nicht fliehen, wenn Gott es ihm durch kein Wort verboten hatte? Hätte Elia Gott gefragt, Gott hätte ihm sicher Antwort Gegeben. Bis dahin ging er den Weg des Glaubens und wartete auf Gottes Führung. Jetzt sah er auf die Umstände. So war es auch bei Petrus. Nur solange als sein Auge auf den HErrn gerichtet war, konnte er auf den Wassern wandeln. O möchten wir Gnade haben, in niederdrückenden Umständen nur auf den HErrn zu blicken!

So kam Elia nach Beerseba, „das zu Juda gehört“. Das Land Israel lag hinter ihm, und dem Machtbereich der Isebel war er damit entronnen. Hier in Beerseba entläßt er seinen Diener. Er will ganz allein sein, so wie man es in Zeiten der Mißstimmung und des Unmutes gern ist. Allein geht er eine Tagereise weit in die Wüste und setzt sich dort unter einen Ginsterstrauch. Hier in der Öde ist er mit sich allein. Ein öder Platz allein mit dem HErrn wird zu einem köstlichen Platz,

Hier in der Einsamkeit sammelt Elia sich zum Gebet. Wie ganz anders aber ist sein Gebet jetzt als früher. Früher galten seine Bitten der Ehre Jehovas und den Segnungen des Volkes Gottes, jetzt betrifft sein Gebet nur seine eigene Person. Von vier Gebeten Elias wissen wir. Er betete, daß es nicht regnen möge (Jak. 5,17) - er betete, daß der Himmel wieder den Regen gebe (Jak. 5,18) - er betete, daß Gott die Seele des Kindes der Witwe wieder zurückkehren lasse (1. Kön. 17,22) - und er betete um Feuer vom Himmel. (1. Kön. 18,37.88) Hier haben wir sein fünftes Gebet. Und um was betete er jetzt? Er spricht: „Es ist genug, nimm nun, Jehova, meine Seele von mir.“ Und fügt hinzu: „Denn ich bin nicht besser als meine Väter.“

Wie widersprechend ist sein Gebet! Er flieht vor der Drohung Isebels, um sein Leben zu retten. Und außerhalb der Grenze ihres Landes legt er sich unter den Ginsterstrauch und bittet Gott, sein Leben von ihm zu nehmen. Ach, wie widersprechend sind wir doch oft in unserem Verhalten und in unserem Reden mit Gott! Möchten wir uns mehr selbst kennenlernen! Wieviel rücksichtsvoller würden wir dann oft anderen gegenüber sein, die zu verurteilen wir so schnell bereit sind!

Dieses Gebet spiegelt die völlige Mutlosigkeit und Verzagtheit Elias wieder. Noch länger zu leben, scheint ihm keinen Zweck mehr zu haben. Er sagt: „Es ist genug.“ Er will durch ein langes Leben nicht vor den Vätern ausgezeichnet sein: „Denn ich bin nicht besser als meine Väter.“ Waren solche Gedanken vielleicht früher in seinem Herzen aufgestiegen? Wie gern kommt der Feind und macht uns groß in unseren Augen und läßt uns höher von uns denken, als zu denken sich gebührt. (Röm. 12,3) Wir fangen an, uns geistlich höher als andere einzuschätzen. In Selbstwichtigkeit achten wir die geringscheinenden Dienste für uns zu klein und streben nach den größeren. Selbstbeschäftigung führt immer in die Schlinge des Feindes.

Alsdann legt Elia sich nieder zum Schlaf. Selbstbeschäftigung und Schlaf gehen oft zusammen. Stehen wir nicht mehr treu im Dienste des HErrn an dem uns angewiesenen Platze und angetan mit der Waffenrüstung, so werden wir gar bald schlafen.

Mit der Bitte: „Nimm nun, Jehova, meine Seele“ war Elia eingeschlafen. Gott sieht Seinen

verzagten Knecht. Er hat die Worte gehört; Sein Herz ist voll Erbarmen. Wird Er seine Bitte erfüllen? Nein, Gott hat andere, größere und herrliche Pläne über Seinen Knecht. Er sollte nicht als ein Verzagter aus dieser Welt gehen. Er sollte nicht tot unter einem Ginsterstrauch gefunden werden. Sein Scheiden von hier sollte ganz anders sein. Er starb nicht und ist nie gestorben. Gottes Wagen standen schon für ihn bereit; sie warteten nur auf den Befehl seines Gottes, ihn in Ehre und Herrlichkeit gen Himmel zu führen.

Und nun laßt uns die Sorge unseres Gottes über Seinen Knecht sehen. Wie tröstend ist es, das Erbarmen des HErrn anzuschauen! „Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach: ,Stehe auf und iß.“ In den Tagen seines Wandelns im Glauben brachten Raben ihm Brot und Fleisch, und in Zarpath versorgte eine arme Witwe ihn mit Nahrung. Jetzt aber, in der Stunde seiner Verzagtheit, sandte Gott einen Engel vom Himmel, nicht um ihn zu strafen, sondern ihn zu speisen. Welch ein Gott ist unser Gott!

Geweckt von dem Engel, hört er die Worte: „Stehe auf, iß.“ Woher kam das Essen? Am Bache Krith war Wasser, und in Zarpath war Mehl und Öl; hier aber war nichts. Der HErr vermag das Geringste zu vermehren, aber auch aus dem Nichts alles erstehen zu lassen ist Ihm ein Kleines.

Elia erwacht und schaut sich um. „Und siehe, zu seinen Häupten lag ein Kuchen, auf heißen Steinen gebacken, und ein Krug Wasser.“ So sahen auch einst die Jünger ein Kohlenfeuer und Fisch darauf liegen und Brot; und sie hörten die Einladung des HErrn: „Kommt her, frühstücket!“ (Joh. 21) Auch Elia stand auf, aß und trank und - legte sich wieder hin. Man möchte denken, daß es das Nächste für Elia gewesen wäre, dem HErrn für Seine Güte, Liebe und Treue zu danken. Aber wir lesen nichts davon. Er ist so des Lebens überdrüssig, daß kein Wort des Lobes über seine Lippen kommt. Was würden wir sagen, wenn jemand so mit uns handelte? Aber Gottes Gnade bleibt über Seinem Knecht. Er läßt ihn nicht.

Elia aß und trank und schläft weiter. So tun auch wir gar manches Mal. Gewohnheitsmäßig lesen wir das Wort, besuchen die Versammlung und schlafen weiter.

Zum anderen Male sendet Gott Seinen Engel, und Elia hört die gleichen Worte: „Stehe auf, iß“, aber mit der Hinzufügung: „Der Weg ist weit für dich.“ Ehe Gott ihn beauftragt, den weiten Weg zu gehen, stärkt Er ihn. Gar manchen Weg hatte Elia im Auftrag des HErrn gemacht. Waren nicht alle diese Wege, die er einst nach Krith, nach Zarpath, nach dem Karmel gemacht, zu weit für seine Kraft? Auch dieser Weg, den Elia jetzt vor sich hatte, war für ihn zu weit, aber nicht für seinen Gott, ihn dafür zu stärken. Und wie auch unser Weg durch diese Welt sein mag, die Kraft, die dafür nötig ist, reicht der HErr uns dar, wenn wir sie von Ihm uns schenken lassen. In der Kraft der Speise, die Gott ihm darreichte, vermochte er vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Berge Horeb zu gehen. Der HErr kennt besser als wir den Weg und die Anforderungen, die an uns auf demselben gestellt werden. Und Seine Gnade stärkt uns. In dieser von Gott dargereichten Kraft erreichte Elia den Berg Horeb. Dort geht er in die Höhle, um daselbst zu verbleiben.

Diese vierzig Tage und vierzig Nächte waren für Elia ein neues Wunder der Allmacht Gottes, das zu seinem und auch zu unserem Herzen reden sollte. Diese vierzig Tage und vierzig Nächte lassen uns auch Vergleiche ziehen mit den vierzig Tagen und vierzig Nächten, die Mose, ohne zu essen und zu trinken, auf dem Berge zubrachte, ebenso mit den vierzig Tagen und vierzig Nächten des HErrn in der Wüste und mit den vierzig Jahren der Wüstenwanderung, als das Volk Gottes mit Manna gespeist wurde.

„Gottes Brünnlein hat Wassers die Fülle.“ (Ps. 65,10, Luth.)

Alb. v. d. Kammer.

Die Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.

Als das Volk Gottes sich dem Götzendienst hingegeben hatte, wandte sich Moses fürbittend an Gott, um Gnade und Hilfe für dasselbe zu erlangen. Und Gott entsprach seiner Bitte. Die reiche Gnade, die sich in Gottes Antwort Enthüllte, machte Mose kühn, und er bat: „Laß mich doch

Obgleich Gott Mose eine große Vertrautheit im Verkehr mit Ihm gestattete und mit ihm wie ein Mann mit seinem Freunde redete, so fühlte Mose doch, daß über diesen huldvollen Verkehr hinaus ein Schleier lag, hinter dem Gottes wunderbares Wesen voller Herrlichkeit verborgen war.

Gerade diese ihm gestattete Vertrautheit und die gnadenvolle Erhörung seiner Bitte ließ ihn etwas von der Größe dieser Herrlichkeit Gottes ahnen und wünschen, sie unverhüllt zu schauen. Er bittet deshalb: „Laß mich doch Deine Herrlichkeit schauen!“

Wir wissen, daß der Tag kommt, der Gottes Herrlichkeit enthüllen wird, und unser Glaube schaut danach aus. Zu jener Stunde aber war die Zeit hierfür noch nicht gekommen.

Gott stärkte Mose den Glauben, weiter mit dem Volke zu ziehen. Wohl handelte Gott in Geduld und Gnade mit dem halsstarrigen und widerspenstigen Volke; Er Selbst aber blieb in Seinem wirklichen Wesen hinter Seinem Wirken und Walten verborgen.

An einem späteren Tage (4. Mos. 14) sprach Gott Selbst von Seiner Herrlichkeit. Das Volk hatte sich wieder dem Götzendienst hingegeben und den Einzug in das Land verweigert und dadurch seine eigenen Segnungen aufgegeben. Moses tat von neuem Fürbitte für dasselbe. Die Antwort, die er von Gott erhielt, lautete: „Ich habe vergeben nach deinem Worte, doch aber, so wahr Ich lebe, soll von der Herrlichkeit Jehovas erfüllt werden die ganze Erde.“ (V. 21) Damit gab Gott zu verstehen, daß Er einen Weg finden werde, den durch die Sünde verdorbenen Menschen aus Seiner Gegenwart zu entfernen und zugleich doch die Gedanken Seines Herzens über denselben zu vollführen.

Die Menschen haben - so sagt der Römerbrief (Kap. 1 und 3) - die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes verwandelt in das Gleichnis eines Bildes von verweslichen Menschen und von Vögeln und von vierfüßigen und kriechenden Tieren. (Röm. 1,22) Das war der Gottesbegriff in dem verfinsterten Herzen des Menschen. So weit ist der Mensch von Gott entfernt, daß ihm jeder Begriff von der Herrlichkeit Gottes fehlt. Er meinte, daß Gott ihm selbst

ähnlich sei, und sank in seinen Begriffen über Gott tiefer und tiefer, bis er beim Gewürm ankam. Selbst das Volk Israel machte sich ein vierfüßiges Tier als Abbild von Gott.

Es mag gesagt werden, daß nicht alle Menschen solche Götzendiener sind, und die Juden zur Zeit der Apostel konnten geltend machen, daß, wenn auch ihre Väter solche gewesen waren, sie selbst es nicht seien. Denen, die solches sagen, gilt der Urteilsspruch Gottes: „Es ist kein Unterschied, denn alle haben gesündigt und erreichen nicht die Herrlichkeit Gottes.“ (Röm. 3,23) Der Mensch mag solchen erniedrigenden Götzendiensten den Rücken kehren und sich mit theologischen Dingen usw. befassen, aber er bleibt der mit Sünden befleckte Mensch und erreicht nicht, was der Herrlichkeit Gottes entspricht.

Dann offenbart Gott (im Römerbrief) Sich dem Glauben in Seiner göttlichen Gerechtigkeit. Das Blut Jesu Christi ist der Zeuge Seiner Gerechtigkeit. Es ist das Zeichen des dahingegebenen Lebens, und zwar in Verbindung mit dem Gericht Gottes über die Sünde. Der gefallene Mensch, der der Herrlichkeit Gottes im Wege stand, wurde durch den stellvertretenden Opfertod Christi beseitigt. Den aber, durch Dessen Tod dieses erreicht wurde, hat Gott unserer Rechtfertigung wegen aus den Toten auferweckt. So sehen wir nicht nur den sündigen Menschen im Tode beseitigt, sondern auch gleichzeitig den neuen Menschen, mit dem Gott Seine Herrlichkeit verbinden kann.

Die himmlischen Heerscharen feierten Jesu Geburt, indem sie sagten: „Herrlichkeit Gott in der Höhe.“ In dem Kindlein, das zu Bethlehem geboren wurde, erschien der Eine, der der Träger all der Herrlichkeit Gottes werden sollte.

In Seinem Leben hier auf Erden entsprach alles der Herrlichkeit Gottes. Mitten unter den Menschen, die die Herrlichkeit Gottes nicht erreichten, verherrlichte Er Ihn. Nicht allein Gottes Gerechtigkeit und Heiligkeit, auch Gottes Liebe wurde vollständig ans Licht gebracht.

Als der auferstandene Mensch steht Christus nun für uns in Gottes heiliger Gegenwart. Moses konnte Gottes Herrlichkeit nicht sehen, aber Der, welcher für uns starb und für uns auferstand, steht jetzt auch für uns vor Gottes Angesicht, und das ist unsere unaussprechliche Freude. So

sehen wir Gottes Herrlichkeit im Angesicht Christi. (2. Kor. 4,6) Gottes Natur und Wesen sind uns in Ihm enthüllt, und der Glaube lebt schon jetzt in dem Licht der Herrlichkeit Gottes.

Was wir jetzt im Glauben und in der Hoffnung haben, das wird Gott in Kürze öffentlich kundtun. Alles, was Ihm ein Ärgernis ist, wird Er im Gericht beseitigen und alle Seine Ziele in Erfüllung bringen. Er wird Sich mit all dem umgeben, was Ihm Selbst entspricht. Die Heilige Stadt wird das Gefäß Seiner Herrlichkeit sein, das Licht und die Freude der ganzen Erde. Die ganze Erde wird voll werden der Herrlichkeit des HErrn.

Wenn unsere Herzen sich der Herrlichkeit Gottes erfreuen, dann fühlen wir, wie unwürdig es eines Kindes Gottes ist, sich der Herrlichkeit des Menschen zu rühmen, noch irgendwelche Hoffnung darauf zu setzen. Des Menschen Sünde und sein Stolz haben alles befleckt und sind Gott ein Greuel. Möchten wir uns immer mehr von dem am Kreuz gerichteten Menschen wegwenden und uns im Glauben rühmen der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes!

A. d. Engl. übers. v. A. Brachmann.

Heiligung.

I.

Paulus schreibt, daß „Christus Jesus uns geworden ist Weisheit von Gott, Gerechtigkeit, Heiligung (Geheiligtsein) und Erlösung“. (1. Kor. 1,30) Gewöhnlich sprechen diejenigen, welche die Wahrheit von den „zwei Naturen“ in dem Gläubigen nicht sehen, von der Heiligung nur als von einem fortschreitenden Werk, wodurch die alte Natur beständig verbessert wird, bis sie für das Erbteil der Heiligen im Licht fähig gemacht ist.

Die Schrift spricht aber nie von einer „Veränderung des Herzens“. Das ist eine Ausdrucksweise der Menschen. Gott spricht von einem „neuen Herzen“, das Er geben wird; aber Er sagt nie, daß das alte Herz „umgewandelt“ werden soll.

Wohl ist es wahr, daß an dem kommenden Tage der Segnung Israels an Stelle des steinernen Herzens ein fleischernes tritt - das Herz wird dann ausgetauscht - das steinerne Herz für ein fleischernes; aber auch dieser Austausch wird nicht eine „Verwandlung“ des einen in das andere sein.

Der Heilige Geist spricht niemals von Seinem Werke, daß es die Verbesserung der alten Natur ist. Im Gegenteil, Er sagt uns, daß der alte Mensch „Feindschaft gegen Gott“ ist (Röm. 8,7) und daß er „nicht annimmt, was des Geistes Gottes ist, denn es ist ihm eine Torheit“. (1. Kor. 2,14)

Hieraus geht klar hervor, daß, da der natürliche Mensch weder „annehmen“ noch „erkennen“ kann, was des Geistes Gottes ist, er auch nicht geheiligt werden kann.

Das Fleisch, d. i. die alte Natur, widerstrebt immerdar dem Geiste, ist immer in Widerspruch mit dem Geiste, durch welchen wir der neuen Natur teilhaftig sind. (Gal. 5,17; 2. Petr. 1)

Kampf ist nicht Heiligung, noch verbessert der Geist Gottes, der nur in unserer neuen Natur wirken kann, das, was zu Ihm beständig in Feindschaft steht.

Diejenigen, welche die Heiligung nur als ein fortschreitendes Werk ansehen, suchen nach einem Grund des Friedens in einer geheiligten alten Natur, anstatt mit jenem Frieden beschäftigt zu sein, welcher durch das vollkommene Opfer Christi zustande gekommen ist.

Statt sich mit Christi vollkommenem Werk für sie zu beschäftigen, befassen sie sich mit einem immer unvollendeten Werk in ihnen. Die Frage ist: „Christus“ oder das eigene „Ich“. Der Grund, weshalb manche Christen sich nur mit fortschreitender Heiligung beschäftigen, ist: Es verherrlicht das eigene „Ich“. Das Werk des Heiligen Geistes ist aber gerade das Gegenteil, nämlich: Christus zu verherrlichen.

„Er wird Mich verherrlichen“, waren des Heilands Worte. (Joh. 16,14) Und in diesen Worten haben wir einen Standpunkt, vermöge dessen wir alles in und um uns zu beurteilen vermögen.

eine der Segnungen, welche wir in Christus haben. Christus ist uns geworden „Gerechtigkeit“. Wie und wann? Durch unsere Werke? Durch irgend etwas, das wir tun können?

Gerechtigkeit, so erklärt ausdrücklich Gott, wird zugerechnet dem, der nicht wirket. (Röm. 4,5) So ist es mit allem, was wir „in Christus“ haben. Wie es mit der Gerechtigkeit ist, so muß es mit der Heiligung sein. Rechtfertigung ist ohne Werke, aber viele Christen unserer Zeit wollen eine Heiligung durch Werke.

Heiligung aber ist auf genau denselben Grund gestellt wie Rechtfertigung. Auf dieselbe Weise, wie wir die eine bekommen, bekommen wir auch die andere, denn wir bekommen beide in Christus. Es ist wichtig, zu beachten, daß wir unsere eigene Heiligung ebensowenig wie unsere eigene Rechtfertigung selbst bewirken können.

Wohl steht von der Heiligung geschrieben, „ohne welche niemand den HErrn schauen wird“ (Hebr. 12,14); es steht aber nicht geschrieben: ohne einen gewissen Grad oder ein gewisses Maß von Heiligung, sondern „ohne welche“ ...

Wie erlangen wir nun die Heiligung oder das Geheiligtsein, was das Wort in 1. Kor. 1,30 eigentlich meint, wie z. B. auch in 1. Thess. 4,4-7 und 2. Thess. 2,13? Die Antwort ist: Auf genau dieselbe Weise wie die Rechtfertigung in Christus. Wir bekommen Christus als eine Gabe aus Gnaden und durch Zurechnung, und es ist alles Christus von Anfang bis Ende.

Unsere Stellung ist in all Seiner Vollkommenheit. Es gibt nur eine Stellung für jeden erretteten Sünder. In dieser Stellung können wir nicht wachsen; sie ist vollkommen. Nichts kann dazu getan und nichts kann davon hinweggenommen werden. Unsere Erkenntnis und Erfahrung darin sowie unser Genuß daran mögen wachsen und werden wachsen; aber es ist ein und dieselbe Stellung sowohl für das schwächste, ärmste, jüngste Kind Gottes als auch für das erhöhteste und gelehrteste.

Es handelt sich hier nicht um eine Frage der Erkenntnis, sondern darum, ob die betreffende Person Leben aus Gott hat. Und jenes Leben ist Christus.

In Ihm haben wir eine vollkommene Gerechtigkeit aus Gnaden. In Ihm haben wir auch eine vollkommene Heiligung, ein vollkommenes Geheiligtsein aus Gnaden. Gerecht vor Gott, wie Er gerecht ist - heilig vor Gott, wie Er heilig ist, weil Christus uns beides „geworden ist“. Beides ist vollkommen. So ist das Kind Gottes völlig gerechtfertigt und völlig geheiligt, und seine Stellung ist vollkommen und unveränderlich, weil göttlich.

Es ist wahr, daß unser Wandel gekennzeichnet ist durch Fehler, Schwächen und Sünden, aber das ist eine ganz andere Sache. Unser Wandel ist etwas von unserer Stellung in Christus ganz Unterschiedenes und kann sie nicht berühren.

„Fähig gemacht“, dies ist die absolute Wahrheit in bezug auf die gegenwärtige Stellung aller derer, die in Christus sind als das Resultat Seines ewig vollkommenen Werkes für uns.

Und es ist „Ihn betrachtend“ und das, wozu Gott uns in Ihm gemacht hat, das uns befähigen und instand setzen wird, „würdig zu wandeln Seiner Berufung“. Dies kommt nicht dadurch zustande, daß wir uns mit unserem Wandel beschäftigen. Wir leben nicht durch das Studium der Selbstbetrachtung, noch atmen wir durch das Studium der Atmungslehre, auch werden wir nicht warm durch das Studium der Wärmetheorie, noch können wir wachsen, wenn wir versuchen, „mit Sorgen“ unserer Größe eine Elle oder unserem Leben ein Jahr zuzusetzen.

Wie kann nun unser Wandel unserer Berufung würdig werden? Nur dadurch, daß das Wort Christi reichlich in uns wohnt. Nur durch Anwendung des Wortes auf unsere Herzen. Darum sagt der HErr: „Heilige sie durch die Wahrheit, Dein Wort ist Wahrheit.“ (Joh. 17,17) Es ist das besondere Wirken des Heiligen Geistes, dieses Wort beständig lebendig zu machen.

So hat uns Gott von Anfang an erwählt zur Seligkeit in Heiligung des Geistes (d. i. im Geheiligtsein, das der Geist wirkt) und im Glauben an die Wahrheit. (2. Thess. 2,13)

Wenn wir uns Seinem Worte gemäß mit Ihm beschäftigen, so wird die neue Natur genährt, sie wächst und erstarkt. Dies ist Wachstum. Aber was unsere Stellung in Christus anbelangt, so ist

Seiner Heiligkeit.

A. d. Engl. übers. v. M. Bechler.

II.

Um Mißverständnissen vorzubeugen und um jungen Gläubigen entgegenzukommen, sei aus dem Vorangehenden einiges noch einmal beleuchtet und dies und das hinzugefügt: Heilig und Heiligkeit, Gott betreffend, ist die Besonderheit Seines Wesens, kraft deren Er abweist und fernhält, was nicht in Übereinstimmung mit Ihm ist.

Soll der sündige Mensch in Verbindung mit Ihm sein können, so muß er in Übereinstimmung mit Gott sein.

Gott übernahm es, diese Übereinstimmung zustande zu bringen.

Er tat es dadurch, daß Er den Menschen in der Person Seines Sohnes in Dessen Tod zunächst hinwegtat, um ihn dann in derselben Person, in Seinem Sohne, der Seines Wesens ist, in Dessen Auferstandensein anzunehmen und mit Sich in Verbindung zu bringen.

Das ist die Stellung, die der an Christus glaubende Mensch innehat. Im Wesen des Auferstandenseins steht er in Christus und wie Christus vor Gott. Er ist in Übereinstimmung mit dem Wesen Gottes, weil er es in dem auferstandenen Christus ist. Das zu erfassen und festzuhalten ist eine Sache des Glaubens, nicht eine des Fühlens oder der Erfahrung. Das ist Heiligung und Geheiligtsein, ist „Geheiligtwordensein“ (1. Kor. 6,11), ist „Geheiligte in Christus Jesus“ sein. (1. Kor. 1,2)

Von dieser unantastbaren, weil jenseits des Todes liegenden Stellung leitet sich die Art und Weise des Wandels her. Sie soll der Stellung entsprechen. Da tritt zu Tage, daß wir als auf der Erde im Leibe Seiende Mühe haben, viel Mühe, sehr viel Mühe, diesem Entsprechensollen nachzukommen. Wir werden der Tatsache inne, welche die Schrift als selbstverständlich

Herrlichkeit vertauscht haben.

Wie einfach daher die Mahnung in Hebr. 12,14: „Jaget dem (praktischen) Geheiligtsein nach.“ Das Wort: „Ohne welches niemand den HErrn schauen wird“, darf aber nicht so ausgelegt und zum Angstmachen angewandt werden, als ob ein Nichterreichen in Frage käme, welches nach sich zöge, daß der HErr von einem der Seinen nicht geschaut würde. Es ist einfach die Feststellung einer selbstverständlichen Tatsache, die zum Ansporn dienen soll.

Heißt es doch schon in Kap. 2,11, daß derjenige, welcher die vielen Söhne, die Gott zur Herrlichkeit bringen will, durch alles hindurchrettet und sie von dem einen Ausgangspunkt des gemeinsamen Auferstandenseins an Brüder nennt, auch der ist, der sie (praktisch) heiligt, sie, an denen Sein Handeln des Heiligens sich vollzieht, die also Geheiligtwerdende heißen. Er tut; sie geben sich Seinem Tun an ihnen hin, und das nicht nur passiv, sondern aktiv mit Ihm, in der Kraft und Wirksamkeit des in ihnen wohnenden Geistes.

Darum 2. Kor. 7,1 auf Grund der vorangehenden Verheißungen: „... laßt uns uns selbst reinigen von jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes, indem wir die Heiligkeit vollenden in der Furcht Gottes.“ Hier ist Heiligkeit der abstrakte Begriff dessen, was „heilig“ ist; als abgesondert dem Wesen Gottes angepaßt.

Dasselbe sagt Petrus, nur in anderem Zusammenhang und in anderen Worten, 2. Petr. 1,4: „Er hat uns berufen durch (die) Herrlichkeit (droben) und (durch) Tugend (d. i. geistliche Energie in uns), auf daß ihr durch dieselben Teilhaber der göttlichen Natur werdet, indem ihr entflohen seid dem Verderben, das in der Welt ist durch die Lust.“ Teilhaber der göttlichen Natur sein, das ist im Wollen, Denken, Fühlen, Handeln usw. in Übereinstimmung mit Gott sein.

Wenn die Söhne es dran fehlen lassen, so wendet Gott als Vater Züchtigung an, Hebr. 12,6-10: „Damit wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden.“ Heiligkeit hier, im Griechischen um einen Schatten verschieden von Heiligkeit in 2. Kor. 7,1, meint mehr die Eigenschaft „heilig“ als den abstrakten Begriff. Welch eine Feierlichkeit liegt in der Züchtigung, wenn sie nötig ist!

Wie himmelweit verschieden von dem, was landläufig über heilig und Heiligkeit gesagt und womit Unbefestigte in Bedrängnis gebracht werden! Nicht ein zu erreichender Grad von Heiligkeit ist irgendwo in der Schrift gemeint, sondern die Heiligkeit Gottes Selbst ist der Maßstab. Wie töricht, ihn geringer anzusetzen und etwas von dem vermeintlich erreichten Grad abhängig zu machen! Wie schlimm, damit unbefestigte Seelen in Unruhe und Ungewißheit zu bringen, von der man selber nicht frei ist.

Woran fehlt es? Am Erkennen der Liebe Gottes! Johannes spricht in seinen Briefen weder von heilig noch von Heiligkeit. „Liebe“ ist das, was der Schlüssel zu allem ist. Er sagt, 1. Brief 4,16-18: „Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott in ihm. Hierin ist die Liebe mit uns vollendet worden, auf daß wir Freimütigkeit haben am Tage des Gerichts, daß, gleichwie Er ist, auch wir sind in dieser Welt. Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus, denn die Furcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet, ist nicht vollendet in der Liebe. Wir lieben, weil Er uns zuerst geliebt hat.“

Ist's nach solchen Darlegungen nötig, noch des langen und breiten von Heiligung zu reden? Sind wir nicht „Seiner“ Heiligkeit teilhaftig, wenn, gleichwie Er ist, auch wir sind in dieser Welt im Hinblick auf den Tag des Gerichts, des Offenbarwerdens vor dem Richterstuhl des Christus? - Geliebter Mitgläubiger! Lerne die Liebe erkennen und glauben, die Gott zu dir hat, dann werden deine Befürchtungen (falls du solche hast), ob du auch heilig genug werdest, vor der Liebe Gottes verschwinden wie der Nebel vor der Sonne; du wirst frei und glücklich werden und automatisch danach trachten, die Heiligkeit in der Furcht Gottes zu vollenden.

*

Drei Wörter und drei Begriffe über „heilig“ kommen in der Abhandlung in Frage.

1. hagias-mos: drückt die Handlung und deren Ergebnis aus: Heilig-ung und Geheiligtsein.

2. hagio-tees: drückt die Eigenschaft aus: Heilig-h eit.

3. hagio-sünee: die Sache in sich selber im abstrakten Sinne: Heilig-k eit.

Franz Kaupp.

 

Sei getrost!

Sei getrost in Angst und Pein,

Klag die Not nur Gott allein,

Lern vertraun und stille sein;

Bald bricht deine Hilf herein!

Sei getrost am trüben Tag,

Deine Sorgen niemand sag,

Nach dem „Warum“ niemals frag,

Bet und glaube, schweig und trag!

Tobt der Feind auch noch so sehr,

Dünkt die Last dir gar zu schwer,

Siehst du keinen Ausweg mehr,

Harre aus zu Gottes Ehr!

Auf dem Weg zum Vaterhaus

Weiche keiner Prüfung aus!

Glaube blind in Nacht und Graus,

Stehe fest im Sturmgebraus!

Selig, wer im Erdenland

Diesen Weg des Glaubens fand,

Und - den Blick zum Ziel gewandt -

Wandelt still an Jesu Hand!

(Johannes Warns †.)

Für junge Gläubige

Jugendtreffen in Dresden.

Wohl selten war eine Zusammenkunft so lieblich und so gesegnet wie das Jugendtreffen zu Ostern in Dresden! Das war das Urteil aller Teilnehmer. Wir wurden tiefer in die Erkenntnis des Wortes eingeführt, mit ganzem Ernst auf die Notwendigkeit einer entschiedenen Stellung hingewiesen und in kostbarer Weise zum Zeugendienst ermuntert.

Außer dem Brotbrechen am Vormittag und einer Evangelisationsstunde am Nachmittag des ersten Feiertages hatte die Zusammenkunft folgende Einteilung:

1. Betrachtung von 1. Joh. 1, insbesondere der Verse 6 und 7.

2. Behandlung des Themas „Der Tempel des Heiligen Geistes und du“.

3. Gegenseitiger Austausch über Fragen des praktischen Lebens.

Zu 1.: Wie das Johannesevangelium den Herrn Jesus als das Licht im Gegensatz zur Finsternis, als die Wahrheit im Gegensatz zur Lüge, als das Leben im Gegensatz zum Tod und als die Liebe im Gegensatz zum Haß offenbart, so will der 1. Johannesbrief im Leben der Gläubigen dieselbe Gegensätzlichkeit zu allem, was Welt heißt, hervorrufen.

Er redet eingehend von den drei großen „L“: von Licht im 1. und 2., von Liebe im 3. und 4. und vom Leben im 5. Kapitel.

Er stellt uns klar und deutlich hinein in die Gegenwart Gottes, damit wir vor aller Selbsttäuschung bewahrt bzw. von ihr befreit werden. Wir können uns täuschen

in bezug auf unser Verhältnis zu Gott, indem wir sagen, daß wir Gemeinschaft mit Ihm haben, und wandeln in der Finsternis (V.6),

in bezug auf unseren Zustand, indem wir sagen, keine Sünde zu haben (V.8), tragen sie aber im Herzen,

in bezug auf unseren Wandel, indem wir sagen, nicht gesündigt zu haben (V. 10), tun jedoch das Böse.

Haben wir den Mut, uns vom Worte Gottes beurteilen zu lassen, um uns dann selbst zu verurteilen, so werden wir die Bedeutung des Blutes Jesu Christi richtig erkennen.

Unter Seinem Kreuze hören wir auf, auch nur in etwa wertvoll oder gut von uns zu denken, und lassen endlich alles Liebäugeln mit Welt und Sünde sein.

Kann Gott uns dahin führen, daß wir restlos aufrichtig vor Ihm, vor Menschen und vor uns selbst sind, dann wird aller Schein aus unserem Leben verschwinden und, was wir zu glauben und zu besitzen bekennen, zum vermerklichen und sichtbaren Sein werden.

Unsere Gemeinschaft mit Gott wird alsdann bestätigt werden, indem wir im Lichte wandeln, Gemeinschaft miteinander haben und die Reinigungskraft des Blutes Jesu Christi aus

glückseliger Erfahrung kennen.

Zu 2.: Gott hat uns einen Leib gegeben, der das Wunderbarste der ganzen Schöpfung ist. Er ist in Seinem Bilde geschaffen; er ist gewürdigt, der Tempel des Heiligen Geistes zu sein; und er wird einmal vom HErrn umgestaltet zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.

Wir können diesen Leib hinsichtlich seiner Entwicklung, Kräftigung und Gesunderhaltung vernachlässigen, so daß er nicht mehr seine Aufgaben erfüllen kann, ob es sich jetzt um die Erfüllung unserer Berufspflichten oder um unsere Arbeit im Werk des HErrn handelt. Wir sollten darum in vernünftiger, gottgewollter, jedoch nicht eitler Weise auf die Pflege unseres Körpers bedacht sein. Das sind wir unserem Gott schuldig, der uns unseren Leib mit seinen Kräften und Fähigkeiten anvertraut hat. Leider wird das von den Gläubigen oft zu wenig beachtet.

Weiterhin können wir, was weit schlimmer ist, diesen Leib durch die Sünde verderben, so daß Gott Sich genötigt sieht, uns zu verderben. (1. Kor. 3,16.17)

Statt dessen sollen und können wir als solche, die um einen teuren Preis erkauft worden sind und nicht mehr sich selbst gehören, Gott verherrlichen in unserem Leibe. (1. Kor. 6,19.20)

Zweimal erinnert uns Gottes Wort mit der Frage „Wisset ihr nicht ...?“ daran, daß der Leib der Gläubigen der Tempel des Heiligen Geistes ist. Wir wissen das zwar, denken aber so wenig daran und schätzen es nicht hoch genug ein. Wie sollten wir uns doch üben, in diesem Bewußtsein zu leben!

Gott kennt sehr wohl die Gefahren, die uns in der Welt und von der Welt drohen und die in unserem eigenen Fleische liegen. Darum zeigt Er uns aus Seinem Worte,

daß „Seine göttliche Kraft uns alles in betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt hat“ (2. Petr. 1,3),

daß die „Macht Seiner Stärke, in welcher Er gewirkt hat in dem Christus, indem Er Ihn aus den Toten auferweckte“ (Eph. 1,19.20), in uns wirksam sein will,

daß wir mit Freimütigkeit hinzutreten dürfen „zu dem Thron der Gnade, auf daß wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Hebr. 4,16), und

daß der Geist Sich unserer Schwachheit annimmt und Sich Selbst für uns in unaussprechlichen Seufzern verwendet. (Röm.8,26)

Die Kraft Gottes, Seine Hilfe und Zurechtbringung wird uns aber nur dann zuteil, wenn wir mit ganzem Ernst „Nein“ zur Sünde und „Ja“ zur Heiligkeit Gottes sagen. Im Kampf gegen die Sünde werden wir nur siegen, wenn wir sie fliehen und Augen und Ohren vor ihren Einflüsterungen und Lockungen verschließen.

Der Sünde und insbesondere der Fleischeslust gegenüber müssen wir dahin kommen, daß wir sie in ihrer ganzen Fluchwürdigkeit und Verderbtheit erkennen, sie in Aufrichtigkeit und mit gebeugtem Herzen vor Gott und, wo es nötig ist, auch vor Menschen bekennen, sie in ihrer Abscheulichkeit hassen und sie endlich als durch den Sohn Gottes Freigemachte lassen.

Als Tempel des Heiligen Geistes sollen wir aber nicht nur gereinigt und frei von Sünde sein, sondern auch dem entsprechen, was der Tempel im Alten Bunde war.

Jehova wohnte in Seinem Tempel (Ps. 11,4a); dort war Seine Lieblichkeit zu schauen (Ps. 27,4); hier brachte man Ihm Anbetung dar (Ps. 5,7), und hier sagte Ihm alles Ehre und Herrlichkeit. (Ps. 29,9b)

So will Gott durch Seinen Geist in den Gläubigen wohnen. Er allein soll in uns die Herrschaft haben, damit Er uns umgestalten kann in Jesu Bild. Seine Freundlichkeit und Sanftmut soll sich so auf unserem Antlitz ausprägen, Sein Friede und Seine Freude so aus unseren Augen strahlen, Seine Lieblichkeit so in unserem ganzen Wesen zum Ausdruck kommen, daß andere von uns angezogen und bewogen werden, sich Ihm auch zu übergeben und Seinen Namen zu preisen!

Zu 3: Die Abendstunden der beiden Feiertage dienten einem ungezwungenen gegenseitigen

Austausch, zu dem wir uns in trauter, familiärer Weise zusammengesetzt hatten. Hegten wir zuerst die Befürchtung, die jungen Geschwister könnten sich durch die Anwesenheit vieler alter Gläubigen in ihrer Freimütigkeit zum Fragen und Antworten beeinträchtigen lassen, so wurden wir angenehm überrascht. Die Beteiligung war eine äußerst rege, dabei aber wirklich frei von unnötigem oder uferlosem Gerede. Und wir hatten allen Grund, für das Dabeisein unserer teuren älteren und zum Teil schon hochbetagten Geschwister dankbar zu sein. Konnten sie auf diese Weise doch etwas davon merken, wie ernst es heute vielen jungen Gläubigen um eine gefestigte und entschiedene Herzensstellung und um Bewährung im täglichen Leben ist.

So beschäftigte uns z. B., um nur eine von vielen zu nennen, die Frage: „Wie können wir in unserem Beruf für den Herrn zeugen?“

Wenn wir auch, so wurde besonders betont, allen unseren Berufs- und Arbeitskameraden ein Zeugnis von dem, was wir im Glauben gesehen, gehört und erlebt haben, ablegen sollen, so darf es doch niemals auf Kosten unserer Arbeitsleistung geschehen. Und wir haben überhaupt kein Recht dazu, wenn wir nicht treuste Pflichterfüllung als unsere vornehmste Aufgabe ansehen. Unser mündliches Zeugnis wird dann den besten Eingang in den Herzen unserer Mitmenschen finden, wenn sie durch Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt unserer Arbeit, durch Reinheit unserer Worte und Tadellosigkeit unseres Verhaltens, durch selbstlose Hilfsbereitschaft und Sanftmut unseres Wesens zum Fragen über unsere innere Stellung angeregt werden.

Die anderen behandelten Fragen waren keineswegs weniger wichtig und sollen, so Gott will, in folgenden Nummern dieses Blattes ihren Widerhall finden.

Diese Ausführungen jedoch möchten bei den Teilnehmern das Gehörte befestigen und vertiefen, unsere Leser zum Nachdenken über solche Fragen anregen und uns alle anspornen, an derartigen Zusammenkünften in Zukunft teilzunehmen, soweit der HErr uns dazu Gelegenheit schenkt.

H. Mtzr.

Jugendtreffen in Tanna (Thür.).

Am 1. und 2. Osterfeiertag führte uns der HErr in Tanna in Thüringen zusammen. Viele junge Geschwister vom nahen Vogtland und aus Bayern waren der Einladung gefolgt. Aber auch ältere waren zahlreich vertreten. Wirklich, ein schönes Zeichen, daß der HErr auch bei uns im Oberland am Werk ist.

Am 1. Feiertag sprachen vorwiegend ältere Brüder zur Jugend. „Haltet fest am HErrn! Haltet zur Bibel!“ Diese Worte wurden immer wieder, durch Gottes Geist gewirkt, in die jungen und alten Herzen gerufen. Wir müssen den Willen Gottes mehr und mehr erkennen und der Heiligung nachjagen. Das ist nicht nur Pflicht und Vorrecht der alten Geschwister, sondern auch der Jugend.

Lernt für empfangene Segnungen danken, vorwiegend in den Gebetsstunden! Vergeudet nicht unnütz den Alltag! Suchet in allem Jesum zu verherrlichen! Konzentriert eure Gespräche im Kreise der gläubigen Freunde und Freundinnen stets auf das eine, was not tut, auf daß zeitliche und irdische Dinge mehr in den Hintergrund treten! So wurden wir ermahnt.

Am zweiten Tag versammelte sich vormittags die Jugend mit ungefähr 50 Kindern zur Sonntagsschule. Auch hier wurden wie am Vortage die Stunden durch Lieder mehrerer Lautenchöre und durch einige Duette verschönt.

War am ersten Feiertag mehr unsere persönliche Stellung zum HErrn betont worden, so wurden wir am zweiten Tag, ausgehend von 1. Mos. 37,12-16, mehr auf unseren Zeugendienst hingewiesen.

Die Jugend muß gesucht werden! Gehet den einzelnen nach und helft ihnen, den HErrn zu finden! Haben wir Jungen uns schon einmal Mühe gegeben, andere junge Menschen in Liebe und mit warmen Worten für den HErrn zu gewinnen? Vielleicht haben wir nie mehr soviel Zeit für den HErrn wie in der Jugend. Möchten auch die jungen Gläubigen stets „Hier bin ich, sende

mich!“ sagen und freiwillig, ohne jeden Zwang, vor ihren Meister treten, um von Ihm gebraucht zu werden!

Als wir am zweiten Abend nach mehreren lebendigen Zeugnissen junger Brüder und einer gemeinsamen Gebetsstunde voneinander schieden, war in aller Herzen und Mund der Wunsch, der HErr möge uns bald wieder ein so gesegnetes Beisammensein schenken.

Joh. Kuhn.

Frage und Antwort

Frage 8

Zu 2. Tim. 3,16: 1. Auf was bezieht sich der Ausdruck „Schrift“ in dieser Stelle? Auf das Alte oder das Neue Testament? 2. Wohin gehört das Wörtchen „ist“?

Antwort

Zu 1.:

In Verbindung mit V. 15 gelesen bezieht der Ausdruck sich auf das Alte Testament, wie in anderen Stellen. Siehe:

Luk. 24,27: „und anfangend von Mose und von allen den Propheten, legte Er ihnen in allen den Schriften die Ihn betreffenden [Dinge] aus.“

Luk. 24,25: „um die Schriften zu verstehen.“

Joh. 7,38: „gleichwie die Schrift gesagt hat.“

Joh. 10,35: „die Schrift kann nicht aufgehoben werden.“

Röm. 4,3: „denn was sagt die Schrift?“

Röm. 10,11: „denn es sagt die Schrift.“

Jak. 4,5: „meinet ihr, daß die Schrift vergeblich rede?“

1. Petr. 2,6: „denn es ist enthalten in [dem, was] Schrift [ist].“

2. Petr. 1,20: „daß alle Schrift-Weissagung nicht eigener Auslegung ist.“

2. Petr. 3,16: „wie auch die übrigen Schriften.“

Luk. 24,46: „daß also geschrieben [ist].“

Joh. 6,45: „es ist geschrieben in den Propheten.“

Joh. 5,47: „Wenn ihr aber den Buchstaben (= Schriften) jenes (= Moses) nicht glaubet, wie werdet ihr Meinen Worten glauben?“

2. Tim. 3,15: „und weil du von Kind auf [das, was] heilige Buchstaben (= Schriften) [sind,] weißt.“

Die Stellen könnten vermehrt werden. Vorstehendes genügt aber, um zu sagen: „Schrift“ ist, was als Wort Gottes schriftlich festgelegt, also unveränderlich und unantastbar ist. Das erkennt selbst der Teufel als gegeben in dem Zweikampf auf geistlichem Boden an, den er mit dem Sohne Gottes ausficht: Matth. 4. V. 4 sagt der HErr: „geschrieben ist.“ V. 6 der Teufel: „geschrieben [ist].“ V.7 der HErr: „Wiederum [ist] geschrieben.“ V. 10 nochmals der HErr: „geschrieben [ist].“

Daß der auferstandene HErr in Luk. 24,27 und 44-46 die damals vorliegende und unter dem dreifachen Titel: „das Gesetz, die Propheten und Psalmen“ bekannte Sammlung der heiligen Schriften anerkannte, ist Garantie genug, daß wir uns darauf als auf gotteingegebene „Schrift“

Nummerierung der Psalmen war damals schon vorhanden. Siehe Apgesch. 13,33.

Fürs Neue Testament ist es nicht anders, wie 2. Petr. 3,15.16 zeigt. Was zur Zeit des 2. Timotheusbriefes vorlag (und das umfaßte alles, was wir im Neuen Testament haben mit Ausnahme der Schriften des Johannes), war ebensogut „Schrift“ wie das Alte Testament. „Schrift“ ist also im Wortlaut selbst „Gottes Wort“. Höre Paulus: „Wir aber haben nicht

und Klagel. Jerem.

den Geist der Welt empfangen, sondern den Geist, der aus Gott ist, auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind; welche wir auch reden, nicht in Worten, gelehrt durch menschliche Weisheit, sondern in Worten, gelehrt durch den Geist ...“

Nicht kann es so sein, wie die liberale Theologie uns weismachen will: das Wort Gottes sei in der Schrift enthalten. Wenn die Schrift nach Paulus in Worten gegeben ist, die auf eine Weise gelehrt sind, daß sie des Geistes eigene Worte sind (so griechisch in dieser Korintherstelle) oder daß sie „gottgehaucht“ ist (so griechisch in 2. Tim. 3,16), dann ist sie eben im buchstäblichen Sinne das, was sie zu sein beansprucht: das Wort Gottes. Das meint ja nicht, daß sie mechanisch diktiert oder daß die Persönlichkeit des Schreibers ausgeschaltet sei, sondern daß der Geist je nach dem Gegenstand dessen, was niedergeschrieben werden sollte, immer die Person zum Niederschreiben gebrauchte, die ihrer persönlichen Eigenart und Fähigkeit nach gerade dazu passend war, und dieses erwählte Werkzeug bei der Niederschrift wohl völlig leitete, aber doch so, daß das Geschriebene der persönlichen Eigenart des Schreibers entsprach.

Es gibt Sprachen, unter den alten gehören Griechisch und Lateinisch dazu, die geradezu „Buchstaben“ sagen, wenn das, was schriftlich fixiert ist, gemeint sein soll. „Die Buchstaben“ sind gleichbedeutend mit „Schrift“, „die Schriften“. Und die Worte bildenden Buchstaben sind nicht etwas Totes, sondern etwas durchaus Lebendiges. Als „Schrift“ sagen, reden sie: „die Schrift sagt, redet.“ Der HErr setzt in Joh. 5,47 die Buchstaben, d. i. die Schriften, Moses und Seine Worte auf eine Linie, legt den Schriften Moses soviel Autorität bei wie Seinen eigenen

Worten. Und von Seinen Worten sagt Er Joh. 6,63: „Die Worte, welche Ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.“ „Das Wort Gottes ist ein lebendiges [Wort] und wirksam ...“, Hebr. 4,12. „Ihr seid ... wiedergeboren ... durch das lebendige und bleibende Wort Gottes“, 1. Petr. 1,23. Das Wort, die Schriften, die Buchstaben sind derart etwas Lebendiges, daß ihr Lebendigsein sich in einem von ihnen ergriffenen Menschen mit dessen innersten Bewußtsein vermählt, so daß von ihm gesagt werden kann: „Du weißt (griech. und Luther) die heiligen Buchstaben“ (Timotheus). Es beginnt freilich mit dem äußerlichen Kennenlernen und kann leider darin steckenbleiben, geht aber, wenn die Gnade Gottes es will, über in ein innerlich fortschreitendes Erfassen und davon Erfaßtwerden. Der Respekt der Juden vor den heiligen Schriften war ein solcher, daß sie daran tatsächlich als bis auf den Buchstaben von Gott eingegeben festhielten. Überkommt nicht uns eine heilige Ehrfurcht, wenn wir gesammelter Sinne und betenden Herzens die Schrift lesen, so daß wir inne werden: Es ist buchstäblich Gottes Wort? Wenn es das dem Wortlaut nach nicht ist, dann ist das Wort selbst ein unwahrhaftiger Zeuge, und wir sind betrogen. Daß Abschreibfehler vorgekommen sind, ist eine Frage für sich und hat nichts mit dem Grundsatz der wörtlichen Inspiration zu tun. Sie hat auch längst schon ihre befriedigende Lösung gefunden, wie die einschlägige Literatur beweist. Es ist mir unerfindlich, wie selbst gläubig-sein-wollende Männer sagen können, die Schrift lehre nicht, daß sie wörtlich inspiriert sei.

Zu 2.:

Es ist dem einfältigen Empfinden entsprechend, das der Abrundung wegen eingeschobene Wörtchen „ist“ da zu lassen, wo es die Elberfelder Bibel und die meisten Übersetzungen haben - deutsche, englische, französische: „Alle Schrift [ist] von Gott eingegeben und nütze ...“ Erst neuere Übersetzer glauben übersetzen zu sollen: „Alle von Gott eingegebene Schrift [ist] auch nütze ...“ Luther folgt der lateinischen Vulgata, die unter Weglassung des Bindewortes „und“ sagt: „Alle Schrift, göttlich eingegeben, [ist] nützlich zum Lehren“ usw.

Warum soll alle Schrift „auch“ zu dem und dem nütze sein, als ob sie es nicht sowieso wäre,

sein, ohne auf die genannten Zwecke abzuzielen? Ist sie sich Selbstzweck? Nein. In allem hat sie, wie V. 17 zeigt, den Menschen Gottes im Auge, dessen praktische Vervollkommnung in allem. Paulus führt die Schrift, alle Schrift, als autoritär für den, der ein „Mensch Gottes“ ist (d. i. Timotheus! 1. Tim. 6,11), ein. Der Mensch Gottes, gegensätzlich zu den bösen Menschen und Gauklern des 13. Verses, bleibt in dem, soll in dem

D. Schriftl.

bleiben, was er gelernt hat, wozu er alle Ursache hat, weil er die heiligen Schriften kennt, die durch den Glauben, der in Christo Jesu ist, eine zur endgültigen Rettung ausreichende Kraft in sich bergen. Paulus unterbaut das durch eine Doppelaussage über alles, was „Schrift“ ist. Sie ist 1. von Gott eingegeben und hat 2. ein bestimmtes praktisches Ziel im Auge: den Menschen Gottes vollkommen zu machen.

Wer es anders spürt, mag es anders spüren; es steht ihm frei. Nur: Es gibt in gewissen Fällen so etwas wie geistliches Fingerspitzengefühl, das persönlich ist.

Frz. Kaupp.

Frage 9

Was ist unter „Inseln“ Jes. 41,1.5; 42,4 u. a. O. zu verstehen?

Antwort

Wie bei vielem anderen in der Schrift, so müssen wir auch hier unsere geographischen Begriffe und Kenntnisse auf die der Hebräer der damaligen Zeit zurückschrauben und sie den ihrigen anpassen. Gen Norden, Osten und Süden von Palästina dehnten sich geschlossene Ländergebiete aus, gen Westen das Mittelländische Meer. „Meer“ ist dem Hebräer geradezu die Benennung für „Westen“. Für Schiffahrt kam eigentlich nur das Mittelländische Meer in Frage. Die Küsten und Inseln desselben, als Land am und im Meere, als Land aus dem Wasser

hervorragend im Gegensatz zum zusammenhängenden Festland, wurden gleichermaßen mit dem Namen „Ijim“, Einzahl „Ij“, bezeichnet. Es meint eigentlich Asyl, Anlegeort für Schiffe. Wie soll man den hebräischen Begriff in die spezialisierten Begriffe anderer Sprachen gießen? Es bleibt kein anderer Ausweg, als „Inseln“ zu sagen. Dann und wann kann es mit „Küstenland“ wiedergegeben werden, z. B. Jes. 20,6. In dem Maße, als der Gesichtskreis der Weissagung, besonders im zweiten Teile des Jesaja (Kap. 40-66), sich ausdehnt, umschließt der Ausdruck die Länder und Völker der Heidenwelt überhaupt.

Frz. Kaupp.

Ein Licht, das leuchten will.

Ein Licht, das leuchten will, muß sich verzehren;

Trost, Licht und Wärme spendend, stirbt es still.

Ein Licht, das leuchten will, kann nichts begehren,

Als dort zu stehen, wo's der Meister will.

Ein Licht, das leuchten will, dem muß genügen,

Daß man das Licht nicht achtet, nur den Schein.

Ein Licht, das leuchten will, muß sich drein fügen,

Für andre Kraft und für sich nichts zu sein.

Ein Licht, das leuchten will, darf auch nicht fragen,

Ob's vielen leuchtet oder einem nur.

Ein Licht, das leuchten will, muß Strahlen tragen;

Wo man es braucht, da läßt es seine Spur.

Ein Licht, das leuchtet in des Meisters Händen,

Es ist ja nichts als nur ein Widerschein;

Des ew'gen Lichtes Abglanz darf es spenden,

Ein Licht, das leuchten will für Ihn allein.

(H. v. R.)

Seid stark und arbeitet!

Unsere Zeit gleicht in vieler Hinsicht jener Zeit nach der Rückkehr des Überrests Israels aus der babylonischen Gefangenschaft.

Es war eine Zeit voller Mühen und Sorgen, als unter Führung Esras und Nehemias die Zurückgekehrten vor die gewaltige Aufgabe gestellt waren, in dem verwüsteten und zerstörten Lande wieder aufzubauen, was durch die Schuld der Vorfahren zusammengebrochen war.

Cyrus, Persiens mächtiger Herrscher, hatte während des Winters 539-538 die Erlaubnis zur Rückkehr und zum Wiederaufbau des Tempels gegeben.

Mit frohen Hoffnungen zog man aus unter Führung des Sesbazar (Esra 1,8), eines Fürsten aus dem Hause Davids.

Aber bald war man enttäuscht. Unter den überaus schwierigen äußeren Verhältnissen und unter der Feindschaft der Samaritaner fand man nicht die Kraft, den Tempelbau in Angriff zu nehmen, zu dem Sesbazar die Vorbereitungen getroffen hatte.

So ging Jahr um Jahr dahin. Unterdessen war Serubbabel Statthalter geworden. Da traten im

Jahre 520 die Propheten Haggai und Sacharja auf und ermahnten mit dringenden Worten zur Wiederaufnahme des Tempelbaus.

„Und Serubbabel, der Statthalter, und Jozadak, der Hohepriester, und der ganze Überrest des Volkes hörten auf die Stimme Jehovas ihres Gottes und auf die Stimme Haggais, des Propheten. Und sie kamen und arbeiteten am Hause Jehovas der Heerscharen, ihres Gottes.“

Wie mag sie das Wort Jehovas gestärkt und beglückt haben: „Ich bin mit euch!“

Aber wie gering und unscheinbar war dieser Bau im Vergleich zu dem, der einst auf demselben Platz gestanden hatte. Er war „wie nichts“ in den Augen derer, die noch den alten Tempel gesehen hatten.

Darum bedurften Führer und Volk immer neuen Zuspruchs und neuer Ermunterung durch das göttliche Wort, damit sie nicht wieder erlahmten und der alten Mutlosigkeit anheimfielen.

Sind wir in geistlicher Hinsicht nicht in ähnlicher Lage? Ist nicht auch vielen in unseren Tagen der Mut gesunken im Blick auf die großen Aufgaben, die geringen Mittel, die unscheinbaren Erfolge der Gemeinde? Scheint da nicht alle Mühe vergeblich, jede Anstrengung aussichtslos zu sein?

Muß nicht der Vergleich des jetzigen Zustandes der Gemeinde mit jenem ersten Hause und seiner Herrlichkeit, wie wir sie im Neuen Testament geschildert finden, in uns ähnliche Gefühle erwecken wie damals in den zurückgekehrten Gläubigen?

Wenn es so ist, und wenn wir in derselben Gefahr stehen, wie jene damals, nämlich über all den eigenen Nöten und Bedürfnissen das Werk des HErrn zu vergessen, so gelten auch uns die Mahnung und Verheißung des HErrn:

„Seid stark und arbeitet! Denn Ich bin mit euch, spricht Jehova der Heerscharen. Das Wort, zu dem Ich Mich gegen euch verpflichtet habe, und Mein Geist bestehen in eurer Mitte; fürchtet euch nicht! Denn so spricht Jehova der Heerscharen: Noch einmal, eine kleine Weile ist es, da

werde Ich den Himmel erschüttern und die Erde und das Meer und das Trockene. Und ich werde alle Nationen erschüttern; und das Ersehnte aller Nationen wird kommen, und Ich werde dies Haus mit Herrlichkeit füllen, spricht Jehova der Heerscharen. Mein ist das Silber und Mein ist das Gold, spricht Jehova der Heerscharen. Die letzte Herrlichkeit dieses Hauses wird größer sein als die erste, spricht Jehova der Heerscharen; und an diesem Orte will Ich Frieden geben, spricht Jehova der Heerscharen.“ (Hag. 2,4-9)

Auch wir haben das Wort, die unverbrüchlichen Zusagen unseres Gottes. Dies Wort bleibt in Ewigkeit, mag alle Herrlichkeit des Fleisches verwelken wie das Gras auf dem Felde.

Gott hat uns Seinen Geist gegeben, nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht.

Es ist wahr: Die Aufgaben sind groß, zu groß für unsere Kraft. Aber des HErrn Wort an Serubbabel durch den Propheten Sacharja (4,6) gilt auch heute noch: „Nicht durch Heer und nicht durch Kraft, sondern durch Meinen Geist, spricht Jehova der Heerscharen.“

Darum: Laßt uns stark sein durch die Gnade (2. Tim. 2,1) und arbeiten, solange es Tag ist!

Noch haben wir Zeit und Gelegenheit. Vielleicht nicht mehr lange. Denn noch eine kleine Weile, so werden Himmel und Erde erschüttert werden. Der Kommende wird kommen und nicht verziehen! Wenn aber Christus, unser Leben, geoffenbart werden wird, so werden auch wir mit Ihm offenbar werden in Herrlichkeit.

Diese Herrlichkeit wird größer sein als die Herrlichkeit der vergangenen Zeitalter. Dann wird der HErr auch Seine Gemeinde Sich Selbst verherrlicht darstellen, ohne Flecken und Runzel, heilig und tadellos.

Darum, je mehr wir den Tag herannahen sehen: Laßt uns stark sein und arbeiten! Bald wird alle Arbeit getan sein! Darum frisch ans Werk! Der HErr ist mit uns!

J. Warns.

Das Endziel der Heilsverkündigung.

Der Apostel Paulus hatte in Ephesus zunächst ein Vierteljahr lang in der Synagoge gelehrt. Als dann die Juden „sich verhärteten“, sonderte er die Jünger ab und „hielt täglich seine Besprechungen im Hörsaal eines gewissen Tyrannus“, etwa zwei Jahre hindurch. In dieser Zeit wuchsen „treue Männer“ heran, „die tüchtig sein sollten, auch andere zu lehren“. Ephesus wurde so die Zentrale, von der aus die frohe Botschaft sich durch die ganze Provinz Asien ausbreitete, „so daß alle, die in Asien wohnten, sowohl Juden als Griechen, das Wort des HErrn hörten“. Als Paulus dann nach Europa, nach Mazedonien abreist, überläßt er sein großes Werk in Ephesus seinem Timotheus, trotz dessen Jugend, als seinem Stellvertreter. Was für eine Last legt er damit auf diese noch jungen Schultern! Man begreift es leicht, daß es dem Apostel da am Herzen liegen muß, seinem „echten Glaubenskinde“ die Weisungen, die er ihm gewiß auch mündlich gegeben hatte, zusammengefaßt in einem Briefe schriftlich zu geben, damit er sie sich immer vergegenwärtigen kann.

Die gottgeschenkte Führergabe des Apostels der Heiden zeigt sich dabei in der Klarheit, mit der er in einem kurzen Wort, einem Leitsatz, knapp und doch vollständig sagt, was das Endziel aller Lehrtätigkeit, aller Verkündigung, aller seelsorgerlichen Wirksamkeit sein und bleiben muß. Von der Klarheit der Grundidee hängt bei allem Wirken weitgehend der Erfolg ab. Das weiß niemand besser als der Soldat. Ein guter Befehl muß kurz und klar sein. Es darf kein Zweifel für den Empfänger bleiben, was von ihm verlangt wird. Dann wirkt solch Befehl befreiend und anfeuernd. Der Empfänger atmet auf: Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe. Nun alle Kräfte eingesetzt, um ohne Zeitverlust das Ziel zu erreichen, den Befehl durchzuführen - los, ans Werk! Aber gerade solche klare Zielsetzung, die dann so einfach wirkt, ist schwer. Der Feldmarschall Moltke sagte einmal: „Im Kriege verspricht nur Einfaches Erfolg; aber gerade das Einfache ist schwer.“

„Das Endziel der Heilsverkündigung ist Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben“ - das ist die Zielsetzung des Paulus. Es sollen Menschen dahin

gebracht werden, aus reinem Herzen, gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben zu lieben - Gott zu lieben, die Brüder zu lieben, alle Menschen zu lieben. Dieses Endziel muß bis zur Wiederkunft des HErrn jedem, der das Heil weiterzugeben hat, ebenso unverrückbar vor Augen stehen, wie es der Apostel dem Timotheus vor Augen gestellt hat. Auch alle Förderung in tieferer Kenntnis der Schrift darf nur diesem Ziele dienen. Wird sie Selbstzweck, so fällt sie unter das Wort des Paulus: „Die Erkenntnis bläht auf“ (1. Kor. 8,1), „Die Liebe erbaut“. Ihn Selbst, den HErrn, zu gewinnen - dies Eine ist not.

Das Wort von der christlichen Liebe hat heute in vielen Ohren einen unangenehmen, widerwärtigen Klang bekommen. Durch das verkehrte Wesen vieler Menschen, die sich zum „Christentum“ halten, ist der Eindruck erweckt worden, als handele es sich bei dieser Liebe um etwas ungesund Weichliches, Süßliches - man empfindet einen Geschmack wie von einer zu stark gezuckerten, dünnen Limonade. Und dadurch ist „der Weg der Wahrheit verlästert worden“. Über dieser Vorstellung von etwas Unnatürlichem, Verzerrtem, Verkrampftem hat mancher vergessen, daß es doch für das Zusammenleben der Menschen keine bessere Grundregel geben kann, als daß jeder dem anderen soviel Gutes tun soll, wie nur irgend in seiner Macht liegt, alles das, was er wünscht, daß man ihm selber tun soll. Wenn in die Menschenherzen eine Kraft hineinkommt, die von innen heraus dem Menschen den Drang gibt, so zu handeln, dann sind alle sozialen Fragen gelöst.

Diese Kraft haben wir von Natur nicht. Von Natur sind wir selbst unser Mittelpunkt, die Achse, um die sich alles in unserem Leben dreht. Nicht Gottes Wille regiert, sondern unsere eigenen Triebe. Dieser Zustand kann nur durch eine Geburt von oben her, durch eine Tat Gottes geändert werden. „Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.“ (Röm. 5,5) Wie das geschehen ist, sagt die Fortsetzung dieses Wortes: „Denn Christus ist ... für Gottlose gestorben“, und „Gott erweist Seine Liebe gegen uns darin, daß Christus, da wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist“. Wenn diese Tat Gottes durch den Heiligen Geist als Wirklichkeit im Glauben vor den Augen unseres Herzens steht, dann füllt sie es zum Überfließen mit der staunenden Anbetung vor Gottes Liebe und dadurch mit der Liebe zu Ihm Selber aus, weil Seine Liebe uns überwältigt! „Er hat den Rat gefunden,

der Sünder selig macht.“ Und Er hat uns zu Seinem eigenen Reiche und zu Seiner eigenen Herrlichkeit berufen!

Nach dem Wort des Apostels ist diese Liebe untrennbar von drei Werten, die in wunderbarer Wechselwirkung sowohl Auswirkung wie Vorbedingung für die Liebe sind, von der hier die Rede ist.

Zunächst: Das reine Herz! Wir können unser Herz nicht reinigen; aber Gott tut es durch den Glauben. Petrus sagt von den Gläubigen aus den Heiden, daß Gott „durch den Glauben ihre Herzen reinigte“. (Apgesch. 15,9) Es gibt keine andere Reinheit für unser Herz als dadurch, daß „Christus durch den Glauben in unseren Herzen wohnt“. Wenn ich es im Glauben erfasse, was Paulus Gal. 2,20 sagt: „Ich bin mit Christus gekreuzigt, ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir“, dann habe ich das reine Herz. Aber dieser rettende, beseligende Glaube wird nur dann ungetrübt in uns wirken, wenn wir in ihm wandeln. „Wenn wir im Lichte wandeln, wie Er in dem Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, reinigt uns von aller Sünde.“ (1. Joh. 1,7)

Im Herzen fallen die freien Entscheidungen, die unserem Leben Gestalt und Richtung geben. Gebe ich es ungeteilt meinem HErrn hin, so wie es ist, dann ist das Herz rein durch den reinen HErrn, der darin Wohnung macht. Und „die Augen des HErrn durchlaufen die ganze Erde, um Sich an denen mächtig zu erweisen, deren Herz ungeteilt auf Ihn gerichtet ist“. (2. Chron. 16,9)

Wieviel Verwirrung und wieviel Irrtum sind schon mit dem Wort „das reine Herz“ verbunden worden! Als ob jemals in diesem Leben die Tatsache aufgehoben würde: „Ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt.“ „So wir sagen, daß wir keine Sünde haben, betrügen wir uns, und die Wahrheit ist nicht in uns.“ Er allein ist unsere Rettung, unser Leben. Je tiefer ein Herz erfaßt hat, daß es in Christus rein ist, desto vollständiger erkennt es die eigene Unreinheit ohne Christus.

Wie die Sicherheit des Schiffbrüchigen nur darin besteht, daß er im Rettungsboot ist, so besteht unsere Reinheit nur in der Gemeinschaft mit Ihm, dem Reinen, der Sich nicht schämt, uns

Seine Brüder zu nennen. Wenn ich im Flugzeug mit 300 Kilometer Stundengeschwindigkeit dahinfliege, so besteht meine eigene Unfähigkeit zu fliegen unverändert fort; aber sie ist durch die Tatsache außer Wirksamkeit gesetzt, daß das Flugzeug fliegt und daß ich in ihm bin. Wie töricht, wer durch die eigene Unfähigkeit zu fliegen sich die Freude daran trüben läßt, daß ihn das Flugzeug trägt! Genau so töricht ist es, wenn wir die Freude über unsere Stellung in Christus uns durch die Tatsache trüben ließen, daß „in unserem Fleische nichts Gutes wohnt“, daß wir versuchlich sind und immer noch sündigen können, ja müssen, wenn wir nicht in Ihm bleiben. „Bleibet in Mir und Ich in euch, denn außer Mir könnt ihr nichts tun.“

Zu diesem Leben des Glaubens aber ist die zweite Voraussetzung erforderlich. Wir können das reine Herz nur haben, wenn wir die weitere Bedingung erfüllen: Das gute Gewissen. Wenn unser Leben nicht eine dauernde Absage an das Böse und eine dauernde Zusage an den Willen Gottes ist, dann ist selbst unser Gebet ein Greuel vor Gott. Gewiß, „der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der HErr kennt, die Sein sind“, aber untrennbar gehört dazu: „Es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen des HErrn nennt.“ (2. Tim. 2,19) Es ist wahrlich kein Kinderspiel, den Namen des HErrn zu nennen! „Wer da sagt, ich kenne Ihn, und hält Seine Gebote nicht, der ist ein Lügner ... Wer da sagt, daß er in Ihm bleibe, der ist auch schuldig, so zu wandeln, wie Er gewandelt hat.“ (1. Joh. 2,4.6) Was für ein furchtbar wahres Wort! Wie versagt solcher Forderung und Notwendigkeit gegenüber alle unsere Kraft! Aber wir haben eine wunderbare Quelle der Kraft: „Die Freude am HErrn ist unsere Stärke.“ Der Blick auf Ihn gibt uns das gute Gewissen im Blick auf die Riesenschuld unserer Sündentaten. Wo blieben wir, wenn wir nicht den Blick auf den Gekreuzigten hätten, der unsere Schuld trug! Wir sind in der Lage jener Verbrecher, von denen man wohl einmal hört, die ihre eigene Beseitigung durch den Tod des Gerichts als Befreiung ersehnten, weil sie die Last ihres verdorbenen Lebens nicht mehr glaubten tragen zu können. Wir dürfen wie Paulus es ergreifen: „Ich bin mit Christus gekreuzigt.“ „Sein Kreuz bedeckt meine Schuld, Sein Blut macht hell mich und rein - mein Wille gehört meinem Gott, ich traue auf Jesum allein.“

Dies alles aber ist unmöglich, wenn wir nicht die dritte Voraussetzung für die Liebe haben: den ungeheuchelten Glauben. Das Wort des Urtextes für Glauben hat zugleich die Bedeutung von

Treue und Vertrauen. Es ist gut, wenn uns diese beiden Bedeutungen bei dem Worte Glauben immer mitklingen. Der Glaube ist die Hand, die all die Fülle dessen entgegennimmt, die uns im HErrn geschenkt ist. „Aus Seiner Fülle haben wir alle genommen, und zwar Gnade um Gnade.“ „In Ihm wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig - und ihr seid zur Fülle gebracht in Ihm, der das Haupt jeder Macht und Gewalt ist.“ Und wenn dieser Glaube ungeheuchelt ist, dann wirkt er sich aus in Gehorsam und in Vertrauen. Das sind die beiden Schienen, auf denen der Zug unseres Glaubenslebens fährt, eine so unentbehrlich wie die andere. Ohne die Werke eines Lebens im Gehorsam und Vertrauen aus Glauben ist unser Glaube tot! „Es werden nicht alle, die zu Mir ‚HErr, HErr‘sagen, zu Mir in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen Meines Vaters im Himmel tun!“ Aber das können wir nur, wenn wir Seine Herrlichkeit mit unverhülltem Angesicht anschauen - dann allein werden wir verwandelt von einer Herrlichkeit zu der anderen als durch den HErrn, den Geist, in Sein Bild! Das allein ist der Glaube, der sich in Liebe auswirkt. Ein Herz, das in ungeheucheltem Glauben Seine Liebe anbetend auf sich wirken läßt im Blick auf das Kreuz und die Auferstehung und die Wiederkunft des HErrn - das kann nicht anders, als die Brüder und alle Menschen weiter zu lieben.

Das reine Herz, das gute Gewissen, der ungeheuchelte Glaube, sie sind Wirkung und Voraussetzung für die Liebe, die das Endziel der Heilsverkündigung ist. Sie sind Voraussetzung, Beweis und Wirkung der Tatsache des „ewigen Lebens“: „Christus wohnt in uns durch den Glauben, die wir in Liebe gewurzelt und gegründet sind.“ Wie sollten wir wachen, diesen Heiligen Geist nicht zu betr üben! „Und ob jemand kämpft, so wird er doch nicht gekrönt, wenn er nicht nach den Regeln gekämpft hat.“

Laßt niemand uns um den Kampfpreis bringen, der irgend etwas anderes zum „Endziel der Heilsverkündigung“ macht als nur Liebe aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben.

Ernst Lange.

Göttliche Ausrüstung!

Eph. 3,14-21.

Wer wollte heute noch leugnen, daß in der Geschichte des Volkes Gottes, der Gemeinde, sich Morgenrot zeigt! Die Zeit des Schlafens oder der selbstsüchtigen Genußsucht, die nur an eigene Erbauung denkt, ist für viele vorbei! Was nun auch kommen, wie der HErr Sein Volk auch führen mag, das wird jedenfalls allen von Tag zu Tag klarer, daß wir über alles hinweg unbedingt zusammengehören, die wir Glieder Seines Leibes und Kinder der Familie unseres großen Gottes und Vaters sind. Wie aber können wir dieser göttlichen Notwendigkeit am besten, am richtigsten, so, wie unser Vater im Himmel es haben will, entsprechen? Da scheint mir obiges Schriftwort einen wichtigen Fingerzeig zu geben!

Wir wissen, daß der Apostel Paulus im Epheserbrief vor allem von der Herrlichkeit der Gemeinde spricht. Ehe er aber im 4. Kapitel von der Verantwortung spricht, die sich daraus ergibt, fügt er obiges Gebet ein. Warum? - Der Apostel kennt den Menschen, kennt die Gemeinden und weiß aus Erfahrung, welch ungeheurer Widerstand nicht nur im Machtbereich Satans, in dessen Mitte die Gemeinde heranwächst, sondern auch in unseren eigenen Herzen gegen eine wahre Gemeinschaft des Geistes vorhanden ist. Da weiß er keine bessere und wirksamere Abhilfe als eine göttliche Ausrüstung zur Erfüllung unserer Verantwortung, die er in heißem Bittgebet auf die Gläubigen herabfleht.

Weil es sich nun hierbei weniger um den einzelnen Gläubigen als vielmehr um die ganze Familie Gottes handelt, die allen Geschlechtern in den Himmeln und auf Erden zur Quelle des Segens sein soll und erst recht sein wird, wendet sich der Apostel an den Vater aller Völkerfamilien; hat Er doch als solcher das höchste und brennendste Interesse daran, daß die Familie der Erstgeborenen je länger, je mehr heranwächst zur vollendeten Segensträgerin! Dazu aber gehört die ganze Fülle Gottes. (V. 19)

Der Inhalt des Gebetes zeigt uns nun, wie der Vater im Himmel dieses hohe Ziel zu erreichen bemüht ist. Wenn der Apostel in seinem Gebet an den Reichtum der Herrlichkeit Gottes appelliert und nur so eine ausreichende Ausrüstung erwartet, so beweist uns das, welche

Energie Gott der Vater anwenden muß, um aus Seinen Kindern etwas zu machen, oder wie schwer erziehbar wir in unserer Erbärmlichkeit und Herzenshärtigkeit sind. Es handelt sich hier eben nicht nur um eine äußerliche Ertüchtigung etwa zu furchtloser und beredter Zeugenschaft, sondern um eine Charakter- und Herzensbildung, die unserer natürlichen Art direkt entgegengesetzt ist. Da genügte nicht einmal die Erziehung und das kostbare Beispiel des mit Seinen Jüngern wandelnden Christus. Dazu mußte unser Meister sich zur Rechten des Thrones der Erhabenheit in den Himmeln setzen (Hebr. 8,1), um von dort aus durch Seinen Heiligen Geist diese fortdauernde Umwandlungsarbeit an den Seinen tun zu können. Und Er ist am Werk! Das dürfen wir mit unseren Augen sehen!

Uns werden nun drei Erziehungswege genannt, die in der Schule unseres Gottes nicht etwa zeitlich aufeinander folgen, sondern wo der erste die Voraussetzung für den zweiten und der zweite für den dritten ist.

Zunächst beginnt natürlich die Erziehung der Kinder Gottes individuell, das heißt: im Leben des einzelnen. „Daß der Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne“ ist das Gebet des Apostels! Da steht das Kind Gottes allein vor seinem HErrn und Meister, mit dem der Vater Sein Kind zu unbedingter Abhängigkeit verbunden hat, so wie es der Weingärtner mit der Rebe macht, die er in den Weinstock pfropft. (Joh. 15,1f.) Damit ist die Voraussetzung zur Erhaltung und Fruchtbarmachung des göttlichen Lebens gegeben. Nun handelt es sich darum, daß es dem Heiligen Geist gelingt, uns dazu zu erziehen, nur diese Kraftquelle zu gebrauchen und nicht etwa zu falschen Quellen zu gehen! Dann wird der HErr in unseren Herzen wohnen, das heißt, Sein Hausbesitzerrecht ausüben können! Dann werden wir Ihn nicht dazu verurteilen, in unseren Herzen nur „Mieter“ zu sein, dessen Wort nichts gilt; nein, wir werden uns willig, eben im Glauben Seiner Führung unterordnen! Ich denke, wir verstehen alle dieses einfache Bild und können weiter darüber nachsinnen, damit wir besser erfassen, welches Vorrecht uns geworden ist, als der HErr in unser Herz einzog, aber auch, welche Verantwortung wir nun tragen!

„Daß ihr in Liebe eingewurzelt und gegründet seid“ ist der nächste Gebetswunsch des Apostels! Hier haben wir es schon mit dem Gemeinschafts leben derer zu tun, in deren Herzen Christus

wohnt. Diese Tatsache allein verbürgt noch nicht ein Gemeinschaftsleben nach den Gedanken Gottes, denn wieviel „Glaubensrichtungen“ gibt es doch, die sich womöglich gegenseitig ausschließen, und das nur, um der eigenen Glaubensüberzeugung treu zu bleiben! Soweit kann es in menschlicher Verirrung kommen, wenn man der Liebe nicht den ihr gebührenden Platz einräumt! Gerade im Blick auf unser Gemeinschaftsleben wird von uns nicht nur erwartet, daß wir einander lieben, nein, der Apostel erfleht es vielmehr! „Gewurzelt und gegründet“ sollten wir in der Liebe sein! So wie der Baum durch seine Wurzeln aus dem Erdreich seine Nahrung zieht, soll die Liebe der Nährboden sein, aus dem heraus wir die Beweggründe zu allem Tun und Lassen im Gemeinschaftsleben schöpfen! Wie bliebe da manches ungetan, was vielleicht aus bestem Willen, aber nicht aus der Liebe hervorwuchs! Umgekehrt würde mehr Geistesfrucht geschaut zu lebendigem Zeugnis für eine liebelose Welt oder zur Erquickung niedergebeugter und betrübter Geschwister.

Ebenso wichtig aber ist auch das „Gegründetsein“ wie das Haus auf dem Felsen! Wie oft wird unsere Liebe zu den Geschwistern, die wir haben und um des HErrn willen auch unbedingt beweisen wollen, auf eine harte Probe gestellt! Auch im Volke Gottes gibt es Mißverstehen, Argwohn, Neid und Lieblosigkeit; denn wir leben noch im Leibe dieses Todes. Wie wichtig ist es da, daß unsere Liebe festgegründet ist und nicht zusammenbricht, auch nicht bei härtester Erprobung! Und wir werden verstehen, daß nur auf diesem Wege unser Gemeinschaftsleben wahren, göttlichen Charakter tragen und wirkliche Frucht zur Ehre unseres Hauptes bringen kann.

Vor allem aber ist die Herrschaft des Glaubens im Leben des einzelnen Kindes Gottes und die Herrschaft der Liebe im Gemeinschaftsleben die unerläßliche Voraussetzung dafür, daß der Vater im Himmel uns alle gemeinsam schauen lassen kann in das Meer der Liebe unseres Heilandes, eine Gottestat, die uns immer wieder überwältigen wird und unbedingt am wirksamsten zur Umgestaltung und Stärkung unseres inwendigen Menschen beiträgt. Was würde werden, wenn z. B. die Kinder Gottes an einem Ort sich immer wieder gemeinsam diese Gottesschau schenken ließen?! Die Welt würde bald merken, daß Menschenkinder mit helleuchtenden Augen in ihrer Mitte wohnen, weil sie in die Tiefen der Gottheit geschaut haben!

Das vertreibt jede irdische Sorge, das überbrückt jeden Gegensatz, ja, das soll schon hier auf Erden unsere Seligkeit sein! So werden wir zu Menschen, zu Gemeinden, die ihren Platz ausfüllen nach den Gedanken Gottes, weil sie unter der erziehenden Hand unseres himmlischen Vaters heranwachsen bis zur ganzen Fülle Gottes!

Wer aber wollte bei solch einem Wirken Gottes nicht mit einstimmen in die große Lobpreisung unseres großen Gottes und Vaters in Christus Jesus!

Heinrich Köhler.

Ein Dienst in Schwachheit und doch in Kraft.

„Laß dir an Meiner Gnade genügen, denn Meine Kraft ist in dem Schwachen mächtig“ (2. Kor. 12,9).

Die Frage nach der Kraft ist heute eine der brennendsten Gegenwartsfragen. Nach Zeiten der Ohnmacht und Schwäche ist das Suchen nach dem Starken und Heldischen neu erwacht; und gerade dies ist auch der Grund, warum Millionen unserer Zeitgenossen das Christentum der Bibel beiseitewerfen; denn es sei unheldisch, schwächlich, persönlichkeitstötend.

Was ist unsere Antwort Auf diese Frage unserer Umwelt? Was ist die Antwort Der Schrift selbst? Wir sagen: Das Christentum ist „aus“ Schwachheit, „durch“ Schwachheit und zunächst „zu“ Schwachheit hin.

Das Christentum ist „aus“ Kraft, „durch“ Kraft, „zu“ Siegeskraft hin.

I.

1. Das Christentum ist „aus“ Schwachheit, das heißt, es geht von der Schwachheit des Menschen aus. Es bezeichnet den Menschen, wie es ihn vorfindet, als jämmerlich und erbärmlich, als arm, blind und bloß. (Offenb. 3,17) Es sagt ihm, daß er mit all seinem Streben

auch nicht ein i-Pünktlein zur Erwerbung seines ewigen Heils hinzufügen kann. Er muß es sich völlig und ganz, rein aus Gnaden schenken lassen. Und wie es ihn kraftlos nennt (Röm. 5,6), so nennt es ihn sündig und verloren (Röm. 5,8), gottlos und hoffnungslos (Eph. 2,12), gebunden und versklavt. (Röm. 7,14) Kein Wunder, daß gerade diese Botschaft wahren Aufruhr in der Seele des verblendeten Ich-Götzendieners hervorruft! Und dennoch! Wie ist sie doch so wahr!

Schwach ist der Mensch schon vom kosmischen Gesichtspunkt aus. Denken wir uns alle 30-100 Kilometer einen Stecknadelkopf von einem Millimeter Durchmesser - das ist die Verteilung der Sonnen (!) im Weltraum! -, und von diesem Stecknadelkopf den 1¼-millionsten Teil - das ist die Erde! -, und von der Oberfläche dieses mikroskopischen Staubkügelchens ein Fünfzigstel - das ist Europa! Europa von Süditalien bis Nordskandinavien, von der Meeresenge von Gibraltar bis ans Uralgebirge! Wie sinnlos ist da alle Selbstvergottung, wie wirklichkeitsfremd, wie naiv, wie primitiv!

Schwach ist der Mensch auch vom geistigen Gesichtspunkt aus, trotz all seiner Fortschritte in Wissenschaft und Kunst. Wir wissen nicht, was „Stoff“ ist; wir wissen nicht, was „Kraft“ ist; wir wissen nicht, was „Leben“ ist; wir wissen nicht, was „Tod“ ist. Wir wissen - ohne göttliche Offenbarung - nicht den Ursprung der Welt und ebensowenig das Ziel aller Welt. „Wir schwimmen im Wunder wie der Fisch im Wasser“ und erklären täglich Dinge, von denen wir wenig wissen, durch Dinge, von denen wir gar nichts wissen. Und schließlich: Schwach ist der Mensch auch vom sittlichen Gesichtspunkt aus. „Das Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.“ (Röm. 7,19) In dem Festungskrieg um die Stadt „Menschenseele“, der zwischen den beiden geistigen Reichen „Gesetz Gottes“ und „Gesetz der Sünde“ geführt wird, gelingt es stets dem „Gesetz in den Gliedern“ - dieser auf das Kampfgebiet der Persönlichkeit abgesandten Heeresabteilung des Sündengesetzes -, den Sieg davonzutragen über das „Gesetz der Vernunft“, dieser Heeresabteilung des Gesetzes Gottes. So wird die Seele immer wieder für die Sünde erobert, und das geschieht derartig zwangsläufig, daß dieser Sieg selber wiederum als „Gesetz“ bezeichnet werden muß. (Röm. 7,21-23)

Wie kommen wir aber nun aus dieser Schwachheit heraus? Durch die Schwachheit des Kreuzes! „Gott gefiel es wohl, durch törichte Predigt selig zu machen die, so daran glauben.“ (1. Kor. 1,21)

2. Das Christentum ist „durch“ Schwachheit. Von all den Sonnen und Sternen des Weltraumes hat Gott die winzige Erde erwählt und auf dieser das kleine Land Kanaan und in ihm das Volk Israel, das „geringste“ aller Völker (5. Mose 7,7), in Israel aber die Stadt Bethlehem, die zu gering war, um unter die Tausende von Juda gerechnet zu werden (Micha 5,1), in Bethlehem selber aber die - Krippe! Und von der Krippe ging es weiter bis an das Kreuz! So erwählt Sich Gott stets das Geringe: zum ersten Zeugen des Neuen Testaments Matthäus den Zöllner, zur ersten Verkündigerin der Auferstehung Maria Magdalena, die einst Besessene (Mark. 16,9; Joh. 20,11-18), zum hervorragendsten Apostel - Paulus, den „ersten aller Sünder“. (1. Tim. 1,15) Das Ganze aber geschieht, damit „sich vor Ihm kein Fleisch rühme, sondern wer sich rühmt, der rühme sich des HErrn“. (1. Kor. 1,31) Je schwächer das Material, desto größer - bei gleicher Kunstleistung - die Ehre des Meisters. Je kleiner die Armee, desto gewaltiger - bei gleichem Siege - der Ruhm des Triumphators.

Darum auch das Fortbestehen dieses Grundsatzes selbst bei den Erlösten des HErrn bis zum Ablauf dieser Weltzeit.

3. Das Christentum ist zunächst „zu“ Schwachheit hin. Nicht viel Edle und Gelehrte, nicht viel Reiche und Mächtige, nicht viel Große und Gewaltige (1. Kor. 1,26-29), keine prunkenden Synoden, keine hochklingenden Titel, keine verstandesscharfen Glaubensdebatten, keine Anerkennung von der Welt - in dieser Schlichtheit und Knechtsgestalt hat das Urchristentum seine grundlegenden Triumphe gefeiert; und überall, wo die Gemeinde diesen Boden der Schwachheit verließ, verließ sie auch den Boden der Kraft. Gewiß, Zinzendorf war ein Reichsgraf, aber Luther war Bauernsohn, John Bunyan war Kesselflicker, William Carey Schuhmacher, Tersteegen Bandwirker. Timotheus hatte seine Magenschwäche (1. Tim. 5,23), und Paulus hatte seinen „Pfahl im Fleisch“ (2. Kor. 12,7), und gerade ihm, diesem größten

Schwachheiten und Bedrängnisse durchaus nicht ohne weiteres Hindernisse sind, sondern oft gottgegebene Schutzmittel gegen Selbstüberhebung und Hochmut, zur Brauchbarerhaltung des Werkzeugs, zur Vertiefung des göttlichen Gnadenwertes in uns und durch uns. Wie die Wolke der Herrlichkeit über der Stiftshütte ruhte (2. Mose 40,34), so will die Kraft Gottes, uns „überzeltend“, über unserer schwachen Leibeshütte wohnen. (2. Kor. 12,9) Eine Beterin auf dem Krankenlager, eine Wäscherin, die ihre Spargroschen dem HErrn gibt, ein Dienst selbstverleugnender Liebe, ein stilles Zeugnis im Geräusch des Berufslebens - das ist alles Dienst in Schwachheit und doch in Kraft. In der Tat:

II.

Das Christentum ist aus Kraft, durch Kraft, zu Siegeskraft hin. Hinter dem Zeugendienst der Erlösten steht die Auferstehungskraft des Erlösers. Christentum ist Auferstehungsglaube. Am Evangelium lebt alles. „Der Tod ist verschlungen in den Sieg.“ Darum ist das Christentum der Liebe auch das Allerpositivste in der Welt.

Welches aber sind die Kanäle, durch welche diese Gotteskraft in unser Leben hineinfließt?

a) Stillesein und Warten. „Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ (Jes. 30,15). Das Gebetsk ämmerlein ist die Rüstkammer des Glaubens; aber Gebetslosigkeit bedeutet Kraftlosigkeit.

b) Bleiben in Seinem Worte. „Ihr seid stark, und das Wort Gottes bleibt in euch.“ (1. Joh. 2,14) Jedes Wanken in bezug auf das Wort ist ein Wanken in bezug auf die Kraft. Nur die Heilige Schrift gilt, aber die Heilige Schrift ganz! Wir müssen nicht nur unter den Schall, sondern unter die Gewalt Seines Wortes. Eine gebrochene Stellung zur Schrift ist eine gebrochene Stellung in der Kraft.

c) Heiligung und Hingabe. „Wer reine Hände hat, wird an Stärke zunehmen.“ (Hiob 17,9). Handlungen sind nicht nur Einzeldinge, sondern zugleich Samenkörner. „Säe eine Tat, und du erntest eine Gewohnheit; säe eine Gewohnheit, und du erntest einen Charakter; säe einen

Charakter, und du erntest ein Schicksal.“ Jede Niederlage bringt den ganzen Menschen rückwärts; jeder Sieg bringt den ganzen Menschen vorwärts. Darum ist Wachstum in der Heiligung zugleich Wachstum in der Kraft. „Ihnen wächst beim Wandern die Kraft.“ (Ps. 84,8, Menge)

Das Endziel aber der Heiligung ist die Verherrlichung in Christo. In Schwachheit hier wandelnd erwarten wir die Volloffenbarung Seiner Kraft. Jetzt wandeln wir im Geist, einst werden wir verwandelt in eine verklärte Geistleiblichkeit; und dies wird geschehen „vermöge der Kraft, mit der Er vermag, Sich die ganze Welt zu unterwerfen“. (Phil. 3,21) An unserem Leibe wird sich einmal die Kraft betätigen, die das ganze Weltall bewegt! „Es wird gesät in Schwachheit und wird auferstehen in Kraft.“ (1. Kor. 15,43)

Das Geheimnis des Ganzen aber ist die Gnade des HErrn. Sie ist das Bindeglied zwischen Kraft und Schwachheit. Sie füllt die „irdenen Gefäße“ mit dem ewigen „Schatz“ des Himmels (2. Kor. 4,7); sie läßt uns frohlocken in Nöten und Drangsalen (Röm. 5,3) und gibt zu den Aufgaben die Gaben und die Kraft. Darum spricht der HErr wie zu Paulus so auch zu uns: „Laß dir an Meiner Gnade genügen.“

Erich Sauer.

Für junge Gläubige

Was liest du?

Nach dem Lesestoff fragen heißt, eine Vertrauensfrage an den Menschen stellen. Wie ein Mensch innerlich beschaffen ist, genau so wird sein Buch sein. Sein Buch gleicht ihm und entspricht seinem Ideal. Die Frage nach deinem Buch ist die Frage nach deiner Person.

Die durch das Böse von Gott getrennten Menschen, zu denen wir alle von Natur gehören, leben wie Kain auf der Flucht vor Gott und in dem Lande „Flucht“. (Siehe Anmerkung der Elberfelder

diese ihre Gottesferne und führen mit ihnen ihre Leser in sie immer tiefer hinein. Sie rühmen oder verachten darin das „Land ihres Aufenthaltes“, streiten sich über seinen Wert oder Unwert, bleiben aber mit ihren Herzen in diesem Lande der Flucht wohnen. Sie erheben den Menschen und versuchen immer wieder, jedoch vergeblich, die Gottesferne erträglich zu machen oder zu überwinden.

In Seinem Sohne Jesus Christus hat Gott die Ferne überwunden und alle, die an Ihn glauben, in Seine Nähe gerufen, und als Gläubige haben wir die Gott verwerfende und von Gott verworfene Welt im Kreuz von Golgatha abgetan.

Auf Grund meiner Loskaufung durch den Herrn Jesus hat die Welt ihr Anrecht an mich verloren. Ich brauche darum auch nicht mehr ihren Schmutz, wo und wenn er sich irgendwie in Büchern oder Zeitschriften findet, zu lesen. Jedoch das alte Ich der Gottesferne, mein „Fleisch“, sehnt sich zurück nach den „Fleischtöpfen“, die doch nie satt machen; es sucht Menschen und Bücher seines Sinnes um sich zu haben. Tust du seinen Willen? „Wenn nun der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr recht frei sein!“ (Joh. 8,36) Glaubst du das? Mache Gebrauch von deinem in Christus Jesus erhaltenen Recht, von der Welt frei zu sein!

Bücher können fesseln, in doppeltem Sinne gesprochen. Fesselnd fesseln sie! Darum können sie eine Gefahr sein! - Eine kleine, und doch so ernste Frage: Bist du schon einmal erschrocken über die Bilder und Bücher, die dich beschäftigen, die du aufsuchst, die dich binden?

Gleich dem Wachs sind unsere jungen Herzen. Jeder Stoß kann sie verbiegen und abwärts wenden. Unsere Zeit ist kurz und darum kostbar. Wir dürfen es uns nicht leisten, Beliebiges zu lesen, hier zu hören und da aufzunehmen. Wer könnte das wagen?

Christus ist uns der Bildner geworden, weil Er unser Vorbild ist. Und Er duldet keine anderen Götter neben Sich. Sein Bild muß klar in unseren Sinnen sein. Darum fort mit jedem Buch und jedem Bild, das Ihn entstellen kann! Klarheit in allen Linien und Reinheit von allem Fremden! „Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist ... Denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater,

sondern ist von der Welt.“ (1. Joh. 2,15.16)

Dein ist Gottes Wort, dein sind die Auslegungen der Christen, dein die Lebensbeschreibungen der Gottesstreiter, die mit dem Schönsten unter den Menschen durch die Weltenöde zogen. Freude und Kraft wird dir zuteil, wenn du siehst, wie Gott zu allen Zeiten und Orten in dem Leben Seiner Knechte mächtig geworden ist. Lernen wir ihr Leben kennen, dann geraten wir mehr unter den Einfluß ihres und unseres HErrn.

Nimm und lies Bücher, die Christus treiben! Lies vor allem deine Bibel! Gottes Wort ist Geist und Leben. Darum bekennen wir mit Zinzendorf mutig und treu:

„Mir ist's nicht um tausend Welten,

Aber um Dein Wort zu tun!“

K. W. Scharf.

Sinnspruch.

Wer in der Jugend bleibt bewahrt,

dem wird gar manche Not erspart,

wenn 's Alter kommt.

Drum, Jugend, hüte deinen Sinn

und richte Herz und Augen hin

auf das, was frommt!

(H. Mtzr.)

Wille und Sieg.

„Sich selbst bekriegen ist der schwerste Krieg,

Sich selbst besiegen ist der größte Sieg.“

„Ich kann nicht! Es ist unmöglich!“ sagte ein Offizier zu Alexander dem Großen, nachdem er von einer Felsenfestung zurückgeworfen worden war. „Fort mit dir!“ donnerte der große Mazedonier ihn an: „Nichts ist dem unmöglich, der den Willen hat zu siegen“, und, sich an die Spitze seiner Soldaten stellend, verjagte er den Feind aus seinen Verschanzungen.

Auch in der Schrift wird dem Willen eine große Bedeutung zugemessen. „Dir geschehe, wie du willst.“ (Matth. 15,28) „Willst du gesund werden?“ (Joh. 5,6) „So jemand Seinen Willen tun will, so wird er von der Lehre wissen, ob sie aus Gott ist.“ (Joh. 7,17) Wir sehen also, daß auch nach der Schrift viel abhängig ist von dem Willen des Menschen, und es wäre ein großer Irrtum, von der Zerstörung oder auch nur Ignorierung des Willens zu reden. Die Größten im Reiche Gottes waren immer ausgeprägte Willensnaturen. Wir brauchen nur an Paulus und sein reiches Leben zu erinnern, das einem großen Hindernisrennen zu vergleichen ist (nach 2. Kor. 11,18-33; vgl. 1. Kor. 9,24-27) und das ohne Aufbietung äußerster Willenskraft nicht denkbar ist, ein schlagender Beweis, daß diesen Großen lange nicht alles einfach in den Schoß gefallen ist. Das Reich Gottes verlangt äußerste Willensentwicklung, Willensschulung, Willensspannung und Willensentfaltung.

Wir unterscheiden auf Grund der biblischen Seelenlehre zwischen Naturwollen und persönlichem Wollen des Menschen, wie wir überhaupt zwischen Naturleben und Personleben oder bewußtem Leben unterscheiden. Unter Natur versteht die Schrift den ganzen schöpfungsmäßig oder durch die Geburt überkommenen Wesensbestand nach Geist, Seele und Leib und nennt denselben bald Natur (Jak. 3,7; 1. Kor. 15,44a; Röm. 2,14; Gal. 2,15; Jud. 10), bald „lebendige Seele“. (1. Mose 2,7; vgl. 1. Kor. 15,44a)

Diese Natur ist mit einem starken Wollen oder Lebenstrieb ausgestattet. Zu diesem gehören: a) der Selbsterhaltungstrieb, der sich äußert in Hunger, Durst, Verteidigung, Temperaturempfinden u. a. m.,

b) der Geltungstrieb, d. h. der Trieb zu Herrschaft, Besitz und Ehre, und

c) der Genuß- oder Freudetrieb, der sich äußert in Wissensdrang, Bedürfnis nach Gemeinschaft u. a. m.

Von diesem Naturwollen unterscheidet sich und wird ihm gegenübergestellt der bewußte persönliche Wille, der eine Fähigkeit des Geistes und eine Folge der Vernunft ist (1. Kor. 7,37: „der Gewalt hat über seinen eigenen Willen“), also der eigene oder Personwille über dem Naturwillen. (Matth. 26,41b; Joh. 21,18)

Das Naturwollen hat seine Berechtigung (Kol. 2,20 bis 23), kann aber nur dann sich zum Nutzen des Menschen auswirken, wenn es unter einem reinen Willen steht. Da aber auch der Geist des Menschen und damit auch der Wille der Sünde verfallen ist, ist das ausgeschlossen. Auch der beste Wille wird immer entweder dem Selbsterhaltungs-, Geltungs- oder Vergnügungstrieb dienen (Eph. 2,3; 1. Petr. 4,3; 2. Petr. 1,21), und er ist auch durch die Sünde nicht mehr vollständig, sondern zerrissen. (Jes. 57,20) Wille ist Entschlussfähigkeit und Wahlfähigkeit und Zielbewußtheit und Zielstrebigkeit. Der Wille ist die bewußte Bewegung auf ein Ziel hin. Wie eine Linie aus aneinandergereihten Punkten besteht, so besteht der Wille aus aneinandergereihten Entschlüssen. Vor dem Sündenfall war diese Linie ununterbrochen; bei dem gefallenen Menschen aber ist diese Linie zerrüttet und in einzelne Punkte aufgelöst und muß deshalb auch nach der Wiedergeburt gestützt werden. (Ps. 51,12; 112,7.8)

Nach der Wiedergeburt ist der Wille dieselbe, von Gott geschenkte Kraft und Tätigkeit, aber mit anderem Inhalt, und zwar:

a) Selbsterhaltungstrieb für die Ewigkeit (Joh. 14,19; Matth. 10,39),

b) Geltungstrieb für den HErrn (1. Thess. 2,19),

c) Genuß- oder Freudetrieb an himmlischen oder geistlichen Dingen. (1. Kor. 9,25)

Damit begeben wir uns aber hinein in den unumschränkten Willen Gottes und gelangen so erst zur wahren Willensfreiheit. (Eph. 6,6; Ps. 103,21; Matth. 6,10) Die größte Freiheit erlangt der Mensch in der stärksten Gebundenheit an den Willen Gottes, weil er sich in diesem als in einem unumschränkten Raum unumschränkt ausdehnen kann. Sobald unser Wille mit dem Willen Gottes zusammenfällt, ist uns nichts unmöglich. (Joh. 9,31; 1. Joh. 5,14; Mark. 9,23 u. a. m.) Nur so sind die ungewöhnlichen, menschlich unmöglichen Leistungen eines Paulus zu erklären. (Gal. 4,13; 2. Kor. 12,7-10; 2. Kor. 11,20-29; Röm. 15,18.19)

Der Wille des Paulus hatte sich so einsgemacht mit dem Willen Gottes, daß er ganz in demselben aufging und dadurch gerade an Kraft und Umfang gewann. Das kleine „Ich bin, was ich bin“ (1. Kor. 15,10), war hineingestellt in das große unendlich große „Ich bin, der ich bin“. (2. Mose 3,14) So verhielten sich die beiden Willen zueinander wie zwei konzentrische Kreise.

Wille Gottes - Wille des Menschen

Zwei konzentrische Kreise haben zusammen aber nur ein Zentrum. Das Zentrum des Willens Gottes ist Gott Selbst. Gott ist somit aber auch das Zentrum unseres Willens. Das Zentrum treibt den Kreis von innen, und der größere Kreis bewahrt den kleinen von außen, sich unharmonisch auszudehnen. (1. Kor. 9,16; vgl. Apgesch. 16,6.7; Phil. 2,13!!)

Also nicht Vernichtung des Willens, sondern Heiligung, Reinigung und Schulung desselben durch Einfügung in den Willen Gottes, das ist die Absicht Gottes. (2.Chron. 15,15; Esra 1,4; 1. Chron. 28,9; 2. Kor. 8,10; Joh. 7,17) Ein Mensch ohne Selbstbewußtsein ist keine Person, und einer ohne Willen wäre ein Wrack. „Nichts sein, nichts haben, nichts wollen“ ist gefühlsselige Schwärmerei. Nicht das Selbstbewußtsein, sondern der Hochmut soll zerstört werden, nicht der Wille, sondern die Willkür soll verschwinden, nicht der eigene Wille, sondern der Eigenwille soll zerbrochen werden. Im Unterliegen siegen, im Sterben leben, im Verlieren gewinnen, im Verzichten besitzen, im Aufgeben nehmen, im Hinabsteigen sich aufschwingen - das ist größte Entfaltung des Willens. (Matth. 10,39; 16,25; Luk. 9,25; Joh. 12,25; 2. Joh. 8; 1. Thess.

Das beste Beispiel in dieser Willensentfaltung ist der Herr Selbst (Joh. 12,24). Luk. 22,42 lautet auf den ersten Blick fast wie Aufgeben des eigenen Willens. Doch wenn wir näher zusehen, ist es nicht ein Aufgeben, sondern ein Einfügen des eigenen Willens in den Willen des Vaters. In dem „nicht mein Wille geschehe, sondern der deine“ liegt nicht Resignation (Willenlosigkeit), sondern ein heißer Wunsch, der einer brennenden Bitte gleicht. Hier entspann sich der größte Kampf.

Das war nicht Willenlosigkeit,

das war nicht einmal Willfährigkeit,

das war Willigkeit,

das war zielbewußter Wille,

das war äußerste Entfaltung von Willenskraft!

Die größte Persönlichkeits- und Willensentfaltung liegt nicht im Geltendmachen aller Machtmöglichkeiten, nicht in der unbedingten und unumschränkten Selbstentfaltung und Selbstbehauptung, sondern in der bewußten Selbsthingabe. Somit war die größte Niedrigkeit zugleich die größte Macht- und Herrlichkeitsentfaltung Gottes. („Er entäußerte Sich Selbst und nahm Knechtsgestalt an“. Phil. 2,7.)

Wie oft stehen wir vor der Felsenfestung unseres eigenen alten Ichs oder anderer Schwierigkeiten. „Ich kann nicht“, klingt es schließlich kleinlaut nach soundso vielen Niederlagen und Mißerfolgen. „Sie wollen es wahrscheinlich nur halb“, pflegte der große Feldherr Suworow zu solchen Leuten, die keinen Erfolg hatten, zu sagen. „Alles ist möglich dem, der da glaubt“, und: „Dir geschehe, wie du willst!“ klingt es aus dem Munde unseres HErrn und Königs.

Hans Legiehn.

Frage und Antwort

Frage 10

Was bildet die Entrückung des Elias 2. Kön. 2,11 vor?

Antwort

Wir lesen im Worte Gottes von zwei Männern, daß sie von der Erde weggenommen wurden, ohne den Tod zu sehen: Henoch, 1. Mose 5,24, und Elias, 2. Kön. 2,11. In der Wegnahme Henochs wird allgemein ein Vorbild auf die Entrückung der Gemeinde hin gesehen. Diese Annahme wird dadurch gestützt, daß nach dem Bericht über die Wegnahme Henochs dann in 1. Mose 6 und 7 uns über Noah berichtet wird, wie er in der Arche durch die Flut hindurchgerettet wurde, um dann auf der erneuerten Erde deren Segnungen zu genießen, so wie einst nach der Entrückung der Gemeinde der gläubige Überrest durch die große Drangsal hindurchgerettet werden wird, um in das Friedens- und Segensreich Christi einzugehen. Manche sehen auch in der Wegnahme des Elias ein Vorbild auf die Entrückung der Gemeinde hin, was jedoch aus zwei Gründen abzulehnen ist: Erstens erscheint ein solches zweites Bild von der Entrückung der Gemeinde dort, wo wir das Bild finden, gar nicht am Platze - abgesehen davon, daß Gott Sich nicht in solcher Weise wiederholt -, und zweitens sind die Begleitumstände („ein Wagen von Feuer und Rosse von Feuer“ und das Auffahren des Elias „im Sturmwind“), wie auch sonst die ganze Geschichte des Elias, nicht passend zu einem solchen Vorbilde. Aber es gibt eine andere Lösung. Diese finden wir in Offenb. 20,9. Dort ist von Heiligen die Rede, welche am Ende des Tausendjährigen Reiches bzw. am Ende der in den Versen 7-9 beschriebenen, auf das Tausendjährige Reich folgenden „kleinen Zeit“ (s. V. 3, Schluß) auf der Erde sein werden, und von Feuer, welches von Gott aus dem Himmel herniederkommt und die verschlingt, welche gegen die Heiligen heraufgezogen sind. Und in V. 11 lesen wir, daß vor dem Angesicht Dessen, der auf dem „großen weißen Thron“ sitzt, die Erde entflieht und der Himmel und daß „keine

Stätte für sie gefunden wird“. Wenn wir hierzu das in 2. Petri 3,7.10.12 Gesagte heranziehen („Die jetzigen Himmel aber und die Erde sind durch Sein Wort aufbewahrt, für das Feuer behalten auf den Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen“, und: „Es wird aber der Tag des HErrn kommen wie ein Dieb, an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Geräusch, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr werden verbrannt werden“, und: „... indem ihr erwartet und beschleuniget die Ankunft des Tages Gottes, dessentwegen die Himmel, in Feuer geraten, werden aufgelöst und die Elemente im Brande zerschmelzen werden“), so sehen wir, daß das in Offenb. 20,9 und 11 Gesagte der Abschluß Gottes mit dieser Erde und die Erfüllung des in ebenerwähnten Petrus-Versen Gesagten ist: die Auflösung dieser Erde und des dazugehörenden Himmels, um einem neuen Himmel und einer neuen Erde Raum zu machen, wie 2. Petr. 3,13 und Offenb. 21,1 sie ankündigen. Was bei dieser Auflösung dieser Erde mit den obenerwähnten, auf ihr befindlichen Heiligen geschieht, sagt uns das Wort Gottes nicht. Daß sie nicht von dem vom Himmel kommenden Feuer mit verschlungen werden, ist klar. Es bleibt demnach nur übrig, daß Gott sie in einen Zustand verwandelt, der dem Platz entspricht, an welchen Er sie versetzt. Dieser Platz ist nach unserer Überzeugung die neue Erde. (Offenb. 21,1) Und diese Heiligen und die mit ihnen dann geschehende Verwandlung und Versetzung auf die neue Erde sind es, was uns - nach unserer Überzeugung - in dem 2. Kön. 2,11 beschriebenen Auffahren des Elias in den Himmel vorgebildet ist.

Theod. Küttner.

Der Eifer um das Haus des HErrn.

Viel wird hier auf Erden geeifert, und meistens um nichtige, geringfügige Dinge. Für göttliche Dinge ereifert sich kaum jemand. Den Dingen des Hauses Gottes und der Ehre des HErrn steht man oft gleichgültig und unentschieden gegenüber. Wie ganz anders unser hochgelobter HErr! Betrachten wir Ihn, so sehen wir einen Eifer um die Ehre Seines Gottes und Vaters, der Ihn verzehrte.

Joh. 2,13-22 ist hierfür ein leuchtendes Beispiel. Der HErr war nach Jerusalem gekommen, und als Er in den Tempel ging, sah Er dort Dinge, die der Heiligkeit und dem Charakter des Hauses Seines Vaters nicht entsprachen. Konnte Er als Sohn über das Haus Seines Vaters dazu schweigen? Er machte eine Geißel von Stricken und trieb aus dem Hause hinaus alles, was nicht dahin gehörte. Das Haus Seines Vaters war zu einem Kaufhause und, wie andere Evangelisten berichten, zu einer Mördergrube geworden.

Seine Hände hielten jetzt die Geißel des Gerichtes und der Strafe. Diese Hände, die Hungrigen Brot gaben, Kindlein segneten, Kranke und Sterbende erfaßten und ihnen Heil und Leben gaben, reinigten nun das Haus Seines Vaters von den Dingen, die die Menschen in dasselbe hineingetragen hatten.

Es ist beachtenswert, daß der HErr bei diesem Seinem Auftreten von dem Tempel als dem Hause Seines Vaters sprach. Gab es ein stärkeres Zeugnis, daß der Messias - der Sohn Gottes - zu Seinem Tempel gekommen war, so wie Maleachi es geweissagt hatte: „Plötzlich wird zu Seinem Tempel kommen der HErr, den ihr suchet, und der Engel des Bundes, den ihr begehret: Siehe, Er kommt, spricht der HErr der Heerscharen. Wer aber kann den Tag Seines Kommens ertragen, und wer wird bestehen bei Seinem Erscheinen? Denn Er wird wie das Feuer des Schmelzers sein und wie die Lauge der Wäscher.“?

Die Juden forderten deshalb, als Er das Haus Seines Vaters reinigte, als Beweis Seines Rechtes dazu ein Zeichen von Ihm. Der Herr war bereit, ihnen ein Zeichen zu geben, und sprach zu ihnen: „Brechet diesen Tempel ab, und in drei Tagen werde Ich ihn aufrichten.“ Welche göttliche Erhabenheit lag in diesen Worten: „Ich werde ihn in drei Tagen aufrichten!“ Er sprach von dem Tempel Seines Leibes, in welchem die Fülle der Gottheit wohnte. (Kol. 2,9) Er, der in Knechtsgestalt in ihrer Mitte war, war „Gott gepriesen in Ewigkeit“. (Röm. 9,5)

Die Jünger dagegen, als sie sahen, wie Er in heiliger Erregung das Haus Seines Vaters reinigte, gedachten an die Weissagung Davids: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.“

Man möchte fragen: Wie konnten solche Dinge in dem Hause Gottes Eingang finden? Wurden sie auf einmal eingeführt? War es von Anfang so gewesen? Sicherlich nicht. Der Feind sorgte dafür, daß sie nach und nach Eingang fanden, bis man an sie gewöhnt war und sie schließlich als zu Recht bestehend anerkannt wurden. Vielleicht sahen einige Treue mit Schrecken, wie das Haus Gottes durch das, was in dasselbe hineingetragen wurde, allmählich zum Kaufhause herabsank. Wie leicht gewöhnt sich das Auge an gottesdienstliche Formen, Einrichtungen und Gewohnheiten, wenn sie nicht ständig überwacht werden! Der HErr aber - der Sohn über Gottes Haus nahm die Geißel und reinigte das Haus Seines Vaters.

Auch dieses ist uns zur Belehrung und Warnung geschrieben. Ist es dem Feinde nicht schon gelungen, böse Dinge oder falsche Grundsätze in Gottes Haus - Seine Gemeinde - einzuführen, die der Heiligkeit Seines Hauses oder auch der Wahrheit der Einheit Seines Leibes entgegenstehen? Sind wir nicht alle in Gefahr, Dinge inmitten der Gemeinde zu erlauben oder anzuerkennen, die einmal in bester Meinung, vielleicht für besondere Verhältnisse, eingeführt wurden, aber nicht dem Worte und dem Geiste der Schrift entsprachen, dann aber nach und nach zu einem Grundsatz erhoben oder als feststehende Ordnung in der Gemeinde anerkannt wurden?

Es ist eine ernste Frage: Sind wir bereit, alles, was Menschen in Gottes Gemeinde hineingetragen haben, auszukehren? Sicher können wir es nicht in der gleichen Weise tun, wie der HErr es tat, wohl aber dem Geiste nach. Haben wir nicht manchmal auf die von den Vätern überlieferten Gebräuche und Ordnungen mehr Sorgfalt gelegt als auf die Verwirklichung der Wahrheit der Gemeinde als Sein Haus und Seinen Leib?

Laßt uns auch beachten, daß der HErr Sich nicht mit den Dingen draußen, außerhalb des Tempels befaßte, sondern mit den Dingen, die drinnen im Tempel waren und ausgeübt wurden. Dies hat uns in der heutigen Zeit auch etwas zu sagen. Wir sind berufen, den Charakter des Hauses Gottes als den Pfeiler und die Grundfeste der Wahrheit aufrechtzuerhalten und haben deshalb immer wieder nötig, das Licht des Wortes auf die Dinge im Hause Gottes fallen zu

hier.“

Wir mögen damit Mißfallen erregen, ja, selbst Brüder und Freunde verlieren; sträubt man sich doch oft, Irrtümer zuzugeben und sich von ihnen zu lösen, besonders wenn es sich um altgewohnte, liebgewordene Gebräuche und fast heilig gehaltene Dogmen handelt. Der Mensch hängt ja auch an seinen Irrtümern, und man glaubt oft, Rücksicht auf andere nehmen zu müssen. Gewiß, wir sollen unsere Lindigkeit kundwerden lassen allen Menschen, insonderheit denen gegenüber, mit denen wir einen gemeinsamen Pfad gehen. Den Charakter des Hauses Gottes aber zu wahren muß uns mehr sein.

Der erste Timotheusbrief zeigt uns so recht die Treue des HErrn, wie Er in der Zeit Seiner Abwesenheit Sein Haus nicht ohne Aufsicht gelassen hat. Kap. 3,15 sagt der Apostel, daß er dem Timotheus den Brief schreibe, auf daß er wisse, wie er sich verhalten solle im Hause Gottes. Im Anfang des Kapitels finden wir, daß der HErr Männern, die sich in ihren eigenen Häusern bewährt haben, die Sorge und Aufsicht über Sein Haus anvertraut. Unser Gebet sollte sein: „HErr, schenke uns solche Männer und erhalte uns solche, die sich in Deinem Dienst verzehren und für Deine Ehre und das Wohl der Gemeinde eintreten.“

Zum Schluß einen kurzen Hinweis auf zwei Männer, die sich in besonderer Weise durch ihren Eifer um die Ehre ihres Gottes auszeichneten. 4. Mose 25,6-15 wird uns mitgeteilt, wie Pinehas mit Gottes Eifer eiferte und Zucht übte in der Gemeinde Gottes.

Durch den Rat des gottlosen Bileam hatte das Böse in schamloser Weise Eingang in die Gemeinde gefunden. In Vers 6 wird uns berichtet, daß die ganze Gemeinde der Kinder Israel am Eingang des Zeltes der Zusammenkunft über die Sünde in ihrer Mitte weinte. Tränen aber genügten nicht, um die Plage abzuwehren. Pinehas in seinem Eifer nahm die Lanze und tat den Bösen aus ihrer Mitte hinaus. Es wird uns dann weiter berichtet, daß dieser israelitische Mann ein Fürst war, also ein namhafter Mann. Namhafte Männer meinen oft, sich mehr erlauben zu dürfen als andere. Pinehas aber nahm keine Rücksicht auf einen Fürsten in ihrer Mitte. Die Ehre Gottes und das Wohl der Gemeinde waren ihm mehr. Durch diese Tat erwarb er sich ein ewiges

Auch Elia hatte in großer Treue und heiligem Eifer für seinen Gott gestanden. Wir kennen sein wunderbares Leben, das mit seiner Himmelfahrt endete. Aber in einer schwachen Stunde, als er mutlos und verzagt sich unter den Ginsterstrauch legte und später in der Höhle am Horeb blieb, fragte der HErr ihn zweimal: „Was tust du hier, Elia?“ (1. Kön. 19,9.13) Zuvor hatten Elia nie von seinem Eifer gesprochen, jetzt aber spricht er jedesmal von seinem Eifer. Gewiß, er hatte nicht aufgehört, für den Gott der Heerscharen zu eifern, aber jetzt eiferte er um sein Leben und um seine Ehre. Berührt es uns nicht eigentümlich, wenn Knechte Gottes von ihrem Eifer sprechen? Andere mögen davon berichten, aber wenn wir es selbst tun, hat es wenig Wert und zeigt nur unser eigenes Herz. Pinehas sagte nichts von seinem Eifer, aber Gott berichtet davon. Selbst der Herr Jesus sagte nicht, als die Juden den Grund für Sein Tun wissen wollten, daß es der Eifer um das Haus Gottes sei, aber die Jünger gedachten daran, daß geschrieben stand: „Der Eifer um Dein Haus verzehrt Mich.“

Der HErr reiche uns allen Gnade dar, in Seinem Eifer und Seiner Treue unsere Aufgaben und Arbeiten zu vollführen, „denn die, welche wohl gedient haben, erwerben sich eine schöne Stufe und viel Freimütigkeit im Glauben, der in Christo Jesu ist“. Und ihnen gilt: „Also wird euch reichlich dargereicht werden der Eingang in das ewige Reich unseres HErrn und Heilandes Jesus Christus.“ (1. Tim. 3,13; 2. Petr. 1,11)

H. Neumann.

Das Bild des Himmlischen.

(1. Kor. 15)

Jedem aufmerksamen Leser des 1. Korintherbriefes müssen die traurigen Vorkommnisse in der Gemeinde zu Korinth auffallen. Viele aber beachten nicht die Wurzel, aus der sie hervorgingen. Diese Wurzel war kurz ausgedrückt: die Anerkennung des Menschen dem Fleische nach. Diese sah der Apostel, als er den Korinthern schrieb, daß sie fleischlich seien und nach

Von sich und seinem Dienst sagt der Apostel: „Ich hielt nicht dafür, etwas unter euch zu wissen, als nur Jesum Christum, und Ihn als gekreuzigt.“ Damit meinte er nicht, daß er nichts weiter anerkenne als die Wahrheit des Kreuzes Christi, sondern, daß er nichts annehmen wolle, was dieser Wahrheit entgegenstehe.

Für ihn war durch das Kreuz Christi das Mitwirken der Weisheit, Fähigkeit und Güte des Fleisches in den Dingen Gottes ausgeschlossen. Darum wollte er auch in seinem Zeugnis an die Korinther keine überredenden Worte menschlicher Weisheit gebrauchen, sondern sich ganz allein auf die Kraft des Geistes stützen.

Weiter sucht der Apostel in seinem Briefe den Korinthern die wahre Natur der Gemeinschaft zu zeigen, zu der sie berufen waren. Das war nicht nur eine Gemeinschaft auf der Grundlage der Erkenntnis des Sohnes Gottes, Jesu Christi, unseres HErrn, sondern zugleich eine solche, die durch Seinen Tod bedingt war, der alles ausschloß, was vom Fleische herrührte. (Kap. 10) Mit wahrer christlicher Gemeinschaft kann nichts verbunden werden, was der Mensch von Natur ist. Verkündigten sie nicht am Mahle des HErrn Seinen Tod? (Kap. 11) Sie erkannten Den als ihren HErrn an, welcher gestorben war, und wenn sie Seiner im Brechen des Brotes gedachten, so machten sie sich tatsächlich mit Dem eins, der dieser Welt gestorben war.

Aus dem 15. Kap. sehen wir nun, daß diejenigen, deren Erkenntnis in bezug auf den Tod Christi mangelhaft war, gleicherweise eine mangelhafte Erkenntnis in bezug auf Seine Auferstehung hatten. Und finden wir nicht heute noch das gleiche? Beides geht zusammen. Wenn wir verstehen, daß in Christi Tod das ganze Geschlecht Adams, des ersten Menschen, von Gott als gänzlich untauglich dem Gericht übergeben ist, dann begreifen wir die Notwendigkeit einer neuen Art von Menschen durch die Auferstehung.

Die Sadduzäer waren religiöse Leute, die sich auf den menschlichen Verstand verließen und infolgedessen die Lehre von der Auferstehung verwarfen. Ihre an den Heiland gestellte Frage (Matth. 22) zeigte deutlich den verhüllten Gedanken, daß, wenn Auferstehung möglich wäre, sie nur eine Erneuerung des alten Menschen nach dem Fleische sein würde. Ihr Irrtum war groß;

sie kannten weder die Schriften noch die Kraft Gottes.

Die Schriften bezeugten, daß der Mensch seit seiner ersten Sünde dem Tode verfallen und es ihm unmöglich war, durch eigene Gerechtigkeit sich Leben zu erwerben. Gerade die von den Sadduzäern angeführte Verordnung Moses war eine Anerkennung, daß der Mensch dem Tode unterworfen war und deshalb eine Vorsorge für die gesetzmäßige Nachfolge getroffen werden mußte. Und wiederum zeigten die Schriften auch, daß Gott Seinen Namen mit Menschen verband und mit diesen in Beziehung blieb, als sie längst gestorben waren. Wie war das möglich? Allein durch die Kraft Gottes, die fähig war, Menschen von der Gewalt des Todes zu befreien.

Die Auferstehung ist nicht Wiederbelebung. Wenn der Mensch stirbt, so ist das ganze Verhältnis und der Zustand aller Dinge, in denen er lebte, auf immer für ihn beendet. Er wird nie wieder zu den Verhältnissen und dem Wesen zurückkehren, in welchen er lebte. Unser Herr Jesus Christus zeigt uns Joh. 5, daß alle, die in den Gräbern sind, Seine Stimme hören und hervorkommen werden, die das Gute getan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber das Böse verübt haben, zur Auferstehung des Gerichtes. Keiner wird daher seinen alten Zustand wieder annehmen; der eine wird mit Gott im Leben verbunden sein, als durch den Sohn Gottes lebendig gemacht; der andere wird sich Gott gegenüber im Gericht sehen, das den Feuersee zur Folge hat, und dies ist der zweite Tod.

Unser vorliegendes Kapitel spricht von dem zweiten Menschen, der Leben bringt im Gegensatz zu dem ersten Menschen, der den Tod gebracht hat. Es ist von höchster Wichtigkeit, den Gegensatz zwischen diesen beiden Menschen klar zu sehen.

Der erste Mensch, Adam, wurde eine lebendige Seele durch den in seine Nase geblasenen Hauch Gottes. Dadurch war er ein verstandbegabtes Geschöpf, das in bewußter Beziehung zu Gott stand und Ihm verantwortlich war im Gegensatz zu den Tieren, die keinen Verstand haben. Aus Staub gemacht, war er irdisch und deshalb in seinem Wesen passend für die Erde. Auch wenn er nicht gesündigt hätte, würde er nicht für den Himmel passend gewesen sein,

und kam unter das Gericht des Todes und konnte daher nicht auf der Erde bleiben, die für ihn bestimmt war. Seine Nachkommenschaft befindet sich in dem gleichen Zustand, denn „wie der von Staub ist, so sind auch die, welche von Staub sind“. Ihr leiblicher Zustand ist der von Fleisch und Blut, der durch die Sünde dem Tode verfallen ist. Der Apostel bezeugt nun, daß Fleisch und Blut das Reich Gottes nicht ererben können, noch kann die Verwesung die Unverweslichkeit ererben. (1. Kor. 15,50) Darum muß dieser Zustand, in welchem wir jetzt als Nachkommen Adams leben, zu einem vollständigen Ende kommen. Er kann nicht bleiben und kann auch nicht nach dem Tode erneuert werden, kann nicht gereinigt und wiederhergestellt werden, sondern muß zu Ende kommen. So zeigt uns die Schrift den ersten in Sünde gefallenen Menschen, Adam, und sein Geschlecht.

Der letzte Adam jedoch ist ein lebendig machender Geist; Er hat Macht, Leben zu geben. Er ist wesentlich verschieden vom ersten Menschen, Adam: „Der erste Mensch ist von der Erde, von Staub; der zweite Mensch vom Himmel.“ (V. 47) Wenn Er daher die Seinigen lebendig macht, so ist dies ein Leben, das Ihm Selbst entspricht; und darum werden wir himmlische Menschen, wie wir lesen: „Und wie der Himmlische, so auch die Himmlischen.“ Obwohl diese noch auf Erden sind, so bilden sie doch ein neues Geschlecht von Menschen, das in seinem Wesen völlig verschieden von dem Geschlecht des ersten Menschen, Adam, ist.

Unsere Schwierigkeit, dies zu erfassen, liegt zum Teil in unserem gegenwärtigen tatsächlichen Zustand, denn wir tragen noch alles an uns, was wir vom ersten Menschen, Adam, empfangen haben. Während dies noch so ist, haben wir aber den Geist des letzten Adam empfangen. In 1. Kor. 6,17 ist gesagt: „Wer dem HErrn anhängt, ist ein Geist mit Ihm.“ Durch dieses Verbundensein mit Ihm verwerfen und mißbilligen wir die Eigenschaften des gefallenen Adam und bemühen uns, die Eigenschaften Christi durch Seinen Geist zu offenbaren.

So werden wir in das Wesen und Leben des Himmlischen umgestaltet, während wir noch im Fleisch- und Blutzustand sind. Dieser Zustand aber vergeht, und wir werden einst das Bild des Himmlischen tragen. Auch, wenn wir nicht sterben, wird unser gegenwärtiger Zustand aufhören, aber in der wunderbaren Weise, die der Apostel hier als ein Geheimnis bezeichnet. Er

gebraucht diesen Ausdruck, weil das von ihm erwähnte Ereignis nicht zu den Handlungen Gottes gehört, die sich vor den Augen der Menschen vollziehen.

Der Tod steht dem Menschen täglich vor Augen und sollte einen tiefen Eindruck auf ihn machen, denn der Tod bedingt die Auferstehung.

Es gibt jedoch solche, die nicht sterben werden, aber auch diese können das, was sie von Adam empfangen haben, nicht behalten, es muß vergehen; aber es wird von der Kraft des Lebens verschlungen werden, denn dieses Verwesliche muß das Unverwesliche anziehen und ebenso dieses Sterbliche die Unsterblichkeit. Dann wird das Wort erfüllt werden, das geschrieben steht: „Verschlungen ist der Tod in Sieg.“ (V. 54)

A. d. Engl. übers. von A. Brachmann.

Gedanken über unseren Dienst nach 2. Kor. 2-4.

In Kapitel 2-4 des 2. Korintherbriefes zeigt uns der Apostel Paulus verschiedene Seiten unserer Berufung als Diener Gottes, und es ist gut, wenn wir dieselben uns stets vergegenwärtigen und in ihnen leben.

1. In Kapitel 2,15 werden wir ein „Wohlgeruch Christi“ genannt. In unserem alten Leben waren wir das ganze Gegenteil. Da hat unser ganzes Sein den Geruch des ewigen Verderbens an sich getragen, war für Gott ein Abscheu und für unsere Mitmenschen eine Ansteckungsgefahr für die Hölle. Wir waren für die Verdammnis und wirkten für die Verdammnis.

Welch ein Unterschied nun! Das wohlriechende Räucherwerk, das im Alten Bund dargebracht wurde und das Jehova heilig war, hat im Leben und in der Person Jesu Christi seine vollkommene Erfüllung gefunden, und wir, die wir in Ihm sind, sind nun dieser Wohlannehmlichkeit vor Gott und für Gott teilhaftig geworden. Gleichwie die Gegenwart Jesu in ihrer Göttlichkeit die Menschen unbedingt zur Entscheidung führte in ihrer Wahl zwischen Licht und Finsternis, zwischen Tod und Leben, so ist auch unser Leben für die Menschen, mit denen

wir es zu tun haben, von einer unbedingt entscheidenden Bedeutung für ihr ewiges Heil oder ihr ewiges Verderben. Die aus den Gliedern der Gläubigen bestehende Gemeinde ist der Leib Christi (Eph. 1,23), gegenwärtig in der Welt (Joh. 17,18), und Menschen, die es mit uns zu tun haben, haben es auch mit Ihm, dem Haupte, zu tun. (Apgesch. 9,4.5) Die Kraft unseres Wohlgeruches wird sich natürlich nur in dem Maße auswirken können, als wir göttliches Wesen besitzen und offenbaren. Vgl. „Das Salz der Erde.“ (Matth.5,13) Wie bevorrechtet und verantwortungsvoll ist doch unser Leben unter diesem Gesichtspunkte!

2. Kapitel 3,2.3 zeigt uns dann, daß wir „Briefe Christi“ sind, auch „unser“ Brief, sagt Paulus in Vers 2. Das heißt, daß die Menschen in uns das Evangelium lesen und erkennen sollen, und zwar alle Menschen. (V. 2) Das ist etwas Ungeheures. Aber es ist das Wort der Schrift, und wir wollen und dürfen es gar nicht schmälern. Wir erkennen so die Erhabenheit der Stellung und Berufung, zu der wir gebracht sind. Gott rechnet damit, daß das geoffenbarte Wort in uns als lebendig wandelnde Botschaft in das Leben übersetzt wird, daß also unser Wandel das Wort des Lebens darstelle (Phil. 2,16) und so das Wort Gottes von den armen, gehetzten Menschen, die, wie sie meinen, keine Zeit haben, das geschriebene Wort zu lesen, an uns geschaut werde, gleichwie wir im Leben Jesu auf Erden die Herrlichkeit des fleischgewordenen Wortes anschauen. (Joh. 1,14)

Möchte es doch wahrlich allezeit so sein, daß Menschen, die an uns das Evangelium anschauen möchten, nicht zuschanden werden!

3. In Vers 6 im selben Kapitel rühmt der Apostel Gott, daß Er uns tüchtig gemacht hat zu „Dienern des Neuen Bundes“, der nicht ein Dienst des Buchstabens, sondern des Geistes ist. Der Alte Bund war der Dienst des Buchstabens. Im Buchstaben, d. h. im Gesetz, waren die der göttlichen Heiligkeit entsprechenden Forderungen dem Menschen kundgetan. Alles, was göttlich ist, ist von Herrlichkeit durchdrungen und in Herrlichkeit eingetaucht. Aber der Buchstabe ist ohne Leben in sich selbst, gibt nichts, sondern fordert nur, und weil er heilig ist, bringt seine Übertretung die Verdammnis über den Schuldigen. Wenn nun der Dienst der Verdammnis schon Herrlichkeit war, so ist der Dienst des Neuen Bundes der Gerechtigkeit überströmend in

Herrlichkeit, und das ist unser Dienst! Hier ist Erlösung vom Fluch, Vergebung der Schuld, Befreiung von der Knechtschaft, eine neue Schöpfung, geschenkte Gotteskraft anstatt Verdammnis, glückseliges Kindschaftsverhältnis! Das sind die göttlich ewigen Reichtümer, deren Diener wir geworden sind. Da wir eine solche Hoffnung haben, so gebrauchen wir große Freimütigkeit. Mit aufgedecktem Angesicht, den HErrn anschauend, dürfen wir es die Menschen sehen lassen, daß Leben und unvergängliches Wesen nun ans Licht gebracht worden sind.

4. Aber bei all dieser Freude, Herrlichkeit und Würde und bei aller unserer Freimütigkeit bleibt dennoch kein Raum für irgendwelche Verherrlichung oder Schwelgerei des natürlichen Menschen. „Knechte um Jesu willen“ sind wir jetzt. So sagt uns der Apostel in Kap. 4,5. Welch ein scheinbarer Gegensatz und doch welche wunderbare Harmonie! Hier ist keine „geistliche Gewalt“, die über die Gewissen herrscht, keine „Geistlichkeit“, die von den Menschen verehrt zu werden verlangt, keine geistlichen Machthaber, Schriftgelehrten und Pharisäer, die das Wort meistern und sich nicht vor ihm beugen. „Knechte um Jesu willen“ in einem Wandel völliger Lauterkeit (Kap. 2,17), frei von jeglicher Arglist und von schamhaften Dingen. „Knechte um Jesu willen“ in unbedingter Treue zum Worte Gottes in einer Zeit, wo es allen möglichen Angriffen und Listen von allerlei Gegnern und unlauteren Arbeitern ausgesetzt ist. (Kap. 2,17 u. 4,2) „Knechte um Jesu willen“, die den Weg des Lammes gehen, nicht sich dienen lassen, sondern dienen und dem Sterben Jesu am Leibe geweiht zu sein bereit sind. (Kap. 4,8ff.) Welche Höhen und welche Tiefen! Im Leben des vollkommenen Dieners Gottes, Jesu Christi, unseres Vorbildes, sehen wir die höchsten Höhen und die tiefsten Tiefen und die größte Herrlichkeit. Wie weit wird es dem HErrn gelingen, diesen Schatz in dein und mein irdenes Gefäß hineinzulegen, auf daß derselbe in all seiner göttlichen Schönheit offenbar werde, wenn der irdene Krug zerbrochen wird zu Lob und Ehre Dessen, der uns so geliebt hat?!

Fritz Großen (Bulgarien).

„Ziehe nicht hinab nach Ägypten.“

(1. Mose 26,1-6)

Isaak wohnte im Lande Kanaan. Er befand sich am rechten Platze, im Lande der Verheißungen. Doch wie im Leben aller Gläubigen, so kamen auch in seinem Leben Schwierigkeiten und somit Glaubensproben. Es entstand eine Hungersnot, und Isaak zog zunächst zu Abimelech, dem Könige der Philister, nach Gerar, was noch zu Kanaan gehörte. Doch wie wir aus der Schrift annehmen können, neigte sein Herz dazu, auch diesen Platz zu verlassen, um nach Ägypten hinabzuziehen.

So ist unser Herz. Wenn alles glatt geht im Leben, so sind wir gern gewillt, fern von der Welt mit ihrer Lust und ihren Grundsätzen unseren Pilgerpfad im Glauben zu gehen. Doch wenn Schwierigkeiten kommen, dann kommt nur zu leicht die Sorge in unser Herz, und wir fangen an, uns umzusehen nach einem Ausweg. Wir neigen vielleicht unser Ohr zunächst dem Feind. Doch dabei bleibt es nicht. Wir fangen schließlich an, unsere Rettung von der Welt zu suchen, und sind in Gefahr, die Welt wieder liebzugewinnen, also nach Ägypten hinabzuziehen. Alle die kostbaren Verheißungen, die uns für unsere Fremdlingschaft gegeben sind, die sind uns dann entschwunden oder sind an unseren Herzen wirkungslos geworden. Die Worte haben ihre Kraft an uns verloren, weil die natürlichen weltlichen Grundsätze uns erfüllen. Der Unglaube hat uns erfaßt und betört.

Doch unserem HErrn sei Dank, daß Er treu bleibt, auch wenn wir untreu sind oder zur Untreue neigen. Er sieht die Gefahr bei uns, Er sah die Gefahr bei Isaak. Jehova erschien dem Isaak. Er neigte Sich herab zu Seinem Erwählten. Er schenkte ihm eine gnädige Begegnung mit Sich Selbst und gebot ihm: „Ziehe nicht hinab nach Ägypten.“ Welche Gnade, welche Liebe und Treue spricht aus diesen Worten! Es wäre in Wahrheit ein Weg „hinab“ geworden, dieser Weg nach Ägypten. Die Höhen der Gegenwart Gottes hätte er vertauscht gegen die Niederung des natürlichen Menschen. Das Vertrauen auf den starken, allmächtiger Gott hätte Platz gemacht dem Vertrauen auf den Arm des Fleisches. Wohl bedeutet Hungersnot Mangel und Entbehrung. Aber ist Gott nicht mächtig genug, uns auch bei dürftigem Einkommen hindurchzubringen? Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Wir stützen uns nur zu leicht auf den zerbrechlichen Rohrstab Ägypten und nicht auf den Felsen unseres Heils.

Jehova gebot Isaak nicht nur, im Lande Kanaan zu bleiben, Er stärkte ihn auch durch Verheißungen, die Er ihm aufs neue gab. Isaak kannte wohl die Verheißungen, aber sie waren ihm durch Unglauben scheinbar entschwunden. Nun aber wurden sie in ihm neu belebt.

Ähnlich kann es auch uns ergehen. Wir mögen alle die Verheißungen, die uns betreffen, kennen, aber sie sind uns in Tagen des Unglaubens zu wenig Wirklichkeit. Gott aber in Seiner Treue geht uns nach und macht uns Sein Wort wieder lebendig. Er gebietet uns nicht nur: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist“, und stellt uns nicht nur mit allem Ernst vor: „... wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist?“ (1. Joh. 2,15; Jak. 4,4), Er macht auch Seine Verheißungen in uns lebendig. „Denn Er hat gesagt: ‚Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen‘; so daß wir kühn sagen mögen: ‚Der HErr ist mein Helfer, und ich will mich nicht fürchten‘ ...“ (Hebr. 13,5.6)

Von Isaak lesen wir in unserem Wort V. 6: „So blieb Isaak in Gerar.“ Isaak gehorchte. Er ist uns in diesem ein besonderes Vorbild zur Nachahmung. Er harrte aus in der Hungersnot und erfuhr die Durchhilfe seines Gottes. Wir lesen nichts davon, daß Isaak je das Land Kanaan verlassen hat. Der Weg des Gehorsams ist stets gesegnet. Und der Gehorsam ist es wiederum, der uns in der Gemeinschaft mit unserem HErrn erhält. Die Gemeinschaft mit Ihm aber macht unsere Herzen allein glücklich.

Wie schmerzlich ist es, wenn ein Gläubiger die Welt wieder liebgewinnt, dieselbe Welt, die unseren HErrn verworfen hat und heute noch verwirft. Was mochte Paulus empfunden haben, als er schrieb: „Demas hat mich verlassen, da er den jetzigen Zeitlauf liebgewonnen hat.“ (2. Tim. 4,10) Was aber empfindet unser treuer HErr, wenn eines der Seinen abirrt gleich dem Demas.

Möchten wir uns alle bewahren lassen und in der Treue und in der Liebe zu Ihm verharren bis Er kommt oder bis Er uns ruft!

O. Dietrich.

Mehr Freude!

Mehr Freude! Eine Forderung, die oft in unserer Zeit gestellt wird. Ein Ruf aber zugleich, den auch die Gläubigen in rechter Weise beachten sollten. Nur frohe Menschen sind den schweren Aufgaben des Lebens gewachsen; und Christen nur mit wahrer Freude im Herzen vermögen im Glaubenskampf siegreich zu stehen. Wahrhaft freudige Menschen sind eine Ermunterung für ihre Umgebung und wirken anziehend, weil sie naturgemäß auch aufrichtige Freundlichkeit besitzen. Und solche sollten die Gotteskinder sein!

Der Grund ihrer Freude ist für die Gläubigen der HErr, Dessen Liebe sie sowohl genießen als auch ausstrahlen möchten. Und die Quelle, aus der sie diese Freude schöpfen, ist das Wort Gottes, das ihnen den Herrn Jesus offenbart und kostbar macht. Sie kennen wohl alle das Wort aus Nehemia 8,10: „Die Freude an Jehova ist eure Stärke“, und doch ist bei so vielen Gotteskindern oft wenig oder nichts von dieser Freude zu spüren. Gewiß liegt das nicht daran, daß der HErr nicht zu jeder Zeit und unter allen Umständen bereit und in der Lage wäre, uns mit Seinem Segen zu füllen und mit Seinem Nahesein zu erfreuen. Vielmehr ist es unsere eigene Schuld, indem wir nicht genügend die Voraussetzungen und Bedingungen beachten, an die das Empfangen göttlicher Freude geknüpft ist, wie sie uns in dem angeführten Kapitel des Buches Nehemia gezeigt werden.

Mehr als vierzigtausend Kinder Israel (Neh. 7,66) waren unter Esra und Nehemia aus der babylonischen Gefangenschaft zurückgekehrt. Nachdem sie die Mauern Jerusalems wieder aufgebaut und bereits sechs Monate in dem Lande ihrer Väter geweilt hatten, wurde in ihnen der Wunsch lebendig, wieder wie ehedem als Volk Gottes zusammenzukommen und gemeinsam das Wort zu hören. „Und als der siebente Monat herankam, und die Kinder Israel in ihren Städten waren, da versammelte sich das ganze Volk wie ein Mann auf dem Platze, der vor dem Wassertore liegt. Und sie sprachen zu Esra, dem Schriftgelehrten, daß er das Buch des Gesetzes Moses bringen sollte, welches Jehova Israel geboten hatte.“ (Neh. 8,1)

„Das ganze Volk wie ein Mann!“ Darin lag es zunächst begründet, daß die Zurückgekehrten an jenem Tage etwas von der Freude an Jehova erleben durften. Das Bewußtsein der Zusammengehörigkeit stärkt den Glauben, und der Ausdruck der Gemeinschaft erwärmt die Herzen! Daß sie „einmütig“ beisammen waren, ließ die Gläubigen der ersten Christengemeinde ein so lebendiges und fruchtbringendes Zeugnis sein. (Apgesch. 2,46) Wie sollten wir das in bezug auf unser Zusammenkommen beachten!

Wohl mag das Wort, das uns verkündigt wird, dasselbe sein, ob nun alle Gläubigen eines Ortes bzw. einer Gemeinde zusammengekommen sind oder ob nur zwei Drittel, vielleicht sogar noch weniger vereint sind. Beschleicht uns aber nicht ein gewisses Gefühl der Wehmut und Traurigkeit, wenn in unseren Versammlungen oft so viele Plätze leer sind, die gut besetzt sein sollten und könnten? Wirkt dagegen der Dienst unserer Brüder nicht frischer und lebendiger, wird uns nicht das Gehörte gleichsam lieblicher und kostbarer, wenn möglichst keiner fehlt? Kommt dann nicht auch die Wirkung des Wortes nachhaltiger im gegenseitigen Helfen und Dienen zum Ausdruck? Darum ist, wie unser teurer, heimgegangener Br. Johannes Warns einmal sagte, das unbegründete und leichtfertige Versäumen der Versammlung eine Verletzung der Liebespflicht. „Laßt uns aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unser Zusammenkommen nicht versäumen, wie es bei etlichen Sitte ist, sondern einander ermuntern, und das um so mehr, je mehr ihr den Tag herannahen sehet!“ (Hebr. 10,24.25)

Nicht hatte Esra die Kinder Israel zum Hören des Wortes Gottes auffordern müssen, sondern die Israeliten hatten ihn gebeten, aus dem Worte vorzulesen.

Muß es nicht die verantwortlichen und mit dem Worte dienenden Brüder allmählich ermüden und entmutigen, wenn sie immer wieder und schließlich gar noch vergeblich zum fleißigen und regelmäßigen Besuch der Versammlungen anregen müssen? Vielleicht klagen wir darüber, daß ihr Dienst nicht belebender wirkt, und tragen doch selbst die Schuld daran. Wie helfen wir ihnen aber, ihren verantwortungsvollen und oft schweren Dienst zu erleichtern, wenn sie bei uns

dieser Hinsicht ihren Dienst „mit Freuden tun und nicht mit Seufzen“. (Hebr. 13,17) Ob sich dann ihre Freude nicht gar bald auch uns mitteilt?

H. Metzger. (Schluß folgt, s. G. w.)

Für junge Gläubige

Lernet von Mir.

Wir kennen den Herrn Jesus als den Sohn Gottes; wir kennen Ihn aber auch als den wahrhaft vollkommenen Menschen, Dessen Jünger, Dessen Schüler und Nachfolger wir sein dürfen. Bedeutet Sein Tod für uns Errettung und Erlösung, so ist Sein Leben uns Beispiel und Vorbild, dem wir nacheifern sollen, um Ihm ähnlich zu werden.

Auch für unser Verhalten gegenüber unseren Feinen hat der HErr uns Lehre und Beispiel gegeben. „Liebet eure Feinde, segnet die euch fluchen, tut wohl denen, die euch hassen, und betet für die, die euch beleidigen und verfolgen“, so hat Er auf dem Berge gelehrt. (Matth.5,44) Kein Wort widerspricht der menschlichen Natur so sehr wie dieses! Der HErr aber hat es uns vorgelebt. Er konnte von Sich auf die Frage: „Wer bist Du?“ sagen: „Durchaus das, was Ich auch rede.“ (Joh. 8,25) Wandel und Lehre standen bei Ihm in vollkommener, unvergleichlicher Übereinstimmung. Er liebte Seine Feinde und betete für sie, selbst als sie ihren ganzen Haß gegen Ihn offenbarten, wie uns in Luk. 23,33.34 beschrieben wird: „Und als sie an den Ort kamen, der Schädelstätte genannt wird, kreuzigten sie daselbst Ihn und die Übeltäter, den einen zur Rechten, den anderen zur Linken, Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“

Stehen wir einmal einen Augenblick still und vergegenwärtigen uns diese Lage: Sie kreuzigten Ihn! Jesus aber sprach: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Welch ein Gebet! Kein Vorwurf und keine Anklage! Kein Ruf nach Rache und nach göttlichem Gericht! „Vater, vergib ihnen“, das war Seine Antwort Auf die letzte furchtbarste Entfaltung der

menschlichen Bosheit!

Es wäre schon ein Großes gewesen, wenn dieses Gebet den heidnischen Kriegsleuten, den unwissenden Henkersknechten, gegolten hätte. Aber nein, es galt Seinem Volk, denselben, die dem „Hosianna“ so schnell das „Kreuzige Ihn!“ hatten folgen lassen, die Seine vielen Wohltaten mit dem schwärzesten Undank belohnt hatten. Und so wunderbar wie die Fürbitte selbst ist, ebenso wunderbar ist auch ihre Begründung: „... denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Wahrlich, wir hätten anders geurteilt! Wir hätten in gleicher Lage vielleicht nicht nur ihre Schuld genannt, sondern ihr schändliches Handeln ausführlich bezeichnet.

„Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig“, ruft der HErr uns zu. (Matth. 11,23) Wenn Seine Tugenden uns mehr vor Augen stünden, wenn unsere Herzen mehr von Seiner Liebe ergriffen wären, dann wäre auch in unserem praktischen Leben mehr von der Befolgung dieser Seiner Worte zu sehen. Es sollte so sein! „Im Wort, im Werk, in allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen.“ Wie steht es damit bei uns?

Wenn wir vergessen oder vernachlässigt werden, wenn man uns mit Fleiß in die Ecke stellt, und wir beugen uns darunter und geben Gott die Ehre bei solcher Demütigung, dann haben wir schon etwas, vielleicht sogar viel gelernt.

Wenn das Gute, das wir vielleicht getan haben oder zu tun beabsichtigen, verlästert wird, wenn unsere Wünsche durch andere in boshafter Weise durchkreuzt werden, wenn man unserem Geschmack zuwiderhandelt, unseren Rat verschmäht und unsere Ansichten lächerlich macht - und wir tragen alles in Liebe und Geduld, dann handeln wir, wie unser HErr gehandelt hat.

Wenn wir jede Mißstimmung unserer Mitmenschen, jede Unregelmäßigkeit und Unpünktlichkeit von anderer Seite zwar nicht gut heißen, aber ertragen können, ohne uns zu ärgern, dann sind wir langmütig, wie Christus es war.

Wenn wir jede Torheit und Verschrobenheit, jede geistliche Gefühlslosigkeit und jeden Widerspruch von Sündern, auch jede Verfolgung ertragen können, wie der HErr es ertragen

hat, und dabei wahrhaft fürbittend für unsere Widersacher eintreten, dann wohnt die Liebe unseres Herrn Jesus Christus in unseren Herzen.

Möchten wir uns doch alle mehr nach solch praktischer Verwirklichung der Gesinnung Jesu Christi ausstrecken!

Alfred Heinze.

Alle Demütigungen, die uns widerfahren, sind vom HErrn gesandte Hebel, die uns auf dem schmalen Pfade vorwärts bringen sollen. Und jede zugefügte Kränkung soll uns helfen, vom eigenen Ich geheilt zu werden.

M.

 

Wir aber predigen Christum.

Der Apostel Paulus warnt in seinem Brief an die Galater vor denen, die das Evangelium des Christus verkehren wollen. (Gal. 1,7) Nach dieser Seite ist wohl auch die Mahnung des Apostels an Timotheus zu verstehen: „Halte fest das Bild gesunder Lehre.“ (2. Tim. 1,13) So ernste Ermahnungen waren schon in der Zeit der ersten christlichen Gemeinden nötig, weil Satan schon damals sein Zerstörungswerk bei der Verkündigung des Evangeliums begann. Und uns, die wir heute in schweren Zeiten leben (2. Tim. 3,1), möchte dies zur Wachsamkeit und ernsten Prüfung dienen.

Es liegt nahe, wenn man sich nicht unbedingt an die Lehren der Heiligen Schrift gebunden weiß und nicht unerschütterlich an ihnen festhält, das Evangelium dem Zeitgeist entsprechend umzuformen und zu verkehren. Dann mag es manchen Hörern angenehm klingen und auch gut eingehen; aber ein verkehrtes Evangelium kann niemals eine Verkündigung sein, durch die Menschen zum Glauben kommen. (Röm. 10,17) Darum ist es uns, den Gläubigen, überaus wichtig, daß der HErr den Apostel Paulus sagen läßt: „Wir aber predigen Christum als

welcher Christus gepredigt werden soll, wenn überhaupt diese Frage gestellt werden darf. Jedoch wissen wir, daß sie auch in unseren Tagen lebendig ist.

Welche Grundlage der natürliche Mensch für seinen „Glauben“ begehrt, ist im vorhergehenden Vers gezeigt, daß nämlich „Juden“ Zeichen fordern und „Griechen“ Weisheit suchen.

Zu den ersten gehören die Selbstgerechten, denen es an Herzenseinfalt fehlt, die von immerwährendem Zweifel gepeinigt werden und in dauernder Ungewißheit über die göttlichen Dinge dahinleben. Weil sie gern Sicheres sehen und wahrnehmen möchten, fordern sie, daß Gott Sich ihnen in besonders auffälliger Weise offenbaren möge. (Jes. 5,19)

Die „Weisheitssucher“ aber möchten im endlosen Forschen nach letzter Wahrheit ihr Leben erfüllen und nur mit dem Verstande, ohne göttliche Offenbarung, ihr Ziel erreichen.

Solchen „Juden“ oder „Griechen“ muß, wenn sie sich nicht selbst verleugnen lernen, die Predigt vom gekreuzigten Christus ein Ärgernis oder eine Torheit sein.

Die aber an den Herrn Jesus glauben und das Wort Gottes als solches aufgenommen haben (1. Thess. 2,13), wissen, was der HErr am Kreuz von Golgatha für sie getan hat; sie können mit Paulus von „unserem Herrn Jesus Christus“ zeugen, „der Sich Selbst für unsere Sünden hingegeben hat“ (Gal. 1,4); und sie haben, ob sie vorher den „Juden“ oder den „Griechen“ glichen, Christus als „Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ erkannt. (1. Kor. 1,24)

Sind wir so wahrhaft gläubig geworden, dann haben wir erfahren, daß wir in uns selbst schwach sind und der Kraft von oben bedürfen; wir mußten auch erkennen, daß alles Wissen, das sich neben oder gar über Gottes Wort stellt, Torheit bei Gott ist; die Furcht Jehovas aber ist uns zum Anfang der Weisheit geworden (Ps. 111,10) und der gekreuzigte Christus zum einzigen Inhalt unserer Predigt.

Karl Räuber.

sonst ist unsere ganze Gelehrsamkeit gar bald nur noch Einbildung. Und wo könnten wir bessere Herzensbildung empfangen als bei unserem himmlischen Lehrer und Meister?

M.

Frage und Antwort

 

Frage 11

Stimmt die Erklärung „Vater“, welche manche Erklärer und Übersetzer in Hebr. 2,11 dem „von einem“ hinzufügen?

Antwort

M. E. stimmt sie nicht. Die Gründe: Es handelt sich nicht um die Abstammung der Söhne, von denen die Rede ist, sondern um den Ursprung des beiderseitigen durch „heiligen“ Gekennzeichnetseins. Das hat nichts mit einem Vater zu tun; wohl aber mit der Frage: Wo hebt diese Kennzeichnung an, woraus entspringt sie?

Wenn es die Abstammung wäre, dann müßte der Herr Jesus auf dieselbe Weise Mensch sein, wie die Brüder es sind. Das ist aber nicht der Fall. Er ist als Sohn wohl Mensch, dabei aber Gott. Die Brüder sind nur aus Gott geborene Söhne. Darin besteht also keine Gleichheit; noch viel weniger ist es so, daß der Sohn Gottes durch Seine Menschwerdung der sündigen Menschen Bruder geworden wäre.

Es steht da, daß Gott als ein viele Söhne zur Herrlichkeit Führender es Seiner Selbst angemessen fand, den Anführer dieser Schar Söhne durch Leiden vollkommen zu machen. Das meint: fähig für die Führerstellung. Er muß die dazu nötigen Qualitäten praktisch erworben haben. Wie geschah das? Durch Leiden, Leiden auf Seinem einsamen Lebensweg, der seinen

anderen abgesondert, geheiligt (Joh. 17,18), um an ihnen, die in Schwachheit hienieden sind, als treuer, verstehender, barmherziger Hoherpriester das zu tun, was sie der Heiligkeit teilhaftig werden läßt, was sie für die heilige Gegenwart Gottes, für die Herrlichkeit droben, heranbildet.

So ist der beiderseitige Ursprung, der des Heiligers und der der Geheiligtwerdenden, der Tod des Heiligers. So ist es auch klar, daß der Heiliger erst nach Seiner Auferstehung die Kinder, die Ihm Gott, die Menschen, die Ihm der Vater aus der Welt gegeben hat (Joh. 17,6), die nun „Söhne, d. i. Mündige“, werden sollten, Seine „Brüder“ heißen kann, nicht vorher.

Wenn es sich nur um das gewöhnliche Menschsein als von Gott dem Vater her handelte, wäre das „um welcher Ursache willen Er Sich nicht schämt, sie Brüder zu nennen“, völlig sinnlos, weil selbstverständlich. Die Ursache ist aber eine andere, ist die angegebene.

Die in Betracht Kommenden, die Kinder, haben alle von Natur gemein, daß sie Blut in und Fleisch an sich haben. Um ein Anführen von Söhnen, die zur Herrlichkeit geführt werden sollen, werden zu können, mußte Er werden, was sie sind: Mensch mit Blut und Fleisch. Dadurch entstand aber die Brüderschaft noch nicht. Das war nur der Weg, der dazu führte. Die Brüderschaft begann, nachdem Er in den Tod gegangen war und sie, der Theorie nach, dorthinein mitgenommen hatte, um in der Auferstehung, wiederum sie der Theorie nach einbezogen, eine neue Menschheit zu schaffen. In dieser ist nun die Brüderschaft Wirklichkeit in Ihm und in ihnen. Die Stelle aus Ps. 22 und die durch Maria Magdalena den „Brüdern“ zu übermittelnde Botschaft beweisen es.

Ein weiteres: Warum soll „von einem“ durchaus auf das „ein“ menschlichen Geschlechts zurückgehen? Es ist ebensogut sächlichen wie männlichen Geschlechts, im Deutschen und im Griechischen. In Röm.5,16 ist es dasselbe „von einem“; in beiden Stellen eigentlich: „aus einem“, gegen unsere Gewohnheit, im Deutschen „von“ zu sagen. In der Römerstelle ist es nicht schwer, an etwas Sächliches zu denken. Die Elberfelder Übersetzung setzt auch in der Fußnote hinzu: „d. h. von einer Sache oder Handlung“. Man setze das in der Hebräerstelle auch dazu und nehme „aus“ statt „von“, dann ist’s etwas leichter zu verstehen, daß der Schreiber

andere Beispiele: „eines aber“ (tue ich), Phil. 3,14; „dies eine aber sei euch nicht verborgen“, 2. Petr. 3,7; „und die drei sind auf das eine (gerichtet), 1. Joh. 5,8; „Ich und der Vater sind eins“ (nicht einer!), Joh. 11,30; „auf daß Er die zerstreuten Kinder Gottes in eins versammelte“, Joh. 11,52. Was ist das, dies sächliche „eins“? Ein Abstraktum.

Niemand findet eine Schwierigkeit darin. Nun, in Hebr. 2,11 ist's dasselbe abstrakte sächliche „ein“.

Zusammengefaßtes Ergebnis:

Auf dem Boden der Auferstehung sind sowohl der, welcher heiligt, als auch die, welche geheiligt werden, aus einem Entstandensein: als Menschen, die als Söhne zur Herrlichkeit gebracht werden durch Jesus, der sie Brüder nennt und der durch Leiden vollkommen gemachte Anführer ihrer Errettung ist.

Franz Kaupp.

Frage 12

Brauchen unsere Schwestern, weil sie keinen öffentlichen Dienst tun in der Gemeinde, also nicht öffentlich beten oder weissagen, sich darum nicht bedecken? Oder genügt das Haar als Decke? (1. Kor. 11,3-15)

Antwort

Zu dieser Frage finden wir ausführliche Belehrungen in den „Handreichungen“, Bd. 1, S. 148-155, und Bd. 2, S. 218 bis 219. Hier sei folgendes bemerkt:

Zunächst für solche Geschwister, welche obenerwähnte Ausführungen nicht nachlesen können: Das V. 5.6.7 und 13 vorkommende Wort „bedecken“ („unbedeckt“, „bedeckt“, „bedecken“) bedeutet im Urtext „ganz verhüllen“. Dieses „ganz verhüllen“ des Hauptes eines Weibes geschah mittels eines Überwurfes, der über den Kopf gezogen wurde, und drückt die Anerkennung ihrer Stellung des Unterworfenseins dem Manne gegenüber aus. Das sehen wir bei Rebekka, als sie Isaak begegnete: Als der Knecht Abrahams auf ihre Frage, wer der ihnen entgegenwandelnde Mann sei, antwortete: „Das ist mein Herr“, da nahm sie den Schleier (richtiger: Kopfüberwurf) und verhüllte sich. (1. Mose 24,65c) Diese Stellung hat Gott dem Weibe gegeben, weil sie in ihrem Verhältnis zum Manne ein Bild von der Gemeinde, der Mann aber ein Bild von Christo ist. Dieses Bild findet seine vollkommene Darstellung in der Ehe - s. 1. Mose 2,21-24 verb. mit Eph. 5,22-33 -; aber die in diese von Gott hineingelegte Ordnung in bezug auf Mann und Weib zueinander - daß der Mann das Haupt und das Weib ihm unterordnet ist - gilt nicht nur für die Ehe, sondern als Schöpfungsordnung überhaupt, und wenn auch die ungläubige Welt diese Ordnung nicht kennt und nicht anerkennt und dagegen verstößt, sollten doch die Kinder Gottes sie kennen und durch ihr entsprechendes Verhalten anerkennen. Das ist es, was der uns vorliegende Schriftabschnitt uns sagen will, in dem es sich nicht um Mann und Weib in der Ehe, sondern in dem allgemeinen Verhältnis zueinander nach der von Gott ihnen zugedachten vorerwähnten Stellung in Seiner Schöpfung handelt. Und dieses Verhältnis zueinander soll in der Gegenwart Gottes - beim Beten und Weissagen - in dem Unbedecktsein des Mannes und dem Bedecktsein des Weibes Ausdruck finden. Wie schon gesagt, drückt das Bedecktsein des Hauptes hier sinnbildlich das Unterworfensein, das Anerkennen des Unter-einer-Macht-Stehens, aus. Darum soll das Weib „eine Macht auf dem Haupte haben“ (V. 10) als Zeichen ihres Unterworfenseins, während es für den Mann ungeziemend wäre, beim Beten oder Weissagen etwas auf dem Haupte zu haben, da er „Gottes Bild und Herrlichkeit“ ist. (V. 7) „Um der Engel willen“ (V. 10), weil die Engel auf uns achtgeben, ob wir die Ordnung Gottes kennen und uns unter sie stellen. Und wie diese Schöpfungsordnung Gottes nicht aufgehoben ist, sondern heute noch und überall auf der Erde gilt, so gilt auch das in unserer Schriftstelle Gesagte heute noch und für alle Gegenden - solange die Gläubigen hier sind und wo irgend sie sind. Es gilt auch nicht nur für die besonderen Gelegenheiten, wenn wir versammelt sind zum Mahl des HErrn, oder in Gebets- oder sonstigen Stunden der Gemeinde, sondern immer - auch daheim, auch wenn wir allein beten. Das möchten besonders die Schwestern verstehen und beachten bezüglich des Bedeckens ihres Hauptes beim Beten! Die Brüder sind es schon gar

nicht anders gewohnt, als unbedeckten Hauptes zu beten, nicht nur in der Versammlung, sondern immer und überall, sofern es ausführbar ist. Warum nun meinen die Schwestern - d. h. manche, oder doch viele von ihnen -, das nicht tun zu brauchen, was ihnen in dieser Sache gesagt ist, daß sie ihr Haupt bedecken sollen, wenn sie beten?

Nun zu obiger Frage besonders: Da wird der Einwand gebracht, es handele sich doch wohl nur um öffentliches Beten oder Weissagen in der Gemeinde. Aber diese Annahme ist nicht nur unbegründet, da das Wort so etwas nicht sagt oder erkennen läßt, denn erst von V. 17 an wird von dem Zusammenkommen als Gemeinde gesprochen, sondern diese Annahme steht auch im Widerspruch zu dem in Kap. 14 Gesagten, aus dem sich klar ergibt, daß aller öffentliche Dienst nur den Brüdern anvertraut (s. bes. V. 26-32), den Schwestern aber Schweigen in der Gemeinde auferlegt ist. (Siehe V. 34.35)

Mithin ist die Antwort Auf den ersten Teil obiger Frage: Unsere Schwestern sollen ihr Haupt bedecken beim Beten, wenn sie auch nicht öffentlich in der Gemeinde beten oder weissagen.

Zur Frage über die Bedeckung selbst haben wir folgendes zu sagen: Nicht die Bedeckung als solche, sondern der Zweck derselben ist die Sache, um die es sich handelt. Darum handele es sich auch nicht um ein sklavisches Nachahmen einer der morgenländischen Sitte entsprechenden Bedeckung, so daß die Schwestern ihr Haupt „ganz verhüllen“ müßten durch einen diesem Zwecke entsprechenden Überwurf, sondern darum, daß sie etwas auf dem Haupte haben als Zeichen der Anerkennung der ihnen von Gott zugewiesenen Stellung des Unterworfenseins, wie V. 10 sagt, und dieses geschieht an jedem Orte in Anpassung an die dort herrschende Sitte durch die dort für Frauen übliche Kopfbedeckung.

Das mit der angeordneten Kopfbedeckung nicht das Haar gemeint ist, liegt auf der Hand. Erstens schon hätte die Anordnung, daß das Weib ihr Haupt bedecken soll (V. 6 Schluß), überhaupt keinen Sinn, da sie ja schon immer bedeckt ist, wenn das lange Haar gemeint wäre. Und welchen Sinn hätten die Worte V. 6: „Wenn ein Weib nicht bedeckt ist, so werde ihr auch das Haar abgeschnitten“ usw., wenn die Bedeckung das Haar wäre? Das Nichtbedecktsein

könnte ihr dann das Haar abgeschnitten werden? Dann widerspräche das in V. 6 Gesagte sich selbst. Nein, das lange Haar des Weibes ist nicht die hier angeordnete Bedeckung. Was in V. 15 von dem langen Haar des Weibes als „Schleier“ gesagt ist, soll nur zeigen, wie schon von Natur dem Weibe die Stellung des Verborgenseins, der bescheidenen Zurückhaltung, gegeben ist. Das hier mit „Schleier“ übersetzte Wort des Urtextes ist ein mit dem oben behandelten Wort „bedecken“ gar nicht verwandtes Wort, welches den Sinn von „Umwurf“ oder „Gewand“ hat (wie wir es Hebr. 12 übersetzt finden: „... wie ein Gewand wirst Du sie zusammenwickeln“). - Dem sei noch hinzugefügt, daß auch das Halten der Hand auf den Kopf nicht das in unserem Schriftabschnitt angeordnete Bedecken des Hauptes ist.

Th. Küttner.

 

Frage 13

Was bedeutet, von der Gesetzgebung redend, Apgesch. 7,53: „durch Anordnung von Engeln“, Gal. 3,19: „angeordnet durch Engel“, und Hebr. 2,2: „durch Engel geredet“?

Antwort

Die angeführten Worte bedeuten in allen drei Schriftstellen, daß Gott Sich bei der Gesetzgebung der Vermittlung von Engeln bediente. Apgesch. 7,53 sagt Stephanus den im Synedrium Sitzenden, daß sie das Gesetz „durch Anordnung von Engeln“ (eigentlich: „auf Anordnung von Engeln hin“, wie die Fußnote in der Elberfelder Übersetzung sagt) „empfangen“ haben. Das heißt, daß die Übermittlung des Gesetzes (durch Moses) an die Empfänger auf ihre (der Engel) Anordnungen hin geschah - daß sie also bei der Gesetzgebung in der Weise tätig waren, daß sie die von Gott getroffenen Anordnungen übermittelten. Sie handelten als Gottes Diener, als Seine Werkzeuge. Und dasselbe ist es in Gal. 3,19, wo gesagt ist, daß das Gesetz der Verheißung hinzugefügt wurde, „angeordnet durch Engel in der Hand eines Mittlers“, und in Hebr. 2,2, wo wir lesen, daß „das durch Engel geredete Wort fest war“. Immer erscheinen die

Engeldienst im Alten Testament viel und auch im Neuen Testament noch in den Evangelien und in der Apostelgeschichte bis Kap. 12 - und nochmals Kap. 27,23 - und dann wieder in der Offenbarung finden). Engel sind „Täter Seines Wortes, gehorsam der Stimme Seines Wortes“ (Ps. 103,20), „dienstbare Geister“. (Hebr. 1,14) So hat Gott sie auch bei der Gesetzgebung benützt.

Th. Küttner.

Gedicht

Brich herein, süßer Schein

selger Ewigkeit!

Leucht in unser armes Leben,

unsern Füßen Kraft zu geben,

unsrer Seele Freud!

Ewigkeit, in die Zeit

leuchte hell herein,

daß uns werde klein das Kleine

und das Große groß erscheine,

selge Ewigkeit!

*

Gottes Walten im Leben der Menschen.

Das Alte Testament ist das beste Unterrichtsbuch, um die wunderbaren Wege und das Walten Gottes über die Menschen und Völker verstehen zu lernen. Ohne das Licht und den Schlüssel des Alten Testamentes würden wir kaum Sein unsichtbares Walten erkennen können. Von diesem Gesichtspunkte aus möchten wir einige Blicke in das Alte Testament tun.

Als Gott die Macht in die Hände des heidnischen Königs Nebukadnezar legte und seinen Armeen den Sieg über das Volk Israel gab, benutzte Er ihn als Seine Zuchtrute, um das abgefallene Volk zu bestrafen und zurechtzuweisen. Er übersah aber nicht den Stolz und die Gewalttätigkeit derer, die Er als Seine Zuchtrute benutzte. Sie überfielen das Land und zerstörten mutwillig und frevelhaft Leben und Besitztum. Wohl waren sie die Werkzeuge in der Hand Gottes, um Sein halsstarriges Volk zu züchtigen, damit es sich wieder seines Gottes erinnern möchte; aber sie selbst verstanden nicht, daß Gott sie zu Seiner Rute ersehen hatte, und handelten in dem Hochmut und der Härte ihres Herzens.

Gott sieht nicht nur, was die Menschen tun, sondern Er sieht auch, warum und wie sie es tun. Jehu führte einst das Gericht Gottes an dem Hause Ahabs und allen denen aus, die mit Ahab gesündigt hatten. Damit fand auch die Gottlosigkeit Isebels ihre Strafe. Die eigenwillige, selbstsüchtige Härte, in der Jehu Gottes Gericht vollzog, fand aber keine Anerkennung vor Gott. Deshalb wurde dem Propheten Hosea gesagt: „Gib ihm den Namen Jisreel; denn noch um ein kleines, so werde Ich die Blutschuld an dem Hause Jehus heimsuchen und dem Königtum des Hauses Israel ein Ende machen.“ (Hosea 1,4)

Weiter sehen wir, wie Assyrien von Gott als Zuchtrute Seines Zornes gebraucht wurde, das Volk Israel zu züchtigen. Assyrien aber prahlte und brüstete sich gegen Gott, der es erhoben hatte, Seine Rute zu sein, und infolgedessen lesen wir: „Und es wird geschehen, wenn der HErr Sein ganzes Werk an dem Berge Zion und an Jerusalem vollbracht hat, so werde Ich heimsuchen die Frucht der Überhebung des Herzens des Königs von Assyrien und den Stolz der Hoffart seiner Augen.“ (Jes. 10,12)

Und noch ein weiteres lernen wir: Reue und Buße über eine begangene Sünde und eine

demütige Beugung vor Gott wenden nicht immer die strafende Hand Gottes als Folge der Sünde ab. David z. B. beugte sich tief über seine Sünde gegen Uriah, den Hethiter. Das Wort Gottes bezeugt dies klar. Aber für jene schwere und grausame Sünde, die er durch seine hohe Machtstellung ausführen konnte, mußte er schwer und bitter in seiner Familie leiden.

Manasse ist ein anderes Beispiel. Er empfing Vergebung für seine Gottlosigkeit. Juda aber, das zu seiner Sünde beitrug und sich mitschuldig gemacht hatte, mußte die Folgen der Sünden aus der Hand Gottes mit erdulden. Wir lesen 2. Kön. 23,26.27: „Doch kehrte Jehova nicht um von der großen Glut Seines Zornes, womit Sein Zorn wider Juda entbrannt war, wegen all der Reizungen, mit welchen Manasse Ihn gereizt hatte. Und Jehova sprach: Auch Juda will Ich vor Meinem Angesicht hinwegtun, wie Ich Israel hinweggetan habe; und Ich will diese Stadt verwerfen, die Ich erwählt, Jerusalem, und das Haus, von dem Ich gesagt habe: Mein Name soll daselbst sein!“

In dem geheimnisvollen Walten Gottes finden wir, daß die Kinder für die Sünden der Eltern leiden und die Völker für die Sünden ihrer Regenten. Der Mensch mag sich dagegen auflehnen und es als ungerecht bezeichnen, die Tatsache aber bleibt, daß, wenn ein Mensch den ihm von Gott anvertrauten Besitz vergeudet, seinen Körper mißbraucht usw., seine Kinder darunter zu leiden haben, sei es in Mangel, Schwachheit oder dergleichen. Aber welches auch die Leiden als Folgen der Sünden der Väter sein mögen, sie gehen nicht über das zeitliche Leben hinaus.

Die Leiden hier auf Erden sind kurz und vorübergehend. Kein Mensch ist bestimmt, die Strafe des Verlorenseins für die Sünden anderer zu erleiden, sondern nur für die, die er selbst begangen hat. Gott hat einen Weg des Heils für jeden Menschen zum Eingang in eine sündlose Welt ewiger Glückseligkeit geöffnet. Was aber kann ein Mensch, der diesen Weg für sich selbst verwirft, anderes erwarten, als verlorenzugehen? Jeder, der auf Gottes Walten achtet, wird in zahllosen Beispielen bestätigt finden, daß die Ungerechtigkeiten und Sünden des Vaters heimgesucht sind an den Kindern, aber auch, daß Barmherzigkeit erzeigt wird den Nachkommen derer, die Gott lieben und Seine Gebote halten.

war, ein Ende. Nicht nur die Gottlosigkeit Belsazars in der Schändung der heiligen Gefäße fand hier ihr Gericht, sondern zugleich fand auch das Reich in seinem ursprünglichen ersten Glanz sein Ende. Gott hatte Nebukadnezar eine große Macht anvertraut, die er aber zu seiner eigenen Verherrlichung mißbrauchte. Die unergründliche Gnade mochte nach geschehener Beugung seine Sünde wohl vergeben, aber das Reich und die hohe Machtstellung, die Gott ihm anvertraut hatte, ließ Gott nicht über seinen Enkel hinaus bestehen. Gott, der das Ende und den Ausgang aller Dinge von Anfang an kennt und sieht (Jes. 46,10), hatte durch den Propheten Jeremia schon zuvor gesagt, daß Nebukadnezars Reich bis zu seiner dritten Generation bestehen würde. (Jer. 27,7) Und wir sehen hier wieder, daß Gott Sein Wort hält.

Mit wunderbarer Langmut erträgt Gott bis zu einem gewissen Höhepunkt das gottlose und eigenwillige Tun der Menschen, so daß diese oft glauben, Er stehe ihrer Gewalttätigkeit und Gottlosigkeit gleichgültig gegenüber. Gott aber übersah nicht die schreckliche Sünde Nebukadnezars, seine teuflische Abgötterei, seinen Entschluß, jedes treue Zeugnis Jehovas aus seinem Reiche auszurotten, und auch nicht das gottlose Leben seiner Nachfolger. Schon die freche Sünde Belsazars allein war genug, dem Reiche ein Ende zu machen und das Gericht über sein schuldiges Haupt zu bringen.

Die Wege Gottes in Seinem Walten über die Menschen sind wunderbar und auch unerforschlich. Und doch können wir im Nachspüren Seiner Wege sehen, wie alles Tun der Menschen auf der Waage Seiner Heiligkeit genau gewogen wird und jede Schuld ihr gerechtes Gericht empfängt. Wenn wir auch wissen, daß die Heimsuchung der Sünde der Herrscher und Gewalthaber mehr oder weniger von denen mitgetragen wird, die diesen unterstellt sind, so sehen wir doch, daß in dem Regiment Gottes jeder empfängt, was seine Taten wert sind. Gott macht in Seiner gerechten Regierung keinen Unterschied, es sei denn, daß diejenigen, welche Seinen Willen kennen, ein schwereres und strengeres Gericht empfangen als jene, die Ihn nicht kennen. Immer wieder aber müssen wir uns daran erinnern, daß diese strafenden Gerichte der Jetztzeit nicht die Ewigkeit betreffen.

Infolge der Verblendung Rehabeams fielen zehn Stämme von dem einigen Volke Israel ab, und

doch wird uns 1. Kön. 11,11 gesagt, daß es wegen der Sünde Salomos war, und in demselben Kapitel, Vers 33, lesen wir, daß es wegen der Abgötterei des Volkes war. Und im 12. Kapitel finden wir (wie schon gesagt) als Ursache den tyrannischen Geist, in dem Rehabeam dem Volke antwortete, als es ihn um ein milderes Joch bat als das, welches sein Vater ihm auferlegt hatte. Wüßten wir nur das eine, was uns in 1. Kön. 11,11 berichtet wird, so müßten wir folgern, daß alles infolge der Sünde Salomos geschah. Hätten wir nur das, was im 33. Verse gesagt wird, so würden wir annehmen, daß es um der Sünde des Volkes willen war. Und hätten wir nur das, was im 12. Kapitel berichtet wird, so würden wir die Spaltung des Volkes der Gewalt- und Willkürherrschaft Rehabeams zuschreiben. Die Tatsache aber ist, daß die Sünde jedes einzelnen Teiles vollauf genug war, das Unglück herbeizuführen, und damit lag die Verantwortung vor der Tür einer jeden dieser drei Parteien. Obgleich alle diese Fälle uns Gottes regierende und strafende Hand in dieser Welt zeigen, die nicht die Ewigkeit berühren, so wird es doch Fälle geben, die auch erst später ihr Urteil finden, denn: „Von etlichen Menschen sind die Sünden vorher offenbar und gehen voraus zum Gericht, etlichen aber folgen sie auch nach. Desgleichen sind auch die guten Werke vorher offenbar, und die, welche anders sind, können nicht verborgen bleiben.“ (1. Tim. 5,24.25)

Belsazar kannte Gottes Wege mit seinem Großvater Nebukadnezar, und diese Tatsache machte ihn um so mehr verantwortlich. Wem viel gegeben ist, von dem wird viel gefordert werden. Belsazar begann seine Regierung mit einem weit größeren Maß des Lichtes als sein Großvater, und um so schwerer wog deshalb sein gottloses Verhalten. Nebukadnezar hatte nicht eine solche Kenntnis von der Größe und Herrlichkeit des lebendigen Gottes wie Belsazar, er besaß nur das Licht der Schöpfung des Himmels und der Erde und des göttlichen Waltens in derselben. Erst als er die gefangenen Juden in sein Land brachte und mit Daniel und dessen drei Genossen in nähere Berührung kam, lernte er den lebendigen Gott kennen. Belsazar aber waren die Offenbarungen Gottes durch diese Männer des Glaubens nicht verborgen. Ihm war mehr gegeben, und von ihm wurde mehr gefordert. Sein gottloses, frevelhaftes Tun aber bewies, daß die Kenntnis Gottes ohne Nutzen für ihn geblieben war.

Gebraucht aber der Mensch das Licht, das der gnädige Gott ihm zu seinem Heile leuchten läßt?

Welche Wirkung hatten die gewaltigen Taten Gottes auf Israel, die sie in Ägypten, in der Wüste, im Lande erlebten? Wenn nicht die unumschränkte Gnade Gottes im Herzen des Menschen wirkt, wie wir es bei einem Josua und Kaleb sehen, ist das Menschenherz so unempfänglich für Gottes Wirken und für Seine Offenbarungen, als ob sie gar nicht da wären. Es ist so wie in den Tagen, da der Herr Jesus Selbst durch diese Welt ging. „Wiewohl Er aber so viele Zeichen vor ihnen getan hatte, glaubten sie nicht an Ihn.“ (Joh. 12,37) Der HErr gebe uns Gnade, Augen zu haben, um Sein wunderbares Walten zu sehen und zu verstehen!

J. B. - Alb. v. d. Kammer.

Mehr Freude!

(Schluß.)

Von den Israeliten, die unter Esra und Nehemia aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren und zum ersten Male wieder gemeinsam dem Worte Gottes lauschten, werden die besonders erwähnt, „die Verständnis hatten, um zuzuhören“. (Neh. 8,2)

Solches Verständnis hat nichts mit dem Grade unserer Bildung zu tun, auch nichts mit der Menge unseres Wissens. Es hat seinen Sitz nicht im Kopfe, sondern im Herzen. Wer dieses Verständnis besitzt, will das Wort Gottes nicht nur hören, um erbaut und in der Erkenntnis gefördert zu werden, sondern um zu erfahren, was „der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm. 12,2 und Eph. 5,10), und Kraft zu empfangen, ihn auch zu tun.

Viel wird von „Redekunst“ gesprochen. Gläubige aber sollten wenigstens ebensoviel, wenn nicht noch mehr über die „Kunst des Zuhörens“ nachdenken. Für Christen entspricht sie der Bereitwilligkeit, sich vom HErrn durch Seine Knechte mit dem ewig bleibenden Worte Gottes dienen zu lassen. Wer sich in dieser wahrhaft edlen Kunst übt, wird nicht mehr fragen, wie gut oder mangelhaft ein Bruder gesprochen hat, und dadurch des empfangenen Segens verlustig

sein, auf Seine Unterweisungen gehorsam einzugehen.

Und wie das Verständnis des Zuhörens vor falscher und böser Kritiksucht bewahrt, so vertreibt es auch den verderblichen Schlafgeist. Es läßt auch nicht zu, daß wir mit ungeduldigem Wunsch nach der Uhr schielen, die Versammlung möge doch bald zu Ende gehen. Esra las „vom lichten Morgen bis zum Mittag“ (V. 3a), und es ward den Kindern Israel nicht zuviel. Indem sie Verständnis zum Zuhören hatten und so die rechte Aufnahmefähigkeit besaßen, war ihnen zugleich der Gewinn geschenkt, das Gehörte zu verstehen. Zweimal wird das hervorgehoben und das eine Mal sogar als besonderer Grund ihrer Freude angegeben. (V. 8 und 12)

Die Israeliten bewunderten aber nicht etwa den Schriftgelehrten Esra, der ihnen das Wort vorlas und auslegte, sondern „die Ohren des ganzen Volkes waren auf das Buch des Gesetzes gerichtet“. (V. 3b)

Nicht weil Esra sprach, waren ihnen diese Stunden so kostbar; das Wort Gottes, das sie hören durften, hat ihre Freude hervorgerufen. Müssen wir uns nicht darunter beugen, daß wir oft mehr auf die Brüder achten als auf das, was Gott uns sagen will? Wie schnell sind wir einerseits bereit, solche Brüder zu verherrlichen, die eine besondere Art oder eine große Redegabe besitzen. Wenn wir uns dann aber enttäuscht fühlen, weil wir beim Näherkennenlernen ihre Unzulänglichketten und Fehler entdecken, dürfen wir sie nicht in unseren Herzen oder gar bei anderen Gläubigen verklagen, sondern müssen die Schuld uns zuschreiben. Andererseits wagen wir es vielleicht, den einfachen, schlichten Dienst eines weniger begabten, aber treuen Bruders zu mißachten, obwohl Gott uns durch ihn gerade zu zeigen haben mag, was uns fehlt.

Wir wollen lernen, von den Brüdern wegzublicken und auf den HErrn zu hören. Dann werden wir das uns verkündigte Wort mit großer Freude und - vorausgesetzt natürlich, daß es in Lauterkeit und Reinheit mitgeteilt worden ist - als Gottes Wort aufnehmen, wie es hier bei den Israeliten der Fall war und wie es uns von den Thessalonichern berichtet wird. (1. Thess. 1,6.13) Dann halten wir auch keine besondere Einrichtung oder eine künstlich erzeugte Stimmung für nötig, um gesegnet zu werden. Ein einfaches „Gerüst von Holz“ war es, von dem

erster Linie von dem Bruder abhängig, der uns dient; er ist auch nicht gebunden an den Ort und die Umstände unseres Zusammenseins; er wird vielmehr dem Zustand unserer Herzen entsprechen, mit dem wir dem Worte begegnen.

Daß die Kinder Israel damals die rechte Stellung zum Worte Gottes hatten, beweist ihr Verhalten beim Hören des Wortes. Als Esra das Buch öffnete, „stand das ganze Volk auf“ (V. 5b), um damit seine Ehrfurcht vor dem Worte Gottes auszudrücken.

Heute ist dem Volke Gottes diese Ehrfurcht zum großen Teil verlorengegangen. Sie braucht sich zwar nicht unbedingt im äußeren Aufstehn zu bekunden, aber unsere Herzen sollten sich vor dem Worte erheben. Zu unserer Beschämung sei es gesagt, daß wir uns an das Lesen und Hören des Wortes als an etwas Selbstverständliches gewöhnt haben und dadurch oft, um mit ähnlichem Bilde zu sprechen, vor ihm sitzen geblieben sind. Daraus erklärt sich auch, daß wir im Glaubensleben nicht recht vorwärts gekommen, vielleicht sogar in geistlichen Schlaf gefallen sind. Wollen wir uns nicht zukünftig mehr befleißigen, in würdiger Weise, d. h. mit ehrfurchtsvollem Herzen, vor den HErrn hinzutreten, wenn Er, der HErr Himmels und der Erden, durch Sein Wort zu uns reden will? Nur, weil in unseren Reihen vielfach ein unehrerbietiges Verhalten gegenüber dem Worte Gottes vorhanden war, ist es möglich geworden, daß so viele Gläubige ein Gefühl der Sattheit überkommen hat. Wieweit ist es uns überhaupt noch wirklich Ernst damit, von Gott ermahnt, belehrt und gefüllt zu werden?!

Die Israeliten hoben ihre Hände empor (V. 6), um von oben Segen zu empfangen. Kennen wir solch inneres Warten auf Seine Segensfülle? Halten wir auch so unsere Hände vor Gott hin, in dem Bewußtsein, daß wir in uns selbst leer sind und darum Seines Segens bedürfen? Erst wenn wir uns wieder solch inbrünstiges Verlangen nach den Segnungen Seines Wortes schenken lassen, werden wir Ihm gebührend für Sein herrliches Wort danken und uns in Anbetung vor Ihm niederwerfen ob dieses wunderbaren Geschenkes, wie die Israeliten es getan haben. (V. 6b)

Als sie so unter dem Einfluß göttlichen Segens standen, weinte das ganze Volk. (V. 9b) Gewiß

Gleichgültigkeit selbst schuld daran waren, solchen Segen so lange Zeit entbehrt haben zu müssen.

Ach, daß auch wir uns in Demut und aufrichtigem Schmerz darunter beugen möchten, daß wir Gottes Wort bislang so wenig geachtet und darum auch nicht genügend befolgt haben! Dann dürften wir gar bald wieder mehr von seinem herrlichen Reichtum und seiner kostbaren Labsal verspüren; dann würden wir gleichsam wieder „Fettes essen“ und „Süßes trinken“ (V. 10), so oft wir darin forschen oder in ihm unterwiesen werden; dann würde sich wieder bei uns bewahrheiten, daß der Mund überfließt, wenn das Herz gefüllt ist, und wir gingen hin, um Teile zu senden denen, „für die nichts zubereitet ist“. (V. 10) Und wie viele wissen nichts von der Kostbarkeit und Herrlichkeit des Wortes Gottes! Wollen wir ihnen nicht mehr davon sagen und zeugen als bisher?

Wenn Gottes Wort uns wieder zum größten Reichtum wird, werden wir auch wieder schmecken und noch mehr erfahren, daß die Freude am HErrn unsere Stärke ist.

H. Metzger.

Die Einzigartigkeit des Opfers von Morija.

1. Mose 22

Glaube ist Wachstum in Gott hinein. Darum bedarf er einer fortschreitenden Erziehung. Immer mehr muß er vom Irdischen gelöst und ans Himmlische gebunden werden. In diesem Sinne finden sich in Abrahams Leben vier, sich steigernde Proben. Die höchste war die von Morija.

Zuerst war es der Auszug aus Ur, die Trennung von Vaterhaus und Verwandtschaft; das aber heißt, da die Familie von Abram götzendienerisch war (Jos. 24,2): Trennung von der Welt. (1. Mos. 12)

Dann kam die Scheidung von Lot, diesem zwar „Gerechten“ (2. Petr. 2,7.8), aber doch weltlich

Gesinnten. (1. Mos. 13,10-13; 19,1ff.) Das bedeutet: Loslösung von allem Halben und Lauen, also: Trennung von allem Weltförmigen. (1. Mos. 13)

Das Dritte war die Fortsendung von Ismael, diesem Sohn seiner menschlich-eigenen Kraft, also: Scheidung von Seele und Geist (Hebr. 4,12) und Trennung von allen Gedanken und Plänen frommer Selbsthilfe. (1. Mos. 21)

Das Letzte war die Opferung von Isaak, diesem ihm von Gott Selbst geschenkten Samen der Verheißung. Auch die Segnungen, die der Höchste ihm gab, gibt der Glaube dem Geber zurück; also: Trennung auch von den göttlichen Gaben. (1. Mos. 22) Der Anbeter nimmt die Krone, die er von dem König empfangen hat, und legt sie Ihm wieder zurück vor Seinen Thron (Offenb. 4,10.11) und spricht: „Dem Lamme die Segnungen.“ (Vgl. Offenb. 7,12)

Damit aber wird klar, daß der soviel angefeindete Bericht von der Opferung Isaaks nicht etwa nur „irgendein“ Kapitel im Alten Testament ist, auf das unter Umständen verzichtet werden könnte - wie etliche meinen -, sondern der Höhepunkt im Leben des Patriarchen selbst und - da dieser die „Wurzel“ der Erlösungsoffenbarung ist - der prophetisch-symbolische Höhepunkt in dem Verheißungsfundament des Evangeliums überhaupt.

In der Tat, einzigartig ist der Opferbegriff, der gerade hier gelehrt wird. Weit davon entfernt, auf der Stufe der kanaanitisch-phönizischen, semitischen, indischen, aztekischen oder sonstigen Menschenopfer zu stehen, unterscheidet sich das Opfer von Morija von ihnen allen zum mindesten durch einen dreifachen Gegensatz:

Erstens: Die Seele des Opfers. Nicht die Form, sondern das Herz ist die Hauptsache. Abraham hatte Gott Isaak „geopfert“ (Hebr. 11,17) und doch nicht „getötet“. Der äußere Vollzug war sogar geradezu von Gott Selbst verhindert worden! (1. Mos. 22,12.13) Damit aber war der Grundsatz proklamiert: Nicht die äußere Ausführung macht das Opfer zum Opfer, sondern die Gesinnung des Herzens, nicht die Darbringung der „Gabe“, sondern die „Hingabe“ der Seele. Das aber ist ein ganz verinnerlichter und geistiger Opferbegriff, der hier zum allerersten Male in der Heilsgeschichte hervortritt. Gerade für diesen vergeistigten Opfergedanken haben sich

dann später die Propheten des Alten (!) Testaments im Kampf gegen jüdische Veräußerlichung immer wieder mit Geistesmacht eingesetzt. (Jes. 1,10-15; 66,3; Jer. 6,20; Hos. 6,6; Amos 5,21.22; Micha 6,6-8; Ps. 40,7-9)

Zweitens: Der Sieg des Opfers. Nicht der Tod, sondern das Leben ist das Endziel des wahren Opfers. Wohl mußte der Befehl, den einzigen Träger der Verheißung zu opfern, dem Patriarchen zunächst widerspruchsvoll erscheinen. Denn wie sollten nun die Verheißungen Gottes erfüllt werden können, die doch an keinen anderen als nur eben diesen Isaak geknüpft worden waren? (1. Mos. 17,21; 21,12) Hier schien eine Spannung zwischen Befehl Gottes und Treue Gottes vorzuliegen, die geradezu unerträglich war. Dennoch aber blieb - da Gott nimmermehr lügen kann - dem sinnenden Glauben auch hier eine Lösung: Entweder Gott wird Sich an Stelle des zu opfernden Isaak ein Tieropfer ersehen (1. Mos. 22,7.8), oder aber Er wird, falls Er es wirklich bis zur Tötung des Eingeborenen kommen lassen sollte, ihn, den Träger der Verheißung, wieder zum Leben erwecken! (Hebr. 11,19!) Er fordert ein Brandopfer (1. Mos. 22,2.3.6.7.8); Er verlangt unter Umständen, daß der mit dem Messer (Vers 10) geschlachtete Isaak durch das Feuer (Vers 6.7) zu Asche verbrannt wird! Aber um Seiner Treue und Verheißungen willen muß Er dann diesen selben, zu Asche verbrannten Isaak wieder aus dem Tode zum Leben erwecken! Und gerade bis zu diesem letzten Höhepunkt schien es auf Morija kommen zu sollen! (1. Mos. 22,9.10)

Das ist die Glaubenskühnheit Abrahams. So bezeugt es die Schrift. Er urteilte, gerade bei der Opferung seines Sohnes, „daß Gott auch aus den Toten zu erwecken vermöge“! (Hebr. 11,19) Darum sagte er auch beim Hinaufgang zu seinen Knechten: „Wenn wir angebetet haben, so wollen wir (nicht ‚ich‘) wieder zu euch kommen.“ (1. Mos. 22,5)

„Der Glaube versöhnt die Gegensätze“ (Luther), und Abrahams Glaube wurde durch diese Prüfung zum Vorbild auf den neutestamentlichen Auferstehungsglauben geadelt. Bei der Geburt Isaaks war es erst ein „Auferstehungsglaube“ im Sinne von Neubelebung kraftlos „erstorbener“ Naturkräfte gewesen (Röm. 4,17-20); bei der Opferung Isaaks aber war es ein Auferstehungsglaube im Sinne einer unter Umständen buchstäblichen Auferweckung eines

buchstäblich Toten. So gewann der Patriarch „durch die vorauseilende Tätigkeit seines Glaubens die Idee der Auferstehung und in dem wirklichen Ausgang der Opfergeschichte - in der Opferung des Widders an Isaaks Statt - die Idee des wahren Opfers“. Darin aber ist er von neuem ein Vorbild auf unseren Glauben; denn im Opfer des HErrn gehört die Auferstehung unzertrennbar zum Kreuz, und das Leben triumphiert über den Tod. (Röm. 8,34; 5,10; 1. Kor. 15,17-19)

Drittens: Das Ziel aber von Morija ist Golgatha. Nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft gab diesem Opfer seinen allerhöchsten Wert. Deshalb fand es auch gerade auf „Morija“, dem Berge „Gottesschau“, statt (1. Mos. 22,14), also genau ebenda, wo später der Tempel stand (2. Chron. 3,1), wo auf dem Brandopferaltar alle auf Christum hinweisenden Opfer dargebracht wurden und wo in der Todesstunde von Golgatha der Vorhang zwischen dem Heiligen und dem Allerheiligsten zerriß. (Mark. 15,38) Damit aber wird Isaak zum Vorbild auf Christum und Abraham zum Vorbild auf Gott den Vater, und der Höhepunkt im Heilsfundament des Alten Testaments wird zur symbolischen Prophetie auf den Mittelpunkt aller Testamente und Bundesschließungen Gottes, das Kreuz von Golgatha.

So kündet das Opfer von Morija drei große Heilswahrheiten der biblischen Opferidee:

1. Die Geistigkeit des Opfers.

2. Die Auferstehung des Opfers.

3. Die personhafte Erfüllung des Opfers in Christo.

Die letzte aber ist die größte von ihnen allen.

Erich Sauer.

Die Vernichtung des letzten Feindes.

(1. Kor. 15)

Der Tod ist Gottes Gericht über den Menschen; und doch wird er von Gott als ein Feind angesehen, der vernichtet werden muß. Der Tod ist etwas Schreckliches für den Menschen; er nimmt ihn heraus aus allem, womit er seiner Natur nach verbunden ist, und führt ihn in die Ewigkeit, in der er es mit Gott zu tun hat. Was der Tod aber für Gott ist, davon können wir uns wohl kaum eine Idee machen.

Als Gott im Anfang den Menschen bildete, umgab Er ihn mit den reichen Geschenken Seiner Gnade, setzte ihn über die Werke Seiner Hände und segnete ihn. Alles war nach Gottes Wohlgefallen gebildet, und Er ruhte darin.

Dann kam der Versucher. Er verführte den Menschen, seine Untertanenstellung Gott gegenüber aufzugeben. Diese Sünde brachte den Tod als Gottes Gericht über den Menschen. So führte der Satan ein Element in Gottes Schöpfung hinein, das den Gedanken und dem Herzen Gottes vollständig fremd war. Statt daß die Welt eine Stätte friedvollen Genusses Seiner Gnade war, wurde sie ein Gebiet der Sünde, des Todes und der Verwesung. Gott aber wollte die Dinge nicht so lassen; sie sollten dem Willen Gottes Platz machen, wie die Schriften es uns bezeugen. Der Tod kann aber nicht aufgehoben werden, wenn nicht das hinweggetan ist, was ihn hereinbrachte: Das ist die Sünde. Deshalb muß, ehe der Tod hinweggetan werden kann, die Sünde ihre Verurteilung und Beseitigung gefunden haben.

Im Anfang unseres Kapitels wird uns gesagt, daß Christus für unsere Sünden gestorben ist nach den Schriften. In Seinem Tod ist Gottes Gerechtigkeit kundgetan. Wir ersehen daraus, daß Gott die Sünde weder dulden kann noch will. Er richtet sie schonungslos; aber es ist eine ergreifende Tatsache, daß dies im Opfer Christi geschah. Christus starb für unsere Sünden nach den Schriften und wurde begraben. Sein Sterben und Begraben-werden beendete Sein Leben dem Fleische nach auf Erden und war damit nicht nur das Gericht über unsere Sünden, sondern auch der Abschluß unserer Geschichte als Sünder. Christi Opfertod hat die gerechten Forderungen Gottes betreffs der Sünde befriedigt und den Menschen, der gesündigt hat, durch den Tod beseitigt.

Der Apostel schließt daher seine Unterweisung nicht mit dem Tode und dem Begräbnis Christi ab, sondern fährt fort: „Daß Er auferweckt worden ist am dritten Tage nach den Schriften.“ Von Anfang an war dies Gottes Zeugnis. Als Satan durch die Sünde den Tod über den Menschen gebracht hatte, wurde ihm gesagt, daß der Same des Weibes ihm den Kopf zermalmen würde. Das tat der Herr Jesus, als „Er durch den Tod den zunichte machte, der die Macht des Todes hat, das ist den Teufel, und alle die befreite, welche durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren“. (Hebr. 2,14.15) Die Auferstehung Christi ist der Triumph über den Teufel, der die Macht des Todes hat.

Abel, der Gerechte, war der erste Mensch, der nach Gottes Willen starb, Henoch aber wurde entrückt, auf daß er den Tod nicht sehen sollte. Daraus ersehen wir, daß, wenn auch der von Gott als gerecht angesehene Abel starb, Gott doch in Henoch zeigte, daß Er zu Seiner Zeit eingreifen werde, um die Seinigen vom Tode gänzlich zu befreien. Christus ist als der Erstling der Entschlafenen auferstanden. Damit ist der Tod vernichtet und durch das Evangelium Leben und Unverweslichkeit ans Licht gebracht. Obgleich wir als Gläubige uns noch in einer Welt der Sünde befinden und dem Tode, Kummer und Schmerz noch unterworfen sind, können wir doch frohlocken und triumphieren in all dem, was Christi Opfer für uns gewirkt hat.

Obwohl alles dieses bei Gott feststeht, ist die Ausführung desselben noch nicht vollendet. In den Versen 20-28 unseres Kapitels gibt uns der Heilige Geist in großen Zügen einen Überblick, wie Gott alles vollenden wird. Das erste Eingreifen Gottes zur Ausführung Seines Willens fand statt in der Auferstehung Christi als Erstling aus den Toten. Dann folgt die Auferstehung der Gläubigen bei der Ankunft des HErrn, dann Seine Herrschaft, wenn Er jede feindliche Gewalt und Macht Sich unterworfen und hinweggetan hat; alsdann wird Er das Reich Seinem Gott und Vater übergeben, und Gott wird alles in allem sein.

Alles dieses wird uns durch die von Johannes geschauten Gesichte im Buch der Offenbarung bestätigt. Christus regiert mit denen, die an der ersten Auferstehung teilhaben, tausend Jahre. Nachdem werden die gottlosen Toten, deren Namen nicht in dem Buche des Lebens gefunden

20,14) Auch der Tod und der Hades werden in den Feuersee geworfen. Der Feuersee ist das ewige Gericht Gottes, in welchem alles Böse für alle Ewigkeit seinen Platz findet. Wenn vom Tode und vom Hades gesagt wird, daß sie dahineingeworfen werden, so bedeutet das, daß sie nie nach den Gedanken Gottes waren und daher in dem enden, was der Ausdruck Seines Gerichtes und Unwillens ist.

Gottes Wege sind wunderbar, und Sein Gericht über alles, was mit Seinem eigenen Wesen nicht übereinstimmt, ist unabänderlich. Und doch hat Er einen Weg geöffnet für Seine Liebe und ihre Befriedigung. So schrecklich auch Satans Werk war, Gottes Ratschluß konnte dadurch nicht aufgehoben werden. Gottes Gericht über den Menschen ist in Gerechtigkeit vollzogen; und doch hat Er den Menschen für Sich Selbst in einem Zustand wiedergewonnen, der Seinen ewigen Gedanken entspricht. Er hat durch den einen Mann jeden Feind vernichtet und alles wiederhergestellt und zur Herrlichkeit gebracht. Noch steht die Vollendung Seines Ratschlusses bevor. Dann aber wird Gott alles in allem sein und das ganze Universum mit Seiner Herrlichkeit erfüllen.

Übers. a. d. Engl. v. A. Brachmann.

Hiskia.

2. Kön. 18-20; 2. Chron. 29-32; Jes. 36-39

Das eine und andere aus seiner Lebensgeschichte.

Das Leben und der Charakter gewisser Männer, deren Lebensbild in der Schrift gezeichnet ist, gewinnt an Interesse, wenn wir zurückblicken auf der Linie, auf welcher ihr Leben abrollt.

Zweiunddreißig Jahre bevor Hiskia den Thron bestieg, war die Langmut Gottes gegen Juda erschöpft, und das Urteil des HErrn über Juda war dieses: Weil sie wissentlich und mit Willen nicht hören und nicht folgen wollten, sollte sie das ärgste Gericht treffen, das über Menschen

so zu seiner Zeit dem Untergang anheimfallen würden wie der Pharao. Siehe Jes. 6,8-13. Wie ernst dieses Gerichtsurteil zu werten ist und wie es fortwirkte, zeigen alle vier Evangelien und die Apostelgeschichte: Nachdem der HErr das Gleichnis vom Säemann vorgetragen und die Jünger verwundert gefragt hatten, warum Er in Gleichnissen zum Volke rede, führt Er diesen Ausspruch Jesajas an und erläutert: „Weil sie sehend nicht sehen und hörend nicht hören und verstehen; und es wird an ihnen die Weissagung Jesajas erfüllt ...“ (Matth. 13, 10-15) Stärker noch reden Markus und Lukas: „... auf daß sie sehend sehen und nicht wahrnehmen, und hörend hören und nicht verstehen, damit sie sich nicht etwa bekehren und ihnen vergeben werde.“ (Mark. 4,12; Luk. 8,10) Am allerschärfsten drückt sich Johannes aus: „auf daß das Wort Jesajas' erfüllt würde ...“, und „darum konnten sie nicht glauben, weil Jesajas wiederum gesagt hat ...“. (Joh. 12,37-40) Auch Paulus führt den Ausspruch des Propheten den Juden gegenüber an, die er in Rom zu sich in sein Quartier gebeten hatte, um den Grund aufzuzeigen, warum auch sie nicht überzeugt werden konnten aus dem Gesetz Moses und den Propheten, daß Jesus der Messias ist. (Apgesch. 28,25-28)

Die Zeit des Aufschubs nach Erteilung des Gerichtsauftrags an den Propheten mochte noch den einen und anderen frommen König aufweisen; das im Todesjahre des Königs Ussija ausgesprochene Urteil wurde darum nicht widerrufen oder gemildert. Das sittliche Verderben des Volkes, das die zeitgenössischen Propheten Jesaja und Micha in erschütternden Darlegungen malen, blieb, was es war, trotzdem ein Jotham, ein Hiskia, ein Josia persönlich taten, was recht war in den Augen Jehovas, und die beiden letzteren Reformen durchführten, die das Volk äußerlich zur Beobachtung der religiösen Vorschriften zurückführte. Jotham, der Sohn Ussijas, regierte sechzehn Jahre, sein Sohn Ahas ebenfalls sechzehn Jahre. Keiner unter den Königen Judas hatte es so schlimm getrieben wie Ahas; keiner noch hatte wie er „seine Söhne im Feuer verbrannt“. (2. Chron. 28,3) „Alsdann gab ihn Jehova in die Hand des Königs von Syrien ... und auch in die Hand des Königs von Israel ...“ (Vers 5)

Da taucht aber etwas Beachtenswertes auf: Diese beiden Könige führten noch etwas anderes im Schilde: Sie wollten einen fremdstämmigen König auf den Thron Davids setzen, was soviel war, wie die gewissen Gnaden Davids zunichte zu machen, das Kommen des Messias

auszuschalten, die Weissagung Jakobs: „Nicht weichen wird das Zepter von Juda ... bis daß Schilo kommt“, zunichte zu machen. (Siehe 1. Chron. 17,10-14; Jes. 55,3.4 und Apgesch. 13,33-35; 1. Mos. 49,10) Das durfte von dem Herrn Jehova aus „nicht zustande kommen und nicht geschehen “! (Jes. 7,5-7) Aber weil Ahas bei dem König von Assyrien Hilfe suchte, statt sein Vertrauen auf Jehova zu setzen, der Ihn so freundlich dazu einlud (Jes. 7,11), darum wurde ihm kundgetan, daß eben der König von Assyrien zur Zuchtrute für das Königshaus und für das Volk werden würde. (Vers 17ff.)

Um aber vorderhand Jerusalem und Juda doch noch segnen und erhalten zu können, erweckt Gott den Hiskia, den frommen und treuen König, der Ihm, im Gegensatz zu seinem Vater, vertraut. Man erwäge, ob das Wort „erwecken“ richtig angewandt ist oder nicht; sechzehn Jahre lang, von seinem neunten bis zu seinem fünfundzwanzigsten Jahre, sah Hiskia die Greuel mit an, die sein Vater verübte, und wurde doch in allem dessen Gegenteil, und das von dem Augenblick der Übernahme der Regierungsgewalt an. (Siehe 2. Chron. 29,3.17) Ist Hiskia so nicht ein Beispiel von dem Wort in Ps. 33,13-15: „Jehova ... schaut auf alle Bewohner der Erde; Er, der da bildet ihr Herz allesamt ...“, und von dem anderen in Sach. 12,1b: „... Jehova, der den Himmel ausspannt und die Erde gründet und des Menschen Geist in seinem Innern bildet ...“?

Wer hat, mögen wir als Parallele daneben setzen, nach dem vorausgesagten und eingetretenen Niedergang des christlichen Zeugnisses, nach der Überwucherung der Wahrheit durch Menschensatzungen zu Zeiten der Herabwürdigung des Sohnes Gottes zum bloßen Menschen Männer erweckt, welche die Wahrheiten, in bezug auf welche sie selber geübt worden waren, wieder auf den Leuchter stellten: einen Luther in Deutschland, einen Zwingli in der Schweiz, einen Calvin und einen Farel in dem Gebiet der französischen Sprache, vorher schon einen Hus und einen Wiclef, vor hundert Jahren etliche Männer, welche die Wahrheit über Christus und die Ekklesia (Gemeinde) wieder entdeckten und bekanntmachten? Und geschah das nicht, trotzdem schon nach nicht vielen Jahrzehnten des Bestehens der Ekklesia das Gericht über das, was sie unter der Hand des Menschen geworden war, durch den Seher Johannes in den Sendschreiben der Offenbarung ausgesprochen worden war? Jeremia hat diesbezüglich das

treffende Wort geprägt: „Es sind die Gütigkeiten Jehovas, daß wir nicht aufgerieben sind; denn Seine Erbarmungen sind nicht zu Ende; sie sind alle Morgen neu, Seine Treue ist groß.“ (Klagel. 3,22)

Die Wiederherstellung des Gottesdienstes war Hiskias erstes Werk, wie das zweite Buch der Chronika es bezeugt. War es nicht ebenso das Bestreben der Männer, durch die Gott in der Christenheit Erweckungen gab, die Christen dahin zu führen, Gott zu geben, was Ihm gebührt, anstatt es dem Geschöpf zu geben: Priestern, Heiligen oder gar Reliquien, d. i. Götzen? Und jedesmal, wenn die Gnade Gottes das bewirkte, gab es eine Zeit des Segens, wenn auch in Juda das Herz des Volkes im Grunde blieb, wie es war, wie das sich zeigte, sobald ein nachfolgender gottloser König dem Bösen öffentlich Raum machte. Und machten die aufrüttelnden Erweckungszeiten mit ihrem Segen im Bereich der Christenheit nicht jedesmal in der nächst- oder übernächstfolgenden Generation dem alten Gleichgültigsein Platz?

Wie übt die Atmosphäre, aus der der Beste in der Zeit sich nicht herauswinden kann, ihre Wirkung aus!

F. Kaupp (Forts. folgt, s. G. w.).

Gott für uns.

„Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, welcher rechtfertigt; wer ist, der verdamme?“ Dieses Wort Gottes mit dem ganzen Schriftabschnitt (Röm. 8,31-39) ist eines der tröstlichsten und herrlichsten Worte in der ganzen Heiligen Schrift. In diesem Worte verbürgt Sich Gott Selbst für die Sicherheit unserer ewigen Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus.

Wir fragen uns: Ist es möglich, daß wider Gottes Auserwählte Anklage erhoben werden könnte? Anklage zu erheben ist an sich schon möglich, aber die Anklage ist wirkungslos vor Gott. Viele Menschen hätten Ursache, Anklage wider uns zu erheben; denn wir haben viel gesündigt in

Menschen gegen uns Anklage vor Gott erheben würden, so wissen wir: „Gott ist es, welcher rechtfertigt; wer ist, der verdamme?“ Aber nicht nur Menschen könnten etwa unsere Verkläger sein, auch Satan. Er wird sogar in Offenb. 12,10 der Verkläger der Brüder genannt, „der sie Tag und Nacht vor unserem Gott verklagte“. Und wie manche Anklage mag auch wirklichen Grund haben. Aber, Gott sei Dank, „Er ist es, welcher rechtfertigt“. Gott hat uns einmal gerechtfertigt durch den Glauben an das Blut unseres Herrn Jesus Christus (Röm. 3,24.25), und diese unsere Rechtfertigung hält Gott in Seiner Treue aufrecht vor jedem Ankläger. Wir sind geborgen unter dem Schatten des Allmächtigen, geborgen in der Hand unseres Gottes und Vaters, aus welcher uns niemand reißen kann. Das macht unser Herz getrost, ja, jubeln und singen. Mutig dürfen wir in der Gemeinschaft Seines Sohnes unseren Lauf vollenden, und das auch dann, wenn es durch mancherlei Trübsale geht.

Daß Gott für uns ist und uns rechtfertigt, das hat eine göttliche und gerechte Grundlage. Es heißt Röm. 8,34: „Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der Sich auch für uns verwendet.“ Das ist die Grundlage unseres Heils und unserer Sicherheit. Sie liegt nicht in uns, sondern in dem Werke und in der Person unseres Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes. Ihm allein sei Ehre und Dank!

„Christus ist es, der gestorben.“ Der Tod unseres HErrn, Sein für uns vergossenes Blut, das ist die Grundlage unseres Heils. Christus ist für unsere Sünden gestorben nach den Schriften. Um unserer Übertretungen wegen ist Er dahingegeben. „Das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“ (1. Joh. 1,7b) Ohne Blutvergießung ist keine Vergebung möglich. Der Wert des kostbaren Blutes unseres HErrn kann von uns Menschen nicht ermessen werden, nur allein von Gott. Sein Blut macht rein von „jeder“ Sünde. Das Recht des Buchstabengesetzes ist an uns Glaubenden erfüllt. Das Gesetz fordert Strafe und Tod für den Übertreter, und dieser Forderung hat unser HErr stellvertretend entsprochen. Wer könnte somit noch eine Anklage zur Verdammnis vor Gott vorbringen? „Gott ist es, welcher rechtfertigt, wer ist, der verdamme?“

„Ja noch mehr, der auch auferweckt.“ Der HErr ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben

in den Tod „und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden“. (Röm. 4,25) Wäre der Herr Jesus nicht auferweckt worden, so würde uns Gottes Bestätigung zu Seinem Werke fehlen. In der Auferweckung liegt Gottes Beweis der Annahme der Stellvertretung für uns. Die Auferweckung ist der Beweis und das göttliche Siegel für unsere Rechtfertigung vor der ganzen Schöpfung. Jeder Ankläger muß verstummen gegenüber dem Auferstandenen.

„Der auch zur Rechten Gottes ist.“ Sein Werk am Kreuze war getan, Gott hatte das Werk bestätigt in der Auferweckung, Seine Erhöhung aber zur Rechten Gottes, sie ist eine Ehrung ohnegleichen. Seine Himmelfahrt ist ein Triumph vor der ganzen Schöpfung. Als verherrlichter Mensch ist Er zur Rechten Gottes. „Darum hat Gott Ihn auch hoch erhoben und Ihm einen Namen gegeben, der über jeden Namen ist, auf daß in dem Namen Jesu jedes Knie sich beuge, der Himmlischen und Irdischen und Unterirdischen, und jede Zunge bekenne, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ (Phil. 2,9-11) - Wer vermöchte gegenüber dem erhöhten HErrn Anklage erheben gegen Seine Erlösten, deren Namen Er auf Seinem Herzen trägt?

„Der Sich auch für uns verwendet.“ Der HErr befindet Sich nicht nur zur Rechten Gottes, Er verwendet Sich auch für uns. Das ist uns höchste Sicherheit. Er kennt uns. Er weiß um alle unsere Angelegenheiten. Zudem will Er, daß wir unser Herz ganz vor Ihm ausschütten. Materielle Nöte, leibliche oder seelische Nöte, alles dürfen wir Ihm bringen, auch unsere Sünden. Er ist die Sühnung für unsere Sünden. Sein hoherpriesterlicher Dienst gilt mir und dir. Er verwendet Sich für uns, damit wir nach dem Straucheln wieder aufzustehen vermögen. Er verwendet Sich für uns gegen jeden Ankläger. Auch wenn wir leiden um Seines Namens willen, Er steht für uns und stärkt uns, um im Glauben an Ihn auszuharren bis Er kommt oder bis Er uns abruft zu Sich in die Herrlichkeit. Nichts vermag uns zu scheiden von der Liebe Christi, nichts „von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn“. Mit vollkommener göttlicher Sicherheit sind wir geborgen in unseres Gottes Hand. Gepriesen sei Sein herrlicher Name und der Name unseres Herrn Jesus Christus!

So wie Gott in Seinem Worte Sich klar und bestimmt für die Sicherheit Seiner Geliebten

verbürgt, so klar finden wir aber auch viele ernste Ermahnungen in bezug auf unsere persönliche Treue. „Bleibet in Mir! Wandelt die Zeit eurer Fremdlingschaft in Furcht! Vollendet die Heiligkeit in der Furcht Gottes!

Wandelt im Geiste! Schaffet eure eigene Seligkeit mit Furcht und Zittern! Liebt nicht die Welt, noch was in der Welt ist.“ In dieser Weise redet und ermahnt uns Gott in Seinem Worte. Bei aller Heilsgewißheit bleibt auch der Ernst der Verantwortung bestehen.

Die Sicherheit des ewigen Heils ist den Geliebten Gottes verbürgt in der Person des Herrn Jesus und in Gott Selbst. Die Sicherheit gegen Verweltlichung und Sünde ist aber auch abhängig von unserem persönlichen Treue.

- Herr Jesus, o erhalte uns alle in inniger Gemeinschaft mit Dir. Du bist mächtig, uns für Dein himmlisches Reich zu bewahren. Gepriesen sei Dein hoher und heiliger Name! -

O. Dietrich.

Für junge Gläubige

Wie werden wir Väter in Christo?

Paulus schreibt den Thessalonichern, daß sie sich von den Götzenbildern zu Gott bekehrt hatten, „dem lebendigen und wahren Gott zu dienen“ (1. Thess. 1,9b), und Petrus ermahnt die Gläubigen, „dem Willen Gottes zu leben“. (1. Petr. 4,2) Nun gibt es der Dienste gar viele. Eins steht mir aber oft besonders vor meiner Seele: ein Vater in Christo zu werden. Zuchtmeister, zeigt uns das Wort, haben wir genug. (1. Kor. 4,15) Nein, wir brauchen Väter, die ihre reiche Erfahrung mit jenem Wissen gepaart haben, das ihnen aus dem Umgang mit Gott geworden ist. Kindlein oder Jünglinge im Glauben sind noch keine Väter in Christo. Aber sie haben sich dennoch zu Gott bekehrt, um Ihm nun zu dienen. Wie nötig ist es darum, das göttliche Licht der Gegenwart des HErrn stets prüfend auf diesen Dienst fallen zu lassen! Das bedeutet, daß wir

Wie hat der HErr als der Meister doch stets Seine Werkzeuge nach Seinem Willen und Wohlgefallen gebraucht! Wie sind die Großen der Schrift schon manchmal recht früh von Ihm verwendet worden! Aber was finden wir bei ihnen? Furcht vor Gott, Furcht vor sich selbst und Furcht vor dem Auftrag als notwendige Voraussetzung zum gesegneten Dienst.

Denken wir an die Berufung eines Moses! Welches Erleben im feurigen Dornbusch! Wie erschrak er vor der Heiligkeit Gottes! Wie unfähig fühlte er sich, einen solchen Auftrag auszuführen! (2. Mose 3) - Und wie war es bei Jesajas? Erst nachdem er sich von Gott tüchtig gemacht weiß, geht er hin mit Autorität von oben, um zu reden, was Gott ihm befohlen hat. (Jes. 6) - Oder halten wir uns das liebliche Beispiel der Berufung des Propheten Jeremias vor Augen! „Ich bin zu jung!“ war seine Befürchtung, „Ich bin mit dir!“ aber die göttliche Zusage. (Jer. 1,4-10) - Wie mußte auch Paulus einen Timotheus, sein echtes Kind im Glauben, ermuntern, weil auch dieser treue Zeuge des HErrn unter dem Eindruck seiner Jugend litt! (1. Tim. 4,12-16) - Und Paulus selbst, der Gesegnetste von allen, bittet die Gläubigen, für ihn zu beten, daß ihm Freimütigkeit gegeben werde, wie er reden soll.

Ach, daß wir uns mißtrauen möchten, denn wir tragen ein arglistiges Herz in uns, von dem wir mit all seinen Irrungen nur dann befreit sind, wenn wir unser Vertrauen auf die Gnade setzen. Das eine ist zwar klar: Ein Vater in Christo wird keiner, der seine Jugend verträumt. Darum nur heran, wenn der HErr ruft - und Er ruft uns alle -, aber mit Furcht und Zittern, und doch auch wieder mit Freimütigkeit! Das Erste im Blick auf uns selbst, das Zweite im Blick auf Den, der uns zum Dienst tüchtig machen will. Ja, solche Jugend kann mit ihrem heiligen Eifer gesegneten Dienst tun. Wohl ihr, wenn sie die rechten geistlichen Väter zur Seite hat! Sie sollen uns dienen, wir verlangen nach ihrem so wohltuenden Dienst. Wir wollen von ihren Erfahrungen lernen.

In unserer Seele steht das Bild eines rechten Dieners, und wir strecken uns danach aus. Da ist es nötig, daß wir selbst mit uns ins Gericht gehen, sonst werden wir nicht Väter, sondern Zuchtmeister, die wohl ein Wissen, aber nicht das wohltuende, heilende Mitempfinden des Vaters haben. Wie schnell ist in jungen Herzen zerstört, was danach drängt, zur rechten Zeit

Und darin auch wollen wir uns üben, beim Dienst am Wort auf das Leiten des Heiligen Geistes zu achten. Wie oft wird geredet, als ob es nicht das Wort Gottes wäre, mit dem wir es zu tun haben. Wieviel Leichtfertigkeit, und das Gesagte stimmt nicht, es steht nicht so geschrieben! Oberflächlichkeit im Dienst ist sehr gefährlich und hindert uns, Väter in Christo zu werden.

Im Blick auf den Dienst in der Gemeinde werden einmal die Jünglinge erwähnt. (Apgesch. 5,6.10) Da wurden sie bei den äußeren Dienstleistungen gebraucht. Wenn wir nicht willig sind, zuerst im äußeren zu dienen, dann gehen uns sicher auch die inneren Voraussetzungen ab, einmal wirklich im Segen am Wort zu dienen und den Gläubigen als Väter in Christo Hirtendienste zu tun.

Wissen können wir uns aneignen, aber das geistliche Leben muß sich mit entwickeln. Denn nicht dem Alter nach werden wir unbedingt Väter in Christo, sondern gemäß unserer inneren Gesinnung. Darum wollen wir den HErrn bitten, daß sie bei uns eine lautere und aufrichtige werde, auf daß wir zu rechten Vätern in Christo heranwachsen.

Willy Dannert.

Das Reden unseres Mundes.

(Ein ernstes Wort für jung und alt.)

Wer anderen im Glaubensleben dienen will, muß gelernt haben, an sich selbst Zucht zu üben. Am besten aber können wir Selbstzucht lernen, wenn wir unsere Zunge hüten. „Wenn jemand nicht im Worte strauchelt, der ist ein vollkommener Mann, fähig, auch den ganzen Leib zu zügeln.“ (Jak. 3,2)

Niemand wird im Segen das Wort Gottes verkündigen, niemand den Gläubigen ein rechter Hirte und Vater in Christo sein können, der nicht auch im persönlichen und täglichen Leben die Bedeutung und Wirkung seiner Worte mit ernstem Verantwortungsbewußtsein bedenkt. Und

wenn wir als junge Menschen im Werke des HErrn gebraucht werden wollen, dann laßt uns Ihn in besonderer Weise um Weisheit, Gnade und Besonnenheit zu all unserem Reden bitten!

Wieviel Leichtfertigkeit und unnötige Worte kommen doch aus unserem Munde! Müssen wir nicht zutiefst erschrecken, wenn wir daran denken, daß wir einmal Rechenschaft ablegen sollen über jedes unnütze Wort, das wir geredet haben? (Matth. 12,36) Der heidnische Kaiser Aurelius pflegte zu sagen, er ertrage lieber den unangenehmen Geruch faulen Aases als das Anhören einer faulen Rede. Und wie denken wir als Gläubige über unsere oft wertlosen Worte? Witzelei und albernes Geschwätz gehören zu den Dingen, die nach dem Worte Gottes nicht einmal unter uns genannt werden sollen, weil es sich Heiligen also geziemt. (Eph. 5,3 u. 4)

Oder sind wir gar imstande, in leichtfertiger Weise Versprechungen zu geben und dann noch unbekümmert zu bleiben, wenn wir sie nicht einhalten? „Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen“, hat einer unserer Dichter gesagt. Wie manche schmerzliche Enttäuschung und tiefe Bekümmernis mag durch uns in den Herzen anderer hervorgerufen worden sein, weil wir es mit der Erfüllung unserer Versprechungen nicht gewissenhaft, pünktlich und genau genommen haben! Und doch haben wir gerade auf diesem Gebiet Gelegenheit, christlichen Charakter zu beweisen. „Sage mir, wie du deine Versprechen hältst, und ich will dir sagen, wie es mit deinem Christentum steht“, können wir hier in Abwandlung des bekanntem Sprichwortes anwenden. Welches Urteil müßten wir empfangen, wenn uns jemand so prüfen könnte?

Und welch unermeßlichen Schaden vermögen wir anzurichten, wenn wir über unsere Mitmenschen Böses reden und sie verleumden! Ob es aus Unbedachtsamkeit und Schwatzsucht, aus Neid und Mißgunst, im Ärger und Verdruß oder gar in böswilliger Absicht geschieht, ist hinsichtlich der unheilvollen Wirkung dasselbe. Durch Diebstahl wird jemand seiner irdischen Güter beraubt, durch Verleumdung aber um Achtung und Ehre, um Frieden und Glück betrogen, und das ist weit schlimmer! Schon im allgemeinen Leben gilt es mit Recht als besonders verabscheuungswürdig, wenn jemand über seine Angehörigen und Verwandten redet, weil er damit sein eigenes Nest beschmutzt. Wieviel mehr sollten wir Gläubigen

bedenken, daß wir durch böses Reden über unsere Brüder und Schwestern das ganze Volk Gottes treffen, daß wir mithin auch uns selbst schädigen, daß wir dadurch aber vor allem unseren HErrn antasten, Dessen Eigentum die Gläubigen sind! „Leget nun ab alle Bosheit ... und Neid und alles üble Nachreden!“ (1. Petr. 2,1) Wenn wir uns aber selbst jeglicher bösen Rederei enthalten wollen, dann laßt uns auch nicht dulden, daß in unserer Gegenwart irgendwelche Verleumdungen ausgesprochen werden! Augustin hatte auf seinem Tisch, an dem er meist mit seinen Gästen saß, das Wort eingraben lassen:

„Wer denen, die nicht hier, den guten Namen raubt,

dem ist an diesem Tisch das Sitzen nicht erlaubt.“

Mögen diese Ausführungen bei uns allen tiefe Beugung über die Leichtfertigkeit und Untreue in bezug auf unser Reden bewirken und somit dazu dienen, daß manche Schäden in den Reihen der Gläubigen behoben und für die Zukunft vermieden werden. Laßt uns wachsam sein und nur in der Gesinnung Jesu Christi reden!

„Alles, was lieblich ist, alles, was wohllautet ..., dieses erwäget!“ (Phil. 4,8) - „Und alles, was immer ihr tut, im Wort oder im Werk, alles tut im Namen des Herrn Jesus!“ (Kol. 3,17)

H. Metzger.

Frage und Antwort-Teil in nächster Nummer.

Eine freiwillige Prüfung.

„Damit ich nicht etwa vergeblich laufe oder gelaufen wäre.“ (Gal. 2,2)

Die große und endgültige Prüfung oder Bewährung unseres Dienstes als Knechte des HErrn findet vor dem Richterstuhl an dem kommenden Tage statt, wie geschrieben steht: „So wird das Werk eines jeden offenbar werden, denn der Tag (Gerichtstag) wird es klarmachen, weil er

(1. Kor. 3,13) Oder: „Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei Gutes oder Böses.“ (2. Kor. 5,10)

Paulus überprüfte schon vor dem großen Tage des Offenbarwerdens sich und sein Werk im Lichte des Richterstuhles. Er wollte dort nicht erfunden werden als einer, der vergeblich gelaufen wäre. Einer solchen Prüfung unterzog er sich noch, als er schon Jahrzehnte im Dienst des HErrn gestanden hatte.

Als Gottes Gnade ihn berief, Seinen Sohn unter den Nationen zu verkündigen, da handelte es sich für ihn um einen einfachen Gehorsamsschritt. Fest entschlossen, zu tun, was Gott von Ihm verlangte, ging er nicht mit Fleisch und Blut zu Rate. Hier aber, in Gal. 2, handelt es sich um die Frage des gemeinsamen Dienstes an ein und demselben Werke mit anderen zusammen. Obschon Paulus sich gewiß war, nach göttlichem Wollen zu dienen, ging er doch nach Jerusalem hinauf, einer Offenbarung zufolge, um in der Frage seines Dienstes auch die anderen zu hören und ihre Übereinstimmung mit Ihm zu suchen.

Freiwillig stellte er sich einem kleinen Kreis angesehener Bruder. Er erzählt und erklärt ihnen seine Arbeit, wie er das Wort verkündige, wie er Seelen zuerst aus dem Volke Israel und dann hauptsächlich aus den Nationen für den HErrn zu gewinnen suche, wie er als ein weiser Baumeister Gemeinden gründe, in denen der Heilige Geist die Leitung habe, und daß er die Gläubigen aus den Nationen nicht unter das Gesetz Moses stelle.

Mit feinem Takt, bescheiden und vertrauensvoll unterstellt er sich und seine Arbeit der Beurteilung der Brüder. Er behauptet nichts; er legt in Demut alles den Brüdern vor. Sie selbst sollen urteilen über das, was er tut und lehrt. Er will Verständigung im Interesse des Friedens und der Förderung des Werkes.

Wir sehen hieraus, wie sorgfältig Paulus über seine Arbeit an dem ihm anvertrauten Evangelium wachte und daß ihm nichts an seiner Person, aber alles an dem Werke des HErrn lag.

Er hätte sich einer solchen Überprüfung und Aussprache entziehen können mit leichten Ausreden wie z. B.: daß er direkt vom HErrn ausgesandt sei, daß er seinen Weg vor Gott verantworten könne und daß der HErr seinen Dienst auch völlig legitimiert habe, denn überall seien durch seine aufopfernde Arbeit blühende Gemeinden entstanden. Aber er suchte mit Fleiß diesen Austausch mit den Brüdern, um der vollen Gemeinschaft der Apostel in bezug auf seine Arbeit sicher zu sein, damit er nicht etwa vergeblich laufe oder gelaufen wäre.

So sehr er die Übereinstimmung seiner Mitarbeiter schätzte und suchte, überschätzte er sie doch nicht, als sei er dadurch gerechtfertigt. Schreibt er doch selbst: „Mir aber ist es das Geringste, daß ich von euch oder von einem menschlichen Gerichtstage beurteilt werde; ich beurteile mich aber auch selbst nicht. Denn ich bin mir selbst nichts bewußt, aber dadurch bin ich nicht gerechtfertigt.“ (1. Kor. 4,3.4)

Wenn wir dies alles in Betracht ziehen, so bewundern wir noch mehr, daß er als ein alter und erfahrener Diener des HErrn sich freiwillig einer Überprüfung unterstellte, obgleich er für sich selbst überzeugt war, dem Willen des HErrn gemäß seinen Dienst getan zu haben.

Können wir nicht alle, welcher Art auch unsere Aufgaben und Arbeiten im Werke des HErrn sein mögen, hierin etwas von Paulus lernen? Vielleicht vollführen wir unsere Aufgaben und Dienste jahraus, jahrein, und wir denken, daß nichts darin zu verändern oder zu verbessern sei; wir sind uns auch selbst nichts bewußt, aber sind wir deshalb gerechtfertigt? Ältere und geistlich gesinnte Brüder und Schwestern aber bemerken Angewohnheiten, Mängel, Fehler und Hinderndes genug an uns, aber sie sind zu schüchtern, uns etwas darüber zu sagen. Vielleicht haben sie auch schon eine traurige Erfahrung von unserer Empfindlichkeit gemacht, oder sie fühlen, daß ihr treuer Rat nur höflich angehört, aber im eigenen Dünkel von vornherein von uns abgelehnt wird. Sie schweigen deshalb lieber, seufzen weiter und sagen es im Gebet dem HErrn.

Haben wir nicht alle - nicht nur die am Worte oder sonstwie dienenden Brüder - hierin etwas von Paulus zu lernen? Besteht für uns keine Gefahr, vergeblich zu laufen? Paulus will nicht

vergeblich laufen oder gelaufen sein. Freiwillig überprüft er mit geistlich gerichteten, angesehenen Brüdern die die Herzen bewegenden Fragen seines Dienstes. Wenn er uns auffordert, seine Nachahmer zu sein - ist dies, was er hier tut, davon ausgeschlossen? Gibt es über unsere Arbeit oder die Art und Weise unserer Dienste nichts zu prüfen, nichts zu sagen, nichts zu beraten, um diese wirkungsvoller und mehr zur Ehre des HErrn zu gestalten?

Wenn wir auch hierin dem Vorbilde und der Gesinnung Pauli folgen, werden wir sicher keine ungeistliche, scharfe Kritik finden, sondern Brüder, die uns in Liebe und in dem Geiste Christi zu dienen, zu helfen und nicht zu demütigen wünschen.

Meinst du, daß Jakobus, Kephas und Johannes nicht ernst und mitfühlend den Darlegungen Pauli zuhörten? Sie fanden nichts auszusetzen noch einzuwenden, sondern erkannten vielmehr die Gnade, die Paulus gegeben war, und sie gaben ihm und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft. Alles, was diese drei Säulen der Gemeinde in Jerusalem Paulus und Barnabas zu empfehlen hatten, war, daß sie der Armen eingedenk wären, was Paulus auch mit Eifer tat.

Paulus schätzte das Urteil und den Rat seiner Brüder. Haben wir soviel Selbstvertrauen in unsere Fähigkeiten, daß wir den Rat unserer Brüder nicht brauchen? Wenn wir uns im Herzen für klüger, tüchtiger, begabter, charaktervoller als andere halten und mit unseren Leistungen und unserer Tüchtigkeit liebäugeln, dann ist es kein Wunder, wenn wir einen solchen Weg der freiwilligen Überprüfung nicht lieben und uns empören, wenn uns die nackte Wahrheit gesagt wird, daß nämlich andere von unseren vermeinten Vorzügen, in denen wir uns so gern beschauen, nichts bemerken, sondern vielmehr über uns seufzen und uns in Geduld tragen, bis der HErr uns die Augen über uns selbst öffnet.

Wie schon gesagt, alles, was die drei Brüder in dieser Stunde der freiwilligen Überprüfung Paulus zu sagen hatten, war, daß er der Armen eingedenk sein solle. Vielleicht würden auch unsere Brüder uns nur auf persönliche Fehler, Unbeholfenes, Linkisches in der Art des Dienstes aufmerksam machen oder uns den Rat geben, uns nach einer Verkündigung des Wortes des leichtfertigen Redens und Wesens zu enthalten oder uns nach der Versammlung zu bemühen,

Dienst gesegneter wäre und als Gold, Silber und köstliche Steine am Tage des HErrn erfunden werden könnte, wenn wir mehr Eifer und Wert auf das Gebet im Kämmerlein legen möchten als darauf, eine schwungvolle Rede zu halten, oder daß wir das vollendete Werk des HErrn am Kreuze mehr ins rechte Licht stellen und betonen möchten als das, was der Sünder zu tun hat.

Sicher wird eine freiwillige Überprüfung im Lichte des Richterstuhles Christi vor dem großen Tage der Offenbarwerdung uns davor bewahren, daß wir vergeblich laufen oder gelaufen wären. Ein Austausch mit geistlich gerichteten Geschwistern kann uns nur zum Segen sein; denn Brüder und Schwestern sehen besser als wir selbst unsere Mängel und Fehler, die uns oft verborgen bleiben. Schade wäre es, an jenem Tage etwas von unserem Lohne einbüßen zu müssen, weil wir vielleicht einem solchen Überprüfen aus dem Wege gehen.

F. Buttcher.

Auserwählung.

Es ist mir ein besonderes Anliegen, uns mit einem Gegenstand zu beschäftigen, der ein wichtiger Teil der Lehre der Schrift ist, der aber wenig, ja, fast gar nicht beachtet wird. Wir lesen Eph. 1,3-11: „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern in Christo, wie Er uns auserwählt hat in Ihm vor Grundlegung der Welt, daß wir heilig und tadellos seien vor Ihm in Liebe; und uns zuvorbestimmt hat zur Sohnschaft durch Jesum Christum für Sich Selbst nach dem Wohlgefallen Seines Willens, zum Preise der Herrlichkeit Seiner Gnade, worin Er uns begnadigt hat in dem Geliebten, in welchem wir die Erlösung haben durch Sein Blut, die Vergebung der Vergehungen, nach dem Reichtum Seiner Gnade, welche Er gegen uns hat überströmen lassen in aller Weisheit und Einsicht, indem Er uns kundgetan hat das Geheimnis Seines Willens, nach Seinem Wohlgefallen, das Er Sich vorgesetzt hat in Sich Selbst für die Verwaltung der Fülle der Zeiten; alles unter ein Haupt zusammenzubringen in dem Christus, das, was in den Himmeln, und das, was auf der Erde ist, in Ihm, in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben, die wir zuvorbestimmt sind nach dem Vorsatz Dessen, der alles wirkt nach dem

Rate Seines Willens.“ -

Röm. 8,29.30 u. 33: „Denn welche Er zuvorerkannt hat, die hat Er auch zuvorbestimmt, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein, damit Er der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Welche Er aber zuvorbestimmt hat, diese hat Er auch berufen; und welche Er berufen hat, diese hat Er auch gerechtfertigt; welche Er aber gerechtfertigt hat, diese hat Er auch verherrlicht ... Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt; wer ist, der verdamme?“

Mit diesen Worten wird unser ganzes Sein - unsere Errettung mit inbegriffen - und alles, was wir sind, als unwandelbar in Gott Selbst verankert gezeigt.

Sofort, wenn unser Auge, unser Herz für diese gesegnete Tatsache geöffnet ist, kann voll und ganz bezeugt werden: „Ich habe den festen Grund gefunden!“

Wie stimmt sie zu der Verantwortlichkeit des Menschen? Hat Gott Menschen zum Verlorengehen zuvorbestimmt? Hat der Mensch einen freien Willen? Wie konnte Gott Esau hassen und Pharao verhärten? usw. usw.“ finden in dieser Schrift Beantwortung. Zu beziehen von Alb. v. d. Kammer, Klotzsche.

Und wie ungeheuer wichtig ist dieses in bezug auf unsere Lebensfreude und Lebensoffenbarung. Solange wir noch nicht verstanden haben, daß von der Tiefe der hinter uns liegenden Ewigkeit bis in die weite Ferne der sich vor uns ausbreitenden Ewigkeit alles fest lag und liegt in Gott Selbst und in unserem Herrn Jesus Christus, finden sich immer wieder Fragen, die uns Angst machen. Anstatt zu verwirklichen, was wir singen: „Wir ruhn in Dir!“, gibt es jedesmal wieder Fragen, die mit unserer Verantwortung, Treue, Eifer, Hingabe usw. zu tun haben. Mehr oder weniger bewußt machen wir noch manches abhängig von uns selbst.

Wie tief traurig ist es, daß ein großer Teil der Kinder Gottes die herrlichen Unterweisungen des Wortes Gottes in bezug auf die Auserwählung nicht aufnimmt und erfaßt.

Woher kommt das? Gewiß muß die Ursache wohl in der betrüblichen Tatsache zu suchen sein,

daß in manchen Kreisen dasjenige, was Gott den Seinen in bezug auf Seinen Ratschluß geoffenbart hat, mit der Evangeliumspredigt vermischt wird. Dies hat dann zufolge, daß das, was Gott nur für Seine Kinder bestimmt hat, von seinem Platze genommen und dadurch ein Hindernis für die wird, die nichts damit zu tun haben. Und wo dieses geschieht, verwerfen geliebte Kinder Gottes gerade das, was sie mehr als alles bedürfen.

Unsere Verantwortung, Treue, Hingabe usw. kommen nach Gottes Gedanken erst dann zur Geltung, wenn wir verstanden haben, wie unser ganzes Heil, unsere vollkommene Seligkeit und alle die herrlichen Segnungen, die Gott uns hat zuteil werden lassen, auf der Fertigkeit und Sicherheit unserer Stellung in Christo ruhen, in dem wir vor Grundlegung der Welt von Gott auserwählt worden sind.

Sein herrlicher Heilsplan war bis ins kleinste fertig (wenn es uns erlaubt ist, uns so auszudrücken), ehe Er etwas von dem, was Er ins Dasein rief, hervorbrachte.

Will das nun sagen, daß wir auch auf alle Fragen eine Antwort haben? Will es sagen, daß wir alles erklären können? In dieser Frage selbst liegt ja schon das demütige Erkennen, daß dies uns nicht gegeben ist. Wir haben keinen Auftrag, alle schwierigen, dunklen Fragen zu lösen. Wie gut ist das! Der Glaube empfängt und beugt sich nieder in Anbetung. Obwohl ich die Tiefe der Liebe nicht ergründen kann, darf ich doch in ihrem Schoße ruhen.

Ruhen wir darin, dann lösen sich schon manche Schwierigketten - nicht in dem Sinne einer Rechenaufgabe, aber so, daß wir mit Ps. 139,6 ausrufen: „Kenntnis, zu wunderbar für mich, zu hoch: ich vermag sie nicht zu erfassen!“

Die Schrift unterrichtet uns, daß, seitdem die Sünde in die Welt gekommen ist, der Mensch Gott gegenüber tot ist - tot in Vergehungen und Sünden. Derselbe Brief, der uns vergönnt, in die Tiefen des ewigen Ratschlusses Gottes hineinzuschauen, zeigt uns auch die Hoffnungslosigkeit unserer Stellung als aus Adam geborene Menschen. Eph. 2,1 heißt es: „Auch euch, die ihr tot waret in euren Vergehungen und Sünden.“ Das waren die Epheser, ehe sie von neuem geboren waren. Arme, blinde, von Gott entfremdete Heiden. Und von den Juden heißt es im fünften

Verse gleichfalls: „Als auch wir in den Vergehungen tot waren.“ So stehen Juden und Heiden genau auf derselben Stufe. Gleichwie im Römerbrief zuerst die Heiden (die Völker), dann die Juden (das Volk) in ihrer natürlichen Stellung dargestellt werden und es keine Ausnahme gibt, sondern alle (die ganze Menschenwelt) dem Gericht Gottes verfallen sind, so auch hier im Epheserbrief. Von uns, von dem Menschen ist also durchaus nichts zu erwarten. Und hätte der barmherzige Gott nicht eine unzählige Schar zum ewigen Leben auserwählt, es wäre nie auch nur ein einziger Mensch zum Leben gekommen.

Nun aber will der kluge Menschenverstand hier mit seiner Logik Schlußfolgerungen ziehen. Er sagt: „Wenn Gott also welche zuvor erwählt hat, hat Er die anderen zuvor zum Verderben bestimmt.“ Weil das aber gar nicht stimmt mit Seiner Liebe der ganzen Welt gegenüber, wie die Schrift uns dies zeigt, so folgert man: Eine Auserwählung gibt es nicht. Damit schlägt man aber der herrlich geoffenbarten Wahrheit ins Gesicht, denn Gottes Wort sagt unwidersprechlich, daß Er die Seinigen vor Grundlegung der Welt auserwählt hat.

Mein teurer Freund, sei doch nicht so töricht, zu meinen, daß

du Gottes Tun mit deinem kleinen Verstand ermessen kannst. Seine Logik ist eine ganz andere als die unsrige, hoch über unseren Verstand erhaben.

Niemand der Verlorenen wird sich je darauf berufen können, daß er darum verlorengehen mußte, weil er tot war in Vergehungen und Sünden; daß er aber nicht zu den Auserwählten gehört hatte.

Ebensowenig wird aber einer der Erlösten sich rühmen können, daß sein Glaube, sein Ergreifen der Heilsbotschaft, seine Ausdauer oder etwas dergleichen ihm das Heil gebracht und ihn erlöst hätte. Gottes Ratschluß, Gottes Erbarmen, Seine unergründliche Liebe wird in Ewigkeit der Grund unseres Ruhmes sein.

Wir predigen der Welt keine Auserwählung. Kein Apostel, kein Prediger hat je diesen Auftrag bekommen. Wir predigen das volle, freie, herrliche Evangelium allen Menschen; Juden, Heiden,

Namenchristen. Wir rufen es hinaus in alle Welt: „Bekehret euch und glaubt an das Evangelium! Wendet euch zu Mir und werdet gerettet alle ihr Enden der Erde! Kommet her zu Mir alle ihr Mühseligen und Beladenen, und Ich werde euch Ruhe geben.“

Und der HErr gebraucht uns, die Seinigen, zur Verkündigung dieser herrlichen, frohen Botschaft. Welche aber sind es, die sie hören? Es sind die, die sie hören in dem Sinne von Gehorchen - die Gehorsamen also, die der Einladung, dem Befehl folgen. Bist du oder ist jemand auf eigene Faust zum Glauben gekommen? Alle Prediger der frohen Botschaft haben die kostbare Zusicherung von Apgesch. 13,48: „Und es glaubten, so viele ihrer zum ewigen Leben verordnet waren.“ Das ist die Antwort, die alle Prediger frohen Mutes vorwärtsgehen heißt. Sie gibt ihnen die herrliche Versicherung, daß Gott sie gerade zur Erreichung Seiner Absichten benutzt. Und die, welche zum Glauben gekommen sind, treten jetzt in Gottes Ratschluß ein. Sie sind jetzt nicht mehr draußen, sondern drinnen. Jetzt, da sie einen Platz drinnen in Gottes Gemeinde bekommen haben, werden sie als Kinder Gottes durch den Heiligen Geist in Gottes Heilsplan unterwiesen. Der Glaubende, der dem Evangelium, der frohen Botschaft, gehorchte und hineintreten durfte, findet hier: „Auserwählt vor Grundlegung der Welt!“

Jauchzt deine Seele bei dieser kostbaren Tatsache? Oder lehnt sie sich dagegen auf, weil du sie mit deinem Verstand nicht fassen kannst? Und nun möchtest du diese kostbare, herrliche Wahrheit Gottes ablehnen? Armes, törichtes Kind Gottes! Weshalb willst du nicht beide Seiten erfassen? Weil du sie nicht miteinander in Einklang bringen kannst? Es ist nicht deine Aufgabe, das Tun Gottes zu ergründen. Er ruft den Unbekehrten zur Bekehrung, und dieser soll im Glauben das Heil erfassen, das Gott anbieten läßt. Dem Gläubigen aber ruft Er zu, sich zu bekehren von seinen törichten Verstandesüberlegungen und zu glauben, was Gott ihm in Seiner unendlichen Güte über Seine Auserwählung vor Grundlegung der Welt mitgeteilt hat.

Kannst du Gottes Liebe, der Seinen Sohn dahingab, begreifen? Niemals! Du glaubst und jubelst und wirst in Ewigkeit jubeln. Aber glaube nun gleicherweise, ohne es zu verstehen, die andere göttlich herrliche und Seiner würdige Wahrheit, die dir versichert, daß Er schon in der Tiefe der

Ewigkeit dich auserwählt hat, dem Bilde Seines Sohnes gleichförmig zu sein.

Gottes Erwählung ist das erste; dann kommt die Predigt des Evangeliums; dann der Glaube; dann der Wandel - und bald die ewige Herrlichkeit.

M. J. Schreuder.

Hiskia.

2. Kön. 18-20; 2. Chron. 29-32; Jes. 36-39

Das eine und andere aus seiner Lebensgeschichte.

(Fortsetzung.)

In 2. Kön. 18,5-7 wird Hiskia das Zeugnis ausgestellt: „Er vertraute auf Jehova, den Gott Israels; und nach ihm ist seinesgleichen nicht gewesen unter allen Königen von Juda, noch unter denen, die vor ihm waren. Und er hing Jehova an, er wich nicht von Ihm ab; und er beobachtete Seine Gebote, die Jehova dem Mose geboten hatte. Und Jehova war mit ihm; überall, wohin er zog, gelang es ihm. Und er empörte sich gegen den König von Assyrien und diente ihm nicht.“ Mit Recht nicht! Sollte der König auf dem Throne Jehovas einem anderen König dienen?

Und doch vernehmen wir, daß sein Glaube eine kurze Zeit Schiffbruch litt; und der Einbruch des Königs von Assyrien erscheint als der Beginn des Gerichts, das seinem Vater angekündigt worden war. (Jes.7,17) Denn daß nach 2. Chron. 28,20 „Thiglath-Pileser, der König von Assyrien, wider Ahas kam und ihn bedrängte, und ihn nicht stärkte“, ist erst ein schwacher Auftakt zu den Gerichtsworten Jesajas. Nach 2. Kön. 16,9 kam Thiglath-Pileser dem Ahas tatsächlich gegen Rezin von Damaskus zu Hilfe. Beim Heraufziehen Sanheribs gegen Hiskia war es nicht so, daß „Jehova mit ihm war und es ihm ... gelang“, wenn der Assyrer das ganze Land brandschatzen und Hiskia in Jerusalem wie in einen Käfig einschließen konnte.

Und wieder drängt sich ein Vergleich auf: Die Atmosphäre, die durch den Niedergang und das angekündigte Gericht geschaffen worden ist, umgibt auch uns, umgab die treuen Männer, durch welche Gott Belebungen gab, und verursachte bei den einen und anderen nach viel Glaube und Treue momentanes Versagen in diesem und jenem Stück.

David machte auch Fehler, beging Sünden, aber durch seine Aufrichtigkeit blieb er „der Mann nach dem Herzen Gottes“, und kein Gerichtsausspruch verhängte Strafe über ihn und sein Haus. Darum kann gesagt werden, daß die Atmosphäre, in der er lebte, eine andere, bessere war. War nicht so die Atmosphäre, in welcher die Ekklesia in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens lebte, eine andere, bessere, trotz vorkommender Sünden, die an denen persönlich geahndet wurden, die sie begingen (wie David das auch erfuhr), als diejenige ist, in der die Ekklesia lebt, seit der dem Johannes in verzehrender Heiligkeit erscheinende Sohn des Menschen das Gerichtsurteil über die Versammlungen ausgesprochen hat? (Offenb. 2 u. 3) Sowohl bei Jesaja, Kap. 6 wie bei Johannes, Offenb. 1, ist es dieselbe Persönlichkeit, welche die Gerichtsandrohungen ausspricht. (Siehe Joh. 12,41)

Es ist nicht zu verkennen: Was an Schwierigkeiten seither kam und kommt, ist sowohl Gerichtseinleitung als Erprobung: Je nachdem wir wachsam, treu, fest sind oder nicht, können wir dem Hiskia des 2. Buches der Könige, Kap. 18 u. 19 gleichen, der strauchelt und wieder zurechtkommt, oder dem Hiskia des 2. Buches der Chronika, Kap. 32, der die Prüfung besteht.

In den Büchern der Chronika nämlich wird durchweg das in den Vordergrund gerückt, was die Gnade im Hinblick auf die Erscheinung des wahren David wirkte. Und so erscheint in 2. Chron. 32 das Hereinbrechen des Königs von Assyrien als eine Prüfung des Vertrauens in Jehova, das Hiskia bisher an den Tag gelegt hatte. Und dieweil sein momentanes Versagen mit Stillschweigen übergangen wird, erscheint er als einer, der im Verein mit Jesajas Fürbitte siegreich aus der Prüfung hervorgeht. Auf jeden Fall sei es uns eine Mahnung, wachsam und nüchtern zu sein zum Gebet. Denn noch einmal: Die religiöse und politische Atmosphäre, in der wir leben, ist eine andere als zur Zeit des anfänglichen Bestehens der Gemeinde, der Ekklesia,

göttliche Gerichtsfunke dareinfahre und die ganze Atmosphäre in Flammen setze.

Die schon gezogenen Vergleiche rufen noch einen auf den Plan: Das Verhältnis der Könige Judas zu Jehova wird gewertet nach dem Verhältnis, in dem David zu Jehova stand, der durch seine Lebensführungen und -erfahrungen zu solcher Hingabe an Jehova herangebildet wurde, daß die Gefühle seines Herzens sich in dem Ausruf Luft machten: „Ich liebe Dich, Jehova, meine Stärke!“ (Ps. 18,1) Etwas Ähnliches zeigt uns die Ekklesia in dem ersten Stadium ihres Verhältnisses zu Christus und die nachfolgenden Zustände, verglichen mit dem ersten Stadium. „Wie sein Vater David“, „auf den früheren Wegen seines Vaters David“, „nach allem, was sein Vater David getan hatte“, heißt es bei der Anerkennung des Tuns eines Asa, eines Josaphat, eines Hiskia und noch einmal über Josia. Entsprechend ist in dem Sendschreiben an Ephesus die vorhanden

gewesene erste Liebe das Normalmaß, an dem der weiterhin gewordene Zustand bewertet wird.

Konnte aber beim allergünstigsten Vergleich mit David das Tun der Besten unter den Königen Judas dasselbe sein wie das eines David? Wir müssen sagen: nein. Und müssen hinzufügen: Es sind eben doch auch die Umstände und Zeitläufte, die einen Menschen in das und das Verhältnis zu Gott bringen. Es mußte die Zeit und es mußten die Zeitumstände eines Eli, Samuel, Saul sein, daß Gott einen David finden und erwecken konnte, den er so heranbildete, daß in ihm die denkbar größte Hingabe an Jehova, seinen Gott, entstand, daß diese Hingabe und Liebe sich zu dem Gelübde verdichtete: Ich will mir keine Ruhe gönnen, bis ich eine Stätte für Jehova und die Lade seiner Stärke gefunden habe. Das konnte und brauchte keiner seiner Nachfahren mehr zu tun. Aber unter den vorhandenen Umständen treu sein und in dem Geiste Davids das tun, was erforderlich war, nämlich zurückkehren zu den Anordnungen Davids und Moses, das konnten sie tun, sofern die rechte Herzenseinstellung wie bei David vorhanden war. Und bei Hiskia war sie vorhanden. Mochten zehn Stämme abgetrennt sein; mochte Hiskias herzliches Werben um das Herz des Volkes Ablehnung erfahren: zu tun „nach, d. i. gemäß allem, was sein Vater David getan hatte“, dazu blieb ihm der Weg offen.

Ist in der Ekklesia seit Ephesus' Tagen nicht auch so der Weg offen zu tun „nach, d. i. gemäß dem“, was die erste Liebe tat, wenn auch die Umstände und die Zeitläufte in ein Stadium getreten sind, das von dem der Zeit Ephesus' verschieden ist? „Gedenke nun, wovon du gefallen bist, und tue Buße und tue die ersten Werke“: Siehe, wie Hiskia in den Umständen, die er vorfand, nach der Kraft, die er hatte, diesem Worte entsprechend handelte! (2. Chron. 29,3-36) Und verlangt der HErr in den Tagen nach Ephesus, wo die Kraft klein ist, mehr, als getan werden kann?

Mehr als Liebe und Treue? Siehe die Antwort im Sendschreiben an Philadelphia! Die Liebe der letzten Tage kann handeln wie die Liebe der ersten Tage, wenn sie auch das nicht mehr vorfindet, was in den Tagen der ersten Liebe war. Sie unterscheidet klaren Blickes den Niedergang, wie Hiskia ihn unterschied. Das Volk von damals war und das von heute ist auseinandergefallen; während es bei David, und bei Ephesus zuerst, ein Neubeginn und Aufstieg war. Aber der Liebe ist das Handeln im Bereiche des Möglichen gewährleistet: „Der den Schlüssel des David hat, öffnet, und niemand wird schließen.“

F. Kaupp.

(Forts. folgt, s. G. w.!)

Entrückt werden zum HErrn hin.

„Denn der HErr Selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen; danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft; und also werden wir allezeit bei dem HErrn sein. So ermuntert nun einander mit diesen Worten.“ (1. Thess. 4,16-18.)

Das nächste große Ereignis für den Himmel und für die Gemeinde auf Erden ist das Herniederkommen des HErrn vom Himmel und die Entrückung der Gemeinde. Der HErr weilt

seit dem Tage der Himmelfahrt zur Rechten Gottes. Dort verwendet Er Sich für die Seinen, die noch in der Welt, aber nicht von der Welt sind. Es steht jetzt die Stunde vor der Tür, wo Er den Platz zur Rechten Gottes verläßt, um Seiner Gemeinde entgegen zu gehen und sie heimzuholen, d. i. die Brautgemeinde, die Ihm von dem Vater gegeben ist.

Er kommt hernieder vom Himmel. Wir lesen nicht, daß Er bei diesem Kommen die Erde betritt. Er bleibt in den Luftregionen; denn wir werden Ihm entgegengerückt werden in die Luft. - Wunderbares Ereignis! Der HErr steht auf vom Throne Gottes und kommt Seiner Brautgemeinde entgegen. Er hat sie geliebt und Sich Selbst für sie hingegeben am Kreuze. Er hat sie Sich erkauft mit Seinem Blute. Er hat sie geheiligt, „sie reinigend durch die Waschung mit Wasser durch das Wort, auf daß Er die Versammlung Sich Selbst verherrlicht darstellte“. (Eph. 5,26.27)

Der HErr Selbst kommt hernieder „mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes“. Was wird das für ein wunderbarer Zuruf sein! Welche gewaltige Stimme wird die Stimme eines Erzengels und welch gewaltiger Weckruf der Ton der Posaune Gottes sein! Alle Heiligen werden erreicht werden. Hinter diesem gewaltigen Rufen Gottes aber steht zugleich Seine Allmacht. Er gebietet mit Kraft, und es steht da.

Wir staunen, wenn wir an die Erschaffung der Welt denken. Welche Macht Gottes war dabei doch wirksam! - Wenn wir aber an den Tag der Auferstehung der Entschlafenen und an die Verwandlung der Erlösten denken, was beides in einem Augenblick geschieht, so stehen wir innerlich still und beten an in Staub und Asche. - Ja, welch ein Machtakt unseres HErrn! Welche Taten der Macht waren schon die Wunder, die der HErr in Niedrigkeit tat! Denken wir an die drei Totenauferweckungen, besonders an die des Lazarus! Wie gewaltig groß ist aber erst die Verwandlung und Auferweckung der vielen Tausende, ja, Millionen, von Heiligen. In einem Nu erhalten wir den Leib der Herrlichkeit, gleichförmig mit Seinem Leibe der Herrlichkeit. (Phil. 3,21) - In einem Augenblick verlassen wir, die Seinen, diese Welt. Irgend etwas noch schnell zu ordnen oder Versäumtes nachzuholen ist dann nicht mehr möglich.

keine Wirkung an den himmlischen Leibern. Wir werden emporgehoben durch Gottes Macht in Wolken. In Apgesch. 1,9 lesen wir von unserem HErrn Selbst: „Eine Wolke nahm Ihn auf von ihren Augen hinweg.“ In einer Wolke verließ Er die Welt, in Wolken verlassen auch wir die Welt. - Ob wir bei den Wolken auch an die Engel denken können, die dienstbaren Geister, die ausgesandt sind zum Dienst um derer willen, die die Seligkeit ererben sollen? Wir wissen nicht, ob sie dabei einen Dienst zu tun haben. - Doch das brauchen wir nicht zu wissen.

Als der HErr am Tage der Himmelfahrt durch die Luftregionen auffuhr, war das ein herrlicher Triumphzug für Ihn. Wenn aber der HErr die Beute Seines Sieges, Seine Brautgemeinde, entrückt, - was wird das sein vor der Engelwelt, und was wird das sein für unseren HErrn Selbst! Einst ging Er hin unter Weinen und trug den Samen zur Aussaat, dann aber erfüllt sich das andere Wort: „Er kommt heim mit Jubel und trägt Seine Garben.“ (Ps. 126,6)

In einem Augenblick werden wir verwandelt. In einem Augenblick sind alle Heiligen um den HErrn geschart. Was wird das sein! Die Zäune, die auf der Erde aufgerichtet sind durch die verschiedenen Benennungen, sie sind dann nicht mehr. Und - nun sehen wir Ihn, schauen Sein Angesicht, sehen die Hände und Füße, die uns aufs neue Zeugnis geben von Seiner Liebe, die sich einst hingab für uns. Er hat Großes an uns getan, des werden wir fröhlich sein. Dann wird wohl das erste sein, daß wir niederfallen und Ihn anbeten und Ihn loben und Ihm danken, daß „Er es getan hat“. Dann werden wir sein wie Träumende, und unsere Zunge wird voll Jubels sein. Ja, der HErr hat Großes an uns getan, des werden wir fröhlich sein. - Doch schon jetzt sind wir dessen fröhlich und bringen Ihm, wenn auch in Schwachheit, von Herzen Lob und Dank!

Dann werden wir allezeit bei dem HErrn sein. Wir, d. h. alle die Seinen, alle durch Sein Blut Erlösten. Unsere Brüder und Schwestern, die vor uns von der Erde gingen, auch alle, die vor uns gelebt haben - wir alle werden bei dem HErrn sein allezeit. Wir werden eine große Familie sein. Und wir werden unseren HErrn nie mehr verlassen und Er uns nicht. Denn Sein Wort sagt ja, wir werden „allezeit“ bei dem HErrn sein -

Kommen? Sehnen wir uns danach? - Ja, wir freuen uns. - „Komm, Herr Jesus!“ - „So ermuntert einander mit diesen Worten.“

O. Dietrich.

Für junge Gläubige

Erbarmungen und Ermahnungen Gottes.

(Gedanken über Römer 12 als Nachklang zum geschwisterlichen

Beisammensein in Oberlungwitz am 11. Juli 1937.)

Der Römerbrief zeigt uns in seinem bis zum 11. Kapitel gehenden ersten Teil, daß der Mensch ins Verderben kam, weil er Gott nicht die Ihm gebührende Ehre gab und Seine Heiligkeit nicht anerkannte, daß er jetzt aber durch die Gerechtigkeit aus Glauben zur wahren Gottesanbetung befähigt wird.

Der zweite Teil des Briefes aber macht uns klar, daß der Beruf des Christen darin besteht, die erfahrene Erlösung in einem Gott wohlgefälligen Verhalten auszuleben, und zwar:

1. als Glieder des Leibes Christi (12,3-8),

2. in allen unseren Lebensbeziehungen (12,9-21),

3. gegenüber der Obrigkeit (13,1-6),

4. gegen die Welt, sowohl in der Anerkennung ihrer Rechte (13,7-10) als auch in der Ablehnung des Bösen (13,11-14),

5. gegen die „Schwachen im Glauben“ (14,1 - 15,4),

6. in der Gleichgesinntheit und Einmütigkeit (15,5-13).

Weil unser altes Ich sich immer wieder geltend macht und unser neues Leben sich dadurch nicht normal entwickeln kann, bedürfen wir der Ermahnungen Gottes. Wer diese nicht ertragen kann und sich gegen sie sträubt, beweist, daß er kein demütiges, sondern ein hoffärtiges Herz hat. Junge Christen, die der Ermahnungen nicht achten, können später keine Hirtendienste tun, können anderen keine Hilfe werden.

Es ist immer ein Zeichen von Aufrichtigkeit, wenn wir uns gern von Gott ermahnen lassen. Und dies wird uns um so leichter fallen, je mehr wir uns der erfahrenen Erbarmungen Gottes erinnern. Darum ermahnt der Apostel Paulus „durch die Erbarmungen Gottes“. (12,1) Sobald wir uns darauf besinnen - und das können wir nicht oft genug tun -, daß Sein Erbarmen uns aus der Gebundenheit und Verderbtheit der Sünde zur Freiheit der Gotteskindschaft gebracht hat, werden wir für all Seine Ermahnungen dankbar sein.

So, wie die Erbarmungen Gottes, die unsere Vergangenheit geordnet haben, uns Beweggrund zum Gehorsam sein sollen, so werden Seine Erbarmungen, die sich immer wieder neu an uns erweisen, für uns auch die Triebkraft zum Befolgen Seines Willens sein.

Gehen wir bereitwillig auf die Gedanken Gottes ein, dann werden wir Seine „Güte“ schmecken; sind aber in uns Widerstände, um gehorsam zu sein, muß Gott „Strenge“ walten lassen (11,22); aber immer werden Seine Erziehungswege mit uns Erbarmungen bleiben, so, wie es auch Seine Retterwege waren.

Wahre Bereitwilligkeit und aufrichtigen Ernst, auf Seine Ermahnungen gehorsam einzugehen, können wir beweisen, indem wir unsere Leiber darstellen „als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer“. (12,1) Das heißt nicht nur - obwohl das Grundbedingung ist -, keine Vorsorge für das Fleisch zur Erfüllung seiner Lüste zu treffen (13,14b), sondern in völliger Hingebung und ununterbrochener Bereitschaft Gott zur Verfügung zu stehen, ohne dabei sich selbst zu schonen.

Keineswegs ist es aber so, als könnten wir nun frommen Gefühlen folgen oder uns gar von

religiösen Schwärmereien leiten lassen; wahres Christentum zeigt sich vielmehr darin, daß wir nüchterne Sinne haben und mit Hilfe des Verstandes, den Gott uns gegeben hat, prüfen, „was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“. (2b) Freilich müssen wir „durch die Erneuerung unseres Sinnes“ (2a) in einen der Heiligkeit Gottes gemäßen Zustand verwandelt werden und dabei unseren Verstand, wo und wie er sich irgend über oder gegen die Gedanken Gottes zu stellen wagt, „gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus“. (2. Kor. 10,5) Junge Menschen, die so ihr Leben unter die Kontrolle des Wortes Gottes stellen, reifen frühe zu gefestigten Charakteren heran und können einmal Felsen und Säulen in der Gemeinde der Gläubigen werden.

Ist aber unsere innerste Herzensstellung eine geordnete und Gott wohlgefällige geworden, dann werden wir uns auch gegenseitig als Glieder voneinander nach dem Maße unseres Glaubens dienen. (3-8)

Voraussetzung zum gesegneten Dienst ist die, daß wir nicht höher von uns denken, als sich gebührt, daß wir aber auch entsprechend dem Maße des Glaubens, das Gott uns zugeteilt hat, und gemäß der empfangenen Gnadengabe unsere Aufgabe erkennen und bereit sind, ihr gerecht zu werden. Halten wir einerseits zu viel von uns, so sind wir in Anmaßung gefallen und dadurch für die anderen Glieder zum Hindernis geworden; erkennen wir aber andererseits nicht unsere von Gott verliehene Gnade und die von Ihm empfangene Gabe, dann können wir nicht nach Seinem Willen dienen und enthalten damit der Gemeinde Gottes den Segen vor, den Gott durch uns ihr irgendwie schenken möchte. Beides wäre ein großes Unrecht gegen den HErrn, der uns zu Gliedern Seines Leibes gemacht hat, und gegen die Gläubigen, mit denen wir doch den gleichen Glaubenspfad wandeln.

Ebenso gehört es zu unserer Bestimmung als Glieder am Leibe Jesu Christi, daß wir 1. selbst am inneren Menschen wachsen, 2. uns von den anderen Gliedern willig dienen und ergänzen lassen und 3. ihnen wiederum in selbstloser und opferbereiter Weise dienen.

So dürfen und können wir alle unser bescheidenes, aber von Gott bestimmtes Teil zur

Hilfe kommen und durch Seine Ermahnungen zum rechten Dienst befähigen. Wollen wir uns ganz von Ihm gebrauchen lassen?

H. Metzger.

Vom Wandel im Geist.

„Wandelt im Geiste, und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen.“ (Gal. 5,16) Dieses Wort macht es uns klar, wie wir die vielen Ermahnungen, die die Bibel auf jedem Blatt uns gibt, verwirklichen können.

Wenn wir die Ermahnungen des Wortes Gottes auf uns wirken lassen und dabei von der eigenen Ohnmacht, auch nur eines der göttlichen Gebote zu halten, überzeugt werden, möchten wir dann nicht zuweilen verzweifeln? Wem ist es nicht schon so gegangen?

Aber was hat es für eine Bewandtnis mit solcher Verzweiflung? Wie leicht ist sie ein Versuch, das eigene Ich festzuhalten anstatt in den Tod zu geben!

Das Jammern über unsere Ohnmacht, Gottes Wort praktisch auszuleben, ist oft nur ein heuchlerischer Mantel, hinter dem wir die Kreuzesscheu verbergen. Wenn wir so seufzen, tun wir zwar demütig und bußfertig, vielleicht aber nur, um nicht in Wahrheit Buße tun zu müssen. Gottes Wort wendet sich gegen unser Ich, wir aber versuchen, es auf jede mögliche Weise zu retten. Daher so oft innere Zerrissenheit und unseliger Unfriede!

Wollen wir es nicht endlich aufgeben, uns selbst zu verbessern, anstatt den HErrn zu betrachten?

Wenn wir wissen wollen, wie wir einen Wandel führen können, der dem HErrn gefällt, so müssen wir im Geist wandeln. Das aber ist ein Wandel im Geiste, wenn wir bereit sind, Seinem Triebe uns hinzugeben und Seinen Absichten uns unterzuordnen. Und Seine Bemühung geht dahin, uns den HErrn vorzustellen, Ihn uns groß und herrlich zu machen, damit wir uns selbst

mit unseren Eigenwünschen und Begierden vergessen und der Tod unseres Ich auch im praktischen Leben Wirklichkeit wird. Wenn Er das erreichen kann, wird's bei uns Wahrheit sein: „Nicht mehr lebe ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Gal. 2,20)

H. Heinze.

Frage und Antwort

 

 

 

 

Frage 14

in Offenb. 22,13 gibt der HErr sich 3 Namen: 1) „das Alpha und das Omega“, 2) „der Erste und der Letzte“, 3) „der Anfang und das Ende“. Die beiden letzteren verstehe ich; warum aber der erste?

Antwort

Wie in manchen Übersetzungen eine dazugesetzte Fußnote besagt, sind A und O der erste und der letzte Buchstabe des griechischen Alphabets. Ja, die Übersetzung von Dr. Wiese fügt hinzu: „... der Anfang und das Ende.“ Ein und derselbe Gedanke ist auf dreifache Weise ausgedrückt, um zu sagen: Der HErr, Gott, der Allmächtige, Kap. 1,8, Gott, der auf dem Throne sitzt, Kap. 21,6, und der „Ich, Jesus“ der Verse 10-20 in Kap. 22 sind ein und dieselbe Person!

Geben Sie auf die Steigerung in den drei Stellen Achtung. Von den drei in Frage kommenden Benennungen nimmt Jehova Gott, der Allmächtige, in der ersten, Kap. 1,8, nur „Alpha und Omega“ an; in der zweiten, Kap. 21,6, zwei: „Alpha und Omega“ und „der Anfang und das Ende“; in der dritten und letzten, Kap. 22,13, noch: „der Erste und der Letzte“. 3 ist die Zahl der Gottheit. Der dreifach, d. i. Gott entsprechenderweise sich vorstellende „Jesus“ ist niemand anders als Jehova Gott der Allmächtige, der „Ich bin“, der „Er“ oder „Derselbe“ des Alten Testaments.

48,12; 44,6; 41,4; 5. Mose 32,39; Neh. 9,6; Ps. 102,27; Hebr. 1,12 und 13,8; Offenb. 1,17 und 4,8.

Diese Art, durch fortschreitende Steigerung etwas nachdrücklich einzuprägen, liegt auf der Linie der alttestamentlichen poetischen Redeweise: Der Ausdruck des Gedankens vollzieht sich in zwei oder mehreren Absätzen. Die Offenbarung bewegt sich ihrem Inhalt und richterlichen Charakter entsprechend überaus stark in Bildern und Ausdrücken des Alten Testaments; es finden sich Dutzende von Anspielungen auf alttestamentliche Stellen; ja, es kommt vor, daß der Verfasser hebräisch denkt und griechisch spricht. Siehe z. B. Kap. 20,8 die Fußnote der Elberfelder Übersetzung.

Es werde nicht übersehen, daß das in Kap. 22,12 angekündigte Kommen Dessen, der Sich in V. 13 die drei-eine Benennung beilegt, nicht als Ermunterung angesprochen wird, etwa wie in Kap. 3,11 an Philadelphia, sondern in dem Sinne richterlich unterscheidender Beurteilung, was wiederum auf der Linie der alttestamentlichen Aussprüche liegt.

F. Kaupp.

Frage 15

Was meint der Herr Jesus mit dem Sündenvergeben und Sündenbehalten Joh. 20,23, da doch Gott allein Sünden vergeben kann?

Antwort

Eine dahingehende Frage ist bereits in den „Handreichungen“ Bd. 1 (1913), S. 91-96 von mehreren Brüdern beantwortet worden.

Wenn wir von „Sündenvergeben“ lesen oder hören, denken wir zunächst an die Schuld des Menschen Gott gegenüber und an die Ewigkeit, und in dieser Beziehung ist es ohne Zweifel, daß nur Gott allein Sünden vergeben kann. Nur Er ist in dieser Stellung zum Menschen, und nur

Er hat dazu das Recht. Wie könnte ein Mensch das tun, der doch selbst der Vergebung bedarf? Und wenn Menschen in völliger Verkennung alles dessen behaupten, die Vollmacht zu haben, Sünden zu vergeben, dann ist das eine ungeheuerliche Anmaßung und hatten die Schriftgelehrten und Pharisäer, die den Herrn Jesus nur als einen Menschen ansahen, von diesem Standpunkt aus durchaus recht, wenn sie sagten: „Wer ist dieser, der Lästerungen redet? Wer kann Sünden vergeben, außer Gott allein?“ (Luk. 5,21) Um Vergebung in diesem Sinne kann es sich Joh. 20,23 also nicht handeln. Es gibt aber auch ein Verschulden, ein Sündigen, Menschen gegenüber - das selbstverständlich immer zugleich auch ein Sündigen Gott gegenüber ist -, und soweit das Sündigen ein Sündigen Menschen gegenüber ist, gibt es auch ein Vergeben oder Behalten dieser Sünde seitens der Menschen, gegen die gesündigt ist. Dieser Fall kann in zweierlei Beziehungen eintreten, von welchen die eine oder die andere oder auch beide zugleich vorliegen können: Die eine ist die, daß die Sünde gegen eine Person - oder gegen Personen - geschieht. Für diesen Fall finden wir klare Weisung Matth. 18,15-35; Eph. 4,32; Kol. 3,13. Die andere ist die, daß der, welcher gesündigt hat, einer örtlichen Gemeinde angehört und die begangene Sünde die Gemeinde trifft, so daß diese gezwungen ist, gegen den, der gesündigt hat, Zucht zu üben. Hierfür haben wir im Worte Gottes ein Beispiel und Anweisung 1. Kor. 5, wo wir die Weisung für die Zucht finden, und 2. Kor. 2,1-11, wo wir die Weisung zur Vergebung finden. Hierher gehört auch noch 2. Thess. 3,6-15, wo ebenfalls Zucht angeordnet ist, aber - der Sache entsprechend - in einer milderen Form. Selbstverständlich hat in jedem Fälle die Erteilung der Vergebung immer das Bekennen und Beugen seitens dessen, der gesündigt hat, zur Voraussetzung, wie ja auch Gott immer nur dann Vergebung schenkt und schenken kann, wenn aufrichtiges Bekennen und Beugen vorliegt. Wenn Bekennen und Beugen seitens des Schuldigen nicht da ist, bzw. solange dies nicht da ist, kann Vergebung nicht erteilt werden - bleibt also die Sünde „behalten“. Wir glauben, daß diese Seite der Sünde: Menschen gegenüber, und wohl in erster Linie im Blick auf die Gemeindezucht, Joh. 20,23 gemeint ist. Letztere Annahme ist begründet in dem Zusammenhange mit den vorhergehenden Versen 19-22 in dem dort uns gegebenen Bilde: In V. 19 haben wir ein liebliches Bild von einer Gemeinde, deren Mittelpunkt Christus ist, V. 21 ihre Beauftragung vom HErrn, V. 22 ihre Ausrüstung durch den Heiligen Geist und V. 23 die Aufrechterhaltung ihres Charakters und der

Ordnung in der Kraft des Heiligen Geistes.

Theodor Küttner.

Frage 16

Ich bitte um eine Erklärung von Eph. 1,4 u. 5.

Antwort

Epheser Kapitel 1 zeigt uns die Gemeinde als das Gefäß Seiner Herrlichkeit - vgl. dort das dreimalige „zum Preise Seiner Herrlichkeit“. Was bedeuten nun in Vers 4 und 5 die Worte „auserwählt in Ihm“ und „zuvorbestimmt zur Sohnschaft“?

Die Menschheit ist in Adam geschaffen, aber durch den Ungehorsam des einen Menschen „in die Stellung von Sündern gesetzt worden“ - Röm. 5,19.

Das Volk Israel ist in den Erzvätern ausgesondert worden - Jes. 45,4.

Die Gemeinde ist in Christo auserwählt - Eph. 1,4.

Diese Erwählung der Gemeinde als Körperschaft geschah noch vor der Schöpfung, vor Grundlegung der Welt, oder genauer nach Dächsel ausgedrückt: „Noch vor Beginn der Ausführung des wohlangelegten Schöpfungsplanes.“ Vgl. 2. Tim. 1,9.

Der Erlösungsratschluß Gottes wurde also nicht etwa erst bei eingetretenem Sündenfall gefaßt. In dem schon Adam und Eva geoffenbarten „Weibessamen“ hat Gott Sich eine Gemeinde erkoren, die da heilig und tadellos-unsträflich sei vor Ihm. Vgl. Eph. 5,27 und Kol. 1,22!

Die Auserwählung des einzelnen Christen - 1. Petr. 1,2; Tit. 1,1; Kol. 3,12 - gemäß der Vorkenntnis Gottes ist ein ausschließlicher Gnadenakt, getrennt von jeglichem menschlichen Verdienst - Röm. 9,11; 11,5.6.

Auserwählt nach Seinem Willen - Joh. 15,16 - für Ihn - Joh. 15,19 - eine souveräne Tat Gottes. Bitte dazu lesen: 1. Kor. 1,26-31!

Bezüglich der Auserwählung einzelner für bestimmte Dienste: siehe z. B. Paulus, Apg. 9,15 mit Gal. 1,15. Beachten wir den bedeutungsvollen Ausdruck: „Gefäß“. Zu dem biblischen Begriff „zuvorbestimmt“ oder „Vorsatz“ Gottes lasse ich einen Satz aus dem Bibl. Handwörterbuch folgen: „Der Vorsatz Gottes ist der von Ewigkeit her in Gottes Willen ruhende und tatkräftige Gnadenratschluß Gottes, gemäß welchem Er Seinen Heilshaushalt zum Besten der Menschen in der Ewigkeit beschlossen hat und in der Zeit in Christo-Jesu ausrichtet und zum Ziele führt.“ - Röm. 8,28ff.; Eph. 1,11; 3,11. Menschliche Verantwortung ist damit nicht aufgehoben!

„Sohnschaft“ in Eph. 1; Röm. 8; Gal. 4 bedeutet „Annahme an Sohnesstatt“ („Adoption“), Einsetzung des Gläubigen in die Stellung als Sohn und Erbe, losgekauft vom Gesetz.

Die verwandtschaftliche Beziehung des Gläubigen als Kind und Hausgenosse Gottes ergibt sich aus der Geburt „aus Gott“ - Joh. 1,12.13.

Der innewohnende Geist der Sohnschaft gibt uns indessen auch Gewißheit über unsere hohe und heilige Würde als Söhne und Erben - Röm. 8,16.

Die volle Offenbarung der Sohnschaft bringt uns erst die Auferstehung bzw. Entrückung der Gemeinde, die Erlösung unseres Leibes - Röm. 8,23; 1. Thess. 4,14-17; Eph. 1,14; 1. Joh. 3,2.

Nach der luth. und der Elberf. Übersetzung scheinen die Worte „Liebe“ sich auf „heilig und tadellos“ zu beziehen. Indessen übersetzten Albrecht, Wiese, Menge, Schlachter, Rösch, die französische Bibel von Second, die Jub.-Bibel (Stuttgart) in ihrer Anmerkung: „In Seiner Liebe hat Er uns durch Jesum Christum vorherbestimmt zur Sohnschaft“ - beziehen also die Worte „in Liebe“ auf V. 5. Mithin wären die Worte „vor Ihm“ der Schlußgedanke von V. 4, wie bereits oben erklärt. Das ergäbe dann für beide Verse die Erklärung, die auch die Parallelstellen Eph. 5,27 und Kol. 1,22, angeben - nämlich:

V. 4: Zweck und Ziel der Auserwählung: Der HErr Selbst, das Haupt, wird Seine Gemeinde - Seine Glieder, Sich Selbst verherrlicht darstellen, ohne Flecken und Runzel, heilig und tadellos.

V. 5: Zweck und Ziel des Vorsatzes Gottes, der Vorherbestimmung, auch unserer Ewigkeitsbestimmung: die Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes, die Sohnschaft. Röm. 8,21-23.

Will man jedoch das Wort Liebe nach den beiden erstgenannten Übersetzungen auf heilig und tadellos beziehen, so gibt das auch einen klaren, biblischen Gedanken wieder, der sich an anderen Stellen wiederholt:

Die Liebe Gottes ist in unsere Herzen ausgegossen. Der Beweggrund allen Handelns eines Christen soll sein: „Die Liebe Christi dränget uns also!“ Die Liebe bestimmt unseren Wandel im Alltag - d. h. heilig und tadellos unter Seinen Augen, vor Ihm in Liebe. Wachstümliche Umgestaltung in Sein Bild: 2. Kor. 3,17.18.

Bitte dazu vergleichen die entsprechende Zusammenstellung der Worte in 2. Petr. 3,14: „ohne Flecken und tadellos von Ihm erfunden zu werden in Frieden“! Jud. 24: „bewahren und darstellen vor Seiner Herrlichkeit mit Frohlocken“. 1. Petr. 1,22 mit 2. Kor. 6,6: „zu ungeheuchelter Liebe“.

Beide Übersetzungen geben also einen klaren Sinn; doch gebe ich der ersterwähnten Auslegung, besser Übersetzung, den Vorzug im Lichte der im Epheserbrief niedergelegten Gemeinde-Gedanken.

In jedem Falke sind wir:

V. 5: als zuvorbestimmt zur Sohnschaft zum Preise Seiner Herrlichkeit!

V. 11: als zuvorbestimmt zu Erben zum Preise Seiner Herrlichkeit!

V. 14: als zuvorbestimmt zu einem Königtum von Priestern und Anbetern, haben wir das

Unterpfand unserer Erlösung - zum Preise Seiner Herrlichkeit!

Welches Licht fällt auf diese dreifache, unser Denken so weit übersteigende Ewigkeitsbestimmung in Eph. 1,18-23! Doch gehört das nicht zur Frage.

A. v. Wedekind.

 

Gedicht

Leg eine Kohle hin, sie glimmt und ist verglommen,

Doch helle Gluten sind dir nicht durch sie gekommen,

Jetzt nimm der Kohlen viel und lege sie zusammen,

Lind lodernd siehst du bald ein helles Feuer flammen.

Und willst du dich, mein Christ, von der Gemeinde trennen,

Dann wird das Herz dir nie zur vollen Glut entbrennen.

Ein Weilchen glimmt es fort, doch nur mit mattem Schimmer,

Erloschen ist die Glut und, ach! vielleicht für immer.

(Julius Sturm.)

Sieben Gründe zum Loben und Preisen.

(Eine Betrachtung über 1. Petr. 1,3-12.)

Mit den Worten „Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus“ (V. 3a) will der Heilige Geist in den Herzen derer, die im Glaubensgehorsam zur Blutbesprengung Jesu Christi

gekommen sind (V. 2), Loben und Preisen für all die Erweise der Barmherzigkeit Gottes hervorrufen und entzünden. Sieben Gründe sind es, die den Gläubigen als Anlaß zum Preisen und Danken vor Augen geführt werden.

1. Wir sind wiedergeboren „zu einer lebendigen Hoffnung“. (V. 3) Gläubige sind aus dem Zustand des bangen und zagenden Hoffens, ob es eine sichere Erlösung gäbe oder nicht, herausgeführt und in den festen Glaubensbesitz einer lebendigen Hoffnung gebracht worden. Diese Hoffnung ist kein leerer Wahn, sondern sie hat einen herrlichen Gegenstand, einen festen sicheren Besitz zum Inhalt, nämlich das himmlische Erbteil. Sie kann uns auch keine Enttäuschung bringen; denn ihre Erfüllung ist nicht an Zeitereignisse oder Verhältnisse dieses Lebens geknüpft, sondern sie ist einzig und allein abhängig von unserem HErrn und gegründet auf Seine Erlösung. Und weil Er lebt, der für uns im Tode war, wird sie eine „lebendige“ genannt. Ist sie uns doch „durch die Auferstehung Jesu Christi aus den Toten“ erworben und gesichert!

2. Ein unverwesliches, unbeflecktes und unverwelkliches Erbteil ist jetzt schon im Glauben unser Teil (V. 4a). Drei Eigenschaften werden also diesem Erbteil zugeschrieben, durch die es sich von allen anderen Erbteilen unterscheidet.

Während die irdischen Erbteile mehr oder weniger durch Neid, Mißgunst und Streit oder mit Lug, Trug und Blut befleckt sind, ist unser himmlisches Erbteil frei von alledem. Wie könnte es auch anders sein, da es uns doch „mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken“ (V. 19), erkauft worden ist! Keine Menschenhand wird es je besudeln, keine Mißgunst betrüben und kein böser Gedanke beflecken können.

Und auf welches irdische Erbteil träfe es nicht zu, daß es einmal verwelkt und verfällt, auch wenn wir es für noch so gesichert halten? Sind sie doch alle eingeschlossen in das Wort: „Himmel und Erde vergehen!“ Das himmlische Erbteil jedoch ist wertbeständig und geschaffen für alle Ewigkeit.

Und wenn ein irdisches Erbteil unser eigenes kurzes Leben überdauert, so verliert es doch so

leicht für unsere Herzen an Wert, weil wir uns daran gewöhnen und uns im Laufe der Zeit an ihm so manches mißfällt. Wir erfahren, daß es uns nicht dauernd zufriedenstellen kann und daher im tiefsten Sinne verweslich zu nennen ist. Solche Gefahr aber droht uns nicht im Hinblick auf unser Erbteil droben. Wir werden die Ewigkeit der Ewigkeiten brauchen, um seine Größe zu ermessen und seine Herrlichkeit zu bewundern. Je länger und je mehr wir es einmal betrachten, um so bestaunenswerter wird es uns werden und um so mehr wird es uns zur Anbetung treiben; erblicken wir doch in ihm die Liebe und Herrlichkeit unseres teuren HErrn!

3. Wir können des himmlischen Erbteils niemals verlustig gehen. Wie müssen wir doch um unser irdisches Erbteil bangen, ehe wir es in Besitz nehmen dürfen, es könnte uns schließlich doch noch durch irgendwelche Umstände entrissen werden oder verlorengehen! Bezüglich des ewigen Erbteils jedoch gibt Gott den Seinen die beglückende Zusicherung: „Welches in den Himmeln aufbewahrt wird für euch.“ (V. 4b)

4. Auch wir als die Erben werden von Gott bewahrt, damit wir gewißlich unser Erbteil erreichen.

Wie mancher fühlt sich seines irdischen Erbteils schon sicher und hat sich doch noch selbst durch sein ungebührliches Verhalten das Anrecht darauf verscherzt! Wie ist auch der Fürst der Finsternis bemüht, uns vom geraden Wege abzubringen und uns so unser Erbteil droben zu entreißen! Und in uns wäre wahrlich keine Kraft, seinen Lockungen zu widerstehen und seine Versuchungen zu überwinden. Der Gott aber, dessen „Kraft uns alles in betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt hat“ (2. Petr. 1,3), hat uns auch verheißen, daß wir durch Seine Macht zur Errettung bewahrt werden (V. 5a). Zwar fügt Er als Bedingung für uns den Glauben hinzu. Wie sollten wir aber Seiner bewahrenden Macht nicht völliges Vertrauen schenken, da sie doch die größte und sicherste ist? Und so werden wir bewahrt „zur Errettung, die bereit ist, in der letzten Zeit geoffenbart zu werden“. (V. 5b) Wenn dieser Augenblick gekommen ist, wird es bewiesen werden, daß unsere Hoffnung kein Truggebilde war.

5. Wir haben jetzt Gelegenheit, durch Glaubensbewährung unseren Herrn zu ehren. (V. 6 u. 7)

Wenn uns das Wort Gottes zeigt, daß wir in der Erwartung eines solch wunderbaren Erbteiles

Grund zum Frohlocken haben, so sagt es uns aber auch, daß wir jetzt, auf dieser Erde, durch mancherlei Versuchungen oder Prüfungen betrübt werden. Solche Betrübungen sollen uns keineswegs die Freude am HErrn und an Seiner Herrlichkeit rauben, sondern sie sollen uns die gesegnete Gelegenheit geben, die Echtheit unseres Glaubens zu beweisen. Sie sollen uns ferner von den Schlacken unseres alten Wesens reinigen, auf daß in uns das Bild unseres HErrn Gestalt gewinne.

Zu unserem Troste verheißt uns Gott, daß wir nur „eine kleine Zeit“ Versuchungen zu erleiden haben und daß sie uns nur treffen dürfen, wenn es zu unserer inneren Umgestaltung und zur Festigung unseres Glaubens „nötig ist“. Und zu unserer Ermunterung weist Er uns darauf hin, daß jede Glaubensbewährung, jedes Festhalten also an Seiner Treue und Liebe - auch in den schwierigsten Verhältnissen und Umständen - für die Ewigkeit aufgehoben und einmal zu „Lob und Herrlichkeit und Ehre in der Offenbarung Jesu Christi“ erfunden werden wird.

6. Wir dürfen einmal das Ende unseres Glaubens und damit den Anfang ewigen glückseligen Schauens erleben. (V. 8 u. 9) Dann werden wir für immer bei unserem HErrn sein,

den wir noch nicht gesehen haben, aber lieben,

den wir auch jetzt noch nicht sehen, aber im Glauben kennen,

den wir jedoch bald sehen werden, so daß wir „mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude“ frohlocken.

Unsere Erlösung, die uns in solch kostbare Beziehungen zu unserem himmlischen HErrn gebracht hat, ist jetzt unser gegenwärtiges Glaubensgut. Wir werden aber ihre vollkommene Verwirklichung erleben, wenn wir die Errettung unserer Seelen davontragen.

7. Unsere Errettung war den Propheten ein Rätsel und ist den Engeln ein unbegreifliches

Wunder. (V. 10-12)

Geist in den Boten des Evangeliums wirksam ist und daß die Engel begehren, sie zu verstehen.

Die Propheten hatten in bezug auf unsere Errettung von einem Dreifachen zu zeugen:

a) von der unermeßlichen Gnade, die den Sündern durch diese Errettung gebracht wird,

b) von den Leiden, die der HErr erdulden mußte, um solche Erlösung zu vollbringen, c) von den Herrlichkeiten, die das Ergebnis und die Folgen der Errettung sind.

Es war ihnen ausdrücklich geoffenbart worden, daß sie nicht für sich, sondern für andere, für uns, diesen Dienst taten. Aber trotz eifrigen Suchens und Forschens konnten sie nicht erfahren und nicht verstehen, in welcher Zeit das alles in Erfüllung gehen sollte. Wir aber dürfen in der wunderbaren Gnadenzeit leben, in der den Sündern durch Buße und Glauben diese herrliche Errettung zuteil wird.

Die Engel sehen staunend in den Gläubigen, die aus der Verdammungswürdigkeit und Gebundenheit der Sünder zur Herrlichkeit und Freiheit der Gotteskindschaft geführt worden sind, die Auswirkungen dieser Erlösung. Sie begehren zu verstehen, wie solches geschehen konnte; und sie möchten in all die Wunder der Barmherzigkeit und Liebe Gottes hineinschauen, um sie zu ergründen; es wird ihnen aber immer unfaßbar sein und bleiben.

„Die Engel sind erhoben zum Dienen und zum Loben,

doch Söhne sind sie nicht.

Kein Tod hat sie getötet, kein hoher Preis errettet,

kein Arm geführt aus Nacht zum Licht.“

Wir aber sind durch die große Barmherzigkeit Gottes in Seinen ganzen Heils- und Liebesratschluß eingeschlossen; wir dürfen jetzt schon durch den Glauben wissen, daß wir nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem teuren und kostbaren Blute Jesu Christi erlöst worden sind; und wir werden einmal von unserem HErrn in Seine Herrlichkeit geführt, um aus Seiner

Hand unser himmlisches Erbteil zu empfangen! „Dann ist jeder Wunsch erfüllt, unser Sehnen ganz gestillt!“

Ja, wahrlich, wir haben das kostbare Vorrecht und die heilige Pflicht, von ganzem Herzen in den Lobpreis unseres Gottes und Vaters einzustimmen!

H. Metzger.

Etwas über Anbetung.

(Joh. 4,23.24)

Der Herr Jesus spricht in dieser Stelle davon, daß die wahrhaftigen Anbeter schon jetzt den Vater in Geist und Wahrheit anbeten werden. Er sagt nicht: Gott anbeten, sondern den Vater. Damit zeigt Er ganz eindeutig und klar, daß die wahrhaftigen Anbeter nur Kinder Gottes sein können, also solche, die wiedergeboren sind. Daß nur Gottes Kinder wahrhaftig anbeten können, geht weiter aus den Worten des HErrn hervor, daß die, die Ihn anbeten, Ihn in „Geist und Wahrheit“ anbeten müssen.

Zu Nikodemus sagt der HErr in Joh. 3,5-7: „Es sei denn, daß jemand aus Wasser und Geist geboren werde, so kann er nicht in das Reich Gottes eingehen. Was aus dem Fleische geboren ist, ist Fleisch, und was aus dem Geiste geboren ist, ist Geist ... Ihr müsset von neuem (von oben her) geboren werden.“ Und in der oben angegebenen Stelle Joh. 4,24 steht geschrieben: „Gott ist ein Geist, und die Ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten.“ In diesen Stellen wird uns gezeigt, daß Gott Geist ist, was uns ja schon bekannt ist, ebenso auch, daß wir durch die Wiedergeburt dieser göttlichen Natur teilhaftig werden. Und nur in dieser neuen Natur sind wir befähigt, zu erkennen, was in Gott ist, welches Sein Wille und was zu Seinem Wohlgefallen ist. Und deshalb ist es uns auch nur in der neuen Natur als Wiedergeborene und Versöhnte möglich, Ihm zu nahen als Seine Anbeter, als wahrhaftige Anbeter, die es in Geist und Wahrheit tun.

Wenn wir von Anbetung sprechen, so ist uns das ein nicht unbekannter Begriff. Wir verbinden damit eine gewisse Vorstellung. Trotzdem ist es vielleicht doch gut, sich näher damit zu beschäftigen, um klarer zu sehen und den tiefer liegenden Sinn besser zu verstehen. Wir werden es niemals ganz erkennen und verstehen können hier im Fleische; das wird einst der Vollendung, der Herrlichkeit vorbehalten bleiben. Und doch sind wir schon jetzt berufen, wahrhaftige Anbeter zu sein.

Die Anbetung hat als erstes wahre, innige, tiefe Liebe und Zuneigung zur Grundlage und damit verbunden Hingabe, Ehrfurcht, Treue, tiefempfundener Dank, Unterwürfigkeit u. a. m. Alle diese Tugenden kommen aus einem willigen Herzen, nicht aus Zwang oder irgendwelchem Druck, sondern „aus der Liebe, die Den liebt, der uns zuerst geliebt hat“. Anbetung ist der hingebende Drang eines in Gott erneuerten Herzens. Es ist der Zug der Liebe, die Gott Selbst in unsere Herzen gegeben hat - eine innere Notwendigkeit, der das Herz freudig folgt. Gottes Liebe gab den eigenen Sohn, so wie der Dichter singt:

„Er ist die höchste Gabe, nichts Höheres hattest Du.

Und weil ich Ihn jetzt habe, hat meine Seele Ruh.“

Gott gab das Höchste. Er hatte nichts Höheres zu geben als Seinen eingeborenen geliebten Sohn. Und auf eine solche Liebe sollten wir nicht bereit sein zu Hingabe, Dank und Anbetung? Im Blick auf uns dürfen wir wohl hinzufügen: „Nicht, daß ich es schon ergriffen habe oder schon vollendet sei, ich jage ihm aber nach.“ (Phil. 3,12)

Selbstverständlich können wir zu einer innerlich so gottgewollten Stellung nur gelangen, wenn wir das Wort verwirklichen: „Der reinigt sich selbst, gleichwie Er rein ist.“ (1. Joh. 3,3b) Alles, was irgendwie uns beeinflussen könnte, nicht das Höchste unserem Gott zu weihen und zu geben, das muß hinweggetan werden in Buße und Beugung.

Weiter lesen wir: „Denn auch der Vater sucht solche als Seine Anbeter.“ (Joh. 4,23) Ja, solche

solchen schaut Er aus. Solche möchte Er unter Seinen Kindern finden. Er sehnt Sich nach solchen, die den Willen haben, Ihm das Beste, Kostbarste und Höchste zu geben - zu opfern. Wollen wir das Ausschauen, das Suchen unseres Gottes nach wahrhaftigen Anbetern spurlos an unserem Herzen vorübergehen lassen? Oder soll es uns nicht immer wieder neu ein Ansporn sein, Ihm alles zu geben, was Ihm wertvoll ist und woran Er Wohlgefallen hat? Doch gewiß, wir wollen es gern tun, in freiwilliger Liebe, Hingabe und Dankbarkeit!

„Während der König an Seiner Tafel war, gab meine Narde ihren Duft“, so sagt die Braut im Hohenlied 1,12. In Vers 3

sagt sie: „Ein ausgegossenes Salböl ist Dein Name.“ V. 7: „Du, den meine Seele liebt.“ 2,4: „Sein Panier über mir ist die Liebe.“ Und vorher: „Ich habe mich mit Wonne in Seinen Schatten gesetzt, und Seine Frucht ist meinem Gaumen süß.“ 2,16: „Mein Geliebter ist mein, und ich bin Sein.“ Als sie gefragt wird, was ihr Geliebter vor einem anderen Geliebten sei, gibt sie in Kapitel 5,10-16 eine Beschreibung von Ihm, die ausklingt in dem Ausruf: „... und alles an Ihm ist lieblich. Das ist mein Geliebter, und das mein Freund, ihr Töchter Jerusalems!“

Diese Schriftstellen zeugen von wahrer Verbundenheit, von echter, tiefer Liebe und Hingabe an den Geliebten! Sie hatte Seine Liebe erfahren und geschmeckt, und ganz von selbst kam und wuchs in ihrem Herzen die Liebe zu Ihm, ihrem Geliebten. Wir wissen, daß Er, der Herr Jesus, der Herr der Herren, der König aller Könige, unser Geliebter ist. Ihm gilt aus unserem Herzen dargebracht der Duft der Narde, der duftende Wohlgeruch unserer Anbetung. Wenn wir uns mit Ihm beschäftigen, Ihn betrachten und anschauen, dann werden auch unsere Lippen überfließen in Lob und Dank.

Etwas ganz Ähnliches finden wir auch in Joh. 12,1-3, wo Maria von Bethanien ein Pfund Salbe von echter, sehr kostbarer Narde nahm und die Füße Jesu salbte und Seine Füße mit ihren Haaren trocknete. Auch diese Maria gab aus dem eigenen Antrieb ihres Herzens das Kostbarste, was sie hatte: ein Pfund Salbe von echter, sehr kostbarer Narde. Das Beste war ihr gerade wertvoll genug, ihrem HErrn zu geben. Ihr Herz trieb sie dazu. Niemand hatte sie dazu

2. Kor. 8,3: „... und über Vermögen waren sie aus eigenem Antrieb willig.“ Danach schaut Gott aus, das sucht Er an uns, Seinen Kindern.

Bei der Maria heißt es weiter: „Das Haus aber wurde von dem Geruch der Salbe erfüllt.“ Das ist die Wirkung, die eine gottgewollte, Seinen Gedanken entsprechende Herzensstellung bei der Anbetung hervorbringt. Das kann nicht anders sein. Wo der HErr geehrt wird und wo Er in allem den ersten Platz einnimmt, wird bei der Anbetung das Herz überfließen und andererseits auch in unserem Wandel wahrgenommen werden. Denn das eine hat immer Rückwirkung auf das andere.

Der HErr sagte: „Erlaube ihr, es auf den Tag Meines Begräbnisses aufbewahrt zu haben.“ Ihm war es wertvoll und kostbar im Hinblick auf Seinen Opfertod. So sah Er es an!

Möchte auch unsere Salbe, echt, von kostbarer Narde, aus eigenem Antriebe dem HErrn geweiht, ihren Duft geben zum Lobpreis Seiner Herrlichkeit, zu Seines Namens Ehre! Das kann nie zu oft geschehen, wird bei solcher innerer Stellung auch niemals an Wert für Gott und das eigene Herz einbüßen, sondern wird im Gegenteil noch kostbarer werden.

P. Seifert.

Ein Rundschreiben.

An die Mitglieder des „Bundes freikirchlicher Christen“ und

der „Kirchenfreien christlichen Gemeinden“.

Wir unterzeichneten Beauftragten des „Bundes freikirchlicher Christen“ und der „Kirchenfreien christlichen Gemeinden“ haben in eingehender Aussprache geprüft, ob uns heute noch schriftgemäße Gründe voneinander trennen. Die widersprechenden Darstellungen über die Gründe der 1848 erfolgten Trennung gestatten es nicht, heute noch festzustellen, wie sich das Maß von Schuld auf beiden Seiten verteilt. Deshalb wurde davon abgesehen, diese Frage

klären zu wollen. Die beiden Gruppen stimmen bekanntlich nicht nur in den allgemeinen biblisch-christlichen Anschauungen, sondern auch in ihrem religiösen Sondergut weitgehend überein. Wir haben uns deswegen auf die Erörterung der Fragen beschränkt, die bisher einer Wiedervereinigung im Wege standen. Dabei wurde festgestellt, daß der „Bund freikirchlicher Christen“ die Auffassung nicht hat, die die frühere „Christliche Versammlung“ vertrat, daß im Unterschied von anderen christlichen Gemeinschaften nur sie die Verheißung der Gegenwart des HErrn und Seinen Tisch habe. Wir stellten weiter fest, daß wir uns einig sind in der Anerkennung der biblischen Lehre von der Einheit der Gemeinde Gottes. Die Einheit beeinträchtigt aber unseres Erachtens nicht die Selbstst ändigkeit der örtlichen Gemeinden, die vielmehr in der Verwaltung und Regelung ihrer Angelegenheiten unter eigener Verantwortung handeln. Diese Selbständigkeit hinwiederum bedeutet nicht, daß sie etwas ohne Rücksicht auf oder gar gegen die Beschlüsse einer anderen Gemeinde tun können. Sie sind an diese gebunden, es sei denn, daß sich bei eingehender und unparteiischer Prüfung ein Beschluß als tatsächlich falsch erweist. Diese Möglichkeit besteht durchaus, denn keine Gemeinde ist in ihren Beschlüssen unfehlbar.

Die Aussprache hat somit ergeben, daß zwischen diesen beiden Gruppen in Deutschland keine Meinungsverschiedenheiten mehr bestehen. Alles, was in der Vergangenheit trennend zwischen uns gestanden hat, sehen wir als für immer abgetan an. Wir halten es daher für unsere Pflicht vor Gott, unseren Geschwistern zu empfehlen, das vor 90 Jahren abgeschnittene Band der Gemeinschaft wieder anzuknüpfen. Eine Periode unseligen Bruderzwistes findet damit ihr Ende. Sie hat nicht nur viel Herzeleid und Tränen in manche Familien und manchen Freundeskreis gebracht, sondern auch dem Zeugnis für unseren gemeinsamen HErrn viel Schaden getan.

Die praktische Durchführung dieser Vereinigung wird in weiteren Besprechungen erfolgen. Wir teilen aber das Ergebnis unserer bisherigen Verhandlungen den Gemeinden mit, damit unser aller Verhalten zueinander von nun an durch die vollzogene Einigung bestimmt wird.

Unser Herz ist voll Dank für das Gnadengeschenk dieser Einmütigkeit.

gez. Dr. Becker, Ernst Brockhaus, Hugo Hartnack,

Dr. Richter, Walter Vogelbusch, Christian Schatz,

Frhr. von Schleinitz, H. Neumann, Ernst Lange.

*

Wenn wir das vorstehende Rundschreiben auch in den „Handreichungen“ zur Kenntnis der Leser bringen, so tun wir es mit tiefer Anbetung vor unserem HErrn. Wonach vieler, vieler Brüder Herzen sich gesehnt haben, worum viele Gebete, viel Flehen und Seufzen hinaufgestiegen sind zum Gnadenthron, das ist Wirklichkeit geworden. „Vom HErrn ist es geschehen, wunderbar ist es in unseren Augen.“ (Ps. 118,23)

Die praktische Ausführung wird noch manche Schwierigkeiten zu überwinden geben. Dafür laßt in unsere Herzen die Worte Gottes fassen: „Da ihr eure Seelen gereinigt habt durch den Gehorsam gegen die Wahrheit zur ungeheuchelten Bruderliebe, so liebet einander mit Inbrunst aus reinem Herzen.“ (1. Petr. 1,22) „Laßt uns nicht lieben mit Worten ..., sondern in Tat und Wahrheit.“ (1. Joh. 3,18) „Daran werden alle erkennen, daß ihr Meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt.“ (Joh. 13,35)

Frhr. von Schleinitz.

1. Petr. 4,17.

Gottes Haus braucht immer wieder Gericht, sowohl zur Demütigung und Beugung als auch zum Ansporn zu neuer Treue. Die Zeit ist vorbei, in der man ruhig in Unklarheit und Halbheit verharren konnte. Herbststürme reißen erbarmungslos das tote Laub von den Bäumen. Wenn die Nöte der Zeit auch bei uns innere Beugung, Reinigung und Vertiefung bewirken, dann soll uns nicht bange sein; denn der „kleinen Kraft“ gibt Gott offene Türen; in der Schwachheit

daß Er zuschanden mache, was stark ist.

(Bruchstück.)

Hiskia.

2. Kön. 18-20; 2. Chron. 29-32; Jes. 36-39.

Das eine und andere aus seiner Lebensgeschichte.

(Fortsetzung.)

Die geschichtliche Reihenfolge der Ereignisse im Leben Hiskias muß anders gewesen sein, als wie sie in 2. Könige und Jesaja und in 2. Chronika gegeben ist. - 2. Kön. 20,6: „Und Ich will zu deinen Tagen fünfzehn Jahre hinzufügen, und von der Hand des Königs von Assyrien will Ich dich und diese Stadt erretten; und Ich will diese Stadt beschirmen um Meinet- und um Davids, Meines Knechtes willen“, zeigt, daß Hiskias Krankheit mitten in die Zeit fiel, da Sanherib heranzog. 29 Jahre regierte Hiskia; die letzten 15 Jahre waren ein Gnadengeschenk Jehovas. Somit befiel ihn die tödliche Krankheit im 14. Jahre seiner Regierung, in welchem Jahre Sanherib gegen alle festen Städte Judas heraufzog und sie einnahm. (2. Kön. 18,13)

Darf die Vermutung ausgesprochen werden, daß die Krankheit auf Hiskias Geist und Gemüt drückte (wie wir es aus persönlicher Erfahrung kennen), so daß dadurch die Verzagtheit über ihn kam und er dem Assyrer Abbitte tat wegen der früheren Tributverweigerung und ihm den Vorschlag einer nachträglichen Auflage machte, die zu erfüllen er sich bereit erklärte und auch zahlte? Der ganz anders geartete Bericht in 2. Chron. 32,1-8 fände so seine ganz natürliche Erklärung. Hiskias Krankheit und die Botschaft: „Bestelle dein Haus, denn du wirst sterben und nicht genesen!“ mußte „nach dieser Treue“ (2. Chron. 32,1) niederschmetternd sein! Wie folgerichtig sein kurzes Gebet, begleitet von vielen Tränen: „Ach, Jehova! Gedenke doch, daß ich in Wahrheit und mit ungeteiltem Herzen vor Deinem Angesicht gewandelt und getan habe,

Sprache führen können, wenn für sein Tributzahlen nicht ein entlastender Grund vorhanden gewesen wäre? Und hätte Jehova sofort gnädiglich auf sein Gebet geantwortet: „... Ich habe dein Gebet gehört, Ich habe deine Tränen gesehen; siehe, Ich will dich heilen; am dritten Tag wirst du in das Haus Jehovas hinaufgehen ...“? Die Heilung erfolgte auf Anordnung Jesajas durch Anwendung eines gewöhnlichen Hausmittels. Der „dritte Tag“ gemahnt zu sehr an den Grundsatz der Auferstehung, als daß wir ihn übersehen könnten. Wir kommen noch darauf zu sprechen.

Der Bericht der Chronika bis 32,23 weist nur Bewundernswertes an Hiskia auf. Mit Energie und weiser Erwägung unternimmt er alles, was dazu dienlich ist, eine Belagerung auszuhalten, und ermutigt Kriegsoberste und Volk zum Vertrauen auf Jehova.

Scheint es nicht, als ob diese nach der Tributzahlung ins Gegenteil umgeschlagene Haltung Hiskias Sanheribs Mißtrauen wachgerufen hätte, so daß es in dem Bericht der Chronika anschließend, Vers 9, heißt: „Nach diesem sandte Sanherib seine Knechte nach Jerusalem ...“, und in dem Bericht 2. Kön. 18,17: „Aber (trotz des gesandten Silbers und Goldes) sandte der König von Assyrien von Lachis den Tartan ... mit einem großen Heere wider den König Jehiskia nach Jerusalem ...“? Und da Sanherib trotz seiner forschen Verhöhnung Jehovas das Empfinden hatte, wie man zu spüren meint, einem Grundsatz und einer Energie gegenüberzustehen, die ihm heimliche Angst einflößten, und da er gleichzeitig durch Nachrichten über einen Gegenzug des äthiopischen Herrschers beunruhigt wurde, so wiederholt er brieflich seine Schmähungen.

Wie einfach die Haltung Hiskias beide Male! Trotz seiner Gegenmaßnahmen das erstemal unterschätzt er die Gefahr nicht und erwartet Hilfe nur von Jehova und ist insonderheit über die Schmähung des Namens Jehovas betrübt und erhofft Ahndung. Die Antwort läßt auch nicht auf sich warten und enthüllt die Erfüllung seiner Wünsche. Wie einzig schön das Tun eines völlig aufrichtigen Herzens das zweitemal, mit dem Brief in das Haus Jehovas zu gehen, ihn vor Jehova auszubreiten und Jehova zu bitten, um Seiner Selbst willen der Schmähungen Sanheribs zu gedenken. Und wieder kommt sogleich tröstende, erhebende Antwort und die Befreiung.

Hätte Hiskia in das Haus Jehovas hinaufgehen können (2. Kön. 19,1 u. 14), wenn er nicht schon geheilt gewesen wäre?

Wie kurz, wie zusammenhängend und zwischenfallos lautet der Bericht der Chronika! Kein Makel an Hiskia, bis alles vorüber und größter Wohlstand wieder eingekehrt war, der ihm zum Fallstrick wurde. (2. Chron. 32,25-31!) Der Bericht ist eine Rückschau aus weitem Abstand. Denn die Bücher der Chronika wurden erst nach der Rückkehr aus Babylon verfaßt, wie aus den Geschlechtsregistern des ersten Buches hervorgeht. So kam das der Absicht des Geistes entgegen, nur das Wesentliche, das dem Zweck der Bücher entspricht, zu geben: Inmitten der Bedrängnis durch die Macht des Feindes ist der treue Nachfahre Davids die Hilfsquelle des Volkes, der ruhende Pol, man möchte fast sagen, der Friede selber, wie es in Micha 5,4-5 von dem Messias heißt: „Und dieser wird Friede sein“ ... „Er wird uns von Assyrien erretten, wenn es in unser Land kommt und wenn es in unsere Grenzen treten wird.“ Hiskia ist in diesem Zusammenhang tatsächlich ein Vorbild auf den Messias hin. Und anschließend auch in dem, was in Vers 23 steht, daß Gaben für Jehova nach Jerusalem und Kostbarkeiten für Hiskia, den König von Juda, gebracht wurden und er in den Augen aller Nationen erhoben wurde. Siehe dazu Ps. 72,10.11.15 und den Schlußsatz von Vers 17. Erstaunlicher Reichtum an jeder Art Gut wurde ihm von Gott gegeben, und seine Unternehmungen im zweiten Abschnitt seiner Regierungszeit, der 15 Jahre, sind durch dasselbe Wort gekennzeichnet wie die der ersten 14 Jahre: „Er hatte Gelingen in all seinem Tun.“

Die Söhne Korahs hatten in Psalm 85 die Worte geprägt: „Hören will ich, was Gott, Jehova, reden wird; denn Frieden wird Er reden zu Seinem Volke und zu Seinen Frommen, - nur daß sie nicht zur Torheit zurückkehren!“ War das nicht ein Wort, wie für Hiskia gesprochen? Und doch! War es eine Torheit gewesen, die von seiten Gottes Nachsicht erfuhr, vor dem Assyrer sich zu beugen, so war es eine viel größere, eine strafbare Torheit, zu vergessen, daß er nach seiner Genesung wegen der Betrübnis, in der seine Seele gewesen war, gesagt hatte: „Ich will sachte wallen alle meine Jahre“, und sein Herz sich erheben zu lassen. „Jehiskia vergalt nicht nach der Wohltat, die ihm erwiesen worden war.“ Die Erklärung hierzu finden wir in 2. Kön. 20. Daß

Hiskia die Boten des Könige von Babel, der damals ein Vasall des assyrischen Herrschers war, anhörte, läßt vermuten, daß es sich um eine geheime Botschaft handelte, die Fragen betreffs des Verhältnisses der Abhängigkeit von der assyrischen Oberhoheit betraf. Hiskia war der bewunderte Monarch, der das Joch des Assyrers abzuschütteln gewußt hatte, dem mußte man schmeicheln, man mußte das Wunder, das im Lande geschehen war, gebührend herausstreichen - und indem Hiskia sich das gefallen läßt, mit seinen Schätzen, seinem Reichtum, seiner Wehrhaftigkeit prunkt, gibt er sich und nicht Gott die Ehre. Die Ankunft der Gesandtschaft gab nur den Anlaß, aufzudecken, was schon vorher im Herzen Platz gegriffen hatte. Darum überließ ihn Gott sich selbst (2. Chron. 32,31), damit durch ihn selber die Gelegenheit herbeigeführt würde, daß Er ihm durch Jesaja mitteilen lassen könnte, daß Er ihm darob zürne. Da kommt aber nun die Grundhaltung der Seele Hiskias wieder zum Vorschein: Aufrichtigkeit. Er demütigt sich und ist dankbar dafür, daß wenigstens die geschenkten 5400 Tage seines noch währenden Lebens in Frieden und Bestand verlaufen würden.

Ich bin mir wohl bewußt, daß mit der göttlichen Zahlensymbolik nicht gespielt werden darf. Dennoch drängt es sich mir auf, daß in den fünfzehn Jahren die Bedeutung liegt, welche die Zahlen 10 und 5 in der Schrift haben: 10 ist die Verantwortlichkeit des Menschen gegen Gott; 5 die menschliche Schwachheit und menschliche Verantwortlichkeit und menschliches Zeugnis Menschen gegenüber. In beiden fehlte Hiskia: Er gab Gott nicht die Ehre und gab Menschen, den Gesandten, gegenüber nicht das Zeugnis, das er hätte ablegen sollen.

F. Kaupp.

(Schluß folgt, s. G. w.)

Gebete für alle Menschen und Obrigkeiten.

„Ich ermahne nun vor allen Dingen, daß Flehen, Gebete, Fürbitten, Danksagungen getan werden für alle Menschen, für Könige und alle, die in Hoheit sind.“ (1. Tim. 2,1.2)

gemacht hat zu einem Königtum, zu Priestern Seinem Gott und Vater“ (Offenb. 1,6), will, daß wir Priesterdienste praktisch ausüben. Deshalb diese besondere Ermahnung durch den Heiligen Geist, uns für alle Menschen und alle Obrigkeit im Gebet einzusetzen. Hier ist uns allen ein Dienst verordnet, von welchem wir wissen: Er ist „gut und angenehm vor unserem Heiland-Gott“. (1. Tim. 2,3)

Gott sucht das Heil der Menschen, und wir sollen Mitarbeiter durch unsere Fürbitte sein. Welche Liebe unseres Gottes liegt doch in diesem Wort: „welcher will, daß alle Menschen errettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen“. (V. 4) Unsere Fürbitte sollte deshalb auch aus einem Herzen der Liebe kommen. Unsere Gebete für die Menschen und für die, welche in Hoheit sind, sollten zuerst ihre Errettung zum Gegenstand haben. Doch nicht nur das, auch das Gesamtwohl der Menschen sollte uns am Herzen liegen. Die Schrift nennt keine besonderen Einzeldinge der Fürbitte. Es ist deshalb durchaus nicht ungeistlich zu nennen, wenn ein Bruder um Gnade zur Ernte, um fruchtbare Witterung oder um Frieden für unser Volk und für die Völker bittet.

Krieg und Frieden hat Gott in die Hand der Obrigkeit gelegt. Deshalb ist die Fürbitte für die Obrigkeit so sehr, sehr wichtig. Viel Weisheit bedarf die Obrigkeit bei den vorkommenden politischen Schwierigkeiten. Wir wissen ja, wie selbstsüchtig und rücksichtslos im allgemeinen obrigkeitliche Gewalten gegenüber anderen Völkern sind, daß selbst der Ruin oder der Untergang eines Volkes für nichts geachtet wird. Aber, Gott sei Dank, Er sitzt im Oberregiment, und Er will, daß wir als ein königliches Priestertum Anteil nehmen an dem Wohl und Wehe der Völker durch unsere Gebete. Unsere Gebete sind durchaus nicht überflüssig. Wie oft hat Gott mächtige Taten getan zufolge der Fürbitte.

Bei der Fürbitte sollten wir nicht nur an die höchste Obrigkeit unseres Vaterlandes denken, auch an die unterstellten Obrigkeiten, an die der Städte und Dörfer. Und nicht nur das, auch an die Obrigkeit der anderen Völker sollen wir denken, denn das Wort spricht von „allen, die in Hoheit sind“.

Völkern, sie bedarf vor allem der Weisheit zur Regierung des eigenen Volkes, sonderlich aber in Zeiten der Not. Laßt uns deshalb die Mahnung zur Fürbitte zu Herzen nehmen. Der Segen der Fürbitte fällt auf uns selbst zurück: „Daß wir ein ruhiges und stilles Leben führen mögen in aller Gottseligkeit und würdigem Ernst.“ (V. 2)

Nach dem eingangs genannten Worte sollten wir nicht nur für andere bitten, sondern auch danksagen. Wir sollen danksagen für die Güte unseres Gottes an allen Menschen und an der Obrigkeit. Ja, auch für die Obrigkeit selbst dürfen wir danken, ist sie doch Gottes Dienerin, den Menschen und uns selbst zum Guten. Sorgt doch gerade diese für den Frieden des Landes, für Ordnung und Wohlfahrt. - Doch an genannter Stelle ist vom Danksagen für andere die Rede. Der Ungläubige dankt Gott nicht. Deshalb sollen wir das für ihn tun. Gott ist gütig gegen die Bösen und Undankbaren. Für diese Seine Güte an ihnen dürfen wir danken. Welche hohe Aufgabe!

Ja, es ist uns als ein königliches Priestertum zur Aufgabe gemacht von unserem Gott, daß wir vor Ihm eintreten sollen mit Flehen, Gebeten, Fürbitten, Danksagungen für alle Menschen und alle Obrigkeit.

O. Dietrich.

Für junge Gläubige

Göttliche Bildung.

A. Im allgemeinen verstehen wir unter Bildung ein fleißiges Zusammentragen und eine Anhäufung von Wissen um bestimmte Dinge und Vorgänge. Dabei setzt man gleichzeitig auch voraus, daß dieses Wissen einen entsprechenden Einfluß auf unser Wesen und Benehmen ausübt. Bemüht sich unsere Bildung, die Zusammenhange des Lebens und der damit verbundenen Erscheinungen in unserem menschlichen Gesichtskreis wahr und gerecht zu erkennen, dann ist sie in jedem Fall Gewinn. Sie muß dann folgerichtig im letzten Grunde auf

die Größe und Allmacht des Schöpfers aller Dinge hinweisen. Wahre Bildung ist nichts, womit man sich und seiner Umgebung etwas vormacht, sondern sie ist ein geistiger Gewinn, welcher zur Gelegenheit angenehm und nützlich zum Ausdruck kommt.

Bei unserem Thema aber ist nicht die Bildung gemeint, die ein gesammeltes und erarbeitetes Wissen verkörpert, sondern es kann sich hierbei nur um das durch Gottes Wort und den Heiligen Geist gezeugte und gestaltete Wesen der Gläubigen handeln. (1. Petr. 1,23 und Jak. 1,18) Die göttliche Bildung befaßt sich also nur mit dem neuen Menschen (2. Kor.5, 17), dem aus Gott geborenen, der allein in diesem Sinne bildungsfähig ist und der in unserem Leben unter allen Umständen die bestimmende Vorherrschaft haben soll und muß. Die göttliche Bildung begnügt sich aber nicht mit Verschönerungen und Verzierungen unseres natürlichen Menschen; sie geht vielmehr den Weg von innen nach außen. Sie ist mehr im formenden und gestaltenden Sinne zu verstehen. Demgemäß kann die göttliche Bildung auch nicht erworben werden. Wir werden gebildet: Im Anschauen Seines Bildes werden wir gebildet, gestaltet und verwandelt nach demselben Bilde. (2. Kor. 3,18) Wir sind Sein Werk. (Eph. 2,10) Der Heilige Geist hat diese Aufgabe übernommen und wirkt in uns und formt uns, soweit wir Ihm und Seinem Wirken Raum geben.

In 1. Petr. 1,14 steht der Aufforderung, uns nicht nach den vorigen Lüsten zu bilden, die Ermahnung zum Gehorsam und zum Heiligsein gegenüber. In dieser Gegenüberstellung wird zugleich auf die Grundlage hingewiesen, auf der sich die vom HErrn erstrebte und von uns - wenn wir geistlich gesinnt sind - erwünschte Bildung vollziehen kann: Gehorsam und Absonderung. Mit dem Gehorsam in engster Beziehung steht die Demut, gleichsam in den Gehorsam vor dem HErrn eingeschlossen. Auf der wahren Demut vermag der Heilige Geist die beste Bildungsarbeit aufzubauen. (Phil. 2,8) Das sind die Voraussetzungen, die Gott von uns, die wir gebildet werden sollen, erwartet. (Vgl. Matth. 11,29)

Inwieweit der Heilige Geist Seine Arbeit an uns tun konnte und inwieweit wir mit Fleiß darauf eingegangen sind, insoweit wird die göttliche Bildung ihren Einfluß entfalten können. Die Äußerungen und Ausflüsse unserer Persönlichkeit werden den entsprechenden Stempel tragen.

(Matth. 12,33 u. 34) Bei unserem HErrn, unserem Vorbild, das wir anschauen, war es immer Herrlichkeit, die aus Ihm herausstrahlte. Seine Handlungen und Seine Worte hatten immer dieses Gepräge. Er konnte von Sich sagen: „Ich bin durchaus das, was Ich auch zu euch rede!“ (Joh. 8,25) O wie unendlich weit sind wir davon entfernt!

Sind wir göttlich gebildet, dann wird uns - bei aller Entschiedenheit - bis zu den kleinsten Abwicklungen des täglichen Lebens geistlicher Takt bestimmen. Dann wird sich deutlich die Gesinnung Jesu Christi in unserem Leben auswirken und z. B. im vornehmen Verzichten und im taktvollen, unauffälligen Zurücktreten erkennbar werden. Nichts wird dann bei uns von geheuchelter Demut zu sehen sein, wie sie sich oft in freundlich lächelnden Gesichtern, in kniefälligen Verbeugungen und untertänigen Gesten kundtut. Nein, gerade, aufrecht, kernig, frisch und offen, dabei maßvoll und gesetzt darf man sich einen Menschen in der göttlichen Schule vorstellen, an dem der Heilige Geist schon etwas auswirken und gestalten konnte. Wenn wir so den Maßstab an uns legen und so den Begriff göttlicher Bildung betrachten, dann erkennen wir aufs neue, wie nötig es für uns ist, Fleiß anzuwenden und uns dem bildenden Einfluß des Geistes Gottes in jeder Weise auszusetzen. Unserem Fleisch ist dies selbstverständlich unangenehm; wird ihm doch mit jedem geistlichen Fortschritt Zug um Zug der Boden entrissen! Was aber die erziehende Gnade an einem Menschen zu wirken vermag, sehen wir bei Moses. Erst ist er ein aufbrausender Totschläger, aber gegen Ende seines Lebens, nachdem ihn Gott in Seine Schule genommen hatte, wird er sanftmütiger als alle anderen genannt.

Gott möchte auch mit uns auf solche Weise zu Seinem Ziel kommen, damit wir unseren teuren HErrn in der rechten Weise ehren und eine sichtbare Empfehlung für das kostbare Evangelium werden.

Harry Schaebs.

B. Im Hinblick auf unser Christenleben ist es so sehr nötig, daß wir Theorie und Praxis auf eine Stufe bringen, wenn wir uns nicht selbst betrügen wollen. Denn einmal wird die Hülle unseres

Bildung genossen hat, erkennt man auch an seinem Umgang mit anderen. So offenbaren auch wir durch unsere Handlungen, durch unser Verhalten und unser Reden, wie weit wir an unser Vorbild, Christus, herangekommen sind.

In 1. Petr. 1,14 wird uns der Weg gezeigt, wie wir göttlich gebildet werden: durch Gehorsam. Paulus sagt dem König Agrippa: „Daher war ich nicht ungehorsam dem himmlischen Gesicht!“ (Apgesch. 26,19) Er folgte den göttlichen Unterweisungen und konnte sich daher schließlich selbst als Vorbild hinstellen und andere auffordern, seine Nachahmer zu werden.

Dann, in Vers 17-19, wird uns die Ursache genannt, warum wir göttlich Gebildete sein sollen: weil wir Gott als Vater anrufen dürfen und erkauft worden sind, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit dem kostbaren Blute Christi.

In 2. Petr. 1,3-11 werden wir gewissermaßen ins Examen gestellt. Da finden wir das Ergebnis göttlicher Bildung und die Kennzeichen dessen, bei dem sie gefunden wird. Es wird aber auch der gezeigt, der faul war, der also keinen Fleiß angewandt hat. Im Versenken in dieses Wort ist mein Herz so voll. Mit kritischem Blick lasse ich mein eigenes Leben und Tun an demselben vorbeigleiten, und da heißt es immer wieder: „Mehr Fleiß anwenden!“

Ach, ihr lieben Geschwister, bald ist die Hochschule Gottes beendet, bald treten wir ein in die ewige Herrlichkeit. Dann wird es sich zeigen, was wir gelernt hatten. Jetzt haben wir noch Gelegenheit, in einer gottfeindlichen Welt, dazu in einem Leibe der Niedrigkeit, Christus zu offenbaren, indem wir Briefe sind, die von jedermann gelesen werden. Darum nicht müde werden! Seine göttliche Kraft reicht alles dar.

Willy Dannert.

Als Gläubige können wir nur dann ein gutes Vorbild sein, wenn wir ein gutes Abbild unseres HErrn geworden sind.

Frage und Antwort

Ergänzung zu der Antwort Auf Frage 14 (Offenb. 22,13):

In den drei Bezeichnungen in Offenb. 22,13 können auch folgende Gedanken als unterschiedliche Bedeutung dieser drei Bezeichnungen gesehen werden:

Zu „das Alpha und das Omega“:

Er ist die vollkommene und einzige Offenbarung Gottes. Außer Ihm ist keine Offenbarung Gottes möglich, so wenig wie ein Mensch ohne die im Alphabet enthaltenen Laute oder Buchstaben sich äußern (offenbaren) kann. (Joh. 1,1.14.18; Kol. 1,15a; Hebr. 1,3)

Zu „der Erste und der Letzte“:

Er ist Der, gegen den alle zurücktreten, der den ersten Platz einnimmt und das letzte Wort sprechen wird. (Joh. 1,14; 5,21-23a.27.28; Kol. 1,15b-17; Offenb. 20,11)

Zu „der Anfang und das Ende“:

Er ist Der, durch den alles ist, alles seinen Anfang hat, und der alles zur Vollendung hinausführen wird. (Joh. 1,1-3; Kol. 1,16; Hebr. 1,2; 1. Kor. 15,24-27a; Offenb. 21,5a)

Also:

„Ich bin das Alpha und das Omega“ = Er als die Offenbarung Gottes; „der Erste und der Letzte“ = Er als die über alles stehende Person; „der Anfang und das Ende“ = Er als der Urheber und Vollender der ganzen Schöpfung.

Franz Kaupp.

Frage 17:

„Jünglinge“ und „Kindlein“).

Antwort

Die in der Frage erwähnten Gegensätze kommen erst von V. 13 an in Betracht, weil das in V. 12 in manchen Übersetzungen (z. B. Elberf.) mit „Kinder“, in manchen (z. B. Luther; Wiese) mit „Kindlein“ übersetzte Wort im Grundtext ein anderes, in einem anderen Sinne gebrauchtes Wort ist, als das in V. 13 im Gegensatz zu „Väter“ und „Jünglinge“ gebrauchte, mit „Kindlein“ übersetzte Wort. Die Worte „Kinder“ und „Kindlein“ kommen in diesem Briefe zusammen 14mal vor, und zwar im Grundtext in drei verschiedenen Worten. Als erstes finden wir Kap. 2,1 (und dann noch 2,12.28; 3,7.18; 4,4; 5,21; zusammen 7mal) das mit „Kinder“ bzw. „Kindlein“ übersetzte Wort (teknia). Dasselbe kommt im ganzen Neuen Testament überhaupt nur 9mal vor (außer hier noch Joh. 13,33 und Gal. 4,19) und bedeutet „kleine Kinder“, „Kindlein“, gleichsam als Kosename, wie jemand zu anderen, ihm Lieben, sagt: „Liebe Kinder ...“, und wird von dem Apostel immer als Anrede an die Empfänger des Briefes gebraucht in dem Sinne, daß es sein Verhältnis väterlicher Liebe zu ihnen ausdrücken und zugleich sie an ihr Noch-nicht-vollkommen-Sein und die Notwendigkeit ihres Heranwachsens und Lernens erinnern soll. Es richtet sich also stets an alle Gläubigen. Als zweites finden wir in Kap. 2,13 und 18 (nur in diesen beiden Versen) das ebenfalls mit „Kindlein“ übersetzte Wort (paidia). Dieses aber hebt mehr den Zustand des Kleinseins, der Einfalt und des Angewiesenseins auf den Beistand anderer hervor (wie z. B. Matth. 18,2-5; 19,13.14), bedeutet also hier den Anfangszustand im Glaubensleben im Gegensatz zu anderen, im Glaubensleben Vorangeschrittenen. Und als drittes erscheint noch in Kap. 3,1 (und 3,2; 3,10 [zweimal]; 5,2; zusammen 5mal) das mit „Kinder“ übersetzte Wort (tekna). Dieses weist auf die Abstammung hin: „Kinder Gottes“; „Kinder des Teufels“ (u. a. siehe Matth. 2,18; 22,24; Joh. 1,12; 8,39). Diese Unterschiede zu beachten ist wichtig für die rechte Einteilung und Auslegung des uns vorliegenden Schriftabschnittes. Ihre Nichtbeachtung bringt Wirrwarr. Aus obigem ersehen wir, daß „Kinder“ bzw. „Kindlein“ V. 12 alle betrifft: An sie alle schreibt der Apostel, weil ihnen allen „die Sünden vergeben sind um Seines Namens willen“. Darin gab und gibt es keinen Unterschied. Aber es gab und gibt einen

Unterschied in dem geistlichen Wachstum, in der geistlichen Erfahrung und Reife im Glaubensleben, und im Blick auf diesen Unterschied teilt nun (V. 13-27) der Apostel die in V. 12 Angeredeten in drei Klassen ein - in „Väter“, „Jünglinge“ und „Kindlein“, und sagt V. 13 erst jeder dieser drei Klassen, warum er ihnen schreibt. „Ich schreibe euch ...“; das ist im Blick auf das, was sie kennzeichnet. Und dann V. 14a,14b und 21 sagt er wiederum jeder dieser drei Klassen, warum er ihnen geschrieben hat. „Ich habe euch geschrieben ...“; d. i. gleichsam zur Begründung und Vertiefung des V. 13 über sie Gesagten.

Die Gegensätze zwischen den drei Klassen sind in den von dem Apostel gebrauchten Bezeichnungen „Väter“, „Jünglinge“ und „Kindlein“ und dem jeder dieser drei Klassen Gesagten leicht zu erkennen: Väter haben Kenntnis und Erfahrung gesammelt und sind gereift; Jünglinge sind im Wachstum vorangeschritten und sind stark und kampffreudig; Kindlein aber haben den Lebensweg erst begonnen und sind noch klein, schwach und hilfsbedürftig, unwissend und unerfahren. Geradeso ist es im Glaubensleben, und dementsprechend kennzeichnet der Apostel die drei Klassen in ihrer Verschiedenheit (V. 13), und belehrt und ermuntert er sie ihrem Zustand und Bedürfnis entsprechend. (V. 14-27)

Zu den „Vätern“ bedarf es, ihrer Reife entsprechend, nur weniger Worte: Sie haben „Den erkannt, der von Anfang ist“, d. i. Christum, in der Herrlichkeit Seiner Person, was Er war als Mensch hienieden und was Er ist als der verherrlichte Mensch droben. Das schließt alles Erkennen in sich. Das setzt den alten Menschen beiseite und Ihn an dessen Stelle. Dieses ist eine Erfahrung, die ein Kind Gottes je mehr machen darf, je länger es auf dem Wege des Glaubens vorangeht. Je älter wir werden im Glaubensleben, desto mehr erkennen wir Ihn, wie ganz und völlig Er unseren Platz einnahm hienieden Gott gegenüber und was Er für uns ist droben, und in dem Maße wird Er uns herrlicher und gewinnt Er Gestalt in uns und unserem Leben! Darum finden wir in V. 14a nur nochmals den Hinweis auf das, was sie, die „Väter“, kennzeichnet, aber keine besondere Belehrung und Ermahnung.

Die „Jünglinge“ sind noch nicht dahin gelangt, aber sie sind in einem gesunden Wachstum im Glaubensleben stark geworden, indem sie in ihrem Herzen und Leben dem Worte Gottes den

rechten Platz eingeräumt haben, und haben so „den Bösen überwunden“. Sie kämpfen „den guten Kampf des Glaubens“ (1.Tim. 6,12) siegreich in Seiner Kraft. Aber auch gerade sie, als in diesem Kampfe stehend, sind mehr als die erfahrenen „Väter“ und die noch nicht in den Kampf eingetretenen „Kindlein“ der Gefahr ausgesetzt, von der Welt und ihren Dingen angezogen und dadurch kampfunfähig gemacht zu werden. Darum die Belehrung und Ermahnung: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist“ usw. (V. 15-17)

Die „Kindlein“ wieder sind in einer anderen Gefahr: verführt zu werden durch „Antichristen“ (V. 18), falsche Lehrer, die deshalb den unerfahrenen „Kindlein“ so gefährlich waren und sind, weil sie den Schein zu erwecken suchten und suchen, als ob sie „von uns“ wären. (V. 19) Im Blick hierauf belehrt und warnt sie der Apostel. Und: Obwohl sie noch „Kindlein“ waren, hatten sie doch „die Salbung von dem Heiligen“, den Heiligen Geist, und damit war ihnen die ganze Wahrheit erschlossen; sie brauchten nur sich von Ihm belehren zu lassen; dann würden sie in Ihm bleiben. (V. 20-27)

Alles in dem betrachteten Abschnitt Gesagte gilt auch heute noch genau so wie damals, als der Brief geschrieben wurde. Auch heute noch gibt es „Väter“, „Jünglinge“ und „Kindlein“. Die „Väter“ haben alles das erfahren, was von den „Jünglingen“ und „Kindlein“ gesagt ist, und beachten und verwirklichen das, was diesen zur Belehrung und Ermahnung gesagt ist, und dasselbe gilt bezüglich der „Jünglinge“ im Blick auf das von und zu den „Kindlein“ Gesagte. Alle aber - „Väter“, „Jünglinge“ und „Kindlein“ - sind die „Kinder“ bzw. „Kindlein“, an die der Apostel sich vor V. 13 und nach V. 27 des Kap. 2 wendet.

Theodor Küttner.

Gedicht

Hier gehen wir und streuen

Die Tränensaat ins Feld,

Dort werden wir uns freuen

Im sel'gen Himmelszelt.

Wir sehnen uns hienieden

Dorthin ins Vaterhaus

Und wissen's: die geschieden,

Die ruhen dort schon aus.

(Eleonore Fürstin Reuß.)

Elia am Horeb

(1. Kön. 19,8ff.)

Gott hatte mit Seinem Knecht Elia zu reden. Auch mit uns hat Er zu reden. Elia trug falsche Gedanken über seinen Gott und Dessen Weg in seinem Herzen. Unzufrieden mit dem Lauf der Dinge, will er den Prophetendienst aufgeben. Er möchte sterben und bittet Gott, seine Seele von ihm zu nehmen.

Gott aber ist nicht fertig mit Seinem Knecht. Er will ihn wieder zurechtbringen und ihn noch weiter in Seinem Dienst gebrauchen. Welch wunderbare Langmut und Gnade Gottes! Am Horeb will Er mit ihm reden, aber zuvor soll er Seine Güte und Seine Macht schauen: Durch einen Engel läßt Er ihm Himmelsbrot darreichen.

In der Kraft dieser Speise kommt Elia nach einer Wanderung von 40 Tagen und 40 Nächten an den Berg Gottes. Berührte diese treue Sorge Gottes sein Herz? Wir wissen es nicht. So wie er sich nach der Tagereise in der Wüste unter den Ginsterstrauch setzte, so geht er jetzt in die Höhle des Horeb. Hatte er unter dem Ginsterstrauch nicht sterben können, so will er nun in der

Höhle bleiben. Der Arbeit und des Dienstes müde, sucht er die Einsamkeit und Verlassenheit, um seinen trüben Gedanken nachzuhängen.

Sehen wir nicht in Elia unser Bild? Wie leicht sind auch wir verzagt, wenn unsere Arbeit ohne Erfolg ist, sie abgelehnt, ihr widerstanden wird, oder es sonst nicht nach unserem Sinne geht. Unser Auge sieht dann nur Schwierigkeiten und niederdrückende Umstände, aber nicht die Treue und Liebe unseres Gottes. Was sind wir doch für verzagte Gebilde, wenn der Glaube nicht mehr mit dem lebendigen Gott und Dessen Treue rechnet!

In der Kraft des Glaubens vermochte David dem Riesen Goliath entgegenzutreten, und doch konnte er nach einem solchen Erleben der Treue Gottes an einem späteren Tage sagen: „Nun werde ich eines Tages durch die Hand Sauls umkommen.“ (1. Sam. 27,1) Der Unglaube der Kundschafter sprach: „Wir waren in unseren Augen wie Heuschrecken, und also waren wir auch in ihren Augen.“ Kalebs Glaube aber sprach: „Wir werden es gewißlich überwältigen.“ (4. Mos. 13,30.33)

Wunderbar ist Gottes Güte! Er will Elia von seinem Irren zurechtbringen und in das Licht Seines Wesens und Seiner Gnade führen. Er liebt uns zu sehr, um uns in unserer Verzagtheit eigene Wege gehen zu lassen. Das Wort des HErrn geschah zu Elia: „Was tust du hier, Elia?“ Auch in den früheren Tagen seines Glaubenswandels geschah das Wort des HErrn zu Elia, sowohl bei seinem Hintreten vor Ahab als auch am Bache Krith, in Zarpath usw. Nie zuvor aber wurde ihm die ernste und prüfende Frage vorgelegt: „Was tust du hier, Elia?“ Am Krith, in Zarpath usw. brauchte der HErr danach nicht zu fragen, denn Sein Knecht befand sich dort, wo Er ihn haben wollte.

Wollen wir diese erforschende Frage des HErrn nicht auch an uns gerichtet sein lassen? „Was tust du hier?“ Und wiederum: „Was tust du hier?“ Die Höhle war nicht der Platz, an dem der HErr Elia haben wollte. Es war ein Platz seiner eigenen Wahl. Wo sind wir? Sind wir an dem Platze, an dem der HErr uns haben will? Und was tun wir? Sind wir nur hier, um für unser irdisches Leben zu wirken? Elia tat nichts. Und wir? Braucht der HErr keine Arbeiter für Sein

schien ihm vergeblich zu sein. Vielleicht bist auch du durch scheinbare Mißerfolge müde geworden und stehst enttäuscht, verzagt oder gar verärgert, nutzlos zur Seite; und nicht nur das, durch dein Verhalten bist du auch noch deinen Brüdern ein Hindernis. Möchte die Frage des HErrn: „Was tust du hier?“ jeden, der müde geworden, wieder aufrichten. Die Ankunft des HErrn ist nahe!

Die Antwort, die Elia auf die Frage des HErrn gibt, zeigt uns, wie es in der Seele des Propheten aussah: „Ich habe sehr geeifert für Jehova, den Gott der Heerscharen; denn die Kinder Israel haben Deinen Bund verlassen, Deine Altäre haben sie niedergerissen und Deine Propheten mit dem Schwerte getötet; und ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten nach meinem Leben, es mir zu nehmen.“ Das ist die Antwort, die er Gott aus der Höhle heraus gibt.

Welche Veränderung muß in der Seele des Propheten vorgegangen sein?! Wir sehen dieses besonders, wenn wir sein jetziges Auftreten mit dem auf dem Berge Karmel vergleichen. Dort war sein ganzes Bemühen darauf gerichtet, seine Brüder zum HErrn zurückzuführen, jetzt aber tritt er wider sie vor Gott auf. (Röm. 11,2.3) Er rechtfertigt sich, und ihre Sünden zählt und deckt er auf.

So ist es, wenn wir uns nicht mehr in der Gegenwart des HErrn befinden. Dann fangen wir an, uns selbst zu erheben und zu rechtfertigen, unsere Brüder aber anzuklagen. Das ist die natürliche Folge einer solchen Herzensstellung.

Elia sieht sich als den einzigen an, der für Jehova geeifert und gewirkt hatte. Was sollte er noch weiter für den HErrn eifern, da das Volk den Bund verlassen, die Altäre niedergerissen hatte und ihm nach dem Leben trachtete? Er will deshalb in der Höhle bleiben. Läßt der HErr ihn in der Höhle? Nein! Er ruft ihn heraus: „Gehe heraus und stelle dich auf den Berg vor Jehova.“ Er soll wieder wie ehedem seinen Stand vor dem HErrn einnehmen. (1. Kön. 17,1) In Seiner Gegenwart soll er lernen, daß die wahre Ursache seiner Verzagtheit nicht die Erfolglosigkeit seines Eifers, nicht der Zustand des Volkes, nicht das Trachten nach seinem Leben sei - das war schon alles zuvor da - sondern der wirkliche Grund war, daß er nicht mehr vor dem HErrn

auf den HErrn gerichtet gewesen, so würde er keine Schwierigketten gesehen haben. Das allein war die wahre Ursache seines Zukurzkommens.

Elia geht nicht sofort aus der Höhle. Ein gewaltiger Wind (der die Berge zerriß), ein Erdbeben, ein Feuer gehen vor Jehova her. Elia hatte das Feuer Jehovas herabfallen, den Himmel schwarz von Wolken und Wind gesehen und sie als mächtige Boten des lebendigen Gottes erkannt. Würde Gott jetzt eingreifen? Dem Herzen Elias hätte es gewiß entsprochen, wenn Gott mit diesen Gerichtsboten das treulose Volk heimgesucht und die gottlose Isebel mitsamt den Propheten der Aschera zerschmettert hätte. Nun aber ging es den Gottlosen wohl, und so glaubte er Grund zum Unmut und zur Unzufriedenheit zu haben. Hier sehen wir wieder unser eigenes Herz. Haben wir nicht auch zuweilen gemeint, jetzt sei es Zeit, jetzt müsse der HErr mit Seinem Gericht dareinfahren?

Elia sah die Furchtbarkeit dieser Gewalten, aber er spürte, daß Gott nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer war. Warum war Gott nicht darin? Weil Er jetzt wieder in Gnade mit Seinem Volke handeln wollte. Er hatte dies Elia schon angezeigt, als Er ihm sagte: „Ich will Regen geben auf den Erdboden.“ (1. Kön. 18,1) Sturm, Erdbeben, Feuer offenbaren nicht Sein Herz, sie mögen Zeugen Seiner Macht und Seiner Gerichte sein, aber das, was Er ist, Sein wahres Wesen, offenbaren sie nicht.

Alsdann vernimmt Elia die Stimme eines leisen Säuselns - die leise zarte Stimme der Liebe und Gnade. Sie entspricht dem Wesen Dessen, der Sich dem Sünder in Liebe und Gnade offenbart.

Als das leise Säuseln Elias Ohr berührt, erkennt er Gottes Stimme, erkennt er den Gott, der, wenn Er auch züchtigt und betrübt, Sich doch nach der Größe Seiner Gnade wieder erbarmt. (Klagel. 3,32.33) Sturm, Erdbeben und Feuer müssen oft erst ihr Werk an uns ausrichten und uns von unserer Höhe herunterbringen, damit unser Herz für die leise, zarte Stimme der Gnade geöffnet ist. Wir verstehen oft die Unterweisungen des HErrn nicht, weil unser Herz nicht in der rechten Stellung zu Ihm steht. Nur in Seiner Gegenwart lernen wir uns selbst erkennen. Nur dort werden wir gelöst von uns und von unserer Selbstwichtigkeit. Auch Elia mußte dieses

Elia ist aus der Höhle herausgetreten und steht am Eingang derselben, das Angesicht verhüllt mit seinem Mantel. Zum zweiten Male legt der HErr ihm die prüfende Frage vor: „Was tust du hier, Elia?“ Er soll sie jetzt im Lichte Seiner Gegenwart prüfen und beantworten. Elia hatte Zeit gehabt, nachzudenken. Schlägt er in sich? Erkennt er seinen eigenwilligen Weg? Kommt das kleine Wort: „Vergib, HErr!“ über seine Lippen? Er ist noch nicht frei von Unmut. Gottes Handeln in Gnade mit dem Volke entsprach seinem Herzen nicht. Und so wiederholt er seine Antwort, die er zuvor aus der Höhle heraus Gott gegeben hatte.

Was Elia sagte, entsprach gewiß den Tatsachen, aber nicht dem Geiste, in dem Gott jetzt Seinem Volke dargestellt werden wollte.

Nachdem Elia wiederum gegen Gottes Volk vor dem Gott, der Gnade üben wollte, aufgetreten war (Röm. 11,2), vernimmt er Gottes Urteil: „Gehe, kehre zurück deines Weges nach der Wüste.“ Der HErr sagt: „deines Weges“. Es war nicht Sein Weg. Elia muß zum Anfang seines Weges zurückkehren. Gott übersieht aber auch das Böse nicht. Hasael, der König von Syrien, soll die Zuchtrute für Israels Sünden und Jehu für Isebels Sünden sein; Elisa aber soll zum Propheten an Elias Statt gerufen werden. Gott gibt nichts von Seinem Plane auf; Er will Seinen Knecht Elia noch weiter gebrauchen, aber für den Dienst der Gnade, in der Gott Sich jetzt Seinem Volke offenbaren wollte, da sollte ein anderer an seiner Statt eintreten.

Hier, am Horeb, muß Elia lernen, daß der HErr für die Ausführung Seines Willens nicht um Werkzeuge verlegen ist. Siebentausend waren da, die dem HErrn zur Verfügung standen. Er war nur einer von siebentausend, die ihre Knie nicht vor dem Baal gebeugt hatten.

Elia ist still geworden; demütig, gehorsam geht er, Elisa, seinen Nachfolger, aufzusuchen und den Prophetenmantel über dessen Schulter zu legen. Welche Gefühle mochten auf diesem Wege durch seine Seele gehen? Was er hier am Horeb lernen mußte, das konnte er nicht am Bache Krith noch in Zarpath, noch auf dem Karmel lernen.

Alle, die der HErr als Seine Werkzeuge in Seine Hand nimmt, bedürfen der besonderen und

bewahrenden Gnade, nicht auf sich noch auf Erfolg, sondern auf den HErrn zu schauen. Seine Fußtapfen zeigen uns den Weg, den wir oft nicht verstehen.

Alles, was Elia in Klage vor Gott brachte, finden wir in Vollkommenheit bei unserem HErrn. Auch Er konnte vom Eifer reden und sagen: „Der Eifer um Dein Haus hat Mich verzehrt.“ (Ps. 69,9) Und nie war der Zustand des Volkes Israel tiefer gesunken als in den Tagen, da der HErr in ihrer Mitte wirkte. Und so, wie sie Elia nach dem Leben trachteten, so konnte auch der HErr sagen: „Ihr suchet Mich zu töten.“ (Joh. 8,37.40) Aber nie verließ Er auch nur für einen Augenblick den Weg des Gehorsams und der Abhängigkeit von Seinem Vater. Er konnte sagen: „Ich habe Jehova stets vor Mich gestellt ... Fülle von Freuden ist vor Deinem Angesicht.“ (Ps. 16,8-11)

In der Wüste, wo wir gehen,

Ist ein Fußpfad nur zu sehen:

Deiner Füße Spur im Sand.

A. v. d. Kammer

Das Wort unseres Gottes

„Der Himmel und die Erde werden vergehen, Meine Worte aber sollen nicht vergehen.“ (Matth. 24,35)

Wir Menschenkinder bedürfen auf unserem Wege so sehr der Ermunterung und der Ermahnung. Uns Gotteskindern gilt das in jeder Hinsicht. Wir sollten daher die Ermahnungen des Wortes nicht als eine unliebsame Angelegenheit ansehen, sondern in ihnen den besonderen Liebesbeweis der Vatergüte unseres Gottes erkennen. Er weiß, daß wir der Ermahnung bedürfen, und wir wissen, daß wir sie nicht entbehren können, wenn wir nicht Schaden leiden wollen am inwendigen Menschen.

Ist es nicht beschämend für das Volk Gottes, daß es in fast zweitausendjähriger Geschichte so wenig vom Kraftquell des Wortes aufgenommen hat? Es ist deshalb so nötig für uns, daß wir als die Begnadigten des HErrn uns immer mehr und immer wieder am Wort orientieren.

Denken wir einmal über die Entstehung und Ausbreitung unseres ewigen Gotteswortes nach! Anders als jedes andere Buch der Welt ist seine Geschichte. Nicht - wie es in der Regel der Fall ist - nur eine kurze Zeit im Mittelpunkt des Interesses einer kleinen oder großen Öffentlichkeit stehend, hat die Bibel ihren Weg genommen, sondern je länger desto mehr hat sie die Augen der Weltöffentlichkeit auf sich gelenkt. Nicht nur ein Volk der Erde befaßt sich mit ihr, nicht nur eine Zeitperiode zog sie in ihren Bann; nein, ihre Frische und Klarheit erfüllt je länger je mehr die Herzen und Häuser der Menschen. Sie ist nicht in kurzer Befristung entstanden, denn mehr als 1500 Jahre haben Männer Gottes geredet und geschrieben als gehorsame Werkzeuge Gottes, des HErrn.

Seit jenen Tagen der Reformation, als D. Martin Luther an die große Aufgabe der Bibelübersetzung heranging und die Bibel als das Wort Gottes und als unantastbares Programm Gottes ihren Siegeslauf über diese Erde begann, hat sie wie kein anderes Buch vor und nach ihr die Völker der Erde in ihren segensreichen Bannkreis gezogen, die ganze Welt beschäftigt sich mit ihr, muß zu ihr Stellung nehmen und in irgendwelche Beziehung zu ihr treten.

Unbestritten ist und bleibt die Bibel das meistverbreitete und meistgelesene Buch der Welt. In fast tausend Sprachen erquicken sich an ihrem köstlichen Inhalt die Völker und Stämme und Rassen der Erde und erfahren ihre befreiende und seligmachende Wirkung und Wahrheit. Über die ganze Erde spannt sich das Netz der Anbeter und Bekenner zum ewigen Gotteswort.

Zu allen Zeiten hat die Bibel auch scharfe Kritiker gekannt, jedoch: Ihre Kritiker sind gefallen und werden fallen, sie selbst aber als das über allen Strömungen und Meinungen der Menschen stehende Gotteswort ist geblieben und wird ewig bleiben, weil der Mund ewiger Wahrheit es selbst aussprach: „Der Himmel und die Erde werden vergehen, Meine Worte aber sollen nicht vergehen.“

Uns aber soll nicht bange sein um die Zukunft des Wortes, wir wollen uns unverwandt zu ihm bekennen und es mit ihm halten. Darum: Mit dem Wort und durch das Wort immer für das Wort! Es sei und bleibe uns „unseres Fußes Leuchte und das Licht auf unserem Wege“. (Ps. 119,105)

Herm. Bräutigam

Hiskia

2. Kön. 18-20; 2. Chron. 29-32; Jes. 36-39.

Das eine und andere aus seiner Lebensgeschichte.

(Schluß.)

Nach der in 2. Chronika in allen Einzelheiten mitgeteilten Reinigung des Tempels, der Wiederherstellung der gottesdienstlichen Einrichtungen und der Feier des Passah erscheint der Inhalt des 32. Kapitels in seiner gedrängten Kürze wie drei Prüfungen, durch die Hiskia zu gehen hatte. Sie sehen denen Hiobs gleich. Die erste wird durch Feinde verursacht und bringt Hiob um den Besitz der Habe, Hiskia um den Besitz aller Städte bis auf Jerusalem. Sie wird bestanden. Die zweite greift die Person selber an; ist aber nicht imstande, die Seele beider von Gott abzuziehen. In der dritten und letzten treten Freunde auf den Plan, bei Hiob freilich anders als bei Hiskia; das Ergebnis aber ist dasselbe: Es kommt zum Vorschein, was im Herzen ist. Dann redet Gott Selber noch und bringt Hiob und Hiskia dazu, sich rückhaltlos zu beugen und Gott zu rechtfertigen.

In Jesaja haben wir bis auf einige unbedeutende Kleinigkeiten denselben Bericht wie im zweiten Buche der Könige, unter Hinzufügung der „Aufzeichnung Hiskias, des Königs von Juda, als er krank gewesen und von seiner Krankheit genesen war“. Diese Aufzeichnung gibt dem Bericht eine besondere Note. Überhaupt macht die Einschiebung desselben Berichts in die Mitte des

Buches der Weissagungen des Propheten den Bericht selber zu einer Weissagung, deren Hauptgegenstände der Assyrer, der König und die Krankheit und Genesung des Königs sind.

Die Untreue des Ahas, des Vaters Hiskias, brachte die Ankündigung, daß ein Feind über das Volk und über das Königshaus kommen würde, mit dem sie bis jetzt noch nichts zu tun gehabt hätten: der König von Assyrien. König des Nordens heißt er nachher auch. Jesaja und andere der Propheten reden viel von ihm. Die damaligen Könige von Assyrien, Sanherib vor allem, waren nur Vorbilder des Assyrers oder Königs des Nordens, der die Juden der Endzeit im Lande Immanuels drangsalieren und selber durch die Erscheinung Immanuels, der als „Zeichen“

dem Ahas schon genannt war (Jes. 7,14), weggetan werden wird, genau wie Sanherib. Jesaja Kap. 8 und 9,1-7 und Kap. 10 stellen das schon vor. Er wird in das Land der Zierde (Palästina) eindringen, nach Ägypten ziehen wie Sanherib gegen Tirhaka, und auf seinem Rückweg mitsamt der Hauptmacht seines Heeres umkommen. Daniel 11,40-45. Da ist nun Hiskia ein Bild Dessen, vor Dem der Assyrer der Endzeit fallen wird, d. i. Immanuels, wie wir gesagt haben, daß Jehova ihn zu einem besonderen Zweck erweckt habe.

In seiner Krankheit zum Tode und seiner Genesung, die wie eine Auferstehung ist, ist Hiskia aber auch ein Bild des Überrestes der Zeit der großen Drangsal Jakobs, der wie dem Tode geweiht ist, aber wie aus den Toten auferstehen wird, wie die Propheten mehrfach davon reden. Daher ist Hiskias Aufzeichnung ein richtiger Psalm wie jeder Psalm der Psalmensammlung, eine weissagende Klage des Überrestes, der nicht sterben sondern leben und Jehova im Lande der Lebendigen für Seine Wundertaten preisen will im Verein mit denen, die ihm (diesen geretteten Überrest) werden geboren werden. Nachdem der Überrest dem Leben zurückgegeben sein wird, wird er auch wissen, daß der HErr alle seine Sünden hinter Seinen Rücken geworfen hat, wie Hiskia es von sich sagt.

Ich habe mich erkühnt, von der Feigenmasse, die Jesaja auf das Geschwür Hiskias legen ließ, als von einem Hausmittel zu reden. Was ist das Geschwür des jüdischen Überrestes der letzten Tage? Wer die Propheten und Psalmen kennt, wird sich nicht wundern, wenn ich sage: Es ist die

weil er den Druck dieses Unrats spürt und in der Drangsal die züchtigende Hand Gottes erkennt. Und was ist das Hausmittel Gottes, das Gesundung bringt? Ist es nicht Sein Wort, angewandt durch den Geist, das Sündener- und -be kenntnis bringt und danach Leben? Siehe Hes. 36,25-27: „Und Ich werde reines Wasser auf euch sprengen, und ihr werdet rein sein; von allen euren Unreinigkeiten und von allen euren Götzen werde Ich euch reinigen. Und Ich werde euch ein neues Herz geben; und Ich werde das steinerne Herz aus eurem Fleische wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben. Und Ich werde Meinen Geist in euer Inneres geben.“ „Und Ich werde euch befreien von allen euren Uneinigkeiten.“ Vers 28.

Das Werk des Wortes und des Geistes wird sich in „zwei Tagen“ vollziehen; „zwei“ die Zahl des genügenden Zeugnisses nach dem Gesetz, so daß es sein wird, wie Hosea für den Überrest sagt, Kap. 61,2: „... Jehova ... Er hat geschlagen und wird uns verbinden. Er wird uns nach zwei Tagen wieder beleben, am dritten Tage uns aufrichten; und so werden wir vor Seinem Angesicht leben.“ Genau wie Hiskia.

Nun war aber zunächst Babel die Macht, die zur Weltherrschaft kommen und Juda in Gefangenschaft führen sollte, wie auch der Fall Babylons in gewissen Kapiteln des Jesasa vor dem 36. und nach dem 39. als verbunden mit der Rückkehr Judas in sein Land hingestellt wird. So fügte es sich, daß Hiskia durch seine Rückkehr zur Torheit der Weissagung die Tür öffnete, die besagt, daß sein und seiner Väter Reichtum nach Babel kommen würde, ja, daß selbst von seinen leiblichen Nachkommen etliche im Palaste des Königs von Babel Kämmerlinge sein würden. Hiegegen gab es nun kein Heilmittel; es gab nur Unterwürfigkeit unter das Urteil. Hiskia war da nicht Vorbild des Messias oder des Überrestes. Aber wie treffend nach der Weisheit Gottes der Ort der Einfügung in das Buch des Propheten! Denn der Inhalt der sich anschließenden Serie von Kapiteln, nämlich 40-48, kann als Überschrift tragen: Israel in Babylon!

Als Schlußwort dieser Abhandlung kann noch gesagt werden: Wie leuchtet es nun ein, daß nicht die geschichtliche Folge der Ereignisse zu bieten für den Geist Gottes ausschlaggebend war, sondern die Anordnung nach Gegenständen, deren jeder, gesondert für sich geboten, das

abgerundete Bild einer gewissen Wahrheit, eines gewissen prophetischen Geschehens gibt, zu eindringlicher Belehrung für den Leser, zur Verherrlichung Gottes und um zu zeigen, was der Mensch ist, wenn Gott ihn sich selbst überläßt.

F. Kaupp

Sorgen?

Haben wir als Gläubige ein Recht, uns durch Sorgen, Gram und Kummer an Leib und Seele zu zermürben? Zwar kann durch mancherlei Not und die verschiedensten Umstände unser Herz niedergebeugt werden (Spr. 12,25), aber das soll und darf niemals zum Dauerzustand werden. Das ist nicht der Wille Gottes. Vielmehr sollen wir unsere Sorgen auf Ihn werfen. (1. Petr. 5,7)

Die Sorgenkranken werden vom Herrn Jesus „Kleingläubige“ genannt. (Matth. 6,30; 8,26; 14,31; 16,8; Luk. 12,28) - Neben dem Kleinglauben nennt der Herr Furchtsamkeit und Zweifel als Ursache unseres Sorgengeistes.

Professor Bettex schreibt einmal: „Woher Klagen, Seufzen, Verzagen, Sorgen, Sich-Grämen, trübe Gesichter, Hin- und Herraten, Mißgunst unter den Kindern Gottes? Das macht: sie haben einen zu kleinen Gott.“ Ja wahrlich, das läßt uns ein schlechtes Zeugnis der Welt gegenüber sein im Gegensatz zu solchen Gläubigen, die damit rechnen, daß die größte Macht, die Allmacht Gottes, auf unserer Seite steht. (Röm. 8,28 u. 31; Ps. 68,19 u. 20)

Sind wir felsenfest von dieser Seiner Macht überzeugt, dann werden wir Ihm unsere Sorgen anvertrauen, und zwar in der Weise, daß wir Ihm nicht Vorschriften machen, wie Er helfen soll, sondern so, wie der HErr es tat: „... nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“

Wie schnell vergessen wir die Erfahrungen, die Gott uns von Seiner Treue und Durchhilfe hat machen lassen! Wie wir von ihnen Gebrauch machen sollen, zeigt uns David, als er Goliath gegenüberstand. Man bedenke: Ein Jüngling, in Kriegswaffen ungeübt, spricht von dem größten Krieger dieser Zeit: „Es entfalle keinem Menschen das Herz seinetwegen!“ Woher dieser Mut?

Er sagt es selbst: „Der Gott, der aus den Klauen des Löwen und des Bären mich errettet hat, wird mich auch aus der Hand dieses Philisters erretten.“ (1. Sam. 17,32 u. 34-37) Das war kein Kleinglaube! Dieser Jüngling hatte keinen kleinen Gott! Er hatte die Erfahrungen nicht vergessen, die ihn Gott hatte erleben lassen.

Auch wir haben durch Gottes Treue wunderbare Durchhilfen erlebt. Haben wir sie vergessen? Dann sind wir einerseits sehr undankbar, und andererseits leiden wir selbst dadurch Schaden, indem wir so verzagt, niedergebeugt und sorgenkrank werden. Durch Kummer und Sorgen können wir empfindliche Nervenstörungen oder andere Schädigungen davontragen. Vor allen Dingen aber werden wir durch sie an unserer Seele krank.

Das Schlimmste solcher Sorgenkrankheit jedoch ist, daß wir durch sie Gott vorgreifen und Ihm damit das Recht vorenthalten, für uns zu sorgen, ja, Ihn durch unsere Zweifel sogar entehren! Halten wir es aber so wie David, dann ehren wir Ihn. Dann haben wir selbst den Gewinn davon und sind anderen ein lebendiges Zeugnis.

Und ferner werden wir bewahrt, dem Kleinglauben anheimzufallen, wenn wir die Wunder in der Schrift, die Wunder in der Natur und in unserem Leibe, ja, all die Wunder um uns herum anschauen. Sind sie doch eine Offenbarung der gewaltigen Größe und Erhabenheit unseres Gottes! Und diesem Gott sollten wir nicht zutrauen, daß er uns helfen kann?! Stehen wir staunend und anbetend still vor Seiner Majestät und Liebesmacht, dann kann Kleinglaube, Sorge und Angst keinen Platz in unserem Herzen finden.

Was aber wird es erst sein, wenn wir droben einmal alles verstehen und bestaunen dürfen, was wir hier noch nicht zu erkennen vermögen? Herrlich wird das einmal sein! Und doch wird nur unser HErr allein Grund aller Freude und Anbetung sein! Mit dieser Freude und Anbetung aber können, dürfen und sollen wir schon hier auf Erden beginnen, anstatt uns mit Sorgen und Ängsten zu quälen.

Hans Schaebs

Gott hört auf dein Rufen, wenn du Ihn dabei suchst.

Er hört dich aber nicht, wenn du durch Ihn anderes suchst.

Für junge Gläubige

„Leide Trübsal mit als ein guter Kriegsmann Jesu Christi!“

(2. Tim. 2,3)

Christusbekennende Jugend, die mit dem Evangelium leidet, ist Gottes Freund und von Ihm ihrem Volke zum Segen gesetzt. Das vorstehende Wort ist ein Rat des Apostels Paulus für Timotheus, sein „echtes Kind im Glauben“ (1. Tim. 1,2), dessen „ungeheuchelter Glaube“ (2. Tim. 1,5) ihm als väterlichen Freund - er schreibt an sein „geliebtes Kind“ (2. Tim. 1,2) - wohl bekannt ist. „Echt“, „ungeheuchelten Glaubens“, „geliebt“: Dieses dreifache Zeugnis zeichnet einen jungen Christen aus. Einem solchen ist obiger Wunschbefehl erteilt. Sind wir „echt“, „ungeheuchelten Glaubens“ und „geliebt“?

Jugend ist rätselhaft. Rätselhaft ihrer Umwelt, aber am meisten unbekannt ist sie sich selbst. Darum sucht sie den rechten Weg aus der Enge in die Weite, das wahrhaftige Leben hinter dem Schein, die eine große Wahrheit, die alles auf einen Nenner zu bringen wirklich fähig ist. Freudig bekennt allezeit die gläubige Jugend, daß Jesus von Nazareth für sie bleibendes Leben inmitten der Todesvergänglichkeit, Antwort Auf die dreifache Frage nach Gott, Welt und Ich und der rechte Weg in der verwirrenden Pfadlosigkeit geworden ist.

Welches Glück ist uns als jungen Menschen durch Gottes Wort zuteil geworden, das wir kennen und besitzen, das wir brauchen, viel nötiger brauchen als „unser tägliches Brot“; es ist uns die Erkenntnis Gottes, die sich im Blick auf das Kreuz von Golgatha in das Wort legt: „Gott ist Liebe.“ (1. Joh. 4,8) Goethe, der Geistesheld, bekennt mit ungeschminkter Ehrlichkeit: „Was ich

brauch', das weiß ich nicht; was ich weiß, kann ich nicht brauchen“, und verkündet damit das praktische Todesurteil über Menschenweisheit. Von uns wagt wohl niemand, sich mit den „Schulstreitern dieses Zeitlaufs“ (1. Kor. 1,20) zu messen, aber dennoch weichen wir nicht beschämt vom Kampfplatz, denn wir haben, „was Gott bereitet hat“ (1. Kor. 2,9), „Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit“. (1. Kor. 1,24)

„Kraft und Weisheit“, darum ringt verzweifelnd die Welt. Goethe erkennt und bekennt, ehrlich genug, diese Wahrheit, wenn er schreibt: „Ich fühl's, vergebens hab' ich alle Schätze des Menschengeists auf mich herbeigerafft, und wenn ich mich am Ende niedersetze, quillt innerlich doch keine neue Kraft. Ich bin nicht um ein Haarbreit höher, bin dem Unendlichen nicht näher.“ Christus ist uns alles geworden, was uns fehlt. (1. Kor. 1,30) Unser Bekenntnis ist Jesus Christus, „wahrhaftiger Gott, vom Vater in Ewigkeit geboren, und wahrhaftiger Mensch, von der Jungfrau Maria geboren“. Darum laßt uns ernst hineinblicken in diese Gottes- und Menschenfülle, Christus, „der alles in allem erfüllt“! (Kol. 2,9 und Eph. 1,23)

Christus brachte Neuland, „was in keines Menschen Herz gekommen ist“. (1. Kor. 2,9) Wir empfinden es, daß eine neue Wirklichkeit sich dem Glaubenden ergibt: „Das Reich des Sohnes Seiner Liebe.“ (Kol. 1,13) Kennt dein Inneres, der du dies liest, jenes hochgelobte Neuland? -

Die Menschheit gleicht einem Acker, vom Pflügen zerwühlt. Immer wieder zieht ein neuer Geistespflug seine Furchen über das Land und verspricht reichere Ernte, immer wieder leisten Saat und Land nicht, was man als Antwort Auf ernste Arbeit ersehnt. Mark. 7,21.22 zeigt Saatgut, Boden und Ernte. Über der Einfahrt zu einem Kirchhof steht als Summe reifer Lebenserfahrung: „Es lohnt sich nicht.“ Und Goethe klagt: „Ach, ich bin des Treibens müde, was soll all der Schmerz, die Lust; süßer Friede, komm, ach, komm in meine Brust!“ Deutschlands großer Dichtergeist sieht das Ende seiner Möglichkeit und bittet um das wahre, ihm fehlende Gut.

Brüder, wir haben, was der Welt keiner außer Christus gibt, selbst ihre Edelsten nicht, den Frieden Gottes im Angesicht Jesu Christi! Diese Gabe Gottes wird in unserer Hand zu der

Gnadengegenwart Gottes in Seinem geliebten Sohn zu führen. Dieser Dienst ist das Zeugnis vom gekreuzigten Christus. (1. Kor. 1,23) Es gibt „schlechte“ Kriegsleute des HErrn, die Sein Reich Not leiden sehen können. Sind wir solche? Wenn ja, dann wollen wir „gute“ werden in Seiner Kraft! Im Kampf zwischen Licht und Finsternis sind wir berufen zu Streitern des Lichts. Krieg ist Arbeit, harter Dienst, der Opfer bedeutet. Der ist ein guter Krieger, der bis zur Selbstaufgabe ringt. - Paulus stand, als er an Timotheus schrieb, vor der Vollendung seines Kampfes durch den Tod. (2. Kor. 4,6) Sein 2. Timotheusbrief ist ein Appell an seinen Mitarbeiter, den Weg des Dienstes völlig zu gehen. Ermunterungen, Belehrungen, Befehle wechseln einander ab. Es ist ernst, die Not ist groß, damals - und heute! Es ist Krisenzeit! Völlig: Jesu Führung sucht innerliche, bewußte Entschiedenheit! Der Lebenskampf des Evangeliums wird in Leid gekämpft - in Herrlichkeit vollendet. Das ist die junge Christus-Mannschaft:

„Befreit von dem Druck des Gewissens,

befreit von der Sünde Macht,

befreit von der Qual des Verderbens,

fürchten wir keine Acht!

Wir fliehen die Lüste der Jugend

und hören den Ruf unseres HErrn,

zu predigen Seine Tugend

den Menschen in Nähe und Fern!

Auf, Brüder, wir wollen eilen,

die Heimat droben zu sehn,

die Herrschaft ewig zu teilen:

Vor Gott und dem Lamme zu stehn!“

Karl-Wilhelm Scharf

Gehaßt - ohne Ursache

Was tun doch nicht alles die Menschen dieser Erde! Und oft sind ihre Handlungen in ihren Gründen und Zusammenhängen nicht zu erkennen. Dementsprechend entziehen sich auch die Gesinnungen und Gedanken des Herzens (Hebr. 4,12) oft dem menschlichen Urteil. Der natürliche Mensch steht da vielem Unbegreiflichen gegenüber. Eines aber, das denen, die an den Herrn Jesus Christus als ihren HErrn und Heiland gläubig geworden sind, zutiefst in ihrer Seele schmerzt, ist der Haß, den die Welt gegen den HErrn und die Seinen hin und her still, oft aber auch leidenschaftlich, in ihrem Herzen bewegt und irgend zum Ausdruck bringt.

Ist im Haß das Sinnen und Trachten von einer zeitweise sogar abgrundtiefen Feindschaft gegen Personen, Gedanken oder Sachen erfüllt, so wird eben beim Hasser alles, was ihn beschäftigt und bewegt, überschattet von dem einen Gedanken, der entschiedenes Abweisen oder harten Kampf bis zur Vernichtung gegen den Zeitpunkt des Hasses in sich trägt.

Dem Gläubigen ist es zunächst unmöglich, daß sich so etwas gegen die ihm so teure Person des HErrn richten kann. Ihm wird dies zu einer ihn ernstlich bewegenden Frage, die ihm aber auch der HErr durch Sein Wort ganz klar und eindeutig beantwortet.

Er, Dessen Ursprünge von der Urzeit, von den Tagen der Ewigkeit her sind (Mich. 5,1), dem ein Leib bereitet wurde (Hebr. 10,5) und der unter uns wohnte (Joh. 1,14), sagt: „Sie haben Mich ohne Ursache gehaßt.“ (Joh. 15,25) Der Herr Jesus weiß um den Haß. Er weiß, daß er sich gegen Ihn richtet, und Er durchschaut aber auch die geheimsten Beweggründe und sagt, daß er ohne Ursache besteht.

Er ist zwar in allem versucht worden gleichwie auch wir (Hebr. 4,15); aber die Sünde ist dabei

ausgenommen. Er tat niemals und niemandem etwas, was den Zorn und das Gericht Gottes hervorrufen mußte. Er war das Lamm ohne Fehl und ohne Flecken und hat als solches auch nie irgendwie die Feindschaft der Menschen veranlaßt. Und doch ist der Haß da: Sie haben Mich gehaßt - ohne Ursache. Darin erfüllt sich - das sollte für den Gläubigen Grund zur inneren Sicherheit sein - das von Gott gesprochene, unverbrüchliche und unvergängliche Wort. (Ps. 69,4)

Der Haß richtet sich auch gegen die, die des Glaubens an den Herrn Jesus sind. (Joh. 15,18) Also auch gegen solche, die doch gar nicht daran denken, den „Lauf der Dinge“ aufzuhalten, oder von denen die Welt das Urteil hat, daß sie doch nur in „unbedeutend kleiner Zahl“ vorhanden seien. Aber auch sie sind wider alles Erwarten Gegenstand des Hasses.

Der Herr Jesus Christus hat die Seinen losgekauft, indem Er den einzig möglichen Kaufpreis, Sein Blut und Leben, für sie darbrachte. (Gal. 1,4) Dadurch hat Er sie herausgenommen aus dieser gegenwärtigen bösen Welt. Diese hat bei allen „Fragen“, die ihr dabei bleiben, wohl ein Empfinden dafür, daß die Gläubigen wohl in der Welt, aber nicht von der Welt und damit nicht ein Teil von ihr sind. Und wenn der Gläubige in dem Bemühen, dem göttlichen Grundsatze der Absonderung (2. Kor. 6,17) gehorsam zu sein, Haß erfährt, dann soll ihm das Wort des HErrn Trost und sichere Wegleitung sein. Möge aber auch anderseits alles bei ihm so stehen, daß an ihm keine Ursache des Hasses und der Feindschaft sei. (Röm. 12,18) Der Haß wird ihn dann kaum „treffen“ oder ihm noch viel weniger etwas „anhaben“. Und die „Auserwählung“, in deren Verbindung der Herr Jesus in Joh. 15 vom Haß spricht, wird ihm nur noch gewisser werden.

Karl Räuber

Frage und Antwort

Frage 18

Ich bitte um eine Erläuterung von Hebr. 1,2. (Was ist „Abglanz Seiner Herrlichkeit“ und

„Abdruck Seines Wesens“?)

Antwort

Sieben Herrlichkeitsstrahlen der Person unseres Herrn Jesus Christus werden uns in den beiden ersten Versen des Hebräerbriefes gezeigt. Er ist der Sohn, der Erbe aller Dinge, der Schöpfer des Alls. Er ist der Erhalter aller Dinge, der Sündentilger und Der, der Sich gesetzt hat zur Rechten der Majestät in der Höhe; dazwischen steht als Mittelpunkt der Ausdruck, nach dem gefragt wird: „der Abglanz Seiner Herrlichkeit und der Abdruck Seines Wesens“, das heißt der, der das Wesen Gottes in vollkommenster Weise offenbart. Er konnte sagen: „Wer Mich sieht, der sieht Den, der Mich gesandt hat.“ (Joh. 12,45)

Nicht in der Schöpfung können wir Gott Seinem Wesen nach erkennen. Sie zeigt uns nur „Seine ewige Kraft und Seine Göttlichkeit“. (Röm. 1,25)

Auch der Mensch, der doch im Bilde Gottes, in Seinem Gleichnis (1. Mos. 1,26) geschaffen ist und somit seiner Gestalt und seinem inneren Wesen nach Gott entsprach, gibt Sein Bild nicht mehr wieder, seit er in Sünde gefallen ist, sondern trägt die Züge Satans. Damit der Mensch trotz seiner Gottesferne Gott erkennen kann, mußte Gott Sich offenbaren; und das geschah im Sohne.

Gott ist Licht (1. Joh. 1,5), und Gott ist Liebe. (1. Joh. 4,16) Das sehen wir in dem Sohne. Wie wir die Sonne nicht anschauen können, ohne geblendet, ja, blind zu werden, da wo sie ungehemmt scheint in südlicheren Ländern, so könnten auch wir Menschen unseres sündigen Zustandes wegen Gottes Gegenwart nicht ertragen. Wir müßten in Seinem Licht vergehen, deshalb kam der Sohn als „Abglanz Seiner Herrlichkeit“ in diese Welt, Seine Heiligkeit uns offenbarend; und Er ward auch der „Abdruck Seines Wesens“. Der Begriff ist genommen von dem Siegel: Wie das Siegel jede Feinheit, jeden Zug, ja, das ganze Bild der Eingravierung wiedergibt, so strahlt der Sohn das Wesen Gottes in der Fülle Seiner Liebe und Gnade wider. Hören wir Ihn in den Evangelien reden, sehen wir Ihn handeln, vor allem auch in Seinem

Christo, die Welt mit Sich versöhnend“. (2. Kor. 5,19) Deshalb spricht auch der Hebräerbrief davon, daß Gott geredet hat im Sohne.

Wie sollten wir Ihn deshalb zu uns reden lassen! Das zeigt uns ja gerade der Hebräerbrief. Wie sollten wir deshalb Seine Herrlichkeit anschauen!, denn: „Mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden wir verhandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist“. (2. Kor. 3,18) Nur so wird das erreicht, wozu Gott Sich offenbart hat im Sohne: daß die satanischen Züge aus unserem Wesen weichen und Christus in uns Gestalt gewinnt.

Frhr. v. Schleinitz

Frage 19

Ich bitte um eine Erläuterung von 1. Kor. 2,10. („Was sind die Tiefen Gottes?“)

Antwort

1. Kor. 1 zeigt uns: Der Mensch im Fleische ist unbrauchbar für Gott.

Nicht nur in der griechischen Welt, sondern auf der ganzen Erde hat damals wie heute in den vom Feinde beherrschten und verblendeten Menschen das Element der menschlichen Weisheit Philosophie - die Oberhand. Darum ist dem Nichtchristen die im Kreuze geoffenbarte Weisheit und Kraft Gottes eine Torheit. (1. Kor. 1,18.23ff.)

1. Kor. 2: Zum Verständnis des Geheimnisses Gottes, das verborgen war in Gott und geoffenbart in Christo, dem gekreuzigten und auferstandenen HErrn - vgl. 1. Kor. 2,7 mit Eph. 3,3-5 -, hat jeder Christ den Geist aus Gott empfangen, „auf daß wir die Dinge kennen, die uns von Gott geschenkt sind“. (V. 12) „Der Geist Gottes erforscht alles, auch die Tiefen Gottes.“ (V. 10)

Wie abgeschlossen ist schon das Innere des Menschen gegen seinesgleichen. (V. 11a) Wie sollte nun gar ein unwiedergeborener Mensch ohne die Offenbarung des göttlichen Wortes und Geistes wissen, was in dem unsichtbaren Gott ist? (V. 11b) Vgl. dazu aber auch die Verantwortung des Menschen gegenüber der Offenbarung Gottes in der Natur. (Röm. 1,18ff.)

Die Ratschlüsse und Gedanken Gottes, die Er uns in Seinem Worte offenbar gemacht hat, „sind eben in keines Menschen Herz gekommen, hat auch kein Auge gesehen, kein Ohr gehört“. (1. Kor. 2,9)

„Niemand hat Gott je gesehen“ - aber, gepriesen sei Gott, unser Vater: „der eingeborene Sohn, der in des Vaters Schoß ist, der hat Ihn kundgemacht.“ (Joh. 1,18)

Die Fülle der Weisheit Gottes in Schöpfung, Regierung, Erlösungsplan, Seine Unendlichkeit, Allmacht, Allwissenheit, Allgegenwart, Allgenugsamkeit erforscht nur der Geist Gottes.

Dieser Geist der Wahrheit verherrlicht in allem den Sohn. In Ihm wohnt die Fülle der Gottheit leibhaftig! In Ihm sind verborgen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis Gottes. (Kol. 2,3.9)

„O Tiefe des Reichtums, sowohl der Weisheit als auch der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Gerichte und unausspürbar Seine Wege! Denn wer hat des HErrn Sinn erkannt, oder wer ist Sein Mitberater gewesen?“ (Röm. 11,33.34)

Die Kapitel Hiob 38-41 lassen uns auch Blicke tun in die Tiefen Gottes, so wie ich es zu verstehen glaube. Er enthüllt Tiefes ... (Hiob 12,22): „Wie groß sind Deine Werke, Jehova, sehr tief sind Deine Gedanken, ein unvernünftiger Mensch erkennt es nicht, ein Tor versteht es nicht.“ (Ps. 92,6) Das „Erkennen“ und „Verstehen“ der Tiefen des Reichtums Gottes bleibt für uns Stückwerk. Wir werden alle bekennen müssen: Wir berühren doch nur die Oberfläche der uns geoffenbarten Herrlichkeiten, die Tiefen können wir nicht erforschen (siehe Handr. Bd. 20, S. 239). Der Geist Gottes kann uns die uns von Gott geschenkten Dinge auch nur soweit aufschließen, wie es zu Seiner Verherrlichung dient als Zeugen Christi.

Gleichen wir nicht oft den Emmausjüngern mit „unverständigem“ und „trägem Herzen“? Zu einem wachstümlichen Erkennen gehört neben dem eigenen Forschen in der Schrift auch der treue Besuch der Gemeinde, weil dort der Ort ist, wo die Gläubigen mit den Dingen vertraut gemacht werden sollen, die uns von Gott geschenkt sind. Sind wir doch bestimmt, als Gemeinde „den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Örtern die gar mannigfaltige Weisheit Gottes kundzutun“ (Eph. 3,10), in die jene „hineinzuschauen begehren“. (1. Petr. 1,11.12) „Der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, wolle auch uns geben den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis Seiner Selbst“ (Eph. 1,17) und uns Erfahrungen schenken nach Eph. 3,16-21!

A. v. Wedekind

Frage 20

Eph. 2,16: „... und die beiden in einem Leibe mit Gott versöhnte ...“ Ist hier von dem buchstäblichen Leibe des HErrn oder von Seinem Leibe, der Gemeinde, die Rede?

Der Frage ging eine Auseinandersetzung vorauf, in welcher außer den beiden genannten Meinungen eine dritte zum Ausdruck kam: Der HErr habe schon am Kreuze als das Urbild eines neuen, d. i. neuartigen, Menschen gehangen, so daß Er als der erste eines neuen Menschentypus in diesem einen Leibe Juden und Nationen versöhnen konnte.

Antwort

Der Apostel geht von dem Zeitpunkt „jetzt“ aus, V. 13. Rückschauend von dem „jetzt“ aus, da das Einssein von Juden und Nationen schon in die Wege geleitet war, stellt er fest, daß das, was am Kreuze gleichermaßen zugunsten von Juden und Nationen geschah, einer Absicht diente: der, beide zu einem neuartigen Menschentypus zu schaffen. Was erst Absicht ist, liegt noch nicht vor. Daraus folgt, daß der zu schaffende neue Mensch nicht da war, solange der HErr am

sein. Das Kreuz war nur das Mittel, durch welches Er in Seinem Fleische (Eph. 2,15) - oder nach Kol. 1,22 in dem Leibe Seines Fleisches - das tat, was nötig war, nämlich zunächst Sühnung. Die als Folge der Sühnung zustande kommende Versöhnung konnte erst nach Seiner Auferstehung in Wirksamkeit treten.

*

Die Versöhnung zwischen Israel und Gott fand nicht dadurch statt, daß das Tier getötet und sein Blut am Altar ausgegossen wurde, sondern erst dadurch, daß das vergossene Blut durch den Hohenpriester im Allerheiligsten an den Thron Gottes und vor denselben hin gesprengt wurde. Am Altar geschah Sühnung durch Vollstreckung des Todesurteils an dem Tiere anstatt am Menschen.

Das Gegenstück ist: Am Kreuze geschah Sühnung; das Todesurteil über den Menschen wurde vollstreckt, indem Jesus nach dem Willen des Vaters Sich Selbst zum Opfer gab. Das Blut wurde vergossen; das Leben, die Seele, wurde ausgeschüttet in den Tod; der Sühneakt wurde vollzogen. Daraufhin erschien der Christus, der aus dem Opfer, das Er gewesen, nun Hoherpriester geworden war, mit dem Ergebnis Seines Opfers, in der Kraft Seines vergossenen Blutes im Allerheiligsten, d. i. in der Gegenwart Gottes, für das Volk, Hebr. 13,12, und die übrige Menschheit, Hebr. 9,24; 1. Joh. 2,2, d. i. die Nationen. Siehe noch Joh. 11,51.52 und 12,32.33.

So und da versöhnte Er die beiden mit Gott. Sie waren zwei, Er ist Einer in Seinem Leibe der Auferstehung. Da beide in Ihm sind, sind sie in Ihm in einem Leibe mit Gott versöhnt durch das Kreuz hindurch, nicht ohne dasselbe, weil an demselben der Unterschied zwischen beiden verschwand. In Seinem Fleische hat Er die Feindschaft hinweggetan, getötet. Danach war die Versöhnung da. Da war Er nicht mehr „im Fleische“ oder „in Seinem Fleische“, so wenig als das getötete Tier noch in seinem Fleische war, als sein Blut im Allerheiligsten gesprengt und dadurch die Sühnung vollendet wurde.

Der Ausdruck „durch das Kreuz“ soll klarmachen, daß ohne das Kreuz die beiden nie

zusammengekommen wären. Das Kreuz wischt ihre frühere Stellung als Juden und Nationen aus und macht den Weg frei, daß sie in eins verschmolzen werden und als Verschmolzene Gott versöhnt sein können. Dem entspricht in Röm. 5,10 und Kol. 1,22 „durch den Tod“. Durch denselben hindurch mußte es gehen. Das Schlachten des Opfertieres, das Kreuz, der Tod waren nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Der war die Versöhnung. Sühnung durch den Tod geschieht zur dadurch zustande kommenden Versöhnung.

*

Hebr. 2,17: „Daher mußte Er in allem den Brüdern gleich werden, auf daß Er in den Sachen mit Gott ein barmherziger und treuer Hoherpriester werden möchte, um die Sünden des Volkes zu sühnen.“

Frage: Hat Er Sich am Kreuze als Opfer für das Volk gegeben? Antwort: Ja.

Frage: Ist Er nach vollendeter Hingabe als Hoherpriester ins Allerheiligste hineingegangen? Antwort: Ja.

Frage: Ist gegenwärtig die Sühnung in ihrem Ergebnis als Versöhnung des Volkes mit Gott zu Ende gebracht? Antwort: Nein.

Frage: Wann wird das Ergebnis in Erscheinung treten? Antwort: Erst wenn Christus als Melchisedek-König und -Priester aus dem Himmel für sie herauskommt, wie das Vorbildpaar Mose, der König, und Aaron, der Hohepriester, in 3. Mose 9,22-24 aus dem Allerheiligsten herauskamen. Dann werden sie als Nation den Beweis haben, daß das Opfer angenommen, ihre Sünden als Nation gesühnt, sie wohlgefällig angenommen, mit Gott versöhnt sind.

Dies, um erneut zu zeigen, daß die Versöhnung am Kreuze wohl begonnen, aber erst nach Christi Auferstehung und Himmelfahrt vollendet worden ist. Für uns, anders als für das Volk, ist an Christi Statt der Heilige Geist aus dem Himmel gekommen, um es zu bezeugen; Hebr. 10,15. Daher auch, Röm. 3,25, Christus jetzt im Himmel als Sühnmittel, wie der im

für unsere Sünden. Immer ist festzuhalten: Die Versöhnung, das Versöhntsein, kommt als zweiter Teil eines einheitlichen Geschehens: Aus geschehener Sühnung wird Versöhnung.

Daher weiter Röm. 5,10.11: „Denn wenn wir, da wir Feinde waren, mit Gott versöhnt wurden durch den Tod Seines Sohnes [in Verbindung mit demselben als ersten Teil eines Geschehens], viel mehr werden wir, Versöhnte, die wir sind, in der Kraft Seines Lebens [als zweiten Teil eines einheitlichen Geschehens] gerettet werden. Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch Gottes durch unseren Herrn Jesus Christus, durch welchen wir jetzt [da Er lebt] die Versöhnung empfangen haben.“ -

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Diese Ausführungen, so wichtig sie sind, wären überflüssig, wenn unser deutsches Denken in bezug auf „versöhnen“ nicht ein Hindernis wäre. Der Grieche denkt und sagt nämlich: jemand jemandem ausgleichen oder versöhnen. So daß sich leichtfaßlich von V. 14 ab ergibt: Der Christus hat beide Teile in eins zusammengebracht, hat die Scheidewand, die Anlaß zur Feindschaft war, umgelegt, so daß die zugrunde liegende Absicht jetzt Wirklichkeit geworden ist: In Ihm Selbst ist jetzt durch das Kreuz ein neuer Mensch da, in welchem beide aufgegangen und also ein Leib sind. In dem einen Leibe dieses neuen Menschen präsentiert Er Gott den Ausgleich, die Stellungsveränderung, die mit beiden als Folge Seiner Hingabe für sie am Kreuze vorgegangen ist, oder wie wir sagen: die Versöhnung.

Wohl wird anderwärts von dem Leibe als von Seinem Leibe gesprochen und schon Kap. 1,22.23 gesagt, derselbe sei die Ekklesia, sei Seine Fülle; es ist aber geraten, den Gedankengang hier nicht weiter zu spinnen, als der Apostel es selbst tut. Er will einfach die für die damalige Zeit unglaubwürdig scheinende Tatsache einprägen, daß Juden und Nationen in dem Christus dergestalt ein Organismus sind, wie der menschliche Körper ein Organismus ist. Über das hinaus sollen auch wir nicht gehen. Man lese nur einmal so: „... und die beiden in der Gemeinde mit Gott versöhnte durch das Kreuz ...“, und man wird fühlen, daß das nicht genau das sagen würde, was er sagen will.

Franz Kaupp

Sodoms Wiederherstellung

„... Sodom und ihre Töchter werden zurückkehren zu ihrem früheren Stande ...“ (Hes. 16,55)

Die Schriftstelle Hes. 16,53-55 wird von Lehrern der Allversöhnung oft angewandt, um die schriftwidrige Theorie einer zukünftigen Wiederherstellung der gottlos Gestorbenen zu stützen. Weil hier von einer Wiederherstellung oder Zurückkehr Sodoms, Samarias und Jerusalems geweissagt wird, folgert man, daß alle gestorbenen Gottlosen in der Auferstehung an eine Stätte des Segens zurückgeführt werden. Auch andere Stellen des Alten Testamentes, wie Hes. 37,1-14; Hos. 13,14; Jer. 48,47; Jes. 25,7.8, werden als Beweis für diese Theorie angeführt. Diese Stellen aber haben nichts mit der leiblichen Auferstehung der Toten zu tun, sondern beziehen sich auf die nationale Auferstehung und Wiederherstellung der Genannten zu ihrem früheren Stande. Drei Tatsachen beweisen den Irrtum, aus dem Alten Testament die Wiederherstellung der gottlos Gestorbenen begründen zu wollen.

I. Das Alte Testament ist nicht der Teil der Schrift, in dem Gott uns Belehrungen über den ewigen Zustand gibt.

Dies zu beachten ist wichtig. Das Alte Testament befaßt sich mit dem Menschen auf der Erde diesseits des Todes, nicht jenseits desselben, es befaßt sich mit Israels Geschichte, mit Gottes Gerichten und Walten auf der Erde, mit den Segnungen der Bewohner der Erde in den zukünftigen Zeitaltern u. a. m. Alles dieses ist klar im Alten Testament offenbart.

Der Zustand nach dem Tode - das, was nach diesem Leben ist, wird nur geheimnisvoll und verhüllt im Alten Testament gefunden. Der Richterstuhl Christi, das Gericht vor dem großen weißen Thron sind nirgends im Alten Testament erwähnt, noch finden wir daselbst ein Wort von dem zweiten Tod.

Wohl war die Auferstehung der Toten manchen Gläubigen des Alten Testaments bekannt; Gottes Geist hatte es ihrem Herzen geoffenbart; als eine Lehre aber wird die Auferstehung der Toten im Alten Testament nicht gefunden. Im 16. Psalm, Vers 10, finden wir die Auferstehung des Leibes, und zwar als eine Weissagung von der Auferstehung des HErrn.

II. Wo im Alten Testament etwas über den Zustand der Gerechten und Ungerechten nach dem Tode gesagt wird, können solche Erwähnungen oder Andeutungen darauf nur richtig verstanden und gedeutet werden im Lichte der klaren Offenbarungen, die uns Gott darüber im Neuen Testament gegehen hat.

Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß das Alte Testament der Korrektur durch das Neue Testament bedürfe oder diesem unterordnet wäre. Beide Testamente sind Gottes Wort. Das Alte Testament ist jedoch nicht der Teil der Heiligen Schrift, in dem Gott den Zustand des Menschen nach dem Tode enthüllt. Dies tut Gott im Neuen Testament. Deshalb können solche Erwähnungen über den Zustand der Gerechten oder Ungerechten nach dem Tode nur in dem uns darüber gegebenen vollen Licht des Neuen Testamentes richtig verstanden und erklärt werden. Nie dürfen wir dunkle und symbolische Stellen des Alten Testamentes zu Grundlagen von Lehren machen, die über das Offenbarungsgebiet des Alten Testamentes hinausgehen.

III. Wenn solche Stellen wie Hes. 16,53-55; Hes. 37,1-14 usw. lehrten, daß in der Auferstehung der gottlos Gestorbenen eine neue Aussicht auf ihre Wiederherstellung gegeben wird, dann würde eine solche wichtige - ja höchst wichtige Lehre von der Auferstehung und Wiederherstellung der Bösen zu einer neuen Gelegenheit, das Heil anzunehmen, ganz klar und deutlich im Neuen Testament offenbart sein.

Danach aber schauen wir vergeblich aus. Eine solche, doch sicher wichtige Lehre, finden wir im Neuen Testament nicht einmal angedeutet. Wohl aber finden wir volles Licht über die Auferstehung und den zukünftigen Zustand. Es lehrt klar die Auferstehung des Leibes, und zwar eines jeden Menschen. Diese Offenbarung läßt aber keinen Raum dem Gedanken, daß die Sodomiter usw. zu einer neuen Entscheidung auferstehen werden.

In Joh. 6,29 spricht der HErr Selbst von nur zwei Auferstehungen, einer Auferstehung des Lebens und einer Auferstehung des Gerichts. Die ganze Menschheit, alle Gestorbenen sind damit in zwei Klassen geteilt; sie kommen hervor entweder in der Auferstehung des Lebens oder in der Auferstehung des Gerichts; eine Zwischenklasse gibt es nicht.

In bezug auf die Auferstehung des Lebens spricht das Neue Testament von einer Vorauferstehung aus den Toten bei der Ankunft des HErrn, an der nur die in Christo entschlafenen Gläubigen teilhaben, sowohl des Alten wie des Neuen Testamentes, und klar bezeugt das Neue Testament: „Die übrigen der Toten wurden nicht lebendig, bis die tausend Jahre vollendet waren. Dies ist die erste Auferstehung.“ (Offenb. 20,5)

Mit „den übrigen der Toten“ sind natürlich die gottlos Gestorbenen gemeint. Diese Auferstehung nach den tausend Jahren findet nicht bei der Wiederkunft des HErrn statt, sondern nach den tausend Jahren Seiner Herrschaft hier auf Erden. Die Personen, die der zweiten Auferstehung - der Auferstehung des Gerichts - angehören, erscheinen, wenn die Erde entflohen ist, vor dem „großen weißen Thron“ und werden in den Feuersee geworfen. (Offenb. 20,11-15)

Die Behauptung, die Zurückkehr Sodoms und Jerusalems zu ihrem früheren Stande bedeute ihre Auferstehung zu einer neuen Möglichkeit, selig zu werden, steht ganz im Widerspruch mit dem Neuen Testament.

Die gestorbenen Gottlosen, die das Böse verübt haben, sind noch Gottlose. Wie können sie, wenn der HErr kommt, teilhaben an der Auferstehung, die eine Auferstehung der Gerechten ist? (Luk. 14,14) Unmöglich können sie zur Auferstehung der Gerechten gehören. Nirgends finden wir im Neuen Testament auch nur ein Wort von einer anderen, besonderen Auferstehung, in welcher die Bösen auferweckt werden zu einer neuen Gelegenheit, selig zu werden.

Nach der Auferstehung der Gerechten gibt es nur noch eine Auferstehung, und das ist die Auferstehung der Ungerechten zur Verdammnis. Sie werden gerichtet, „ein jeder nach seinen

Werken“.

Im Lichte dieser Tatsachen muß die in Rede stehende nichtige Theorie völlig zusammenbrechen. Sie ist auf verkehrt angewandte Schriftstellen, zum größten Teil des Alten Testamentes, die sich auf nationale Wiederherstellung und Segnung beziehen, aufgebaut.

Nachdem wir gesehen haben, was die Aussprüche in diesem Kapitel nicht meinen können, laßt uns forschen, was sie meinen. Nicht meinen können sie eine leibliche Auferstehung und Rückkehr zum früheren Zustand, sicher aber eine nationale Auferstehung, von der in vielen Schriftstellen des Alten Testamentes (insonderheit von der nationalen Rückkehr Israels) geredet wird.

Das zwolfstämmige Volk soll zu seinem früheren Besitz zurückkehren. Geschichtlich als ein Volk existiert es nicht mehr, aber Gott kennt es, und Er wird zu Seiner Zeit Sein Wort wahrmachen und die Juden, die jetzt unter allen Völkern zerstreut sind, in ihr früheres Land zurückführen. Von dieser nationalen Wiederherstellung redet die Schrift in dem Bilde der Auferstehung. Aber nicht nur die Juden, auch andere Völker haben die Verheißung ihrer nationalen Wiederherstellung, wenn der HErr wiederkommen und über die Erde herrschen wird. Solche nationale Auferstehung ist ohne Zweifel Moab, Ammon, Assyrien und Ägypten verheißen, wogegen Edom und Babylon keine Verheißung der Rückkehr zu ihrem früheren Stande gegeben ist.

Wir wissen natürlich nicht, wie und wann Gott diese Verheißungen der nationalen Wiederherstellung vollführen und Er die Überreste dieser früheren Völker aus dem großen Völkermeere wieder sammeln wird. Wir können diese uns unlösbaren Schwierigkeiten dem überlassen, der die Erfüllung Seiner Verheißung zugesagt hat.

Diese Rückkehr zu ihrem früheren Stande ist nicht nur Samaria usw. verheißen, sondern auch Sodom und den Tochterstädten Sodoms, die durch das Feuergericht Gottes untergingen. In diesem tatsächlichen Untergang Sodoms sucht man nun den Beweis, daß es sich in dieser Stelle doch um die leibliche Auferstehung der gottlosen Sodomiter handele, denn wenn Sodom

mit allen Bewohnern untergegangen ist, wie kann von einer nationalen Wiederherstellung geredet werden, wenn alle umgekommen sind? Sicher waren alle, die in Sodom waren, umgekommen. Wir wissen aber nicht, wie viele Bewohner dieser stark bevölkerten Städte sich außerhalb derselben, sei es auf der Reise, in Geschäften, Arbeit usw., befanden oder durch die Kriege (1. Mos. 14) in Gefangenschaft geraten waren und so dem Schicksal Sodoms entgingen.

In dem Gesicht von dem Strom, der vom Tempel ausging und sich in das Meer ergoß, ist das Tote Meer gemeint. „Und werden sie in das Meer hinausgeführt, so werden die Wasser des Meeres gesund werden.“ (Hes. 47,8.9; siehe auch Sach. 14,8) Wenn wir auch nicht wissen, was alles in diesen Weissagungen enthalten ist, eins ist gewiß, sie bedeuten nicht die Auferstehung der gottlosen Sodomiter zu einem neuen Angebot des Heiles, weil die Schrift uns sagt, „daß sie des ewigen Feuers Strafe leiden“. (Jud. 7)

A. C. Gaebelein

Opfer, die nicht wohlgefällig sind

„Alles, woran ein Gebrechen ist, sollt ihr nicht darbringen, denn es wird nicht zum Wohlgefallen für euch sein.“ (3. Mose 22,20)

Die in 3. Mose 22,17-25 genannten Opfer sollten ohne Gebrechen sein. Wurden Opfer mit Gebrechen dennoch dargebracht, so waren sie nicht zum Wohlgefallen für den Opfernden. Die genannten Fehler an den Opfertieren waren verschiedener Art: grobe Gebrechen, unnormale Gliederlängen, Unfruchtbarkeit. Nur die Opfertiere mit unnormalen Gliederlängen waren für eine gewisse Art von Opfern noch zugelassen, die andern nicht. Auch die aus der Hand eines Fremden waren verworfen.

Dieser Schriftabschnitt hat auch uns etwas zu sagen. Unsere Gaben für das Werk des HErrn werden auch Opfer genannt. Der Apostel Paulus schreibt in bezug auf die Gabe, die er von den Philippern erhalten hatte: „... einen duftenden Wohlgeruch, ein angenehmes Opfer, Gott

auch ein besonderer Segen verheißen. Es ist ein besonderes Vorrecht, unserem Gott Opfer bringen zu dürfen.

Doch nicht alle Opfergaben sind tadellos. In dem eingangs erwähnten Schriftabschnitt sind Opfertiere mit Gebrechen genannt, die nicht dargebracht werden sollten. Es kann vorkommen, daß auch an unseren Opfergaben ein Gebrechen der „Sünde“ haftet. Dies ist der Fall, wenn das erworbene Geld und Gut auf ungerechte Weise erlangt wurde oder irgendein Sündenmakel daran haftet. Solche Opfergaben sollten wir nicht auf den Altar Gottes bringen. Werden sie dennoch dargebracht, so gereichen sie nicht zum Wohlgefallen für den Geber.

In unserem Schriftwort sind dann Opfertiere mit unnormalen Gliederlängen genannt, mit zu langen oder zu kurzen Gliedern. Diese waren für gewisse Opfer noch zulässig. Wenn wir dieses Wort auf unsere Opfergaben anwenden, so erinnern wir uns, daß auch unsere Gabe unnormal sein kann. Sie kann zu groß oder zu klein sein. Es haftet vielleicht keinerlei Sündenmakel an ihr, und doch kann sie der Größe nach nicht gottgemäß sein. Es kann sein, daß sie zu groß ist und wir dadurch unseren Verpflichtungen nicht gottgemäß nachkommen können. Gottes Wort sagt uns: „Denn wenn die Geneigtheit vorliegt, so ist einer annehmlich, nach dem er hat, und nicht, nach dem er nicht hat. Denn nicht auf daß andere Erleichterung haben, ihr aber Bedrängnis ...“ (2. Kor. 8,12. 13) Es kann auch sein, daß die Gabe im Verhältnis zu klein ist. Wir können zu sehr für uns selbst und irdische Dinge sorgen und zu wenig für das Werk des HErrn. In solchem Falle sagt uns das Wort: „Wer sparsam sät, wird auch sparsam ernten, und wer segensreich sät, wird auch segensreich ernten. Ein jeder, wie er sich in seinem Herzen vorsetzt: nicht mit Verdruß oder aus Zwang, denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ (2. Kor. 9,6.7) Wenn uns Weisheit mangelt, so dürfen wir auch in diesem um solche bitten.

Ein weiterer Mangel bei der Darbringung der Opfergaben kann der Mangel an Liebe sein. Die eben genannte Stelle aus 2. Kor. 9 erinnert uns bereits daran, daß wir mit Fröhlichkeit unsere Gaben darbringen möchten. In 1. Kor. 13,3 heißt es: „Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeilen werde, ... aber nicht Liebe habe, so ist es mir nichts nütze.“ In Christo Jesu gilt nur der Glaube, der durch die Liebe wirkt. Die Liebe ist das Band der

Vollkommenheit. Sie ist es auch, die unsere Opfer annehmlich macht unserem Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Die Liebe sollte die Triebkraft unseres Handelns sein. Nur die Liebe gestaltet unser Leben zu einem fruchtbaren. Ohne Liebe sind auch die größten Opfer nicht zum Wohlgefallen vor Gott für uns.

In dem Schriftabschnitt 3. Mose 22 sind zuletzt noch Opfer aus der Hand eines Fremden genannt, die nicht dargebracht werden sollten. „Ihr Verderben ist an ihnen, ein Gebrechen ist an ihnen“, deshalb waren sie nicht wohlgefällig, wenn sie dargebracht wurden. - Der Apostel Johannes schreibt in 3. Joh. 7 in bezug auf reisende und wahrscheinlich dienende Brüder: „Denn für den Namen sind sie ausgegangen und nehmen nichts von denen aus den Nationen.“ - Alle Ungläubigen sind Fremde für das Volk Gottes. Buße und Glaube sind nötig, um zu dem Volke Gottes hinzugetan zu werden. Erst dann, wenn sich ein Mensch selbst Gott gebracht hat im Glaubensgehorsam zu Seinem geliebten Sohn, - erst dann kann er auch Gott seinen Besitz darbringen. Das Gebrechen seiner Sünden ist an ihm und seinen Gaben, solange er nicht gereinigt ist durch das Blut des HErrn. Wenn wir Erlösten solche Opfer aus der Hand eines Fremden entgegennehmen und Gott darbringen, so werden sie nicht zum Wohlgefallen für uns sein.

Die betrachtete Stelle 3. Mos. 22,17-25 zeigt uns in der Anwendung auf uns, daß an unseren Gaben für den HErrn keinerlei Sündengebrechen haften möchten, daß sie ferner der Größe nach gotteswürdig und der Gesinnung nach in Liebe dargebracht sein möchten. Und Gaben aus der Hand Ungläubiger möchten wir dem HErrn nicht bringen.

O. Dietrich

Für junge Gläubige

Ein „kleiner“ Apostel

Wer das Seelenleben der jungen Menschen kennt, weiß, wie sehr sie nach großen Dingen

streben. Vor allem die Vertreter des männlichen Geschlechts rechnen in der Zeit ihres Heranwachsens zum jungen Manne damit, nicht nur einmal Großes zu leisten, sondern sogar berühmt zu werden. Es ist gut, daß die meisten dieser Pläne mehr oder weniger scheitern, sonst gäbe es auf der Welt so viele große Männer, daß die „kleinen“ berühmt werden müßten, weil dann sie allein noch auffielen. Als Gläubige erkennen wir gar bald, daß es nicht auf die großen, nach außen hin auffallenden Leistungen ankommt, sondern auf das, was der HErr in uns wirken kann und was sich dann freilich auch in unserem Wandel und Zeugendienst auswirken wird.

Oft trägt ein kleiner Dienst größere Früchte als wir ahnen. Das sehen wir bei dem Apostel Andreas, der, nach menschlichem Maßstab gemessen, nicht zu den „großen“ Aposteln gehört. Von einem Paulus, Petrus oder Johannes ist uns vieles bekannt, und jeder Gläubige könnte immerhin manches Wichtige aus ihrem Leben berichten. Viele gerieten aber gewiß in Verlegenheit, wenn man sie nach der Wirksamkeit des Andreas fragen wollte. Und in der Tat, es wird uns auch verhältnismäßig wenig von ihm im Worte Gottes gesagt. Außer dem, daß sein Name mehreremal bei Aufzählungen der Jünger vorkommt, wird uns nur dreimal etwas von seinem Wirken berichtet. Ferner hat Andreas in diesen drei Fällen, wie wir noch sehen werden, nichts „Besonderes geleistet“; und doch hatten sie große Bedeutung für das Werk des HErrn und waren von überaus segensreicher Folge. Andreas hat jedesmal jemanden - wenn auch auf verschiedene Weise - zum HErrn geführt; und er zeigt uns damit vorbildlich, wie jeder Gläubige solche Dienste tun kann.

Im ersten Falle legte Andreas Zeugnis ab von dem, was er erlebt hatte. (Joh. 1,35-42) Der HErr war ihm in den Lebensweg getreten. Von Johannes dem Täufer hatte er das Zeugnis „Siehe, das Lamm Gottes“ gehört; durch ein eintägiges Beisammensein mit Jesus hatte er Ihn als seinen HErrn erkannt, dem er fortan nachfolgen wollte; und jetzt findet er seinen eigenen Bruder Simon und verkündet ihm als erstem in schlichter Weise: „Wir haben den Messias gefunden!“ Nur wenige Worte waren es, die Andreas sprach, und doch waren sie der Anlaß dazu, daß auch sein Bruder in die Nachfolge des HErrn trat und später der „große“ Petrus, der gesegnete Menschenfischer wurde. Durch den Dienst des „kleinen“ Andreas ist so der „große“

Apostel für den HErrn und Sein Werk gewonnen worden.

Und was Andreas hier getan hat, erwartet der HErr auch von uns, die wir Sein Eigen sind. Nur wenige werden von Ihm beauftragt und durch Seine Gnade entsprechend begabt worden sein, Sein Evangelium in der Öffentlichkeit und in großen Versammlungen zu verkündigen. Aber wir können und sollen den einzelnen, mit denen wir zusammen leben, wohnen und arbeiten oder denen wir sonst irgendwie begegnen, den HErrn als unseren Heiland bezeugen. Dazu bedarf es nicht redegewandter Worte, sondern eines Herzens, das überfließt vor Freude über das Heil, das uns widerfahren ist. Einem kurzen, schlichten Zeugnis, das seine Bestätigung in dem Strahlen unserer Augen findet und in dem Frieden, der auf unserem Antlitz ruht, kann sich so schnell niemand verschließen. Es wird eher andere veranlassen, denselben Heiland zu suchen, als ein langer, stürmischer und unnatürlicher Redeschwall. Wir wollen den HErrn darum bitten, daß Er unser ganzes Herz erfülle und uns alles werde! Und dann wollen wir hingehen und anderen erzählen, was Er an unserer Seele getan hat. (Ps. 66,16) Vielleicht schenkt es der HErr, daß durch unseren einfachen Zeugendienst sogar ein „Großer“ für das Reich Gottes gewonnen wird, wie es durch das Zeugnis des Andreas der Fall war.

Der zweite im Worte Gottes berichtete Dienst des Andreas entbehrte, zunächst gesehen, so ganz jeder Besonderheit und war doch von so großer Auswirkung. In der Wüste war es, wohin die nach Tausenden zählende Volksmenge dem HErrn gefolgt war. (Joh. 6,1-15) Als beim Anbruch des Abends keine Speise für das Volk vorhanden war, führte Andreas einen kleinen Knaben, der nur fünf Brote und zwei Fische hatte, zum HErrn. Es ist gleichsam, als schäme er sich dessen, daß er auf einen so geringen Vorrat hinweist; zögernd sagt er: „Aber was ist das unter so viele?“ Vielleicht will er sich mit diesen Worten entschuldigen, daß er dem HErrn nicht mehr zum Verteilen anbieten kann und daß er überhaupt von so wenigem redet. Und doch traut er dem HErrn - wenn wohl auch mit bangem Kleinglauben - zu, daß Er etwas damit anzufangen wisse; sonst hätte Er ja nicht davon gesprochen. Und siehe, der HErr achtet des Geringen, das Ihm der kleine Knabe auf Veranlassung des Andreas bringt; und unter Seinen Segenshänden verwandelt sich das menschliche „Nur“ in göttliches Genüge, ja sogar in Überfluß. Alle werden gesättigt, und außerdem bleiben noch zwölf Handkörbe voll Brocken übrig.

So unscheinbar der Dienst des Andreas hier war, so hat er doch die Veranlassung dazu gegeben, daß der HErr dies große Wunder getan hat. Wohl hätte Er noch nicht einmal dieser geringen Speisemenge bedurft, um den Hunger des Volkes zu stillen; aber in Seiner Huld knüpft Er an das Wenige an, das Menschenhände Ihm bieten, und benutzt es, um Sich dadurch mächtig zu erweisen. Auch heute noch möchte Er auf solche Weise segnen. Er wartet auf die Andreas-Seelen, die Ihm die Kleinen und Schwachen, die Armen und Bekümmerten, die Verachteten und Verstoßenen bringen, damit Er Sich an ihnen verherrliche und ihre Not in Segen verwandle. Wo sind die Seinen, die auf das achten und eingehen, was Er uns hier durch Andreas zeigen will? Ob Er dich, du junges Kind Gottes, das du diese Zeilen liest, nicht dazu willig und fähig machen kann? Dann wäre dein Leben wahrlich gesegnet!

Er wartet aber auch darauf, daß wir Ihm unsere eigenen schwachen Kräfte, unsere kleinen Gaben und geringen Fähigkeiten bringen, auf daß Er uns irgendwie, vielleicht nur im stillen und verborgenen, für Sein Werk gebrauche. Ein Gotteskind, das nur weniges kann und hat, sich aber restlos dem HErrn zur Verfügung stellt, dient mehr zu Seiner Verherrlichung als der Gläubige, der große Begabung und viele Kenntnisse besitzt, Ihm aber nicht mit ungeteiltem Herzen gehört.

Kommen wir nun noch zum dritten Dienst des Andreas, dann sehen wir, daß er noch unauffälliger als die beiden ersten war. Griechen, die zum Passahfeste nach Jerusalem gekommen waren, hatten sich mit der Bitte an Philippus gewandt: „Herr, wir möchten Jesum sehen!“ (Joh. 12,20-33) Aber offenbar hat Philippus nicht den Mut, dem Herrn dies Anliegen zu sagen. Vielleicht befürchtet er, der HErr könnte die Griechen abweisen, wie Er es bei jener Griechin, die mit der Bitte um Heilung ihrer Tochter zu Ihm gekommen war, zunächst getan hatte (Mark. 7,24-30); oder er hat Bedenken, der Haß der Juden würde noch größer werden, wenn sie Ihn im Gespräch mit den Griechen sähen. So wendet er sich in seiner Verlegenheit und Not an Andreas, um dessen Rat zu hören. Und dieser - wie wir aus dem Bericht des Wortes Gottes erkennen können - läßt alle Bedenken fahren und ermuntert seinen Mitjünger dazu, daß sie gemeinsam zum HErrn gehen und Ihm den Wunsch der Griechen mitteilen. Auf diese Weise

vermittelt Andreas gleichsam die Gelegenheit, daß der HErr den Zweck und die Bedeutung Seines bevorstehenden Todes klarmacht, indem Er von Sich als dem Weizenkorn spricht, das erst in der Erde sterben muß, ehe es Frucht zu bringen vermag.

Was Philippus sich nicht allein getraute, wagte er mit Hilfe und Unterstützung des Andreas zu tun. Andreas hat ihm und damit auch den Griechen einen Dienst erwiesen, wie es deren auch so viele für uns zu tun gibt. Wie mancher Gläubige wagt nicht mehr, für einen Angehörigen zu beten, weil dieser trotz jahrelanger Fürbitte immer noch voller Feindschaft gegen das Evangelium ist! Oder ein anderer will es verzweifelt aufgeben, einem Nahestehenden vom HErrn und Seiner Erlösung zu zeugen, weil ihm immer wieder schroffe Ablehnung von seiten des Betreffenden zuteil wird. Oder aber, ein Gotteskind ist so tief gefallen und so sehr in die Sünde verstrickt, daß man alle Hoffnung auf seine Wiederherstellung verlieren möchte. Und wir könnten so noch viele Beispiele dieser Art nennen. Wollen wir in solchen Fällen nicht unseren Bruder oder unsere Schwester ermunternd an die Hand nehmen und es mit ihnen gemeinsam dem HErrn hinlegen? Gerade dann, wenn wir so für die Zurechtbringung eines Menschen beten, haben wir die Verheißung für uns: „Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen werden über irgendeine Sache, um welche sie auch bitten mögen, so wird sie ihnen werden von Meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in Meinem Namen, da bin Ich in ihrer Mitte.“ (Matth. 18,19.20) Laßt uns auch in diesem Sinne einem Andreas gleichen, und wir dürfen, gemeinsam mit anderen, noch viele Seelen durch unsere Gebete zum HErrn führen!

Wenn uns Gottes Wort durch diese drei angeführten und betrachteten Schriftstellen die einfältige und liebliche Art des Andreasdienstes zeigt, dann will es damit gewiß nicht sagen, Andreas hätte nicht noch mehr für den HErrn und Sein Werk getan. Wir dürfen sogar annehmen, daß er noch viel mehr gewirkt und später auch recht oft vor vielen Menschen das Evangelium verkündigt hat. Wenn uns nur diese drei Fälle berichtet werden, dann sollen wir gewiß daraus erkennen, wie jedes Gotteskind auf schlichte Weise zu dienen imstande ist. Unser geliebter HErr wird auch durch den einfachsten Dienst verherrlicht und geehrt, wenn er in der Gesinnung eines Andreas getan wird.

H. Metzger

Frage und Antwort

Frage 21

Was ist sinnbildlich in den beiden Speisungen Matth. 14,14-21 und 15,32-38, in den 5 Broten und 2 Fischen und den 7 Broten und „wenigen kleinen“ Fischen und in den Übriggebliebenen 12 Handkörben und 7 Körben voll, zu erblicken?

Antwort

Die Frage gibt Anlaß, auf die Aprilnummer der „Handreichungen“ zurückzuweisen, wo auf Seite 92 über das Evangelium des Matthäus gesagt ist, daß seine Anlage erkennen läßt, daß Matthäus großartige Gemälde entwirft, entsprechend dem, was zu erwarten ist, wenn der Lebensweg eines Königs beschrieben wird, wie der Schriftforscher sie aus den Propheten, allermeist aus Jesaja, kennt, wie keines der anderen Evangelien ihrer Anlage nach sie geben kann.

Ein Entdecken und Deuten dieser Gemälde setzt eine eingehende Kenntnis der prophetischen Geschehnisse der zukünftigen Geschichte Israels voraus. Dabei ist dem Gesetz der Perspektive Rechnung zu tragen. Naheliegendes erscheint groß, Entferntes verhältnismäßig klein. Die prophetische Bewertung hat im umgekehrten Verhältnis zu stehen. Geringfügig ist z. B. in unseren zwei Abschnitten, die wir in gedrängter Kürze übersichtlich durchgehen müssen, die den natürlichen Umständen nach sich ergebende Tatsache, daß eine große bunt zusammengewürfelte Menge Volks da ist, die im Eifer ihres Nachlaufens ihre Verproviantierung vergessen hat. Groß aber ist das Verhalten und Tun des HErrn, nicht nur als vorliegende Handlung, sondern vielmehr als in die Zukunft auf ein in größerem Maßstab Geschehendes hinweisend.

Wie wir im Alten Testament Jehova immer wieder über Sein von Ihm abirrendes Volk bewegt sehen, so sehen wir hier Jesus innerlich bewegt über die Volksmenge, obwohl die Ablehnung Seiner Person und Seines Dienstes grundsätzlich schon erfolgt war. Nur aus Gnaden setzte Er denselben fort. Die Gergesener hatten Ihn fortgeschickt. (Kap. 8,34) Schriftgelehrte hatten Seine Vollmacht zum Sündenvergeben als Lästerung gewertet. (Kap. 9,3) Die Pharisäer hatten Seine Vollmacht zum Dämonenaustreiben zweimal dem Obersten der Dämonen zugeschrieben. (Kap. 9,34 und 12,24)

So leitete die Ablehnung Seiner Person und Seines Dienstes über zur Bildung einer neuen geistlichen Familie (Kap. 12,48-50), welche an die Stelle der Verwandtschaft nach dem Fleische, d. h. an die Stelle Israels, treten sollte. In Kap. 13 kommt das bildlich darin zum Ausdruck, daß Er Sich vom Hause, von Israel, weg und an den oder die See, d. i. zur Völkerwelt, begibt und vom Säen des Wortes in Verbindung mit dem Reiche der Himmel in geheimnisvoller Gestalt redet.

So war Er auf dem Punkte, als das daseiende Licht der Nation (Kap. 4,14-17) zu verschwinden. Die lange Nacht Israels bis zum Morgen ohne Wolken (2. Sam. 23,4), bis zum Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit (Mal. 4,2), sandte ihre Schatten voraus. Es war in diesem Sinne auch „Abend“, die Nation als Aufenthaltsort „wüst“.

Er scheint Sich um die leibliche Not der Menge nicht zu kümmern; die Jünger machen Ihn auf dieselbe aufmerksam. Längst schon hat der Geist ähnliches für die Zeit der Beiseitesetzung Israels durch Jesaja zum Ausdruck gebracht, Kap. 62,1.6.7: „... Ihr, die ihr Jehova erinnert ...“ (Jerusalem dort ist die Verkörperung der Nation.) Daraufhin gibt Jesus eine vorlaufende Erfüllung von Ps. 132,13-15: Zion-Jerusalem wird Sein Ruhe-Ort sein im Gegensatz zum wüsten Ort; und so wie es dasteht im Psalm, daß es geschehen wird, so segnet Er die Speise reichlich, d. h. vermehrt die Brote, sättigt die Armen.

Der weitere Verlauf des Geschehens in Matth. 14,22-36 veranschaulicht: Während des Beiseitegesetztseins der Nation als solcher ist der in den Propheten und Röm. 11,5 genannte

Überrest vorhanden. In den Jüngern wird Er hier abgesondert und scheinbar schutzlos dem Meere, d. i. den Umständen der unruhigen Zeitläufte in der Völkerwelt, anheimgegeben, um als Ergebnis das gesteckte Ziel doch zu erreichen: den Morgen ohne Wolken im Reiche mit dem Aufgang der Sonne der Gerechtigkeit mit Heilung in ihren Flügeln; im Bilde schwach dargestellt in den Versen 33-36.

In der Zwischenzeit, d. h. gegenwärtig, ist der HErr droben als der Fürsprecher. (V. 23) In Petrus ist zu sehen, wie der auf seinen Messias wartende Überrest zur Ekklesia, zur christlichen Gemeinde wird, die ausgeht, dem kommenden HErrn entgegen. Nach der Aufnahme der Ekklesia besteht der Überrest als rein jüdischer weiter wie vorher, bis der Messias durch Sein Erscheinen alles in Ordnung bringt.

In Kap. 15 wiederholt sich das Bild, nur in etwas anderen Zügen. Die große Änderung, von der wir seit dem Ende des 12. Kapitels in der Beziehung des HErrn zum Volke Kenntnis haben, tritt immer klarer hervor: Man muß (V. 13) eine von Seinem himmlischen Vater gepflanzte Pflanze sein, oder man wird ausgerottet.

Nachdem der HErr Seiner Beurteilung der heuchlerischen Nation Ausdruck gegeben hat, geht Er in das Gebiet der Nationen, wie es heute der Fall ist, und entfaltet da Seine Gnade. (Verse 21-28)

Danach kehrt Er (V. 29), wie es geschehen wird, zu Seinem Volke zurück, zu dem gedemütigten, bis dahin von den Nationen niedergetretenen Volke (Jes. 18,2b, Elberf. Übersetzung), das wahrhaft ein „Galiläa der Nationen“ ist und bis dahin sein wird, um es dann aber die große Veränderung erleben zu lassen, welcher Er als „das große Licht“, „die Sonne der Gerechtigkeit“, „der Aufgang aus der Höhe“ bewirken wird. So wie Er hier nach Seiner Rückkehr auf den Berg steigt, so wird Er, nachdem Er vom Himmel her zu ihrer „Rettung von der Hand ihrer Feinde“ erschienen sein wird, wieder zur Höhe kehren. (Ps. 7,6.7)

Die Volksmenge kann Ihm wieder nahen (V. 30) und alle ihre Kranken durch Ihn heilen lassen: ein Schattenriß, der in etwas dem der letzten Verse des 14. Kapitels ähnlich, aber umfassender

ist. Es ist ein Bild von dem Israel, das seine wirkliche Stellung begreift. Bringt Ihm der Überrest (Kap. 14,33), der Ihn näher kennengelernt hat, Huldigung als dem Sohne Gottes dar, so kommt hier das Volk zu Ihm so, als ob es nach dem Wort wäre: „Gepriesen sei, der da kommt in dem Namen des HErrn.“ Was sie in Jesu erblicken, führt sie dazu, „den Gott Israels zu verherrlichen“. Sie kommen nicht mit Streitfragen wie z. T. früher, sondern als eine der Heilung bedürftige Menge. Er tut ihr Begehr und hat überdies Vorräte für ihre körperliche Kräftigung, für ihr Wohlbefinden.

Alles dieses, in Kap. 14 und 15 schattenhaft gesehen, ist der Charakter des großen Tages des Tausendjahrreiches. Siehe unter den vielen diesbezüglichen Abschnitten der Propheten und Psalmen Jes. 30,18-26; 35; Ps. 103,1-5; 132,15.

Die Deutung der beiden Speisungen im prophetischen Sinne gibt die Vervollständigung des entworfenen Schattenbildes.

Weder jene in Jes. 62, die Jehova erinnern, noch die Jünger hier, die den HErrn aufmerksam machen, vermögen selber etwas gegen die Not. Jehova dort, Jesus hier kann allein und wird helfen. In vorbildlicher Übereinstimmung damit haben die Jünger in Kap. 14 nur fünf Brote und zwei Fische, heben aber zwölf Handkörbe voll Brocken auf.

5 kann aus der Schrift gedeutet werden als menschliche Schwachheit und als Verantwortlichkeit und Zeugnis des Menschen gegen den Menschen. (3. Mos. 26,8; Jes. 30,17; 1. Sam. 17,40; 21,3 u. a. St.; 4. Mos. 5,7; 3. Mos. 5,16.24; Dan. 2,32.33; Matth. 25,2 u. a. St.)

2: ein befugtes und genügendes Zeugnis.

12: die Verwaltung der göttlichen Regierung auf der Erde durch den Menschen.

1000 = 10 x 10 x 10: die Verantwortlichkeit des Menschen gegen

die Gottheit im stärksten Maße. (5000: im Reiche, wenn der Mensch nicht mehr unter dem Einfluß des dann im Abgrund eingeschlossenen Feindes steht, ist er gleich schwach wie vorher,

aber um so verantwortlicher, daher Offenb. 20,9.)

Übersetzung aus der symbolischen Zahlensprache: Die Schwachheit der Jünger in verantwortlicher Pflichtstellung ihren Volksgenossen gegenüber, die ihnen in Schwachheit und Verantwortlichkeit Gott gegenüber gleich sind, verwandelt sich in genügendes Vermögen, sobald der HErr die Sache in die Hand nimmt. Im Reiche wird es augenscheinlich sein, daß es die göttliche Verwaltung des Landes Israel durch den Messias ist, wobei die 12 Apostel die Vermittler sind (Kap. 19,28; Luk. 22,21.30) und die Segnung nie einen Mangel durch die Verwaltung aufweisen wird.

2. Fall. Kap. 15:

3: göttliches und göttlich vollständiges Zeugnis; Zeichen der Auferstehung; Zeichen von neuem Beginn auf sittlichem, natürlichem und geistlichem Gebiet.

7: Vollkommenheit auf geistlichem Gebiet.

4: über das All hin sich ausdehnend, Universalität.

1000: wie oben.

„und wenige kleine Fische“ als Zukost hier mit dem Brot zusammen gleich „Speise“ im allgemeinen. (Ps. 132,15)

Übersetzung wie vorhin; vgl. Hos. 6,2, Jes. 40,1 2: Nachdem ihre göttlich zugemessene Prüfungszeit als erfüllt erachtet werden kann, will Ich sie jetzt mit einer so vollkommenen Segnung segnen, daß diese Segnung, so völlig sie zu Beginn und in ihrer Fülle gewesen sein mag, immerfort den Charakter der Allgenugsamkeit für alle weiteren Bedürfnisse haben und universal sein wird, nachdem sie einmal ihren Anfang genommen haben wird; doch wird auch die Verantwortlichkeit für diese Segnung universal sein (Vgl. Jes. 66,23 und Sach. 14,16-19)

*

„Gepriesen sei Jehova, Gott, der Gott Israels, der Wunder tut, Er allein!

Und gepriesen sei Sein herrlicher Name in Ewigkeit! Und die ganze Erde werde erfüllt mit Seiner Herrlichkeit! Amen, ja, Amen!“ (Ps. 72,18.19)

Adolphos

 

 

 

 

 

 

 

 

23. Jahrbuch (1938)

Laßt uns im neuen Jahr gemeinsam stehen

Am Werk des HErrn, das Er uns übertrug.

Laßt uns vor allem auf das eine sehen,

Daß wir uns lieben ohne Falsch und Trug.

Denn da, wo Brüder beieinander wohnen

In Eintracht und man sich entgegenkommt

Mit Ehrerbietung, wird der HErr es lohnen

Mit Fried' und Heil, das allen dient und frommt.

(K. Elsele.)

Zur Jahreswende

Wenn wir je Grund haben, ein Zeitenjahr mit Lob und Dank zu beschließen, dann das nun hinter uns liegende Jahr 1937. Gott hat Wunder an uns getan: Wunder im persönlichen Leben,

Wunder in der Erweckung unsterblicher Menschenseelen, Wunder im Zusammenleben der Brüderkreise untereinander. Ein jahrzehntelanges Nebeneinandergehen erlöster Kinder Gottes ist im alten Jahre endlich zu Grabe getragen worden. Neue Liebe, neues Vertrauen, neue Entschlüsse zu gemeinschaftlicher Zusammenarbeit wurden gefaßt. Die Wahrheit der Einheit des Leibes Christi ist neu auf den Leuchter gestellt worden, und Gottes Geist hat uns zeigen können, daß diese Einheit, über alle Hecken und Zäune hinweg, auch praktisch betätigt und, in absoluter Beugung unter Sein Wort, mit allen Kindern Gottes lebendig bezeugt werden muß.

Darum soll das neue Jahr 1938

1. Im Zeichen erneuter Liebe stehen. Wir müssen noch viel wärmer, viel herzlicher, viel persönlicher werden. Wir müssen einander vertrauen, einander suchen, einander helfen. Wir müssen noch viel mehr mit den anderen Kindern Gottes zusammenkommen. „Jerusalem ist gebaut, daß es eine Stadt sei, da man zusammenkommen soll.“ (Ps. 122,3, Luth.) In wechselseitigen Versammlungsbesuchen, in gegenseitigem Dienstaustausch, auf Bibelkursen und Konferenzen, die auf dem Boden der Einheit aller Gläubigen stehen, muß offenbar werden, daß wir alle ein Leib sind.

Dabei aber muß das neue Jahr

2. Im Zeichen erneuter Wachsamkeit stehen. Nach einer siegreichen Schlacht ist die Gefahr doppelt groß. Satan will stets die für ihn verlorene Schlacht sofort wieder zurückgewinnen. Und auch in der Betätigung der Einheit der Kinder Gottes gilt es, auf der Hut zu sein, daß wir nicht abgleiten in Unklarheit und Äußerlichkeit, in eigene Pläne und menschliches Tun, unter Nichtberücksichtigung der Grundsätze Gottes, auf Kosten der Schriftwahrheit.

Dazu aber ist stets eine Herzensverbindung mit dem HErrn erforderlich, und darum muß das neue Jahr auch

3. Im Zeichen erneuter Gebetstreue stehen. „Wachet und betet!“, sagt der HErr. Wer nicht die Verbindung mit dem Haupt ernstlich pflegt, wird auch nimmer imstande sein, die rechte

Verbindung mit den Gliedern zu finden. Denn die Verbindung der Kinder Gottes ist niemals etwas rein Äußerliches, sondern etwas Göttliches, Innerliches, Geistliches. Und das kann nicht durch Konferenzbeschlüsse und Sitzungen, nicht durch Organisieren, sondern allein durch den Geist des lebendigen HErrn und durch persönliches Handeln und „Beten im Heiligen Geiste“ (Jud. 20) bewirkt werden.

Aber mit der Betätigung der Einheit der Gemeinde muß sich die Betätigung ihres Bekenntnisses verbinden. Darum muß das vor uns liegende Jahr auch

4. Im Zeichen erneuten Zeugenmutes stehen. Die Gemeinde Gottes will nicht nur weiterexstieren, sondern sich ausbreiten. „Mache weit den Raum deines Zeltes, und man spanne aus die Behänge deiner Wohnstätte; wehre nicht!“ (Jes. 54,2) Der Trieb, Seelen für den HErrn zu gewinnen, ist als Gesetz in ihr Leben hineinverwoben. Wir würden aufhören, rechte Bibelchristen zu sein, wenn wir aufhören würden, mutige Zeugen zu sein.

Und gerade dem Zeugendienst der Erlösten hat der HErr herrliche Verheißungen geschenkt. Darum darf das neue Jahr auch

5. Im Zeichen sieghafter Zuversicht stehen. „Wir sind nicht von denen, die sich zurückziehen zum Verderben, sondern von denen, die da glauben zur Errettung der Seele.“ (Hebr. 10,39)

Gottes Verheißungen sind alles quittierte Rechnungen. Wir dürfen gewiß sein, daß der HErr uns hindurchträgt und bewahrt. Das Jahr 1938 soll darum ein Jahr geistlicher Siegeskraft sein. „Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt. Und dies ist der Sieg, der die Welt überwunden hat: unser Glaube.“ (1. Joh. 5,4)

Erich Sauer.

„Durch uns“

„Denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in Ihm ist das Ja und in Ihm ist das Amen, Gott

zur Herrlichkeit durch uns.“

„Gott aber sei Dank, der uns allezeit im Triumphzuge umherführt in Christo und den Geruch seiner Erkenntnis an jedem Orte durch uns offenbart.“ (2. Kor. 1,20; 2,14)

Wenn diese Zeilen in die Hände unserer Leser kommen, ist das alte Jahr vergangen und ein neues angebrochen. In der Jahreswende kommt uns der Ernst unserer Vergänglichkeit ganz besonders zum Bewußtsein. Wie lange wird's währen, dann ist auch unsere Wanderung hienieden zu Ende und damit auch die Gelegenheit, für unseren verworfenen HErrn und Heiland zu zeugen und zu leiden.

Gott will, daß in dieser Welt der Verwerfung Seines Sohnes der Wohlgeruch Seiner Erkenntnis an jedem Orte „durch uns“ offenbar werden soll. Mit dieser Aufgabe hat Gott nicht himmlische Wesen beauftragt und gewürdigt, sondern uns, die Er aus Gnaden aus der Gebundenheit Satans gerettet hat. „Durch uns“ soll an jedem Orte der Wohlgeruch Seiner Erkenntnis verbreitet werden.

Wie prüfend und ernst berühren diese beiden kleinen Worte unser Herz und Gewissen! Wir fühlen unsere Nichtigkeit und unser Zukurzkommen, und wenn wir gebeugt dies bekennen müssen, so wollen wir um so mehr die Ewigkeitsbedeutung dieser zwei Worte vor unser Herz stellen und uns durch sie ermuntern lassen, mit größerer Treue zu wachen und unserer hohen Berufung zu entsprechen.

Wie Gott auch die Wege des Apostels führte, Paulus wußte, daß sie alle dem Triumphe Gottes dienten. Und ist es nicht auch so mit uns? So unausspürbar Seine Wege mit uns sein mögen, das Ziel Seiner Führungen bleibt, durch uns den Wohlgeruch Seiner Erkenntnis jedem Ort offenbar zu machen.

Ein Beispiel hierfür finden wir in Mark. 5,1-20; Luk. 8,26-39.

Der HErr kam im Lande der Gadarener an einen Ort, in dem Satan in besonderer Weise seine

Von dieser finsteren Macht geknechtet, zerschlug er sich mit Steinen und fügte sich selbst viel Leid zu. Obgleich er in diesem traurigen Zustande war, hatte er kein Verlangen, von seiner schrecklichen Gebundenheit befreit zu werden. Statt um Erlösung zu bitten, bittet er den HErrn, ihn in Ruhe zu lassen und ihn nicht zu quälen. Er hält die Befreiung von den Gebundenheiten Satans für eine Qual. Der HErr aber in Seiner unumschränkten Gnade gebietet den Dämonen, von dem Manne auszufahren, und nun sitzt derselbe bekleidet und vernünftig zu seines Heilandes Füßen.

Dieser Mann ist das Bild eines aus der Macht Satans geretteten Sünders. Welch eine Wandlung! Er sitzt zu den Füßen seines Heilandes. In seiner Seele ist alles neu geworden; Herz und Sinn sind umgewandelt. Was ist ihm jetzt Jesus, sein Erretter! Und in welchem Lichte sieht er jetzt die Menschen, die ihre Schweine dem Herrn Jesus vorziehen. Ja, so ist es. Wenn ein Mensch den Herrn Jesus als seinen Heiland erfahren hat, dann hat er ein neues Leben empfangen, und das gehört Dem, der ihn vom Verderben gerettet hat. Dieser aber wird von seinen Volksgenossen nicht gewünscht. Sie dringen in Ihn, ihr Gebiet zu verlassen.

Das Schiff lag schon bereit, Ihn ans jenseitige Ufer zu bringen, und er sieht, wie der HErr Sich anschickt, es zu betreten. Wie mochte seine Seele erzittern bei dem Gedanken, daß Jesus fortgehe. Was soll ihm der Ort, wenn Er nicht mehr da ist. Ein Verlangen erfüllt nur noch sein Herz, mit Ihm zu gehen und bei Ihm zu bleiben. Er blickt zu Ihm hinauf und bittet, mit Ihm gehen und bei Ihm bleiben zu dürfen. Der HErr aber gewährt ihm seine Bitte nicht. Er soll an dem Platze Seiner Verwerfung als ein Denkmal Seiner Gnade und Macht zurückbleiben. Dort, wo man ihn in seinem ganzen Sündenelend gekannt hatte, gerade dort soll er ein Zeuge sein von dem, was Gott an ihm getan hatte.

Lange, lange mochte der Mann dem Schiffe nachschauen, das seinen HErrn hinwegtrug. So schauten auch die Jünger dem HErrn nach, als Er von ihnen gen Himmel fuhr. Dann entschwindet das Schiff seinen Blicken - sein HErr ist jetzt nicht mehr im Lande der Gadarener. Welche Gefühle mochten sein Herz bewegen! Aber er weiß, wozu der HErr ihn zurückgelassen hat. Er hatte Seinen Auftrag: „Gehe hin nach deinem Hause zu den Deinigen und verkündige

ihnen, wieviel der HErr an dir getan und wie Er Sich deiner erbarmt hat.“ (Mark. 5,19) Und wieviel konnte er erzählen von dem, was der HErr an ihm getan hatte! Gab es eine größere Freude für ihn als die, von seinem HErrn zu reden und Ihn zu verherrlichen! Auch unser Herz wird mit Jubel erfüllt, wenn wir zur Verherrlichung Gottes erzählen, was der HErr an uns getan hat. Gewiß, einmal wird jede Zunge bekennen, daß Jesus Christus Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.

Aber das, was Gott einst durch Seine Macht vollführen wird, das will Seine Gnade und Liebe jetzt durch uns bewirken. Möchten wir uns beim Antritt eines neuen Jahres mehr bewußt werden, daß der HErr uns noch hier gelassen hat, damit Gott „durch uns“ verherrlicht werde!

Alb. v. d. Kammer.

Die eine, heilige, unüberwindbare Gemeinde

Gott schafft gegenwärtig einen Wunderbau in der Welt. Aus allen Nationen und Stämmen soll in der Jetztzeit ein Volk von Erlösten entstehen. Der überschwengliche Reichtum Seiner Gnade in Güte soll an Gefäßen des Erbarmens offenbar werden. Dazu hat Er die Gemeinde berufen: die eine, heilige, unüberwindbare Gemeinde.

Es gibt nur ein geistliches Ewigkeitsvolk in der Welt. Aus der Ewigkeit stammend, geht dies Volk Gottes einer himmlischen Herrlichkeit entgegen. Alles ist - mitten in der Zeit - „aus“ Ewigkeit, „in“ Ewigkeit, „zu“ Ewigkeit hin. Aus der Einzigartigkeit der Gemeinde aber ergibt sich von selbst ihre organische Einheit; denn wenn es kein anderes Volk Gottes auf Erden gibt als die Gemeinde, so gehören sie eben alle zusammen, die da Glieder dieser einen Gemeinde, dieses einen Organismus der Erlösung sind. Dies ist eine Wahrheit, die gerade heute im Brennpunkt der geistlichen Lebensfragen steht, und mit Freuden ist deutlich ein Zusammenrücken der Kinder Gottes aus den verschiedensten Kreisen und Benennungen zu beobachten.

Gott hat im Laufe der Jahrhunderte gewisse Wahrheiten immer neu auf den Leuchter gestellt.

allein durch den Glauben, die geistesmächtige Herolde wie Luther, Melanchthon, Calvin neu bezeugten. Im 17. und 18. Jahrhundert, als die Rechtgläubigkeit drohte, zu toter Orthodoxie zu erstarren, ließ Gott in deutschen Landen durch Männer wie August Hermann Francke und Spener, die Väter des Pietismus, die Notwendigkeit persönlicher Rechtgläubigkeit hervorheben, die unerläßliche Bedingung lebendiger, echter Herzensgemeinschaft des einzelnen mit dem HErrn. Und mit dem Erwachen des geistlichen Lebens verband sich - besonders im 18. und 19. Jahrhundert - ganz von selbst ein Erwachen des Missionssinnes, des weltweiten Sendungsbewußtseins der Gemeinde an die Welt. Von den Waisenhäusern A. H. Franckes, von der Herrnhuter Brüdergemeine, von den großen Pionieren des Missionsgedankens wie William Carey, Dr. Morrison, David Livingstone, Johannes Goßner, Dr. Barth (Calw) und vielen anderen gingen Ströme der Neubelebung auf die Heimatgemeinden der Kulturländer aus, die sie zusammenriefen und zusammenrafften zu großen Missionstaten in allen Erdteilen der Welt. Und wie sich die Gemeinde auf ihre Aufgaben nach außen hin besann, so besann sie sich auch immer mehr auf ihr Wesen und ihre Einheit nach innen hin. Das Jahrhundert des erneuten Betonens der Grundsätze des praktischen Auslebens der Einheit der Gemeinde war angebrochen. Fortan steht die Frage nach dem Wesen der Gemeinschaft der Heiligen ganz offensichtlich im allgemeinen Vordergrund.

In diese Zeit hat uns Gott hineingestellt. Diese große Wahrheit zu bezeugen ist eine unserer Hauptaufgaben. Wir glauben an die eine, heilige, allgemeine Gemeinde. Eins ist ihre Grundlage - das Opfer von Golgatha; eins ist ihre Gotteskraft - die Innewohnung des Heiligen Geistes. Eins ist ihr Ziel - die Entrückung und Vollendung. Einer ist ihr HErr - Jesus Christus, unser gemeinsamer Erlöser. Darum müssen wir auch eins sein in der Gesinnung der Liebe und - über alle Unterschiede hinweg - den Weg zueinander finden. Darum müssen wir die Verbindung zueinander suchen, die Bruderhand einander geben und ernstlich bestrebt sein, einander aufzunehmen, gleichwie Christus uns aufgenommen hat.

Die Gemeinde ist aus der Liebe geboren. Sie verdankt ihr Leben der Liebestat von Golgatha. Sie lebt von der Liebe und ist darum auch bestimmt, in der Liebe zu leben. Liebe aber ist Einssein, ein Streben nach Gemeinschaft, die höchste Form innerster Verbundenheit und

herzlichster Einheit. Und wo diese Liebe nicht da ist, da wäre auch alles äußere Zusammensein irreführende Selbsttäuschung und wesenloser, toter Schein.

Liebe ist aber keine bloße „Fernliebe“, kein schwärmerisches Gefühl für ein Verbundensein mit aller Welt, wobei man vergißt, mit dem Bruder am eigenen Ort Verbindung zu suchen. Solch eine „Liebe“ wäre ein Nebel ohne Kern, und wir müssen uns sehr davor hüten, mehr an den Abwesenden zu denken als an den örtlich bei uns Anwesenden!

Liebe ist auch keine bloße „Gruppenliebe“, wo man sich begeistert für ein Zusammengehen mit den anderen Kreisen der Gläubigen einsetzt und noch nicht einmal praktisch beweist, daß es einem an dem inneren Zusammengehen mit dem einzelnen Kinde Gottes gelegen ist. Liebe ist überhaupt nichts Schwärmerisches und bloß Gefühlsmäßiges, nichts Nebelhaftes und Unklares, keine Fleischmasse ohne Knochen. Nein, Liebe ist Wille, ist tatkräftiges Handeln, ist zielbewußte Gotteskraft, ist Durchbruch der Welt Gottes in die irdische Welt. Liebe kennt ein Gesetz, nämlich den Willen des Höchsten. Wer darum von der Schrift abweicht, weicht, selbst wenn er die Einheit will, - ohne daß er es weiß, von der Liebe ab. Hier gilt es, sich wache Augen schenken zu lassen, um auf dem Wege zu bleiben und nicht abzuweichen, weder zur Rechten noch zur Linken, wie Christus uns Selbst gesagt hat: „Wachet und betet, damit ihr nicht in Anfechtung fallet.“

Liebe aber sucht den anderen; sie glaubt an das aufrichtige Streben in ihm, an das Werk Christi in seiner Seele, und wir müssen uns tief beugen und in Buße vor Gott und Menschen bekennen, daß wir in diesem Suchen zu lässig, in diesem Glauben zu ungläubig gewesen sind. Liebe ist bescheiden; sie sucht nicht ihre Ehre; sie will helfen und dienen, sie will heilen und ein Segen sein.

Die Liebe kann alten Bruderstreit begraben. Sie kann vergessen, was dahinten liegt, und einen Neuanfang schaffen. Sie gibt dem Todeswesen der Zerspaltung in göttlicher Lebenskraft den Todesstoß. Die Liebe ist die Seele aller Gemeinschaft unter den Gläubigen. Sie treibt sie zusammen; sie verbindet ihre Herzen, sie führt sie zu gemeinsamer Arbeit in der Heimat und

Gottes.

Und diese Liebe ist ewig. Die Gemeinde der Heiligen ist eine unüberwindbare Gemeinde. Die Bestimmung zum Siegen ist ihr von vornherein eingeboren. „Was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt.“ Der Zeugendienst der Gemeinde ist nicht etwa ein „Zusatz“ zu ihrer Aufgabe, sondern ein Kernstuck ihres Lebens selber, eine Hauptaufgabe ihres ganzen Daseins. Und gerade für diesen Dienst hat der lebendige HErr Seinem Volke die gewaltigsten Verheißungen gegeben. „Fürchte dich nicht, du kleine Herde, denn es hat eurem Vater wohlgefallen, euch das Reich zu geben.“ (Luk. 12,32) Die Gemeinde Gottes ist nicht nur eine liebende Gemeinde, sondern auch eine zeugende und siegende Gemeinde.

Im Sommer des vergangenen Jahres war ich im Kolosseum in Rom. Welche gewaltig ernste Predigt reden doch diese riesigen, abends bei Scheinwerferlicht gespenstig in den Nachthimmel emporragenden Theaterruinen! Im letzten Viertel des ersten Jahrhunderts war auf dem Platz der Gärten Neros dies ungeheure, für 87000 Menschen berechnete Amphitheater gebaut worden. Ungefähr 12000 Tiere und 10000 Gladiatoren büßten bei den 120tägigen Einweihungsschauspielen ihr Leben ein. Noch heute sieht man die Gewölbe, in denen einst die wilden Tiere für die Kampfspiele aufbewahrt wurden, sowie die Eingänge, durch welche die Gladiatoren und bald später die Christen hindurchschritten, um auf die grausige Arena zu gelangen, wie auch die Reste des Tores, durch welches man die Leichen der gefallenen Kämpfer oder Märtyrer hinausschleifte. Wie winzig und erbärmlich kommt man sich vor, wenn man auf einer solchen Stätte urchristlicher Zeugenkraft und urchristlichen Heldenmutes steht! Wieviel Märtyrerblut ist hier um des Glaubens an den Gekreuzigten willen geflossen! Wie machtlos und schwach und dem Untergang geweiht schien damals das kleine Häuflein der Christen! Was aber steht heute in der Arena direkt in der Mitte, unmittelbar vor den Resten der alten Kaiserloge? Ein Kreuz! Ein schlichtes, hochragendes Kreuz! Schon ums Jahr 1300 hatte man hier zur Erinnerung an die Märtyrer ein Kreuz errichtet. Dann war es im Laufe der Zeit abhanden gekommen, und im Jahre 1927 wurde es auf Befehl Mussolinis, des italienischen Regierungschefs, wieder neu aufgestellt, und zwar mit der Inschrift auf dem Sockel: „Ave crux spes unica“, d. h. „Gegrüßt seist du, o Kreuz, du einzige Hoffnung!“ Ein Kreuz im Kolosseum!

Gerade da, wo einst die Gläubigen um ihres Glaubens an den Gekreuzigten willen den blutigen Tod erlitten, gerade da ragt jetzt hoch ein Kreuz empor, und noch dazu mit dieser schlichten und doch so gewaltigen Inschrift! So wird dies Kreuz im Kolosseum zum Symbol des Triumphes Christi, und mit frohem Mut wollen auch wir in die Zukunft schauen und weiter diese beiden Wahrheiten mit Wort und Tat bezeugen: die Wahrheit von der Einheit der Gemeinde und ihrer ewigen Unüberwindbarkeit.

Erich Sauer.

Persönliche Voraussetzungen für fruchtbaren

Dienst am Wort

Gottes Dienst ist der heiligste Dienst in der Welt. Zu seiner Ausführung ist die Erfüllung heiliger Voraussetzungen erforderlich. Die erste Voraussetzung ist persönliches heiliges Leben. Wahr ist das Wort eines Knechtes Gottes: „Wollt ihr Posaunen der Gnade sein, räumt euch der Gnade erst selber ein!“

Zum Gottlosen aber spricht der HErr: „Was hast du Meine Satzungen herzusagen und Meinen Bund in deinen Mund zu nehmen, der du doch die Zucht hassest und Meine Worte hinter dich wirfst?“ (Ps. 50,17) „Ja, es ist furchtbar, predigen zu müssen über den lebendigen Gott, ohne Ihn selbst zu besitzen, über etwas zu reden, das ganz ins Herz eingehen will, ohne es selbst aufgenommen zu haben. Sagen zu müssen, Gott sei alles, und doch nichts an Ihm zu finden, das die eigene Seele erfüllte. So zu tun, als wäre Gott das einzig Wichtige - und eben diese Pflicht bringt ja die Verkündigung des Evangeliums mit sich -, und doch alles andere selbst wichtiger zu nehmen als Gott! Immer im Superlativ sich zu ergehen, wo einem der Positiv selbst noch fehlt - und desto mehr, je weniger Positives vorhanden ist: das ‚Höchste‘, ‚Innerste‘und ‚Heiligste‘, wo nichts hoch, innerlich und heilig ist.“ So klagt ein bekannter Prediger der Neuzeit. Wir wollen diese Fragen auch an uns gerichtet sein lassen. Denn Prediger,

Auch treue, zum Dienst berufene und mit göttlichen Gaben ausgerüstete Zeugen stehen in der Gefahr, anderen als Herolde zu dienen und sich selbst des Preises unwürdig zu erweisen. (1. Kor. 9,27) Hinter dem Zeugnis muß der Zeuge stehen. Mit den Worten muß der Wandel im Einklang stehen. Dem Timotheus schreibt Paulus: „Sei du ein Vorbild für die Gläubigen in Wort und Wandel, in Liebe, Glauben und Sittenreinheit!“ (1. Tim. 4,12) Die alte Behauptung, die immer wieder bestritten wurde, daß die Wirkung des verkündigten Wortes von der persönlichem Beschaffenheit des Redners unabhängig sei, wird gewiß niemanden über sich beruhigen. Denn wer möchte sich mit Judas oder den toten Schriftgelehrten vergleichen lassen oder mit Bileam und dem toten Löwen (Richt. 14,8), „der Honig führte, aber in einem stinkenden Munde“? Wer möchte sich dieser Ausnahmen getrösten, angesichts der überall in der Heiligen Schrift bezeugten Forderung Gottes? Schon von den alttestamentlichen Priestern wurde die Reinigung verlangt, ehe sie zum Dienst im Heiligtum durch das Füllen der Hände geweiht wurden. (2. Mos. 29,1-37) Nur heilige Gefäße kann Gott füllen und in Seinem Dienst gebrauchen. Die Mahnung des Propheten: „Reinigt euch, die ihr die Geräte des HErrn tragt“ (Jes. 52,2), enthält einen göttlichen Grundsatz von bleibender Bedeutung. Der Dienst am Wort ist ein heiliger Dienst.

Neben dieser persönlichen Voraussetzung eines lauteren, heiligen Wandels vor Gott darf ein zweites nicht fehlen; die göttliche Gnadengabe. Die Treue oder Vertrauenswürdigkeit steht zwar an erster Stelle, aber zu ihr muß noch die Fähigkeit, Begabung und Ausrüstung hinzukommen. (2. Tim. 2,2)

Wer ist geeignet für diese Aufgabe und diesen wichtigen Dienst? Von Natur niemand. „Unsere Kraft ist schwach und nichtig, und keiner ist zum Werke tüchtig, der nicht von Dir die Stärke hat!“ Gott Selbst muß Seine Werkzeuge, die Er erwählt hat, auch brauchbar machen für Seinen Dienst. Ohne die göttliche Berufung, Beauftragung und Befähigung, d. i. die Gnadengabe (charisma), ist der Mensch unfähig zu diesem hohen Beruf. Die Tatsache der Wiedergeburt und die Zugehörigkeit zur Gemeinde Gottes ergibt noch nicht die Pflicht und das Recht zur Wortverkündigung und die zu diesem verantwortungsvollen Dienst erforderliche, innere Ausrüstung und Vollmacht. Es gibt eine natürliche Redebegabung, die angeboren ist. Auch diese

genügt für den Verkündiger des Wortes Gottes nicht. Es muß die Gnadengabe hinzukommen, die befähigt, „geistgewirkten Inhalt mit geistgewirkter Sprache zu verbinden“. (1. Kor. 2,13) Oft ist beides vorhanden; doch sind die Fälle nicht selten, daß wohl die natürliche Gabe vorhanden ist, über natürliche Dinge mit großer Klarheit eine Rede zu halten, dagegen keine, um über geistliche Wahrheiten und Erfahrungen öffentlich zu reden. Häufiger noch zeigt sich eine besondere Gabe zu klarer, geistgesalbter Rede bei entschiedenen Christen, die niemals Fähigkeit und Mut zu öffentlicher Rede bewiesen, ehe sie zum Glauben kamen. Es gilt auch hier das Wort: „Kein Mensch kann sich etwas nehmen, wenn es ihm nicht vom Himmel her gegeben ist.“ (Joh. 3,27) Es ist zwar ein und derselbe Geist, der in allen Gläubigen wohnt und der in ihnen und durch sie wirkt. Aber es sind mancherlei Gaben. Sie sind verschieden in ihrer Art, wenn sie auch alle dem einen Zweck dienen, der Auferbauung das Leibes Christi. (Eph. 4,12) Von der Tätigkeit eines Evangelisten ist die des Propheten (im neutestamentlichen Sinne, 1. Kor. 14,24.25) zu unterscheiden, und die Aufgabe der Hirten und Lehrer ist wieder eine andere. Wohl mag auch heute jemand nicht nur eine dieser Gaben haben. Paulus besaß sie augenscheinlich alle. Sicher sollte niemand mit einer Gabe zu dienen versuchen, die er nicht hat. Die Mahnung des Apostels gilt auch heute noch: „Dienet einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als gute Verwalter der mannigfachen Gnadengaben Gottes.“ (1. Petr. 4,10)

Welcher Art die Gabe nun auch sein mag, den rechten Wert und die wirkliche Kraft verleiht ihr erst die Liebe. (1. Kor. 13) „Hoch steht über aller Begeisterung, allem Enthusiasmus, selbst über allem Genie und Talent - die Gesinnung“, das heißt, auf den Diener am Wort angewandt: „Hoch über aller Befähigung und Ausbildung steht die heilige Liebe. Denn wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel reden könnte, aber keine Liebe hätte, so wäre ich nur ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle.“ (1. Kor. 13,1) Herzliches Erbarmen mit den Sündern und geistlich Kranken, selbstverleugnende Liebe, die stets bereit ist, persönliche Opfer zu bringen und auf Rechte zu verzichten (1. Kor. 9,12), das Bewußtsein der eigenen Unwürdigkeit und Schwäche, aber auch des göttlichen Auftrags und seiner Kraft, die gerade in den Schwachen mächtig ist, gibt eine innere Ruhe und zugleich einen großen Freimut zur Rede, so

in großer Gewißheit. (1. Thess. 1,5)

Jeder, der das heilige Vorrecht hat, zum Dienst am Evangelium berufen zu sein, sollte immer wieder das große Vorbild des Apostels Paulus studieren, und zwar seine Selbstzeugnisse, wie sie in 1. Thess. 2; Phil. 3; 1. Kor. 9; Apgesch. 20 und an anderen Stellen zu finden sind, dann auch seine Ermahnungen, wie sie besonders im zweiten Timotheusbrief in so ergreifender Weise dem Timotheus ans Herz gelegt werden.

Zu den Voraussetzungen eines wirklichen Zeugendienstes und zu den unerläßlichen Erfordernissen und persönlichen Pflichten gehört auch ein eifriges Bibelstudium und ein anhaltendes Gebetsleben.

Wie kann man klar und bestimmt, frisch und freimütig das Wort verkünden, wenn man die Heilige Schrift nicht eifrig liest und durchforscht? Nur wer sie mit Liebe und regelmäßig liest, sich in ihre Gedankenwelt hineinlebt, wird imstande sein, durch die Verkündigung des Wortes andere so in die Gegenwart des lebendigen Gottes zu stellen, daß sie Gottes Anrede in dem von Menschen geredeten Zeugnis vernehmen. Gott offenbart Sich uns in der Bibel. Darum ist ein Leben in und mit der Bibel die notwendigste Voraussetzung für eine kraftvolle Verkündigung in göttlicher Vollmacht. Derselbe Geist, der einst durch den Mund der Boten Gottes gesprochen hat und durch die heiligen Schriften dieser Zeugen noch heute redet, wird um so mehr das verkündete Wort als geistgewirkt bestätigen können, je treuer wir uns dem Bibelstudium widmen. Freilich muß mit diesem Leben im Wort treues Gebetsleben verbunden sein. Georg Müller legte viel Wert auf ein regelmäßiges, gründliches Studium der Heiligen Schrift und auf eine gute Vorbereitung zur Wortverkündigung; aber auch daraus machte er eine Sache ernstlichen Gebetes. Wenn sogar der Apostel Paulus so großen Wert auf die Fürbitte der Gläubigen für eine freimütige Verkündigung des Evangeliums legte (Eph. 6,19; Kol. 4,3; 1. Thess. 5,25; 2. Thess. 3,1), so sollte niemand gering denken von dieser unerläßlichen Vorbedingung: Gebet und Fürbitte sind stets das Geheimnis einer kraftvollen und erfolgreichen Wortverkündigung gewesen. Aber wichtiger als alle Fürbitte ist das persönliche Gebetsleben des Dieners Jesu Christi.

Die Ursache unserer Kraftlosigkeit liegt in dem Mangel an wirklichem Gebet. (Jak. 4,2.3) Wie groß sind doch die Verheißungen, die dem treuen Beter gegeben sind! (Matth. 18,19; Joh. 16,23) Ein ernstliches Gebet im Heiligen Geist (Jak. 5,16; Jud. 20; vgl. Röm. 8,26.27; Eph. 6,18) vermag viel. Aber es gilt auch, anzuhalten im Gebet. (Röm. 12,12; Kol. 4,2; Eph. 6,18) Mancher muß sich beschämt fühlen durch die Mohammedaner, die fünfmal am Tage ihre Gebete verrichten! Ist es dort in den meisten Fällen auch nur eine tote Form, so sollte es dem Christen zum innersten Bedürfnis werden, ohne Unterlaß zu beten. (1. Thess. 5,17) Auch in dieser Hinsicht sind die Apostel unsere großen Vorbilder, vor allem aber der Herr Jesus Selbst. (Luk. 6,12; Mark. 1,36 u. a.)

Die durch Gottes Wort und Gebet geheiligte Persönlichkeit des Redners ist für das verkündigte Wort von größter Bedeutung. Was ein solcher vor den Zuhörern sagt, bezeugt er nicht nur durch das gesprochene Wort, sondern durch seine ganze Persönlichkeit, die eine Verkörperung des mündlichen Zeugnisses sein soll. Die unleugbare Wirkungslosigkeit vieler Predigten in unseren Tagen hat ihre tiefste Ursache darin, daß es an der unbedingten Hingabe des Redenden an das Wort und an dem Glaubensgehorsam fehlt. Nur dann, wenn der Träger der göttlichen Botschaft sich selbst ganz unter das Wort stellt und damit völlig ernst macht, kann er das Schwert des Geistes im Kampf gegen die Macht der Sünde und der Lüge mit Erfolg führen. In einem solchen Kampf steht aber jede geistliche Persönlichkeit, die sich der schweren Aufgabe der Verkündigung des göttlichen Wortes unterzieht.

F. Butcher, ein in der Missionsarbeit ergrauter Zeuge, teilte seinen Freunden und Mitarbeitern eine Tatsache mit, die es wert ist, auch hier hervorgehoben zu werden. Er schrieb: „Ein Besucher der verschiedenen Missionsfelder sammelte die Statistik der Ursachen, die die Eingeborenen bewogen hätten, sich zu bekehren, und er erlangte dieses überraschende Resultat: In keinem einzigen Falle schrieb der Gläubige den Grund seiner Bekehrung der Predigt zu, sondern bei jedem war es die Liebe oder der heilige Wandel oder die ununterbrochene Freundlichkeit und Fürsorge des Arbeiters, welche ihn gewonnen hatte! Es war eigentlich das Leben Jesu in den Seinigen, welches den Eindruck auf die umnachteten Herzen

machte. Lebt Christus in uns durch den Heiligen Geist, so wird auch von uns eine Kraft ausgehen. Sehnen wir uns nicht nach überredenden Worten der Weisheit, sondern nach der Erweisung des Geistes und der Kraft.“ (1. Kor. 2,3)

Johannes Warns †.

Die Geheimnisse des Himmelreiches

(Matth. 13)

Selten ist in ein Kapitel der Heiligen Schrift soviel hineingelesen worden wie in dieses, und meistens gerade das Gegenteil von dem, was der HErr lehren wollte. Natürlich unbewußt. Wir wollen versuchen, in die Geheimnisse des Reiches der Himmel, die hier in sieben Gleichnissen gelehrt werden, hineinzudringen.

Die Geheimnisse. Die Schrift redet von zwölf verschiedenen Geheimnissen, diese sind folgende:

Die Geheimnisse des Reiches der Himmel (Matth. 13)

Das Geheimnis des Glaubens (1. Tim. 3,9)

Das Geheimnis der Gottseligkeit (1. Tim. 3,16)

Das Geheimnis der Gottheit (Kol. 2,2.9)

Das Geheimnis des Evangeliums (Eph. 6,19)

Das Geheimnis der sieben Sterne und Leuchter (Offenb. 1,20)

Das Geheimnis der Verwandlung (1. Kor. 15,51)

Das Geheimnis der Verstockung Israels (Röm. 11,25)

Das Geheimnis der großen Hure (Offenb. 17,5)

Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit (2. Thess. 2,7)

Das Geheimnis Gottes (Offenb. 10,7)

Das Geheimnis Seines Willens (Eph. 1,9)

Der Ausdruck „Geheimnis“ will nicht sagen etwas Mysteriöses, Geheimnisvolles, sondern etwas außerhalb des allgemeinen Wissens Liegendes, das nur durch göttliche Offenbarung erkannt wird zu einer bestimmten Zeit. (Kol. 1,26) Scofield sagt: „Ein Geheimnis ist eine früher verborgene Sache, nun aber geoffenbart, in der jedoch etwas Übernatürliches, trotz göttlicher Ordnung, liegt.“

Königreich der Himmel, oder Reich der Himmel. Diesen Ausdruck finden wir nur bei Matthäus. Er kommt etwa 32mal vor. Matthäus stellt dieses Reich in 3 Phasen dar.

1. Durch Johannes den Täufer und den HErrn Selbst. Beide bezeugen, daß das Reich der Himmel nahe gekommen sei. (Matth. 3,2; 4,17) Der König, der Messias, war in ihre Mitte getreten, und bekräftigt durch viele Zeichen und Wunder, wurde Israel durch den Ruf zur Buße eingeladen, in dieses Reich einzugehen. Dieser Bußruf währte von den Tagen des Täufers bis zu Kap. 12, wo wir sehen, daß Israel nicht Buße tat, sondern seinen König verwarf, ja sogar Jesu Wunder als teuflisch hinstellte. (Kap. 12,24)

2. Das Reich der Himmel in seiner gegenwärtigen Form, während welcher Zeit der König vom Volke Israel und ihrem Land abwesend ist. Diese Form wird uns in den sieben Gleichnissen gezeigt, die die gegenwärtige Haushaltung darstellen. Sie dauert von der Verwerfung Christi durch Israel bis zu Seiner Wiederkunft auf dem Ölberg mit den Seinen.

3. Das Reich der Himmel in seiner von den Propheten geweissagten Form, während der Herrschaft Christi im Millennium. Dann wird Israel die Buße getan haben, die es schon in den

und in das Reich eingehen.

An jenem Tage. (Vers 1) An welchem Tage? In den Tagen der Geschehnisse von Kap. 12. Darin und zuvor sehen wir, wie Israel seinen König ablehnt. Alle Wunder und Zeichen hatten wie bei Pharao nur dahin geführt, ihr Herz zu verstocken. Furchtbar muß Jesus die Städte schelten (Kap. 11,20ff.), in denen Er so große Zeichen getan hatte. Sie aber taten nicht Buße und nahmen Ihn nicht an. Jene Tage waren der größte Wendepunkt in der Geschichte Israels. Offen trat diese Wendung erst mit der Zerstörung Jerusalems hervor, innerlich hingegen schon durch die Tatsache, daß Er Israel mit diesem Kapitel verläßt.

Wer sind Meine Brüder? So fragt der HErr in Kap. 12,46-50, als Seine Verwandten Ihn suchten. Auch sie glaubten nicht an Ihn, denn sonst wären sie Ihm nachgefolgt, später durften sie Ihn erkennen. Der HErr war in Israel (Sein Eigentum) gekommen, aber Israel nahm Ihn nicht auf. So viele Ihn aber aufnahmen, und dabei weist Er auf Seine Jünger hin, die an Ihn glaubten als den Messias, diese sind Seine Brüder. Israel, das zu Ihm in so naher Beziehung wie Bruder und Schwester stand, verscherzte das Vorrecht. Leser, bist du des HErrn Bruder geworden? Wie man das wird, sagt uns Joh. 1,12. Israel verschmähte diese Gnade. Es verschmähte Jesus, das Licht der Welt, und so wurde Sein Auge (Bild der Erkenntnis) verfinstert und der ganze Leib (ganz Israel) finster.

Eine beachtenswerte Bewegung. Vers 1 zeigt uns, wie der HErr das Haus (Israel) verläßt und hinaus an den See geht. Unter dem Bilde des Sees oder Meeres versteht die Schrift die Völkerwelt. Jesus mußte Sein Volk verlassen, weil es Ihn verwarf. Nun sollte das Evangelium der Völkerwelt angeboten werden. Jesus verläßt aber das Haus nur vorübergehend, wie dieses Kapitel zeigt, später aber kehrt Er in dasselbe zurück. So wird Jesus zu Seinem Volke, Israel, zurückkehren, das Ihn dann erkennen wird, wie Ihn die Jünger erkannt haben. Aber Er düngt und gräbt auch noch um den Feigenbaum, ehe Er das Haus Israel endgültig verläßt, ob es nicht doch noch Frucht bringe. Dieses Graben ist reichlich an Pfingsten geschehen. Als aber Israel bei der Steinigung des Stephanus den Heiligen Geist verwarf, hörten alle Bemühungen um Israel als Volk auf. Die Apostel wandten sich zu den Nationen. (Apgesch. 10) Da Israel den

HErrn nicht aufnahm, mußten Ihn die Himmel aufnehmen, wo Er jetzt weilt, bis die Vollzahl aus den Nationen eingegangen sein wird, und dann wird Er wiederum zum Hause Israel zurückkehren.

G. Brinke (Aus „Ährenlese“).

Für junge Gläubige

Der Christ und die Welt

(Gedanken über 1. Joh. 2,15-17)

Im 1. Johannes-Brief war es Aufgabe des Apostels, im Blick auf die antichristlichen Lehrer seiner und unserer Zeit das Wesen wahren, lebendigen, positiven Christentums, seine Entfaltung und sieghafte Bewährung gegenüber allem falschen Christentum und toten Bekenntnis klar ins Licht zu stellen. Die göttliche Grundlage dafür aber und der Hauptgedanke des Briefes ist nach Kap. 5,11 u. 12 die Tatsache, „daß Gott uns ewiges Leben gegeben hat; und dieses Leben ist in Seinem Sohne. Wer den Sohn hat, der hat das Leben, wer den Sohn Gottes nicht hat, hat das Leben nicht“. Wahres Christentum ist daher nichts weniger als der Besitz göttlichen, ewigen Lebens, das der Sohn Gottes, der von Anfang beim Vater war und zu uns herabkam, geoffenbart hat. Wer sich dem Fürsten des Lebens glaubend unterwirft, empfängt durch Seinen Heiligen Geist dieses neue ewige Leben und erfährt seine gesegneten Wirkungen nach zwei Richtungen:

1. Wiedergeburt zu einem neuen Menschen, zu einem Kinde Gottes; Einführung in die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne und damit in völlige Freude, weil das Herz in Gottes Liebe ruht. Diese Liebe beeinflußt, bildet und bestimmt nun das ganze Leben des Kindes Gottes. Sie weckt und wirkt die Liebe zu Gott und zu den Brüdern.

2. Der Gläubige erkennt von dem Lichtsstandpunkt Gottes in Christo aus alle Dinge in ihrem

unüberbrückbaren Gegensätze zwischen Licht und Finsternis, Vater (Gott) und Welt, Sohn (Christus) und Teufel, Fleisch und Geist. Die göttliche Verbundenheit hebt ihn heraus und empor und trennt ihn von allen gottwidrigen Elementen. Sie befähigt ihn zu sieghafter Überwindung und zur Offenbarung des Lebensreichtums Christi, zur Ehre Gottes und zum Segen der Menschheit. In dieser Entfaltung des neuen ewigen Lebens offenbart der Gläubige positives Christentum und reift wachstümlich zum geistlichen Jüngling und Vater in Christo heran.

Dem Wiedergeborenen sagt nun das Wort Gottes, daß er durch den Tod Christi nach dem Willen Gottes aus der gegenwärtigen bösen Welt herausgenommen ist (Gal. 1,4), daß er errettet ist von der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes der Liebe Gottes (Kol. 1,13 u. 14), daß er mit Christo den Elementen der Welt gestorben ist (Kol. 2,20) und daß er sinnen soll auf das, was droben ist, nicht auf das, was auf der Erde ist. (Kol. 3,2) Mit und in Christo ist jetzt schon droben der Platz des Gläubigen, den er durch den Heiligen Geist im Glauben einnehmen darf. Wenn auch mit den Füßen noch in der Welt, ist er doch der geistlichen Zugehörigkeit und dem Charakter nach nicht von der Welt.

Als solcher wird er von den Weltbeherrschern dieser Finsternis, von den geistlichen Mächten der Bosheit in den himmlischen Örtern bekämpft. (Eph. 6,12) Der Teufel geht darauf aus, ihn auf dem Wege durch diese Welt hin zum himmlischen Ziel aufzuhalten, ihm Blick und Herz von dem Reichtum der Liebe und Segnungen Gottes, ja von Christus Selbst abzulenken und ihn seiner Zeugen- und Kampfkraft zu berauben. Er will ihn in den Bann des Sichtbaren, Irdischen ziehen und sucht mit viel List immer wieder etwas neben und außer Christo seinem Herzen und Geist vorzustellen, groß und begehrenswert zu machen, um ihn dadurch aus dem Genuß der Lebensgemeinschaft mit Christus und aus der göttlichen Lebensherrschaft herauszulocken. Kein Wunder, daß gerade die, die „Jünglinge“ im Glaubensleben sind, mit den Worten „Liebet nicht die Welt ...!“ vor der List des Feindes gewarnt werden!

Nicht Weltflucht oder Nichtachtung und Ablehnung der von Gott geschenkten irdischen Güter und menschlichen Errungenschaften soll damit ausgesprochen sein, auch nicht die Verurteilung der Freude an allem Schönen und Großen in Gottes Weltschöpfung, sondern die Gefahr der

irdischen und fleischlichen Gesinnung. (1. Kor. 3,22 u. 23) Die Welt, die noch in dem Gläubigen

durch seine alte Natur, sein Ich-Wesen, vorhanden ist, will der Feind als Angriffspunkt und Operationsbasis gegen ihn benutzen, indem er dieser Natur Nahrung und Befriedigung durch die sichtbaren, vergänglichen Dinge anbietet, damit das neue Leben vernachlässigt und geschädigt werde. Verharrt nun das Kind Gottes nicht im wachsamen Glaubenskampf, im Gebet und in der Ablehnung seiner natürlichen fleischlichen Neigungen und Triebe, ist Christus nicht mehr der genügsame Gegenstand, die Lust und Freude seines Herzens, dann wird er durch fremde Stimmen, Bilder und Einflüsse unnüchtern gemacht, gefangengenommen und von der Höhe der geistlichen Freiheit, Freude und Kraft in unheilige Atmosphäre und Sünde gezogen. Daher die ernste Ermahnung in Sprüche 4,23! Es gilt vor allem, die eigne Welt des alten Lebens nicht zu lieben und nichts zu dulden, was sich von innen oder außen zwischen den himmlischen Bräutigam und mein Herz eindrängen will. Liebe ist vertrauensvolle Verbindung und Hingabe, die Gott bei Seinen Heiligen ganz für Sich beansprucht, um sie als Zeugen und Segensträger der verlorenen Welt gegenüber gebrauchen zu können. Nur in der richtigen Stellung und Liebe zu Gott in Christo gewinnen wir die richtige Stellung und Liebe zum Geschöpf.

Die. Welt lieben heißt, sich innerlich einlassen und verbinden mit einer unheiligen Lebensatmosphäre, Befriedigung in Augenlust, Fleischeslust und Hochmut des Lebens suchen und somit gegen 2. Kor. 6,14-18 und Röm. 12,2 handeln. Ein solcher Gläubiger gibt die durch das Kreuz gewirkte und geschenkte Freiheit und göttliche Absonderung auf und stellt sich in Gegensatz zu Ihm, weil das Wesen der Welt und des Fleisches gegen das Wesen Gottes und Seinen Heiligen Geist ist. Er geht des Genusses der Liebe des Vaters verlustig und fällt unter das Urteil von Jak. 4,4-10.

Je mehr der HErr naht und damit das Ende, um so tätiger ist der Fürst dieser Welt, und um so schwieriger sind die Proben für den Glauben. Daher ist auch ein Stehen und Wandeln in der Gegenwart Gottes und in Seiner Kraft um so nötiger, um nicht im Strom der Zeit fortgerissen und verschlungen zu werden; unentbehrlich und wertvoll auch die gegenseitige Gemeinschaft, die Fürbitte und das ermunternde Vorbild der Heiligen. - Welch armseliger Schluß aber eines

verweltlichten Christenlebens: wohl errettet, aber ohne Ewigkeitsfrucht! Nicht durch das, was vergeht und für die Ewigkeit wertlos ist, die Welt und ihre Lust, kann ein Kind Gottes glücklich sein und vorankommen, sondern allein durch die treue Beachtung und Verwirklichung des Willens Gottes.

Möge uns dies zur ernsten Selbstprüfung führen, gerade heute, in den Tagen der Vermischung und Verwischung, in der letzten Stunde vor dem Einbruch des Antichristen. Die Zeit ist gedrängt, verkürzt. Wie verwenden und verwerten wir unsere uns noch geschenkten Gnadentage, unsere vielleicht wenigen freien Stunden und Minuten? Prüfen wir alles an dem Worte Gottes? Haben wir noch das Zartgefühl für die Stimme des Heiligen Geistes, um unterscheiden zu können, was von unten und was von oben ist? Oder haben wir irgendwie die göttlichen Gegensätze überbrückt, die heiligen Grenzen verrückt, den schmalen Weg breiter gemacht? Haben wir uns vom Geist der Welt und von ihrem Wesen anstecken und beflecken lassen? Mit wem pflegen wir Umgang und Freundschaft? Was atmen die Schriften, die wir lesen, die Unterhaltungen, die Freuden und Erquickungen, die wir suchen und genießen? Wird unser Glaubensleben und die Gemeinschaft mit dem HErrn dadurch vertieft, oder geht es uns wie Simson, der seine göttliche Kraft im Verkehr mit der Delila verloren hatte und es noch nicht einmal merkte?! Wie schnell wirkt das Gift der Welt und der Sünde!

Was der Welt und dem Volke Gottes heute not tut, sind Glaubenspersönlichkeiten wie ein Daniel, der auch auf dem Wege der Leiden seinem Gott glaubenstreu und gehorsam war und daher Seine wunderbare Durchhilfe und die Achtung der ungläubigen Umgebung erfahren durfte. So kann und muß auch heute die Welt durch unsere, der Gläubigen besondere Leistungsfähigkeit und Treue wie auch durch ein entschiedenes Glaubensleben überzeugt werden, daß wir wahre Christen sind, hinter denen der lebendige Gott steht, der Sein Wort und Seine Verheißungen in unserem Leben wahr machen will. - Sollte der HErr aber dir und mir sagen müssen: „Ich habe wider dich, daß du die erste Liebe verlassen hast!“ (Offenb. 2,14), dann laßt uns in Eile gründlich Buße tun, denn der Herr kommt bald - und Sein Lohn mit Ihm!

A. Wettach sen.

Ohne Gott - ankerlos!

Vor Gott - arm und bloß!

In Gott - reich und groß!

Frage und Antwort

 

 

Frage 1

Römerbrief Kap. 7. Spricht der Apostel hier von einem „versiegelten“ oder von einem „befreiten“ Menschen?

Antwort

Weder von dem einen noch von dem anderen. Zum Versiegeln gehört der Heilige Geist, zum Befreien Christus. Aber in dem Abschnitt V. 7-24, um den es sich handelt, ist nicht vom Heiligen Geist noch von Christo die Rede, sondern vom Gesetz, von einem Menschen, genannt „Ich“, von der in diesem „Ich“ wohnenden Sünde, von den Wechselbeziehungen zwischen dieser und dem Gesetz und den aus diesen Wechselbeziehungen sich ergebenden schlimmen Folgen für den „Ich“.

Um eine ganze Menschenklasse, in eine Person zusammengefaßt, anzureden, gebraucht Paulus die Anrede „Du“ im 2. Kapitel, ebenso 9,19 und 11,17ff., weil das „Du“ eindringlich ist. Hier gebraucht er „Ich“, um der Anschaulichmachung ebenfalls eindringlichen Ausdruck zu geben, nicht weil er sich meint.

Daß er sich meine, läßt sich zwar sagen; aber man beachte, daß er in den ersten 6 Versen des Kapitels von „ihr“ und „wir“ spricht; auch V. 7 noch beginnt mit: „was sollen wir sagen“; dann

aber ist die Mehrzahl nicht mehr so dienlich für das, was er anschaulich machen will. Darum läßt er einen Menschen, einen Israeliten, auf den Plan treten, den er „Ich“ nennt, von dem angenommen wird, er habe lange vor der Gesetzgebung gelebt, siehe 5,13 und 7,8b und 9a, sei seit Sinai unter Gesetz gewesen und sei jetzt mit anderen in Christo Jesu, Kap. 8,1.

In der Zeit vor Mose machte die Sünde dieser Persönlichkeit „Ich“ keinerlei Beschwerden, obwohl sie nicht gleichgültig gegen dieselbe war; Sünde wurde ja nicht zugerechnet, Kap. 5,13. Als das Gesetz da war, wurde die Persönlichkeit sich schmerzlich der Tatsache bewußt, daß zwei Seelen in ihrer Brust lebten: eine, die dem Gesetz zustimmte, daß es recht sei, und eine, die das Gegenteil will, 7,12.15.16. Durch das Wollen und Ausüben des Gegenteils brachte die in dem „Ich“ wohnende Sünde die Persönlichkeit zu Tode, weil das Gesetz ihren Tod forderte, 7,10. (Vgl. für „töten“ und „sterben“ in ähnlichem Sinne Hos. 6,5 und 13,1.)

Das Gute wollen und es nicht ausüben können zufolge des Gebundenseins an eine nicht zu brechende Macht, an eine Gesetzmäßigkeit in den Gliedern, die aufs Entgegengesetzte hinausläuft, ist eine Sklaverei, die unerträglich ist. Daher der Aufschrei: „Ich elender Mensch! Wer rettet mich aus diesem Leibe, aus der die Sünde liebenden Natur, die dem Leibe anhaftet und unweigerlich dem Tode verfallen ist?“

Da, in dieser höchsten Not, tritt Jesus Christus auf den Plan und rettet die Persönlichkeit aus der Gebundenheit, löst sie ganz vom Gesetz. Dies aber nicht, um sie in den vorherigen Zustand zu versetzen, wo sie nichts von Gesetz und Übertretung wußte, sondern in die Stellung einer Persönlichkeit, die wohl weiß, was Gesetz und Übertretung sind, die aber zugleich weiß: Was und dieweil ich lebe, entspricht es einzig dem Empfinden meines Herzens, daß ich nichts anderes kennen will, als Dem zu leben, der durch Seinen Tod mich vom Todesurteil weggekauft hat, nachdem ich schon so gut wie gestorben war. (Kap. 8)

*

Ist es nicht so, daß alles andere, womit man Röm. 7,7-24 erklären will, irgendwo und irgendwie einen Haken hat? Der Mensch sei bekehrt, aber nicht befreit. Gewiß. Aber stellt das Evangelium

von Jesu Christo einen Menschen unter Gesetz? Oder Paulus rede von sich. Warum nicht? Er hatte wie kein anderer die Situation erfaßt: Gesetz, und Christus, des Gesetzes Ende. Darum spricht er von V. 14 an in der Gegenwartsform, während er vorher, V. 7-13, in der Vergangenheitsform Geschichte vorgetragen hatte. Er will aber lehren, nicht von sich erzählen. Gab es in seinem Leben eine Zeit, wo er „ohne Gesetz“, V. 9, gewesen wäre? In Phil. 3,5.6 sagt er selbst „nein“. „Beschnitten am achten Tage ... was die Gerechtigkeit betrifft, die im Gesetz ist, tadellos erfunden.“

Oder man sagt: der Mensch, um den es sich handelt, habe den Heiligen Geist nicht. Was soll das meinen? Daß er nicht versiegelt sei mit dem Heiligen Geiste? Eph. 1,13: Es ist gewöhnlich so, daß zwischen dem Geglaubthaben und dem Wissen um das Versiegeltsein eine kürzere oder längere Zeit vergeht, sie kann sogar aus Mangel an Belehrung ein Leben lang andauern. Aber das Nichtwissen ändert nichts an der Tatsache, daß der Glaubende von da an, wo er geglaubt hat, den Heiligen Geist empfangen hat und dadurch mit dem Heiligen Geist versiegelt worden ist. Woher kommt in diesem Menschen das Wollen des Guten? Wer oder was wirkt in ihm dies Wohlgefallen an dem Gesetz Gottes? Welches war die treibende Kraft in dem, der den 119. Psalm geschrieben hat? Und was sagt David in Ps. 51,10 und 11? Er betet: „Schaffe mir, Gott, ein reines Herz, und erneuere in meinem Innern einen festen Geist! Verwirf mich nicht von Deinem Angesicht, und den Geist Deiner Heiligkeit nimm nicht vor mir!“

Hatte David den Geist der Heiligkeit, oder hatte er ihn nicht? Wenn er ihn nicht gehabt hätte, könnte er nicht sagen: Nimm ihn mir nicht! Und doch war es in ihm nicht der Geist der Pfingsten, d. h. nicht der Geist der Sohnschaft, in welchem wir jetzt „Abba, Vater“ rufen. Immerhin aber war es der Heilige Geist. Siehe Nehem. 9,20: „Du gabst ihnen Deinen guten Geist, um sie zu unterweisen.“ Jes. 63,11 und 10: „... Welcher Seinen Heiligen Geist in ihre Mitte gab.“ „Sie haben Seinen Heiligen Geist betrübt.“

Darum ist es eine gewagte Sache, zu sagen, der betreffende Mensch habe den Heiligen Geist nicht. Es kann doch nur der Heilige Geist sein, der das Wohlgefallen am Gesetz Gottes in einem Menschenherzen wirkt. Nur wenn Er einen Menschen angefaßt hat, kann dieser durch

Haltenwollen des Gesetzes in den geschilderten Zustand kommen, ebenso wie es ein wirklicher Gläubiger sein kann, der Christum aus dem Auge verliert und unter Gesetzestun zurückfällt. Auf keinen Fall paßt auf diesen Menschen: „als das Gesetz kam“, auch auf Paulus nicht. Zu seiner Zeit war es vor 15½ Jahrhunderten, heute ist es schon seit mehr als doppelt soviel Jahren gekommen. Es steht auch nicht da, daß es in Paulus oder eines heutigen Menschen Leben eingetreten sei. Es kam geschichtlich dort am Sinai.

Das oder der „Ich“, als gedachte Persönlichkeit genommen, wie vorgetragen, löst allein die Schwierigkeit.

Adelphos.

Die siebenfache Herrlichkeit der Heilsbotschaft nach 2. Kor. 3

Die Heilsbotschaft des Neuen Bundes ist „das Evangelium der Herrlichkeit Christi, der das Bild Gottes ist“. (2. Kor. 4,4) Sie leuchtet in unsere Herzen hinein „zum Lichtglanz der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Christi“. (2. Kor. 4,6) Sie ist das Wort vom Leben in einer sterbenden Welt, die Kunde vom Glück inmitten eines Meeres von Unglück und Herzeleid. Christen sollen darum überzeugt sein von der Größe und Kostbarkeit dieser ihnen anvertrauten Himmelsgabe.

So hat auch der Apostel Paulus viel Wert darauf gelegt, daß die Gläubigen jener Tage erkennen möchten, welche unermeßlichen Reichtümer in dem Evangelium der Gnade enthalten sind. Dies sucht er ihnen besonders dadurch vor Augen zu führen, daß er die Botschaft des Neuen Bundes derjenigen des Alten gegenüberstellt. Auf diese Weise gelangt er dann stets zu dem gleichen Ergebnis wie der Schreiber des Hebräerbriefes, daß nämlich die heutige Kunde des Glaubens unendlich viel „besser“, „größer“, „höher“ und „vorzüglicher“ ist, ja daß sie den Höhe- und Zielpunkt aller bisherigen Gottesoffenbarungen bildet.

In einer ganz besonders kostbaren Weise stellt er diesen Vergleich in 2. Kor. 3 an. Hier sind es

neutestamentlichen Heils alles bisher Dagewesene ewig überragt. In sieben Gegensatzpaaren stellt sich uns da die Größe des Evangeliums vor Augen.

1. Steinern - fleischern (V. 3). Weit davon entfernt, die Bedeutung der mosaischen Haushaltung zu unterschätzen (vgl. Röm. 7,12), muß der Apostel doch in den steinernen Tafeln der Gesetzgebung am Berge Horeb ein Sinnbild des Charakters der Menschen erblicken, die unter dem damaligen Heilswalten Gottes gestanden hatten. Ihre Herzen waren „steinerne Herzen“, und die Geschichte der Erlösung war noch nicht so weit vorangeschritten, daß ihnen schon damals diese steinernen Herzen weggenommen und neue, „fleischerne“ Herzen gegeben werden konnten. Dies war erst einer späteren Periode des Erlösungsplanes vorbehalten (vgl. Hes. 36, 26!). Steinerne Herzen sind tote, kalte Herzen, starr und hart. Mit Christo aber ist die Zeit gekommen, da an Stelle dieser unbrauchbaren, dem Plan Gottes entgegengerichteten Herzen das Neue in die Erscheinung treten sollte; nun konnte es eine Umwandlung, eine Umschaffung der Menschen in dem Kern ihrer Persönlichkeit geben. Nun konnte der Geist Gottes die steinernen Herzen in fleischerne umgestalten. Fleischerne Herzen sind lebendige Herzen, sind warme Herzen, nicht hart, sondern bildsam, nicht starr, sondern bewegungsfähig. Fleischerne Herzen haben innere Empfindungen (Phil. 2,1.2); sie können Freude im HErrn erleben, können mit den anderen mittrauern, wenn sie in Leid und Not sind; sie können mitjubeln, wenn Sünder gerettet werden; sie können mitbangen und mitbeten mit dem Ringen und Wirken der anderen. O daß doch der HErr immer mehr das Eiserne und Steinerne auch aus uns herausnehmen und uns wirklich zu Menschen mit einem warmen, fühlenden, bildsamen Herzen des Glaubens machen könnte!

Der zweite Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bunde ist:

2. Buchstabe - Geist (V. 6). In der alttestamentlichen Zeit stand das Gesetz Gottes dem Menschen als ein äußeres Gebot gegenüber; jetzt ist es den Glaubenden in der Form des Gesetzes Christi in den Sinn geschrieben (Hebr. 8,10), ist durch den Geist eine in ihnen lebendige, mit ihrem Wesen innerlich organisch verschmolzene Autorität geworden (vgl. Hebr. 4,2). Jetzt sind die Glieder des neuen, erwählten Volkes „von Herzen“ gehorsam (Röm. 6,17)

und dürfen immer mehr in die Stellung ihres Meisters hineinwachsen, der da gesagt hat: „Meine Speise ist, daß Ich den Willen Dessen tue, der Mich gesandt hat.“ (Joh. 4,34) Und mit diesem Innewohnen des Geistes und des göttlichen Gesetzes hängt das dritte große Gegensatzpaar zusammen, von dem der Apostel hier spricht.

3. Tod - Leben (V. 6b). „Der Buchstabe tötet, der Geist aber macht lebendig.“ Der „Buchstabe“, das Gesetz Moses, hatte nicht vermocht, den alten Herzenszustand des Menschen zu ändern; im Gegenteil, anstatt daß durch das Vorhandensein des Gesetzes die Sünde überwunden worden wäre, hatte sich die im unerneuerten Herzen schlummernde Sündennatur schon durch die bloße Tatsache, daß ein solches Gesetz überhaupt gegeben worden war, nur gereizt gesehen und nun erst recht zu Ausbrüchen ihrer Bosheit veranlaßt gefühlt. (Röm. 7,8-14; 1. Kor. 15,56b) So wurde der Zustand des Sünders immer mehr unheilvoll. Die „Sünde“ wurde zur „Übertretung“, und insofern viel schwerwiegender. (Röm. 4,15) „Das Gesetz bewirkt Zorn.“ So war es ein „Dienst der Verdammnis“, ein „Dienst des Todes“ (2. Kor. 3,7-9), und der „Buchstabe“ hatte seine „tötende“ Macht erwiesen. Wie ganz anders ist da die Wirkung des Geistes seit dem vollbrachten Werke von Golgatha! Jesu Worte sind Geist und Leben. Sein Werk hat den Tod überwunden. Er ist der Auferstandene, der nicht nur Selber für Sich in der Auferstehung den Tod zunichte gemacht, sondern auch für die Seinen die bindende und lähmende Herrschaft des inneren Todeszustandes gebrochen hat. Nun sind die Erlösten mit Christo auferstanden, mit Ihm lebendig gemacht, Seines Lebens mit teilhaftig geworden und werden darum auch einst in der Auferstehung umgestaltet werden zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit.

Und woher dieses neue Leben? Woher diese Überwindung des Todes? - Weil Christus uns am Kreuz die Gerechtigkeit erworben hat.

4. Verdammnis - Gerechtigkeit (V. 9). „Wenn der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit ist, so ist vielmehr der Dienst der Gerechtigkeit überströmend in Herrlichkeit.“ Bei aller Gerechtigkeit, die der Alte Bund als Eigenschaft Gottes geoffenbart hatte, ist es doch erst das Evangelium, das eine Gerechtigkeit als göttliche Gabe dem Menschen anbieten kann. Darum wird diese

Gerechtigkeit, die als Gottesgeschenk von Gott kommt und deshalb auch vor Gott gilt, erst in der Botschaft des Glaubens geoffenbart. (Röm. 1,17) Nun, nachdem Gott Den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht hat, sind wir Seine, das heißt Gottes Gerechtigkeit geworden in Ihm (2. Kor. 5,21), und darum können wir auch frohlockend ausrufen: „Wer wird wider Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, welcher rechtfertigt! Wer ist es, der verdamme? Christus ist es, der gestorben, ja noch mehr, der auch auferweckt, der auch zur Rechten Gottes ist, der Sich auch für uns verwendet!“ (Röm. 8,33.34)

5. Geringeres - Größeres (V. 8-19). Dies hatte der Apostel schon in der zuletzt angeführten Gegenüberstellung zugleich mit ausgesprochen. Wenn schon der Dienst der Verdammnis Herrlichkeit war, so muß es der Dienst der Gerechtigkeit in noch ganz anderer, eben in „überströmender“ Weise sein. Mit einem geradezu inneren Jubel betont Paulus hier immer wieder, daß, so groß auch das Alte gewesen sein mag, dennoch jetzt das unvergleichlich Größere in die Erscheinung getreten ist. „Vielmehr“ (V. 8), „vielmehr“ (V. 9), „wieviel mehr!“ (V. 10) - so sagt er einmal über das andere Mal. „überströmend“ nennt er es, ja „überschwänglich“ (V. 8.9)! Ob auch unsere Herzen so voll und übervoll sind von dieser Größe der Botschaft, die uns das Leben gebracht hat? Nur wenn das Herz voll ist, geht der Mund über, und darum sind wir oft so stumm im persönlichen Zeugnis und so untätig und nicht selbstverleugnend in der „Teilnahme am Evangelium“ hinsichtlich Gebet und Gaben, weil wir innerlich doch nicht wirklich so voll und ganz von der Erhabenheit und Einzigkeit der Heilsbotschaft überzeugt sind, so viel wir auch theoretisch davon reden und dem Bekenntnis nach daran glauben mögen. Wer aber mit den Augen des Herzens die Schönheit des Evangeliums geschaut hat, der wird auch mit Petrus sprechen können: „Es ist uns unmöglich, von dem, was wir gesehen und gehört haben, nicht zu reden.“ (Apgesch. 4,20)

6. Vergehend - bleibend (V. 11). Und das Wunderbare dabei ist, daß wir uns hier auf dem Boden der Ewigkeit befinden. Alle Schönheit der Welt vergeht. Auch die Schönheit und Herrlichkeit der früheren Gottesoffenbarungen war keine bleibende. Aber der Neue Bund und seine Segnungen sind etwas, das da bleibt in alle Zeitalter hinein. (Hebr. 13,20) Der Alte Bund war das, „was hinweggetan werden sollte“ (vgl. Gal. 3,19; Hebr. 7,11-18); der Neue ist das

„Bleibende“. Aber es ist nicht ein starres Bleiben, kein Sein, das keine Bewegung, keinen Fortschritt kennte; nein, es ist ein ununterbrochenes Vorangehen von Klarheit zu Klarheit, ein dauerndes Enthüllen verborgener Gottesschätze.

Damit aber sind wir an dem letzten der sieben Grundgedanken unseres Kapitels angekommen.

7. Verhüllung - Enthüllung (V. 12-18). Wie bei der mosaischen Gesetzgebung am Sinai für Paulus die steinernen Tafeln zugleich ein Sinnbild des steinernen Herzenszustandes der damaligen Menschen gewesen waren, so ist ihm auch die Decke, die Mose zu jener Zeit auf dem Angesicht gehabt hatte, zugleich ein Symbol davon, wie das innere Verständnis des Volkes Israel in jenen Tagen noch „zugedeckt“ gewesen sei. Erst in Christo wird diese Decke von dem Herzen und den Augen hinweggenommen, und dann können alle, die diesem Heiland ihr Herz geöffnet haben, im Gegensatz zu jener Unvollkommenheit des Allen Bundes sagen: „Wir alle aber, mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des HErrn anschauend, werden verwandelt nach demselben Bilde von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, als durch den HErrn, den Geist.“ (V. 18) So wird uns im Evangelium immer mehr von der Größe unseres Erlösers gezeigt, und obwohl wir Christum schon in einem gewissen Sinne erkannt haben (Kol. 1,6), bleibt es doch stets das Ziel unseres Wachstums im Glauben, Ihn immer mehr „zu erkennen und die Kraft Seiner Auferstehung und die Gemeinschaft Seiner Leiden“. (Phil. 3,10) So aber wird in immer steigendem Maße durch diese fortschreitende Enthüllung der Person und des Werkes des HErrn die Wahrheit des Wortes unseres Meisters zum inneren Erlebnis der Seinen: „Dies aber ist das ewige Leben, daß sie Dich, den allein wahren Gott, und Den Du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ (Joh. 17,3)

Er. Sr.

„Versiegelung“ und „Befreiung“

(Röm. 7)

Ergebnis, daß die „Versiegelung“ bei dem Empfang des Heiligen Geistes zu Anfang des Glaubenslebens stattfindet und unabhängig von Erkenntnis und Verständnis darüber seitens des Glaubenden ist. Die Befreiung hingegen ist abhängig von der Erkenntnis ihres Vorhandenseins in Christo und von dem Ergreifen derselben in kindlichem Glauben.

Zu Nutz und Frommen der Leser und etwaiger Zweifler diene folgendes: Die obenerwähnte Antwort war geschrieben. Eine Schwester las sie. Voll Überraschung rief sie aus: „So wie es dasteht, war es gerade bei mir! Im Jahre 1900 wurde ich bekehrt, d. h. ich konnte es fassen und für mich annehmen, daß der Herr Jesus für meine Sünden gestorben sei und mich erlöst habe. Aber doch war es weiterhin so, daß ich bei mir nicht fand, was mich hätte ruhig sein lassen, weil etwas Ähnliches wie das in Röm. 7 meinen Frieden störte. Erst 1921, nachdem ich mit den Brüdern bekannt geworden war und mir einer auseinandersetzte, daß nicht nur meine Sünden auf dem Herrn Jesus gelegen hatten, sondern auch mein ganzer sündiger Zustand, da erfuhr ich und weiß es seither, daß ich ‚befreit‘bin.“

Am Abend war noch eine andere Schwester da. Die Rede kam wieder auf diesen Gegenstand. Sie sagte dasselbe, was die erstgenannte gesagt hatte. Nur seien es bei ihr nicht 21, sondern nur 3 Jahre gewesen.

Der Verfasser der Antwort konnte sagen, daß er kurz nach seiner Bekehrung diese völlige Erlösung erfahren habe, weil er gleich die richtige Belehrung darüber empfing.

Er ging mit der erstgenannten Schwester durch fragende Anwendung von Schriftstellen und darauf gegebene Antworten der Sache auf den Grund.

1. War bei der Schwester Joh. 3: „aus Wasser und Geist geboren“ so wahr wie bei dem Frager? Ihre Antwort: Ja.

2. War bei der Schwester Gal. 4,6: „weil ihr Söhne seid, so hat Gott den Geist Seines Sohnes in unsere Herzen gesandt, der da ruft Abba, Vater!“ so wahr wie bei dem Frager? Sie antwortet: Ja.

3. War bei der Schwester Gal. 5,22: „Die Frucht des Geistes aber ist: Liebe, Freude“ usw. und 2. Kor. 13,13: „die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ so wahr wie bei dem Frager? Sie antwortet bestimmt: Ja.

4. War bei der Schwester 1. Kor. 3,16: „ihr seid Gottes Tempel, und der Geist Gottes wohnt in euch“ und Röm. 8,27: „der Geist verwendet sich für Heilige Gott gemäß“ so wahr wie bei dem Frager? Sie antwortet: Gewiß.

5. War bei der Schwester Röm. 8,9.11: „Gottes Geist wohnt in uns, deswegen wird Er unsere sterblichen Leiber lebendig machen“ und Röm. 5,5: „die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den uns gegebenen Heiligen Geist“ so wahr wie bei dem Frager? Antwort: Jawohl.

6. Verstand die Schwester, was in 1. Kor. 12 über die Offenbarung des Geistes durch die Gnadengaben zur Erbauung gelehrt wird und was in Eph. 1,13.14 und 4,30 sowie in 2. Kor. 1,22 und 5,5 über den Heiligen Geist der Verheißung als Versiegelung auf den Tag der Erlösung und als Unterpfand unseres Erbes zur Erlösung des erworbenen Besitzes gesagt ist? Antwort Diesmal: Nein. Und die Ursache? Weil in der Gemeinschaft, wohin sie ging, von so etwas nicht die Rede gewesen sei. Nachdem sie als Dienstmädchen in der Fremde bekehrt und wieder heimgekommen war, wußte sie eben - das aber bestimmt -, daß der Herr Jesus sie errettet habe, daß man sich alle Mühe geben müsse, um vorwärts zu kommen in der Nachfolge des HErrn, in der Heiligung usw.

Als sie anfing, die Zusammenkünfte der Brüder zu besuchen, ging ihr erst ein Licht auf über das, was sie nicht gewußt und eigentlich auch nicht gesucht hatte, weil ihr der Betrieb in der Gemeinschaft genügt hatte: nämlich, daß dies eigene Trachten, sich zu vervollkommnen, ergebnislos bleiben mußte, daß die Vollkommenheit ebenfalls durch den Herrn Jesus ist. Sie heißt das jetzt: Befreiung vom eigenen Tun.

Ist nun Befreiung dasselbe, was Versiegelung ist? Ich habe schon gesagt: Nein. Für die Schwester, von ihrer Seite aus betrachtet, war das, was ihr nach 21jährigem Bekehrtsein

widerfuhr, eine Rettung aus einem mehr oder weniger gefühlten Zustand des Unglücklichseins, wie Röm. 7,24 ihn ausdrückt. Die andere Schwester sagte, sie wäre während der drei Jahre fast verzweifelt.

Wenn ein solches Menschenkind stürbe, bevor dieser Augenblick der Befreiung in seinem Leben gekommen ist, ginge es verloren, oder hätte das Wort aus Jesu Munde in Joh. 3 Gültigkeit: „... auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe“? Oder warum schließt Johannes das, was er im 5. Kapitel seines ersten Briefes, V. 6-13, vom Zeugnis Gottes über Seinen Sohn sagt, mit den Worten: „Dies habe ich euch geschrieben, auf daß ihr wisset, daß ihr ewiges Leben habt, die ihr glaubet an den Namen des Sohnes Gottes“? Waren sie nicht versiegelt? Sie waren es. Und doch ist es nötig, erinnert zu werden?

Wenn wir die Augen nicht verschließen wollen: Ist es nicht aus dem Leben gläubig-frommer Männer, Dienern am Wort, bekannt, daß sie in dieser Hinsicht durch Sichtungszeiten gingen, als ob sie nicht versiegelt und befreit gewesen wären? An dem Wissen um die Befreiung muß es da gefehlt haben. Und gibt es nicht ungezählte von Herzen an den Herrn Jesus glaubende Menschen in Landeskirchen, Gemeinschaften und christlichen Gemeinden, die mangels schriftgemäßer Belehrung nie zum bewußten Genuß der Versiegelung und zur Befreiung kommen? -

Von der Versiegelung wird gesagt,

1. daß sie geschehen sei im Hinblick auf die „Erlösung des erworbenen Besitzes“ auf jenen Tag, da der Herr Jesus Seinen Rechtstitel auf alles Bestehende, das Er ja durch Sein Sterben für Gott zurückerkauft hat, geltend machen wird,

2. daß sie - d. h. der Geist Selbst, mit dem die Versiegelung geschieht - das Unterpfand sei zum Teilhaben an diesem durch den Herrn Jesus erworbenen Besitz.

Folglich: Die Schwestern und der Verfasser waren von Gott aus durch den Geist, der in ihnen war, als Sein Eigentum bestätigt, nachdem sie geglaubt hatten; denn in der symbolischen

Sprache der Schrift bedeutet ein aufgedrücktes Siegel den Abschluß eines Geschäfts, Eigentumsanspruch, Sicherheit.

Aber das Wissen und Glauben, daß man den Heiligen Geist hat, läßt eine Seele noch nicht zur beglückenden Gewißheit kommen, daß sie Gottes unantastbares und unentreißbares Eigentum ist, solange sie hört, daß ein Kind Gottes wieder verlorengehen könne, was ja leider gelehrt wird. Dazu kommt dann das Bewußtsein der eigenen Unvollkommenheit und das Bemühen, eine Vollkommenheit zu erreichen, die hinreichend ist, um entrückt zu werden, wenn der HErr für die Seinigen kommt.

Wenn dann, wie bei den beiden Schwestern geschehen, die Seele verstehen lernt, daß sie, als in Christo seiend, in einer Stellung des Vollendet- und vollkommenen Geheiligtseins ist, dann fängt sie an, das beseligende Glück zu genießen, welches in der Gewißheit liegt: Durch den Geist, den ich seit meiner Bekehrung habe, der mir nie genommen wird, bin ich Gottes versiegeltes Eigentum im Hinblick auf die Erlösung des erworbenen Besitzes, an dem ich Teil haben werde; und ich weiß mich frei vom Geknechtetsein unter gesetzliches Tun. -

Vorstehendes soll erläutern, wieso Versiegelung und Befreiung meistens als ein und dieselbe Sache angesehen werden, obgleich sie es nicht sind.

Adelphos.

Wohltun und Mitteilen

„Des Wohltuns aber und Mitteilens vergesset nicht, denn an solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.“ (Hebr. 13,16)

Im Wohltun und Mitteilen ist uns der HErr Selbst das vollkommene Vorbild. Über Seinem Erdenwandel steht nach Apgesch. 10,38 die wunderbare, herrliche Überschrift: Er ging umher und tat wohl. Er tat wohl bei der Hochzeit zu Kana, half aus der Verlegenheit und gab Wein. Er speiste wiederholt die Tausende, denen es an der nötigen Nahrung gebrach. Er heilte im

Mitgefühl Kranke und Gebrechliche, weckte Tote auf und gab sie den Angehörigen wieder zurück. Doch Er tat nicht nur wohl in dem Leiblichen, auch in dem Geistlichen. Dem Gelähmten, dem bußfertigen Weibe, dem Übeltäter am Kreuze schenkte Er Vergebung und Frieden. Den Schaden, den Petrus durch das Abhauen des Ohres des Knechtes angerichtet hatte, machte Er wieder gut. Den gefallenen Petrus richtete Er wieder auf. „Er wußte den Müden durch ein Wort aufzurichten.“ Ja - in Wahrheit - Er ging umher und tat wohl.

Auch das Leben unseres HErrn vor Seinem öffentlichen Auftreten war ein solches des Wohltuns. Wenn uns auch die Schrift hierüber keine Einzelheiten berichtet, so wissen wir aber: Er tat allezeit das Gottwohlgefällige. Das Erdenleben Seines Wohltuns endete mit der größten Seiner Wohltaten, mit Seinem Sterben für uns am Kreuz. Ja, bis zu Seiner Himmelfahrt tat Er wohl. Denken wir daran, wie Er den abgemühten Jüngern gebackenen Fisch und Brot bereitet hat und sie freundlich einlädt: „Kommet her, frühstücket.“ - Unser Herz wird im Anschauen Seines Wohltuns und Seiner Liebe mit Anbetung erfüllt. - Ja, Er Selbst hat uns ein Vorbild hinterlassen, daß wir sollen nachfolgen Seinen Fußtapfen. Im Anschauen Seiner Herrlichkeit strecken wir uns danach aus, selbst verwandelt zu werden mehr und mehr in Sein Bild durch Seinen Geist.

Gottes Wort ermuntert uns nach der eingangs genannten Stelle, das Wohltun und Mitteilen nicht zu vergessen. Wir sind vergeßliche Hörer und vergeßliche Täter. Gott aber will, daß auch über unserem Leben in etwa wahr werde: Er oder sie ging umher und tat wohl.

Unsere Taten des Wohltuns und Mitteilens sind vielleicht klein und menschlich unbedeutend. Vor Gott aber sind auch die kleinen Liebestaten wert und wichtig. Denken wir an das Scherflein der Witwe. Da sehen wir, wie Gott die Taten bewertet. Auch der wenig Bemittelte kann Kranken, Betagten, Eltern, Kindern, Armen und Elenden wohltun und mitteilen. Wir denken dabei auch an das Winterhllfswerk, das auch eine Gelegenheit zum Wohltun ist.

Das Wohltun muß nicht immer im Geben von Geld und Gut bestehen. Es kann auch in Hilfsleistungen aller Art bestehen. Wie viele gibt es, Elende und Leidende, die in ihrem Leben Beistand brauchen. Gar mancher braucht Ermunterung durch ein freundliches Wort oder eine

Wohltun und Mitteilen sind Opfer. Das sagt uns die eingangs genannte Schriftstelle. Opfer sind zunächst Verlust für den Opfernden. Die Opfer, die im Alten Bunde verordnet waren, bedeuteten alle Verlust für den Geber. Daß auch Abraham seinen geliebten Sohn Gott opfern sollte, das bedeutete zunächst einen unermeßlichen Verlust für Abraham. Auch für die Witwe (1. Kön. 17) bedeutete das Verlangen des Propheten Elia, ihm einen Kuchen zu bereiten von dem Rest ihrer Nahrung, ein großes Opfer. Das Scherflein der Witwe, das sie in den Gotteskasten legte, war ein gewaltiges Opfer. Ihren ganzen Lebensunterhalt brachte sie dar. Auch in unserer Zelt sind viele Opfer des Wohltuns und Mitteilens gebracht worden, nicht nur an Hab und Gut, auch an Zeit und Kraft und Gesundheit.

Das Wort sagt: „An solchen Opfern hat Gott Wohlgefallen.“ Das ist der größte Lohn, die größte Freude und Ermunterung, zu wissen: Gott hat Wohlgefallen an unserem Tun. Das Wohlgefallen unseres Gottes und Vaters zu haben geht über alles und birgt eine Glückseligkeit in sich, die wohl jedes Kind Gottes kennt und schätzt. Wenn wir das vor Ihm Wohlgefällige tun, ist uns sogar eine besondere Verheißung betreffs Gebetserhörung gegeben. (1. Joh. 3,22)

Zudem bezeugen viele Stellen in der Heiligen Schrift, daß auf das Wohltun der Segen Gottes folgt für den, der da wohltut und mitteilt. „Glückselig, wer acht hat auf den Armen! Am Tage des Übels wird Jehova ihn erretten.“ (Ps. 41,1) Und der Apostel Paulus schreibt in bezug auf die Gabe, welche die Philipper ihm und damit dem Werke des HErrn zukommen ließen: „Mein Gott aber wird alle eure Notdurft erfüllen nach Seinem Reichtum ...“ (Phil. 4,19) Wenn wir dem Werk des HErrn etwas opfern dürfen oder dem Dürftigen etwas mitteilen, so sieht es Gott so an, als ob es Ihm geschieht. Und der Segen von Ihm bleibt nicht aus, das ist gewiß.

Bei allem Wohltun und Mitteilen ist eins wichtig, - daß es in Liebe und Freudigkeit geschieht. „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ „Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeilen werde, und wenn ich meinen Leib hingebe, ... aber nicht Liebe habe, so ist es mir nichts nütze.“ (2. Kor. 9,7; 1. Kor. 13,3)

O. D.

 

 

Die Bedeutung der Gleichnisse in Matth. 13

Wir sahen bereits, daß uns die sieben Gleichnisse dieses Kapitels in den religiösen Zustand der gegenwärtigen Weltzeit hineinführen. Sie bilden die Zeitspanne von jenem Tage, da der HErr sie aussprach, bis zu Seinem Kommen auf dem Ölberg mit uns, den Seinen. Dann wird Er das Reich unter Seinem alten Volke aufrichten und, wie es der HErr in den Versen 40-43 zeigt, ihm seinen völligen Abschluß durch die Ernte geben. Ehe wir die Gleichnisse im einzelnen betrachten, wollen wir noch zuvor einen Überblick über dieselben halten.

Die vollkommene Zahl der sieben Gleichnisse. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit, des abgeschlossenen Ganzen. Wir begegnen dieser Zahl sehr oft, besonders in Verbindung mit der Prophetie. Man denke nur an das Buch der Offenbarung. Auch in den sieben Gleichnissen haben wir eine große Weissagung über die Vorgänge in der Welt, während noch Satan ihr Fürst und Gott ist.

Die Teilung der Gleichnisse. Der HErr teilt sie in vier und drei. Die ersten vier spricht Er vor der Volksmenge und die restlichen drei zu Seinen Jüngern, nachdem Er die Volksmenge entlassen hatte. Die letzten drei haben tiefere Bedeutung. Sie sind Gleichnisse für die Seinen allein, denn sie sind die Geheimnisse des Volkes Gottes.

Eine weitere Einteilung ist folgende:

1. Der Säemann, der ausgeht, um den Samen auszustreuen.

2. Das Unkraut im Weizen. Hier sehen wir die sofortige Nachahmung des Echten durch das Unechte. Kaum hat der HErr gesät, da naht schon der Feind mit dem Unkraut. Das Säen des Unkrauts geschah besonders nach dem Heimgang der Apostel. Diese zwei Gleichnisse beziehen sich auf den Anfang des Reiches der Himmel.

3. Das Senfkorn bezieht sich auf die äußere Entwicklung dieses Reiches, es wird zu einem

mächtigen Baum.

4. Der Sauerteig zeigt dieselbe Entwicklung, aber nach innen, nämlich die Fortschritte des Bösen innerhalb dieses Reiches.

5. Der Schatz im Acker stellt Israel in der gegenwärtigen Zeit dar. Israel (besonders die zehn Stämme) ist verborgen, wird aber vom HErrn zu Seiner Zeit gehoben.

6. Die köstliche Perle. Schatz und Perle zeigen uns Gottes irdisches und himmlisches Volk inmitten der bekennenden Christenheit. Beide sind Ihm so wertvoll, daß Er Sein Leben, Sein Alles dafür hergibt, sie zu erwerben.

7. Das Gleichnis von den guten und faulen Fischen in einem Netz stellt uns die Zeit zwischen der Entrückung und der Wiederkunft auf dem Ölberge dar.

Eine große Weissagung. Wir sahen bereits, daß die sieben Gleichnisse eine Weissagung des HErrn über unsere Zeit bilden, wie z. B. Matth. 24 eine solche der großen Trübsal ist. Wie wir in Offenbarung 2-3 Kirchengeschichte im voraus haben, so wird uns auch dasselbe in den sieben Gleichnissen gezeigt. Auffallend ist dabei die große Verwandtschaft zwischen Matth. 13 und Offenb. 2-3. Sowohl in den sieben Sendschreiben als auch in Matth. 13 sehen wir Anfang, Fortschritt und Ende des gegenwärtigen Zeitalters. Es ist die Geschichte des Christentums.

1. Der Säemann gleicht Ephesus, dem apostolischen Zeitalter. Bei beiden sehen wir gleich von Anfang an Mängel. Ephesus fehlt die erste Liebe, und der Säemann sieht nur teilweise Frucht.

2. Das Unkraut unter dem Weizen ist gleich Smyrna, d. h. Bitterkeit. Das ist das furchtbare Werk des Feindes.

3. Das Senfkorn ist gleich Pergamos, d. h. Hochburg oder Verheiratung. Die bekennende Kirche geht eine Ehe ein mit der Welt, dem Staat, der in Gottes Begriff ein Heide ist. Die Nationen nehmen unter dem Baume Zuflucht, so wie die Vögel des Himmels, die nach Vers 19 den Bösen darstellen. Diese Entwicklung begann unter Konstantin.

4. Der Sauerteig ist gleich Thyatira. Im Gleichnis wie im Sendschreiben wird ein Weib genannt, und in beiden ist die Handlung des Weibes etwas Böses. Thyatira wie das Gleichnis vom Sauerteig zeigt uns in der weiteren Entwicklung Rom mit all seinen bösen Lehren. Diese beiden genannten Weiber sind Schwestern im Bösen.

5. Der Schatz im Acker gleicht Sardes, das den Namen hat zu leben, aber tot ist. Aber wie in Sardes ein treuer Überrest war, so wird auch der verborgene Schatz bald offenbar werden.

6. Die Perle ist gleich Philadelphia und stellt uns den einen Leib, die Gemeinde, samt Entrückung dar. Der HErr erwirbt die Perle zu Seiner Zierde.

7. Das Gleichnis vom Netz ist Laodizäa, das Ende, das Gericht, das Ausspeien aus Seinem Munde, wir haben aber auch die guten Fische, die Überwinder, darin.

Warum redet der HErr in Gleichnissen? Wenn schon die Jünger Mühe hatten, die Gleichnisse zu verstehen, wieviel mehr die fremde Volksmenge. Der HErr zeigt uns, daß diese Rede eine Erfüllung von Jes. 6,9.10 ist. Zunächst beantwortet Er die Frage: „Warum redest Du in Gleichnissen?“ mit einem Segensspruch über die Jünger selbst. (Vers 10-12) Israel aber, das Ihn verworfen hat, verliert das Licht, es wird ihm genommen, was es hat. Die Worte Jesajas sind wiederum in Joh. 12,40 und in Apgesch. 28,27 zitiert und zeigen uns in jedem Falle die furchtbare Frucht der Ablehnung des HErrn. Also die Gleichnisse sind beides, ein Verbergen und ein Offenbaren; Sie verbergen vor den Augen der Verwerfer und offenbaren den Treuen!

G. Brinke.

(Aus „Ährenlese“.)

Für junge Gläubige

„Forschet in der Schrift!“

Junge Christen sollten Bibelchristen sein. Gerade in der Jugend, wo man noch gut lernen kann und die Eindrücke sich fest in das Gedächtnis einprägen, sollte man fleißig die Heilige Schrift studieren, um so einen Schatz mit ins Leben hinauszunehmen. Dazu aber müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, wenn Gott uns wirklich in Seine Ratschlüsse einführen können soll. Einige wenige seien hier kurz genannt:

1. Wiedergeburt. Wie der Physiker erst sehen muß, bevor er die Gesetze der Optik untersuchen kann, wie der Arzt erst atmen muß, bevor er die Tätigkeit der Lunge zu ergründen vermag, so muß der, welcher den göttlichen Heilsratschluß erkennen will, ihn zuvor unmittelbar erlebt haben. Das Leben geht überall dem Nachdenken über das Leben voraus. So notwendig die Sprach- und Geschichtswissenschaft für ein genaues Schriftstudium auch sein mag, sie gelangt doch nur erst bis zur „Schale“; wer den „Kern“ erfassen will, braucht das Licht des Heiligen Geistes. Um die Geheimnisse Gottes zu verstehen, muß man sich mit Ihm verbinden lassen. Nur so wird die Erkenntnis über sich selbst erhoben und in Gott eingeführt. „Es sei denn, daß jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ (Joh. 3,3; vgl. 1. Kor. 2,14)

2. Gottesfurcht. „Das Geheimnis Jehovas ist für die, welche Ihn fürchten.“ (Ps. 25,14) „Die Furcht Jehovas ist Unterweisung zur Weisheit“ (Spr. 15,33), ja, „der Erkenntnis Anfang“. (Spr. 1,7) „Auf diesen will Ich blicken ..., der da zittert vor Meinem Wort.“ (Jes. 66,2)

3. Gebet. Wahre Gottesfurcht treibt ins Gebet. „Gott, Dein Weg ist im Heiligtum“ (Ps. 77,13), und darum ist es auch die „vernünftige“ (Röm. 12,1) Folge, daß Gottes Weg nur im Heiligtum erkannt wenden kann. Dr. Torrey, der gesegnete Evangelist, sagte einmal: „Das Beste, was ich auf einer deutschen Universität lernte, wo ich den Vorzug hatte, mich von einem der bedeutendsten und begabtesten Lehrer der Bibelkunde unterrichten zu lassen, wurde mir durch den Mitarbeiter des gelehrten Professors zuteil, der mir sagte, daß der heimgegangene Professor Franz Delitzsch viele von seinen Vorlesungen auf den Knien ausarbeite.“ So führt Gott die Seinen aus dem Geräusch der Welt hinaus und hinein in die Stille, und dort im stillen

dem sie soeben entflohen sind, aus der Vogelschau, von hoher Warte aus, sehen und Seine ewigen Regierungsgedanken erkennen, die zwar im Weltgebrause sich auswirken, aber nur außerhalb der Weltunruhe wahrgenommen werden können.

4. Fleiß. Mit diesem betenden Sinn muß sich auch noch ein ernstes geistgeleitetes Nachdenken verbinden. „Glückselig der Mann, der ... seine Lust hat am Gesetz Jehovas und über Sein Gesetz sinnt Tag und Nacht.“ (Ps. 1,2) „Mein Sohn, wenn du Meine Reden annimmst und Meine Gebote verwahrst ..., wenn du dem Verstande rufst ... und ihn suchst wie Silber und wie nach verborgenen Schätzen ihm nachspürst: dann wirst du die Furcht Jehovas verstehen und die Erkenntnis Gottes finden.“ (Spr. 2,1-5) Gerade beim Schriftstudium sollte alle Oberflächlichkeit ausgeschaltet werden. Hier können wir nicht sorgfältig und genau genug vorgehen. Denn „die Worte Jehovas sind reine Worte - Silber, das, geläutert in dem Schmelztiegel, zur Erde fließt, siebenmal gereinigt“. (Ps. 12,6)

5. Gehorsam. Studieren wir die Bibel, um danach zu tun! „Seid Täter des Wortes und nicht Hörer allein.“ (Jak. 1,22.) Nur die Heilige Schrift gilt! Aber die Heilige Schrift ganz!

Wohl gibt es einen Unterschied zwischen wichtigen und wichtigeren Dingen (Matth. 23,23), aber nicht einen Unterschied zwischen wichtigen und „un“wichtigen Dingen. Nein, „was dem HErrn wichtig genug war zu sagen, muß uns wichtig genug sein zu tun“. So sagt auch der Psalmist: „Ich vertiefe Dein Wort in mein Herz, auf daß ich nicht an Dir sündige“ (Ps. 119,11, Min.), und der HErr Selbst betet: „Heilige sie durch Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit.“ (Joh. 17,17)

Ein solches Schriftstudium wird ein gesegnetes sein. Auf diese Weise werden wir auch Waffen empfangen zu siegreichem Kampf gegen die Angriffe des Unglaubens, und zugleich wird eine Generation heranwachsen, die wirklich in dem Buch aller Bücher zu Hause ist und die einmal später, so der HErr verzieht, das Erbe der Väter zu übernehmen imstande sein wird, um das Zeugnis von der Wahrheit auch fernerhin mutig hochzuhalten. In diesem Sinne wollen wir uns täglich in das Wort versenken. Der Heilige Geist Selbst sei der Lehrer, die Bibel das Lehrbuch, und wir alle wollen Empfangende und Lernende sein, dann aber auch treue Verwalter der

Er. Sr.

Die Bibel und du!

Was ist dir und mir die Bibel? Ist es uns klar, daß sie mehr Weisheit enthält als alle anderen Bücher zusammengenommen, daß sie wertvoller ist als Gold und Silber und daß sie sicherer ist als die Zusagen der zuverlässigsten Menschen?

Kein Buch verurteilt so sehr das Böse, Unreine und Gemeine, kein Buch weist so deutlich auf die schrecklichen Folgen der Gesetzlosigkeit hin wie die Bibel.

Nirgends wird der Segen des Reinen, Heiligen und Edlen so überzeugend gezeigt wie in der Bibel.

Niemals vermögen auch die bestgemeinten Worte unserer Mitmenschen uns in Kummer und Leid so zu trösten,

niemand kann so deutlich die Quelle wahrer Glückseligkeit aufdecken wie die Bibel.

Und woher wollten wir siegende Kraft zum Ausharren und Überwinden nehmen, wenn nicht aus ihr?

Wenn ein Gegner des Wortes Gottes dir den Glauben an deine Bibel rauben will, dann frage ihn, ob er dir ein anderes Buch geben könne, das ihr in all den genannten Vorzügen auch nur etwa gleichkäme, und er wird in Zukunft dich nicht mehr anzufechten versuchen.

Immer wieder werden Ungläubige behaupten, die Kostbarkeiten, die Gläubige in der Bibel fanden, seien Gespinste ihrer Phantasie. Wie aber wollte ein Blinder andere belehren, es gäbe keine Farben, weil er sie nicht sieht? Blind für die Schönheiten des Wortes Gottes sind alle, die sich gegen den Willen Gottes wehren. Sehend jedoch sind die, die bereit sind, auf Seine Gedanken einzugehen; sie dürfen gar bald erkennen, daß die Bibel - wie einmal ein Knecht

Gottes sagte - „ein Bienenkorb voll Honig, ein Zeughaus der besten Waffen und eine Schatzkammer voll der schönsten Kronjuwelen“ ist. Haben wir diese Entdeckung nicht auch schon gemacht? Dann laßt uns beharren bei Seinem Wort!

H. Mr.

Ein Großer im Reiche Gottes

„Wahrlich, Ich sage euch, unter den von Weibern Geborenen ist kein Größerer aufgestanden als Johannes der Täufer.“ (Matth. 11,11)

Die Menschheit beschäftigt sich gern mit großen Männern und wird nicht müde, in ihrem Leben Züge der Größe zu finden. Die Schrift bezeichnet im allgemeinen den natürlichen Menschen nicht als „groß“. Aber von Johannes sagt der HErr, daß, wenn es einen „Großen“ unter den natürlichen Menschen gegeben hat, er es gewesen sei. Ohne Zweifel war er ein genialer Führer und Organisator. Er führte, als „die Zeit erfüllet war“, nicht nur die Juden, sondern die Menschen überhaupt dorthin, wo sie hingelangen mußten: zur Buße.

Johannes der Täufer führte deshalb mit so ungeheurer Sicherheit, weil er selbst voranging und nur das Ziel vor Augen hatte. Was er zurückließ, Religion und Frömmigkeit, mehr oder weniger dem Schein unterworfen und der Wahrheit entbehrend, bedeutete für ihn nichts. Ihm erschien wahre Buße allein notwendig.

Nichts anderes bewegte sein Herz. Damit erkannte er alles, was ein natürlicher Mensch vor Gott erkennen kann.

Wie schnell wird auch im Christentum - die Gemeinschaftsbewegung macht darin keine Ausnahme - die Buße übersehen oder, wenn sie da war, vergessen. Weil wir in bezug auf unser menschliches Dasein so wenig Bußfertigkeit im Herzen tragen, sind wir auch als Kinder Gottes leicht geneigt, Altgewordenes festzuhalten. Das einzige, was Johannes aus der alten Ordnung mitnahm, war ein bußfertiges Herz; damit ging er in die Wüste und empfing auch dort die

Bestätigung durch die Menschen, die ihn als Führer anerkannten, indem sie zu ihm hinauskamen, um sich taufen zu lassen. Johannes unterschied klar zwischen echter und unechter Buße. (Matth. 3,7-10) Unser Blick über Buße ist oft recht getrübt. Aus falscher Buße entwickelt sich eine falsche Bekehrung.

Johannes besaß durch seine von Gott anerkannte Größe auch eine ungemein große Stellung auf religiösem Gebiet. Nie hat ein Mensch wieder eine solche Stellung besessen. Priester und Leviten hätten ihm gern die Gelegenheit verschafft, sie zu mißbrauchen und sich damit zu schmücken. (Joh. 1,19-27)

Das Fleisch schmückt sich gern mit göttlichen Dingen, wenn es ihrer habhaft werden kann. Priester und Leviten stellen in dieser Beziehung bereitwilligst ihre Dienste zur Verfügung. Johannes aber begehrte das alles nicht. Er wich - mit all seiner Größe und Stellung - mit Freuden zurück, um einem Besseren und Größeren Platz zu machen. Er begnügte sich bereitwilligst damit, Teilhaber an der Freude des Bräutigams als dessen Freund zu sein. Der HErr will, daß wir durch unseren Dienst immer klarer in die Stellung von Freunden gelangen. (Joh. 15,15) Diese Freundschaft war bei Johannes so groß, daß er den Gipfelpunkt seiner Freude in seinem Rücktritt erblickte, damit der Bessere in die Erscheinung träte.

Johannes war groß und blieb groß, auch als er dem Größeren den Platz einräumte. Jeder Zweifel an der Person des HErrn war zum Schweigen gebracht; wahre Freude führte alles in seinem Inneren einer göttlichen Reife entgegen. (Joh. 3,29) Auch wir und unser Dienst müssen zurücktreten vor der Person des HErrn, damit Er geschaut werde. Wenn wir es freiwillig und gern tun, wird es gesegnet sein. In Offenb. 19,17-21 sehen wir die, die nur gezwungen zurücktreten. Dort kann nur Verderben folgen.

Möchte unser Dienst vor antichristlichem Charakter durch die Gnade des HErrn bewahrt sein und bleiben! Nicht der Anspruch hoher Wahrheiten schützt uns davor, sondern allein die Hingabe an den HErrn.

v. Rohr-Levetzow.

Frage und Antwort

Frage 2

Haben die sieben Sendschreiben Offb. 2 und 3 eine kirchengeschichtliche - d. h. prophetische - Bedeutung?

Antwort

Ja. Es gibt Auslegungen, welche dies bestreiten und den Sendschreiben nur geschichtliche und belehrende Bedeutung beimessen. Aber dem können wir nach dem Charakter des Buches und dem Zusammenhang nicht beipflichten.

Die Offenbarung ist ein prophetisches Buch. Was wir in ihm lesen, sind „Worte der Weissagung“. (1,3; 22,7.10.18) Es zeigt uns, was Gott vorhat mit dieser Erde am Ende dieses Zeitalters, den Abschluß der Wege Gottes mit dieser Erde und der Menschheit. Dieser prophetische Charakter des Buches tritt vom ersten Verse an zutage. Welchen Sinn hätte es dann, erst von sieben Gemeinden zu sprechen, welche zur Zeit der Niederschrift dieses Buches bestanden, wenn es nur dazu geschehen sollte, uns deren Zustande zu zeigen und uns damit gleichsam einen Spiegel vor unsere Augen zu halten, in dem wir uns prüfen können, so wertvoll letzteres auch für uns ist? Und welchen Sinn hatten die Worte Kap. 4,1 an den Schreiber des Buches. „... Ich werde dir zeigen, was nach diesem geschehen muß“, wenn das vorher, in Kap. 2 und 3, Gesagte nur die Zustände von sieben Gemeinden zur Zeit der Niederschrift dieses Buches zeigen sollte? Das „nach diesem“ bedeutet doch, daß das, was nun (von Kap. 4 an) gezeigt wird, sich an das anschließt, was in Kap. 2 und 3 gezeigt ist bzw. womit Kap. 3 schließt. Also muß das in Kap. 2 und 3 Gezeigte sich bis dahin erstrecken, wo das von Kap. 4 an Gezeigte beginnt. Das, „was nach diesem geschehen muß“, sind die Dinge, welche nach der Entrückung der Gemeinde ihren Anfang nehmen und vor sich gehen werden. Das ist der Hauptgegenstand

dem Charakter des Buches, wenn Gott auch im Blick auf diese Zwischenzeit „Seinen Knechten“ einen Vorausblick gibt hinsichtlich des Wichtigsten in dieser Zwischenzeit, d. i. Seines Zeugnisses, welches Er Menschen anvertraut hat in Seiner Gemeinde und wofür diese damit betrauten Menschen verantwortlich sind. Das ist das, was in Kap. 1,19 als „was ist“ bezeichnet ist, weil es zur Zeit der Niederschrift des Buches bereits bestand und fortbestanden hat und fortbestehen wird bis zur Hinwegnahme der Seinen von der Erde durch die Entrückung. Darauf folgt dann „was nach diesem geschehen wird“ („was nach diesem zu geschehen im Begriff steht“) bzw. „was nach diesem geschehen muß“. (1,19; 4,1) Nach all dem sind wir überzeugt, daß die sieben Sendschreiben prophetische Bedeutung haben (außer ihrer geschichtlichen Wahrheit und belehrenden Bedeutung), d. h. daß sie die Geschichte der Gemeinde auf der Erde in den verschiedenen Zuständen zeigen, welche sie unter der Verwaltung des Menschen angenommen hat und am Ende haben wird, von der Zeit der Apostel an bis zum Ende ihres Hierseins. Es ist ein trauriges Bild, welches uns gezeigt wird - ein Bild des Abweichens und fortschreitenden Verfalles, welcher begonnen hat mit dem Verlassen der ersten Liebe (2,4) und enden wird mit einem Zustande der Lauheit, der dem HErrn so zuwider ist, daß Er sagt: „... weil du lau bist und weder kalt noch warm, so werde Ich dich ausspeien aus Meinem Munde.“ (3,16)

Wenn gesagt wird, es gäbe keinen Verfall der Gemeinde Gottes, ist das richtig im Blick auf das, was von Gott ist. Was Er geschaffen hat in Seiner Gemeinde, ist unantastbar, unzerstörbar. Aber zur Verwaltung Seiner Gemeinde auf der Erde benützt Er Menschen, und was Menschen anvertraut ist, geht immer abwärts, verfällt, verdirbt. So ist es auch mit der Gemeinde. Nehmen wir als Beispiel die Einheit der Kinder Gottes: Die von Gott geschaffene Einheit durch Innewohnen des Geistes in jedem Glaubenden ist seit dem Bestehen der Gemeinde immer vorhanden gewesen und bleibt es; die dem Menschen anvertraute aber, die äußere, ging sehr bald verloren und bleibt es. Da haben wir gleich eins der unzähligen Zeichen des Verfalles. Schon in der Apostelgeschichte von Kap. 5 an sehen wir den Eintritt des Verfalls, und weiter in den Briefen, besonders klar in 2. Tim. Und in den Sendschreiben haben wir ein ganz besonderes Bild davon. Zwei der Sendschreiben - das an Smyrna und das an Philadelphia - zeigen keine Abwärtsbewegung. Das an Smyrna ist wie ein Ruhepunkt auf dem Wege, und das

um Stufe abwärts gegangen ist und geht.

Welche Zeitabschnitte in der Geschichte der Gemeinde wir in den verschiedenen Sendschreiben erkennen können, dürfen wir wohl als den meisten Lesern bekannt annehmen. Darum wollen wir es in nur wenigen Worten anführen. Wir finden in

Ephesus („die Liebliche“, „Geliebte“, „Liebende“): die Zeit um die Niederschrift der Offenbarung. Hier sehen wir den Anfang des Verfalls in dem Verlassen der ersten Liebe.

Smyrna („Bitterkeit“): die Zeit der schweren Christenverfolgungen in den ersten Jahrhunderten. Hier hat der HErr keinen Tadel, sondern nur Ermunterung.

Pergamus („Burg“, „Hochburg“): die darauffolgende Zeit, als Konstantin der Große das Christentum zur Staatsreligion erhob und die Gemeinde sich in der Welt niederließ („Ich weiß, wo du wohnst ...“: „wohnen“ - „niederlassen“; nicht das gleiche Wort wie Ev. Joh. 1,14, wo es „zelten“ bedeutet) und die Welt in die Gemeinde einzog und verderbliche Lehren geduldet wurden.

Thyatira („die Opfernde“, „Weihrauchspendende“): die dunkle Zeit des Mittelalters, wo die Kirche (zu einer solchen war die Gemeinde geworden) nach Macht und Herrschaft in der Welt strebte, in schreckliche Irrtümer und Götzendienst verfiel und die wahren Christen blutig verfolgte.

Sardes („Überrest“, „Entronnenes“): die Zeit nach der Reformation. Das, was infolge der Reformation aus der in „Thyatira“ gezeigten Kirche herausgegangen war. Aber auch da der Verfall: der HErr mußte klagen: Du hast den Namen, daß du lebest, und bist tot!

Philadelphia („Bruderliebe“): die Zeit der Rückkehr zum ganzen Wort. Die Gläubigen, für welche Sein Wort allein entscheidend ist, die Seinen Namen nicht verleugnen, ein Zeugnis für Ihn sind und auf Seine Wiederkunft warten. Hier finden wir wie bei Smyrna keinen Tadel, sondern nur Ermunterung.

Laodicäa („die Volksgerechte“): die Endzeit. Die Kirche, welche allen gerecht wird und daher beansprucht, die ideale Kirche zu sein („... du sagst: Ich bin reich ...“). Aber der Herr muß hier den schärfsten Tadel aussprechen (V. 15.17) und droht, sie auszuspeien aus Seinem Munde! -

Es ist nicht schwer, die vorstehend aufgeführten kirchengeschichtlichen Zeitabschnitte in den sieben Sendschreiben zu erkennen. Auf die einzelnen darauf hinweisenden Züge einzugehen ist hier nicht Raum.

Die in den sieben Sendschreiben gezeigten und im Laufe der Zeit in dem, was allgemein mit „Christenheit“ bezeichnet wird, in Erscheinung getretenen Zustände haben nicht einander abgelöst, sondern sind einer zu dem anderen hinzugekommen, so daß gegenwärtig alle erkennbar vorhanden sind. Auch der in Laodicäa gezeigte Zustand des Endes ist bereits vorhanden, wird aber noch mehr und mehr hervortreten.

Als Körperschaft betrachtet sehen wir die Gemeinde in den ersten drei Sendschreiben ungeteilt. Mit dem vierten beginnen die Abzweigungen, und von da an bestehen die verschiedenen Teile nebeneinander (wobei natürlich die, außer den im vierten und fünften Sendschreiben klar hervortretenden uns bekannten großen Kirchengebilden, nach und nach entstandenen vielen kleineren oder größeren Körperschaften oder Gruppen je ihrem Wesen nach in einen der vom vierten Sendschreiben an uns gezeigten Hauptteile eingeschlossen sind). Als Körperschaft besteht „Laodicäa“ noch nicht, doch zweifeln wir nicht, daß es am Ende als die letzte, große, die ganze Bekennermasse in sich schließende Körperschaft da sein wird. -

Wir danken Gott, daß Er uns in den Sendschreiben dieses prophetische Bild gegeben hat, welches uns eine große Hilfe und Lichtquelle für unseren Weg ist. -

Theod. Küttner.

Frage 3

Ich bitte um eine Erklärung über das „alle mit einem Geiste Getränktwordensein“. (1. Kor. 12,13)

Antwort

Der erste Teil des Verses muß in die Antwort Einbezogen werden. - Der Leib Christi auf der Erde ist gebildet. Diejenigen, welche ihn ausmachen, sind durch den Heiligen Geist sowohl einzeln belebt als untereinander und mit Christo verbunden.

„In einem (oder durch einen) Geist sind wir alle zu einem Leibe getauft worden“ ist etwas einmalig geschichtlich Geschehenes. „Ausgießen“ in Joel 2, „das ganze Haus, wo sie saßen, erfüllen“ in Apgesch. 2,2, „fallen auf“ im Hause des Kornelius in Apgesch. 10 machen es deutlich, daß die Betreffenden, die Erstlinge aus den Juden und die Erstlinge aus den Nationen, wie eingetaucht waren in das, was sich da offenbarte, nämlich in den Heiligen Geist. Taufen ist ja eintauchen.

Als Einzelperson mit Heiligem Geist getauft werden gibt es nicht nach der Schrift, so wenig als eine erneut gemeinschaftlich empfangene Ausgießung in der jetzigen christlichen Haushaltung. Der Geist ist eine göttliche Person; als solche müßte Er weggehen, um erneut zu kommen.

Ist der erste Teil des Verses etwas einmalig geschichtlich Gewordenes, so muß der zweite Teil das auch sein. Ist das erste ein allumfassendes gemeinschaftliches Zusammengeeintsein nach außen hin, wie ein Körper das ist, so ist das zweite ein allumfassendes innerliches Empfangenhaben des einen Geistes. Tränken ist die Handlung dessen, der zu trinken gibt, nicht das Tun dessen, der trinkt, wie der HErr in Joh. 7 das „an Ihn glauben“ nennt; was ein überquellendes persönliches Erfülltsein mit dem damals noch zukünftigen Heiligen Geiste gemeint habe, fügt Johannes hinzu, V. 39. Das Zeugnisgeben des Petrus und der Elfe war ja wirklich ein Fließen von Strömen lebendigen Wassers von den Leibern der Apostel.

Die Ausdrucksweise des Paulus geht aber von der ihm gewordenen Offenbarung über die

korporative Einheit aller Glaubenden, von der Offenbarung des Leibes aus. Daher ist ihm das mit dem äußeren Kommen des Geistes Hand in Hand gehende innerliche In-Besitz-genommen- und Durchdrungen-worden-sein der korporativen Einheit jener Erstlinge durch den Geist ein und dieselbe Gottestat wie das Getauftwerden und wird von ihm ein „Getränktwordensein“ genannt, weil er die Gegenstände des göttlichen Tuns, nicht den göttlichen Täter im Auge hat.

Daß er von den durch seinen und anderer Dienst später Hinzugekommenen spricht, als ob sie, die „wir alle“, damals dabei gewesen wären, erklärt sich so, daß der in dem Verkündiger oder durch das geschriebene Wort wirkende Heilige Geist mit der Botschaft auf den übergeht, der sie annimmt, wie der in Adam gehauchte Lebensodem Gottes durch die Zeugung selbsttätig auf die gezeugte Nachkommenschaft übergeht.

Im 10. Kapitel desselben 1. Korintherbriefes drückt sich Paulus in bezug auf Israel gerade so wie hier im 12. Kapitel in bezug auf die Christen aus. In der Wolke und in dem Meere, gleichsam von beiden umhüllt, wurden sie alle getauft, und aus dem geistlichen Felsen, dem Christus, tranken sie alle geistlichen Trank, wurden getränkt, Ps. 78,15.

Die in beiden Kapiteln gebrauchte Form der griechischen Zeitwörter stellt das Vorgetragene als einmalige geschichtliche Tatsache hin, trotzdem das Trinken bei Israel in der Wüste auch weiter andauerte, wie es auch bei uns nie aufhört hienieden.

Das Getränktwordensein aller mit einem Geiste ist aber das innerliche Durchdrungenwordensein der korporativen Einheit aller Gläubigen, „Leib“ genannt, mit dem in dem herniedergekommenen Geist herabgekommenen Auferstehungsleben des verherrlichten Christus, mit dieser Kraft aus der Höhe, die in dem Leibe pulsiert. Getränktwerden ist Weckung, ist Belebung der Kräfte zu Taten. Von dem Angeld auf dieses Getränktwerden, das die Jünger empfangen hatten, lesen wir in Joh. 20, als der Auferstandene Sein Auferstehungsleben als Geist in sie hauchte, von der Kraft in Apgesch. 1,8. In 1. Kor. 12-14 handelt es sich ja eben um die Tätigkeit, um die Wirkungen dieses Getränktseins mit dem einen Geiste in dem einen Leibe.

Adelphos.

Zuversicht

(1. Petr. 1-5)

Zuversicht ist ein Kennzeichen aller wahren Knechte Gottes. Noch nie hat der HErr verzagte Werkzeuge in Seinem Weinberge gebraucht. Denn alle Seine Arbeit ist Hoffnungssaat, und darum kann sie auch nur von Hoffnungsmenschen vollbracht werden.

Bezeichnend hierfür ist schon der Anfang der Gemeinde. Denn gerade der große Zeuge vom Pfingsttage war Petrus, der Apostel der Hoffnung. Ihm hatte der HErr die Botschaft von der Zuversichtlichkeit in besonderer Weise anvertraut. „Und du, wenn du dich dereinst bekehrt hast, so stärke deine Brüder!“ (Luk. 22,32) Wie sehr der Apostel diese persönliche Weisung des HErrn befolgt hat, zeigt sein erster Brief an die „Fremdlinge von der Zerstreuung“ in Kleinasien. In der Tat, unter allen Schriften des Neuen Testaments ist gerade dieser erste Petrusbrief das großartigste und umfassendste Dokument apostolischer Zuversichtlichkeit und Siegesgewißheit. Hier wird tatsächlich alles herangeholt, um zu beweisen, daß Christen Mut haben müssen.

Das erste Kapitel lenkt unseren Blick auf die Zukunft: das Erbe (V. 4), den Himmel (V. 4), die zukünftige Gnade (V. 13), die kommende Errettung (V. 9), die Offenbarung Jesu Christi (V. 7.13), und sagt, daß Gott der Vater das alles verbürge (V. 3); denn Er hat den Sohn aus den Toten auferweckt, und insofern ist der Durchbruch des Lebens nach Golgatha eine Gewähr für den Triumph Seiner Wiederkunftsherrlichkeit auf dem Ölberg. (Vgl. Sach. 14,4)

Das zweite und dritte Kapitel weist hin auf die Vergangenheit, und zwar auf das Leiden des Sohnes. Wenn Christen durch Schwierigkeiten gehen, so sollen sie an Christum denken. Denn ist nicht gerade das Leiden des Erlösers der Urgrund unseres Heils? (1. Petr. 2,21-24) Und sind nicht gerade darum unsere Leiden, wenn sie um Christi willen über uns kommen, ein Teilhaben an dem Charakter der zwar dunklen, aber nichtsdestoweniger kostbaren Grundlage unserer eigenen Erlösung? Darum sollten wir die Leiden dieser Weltzeit geradezu als Ehre empfinden,

Glanz und Herrlichkeit stattfinden sollte, daß Israel von der Zwingherrschaft der Römer erlöst werden und die von den Propheten des Alten Testaments angekündigte herrliche Regierung des Königs Israels sofort beginnen würde. Nichts jedoch war von diesem allen geschehen. Im Gegenteil, anstatt in Glanz und Herrlichkeit war Christus in Niedrigkeit und Elend erschienen. Jesus mußte von Sich Selbst bezeugen: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege.“ (Matth. 8,20) - Er, der der König der Juden war, ging verachtet und verspottet Seinen Weg. Und Johannes der Täufer, der Vorgänger und Herold Jesu, hatte, anstatt einen ausgezeichneten Platz im Reiche zu bekommen, einen Platz im Gefängnis gefunden und mußte sogar, bevor noch das Reich aufgerichtet war, durch die Hand des Henkers sterben. Dieses alles vermochte sich Johannes nicht zu erklären. Darüber war er unzufrieden; daran ärgerte er sich. Und darum sandte er aus dem Gefängnis Boten an Jesum mit der Frage: „Bist Du der Kommende, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ Diese Frage birgt keineswegs einen Zweifel bezüglich der göttlichen Sendung des HErrn in sich. O nein; davon war er überzeugt; denn sonst würde er nicht zu Ihm gesandt haben. Allein, er glaubte dadurch den HErrn an den Zweck erinnern zu müssen, um deswillen Er in die Welt gekommen war. Es ist, als ob er hätte sagen wollen: „Ist das nun die Offenbarung des Königs der Ehren?“ - Aber welche Antwort Gibt ihm der HErr auf seine Frage? Er weist Johannes auf Seine Werke hin und fügt hinzu: „Glückselig ist, wer irgend sich nicht an Mir ärgern wird.“ Johannes hatte nicht begriffen, daß vor der Herrlichkeit die Leiden kommen sollten und daß die Reinigung und Heilung Israels der Herrlichkeit der Regierung Christi vorangehen mußten. Er erwartete die Erfüllung der alttestamentlichen Prophezeiungen über die Herrlichkeit des Königreiches; aber er hatte ebenso wie die Jünger Jesu nicht die Prophezeiungen beachtet, welche über die Leiden des Messias sprachen.

Johannes ärgerte sich also an dem Wege, den der Herr Jesus eingeschlagen hatte. Er begriff nicht, warum der HErr soviel Erniedrigung und Schande ertrug und nicht Seine Herrlichkeit offenbarte. Verurteilen wir ihn nicht! Sicher, es war hart für Johannes, sein Leben im Gefängnis zubringen und enden zu müssen, wogegen er einen Platz in dem herrlichen Königreiche Christi erwartet hatte. Und ach! wie oft befinden wir uns in einer ähnlichen Lage! Wie manchmal

HErr uns in schwierige Lagen kommen läßt oder uns aufs Krankenlager legt oder uns durch andere Leiden und Trübsale heimsucht! Der HErr führt uns oft ganz anders, als wir erwartet hatten. Anstatt uns Glück und Wohlsein finden zu lassen, läßt Er uns manchmal durch Kampf und Leiden gehen. Anstatt unsere mühevolle Arbeit durch äußere günstige Erfolge gekrönt zu sehen, finden wir nicht selten Mißgeschick und Unglück. Statt dann Seiner Wegführung zu vertrauen, uns unter Seiner Hand zu beugen und zu prüfen, was Er uns zu sagen hat, zweifeln wir oft an Seiner Liebe, wünschen es anders zu haben und ärgern uns an dem Wege, den der HErr uns führt. Und in einer solchen Gemütsstimmung sind dann auch wir geneigt, zu rufen: „Bist Du der liebreiche und gnädige Heiland, der uns verheißen hat, für uns sorgen und unsere Gebete erhören zu wollen?“

Die Hand aufs Herz, geliebte Brüder! ist es nicht oft so bei uns? Und was tut dann der HErr? Er bringt zuerst unseren Herzenszustand zurecht und, wenn es uns zum Guten dient, auch unsere Schwierigkeiten. Sicher hört und erhört der HErr unsere Gebete, wenn manchmal auch anders als wir gedacht. Solche Glaubensproben sind oft unserer Herzenshärtigkeit wegen nötig, um uns zu reinigen und um uns segnen zu können. O möchten wir doch dieses verstehen lernen! Zu den Israeliten sagte Gott am Ende ihrer vierzigjährigen Wanderung durch die Wüste, daß all die Dinge geschahen, „um dich zu demütigen ... damit Er dir wohltue in deiner Zukunft“. (5. Mos. 8,2.16) - Und ebenso ist es mit uns. Die Wege, die der HErr uns führt, haben den Zweck, uns zu demütigen und zu offenbaren, was in unserem Herzen ist. Durch diese Wege werden die Beweggründe unserer Herzen offenbar; und wir werden dahingeführt, dieselben vor Gott zu verurteilen. Dieses dient natürlich zu unserer Demütigung, zur Beseitigung unseres Hochmutes und unseres Eigenwillens; und das ist es, was Gott in uns erreichen will. Er will uns mehr und mehr zur Selbsterkenntnis führen, damit wir nicht mehr uns selbst vertrauen, sondern uns Seiner Kraft und Seiner Gnade rühmen. Das Endziel der Wege Gottes ist stets Seine Verherrlichung und unser Glück. Darum: Glückselig ist jeder, der sich nicht an den Wegen Gottes ärgert, sondern sich kindlich dem Willen Gottes unterwirft.

Laßt uns noch beachten, mit welcher Nachsicht und Güte der Herr Jesus Johannes behandelt. Weder die Volksmenge noch die Boten Johannis konnten den milden Tadel verstehen, der in der

Antwort Des HErrn verborgen war; Johannes aber waren diese Worte verständlich. Kaum haben sich die Boten entfernt, so richtet der HErr die Frage an die Volksmenge: „Was seid ihr in die Wüste hinausgegangen zu sehen? ein Rohr vom Winde hin und her bewegt? Was aber seid ihr hinausgegangen zu sehen? einen Menschen mit weichen Kleidern angetan? Siehe, die die weichen Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. Was aber seid ihr hinausgegangen zu sehen? einen Propheten? Ja, sage Ich euch, und mehr als einen Propheten.“ - Und dann fügt der HErr hinzu, daß unter denen, die von Weibern geboren seien, kein Größerer aufgestanden sei als Johannes der Täufer. Alles dieses tat der HErr, wiewohl Johannes noch etliche Augenblicke vorher sich als ein vom Winde hin und her bewegtes Rohr erwiesen hatte. Welche Liebe! Welche Zartheit! Und behandelt der HErr uns nicht mit derselben Liebe, mit derselben Güte? O sicher! Wohl straft und tadelt Er; doch Er tut es mit der gleichen Gnade und Liebe; Er gibt nicht harte Verweise. Er will durch die Macht Seiner Liebe unser Gewissen erreichen und unser Herz überwinden. Wunderbarer HErr! Lehre uns mehr und mehr, Dich und Dein Herz erkennen, damit wir in Dir ruhen und uns in Deiner Liebe erfreuen!

Aus „Botschafter des Heils“ 1869.

Das Verhältnis des Herrn Jesus zum Heiligen

Geist als Beispiel für die Diener des HErrn

(Luk. 4,1)

„Und auf Ihm wird ruhen der Geist Jehovas.“ (Jes. 11,2)

„Ich habe Meinen Geist auf Ihn gelegt.“ (Jes. 42,1)

„Der Geist des HErrn, Jehovas, ist auf Mir.“ (Jes. 61,1)

Hier haben wir drei merkwürdige Weissagungen in bezug auf das Verhältnis des Heiligen Geistes zu unserem HErrn oder umgekehrt. In der ersten Stelle ist es, als ob wir die Stimme

des Heiligen Geistes Selbst wahrnehmen, denn der Geist redet durch den Propheten Jesaja. In der zweiten Stelle hören wir die Stimme unseres Gottes. In der dritten Weissagung hören wir den Herrn Jesus Selbst. Also die ganze Dreieinigkeit gibt Zeugnis von dieser wunderbaren Tatsache, daß der Heilige Geist in besonderer Weise auf dem Herrn Jesus als Mensch in dieser Welt ruhte. Alles, was Er als Mensch tat oder lehrte, tat Er nicht aus Sich Selbst, sondern in Abhängigkeit von Seinem Vater, in der Kraft des Heiligen Geistes. (Vgl. Joh. 8,28; 12,49; 14,10; Luk. 4,1.14; Matth. 12,28; Apgesch. 1,2)

Das wunderbare Ereignis des Herabfahrens des Heiligen Geistes auf Ihn berichten alle vier Evangelien. Erst nachdem der Heilige Geist auf Ihn gekommen war, trat Er Seinen öffentlichen Dienst an. Über das frühere Leben des HErrn vor dem Herabkommen des Heiligen Geistes auf Ihn wird uns wenig gesagt. Wir lesen nur, wie Er als zwölfjähriger Knabe im Tempel war und daß Er zunahm an Weisheit, Größe und Gunst bei Gott und Menschen, aber nirgends, wie zuweilen gesagt wird, finden wir, daß Er Wunder tat, Teufel austrieb oder Reden gehalten hätte. Erst als der Heilige Geist auf Ihn gekommen war, begann Er Sein großes Werk, das mit Seinem Opfertode am Kreuze endete.

Dieses sichtbare Herabfahren des Heiligen Geistes auf Ihn berichten, wie gesagt, alle vier Evangelien. Als der HErr nach Seiner Taufe aus dem Wasser heraufstieg und betete, teilten sich die Himmel, und der Geist kam sichtbar in leiblicher Gestalt wie eine Taube auf Ihn herab, und aus dem Himmel erscholl eine Stimme: „Du bist Mein geliebter Sohn, an Dir habe Ich Wohlgefallen gefunden.“ Nun begann Er, voll Heiligen Geistes, als Mensch hienieden, den vor den Zeitaltern gefaßten Liebesratschluß Gottes zu vollbringen. Wir lesen Luk. 4,1: „Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kehrte vom Jordan zurück und wurde durch den Geist in der Wüste vierzig Tage umhergeführt, indem Er von dem Teufel versucht wurde.“ Nach völligem Sieg über den Teufel kehrte Er in der Kraft des Geistes nach Galiläa zurück. In der Synagoge von Nazareth wird Ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Er liest die Stelle, wo geschrieben war: „Der Geist des HErrn ist auf Mir“ (Luk. 4,18), und erklärt: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.“ Seine Worte durchbohrten gleich Pfeilen, „die im Herzen der Feinde des Königs scharf sind“ (Ps. 45,5), die dicke Kruste der Selbstgerechtigkeit und Selbstzufriedenheit

Seiner Zuhörer. Von Wut erfüllt stießen sie Ihn zur Stadt hinaus, um Ihn hinabzustürzen.

Was der HErr auch tat, alles geschah in der Kraft des Heiligen Geistes. Er Selbst wies in Matth. 12,28 die Pharisäer darauf hin, indem Er sagte: „Wenn Ich aber durch den Geist Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen.“ Es ist auch lehrreich, daß in diesem Kapitel (V. 18) die Weissagung aus Jes. 42,1-4 angeführt wird, in der Gott Selbst bezeugt: „Ich werde Meinen Geist auf Ihn legen.“ Es war also eine Lästerung des Geistes (eine Sünde, für welche es keine Vergebung gibt), die herrlichen Taten des HErrn durch den Heiligen Geist dem Obersten der Dämonen zuzuschreiben!

Wir kommen nun zu dem größten Werke des HErrn, das der beschränkte Verstand des Menschen niemals zu erfassen vermag, nämlich zu dem Werke der Erlösung am Kreuze. Auch von diesem wunderbaren Werke steht geschrieben, daß Er „durch den ewigen Geist Sich Selbst ohne Flecken Gott geopfert hat“. (Hebr. 9,14) Gar viele denken, daß unser HErr, als Er das schwere Werk vollbrachte, nur leidend duldete, Selbst aber untätig war. Diese zur Anbetung rufende Stelle aber zeigt uns, daß Er auch tätig war, und zwar durch den ewigen Geist. Mit tiefer Huldigung betrachten wir es, obwohl wir nur einen schwachen Begriff von der Tragweite und Bedeutung desselben haben.

Auch noch nach der Auferstehung des HErrn lesen wir, daß Er den Aposteln, die Er Sich auserwählt, durch den Heiligen Geist Befehl gab. (Apgesch. 1,2) Selbst als der siegreiche HErr handelte Er hienieden in der Kraft des Heiligen Geistes.

Wenn diese Tatsache uns so oft und nachdrücklich durch die Schrift vor Augen gestellt wird, so sehen wir, wie wichtig sie ist - viel wichtiger als wir denken. Und warum? Weil wir, die Nachfolger des HErrn, in Seine Fußtapfen treten sollen.

Wenn der HErr alles in der Kraft des Geistes unternahm und Sich völlig unter Seine Leitung und Führung stellte, wieviel mehr haben wir dann als Seine Jünger und Seine Knechte es nötig, unseren Dienst in der Kraft des Geistes zu tun! Dem HErrn gelang alles wohl, jedes Wort Seines Mundes war vollkommen, siebenmal geläutert. Niemals, auch nicht im Geringsten brauchte Er

es zu ändern oder zu korrigieren. Nie mißlang Ihm ein Werk. Vollkommen gemacht, „ist Er allen, die Ihm gehorchen, der Urheber ewigen Heils geworden“. (Hebr. 5,9)

Nun verstehen wir auch, warum der HErr nicht wollte, daß Seine Jünger ihren Dienst als Seine Zeugen in der Welt eher anfangen sollten, bis sie mit Kraft aus der Höhe angetan waren. (Luk. 24,49) Wohl haben wir nicht eine neue „Ausgießung des Heiligen Geistes“ zu erwarten, denn diese ist für das Zeitalter der Heraussammlung der Gemeinde aus der Welt ein für allemal geschehen. Der Heilige Geist ist jetzt tatsächlich hienieden wohnend in den Gläubigen. Und doch, wie manchen Dienst haben Knechte des HErrn im Laufe der Jahrhunderte und heute noch, ohne durch den Heiligen Geist geleitet zu sein, angefangen. Wie oft haben sie die ganze Nacht sich bemüht und nichts gefangen! (Luk. 5,5; Joh. 21,3) Wie viele Predigten und Ansprachen werden wirkungslos gehalten - wie oft wird Gläubigen mit dem Worte gedient und die Zuhörer werden im Glauben, in der Liebe oder der Heiligung nicht weitergeführt! Wie oft sind unsere Pfeile stumpf und durchdringen nicht den Panzer der Gleichgültigkeit!

Wo steckt der Fehler? Ist es nicht, weil wir in eigener Kraft etwas tun wollen und nicht in der Kraft des Heiligen Geistes? Der HErr hat uns auch in dieser Hinsicht ein Beispiel hinterlassen, daß wir Ihm nach, ja, in Seinen gesegneten Fußtapfen wandeln sollen. Er hat alles durch den Heiligen Geist getan, und alles ist Ihm gelungen. Das Wort zeigt dieses ganz klar. Wir Gläubigen müssen immer wieder diese Lektion lernen, ja, müssen nicht nur lernen, daß wir ohne den Heiligen Geist nichts ausrichten können, sondern auch, daß unsere Worte ohne Seine Kraft das Herz des Menschen nur noch härter machen.

Um diese Kraft des Geistes zu gewinnen, ist mehr Gebet, mehr Begierde nach der Milch des Wortes nötig, mehr beständige Herzensgemeinschaft mit dem HErrn, mehr rückhaltlose Hingabe an Ihn. Wenn uns das kennzeichnet, werden wir nicht so oft zu klagen haben, daß unser Dienst fruchtleer ist. Vielleicht mag, wenn wir in der Kraft des Geistes arbeiten, unser Dienst nicht so umfangreich sein, aber daß etwas für die Ewigkeit gewirkt wird, ist doch die Hauptsache. Möchten wir vom HErrn lernen, damit wir Ihn, durch den Geist Gottes geleitet, verherrlichen.

F. Butcher.

Der Säemann

(Matth. 13,3-9)

Nachdem wir einen kleinen Überblick über die Gleichnisse als Ganzes getan haben, wollen wir die einzelnen betrachten. Israel wird in seiner Geschichte mit einem Weinstock und Feigenbaum verglichen. Der aus Ägypten geholte Weinstock, der auf fetten Hügel gepflanzt und für den alles getan worden ist, hatte versagt und keine Früchte gebracht. (Jes. 5) Der HErr beseitigte den Weinstock Israel, er kam in die Gefangenschaft nach Assyrien und Babylon. Später holte Sich der HErr im Überrest einen Feigenbaum aus Babylon und pflanzte diesen in Seinen Weinberg, aber auch dieser versagte und brachte keine Frucht. Da verfluchte ihn der HErr. Da Israel vor wie nach seiner Gefangenschaft versagte und auch den Bußruf überhörte, verließ Er den Weinstock und Feigenbaum und begann eine ganz neue Art der Tätigkeit. Darum steht der HErr in diesem Gleichnis als Säemann vor uns.

Der Säemann. Aus der Erklärung des Gleichnisses vom Unkraut wissen wir, wer der Säemann ist. (V. 37) Es ist der HErr Selbst. Aber nicht allein Er, sondern Seine Apostel und alle, die Ihm folgten, säten den guten Samen auf das Ackerfeld dieser Welt. Die Schrift gibt den Dienern Gottes sehr verschiedene Namen. In 2. Kor. 5,18-20 werden sie Gesandte genannt. In 1. Kor. 4,1 sind sie Verwalter der Geheimnisse Gottes. Ferner werden sie Knechte Gottes genannt. (2. Tim. 2,24) Sie heißen auch Aufseher und Diener. (1. Tim. 3,1.8) Paulus nennt sie auch Wächter (Hebr. 13,17), und Petrus redet von Hirten. (1. Petr. 5,2-4) Der HErr Selbst nennt sie sogar Sterne. (Offenb. 1,20) Unser Wort aber stellt den Diener als Säemann dar.

Der, der Säemann genannt wird, nennt Sich Selbst das Weizenkorn. (Joh. 12,24) Der Same, den hier der Säemann ausstreut, ist Weizen. (V. 25) Der HErr, das Weizenkorn, fiel erst Selbst in die Erde und starb. Der abgelehnte König stirbt hier als Weizenkorn für Sein Volk, um ihm

kommen, wenn nicht Er Selbst erst in den Tod gegangen wäre und das Weizenkorn nicht viel Frucht gebracht hätte? Frucht gibt es nur durch Sterben. Hier haben wir einen wichtigen Wink für jeden Säemann: Will er viel Frucht sehen, so muß er erst selbst mit Christo gestorben sein.

Der Abschnitt zeigt uns noch, wann Jesus als Säemann ausging. Es heißt: „An demselben Tage.“ An dem Tage, da Israel Ihn ablehnte. Der HErr ließ Sich durch nichts hindern, weder durch Feind noch Freund, sondern tat allezeit den Willen des Vaters, sei es als Weingärtner oder Säemann. Der Säemann muß auch Samen haben, er muß wissen, wie man sät. Er muß fleißig und unternehmend sein, vorwärts gehen. Er muß seinem guten Samen glauben in Wachstum und Gedeihen. Er muß Ausdauer haben und an allen Wassern säen. Er weiß, daß, so lange die Erde steht, nicht aufhören Saat und Ernte.

Der Same. Wir sahen, daß der HErr der Säemann ist. Ebenso sagt uns das Wort, was der Same ist: Das Wort Gottes. (Luk. 8,11) Wie wir eine vielfache Darstellung oder Benennung der Diener Gottes sahen, so haben wir auch eine mannigfaltige Bezeichnung für das Wort Gottes. Das Wort wird je nach der betreffenden Anwendung verglichen. In Jer. 23,29 nennt es der Prophet einen „Hammer und ein Feuer“. David nennt es ein „Licht auf unserem Wege“. (Ps. 119,105) Jakobus nennt es einen „Spiegel“ (Jak. 1,23-25), und Paulus heißt es „Schwert des Geistes“. (Eph. 6,17) Endlich gibt ihm Petrus den schönen Namen „unverweslichen Samen“. (1. Petr. 1,23)

Hier im Gleichnis ist es der Menschensohn, der treu den Samen in die Herzen der Menschen streut, ganz ungeachtet dessen, wie sie den Samen aufnehmen. Samen säen geschieht oft mit viel Mühe, oft sogar unter Tränen. (Ps. 126,6) Ach, keiner wie der HErr Selbst, der der Mann der Schmerzen genannt wird, streute den Samen mit so viel Tränen und Schmerz aus, bis Er endlich Selbst als das Weizenkorn in die Erde fiel und starb. Er Selbst ist dieses lebendige Wort, dieser unverwesliche Same. (Joh. 1,1-14) Der Same ist himmlisch, Er kam aus dem Vaterhaus und brachte diesen Samen, und wie treu Er ihn ausstreute, davon zeugen die Evangelien. Seither hat Er viele als Säemänner ausgeschickt, ihnen Samen gegeben, d. h. Gaben gegeben als Evangelisten, Hirten und Lehrer, um den angefangenen Dienst zu vollenden, bis Er Selbst

die Schnitter senden wird, um die Ernte einzuholen.

Das Saatfeld. Wir sahen Säemann und Samen und ihre Bedeutung. Wir wissen aber auch, welches das Saatfeld ist: Das menschliche Herz. Unermüdlich treu ist der Säemann, himmlisch ist der Same, ganz anders aber das Saatfeld. Der HErr wußte, daß, wenn der aufgenommene Same aufgeht, das menschliche Herz völlig erneuert und Herzen, der Wüste gleich, in einen Gottesgarten verwandelt werden. Der HErr zeigt aber auch die Ursachen des Fehlens. Der Same ist in jedem Falle gut, aber der Boden, das Herz, dahin er fällt, ist grundverschieden, und darum auch die Wirkung des Samens.

Auch wir sind Säemänner und streuen unermüdlich Samen aus in Wort und Tat. Denken wir daran, daß wir täglich ausstreuen. Wenn wir des Morgens unser Zimmer verlassen, so kann man sagen, es geht ein Säemann aus. Sorgen wir dafür, daß wir uns stets jeden Morgen mit Samen von oben beschenken lassen, um den rechten Samen auszustreuen und um unsere große Aufgabe zu erfüllen. Es kommt der Tag, an dem wir ernten ohne Aufhören.

G. Brinke (Aus „Ährenlese“).

„Jehova! Du hast mich erforscht und erkannt“

(Psalm 139)

Als David dieses Wort schrieb, da schrieb er es ohne Zweifel aus der Erfahrung heraus. Und diese Erfahrung hieß ihn der Geist Gottes niederschreiben.

Auch wir Gläubige werden mehr oder weniger im Erleben dieses Wortes stehen. Es ist ein ernstes Wort, von Gott erforscht und erkannt zu sein. Doch so ernst wie es ist, so tröstlich ist es auch, wenn wir in Lauterkeit vor Gott zu wandeln begehren. Denn dann wünschen wir vor Ihm ganz offenbar zu sein.

Es heißt: „Erforscht und erkannt.“ Bevor ein Gelehrter eine Sache erkennt, muß er sie

erforschen. Er maß sein ganzes Augenmerk auf das zu Erforschende richten, muß Mühe und Arbeit aufwenden, um auf den Grund der Sache zu kommen.

Wenn wir menschlich reden dürfen, so wollen wir sagen: Auch in bezug auf uns, die wir Sein sind, verwendet Gott Mühe und Arbeit. Seine ganze Aufmerksamkeit ist auf die Seinen gerichtet. Er erforscht und kennt uns durch und durch. Er sieht das Gute, Er sieht das Böse. Er sieht die Frucht, die der Geist wirken kann, Er sieht die Werke des Fleisches. Er hat mich, Er hat dich erforscht und erkannt.

„Du kennst mein Sitzen und mein Aufstehen, Du verstehst meine Gedanken von ferne.“ (V. 2) Er kennt unser Ruhen, Er kennt unser Arbeiten. Er kennt die Beweggründe, die innersten Gesinnungen, bei unserem Ruhen oder Arbeiten. Er sieht die selbstlose Liebe, Er sieht die Selbstsucht, Er sieht die Menschenfurcht. „Du sichtest mein Wandeln und mein Liegen, und bist vertraut mit allen meinen Wegen.“ (V. 3) Er unterscheidet, Er beurteilt.

„Denn das Wort ist noch nicht auf meiner Zunge, siehe, Jehova, Du weißt es ganz.“ (V. 4) Dieses Wort sollte uns sehr anspornen, unsere Zunge im Zaume zu halten. Nicht nur, daß Gott jedes gesprochene Wort weiß und hört, Er weiß es schon ganz, bevor es ausgesprochen ist.

Wir sind ganz umhüllt von Seiner Gegenwart. „Denn in Ihm leben und weben und sind wir.“ (Apgesch. 17,28) „Von hinten und von vorn hast Du mich eingeengt und auf mich gelegt Deine Hand.“ (V. 5) Mit dem Verstande können wir solches nicht verstehen, aber durch Glauben, denn Sein Wort sagt uns dies. Wohin wir uns auch wenden mögen, Gott ist da. Ob es am äußersten Ende des Meeres ist oder in finsterer Nacht, „siehe, Du bist da“. (V. 8)

Dieses Wissen ist sehr ernst, aber auch sehr tröstlich. Denn überall können wir Ihn anrufen, überall um Seine Leitung, Bewahrung, Hilfe und Rettung bitten. Der Ungläubige und Unbußfertige freilich möchte nicht erforscht und erkannt sein. Er haßt das Licht, damit seine Werke nicht offenbar werden. Dennoch werden sie offenbar werden am Tage des Gerichts. Wir Erlösten aber durch unseren Herrn Jesus Christus, wir kennen die Treue unseres Gottes, wir wünschen, daß wir von Ihm erforscht und erkannt sind. Wir möchten vor Ihm offenbar sein in

allen unseren Werken, Worten, Gedanken und Gesinnungen. Zudem wissen wir auch, daß wir einst auch vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden.

Wenn wir durch die Gnade in Aufrichtigkeit vor Ihm sind, dann werden wir uns freuen, daß Gott uns - oder besser mich - erforscht und erkennt. Ja, wir werden schließlich wie David darum bitten: „Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne meine Gedanken! Und sieh, ob ein Weg der Mühsal bei mir ist, und leite mich auf ewigem Wege!“ (V. 24)

O. D.

Für junge Gläubige

Mut und Kraft

Wohl in keiner Zeit wurde soviel von Mut und Kraft geschrieben und gesprochen wie in der gegenwärtigen. Es sind eben Grundelemente des wachsenden Lebens, die über kurz oder lang unter Beweis gestellt werden müssen. Und dort, wo Beweise offensichtlich erbracht worden sind, ist der Weg für den werdenden Führer geebnet.

Auch das Wort Gottes berichtet viel und in klarer Weise von Männern, die sich besonders durch Stärke und Unerschrockenheit ausgezeichnet haben. Ebenso aber auch von Frauen!

Schon Mose besaß beide Eigenschaften in vorbildlicher Weise. (Hebr. 11,24-27) Und nachdem ihn Gott von dieser Erde abgerufen hatte, wurde die Führung des Volkes Israel Josua übertragen. Ein herrlicher Befehl Jehovas wurde ihm zu Beginn seiner Führerschaft erteilt: „Sei stark und mutig! ... Nur sei sehr stark und mutig! ... Habe Ich dir nicht geboten: Sei stark und mutig, erschrick nicht und fürchte dich nicht?“ (Jos. 1,6-9) Er sollte nicht abweichen von den Wegen, die der HErr ihm gezeigt hatte, und mutig und zielbewußt auf die Worte Jehovas achten und sie bewahren. Erfolg und Lohn blieben nicht aus, indem er Gelingen hatte in der Führung

Aber auch Niederlagen treten im Leben des Kämpfers ein, wie wir es ebenfalls bei Josua sehen. Wie oft ergeht es uns gleicherweise, daß wir kraft- und mutlos werden. Der Prophet Jesaja weist ermunternd auf Den hin, der nie ermüdet noch ermattet. „Er gibt dem Müden Kraft, und dem Unvermögenden reicht Er Stärke dar in Fülle.“ (Jes. 40,29) Machen wir in Stunden der Kraft- und Haltlosigkeit rechten Gebrauch vom „Harren auf Ihn“, so daß wir neue Kräfte gewinnen?

Oft müssen wir geleert und geschwächt werden, damit sich hernach Seine Kraft in viel stärkerem Maße als vorher in uns offenbaren kann. Erst wenn wir schwach sind, sind wir stark. Selbst der große Apostel wußte sich seiner Schwachheit zu rühmen und drückte den Korinthern gegenüber sein Wohlgefallen an Schwachheiten aus. (2. Kor. 12,10) Doch mit welcher Zuversicht kündete er da, wo immer er stand, von dem großen Erlöser! Welch ein Mut beseelte ihn, als er sich vor den vornehmsten und obersten Männern der Stadt in größter Freimütigkeit sogar auf den Kaiser berief und in Gegenwart des Königs Agrippa tapfer und unerschrocken die Sache des HErrn verteidigte! Er sah nicht auf Menschen, blickte nicht auf die Zeitverhältnisse und Umstände, in denen er sich befand, noch achtete er auf seine beängstigende Lage, sondern in der überschwenglichen Freude an seinem geliebten Meister überwand er alle Hindernisse, und so konnte er den Auftrag Dessen ausführen, der ihn berufen hatte.

Sollten nicht auch wir als gläubige Jugend den Mut haben, uns jederzeit vor Menschen zu verantworten? Unsere Umwelt soll es wissen, welch Glück uns beseelt. Und dazu hat uns der HErr erwählt, mutig und stark in Ihm gegen die Anläufe Satans Front zu machen! Ganze Kämpfer sollen wir werden, die in jeder Stellung sich restlos einsetzen, damit keine Lücken entstehen, die zum Verhängnis aller werden könnten. Nicht geteilte, sondern ganze Herzen, die nur für Ihn schlagen, will der HErr. Und wenn Er hernach ganz über uns verfügen kann, wenn unser Handeln, Denken und Trachten einzig und allein auf Ihn gerichtet ist, dann kann Er aus uns Gefäße des Segens werden lassen.

Freimütig und unverzagt zeugten Jünger und Apostel des HErrn von Seiner Gnade; treue und

Wie mutig muß sie doch, nachdem sie den Herrn Jesus als ihren Heiland erkannt hatte, unter ihren Volksgenossen gewirkt haben! Alles um sich herum vergaß sie; nichts konnte sie in ihrer ersten Liebe zu ihrem Erlöser aufhalten, von Ihm zu zeugen. Demzufolge konnte sie vielen, wie es Gottes Wort bezeugt, Ansporn zum Glauben und Wegweiser zu Ihm hin sein. (Joh. 4,39) Wie steht es mit unserer Liebe dem HErrn gegenüber? Kann sie sich täglich in unseren Herzen erneuern und entfalten, oder war dies nur kurze Zeit nach unserer Bekehrung einmal so? Er möchte uns weise machen und uns viel Gnade schenken, damit Er täglich, ja stündlich unsere Herzen mit Seiner Liebe erfüllen kann.

Als zweites Beispiel einer heldenhaften Frau sei Maria Magdalena angeführt. Sie ließ sich nicht beirren und kam als erste nach dem Tode ihres geliebten Meisters an Dessen Gruft. Sie wurde nicht beschämt noch in ihrem Ausharren enttäuscht; denn ihr hat Sich der auferstandene HErr zuerst geoffenbart, während die Jünger noch mutlos abseits standen. Möchten wir doch von ihr lernen! „Die auf Jehova harren, gewinnen neue Kraft; sie heben die Schwingen empor wie Adler; sie laufen und ermatten nicht; sie gehen und ermüden nicht.“ (Jes. 40,31)

Wenn wir uns aber von Ihm entfernen und uns der Welt gleichstellen, gleichsam unser Gelübde dem HErrn gegenüber brechen, wie es Simson getan hat, dann weicht alle Kraft und Stärke von uns, und nie wieder gutzumachender Schaden wird die Folge sein. (Richter 16)

Wir haben ja alles in Ihm, haben geschmeckt, wie gütig und freundlich Er ist, sind mit Kleidern des Heils bedeckt worden und dürfen einmal eine Erbschaft antreten, die uns niemand streitig machen kann; ja, das Höchste und Herrlichste wartet unserer: „Wir werden Ihm gleich sein; denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist.“

(1. Joh. 3,2) Sollte uns das alles nicht ein Ansporn sein, schon in dieser Welt so zu wandeln, wie es Seiner Ehre würdig ist? Ja, möchten wir stark werden in der Gnade (2. Tim. 2,1) und uns täglich mit Kraft und Stärke von oben her füllen lassen, damit wir stets für den Glaubenskampf gewappnet sind!

Joh. Kuhn.

Zum Nachdenken

Es kommt nicht darauf an,

daß unsere Wünsche und Pläne in Erfüllung gehen,

sondern daß Gott mit uns zu Seinem Ziele kommt;

daß wir den Leiden so schnell wie möglich enthoben werden,

sondern daß sie ihren Zweck an uns erreichen;

daß Gott auf unseren Willen eingeht,

sondern daß wir den Seinen tun;

daß wir eine einflußreiche Stellung haben,

sondern daß Gottes Wort uns beeinflussen kann;

daß wir möglichst viel wirken und schaffen,

sondern wie und warum wir etwas tun;

daß wir viel Erkenntnis haben,

sondern daß wir das Erkannte in die Tat umsetzen;

daß wir recht lange leben,

sondern daß unser Leben wertvollen Inhalt bekommt.

*

Frage und Antwort

Frage 4:

Was ist unter „Zeichen der Beschneidung als Siegel der Gerechtigkeit des Glaubens“ Röm. 4,11 sinnbildlich zu verstehen?

Antwort

Abraham glaubte Gott, und es wurde ihm zur Gerechtigkeit gerechnet. (Röm. 4,3) - Er glaubte, als er noch unbeschnitten war. Nicht die Beschneidung, sondern sein Glaube war der Grund seiner Rechtfertigung vor Gott. Nicht Verdienst gilt vor Gott, sondern Gnade, die den Gottlosen rechtfertigt, der Gott vertraut. Der aus Glauben gerechtfertigte Abraham empfing aber dann noch von Gott zu dem Zeugnis seiner Rechtfertigung als „Siegel“ das Zeichen der Beschneidung, das heißt: Gott bekräftigte Seine Verheißungen durch die Einführung der Beschneidung, wie ein König seine Unterschrift auf einer Urkunde durch das beigedrückte Siegel bestätigt.

Der Sinn der Beschneidung ist, daß der natürliche Mensch unter dem Todesurteil Gottes steht und der Reinigung durch das Blut bedarf. Das erkannte der Israelit durch die Annahme des Bundeszeichens an. Es hat seine tiefe geistliche Bedeutung auch für uns; denn das Fleisch will immer wieder vor Gott Geltung haben. Doch es wird kein Mensch aus Fleischeswerken gerecht vor Gott, sondern nur wie Abraham auf dem Grundsatz des Glaubens. (Röm. 3,28) Das Sinnbild dafür ist für den neutestamentlichen Gläubigen die Taufe, die vollzogen wird nach der „nicht mit Händen gemachten Beschneidung, dem Ausziehen des Leibes des Fleisches, der Beschneidung des Christus“ (Kol. 2,11), das heißt nach dem Selbstgericht des Sünders und der gläubigen Hingabe an Christus, der um unserer Sünde willen das Urteil Gottes an Sich hat vollziehen lassen. Indessen kann man nicht etwa sagen, daß die Beschneidung auf die Taufe

Einsgemachtsein des Täuflings mit Christo umschließt, das Einsgemachtsein mit Seinem Kreuze, mit Seinem Tode und mit Seinem Begrabensein.

Wir haben es heute nur mit geistlichen Dingen zu tun, deshalb wird die Taufe auch nicht ein Siegel genannt. Jedoch haben auch die Gläubigen des heutigen Haushaltes ein Siegel Gottes unter ihr Zeugnis der Rechtfertigung aus Glauben. Das ist die Gabe des Heiligen Geistes. (2. Kor. 1,22; Eph. 1,13) Und das ist weit mehr als Abraham empfing, ist es doch zugleich ein Unterpfand unseres Erbes zur Erlösung des erworbenen Besitzes. (Eph. 1,14)

Frhr. v. Schleinitz.

 

 

 

 

Frage 5

Hebr. 9,4. Ich bitte um Erläuterung dieser Stelle im Blick auf 1. Kön. 8,9.

Antwort

Wir sind überzeugt, daß es im Worte Gottes keine Widersprüche gibt. Sowohl der Schreiber von 1. Kön. 8,9 wie derjenige von Hebr. 9,4 haben geschrieben, getrieben vom Heiligen Geiste. Darin sind wir wohl mit dem Fragesteller einig.

Hebr. 9,4 sagt, daß in der Bundeslade der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons und die Tafeln des Bundes gewesen seien.

1. Kön. 8,9 und 2. Chron. 5,10 betonen: „Nichts war in der Lade, als nur die beiden steinernen Tafeln, welche Mose am Horeb hineinlegte, als Jehova einen Bund machte mit den Kindern Israel, als sie aus dem Lande Ägypten zogen.“

Nach letzteren Stellen ist es klar, daß zur Zeit, da Salomo die Bundeslade in den Tempel Gottes brachte, der goldene Krug, welcher das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesproßt hatte, nicht mehr in der Lade waren. Die Regierung Salomos gibt uns ein Bild von den

Segnungen des 1000jährigen Reiches. Der Bund wird aufrechterhalten (da Gott der einzige vertragschließende Teil ist - wie ein Ausleger bemerkt), während das Manna und der Stab Aarons unter der Herrschaft des wahren Salomo - vgl. Matth. 12,42 - nicht mehr nötig sind.

Das Manna redete ja einerseits von der Treue Gottes für Sein Volk in der Wüste und andererseits von Christo, dem Brot aus dem Himmel, dem vollkommenen Menschen - siehe Joh. 6,31-33 und „Handr.“ Bd. 5, Fr. 6.

Das Manna erinnert uns an Seinen für uns in den Tod gegebenen Leib.

Der Stab Aarons, der gesproßt hatte, an Seine Auferstehung.

Die Herrlichkeit des vollkommenen Menschen Christus Jesus wird ja im zukünftigen Reich nicht mehr im Heiligtum verborgen sein, sondern vor aller Augen offenbar.

Lassen wir nun die weiteren Stellen der Schrift reden:

2. Mos. 25,16.21: „Und lege in die Lade das Zeugnis, das Ich dir geben werde.“ Ab 2. Mos. 25,22 heißt dann die Lade, nachdem „das Zeugnis“ hineingelegt worden war, „Lade des Zeugnisses“: V. 22b; 26,33.34; 39,35; 40,3.21. 5. Mos. 10,2b: „und du sollst sie in die Lade legen“, und V. 5: „Und ich legte die Tafeln in die Lade, die ich gemacht halte; und sie sind daselbst, wie Jehova mir geboten hatte.“

Die Stellen betr. den Krug mit Manna:

2. Mos. 16,32-34: „Nimm einen Krug und tue Man darein, einen Ghomer voll, und lege es vor Jehova nieder zur Aufbewahrung für eure Geschlechter.“ V. 34: „So wie Jehova Mose geboten hatte, legte Aaron es vor das Zeugnis nieder zur Aufbewahrung.“

Die Stelle betr. den Stab Aarons:

4. Mos. 17,7.10: „Und Mose legte die Stäbe vor Jehova nieder in das Zelt des Zeugnisses.“ Lies, bitte, auch V. 8! also nicht in die Lade! - „Und Jehova sprach zu Mose: Bringe den Stab

Aarons vor das Zeugnis zurück, um ihn als ein Zeichen für die Widerspenstigen aufzubewahren, so daß du ihrem Murren vor Mir ein Ende machest und sie nicht sterben. Und Mose tat es; so wie Jehova ihm geboten hatte, also tat er.“

Manna-Krug und Stab Aarons waren also neben der Lade, nur die Tafeln des Gesetzes in der Lade.

Die Ausgabe der Lutherbibel - Leipzig 17,33, Verlag der Weidmannischen Buchhandlung - schreibt die Stelle Hebr. 9,4 wie folgt: „... welcher - an der Seite - war die güldene Gelte (Krug), die das Himmelsbrot hatte, und die Rute Aarons, die gegrünet hatte, und - inwendig lagen allein - die Tafeln des Testaments.“

Albrecht bemerkt zu Hebr. 9,4: „Krug und Stab sollten jedoch nicht ‚in‘, sondern ‚vor‘der Lade aufbewahrt werden. Nach der rabbinischen Überlieferung, der der Verfasser folgt, waren sie aber in der Bundeslade.“

Das biblische Handwörterbuch (Calver Bibellexikon) bemerkt dazu: „Nach 1. Kön. 8,9 und 2. Chron. 5,10 befanden sich in der Lade nur die beiden Gesetzestafeln. Nach Hebr. 9,4 dagegen hatte man außerdem das Mangefäß - 2. Mos. 16,33 - und den blühenden Stecken Aarons - 4. Mos. 17,10 - darin aufbewahrt. Ungenau hat nämlich die spätere Übersetzung die Bestimmungen ‚vor‘den HErrn, 2. Mos. 16,33, und ‚vor‘das Zeugnis, 4. Mos. 17,10, so aufgefaßt.“

Dächsel fügt zu Hebr. 9,4 die Anmerkung, daß die Tafeln des Testamentes in der Lade selber, die Urne mit Manna und die Rute Aarons neben derselben oder ihr zur Seite waren.

Dasselbe Bibelwerk fügt bei 1. Kön. 8,9 hinzu: „Diese Bemerkung will zeigen, daß man dem Gesetze treulich nachkam, welches die Lade nur zur Aufbewahrung der beiden Gesetzestafeln bestimmte. (2. Mos. 25,16)“

Das mit Händen gemachte Heiligtum war ein Gegenbild des wahrhaftigen droben - Hebr. 9,24.

Ein Ausleger bemerkt unter anderem: „Als der erste Mensch fiel, gab Gott kein Gesetz, sondern eine Verheißung. (1. Mos. 3,15) Er wußte, daß der Mensch nicht durch Halten des Gesetzes gerettet werden konnte. (Röm. 3,19.20) Die Lade des Zeugnisses oder des Bundes enthielt das Gesetz, das an sich heilig und gut war. Der Sühnmittel oder Versöhnungsdeckel bedeckte das Gesetz und verbarg es im Herzen der Lade. Christus konnte sagen: ‚Dein Gesetz ist im Innern Meines Herzens. Deinen Willen zu tun, o Gott, ist Meine Lust.‘ (Ps. 40 mit Hebr. 10,6-10) Das heilige, von den Menschen verworfene Gesetz wurde in Ihm verschlossen. Der Gesetzgeber ist auch des Gesetzes Erfüllung. Das Gesetz - ‚die uns entgegenstehende Handschrift in Satzungen‘wurde von Ihm, dem Richter der ganzen Erde, mit hinaufgenommen an das Kreuz, Kol. 2,14. So fand es einen Ruheplatz in Ihm. Gott Selbst bewahrte das Gesetz und ist völlig befriedigt in Christo, der es bedeckt. Jetzt herrscht die Gnade durch Gerechtigkeit ...“.

Zusammenfassend sei wiederholt:

Bei der Tempeleinweihung durch Salomo waren nur die Tafeln des Gesetzes in der Lade - 1. Kön. 8,9. Nach der uns vorliegenden Übersetzung von Hebr. 9,4 wären früher - zur Zeit Josuas und der Richter? - der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons auch in der Lade aufbewahrt worden.

Für weitere Belehrung und Ergänzung der Antwort von anderer Seite wäre ich dankbar.

Frhr. v. Wedekind.

Anhang zu obiger Antwort

Dem Wunsche des Verfassers obiger Antwort Entsprechend fügen wir noch einige Gedanken an.

1. Kön. 8,9 und 2. Chron. 5,10 wird gesagt, daß nichts in der Lade war als die beiden steinernen Tafeln. Warum wird das festgestellt? Wäre Anlaß zu dieser Feststellung, wenn schon

der Annahme, daß vor dem noch etwas außer den beiden Tafeln in der Lade gewesen ist. Und wenn Hebr. 9,4 uns sagt, daß in der Lade der goldene Krug war, der das Manna enthielt, und der Stab Aarons, der gesproßt hatte, dann sprechen die oben angegebenen beiden Schriftstellen nicht gegen diese Angabe, sondern für sie im Blick auf eine Zeit vor der Einweihung des von Salomo erbauten Tempels. (Und diese Zeit vor dem hat der Schreiber des Briefes an die Hebräer ja im Auge, denn er spricht nicht von der Lade im Tempel, sondern in der „Hütte“, d. i. die Stiftshütte.) Wann der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons hineingetan worden sind und wann sie herausgenommen worden sind und was mit ihnen geworden ist usw., darüber sagt uns das Wort Gottes nichts und wissen wir infolgedessen nicht. Aber die Tatsachen liegen vor uns und haben etwas für uns zu bedeuten.

Wie unser Bruder in seiner Antwort schon sagt, redet das Manna von der Treue Gottes für Sein Volk in der Wüste (2. Mos. 16), so daß wir in dem goldenen Krug mit dem Manna ein Bild von dem verherrlichten Christus sehen dürfen als den, welcher einst hier war als „das wahrhaftige Brot aus dein Himmel“ (Joh. 6,32), durch dessen Anschauen wir beständig an die treue Fürsorge Gottes erinnert werden, die Er uns während unserer Wüstenreise erwiesen hat und bis ans Ende hin erweisen wird.

Die Andeutung unseres Bruders bezüglich des Stabes Aarons, der gesproßt hatte, möchten wir noch dahin erweitern, daß dieser Stab - der für das Volk Israel ein Zeichen dafür war, daß Jehova Aaron und seine Söhne erwählt hatte, Ihm zu nahen und des Priestertums vor Ihm zu warten (4. Mos. 16,5; 17,5a; 18,7a) - ein schönes Bild ist von dem Priestertum Christi als des Auferstandenen und Verherrlichten (Hebr. 5,4-10; 7,16.23.24) und der Seinen in der Kraft Seines Auferstehungslebens. (1. Petr. 2,5.9; Offenb. 1,6; vgl. Hebr. 10,19-24)

Beides - der Krug mit dem Manna und der Stab Aarons, der gesproßt hatte - hatte seine Bedeutung für das Volk Israel nur für die Zeit bis zum Eintritt in die verheißene vollkommene Ruhe in dem Lande der Verheißung. Dieser Zustand trat für das Volk Israel sinnbildlich mit dem Beginn der Herrschaft des Königs Salomo ein und wird im Tausendjährigen Reiche Wirklichkeit sein (s. obige Antwort, 4. Abs.). Es bedarf dann jener beiden Dinge nicht mehr zur Erinnerung

und als Zeichen. Dies ist ein schönes Bild auf die Gemeinde hin. Dazu gehört noch, daß das Nichtmehrvorhandensein der genannten beiden Dinge bei der Einweihung des von Salomo erbauten Tempels in Erscheinung tritt. Dieser herrliche Bau ist ein Bild von der Gemeinde Christi in ihrer Vollendung, in welcher sie geschaut werden wird während des Tausendjährigen Reiches und zu diesem in Beziehung stehen wird. Sie wird dann dessen, was nach dem oben Gesagten in dem goldenen Klug mit dem Manna und dem Stabe Aarons, der gesproßt hatte, für uns vorgebildet ist, nicht mehr bedürfen. Daher die Feststellung 1. Kön. 8,9 und 2. Chron. 5,10, und zwar nicht im Widerspruch zu Hebr. 9,4, sondern im Einklang damit.

Theod. Küttner.

Frage 6

Was meint eigentlich: „Und wer wird sein Geschlecht aussprechen?“ (Jes. 53,8b).

Antwort

„Geschlecht“ meint Lebensdauer, Menschenalter, und die Menschen, welche diese Zeitspanne umfaßt.

Das hebräische Zeitwort, das durch „aussprechen“ wiedergegeben ist, meint innerliches Sprechen, Nachdenken, Sinnen, z. B. Ps. 77,3.6.12, dann laut sprechen, z. B. Ps. 69,12.

Hier und noch in Ps. 143,5 ist eine besonders starke Ausdrucksform dieses Zeitworts für sinnen, aussprechen, gebraucht, so daß die Umschreibung so wird lauten können:

Wer wird bei staunendem Betrachten Seines Lebensweges und -ausgangs Worte finden, die bezeichnend genug dartun, was nun bei Ihm „Lebensdauer“ ist, da Er einerseits fremder Schuld wegen zwar aus dem Leben auf der Erde schied, andererseits aber doch lebt, „Seine Tage verlängert“ (V. 10), also nicht, wie ein gewöhnlicher Sterblicher Seine Zeugungskraft bei fortschreitendem Alter verliert, hinfällig wird, sondern fort und fort leben und Gezeugte, einen

Samen, ein Geschlecht Sein eigen nennen wird? Was für wunderbare Geschehnisse mögen, was für eine wunderbare Person mag das sein?

1. Petr. 1,11: „Die Propheten forschten, auf welche oder welcherlei Zeit der Geist Christi, der in ihnen war, hindeutete, als Er von den Leiden, die auf Christum kommen sollten, und von den Herrlichkeiten danach zuvor zeugte ...“

Es ist gut, diesen hehren Mitteilungen der Schrift gegenüber einfach zu bleiben. Es handelt sich z. B., um eins zu nennen, hier nicht um eine Unterscheidung zwischen irdischer oder himmlischer Frucht der Mühsal Seiner Seele, irdischen oder himmlischen Herrlichkeiten, sondern vielmehr um große Richtlinien, die gezogen sind. Diese zu erkennen genügt.

Adelphos.

Frage 7

Ist bei dem Ausdruck „Arten von Sprachen“ in 1. Kor. 12,10 an dasselbe zu denken wie bei dem Ausdruck „Mundart“ in Apgesch. 2,6?

Antwort

Im allgemeinen: ja, an dasselbe. Der 8. und 11. Vers in Apgesch. 2 beweisen es. Die Hörer aus den verschiedenen Ländern gebrauchen im 8. Vers den Ausdruck „unsere eigene Mundart“ für das, was sie im 11. Vers „unsere Sprache“ heißen. Dabei bleibt selbstverständlich bestehen, daß ein und dieselbe Sprache in verschiedenen Gegenden mundartliche Unterschiede aufweist. Ebenfalls kommt in Frage, daß eine Völkerschaft neben der offiziellen Sprache, damals Griechisch oder Lateinisch, eine Eingeborenensprache haben konnte wie z. B. die Bewohner von Lykaonien, Apgesch. 14,11.

Weil die Zunge das Werkzeug zum Sprechen ist, sagt der Grieche immer „Zunge“, wo wir Sprache sagen. Ob es nun die offizielle Sprache oder die spezielle Sprache einer Völkerschaft

oder die mundartliche Abart einer Sprache (Dialekt, griechisch und deutsch) sei, immer ist die Zunge das Hauptwerkzeug zur Verlautbarung durch Worte. Darum kann Zunge, d. i. Sprache, für „Dialekt“ stehen, oder umgekehrt „Dialekt“ für Zunge, d. i. Sprache.

Adelphos.

Anbetung und Danksagung

Anbetung ist gar wohl von Danksagung zu unterscheiden. Diese geht aus von den Gaben und einzelnen Segnungen, die Gott dem Geschöpf zuteil werden läßt, jene von der Person und dem allgemeinen Wesen des Gebers Selbst. Die Danksagung preist Ihn für alle Taten und Erweise Seiner Herrlichkeit; die Anbetung aber schaut hin auf das Innere dieser Herrlichkeit, auf die Göttlichkeit selbst. Wohl spricht auch sie von den großen Tatsachen des Heils und der Erlösung; aber bei ihr steht nicht, wie bei der Danksagung, der Nutzen und Segen im Vordergrund, den wir aus ihnen gewinnen und für den wir Gott preisen; sondern sie erblickt in ihnen Kundgebungen und Offenbarungsweisen des inneren Wesens der Gottheit. Die Danksagung betont also besonders das herrliche Ergebnis der göttlichen Heilstaten für das erlöste Geschöpf; die Anbetung aber lobpreist ihren göttlichen Urgrund und Ursprung im Herzen des Schöpfers. In der Danksagung freut sich das Herz über das, was sein Heiland und HErr ihm persönlich geworden ist; in der Anbetung jubelt die Seele über das, was der heilige Gott aller Liebe und Macht in Sich Selber ist. Die Anbetung steht darum höher als die Danksagung; denn sie ist freier vom Geschöpf und lebt mehr in dem Ewigen. Von allen Erscheinungen der Zeitlichkeit, ja sogar bis zu einem gewissen Grade auch von den zeitlichen Offenbarungen der Gottheit, schaut sie hinweg, erhebt sich direkt bis zum Herzen des Höchsten und beschäftigt sich dort mit Seinem überzeitlich-ewigen, allheiligen und alliebenden Wesen. Die Anbetung bildet also in der Liebesgemeinschaft zwischen Schöpfer und Schöpfung den Höhepunkt der geschöpflichen Gegenliebe, und insofern der Mensch schon von Anfang an zu einer solchen Gottesgemeinschaft in Liebe berufen worden war, ist er auch schöpfungsmäßig zur Anbetung bestimmt. Sie ist der erste und vornehmliche Hauptzweck seiner ewigen Berufung. In alle

aller Herren mit frohlockendem Herzen lobpreisen und sagen: „Das Heil steht bei unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und bei dem Lamm.

Amen! Preis und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre, Macht und Stärke gebühren unserem Gott in alle Ewigkeit! Amen!“ (Offenb. 7,10.12) „Es kommt aber die Zeit und ist schon jetzt da, wo die wahren Anbeter den Vater im Geist und Wahrheit anbeten werden; denn auch der Vater will solche Anbeter haben. Gott ist Geist, und die Ihn anbeten, müssen Ihn in Geist und Wahrheit anbeten.“ (Joh. 4,23.24)

Er. Sr.

Der ungebahnte Weg

„Ihr seid des Weges früher nicht gezogen.“ (Jos. 3,4.)

„Wo Ich hingehe, kannst du Mir jetzt nicht folgen.“ (Joh. 13,36.)

Als die Kinder Israel im Begriff waren, in das verheißene Land einzutreten, rollten die Wasser des Jordans zwischen ihnen und dem Lande ihrer Hoffnung. Der Jordan war in gewisser Beziehung ein Vorbild des Todes, der zwischen der Wüste und Kanaan liegt, so wie das Rote Meer den Tod vorbildlich darstellte, der Ägypten von der Wüste trennt. Die Israeliten schritten durch das Meer in die Wüste. Sie schritten durch den Jordan in das Land Kanaan. In Ägypten, in der Wüste und in dem Lande Kanaan sehen wir die drei verschiedenen Stellungen des Volkes Gottes. Tatsächlich befinden wir uns in Ägypten, bezüglich unserer Erfahrungen sind wir in der Wüste; durch Glauben sind wir im Geiste und dem Grundsatze nach in Kanaan. Wir wandeln durch die Welt, die für die neue Natur geistlicherweise eine Wüste ist; unsere Heimat ist droben, wo Jesus unser Haupt und Vorläufer ist.

Bevor das Volk sein verheißenes Erbteil antreten konnte, mußte der Jordan durchschritten werden. Gleich einem gewaltigen Schlagbaum versperrte er wohl nie drohender den Weg als in der Zeit, da „der lebendige Gott“ im Begriff war, zugunsten Seines Volkes zu handeln; denn

„der Jordan war voll über alle seine Ufer die ganze Zeit der Ernte hindurch“. (Jos. 3,15) Der Tod zeigte nie schrecklicher seine furchtbare Gestalt als in der Stunde, wo der Fürst des Lebens seine Macht zu unseren Gunsten zerstörte und ihn in einen gebahnten Fußweg umwandelte, auf dem wir unserer himmlischen Heimat zuschreiten können. Das tiefe Bett des Jordans war ein ungebahnter Weg für Israel; sie mußten daher warten, bis die von den Priestern getragene Lade des lebendigen Gottes vor ihnen herging, um den Weg zu öffnen. „Es geschah am Ende von drei Tagen, da gingen die Vorsteher mitten durch das Lager, und sie geboten dem Volke und sprachen: Sobald ihr die Lade des Bundes des HErrn, eures Gottes, sehet, und die Priester, die Leviten, sie tragen, dann sollt ihr von eurem Ort aufbrechen und ihr nachfolgen. Doch soll zwischen euch und ihr eine Entfernung sein bei zweitausend Ellen an Maß. Ihr sollt ihr nicht nahen, auf daß ihr den Weg wisset, auf dem ihr gehen sollt; denn ihr seid des Weges früher nicht gezogen.“ - „Und Josua sprach zu den Kindern Israel: Tretet herzu, und höret die Worte des HErrn, eures Gottes! Und Josua sprach: Hieran sollt ihr wissen, daß der lebendige Gott in eurer Mitte ist usw. - Siehe, die Lade des Bundes des HErrn der ganzen Erde zieht vor euch her in den Jordan.“ (Jos. 3,2-4.9-11)

Hier haben wir also ein herrliches Vorbild von dem Herrn Jesus Christus bezüglich Seiner Überwindung der Macht des Todes für Sein Volk. Er begegnete dem Tode in seiner erschreckendsten Gestalt. Nie wurde der Jordan gewaltiger und verheerender gesehen als an dem Tage, da die Bundeslade seine mächtigen Fluten zurückdrängte und eine Heerstraße zum Übergang der Erlösten des HErrn bildete. „Und die Priester, welche die Lade des Bundes des HErrn trugen, standen festen Fußes auf dem Trockenen in der Mitte des Jordans; und ganz Israel zog auf dem Trockenen hinüber, bis die ganze Nation vollends über den Jordan gegangen war.“ (V. 17) Es war ein vollständiger Sieg des Lebens über den Tod. Es war die Macht des lebendigen Gottes, der selbst den Tod in einen Fußsteig des Lebens umwandelte. Den Füßen der Erlösten Gottes wurde nicht gestattet, die finsteren Wasser des Todes zu berühren. Diese Wasser sahen in der Entfernung drohend und erschreckend aus; aber in dem Augenblick, wo sich das Volk näherte, war statt einer erschreckenden Flut nur ein trockener Fußpfad zu finden. Gott, der lebendige Gott, war da in Gnade und Wahrheit und wurde geschaut in den Priestern

ist. Die Sünde brachte den Tod in die Welt. Die Sünde ist der wirkliche Stachel des Todes; die Gnade aber ist erschienen und hat alles verändert, so daß der Gläubige sagen kann: „O HErr! durch dieses lebt man, und in jeder Hinsicht ist darin das Leben meines Geistes.“ (Jes. 38,16) Das ist der geistliche Triumph der Gnade, die „durch Gerechtigkeit herrscht zu ewigem Leben durch Jesum Christum, unseren HErrn“. (Röm. 5,21) In Christus und durch Ihn hat die Gnade so gewirkt, daß der Tod in einen Diener des Gläubigen umgewandelt ist. Anstatt ein furchtbarer Feind zu sein, ist er ein wirklicher Teil unseres Besitzes (vgl. 1. Kor. 3,22); anstatt ein unübersteiglicher Schlagbaum zu sein, ist er ein Fußsteig geworden.

In Joh. 13 haben wir ein Gegenbild von dem, was wir in Josua gesehen haben. Dort belehrt unser geliebter HErr Seine Jünger, daß Er vor ihnen her durch den Jordan des Todes gehen, daß „ein Raum“ zwischen Ihm und ihnen sein müsse, und daß sie Ihn nicht begleiten können, wenn Sein Fuß den schrecklichen Pfad betreten würde. „Kinder! noch eine kleine Weile bin Ich bei euch; ihr werdet Mich suchen, und so wie Ich den Juden sagte: Wo Ich hingehe, könnt ihr nicht hinkommen, so sage Ich jetzt auch euch.“ (V. 33) Diesen Weg zu gehen war für die Jünger ebenso unmöglich wie für die Juden. Jesus mußte ihn ganz allein betreten. Wer hätte Ihn begleiten können? Wer hätte dem schrecklichen Heere aller Mächte der Finsternis, der List Satans, der Wut der Hölle und vor allem dem Zorne Gottes begegnen können? Wer konnte diesen Dingen entgegentreten? Wer außer Ihm, der Gott und Mensch war?

Petrus verstand das nicht. Er glaubte, dem Tode begegnen zu können. Er wollte es wagen, den göttlich bezeichneten „Zwischenraum“, die geheimnisvollen „zweitausend Ellen“, zu überspringen. Armer Petrus! Wie wenig dachte er daran, daß das ferne Rauschen der fürchterlichen Fluten des Jordan ihn so sehr erschrecken würde, daß er mit Flüchen und Schwüren seinen HErrn und Meister verleugnete! „HErr!“ fragte er, „wo gehst Du hin?“ Jesus antwortete ihm: „Wo Ich hingehe, kannst du Mir jetzt nicht folgen; du wirst Mir aber später folgen.“ (V. 36) Mit anderen Worten, der gnadenreiche HErr sagt Seinem schwachen Diener, daß Er ihm vorausgehen müsse, um ihm durch die finsteren Wasser des Todes einen trockenen Fußpfad zu öffnen, auf dem Petrus in Gemeinschaft mit allen Erlösten unverletzt zur Herrlichkeit eingehen könne. Welche Gnade! Er ging allein - in die finstere, schreckenerregende Einsamkeit.

Wehrlos trat Er dem mit seiner ganzen Macht ausgerüsteten und mit allen Schrecken bewaffneten Tode entgegen. Dort gab es kein Ufer, das den wirklichen Jordan in sein Bett eingezwängt hätte. Nur eine finstere Öde, die kein Lichtstrahl erhellte, öffnete sich Ihm. Dort entfaltete sich die Bosheit Satans und die Treulosigkeit Seiner nächsten Freunde; und nachdem schließlich Menschen und Teufel ihr Äußerstes getan hatten, öffnete sich vor dem Fürsten des Lebens eine so dunkle und schaurige Region, in die weder ein Mensch noch ein Engel hineinzutreten vermochte, wo Er den „Kelch“ des gerechten Zornes Gottes wider die Sünde trinken und - was uns unmöglich gewesen wäre - das Verborgene des Antlitzes Gottes ertragen mußte.

Das alles hätte die Antwort Auf die Frage Petri: „Wo gehst Du hin?“ enthalten müssen. Wer aber hätte es verstehen können? Niemand! Statt jeder ferneren Erklärung sagt der HErr deshalb einfach: „Du kannst Mir jetzt nicht folgen; du wirst Mir aber später folgen.“ Wenn der Weg geöffnet war, sollte Petrus folgen; denn dann konnte er es. Welch ein gnadenreicher HErr und Meister! Er wollte den Schrecken des Todes begegnen, damit wir die Freude der Unsterblichkeit genießen möchten.

Doch Petrus begreift noch immer nicht die Andeutungen des HErrn. „HErr!“ sagt er, „warum kann ich Dir jetzt nicht folgen? Mein Leben will ich für Dich lassen. Jesus antwortet: Dein Leben willst du für Mich lassen? Wahrlich, wahrlich, Ich sage dir, der Hahn wird nicht krähen, bis du Mich dreimal verleugnet hast.“ (V. 37.38) Petrus kannte weder sich selbst noch den Weg, den er im Selbstvertrauen zu unternehmen bereit war. Aber Jesus - gepriesen sei Sein Name! - kannte beides; Er ging mit festen Schritten den Pfad allein; und dann führte Er Seinen schwachen Jünger auf demselben Pfade zur Herrlichkeit. Und mit welcher Güte sucht Er bei Petrus und den anderen Jüngern jeden Gedanken zu entfernen, der sie mutlos und traurig machen könnte! „Euer Herz“, sagt Er, „werde nicht bestürzt. Ihr glaubet an Gott, glaubet auch an Mich. In dem Hause Meines Vaters sind viele Wohnungen ; wenn es nicht so wäre, würde Ich es euch gesagt haben; denn Ich gehe hin, euch eine Stätte zu bereiten. Und wenn Ich hingehe und euch eine Stätte bereite, so komme Ich wieder und werde euch zu Mir nehmen, auf daß, wo Ich bin, auch ihr seiet!“ (Kap. 14,1-3)

Aus „Botschafter des Heils“ 1869.

Zwei Regierungsgrundsätze Gottes

Kinder Gottes sind versetzt aus dem Reiche der Finsternis in das Reich des Sohnes Seiner Liebe. In diesem Reiche der Liebe und des Lichtes herrscht der HErr. Diese Herrschaft soll jetzt in den Herzen, Häusern und Gemeinden der Seinen offenbar werden. Gott will in Seinem Hause erkannt werden.

Gott ist Liebe - Wandelt in der Liebe!

Gott ist Licht - Wandelt im Licht!

Gott ist ein Geist - Wandelt im Geist!

„Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geiste. Denn wer in diesem dem Christus dient, ist Gott wohlgefällig und den Menschen bewährt.“

Wir wollen zwei Regierungsgrundsätze aus der Fülle des Wortes herausnehmen.

1. „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“

2. „Gott widersteht dem Hochmütigen, dem Demütigen aber gibt Er Gnade.“

Das erstgenannte Wort findet sich viermal wörtlich im Wort Gottes, das letztere dreimal. Dem Sinne nach kommen beide Grundsätze natürlich viel öfter in der Schrift vor.

Zu 1. In Hab. 2,4 steht vor dem Wort des Glaubens der Ausspruch: „Siehe, aufgeblasen, nicht aufrichtig ist in ihm seine Seele.“

Aufgeblasenheit oder Hochmut und Unaufrichtigkeit oder Lüge sind die beiden Grundpfeiler des

Unglaubens. Im Gegensatz dazu wird der Glaubensgehorsam gekennzeichnet durch Demut und Aufrichtigkeit oder Wahrheitsliebe. Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben! Dieses neue Leben ist unser Teil durch den Glauben. Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen. Bemerkenswert sind nun die Briefe, in denen das Neue Testament dreimal dieses Wort anführt.

In Röm. 1,17: „Gottes Gerechtigkeit wird darin geoffenbart aus Glauben zu Glauben.“

In Gal. 3,11.12: Das Gesetz vom Sinai im Gegensatz zum „Gesetz des Christus“ - der Glaube, der durch die Liebe wirkt. (Gal. 5,6; 6,2.3)

In Hebr. 10,35-39: Die lebendige Hoffnung im Hinschauen auf Jesus und die große Belohnung - Geduld, Ausharren im Glaubensvertrauen.

Zu 2. Der zweite Regierungsgrundsatz ist, wie schon gestreift, unlöslich verknüpft mit dem ersten. Gott widersteht immer den Hochmütigen und gibt immer den Demütigen Gnade. Die Geschichte der Pharisäer wie unsere eigene beweist wieder und wieder, daß Hochmut und Unaufrichtigkeit ebenso Hand in Hand gehen wie Demut und Aufrichtigkeit. Wie der HErr dem Demütigen Gnade gibt, so läßt Er es dem Aufrichtigen gelingen. „Gott hat den Menschen aufrichtig geschaffen.“ Bitte, unterziehen wir uns einmal der lohnenden Mühe, die etwa 50 Stellen über „aufrichtig“ im Worte Gottes nachzuprüfen auf die dazu gegebenen Verheißungen hin. Wir wollen nur an zwei derselben erinnern: „Licht ist gesät dem Gerechten und Freude dem von Herzen Aufrichtigen.“ „Durch den Segen der Aufrichtigen kommt eine Stadt empor!“

Die beiden neutestamentlichen Anführungen zu Spr. 3,34 in Jak. 4,1-7 und 1. Petr. 5,5-9 stehen bezeichnenderweise beide in Verbindung mit dem Wirken des Widersachers, des Teufels. Der Fürst dieser Welt will uns in die Weltliebe, in das Fleischesvertrauen, in Aufgeblasenheit, Besserwissenwollen und Ehrsucht verstricken und uns verblenden. (Vgl. Jak. 4,4ff. mit 2. Petr. 1,9 und 1. Joh. 2,15-17) Jakobus betont die Gefahr der Weltliebe, Petrus die des Ungehorsams, der Rechthaberei. Die Quelle auch dieser Sündengebiete ist der ungebrochene Eigenwille, der Hochmut des natürlichen Herzens. Hochmut kommt vor jedem Sündenfall. Der HErr am Throne

droben, Sein Wort, Sein Geist und die Erziehungswege des himmlischen Vaters sind eingesetzt zu unserer Bewahrung in Abhängigkeit und Demut. „Ehe ich gedemütigt ward, irrte ich.“ Das ist die Erfahrung aller Männer Gottes. Gott gibt Seine Ehre keinem anderen. Er will verherrlicht werden. Von Gott, dem Vater, und von Seinem Sohne steht geschrieben, daß sie uns den Sachwalter senden werden, den Heiligen Geist, der Ihn verherrlicht. „Hierin wird Mein Vater verherrlicht, daß ihr viel Frucht bringet.“

Das Zepter der Aufrichtigkeit ist der Herrscherstab Seines Reiches. Dieser Herrscher hat nun Selbst gesagt und vorgelebt: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig und von Herzen demütig!“

Wollen wir uns als Seine Untertanen ausweisen, so gilt es, Seine Regierungsgrundsätze zu beachten. Dann erleben wir auch die Erfüllung der mit einem Wandel in Aufrichtigkeit und Demut verbundenen Verheißungen;

Freude - große Freude - völlige Freude - unaussprechliche und verherrlichte Freude in Ihm, an Ihm und durch Ihn! Ihm sei Ehre in Ewigkeit!

A. Frhr. v. Wedekind.

 

 

Viererlei Acker

(Matth. 13,4-8.18-23)

Eben sahen wir den fleißigen Säemann, wie er sein Ackerfeld mit dem Samen des Wortes besät. Das Ackerfeld selbst aber ist sehr verschieden. Der HErr zeigte Seinen Zuhörern ein allen bekanntes Ackerfeld. Der träge Orientale bestellt seinen Acker nicht wie hierzulande. Er läßt Steine und Dornen drin, noch kümmert er sich darum, wenn Passanten sein Feld durchqueren und einen Weg treten. Unbedacht auf den Zustand des Ackers, streut er seinen Samen aus in der Erwartung, daß etlicher Frucht tragen werde. Verständige Zuhörer konnten sofort merken, wie der Acker ihres Herzens aussah, und ihn für das auszustreuende Wort des

HErrn zubereiten. Das Gleichnis zeigt, daß die Aufnahme des Wortes nicht allgemein ist; nur ein Viertel des Samens geht auf und bringt Frucht. Begeben wir uns nun in Gedanken auf dieses vierfache Feld. Da ist:

Der Weg. Etliches fiel auf den Weg. (Vers 4)

Der Weg ist ein harter Ort. Der Same fällt nur „auf“, nicht „in“ den Boden. Er stellt den gewohnheitsmäßigen Hörer dar. Da ist kein Eingang des Samens. Das Herz ist nicht dabei. Sie sind unnachgiebig wie der Weg.

Der Weg ist ein hoffnungsloser Ort. Er stellt jene Hörer dar, die immerdar hören und dabei wie der Weg hart werden, verhärtete Herzen haben. Dennoch ist der Same ins Herz gefallen, aber das Herz nahm ihn nicht auf. Sie sind ohne Entschuldigung. Sie gleichen dem Judas, der das Beste hörte und doch unberührt blieb.

Der Weg ist ein gefährlicher Ort. Da sind die Vögel. Sie haben gute Augen und fressen sofort den Samen auf. Die Vögel stellen den Bösen dar. (1. Mos. 15,11) Das Reich der Himmel liegt also inmitten von Satans Reich.

Das Steinichte. Dieser Boden zeigt uns den schnell zu bewegenden Hörer, der schnell überzeugt ist wie Agrippa, aber keine Herzenstiefe hat und darum keine Frucht bringen kann. Der Boden kann nicht gepflügt werden, da er wenig Erde hat. Über den Steinen ist etwas Erde, darunter aber ein steinern Herz. (Hes. 36,26) Den ersten Hörer, verglichen mit dem Wege, hatte der Verkehr, die Umstände so gemacht, hier aber fehlt es überhaupt an Erde. Da ist keine Tiefe, keine Erkenntnis der Sünde, keine wahre Buße, kein echter Glaube, sondern nur aufgewühltes Gefühl. Solche Hörer machen scheinbar schnell Fortschritte. Das Fleisch kann dem Reiche Gottes sehr nahe kommen, und doch ist alles unecht. Diese Hörer nehmen das Wort mit Freuden auf. (Vers 20) Leicht fließen die Gefühlstränen, aber ebenso schnell sind sie vertrocknet. Die Hitze der Trübsal versengt alles.

Die Dornen. Etliches fiel unter die Dornen. (Vers 7.22) Hier sehen wir den ungereinigten

Boden, der schon andere Samen aufgenommen hat, die auch aufgehen und Dornen und Disteln hervorbringen. Der fleißige Bauer reinigt erst den Boden. Der HErr sagt uns, was die Dornen bedeuten. Der Same ist mitten unter die Dornen gefallen, aber diese ersticken den aufgehenden Weizen. Es sind die Sorgen des Lebens und der Betrug des Reichtums. Also die zwei Gegensätze „Sorge und Überfluß“ ... Mit Schmerz denkt man dabei an jenen reichen Jüngling, der so hoffnungsvoll vor dem HErrn stand, tief innen aber war die Liebe zum Gelde verborgen. Die Dornen umstrickten ihn so sehr, daß er den wahren Reichtum „Christus“ nicht annehmen konnte. (Mark.

10,17; 1. Tim. 6,7-10) Hier war genug gute Erde, aber auch Raum für anderes. (Matth. 6,24) Dasselbe Bild haben wir bei Gehasi, dem Diener Elisas. Sein Herz suchte das Geld und damit das Verderben. (2. Kön. 5,20ff.) Der Betrug des Geldes ist so groß, daß selbst der HErr die Rettung der Reichen für schwer hält. (Matth. 19,23) Das sind die drei mangelhaften Arten von Ackerland. Aber, ob so oder anders, das Evangelium muß allen gebracht werden. Alle Welt muß das Wort hören, und alle sollen ohne Entschuldigung sein.

Die gute Erde. (Vers 8.23) Das ist der durch den Heiligen Geist gepflügte Boden. Beim Pflügen kommen die Unkrautwurzeln an die Oberfläche und verdorren. Ein solches Herz hat keine Zeit für die irdischen Dinge, sondern trachtet nach dem, was droben ist. Nur ein Teil von vier bringt Frucht, die aber auch hier noch sehr verschieden ist. Teufel, Welt und Fleisch tun auch hier ihr Äußerstes, um das Wachstum zu hindern. Der Boden des Herzens muß ständig gepflegt werden, genau so wie das natürliche Land. Nachdem der Same ausgestreut, geht die Egge darüber, und ihr folgt oft die schwere Walze. Da ist ferner Jäten und Begießen erforderlich, wenn die Frucht reichlich ausfallen soll. Auch meldet sich Ungeziefer aller Art, das das Feld zu schädigen sucht. Wie nötig also haben wir die Pflege des Innenlebens, zu wachen und zu beten, das Wort, das reinigt, zu uns reden zu lassen, wenn wirklich Frucht am Tage der Ernte da sein soll. Das Wachstum geschieht meistens in der Nacht. Wenn alles um uns still geworden ist, da ist es Zeit, den Boden des Herzens zu pflegen. Sehr viel liegt also an uns, wenn die Ernte reichlich ausfallen soll, obwohl wir wissen, daß Gott allein das Gedeihen gibt. (1. Kor. 3,6.7)

Höchst beachtenswert sind noch die großen Unterschiede in der Menge der Frucht. Etliches trägt hundert-, anderes sechzig-, und wieder anderes dreißigfältige Frucht. Isaak säte einst in ungünstigster Zeit, aber gerade dann erntete er hundertfach. (1. Mos. 26,12) Der gleiche Same kann in einem Herzen sehr viel und im anderen viel weniger hervorbringen. Fragen wir uns alle sehr ernstlich, wie unsere Ernte ausfallen wird, ob hundert-, sechzig- oder nur dreißigfältig?

G. Brinke (Aus „Ährenlese“).

Kreuz und Thron

Hebr. 1,3; 2,9; 12,2: „nachdem Er durch Sich Selbst die Reinigung der Sünden gemacht, hat Er Sich gesetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe. -

Wir sehen aber Jesum, der ein wenig unter die Engel wegen des Leidens des Todes erniedrigt war, mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt. -

Der Schande nicht achtend, hat Er für die vor Ihm liegende Freude das Kreuz erduldet und Sich gesetzt zur Rechten des Thrones Gottes.“

Die Menschwerdung des HErrn war für Ihn nicht nur eine Entäußerung Seiner Herrlichkeit und nicht nur eine Erniedrigung zum gehorsamen Knechte; es war für Ihn durch das Kreuz ein Herabsteigen in die Schmach und Schande. Die genannten drei Schriftstellen aus dem Hebräerbrief und auch andere Stellen zeigen uns nun nebeneinander Seine Erniedrigung und auch Seine Verherrlichung, das Kreuz und den Thron. -

Um die Reinigung der Sünden zu machen, ging Er ans Kreuz. Am Fluchholze mußte Sein kostbares Blut fließen, was uns allein rein macht von aller Sünde. Dann aber setzte Er Sich zur Rechten der Majestät in der Höhe. Erst nahm Er den Platz des Sünders ein, dann aber den Platz zur Rechten Gottes. Auf das Kreuz folgte der Thron. - Der Gedanke an das Kreuz erfüllt uns mit Beugung und Traurigkeit im Blick auf unseren HErrn. Denn dort war Er und litt Er im Gericht für

uns. Der Gedanke an den Thron aber, den Er jetzt innehat, erfüllt uns mit Freude und Jubel um Seinetwillen. -

Wegen des Leidens des Todes war Er ein wenig unter die Engel erniedrigt, so sagt uns die zweite Hebräerstelle. Die Engel, die dienstbaren Geister, kennen den Tod nicht, sie können nicht sterben wie wir Menschen. Der HErr aber, der Sohn, erlitt den Tod. Er schmeckte ihn für alles mit aller seiner Bitterkeit. Dadurch war Er ein wenig unter die Engel erniedrigt, obgleich Er sonst, als der Sohn, über der Engelwelt stand und steht. Nach dieser Erniedrigung aber kam die Krönung mit Herrlichkeit und Ehre. „Und alle Engel Gottes sollen Ihn anbeten.“ (Hebr. 1,6) Er ist der HErr der Engelwelt. Er ist der HErr der ganzen Welt. Er ist unser HErr. Gepriesen sei Er! Zuerst war Er erniedrigt, dann aber ward Er erhöht. Erst erlitt Er den Tod, dann aber ward Er gekrönt. -

Das Kreuz bedeutete Schande, das sagt uns die dritte obige Schriftstelle. Kein römischer Bürger wurde gekreuzigt, nur Übeltäter anderer Nationalitäten. Zwischen Himmel und Erde hängend, der Kleider beraubt, ausgeliefert der höhnenden Menschenmenge, ward Er unter solche gerechnet, die um ihrer Missetaten willen ausgestoßen wurden aus der Menschheit. Von neun bis drei Uhr ertrug Er diese Schande, dann verschied Er.

In unserer Zeit hat das Kreuzzeichen den Schmachcharakter nicht mehr. Vielfach dient es als ehrenvolles Abzeichen oder zum Schmuck. Damals bedeutete das Kreuz Schande. Deshalb sollten auch die Leiber der Gekreuzigten nicht am Sabbath am Kreuze bleiben. Auch das Gesetz gebot, daß der Leichnam eines Gehängten nicht über Nacht am Holze bleiben sollte. (5. Mos. 21,22.23)

Was es für unseren HErrn war, diesen Platz der Schande am Kreuze einzunehmen, können wir nicht ermessen. Wie Er, der Reine, innerlich gelitten hat, können wir von Natur Unreine nicht verstehen - von den Leiden für unsere Sündenschuld hier ganz zu schweigen.

Er erduldete das Kreuz um der vor Ihm liegenden Freude willen. Die Hebräerstelle nennt nur die eine Freude, daß Er „Sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes“. Als auferstandener

und verherrlichter Mensch setzte Er, der Sohn, Sich zur Rechten des Thrones Gottes. Wir dürfen wohl annehmen, daß dies eine besondere Freude für Ihn war. Ohne Zweifel bildet auch die Schar Seiner Erlösten Seine besondere Freude. Erst die Schande des Kreuzes, dann der Thron. -

Wenn wir unseren HErrn in Seiner Erhöhung anschauen, so jubelt unser Herz. Er, der den niedrigsten Platz der Schande hier hatte, hat jetzt Seinen Platz zur Rechten des Thrones Gottes. In dieser Welt ist Er noch genau so gehaßt wie damals, aber Er ist auch von einer kleinen Schar genau so geliebt wie früher. Und bald kommt die Stunde, da Er wiederkommt und wir Ihn schauen dürfen in Seiner Schöne. Gepriesen sei Sein herrlicher Name!

Leiden und Herrlichkeit, Kreuz und Thron, oft finden wir diese Gegensätze in der Schrift nebeneinander gestellt, doch nicht nur in bezug auf unseren HErrn, auch in bezug auf uns, die Seinen. Wir teilen Sein Los. Wir leiden mit Ihm und werden verherrlicht mit Ihm. Wenn wir anders mitleiden, werden wir auch mitverherrlicht werden. (Röm. 8,17; vgl. auch Offenb. 2,9.10)

Diesem Grundsatz Gottes: erst das Kreuz, dann der Thron, oder erst das Leiden, dann der Segen, begegnen wir auch in bezug auf die Erziehungsleiden Seiner Kinder. Er züchtigt uns zum Nutzen, damit wir Seiner Heiligkeit teilhaftig werden. (Hebr. 12,10) Züchtigung ist Leiden. Der Nutzen aber, Seiner Heiligkeit praktisch mehr und mehr teilhaftig zu werden, ist Segen. -

Kreuz und Thron, welch große Gegensätze! In ihrer unendlichen Größe sehen wir sie bei unserem HErrn, in etwas aber auch bei den Seinen. „Wer überwindet, dem werde Ich geben, mit Mir auf Meinem Thron zu sitzen, wie auch Ich überwunden und Mich mit Meinem Vater gesetzt habe auf Seinen Thron.“ (Offenb. 3,21)

O. D.

 

Vom rechten Bibellesen

Lies die Bibel mit eindringendem, betendem Nachdenken und immer mit Anwendung des Gelesenen auf dich selbst und auf dein inwendiges Leben. Sonst geht es nach dem Spruch: Du hast Augen und siehest nichts, hast ein Herz und verstehst nichts. (2. Kor. 3,16-18)

So mußt du das Wort Gottes lesen im Glauben (Röm. 15,4; Luk. 8,15) - dann fällt es wahrhaft in dein Herz, wie ein Samenkorn in den Acker, der es umschließt mit seinem Boden und seiner Triebkraft, die Hülse davon abschält und den Kern hervortreibt in herrlicher Frucht.

Wenn du die Bibel liesest, stelle sie über deine Vernunft. Lies sie im demütigen, aber nicht im kritischen Geist. Sonst kann ein hochmütiger und übermütiger Geist sich erheben, um den Segen des Heiligen Geistes zu rauben. Wenn wir als demütige Gotteskinder die Bibel lesen und danach wandeln, werden wir von der Welt gelesen und studiert als lebendige Bibeln, ob wir auch das sind, was in der Bibel geschrieben steht. Denke daran, welche Verantwortlichkeit die bekehrten Christen in dieser Gnadenzeit haben!

Lies nicht alles, was dir in die Hände fällt.

Frage dich öfters: Lese ich und liebe ich die Heilige Schrift mehr als alle anderen Bücher? (Ps. 1,2) Was kann der weiseste und beste Mann für den sein, der nur selten bei ihm einkehrt und nur flüchtig einige Worte ihm aus dem Munde nimmt? Beide bleiben einander fremd! Mache dich vertraut mit deiner Bibel, dann vertraut sie dir auch ihre Schätze an.

Prof. D. Beck.

*

Die Worte der Bibel sind nicht Lese-, sondern Lebe-Worte.

Luther.

*

Was ist die Heilige Schrift anderes als ein Brief, den der allmächtige Gott an Seine Geschöpfe geschrieben hat? Briefe, die die Angelegenheit deines ewigen Lebens zu ihrem Inhalte haben; indes bist du sorglos genug, diese so wichtigen Briefe ungelesen zu lassen.

Kirchenvater Gregor der Große, geb. 540.

*

Es fehlt bei vielen Gotteskindern an innerer Konzentrierung. Man hat keine Ruhe, um gründlich mit Gott umzugehen und Christum in sich hineinzuziehen. Aber um so mehr macht man Worte.

Das Alte Testament schmeckt nicht, wenn Christus darin nicht erkannt wird.

Kirchenvater Augustinus, † 430.

*

Wer das Alte Testament verwirft, verwirft die Bibel Jesu. Worte des Alten Testaments helfen Jesus zu Seiner Siegeskraft gegen satanische Versuchung. Mit Worten des Alten Testaments betet Jesus am Kreuz. Vom Alten Testament sagt Er: „Suchet in der Schrift, denn sie ist's, die von Mir zeugt.“ (Joh. 5,39)

Wer das Alte Testament verwirft, verwirft auch das Neue Testament. Beide bilden ein Ganzes. Wie untrennbar verwachsen beide miteinander sind, ergibt sich schon rein äußerlich aus der Tatsache, daß im Neuen Testament an sechshundertvierzig Stellen Worte des Alten Testaments angeführt werden.

Wer das Alte Testament verwirft, verwirft auch die Gebote Gottes. Die Zehn Gebote stammen aus dem Alten Testament.

Wer das Alte Testament verwirft, verwirft auch viele unserer schönsten Lieder. Sehr viele unserer Lieder gehen auf das Alte Testament zurück. Wer vom Alten Testament nichts wissen

will, muß auch aufhören zu singen: „Ein' feste Burg ist unser Gott“ (Ps. 46), oder: „Lobe den HErren, den mächtigen König der Ehren“ (Ps. 103), oder: „Befiehl du deine Wege“ (Ps. 37).

Wer das Alte Testament verwirft, verwirft damit einen großen Teil bester deutscher Kunst. Viele Bachsche Kantaten sind Kompositionen zu Worten des Alten Testaments. Die meisten der Oratorien Händels behandeln alttestamentliche Geschichten. Wie vielen bildlichen Darstellungen deutscher Maler hat das Alte Testament den Stoff geboten!

***

*

Sieh zu, daß du das Neue Testament aus dem Alten Testament und das Alte aus dem Neuen wohl verstehen lernst.

Prof. August Hermann Francke.

*

Denn ist kein Wort im Neuen Testament, das nicht hinter sich sehe in das Alte, darinnen es zuvor verkündigt ist; ... denn das Neue Testament ist nicht mehr denn eine Offenbarung des Alten, gleich als wenn jemand zum ersten ein beschlossen Brief hätte und danach aufbräche.

Luther.

*

Darum lasse deinen Dünkel und Fühlen fahren und halte von dieser Schrift als von dem allerhöchsten, edelsten Heiligtum, als von der allerreichsten Fundgrube, die nimmermehr genug ausgegründet werden mag, auf daß du die göttliche Weisheit finden mögest, welche Gott hier so schlicht vorlegt, daß er allen Hochmut dämpft. Hier wirst du die Windeln und die Krippe finden, da Christus innen liegt, dahin auch der Engel die Hirten weist. Schlichte und geringe Windeln sind es; aber teuer ist der Schatz, Christus, der drinnen liegt.

Luther.

Für junge Gläubige

Wie wert sind wir dem HErrn?

Unsere Hingabe zum HErrn wäre gewiß eine größere, wenn wir uns mehr dessen bewußt wären, welchen Wert wir als Erlöste in Seinen Augen haben. Wir wollen versuchen, uns ein wenig zu vergegenwärtigen, was wir Seinem Herzen bedeuten.

Wenn es uns vergönnt ist, in einem schönen Heim zu wohnen, haben wir den Wunsch, unsere Angehörigen und alle, die uns nahestehen, möchten es auch einmal sehen. Und ein König etwa gibt die Gemächer seines Schlosses, wenn er gerade abwesend ist, seinen Untertanen zur Besichtigung frei, damit auch sie sich an ihrer Schönheit und an ihren kostbaren Einrichtungen erfreuen können. Wieviel mehr aber wünscht der HErr für die Seinen, daß sie bei Ihm in Seiner Herrlichkeit seien! Nie hat Er, als Er auf Erden wandelte, einen Wunsch für Sich Selbst ausgesprochen. Als Er aber an Seine Erlösten denkt und all Sein Sehnen nach ihnen zum Ausdruck bringt, bittet Er für sie: „Vater, Ich will, daß die, welche Du Mir gegeben hast, auch bei Mir seien, wo Ich bin, auf daß sie Meine Herrlichkeit schauen, die Du Mir gegeben hast.“ (Joh. 17,24) Er will Seine Freude über die Herrlichkeit, die der Vater Ihm gegeben hat, mit ihnen teilen! Welche Liebe!

Für einen Untertan ist es eine große Ehre, eine schriftliche Einladung seines Königs empfangen zu haben. Noch mehr Ehrung aber wird ihm zuteil, wenn ihn der König durch einen seiner Beamten oder Diener abholen läßt. Was aber bedeutete es erst, wenn ein König selbst käme, um uns, wenn wir eingeladen wären, in eigener Person abzuholen? Das wäre allergrößte Auszeichnung! Und was tut der HErr, wenn der Augenblick gekommen ist, von dem ab die Seinen mit Ihm vereint sein sollen? Er läßt uns nicht durch einen feurigen Wagen entrücken, wie Er es mit Elia tat. Er sendet uns keinen Seiner Engel entgegen, der uns nach oben geleite.

Er, der uns so geliebt hat, daß Er Sich Selbst für uns hingegeben hat, Er sehnt Sich so sehr nach der ewigen, endgültigen Vereinigung mit Seinen Erlösten, daß Er ihnen auch Selbst entgegeneilt, um sie heimzuholen. Er Selbst kommt als der Bräutigam für Seine Braut! „Denn der HErr Selbst wird mit gebietendem Zuruf, mit der Stimme eines Erzengels und mit der Posaune Gottes herniederkommen vom Himmel, und die Toten in Christo werden zuerst auferstehen, danach werden wir, die Lebenden, die übrigbleiben, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken dem HErrn entgegen in die Luft, und also werden wir allezeit bei dem HErrn sein.“ (1. Thess. 4,16.17) Die Gäste eines Königs sind nur für kurze Zeit geladen, wir aber dürfen für immer bei Ihm bleiben! Ermuntern wir einander mit diesen Worten? (Vers 18)

Für den Gast eines Königs ist es selbstverständlich, daß er nicht in seiner Alltagskleidung, sondern nur in würdigem Anzuge bei Hofe erscheinen kann. Wenn wir die Herrlichkeit betreten, kann und wird es nicht anders sein. Wo aber wollten wir ein himmlisches Gewand hernehmen, wie wollten wir es uns verschaffen? Wie gut und köstlich zugleich, daß auch hierin der HErr Selbst für uns eintritt und sorgt! Er, der unsere Seelen mit Seinem teuren Blut gereinigt hat, wird uns auch ein Gewand schenken, das uns das Verweilen in der Herrlichkeit ermöglicht. Er wird uns eine Gestalt verleihen, mit der wir uns zu Seiner Ehre zu bewegen und in der wir Ihm ungehindert zu dienen vermögen. „Denn unser Bürgertum ist in den Himmeln, von woher wir auch den Herrn Jesus Christus als Heiland erwarten, der unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, nach der wirksamen Kraft, mit der Er vermag, auch alle Dinge sich zu unterwerfen.“ (Phil. 3,20.21) Wie wird uns sein, wenn uns keine Müdigkeit mehr beschwert, keine Schwachheit mehr hindert, keine Krankheit mehr befällt und keine fleischliche Lust mehr anficht! Alles an uns und in uns wird dann herrlich, vollkommen und göttlich harmonisch sein. Glückselige Hoffnung!

Ist es schon eine besondere Gunst, von einem König zum Empfang, zur Audienz zugelassen zu werden, viel größer ist sie noch, zu einem Festmahl an der Königstafel eingeladen zu sein. Ein König wird sein Augenmerk darauf richten, daß seine Diener die geladenen Gäste mit aller Sorgfalt bedienen und ihnen in jeder Weise zuvorkommend begegnen. Wenn der Herr Jesus aber Seine Erlösten um Sich zum Hochzeitsmahl versammelt haben wird, läßt Er sie nicht nur

bedienen. Nein, Seine Liebe zu den Seinen ist so groß, die Zuneigungen Seines Herzens zu ihnen sind so tief, daß Er Selbst ihnen dienen wird. „Er wird Sich umgürten und sie Sich zu Tische legen lassen und wird hinzutreten und sie bedienen.“ (Luk. 12,37b) Ist bei uns die Voraussetzung vorhanden, daß Er solches an uns tun kann? Sind unsere Lenden umgürtet und unsere Lampen brennend? Weilen wir mit unseren Herzen bei Ihm, und sind wir wachende Knechte? Warten wir auf Ihn, unseren wiederkommenden HErrn? (Vers 33-37a!) Er, der uns mit Seinem Leben in Niedrigkeit und mit Seinem Sterben am Kreuze gedient hat, der uns jetzt, in der Zeit der Pilgrimschaft, mit unwandelbarer Liebe und Sorgfalt dient, Er wird uns auch weiter dienen in Seiner Herrlichkeit. Welch wunderbare Treue! Erwidern wir sie?

Wie sehr ein König seine Gäste auch ehren mag, indem sie an seiner Tafel, zu seiner Rechten und Linken oder gar in seiner nächsten Nähe sitzen dürfen, einen Platz kann er ihnen niemals anbieten, ein Sitz wird immer nur für ihn allein da sein, das ist sein Thron; ihn einzunehmen ist sein Vorrecht allein. Der HErr jedoch geht in der Verherrlichung und Auszeichnung der Seinen viel weiter, als es ein König mit der größten Ehrung seiner Getreuen zu tun vermag. Er hat ihnen als Überwinder sogar den Platz auf Seinem Thron verheißen! „Wer überwindet, dem werde Ich geben, mit Mir auf Meinem Thron zu sitzen, wie auch Ich überwunden und Mich mit Meinem Vater gesetzt habe auf Seinen Thron.“ (Offenb. 3,21)

Wie sollte doch angesichts solcher Herrlichkeit alle Lauheit aus unseren Herzen verschwinden! Ach, daß wir kalt wären gegen die Lust der Welt und warm für den HErrn und Sein Werk! (Vers 15 und 16!) Weil Er uns einmal würdigen und befähigen will, mit Ihm zu herrschen und zu regieren, wollen wir Ihm jetzt schon ganz die Herrschaft über unser Herz und Leben einräumen. Er möchte Sich jetzt und in alle Ewigkeit an uns, in uns und durch uns verherrlichen! Weil wir Ihm soviel wert sind, soll Er uns alles sein!

H. Metzger.

Gnade

Mit Paulus muß jedes Kind Gottes bekennen, daß es Gott wohlgefiel, Seinen Sohn in ihm zu offenbaren. (Gal. 1,15) Es liegt im Wohlgefallen Gottes begründet, daß diese Offenbarung überhaupt Wirklichkeit wurde. Daß der Schleier zerrissen ist, der vordem die Person des HErrn gar nicht oder nur wenig erkennbar werden ließ, und daß nunmehr dem Gläubigen der „Jesus von Nazareth“ als der „Mensch vom Himmel her“ (1. Kor. 15,47) offenbar wurde, darüber hat ein entscheidendes Wirken Gottes gestanden. Und wie auch die Freude des einzelnen sich über die erhaltene Klarheit und Freiheit ausdrücken mag, dem Sinne nach werden sich alle Bekenntnisse mit dem des Petrus decken: „Du bist der Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ (Matth. 16,16)

Dieser wohl kostbarsten aller Erkenntnisse geht der Glaube voraus. (Joh. 6,69) Er ist das Fundament, auf dem das seligste Wissen steht. Daß so etwas Menschen dieser Erde, die von Staub sind (1. Kor. 15,47), zur Gewißheit wird, ist nicht zu erklären. Es wird uns, solange wir über diese Erde schreiten, ein Geheimnis bleiben. Die Schrift aber sagt, daß es Gnade ist. (Gal. 1,15) Und wenn wir uns überhaupt vermessen, die Bedeutung dieser Gnade in Worte zu kleiden, so möchten wir wohl sagen, daß Gott nach Seinem alles menschliche Denken übersteigenden Rat das Wohlgefallen hat, uns Menschen, die wir von Natur Kinder des Zorns sind (Eph. 2,3), das Kostbarste zu schenken, das je im Menschenherzen sein kann.

So ist uns schon am Anfang unseres Glaubensweges eine Gabe geworden, die nie durch menschliches Wirken, in welcher Kraft und in welchem Maße es auch geschähe, zu erreichen gewesen wäre, sondern eben empfangen werden muß. Und damit trat endgültig der Grundsatz des Empfangens seitens der Glaubenden und der Gabe auf seiten Gottes in das Leben der Erlösten. Und diesem Grundsatz gemäß muß das Schreiten auf dem Glaubenswege sein, sonst geht das Kind Gottes in die Irre.

Es sind meist bittere und schmerzliche Erfahrungen, die im Leben des Gläubigen das Erkennen der Unzulänglichkeit eigenen Könnens und eigener Stärke vorbereiten. Sie müssen dazu dienen, den wahren Zustand der Kraftlosigkeit zu offenbaren, um so den Weg für die Gnade

Dessen inne zu werden, daß wir ohne Ihn nichts tun können (Joh. 15,5), und noch mehr, im Herzen bereit zu sein, alles, aber auch alles dem Wirken des HErrn anheimzustellen, bis dahin ist oft ein weiter Weg. Es ist kostbar, wenn Paulus bekennt: „Alles vermag ich in Dem, der mich kräftigt.“ (Phil. 4,13) Laßt uns dem HErrn stille halten, wenn Er uns erziehen will, damit auch wir es lernen, in dieser Gewißheit und Erfahrung zu wandeln und völlig auf die Gnade zu hoffen!

Karl Räuber.

Frage und Antwort

Frage 8

Ich bitte um einige Erläuterungen zu Hebr. 9,26b.

Antwort

„... jetzt aber ist Er einmal in der Vollendung der Zeitalter geoffenbart worden zur Abschaffung der Sünde durch Sein Opfer.“

Die Opfer unter dem Gesetz wurden vielmalig und verschiedenzeitlich dargebracht; täglich, sabbatlich, festtäglich, jährlich. Sie schafften die Sünde nicht aus der Welt, nicht aus dem Volke weg, waren im Gegenteil eine stete Erinnerung an dieselbe.

Er dagegen, der Messias, war von und bei Gott zu einmaliger Darbringung bereitgehalten. Zu der von Ihm gewollten Zeit offenbarte Er Ihn, indem Er Ihn in die Welt sandte. Einmalig bereitgehalten und einmalig dargebracht genügte, im Gegensatz z. B. zum Passahlamm, das alljährlich vier Tage bereitgehalten und dann dargebracht wurde.

Der Zeitpunkt der Sendung heißt Vollendung der verschieden gekennzeichneten Zeitabschnitte der Geschichte der Menschheit: Paradies; außerhalb desselben; in Ungebundenheit; nach der

Sintflut unter der Autorität der Vergeltung bei Vergießen von Menschenblut; Berufung eines Trägers von Verheißungen; Berufung eines Volkes (Hos. 11,1); Stellung desselben unter Gesetz. Nachdem der Mensch in all diesen Stellungen bewiesen hatte, daß er die Sünde nicht loswerden konnte, daß die Welt ihr verhaftet blieb, war für Gott der Zeitpunkt gekommen, den bereitgehaltenen Träger der Verheißungen (Gal. 3,16) zu offenbaren, d. i. zu senden, damit dieser durch das Opfer Seiner Selbst die Sünde mit einem Male in ihren Folgen unwirksam und dadurch den Weg zur Erfüllung der Verheißungen frei machte.

Für den Glauben ist die Sünde in ihren Folgen als Verdammnis wie weggetan, jetzt; im Reiche, der Übergangszeit zur Einigkeit, ebenfalls; in der ewigbestehenden Neuschöpfung wird sie abgeschafft, d. i. nicht mehr sein.

Das große Wort ist „jetzt“! Das will der Schreiber seinen gläubigen Volksgenossen, welche die Schriften und ihre eigene Geschichte zur Genüge kannten, einprägen.

Die „Vollendung“ der Zeitalter ist schon in Kapitel 1,1 gemeint mit dem Ausdruck „am Ende dieser Tage“, d. i. der Tage, in denen Gott zu den Vätern durch die Propheten redete. Der in den Übersetzungen nicht einheitlich wiedergegebene Ausdruck „Ende der Tage“ ist im hebräischen Alten Testament ein einheitlicher, technischer Ausdruck: „beacharith hajamim“, d. i. „im Hinterstück der Tage“. Zehnmal kommt er vor: 1. Mos. 49,1; 4. Mos. 24,14; 5. Mos. 4,30; Jes. 2,2; Jer. 23,20 und 30,24; Hes. 38,16; Dan. 10,14; Hos. 3,5; Micha 4,1 und einmal aramäisch im gleichen Wortlaut Dan. 2,28. Selbst jüdische Gelehrte und Schriftausleger sagen, daß damit die Tage des Messias gemeint seien, in welchen die große Wende der Zeiten eintreten werde.

Adelphos.

 

 

 

Frage 9

Was bedeutet: „Dennoch ist weder das Weib ohne den Mann, noch der Mann ohne das Weib im

Antwort

In den vorhergehenden Versen stellt der Heilige Geist fest, daß der Mann des Weibes Haupt ist. (Vers 3) Er soll beim Beten sein Haupt nicht bedecken, weil er Gottes Bild und Herrlichkeit ist. (Vers 4 und 7) So wurde er von Gott geschaffen, dann erst das Weib, und zwar um des Mannes willen; deshalb wird sie des Mannes Herrlichkeit genannt. (Vers 7) Die göttliche Ordnung ist so: Gott, dann Christus, dann der Mann, dann das Weib. (Vers 3) Das darf aber dem gläubigen Manne kein Anlaß sein, sich über das Weib zu erheben; deshalb wird er in Vers 11 daran erinnert, daß er „im HErrn“ nur sein kann, weil er durch das Weib geboren ist.

Das gläubige Weib wird daran erinnert, daß sie ohne den Mann nicht im HErrn ist, denn sie ist von dem Manne gezeugt. So soll sie ihren Platz unter dem Manne einnehmen, ihm unterwürfig sein. (Eph. 5,22)

In der Welt gilt diese göttliche Ordnung nicht; da sucht sich die Frau den Platz des Mannes zu erobern oder sich gar über ihn zu stellen und ihn zu beherrschen. In der Gemeinde aber ist die Ordnung Gottes wiederhergestellt. Das soll auch in der Stellung von Mann und Frau zueinander gesehen werden. (Vgl. auch „Handr.“, Bd. 1, S. 147-155.)

Frhr. v. Schleinitz.

Frage 10

Ich bitte um eine Erklärung zu Hebr. 4,15, besonders den Schluß dieses Verses betreffend.

Antwort

Welch ein schönes Vorbild ist der alttestamentliche Hohepriester auf den Herrn Jesus hin als Den, der die Seinen allezeit vor Gott vertritt und Sich für sie verwendet „in den Sachen mit Gott“ (Hebr. 2,17), und bezüglich „unserer Schwachheiten“ (4,15). Hierzu siehe

„Handreichungen“, Bd. 20 (1935), S. 256-264.

Was manchem in Hebr. 4,15 nicht klar ist oder falsch gedeutet wird, sind diese drei Dinge: „unsere Schwachheiten“, „versucht werden“ und „ausgenommen die Sünde“ (oder wie Luther übersetzt: „ohne Sünde“).

Daß mit „Schwachheiten“ nicht das gemeint ist, was die Menschen meist damit bezeichnen: Verfehlungen, also Sünden, ist uns klar, da der HErr nicht mit Sünden Mitleid haben kann. Aber Er weiß um unsere Schwachheit, den mancherlei Versuchungen gegenüber standzuhalten, sie siegreich zu bestehen. Wir sind in der Gefahr, ungeduldig zu werden, zu verzagen, einer Lockung zu folgen, aufgeregt zu werden, uns zu etwas hinreißen zu lassen usw. Wir gleichen einer Festung, die an manchen Stellen nicht gut befestigt und deshalb an diesen Stellen besonders angreifbar ist, wenn auf sie nicht besondere Wachsamkeit verwendet wird. Denken wir uns z. B. ein Kind Gottes, das von Natur zu Jähzorn neigt. Irgendein Umstand kann dieses Kind Gottes zu einem Ausbruch von Jähzorn bringen. Mit dem Jähzorn selbst würde der HErr kein Mitleid haben können. Aber Er kennt die Schwachheit des dazu neigenden Kindes Gottes in dieser Sache und die ihm darum drohende Gefahr und fühlt mit ihm, wenn die Versuchung an dasselbe herantritt, und verwendet sich darum vor Gott für dieses Kind Gottes, damit es „Barmherzigkeit empfängt und Gnade findet zur rechtzeitigen Hilfe“ (Vers 16), was allerdings nur dann sein kann, wenn dieses Kind Gottes Ihn als seinen Hohenpriester kennt und von dem Vorrecht Gebrauch gemacht hat, „mit Freimütigkeit hinzuzutreten zu dem Thron der Gnade“. Ist dies der Fall, so bleibt es bewahrt in der Versuchung und wird nicht jähzornig. So ist es in all den verschiedenen Versuchungen, die uns auf dem Wege durch diese Welt begegnen.

Mit den Schwachheiten der Seinen Mitleid haben, mit ihnen fühlen in ihren Versuchungen, kann der HErr darum, weil Er Selbst durch diese Welt ging als Mensch und alle die Versuchungen, welche an uns herantreten, in gleicher Weise an Ihn herangetreten sind. Er ging durch dieselben Umstände wie wir und war umgeben von ebensolchen sündigen Menschen, wie uns umgeben. Was irgend uns auf die Probe stellt und was irgend geeignet ist, uns zu Sünde zu verleiten, ist auch Ihm auf Seinem Wege begegnet. Er ist „in allem versucht worden in gleicher

Weise“.

„Ausgenommen die Sünde.“ Besser: „ohne Sünde.“ Nicht richtig ist die auch vorkommende Übersetzung: „doch ohne zu sündigen“. Letzteres ist nicht der Gedanke. Es handelt sich nicht darum, festzustellen, daß Er nicht sündigte, wenn Er versucht wurde, sondern die Feststellung geht dahin, daß Er ohne Sünde war, in Ihm nicht Sünde war, im Unterschied von uns, in denen die Sünde wohnt. (Siehe Röm. 7,17) Das betreffende Wort im Grundtext hat auch den Sinn von „ausgenommen“, doch ist hier der Gedanke der, daß in Ihm Sünde nicht da war. Bei uns ist sie da und findet die Versuchung in ihr einen Anknüpfungspunkt. Bei Ihm war das nicht, weil in Ihm Sünde nicht war. Wir bedürfen der „Barmherzigkeit“ und der „Gnade zur rechtzeitigen Hilfe“; Er bedurfte dessen nicht. Diese Feststellung des Nichtdaseins von Sünde bezüglich Seiner herrlichen Person ist notwendig, weil gesagt ist, daß Er „versucht worden ist in gleicher Weise wie wir“.

Zum Schluß sei noch auf den Unterschied aufmerksam gemacht zwischen dem Dienst des HErrn als „Hoherpriester“ und dem als „Sachwalter“ (oder „Fürsprecher“). Als „Hoherpriester“ ist der HErr für uns vor Gott und verwendet Er Sich zu dem Ende, uns in dem rechten Verhältnis zu Gott und vor dem Unterliegen in den uns begegnenden Versuchungen zu bewahren. Als „Sachwalter“ (oder „Fürsprecher“) aber ist Er für uns beim Vater und tritt Er für uns dann in Tätigkeit, wenn wir gesündigt haben, zum Zwecke unserer Wiederherstellung. Wir bedürfen Seiner in beiden Beziehungen. Welche Liebe und Gnade Gottes, daß Er so für unsere Bedürfnisse gesorgt hat! -

Theodor Küttner.

Du bleibst.

„Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und in Ewigkeit.“ (Hebr. 13,8)

Ob alles wankt auf dieser Erde,

Ob alles täuscht, ob alles trügt,

Was je mit lächelnder Gebärde

Sich willig meinem Wunsch gefügt;

Ob alles stürzt im Weltgetriebe,

Ja, ob die Erde selbst sich neigt:

Ich ruhe, HErr, in Deiner Liebe,

Die keines Wechsels Schatten zeigt.

Du bist und bleibest stets derselbe,

Der Du seit Ewigkeiten bist,

In Deines Himmels Lichtgewölbe

Du keins der Deinen je vergißt.

Du bleibst derselbe, gleich an Gnade,

An Liebe, Güte, Treu und Macht,

Du bist's, der auf des Lebens Pfade

Mich täglich leitet und bewacht.

(Sch.)

Die seufzende und die befreite Schöpfung

Im jetzigen Zeitlauf seufzt die ganze Schöpfung und liegt in Geburtswehen. Sie ist der Nichtigkeit unterworfen (nicht mit Willen, sondern um deswillen, der sie unterworfen hat), auf Hoffnung. (Röm. 8,18-22) Als der Mensch durch seinen Ungehorsam das Band, das ihn mit Gott verband samt der ganzen Schöpfung, deren Haupt er war, zerrissen hatte, wurde ihm gesagt: „Verflucht sei der Erdboden um deinetwillen; mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens; und Dornen und Disteln wird er dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen. Im Schweiße deines Angesichtes wirst du dein Brot essen, bis du zurückkehrst zum Erdboden, denn von ihm bist du genommen. Denn Staub bist du, und zum Staub wirst du zurückkehren.“ (1. Mos. 3,17-19) Dies ist der Ursprung des Seufzens und des sehnsüchtigen Harrens der Schöpfung. Von diesem Augenblick an bedeckte sich der Erdboden, der den Menschen mit herrlichen Früchten ernährt hatte, mit Dornen und Disteln, und er erhielt von ihm seine Nahrung nur dadurch, daß er ihn im Schweiße seines Angesichtes bebaute. Die Tiere, die vorher zu Adam kamen und denen er Namen gab, flohen bei seinem Anblick und machten ihm den Krieg als ihrem Tyrannen. Die Ermüdung, die sein Leib erlitt, der Schweiß, der von seinem Angesicht kann, erinnerten ihn, daß er in sich Krankheit und Tod trage; denn von da an war das Leben für den Menschen nur noch ein Kampf gegen den Tod. Unter Tränen und Seufzen tritt er in das Leben ein, und so geht er auch aus demselben hinaus.

Die Wehen der Schöpfung vergrößerten sich noch durch die wiederholten Empörungen des Menschen. Man kann z. B. nicht bezweifeln, daß die Sintflut den Zustand der Schöpfung tief eingreifend veränderte, indem sie die Lebenskraft verminderte und das Leben abkürzte. Während die Gewächse bis dahin der Nahrung des Menschen genügten, wurden ihm damals auch die Tiere zur Speise übergeben, sich von ihrem blutigen Fleisch zu nähren. Wenn, wie es wahrscheinlich ist, es damals zum ersten Male regnete, so mußte es auch zu der Zeit sein, daß die Gewitter, die Überschwemmungen usw. auftraten, die seitdem so oft die Erde verheert haben. Und wieviel Beschwerden und Unheil hat nicht die Verwirrung der Sprachen (die Folge der Empörung der Menschen zu Babel) gebracht! Wieviel Kriege sind verursacht durch die Trennung der Familien in Stämme und einander sich beneidende Nationen! Sind es nicht die

Einöden verwandelt haben?

Ja, die ganze Schöpfung harrt und seufzt. Es seufzen die Tiere, die sich einander zerreißen, die von den Menschen mit einer unersättlichen Begierde verfolgt werden, um ihre Habsucht, ihre Eßlust, ihre Eitelkeit usw. zu befriedigen; sie sind seine Arbeits- und Leidensgenossen und haben oft nichts anderes als eine grausame Behandlung zum Lohn. - Es seufzen die Pflanzen, die zwar noch in ihrer Schönheit die Herrlichkeit des Schöpfers verkündigen, aber doch ihre erste Schönheit verloren haben und das Vergehen in sich tragen. - Es seufzt die Erde, die um des Menschen willen verflucht und seitdem so oft wegen der Sünde ihrer Bewohner Veränderungen erlitt, die seit den Tagen Abels so oft das Blut des Menschen, durch Bruderhand vergossen, getrunken hat, die noch jeden Tag unseren Schweiß und unsere Tränen aufnimmt und sich zuletzt öffnet als eine große Begräbnisstätte, um in ihrem Schoß unsere Verderbnis zu verbergen.

Alles miteinander seufzt; aber nicht, um zu seufzen, hat der Schöpfer, der Liebe ist, alles geschaffen. Die ganze Schöpfung war im Anfang nicht in diesem Zustande, sondern als Er ansah, was Er gemacht hatte: „Siehe, es war sehr gut“. (1. Mos. 1,31) Jetzt seufzt die Schöpfung in der Hoffnung, einmal von der Knechtschaft des Verderbnisses befreit zu werden und an der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes teilzunehmen.

Und auch wir, die Verursacher dieses Seufzens, die wir durch unseren gebrechlichen Leib dieser seufzenden Schöpfung angehören und durch den Geist die verständigen Dolmetscher ihrer unverständlichen Seufzer sind, auch wir seufzen in uns selbst und erwarten die Sohnschaft, nämlich die Erlösung unseres Leibes. Dann, wenn Er, den wir vom Himmel erwarten, unseren Leib der Niedrigkeit umgestalten wird zur Gleichförmigkeit mit Seinem Leibe der Herrlichkeit, dann wird unser Seufzen aufhören. Dann wird auch die Befreiung der Schöpfung nahe sein, denn die wirksame Kraft, durch die Er das letzte Teilchen unseres verweslichen Leibes verherrlicht haben wird, wird Er auch bald nachher gebrauchen, „um Sich alle Dinge zu unterwerfen“. (Phil. 3,20.21)

nicht zögern, auch ihr Erbe zu kaufen. Dann, im zukünftigen Zeitlauf, nachdem der HErr die Erde mit der Rute Seines Mundes geschlagen und den Bösen durch den Hauch Seines Mundes verzehrt hat, wird „die Schöpfung freigemacht werden von der Knechtschaft des Verderbnisses“, dann „wird der Wolf bei dem Lamme weilen und der Pardel bei dem Böcklein lagern; und das Kalb und der junge Löwe und das Mastvieh werden zusammen sein, und ein kleiner Knabe wird sie treiben, und Kuh und Bärin werden miteinander weiden, ihre Jungen zusammen lagern; und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, und der Säugling wird spielen an dem Loche der Natter, und das entwöhnte Kind seine Hand ausstrecken nach der Höhle des Basilisken“. (Jes. 11,6.8) Und in betreff Seiner Auserwählten sagt der HErr: „Ich werde an jenem Tage einen Bund für sie schließen mit den Tieren des Feldes und mit den Vögeln des Himmels und mit den kriechenden Tieren der Erde; und ich werde Bogen und Schwert und den Krieg aus dem Lande zerbrechen und werde sie in Sicherheit wohnen lassen“. (Hos. 2,18) Die Schlange scheint auch in dieser Zeit der Segnungen durch ihre Speise ein Zeugnis der Verführung zu bleiben. (Jes. 65,25) „Die Wüste und das dürre Land werden sich freuen, und die Steppe wird frohlocken und aufblühen wie eine Narzisse. Sie wird in voller Blüte stehen und frohlocken, ja, frohlockend und jubelnd.“ (Jes. 35,1.2) „In Freuden werdet ihr ausziehen und in Frieden geleitet werden; die Berge und die Hügel werden vor euch in Jubel ausbrechen, und alle Bäume des Feldes werden in die Hände klatschen; statt der Dornsträucher werden Zypressen aufschießen, statt der Brennesseln werden Myrthen aufschießen. Und es wird dem HErrn zum Ruhme, zu einem ewigen Denkzeichen sein, das nicht ausgerottet wird.“ (Jes. 55,12.13)

Der Tod, diese Quelle der Trauer und des Seufzens - wird er nicht in diesem Zeitlauf der befreiten Schöpfung (wenigstens für die Gerechten) abgeschafft sein? Dies ist höchst wahrscheinlich, wenn man bemerkt, daß nur von dem Tod des Gottlosen ausdrücklich die Rede ist, der, wenn er hundertjährig stirbt, noch jung sein wird; von dem Gerechten dagegen heißt es: „Und kein Einwohner wird sagen: Ich bin schwach ..., die Stimme des Weinens und die Stimme des Wehgeschreis wird nicht mehr gehört werden. Dort wird kein Säugling von einigen Tagen und kein Greis mehr sein, der seine Tage nicht erfüllte ..., denn gleich den Tagen der

Hände verbrauchen.“ (Jes. 33,24; 35,10; 65,19-22) Wir wissen, daß die Bäume bis tausend Jahre alt werden, ein Zeitabschnitt, dem schon die ersten Menschen nahe kamen, ohne ihn jedoch zu erreichen. Die, welche an den HErrn gläubig geworden sind und zur Zeit der Einführung des zukünftigen Zeitlaufes leben, werden während der Dauer desselben nicht sterben. (Luk. 20,35.36)

Doch wie dem auch sei; dies sind „die Zeiten der Erquickung vom Angesicht des HErrn“ für eine ermüdete Schöpfung. (Apgesch. 3,19) So wird sie freigemacht werden von der Knechtschaft des Verderbnisses zu der Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes. (Röm. 8,21) So wie heute Satan und seine Engel von oben herab ihren bösen Einfluß ausüben, so wird dann die mit ihrem Haupte vereinigte Gemeinde in den himmlischen Örtern der Kanal der Segnungen sein, die diese über die ganze Schöpfung verbreiten wird. Dann wird man singen: „Lobet den HErrn von den Himmeln her; lobet Ihn in den Höhen! Lobet Ihn, alle Seine Engel; lobet Ihn, alle Seine Heerscharen; lobet Ihn, Sonne und Mond; lobet Ihn, alle ihr leuchtenden Sterne! Lobet den HErrn von der Erde her ... ihr Könige der Erde und alle Völkerschaften, ihr Fürsten und alle Richter der Erde; ihr Jünglinge und auch ihr Jungfrauen, ihr Alten samt den Jungen! Loben sollen sie den Namen des HErrn! Denn Sein Name ist hoch erhaben, Er allen; Seine Majestät ist über Erde und Himmel.“ (Ps. 148)

Das Seufzen und Sehnen nach dieser vom Fluch der Sünde freigemachten Schöpfung lebt in der ganzen Kreatur und wird wie ein Andenken an Eden und ein Seufzen danach im Menschenherzen getragen, insonderheit aber von uns, die wir die Erstlinge des Geistes haben und die Sohnschaft, die Erlösung unseres Leibes, erwarten.

+++

Wem gehörst du, und wem lebst du?

Von dem Augenblick an, wo der Mensch durch die Gnade von den Wegen seiner Sünde überführt ist, die Liebe ihm begegnet, der Glaube ihn zu Jesus führt, die Gnade ihn aufnimmt

und der Heilige Geist ihm als das Unterpfand der Herrlichkeit und als der Geist der Kindschaft gegeben wird, gehört er sich nicht mehr selbst an, sondern ist das Eigentum eines anderen, nämlich Christi, geworden und daher berufen, nicht mehr seinen eigenen Willen zu tun und nicht mehr sich selbst zu leben. Er ist durch Christus um einen Preis gekauft, mithin rechtmäßig erworben, und gehört daher Ihm mit Leib und Seele. Als Sklave Christi aber sollte er sich stets sagen: Ein Christ sein heißt: Nicht mehr sich selbst leben.

Wenn wir auf den Kaufpreis, den der Herr Jesus für den Besitz der Seele eines Sünders gegeben, unseren Blick richten, dann tritt es klar ans Licht, welchen Wert wir in Seinen Augen haben und wie wertvoll jede einzelne Seele der so teuer Erkauften für Ihn sein muß, der sie Sich erkauft hat, um sie ganz zu besitzen, nach Leib und Seele, mit ihrem ganzen Tun, mit der ganzen Gesinnung, dem ganzen Leben. Je tiefer das erkannt wird, desto stärker ist das Bewußtsein, ein Eigentum Jesu zu sein, und desto mehr Vertrauen wird das Herz zu Jesus fassen, daß Er das, was Er so teuer und so völlig für Sich erworben, auch treu bewahren und reichlich versorgen werde.

Nicht mehr sich selbst leben heißt also: anderen leben! Alles, was wir tun, hat einen Beweggrund, einen Zweck, eine Richtung; unsere Bemühungen gelten entweder uns selbst oder dem HErrn, und im HErrn den Brüdern. Der HErr aber sieht unsere Pfade, kennt unsere Werke und beurteilt die Triebfedern und Beweggründe unseres Herzens bezüglich jedes Werkes. Weich ein herrliches Vorbild ist in dieser Beziehung der Apostel Paulus! Er arbeitete nicht, um Menschen zu gefallen; er suchte seinen vollen Lohn droben und wollte aus der Hand des gerechten Richters seine Krone empfangen. Der HErr beurteilt alles nach Seinem Licht und wägt alles ab mit Seiner Waage. Vor Ihm ist alles klar, ob unsere Gesinnung, Worte und Werke für das Fleisch oder für Ihn sind. Vor Ihm ist alles offenbar. Wie ernst ist dieser Gedanke!

Wer Ihm nachfolgen will, hat sich selbst zu verleugnen, seinen eigenen Willen preiszugeben, und zwar so völlig, als sei er nicht mehr da. Der HErr, dem wir alles, was wir sind und haben, verdanken, sollte für unser Herz zu wertvoll sein, als daß wir Ihm nicht allein leben möchten; aber Ihm gehört auch unser Leben; denn wir sind Sein Eigentum, des aus den Toten

Auferweckten (Röm. 7,4), geworden, sind Sklaven Gottes, um Gott zu leben. (Röm. 6,22) Ein Sklave hat kein Recht, seinen eigenen Willen zu haben; und insoweit ein Christ seinem eigenen Willen folgt, greift er in die Rechte ein, die sein HErr über ihn hat. „Denn keiner von uns lebt sich selbst, und keiner stirbt sich selbst. Denn sei es, daß wir leben, wir leben dem HErrn; sei es, daß wir sterben, wir sterben dem HErrn. Sei es nun, daß wir leben, sei es, daß wir sterben, wir sind des HErrn. Denn hierzu ist Christus gestorben und wieder lebendig geworden, auf daß Er herrsche sowohl über Tote als über Lebendige.“ (Röm. 14,7-9)

-tsch-

Das Unkraut unter dem Weizen

(Matth. 13,24-30)

Unkraut in das Weizenfeld zu streuen ist eine bekannte Arglist im Orient. Kann man seinen Feind nicht anders schädigen, so sät man Lolch (das ist falscher Weizen, der dem rechten Weizen sehr ähnlich ist), nachdem der gute Same gesät worden ist. Ist der Lolch reif, so gleichen seine Ähren wohl dem Weizen, die Frucht selbst aber ist schwarz, bitter, ungenießbar, ja sogar giftig. Die deutschen Übersetzungen übersetzen Unkraut. Darunter aber verstehen wir allerlei Sorten von Unkraut. Das aber meint Jesus nicht im Gleichnis. Sofort verstehen wir das Gleichnis, wenn wir erkennen, daß der gute Weizen die Gläubigen sind, der Lolch aber die falschen Bekenner mit ihren falschen Lehren, die auch in Jesu Namen auftreten. (Matth. 7,21-23) Diese sind in die Gemeinde eingedrungen und haben das Feld verderbt. Der Hauptzweck in diesem Gleichnis ist, das Werk des Feindes zu zeigen.

Ein bekanntes Bild. Nochmals redet der HErr vom Säemann. (Vers 24) Es ist wohl der des ersten Gleichnisses, der eben sein Werk vollendet und guten Samen ausgestreut hat. Das Gleichnis aber weicht vom vorhergehenden ab, indem hier zwei Säemänner, der HErr und der Feind, und zweierlei Samen, der gute Weizen und der Lolch, genannt werden. Alle Zuhörer waren sofort im Bilde, und die Verständigen konnten gleich an ihr eigen Herz denken und es

durchforschen.

Das Werk des Feindes. Der böse Nachbar, der Feind, wählt die Nachtzeit. Er hat sich überzeugt, daß der Nachbar schläft, und übersät dessen Feld mit Lolch. Der gute Same ist gesät worden und bringt als Frucht hervor Söhne des Reiches. Der Feind vermochte nicht die Aussaat zu verhindern, und so bedient er sich dieses schlechten Mittels. Wo der Feind kann, versucht er die Aussaat zu hindern; gelingt ihm aber dieses nicht, so versucht er andere Mittel, die Aussaat zu verderben. Wie oft der Feind die Aussaat des Wortes verhindert, wissen alle Knechte Gottes. Satan verschließt die Türen und verfolgt die Knechte Gottes von Ort zu Ort.

Der Zeitpunkt der bösen Aussaat. Es geschah kurz nach der Aussaat des Säemanns. Der Feind wählte die Nachtzeit, da die Knechte schliefen. Als die Apostel entschlafen waren, da begann so recht das Werk des Feindes, da sproßte der Lolch. Ja sogar schon in ihren Tagen begann das Geheimnis der Bosheit sich zu regen. (2. Thess. 2,7) Aber erst nachdem diese treuen Wächter entschlafen waren, begann so recht die böse Aussaat von allerlei Irrtümern. Es kamen nicht allein falsche Bekenner in die Gemeinden, sondern auch mit ihnen falsche Lehren, jene von Paulus geweissagten Wölfe. (Apgesch. 20,29.30) In Ephesus war der Anfang. Die Epheser hatten die erste Liebe verlassen, und wer das tut, öffnet das Herz für Abfall und Weltförmigkeit, und beides setzte bald heftig in der Gemeinde ein. Gegen nichts muß der Gläubige ernsthafter wachen als gegen das Verlassen der ersten Liebe. Damit schwinden innere Wärme und Freude, und damit sind wir unfähig, gottgemäß zu zeugen.

Das Unkraut oder der Lolch sind vornehmlich die falschen Lehren, die Irrlehren, die schon frühzeitig einsetzten. Man beraubt den HErrn aller Würde, leugnet Seine übernatürliche Geburt, Seine leibhaftige Auferstehung, Seine Gottessohnschaft usw. Je näher wir aber dem Ende zugehen, um so mehr wird der Lolch wuchern. Die vielen Irrlehren um uns her sind ein Zeichen der Endzeit.

Untreue Verwalter. Während die Menschen schliefen, kam der Feind. Der Schlaf bezeichnet beim Gläubigen, besonders aber beim Diener Gottes, einen erbärmlichen Zustand. (1. Thess.

dem Wacholder. Treue Diener aber sind Wächter (Hebr. 13,17), sie wachen über die Herde und sind Tag und Nacht um die Herde besorgt. (1. Petr. 5,1-5) Das tun sie in unablässiger Belehrung, Fürbitte und Ermahnung, indem sie nicht ihr Wohl, sondern das der Schafe suchen.

Ein großer Schrecken. Die Knechte des HErrn, die aufs Feld hinausgehen, entdecken das schreckliche Werk des Feindes. Ach, sie waren zu spät erwacht, das böse Werk war bereits geschehen. Wie oft sind Gottesknechte in ähnlichen Schreck gekommen, als sie das Werk des Feindes durch Vernachlässigung sehen mußten, durch Irrlehren, in welche einzelne Glieder geraten sind. Wir handelten nicht nach Pauli Vorbild, wir ermahnten nicht mit Tränen. (Apgesch. 20,31) Prüfen wir uns, ob wir etwa gar auch schlafende Diener sind, damit uns der Feind nicht das vom HErrn Anvertraute entreißen kann. Bald kommt der HErr der Ernte, und Er wird von den Knechten Rechenschaft fordern.

Jäten. (Vers 28) Eiligst wollen die Knechte Versäumtes nachholen, aber es war zu spät. Die Lolchwurzeln umschlingen die des Weizens, somit hätten sie auch den Weizen ausgerauft. Ihre Frage, ob sie jäten sollen, verrät gleichzeitig ihre Untreue. Die Diener sind über das boshafte Werk entrüstet, sie sind aber nicht weise. Am liebsten möchten sie wie jene Feuer vom Himmel fallen lassen und den Feind vernichten. (Luk. 9,54)

Ein glattes Nein. Der HErr sagt „Nein“. „Laßt beides zusammen wachsen“, bezieht sich nicht auf die Gemeinde, denn in ihr darf niemals Lolch geduldet werden. (Matth. 18,16.17) Der HErr sieht hier die böse, gegenwärtige Zeit. Es wäre töricht, da verbessern zu wollen, wo Satan der Fürst ist, ja sogar der Gott dieser Welt. Ein ebenso großer Fehler aber ist der, mit dieser Stelle zu behaupten, in der Gemeinde dürfe alles wachsen.

G. Brinke (Aus „Ährenlese“) Verlag i. Bern.

Evangeliumsverkündigung - eine Notwendigkeit

„Wie werden sie nun Den anrufen, an welchen sie nicht geglaubt haben? Wie aber werden sie

Prediger? Wie aber werden sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind? wie geschrieben steht: ‚Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium des Friedens verkündigen, welche das Evangelium des Guten verkündigen!‘“ (Röm. 10,14.15.)

Wenn wir Erlösten dieses Wort auf uns einwirken lassen und an unsere Mitmenschen denken, die ohne Glauben an unseren Herrn Jesus dahinleben und sterben, so wird unser Inneres bewegt. Wir wissen, wohin sie gehen; denn wir kennen das Wort des HErrn: „Wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.“ Wir kennen auch in etwas den Schrecken des HErrn. Wir selbst haben ein wenig Schrecken kennengelernt, als wir zur Sündenerkenntnis kamen. Doch wir haben auch geschmeckt, daß der HErr gütig ist dem, der Buße tut und an Ihn und an Sein Blut von Herzen glaubt. Der Zorn ist von uns genommen, Rechtfertigung, Friede, Freude des Heils ist uns von Gott geschenkt worden. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist. Ewige Herrlichkeit ist unser Teil. - Welche Gnade, welch Erbarmen ist uns geworden, und welche Herrlichkeit wird uns noch werden! - Wir beugen uns vor unserem Gott mit Dank und Anbetung.

Wenn wir nun aber an unsere ungläubigen Mitmenschen denken, könnten wir da schweigend zusehen, wie sie dem ewigen Verderben zueilen? Wir müssen im Blick auf sie das Wort jener Aussätzigen auf uns anwenden: „ Schweigen wir ..., so wird uns Schuld treffen.“ Dazu sagt uns auch Spr. 24,11: „Errette, die zum Tode geschleppt werden, ... o halte sie zurück!“ Und der Apostel schreibt: „Da wir nun den Schrecken des HErrn kennen, so überreden wir die Menschen ...“, und: „Die Liebe des Christus drängt uns“. (2. Kor. 5,11.14)

Die Liebe zu den Verlorenen drängte den Apostel, die Liebe drängte den Herrn Jesus, Sein Leben zu lassen zur Erlösung für viele. Liebe war es zu einer verlorenen Welt, die Gottes Herz bewegte und das größte Opfer für diese brachte in der Hingabe Seines geliebten Sohnes ans Kreuz. (Joh. 3,16) Wir aber, die wir dieser Liebe teilhaftig geworden sind, - sollten wir lieblos schweigen und einer verlorenen Menschheit das Evangelium vorenthalten? Der HErr bewahre uns davor! Denn wir sind Schuldner unseren Mitmenschen.

an Den glauben, von welchem sie nicht gehört haben?“ Viele glauben an einen erdachten Gott oder auch an einen Gott in ihrer Brust u. a. m. Den allein wahren Gott aber, den die Bibel offenbart, und den Sohn Gottes, den Heiland der Welt, kennen sie nicht. Die Unkenntnis über sich selbst, über das Heil und über die Person des Herrn Jesus ist erschreckend groß. Erschreckend ist dies deshalb, weil die große Masse sich wohl Christen nennt, aber nichts weiter hat als die überlieferten christlichen Formen - ohne Christus.

Der Glaube kommt aus der Predigt, aus der Verkündigung. Wenn aber klare biblische Verkündigung fehlt, so muß die Unwissenheit und der Unglaube sich ausbreiten. Gewiß wollen auch viele dem Evangelium gar nicht gehorchen. Doch sehr viele sind, die das klare biblische Evangelium gar nicht zu hören bekommen.

„Wie aber werden sie hören ohne einen Prediger?“ Der natürliche Mensch kennt den Weg des Heils nicht. In der Bibel wird kaum noch gelesen. Es ist deshalb nötig, daß den Menschen das Heil verkündigt wird. Es muß ihnen das Evangelium klar und deutlich gebracht werden. Wie aber werden sie hören ohne einen Prediger? Der Prediger oder Evangelist ist das Werkzeug zu diesem Dienst. Gewiß sind alle Kinder Gottes mitberufen zum Bekenntnis und Zeugnis, doch zum öffentlichen Predigen sind die Prediger und Evangelisten berufen. Wenn aber solche fehlen, so tritt ein schwerer Mangel ein.

„Wie aber werden sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind?“ Gott rüstet Seine Prediger aus und sendet sie auch aus. Er gibt ihnen Auftrag, Begabung und Vollmacht und bekennt Sich zu ihrem Dienst.

Wie aber kann jemand predigen, wenn er nicht gesandt ist? Wie kann er predigen, wenn er nicht selbst zuvor dem Evangelium gehorsam gewesen ist und Buße getan hat und an den Sohn Gottes von Herzen gläubig geworden ist? Wie kann er predigen, wenn er nicht den Herrn Jesus aus innerer Überzeugung und Erfahrung heraus verkündigen kann?

Nicht jedes Kind Gottes kann ein Prediger oder Evangelist im biblischen Sinne sein. Nur einzelne sind zu diesem Dienst berufen. Schon damals sprach der HErr davon, daß der Arbeiter

wenige waren, daß aber die Jünger bitten sollten, daß der HErr der Ernte Arbeiter aussenden solle. Möchten sich viele dem HErrn zur Verfügung stellen! Leider hat sich mancher durch Untreue zu solchem Dienst untüchtig gemacht. Das ist sehr schmerzlich.

Vielleicht kann auch der HErr der Ernte nur wenige Arbeiter in Seine Ernte senden, weil unter den Kindern Gottes zu wenig Interesse ist und nicht genügend Mittel vorhanden sind. Möchten die Gemeinden unserer Zeit doch mehr die hohe Aufgabe an der Welt erkennen, als bisher schon geschehen ist! Die Tür ist noch immer geöffnet. Bald kommt aber die Nacht, da niemand wirken kann.

Ein Beispiel von Berufung durch den HErrn und Anteilnahme der Gemeinde sehen wir bei dem Apostel Paulus. (Apgesch. 9,1-19; 13,1-3) Vom Herrn Jesus und vom Heiligen Geist war er berufen, und die Gemeinde machte sich mit ihm eins und entließ ihn zu diesem Dienst. Es ist wohl anzunehmen, daß sie ihn auch mit Mitteln versorgte.

Gott gebraucht nicht nur Prediger, Er gebraucht auch Mitarbeiter an Betern und solche, die da einladen zu den Evangeliumsstunden. Auch gebraucht Er Mittel für Sein Werk. Eine besondere Gelegenheit zur Mitarbeit bietet die Zeltmission, die der HErr bekannterweise so freundlich gesegnet hat. Durch das Zelt wird das Evangelium in Orte gebracht, die besonderen Mangel daran haben.

Doch nicht nur durch Prediger wird das Evangelium verbreitet, auch durch die anderen Jünger und Jüngerinnen. Der gute Wandel zur Ehre des HErrn ist das wichtigste Förderungsmittel des Evangeliums. Dazu kommt das Bekennen und Zeugen vom HErrn. Auch das Verabreichen von Traktaten ist ein schöner und wichtiger Dienst. Wir können somit alle mithelfen, daß das Evangelium verkündigt wird, der Prediger in besonderer Weise, aber auch wir, die Vielen.

„Wie lieblich sind die Füße derer, welche das Evangelium des Friedens verkündigen.“ „Lieblich“ nennt Gott die Füße dessen, der diesen kostbaren Dienst tut. Denken wir darüber nach! -

Möchte uns alle die Liebe des Christus drängen, unsterbliche Menschenseelen zurückzureißen

vom ewigen Verderben und sie hinzuführen zu Dem, der auch uns aus Gnaden errettet hat - zu unserem Herrn Jesus Christus.

O. D.

Aus einem Briefe

(Matth. 18,20)

... Jetzt möchte ich, geliebter Bruder, mit wenigen Worten noch auf etwas kommen, was keinen guten Eindruck auf mich gemacht hat; und Du wirst es in Liebe aufnehmen, wenn ich auch darüber mich ganz offen ausspreche.

Es schien mir nämlich, als wenn bei Eurem Zusammenkommen die Herzen zu wenig von dem Gefühl der Gegenwart des HErrn durchdrungen waren. Dies fiel mir besonders kurz vor und nach dem Gottesdienst auf. Es war fast auf den meisten Gesichtern der Eintretenden zu lesen, daß sie nicht von dem Gedanken erfüllt waren: Ich gehe dahin, wo Jesus mit den Seinigen versammelt ist. Selbst das Benehmen, wenn es auch nicht gerade ungeziemend war, und die Unterhaltungen vieler verrieten deutlich, daß dieses Bewußtsein Seiner Gegenwart nicht vorhanden war oder doch nicht auf eine würdige Weise geschätzt wurde. Ebenso war es nach dem vollendeten Gottesdienst. Es schien oft, als wenn das, was kurz vorher noch die Herzen bewegte, plötzlich verschwunden gewesen sei. Benehmen und Unterhaltung trugen meist einen mehr weltlichen Charakter, und man hätte leicht veranlaßt werden können, zu glauben, man sei auf einmal in eine ganz andere Versammlung versetzt worden - in eine Versammlung, die nicht soeben aus der Gegenwart des HErrn kommt.

Ich verwerfe gewiß allen gesetzlichen Ernst, alles gemachte Wesen; aber es geziemt uns, stets so zu erscheinen, wie es der Gegenwart des HErrn angemessen und vor Ihm wohlgefällig ist; und dies besonders, wenn wir uns im Namen des Herrn Jesus versammeln.

Wenn wir bekennen, daß wir, frei von allen menschlichen Formen und Satzungen, uns allein auf

Grund des Namens Jesu versammeln und von Seiner Gegenwart jede Segnung erwarten, so ist es auch nötig, zu beweisen, daß uns das Bewußtsein dieser Gegenwart mit dem ihr angemessenen Ernst erfüllt. Anders hat die Erkenntnis dieser gesegneten Wahrheit keinen Wert für uns und dient vielmehr zur Unehre des HErrn.

Ich weiß nun, geliebter Bruder, daß es Euer aller Begehren ist, dem HErrn in allem wohlzugefallen, und ich bin deshalb versichert, daß auch diese Zeilen Dir und den übrigen Brüdern Veranlassung geben werden, über diesen beherzigenswerten Gegenstand nachzudenken. Die Gnade des HErrn wolle Euch darin leiten!

Es grüßt Dein in Christus verbundener Bruder

N. N.

Für junge Gläubige

Warum so wenig Sieg?

Wie viele Christen, besonders aber die jungen unter ihnen, klagen immer wieder darüber, daß sie so oft vom Feinde überlistet und zu Fall gebracht werden! Viele von ihnen haben den Wunsch, dem HErrn treu zu sein; sie haben vielleicht auch alles Dunkle aus ihrer Vergangenheit vor Gott und, wo es nötig war, vor Menschen geordnet. Sie haben auch etwas von der Kraft des Wortes Gottes und von dem Segen der Gemeinschaft mit dem HErrn und Seinem Volke gespürt; und doch müssen sie einsehen und bekennen, daß sie kein Leben des Sieges führen. „Am Anfang ging's gut und freudig voran, jetzt aber bin ich wieder im alten Fahrwasser drin.“ Wem von uns ist es nicht schon so gegangen oder geht es noch so? Woran liegt es, wenn in unserem Leben keine Beständigkeit und keine Geradheit eines treuen Wandels zu finden ist?

Wenn wir gleichgültig geworden oder gar in offenbares Sündenleben gefallen sind, dann müssen wir bei aufrichtiger Prüfung zugeben, daß das niemals auf einmal und plötzlich

haben, uns ins Gleiten zu bringen. Vielleicht hat es damit angefangen, daß wir das Gebet vernachlässigt und nicht mehr treu gepflegt haben. Wenn wir nicht mit Gott reden, sind wir auch nicht bereit, auf Ihn zu hören und Seine Wege zu beachten. Trifft uns vielleicht die Anklage aus Hiob 15,4, daß wir die „Andacht vor Gott geschmälert“ und damit die „Gottesfurcht vernichtet“ haben?

Hand in Hand damit geht das Beiseiteschieben der Bibel. Wie schnell ist das Wort Gottes nicht mehr unsere tägliche Nahrung; geringschätzig wird es behandelt. Woher soll dann Kraft zum Überwinden kommen? Wie kann Sich Gott dann noch zu unserem Tun bekennen? „Weil du die Erkenntnis verworfen hast, so verwerfe Ich dich.“ (Hos. 4,6) „Siehe, Ich bringe Unglück über dieses Volk, die Frucht ihrer Gedanken; denn auf Meine Worte haben sie nicht gemerkt, und Mein Gesetz - sie haben es verschmäht!“ (Jer. 6,19) Wenn wir aber aufhören, selbst im Worte Gottes zu forschen, will uns auch bald der Dienst am Worte, den unsere Bruder ausüben, nicht mehr gefallen. Wir versäumen das regelmäßige Zusammenkommen der Gläubigen (Hebr. 10,25) oder haben nur noch ein kritisches Ohr für das, was uns dort gesagt wird. Wir können Worte der Ermahnung nicht mehr ertragen und suchen Lehrer, die nach unserem Gutdünken, nach unseren Lüsten reden. (2. Tim. 4,3)

So entgleitet uns allmählich, aber sicher, der Boden, auf dem wir Kraft und Bewahrung empfangen. Ist's dann noch ein Wunder, wenn das Herz nicht mehr wachsam und die Gesinnung eine oberflächliche ist? Dem Unreinen und Bösen sind Tür und Tor geöffnet. Zwar geht der Feind auch jetzt noch vorsichtig zu Werk. Nicht große Felsen sind's, die er uns in den Weg legt; wir würden sie ja sofort erkennen. Mit kleinen Steinen bringt er uns zu Fall; hinter kleinen Versuchungen verbirgt er seine Macht und List. Die kleinen Füchse verderben den Weinberg! (Hohelied 2,15) Zuerst lassen wir der Sünde in unserer Gedankenwelt Raum; dann beginnt sie uns zu reizen, und wir liebäugeln mit ihr. Jetzt ist's nur noch ein Schritt, und wir sind von ihr gefangen. Die Sünde gleicht der Lawine, die am Anfang wie ein kleiner Ball dahinrollt, am Ende ihres Weges aber zum vernichtenden Ungetüm wird, das alles mitreißt und begräbt. Wer glaubt, mit ihr spielen zu können, wird bald von ihr beherrscht. Jener Weise des Altertums hatte nur zu recht: „Begehe eine Sünde zweimal, und bald hältst du sie für erlaubt.“

Wir alle wissen, daß die Sünde unser Verderben ist (Spr. 14,34, Luther-Übers.) und daß wir an ihren Lasten am schwersten zu tragen haben. Warum aber geben wir ihr Nahrung, indem wir unseren Augen und Ohren zu großen „Spielraum“ lassen und sie dorthin richten, von woher uns Gefahren drohen? Ach, daß es uns doch nicht so ginge, wie es in jenem Worte heißt: „Gar mancher fleht, das Unkraut möcht' nicht sprießen, und fährt doch fort, es täglich zu begießen!“

Jener chinesische Kaiser, unter dessen Regierung die bekannte große Mauer errichtet worden ist - sie ist 2500 Kilometer lang, wurde im 3. Jahrhundert vor Christi Geburt vollendet und hat erst in jüngster Zeit angefangen, zu verfallen -, hatte mit dem Baubefehl zugleich die strenge Anweisung gegeben, daß an keiner Stelle der Mauer auch nur der geringste freie Raum zwischen den Steinen gelassen werden dürfe; wenn aber irgendwo eine Lücke zu finden sei, die Platz für einen Nagel ließe, solle der betreffende Arbeiter zur Strafe für seine Nachlässigkeit an ihm aufgehängt werden. Wo sind bei uns die Lücken, durch die wir der Sünde ein wenig nur Einlaß gewähren? Wie bald hat sie die kleinen, kaum erkennbaren Lücken zu großen Löchern erweitert und die Mauer unserer Vorsätze und Gelöbnisse zusammengerissen und in einen wüsten Trümmerhaufen verwandelt! Möchten wir doch unser Herz mehr behüten als alles, was zu bewahren ist; und möchten wir weise sein in der Furcht des HErrn und Verstand beweisen, indem wir vom Bösen weichen! (Spr. 1,7; 3,7; 4,23) Nur ein wachsames Herz bleibt bewahrt, und nur durch entschiedene Ablehnung des Bösen können wir siegen.

Vom Hermelin, dessen Pelz im Winter blendend weiß wird, erzählt man, es falle in Ohnmacht oder werde krank, wenn irgendein Schmutz auf sein wunderbares Fell gelange. Wie aber sollten erst wir als Gotteskinder ein zartes Gewissen haben und uns vor jeder Befleckung des Fleisches und des Geistes hüten (2. Kor. 7,1), die wir im Blute des Lammes Gottes gewaschen sind! Wie sollten wir die Reinheit lieben und den Schmutz und das Böse hassen! Laßt uns in solcher Herzensstellung wachen, beten und flehen; und Er wird uns erhören und zum Siege verhelfen! „Der HErr aber ist treu, der euch befestigen und vor dem Bösen bewahren wird.“ (2. Thess. 3,3) „Treu ist, der euch ruft; der wird es auch tun.“ (1. Thess. 5,24)

Frage und Antwort

 

Frage 11

Kann ein Gläubiger seinen Glauben an den Herrn Jesus aufgeben und damit seines Heils in Christo und der Gotteskindschaft verlustig gehen? (gem. Luk. 22,32; 8,13; 1. Tim. 4,1; 1,19; 6,10; 6,21; 1 Thess. 3,5; Offenb. 2,13; Kol. 1,22.23; 2. Tim. 4,7; Offenb. 14,12; Apgesch. 14,22; Joh. 15,6; 1. Kor. 15,2; Hebr. 3,6; 3,14; 10,35f.)

Antwort

Zu dem Gegenstande dieser Frage weisen wir auf „Handreichungen“ Bd. 2 (1914), S. 108-120 hin.

Ein wichtiger und für uns unerschütterlicher Grundsatz beim Forschen im Worte Gottes ist der, daß Gott in Seinem Worte Sich nie widerspricht. Es kann also unmöglich an einer Stelle so stehen und an einer anderen das Gegenteil.

Alle in der Frage aufgeführten Schriftstellen sind solche, welche nach Meinung der Vertreter der Lehre des Aufgeben- und Verlorengehen-Könnens obige Frage bejahen. Ehe wir auf sie eingehen, wollen wir mehrere Schriftstellen ansehen, welche Licht auf den Gegenstand der Frage werfen. Wir bitten, genau darauf zu achten, was diese Stellen sagen!

Joh. 6,38 sagt der Herr Jesus, daß Er vom Himmel herniedergekommen sei, den Willen Dessen zu tun, der Ihn gesandt hat, und V. 39: „Dies aber ist der Wille Dessen, der Mich gesandt hat, daß Ich von allem, was Er Mir gegeben hat, nichts verliere, sondern es auferwecke am letzten Tage.“ Vom Vater Ihm gegeben ist nach V. 37 jeder, welcher zu Ihm kommt, d. i. jeder wirklich an Ihn Gläubige. Jeder solcher ist Sein Eigentum, vom Vater Ihm anvertraut, damit Er es nicht verliere, sondern es auferwecke am letzten Tage. Vermag Er das? Wir sind überzeugt: Ja! Also

Joh. 10,27-29 sagt uns der HErr, daß Er den Seinen ewiges Leben gibt und sie nicht verlorengehen ewiglich und niemand sie aus Seiner Hand rauben wird und niemand sie aus der Hand Seines Vaters rauben kann. Damit gibt Er den Seinen die Zusicherung des ewigen Lebens und des unantastbar-Geborgenseins in Seiner und des Vaters Hand!

In Röm. 8,31.39 lesen wir, daß nicht „Drangsal oder Angst oder Verfolgung oder Hungersnot oder Blöße oder Gefahr oder Schwert“ uns von der Liebe Christi scheiden wird und daß „weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, unserem HErrn“. Das sagt uns, daß es überhaupt nichts nur irgend Denkbares gibt, was uns scheiden könnte von der Liebe Christi und Gottes und daß sie selbst über den Tod hinaus uns bleibt.

1. Kor. 12 gebraucht der Geist Gottes das Bild eines Leibes, um uns das untrennbare Verbundensein usw. all derer zu zeigen, welche durch den Glauben an den Herrn Jesus Leben aus Gott haben. Jeder solcher ist ein Glied dieses Leibes. Ein Glied kann nicht sich selbst trennen von dem Leibe, an dem es ist. Es kann nur durch eine andere Gewalt von dem Leibe getrennt werden oder durch den Willen des in dem Leibe wohnenden, diesen beherrschenden Geistes. Beides kommt für den Erlösten nicht in Frage: Es gibt keine äußere Gewalt, welche ein Glied von dem Leibe Christi trennen könnte, und der in dem Leibe wohnende und ihn beherrschende Geist Gottes kann nie ein Glied von dem Leibe Christi trennen wollen. Und da überdies ein Glied eines Leibes überhaupt keinen Willen selbst hat, kann es auch nie selbst wollen, sich von dein Leibe zu trennen oder getrennt zu werden. Daher schließt dieses Bild den Gedanken völlig aus, daß ein Erlöster je könnte seinen Glauben aufgeben, je könnte sich von Christo lossagen wollen!

Eph. 1 lesen wir von dem wunderbaren Ratschluß Gottes in bezug auf die Seinen: „auserwählt in Ihm vor Grundlegung der Welt“, „zuvorbestimmt zur Sohnschaft ... nach dem Wohlgefallen Seines Willens“, „in welchem wir auch ein Erbteil erlangt haben“, „zuvorbestimmt nach dem

Gott alles dies beschlossen hat für die, welche durch den Glauben an den Herrn Jesus aus Ihm geboren sind, daß ihr Heil und ihr glückseliges Teil auf Seinem Willen, Seinem Vorsatz beruht. Vermag Er das auszuführen, und wird Er das ausführen, was Er beschlossen hat, was Sein Wille und Sein Vorsatz ist? Das ist doch ganz gewiß!

Weiter heißt es in Eph. 1,13.14: „In welchem ihr auch, nachdem ihr geglaubt habt, versiegelt worden seid mit dem Heiligen Geiste der Verheißung, welcher das Unterpfand unseres Erbes ist ...“. Das bedeutet, daß die, welche geglaubt haben - den Herrn Jesus glaubend als ihren HErrn und Erretter angenommen haben -, den Heiligen Geist empfangen haben und dadurch in Christus bestätigt sind als solche, welche alles in Christus Verheißene empfangen werden, und daß der ihnen gegebene Heilige Geist für sie die Sicherheit dafür ist, daß sie das Erbe auch wirklich empfangen werden. Und Kap. 4,30 wird noch gesagt, daß diese Versiegelung „auf den Tag der Erlösung“ geschehen ist, also bestehen bleibt bis zu dem ersehnten Zeitpunkte unserer Heimholung!

Eph. 2,20.21 gebraucht der Geist Gottes das Bild des Tempels, der „Behausung Gottes im Geiste“, und 1. Petr. 2,5 des „geistlichen Hauses“. Der Bau wird aufgeführt aus „lebendigen Steinen“. Jeder An-den-Herrn-Jesus-gläubig-Gewordene ist ein solcher „lebendiger Stein“ und eingefügt in den Bau! Das spricht von einer Tatsache, und zwar als etwas Bleibendem.

Wie vereinbart sich mit dem in vorstehenden Schriftstellen uns Gezeigten die Auffassung, ein Gläubiger könne seinen Glauben an den Herrn Jesus aufgeben und damit seines Heils in Christus und seiner Gotteskindschaft verlustig gehen? Eine solche Möglichkeit würde bedeuten:

zu Joh. 6,38.39: daß der Herr Jesus nicht imstande sei, das auszuführen, wozu Er vom Himmel herniederkam;

zu Joh. 10,27-29 und Röm. 8,31-39: daß wir uns dieser kostbaren Versicherungen nur bedingt erfreuen dürften wegen der Sorge, daß unser Glaube aufhören könnte bzw. wir ihn aufgeben könnten;

zu 1. Kor. 12: daß das Bild des Leibes nicht voll anwendbar wäre, weil es doch möglich wäre, daß ein Glied dieses Leibes sich selbst von dem Leibe trennt;

zu Eph. 1,3-11: daß Gott nicht vermag, was Er beschlossen hat, was Sein Wille und Sein Vorsatz ist, aufrecht zu erhalten und auszuführen. Er will zwar etwas (nicht nur im Sinne von „wünschen“, wie 1. Tim. 2,4), aber es wird anders, als Er will. Warum Er solche, die ihren Glauben aufgeben und damit ihres Heils verlustig gehen, dann überhaupt erst „auserwählt“, „zuvorbestimmt zur Sohnschaft“, ihnen „ein Erbteil“ gibt, sie in Seinen Vorsatz einschließt, ist nicht zu verstehen. Wußte Gott nicht, daß sie ihren Glauben aufgeben würden? Wie konnte Er, wenn Er es wußte, sie trotzdem auserwählen, zuvorbestimmen usw.? Was wird dann mit Seinem Vorsatz? Oder ist das nicht so wörtlich zu nehmen?

zu Eph. 1,13.14 und 4,30: daß für solche, obwohl sie versiegelt waren und den Heiligen Geist als Unterpfand ihres Erbes empfangen hatten, alles in diesen Versen Gesagte hinfällig wird und daß der Heilige Geist nicht vermag, das Ihm Aufgetragene auszuführen und jene Gläubigen bis ans Ziel zu bewahren;

zu Eph. 2,20.21 und 1. Petr. 2,5: daß entweder in dem Bau, welchen Gott aufrichtet, auch tote Steine mit enthalten sind (solche, welche einst als „lebendige Steine“ eingefügt wurden, dann aber infolge Aufgebens ihres Glaubens zu toten Steinen wurden) oder diese toten Steine aus dem Bau wieder herausgerissen werden. Oder waren solche, obwohl sie durch den Glauben an den Herrn Jesus „lebendige Steine“ geworden waren, gemäß der Vorkenntnis Gottes gar nicht erst in den Bau eingefügt worden? (Der eine wie der andere Gedanke ist gleich verwerflich.)

Nach all dem schließen die oben betrachteten Schriftstellen völlig aus, daß ein Gläubiger seinen Glauben an den Herrn Jesus aufgeben und damit seines Heils in Christus verlustig gehen kann. Wir können gewiß sein, daß, wenn Gott uns sagt - wie es in den obigen Schriftstellen geschieht -, daß die Errettung und das Leben und Teil, welches Er denen schenkt, die an Seinen Sohn glauben, ewig ist und ihnen nicht genommen noch sonstwie verlorengehen kann, Er einen jeden von ihnen auch sicher ans Ziel bringen wird, also auch dafür die Sorge auf Sich

genommen hat, daß der Glaube nicht aufhört, mittels dessen sie errettet sind. (Eph. 2,8)

Das Wort sagt uns, daß wir Kinder Gottes sind (Joh. 1,12.13; Röm. 8,16.17; 1. Joh. 3,2), und der Herr Jesus, als Er hier war, und später durch den Geist, nennt uns Seine Brüder. (Joh. 20,17; Röm. 8,29; Hebr. 2,11.12.17) Werden wir nur so genannt, oder ist es Wirklichkeit, was diese Worte ausdrücken? Muß es nicht Wirklichkeit sein, wenn Gottes Wort es uns sagt? Nun dann: Drücken nicht diese Bezeichnungen in unserem Erdenleben etwas Bleibendes, Unauflösbares aus? Im geistlichen Leben aber soll es nicht so sein, sondern aufhören können, weil unser Glaube aufhören könne? Nein! Dann wäre ja Gott nicht wahr! Aber Er ist wahr! Und gerade darin, daß wir Gottes Kinder sind, liegt auch die Erklärung dafür, daß unser Glaube an den Herrn Jesus nicht aufhören, nicht aufgegeben werden kann: Wie das Kind durch ein nicht von ihm gemachtes und nicht von ihm aufrechterhaltenes, sondern ihm gegebenes, natürliches Gefühl mit seinen Eltern und Geschwistern verbunden ist und dieses Gefühl ohne Rücksicht auf die mancherlei Vorkommnisse im Leben das ganze Leben hindurch bleibt, so ist es mit dem durch den Geist gewirkten, von Gott uns gegebenen Glauben. Es mag nach außen hin kaum noch etwas davon zu erkennen sein (beschämend und ein Schaden, wenn es so ist), im tiefsten Grunde aber bleibt er doch, weil wir Seine Kinder sind!

Hier ist es, wo die, welche die uns gestellte Frage bejahen, nicht mitgehen. Sie unterscheiden nicht zwischen dem Glauben, der nur Gefühls- und Verstandessache ist und - mag er noch so weit gehen im Erkennen der Wahrheit - darum nicht das Heil in Christus ergreift, und dem Glauben, welcher wahre Herzensempfindung und -Überzeugung ist und den Herrn Jesus als HErrn und Heiland an- und aufnimmt; und bezüglich des letzteren unterscheiden sie nicht, ob im Blick auf die Errettung oder in einem anderen Sinne davon die Rede ist. Das zeigen die Schriftstellen, auf welche sie sich für ihre Auffassung stützen, wie sie als Beispiele in der Frage angegeben sind.

Von solchen Schriftstellen kommen für uns als Beispiele nur solche in Frage, welche Menschen vor unser Auge stellen, die durch den Glauben an den gekreuzigten, auferstandenen und verherrlichten HErrn und Heiland das Heil in Christus ergriffen hatten. Andere nicht; denn das

ist der Gegenstand unserer Frage. Aus diesem Grunde fallen die ersten drei in der Frage angeführten Schriftstellen als Beispiele weg:

Die erste, Luk. 22,32, spricht von Petrus zu einer Zeit, als der HErr noch nicht gekreuzigt, auferstanden und verherrlicht war, Petrus also den HErrn noch nicht also kannte und noch der „Simon“ war, welcher meinte, in seiner Kraft für den HErrn ins Gefängnis und in den Tod gehen zu können.

Die zweite Stelle, „die auf den Felsen“, Luk. 8,13, zeigt uns Menschen, welche das Gehörte wohl als wahr annahmen, bei denen es aber nur eine oberflächliche Wirkung hatte, nur die Gefühle berührte, und die daher bei eintretender Probe diesen ihren oberflächlichen Glauben fallen ließen. Solche Menschen haben doch nicht das Heil in Christus ergriffen!

Die dritte Stelle, 1. Tim. 4,1, betrifft Menschen, welche dort in V. 2 wie folgt beschrieben werden: „Die in Heuchelei Lügen reden und betreffs des eigenen Gewissens wie mit einem Brenneisen gehärtet sind“. So zeichnet Gottes Wort uns nie Kinder Gottes, so schwach und verkehrt sie auch sein mögen. Diese Beschreibung zeigt uns das wirkliche Wesen dieser Menschen. Der Glaube, von dem sie abfallen, ist nur ein Erkennen mit dem Verstande, ein bloßes Wissen (wie das in Kap. 6,20 erwähnte).

Die nun folgenden Schriftstellen in der Frage, mit Ausnahme von Joh. 15,6, beziehen sich auf Gläubige, aber nicht im Blick auf ihre ewige Errettung. Bezüglich dieser haben wir in den eingangs besprochenen Schriftstellen gesehen, daß sie unantastbar ist, so daß sie nicht an anderen Stellen wieder in Frage gezogen werden kann. Darum können diese Stellen immer nur auf das Glaubensleben hier auf der Erde Bezug haben. Das zeigt auch der Zusammenhang, in dem sie vorkommen.

1. Tim. 1,19; 6,10 und 6,21 sprechen von „Schiffbruch-gelitten-haben“ und „Abgeirrtsein“. Keine dieser drei Stellen bedeutet, daß die Betreffenden aufgehört hätten, an den Herrn Jesus zu glauben (so daß sie ihres Heils verlustig gegangen wären), sondern nur davon, daß sie Schaden in ihrem Glaubensleben genommen haben.

Die weiter angegebenen Stellen tun ebenfalls keineswegs dar, daß bei einem Erlösten der Glaube an den Herrn Jesus aufhören könne, sondern in 1. Thess. 3,5; Kol. 1,23; 2. Tim. 4,7; Offenb. 14,12; Apgesch. 14,22 handelt es sich um das Bewähren im Glauben, in Offenb. 2,13 um das furchtlose Bekennen und Offenbar-werden-lassen des Glaubens, in 1. Kor. 15,2 und Hebr. 3,6 und 14 um den Beweis des Vorhandenseins des das Heil ergreifenden Glaubens. Hebr. 10,35 spricht nicht von Glauben, sondern von „Zuversicht“, welche mit dem Glauben naturgemäß verbunden ist, aber infolge von Nöten und Drangsalen, denen der Glaube nicht gewachsen ist, „weggeworfen“ werden kann, ohne daß deswegen der Glaube an den Herrn Jesus aufhört. - Joh. 15,1-8 spricht von einer Verbindung mit dem Herrn Jesus hier auf der Erde, deren Wesen sich im Fruchtbringen bzw. Nichtfruchtbringen äußert. Daß V. 6 nicht auf Menschen anzuwenden ist, welche durch Glauben an den Herrn Jesus das Heil in Christus ergriffen haben, ist offenbar. Dieser Vers kann daher schon gar nicht zeigen, daß der Glaube eines Erretteten aufhören oder von diesem aufgegeben werden könne.

Nicht unerwähnt lassen möchten wir die von vielen auf Kinder Gottes bezogenen drei Stellen Hebr. 6,4-6 und 10,26-29 und 2. Petr. 2,20-22. Die Menschen, von welchen in diesen Stellen gesprochen wird, haben zwar viel empfangen und erkannt, so daß sie schienen, Kinder Gottes zu sein, waren es aber in Wirklichkeit nicht. Sie hatten alles nur mit dem Verstande erfaßt, aber nicht mit dem Herzen - hatten sich nie dem Herrn Jesus ausgeliefert, waren nie innerlich erneuert, hatten infolgedessen nie Leben aus Gott, sondern waren ihrem Wesen nach geblieben, was sie waren. Ihr wahrer Herzenszustand wird in dem über sie Gesagten gekennzeichnet: „Indem sie den Sohn Gottes für sich selbst kreuzigen und Ihn zur Schau stellen“ (Hebr. 6,6); „der den Sohn Gottes mit Füßen getreten und das Blut des Bundes, durch welches er geheiligt worden ist, für gemein geachtet und den Geist der Gnade geschmäht hat“ (Hebr. 10,29); „es ist ihnen aber nach dem wahren Sprichwort ergangen: Der Hund kehrte um zu seinem eigenen Gespei, und die gewaschene Sau zum Wälzen im Kot.“ (2. Petr. 2,22) Das sollen Menschen sein, welche den Herrn Jesus in ihr Herz aufgenommen hatten und Kinder Gottes geworden waren? Nein! - (Hebr. 6,4 ist nicht von dem Empfangenhaben des Heiligen Geistes die Rede, sondern von einem Teilhaftiggewordensein im Sinne von Unter-Seiner

Wirkung-gestandenhaben.) - Diese Stellen zeigen uns, wie weit ein Mensch gebracht sein kann auf dem Wege zur Errettung, ohne errettet zu sein.

Daß es Glauben gibt, der das Heil in Christus nicht ergreift, haben wir schon oben gesehen. (Luk. 8,13; 1. Tim. 4,1) Joh. 2,23-25; 8,30-59 u. a. zeigen das auch. Das treffendste Beispiel ist Apgesch. 8,9-24, „Simon, der Zauberer“. V. 13 lesen wir: „... auch Simon selbst glaubte ...“, und er wurde sogar getauft. (V. 13) Dann aber V. 20.21 sagt Petrus zu ihm: „Dein Geld fahre samt dir ins Verderben ...! Du hast weder Teil noch Los an dieser Sache, denn dein Herz ist nicht aufrichtig vor Gott.“

Andererseits sehen wir ein Bild dafür, daß der durch Glauben Errettete nicht aufhört zu glauben und errettet zu sein, auch wenn er betreffs des Glaubens vielleicht „Schiffbruch gelitten“ hat oder „abgeirrt“ ist, in Lot. Wir kennen seine traurige Geschichte und würden ihn vielleicht gar nicht zu den „Gerechten“ rechnen, aber in 2. Petr. 2,7.8 lesen wir von ihm: „... und den gerechten Lot rettete ... denn der unter ihnen wohnende Gerechte ...“.

Und Eph. 5,14 sehen wir, in welchen Tiefstand ein Erlöster kommen kann: „Wache auf, der du schläfst, und stehe auf aus den Toten, und der Christus wird dir leuchten“. Er kann „schlafen“, den „Toten“ gleichen. Aber dennoch ist er nicht tot, sondern lebt! Sein Glaube hat weder aufgehört, noch hat er ihn aufgegeben.

Auf Grund all der betrachteten Schriftstellen können wir die gestellte Frage nur mit einem entschiedenen Nein beantworten.

Von den Vertretern der die Frage bejahenden Lehre wird behauptet, die diese Frage verneinende Lehre könne den Gläubigen gleichgültig und nachlässig in seinem Wandel machen und eine schadenbringende Wirkung haben auf Menschen, welche vor der Entscheidung über ihre Stellungnahme zu dem Heilsangebot stehen. Diese Behauptung kann aber, was Gläubige betrifft, nur auf solche zutreffen, welche die herrliche Tatsache ihrer ewigen Errettung nur als eine Lehrwahrheit, aber nicht als einen Herzensbesitz kennen, und bei denen es an Auslieferung und Hingabe an den HErrn fehlt, und was vor der Entscheidung stehende

Menschen anbelangt, nur auf solche, welche nicht aufrichtig sind. Denn die Tatsache der Unentreißbarkeit und Unverlierbarkeit des dem Glaubenden geschenkten ewigen Heils, mit dem Herzen erfaßt, macht diesem die Gnade Gottes und die Vollkommenheit des Werkes Christi unendlich groß und herrlich, und es gibt für ein Kind Gottes keinen größeren Ansporn zu einem Wandel dem HErrn nach in Hingabe und Treue als das Erfülltsein und Uberwältigtsein des Herzens von der Gnade Gottes! Und was könnte anziehender sein für eine aufrichtig suchende Seele als gerade die Größe der Gnade Gottes und die Vollkommenheit des Werkes Christi? Daß wir doch beides viel mehr erkennen möchten! -

Theodor Küttner.

Von dem einen Bethanien zum anderen

(Joh. 1-12)

Es ist eine wenig beachtete Bemerkung, die Johannes am Schlusse des 10. Kapitels seines Evangeliums macht: „Er ging wieder weg jenseit des Jordan an den Ort, wo Johannes zuerst taufte, und Er blieb daselbst.“ (Vers 40.) Unmittelbar bevor in diesem Evangelium von dem ersten Auftreten unseres HErrn berichtet wird, lesen wir: „Dies geschah zu Bethanien, jenseit des Jordan, wo Johannes taufte.“ (Kap. 1,28.) Obwohl dieses Dorf hier, im 10. Kapitel, nicht ausdrücklich genannt wird, kann kaum ein Zweifel sein, daß es derselbe Ort war - der, „wo Johannes zuerst taufte“ - und daß also der HErr nun dahin zurückkehrt, von wo Er ausgegangen war, an den Ausgangspunkt Seines Weges und Dienstes. „Er ging wieder weg ... und Er blieb daselbst“ -Sein Dienst war erfüllt, der Dienst an Israel, dem Volke des Alten Bundes.

Immer wieder war Er, der verheißene Christus, zu dem religiösen System des Judentums in einen unüberbrückbaren Gegensatz getreten. Im 2. Kapitel verwandelt Er das Wasser in Wein, das für die „Reinigung der Juden“ bestimmt war (Kap. 2,6; Mark. 7,3f.); dann reinigt Er das Haus Gottes, das sie anläßlich des „Passahs der Juden“ zu einem Kaufhause gemacht hatten.

(Kap. 2,13ff.) Im 3. Kapitel sehen wir Ihn beschäftigt mit einem „Obersten der Juden“, dem Er alles nimmt, was er in religiöser Hinsicht besaß; dann sehen wir selbst Johannes, den letzten und größten Propheten der alten Haushaltung, beiseite treten: „Er muß wachsen“, bekennt er, „ich aber abnehmen.“ (Kap. 3,30.) Im 4. Kapitel verweilt Er zwei ganze Tage in einer „Stadt Samarias“, bei den Samaritern, mit denen „die Juden nicht verkehrten“ (Kap. 4,9); Er verkündet dort: „Es kommt die Stunde, da ihr weder auf diesem Berge, noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet ... die Ihn anbeten, müssen in Geist und Wahrheit anbeten.“ Welch ein Ärgernis für das Volk der Juden!

Was wir in den folgenden Kapiteln sehen, geht noch viel weiter. Dort sehen wir den Christus in einem gewissen Sinne sogar zu den von Gott gegebenen Verordnungen in Widerspruch treten; Er Selbst, die Erfüllung aller Vorbilder und Schatten, war da und tritt nun an die Stelle dessen, was „veraltet war und dem Verschwinden nahe“.

Unter den Festen des Alten Bundes stand, wie wir wissen, an erster Stelle der Sabbat, der dem HErrn „in allen ihren Wohnsitzen“ geweihte Tag. (3. Mos. 23,3.) Er ist es, dem nun der Bringer des Neuen zuerst begegnet. Nicht dem Sabbat an sich - denn in Wirklichkeit hat der „HErr des Sabbats“ den Sabbat nie gebrochen -, wohl aber dem, was die Juden daraus gemacht hatten. Bethesda ist (in einer jeglichen Zeugnisses baren Zeit) ein letztes Zeugnis von der gnädigen Wirksamkeit Gottes auch unter der Haushaltung des Gesetzes - von einer bedingten, beschränkten und an gewisse Fristen gebundenen Gnade. Es wird in den Schatten gestellt durch Den, der nun in bedingungsloser Gnade für alle und zu jeder Zeit da war. „Wirket!“ sagte das Gesetz, „wirken“ mußte man auch an diesem Teiche, d. h. sich abmühen, der erste zu sein; aber der HErr sagt: „Ich wirke“. (Joh. 5,16f.) Wie hätte Sein gnädiges Wirken nun durch den Sabbat, den Er Selbst „um des Menschen willen“ gegeben hatte (Mark. 2,27ff.), irgendwie gehemmt werden können? Aber gerade in diesem Evangelium sehen wir die Juden ängstlich darauf bedacht, Ihn des Bruches dieses Gebotes zu überführen. Doch für die Zeichen, durch die Er „Seine Herrlichkeit offenbarte“, dafür hatten sie keine Augen.

In Kapitel 6 finden wir das Passah, in Kapitel 7 das Laubhüttenfest, Anfangs- und Endpunkt der

Festreihe des heiligen Jahres. Wohin war es mit diesen göttlichen Verordnungen gekommen? „Dieses Volk ehrt Mich mit den Lippen, aber ihr Herz ist weit entfernt von Mir“ (Matth. 15,8) - und darum kann Sich der HErr auch nicht mit ihren Festen eins machen; es waren, wie es immer wieder in diesem Evangelium heißt, die „Feste der Juden“. Er tritt an die Stelle dessen, was dieses Volk so völlig verkannt und verdorben hatte.

Mit dem Passah, wie gesagt, begann das heilige Jahr; es war für die jüdische Nation gleichbedeutend mit Errettung und Leben. In der Nacht, in der der Würgengel durch das Land Ägypten ging, als da „kein Haus war, worin nicht ein Toter war“, saßen die Kinder Israel, geschart um das Lamm und sich nährend von dem Lamm, gedeckt durch das Blut in völliger Sicherheit vor dem Gericht in ihren Häusern, und der Engel des Todes ging an ihnen vorüber. (2. Mos. 12,11-13.) Aber nur nebenbei, wenn auch gewiß nicht ohne Absicht, wird hier in Kapitel 6 das Passah erwähnt; denn nun war Er da, nicht nur, um ihnen, wie Er es bei der Speisung der 5000 tat, Brot zu geben, nein - Er war Selbst das „wahrhaftige Brot“, das „Brot des Lebens“. (Joh. 6,5ff.32.35.) Und, anspielend auf Seinen Opfertod, fügt Er hinzu: „Wer Mein Fleisch ißt und Mein Blut trinkt, hat ewiges Leben.“ (Vers 54.)

Wie ungeheuerlich mußten solche Worte in den Ohren der Juden klingen, die den Sinn dieser Heilandsworte nicht verstanden, aber doch in äußerer Rechtgläubigkeit auf dem Boden der göttlichen Verordnungen verharrten, die den Genuß von Blut verboten! Der Unglaube „stieß sich an dem Worte“ (1. Petr. 2,8) und fand „diese Rede hart“; der Glaube sah die „Kostbarkeit“ (ebenda V. 7) und ging ein in das Neue. „Von da an gingen viele Seiner Jünger zurück und wandelten nicht mehr mit Ihm.“ Nur ganz wenige gaben auf die Frage des HErrn: „Wollt ihr etwa auch weggehen?“ zur Antwort: „HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ (Joh. 6,60ff.) Wohl denen, die heute in allen harten Glaubensproben nicht anders reden und handeln! -

Das Fest der Laubhütten (Kap. 7) sollte das Volk an die überstandene Wüstenreise erinnern; es war ein Fest der Freude. Redete das erste der Feste, das Passah, von Errettung und Leben, so dieses von Herrlichkeit, von den reichlich strömenden Segnungen des verheißenen Reiches.

Aber der HErr sagt zu Seinen Brüdern, die nicht an Ihn glaubten: „Gehet ihr hinauf zu dem Feste; Ich gehe nicht hinauf zu diesem Feste.“ Aber dann ging Er später „hinauf in den Tempel und lehrte“. (Kap. 7,3ff.14.) Es klingt völlig uninteressiert; es zeigt Seine Absonderung von diesen Dingen. - Doch was war das? „An dem letzten, dem großen Tage des Festes, aber stand Jesus und rief und sprach: Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir und trinke!“ (Vers 37ff.) Wunderbarer Augenblick, als da plötzlich, während vielleicht gerade der Priester das in feierlicher Prozession aus dem Teiche Siloam geholte Wasser am Altar ausgoß - ein Bild jener Segnungen -, als da plötzlich die Stimme eines Größeren erklang und alles mit Seiner laut hinausgerufenen Gnadenbotschaft übertönte! Er trat an die Stelle des Festes; sobald Er verherrlicht sein würde, sollten „die an Ihn Glaubenden den Geist empfangen“ (Vers 39), sobald der Fels geschlagen war, sollte Wasser aus ihm hervorkommen, genug, um alle Dürstenden zu tränken.

Doch was war der Erfolg? Mochten etliche auch sagen: „Dieser ist der Christus“, oder: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch!“ - der Unglaube blieb unberührt und rief: „Forsche und sieh, daß aus Galiläa kein Prophet aufsteht.“ Und sie suchten Ihn zu greifen. (Vers 30.41.44.46.52.)

Immer schärfer wird der Gegensatz, der Widerstreit der ins Grab sinkenden alten und der wie die Sonne in ihrer Pracht aufsteigenden neuen Haushaltung. Die Juden verwerfen sowohl Sein Wort (Kap. 8,31ff.) wie auch Seine Werke, mit denen Er ihre von Geburt an blinden Augen auftun wollte. (Kap. 9.) Da gab Er den Hof der Schafe auf, d. i. Israel, und führt Seine Schafe hinaus - in das Neue, in die Freiheit. Er verheißt ihnen ewige Sicherheit, weil „Er und der Vater eins waren“. (Kap. 10.)

„Da suchten sie wiederum Ihn zu greifen, und Er entzog Sich ihrer Hand.“ (Vers 39 wörtl.) „Meine Seele wurde ungeduldig über sie, und auch ihre Seele wurde Meiner überdrüssig.

Da sprach Ich: Ich will euch nicht mehr weiden; was stirbt, mag sterben, und was umkommt, mag umkommen.“ (Sach. 11,8f.) Alle Seine vielen und geduldigen Bemühungen waren umsonst

„Und Er ging wieder weg.“ (Vers 40.) Er begab Sich wiederum in das Land jenseit des Jordan, wie wir zu Anfang sahen, außerhalb Judäas, kehrte unverrichteter Dinge an Seinen Ausgangspunkt zurück, „an den Ort, wo Johannes zuerst taufte“, und „blieb daselbst“, offenbar in der Absicht, das dreieinhalb Monate später stattfindende Passahfest - das, auf dem Er sterben sollte - abzuwarten. Mochten auch „viele zu Ihm kommen“, und mochten sie anerkennen, daß „alles wahr war, was Johannes von Diesem gesagt hatte“, dort in derselben Gegend, an demselben Ort, mochten sogar „viele daselbst an Ihn glauben“ (Vers 41f.) - von Seinem Volke als solchem war Er verworfen. „Bethanien jenseit des Jordan“ ist der Schauplatz Seiner endgültigen Abkehr von diesem Volke geworden.

Die Zeit dieser letzten Verborgenheit im Ostjordanlande wird unterbrochen. Eine Botschaft gelangt an Ihn, sie ist nur kurz, aber sie trifft Sein Herz: „HErr, siehe, der, den Du lieb hast, ist krank.“ (Kap. 11,3.)

Wir wissen wohl alle ohne Ausnahme, wer das war und wie diese Krankheit ausging; daß es Lazarus, der Bruder der Maria und Martha, war, dort in dem anderen Bethanien. Auch daß dieses Dorf am Fuße des Ölbergs lag, nur „etwa fünfzehn Stadien“ von Jerusalem entfernt, was ja den Thomas zu dem bekannten Ausspruch veranlaßt hat: „Laßt auch uns gehen, auf daß wir mit Ihm sterben!“ (Vers 16.)

Aber zunächst bleibt Jesus „noch zwei Tage an dem Orte, wo Er war“ (Vers 6), obwohl Er wußte, daß Er, menschlich gesprochen, zu spät kommen mußte. Rätselhaft sind Seine Worte, bis Er ihnen geradeheraus sagt: „Lazarus ist gestorben; und Ich bin froh um euretwillen, daß Ich nicht dort war, auf daß ihr glaubet.“ (Vers 14f.) Was ist der Zweck dieses absonderlichen Handelns, der Sinn dieser merkwürdigen Rede? „Diese Krankheit ist nicht zum Tode, sondern um der Herrlichkeit Gottes willen, auf daß der Sohn Gottes durch sie verherrlicht werde.“ (Vers 4.)

Aus der verborgenen Zurückgezogenheit des einen Bethanien führt Ihn die Botschaft der Schwestern zu dem anderen hin, noch einmal mitten unter Seine Feinde, um dort Seinen Wundern und Zeichen das größte hinzuzufügen, das Er je getan hat: Ein schon vier Tage im

Grabe liegender, schon der Verwesung anheimgefallener Toter wird auferweckt vor den Augen der Seinen, die schon irrewerden und „mit Ihm sterben“ wollten, vor den Augen der vielen Juden, die aus Jerusalem herübergekommen waren! (Vers 18f.45.) Wir unterschätzen die Tragweite dieses Ereignisses oft - wie der Glaube der Seinen gestärkt (Vers 15), wie, wenn auch alles zur Entscheidung trieb, doch der Sohn Gottes dadurch verherrlicht wurde. (Kap. 12,28b.) Die „sehr kostbare Narde“ der Maria, das Hosianna der Menge, das Sehnen der Griechen, Ihn zu sehen, noch ehe die letzte, unerläßliche Bedingung dazu erfüllt war - das sind nur einige der Früchte, die aus jenem Geschehen hervorkamen. (Kap. 12.)

So ging Sein Weg von tiefster Enttäuschung zu einem wunderbaren Sieg, von schmählicher Verwerfung zu göttlicher Herrlichkeit - auf dem Wege von dem einen Bethanien zum anderen.

Und wie Sein Weg, so wird auch der unsere sein.

F. v. Ki.

Hinter verschlossener Tür

Die in 2. Kön. 4,1-7 mitgeteilte Begebenheit enthüllt uns, was einst hinter der verschlossenen Tür eines Witwenstübchens geschah. Der Mann der Witwe hatte zu den Söhnen der Propheten gehört und war gottesfürchtig gewesen; aber als er gestorben war, kam einer, dem er Geld schuldete, und wollte seine Söhne als Sklaven wegführen. Da wandte sich die Witwe in ihrer Not an Elisa und klagte ihm ihr Leid.

Was sich nun vor unseren Augen abspielt, ist eigentlich eine Kette wunderbarer Dinge. Zuerst kommt eine wunderbare Frage. „Was soll ich für dich tun? Sage mir, was du im Hause hast!“ fragt der Prophet die Witwe. So können nur Menschen fragen, denen Gott etwas für andere anvertraut hat. Hat Gott dir Vermögen anvertraut, um armen Geschwistern zu helfen, - so hilf! Glaube es Du besitzest es auch für andere! „Den Reichen in dem gegenwärtigen Zeitlauf gebiete, nicht hochmütig zu sein, noch auf die Ungewissheit des Reichtums Hoffnung zu setzen,

guten Werken, freigebig zu sein, mitteilsam, indem sie sich selbst eine gute Grundlage auf die Zukunft sammeln, auf daß sie das wirkliche Leben ergreifen.“ (1. Tim. 6,17.) Besitzt jemand Macht, so hat er sie nicht für sich empfangen, sondern um mit ihr für Gott und Sein Reich zu wirken. Hast du irgendeine geistliche Gabe, so hast du sie für andere empfangen. „Je nachdem ein jeder eine Gnadengabe empfangen hat, dienet einander damit als gute Verwalter der mancherlei Gnade Gottes.“ (1. Petr. 4,10.) O daß wir doch nichts brach liegen ließen, was uns der HErr anvertraut hat! Laßt uns gut haushalten mit allem, was wir von Gott haben.

Auf die Frage des Propheten gibt die Frau eine

Antwort, die zunächst nicht wunderbar erscheint und die doch wunderbar ist, weil sie die Grundlage zu Gottes Wunderwirken abgibt. Die arme Witwe hat nach ihrer Aussage gar nichts im Hause - „als nur einen Krug Öl“. Öl ist zweifellos ein Sinnbild geistlicher Kraft. Öl war noch etwas im Hause vorhanden, aber nicht viel. Wie sollte sie damit den Schuldherrn befriedigen? Und diesem Unvermögen entspricht auch der innere Zustand des armen Weibes. Mit ihrer geistlichen Kraft ist es beinahe zu Ende. Ihr Blick ist auf die Umstände gerichtet. Schauen wir aber auf die Umstände, so muß Verzagtheit die Folge sein, die bis zu völliger Mutlosigkeit gehen kann. Betrachten wir dagegen die vom HErrn empfangenen Gaben, versuchen wir einmal, sie zu zählen, so werden wir gewißlich, mögen ihrer auch nur wenige sein, zum Singen und Jubeln gelangen. Die Antwort Der Witwe quittiert der Prophet mit einem

wunderbaren Rat. „Gehe hin, erbitte dir Gefäße von draußen, von allen deinen Nachbarn, leere Gefäße, nimm nicht wenige; und gehe hinein und schließe die Tür hinter dir und hinter deinen Söhnen zu, und gieße in alle diese Gefäße; und was voll ist, setze beiseite!“ (Vers 3 und 4.) Ein solcher Rat wird dem natürlichen Menschen nicht wunderbar, sondern töricht erscheinen, niemals aber einem gläubigen. Denn Elisa gab ihn im Namen Gottes. Auch das Weib fand an ihm nichts Törichtes und Unmögliches; denn sie war ein gläubiges Weib. Sie wußte, daß dieser Rat von Gott kam, noch mehr, sie wußte, daß Sein Befehl und Sein Gebot zugleich Seine Hilfe ist!

Nachbarn die leeren Gefäße geliehen hatte) von ihm (Elisa) weg und schloß die Tür hinten sich und hinter ihren Söhnen zu; diese reichten ihr, und sie goß ein. Und es geschah, als die Gefäße voll waren, da sprach sie zu ihrem Sohne: Reiche mir noch ein Gefäß! Aber er sprach zu ihr: Es ist kein Gefäß mehr da. Und das Öl stand.“ (Vers 5 und 6.) Der Glaube nimmt das Wort Gottes nicht „als Menschenwort auf, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort, das auch in uns, den Glaubenden, wirkt“. (1. Thess. 2,13.) Das Wort, das die Witwe aus dem Munde des Elisa empfangen hatte, war kein Menschen-, sondern ein Gotteswort gewesen. Deshalb nahm sie es auch als solches auf und verfuhr dementsprechend.

Der Glaube handelt wunderbar. Die Welt findet sein Tun seltsam; und dennoch gewinnt er den Sieg. Aber Glaube ist es, der zu solchem Handeln nötig ist, nicht Begeisterung. Diese wäre beim Leihen der Gefäße gewißlich verschwunden.

Dann schloß die Witwe hinter sich und ihren Söhnen die Tür zu. Hier handelte sie mit Gott allein, auch in Gegenwart ihrer Söhne. Sie handelte im Glauben, in Ruhe und Sicherheit. Ruhe und Sicherheit sind die bezeichnendsten Merkmale der Glaubenshandlungen. Und wer im Glauben an Gott und hinter verschlossenen Türen handelt, wer den Lärm der Straße nicht zwischen seinen Gott und sich treten läßt, der wird selber ein anderer. Er füllt seine Gefäße mit Heiligem Geist. Wir müssen nicht zu unseren Nachbarn gehen, um Gefäße zu leihen; denn wir besitzen schon unsere Gefäße. Es sind vor allem unser Herz, unser Sinn, unser Verstand, unser Gedächtnis, unser Leib. In unseren Herzen ist der Heilige Geist. Wir empfingen Ihn bei unserer Bekehrung. (Eph. 1,13.) Er wohnt in uns, und wenn wir uns Ihm unterwerfen, werden wir selbst

wunderbare Gefäße werden, erfüllt mit dem Heiligen Geist. Und wenn dann unser Herz erfüllt ist, so werden auch alle die anderen Gefäße erfüllt werden: Unser Sinn wird erfüllt sein, unser Verstand wird von Ihm beherrscht werden, unser Gedächtnis wird es verspüren, denn wir werden es freudig „anfüllen“ mit dem Worte Gottes. Wir werden unsere Leiber auf Gottes Altar legen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Schlachtopfer. (Röm. 12,1.) So wird unser Leben angepaßt und verwandelt werden nach dem Willen Gottes, Ihm zur Ehre und den Menschen zum Segen.

Weiterhin zeigt unsere Geschichte, daß wir auch gefüllt werden können mit einem

wunderbaren Reichtum, der sich nie erschöpft. „Aus Seiner Fülle haben wir empfangen.“ (Joh. 1,16.) Bei Gott ist kein Mangel, kein kärglich bemessener Segen. Betrachten wir dieses Weib! Es war so viel Öl vorhanden, daß sie fortwährend eingießen konnte. Das Öl wäre immerfort geflossen, wenn sie noch mehr leere Gefäße gehabt hätte. Vom Öl gab es kein „abgemessenes Maß“; aber es war Mangel an leeren Gefäßen. Auch bei uns ist oft Mangel an ausgeleerten Gefäßen; sonst würde der Geist Gottes sie alle erfüllen.

Wo es an Arbeit hinter verschlossenen Türen mangelt, da macht sich auch geistliche Dürre, Erschöpfung und Ermüdung geltend. Kein Wunder, daß wir dann in einem solchen Zustand auch unsere „Gläubiger“ nicht befriedigen können. Unsere Gläubiger (Schuldherren) sind Gott, die Gemeinde Gottes und die Völker; und weil diese so verschiedene Gläubiger sind, darum haben wir auch so

wunderbare Schulden. Gott schulden wir - uns selbst, der Gemeinde - Bruder- und Schwesternliebe, den Völkern - das Evangelium. Jenes Weib bezahlte den Gläubiger ; wir werden niemals unsere „Schulden“ bezahlen. Nie werden wir sagen können: „Genug! Ihr habt weiter keine Ansprüche mehr an uns zu stellen.“ Gott gegenüber werden wir immer Schuldner sein. Einander zu lieben, werden wir immer schuldig sein (Röm. 13,8), und der Welt werden wir - welch ein großes Vorrecht - immer das Evangelium schulden. Und wenn wir hinter verschlossener Tür unsere Gefäße füllen, so werden wir auch wirklich in unserem Sinn so verändert werden, daß wir vor Gott wohlgefällig wandeln und der Gemeinde wie der Welt zum Segen gereichen können. So werden wir wenigstens „teilweise“ unsere Schulden bezahlen.

Gefüllte Gefäße hinter verschlossener Tür sind aber dann auch ein Zeichen dafür, daß wir selbst keinen Hunger mehr zu haben brauchen; denn wir haben Nahrung genug. Der Geist Gottes leitet uns immer auf neue grüne Auen und öffnet uns den unerschöpflichen Reichtum des himmlischen Mannas. Dies sammeln wir ein in unsere Vorratskammer, das Gedächtnis. Gesegnete Gemeinde, wo dienende Brüder das Wort Gottes aus dem Gedächtnis anführen

können, wo sie imstande sind, im Verlauf der Rede das zu sagen, „was geschrieben steht“.

Der HErr war stets ein gefülltes Gefäß. Bei Ihm waren die Quellen lebendigen Wassers. Er Selbst war das Brot des Lebens. Er konnte stets rufen: „Wenn jemand dürstet, so komme er zu Mir und trinke“ (Joh. 7,37), und: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu Mir kommt, wird nicht hungern, und wer an Mich glaubt, wird nimmermehr dürsten.“ (Joh. 6,35.)

„HErr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte ewigen Lebens!“ (Joh. 6,68.) Ja, Du hast sie, denn Du bist ihr Quell und ihr Ursprung.

Diese Wahrheit gilt noch heute und bleibt in alle Ewigkeit. O daß wir täglich zu Ihm kommen möchten - hinter verschlossener Tür! Und daß wir aus dem Gefäße, das uns immer zur Verfügung steht, alle unsere leeren, ausgeleerten Gefäße füllen wollten! Ja, laßt sie uns ausleeren von allem Fleischlichen und Weltlichen, damit alles von Ihm hereinströme - alles Himmlische und Ewige!

F. J. Kresina.

Mein letzter Plan

Ich hab mir oft den Kopf verwirrt

Mit immer neuen Plänen,

Da bin ich denn umhergeirrt

und kam zu bitt'ren Tränen.

Ich macht' mir nur das Leben schwer,

Denn nimmer wollt's gelingen.

Ein andrer kam mir in die Quer',

Da half mir nichts mein Zwingen.

Da faßt ich nun noch einen Plan,

Der ging nicht in die Weite,

Ich sprach zu Gott, dem HErrn: „Wohlan,

Auf Schritt und Tritt mich leite!“

Nun ging's hinab und ging's hinauf

Gar ungewohnte Wege,

Doch aber kam zum Ziel mein Lauf

Bei Seiner treuen Pflege.

So bin ich denn gar sehr vergnügt

Ob meinem letzten Plane,

Weil mich mein Herz nicht mehr betrügt

Mit seinem Trotz und Wahne.

*

Geistliche Trägheit

(Spr. 15,19)

Erkenntnis ist nicht Glaube, und Grundsätze sind nicht Kraft. Das erste kann das zweite nicht ersetzen, wie sehr auch der Heilige Geist Erkenntnis und richtige Grundsätze zu unserer Leitung

und Segnung gebrauchen mag. Wenn nicht Glaube und geistliche Kraft sich mit ihnen verbinden, helfen sie nur einen Zustand herbeiführen, den wir wie kaum etwas anderes zu fürchten haben. Wie verhängnisvoll ist es z. B., wenn jemand sich seiner Grundsätze, seiner Prinzipien rühmt, während ihm die Verherrlichung des Herrn Jesus und das Halten Seiner Gebote wenig am Herzen liegen!

Wohl ist es wahr, daß viele Kinder Gottes Schaden an ihren Seelen leiden durch einen Mangel an Verständnis über die in der Schrift geoffenbarten Gedanken Gottes. Aber das ist nicht die Ursache des lahmen Zustandes, in welchem sich so manche Gläubige heute befinden. Sie liegt anderswo.

Die Briefe der Apostel zeigen uns fast ausnahmslos, daß nicht die Erkenntnis der Heiligen es war, was die Aufmerksamkeit der Schreiber zunächst beschäftigte, sondern vielmehr ihr praktischer Zustand hinsichtlich „Glaube“, „Liebe“ und „Hoffnung“. Erst in zweiter Linie folgen Belehrungen, Ermahnungen, Warnungen usw. So sagt Paulus im Eingang seines ersten Briefes an die Thessalonicher: „Wir danken Gott allezeit für euch alle, indem wir euer erwähnen in unseren Gebeten, unablässig eingedenk eures Werkes des Glaubens und der Bemühung der Liebe und des Ausharrens der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus.“ Und im Anfang des zweiten Briefes lesen wir: „Wir sind schuldig, Brüder, Gott allezeit für euch zu danken, wie es billig ist, weil euer Glaube überaus wächst und die Liebe jedes einzelnen von euch allen gegeneinander überströmend ist.“ Dann erst folgen in beiden Briefen Belehrungen zur Förderung in der Erkenntnis der Wahrheit Gottes. Im Epheserbrief sagt Paulus: „Weshalb auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben an den Herrn Jesus, der in euch ist, und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, nicht aufhöre, für euch zu danken.“ Danach erst bittet er, daß der Vater der Herrlichkeit ihnen den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis Seiner Selbst geben möge, auf daß sie wissen möchten, welches die Hoffnung Seiner Berufung sei usw. (Eph. 1,15-23.) Schon aus diesen beiden Stellen ersehen wir, wie sehr diejenigen irren, die auf Erkenntnis mehr Gewicht legen als auf Glaube, Liebe und Hoffnung.

In dem Briefe an die Kolosser sagt der gleiche Apostel: „Wir danken dem Gott und Vater

unseres Herrn Jesus Christus allezeit, indem wir für euch beten, nachdem wir gehört haben von eurem Glauben in Christo Jesu und der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, wegen der Hoffnung, die für euch aufgehoben ist in den Himmeln.“ Und in Verbindung damit bittet er für sie, daß sie „erfüllt sein möchten mit der Erkenntnis Seines Willens in aller Weisheit und geistlichem Verständnis“. (Kap. 1,3-5.9.) Auch hat er einen großen Kampf um sie, daß sie nicht zurückbleiben möchten in der Erkenntnis des Geheimnisses Gottes, und er bemüht sich, sie frei zu machen von dem Einfluß menschlicher Philosophie und jüdischer Überlieferung. Eine Vernunftreligion auf der einen und eine Religion äußerer Formen auf der anderen Seite drohten ihren Glauben zu untergraben. Als Vollendete in Christus Jesus aber, und indem sie Ihn als das Haupt Seines Leibes festhielten, sollten sie befreit werden von den Einflüssen beider.

Ohne diesen interessanten Gegenstand in den apostolischen Schriften hier weiter zu verfolgen, möchten wir jetzt fragen, ob der laodicäische Zustand, der dem HErrn so widerwärtig ist (vgl. Offenb. 3,16), nicht deutlich als die Folge geistlicher Trägheit in unseren Tagen wahrzunehmen ist. Ist das aber der Fall, so haben wir uns weiter zu fragen, inwieweit wir selbst an diesem Zustand teilhaben. In den Briefen der Apostel werden wir immer wieder zum Fleiß ermahnt und vor Trägheit gewarnt. Wir werden aufgefordert, „allen Fleiß“ anzuwenden, um in unserem Glauben die Tugend, in der Tugend die Erkenntnis, in der Erkenntnis die Enthaltsamkeit, das Ausharren, die Gottseligkeit, die Bruderliebe und endlich die Liebe darzureichen. Auf diese Weise werden wir weder träge noch fruchtleer dastehen bezüglich der Erkenntnis unseres Herrn Jesus Christus. Wo aber diese Dinge nicht vorhanden sind, da ist man blind, kurzsichtig und hat die Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen. Und der Hebräerbrief ermahnt „einen jeden“ von uns, „denselben Fleiß zu beweisen zur vollen Gewißheit der Hoffnung bis ans Ende“; denn der Genuß unserer „Hoffnung“ steht in Verbindung mit unserem Fleiß im Dienst, ja, mit einem dem HErrn wohlgefälligen Wandel überhaupt. (2. Petr. 1,5-11; Hebr. 6,11.12.) Glücklich deshalb alle, deren Herzen vor Gott geübt sind in bezug auf ihr Wachstum in Glaube, Liebe und Hoffnung!

Eins der ersten Anzeichen, daß innerlich bei dem Gläubigen etwas nicht in Ordnung ist, ist wohl, daß er anfängt, sich vor sich selbst zu entschuldigen, wenn sein Fleiß und seine Hingabe für den

HErrn nachlassen. Man hört ihn von Schwierigkeiten reden, die früher nicht für ihn bestanden, von Gefahren, die er früher nicht kannte. Es ist auch leicht genug, Entschuldigungsgründe für diese oder jene Nachlässigkeit zu finden, denn „wegen des Winters mag der Faule nicht pflügen“, und wegen des „Brüllers auf dem Wege, eines Löwen inmitten der Straßen“, hält er es für geratener, zu Hause zu bleiben. (Spr. 20,4; 26,13.) Es ist nicht schwer, Hindernisse für einen selbstlosen, hingebenden, Gott verherrlichenden Dienst zu entdecken, und wenn dieser Neigung nachgegeben wird, findet sich gar bald ein bequemerer Weg, auf dem man wandeln kann. Das Wort, daß es uns „in bezug auf Christus geschenkt worden ist, nicht allein an Ihn zu glauben, sondern auch für Ihn zu leiden“, übt bei einem solchen Seelenzustand wenig Einfluß mehr aus, und man kommt sehr bald dahin, an zeitliche Vorteile oder Bequemlichkeiten in dieser Welt zu denken. Ehe man sich's versieht, werden die Pfade göttlicher Weisheit, die doch so voll Lieblichkeit und Frieden sind, verlassen, und die Seele wird matt und dürr. „Hat der Faule seine Hand in die Schüssel gesteckt, beschwerlich wird es ihm, sie zu seinem Munde zurückzubringen.“ (Spr. 26,15; 19,24.)

Solch geistlich träge Seelen haben nicht nur ihre erste Liebe verlassen, sondern wenden sich auch nach und nach von denen ab, die Gottes Wahrheit festzuhalten begehren. Ein Schlafzustand hat sich ihrer bemächtigt; sie bewegen sich in geistlicher Beziehung nur noch mechanisch und gewohnheitsmäßig, „wie die Tür sich dreht in den Angeln“. Sie gleichen einem schlaftrunkenen Menschen, der sich nicht mehr bewegen mag. Obwohl er alles bemerkt, was um ihn her vorgeht, hat er doch nicht die Energie, sich aufzuraffen. Und trotz all dieser Schwäche und Gleichgültigkeit ist dennoch sehr oft „der Faule weiser in seinen Augen als sieben, die verständig antworten“. (Spr. 26,16.) Schrecklicher Zustand, wenn die Seele nur noch Wünsche, aber weder Kraft noch Freude mehr hat, so daß sich das Wort erfüllt: „Die Seele des Faulen begehrt, und nichts ist da“ - „denn seine Hände weigern sich, zu arbeiten.“ (Spr. 13,4; 21,25.)

Ein anderes Zeichen des Lässigen ist, daß er „sein Wild nicht erjagt“ oder, wie andere übersetzen: „nicht brät“. (Spr. 12,27.) Zu weit oder beschwerlich dünkt ihm der Weg zur Versammlung, zu den Betrachtungen des Wortes Gottes, zum Erjagen der doch so

wohlschmeckenden und uns so nötigen Speise. Zu groß erscheint ihm seine Müdigkeit an den Werktags-Abenden (wirklich berechtigte Fälle werden hierdurch natürlich nicht berührt), und leicht hören wir ihn sagen, es habe ja doch keinen Zweck, in die Versammlung zu gehen oder sich persönlich näher mit der Erforschung des Wortes zu befassen. Wie vieles bleibt da unerjagt, ungebraten, was Freude und Kraft bringen würde! Und wie mancher wurde je und je in den Reihen der Gläubigen gefunden, der das „Erjagen seines Wildes“ am Morgen nur selten oder fast nie übte, weder durch das Lesen des Wortes Gottes noch durch das Gebet - zwei Dinge, die doch so eng miteinander verbunden sind!

Lieber Bruder, liebe Schwester, laß dich warnen! Es gilt Schätze zu sammeln für den inwendigen Menschen, Kraft für die Aufgaben des Tages. Wir begegnen Mühen, Nöten, Entscheidungen, dunklen Stunden. Versuchungen zur Sünde, zum Zorn, zur Aufregung, zur Begehrlichkeit und zu vielen anderen Dingen liegen auf dem Wege. Es gibt Lasten zu tragen, Enttäuschungen in den Kauf zu nehmen, Ruhe und Würde zu bewahren, Kränkungen und Verleumdungen über sich ergehen zu lassen und in noch vielen anderen Dingen, sonderlich in der Ausübung der Liebe, geübt und bewährt erfunden zu werden. Woher Kraft, woher Gnade zu alle dem nehmen, wenn das Wild nicht erjagt oder nicht gebraten wird? Denn der Lässige mag sich wohl noch mit den Gläubigen versammeln, auch die Wirkung des mit Frische und Kraft verkündigten Wortes Gottes verspüren, aber, sich selbst überlassen, nehmen die irdischen Dinge ihn wieder so völlig ein, daß er das Gehörte bald wieder vergißt. Wie wenn jemand sich nicht die Mühe nimmt, sein Wildbret zu braten, so bleibt auch für ihn die gehörte Wahrheit nutzlos, weil er zu lässig ist, über sie nachzudenken und sie auf das praktische Leben anzuwenden.

Bezeichnet das nicht den Zustand mancher Gläubigen in unseren Tagen? Das Wort zu lesen oder zu hören ist eine Sache, aber darüber „zu sinnen Tag und Nacht“, zum Nutzen für unsere Seele, ist eine zweite. Die nach dem Gesetz reinen Tiere nahmen nicht nur Speise zu sich, sondern wiederkäuten auch - ein Bild davon, wie das, was unserer Seelen Speise ist, sorgsam verdaut werden muß zur Erhaltung unserer geistlichen Kraft in einem entsprechenden Wandel. (3. Mos. 11,3.)

(Schluß folgt.)

Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Hannas Gebet

(Kap. 1,1-18.)

Das Buch Samuel könnte man mit gleichem Recht als 1. Buch der Könige bezeichnen. Samuel, der Prophet, stirbt bereits in der zweiten Hälfte des 1. Buches Samuel. Doch spielt die Geschichte seines Lebens am Anfang des Buches die Hauptrolle. Daher wurde wohl der Name gewählt. Der Stammbaum Samuels ist in 1. Chron. 6,26-28.33 zu finden. Er war ein Levit, ein Nachkomme Kehaths, der einer der drei Söhne Levis war. Die Kehathiter hatten das Vorrecht, die Bundeslade und die heiligen Geräte der Stiftshütte tragen zu dürfen. (4. Mos. 4,15.) In 1. Chron. 6,33 lesen wir: „Diese sind es, die da standen, und ihre Söhne.“ Die Mithilfe der Söhne im Dienst scheint also Sitte gewesen zu sein. Der Knabe Samuel war daher keine außergewöhnliche Erscheinung.

Gleich zu Beginn der Geschichte Samuels tun wir einen Blick in den Jammer der Vielweiberei. Eifersucht, Neid und Bitterkeit entstehen im Hause Elkanas und seiner beiden Frauen. Hanna (Gnade) und Peninna (Koralle) machten sich gegenseitig unglücklich. (V. 6 u. 7.) Gott hat der Sitte der Vielweiberei nicht durch ein klares Gebot ein Ende gemacht. Aber der Herr Jesus hat gesagt: „Von Anfang ist es nicht also gewesen.“ (Matth. 19,4-8.) In den heiligen Schriften wird von dem Elend dieser Sitte erzählt. Im Neuen Testament sehen wir die Vielweiberei ebenso wie die Sklaverei allmählich ein Ende nehmen.

Hannas stilles Gebet.- Ihr Herz betet, ihre Lippen bewegen sich unwillkürlich, aber keine Stimme wird gehört. Zu allen Zeiten hat es den betrübten Gläubigen gedrängt, die Gefühle seiner Seele im Gebet auszudrücken. Gott hörte und erhörte das Gebet der Not. Elis Verhalten ist eine Warnung für alle, die rasch zu einem abfälligen Urteil bereit sind. Es wäre besser gewesen, wenn Eli sich an jenem Tage nicht eingemischt hätte. Hinterher versuchte er sein Unrecht wieder gutzumachen durch die Worte: „Gehe hin in Frieden; und der Gott Israels gewähre deine Bitte, die du von Ihm erbeten hast!“ Wahrscheinlich wußte er nicht, um was Hanna eigentlich gebetet hatte, und noch weniger, daß die Erhörung ihrer Bitte ihm den Beistand und Nachfolger im Amt bringen würde.

Zum Nachdenken:

Der Knecht Gottes braucht den Tiefblick liebenden Verstehens im Umgang mit Menschen, die betrübten Herzens sind.

Der Knabe Samuel wird dem HErrn geweiht.

(Kap. 1,19-28.)

Wie schwer muß es Hanna geworden sein, ihren einzigen kleinen Sohn in der Stiftshütte zu Silo zurückzulassen. Wie heiß hatte sie sich nach dem Kinde gesehnt; wie freudig hatte sie sein Erscheinen begrüßt, wie zärtlich hatte sie seine früheste Kindheit umhegt! Aber das Gelübde, das sie getan hatte, war aufrichtig gewesen. Als sie damals im Gebet den Knaben Gott geweiht, hatte sie ihn tatsächlich dem HErrn hingegeben. Das Gebirge Ephraim, wo Hanna wohnte, lag fern von Silo. Wahrscheinlich konnte sie ihren Jungen nur einmal im Jahr besuchen. (Vgl. Kap. 2,19.) Da Samuel ihr erstgeborener Sohn war, mußte sie ihn mit einem Lamm lösen. (2. Mos. 13,13.) Der Farre (V. 25) diente wahrscheinlich als Brandopfer. Er war ein freiwilliges Dankopfer als Zeichen der Hingabe und Dankbarkeit. Die beiden anderen Farren (V. 24) waren vielleicht ein Geschenk für Eli. Aus diesen Opfergaben sehen wir, daß Elkana ein vermögender Mann war und daß Hanna ein freigebiges Herz besaß.

Drei Dinge scheinen mir hier beachtenswert:

1. Segen ruht auf dem Kind, das von Herzen dem HErrn geweiht ist. Manche gläubigen Eltern weihen ihre Kinder dem HErrn und sehen verlangend der Stunde ihrer Bekehrung entgegen, der Stunde, wo ihnen Gott begegnet und ihr Ohr sich für Seine Stimme öffnet. (Vgl. Kap. 3,7-10.) Nichts wünschen solche Eltern sehnlicher, als daß ihre Kinder wahre Knechte Gottes werden.

2. Gelübde müssen weislich überdacht und auf alle Falle gehalten werden. In Prediger 5,4-6 lesen wir: „Wenn du Gott ein Gelübde tust, so säume nicht, es zu bezahlen; denn Er hat kein Gefallen an den Toren. Was du gelobst, bezahle. Besser, daß du nicht gelobst, als daß du gelobst und nicht bezahlst.“ Solche Eltern müssen sich darüber klar sein, daß es sie unter Umständen manches Opfer, manchen Verzicht kostet, ihr Kind in der Furcht des HErrn zu erziehen.

3. Dem Glauben und Vertrauen wird Freude folgen. Wie glücklich muß Hannas Herz gewesen sein, als sie erfuhr, daß Gott mit ihrem Kind geredet hatte, daß Samuel Gottes Ruf geantwortet hatte! Später schenkte ihr Gott noch drei Söhne und zwei Töchter. (Kap. 2,21.) So reichlich belohnte Er ihr gläubiges Vertrauen. „Ein Erbteil Jehovas sind Söhne, eine Belohnung die Leibesfrucht.“ (Ps. 127,3.)

Zum Nachdenken:

Die Mütter, die in späterer Zeit ihre Kinder zu Jesus brachten, waren gleichen Geistes wie Hanna.

Hannas Lobgesang

(Kap. 2,1-11.)

Der Gesang Hannas erinnert uns an das Loblied Marias über die zukünftige Geburt eines

Größeren als Samuel. (Lies Luk. 1,46-55.) Beide Lieder preisen Gott wegen Seiner Gnade, die Er Niedrigen erzeigt. Sie loben Ihn, weil Er Mächtige demütigt und „das Horn Seines Gesalbten erhöht“. Zum erstenmal in der ganzen Heiligen Schrift begegnet uns hier der Ausdruck „Sein Gesalbter“. Sein Gesalbter, „Christus“, kommt später oft vor. Hanna braucht zum erstenmal diese herrliche Anrede.

Der Mann Gottes, der Eli den vernichtenden Vorwurf wegen seiner Söhne machen muß (V. 27ff.), wendet in demselben Kapitel den gleichen Ausdruck an. Er kündet das Kommen eines treuen Priesters, der „vor meinem Gesalbten wandeln wird alle Tage“. (V. 35.) Der Ausdruck „der Gesalbte Jehovas“ galt auch von Königen und Priestern, die mit dem heiligen Öl gesalbt worden waren. (Vgl. z. B. Kap. 24,7; 26,11.16.23.) Die Propheten gebrauchten den gleichen Ausdruck im Blick auf Christus, den Messias, der kommen sollte, den Herrn Christus. In Psalm 2,2 lesen wir: „Die Fürsten der Erde ratschlagen miteinander wider Jehova und wider Seinen Gesalbten.“ Diese Stelle wird in Apgesch. 4,26 ausdrücklich auf den Herrn Jesus bezogen.

Auch Hanna schaute im Geist den kommenden Christus. Sie heißt Ihn „Seinen König“ (V. 10), was uns wieder an den 2. Psalm erinnert: „Habe doch Ich Meinen König gesalbt auf Zion, Meinem heiligen Berge.“

Hanna freute sich nicht nur über ihren eigenen ersehnten Sohn. Sie freute sich im HErrn. Über der Dankbarkeit, die sie dem Geber schuldete, vergaß sie die Gabe - das ist wahre Anbetung. Sie frohlockte in der Gnade Gottes, die sie erfahren hatte, und sang deshalb: „Keiner ist heilig wie Jehova, denn keiner ist außer Dir; und kein Fels ist wie unser Gott.“

Zum Nachdenken:

Wer in Wahrheit anbetet, vergißt sich selbst über der Größe Dessen, den er anbetet.

*

Frage und Antwort

Frage 12

„Der zweite Jesaja.“ Welche sind wohl die Gründe, diese Auffassung zurückzuweisen, bzw. nachzuweisen, daß nur eine Person der Verfasser des Buches Jesaja ist? Ist der Stil, Aufbau usw. der Kapitel 36 bis Schluß wohl der gleiche wie in Kapitel 1-35? Wie erklärt sich die buchstäbliche Nennung des Namens Kores in Kap. 44,28 und 46,1? Er lebte doch um 550 v. Chr., wohingegen Jesaja schon um 700 v. Chr., also 160 Jahre früher, lebte?

Antwort

a) Der einleuchtendste Grund zur Zurückweisung, der jedem Einfältigen genügt, ist das Zeugnis des HErrn und Seiner Apostel in den Anführungen, die sie aus den Kapiteln 40 bis 66 so gut wie aus den Kapiteln 1 bis 35 machen.

Aus Kap. 1 bis 35 stammen 21 Anführungen; bei 9 steht ausdrücklich, sie seien von Jesaja.

Aus Kap. 40 bis 66 stammen 34; bei 10 steht ausdrücklich, sie seien von Jesaja.

Ich habe die Stellen alle selber nachgeschlagen. Die Aufstellung ergab, daß in den Evangelien 7 Anführungen aus Teil 1 stammen, 5 davon mit Angabe seines Namens, und daß 14 aus Teil 2 stammen, 8 davon unter Nennung seines Namens. Es gibt auch Handschriften (und Übersetzungen), welche in Mark. 1,2 nicht Jesaja nennen, sondern sagen: „in den Propheten“. (Die Anführung V. 2b ist aus Mal. 3,1, die V. 3 aus Jes. 40,3.) - In der Apostelgeschichte findet sich 1 Anführung aus Teil 1 mit Nennung seines Namens und 4 aus Teil 2 ohne Nennung seines Namens. - Der Römerbrief weist 4 Anführungen aus Teil 1 auf, davon 3 mit Nennung seines Namens, und 9 aus Teil 2 mit 2 Nennungen seines Namens. - In den übrigen Briefen kommen 9 Anführungen aus Teil 1 und 7 aus Teil 2 vor; beide Male wird sein Name nicht genannt.

Ist das Neue Testament inspiriertes Wort Gottes? Wenn „ja“, dann ist damit allein schon die Frage dahin entschieden, daß ein und dieselbe Person, nämlich eben Jesaja, der Verfasser des

ganzen Buches ist.

b) Zur Frage „buchstäbliche Nennung des Namens Kores 150 Jahre, ehe er lebte“, die Gegenfrage: Wie erklärt sich die Nennung des Namens „Josia“ 350 Jahre, bevor er lebte, 1. Kön. 13,2 und 2. Kön. 23,16? Wie erklären sich die vielen, vielen Voraussagungen zukünftiger Geschehnisse im ganzen Worte Gottes, nicht zum wenigsten in Jesaja? Ist es nicht, weil es bei dem ewigen, allwissenden Gott, uns Menschen unbegreiflich, keine Vergangenheit und keine Zukunft gibt, sondern nur ein stets gegenwärtiges „Jetzt“, und Er dementsprechend durch Seinen Geist die Propheten so und so reden ließ? Fragt Er nicht darum uns, die Erdenwürmer: „Und wem wollt ihr Gott vergleichen?“ (Jes. 40,18.)

c) Über Stil, Aufbau usw. in Jesaja Teil 1 und Teil 2: Wir werden am meisten Nutzen haben, wenn wir zuerst das Positive feststellen und dann das Negative daran messen.

Der Aufbau ist: Jeder der beiden Teile ist in drei Hauptteile untergeteilt. Teil 1: Kap. 1-12; 13-27; 28-35. Die Kap. 36-39 sind als geschichtliches Zwischenspiel das Bindeglied zwischen Teil 1 und 2, aus dem (d. i. diesem Bindeglied) im Neuen Testament keine Anführungen vorkommen. Teil 2: Kap. 40-48; 49-57; 58-66.

Als ich vor 25 Jahren unter Zuhilfenahme einer von mir vorgenommenen Gliederung des Buches, sprachlicher Hilfsmittel und unter Vergleich der negativen Kritik rationalistischer Gelehrter den Propheten studierte, ging mir zum erstenmal die Großartigkeit seines Stils und des Aufbaues seines Buches, das ich doch vorher schon geschätzt hatte, auf. Wie verächtlich, ja empörend fand ich das Gefasel der Professoren, die sich anmaßen, es zu sezieren und von Kap. 40-66 zu sagen, ein anderer habe sie geschrieben. Nicht einmal alles in den ersten 35 Kapiteln darf er selbst geschrieben haben, beileibe nicht auch Kap. 36-39 nicht! Denn es stimmt nicht genau mit dem Bericht in 2. Könige überein, und die „Aufzeichnung Hiskias“ hat der unbekannte Verfasser aus irgendeiner Psalmensammlung entlehnt!

Unter dem gewaltigen Eindruck der Kapitel 36-39 schrieb ich damals in mein Studienheft dem Sinne nach:

„Jesaja wollte nur das geschichtlich unumgänglich Nötige geben, weil er einen bestimmten Zweck verfolgt. In den vorangegangenen Kapiteln finden wir die äußere GeschichteIsraels, die Gerichte, die das Volk, die Nationen, die ganze Welt, selbst die Heerscharen in der Höhe und die Himmel treffen werden. Das Wenige, was vergangenem Geschehen gleicht, ist nur als Ausgangspunkt gegeben für angekündigte zukünftige Ereignisse. Deshalb die Einschaltung dessen in Kürze, was sich geschichtlich zur Zeit Jesajas zugetragen hat. In dem, was Gott zugunsten Seines geliebten Hiskia getan hat, können wir eine Bürgschaft dafür sehen, daß Er zu Seiner Zeit auch das übrige tun wird. - Wer Ihm vertraut, wird nie beschämt. Aber die äußere Befreiung ist nicht alles; die Geliebten Gottes (der Überrest) müssen die Erfahrung machen, daß innerliche, tiefgehende Veränderung erfolgen muß. Sie, die Leben und Segnung auf der Erde erhoffen, werden in der großen Drangsal nahezu eine Beute des Todes werden. Dann werden sie mit bitterer Seele und aufrichtigem Herzen zu Ihm schreien. (S. Psalmen!) Und Er wird sie erhören. Ihre Errettung wird wie eine Totenauferstehung sein. In diesem neuen Leben (während des Tausendjahrreiches) werden sie die Erinnerung an ihre Todesnöte und Seine Errettung bewahren, werden Ihn in Seinem Hause in Jerusalem preisen und ihre Kinder unterweisen, Ihn zu preisen, indem sie ihnen von Gottes Großtaten erzählen. (S. Ps. 22,21! Jes. 38,17-20.) - Wir Christen können hier sehen, daß, wenn Sein Israel im letzten Augenblick nicht eine Beute des Todes wird, dies daher kommt, daß ihr Messias, Gottes Sohn, für sie, wie auch für uns, den Sühnungstod erlitt. - Die Erwähnung des Fehltrittes Hiskias gelegentlich der Gesandtschaft des Königs von Babel und des angedrohten Gerichts soll zu verstehen geben, daß Babel, wohin Juda in Gefangenschaft kommen sollte, einen großen Raum in der Auseinandersetzung einnimmt, die Gott mit Seinem Israel hat. Davon berichtet uns Jesaja im weiterhin folgenden (Kap. 40-48).“

Die geschichtliche Einschaltung der Kapitel 36-39 ist also eine Notwendigkeit für die nun auf ein anderes Geleise geschobene Fortsetzung der Mitteilungen Jehovas.

Wenn eine einschneidende Umstellung auf Eigenartiges stattfindet, warum es nicht für selbstverständlich halten, daß Stil und Wortschatz in diesem und jenem ein wenig anders getönt

sind? Wenn an einem Harmonium unterschiedliche Register gezogen werden, also andere Tonarten ertönen, ist es deswegen nicht dasselbe Harmonium? Und ist der Prophet nicht genau so das Instrument in der Hand des Geistes Gottes?

Ich führe an aus „Einleitung in das Alte Testament ... mit eingehender Angabe der Literatur, von Dr. Herm. Strack, a. o. Prof. der Theologie ... 5. Aufl. 1898“ (Sämtliche Größen des vorigen Jahrhunderts der die Bibel zerfetzenden Kritik kommen darin zu Wort):

„Dafür, daß die Kapitel 40-66 des kanonischen Jesajabuches von Jesaja verfaßt seien, gibt es kein äußeres Zeugnis, denn die Kapitel 36-39 sind ein nicht von Jesaja herrührender, sondern aus Könige herübergenommener, historischer Anhang zu Jes. 1-35 ... Der Wortschatz zeugt für einen anderen Autor als Jesaja: bachar: erwählen; hillel: preisen; thehilla: Preis; chephez: Belieben, Vorhaben; pazach: (in Jubel) ausbrechen; zamach: sprossen;

razon: Wohlgefallen; ßuß: sich freuen, und viele andere Wörter kommen in anerkannten Jesajastücken nicht vor.“

Was anerkannte Jesajastellen der Kap. 1-35 seien, das entscheiden aber die Herren Kritiker. Also hat es gar keinen Wert, was sie uns weismachen wollen. Zudem gibt Prof. Strack von einigen der genannten Wörter selber Stellen aus Kap. 1-35 an, wo sie stehen.

Warum kehren die Herren den Stiel nicht um und sagen: Die und die bemerkenswerten Ausdrücke finden sich sowohl in Teil 1 als in Teil 2, also beweist das die Autorschaft eines Verfassers? Ich nenne den auffallenden Ausdruck: „Jehova, der Heilige Israels“, oder: „Sein Heiliger.“ Ich selbst habe ihn bei oberflächlichem Durchsehen zweimal in Teil 1 und neunmal in Teil 2 gefunden. Warum soll in Teil 1 z. B. „in Jubel ausbrechen“ stehen, wenn kein Anlaß dazu vorhanden ist?

Prof. Strack fährt fort: „Der Begriffsinhalt mancher Wörter spricht für einen späteren Autor; ebed Jehova („Knecht Jehovas“); zedek und zedakah („Gerechtigkeit“) als Synonym von jeschua („Heil“); zadaq: wahr sein, recht haben.“ So geht es weiter.

Und doch führt der Professor in Klammern selber an, daß „Knecht Jehovas“, für Israel gebraucht, ebenso in Jer. 30,10 steht. Und daß zedakah und jeschua (Gerechtigkeit und Heil) oft denselben Begriff in sich schließen, liegt in der Schrift offen zutage für den, der auch Hebräisch kann. Und ebenso gelehrte, aber gläubige Theologen überführen diese Herren des Unsinns. Ihre Stimme verhallte aber seinerzeit ungehört. Ich führe an aus „Eine Schutzschrift wider modern-kritisches Unwesen. Von Adolf Zahn, Dr. der Theologie. 1890“:

„Man versuchte einen Durchbruch durch den Wahn des Unglaubens. Er wurzelte zu tief. Bald besetzte wieder die Kritik die akademischen Lehrstühle ... und als Wellhausen in kühnem Übermut im Alten Testament alles auf den Kopf stellte, begann ein Taumel der Verwirrung ... Jede Bemühung von apologetischer (Verteidigungs-) Seite wurde mit hämischem Spott übergossen oder totgeschwiegen ...“

Noch einmal Strack über Teil 2 des Jesaja: „Da nun der Verfasser das babylonische Exil nicht weissagt, sondern voraussetzt, und da diejenigen, zu denen er redet, ersichtlich während des babylonischen Exils Lebende sind, ist die Zeit dieses Exils auch als die Zeit der Abfassung dieses Trostbuches anzusehen ...“

Dem stellte der Schwede Myrberg (von Dr. Zahn angeführt) gegenüber: „Was sind nun das für Weissagungen, die zugleich mit ihrem Auftreten sich erfüllen? Läge darin ein Beweis, daß Jehova Gott ist, wenn der Prophet ein Zeitgenosse des Cyrus war? Gewiß nicht. Dann wäre unser Kapitel (48) rhetorische Spielerei ...“

Einer der ganz Großen unter den rationalistischen Theologen des vorigen Jahrhunderts, Prof. Dr. Ewald in Göttingen, 1803 bis 1875, spendet dem Stil, der Sprache, dem Gedankenreichtum, der Ausdrucksweise, der Anpassungsfähigkeit, der Feierlichkeit der Rede, der Dichtkunst usw. des Jesaja das überschwänglichste Lob. Jesaja ist ihm der König unter den Propheten. Er belegt sein Urteil mit Stellen. Merkwürdigerweise führt er aber Kap. 13, den größten Teil von Kap. 14 und 21 und besonders Teil 2, Kap. 40-66, die doch die edelsten und erhabensten Abschnitte des Propheten sind, nicht an. Der Grund ist: Wenn sie von Jesaja sind, so sind die Voraussagungen

als solche bestätigt, die Weissagung wird Tatsache, und der Rationalismus (Vernunftglaube) muß dem Glauben Platz machen. Das will eben der Unglaube nicht.

„Die Kritik hat einen dämonischen Charakter ... Die ganze alttestamentliche Geschichte, die unser HErr und Meister überall so aufgefaßt hat, wie sie sich selbst gibt, wird zur Täuschung späterer Verfasser gemacht ... die Heilige Schrift in Fetzen gerissen im wörtlichen Sinne ...“ (Dr. Zahn in der Vorrede zu seiner Schutzschrift.)

Diese geistliche Verirrung kommt daher, daß die grundlegenden Beziehungen des Herzens zu Gott nicht richtig sind; daß Furcht und Ehrfurcht vor Seiner Majestät fehlen; nicht zu reden vom Mangel an Vertrauen in Seine Liebe; daß Licht und Finsternis nicht unterschieden und sorgsam getrennt gehalten werden.

Jeder Leser lasse sich warnen!

Adelphos.

Die Kraft des göttlichen Wortes

Aus Deinem Wort ergießt die Wahrheit

Ihr Licht in ungetrübter Klarheit

Weit durch die Welt als hellen Strom;

So strahlt, der Kreatur zur Wonne,

Nach langer Winternacht die Sonne

Hell leuchtend an des Himmels Dom.

Aus Deinem Worte flutet Segen

Erquicklich wie ein milder Regen,

Der aus dem Schlaf die Erde weckt,

Daß ihre Quellen rauschend fließen,

Und ihre Saaten fröhlich sprießen,

Ihr Schoß mit Blüten sich bedeckt.

Auch ruht Dein Wort als Wetterwolke

Oft drohend über allem Volke;

Die Blitze sprühn, der Sturm erwacht;

Es brennt, was Stoppel ist, zusammen,

Doch unversehrt geht aus den Flammen

Das Gold hervor in lautrer Pracht.

(Julius Sturm)

 

„Die Erkenntnis bläht auf“

(1. Kor. 8,1)

Wir kennen es alle, das Wort des Apostels Paulus: „Die Erkenntnis bläht auf, die Liebe aber erbaut.“ Es ist eine Waffe geworden in rechten und unrechten Händen, am richtigen und am falschen Fleck, zum Nutzen wie zum Schaden.

„Die Erkenntnis bläht auf.“ Schnell erklärt man, müde geworden durch die vielen einander

seiner Erkenntnis Abstand zu nehmen und sich allein der praktischen Betätigung christlicher Liebe zu widmen. „Die Liebe aber erbaut“ - seht, da steht es ja! Und indem man so redet, ist zugleich, mehr oder weniger bewußt, das Urteil gesprochen über alle, die sich durch den Geist Gottes gern immer tiefer in Sein Wort und Seine Wahrheiten einführen lassen wollen.

Wozu hat uns denn dann Gott Sein Wort gegeben und bis auf den heutigen Tag aufbewahrt? Damit wir es als ein Buch mit sieben Siegeln betrachten? Merken wir nicht, daß sich hinter solchen Worten, wie ich sie eben anführte, ein großer Mangel an Vertrauen gegen Gott verbirgt und - auch ein wenig Oberflächlichkeit und Trägheit? Spüren wir nicht den Triumph des Feindes? Endlich hat das liebe Ich - ich will einmal ganz deutlich reden - eine Entschuldigung gefunden für die heute außerordentlich große Vernachlässigung des Wortes Gottes. Man gleicht eben in unserer ablenkungsreichen Zeit soviel lieber dem Schmetterling als der Biene. Beide lieben die Süßigkeit der Blumen, aber der Schmetterling flattert von einer Blüte zur anderen; wenn jedoch die Biene, so sagt man, eine wirklich gute Honigquelle gefunden hat, bleibt sie beharrlich sitzen, solange, bis sie alle Süßigkeit herausgeholt hat.

Doch was will uns dann das in der Überschrift angeführte Wort sagen?

„Die Erkenntnis bläht auf.“ Das sagt derselbe Apostel, der immer wieder schreibt: „Ich will nicht, daß ihr unkundig seid, Brüder!“ - der so oft fast vorwurfsvoll fragt: „Wisset ihr nicht ...?“ und auch das herbe Wort sagte: „Wenn jemand unwissend ist, so sei er unwissend!“ (1. Kor. 14,38.) Gibt das nicht zu denken? Es ist also nur denkbar, daß der Apostel in unserer Stelle nicht etwa jegliche Erkenntnis, sondern vielmehr das Wie des Erkennens, die Art der Erkenntnis im Auge hat, oder deutlicher gesagt: die Herzensstellung dessen, der das Wort erforscht und daraus seine Erkenntnis mehrt. Wir können ja bei allem unserem Tun nicht genug prüfen, ob unsere Herzen im Lichte Gottes sind oder ob unser Ich etwas sucht für sich. Es kommt alles an auf die Echtheit oder Verkehrtheit unserer Beweggründe.

Deutlicher sehen wir dies, wenn wir weiter lesen: „Wenn jemand sich dünkt, er erkenne etwas, so hat er noch nicht erkannt, wie man erkennen soll.“ (1. Kor. 8,2.) Erkennen sollen wir, aber

er sich selbst.“ (Gal. 6,3.) Das ist der wichtige Punkt, die Quelle so vieler Beunruhigung und Verwirrung. Ernst und entschieden redet derselbe Apostel über solch aufgeblasenes Wesen an vielen Stellen seiner Briefe. So in 1. Tim. 6,3f.: „Wenn jemand ... nicht beitritt den gesunden Worten, die unseres Herrn Jesus Christus sind, und der Lehre, die nach der Gottseligkeit ist, so ist er aufgeblasen und weiß nichts ...“ Wissend in den eigenen Augen und „nichts wissend“ in den Augen Gottes! Solche Aufgeblasenheit finden wir auch in jenem Selbstzeugnis aus dem Sendschreiben an Laodicäa: „Ich bin reich und bin reich geworden und bedarf nichts.“ Der „treue und wahrhaftige Zeuge“ aber sagt: „Du weißt nicht, daß du der Elende und der Jämmerliche und arm und blind und bloß bist.“ (Offenb. 3,17.) Wie unwissend!

Gewiß gibt es da viele Grade und Abstufungen. Die große, entscheidende Frage ist die unserer Beweggründe. Sie werden - leider muß man es sagen - oft erst bei der Darbietung des Wortes offenbar; oft fühlen die Zuhörer mehr oder weniger deutlich, daß es dem Redenden nicht so sehr darauf ankommt, ihnen etwas mitzuteilen an Segen, sondern daß er nur beschäftigt ist mit dem angesammelten Schatz seiner Erkenntnis. Diese Beobachtung aber kann oder sollte niemals eine Waffe werden wider die, die aus echter Liebe zu Gottes Wort immer wieder an diesem unerschöpflichen Brunnen ihren Durst zu stillen begehren, die immer wieder zu dieser einzigen Kraftquelle des Christen zurückkehren. Selbst das Gebet ist nichts, wenn es nicht immer wieder von Gottes Wort befruchtet und in die rechten Bahnen gelenkt wird, wenn es nicht in wirklichem Einklang steht mit Seinen in Seinem Wort niedergelegten Gedanken.

Wie unendlich freundlich bemühte sich der HErr in jener uns allen bekannten denkwürdigen Nacht, dem „Lehrer Israels“ neues Wissen zu dem seinigen (Joh. 3,2) hinzuzufügen - nicht ohne einen leisen Tadel ob seines „Nichtwissens“ (Vers 10). Welch einzigartige Unterrichtsstunde erlebten die Jünger auf dem Wege nach Emmaus, sie, die viel zu wenig auf das, „was die Propheten geredet haben“, geachtet hatten (Luk. 24,25). Und war es etwa kein „gutes Teil“, was Maria erwählt hatte, als sie „Seinem Worte zuhörte“? (Luk. 10,39.42.) Wir sind auf verkehrtem Wege, wenn wir alle Erkenntnis verwerfen. Paulus flehte für die Epheser, daß ihnen der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der „Vater der Herrlichkeit“, doch „erleuchtete Augen des Herzens“ geben möge. „Damit ihr wisset ...“, sagt er. (Eph. 1,17f.) Sie sollten die Heilsgüter

kennen, genießen und im Leben verwirklichen.

Schon wenn dieser Versuch gemacht wird - das Erkannte auch stets zu verwirklichen, wie wir es in der bekannten Stelle von dem Schriftgelehrten Esra lesen -, schon dann wird uns aufgehen, wie wenig Grund wir haben, uns ob unserer Erkenntnis „aufzublähen“. Und es gibt noch einen anderen, leichter abzulesenden Gradmesser. Wahres Licht und Wärme gehen in der Regel zusammen. „Erleuchtete Herzen“ werden warm. Wenn wir unsere Erkenntnis durch fleißige Arbeit unter Gebet vermehren aus Gottes Wort, dann mögen wir in erster Linie darauf achten, daß unsere Herzen dabei warm werden. Nicht der Kopf allein! Der Kopf von der Arbeit, und das Herz von dem inneren Gewinn; aber die rechte Erkenntnis wird da gewonnen, wo Kopf und Herz zugleich warm werden.

Von einem warmen Herzen spricht der Apostel auch in unserer Stelle. Denn er fährt - auf den ersten Blick überraschend - fort: „Wenn aber jemand Gott liebt, der ist von Ihm erkannt.“ (1. Kor. 8,3.) Das will, soweit ich es verstehe, sagen: Wenn unsere Herzen warm sind im Anschauen der großen Liebe Gottes und voller Liebe zu Ihm, der uns zuerst geliebt hat, dann beschäftigen wir uns gewiß nicht mehr damit, was wir für weise und treffliche, „fortgeschrittene“ Leute sind, wieviel wir wissen und erkennen, sondern werden uns in wachsendem Maße bewußt, daß wir in unserer ganzen Armseligkeit vor Seinem Angesicht offenbar sind, daß wir „von Ihm erkannt“ sind. Im Gegenteil, unter solchen Wirkungen Seines Wortes werden wir, anstatt ob unseres Wissens „aufgeblasen zu sein“, immer mehr einsehen, wie wenig wir wissen; unsere Erkenntnis scheint sich keineswegs zu vermehren, sondern im Gegenteil, angesichts der ganzen Fülle des Stoffes wird sie uns immer kleiner und unzureichender vorkommen.

Um so weiter, denke ich, werden wir dann „unseren Mund auftun“, damit „Er ihn fülle“.

Fr. v. Ki.

 

 

Das große Hall- und Jubeljahr

(3. Mos. 25)

Das Evangelium ist die einzige Glaubensverkündigung auf Erden, die mit Frohlocken und Jubelgesang himmlischer Heerscharen in die Welt eingeführt worden ist. Damit ist schon von vornherein sein Charakter und Wesen zum Ausdruck gebracht. Wenn je eine Botschaft „Lebensbejahung“ ist, d. h. Bejahung des wahren, reinen, heiligen, glückseligen Lebens im Sinne des Schöpfers, dann das Evangelium! Nur Unwissenheit und Irregeleitetsein können der Botschaft der Bibel Verneinung des wahren Lebens vorwerfen. Gerade Christus, das Zentrum der Heiligen Schrift, ist der Fürst alles Lebens. Er beglückt die Unglücklichen. Er stärkt die Schwachen. Er bricht alle Todesbanden. Er siegt und triumphiert. Er ist der Auferstandene und einst Wiederkommende. Darum ist die Botschaft von Ihm „Evangelium“, d. h. Freuden- und Heilsbotschaft.

Von dieser Herrlichkeit des Evangeliums zeigt - in Vorbildern - schon das Alte Testament manche Lichtstrahlen. Und unter der Anweisung des HErrn und Seiner Apostel können wir, ohne irrezugehen, nicht wenige solcher Vorausdarstellungen des neutestamentlichen Heils im Alten Testament finden. So hat der HErr Selbst gleich zu Anfang Seines Dienstes eine alttestamentliche Einrichtung, das große Hall- und Jubeljahr, zum Ausgangspunkt Seiner Verkündigung gemacht.

„Der Geist des HErrn ist auf mir, weil Er mich gesalbt hat, Armen gute Botschaft zu verkündigen; Er hat mich gesandt, Gefangenen Befreiung auszurufen und Blinden das Gesicht ..., auszurufen das angenehme Jahr des HErrn.“ (Luk. 4,18.19; vgl. Jes. 61,1.2.)

Am Vorbild des alttestamentlichen Hall- und Jubeljahres können wir wesenhafte Grundzüge des neutestamentlichen Evangeliumszeitalters erkennen (3. Mose 25).

I. Die Grundlage der Segnungen. Das Jubeljahr war das stets 50. Jahr der israelischen Zeitrechnung und begann am 10. Tage des 7. Monats des 49. Jahres, also des 7. Sabbatjahres. „Und du sollst dir sieben Jahrsabbate zählen, siebenmal sieben Jahre, so daß die Tage von

sieben Jahrsabbaten dir neunundvierzig Jahre ausmachen. Und du sollst im siebenten Monat, am Zehnten des Monats, den Posaunenschall ergehen lassen ..., und ihr sollt das Jahr des fünfzigsten Jahres heiligen.“ (3. Mose 25,8-10.)

In gottgegebener Zahlensymbolik wird hier die Grundlage aller himmlischen Erlösungssegnungen angedeutet: Es ist der Bund, den Gott mit den Menschen schließt, und zwar der Bund in seiner vollen, von Ihm Selbst bewirkten Vollendung. Dies jedenfalls - so will uns scheinen - ist der Sinn der Zahlen Sieben und Zehn, die die Kalenderlage des Jubeljahrbeginns beherrschen. Wir Menschen von heute - zumal im Abendland - haben vielfach den Sinn für Symbolik verloren. Mit dem Aufkommen jugendfrischer Neubelebung - wir können dies auch im politischen Leben beobachten - kommt es aber auch immer wieder zu einem neuen Verständnis für symbolisches Denken, und dabei ist gerade die Zahlensymbolik von besonderer Bedeutung.

Die ganze sichtbare Welt ist von der Zahl beherrscht. Wenn wir die Zeit angeben wollen, müssen wir die Stunden „zählen“. Wenn wir den Raum messen wollen, müssen wir seine Ausdehnungen durch „Zahlen“angaben ausdrücken. Wenn wir einen stofflichen Gegenstand beschreiben wollen, müssen wir ihn nach Länge, Breite oder Höhe irgendwie - direkt oder indirekt - „zahlenmäßig“ festlegen. So ist alles in der Welt - Stoff, Raum und Zeit - von der Zahl beherrscht. Die Zahl ist das „Geistigste“ am Sichtbaren. Darum aber muß sie auch - da diese sichtbare Welt ein Abbild der unsichtbaren ist - als dieses „Geistigste“ am Stofflichen in allererster Linie ein Sinnbild des „rein Geistigen“, d. h. der ewigen Gotteswahrheiten, sein. Daher auch das Recht, ja die Notwendigkeit biblischer Zahlensymbolik.

In diesem Zusammenhang sind aber die Zahlen Sieben und Zehn von besonderer Bedeutung. „Sieben“ ist in der biblischen Zahlensprache die Summe von drei und vier. „Drei“ ist die Zahl Gottes; „vier“ ist die Zahl der Welt. Darum ist „sieben“ die Zahl des Bundes zwischen Gott und Welt, d. h. die Zahl der Heilsgeschichte. „Zehn“ ist der Abschluß des Zahlenreiches, daher die Zahl der vollständigen Entfaltung, des Endes einer Entwicklung, d. h. die Zahl der Vollendung. Und wenn nun hier in der Schrift ausdrücklich bestimmt wird, daß das große Hall- und Jubeljahr

nicht nur nach siebenmal sieben Jahren, sondern auch dann noch geradezu im siebenten Monat und dort am zehnten Tage beginnen soll, so wird damit offenbar angedeutet, daß diese ganze Segenszeit und erst recht die geistliche Heilszeit, von der diese erstere ja nur ein Schattenbild war, aufgebaut ist auf der Grundlage des göttlichen Gnadenbundes und ihre volle Ausgestaltung erfahren wird, wenn der Tag der Erfüllung, der Tag der „Vollendung“, gekommen sein wird. Das aber heißt, neutestamentlich ausgedrückt: Nur der „Neue Bund“, der durch das Blut des Gottessohnes eingeweiht ist, macht die Segensfülle möglich, die im Evangelium zu uns herniederströmt. Wenn Gott Sich nicht zu uns herabgeneigt hätte, hätten wir niemals den Weg zu Ihm hinauffinden können. In Christus aber ist diese Verbindung ermöglicht worden. Er, der Gottes- und Menschensohn, ist die Brücke zwischen Himmel und Erde. Er ist der Immanuel, der „Gott mit uns“, der ewige Bundesmittler.

II. Der Inhalt der Segnungen. Drei besondere Gnadengüter waren mit dem Beginn des Hall- und Jubeljahres in hervorragender Weise verbunden. Die erste war

1. Ruhe. „Ihr sollt nicht säen und seinen Nachwuchs nicht ernten und seine unbeschnittenen Weinstöcke nicht lesen; denn ein Jubeljahr ist es: es soll euch heilig sein.“ (3. Mose 25,11.12.) Um dies zu ermöglichen, wollte Gott - so lautete Seine Zusage - im Jahr vor dem Sabbat- bzw. Jubeljahr eine derartig reiche Ernte geben, „daß es den Ertrag für drei Jahre bringen würde“ (3. Mose 25,20-22). Damit aber wird das alttestamentliche Halljahr zu einem Vorbild auf die Ruhe und den Frieden, den im „angenehmen Jahr des HErrn“ die Heilsbotschaft Jesu Christi den Glaubenden bringt. Nun dürfen wir ruhen im vollbrachten Werk von Golgatha. Der Friede mit Gott, das Ruhen in Seiner Liebe, die freudige Hoffnung auf die einstige Ruhe bei Ihm in der Herrlichkeit - das alles darf jetzt unser glückseliges Teil sein. Machen wir aber von diesem Vorrecht auch Gebrauch? Sind wir wirklich Menschen, die etwas von dem Himmelsfrieden an sich tragen? Wieviel Hast, wieviel Betriebsamkeit, wieviel Hetzen und Jagen kennzeichnet doch oft das Leben des modernen Menschen! Wir sind in Gefahr, unsere „Seele“, unser Gemüt, den innersten Wert unseres Gefühlslebens zu verlieren. Menschen, die immer in der Hast sind, werden oberflächlich und flüchtig, und auch wir Gotteskinder können gar zu leicht veräußerlichen und irdisch gesinnt werden und damit an unserem Zusammenschluß und der

praktischen Gemeinschaft mit dem HErrn großen Schaden leiden. Und dennoch bleibt es Wahrheit: „Nur an einem stillen Hafen legt Gott Seinen Anker an.“ Darum: „Ringet danach, daß ihr stille werdet!“ Wenn uns die Jubel- und Halljahrsbotschaft des Evangeliums Frieden und Ruhe verheißt, dann wollen wir dieses göttliche Geschenk auch wirklich annehmen und genießen.

2. Freiheit. Die zweite Hauptbestimmung des Jubeljahres bezog sich auf die Freilassung der israelitischen Schuldknechte. Es konnte sein, daß ein Israelit derartig verarmte, daß er sich - und unter Umständen auch seine Kinder - seinem Gläubiger „verkaufte“. Dann aber durfte dies nach dem ausdrücklichen Verbot der Sozialbestimmungen des Gesetzes kein eigentliches „Sklaven-“Verhältnis, auch nicht einmal ein sonstiges, unauflösbares Dauerverhältnis sein (3. Mose 25,39); sondern nur wie ein „Tagelöhner“, ein „Beisasse“ durfte er gelten und mußte beim Anbruch des Jubeljahres noch dazu freigelassen werden. „Dann soll er frei von dir ausgehen, er und seine Kinder mit ihm, und zu seinem Geschlecht zurückkehren.“ (Vers 41-46.54.) Darum bedeutete der Schall der Posaunen am Jubeljahrbeginn für alle diese Knechte Freiheit von ihrem Schuldherrn, und das alttestamentliche Halljahr wies hin auf die große Zeit der Gnade, in der Christus als der wahre „Losmacher“ Sein Befreiungswerk vollbrachte, um nun „Armen gute Botschaft zu verkündigen ... und Gefangenen Befreiung auszurufen“ (Luk. 4,18).

So erfüllt das Neue Testament dieses Vorbild des Alten in geistlich-ewiger Hinsicht. „Wenn der Sohn euch frei machen wird, so werdet ihr wirklich frei sein.“ (Joh. 8,36.) Ja, es übertrifft noch alle alttestamentlichen Schattenbilder bei weitem. Denn der losgelassene ehemalige Schuldknecht wird hier nicht nur Freier, sondern Herr, ja König. Christus hat uns zu Königen und Priestern gemacht (Offenb. 5,10; vgl. 1. Petr. 2,9). Freigemacht von der Sünde, dürfen wir uns nun eines himmlischen Adels erfreuen und sollen darum auch würdig wandeln der hohen Berufung, mit der wir berufen worden sind, denn Stellung verpflichtet.

3. Wiederherstellung des Besitztums. Der eigentliche Landbesitzer in Kanaan war Gott. Das Volk Israel war darum nur der von Ihm eingesetzte Nutznießer desselben, und zwar jeder an seinem Teil und jeder an seinem Ort. Darum konnte von einem eigentlichen Land„verkauf“ in

Israel niemals recht die Rede sein. Es wäre ein Widerspruch gewesen gegen das Grundgesetz der Theokratie (der Gottesherrschaft). „Das Land soll nicht für immer verkauft werden, denn Mein ist das Land; denn Fremdlinge und Beisassen seid ihr bei Mir.“ (3. Mos. 25,23.) Die Folge war, daß, wenn ein Israelit ein Stück Land „verkauf“artig abgab, er eigentlich nur die Ernten verkaufte (3. Mos. 25,15.16), und um jegliches etwa dennoch aufkommende Großgrundbesitzertum von vornherein auszuschalten, kam die Bestimmung hinzu, daß im Hall- und Jubeljahr aller Landbesitz wieder an seinen ursprünglichen Besitzer bzw. dessen Erben zurückgegeben werden mußte. Dies war zugleich eine außerordentlich weise Sozialbestimmung im bürgerlichen Leben, da sie ungemein ausgleichend zwischen Arm und Reich wirken mußte. „Ein Jubeljahr soll es euch sein, und ihr werdet ein jeder wieder zu seinem Eigentum kommen.“ (3. Mos. 25,10 u. 28.) „Und im ganzen Lande eures Eigentums sollt ihr dem Lande Lösung gestatten.“ (Vers 24.)

Auch hier bringt das Neue Testament die geistliche Erfüllung und Vollendung. Wir sind „reich“ gemacht im Glauben, „überreich“ in der Hoffnung (Röm. 15,13). Der „unausforschliche Reichtum Christi“ gehört durch Gottes Gnade der Gemeinde (Eph. 3,8). Christus ward arm um unsertwillen, auf daß wir durch Seine Armut reich würden (vgl. 2. Kor. 8,9). Beim alttestamentlichen Jubeljahr handelte es sich darum, daß der verlorengegangene, veräußerte Besitz einfach zurückgegeben und wiederhergestellt wurde. Bei der Erlösung aber handelt es sich um etwas noch weit Höheres und Größeres. Nicht nur sollen die durch Adam verlorenen Schöpfungsgüter uns wiederhergestellt werden, sondern die durch Christus, den „letzten“ Adam, erworbenen Erlösungsgüter übertreffen alles einst Verlorene und nun Wiedererworbene noch bei weitem! „Denn wenn durch die Übertretung des Einen der Tod durch den Einen geherrscht hat, so werden vielmehr die, welche die Überschwenglichkeit der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den Einen, Jesum Christum.“ (Röm. 5,17.) Denn „wo die Sünde überströmend geworden, ist die Gnade noch überschwenglicher geworden“ (Vers 20).

III. Die Ermöglichung der Segnungen. Aber wie können alle diese Gnadengüter ermöglicht werden? Wie kann dem Ruhelosen Frieden, dem Gebundenen Freiheit, dem Verarmten

Reichtum zuteil werden? - Auch hierauf gibt die Einrichtung des alttestamentlichen Jubeljahres vorbildlich eine volle und klare Antwort. Das Jubeljahr begann am großen Versöhnungstage. Am Zehnten des siebenten Monats, also am gleichen Tage, an dem der Hohepriester mit dem Blute des Opfers in das Allerheiligste einging (3. Mos. 16), an diesem Tage ertönten die Halljahrsposaunen, die frohe Kunde ins Land hinaustragend, daß das Jahr des Friedens, der Freiheit und der Wiedereinsetzung in den Erbbesitz angebrochen war.

Damit aber weist dieses alttestamentliche Vorbild auf den Mittelpunkt und das Zentralgeschehen aller Erlösung hin, auf den Tod des wahren Hohenpriesters, der in Seiner Himmelfahrt nicht mit fremdem, sondern mit eigenem Blut in das obere Allerheiligste eingegangen ist und somit auf Golgatha den wahren, großen Versöhnungstag ermöglicht und begründet hat. Und das ist der Grund, warum alle Gläubigen immer wieder vom Kreuze reden. Denn im Kreuz allein ist himmlisches Heil. Erst der Gekreuzigte durchbricht unsere Banden; erst Er ist unser Friede; nur Seine Hingabe in den Tod öffnet uns den Weg zum ewigen Lebensreichtum.

IV. Die Verkündigung der Segnungen. Mit Mut und mit Vollmacht muß diese Botschaft bezeugt werden.

Es ist eine heilige Botschaft. „Ihr sollt das Jahr des fünfzigsten Jahres heiligen; ... es soll euch heilig sein.“ (3. Mos. 25,10.12.)

Es ist eine machtvolle Botschaft. Darum soll sie „proklamiert“ werden mit königlicher Autorität, wie ein „Herold“ im Namen seines Herrschers auftritt.

Es ist eine allumfassende Botschaft. Das „ganze Land“ soll sie hören (3. Mos. 25,9.24), „alle seine Bewohner“ insgesamt (Vers 10a), „jeder“ einzelne insonderheit (Vers 10b.13).

Es ist eine weithin hörbare Botschaft. Darum ertönt sie mit Posaunenschall. Sie soll niemals verstummen. Alles andere wird einst zunichte werden; aber Jesu Worte werden bestehen. „Der Himmel und die Erde werden vergehen, Meine Worte aber sollen nicht vergehen.“ (Matth.

24,35.)

Es ist eine triumphierende Botschaft. Ein Jubeljahr ist es, keine Trauerperiode (3. Mos. 25,10.13), ein Freudenmanifest, keine Ankündigung einer Leidenszeit, ein ewiges Frohlocken, ein Leben in Licht und Sonne, ein Genießen der Gegenwart Christi und einst ein unverhülltes Schauen Seines göttlichen Angesichts! Zuletzt aber:

Es ist eine persönliche Botschaft. „Ein Jubeljahr soll es euch sein.“ (3. Mos. 25,10.11.) „Euch soll es heilig sein.“ (Vers 12.) Und Christus bezeugt in der Synagoge von Nazareth: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt.“ (Luk. 4,21.) Die Heilsbotschaft wendet sich zunächst an den Einzelmenschen. Gott denkt nicht nur in Völkern und großen Stammverbänden - obwohl auch diese Seine Schöpfungs- und Geschichtsordnungen sind -, sondern zunächst ist Er der Gott der Einzelseele. Er will den einzelnen erretten. Dann aber will Er ihn hinführen zum Zusammenschluß mit seinen Mitbrüdern, vom bloßen „Ich“ zum gemeinsamen „Wir“, aus der persönlichen Einzelheit in die Gemeinschaft der Heiligen, aus dem rein Ichhaften in den Gesamtorganismus Seines Reiches.

Dies ist die Botschaft vom neutestamentlichen Jubeljahr. Lohnt es sich, an diesen Heiland zu glauben, der alle diese Gotteswunder in unserem Leben bewirkt? Gewiß, es lohnt sich! Wir haben tausendfachen Grund zum Triumphieren. Wir haben tausendfachen Grund, diesen Heiland und Sein Heil wie mit lauttönendem Posaunenschall vor der Welt zu bezeugen.

Er. Sr.

Geistliche Trägheit

(Schluß)

Wir lesen auch: „Der Weg des Faulen ist wie eine Dornhecke.“ (Spr. 15,19.) Einem solchen Menschen nahezukommen ist überaus schwer. Trotz aller Bemühungen für sein geistliches Wohl erfährt man, daß Gemeinschaft mit ihm in bezug auf die Sache des HErrn unmöglich ist, und

man kommt zu dem Schluß, daß nur Gott die „Dornhecke“ zu durchbrechen vermag. Wahr ist im Blick auf einen solchen auch der Spruch: „Wer sich lässig zeigt in seiner Arbeit, ist ein Bruder des Verderbers.“ (Spr. 18,9.) Wir sehen das in irdischen Dingen sich oft bestätigen; aber bestätigt es sich nicht auch häufig genug in geistlichen Dingen und in unserem täglichen Wandel und Zeugnis? Wie oft kommt es vor, daß man nie wiederkehrende Gelegenheiten, den HErrn zu verherrlichen, unbenutzt vorübergehen läßt oder doch nicht den richtigen Gebrauch von den Dingen macht, deren Verwaltung uns anvertraut ist! Die Zeit wird verloren, oder Gesundheit und Kraft werden nur für die Geschäfte und Dinge dieser Welt verbraucht. „Was ist denn Böses in diesem oder jenem?“ fragt der Träge, nicht bedenkend, daß jemand, der wirklich Gott zu leben wünscht und nach Seiner Verherrlichung trachtet, eine solche Frage überhaupt nicht stellt.

Die Wahrheit ist, daß, wenn wir die Liebe Gottes in Christus nicht mehr genießen, wenn Christus Selbst nicht mehr unserer Herzen Gegenstand und Hoffnung ist, die Beschäftigung mit Gottes Wort uns langweilig wird, das Gebet im Kämmerlein abnimmt und das „dem HErrn Lobsingen in unseren Herzen“ immer seltener wird. Indem wir nicht mehr mit Liebe zu unserem Heiland-Gott, zu Seinen Kindern und Seinem Dienst erfüllt sind, werden wir immer trägere Christen. „Faulheit versenkt in tiefen Schlaf, und eine lässige Seele wird hungern.“ (Spr. 19,15.) Beachte, es ist ein tiefer Schlaf, so tief, daß gewöhnliche Mittel ihn nicht mehr zu unterbrechen vermögen. Wie traurig und demütigend ist dieses von Gott gezeichnete Bild, und doch wie wahr! Worin anders als in dieser geistlichen Trägheit können wir die Erklärung so mancher betrübender Dinge finden, die wir in Verbindung mit dem Namen des HErrn um uns her sehen? Die Gedanken und Gefühle mancher Christen scheinen nicht höher und weiter zu gehen als: „Ich weiß, daß ich errettet bin, daß ich das ewige Leben habe.“ Aber bedenken wir wohl, daß wir, wenn wir durch unseren Wandel den Geist Gottes in uns betrüben, sogar den Genuß dieses kostbaren Bewußtseins verlieren können. „Bei welchem diese Dinge (die kurz vorher beschriebenen) nicht sind“, sagt Petrus, „der ist blind, kurzsichtig und hat die Reinigung seiner vorigen Sünden vergessen.“

Die bisher angeführten Schriftstellen beziehen sich vorzugsweise auf einzelne Personen, so daß

man fragen könnte: Wie berührt der uns beschäftigende Gegenstand denn die Gemeinde in ihrer Gesamtheit als Zeugin Gottes auf der Erde? Ach! Wir brauchen kaum zu sagen, daß sie als solche ihrer Verantwortlichkeit keineswegs entsprochen hat. Anstatt der Ausdruck der Einheit des Geistes und der selbstlosen Liebe Christi, des Hauptes Seines Leibes, zu sein, bietet sie ein Bild der Uneinigkeit und Zerrissenheit, gar häufig eines betrübenden Bruderzwistes sowie innerer Halt- und Kraftlosigkeit. Doch die Pflicht, treu zu sein gegenüber dem Wort des HErrn, bleibt stets die gleiche, wären es selbst nur zwei oder drei, die sich diesem Worte unterwerfen. Die Schrift hat Worte großer Ermunterung für solche. Da ferner die Gemeinde Gottes aus lauter einzelnen Personen zusammengesetzt ist, so ist es klar, daß wir als Ganzes Gott gegenüber nicht richtig stehen können, wenn es bei den einzelnen nicht gut aussieht. Eine Gemeinde wird als Ganzes immer die Eigenschaften und Zustände derer offenbaren, aus denen sie besteht. An diesen Grundsatz erinnert uns die Stelle: „Durch Faulenzen senkt sich das Gebälk, und durch Lässigkeit der Hände tropft das Haus.“ (Pred. 10,18.) Wo es den einzelnen ernst ist im Dienst für den HErrn, so unscheinbar er sein mag, und wo die einzelnen in treuem, wachsamem Wandel auf das Kommen des HErrn warten, da wird auch das Ganze Förderung und Segen von Ihm empfangen. Wo man aber eine bloße Schrifterkenntnis als Hauptsache betrachtet, während das ernste, gemeinsame Gebet und die geistliche Sorge für die Glieder Christi vernachlässigt wird, da wird man unfehlbar finden, daß nicht nur der Gedanke an unsere herrliche Hoffnung in den Hintergrund tritt, sondern daß auch die ganze Gemeinde nicht „das Wachstum Gottes wächst“. Das geistliche Leben, Kraft und Einigkeit „senken sich“, und es wird in ihr geradeso unbehaglich wie unter einem tropfenden Dach.

Und noch eine Ermahnung des weisen Königs zum Schluß unserer Betrachtung. Er sagt: „An dem Acker eines faulen Mannes kam ich vorüber, und an dem Weinberg eines unverständigen Menschen. Und siehe, er war ganz mit Disteln überwachsen, seine Fläche war mit Brennesseln bedeckt, und seine steinerne Mauer eingerissen.“ Da sehen wir „Disteln“, das Zeichen des Mißfallens und des Fluches Gottes, statt „einer Pflanzung des HErrn“, und „Brennnesseln“ statt Frucht und fruchtbarer Zweige. Die „steinerne Mauer“ der Absonderung, die einst so fest und gebietend dastand, ist „eingerissen“, so daß unheilige Verbindungen vorkommen und bösen

Noch einmal denn: Wie ernst und verhängnisvoll ist geistliche Trägheit! Wie sollten wir erschrecken, wenn wir sie in uns entdecken! Hören wir, was Salomo weiter sagt: „Und ich schaute es, ich richtete mein Herz darauf; ich sah es, empfing Unterweisung: Ein wenig Schlaf, ein wenig Schlummer, ein wenig Händefalten, um auszuruhen - und deine Armut kommt herangeschritten, und deine Not wie ein gewappneter Mann.“ (Spr. 24,30-34.)

Was sollen wir nun tun? Angesichts dessen, was wir in uns und um uns her erblicken, verzagen? Nein, wir wollen uns aufwecken lassen und dann aufschauen. Mögen unsere Herzen Mut fassen im HErrn, indem wir „aufeinander achthaben zur Anreizung zur Liebe und zu guten Werken“, indem wir „einander ermuntern“ und uns gegenseitig „Gott und dem Worte Seiner Gnade“ befehlen! Seine väterliche Liebe ist nicht geringer geworden. Der HErr hat Sich nicht verändert, und Seine reichen Quellen stehen dem Glauben offen. So dürfen wir auch heute noch einander zurufen: „Brüder, seid fest, unbeweglich, allezeit überströmend in dem Werke des HErrn, da ihr wisset, daß eure Mühe nicht vergeblich ist im HErrn.“ (1 Kor. 15,58.)

*

Fruchtbarer Dienst

Jeder Christ, der es ernst meint, wird im Herzen die Sehnsucht haben, dem HErrn zu dienen. Doch wird er dabei immer wieder die eigene Unwürdigkeit und Untauglichkeit dazu verspüren. Deshalb steigt immer wieder die Frage auf: Wie werde ich tauglich zum Dienst?

Die Zubereitung zum Dienst zeigt uns Luk. 10,38-42. Martha wollte dem HErrn dienen, aber nicht ihr Eifern und Sorgen und Mühen darum machte sie fähig dazu. Sondern Maria hatte das gute Teil erwählt. Sie setzte sich zu Jesu Füßen und hörte Seinen Worten zu, d. h. sie nahm sie tief in ihr Herz hinein. Wer geben will - und jeder Dienst ist Geben -, muß erst lernen, daß er nichts zu geben hat, und sich die Hände füllen lassen von Dem, der allein fähig ist, wirklich zu geben. Das lernen wir nur zu Jesu Füßen, wenn wir uns demütig unter Ihn stellen, vor Ihm stille

Nur so kommt der ichgebundene Mensch unter den Einfluß Seiner Person. In Seinem Licht lernen wir uns selber hassen und werden so frei von uns selber. Denn nichts hindert so an wahrem Dienst als Ichgebundenheit.

Auch dies sehen wir an Maria im Gegensatz zu den anderen Jüngern. Als der HErr sie darauf vorzubereiten suchte, daß Er leiden und sterben und am dritten Tag auferweckt werden müsse, da sprach Petrus: „Gott behüte Dich, HErr! Dies wird Dir nicht widerfahren.“ (Matth. 16,22) Und die Söhne des Zebedäus begehrten zu Seiner Rechten und Linken zu sitzen in der kommenden Herrlichkeit. (Mark. 10,37) Sie alle begriffen das Gesagte nicht (Luk. 18,34), weil ihre Herzen mit sich selbst beschäftigt waren. Maria aber hatte des HErrn Worte tief bewegt und brachte das bei Seiner letzten Einkehr in Bethanien zum Ausdruck, indem sie das Fläschchen mit echter, kostbarer Narde über Sein teures Haupt ausgoß, das Er in kurzem beugen sollte unter das Gericht des heiligen Gottes, als Er hinging, Sein Leben auszuschütten in den Tod.

Nur wer frei ist von sich selbst, von den eigenen Gedanken, Wünschen und vom Selbstvertrauen, in dem ist Raum geschafft für den HErrn, so daß Er in Ihm Wollen und Vollbringen wirken kann nach Seinem Wohlgefallen. (Vgl. Phil. 2,13.) Nur so werden wir frei zum Dienst.

Was ist der Inhalt echten Dienstes? (Lies Mark. 14,3-9.) Es ist Christus! Erfüllt von Ihm, brachte Maria Ihm, was Er in ihr gewirkt hatte. Vor ihrem liebenden Herzen stand der Weg des Leidens und Sterbens, den ihr HErr ging, stand der unausforschliche Reichtum Seiner Liebe, und so brachte sie, bewußt oder unbewußt, mit dem Zerbrechen des Fläschchens zum Ausdruck, daß Er das kostbare Gefäß Seines Leibes im Begriff stand zu zerbrechen. So salbte sie im voraus Seinen Leib zum Begräbnis. (Mark. 14,8.)

Und wie glich selbst ihr Wesen Ihm! Denn sie vergaß bei ihrem Liebesdienst sich selbst, fragte nicht nach dem Urteil der Menschen, sondern ging auf in dem Dienst; kurz, sie glich darin Christus, der Sich Selbst entäußerte und Sich dahingab, Gott zu einem duftenden Wohlgeruch. (Eph. 5,2.)

Wahrer Dienst gilt allein dem HErrn. Auch das zeigt uns Maria. Sie suchte nicht sich selbst, sie vergaß ihre Umgebung. Ihr Herz war allein gerichtet auf Den, den sie liebte. So sei es auch bei uns, auch wenn der Dienst anderen Menschen gilt! Wert hat er nur, wenn er dem HErrn geleistet wird als ein Ausdruck der Liebe zu Ihm. Mag er dann noch so unscheinbar sein, er hat Ewigkeitswert, denn er kommt aus Ihm und fließt zu Ihm zurück. Ob du einen Traktat überreichst oder den Ofen im Versammlungsraum heizest; ob du am Kochherd stehst oder eine Provinz regierst: geschieht es für Ihn, so ist es ein fruchtbarer Dienst. Doch wie leicht suchen wir dabei uns selbst! Wie leicht ist Ehrgeiz, heimliche Eigenliebe, Selbstgefälligkeit und Ruhmsucht bei aller Liebe zum HErrn in unseren Herzen tätig und vergiftet so, was der HErr an Hingabe gewirkt hat. Deshalb müssen wir immer wieder den Platz zu Seinen Füßen suchen und uns im Lichte Seines Wortes richten, damit wir „unser Leben“ verlieren und Sein Leben finden. (Vgl. Matth. 10,39; Joh. 12,25.)

Dann wird sich auch die Frucht des Dienstes zeigen. Als Maria den HErrn salbte, wurde das Haus von dem Geruch der Salbe erfüllt. (Joh. 12,3.) Man darf bei dem Hause gewiß auch an das Haus Gottes, die Gemeinde des lebendigen Gottes, denken. (1. Tim. 3,15.) Wo das Eigenleben verloren, der Inhalt des Dienstes Christus und der Dienst nur Christus geweiht ist, da muß der Geruch Seiner Erkenntnis offenbar werden. Da sind wir Gott ein Wohlgeruch Christi, und zwar in denen, die errettet werden, und auch in denen, die verloren werden, den einen ein Geruch vom Tode zum Tode, den anderen aber ein Geruch vom Leben zum Leben. (2. Kor. 2,15.16.) Dann fragen wir nicht mehr nach Anerkennung oder gerechter Beurteilung durch andere. Wie kann das auch der tun, der sich verloren hat in Christus Jesus! Es genügt, wenn der HErr uns anerkennt. Solcher Dienst wird auch seinen Lohn haben, denn was Seinem Herzen köstlich ist, läßt Er nicht unbelohnt. Das zeigt Marias Erlebnis. Ihr Name wird genannt, so weit das Evangelium verkündigt wird.

Darum laßt uns immer wieder Seinen Worten stillhalten, auch wenn uns das zunächst bittere Erfahrungen mit uns selber bringt. Laßt uns unsere ganze Liebe auf Ihn richten, unser Leben Ihm ungeteilt weihen, dann wird unser Leben bald erfüllt sein vom Dienst für Ihn, der Sein Herz

erfreut; Er verheißt: „Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir.“ (Offenb. 22,12a.)

Frhr. v. Schleinitz

Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Die Söhne Elis

(Kap. 2,12-17)

Es gibt wohl keine traurigeren Gestalten als die gottlosen Söhne frommer Menschen. Oft genug entschuldigt man das Verhalten solcher jungen Leute mit dem Hinweis, sie seien zu streng und eng erzogen worden, und ihre Sünde sei die Reaktion auf eine allzu stramme häusliche Erziehung. Heutzutage ist dieser Erziehungsfehler wohl selten. Auf jeden Fall sehen wir, daß bei Hophni und Pinehas das Gegenteil Wirklichkeit war. Eli wird getadelt, weil er seinen Söhnen nicht gewehrt habe, obwohl er sie ernstlicherweise ermahnt hatte, von ihrem Treiben abzulassen. (V. 24.25.) Es wird von ihm gesagt, er habe seine Söhne mehr geehrt als Gott. (V. 29.) Wahrscheinlich hätte er ihnen den Dienst im Tempel untersagen müssen. Aber welcher Vater stellt seine Söhne öffentlich bloß? Als ich einmal über den „verlorenen Sohn“ im Alten Testament sprach (5. Mos. 21,18-21), von dem es heißt, daß sein Vater und seine Mutter ihn außerhalb des Lagers hinausführen sollten, damit er gesteinigt werde, fragte mich ein Vater von Söhnen: „Hat das jemals ein Vater getan?“ - Wir können mit Eli fühlen. Wie groß ist doch die Schuld dieser gottlosen Söhne! Ihretwegen liegt der alte Mann, der angstvoll am Wege saß, nach einem Boten ausspähend, dahingestreckt mit gebrochenem Rückgrat und gebrochenem Herzen im Tore Silos. (Kap. 4,18.) Schändlich ist's, wenn ein junger Mensch, der durch sein

betende Mutter, seinen frommen Vater für sein Elend verantwortlich macht. Er lernte seine Sünden doch wahrlich nicht im Elternhause. Möge er aufrichtig sein und bekennen, daß er sich selbst den Fluch zugezogen hat!

Wie gefährlich war für den kleinen Samuel diese Umgebung von Priestersöhnen, die die Opfergaben verachteten und der Heiligkeit Gottes spotteten! Sicher erfuhr Hanna bei ihren jährlichen Besuchen von dem Treiben der Söhne Elis, so oft sie ihrem Kind sein neues Oberkleid brachte. Sie wird gewiß manchmal mit bekümmertem Herzen nach Hause gegangen sein. Doch Gott sei Dank, es gibt eine „bewahrende Gnade“. Sie hatte ihr Kind Gott übergeben, und unter Seinem Schutz wußte sie Samuel wohl verwahrt.

Zum Nachdenken: Es gibt keinen Fleck Erde, der so heilig ist, daß Sünde nicht dort hinkommen könnte.

Ein Mann Gottes straft Eli

(Kap. 2,27-36)

Was hier von dem Knaben Samuel (V. 26) gesagt wird, wird später von dem Knaben Jesus gesagt. (Luk. 2,52.) Jeder nahm zu in der Gnade bei Gott und Menschen, obwohl Samuel damals Gott noch nicht persönlich kannte. (Kap. 3,7.) Das kam erst später. Gott bereitete ihn vorerst zu für seine Lebensaufgabe. Auf ihn können wir auch wohl das dem Cyrus gesagte Prophetenwort anwenden: „Ich gürtete dich, und du kanntest mich nicht.“ (Jes. 45,5.) Auch wir dürfen erfahren, daß der gnädige Gott die Schritte junger Menschen, ja, von Kindern lenkt, ehe Er Sich ihnen persönlich offenbart.

Der Vorwurf, den der ungenannte Mann Gottes Eli macht, offenbart uns etwas von den Grundsätzen der Wege Gottes mit dem Menschen.

1. Die Ehre Gottes geht den nächsten natürlichen Verpflichtungen voraus. (Vgl. Luk. 14,26.) Eli hatte mit angesehen, wie seine Söhne die Opfergaben entheiligten, wie sie das Schlachtopfer

mit Füßen traten und „sich mästeten von den Erstlingen aller Opfergaben“. (V. 29.) Als Hoherpriester war er so mitschuldig. Er duldete, daß die Leute die Opfergaben verachteten. (V. 17.)

2. „Die Mich ehren, werde Ich ehren, und die Mich verachten, werden gering geachtet werden.“ (V. 30.)

Je gottloser ein Mensch ist, desto größer denkt er meist von sich selbst, aber Gott schätzt ihn anders ein. Der Grundsatz, der in dem Wort zum Ausdruck kommt: „Die Mich ehren, werde Ich ehren“, kann allgemein angewandt werden. Z. B.: Wer am Tage des HErrn seinen eigenen Geschäften nachgeht, kann vielleicht dadurch verdienen, aber nur an materiellen Gütern. Was höher ist als Geld und Gut: Herzensfrieden, Gewissensfrieden, wird Gott einem solchen nicht schenken. Er wird ihn nicht dadurch ehren, daß Er ihm Sein Heil zusichert. Wahrscheinlich wird ein solcher aber auch äußerlich nicht viel Nutzen haben. Die Erfahrung hat gezeigt, daß bei einer Arbeit ohne siebenten Ruhetag nicht mehr geleistet wird, als wenn nur sechs Tage hintereinander gearbeitet wird. Wer Gott nicht ehrt in seinem Trachten, zu Reichtum und Ehre zu gelangen, wird am Ende finden, daß er einen trügerischen Gewinn davonträgt. Es ist besser, arm und von Gott geehrt zu sein, als reich zu sein und zu leicht von Ihm erfunden zu werden.

Zum Nachdenken: Es ist des höchsten Preises der Welt wert, die Ehre, die vor Gott gilt, zu gewinnen.

Der HErr ruft Samuel

(Kap. 3,1-10)

Wenn in Vers 3 von dem Tempel Jehovas die Rede ist, so ist damit natürlich die Stiftshütte gemeint, die einst am Berg Sinai errichtet und dann vierzig Jahre lang von den Kindern Israel durch die Wüste getragen wurde. Jetzt stand die Stiftshütte in Silo. Der erste Tempel wurde bekanntlich von Salomon erbaut. Das war hundertfünfzig Jahre später.

Die Tatsache, daß, wie wohl aus Vers 3 gefolgert werden kann, die „Lampe Gottes“, d. h. das Licht des siebenarmigen goldenen Leuchters, nachts erlosch, zeigt uns, daß nicht nur Gottes Gebote bei den Opfergaben mißachtet wurden, sondern daß auch der gesamte übrige Tempeldienst in Unordnung geraten war. Wir lesen 2. Mos. 27,20, daß die Israeliten die Lampe beständig brennend erhalten sollten.

Die Zeit war jetzt gekommen, daß der HErr Sich dem Tempelkind, Hannas geliebtem Sohn Samuel, offenbaren konnte. Dieser Zeitpunkt muß im Leben eines jeden Dieners Gottes kommen. Es macht uns Mut, zu sehen, daß Gott Sich auch Kindern offenbaren kann. Dieses Tun Gottes stimmt ganz mit der Freude des HErrn überein, von der Luk. 10 berichtet. Wir lesen da in Vers 21: „In selbiger Stunde frohlockte Jesus im Geiste und sprach: Ich preise Dich, Vater, HErr des Himmels und der Erde, daß Du dies vor Weisen und Verständigen verborgen hast, und hast es Unmündigen geoffenbart.“ Wir können anderen wohl von Jesus erzählen. Aber es genügt nicht, daß man etwas über Jesus oder von Ihm weiß. Man muß Ihn Selbst „erkennen“ - darin liegt das ewige Leben. (Joh. 17,3.)

„Samuel kannte Jehova noch nicht, und das Wort Jehovas war ihm noch nicht geoffenbart.“ (V. 7.) Dieser Vers lehrt uns also, daß die Kenntnis des HErrn durch das Wort Gottes geschieht, das dem Herzen des Menschen geoffenbart werden muß. (Vgl. Luk. 24,32.) Mögen wir doch nicht müde werden, den Menschen - und da kommen zuallererst die Unsrigen in Betracht - die Worte der Schrift nahezubringen. Sind wir treu darin, so dürfen wir damit rechnen, daß Gott ihnen eines Tages das Verständnis für dieselben öffnen und Sich ihnen darin offenbaren wird.

Zum Nachdenken: Samuels einfache Antwort Auf den Ruf Gottes bestand in den Worten: „Rede, denn Dein Knecht hört.“ - Wie oft heißt es bei uns:

Höre, HErr, Dein Knecht redet!

*

Frage und Antwort

Frage 13

Ich bitte um eine Erklärung über die verschiedenen Herrscher mit Namen „Herodes“. (Matth. 2,1; 14,1; Apgesch. 12,1.)

Antwort

1. Der Stammvater der Familie: Herodes der Große, Sohn eines eingewanderten Idumäers. Durch Tüchtigkeit in der Verwaltung erwarb er sich die Gunst der Römer und erlangte die Königswürde. Sein Charakter war der eines Tyrannen, grausam nach unten, schmeichlerisch nach oben. Er wird genannt in Matth. 2,1-22 und Luk. 1,5.

2. Herodes Antipas, der Vierfürst, ein Sohn des vorigen. Er wird genannt in Matth. 14,1-10; Mark. 6,14-27; Luk. 3,1-20; 8,3; 9,7-9; 13,31; 23,7-15; Apgesch. 4,27; 13,1. Sein Stiefbruder Philippus wird mit ihm in Matth. 14,3 und Mark. 6,17 genannt, in Luk. 3,19 ohne den Namen, in Verbindung mit der Herodias, einer Nichte beider. - Ein anderer Stiefbruder dieses Herodes Antipas hieß auch Philippus und erscheint in Luk. 3,1 als Vierfürst von Ituräa und Trachonitis. Seine Mutter war eine gewisse Kleopatra; die Mutter des ersten Philippus hieß Mariamne. - Ein Vollbruder des Herodes Antipas war der in Matth. 2,22 genannte Archelaus, der nur zwei Jahre an seines Vaters Herodes des Großen Statt regierte und von den Römern abgesetzt wurde.

3. Herodes Agrippa I., nur in Apgesch. 12 genannt und dort einfach „Herodes, der König“, betitelt. Die Herodias war seine Vollschwester, beide und noch ein Bruder waren Enkelkinder Herodes des Großen. Ihr Vater hieß Aristobulus.

4. Herodes Agrippa ll., ein Sohn Agrippas l., Apgesch. 25 und 26 nur „Agrippa“, „König Agrippa“ genannt. Die mit ihm

genannte Bernice sowie Drusilla, das Weib des Landpflegers Felix (Apgesch. 24,24), waren seine Vollschwestern.

Adelphos

Frage 14

Ich bitte um einige Erläuterungen zu 1. Joh. 2,1b und 2b.

Antwort

Zu Vers 1b: „... wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten.“

Johannes gibt hier dem HErrn denselben Titel, den der HErr in Joh. 14.15 und 16 dem Heiligen Geist gibt. Der Parakletos (= Sachwalter, Fürsprecher, Tröster) ist einer, der dem, welchem er beigegeben ist, sowohl Trost zuspricht und Mut einflößt als auch ihn gegen Anklagen verteidigt und rechtfertigt.

So ist der Heilige Geist unser Tröster, indem Er in der uns feindlichen Welt unseren Blick und unser Herz auf Ihn hin richtet, der für uns beim Vater ist (Joh. 15,26 und 16,14; Apgesch. 9,31); und Er ist für uns Rechtfertiger, der Welt und ihrem Fürsten gegenüber, sowie zugleich auch deren Ankläger (Joh. 16,7-11).

Der Sohn hat uns zum Vater gebracht. Als der Mensch Jesus Christus beim Vater ist Er „der Gerechte“. (Siehe Apgesch. 22,14 - ein Titel Jehovas in Jesaja 24,16.) Er als hienieden gerecht gewesener Mensch kann zum Vater sagen: Sieh und nimm Mich an an Stelle dessen, der als Dein Kind sich eine Sünde hat zuschulden kommen lassen; vergib ihm um Meinetwillen, der Ich für diese Sünde gebüßt habe. - Bekenntnis von seiten des Schuldigen ist vorausgesetzt. (1. Joh. 1,9.)

Daß Jesus Christus Sühnung für die Tatsünden der an Ihn Glaubenden sei, setzt Johannes als wohlerfaßt voraus. Weniger Verständnis scheint er aber bei seinen Lesern für die Tatsache vorauszusetzen, daß der gesamte Kosmos durch die Sünde als abstrakte geistige Wesenheit durchseucht ist, nicht nur durch vollbrachtes Tun. Es ist Außerachtlassung dieses Gedankens, was die wohlgemeinte, aber übel angebrachte Erweiterung des Textes durch Übersetzer zu „Sünden der ganzen Welt“ veranlaßt hat. Johannes hätte das auf Griechisch auch ganz gut sagen können, wenn er gewollt hätte. Die Sünde soll aus der Welt überhaupt verschwinden. Nur dadurch, daß Er durch Sein Opfer die Sühne dafür ist, kann das geschehen. Der ganze Kosmos, die ganze Welt ist mit Sünde behaftet vor dem heiligen Gott. Darum ist eine Sühnung „für die ganze Welt“ notwendig. Er ist sie.

Adelphos

Frage 15

Ich bitte um eine Erklärung, wie es mit dem „Verhärten“ und „Verstocken“ seitens Gottes („Jehovas“) ist, wovon wir 2. Mose 4,21; 7,3; 9,12; 10,1.20.27; 11,10; 5. Mose 2,30; Jes. 63,17 lesen.

Antwort

Wir lesen zehnmal: „Gott verhärtete (oder verstockte) das Herz des Pharao“: 2. Mos. 4,21; 7,3; 9,12; 10,1.20.27; 11,10; 14,4.8.17. Ebenso oft wird auch gesagt, der Pharao habe sein Herz fest oder hart gemacht, verhärtet, verstockt usw.: 2. Mos. 7,13.14.22; 8,15.19.32; 9,7b.34.35; 13,15.

Wird die Offenbarung Gottes immer wieder einem Menschen nahegebracht und er widerstrebt derselben beharrlich, so straft Gott dieses Beharren in der Sünde des Unglaubens und Ungehorsams mit Verfinsterung ihrer unverständigen Herzen. Er gibt sie dahin in den Gelüsten

hassen. (Joh. 3,19-21.) Das ist dann schon Gericht Gottes. Verweigertes Licht verhärtet Gewissen und Herz.

Gott handelt mit dem Graden grade und mit dem Verkehrten entgegenstreitend. (Vgl. Ps. 18,26ff.) „Der Regen auf das übersättigte Land tränkt und erquickt nicht, macht vielmehr hart und schwer.“ „Was die Sonne nicht zum Grünen und Fruchtbringen treiben kann, das verhärtet sie, so daß es verdorrt und ins Feuer geworfen wird.“ Ein anderer Ausleger schreibt: „Wie das Wasser, in Weißglühhitze versetzt, nicht mehr löscht, sondern brennt, so Gottes Lebenswasser auf einem im Feuer der Bosheit zum höchsten Grade entflammten Herzen; es gibt einen Punkt, wo das Gnadenfeuer in das Zornfeuer umschlägt, nicht mehr schmilzt, sondern verbrennt. (Röm. 1,28 ...) Gott gibt der Gottlosigkeit Gelegenheit, immer schwärzer und schwerer ans Tageslicht hervorzutreten (vgl. heute Rußland) ..., sich der Wahrheit zu verschließen, ja wider sie aufsässig zu werden. An dergleichen Gefäßen des Zornes wird dann, den anderen zur ernsten Warnung und zum abschreckenden Exempel, ein Stück von Verdammnis und Hölle schon in dieser Zeitlichkeit offenbar.“

So war es bei den Kanaanitern; so ging es mit dem Volke Israel. (Vgl. Jes. 6,9ff. mit den Worten des HErrn in Matth. 13,14.15; lies dazu auch Röm. 11,25 und 2. Kor. 3,16.) Die beiden letztgenannten Stellen unterstreichen die Wahrheit, daß Gericht und Gnade - Verstockung und Begnadigung, von oben gesehen, immer in selbstverständlicher, vollkommener Harmonie sind.

Moses und Aaron traten vor dem Pharao mit den großen Forderungen Gottes auf, bestätigt durch die in göttlicher Vollmacht getätigten Wunder. Der Pharao wollte nicht hören, wollte nicht sehen; immer wieder verhärtete er seinen Nacken und sein Herz; seine Augen und Ohren verschlossen sich gegen Licht und Stimme Gottes - das ist Gericht. Dem göttlichen Verstoßen geht immer Selbstverstockung seitens der Menschen voraus. Gott hatte den Pharao mit großer Geduld getragen, ihn durch eine lange Reihe von Plagen und Errettungen gewarnt und zu seinem Herzen geredet. Immer wieder aber verstockte der Pharao sein Herz gegenüber diesen Zeugnissen göttlicher Gnade. „Wer Mich verwirft und Meine Worte nicht annimmt, hat den, der ihn richtet: Das Wort, das Ich geredet habe, das wird ihn richten an dem letzten Tage!“ „Wer

Mich verfehlt, tut seiner Seele Gewalt an.“ (Vgl. Spr. 8,36 mit Joh. 12,48.) Ein ernstes Wort des Richters der ganzen Erde an alle Menschen, auch eine verantwortungsvolle Warnung an alle Kinder Gottes, jedes Wort Gottes wirklich als solches zu nehmen, das in uns, den Glaubenden, wirkt! Sünde wird mit Sünde bestraft. Gottes gerechtes Gericht muß einen beharrlichen Sünder seinem verkehrten Sinn überlassen. Dahin gehört auch die leider bisweilen gehörte Bemerkung: „Die Leute sind totgepredigt.“ (Vgl. auch Jes. 26,9.10 mit Jak. 2,13.) Gepriesen sei die Barmherzigkeit Gottes! Stehen wir im Selbstgericht auf Grund des Opfers von Golgatha, so rechtfertigt uns Gott. Er, der den Ruf des Sohnes Seiner Liebe am Kreuze hörte, Er ist jetzt unser Vater!

Frhr. v. Wedekind

Ein einzig dastehender Psalm

(Bemerkungen über Psalm 22)

Dieser einzig dastehende Psalm besteht aus zwei Hauptteilen. Während der erste uns in tief ergreifender Weise prophetisch die Gefühle des Herrn Jesus unter dem Leiden des Kreuzes schildert, redet der zweite von Seiner Erhörung und Erhöhung und beschreibt deren herrliche Folgen.

Aus mehreren Gründen ist dieser Psalm ein sehr klarer Beweis für die göttliche Inspiration der Schrift. Zum ersten schildert er bis ins einzelne die schrecklichen körperlichen Qualen des Kreuzesleidens. Zum anderen erwähnt der Dichter besondere Ereignisse der Kreuzigung Jesu; und zum dritten beginnt der Psalm mit einem Ausruf, der wörtlich am Kreuze geschehen ist. David, der Dichter dieses ergreifenden Liedes, war sicherlich nicht über die entsetzlichen Kreuzesleiden unterrichtet, da diese grausame Todesart in jener Zeit wohl unbekannt war in Israel, aber der Heilige Geist inspirierte ihn zum Gebrauch von Ausdrücken, die buchstäblich auf das Kreuzesleiden zutreffen.

Gekreuzigte der versengenden Hitze einer morgenländischen Sonne ausgesetzt ist, verdorrt die Körperkraft. Es ist, als ob das Leben langsam wegfließe: „Wie Wasser bin ich hingeschüttet“ (V. 14); das Knochengerüst wird gleichsam ausgerenkt. „Alle meine Gebeine haben sich zertrennt“ - „alle meine Gebeine könnte ich zählen“ (V. 14.17); der Blutkreislauf wird gestört und die Tätigkeit des Herzens beeinträchtigt, was eine namenlose Angst zur Folge haben mußte: „Wie Wachs ist geworden mein Herz, es ist zerschmolzen inmitten meiner Eingeweide“ (V. 14); ein brennender Durst quält den Gekreuzigten: „Meine Kraft ist vertrocknet wie ein Scherben, und meine Zunge klebt an meinem Gaumen“. (V. 15.)

Charakteristische Einzelheiten der Kreuzigung teilen die Verse 16 und 18 mit: „Sie haben meine Hände und meine Füße durchgraben.“ „Sie teilen meine Kleider unter sich, und über mein Gewand werfen sie das Los.“ Die Verse 5-8, 11-13, 16-18 stimmen, was die Verspottung durch das Volk und seine Obersten betrifft, auffallend mit der Schilderung in den Evangelien überein. (Vgl. Matth. 27,39-43.)

Im ersten Teil von Psalm 22 läßt der Heilige Geist uns einen Blick in das Herz Dessen tun, der für uns am Kreuze litt. Wie tief hat Er, der wahrhaftiger Gott und wahrhaftiger Mensch war, all das Leid, das über Ihn kam, gefühlt! Nicht nur das größte und bitterste, nämlich von Gott verlassen zu sein, hat Seine Seele gequält, sondern auch der Spott, die Verteilung der Kleider, ja, alles hat Ihn tief geschmerzt, und Er klagt es Seinem Gott.

Und wir - wir waren nicht besser als die, die Ihn kreuzigten! - wir haben durch unsere Sünden all das Leid über Ihn gebracht. Wie ergreifend, daß Er wohl Seine Klage über uns vor Gott ausschüttet, aber uns nicht bei dem Richter verklagt! Als Folge Seines Leidens finden wir nur Segen. Die Ursache ist wohl, daß hier nicht wie anderswo, z. B. in Psalm 69, das Leiden von seiten der Menschen der Hauptgedanke ist, wofür dann das Gericht über die Feinde ausgesprochen wird. Hier ist es Gott Selbst, der Ihn in den Staub des Todes legt. Er richtet den Gerechten, damit der Sünder frei ausgehen kann. Deshalb ist der Schluß des Psalms überströmender Segen, und nichts anderes.

und keine Antwort Empfing, kann jetzt, nachdem das Werk vollbracht ist, jubeln über Gottes Rettung. Nachdem Er erhört ist von den Hörnern der Wildochsen, will Er Gottes Namen verkündigen Seinen Brüdern und Ihn loben inmitten der Gemeinde.

Es ist äußerst interessant, einen Vergleich anzustellen zwischen den beiden Hauptteilen dieses Psalms.

Im ersten Hauptteil finden wir das Leiden des HErrn in vier Versgruppen beschrieben, jedoch nicht in zeitlicher, sondern in sittlicher Reihenfolge. Das größte und tiefste Leiden wird zuerst genannt.

Vers 1-5: Jesus ist von Gott verlassen.

Vers 6-11: Jesus ist verworfen durch Sein Volk. Alle haben Ihn verlassen, und „kein Helfer ist da“.

Vers 12-15: Jesus ist verworfen durch die Obersten der Juden („Farren, Stiere von Basan“). Er klagt über das schreckliche körperliche Leiden des Kreuzes.

Vers 16-21, 1. Hälfte: Von den Heiden umgeben, hängt Jesus, ans Fluchholz genagelt, zwischen Übeltätern, ein Gegenstand des Spottes und der Verachtung. Satan (der „Löwe“, V. 21), Sein großer Widersacher, möchte Ihn verschlingen.

Diesen vier Versgruppen des ersten können wir ebenso viele Versgruppen des zweiten Hauptteils gegenüberstellen, in denen wir gleichsam eine jubelnde Antwort Auf die Klagen in den ersten vier Versgruppen haben.

Vers 21, 2. Hälfte - 24: Jesus ist von Gott erhört.

Vers 25 und 26: Jesus lobsingt Gott inmitten der „großen Gemeinde“.

Vers 27-29: Sogar die Heiden werden sich bekehren und in Seinem Königreich gesegnet werden.

Vers 30 und 31: Ein Same wird sich vor dem HErrn beugen und Seine Gerechtigkeit verkündigen.

In Vers 1-5 ist Jesus ganz allein, von allen, auch von Gott Selbst, verlassen. In den Versen 21, 2. Hälfte, bis 24 dagegen sehen wir Ihn, von Gott erhört, „inmitten der Gemeinde“. Wie schön ist es, daß Er, der als unser Stellvertreter, als der Sündenträger von Gott verlassen war und „für alles den Tod schmeckte“, unmittelbar nach Seiner Erhörung nicht an Sich Selbst noch an Seine Herrlichkeit denkt, sondern an die, die Er erlöst hat, und die Er nun Seine Brüder nennt!

In den Versen 6-11 (bzw. 4-11) sehen wir den wahren Israeliten, der von Seiner Geburt an Sein Vertrauen auf Gott setzt, der zu Seinem eigenen Volke kam, aber von diesem Volk verstoßen wurde. Keiner ist da, der Ihm hilft in Seinen bitteren Leiden. In den Versen 25 und 26 finden wir Ihn inmitten Israels, in „der großen Gemeinde“ des Tausendjährigen Reiches, denn dann wird „ganz Israel errettet werden“.

In der dritten Versgruppe (12-15) des ersten Teiles klagt der König Israels, der Löwe aus dem Stamme Juda, daß auch die Obersten Seines Volkes Ihn verworfen haben. Wie reißende und brüllende Löwen, aufgehetzt von Satan (dem Löwen von V. 21), umgeben sie Sein Kreuz, wo Er, der Fürst des Lebens, auch für sie von Gott in den Staub des Todes gelegt wurde. (V. 15.) Demgegenüber finden wir den HErrn in den Versen 25 und 26 als den Führer, den Mittelpunkt der „großen Gemeinde“, Gott preisend. Nicht die „reißenden und brüllenden Löwen“, sondern die „Sanftmütigen“ werden essen und satt werden, und während wir Jesus in Vers 15 in den Staub des Todes gelegt sehen, kann Er in Vers 26 von Seinen Erlösten bezeugen: „Euer Herz lebe immerdar.“

In der vierten Versgruppe des ersten Hauptteils finden wir in den Versen 16-20 Jesus von den Heiden umgeben und verspottet. In der dritten Versgruppe des zweiten Hauptteils (Verse 27-29) aber wird darauf hingewiesen, daß Jehova König ist und daß auch die Heiden sich bekehren und Ihn anbeten werden. Ja, alle, die in den Staub hinabfahren, werden sich vor Seinem Angesicht niederbeugen müssen.

In den Versen 20 und 21, 1. Hälfte, endlich werden der Mensch und Satan als die Widersacher Christi genannt. Im Schlußteil (V. 30 und 31) dagegen beugen die Erlösten sich vor Ihm: „Ein Same (hier nicht der Same Jakobs oder der Same Israels, sondern allgemein: ‚ein Same‘) wird Ihm dienen.“ Satan suchte Ihn zu zerschmettern, aber Jesus tritt als der Überwinder, als Der, der das Werk vollbracht hat („daß Er es getan hat“), vom Kampfplatze ab. Wurde Er von Menschen ans Kreuz genagelt und als Übeltäter behandelt, hier wird bezeugt, daß Seine Gerechtigkeit verkündigt werden wird. Nicht nur wird das vorhandene Geschlecht Ihm dienen, sondern auch „ein Volk, das geboren wird“, soll von Seinem Werke hören und Ihn loben!

N. A. J. V.

Die Gemeinde der Heiligen

Von Professor D. Dr. Karl Heim

Die Gemeinde ist die Art und Weise, wie der vollendete Christus kraft Seines Versöhnungswerkes in der unvollendeten Welt gegenwärtig ist. Was ergibt sich daraus? Wir wollen nur die wichtigsten Tatsachen herausheben.

1. Es gibt nur eine Gemeinde Christi in der Welt. Denn Christus ist ja nur einer. „Hier ist weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier, sondern sie sind allzumal einer in Christus.“ „Ist Christus zerteilt?“ fragt Paulus die Korinther. Nein, eine Person kann nicht zerteilt werden. Das ist einfach unmöglich. Es gehört zum Wesen eines Leibes, daß er die Einheit ist, in der eine überwältigende Fülle von ganz verschiedenartigen Elementen zusammengefaßt ist. Wenn man in die Geschichte der Kirche hineintaucht, so staunt man immer aufs neue über die Mannigfaltigkeit der Glieder des Leibes Christi. Da sind Arbeiter der Stirn und der Faust, da sind rauhe Krieger, wie die „Eisenseiten“ Cromwells, die Psalmen singend in die Schlachten zogen, und friedsame Heilige wie Franz von Assisi. Da sind Künstler wie Michelangelo, Denker wie der Mathematiker Pascal und wieder Männer der politischen Tat wie Bismarck, der vor den

besteht darin, daß diese ganze Fülle von mannigfaltigen Gliedern von einem einzigen Willen regiert wird. Dem entspricht die Einheit der Empfindung. „Wo ein Glied leidet, da leiden alle Glieder mit. Wo ein Glied herrlich gemacht wird, da freuen sich alle Glieder mit.“ Der Leib hat auch eine einheitliche Kraft und Nahrungsquelle, alle Glieder des Leibes Christi leben täglich von Christus Selbst. Also kann es nur eine Kirche Christi auf Erden geben. Es kann nur einen Leib Christi geben, weil es nur einen Christus gibt. Wir erleben auch diese Bruderschaft ganz überwältigend, wenn wir irgendwo in der Welt mit einem Menschen aus irgendeinem anderen Volk zusammenkommen, der Frieden in Christus gefunden hat, welcher Landeskirche oder Freikirche er auch angehören mag. In den Mordkellern in Riga, in denen Christen während der Bolschewistenverfolgungen auf ihre Erschießung durch die Maschinengewehre ihrer Feinde warteten, waren gläubige Menschen der verschiedensten Kirchengemeinschaften vereinigt. Neben Protestanten verschiedener Denominationen gab es auch griechisch-kathotische Christen. Aber schon vom ersten Tage an waren alle diese Schranken gefallen. In den Gefängniszellen wurde gemeinsam gebetet und gesungen. Nie gab es eine so lebendige Gemeinde wie in diesen Gefängnissen bei eisiger Kälte und Ungeziefer. Das ist die wunderbare Allianz der Gemeinde Christi in aller Welt, die einfach da ist, wo der lebendige Christus erfahren wird, die man also nicht erst durch irgendeine Organisation herbeiführen muß.

2. Worauf beruht die Einheit des Leibes Christi? Um die Antwort Auf diese Frage zu finden, müssen wir von der Grundtatsache ausgehen: Die Gemeinde ist die Art, wie der vollendete HErr auf Grund Seines Versöhnungswerkes in dieser unvollendeten Welt gegenwärtig ist. Die Machttat der Weltverwandlung ist noch nicht geschehen. Die Machtfrage ist noch nicht gelöst. Aber das Versöhnungsopfer auf Golgatha ist gebracht. Wenn unter diesen Umständen zwei Menschen, du und ich, uns als Glieder der Gemeinde Christi zusammenfinden, so beruht das zunächst einzig und allein darauf, daß wir beide durch das vollbrachte Versöhnungswerk Christi Frieden gefunden haben. Jeder von uns beiden weiß: Ich wäre ewig verlorengegangen, das Gewicht meiner Schuld, meiner Lügen, meiner Versäumnisse an Liebe zu anderen, meiner Fleischessünden hätten mich unweigerlich in die Tiefe gerissen und in den Abgrund der ewigen Verdammnis hinuntergezogen. Aber mir ist Erbarmung widerfahren. Ich kann mir also nie mehr

Erbarmen. Ein Mensch, der am Ertrinken war, aber im letzten Augenblick von einem anderen gerettet worden ist, der weiß für sein ganzes Leben, daß er sein Dasein nur diesem anderen verdankt. In dieser Lage sind wir alle, die zur Blutgemeinde Jesu gehören. Wenn zwei Menschen das erfahren haben, dann sind sie Brüder. Das versöhnte Gewissen, das ihnen durch Christi Tod geschenkt ist, ist das einzige Band, das Menschen wirklich im Innersten miteinander verbindet. Es ist das einzige in dieser Welt, was schon vollendet ist und der neuen Schöpfung angehört. Alles andere ist noch unvollendet und ungelöst. Ungelöst ist die Frage der Macht und des Einflusses auf diese Welt. Ungelöst sind die Fragen der Erkenntnis. Ungelöst sind auch viele Fragen unseres praktischen Handelns innerhalb der jetzigen Welt. Wir dürfen nie vergessen: Wir leben nach Gottes Plan in der Zeit der Ohnmacht der Gemeinde, die notwendig ist, daß Seelen gerettet werden können. Diese Ohnmacht muß sich auch darin auswirken, daß von unserer Erkenntnis gilt: „Unser Wissen ist Stückwerk. Wir sehen nur durch einen Spiegel in einem Rätselwort.“

Wenn Menschen sich nicht einigen können, so gehen sie in Gruppen auseinander. Und so ist eine Fülle von verschiedenen Kirchen, Staatskirchen, Freikirchen und Gemeinschaften entstanden. Diese bunte Fülle von Kirchengemeinschaften ist ein einziger demütigender Ausdruck für die Ohnmacht der Gemeinde Jesu Christi in der Zeit zwischen der Kreuzestatsache und der Weltvollendung. Wir stehen infolge dieser Uneinigkeit vor der Welt erbärmlich da. Und doch ist jeder Versuch, diese Spaltungen zu überwinden, um einen stärkeren Eindruck auf die Welt zu machen, eine Vergewaltigung der Gewissen. Man denke an den imposanten Einigungsversuch der katholischen Weltkirche. Die Spaltungen sind schmerzlich und niederschlagend. Aber sie dürfen uns nicht einen Augenblick irremachen an der Gewißheit, daß der Leib Christi eine Einheit ist. Die Bruderschaft aller Menschen, die den Frieden gefunden haben durch das Blut Christi, wird nicht dadurch erschüttert, daß diese Menschen in schwerwiegenden Fragen der Erkenntnis, des praktischen Lebens und der Kirchen-Verfassung auseinandergehen. Paulus steht Römer 14-15 einer tiefgehenden Meinungsverschiedenheit in der Gemeinde gegenüber. Diese ist in der Gemeinde über die Frage entstanden, ob man den Sabbat und die jüdischen Fasttage noch halten, oder ob man sich in christlicher Freiheit über

geht persönlich mit der freigerichteten Gruppe. Wir würden nun erwarten, der Apostel würde seine ganze Autorität in die Waagschale werfen, um die engherzige gesetzliche Richtung auszurotten, weil die Leute dieser Gruppe die Gemeinschaft stören und unkameradschaftlich handeln. Denn man stelle sich vor, wie stark das brüderliche Zusammenleben durch solche Leute gestört werden mußte bei den gemeinsamen Mahlzeiten, zu denen die Urgemeinde regelmäßig zusammenkam. Wir würden es verstehen, wenn Paulus dafür eingetreten wäre, diese engherzigen Brüder auszuschließen. Aber Paulus tut etwas ganz anderes. Er sagt: „Einer hält einen Tag vor dem anderen; der andere aber hält alle Tage gleich ... Welcher auf die Tage hält, der tut es dem HErrn; und welcher nichts darauf hält, der tut es auch dem HErrn. Welcher isset, der isset dem HErrn, denn er dankt Gott. Welcher nicht isset, der isset dem HErrn nicht und dankt Gott ... Denn dazu ist Christus gestorben und auferstanden und wieder lebendig geworden, daß er über Tote und Lebendige HErr sei.“ Wir sehen an diesen einfachen Beispielen: Die Einheit des Leibes Christi ruht nicht darauf, daß wir über alle Fragen der Erkenntnis und des Zusammenlebens wirklich einer Meinung sind. Die Einheit besteht einzig und allein darin, daß wir das Eigentum Dessen sind, der für uns gestorben und auferstanden ist, daß Er über Tote und Lebendige der HErr sei.

Es ist eine schwere Gefahr, wenn heute Menschen Trennungsstriche ziehen wollen, wo die Apostel sie nicht gezogen haben. Die Gemeinde Christi hat eine sehr klar bestimmte Grenze. Es ist ein unendlicher Unterschied zwischen Menschen, die Frieden gefunden haben durch das Blut des Lammes und Eigentum des Gekreuzigten geworden sind, und den anderen, die noch friedlos, ungeborgen und heimatlos durch die Welt gehen und sich selbst erlösen wollen. Aber nun ist es gefährlich, wenn man diese Grenze, die die Gemeinde Christi von der Welt scheidet, an eine ganz andere Stelle verlegt, wenn man bestimmte Lehrmeinungen und Lebensregeln zur trennenden Schranke macht und das Tafeltuch Brüdern gegenüber zerschneidet, die eine andere Lehrform oder eine andere Anschauung über die Kirchenverfassung haben. Diese unbiblischen Trennungsstriche werden meistens von Menschen gezogen, die noch nicht den Grund gefunden haben, der unsern Anker ewig hält. Sie wollen gewaltsam und schwärmerisch das vorausnehmen, was nach Gottes Plan erst am Ende kommen soll, die Geschlossenheit und

erkennen können. Wir müssen ein volles Ja sagen zur Ohnmacht der Gemeinde im jetzigen Zwischenzustand. Sonst wird uns alles, was wir heute erleben, zur schweren Glaubensanfechtung.

3. Wir haben von der Schwachheit der Gemeinde in der jetzigen Weltzeit gesprochen. Aber mitten in dieser Ohnmacht hat die Gemeinde Christi eine göttliche Vollmacht durch ihren vollendeten HErrn. Das ist nicht eine Vollmacht im Sinne der Weltmacht, nichts, was der Welt Eindruck machen könnte. Die Vollmacht der Gemeinde bezieht sich nur auf Dinge, die die Welt nicht versteht und die der Welt auch nicht Achtung abnötigen können. Sie liegt darin, daß der unsichtbare vollendete HErr kraft Seiner Versöhnungstat in der Gemeinde handelt. Wir sollen nur die wichtigsten Dinge in der Gemeinde herausheben, die zu dieser Vollmacht der Gemeinde gehören.

a) Die Gemeinde Christi hat die Kraft, im Namen ihres HErrn Sünden zu vergeben. Matthäus 18 gibt Jesus nicht bloß, wie es Matthäus 16 verstanden werden kann, Petrus und seinen Nachfolgern, sondern der ganzen Gemeinde die Vollmacht, zu binden und zu lösen. „Wahrlich, Ich sage euch, was ihr auf Erden bindet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel los sein.“ Binden heißt hier: das Gewissen an eine Schuld binden, lösen heißt: das Gewissen entlasten und von der Schuld befreien. Kein Mensch kann das von sich aus bei einem anderen Menschen tun. Denn kein Mensch hat sein eigenes Gewissen in seiner Gewalt und kann über das Gewissen anderer Menschen verfügen. „Kann doch einen Bruder niemand erlösen noch ihn Gott versöhnen. Denn es kostet zuviel, ihre Seele zu erlösen, man muß es anstehen lassen ewiglich.“ (Ps. 49,8f.) Aber das ist das Größte, was in der Gemeinde aus der Vollmacht Christi heraus immer wieder geschieht, daß ein belasteter Mensch unter den Worten eines Bruders nach einer gründlichen Aussprache tatsächlich Frieden findet, und zwar so, daß es ihm gewiß wird: Die Schuld ist nicht bloß auf Erden gelöst, sie ist auch im Himmel los. Sie wird ihm auch in der Todesstunde keine Not mehr bereiten.

b) Die zweite Vollmacht, die die Gemeinde hat, weil der vollendete HErr in ihr gegenwärtig ist, ist die Geistesleitung, die der HErr in den Abschiedsreden Seiner Jüngergemeinde ganz

bestimmt verheißen hat, wenn Er sagt: „Der Geist wird euch in alle Wahrheit leiten.“ Die Gemeinde soll nicht genötigt sein, sich bei der Auseinandersetzung mit der Welt selbst zu führen und selbst zu verteidigen. Der Geist Christi wird sie in allen Jahrhunderten und in allen Lagen, in die sie hineinkommt, führen. Das bedeutet nicht, daß wir, wenn wir das Eigentum des Gekreuzigten geworden sind, eine unbedingte Sicherheit für unsere ganze Lebensführung erhalten hätten, daß also keine Entgleisung mehr vorkommen könnte. Es gehört zur Ohnmacht der Gemeinde, daß auch Gläubige fehlgehen können in ihren Entscheidungen, weil ihr Wissen noch Stückwerk ist. Dennoch ist der HErr als unsichtbarer Führer Seiner Gemeinde immer gegenwärtig. Es ist gleichsam eine Sendestation da, die ununterbrochen Wellen aussendet. Aber der Empfangsapparat, der die Wellen aufnimmt, ist noch unvollkommen, und es können Störungen in der Luft liegen, die es erschweren, die Nachrichten richtig zu hören und aufzunehmen. Aber wir können alle täglich darin weiterkommen, zu hören, was uns der Geist sagt, und die Wahrheit des Prophetenwortes zu erfahren: „Er weckt mich alle Morgen; Er weckt mir das Ohr, daß ich höre wie ein Jünger.“ (Jes. 50.)

c) Die dritte Vollmacht der Gemeinde ist die Gebetsvollmacht. „Was ihr bitten werdet in Meinem Namen“, sagt Jesus, „das wird Er euch geben.“ Das bedeutet nicht, daß es z. B. keine Krankheiten mehr in der Gemeinde geben könnte, die nicht durch Gebet geheilt würden. Es gehört zur Ohnmacht der Gemeinde, daß wir in allen Nöten dieser Erde bleiben müssen. Die Gebetsheilungen sind nicht die Regel, aber sie sind da als eine Gabe, die Gott Seiner Gemeinde gegeben hat. Sie sind eine Erstlingsgabe der neuen Welt, in der alles Leid dieser Erde überwunden sein wird.

Wir haben einen Blick getan in die Ohnmacht des Leibes Christ und in ihre herrliche Vollmacht, die sie durch ihren vollendeten HErrn hat, der in dieser Todeswelt gegenwärtig ist und uns sündige Menschen gebraucht, um Seine Ziele durchzuführen. Wir leben in der Spannung zwischen Ohnmacht und Vollmacht der Gemeinde. Aber wir tragen die Gewißheit in uns, daß diese Spannung gelöst werden wird, wenn auf die Versöhnungstat am Kreuz die Machttat der Weltvollendung folgt. Je tiefer wir jetzt leiden unter der Schwäche und Zersplitterung der Gottesgemeinde, um so großer wird die Herrlichkeit sein, wenn die Verheißung sich erfüllt:

„Und Er wird bei ihnen wohnen, und sie werden Sein Volk sein, und Er Selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenb. 21,3f.) Im Blick auf diese Vollendung der Gemeinde können wir die Zeit der Ohnmacht freudig ertragen.

„Du gingst, o Jesu, unser Haupt,

Durch Leiden himmelan

Und führest jeden, der da glaubt,

Mit Dir die gleiche Bahn.

Wohlan, so führ uns allzugleich

Zum Teil am Leiden und am Reich!

Führ uns durch Deines Todes Tor

Samt Deiner Sach' zum Licht empor -

Durch Deines Todes Tor!“

*

Die sieben goldenen Leuchter

Johannes schaut in Offenb. 1-3 sieben goldene Leuchter, und es wird ihm gesagt, was diese bedeuten, nämlich sieben Gemeinden, deren Namen in Kap. 1,11 genannt werden. In Kap. 2 und 3 wird Johannes vom HErrn beauftragt, Briefe an diese Gemeinden zu schreiben, in denen der HErr jeder Gemeinde Lob oder auch Tadel mitteilt und diejenigen, die Tadel empfangen, zur Buße auffordert. Leuchtet ein Leuchter nicht mehr, so hat er seinen Zweck verfehlt, und man

beseitigt ihn. So hält es der HErr mit Seinem Volke. Wir sind Seine Leuchter, das Licht der Welt, die Stadt auf dem Berge. Versagen wir aber, so kommt Er mit Gericht. Johannes sah die sieben goldenen Leuchter und den HErrn inmitten derselben wandeln. Die Posaune galt ihm als Weckruf, um sich mit den Gemeinden zu beschäftigen. Auch wir sollen uns mit dem Zustand der Gemeinde beschäftigen wie einst Paulus, der Timotheus und Titus in die Gemeinden schickte, um ihr Wohl und Wehe zu erfahren.

1. Das schöne Bild, womit hier die Gemeinde verglichen ist. Ein goldener Leuchter. Schon Israel sollte ein solcher sein, aber Israel versagte und ist darum auf die Seite gestellt. Gott hat Sich einen anderen, die Gemeinde, erwählt. Was ist ein Leuchter? Ein Instrument, das Licht ausstrahlt. Gottes Volk ist berufen, die dunkle Welt mit dem Licht des Evangeliums zu erhellen. Durch die Gemeinde soll die mannigfaltige Weisheit Gottes ausgestrahlt werden. Wir werden darum Kinder des Lichts genannt. (Phil. 2,15.16.) Die Gemeinde ist also Gottes Lichtträger, angezündet vom Heiligen Geiste, um diese dunkle Welt zu erleuchten. Wie vorbildlich taten dies die Thessalonicher. (1. Thess. 1,6-10.) Sind auch wir solch eine leuchtende Gemeinde, die Christus ausstrahlt?

2. Das edle Metall dieser Leuchter. Das edle Gold weist hin:

Auf die Reinheit der Gemeinde. Nur geläutertes Gold kann verarbeitet werden. So sind wir durch Christi Blut ein gereinigtes Volk, vom HErrn Selbst abgesondert zu diesem Zweck.

Auf die Seltenheit der Gemeinde. Gold ist ein sehr wertvolles und begehrtes Metall und als Zahlungsmittel heute kaum noch zu sehen. Wir sind Seine Juwelen. (Matth. 13,46.)

Auf die Kostbarkeit der Gemeinde. Die Gemeinde ist Gottes Tempel, Seine Wohnstätte, dessen einzelne Steine mit dem höchsten Preise erkauft sind. (1. Petr. 1,19.)

Auf die Dauerhaftigkeit der Gemeinde. Gold ist das wertbeständigste Metall. So vermögen die Pforten der Hölle die Gemeinde nicht zu beseitigen, obwohl Satan es auf jede Weise versucht hat; aber sie ist standhaft wie das Gold.

3. Die Lichtzentrale dieser Leuchter. Der HErr Selbst, der inmitten der Gemeinde wandelt, ist diese Zentrale. Wie in Israel der Leuchter täglich gespeist wurde, so werden wir durch Seinen Heiligen Geist befähigt, Licht auszustrahlen. (Röm. 5,5.) Weil Er lebt, leben auch wir. Der siebenarmige Leuchter im Heiligtum bestand aus Armen und Schaft. Jesus ist der Schaft und wir die Arme an diesem Leuchter. Jeder Arm ist also zum Leuchten berufen und befähigt. Viele wollen in eine wärmere Gemeinde gehen und vergessen, daß gerade sie berufen sind, Kälte und Dunkelheit zu verscheuchen und Licht und Leben auszustrahlen.

4. Der Standort dieser Leuchter. In Israel stand er im Heiligtum, das ohne jedes natürliche Licht war, und erhellte es. Der Leuchter der Gemeinde steht in dieser Welt, sichtbar vor allen, und soll zeigen, was wir in Christus sind.

- Sichtbar vor Ihm Selber, denn wir leuchten für Ihn.

- Sichtbar für die Welt, denn sie soll durch uns erleuchtet werden und Jesus als das Licht des Lebens erkennen.

- Sichtbar für die Mächte des Lichts (Eph. 3,10) und ruft bei ihnen Bewunderung hervor.

- Sichtbar den Mächten der Finsternis (Eph. 6,12) und ruft bei ihnen Widerstand und Feindschaft hervor.

Wir sind also von Gott Selbst an unseren Platz gestellt. Viele Gläubige wollen nur unter ihren Mitgläubigen sein; dabei vergessen sie, daß Gott sie in der Welt als Leuchter haben will. Die Welt liegt in der Finsternis, und ein Leuchter ist ein Gebrauchsgegenstand der Nacht. Die Gemeinde wird mit Leuchtern verglichen, und ihre Diener mit Sternen. Am Tage benötigen wir keins von beiden. Es ist also unser aller Aufgabe, in der Finsternis zu leuchten.

5. Die Zahl der Leuchter. Johannes sah sieben Leuchter. Die Zahl sieben weist auf Vollkommenheit, auf etwas Vollständiges hin. Diese Zahl kommt in der Offenbarung sehr oft vor. Johannes sah sieben Leuchter, die alle ganz gleich waren und alle dasselbe Öl enthielten.

Alle hatten also dieselbe Lichtquelle, den HErrn. Wie wunderbar wird uns hier die Einheit des Volkes Gottes gezeigt. Jesus bittet, daß sie alle eins sein mögen. (Joh. 17,11.) Wir gehören alle einem HErrn an und haben alle die gleiche Aufgabe, zu leuchten und den Herrn Jesus darzustellen sowie einander zu lieben. (Phil. 2,2.) Wie ist es doch Satan gelungen, uns zu trennen, ja, es dahin zu bringen, daß wir uns sogar gegenseitig zuweilen bekämpfen! Welch ein Mangel an innerem Licht, wenn wir darüber nicht Buße tun und die göttliche Einheit darstellen! Der göttlich Erleuchtete kennt nur eine Gemeinde und liebt diese. Wie Elias erkennt er Trennungen nicht an, sondern hilft den Altar aus zwölf Steinen bauen. (1. Kön. 18,31) Und diese eine heilige Gemeinde hat ein gemeinsames, heiliges, hocherhabenes Ziel. Der HErr hat Sich Seine Gemeinde erkoren, die Er auch Seine Braut nennt. Der Bräutigam ist hingegangen, um für die Braut eine Stätte zu bereiten. In Offenb. 21 sehen wir diese herrliche Stätte. Dort sehen wir Braut und Bräutigam für immer vereinigt. Wir sehen die Braut, wie sie dereinst mit Ihm herrscht. Darum erwartet sie Ihn. (1. Thess. 4,17ff.) Bald wird sie Ihm angetraut und zugeführt werden ohne Flecken und Runzeln (Eph. 5,27; Offenb. 19,7), und sie wird dann sein wie Er (1. Joh. 3,1-3), sie, die eine, heilige, allgemeine Gemeinde.

Georg Brinke

Handelt bis Ich komme

Jedes Gleichnis des HErrn hebt eine bestimmte Wahrheit besonders hervor, so Matth. 25,1-13 den Ernst der Bereitschaft für den kommenden HErrn und Matth. 25,14-30 sowie Luk. 19,11-26 die große Verantwortlichkeit für die von Gott anvertrauten Gaben und Kräfte. (Talente, Pfunde.)

Diese Gaben und Kräfte sind Sein uns anvertrautes Gut (das „Meine“, „mein Geld“), gegeben zu einem bestimmten Segenszweck und einer Segensaufgabe. Schon das natürliche Leben mit allen Gebieten, Fähigkeiten und Kräften (Leib, Seele und Geist) samt allen irdischen Gaben und Wohltaten Gottes fällt darunter. Wenn auch der nicht wiedergeborene Mensch sie durch Selbstsucht und Sünde mißbraucht, statt sie in ehrfurchtsvoller Dankbarkeit zum gottgewollten Nutzen für sich und die Mitmenschen und zum Lobe Gottes zu gebrauchen, so sucht der in der

Gnade und im Lichte Gottes stehende Gläubige sie nach den Segensgedanken Gottes und der von Ihm gestellten, gesegneten Aufgaben entsprechend zu würdigen. Wir sind nicht Besitzer, sondern Verwalter (1. Kor. 4,1), auch nicht „unser selbst“ (1. Kor. 6,19.20), sondern teuer erkauft zum persönlichen Eigentum des HErrn. (Vgl. Tit. 2,14.)

Damit sind wir auch Seine Knechte (Sklaven) geworden, denen Er für Seine Abwesenheit „Seine Habe“, Sein „Geld“ übergeben und Seinen Willen in Seinem Worte kundgetan hat. In die uns anvertrauten köstlichen irdischen und in die geistlichen, ewigen Werte und Güter hat Er Segenskräfte gelegt, die wir durch fleißige, treue Verwertung zum reichsten Nutzen und Gewinn für uns und die Mitmenschen, damit aber auch für Ihn zur Entfaltung zu bringen haben. Je mehr wir den gütigen, gnaden- und segensreichen HErrn und Seinen Reichtum in Seinem Worte und durch Seinen Heiligen Geist erkennen, um so mehr werden wir zu heiligem Vertrauen und freudigem Glaubensgehorsam bewegt gegen Ihn, der alles andere ist als „ein harter Mann“, „der nimmt, was er nicht hingelegt, und erntet, was er nicht gesät“ hat. So kann nur der selbstsüchtige, irdisch gesinnte, von der Welt und ihrem Fürsten verblendete Mensch sprechen. Er wird die Segensgaben seines HErrn nicht schätzen und nicht gebrauchen, sondern gewissenlos liegenlassen („in der Erde vergraben“). Wer sich aber als Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes berufen weiß - und so sollten alle wahren Gläubigen sich ansehen -, der möchte auch dieser seiner hohen Berufung, Würde und Verantwortlichkeit entsprechen. Ein solcher Mensch wird mit Furcht und Zittern allen Fleiß anwenden, die so kurze Erden- und Gnadenzeit zur Auswirkung seines eigenen Heils und zur treuen Betätigung des Willens seines himmlischen, wiederkommenden HErrn auszukaufen, dies besonders auch im Blick auf die große Not der von Gott geliebten und gesuchten Menschheit wie auch auf die unermüdliche Verderbensarbeit des großen Widersachers Gottes und der Menschen. Wie ernst daher Luk. 11,23!

Wem bringen wir Nutzen durch unser Denken, Reden, durch unser Handeln und unseren Einfluß, dem HErrn und Seiner Sache, oder dem Feind und seinem Zerstörungsplan??

Der listige Feind kennt meine und deine Schwächen und Gefahrpunkte. Stets ist er bemüht, uns

um Segen und Kraft zu bringen, besonders, wie mir scheint, durch Zeitverluste am Morgen und am Abend. Vergeudete Viertelstunden werden zu verlorenen Tagen und Jahren, während mit dem HErrn treu verbrachte Zeit uns reichen Gewinn an Zeit, Kraft und Segen einbringt. Leicht kommen wir durch Trägheit und Oberflächlichkeit um hohe Gewinne der köstlichsten Segensgaben Gottes, Seines lebendigen Wortes, Seines Heiligen Geistes, des empfangenen göttlichen Lichts, des Gebetsumgangs mit dem HErrn, des Zusammenkommens mit den Gläubigen u. a. m.

Prüfen wir daher alle Gebiete und Beziehungen unseres Lebens, und bedenken wir, daß wir fortgesetzt Säende sind, daß alles, auch das Verborgenste, weiter wirkt, sich auswirkt. Lassen wir uns daher raten und dahin erziehen, alles in Einklang mit dem Worte und Geiste Gottes zu bringen: unsere Zeit- und Geldverwendung, Gebrauch unserer Gesundheit und unserer Kraft, unser Verhalten im Familien- und Berufsleben wie auch im Hause Gottes und der Welt gegenüber.

Wir sind im Wartezimmer. Der HErr steht vor der Tür! Sie kann sich heute auftun, und dann werden wir vor dem HErrn stehen, Dessen Herzenswunsch ist, den Treuen reich zu belohnen. Dann wird kommen, was Esra 8,33.34 als ernstes Vorbild mitgeteilt wird: die Rechenschaft für alles anvertraute Segensgut des HErrn. Darum vorher, Esra 8,28.29, die feierliche Aufforderung! „Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus offenbar werden, auf daß ein jeder empfange, was er in dem Leibe getan, nach dem er gehandelt hat, es sei gut oder böse.“ (2. Kor. 5,10.)

„Siehe, Ich komme bald, und Mein Lohn mit Mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk sein wird.“ (Offenb. 22,12.)

A. W.

Über das Gebet

Das Zusammenkommen zum Gebet ist ein rechter Prüfstein für den geistlichen Zustand einer Gemeinde. Ein gefüllter Raum am Tage des HErrn und leere Bänke in den Stunden, die für das Zusammenkommen im Gebet bestimmt sind, zeigen, daß in dem geistlichen Leben der Gläubigen ein ernster Mangel besteht.

Zweifellos hängt viel davon ab, in welcher Herzensverfassung wir in die Gebetsstunde gehen. Gehen wir dorthin mit einem glücklichen Herzen über das hohe Vorrecht, das uns Gott gegeben hat, gemeinschaftlich mit den Seinigen vor Ihn hinzutreten und unsere Anliegen im Gebet und Flehen mit Danksagung vor Ihm kundwerden zu lassen, so werden wir nicht leer zurückkommen. Dann wird auch das Gebet in einer solchen Stunde nicht zwei oder drei Brüdern überlassen bleiben, sondern wir werden wirklich im Heiligen Geiste beten.

Nicht selten hört man Brüder so lange und für so verschiedene Dinge beten, daß man fühlt, es ist nicht der Heilige Geist, der sie antreibt. Welchen Wert hat ein solches Gebet vor Gott? Beten wir im Heiligen Geist, so werden wir nie zu lang sein und über das hinausgehen, was Er in unsere Herzen gelegt hat, und wenn unser Gebet auch nur eine Minute währte.

Ermüdend ist es oft und gewiß nicht durch den Heiligen Geist gewirkt, wenn ein Gebet aus einer wortreichen Aufzählung einer Reihe an und für sich kostbarer und gesegneter Wahrheiten besteht und man den Eindruck bekommt, als wolle der Betende der Versammlung oder gar Gott einen Vortrag halten. Die Fälle, daß solche Gebete gesprochen werden, sind nicht so selten, wie man denken sollte. Es bedarf aber keines großen geistlichen Verständnisses, um zu erkennen, daß ein solches Gebet seinen wahren Charakter ganz und gar verloren hat; es ist eigentlich kein Gebet mehr. So wohlgefällig es vor Gott ist und Sein Vaterherz erfreut, wenn wir Ihm aus dankbarem Herzen unser Lob darbringen und die empfangenen Wohltaten mit Namen nennen, so verwerflich muß es vor Ihm sein, wenn wir mehr unser Wissen und unsere Erkenntnis als Ihn und Seine Güte zum Gegenstand unseres Gebets machen.

Wenn ein Gebet beendet ist, dann laßt uns darüber wachen, daß unsere Herzen sich weiter mit dem HErrn beschäftigen und nicht damit, welcher Bruder jetzt wohl beten werde. „Diese stillen

Augenblicke zwischen den Gebeten sind“, wie jemand gesagt hat, „genau das, was wir aus ihnen machen“, und sie können, wenn wir auf den HErrn warten, Augenblicke reichen Segens für uns sein.

Ist keine Kraft mehr zum Gebet vorhanden, so laßt uns schließen und nicht versuchen, die Stunde „auszufüllen“. Gebete, die nur die Zeit ausfüllen sollen, sind nicht nur wertlos, sondern sind für den Betenden und für die ganze Versammlung ein Unsegen und eine Verunehrung des lebendigen Gottes.

Gerade in den Gebetszusammenkünften sollten wir uns oft der ernsten Worte des Predigers erinnern: „Bewahre deinen Fuß, wenn du zum Hause Gottes gehst; und nahen, um zu hören, ist besser, als wenn die Toren Schlachtopfer geben; denn sie haben keine Erkenntnis, so daß sie Böses tun. - Sei nicht vorschnell mit deinem Munde, und dein Herz eile nicht, ein Wort vor Gott hervorzubringen; denn Gott ist im Himmel, und du bist auf der Erde; darum seien deiner Worte wenige.“ (Pred. 5,1.2.) So wahr es ist, daß wir mit aller Freimütigkeit und kindlicher Zuversicht dem Vater nahen dürfen, so sollte doch stets der Gedanke in unserem Herzen leben, daß Der, den wir als Vater anrufen, der lebendige und heilige Gott ist, den die Himmel nicht zu fassen vermögen.

Aus Botschafter des Heils“ 1887

Zur Beherzigung

Zehn Worte aus „Unterwegs“ für Unterwegs

1. An nichts schleppt man so schwer als an versäumter Liebe.

2. Noch niemals wurden die zuschanden, die den Weg zum Kreuze fanden.

3. Ringet nicht die Hände soviel, sondern faltet sie mehr!

4. Nicht richten sollst du, o Mensch, sondern schlichten.

5. Wer allzufest mit beiden Füßen auf der Erde steht, der kann keinen Schritt in den Himmel tun.

6. Zum Stillesein gehört die größte Kraft.

7. Erst mußt du ganz stille sein, Menschenkind, soll der HErr mit dir reden.

8. Zum Leiden ist der Mensch geboren. Weh aber dem Menschen, durch den Leiden kommen!

9. Sich bücken zu den andern und vor dem Einen sich beugen, das, o Mensch, mach dir zu eigen!

10. HErr, hilf mir aus Gnaden zu Dir! HErr, mach Dein Werkzeug aus mir!

(Aus: „In Jesu Dienst“)

Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Das Gericht über Eli und sein Haus

(Kap. 3,11-21; 4)

Es fällt manchen Menschen schwer, an die Wirklichkeit und den Ernst der Gerichte Gottes zu glauben. Das Gericht über Elis Haus sollte so schrecklich werden, daß den Leuten beide Ohren gellen würden. (V. 11.) Derselbe Ausdruck findet sich im Blick auf den gottlosen König

Manasse. Er war auch der mißratene Sohn eines gottesfürchtigen Vaters. (2. Kön. 21,12.)

Der Apostel Paulus drückt in seiner ersten Predigt in Antiochien einen ähnlichen Gedanken aus. „Sehet, ihr Verächter, und verwundert euch und verschwindet; denn ich wirke ein Werk in euren Tagen, ein Werk, das ihr nicht glauben würdet, wenn es euch jemand erzählt.“ (Apgesch. 13,41; vgl. Hab. 1,5.) Es gibt Menschen, die allmählich das Gefühl verlieren für Sünde und die nicht verstehen können, daß Gottes Zorn über all das ungerichtete Böse sich anhäuft und eines Tages losbrechen wird. Die Leute zu Noahs Zeiten glaubten Noah nicht. Lot war in den Augen seiner Schwiegersöhne wie einer, der Scherz treibt. Heute noch flüstert der Teufel den Menschen ins Ohr: „Sterben? Nein. Ausgelöscht werden - hinübergehen in das selige Nichts, jawohl. Aber nicht sterben!“ Jesus hat klar und deutlich von einem Ort der Qual gesprochen, aber dem heutigen gebildeten Menschen scheint es lächerlich, an eine Hölle zu glauben. Das Bewußtsein von Schuld und Sünde schwindet langsam aus den Herzen der sogenannten Christen und damit die Furcht vor einem richtenden Gott.

Der alte Eli glaubte an Gottes Gericht. Er beugte sich darunter: „Er ist Jehova; Er tue, was gut ist in Seinen Augen.“ Das Gericht kam über sein Haus. Aber wir können dem alten Priester trotz seiner Schwäche nicht unser Mitgefühl versagen. Er erzog Samuel in den Wegen Gottes. Er trauerte aufrichtig über das Benehmen seiner Söhne, und sein Herz war durch das Schicksal der Bundeslade so getroffen, daß er zusammenbrach und starb, als er hörte, daß die heilige Lade in Feindeshand gefallen war.

Die bösen Söhne Elis, Hophni und Pinehas, holten die Lade auf das Schlachtfeld. Für sie war die Lade eine Art Zaubermittel, und auch die Feinde betrachteten sie als solches. (Vers 3 und 7.) Aber Gott, der zwischen den Cherubim thront, war nicht mit der Lade ins Lager gezogen. Die „Schechinah-Wolke“ weilte nicht mehr über dem Sühnmittel. Es war die letzte böse Tat der gottlosen Söhne Elis, daß sie die Lade ins Lager holten. Beide starben noch am selben Tag. Mit Recht nannte Pinehas' Weib in ihrer letzten Stunde das neugeborene Knäblein: Ikabod = die Herrlichkeit ist gewichen!

empfangen haben, so bleibt kein Schlachtopfer mehr für Sünden übrig. (Hebr. 10,26.)

Samuel als Richter in Israel

(Kap. 7; 8,1-9)

Aus vorhergehenden Stellen sehen wir, daß Samuel als Prophet des HErrn bestätigt war (Kap. 3,20), und sein Wort erging an ganz Israel. (Kap. 4,1.) Jetzt tritt Samuel deutlich aus seiner Zurückgezogenheit hervor. Es waren äußerst traurige Zeiten, als Samuel das Richteramt übernahm. Das ganze Volk wehklagte dem HErrn nach. (V. 2.) Für einen Mann des Glaubens sind traurige Zeiten keine Schwierigkeit. Samuel rief das Volk zur Buße, und seine Entschiedenheit riß das ganze Volk mit. Sie tun die fremden Götter hinweg, versammeln sich in Mizpa und bringen ihre Angelegenheiten vor den Richterspruch Samuels.

Aber schon regt sich der Feind, um dieses Volk Gottes zu stören. Die Philister, die alten Gegner, ziehen zum Streit heran. Das Volk Israel tut in seiner Angst das Beste in dieser Notlage. Sie bitten Samuel, für sie vor Gott einzutreten, und erleben ein wunderbares Eingreifen des Allmächtigen.

Zuerst schlachtet Samuel ein fehlerloses Lamm zum Brandopfer. Die Sünde muß gesühnt sein, ehe die Befreiung erfolgen kann. Immer geht der Errettung durch Gottes Kraft die Versöhnung durch Blut voraus.

Wie damals am Roten Meer durften die Israeliten stillstehen und die Rettung Jehovas schauen. Gott kämpfte für sie. Der Sieg wurde nicht errungen, sondern geschenkt, wie einst bei der Einnahme Jerichos. Und der Sieg war dauernd. Die Philister beunruhigten sie nicht mehr, solange Samuel lebte. (V. 13.14.) Die gewonnenen Städte wurden zurückgegeben, und es ward Friede. Nie war Israel glücklicher als unter der Herrschaft Gottes in den Tagen Samuels.

Doch Samuel wurde alt, und seine Söhne folgten dem Beispiel der Söhne Elis. Das Volk wünschte nun einen König zu haben wie alle anderen Völker um sie her. (Kap. 8,5.) Sie

vergaßen ganz, daß es gerade ihr besonderer Ruhm gewesen war, daß sie anders waren als die Nationen ringsum! Sie wünschen ein sichtbares, irdisches Haupt, das für sie verantwortlich ist. Sie wollen nicht mehr unmittelbar vom HErrn abhängig sein. Sie hätten wohl besser daran getan, Gott um einen neuen Propheten zu bitten. Gottes Gedanke für Sein Volk war die Gottesherrschaft. Deshalb sagt Er zu Samuel: „Mich haben sie verworfen, daß Ich nicht

König über sie sein soll.“ (V. 7.)

Zum Nachdenken: „Welche große Nation gibt es, die Götter hätte, welche ihr so nahe wären, wie Jehova, unser Gott, in allem, worin wir zu Ihm rufen?“ (5. Mos. 4,7.)

*

Frage und Antwort

Frage 16:

ist 1. Kor. 14,34.35 so zu verstehen, daß Schwestern in jedem Falle in der Versammlung schweigen müssen? Oder bezieht sich das Verbot des Redens nur auf das Lehren, nicht aber auf das Beten?

Antwort

Das Wort sagt uns, daß wir in Christus Jesus „alle einer“ sind. (Gal. 3,28.) Das bezieht sich auf unsere Stellung Gott gegenüber. Das hebt aber unsere Stellung Menschen gegenüber und zu unseren Mitmenschen nicht auf, wie das Wort uns ebenso klar sagt. (1. Kor. 11,3; Eph. 5,22-24; 6,1.5.9; Kol. 3,18.20.22; 4,1; 1. Thess. 5,12; 1. Tim. 2,11.12; 6,1.2; Tit. 2,5.9; 3,1; Hebr. 13,17; 1. Petr. 2,13.18; 3,1.5b.6a; 3,7; 5,1.5.) Und letzteres kommt für den Gegenstand unserer Frage in Betracht. Die göttliche Ordnung ist: Der Mann ist des Weibes Haupt (1. Kor. 11,3), als das in Mann und Weib gegebene Bild von Christus und Seiner Gemeinde. Nicht nur in

nach außen hin tätig zu sein; die des Weibes aber: zurückzustehen, innen - im Hause, in der Familie - in Stille zu wirken. Das tritt trotz dem Nichtachten des göttlichen Willens und der göttlichen Ordnung seitens der Welt im großen und ganzen immer noch zutage. Dieser Grundsatz bleibt auch im Glaubensleben bestehen, wann und wo immer es auch sei - auch bei dem Zusammenkommen der Gemeinde, sei es zum Mahl des HErrn, zur Wortverkündigung, zum Gebet. Deshalb die Weisung 1. Kor. 14,34.35, wo den Schwestern das „Reden“ in der Gemeinde untersagt ist, und 1. Tim. 2,11.12, wo ihnen verboten ist, zu „lehren“.

Daß hiernach einer Schwester nicht erlaubt ist, Vorträge in der Gemeinde zu halten oder sonstwie zu lehren, ist klar. Die Frage ist, ob den Schwestern auch untersagt ist, in der Gemeinde laut zu beten, und ob es von dem, was untersagt ist, Ausnahmefälle gibt.

Ein Schriftwort, das den Schwestern verbietet, in der Gemeinde zu beten (laut), gibt es nicht. Nun - schließt 1. Kor. 14,34.35 das Beten mit ein? Darüber sind die Auffassungen verschieden. Wir fassen es so auf: Es ist V. 34 zunächst von „reden“ gesprochen, und V. 35 heißt es dann: „Wenn sie aber etwas lernen wollen, so sollen sie daheim ihre eigenen Männer fragen.“ Dieser Zusatz läßt erkennen, daß zunächst nicht an Beten, sondern an anderes Reden gedacht wird. Wenn die Schwestern aber nicht einmal etwas fragen sollen in der Gemeinde, sondern das daheim tun sollen, und dann hinzugefügt wird: „denn es ist schändlich für ein Weib, in der Versammlung zu reden“, so haben wir doch das Gefühl, daß Schwestern in der Gemeinde ihre Stimme überhaupt nicht hören lassen sollen. Letzteres würde aber geschehen, wenn eine Schwester in der Gemeinde laut beten würde. Auch würde dadurch der obenerwähnte Grundsatz des Zurückgezogen-Haltens, Nicht-öffentlich-Hervortretens der Schwestern verletzt, denn durch das laute Beten in der Gemeinde würde die betreffende Schwester sich zum Munde der Gemeinde machen und den Platz der Führung einnehmen. Aber das kommt ihr nicht zu, sondern dem Manne, den Brüdern. Dadurch wird die Schwester in ihrem Priestertum bezüglich der Darbringung geistlicher Schlachtopfer und ihrer Anliegen vor Gott nicht verkümmert, denn sie kann und soll an dem, was ein Bruder anbetend oder danksagend, bittend und fürbittend in der Gemeinde ausspricht, in ihrem Herzen teilnehmen, und was sie vielleicht darüber hinaus in ihrem Herzen hat, kann sie für sich, ohne lautes Aussprechen, aus ihrem Herzen darbringen.

Daher glauben wir, daß mit dem 1. Kor. 14,34.35 Gesagten auch das laute Beten der Schwestern in der Gemeinde mit getroffen wird. Sie sollen in der Gemeinde in keiner Weise öffentlich auftreten und somit hervortreten. Hiermit stimmt auch 1. Tim. 2,8 überein, wo nur den Männern gesagt ist, daß sie an jedem Orte beten sollen, während den Weibern der Platz der Zurückgezogenheit, Unterwürfigkeit und des Stilleseins angewiesen wird.

Gibt es Ausnahmen? Solche kann es geben. Das Wort Gottes zeigt uns in der Prophetin Debora - in dieser ganz besonders, da sie sogar „Israel richtete in selbiger Zeit“, also das Oberhaupt, die Führerin, des Volkes war - (Richter 4), der Prophetin Hulda (2. Kön. 22,14 und 2. Chron. 34,22) und der Prophetin Anna (Luk. 2,36), daß Gott auch ein Weib zu einem Dienst gebrauchen und an einen Platz stellen kann, der an sich dem Manne zukommt. Wir finden aber in Verbindung damit zugleich, daß zur betreffenden Zeit der Zustand des Volkes ein überaus trauriger war, und dürfen mit Recht annehmen, daß kein Mann da war, den Gott dazu benützen konnte. So könnte es auch jetzt sein, daß Gott eine Schwester zur Verkündigung Seines Wortes oder als Mund der Gemeinde im Gebet gebraucht. Das würde Er aber nach dem Obengesagten nur dann tun, wenn kein Bruder dazu da oder dazu passend wäre, und es würde daher überaus beschämend für die betreffende Gemeinde und Grund zu tiefer Beugung sein. - Gewiß gibt es auch Kreise, in welchen aus Unkenntnis gegen das Wort Gottes in dieser Sache verstoßen wird. Doch sollen wir nicht Unwissende sein, sondern Gottes Willen und Gedanken kennen und tun! -

Theodor Küttner

Frage 17

Wer ist das Volk, von dem Offenb. 18,4 geschrieben steht: „Gehet aus ihr hinaus, mein Volk?“ Sind es Glieder der Gemeinde oder Gläubige, die erst zur Zeit der Trübsal offenbar werden? Zu welcher Zeit wird dieser Ruf ertönen?

Antwort

Es ist wohl immer so gewesen, daß die Glieder der Gemeinde, die diesen Vers lasen, den Ruf an sich gerichtet fühlten, weil das „Babylon“ - das böse religiöse System, eine abtrünnige Christenheit -, dessen einstiges Gericht uns in diesem Kapitel gezeigt wird, längst schon vorhanden ist. Und es ist richtig, daß die hier ausgesprochene Aufforderung zum Herausgehen aus jeder religiösen, falschen Verbindung uns im tiefsten Herzen treffen und von uns allen verwirklicht werden sollte. Wir wollen uns ein jeder ernstlich diesbezüglich prüfen und darin gehorsam und treu sein.

Damit ist aber obige Frage nicht befriedigend gelöst, wenn wir den Vers genau lesen und im Zusammenhang mit dem Vorangehenden und Nachfolgenden betrachten.

Es ist unverkennbar, daß wir hier in die Zeit unmittelbar vor Ausführung des in diesem Kapitel angekündigten und beschriebenen Gerichts über „Babylon“ versetzt werden. Kap. 15 sagt uns, daß die letzten sieben Plagen, in denen „der Grimm Gottes vollendet“ ist, die „sieben Schalen“ sind. (V. 1.6.7.) In Kap. 16 finden wir das Ausgießen dieser sieben „Schalen des Grimmes Gottes“ auf die Erde. Die letzte der sieben Schalen schließt das Gericht über „die große Babylon“ mit ein. (Kap. 16,19.) Die Kapitel 17 und 18 zeigen uns „das Urteil über die große Hure“ („Babylon, die große“) und dessen Vollstreckung. Die Aufforderung in Kap. 18,4 geht unmittelbar der Vollstreckung voraus, wie sowohl der Wortlaut des Verses selbst - „auf daß ihr nicht empfanget von ihren Plagen“ - als auch besonders die Verse 6 und 7 zeigen. Denn sie richten sich an dieselben Personen, an welche die Aufforderung in V. 4 gerichtet ist, und sprechen von einer Beteiligung dieser Personen an dem Gericht. Mithin können die in V. 4 mit „mein Volk“ angeredeten Personen nicht Glieder der Gemeinde sein, da die Gemeinde ja vor der großen Drangsal entrückt sein wird - und zwar nicht nur eine Auswahl, wie etliche ohne irgendeinen Schriftgrund irrigerweise lehren, sondern alle zur Gemeinde Gehörenden ohne Ausnahme -, also dann nicht mehr auf der Erde ist, sondern nur Menschen, die nach der Entrückung der Gemeinde gläubig geworden sind.

Die Stimme in V. 4 ist nicht die des Engels in V. 1, sondern „eine andere“ - Gottes Selbst, denn

wird zu jener Zeit in das Ohr derer dringen, die dann Sein Volk sein werden. -

Theodor Küttner

Die Gleichnisse von Matthäus 13

Die Auslegung des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen

(V. 36-43)

Hier kommt uns einmal die Unwissenheit der Jünger zugut, denn dadurch haben wir die Auslegung dieses Gleichnisses bekommen. Ohne dieselbe wäre dieses Gleichnis genau so verkehrt behandelt wie z. B. das vom Senfkorn und Sauerteig. Durch des HErrn Auslegung aber erkennen wir genau die Bedeutung des Gleichnisses. Die hier gegebenen Einzelheiten sind sehr nützlich, und wir wollen sie noch kurz streifen, auch wenn es einige Wiederholungen gibt. Beachtenswert ist, daß die Erklärung im Hause, nicht am See geschieht, wo der HErr die letzten drei Gleichnisse den Jüngern allein gibt. Das Gleichnis selbst schließt am See mit dem Einernten des Weizens (V. 30). Die Auslegung findet also statt, wenn die Heiligen daheim sind.

Die rechte Schule. Kaum waren die Jünger ins Haus zurückgekehrt, da traten sie bittend an den Meister heran. Erkläre uns das Gleichnis! Sie gingen in die rechte Schule. Machen wir es auch so, gehen wir zu Dem, der das Wort genannt wird? Zu Ihm, zur Schrift selbst müssen wir mit unseren Schwierigkeiten gehen. Wir müssen Schriftwort mit Schriftwort vergleichen, dann verstehen wir bald Seine Gedanken.

Der große Lehrer. Wunderbar ist der intime Umgang mit Ihm. Am See hörten Ihn alle und kamen Ihm nahe. Anders aber ist es mit den Jüngern; sie haben Ihn im Hause. Ist der HErr bei uns zu Hause? Er ist nicht ungeduldig, wenn wir wenig Fortschritte machen, und unsere Fragen belästigen Ihn nicht. Er isl stets der suchende Helfer und der lehrende Lehrer. Wie treu belehrte Er die Jünger während drei Jahren, und als sie dann vieles noch nicht begriffen hatten (Joh.

sie.

Die schöne Belehrung. In übersichtlicher Weise erklärt Er ihnen die Einzelheiten. Es gab für sie allerlei Fragen, z. B.:

Wer ist der Säemann (V. 37)? Der Säemann ist der Sohn des Menschen. Unermüdlich streute Er den Samen des Wortes aus. Die Jünger merkten sich das und ahmten später mit großer Treue ihren Meister nach und erfüllten bald ganz Jerusalem mit dieser Lehre.

Was ist der Acker? Der Acker ist die Welt (V. 38). Also nicht die Gemeinde. Das ist wichtig! Aus der Gemeinde muß das Unkraut unter allen Umständen entfernt werden, dafür haben wir des HErrn und der Apostel Beispiel (Matth. 18,16.17), Geschichten wie Ananias und Sapphira (Apgesch. 5) oder wie die des Simon (Apgesch. 8,13.19ff.). Später lehrte Paulus klar darüber (1. Kor. 5,9-13; 1. Tim. 1,20). In diesem Abschnitt aber redet Jesus nicht von der Gemeinde. Von ihr redet Er in Kap. 18. Hier redet Er von der Welt und ihrem gegenwärtigen Zeitlauf.

Wer ist der gute Same? Das sind die Söhne des Reiches (V. 38). Jene herrliche Frucht, die aus der drei- bis hundertfältigen Frucht des ersten Gleichnisses hervorgegangen ist. Jene, die durch den unverweslichen Samen des Wortes wiedergeboren worden sind (1. Petr. 1,23). Sie sind die Söhne des Reiches, die bald mit dem HErrn der Ernte im Reiche sitzen werden.

Was ist das Unkraut? Es ist der Lolch, der taube Weizen, der dem guten sehr ähnlich und doch nichts anderes als Gift ist. Die Schrift kennt also nur zwei Gruppen, „Söhne des Reiches“ und „Lolch“. Viele möchten gern eine dritte Klasse machen. Ja, es gibt in gewissem Sinne eine; wir finden sie in Offenb. 3,16. Diese aber wird der HErr aus Seinem Munde ausspeien. Unter dem Lolch finden sich nicht nur die offenbaren Spötter und Verächter, nein, auch gute, moralische Menschen, die Namenchristen. Es sind die Menschen ohne die Wiedergeburt, dem Weizen sehr ähnlich und doch Lolch, äußerlich von rechtem Ansehen, innerlich aber faul, ganz wertlos, weil kein neues Leben, kein neues Herz in ihnen ist. Der HErr nennt sie Kinder Satans. Welch ein furchtbarer Name! (V. 38; Joh. 8,38-44; Matth. 23,15.)

Wer ist der Feind? Es ist der Teufel (V. 39). Er und seine vielen Helfer säen den bösen Samen. Alle die bösen Irrlehren wie christliche Wissenschaft, Mormonen, Bibelforscher, moderne Theologie. Alle die Menschen, die den Weg breiter machen, die ihre Zuhörer durch Zeremonien, wie Abendmahl, selig sprechen ohne die Wiedergeburt. Unter dem Lolch sehen wir die guten, moralischen Menschen, die Namenchristen, viele hochbegabte Redner, Lehrer, Pfarrer, religi öse Leiter, die die Unbekehrten in die Gemeinde aufnehmen, um mit großer Gliederzahl zu glänzen.

Was ist die Ernte? Sie ist das Ende des Zeitalters, wenn das Gute und das Böse völlig ausgereift sein wird. Das Ende des Zeitalters ist, wenn der HErr auf dem Ölberge erscheinen wird, dem soeben die Ernte vorausgegangen ist (Offenb. 14,14ff.). Satan ist dann im Gefängnis (Offenb. 20,1-3). Es ist das Ende des Zeitalters, nicht aber das Ende der Welt.

Wer sind die Schnitter, und was tun sie? Sie sind die Engel. In Offenb. 14,14ff. sehen wir sie in dieser Tätigkeit. Engel vermögen also zwischen Lolch und Weizen besser zu unterscheiden, obwohl auch die Heiligen die Welt und die Engel richten werden (1. Kor. 6,2). Wenn jene Ernte stattfinden wird, dann ist die Gemeinde längst beim HErrn. Wir ersehen aber aus dieser Ernte, daß nach der Entrückung noch guter Same ausgestreut werden wird. Die Gottlosen werden am Ende in Bündel gebunden und dem Feuer übergeben. Die Gerechten hingegen gehen in das Reich ein. Schrecklich ist das Los der Gottlosen.

 

Das Senfkorn.

(V. 31.32)

Weil viele Ausleger der Gleichnisse die Gemeinde im Auge haben, sind naturgemäß Lehren aus diesen Gleichnissen entstanden, die das Gegenteil von dem besagen, was die Gleichnisse meinen. Das Gleichnis vom Senfkorn ist nicht eine Weissagung über die Gemeinde und deren Ausdehnung, sondern redet von der bekennenden Christenheit, oder von der äußeren Entwicklung des Reiches der Himmel. Wäre das Gleichnis die Entwicklung der Gemeinde, so

die Gemeinde ist und bleibt die kleine Herde, die unscheinbare und verachtete und verfolgte. Wenn das Gleichnis aber nicht die Gemeinde darstellt, was ist es dann?

Was ist das Gleichnis nicht? Nie und nimmer die Gemeinde. Die Gemeinde ist nicht von der Welt (V. 38). Die Gemeinde, die aus allen Gotteskindern besteht, ist wohl „in“, aber nicht „von“ der Welt (Joh. 17,14). Die Gemeinde ist von oben, aus Ihm geboren und von Ihm erkoren. Sie ist nicht nach dem gegenwärtigen Weltsystem (Joh. 17,16; Phil. 3,20). Die Welt kennt sie nicht (1. Joh. 3,1). Sie ist ein Fremdling (1. Petr. 2,11). Der allgemeinen Christenheit ist die Welt freundlich gesinnt und darum mit ihr eins. Ganz anders aber ist es mit der Gemeinde. Ihr ist die Welt gekreuzigt, weil sie ihren HErrn kreuzigte (Gal. 6,14).

Was nun bedeutet das Gleichnis? Es stellt die äußere Entwicklung der Christenheit dar, aber niemals die Entwicklung der Gemeinde. Beachten wir dabei einige Einzelheiten, die zum besseren Verständnis führen werden.

Der abnorme Baum: Das Senfkorn ist eine Gartenstaude, aber kein Baum, in dem die Vögel Zuflucht nehmen. Diese Pflanze ist also unnatürlich groß geworden. Das ist die untreue Kirche! Alles, was kam, nahm sie in ihren Schoß auf, um den Baum mächtig und imposant zu machen. Die Gemeinde aber ist die Unbekannte, die Verschmähte, die Verworfene; dereinst aber wird sie auf Seinen Thron erhoben werden.

Die Bedeutung des Baumes: In der Schrift ist der Baum ein Bild der Weltmacht. Man denke an Nebukadnezar (Dan. 4,10-12; Hes. 17,22-24), an Assyrien (Hes. 31,3-9) und an den Pharao. Die Christenheit versuchte die Stelle der Weltmacht einzunehmen. Der HErr aber hat nie auf Erden regiert. Der Tag wird kommen, da Er regieren wird, im Millennium, also im nächsten Zeitalter, niemals aber in dem gegenwärtigen. Die Kirche wurde aber nicht nur eine Weltmacht, sondern durch diese vollständig verweltlicht.

Die Vögel des Himmels: Nach der herkömmlichen Auslegung sollen sie die Sünder darstellen, die darin Zuflucht nehmen. Doch die Schrift lehrt anders. Das Gleichnis vom Säemann zeigt, daß die Vögel, die den Samen wegfraßen, das Bild des Bösen sind (V. 19). Aber auch an

anderen Stellen, wie z. B. 1. Mos. 15,11, wo Abraham sein Opfer brachte, kamen die Vögel, um die Aase zu fressen. Wenn die Vögel in den genannten Stellen das Böse darstellen, so kann es hier schwerlich anders sein. In diesem Baum haben wir also den Bösen, die Vögel und den Teufel in den Zweigen. Schau nie auf den äußeren Schein, sondern schau, ob Vögel im Baume sind, denn sie kommen zu nisten, zu verunreinigen und die Frucht wegzufressen!

Die geschichtliche Bedeutung des Gleichnisses.

Dieses dritte Gleichnis hat auffallende Ähnlichkeit mit dem dritten Sendschreiben an Pergamos, d. h. Hochburg oder verheiratet. Die Gemeinde, die klein wie eine Gartenstande im Garten ihres Gottes bleiben sollte, von der Welt ungekannt, verbindet sich hier mit ihr. Jahrhunderte hindurch wurde sie verfolgt mit Feuer und Schwert und von wilden Tieren zerrissen, hier aber schließt sie einen Ehebund mit einem Heiden, und das ist Sünde, Ehebruch. Die Gemeinde tat dasselbe, was einst Israel tat. Unter Konstantin ging die Gemeinde diese Ehe ein. Das Senfkorn wurde plötzlich ein abnormaler Baum und gefiel sich in seinem Wuchse, anstatt über diese Sünde Buße zu tun. Irrtümer gleich Vogelschwärmen zogen nun in diesen Baum ein. Die Tür war für allerlei Verirrungen weit offen, wie gerade das Sendschreiben zeigt. Das ist auch sehr oft die Geschichte des einzelnen Gläubigen. Nachdem er die erste Liebe verlassen hat, sät Satan Unkraut ins Herz, und bald folgt die Verweltlichung.

Der volle Wuchs des Baumes. Das Senfkorn ist bis heute noch nicht völlig ausgewachsen. Es hat ungeheure Ausmaße angenommen, aber den vollen Wuchs sehen wir erst in Offenb. 18,3. Dort sehen wir den Baum in seiner Vollendung unter dem Bilde der großen Hure. Der Baum ist dort zur Vogelherberge geworden. Alle Nationen nehmen da Zuflucht. Er hat also die ganze Erde überwuchert. Im gleichen Kapitel aber sehen wir auch, daß diesem Baum, Babylon, der großen Hure, die Axt an die Wurzel gelegt wird (Matth. 3,10). Dort ist also das Ende der Christenheit, das wohlverdiente Gericht über sie, die Untreue.

G. Brinke (Aus „Ährenlese“, Verlag Bern)

Sünden bekennen

(1. Joh. 1,9)

Unsere Sünden vor Gott und, wo nötig, auch vor Menschen zu bekennen fällt unserem natürlichen Menschen schwer. Und doch ist es nötig, denn soll begangenes Unrecht vergeben werden, so muß es zuvor schonungslos gerichtet sein.

Bevor wir Sünden „bekennen“ können, müssen wir sie natürlich „erkannt“ haben. Und ehe wir sie erkannt haben, sind wir „überführt“ worden. Wir werden überführt durch das Wort Gottes und durch den Heiligen Geist, durch unser Gewissen, durch Brüder, irgendwelche Menschen oder auch Umstände, die Gott benutzt.

Daß uns das Bekennen - besonders vor Menschen - so schwer fällt, liegt wohl daran, daß wir dabei unsere eigene Person verleugnen, unsere eigene Ehre mehr oder weniger darangeben müssen. Die „Ichliebe“ ist ein großes Hindernis. Sie gilt's zu „überwinden“. Es kann vorkommen, daß wir begangene Sünden jahrelang mit uns herumtragen, ohne sie vor Gott und Menschen zu bekennen. Das bedeutet aber nichts anderes als Ungehorsam gegen Gottes Wort. Ungehorsam aber bringt uns keinen Segen, wohl aber vielleicht Züchtigung. Unbekannte Sünden können wie ein Bann auf unserem Leben liegen und ein Hindernis sein, um im Segen anderen dienen zu können. „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Er treu und gerecht, daß Er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit.“ (1. Joh. 1,9.)

Das Sündenbekennen nimmt mit der Bekehrung seinen gründlichen Anfang und währt, solange wir hienieden sind. Denn: „Wenn wir sagen, daß wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst.“ (1. Joh. 1,8.)

Es gibt Sünden, die nur gegen den heiligen Gott gerichtet sind, und es gibt solche, die an Menschen geschehen sind. Es gibt auch Sünden am eigenen Leibe und andere. Jede Sünde, die an Menschen oder an unserem Leibe und dergleichen geschah, geschah auch zugleich gegen

Gott, weil sie gegen Gottes heiligen Willen war. Als David durch Nathan von seiner Sünde überfuhrt wurde, da kam als erstes über seine Lippen: „Ich habe gegen Jehova gesündigt.“ (2. Sam. 12,13.) Und im 51. Psalm bekennt er die gleiche Sünde vor seinem Gott mit den Worten: „Gegen Dich, gegen Dich allein habe ich gesündigt, und ich habe getan, was böse ist in Deinen Augen.“ (V. 4) Er hatte gegen Menschen gesündigt und damit auch gegen Gott.

Die Heilige Schrift spricht vom Sündenbekennen gegenüber Gott und auch gegenüber Menschen.

Da „jede“ Art Sünde auch gegen Gott geschehen ist und da die ewige Vergebung nur Gott allein schenkt, so ist aufs erste das Bekenntnis vor Gott nötig. Die ewige Vergebung kann uns von keinem Menschen gegeben werden. Der Heiligen Schrift nach hat kein Mensch die Befugnis, ewige Sündenvergebung kraft seines Amtes oder im Namen Jesu zu erteilen. Kein Apostel hat solches getan. Sie haben nur Sünden vergeben bzw. behalten im Blick auf Gemeindezucht. Die ewige Vergebung erteilt nur Gott. Und Er tut es in Verbindung mit unserem Glauben an das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes. (Röm. 3,25.) Da unser Herr Jesus Christus Gott ist und die Macht hat, Sünden zu vergeben, so dürfen wir auch zu Ihm kommen mit unseren Sünden. Er ist unser Hoherpriester und Sachwalter bei dem Vater. „Er ist die Sühnung für unsere Sünden.“ (1. Joh. 2,2.)

Es kann sein, daß trotz aufrichtigem, schmerzerfülltem Bekenntnis unser Glaube zu schwach ist, die Vergebung hinzunehmen. Unsere Sünde erscheint uns vielleicht zu groß. Da wollen wir nicht vergessen, daß der für uns unermeßliche Wert des kostbaren Blutes unseres HErrn „jede“ Sündenschuld tilgt. „Das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.“ (1. Joh. 1,7.) Das Wort, das der HErr jenem sündigen Weibe sagte, dürfen wir auch für uns persönlich im Glauben hinnehmen: „Deine Sünden sind vergeben ... geh hin in Frieden.“ (Luk. 7,49.50.) Er hat Frieden gemacht durch das Blut Seines Kreuzes, und diesen Frieden dürfen wir durch Glauben ins Herz aufnehmen. Deshalb wollen wir nicht durch Unglauben den HErrn betrüben.

Sünden bedeutet eine tiefe Beschämung für uns vor dem HErrn, denn es erinnert immer von neuem daran, daß die Tilgung unserer für uns unbezahlbaren Schuld den Sohn Gottes den Kreuzestod gekostet hat. Durch jede neue Sünde betrüben und beleidigen wir zudem den heiligen Gott, der in Christus Jesus unser Vater geworden ist. In den Fällen, wo wir gegen unsere Brüder oder andere Menschen gesündigt haben, haben wir diesen wehe getan, sie vielleicht gekränkt, ihrer Gesundheit geschadet oder auch ihr Glaubensleben geschädigt. Die Liebe und die Wahrhaftigkeit leitet uns an, auch vor ihnen zu bekennen.

Das Bekennen von Sünden Menschen gegenüber fällt uns oft schwerer als das Bekennen vor dem HErrn. Vor dem HErrn sind wir allezeit offenbar. Vor Menschen aber müssen wir uns erst durch das Bekenntnis offenbar machen. Wenn nun Menschen hoch von uns dachten, so werden sie, meinen wir, nun infolge unseres Bekenntnisses geringer von uns denken. Das stimmt aber nicht immer. Oft dient ein Bekenntnis dazu, daß wir als Christen höher eingeschätzt werden als zuvor. Aber mag das Bekennen Folgen haben, welche es will, wichtig ist, daß wir gehorsam sind. Die Gnade unseres Gottes wird dabei gewiß nicht fehlen. Wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Im Bekennen vor Menschen ist uns Zachäus ein Vorbild. Nachdem er das Heil erfahren in Dem, der sein Haus mit Seiner Gegenwart beehrt hatte, tat er sofort seine Bereitwilligkeit kund, zu bekennen und Widergutzumachen. Wir lesen von ihm: „Zachäus aber stand und sprach zu dem HErrn: Siehe, HErr, die Hälfte meiner Güter gebe ich den Armen, und wenn ich von jemand etwas durch falsche Anklage genommen habe, so erstatte ich es vierfältig.“ (Luk. 19,8.) Wenn er das unrechte Gut vierfältig zurückerstattete, so tat er das nach dem Gesetz, unter dem er gestanden hatte. (Vgl. 2. Mos. 22,1b.) Wir stehen nicht unter Gesetz. Aber wir sollten uns unter die Leitung des Geistes stellen betreffs der Weise, wie wir eine Verfehlung gutzumachen haben.

In der Apostelgeschichte (Kap. 19,18-20) finden wir auch ein schönes Beispiel von Jungbekehrten, wie sie ihre Sünden vor Menschen bekannten. Es heißt da: „Viele aber von denen, die gläubig geworden waren, kamen und bekannten und verkündigten ihre Taten“. Viele verbrannten sogar öffentlich die schlechten Bücher. Die Folge dieser Bekenntnisse war, daß das

Wort des HErrn mächtig wuchs und überhandnahm. Nicht jedes öffentliche Bekenntnis ist zu empfehlen. Es bedarf hierbei der Leitung vom HErrn. Denn das öffentliche Bekenntnis soll das Werk des HErrn fördern und nicht etwa schädigen.

Auch im Apostel Paulus haben wir ein Vorbild im Bekennen. Er bekannte vor der Gemeinde der Korinther: „Ich bin der geringste der Apostel, der ich nicht würdig bin, ein Apostel genannt zu werden, weil ich die Versammlung Gottes verfolgt habe.“ (1. Kor. 15,9.) Und dieses Bekenntnis legte er ab in demselben Briefe, in welchem er die Korinther so ernst zurechtzubringen suchte. Er war nicht ängstlich besorgt um seine eigene Ehre und sein Ansehen vor der Gemeinde. Gott aber segnete seinen Dienst dennoch sehr reichlich.

Die genannten Bekenntnisse waren freiwillige Bekenntnisse. Wir finden im Neuen Testament auch kein unmittelbares Gebot: Geh hin zu dem betreffenden Menschen, bekenne und mache wieder gut! Dennoch „leiten uns“ Worte wie Beispiele in der Heiligen Schrift dazu an. Auch die Wahrhaftigkeit und die Liebe treiben uns dazu, ebenso auch das Gewissen. In vielen Fällen ist das Bekennen vor Menschen nicht mehr möglich. Manche Menschen sind nicht mehr erreichbar. Manche sind inzwischen gestorben. Auch dem Übeltäter am Kreuz war das Bekennen und Wiedergutmachen gegenüber denen, an welchen er sich versündigt hatte, nicht mehr möglich. (Er bekannte aber sein böses Tun vor dem HErrn und den anwesenden Menschen.) Gar mancher Sohn und manche Tochter möchten vielleicht vor Vater und Mutter begangene Sünden bekennen, aber sie können es nicht mehr. Das wird dann unter Umständen zu einer schweren, lebenslänglichen Last. Doch was wir nicht zu tun vermögen, das erwartet Gott auch nicht von uns. - Wir wollen auch nicht vergessen: Nicht das Bekenntnis ist die Grundlage der ewigen Vergebung, sondern das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes. Dieses Sein kostbares Blut ist auch der Grund unseres Friedens mit Gott.

In Jak. 5,14-16 finden wir ein Gebot besonderer Art in bezug auf das Bekennen. Dort handelt es sich um Kranksein von Gläubigen, dessen Ursache Sünden sein können. In solchem Fall gebietet das Wort: „Bekennet denn einander die Vergehungen und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.“ Dem gegenseitigen Bekenntnis soll das Gebet folgen. Es ist hier von einem

gegenseitigen priesterlichen Dienst die Rede, der vielleicht zu wenig Beachtung findet. Doch auch bei der Wahl dessen, vor dem man ein Bekenntnis ablegen will, ist Vorsicht am Platz. Nicht jeder ist dazu geeignet. Älteste der Gemeinde sollen es sein, die das Zeugnis seitens der Versammlung haben, daß sie geistliche Männer sind. Denn nur geistliche Brüder vermögen in priesterlicher Weise zu dienen.

Alle Bekenntnisse von Sünden sind ernste und heilige Angelegenheiten. Mögen sie nun vor unseren HErrn gebracht werden oder vor Brüder und Menschen, gegen die wir gesündigt haben, oder vor Vorsteher der Gemeinde, - immer sollten wir bedenken: Wir stehen hier auf dem heiligen Boden des Wortes unseres Gottes.

O. D.

 

 

 

 

Streifzüge durch das Buch Daniel

(Dan 3-6)

1. Der brennende Feuerofen. (Kap. 3.) Wunderbar hatte Gott es Daniel und seinen Freunden gelingen lassen. Aus armen Gefangenen waren hohe, einflußreiche Staatsbeamte geworden. Nun aber sollte ihr Glaube auf eine schwere Probe gestellt werden. Ein dreißig Meter hohes goldenes Götterstandbild hatte der König aufrichten lassen und allen Untertanen streng befohlen, dieses Bild anzubeten, sobald die Musik das Zeichen dazu gebe. Hier gab's kein Ausweichen. Jeder Ungehorsam war sofort sichtbar. Wie mögen die Männer im Gedanken an den furchtbaren Tod, der jeden Ungehorsam treffen sollte, gezittert haben! Was tun? Sollten sie äußerlich mit zu Boden fallen, um kein Aufsehen zu erregen? Unmöglich! Das wäre ja Verrat an dem Gott gewesen, der ihnen bisher Seine Macht und Güte so sichtbarlich gezeigt hatte. Der Entschluß war schnell gefaßt und wurde auch ebenso schnell bekannt. Der König war außer sich. Drei Männer, dazu elende Gefangene, die ihre hohe Stellung allein seiner Gunst verdankten, sollten es wagen, ihm, dem mächtigen König, zu trotzen? War derartiges glaubhaft? Aber das Unglaubliche wurde zur Tatsache. Befragt, gaben die Männer ihm mit

dürren Worten zu verstehen, daß sie seinem Gebot nicht folgen und das Bild nicht anbeten würden. Nebukadnezar schäumte vor Wut. Auf seinen Befehl wurde der Schmelzofen siebenfach geheizt. Die stärksten Männer des Heeres mußten die Widerspenstigen in die ungeheure Glut werfen, eine Hitze, die die Schergen augenblicklich tötete. Doch was war das? Ein Trugbild der Phantasie? Anstatt augenblicklich verzehrt zu werden, wandelten die drei in dem Ofen wie in einem Lustgarten. Drei, nein, vier waren es jetzt. Eine majestätische Gestalt, eine Himmelserscheinung hatte sich ihnen zugesellt. Die Wut des Königs wich jähem Entsetzen. Er wandte sich an seine Umgebung. Auch sie starrten die wunderbare Erscheinung an. Nebukadnezar sprang auf, trat an den Ofen: „Sadrach, Mesach und Abednego, ihr Knechte des höchsten Gottes, geht heraus und kommt her!“ Die Männer kamen heraus, und wahrhaftig, nicht ein Haar war an ihnen versengt, nicht einmal ein Brandgeruch zu spüren. In tiefer Bewegung erkannte Nebukadnezar den wahren Gott an, der so gewaltig Seine Macht erzeigte. Die Treue der drei hatte sich gelohnt. Ihr Gott war verherrlicht worden, und sie selbst erhielten vom König eine hohe Anerkennung. Sie wurden in der Landschaft Babel befördert.

„Fürchte dich nicht!“ beginnt das 43. Kapitel des Propheten Jesajas, „denn Ich habe dich erlöst; Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist Mein.“ Dieses Wort mochten die drei Männer wohl kennen. Jetzt hatten sie seine Kraft erfahren.

2. Nebukadnezars Demütigung. (Kap. 4.) Wieder hatte Nebukadnezar einen Traum, wieder war er tief beunruhigt. Entgegen dem vorigen (Kap. 2) hatte er ihn diesmal behalten und konnte ihn den Schriftgelehrten und Wahrsagern vortragen. Aber da war keiner, der diesen merkwürdigen Traum zu deuten vermochte. Als letzter trat Daniel vor den König. Dieser erzählte ihm von einem gewaltigen Baum, dessen Spitze bis an den Himmel reichte, der die ganze Erde erfüllte, unter dessen Schatten die Tiere des Feldes weideten, in dessen Zweigen die Vögel wohnten, der mit seinen Früchten die ganze Menschheit ernährte. Dann war ein Himmlischer herabgestiegen und hatte befohlen, den Baum umzuhauen. Nur sein Wurzelstock sollte in der Erde bleiben, aber in Fesseln von Eisen und Erz. Von einem menschlichen Herzen des Baumes war die Rede gewesen, das in das eines Tieres verwandelt werden würde - eine unheimliche Begebenheit! - Schweigend hatte Daniel zugehört. Immer ernster waren seine

Züge geworden. Eine drückende, beängstigende Stille trat ein. Endlich unterbrach der König das Schweigen. „Beltsazar, der Traum und seine Deutung ängstige dich nicht!“ Ach, nicht um sich hatte Daniel Sorge. „Mein Herr“, rief er schmerzlich aus, „der Traum gelte deinen Hassern und seine Deutung deinen Feinden!“ Er selbst, Nebukadnezar, war ja dieser Baum; er selbst sollte seiner ganzen Macht verlustig gehen, sollte zu einem Tier erniedrigt werden, bis er erkannt hätte, daß Gott es ist, der das Königtum verleiht. Daniels Herz war voller Mitgefühl mit seinem unglücklichen Monarchen. Er flehte ihn an, durch Buße und Abkehr von seinen Sünden den Zorn Gottes abzuwenden. Vergebens, der König hörte nicht auf ihn; er mußte erst durch das Gericht zur Einsicht kommen. Wie viele Menschen gleichen doch dem Nebukadnezar, oft genug auch die Gläubigen! Ein ganzes Jahr noch hatte Nebukadnezar Zeit zur Umkehr. Er nutzte sie nicht. Eines Tages wandelte er auf seinem Palast umher; wohlgefällig und voller Stolz ruhten seine Augen auf den Prachtbauten seiner Residenz. Selbstgefällig kam es über seine Lippen: „Ist das nicht das große Babel, welches ich zum königlichen Wohnsitz erbaut habe durch die Stärke meiner Macht und zu Ehren meiner Herrlichkeit?“ Aber kaum hatte er ausgesprochen, da kam der Wahnsinn über ihn. Von der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen, mußte er sich nun wie ein Rind von den Früchten des Feldes nähren, bis „sein Haar wuchs gleich Adlerfedern und seine Nägel gleich Vogelkrallen“. Sieben volle Jahre dauerte dieser unwürdige Zustand. Da kam Nebukadnezar der Verstand wieder. Er erkannte, was Gott ihm zu zeigen hatte. Nun pries er nicht mehr sich und sein Werk, sondern den Höchsten, den ewig Lebenden, „dessen Werke allesamt Wahrheit, und dessen Wege recht sind, und der zu erniedrigen vermag, die in Hoffart wandeln“. Glücklicher Nebukadnezar! Wohl jedem Menschen, der wie er den wahren Gott erkannt hat! Einem solchen ergeht es wie dem Psalmisten, der von sich sagen konnte:

„Es ist gut für mich, daß ich gedemütigt ward, damit ich Deine Satzungen lernte.“ (Ps. 119,71.)

3. Belsazars Mahl. (Kap. 5.) Hell strahlten die Fenster des königlichen Palastes zu Babylon. Aus dem gewaltigen Thronsaal Nebukadnezars drangen Musik und weinselige Stimmen in die stille Nacht der Stadt. Belsazar, ein Nachfolger Nebukadnezars, machte seinen tausend Gewaltigen ein Mahl. Immer höher stieg die Stimmung, ein witziger Einfall folgte dem anderen.

Der Wein floß in Strömen. Jetzt winkte der König mit der Hand. Alles wartete gespannt. Da kam auch schon der Zug der Sklaven herein. In ihren Händen glänzten und gleißten kunstvoll geschmiedete goldene und silberne Gefäße. Bereitwillig zollte alles dem König Beifall. Die vor Jahren aus Jerusalem fortgeschleppten Tempelgefäße zu holen war wirklich ein herrlicher Einfall, eine sinnvolle Handlung, denn so groß und stark wie die Götter der Chaldäer war keiner sonst; ihnen war auch der Jehova der Juden erlegen. Feurig glitt der dunkle Wein aus den Bechern und Schalen über die Lippen. Da plötzlich bricht die Musik ab. Aller Augen richten sich auf den König, der mit weitaufgerissenen Augen die gegenüberliegende Wand anstiert. Der Anblick, der sich da bot, war grauenvoll genug. Eine Hand kam aus der Wand und schrieb eine Schrift, die keiner zu lesen verstand. Die Hand verschwand, aber die rätselhafte Schrift stand unauslöschlich da. Was mochten die Zeichen bedeuten? Endlich faßte sich Belsazar. Mit schriller Stimme, aus der sein ganzes Entsetzen klang, rief er nach den Beschwörern und Wahrsagern. Aber keiner konnte die Schrift lesen, geschweige denn deuten, mochte der König noch so hohen Lohn verheißen. Ein Schrecken, fast schlimmer als der erste, befiel den Monarchen. Er ahnte ein furchtbares Unheil. Er spürte es kommen und wußte doch nicht Ursprung und Verlauf.

Da trat die Königinmutter herein. Sie hatte noch nicht vergessen, was seinerzeit Nebukadnezar erlebt hatte. Auf ihr Geheiß wurde Daniel hereingerufen. Daniel kam; mit eiserner Miene übersah er das Vorgefallene, die Lästerung seines Gottes. Kaum scheint er die verlockenden Verheißungen des Königs zu vernehmen. Dann spricht er. Mit einer Verachtung sondergleichen weist er die Geschenke des Königs zurück. Aber er tut nach dem Wunsch des Herrschers und deutet die Schrift: „Gezählt, gezählt, gewogen und zerteilt.“ Alles hatte Belsazar gewußt, was seinem Vorfahr begegnet war (V. 22), dennoch sein Herz verhärtet. Und Daniel war ihm keine unbekannte Persönlichkeit. Nun waren die Tage seines Königtums gezählt, er selbst gewogen und zu leicht erfunden; das Gericht würde unerbittlich kommen. Belsazar befahl; er hielt sein Versprechen trotz der üblen Deutung. Daniel wurde mit Purpur bekleidet, eine goldene Kette um seinen Hals gehängt, er selbst als dritter Herrscher ausgerufen. Es war Belsazars letzter Befehl. In der gleichen Nacht noch wurde er von seinen Knechten umgebracht.

O der weise Spruchdichter hat recht, wenn er sagt: „Der Spötter spottet Er, den Demütigen

aber gibt Er Gnade. Die Weisen erben Ehre, aber die Toren tragen Schande davon.“ (Spr. 3,34.35.)

4. Daniel in der Löwengrube. (Kap. 6.) Könige waren gegangen, neue waren gekommen. Eine große Umwälzung hatte stattgefunden. Anstatt der Chaldäer war der zweiundsechzigjährige Meder Darius auf den Thron gelangt. Einer war geblieben, der königliche Ratgeber Daniel. Er gehörte zu den drei höchsten Staatsbeamten, denen die Vorsteher der hundertzwanzig Gaue unterstellt waren, in die Darius das Land eingeteilt hatte. War es seine unbestechliche Gerechtigkeit, war der Grund der, daß er nicht den heidnischen Göttern diente? - Eins ist sicher, Daniel war bei seinen Untergebenen verhaßt. Als nun der König gar noch beabsichtigte, ihn über das ganze Königreich zu bestellen, da reifte der Plan in ihnen, Daniel zu stürzen. Aber wie? In seiner Verwaltung stimmte alles auf das genaueste. Sein Leben war tadellos. Doch war nicht in seiner Religion ein Anklagegrund zu finden? Ein teuflischer Plan wurde ausgeheckt, der so harmlos aussah, daß der König ohne weiteres darauf einging. Eine Bestimmung, daß während dreißig Tagen von keinem Gott oder Menschen etwas erbeten werden durfte als nur von ihm, war geeignet, seine Huld und Gnade, aber auch seine große Macht allen fühlbar zu machen. Das Gebot wurde erlassen. Eine Abänderung war nach dem Gesetz der Meder und Perser nicht möglich. Die Feinde hatten richtig gerechnet. Einen Daniel konnte nicht einmal der Tod in der Löwengrube von seiner Treue abbringen. Das tägliche Gebet war seine Kraftquelle. Darauf konnte er unmöglich verzichten. Triumphierend kommen die Ankläger zu Darius. Nun kann ihnen Daniel, dieser aus der Mitte eines verachteten Volkes Weggeführte, der mehr sein will als sie alle, nicht mehr entgehen. Der König erschrickt in sein Herz hinein. Daß gerade sein tüchtigster, sein weisester Beamter das erste Opfer des törichten Verbotes sein werde, damit hat er nicht gerechnet. Daniel töten, unmöglich! Aber wie das unumstößliche Verbot, das er selbst unterzeichnet hat, im Blick auf diesen Mann aufheben? Da gibt es keinen Ausweg. Das Verbot ist erlassen, der Übertreter muß sterben.

Der einzige, der in dieser verzweifelten Lage helfen konnte, war der Gott Daniels - eine schwache Hoffnung für einen Darius, der diesen Gott nur vom Hörensagen kannte. Aber als der König sich beim Morgengrauen zur Löwengrube begab - gewiß war von Daniel längst nichts

mehr übrig - und mit zaghafter, trauriger Stimme nach ihm rief, da tönten ihm aus dem Verlies Siegesworte entgegen. Das Wunder war geschehen, Daniel lebte und wurde im Triumph aus der Grube geholt. Ein neues gewaltiges Zeugnis hatte er für seinen allmächtigen Gott ablegen dürfen. Darius brachte Ihm nun selbst öffentlich Ehre. Daniels Ankläger aber - nicht umsonst hatten sie ihrem König eine schlaflose Nacht bereitet - wurden mitsamt ihren Familien den Löwen vorgeworfen und augenblicklich zermalmt.

Wie heißt's doch in jenem Triumphlied, das die Macht des Gottes besingt, Dessen Stärke so groß ist wie Seine Treue?

„Wer im Schirm des Höchsten sitzt, wird bleiben im Schatten des Allmächtigen ... Er wird Seinen Engeln über dir befehlen, dich zu bewahren auf allen deinen Wegen.“ (Ps. 91,1.11.)

Wa. Br.

Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Saul, der schöne junge Mann

(Kap. 9)

Hervorragende natürliche Eigenschaften sind keine Gewähr für ein segensreiches Leben. Die Anziehungskraft besonders begabter Menschen lockt auch böse Freunde herbei, und der Hochmut findet gute Nahrung. Saul war einer der schönsten jungen Leute im Land, und doch endete sein Leben in Unruhe und Schande. Er begann in ansprechender Bescheidenheit (Kap. 9,21; 10,22) und Selbstbeherrschung (Kap. 10,27), aber der Glanz und die Macht seiner

Stellung ließen ihn zum Tyrannen werden und zerstörten die hohen Hoffnungen, zu denen sein guter Anfang berechtigt hatte.

Saul war nie ein Mann des Glaubens. Warum aber wählte Gott ihn dann zum ersten König über Israel? David war ein Mann nach dem Herzen Gottes, Saul ein Mann nach dem Geschmack des Volkes. Sie wollten mit ihrem König Staat machen; dessen äußere Eigenschaften waren ihnen besonders wichtig. Gott gab ihnen nun einen solchen König. Sie sollten lernen, wie wenig wertvoll natürliche Gaben sind, wenn das Herz nicht Gott unterworfen ist.

Durch eine wunderbare Fügung treffen sich Saul und Samuel. Gott liebt solche geheimen Führungen, und für den, der Gott liebt, müssen alle Dinge zum Guten zusammenwirken. Samuel kam eben zur Stadt heraus, als Saul eintrat. Der HErr hatte dem Propheten einen Tag zuvor eröffnet, daß ein Mann aus Benjamin kommen werde, der solle der Fürst werden, der Erretter des Volkes Israel. Nachher bezeichnet ihn Samuel als den, nach dem alles Begehren Israels stehe. (V. 20.) Diese drei Ausdrücke finden sämtlich auch auf den Messias Anwendung. In Jes. 55,4 ist Er der Fürst und Gebieter. Sach. 9,9 wird Er als „Retter“ begrüßt (vgl. auch Matth. 1,21), und Haggai 2,7 steht: „Das Ersehnte aller Nationen wird kommen“. Wir dürfen wohl annehmen, daß Saul ein Vorbild des Herrn Jesus geworden wäre, wenn er in Gottesfurcht vor dem HErrn gewandelt hätte.

Der Ehrenplatz bei der Opfermahlzeit, der beste Bissen und die Worte Samuels ließen Saul erkennen, zu welch hoher Würde ihn Gott berufen hatte. Nachher lesen wir: Samuel „redete mit Saul auf dem Dache“. (V. 25.) Sicher haben sie über die Aufgaben und Pflichten eines Herrschers in Israel gesprochen. Saul sollte der Fürst über „Gottes Erbteil“ sein. (Kap. 10,1.) Das Erbteil war Gottes, nicht Sauls Eigentum. Er stand unter Gottes Autorität und war dem Höchsten für sein Tun und Lassen verantwortlich. Niemals sollte er ein Tyrann werden. Voll tiefer Gedanken kehrte Saul in seine Vaterstadt zurück. Mit niemand besprach er sich über das große Geschehen. (Kap. 10,16.)

Zum Nachdenken: Auch das heiligste Öl, mit dem ein Haupt gesalbt wird, verändert das Herz

Saul wird zum König gesalbt und gewählt

(Kap. 10)

Saul war aus dem Stamme Benjamin. (Kap. 9,1.) Benjamin war nicht der königliche Stamm, sondern Juda war es, auf dem die Verheißungen der Herrschaft ruhten. (1. Mos. 49,10.) Es scheint, als sei es von Anfang an nicht Gottes Absicht gewesen, das Haus Sauls auf dem Thron zu erhalten. Er gab dem Volk Israel diesen König, weil ihr Herzenszustand einen Mann wie Saul begehrte und sie nun erkennen sollten, wie töricht ihr Wunsch war. (Hos. 13,11.) Trotzdem wird Saul von Samuel gesalbt und erhält den Kuß der Treue und Unterwerfung. (Vgl. Ps. 2,12.) Damit der überraschte Saul gewiß werde, daß seine Erwählung nicht ein Einfall Samuels sei, sondern nach einem Befehl Gottes geschehen war, werden ihm drei bestätigende Zeichen zuteil: Drei Männer Gottes, die nach Bethel zu Gott hinaufgingen, grüßten ihn mit Auszeichnung; der Geist Gottes ergriff ihn, so daß er weissagte, und sein Herz wurde verwandelt. Diese letztere Aussage befremdet uns, denn der Verlauf seines Lebens zeigt uns, daß sein Herz nicht verwandelt war. Es ist hier wohl an eine Zeit besonderer Einwirkung seitens Gottes zu denken. Neue Gedanken, heilige Entschlüsse, Heldenmut erfüllten ihn. Das Volk wunderte sich über diese Wandlung und gab seiner Verwunderung mit den Worten Ausdruck: „Ist auch Saul unter den Propheten?“

Samuel, der treue Knecht Gottes, beruft jetzt das ganze Volk nach Mizpa und hält ihm nochmals das Unrecht vor, einen König gewünscht zu haben. Stumm läßt das Volk die Worte Samuels über sich ergehen. Ihr Wille stand fest: Sie wollten einen König! Sie wären wohl ein wenig unsicher geworden, wenn sie in die Zukunft schauen und all das Elend hätten sehen können, das Israels Könige über das Volk brachten. Die ganze Herrlichkeit des Königtums endete in der Gefangenschaft. Der Glaube ist lenksam, hört auf Warnungen erleuchteter Männer und läßt sich führen. Der Eigensinn aber beharrt auf seinem kurzsichtigen, vorgefaßten Plan, und erst während der Ausführung merkt er, wie Gottes Wort doch eintrifft, trotz der Gegenmaßnahmen des Menschen.

Es ist tröstlich zu sehen, wie angesichts der Blindheit und des Eigensinns Seines Volkes Gott Sich nicht von ihm zurückzieht. Sie befragen den HErrn wegen des erwählten jungen Mannes, und Gott antwortet und sagt ihnen sogar den Platz, wo Saul sich in schöner Bescheidenheit versteckt hielt. (V. 22.) Saul konnte gleich zu Beginn seines Königtums merken, daß vor Gott nichts verborgen ist und daß die Verbindung mit diesem allweisen Gott die beste Ausrüstung für eine erfolgreiche, glückliche Regierung ist. Als das Volk die königliche Erscheinung Sauls sieht, jubelt es laut und ruft: „Es lebe der König!“ Samuel aber stellt die Rechte des Königs fest und schreibt sie in ein Buch. Noch war Samuel der Richter und Vater des Volkes. Saul kehrte dann nach seinem Hause zurück, begleitet von einer Schar, deren Herz Gott gerührt hatte. (Vgl. V. 26 mit 27.)

Zum Nachdenken:

Offenbarung, Wundergaben,

Trost und Süßigkeiten haben,

Ehre, Welt und Geld verachten,

Vieles wissen und betrachten,

Fasten, lesen, singen, beten

Und mit Engelzungen reden -

Alles dieses acht ich nicht,

Wo man nicht den Willen bricht.

(Tersteegen)

Sauls Sieg über die Ammoniter und Samuels Abschied von dem Volke

(Kap. 11 und 12)

Saul hatte bald Gelegenheit, sich als Heerführer des Volkes zu erweisen. Jabes-Gilead liegt östlich vom Jordan in dem Gebiet des Stammes Gad. Die Ammoniter, die Nachkommen Lots waren, ebenso wie die Moabiter, wohnten im Süden und Osten des Toten Meeres. Sie waren die ständigen Bedrücker der Kinder Israel. (Vgl. Richt. 3,13; 11,4.) Wir wissen aus 2. Sam. 10,1-5, wie schmählich sie später die Boten Davids behandelten. Diesmal stellten sie eine brutale Forderung an die Männer von Gilead. Die Krieger pflegten damals während des Kampfes ihr linkes Auge mit dem Schild zu schützen; sie wären daher ohne das rechte Auge, das Nahas ihnen ausstechen wollte, völlig kampfunfähig gewesen. Der Zweck der Herausforderung war also, die Männer für den Kriegsdienst untauglich zu machen.

Als Saul von dieser Schmach hörte, geriet der Geist Gottes über ihn. Er verstand es, rasch ein starkes Heer um sich zu versammeln, und trug dann einen entscheidenden Sieg über die Ammoniter davon. Immer wieder sehen wir, daß Saul ein tapferer Kämpfer war. Als David die Klage über Sauls Tod anstimmte, sagte er: „Sauls Schwert kehrte nicht leer wieder“, und: „Saul und Jonathan waren schneller als Adler, stärker als Löwen“. (2. Sam. 1,22.23.)

Nun scheint alles in bester Ordnung zu sein. Die leisen Zweifel, ob die Wahl eines Königs nicht doch besser unterblieben wäre, verschwinden angesichts der Erfolge Sauls. Das Volk umjubelt ihn aufs neue und schlachtet in Anwesenheit Samuels Friedensopfer vor Jehova. Doch Erfolge sind gefährlich für jemand, der nicht ein Gott unterworfenes Herz hat. Im Augenblick freilich nehmen wir bei Saul nur eine edle, vornehme Gesinnung wahr. Er verbietet seinen Leuten, an den Volksgenossen Rache zu nehmen, die ihm mit Verachtung bei seiner Königswahl begegnet waren. (Kap. 16,27; 11,12.13.)

Samuel hört nicht auf, der getreue Mahner des Volkes zu sein. Er nimmt Abschied von ihnen und läßt sie noch einmal die Wege Gottes in den Zeiten der Richter überblicken. Immer wieder hatte Gott ihnen zur rechten Zeit Retter geschickt. Gott ist Gnade und Wahrheit. Auch jetzt wird Er sie nicht verlassen, obgleich der Wunsch, einen König zu haben, den Allmächtigen tief

schmerzte. Samuel bekundet dem Volke: „Um Seines großen Namens willen wird Er Sein Volk nicht verlassen; denn es hat Ihm gefallen, euch Sich zum Volk zu machen.“ (Kap. 12,22.) Gott ist treu. Wird Saul es auch sein?

Zum Nachdenken: Ein anderer Saul aus dem Stamme Benjamin erwies sich später als ein von Herzen verwandelter Mann. (Phil. 3,5.)

Der Unglückstag von Gilgal

(Kap. 13)

Die erste Tat des nun selbständigen Königs war die Bildung eines stehenden Heeres. Saul und sein Sohn Jonathan waren die Oberbefehlshaber. Durch einen übereilten Angriff Jonathans kam das ganze Volk plötzlich in eine sehr mißliche Lage. Die Philister zogen mit 30000 Wagen, 6000 Reitern und einer großen Menge Fußvolk zum Kampf gegen Israel heran. Sie teilten sich in drei Züge, um das Land plündernd zu durchziehen. Als Saul seine Leute musterte, fand er nur sechshundert Mann vor, und sogar diese hatten keine richtigen Kriegswaffen, ja nicht einmal die Möglichkeit, ihre Beile, Sicheln und Sensen zu schärfen. Nur Saul und Jonathan besaßen ein Schwert. - Es hat sich öfters in der Geschichte Israels wiederholt, daß ihre Könige einen Krieg herausforderten, dem sie nicht gewachsen waren: Ahab und Josaphat handelten zu ihrem eigenen Untergang so töricht (1. Kön. 22,1-4); Amazja verlor bei seinem übermütigen Vorgehen all seine Schätze und Reichtümer (2. Kön. 14,8), und der fromme Josia verlor in seiner Selbstüberschätzung sogar sein Leben. (2. Chron. 35,20-24.) Nicht umsonst sagt Salomon in seinen Sprüchen (Kap. 20,18): „Pläne kommen durch Beratung zustande, und mit weiser Überlegung führe Krieg.“

Noch lebte Samuel, der erfahrene Mann Gottes, aber Saul wurde ungeduldig, denn Samuel traf nicht zur festgesetzten Stunde ein. (V. 8.) Dieses Wartenmüssen war für den tatendurstigen Saul eine schwere Probe, und es zeigte sich, daß sein Temperament über die Gottesfurcht siegte. Er wußte, daß nur den Priestern das Schlachten der Brandopfer zustand, aber er

schien die Hauptsache, daß das Volk nicht ohne religiöse Handlung blieb. (V. 12.)

Aber ach, dieser Ungehorsam kostete ihn sein Königtum! Samuel bezeichnet ihn als „Toren“, als Gesetzesübertreter und sagt ihm, daß Gott bereits einen anderen zum Fürsten über Israel erwählt habe. Welch schwere Folgen hatte dieses Nicht-warten-Können auf Gottes Stunde für Saul!

Zum Nachdenken: Bin ich ein Mensch, der warten kann, auch wenn die Umstände den Verstand zum Handeln zwingen wollen?

*

Frage und Antwort

Frage 18

Warum sind die Namen in Hebr. 11,32 in der Reihenfolge genannt, daß immer erst der spätere vor dem früheren kommt?

Warum wird überhaupt Barak hier unter den Glaubenshelden aufgeführt, da er doch erst durch Debora aufgerüttelt wurde, seiner Pflicht nachzukommen, und dann auch nicht einmal ohne sie in den Streit gehen wollte? Wo kann man bei ihm das Glaubensmoment sehen?

Antwort

Die Frage ist, ob in der Vertauschung der Namen eine Absicht des Heiligen Geistes gelegen hat, und das werden wir hier nicht ohne weiteres voraussetzen dürfen. Der ungenannte Schreiber dieses Briefes ist - etwa wie ein Vortragender, der immer wieder nach der Uhr sieht - offensichtlich besorgt, er könne die Geduld seiner Leser auf eine zu große Probe stellen; er wollte sich ja „kurz“ fassen (Kap. 13,22), wohl in dem Wunsche, die Wirkung seines „Worten der Ermahnung“ nicht zu gefährden. So fährt er, nachdem er schon mehr als ein Dutzend von

Zeugen und Zeugnissen des Glaubens genannt und ausführlicher dabei verweilt hat, jetzt fort: „Und was soll ich noch sagen? Denn die Zeit würde mir fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon und Barak und Simson“ usw. - er will sich also im weiteren auf einige andeutende Hinweise beschränken. Und wenn er sich hierbei nicht an die geschichtliche Reihenfolge hält, sondern wie wahllos in die Fülle des Stoffes hineingreift, dann wird - und hierin sehe ich die Absicht des ihn inspirierenden Heiligen Geistes - dadurch bei dem Leser der Eindruck verstärkt, daß der Schreiber des Briefes noch von ungezählten anderen Glaubenshelden, ja, wirklich von einer „Wolke“ solcher Zeugen berichten könnte, wenn er es für gut hielte. Freilich bin ich mir bewußt, daß wir damit auf die den meisten von uns geläufige Deutung verzichten müssen, wonach jeweils der bedeutendere Glaubensmann dem weniger hervorragenden vorangestellt worden sei, also Gideon vor Barak - was verständlich wäre, Simson vor Jephta - wo wir angesichts einer solchen Wertung wenigstens in sittlicher Hinsicht schon in Verlegenheit kommen, David vor Samuel - wo es nicht jedem einleuchten wird, daß hier die prophetische Bedeutung des Glaubens Davids, sein Vorbild auf Christus, den Ausschlag gegeben haben sollte.

Dieser Verzicht auf die übliche Auslegung erscheint mir aber auch durch eine weniger beachtete Feinheit des Grundtextes unumgänglich. Genau wiedergegeben muß es nämlich heißen: „Die Zeit würde mir fehlen, wenn ich erzählen wollte von Gideon, Barak, Simson, Jephta, David sowohl als auch von Samuel und den Propheten.“ Es handelt sich also gar nicht um drei Paare mit verstellter Reihenfolge, wie wir durch das wahllos eingeschobene „und“ gemutmaßt haben, sondern um zwei Gruppen: Einmal um fünf Männer, die ihren Glauben durch Taten bewiesen haben (V. 33-35a), sodann um die Propheten von Samuel an (vgl. Apgesch. 3,24; 13,20!), die ihren Glauben mehr im Erdulden und Leiden bewährt haben (V. 35b-38).

Daß in den folgenden Versen, offenbar doch mit Bezug auf die erste der beiden Gruppen, besonders auf kriegerische Erfolge hingewiesen wird, wie jene Männer „durch Glauben Königreiche bezwangen ... im Kampfe stark wurden, der Fremden Heerscharen zurücktrieben“, wird uns erklärlich machen, daß in dieser Gruppe statt der Prophetin Debora deren Heeroberster Barak genannt wird. (Richt. 4,4; 5,12ff.) Und wenn uns das Schwierigkeiten

macht, diesen Mann, der „erst aufgerüttelt werden“ mußte und der nicht allein in den Streit ziehen wollte, unter den Glaubenszeugen erwähnt zu finden, dann ist es vielleicht heilsam und ermunternd zugleich für uns, daran zu denken, daß Gott einen gerechteren und feineren Maßstab an unser Innenleben wie auch an unsere Taten anlegt, als Menschen es tun und vermögen.

Fritz von Kietzell

Frage 19

Was ist „Engel Jehovas“? Ist es der HErr Selbst, wie vielfach gesagt wird? (1.Mose 16,7ff.; 2. Mose 3,2ff. usw.).

Antwort

Die vom Fragesteller erwähnte Auffassung ist die wohl am meisten vertretene auf Grund einer Reihe von Schriftstellen, wo der „Engel Jehovas“ oder „Engel Gottes“ so redet oder handelt, als ob er Jehova bzw. Gott Selbst wäre (z. B. 1. Mos. 16,10; hierzu siehe auch V. 13! - 1. Mos. 21,17; 22,11.12; 31,11-13; 2. Mos. 3,2.4ff. u. a. m.). Es gibt aber auch eine Anzahl Schriftstellen, die gegen diese Auffassung sprechen, schon im Alten, besonders aber im Neuen Testament. Sehen wir sie uns kurz an:

1. Mos. 21,17 spricht der „Engel Gottes“ von Gott in der dritten Person. Dies deutet an, daß es ein wirklicher Engel ist, nicht der HErr. - 1. Mos. 22,15ff. ist es dasselbe. Da sagt der „Engel Jehovas“ V. 1.6: „..., spricht Jehova, ...“ - Ebenso ist es Sach. 3,6.7, wo der „Engel Jehovas“ sagt: „So spricht Jehova der Heerscharen: ...“

In folgenden Stellen ist Jehova und „Engel Jehovas“ einander gegenübergestellt: 2. Sam. 24,16 spricht Jehova zu dem „Engel Jehovas“ und gibt ihm einen Befehl. Dasselbe siehe 1. Chron. 21,15. Daß hier der „Engel Jehovas“ nicht der HErr sein kann, sondern nur ein Engel, ist doch

Heerscharen, wie lange willst Du ...“

Luk. 1,11 lesen wir, daß „ein Engel des HErrn“ (lt. Anm. = „Engel Jehovas“) dem Zacharias erschien, und V. 19 sagt dieser „Engel des HErrn“: „Ich bin Gabriel ...“ Also war es ein Engel, nicht der HErr!

Luk. 2,9ff. verkündet ein „Engel des HErrn“ den Hirten die Geburt Christi. Mithin konnte dieser „Engel des HErrn“ nicht der HErr Selbst sein, sondern nur ein Engel.

Apgesch. 7,30 lesen wir, daß es ein Engel war, welcher dem Moses „in der Wüste des Berges Sinai in einer Feuerflamme eines Dornbusches“ erschien. Also war der „Engel Jehovas“ in 2. Mos. 3,2ff. nicht der HErr, sondern ein Engel. - Und V. 35 sehen wir, daß dieser selbe Engel es war, der mit Moses war und das Volk aus Ägypten und durch die Wüste führte und von dem wir 2. Mos. 14,19 lesen: „Und der Engel Gottes, der vor dem Heere Israels herzog, ...“, und 2. Mos. 23,20: „Siehe, Ich sende einen Engel vor dir her ...“, und V. 23 sowie Kap. 32,34: „... Mein Engel wird vor dir hergehen ...“ bzw. „herziehen“. -

Kann der „Engel Jehovas“ bzw. der „Engel Gottes“ einmal der HErr sein und ein anderes Mal nicht, sondern ein Engel? Unseres Erachtens, nach unserer Überzeugung von der Genauigkeit der Schrift, bestimmt nicht! Entweder ist immer der „Engel Jehovas“ bzw. der „Engel Gottes“ der HErr, oder er ist es nie, sondern eben ein Engel. Wir sind überzeugt, daß letzteres der Fall ist, auf Grund der angeführten, für diese Auffassung sprechenden Schriftstellen.

Wie ist es dann aber zu erklären, daß in den alttestamentlichen Stellen der „Engel Jehovas“ bzw. der „Engel Gottes“ vielfach so spricht, als ob er selbst Gott wäre? Das zu verstehen, dürfte uns die Stelle 2. Mos. 23,20ff. helfen, wo Jehova bezüglich Seines Engels V. 21 sagt: „Hüte dich vor ihm und höre auf seine Stimme und reize ihn nicht; denn er wird eure Übertretung nicht vergeben, denn Mein Name ist in ihm.“ Und V. 22: „Doch wenn du fleißig auf seine Stimme hörst und alles tust, was Ich sagen werde, so werde Ich ...“ Daraus ersehen wir, daß der „Engel Jehovas“ bzw. „Engel Gottes“ (so oder so genannt, je nach dem Charakter jeweiligen Auftrages bzw. Dienstes) ein Engel ist - höchster Ordnung -, welchen

Jehova bzw. Gott bei besonderen Gelegenheiten sandte, mit besonderer Vollmacht, in dem Er in gewissen Fällen gleichsam Selbst gegenwärtig war („Mein Name ist in ihm“!), so daß dieser Engel in solchen Fällen die Umhüllung Jehovas bzw. Gottes war, aus welcher Er Selbst redete. (Hierzu siehe auch Mark. 12,26.)

Das Ebengesagte zeigen uns besonders die schon erwähnte Erscheinung Jehovas im „Dornbursch“ und die Gesetzgebung auf Sinai.

Bezüglich des Dornbusches, 2. Mos. 3,2, haben wir schon aus Apgesch. 7,30 gesehen, daß diese Erscheinung - das, was Moses sah -, aus welcher Jehova zu ihm redete, ein Engel war. Und nachdem wir aus V. 35 gesehen haben, daß dieser selbe Engel es war, „mit dessen Hand“ Moses das Volk aus Ägypten und durch die Wüste führte, sehen wir aus V. 38, daß es wieder dieser Engel war, welcher auf dem Berge Sinai mit ihm redete, und aus V. 53 ersehen wir, daß Israel das Gesetz „durch Anordnung von Engeln“ (lt. Anm.: eigentlich „auf Anordnungen von Engeln hin“) empfangen hat, wie auch Gal. 3,19 uns betreffs des Gesetzes sagt: „angeordnet durch Engel in der Hand eines Mittlers“, wiewohl wir 2. Mos. 19 usw. lesen, daß Jehova, bzw. Gott, redete. -

Es ließe sich bezüglich der Engelfrage noch vieles sagen - auch im Blick auf manche meist auf den HErrn gedeutete Stellen in der Offenbarung -, doch wird das Obengesagte zu der gestellten Frage genügen. Wichtig ist hierbei auch, die Würde und Herrlichkeit der Person des HErrn im Auge zu behalten und Ihm nichts zuzuschreiben, was nicht damit im Einklang ist. Hebr. 1,14: „Engel“ ist „Bote“, also Diener. Wir haben aber keinerlei Anhalt im Worte Gottes dafür, daß der HErr vor Seiner Menschwerdung sich irgendwie und irgendwann zu einem „Boten“, einem „Diener“, machte. Erst als Mensch „entäußerte“ Er Sich, wurde Er „gehorsam“.

Theodor Küttner

„Welches Todes Er sterben sollte!“

zwar in Joh. 12,33 und 18,32. Wenn Gott uns in Seinem Worte denselben Gegenstand zweimal mit den gleichen Worten vorstellt, so gewiß nicht ohne Grund. Es ist daher wohl der Mühe wert, in Gedanken ein wenig dabei zu verweilen, „welches Todes Jesus für uns starb“.

Fassen wir diese Worte als Frage auf, so lautet die Antwort: Er sollte Sich an das Kreuz erhöhen lassen. Er sollte den Kreuzestod sterben, jenen qualvollen Tod. Das damit verbundene körperliche Leiden war so furchtbar, daß es nicht zu beschreiben ist. Die Tatsache, daß der Kreuzestod bei den verschiedensten Völkern Anwendung fand, ist sicherlich ein Beweis dafür, daß die Sünde den Menschen unter anderem grausam gemacht hat. Auch die Römer wandten diese Art Hinrichtung an, aber nicht bei ihren Bürgern, sondern nur bei den von ihnen unterworfenen Völkern bzw. bei Sklaven. Der Kreuzestod war entehrend.

Den Ausdruck „erhöht“ finden wir dreimal im Evangelium Johannes. Das erstemal in Kapitel 3,14.15: „Gleichwie Moses in der Wüste die Schlange erhöhte, also muß der Sohn des Menschen erhöht werden, auf daß jeder, der an Ihn glaubt, nicht verlorengehe, sondern ewiges Leben habe!“ Die kurze, aber merkwürdige Geschichte von der ehernen Schlange findet sich in 4. Mose 21,6-9. Ein ernstes Gericht war über das ganze Volk gekommen wegen seiner Herabwürdigung der Speise aus dem Himmel. „Jehova sandte feurige Schlangen unter das Volk, und sie bissen das Volk; und es starb viel Volks aus Israel.“ Als dann Moses für das Volk um Erbarmen flehte, wurden zwar die feurigen Schlangen nicht weggenommen - wenigstens wird das nicht vermerkt -, aber Gott gab ein Heil- und Rettungsmittel. Aber auch nur ein Mittel! Moses machte auf Befehl Gottes eine Schlange von Erz und tat sie auf eine Stange, so daß alle sie sehen konnten. Wenn ein Gebissener zu der ehernen Schlange aufschaute, blieb er am Leben. So hat Gott auch heute in Christus Jesus ein Rettungsmittel gegeben, und zwar für alle Sünder. Aber auch nur ein Mittel! Der Sohn des Menschen wurde ans Kreuz erhöht. Der Tod, das Gericht und das ewige Verderben sind dadurch nicht aus der Welt weggenommen worden, jedoch empfängt ein jeder das ewige Leben, der an den an das Kreuz erhöhten Sohn des Menschen glaubt.

Das zweitemal finden wir den Ausdruck „erhöht“ in Joh. 8,28: „Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn

ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, daß Ich es bin, und daß Ich nichts von Mir Selbst tue, sondern wie der Vater Mich gelehrt hat, das rede Ich.“ Gott hatte dem Volk Seinen Sohn als den Messias vorgestellt. Er offenbarte Sich als solcher durch Sein Wort und durch die Zeichen, die Er tat, Zeichen, die niemand anders je getan hatte noch tun konnte. Aber die Juden verwarfen Ihn, und in ihrer Feindschaft gegen Gott gingen sie selbst soweit, Jesus an das Kreuz zu „erhöhen“. Sie wollten Ihn nicht als den von Gott gesandten Messias anerkennen. Sein Wort galt ihnen nichts. Einst würden sie ihre Tat bereuen. Aber dann würde Er ihnen nicht mehr als ihr Messias vorgestellt werden. Dann würde Er als der von Seinem Volk und von der Welt Verworfene eine ganz andere Stellung einnehmen. Dann, wenn Er vom Himmel her den Heiligen Geist auf diese Erde senden würde, um Zeugnis von Ihm abzulegen, würden sie erkennen, wer Er ist, aber dann würde es zu spät sein, Ihn als Den aufzunehmen, als welcher Er unter ihnen geweilt hatte. Dann, nachdem von ihrer Seite alles an Bosheit geschehen war, würden sie erkennen, daß Er es war und daß die Worte, die Er an sie gerichtet hatte, von dem Vater waren.

Ein drittes Mal finden wir das Wort „erhöht“ in Joh. 12,32 und 33: „Und Ich, wenn Ich von der Erde erhöht bin, werde alle zu Mir ziehen. Dies aber sagte Er, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ Fürwahr, es geht eine wunderbare Kraft aus von dem Kreuz von Golgatha! Der Gekreuzigte ist es, der alle zu Sich zieht! Er ist der große Anziehungspunkt. Für alle! Kein Mensch auf der ganzen Erde ist ausgeschlossen. Man muß sich geradezu dagegen sträuben, um nicht zu Ihm gezogen zu werden.

Das erstemal werden wir hingewiesen auf die Notwendigseit des Erhöhtwerdens, das zweitemal auf das Zeugnis, das eine Folge dieses Erhöhtwerdens ist, und das drittemal auf die Anziehungskraft.

Möchten doch noch viele - indem sie erkennen, welches Todes Er starb - sich überwinden lassen und nicht länger dieser wunderbaren Liebe widerstehen!

„Dies sagte Er, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ (Joh. 12,33.)

„Die Juden sprachen zu ihm (Pilatus): Es ist uns nicht erlaubt, jemand zu töten; auf daß das Wort Jesu erfüllt würde, das Er sprach, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ (Joh. 18,31.32.)

Auf Seiner letzten Reise hinauf nach Jerusalem hat Jesus dreimal zu Seinen Jüngern über Seine Tage der Leiden gesprochen, zunächst in den Gegenden von Cäsarea Philippi: „Von der Zeit an begann Jesus Seinen Jüngern zu zeigen, daß Er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tage auferweckt werden müsse.“ (Matth. 16,21.) Von Leiden, Tod und Auferstehung ist an dieser Stelle die Rede, aber das Kreuz wird noch nicht erwähnt. Das zweitemal, als sie in Galiläa waren, sagt der HErr: „Der Sohn des Menschen wird überliefert werden in der Menschen Hände, und sie werden Ihn töten, und am dritten Tage wird Er auferweckt werden.“ (Kap. 17,22.23.) Auch hier erwähnt Er das Kreuz selbst nicht, obwohl dieses schreckliche Kreuz doch allezeit vor Seinen Blicken stand und Er alles wußte, was über Ihn kommen würde. Erst bei Seinem dritten Reden von Seinen Leiden sagt Er ausdrücklich, daß Er gekreuzigt werden würde: „Und als Jesus nach Jerusalem hinaufging, nahm Er die zwölf Jünger auf dem Wege besonders zu Sich und sprach zu ihnen: Siehe, wir gehen hinauf nach Jerusalem, und der Sohn des Menschen wird den Hohenpriestern und Schriftgelehrten überliefert werden, und sie werden Ihn zum Tode verurteilen; und sie werden Ihn den Nationen überliefern, um Ihn zu verspotten und zu geißeln und zu kreuzigen; und am dritten Tage wird Er auferstehen.“ (Kap. 20,17-19.) Nun hatte Er ihnen alles gesagt. Jetzt wußten sie: Der schmachvollste, der qualvollste Tod würde Sein Teil sein.

Aber „sie begriffen das Gesagte nicht“. (Luk. 18,34.) Sie träumten von Herrlichkeit und Macht. Jakobus und Johannes wollten, der eine rechts, der andere links von Ihm in Seinem Reiche sitzen. Gewiß, einmal wird Er auf Seinem Throne sitzen und herrschen, aber „der Sohn des Menschen war nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen und Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“. (Mark. 10,45.) Am Kreuze sollte Er den Preis bezahlen, Sich Selbst zum Opfer geben und die Strafe erdulden, die wir verdient hatten. Dort, am

Schandpfahle hangend, sollte Er für uns ein Fluch werden, um uns von dem Fluch des Gesetzes loszukaufen, „denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holze hängt“! (Vgl. Gal. 3,13 mit 5. Mose 21,22.23.) Die Stelle aus dem 5. Buch Mose ist wohl so aufzufassen, daß die Leichname von Menschen, die wegen eines todeswürdigen Verbrechens getötet worden waren, in einzelnen Fällen als ein Zeichen besonderen Gerichts an einem Holz zur Schau gestellt wurden. (Vgl. Jos. 8,29; 10,27.) Aber der Sohn des Menschen wurde lebend an das Kreuz geschlagen. Seine Hände und Seine Füße wurden durchgraben, und alle Seine Gebeine zertrennten sich. Durch Judas verraten, von Petrus verleugnet, von allen verlassen, hing Er am Kreuze. Alle Seine Bekannten standen von ferne; eine Rotte von Übeltätern umzingelte Ihn. Römische Soldaten würfelten am Fuße Seines Kreuzes um Seine Kleider und warfen das Los über Sein Gewand. Alle Vorübergehenden schüttelten die Köpfe über Ihn. Die Sonne verfinsterte sich, und Gott verließ Ihn.

O laßt es uns nie vergessen, welches Todes Er sterben mußte, um uns retten zu können!

Aus „Botschafter des Heils“

Die Gleichnisse von Matthäus 13

 

Der Sauerteig

(Vers 33)

Dem Gleichnis vom Sauerteig ist dasselbe Unrecht geschehen wie dem vom Senfkorn. Man hat hineingelesen, was der HErr nie sagen wollte. Nach bekannter Auslegung ist das Mehl die Welt, in die das Weib (die Gemeinde) etwas Sauerteig (der den Einfluß des Evangeliums darstellen soll) hineinmischt. Der Sauerteig beginnt nun seine gute Wirkung und durchdringt das Ganze. Er macht also alles christlich! Wäre aber der Sauerteig in Wirklichkeit der Einfluß des Evangeliums, dann müßte man doch den Erfolg als geradezu arm bezeichnen, denn es gibt in den 1900 Jahren bis heute weder christliches Land, Volk, noch Stadt, ja, nicht einmal ein Dorf,

in dem alle Bewohner wirklich aus Gott geboren worden sind.

Das Gleichnis zeigt unseres Erachtens das Gegenteil. Es lehrt, wohin die bekennende Christenheit gekommen ist.

Was bedeutet der Sauerteig? Die Zuhörer des Gleichnisses wußten alle, was der HErr mit dem Bilde des Sauerteiges meinte. Als Juden wußten sie, daß der Sauerteig in der Schrift ausnahmslos das Bild bösen Einflusses ist. Beim Passahmahl war der Gebrauch des Sauerteiges streng verboten. (2. Mose 12,14-28.) Auch bei allen Feueropfern war Sauerteig strengstens verboten. (3. Mose 2,11.) Wenn der Herr Jesus an anderen Stellen vom Sauerteig redet, so meint Er stets das Böse. Er redet vom Sauerteig der Pharisäer, der Heuchelei ist. (Luk. 12,1.) Weiter redet Er vom Sauerteig des Herodes, der Weltliebe darstellt. (Mark. 8,15.) Auch redet Er vom Sauerteig der Sadduzäer, der Unglaube ist. (Matth. 16,6.11.) Paulus schreibt auch vom Sauerteig, aber auch nur als von etwas Bösem. Den Galatern schreibt er, daß ein wenig Sauerteig den ganzen Teig durchsäuere. (Gal. 5,4.8.9.) Paulus nannte jene Vermischung der Galater von Gesetz und Gnade Sauerteig. In 1. Kor. 5,6-8 mußte er bei den Korinthern Lauheit in der Gemeindezucht rügen. Sie duldeten das Böse, das Paulus auch Sauerteig nannte. In keiner Stelle meint die Schrift unter dem Einfluß des Sauerteiges etwas anderes als das Böse. Die Jünger, die nicht einmal die verhältnismäßig einfachen ersten zwei Gleichnisse verstanden, sondern um Auslegung baten, sagten aber hier, daß sie das Gleichnis verstanden hätten. (Vers 51.) Nie aber hätten sie es verstanden, wenn der HErr entgegen der üblichen Anwendung des Ausdrucks „Sauerteig“ etwas Gutes gemeint hätte. Nur Feuer kann den Gärungsprozeß des Sauerteigs aufhalten. Das wird geschehen, wenn der HErr das Weib, das hier den Sauerteig in das Feinmehl tut, mit Feuer verbrennen wird.

Wer ist das Weib im Gleichnis? In den drei vorhergehenden Gleichnissen sahen wir stets den Mann als Handelnden, hier aber ist es ein Weib. Der HErr hat in der Gemeinde das Weib vom Dienst am Wort ausgeschaltet. (1. Kor. 14,34; 1. Tim. 2,12.) Hier aber ist es das Weib, das wirkt. Das Weib ist keine andere als jene in Thyatira (Offenb. 2,20), jene aus dem Lande Sinear (Sach. 5), die wir am Ende als die große Hure benannt finden. (Offenb. 17.) Sie verdirbt

das Mehl mit ihrem Sauerteig. Als z. B. Abraham dem HErrn ein Mahl machte, nahm er drei Maß Feinmehl und ein Kalb. Beide sind Sinnbilder der Person und des Werkes Christi. Der HErr, der Sich das Weizenkorn nennt, das in die Erde fiel und starb, brachte viel Frucht, d. h. viel Feinmehl, um der Menschheit das Brot des Lebens zu geben. Das Weib aber macht solches daraus, das der Gläubige ausfegen soll, Sauerteig. (1. Kor. 5,7.)

Die geschichtliche Darstellung. Im Gleichnis des Senfkorns sahen wir die Entwicklung der Christenheit nach außen, ihre mächtige Entfaltung, die sie annahm, als sie sich mit der Welt unter Konstantin verband. Dieses Gleichnis aber zeigt uns die innere Entwicklung der Christenheit. In diesem Gleichnis sowie im Sendschreiben an Thyatira sehen wir in beiden Fällen das Weib. Beide, das Gleichnis und das Sendschreiben, bilden die mittleren von den sieben. Das Weib im Gleichnis und die Isebel im Sendschreiben machen ihren ganzen Einfluß durch böse Belehrung geltend. An Stelle des nackten Glaubens an den HErrn und Seine Erlösung traten all die Werke des Menschen, die ihn selig machen sollten. Die Wirkung des Evangeliums ist ganz anders, sie erweist sich nicht als Masse, sondern am einzelnen Herzen. Die Wiedergeburt ist die Wirkung am einzelnen Menschen. Das Weib aber hat durch ihren verderblichen Einfluß alles durchseucht. Der Prozeß der Wiedergeburt geht nicht allmählich und an der Masse, sondern schnell und persönlich am einzelnen vor sich.

Bis daß die ganze Masse durchsäuert ist. Der ganze Teig ist immer noch nicht ganz durchsäuert. Dem steht nämlich ein Hindernis im Wege, das ist die Gemeinde inmitten dieser Welt.

Mächtiglich wirkt das Geheimnis der Bosheit, aber solange die Gemeinde da ist, kann es sich nicht vollkommen entfalten. (2. Thess. 2,1-12.) Bald aber wird die Gemeinde entrückt werden, und nachher kann sich der Sauerteig vollends entwickeln und die ganze Masse durchsäuern, bis das Feuer von oben ihm Einhalt gebieten und das Weib und ihr ganzes System verbrennen wird. Das wird geschehen beim Gericht über Babylon. (Offenb. 17.)

Der Schatz im Acker

(Vers 44)

Die zwei Gleichnisse, der Schatz im Acker und die köstliche Perle, gehören zusammen. Sie kommen wie ein Fremdkörper inmitten der anderen Gleichnisse vor. Ihre auffallende Gleichheit zeigt ihre Zusammengehörigkeit. Sie stellen Israel und die Gemeinde während des HErrn Abwesenheit von der Erde dar. In beiden Gleichnissen haben wir wie in den ersten zwei Gleichnissen einen Mann als Handelnden. In beiden Gleichnissen gibt der Käufer alles auf, um Schatz und Perle zu erwerben. Gleichzeitig aber besteht auch eine große Verschiedenheit zwischen beiden Gleichnissen. Der Schatz ist verborgen im Acker, und sein Wert wird nicht genannt. Die Perle liegt im Meer und ist von sehr hohem Wert. Der Verschiedenheiten wegen wollen wir sie getrennt behandeln.

Was ist das Gleichnis nicht? Gewöhnlich wird das Gleichnis hingestellt, als sei der Sünder der Kaufende, der Jesus erwirbt und in Ihm den Schatz erblickt. Der suchende Sünder aber kauft nicht, denn er besitzt gar nichts. Das Heil ist nicht zu kaufen, sondern aus Gnaden. (Röm. 3,24.) Der Sünder kann keine Opfer bringen. Das Gesetz sagt ihm: Tue das, und du wirst leben. Aber gerade das kann er nicht. Weiter erkennen wir aus Vers 38, daß der Acker die Welt ist. Der Sünder muß doch nicht die Welt kaufen; im Gegenteil, diese soll er aufgeben. Zudem ist der Sünder nicht nur mittellos, sondern voller Schulden. Der Kaufende ist ein Mann, genau so, wie wir in den Gleichnissen vom Säemann und vom Unkraut einen Mann sahen. Der in jenen Gleichnissen genannte Mann ist der HErr, und so auch hier. Es ist also nicht der Ungerettete, der den HErrn sucht, sondern der HErr ist der Suchende. Weiter sehen wir, daß der Schatz verborgen bleibt. Der Sünder, der Jesus gefunden hat, verbirgt Ihn nicht, sondern er macht Seinen Namen kund. (Apgesch. 4,20.) Die Bedeutung des Gleichnisses muß also eine ganz andere sein. Was ist sie?

Das Bild des Schatzes. Das vom HErrn gebrauchte Bild des verborgenen Schatzes war allen bekannt. Oft wurden in jener Zeit von Menschen Schätze im Acker verborgen. Z. B. in Kriegszeiten oder anderen Gefahren vergruben Menschen ihre Schätze, Gelder oder

vorüber war. Solches geschieht heute noch. Kam der Eigentümer aus dem Kriege zurück, so hob er seinen Schatz. Der Nachbar, der manchmal davon wußte, kaufte nun das Feld, falls der Besitzer nicht zurückkehrte, und damit auch den verborgenen Schatz. Der Schatz in unserem Gleichnis stellt Israel dar, Gottes irdisches Volk. (2. Mose 19,5.6; 5. Mose 7,6-8; 30,8.9; Ps. 135,4; Mal. 3,17.)

Der Schatz gekauft. Als der HErr in diese Welt kam, fand Er Israel in ihr. Israels wegen kaufte der HErr den Acker, die Welt, und zwar mit Seinem Blut. (1. Petr. 1,19.) Als Kaiphas das Wort sprach: „Es ist besser, es sterbe einer für das Volk, als daß das ganze Volk verderbe!“ (Joh. 11,50), wußte er nicht, was er damit sagte. Ja, der HErr starb für Seine Nation und erwarb die Welt samt Israel in ihr. Er legte den Preis, Sein Blut, dafür dar. Das Ergebnis dieses dargelegten Erlösungspreises ist noch nicht offenbar geworden. Israel liegt noch immer verborgen im Acker dieser Welt, aber der Tag wird kommen, da Israel wiederhergestellt werden wird. (Hos. 3,4.5; Jer. 23,7.8; 31,10; 5. Mose 23,5; Röm. 11,12-15.)

Der Schatz gehoben. Israel ist noch immer in der Welt verborgen, oder wie es Hesekiel in seinem bekannten Bilde der Totengebeine zeigt, in den Gräbern der Nationen. (Hes. 37.) Man denke vor allem an die zehn Stämme, die als solche nie aus der assyrischen Gefangenschaft zurückgekehrt sind. Wenn die Gemeinde, die kostbare Perle, droben beim HErrn sein wird, dann wird Er Sich wiederum des verborgenen Schatzes im Acker annehmen. Der HErr wird mit all Seinen Heiligen kommen, um diese Welt in Besitz zu nehmen, weil sie Sein rechtmäßiges Eigentum ist. Israel wird Ihn erkennen und Buße tun und Den, den es einst ablehnte, aufnehmen. Israel wird dann das große Heil rühmen. (Jes. 12.) Während der gegenwärtigen Abwesenheit Christi von der Erde ist Israel Verstockung widerfahren. Röm. 11,25 aber belehrt uns, daß dies nur bis zum Ende dieses Zeitalters sein wird. Nachdem die Vollzahl aus den Nationen eingegangen sein wird, bekommt Israel wiederum seinen durch seine Sünde verlorengegangenen Platz zurück. Die Namenchristenheit lehnt diese Tatsache ab, und wenn wir wie sie auf das rein Äußere schauten, dann machten wir es auch so. Aber wir blicken auf die Verheißungen, die Ja und Amen sind. Alle noch unerfüllten Verheißungen an Israel werden bestimmt erfüllt werden. Israel wird noch einmal Gottes anerkanntes Volk auf Erden sein. (Jes.

2,2-4.) Gerechtigkeit, Friede und Freude wird dann die Erde erfüllen. Alle Israel gegebenen Verheißungen werden sich an ihm erfüllen. (Apgesch. 15,14-16; Röm. 9-11.)

Warum zwei so ähnliche Gleichnisse? Wenn in beiden Gleichnissen der Kaufmann der HErr ist, und Schatz und Perle Menschenseelen, warum dann zwei Gleichnisse? Der HErr redet hier von einem doppelten Geheimnis im Reiche der Himmel. Redet Er vom Schatz im Acker, so meint Er, wie gesagt, damit Israel, Sein irdisches Volk. Redet Er von der Perle, so meint Er die Gemeinde, Sein himmlisches Volk. Die Perle trägt ja auch alle Farben des Himmels an sich, ist also nicht von der Erde. Diese zwei Gleichnisse zeigen uns also das Geheimnis Israels und das Geheimnis des Leibes Christi. Paulus, dem diese Geheimnisse geoffenbart wurden, redet in seinen Episteln von beiden. Man lese besonders Röm. 9-11 und den Epheserbrief.

G. Brinke (Aus „Ährenlese“, Verlag Bern)

„Und er betete ernstlich ...“

„Nahe ist der HErr allen, die Ihn anrufen, allen, die Ihn anrufen in Wahrheit.“ (Ps. 145,18.)

Die Wichtigkeit des Gebets kennen wir alle; und doch möchte ich die Frage stellen: Wie viele von uns können wirklich „ernstlich“ beten? Haben wir uns nicht manchmal schon mit großer Besch ämung dabei ertappen müssen, daß unsere täglichen Gebete kaum mehr als ein fast gedankenloses Aufzählen gewohnter Bitten waren, daß unser Mund Worte hervorbrachte, an denen das Herz nur geringen Anteil hatte? So war es häufig genug bei den Tischgebeten, so manchmal in der Versammlung, so mitunter selbst im Kämmerlein. Manche reden von einer Gebetsgabe. Das Wort Gottes kennt diese Gabe nicht. Man meint damit wohl die Fähigkeil, Gott in wohlgesetzten Worten - um es einmal ganz drastisch bei Namen zu nennen - einen schönen Vortrag zu halten. Ist das ernstlich beten?

Wie sich solche Gebetsvorträge auswirken können, dafür ein Beispiel. Ein älterer Christ ging durch ein Dorf. Plötzlich schlug eine Stimme an sein Ohr. Die Worte, die hinter einer dichten

Junge in schönen, wohlgesetzten Worten ein langes Gebet sprach. Endlich erklang das Amen. Wie erstaunt und betrübt aber war der Zuhörer, als kurz darauf die gleiche Stimme zu einem ebenfalls unsichtbaren Dritten sagte: „Du, habe ich nicht schön gebetet?“

Auch wir erschrecken über solche Profanierung der heiligen Zwiesprache mit Gott. Aber wo hatte der Knabe dieses „schöne“ Beten gelernt? Nirgends anders als in den Gemeindestunden oder bei den Mahlzeiten zu Hause. Die „schönen“ langen Gebete dort hatten seinen kindlichen Nachahmungstrieb angeregt.

Um im wahren Sinn des Wortes zu beten, ist zunächst volle Sammlung nötig sowie die heiligernste Vorstellung: Jetzt rede ich zu dem allmächtigen Gott, dem König der Könige, dem HErrn der Herren. Zwar dürfen wir Ihm in Kindeseinfalt, ohne Scheu nahen, nie jedoch darüber die Hoheit Dessen vergessen, an den unsere Worte sich richten. Er ist in der Höhe. Wir sind auf der Erde. Würden wir wagen, einen irdischen Machthaber, der uns eine Audienz gewährte, mit der Aufzählung lauter bekannter Tatsachen zu langweilen? Unsere Bitten oder unseren Dank brächten wir bestimmt kurz und knapp in einfachen Worten vor. Solche einfachen, echten Bitten und Danksagungen allein können das Herz unseres himmlischen Vaters erfreuen.

In 1. Tim. 2 gibt der Apostel seinem Wunsch Ausdruck, daß die Männer „heilige“ Hände aufhöben zum Gebet. Die damalige Sitte war bekanntlich, die Hände beim Gebet zu erheben, nicht zu fallen. Das „Erheben heiliger Hände“ bedeutet ein Unbelastetsein von der Sünde. Wo sie ist, muß erst eine Reinigung, ein Selbstgericht erfolgen, ehe das Gebet wirksam sein kann.

Drittens ist unbedingte Ehrlichkeit notwendig. Was nützt es, etwas zu erbitten, auf dessen Besitz wir im Grunde herzlich wenig Wert legen! Bitten wie die z. B.: „HErr, hilf mir, daß es mit mir anders wird“, wo gar nicht der Wille dahinter steht, wirklich anders zu werden, haben nicht nur keinen Wert; sie sind geradezu unwürdig. Das ist so, wie wenn der verlorene Sohn Gott gebeten hätte, ihn zu seinem Vater zu bringen, und wäre dabei ruhig bei seinen Schweinen sitzengeblieben. Noch verwerflicher aber ist es, im Gebet nicht mißzuverstehende Anspielungen auf andere Anwesende vor Gott zu bringen, was auch manchmal vorkommt. Wenn wir uns

selbst ausgeschaltet.

Schließlich - und das ist vielleicht das Schwerste - ist es nötig, im Glauben zu bitten, ohne irgend zu zweifeln. „Der Zweifelnde ist gleich einer Meereswoge, die vom Winde bewegt und hin und her getrieben wird. Denn jener Mensch denke nicht, daß er etwas von dem HErrn empfangen werde.“ (Jak. 1,6.7.)

Unsere Zeit mit ihren gewaltigen geistigen Revolutionen erfordert für den Christen, den jungen wie den alten, ganz besondere Kraft. Alles halbherzige Wesen wird sich je länger, je weniger halten können. Ein jeder wird zur Entscheidung gedrängt, so oder so. Im Gebet trinkt die Seele aus der Quelle, die Christus, Gott ist. Da wird das Herz ruhig, und türmten sich die Schwierigkeiten bergehoch; da wird das Ziel klar, und lägen noch so viele Hindernisse im Wege; da wird der Schwache stark, der Verzagte mutig, der Ermattete frisch und die Seele des Trauernden voller Friede und Freude.

Gebe Gott, daß es uns allen gelinge, „ernstliche“ Beter zu werden!

Wa. Br.

Unsere Stellung zu den alttestamentlichen Gesetzesforderungen

„Das Gesetz wurde durch Moses gegeben; die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“

1. Für wen ist das Gesetz?

Das alttestamentliche Gesetz war für Israel und ist für den, der sich unter dasselbe stellt. Das zeigen die folgenden Schriftstellen:

„Zuerst sind ihnen (den Juden) die Aussprüche Gottes anvertraut worden.“ (Röm. 3,2; siehe auch Gal. 3,19.) „Wir wissen aber, daß alles, was das Gesetz sagt, es denen sagt, die unter

dem Gesetz sind.“ (Röm. 3,19.) „... daß für einen Gerechten das Gesetz nicht bestimmt ist ...“ (1. Tim. 1,9.)

2. Welchen Nutzen hat das Gesetz heute?

Es soll zu einer Sündenerkenntnis verhelfen, die zuverlässiger ist als die, welche das Gewissen zu geben vermag. Es offenbart Gottes Heiligkeit.

„Durch Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“ (Röm. 3,20.) „Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt, als nur durch Gesetz. Denn auch von der Lust hätte ich nichts gewußt, wenn nicht das Gesetz gesagt hätte: ‚Laß dich nicht gelüsten.‘“ (Röm. 7,7.) „Das Gesetz aber kam daneben ein, auf daß die Übertretung überströmend würde.“ (Röm. 5,20.)

3. Das Gesetz treibt zum Ergreifen der Gnade in Christus.

Die durchs Gesetz bewirkte Sündenerkenntnis zeigt uns unser Unvermögen gegenüber den Ansprüchen Gottes und bringt uns zu den Füßen des Herrn Jesus, dem von Gott gegebenen alleinigen Retter von unserer großen Schuld. Das Mittel ist der Glaube (Sichanvertrauen).

„Denn Christus ist des Gesetzes Ende, jedem Glaubenden zur Gerechtigkeit.“ (Röm. 10,4.) „... daß der Mensch nicht aus Gesetzeswerken gerechtfertigt wird, sondern nur durch den Glauben au Jesus Christus.“ (Gal. 2,16.) „Also ist das Gesetz unser Zuchtmeister gewesen auf Christus hin, auf daß wir aus Glauben gerechtfertigt würden.“ (Gal. 3,24.)

4. Christus trug das Urteil des Gesetzes für uns.

Das Kreuz ist der Inbegriff von Gnade und Wahrheit. Es zeigt uns Gottes Gnade und Liebe zu uns und zugleich auch Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit in bezug auf unsere Sünde, die dort gerichtet wurde.

„Christus hat uns losgekauft von dem Fluche des Gesetzes, indem Er ein Fluch für uns

geworden ist.“ (Gal. 3,13.) Gott verurteilte die Sünde im Fleische in Christus, „auf daß die gerechte Forderung des Gesetzes erfüllt würde in uns“. (Röm. 8,4.)

5. Wir sind jetzt dem Bereich des Gesetzes entnommen und mit Christus verbunden.

Mit Christus verurteilt und gestorben, sind wir außer Bereich des Gesetzes, aber in Lebensverbindung mit dem auferstandenen HErrn getreten. Das Gesetz gilt nur für den Menschen ohne Christus, für den von neuem oder von oben Geborenen nicht.

„... ihr seid nicht unter Gesetz, sondern unter Gnade.“ (Röm. 6,14.) „Also seid auch ihr, meine Brüder, dem Gesetz getötet worden durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, des aus den Toten Auferweckten.“ (Röm. 7,4.) Dasselbe zeigt der ganze Galaterbrief.

6. Das Gesetz bleibt für den Menschen ohne Christus bestehen.

Gottes Forderungen, die Er im Gesetz niedergelegt hat - der christlichen Welt besonders in den zehn Geboten -, bleiben für den Unbekehrten bestehen. Bekehrt er sich nicht zum Herrn Jesus Christus, dem Sohn Gottes, so bleibt er unter dem Urteil des Gesetzes, das ihn einst verurteilen muß, da er die Gnade durch Christus verschmäht hat.

„Heben wir denn das Gesetz auf durch den Glauben? Das sei ferne! sondern wir bestätigen das Gesetz.“ (Röm. 3,31; siehe auch Matth. 5,17-20.)

7. Freiheit vom Gesetz für den Erlösten ist kein Freibrief zum Sündigen.

Gott erwartet von dem Erlösten viel mehr als von dem, der unter Gesetz lebt. Der Erlöste hat den Heiligen Geist empfangen. Er steht mit dem auferstandenen HErrn in Lebensgemeinschaft. Hieraus erwächst Heiligkeit und Fruchtbarkeit für Gott als natürliche Folge.

„Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder; allein gebrauchet nicht die Freiheit zu einem Anlaß für das Fleisch, sondern durch die Liebe dienet einander.“ (Gal. 5,13.) „Die Frucht

des Geistes aber ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit; wider solche gibt es kein Gesetz.“ (Gal. 5,22.23.) „Wer in Mir bleibt und Ich in Ihm, dieser bringt viel Frucht; denn außer Mir könnt ihr nichts tun.“ (Joh. 15,5.)

Das Neue Testament lehrt uns, kurz gesagt, folgendes:

1. Das Gesetz gilt dem, der es kennt und noch nicht an den Herrn Jesus glaubt.

2. Das Gesetz gibt Erkenntnis der Sünde.

3. Das Gesetz treibt durch diese Erkenntnis zur Gnade in Christus.

4. Christus trug das Urteil des Gesetzes am Kreuze.

5. Der an Christus Gläubige ist frei vom Gesetz, da er mit Christus gestorben ist vor Gott.

6. Für den Menschen ohne Christus ist das Gesetz nicht aufgehoben.

7. Für den Erlösten bedeutet die Freiheit vom Gesetz nicht Freiheit zum Sündigen, sondern Gemeinschaft mit Christus und damit Fruchtbringen für Gott durch den Geist. -

*

Unerfüllbar groß sind Gottes heilige Ansprüche an den natürlichen Menschen! Wunderbar und herrlich und groß aber ist die dargebotene Errettung durch unseren Herrn Jesus Christus! - Gepriesen sei Gott, gepriesen sei der Name des Sohnes Gottes, unseres HErrn, für solche große Errettung!

O. D.

Wir aber predigen Christus

(1. Kor. 1,23)

Der Apostel Paulus warnt in seinem Brief an die Galater vor denen, die das Evangelium des Christus verkehren wollen. (Gal. 1,7.) Nach dieser Seite hin ist wohl auch die Mahnung des Apostels an Timotheus zu verstehen: „Halte fest das Bild gesunder Worte.“ (2. Tim. 1,13.) So ernste Ermahnungen waren schon in der Zeit der ersten christlichen Gemeinden nötig, weil Satan schon damals sein Zerstörungswerk bei der Verkündigung des Evangeliums begann. Und auch uns, die wir heute in schweren Zeiten leben (2. Tim. 3,1), sollte dies zur Wachsamkeit und ernsten Prüfung dienen.

Es liegt nahe, wenn man sich nicht unbedingt an die Lehren der Heiligen Schrift gebunden weiß und nicht unerschütterlich an ihnen festhält, das Evangelium dem Zeitgeist entsprechend umzuformen und zu verkehren. Dann mag es wohl manchen Hörern angenehm klingen und auch gut eingehen; aber ein verkehrtes Evangelium kann niemals eine Verkündigung sein, durch die Menschen zum Glauben kommen. Darum ist es uns, den Gläubigen, überaus wichtig, daß der HErr den Apostel Paulus sagen läßt: „Wir aber predigen Christus als gekreuzigt.“ (1. Kor. 1,23.)

Dieses Wort schließt für alle Zeiten jeden Zweifel darüber aus, welcher Christus gepredigt werden soll, wenn überhaupt diese Frage gestellt werden darf. Jedoch wissen wir, daß sie auch in unseren Tagen lebendig ist.

Welche Grundlage der natürliche Mensch für seinen „Glauben“ begehrt, ist im vorhergehenden Vers gezeigt, daß nämlich „Juden“ Zeichen fordern und „Griechen“ Weisheit suchen. Die einen sind die Selbstgerechten, denen es an Herzenseinfalt fehlt, die von immerwährenden Zweifeln gepeinigt werden und in dauernder Ungewißheit über die göttlichen Dinge dahingehen. Weil sie gern Sicheres sehen und wahrnehmen möchten, fordern sie, daß Gott Sich ihnen in besonders auffälliger Weise offenbare. (Jes. 5,19.) Die „Weisheitsucher“ aber möchten im endlosen Forschen nach letzter Wahrheit ihr Leben erfüllen und nur mit dem Verstande, ohne göttliche Offenbarung, ihr Ziel erreichen.

Allen diesen Menschen muß, wenn sie sich nicht selbst verleugnen, die Predigt vom

gekreuzigten Christus entweder ein Ärgernis oder eine Torheit sein. Die aber an den Herrn Jesus glauben und das Wort Gottes als solches aufgenommen haben (1. Thess. 2,13), wissen, was der HErr am Kreuz von Golgatha für sie getan hat; sie können mit Paulus von „unserem Herrn Jesus Christus“ zeugen, „der Sich Selbst für unsere Sünden hingegeben hat“ (Gal. 1,4); und sie haben, ob sie vorher den „Juden“ oder den „Griechen“ glichen, Christus als „Gottes Kraft und Gottes Weisheit“ erkannt. (1. Kor. 1,24.)

Sind wir so wahrhaft Gläubige geworden, dann haben wir erfahren, daß wir in uns selbst schwach sind und der Kraft von oben bedürfen; wir mußten erkennen, daß alles Wissen, das sich neben oder gar über Gottes Wort stellt, Torheit bei Gott ist; die Furcht des HErrn aber ist uns zum Anfang der Weisheit geworden (Ps. 111,10) und der gekreuzigte Christus zum einzigen Inhalt unserer Predigt.

K. Räuber

Die auf den HErrn harren, kriegen neue Kraft!

Gott gibt nicht Vorrat von Kraft auf viele Jahre. Wie wir um unser täglich Brot bitten sollen, so soll uns ebenso täglich soviel Kraft gegeben werden, wie wir brauchen. Das ist unser Lebensweg: Wir gehen dahin von einem Tag in den anderen, aber auch von einer Kraft zur anderen. Müde und doch nicht müde; in unserer Kraft gebrochen und doch in Gottes Kraft erneuert. Aber wir müssen eben harren, nicht mit Ungeduld, die immer der Gegensatz von Harren ist, sondern mit gefalteten Händen und betendem Herzen.

*

Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Jonathans Kampf mit den Philistern und seine Rettung durch das Volk

(Kap. 14)

„Philister über dir!“ hieß es jetzt bei Saul. Unschlüssig saß er bei seinen sechshundert Getreuen unter dem Granatbaum zu Gibea. Ahija, der Enkel des gottlosen Pinehas, war bei ihm und versuchte durch das Geheimnis der Urim und Thummim, das im Ephod verborgen war, mit dem Willen Gottes in Verbindung zu kommen. Später (V. 18) läßt Saul auch noch die Lade Gottes herbeischaffen; doch hören wir nicht, daß Sich Gott durch diese Mittel offenbart hätte. Inzwischen sprach Gott zu einem anderen, der bereit war, Ihm ganz zu gehorchen.

Jonathan, der vielleicht spürte, daß er eine Hauptschuld an diesem nationalen Unglück trug, hatte sich mit seinem Waffenträger aus dem Lager seines Vaters weggeschlichen und unternahm einen gefährlichen Erkundigungsgang ins Lager der Philister bei Mikmas. Der treue Waffenträger war Jonathan nicht nur äußerlich eine Hilfe; er stärkte durch sein Verhalten den Glauben und den Mut seines Herrn. Er versicherte Jonathan seiner unverbrüchlichen Treue, die er auch später in der größten Gefahr bewies.

Jonathans Glauben ersehen wir an den Worten: „Vielleicht wird der HErr für uns wirken, denn für den HErrn gibt es kein Hindernis, durch viele zu retten oder durch wenige“. (V. 6.) Es ist auffallend, wie in der Geschichte des Volkes Gottes so oft ein einzelner Mann, der im festen Glauben mit Gott verbunden ist, entscheidende Siege für Gottes Sache bewirkt und zu einem Segen für Tausende wird. Am Reformationsdenkmal zu Genf stehen die Worte: „Die Stimme eines Menschen kann innerhalb einer Stunde mehr Leben in uns hineinbringen als der Lärm von 500 Trompeten, der unverstanden in unsere Ohren dringt“. (R. A. Cecil 1561.)

Um der Übereinstimmung mit dem Willen Gottes ganz sicher zu sein, erbittet sich Jonathan

eine große Schar Krieger hinter ihm. Er richtet mit seinem Waffenträger eine menschlich unfaßbare Niederlage unter den Philistern an; ein Schrecken Gottes erfaßte die Feinde. (V. 15.)

Saul, innerlich unschlüssig, da ihn Gott ohne Antwort ließ, hört plötzlich den Lärm der fliehenden Philister und zieht mit seinen sechshundert Mann zur Verfolgung aus. Er erläßt den strengen Befehl, keine Speise zu nehmen vor Sonnenuntergang. Der Grund ist wohl die Absicht, die Verfolger zu verhindern, sich zu lange im Lager bei der Beute der Philister aufzuhalten, sondern die Verfolgung ununterbrochen fortzusetzen. Wir haben den Eindruck, als seien die feinen Fäden der Leitung von oben bei Saul durchschnitten, denn dieser Schwur, so klug er scheint, wirkt sich höchst unheilvoll aus.

Er bewirkt das Gegenteil von dem, was der König beabsichtigt hat. Jonathan selbst sagt Vers 30: „Was wäre es gewesen, wenn das Volk heute ungehindert von der Beute seiner Feinde gegessen hätte, die es gefunden hat! Denn wäre dann nicht die Niederlage der Philister groß gewesen?“ Infolge der Ermattung konnte der Sieg nicht voll ausgenützt werden.

Durch den starken Hunger disziplinlos gemacht, fallen die Israeliten nach Beendigung der Verfolgung über die Beute der Amalekiter her und essen das Fleisch mit dem Blut. (V. 32.) Saul tritt dieser Sünde entschlossen und tatkräftig entgegen. Doch als er den HErrn um Rat fragt, ob er den Philistern nachjagen solle, erhält er keine Antwort. Darüber beunruhigt, läßt Saul das Los werfen. Das Los fällt schließlich auf den Helden Jonathan. Offen bekennt dieser seine Tat. Soll er dafür sterben? Ja, erwidert Saul, „du mußt gewißlich sterben, Jonathan“. Aber das Volk hat hier ein besseres Gefühl für Recht und Unrecht als sein König. Sie treten einmütig für Jonathan ein und sagen: „Sollte Jonathan sterben, der diesen großen Sieg in Israel geschafft hat? Das sei ferne! Er hat mit Gott gehandelt an diesem Tag.“ Saul fügt sich dem gesunden Urteil, und Jonathan geschieht nichts.

Saul zeigt sich weiterhin als streitbarer Held und demütigt die Feinde Israels ringsum. (V. 47 u. 48.) Er wählt aus dem Volk alle tapferen Männer und stärkt das Ansehen seines Kriegsvolks.

Zum Nachdenken: Würde unsere Umgebung uns auch das Zeugnis geben: „Dieser Mensch

handelt und wandelt mit Gott?“ (Micha 6,8.)

Sauls Verwerfung

(Kap. 15)

Das Volk der Amalekiter wird zum erstenmal erwähnt zur Zeit Abrahams. (1. Mose 14,7.) Ein Enkelsohn Esaus heißt ebenfalls Amalek (1. Mose 36,12); man bezeichnet diesen daher gern als Stammvater der Amalekiter, was aber wohl nicht ganz stimmt. Auf alle Fälle waren diese Amalekiter erbitterte und hartnäckige Feinde Israels. Saul bekommt nun den Befehl, dieses Volk auszurotten samt seinem ganzen Viehbestand. Für unser Empfinden ist dieser Auftrag äußerst grausam. Aber wenn wir in der Geschichte der Völker nachsehen, so finden wir, daß Gott immer wieder die Erde von verdorbenen Elementen reinigt. Das geschieht durch grausam geführten Krieg oder durch den langsamen Prozeß der inneren Zersetzung eines Volkes infolge von Sittenlosigkeit und Verweichlichung. Gesündere Völker nehmen Besitz von dem Land jener zum Gericht reifen Menschen, und bald ist ihr Name vergessen.

Trotz energischen Vorgehens führt Saul den Befehl nicht vollständig aus. Es erschreckt uns, wie ernst Gott diesen ungenügenden Gehorsam nimmt. Gott stellt an Seine Diener Totalitätsansprüche. Ein halber Gehorsam ist vor Gott Eigenwille und Abgötterei.

Aus anscheinend edlen Gründen hat Saul dem Volk erlaubt, das beste Vieh zu schonen. Er selbst verschont Agag wohl deshalb, um ihn als glänzende Siegesbeute im Triumphzug mit nach Hause zu bringen. Der alte Samuel bekommt den schweren Auftrag, Saul mitzuteilen, daß er durch diesen Ungehorsam sein Königtum verwirkt habe. Samuel ist darüber bis ins Innerste erregt und schreit zum HErrn die ganze Nacht. Aber er gehorcht und geht zum König. Saul hat kein Empfinden für das Unrichtige seiner Handlung und weiß alle möglichen Entschuldigungen dafür. „Ich habe das Wort des HErrn erfüllt“, sagt er zu dem Propheten. Saul fehlte die innere Gottesfurcht; er wagte es, seine eigene Überzeugung neben den Befehl Gottes zu stellen. Solch einen Führer konnte der HErr nicht für Sein Volk brauchen. Daß Saul ein starkes religiöses

und Rinder zu Opferzwecken verwenden. Samuel leuchtet in sein Innerstes hinein, indem er sagt: Gehorchen ist besser als Schlachtopfer, ein auf Gottes Wort hörendes Ohr besser als das Fett der Widder. Abgötterei ist dein Eigenwille, Götzendienst dein frommer Ungehorsam. „Weil du das Wort des HErrn verworfen hast, so hat Er dich verworfen, daß du nicht mehr König seiest.“ (V. 23.)

Zum Nachdenken: Gott bereut nicht Seine Ratschlüsse und Ziele; aber Er ändert je nach dem Verhalten der Menschen Seine Wege, um zu dem gesteckten Ziel zu gelangen! (V. 29 u. 35.)

*

Frage und Antwort

Frage 20

Ist es in der Schrift begründet, des Herrn Mahl am ersten Tage der Woche zu halten? oder ist jeder andere Tag der Woche ebensogut? Und hat es etwas für sich, es abends zu tun?

Antwort

Als etwas strikt zu Befolgendes ist es nicht mit der Schrift zu belegen, nur am ersten Tag der Woche das Mahl des HErrn zu halten. Jeder andere Tag kann ebensogut dazu genommen werden. Die zur Bejahung der Frage oft angeführte Stelle Apgesch. 20,7: „Am ersten Tage der Woche aber, als wir versammelt waren, um Brot zu brechen“, kann nicht als durchaus stichhaltig zum Beleg gebraucht werden.

Es abends zu tun, hat insofern etwas für sich, als die Passahfeier mit der anschließenden Einsetzung des Mahles nach der Verordnung des Gesetzes über das Passah abends stattfand. Bei den Christen aus den Juden wurde dieser Brauch gewohnheitsmäßig beibehalten. Dazu kann noch gesagt werden: Wenn die ersten Gläubigen nach Apgesch. 2,46 täglich (Tag für Tag)

den Häusern (zu Hause, hausgemäß); es wurde wohl auch mit der Hauptmahlzeit des Tages verbunden, die allgemein abends eingenommen wurde. Ist nicht darum die Erwähnung des Speisenehmens mit dem Bericht über das Brotbrechen verbunden? Kommt nicht auch daher in 1. Kor. 11,20.21 die Verbindung eines gemeinsamen Mahles mit „des HErrn Mahl“ (dem „auf den HErrn sich beziehenden Mahl“ oder „den HErrn betreffenden Mahl“), indem so die Gemeinschaft untereinander als die Familie Gottes ausgedrückt würde, wie auch die Gemeinschaft mit dem „HErrn“, der die Familie durch Seinen Tod erkauft hat?

Die Frage taucht auf: Mußte nicht im Laufe der Zeit, von innen heraus, veranlaßt durch die so verschiedenen Lebensverhältnisse, der Wunsch entstehen, zwanglos doch eine gewisse Norm für das Zusammenkommen zu schaffen? Da nun das Gedächtnismahl des gestorbenen und auferstandenen HErrn der Hauptfaktor und Mittelpunkt alles Zusammenkommens war und ist, konnte naturgemäß und folgerichtig der erste Tag der Woche, der Tag Seiner Auferstehung, das Übergewicht über die anderen Tage erlangen. In diesem Licht wird Apgesch. 20,7 zu werten sein. Aber auch hier wurde noch der Abend als die - wie heute auch - für alle Teilnehmer freieste Zeit für die Feier des HErrenmahls genommen.

Ein Gegenstück: Wie ist die Zusammenstellung der 27 Bücher des Neuen Testamentes zustande gekommen? Niemand vermag es aufs Haar genau zu sagen. Und doch erkennen wir die leitende Hand in der vorliegenden Tatsache.

Sollte es sich nicht ebenso zwangsläufig, doch ohne Vorschrift, ergeben haben, daß nach und nach allgemein der erste Tag der Woche der Tag wurde, an dem des HErrn Mahl gehalten wurde? Das wird aus Apgesch. 20,7 geschlossen werden dürfen.

Konnte und mußte sich mit der Zeit nicht ebenso folgerichtig ergeben, daß dieses Mahl von der gewöhnlichen Mahlzeit losgelöst wurde, weil es, wie in Korinth geschehen, dem Entheiligtwerden ausgesetzt war? Läge nicht etwas derartiges in den Worten des Apostels an die Korinther, daß daheim essen solle, wer Hunger habe, und: „Das übrige aber will ich anordnen, sobald ich komme“?

In der Haushaltung der Gnade gibt es keine Gesetzesvorschriften. Ist es da verwunderlich, daß sich im weiteren Verlauf der Zeiten und der Ausbreitung der Christusbotschaft über die Länder und Völker der Erde hin auch andere Normen herausgebildet haben? - Um bei unserer Zeit zu bleiben: Die Arbeits-, Sozial- und Familienverhältnisse lassen es als das angemessenste erscheinen, den ersten Tag der Woche zum Brotbrechen und zu dem damit verbundenen Gottesdienst (Dank und Anbetung dem Vater und dem Sohne darzubringen) zu benutzen, wie es schon immer war. Auch daß am Vormittag, ehe die Sinne von anderen Dingen in Anspruch genommen worden sind, die geistliche Sammlung am meisten konzentriert ist, wird zugegeben werden. Ich z. B. mache grundsätzlich am Sonntagvormittag vor dem Zur-Versammlung-Gehen die gekommene Post nicht auf. Ich warte bis nachher.

Wenn aus irgendwelchen praktischen Erwägungen heraus, z. B. weil in ländlichen Gegenden für das Zusammenkommen aus weit auseinanderliegenden Orten zu einem Mittelpunkt hin der Vormittag sich nicht gut eignet, der Nachmittag gewählt wird: warum nicht? Oder wenn andere Umstände den Abend praktischer erscheinen lassen: warum nicht? „Wo der Geist des HErrn ist, da ist Freiheit.“

Oder wenn aus Herzensbedürfnis und gegebenen Umständen heraus auch in der Woche des HErrn Mahl gehalten wird, z. B. bei einer Konferenz: warum soll das nicht sein dürfen? Der HErr wird Sich nur freuen, wenn Er Herzen sieht, die so nach Ihm verlangen.

Selbstverständliche Voraussetzung ist immer: Es geschieht in Einfalt des Herzens und in dem Gedanken und unter dem Gesichtspunkt: Die Zahl, die beisammen ist, ob zwei oder hundert, begeht das Mahl des HErrn in der Verbundenheit des einen Leibes, der alle Gläubigen auf der Erde zu jedem Zeitpunkt sind. -

Adelphos

Frage 21

Wie ist die Schriftstelle Röm. 6,11 zu verstehen: „Haltet euch der Sünde für tot!“?

Antwort

Wenn die Gnade Gottes in uns die Sündenerkenntnis bewirkt hat, nach dem, was uns in Römer 3 vorgestellt wird, so ist das der Anfang des Werkes Gottes. Dieselbe Gnade führt uns dann weiter zur Erkenntnis der Erlösung, die in Christus Jesus ist. Diese Gnade der Erlösung wird unser durch den Glauben an „Sein Blut“. Der Glaube ist das Mittel, das uns das Heil ergreifen und uns schließlich aufjauchzen läßt. Die Schuld ist weggetan. Wir sind gerechtfertigt aus Glauben, wir haben Frieden mit Gott, und wir dürfen nun die Liebe Gottes genießen. (Röm. 3,24 - 5,10.)

Wie wir nun früher durch die natürlichen Bande lediglich mit dem natürlichen Haupt der Menschheit, mit Adam, verbunden waren, so sind wir nunmehr auch mit dem Haupte der neuen Schöpfung, unserem Herrn Jesus Christus, verbunden und mit Ihm in Lebensgemeinschaft getreten. Die Annahme des Erlösungswerkes Christi bedeutet auch ein „Einsgemachtsein“ mit dem gekreuzigten, gestorbenen und auferstandenen Heiland. Diese Wahrheit müssen wir, gleicherweise wie die von der Vergebung und Rechtfertigung, durch Glauben aufnehmen. Die biblische Wassertaufe ist der äußere Ausdruck unseres Einsseins mit Ihm in Seinem Tode und Begrabensein, woran sich - ohne daß die Taufe selbst das ausdrückt - der Gedanke des Mit-Ihm- Einsseins auch in Seiner Auferstehung unwillkürlich anschließt. (Vgl. V. 5.) Doch liegt der Schwerpunkt auf dem Wort Tod. „Wisset ihr nicht, daß wir, so viele auf Christus Jesus getauft worden, auf Seinen Tod getauft worden sind?“ Mit Ihm gestorben, sind wir nun freigesprochen von der Sünde. Für einen Gestorbenen kann die Sünde nicht mehr in Frage kommen; er ist ja tot. An uns ist es nun, durch Glauben in einem gleichen Zustand zu sein in bezug auf das Wirken der Sünde in uns. Die Sünde wirkt noch in uns, ja, bisweilen sehr arg; aber wir sollten uns wie Tote zu ihr verhalten. Das ist natürlich leichter gesagt als getan, und die Frage taucht auf: Was ist zu tun, um diese Aufforderung in die Tat umzusetzen?

sie fliehen. (Siehe 1. Kor. 6,18; 10,14; 1. Tim. 6,11a; 2. Tim. 2,22a.) Würde uns gesagt, gegen die Sünde zu kämpfen, so wäre die Folge, daß wir aus eigener Kraft einen Kampf beginnen würden, der sicherlich in den meisten Fällen mit unserer Niederlage endete. Immerhin ist das „Für-tot-Halten“ oder, wie es Röm. 8,13 heißt, das „Töten“ für die alte Natur schmerzlich und in gewisser Hinsicht ein Kampf; aber nicht ein Kampf in eigener Kraft. „Wenn ihr durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.“ Darin scheint mir das Schwergewicht zu liegen. Dieses „Töten“ umschließt eine starke Willensäußerung. Der Apostel sagte von sich: „Ich zerschlage meinen Leib und führe ihn in Knechtschaft, auf daß ich nicht, nachdem ich anderen gepredigt, selbst verwerflich werde.“ (1. Kor. 9,27.) Er lebte enthaltsam. In nichts ließ er dem Fleische Raum. Durch die Energie des Heiligen Geistes war er Herr darüber.

Lassen wir dem Wirken des Geistes Raum in uns, ruhen wir in der Gemeinschaft Dessen, der, um uns von der Knechtschaft der Sünde zu befreien, am Kreuze für uns sterben mußte, ist das Wort unsere tägliche Speise, beharren wir im Gebet, so ist der Weg gegeben, um die alte Natur im Tode zu halten. Deshalb: „Wachet und betet!“

In Röm. 6,11 heißt es aber nicht nur: „haltet euch der Sünde für tot“, sondern es heißt weiter: „Gott aber lebend in Christus Jesus“. Beides gehört zusammen. Ist es nicht ein herrlicher Gedanke, daß wir, mit Christus gestorben, jetzt in Ihm, in der innigen Verbindung mit Ihm, für Gott leben dürfen? Dazu sind wir berufen. Wie von Christus gesagt wird: „Was Er aber lebt, lebt Er Gott“, so soll auch unser Leben in der Kraft der Auferstehung ein Leben für Gott sein.

Römer 7 zeigt uns noch eine andere Seite des Erlösungswerkes, nämlich die Befreiung vom Gesetz. Auch diese Wahrheit fußt auf der Tatsache, daß wir, weil wir Gestorbene sind mit Ihm, nunmehr frei sind von den Forderungen des Gesetzes. Das Strafrecht des Gesetzes ist erfüllt worden in dem Tode unseres HErrn. Das Gesetz herrscht über den Menschen nur, solange er lebt. Auch hat es kein Strafrecht mehr an den Erlösten, weil dieser „dem Gesetz getötet worden ist durch den Leib des Christus“ und darum „von dem Gesetz losgemacht“ worden ist. (Röm. 7,4a u. 6a.)

der Befreiung vollbracht hat!

*

„Wen suchst du?“

(Joh. 20,15)

Am geöffneten Grabe ihres HErrn steht Maria Magdalena. Trostlos starrt ihr tränenbenetztes Auge in die leere Gruft. Vergeblich sucht sie den teuren HErrn, dem ihre Tränen gelten. Die Worte „Sie haben meinen HErrn weggenommen“ verraten die Ursache des tiefen Kummers, der ihr Herz aufwühlt. Jetzt besitzt sie nichts mehr in der Welt. Die leere Gruft bezeugt es klar, daß sie alles dessen beraubt ist, an dem ihr Herz hing. Nicht einmal der Leib des Gestorbenen ist ihr geblieben. Nirgends ist Trost für ihr verwundetes Herz zu finden. Selbst die Erscheinung zweier Engel in weißen Kleidern vermag ihre Tränen nicht zu trocknen. Ihr ganzes Sehnen, all ihre Gedanken sind eben nur auf einen Gegenstand, auf ihren geliebten HErrn, gerichtet.

Eins ist erstaunlich: Eine solche Liebe bei einer so schwachen Erkenntnis! Maria hatte des HErrn Kraft erfahren. Ihr Ohr hatte auf Seine gütigen Worte gelauscht. Ihr Herz wußte von Seiner überschwenglichen Gnade und Liebe, und sie wußte sicherlich auch von Offenbarungen Seiner göttlichen Macht. Dabei ging aber ihr Verständnis nicht über Sein Grab hinaus. Sie kannte weder die Kraft Seines Kreuzes noch die Seiner Auferstehung. Mit einem Wort wie „Er ist unserer Übertretungen wegen dahingegeben und unserer Rechtfertigung wegen auferweckt worden“ (Röm. 4,25) hätte sie nichts anzufangen gewußt, ebensowenig mit dem von der Hoffnung „unserer himmlischen Berufung“. Aber eins tat sie: Sie liebte Jesus und liebte Ihn über alles. Ihre Empfindungen für den HErrn waren augenscheinlich weit tiefer als die des Petrus und Johannes, denn diese kehrten, als sie das Grab leer fanden, nach Hause zurück, während Maria die öde Grabstätte nicht verlassen konnte, bevor sie ihren HErrn gefunden hatte.

einem weit größeren Verständnis in betreff des Werkes und der aufopfernden Liebe Christi oft kalt und gleichgültig sein können. Wohl rühmen wir uns dessen, was Er für uns getan hat; aber wann ist Er der Mittelpunkt unserer Gedanken und Gefühle, wann der Gegenstand unserer Gemeinschaft, unserer Freude, unserer Hoffnung? Wie beweisen wir, daß Ihm unser Leben gehört, unser Lob nur Ihm allein? Ich richte daher die Aufforderung an einen jeden von uns: Laßt uns einmal einen Augenblick von Maria Magdalena absehen und uns vorstellen, der HErr richte Seine Frage: „Wen suchst du?“ ganz persönlich an uns, und zwar an dich und mich, die wir Christus längst als unser Heil und als die Quelle aller Segnung gefunden haben! Gewiß, nach unserem Bekenntnis ist der HErr unser köstliches Teil. Wir bekennen, alle Fülle in Ihm zu besitzen und in Ihm Ruhe fürs Gewissen, Freude fürs Herz und Trost und Hilfe in der Not gefunden zu haben. Woher aber dann die Dürre und Kälte unserer Herzen, woher so manche Schwierigkeit, in die wir durch eigene Schuld geraten sind? Das kann doch nur daran liegen, daß wir Speise und Trank für unsere Seelen in irgendwelchen Dingen dieser Welt gesucht, und weiter, daß wir uns mehr in die Beschäftigungen dieses Lebens verwickelt haben, als es unserer Berufung entspricht. Es gibt in der Welt nützliche und schöne Dinge, deren wir nicht entraten können. Aber Speise für unsere Herzen enthalten sie nicht. Unsere Herzen mit Friede und Freude, mit Lob und Dank zu erfüllen, dazu sind sie nicht geeignet. Wir müssen auch unserer Beschäftigung nachgehen. Tun wir das aber auf selbstgewählten Wegen, oder ist unser Geschäft Selbstzweck, statt eben nur Mittel zum notwendigen Lebenserwerb, so dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir im Geistlichen kraftlos werden und am Ende Unruhe und Ungewißheit oder gar Sorge und Mutlosigkeit die Folge sind. So ist es schon der Mühe wert, hie und da stillzustehen und dem HErrn unser Ohr zu leihen, wenn Er fragt: „Wen suchst du? Was suchst du?“ Solange Jesus allein der Gegenstand meines Suchens ist, wohnt Glück und Friede in meinem Herzen, und der Weg ist einfach und sicher. Ich lebe in Ihm und freue mich in Ihm. Sobald aber die Anhänglichkeit an Ihn nachläßt und demzufolge der Umgang mit Ihm sich lockert, sucht das Herz Ersatz in den sichtbaren Dingen. Anstatt den HErrn aus den Himmeln zu erwarten, was einst die Thessalonicher so glücklich machte, sucht es sich dann in dieser Welt häuslich einzurichten.

einfach den gegebenen Verhältnissen. Der HErr wartete auf die Antwort Eines Herzens, das Er kannte, um dann diesem Herzen nach Seiner Liebe und Gnade antworten zu können. Bei Maria Magdalena war in dieser Hinsicht alles in Ordnung.

Wenn ich bitte, daß wir alle, Schreiber und Leser dieser Zeilen, uns jetzt unserem uns alle durch und durch kennenden HErrn zur Verfügung stellen und uns von Ihm fragen lassen: „Wen suchst du?“, so denke ich dabei nicht an einen besonderen Fall. Ich will auch keine Betrachtungen über irgendwie gelagerte persönliche Verhältnisse zum HErrn anstellen. Ich möchte nur anregen, daß wir uns alle einmal über unser Verhältnis zu Ihm in Seiner Gegenwart ehrlich Rechenschaft geben. Es steht hier nicht zur Frage, was wir alles um des HErrn willen abgelegt haben und wie weit wir in der praktischen Heiligung fortgeschritten sein mögen - diese Frage sollten wir uns überhaupt nicht stellen, da zu leicht geistlicher Hochmut, das schlimmste aller Übel, die Folge ist. Die Frage ist einfach: Was ist Er mir und dir? Jetzt, in diesem Augenblick! Nicht, was hat Er für mich und dich getan? Nein, was ist Er dir? Von dieser Frage hängt nämlich unser ganzes Leben ab. Liebt man jemand von ganzem Herzen, so möchte man immer um ihn sein, möchte ihn persönlich besitzen. Den toten Leib ihres HErrn zu besitzen bedeutete für Maria alles. Sobald sie das rührende Wort gesagt hat: „Sage mir, wo du Ihn hingelegt hast, und ich werde Ihn wegholen“, gibt Jesus Sich ihr zu erkennen. Er ruft Sein Schäflein mit Namen, und mit dem seligen Aufschrei: „Lehrer!“ sinkt sie zu Seinen Füßen nieder, und am Schluß sendet der HErr sie mit einer wunderbaren Kunde zu Seinen Jüngern.

Petrus gibt sein Verhältnis zum HErrn, indem er das gleiche von denen annimmt, an die er schreibt, mit den Worten wider: „An welchen glaubend, obgleich wir Ihn jetzt nicht sehen, wir mit unaussprechlicher und verherrlichter Freude frohlocken.“ Und Paulus kann schreiben: „Das Leben ist für mich Christus.“ Er war seines Lebens Inhalt, Er allein.

Eins der letzten Worte des scheidenden HErrn an Seine Jünger lautete: „Bleibet in Mir, und Ich in euch“, oder: „So bleibe Ich in euch.“ Wer in Jesus bleibt, so daß dann der HErr in ihm bleibt, der kann allzeit singen:

Mein Gold, mein Schatz, mein schönstes Bild.

Nur Du bist meine Lust und Weide

Und was mein Herz für ewig stillt.

Ein solches Christenleben ist erfüllt.

Auf eine Sache möchte ich noch besonders hinweisen, bezüglich derer wir, wie ich glaube, immer wieder die Frage: „Wen suchst du?“ ganz persönlich zu beantworten suchen sollten. Wenn wir uns mit anderen zur Feier des Herrenmahles zusammenfinden, ist dann Jesus der Gegenstand, der unsere Herzen erfüllt? Oder stehen wir selbst - was wir empfangen, wie wir gesegnet werden - im Mittelpunkt? (Wie arm ein Erscheinen am Tisch des HErrn aus Pflicht oder Gewohnheit oder gar zur Beruhigung des Gewissens ist, sei nur nebenbei bemerkt.) Sind wir mit dankerfüllten Herzen gegenwärtig, um Lob und Anbetung Ihm darzubringen, dem sie allein gebührt? Ihm, von dem der Vater wiederholt bezeugte: „Dieser ist Mein geliebter Sohn, an welchem Ich Wohlgefallen gefunden habe?“ (Matth. 3,17; 17,5 usw.) Oder sind selbst bei diesem unschätzbar großen Vorrecht unsere Gedanken zerstreut und auf die Dinge des alltäglichen Lebens gerichtet? Diese Fragen sind wichtig genug, um sie mit aller Aufrichtigkeit vor dem HErrn zu erwägen. Wer Jesus in der Mitte derer sucht, die in Seinem Namen versammelt sind, wird nie vergeblich kommen. Er wird auch nicht ungesegnet von dannen gehen. Suchen wir Jesus, so wünschen wir auch Seine Verherrlichung und sind voller Eifer für die Ehre Seines Namens. Anders werden wir an uns selber denken.

Möge es dem HErrn gefallen, in dieser so bedeutsamen Sache unser aller Augen zu öffnen, um das falsche Suchen zu entdecken, wodurch wir uns oft des wahren Segens berauben! Möge Er unser aller Herzen erleuchten, um Seine Liebe mehr zu würdigen und zu genießen!

W. Br.

(unter Benutzung einiger Gedanken aus einem alten „Botschafter“-Heft)

Gleichnisse von Matthäus 13

Die köstliche Perle

(Vers 45.46)

Die übliche Auffassung dieses Gleichnisses ist die, daß der Mensch alles verkauft, was er hat, um die kostbare Perle zu erwerben, die den HErrn darstellen soll. Andere Schriftstellen aber zeigen, daß das nicht so ist. Der Mensch hat nichts zu bringen. Womit soll er eine Perle kaufen, da er nur Schulden hat? Der Sünder kann also unmöglich der Kaufmann sein. Er darf zwar auch kaufen, aber ohne Geld und umsonst. (Jes. 55.) Darum spricht er mit dem Dichter: „Nichts ich bin und nichts ich hab', nur vom Kreuz laß ich nicht ab.“ Am Kreuz ist all seine Schuld bezahlt; es ist also nichts mehr zu zahlen. Also weder ist der Sünder der Kaufmann, noch der HErr die Perle. Gewiß ist Er köstlicher als die köstlichste Perle, ja, der Schönste unter den Menschenkindern. Jedoch das Gleichnis stellt eine andere Wahrheit dar.

Wer ist der Kaufmann dieses Gleichnisses? Kein anderer als der Herr Jesus, der alles aufbietet, um diese Perle, die Gemeinde, zu erwerben. Wir wissen, welchen Preis Er zahlte, um sie zu erwerben. (Apgesch. 20,28.) Nicht mit Gold oder Silber, sondern mit Seinem teuren Blut. (1. Petr. 1,18.19.) Wahrlich, Er verkaufte alles, was Er hatte. Deshalb entäußerte Er Sich Selbst. (Phil. 2,7.) Er, der reich war, wurde unsertwegen arm. (2. Kor. 8,9.) Um einen hohen Preis hat Er uns erworben. (1. Kor. 6,19.20.) Dieser Kaufmann kam von oben aus dem Vaterhaus und ging hinab in die tiefsten Tiefen, um die Perle zu gewinnen. Wir wissen, wie tief Er hinabgestiegen ist, bis zu uns herab. Wie wertvoll muß Ihm diese Perle sein, daß Er sie um Sein eigenes Blut und Leben erwarb!

Was ist die Perle dieses Gleichnisses? Die Perle ist die Gemeinde, der Leib Christi. Einige Einzelheiten über Perlen sollen uns noch besonders zeigen, warum gerade der HErr die Gemeinde mit einer Perle vergleicht.

Die Herkunft der Perlen. Perlen werden von Tauchern in der Tiefe des Meeres gesucht und gefunden. Das Meer stellt die Völker dar, und in der Hauptsache kommt die Gemeinde, diese kostbare Perle, aus der Völkerwelt.

Die Perle ist das Ergebnis von Leiden. Tief unten im Meeresgrund lebt unter vielen anderen die Perlmutter in ihrer harten, nach außen hin unansehnlichen Schale. Irgendwie ist durch eine Öffnung der Perlmutterschale ein Sandkorn eingedrungen. Dieses Sandkorn verursacht in den zarten Teilen der Perlmutter Schmerzen. Da sie aber weder Hände noch Füße hat, um sich zu wehren, umkapselt die Muschel das Sandkorn mit einer schleimartigen Absonderung. Der Vorgang wiederholt sich unzählige Male bis zur Größe der Perle. Dieser geheimnisvolle Vorgang hat die Perle mit all ihrer Pracht, in der sich alle Farben des Regenbogens widerstrahlen, geschaffen. Die Perle verdankt also ihre Entstehung einer Verletzung der Muschel, aus deren Seite sie hervorgegangen ist. Als Gott die Eva schuf, ließ Er einen tiefen Schlaf auf Adam kommen, und aus dessen Seite nahm Er das Weib, die Eva. Die Schöpfung der Eva ist ein Vorbild von der einen großen Neuschöpfung, der Braut des Lammes. Auch wir, die Gemeinde, kommen aus der Seite Dessen, der am Kreuz mit einem Speer in der Seite verwundet wurde. (Eph. 5,30; Jes. 53,11.) Durch die Schmerzensarbeit der Muschel ist die Perle entstanden, und durch die Mühsal Seiner Seele auf Golgatha sind wir Sein. Um die Perle zu erwerben, muß die Muschel leiden und sterben, und das tat der HErr für die eine Perle, für Seine Gemeinde.

Perlen sind sehr begehrt. Scharen von Menschen suchen sie unter größter Lebensgefahr, da, wo sie daheim sind. Warum? Weil sie so wertvoll sind. Die höchsten Preise werden für eine einzige Perle bezahlt. Ach, und da fragen wir, was sah der HErr an uns so Schönes, so Begehrenswertes, daß Er Sein Leben für uns gab? Der von Ihm geleistete Preis zeigt, wie wertvoll wir in Seinen Augen sind.

Perlen sind sehr dauerhaft. Sie sind feuerfest. Die Gemeinde, diese kostbare Perle, konnte durch nichts zerstört werden, weder Feuer noch Schwert vermochten sie auszurotten.

Perlen sind auch schwer zerbrechlich. Natürliche Stärke zerbricht sie nicht. Alle Anstrengungen,

um die Gemeinde zu vernichten, versagten. Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.

Die Bestimmung der Perle. Irdische Perlen glänzen bei den Großen dieser Welt und zieren die Kronen der Könige. Die Schrift sagt uns, daß im himmlischen Jerusalem die Tore aus je einer Perle bestehen. (Offenb. 22.) Wie wunderbar wird diese himmlische, goldene Stadt sein! Wenn aber die Stadt, deren Baumeister der Erwerber der Perle ist, solche Schönheiten bietet, was wird erst die Gemeinde selbst sein? Sie wird Seine Zierde sein. In Eph. 5,27 sehen wir, daß der HErr diese kostbare Perle Gott darstellen wird, ohne Flecken und ohne Runzeln. Heute erscheint sie der Welt noch sehr unansehnlich; sie ist vielen nach außen hin wie die Perle, die noch in der Schale der Perlmutter ist. Es ist noch nicht erschienen, was wir sein werden, bald aber werden wir ewiglich Seine Zierde sein.

Da wir so wertvoll in Seinen Augen sind und die kostbare Perle genannt werden, sollen wir auch jetzt schon den ganzen inneren Glanz der Perle tragen. (2. Kor. 4,7.) Die Perle ist innerlich und äußerlich gleich schön, und das sollen auch wir sein: Lauter und unanstößig auf den Tag Christi. (Phil. 1,10.11.)

Gegenwärtig ist diese Perle noch wie im Dunkel des Meeres der Völkerwelt, bald aber wird Er sie heimholen, wo sie Sein ewiger Schmuck sein wird.

 

 

Das Netz

(Vers 47ff.)

Öfters redet die Schrift von Netzen. So wurden die Jünger von den Netzen hinweggerufen, um Menschenfischer zu werden. (Matth. 4,19.) Angesichts des vollen Netzes kam Petrus zur wahren Selbsterkenntnis, indem er zum HErrn sagte: „Geh von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch.“ (Luk. 5,8.) Und wiederum war es anläßlich eines gefüllten Netzes, daß derselbe Petrus seine große Wiederherstellung erfuhr. (Joh. 21.) Ganz am Ende haben wir's nun nochmals mit einem Netz zu tun. Es ist das letzte Netz, das ausgeworfen wird und in welchem

Bereich kommt, und fängt es ein. Beschäftigen wir uns nun noch kurz mit diesem letzten Gleichnis sowie mit dem Schluß des Kapitels.

Stille Belehrung. Die letzten drei Gleichnisse sprach der HErr allein zu den Jüngern; sie waren also nicht für die Volksmenge bestimmt. Es gibt Wahrheiten nur für Eingeweihte, denn die, die Ihn nicht kennen, besitzen kein Verständnis dafür. Erst gilt es alles zu verlassen, dann verstehen wir Seine Gedanken. Der HErr belehrt also nur Seine Jünger über Israel, der Gemeinde Zukunft sowie über das Ende im allgemeinen. Aber auch über diese Dinge erhielten die Jünger später noch vermehrtes Licht. Man denke an Petrus im Hause des Kornelius. (Apgesch. 10.) Die anderen aber sollen erst Jesus aufnehmen, dann verstehen sie Seine Gedanken.

Was bedeutet das Netz? Unter dem Netz haben wir im allgemeinen an alle Rettungsversuche Gottes durch das Evangelium zu denken, hier aber im besonderen an das Evangelium des Reiches, das in den Endtagen vom treuen Überrest gepredigt werden wird. (Matth. 24,13.14.) Das Gleichnis vom Netz folgt dem der kostbaren Perle. Wenn die Perle (Gemeinde) hinweggenommen sein wird, dann folgt im besonderen die Erfüllung dieses Gleichnisses. Auch heute wirft die Gemeinde das Netz des Evangeliums der Gnade aus, bis daß die Vollzahl aus den Nationen eingegangen sein wird, und dann ist ihr Dienst vollendet. Nach der Entrückung wird wiederum das Netz ins Meer (Völker) geworfen. Nochmals wird den Völkern besondere Gnade angeboten, und wie reich die Frucht ist, zeigt uns besonders Offenb. 7. Noch einmal geschieht ein großes Sammeln. Furchtbar wird das Tier (Antichrist) in jenen Tagen wüten. Alle müssen es anbeten, aber die Menschheit wird besonders davor gewarnt und auf die schrecklichen Folgen der Tieranbetung hingewiesen. (Offenb. 14.) Dieses Auswerfen wird also nach der Entrückung stattfinden, während der großen Drangsalszeit.

Die große Scheidung. Von großen Scheidungen redet manchmal die Schrift. Man denke nur an die drei Gleichnisse in Matth. 25, die uns die großen Scheidungen in verschiedener Weise zeigen, oder an den Mann ohne das hochzeitliche Kleid. Ferner an Matth. 7,21ff. Wer hier nicht die Entscheidung trifft, wird dereinst ewig vom HErrn geschieden sein. Die hier genannte

Scheidung geht offenbar über Völker, da dieses Gericht und jenes in Matth. 25,30ff. wohl ein und dasselbe sein dürfte. Der Zeitpunkt dieses Gerichts liegt ganz am Ende, ehe der HErr das Reich einnehmen wird. Die Scheidung hat furchtbares Klagen zur Folge, das durch Heulen und Zähneknirschen ausgedrückt wird. Die Werkzeuge in diesem Gericht sind die Engel. (Vers 41.42.49.50; Matth. 24,31.) So wie nun Heulen und Zähneknirschen bei den einen ist, so ist großer Triumph bei den anderen, die gute Fische genannt werden.

Habt ihr das alles verstanden? So fragt der HErr, und die Jünger antworten mit einem klaren Ja. Gewiß sind sie später in der Erkenntnis gewachsen, wie bereits aus Apgesch. 10 angedeutet wurde. Wir sollen nicht allein hören, wie zuvor die Volksmenge, sondern wir sollen auch die Geheimnisse des Reiches der Himmel verstehen. Vielen entgeht das geistliche Unterscheidungs-vermögen. Unser Hören oder Lesen, das nicht herzerforschend und persönlich ist, ist vergebliches Hören. Vieler Hören besteht nur im Bewundern solcher Redner, die eine bilderreiche Sprache führen. „Verstehst du, was du liesest?“ fragte Philippus den Kämmerer. Wie gering ist unser Wissen in göttlichen Dingen! Von Gott unterrichtete Menschen werden hier einem Hausherrn verglichen, der aus seinem verborgenen Schatz Altes und Neues hervorbringt. Wir geben das Empfangene als Speise weiter. In dem Maße, wie wir erleuchtet sind, verstehen wir auch. (Joh. 16,12-14; 1. Kor. 1,24; 1. Joh. 2,20.27.) Wenn der Sünder das Heil in Christus erkennt und versteht, dann spricht er mit dem Blindgeborenen: „Eins weiß ich.“ (Joh. 9.) Der Gläubige aber lernt die Geheimnisse Gottes. Wir alle sollten solche Schriftgelehrte des Reiches Gottes sein, um getreue Verwalter der göttlichen Geheimnisse sein zu können.

Großes Erstaunen. (Vers 54.) Leider aber nicht mehr! Sie waren erstaunt, hatten aber nichts gelernt. Warum? Ihr Hören war nicht mit Glauben gemischt, sie sahen im HErrn nur den Zimmermanns-Sohn. Sie konnten nicht begreifen, woher Ihm diese Weisheit kam, da Seine Schule die Zimmerwerkstätte gewesen war. Sie kannten weder Ihn noch den Vater, sie waren blind und blieben es, weil sie voller Vorurteile waren. Das Vorurteil macht blind. Durch all die Belehrungen waren sie gar nicht weiter gekommen, als sie an ihrem Anfang waren. (Vers 13.)

G. Brinke (Aus „Ährenlese“, Verlag Bern)

Spitzenleistungen

(1. Kön. 18,19)

Wir leben im Zeitalter der Spitzenleistungen. Alles ist auf Höchstleistung eingestellt. Im Reiche Gottes war das schon immer so. Es will den ganzen Mann, den Einsatz der ganzen, ungeteilten Kraft. Es läßt sich auf keine Vergleiche und Zugeständnisse ein. Diese Tatsache ändert nichts an unserer Unzulänglichkeit. Aber es gibt auch ganze Siege, wahre und volle Freuden, und es gibt einen unveräußerlichen und unantastbaren Besitz. (Luk. 9,62; vgl. 1. Kor. 9,24-27; 2. Tim. 4,7.8; Offenb. 2,10b.)

Gehen wir auf den Karmel! Hier haben wir das klassische Beispiel einer Spitzenleistung. Der Karmel sieht und bietet an diesem Tage ein Schauspiel, so überwältigend, daß es einzig dasteht.

Spitzenleistungen!

1. Der Höhepunkt oder die Spitze des Abfalls und des Baalsdienstes in Israel ist erreicht. Ahab, der siebente in der Linie des Abfalls seit Jerobeam, ist die Vollendung und das Beispiel der Sünde. (1. Kön. 16,30.) Sünde in einer furchtbaren Anstauung: „Sünden Jerobeams“, d. h. Religionsvermengung, Heirat der Isebel, Anbetung Baals, Bau eines Tempels für ihn, Errichtung von Ascherabildern, Wiederaufbau Jerichos. (1. Kön. 16,31-34; vgl. Jos. 6,26.) Das Äußerste wird geleistet auch in der öffentlichen Bekämpfung des Reiches Gottes: Während die Götzenpropheten am Königstisch sitzen (1. Kön. 18,19), sehen wir die Propheten Gottes in Höhlen versteckt! (1. Kön. 18,4.)

2. Ist aber die Sünde ausgereift und hat sie ihren Höhepunkt erreicht, so muß auch der Kampf bis aufs Messer geführt werden. Und so sehen wir hier auch schon den Platz für die Entscheidungsschlacht entsprechend gewählt; er ist geographisch und geschichtlich eine Spitze. Von der Spitze des Karmel aus sieht man:

a) links das Meer,

b) vorn in der Ferne den Hermon, beide Kraftquellen des Landes (Ps. 133,3), durch deren Verschließen 3. die Not im Lande aufs höchste gesteigert wird (1. Kön. 18,3-6);

c) rechts - die Ebene Jisreel, in der sich größte Ereignisse in der Geschichte Israels abgespielt haben (Barak und Debora [Richt. 4]; Gideon [Richt. 7]; Sauls tragisches Ende [1. Sam. 29]) und

d) im Rücken das Land und Volk, das hier vor der Entscheidung steht.

4. Der ganze Feind wird in seinen Spitzen herausgefordert:

a) Der König Ahab, der, wie anzunehmen ist, in seiner königlichen Equipage und mit seinem Gefolge erscheint, und

b) vierhundertfünfzig Propheten Baals und vierhundert Propheten der Aschera. (1. Kön. 18,19.)

5. Angabe des ganzen Zieles: Entweder Gott oder Baal! (Vers 21.)

6. Auch in der Wahl des Kampfmittels ist die Spitze erreicht: Das schwerste Zeichen wird gewählt, Feuer vom Himmel, das von jeher ein Offenbarungsmittel Gottes war. (3. Mos. 9,24; Richt. 6,21; 2. Chron. 7,1; nur einmal, in der Vollentfaltung der Macht der Bosheit, wird es dieser gestattet, siehe Offenb. 13,13.)

7. Ebenso wird in der Kampftaktik das Äußerste gewagt: Dem zahlenmäßig hundertfach überlegenen Feind wird der Vortritt angeboten (Vers 25) und ihm eine unbeschränkte Frist gegeben. (Vers 28.29.)

8. Die Spannung wird auf den Siedepunkt getrieben durch den Spott des Elias und die Steigerung in demselben. (Vers 27.)

riefen“ - „sie hüpften“ - „sie ritzten sich“ - und schließlich „weissagten“ sie in dämonischer Raserei). (Vers 26-28; vgl. 1. Sam. 18,10.)

10. Im Augenblick höchster Spannung werden die Blicke aller, die gebannt sind von dem Schauspiel, auf den einzelnen Mann gelenkt, der jetzt festen Schrittes, mit erhobenem Haupt und kühnem, flammenden Blick, der für die Baalspriester nichts als Verachtung und Hohn hat, auf den Plan tritt.

In allen Handlungen des Propheten liegt aber immer noch Steigerung:

11. Es wird ein Graben um den wiederhergestellten Altar (Vers 30) gezogen, und dann kommen auf das trockene Holz vier Eimer Wasser, und noch vier Eimer Wasser, und noch vier Eimer Wasser. Es füllt sich damit der Graben. Das Holz trieft von Wasser. Gehst du nicht zu weit, Elias? Heißt das nicht fast, Gottes Wirken Schwierigkeiten in den Weg legen?

Die Spannung hat ihren Höhepunkt erreicht. Die Augen der bewegungslosen, gebannten Menge hängen an dem Mann, der jetzt hochaufgereckt vor den Altar tritt. Lautlose Stille! - Die Blicke verschlingen ihn förmlich in allen seinen Bewegungen.

Und nun folgen die Augen aller widerstandslos, fast mit Gier, seiner letzten Bewegung - dem gen Himmel erhobenen Blick und den ebenfalls dorthin ausgestreckten Armen. Die ganze Gestalt ist ein gen Himmel erhobener Zeigefinger! - Aller Augen hängen am Himmel. - Und der - antwortet!!! - Das Prasseln des Feuers und das Zischen des kochenden Wassers mischen sich mit dem donnernden Ruf: „Der HErr ist Gott!!! - Der Herr ist Gott!!!“ - Es ist fürwahr der geeignete Augenblick,

12. den Sieg auf die Spitze zu treiben. Elias begnügt sich nicht mit der auflodernden Begeisterung (die kann ebenso schnell wieder verrauschen). „Greift die Propheten des Baal, keiner von ihnen entrinne!!!“ - Mit dem Blut der falschen Priester, der Volksverführer und Bringer grenzenlosen Elends wird die Schande Israels abgewaschen, und in der Ferne hören wir gleichsam schon das Grollen des Donners des heraufziehenden wolkenbruchartigen

Regens. - Der Himmel antwortet!!! -

Und wieder stehen wir auf der Spitze des Karmel. - Vor uns, da, wo eben noch die hochaufgerichtete Reckengestalt den gefährlichsten Feind herausgefordert hat, liegt zusammengekauert auf seinem Angesicht ein armseliger Mensch. - Er schreit zu Gott! -

So löst sich das Geheimnis seiner übermenschlichen Kraft und seines Sieges! - Der Dichter des Freiheitskrieges, Ernst Moritz Arndt, faßt diese Lösung in den kurzen, wie Stahl klingenden Satz: „Vor Menschen - ein Adler, vor Gott - ein Wurm!!!“ -

„Elias war ein Mensch wie wir!“ (Jak. 5,17.) Sind wir auch Menschen wie ein Elias -?!

Hans Legiehn

Gewalt der Finsternis

„Dies ist eure Stunde und die Gewalt der Finsternis.“ (Luk. 22,53.)

Unser Herr Jesus Christus hatte gewirkt, Er hatte gepredigt, Dämonen ausgetrieben und Wundertaten getan. Das war Seine Stunde gewesen. Jetzt kam die Stunde des sündigen Menschen und der Gewalt der Finsternis. Auf Sein Wirken in Wahrheit und Liebe kam jetzt die tödliche Feindschaft des unbußfertigen Menschen und der Gewalt der Finsternis. Beide vereinten sich gegen den HErrn und brachten Ihn ans Kreuz. Der Mensch wurde das Werkzeug dieser finsteren Gewalten. Daß alles unter der Zulassung und nach Vorkenntnis Gottes geschah, ist eine Sache für sich. Unser HErr hatte als der gehorsame Mensch schwer durch diese Gewalten zu leiden, und unser Verständnis und Mitgefühl kann Ihm in diesem Stück nur wenig folgen.

Jesus hatte schon zuvor gesagt: „Der Fürst der Welt kommt und hat nichts in Mir.“ (Joh. 14,30.) Er nennt den Teufel den Fürsten der Welt. In Eph. 2,2 lesen wir von „dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams“. Da an einer

anderen Stelle der HErr von dem „Teufel und seinen Engeln“ spricht, so ersehen wir hieraus, daß der Teufel der Oberste einer Engelschar, ja, der Oberste eines Fürstentums ist, das in Feindschaft steht gegen den Sohn Gottes. Als „Fürst der Welt“ und „Fürst der Gewalt der Luft“ übt er die Herrschaft aus über diese Welt. Natürlich steht aber über dieser Herrschaft noch die Oberherrschaft Gottes.

Dieser Fürst der Welt kam und hatte nichts in unserem HErrn. Er besaß keine Macht über Ihn. In Ihm war keine Sünde. Er war der Heilige Gottes. Kein Angriffspunkt für Satan war „in Ihm“. Dennoch war die ganze Gewalt der Finsternis von außen „gegen Ihn“. Aber „Seine Treue und Sein Gehorsam“ behielt den Sieg. „Als Er die Fürstentümer und die Gewalten ausgezogen hatte, stellte Er sie öffentlich zur Schau, indem Er durch das Kreuz über sie einen Triumph hielt.“ (Kol. 2,15.) Das Wort spricht hier sogar von mehreren Fürstentümern und Gewalten. Diese Mächte, von deren Größe wir uns keine Vorstellung machen können, zog Er aus, entwaffnete Er. Sie wurden bloßgestellt und sogar zur Schau gestellt, öffentlich vor der Schöpfung. So triumphierte unser Herr Jesus über sie durch Seine unerschütterliche Treue und Seinen Gehorsam bis zum Tode am Kreuze. Sein Sieg war endgültig.

Blicken wir nun auf uns, die Beute Seines Sieges, so sagt uns das Wort, daß wir wie alle Menschen einst wandelten nach dem Zeitlauf dieser Welt, „nach dem Fürsten der Gewalt der Luft“. (Eph. 2,2.) Aber - gepriesen sei Gott! - Er hat uns errettet „aus der Gewalt der Finsternis und versetzt in das Reich des Sohnes Seiner Liebe“. (Kol. 1,13.) Die Tragweite dieser großen Errettung können wir jetzt noch gar nicht recht ermessen. Wir wissen aber: Das alles hat unser geliebter HErr getan am Kreuze. Und dafür bringen wir Ihm Anbetung dar. - Das Wort spricht auch davon, daß Gott an uns, den Glaubenden, mit einer überschwenglichen Größe Seiner Kraft gewirkt hat. (Eph. 1,19.) Lediglich die Macht unseres Gottes und die Kraft des Kreuzestodes unseres Herrn Jesus Christus konnte uns Errettung bringen.

Als durch die Gnade Errettete leben wir noch in dieser Welt, in der die obenerwähnten Gewalten ihr Wesen haben. Wir sind wie Fremdkörper oder Fremdlinge darin. Jene Mächte suchen uns zu schädigen, wobei Menschen ihre Werkzeuge sein können. Der Apostel hat daher recht, wenn er

schreibt: „Unser Kampf ist nicht wider Fleisch und Blut, sondern wider die Fürstentümer, wider die Gewalten, wider die Weltbeherrscher dieser Finsternis, wider die geistlichen Mächte der Bosheit in den himmlischen Örtern.“ (Eph. 6,12.) Wir sind diesen Mächten von uns aus nicht gewachsen. Nur die Waffenrüstung Gottes schützt uns. Sie besteht aus sieben Rüstungsteilen. Sie heißen: Wahrheit, praktische Gerechtigkeit, Evangeliumsbereitschaft, Glaube, Heilsgewißheit, Gottes Wort und Gebet.

Das Gebet erinnert uns daran, daß der Allmächtige hinter uns steht. Und dieses Bewußtsein bringt uns dazu, mit dem Apostel Paulus sagen zu können: „Ich bin überzeugt, daß weder Tod noch Leben, weder Engel noch Fürstentümer, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Gewalten, weder Höhe noch Tiefe, noch irgend ein anderes Geschöpf uns zu scheiden vermögen wird von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem HErrn.“ (Röm. 8,38.39.)

Der Apostel hatte durch feindliche Fürstentümer und Gewalten sehr zu leiden, entweder unmittelbar oder mittels menschlicher Werkzeuge. Auch Kinder Gottes, besonders Knechte Gottes der Jetztzeit haben durch solche Leiden und Prüfungen zu gehen. Aber sie dürfen dabei auf die Aussprüche des Heiligen Geistes vertrauen, die ihnen sagen, daß sie „durch Gottes Macht durch Glauben bewahrt werden zur Errettung“. (1. Petr. 1,5.) „Wenn Gott für uns ist, wer wider uns!“ Gottes Macht und Liebe schützt uns.

Es ist erschreckend, daß ein Teil der Engelwelt, Fürstentümer, Gewalten und Mächte in Auflehnung gegen Gott, gegen den Herrn Jesus und auch in Feindschaft gegen das Volk Gottes ist. Sind sie doch selbst auch nur Geschöpfe, geschaffen durch den Sohn. (Kol. 1,16.) Auch die Engelwelt wird einst gerichtet werden. Mit heiliger Scheu nehmen wir Kenntnis davon, indem wir daran denken, daß auch wir, wie alle Menschen, der Finsternis angehörten und Finsternis, ja Feinde, waren. Während Gott aber uns aus Gnaden errettet hat durch Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, gibt es für die abgefallenen Engel keine Erlösung. (Vgl. Hebr. 2,16; 2. Petr. 2,4; Jud. 6.)

himmlisches Reich. Sie ist durch Gott den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist verbürgt:

„Niemand kann sie aus der Hand Meines Vaters rauben.“ (Joh. 10,29.)

„Niemand wird sie aus Meiner Hand rauben.“ „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden.“ (Joh. 10,28; Matth. 28,18.)

„Ihr seid aus Gott, Kinder, und habt sie überwunden, weil Der, welcher in euch ist, größer ist als der, welcher in der Welt ist.“ (1. Joh. 4,4.) -

Vom HErrn geliebte Brüder, - groß ist unsere Errettung aus der Gewalt der Finsternis, groß die Sicherheit unserer Bewahrung, groß aber auch unsere Verantwortung.

O. D.

In die Welt gesandt

Nicht für die Einsamkeit erzieht Sich der HErr Seine Jünger, sondern um ein Zeugnis für Ihn zu sein. Nicht abseits von der Welt, sondern mitten durch die Welt führt Er uns zum seligen Ziel. Er enthebt uns nicht der Proben und Kämpfe, der Schwierigkeiten und Aufgaben des Lebens, sondern stellt uns mitten in sie hinein. Als Salz der Erde setzt Er uns mitten unter die, die im Verderben sind und dem ewigen Verderben entgegengehen. Als Licht der Welt stellt Er uns nicht in die Verborgenheit, sondern mitten in das Leben und Treiben der Finsternis hinein. Er fürchtet Sich nicht, Seine Lämmer mitten unter die Wölfe zu senden. Dennoch handelt Er von Fall zu Fall verschieden, bald vor zu großen Proben bewahrend, bald durch zugelassene Proben die Glaubenskräfte stärkend und stählend. Er kennt jeden einzelnen und handelt mit ihm ganz seiner Eigenart entsprechend. Von Israel lesen wir: „Und es geschah, als der Pharao das Volk ziehen ließ, da führte Gott sie nicht den Weg durch das Land der Philister, wiewohl er nahe war; denn Gott sprach: Damit es das Volk nicht gereue, wenn sie den Streit sehen, und sie nicht nach Ägypten zurückkehren.“ (2. Mos. 13,17.) Einen Samuel aber ließ Er aufwachsen neben den gottlosen Söhnen Elis. Den jugendlichen David stellte Er neben einen Saul, von dem der

Geist des HErrn gewichen war, und den ein böser Geist ängstigte. Er ließ Daniel und seine Freunde mit nach Babel ziehen, weil Er wußte, daß für sie Seine Gnade ausreichend sein würde, um sich auch in dieser Atmosphäre zu bewähren. Er ließ auch einen Joseph an dieser Gnade keinen Mangel leiden, damit er in der verführerischen Umgebung, im Hause Potiphars, ein Zeugnis sein könnte und vor dem Bösen bewahrt bliebe.

Der HErr betete einst zum Vater: „Ich bitte nicht, daß Du sie aus der Welt wegnehmest, sondern daß Du sie bewahrest vor dem Bösen. ... Gleichwie Du Mich in die Welt gesandt hast, habe auch Ich sie in die Welt gesandt.“ (Joh. 17,15.18.) - Hier in der Welt finden wir unseren Bewährungsboden und unser Arbeitsfeld.

Wir sind nicht in die Welt gestellt, um uns ihr gleichförmig zu machen, sondern um sie durch Glauben zu überwinden, nicht um uns zu beugen vor ihren Götzen, sondern um in ihr dem wahren und lebendigen Gott zu dienen, nicht um uns zu erquicken an ihren löcherichten Brunnen, die ohne lebendiges Wasser sind, sondern um Menschen zu Dem zu führen, der da sagt: „Ich will dem Dürstenden aus der Quelle des Wassers des Lebens geben umsonst.“ (Offenb. 21,6.) Wir sind nicht berufen, uns in ihr zu verlieren, sondern in ihr unseren Fremdlingscharakter zu bewahren als solche, deren Bürgertum in den Himmeln ist. Wir sind berufen, tadellos und lauter zu sein, unbescholtene Kinder Gottes, um als solche zu scheinen wie Himmelslichter in der Welt, darstellend das Wort des Lebens. (Vgl. Phil. 2,15.16.)

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Für junge Gläubige

Ewig neues Altes Testament

Gedanken zum 1. Buch Samuel

(Kap. 16)

Gott wendet Sich wieder an Samuel und heißt ihn den neuen König salben. Samuel weiß, wie gefährlich dieser Auftrag ist (V. 2), aber er gehorcht. Die Ältesten von Bethlehem ängstigen sich, als sie Samuel durchs Stadttor kommen sehen. „Ist Friede dein Kommen?“ fragen sie. Samuel war ein Mann Gottes. Wen von uns überfiele nicht ein leises Zittern, wenn es plötzlich heißen würde: „Der HErr kommt heute zu dir!“? Mögen wir bei Seinem Kommen im Frieden erfunden werden.

„Der HErr sieht das Herz an.“ Was ist denn das Herz? Es sind die geheimen Überlegungen und Wünsche, die Beweggründe und die Willensrichtung unserer Seele. Es ist der „verborgene Mensch des Herzens“ nach 1. Petr. 3,4. „Ich bin das“, sagte jemand, „was ich bin, wenn ich allein bin.“

Als Eliab, Abinadab, Schamma und die anderen sieben vor Samuel vorüberzogen, sah Gott immer nur dieses innere Herz an, und trotz des herrlichen Wuchses und der angenehmen Art hatte Gott keinen von ihnen zum König über Sein Volk erwählt. Nur David, der jüngste Sohn Isais, den der Vater zu gering geachtet hatte, um an der Opfermahlzeit teilzunehmen, dieser Jüngling, rötlich und mit schönen Augen, war auch schön vor Gott. Körperliche Schönheit und Herzensschönheit sind wohl vereinbar.

Warum war David ein Mann nach dem Herzen Gottes? (Kap. 13,14; Apgesch. 13,22.)

Gewiß schätzte seine junge Seele schon die Dinge hoch, die er später in seinen Liedern besang und in seinem Leben zur Tat machte.

Er liebte das Gesetz Gottes. „Wie liebe ich Dein Gesetz! Es ist mein Sinnen den ganzen Tag.“ (Ps. 119,97.)

Er glaubte von Herzen an den mächtigen Gott Israels. „Meine Zuflucht und meine Burg; mein Gott, auf Ihn will ich vertrauen.“ (Ps. 91,2.)

Er besaß persönlichen Mut und kämpfte unerschrocken gegen Bären und Löwen, wie später gegen den Riesen Goliath.

Er verstand etwas von der Gnade Gottes und hatte selbst ein gütiges, liebevolles Wesen, das ihm sogleich die Zuneigung des Königssohnes erwarb. (Kap. 16,21.) Wie edel erzeigt sich David später Saul gegenüber, und wie vornehm handelt er gegen Mephiboseth! (2. Sam. 9,9-13.)

„Ein böser Geist von Gott kommt über Saul.“ Viermal wird dieser merkwürdige Ausdruck gebraucht. (V. 14.15.16.23.) Inwiefern kam der Geist von Gott? Gott ist der Herr über alle Gewalten, und Er erlaubte dem Geist, sich in Sauls Seele einzunisten. Gott benutzt diese Geister, um die Menschen von der Macht und Wirklichkeit des Bösen zu überführen, um sie zurechtzubringen oder auch, um zu strafen. (Vgl. Luk. 22,31; 1. Kor. 5,5; 2. Kor. 12,7.)

David stand schon als junger Mann in dem Ruf, ein guter Musiker, ein tapferer Krieger und ein kluger, schöner Mensch zu sein. Aber die Hauptsache war: Gott war mit ihm. (V. 18.)

Sein musikalisches Können brachte ihn an den Hof des Königs. Manche finden es unbegreiflich, daß Saul sich später nicht mehr an David erinnert. (Kap. 17,58.) Aber wenn man bedenkt, von wie vielen Leuten ein König ständig umgeben war, so ist diese Tatsache erklärlich. Durch Davids Saitenspiel wurde der böse Geist eine Zeitlang vertrieben, aber er kehrte mit doppelter Gewalt gegen Sauls Lebensende zurück.

Gute Musik erweist sich immer als Wohltat für einen ermatteten Geist. Musik ist eine der schönsten Gaben Gottes! David benutzte sein Talent zum Lobe Gottes und wurde dadurch zum Vorsänger der ganzen Welt! Zu allen Zeiten und in den schwierigsten Lagen sind Davids Psalmen ertönt und haben Herzen gestärkt.

Der Herr Jesus Selbst sang, als Er verraten ward, in der Nacht ein Loblied mit Seinen Jüngern. Es mag wohl ein Psalm Davids gewesen sein.

Zum Nachdenken:

Erklingt in der Stille deines Herzens ein Loblied Gottes, oder gewinnt ein finsterer Geist Macht über deine Gedanken?

Goliath von Gath und David von Bethlehem

(Kap. 17; 18,1-16)

Gath war eine der fünf Königsstädte der Philister. Im Philisterland scheint es damals ein Geschlecht von Riesen gegeben zu haben. Wir lesen in 2. Sam. 21,16 von Jischbi-Benob, der an David Rache nehmen wollte wegen Goliath. Weiter ist die Rede von Saph, den Sibbekai erschlug, vom Bruder Goliaths, den Elchanan tötete, und später von einem Riesen, der sechs Finger und sechs Zehen hatte und den der Neffe Davids, Jonathan, hinstreckte. (2. Sam. 21,19-21.)

Vierzig Tage lang forderte Goliath unter höhnischen Worten die Israeliten auf, ihm einen Mann zum Zweikampf entgegenzuschicken. Aber weder der stattliche und tapfere Saul noch der unerschrockene Jonathan wagten diesen ungleichen Kampf aufzunehmen. Sie fühlten wohl, daß zu dieser Tat kühner, felsenfester Glaube gehörte.

Da kam der Hirtenknabe David ins Lager und hörte die verächtlichen Worte des Riesen. Davids Herz wurde bis ins Innerste erregt ob solcher Rede; hatte er doch persönlich erfahren, welch ein starker Gott und Helfer in der Not Jehova ist! Hatte Er nicht das Volk durch das Rote Meer, die Wüste und den Jordan geführt, und nun prahlte Goliath mit seiner Kraft und seinem Fischgott Dagon? Die von starkem Gottvertrauen zeugenden Worte Davids werden dem König hinterbracht, und schon wird er in das Zelt Sauls gerufen. Saul will ihm helfen, für den schweren Zweikampf geeigneter zu sein. Doch David kann nichts Entlehntes brauchen. Er legt Sauls Rüstung wieder ab und greift zu seiner ihm vertrauten Schleuder und seinem übrigen Hirtengerät. Wir empfinden die Spannung des Augenblicks, als David dem Riesen ohne jede

Deckung entgegenläuft. Was ihn so mutig macht, ist das Bewußtsein: „Ich komme zu dir im Namen Jehovas der Heerscharen, des Gottes der Schlachtreihen Israels, die du verhöhnt hast.“ (V. 45.) Da ist kein vernünftelndes Überlegen, ob der Glaube hier nicht zu weit gehe, überspannt sei; es handelt sich hier einfach um den Beweis, daß ein allmächtiger Gott lebt.

„Diese ganze Versammlung soll erkennen, daß der HErr nicht durch Schwert und durch Speer rettet; denn Jehovas ist der Streit, und Er wird euch in unsere Hand geben.“ (V. 47.) - Die eigne Ehre steht bei David ganz im Hintergrund. Zu einem solchen Menschen kann Gott Sich bekennen. Der Stein fährt aus der Schleuder und trifft die ungeschützte Stirn Goliaths. Der Riese fällt zu Boden, David eilt und schlägt ihm das Haupt ab, und die Philister fliehen.

Jonathan, der Königssohn, sieht voll Bewunderung das Tun des kühnen Hirtenjünglings, und sein ganzes Herz schließt sich für den Sohn Isais auf. Kein Gedanke der Eifersucht mischt sich herein. Er liebt David wie seine Seele. Er zieht sich gleichsam für ihn aus, indem er ihm seine Kleider, sein Schwert, seinen Gürtel und seinen Bogen gibt. Wie sehr David Jonathans Bogen schätzte, sehen wir aus seinem Klagelied in 2. Sam. 1,18.22. David war nun gekleidet und ausgezeichnet wie ein Königssohn, und Jonathan nahm ihn zu sich in sein Haus. David gewann in kurzer Zeit die Achtung und Liebe des ganzen Volkes. (Kap. 18,5.)

Aber der Gesang der Frauen über das Tun der Helden erregte im Herzen Sauls die Leidenschaft des Neides. Der böse Geist, der den König zeitweise verlassen hatte, ergriff ihn aufs neue mit aller Macht. „Grimm ist grausam, und Zorn eine überströmende Flut; wer aber kann bestehen vor der Eifersucht!“ (Spr. 27,4.) Der Anblick Davids erfüllte die Seele Sauls mit blindem Haß. Er hätte leicht wahrnehmen können, daß David keinerlei Umsturzpläne verfolgte, daß er im Dienst des Königs für dessen Interessen arbeitete und dem Staat nur nützlich war. Aber Sauls Denken war verfinstert durch die Macht der Eifersucht. Er versuchte, David, den Retter des Volkes, an die Wand zu spießen. Durch Gottes Fügung verfehlte der Speer sein Ziel, und der stolze, finstere König fing an, sich vor David zu fürchten. Er merkte, daß Gott Seine schützende Hand über David hielt und er ihm nichts antun konnte.

Liebe treibt alle Furcht aus. Eifersucht hält den Menschen in beständiger Furcht.

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Frage und Antwort

 

 

Frage 22

Ich bitte um eine Erklärung von Offenb. 12,12a: „Darum seid fröhlich, ihr Himmel, und die ihr in ihnen wohnet!“ Warum werden die Himmel aufgefordert, fröhlich zu sein? An was haben wir bei den „Himmeln“ zu denken, wer mögen ihre Bewohner im Sinne dieser Stelle sein?

Antwort

Dem Fragesteller wird der Zusammenhang, in dem wir unsere Stelle finden, geläufig sein. Im Himmel ist - doch wohl am Ende der Tage - ein Kampf entstanden, und „der große Drache, die alte Schlange, der Teufel und Satan genannt wird“, ist mitsamt seinen Engeln auf die Erde herabgeworfen worden. (V. 7-9.) Es ist offenbar dasselbe Ereignis, das der Herr Jesus im Geiste vor Sich sah, als Seine Sendboten, die Siebzig, Ihm berichteten, daß „auch die Dämonen ihnen untertan seien“ (Luk. 10,17f.): „Ich schaute den Satan wie einen Blitz vom Himmel fallen“; und wiederum an dasselbe mag Er gedacht haben, als Er im Begriff stand, am Kreuze die Grundlage für dieses gewaltige Geschehen zu legen: „Jetzt ist das Gericht dieser Welt; jetzt wird der Fürst dieser Welt hinausgeworfen werden!“ (Joh. 12,31.) Nun war die Erfüllung da; auf die Erde hinabgestürzt, hatte der Fürst der Welt nur noch wenig Zeit (V. 12); Seine Wirksamkeit war zeitlich und räumlich begrenzt, die erste und wichtigste Etappe zu seiner endgültigen Beseitigung war erreicht. Der Sturz Satans aus seiner Höhe, von dem Platz seiner eigentlichen und gefährlichsten Wirksamkeit (vgl. Eph. 6,12), war der Anlaß zu der Botschaft der Verse 10-12: „Und ich hörte eine laute Stimme in dem Himmel sagen: Nun ist das Heil und die Macht und das Reich unseres Gottes und die Gewalt Seines Christus gekommen ...

Darum seid fröhlich, ihr Himmel und die ihr in ihnen wohnet!“

Schon einmal zuvor ist in der Offenbarung eine ähnliche Ankündigung zu lesen, bei der siebten Posaune in Kap. 11,15; dort aber fehlt das „Nun“. Jetzt endlich war der erste Schritt zu der Einführung der Königsherrlichkeit Gottes getan. Allerdings nur der erste Schritt; erst in Kap. 19,1-7 finden wir den vollen Siegestriumph, der dort sowohl Erde wie Himmel angeht. Hier aber, in Kap. 12,12, kann sich nur erst der Himmel freuen, während der Erde, dem Ablauf der Dinge entsprechend, ein Wehe zugerufen wird, da ihre Drangsal nun erst recht anhebt. Der Himmel, und zwar der ganze himmlische Bereich, wird den Sturz Satans als Befreiung empfinden; es ist das einzige Mal, daß wir in der Offenbarung die Mehrzahl von Himmel haben, der wir sonst in der Schrift so oft begegnen.

Es wird nun gefragt, woran wir bei dem oder den Himmeln zu denken haben. Die Antwort scheint mir nicht schwer: Wie in Luk. 15,7 - um nur eine der bekanntesten Stellen zu nennen - wird der Bereich für die genannt, die ihn bevölkern. Gerade in der Offenbarung steht ja immer wieder der Himmel der Erde gegenüber, wiederholt so, daß wir ihn uns personifiziert denken müssen. Die Erde ist der Gegenstand des Zornes Gottes und Seiner Gerichte, der Himmel der Ausgangspunkt dieser Gerichte und der Ort der Gegenwart Gottes, bis schließlich vor dem Angesicht des Richters „Erde und Himmel entfliehen“ und der neuen Schöpfung Platz machen (Kap. 20,11; 21,1); denn auch der Himmel ist, wie wir gerade in unserem Kapitel sehen, in gewisser Hinsicht in das Verderben der Schöpfung mit einbezogen. (Kap. 6,12ff.; 8,10; 12,4.7ff.; vgl. Eph. 6,12.) Hier aber, wie gesagt, und ebenso in Kap. 8,1 oder in Kap. 18,20, werden wir nur an eine Umschreibung der Bewohner des Himmels zu denken haben.

Wer sind nun diese Bewohner im Sinne unserer Stelle? Sicher doch zunächst die Engel Gottes, die ja zum Teil an diesem Siege handelnd mitwirkten. Darüber hinaus aber werden wir an die schon in den Himmel versetzten, auferstandenen und verherrlichten Erlösten zu denken haben, vor allem aber an die Geister jener in den Drangsalen der Offenbarung als Märtyrer umgekommenen Heiligen, die der Auferstehung noch harren (vgl. Kap. 6,9). Wie mögen gerade sie unter der Anwesenheit dieses „Verklägers der Brüder“ gelitten haben, unter dem

Umstand, daß der große „Verleumder“, der Teufel, ihre noch nicht vollendeten Leidensgenossen „Tag und Nacht vor Gott verklagte“! (V. 10f.) Daß dieses Tun Satans nicht ohne eine gewisse Wirkung bleibt, ersehen wir aus Stellen wie Hiob 1 und 2; Sach. 3,1; Luk. 22,31. Nun ist diese Not vorbei, und das wird wahrlich ein Grund zur Freude sein für die, die schon selbst in diese geheimnisvollen Dinge Einblick gehabt hatten!

Bei dem allen aber müssen wir uns immer vor Augen halten, daß das prophetische Wort in Bildern zu uns redet, die wir nur unvollkommen zu deuten wissen.

v. Kietzell

Frage 23

Wie ist die Tat der Steinigung des Stephanus mit Evang. Joh. 18,31b in Einklang zu bringen, da doch die Juden nach dieser Stelle kein Recht hatten, jemand zu töten?

Antwort

Tatsächlich hatte sich Rom das ius gladii - das „Recht des Schwertes“, d. h. über Leben und Tod - vorbehalten, so daß das Synedrium der Juden wohl ein Todesurteil fällen, es aber nicht vollstrecken konnte. Es ist der Beachtung wert, daß im Falle Christi der römische Landpfleger unter Verletzung seiner Amtspflicht bereit war, die Vollstreckung des Todesurteils den Juden zu überlassen, daß sie aber keinen Gebrauch davon machten; im Falle des Stephanus aber taten sie es, ohne eine Erlaubnis dazu erhalten zu haben. Das hatte zur Folge, daß Stephanus auf ihre Gefahr hin „nach ihrem Gesetz gerichtet“, d. h. gesteinigt wurde, während Christus trotz der ihnen gegebenen Erlaubnis nicht als angeblicher Lästerer gesteinigt, sondern in übertrieben erscheinender Gewissenhaftigkeit und Unterwürfigkeit den Römern zur Kreuzigung ausgeliefert wurde. Warum? „Auf daß das Wort Jesu erfüllt würde, das Er sprach, andeutend, welches Todes Er sterben sollte.“ (Joh. 18,31f.) Damit ist der tiefere Sinn der Verschiedenheit der beiden Hergänge von der göttlichen Seite dargelegt.

Der Fragesteller möchte aber auch etwas über die geschichtliche Möglichkeit des bei Stephanus geübten Verfahrens hören. Dazu ist zunächst zu sagen, daß der römische Landpfleger nicht ständig in Jerusalem, sondern in Cäsarea residierte; wir hören daher auch nichts von irgendeinem Auftreten oder Eingreifen dieses römischen Beamten. Der ganze Vorgang mag vor ihm dann als nicht zu verhindernder Akt der Volksjustiz hingestellt worden sein. Andere meinen, daß zu jener Zeit der Posten des Landpflegers gerade unbesetzt gewesen sei - die Annahme des Zeitpunkts der Steinigung des Stephanus schwankt zwischen den Jahren 34 bis 37, und Pilatus wurde 36 abberufen, worauf ein Interregnum von etwa acht Jahren gefolgt zu sein scheint. Damit wäre die Handlung der Juden, die Nichtachtung des römischen Gesetzes zugunsten des eigenen, noch verständlicher; allerdings soll daraufhin der Hohepriester Kajaphas im Jahre 37 abberufen worden sein. Damit hätte der syrische Statthalter also das eigenmächtige Vorgehen der Juden nachträglich geahndet. Aus späterer Zeit wird ein ähnlicher Vorgang berichtet: In einem gleichen solchen Interregnum (63 n. Chr.) soll Jakobus, der Bruder des HErrn, von den Juden gesteinigt worden sein; auch hier sei dann die Antwort Der Römer die sofortige Absetzung des schuldigen Hohenpriesters gewesen. (Joseph. Altertümer, XX.9.1.) Bei Stephanus wäre gegen eine solche Annahme nur anzuführen, daß es nach dem Bericht der Apostelgeschichte nicht allzu wahrscheinlich ist, daß zwischen deren Beginn (Pfingsten des Jahres 30) und Kap. 7 ganze sechs oder sieben Jahre vergangen sein sollten.

v. Kietzell

Der arme weise Retter ... vergessen.

(Pred. 9,14.15)

Gottes Geist hieß Salomo in seinem „Prediger“ eine kleine, aber wichtige Geschichte niederschreiben. Sie lautet: „Es war eine kleine Stadt, und wenig Männer waren darin; und wider sie kam ein großer König, und er umzingelte sie und baute große Belagerungswerke wider sie. Und es fand sich darin ein armer weiser Mann, der die Stadt durch seine Weisheit

rettete; aber kein Mensch gedachte dieses armen Mannes.“

Wäre nicht der Geist Gottes, sondern ein Mensch der Schreiber dieser Geschichte gewesen, so hätte er gewiß ein dickes Buch daraus gemacht. Gott schreibt keine Romane. Kurz, ohne Ausschmückung, tut Er kund, was Er den Menschen zu sagen hat. Nicht einmal der Name des armen weisen Mannes wird erwähnt. Mit wenigen Worten wird seiner Tat gedacht. Wir aber wollen uns mit der Frage beschäftigen, was wohl der Geist Gottes mit dieser kurzen Geschichte uns sagen will, zu deren Belehrung alles zuvor Geschriebene dienen soll.

Wir lesen zu diesem Zweck einige andere Stellen aus unserem göttlichen Lehrbuch. Zuerst 2. Kor. 8,9: „Denn ihr kennet die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, daß Er, da Er reich war, um euretwillen arm wurde, auf daß ihr durch Seine Armut reich würdet.“ Diese Steile besagt: Unser Herr Jesus Christus ist arm geworden.

In Matth. 8,20 gibt Jesus Selbst von Seiner Armut mit den Worten Zeugnis: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege.“ Ein wenig weiter in diesem Buche, Kapitel 17,24-27, wird erzählt, wie die „Einnehmer der Doppeldrachmen zu Petrus traten und sprachen: Zahlt euer Lehrer nicht die Doppeldrachmen“? Petrus in seiner voreiligen Art war sofort mit einem Ja da. Aber woher das Geld nehmen? Petrus hatte es nicht, und der HErr hatte es auch nicht. So arm war Er. Freilich, wir hören nirgends, daß der HErr des Geldes wegen je in Verlegenheit geraten wäre. So arm Er war, verfügte Er doch über alles. Nachdem Er Petrus darüber belehrt hatte, daß Er, der Sohn des Allerhöchsten, für dessen Haus die Doppeldrachmen eingenommen wurden, frei war von dieser Steuer - wobei Er sogar Seinen voreiligen Jünger mit Sich auf eine Stufe stellte -, fuhr Er fort: „Auf daß wir ihnen aber kein Ärgernis geben, geh an den See, wirf eine Angel aus und nimm den ersten Fisch, der heraufkommt, tu seinen Mund auf, und du wirst einen Stater finden; den nimm und gib ihnen für Mich und dich.“ Wirklich, Er war der Arme in ganz besonderem Sinne. Aber Er war auch der Weise, ja, Er war die Weisheit selber.

Wir wissen aus der Geschichte des jungen Salomo, wie er auf des Höchsten Geheiß Gott seine

„kleinen Knaben“ nannte, der „nicht aus- und einzugehen wußte“, betete: „So gib deinem Knechte ein verständiges Herz.“ Und wir wissen schließlich, wie diese Bitte so sehr der Meinung und den Gedanken Gottes entsprach, daß der König die Antwort Erhielt: „Siehe, Ich habe nach deinem Worte getan; Ich habe dir ein weises und einsichtsvolles Herz gegeben, daß deinesgleichen vor dir nicht gewesen ist, und deinesgleichen nach dir nicht aufstehen wird.“ (1. Kön. 3,1-12.)

So gab Gott dem Salomo. Jesus aber konnte sagen, indem Er auf jene Königin des Südens hinwies, die von den Enden der Erde kam, um die Weisheit Salomos zu hören: „Mehr als Salomon ist hier.“ (Matth. 12,42.)

Und nun wollen wir noch das Buch der Sprüche zur Hand nehmen und das achte Kapitel aufschlagen, das von der Weisheit handelt. Da ist es nun auffallend, daß schon in Vers 4 die Weisheit selber das Wort ergreift. Die Worte, die die Weisheit spricht, werden immer größer und gewaltiger, bis aus Vers 22 und den weiteren Worten klar hervorgeht, daß hier von keinem anderen die Rede sein kann als von Dem, der später als das Wort Fleisch wurde und Seine Wohnung unter den Menschen nahm. Denn nur Jesus konnte sagen: „Wer Mich findet, hat das Leben gefunden und Wohlgefallen erlangt von Jehova.“ Er, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist, ist auch die Weisheit.

Aber der arme weise Mann in Prediger 9 wurde vergessen. „Kein Mensch gedachte dieses armen Mannes.“ Die Tatsache der erfahrenen Rettung mag vielleicht in jener Stadt alljährlich gefeiert worden sein. Aber kein Mensch würdigte den Retter eines Gedankens.

So geht's in der Welt. So geht's leider auch bei uns Christen.

Der Herr Jesus ist das Gegenbild des armen weisen Mannes, wie wir gesehen haben. Er hat die größte Errettung zustande gebracht. Seinem vollbrachten Werk ist's zu danken, daß die Welt heute noch besteht, daß sie nicht längst dem göttlichen Gericht verfallen ist. Aber frage, wer das versteht, wer daran denkt, wer Seiner gedenkt! Die Masse der Menschen, die sich nach Seinem Namen Christen nennen, denkt nicht an Ihn. Und dennoch verdanken sie ihr Dasein

Ihm, dem großen Schöpfer und Erhalter, der zugleich ihr Erlöser sein will.

Glückselig die Seele, die Ihn nicht vergißt!

Es gibt, Gott sei Dank, ein Volk auf Erden, das Seiner gedenkt, ein Volk, das freudigen Herzens dem Verlangen Seines Herzens zu entsprechen begehrt. O Er hat wohl gewußt, daß auch diejenigen, die Seine Erlösung persönlich an sich erfahren haben und durch Ihn aus der Macht des Fürsten der Finsternis errettet worden sind, allzeit in Gefahr stehen, Ihn, ihren Heiland, ihren Erretter zu vergessen. Er kennt uns besser, als wir uns kennen.

Daher nahm Er „in der Nacht, in welcher Er überliefert wurde, Brot, brach es und sprach: Dies ist Mein Leib, der für euch ist, dies tut zu Meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm Er auch den Kelch nach dem Mahle und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in Meinem Blute; dies tut, so oft ihr trinket, zu Meinem Gedächtnis.“

Diese Worte stehen im ersten Korintherbrief, Kapitel 11. Sie sind uns allen gut bekannt. Paulus, der Schreiber des Briefes, war, als der HErr Sein Abendmahl einsetzte, noch ein unbekannter Jüngling. Wir entdecken ihn zum erstenmal bei der Steinigung des ersten Blutzeugen des HErrn, Stephanus. Wir kennen seine weitere Geschichte, wie er, ein wütender Verfolger der Jünger Jesu, auf dem Wege nach Damaskus vom HErrn zu Boden geschmettert wurde und das Wort hören mußte: „Saul, Saul, was verfolgst du Mich?“ Wir wissen, wie durch diese Begegnung aus dem Verfolger ein Nachfolger des armen weisen, aber jetzt in die himmlische Herrlichkeit erhobenen Erretters wurde. Vom Himmel her durfte Paulus später die Mitteilung von dem Mahl erfahren, das der HErr für die Seinigen eingesetzt hatte. So konnte Paulus bezeugen: „Ich habe von dem HErrn empfangen.“

Unser HErr hat es für nötig gehalten, Seine Worte: „dies tut zu Meinem Gedächtnis!“ viermal zu wiederholen.

Auf den Grund dafür wiesen wir hin.

Wir haben dem HErrenmahl viel mehr zu danken, als wir meinen. Immer aufs neue stellt dieses

Mahl uns die Person des gestorbenen Christus vor die Seele. Und wenn auch Seine Gemeinde durch die Jahrhunderte hindurch viel von dem eingebüßt haben mag, was die Urgemeinde zierte - Sein Mahl ist durch die Seinen begangen worden bis zur heutigen Stunde. Es hat dazu gedient, daß sie Ihn nicht vergessen haben.

Mag nun der größte Teil der Menschheit, ja, sogar der sogenannten Christenheit, Seiner nicht gedenken, mag sie Ihn vergessen, an Ihm vorbeigehen, wir, Seine Erlösten, finden unsere Freude daran, ja, wir haben das Herzensbedürfnis, beim Essen Seines Brotes und beim Trinken Seines Kelches Seiner zu gedenken.

Wir wollen Ihn nicht vergessen, unseren herrlichen Erretter!

Jeden ersten Tag der Woche sei es unser Verlangen, uns dankbaren Herzens bei Seinem Mahl zu vereinigen und, sei's auch nur zu zwei oder drei, Seinen Tod zu Seinem Gedächtnis zu verkündigen, bis Er kommt!

M. J. S.

Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.

„Die Frucht des Geistes ist: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit.“ Gal. 5,22)

Treue. Gott Selbst ist treu. „Deine Treue ist groß“, lesen wir in Klagelieder 3,23. Treu ist Gott auch dann, wenn Sein Volk untreu ist. „Wenn wir untreu sind - Er bleibt treu, denn Er kann Sich Selbst nicht verleugnen.“ (2. Tim. 2,13.) Er ist treu in bezug auf unsere Befestigung und Bewahrung. Er läßt nicht zu, daß wir über unser Vermögen versucht werden. (1. Kor. 10,13.) Er ist treu in der Versorgung mit allem Guten für den inneren und äußeren Menschen, „denn Er hat gesagt: Ich will dich nicht versäumen, noch dich verlassen.“ Er bleibt Sich aber auch Selbst treu, was Seine Heiligkeit und Gerechtigkeit angeht, und handelt dementsprechend.

Der Herr Jesus ist uns selbst das Vorbild. In Offenb. 1,5 und 3,14 wird Er der „treue Zeuge“ und der „treue und wahrhaftige Zeuge“ genannt. Er war treu im Zeugnis und in allem Dienst und Wandel. Ob wir Ihn als den König oder den Diener oder den vollkommenen Menschen oder den Sohn Gottes betrachten, immer strahlt uns Seine Treue entgegen. Um Seines treuen Zeugnisses willen wurde Er zum Tode verurteilt. „Betrachtet ... Jesum, der treu ist Dem, der Ihn bestellt hat, wie es auch Moses war in seinem ganzen Hause.“ (Hebr. 3,1.2) Jetzt ist Er unser barmherziger und treuer Hoherpriester.

Vorbildliche Treue sehen wir auch bei vielen Knechten Gottes, von denen uns das Wort berichtet. Sie blieben fest in guten und in schweren Zeiten - obgleich sie nicht frei waren von Mängeln. Denken wir an die Treue des Abraham, des Moses, des Daniel, der Propheten und der Apostel und an die christlichen Märtyrer der früheren und der jetzigen Zeit.

Wir sehen aber auch warnende Beispiele von Untreue. Demas gewann den Zeitlauf der Welt wieder lieb. Die Gemeinde zu Ephesus verließ ihre erste Liebe, andere bewahrten sich nicht vor Irrlehre und vor Freundschaft und Verbindung mit der Welt. Jakobus mußte klagen: „Ihr Ehebrecherinnen, wisset ihr nicht, daß die Freundschaft der Welt Feindschaft wider Gott ist?“

Ach, auch wir selbst, Schreiber wie Leser, müssen uns wohl alle mehr oder weniger mancher Untreue anklagen, Gott gegenüber und Menschen gegenüber. Fragen wir uns prüfend: Sind wir treu im Gebetsleben, im Hören und Lesen und Ausleben des Wortes unseres Gottes? Sind wir treu in der Gemeinschaft zueinander, treu im Dienst füreinander und im Werke des HErrn? Sind wir treu im Beruf und in der Verwaltung unseres Geldes und Gutes?

Gott hat uns Geld und Gut anvertraut. Er will, daß wir dieses treu verwalten. Wir dürfen davon Ihm zurücklegen für Sein Werk und für Arme. Wir dürfen für unsere Bedürfnisse davon nehmen. Doch leicht geschieht es, daß wir für uns selbst recht unbescheiden sind, während wir Ihn verkürzen. Ernstes Anliegen sollte es uns sein, unsere Angehörigen recht zu versorgen, unsere Verpflichtungen an Miete, Steuern und dergleichen sorgfältig zu erfüllen und keinerlei Schulden zu haben. - Das erste, was wir lernen müssen, ist, daß wir den Mammon treu

verwalten. „Wer im Geringsten treu ist, ist auch in vielem treu.“ (Luk. 16,9-11.)

„Ein treuer Mann hat viel Segen.“ Der Geist will in uns allen die Treue wirken; möchten auch wir wollen mit ganzem Herzen.

Sanftmut. Wiederum ist unser Herr Jesus das vollkommene Vorbild. Er konnte deshalb sagen: „Lernet von Mir, denn Ich bin sanftmütig ...“ (Matth. 11,29.) Seine geistliche Energie war mit Sanftmut gepaart.

Sanftmütig war Er zu den Kranken und Elenden, die Hilfe bei Ihm suchten. Er machte ihnen keine harten Vorwürfe, wenn die Krankheit durch deren eigene Schuld gekommen war. „... Sündige nicht mehr, auf daß dir nichts Ärgeres widerfahre“, so sprach Er im Ernst und in Sanftmut zu dem Geheilten vom Teich Bethesda. In Sanftmut belehrte Er den Pharisäer, dem die Anwesenheit des bußfertigen Weibes mißfiel. Er belehrte ihn darüber, daß wohl die Schuld der Menschen vor Gott verschieden groß ist, daß aber weder der große noch der kleine Schuldner bezahlen kann, sondern daß beide der Gnade bedürfen. - In Sanftmut wies Er die Sadduzäer zurecht, die die Auferstehung leugneten: „Ihr irret, indem ihr die Schriften nicht kennt.“ -

Als die Jünger darüber stritten, wer von ihnen der Größte sei, da stellte der HErr ein Kind in ihre Mitte und unterwies sie in Sanftmut über die wahre Größe, die vor Gott gilt. Auch zu uns ist der HErr noch heute sanftmütig. Wie sind Seine Unterweisungen, ja, Überführungen von Sünden oft so zart, aber dennoch sehr ernst. Auch will Er uns sanft leiten, wie ein Hirt seine Schafe leitet, auf dem Wege, den wir wandeln sollen. - Selbst das Joch und die Last des Dienstes für unseren HErrn ist sanft und leicht.

„Lernet von Mir!“ Im Anschauen der Herrlichkeit des HErrn will der Geist auch in uns diese Frucht der Sanftmut hervorbringen. Sie ist sehr kostbar vor Gott. Unserer Natur liegt die Sanftmut nicht. Auch wird sie in unserer Zeit nicht hoch bewertet. Und doch verbreitet sie viel Segen; sie ist wie Balsam dem wunden Herzen und wie Öl dem erregten Gemüt. Umgekehrt richtet ein verletzendes Wort viel Schaden an. Wieviel Uneinigkeit, Streit und Zank ist schon

durch ein einziges Wort angerichtet worden, sogar unter Kindern Gottes.

Gewiß ist es nicht leicht, auf ein hartes Wort in Sanftmut zu antworten. Nur zu leicht antworten wir wieder hart. Die Folge davon ist Unfriede. Die Schrift sagt aber: „Eine gelinde Antwort zerbricht Knochen“, und: „Überwinde das Böse mit Gutem.“ Die Kraft dazu ist aber nicht in uns, sondern sie wird uns durch den Geist zuteil.

Hirtendienst, d. i. Seelsorge, erfordert vor allem Sanftmut. In bezug auf den gefallenen Bruder sagt das Wort: „Bringet ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geiste der Sanftmut.“ (Gal. 6,1.) Sanftmut ist eine Folge wahrer, zarter Liebe. Vom HErrn heißt es: „Ein geknicktes Rohr wird Er nicht zerbrechen, und einen glimmenden Docht wird Er nicht auslöschen.“ (Matth. 12,20.)

Sanftmut ist nicht Weichlichkeit. Das sehen wir bei dem Herrn Jesus. So sanftmütig Er war, so vollkommen war Seine geistliche Entschiedenheit. Durch Sanftmut kann viel erreicht werden. „Glückselig die Sanftmütigen, denn sie werden das Land ererben.“

Enthaltsamkeit. Enthalten heißt, mäßig sein oder auch auf eine Sache ganz verzichten, weil es Besseres gibt.

Auch in diesem Stück ist uns der HErr Selbst das vollkommene Vorbild. Wenn Er von Sich sprach: „Die Füchse haben Höhlen, und die Vögel des Himmels Nester, aber der Sohn des Menschen hat nicht, wo Er das Haupt hinlege“ (Matth. 8,20), so ist das freilich mehr als Enthaltsamkeit. Vielleicht darf das Wort aber doch hier angezogen werden, weil es von dem größten Verzicht redet, der sich denken läßt. Unseres HErrn ganzes Leben war ein Verzichten. Er enthielt Sich jedes irdischen Besitzes, auch der Ehre und des Königtums aus Menschenhand. Als Ihn das Volk zum König machen wollte, entwich Er. Während der Versuchung in der Wüste enthielt Er Sich der Speise und des Trankes. Er blieb darin auch fest, als der Versucher Ihn veranlassen wollte, von Seiner Macht Gebrauch zu machen und die Steine in Brot zu verwandeln.

Der Apostel Paulus ist uns auch vorbildlich in der Enthaltsamkeit. Er war enthaltsam gleich den Kämpfern, die um eine irdische Krone kämpften. Er hütete sich sehr, daß er nicht, nachdem er anderen gepredigt hatte, selbst verwerflich wurde. (1. Kor. 9,24-27.) Er war auch enthaltsam darin, sich selbst zu rühmen. (2. Kor. 12,6.)

Zwei warnende Beispiele von Unenthaltsamkeit haben wir bei Noah und Lot. Noah betrank sich selbst, und Lot ließ sich betrunken machen. Die Folgen dieser Unenthaltsamkeit waren sehr schwer. (Vgl. 1. Mose 9,20-27; 19,32-38.) Auch der Fall Davids ist uns eine ernste Warnung.

Gott erwartet von uns Enthaltsamkeit. Der Heilige Geist will sie in uns wirken. Die Enthaltsamkeit bezieht sich auf viele Dinge: auf Essen und Trinken, auf unsere Kleidung - sie soll einfach sein -, auf Wohnungseinrichtung und Wohnung, auf Genüsse und Erholungen u. a. m. Selbst in unseren Worten können wir enthaltsam sein.

Betreffs der fleischlichen Lüste haben wir in 1. Petr. 2,11 eine wichtige Ermahnung: „Geliebte, ich ermahne euch, ... daß ihr euch enthaltet von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten.“ Dieses Wort gilt für jedermann, für Verheiratete so gut wie für Unverheiratete. Im Blick auf die christliche Ehe ist es ratsam, sowohl 1. Kor. 7,5 als auch 1. Thess. 4,1-8 zu beachten.

Natürlich kann ich nicht dieselbe Enthaltsamkeit von meinem Bruder erwarten, die ich vielleicht begnadigt werde, persönlich, im Glauben vor dem HErrn, auszuüben. Ein jeder steht oder fällt seinem eigenen HErrn. Die Enthaltsamkeit ist Frucht des Geistes, nicht gesetzliches Tun!

Alle Frucht für Gott kommt aus der Lebens- und Liebesgemeinschaft mit unserem Herrn Jesus hervor. „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in Mir bleibt und Ich in ihm, dieser bringt viel Frucht, denn außer Mir könnt ihr nichts tun.“ (Joh. 15,5.)

O. D.

Der vollkommene Mensch.

Die Klagen über Leere, Dürre, Kälte in der Mitte der Gläubigen wollen nicht verstummen, und leider sind sie oft genug mehr als berechtigt. Weshalb ein solcher Zustand? Hat Seine göttliche Kraft uns nicht alles in betreff des Lebens und der Gottseligkeit geschenkt ? (2. Petr. 1,3.) Würden wir nur mit einem kindlicheren Glauben die Wahrheit erfassen, daß zur Rechten der Majestät im Himmel ein wirklicher Mensch sitzt - Einer, dessen Mitgefühl vollkommen, dessen Liebe unergründlich, dessen Macht allgewaltig, dessen Weisheit unendlich, dessen Mittel unerschöpflich, dessen Reichtümer unerforschlich, dessen Ohr für jeden unserer Atemzüge geöffnet, dessen Hand für jedes unserer Bedürfnisse aufgetan, dessen Herz voll der unaussprechlichsten Liebe und Zärtlichkeit gegen uns ist -, wieviel glücklicher würden wir sein, wieviel fruchtbringender unser Leben, wieviel wärmer die Kundgebungen einer wahren Bruderliebe, mit einem Wort, wieviel erfüllter unser ganzes Leben! Da ist nichts, wonach das Herz verlangen kann, das wir nicht in Jesus hätten. Sehnt es sich nach wahrem Mitgefühl? Bei Ihm ist es zu finden, der Seine Tränen mit denen der trauernden Schwestern von Bethanien vereinigte. Sehnt es sich nach aufrichtiger Zuneigung? Sie ist in jenem Herzen vorhanden, das Seine Liebe mit Seinem Blut besiegelt hat. Sucht es den Schutz einer wirklichen Macht? Sie findet sich in Vollkommenheit bei Ihm, der die Welten gemacht hat. Empfindet es den Mangel nie irrender Weisheit? Es wende sich an Den, der die Weisheit ist und der uns „von Gott zur Weisheit geworden ist“. Kurz: Alles haben wir in Christus.

Der Herr Jesus Christus war der einzig vollkommene Mensch, der je diese Erde betrat. Er war vollkommen in Gedanken, vollkommen in Worten und vollkommen in Werken. Seine Eigenschaften waren aber nicht nur in sich vollkommen; sie standen auch in göttlichem und daher vollkommenem Verhältnis zueinander. Es war nicht so, daß ein Zug den anderen irgendwie in Schatten gestellt hätte. In Ihm war eine überwältigende Majestät mit einer Güte gepaart, die in Seiner Gegenwart vollkommene Ruhe gab. Die Schriftgelehrten und Pharisäer traf Sein vernichtender Tadel, während der arme Samariter und das Weib, die „eine Sünderin“

alles in schönem und angemessenem Verhältnis zueinander. Jede Handlung Seines vollkommenen Lebens bestätigt diese Tatsache. Er konnte in bezug auf die fünftausend Hungrigen sagen: „Gebt ihr ihnen zu essen!“, und als sie satt waren: „Sammelt die übrigen Brocken, auf daß nichts umkomme!“

Freigebigkeit und Sparsamkeit waren beide vollkommen in Ihm. Keines tat dem anderen Abbruch. Jedes erstrahlte in vollkommenem Licht in seiner eigenen Sphäre. Er konnte die Tausende von Hungrigen nicht ungesättigt fortschicken; aber Er konnte auch nicht leiden, daß ein Brocken der göttlichen Gaben verschwendet wurde. Dieselbe Hand, die für jedes menschliche Bedürfnis weit geöffnet war, war gegen alle Verschwendung fest geschlossen. Da war weder ein Zug von Geiz noch von Verschwendung im Charakter des vollkommenen himmlischen Menschen.

Wie so ganz anders bei uns! Wir können freigebig sein, sind dann aber in Gefahr, daß unsere Freigebigkeit in unverantwortliche Verschwendung ausartet. Wir können sparsam sein; aber wie oft wird unsere Sparsamkeit durch Habsucht befleckt! Oft weigern sich unsere Herzen, sich den sich darbietenden Bedürfnissen zu öffnen, während wir zu anderen Zeiten in unbesonnener und leichtfertiger Weise das verschwenden, was manchen unserer notleidenden Mitmenschen sättigen könnte. Laßt uns deshalb genau das göttliche Bild betrachten, das in dem Leben des „Menschen Christus Jesus“ zu sehen ist! Es ist wahrlich erfrischend und stärkend für „den inneren Menschen“, sich mit Dem zu beschäftigen, der in allen Seinen Wegen vollkommen war.

Betrachte Ihn im Garten Gethsemane! Dort kniete Er vor dem heiligen Angesicht des Vaters in der Tiefe einer Erniedrigung, in die außer Ihm sich niemand begeben konnte; aber vor des Verräters Horden zeigte Er eine Geistesgegenwart und eine Majestät, vor der sie zurückwichen und zur Erde fielen. Sein Verhalten Gott gegenüber war Unterwürfigkeit, gegen Seine Richter und Verkläger unbeugsame Würde. Alles war vollkommen. Entäußerung und Inbesitznahme, Erniedrigung und Erhabenheit - alles war göttlich!

Und in welch vollendeter Beziehung zueinander stand Göttliches und Menschliches in Ihm! Er

dem sein muß, was Meines Vaters ist?“ Aber zu derselben Zeit konnte Er mit ihnen nach Nazareth hinabgehen und dort ein Beispiel vollkommener Unterwürfigkeit unter die elterliche Autorität sein. (Siehe Luk. 2,49.51.) Er konnte zu Seiner Mutter sagen: „Was habe Ich mit dir zu schaffen, Weib?“ Aber inmitten der unaussprechlichen Qualen des Kreuzes konnte Er diese Mutter aufs zärtlichste der Sorge des geliebten Jüngers anbefehlen. Im ersten Fall löste Er Sich im Geiste des vollkommenen Nasiräertums von Seinen Eltern, um den Willen Seines Vaters zu erfüllen; im letzteren gab Er den zärtlichen Gefühlen des vollkommenen menschlichen Herzens Ausdruck. Die Hingebung des Nasirs und die Zuneigung des Menschen waren beide vollkommen. Jedes leuchtete in ungetrübtem Glanz in seiner eigenen Sphäre.

Nichts konnte Ihn je aus der Fassung bringen. Nie brauchte Er einen Schritt zurückzutun oder ein Wort zu widerrufen. Was auch kommen mochte, Er begegnete allem in stets gleichbleibender Vollkommenheit.

Bedarf es des Hinweises, daß Er Sich in diesem allen von Seinen geehrtesten und ergebensten Dienern unterscheidet? Moses zum Beispiel war „der sanftmütigste Mann“ auf dem ganzen Erdboden; dennoch redete er „unbedacht mit seinen Lippen“. (Ps. 106,33.) Bei Petrus finden wir glühenden Eifer und mitreißende Energie, zugleich aber wiederum eine Feigheit, die vor dem Zeugnis und der Schmach zurückbebte. Er behauptete, seinen HErrn zu lieben, mehr als die anderen; aber als die Gelegenheit kam, seine Liebe zu beweisen, versagte er. So ist es bei allen, selbst den Treuesten der Treuen. Johannes, der die unmittelbare Gegenwart seines Meisters so besonders genoß, offenbarte zuweilen einen sektiererischen und unduldsamen Geist. Und selbst bei Paulus, dem begabtesten und hingebendsten Diener, bemerken wir Ungleichheiten. Er äußerte gegen den Hohenpriester Worte, die er widerrufen mußte. Er sandte den Korinthern einen Brief, der ihn zuerst reute und nachher wieder nicht reute. In allen Menschen finden wir irgendein Gebrechen, ausgenommen in Dem, der „schöner ist als die Menschensöhne, und über dessen Lippen Holdseligkeit ausgegossen ist“. (Ps. 45,2.)

Aus „C. H. M., Betrachtungen über das Dritte Buch Moses“.

Das Buch in der Erziehung.

Die Frage: „Was sollen wir unseren Kindern zu lesen geben?“ ist ein Problem, besondere in Tagen, wo gerade der Jugend so unendlich viel Lesestoff geboten wird. Es ist durchaus nicht leicht, in dieser Sache richtig und nach Gottes wohlgefälligem Willen zu handeln. Wenn nicht unsere Kinder durch Gottes Gnade einen Geschmack für höhere und bessere Dinge haben, so ist es fast unmöglich, sie ganz von schlechten oder auch von literarisch wertvollen, aber für die innere Geistesrichtung gefährlichen Büchern fernzuhalten. Doch dürfen wir, wenn wir treu sind, auch in diesem Stück auf Gottes Hilfe rechnen. Wenn unsere Kinder solch teure Gegenstände für unsere Herzen sind, so sind sie es nicht minder für das Herz unseres Gottes und Vaters, und gewiß, Er ist bereit, uns die nötige Weisheit auch in dieser Beziehung darzureichen. Daß die Frage, was unsere Kinder lesen, für ihre Entwicklung unendlich wichtig ist, darüber kann kaum eine Meinungsverschiedenheit herrschen. Wir müssen daher mit festem Herzensentschluß und in stetem Aufblick zu unserem Gott und Vater unserer heiligen Verantwortung zu entsprechen suchen.

Wir sind sicher verpflichtet, weit größere Sorgfalt auf die Auswahl der Bücher zu legen, die wir unseren Kindern in die Hand geben, als z. B. auf das, was sie anziehen oder was sie essen und trinken. Wir haben nach jeder Seite hin zu wachen. Es besteht die Gefahr, die Zügel zu straff anzuziehen, und andererseits, sie zu lose zu lassen. Wir können nicht erwarten, daß unsere Kinder nur die Bibel oder Belehrungs- und Erbauungsschriften lesen. Ihr Geist bedarf auch anderer Nahrung zu seiner Entwicklung. Allein es ist unsere Pflicht, sie, soweit es in unserer Macht steht, vor Büchern zu bewahren, die einen schädlichen Einfluß auf ihr sittliches Empfinden bzw. ihr Glaubensleben ausüben könnten. Christliche Eltern sollten darum besorgt sein, daß ihre Kinder möglichst nur Bücher in die Hand bekommen, deren Inhalt sie selbst oder zuverlässige, gläubige Berater vorher geprüft haben. All jener Lesestoff, der nur darauf berechnet ist, die Begierden und Leidenschaften der Natur zu reizen, sollte gänzlich aus einem christlichen Hause verbannt sein. Das gleiche gilt von Büchern mit philosophisch- oder

einer gesunden, dem Geiste des Christentums nicht entgegenstehenden Weise zu bilden imstande sind, sollten wir ihnen nicht entziehen. Tun wir das, so leisten wir der Heimlichkeit Vorschub, und wir selbst tragen mit Schuld daran, wenn dann die Kinder sich anderswo, ohne unser Wissen, ihren Lesestoff verschaffen. Viel kommt hier auf ein gutes Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern an. Gesetzliche Strenge ist ein tödliches Übel. Es sollte so sein, daß mein Kind mich gern um meinen Rat fragt. Doch laßt uns auch sorgfältig darüber wachen, daß nicht unsere Gleichgültigkeit in dieser Sache zum zeitlichen und vielleicht ewigen Schaden unserer Kinder und damit zu unserer tiefen Demütigung, Beschämung und zum beständig bohrenden Schmerz ausschlage!

Vor allen Dingen dürfen christliche Eltern nicht müde werden im Beten und Flehen, daß das Reich Gottes in den jungen Herzen ihrer Kinder aufgerichtet werde, das „Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geiste“ ist. (Röm. 14,17.) Das ist, wir brauchen es nicht zu sagen, das Höchste und Begehrenswerteste für sie und wird, wenn vorhanden, außerordentlich viel zur Regelung der oben angeregten Frage beitragen.

Möge Gott in Seiner Gnade und errettenden Macht alle Familien der Seinigen besuchen! Möge Er die Unbekehrten retten und allen denen, die errettet zu sein bekennen, Gnade geben, einfältig und treu zu wandeln!

Für junge Gläubige

Gedanken zum 1. Buch Samuel

Eifersucht und Liebe

(Kap. 19.)

„Keiner Waffe, die wider dich gebildet wird, soll es gelingen.“ (Jes. 54,17)

erfahren. Saul versucht wieder, David an die Wand zu spießen, und wieder verfehlt der Speer das nahe Ziel. Die Macht der Musik scheint keinen Einfluß mehr auf Sauls Gemüt auszuüben. Während David in sein Spiel vertieft ist, durchziehen den König die Gedanken des Mordes. Saul hatte dem Dämon „Eifersucht“ Einlaß in seine Seele gewährt, und diese finstere Macht ergreift immer deutlicher Besitz von Sauls ganzer Persönlichkeit. Der Friede seiner Seele ist zerstört; es bedarf keines äußeren Anlasses mehr, um den König in Wut zu versetzen. Saul ist der Sklave seiner Leidenschaft geworden.

Mitunter gewinnt für kurze Zeit die Vernunft Oberhand bei ihm. Saul hört auf die mahnenden Worte Jonathans, der ihn ernstlich warnt, nicht unschuldiges Blut zu vergießen. (V. 4 u. 5.) Doch dann erfährt er von neuen Erfolgen Davids, und die Mordgedanken kommen mit alter Gewalt über ihn.

Michal, Sauls Tochter, die der König dem David bereitwillig gegeben hatte, um ihn dadurch zu Fall zu bringen (Kap. 18,20.21), wird nun Davids Retterin. Michals Verhältnis zu David ist eine Darstellung des Wesens der natürlichen Liebe. Ihre Zuneigung gründete sich nicht auf wirkliche Herzensgemeinschaft oder gemeinsames Interesse. Sie liebte David, den schönen, imponierenden Helden (Kap. 18,20), aber seine Gottesfurcht war nicht nach ihrem Geschmack. Sie rettete sein Leben, als er in Gefahr war, und verspottete ihn am Tag des Sieges und der Freude. (2. Sam. 6,16.) Sie log, um sein Leben zu retten; doch hätte ein wahres Wort denselben Zweck erfüllt. Aber sie hätte vielleicht dann dafür leiden müssen. Ein wirklicher Charakter zieht es stets vor, zu leiden, statt zu lügen.

Jonathan, Sauls Sohn, gehört zu jenen Freunden, die zu aller Zeit lieben und die sich am treusten in der Drangsal bewähren. Als David beim König und bei Hofe nicht mehr beliebt war, hielt Jonathan unbeirrt zu ihm. Der Königssohn war sich voll und ganz bewußt, daß David anstatt seiner auf den Thron kommen werde (Kap. 20,15) und daß Davids Tod ein äußerlicher Vorteil für ihn gewesen wäre. Saul war daher empört über die Torheit seines Sohnes und sagte es ihm in heftigen Worten: Solange „der Sohn Isais lebt, wirst du nicht feststehen, weder du noch dein Königtum“. (Kap. 20,31.)

Aber Jonathan liebt David mit selbstloser Liebe. In Kapitel 23,17 tröstet er seinen verzagten Freund mit den hochherzigen Worten: „Fürchte dich nicht! denn die Hand meines Vaters Saul wird dich nicht finden; und du wirst König werden über Israel, und ich werde der zweite nach dir sein.“ Er freut sich, seinen Freund groß und mächtig zu sehen, und fügt sich dem Willen Gottes ohne ein Gefühl von Bitterkeit.

Der böse Geist aber zwingt Saul, seine nutzlose Verfolgung weiterzutreiben, und David, der tapferste Krieger des Landes, wird wie ein Rebhuhn in den Bergen umhergejagt. „Nur ein Schritt ist zwischen mir und dem Tode.“

David ist hier ein Abbild all der Kinder Gottes, die Verfolgung erleiden mußten. Elias mußte vor Isebel fliehen, Paulus schreibt: „Ich sterbe täglich“ - und wie viele Glaubenshelden nach ihnen irrten umher in Wüsten, Höhlen und Klüften der Erde. (Vgl. Hebr. 11,38.)

Zum Nachdenken: Lieber der gejagte David sein als der geplagte Saul.

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Frage und Antwort

Frage 24

Wie ist das Wort Matth. 13,14f. zu verstehen, insbesondere, wenn es in den Parallelstellen heißt: „... auf daß sie sehend nicht sehen und hörend nicht verstehen“? (Mark. 4,12 und Luk. 8,10.)